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Full text of "Indogermanische Forschungen : Zeitschrift für indogermanische Sprach- und Altertumskunde"

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INDOGERMANISCHE  FORSCHUNGEN 


ZEITSCHRIFT 


PUB 


INDOGERMANISCHE  SPRACH-  UND  ALTERTUMSKUNDE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


KARL  BRUGMANN         und    WILHELM  STREITBERG 


ZWÖLFTER    BAND 


«.      '  .        ... 


STRASSBUR6 

VEBLAQ  VON  KARL  J.  TRÜBNEB 

1901 


INDOGERMANISCHE  FORSCHUNGEN 

ZEITSCHRIFT 

FOB 

INDOOERMASISCHE  SPRACII-  UND  ilTEBTBMSKllllDE 


'  IT  AI 


HEKAUSOEOEBBN 


KARL  BRUQMANN  ohd     WILHELM  STREITBERG 


ZW4}LFTER    BAKD 


8TRASSBUR0 

VERLAG  VON  KAKL  J.  TBÜBNEB 

1901 


G  S-b^s 


Inhalt 

Seite 

Karl  Bmgmann  Der  indoiranische  Feminintypus  ndr-l    .    .  1 

J.  A.  Smith  Indo-european  -ss-  between  vowels 4 

John  Schmitt  Myrolog  oder  Moirolog? 6 

Carl  Darling  Bück  Critical  notes  to  Oscan  Inscriptions  .    .  18 

Ivan  Ropacz  Die  lateinischen  Infinitive  auf  -ier 28 

Karl  Brugmann  Qriechisch  dvOptuiroc 25 

R.  M.  Meyer  Künstliche  Sprachen.    I.  Teil 85 

Christian  Bartholomae  Arica  XIV 92 

Karl  Brugmann   Homerisch  ^€volvdul  und  gotisch  briggan^ 

zwei  Fälle  von  Wurzelangleichung 15Ö 

M.  H.  Jellinek  Beiträge  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  158 
C.  C.  Uhlenbeck   Agens  und  Patiens  im  Kasussystem  der 

indogermanischen  Sprachen 170 

W.  Foy  Zur  Syntax  von  ai.  nama,  av.  nqma,  ap.  nämä  usw.  172 
J.  Heinsius  Über  die  Repräsentation  von  indogermanisch  skh 

im  Griechischen 178 

K.  Brugmann  Lateinisch  vicissim 181 

Whitley  Stokes  Irish  Etymologies 185 

Her  man  Hirt  Kleine  grammatische  Beiträge 195 

R.  M.  Meyer  Künstliche  Sprachen.    IL  Teil 242 

Hans  Meltzer   Vermeintliche  Perfektivierung   durch   präpo- 

sitlonale  Zusammensetzung  im  Griechischen 319 

Alois  Walde  Zur  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen  372 

P.  E.  Sonnenburg  Zur  Ableitung  von  cale facto  und  calebam  386 

Karl  Brugmann  Nochmals  lat.  ali^tis,  lani^a 889 

KarlBrugmann  Lat.  dHeräre,  perieräre^  eieräre und aerumna  3% 

Herman  Hirt  Sach-  und  Wortregister 403 


Der  iBdoiranische  FemiBintypus  när-i. 


KZ.  32,  294  flF.  stellt  Ernst  Leumann  die  Belege  für  eine 
dem  Indischen  und  Avestiscben  eigentümliche  Klasse  von  sekun- 
dären Femininbildungen  zusammen.  Der  zu  Grunde  liegende 
Stamm  ist  meistens  ein  Eigenname,  und  die  Bildungsregel  lautet: 
der  Vokal  der  Schlusssilbe  des  Grundstamms  erfährt  Vfddbi, 
an  den  so  veränderten  Stamm  tritt  das  Femininzeichen  ?.  30 
Belege  liefert  das  Indische,  das  Avestische  4.  Beispiele  sind : 
ai.  jiihnäv'i  '^Tochter  des  jahnü-*  d.  i.  'die  Gangä',  mavtav-t 
'Gattin  des  mdnu'%  agnäy-l  'Gattin  des  agni'%  aräy-t  'Genos- 
sin, Weib  des  ari-,  Feindin',  när-i  'Weib,  Eheweib,  Heldin* 
von  ndr-  'Mann,  Held'  =  av.  näiri-.  Der  Ausgang  -am  er- 
scheint im  ältesten  Indischen  und  im  Avestiscben  fast  nur  bei 
Wörtern,  die  zu  r/-Stämnicn,  und  nicht  bei  solchen,  die  zu  n- 
Stämmen  gehören.  Er  ist  aber  nach  Leunianns  wahrschein- 
Hcher  Annahme  (vgl.  auch  Verf.  Mü.  2,  197)  gleicliwohl  bei 
den  7i-Stämmen  entsprungen  und  von  diesen  auf  die  a-Stämme 
sowie  auch  auf  konsonantisch  schliessende  Stämme  tibertragen 
worden.  Z.  B.  ai.  punikütsam  'Gattin  des  puru1cüfsa-%  mud- 
galdnl  'Gattin  des  müdgala-^  varunänt  'Gattin  des  i^druna-^ 
av.  ahuram-  'Tochter  des  ahura-%  ai.  ürjänl  'Genie  der  La- 
bung' {ürj-).  Vgl.  griech.  XuKaiva  'Wölfin'  zu  Xükoc  u.  dgl. 
nach  dem  Vorbild  von  leKTaiva  (von  TeKTUJV  i  u.  dgl.  Das  erst 
in  nachvedischer  Zeit  auftretende  hrahmüm  'Gattin  des  hrah- 

m 

mdn-^  ist  zwar  regelrechter  Vertreter  unseres  Bildungstypus 
bei  einem  w-Stamm,  darf  aber  natürlich  nicht  als  die  Muster- 
form oder  als  eine  der  Musterformen  für  purukütsanl  usw. 
angesprochen  werden ;  die  wirklichen  Musterbildungen  sind 
für  uns  verschollen. 

Woher  stammt  dieser  Feniinintypus  des  arischen  Sprach- 
zweigs V     Die  Antwort  ergibt  sich  leicht,   wenn  man  bedenkt, 

Indoffcrmani^'chc  Forscbunfren  XII  l  u.  2  \ 


2  Karl  Brugmann, 

dass  in  den  idg.  Sprachen  öftere  das  Suffix  -io-  -io-  hinter 
fertige  Kasus  getreten  ist.  Aus  dem  Altindischen  stellen  sich 
hierher  die  meistens  als  Participia  necessitatis  verwendeten  For- 
men auf  -äyya-  d.  i.  'äyia-  -ayiya-j  wie  sraväyya^  Haudandus^ 
löblich',  welche  von  Infinitiven  auf  -ai  ausgegangen  sind  (Verf. 
Grundr.  2, 1422).  Im  Griechischen  und  in  den  italischen  Spra- 
chen erscheinen  solche  Weiterbildungen  vom  Lok.  Sing,  der 
0-  und  der  ö-Stämme  aus,  als  deren  ursprüngliche  Ausgänge 
-ei-io'  -oi'iO'  und  -ai-io-  anzusetzen  sind,  z.  B.  oIkcToc  (oikci)^), 
kret.  T€iov  •  ttoTov  Hesych,  gort,  ö-xeiqi  (*t€i  =  ♦g-^ei),  ttoToc 
(ttoT),  dXXoioc*),  dtopaioc  (dtopd,  vgl.  0r|ßai-Tevric),  dvaTKaioc, 
osk.  vereiiai  'der  Landwehr'  (Stanmi  uero-  'Tür,  Mauer'), 
kersnai[i]as  'cenariae'  oder  'cenarias'  (Stamm  kersnä-  'cena'), 
leit  quoiu-s  cujus  =  *q^-oi-iO'8y  osk.  Maraiieis  lat.  Mar  ejus, 
CanuUjus,  leguUjus,  plebejus,  s.  Verf.  Grundr.  2^,  S.  121.  1^ 
S.  228  f.,  Griech.  Gramm.  ^  181,  Bück  Vocal.  der  osk.  Spr. 
150  f.,  V.  Planta  Gramm,  der  osk.-umbr.  Dial.  2,  10  ff.,  Nie- 
dermaun  IF.  10,  239  ff.  S.  ferner  Sievers  Ber.  d.  sächs.  Ges. 
d.  Wiss.  1894  S.  129  flf.  und  Niederraann  a.  a.  0.  über  die 
germanischen  Stammesnamen  Ingvaeones  u.  dgl.  Weiter  hat 
das  Litauische  i'o-Bildungen,  denen  der  Lok.  Sing,  zu  Grunde 
liegt,  z.  B.  danguje-ji'S  'himmlisch'  von  dangujd,  Lok.  zu  dan- 
güs  'Himmel',  nanie-ji-s  'der  immer  zu  Hause  sitzende'  von 
name  'zu  Hause',  sowie  solche,  die  vom  Gen.  Plur.  ausgegan- 
gen sind,  z.  B.  musü-ji-s  'der  unsrige',  Prüsaiczü-ji-s  'der  der 
Familie  Prüsaiczel  angehörige'  (Leskien  Die  Bildung  der  Noni. 
im  Lit.  190  ff.).  Endlich  sei  noch  erwähnt,  dass  Bück  a.  a.  0. 
das  ital.  Suffix  -asio-  -azio-  {-ärio-),  wie  im  umbr.  urnasier 
und  lat.  aqudHuSy  vom  Gen.  Sing,  auf  -asj  Prellwitz  BB.  24, 


1)  Sollte  E.  Schwyzer  mit  seiner  Vermutung  Recht  haben, 
dass  das  erst  seit  Menander  erscheinende  oTkci  durch  Dissimilation 
aus  otKoi  entstanden  sei  (Neue  Jahrbb.  3  [1900]  S.  256),  so  würde 
das  die  Berechtigung  einen  urgriech.  Lok.  *Foik€i  zu  Grunde  zu 
legen  nicht  aufheben. 

2)  In  ähnlicher  Weise  wie  io-  erscheint  bekanntlich  auch  -no- 
als  Sekundärsuffix  hinter  Kasusformeu,  z.  B.  lapi-vö-c,  ir€puci-vö-c, 
ai.  purä-nd'  'vormalig'.  Daher  ist  dem  dXXoloc  vermutlich  das  lat. 
alienus  an  die  Seite  zu  stellen,  das  aus  *alioi-nO'S  oder  *aliei-no-s 
entstanden  sein  kann  (Verf.  Grundr.  l^,  p.  XLV).  Vgl.  auch  ahd. 
swein  ags.  swän  aisl.  sueinn  'Angehöriger,  Knecht,  Sohn'  auf  Grund 
von  ^siwi  =  griech.  Fol  ct. 


Der  indoiranische  Feminina' pus  ndr-i.  3 

94  ff.  dagegen  vom  Lok.  Plur.  auf  -asii)  ausgegangen  sein  lässt, 
wozu  man  v.  Planta  a.  a.  0.  2,  12  f.  und  Verf.  Grundr.  1  *, 
S.  763  f.  vergleiche. 

Hiernach  dürfte  klar  sein,  dass  die  Grundlage  unserer 
arischen  Feminina  auf  -i  die  aus  der  Zeit  der  idg.  Urgemein- 
schaft überkommene  i-lose  Bildung  des  Lok.  Sing,  mit  dehn- 
stufigem  Vokal  der  Schlusssilbe  (Verf.  Grundr.  2,  609  ff.,  Streit- 
berg IF.  3,  355  ff.)  gewesen  ist.  vasäv-i  aus  Lok.  vdsau  av. 
vatdhauj  von  ai.  vdsu  'Gut,  Besitztum',  agnäy-l  aus  der  ent- 
sprechenden, im  Arischen  in  selbständigem  Gebrauch  nicht 
mehr  vorhandenen  Lokativbildung  auf  uridg.  -ei  oder  -öi  (vgl. 
aber  Lok.  agnä  =  uridg.  -g  aus  -ei) ;  die  Formen  agnäyij  Akk. 
agnäyiniy  Vok.  vrsäJcapäyi  waren  jedoch  nicht  rein  lautgesetz- 
lich, da  y  vor  l  in  urarischer  Zeit  geschwunden  war  (Grundr. 
1  *,  S.  268  f.).  -an-t  (brahman-l)  stellt  sich  zu  av.  ayqn  u. 
dgl.  aus  urar.  -öw,  kret.  Inf.  bö|ir|v.  Zum  Lok.  *nar,  vorarisch 
*»-gr,  der  Grundlage  von  ndr-ij  kenne  ich  keine  Parallele  aus 
dem  Gebiet  der  Stämme  mit  r-SuflSxen,  ausgenommen  etwa 
das  griech.  Adverbium  vuKTUip  (vgl.  lat.  nocturnu-s).  när-l 
braucht  aber  deshalb  keineswegs  eine  jüngere  Schöpfung  nach 
dem  durch  die  andern  Stammklassen  gebotenen  Muster  gewesen 
zu  sein.  Eine  altertümliche  Kasusformation  kann  sich  hier 
ebensogut  erhalten  haben  wie  z.  B.  in  ved.  gnäs-päti-ä  oder 
süre  duhitä  (0.  Richter  IF.  9,  216.  224).  unsere  Feminina 
sind  zunächst  aus  Wörtern  für  männliche  Personen  abgeleitet 
worden.  Sie  besagten,  dass  das  weibliche  Wesen  irgendwie 
als  Genossin,  als  Hausgenossin,  Gattin,  Tochter  u.  dgl.,  zu  der 
männlichen  Person  gehöre.  So  war  also  z.  B.  manav4  nach 
der  ursprünglichen  Meinung  etwa:  die  bei  (chez)  Manu  (seiende). 
Der  Gebrauch  des  Lok.  Sing,  war  hier  derselbe  wie  z.  B.  in  SB. 
\\y  b,  \,  2  8ct  hasmin  jyög  uvOsa,  '"sie  wohnte  lange  bei 
ihm',  RV.  8,  51,  1  (Välakh.  3,  1)  ydtha  mdnau  sävaranäu 
s&mam  indräpibah  sutäm,  ^vie  du  bei  Manu  S^varani,  o 
Indra,  den  gepressten  Sönia  trankst'  (so  trink  jetzt  bei  uns), 
vgl.  Delbrück  Altind.  Synt.  S.  117  f.,  Grundr.  3,  225  f.,  Speyer 
Ved.  und  Sanskrit-Synt.  (Grundr.  der  indo-ar.  Phil.)  S.  21. 

Leipzig.  K.  Brugmann. 


J.  A.  Smith, 


Indo-enropean  -ss-  between  Yowels. 


Nothing  can  be  clearer,  in  general,  than  the  fate  in  the 
several  Indo- european  languages  of  intervocalic  -s-:  it  was 
either  (1)  universally  dropped  (through  -A-  earlier  probably  -2-), 
or  (2)  in  aecordance  with  varying  aecentual  conditions  (a)  be- 
came  z  (subsequently  r)  or  (b)  was  retained  as  s. 

To  these  simple  rules  we  find,  however,  a  eonsiderable 
number  of  exceptions.  Of  these  in  Greek  the  most  striking 
instanees  are: 

(1)  the  Loeatives  PI.  of  Voealic  Sterns  in  Nouus:  XuKoiciy 
vujLiqpaici,  öqppuci,  &c. 

(2)  the  Sigmatic  Aorists  of  Voealic  Stenis  in  Verbs:  dxi- 
)iäca,  l(pvca  &e.  (and  their  moods). 

These  are  commonly  explained  as  reformations  by  aua- 
logy  with  consonantal  stems,  qpiiXaHi,  dqpuXaHa  &e.,  but 

(1)  In  both  Nouns  and  Verbs  consonantal  steras  are  de- 
cidedly  less  frequent  than  voealic  stems. 

(2)  The  analogy  is  far  from  obvious. 

(If  analogy  is  called  in,  I  think  it  would  be  better  to 
refer  the  change  to  the  influence  of  «-stems:  which  are  far 
more  frequent  than,  at  least  in  the  case  of  verbs,  is  generally 
supposed  to  be  the  case,  cf.  ev^evicx,  ^x^Xeca). 

It  is  at  least  remarkable  that  in  other  Indo-European 
languages  we  find  irregularities  of  correspondences  in  exactly 
the  same  cases  as  in  Greek,  e.  g.  Arm.  gailoc  and  mnaic, 
0.  Bulg.  vlücechüj  rqkachü  and  znachü,  This  suggests  that 
the  analogical  reformation  —  if  such  there  was  —  had  already 
taken  place  in  Indo-european  times. 

But  that  we  have  here  to  do  with  a  primitive  phonetie 
difference  is  shown  by  the  case  of  an  isolated  form  which 
from  its  nature  must  have  escaped  the  influence  of  analogy. 
The  Gk.  fiiiiicuc  is  formed  from  the  old  Loc.  PI.  of  the  stem 
sBmi'  {*8imi8su  'in  halves').  That  this  was  an  Indo-eur.  for- 
mation  appears  from  the  Lat.  semissi-,  which  originally  had 
no  connection  with  the  word  as.  We  are  thus  driven  to  re- 
cognize  as  at  least  Graeco-Latin  a  Loc.  PI.  termination  with 


Indo-european  -ss-  between  vowels.  5 

intervocalic  -sS'.  I  should  explain  vicissim  as  probably  also 
a  Loc.  PL  from  vici-  (or  vicis-). 

In  Indo-enropean,  therefore,  intervocalic  -ss-  existed 
as  well  as  intervocalic  -s-  and  this  diflFerence  survived  in  se- 
veral  of  the  Indo-european  languages,  though  doubtless 
greatly  interfered  with  by  analogical  refonnations.  It  is  pro- 
bable that  -88'  was  often  reduced  to  -«-  by  purely  phonetic 
<*auses,  as,  e.  g.,  after  naturally  long  vowels  or  before  the 
accent  (varying  in  diffcrent  langnages). 

This  fact  enables  us  to  account  for  many  apparent  irre- 
gnlarities  in  the  tense  and  mood  Systems  of  vocalic  verb  stems, 
e«pecially  in  Greek.  It  is  well  known  that  the  Fut.  Ind.  and 
the  Conjunctive  of  the  Sigmatic  Aorist  are  in  Greek  scarcely 
possible  to  keep  apart,  but  it  is  not  generally  recognized  that 
both  -«-  and  -88-  forms  existed.  In  the  former  -«•  was  regu- 
larly  dropped,  e.  g.  in  CTTJoiaev  CTuiiiiev  whereas  -ss-  was  regu- 
larly  retained  as  -c-,  e.  g.  in  cxricoiLiev.  Ti|idcu)  and  ^Tiinaca 
are  now  seen  to  be  perfectly  regulär.  The  same  fact  explains 
the  retention  of  -i-  in  cxairiv  (from  *CTacir|v)  &c.;  for  intervo- 
calic -i-  always  disappeared,  while  -ci-  became  -i-,  (toO  is 
irom  *to80  not  *to8yo), 

Further  this  throws  lijrht  on  Latin  forms  like  ama880, 
which  correspond  to  Greek  Ti|idciü,  while  amarem  (amaro?) 
are  from  -s-  forms. 

These  suggestions  are  confirmed  by  an  examination  of 
related  forms  in  Celtie.  The  Irish  rö-charsnm  points  te  *crt- 
ra88amo8  (S.-Pret.  1  st.  PL),  while  the  -s-  forms  (conjunctive) 
are  represented  by  ro-doos  0.  W.  dechreuho,  The  0.  W.  Cou- 
junctives  dyicefto,  dycko  show  the  same  phenomenon  (due  to 
s  becoming  h)  as  tecaf,  gwh/paf  from  teg,  gwlyh  (termination 
*'i^amos'^  cf.  ieuhafj  mwyhaf). 

The  above  view,  if  accepted,  would  thus  necessitate  a 
revision  of  our  conceptions  of  the  tense  and  mood  System  of 
vocalic  verb  stcms,  but  the  result  would  be,  I  believe,  to 
bring  those  of  the  diffcrent  languages  more  into  harmony  with 
one  auother.  An  indispensable  preliminary  to  such  a  recon- 
struction  would  be  a  fuller  recognition  of  the  existence  and 
influence  of  verb-stems  in  -8  (like  teXac-,  xeXecr,  Lat.  ges-,  quaes- 
&c.).  Many  of  the  Homeric  uncontracted  forms  would  be 
«een  to  be  due  to  the  droppiug  of  intervocalic  -8-,    Lastly 


6  John  Schmitt^ 

light  would  be  thrown  on  the  puzzling  retention  of  -s-  in  many 
Single  words  as,  e.  g.,  in  vf^coc,  0.  Ir.  hiü,  whcre  both  lan- 
guages  point  to  *end8s-. 

Oxford,  England.  J.  A.  wSmitb. 


Myrolog  oder  Moirolog? 


KoraYs,  Atakta  2,  255  schreibt  inupoXoTw,  iiiupoXÖTiov  und 
äussert  sich  über  seine  Ableitung:  KaKot  tö  TPowpti  bid  biq)9ÖT- 
fov  6  ZojLiau^pac  (Somavera)  MoipoXÖTiov,  ibc  Kai  oi  Ypdqpov- 
xec  auTÖ  ^EacuXXdßuic  MupioXÖTiov.  '0  AouKdYTioc  (Du  Gange 
S.  277)  dTViüpice  kqi  xdc  buo  tpaqpdc,  dXX'  ^KaxdXaße  Tfjv  t^v€- 
civ  TTic  X^HeuJC  dtrö  xö  'EXXriviKÖv,  Miipoiiiai,  xö  9pr|viü.  "Mu- 
po|i^vr|,  öbupojLi^vri"  X^T€i  ö  'Hciixioc,  kqI  cuv6^xu)C  ^iiiupiubei, 
bprivujbei".  Dann  heisst  es  Atakta  4,  345,  unter  anderem:  *H 
cüvBecic  elvai  öxi  dtrö  xö  MoTpa  Kai  Aötoc,  dXXd  dirö  x6 
dXPncTOV  Mupoc  (6  Bpfivoc)  ^k  xoö  xPHCtoö  ^rjjLiaxoc  Mupu) 
Kai  xoO  Aetu).  MupoXotu)  Xomöv  elvai  Miipouc  X^y^.  Im  Zu- 
sammenhang mit  dieser  Erklärung  steht  auch  das  was  Henricus 
Stephanus  anführt:  Mupiubeiü,  affertur  pro  Lugubre  cano,  at 
Mupuibia  pro  ünguentorum  odor:  utrumque  sine  testimonio» 
[Hesych.:  |iupu)bei,  6pr|veT]  At  verborum  ordo  postulat  Mupdbei, 
quod  Hesych.  alicubi  sie  corrupte  scriptum  repererat.  In  cod. 
Ven.  revera  exhibitur  Mupaibei  i.  e.  iiiupdbei.  "Servata  est  an- 
tiqua  archetypi  scriptura,  pro  qua,  serie  permittente,  reponen- 
dum  Mup(jib€i,  uti  et  Is.  Voss,  devinavit."  Schow.  Male  ergo 
eund.  Voss,  castigavit  Coraes  ad  Heliod.  vol.  2.  p.  169:  Zti- 
jLieiuicai  bk  Kai  MüpecGai,  rrap'  6  f^  cuvrjBeia  dcxriMOixice  ciivOexov 
xö  MupoXoTU),  XU)  Jbiujc  im  xfic  im  xoTc  drroixoiLi^voic  Opri- 
viubiac  xexaxOai,  biaq)€pov  xoö  OiKxpoXoTUJ  Kai  *EX€€ivoXoyu)  •  f| 
bi  cuvGecic  dvdXotöc  dcxi  xiu  Mupiubdi,  öirep  dTVOiTJcac  xu)v  xic 
KpixiKuüv  (Is.  Voss.)  KaKUJC  xö  Tiap'  'HcuxiuJ  MupujbeT  €ic  xö  )liu- 
pcjibei  )i€xaßdXX€iv  djpiiiTicev.  —  In  der  Ausgabe  des  Hesychios^ 
von  Mor.  Schmidt  finden  wir  im  Texte  Vol.  III  S.  129:  )liu- 
pcfbei,  bpriviubei,  und  in  der  Anmerkung:  sie  jiiupaibci  cod., 
liupujbeT  Mus.  Illud  (iiupdbei)  placuit  Is.  Vossio  et  Thes.  V  e. 
1306  D,  hoc  Corai  ad  Heliod.  II  p.  169  licet  aperte  vitiosum. 


Myrolog  oder  Moirolog?  7 

Conici  mnlta  possunt  veluti  inupei  *  $bei  .  juiviip*  &be\  *  OprivujbeT. 

)ilVUpibb€l  '  9pT]Vlub€T. 

Wir  haben  hier  die  auf  iiiupujbeT  bezüglichen  Auseinander- 
setzungen angeführt;  weil  KoraYs  sich  auf  diese  Form  beruft, 
um  für  das  sinnverwandte  )iupoXoT€i  eine  passende  Ableitung 
zu  finden.  Seine  Erklärung  wurde,  so  viel  ich  weiss,  von 
allen  angenommen,  die  dieses  Wort  erwähnen,  denn  es  wird 
jetzt  fast  allgemein  mit  u  statt  oi  geschrieben.  Lassen  wir 
nun  Schmidts  Erklärungsversuche,  die  uns  hier  nicht  weiter 
berühren,  bei  Seite,  so  wird  wohl  der  Einwand  gegen  iiupiubeT 
auch  aus  andern  als  paläographischen  Gründen  berechtigt  sein; 
denn  neben  diesem  Verbum  muss  ein  Substantiv  *)iupiubia  (vgl. 
TpaYuibia)  gedacht  werden,  welches  sich  aber  wohl  kaum  mit 
der  Geschichte  des  Wortes  in  Einklang  bringen  lässt.  Wie  konn- 
ten die  völlig  gleichlautenden  Formen  *|Liupiubia  und  jiiupujbia 
(ohne  jota  subscriptum  und  =  euuibia)  neben  einander  bestehen? 
das  erstere  im  Sinne  von  Klagelied  war  nur  von  einem  selbst 
dem  Altgriechischen  unbekannten  iiiöpoc  =  Gpfivoc,  oder  dem 
gebräuchlichen  iiiupu)  =  Gprivu»  herzuleiten,  während  das  letztere 
durch  seine  Abstammung  von  iiiupov,  die  Salbe,  nur  die  Bedeu- 
tung von  Oeruch  haben  konnte,  die  es  in  der  neugriechischen 
Volkssprache  getreulich  bewahrt  hat.  Wenn  hier  eine  Vermu- 
tung helfen  könnte,  so  dürfte  für  das  erstere  au  eine  Ablei- 
tung von  jLioipa  gedacht  werden;  wir  hätten  dann  iiioipiubuj,  was 
aus  weiter  unten  zu  erklärenden  Gründen  einen  befriedigenden 
Sinn  geben  würde.  Ein  auf  graphischer  Verwechslung  beru- 
hender Irrtum  ist  sehr  leicht  möglich,  wenn  wir  bedenken, 
dass  im  gr.  Mittelalter  oi  und  u  den  ü-hhVit  angenommen 
hatten  und  sogar  schon  auf  alten  Inschriften  mit  einander 
vertauscht  wurden,  vgl.  Hatzidakis  Einleitung  S.  28  und  Jan- 
naris  Hist.  gr.  Grammar  §  36;  ferner  fällt  ins  Gewicht,  dass 
Hesychios  nicht  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt  auf  uns  ge- 
langt ist.  Aber  auch  hier  tritt  uns  wieder  die  nämliche  Ver- 
legenheit in  einer  neuen  Gestalt  entgegen;  denn  wie  konnte 
die  Sprache  *|io*PMJ^ict,  das  Lied  an  das  Schicksal,  Klage, 
und  liupujbia  der  Geruch  neben  einander  dulden?  In  neueren 
Sprachen  wie  im  Englischen  und  besonders  im  Französischen 
sind  solche  homophone  Bildungen  häufig  und  auch  im  Deut- 
schen, vgl.  PauP  Prinzipien  S.  197,  z.  B.  Tor  (porta;  =  Tor 
(stultus).     Aber   das  Griechische   scheint   ihnen  nicht  günstig 


8  John  Schmitt, 

ZU  sein,  besonders  in  seinen  späteren  Phasen,  auf  die  es  hier 
ankommt.  Zunächst  wurden  viele  Wörter  dadurch  gleichlautend, 
dass  ihre  Vokale  den  ursprünglichen  Werth  verloren,  d.  h. 
verschiedene  Vokale  und  Diphthonge:  i,  r|,  u,  ei,  oi  (ui,  ij) 
führten  schliesslich  zu  einem  gleichen  lautlichen  Ergebnisse, 
dem  /-Laute.  Die  Sprache  suchte  mit  solchen  homophonen 
Wörtern  aufzuräumen,  weil  sie  zu  Zweideutigkeiten  führten. 
Wir  sehen  dies  am  deutlichsten  an  dem  Beispiel  von  uc  und 
olc,  die  beide  =  üs  lauteten,  und  desswegen  schon  frühzeitig 
durch  xo^poc  und  TrpößaTOv  ersetzt  wurden,  vgl.  Hatzidakis 
Einl.  S.  13.  Nehmen  wir  nun  au,  dass  es  zwischen  zwei  sol- 
chen lautlichen  Doppelformen  zu  einer  Auseinandersetzung  kam, 
so  musste  diejenige  die  Oberhand  gewinnen,  die  am  volkstüm- 
lichsten war,  die  sich  am  leichtesten  in  ihre  ursprünglichen 
Bestandteile  zerlegen  Hess.  In  unserm  Falle  besass  das  noch 
erhaltene  )iupu)bia  den  Vorzug,  dass  es  durch  seine  Zusammen- 
setzung mit  liOpov,  die  Salbe,  ohne  weiteres  verständlich  war, 
dagegen  musste,  wenn  wir  es  als  einstmals  vorhanden  betrach- 
ten, das  ohnehin  schon  höchst  zweifelhafte  *|iup(jubia  =  Klage 
untergehen.  Aus  diesem  Grunde  kann  die  von  Hesychios  ge- 
botene Form  sowie  auch  die  auf  sie  sich  gründende  Erklärung 
nicht  weiter  für  die  Ableitung  von  laupoXoTOü  dienen,  und  so 
empfiehlt  es  sich,  die  Frage  einer  neuen  Erörterung  zu  unter- 
ziehen. Es  ergeben  sich  im  ganzen  drei  Möglichkeiten  für  die 
Entstehung  des  Wortes :  I.  es  kann  abgeleitet  werden  von  )iO- 
poc,  oder  besser  iiupuj,  iiijpojLiai,  IL  von  jioTpa  und  III.  kann 
auch  jLiüpioi  in  Betracht  kommen. 

I.  Die  erste  Ableitung,  die  wir  schon  berührten,  hat  den 
entschiedenen  Nachteil,  dass  wir  nicht  einmal  im  Altgr.  ein 
Substantivum  besitzen,  welches  in  dem  Kompositum  iiupoXotu) 
das  erste  Glied  sein  könnte;  denn  iiiöpoc,  die  Wehklage,  ist 
uns  nur  durch  seine  Verwandtschaft  mit  iiiüpu),  ich  klage,  be- 
kannt. (Nach  Passow  ist  das  u  in  iiiupuj  lang,  daher  schreibe 
ich  )iupoc.)  Diese  Zusammensetzung  kann  aber  kaum  anders 
als  aus  einem  Substantiv  und  dem  von  Xcyw  abgeleiteten  zwei- 
ten Gliede  bestehend  gedacht  werden,  ganz  genau  so  wie  juu- 
GoXoTu»  =  |iö0ov  \if\xi.  Ein  jLiupouc  Xl^w,  wie  KoraYs  vermutet, 
ißt  aber  äusserst  bedenklich,  weil  wir  im  Rhomäischen  nicht 
auf  prähistorische  Formen  und  Bedeutungen  zurückgreifen  dür- 
fen.    Es  Hesse  sich  daher  nur   an  das  historische  iiiupov  an- 


Myrolog  oder  Moirolog?  9 

knüpfen^  welches  aber  im  Altgr.  nur  Salbey  wohlriechendes 
Öl  bedeuten  kanu.  Thatsacbe  ist,  dass  alle  altgriecbischen 
Zusammensetzungen,  die  im  ersten  Gliede  )iupo-  baben,  sieb 
nur  auf  die  Bedeutung  von  Salbe  bezieben,  z.  B.  )iupoq)6poc, 
wovon  wir  jnupoqpopu)  ableiten  können,  iiiupOTTiüXdi,  also  ich 
tragey  ich  verkaufe  Salben.  Wollen  wir  nun  diesen  Bildungen 
aueb  jiupoXoTiJü  einreiben,  so  können  wir  nur  zu  einer  völlig 
absurden  Bedeutung  gelangen.  —  Geben  wir  dagegen  von 
^upujy  )iupo|Liai  aus,  so  müssen  wir  das  Wort  in  die  Klasse  der 
Komposita  mit  verbalem  Anfangsgliede  bringen,  mit  altgr. 
Formen  wie  q)€p^Trovoc  usw.,  die  sieb  leicbt  in  ibre  Bestand- 
teile auflösen:  q)^puj  ttövov.  Was  könnte  aber  |iupu)  Xö^ov, 
oder  wie  Lambros  (Coli,  de  Romans  grecs  S.  352)  andeutet: 
\x\)po\xa\  —  XÖTiov  bedeuten  ?  doeb  nur :  ich  klage  ein  Wort, 
denn  die  Bedeutung:  ich  stimme  eine  Klage  an,  welcbe  der 
Sinn  verlangt,  könnte  sieh  nicht  in  ungezwungener  Weise  er- 
geben. Möglich  ist  ja  eine  solche  Bildung,  das  bezeugen  die 
von  Dossios  (Beiträge  zur  neugr.  Wortbildungslebre,  Zürich  1879 
S.  55)  angeführten  asigmatischen  Komposita:  xpejLiox^pric,  rpe- 
ILiOTTÖbTic,  dem  die  Hand,  der  Fuss  zittert,  eigentl.  eine  Hand 
die  zittert,  wo  das  ursprüngliche  Subjekt  im  zweiten  Gliede 
liegt,  und  ebenso  q)aTÖCTO)iac  krebsartiges  Geschwür,  rrpriCKo- 
xeiXnc  und  -koiXtic,  einer,  dessen  Lippen,  resp.  dessen  Leib 
angeschwollen  ist.  In  andern  wie  q)oucKob^VTpTic  liegt  das  zu 
ergänzende  Subjekt  ausserhalb  der  Komposition,  und  es  ist  zu 
verstehen:  6  five)ioc  6  örroToc  q)oucKa)vei  ict  bevipa,  und  gemeint 
ist  der  Februarwind,  der  die  Bäume  zum  Treiben  bringt;  daher 
dann  q)OucKob€VTpid,  und  qpoucKoOaXaccid :  das  von  heftigen 
Winden  aufgewühlte  Meer.  Als  Beispiel  neugr.  sigmatischer 
Bildungen  sei  das  hier  in  den  Zusammenhang  passende  kXq- 
ipoiioipTic  erwähnt,  wo  das  Subj.  in  dem  als  Aorist  auftretenden 
Verbum  zu  suchen  ist.  Ein  liiipu)  Xötiov  Hesse  sich  allenfalls 
wie  die  obigen  Komposita  erklären,  nur  will  sich  kein  rechter 
Sinn  ergeben.  Ausserdem  scheint  mir  in  einer  echt  rhomäischen 
Bildung  die  Annahme  eines  ni.  W.  unvolkstümlichen  und  oben- 
drein leicht  misszuverstehenden  Gliedes  wie  liiipuj  ich  klage 
als  unzulässig,  und  das  aus  guten  Gründen.  Wir  können  näm- 
lich beobachten,  dass  häufig  in  solchen  Zusammensetzungen 
eine  Übertragung  ins  Volkstümliche  stattfindet  und  zwar 
in  der  Weise,  dass  ein  unverständlich  gewordenes  Kompositum 


Ut  John  Hruutit% 

ffiXt'f  dfi  Tdl  hti^  nifUshen  durah  frin  ^braoehlichere*  und 
iU^r  lebf:n^ifK#;D  .Sprar^br?  an/reb/^rendes  Wort  ersetzt  wird. 
tHi  i'jmii'fi^  \%m  Ml  rfi#r  rrnbildon^  von  eu-  and  bucmxn^  ^^ 
»f/iX/;-  find  K/W/Ti/xoc,  and  an  da«  noch  drastischere  Beispiel 
\ffU  ahti^fm'h,  uiamv-fk  (uiw  iru-fnv;  Bachstelze,  ans  dem  sich 
dfirr'Ji  l'uU'tf^fiup;  von  tnrfii  lantL  =  inrn  Quelle^  folgende 
Ni^fibildiin^cn  f?r^a>H;n:  cctcovoOpa  ^ceiuj  Tf|  — v-oupa;,  KUiXocouca 
(^wiAov  r>.(«j>,  lUnmum  S.  oo,  denen  ich  noch  coucoupaba  ans 
MaruMi  bei  Atbi^n  beifljp^e;  fenier  altgriech.  TurfoXaumc  Johan- 
m^NwOnncben,  neof^riecb.  KUüXo<pam(i. 

IL  Andern  verhält  es  weh,  wenn  wir  die  obige  Erklä- 
rung IVillen  iHKMcn  und  von  ^oipa  ausgehen.  Einige  Verse 
nun  dem  Uotnnne  Kallimaehos  und  Chrysorrhoe  (ed. 
LnnibroH  Ooll.;  erklären  meiner  Ansicht  nach  die  Sache  ganz 
von  Mellmt.     Kk  heinst  dort: 

2iMJ0  MupoXof  fiTtti  XuTrripa  KXaiouca  ineTCt  ttövou 

Kai  TuOia  Ttpöc  t^v  Tuxnv  ttic  X^t^i  |i€Ta  TriKpiac  * 
Tuxn  M^>w  KaKO|Li/ixöV€,  tijxti  MOu  |LiaivojLi^vr|  .   .  . 
M}  "'EXfftt  TfdtvTUJC  fcpuTa  tö  KaKO|noipac|i(i  jucu  .  .  . 
M)  Kul  Tiiipa  ßX^TTiü,  TiJxn  Mou,  rraXiv  drrpöcßaX^c  ^e 
7H  Kul  TuOia  |n4v  i]  b^cTTOiva  KaxAcTC  0pr|voöca. 

DlcHo  K'^n/.o  Stelle  ist  ein  echter  Myro-  oder  besser  Moi- 
rolo^,  denn  mit  dieHcm  Namen  wird  sie  ausdrücklich  vom 
Dlohtor  Holbnt  bo/.eiehnet,  und  auch  am  Schlüsse  wird  die 
uämiloho  VorHieherung,  wenn  auch  in  andern  Worten,  wieder- 
holt, (lonu  KUTuX^ftü  benagt  genau  so  viel  als  jLioipoXoToO|iaiy 
vgl.  KoraVH  Ataktu  2,  182,  unter  KaiaXÖTi.  Der  Klagegesang 
riehtot  »ioh  an  die  Tyche;  das  darf  aber  nicht  befremden^ 
donu  dioHo  ist  im  Mittelalter  und  schon  frtlher  mit  der  Moira 
HU  eiuiM*  Uostult  %us«unmengeschmolzen,  wie  aus  einer  andern 
HIdIIo  doHHolben  (Unliehtes  deutlieh  hervorgeht: 

IW  KXi^nm  Ti^c  Tuxnc  buciuxic  ^kXiücGii  |liou  kqi  Moipac^ 
Ka\  ituXiv  ^TtiKXiuBci  |ie  tö  KaKOMoipacjnä  |iOu 
UiuN  ^VKTOxoKXu>CMQTOC  TTiKpoö  Tf\c  'Aq)pobi"nic. 

Hier  UlHTuimmt  die  Tjehe  in  der  Vorstellung  des  Dich- 
Wr*  v^^^^^l  >v\dil  aueb  des  grieehiseheu  Volkes  >  die  Fnnktionen 
iWr  M\Mni«  lU  JA  da:»  8|ünnen  des  Lebensfadens  bekanntlich 
S^elw^  dor  MoirxMi  mier  Paraen  ist.  Vgl.  noch  Belthandros^ 
V.  TSs<: 


Myrolog  oder  Moirolog? 


11 


TToXXa  Yöp  fvi  dbiivaiov  ävBpuJTTOV  elc  töv  köciuov 
xfiv  €\)iap)üi^vr|v  iKqpuyeTv  kqi  tö  ttic  Tuxr|c  KXu)C|ia. 
Kallimachos  1635:    BX^ire   xfic  Tuxr|c  Tfjv  q)opdv,  tö  KXuicinav 
TÖ  TOÖ  xpövou. 

Übrigens  pries  schon  Pindar  die  Tyche  als  die  Schwester 
der  Moiren.  Auch  der  auf  das  eben  erwähnte  Ersetzungs- 
prinzip im  volkstttmlichen  Sinne  fussende  Sprachgebrauch  stellt 
als  Synonyme  neben  einander:  KaXöxuxoc  und  KaXö)ioipoc,  de- 
nen sich  als  drittes  KaXopiZiiKOC  beigesellt,  und  diesen  stehen 
die  entsprechenden  Verbindungen  mit  kqko-  gegenüber.  Nichts 
hindert  uns  daran,  das  in  Frage  stehende  Wort  als  ein  Kom- 
positum von  jLioipav  X^t^  aufzufassen,  als  Xi^ijj  Tf)v  jaoTpav  nxou, 
dem  wir  ein  gleichbedeutendes  Xctuj  t^jv  Tuxnv  mou  an  die 
Seite  stellen;  nicht  anders  ist  auch  KXaipojLioipric :  der  immer 
sein  Schicksal  beweint,  Dossios  55,  auf  kXqiu)  Tfjv  iiioTpav  )ioi> 
zurückzuftlhren.  Die  Bedeutung  kann  nur  sein:  ich  verkünde 
das  mir  vom  Schicksal  bestimmte  Los,  d.  h.  ich  klage  mein 
Unglück;  denn  wenn  Tyche  und  Moira  auch  neutrale  Begriffe 
sind,  so  liegt  es  doch  in  der  Natur  des  Menschen,  dass  ihn 
die  Betrübnis  viel  eher  als  die  Freude  zu  ergreifenden  Ge- 
mttthsäusserungen  drängt.  Und  an  wen  wendet  sich  hier  die 
Klage?  doch  nur  an  die  Tyche  (oder  besser,  an  die  Tyche- 
Moira)  selbst,  denn  wenn  das  Schicksal  auch  unwandelbar 
ist,  so  kann  ein  betrübter  Mensch  doch  leicht  auf  den  Gedan- 
ken verfallen,  dass  es  sich  durch  Bitten  erweichen  lässt. 

Auch  andere  Zusammensetzungen  mit  jnoTpa  können  uns 
die  Art,  wie  solche  Bildungen  entstehen,  veranschaulichen; 
um  die  Sache  klar  zu  machen,  gehen  w  ir  von  bekannten  Ana- 
logien aus: 


iTTTTOuc  Tpeqpiu 
avGoc  X€TUJ 

|iö9ov  XeTUJ 
Dann: 


ITTTTOTpOqpOC 

dvGoXÖTOC 


ITTTTOTpoqpUJ 

dvGoXoTÜJ 


)iu6oXÖTOc  jLiuGoXoTui 


iTTTTorpoqpia 

I  dveoXoTicx 
\  dvGoXÖTiov 

f)iu0oXoTici 
||nu9oXÖTTma 


)iOipav  Tpcwpuj        lioipoTpaqpoc       laoipOYpotqpuJ 


||noipoTpciq)ia 
I  )iOipOTpdq)Ti)ia 

Die  Passivform  )ioipoTPGt(poö)iai  findet  sich  im  Kallimachos 
V.  707  sq.,  1668-,  )ioipoTpd(pr||ia  ib.  735  sq.  und  öfters.  Über 
die  Rolle  der  Moiren,    die   den  Namen   des  Neugeborenen  in 


lüioTpav  X^TW      liOipoXoTOC 


12  John  Schmitt,  Myrolog  oder  Moirolog? 

das  Schicksalsbuch  eintragen  und  ihm  sein  Lebensschicksal^ 
«ein  |LioipoTpäq)r||Lia,  verkünden,  siehe  Bernhard  Schmidt  Volks- 
leben S.  210 — 221,  bes.  S.  215.  Dass  es  sich  oft  um  eine 
Voraussagung  des  ehelichen  Glückes  handelt,  kann  auch 
oben  erwähnte  Stelle  aus  Kallimachos,  V.  703  sqq.  bezeugen. 
Die  Form  iLioipoTpaqpia  findet  sich  im  Sophocles:  The  decrees 
of  fate,  mit  Hinweis  auf  Nicet.  Byz.  764 A.  Im  Belthandros 
V.  422  lesen  wir: 

XpucdvTcav  r\v  uTretpctvpev  f)  jnoipÖTPOiqpoc  Tiixri 
doch  scheint  mir  der  Akzent  auf  der  drittletzten  Silbe  gegen 
die  Versbetonung  zu  Verstössen,  denn  der  Dichter  hält  auf 
gleichmässige  Vertheilung  der  Versakzente;  wir  dürfen,  glaube 
ich,  auch  hier  )ioipoTpäq)Oc  wie  in  den  andern  Fällen  als  Pa- 
roxytonon  lesen.  —  Schliesslich  erhalten  wir  im  Einklang  mit 
den  vorhergehenden  Beispielen: 

jnoipoXoTo»  —  oö|iai      [  liOipoXÖTi(ov) 
Kall.  1670;  —         |  jLioipoXÖTTliia 
2360  (Kall.  1671. 

Im  W.  B.  von  Passow  findet  sich  lioipoXötoc  =  Schick- 
salskündiger,  und  ebenda  sogar  das  bei  Kirchenschriftstellern 
übliche  iLioipoXoT^uj  =  einem  das  Schicksal  verkündigen. 
Vielleicht  dürfte  diese  Form  schon  allein  als  ein  Beweis  für 
die  richtige  Herleitung  des  Wortes  genügen,  denn  die  Medial- 
form )aoipoXoTOÖ)iai :  sich  selbst  das  Schicksal  verkündigenj 
konnte  in  die  Bedeutung  übergehen:  sich  über  sein  Schicksal 
aussprechen  und  schliesslich:  sein  Schicksal  beklagen.  Wir 
finden  m.  W.  nicht  liOipoXoTict,  sondern  nur  das  sächliche  )üioi- 
PoX6ti(ov),  wie  dvGoXÖTiov.  —  Endlich  sei  noch  verwiesen  auf 
Hesychios:  )LioipoXoTX€iv  No.  1554  und  die  Lesart  iioipoXaXcTv 
im  Apparate. 

III.  Über  die  Form  jnupioXoTÄ  und  ihre  entsprechenden 
Ableitungen  wie  laupioXöti  kann  nur  kurz  bemerkt  werden, 
dass  sie  als  eine  spätere  Bildung  anzusehen  ist,  da  sie  in  den 
frühen  Denkmälern  nicht  vorkommt.  Im  Laufe  der  Zeit  fand 
•eine  Vertauschung  statt  zwischen  den  Kompositionsgliedern 
(|iupo-)  lioipo-  und  liupio-  z.  B.  )iupö-xpicToc,  )ioipö-KpavToc  und 
>iupi6-KapTroc ;  Typen  wie  iiupo-qpöpoc  =  Salben  tragend,  und 
jLiupio-q)öpoc  Leontios  60,  16  ^=  grosses  Lastschiff  konnten  leicht 
verwechselt  werden,  oder  zu  einem  Ausgleiche  kommen,  wie 
«s  bei  iLioipo-XoTu»  thatsächlich  der  Fall  ist,  denn  an  manchen 


Carl  Darling  Buck,  Critical  Notes  to  Oscan  Inscriptions.    1$ 

Orten  hat  das  unechte  Kompositiousglied  inupio-  das  echte  inotpo- 
verdrängt.  Begünstigt  warde  diese  Umbildung  durch  volks- 
etymologische Einflüsse;  das  Volk  knüpfte  an  die  im  Neugriech. 
zahlreichen  Komposita  mit  iiupiö-  an,  z.  B.  inupio-irapaKaXia, 
jLiupio-euxapicTu»,  und  legte  sich  den  Sinn  in  der  Weise  zurecht^ 
dass  es  unter  iiiupioXoTU)  so  viel  verstand  als:  unzählige  Worte 
sprechen,  sich  durch  viele  Worte  Luft  machen. 

Leipzig-Gonnewitz.  John  Schmitt. 


€ritical  notes  to  Oscan  Inscriptions. 


The  eituns-inscriptions^. 
The  new  inscription,  first  published  by  Sogliano,  Notizie 
d.  Scavi,  Nov.  1897,  reads: 

eksuk  amviannud 
eituns  ampt  tribud 
tüv.  ampt  mener. 
There  is  no   trace   of  a  cross  stroke  in  the  third  letter 
of  ampt  in  either  oceurrence,  and  the  other  strokes  are  clear 
enou^h  to  makc  it  impossible  to  belicve  that  it  has  been  lost. 
One   may   recall    the  fact  that  on  the  Vibia  Curse   the   first 
letter  of  avt  is  twice  or  three  times  clearly  without  the  cross 
stroke,    without,    however,    feeling  justified    bere  in   reading 
amat^). 

1)  1  examiued  these  both  bel'ore  and  alter  seeing  Degering's 
article  in  the  Mitteilungen  d.  kais.  deutsch,  ärchäol.  Inst.,  röm.  Abt.  13, 
124  f.  On  tlie  lirst  occasion  I  noted  Sogliano's  error  in  giving  eksud 
instead  of  eksuk  in  the  new  inscription:  also  that  in  Conway  no.61 
amviannud  with  two  n's  was  to  be  read,  and  sarinu  not  sarnnu; 
further  that  in  C.  no.  63,  v.  Planta's  conjeeture  of  spuriieis  was  to 
be  accepted,  while  in  the  last  line  im  brat r  appeared  impossible. 
Conway's  sehsimbriis  probable.  All  these  points  were  noted  by 
Degering  and  I  mention  the  fact  that  my  own  observations  were 
independent,  mcrely  because  as  such  they  furnish  stronger  corro- 
boration  of  his  readings  than  they  otherwise  would.  Sogliano's 
error  in  giving  amat  I  did  not  notice  until  after  having  had  my 
.Utention  called  to  it  by  Degcring's  article. 

2)  But  the  temptation  is  great  not  to  give  up  the  intelligible 
amat  for  the  highly  puzzling  ampt.     Degering's  explanation  of  the 


14  Carl  Darling  Bück, 

In  contrast  to  Degering  I  am  absolutely  convinced  that 
the  inscription  ended  with  mener.  I  examined  this  part  of 
the  stone  with  the  greatest  care  and  failed  to  see  any  traees 
of  red  on  the  same  line  after  mener,  or  any  traees  of  lines 
foUowing.  As  for  the  graffiti  at  the  bottom  of  the  pillar, 
there  are  undoubted  traees  of  letters,  but  to  make  puf,  ei- 
tuns,  etc.  of  them  requires  a  vivid  imagination. 

Conway  no.  61,  v.  Planta  no.  48.     The  text  is: 

eksuk  amviannud  eit. 

anter  tiurri  XII  ini 

Vera  sarinu  puf 

faamat  Mr.  Aadiriis  V. 
There  is  no  doubt,  I  think,  of  the  two  n&  in  amvi- 
annud. In  the  third  line  Conway  is  not  justified  in  reading 
sarnnu.  v.  Planta  was  right  in  assuming  that  the  fourth 
letter  is  u  corrected  to  i  (not,  I  think,  i).  The  punct  before 
n  seems  clear,  so  that  the  explanation  of  the  mistake  is  that 
the  writer  at  first  skipped  two  letters  of  his  copy  and  after 
sar  wrote  the  final  u  and  the  punct,  then  corrected  the  u  to 
i  and  added  the  nu*). 

Conway  no.  63,  v.  PI.  no.  49.     The  text  is: 

eksuk  amv[i]anud 


latter  will  satisfy  no  one.  A  Latin  spelling  amptermini  with  the 
change  of  b  to  p  betöre  t  is  of  course  whoUy  irrelevant,  and  the 
vague  references  to  cases  in  which  p  Stands  for  f  in  both  Oscan 
and  Umbrian  do  not  mend  niatters.  Since  original  pt  becomes  ft 
(O.  scriftas),  it  is  especially  difficult  to  account  for  the  opposite 
change  here.  The  ouly  possibility  wiiich  oecurs  to  me,  in  the  line 
of  connectiug  the  word  with  amf-f  is  that  in  the  combination  na8.+ 
/■+cons.,  the  b  became  an  afifricative  pf  (cf.  the  development  of 
n-i-s  to  ntSf  e.  g.  0.  keenztur)  and  then  lost  the  f.  But  this  is 
none  too  plausible.  [Mau  Mitt.  d.  deutsch,  archäol.  Inst.,  röm.  Abt., 
14,112,  suggests  the  possibility  that  ampt  Stands  for  ant,  but  very 
properly  concludes  that  this  is  unlikely.  Aside  from  the  question 
of  syntax,  such  a  misspelling  could  hardly  be  parallelled.  In  L. 
te?nptäre  the  p  has  etyniological  value  (cf.  Brugmann  Grdr.  1^,  366).] 
1)  It  is  clear  that  the  word  can  have  no  connection  with  the 
name  of  the  river  Sarnus.  An  anaptyctic  vowel  would  be  a  not  i, 
and  moreover  the  gate  referred  to  is,  as  the  topographists  agree, 
that  in  the  direction  of  Herculaneum,  exacth'  opposite  from  the 
Sarnus. 


Critical  Notes  to  Oscan  Inscriptions.  15 

eituns  an[ter  trjiibtt 
Ma.  Kastrikiieis  ini 
Mr.  Spuriieis  L. 
puf  faamat 
V.  Sehsimbriis  L. 

In  1.  2  an[ter  (so  Comvay  and  v.  Planta,  wbile  earlier 
editors  read  an[t)  is  not  only  probable  but  necessary  to  fill 
the  Space.  In  1.  4  Spuriieis  as  conjectured  by  v.  PI.  and 
confirmed  by  Degering  is  clear.  In  1.  6  imbratr  and  im- 
brtr  are  impossible.  The  letters  following  br  are  almost  cer- 
tainly  iis  as  ready  by  Schöne,  Conway  and  Degering. 

Conway  nos.  60,  62,  v.  PI.  47,  50.  Of  these  only  a  few 
letters  can  be  made  out  at  present,  but  on  the  evidence  of  61 
and  63  we  are  safe  in  assumiug  that  in  62  anter,  not  ant, 
is  to  be  supplied. 

As  regards  the  general  interpretation  of  the  eituns- in- 
scriptions, the  latest  has,  if  anything  added  to  the  diflSculty, 
and  Degering's  article,  while  pointing  out  some  serious  diffi- 
culties  in  Nissen's  view  (as,  for  example,  the  fact  that  the 
Street  near  the  corner  of  which  Stands  C.  no.  61  leads  to  the 
point  between  towers  XI  and  XII,  not  between  XII  and  the 
Herculanean  gate)  ofFers  no  positive  results  that  will  meet 
with  general  acccptancc.  Prof.  Mau  is  shortly  to  publish  an 
article  on  the  topographical  questious  involved,  which  we  shall 
await  with  intercst^).  Dcgering's  grammatical  views  mark  a 
distinct  step  baekward.  lustead  of  the  wholly  satisfactory 
explanation  of  puf  as  ^ibi',  we  are  to  assume  an  Oscan  acc. 
pl.  in  -f  instead  of  -ss,  -s,  and,  incidentally  to  this,  the  exi- 
stencc  of  an  Unibrian  pufe  ''ubi'  Tab.  Ig.  VI  a  8  is  done 
away  with  by  assuming  that  uerfale  is  an  acc.  pl.  to  uerfali-, 
this  from  ^uer-u-ali-  belongiug  to  U.  uerof,  0.  veru!  The  old 
explanation  of  eituns  as  a  3rd  pl.  imperative,  formed  to  the 
Singular  after  the  analogy  of  the  subjunctive,  is  at  least  a 
conceivable  one*),  but  Degering's  attempt  to  support  this  with 
the  deiuatuns  of  the  Tabula  Bantina  weakens  the  argument. 
For,    it  being  syntactically  impossible  to  regard  deiuatuns  as 


1)  [See  now  Mitt.  d.  deutsch,  archäol.  Inst.,  röm.  Abt.,  14,  105  ff.] 

2)  [Revived  once  niore  by  Ehrlich,  IF.  11,  299  ff.] 


16  Carl  Darling  Bück, 

an  imperative,  he  is  obliged  to  assume  that  this  alleged  for- 
mation  in  -tuns  even  took  the  place  of  the  real  subjuuctive. 
Assuming,  in  agreeraent  witb  most  scholars^  that  eituus^ 
is  a  noun,  the  qnestion  remains  whether  it  nieans  simply  'way% 
as  Nissen,  Btleheler  and  v.  Planta  thiuk,  or  whether  it  deno- 
tes  certain  persons  or  things  which  form  the  objective  point 
to  which  people  are  to  be  guided.  Therc  are  certain  reasons 
why  the  latter  view  seems  to  me  more  probable.  Firstly  the 
topographical  difficulty  in  C.  no.  61  would  vanish.  The  street 
near  which  it  Stands  is  not  itself  the  'way  between  the  twelfth 
tower  and  the  gate'  (cf.  above),  but  it  raay  be  the  most  con- 
venient  way  of  rcaching,  from  the  corner  where  the  inscrip- 
tion  Stands,  something  situated  between  the  twelfth 
tower  and  the  gate.  Secondly,  in  the  new  inscription  the 
ablative  construction  with  ampt  would  be  more  intelligible. 
But  the  Chief  argument  is  from  the  form  itself.  As  a  singular  it 
oflFers  great  difficulty.  Bücheier  compares  L.  iter,  ifineris,  but 
without  explaining  how  the  suflSxes  are  to  be  eompared.  v» 
Planta  2,  61  suggests  four  possibilities.  1)  From '*eitono8  with 
change  of  unaccented  o  to  u  before  '7i{o)s.  But  in  Oscan  a 
change  of  o  to  m  it  found  only  in  conncction  with  labial 
consonants.  2)  Influence  of  a  stem  *eüu-,  L.  itus,  But  this 
should  give  eftiuns.  3)  From  *eitönos.  But  in  Latin  the 
Suffix  -öno-  is  an  extension  of  -ön-  and  denotes  persons.  4) 
from  *eitü-n0'8  like  L.  fribünus.  A  rare  suffix,  and  one  which 
would  certainly  involve  an  extension  of  the  meaning.  On  the 
other  band  as  a  nom.  pl.  of  a  stem  in  -ön-  its  formation  is 
perfectly  simple,  namely  cituns  from  *eitön{e)s  as  humuns 
from  *homön{e)8.  What  specific  meaning  should  be  assumed 
for  such  a  derivative  of  the  verb  'to  go'  is  a  further  question^ 
on  which  tliere  may  be  various  opinions.  Against  Conway's 
'cisiarii'  and  'lectiearii'  archaeologists  seem  agreed  that  such 
private  advertisements  are  out  of  the  question.  The  meaning 
'patrols',  already  suggested  in  my  Vokalismus,  would  seem  to 
fit  in  well  with  the  general  interpretation  of  the  inseriptions 
given  by  Nissen,  Mau  and  others.  That  is  the  soldiers  are 
guided  to  the  regulär  patrols  or  patrol  stations,  the  Situation 
of  which  is  shown  by  the  words  following  ei  tuns,  —  in  the 
new  inscription  "about  the  Public  Building  (and)  about  the 
Temple  of  Minerva". 


Critical  Notes  to  Oscan  Inscriptions.  IT 

The  iovilae-inscriptions. 

Conway  no.  113,  v.  PL  no.  133. 

1.  6.  BetweeD  meddis  and  ad  I  regard  kapv  as  by 
far  the  most  probable  reading,  though  Bttcheler  tbougbt  it 
impoßsible,  and  v.  Planta  not  without  difficulty.  Bücbeler's 
pis  id  seems  improbable  to  me,  as  to  v.  Planta  (Anhang 
p.  632).  Directly  after  meddis  is  a  hole  in  the  stone,  out 
of  whieh  rans  an  oblique  stroke  which  migfat  belong  equally 
well  to  k  or  d  (v.  PI.  prefers  d).  The  next  letter  is  certainly 
a  (v.  PL  also  thinks  this  most  probable).  Then  follow  indi- 
stinct  lines  oflfering  various  possibilities  of  combination,  among 
others  pv,  while  v.  Planta  prefers  pi.  The  oblique  stroke 
whieh  y.  PL  reads  as  thorn  Starts  much  higher  up  than  in 
kerssnais  and  upil  and  is  longer,  in  fact  i  seems  to  me 
unlikely.  The  traces  of  horizontals  in  what  I  take  to  be  v 
are  so  faint  that  I  eannot  be  snre  they  are  not  imaginary. 

1.  7.  iäviass  not  -als  seems  elear  to  me,  contrary  to 
the  opinjon  of  previous  editors.  There  is  a  distinet  oblique 
stroke  parallel  to  the  lower  bar  of  the  final  s. 

1.  8.  ssimassta-  not  ssimaissta-.  Bücheier  remarks 
on  the  narrowness  of  the  space  for  the  i  between  a  and  s,  and 
moreover  the  supposed  stroke  is  very  short,  not  more  than 
half  the  usual  length.  I  take  it  to  be  simply  a  mark  on  the 
stone.  I  can  see  no  punct  after  the  s;  if  anywhere  it  is  after 
the  second  s  where  BUcheler  notes  a  Tleck'.  Altogether,  I 
am  convinced  that  the  correct  reading  is  iüviass  messimass, 
an  accusative  plural  and  object  of  sakraf  ir.  The  next  word 
is  the  most  difficult  in  the  inscription.  After  ta  is  a  mark 
which  may  be  intended  for  an  i,  or  may  be  accidental.  The 
next  letter  may  be  read  as  v  (Sogliano)  or  e  (Bücheier  and 
others),  since  the  middle  stroke  is  much  finer  than  the  other 
horizontals.  The  last  letter  of  the  line  is  certainly  f.  At  the 
beginning  of  1.  9  v,  Planta's  reading  fud  is  well  nigh  certain 
(others  fuf).  v.  Planta  makes  two  words  staief  fud,  but  it 
is  difficult  to  follow  bis  explanation  of  fud  as  a  verbal  form. 
It  is  more  likely  that  we  have  to  do  with  a  Single  word,  an 
ablative  singular,  probably  dependent  on  messimass.  But 
the  Stern  and  meaning  remain  uncertain.  We  may  read  taief- 
fud    or   tavffud   or,   assuming  that  of  three  successive   ss 

Indogrermanische  Forschungen  XII  i  u.  2.  2 


18  Carl  Darling  Bück, 

only  two  were  written,  staieffud  or  stavffud.  Taking  the 
last  reading  one  might  think  of  a  derivative  of  the  root  stau- 
(L.  in-stanrö),  and  suppose  that  it  means  something  like  ''esta- 
blishment,  beginning'.  The  sentence  would  then  read:  Punl 
meddis  kapv  ad  |  fugt,  idviass  mejssiinags  (s)tavffud 
sakriss  sakrafir,  avt  ultinmam  kerjssnais;  and  be  traus- 
lated:  '"''When  the  meddix  ot  Capua  shall  be  present,  one 
shall  celebrate  the  Jovian  fete-days  which  are  midmost  from 
the  beginning,  vvith  sacrifiecs,  but  the  last  with  banquets". 

1.  9.  sakriss  not  sakriiss.  Between  the  i  and  s  is 
a  defeet  in  the  stone  which  the  stone-cutter  passed  over,  as 
frequently. 

1.  10.  kra  elear,  and  traces  of  f  certain,  then  part  of 
f  but  not  enough  to  determine  whether  i  or  i.  The  final  letter 
is  quite  indistinet. 

I.  12.  Bücheier  and  v.  Planta  note  that  the  thom  of 
the  i  in  ssnais  slopes  downward.  The  same  is  certainly  tme 
in  üpil  of  1.  1.  These  are  the  only  cases  in  the  inscription 
where  one  is  sure  of  1  rather  than  i.  The  punct  is  still  more 
difficult  to  be  sure  of,  owing  to  the  character  of  the  stone. 
The  only  certain  cases  are  üpil  and  ültiumam. 

Conway  no.  114,  v.  Fl.  no.  134. 

1.  5.     I  can  see  nothing  certain  after  sull. 

1.  7.  V.  Planta  is  alraost  certainly  right  in  rejecting  the 
former  reading  üiniveresim.  The  first  two  letters  are  not 
üi,  nor  the  last  im.  For  the  last  part  v.  Planta's  reading 
verehias  or  vereeias  is  more  likely.  Before  the  v  the  lines 
which  Bücheier  read  as  ni  may  well  be  m  with  the  strokes 
running  down  from  leffc  to  right,  but  it  is  very  difficult  to 
make  inf  out  of  what  precedes,  so  that  v.  Planta's  in  im  seems 
to  me  very  uncertain. 

Conway  no.  115,  v.  PI.  no.  131. 

1.  1.     iühil  (Bücheier,  v.  PI.)  not  iüvil  (Conway). 

1.  3.  fraträm  mi^i,  with  i  (Bücheier,  v.  Pl.j,  not  i 
(Conway).  Of  the  preceding  u  the  place  where  the  punct 
would  be  is  damaged,  so  that  there  is  no  choice  between  u 
and  ü. 

1.  6.  mamerttiais.  There  is  a  space  between  e  and 
r  but  the  supposed  punct  (Bücheier,  v.  PI.)  is  more  likely  a 


Critical  Notes  to  Osean  Inscriptions.  19 

defect;    likewise,  I  think,  between  the  two  t's.    At  end,  -ais 
(Conway,  v.  PI.),  not  -ar  (Bücheier). 

1.  7.  The  marks  at  the  end  are  cxaetly  as  described 
by  Btteheler,  but  must  be  a  mistake  for  n, 

Conway  no.  117  a,  v.  PI.  no  1351. 

1.  1.     ari. 

1.  3.  fiiet.  Only  the  lower  part  of  the  second  i  shows, 
so  no  evideuce  for  i.  Then  foUows  what  raay  be  an  old  de- 
feet  in  stone,  passed  o^'er  by  the  stonecutter  as  in  1.  9  of  b 
(II).  I  coiild  see  no  traees  of  a  hasta.  There  is,  then,  no 
necessity  of  reading  fi[i]et. 

1.  7.  iivt  more  likely  than  aet.  Btteheler  remarked 
on  the  four  strokes  of  the  e  and  the  uniqueness  of  the  spel- 
ling  ae  for  ai.  In  reading  the  stone  it  occurred  to  me  that 
it  was  an  e  corrected  into  v,  and  later  noted  that  v.  Planta 
(Anhang  634)  expresses  the  suspicion  that  avt  is  the  correct 
reading. 

Conway  117  b,  v.  PI.  135 II. 

1.  1.  Near  the  beginning  idat  seems  niost  likely  (Con- 
way ilas,  V.  PI.  t..a),  at  the  end  vi  followed  by  a  vertical. 

1.  2.  pag  is  more  likely  than  pas,  though  the  angle  is 
more  acute  than  one  expects  in  a  g.  At  the  end,  v.  Planta 's 
medikid  is  well  nigh  certain.  After  k  is  an  i  or  eise  a  linc 
in  the  stone,  then  certainly  a  d,  after  this  no  distinct  traees 
of  letters  though  there  is  room  enougli. 

1.  3.  kapv  (Conway)  is  impossible.  The  d,  a  and  v 
are  clear;  between  a  and  v  is  an  i  or  defect  in  the  stone  (v. 
PI.  daiv,  Bücheier  datv). 

1.  4.  sakraitir  is  the  most  probable  reading.  The 
only  other  possibility  is  sakrattir,  and  one  would  searcely 
expect  a  ^f-perfect  beside  the  /"-perfect  (sakrafir). 

1.  10.  kersnaiias.  After  w  the  stone  is  badlv  broken, 
but  the  outlines  of  a  are  clear,  and  of  the  i  before  a8.  Hut 
between  these  the  bottoni  of  a  vertical  is  alniost  certain,  ma- 
king  kersnasias  impossible  without  corrcction. 

Conway  no.  123.  v.  PI.  no.  148  a. 

1.  4.  This  is  certainly  to  be  read  mamert  with  v.  Planta. 
Under  the  e  of  pumpe  of  1.  3  Stands  ri.  This  made  the 
Space  in  1.  4  still  smaller  and   the  stonecutter  put  the  r,  tur- 


20  Carl  Darling  Bück, 

ned  on  its  side,   under  the  e  of  mame,   and  to  tfae  right  of 
this  a  t. 

The  Cippus  Abellanus. 

1.  1.  V.  PI.  reads  Str  as  against  Sir  of  previous  edi- 
tors.  I  could  see  no  iudication  of  a  top  stroke  in  the  second 
letter. 

1.  4.  V.  PL  prefers  Lüvkifüi  to  the  usual  lüvkilüi, 
The  bottom  of  the  first  letter  is  daniaged  but  I  could  see  na 
trace  of  an  oblique  stroke. 

1.  11.  V.  Planta'8  [üp]  is  highly  probable.  There  is  just 
room  for  this,  corresponding  to  the  [üra]  of  the  next  line. 

1.  56.  V.  Planta's  reading  pedü  x  is  probable.  Cer- 
tainly  the  next  to  the  last  letter  is  ü  not  u,  and  I  could  see 
no  possibility  of  makiug  the  last  letter  r. 

Tabula  Bantina. 

1.  1,  end.     ru  probable, 

1.  2,  end.  angitu?  I  could  see  nothing  of  a  top  stroke 
to  ty  as  given  by  Zvetaieflf  and  usually  so  read.  Bücheler's 
angiiu  certainly  answers  better  to  what  now  appears. 

1.  4,  beginning.  v.  Planta's  osim  is  most  attractive^ 
but  one  can  hardly  avoid  reading  osii,  as  there  is  almost 
certainly  clear  space  between  the  second  vertical  and  the  break, 
precisely  as  represented  in  Zvetaieflfs  facsimile.  After  the  break 
the  surface  is  so  badly  worn  that  before  the  on  there  is  in 
my  opinion  not  the  slightest  trace  of  the  letters  (otherwise  \\ 
PI.  who  thinks  he  observes  traces  of  s  and  p),  I  read  osii[n8f 
and  explain  siins  as  *siens,  formed  after  siss  etc.  like  L. 
sient     For  e  in  3rd  pl.  cf.  herrins. 

1.  8,  end.  I  regard  loiifir  as  absolutely  certain.  Of 
the  V  we  have  the  vertical  and  enough  of  the  middle  stroke 
to  show  the  beginning  of  the  curve.  It  extends  through  the 
vertical  to  the  left,  just  as  in  altrei  and  prumeddixud  1.  14. 
This  same  projection  of  the  middle  stroke  marks  the  fragment 
of  the  r  in  1.  4  just  before  the  break  {pr[ut]erpan), 

1.  28,  beginning.  id  nii.  The  letter  after  n  is  clearly 
without  horizontals,  yet  nei  must  be  intended. 

1.  29,  beginning.  What  Zvetaieff  indicates  as  traces  of 
m   is   too    high  to   belong   to   the  line  and  is  nothing  but  a 


Critical  Notes  to  Oscan  Inscriptions.  21 

defect  in  the  bronze.  Before  q  we  have  three  verticals  as  if 
a  numeral  III.  There  is  just  a  possibility  tbat  the  second  was 
E  (v.  PL)  or  F  (Conway).  Before  the  verticals  there  are  un- 
<5ertain  traces  of  tips  of  letters.  v.  Planta's  nei  or  Conway's 
ifi  would  be  possible,  bat  not,  I  think,  autL  I  conld  see 
nothing  of  the  alleged  traces  of  p  after  the  q.  There  can  be 
no  question  that  Br^al  and  v.  Planta  are  right  in  assuming 
that  the  first  line  of  the  Avellino  fragment  belongs  to  1.  30, 
not  to  1.  29,  as  generally  supposed. 

Conway  38,  uote  V,  v.  PI.  26.  Fipiveic,  with  de  Petra, 
Zvetaieff  and  v.  Planta,  is  more  likely  than  Fipiveic  (Conway 
with  Mommsen  and  the  earlier  editors).  Part  of  the  thom  is 
newly  btoken  out,  but  the  edges  show  an  old  cntting  which  is 
hardly  accideutal. 

Conway  39,  v.  PI.  28.  1.  7.  Certainly  nieeilikiieis  with 
ligature  of  il.  Noting  Conway 's  objection  that  there  are  no 
other  ligatures  in  the  inscription  and  that  the  line  is  not 
«rowded,  one  luay  conjecture  that  e  e  was  cut  by  mistake  for 
€1  and  then  corrected  by  prefixing  the  thorn  to  the  i. 

11.  8 — 9.  Certainly  dekkviarfm  (v.  PI.)  not  dekk- 
vlairim  (Zvetaieff,  Conway).  There  is  no  trace  of  a  thom 
in  the  first  i. 

11.  10 — 11.  Certainly  iuisu  or  iii  su  with  one  s,  as  v. 
Planta,  not  iüfsjsu  (Zvetaieff)  or  iw[8]  su  (Conway).  The  part 
of  the  u  which  is  visible  Stands  under  the  final  letters  of  the 
other  lines,  and  there  is  no  room  for  an  s.  Both  here  and  in 
1.  5  it  is  impossible  to  say  if  the  u  ever  had  a  punct.  Since 
at  Pompeii  the  abl.  sing,  is  spelled  -ud,  not  -üd  as  on  the 
Cippus  Abellanus,  ins  has  more  probability  than  iüs. 

Conway  48,  v.  PI.  36a.  1.  1.  kli  (Conway)  not  k*li 
(v.  PI.),  The  mark  after  the  k  is  quite  unlike  the  other  puncts 
and  is  certainly  not  intended  for  one. 

Conway  49,  v.  PI.  33.  In  1.  4  I  have  noted  the  clear 
trace  of  r  as  seen  by  v.  Planta. 

Conway  59  (cf.  addenda),  v.  PI.  62.  ahvdiu  ni  akun 
CXII.  There  is  no  doubt  of  the  square  intei-punct  as  seen 
by  Dennison  (Am.  Journ.  of  Archaeology  1898,  399  b).  Some 
of  the  coloring,  as  well  as  the  cutting,  may  still  be  seen. 

Conway  134,  v.  PI.  156.  upfals  patir  miinieis  (with 
V.  PL).    As  there  is  no  trace  of  the  thorn  in  -tir  and  -eis, 


22    Carl  Darling  Back,  Critical  Notes  to  Oscan  Inscriptions. 

while  it  is  quite  distinct  in  miin,  the  usual  transcription  patir 
mifnieis  iß  hardly  justified. 

Conway  137c, b.  v.  PL  119,  V.  1.  4.  marahcis  nur. 
Tbere  is  a  tiny  break  before  the  wiir,  but  not  wider  than  the 
usual  spacing,  so  that  I  agree  with  v.  PI.  Anhang  p.  617  that 
the  Word  is  probably  coniplete*).  In  the  last  line  Conway 's 
suUum  is  far  more  probable  than  v.  Planta's  sullact,  mainly 
on  account  of  the  space. 

Conway  140,  v.  PI.  166.  Read  helreus  frssii[8  |  upsed 
with  Dennison  Am.  Journ.  of  Archaeology  1898,  399  f. 

Conway  168,  v.Pl.  194.  1.  1  The  first  letter  is  probably  k 
(v.  PL).  The  vertical  is  eompletely  lost  in  the  break,  but  the 
angle  following  is  more  suitable  to  k  than  to  g.  In  1.  2  I 
eould  make  out  nothing  elearly  after  seem.  1.  3  ehpreivid 
(Conway).  Of  the  last  letter  only  the  vertical  remains  and 
there  is  nothing  on  the  stone  to  make  k  (v.  PL)  more  pro- 
bable than  d  which  gives  us  an  intelligible  form.  1.  4  inu- 
seispad  hef€. 

Conway  169,  v.  PL  188  (the  censor-inscr.  of  Bovianum). 
I  cannot  accept  v.  Planta's  supposed  discovery  (Anhang  p.  640) 
that  what  has  always  been  taken  as  the  tirst  line  is  really 
the  second.  I  found  the  little  mark  over  liis  which  he  thinks 
is  the  thorn  of  an  i,  but  could  see  nothing  eise  at  all  suspi- 
cious.  And  the  fact  that  even  from  bis  own  description  the 
traces  of  letters  are  so  slight,  makes  it  improbable  that  there 
was  a  line  here.  For  in  the  other  lines  the  letters  are  deeply 
cut  and  absolutely  clear  except  at  the  edges,  and  I  cannot  see 
that  the  surface  at   the   top  is  appreciably  more  worn  down* 

Conway  176,  v.  PL  201.  No  one  will  question  the  new 
reading  discovered  independently  by  Conway,  Dennison  and 
V.  Planta,  but  I  could  see  nothing  of  a  punct  after  dunüm 
as  noted  by  Dennison. 

Conway  181,  v.  PL  203.  The  old  reading  fiml  is  far 
more  probable  than  fml. 

Naples,  June  1899.  Carl  Darling  Bück. 


1)  Note  also  Thurneysen's  attractive  explanation  of  the  word 
as  nom.  sg.  ner  to  tbe  gen.  pl.  neruni. 


Ivan  Kopacz,  Die  lateinischen  Infinitive  auf  -ier.  23 


Die  lateinischen  Inflnitiye  auf  ier. 


Über  den  lateinischen  Inf.  Praes.  Pass.  auf  -ier  sagt 
Stolz  in  der  dritten  Auflage  seiner  lateinischen  Grammatik 
(Iv.  Müllers  Handbuch  2,  2»  (1900)  S.  190):  ''So  ist  der  Ur- 
sprung dieser  Form  immer  noch  nicht  klar''.  Indessen  meine 
ich,  dass  seine  eigene  Ansicht  von  der  Zusammensetzung  die- 
ser Form  "aus  dem  gewöhnlichen  Infinitiv  auf  -i  und  dem 
von  den  thematischen,  nicht  abgeleiteten  Verben  entlehnten 
Infinitiysuffix  -ere"  (mit  der  Abstumpfung  des  -ere  zu  er)  das 
Rätsel  wenigstens  zur  Hälfte  löst.  Ich  möchte  nur  die  Pro- 
venienz des  zweiten  Bestandteiles  anders  erklären,  als  Stolz 
es  gethan  hat. 

Es  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass  die  Formen  auf  -ier 
nicht  auf  gleiche  Stufe  mit  denen  auf  -f  gestellt  werden  dür- 
fen. Zwar  —  um  mit  den  Worten  von  Stolz  zu  reden  — 
''ist  nicht  zu  übersehen,  dass  die  Infinitive  auf  -f  an  Zahl 
immer  überwiegen",  aber  unbestreitbar  haftet  den  Formen  auf 
•ier  beinahe  überall  ein  gewisser  altertümlicher  Hauch  an. 
So  war  —  nach  Neue- Wagener  —  die  Form  auf  -ier  besonders 
üblich  "in  der  Gesetz-  und  Priestersprache,  auch  in  Grab- 
inschriften" (Formenlehre  d.lat.  Sprache»  (1897)  3,  225).  Die 
weitaus  meisten  Beispiele  dieser  Infinitivform  stammen  aus 
Plautus  und  Terenz  und  den  Überbleibseln  der  übrigen  Schrift- 
steller der  ältesten  Periode  (ib.  226 — 235),  und  Brock  (Quaest. 
gramm.  capita  duo  p.  82)  hat  mit  gutem  Recht,  trotz  Stolz, 
die  Infinitive  auf  -ier  als  Archaismen  schon  für  die  Zeit  des 
Livius  Andronicus  bezeichnet. 

Nun  erklärt  man  heutzutage  viele  Formen  des  lateini- 
schen Verbums  als  Zusammenrückung  zweier  ursprünglich  mehr 
oder  weniger  selbständiger  Bestandteile,  so  z.  B.  Imperf.  ama- 
ham,  legebam  als  Zusammenrückung  von  infinitivartigen  Bil- 
dungen *ama-,  Hege-  mit  den  Formen  von  Wz.  *bhu  'sein'; 
die  Form  des  Inf.  Fut.  Akt.  auf  -türum  ("esse"  ist  dazu,  wie 
nachgewiesen,  erst  später  hinzugekommen  auf  dem  Wege  der 
Analogie  zu  amatum  essCf  und  deswegen  fehlt  es  so  häufig 
bei  den  Schriftstellern)  als  Zusammenrückung  von  Supinum 
auf  -tu  (Lok.)  mit  dem  akkusativischen  Infinitiv  (von  Wz.  es-) 


21^  IvanRopacz,  Die  lateinischen  Infinitive  auf  -ier. 

*ef*um  aus  *e8-ori  'esse'  (osk.  ezunij  umbr.  erom),  so  dass 
also  daturum  =  *datu-erom  gesetzt  wird.  Diese  beiden  Er- 
klärungen sind,  so  \iel  leb  sehe,  ziemlieh  allgemein  angenom- 
men (vgl.  Stolz  a.  a.  0.  183  und  191).  Ähnlich  möchte  ich 
nun  die  Formen  auf  -ier  entstanden  sein  lassen  durch  Zusam- 
menrtickung  von  gewöhnlichen  Infinitivformen  auf  -i  mit  dem 
Inf.  Praes.  des  Hilfsverbums  *ere  aus  *es'e.  Der  Abfall  des 
auslautenden  e  dürfte  nicht  auffallen  gegenüber  den  zahlreichen 
volkstümlichen  Formen  wie  6i6er,  transferr,  conder  usw.  (vgl. 
Stolz  a.  a.  0.  190  Anm.).  Es  handelt  sich  nur  um  die  mor- 
phologische Begründung  der  hypothetischen  Form  *ere  und 
um  die  Erklärung  des  syntaktischen  Grundes  der  angenom- 
nienen  Zusammenrückung. 

Angesichts  der  Imperfektformen  auf  -bam  und  der  Bil- 
dungen, wie  assue-faciOj  cale-facio,  are-facio  (bei  Lucretius 
VI,  962  sogar:  facit  are^  bei  Cato  r.  r.  157,  9:  fei^e  bene 
facito)  und  dgl.,  wo  der  erste  Bestandteil  allgemein  für  eine 
Infinitivbildung  (die  Frage  nach  dem  Kasus  lasse  ich  beiseite) 
erklärt  wird,  haben  wir  keinen  Grund  dem  Stamme  es-  die 
Fähigkeit  zur  Verwendung  in  dergleichen  Formationen  abzu- 
sprechen. Nimmt  man  behufs  Erklärung  des  Inf.  Fut.  Akt. 
auf  -ürum  auf  Grund  der  verwandten  italischen  Dialekte  für 
das  Lateinische  die  Infinitivformation  *erum  an,  so  brauchen 
wir  nicht  zurückscheuen  auch  eine  Form  zu  supponieren,  die 
dem  sonstigen  Typus  der  lateinischen  Sprache  entspricht.  Es 
ergibt  sich  aus  der  Proportion  legere  :  (amari)  =  Hege  :  legi, 
dass  wir  in  der  lateinischen  Sprache  zwei  Formationen  des 
Infinitivs  vor  uns  haben,  eine,  sagen  wir,  vom  präsentischen, 
eine  andere  vom  aoristischen  (d.  h.  durch  -s  erweiterten) 
Stamm.  Jede  von  beiden  konnte  wiederum  für  sich  dop- 
pelte Gestalt  annehmen,  je  nachdem  lokativische  oder  dati- 
vische Funktion  zum  Ausdruck  gelangte  ^).     Der  Typus  Hege 


1)  Auf  das  morphologische  Verhältnis  der  Formen  auf  -i  zu 
den  Formen  auf  -e  gehe  ich  hier  nicht  näher  ein.  Die  Entschei- 
dung, welche  Formen  dativischen  und  welche  lokativischen  Ursprungs 
sind,  ist  sehr  schwer,  da  sowohl  dixe  infolge  zweifelloser  morpho- 
logischer Homogenität  mit  öclHai,  als  auch  agl  aus  *ag'ai  auf  dati- 
vischen Ursprung  zurückzuführen  sind.  Die  Doppelheit  der  En- 
dung (c,  i)  scheint  mir  durch  die  Voraussetzung  des  doppelten  Ur- 
sprungs der  Formen  am  natürlichsten  erklärlich  zu  sein,   wie   es 


Karl  Brugmann,  Griechisch  dvOpuiTroc.  25 

scheint  duu  in  den  Imperfektfornien  auf  -bam  und  Zusammen- 
setzungen wie  are-facio  noch  erhalten  zu  sein.  Zu  ihm  würde 
auch  das  *ere  (neben  esse)  gehören. 

Beide  Formen,  die  auf  -i  und  die  auf  -e,  wurden  ursprüng- 
lich aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ohne  Unterschied  in  Bezug 
auf  das  Genus  verbi  verwendet.  Die  Form  legi-erie)  bedeu- 
tete ursprünglich  'zur  Lesung  sein'  oder  'in  Lesung  sein'  (je 
nachdem  man  den  ersten  Bestandteil  für  Dativ  oder  Lokativ 
betrachtet),  daher  so  viel  als  'gelesen  werden'. 

Wien.  Ivan  Kopacz. 


Griechisch  ävGpujTToc. 


Über  die  Herkunft  von  fivöpujTTOC  ist  man  noch  nicht  im 
Keinen.  In  den  Zeiten,  da  man  bei  Ausnahmen  von  Laut- 
veränderungsregeln, welche  man  nicht  zu  erklären  wusste,  die 
Schwierigkeit  mit  Ausdrücken  wie  'sporadischer  Lautwandel' 
zuzudecken  liebte,  folgte  man  gerne  Härtung,  der  fiv9pu)Troc 
aus  övrip  övbpöc  und  anp  zusammengesetzt  sein  Hess  und  mit 
'Mannsgesicht,  Mannsbild'  wiedergab  (Griech.  Partikeln  1,  52). 
Den  Wandel  von  b  in  9  Hess  man  durch  das  dem  b  unmittel- 
bar nachfolgende  p  hervorgerufen  sein.  S.  Benfey  Grieeh. 
Wurzellex.  1, 122,  Pott  Etym.  Forsch.  2-,  881,  Curtius  Gnmdz.* 
522,  Leo  Meyer  Vergl.  Gramm.  1  ^,  467.  Warum  aber  bewirkte 
p  nicht  die  nämliche  Verschiebung  des  b  in  dvbpöc  dvbpi  usw. 
und  den  zahlreichen  Wörtern,  die  von  ihm  abgeleitet  oder  mit 
ihm  zusammengesetzt  sind?  Oder,  wenn  es  denn  hierauf  keine 
befriedigende  Antwort  gibt  ^),  welches  andere  griechische  Wort 
könnte  infolge  begrifflicher  Assoziation  auf  die  Lautung  eines 


auch  grösstenteils  angenommen  wird.  Anders  Solmsen  (dem  Stolz 
beizustimmen  geneigt  ist)  weg*ou  der  bei  den  Komikern  hie  und  da 
langen  Messung  der  Infinitive  aut  -ere  (IF.  4,  240  ff.). 

1)  Leo  Meyer  a.  a.  O.  517  bemerkt  in  Widerspruch  zu  S.  467, 
0  sei  wohl  unter  dem  erhärtenden  Einfiuss  des  im  Anlaut  der  näch- 
jjten  Silbe  folgenden  ir  entstanden.  So  käme  man  aber  doch  nur 
zu  einem  dvTpujiroc!  Auch  befriedigt  Meiilet  xMem.  7,  166  gar  nicht, 
dem,  so  viel  ich  weiss,  nur  Gauthiot  ebend.  11,  194  gefolgt  ist. 


26  Karl  Brugmann, 

*dvbpaj7TOC  so  eingewirkt  haben,  dass  fivöpujTroc  daraus  wurde? 
Man  schaut  sich  nach  einem  solchen  Wort  vergeblich  um.  Von 
diesem  schwierigen  Punkte  abgesehen,  ist  im  übrigen  diese 
Etymologie  höchst  ansprechend.  Curtius  a.  a.  0.  S.  37  ver- 
weist, sie  zu  stützen,  auf  bpu)i|j*  ävSpwiToc  bei  Hesych,  eine 
offenbar  sehr  altertümliche  Bildung  von  dvrip  und  uiip^),  und 
Pott  Et.  Forsch.  2*,  924  verweist  in  begrifflicher  Hinsicht  auf 
ahd.  mennisco  'Mensch',  das  von  mann-  'Mann'  abgeleitet  ist 
und  sich  der  Bedeutungsentwicklung  nach  zu  diesem  seinem 
Grundwort  nahezu  ebenso  verhielte  wie  ävGpujTroc  zu  dvrip 
(vgl.  auch  Heinr.  Schmidt  Synon.  der  griech.  Spr.  2,  385  ff., 
Breal  Essai  de  semantique  p.  37  sq.,  Wundt  Völkerpsych.  1 2, 
473).  Auch  wäre  das  Verhältnis  von  preuss.  smonenawins 
'Mensch'  smunemisku  'menschlich'  lit.  zmogüs  'Mensch'  zu 
preuss.  smoy  'Mann'  (Berneker  IF.  9,  360  f.)  zu  vergleichen*). 
Ist  also  diese  am  meisten  verbreitete  Deutung  unseres 
Wortes  nicht  befriedigend,  so  gilt  dasselbe  auch  von  allen 
andern  Versuchen,  die  Herkunft  von  ävGpujTroc  zu  ermitteln. 
Es  genügt  wohl,  wenn  ich  von  diesen  diejenigen  nenne,  die 
verhältnismässig  noch  als  die  annehmbarsten  erscheinen:  Auf- 
rechts Aufstellung,  nach  der  das  Wort  ursprünglich  'empor- 
gerichtetes Gesicht  habend,  aufwärts  sebauend'  bedeutet  haben 


1)  bp-  ist  aus  vp-  hervorgegangen  und  verhält  sich  lautlich  zu 
dvbp-  wie  [^poTÖc  zu  ä-)LißpoToc.  bp- :  dvbp-  repräsentiert  ein  uridg.  Ab- 
lautsverhfiltnis,  wobei  bp-  mit  ai.  nr-  {nr-asiki-  'Menschenknochen*) 
7iar-,  uinbr.  nerf  'proceres,  principe»'  usw.  zusammenstimnrit.  Im 
Anschluss  an  bpiwvp  vermutet  Clemin,  dass  TT  857  und  X  363  bporfiTa 
statt  dvbpoTHTa  zu  lesen  sei  (unwahrscheinlich  über  dieses  homer. 
AvbpoTf|Ta  Wharton  Some  Greek  Etyniol.  p.  ?4).  Vgl.  Hirt  Der  idg. 
Ablaut  1«6,  Verf.  Grundr.  13,  344. 

2)  Steht  aksl.  clovtfcb  'Mensch'  (russische  Form  celovek,  für  die 
zu  beachten  ist,  dass  das  Russische  die  Lautgruppe  cl  überhaupt 
zu  vermeiden  scheint)  =  urslav.  '*Movekb  in  einer  ähnlichen  Be- 
ziehung zu  as.  helith  ahd.  helid  ags.  hcele  'Mann,  junger  Mann,  Käm- 
pfer, Held',  aisl.  h<^ldr  und  halr  'freier  Mann',  denen  man  vielleicht 
griech.  K^Xuup  'Sohn'  zugesellen  darf?  Wenn  lett.  zilweks  =  *küw&ca8 
aus  dem  Slavischen  entlehnt  ist  —  die  Entlehnung  müsste  wegen 
des  anlautenden  k  sehr  alt  sein  — ,  so  Hesse  sich  der  Schlussteil 
von  clovikh  mit  lit.  valkas  'Knabe,  Sohn',  Plur.  vaikät  'die  Kinder* 
identifizieren.  So  käme  man  etwa  auf  'Menschenkind'  als  Grund- 
bedeutung  und  cblo-  wäre  schon  für  sich  allein  zur  Bedeutung 
'Mensch'  gelangt. 


Griechisch  ävOpuiiToc.  27 

soll,  dvd  +  Suffix  -epo-  (!)  +  ujmj  (KZ.  3,  240.  5,  365,  vgl.  Justi 
Über  die  Zusammensetzung  der  Noui.  124,  Corssen  Krit.  Beitr, 
zur  lat.  Formeul.  245),  und  Bezzenbergers  Anknüpfung  an 
M€v6r|pn  •  9povTic  (bei  Hesych),  ahd.  muntar  'frisch,  lebhaft,, 
eifrig,  wach',  aksl.  mqdrb  'weise'  (BB.  5,  168,  vgl.  Fick  ebend. 
18,  138,  Prellwitz  Et.  Wtb.  d.  griech.  Spr.  25). 

Versuchen  wir  es  noch  einmal  mit  dvnp,  an  das  wohl 
jedermann,  namentlich  im  Hinblick  auf  das  mit  dvOpujTTOc  gleich- 
bedeutende bpuüi|j,  am  liebsten,  wenn  irgend  möglich,  anknüpfen 
möchte.  Auf  dvbp-  ist  dv9p-  in  dem  Fall  lautgesetzlich  zu- 
rückführbar, dass  der  Schlussteil  des  Wortes  ein  mit  Spiritus 
asper  anlautendes  Wort  gewesen  ist.  Einerseits  kommen  hier- 
für als  Analoga  in  Betracht  t^öpittttov  'Viergespann'  aus  xeipa- 
+  iTTTTOc,  SpivaE  'Dreizack'  vermutlich  aus  xpi-  +  ivaE  (zu  ai. 
send-  'Wurfgeschoss,  W^urfspiess'  pra-sita-  'dahinsehiessend*^ 
[von  Vögeln],  prd-siti-  'Anlauf,  Andrang;  Schuss,  Wurf,  Ge- 
schoss')  ^)  und  q>poupä  aus  *7Tpo-hopä,  q>poOboc  aus  *7Tpo-hoboc : 
in  diesen  Fällen  hat  man  nach  dem  durch  h  erfolgten  Stimm- 
tonverlust des  p  noch  weiter  antizipierend  aus  der  Tenuis  eine 
Tenuis  aspirata  gemacht.  Anderseits  ist  zu  bedenken,  dass 
sch<m  vorhistorisch  auch  die  stimmhafte  Media  b  durch  nach- 
folgendes h  zur  Tenuis  aspirata  geworden  ist,  nachdem  sie 
zunächst  ihren  Stimmton  eingebüsst  hatte,  z.  B.  att.  ouGeic^ 
|iriÖ€ic  (=  oube  elc,  \xr\b^  eic)  neben  oube-^ia  |irib€-|iia,  böot. 
ou9€v,  kret.  |liti0€v  usw.  (der  älteste  Beleg  scheint  Ö9'  'Epinfic 
=  öb€  *Ep^nc  CIA%  1,  522  aus  dem  6.  Jahrh.  v.  Chr.  zu  sein), 
ein  Lautwandel,  der  uns  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der 
schriftlichen  Darstellung  der  Sprache  sehr  viel  häufiger  vor 
Augen  gebracht  wäre,  hätte  nicht  beim  Schreiben  die  etymo- 
logische Rücksicht  gewaltet.  S.  Verfasser  Griech.  Gramm.  * 
§  139,  e  S.  146  und  die  dort  angeführte  Litteratur  (seitdem 
ist  hinzugekommen  Schwyzer  Neue  Jahrbb.  3  [1900],  255,  Meister- 
hans-Schvvyzer  Gramm,  der  att.  Inschr.  ^  104  f.).  So  ist*denn 
zu  erwarten,  dass  bp,  wie  Tp,  vor  h  su  9p  geworden  ist.  Ein 
bereits  anerkannter  Beleg  für  solches  0p  =  bp  steht  mir  frei- 


1)  Vielleicht  gab  es  einst  ein  *Tpi-ivaH  und  ein  *Tp[a]-lvaE  neben- 
einander (vgl.  TpiTr€2av*  Ti^v  TpdireZlav.  BoiiuToi  Hesych  und  att.  usw. 
Tpd-TreZa),  und  beide  flössen  in  ÖpivaE  zusammen.  Vgl.  meinen  Auf- 
satz über  OpivaE  IF.  3,  259  ff'.,  der  allerdings  in  mehrereni  der  Be- 
richtigung bedarf. 


2b  Karl  Brugmann, 

lieh  nicht  zu  Gebot.  Aber  man  dtlrfte  sich  wohl  vergeblich 
nach  einem  beweiskräftigen  Gegenzeugnis  umsehen^). 

Hiernach  kann  der  zweite  Teil  von  äv9pu)7TOc  zwar  mit 
u^j,  |i€T-aj7T0v,  T^a^K-iüTTic  usw.  nicht  zusammengebracht  wer- 
den, weil  deren  Spiritus  lenis  ja  durch  lat.  oculus,  lit.  äkh, 
aksl.  oko  usw.  als  uralt  verbürgt  ist.  Aber  möglicherweise  ist 
im  Schlussteil  ein  Wort  enthalten,  das  mit  got.  saitvan  'sehen' 
Muns  'Gesicht,  Erscheinung,  Aussehen,  Gestalt'  (urgerm.  *se\j]u' 
ni'Z)^),  lat.  Signum  aus  ^aeq^'^no-mj  aksl.  8ok^  'Anzeiger,  An- 
kläger' sociti  'indicare,  zeigen',  nbulg.  po-soka  'Wunderzeicben' 
verwandt  ist. 

Dass  die  Wurzel  dieser  Wörter  auch  im  Griechischen 
vertreten  ist,  hat  Wiedemann  IF.  1,  257  f.  erkannt.  Denn  er 
hat  gesehen,  dass  es  dieselbe  ist,  welche  vorliegt  in  dv-€Triu 
*ich  erwähne,  teile  mit,  gebe  Anweisung  etwas  zu  thun'  (Aor. 
^vi-c7T0i),  &7T€T€  aus  *dv-C7r€T€  'vcrktindct,  thut  kund',  lat.  in- 
^sequis  'narras,  refers'  inseque  insece  'sag  an',  umbr.  prusi- 
kurent  'declaraverint,  pronuntiaverint'  sukatu  Imperativ 'de- 
clarato,  pronuntiato'  (vgl.  v.  Planta  Gramm,  der  osk.-umbr. 
Dial.  1,  338  f.  2,  270.  334  f.,  Verfasser  IF.  3,  303),  ir.  in-sce 
*Redc',  8cel  'Erzählung,  Geschichte,  Nachricht'  =  kymr.  chweddl 
'fabula,  rumor',  akymr.  hepp  'inquit',  ags.  secjaii  as.  seggian 
aisl.  seggia  ahd.  sag&n  'sagen'  (das  ^  des  urgerm.  j^  ist  in 
^sa^tt-ia-  vor  dem  suffixalen  %  lautgesetzlich  geschwunden,  s. 
Zupitza  Germ.  Gutt.  72,  Verf.  Grundr.  1  ^,  614),  lit.  sekm^ 
'Erzählung,  Fabel'  uz-sakds  'Aufgebot'  sakyti  'sagen'.  Wie 
ich  im  Grundr.  1  ^  601,  so  hat  auch  Zupitza  a.  a.  0.  S.  68 
diesen  etymologischen  Zusammenhang  anerkannt,  letzterer  un- 
ter Hinweis  auf  die  doppelte  Bedeutung  von  ai.  cakä-.  Da 
ihn  dagegen  ühlenbeck  Kurzgef.  etjin.  Wtb.  d.  got.  Spr.  120 
als  'ganz  unsicher'  bezeichnet  hat,  vermutlich  doch  nur,  weil 
€r  die  Bedeutungen  'sehen'  und  'sagen'  nicht  zusammenzurei- 
men weiss,  so  mag  augeführt  sein,  was  für  die  Zusammenge- 
hörigkeit spricht  und  was  sie  wenigstens  für  mich  über  den 
Zweifel  hinaushebt. 


1)  Ein  solches  ist  dTp-uirvoc  (Wackernagel  Verm.  Beitr.  S.  1  f.) 
selbstverständlich  nicht. 

2)  Ob  alban.  soh  'ich  sehe'  mit  saihvan  zu  verbinden  ist,  bleibt 
zweifelhaft.  Soh  müsste  auf  ein  *seqV-8kö  oder  auf  einen  Aorist- 
stamm *seqV'S'  zurückgeführt  werden.    S.  Pedersen  KZ.  .36,  283. 


Griechisch  dvOpujiTOC.  29 

Ein  Übergang  von  'sehen'  zu  'sagen'  ist  zunächst  ganz 
klar  belegt  durch  unser  bemerken.  Dies  seit  dem  Mhd.  auf- 
tretende Kompositum  (zu  ahd.  mhd.  merken  'Acht  haben  aufV 
wahrnehmen,  veretehen')  hatte  zuerst  nur  den  Sinn  'wohl  wahr- 
nehmen, beachten':  man  sagt  noch  z.  B.  sein  ausbleiben  in 
der  geseUschaft  umrde  sehr  bemerkt.  In  diesen  Begriffsinhalt 
wurde  nun  die  Nebenvorstellung  des  mündlichen  oder  schrift- 
lichen Hinweisens  auf  etwas  aufgenommen:  z.  B.  sagt  Goethe 
o5,  33  ferner  fügen  wir  bemerkend  hinzu.  Indem  dann  die 
Bedeutung  des  Hinweisens  zurücktrat,  ist  bemerken  für  jede 
Art  mündlicher  oder  schriftlicher  Erwähnung,  Äusserung  ge- 
läufig geworden.  Besonders  gilt  dies  von  dem  Nomen  actionia 
die  bemerkungj  dessen  ältere  Bedeutung  'Wahrnehmung'  noch 
z.  B.  bei  Lessing  Dram.  13  erscheint:  es  ist  eine  bemerkung 
an  sterbenden^  dass  sie  mit  den  fingern  ,  ,  .  zu  zupfen  an- 
fangen^). Die  Wahrnehmung  eines  Gegenstands  ist  immer 
insofern  zugleich  eine  Geberde,  als  der  Blick  auf  den  wahr- 
genommenen Gegenstand  gerichtet  wird.  Damit  verbindet  sich 
oft  noch  eine  pantomimische  Geberde,  indem  entweder  zugleich 
der  Kopf  in  dieselbe  Richtung  bewegt  oder  mit  der  Hand  auf 
den  Gegenstand  hingewiesen  wird.  So  assoziiert  sich  mit  der 
Vorstellung  des  Wahrnehmens  um  so  leichter  die  des  Hinwei- 
sens. Und  begleiten  das  Hinweisen  noch  Worte  des  Wahr- 
nehmenden, die  den  Gegenstand  betreffen,  so  ergibt  sich  ein 
Vorstellungskomplex,  aus  dem  schliesslich  das  'sich  äussern 
mit  Worten'  als  dominierendes  Element  hervortreten  kann,  so 
dass  es  den  Gebrauch  des  Wortes  wesentlich  bestimmt.  Dass 
Wörter,  die  den  Begriff  einer  hinweisenden  oder  erklärenden 
Geberde  haben,  die  Vorstellung  des  Sprechens  in  sich  aufneh- 
men, ist  ja  ein  häufiger  Vorgang:  vgl.  noch  z.  B.  nhd.  bedeuten 
{er  bedeutet  mir  und  mich),  anweisen,  lat.  monstare,  signifi- 
care.  Und  für  das  Zurücktreten  des  Begriffs  des  Weisens  hinter 
den  des  Sprechens  ist  lat.  dlcere,  das  mit  griech.  b€iKVO^l 
'ich  zeige',  ahd.  zeigön  'zeigen',  ai.  dis-  'zeigen'  zusammen- 
gehört, ein  bekanntes  Beispiel;  vgl.  auch  got.  ga-teihan  'an- 
zeigen, verkündigen,  sagen',  as.  af-tthan  ags.  of-teon  'versa- 
gen' von   derselben  Wurzel  deik-^).     Der  Ausgangs-   und    der 

1)  Vgl.  M.  Heyne  Deutsch.  Wtb.  unter  bemerken, 

2)  Vgl.  Heinr.  Schmidt  Synon.  d.  griech.  Sprache  1,  60  f. 


30  Karl  Bru^mann, 

Endpunkt  der  Entwicklung  erscheinen,  wie  in  unserm  hemer- 
ken,  auch  noch  in  zwei  ai.  Wörtern  vereinigt:  1)  in  dem  bereits 
erwähnten  caH-,  welches  in  älterer  Zeit  'sehen,  nach  etwas 
«chauen*  (dazu  cakias-  Neutr.  'Schein,  Helle;  Gesicht,  Blick, 
Auge*),  in  jüngerer  Zeit  aber,  mit  verschiedenen  Präpositionen 
zusammengesetzt,  zugleich  'verkündigen,  ansagen,  berichten* 
u.  dgl.  bedeutet,  und  das  mit  kdifhä-  'Ziel,  Rennbahn*,  griech. 
T^K^ap  'Zeichen,  Merkmal'  aus  *T€KC-|iap  und  aksl.  kazati  'zei- 
gen' zusammenzustellen  ist  (Wurzel  q^-eg-)\  und  2)  in  khyd-,  bei 
dem  die  Bedeutung  des  Kundthuns  mit  W^ortcn  ebenfalls  in 
der  Überlieferung  die  jüngere  ist,  für  das  aber  sichere  Ent- 
sprechungen in  andern  idg.  Sprachen  noch  nicht  nachgewiesen 
sind  ^). 

Hiemach  nun  sprechen  zu  gunsten  unserer  etymologischen 
Verknüpfung  von  got.  saihan  'sehen*  mit  lat.  insequis  'narras, 
refers'  zunächst  die  Bedeutungen,  welche  das  lat.  Substantiv 
Signum  und  die  aksl.  Wörter  8ok^  soditi  aufweisen.  Femer 
scheint  im  Griechischen  der  Sippe  von  Ivi-cire  nicht  nur  die 
Bedeutung  des  Sagens,  sondern  auch  die  des  Zeigens  geeignet 
zu  haben.  Der  ursprtlngliche  Sinn  der  Komposita  Wcttic,  Gec- 
TTioc,  SecTT^cioc  =  *9€c-cTnc,  *9€c-C7Tioc,  *9€c-CTr€cioc,  neben  denen 
^&-q)aToc  'von  der  Gottheit  geoffenbart,  kundgegeben'  (zu  q>aivu), 
9TilLii)  und  9k-K€Xoc  'von  der  Gottheit  in  Bewegung  gesetzt, 
angeregt,  eingegeben'  (zu  K^Xojuiai,  KcXeuuj)  im  Gebrauch  waren, 
ist  zwar  schon  zur  Zeit  des  ältesten  Epos  stark  verblasst  ge- 
wesen, aber  es  geht,  wie  ich  schon  Ber.  der  sächs.  Ges.  d. 
Wiss.  1889  S.  49  f.  bemerkt  habe,  kaum  an,  für  die  zweiten 
Glieder  dieser  Zusammensetzungen  von  dem  Sinne  'sprechen, 
sagen'  auszugehen.  Vielmehr  ist  es  einzig  natürlich,  die  Be- 
deutung 'zeigen,  aufweisen'  oder  dgl.  zu  gründe  zu  legen; 
-cm-  könnte  etwa  'Zeichen,  Merkmal'  bedeutet  haben.  Deut- 
licher noch  ist  die  Vorstufe  zu  dem  Sinn  der  Kundgebung  oder 
Hinweisung  mit  Worten  im  Keltischen  erhalten.  Neben  air. 
in-sce  'Rede'  stehen  nemlich  incho-sig  'significat'  und  co-sc 
'das  Zurechtweisen'  =  kynir.  cosp  'poena,  punitio,  supplicium'. 


1)  Vielleicht  gehört  griech.  cfi^a  'Zeichen'  dazu,  s.  Verf. 
Griech.  Gramm.'*  S  98  f.  570.  Lat.  inquam  und  inquio^  die  man 
oft  zu  khyä'  gezogen  hat,  werden  besser  mit  insequis^  griech.  ^vi- 
erte verbunden. 


Griechisch  dvOpuüTroc.  31 

Für  den  Sinn  des  letzten  Wortes  ist  nicht  nur  an  aksl.  Jcazafi, 
das  ausser  'zeigen'  auch  'zurechtweisen,  strafen'  bedeutet  (russ. 
na-kdz  'Anweisung,  Verhaltungsbefehr  und  'Rüge,  Strafe,  Be- 
strafung') und,  wie  wir  sahen,  mit  ai.  caki-  'schauen'  und  'verkün- 
den' zusammenhängt,  an  lat.  notdre  'tadeln,  rügen',  animad- 
certere  'rügen,  ahnden,  strafen'  u.  dgl.  zu  erinnern,  sondern 
auch  an  as.  witan  ahd.  iDi^an  'tadelnd  vorwerfen',  as.  wfti 
ahd.  tcl^i  'Strafe',  got.  fra-weifan  'rächen'  (ahd.  fir-wi^an 
'tadelnd  vorwerfen,  verweisen'),  da  diese  Wörter,  woran  kein 
Zweifel  sein  kann,  mit  got.  witan  'beobachten,  auf  etwas  acht 
geben'  (Wurzel  ueid-  in  lat.  videre,  griech.  ibeTv  usw.)  zu  ver- 
binden sind.  Auch  sind  hier  zu  nennen  griech.  öttic  'Ahndung, 
Strafe,  Rache'  (öttic  Geujv),  lijjao  'du  hast  zurechtgewiesen,  ge- 
straft, bestraft'^)  und  ^v-Itttj  'tadelnde,  rügende  Anrede'  und 
'Ahndung,  zurechtweisende  thätliche  Behandlung  einer  Person'*), 
iviTTTUJ  dviccuj  'ich  tadle,  rüge'  und  'ahnde,  weise  einen  thät- 
lich  zurecht'*)  (Aor.  i^viTraiTOV  und  dv^vlirov);  denn  sie  sind 
augenscheinlich  mit  dTT-UJira  öipo^m  'sehen'  und  ÖTr-liTTeüu)  öir-l- 
Tieuuj  'ich  schaue  mich  nach  etwas  um,  begaflfe'  (7rap9ev-07ri- 
TTTic),  ai.  iki'  (ikSati)  'wahrnehmen,  berücksichtigen'  zusam- 
menzubringen (uridg.  ig^-*-  war  eine  reduplizierte  Stammform 
aus  i'dq-'Y). 

Demnach  sehliessen  sieh  die  genannten  Wörter,  die  eine 
Wurzel  seq^-  voraussetzen  und  die  über  die  sämtlichen  europäi- 
schen Sprachen,  mit  Ausnahme  vielleicht  des  Albanesischen 
(vgl.  S.  2S  Fussn.  2),  hinwegreichen,  so,  wie  sie  ihrer  Lautung 
nach  ohne  weiteres  als  zusammengehörig  erscheinen,  auch 
nach  ihren  Bedeutungen  so  ungezwungen  an  einander  an,  dass 
man  ihre  etymologische  Identität  zu  bezweifeln  keinen  berech- 
tigten Anlass  hat^). 

Von  dieser  Wurzel  seq^'^-  leite  ich  nun  auch  den  zweiten 


1)  \xv^a  6'  iiptto  Xaöv  'Axaitüv  A  454  vom  Apoll,  TT  237  vom  Zeus 
«resÄjrt,  rdxa  b'  luierai  uiac  *Axaitüv  B  193  vom  A<>'anienmou. 

2)  €  446  TroXOXXicTov  hi  c'  iKdvuj  |  q)€OTU)v  ^k  Trövroio  TToc€iödu)voc 
^virrdc. 

8)  u)  161  dXX'  ^Tr€civ  t€  KaKoiciv  ^vicccjucv  i\hk  ßoXf|civ,  wo  man 
mit  Unrecht  ein  Zeuji:ma  annimmt. 

4)  Die  bisherigen  Deutungen  von  tipao  und  iv\ni\  sind  unhalt- 
bar.   Eine  Kritik  derselben  glaube  ich  mir  hier  ersparen  zu  dürfen. 

5)  [Vgl.  auch  Wood  Publ.  of  the  Med.  Lang.  Assoc.  of  Am. 
14,  321  ff.  —  Korrokturn.] 


32  KarlBrugmann,  Griechisch  dvepujTroc. 

Bestandteil  von  ävGpujTroc  her.  Lautete  das  Wort  ibtro-  (vgl. 
ciupöc  u.  a.  Bück  A.  J.  of  Ph.  17,  459  flf.),  so  war  *ävbp-hDü7ro-c 
die  Grundform  *).  Doch  kann  ebenso  gut  ötto-  =  aksl.  sokb  ange- 
setzt werden.  In  diesem  Fall  erklärt  sich  das  uj  von  ävGpuj- 
TTOC  ans  der  sog.  Kompositionsdehnung,  wie  sie  in  dv-r|vucT0c 
(zu  att.  dvuuj  aus  *cavu-),  d^x^J^^oXoc  (zu  6|LiaXö<  aus  *co^aXo-) 
u.  a.  vorliegt  (vgl.  Wackemagel  Das  Dehnnngsges.  der  griech. 
Compp.  54)  *).  Die  Grundbedeutung  von  ävöpujTroc  wäre  nach 
dem,  was  oben  ausgeführt  worden  ist,  von  der  Grundbedeutung 
von  bpuüvji  nicht  wesentlich  verschieden  gewesen.  Man  mag 
''Mannsgesicht  habend'  oder  ''Manneserscheinung,  Mannesaus- 
sehen habend'  übersetzen  (vgl.  got.  siuns,  das  zugleich  'Ge- 
sicht' und  'Erscheinung,  Aussehen'  bedeutet). 

Die  Frage,  ob  unter  den  zahlreichen  andern  Nominal- 
zusammensetzungen, deren  zweites  Glied  auf  Wz.  oj^^-  'sehen' 
bezogen  zu  werden  pflegt,  das  eine  oder  andere,  wie  etwa 
Xctp-OTTÖ-c,  vielmehr  eine  Formation  von  unserer  Wurzel  seq^- 
enthalten  hat,  wage  ich  weder  zu  bejahen  noch  zu  verneinen. 
Hat  ävöpuuTTOC  unter  ihnen  keinen  Genossen,  so  teilt  es  das 
Los,  eine  Zusammensetzung  von  dvrjp  und  einem  begrifflich 
verdunkelten  und  anderwärts  in  dem  uns  zugänglichen  Grie- 
chisch schon  verschollenen  Wort  zu  sein,  mit  dem  Adjektiv 
dvbpö|Li€oc  'menschlich'  (8)liiXov  dvbpö)Li€ov  'Menschengedränge* 
A  538,  dvbpö)Li€a  xpto  'Menschenfleisch'  i297):  der  Schlussteil 
dieses  Wortes  war  nemlich  das  ai.  -maya-  'Stoff,  Material',  das 
frühzeitig  den  Charakter  eines  SuflSxes  annahm,  z.  B.  in  rnrn- 
rndya-  'aus  Erde,  Lehm,  Thon  bestehend'  (Pott  Et.  Forsch. 
2«,  880  f.,  Max  xMtiUer  Die  Wissenschaft  der  Spr.  1,  363  f., 
Bartholomae  ZDMG.  46,  294  Fussn.  1  und  50,  713  Fussn.  1), 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 

1)  Jedenfalls  nicht  *(ivöp6-huj7TOC,  da  hieraus  *(iv6puiiroc  hervor- 
gegangeu  wäre. 

2)  Das  T  von  <j:()rtyn.  övTpujirov  pamphyl.  d(v)TpiJÜiToia  ist  jeden- 
falls erst  aus  6  hervorgegangen,  gleichwie  das  t  von  got.  tvötojv 
=  att.  övTiTüüv,  s.  Kretschmer  Vaseninschr.  161,  Verfasser  Griech. 
Gramm.  ^  106.  Unursprünglich  muss  auch  das  t  in  altkret.  (Oaxos) 
Iv  dvTprittu  =^  ^v  dvbpTiiiu  (vgl.  J.  Baunack  Berl.  phil.  Woch.  1887,  Sp.  59, 
Skias  TTcpl  Tf\c  kpht.  biaX.  84  f.)  sein,  doch  ist  dieser  Wandel  von  6p 
in  Tp  gewiss  nicht  lautgesetzlich  gewesen;  hat  Einwirkung  von  äv- 
Tpujiroc  =  ävSpuüiroc  (vgl.  dvepujTri?|ioc)  oder  von  dvxpov  stattgefunden? 


R.  M.  Meyer,  Künstliche  Sprachen.  33 


K&nstliche  Sprachen. 


I.  Teil. 

Übersicht. 

Einleitung.  Streit  zwischen  e^cic  und  cpücic.  Prüfung  der ''künst- 
lichen Sprachen"  durch  alle  Stufen  auf  die  Frage  hin:  wie  weit 
ist  überhaupt  Sprach  er  findung  möglich? 

I.  Störung  der  natürlichen  Sprachontwickelung  S.  37. 

1)  durch  Bewahrung  des  sonst  Abgestossenen. 

a)  bei  Einzelnen. 

a)  Worte,     ß)  gelehrt-archaisierende  Sprache  S.  38. 

b)  bei  Gruppen  S.  42. 

a)  Kinderspraehe  S.  42.     ß)  Fanüliensprache  S.  42. 

t)  Oelegenheitssprache  S.  44.    b)  Sondersprachen  S.  45. 

ad)  auf  Eine  Metapher  gebaut  S.  45. 

ßß)  auf  mehrere  Metaphern  S.  46. 

2)  durch  Abstossung  des  sonst  Bewalirten  S.  50. 

a)  lexikologisch  §.  50.     b)  allgemeine  Berufssprachen  S.  51. 

c)  normalisierte  Sprachen  S.  53. 

a)  Ceremonialsprachen  S.  53.     ß)  Sportsprache  S.  54. 
T)  Dichtersprache  S.  55.    6)  Schriftsprache  S.  56. 

3)  durch  Abstossung  und  Bewahrung  S.  57. 

II.  Veränderung  des  gegebenen  Sprachstoffes  S.  59. 

1)  aus  euphonischen  Rücksichten  S.  59. 

2)  aus  Kücksichten  der  Unterscheidung  R.  62. 

3)  aus  Rücksichten  der  Zweckmassigkeit:  Geheimsprachen  S. 63. 
a)  Kindersprache  S.  63.     b)  langue  javanaise  S.  64. 

c)  Argot  S.  65.     d)  Kosenamen  S.  66. 

III.  Übersetzung  des  g'egel)enen  Sprachstoffes  S.  67. 

1)  innerhalb  einer  Sprache  S.  67. 

a)  Ammensprache  S.  68.     b)  Berufssprachen  S.  69. 
c)  Rotwelsch  S.  70.     d)  Rätselsprache  S.  73. 
e)  Skaldensprache  S.  74. 

2)  zwischen  zwei  Sprachen  S.  75. 

a)  Lehnworte  S.  76.     b)  Fremd worte  S.  76. 

c)  Redensarten  8.  76.     d)  Purismus  S.  78. 

e)  Mischsprachen  S.  78.     f)  Tier-  u.  Menschensprache  S.  79. 

IV.  Kombination  und  Kontamination   von  Einzelsprachen  S.  80. 
Allgemeines  zur  Beurteilung  der  Idee  einer  Weltsprache  S.  80. 

1)  Volapük  8.  86.     2)  Pasilingua  S.  89. 

3)  Volk  und  Fuchs  S.  89.    4)  Idealromanisch  S.  90. 

5)  Hilbes  Zahlensprache  S.  fX).     6)  Blaue  Sprache  S.  91. 
7)  Kleinere  Versuche  S.  91. 


Das  Problem  der  Entstehung  der  Sprache  ist  vielleicht 
das  älteste  wissenschaftliche  Problem  überhaupt;  demi  die 
beiden  andern  Hauptfragen  jeder  Mythologie,  die  nach  der 
vSchöpfung  der  Welt  und  die  nach  dem  Ursprung  des  Übels,  sind 
auch  heute  noch  mit  religiöser  Metaphysik  zu  eng  verknüpft, 
um    einer    rein    wissenschaftlichen  Behandlung   fähig  zu  sein. 

Indoprerm.aiiisclu;  Forsrluni^rcii  XII  l  n.  2.  3 


34  R.  M.  Meyer, 

Für  die  ältesten  Phasen  der  "Glottogonie"  gilt  das  freilich 
auch;  aber  viel  früher  als  andere  grosse  Welträtsel  hat  dies 
sich  methodischer  Erörterung  hingegeben.  Die  Legenden  und 
Mythen  von  Adams  Spracherfindung  und  dem  Babelturra,  von 
zungenlösenden  Göttern  und  Heroen  haben  eine  sachliche  Be- 
handlung des  Problems  vom  Ursprung  der  Sprache  nirgends 
dauernd  aufgehalten.  Geistreich  und  tiefdringend  haben  von 
Piaton  bis  zu  Herder,  Steinthal,  Renan  zahllose  Denker  über 
jene  Frage  gehandelt,  die  sich  ja  fast  schon  dem  Kinde  mit 
Notwendigkeit  aufdrängt;  mein  ältester  Sohn  war  noch  nicht 
sechs  Jahre  alt,  als  er  schon  fragte,  warum  der  Teller  eigent- 
lich ''"Teller"  heisse.  Im  Grund  ist  das  die  Kardinalfrage  für 
unser  Problem  überhaupt.  Dass  der  Mensch  "spricht",  dass 
er  durch  verständliche  Äusserungen  von  (vorzugsweise)  dem 
Gehörsinn  zugänglicher  Art  eigene  Beobachtungen  mitteilt,  ist 
wunderbar  genug;  aber  diesAVunder  teilt  die  menschliche  Rede 
mit  der  Sprache  zahlloser  Tierklassen  bis  herab  zu  sehr  niedrig 
organisierten  Wesen.  Das  spezifische  Wunder  der  mensch- 
lichen Rede  fängt  erst  mit  der  Benennung,  mit  der  Namen- 
gebung  an.  Der  unartikulierte  Ausdruck  für  Gefühle  und 
Stimmungen  unterscheidet  sich  bei  dem  Menschen  gar  nicht 
prinzipiell  von  dem,  den  etwa  manche  Vögel  und  Haustiere 
ausstossen;  ninnnt  man  selbst  (was  meines  Wissens  noch  nicht 
geschehen  ist)  an,  dass  die  Hunde  und  Katzen  hierin  von  den 
Menschen  gelernt  haben,  so  besitzen  sie  doch  immer  die  Fähig- 
keit, derartiges  "Sprechen"  zu  lernen.  Aber  völlig  dem  Men- 
schen eigen  ist  die  Verknüpfung  bestimmter  Benennungen  mit 
bestimmten  einzelnen  Gegenständen;  denn  wenn  etwa  ein  Pa- 
pagei den  Zucker  oder  das  Brot  mit  nachgeplapperten  Lauten 
benennt,  bleibt  das  eine  Ausnahme  ohne  Tragkraft.  Nicht  im 
Sprechen  überhaupt,  sondern  im  Benennen  der  Dinge  liegt  die 
Zauberkraft  der  menschlichon  Rede;  das  fühlte  schon  der  alte 
biblische  Bericht,  der  den  Unater  der  Menschen  den  Tieren 
und  Pflanzen,  die  der  Schöpfer  ihm  zeigte,  Namen  beilegen 
liess.  Mit  fast  abergläubischer  Andacht  umgibt  die  volkstüm- 
liche Anschauung  überall  die  Ceremonie  der  Namengebung; 
wir  feiern  noch  heut  beim  Stapellauf  eines  Schiffes  die  Na- 
mensverleihung so  ernst  und  würdevoll,  wie  die  alten  Römer 
oder  Germanen  die  des  neugeborenen  Kindes.  Über  Namen- 
zauber gibt  es  umfangreiche  Abhandlungen.     (Nyrop  Navnets 


Künstliche  Sprachen.  35 

Biagt  in  Mindre  afhandlingar  udg.  af  det  phil.  hist.  samf.  1887 
S.  118  f.,  nach  Kahle  Anz.  f.  d.  A.  24,  272).  Denn  die  naive 
Vorstellung  kann  sich  nicht  an  den  Gedanken  gewöhnen,  dass 
der  Teller  auch  anders  heissen  könnte;  ein  geheimnisvolles 
Band  verbindet  flir  sie  den  Namen  mit  seinem  Träger.  Be- 
sonders deutlich  ist  diese  Anschauung  in  dem  Runenzauber 
der  alten  Germanen  ausgedrückt  (vgl.  meine  Altgermanische 
Poesie  S.  493  f.).  Dem  unbefangenen  Glauben  kann  die  geist- 
reiche und  in  gewissem  Sinn  erschöpfende  Formel  Emest  Re- 
iians  nicht  gentigen:  "La  liaison  du  sens  et  du  mot  n'est  ja- 
mais  necessaire,  jamais  arbitraire;  toujours  eile  est  mo- 
tivee"  (De  Torigine  du  langage  S.  149). 

Aber  diese  Formel  wird  auch  von  der  andern  Seite  an- 
gefochten. Wenn  das  Volk  dazu  neigt,  jenen  Zusammenhang 
von  Wort  und  Begriff  dennoch  für  "notwendig"  zu  halten,  so 
treiben  umgekehrt  einzelne  Forscher  den  Gegensatz  zu  dieser 
Meinung  so  weit,  dass  sie  jene  Verbindung  für  durchaus  "will- 
kürlich", für  keineswegs  "motiviert"  erklären.  Am  entschie- 
densten hat  Whitney  (Leben  und  Wachstum  der  Sprache  übs. 
von  Leskien)  diese  Anschauung  formuliert:  "Jedes  Wort  jeder 
menschlichen  Sprache  ist  im  eigentlichsten  Sinne  ein  willkür- 
liches und  konventionelles  Zeichen:  willkürlich,  weil  von  den 
Tausenden  gangbarer  Worte  und  den  Zehntausenden,  die  er- 
funden werden  könnten,  jedes  beliebige  ebenso  gut  gelernt 
und  für  diesen  bestimmten  Zweck  verwendet  werden  könnte; 
konventionell,  weil  der  Grund  der  Bevorzugung  des  einen  vor 
dem  andern  für  diesen  Zweck  nur  in  der  Thatsache  liegt,  dass 
es  in  der  Gemeinschaft  von  Menschen,  zu  welcher  der  Spre- 
chende gehört,  schon  so  gebraucht  wird"  (a.  a.  0.  S.  19).  Mit 
allem  Nachdruck  spricht  der  amerikanische  Sprachforscher  es 
aus,  jedes  Wort  sei  so  entstanden,  wie  etwa  die  Benennung 
"Magenta"  für  ein  neues  Anilinrot  oder  "Gas"  für  den  ueu- 
entdeckten  Aggregatzustand  (8.  17).  Womit  dann  freilich  die 
Willensfreiheit  in  einem  umfang,  der  überhaupt  alles  Foi*schen 
nach  den  Sprachanföngen  verbieten  würde,  als  Dogma  ftlr  die 
Entstehung  der  menschlichen  Rede  aufgestellt  wird. 

Jedenfalls  sehen  wir:  nach  zwei  Jahrtausenden  ist  dies 
Rätsel, 

Das  qualvoll  uralte  Rätsel, 

Worüber  schon  manche  Häupter  gegrübelt. 


36  R.  M.  Meyer, 

Häupter  in  Hieroglyphenmützeu, 
Häupter  in  Turban  und  schwarzem  Barett, 
Perrückenhäupter  und  tausend  andere 
Anne  schwitzende  Menschenhäupter  — 
noch  immer  der  beiden  entgegengesetzten  Lösungen  fähig.  Noch 
immer  gedeihen  die  beiden  alten  Schulen :  für  die  eine  existiert 
das  Wort  G^cei,  d.  i.  durch  willkürliche  Setzung,  für  die  an- 
dere qpiicei  d.  i.  (wie  ich  es  übersetzen  muss)  durch  organische 
Entwickelung  (vgl.  z.  B.  a.  a.  0.  S.  20  und  besonders  die  geist- 
reiche Auseinandersetzung  bei  Th.  Gomperz  Griechische  Denker 
1,  317  f.).  Heri-schend  dürfte  freilich  die  vermittelnde  Richtung 
sein,  die  —  trotz  aller  Meinungsverschiedenheiten  —  sowohl 
Renan  als  Steinthal  innehalten  und  die  in  massgebender  Weise 
vor  allem  Paul  mit  seinen  "Prinzipien  der  Sprachgeschichte" 
vertritt.  Paul  glaubt  an  eine  fortdauernde  Schöpfung  neuen 
SprachstoflFs,  aber  er  hält  auch  für  diese  Neuschöpfung  daran 
fest,  dass  ein  Kausalzusammenhang  zwischen  dem  neubenann- 
ten Objekte  und  seiner  Benennung  besteht  (a.  a.  0.  S.  142 
der  2.  Auflage).  Er  bedauert,  dass  eigentliche  Experimente 
zur  Feststellung  des  Hergangs  bei  sprachlicher  Neuschöpfung 
nicht  möglich  seien:  denn  auf  die  bekannten  Fabeln  von  freier- 
fundenen Kindersprachen,  die  bei  Herodot  beginnen  und  bei 
dem  Missionar  Robert  Moffat  (a.  a.  0.  141)  noch  keineswegs 
enden,  will  er  mit  Recht  kein  Gewicht  legen.  Mir  scheint 
dennoch  ein  solches  Experiment  möglich.  Es  gibt  ja  Sprachen 
und  Halbsprachen  genug,  die  sich  als  '"'^erfundene,  künstliche, 
willkürliche"  Sprachen  geben;  prüfen  wir  ihre  Art  auf  die 
Frage  hin:  welchen  Spielraum  hat  thatsächlich  die 
freie  Spracherfindung? 

Wir  können  natürlich  nicht  sämtliche  "künstliche  Spra- 
chen" durchprüfen.  Aber  da  ich  seit  1886  für  dies  Thema 
gesammelt  habe,  darf  ich  das  in  nun  vierzehn  Jahren  zusam- 
mengebrachte Material  für  ausreichend  halten,  um  von  dem 
überhaupt  vorhandenen  eine  genügende  Vorstellung  zu  geben. 
Bei  der  Prüfung  des  vorhandenen  Stoffes  lasse  ich  vorerst  alle 
theoretischen  Voraussetzungen  bei  Seite  und  erörtere  so  ob- 
jektiv wie  möglich  das  Mass  von  qpiicic  und  Öecic  in  den  neu- 
gebildeten  Worten  und  Sprachen.  Ich  ordne  dabei  so,  dass 
ich  mit  *^^Sprachen"  beginne,  in  denen  die  Erfindung  den  aller- 
kleinsten  Raum  einnimmt  und  stufenweise  zu  denjenigen  auf- 


Küni^tliche  Sprachen.  37 

steige,  die  ganz  und  gar  "erfunden"  heissen  können.  "Kttust- 
liehe  Sprachen"  sind  genau  genommen  überhaupt  nur  die  letz- 
ten, weil  nur  bei  ihnen  der  ganze  Sprachkörper  künstlich  ist, 
während  die  früheren  Stufen  nur  den  Wortschatz  und  allen- 
falls noch  die  Syntax  durch  künstliche  Gebilde  ganz  oder 
teilweise  herstellen.  Aber  es  ist  zum  Verständnis  jener  kom- 
pliziertesten Schöpfungen  unentbehrlich,  dass  wir  mit  den  ein- 
fachsten Gebilden  beginnen. 

I.  In  einer  Reihe  von  Fällen  entstehen  künst- 
liche Sprachen  durch  unwillkürliche  oder  absicht- 
liche Störung  der  natürlichen  Entwickelung. 

Diese  Störung  kann  beruhen 

1)  in  Bewahrung  des  allgemein  Abgestossenen 

2)  in  Abstossung  des  allgemein  Bewahrten. 

Alle  hierher  gehörigen  Fälle  von  scheinbarer  Umwandlung 
sind  thatsächlich  in  einer  dieser  beiden  Kategorien  mit  ein- 
geschlossen. 

Das  sprachliche  Leben  beruht  auf  einer  fortwährenden 
Erneuerung  des  SprachstoflFs.  Unaufhörlich  werden  Laute, 
Wortformen,  Satzbildungen,  die  bisher  gebräuchlich  waren, 
in  engere  Kreise  zurückgedrängt  und  schliesslich  aufgegeben, 
unaufhörlich  wird  aber  auch  —  wie  besonders  Paul  betont 
hat  —  neues  Material  hinzugebracht  und  der  Prüfung  im 
Kampf  ums  Dasein  ausgesetzt.  Jede  persönliche  Lautgebung, 
jede  individuelle  Wortwahl  ist  ein  Versuch,  auf  die  Sprache 
zu  wirken  —  ein  Versuch,  der  unter  Umständen  weitgehende 
Veränderungen  veranlassen  oder  wenigstens  fördern  kann.  Jeder 
Mensch,  der  etwa  zu  einer  bestimmten  Zeit  statt  des  noch  all- 
gemein heiTschendeu  flexivischen  Genetivs  den  umschriebenen 
Genetiv  bildete,  half  unmittelbar  die  Verdrängung  des  echten 
Kasus  und  half  mittelbar  die  unausbleiblich  näherrückende 
Ersetzung  der  Flexion  durch  asyntaktische  Hilfsmittel  durch- 
setzen. 

Soweit  nun  der  allgemein  verbreitete  Prozess  der  Ab- 
stossung oder  Neubildung  von  breiteren  Kreisen  durchgeführt 
wird,  kann  er  künstliche  Sprachen  nicht  eigentlich  zeitigen. 
Eine  Anzahl  von  zusammenwohnenden  Personen  geben  einen 
Laut  —  etwa  das  w  vor  r  —  auf;  Andere  bewahren  ihn  noch. 
Das  hilft  Dialekte  und  sogar  ganze  Sprachen  und  Sprachperio- 


38  R.  M.  Mever, 

den  abgrenzen;  aber  Niemand  wird  hierin  eine  individuelle 
Abweichung  von   der  allgemeinen  Sprachentwickelung  sehen. 

Etwas  Anderes  aber  ist  es,  wenn  eine  ganz  kleine  Gruppe 
für  sich  allein;  abseits  von  dem  allgemeinen  Sprachleben,  solche 
Veränderungen  vornimmt.  Und  besonders  auffällig  wird  der 
''künstliche*'  Charakter  der  so  entstehenden  Gruppen -Idiome, 
wenn  die  Zusammengehörigen  keine  lokal  geschlossene  Ge- 
meinschaft bilden,  andern  durch  ein  mehr  geistiges  Band  zu- 
sammengehalten werden.  Dann  ist  in  der  That  bereits  der 
Anfang  der  eigentlichen  Kunstsprachen  da. 

1)  Bewahrung  des  allgemein  abgestossenen 
Sprachstoffes. 

a)  Jede  einzelne  Person  hat  ihre  individuellen 
Sprachgewohnheiten.  Schon  die  Kinder  bilden  naturgemäss 
neue  Worte,  d.  h.  sie  wiederholen  den  sprachschöpferischen 
Versuch  bestimmter  Ableitungen  von  gegebenen  Wurzeln,  der 
jeder  "rezipierten"  Wortbildung  einmal  vorausgegangen  sein 
muss.  Sie  sagen  ''die  Gehe"  für  "der  Weg"  (Preyer  Seele 
des  Kindes  S.  327),  was  an  sich  gerade  so  berechtigt  ist  wie 
"der  Gang";  oder  "der  AVurster"  (Lindner  Naturgarteu  der 
Kindersprache  S.  88  vgl.  86.  92.  101.  104.  105),  wie  der  "Flei- 
scher" sehr  gut  heissen  könnte.  Oder  sie  greifen  sogar  un- 
bewusst  in  den  etymologischen  Urgrund  der  Worte  zurück,, 
wie  wenn  ein  Knabe  den  "Gaumen"  als  "Zahnhimmel"  be- 
zeichnet (Preyer  a.  a.  0.).  Sie  schaffen  sieh  eine  eigene  Sprache 
(Rzesznitzek  Entwickelung  der  Kindersprache  S.  18  f.  nach  Haie 
und  Hun)  und  behalten  sie  lange  bei. 

Aber  auch  jeder  Erwachsene  hat  schliesslich  seine  Sprache 
für  sich.  Wir  schreiben  Dissertationen  über  den  Sprachgebrauch 
von  Livius  und  Cynewulf;  wir  könnten  sie  auch  über  die 
Sprechweise  unseres  Arztes  und  unserer  Köchin  schreiben. 

Der  eine  stösst  mit  der  Zunge  an,  der  Andere  rollt  da» 
r;  dieser  sucht  den  "Leutnantston"  zu  erhaschen,  jener  durch 
einen  breiten  feierlichen  Vortrag  zu  wirken.  Im  Allgemeinen 
bringt  das  aber  doch  nur  Nuancen  der  in  der  Umgebung  des 
Betreffenden  verbreiteten  Sprache  zu  Wege.  Auch  findet  die 
Eigenart  der  Sprechweise,  selbst  wenn  sie  bewusst  gepflegt 
wird,  ihre  Grenze  an  dem  Bedürfnis,  allgemein  verstanden 
zu  werden.  Der  Einzelne  für  sich  allein  wird  es  sich  selber 
gestatten  können,  allzu  "originelle"  Sprachformen  (unter  wel- 


Künstliche  Sprachen.  39 

chem  Ausdruck  wir  allgemein  Lautliches,  Flexivisches,  Syn- 
taktisches, Lexikologisches  begreifen  wollen)  beizubehalten, 
die  aus  seiner  ganzen  Sprechweise  heraus  ihm  zufällig  entstan- 
den sind.  Ernst  Eckstein  hat  in  seiner  Humoreske  "Der  Besuch 
im  Carcer"  einen  Schuldirektor  vorgeführt,  der  sich  durch 
absonderliche  Sprache  auszeichnet;  er  spricht  durch  die  Xase 
(Cniv.-Bibl.  2340  S.  40)  und  bringt  dadurch  einen  eigentüm- 
lichen Vokalismus  von  "spezifisch  Heinzerlingscher  Klangfarbe" 
(ebd.  S.  12)  zu  Stande.  Und  diese  Art  der  Aussprache  wirkt 
nun  unzweifelhaft  auch  auf  seine  AVortwahl;  es  werden  Worte 
bevorzugt,  in  denen  seine  "berechtigte  Eigentümlichkeit"  sich 
nachdrücklich  entfalten  kann.  Aber  er  ist  eben  Direktor; 
Kollegen  und  Schüler  müssen  ihn  verstehen,  auch  wenn  er 
sich  die  Bewahrung  einer  Sprache,  wie  sie  andere  Menschen 
nur  im  Schnupfen  brauchen,  dauernd  erlaubt.  Oder  man  nehme 
die  bekannte  Anekdote:  Ludwig  XIV  habe  versehentlich  "la 
carrosse"  gesagt  statt  "le  carrosse",  und  durch  die  Nachahmung 
der  Höflinge  sei  das  allgemein  rezipiert  worden.  Die  Rich- 
tigkeit der  ganzen  Eraählung  vorausgesetzt,  muss  man  doch 
wohl  annehmen,  der  König  habe  sich  an  den  Sprachfehler 
gewöhnt,  auf  den  ihn  Niemand  aufmerksam  zu  machen  wagte; 
ein  einmaliger  lapsus  hatte  doch  w^ohl  selbst  in  Versailles  nicht 
so  gewirkt.  Ein  solcher  bewahrter  Fehler  ist  ein  Stückchen 
künstliche  Sprache:  ein  anderer  verspricht  sich  auch,  verbes- 
sert sich  dann  aber  —  rcx  non  potest  errare,  er  muss  nun 
immer  weiter  das  Wort  weiblieh  brauchen.  Aber  der  König 
bleibt  eben  nicht  isoliert:  die  "Spraeherfindung"  des  Einzelnen 
wird  Eigentum  der  Gruppe  und  schliesslich  der  Nation. 

Wäre  die  (icmeinschaft  nicht  so  nachgiebig  gewesen,  so 
wäre  die  "Spracherfindung"  eben  ein  Sprachfehler  geblieben 
wie  in  jenem  hübschen  Fall,  den  Axel  Kock  (Gm  sprakets 
iorändning  S.  lOö)  nach  Max  Müller  erzählt.  Kaiser  Sigis- 
mund  schloss  1415  auf  dem  Konzil  zu  Konstanz  eine  Thron- 
rede gegen  die  Hussiten  mit  den  Prachtworten:  "Videte  pa- 
tres ut  erudicetis  schismam  Flusitarum".  Ein  Mönch,  in  tief- 
ster grammatischer  Seele  gekränkt,  rief  ihm  zu:  "Gnädigster 
König,  Schisma  est  genus  neutrum!"  "Woher  weisst  du  dasV*" 
"Alexander  Gallus  sa^t  es!"    "Wer  ist  das?"    "Ein  Mönch." 


rc 


Aber  ich  bin  Römischer  Kaiser,  mein  Wort  wird  w'olil  noch 
so    viel   gelten    wie    das    eines  Mönchs!"     Aber   es   half   ihm 


40  R.  M.  Meyer, 

nichts  —  Cae«ar  non  est  supra  ^animatieos  —  ''schisma'* 
blieb  Neutrum  wie  "lex"  Femininum  blieb,  trotzdem  der  Abg. 
V.  Eynem  im  Preussischen  Abgeordnetenhause  "das  lex  Fran- 
kenstein" sagte.  Die  Redner  werden  auch  selbst  nicht  daran 
festgehalten  haben. 

Immerhin  kommt  e^  vor,  dass  die  Bereicherung  zufälliger 
oder  veralteter  Sprachgebilde  oder  sonst  abgestossenen  Sprach- 
gutes wirklich  auf  Einen  Sprecher  beschränkt  bleibt.  So  bei 
Eigennamen.  Wir  Norddeutschen  lassen  das  auslautende  w  in 
Namen  wie  Btilow,  Gutzkow,  Virchow  verstummen.  Süd- 
deutsche, die  nach  Berlin  kommen  richten  sich  natürlich  zu- 
erst nach  der  Schreibung.  So  reimt  Herwegh  (Neue  Gedichte 
S.  135)  Virchow  auf  Kirchhof.  Manchmal  halten  sie  aber  ihre 
Aussprache  sei  es  aus  Unachtsamkeit  sei  es  aus  Eigensinn 
später  noch  fest.  Umgekehrt  neigen  wir  dazu,  Namen  mit 
auslautendem  II  auf  der  Schlusssilbe  zu  betonen:  Keudell,  Roe- 
pell ;  die  Wedel  haben  dies  verführerische  Anhängsel  jetzt  auch 
in  der  Schrift  aufgegeben.  Hört  der  an  den  richtigen  Klang 
Gewöhnte  eine  Reihe  von  Namen  so  aussprechen,  so  wirkt  es 
leicht,  als  habe  der  Fremde  da  allerlei  unbekannte  Töne  mit- 
gebracht: was  ist  denn  GutzkoflF?  was  ist  dennWedell?  Oder 
es  hält  Einer  krampfhaft  daran  fest,  in  Jean  Paul  auch  den 
zweiten  Namensteil  französisch  auszusprechen.  Ein  bekannter 
Litterarhistoriker  macht  sich  ein  Vergnügen  daraus,  immer 
'"Harry  Heine"  zu  sagen,  weil  der  Dichter  sich  in  seiner  Ju- 
gend so  nannte;  und  ein  anderer  fühlt  sich  vielleicht  bemüs- 
sigt,  E.  Th.  A.  Hoffmann  statt  mit  diesen  usurpierten  Anfangs- 
buchstaben mit  denen  seines  Taufscheins  aufzurufen.  Herman 
Grimm  erklärt,  er  spreche  den  Namen  ^'Burke"  so  aus,  wie 
er  sich  schreibt,  und  beharrt  bei  der  Schreibung  seines  eige- 
nen Vornamens  mit  einem  n,  wie  Moriz  Haupt  das  t  im  Vor- 
namen verwarf. 

Doch  beschränkt  sich  ein  solches  Bewahren  aufgegebener 
Spraehformen  nicht  ganz  auf  Namen.  W.  v.  Kügclgen  erzählt 
etwa  ('''Jugenderinnerungen  eines  alten  Mannes"  S.  30)  von 
einem  begeisterten  ^^Altdeutschen",  der  es  nicht  ertrug,  dass 
die  Sonne  das  Weib  und  der  Mond  der  Mann  sein  solle  und 
deshalb  hartnäckig  '''der  sunno"  sagte.  Diese  bewusste  Auf- 
nahme veralteten  Sprachgutes  ist  direkt  schon  ein  Baustein  zu 


Künstliche  Sprachen.  41 

einer  künstlichen  Sprache;  geht  der  Mann  weiter,  so  kommt 
er  in  die  bewusst  archaisierende  Sprache  hinein. 

Und  dies  ist  nun  die  wichtigste  Form,  in  der  individu- 
eller Sprachgebrauch  durch  Bewahrung  allgemein  aufgegebener 
Worte  und  Fügungen  zu  künstlicher  Sprache  führt:  die  ge- 
lehrt-archaistische Sprache.  Sie  gehört  keiner 
Gruppe  an,  denn  jeder  Autor  bildet  sie  neu,  und  niemand 
braucht  sie  im  Verkehr  mit  ihm;  aber  immerhin  ist  z.  B.  aus 
den  archaisierenden  Roman -Idiomen  so  einflussreicher  Schrift- 
steller wie  Scheffel  und  Freytag  mit  der  Zeit  eine  Art  G  e- 
ra einspräche  des  historischen  Romans  geworden. 
Es  ist  eine  durchaus  künstliche,  konventionelle  Sprache;  der 
Einzelne  hat  sie  sich  nach  einem  vorschwebenden  Ideal  unter 
Benutzung  gegebenen  Materials  selbst  gebildet.  "Es  ist  ein  Stil", 
sagt  W.  Wundt  (Völkerpsychologie  1,  420),  ''^der  freilich  so, 
wie  ihn  der  Dichter  erfindet,  sicherlich  nirgendwo  und  nirgend- 
wann vorgekommen  ist,  der  aber  doch  durch  die  Art  der 
grammatischen  Konstruktion  und  namentlich  durch  die  Ein- 
fügung gewisser  regelmässig  wiederkehrender  Redeformen,  die 
an  den  homerischen  Stil  erinnern,  den  Eindruck  gediegener 
und  schwerfälliger  Langsamkeit  hervorbringt."  Wie  die  Kin- 
derspraehe  ist  es  eine  Kompromissprache,  wie  viele  andere 
Arten  künstlicher  Sprache  eine  Mischsprache.  Von  Erfindung 
im  eigentlichen  Sinne  kann  aber  doch  selbst  hier  nicht  die 
Rede  sein.  Analogiebildungen  mögen  vorkommen,  falsche  Misch- 
formen; aber  auch  dann  wird  nur  eine  für  richtig  gehaltene 
Form,  die  der  besser  Unterrichtete  aufgeben  würde,  konser- 
viert. Barnum,  der  berühmte  amerikanische  '"'"showman",  lud 
zur  Besichtigung  seines  berüchtigten  '"''weissen  Elefanten"  (er 
hatte  einen  weissen  Fleck  auf  dem  Rücken)  alle  "Elephan- 
thropen"  ein.  Der  Autodidakt  hatte  ein  Gegenstück  zu  "Phi- 
lanthropen" bilden  wollen:  '^Elefantenfreunde"  nach  dem  Muster 
von  "'Menschenfreunden";  er  hatte  nur  das  Unglück,  für 
""Freund"  den  falschen  Bestandteil  zu  erwischen.  Genau  so 
geht  es  zuweilen  bei  den  sonderbaren  Wortbrauereien  altdeut- 
scher Romane.  Es  wird  dann  eben  nur  ein  individueller  Sprach- 
fehler festgehalten. 

Seit  das  interessante  Büchlein  von  Mayer  und  Meringer 
über  """Verspreehen  und  Verlesen"  erschienen  ist,  hat  man  die 
Bedeutung  erst  voll  erkannt,    die  Sprachfehler  als  Wegweiser 


42  R.  M.  Meyer, 

der  Sprachentwicklung  haben.  Wo  sich  erst  ein  Versprechen 
einstellt,  da  liegt  offenbar  für  die  redende  Generation  eine 
Schwierigkeit  vor,  die  im  Lauf  der  Zeit  überwunden  werden 
wird;  und  die  Art  des  Versprechens  deutet  auf  die  Lesung  hin. 
Dass  man  '"^^djudant"  aussprach,  war  Sprachfehler,  bis  die 
notwendige  Dissimilation  in  *'^\djutant"  allgemein  durchgeführt 
war.  Nun  begeht  der  den  Sprachfehler,  der  der  Schreibung 
gemäss  noch  heut  zwei  t  ausspricht  —  mindestens  im  Gebiet 
der  mir  geläufigen  Aussprache.  Er  hat  das  Wort  aber  nicht 
absichtlich  '"'"geändert".  Und  wenn  Felix  Dahn  seitenlang  in 
einem  künstlichen  Dekorationsdentsch  reden  lässt,  ist  diese 
gewiss  nicht  '"'natürliche"  Sprache  nur  die  konsequente  Weiter- 
führung solcher  Einzelheiten. 

b)  Die  Gruppe  erst  schafft  durch  Bewahrung  sonst 
abgeschlossenen  Sprachgutes  Sprachen,  die  als  eigentlich  künst- 
liche schon  empfunden  werden. 

a)  Der  lehrreichste  Fall,  obwohl  der  einfachste,  ist  die 
Kindersprache.  Das  Unvermögen  des  Kindes,  vorge- 
sprochene Worte  genau  nachzuahmen,  aber  auch  der  tastende 
Versuch  eigener  Sprachbildung  schafft  allerlei  "'Worte",  die 
für  gewöhnlich  spurlos  im  Lauf  der  Entwicklung  verloren  gehn. 
(Eine  liebevolle  Charakteristik  dieser  Kinderworte  und  ihrer 
"'volksetymologischen"  Hintergründe  gibt  A.  Keber  Zur  Philo- 
sophie der  Kindersprachc  Leipzig-  1890  S.  8f. ;  wenig  bei 
P.  V.  Schönthan  Kindermund  Univ.-Bibl.  N.  2188).  Das  Kind  ist 
eben  nicht  stark  genug,  um  das  zu  erreichen,  was  Könige  oder 
Schulmeister  können:  seine  Idiotismen  zu  allgemeiner  Aner- 
kennung zu  bringen.  Es  muss  sich  schon  gewöhnen,  statt 
'"Hottehüh!"  "Pferd"  und  statt  "Konta"  '"Konrad"  zu  lernen. 
Aber  zuweilen  kommt  die  Familie  ihm  entgegen.  Sie  nimmt 
die  kleinen  netten  Missbildungen  zärtlich  auf.  Wilhelm  Grimm» 
Kinder  bilden  "'in  naivem  und  primitivem  Dissimilierungstriebe 
neben  dem  kosenden  'Papa'  für  Vater  Wilhelm  für  den  Onkel 
Jakob  das  neuerfundene  Wort  ''der  Apapa',  und  Papa  und  Apapa 
klangen  nun  durcheinander  von  den  noch  lallenden  Lippen  der 
Kinder,  die  dann  jene  Worte  auch  beibehalten  haben  für» 
Leben"  (Zarncke  Kleine  Schriften  2,  223). 

Vereinzelt  werden  solche  Kinderworte  fast  in  jeder 
Familie  fortgeführt;  ich  kenne  z.  B.  ein  Plans,  wo  der 
Vater  von  den  längst  erwachsenen  Kindern  noch  heut  ''Bäp"^ 


Künstliche  Sprachen.  4S 

die  Mutter  ''Mimm"  genannt  wird.  Sehr  häufig  werden  be- 
sonders wieder  kindliche  Namensverstümmelungen  konserviert; 
in  demselben  Haus  heisst  eine  "Anna"  fortgesetzt  '"'Aeniies", 
ein  "Rudolf":  "Ruddel".  Aber  auch  aus  späteren  Stadien 
des  Familienlebens  werden  Necknanien,  die  einer  augenblick- 
liche Inspiration  ihren  Ursprung  verdanken,  und  ebenso  auch 
eigentümliche  Benennungen  für  Dinge  und  Handlungen  von 
den  Verwandten  wie  Ausdrücke  einer  Geheimsprache  be- 
wahrt und  erhalten  oft  räumlich  weitgetrennten  Mitgliedern 
eine  spezifische  Sprachgemeinschaft.  Der  Fremde,  der  in  die- 
sen Familienjargon  hineinschneit,  fühlt  sich  verraten  und  ver- 
kauft wie  unter  einer  Verschwörerbande.  Höchst  wirksam 
schildert  Helene  Böhlau  in  ihrer  Erzählung  "Verspielte  Leute" 
(bes.  S.  12  f.)  solche  Familiensprache,  wenn  sie  sie  auch 
höchst  einseitig  erklärt.  "So  sagte  man  bei  Schnaasens  im 
teilnahmsvollsten  fragenden  Ton  Xeberwürschtchen  ?*,  wenn  man 
sich  nach  dem  Befinden  erkundigen  wollte.  Niemand  wusste, 
woher  dies  stammte,  und  weshalb  man  das  that;  und  'kran- 
kes Schalmeichen!*  sagten  sie  sonderbarerweise  —  wenn  sie 
einem  Familienmitglied  Mitleid  ausdrücken  wollten.  In  zärt- 
lichen Augenblicken  sagte  Söphchen  zu  ihrem  Vater  ''Scblap- 
perdons,  Papelons,  Papelorum'  —  Erfindung  von  Schnaase  dem 
Alteren."  Man  kann  sich  dann  nicht  wundern,  dass  solche 
Laute  dem  Fi'cmden  wie  Mysterien  klingen,  bei  denen  ihm  der 
Verstand  still  steht,  während  sich  die  Eingeweihten  ausserordent- 
lich amüsieren.  In  der  That,  hier  scheint  zunächst,  wie  auch 
Helene  Böhlau  selbst  meint,  "Erfindung"  vorzuliegen;  und  so^ar 
so,  wie  Whitney  (a.  a.  0.  S.  17)  es  fordert:  dass  aus  einem 
bestimmten  Zeitpunkt  heraus  eine  neue  Benennung  erwächst. 
Sieht  man  genauer  zu,  so  ist  die  "Erfindung"  auch  hier  nur 
Bewahrung.  Die  Stimmung  eines  Moments  macht  sich  Luft, 
schafft  sich  Ausdruck  sei  es  in  rein  lautsvmbolischer  Weise 
—  "Schlapperdons,  Papelons,  Papelorum"  —  sei  es  in  inhalt- 
lich symbolischer,  andeutender  Art  —  "Leberwürschtchen". 
Dergleichen  kommt  fortwährend  vor  und  hat  im  Zusammen- 
hang mit  den  motivierenden  Umständen  auch  gar  nichts  Auf- 
fallendes. Nun  hat  es  aber  einmal  sehr  gefallen  und  wird 
deshalb  zu  weiterer  Beimtzung  von  der  Familie  Schnaase  auf- 
bewahrt, während  andere  solche  Improvisationen  verschwinden 
lassen.     Maximilian  Klinger,  der  Dichter,  entdeckte  einmal  als 


44  R.  M.  Meyer, 

russischer  General,  dass  eine  Schildwaehe  mitten  auf  einem 
Rasenfleck  aufgestellt  war.^  Es  stellte  sich  heraus,  dass  die 
Kaiserin  Katharina  dort  einmal  eine  aufblühende  Rose  gesehen 
und  zu  ihrer  Bewachung  den  Posten  hingestellt  hatte.  Die 
Rose  war  seit  Jahrzehnten  verblüht,  zerfallen,  in  Staub  auf- 
gegangen —  die  Schildwache  wurde  immer  noch  erneut.  So 
ist  es  mit  solchen  Familiengeheimnissen.  Willkürliche  Erfin- 
dung seheinen  sie,  weil  sie  ganz  von  der  ursprünglichen  Ge- 
legenheit abgelöst  sind;    einst   hatten   sie  ihren  gnten  Grund. 

f)  Den  gleichen  Charakter  einer  fortgeführten  Gelegen- 
heitssprachc  tragen  nun  auch  die  konventionellen  Sprachen 
freierer  Gruppen. 

Helene  Böhlau  erzählt  (a.  a.  0.  S.  15)  weiter,  wie  H. 
Schnaases  Gattin  ihren  Gemahl  jeden  Tag  mit  einem  neuen 
hypokoristischen  Thieniamen  weckt.  "Heute  ein  Karpfen,  mor- 
gen ein  Esel,  ein  Pferd,  ein  Hahn.  Und  als  was  er  geweckt 
wurde,  als  das  musste  die  zukünftige  Excellenz  sich  behandeln 
lassen.  Erwachte  er  als  Karpfen,  so  wurde  er  auf  das  lieb- 
reichste gefragt,  ob  er  in  seinem  Schlämmchen  gut  geschlafen, 
ob  er  seine  Tasse  voll  guter  kleiner  Würmer  schnappen  wolle, 
ob  er  Reissen  in  den  Flossen  habe  und  so  fort.  Sie  fiel  selten 
aus  der  Rolle:  als  Pferd  bekam  er  Hafer,  striegelte  sich,  wurde 
gesattelt  und  gezäumt.  Sie  brachte  ihm  statt  der  Stiefel  Hufe, 
statt  der  Halsbinde  einen  Zaum,  statt  der  Brille  —  Schculeder". 

Das  ist  noch  Familienspiel :  der  momentane  Einfall  wird 
unter  Eingeweihten  durchgeführt.  Ebenso  erzählt  aber  auch 
G..  Keller  (Leute  von  Seldwyla  2,  122),  wie  "Einer  von  Paris 
den  Witz  heimgebracht  hatte,  den  hohen  runden  Manneshut 
Hornbüchse  zu  nennen,  welchen  Ausdruck  sie  mit  Jubel  auf- 
griffen. Seither  sagten  sie  statt  Deckel,  Angströhre,  Ofenrohr, 
Schlosser,  Lausepfanne,  Grützmass  .  .  .  und  dergleichen  für 
jede  Art  Hut  nur  Hornbüchse  und  sie  benannten  Viggis  Kopf- 
bedeckung demgemäss  ein  artiges  Hornbüchschen  und  meinten 
jene  Hörnchen  müssten  noch  ganz  jung,  zart  und  klein  sein, 
ansonst  er  eine  festere  Büchse  brauchte".  Also  ganz  dasselbe 
Spiel  wie  "bei  Schnaases":  es  wird  eine  bestimmte  metapho- 
rische Ausdrucksweise  zu  Grunde  gelegt  und  ausgebeutet.  Der 
Hutmacher  heisst  dann  gewiss  auch  Büchsenmacher,  das  Haken- 
holz, an  dem  die  Kopfbedeckungen  aufgehängt  werden,  Btich- 
senstand  usw.     Für  den  Uneingeweihten  entsteht  so  eine  Räu- 


Künstliche  Sprachen.  4& 

bersprache;  wie  denn  auch  bei  6.  Keller  Viggi  den  harmlos 
gemeinten  Ausdrnck  falsch  versteht. 

Immer  bleibt  hier  doch  noch  der  Zusammenhang  mit 
dem  spraehschöpfenden  Moment  fühlbar:  die  ganze  Gruppe 
bleibt  unter  der  Nachwirkung  des  Augenblicks,  in  dem  die 
neue  Benennung  "Hornbüchse"  sie  begeisterte.  Gehen  wir  zu 
einer  Verlängerung  des  Abstandes  zwischen  "Gelegenheit"  und 
"Weiterftihrung"  über,  so  erhalten  wir  konventionelle  Gruppen- 
spracben,  die  äusserlich  der  Familiensprache  Helene  Böhlaus, 
dem  Kneipenjargon  G.  Kellers  völlig  gleichen,  sich  aber  durch 
stärkere  Absichtlichkeit  des  Sondergebrauchs  von  ihnen  unter- 
scheiden. 

Die  Familie,  die  Kneipgesellschaft  hält  an  dem  zufällig 
aufkommenden  Ausdruck  fest,  gibt  ihn  aber  nicht  weiter. 
Geschieht  dies  dagegen,  wird  der  unterscheidende  Sprach- 
gebrauch der  Gruppe  durch  Tradition  festgehalten  und  über- 
liefert, so  entstehen  eigentliche  Sondersprachen. 

llber  die  Sondersprachen  hat  die  Zeitschrift  "Am  Ur- 
quell" seit  1894  eine  Umfrage  eröffnet,  die  mancherlei  Mate- 
rial zu  Tage  gefördert  hat,  der  systematischen  Bearbeitung 
aber  Alles  zu  thun  übrig  lässt.  Sie  finden  sich  bei  gänzlich 
unkultivierten  Völkern  so  häufig  wie  inmitten  der  Überkultur^ 
sie  finden  sich  überall,  wo  ein  Bedürfnis  zu  engerem  Zusani- 
mcnsehluss  auftaucht,  vor  allem  aber  da,  wo  die  Vereinigung 
(wie  bei  den  Geheimbünden  Afrikas  —  oder  bei  unsern  Stu- 
denten) sich  in  bewusstem  Gegensatz  zur  Mehrheit  fühlt.  (Reiche 
Littcraturaugaben  in  dem  unheimlich  fieissigen  Buch  von  L. 
Günther  Recht  und  Sprache  Berlin  1898  Anm.  24;. 

Ich  gebe  ein  paar  charakteristische  Proben  von  solchen 
durch  Festhalten  augenblicklichen  Sprachstoffs  entstandenen 
Sondersprachen. 

aa)  Eine  Metaphersprache  genau  vom  Zuschnitt  der 
Morgenunterredungen  zwischen  Herrn  und  Frau  Schnaase  ist  die 
der  italienischen  Carbonari,  über  die  Moritz  Busch  (Wunderliche 
Heilige  S.  232)  berichtet.  Das  zu  gründe  liegende  Thema  ist  die 
Vergleichung  der  Bundesglieder  mit  Kohlenbrennern.  Dies  aus 
irgend  welcher  gelegentlichen  Inspiration  entstandene  Bild  wird 
nun  zur  Grundidee  einer  Geheimsprache  gemacht.  '^Das  Feuer 
z.  B.  ist  die  heilige  Flamme  der  Freiheit,  der  Meiler  das  Bild 
der  gemeinschaftlichen  Arbeit   der  Brüder  am  Werke  der  Be- 


46  R.  M.  Mever, 

froiung  Italiens,  die  Kohle  enthält  verborgnes  Licht  und  latente 
Wärme,  der  Wald  stellt  das  italienische  Vaterland  vor,  die 
'Wilduiss'  Dantes,  'erfüllt  von  Raubtieren',  den  fremden  Cnter- 
drückern."  Es  ist  ja  klar,  wie  diese  Verschwörerspracbe  zu- 
stande kommt.  Man  denke  etwa  an  die  Erzählung,  die  Kai- 
serin von  Byzanz  habe  dem  Eunuchen  Nai*ses  im  Spott  sagen 
lassen,  er  solle  sich  ans  Spinnrad  setzen,  wie  eine  Magd,  und 
er  habe  wütend  ausgerufen:  Ich  werde  dir  ein  Netz  spinnen, 
aus  dem  du  nicht  wieder  herauskommst.  Was  wäre  natür- 
licher, als  dass  die  Verschwörer  nun  Termini  aus  der  Arbeit 
des  Spinnens  angewandt  hätten?  Oder  die  holländischen 
"Geusen"  nennen  den  Unterdrücker  den  "Bettelvogt".  So  hat 
sich  etwa  einmal  ein  italienischer  Patriot  als  Kohlenbrenner 
verkleidet;  bei  einer  Visitation  hat  es  ihn  vielleicht  —  ein 
psychologisch  sehr  wahrscheinlicher  Vorgang  —  gereizt,  mit 
zweideutigen  Worten  Lüge  und  Wahrheit  zu  verbinden  ^vie 
Grillparzere  Leon  (in  "Weh  dem  der  lügt");  und  was  sonst  ab 
Augenblickseingebung  verschwunden  wäre,  bleibt  gewahrt.  Ahn- 
lich steht  es  mit  andern  symbolischen  Berufssprachen,  z.  B. 
der  Freimaurer;  aber  auch  mit  Karnevalsreden  u.  dgl. 

Auch  die  Kindersprache  kann,  unabsichtlich  freilich,  zur 
Metaphernsprache  werden.  Behaghel  (Zs.  f.  deutsche  Wortfor- 
schung 1,80)  berichtet:  "Im  Auschluss  au  kerzengrad  bildet 
mein  vierjähriger  Junge  die  Wörter  kerzensatt,  kerzenvoll, 
kerzenvergnügt".  Freilich  ist  das  nicht  metaphorisch  gemeint, 
sondern  rein  lautliche  Analogie.  Aber  wenn  etwa  in  den  hol- 
ländischen Kolonien  die  Kinder  alle  höheren  Beamten  "Vater", 
"hoher  Vater"  u.  dgl.  nennen  —  wer  will  da  bestimmen,  wo 
die  Metapher  aufhört  und  die  rein  sprachliche  Analogie  an- 
fangt? —  Ebenso  schuf  Lindners  Sohn  ("Naturgarten  der  Kin- 
dersprache" S.  lOo)  nach  "mausetot"  die  prächtige  Analogie- 
bildung, ein  Apfel  sei  "mausetrocken"  und  sogar  nach  "eiskalt" 
"eisheiss!"  Hier  ist  die  Metapher  ganz  in  Präfixbildung  aufge- 
gangen, gerade  wie  wenn  wir  sagen:  "er  ist  schrecklich  sanft". 
(V«;l.  zu  der  ganzen  Erscheinung  Breal  Essai  de  semantique 
S.  182,   wo  auch  weitere  nhd.  Beispiele.) 

ßß)  nicht  auf  Einer  Metapher,  sondern  auf  einer  Vereini- 
gung verschiedener  Metaphern  bauen  sich  andere  Berufsspra- 
chen auf.  So  vor  allem  die  so  lehrreiche  Studentensprache, 
über  die  Kluge  (Deutsche  Studentensprache  1895)  und  Erich 


Künstliche  Sprachen.  47 

Schmidt  (Zs.  d.  Ver.  f.  Volkskunde  V  1895  S.  225  f.  334  f.) 
80  gelehrt  und  belehrend  gehandelt  haben;  dazu  noch  die 
speziellen  Untersuchungen  zur  Hallischen  Studentensprache  von 
K.  Burdach  (Studentensprache  und  Studentenlied  in  Halle  vor 
100  Jahren)  und  John  Meier  (Hallische  Studentensprache;  vgl. 
auch  Zs.  f.  d.  Wortforschung  1,254  f.).  Die  Studentensprache 
ist  der  Hauptsache  nach  eine  kombinierte  Metaphern- 
sprache, allerdings  unter  Beimischung  fremdsprachlichen  und 
archaischen  Materials.  Aber  charakteristisch  ist  an  ihr  doch 
vor  allem  das  Festhalten  und  Fortführen  bestimmter  Metaphern. 
Soweit  die  Studentensprache  Mischsprache  ist,  haben  wir  sie 
später  anzuziehen ;  aber  im  Gebrauch  griechischer,  lateinischer, 
latinisierender  oder  auch  hybrider  Ausdrücke  unterscheidet  sie 
sich  doch  nicht  prinzipiell  von  der  gelehrten  oder  akademi- 
schen Sprache  überhaupt.  Der  Student  bildet  ein  gräcisierendes 
^'burschikos"  (Kluge  S.  47  f.  J.  Meier  S.  26;  wie  der  hochge- 
stellte Richter  ein  "Austrägalinstanz".  Speziell  studentisch 
sind  dagegen  die  Metaphernkreise 

1)  der  Deposition,  vgl.  Schade  im  Weimar.  Jb.  6, 315 f.: 
auf  der  F'iktion,  dass  der  neu  Aufzunehmende  "ein  stinkender 
Bock"  od.  dgl.  sei,  beruht  wie  das  ganze  Ceremoniell  so  auch 
die  einheitlich  durchgeführte  Ausdrucksvveise.  Entsprechend 
bei  den  Gesellenweihen  (vgl.  Schade  ebd.  4,  258  f ),  z.  B.  beim 
'^Schlcifen"  der  Büttner:  der  "Ziegensehuz"  erhält  vom  "Schleif- 
pfaffen" seinen  "Schleifnameri" ;  oder  bei  den  Tischlern  wird 
der  Lehrling  "auf  die  Bank  gestreckt,  behackt,  behobelt"  (ebd. 
S.  293).  Die  bei  der  symbolischen  Weihehandluug  motivierten 
Ausdrücke  werden  nun  aber  fortgeführt  auch  ausserhalb  der 
Zeremonie:  der  "Fuchs"  hat  seine  "Fuchsmappe"  (Kluge 
8.  91)  usw. 

2)  des  Studierens:  das  versetzte  Buch  "lernt  hebräisch". 

3)  des  Trinkens:  "Im  Mittelpunkt  der  Studentensprache 
steht  die  Nomenklatur  des  Zechens"  (Kluge  S.  21).  Aber  das 
Trinken  holt  sich  nicht  nur  Metaphern  aus  allen  Gebieten, 
sondern  gibt  sie  auch  her. 

4)  der  Kleidimg;  z.B.  "Schnalle"  (Vollmann  Burschikoses 
Wörterbuch  S.  416). 

5)  des  Musizierens;  z.  B.  "Flöte"  (Kluge  S.  90). 

6)  der  Jagd:  z.  B.  Hase,  Hasenfutter  usw.  (Vollmann 
S.  213). 


48  R.  M.  Meyer, 

7)  des  täglichen  Lebens:  "Besen"  u.  dgl.  m. 

8)  der  Thierwelt;  vgl.  Kluge  a.  a.  0. 

Die  Studentensprache  hält  sieh  vorzugsweise  in  einem 
beschränkten  Kreis  von  Anschauungen,  ganz  in  einem  begrenss- 
ten  Gedankenkreis ;  daher  ein  Vokabular,  das  für  eine  geringe 
Auswahl  von  Begriffen  (Kneipen,  Schuldenmachen,  Liebeshän- 
del) aus  einer  nicht  grossen  Zahl  von  Metapherkreisen  (Stu- 
dieren, Kleidung.  Musizieren,  Jagd)  Worte  enthält,  die  nur 
den  Eingeweihten  verständlich  sind,  von  ihnen  aber  treulieh 
bewahrt  und  überliefert  werden. 

Eine  Steigerung  der  Studentensprache  ist  die  offizielle 
Rede  des  B  i  e  r  k  o  m  ni  e  n  t  s  (vgl.  z.  B.  Univcrsalbibliothek 
N.  4070):  gewisserraassen  eine  Vereinigung  von  Ceremonial- 
und  Gruppensprache.  —  Über  die  psychologische  Grundlage 
der  Studentensprache  Nietzsche  Werke  3,  32L 

Die  gleichen  Eigenheiten  kennzeichnen  die  von  P.  Hom 
(Die  deutsche  Soldatensprache  1899,  vgl.  die  inhaltsreiche  Re- 
zension von  J.  Meier  Zs.  f.  d.  Phil.  32,  115  f.)  aualysirte  Son- 
dersprache der  Soldaten.  Inhaltlich  bezieht  sich  da» 
Lexikon  auf  Dienst,  Unifonn,  Mahlzeiten,  Vergnügungen,  Stra- 
fen; und  die  Ausdrücke  hierfür  sind  wieder  vorzugsweise  dem 
täglichen  Gebrauch  entlehnt:  die  Tressen  heissen  Gurkenscha- 
len, KartoflFelschalen  (ebd.  S.  70),  die  Kanone  heisst  Pfeifer, 
Singerin,  Brüllaffe  (ebd.  S.  46).  Es  ist  nur  natürlich,  dass  bei 
den  überall  gleichen  Vorbedingungen  eine  ''vergleichende  Sol- 
datensprache" (P.  Hörn  Beil.  zur  M.  Allg.  Ztg.  16.  Mai  1899 
N.  111)  vielfältige  Übereinstimmungen  ergibt:  das  Seitenge- 
wehr heisst  bei  dem  deutschen  wie  bei  dem  französischen  Sol- 
daten "Krautmesser";  die  Ulanen  sind  hier  ""reitende  Laternen- 
anzünder",  dort  "allumeurs  de  gaz".  Ahnliches  gilt  übrigens 
auch  für  die  Terminologie  der  Tafel  (vgl.  u.  2,  c,  ß) ;  oder  von 
der  Druckersprache,  die  H.  Klenz  (Strassburg  1900)  analysiert 
hat;  man  denke  nur  an  Ausdrücke  wie  "Brille"  (a.  a.  0.  S.  23) 
oder  "Fahne"  (S.  38). 

Aus  dem  modernen  Zeitungsstil  hat  F.  Kürnberger  (Lite- 
rarische Herzenssachen  Wien  1877  S.  1  f.)  mehrere  Grundmeta- 
phern herausgehoben.  Wir  haben  einerseits  (S.  3  f.)  den  "ritter- 
lichen Zeitungsstil":  da  wird  das  Banner  hochgehalten  und  die 
Lanze  eingelegt,  man  kämpft  mit  offenem  Visir  und  verdient 
seine  Sporen.     Andererseits  (S.  6  f.)  den  pöbelhaften  Zeitungs- 


Künstliche  Sprachen.  49 

Stil:  da  wird  "in  den  Koth  gezerrt",  "mit  ätzender  Lange 
flbergossen'';  "begeifert".  Diese  beiden  Extreme  der  Metaphem- 
sprache  finden  sich  friedlich  zusammen  nnd  werden  oft  noch 
weiter  durch  eine  kaufmännische  oder  landwirtschaftliche  Ter- 
minologie verstärkt!  —  Aus  der  Gemtttssphäre  heraus  nimmt 
dagegen  G.  Freytag  (Briefwechsel  m.  H.  v.  Treitschke  S.  117) 
die  scherzhaften  Termini  der  "Wühlersprache":  da  arbeitet 
die  Agitation  mit  "gemütvoller  Ermahnung",  "tugendhafter 
Entrüstung",  "verächtlicher  Behandlung"  und  gelangt  schliess- 
lich zum  "Brüller"! 

Diese  kombinierten  Metaphernsprachen  verleugnen 
immer  noch  nicht  den  Gelegenheitscharakter.  Der  Ulan  sieht 
nicht  immer  wie  ein  "reitender  Laternenanzünder"  aus,  sondern 
nur  wenn  er  die  Lanze  schräg  in  die  Höhe  hält;  der  Ausdruck 
wird  aber  dann  verallgemeinert.  Schon  beim  ersten  Auftau- 
chen der  "Draisine"  nannte  Achim  v.  Arnim  (Werke  2,  347)  das 
Fahrrad  ein  "wild  gewordenes  Spinnrad",  wie  man  heut  Velb- 
zipedisten  "tollgewordene  Scheerenschleifer"  tituliert;  die  Me- 
tapher hat  nur  Sinn,  wenn  man  den  Radler  in  toller  Eile  hin- 
rasen sieht,  wird  dann  aber  ohne  Rücksicht  auf  die  Fahr- 
geschwindigkeit angewandt. 

Es  sind  also  immer  noch  starr  gewordene  Gelegeuheits- 
sprachen,  Die  nächste  Stufe  ist  die,  dass  man  nicht  auf  eine 
Gelegenheit  wartet,  sondern  von  vornherein  mit  der  Absicht, 
sich  neue  Ausdrücke  zu  schaffen,  an  den  Sprachstoff  heran- 
tritt. So  entstehen  verabredete  Gruppensprachen,  die 
einen  künstlichen  Ersatz  der  gewöhnlichen  Rede  zum  Zweck 
haben :  Geheimsprachen,  vor  allem  jVerbrecherspraehen.  Diese 
sehliessen  an  Metaphersprachen  von  der  Art  der  Studenten-  und 
Soldatensprache  dicht  an,  sind  aber  im  Prinzip  von  ihnen  den- 
noch in  zwei  Punkten  wesentlich  verschieden: 

1)  die  Hauptsache  ist  bei  ihnen  nicht  die  Prägung  neuer 
Worte,  die  gewisseimassen  in  die  Vereinskasse  fallen  und  als 
Gemeinbesitz  Vergnügen  machen  —  sondeni  vielmehr  die  Ver- 
meidung der  gewöhnlichen  gemeinverständlichen  Ausdrücke. 
Die  negative  Wortwahl  ist  für  sie  bezeichnend:  Worte  wie 
"Einbruch",  "Polizei"  u.  dgl.  müssen  ersetzt  werden.  That- 
sächlich  ist  die  Wirkung  ja  fast  dieselbe,  wie  wenn  der  Bursch 
die  Philisterworte  für  "Mädchen",    "Geld",   "trinken"  verab- 

Indogermanische  Forschungen  XII  1  n.  S.  4 


&0  R.  M.  Meyor, 

scheut;  dennoch  ist  bei  einer  systematischen  Übersicht  der 
Unterschied  wohl  zu  beachten. 

2)  sie  verdanken  ihren  Ursprung  schliesslich  wohl  auch 
der  Gelegenheit,  einem  Anstoss  irgend  welcher  Art;  aber  dieser 
ist  nicht  zufällig  bewahrt  und  weiter  ausgenutzt,  sondern  es 
wird  mit  voller  Absicht  eine  Differenzierung  der  Sprache  an- 
gestrebt. Deshalb  fallen  diese  Sprachen  aus  dem  Bereich 
derjenigen  heraus,  die  nur  durch  Störung  des  gewöhnlichen 
Sprachlebens  entstanden  sind;  sie  sind  um  ein  beträchtliches 
''künstlicher'*  als  die  bisher  aufgezählten. 

Aber  wie  sie  sich  mit  den  letztbesprochenen  durch  den 
starken  Gebrauch  der  Metapher  als  sprachschöpfenden  Mittels 
berühren,  so  erinnern  sie  auch  durch  ihre  negative  Wortwahl 
an  die  zweite  Klasse  der  zur  ersten  Kategorie  gehörigen  Kunst- 
sprachen, diejenigen  die  entstehen  durch 

2)  Abstossung  des  allgemein  bewahrten  Sprach- 
stoffs. 

a)  der  einfachste  Fall  ist  der,  dass  von  verschiedenen 
gleichberechtigten  Ausdrücken  nur  eine  Minderheit  bewahrt, 
die  Mehrheit  aber  und  damit  gerade  die  am  meisten  üblichen 
Ausdrücke  vermieden  werden.  Es  entsteht  so  eine  lexiko- 
logisch  normalisierte  Sprache  und  zwar  meist  von  ar- 
chaisierendem Gepräge. 

Der  Fall  ist  grundverschieden  von  dem  oben  besproche- 
nen der  gelehrt  -  archaistischen  Rede  etwa  bei  G.  Freytag. 
Wenn  Ludwig  Uhland  sagt  "vierfarbig  Kleid  zur  Wat",  so  ist 
die  Anwendung  dieses  veralteten  Ausdrucks  das  Auffällige. 
Wenn  aber  der  Jäger  von  den  Synonymen  "Blut"  und  "Schweiss" 
oder  "krank"  und  "verwundet"  nur  den  seltenern  Ausdruck 
gebrauchen  darf,  so  ist  die  Vermeidung  des  üblichen  Wortes 
das  Charakteristische.  Das  tritt  gerade  bei  den  Jägern  höchst 
bezeichnend  in  ihrem  "Jägerrecht"  hervor:  wer  den  falschen 
Ausdruck  gebraucht,  d.  h.  wer  die  gewöhnlichen  Termini  an- 
wendet, der  wird  durchgeprügelt  (vgl.  z.  B.  Schade  Weim.  Jb. 
6,  296),  Und  das  ursprünglich  mit  gutem  Grund:  denn  er 
gefährdete  den  Erfolg  der  Jagd.  Von  dem  alten  abergläubi- 
schen Namentabu  bei  Fischfang,  Jagd  u.  dgl.,  über  den  (nach 
dem  Zitat  bei  Kahle  Anz.  f.  d.  A.  24,  272)  Nyrop  gehandelt 
hat,  sind  Spuren  noch  jetzt  auf  den  Shetlandinseln  lebendig. 
Wir  haben  hier  eine  negative  Gruppensprac^he:  "dabei  ist 


Künstliche  Sprachen.  51 

ZU  bemerken,  dass  häufig  eine  Anzahl  Ausdrücke  nur  auf  dieser 
Insel  im  Gebrauch  ist,  ja  zuweilen  nur  innerhalb  einer  Familie, 
einer  Bootsmannschaft"  (Kahle  a.  a.  0.)-  Die  shetländischen 
Tabuworte  zerfallen  in  zwei  Klassen:  entweder  sind  es  poe- 
tische Umschreibungen,  Heiti  oder  Kenningar  —  wie  in  der 
Gaunersprache  (deren  poetische  Wortfindung  J.  Grimm  Kl.  Sehr. 
4,  165  bewunderte),  oder  aber,  wie  in  unserer  Jägersprache, 
alte,  sonst  nicht  mehr  gebrauchte  Ausdrücke.  Der  mythische 
Grund  des  Brauchs  ist  also  Zeuge  dafür,  dass  hier  nicht  die 
Bewahrung  alter  Worte  wie  altisl.  djüp  'Schweiss'  in  der  Be- 
deutung 'Blut'  das  Wesentliche  ist,  sondern  eben  die  Vermei- 
dung der  üblichen  Worte.  (Allgemein  vgl.  Lembke  Studien  zur 
deutschen  Waidmannssprache  Dresden  1898  und  dazu  Kluge 
Lit.-Bl.  f.  gemi.  u.  rom.  Phil.  1900  S.  89  f.) 

Ich  denke  mir,  so  ist  auch  das  Rätsel  der  griechischen 
und  germanischen  Göttersprache  sowie  der  indischen  Dämonen- 
sprache (Grimm  Mythologie  1,  275  und  3,  101)  zu  erklären: 
es  handelt  sich  um  ältere  Ausdrücke,  die  mit  Vermeidung  der 
alltäglichen  ursprünglich  in  der  Ansprache  an  Götter  und  Dä- 
monen verwandt  werden  mussten.  Diese  kultusmässige  Ver- 
wendung Hess  sie  dann  für  den  gewöhnlichen  Gebrauch  abster- 
ben —  wie  der  "eigentliche  Name"  Gottes  bei  den  Juden  nur 
Einmal  im  Jahr  an  feierlicher  Stelle  von  Einem  Berufenen  aus- 
gesprochen werden  durfte  —  und  man  fasste  dann  diese  für 
den  Verkehr  mit  mit  den  Göttern  bestimmten  Worte  als  Idio- 
tismen der  Götter  selbst  auf. 

b)  konsequente  Durchführung  des  Prinzips,  dass  allgemein 
übliche  Ausdrücke  zu  vermeiden  sind,  ergibt  terminolo- 
gische oder  Berufssprachen.  Es  ist  z.  B.  nicht  auf- 
fallend, dass  die  Rechtssprache  Ausdrücke  wie  "Vertrag", 
"Frist",  "Schenkung"  verwendet  —  alle  Welt  verwendet  sie. 
Das  Charakteristische  ist  vielmehr,  dass  für  sie  eben  nur  diese 
Ausdrücke  existieren  und  alle  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch 
vorhandenen  gleichbedeutenden  Worte  abgestossen  werden.  Ich 
kann  zu  einem  Freund  sagen:  wir  wollen  das  so  abmachen, 
oder  so  ausmachen,  oder  wie  sonst;  vor  dem  Notar  muss  ich 
sagen:  ich  will  einen  Vertrag  abschliessen.  Ich  mag  münd- 
lich erklären:  'Hch  hinterlasse  mein  gesamtes  Vermögen  dem 
und  dem";  beim  Testament  soll  ich  nur  sagen :  "ich  setze  zum 
Universalerben  ein".  Die  bewusste  Vermeidung  aller  Ausdrücke 


52  R.  M.  Meyer, 

mit  Ausnahme  des  Einen,  den  das  Gesetzbuch  sanktioniert, 
macht  die  Rechtssprache  schon  rein  lexikologisch  zu  einer 
ktinstliehen  Sprache.  Sie  gehört  freilich  auch  hinsichtlich  der 
Wortfügung  zu  den  normalisierten  Sprachen. 

G.  Roethe  (Die  Reimvorreden  des  Sachsenspiegels  S.  88  f.) 
hat  neulich  glänzend  in  erschöpfender  Darstellung  die  Entste- 
hung einer  individuellen  Rechtssprache,  derjenigen  Eikes  von 
Repkow,  vorgeführt.  Wir  finden  auch  hier  den  feierlichvin 
Gebrauch  altertümlicher  Worte  (S,  89),  auch  hier  die  Sanktion 
eines  einzelnen  Synonyms  für  bestimmte  Rechtsformeln  ("mit 
erven  gelove",  während  Eike  sonst  in  der  Regel  "urloub*  sagt 
S.  90).  Dennoch  ist  diese  Sprache  künstlich,  wie  gerade 
Roethe  zeigt,  nicht  etwa  in  dem  Sinn,  dass  sie  zu  der  natür- 
lichen Rede  des  Volks  sich  in  bewussten  Gegensatz  stellte; 
nein  sie  wurzelt  in  ihr.  Sie  stösst  nur  einen  Teil  des  üblichen 
SprachstoflFs  als  minder  geeignet  oder  minder  würdig  ab.  Die 
allgemeine  Entwickelung  hat  sich  (a.  a.  0.  S.  88)  zum  Teil 
wieder  hergestellt:  die  verbreiteteren  Worte  sind  wieder  ein- 
gedrungen. Aber  den  Charakter  einer  teilweise  normalisierten 
Sprache  konnten  sie  nicht  mehr  verdrängen.  —  Über  die  neuere 
Rechtssprache  handelt  mit  ungeheurem  Material  L.  Günther 
Recht  und  Sprache;  zur  Literatur  Anm.  39,  56  u.  ö. 

Mein  Kollege  Hr.  E.  Berneker  hat  mir  freundlichst  Nach- 
richten über  die  russische  Schneidersprache  gegeben. 
Über  diese  haben  gehandelt  N.  L.  Usov  Die  Sprache  der 
Schneider  an  der  Ugra  (einem  Nebenfluss  der  Oka)  in  den 
Nachrichten  der  Abteilung  für  russ.  Spr.  u.  Lit.  in  der  Kais. 
Akad.  der  Wiss.  (russisch)  3,  247—50  und  V.  J.  ÖemySev 
Wörterverzeichnis  der  Schneidersprache  ebd.  S.  251 — 262.  Hier 
scheint  aber  ein  eigentliches  Rotwelsch  vorzuliegen :  "Zum  tiber- 
wiegenden Teil  sind  die  Wörter  etymologisch  unklar,  aus  frem- 
den Sprachen  stammen  wenige,  z.  B.  aus  dem  Griechischen 
und  Deutschen.  Die  SufBxe  sind  russisch.  —  Hafer  wird  durch 
Tferdebrot'  übersetzt;  Diakon  durch  'kleiner  Pope'  .  .  .  Die 
Verbalflexion  ist  russisch".  Bisweilen  sind  die  "künstlichen 
Weiterbildungen"  nur  Weiterbildungen  der  russischen  mit  an- 
gefügten Suffixen.  Selten  ist  die  Bildung  aus  dem  Russischen 
durchsichtig ;  so  bei  "heiraten"  (von  der  Frau) :  eigentlich  "sieh 
mit  einem  jungen  Mann  versehen".  "Bisweilen  verstitmmelte 
russische  Worte,  aber  selten." 


Künstliche  Spracheu.  fiS 

AU  dies  stimmt  geuati  zu  dem  Habitus  der  Gnnner^praclie 
<Tgl.  u.  III  e).  Hier  wäre  also  die  Berufssprache  über  den 
Kreis  des  Terminologiscbeii  lieraiiB  zu  eigeutlicben  Geheiui- 
aprache  erwacbscD.  Das  muss  wohl  spezitiüehe  Ursachen  haben, 
e)  Schreitet  der  Pro^esa  der  uormaliöiereuden  Auslese 
<aoch  weiter  fort,  so  erbalten  wir  Sprachen,  die  nicht  nur  in 
ter  Wortwahl,  souderu  aneb  in  der  Syntax,  im  ganzen  Habitus 
'■eine  Abwehr  verbreiteter  Elemente  aufweisen.  Sie  wirken 
immer  archaistisch  —  ganz  nattirlich,  da  sie  ja  das  neu  zu- 
fliessende  sprachliche  Material  kalt  abstossen,  wie  der  Fels  die 
Brandung.  Aber  ihrem  Ursprung  nach  archaisieren  sie  durch- 
aus nicht;  im  Gegenteil;  sie  wollten  seinerzeit  das  eben  gerade 
ganz  Moderne,  Zeitgeniässe  geben.  Der  Moment  ist  nur  wie- 
<ier  erstarrt  und  die  Abwehr  der  Neuerung  tritt  gegenüber  der 
_  fiewahrung  des  Alten  immer  stärker  in  den  Vordergrund. 
m  a)  Dem  Proskribiereu  einzelner  Worte  zu  Gunsten  anderer 

Hctebt  die  feierliche  C'eremonialrede  am  nächsten.  Hierher 
Kj^liüren  schon  alle  Titel:  die  Wahl  der  Anredelnrmen  ist  ein- 
B  ^schränkt,  insofern  ich  "Eszelleaz"  sagen  muss  nud  weder 
H^Herr  Generallentnant"  noch  "Herr  So  und  So*  sagen    darf. 

■  Koch  fester  verschränkt  ist  der  Kurialstil,  der  neben  den  An- 

■  Tedeii  auch  für  Einleitung  und  Scbluss,  Ja  fast  für  den  ganzen 
p  Inhalt  bestitnmle  ein  für  allemal  geheiligte  Formeln  mit  .Aus- 
schluss jeder  natürlichen  Ausdrucksweise  vorscbreibi  (vgl.  z.  B, 
Bebaghel  Deutsehe  Sprache  S.  H\)).  Wie  die  Kupialsprache 
wird  auch  die  Cercüionialspracbe  z.  B.  der  Handwerker  nur 
bei  feierlichen  Gelegenheiten  verwandt;  wie  z.B.  bei  der  Los- 
^rechnug  der  Lehrling  auf  feststehende  Ansprachen  des  Alt- 
i'^sellen  feststehende  Antworten  zu  geben  hat;  es  beisst  dann 
'Ümmer  "Ich  sage  mit  Gunst"  "Gunst  genug"  u.  dgl.  (Schade 
ta.  a.  0.  4,  209  f.).  —  Hierher  gehört  dann  auch  der  Bier- 
likomment  vgl.  o.  1)  t)  00)  Über  die  sozialen  Grundlagen  der 
EOflicbkeitssprache  vgl.  K.  0.  Erdmann  Alltügliches  und  Neues 
fi.  91  f. 

'  Das  ewige  Muster  einer  ernst   feierliehen  Sprache  bietet 

idic  Bibel  dar.  Nicht  bloss  der  Stil  ist  Übereinstimmend  in 
■Abwehr  gewöhnlicher  Rede  gehalten  (natürlich  nicht  ohne  Aus- 
■•ahme)  —  auch  die  Bilderwahl  entspricht  der  Wortwahl,  Ein 
^tmodisches  aber  in  seiner  Art  vortrefFliehes  Werk,  der  "Bib- 
icbe    PhysikiiB"    von  Job.  Jakob  Schmidt   (Leipzig,  2.  Aufl. 


54  R.  M.  Meyer, 

1748)  stellt  die  aus  dem  genannten  Naturbereich  genommenen 
Gleichnisse  mit  den  nicht  allegorischen  Neunungen  von  Tie- 
ren, Pflanzen  usw.  zusammen.  Da  erkennen  wir  die  Wurzel 
der  mittelalterlichen  "Physiologi":  schon  den  biblischen  Au- 
toren selbst  ist  es  natürlich,  alles  Erschaffene  ""zur  Erkenntnis 
und  Preis  des  Schöpfers,  und  zum  rechten  Verstand  der  h. 
Schrift"  auszudeuten.  Sieht  man  etwa  (S.  250)  Zweige,  so 
werden  sie  sofort  zu  dem  Verhältnis  zwischen  Vater  und  Kind 
in  moralisierende  Beziehung  gebracht.  Alle  Betrachtung  der 
Natur  in  rein  ästhetischem  Sinn  fehlt  so  vollständig  wie  etwa 
eine  solche  in  wissenschaftlicher  Absicht,  und  grade  dies  nega- 
tive Moment  gibt  der  biblischen  Bildersprache  ihre  Eigenart 

Allgemeiner  noch  wird  die  Vermeidung  der  nächstliegen- 
den Ausdrücke  angestrebt 

ß)  in  der  Sportsprache,  für  die  Behaghel  (a.a.O.  mit 
Recht  "die  Sucht  sich  aristokratisch  von  der  grossen  Masse 
abzuschliessen"  verantwortlich  macht.  Doch  liegt  immerhin 
ein  systematisches  Differenzieren,  wie  bei  den  Geheimsprachen, 
hier  noch  nicht  vor;  es  wird  nur  die  Freude  an  der  esoteri- 
schen Terminologie  kultiviert,  wie  bei  den  Studenten,  aber 
diesmal  nach  der  negativen  Seite.  Es  erinnert  an  das  Jäger- 
latein, wenn  es  als  unfein  gilt,  ein  Pferd  zum  Ziel  zu  "lenken": 
man  muss  es  "steuern".  Ganz  ebenso  würde  aber  der  Bankier 
über  den  lächeln,  der  die  eigentümlichen  Ausdrücke  der  Bör- 
sensprache (humoristisch  angewandt  in  Trojans  Scherzge- 
dichten S.  95)  durch  andere  ersetzen  würde;  die  negative  Wort- 
wahl wird  zum  Schiboleth  gemacht.  —  Übrigens  verbreitet  sich 
die  Sportsprache  doch  immer  nur  über  einen  verhältnismässig 
engen  Kreis  von  Ausdrücken;  so  konsequent  wie  etwa  in 
Ibsens  "Komödie  der  Liebe"  oder  Th.  Storms  "John  Riew"  oder 
gar  in  gewissen  niederen  Possen  und  Romanen  spricht  kein 
Mensch  in  Sportworten.  —  Wundt  (Völkerpsychologie  1,568  f.) 
wirft  die  Sportsprachen  mit  den  Berufssprachen  völlig  zu- 
sammen. 

Die  einfachste  und  verbreitetste  Sportsprache  ist  die 
"Terminologie  der  Tafel",  von  der  R.  Kleinpaul  (Gastrono- 
mische Märchen,  Leipzig  o.  J.)  zahlreiche  amüsante  Beispiele 
gibt.  Es  handelt  sich  hier,  wie  wenn  ein  Pferd  zum  Ziel 
"gesteuert"  oder  ein  neuer  Rock  "gebaut"  wird,  um  "populäre 
Metaphern"  (a.  a.  0.  S.  IX)  und  jede  Stadt  ist  auf  die  spezi- 


^^^P  Künstliche  SprHi^lieii.  U 

tBebe  Renennnng  der  lokalen  Geriehte  nnd  Gebäclce  stolz, 
Freiberg  auf  die  "Bauerhasen"  {S.  123),  Leipzig  auf  die  "Po- 
lizeifinger" (S.  133).  Die  sonderbare»  Termini  geben  sogar 
Anluss  zu  ätiologischen  Mjtben,  zar  Erfindung  von  Eponymis 
(b.  a.  0.  S,  2351  und  z«  plastischer  Verwirkliebuug  IS.  IX). 
Gerade  das  Spiel  mit  den  Worten,  das  Hänselu  der  Uneinge- 
weihten, die  Vermeidung  banaler  Beiiennungen  bildet  den  eigent- 
lichen Reiz  dieser  SpraL-he.  Wie  das  Rotwelsch  ist  sie  aber 
ihrer  volkstüinlicben  Grundlage  wegen  frischer,  gesunder  als 
die  blasse  Metapbemspraelie  des  Rennstalls  und  der  Regatta. 
t)  Eine  Stufe  weiter  kommen  wir  zu  Berufssprachen 
hflherer  Art,  wie  der  Kauzelrede  und  besonders  der  Dich- 
tereprache.  Sie  unterscheiden  sich  von  einl'achereu  Berufs- 
Bpraeheu  sowohl  durch  die  Höhe  des  Gesichtspunktes  als  durch 
die  Strenge  der  DnrchtXlhrung.  Keine  znfölUge  Metapher,  kein 
ans  praktischen  Grlluden  gewählter  Terminus  sondern  das  Ge- 
fthl  für  die  Würde  des  Orts  hält  gauze  Kategorien  von  Wor- 
ten oder  Wortfügungen  fern.  Was  irgend  "vulgäi'"  scheint, 
wird  bewuBBt  vermieden.  Daher  haben  es  z.  B.  die  "Decadents" 
nnd  "Symbolisten"  in  Frankreich  tlnrch  stete  Vermeidung  der 
Ablieben  Ausdrücke  nötig  gemacht,  dass  für  ihre  Schriften  ein 
«genes  Wörterbuch  abgefasel  wurde  (J.  Pluwert  Petit  glos- 
Baire  pour  servir  k  rintelligeuce  des  anteurs  d^cadents  et  sym- 
bolistes)  "Devenir  cave"  ist  "bourgeois";  man  sagt  dafür  "sc 
caver"  (a.  a.  0-  S.  20),  gerade  wie  die  Romantiker  "Jeman- 
den tänzeln"  sagen  (Petrich  Drei  Kapitel  vom  Roniantisebcn  Stil 
86).  (Genauer  sucht  der  schwedische  Aesthetiker  Haus 
Larsson  in  der  Schrift  Poesien»  Logik  Lund  1899  8.  89  f.  die 
allgemeinen  Prinzipien  der  Dichtersprsche  festzustellen,  ohne 
'fiel  Neues  zu  bringen;  vgl.  auch  meine  Altgerm.  Poesie  S.  483  f. 
^luid  die  hübschen  Ansfühmngen  von  K.  0.  Erdmann  Bedeu- 
taug  des  Worts  S-  78  f.j  Man  weise,  dass  diese  zunächst  rein 
negative  Sprachknnst  bis  znr  Heretellnng  ganz  nnd  gar  verküu- 
stelter  Rede  führen  kann;  in  Holland  hat  die  orthodoxe  Geii<t- 
lichkeit  die  "spraak  van  Kanaan"  (te  Winkel  in  Pauls  Grund- 
1,  716)  zu  einer  biblisch -niederländischen  Mischsprache, 
iim  Norden  die  Skaldenpoesie  ihre  technische  Rede  zu  einem 
&st  unverständlichen  Netz  gewuchter  Ausdrücke  herausgebildet 
III  1,  e).  Aber  zunächst  sind  Kanzel-  oder  Dichter- 
irache  doch  nur  Ausschnitte  aus  der  allgemein  üblichen  Hpraehc; 


56  R.  M.  Meyer, 

doreb  AüRstosaeu  massenhaft  soDst  Üblichen  Spracbstoffs  ebarak- 
terisiert.  Freilieb  fcblt  von  Aafau^  au  auch  hier  das  Andere 
nicht:  die  Bewahrung  poeliMcher  oder  pathetischer  Auedrlicki.-. 
wie  denn  taet  nirgends  eine  der  beiden  StfiningsfornK'u  der  nn- 
tllrhchen  Sprach entwickeluiig  völlig  iaolirt  atiftritt.  Aber  weil 
Ubenviegend  ist  doch  das  negative  Moment,  vrie  aian  Bchon 
an  der  häutigen  Abwehr  neu  zndringenden  Materials  dnrch 
poetische  Zionswächter  erkennt:  Vaugelas  und  die  Pretiosen 
ge-jen  die  natürlichere  Sprache  etwa  Molitres;  Gottsched  und 
sein  Sehflnaich  (mit  dem  "Neologischen  Wßrterbucb")  gegen 
Klojwtoek  und  die  Schweizer;  die  akademi»ehe  Kritik  im  19. 
Jahrh.  gegen  Victor  Hugo  nsw.  (vgl.  Darmesteter  De  la  cr^ation 
actnelle de  motR nonveans dansla  langue fran^aise  S.  1 8  f. AI  f.  u. 6.). 
Weiterhin  ist  aber  auch  jede  Schriftsprache  als 
solche  in  diesem  Sinn  eine  künstliche  Sprache,  Ihr  Wescu 
beruht  in  der  Abwehr  bestimmter,  den  Dialekten  und  der  täg- 
lichen Rede  angehOrigen  Sprachfornien.  Schriftsprachen  kön- 
nen deshalb  auch  von  Einzelnen  in  bewnsster  Differenzierung 
gegen  die  Dialekte  "geschaffen"  werden.  Ich  erinnere  z.  B. 
au  die  Verdienste  Kl.  Groths  und  K.  Mallenhoffs  nm  die  nie- 
derdeutsche Schriftsprache.  Der  negative  Charakter  der  Aus- 
lese tritt  dabei  jederzeit  deutlieh  hervor.  So  sagt  G.  Pari» 
(Penseurs  et  pofetes  S.  lllj  von  der  neuen  "langue  des  feil- 
bres":  "Je  n'ai  parle  jusqu'ici  de  la  langue  de  Mistral  qu'en 
la  considerant  comme  un  parier  popuiaire;  mais  il  a  vouln  eu 
faire  un  langage  litti^raire,  et  pour  y  arriver  il  la  d'nnc  pari 
epurce  et  de  l'antre  fis^e.  L'^puiation  a  consiste  sourtout  k 
eliniiner  autant  que  pussüile  les  niots  franijais  qni  avaient  rem- 
place,  daus  l'usage  meme  du  peuple,  leurs  correspondants  pro- 
ren^ans  ...  La  tixation  de  la  langue  s'est  produite  sous 
l'apparence  modeste  d'une  fixation  de  l'orthographie".  Also 
durch  Ausscheidung  von  Worten  und  Formen,  die  zu  dem  pro- 
venzaliseheu  Habitus  nach  Mistrals  Auffassung  nicht  passten,  hat 
er  die  neue  künstliche  Sc Lriftsp räche  zu  Wege  gebracht.  — 
Noch  schroffer  hebt  Ibsen  das  Negative  solcher  Uestrebungen 
hervor,  wenn  er  in  "Peer  Oynt"  (flhs.  von  L.  Passarge  S.  10«) 
die  norwegischen  "Sprachstreber"  auf  die  Orangutaugs  ver 
wies,  die  von  langen  Zeiten  her  eine  kräftige  Ürwaldsprachc 
bewahrt  haben  (vgl.  H.  Jaeger  H.  Ibsen  übs.  v.  H.  Zschalig 
8.  164).     Und  doch  treibt  eine  Schriftsprache  nur  das  Prinzip, 


Künstliche  Sprachen.  57 

auf  dem  sie  überhaupt  beruht,  auf  den  Gipfel,  wenn  sie  aus- 
serste  "Reinheit"  anstrebt,  wie  die  deutsehe  Sprache  es  in  ver- 
schiedenen Epochen  mit  geringem  Erfolg,  das  Schwedische 
und  vor  allem  das  Holländische  es  mit  grossem  Erfolg  gethan 
haben:  die  Abwehr  aller  nicht  zum  Grundton  stimmenden 
Worte,  vor  allem  der  entlehnten,  ist  nur  die  äusserste  Konse- 
quenz jenes  Ausstossens  zahlloser  "Parias  der  Sprache",  ohne 
das  eine  Schriftsprache  schlechterdings  nicht  denkbar  ist. 

Besonders  deutlich  tritt  dieser  künstliche  Charakter  der 
Schriftsprache  in  einem  merkwürdigen  Spezialfall  hervor:  in 
jener  konventionellen  Vulgärsprache  der  Buhne,  die  be- 
sonders Tieck  (Kritische  Schriften  3,  137  f.)  vortreflFlich  cha- 
rakterisiert hat.  Sie  will  den  Dialekt  von  Paris  oder  Berlin 
geben,  nähert  ihn  aber  doch  dem  Schriftsprachlichen  an,  um 
gemeinverständlich  zu  bleiben.  Deshalb  werden  sowohl  zu 
stark  dialektische  als  andererseits  zu  entschieden  "gebildete" 
Ausdrücke  vermieden.  Eine  eigentliche  Mischsprache  entsteht 
nicht;  wohl  aber  eine  auf  eigener  Dialektgrundlage  beruhende, 
durch  negative  Wortwahl  gekennzeichnete  Schriftsprache. 

3)  Bewahrung  des  sonst  abgestossenen  Sprach- 
stoffs mit  Abstossung  des  allgemein  bewahrten  ver- 
eint. 

Wir  erwähnten  schon,  dass  eine  gewisse  Vermischung 
beider  Störungsformen  ganz  unvermeidlich  ist;  aber  in  allen 
bisher  besprochenen  Fällen  ist  doch  das  positive  oder  das 
negative  Prinzip  entschieden  ausschlaggebend.  Beide  durch- 
dringen sich  dagegen  vollkommen,  wenn  tote  Sprachen  als 
lebendig  behandelt  werden.  Solche  Fälle  sind  nicht  selten: 
ich  erinnere  an  die  Kawi-Sprache,  an  das  Sanskrit,  das 
Hebräische,  vor  allem  das  Latein.  Diese  Sprachen  werden 
nicht  nur  in  schriftlicher,  sondern  auch  in  mündlicher  Anwen- 
dung fortgeführt,  obwohl  sie  eigentlich  längst  erstorben  sind. 
Man  hat  sogar  versucht,  sie  Kindern  als  ihre  Vatersprache 
einzuimpfen;  so  machte  es  der  berühmte  Lehrer  TrotzendorflF 
in  Goldberg,  so  Montaignes  Vater  (andere  Beispiele  theilt  Diels 
in  der  Deutschen  Rundschau  März  1898  S.  405  mit).  Nun  ist 
das  eigentlich  der  stärkste  Fall  von  Störung  der  natürlichen 
Sprachencwickelung,  der  überhaupt  denkbar  ist.  Eine  Sprache, 
die  so  zu  sagen  gar  nicht  mehr  existiert,  wird  künstlich  be- 
wahrt;  mitten  unter  Schlesiem  oder  Franzosen  vermeiden  ein 


58  R.  M.  Meyer, 

paar  Leute  den  ganzen  Gebrauch  der  rings  um  sie  gesproche- 
nen Sprache!  Also  ein  künstliches  Fortleben  der  toten^  ein 
willkürliches  Abthun  der  lebendigen  Sprache.  Und  dennoch 
kann  man  selbst  bei  diesem  Gipfel  der  Etlnstlichkeit  nicht 
eigentlich  von  einer  künstlichen  Sprache  reden.  Nicht  nur 
sind  die  angewandten  Idiome  nicht  erfunden,  sondern  histo 
risch  gegeben  und  ihre  Anwendung  beruht  thatsächlich  nur 
auf  eben  den  Momenten,  die  so  viel  leichtere  Fälle,  wie  die 
F'amilien-  oder  die  Soldatensprache,  zu  Wege  bringen.  Der 
Lehrer  setzt  sich  ja  doch  nicht  plötzlich  hin  und  beginnt,  eine 
Sprache  zu  reden,  deren  Klang  ihm  bisher  fremd  war.  Son- 
dern er  hat  sie  schon  früher  bei  bestimmten  Gelegenheiten 
augewandt:  beim  Beten,  beim  Unterrichten,  beim  Verkehr  mit 
Amtsgenossen  von  fremder  Herkunft.  Nun  wird  diese  gele- 
gentliche Verwendung  der  toten  Sprache  von  der  Gelegenheit 
losgelöst,  wie  jene  Carbonari-Metapheni;  nun  wird,  was  man 
sonst  ausserhalb  des  Betpults  oder  der  Lehrkanzel  von  sich 
warf,  auch  an  den  Mittagstisch  und  auf  den  Spaziergang  mit- 
genommen und  schliesslich  selbst  an  einsamen  Meditationen 
als  gegebenes  Medium  benutzt.  Also  selbst  hier  liegt  zwar 
gewiss  ein  künstliches  Verhältnis  vor  —  aber  es  ist  doch  nur 
Übertreibung  eines  alltäglichen  Vorkommens.  Vereinzelte  Stück- 
chen der  toten  Sprachen  gebrauchen  wir  ja  Alle,  der  Arzt  am 
Krankenlager,  der  Botaniker  beim  Demonstrieren  der  Pflanze, 
der  Geistliche,  der  Lehrer  —  nach  diesem  Muster  bildet  nun 
der  Vater  des  grossen  französischen  Essayisten  seine  Diener- 
schaft zu  einer  griechischen  Sprachinsel  um  und  die  vor  Jahr- 
hunderten verstummte,  auf  diesem  Boden  überhaupt  nie  ge- 
hörten Klänge  der  Rede  Plutarchs  wachen  wie  nach  einem 
Winterschlaf  auf,  schallen  in  die  Welt  hinaus  wie  die  einge- 
frorenen Klänge  von  Münchhausens  Postillon! 

Wir  haben  also  in  allen  bisher  gemusterten  Fällen  kei- 
nerlei Spracherfindung  vorgefunden,  sondern  lediglich  Auslese, 
lediglich  anormale  Störung  der  natürlichen  Sprachentwicklnng. 
Bildungen,  die  sonst  verschwinden,  werden  aufgehoben;  Bil- 
dungen, die  sonst  herrschen,  werden  abgewiesen.  Aber  diese 
Mittel,  zumal  in  ihrer  Vereinigung,  genügen,  um  allerlei  her- 
vorzubringen, was  allerdings  wie  eine  "künstliche  Sprache**  wirkt 
Ein  Grammatiker  noch  aus  Adelungs  Zeit  hätte  auch  keinen 
Augenblick  bezweifelt,  dass  die  Schriftsprache  durch  vernünf- 


Künstliche  Sprachen.  59 

tige  Regelung  der  erfahrenen  Sprachmeister  "gesetzt"  wurde 
—  was  ftir  extreme  Fälle  wie  den  Mistrals  ja  in  gewissem 
Sinn  beinah  zutrifft;  er  hätte  die  Berufssprachen  lediglich  als 
das  Produkt  willkürlicher  Festsetzung  durch  Meister  und  Alt- 
gesellen angesehen.  Dergleichen  sollte  uns  schon  gegen  den 
Begriff  der  willkürlichen  O^cic  niisstrauisch  machen.  Aber  frei- 
lich sind  wir  erst  im  Vorhof.  Einen  Schritt  weiter  —  und 
wir  werden  eine  gewisse  Willkür  in  der  Behandlung  des  Sprach- 
stoffs  allerdings  zugeben  müssen. 

IL  In  einer  weiteren  Reihe  von  Fällen  entste- 
hen künstliche  Sprachen  durch  unwillkürliche  oder 
absichtliche  Veränderungen  des  Sprachstoffs. 

Scheinbar  gehören  hierher  schon  Fälle  wie  der  zuerst 
besprochene  der  persönlichen  Redeform:  S.  Heinzerlings  Vo- 
kalismus oder  "la  carrosse"  des  Roi  Soleil.  Doch  halten  sich 
solche  Änderungen  immer  in  der  Nähe  der  normalen  Aussprache, 
weil  ja  eben  das  Bedürfnis  einer  gewissen  Übereinstimmung 
mit  der  üblichen  Ausdrucksweise  normalisierend  wirkt;  man 
will  verstanden  werden.  Aber  gerade  auch  wieder  der  Wunsch, 
verstanden  zu  werden,  ruft  die  einfachsten  Fälle  wirklicher 
Sprachdifferenz  hervor. 

1)  Mayer  und  Meringer  haben  in  ihrem  lehrreichen  Büch- 
lein gezeigt,  wie  das  Versprechen  unendlich  oft  nichts  anders 
ist,  als  ein  unwillkürlicher  Versuch,  Sprachschwierigkeiten  zu 
beseitigen.  Es  sagt  einer  "sozialistische  Zekten'*  statt  "Sek- 
ten" (a.  a.  0.  S.  49),  weil  es  bequemer  ist,  den  Zischlaut  zu 
wiederholen,  als  nach  «,  2,  seh  wieder  ein  s  zu  artikulieren. 
Was  hier  vereinzelt  geschieht,  findet  in  bestimmten  Fällen  mas- 
senhaft —  bewusst  oder  uubcwusst  statt:  es  ist  die  eupho- 
nische Differenzierung. 

Ein  hübsches  Beispiel  aus  dem  Leben!  Erich  Schmidt 
will  Julius  Rodenberg,  den  Herausgeber  der  "Deutschen  Rund- 
schau" besuchen,  der  Portier  tritt  ihm  gleich  entgegen:  "der 
Herr  Dr.  ist  nicht  zu  Haus  —  er  ist  kondolieren  gegangen  — 
der  Herr  Tabüramü  ist  gestorben".  Tabilramü!  klingt  es  nicht 
nach  Chamisso  Otaheiti  oder  Pierre  Lotis  Hawaii?  Gemeint  aber 
war  —  du  Bois  Reymond!  Nun  ist  es  klar:  der  Pförtner  kann 
niemals  "Tabüramü"  gehört  haben:  er  hatte  ein  Lautbild  im 
Gedächtnis,  dass  ihm  nicht  recht  einging,  und  das  er  wie  ein 


«0  ^^^^H 

entferntes  Echo  wiedergab.  nacUdein  er  es  sich  so  sprecbbar 
wie  nifiglicli  gemacht  hatte;  AsHonanz  und  ReJni  bähen  den 
franzüsiBchen  Namen  in  einen  tahitischen  gewandelt. 

Ganz  dieselbe  Methode  wenden  aber  alle  Völker  der 
Welt  an,  um  siph  fremde  Namen  oder  Worte  anzueignen.  So 
sind  die  Stammes-  und  PerBoncnnamcn  der  Indianer  bei  Cooper 
stilisiert,  8o  hat  Fr.  Rltekert  das  Landmädehen  Marie  Lies 
wflnderhUhBch  zur  "Amaryllis"  gräzisiert  oder  Haeckel  in  »ei- 
nen "Indischen  Reisebriefen"  schwierige  Namen  mundgerecht 
gemacht.  Ganz  so  aber  wandeln  mit  der  Zeit  die  Sprachen 
selbst  schwierige  Lautkomplexe  in  leichtere  um;  die  Entwicke- 
lung  vom  Sanskrit  zum  Frakrit  entspricht  völlig  der  von  "da 
Rois' Rejinond"  zu  "Taburaniu".  Elienso  hat  das  Griechische 
die  Schwierigkeit  der  versehiedenen  Vokalfärbnugen  durch 
seinen  Itazismus  radikal  beseitigt.  In  gewissem  Sinn  sind 
solche  Sprachen  also  künstliche,  durch  euphonische  Rdcksicliten 
lierausgebildete  Idiome! 

So  machen  sich  Überall  die  Kinder  schwere  Worte  »precii- 
bar  (tranzfiBische  Beispiele  bei  K/.es7:mtzek  Entwickelnug  der 
Kindersprache  S.  12).  Am  stärksten  kommt  die  euphonische 
Veränderung  überall  liei  Eigennamen  vor.  In  den  verscliiede- 
iien  Lebensaltern  wirkt  die  gleiche  Tendenz  charakteristisch 
verschieden;  denn  uatUrlich  ist  "wohlklingend",  ist  sogar  "leiclit 
sprechhar"  ein  relativer  Begriff.  "Wie  zeugungskräftig  ist  das 
Kind  im  EiHnden  und  Verändern  von  Worten;  mit  welchem 
Wohllaut  sind  die  Namen  ausgestattet,  welche  Kinder  den  Per- 
fionen  und  Dingen  aus  ihrem  ästhetischen  Verstände  heraus 
verleihen",  sagt  Bogumil  Goltz  (Drei  Vorlesungen  S.  107),  "Etvire 
wird  in  Awia,  Ottilic  in  Tileto,  Laura  in  Lola,  Jubus  in  Aul«, 
Louis  in  Luln,  Wilhelm  in  WiMu  asw,  verwandelt".  Wenig  weiss 
dagegen  eine  moderne  —  ach  sehr  moderne!  —  Schriftstellerin 
die  Naineuveränderungen  der  Backfische  zu  rühmen:  "Da  ist 
Alles  Issy  Cissy  Missy,  eine  Mischung  von  Kätzchenmianen 
und  Baliygelallc,  als  oh  ihnen  ein  ordentlicher  honetter  christ- 
licher Vorname  nnmflglich  wäre"  (Hans  v.  Kahlcnberg  Das  Nix- 
chen S.  21).  Immerhin  ist  auch  hier,  wie  hei  den  zurecbt 
guniachien  Namen  der  Kinderstube,  ein  Prinzip  erkennbar: 
eine  Art  Vokal harmonie,  die  wohl  auch  bis  zur  Durchführung 
Eines  Vokals,  des  hellen  i,  gesteigert  wird  —  was  wieder  an 
den   neugriechischen  Itazismus  erinnert.     Solches  Behagen  an 


Küti^itliühi'  Siirnchet 


6t 


Emem  Vokalklang  tritt  früh  auf;  meinem  JtIteRten  Jnngen.  der 
anfTallend  riolitig  sprach,  inachte  es  Vergnügen,  zn  sa^en  "gab 
mar  dar  Seblassal";  und  noch  später  üben  Schüler  in  den 
Zuiechenstnnden  das  Spiel,  etwa  bei  dem  Versehen  "Es  ist 
kein  Dörfchen  noch  so  klein,  ein  Haninierschmied  ransH  drimie 
sein"  der  Reihe  nach  jeden  Vokal  dnrchMttlhren.  Und  ebenso 
hat  das  Altindjeche  das  a,  das  Neuliochdeiitschc  das  schwache 
c  fast  systematisch  auf  Kosten  anderer  kräftigerer  Vokale 
dnrchgefllbrt.  Wenn  es  skr.  aifvan  gegenüber  idg.  *ehvoii 
beisst,  ist  dae  im  letzten  Grund  von  dem  Kinderspiel  ".Seh lai-Bal" 
ffir  "Schlüssel"  kaum  wesentlich  verschieden! 

Aber  uralt  ist  auch  die  Abtönung  der  Vokale,  nie  wenn 
in  jenem  "Tileto"  für  "Ottilie"  das  Nebeneinander  von  o  und 
i  vermieden  wird.  Wie  stark  solche  enphonisohc  Rücksichten 
in  der  Sprachentwickelung  mitspielen,  beweist  die  ungeheure 
Ausdehnung  des  Umlants  und  verwandter  Erscheinnngen.  Wir 
linden  auch  hier,  was  wir  immer  und  überall  finden:  dass 
eelbst  die  scheinbar  nillkürlichstea  '^rlindnngen"  sich  auf  den 
grossen  Bahnen  der  allgemeinen  Spraehentwiekelung  halten. 
Dieselbe  musikalische  Freude  an  dem  Glockenspiel  des  Ablauts, 
die  die  ganze  Wortbildung  des  Idg.  und  zumal  der  germ. 
Sprachen  durchdringt,  hörte  J.  Grimm  mit  herzlicher  Freude 
in  dem  piffpalfputf,  dem  bimbanihum  der  lautnachahmenden 
Kinderspiele  wiederklingen.  (Vgl.  über  die  kindlichen  Lant- 
sohstitutionen  Wandt  Völkerpsychologie  1,  298,  der  jftloch  1, 
296  Anm.  betont,  die  allgetneiue  Eutwickejung  der  Sprache 
laute  der  der  Kindersprache  nicht  parallel.) 

Vieles  gehört  auch  hierher,  was  man  mit  zu  starker  Be- 
tonung des  inhaltlichen  Moments  ganz  der  Volksetymolo- 
gie zareehnet.  Wenn  z.B.  "Milano"  "Mailand"  wird,  ist  die 
befremdliche  Umlaufung  einer  Stadt  in  "-land"  gewiss  erst 
sekunder.  Man  machte  ans  "Milan"  zunächst  aus  lautlichen 
Rücksichten  "Milant",  gerade  wie  aus  "wilen"  "weüand"  ward; 
dag  lange  i  wurde  diphthongiert  und  die  inhaltliche  Umden- 
tung  in  "Mailand"  ging  ans  der  euphonischen  Umgestaltung 
erst  nachträglich  hervor  {anders  Kluge  ZsfdPhil.  31,499  gegen 
Wrede  ZafdAlt.  41,  '29b).  Ebenso  ist  "Canterhury"  schwerlich 
gleich  als  "Kantelbnrg"  umgedeutet  worden;  man  suchte  sich 
den  schwebenden  Laut  de»  zweiten  Teils  zu  adaptieren,  sprach 
etwa  "Kanterbörrich"  ans  und  "börrcir  und  dann  auf  "bürg" 


<i2  K.  M.  Müjer, 

zurü(;k interpretiert.  Und  so  gewiss  in  vielen  Fällen;  bei  Tflan- 
gard"  fllr  "Nowgorod"  z.  B. 

Ilßsonders  eharaktcriBtiseh  für  diesen  Prozess  —  erst 
euphonisches  Bequemmachen,  dann  Volksetymologie  —  ist  ein 
lustiges  Beispiel,  das  11.  Hitdebrand  (Anfaötze  und  Vorträge 
S.  152)  er/.äblt.  Ein  Sehltler  bat  in  einem  Aufsatz,  die  be- 
rltlimtc  Brücke  über  das  Göltschthul  vorpebracLt  —  die  nun 
inzwischen  in  Trilinmern  gegangen  ist  — ;  gcschriehen  aber  hat 
er  —  "die  üeidstahlbrüeke".  "Tbal"  bedarf  von  vornherein 
keiner  etymologischen  Deutung:  aber  der  .Schiller  llllirt  zn- 
nUclist  eine  Silbenlreiinnng  ein,  die  ihm  die  Aussprache  er- 
leichtert: "Gölt-scbthalbrüeke",  und  nun  kommt  beim  RUek- 
llbersctzen  ina  Hocbdeutscbe  die  "Geldstablbrüeke"  heraas. 
"Stahl"  ist  nun  einmal  ein  unglücklicher  Wortteil;  "Diebstahl" 
ist  eine  Tautologie  (vgl.  Kluge  Efymol.  Wb,  *  S.  4)  und  "gol- 
dene Stahlfeder"  ist  ein  Paradebeispiel  für  eontradictio  in  ad- 
iecto.  —  Ein  hllbselies  Beispiel,  wie  euphonische  Umgestal- 
tung nnd  Volksetymologie  sieh  in  die  Hände  arbeiten,  bietet 
Lindner  (Naturgarten  der  Kindersprachc  S.  95)  aus  Kinder- 
mund. 

2)  Die  Veränderung  von  Namen  nnd  Worten  aus  rein 
lautlichen  Uraaeben  oder,  mit  andern  Worten,  aus  Gründen 
der  bequemeren  Aussprache,  ist  über  die  ganze  Welt  verbreitet. 
Aller  daneben  treten  kaum  minder  häutig  andere  Motive  der 
Veränderung  ein.  Zunächst  das  der  Vermehrung  und  On- 
lerncbcidung.  jiwei  Menschen,  die  sieh  oft  gleicbzeirig  ge- 
nannt linden,  haben  denselben  Namen;  man  niuss  sie  unter- 
scheiden können.  .Sehr  früh  tritt  deshalb  die  Verwendung  von 
Beinamen  auf  (J.  Grimm  Kl.  Sehr.  .3,  .^.54  f.).  Aber  man  be- 
nutzt auch  kleine  Verschiedenbeiten  in  der  Aussprache  des 
Namens  selbst;  gerade  wie  wir  schon  bei  W  (irinimM  Kindern 
"Papa"  und  "Apapa"  flir  zwei  "Väter"  ansgemllnzt  fanden. 
Doch  auch  hewnsste  Umgestaltungen  müssen  die  Namen  sich 
gefallen  lassen,  um  /.,  B.  Pseudonyme  herzugeben  (Htntcnis  Die 
Pseudonyme  der  neuereu  deutschen  Litteratur  1899):  "Bettel- 
heim" wird  "Teilheim",  "Zitelmann"  wird  "Telmann"  (ebd. 
S.  llj)  —  beinahe  schon  wäre  ein  Lautgesetz  zn  formulieren, 
wonach  Eigennamen  mit  "tcl"  in  der  zweiten  Silbe  die  erste 
alistossen !  Die  hebräischen  Kabbalisten  hatten  eigene  sehr 
komplizierte  Mechanismen   zur  Umgestaltung  und  Vermehnmg 


7» 


Künstliche  Spraclien.  63 

der  Namen  (vgl.  Siegfried  in  der  Deutschen  Litteraturzeitung 
16.  Okt.  1897  S.  1603).  —  Die  Übersetzungen  spielen  eine  eigene 
Rolle;  sie  sind  nicht  hier  zu  behandeln. 

Offenbar  liegt  hier  im  Prinzip  der  gleiche  Vorgang  vor 
wie  bei  den '"Doppelwörtem".  "Knabe"  und  ''Knappe",  'Habe" 
und  *1lappe'*,  "Ritter"  und  "Reiter"  sind  ursprünglich  iden- 
tisch; die  Doppelformen  werden  in  der  Bedeutung  difierenziert 
wie  wenn  der  gleiche  Name  bald  als  "Jean",  bald  als  "Hans 
oder  "John"  (wie  etwa  in  der  elsässischen  Posse  ""D'r  ney  Jean 
von  Ferd.  Bastian)  verschiedene  Personen  bezeichnen  muss. 

Ebenso  werden  aber  auch,  wenngleich  seltener,  Appella- 
ti va  willkürlich  diflFerenziert.  Wir  unterscheiden  in  Berlin 
"das  Schloss"  und  "das  Palais":  das  Palais  bewohnte  Kaiser 
Wilhelm  I.,  das  Schloss  bewohnt  der  jetzige  Kaiser.  Das  ist 
eine  gemachte,  künstliche  Unterscheidung,  die  ein  unterschei- 
dendes Beiwort  (wie  "altes"  und  "neues  Schloss")  oder  eine 
andere  Bestimmung  ("das  Palais  des  ersten  Kaisers")  erspart. 
Es  ist  aber  auch  hier  doch  nur  Sprachgebrauch  normalisiert, 
willkürlich  fixiert;  gerade  so  wie  wenn  die  Hauptstadt  allein 
die  allen  Städten  zukommende  Bezeichnung  ttöXic  (Stambul), 
&CTK)  (Athen),  urbs  (Rom)  erhält. 

3)  Viel  wichtiger  sind  solche  Umgestaltungen  des  uin- 
lanf enden  SprachstoflFs,  die  zu  ganz  bestimmten  indivi- 
duellen Zwecken  vorgenommen  werden.  Und  erst  hier, 
nach  vielleicht  zwanzig  andern  Fällen  künstlicher  Spraclibeliand- 
lung,  kommen  wir  zu  solchen,  die  allgemein  als  "künstliche 
Sprachen"  angesehen  werden.  Wir  werden  sehn,  wie  weni«; 
sie  sich  von  den  besprochenen  Vorstufen  unterscheiden.  — 
Auch  über  die  "Geheimsprachen"  bringt  die  Umfrage  "'Im  Ur- 
quell" allerlei  Material. 

a)  Wir  beginnen  auch  hier  mit  den  Kindern.  Geheiui- 
sprachen  der  Kinderstube  sind  sehr  beliebt.  Behaghel 
(Deutsche  Sprache  S.  86)  erwähnt  die  ^-Sprache:  "in  jede 
Silbe  des  ursprünglichen  Wortes  wird  die  Silbe  p  mit  einem 
Vokal  eingeschaltet,  z.  B.  "wipir  wopollepen  foport  gepehn" 
=  ''wir  wollen  fort  gehn".  Schlimmer  ist  noch  die  "Erbsen- 
gprache",  die  hinter  jeden  Anfangskonsonanten  das  ganze  Wort 
"Erbse"  einschiebt:  ""duerbse  woerbse  illerbse  sterbse  nerbse 
ichterbse"  =  "du  willst  nicht"?  (So  wenigstens  würde  ich 
nach  meiner  Schulerinnerung  in  die  Erbseusprache  übersetzen ; 


64  R.  M.  Mever, 

es  mag  nicht  ganz  korrekt  sein  —  Grammatik  oder  Wörter- 
buch sind  mir  nicht  zur  Hand!)  Niemand  wird  behaupten, 
dass  diese  schreckliche  Verunstaltung  der  Sprache  dem  Wort- 
klang oder  der  Bequemlichkeit  dient;  man  müsste  denn  die 
bekannte  Busse,  dass  Jemand  mit  Erbsen  im  Schuh  eine  Wall- 
fahrt macht,  als  Erleichterung  der  Pilgerfahrt  auffassen.  Die 
Absicht  ist  hier  eben  gerade,  das  Gesprochene  unkenntlich  zu 
machen,  nämlich  für  jeden  Uneingeweihten.  Der  Kenner  ver- 
mag selbst  bei  schneller  Aussprache  die  Erbsen  wegzuwischen; 
für  Andere  rollen  sie  betäubend  über  die  Lautbilder  weg. 

b)  Die  gleiche  primitive  Art  der  Sprachverschleierung 
findet  sich  aber  auch  ausserhalb  der  Kinderstube.  Die  Brüder 
Goncourt  beschreiben  in  ihrem  "Journar  (1,  339)  die  "langue 
javanaise",  die  Geheimsprache  der  Pariser  ^impures",  die  übri- 
gens auch  in  der  Mädchenpension  erfunden  sein  soll.  Nach 
jeder  Silbe  wird  der  gleiche  Vokal  erst  mit  d,  dann  mit  q 
wiederholt:  '"'Je  de  que  vais  dai  qai  bien  den  qen"  =  ''je  vais 
bien".  Die  Goncourt  haben  diese  Dirnensprache  in  ihrem  Ro- 
man "Charles  Demailly"  zur  Anwendung  gebracht.  Sie  er- 
wähnen selbst  ein  einfacheres  "Javanais",  dass  nur  nach  jeder 
Silbe  ein  '^va"  einschaltet.  Die  "lingua  papanesca"  (aus  "ja- 
vanesca"?)  bildet  übrigens  auch  eine  Form  der  ital.  Gauner- 
sprache (K.  Sachs  Lit.-Bl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1899  S.  416 
nach  Niceforo  II  Gergo;  Torino  1897).  Bald  werden  die  Kon- 
sonanten umgestellt:  sini  wird  nisi,  pani  wird  nipa;  bald  wird 
f  oder  icasse  eingeschoben  oder  statt  a  aven,  für  e  ender,  für 
i  inis,  für  o  omber  und  für  u  ufurt  gesprochen.  Russische 
Analogien  weist  mir  E.  Bemeker  nach  P.  V.  Sejn  Nachrichten 
der  Abteilung  für  russ.  Spr.  u.  Lit.  in  d.  Kais.  Akad.  d.  Wiss. 
4,  277 — 300  nach.  Da  werden  bestimmte  Silben  wie  ku-  vor- 
geschoben; oder  bestimmte  Silben  werden  systematisch  durch 
andere  ersetzt;  Laute  wie  seh  oder  Silben  wie  lesch  werden 
eingeschoben;  Buchstaben  umgestellt  usw. 

Solche  Künste  kommen  ganz  entsprechend  auch  in  Geheim- 
schriften vor.  In  der  bescheidenen  Verstecksprache  der  Mönche 
(MSD  VII)  wird  z.  B.  für  jeden  Vokal  der  folgende  Konsonant 
gesetzt:  "nvx  fbtxb"  =  "nux  fatua".  Doch  haben  wir  auf 
Verunstaltungen  der  Schrift  hier  nur  nebenbei  einzugebn. 

Dies  Einschalten  von  ganzen  Silben  nun  wie  in  den  an- 
geführten Geheimsprachen  scheint  doch  gewiss  etwas  absolut 


Künstliehe  Sprachen.  65 

KflnBtliches,  Willkttrlicfaes,  wirklich  Gecic  im  Sinne  Whitneys. 
Aber  dennoch  —  selbst  hier  könnte  normalisierter  Zufall  vor- 
liegen! Mayer  und  Meringer  weisen  (S.  86  f.)  auf  den  bedeu- 
tenden Umfang  des  Lautstotterns  hin.  Das  Schulkind,  auf 
irgend  einer  Sünde  ertappt,  stottei*t  vielleicht  im  ereten  Schreck 
—  und  gerade  weil  der  Lehrer  es  nicht  versteht,  entgeht  es 
der  Strafe;  und  das  macht  man  sieh  dann  in  p-  und  va-Spra- 
chen  zu  Nutze?  Jedenfalls  ist  das  Stottern  bei  Kindern  sehr 
häufig  (Preyer  Die  Seele  des  Kindes,  2.  Aufl.  S.  29."),  Rzeszni- 
zek  Entwicklung  der  Kindersprache)  und  kann  also  zu  solchen 
Sprachbildungen  so  leicht  führen  wie  die  beliebte  "Echosprache 
von  Endsilben  und  sogar  Endlauten"  (Lindner  Naturgarten  der 
Kindersprache  S.  50)  mit  ihrem  maken-ken-ken  für  ''Marken". 

Analoge  Erscheinungen  im  allgemeinen  Spraohleben  sind 
schwerlich  nachzuweisen;  denn  die  Allitteration  beruht  nur  etwa 
auf  verwandtem  Behagen  an  der  Wiederkehr  gleicher  Laute, 
die  Reduplikation  aber  ist  etwas  völlig  Anderes.  Sehr  merk- 
würdig aber  ist  es,  dass  bei  Geisteskranken  ''die  hie  und  da 
beobachtete  eigentümliche  Verdoppelung  oder  Anhängung  ton- 
loser Silben"  (Kraepelin  Psychiatrie  S.  502)  als  Kennzeichen 
der  dementia  paralytiea  angegeben  wird  —  ebenso  wie  das 
"Silbenstolpern"  (vgl.  dazu  Wundt  Völkerpsychologie  1,  .*)69; 
374)  iui  Sinn  einer  blinden  Nachgiebigkeit  j::egeii  bequemeres 
Aussprechen  schwieriger  Lautkomplexe:  "dritte  reitende  Ar- 
tilleriebrigade" wird  "drittende  reitere  Artilleriebrade".  Der 
Geisteskranke  in  seiner  Schwäche,  der  "Spniehertinder"  in 
seiner  Anstrengung  treiben  eben  beide  nur  Neigungen  zum 
Extrem,  die  in  \iel  geringerem  Grade  allgemein  vorhanden  sind. 

c)  Auch  das  "argot",  der  Jargon  der  "hohomiens"  be- 
ruht auf  künstlicher  Entstellung  der  herkömmlichen  Worte, 
wie  wenigstens  Marcel  Schwob  in  seiner  "Etüde  sur  Targot 
fran^ais"  behauptet.  Ich  kenne  diese  Untersuchungen  nur  aus 
dem  Zitat  bei  W.  G.  Bvvanck  Un  llollandais  a  Paris  en  1891. 
Dort  heisst  es:  "bath"  ou  "bäte",  qui  en  argot  signitie  beau  et 
bon,  est  forme  artificiellement,  suivant  l'opinion  de  Marcel 
Schwob.  On  a  garde  seulement  la  terminaison  -ate-,  assez  fre- 
qnente  en  argot.  Ainsi  "moche"  dans  le  Jargon  des  voleurs 
ne  serait  autre  que  "mal"  =  "m-oche"  (a.  a.  0.  S.  23  Anm.). 
Das  wäre  also  das  gleiche  "Anhängen  tonloser  Silben",  wie 
bei  den  Paralytikern;    das  wäre  dasselbe  Verfahren  wie   bei 

IndoirermaniBche  Forschangren  XII  i  u.  2.  5 


66  R.  M.  Meyer, 

der  studentischen  eo-8prache  (vgl.  zu  derselben  Kluge  Studen- 
tensprache S.  62:  '^schl-eo"  für  ''schlecht"  würde  dem  "moche" 
völlig  entsprechen). 

Wenn  Schwob  allgemein  behauptet,  ''que  les  terme«  de 
Jargon  sont  des  mots  deformes  du  langage  ordinaire,  et  non 
des  metaphores,  comme  on  croyait  jusqu'ici"  (a.  a.  0.),  so  ist 
der  Satz  in  dieser  ünbedingthcit  zweifellos  unrichtig.  Wir 
haben  bereits  gesehen,  und  werden  es  noch  weiter  beobachten, 
dass  die  Metaphern  in  der  That  in  den  künstlichen  Sprachen 
eine  ungemeine  Rolle  spielen.  Aber  wir  haben  hier  allerdings 
ein  völlig  anderes  Prinzip :  ein  rein  lautliches  statt  des  inhalt- 
lichen. Das  ständig  wiederkehrende  -eo  oder  -ate  oder  -oche 
entspricht  gewissermassen  als  Endreim  dem  Stabreim  der  p- 
oder  va-Sprache.  Eine  behagliche  Lust  am  sinnlosen  Klang 
ak  solchem  ist  bezeichnend  für  diese  Erscheinungen:  und  eben 
dadurch  erinnern  sie  an  uralte  Phänomene  wie  den  sog.  '"sinn- 
losen Refrain",  das  tralala,  heirassassa  u.  dgl.,  über  dessen 
vermutlich  prähistorische  Grundlage  ich  schon  vor  langen  Jah- 
ren (Zs.  f.  vgl.  Lit.- Gesch.  1,  32  f.)  Vermutungen  geäussert 
habe,  die  Büchers  schöne  Studien  über  Arbeit  und  Rhythmus 
nun  vielfach  bestätigen. 

d)  In  allen  drei  Fällen  haben  wir  kunstmässige  Umge- 
staltung des  gegebenen  SprachstofTs  vor  uns  —  durch  Ein- 
schieben, durch  Streichen  und  Anhängen  wird  das  Wort  so 
entstellt,  dass  es  nur  noch  dem  verständlich  ist,  der  den 
Schlüssel  davon  besitzt.  Ganz  allgemein  herrscht  dies  Verfah- 
ren bei  den  Kosenamen.  (Wir  verstehen  darunter  die  offi- 
ziell gewordenen,  allgemein  anerkannten  Nainensumformnngen, 
die  mit  jenen  "Tileto"  und  ''Cissy"  der  Kinderstube  und  des 
Backfischzimmers  nicht  zu  verwechseln  sind).  Bei  den  alt- 
deutschen Namen  wird  gern  aus  einem  zusammengesetzten  ein 
Kurzname  gebildet,  in  dem  ein  Namensteil  —  in  der  Regel 
der  zweite  —  durch  einen  einzelnen  Laut  gleichsam  symbo- 
lisch vertreten  wird.  Dietrich  wird  Diez,  Heinrich  wird  Heinz: 
das  z  ist  hypokoristisches  Symbol  für  den  Namensteil  -rieh. 
Das  erinnert  an  die  Art,  wie  in  "schleo"  oder  "bath"  das 
eigentliche  Wort  nur  durch  seinen  Anlaut  vertreten  wird:  wie 
denn  auch  gerade  dies  hei  Kosenamen  begegnet. 

Dass  "Hinz**  und  "Kunz"  die  grossen  Kaisernamen  ''Hein- 
rich" und  "Konrad*  vertreten,    ist  für   den  naiven  Hörer  min- 


Künstliche  Sprachen.  67 

destens  so  nnwabrscheiolich  wie  dass  "Kreo"  einen  ""Krätzer" 
bedeutet.  So  bilden  aber  die  Naniensabkürzungen  und  -um- 
formangen  in  ihrer  Gesammtheit  eine  konventionelle  Sprache, 
die  sich  aus  lauter  scheinbar  willkürlichen  und  dennoch  nach 
bestimmten  Gesetzen  veränderten  Sprachstticken  zusammensetzt. 
Die  Namengebung  ist  überhaupt  immer  derjenige  Teil  der 
Sprache,  an  dem  die  sog.  ''Sprachei-findung"  sich  am  liebsten 
und  fast  auch  am  freiesten  bethätigt.  Aber  wirkliche  Ei*fin- 
dung  fehlt  selbst  hier  noch.  Die  -eo,  die  -va  usw.  mögen  will- 
kfirliche  Improvisationen  sein  (was  wir  zw^ar  bezweifeln)  — 
der  andere  Teil  des  Wortes  wahrt  immer  noch  den  Zusammen- 
hang mit  dem  umlaufenden  Sprachstoff. 

UI.  In  einer  weiteren  Reihe  von  Fällen  ent- 
stehen künstliche  Sprachen  durch  Übersetzung  aus 
dem  gewöhnlichen  Sprachstoff. 

1)  Übersetzung  ist  auch  eine  Differenzierung.  Aber  die 
Freiheit  der  Veränd.erung  ist  hier  durch  das  Muster  der  andern 
Sprache  eingeschränkt. 

Im  Grund  ist  jede  Übersetzung  ein  Stück  Mischsprache: 
etwas  von  der  inneren  Form  des  Originals  und  seiner  Sprache 
wird  auch  bei  dem  untadeligsten  Dolmetsch  in  die  neue  Spracli- 
bekleidung  herüberdringen.  Wir  fühlen  das  bei  den  vollkom- 
mensten  Übersetzungen  z.  B.  des  "Faust":  Bayard  Taylor, 
der  unvergleichliche,  -Pradez,  Sabatier  —  Jeder  nimmt  ein 
Stückchen  deutsche  Seele  in  die  fremde  Form,  das  uns  dort 
nicht  ganz  behaglich  eingeschnürt  scheint,  l'homasin  von 
Zirklaere  beherrscht  das  erlernte  Deutsch;  aber  ein  Kenner 
wie  Schönbach  (Anfange  des  Minnesangs  S.  75)  bemerkt  doch, 
dass  er  oft  "bei  der  Übertragung  lateinischer  Worte  ins  Deutsche 
den  Begriff  mit  einspielen  lässt,  den  der  Ausdruck  im  Italie- 
nischen  hatte".  Wenn  der  Chor  im  Nachspiel  zu  Molieres 
''Malade  imaginaire"  singt: 

Dignus,  dignus  est  intrare 
In  nostro  docto  corpore, 
so  kommt  der  Soloecismus  dadurch  zu  Stande,  dass  die  Raum- 
anschauung  der  französischen  Sprache  in  die  lateinische  über- 
tragen \\Tird:  ''dans  notre  corps  savant"  empfindet  man  aucli 
in  Verbindung  mit  ^'entrer"  als  Lokativ  und  nicht  als  Akku- 
sativ.   Wir  sind  stolz   darauf,    die    herrlichsten  Meisterwerke 


68  R.  M.  Meyer, 

der  Weltlitteratur  in  klassischen  Nachformnngen  zu  besitzen; 
aber  sehen  wir  selbst  von  den  sonderbaren  Donnerschen  Grie- 
chen und  Brausewettersehen  Nordleuten  ab,  bei  denen  der 
Gypsabguss  den  Maimor  so  völlig  verläugnet,  halten  wir  uns 
nur  an  die  Übersetzer,  die  selbst  Wilamowitz'  gestrenges,  über- 
gestrenges  Urteil  (vor  seinen  "Griechischen  Tragödien")  aner- 
kennt —  man  wird  es  doch  selbst  bei  Schlegel,  bei  Gilde- 
meister oder  Heyse  durchfühlen,  dass  dieser  Inhalt  nicht  in 
dieser  Form  gedacht  war.  Die  Sprache  des  Vossischen  Homer 
aber  hat  A.  W.  Schlegel  (Werke  10, 150)  geradezu  als  "ein  selbst- 
erfundenes Rotwelsch"  bezeichnet.  Die  Sprache  jeder  Über- 
setzung ist  im  letzten  Gnind  eine  Kompromissprache,  die 
auf  mittlerem  Gebiet  zwischen  zwei  Idiomen,  bald  dem  altern 
näher  bald  dem  neueren,  sich  schwankend  bewegt. 

Damit  ist  die  Grundeigenschaft  aller  künstlichen  Über- 
setzungssprachen angegeben.  Nicht  naive  Auswahl,  nicht  kecke 
Änderung  ist  für  sie  bezeichnend,  sondern  eine  mehr  oder  min- 
der berechnete  Vermittelung  zwischen  der  .Alltagssprache,  aus 
der  mau  übersetzt,  utid  dem  vorschwebenden  Ideal  einer  Son- 
dersprache. 

a)  Auch  dies  Verfahren  hat  in  der  Kinderstube  seine 
Anfänge.  Wie  wir  uns  der  Redeweise  der  Kleinen  lautlich 
anpassen  und  '"'"Baba"  und  "babbä"  sagen,  so  tibersetzen  wir 
auch  in  ihr  Fassungsvermögen.  Das  Kind  weiss  noch  nicht, 
was  ein  Zahn  ist;  wir  wollen  ihm  keinen  neuen  Begriff  zu- 
muthen  und  sagen  deshalb  "Beisserchen",  denn  was  "beissen" 
ist,  weiss  es  schon.  Statt  "Augen"  sagt  man  in  Süddeut«ch- 
land  gern  "Guckerchen"  und  eine  ganze  Säuglingsanatomie 
Hesse  sich  in  derartigen  Anpassungsworten  geben. 

b)  Diese  Ammensprache  beschränkt  sich  aber  doch 
auf  ein  enges  Vokabular.  Die  nächste  Stufe  bieten  wieder  Be- 
rufssprachen. Sehr  lehrreich  ist  wieder  jene  shetländische 
Fischersprache.  Wir  sahen,  dass  ihr  Tabu-Chafakter  die  üb- 
lichen Ausdrücke  perhorresziert;  nun  kommt  sie  aber  doch 
mit  seltenen  alten  nicht  aus  und  muss  nachhelfen.  Ihre  Neu- 
bildungen aber  sind  nichts  anders  als  Übersetzungen  ins  ein- 
fachste Fassungsvermögen.  Das  Pferd  wird  "der  Geher",  der 
Hund  "der  Knochenbeisser",  die  Kuh  "die  Brtillerin"  (Kahle 
a.  a.  0.  S.  272)  —  höchst  naive  nomina  agentis  wie  aus  der 
ältesten  Epoche  der  Sprachschöpfung,  reine  Übersetzungen  aus 


Künstliche  Sprachen.  69 

dem  Abstrakten  ins  Konkreten.  Was  ist  ein  ''Tferd''?  ein 
Begriff!  was  ist  ein  "Geher"?  eine  anschauliche  Charakteristik 
—  wie  "Beisserchen"  in  der  Kinderstube,  wie  "der  Zerreisser" 
als  Name  des  Wolfs  in  der  idg.  Urzeit.  —  Vgl.  über  Standes- 
«praehen  allgemein  v.  d.  Gabelentz  Sprachwissenschaft  S.  45. 
194.  281—83.  Günther  Sprache  und  Recht  S.  19  Anm.  24; 
Aber  ihren  Einfluss  Breal  Semantique  S.  316  f. 

c)  Diese  Manier  wird  systematisch  ausgebildet  in  den 
Verbrechersprachen.  Das  Rotwelsch  hat  seine  eigene  grosse 
Litteratnr;  schon  Conrad  Gessner  in  seinem  "Mithridates"  von 
1558  achtet  (nach  R.  v.  Räumers  Gesch.  d.  deutschen  Philologie 
S.  228)  auf  die  künstliche  Gaunersprache  und  neben  Sprachfor- 
schern wie  J.  Grimm  und  Hoffmann  v.  Fallerslehen  haben  Krimi- 
nalisten wie  Ave-Lallemant  und  Hans  Gross  (Handbuch  für  Unter- 
suchungsrichter) diese  in  der  That  höchst  merkwürdige  Er- 
scheinung untersucht  und  analysiert.  Eine  sehr  ausgedehnte 
Bibliographie  gibt  wieder  L.  Günther  (Ann.  20,  für  das  ita- 
lienische Rotwelsch  vgl.  K.  Sachs  Litbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil. 
1899  S.  415).  Für  das  Russische  verweist  micli  E.  Berneker 
auf  N.  A.  Smirnow  Wörter  imd  Ausdrücke  der  Diebessprache, 
gesammelt  aus  Krestovskys  Roman  "Petersburger  Spelunken" 
(Nachrichten  der  Abteilung  für  russ.  Spr.  n.  Lit.  in  d.  Kaiserl. 
Akad.  der  Wissensch.  4, 1065— 87;  russisch). —  Von  F.  Kluge 
ist  in  nächster  Zeit  ein  Werk  über  das  Rotwelsch  zu  erwarten ; 
auch  J.  Meier  bereitet  ein  solches  vor  (Lit.-Bl.  f.  germ.  u 
rem.  Phil.  1899  S.  358). 

Das  Rotwelsch  ist  schon  rein  äusserlich  wichtiger  als 
<iie  verbreitetste  aller  künstlichen  Sprachen;  und  es  hat  fast 
auf  jede  andere  abgefärbt:  stark  auf  die  Studentensprache 
(vgl.  Kluge  a.  a.  0.),  auf  die  Handwerkersprache  (eine  Probe 
bei  W.  V.  Polenz  Der  Büttnerbauer  S.  229):  manche  Aus- 
<lrücke  sind  in  die  Sprache  des  täglichen  Lebens  einge- 
drungen. So  gut  wie  die  Soldatensprache  beruht  das  Rot- 
welsch auf  so  einfachen  Prinzipien,  dass  wir  uns  nicht  wuu- 
-dern  dürfen,  überall  verwandte  Bildungen  zu  treflfeu.  Leichte 
Entstellungen  und  Übersetzungen  ins  Konkrete  bilden  überall 
neben  hebräischen  Lehnworten  das  Hauptkontingent.  Wie 
man  einen  Polizisten  in  Deutschland  "Polyp"  nennt,  tauft  man 
ihn  in  Italien  "polimma"  (Niceforo  e  Sighele  La  mala  vita  a 
Roma  S.  168)   und  wie  das  Gold  wegen  seiner  rötlich  glän- 


zeudeii  Farbe  bei  dentscben  Gaitneru  "Fuchs"  heisst  (Ho0inann 
V.  Falleraleben  Weim.  Jh.  1,  ■i'M),  so  heisHl  es  jenseits  der 
Alpen  "gialletto"  (Niceforo  S.  170).  Hiess  doch  ebenso  bei 
nnsern  Urvätern  das  Silber  "dae  blanke  Metall";  bei  den  ita- 
lienischen Räubeni  heisst  es  "hianchetto"!  Auf  wirklicher  Be- 
obaehttinj^  herüben  all  die  neuen  Benennungen:  ßiuibani  die 
Schelle  (Weim.  Jb.  a,  a.  O.)  und  SnuiBum  die  Bassgeige  (G. 
Freytag  Werke  15,  158),  Kleebeisser  das  Schaf  {Weim.  Jb.) 
und  cacafuoeo  Gewehr  (Nieeforo  S.  170;  eine  besondere  cha- 
rakteristische Neubildung,!.  Eben  deshalb  spielt  unter  den  Neo- 
logismen des  Rotwelsch  die  Metapher  eine  so  geringe  Kolle. 
Die  gelehrte  Studentensprache  verlauseht  die  Anschauugen 
und  benennt  nach  abgcKogeiien  Qualitäten:  "Kameel",  "Fink", 
"Besen";  die  naive  Gaunersprache  taucht  tiberall  von  neuem 
in  die  Anschauung  ein  und  benennt  naob  zienilicb  wahrnelmi- 
baren  Thätigkeitcn  oder  Eigenschaften:  Plapperling  der  Pan- 
tofTel,  Grllnspccht  der  Jäger.  Ebenso  anschaulich  nennt  das 
Pariser  Argot  etwa  den  Coiffeur  'gratte - poux"  (Rossignol  Dic- 
tiounaire  d'ArgotS.  56)  oder  das  Transportschiff  'aabot',  'Holz- 
sehuh'  i,ebd.  S.  97).  Ebenso  im  Russischen:  daf  Rotwelsch 
heisst  "Musik"  und  enthält  neben  polnischen  und  kieinmasiachen 
aucJi  romanische,  dcQtsche,  häutiger  aber  tatarische,  finnische, 
zigeunerische  Lebnworte.  Aber  es  steigt  seihst  dabei  Mela- 
pbern  Hnsehauliclister  Art  wie  "Schelm"  fUr  "Mantel".  —  Über 
die  künstlichen  Sprachen  im  Russischen  allgemein  P.  V.  Sejn 
Zur  Frage  der  künstlichen  Sprachen  a.  a.  0.  4,  277—300: 
die  Räder  und  die  Kartoffeln  heissen  "Roller",  der  Stiefel 
■'Sehnarrer"  oder  "Schlürfer"  usw. 

Diese  ausserordentliche  Kraft  der  Anschauung  hob  schon 
J.  Grimm  in  seiner  inhaltsreichen  Besprechung  von  Grolmanns 
Spitzbubensprache  [Kl.  Sehr.  4,  164  1'.)  hervor:  "Die  meisten 
dieser  Ausdrücke  tragen  das  Gepräge  der  einfachen  Natur 
und  sind  aus  lebendiger  Beobachtung  der  Tiere,  Felder  und 
Völker  hervorgegangen".  Deshalb  grade  hat  diese  Sprache 
in  ihren  Neubildungen  ein  so  uraltertUmlicbes  Gepräge:  des- 
halb besitzt  sie  auch,  wie  ältere  Sprachpenoden,  so  viel  mehr- 
deutige Worte:  "Blankert"  beisst  "weisser  Wein"  oder  "Schnee" 
(a.  a.  0.  S,  Ö6),  "Hitzert"  so  gut  "Sonne"  wie  "Ofen",  in  der 
Regel  freilieh  ist  die  Bezciebnung  so  sieber  gewählt,  dass  der 
Rätseleharakter  fast  verloren  geht:  "Schwarzrentery  der  Floh" 


Künstliche  Sprachen.  71 

(6.  Freytag  a.  a.  0.  S.  158),  *TBegenwiirm  eine  Wurst"  (J. 
Grimm  S.  165,  Hoffmann  v.  Fallersieben  S.  332),  "fungo  (Pilz)" 
für  "Hur  (Niceforo  S.  171).  Es  ist  nur  natürlich,  dass  dies 
kräftige  Vokabular  von  Sebastian  Brant  (Weim.  Jb.  1,  233) 
bis  zu  Hofibiann  y.  Fallersieben  (ebd.  S.  341)  zahlreiche  Dichter 
angeregt  hat,  es  poetisch  zu  verarbeiten:  Pamphilius  Gengen- 
baefa,  Wenzel  Scherffer,  Joh.  Michael  Moscherosch  sind  im 
Weim.  Jb.  durch  solche  Proben  vertreten.  Neuerdings  hat 
besonders  H.  Ostwald  mit  seinem  Boman  'Tagabunden"  sich 
in  diese  Tradition  gestellt  (vgl.  A.  L.  Jellinek  in  der  "Nation" 
27.  Oktoker  1900  S.  64);  daneben  R.  Bredenbrücker  mit  sei- 
nem "Dörcherpack"  (z.  B.  S.  129:  "Radliug"  Karren,  ''Bieb- 
rieh"  Kälte  usw.).  Ich  will  wenigstens  zwei  Beispiele  geben, 
damit  man  den  fremdartigen  Klang  dieser  Kunstsprache  beur- 
teilen kann: 

Wenzel  Scherffer  (1652): 

Lasset  das  Briefen  im  Schocherbett  bleiben, 
Wollet  der  Derrlinge  Jonen  nicht  treiben. 
Leget  den  Blankert  aus  mühsamer  Hand, 
Trefft  mit  Beschöchem  heut  einen  Anstand! 
(Weimb.  Jb.  1,  339:  "Briefen"  mit  Kartenspielen.     "Schocher- 
brett"  Wirtshaus.    "Derrling"  Würfel.    "Jonen"  spielen.    "Blan- 
kert" Kanne  aus  Zinn  "Beschöchem"  spielen). 
Hoffmann  v.  Fallersieben  (1854): 

Funkert  her!  hier  lasst  uns  hocken, 
Hol  der  Ganhart  das  Geschwenz! 
Auf  dem  Terick  ists  ja  trocken. 
Wie  am  Glatthart  in  der  Schrenz. 
(ebd.  341 :  "Funkert"  Feuer,   "hocken"  liegen.   "Ganhart"  Teu- 
fel. "Geschwenz"  umherlaufen.  "Terid"  Erdboden.    "Glatthart" 
Tisch.     "Schrenz"  Stube). 

Das  Rotwelsch  ist  das  Muster  einer  Mischsprache. 
Für  das  Italienische  zeigt  das  schlagend  K.  Sachs'  schon  er- 
wähntes Referat  über  Niceforos  "Gergo":  Metapheni  neben  Ar- 
chaismen, langue  juvanaise  neben  einfachem  Argot.  Gemisch- 
ter Herkunft  sind  schon  die  neuen  Worte:  hebräische  Lehii- 
worte  (J.  Grimm  a.  a.  0.  S.  165)  und  veraltete  Ausdrücke  un- 
serer eigenen  Sprache  (S.  168)  neben  jenen  Umschreibungen, 
die  freilich  besonders  charakteristisch  sind;  vereinzelt  begeg- 
nen auch   hier  Metaphern   wie  "Spitznase"  für  "Gerste"  (ebd. 


>» 


» 


7->  R.  M.  Mever, 

8.  165y.  '"Mit  diesen  poetischen  Würteni  (es  sind  fast  nur 
Nomina,  selten  Verba)  und  den  jüdischen  (hier  sind  auch 
manche  Verba,  selbst  Partikeln  im  Gang)  verbinden  nun  die 
Gauner  die  gewöhnlichen  deutschen  Auxiliaria,  Partikeln  und 
Flexionen,  kurz  alles  worauf  kein  Nachdruck  liegt,  drücken 
sie  in  der  Jedennann  verständlichen  Sprache  aus.  Eigentüm- 
liche Flexionen  benutzen  sie  nicht''  (ebd.  S.  166).  Wohl  aber 
haben  sie  eine  eigene  Wortbildung,  über  die  wieder  der  Alt- 
meister am  besten  «::ehandelt  hat:  *Es  gibt  gewisse  (doch  we- 
nige) an  sich  bedeutungslose  oder  bedeutungslos  gewordene 
Ableitungssilben,  namentlich  -ling,  -hart  (später  abgeschliffen  und 
tonlos  -ert),  -mann,  -hans  und  -rieh,  durch  deren  sonst  unge- 
wohnte Verbindung  mit  an  sich  deutlichen  Wurzeln  diese  für 
Nichtwissende  verdunkelt  werden.  Beispiele :  '"Schreiling 
(Kind),  "Rauschart"  (Floh),  "Feldmann"  (Pflug),  "Sauerhans 
(Zwiebel),  "Härtrieh"  (Messer)  (a.  a.  0.  S.  166).  Das  ist  im  Prin- 
zip nichts  anders  als  das  -ikos  und  -aten  der  Studentensprache, 
das  -at  und  -oche  des  französischen  Argol.  Dennoch  verläugnet 
sich  selbst  hier  nicht  die  realistische  Eigenart  des  Rotwelsch. 
Gewählt  werden  fast  nur  solche  Suffixe,  die  als  zweite  Namens- 
teile beliebt  sind:  -hart  (wie  in  Riehard),  mann  und  -bans  wie 
in  Kosenamen:  Karlmann,  oder  Necknamen:  Schmalhans,  -rieh 
wie  in  Dietrich;  nur  das  allerdings  besonders  häufige  -ling 
macht  eine  Ausnahme,  die  sich  jedenfalls  aus  Münznamen  wie 
Silberling  erklärt.  Was  bedeutet  aber  diese  Suffixwahl?  offen- 
bar eine  Neigung  zur  Personifikation,  zur  Vermenschlichung. 
Das  Ei  heisst  "Dickmann"  und  wird  also  einem  kleinen  rund- 
lichen Mann  verglichen,  wie  es  auch  im  Volksrätsel  als  unbe- 
hilflicbes  Männchen  vorkommt  (Wossidlo  Mecklenburgische 
Volksüberlieferungcn  1,  18  N.  20).  Die  Bohne  heisst  Lang- 
hans als  wäre  sie  ein  guter  Freund,  wie  wieder  ein  Volks- 
rätsel "Frau  Bohne"  (die  ja  schon  bei  Walther  v.  d.  Vogel- 
weide Lachm.  17,  25  vorkommt)  nach  Brandenburg,  von  Bran- 
denburg nach  Mühlenburg,  von  Mühlenburg  nach  Kanne  reisen 
lässt  (Wossidlo  S.  24  N.  30  vgl.  R.  Petsch  Neue  Beiträge  zur 
Kenntnis  d.  Volksrätsels  S.  70). 

Eine  aus  lebendiger  Anschauung  geschöpfte  Umnennung 
der  für  die  Spitzbuben  wichtigsten  Dinge  legt  sich  also  anf 
den  Knochenbau  und  die  Muskulatur  der  Sprache;  und  die 
künstliche  Rede  ist  doch  auch  in  ihren  neuen  Teilen  von  der 


Küustliche  Sprachen.  73 

gewöhnlicben  abhängig.  Grade  dadurch  hat  das  Rotwelsch 
typische  Bedentuug.  J.  Grimm  spricht  es  ans,  was  wir  für 
die  kUnstUchen  Sprachen  überhaupt  als  leitenden  Grundgedan* 
ken  zu  erhärten  suchen:  ''der  notwendige  Zusammenhang 
aller  Sprachen  mit  Überlieferung  zeigt  sich  auch 
hier,  kaum  ein  Wort  dieser  Gaunermundart  scheint 
leer  erfunden,  und  Menschen  eines  Gelichters,  das 
sich  sonst  kein  Gewissen  aus  Lügen  macht,  beschä- 
men manchen  Sprachphilosophen,  der  von  Erdich- 
tung einer  allgemeinen  Sprache  geträumt  hafCa-a-O. 
S.  165).  Auch  für  die  noch  unerklärten  Worte  lehnt  Grimm 
(S.  167)  die  Annahme,  dass  die  "'ersonnen''  sein  könnten,  ab. 
d)  Wiederholt  nahmen  wir  oben  schon  auf  die  Rätsel- 
spräche  Bezug,  über  die  R.  Petsch  (a.  a.  0.)  überaus  beleh- 
rend, wenn  auch  etwas  unübersichtlich,  gehandelt  hat  (S.  66f.). 
Was  er  (S.  73)  "Klangworte*  und  "Klangnamen"  nennt  sind 
fast  durchweg  Verstecknamen  von  der  anschaulich  kräftigen 
Art  der  rotwelschen  Appellativa.  ""Wiga  W^aga"  für  die  Wiege, 
Fickfack"  für  die  Egge  (S.  77)  erinnern  an  "Bimbam"  Schelle, 
Gigges  gagges"  albernes  Zeug  (HoflFmanu  v.  Fallersleben  S.  331 ;, 
Samsum"  die  Bassgeige ;  ""Trupptrapp"  die  Maus  mahnt  an 
Trappert"  das  Pferd  (ebd.  S.  332).  "Hitzgeber"  (Petsch  8.  51) 
heisst  der  Ofen  wie  rotwelsch  "Hitzcrt".  Daneben  die  Heiti 
der  Kinderstube:  "Stöters"  (Hörner),  "Sniecker"  (Mund),  '^Rü- 
ker"  (Nase  ebd.)  wie  "Beisserchen". 

Stärker  als  in  der  Gaunersprache  tritt  aber  in  der  Rätsel- 
sprache die  Metapher  auf:  "Krauskopp"  für  'Baum',  "Kahlkopj)" 
für  'Nuss'  (Petsch  S.  80).  Es  ist  ja  auch  vielmehr  «relehrtcr 
Pfeffer  beim  Gericht. 

Die  Rätselsprache  (vgl.  über  sie  Cseners  Rezension  von 
Wossidlos  Buch  DLZ.  21.  Dez.  1900  S.  3365)  ist  sozusagen 
ein  unschuldiges  Rotwelsch,  auf  momentanes  Verstecken  an- 
gelegt. Vereinzelt  begegnen  Verstecknameu  ja  von  der  Crzeit 
her;  ich  erinnere  nur  an  das  uralte,  auch  in  der  Odysseussage 
verwandte  Spiel  mit  den  Scheinnamen  "Niemand"  oder  dgl.; 
an  die  über  die  ganze  Welt  verbreiteten  Märchen  von  dem 
Gnomen  mit  dem  nicht  zu  erratenden  Namen  (reiche  Belege 
in  der  Zs.  d.  Ver.  f.  Volksk.  10,  254  f.;  vgl.  u.  zur  Namens- 
ertindung);  an  die  zum  Teil  uralten  "Weisheitsproben"  und 
"Halslösungsrätsel"  (Petsch  a.  a.  0.  13  f.);  an  Veximamen  bei 


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74 


R.   M.  Me; 


den  MinneBiDgern -.  "der  aehoene  glan?."'  bei  Hezbolt  von  Weis- 
aensee,  "Hildegunde"  bei  Walther  (a.  a.  0.  74,  19).  Eig^eu- 
namen  werden  auch  lieut  noch  gern  verräteelt,  bald  durch 
Umstelinng  und  Entstellung  iSintenia  a.a.  O.  S.  18),  bald  durch 
iiietaphoriscbe  Ersetzung  (ebd.  S.  üOf.),  am  liehBten  aber  durch 
Ühcreetzang  {ebd.i:  Gold&climidt  wird  "Anrifaber",  Eiben  nennt 
sich  "Taxus",  Volkmaiin  "Leander".  So  bilden  die  Psendo- 
nyme  in  ihrer  Gesamtheit  eine  Rätselspracbe  mit  vielen  Ent- 
lehnungen f'Oflsip  Schnbiik"  von  einer  Fi^r  bei  Turgenjew 
Sintenis  S.  :J2),  manchen  Metaphern,  zahlreichen  Übersetzungen 
und  willkttrlicben  Entstellungen. 

e)  Nehmen  bei  Überselzung  innerhalb  ein  und  derselben 
Sprache  die  Metaphern  einen  nocb  weiteren  Raum  ein,  so 
erhalten  wir  eine  künstliche  Sprache  vom  Charakter  der  Skal- 
denspraehe.  Diese  verglich  schon  J.  Grimm  (a.  a.  0.  S.  16Ö) 
mit  dem  Rotwelsch,  und  zwar  im  lobenden  Sinn;  aber  er  lobt 
sie  damit  zn  sehr.  Die  Skalden  mögen  bessere  Menschen  ge- 
wesen sein  als  die  Gauner  es  zumeist  sind;  bessere  Sprach- 
erfinder waren  sie  meht.  Zunächst  schadet  ihnen  schon  das, 
das»  sie  nicht,  wie  die  Erlinder  des  Rotwelsch,  von  der  Um- 
gangssprache ausgebn,  sondern  von  der  Diebtersprache,  die 
an  sich  eine  normalisierte  Sprache  ist  (vgl.  oben  I  2  c  t'- 
Deren  Eigenheil,  landtftufi^e  Worte  zu  meiden,  trieben  sie  nun 
auf  die  Spitze;  HeinzeUAuK.f.d.  A.  14, 44)  bemerkte  sehr  richtig, 
wie  gerade  die  nächstliegenden  Metaphern  vermieden  werden. 
Statt  desseu  verstricken  si«  sich  in  das  kunstvolle  Netz  ihrer 
"Kenningar"  (über  diejenigen  in  der  Edda  vgl.  meine  Altgerma- 
nische Poesie  S.  156  f.;,  die  an  sich  auch  wieder  nur  eine  allge- 
mein verbreitete  Erscheinung  sind,  bei  ihnen  aber  zu  einem 
notwendigen,  unentbehrlicbcn  Kennzeichen  der  poetischen  Rede 
werden  (vgl.  a.  a.  O,  S.  158).  Immer  künstlicher  bauen  die 
Skalden  ihren  poetischen  Jargon  aus;  t'Ur  Synonym  wird  Syn- 
onym gesetzt  und  gerade  die  Entfernung  von  der  natürlichen 
Rede  macht  zuletzt  den  Stolz  dieser  Dichter  aus.  —  Ähnlich 
wie  den  Skalden  ging  ee  den  Poeicn  anderer  Epochen,  wenn 
sie  sich  zu  gesucht  von  der  Alltagsrede  entfernten-,  den  Hoff- 
mannswaldau  oder  Lohenstein  etwa  (vgl.  Ettlinger  Hofmauns- 
waldau  S.  67  l'.J  oder  selbst  ihrem  Gegner  Zesen,  der  den  Um- 
schreibungen der  Spitz bnbensprache  ganz  nahe  kam  (meine 
Altgerm.  Poesie  S.  163).     In  bescheidenem  Masse    wird    dies 


Küjistlii-lie  Spi-iielii-n. 


76 


'taphorische  Übersetzen  von  der  gewöbniiehen  Sprache  weg 
auch  in  andern  uormalisierteii  Sprachen  mit  wesentlich  nega- 
tiTer  Wortwahl  jieUbt;  in  der  Sportsprache  etwa  (vgl.  o.  I 
2cßi,  wenn  die  Termini  des  Rudersports  anf  den  Reitspfirt 
übertragen  werden:  das  Pferd  wird  "gestenert",  nnd  ninge- 
kebrt:  das  Boot  "geht  als  Erster  durch  das  Ziel".  Oder  in 
iler  Ccremoniaispracbe  (vgl.  o.  I  2  c  a)  etwa  der  feier- 
lichen Kunstkenner,  die  bei  Kritik  einer  Symphonie  nnr  von 
Wärme  dt;8  Kolorits,  Verteüang  des  Lichtes,  von  dem  tiefen 
SehlagBchatten  der  Bässe,  vom  durehsiehtigen  Helldunkel  der 
MittelparticD,  von  gewagten  Konturen  des  Schlusssat/.es  spre- 
chen lind  wieder  ein  higloriscbes  Gemälde  wegen  der  logischen 
Anordnung,  der  schneidenden  Sprache,  der  polemischen  Tech- 
nik bei  einem  dennoch  harmonischen  Ansktingen  der  Skepsis 
loben  80  dnsa,  wie  G.  Keller  (Der  grüne  Heinrich  3, 1971  diese 
parod istischen  Zitate  beschtiesst,  "jede  Zunft  im  Habitus  der 
Hndem  einherzieben  zn  wollen  Bcheint." 

2)  Übersetzung  ans  einer  Sprache  in  die  andere. 
In  den  besprochenen  Fällen  von  Sprachmischung  war  immer 
eine  Sprache  entweder  ganz  allein  oder  doch  ganz  ilbcrwie- 
^nd  herrschend.  Freilich  nähern  sieb  die  Studenten-  und 
die  Gaunersprache  mit  ihrem  schweren  fremdsprachlichen  Bal- 
last schon  dem  Begriff  eigentlicher  .Miscbspracben;  aber 
das  Fremdwort  wurde  dann  doch  immer  der  heimischen  Art 
aogepasst,  wie  etwa  im  Rotwelsch  das  hehr,  hoaer  nach  Ana- 
logie der  vielen  Neologismen  auf  -hart  zn  "hosbart"  (Fleisch) 
umgestaltet  wird  (J.  Grimm  a.  a.  O.  S.  Ib6i.  Den  Charakter 
wirklicher  Sprachmischung  erhält  ein  Idiom  erst,  wenn  die 
fremden  Teile  so  zahlreich  nnd  so  unverarbeitet  vorliegen, 
dass  die  Verständliclikeit  lieeinträcbtigt  wird.  Die  .Melapher- 
nnd  Kenningspracben  tibersetzeu  nur  aus  der  deutschen  All- 
tagsrede in  volkstümlichere  oder  gesuchtere  Sprechweise  und 
I  haben  freilich  durchweg  schon  die  Neigung,  ihre  Eigenart 
darch  Aufnahme  wirklich  fremdsprachiger  Bestandteile  zu  ver- 
Btärkeu.  Dahin  gehört  schon  in  der  einfacheren  Dichtersprache 
die  Anwendung  mythologischer  Namen  wie  Apollo,  Luua,  Amor; 
in  der  Sportspracfae  die  fremder  Termini  wie  skiflf,  paceniaker, 
Btart;  selbst  in  der  Schrifteprauhc  allgemein  die  bei  uns  viel 
getadelte  Neigung  zu  entiiebrliclien  "gebildet"  klingenden  Fremd- 
"Worten. 


71  R.  M.  Me.ver, 

Im  GruDd  findet  Sprat^bmisc-hun^  statt,  "sobald  sicl 
haupt  Äwei  Individuen  mit  einander  uuterliaileti"  (Paul  Prin- 
zipien S,  ii37).  Ich  kennKeiühne  die  Phasen  der  Entwickeiung 
znr  vullauB  gebildeten  Miscbspraciie  um-  ganz,  kurz,  weil  diese 
Art  "kUnBtlicher  Spraeben"  unsere  Hauptfrage,  nach  den  Gren- 
zen der  Spracherfindung,  am  allerlock  ersten  berührt. 

a)  Für  noch  nicht  klar  ausgebildete  Begriffe  werden 
Fremdwörter  Übernommen,  so  dnes  gewissermasseu  weniger 
eine  Vermisebung  als  eine  Ergänzung  gtatttindet.  So  also  etwa 
hei  den  ersten  Berührungen  nwiseben  Germanen  und  antiker 
Hildung  und  Sprache  (vgl.  Kluge  in  Pauls  Grundriss  1,  ilOJ»  f. 
sowie  in  der  Vorrede  zum  Etymol.  Wb.),  zwischen  Germanen 
und  Slaven  (Kluge  hei  Paul  1,  320 1  oder  Finnen  (Thomseu 
Kinflues  des  Germanisehen  auf  die  tinni>ichen  Sprachen);  äta- 
dium  der  Aufnahme  von  Lehnworten.  Durch  die  massen- 
liafte  Aufnahme  fremder  Snfßse  und  Stumme  werden  die  ro- 
manisciion  Sprachen  von  vornherein  zu  Mischspracbei];  vgl. 
Caroline  Michaelis  Studien  zur  romanischen  Wortsehüpfung 
H.  97  f.  A.  Damiesteter  De  la  crealion  de  mots  nouveanx 
dan«  lu  langue  fran^aise  S.  169  f. 

h)  Xeben  den  vorhandenen  Ausdrucken  werden  fremd- 
ländische eingefübri:  Stadium  der  Fremdworterei.  So  also 
in  Deulttebland  zu  allen  Zeiten,  besonders  aber  im  17.  Jii.. 
Typus  der  berühmte  ärztliche  Ausspruch:  ''wenn  die  dolores 
iTst  cessiereu.  werden  auch  die  Schnicr/.en  aufhören",  oder 
Fntz  Beulei's  humoristische  Erklärung:  "die  grosse  Armut 
in  der  Stadt  kommt  von  der  grossen  Poverteh  her!"  (Litlera- 
tur  bei  Giluther  Anm.  34  S.  301  f.j. 

et  Die  Lchnwiirler  werden  ganz  verdaut  und  dem  Sprauli- 
eharakter  des  aufnehmenden  Volkes  angepasst;  die  Fremd- 
wörter bleiben  unverdaut,  wirken  aber  auf  die  Art  der  über- 
nehmenden Sprache  nur  ausnahmsweise  (wie  in  den  Infioitiveu 
auf  -iren  J.  Grimm  Kl.  Sehr.  1.  3ä:~)  f.  oder  den  Substantiven 
anf  -erei  i  massgebend  ein.  Tiefer  greift  das  scheinbar  weni- 
ger geßihrliche  Cbersetzen  fremder  Wortverbindungen 
ein.  Es  ist  uralt  miil  oft  ist  schwer  zu  uuterse beiden,  ob  etwa 
"Gefahr  laufen'  und  "cncourir  dangcr"  siamniverwandt  d,  li. 
der  gleichen  Metapher  entsprungen  sind  mier  im  Verhiltnis 
von  t>rtginal  und  Entlehnung  stelm  (lleinzel  Sti)  der  alt^rm. 
Poesie  S.   1  f.<.     Sehr    bald    fügt   dies   Entlehnen   von   Re- 


,      Küusilii'lii-  .Spriii^hen.  7T 

Idensarten   der   Sprache   emstliohen   Schaden    i.a.      Mmi   hc- 

I  ginnt  mit  Bcfaerzliaften  Barbarisnen,  wie  wenn  Felix  Mcniifls- 

eobn-BarthoIily   in  England    gefragt    wird:    "Haben   Sie  einen 

Kalten  gefangen"  ("have    jon    cauglit   a   cold?"');    Freiligratli 

nnd  Rodenbei-g  haben  längere  Zeit  mit  einander  schcr/.linl't  in 

<)iesem  Jargon  korrespondiert  fflr  den  gonst  besondere  die  dciit- 

I  sehen  Ansiedler  in  Anierika  berllelitigt  sind.     Alliiiähliclr  fuhrt 

■die»  NaHiMiachcn  von  Verbindungen,  die  die  deulnehe  Spraehi' 

I-  eigcntlieh   nieht   zulasRt,    zn   einer   völligen  Entl'renidnng   vom 

I  ßpracbgefilhl,    wohin  das   unschöne   Häufen    der  Fremd  Wörter 

\  iM)ch  nicht  zu  fuhren  braucht. 

Lustige  Beispiele   der  Hprachmisehnng,    die   aus  -«olclier 

I  ■wörtlicher  Wiedergabe   einzelnor  Worte   und  Redensarten  cnt- 

1  steht,    gibt   das  Bnch  von  Sehaihle  Englische  Sprachechnitzer 

Lim  Deutschen  (Strassburg ''   IS86:  der  Verf.  nennt  sieb  im  8til 

Iseinee  Buches   mit    einem    sebottisch    klingenden    Anai,'i'anira 

E'O'Carns  Hiebslac).     "Fflrst  der  Unterwelt"  wird  "King  of  tlie 

Netiierlands"  i8.  3ö).    "I  like  soft  huiled  eyes"  wird  (Ibersetzt 

"egge",  und  umgekehrt:  "die  Eier"  —  S.  103;  ein  hflb- 

leher   Beleg    Vossische  Zeitung  7.  Dez.  1900  Abendblatt  — 

pdie  Eier  dieses  MädehenR  sind  träummsch"  (S.  69).    Andere 

HTendungen:  "Ich  kaufte  mir  einen  Trnnk  (a  trnnk]  beim  Satt- 

fet"  (S.  .06).     "Das  Baby   ist  sehr  »rreng  für  sein  Alter  "very 

BtroDg"  'S.  65).  Beispiele  solcher  internationalen  Missverständ- 

nisBC  auch  hei  Wundt  Völkerpsychologie   l,3t<7Anm.;  ans  der 

modernen  Zeitnngssprache   bei  C.  Abel  Nation   17.  Nov.   1900 

Al>endblatt  aus  McKinleys  Botsohalt;  vgl.  auch  Dunger  Gegen 

die  Engländerei  S.  14  f.  —   Ebenso  wie  eine  engliacb-deuteche 

gilit   es   eine    französisch-deutsche   Mischsprache,    nämlich    im 

~  reiche  Belege  gibt  Schuehardt  (Romanisches  und  Kel- 

Ifischea,  Strassburg  \Sm  S.  2Ö9  f.).  Da  heisst  der  Storch  "chtork", 

~  e  Sdinake  "chnftque"  iS.  273}.     Oder  der  elsässisehe  Deutsch- 

^Iniiizose  fragt  "Est  ce  (jue  ceia  voiir  goftle'r'"  "Schmeckt  Ihnen 

Ä?  ond  ruft  "Pas  si  beaucoup!"  "Nicht  so  vieil" 

Aber  in  der  Zeit,  da  die  Morgenröte  unserer  klassisilien 
Dichtung  aufging,  schrieb  ein  Poet  wie  Lenz  noch  ganz  ernst- 
haft: "Hüten  Sie  sich,  sich  so  einen  L&cherlicfaen  zu  geben" 
("se  donner  nn  ridicule",  Lenz  Werke  1,  :?36),  Und  jeder  Zeit 
L Inu  eine  Sprachmischung  zwischen  der  Sprache  der  Gebildeten 
md  der  des  Volks  existiert   ein  "Missingsch",    dem   besonders 


78  K.  M.  Meyer, 

die  Fremdwörter  als  Spielball  dienen  müssen  (vgl.  dazu  Wandt 
Völkerpsychologie  1,  377).  Hier  also  liegt  wirklich  eine  Misch- 
spräche  vor,  in  jener  konventionellen  Vnlgarsprache  des  Thea- 
ters (s.  0.  I  2  t)  nur  scheinbar. 

d)  Aber  dem  natürlichen  Sprachgefühl  ist  auch  die  prin- 
zipielle Rückdeutschung  gefährlich.  Der  Purismus  besei- 
tigt leicht  Fremd-  und  Lehnwörter,  die  in  den  Organismiw 
der  Sprache  eingewachsen  sind  und  schädigt  durch  massenhaße 
Übersetzung  einzelner  Worte  so  gut  wie  der  Auswanderer  am 
Mississippi  durch  vereinzelte  Aufnahme  fremder  WendungciL 
J.  Grimm  selbst  hat  geklagt,  wie  die  Pedanten,  statt  den  Om- 
nibus durch  einen  ""Allen"  zu  ersetzen,  mit  einem  "Allheits- 
wagen" angefahren  kommen;  aber  wenn  mit  pedantisch  ge- 
nauer Wiedergabe  etwa  (um  modemer  Sünden  zu  geschweigen) 
'^distrait"  mit  ""zerstreut"  übersetzt  wurde,  so  mochte  Lessii^ 
mit  gutem  Grund  einwerfen:  ""Ich  glaube  schwerlich,  dass  un- 
sere Grossväter  das  Wort  verstanden  hätten";  noch  Schlegel 
übersetzte  "distrait"  durch  "Träumer"  (Kluge  Etymol.  Wb. 
S.  416),  ""Träumer"  gibt  den  Sinn  wieder,  "zerstreut"  die  fran- 
zösische Anschauung.  Wir  haben  uns  nun  an  "zerstreut"  ge- 
wöhnt und  sind  weitergegangen;  zu  dem  Partizip  haben  wir 
das  ganze  Verb  gebildet:  ""Ich  will  mich  zerstreuen".  Wer 
kann  das  ohne  Entsetzen  hören,  wenn  man  es  anschaulich  auf- 
nimmt? Aber  uns  hat  das  übersetzte  Fremdwort  eben  ein  Stück 
Anschauung  zerstört.  Wie  viel  besser  hätte  man  da  noch  den 
fremden  Klang  beibehalten  und  mit  gutdeutscher  Meisterschaft 
(Wackernagel  Die  ümdeutschung  fremder  Wörter  Kl.  Sehr.  3, 
2n2  f.)  allmählich  dem  Sprachganzen  einverleibt! 

e)  Durch  Zerstörung  der  inneren  Sprachform  mitteis 
solcher  Übertragungen  (vgl.  Paul  a.  a.  0.  S.  339)  und  des 
Kolorits  der  Sprache  durcli  zu  viel  unverarbeitete  Fremdwörter 
wird  schliesslich  der  Organismus  der  Sprache  aufgelöst  und 
nun,  indem  sich  die  aufgelöste  Sprache  mit  einer  zweiten  gleich 
gelockerten  zusammenfindet,  entsteht  die  wirkliche  Miscb- 
sprache;  wofür  ich  nochmals  auf  Paul  (S.  337  f.,  mit  Littera- 
tur)  sowie  auf  Windisch  Zur  Theorie  der  Mischsprachen  und 
Lehnwörter  fSächs.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  phil.-hist.  Kl.  97 
II j  und  Wundt  Völkerpsychologie  1,  382  f.,  und  auf  den  populä- 
ren Vortrag  von  M.  Grünbaum  Mischsprachen  und  Sprachmischun- 
gen (Virchow-Holtzendorffß  Vorträge  1886)  verweise.  Als  Beispiel 


Künstliche  Sprachen.  79 

sei  etwa  das  humoristisch  gemeinte  Deutschfranzösisch  Riccaut 
de  la  Marliniferes  oder  des  sogen.  Deutschfranzosen  Jean  Tou- 
cement  (Goedeke  Grundriss*  IV,  1,  24)  angeführt. 

f)  Über  die  Grenzen  der  menschlichen  Sprache  geht  die 
Mischung  von  Tier-  und  Menschenrede  hinaus.  Zwar 
die  Anreden  an  Pferde,  Hunde,  Katzen,  die  ''Hü!"  und  "HottT 
usw.  sind  erst  Kompromissprachen  vom  Typus  der  Ammen- 
sprache, bei  denen  der  geistig  höher  Stehende  sich  in  die 
Redeweise  des  niedriger  Stehenden  zu  setzen  bemüht.  Auch 
wenn  umgekehrt  Tiere  mit  eingelernten  Stücken  menschlicher 
Rede  uns  entgegCDkommen  (vgl.  v.  d.  Gabelentz  a.  a.  0.  S.  294), 
macht  dies  kümmerliche  Einsprengen  von  Worten  und  Sätz- 
chen, das  ihre  eigene  "Sprache"  völlig  unberührt  lässt,  eine 
eigentliche  Mischsprache  noch  nicht  aus.  Anders,  wenn  Ari- 
stophanes  mit  berechneter  Kunst  Tier-  und  Menschenstimmen 
einander  annähert.  Freie  Erfindung  liegt  hier  allenfalls  in 
dem  Gedanken  der  Mischung  selbst  —  aber  stammt  der  nicht 
auch  aus  Märchen  und  Kindergebrauch,  aus  der  Notwendigkeit 
jener  Kompromissprachen  zwischen  den  Menschen  und  seinen 
Haustieren  ? 

Lustig  denkt  sich  Robert  Hamerling  (Homunculus  S.  253) 
"^eine  allgemeine  Sprache,  ein  vereinfacht  Volapük"  aus,  das 
für  Menschen  und  Tiere  passen  soll : 

eine  Sprache 

Angepasst  den  Stimmorganen 

Auch  der  Tiere:  ganz  aus  Lauten 

Der  Natur  gebildet,  Tönen 

Und  Geräuschen  in  verschiedner 

Stärke,  wechselnder  Betonung, 

Abgestuft  in  Höhe,  Tiefe, 

Und  begleitet  von  Geberden, 

Deutungsvoll  dem  Sinn  vermittelt. 
Das  wäre  dann  ireilich  das  Ideal  von  Kunst  und  Natur- 
sprache zugleich  und  eine  "allgemeine  Sprache",  neben  der 
das  Volapük  und  alle  Weltsprachen  zu  Winkeldialekten  herab- 
sinken müssten!  (Eine  ähnliche  Phantasie  bei  Schubart  Das 
Paradies  der  Kunst  S.  121.  123).  — 

Wir  kommen  nun  erst  zu  den  im  engem  Sinn  so  ge- 
nannten "künstlichen  Sprachen":  Sprachen,  die  im  Drang  des 
Augenblicks  oder  auch  in  berechneter  langsamer  Herstellung 


80  R.  M.  Meyer, 

wirklich  an  die  Stelle  der  gewöhnlichen  Rede  treten  und  mit 
dieser  gar  keine  Gemeinschaft  mehr  zu  haben  scheinen.  Zwar 
gilt  dies  letztere  von  der  bekanntesten,  zuerst  zu  besprechen- 
den Klasse  künstlicher  Sprachen  am  wenigsten. 

IV.  Künstliche  Sprachen  entstehen  durch  be- 
rechnete Kombination  und  Kontamination  mehrerer 
Einzelsprachen. 

liier  liegt  also  eine  künstliche  Herstellung  von 
Mischsprachen  vor;  und  in  der  That  sind  solche  Erfindun- 
gen fast  immer  aus  Kreisen  hervorgegangen,  denen  die  Misch- 
sprache irgendwie  schon  nahe  lag.  Schleyer,  der  Erfinder  der 
bekanntesten  hierhergehörigen  Sprache,  des  Volapflks,  ist  als 
katholischer  Geistlicher  an  das  Durchweben  deutscher  Rede 
mit  den  lateinischen  Sätzen  und  Worten  gewöhnt,  dazu  noch 
in  Konstanz  auf  einem  Grenzgebiet  wenn  nicht  der  Sprachen 
so  docli  der  Dialekte  ansässig.  Und  dass  diese  Kunstsprachen 
überhaupt  jetzt  plötzlich  wieder  Mode  werden,  hängt  nicht 
nur  mit  dem  Geschmack  unserer  Zeit  an  Kombinationen  aller 
Art  zusammen,  der  Stillosigkeit  in  der  Architektur,  Knust- 
weine und  Tragikomödien  begünstigt;  sondern  es  hat  auch 
in  den  kosmopolitischen  Tendenzen  unserer  Zeit  einen  Boden, 
in  den  Richtungen  auf  internationalen  Vereinigungen  und  Ver- 
träge, Meterkonferenzen,  Massbenennungen  (Watt,  Ohm,  Am- 
pfere)  und  vor  allem  auf  den  gemeinsamen  Besitz  einer  Ter- 
minologie des  Verkehrs. 

Eine  ungetahre  Übersicht  der  hierher  zu  rechnenden  Be- 
strebungen gibt  Hans  Moser  in  seinem  '^Grnndriss  einer  Ge- 
schichte der  Wcltspraclie"  (1888,  in  dem  grossen  Blütenjabre 
der  Weltspraclicnbewegung),  wo  allerdings  lange  nicht  alle 
Versuche  erwähnt  und  <lie  älteren  nur  ganz  flüchtig  genannt 
sind.  Mit  der  Frage,  wie  weit  eine  Weltsprache  überhaupt 
Aussicht  auf  Verwirklichung  habe,  darf  ich  mich  hier  nicht 
befassen;  meine  negative  Antwort  hab  ich  schon  vor  10  Jah- 
ren (Sonntagsbeilage  der  "Vossischen  Zeitung"  27.  Juni  1886)  zu 
begründen  versucht.  Ich  stelle  hier  imr  zur  allgemeinen  Orien- 
tierung eine  Anzahl  charakteristischer  Urteile  kurz  zusammen. 

1766.  .loh.  Gottfr.  Herder  tJber  die  neuere  Deutsche 
Litteratur.  Erste  Sammlung  von  Fragmenten  (in  Suphans 
Ausg.  1,  191):  "Betrachtet  eine  Philosophische  Sprache!  Wäre 


21 


Küiislliclio  S(.rach.!ii.  8t 

Bie  Ton  einem  Pbilosopben  erdacht,  so  hübe  sie  alle  Inverftio- 
nen  auf.  Käme  eine  allgemeine  Sprache  zn  f^tande,  so  wire 
hei  ihren  Zeichen  notwendig  jeder  Platv.  und  jede  Ordnung  so 
liestiiumt.  als  in  unserer  Dekaditt  .  .  .  Nun  stellet  eat^h  zwei 
siuiiliebe  OcBchöpfe  vor,  ilavdn  der  eine  spricht  der  andere 
höret  ...  Je  mehr  sich  die  Aufmerksamkeit,  die  EnipfindODg, 
der  Affekt  auf  einen  Augenpunkt  heftet:  je  mehr  will  er  dem 
andern  auch  eben  diese  Seite  zeigen,  am  ersten  zeigen,  im 
bellestcn  Liebte  /.eigen  —  und  dies  ist  der  Ureprnug  der  In- 
versionen. Ein  Beispiel:  Fleuch  die  Schlange,  ruft  mir  Jemand 
der  mein  Fliehen  zu  seinem  Hauptaugenmerk  hat,  weno 
.  ich  nicht  äiehen  wollte. —  Die  Schlange  flench!  ruft  ein  an- 
■derer,  der  nichts  geschwinder  will,  als  mir  die  Schlange  ze- 
igen: tiielien  werde  ich  von  selbst,  so  iiald  ich  vun  ihr  hdre". 
1822.  J.  Grimm  a.  a.  0.  (tlher  GrolniainiR  Spit/Jmlwn- 
eprachen,  Kl.  Sehr.  4,  165:  die  tiauner  "heBchftmcn  manchen 
Sprachphitosophen,  der  von  Erdiehlnug  einer  allgemeinen  Sprache 
geträumt  hat." 

1837.  Tb.  Hundt  Die  Kunst  der  deut-aehen  Prosa  iS.  13  f.): 
"Eine  allgemeine  Vülker-Assoziation,  wenn  sie  wirklich  histo- 
riscbes  Ziel  ist.  wird  dennoch  die  Volkssprachen  nicht  ver- 
wischen. Noch  weniger  wird  sie  «her  die  allgemeine  Sprache 
herstellen,  die  eine  Zeitlang  ebenfalls  als  höchstes  Ziel  und 
Ideal  des  Viilkerverkehrs  angesehen  ward  .  .  .  Mit  der  all- 
gemeinen Weltsprache  würde  man  bei  seinem  nächsten  Wand- 
naehbar  kein  Stlick  lirot  fordern  klhmen,  und  wenn  man  noch 
weit  mehr  damit  zu  erreichen  verniöchte,  so  würde  es  immer 
unnütz  und  wirkungslos  sein.  Denn  da  die  einzelneu  (iedan- 
kenverbindungen  ebenso  sehr  etwas  Individuelles  und  Natio- 
nales sind,  als  die  Sprache,  so  würde  mindestens  jede  Volka- 
iudividnalität  ein  anderes  nuanciertes  System  der  Pasigraphie 
haben,  mithin  diese  widersinnig  und  nmiiitig  sein,  da  sie  die 
volkstündichen  Trennungen  doch  nicht  /.n  flhei'winden  ver- 
möchte. Das  Problem  einer  allgemeinen  Sprache  bewies  bei 
k seiner  Ausflibrnng  immer  die  notwendige  IndividnaHlüt  der 
Sprache.  Der  Franzose  wird  daher  fortfahren,  franztisisch  zn 
BChreiben,  der  Engländer  englisch,  der  Deutsche  deutsch." 
185S.  Ernest  Renan  De  l'origine  du  langage  (S.  95): 
"On  ne  pent  admettre  dans  le  developpement  des  langues  an- 
enne  r^volntion  artificielle  et  scieninient  ex^cutee  ,  .  ,  C'est 
TadtHCenoulMibe  PoractiuiiKeD  XII  1  a.  >.  (i 


82  R.  M.  Meyer, 

pour  cela  que  le  peuple  est  le  veritable  artiBan  des  langues, 
paree  qu'il  represente  Ic  mieux  les  forces  spontanees  de  Tbn- 
manite.  Les  individus  n'y  sont  pas  eompi^tents,  quelque  soit 
leur  g^nie;  la  langue  scientifique  de  Leibniz  ent  probablemeot 
et^,  comme  moyen  de  transmission  de  la  pensäe,  moins  com- 
mode  et  plus  barbare  que  Tlroquois." 

1878.     Friedrich    Nietzsche   ''Meuschliches    Allzumenscli- 

liches"  N.  267  [Werke  2,  250]  erklärt  das  Sprachenlemen  für 

••  •• 

ein  notwendiges  Übel;  '^welches  aber,  zuletzt,  zum  Aussersten 
kommend,  die  Menschheit  zwingen  wird,  ein  Heilmittel  zu 
finden:  und  in  irgend  einer  Cemen  Zukunft  wird  es  eine  neue 
Sprache,  zuerst  als  Handelssprache,  dann  als  Sprache  des 
geistigen  Verkehrs  überhaupt,  für  Alle  geben,  so  gewiss  als  es 
einmal  Luft- Schifffahrt  gibt.  Wozu  hätte  auch  die  Sprach- 
wissenschaft ein  Jahrhundert  lang  die  Gesetze  der  Sprachen 
studiert  und  das  Notwendige,  Wertvolle,  Gelungene  an  jeder 
einzelnen  Sprache  abgeschätzt?" 

188«.  Hugo  Schuehardt  Auf  Anlass  des  Volapttks  (S.  33): 
''Eine  Weltsprache  liegt  durchaus  in  der  Richtung  unserer 
praktischen  Bedürfnisse;  sie  ei*scheiut  als  die  Ergänzung,  als 
die  Krönung  unserer  internationalen  Einrichtungen.  Aber  eine 
Weltsprache  ist  auch  —  weit  entfernt  den  Spott  der  Gelehrten 
zu  verdienen  —  ein  wissenschaftliches  Desiderat." 

1891.  Gustav  Meyer  Weltsprache  und  Weltsprachen  (in 
"Essays  und  Studien",  2.  Bd.,  1893  S.  37):  "Die  Sprache  ist 
kein  selbständiger  Organismus,  der  nur  seinen  eigenen,  ihm 
innewohnenden  Entwicklungsgesetzen  folgt,  sondern  sie  ist  an 
die  vielen  Millionen  von  Individuen  gebunden,  welche  auf  der 
Erde  leben.  Mit  der  Entwicklung  dieser  ist  die  Entwicklung 
der  Einzelsprachen  und  ihre  Einwirkung  aufeinander  unlöslich 
verbunden  .  .  .  Eine  solche,  die  ganze  Sprachentwickelung 
abschliessende  Allsprache  ist  eine  Träumerei,  und  ich  mag  die 
Lust  an  Träumereien  Niemandem  verkümmern;  sie  ist  eine 
Utopie,  wie  Bellamys  Gemälde  von  der  zukünftigen  gesell- 
schaftlichen Erhaltung  der  menschlichen  Verhältnisse*'  (Ebd. 
S.  43):  "Man  darf  sich  keinen  Illusionen  darüber  hingeben, 
dass  der  überwiegend  grösste  Teil  aller  Bewohner  unseres 
Erdballs  an  der  Schöpfung  einer  Weltsprache  nicht  das  min- 
deste Interesse  hat.  Ich  meine  damit  nicht  bloss  die  vielen 
Millionen  der  Naturvölker,  sondern  beispielsweise  unsere  stei- 


Künstliche  Sprachen.  83 

riscben  oder  oberschlesischen  Bauern,  an  denen  für  lange  Zeit 
noch  ganz  andere  Kulturarbeit  zu  tbun  ist,  bevor  man  sie  mit 
den  Segnungen  eines  Volapük  beglückt.  Wer  sieb  nicht  am 
Weltverkehr  beteiligt,  hat  von  vornherein  mit  einer  Weltsprache 
nichts  zu  schaffen.'' 

1899.  Emest  Naville  spricht  sicli  (nach  dem  Referat 
von  R.  Galle  in  der  "Kritik"  15.  Juli  1899)  für  eine  interna- 
tionale Sprache  neben  den  Nationalsprachen  aus. 

Diese  acht  Kritiker  aus  fast  100  Jahren  stellen,  wie 
mir  scheint,  eine  nicht  uninteressante  Kurve  in  der  Beurteilung 
der  Idee  einer  Weltsprache  dar.  Herder  hält  die  Weltsprache 
nicht  für  unmöglich  —  was  hätte  sein  Zeitalter  der  Vernunft 
nicht  zugetraut!  —  aber  sie  ist  ihm  unsympathisch,  weil  sie 
die  Individualität  des  Ausdrucks  zerstören  müsste,  weil  sie  die 
Mitteilung  zu  abstrakt  von  dem  Einzelfall  loslöst.  J.  Grimm 
sieht  —  wie  G.  Meyer  —  die  allgemeine  Sprache  als  eine 
Träumerei  an,  weil  nur  aus  dem  wirklichen  Leben  kräftiges 
Sprachleben  erwachsen  kann.  Th.  Mundt  betont,  wie  un- 
praktisch solche  Weltsprache  sein  müsste,  und  Renan  drückt 
das  noch  kräftiger  aus  und  motiviert  es  wie  J.  Grimm. 
Aber  Nietzsche,  Schuchardt  und  Naville  stellen  sich  mit 
Entschiedenheit  auf  die  Seite  der  internationalen  Sprache. 
Schuchardt  sieht  sie  als  Gipfel  der  immer  zusammenfassen - 
deren  Bemühungen  wissenschaftlicher  Art  an  —  gerade  wie 
Diels  (s.  u.)  die  Weltsprache  als  den  Höhepunkt  wissen- 
schaftlicher "Integration"  auffast  — ,  Naville  als  Vollendung 
der  internationalen  Bestrebungen,  Nietzsche  fasst  beides  zu- 
sammen. Ebenso  meinte  schon  Hebbel  C'Cber  den  Styl  des 
Dramas"  Werke  10,  98),  dass  von  einem  bestimmten  Gesichts- 
punkt aus  "der  Gedanke  an  eine  üniversalsprache,  ^cgen  die 
sich  die  verschiedenen  Nationalsprachen  wie  ebenso  viele  ihr 
vorhergegangenen  Exerzitien  verhielten,  wenigstens  nicht  un- 
vernünftig und  willkürlich  erscheint".  Im  Gegenteil!  Dieser 
so  gefasste  Gedanke  ist  eigentlich  die  notwendige  Konse- 
quenz der  Lehre  W.  v.  Humboldts  von  der  allgemeinen  "Ent- 
wickelung  der  Sprachidee".  Wenn  nach  Hegel  die  Geschichte 
den  Fortschritt  im  Bewusstsein  der  Freiheit  zeigt  —  warum 
sollte  dann  auf  der  höchsten  Stufe  der  Sprachentwickelung 
nicht  bewusste  Sprachbildung  die  unbewusste  Arbeit  der  Mil- 
lionen   ersetzen   können?   —    Cnd  wenn   die  Idee   der  Welt- 


8i 


R.  M.  Mever, 


Sprache  hent  wieder  so  viel  Anhänger  zählt,  hingt  Sa»  eben 
damit  za»aminen,  Attas  anch  die  VorstcllaDg  einer  allgemeiDen 
progressiven  8prache»twickelnng  wieder  erneut  ist.  am  ent- 
schiedensten von  ßsndonin  de  Court enny  vom  phonetischen 
nnd  von  0.  Jesperseu  (Proftress  in  language,  London  1894; 
Hanptsatz  S.  127)  vom  »yn taktischen  !itandpnnkt  aus.  Und 
wenn  Gustav  Meyer  seinem  Freund  Schuchardt  widerspricht, 
90  thut  er  es  dennoch  aus  einem  Grand,  der  W.  v.  Humboldt 
oud  J.  Griuim  gewiss,  und  wahrscheinlich  auch  Herder  und 
Mondt  sehr  wenig  zagesagt  hatte:  weil  die  .Sprache  kein 
Organismus  sei  nnd  die  Gesauitarbeit  von  Millionen  sich  Dicht 
so  einfach  "integrieren"'  lasse.  —  Herder  nnd  J,  Griuini  sind  an» 
ästhetischen,  Mundt  und  Renan  aus  praktischen  OrUndeo  der 
Weltsprache  abgeneigt;  Nietzsche,  Schuchardt  und  Naville  lassen 
sieh  hierauf  nicht  ein  (Navillee  Aufsatz  kenne  ich  zwar  nur 
BUS  jenem  kurzen  Referat),  weil  die  Überzeugung  von  der 
iiotwondigen  Annäherung  der  internationalen  Sprache  ihnen 
genügt,  und  G,  Meyer  bestreitet  nur  noch  diese  Notwendigkeit, 
da  die  mannigfachen  Richtungen  nnd  Interei^en  der  redenden 
Menschheit  nicht  auf  Ein  Ziel  weihten.  Mit  andern  Worten: 
die  Frage  der  Weltsprache  ist  aus  einer  ästhetischen  und  prak- 
tischen eine  wissensehaftlif-hc,  empirische  geworden :  allerdings 
erst  in  den  Anfängen.  Das  so  ungemein  lockende  und  wich- 
tige Problem,  ob  in  der  Entwickelung  der  neueren  LSprachcn 
sich  eine  eiDhcitlicbe  Tendenz  verrät,  ist  kanm  noch  angefasst 
worden:  etwa  nach  der  lautpliysiologisclien  Seite  von  J.  Ban- 
douin  de  Courteuay  in  seinem  Vortrag  "Vermenscblichnng  der 
Sprache^  (1893),  in  flexivischer  Hinsicht  durch  die  häufigen 
Hinweise  auf  Ersatz  der  Flexion  durch  Umschreibung,  Ab- 
schleifen der  Endungen  n.  dgl.,  inhaltlich  durch  die  Hetonttng 
zanehmender  Spezialisierung  im  .Ausdruck  usw. 

Von  solchen  Erwägungen  aus  ist  man  auch  dazu  gekom- 
men, eine  einzelne  natürliche  Sprache  als  Weltsprache  der 
Zakunft  zu  proklamieren.  K.  Borin^ki  (Gruudztlge  des  Systems 
der  artikulierten  Phonetik  S.  31)  meint:  "Eine  im  tiefsten 
GniDdeJgcneralisierende  Sprache  wie  die  englische  kann  uns 
bereits  einen  Vorgeschmack  geben,  woran  die  Sprachen  oder 
die  Sprache  'der  Zukunft  —  seien  sie  noch  »o  konservativ, 
wie  z.  B.  die  aiiscrc  .  .  .  einmal  anlangen  müssen"  (1891). 
Xeuerdiugs    bat  Diels  in  einer  Akadcniierede  (Silznngsber.  d. 


Künstlicln:  Sjiraclieu.  Bb 

^\.  Preoss.  Akftd.  d.  Wiss.  1899,    XXXIl;    Referat    in    der 
VossiBclien  ZeitUDg"  ilO.  Juni  1899  Morgenblatt)  ebenfatb  aus- 
■sprodien,  daes  da»  Eagliscbe  durch  seine  Struktur  geradezu 
r  Weltspraulie  vorausbe'attmmt  sei.    Das  behauptete  Hehoii 
Uociimanu    in    seiner   (anonymen)  Sehrift   '"Über   die   Spracijo" 
[TfHeidelberg  IftSft),  der  freilich  iioeh  das  Franzöaisehe  daneben 
stellte  (S.  200f.  212  1'.  3;J8).     Doch  fügt  Diels  auch  den  Hin- 
weis auf  die  vielen  Millionen  bei,  die  englisch  sprechen.  Nennt 
er  noch  als  —  Überwundenen  —  Milbewerher  des  Englisclien 
Ladas  Franzfteisclie,    fUr  das   dagegen  Bebnchardt  (Romanisches 
■knd  Keltisches  S.  ^02  f.)  eintritt,    so  hält  0.  Meyer  (a.  a.  0. 
■  Ä  40)  das  Russische,    Brnnnhofer  (Knlturwandel  und  Vülker- 
verkebr  1891,    naeb  dem  Referat   von  G.  SteinhauseD  in  den 
Jahresber.  f.  n.  d.  Lit.-rsesch.  III:  124:  27)  das  Deutsche  dafür. 
_  Ein  reformiertes  "Weltdeutscb"   ohne  Artikel   wollte  auch  der 
WDrientalist  Martin  Schnltite  zur  Weltsprache  machen  (Vossisclie 
HKeitang  14.  Sept.  1899  Morgens).     Zu  (lenken  gibt  es  immer- 
*^bir,  (lass  Über  die  Aussiebten  des  Kugliseben  anf  eine  spraeb- 
licbe  Weltherrschaft  alle  einig  sind.     Eiue  Statistik  tiber  den 
"Kampf  der  Kulturspraelien",  allerdings  von  einem  Engländer, 
p-ijewis  Camac,  aufgenommen,  zeigt  das  allmähliche  Ansteigen 
ler  jetzt  regierenden  Sprachen : 

sprachen  Millionen  Menschen 
deutsch     russisch     fritnz.     ital.     span. 


I  Ende 


engl. 


15. 

Jabrh. 

4 

10 

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Jtj. 

^ 

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10 

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17. 

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10 

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20 

30 

31 

19. 

P 

116 

80 

85 

*'/. 


14 


9'/, 


54 


44 


Umacliau  5.  Aug.  1899  S.  032.     Mir   scheinen   freilich   diese 

lahlen  recht  zweifelhaft  und  besondei's  das  riesige  Anwachsen 

[  Italienischen  unerklärlich).    Bei  gleicher  Progression  wür- 

D   uacli   demselben    Gewährsmann    sprechen   am    Ende   des 

.  Jahrb.: 

engl.       deutsch       russisch       frauiE.       ital.       span. 
Millionen     640  210  233  87  77  74 

Damit  wäre  denn    freilich  die  Weltherrschaft  des  Eng- 
tcben  so  sicher  wie  das  Herabsinken  der  romanischen  Spra- 
zn  "Weltwinkelidiomen";    obwohl  man  sich  immer  noch 


86  R.  M.  Meyer, 

vorstellen  könnte,  dass  das  Englische,  wie  das  Latein  im  Rö- 
merreich,  den  Provinzialsspraelien  freien  Raum  Hesse.  Mir 
scheinen  solche  Prophezeiungen  so  gewagt  wie  etwa  die  Max 
Mdllers,  dass  in  Zukunft  Christentum,  Mohamedanismus  oder 
Buddhismus  Weltreligion  sein  werde.  Mir  kommt  es  vor,  als 
läge  das  Ideal  ""Ein  Hirt  und  Eine  Heerde"  eher  hinter  uns 
als  vor  uns. 

Jedenfalls  liegt  auch  in  der  Meinung,  eine  "natttrliche" 
Sprache  wie  das  Englische,  oder  doch  eine  nur  halbkünstliche 
wie  das  Neulatein  (für  das  Diels  a.  a.  0.  S.  22  unsicher,  N. 
Sturmhoefel  Neulatein  als  Weltsprache  1884  sehr  energisch 
eintritt)  werde  internationale  Verkehrssprache  werden,  eine 
Abwendung  von  der  alten  Idee  der  künstlich  ersonnenen  Ge- 
meinsprachen. 

Diese  selbst  kommen  nun  scheinbar  dann  für  unser  Thema 
gar  nicht  in  Betracht,  wenn  sie  aus  wirklichen  Sprachen  kom- 
biniert sind;  denn  von  reiner  Spracherfindung  kann  ja  dann 
nicht  die  Rede  sein,  die  Tradition,  deren  Wesen  J.  Grimm 
(a.  a.  0.)  als  von  dem  der  Sprache  untrennbar  erklärte,  hat 
ja  ihr  Recht.  Dennoch  ist  eine  kurze  Durchsicht  einiger  sol- 
cher Typen  nötig;  denn  wir  müssen  feststellen,  wie  weit  der 
Gesichtspunkt  der  Sprachvermischung  selbst  ein  ganz  willkür- 
licher ist.  Zur  allgemeinen  Charakteristik  schicke  ich  die 
Worte  von  Diels  (a.  a.  0.  S.  21)  voraus.  "Alle  diese  Kunst- 
produkte erinnern  etwas  an  den  Faustsclieu  Homunculus.  Denn 
auch  die  Sprachen  sind  Organismen,  die  sich  nicht  in  der 
Retorte  brauen  lassen." 

1)  Das  Volapük  wurde  1885  von  Joh.  Martin  Schleyer, 
Pfarrer  zu  Litzelstetten  bei  Konstanz,  veröflFentlicht  und  hatte 
einen  Erfolg,  dessen  sich  keine  andere  Weltsprache  rühmen 
kann.  Als  ich  1885  in  Paris  war,  wurde  man  auf  der  Strasse 
überschrien  von  Männern,  die  ""la  langue  universelle!  la  gram- 
maire  du  Volapuk!"  feilboten.  In  romanischen  Ländern  fast 
noch  mehr  als  in  Deutschland  bildeten  sich  "Volapükaklubs". 
1890  sollen  sich  etwa  13000  Menschen  im  internationalen 
Verkehr  dieser  Handelssprache  bedient  haben  (Galle  a.  a.  0. 
S,  478).  Ich  besitze  eine  von  Schleyer  komponierte  Volapük- 
Hynme  für  gemischten  Chor,  die  so  beginnt: 

Yüin-ob-sök  slä-ne  blodäla, 
Di-ko-di  valite  *e-töbs. 


auf  deutsch: 


Künstliche  Sprachen.  87 

Tönöls  jüli  bäla  däla, 
Völa  pttke  kösyuböbs, 


Friede,  Brudersinn  zu  pflegen, 

£intracht8inn  sei  uns  Panier! 

Jauchzet  diesem  Werk  entgegen! 

Tiine  Sprache!"  ruft  mit  mir  .  .  . 
Der  Absturz,  wie  ihn  G.  Meyer  (a.  a.  0.  S.  46)  gegen 
den  Widerspruch  von  Alfred  Kirchhoff  und  Hugo  Schuchardt 
voraussagte,  kam  bald.  Wo  ist  heut  das  Volapttk?  Wo  der 
Enthusiasmus  für  Jägerhemden  und  Kneippkur  geblieben  ist: 
die  Weltreligion  ist  zur  Winkelsekte  herabgesunken. 

Über  die  Schwächen  des  Volapük  haben  z.  B.  Beermann 
•"Studien  zu  Schleyers  Weltsprache  Volapük"  (1890;  vgl.  G.  Meyer 
a.a.O.S.  28,  Dielsa.a,0.  S.22)  und  Hans  Moser  (Grundriss  einer 
Gesch.  d.  Weltspr.  S.  40  f.)  gehandelt  (andere  Litteratur  bei  Moser 
S.  41  Anm.).  Beermann  sagt:  "Volapük  in  seiner  jetzigen 
Gestalt  ist  allenfalls  für  den  schriftlichen  Handelsverkehr  ge- 
eignet .  .;  in  der  Poesie  sowie  überall  da,  wo  es  auf  Schön- 
heit der  Darstellung  ankommt,  hat  es  keine  Statt;  für  den 
mündlichen  Verkehr  ist  es  unbrauchbar.  Seine  Erlernbarkeit 
ist  nicht  leichter  als  die  der  meisten  Kultursprachen;  denn 
was  durch  die  Regelmässigkeit  seiner  Lautbezeichnung  und 
seiner  Flexion  gewonnen  wird,  geht  durch  die  Unregelmässig- 
keit seiner  Wortbildung  wieder  verloren.  Die  einzigen  Vor- 
züge, welche  Volapük  vor  den  Natursprachen  hat,  sind  seine 
teilweise  auf  Kosten  der  Dentlichkcit  erlangte  Kürze  und  seine 
Internationalität,  wenn  letztere  auch  in  der  Hauptsache  sich 
als  nur  scheinbar  erweist,  da  sie  nur  das  Äussere,  nicht  aber 
den  Geist  betrifft."  Vollkommen  zutreflFend!  Volapük  bleibt 
eine  Übersetzungssprache,  ein  unmöglich  gemachtes  Deutsch, 
im  Grund  nicht  viel  besser  als  das  von  Moser  (a.a.O.  S.  15j 
der  Vergessenheit  entrissene  "Weltdeutsch"  eines  Anonymus 
P,  der  unsere  Muttersprache  zur  üniversalsprache  "vereinfachen" 
wollte,  indem  er  z.  B.  folgenden  Satz  bildete: 

''Hast  du  einen  grosser  Woltäter  unter  die  tiers  als  mich? 
Das  biene  fragte  den  mensch.     Ja  wol,    dieser  erwiderte" .  .  . 
Schleyer  selbst  gibt  in  seiner  "Grammatik  der  Universal- 
sprache   für   alle  gebildete    Erdbewoner"    (Dritte  Aufl.  1884) 
als   Prinzipien   an:    ""Der   Weltsprache    liegt   die    englische 


88  R.  M.  Meyer, 

Volkssprache  zugrunde,  weil  diese  wohl  von  allen  Sprachen 
gebildeter  Völker  die  leichteste  und  verbreitetste  ist"  (S.  25) 
"Die  Universalsprache  vermeidet  (um  der  romanischen  und  ost- 
asiatischen  Völker  sowie  der  Kinder  und  Greise  willen)  häufig 
die  Buchstaben  r,  rr,  h,  c,  ch,  ng,  engl,  th,  russ.  jtj  u.  ä."  (S.  27; 
vgl.  aber  Diels  S.  22).  Ausserdem  sieht  sie  auf  Kürze,  kennt 
wie  das  Englische  keine  Genera  und  vermeidet  thunlichst  alle 
Häufungen  von  Buchstaben,  auch  schon  Verdoppelungen  (S.  26). 

Man  sieht:  dem  Verf.  wurde  zunächst  das  Englisch  als 
Grundlage  von  der  Stimmung  der  Zeit  entgegengebracht;  und 
von  hier  auch  die  Geschlechtslosigkeit  der  Nomina.  Die  Ver- 
meidung bestimmter  Laute  ist  aus  der  Beobachtung  gewisser 
Sprachen  —  übrigens  mit  grosser  Inkonsequenz  —  abgeleitet. 

Die  Durchführung  ist  freilich  willkürlich  genug  —  und 
doch  haftet  sie  an  der  Vorzeichnung  der  natürlichen  Sprache! 
Der  Genetiv  Sg.  wird  durch  a,  der  Dat.  durch  e.  der  Akk. 
durch  i  bezeichnet  (S.  36)  —  Übernahme  der  auch  bei  den 
Kindern  so  beliebten  Ablautsreihe,  nur  in  thörichter  Wendung 
vom  Klang  («r,  /,  u)  zum  Alphabet  (a,  e,  i)\  Der  Plur.  hängt 
immer  ein  -8  an;  das  ist  schon  idg.!  Die  Suffixe  sind  ganz  aus 
lateinischen  {-ik  =  -icus)  oder  deutschen  (-e7  Diminutiv  S.  39) 
gebildet;  sogar  die  substantivischen  Partizipia  erhalten  (S.  67) 
eine  Sonderstellung  nach  deutschem  Muster!  Oder  es  wird 
nach  ungarischer  Art  der  Vatersname  vorausgestellt  (S.  35) 
und  eine  Art  Vokalharmonie  erstrebt.  Vor  allem  aber:  der 
Ertinder  bleibt  völlig  im  Schematismus  der  europäischen  Kul- 
tursprachen stecken,  so  völlig,  dass  er  z.  B.  (S.  64)  auf  die 
Nachricht,  es  gebe  Indianersprachen,  *^denen  sogar  der  Infini- 
tiv gänzlich  mangelt  (!)"  mitleidig  ausruft.  ""Welch  eine  Armut 
und  ünbeholfenheit  in  diesen  lebendigen  Sprachen!"  (Vgl.  all- 
gemein Schuchardt  a.  a.  0.  S.  24). 

,  Eine  gemsse  Selbständigkeit,  eine  Annäherung  an  die 
Technik  der  "philosophischen  Sprachen"  zeigt  sich  nur  in  der 
Agglutination  der  Modi  z.  B.  elogofölsvli-la  "Frauen,  die  etwa 
möchten  gesehen  haben"  (S.  65;  Schleyer  ruft  voll  Selbst- 
bewunderung: "Welche  Kürze,  Feinheit  und  Geschmeidigkeit 
unserer  Allsprache!  Hier  gibt  es  zu  denken!"  Vgl.  S.  88  den 
Hymnus  auf  die  Weltsprache:  ""Wer  sie  nicht  achtet,  kennet 
den  Zweck  ebenderselben  nicht.  Solche  Menschen  haben  ein 
enges  Herz"  . . .)     Aber  die  ganze  Art  der  Agglutination  selbst 


KüiiMlichf  S|iniclien.  89 

TVht  ja  docli  aaf  dem  Muster  der  gesprochenen  Rede  wie 
«ueb  anf  der  Analogie  der  abstrakten  Spraciien:  der  mathe- 
iBatiachen,  cliemischen  nnw.,  Ul)er  die  noch  später  zu  handeln! 
Man  sieht:  es  gibt  auch  hier  keiue  Partbenogenesis.  Die 
Fomt  der  üingeBtaltnng  ist  durch  die  lebende  Spraclie  gege- 
.fcrn;  ihre  Prinzipien  sind  durch  die  moderne  Sprachentwieke- 
loiig  vorgezeichiicl;  tind  so  wii'd  nach  gegebenen  Prinzipien 
4as    vorhandene   Sprachniaterial   kombiniert   und    umgestaltet. 

2)  Pasilingna  von  P.  Steiner  (E  lernen  targram  matik  1885) 
Hit  Volapllk  (und  /war  zu  Gunsten  der  Pasiüngua)  verglichen 
Ton  H.  Moser  (a.  a.  0.  H.  40  (.  und  in  der  "Kritischen  Stu- 
die": "Zur  Universalsprache".  1887).  Hteiner  beginnt  einen 
Vortrag  "Eine  Gemein-  oder  Weltsprache  Pasilingua"  (1885) 
mit  den  Worten:  "Das  Bedürfnis  einer  Weltsprache  scheint 
eine  aubcetrittene  Thatsaehc  geworden  zu  »ein".  Er  sieht  von 
Hfier  Bildung  internationaler  Worte  ab  und  strebt  (S.  c|  nur 
■eine  neutrale  Grammatik  an,  in  der  mm  (S.  7)  Jeder  in  sei- 
,']um  Idiom  schreiben  kann:  er  hat  nur  die  Wur/.el  abzutren- 
aso  "Im  Himmel"  heisst  7..  B.  (S.  Hl  gricch.  ouranain,  lat. 
toelain,  seliweil.  himmelain,  frz.  cielain,  dagegen  deutsch  Uint- 
■mela,  engl,  heavena.  Er  kommt  so  zu  einem  internationalen 
Jdiom  (S.  läj,  z.B.  Anzeigen  in  einem  Postbureau:  Tas  büre- 
anas  Echliesatesitas  abendis  ad  ta  octava  ultra".  Die  Abhän- 
gigkeit von  den  wirklichen  Sprachen  ist  hier  also  viel  grösser, 
wie  z.  B.  in  Mosers  Studie  eine  vergleichende  Tabelle  der 
Deklination  in  Volapdk  und  Pasiüngua  (S.  14)  zeigt.  lusbe- 
flondere  hat  den  Erlindcr  das  Lntein  im  Bann,  so  dass  er 
(Elemeutargramm.  Ö.  49)  sogar  Pliisquaniperf.  und  Fut.  exak- 
tam  i"Mi  grandotefer"  'ich  war  vergrtissert  worden'  und  "Mi 
jraudoterer"  'ich  wenic  vergrfissert  woidcn  sein')  bildet,  ob- 
wohl doch  die  Spracbentwiekelung  hier  energisch  genug  für 
Umschreibung  plädiert! 

3)  A.  Volk  und  R,  Fuchs  haben  gleichfalls  eine  "Welt- 
Sprache,  entworfen  auf  Grundlage  des  Lateinischen"  (188it) 
TerOffentlicht.  Galt  doch  das  Latein  selbst  früheren  Epochen 
vEä  eine  künstliche  Sprache,  "als  ein  Uttcrarisches  Kunstprodukt" 
*(Tgl.  Vossler  Poetische  Theorien  in  der  ital.  FrllhreHaissanee" 
^.30),  während  es  doch  nur  das  Muster  einer  strengen  Schrift- 
sprache ist.  "Die  Weltsprache  nimmt  den  grössten  Teil  ihrer 
Wörter  aus  der  lateinischen  Sprache,  den  Rest  entlehnt  sie  den 


I 


90  II.  M.  Meyer, 

romaniechen  Sprachen,  in  ein/elneu  Fällen  wendet  sie  Komt- 
wörlcr  an".  Als  Prinzip  herracbt  diireliaus  das  von  der  neueren, 
besonders  am  Englischen  sichtbaren,  Entwirkehing  geforderte 
Abwerfen  der  Endungen  —  darin  sind  so  ziemlich  all  diese 
Kunstsprachen  einig,  "Inp"  ftlr  lupua  zu  sagen.  Sie  folgen  Ja 
hierin  auch  der  Augbildung  der  lat.  Sprache  selbst  von  lupus  zn 
fn.  loup  oder  von  musica  m  fr/.,  musique.  —  In  der  Suflix- 
bildnng  zeigt  sieb  die  enphonische  Ombildnng  mächtig;  gran- 
disso  (S.  2ö)  statt  grandisto  mit  Assimilation.  —  Eine  Welt- 
sprache auf  Gi-nndlage  des  Lateinischen  ist  auch  das  von  Galle 
(a,  a.  0.  S.  478)   empfohlene  Esperanto   des  Russen  Zamenhof. 

4)  Ein  "Ideal-Ronianisch"  auf  Grundlage  des  Latein 
streben  eine  An/abI  Spracherfinder  an,  llber  die  G.  Meyer 
(a.  a.  0.  S.  4ä)  spricht.  Auch  sie  gehn  von  empirischen  Ge- 
sichtspunkten ans:  die  grosse  Zahl  romanischer  Bestandteile 
im  Englischen,  die  Fremdwörter  im  DeutBchen  neugen  ihnen 
für  eine  Tendenz  der  Kultlirsprachen  auf  ein  gelilutertes  Neu- 
latein. Einer  von  ihnen,  Lipiay,  erklärt  sogar  (a.  a.  0.  S.  41j, 
er  habe  seine  Gemeinsprache  nicht  erfunden,  sondern  lediglich 
entdeckt.  Meyer  verweiHt  zwar  dem  gegenttber  auf  sehr  ge- 
wagte Erfindungen  Liptays;  aber  sie  werden  an  dem  Charakter 
einer  blossen  Kombinationssprache  auch  schwerlich  viel  ändern. 

5)  Nur  scheinbar  unterscheidet  sieh  von  dem  Volapflk 
und  seinesgleichen  die  "Zahlensprache"  Ferd.  Hilbes  (1897). 
Der  Erfinder  blickt  zwar  mit  Hohn  auf  die  biBheiigen  Welt- 
spracben,  deren  Lehrer  keine  Sprachen  erfunden  hätten,  "da 
sie  gezwungen  waren,  ihren  Wortschatz  anderen  Sprachen  8U 
entlehnen"  (S.  IV)  und  erklärt  seiuc  Sprache  für  die  einzige 
neue  (ebd.),  weil  er  "einen  von  allen  Natursprachen  unabhän- 
gigen, in  feste  Formen  gebrachten  Wortschat«"  gebildet  habe. 
Thateachlich  ist  seine  Erfindung  genau  so  sehr  vom  Master 
der  Natursprachen  abhängig  wie  VolapUk  oder  Pasilingna. 
Nach  dem  romanischen  Artikel  formt  er  sein  la,  le,  li,  lo 
(S.  XVIll),  wie  er  la  pa  "der  Vater",  la  ma  "die  Mutter" 
(ebd.)  aus  pater  nnd  mater  herausverstllmmclt.  Alle  Wort- 
klassen werden  nachgebildet,  sogar  sämtliche  Adverbien;  nicht 
einmal  das  Genns  erspart  er  sich.  Ob  dann  diese  "Millionen 
verschiedener,  vollkommen  selbständiger,  festgel'ormler,  ein- 
bis  fUnfsilbiger  Worte"  (S.  XIIL  mit  Zahlzeichen  (S.  XXX), 
so  nnvci'ständlich  und  missverstSndlicb  wie  niüglich,  geschrie- 


Kim6tli(.-hc  Sprachen.  91 

teil  werden  »der  nicht,  das  macUt  iiatQrlicIi  gar  nichtB  aua; 
SiUies  "Z ah lensp rauhe"  wird  ilcBhatb  noch  durchans  keine  Be- 
griffäzeichemprache  (vgl.  u.  VI  2),  ROiidern  bleibt  eine  rohe 
SontaminationEsprache. 

6)  Die  nencste  Leistung  dieser  Art,  die  "Blaue  Spraehe" 
\nu  LioB  BoUak  (Paris  1900)  geht  in  ihrer  Einteilung  'S.  6  f.) 
etwa«  seihständiger  als  die  andern  vor;  immerhin  ist  die  Ana- 
logie der  Nationalsprachen  noeli  stärker  bestimmend  als  die 
Logik.  Werden  doch  aueh  hier  sogar  die  übertlüBsigen  tem- 
pora  cxacta  gebildet  (S,  9  Anm.)-  Die  Korrelativadverbia 
(S.  38)  und  vor  allem  die  Warzeln  selbst  sind  ans  dem  Latein, 
dem  Englischen  nsw.  abgeleitet:  "lov"  lieben,  "fant"  Kind.  Es 
igt  ein  Versuch,  die  herrechenden  Spraelien  in  das  "Ideal"  der 
>  eil  inesischen  Einsilbigkeit  einzuzwängen. 

7)  Fragmentarieelie  Kombinationsepraehen  dieser  Art  sind 
«chon  lange  vor  der  Mode  von  1K83 — 1885  anfgetaneht;  frei- 
lich aus  andern  Tendenzen  heraus,  leh  nenne  hier  nnr  swei 
.interessante  Versuche,  einen  berOhmtcn  nnd  einen  gänzlich 
.Tergeasenen, 

Fr.  J,  Kruger,  der  Begründer  einer  "Junggemianischen 
.GeselUchaft",  stattete  deren  Jahrbneh  "Tent"  (1859)  aneh  mit 
;einem  Anfsatz  "über  die  Keinigimg  und  Fortbildung  der  deut- 
BChen  Sprache"  ans.  Er  geht  hier  von  ästhetischen  Rflck- 
jücfaten  aas,  will,  wie  Schleyer,  unschöne  Klänge  vermeiden; 
besonders  sind  ihm  (S.  46)  die  Ziachlautc  unerfreulich.  Aber 
gleichzeitig  ist  er  Purist  und  will  der  deutschen  Sprache  wie- 
dergeben, was  er  ihr  ans  nationalen  Gründen  glaubt  nehmen 
zn  sollen.  Hierbei  kommt  er,  so  viel  ich  weiss  unter  allen 
Neologisten  allein,  auf  das  Prinzip,  neue  Wurzeln  zu  bilden  — 
die  er  oft  ganz  wie  die  "Pasilingua"  aus  den  lateinischen  oder 
aoeli  an«!  fremden  Worten  abstrahiert.  So  erklärt  er  für  eine 
schone  Wurzel  "Ton"  nnd  bildet  daran  "tonen"  für  musizieren, 
"der  Toner"  für  Musikant.  Noch  näher  an  die  neue  Methode 
streift  es,  wenn  er  "Magnet"  (S.  48)  durch  "Mat"  ersetzt  und 
.■nun  bildet:  "matisch"  für  "magnetisch",  "Matung"  ftir  "Mag- 
oetisnins";  oder  aus  "Plastik"  eine  Wurzel  "plast"  sieht:  "plasten" 
'modellieren',  "Pläster"  "bildender  Künstler." 

Die  Neuerzengnng  von  Wurteln  ist  bekanntlich  ein  sprach- 
lich sehr  seltenes  Phänomen,  aber  sie  kommt  vor.  Im  Übri- 
gen  glaubt  Kruger  ja  ganz   auf  den   Wegen  des    deutschen 


92  R.  M.  Meyer,  Künstliche  Sprachen. 

Sprachgeistes  zu  wandeln,  behandelt  die  "Wurzeln"  ganz  wie 
ein  heimisches  Gut  und  stellt  so  eine  Ai*t  Mischsprache  her, 
die  künstlich  konstruierte  ürworte  mit  den  normalen  Endun- 
gen versieht. 

Berühmt  ist  dagegen  R.  Wagners  Selbstzeugnis,  das  U. 
V.  Wilamo\\ntz  in  seiner  Streitschrift  gegen  Nietzsche  ("Zu- 
kunftspliilologie"  Zweites  Stück,  1873  S.  5)  so  ironisch  kom- 
mentiert hat.  "Dem  Studium  J.  Grimms  entnahm  ich  einmal 
ein  altdeutsches  *heilawac*,  formte  es  mir,  um  für  meinen 
Zweck  es  noch  geschmeidiger  zu  machen,  zu  einem  Veiawaga* 
(einer  Form,  die  wir  noch  heute  in  'Weihwasser'  erkennen), 
leitete  hiervon  in  die  verwandten  Sprachwurzeln  'wogen'  und 
Svigen',  endlich  Vellen'  und  'wallen'  über,  und  bildete  mir  so, 
nach  der  Analogie  des  'eia  popeia'  unserer  Kinderstubenlieder 
eine  wur/elhafte  syllabische  Melodie  für  meine  Wassermädchen," 

Ein  merkwürdiger  Fall !  Wagner  beginnt  mit  der  eupho- 
nischen Umgestaltung,  die  er  noch,  recht  stark  in  die  Irre 
gehend,  auf  vermeintliche  Analogien  stützt,  geht  aber  von  hier 
zur  "syllabischen"  Melodie  über,  d.  h.  zu  dem  Versuch,  aus 
der  konstruierten  Wurzel  ablautähnliche  Kombinationen  abzu- 
leiten. Bei  all  diesem  künstlichen  Spiel  glaubt  er  aber  nur 
der  Urmelodie  der  Sprache  zu  folgen.  Er  kommt  aus  Kom- 
bination zu  Kombination  und  landet  bei  einem  rein  lautsym- 
bolischen Gebilde,  das  leichter  direkt  zu  holen  war.  (Über 
andere  Wortschöpfungen  Wagners  vgl.  Wolzogen  Die  Sprache 
in  Wagners  Dichtungen  S.  33  f.  100  f.). 

Dies  führt  uns  zu  einer  neuen,  fast  nur  in  Fragmenten 
und  Einzelstücken  betriebenen  Art  künstlicher  Sprache :  zu 
der  Sprachbildung  aus  dem  lautsymbolischen  Gefühl  heraus. 

(Schluss  folgt.) 

Berlin.  Richard  M.  Meyer. 


Arica  XIV  ^). 


91.  Die  awestischen  Texte  des  Vicarkart  i  Denik  (Vd.) 

Das  Werk^   über  dessen  Alter  IF.  11,    120  eine  Vermu- 
tung ausgesprochen  wurde,  ist  nur  mehr  in  einer  Buchausgabe 

1)  Vgl.  IF.  11,  112. 


Christian  Bartholomae.  Arica  XIV.  93 

vorhanden,  die  Peshotan  im  Jahr  1848  zu  Bombay  veranstaltet 
bat.  Über  ihre  handschriftlichen  Grundlagen  vergleiche  man 
West  GIrPh.  2,  89.  In  den  deutschen  Bibliotheken  scheint 
nur  ein  einziges  Exemplar  dieser  Ausgabe  zu  existieren^  jenes 
der  Mtlnchener  Bibliothek,  das  aus  dem  Haugschen  Nachlass 
stammt;  es  trägt  von  Haugs  Hand  den  Vermerk:  Trom  Da- 
stüor  Peshootan  Bombay  19**»  Septbr.  1861".  Die  Beschaifen- 
heit  der  Texte  —  sovs^ohl  der  in  Awesta-  als  der  in  Pahlavi- 
Sprache  —  und  die  Art  ihrer  Ausgabe  entsprechen  einander 
vollkommen.     Beide  sind  seheusslich. 

Den  ersten  Hinweis  auf  das  Werk  verdanken  wir  Spiegel 
Gel.  Anzeigen  d.  Kgl.  Bayr.  Ak.  d.  W.  45  (1857),  185  ff.,  wo 
auch  ein  paar  Stellen  ausgezogen  und  übersetzt  sind.  Vgl. 
auch  des  selben  Gelehrten  Einleit.  in  die  trad.  Schriften  der 
Parsen  2  (1860),  193.  Dann  hat  man  zwanzig  Jahre  lang 
nichts  mehr  von  dem  Buch  gehört:  bis  1880,  wo  West  SBE. 
5,  141  ff.  einige  Mitteilungen  daraus  gemacht  hat.  Reichere 
ebd.  37,  470  ff.  Eine  Anzahl  weitrer  Stücke  habe  ich  selbst 
IF.  11,  120  ff.  veröffentlicht. 

Ich  gebe  nun  im  Folgenden  alle  awestischen  Texte  des 
Vd.  in  der  Umschrift  des  GIrPh.  *),  soweit  sie  nicht  lediglich 
Zitate  aus  bekannten  Texten  sind  oder  aber,  wie  fravaritne, 
(i^am  vohü,  syao&dnanqm,  gaOabyö  usw.  in  rituellen  Vor- 
schriften sich  vorfinden.  —  Die  wagerechten  Striche  zwischen 
den  Textworten  ( — )  deuten  an,  dass  der  awestische  Text  an 
dieser  Stelle  durch  Pahlavi Übersetzung  unterbrochen  ist.  Die 
Ziffern  hinter  der  Reihennummer  beziehen  sieh  auf  Seite  und 
Zeile  der  Ausgabe. 

1)  12,  11:  data  ahura  spanta  mazdä. 

Die  Worte  sollen  aus  dem  Hadöxt  Nask  stammen*),  eine 
Übersetzung  ist  nicht  gegeben.     Es  heisst:  ka  züral'^)  me- 

1)  Vgl.  GIrPh.  1,  161.  Der  Nasal  vor  iiichtlabialen  VerschlusH- 
lauten,  in  der  Umschrift  w,  ist  immer  mit  dem  Zeichen  Nu.  3.->  ge- 
geben. 

2)  Ich  sage  'sollen*.  Für  den  Inhalt  mag  ja  die  Angabe  viel- 
leicht richtig  sein.  Jedenfalls  aber  nicht  für  den  Wortlaut.  Es  gilt 
das  für  alle  Quellenangaben  in  den  folgenden  Nummern.  Den  Wort- 
laut aller  grösseren  Stücke  hat  ein  und  derselbe  Dastur  zusammen- 
gestoppelt; vgl.  die  Bemerkung  zu  avi  he  (Nu..  2)  und  zu  ayara- 
nqmva  (Nu.  9),  femer  IF.  11,  129  zu  aouye. 

3)  So   lese  ich   versuchsweise  das  sonst  mit  ynnnäk  od.  dgl 


94  Christian  Bartholomae, 

nük  framän  burtar  u  dam  («)  *)  ohrmazd  ast  hac  apastäk  (i) 
hadöxt  d,  a.  sp,  m.  padtak.     Vgl.  West  SBE.  37,  485. 
2)  23,  7:    aaf  yezi  avi  he^)  atauhe  astavanti  spitama 
zara^stra  —  narqm  vä  7iairinqm  vä  pairi  iri^yät  —  erat 
a^taesqm  ydrahuyanqm  avaratanqm   maßßananqmöa  vastra- 
nqm  paiti  raecydt  1)  —  (24)  ava&a  he  x^aiö  pu^am  atdhat 
a^vöbaysm  haöa  avaratanqm  nisrinuyät  äat  yezi  hvqm  nai- 
rika    bavaiti   aevöbayam  paiti   nidadäiti  yezi   duydrqmhanti 
naSmdm  baydm  frqjfasat  —  äat  ^)yezi6a  he  narö  irlMa  hva 
hizva  uxödm  väcdm  nizdasca  narö  darahram  paiti  dyaHi^) 
vlspanqm  vaöqm  uxdanqmca  avi  yqm  astavitim  gaB^qm  ha- 
ra&ram  frabarat  —  (25)  ^)yezi  nöit  hara^am  baraiti  and- 
para&a  haca  syao^a^)  —   ^)avat  yat  Aö  narö  irista  apu- 
^ai  atahat  ^)  upa  hi  pudram  fradadat  spitama  zara^Stra- 
yahmat  ha6a  pufhrö  haom  urvanam  öinvat  paratüm  vidaryat. 
Der  Text  soll  dem  Hadöxt  Nask  entnommen  sein.     Er 
wird  mit  den  Worten  eingeleitet:    hakar  kos  1  haö  ax^  i 
astömand   ape   vitirBt   x^astak  (i)  öi  cand  pa  an  {%)  pus 
u  nairik  u  duxt  raset  cigön  hac  apastak  (i)  hadöxt  pad- 
tak.   Vgl.  Spiegel  Gel.  Anz.  45,  191;  West  SBE.  37,  485. 
1)  Pü.:  6and  .  .  apar  ap6  hüit  \kui  andar  en  gehän 
hilet]^).  —  2)  Pü.:  etön  hakirdi^)   an  mart  (i)  rist  haö 


umschriebene   Wort,   indem   ich   an   das  arm.  Arhamn  {Haramani) 
xabecd  erinnere. 

1)  Von  mir  ergänzt.     So  immer  bei  (  ). 

2)  Die  Verbindung  avi  he  ist  dem  Dastur.  der  die  Texte  ver- 
fertigt hat,  sehr  ans  Herz  gewachsen,  er  bringt  sie  alle  Augen- 
blicke an. 

3)  Ich  habe  die  Krläuterungen  der  Pü.  hier  und  im  Folgenden 
in  [  ]  eingeschlossen. 

4)  So,  mit  t,  lese  ich  nach  dem  np.  hagirz  (später  hargiz;  s. 
Hörn  GlrPh,  1  b,  §  100.  2).  Doch  wird  neben  ak  rp  auch  ak  n  rp 
preschrieben,  das  wäre  hakurö.  Die  arische  Grundlage  ist  *sdkftltid. 
Ebenso  führe  ich  jetzt  mp.  cl6,  np.  ciz  mit  Hübschmann  IFAnz.  10, 
29  aut  ar.  *kitkid  zurück.  Ein  alter  Vokal  wurde  bei  der  Um- 
wandlung der  Doppelkonsonanz  in  c  gedehnt,  während  für  f  ir 
(oder  ur)  eintrat;  s.  dazu  Bthl.  GIrPh.  1,  §  57  No.  2. 

Ich  erwähne  dabei,  dass  ich  an  Horns  Erklärung  des  an  glei- 
cher Stelle  verzeichneten  np.  aknün  'jetzt"  (s.  auch  ebd.  39)  —  f^knün, 
mit  Prothese!  —  nicht  zu  glauben  vermag.  Ich  stelle  ak  vielmehr 
mit  jAw.  hakat  '^auf  ein  Mal,  zu  gleicher  Zeit'  zusammen.  Auch 
sehe  ich  nichts,   was  im  Wege  stände,   das  bal.  k-  (Geiger  GIrPhil. 


Arica  XIV.  9ö 

x^at  hmvan  sax^an  (u)  göwisnlh  nazdist  (i)  mart  i  da- 
nök  apar  dahit  \ku  handarz  (i)  x^'ßs  göwet].  —  3)  Pü.: 
Jiakar  ni  sardanh  baret  anapuhraJcänik  bavSt  ha6  en 
Jcuniin  kartan  [ku  kas  1  ka  handarz  i  öi  nS  m^äret].  — 
4)  Pü.:  itön  ka  an  mart  i  rist  apusar  ast  [kus  ptis 
n^st], 

3)  83,  11:  gms  vä  aspahe  va  varifsa. 

Als  QaeUe  wird  der  Hadoxt  Nask  angegeben.     Vgl.  Btlil. 
IF.  11,  129  und  unten  Nu.  8,  9,  16. 

4)  89,  4:  '^)yaeibyö  aetaesqm  nasukasanqm  nöit  xm- 
yaniana  am  ja^dntqm  1)  vlspanqmäa  apqm  aiwi  taöaintqm 
zaoOranqmäa  haomavaitanqmia  gaomavaitanqmca  2)  nasda 
a^qmca  saosyantqm  nöit  daraonö  nöit  maiyö  yö  yaoäda- 
"dryö  nöit  nairikayd  aäaonyd  ^)vl8pam  a  ahinät  yat  aHahe 
n9u  kaSa  avi  he  barinümöa  yaoädai^aiti^)  frasnayaiti  vara- 
sam  vd  tanüm  vä  vasö  pasöaiti  xsayamana  jasöit  4)  avi  vis- 
pa€cd  vohü  mazdadata  asaöi&ra^). 

Ohne  Quellenangabe. 

1)  Pü.:  ka  pa  an  (i)  ösün  nasäk  kiMn  n&  pa  pafi- 
xsahih  apar  rasand.  —  2)  Pü. :  zlMmOmand.  —  3)  Pü.: 
hamdk  hac  an  ka  ösän  nasak  kis  apar  an  barinüm 
yöida^rlnet.  —  4)  Pü.:  apar  an  (i)  harvisp  apdtth  i  ohr- 
mazddat  ke  hac  ahrdylh  paötak. 

5)  96,  16:    aparadamia  hü  frds7nö (91) daifi  afrtnantl. 
Ohne  Angabe  der  Herkunft.     Es  wird  gesagt:  patmdnik 

ha6  sar  bastan  rdd  2  göwds^)   griff  an  u  pas  hac  hüfräs- 
mödat  ke  had  a,  h.  fr.  a  padtak. 


1  b,  243)  ebenfalls  damit  zu  verbinden.  Völlige  Gleichheit  von  np. 
ak°y  bal.  k°  mit  jAw.  häkat  will  ich  nicht  behaupten,  vielleicht  liegt 
ihnen  *hakam  zu  Grunde,  s.  ai.  Häkdm.  In  mp.  ak  n  dn,  Päz.  agnin, 
aynln,  aganin  steckt  das  selbe  Wort;  ich  lese  also  hak^. 

1)  Päz.  guvähj  guvä.  Ich  vermag,  trotz  Hörn  GlrPh.  Ib,  50, 
das  Dp.  guvdhj  guvä  mit  dem  phl.  dn  k  a  s  lautlich  nicht  zu  vereini- 
gen. Es  scheinen  im  Iranischen  drei  verschiedene  Wörter  für  'Zeuge* 
vorhanden  gewesen  zu  sein,  die  späterhin  z.  T.  lautlich  durchein- 
ander geraten  sind;  nämlich:  1)  *uikaia-j  eig.  'der  Scheider*  (der 
Thatsachen),  =  jAw.  vVcaya-  F.  8,  27  h;  —  2)  *uikäsa-y  eig.  'der 
Beobachter*  (der  Thatsachen);  —  3)  *gattbäka',  eig.  'der  Berichter* 
(der  Thatsachen),  =  mp.  göwäk  bei  Salemann  Parsenhandschr.  S.  99, 
Z.  19,  wo  es  mit  göyä  übersetzt  wird,  und  SBE.  47,  115  (göwäkpit 
haviug  a  testifying  father*  für  Aw.  dradat.fddrl-    [früher  hatte  West 


96  Christian  Bartbolomae, 

6)  97,  6:  duye  hazanrahe  asparanqm  nidadat. 

Ohne  Quellenangabc.  Der  Text  lautet :  kuii  huzvan  apdk 
dil  rast  pa  Bn  Jcär  vicln  kartan  d,  h,  a.  n.  ha6  kustak 
(i)  söd  patlriSn, 

7)  116,  10:    ndmö   avi  Z9mö  vaydanam  hada  urva  ha- 
r?ntu 

Ohne  Quellenangabe.  Der  mir  z.  T.  unverständliche  Text 
lautet:  6igön  kämak  casmak  u  newdklh  dätär  dtati  i  var- 


junbäk  gelesen,  GIrPh.  2,  97],  sowie  enthalten  in  göwäkxh  des  Dk.;  s. 
ArtftVlraf-Gloss.  273  und  die  Bombayer  Ausgabe  §  147. 

Dass  das  Pahlavi-Wort  dn  k  a  s  auf  *ui^  zurückgehe,  ist  da- 
rum ganz  unwahrscheinlich,  weil  es,  so  viel  ich  sehe,  nie  mit  n**, 
sondern  stets  mit  dn°  geschrieben  wird;  s.  Hübschmann  IF.  4,  118. 
Ich  halte  das  Wort  für  eine  Ausgleichsbildung  zwischen  den  alten 
Wörtern  3  *gaubäka-y  das  den  Anfang,  und  2  *täkäsa-j  dass  den 
Schhiss  geliefert  hat,  und  lese  es  demgemäss  gökäs,  wie  es  jetzt 
auch  West  thut,  zuletzt  Zs.  22,  10*). 

Päz.,  np.  guvä  und  Päz.,  np.  guväh  setze  ich  einander  nicht 
g:h»ich,  wie  Hörn  GIrPh.  Ib,  97  thut;  vgl.  auch  Hübschmann  IFAnz. 
10,  29  unten.  Dagegen  spricht  ganz  entschieden  das  im  Päz.  häufige 
Abstraktum  guväe  (Mx.,  §g.  14.  48  f.),  das  phl.  gökäsih  wiedergibt, 
aber  ein  °rtfciÄ  voraussetzt.  Ich  sehe  in  Päz.,  np.  guvä,  die  regel- 
mässige Entwicklung  eines  frühmp.  *mwäk,  das  ist  eine  Kontami- 
nation aus  den  nämlichen  beiden  Wörtern  wie  bei  gökäs,  doch  so 
dass  *ijikäsa'  den  Anfang  und  *gaubäka-  den  Schluss  beigesteuert 
haben.  Die  Nebenform  von  Päz.,  np.  guväf  nämlich  guväh  führe 
ich  auf  *viwäs  (s.  unten),  dessen  s  von  gökäs  bezogen  ist.  Eine 
Beeinflussung  wieder  von  der  entgegengesetzten  Seite  zeigt  das 
im  Glossary  zu  Vol.  1  der  Bombayer  Ausgabe  des  Dk.,  S.  16  auf- 
geführte, göyä  umschriebene  Wort;  es  ist  gökäk  zu  lesen;  die  Schrei- 
bung ad  statt  ak  am  Wortende  ist  ja  ungemein  häufig.  Endlich 
das  eben  in  der  Vd.-Stelle  bezeugte  Wort  dn  nas  kann,  wenn  göwäs 
gelesen,  *gaubäka'  mit  dem  .v  von  *uikäsa-  repräsentieren;  ist  aber 
dn  jüngere  Schreibung  für  n  =  ui°,  so  hätten  wir  das  eben  kon- 
struierte viwäs  vor  uns.     Es  ist  nicht  viel  Verlass  darauf. 

*)  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  Zätsparam  der  Name  eines 
Verfassers  ist,  der  Name  eines  Dasturs,  der  um  900  n.  Chr. 
lebte,  nicht  aber  der  Titel  eines  Buchs,  wie  Geldner  GIrPh.  2, 
21  meint  ("der  Z.  teilt",  **.  .  erfahren  wir  weder  aus  dem  Z.*^, 
Ich  würde  die  Rüge  des  für  einen  Iranisten  allerdingt  recht  mas- 
siven Fehlers  nicht  für  nötig  erachtet  haben,  wenn  Geldner  nich^ 
schon  Schule  gemacht  hätte.  Aber  auch  in  Jacksons  Zoroaste^ 
lesen  wir  "the  Z.  recounts"  (32),  "as  the  Z.  indicates"  (40),  "th 
words  of  the  Z."  (49),  ".  .  is  laid  by  the  Z."  (54)  u.  ö. 


Arica  XIV.  97 

hram  H'dn  patiha  namac  n.  o.  z,  v,  h.  u.  b.  namüc  apar 
zan^k  pa  an  i  sar  apäk  röd  barend* 

8)  125,  14:  g§ui  vä  vardsa  aspä  vä  vardsa  —  ^)yya9a^) 
4xi  h6  gaui  vardsö  taidh^ui  nraosö^)  —  fravaöat  ahurahe  nuizdd 
az&m  spüarmm  zara'&vMra^ni  gqtnöa  varasarnca  avi  he  das- 
nqm  mäzdayasnim  datam  aiduhi  astavaintam  karanaväni  ae^iö 
^^  y^  yaoäda&ryo. 

Es  ist  gesagt:  hai  apastak  hatak{i)  äim  startak  padtak 
g,  V.  V.  a.  V.  V,  vars  hac  gav  u  haö  asp  süy^t  hac  dumb 
i  gav  u  hac  manaoOra  (i)  asp.  Die  Quelle  wäre  also  das 
awestische  Kapitel  vom  bestürzten  Esm  (Aeifma)^).  Gemeiut 
ist  damit  jedenfalls  der  in  der  ArtäViraf-Ansgabe,  Introd. 
Essays  V  unter  Nu.  18  verzeichnete  Text.  Er  beginnt  mit 
den  Worten:  andar  den  guft  ^stit  ku  :  ehn  davärast  0  ahra- 
tiian.  pes  ha6a^  gridast^)  ku  :  man  andar  getih  ne  sav^m 
ci  ohrmazd  i  x^atad  andar  getih  3  cl£  ddt  Sstet  ka  man 
ci66i  kartan  ne  tuvan  usw.  Wenn  die  Angabe  des  Vd. 
wahr  ist,  mttsste  von  dem  Stück  auch  eine  awestische  Ver- 
sion vorhanden  gewesen  sein.  Vgl.  Bthl.  IF.  11,  129  und 
unter  Nu.  3,  9,  16. 

1)  Pü.:  cigön  ka  an  vars  (i)  gdv  vehtar  framüt  estet 

[ku  newaktum]  hac  asp,  —   2)  Mit  dem   iranischen   und 

dem  indischen  Anlauts-y  gesehrieben. 

9)  126,  15:    ya&a  yat  he  xsacas  ayara  paourvaeibyö 

yasna   mi§ra   vouni  gaoy{l21)aoitöis  avi  ramsca   x^astrahs 

hada  rispa^sqm  asaonqm  frayazänti  —  haomacaitibyO  gao- 

mavaitibyö  zao^räbyö  hada  atraHbyö  saocayantaeibyo  —  ^)(fat 

pasca   xsavaidim  ayaranqmöa   narö  arahan  asavanö  hacaiti 

varasanqm  avi  he  yasnö  karatanqm  u{\2H)zgäurvayat  vohü 

inanö  yazata  1)  ahuram  mazdqm  yazata  atnasäspanta  —  avi 

xmümaine  zara&ustrahe  spitamahe  asaonö  fravasae  —  ^)  ya^fa 

uzgaraptam  va  varasam  vd  2)  paiti  xsnao&ra  ahuram  mazdqm 


1)  Vorausgesetzt,  dass  meine  Lesung  der  beiden  Wörter  vor 
i^aitäk  richtig  ist.  IF.  11, 180  hatte  ich  sie  asam  stöfak  lesen  wollen. 
Das  erste  Wort  ist  mit  a  uud  dem  letzten  Zeichen  auf  S.  325  der 
irtft Vir&f-GloBsary  geschrieben,  das  zweite  mit  ddt  n  t  k. 

2)  D.  i.  np.  gtrist,  mit  i  aus  iya  für  ida.  In  der  Hds.  ist  i 
plene  geschrieben;  anders  im  Glossary  zum  3.  Vol.  der  Bombayer 
^'f.-Ausgabe,  S.  6. 

Indogermanische  Forsehangen  XII  i  n.  2.  7 


98  Christian  Bartholomae, 

frakaranavintqm  pasöaite  ya^vaca  yavatotaiöa  avi  JiS  paoi- 
rtm  yanna  upamdmca  madamdmda  fratamamöa  frabaroit 
Ohne  Quellenangabe.     Da   es   mit   dem   vorhergehenden 
unter   8)    verzeichneten  Stück   zum   selben   Kapitel   gehört, 
wird  es  wohl  auch  derselben  Herkunft  sein  sollen. 

1)  Pü.:  etön  pas  ha^>  6^)  rödanca-)  mart  i  ahrav  haS 
an  vars  andar  yazisn  kartarlh  uzglret  u  haö  veh  m^- 
nisnlh  yazet.  —  2)  Pü.:  cigön  ke  uzglrH  vars. 

10)  136,  5:  ^)aat  yat  daraonö  vanantö  stärö  mazda- 
dato  frayazyat  ia^wärö  daraonö  frakarantanti  1)  aiwi  x^a- 
ranti  yat  a^sö  na  yö  yaoMa^ryö. 

Angeblich   aus   dem  Nikatum  Nask,     Vgl.  West  SBE. 
37,  474. 

1)  Pü.:  Hön  ka  sür  (i)  vanand  star  ..  froö  yazat 
öahdr  sür  frac  karlnin^nd  u  apar  x^arand. 

11)  137,9:  at  ^)  caihcara  ayaranqmda  ^)  upa  mqnayam 
ya^a  '^)ßvayqm  humanqmca^). 

Ohne  Quellenangabe. 
1)  Pü.:  4  röc^).  —  2)  Pü.:  ätvam*)  u  hörn. 

12)  138,  7:  aat  aoxta  ahurahe  mazdd  azam  spitamöi 
zara^strö  avi  he  iristanqm  tanüm  vastaranqm  yaoMata- 
nqm  fradaöaiti  ya&a  paoiryö  sravarö  bityö  antama  aiwydn- 
hanö  ^rityö  vastrvi  a&ravana  tüiryö  aiwyärahanö  büjyamanö 
puxda  zaradvehe  xastvi  paiti  danahe  isar  pas6a  pux&am 
bandam  bandyat  yada  a^va  angustqm  aouye  inaunqm  dra- 
yö{139)  maiSyehe  tüirya  zastaeibya  puxda  kuirisahe  dva  nara 
mat  nizbyehe  sraosö  asyö  huraodahe  vtspanqm  vastaranqm 
asya  varauhya  fradaöaiti  spitama  zara&ustra  aSvakam  na- 
rqm  asaonqm  ahunvitlm  ga&qm  frasravaynti  pascaiti  avi 
he  iristatanüm  upa  daxma  frabaröis. 

Quellenangabe  fehlt.     S.  im  Übrigen  Bthl.  IF.  11,  120. 

13)  145,  1:  yezi  narö  mazdayasnö  haca  ga^^öhyö  pairi 
iri&yeiti  ^)aat  he  nqnia  hada  pitö  fragäurvayat^)  yezi  nai- 
rika  pairi  irißyeiti  2)  aat  yat  he   nqma  hada  padanö  uzg9- 


1)  Für  x^avaidlm',  Vgl.  Y.  IL  9,  IF.  11,  129. 

2)  Für  ayaranqmöa.  Der  Verfertiger  des  Awestatexts  hat 
dem  Y.  1.  17  vorkommenden  Wort  eine  falsche  Bedeutung  beige- 
legt.    Vgl.  zu  Nu.  11,  15,  19. 

3)  S.  eben  zu  Nu.  9). 

4)  So!    Aber  a  ist  ausgelassen. 


Arica  XIV.  99 

urvayai  2)  gpüma  zaraOtiStra  3)  aetam  väcdtn  nl  antara  maz- 
dayasnanqm  frcLsastayat^). 

AIb  Qaelle  wird   der  Hadöxt  Nask   namhaft   gemacht. 
Vgl.  West  SBE.  37,  487. 

1)  Pü.:   Hön  nam  i  ö%  apak  pit  i  oi  fra6  giret,  — 

2)  Pü.:   etön  ksi  nam  i  an  apak  nöd  (i)  öi  uzgirat.  — 

3)  Pü.:  in  vaidk  frai  vafrinakanlnat^)  ,  .  .  en  sax^an 
api  gOw  u  fraö  vafrlkan^), 

14)  146,  4:  l)at7f  TiB  antara  daxmanqm  yat  iristanqin 
Jcaünqm  a  narabarazanqm  karanuyat^). 

Ohne  Bezeichnung  der  Quelle.  Vgl.  Spiegel  a.  a.  0.  192. 
1)  Pu.:  apar  an  i  andarön  har  daxm  ka  an  (i)  ristan 
kUan  dn  ka  mart  bälak  kunat.  Dazu  die  Erläuterung: 
aparak  guft  har  kis  i  rist  tan  rad  andarön  (i)  daxm 
mart  boldk  adav  apurnak  balak  api  kunisn  6igön  ka 
pa  ravän  asantar  bavBt  u  karpak  vindH. 

15)  148,  3:  ^)yezi  narö  mazdayasnö  avi  antaraca  yas- 
nyanqm  öi&warO  ayaranq^  avavat  6it  sOstraSa  frajasaiti  D 
aat  hB  narö  havqm  tanüm  pairi  yaoMditi  aetam  tüirya'nqm 
yasnyanqm  frakaranöit. 

Keine  Quellenangabe. 

1)  Pü.:  hakar  mart  i  mazdayasn  rdd  apar  an  andark^) 
yazisn  öahar  röc^)  i  navak  zütih  and  6and  clc  i  sOsta- 
rlh  fraö  raset. 


1)  So  nach  der  Päz.- Lesung  im  S^.  Was  soll  aber  das  an- 
laue.  V? 

2)  So  lese  ich  trotz  Hörn,  der  die  Pazandlosung  andarg  (S^.) 
NpEt.  27  No.  für  Unsinn  erklärt.  Ich  stelle  rap.  nndark  zum  jAw. 
Adv.  antaraca  Vp.  20,  2  'inmitten  von-'  (Akk.)  und  setze  die  Glei- 
chung an:  antaraca  :  andark  =  jAw.  pasca  :  paskät»  Doch  will 
ich  dabei  nicht  behaupten,  dass  dem  mp.  andark  gerade  die  Abla- 
tivform zu  Grunde  liege;  es  könnte  ebenso  wohl  ein  Akkusativ  auf 
^kom  sein  (wie  ich  ihn  auch  für  got.pairh  annehme)*).  Es  kommt 
übrigens  antar^ia-  auch  als  Adjektiv  'innen  befindlich'  vor;  s.  mein 
AirWb.  ühlenbecks  Etymologie  von  ai.  pascä  halte  ich  ebenso 
wie  die  von  ihm  für  sdcä  und  säkdm  gegebene  für  verfehlt. 

3)  S.  zu  9). 

♦)  Auf  einen  solchen  Akk.  Sing.  Neutr.  geht  auch  das  np.  farä. 
Mp.  fräk  steht  Vp.  12,  1.  Gegenüber  Hübschmann  Pers.  Stud.  84 
und  Hörn  GIrPh.  Ib,  die  up.  farä  gleich  aX.prdk  stellen  verweise 
ich  auf  IF.  4,  121.  Ganz  verfehlt  ist  Fr.  Müllers  Ansatz,  WZKM. 
7,  377.     S.  noch  unten  S.  114  zu  mp.  äk. 


100  Christian  ßartholomae, 

16)  155,  10:  g9us  varasö. 

Ohne  Quellenangabe.     Vgl.  unter  Nu.  3,  8,  9. 

17)  157,  14:  yezi  narö  panca  dasafdhö  sarddö  inrai- 
^ydt  avi  he  urvändin  hüjyändm  ^rdyö  ayara  uzayarna  ra- 
&w{\bi)ö  hanjamanam  frajasöit  clat  hä  apu^a  atahat  pu&ra 
fradadäiti  yat^aca  nara  irista  vlspanqm  avaratnqm  saitatai- 
fanqm  avi  he  frazaintlm  frajHöit  pascaiti  namatauJiaiti  baoi- 
Ayeitaca  urväsnyd. 

Soll    aus   dem  Bayän  Yast   stammen.     Vgl.  West  SBE. 
37,  471.     Pn.  ist  nicht  beigegehen. 

18)  160,  10:  yat  aete  yö  mazdayasnö  aparanäyükö  avi 
h^  hapta  sarada  frajasäiü  stahrpaesarahö  aitoydfaJidnö  paitii 
maidyäi  büjyamanö  avi  h^  nara  pascaiti  namarahanti. 

Quelle  wie  für  Nu.  17.     Vgl.  West  SBE.  37,  471,  Bthl. 
IF.  11,  128. 

19)  179,  6:  ^)yezi  nairika  aetdhe  apu&rtm  ujustanam 
nijasaiti  daf  he  pu&rqm  6a&wdrö  mdhyanqmca  upa  dasa 
ayaranqm  nöit  bavaiti  avai  he  daxma  nöit  upaiaharazdt 
a^taf  he  ndirka  pas^a  dvadasa  xmprdt  haom  tanüm  yaoi- 
dditi  karanaoiti  yezi  pasciti  ca'dwdrö  mdfahö  pairi  dasa  ayara 
bavaiti  aete  yö  mazdayasna  aetahe  daxma  uparaharazaüi  äat 
he  ndirika  pasca  caäwdrasta7nca  ayaranqmca  haom  ta{lSOy 
nüm  yaozdaitt  spitami  zara&tistra^). 

Ohne  Quellenangabe. 

1)  Ptt.:  hakar  ndirlk  dn  (i)  öi  apuslh  uzustdnih  apB 
raset  Btön  dn  pusar  4  mdh^)  apar  10  röc^)  nä  bav6t 
dn  (t)  öi  rist  andar  daxm  ne  apar  hiliin  etön  dn  ^ndi- 
rik  pas  hac  12  sap  dn  i  x^is  tan  yöiddsr  kunend  ha- 
kar pas  hac  4  mdh  u  10  röc  ku  vei  bavet  etön  öi  ke 


1)  Das  soll  heissen:  "Wenn  eine  Frau  mit  einem  toten  Kind 
niederkommt,  soll  man  das  Kind,  sofern  es  noch  nicht  vier  Monate 
und  zehn  Tage  alt  ist,  nicht  zum  Daxnia  hringen,  die  Frau  aber 
soll  ihre  Reinigung  nach  zwölf  Tagen  vollziehen.  Wenn  dagegen 
(seit  der  Empfängnis)  schon  vier  Monate  und  zehn  Tage  vergangen 
sind,  sollen  die  Mazdayasna  es  (das  Kind)  zum  Daxma  bringen 
und  die  Frau  soll  sich  nach  vierzig  Tagen  reinigen,  o  Sp.  Z.**  — 
Also  DooTmabestattung,  sofern  schon  Kindsregungen  zu  spüren  waren, 
sonst  nicht. 

2)  Für  mähyanqmva.    V^l.  Y.  i.  17  und  oben  S.  98  No.  2. 

3)  S.  zu  Nu.  9. 


Arica  VIV.  101 

mazdayasn  ö  öi  rist  pa  daxm  apar  hiUt  angäh  an  ke 
nairfk  pas  had  40  röc  x^'es  tan  yözdasr  kun^t  spitäman 
zartuSt, 

20)  180,  14:  aat  aoxta  ahurö  mazdd  yat  aete  yö  maz- 
dayasna  aet9m  srirdm  viistrdm  stahrpaesaiaham  hvqm  tanüm 
bada  p€U)infn  vaidhan9mca  hada  1)  vranö  paitaudmca  1)  pcLS- 
caiti  aiwydnihänO  ava  h€  maidyänam  hüjyamanö  aetam  zl 
srir^m  vastrdm  mainyü  täitdm  haca  mainyavanqm  däma- 
nqm  avi  me  fradadat  ahurö  mazdd  amva  ya^a  hs  D  varanö 
paitan9m^)  astimqnyan  hvavdxsaHahe  adaf  hada  he  vasta- 
ranqm  yaöida^anqm  frdyaza  vd  nizbaya  vä  ahurai  maz- 
dai  amasnqm  spantanqm  spitama  zara&uttfra. 

ÄDgeblich   aus   dem   Nikatum- Nask.     Y^L   West   SBE. 
37,  474. 

1)  Ptt.:  varavisnpan  (West:  'a  preserver  of  faith'). 

21)  184,  14:  aat  a^fahe  panca  ayara  hamaspaßtnaidam 
paiti  ratüm  spantayd  ai*mitöiM  jndtdhö  nöit  frasraüayöif. 

Soll  aus  dem  Nikatum  Nask  genommen  sein.    Vgl.  West 
SBE.  37,  475. 

92.     Ein    Fa  e  t>  a  -  F  r  a  g  m  e  n  t. 

Geldner  hat  im  GIrPh.  2,  9  darauf  hingewiesen,  dass  in 
der  Münchener  Bibliothek  unter  Cod.  Zend  35  sieh  ein  Va^ßa- 
Stück  befinde,  das  sich  mit  dem  von  Darmesteter  JA.  1886. 
S,  182  veröfientlichten  nicht  decke.    Es  hat  folgenden  Wortlaut: 

vae&a  daenyä  mdzdayasnöis  ahuramazda  mraot  tat 
naram  asavanam  paoiryö  frd  daranjayaiti  humatöibyascd 
hüxtöibyasca  hvarätöibyasöa  paiti  hüarsta  ,syaoihiavarazi  tia- 
r^tn  va  nairikiva  pu^am  va  iri&yat  haöi  spanam  naesyaeti 
hamat  haäa  nasa   uta  jainti  dva  nara  ha  staris  ha  harazis. 

Voraus  gehen  als  Einleitung  die  Worte:  pa  nqm  i  ya- 
zatan  dat  ta^)  datar  ohrmazd  en  nask  vaf^a  ^)  padtak  hac 
apastak  padtak  ^)pa  nqm  yazdqn  '^). 

Das  Stück  geht  auf  die  gleiche  Quelle  zurück  wie  §  1—8 
des  von  Blochet  Rev.  Lingist.  33,  87 ;  187  übersetzten  und  kom- 
mentierten —  leider  nicht  auch  edierten^)   Faei^ö- Fragments 


1)  lu  neapers.  Schrift  fbis ). 

2)  In  awestischer  Schrift  {Päzand). 

3)  Blochet  schreibt  a.  a.  0.  88:  "je  me  suis  borne  k  reproduire 


102  Christian  Bartholomae, 

in  einer  für  Darmesteter  gefertigten  Abschrift  der  Bibliothfeque 
Nationale.  Die  §  23 — 39  bei  Blochet  entsprechen  dem  von 
Darmesteter  a.  a.  0.  wieder  nach  einer  andern  Handschrift 
veröffentlichten  nnd  übersetzten  Stück.  —  Nach  der  Schrei- 
bung des  x^  mit  dem  Ä-Zeichen  (GIrPh.  1,  161)  zu  schliessen 
stammt  die  Münchener  Handschrift  aus  Iran.  Eine  mittelper- 
sische Übersetzung,  wie  sie  die  Pariser  Handschrift  enthält^ 
fehlt.  Der  Text  ist  erbärmlich  und  steht  etwa  mit  dem  des 
Vd.  auf  gleicher  Stufe.  Neu  ist  nur  eine  einzige  Form  darin : 
näeh't/aeti  (bei  Blochet  ebenso),  richtig  naisyaiti,  Futur  zu 
nayeiti,  =  ai.  nesydti;  vgl.  den  Konj.  des  ^-Aor.  naesat  Y. 
31.  20;  die  Pü.  freilich  will  nach  Blochets  Angabe  inüast 
kartan)  es  mit  nishiböit  usw.  in  Verbindung  bringen. 

93.     Yt.  8.  6  f.  und  37  f. 

Die  bezeichneten  Stellen  des  JUtr-Yait  enthalten  die 
älteste  Darstellung  der  Sage  von  Srdxsa,  dem  besten  Pfeil- 
schützen der  Arier  (Iranier).  So  oft  nun  auch  in  den  letzten 
Jahren,  seitdem  Nöldeke  ZDMG.  35,  445  in  Srdxsa  den  spä- 
teren Aris  wiedererkannt  hat,  darüber  geschrieben  worden 
ist  —  ich  führe  noch  an:  Darmesteter  ZendAv.  2,  415,  Justi 
Namenbuch  88,  Marquart  ZDMG.  49,  633,  von  Stackelberg 
ZDMG.  45,  621,  IF.  4,  152  — ,  so  fehlt  es  doch  noch  immer 
an  einer  grammatisch  richtigen  und  sinngemässen  Übersetzung 
jener  Awestastellen. 

Die  beiden  zitierten  Stellen  stimmen  nur  zu  Anfang  über- 
ein. Die  an  der  zweiten  gegebene  Schilderung  des  berühmten 
Pfeilschusscs  ist  wesentlich  ausführlicher,  schmuckreicher.  Ich 
setze  die  beiden  Versionen  (mit  den  Abteilungen  der  Neuaus- 
gabe) zum  Vergleich  neben  einander  her: 

(6  und  37)  .  .  tiyrU  mainyavasä 

yim  ardhat  draxHö  x§viwi,iSus 
xhnwLisvatdmö  airyanqm 
airyö.xmi^at  haca  qaröit 
x^anvanfdm  avi  gairlm 

tel  quel  le  texte  de  mon  inanuscrit"  und  der  Wortlaut  des  'Com- 
mentaire'  setzt  an  verschiedenen  Stellen  diese  'Reproduktion*  voraus. 
Ist  sie  erfolgt?  und  wo?  oder  ist  es  bei  dem  Vorhaben  geblieben? 


Arica  XIV.  103 

(7)  t€ida    dim    ahurö    mazdd     (38)  avi  dim  ahurö  mazdd 
avqn  data  tat  ^p^  ^'^  avqn  amasd  spanta 

vardsia  vourugaoyaoitü  h€  mißrö 

pairi  sB  vouru.gaoyaoitw  pouru  pantqm  fracaeia^- 

midrö  froiayat  pantqm  t^m 

ä  dimpasküt  anumardza- 

tdm 
aäisca  vamihi  hardzaiti 
parandica  raora&a 
vlspam  ä  ahmat  yat  aim 
paiti  apayat  vazamnö 
x^'anvantam  avi  gairim 
x^anvata  paiti  nirat 
Die  vier  Zeilen  zu  Anfang  von  §  7  and  38  sind  ebenso 
bemerkenswert  durch  ihre  Übereinstimmungen  wie  durch  ihre 
Abweichungen.     Ein  bezeichnendes,  sonst  nicht  vorkömniliches 
Wort  ist  ihnen  gemeinsam,  d.  i.  avqn, 

avqn:  Geldner  KZ.  25,  477  hat  sieh  um  die  Erklärung 
des  Worts  tlberhaupt  nicht  bemtlht,  da  er  aus  metrischen 
Gründen  sich  berechtigt  glaubte,  es  als  wertlose  spätere  Ein- 
schiebung  anzusehen.  Justi  hatte  im  Handbuch  avqn  zusam- 
men mit  einigen  anderen  Verbalformen  unter  einem  Verbal- 
stamm av-  eingestellt,  dem  er  die  Bedeutung  ^gehen,  sieh  wen- 
den zu  — *  beilegt,  aber  gleichzeitig  das  ai.  av-,  dvati  vergleicht. 
Demgegenüber  behauptet  Gcldner  KZ.  25,  515,  dass  es  '^eine 
Verbalwurzel  av  im  Zend  nicht  gibt;  alles  was  Justi  unter 
av  zusammenträgt,  gehört  zu  i  +  ava  oder  dem  Pron.  ava'*\ 
Das  ist  nur  zum  Teil  richtig.  Welche  der  von  Justi  unter 
av-  verzeichneten  Wortformen  zum  Pronomen  ata-  gehören 
sollen,  weiss  ich  nicht.  Zum  Verbum  ay-  'gehen'  mit  ava 
gehören  avaiti  Yt.  8,  20  (=  26),  IS.  16,  14,  12,  avditamYi. 
13,  77  (wofür  Justi  avatam  las;  doch  s.  schon  mein  Air.  Ver- 
bum 47,  §64),  avain  Y.  57,  23  (=  Yt.  IL  14)  und  avaen^) 
V.  19.  13.  Die  Ableugnung  eines  awestischen  dem  ai.  avati 
entsprechenden  Verbums  avaiti  war  aber  falsch,  wie  sich  jetzt 
mit  Sicherheit  erweisen  lässt,  und  zwar  aus  N,  (Nirangastän)  S, 
Die  Stelle  lautet:  katdram  aßrava  (so  H.)  aäaunmam 
vä  parayai   gaidanqm   vä  asparanö    avat?  —  gaP.ßanqm 


1)  D.  i.  *ava-ydn,  s.  ai.  prdti  yan  RV.  S.  4.  5 


104  Christian  Bartholomae, 

(i8p9ranö  avöif.  D.  i.  "Soll  ein  Priester  auf  Priesterdienst 
aus  fdeni  Haus)  gehen  oder  soll  er  für  die  Vollständigkeit 
(Integrität)  seines  Hausstands  sorgen?  —  Er  soll  für  die 
Vollständigkeit  seines  Hausstands  sorgen".  Pü.  bietet  für 
avat  und  avöit  aydwarlnet^).  das  wieder  mit  sardärih  Jcu- 
net  erläutert  wird^). 

Ebendazu  ist  meiner  Meinung  nach  auch  avämt  zu  stellen 
in  der  Gai^asteWe  44,  7. 

azam  tais  '&wa  fra^snl  aräml  mazdd 
sp^ntä  mainyü  vlspanqm  dafär^m 
d.i.  "ich  (sorge  =)  bestrebe  mich,  dich  damit,  o  Mazdähj 
durch  den  heiligen  Geist  als  den  Schöpfer  aller  Dinge  ken- 
neu zu  lernen".  Die  Tradition  hat:  man^)  öidn  hac  tö  vas 
ayawärih  menem  ohrmazd,  spricht  also  zu  Gunsten  meiner 
Fassung. 

Dagegen   ist  aomna  Yt.  13,  146  ds  IS.   zu  aoman  (= 

ai.  Oman)  zu  nehmen,  und  nicht  mit  Darmesteter  ZendAv. 

2,  555  als  Partizip,  da  Medialbildungen  zu  unserm  Verbum 

im  Arischen  sonst  nicht  vorkommen;  s.  Delbrück  AiSynt.  231. 

Zu  diesem  Verbum  würde  sich  avqn  als  3.  Plur.  Konj. 

ziehen   und    der  Thatsache,    dass   avqn   in   erzählendem  Sinn 

genommen  werden  muss,  durch  den  Hinweis  auf  GIrPh.  1 ,  57 

§104  No.  2  begegnen  lassen.     Aber  eine  3.  Plur.   ist  nicht 

am  Platz,  wir  brauchen  eine  Singularform. 

Für  den  Gebrauch  des  Plurals  an  der  Stelle  Yt.  8.  7 
würde  man  sich  ja  allerdings  auf  die  von  Delbrück  AiSynt. 
85  angeführte  RV.-Stelle  10.  108.  10:  indro  vidur  diigira- 
Husca  berufen  können.  Aber  erstlich  bildet  der  Fall  doch 
eine  Ausnahme  von  der  Regel,  dass  bei  Subjekten  verschie- 


1)  S.  unten  Anhang  (S.  107). 

2)  Hätte  Foy  ZDMG.  54,  345  diese  Stelle  berücksichtigt,  so 
würde  er  die  Bedeutung  von  ga^ä-  f.  doch  wohl  etwas  anders  be- 
stimmt haben  als  dort  geschieht.  Pü.  erläutert  gShänlkän  öspurüclh 
ayäwärlnet  mii  x^'ästak  sardärih  kunet  und  fügt  hinzu:  ast  etar 
jfüdtäk  ku  x^'äsfak  sardärih  veh  ku  ehrpatistän  kartan  "es  geht 
daraus  hervor,  dass  das  Vermögen  bewahren  besser  ist  als  Priester- 
dienst verrichten".  Eine  durchaus  praktische  Lebensauffassung!  — 
Auch  yät9m  gaedanqra  V.  19.  29,  F.  4  f.,  A.  5.  11,  ist  bei  Foy  falsch 
gefasst;  vgl.  Uübschmann  Arm.  Gramm.  1,  232,  Bthl.  IF.  11,  141, 
AirWb.  unter  ^yäta-. 

3)  Vgl.  ArtäVirÄf-Gloss.  55  No. 


Arica  XIV.  105 

deuer  Nnmeri  sich  das  Verbum  nach  dem  iiächststelieiiden  Sub- 
jekt richtet,  und  dann  sind  die  Sätze  indro  vidur  äiigirasasca 
und  tada  dim  ahurö  mazdä  avqn  data  tat  apö  urvardsfa 
doch  keineswegs  gleichartig  gebaut.  Dort  sind  die  Subjekte 
durch  ca  verknüpft  und  es  geht  das  Verbum  dem  pluralischen 
Subjekt  unmittelbar  voraus.  Hier  dagegen  haben  wir  Asyn- 
dese  und  Trennung  des  Verbums  von  dem  pluralischen  Sub- 
jekt durch  ein  singularisches  Attribut  des  singularisehen  ersten 
Subjekts  und  noch  durch  ein  weiteres  Wort. 

An  der  zweiten  Stelle  mit  avan  Yt.  8,  38  scheint  auf 
<len  ersten  Blick  Singular-  und  Pluralform  gleich  gut  zu  pas- 
sen, insofern    das   singularische  Subjekt   unmittelbar  vor,    das 
ploralische  unmittelbar  hinter  dem  gemeinsamen  Verbum  steht. 
Nelimen  wir  aber  die  folgenden  Zeilen  hinzu  und  vergleichen 
wir  die  Parallelstelle  Yt.  8.  7,  so  müssen  wir,   meine  ich,   zu 
dem  Schluss  gelangen,  1)  dass  auch  hier  avqn  singularisch  zu 
fassen  und  2)  dass  amasd  spanta  als  Einschiebung  zu  betrach- 
ten ist,    die  wahrscheinlich  ein  oder  einige  andre  Wörter  ver- 
drängt hat.     Das  dualische  Verbum  in  Zeile  4  des  §  3H  ver- 
langt notwendig  neben  mhh'ö  noch  ein  zweites   s  i  n  g  u  1  a  r  i- 
8  c  h  e  s  Subjekt.    Das  könnte  wie  man  angenommen  hat,  ahurö 
mazdä  der  Zeile  1,    es   könnte  aber  auch  ein  anderes,    etwa 
ra^nus  razütö  sein,  das  im  Urtext  an  Stelle  von  am<iM  spanta 
stind.     Jedenfalls  lässt  sieh  amakä  apanta  mit  dem  folgenden 
Verbum  fracaemetam  gar  nicht  vereinbaren.     Aber  auch  wenn 
wir  die  ersten  beiden  Zeilen  gesondert,  ausser  Zusammenhang 
mit  den  folgenden  betrachten,    erwecken  sie  schwere  syntak- 
tische Bedenken.     In    auch    nur   halbwegs   guten   awestisclieii 
Texten  kommt  eine  solche  Satzverbindung,  wie  sie  hier  unter 
der  Voraussetzung  richtiger  Überlieferung  vorläge,    nicht  vor. 
Entweder  niüsste  avi  oder  avi  dim  vor   dem  zweiten  Satzteil 
wiederholt  oder  es  müsste  amdid  spanta  mit  uta  oder  mit  ca 
angeschlossen  sein.     Man  vergleiche  Darmesteters  Übersetzung: 
"'Ähura  Mazda   lui   donna  assistance,    et   aussi  les  Amesha- 
Spantas";    für    ihn    existierten  eben  keine   grammatischen  Be- 
denken. 

Fragen   wir  nun  aber,    wie  die  Abschreiber  (oder  Dias- 

keuasten)  auf  die  Einfügung  der  beiden  Wörter  amasä  spanta 

gekommen  sind,  so  finden  wir  die  Antwort  bereits  bei  Geldner 

KZ.  25,  481.     Es  war  die  Erinnerung  an  Y.  57,  23,  Yt.  IL 


106  Christian  Bartholomae, 

14,  V.  19,  13,  wo  avain  oder  ava^n  (mit  der  Variante  avqn) 
amdsd  8p9ntay  der  wir  unsem  unpassenden  Text  verdanken. 
Einen  Versuch  den  ursprünglichen  Text  herzustellen  mache  ich 
nicht,  er  ist  ja  doch  aussichtslos. 

Ist  avqn  3.  Sing.,  so  niuss  es  ein  stammhaftes  n  ent- 
halten, wohinter  das  suffixale  t  nach  GIrPh.  1,  §  85,  1  ge- 
schwunden ist.  Ich  zerlege  avqn  in  iran.  *a^a,  Praev.  -{-^an 
oder  *ati  (mit  Augment),  d.  i.  3.  Prät.  Akt.  zum  ai.  Präsens 
dniti  'er  atmet',  und  zu  ai.  änit  sich  verhaltend  wie  jAw.  as 
oder  äs  zu  ai.  ästt.  Die  Bedeutung  ist  'er  atmete  hin  auf  — , 
er  richtete  den  Atem  auf  — '.  Zu  Yt.  8.  38  geht  noch  das 
Präverb  avi  voraus,  ohne  dass  die  Bedeutung  dadurch  wesent- 
lich modifiziert  würde.  Das  Objekt  ist  an  beiden  Stellen  dim, 
das  man  fälschlich  auf  ardXHa-  den  Pfeilschtttzen  bezogen  hat. 
Vielmehr  geht  dim  auf  tiyray-  das  Pfeilgeschoss.  Nur  so 
kommt  man  mit  dem  Folgenden,  insbesondere  mit  nirat  in 
Ordnung,  s.  unten.  Der  Zweck  des  Beatmens  ist,  die  Flug- 
geschwindigkeit und  dauer  des  Pfeils  zu  erhöhen. 

nirat  wurde  bisher  gänzlich  raissverstanden.  Es  ist  nicht 
Ablativ-,  sondern  Verbalform,  und  zwar  3.  Sing.  Prät.  Akt.  in 
thematischer  Flexion  zum  Präsensstamm  iyar-  :  fr  des  Ver- 
bums ar-  '(sich)  in  Bewegung  setzen'  mit  dem  Präverb  ni\ 
vgl.  tratü  Y.  53.  8  und  nire  (Inf.)  Y.  10.  17.  nirat  (nait  t 
für  i  wie  so  oft)  bedeutet  'er  (der  Pfeil)  kam,  sank  herab,  zu 
Boden'. 

Danach  übersetze  ich: 

(6  und  37:)  ".  .  der  im  Raum  der  Geister  sich  bewegende 
Pfeil,  den  der  Pfeilschütze  Sr^xm  schoss,  der  beste  Pfeilschütze 
unter  den  Airyay  vom  Berg  Airyö.xsu&a  aus  hin  zum  Berg 
X^'anvant. 

(7 :)  "Da  richtete  Ahura  Mazdöh  auf  ihn  (den  Pfeil)  den 
Atem,  da  die  Wasser  und  Pflanzen,  Miiha,  der  Herr  der  weiten 
Fluren,  bahnte  ihm  den  Pfad." 

(38:)  "Auf  ihn  (den  Pfeil)  richtete  Ahura  Mazddh  den 
Atem ;  .  .  und  Midra,  der  Herr  der  weiten  Fluren,  die  beiden, 
bereiteten  ihm  weithin  den  Pfad.  Hinter  ihm  drein  flogen 
begleitend  die  gute  hohe  Amy  und  die  auf  leichtem  Wagen 
fahrende  Far^nday,  so  lang  bis  dass  er  dahinschiessend  zum 
Berg  X^'anvant  gelangte.  Auf  dem  X^'anvant  kam  er  zur 
Erde". 


Arica  XIV.  107 

Anhang.     Zu  mp.  ayatcäVy  Päz.  ayür,  np.  yär. 

Als  iranische  Grundlage  der  obigen  Wörter  kann  an  sich 
ebensowohl  *adia'bära'  als  *abia'hära'  augesetzt  werden.  An 
der  Verbindung  der  beiden  Präpositionen  av.  *adhi  und  *ähhi 
mit  (folgendem)  *a  wird  man  sich  nicht  stossen  dürfen.  Im 
Altindischen  ist  sie  ja  nichts  weniger  denn  selten,  wie  man 
sich  ans  den  Wörterbüchern  überzeagen  möge;  s.  dazu  Del- 
brtick  AiSynt.  439.  Aus  dem  Awesta  führe  ich  aitoydstui  an^ 
mit  *abhi  und  ♦ö;  s.  unten  S.  119  zu  N.  9. 

Ich  nehme  an^  dass  iran.  d  und  b  vor  %  im  Mittelpersi- 
sehen  frühzeitig  verloren  gegangen  sind.  Für  inlaut.  b  lässt 
das  ja  auch  Hübschniann  gelten,  vgl.  dessen  Fers.  Stud.  183 
(zusammen  mit  IF.  9, 269).  Danach  führt  mp.  gtret,  np.  gfrad 
'er  ergreift'  auf  ein  iran.  *grbiati,  dessen  b  zu  einer  Zeit  aus- 
gefallen sein  muss,  als  der  Wandel  von  iran.  ri  zu  mp.  ir 
noch  nicht  zum  Abschluss  gekommen  war,  s.  Hübsehmann 
a.  a.  0.  145  f.  Aber  sonst,  ausser  in  der  Stellung  hinter  6, 
soll  nach  Hübschmann  in  der  Verbindung  eines  Konsonanten 
mit  I  im  Inlaut  stets  der  letztere  Laut  (|)  gefallen  sein  (s. 
ebd.  152,  IFAnz.  10,  21).  Auch  d,  daher:  ''miyan  'Mitte'  = 
*midan  =  *inadyan".  Bei  Hübschmanns  übrigen  Beispielen 
handelt  es  sich  um  iran.  ari,  ani  und  ahi.  Es  seiiliesseu 
sich  diese  Gruppen  unter  einander  dadurch  enger  zusammen, 
dass  mit  dem  Schwund  des  i  eine  ümfärbung  des  voraus- 
gehenden a-Vokals  nach  der  i-Seite  zu  Hand  in  Hand  geht; 
cf.  mp.  erän,  menük,  veh^)-^  s.  Httbsehmann  a.  a.  0.  181,  129, 
IFAnz.  10,  22.     Für  adi  aber  kann  das  doch  nicht  gelten. 

Da  d  (d)  und  y  im  Pahlavi  der  Bücher  das  gleiche  Zeichen 
haben  und  da  d  (d)  zwischen  Vokalen  späterhin  zu  y  gewor- 
den ist,  so  lässt  sich  etwas  durchaus  Sicheres  für  die  Gestal- 
tung eines  inlautenden  ir.  di  leider  nicht  ermitteln.  Ich  meine 
aber,  es  sei  an  sich  schon  wahrscheinlicher,  dass  iran.  -di- 
die  gleichen  Wege  wie  -fei-  gegangen  ist;  ich  nehme  also  für 
np.  miyan  die  Reihe  so  an:  *madiana-  =  mp.  mayiin  = 
(Päz.,)  np.  miyan.     Und    eine  gewisse  Stütze   für  meine  Au- 


1)  Dazu  vielleicht  auch  np.  kihj  mih  und  ser  (aus  .ve/ir),  für 
die  dann  sehr  zeitiger  Übergang  von  &  m  h  anzunehmen  wäre; 
6-  dazu  IFAnz.  10,  22  f.    Alt  ist  er  ja  sicher. 


108  Christian  Bartliolomaef 

schauung  finde  ich  in  Päz.,  np.  jan-  'anima'  (Seele  —  Lebeu). 
Hübschmann  schreibt  Pers.  Stud.  49:  "Ich  setze  (np.)  jan 
'Seele'  =  skr.  dhyana-  'Nachsinnen' ".  Dem  kann  ich  beistim- 
men. Aber  ich  bezweifle,  dass  np.  jan  auf  dem  S.  152  an- 
gegebenen Weg  aus  iran.  *diana'  hervorgegangen  ist,  nämlich 
auf  dem  Weg  unmittelbaren  Wandels  von  di-  zu  /-,  wie  ihn 
auch  Hörn  GIrPh.  1  b,  73  lehrt.  Die  Richtigkeit  der  Hübsch- 
niannschen  Etymologie  voraussetzend,  stelle  ich  vielmehr  fol- 
gende Entwicklungsreihe  auf:  iran.  *diäna-  =  mp.  yan  =  Päz., 
np.  jan  (mit  dem  bekannten  Übergang  von  anlautendem  y-  in 
j').  Ich  habe  es  so  nicht  nötig,  für  das  anlautende  di-  eine 
andere  Gestaltung  zu  verlangen  als  ftlr  das  inlautende,  und  ich 
vermeide  so  des  weiteren  die  Annahme  eines  Lautübergangs 
di-  =  /-,  der  auf  iranischem  Gebiet  ohne  Parallele  ist  und 
seine  Aufstellung  vielleicht  doch  nur  der  Erinnerung  an  das 
arm.  mej  ''Mitte',  das  mi.  ajja  ''heute'  usw.  zu  verdanken  hat. 

Die  Schwierigkeiten,  die  Hübschmanns  Etymologie  des 
np.  jan  von  Seiten  des  kurd.  und  im  Dialekt  von  Slwand  ge- 
bräuchlichen gan,  sowie  von  seiten  des  syr.  Lehnworts  gya- 
Tiacanpür  (sva.  np.  janavsipar;  s.  Nöldeke  WZKM.  11,  187) 
erwachsen,  verkenne  ich  nicht.  Allein  der  Versuch,  eine  ge- 
meinsame Grundform  für  np./Äw,  knrd,  ga7i  und  das  aus  dem 
syr.  Lehnwort  zu  erschliessendc  mp.  *gyan  zu  ermitteln,  muss 
ja  von  vornherein  für  aussichtslos  gelten,  wenn  man  alle  drei 
Wortformen  als  rein  lautliche  Entwicklungen  daraus  herleiten 
will.  Ich  glaube,  man  darf  bei  mp.  yan  (aus  iran.  *diana') 
als  gemeinsamer  Grundform  stehen  bleiben,  sofern  man  es 
zulässt,  sowohl  in  gan  als  in  *gyan  den  Einfluss  eines  später 
untergegangenen  Worts  für  'Leben'  zu  erkennen,  das  mit  g 
anlautete,  wie  das  Aw.  Wort  dafür:  gaya-.  So  würde  *gyan 
als  Beweisstück  gegen  Hübschmanns  Regel:  iran.  di-  =  mp. 
j-  zu  verwerten  sein. 

Dass  ein  iran.  *abiäbära-  oder  "^adiabära-  die  Bedeutung 
'Helfer'  gewinnen  konnte,  wird  man,  denk  ich,  zugeben;  vgl. 
jAw.  hairiita-  'der  am  besten  hegt,  pflegt,  beisteht'  (Gegen- 
satz von  nijaynüta-y  Yt.  12.  7),  gAw.  aibi.bairista-  'der  zu- 
träglichste, am  meisten  frommende'  Y.  öl.  1  ^).     Ebenso  halte 

1)  Fr.  Müllers  Ansatz  eines  iran.  *a^iähara-  (WZKM.  5,  67) 
führt  nicht  zum  Ziel.  Aus  "^ayi^  wäre  *öy^  hervorgegangen,  vgl. 
np.  jöi  'Kanal*  :  ai.  yavyä-  f.  Tluss',  mp.  höy  (höyak)  =  ai.  savyä-^ 


» 


^^^^^^^P  109 

ich  micli  nach  den  obeu  gegebenen  Auafllbrungen  für  bevedi- 
tigt,  daraus  ein  mp.  aydwär  herzuleiten,  dessen  'AUegro'lürm 
im  Päz.  ai/är,  im  Np,  yär  ergeben  hat.  Die  np.  'LentoYorm 
eines  rop.  *af/att>ar  mlisste  *i/avar  lauten,  ich  stimme  mit 
Kr.  Müller  WZKM.  5.  66  und  H (Ihse.hmaün  Pers.  Siud.  lös 
in  der  Annahme  ilberein,  dasa  das  wirklich  bezeugte  i/iitnir 
mit  dem  gleich  bedetttenden  yar  in  der  angegebenen  Weist'  v.a 
v».Teinigeii  and  nicht  mit  Hörn  Np.  Et.  251,  GIrPh.  1  b,  55 
aU8  yarrar  herauleiten  ist.  Hörn  ist  gezwungen,  einen  finist 
nicht  nachweislichen  Ausfall  des  r  zu  postulieren.  Ancli  von 
einem  dissimilatoriecben  Ausfall  des  r  kann  nicht  die  Heile 
sein.  Ist  ja  doch  die  Lautfolge  -rr-r  ganz  geläutig,  vgl,  harrar, 
harrtlr,  sarvar  usw.  leh  halte  dafür,  dass  das  im  Sn.  I ,  I  l'6, 
V.  lin  bezeugte  i/arvar  'Helfer'')  durch  Verschweissnng  von 
yar,  der  Allegro-  und  yüvar,  der  Lentofotm  entstanden  ist 
—  ähnlich  etwa  wie  das  Seheffcische  Verlurst  — ,  wobei  das 
Suffix  vor  nnteratiltzeud  mitgewirkt  hat. 

So  kommen  wir  aehliesslieh  zur  Frage:  was  steckt  in 
dem  np.  t/ar,  yßvar'i  Ar,  *abhi  oder  *adhi'?  Sie  wird  meines 
Eracbtens  entschieden  durch  das  insndäische  Lehnwort  udy- 
aura  "Helfer",  auf  das  Nöldeke  Mand.  Gramm.  41S  No,  auf- 
merksam gemacht  hat;  s.  auch  Hübschmann  Pers.  ätud.  1Ü6 
No.  Nach  Nflidekes  gUtiger  Mitteilung  vom  28.  10.  üU  steht 
der  Annahme  "nichts  im  Wege,  dass  auch  bei  der  Aussprache 
adjäura  ein  pers,  *adjämar  i)der  *adijawar  zu  Grunde  liegt; 
die  kleinen  Veränderungen  waren  im  arauiSiseheii  Mmuie  not- 
wendig". Die  Herieitung  des  LW.  aus  einem  nip.  *adyäwar 
wtlrde  uns  zwingen,  die  Entlehnung  in  eine  ausserordentlich 
frühe  Zeit  zu  verlegen,  da  d  vor  y  noch  unversehrt  war.  Ob 
das   angängig  ist,    ent7.ieht  sieh    meinem  Urteil.     Es  ii<t  aber 

jAw.  hiioyo-.  Mit  np.  frai  'König',  l'lur.  kayän  gegenüber  j.'\w.  kava, 
kaoyam  <Geii.  Plur.)  hiit  ex  jedenfalls  eine  bebriudere  Bewandtnis. 
HäliBchiiianns  Erklärung  in  Per§.  Stud.  169  ~  auch  bei  Hörn  OlrPh. 
1  b,  36  --  scheint  mir  fraglich.  Zum  up,  xäya  bei  Hörn  h.  b,  O.  34 
s.  Hübschuiftiin  IFAnz.  II,  20  (wo  aa  Ende  Grdr.«  I,  1B8  nu  lesen 
iBi).  —  Ranz  falsch  ist  (ieldnera  Meinung,  KZ.  30,  401,  von  einem 
^aidyü-däta'  auf  inp.  ayyär  (so!)  kommen  zu  können;  v^l.  Kl,.  1, 
16,  GlrPh.  1  b,  192- 

1)  Es  reimt  hier  auf  hwnar;    kommt    es    noch    sonstwo    vor? 

LWohl  nicht.     So  würde  nuch   ri:is  Wrshedürfnis  ganz  erheblich  ins 

lOewicht  fallen. 


110  Christian  Bartholomae, 

ebensogut  erlaubt,  *adiawar^  oder  *adi{y)atoar''  aufzustellen. 
Der  Wechsel  zwischen  y  und  i  (iy)  am  Ende  zweisilbiger  Prä- 
positionen vor  Vokalen  ist  ja  ganz  gewöhnlich  —  vgl.  z.  B. 
jAw.  pairi.aojastarö  V.  4.  10  PtiZ.  und  np.  peröz  (aus  *pary^y 
IFAnz.  10,  28);  Sievers  Festgruss  Roth  203,  ferner  GIrPh.  1, 
181  (12)  und  unten  — ,  und  dass  mp.  Wörter  mit  d  aus  iran. 
d  vor  dem,  dass  d  m  y  tiberging,  ins  Semitische  aufgenom- 
men worden  sind,  steht  ja  vollkommen  fest;  vgl.  Hom  GfrPh. 
Ib,  44. 

Hübschmann  Pers.  Stud.  6,  IFAnz.  23  scheint  allerdings 
die  Existenz  einer  dem  ai.  ädhi  entsprechenden  Präposition 
(usw.)  fttrs  Iranische  überhaupt  in  Abrede  stellen  zu  wollen. 
Aber  der  Satz  ^'adhi  das  weder  im  Zd.  noch  im  Ap.  vor- 
kommt" ist  doch  nicht  zutrefTend.  Freilich^  mit  dem  bei  Dar- 
mesteter  ZA.  3,  109  als  letztem  Wort  von  N.  46  gegebenen 
adi  ist  es  nichts^),  aber  das  ap.  ähifrastadiy  Bh.  4.  14  ent- 
hält doch  sicher  das  ar.  *adhi  als  Postposition;  vgl.  BthL 
Handb.  89,  GIrPh.  1,  227,  IF.  9,  257.  Und  auch  in  gAw. 
aidyüM  Y.  40.  3,  aidyünqm  Y.  39.  2  (zitiert  Yt.  13.  154,  wo 
aidyunqm)  erkenne  ich  das  selbe  ar.  *adhi.  Ich  nehme  das 
Adjektiv  im  Anschluss  an  die  Pü.  zu  Y.  39.  2:  ayätoär  in 
der  Bedeutung  'helfend'  und  zwar  1)  'nützlich'  von  Tieren: 
pasukanqmca  .  .  daitikanqmca  aidyünqm  .  .  urunö  ''die  See- 
len der  zahmen  und  der  nützlichen  wilden  Tiere",  2)  'brauch- 
bar, tüchtig'  mit  Dat.  'zu-' :  daidl  .  .  aidyüi  vOstryäng  dard- 
gdi  .  .  haxmaine  "mach  .  .,  dass  die  Bauern  tüchtig  werden 
zu  dauernder  ...  Genossenschaft".  S.  mein  AirWb.  Als 
Stamm  setze  ich  aidy-ü-  an;  ü-  gehört  zu  avatdhe,  ai.  ävati 
usw.  (s.  oben  S.  103);  vgl.  zur  Bildung  ai.  adhihhü-,  adhibhü- 
Adj.  zu  bhdvati  usw.,  sowie  ütdye. 

Was  Hübschmann  IFAnz.  10,  23  über  die  Gestaltung  aus- 
führt, die  ein  ap.  *adiy  im  Mp.  lautgesetzlich  erfahren  musste, 
ist  richtig.     Ir.  *adi  kann  nicht  zu  mp.  e  werden,    und  doch 


1)  Das  Won,  Bomb.  Ausg.  91  b,  3  ist  überhaupt  kein  awesti- 
sches,  sondern  ein  mp.  Wort,  nämlich  eci  'auch  das*.  [Es  heisst: 
hahr  i  apän  apäd  hiliMi  .  .  ka  göwet  e  hac  cUiaya  daSämi  (usw.; 
Y.  66.  1)  täk  tava  ahuräne  ahurahe  (usw.,  Y.  68,  1);  ast  k€  tava 
ahuräne  (Y.  66,  1  am  Ende,  FrW.  7.  1)  e^  göwH,  D.  i.:  **.  .  indem 
man  das  Stück  Y.  66.  1  bis  68.  1  aufsagt.  Einige  fügen  auch  noch 
die  Formel  tava  ahuräne  usw.  hinzu".]  Vgl.Pü.zuV.5.36,Y.//.18u.ö. 


Arica  XIV.  111 

glaube  ich,  es  können  ap.  *adiy  und  nip.  e  etymologisch  zii- 
sammengebören,  und  zwar  auf  engste.  Sie  können  sich  näm- 
lich zu  einander  verhalten  wie  griech.  irpoii  und  irpoc  in  irpo- 
TiOf^cui  und  iTpocOr)cui;  s.  Brugmann  GrGr.^  142.  Aus  der 
alten  antevokalischen  Satzfonn  *proti  entstand  lautgesetzlich 
urgriech.  ♦irpOTC  und  weiter  im  Jon.  (usw.)  *7Tpocc  (s.  Brug- 
mann a.  a.  0.  101);  wurde  dieses  wieder  in  autekonsonan- 
tische Stellung  überführt,  so  ergab  sich  endlich  irpoc.  Ganz 
entsprechend  entstand  aus  den  beiden  antevokalischen  Satz- 
formen ar.  *abhi  und  *adhi  im  Mp.  frühzeitig  *ay,  das  wieder 
in  antekoBSonantische  Stellung  übertragen  zu  e  werden  musste. 
Sonach  können  zwischen  mp.  estät-an  und  ai.  *adhisthat'um 
{adhisfh'')  genau  die  nämlichen  Beziehungen  bestehen  wie  zwi- 
schen griech.  irpocGric-eTe  und  ai.  prdtidhas-atha,  und  ferner, 
es  kann  sich  mp.  &röC'imtan  (Mx.  65.  5,  GAb.  1.  15)  zu  mp. 
aioröi'initan,  np.  afröz-ad,  sowie  zu  jAw.  aitcLraoc-ayänte 
und  zu  ai.  abhiroc-ayati  durchaus  ebenso  stellen  wie  griech. 
irpocOiicu)  zu  irpOTiGricu). 

Ich  kehre  also  zu  Haug-Nöldekes  Vorschlag  (s.  des  letzteren 
Mand.  Gramm.  418  No.)  zurück,  das  öfter  vorkommende,  ad 
geschriebene  Präfix  mit  ai.  ädhi  in  Zusammenhang  zu  bringen, 
nur  dass  ich  es  nicht  adj  sondern  e  lese,  und  dass  ich  dieses 
e  ausser  mit  ädhi  auch  mit  abhi  verknüpfe.  8.  noch  Hörn 
GIrPh.  Ib,  158. 

Auf  die  diakritischen  Zeichen  der  Handschriften  ist  kein 
Verlass.  Der  Kopenhagener  Kodex  des  Mx.  hat  zu  65.  5  bei 
Andreas  68.  10  das  Zeichen  für  d.  Aber  die  Päzandlesung 
ist  airöz°  in  Awesta-,  eröz''  in  neupersischcr  Schrift.  Zu  GAb. 
entsprechend  ärvaz"  und  ^rö2°.  In  Jamaspjis  Glossary  (746  f.) 
ist  das  Wort  nicht  verzeichnet. 

Ein  weitres  Wort,  in  dem  ich  ein  gleiches  e  erkenne, 
ist  das  mp.  Verbum  erixtan,  ßrecinitan  mit  dem  dazu  gehö- 
rigen Nomen  ering. 

SBE.  18,  376  führt  West  ein  mp.  Wort  rakhfö  auf,  das 
er  mit  Veakened'  (''when  the  wind  is  weakened  and  paraly- 
sed  by  me")  übersetzt.  Ich  lese  vielmehr  rixt  und  sehe  darin 
das  genaue  Gegenstück  des  ai.  riJctd-,  PPfP.  zu  rindMij  und 
d^  jAw.  irixta-  in  huirixtam.  Eine  dialektische  Nebenform 
dazu  ist  in  rißak,  Hftakih^)  enthalten,   womit  das  Aw.  Sub- 

1)  So,  W/?^,  ißt  überall  (Y.  32,  7,  44.  2,  V.  2. 40)  zu  lesen ;  \^\. 


112  Christian  Bartholomae, 

stantiv  irixta-  n.  'Vergehen  (iKXeiipic  —  delictumY  übersetzt 
wird ;  vgl.  np.  gur^ftan  neben  gurextan,  np.  juß  gegenüber 
nip.  yuxt  und  Aw.  yuxta-  u.  a.  ra.,  bei  Hörn  GIrPb.  1  b,  79^). 
In  der  Zusammensetzung  mit  e  findet  sich  rinct  auch 
plane  geschrieben;  adratn  wechselt  mit  adrdatn;  vgl.  in 
Mills  Gäthäs  die  Pü.  zu  Y.  31.  3,  19,  47,  6,  51.  9,  ferner  Dk. 
8.  20.  61  (s.  unten),  Sg.  5.  26  und  Sg.-Vocabulary  242  a,  so- 
wie ArtäViräf-Ausgabe  145,  Zeile  2  (wo  sogar  ein  d=i-Zcichen 
zu  viel  gesetzt  ist).  An  allen  angeführten  GftOastellen  steht 
huxt  u  erixt  als  Erläuterung  von  pcUkardarän,  womit  rdn&i- 
hya,  rqnayd  übersetzt  wird,  d.  i.  'gerettet  und  preisgegeben, 
erlöst  und  verloren':  Sü.  hht  mddham  asuddliamca^).  Ander 


Darabs  Pahlavi-Vend.  27,  No.  3.    Mills  Gäthäs  bietet  einmal  rlsiak  (?), 
einmal  raspafak;  s.  S.  477. 

1)  Ich  benütze  die  Gelegenheit  zur  Besprechung  eines  Worts, 
das  bisher  gänzlich  miss verstanden  worden  ist.  Y.  30.  3  steht:  af 
tä  mainyü  paout^ye  yä  y§mä  x^afnä  asrvätdm  d.  i.  "und  die  beiden 
Geister  zu  Anfang,  die  sich  durch  Traumgesicht  als  ein  Zwillings- 
paar offenbarten".  Das  wird  übersetzt:  etön  an  i  har  2  menvk 
[ohrmazd  u  züräk]  etiän  fratuin  an  i  dn  m  ad  x^at  srüt.  Das  Wort, 
das  ydmä  übersetzt,  hat  alle  möglichen  Lesungen  und,  wie  y9mä 
selber,  Deutungen  erfahren.  Vgl.  z.  B.  Geldner  KZ.  28,  199;  405, 
BB.  12,  96,  Th.  Baunack  Stud.  1,  468,  Mills  Gäthäs  40,  437,  Darme- 
steter  ZA.  2, 221.  gAw.  y^mä  ist  «leich  ai.  yamd  ND.,  das  mp.  Wort 
aber  ist  yumäk  zu  lesen,  d.  i.  eine  Ableitung  aus  *yum  gleich  ai. 
yugmd'  1)  Adj.  'paarig',  2)  n.  'Paar,  Zwillingspaar*;  zum  Ausfall  des 
ar.  g  vor  m  s.  Hörn  GlrPh.  1  b,  60  (6  a).  Zu  Y.  10.  12,  wo  yumäk 
ebenfalls  vorkommt  und  zwar  als  Übersetzung  von  irira^ar»,  Per- 
fektform des  Verbums  räS-  'haften'  (s.  u.),  hat  die  Sü.  ganz  ver- 
ständig yuktah.  Zu  Y.  30.  3  freilich  hat  man  das  Wort  falsch  ge- 
lesen und  danach  mit  hhümandalam  wiedergegeben. 

Eine  andre  Ableitung  des  selben  *yuni  steckt  in  hamyumih, 
womit  hqm.irista  (Lok.  Sing.,  zum  Verbum  rö^,  s.  o.)  übersetzt 
wird;  keä  hamyumih  i  ösän  urvar  ke  guft  ku  ..  heisst:  "denen Ge- 
paartheit  (=  Verbindung,  Mischung)  mit  den  Pflanzen  ist,  die  .  .". 
Endlich:  ein  adverbiell  gebrauchtes  yum€v  (geschrieben  yum  1) 
'junctim'  findet  sich  §g.  4.  101,  14.  38,  39,  76.  Päz.  hat  ganz  richtig 
ßime,  und  ebenso  richtig  ist  die  Sü.:  samaväye  {4. 101),  saha.  Geld« 
ner  BB.  12, 96  hat  sich  durch  West  SBE.  24, 138;  228  irrführen  lassen. 
Zur  Bildung  des  Adverbs  s.  np.  häre,  gähi  bei  Hörn  GIrPh.  1  b,  163. 

2)  Geldners  Deutung  von  räna-  in  BB.  14,  15,  der  sich  Jack- 
son A  hymn  25  angeschlossen  hat,  ist  ebenso  falsch  wie  die  die  von 
Hang,  der  Roth  und  ich  gefolgt  sind;  vgl.  Justi  Preuss.  Jahrb.  SS, 
239  und  mein  AirWb. 


Arica  XIV.  113 

zitierten  §g.-StelIe  bildet  6rixt  ebenfalls  den  Gegensatz  zu 
buxt  (West  SBE.  24,  126  übersetzt:  '.  .  is  preserved  .  .  is  rui- 
ned*),  ebenso  an  der  in  der  ArtÄVlräf-Ausgabe  abgedruckten 
Stelle  des  Dk.  Die  Bedeutung  von  erixtan  ist  'im  Stich  las- 
sen, preisgeben,  dem  Untergang,  Verderben  aussetzen'.  Das 
passt  auch  Sg.  11.  256  {häkar  pa  vlna^karih  kas  erecfnltan 
^af^i  öi  erefinitan  sacaktar  k^  .  .)>  wo  West  wieder  'to  ruin' 
bat,  8(iwie  GAb.  9.  2,  4,  wo  Barthelemy  'confondre,  convain- 
ere'  bietet,  und  auch  für  das  einfache  rixt  in  SBE.  18,  376 
kommt  mau  damit  aus,  das  West  mit  Veakened'  übersetzt 
hat  (s.  0.).  S.  noch  unten  zu  F.  9.  Über  srixtakth  Dk.  8 
20.  61,  von  West  SBE.  37,  62  mit  'incrimination'  übersetzt, 
möchte  ich  mich,  bei  meiner  Unkenntnis  des  Originaltextes, 
nicht  äussern.  —  Die  gleiche  Bedeutung  hat  das  Aw.  raek- 
sowohl  allein  als  mit  paiti\  vgl.  Yt.  W.  41,  Y.  65.  7  und  Yt. 
14.41,  P.  ^)  40,  ferner  die  nominalen  Zusammensetzungen  mit 
irik'  Yt.  10.  75,  sowie  airtridinqm  Y.  66.  7.  Die  Annahme 
von  zwei  verschiedenen  Verbalbasen  raek-y  wie  sie  Hübseh- 
mann SBayrAW.  1872,  700  vorgeschlagen  hat,  ist  nicht  nr»tig 
und  nicht  richtig. 

Die  Zusammengehörigkeit  des  im  Päz.  arang  gelesenen 
mp.  Worts  adrnd*)  mit  dem  besprochenen  erixt  seheint  mir 
ganz  unzweifelhaft.  Ich  lese  es  daher  ering^  das  sich  nach 
seiner  Bildung  dem  ai.  äyunga-  des  SBr.  vergleicht.  In  den 
Übersetzungen  zum  Awesta  gibt  es  ^rf^yant-  wieder.  Es  kommt 
aber  auch  sonst  nicht  selten  vor,  vgl.  z.  B.  Sg.  11.  103,  13. 
3,  14,  1,  51,  15.  3.  Sü.  hat  für  ering  entweder  da»  selbe  \\'ort 
wie  für  i^rixt,  nämlich  amddhah,  oder  ein  Wort  von  ähnlicher 
Bedeutung.  Nur  an  einer  Stelle  dient  eri7ig  als  Übersetzung 
für  ein  andres  aw.  Wort  als  arayant-.  In  F.  9  steht:  urvae- 
dqj<  :  ering;  uru&idieiti  :  erixt.  Die  beiden  aw.  Wörter  sind 
jedenfalls  Formen  aus  dem  selben  Verl)ale ;  es  ist  also  an  zwei- 
ter Stelle  urvidyeiti  za  lesen,  tirvaed-  mag  etwa  'stürzen* 
besagen  und  mit  ai.  vllnätij  jAw.  urvinyaintls  Yt.  13,  33  (so 
zu    lesen,    s.   die  Var.)^)   zusammengehören,     urvaedqs   wird 


1)  Pursünlhä',  s.  Geldner  GIrPh.  2,  9. 

2)  Ganz  merkwürdig  ist  die  Lesung  aragdln  zu  Aog.  28. 

3)  urvinya-  :  ai.  vllnä-  =  griech.  kXiwo/c-  :  lat.  cLinä-,  Geld- 
ner  hat  die  viel  besser  bezeugte  Lesart,  die  zugleich  die  lectio  diffi- 
cilior  ist,  doch  wohl  nur  desshalb  nicht  aufgenommen,  weil  sie  ihm 

iDdo^ermanieehe  Forschungen  XII  i  u.  2.  g 


114  Christian  Bartholomae, 

'stürzend  =  zu  Grunde  richtend',  urmöyeiti  wird  'er  stürzt  = 
er  geht  zu  Grunde'  bedeuten.  Damit  lassen  sich  die  Über- 
setzungen gar  wohl  in  Einklang  bringen. 

Wie  ich  nun  das  np.  yar  beurteile,  so  auch  das  np.  yad 
'Erinnerung,  Gedächtnis'.  Das  Päz.  hat  dafür  ayatj  aber  im 
Mp.  lesen  wir  ayawät,  Dass  es  ein  jAw.  yata-  'Gedächtnis' 
nicht  gibt;  und  dass  darum  das  mp.  yat,  womit  zu  V.  J9.  29 
eben  jenes  angebliche  jAw.  yata-  'Gedächtnis'  übersetzt  wird, 
mit  dem  np.  yad  nicht  zusammengeworfen  werden  darf,  habe 
ich  schon  früher  ausgesprochen;  s.  oben  S.  104  No.  2.  Die  ar. 
Grundform  von  np.  yad  ist  mit  *ahh%abhatii  oder  *adhiäbhatii 
anzusetzen^  d.  i.  'Aufleuchten,  Zumvorscheinkommen',  zum  ai. 
V.  bhäti.  Die  Verknüpfung  dieser  Grundbedeutung  mit  *Erinne- 
rung,  Gedächtnis*  halte  ich  nicht  für  schwierig. 

Das  mit  ad  geschriebene  mp.  Wort,  womit  öfter  das  Aw. 
a  wiedergegeben  wird  —  s.  unten  S.  137  zu  Y.  8.  4  — ,  lese 
ich  äk,  das  wie  fraJc  —  s.  oben  S.  99  *)  —  zu  erklären  ist. 

94.     Nirangastän  10. 

Wer  sich  den  bei  Darmesteter  ZA.  3,  85,  in  der  Bom- 
bayer Ausgabe  Blatt  13a,  b  und  14a  abgedruckten  Abschnitt 
des  Nirangastän  oberflächlich  ansieht,  der  wird  Darmesteter 
ohne  weitres  Recht  geben,  dass  er  auf  eine  Übereetzung  ver- 
zichtet hat.  Die  Überlieferung  ist  in  der  That  greulich.  In 
der  Bombayer  Ausgabe  hat  der  awestische  Text  folgenden 
Wortlaut : 


grammatisch  anstössig  erschien.  Dergleichen  kommt  noch  öfter  vor, 
vgl.  GIrPh.  1,  §  3-20  zu  Jihät  Ny.  /.  1,  IF.  7,  226  zu  p9rdsaHe,  Zu 
Y.  //.  3  ist  die  schöne  3  Phir.  Med.  zänaite  'nascuntur*  —  so  Mf  2, 
K  5  u.  a.;  wie  hat  Pt  4?  — -  in  zänäife  Verbessert*.  Mein  AirWb. 
wird  genug  weitre  Beispiele  bringen. 

Im  Lauf  der  Jahre,  während  deren  ich  mich  bei  der  Ausar- 
beitung meines  AirWb.  eingehender  als  vielleicht  irgend  ein  an- 
derer Gelehrter  mit  der  Neuausgabe  des  Awesta  beschäftigt  habe, 
ist  mein  Urteil  über  den  Wert  der  Leistung  nicht  unerheblich  un- 
günstiger geworden.  Dass,  wie  es  allen  Anschein  hat,  die  Neuaus- 
gabe  trotz  aller  Versprechungen  bestimmt  ist,  unvollendet  zu  blei- 
ben, halte  ich  für  eine  schwere  Schädigung  der  Awestaphilologie, 
die  mit  den  Bemerkungen  zu  Anfang  der  Prolegomena  nicht  ent- 
schuldigt werden  kann. 


Arica  XIV.  115 

aat  hca  tqm  dba  aidrapaitim 
«   yenihe  nisritam  frdra 

ahianistriHm 
4    yezi  aat  ^6  nöii  aiysritlm  frara 

nöit  aini  aritim  üstryeite 
«    ya&ra  apdrayükö 

noii  hs  anisrü 
«    a^a  aiwyataham  ya&ra  ratus  dwayoidham  yafhra  apard- 
näyükö 
dhs  ai&sritim  staryeiti 
10    ada  yat  va  ya&ra  &waya7dhdm  va  dwayafdhdm  va 
Als  Varianten  der  Tahmuras-Handachrift  werden  ebd.,  Intro- 
dnction  28   nur  verzeichnet:    Zeile  2,    Wort  1:    yenhe.     Der 
letzte  Buchstabe  des  zinkographierten  Textes,    der  letzte  auf 
der  Seite,    ist  nicht  recht  deutlich.  —  Zeile  3:    ahi  anastri- 
Um.  —  Z.  5,  W.  3:  sritim.  —  Z.  5,  W.  4:  dstryenti.  —  Z.  8, 
W.  5:  9wyaidhdm,  —  Z.  9,  W.  1:  dhe.     Von  Belang  ist  keine 
derselben. 

So  scheusslich  aber  auch  die  Gestalt  des  Textes  uns  auf 
den  ersten  Blick  erscheinen  muss,  mit  Hilfe  der  Pahlaviüber- 
«etzung  und  der  Parallelstellen  lässt  sich,  glaub  ich,  doch  er- 
mitteln, nicht  nur  was  er  uns  sagen  will,  sondern  auch,  wie 
er  ursprünglich,  grammatisch  richtig  gelautet  haben  muss. 

Zeile  1:  Statt  hva  tqm  aha  ist  havatqm  nana  herzu- 
stellen. Es  folgt  dies  aus  der  Ptt.  und  dem  Vergleich  mit 
N.  13,  Blatt  22  a,  Zeile  8,  worauf  schon  Darniesteter  verwie- 
sen hat.     Hier  lesen  wir  (Bl.  21a,  bif.): 

1  yö  heapdrdmnäi  (lies:  he  üpdranamnäi)  nöit  vlsditi 
främrüiti —  2^^  Jie  pöurunqm  (lies:  he  pour°)  ae&rapai- 
tinqmäa  (streiche  ca,  s.  Var.)  afröxte  (lies  afraoxti)  dstry- 
eiti  nanänazdistö  (lies  nabän'',  s.  Var.)  —  ^aat  havatqm 
nana  yahmi  paranti  —  ^  vispaem  paranti  vispaesu  afröti 
(lies  afraoxti)  Ostryeiti, 

D.  h.  "Wenn  man  (einem  Schüler),  der  Einwendungen 
macht,  Auskunft  zu  geben  sich  weigert^),  wenn  der  Lehrer 
viele  sind,  wer  von  ihnen  versündigt  sich  dadurch  dass  ihm 
kein  Bescheid  wird?     Der  ihm  verwandtschaftlich  am  nächsten 


1)  Vgl.  zu  dieser  Bedeutung  unten  S.  137  zu  Y.  S,  4  und  ^rt- 
99mnö  P.  57. 


116  Christian  Bartholomae, 

steht.  Aber  Yon  mehreren  einander  gleichstehenden  der,  bei 
dem  er  den  Einwand  erhebt.  Jedesmal  wenn  Einwendung 
erhoben  und  kein  Bescheid  gegeben  wird,  yersttndigt  er  sieh/* 

Der  Inhalt  der  Stelle  scheint  mir  durchaus  klar,  und 
auch  über  den  Wortlaut  können  meines  Erachtens  keine  we- 
sentlichen Zweifel  bestehen,  apardmnai  wird  in  Pü.  mit  ö  öi 
i  patkärH  gegeben.  In  F.  4  c  treffen  wir  p9r9mndiy  das 
mit  patJcardar  übersetzt  wird.  Die  Form  gehört  also  sieher 
zu  den  entsprechend  mit  patkarltan  wiedergegebenen  Verbal- 
formen par9ne,  paranüne,  paranäite^).  In  der  überlieferten 
Gestalt  ist  sie  ein  grammatisches  Unding;  am  nächsten  liegt 
die  Lesung  aparandmnäi]  entsprechend  zu  F.  4  pardnamnai. 
Verderbt  ist  auch  das  zweimal  vorkommende  paranti.  Wie 
Zusammenhang  und  Übersetzung  —  das  erste  Mal:  an  Jci 
patas  patJcarety  das  zweite  Mal:  pa  harvispln  patkar  (s.  Var.) 
—  gleichmässig  zeigen,  gehört  es  mit  pdramnai  zusammen» 
Man  verlangt  an  erster  Stelle  eine  3.  Sing.  —  vielleicht  pa- 
rantCy  vgl.  varante,  GIrPh.  1,  204,  §  351  — ,  an  zweiter  den 
Instr.  Sing,  eines  Nom.  act.  —  etwa  paranti,  mit  dem  Präsens-n 
wie  lat.  junctim. 

Die  beiden  Wörter,  auf  die  es  uns  für  die  Stelle  N.  10 
ankommt,  sind  genau  wie  dort  hva  tqm  äba  übersetzt,  näm- 
lich aan  n  dn  ap  -f  Mnd  (oder  ömand).  Jamaspji  Gloss.  180 
liest  das  havand'Väzomand,  was  ''relating  to  a  proper  Bäjj 
keeping  silence'  besagen  soll.  Jedenfalls  steckt  havand  als 
Übersetzung  von  havatqm  darin;  der  Rest  ist  undeutlich;  s. 
unten  S.  117  No.  2.  Die  Bedeutung  von  havant-  ist  gleich- 
gross,  -viel,  -wertig',  im  Plur.  'einander  gleichstehend';  vgl.  V. 
8.  31,  32,  15.  14«),  7.  47,  49,  Y.  10.  13,  wo  es  wie  N.  10 
und  13  mit  hävand  übersetzt  wird.  Die  Stelle  ya^a  havat 
vae&at  N.  68y  wofür  die  Pü.  ka  etön  akäs  hat  bietet,  ist 
anscheinend  verderbt. 

Das  Wort  7iana  kommt  noch  Y.  48.  4  vor: 


1)  Dazu  gehört  doch  wohl  auch  als  ISKM.  pBra^näi  in  F.  10^ 
Pü.  will  allerdings  patkär  'Kampr. 

2)  Wo    zu    lesen:   havanti  (so!,  Jp  1,  Mf2)   aStahe  syaodnah^^ 
V9r9zyqn  nä6a  kainiöa  hana6a  'tantadem  ejus  facinoris  faciunt 
vir  et  puella  et  anus\  d.  i.  'einen  gleichgrossen  Schuldanteil  an 
That  haben  .  .'.    havanti  ist  APn.,  gebildet  wie  etävanti  usw.  in  d^^.^ 
Brähmanas;  s.  Whitney  Gr. 2  §  454  c. 


Arica  XIV.  117 

y^  dai  manö  vdhyö  mazda  asyasia . . . 
&tDdhmi  xrtxtd  apamdm  nana  arahat 
DasB  es  hier  mit  dem  ai.  Adverb  ndnä  zusammengehöre,  habe 
ich  schon  BB.  8,  213  ausgesprochen .  Aber  was  die  Strophe 
besagen  will,  hat  erst  Geldner  KZ.  30,  525,  530  erkannt*). 
Sie  bandelt  von  den  'Gemischten',  den  Hamistakan,  bei  denen 
sieh  Gut  und  Böse  die  Wege  halten  und  denen  darum  am 
Ende  der  Dinge  weder  der  vaMstö  atahus  noch  der  aöütö 
anhui  zu  Teil  werden  kann;  sie  kommen  vielmehr  an  einen 
dritten  Ort  für  sich:  "wer  sein  Denken  (jetzt)  besser  macht 
und  (jetzt)  schlechter  .  .,  der  wird  nach  deinem  Ratschluss 
zuletzt  abgesondert  sein". 

Ich  setze  für  Aw.  nanä  Adv.  zwei  leicht  zwei  mit  einan- 
der vermittelbare  Bedeutungen  an :  1 )  'an  einem  besonderen  Ort, 
abgesondert';  so  Y.  48.  4.  2)  ''an  mehreren  verschiedenen 
Orten*,  bei  attributivem  Gebrauch  sva.  'verschiedene,  mehrere'*). 
So  N.  IS  und  an  unsrer  Stelle,  wo  also  zu  übersetzen  ist: 
"aber  von  mehreren  einander  gleichstehenden  den  Lehrer", 
Pü.:  ka^)  havand  yut^)  Iund  an  JcS  ^hrpat.  Was  soll  damit 
gesagt  sein? 

Der  heimischen  Übersetzung  ist  eine  grössere  Erläuterung 
beigefügt:  söians  hai  6n  yad  padfaJcfnSt  ku  pa  sardanh  i 
pn^  u  duxt  i  cakariha  pit  i  cakarlha  sacäktar,  d.  i.  ''Sösäns 
hat  ans  dieser  Stelle  die  Erklärung  gefolgert,  dass  für  den 
Schutz  der  Kinder  der  (J^'afcarfrauen  der  Vater  der  (einzelnen) 
(?afcarfrauen  am  meisten  geeignet  sei."  Wegen  der  Bedeutung 
von  cakar  s.  SBE.  5, 143.  Wie  er  darauf  gekommen  ist,  ver- 
mag ich  dem  Text  nicht  anzusehen. 

DAS  scheint  mir  ganz  zweifellos:    Darmesteter   hat   die 
Scheidelinie  zwischen  §  9  und  10  des  Nir.   verfehlt.     Das  in 


1)  Die  neueste  Übersetzung  der  Strophe  bei  Gray  Aunals 
N.  Y.  Acad.  Sei.  12,  557  ist  nicht  glücklich.  Wie  soll  asyancä  'and 
more  righteous'  bedeuten  können?  Hier  hat  schon  der  Pü.  das 
fiichtige  gewusst. 

2)  Vgl.  ai.  aneka-  für  nänä  bei  ind.  Lexikographen.  —  Nach 

dieser  Bestimmung  von  nana  liegt  es  nahe  zu  vermuten,  es  sei  zu 

N.  10  und  13  die  Übersetzung  aan  n  dn  ap  für  havatqm  nana  aus 

««n  n  d-f-dn  dt  verderbt,  d.  i.  hävand  yut  (=  np.  jud^  gewöhnlich 

Juda,  in  Sü.  pftfuik  oder  vibhinnaft). 

3)  Hds.  mn  n  =  Ä:5;  die  Verwechslung  ist  sehr  häufig. 

4)  So  nach  der  Vermutung  in  No.  2. 


118  Christian  Bartholomae, 

Rede  stehende  Stück  gehört  noch  zu  §  9.  Darauf  weist  mit 
voller  Bestimmtheit  die  Aufeinanderfolge  von  nabanazdisUm 
und  äat  havatqm  nana,  die  ebenso  wie  in  §  15  zusammen 
genommen  werden  müssen. 

Ich  kann  nicht  umhin  zur  Begründuug  meiner  Behaup- 
tung auch  auf  §  9  einzugehen.  Hier  lautet  der  überlieferte 
Text  (Bl.  IIa,  Z.  9flF.): 

^aat  yai  he  aoxte  aisa  yeidhe  apardnäyükö  —  ^fiacn- 
i9uha  mehana  (lies:  me  ana)  aparanäyüka  —  ^ya&a  casi 
aOa  haxmete  (lies:  ha  xmyete)  —  ^vana  (lies  and)  pas- 
caita  (lies  °caeta)  uzdarduhucit  (lies  ^da'Ahu")  paöa  hax- 
töit  —  ^cavat  ana  (lies:  ana),  dböistam  ayandni  paraia- 
hacaiti  —  ^ya  frayarana  (lies :  °ne)  vä  uzayeirine  va  avqn 
(lies:  ayqn)  aiwyästii  a'tdhat  —  "^  yö  a^tahmäi  (lies  baoyO^ 
aitahmat)  paraiahaöäiti  —  ^  nabanazdi^tam  h^  para  (lies 
pära)  pasöaita  (lies:  °ca^ta)  ra^iöa  adwadäüyasöa  (lies: 
raesaheca  adwadäityäsca)  dsträinti  (lies:  astäraiti). 

D.  h.  '''Wenn  aber  der,  des  der  Knabe  ist,  zu  ihm  sagt: 
'Geh  mit  ihm,  mein  Knabe,  wenn  du  willst',  so  darf  er  dann 
auch  auf  einem  ausser  Land  führenden  Weg  mit  ihm  gehen.  — 
Wie  gross  ist  der  Weg,  den  er  im  Höchstfall  mit  ihm  fort- 
gehen soll?  —  Dass  seine  Zurticklegung  im  Lauf  eines  Vor- 
oder Nachmittags  stattfinden  kann.  Wenn  er  darüber  hinaus 
(mit  ihm)  geht,  so  macht  er  seinen  nächsten  Verwanten  mit 
der  Schuld  des  Raesa  und  der  Aöwadatay  sündig." 

und  nun  schliesst  sich  sofort  an:  "aber  von  mehreren 
einander  gleichstehenden  den,  der  sein  Lehrer  ist". 

Ich  meine^  das  genügt,  um  meine  Behauptung  über  die 
Zugehörigkeit  des  ersten  Absatzes  von  N.  10  bei  Darmesteter 
zu  erweisen.  Meine  Herstellung  und  Übersetzung  von  §  9 
bedarf  allerdings  wohl  einiger  erläuternder  Worte. 

(Zu  N.  9.)  Der  Fall  liegt  so:  Ein  Priester  {Ratav),  der 
auswärts  priesterliche  Verrichtungen  zu  vollziehen  vorhat, 
braucht  dazu  einen  Knaben  als  Ministranten  und  wendet 
sich  desshalb  an  einen,  yerahe  aparanayükö,  d.  i.  an  einen 
Vater,  ihm  seinen  Sohn,  oder  an  einen  Lehrer,  ihm  seinen 
Schüler,  oder  an  einen  Vormund,  ihm  sein  Mündel  mitzu- 
geben. Wenn  der  Knabe  selber  bereit  ist  mitzugehen,  kön- 
nen die  genannten  Personen  ihre  Einwilligung  dazu  erteilen, 
aber  nur  für  eine  Reise,   die  nicht  mehr  als  einen  halben 


Arica  XIV.  1 1 9 

Tag  in  Ansprach  nimmt;  andernfalls  belasten  sie  sieh  mit 
einer  bestimmten  Schuld  (and  natürlich  auch  mit  der  dafür 
festgesetzten  Strafe). 

Im  einzelnen  bemerke  ich  noch  Folgendes: 

Die  Herstellung  von  ana  im  2.y  4.  and  5.  Absatz  für 
Jiana^  vana  and  ana  ist  durch  den  Zusammenhang  geboten 
and  auch  durch  Pü.  angezeigt. 

Zur  Korrektur  {a&a)  ha  xmyete  in  3  verweise  ich  auf 
Pü.:  ißtön)  patixidh  e  "(so)  bist  du  ermächtigt".  Die  Person 
stimmt  nicht;  man  verlangte  die  dritte.  Statt  an  mn  ad  wird 
an  mn  at  zu  lesen  sein,  d.  i.  Mt  ''sit'. 

haxtöit  (4):  statt  des  ablativischen  Infinitivs  erwartete 
man  eher  den  genetivischen.  S.  aber  P.  23:  ^na^da  pas- 
6aeta  ^hö  na  ähmat  haca  gätao^  üai^ta  framtoit  nOit  apa- 
sütöit  ^ayqm  6ina  gamanqm. 

Abs.  5  ist  wörtlich:  'Einen  wie  grossen  (GlrPh.  l,  §268. 
17;  Var.  cvai)  als  den  grössten  Weg  soll  er  in  seiner  Be- 
gleitung fortgehen?'  Zu  dböiSta-  vgl.  Bthl.  IF.  11,  137. 
Pfl.  hat  (pa)  baiist,  das  vorn  mit  n  (v)  statt  b  geschrieben 
ist,  vgl.  AVGloss.  228  unten,  Justi  Bd.,  Var.  zu  S.  21,  Z.  1, 
W.  10  und  SBE.  37,  96  (21). 

Die  Korrektur  von  avqn,  Abs.  6  in  ayqn  liegt  ja  nahe 
genng,  kann  jedoch  nicht  als  sicher  bezeichnet  werden.  Pü. 
hat  nämlich  nicht  das  Wort  für  Tag,  sondern  an  k  d,  womit 
ich  nichts  anzufangen  weiss. 

aitcya-stis  ist  Nom.  act.  zum  idg.  Verbale  sa^d-  (in  griech. 
öböc,  ksl.  choditi)]  dazu  gehören  auch  Aw.  asnaoifi,  nazduta- 
und  asna-,  asna-  Cnahe'j;  s.  hierüber  mein  AirWb.  und  oben 
S.  119. 

Abs.  7 :  Die  EinfUgUüg  eines  Worts  für  'mehr'  ist  durch 
den  Zusammenhang  geboten,  der  Wortlaut  wird  durch  N.  4 
(Bombayer  Ausg.,  Introd.  21,  Z.  1)  bestimmt.  Hier  steht: 
yö  haöyö  aitahmat  paraiti  mit  der  Übersetzung:  ka  db  na 
hac  an  ap^  rawet  und  der  Erläuterung:  [ku)  raff  patman 
res.  Genau  entsprechend  findet  sich  hier :  ka  db  n  a  hac 
an  ap6  apäkinity  und  es  wird  hinzugefügt,  ein  Erklärer 
verstehe  v^s  as  ape  nltan^),  ein  andrer  yuttar  as  ape  nitan^) 


1)  Mit  dem  Ideogramm  für  kanltan  (dz  r  n°  statt  dz  dr  n°j  ge- 


120  Christian  Barthoiomae, 

darnuter.  Es  ist  klar,  der  Verfertiger  der  Ptt.  bat  vor  a^- 
tahmat  in  N.  9  das  nämliche  Wort  gehabt  wie  zu  N.  4.  In 
der  überlieferten  Überaetzung  erscheint  an  beiden  Stellen 
das  Ideogramm  für  mart.  Darmesteter  ZA.  3,  81  No.  20 
erklärt  daher  einfach  genug :  ^'haöyö  est  corrompu :  le  peh- 
levi  suppose  nd''  und  Darab,  als  dessen  allzeit  gelehriger 
Schüler  will  Introd.  19^  No.  1  der  Bombayer  Ausgabe  kurz 
entschlossen  ''ac.  to  Pahl.'  nuruyö  dafür  eingesetzt  wissen. 
Durchaus  mit  Unrecht.  Schon  Caland  hat  baoyö  im  Wesent- 
lichen richtig  bestimmt,  KZ.  33, 466.  Fs  ist  ein  ganz  gutes 
Wort  und  ganz  das  Wort,  das  wir  brauchen,  ASn.  als  Adv., 
zum  ai.  hhdmyasa  IS.  in  der  Bedeutung  "^mehr'.  Ich  möchte 
annehmen,  es  habe  im  Original  der  Pü.  b  n  a  statt  db  n  a 
gestanden,  d.  i.  ap^;  api  haö  an  könnte  wohl  die  Bedeutung 
darüber  hinaus,  noch  mehr,  weiter'  gehabt  haben.  Die 
Änderung  ist  bei  dem  in  N.  so  häufigem  Satzanfang  cand 
mart,  cigön  mart,  ka  2  mart  usw.,  s.  N.  17  ff.  wohl  be- 
greiflich. 

Der  8.  Absatz  ist  von  allen  in  der  Überlieferung  am 
schlechtesten  gefahren,  und  es  ist  eine  einigermassen  sichere 
Rekonstruktion  um  so  weniger  möglich,  als  uns  auch  die 
Pü.  dafür  nicht  rechtes  an  die  Hand  gibt.  Sie  übersetzt: 
^  ndbanazdiit  (s.  Var.)  pas  öi  pa  ris  ap  p  dät  astrinend 
mit  der  Erläuterung;  kui  hacas  apB  e  girend.  para  lässt 
sie  aus  und  für  adwadaityasca  gibt  sie  statt  der  gewünsch- 
ten Übersetzung  nur  eine  Transskription ;  statt  ap  p  dat  ist 
at  p  dat  zu  lesen,  t  p  aber  umschreibt  ebenso  dw  wie  ^ 
(z.  B.  in  r  p  dt  p  dn  =  rapi^irij  N.  49  u.  ö.). 

Der  genaue  Sinn  der  Stelle  scheint  schon  frühzeitig  be- 
stritten gewesen  zu  sein,  denn  es  werden  uns  im  Folgenden 
die  von  einander  abweichenden  Ansichten  gleich  dreier 
Awestagelehrter  mitgeteilt,  von  Aparak,  Kösn  und  Vehdöst. 
Dabei  erfahren  wir,  dass  man  adwad"*  als  adatiha  sardärih 
auffasste,  womit  zu  V.  15.  16,  22,  40  adaityö.afaJiar^dra' 
wiedergegeben  wird. 

Das  selbe  Wort,    das  in  Pü.  an  unsrer  Stelle  für  adtr'' 


schrieben,  vgl.  West  Sg.  253,  260.  Die  Verwechslung  ist  sehr  häufige 
sie  findet  sich  auch  in  beiden  Ausgaben  des  PPGloss.,  Kap.  20  (S.  16. 
8  und  79.  11). 


Arica  XIV.  121 

8tebt,  finde  ich  noch  fünfmal,  nämlich  Dk.  8. 17.  6;  20.  97 
(SBE.  37,  40;  67),  N.  15  (S.  24a,  Z.  8)  und  F.  25b«  (bei 
Reichelt  WZKM.  14,  209  Z.  1  und  6);  s.  Darmesteter  ZA. 
2,  84  f.  No.,  89  No. 

In  dem  leider  rettungslos  verderbten  Stück  N.  15  stehen 
als  vierter  Absatz  die  Worte :  atduha  vaca  tatdrö.pi&wä  ah- 
fnOfi  paiti  adwa.  Die  Pü.  dazu  lautet:  adavas  hend  apar 
(s.  Var.)  tar  (so  statt  t  It  a )  pihn  i  pa  ham  apar  kus  ad- 
wadat  (geschr.  at  p  dat)  tar  (so  statt  t  rt  a)  patistdn  büt 
^^Hj  d.  i.  '^oder  ihm  sind  .  .  mangelhafte  Nahrung,  welche 
.  .,  d.  h.  ihm  ist  Adwadat  mangelhafter  Obemschaft  ge- 
worden". Statt  ia79rö.p°  ist  sicher  nach  V.  13.  20,  24  ta- 
rcp"*  zu  lesen*);  in  der  Pü.  dazu  ist  das  Ideogramm  für  se 
'drei'  statt  tar  (=  hinah  in  Stt.)  geschrieben,  ein  Fehler 
der  sich  bald  drauf  wiederholt.  Von  Wichtigkeit  ist  der 
Scbluss  der  Pü.,  aus  dem  hervorgeht,  dass  Adwadat  mit 
schlechter  'Pa^schaft,  d.  h.  mit  Pflichtversäumnis  seitens 
des  oder  der  rechtmässigen  Vorgesetzten,  Pflegebeauftragten 
in  Zusammenhang  steht. 

In  der  erstzitierten  F.-Stelle  wird  Adwadat  (hier  ge- 
i^chrieben  atptdat)  so  definiert:  an  bawet  Jca  x^'a^^Un  u 
iF^alisn  Jc^  iud  u  tUn  pata^  apdö  ddrH,  d.  i.  '"A.  besteht 
darin,  dass  man  dem,  der  Hunger  und  Duret  hat,  Speise  und 
Trank  vorenthält".  Aus  der  zweiten  Stelle  des  F.,  wo  das 
Wort  richtig  wie  zu  N.  15  geschrieben  ist,  vermag  ich  nichts 
herauszulesen. 

Über  die  beiden  Stellen  des  Dk.  mit  unserm  Wort  weiss 
ich  mangels  genauerer  Angaben  seitens  des  Übersetzers  nicht 
viel  zu  sagen.  In  Dk.  8.  17.  6  wird  Adwadat  —  at  p  d  at  n 
geschrieben  —  unter  "the  six  modes  of  engaging  in  conflict" 
anfgeftihrt,  in  8,  20.  97  wird  es  als  eine  Todsünde  bezeich- 
net. West  übersetzt  'giving  no  food',  liest  atapdat  und  will 
np.  iäba  zum  Vergleich  heranziehen,  was  nicht  angeht;  np. 
atäb°  wäre  np.  da6°. 

Als  ersten  Bestandteil  enthält  aöwadatay-  ofi*enbar  das 
Wort  adwan-  'Weg'.  Dies  zusammen  mit  der  von  der  Tra- 
dition gegebenen  Andeutungen  führt  zu  dem  Schluss:  adwa- 
datay-  f.,  eig.  'das  Setzen  an  den  Weg'  war  in  derGerichts- 


1»  P.  56  wird  sogar  täf9hrö  statt  taro  geschrieben. 


122  Clirisliati  BiirllioloniiLe, 

gpraehe  der  Term.  tccim,  für  'Aussetzung',  worunter  sowohl 
das  Verbringen  einer  Person  in  bilfloBe  Lage  ab  auch  deren 
VerlaBHei]  in  solcher  ku  versteheD  igt,  vgl.  StGBfdDR.§^3l. 
Daraus  daes  IIuDger  und  Durst  für  gewöhnlich  die  ersten 
Leiden  sein  werden,  die  eine  in  solcher  Lage  befindliche 
Person  zu  erdulden  hat,  erklärt  sich  die  Fa^uug  ron  A. 
in  F. 

und  wie  aöicadatay-,  so  ist  auch  das  zu  N.  9  damit 
verbundeue  raeia-  M.  ein  Rechtsausdruck,  nämlich  für  fahr- 
lässige Kfirperverletznng,  im  Gegensatz  zu  den  voraätzUcheo: 
andm-^},  x'ai'ti-")  und  f'razabaodtih-  sna&a-^).  param  raS- 
iakeca  aötcadaitydsca  ist  somit  die  "8ehuld  fahrlässiger  Kör- 
perverletzung und  Aussetzung".  Sie  tällt  auf  den  nächsten 
Verwantcii  eines  unnifhidigen  Knaben  als  auf  den,  unter  des 
'Obhut' (ytüB.  a,  a.  0.)  der  Knabe  steht,  sofern  er  es  erlaubt 
oder  nicht  verhindert,  dass  das  Kind  als  Ministrant  fllr  län- 
ger als  einen  halben  Tag  auf  Reise  niitgeuomnicn  wird.  Sind 
mehrere  Personen  dem  Knaben  glcichuah  verwant,  so  trifft 
die  Schuld  den  unter  ihnen,  der  des  Knaben  Ae&rapatay, 
d.  i.  priesterlicher  Lehrmeister  ist.  Zu  der  Anschanun^, 
die  sich  hierin  ausspricht,  vergleiche  man  auch  V.  15.  1'2, 
wo  gesagt  wird;  wenn  ein  Mädchen  ans  Scham  vor  den 
Leuten  ihre  Leibesfurciit  schädigt,  so  fällt  Schuld  und  Strafe 
auf  ihre  erwachsenen  Familienangehörigen  {ptarsbtjö);  s.  dazu 
Sd.  63.  4  f.  Der  Vormund  isl  fur  das  Thun  des  MllndeU 
verantwortlich. 

Die  ersten  fUnf  Worte  des  S.  115  abgedruckten  Texlea 
sind  also  sicher  abzutrennen  und  zum  Vorhergehenden  zu  ziehen. 
Dagegen  gehört  der  Rest  eng  zusammen. 

Ein  Wort,  das  sechsmal  (Z.  2—5,  7,  9}  in  verschieden- 
artigen Verunstaltungen  wiederkehrt,  ist  nisritim,  b/..  anisri- 
tim ;  am  deutlichsten  in  b.  Die  ursprüngliche  Lesnng  ist  durch 
die  Übersetzungen   ape  apagpariiinih,    bz.  anapOti  apasparii- 


1)  Vorsttuliche  KtirperverletKung  mittelst  einer  Wafl'e  ohne 
Biuhtb&re  Folgen,  nur  mit  Schmerzjdrefühl  verbunden. 

3)  VorBätxlicIiepiörperverli'tzunj;  mitieiHt  einer  Waffe  init  sicht- 
baren Folgen;  s.  dazu  17.  10,  f>;  II,  142   8owil^  jnein  AirWb.  unter 

-  und  ava-dwartfia-. 

S)  Vor«lilzlii-he  Kürperv<^rl<-izun>r  mii  loilidieiu  Ausgangi  IK, 
0,  6  No. 


r 


Arien  XrV.  123 


nlb,  die  jeiier  der  Verbalfomien  niairinuf/af  V.  5.  62  usw.  ent- 

Rprccheu,    völlig  sicher  gestellt;    ninritay-  i'.   ist  'Anvertrauen, 

Üljerlaseeu',    nnisritay-  f.  'NicIilanvertrHttung,   Weigernog    au- 

zuvertranen'.     Es  gilt  die  Cberlassuiig;  eines  Knaben  an  einen 

Priester    zum    Zweck    priesterliclicr    Hilfsleistungen:    s-    oben 

S.  118  zu  'S.  9.     Das  Wort  erscheint  auch  noch  im  folgenden 

I  Paragraphen.    N.  fl:    nuritif  (lies  "ti)   a^tahe   dittryeiti   nöit 

I  a*riti  (lies  anisriti),    womit  anf  die  Frage:   dattat/asnahe  va 

I  taHH.p9T,jflabe   ta  ap^r^nßyüka  parar^hacäiti  "Soll    man   das 

V  Kind   eines  J).   oder   eines  T.  (ab  Ministranten  anf  die  Reise 

I  mitnehmen?"')  (Antwort:)  "Bei  dessen  Aiivertraunng  (d.i.  wenn 

l  man  es  anvertraut  bekommt  und  mitnimmt)  wird  man  sündig, 

I  nicht  bei  dessen  Verweigerung". 

ZweiumI  etossen  wir  auf  das  Wort  frara,  das  beide  Male 

Lmit  fra^  dahst  wiedergegeben  wird.     Dabei  ist  erläntenid  za- 

LgefBgt:  ku{ij  brin  zamUtt  (ne)  kart  "d.  b.:   es  iät  (ihm)  eine 

pl)C8timujte  Zeit  (nicht)  gesetzt",    frara  ist  f'ra-\-ara,  3SPfA, 

*■  Das  altiranisehe  Verbnni  -  ar-  (zu  griech.  äpvu^ai,  arm.  arnvm 

gehörig)  hat  hat  die  beiden  Bedeutungen  des  nbd.  gewähren, 

nämlich  1)  'zu  Teil  werden  lassen*  und  '2)  'gewährleisten,  zu- 

Bicliem,  zusagen';  erstere  Y.  9.  3,  4,  52.  3,  Ö6.  .-1  (.2.  Stelle)'), 

f  ferner  mit  fra  SnB.  //.  6  (SBE.  5,  338),  Yt.  J3.  46,  146;  die 

I  letztere  Y.  33.  9,  34.  3,  öO.  5,  56".  3  (1.  Stelle)');  xu  Y.  Jf. 

4,   wo  das  Verbnm  mit  un  und  fra   verbunden  ist,    übersetze 

ich  "es  hat  mir,    dem   Haoma,    der   Vater  Ahura    als   Anteil 

ausgesetzt  und  zugewiesen  ,  .".     Die  zweite  Bedeutung  nehme 

ich  auch  für  unsre  Stelle  in  Anspruch. 

In  Z.  8  und  10  lindet  sich  dreimal  Owai/tinh^w,  einmal 
aitcya»h,im.  Die  ]*U.  bat  der  Reibe  nach  ablm,  hlm.  bim, 
abim,  nnd  sie  ist  nach  dem  /nsanimenliang  zweifellos  im  Recht. 
Danach  ist  au  erster  und  letzter  Stelle  a&wyataham  zu  emen- 
(iieren.  iticaymaha-  ii.  'Gefahr'  ist  eine  Ableitung  aus  itwaj/ah- 
a.,  das    in    ßwayamihatam   Yt.  13.  2U    enthalten    isl.     Dazu 


1)  Wörtlich  'in  BegleiUmg  ties  Kindes  weggehen',  was  selbBl- 
veretändlicb  svn.  Isl  als  'das  Kind  in  seiner  Begleitung  wegführen*. 
So  auch  N.  6,  7. 

2)  Wo  zu  übersetzen:  "und  des  guten  Loose»,  das  uns  als  der 
(Gerechtigkeit  zufallend  verbürgt  ist  und  zu  Teil  werden  wird"  {yä 
nö  äraüa  annatataüa  aianhäxs). 


i 


j 


124  Christian  Bartholomae, 

'äwyqm  10.  23,  37,    ^yq/Stamaetsva  V.  2.  23    und   allenfalls 
i>wayeiti  Vyt.  27. 

Pü.  und  Zusammenhang  zwingen  uns  aber  noch  einen 
zweiten  Schluss  auf.  Für  yadra  aparaindjytikö  in  Z.  6  hat 
Pü. :  bim  anök  Jeu  rat  abim  ku  apurnäydk.  Es  ist  klar,  dass 
im  awestischen  Text  die  mit  him  anök  ku  rat  abim  über- 
setzten Worte  ausgefallen  sind,  d.  i.  entsprechend  der  Pü.  und 
dem  Wortlaut  in  Z.  8 :  ai^ra  dwayai9h9m  ya^a  ratui  a^a- 
yatdham. 

Noch  schlimmer  hat  der  Verfertiger  der  Abschrift,  auf 
die  sowohl  H  als  T  zurückführen,  die  folgende  Textstelle  ver- 
stümmelt, wo  er  schrieb:  nöit  hs  (statt  he)  anisrii  (statt  am- 
sritim) .'.  astret  kadi  x^aMt.  Der  awestische  Text  und  die 
Übersetzung  stimmen  nicht  zusammen,  aber  sie  ergänzen  sieb 
einander.  Es  kommt  das  daher,  dass  der  Abschreiber  von 
anisritim,  tn^ohinter  in  seiner  Vorlage  astryeäe .".  n^  ö  öt*) 
pa  anapac  apa^päri^nih  gestanden  haben  muss,  wie  aus  Z.  o 
und  Pü.  dazu  hervorgeht,  gleich  auf  die  Übersetzung  des  fol- 
genden Worts,  nämlich  astret  übergesprungen  ist. 

Dass  auch  in  Z.  3  der  Text  durch  eine  Auslassung  ent^ 
stellt  ist,  bedarf  keiner  weiteren  Ausführung;  es  fehlt  das  Ver- 
bum  ästryeite,  wie  auch  Pü.  zeigt,  die  ö  öi^)  pa  anapdc  apa- 
späriinih  dstret  bietet. 

Nach  diesen  Darlegungen  rekonstruiere  ich  den  Urtext 
von  Z.  2  an  in  folgender  Gestalt: 
ä   yefdhe  nisHtim  frära 

a  he  anisritim  astryeite 
4   yezi  aat  M  nöit  nisritim  frdra 

nöit  anisritim  astryeite 
«   a^a  &wayanhd^tn  ya&ra  ratui  a9wayaidhdm  yaihra  apdr»- 
näyükö 
nöit  he  anisritim  astryeite 
8   a^a  a&wayafaham  ya&ra  ratui  &waya^hdm  ya^a  apdr^ 
ndyükö 


1)  So  nach  der  Übersetzung  zu  Z.  2  und  4  zu  lesen.  D.  i. 
''nicht  durch  Nichtüberiassen  an  ihn".  Tn  der  Übersetzung  zu  Z.  3 
und  9  ist  aus  an  n  (=^  ö)  der  Urschrift  ein  zk  i  (an  i)  geworden ; 
vgl.  dazu  IF.  11,  144. 

2)  S.  No.  1). 


Arie»  XIV. 


1S& 


a  hi  m»ritim  staryetti 
n  ada  yat  «ra  yttüra  ihcaytnaham  rd  a&irai/itvham  ra 
D.  Ii.  "Wenn  einer  seine  (des  Knaben)  Anveiiranunjj 
/ugess^  bat,  60  begetit  er  8llnde,  wenn  er  ibn  (dann)  nicht 
anvertraut;  wenn  er  aber  Heine  Auvertraunng  uiuht  /ngeeagt 
hat,  so  begeht  er  dnreli  Verweigerung  keine  Sünde.  Isl  da 
Gefahr,  wo  der  Ratav,  Niehtgefalir  wo  der  Knabe  isich  be- 
findet), so  hegeilt  er  (der  darum  angegangene)  keine  Sflnde, 
wenn  er  ibu  (dem  Eatan)  nicht  anvertraut;  ist  da  Nichtgelahr, 
wo  der  Ratav,  Gefahr,  wo  der  Knabe  (sich  befindet',  eo  be- 
geht er  Situde,  wenn  er  ihn  (ihm)  nicht  anvertraut,  nud  aiicb 
(dann),  wenn  beide  (sieh  an  einem  Ort  befinden),  wo  »ci  es 
Gefahr  sei  es  Nichtgefahr  ist." 

Für  die  Herstellung  von  a&ra  statt  a&a  in  Übereinstini- 
mnug  mit  dem  folgenden  ya&ra  spricht  auch  Pfl.  rtnot.    Fflr 
utia  hat  sie,    von  den  wenigen  Fällen  abgesehen,   wo  nie  das 
Wort  überhaupt  weglässt  (z.  B.  V.  32.  6,  53.  6,  N.  öS),  stets  ttön. 
Zu    meiner  Änderung    von    va   in    uva   in  Z.   10  s.  Ptl. : 
har  2.    Dag  gAw.  uba-  erscheint  im  jAw.  als  uva  {a  u  n),  uca- 
(tf  B  ö),  ra-  (mit  Anlauts-c)  und  ava.     p«-  linde  ich  ausser  an 
nnsrer  Stelle  noch:    F.  2b:    vaca,    vayd^,    F.  27b:  m//0  (id 
eatfOzuitö),  N.  94:  va,  N.  99:  va  (in  canaenui),  V.  13.  31 — 
37   Ptl.  Z. :    vaeibya  {naemaeibyd),    N.   i07:   va  (in  viidaityö, 
g.  IF.  5,  370),  N.  5:  va  (in  Abs.  2).     F.  9  steht  uva.    End- 
lich av"  wird  geschrieben,  N.  11:  avatjä,  P.  67:  ava  (s.  IF. 
7,  227)  und    Yl.  l.H.  35:    ava    (NU.,    ausgeführt   mit    vyqgca 
ryana^ca;  vgl.  Y.34.  11,  57.  2.ö,  Yt.  5.  36,  9.   10,  10.  2,93, 
'  J5.  43,  19.  96,  N.  11,  ferner  Y,  56.  2,  Yt.   19.  ,^8,  V.  18.  ."lö; 
Geldner  in  der  NA.  nnd  KZ.  HO,  520  hat  ava  inissverstanden). 
Zur  Konstruktion    von    a-ntar-    bemerke    ich,    dass   das, 
,  womit  man  sich   versündigt,    ebensowohl   im  luatr.   —   das  ist 
'  das  Gewöhnlichere  —  als  im  Akk.  (des  Inhalts)  stehen  kann. 
Letztere  Konstruktion  zeigt  ausser  onsrcr  Stelle :  F.  4  f.  (a.  IF. 
11,  142),  V.  6.  3,  N.  4  und  N,  42,  wo  die  Konstruktion  /wi- 
,  sehen  Lok.  (an  Stelle  des  Instr.  wie  oft)  nnd  Akk.  wechselt: 
I  a^'araya  .  .  htlzujafaya  .  .  yaUm  antryeiti.     Weitres  in   mei- 
\  nem  AirWb.     Die   lautliche   Differenz   /.wischen   a  .  .  sfan/eiti 
\  und  astryeif!  ist   entsprechend  den  IF.  7,  70,   106  besproche- 
I  nen  Fällen  zu  beurteilen. 


A 


126  Christian  Bartholomae, 

95.     Zu  Yt.  i.  29. 

In  der  Neuausgabe  hat  das  zweite  Sätzchen  des  Para- 
graphen den  Wortlaut:  upa  dwa  azam  maire  anu.dadayat. 
Das  ist  so  ziemlieh  die  unglücklichste  Lesung,  die  sich  Geldnef 
aussuchen  konnte;  vgl.  Dannesteter  ZA.  2,  343.  Die  Pah- 
lavi  Übersetzung  (bei  Salemann  Parsenhandschrift  44)  hätte  ihn 
davor  bewahren  sollen.  Sie  lautet:  ke  nzn  rdda  iviak  pn 
zamik  ddhet,  dazu  die  Erläuterung:  Tcu  nihan  kunet. 

Einen  fast  völligen  korrekten  Text  bietet  J  10:  apam 
vä  zamard  ana  düye;  statt  des  letzten  Worts  ist  duye  zu  lesen, 
wie  die  Mehrzahl  der  Handschriften  hat,  unter  anderen  auch 
Fl,  die  im  Übrigen  von  J  10  nicht  wesentlich  abweicht.  Die 
Richtigkeit  der  Lesung  vd  zamard  wird  durch  Pü.:  imak  pa 
zamik  verbürgt;  vgl.  Y.  9.  15,  FrW.  4,  3,  wo  z9mara.güZ' 
mit  andar  zamik  nikän  gegeben  wird.  Ebenso  die  von  duyey 
das,  wie  das  abgetrennte  Personalsuffix  in  Y.  48,  7^  durch, 
eine  Form  zu  datan  übersetzt  ist;  dort,  zu  Y.  4S,  steht  dähün. 
Mit  den  Anfangsworten  der  Pü.  weiss  ich  nichts  anzufangen. 
kB  ist  mit  dem  Ideogramm  geschrieben:  mnn.  Die  folgenden 
Zeichen  könnten  zusammengenommen  vazurkihj  das  wäre  np. 
buzurgl  gelesen  werden.  Sollte  mnn  für  m  n  geschrieben 
sein  —  was  öfter  vorkommt  — ,  d.  i.  ha£?  ha£  vazurkih?  Für 
apaiüj  das  mir  durchaus  sicher  scheint,  s.  Var.,  wäre  apa6 
(r  an  a  r)  zu  erwarten. 

Das  vorletzte  Wort  der  Textstelle,  ana  ist  in  der  Pü. 
nicht  zum  Ausdruck  gebracht.  Es  als  Präverb  zu  nehmen  und 
gleich  griech.  dvd  zu  setzen,  geht  schon  um  deswillen  nicht 
an,  weil  ana  in  dieser  Funktion  sonst  nirgends  vorkommt*); 
auch  als  Pränomen  ist  es  selten  genug;  vgl.  Delbrück  Vgl. 
Synt.  1,  734.  Somit  haben  wir  in  ana  den  Instr.  Sing,  zu 
aem  zu  sehen:  'damit*. 

Ein  bemerkenswertes  Wort  ist  duye.     Die  Pü.  nimmt  es 

1)  Auch  im  vorletzten  Sätzchen  von  Yt.  L  27  hat  Geldner 
meines  Erachtens  falsche  Lesarten  gewählt.  Ich  lese:  hqm  zaina 
ava.zdmbayadtvdm,  d.  i.  "zertrümmert  ihre  Waffen"  nach  Pü. :  fiamäk 
ha6  au'zär  i  tö  vat  d^än  räS  skastak  ape  kane.  Vgl.  besonders 
die  Lesarten  in  E  1. 

2)  Andernfalls  würde  man  es  in  der  Bedeutung  'zurück*  neh- 
men können,  was  ja  ganz  gut  passte. 


i  XIV. 


i9T 


alfi  Verhnm.  Das  ist  riditig.  Aber  eine  3.  Sing,  kann  es  niclit 
seiD.  Es  ist  vielmehr  1.  Sing.  Med.  eines  Präsensstamms  dra- 
'  duva-).  der  mit  dava-  iu  V.  5.  24  zusammengehört.  Hier  lesen 
wir:  t/aiya  masi/ayd^)  afi  kagt/awhqm  ajiqm-)  avi.fradavaite 
ISO  Jp  1,  Mf  2;  NA.  °ti\.  In  PU.  erscheint  dafür  cigßn  an  i 
mag  ap  ica  an  1  kau  dp  apar  frtlc  barit.  Ich  Übersetze  "wie 
ein  grösseres  Wasser  kleinere  Wasser  mit  sit-h  Ibrtreisst".  wo- 
mit auch  Pll.  im  Wesentlichen  /.usammenstimmt. 

Die  beiden  Präsensstämme  gehären  r.M  der  im  Dhälnp. 
22.  46  mit  der  Bedeutung  tjiüau  verzeichneten  'Wurzel'  da- 
(äärati).  die  inzwigeLeo  TOn  Öchroeder  im  RV.  {10.  34,  fi; 
nä  damtdif!/  ebhih)  nachgewiesen  hat,  WZKM.  13,  119;  s. 
ueb  ebd.  297,  ferner  OsthofF  IF.  5,  281,  Foy  ZDMG.  50, 
130»),  KZ.  36,  13.%  Brugmann  Gricclj.  Gramm.»  212,  Hirt 
'—  Ablsat  104.  Als  Grundbedeutung  der  Verbale  kann  man  '(sieb) 
^koitfernen'  aufstellen. 

^^  Danach  ist  Yt.  1.  29:    apaia   vd  zamard   ana  daye  zn 

^■tifcrsetzen :  "Zarfick  jage  ich  auch  damit  in  die  Erde".  Was 

^BdiB   besagen    soll    und   worauf  ana   'damit'   bezogen    werden 

Bbihs,  ergibt  sich  aufs  klarste  aas  Y.  9.  14  f.  und  Yt.  19.  80  f. 

"  (woin  Dk.  7.  4.  42j.     Sprecher  ist,  wie  ja  auch  ausdrllcklioh 

gesngl  wird  {aal  aoxta  z")  Zaraduitra,  die  angesprochenen  (rd) 

die  Da?va  "i/Oi  para  ahmät  piro.raoöa  apatayan  paiti  aya 

i  lOTUl",  und  der  Zauber,  mit  dem  die  DaSva  in  die  Erde  /u- 

■TSckgebauQt  werden  sollen,  ist  das  AkunaVairyn-Gebct:  tiim 


1)  GlrPL.  1,  §  308.  2  No.  1. 

3)  Geo.  sn  Stelle  des  Äkk. 

3)  Foy  ist  H.  a.  0.  durcliRUH  im  Recht,  wenn  w  dio  von  mir 
iMnerzeii  vorgeschlagene  Koirektnr  des  a:i  D.  ß  (=  Dar.  Pers.  e^ 
■1(23)  übprliefKrlen  d^v»ii''t'>m<^  ^  duraiitavi  In  d''v^i''  ablehnt.  Ap. 
■.An-aijfte-  (d.  i,  ar,  °a(i}iätha:,  GIrPh.  1,  §  81,  §  208,  IF.  7,  73  No.)  ver- 
■Wt  sich  zu  jAw.  *duva-,  PraeBensstr,  (in  duye)  wie  jAw.  hvöxAta- 
l'l)  'der  höchste,  erste'  an  Wort  und  Rang,  2)  'der  ttitestt'  (eigent^ 
ficb  'der  autoritaCivste*)  —  N,  SS  und  N.  /,  F.  ia  —  zu  ai.  gued- 
tuvOli). 

Znr  Erläulernng  der  fraglichen  Stelle  sei  noch  bemerkt,  dasn 


r  duvaigtam  stehende  fvy^a 

vorkommenden  Ifya  identisch  ist, 

nehme    und  als  'Inde'  im  zeitliciien 

lybU.    Ich  tibersetze:  "Wohlbeha^rec 

■ngestort,  es  wird  sich  einstellen  . 


it  dem  zweimal  vor  param 
Ich  lese  hyä><,  das  ich  ni»  Ab.S. 
Sinn  dente.  ax''i"t''a  ist  ax- 
vou  da  an  aul  lange  hinnus 


128  Christian  Bartholomae, 

zaraihiMra  ahundm  vairim  frasrävayö  ,  .  tum  Z9margüzö 
dkdTdnvö  (Pt  4)  vlspe  daSva  and  äat  te  a^vö  ahunö  vairyo 
tfim  .  .  zara&uströ  (Hds.  °r9in)  frasrävayat  ,  .  zamar9guza 
(F  1)^)  avazat  viape  daeva.  Das  Verbum  an  zweiter  Stelle 
avorzaty  d.  i.  38PrA.  zu  za{y)  'mittere'  mit  thematischer  Fle- 
xion, hat  wesentlich  die  gleiche  Bedeutung  wie  duye  in  Yt. 
1.  29;  vgl.  auch  die  3.  Flur,  des  redupl.  Präs.  avazaza^  Y. 
34.  9,  das  in  Pti.  mit  ap^  hü^nd  gegeben  wird  (Sil.:  pari- 
ksipyanti). 

96.     Zu  Bh.  4.  13  (Zeile  65). 

Weissbach  und  Bang  bieten  in  der  Neuausgabe  der  alt- 
persischen Keilinschriften  nach  Kawlinsons  letzter  Lesung  den 
Text: 
uaiy  I  gakaurim  |  naiy^)  |  .  .  .  .  huvatam  |  zura  |  akunavam  { 

und  übersetzen:  *"" weder noch that  ich 

Gewalt  an".  Warum  sie  trotz  dem,  was  ZDMG.  46,  296,  329 
dagegen  gesagt  worden  ist,  bei  der  Übersetzung  'Gewalt'  ftr 
ihr  zura  stehen  geblieben  sind,  begreife  ich  nicht.  Das  nensos. 
Wort  dafür  appantukkima  übersetzt  Weisbach  selber  mit  'un- 
recht*, Achämenideninschr.  zweiter  Art  73,  100.  Und  diese 
Bedeutung  kommt  auch  sicherlich  dem  ap.  züra^  zu,  das  dem 
np.  zur  entspricht;  s.  dazu  Uübschmann  AGr.  1,  152.  'Gewalt' 
wäre,  nach  dem  np.  zör,  im  Altpersischen  in  der  Form  "^zavar 
zu  erwarten.  Vgl.  noch  Bthl.  BB.  15,  43;  17,  146,  Nöldeke 
LC.  1894,  151,  Geldner  VSt.  2,  20,  Foy  KZ.  35,  22,  ZDMG. 
52,  595,  züra^  kar-  bedeutete  'Unrecht  thun*  und  wurde  mit 
dem  Akk.  (der  Person)  verbunden;  ein  Analogon  bietet  jAw. 
8k9ndam  kar-  mit  Akk.,  Y.  9,  28. 

Der  letzte  Versuch  zur  Herstellung  der  Rawlinsonschen 
Textbrocken  stammt  meines  Wissens  von  Foy  KZ.  35, 45.  Er 
ändert  säkaurim  in  ^ukarim  und  .  .  huvatam  in  duskaram. 
Zu  der  letztem  Änderung  bemerkt  er  erläuternd:  "Bei  einer 
Verstümmelung  des  Steins  wie  sie  thatsächlich  vorliegt,  ist 
die  Verlesung  von  A  statt  d",  s  statt  v,  t  statt  kr  wohl  mög- 


1)  Und  E  1,  L  18;  Pt  1  hat  zamardgüzOy  J  10  z€nnar9giüÖ. 
zdmarBgüza^  wie  Geldner  in  der  NA.  schreibt,  hat  keine  einzige 
der  bessern  Uds. 

2)  Rurbivdruck  deutet  in  der  NA.  an,  dass  die  entsprechen- 
den Zeichen  in  der  Inschrift  zerstört  sind. 


Arica  XIV.  129 

lieh".  Räamen  wir  einmal  die  Möglichkeit  eiu,  gut.  Was  soll 
denn  aber  dann  mit  der  Lücke  vor  Rawlinsous  huvatam  wer- 
den? Soll  sie  einfach  ignoriert  werden?  Das  geht  nicht  an. 
Zudem  ist  die  Zahl  der  angenommeneu  Verlesungen  bei  einem 
Wortfragment  doch  wirklich  etwas  hoch  bemessen.  Auch  die 
ftlr  sakaurim  vorgeschlagene  Verbesserung  halte  ich  für  un- 
zulässig. Das  natürliche  Gegenstück  von  duiJcaram  wäre  doch 
hikaramj  nicht  aber  ^ukärim.  und  ein  Nom.  aet.  kdray-  ist 
überhaupt  nicht  nachweisbar;  weder  auf  iranischem  noch  auf 
indischem  Gebiet;  s.  noch  unten  Anhang. 

Das  ist  klar:  diejenige  Herstellung  der  von  Rawlinson 
gegebenen  Lesang  hat  am  meisten  Anwartschaft  für  zutreffend 
zu  gelten,  die  einen  sinnvollen  Text  bei  möglichst  wenig  Än- 
derungen gewährt.  Sicher  falsch  gelesen  ist  der  erste  Buch- 
stabe des  zweiten  Wortfragments  h.  Die  Neuausgabe  schreibt 
.  .  huvatam.  Dabei  ist  aber  die  orthographische  Regel,  dass 
h  vor  u  niemals  geschrieben  wird,  ausser  Acht  gelassen,  ebenso 
wie  D.  e  (=  NRa).  3  (25),  wo  trotz  BB.  13,  70  die  Lesung 
humavarka  wiederkehrt.  h'*u  v"  .  .  könnte  nur  hauva^  gelesen 
werden,  damit  aber  wäre  nichts  anzufangen.  —  Dass  mkau- 
rim  ein  Ungetüm  ist,  bedarf  keines  Beweises.  Rawlinsous 
erste  Lesung  war  mhu  ...  Es  liegt  näher,  den  Felder  am 
Anfang  als  am  Ende  des  Worts  zu  suchen.  Ich  schlage  vor 
statt  Ä^A"  des  ersten  Worts  a  zu  lesen  und  die  Lücke  (ein- 
schlie^ich  des  A")^)  vor  dem  zweiten  mit  d"ur"  auszufüllen. 
So  gewinnne  ich  die  Lesung: 


1)  Wie  gross  die  Lücke  ist,  wie  viel  Biiclistaben  sie  etwa 
lasbi,  das  wird  von  Rawlinson  leider  auch  in  seinen  ergänzenden 
Bemerkungen*)  vom  Jahr  1850  nicht  angegeben. 

*)  Note  on  the  Persian  Inscriptions  at  Behistan;  Beilage  /.um 
Vol.  12  des  JRAS.  (OldS.).  In  der  Neiiausgabe  4  sind  diese  Be- 
merkungen nicht  erwähnt. 

Auch  Foy  scheint  sie,  als  er  seine  Bemerkungen  zu  Bh.  II 
75.  89  in  KZ.  35,  39  schrieb,  nicht  zur  Hand  gehabt  zu  haben. 
Sagt  ja  doch  Rawlinson  a.  a.  O.  IV  ausdrücklich:  '*the  mutilated 
Word  .  .  consists  of  four  letters".  Wie  das  fragliche  .  .  s<^m^  zu 
ergänzen  sei,  wird  bei  der  Dunkelheit  des  folgenden  Worts  und 
der  Zerstörung  des  assyrischen  und  neususischen  Textes  immer 
unklar  bleiben;  vgl.  WZKM.  1,  223;  4,  173;  BB.  13,  250.  Die  Er- 
gänzung caxhna^  wie  sie  die  NA.  nach  Oppert  bietet,  ist  auch 
mit  GIrPh.  1,  §  86  a.  E.  nicht  zu  rechtfertigen. 
IndosrermaniHcbe  Forschungen  XII  i  u.  2.  9 


130  Christian  Bartholomae, 

naiy  a^urim  naiy  duruva^tam  züra^  akunavam. 
D.  i.  "Weder  eiuem  -^Awrabekenner  noch  einem  Anhänger  der 
Drug  habe  ich  Unrecht  gethan". 

Das  Adj.  a^uray-,  mit   Vrddih  gebildet,  "zu  Ahura  ge^ 
hörig"  usw.  findet  sich  auch  im  Awesta,  und  zwar  als  Attribut 
von  tka^^a-,  da^7ia-,  nmana-j  daKyuma-  und  des  Eigennamens 
asti.gafya-  (Yt.  15.  28,  so!).     duruvaH-  aber  ist  das  ap.  Ge- 
genstilck  des  wohlbekannten  dragvant-  im  altern,   drrant-  i/o 
jüngeren  Awesta.     Ihre   gemeinsame   iranische  Grundform  ist 
drug^ant-  ^).     Ich  gehe  dabei  von  der  Annahme  aus,  dass  der 
im  GIrPh.  1,  §  275    fürs   jAw.   nachgewiesene  Ausfall   eines 
iran.  g  vor  ffi  ^)  auch  im  Ap.  schon  stattgefunden  hat,  und  ver- 


1)  Vgl.  Bthl.  GäBäs  12  No.,  KZ.  28,  2,  AF.  1,  53;  3,31.  Weitrft 
Litt.  GIrPh.  1,  §  268.  10.  Dazu  noch  Tiele  Godsdienst^  2,  146  No.  U 
Neuestens  scheint  auch  Geldner  zur  Erkenntnis  seines  lange  hart- 
näckig festgehaltenen  Irrtums  gelangt  zu  sein.  Denn  während  er 
in  seinen  KZ.  30  und  BB.  15  veröffentlichten  GäGä- Übersetzungen 
dragvant'  noch  mit  'Ketzer,  ketzerisch*  wiedergibt,  bietet  er  GIrPh. 
2,  30  zu  Y.  4ö.  1  'satanisch',  zu  Y.  4ö.  7  'Satansmensch'  dafür,  was 
ich  mit  Rücksicht  darauf,  dass  er  für  drujim  zu  Y^.  48.  1,  33.  4 
'Satan*  bietet  (KZ  30,  524,  BB.  15,  249),  als  ein  Eingeständnis  seines 
Fehlers  ansehe. 

Übrigens  kann  ich  'Satan*,  'satanisch'  oder  'Satausmensch' 
nicht  als  vollgiltige  Übersetzungen  von  drug-  und  drsgvani-  billi- 
gen drug-.  fem.  (!)  ist  das  dem  asa-  ntr.  gegenüberstehende  Prinzip 
und  dessen  Verkörperung,  dragvant-  der,  der  in  der  beiden  wäh- 
rendem Kampf  auf  Seiten  der  drug-  steht,  im  Gegensatz  zu  cuta- 
van-,  also  'Partner,  Anhäng^er,  Genosse  der  Drug*.  Wer  a^a-  und 
drug-  in  den  Gä&äs  nicht  alle  Augenblicke  anders  übersetzen  will, 
was  doch  bestimmt  eine  Verwischung  ihres  Inhalts  im  Gefolge  hat, 
thut  am  besten,  auf  deren  Übersetzung  überhaupt  zu  verzichten. 
Kann  man  doch  auch  nur  selten  sicher  sagen,  ob  der  Begriff  oder 
dessen  Personifikation  gemeint  sei. 

2)  S.  ferner  ebd.,  §  194  No.  1,  wozu  noch  Bloomfield  AJPh. 
17,  422.  Mit  dem  das.  426  besprochenen  ai.  ^tagva-  deckt  sich  laut- 
lich vollkommen  genau  der  jAw.  Eigenname  aetava-  Yt.  13.  123. 
Zu  ai.  ^atagvin-  Adj.  'having  a  hundred  cows'  sei  noch  bemerkt, 
dass  es  mut.  mut.  dem  Volks-  und  Landesnamen  ^atagiLä  der  alt- 
pers.  Inschriften  entsprechen  dürfte;  vgl.  ai.  (ved.)  saptdgufß,  und 
(klass.)  iataguTi.  Endlich  mache  ich  noch  auf  jAw.  duySö.vä-  auf- 
merksam, den  Namen  der  Mutter  Zara&uMras.  Das  Adj.  duydö.wi' 
bedeutete  etwa  das  nämliche  wie  das  ai.  godügh-  und  verhält  sich 
dazu  wie  ai.  iddhägnay-  zu  agnidh-,  [Eine  ganz  abweichende  An- 
schauung über  ndvagva-,  dd&agva-  trägt  neuerdings  Weber  SBerlAW. 


I 


weise  dazu  anf  iiip.,  np.  mare,  das  ebenso  wie  jAw.  maurwn 
ein  iran.  *marg!f''  voraussetzt,  s.  HB.  7,  Itlg,  IF.  5,  358  No. 
Wer  das  fttrs  Altpersisebe  nicht  j-elten  lassen  will,  wenn  schon 
meines  Erachtens  kein  irgendwie  triftiger  Grund  dagegen  vor- 
gebracht werden  kann,  dem  stelle  ich  anhcini,  anstatt  meines 
d''ur"M!?"^''wi"  ein  d''ur"ug"uv"  .  .  oder  auch  d"r"ag''tW  .  . 
(Tgl.  die  Schreibung  (-"«^"r"««"  =  kttdarus).  d.  i.  durugu- 
oautam  einzusetzen.  Hachlich  wird  dadurch  nichts  geändert. 
Vielleicht  gewinnt  so  die  Anschauung,  dass  die  persischen 
Könige  Zoroaslrier  waren,  eine  neue  Stutze.  Bangs  Meinung 
ee  mUsste  Ahriniaii  in  den  altpersicheu  Keilinsehriften  genannt 
»ein,  wenn  er  den  Persern  bekannt  war,  ZÜMG.  44, 633,  wird 
TOM  Jackson  GIrPh.  '2,  628  mit  Recht  bestritten,  und  zwar 
mit  dem  selben  Argument,  das  ich  schon  ZDMG.  42,  157  gel- 
tend gemacht  habe.  Bangs  Hinweis  anf  Bh-  ^  (so!).  II,  17 
<58f.,  78f.J  ist  auch  nicht  stichhaltig.     Man  lese  z.  B.  Y.49.  1. 

Anhang.  Zu  den  Textberstellungcn  in  der  Neuausgabe 
der  ap.  Keilinsehriften. 

Bang  hat  IF.  8,  292  aus  Anlass  der  Foyschen  Herstel- 
lung unsres  Textes  in  KZ.  35,  45  eine  Reihe  von  methodolo- 
^schen  Bemerkungen  an  dessen  Adresse  gerichtet.  Ich  tinde 
«e  ganz  gut  und  muss  nur  bedauern,  dass  Bang  seine  Grund- 
sätze nicht  schon  bei  der  Veranstaltung  der  Neuansgabe  gel- 
lend gemacht  hat.  Es  wären  uns  dann  manche  hüse  Dinge 
erspart  geblieben. 

1.  Ganz  greulich  ist  /,.  B,  die  Ergänzung  von  Rawlinsons 
m . .  "kf^auv-a  Bh.  1.  18  (86),  —  mit  Raum  fdr  ein  Zeichen  zwi- 


1895,  841  vor;  äayea-  wird  dabei  nicht  berücksichtigt,  auch  nicbc 
[  ^ech.  («cotötiöri,  und  die  iranischen  Wörter  natürlich  erat  recht 
^   nicht.] 

Weitre  Beispiele  rttrjAw.f  au»  irao-gu  zu  GIrPh.  I,  g  275  sind: 

1)  ravat.aspi\m  G.  ö.  5,  gleichbedeutend  mit  rat\ja[.aspqm  ebd., 
•die  Roeae  flink  (machend,  d.  i.)  laufen  lassend',  ravanf-  ist  Pari, 
«u  rava-,  Praes.  20  (GlrPh.  1,  §  1411. 

2)  drväifa  Yt.  5.93.  Die  Bedeutung  von  drva-  ist  ja  freilich 
nicht  sieber,  doch  steht  es  unter  einer  Reihe  von  Wörtern,  die  alle 
körperUche  Gebrechen  bezeichnen.     Ich  verbinde  drva-  aus  ir.  *dru- 

I  ff¥o-,  idg.  *dhrughyo-  mit  an.  duergr,  ahd.  Iwerg  'Zwerg",  indem 
1  ich  auf  Noreen  Urg.  Lautl.  324.  Brugninnn  Gnlr.»  1,  S  279.  2  ver- 
[  weise,  und  nehme  es  iti  der  Bedeutung  'zwergenhal't,  vertiruppott'. 


132  Christian  Bartholomae, 

sehen  tw"*  und  k^^)  —  zu  madydkauvä,  in  Tafel  3  m^d^y^- 
k'^auv^a  gesehrieben.  Bekanntlieh  kann  d^y*^  niemals  dya 
gelesen  werden^  sondern  nur  daya,  für  iran.  dia  aber  wird 
naeh  bekannter  Regel  dHy^  gesehrieben ;  damit  jedoeh  würden 
wir  für  die  LUeke  drei  Zeiehen  bekommen,  das  sind  zwei  zu 
viel.  Was  karam  m  . .  kä^uvd  —  Lok.  Plur.  Fem. ;  diese  Le- 
sung liegt  doch  am  nächsten  —  aväkanam  bedeutet,  wird 
kaum  je  zu  ermitteln  sein,  da  uns  auch  die  Übersetzungen  im 
Stich  lassen.  Vielleicht  handelt  es  sieh  um  einen  militärtech- 
uischen  Ausdnick.  Foys  Herstellungs-  und  Erklärungsversuch 
in  KZ.  35,  35  gilt  mir  aus  mehr  denn  einem  Grund  für  un- 
annehmbar. 

2.  Sehr  wenig  gelungen  ist  auch  die  Ergänzung  von 
Rawlinsons  m^  .  .  m^  Bh.  4.  16  (76)  zu  mazäruim.  mazana- 
soll  wohl  Part.  Praes.  Med.  zur  'Wurzel*  maz-  'gross  sein*  vor- 
stellen? mazänam  ist  kein  Wort.  Steht  w*  als  erster  Buch- 
stabe fest,  so  würde  ich,  mit  Berufung  auf  das  Awestische, 
ma&itam  als  das  nächstgelegene  vorsehlagen;  die  Bedeutung 
'gross'  ist  ja  durch  die  Übersetzungen  gesichert.  Ich  bemerke 
dazu,  dass  ich  die  Übersetzung  von  nikaHuv  Bh.  4,  17,  dem 
Gegenstück  von  m  .  .  m  kunautuv,  durch  'er  soll  zerstören* 
nicht  für  zutreffend  erachte,  vi-kan-  'auseinandergraben'  ist 
'zerstören',  ni-kan-  aber  bedeutet  'ein-,  vergraben*.  Ich  nehme 
das  als  Gegensatz  von  m . .  m  kar-  'ineTCtXuveiv*  im  Sinn  von  'ob- 
literare,  in  Vergessenheit  bringen*.  Die  assyrische  Übersetzung 
hat  llruVj  bei  Bezold  'er  möge  verfluchen';  die  neususische 
rippisne,  bei  Weisbach  in  der  Übersetzung  'er  möge  verfluchen', 
aber  nach  dem  Wörterbuch  'er  möge  zerstören*.  Es  ist  wohl 
zu  beachten,  dass  für  vikan-  die  beiden  Übersetzungen  ganz 
andre  Wörter  geben  als  für  ni-kan-.  Das  war  es  wohl  auch, 
was  Oppeii;  Le  peuple  et  la  langue  des  Mfedes  184  veranlasste, 
für  nikaHuv  die  Korrektur  ha^dasatuv  vorgesehlagen:  ein 
Wort  freilich,  das  ich  nicht  verstehe. 

3.  An  der  Stelle  a^ura^mazda  ya^d  avaina^  imäm  bü- 
mim  yu  .  .  D.  6  (NRa).  4  (32)  ergänzt  die  Neuausgabe  das 
letzte  Wort  zu  yudiya,  d.  i.  Lok.  Sing,  aus  yud-  mit  postpo- 
nirtem  a.    "Als  AhAI.  diese  Erde  in  Aufruhr  sah**  soll  eine 


1)  Rawlinson  sagt  ausdrücklich:  "there  is  only  one  character 
wantjng  in  the  word  makcCuwa*\ 


Arica  XIV.  133 

wortgetreue  Übersetzung  dieses  Textes  sein.  Mir  möcbte  viel- 
mehr seheinen,  dass  der  persische  Text  eine  wortgetreue  Über- 
^tzong  des  deutsehen  ist.  Wo  haben  die  Herausgeber  ein 
arisches  Verbum  für  'sehen*  mit  einem  solchen  Lokativ  ver- 
bunden angetroffen,  in  einer  Wendung,  darin  "die  Form  der 
Ortsbestimmung  auf  Zastandsbestimmungen  übertragen  ist" 
(Paul  Deutseh.  Wb.  41  la)?*)  Da  war  Bangs  Vorschlag  in 
ZDM6.  43,  530  ^yu- .  .  möchte  ich  in  yustam  ergänzen,  .  . 
von  y  yw2"  schliessUch  doch  noch  besser.  Freilich  müsste 
es  yuitämj  mit  i  und  mit  femininem  Ausgang,  heissen.  Den 
Fehler  s  statt  i  wird  Bang  wohl  von  Geldncr  KZ.  25,  560 
mitübernommen  haben,  als  er  von  ihm  die  Anregung  zu  sei- 
nem Vorschlag  empfing.  —  Von  Foys  yaudaiy  (KZ.  45,  51) 
gilt  wesentlich  das  selbe  wie  von  yudiya,  FrMttller  WZKM. 
7,  254  hatte  yausanäm  vorgeschlagen,  womit  er  wenigstens 
^er  Syntax  gerecht  geworden  ist. 

Das  awestische  Verbum  vaena-  'sehen'  zeigt,  wenn  das 
Gesehene  als  in  einer  Thätigkeit  oder  einem  Zustand  befind- 
lich geschildert  werden  soll,  ganz  die  selbe  Konstruktion  wie 
die  altindischen  und  griechischen  Verba  für  sehen,  nämlich 
die  Verbindung  mit  einem  ergänzenden  Partizip  des  Präsens; 
vgl.  Delbrück  Aind.  Synt.  396,  Kühner  Ausf.  Gramm,  d.  griech. 
Spr.*,  611.  Vgl.  Yt.  5.  68:  yat  spaö^m  pairi.avaenat  dürät 
ayantam  roitmaoyö  "als  er  das  Heer  von  fern  her  in  Schlacht- 
reihe anrücken  sah",  H.  2.  13:  yat  tum  ainim  avaenöu  sao- 
caya6a  karanavantam  .  .  'Venu  du  einen  andern  .  .  treiben 
sahst  und  .  .",  P.  2i:  ya^a  na  snaiMs  asne  niymafam')  pai- 
ti.vainOit  "wie  wenn  ein  Mann  eine  Waffe  nahe  (auf  sich) 
herunterkommen  sieht".  Nur  an  einer  Awestastelle  finde  ich 
eine  andre  Ausdrucksweise,  nämlich  Yt.  19.  34:  araenö  x'a- 
ranö  fra^ktö  yö  yimö  .  .  brasat^)  ,  .  aiafö  ddus.manahyaica 


1)  An  der  Stelle  Y.  43.  5:  hyat  ^u'ä  amh^ius  zaßöi  dar^s^rti 
paourvim  sind  die  Beziehungen  des  Verbs  dards.ym  zum  Lokativ 
zq^öi  ganz  andre.  Ich  verweise  auf  die  Übersetzungen  von  Geld- 
ner KZ.  ao,  318,  Darmesteter  ZA.  1,  180  und  Mills  Gothas  IBO;  die 
Pü.  ist  ganz  ungrammatisch. 

2)  ASn.  zu  ni-ymant-y  mit  thematischem  Ausgang.  Die  Pü. 
der  Stelle  hat  uns  Darmesteter  leider  nicht  mitgeteilt. 

3)  Inkoh.  zu  ai.  bhramati,  bhrämyati.  Wir  befinden  uns  so 
im  EUnklang  mit  der  Sage,  nach  der  Jamsed,  als  er  sein  Reich  an 


184  Christian  Bartholomae, 

hö  stdrdtö  nidürat^)  upairi  zqm  d.  i.  ''als  Yima  die  Herr- 
lichkeit entweichen  sah,  begann  .  .  (er)  betrübt  umherzuirren^) 
und,  der  Feindseligkeit  (sva.  seinen  Feinden)  erlegen,  hielt  er 
sich  verborgen*)  auf  der  Erde".  Hier  haben  wir  an  Stelle 
des  ergänzenden  Partizips  einen  ergänzenden  Infinitiv;  Utö  ist 
Infinitiv  zu  der  in  radöisamnam  (s.  S.  148  No.)  sov^ie  in  ai» 
isate  'er  eilt'^),  an.  aisa  "^sich  rasch  vorwärts  bewegen'  und 
griech.  oTjia  enthaltenen  Basis*).  Die  nämliche  Doppelheit  der 
Konstruktion  zeigen  die  Verba  der  Wahrnehmung  bekanntUeh 
im  Lateinischen,  wo  ebensowohl  video  puerum  exire  als  video 
puerum  exeuntem  gesagt  werden  konnte;  vgl.  Draeger  Hist. 
Synt.  d.  lat.  Sprache  2^  381;  788;  Kllhner  Ausf.  Gramm,  der 
lat.  Spr.  2,  519,  Schmalz  Lat.  Gramm. ^  311. 

Mein  Vorschlag  geht  dahin:  a^ura^mazda  ya^a  avainafi 
imäm  bümlm  yaudaHlm  zu  lesen,  d.  i.  "als  ÄhM.  diese  Erde 


Zahhäk  verloren,  zunächst  zehn  Jahre  lang  umherirrte ;  s.  Windisch- 
mann Zor.  Stud.  36.    Vgl.  noch  die  folgende  No. 

1)  Vgl.  ai.  adärayaf^  Bh.  2,  3,  3.  5,  ebenfalls  mit  intrans.  Be- 
deutung 'er  hielt  sich  auf.  Die  Bildung  eines  mit  därayat  gleich- 
bedeutenden därat  ist  dem  häufigen  Nebeneinander  von  gleichbe- 
deutenden Präsentien  auf  -aiti  und  -ayaiti  bei  gleicher  Wurzel  form 
zu  danken,  wie  haöaiti  —  hacayeiti  usw.;  s.  GIrPh.  1,  §  145,  151  und 
auch  mein  AirWb.  zu  tap-  No.  1.  Zur  Sache  s.  Firdusi  ed.  Vullers- 
1,  34  V.  202  f.:  nihän  gast  .  .  cu  .^ad  sälas  andar  jihän  kas  nadid, 

2)  Siehe  Note  3  S.  133. 

3)  Die  dem  Verbum  im  PW.  beigelegten  Bedeutungen  'ent- 
eilen, fliehen'  kommen  ihm  nur  in  der  Verbindung  mit  Ablativ  zu. 

4)  Für  Darmesteter  ZA.  2,  624  ist  fraestö,  weil  fratätäidihö  zu 
Y.  49.  8  mit  frainän  pat  gegeben  wird,  *le  commandeur*.  Gleich- 
wohl gelangt  er  zur  nämlichen  Übersetzung  wie  ich:  "lorsque  (le 
conimandeur)  Yima  .  .  vit  disparaitre  sa  gloire  .  .".  ava€nö  kann 
ja  natürlich  ebensowohl  'nicht  sehend',  als  'ansehend'  (vgl.  Y.  30.  2,. 
46,  2)  bedeuten.  Aber  'etwas  nicht  sehen'  und  'etwas  verschwinden 
sehen'  ist  doch  nicht  ganz  das  selbe.  —  Geidner  3  Yt.  19,  24  nimmt 
fraeAtö  als  NSm.  des  PPfP.  und  übersetzt:  "Der  Herrlichkeit  bar 
wurde  vertrieben  .  .  YiTna"'.  Ich  bezweifle,  dass  avaenö  die  Bedeu- 
tung 'bar',  und  bestreite,  dass  frae^to  als  PPfP.  die  Bedeutung  'ver- 
trieben' haben  konnte.  In  der  Verbindung  mit  pra  bedeutete  das 
(ar.)  Verbum  vielmehr  'ausschicken,  entsenden';  vgl.  ai.  prd  väcam 
Indult  i§yati  KV.  9.  12.  6,  prd  .  .  dütdm  iva  väcam'  i^ye  4,  33.  1,  tä 
{äpah)  adravann  .  .  deväpinä  pr^^tä  .  .  RV.  10.  98.  6,  usw.;  ferner 
pasäva^  adam  käram  . .  fräisayam  abiy  . .  Bh.  3. 1  (und  oft);  end- 
lich mp.  frestaky  np.  firenta,  firiüa  *Bote*  (Hübschmann  Pers.  Stud. 
84,  Hörn  GIrPh.  Ib,  25  (5  a). 


Arica  XIV.  135 

in  AnfregUDg  geraten  sah**.  Man  halte  dazu  Yt.  13,  95:  ida 
apqtn  mHhrö  .  .  fradät  fratamatatö  daUyunqm  yaozaintUia 
(näml.  dainihüs)  ramayeiti.  Schon  Geldner  a.  a.  0.  hat  auf 
die  Stelle  aufmerksam  gemacht. 

4.  Zu  Bb.  2.  11  (61  f.)  bietet  die  Neuansgabe  folgenden 
Text :  thurav&harahya  |  m&hyä  (  iyamanam  |  patiy  |  anathä- 
$am  I  hamaranam  \  Jcartam  mit  der  Übersetzung:  ''''Im  Monat 
Th.,  am  Ende  war  es,  als  ihnen  die  Schlacht  geliefert  wurde'*. 
Hier  hat  die  Nenausgabe  allerdings  nichts  ergänzt.  Wer  ihr 
aber  traut,  wird  erst  recht  irre  gehen. 

Zwischen  dem  'Wortteiler',  der  in  den  Bh.- Inschriften 
bekanntlich  den  Wort  an  fang  markiert,  und  dem  i- Zeichen 
des  dritten  Zeichenkomplexes  befindet  sich  auf  dem  Stein  eine 
Lücke  von  der  Breite,  wie  sie  ein  Buchstabe  einnimmt;  s. 
Rawlinson  zur  Stelle  "The  4th  character  in  this  line  is  enti- 
rely  lost,  and  the  word  tho  whieh  it  belongs  .  .  I  am  unable 
to  restore  it".  Die  Herausgeber  unterlassen  jeden  Hinweis 
auf  das  Vorhandensein  der  Lücke,  sie  nehmen  iyamanam  als 
ein  vollkommen  erhaltenes  Wort  und  schreiben  ihm  die  Bedeu- 
tung 'Ende'  zu.  Wie  diese  herauskommen  soll,  vermag  ich 
nicht  zu  sehen.  Die  von  Oppert  vorgeschlagene  Ergänzung 
xsiyamanam  —  zuletzt  bei  Foy  KZ.  35,  39  —  ist  zu  lang 
und  führt  zudem  nicht  einmal  zu  der  gewünschten  und  nach 
den  Übersetzungen  notwendigen  Bedeutung  'Ende*.  Das  Wort 
könnte  doch  nur  ein  Part.  Praes.  Med.  in  der  Bedeutung  'schwin- 
dend' sein.  Wir  brauchen  aber  ein  Substantiv.  Das  zwingt 
uns,  ana-m  als  Suffix  abzutrennen,  m  also  zur  'Wurzel'  zu  ziehen. 

Ich  fülle  die  Lücke  vor  dem  Wortbruchstück  mit  dem 
Zeichen  w'*  aus.  So  bekomme  ich  ni-yamana-m  zum  V.  yam-, 
eig.  ''Niederhaltung,  Einhalt';  der  Weg  von  da  zu  'Beendigung, 
Ende'  scheint  mir  ohne  Schwierigkeit  gangbar.  Vgl.  zum  Be- 
deutungsübergaug  ai.  nidhäna-  n. 

Eine  Vermutung  übrigens,  auf  die  mich  die  Stelle  V.  ö. 
8  gebracht  hat,  möchte  ich  doch  nicht  unterdrücken.  Es  steht 
hier:  o&ra  adat  frajasaiti  haxta  aöat  nijasaiti  d.i.  ^'es  sind 
die  Bestimmungen  des  Schicksals,  die  hier  (sva.  bei  ihm;  sich 
vollziehen  und  ihren  Abschluss  erreichen".  Die  Bedeutung  von 
nijasaiti  an  dieser  Stelle  und  die  des  np.  fariam^  das  auf  iran. 
^frajama-  zurückweist,  lassen  mir  die  Vermutung  nicht  als  eine 
besonders  gewagte  erscheinen,  es  könnte  in  dem  ap.  Wort  y"^ 


136 


Clu- 


verlesen  oder  versclirieben  aeiu  für  /',  so  ilass  wir  als»  mja- 
manitm  hätten.  Die  Zeiebcn  t/"  und  /"  iiiiterscheideii  sich  Ja 
nnr  rfureh  die  Anordumig  des  wagerechteii  Keils  und  iff"  ist 
vme  selir  geläufifi^e  Verbindung,  wäljrend  für  die  von  i  mit  j' 
nnr  wenig  Wörter  Aiilass  geboten  haben  können.  Das  kann 
ebensowohl  den  Leser  als  den  Selireiber  zum  Entgleisen  ge- 
bracht haben. 

ö.  Ein  älndiches  nur  noch  gewaltsameres  Verfahren  bal>eii 
die  Herausgeber  hei  ihrer  Herstelhing  von  Bb.  4.  10  (Zeile  54) 

eingeschlagen.     Sie   schreiben   hier: nuram  |  thnvani 

varnavalftni  |  tya  |  manä  |  kartam  {  aratha  |  avahyar&diy  mä 
apagandaya.  Nun  lese  mau  aber  Rawlinsons  Note  7.nr  Stclte, 
JR.VS.,  OldS.  10,  LXI  "On  the  left  band  of  the  fissure  .  .  tbe 
writig  is  entirely  destroyed,  and  I  cannot  restore,  even  con- 
jecturally,  the  word  of  tliree  «r  four  letters  which  üitervene« 
hetween  awat/id  and  awahyardHya".  Die  Lücke  mit  Kaum 
für  ein  Wort  von  drei  oder  vier  ßnchstahen  ist  in  der  Neu- 
ansgabe glatt  versehwunden.  leb  verweise  zur  Herstellnng  der 
Stelle  auf  KZ.  29,  .^85;  33,  421;  35.  34. 

(5.  Der  (ii|itel  der  Selbständigkeit  gegenüber  den  Mittei- 
lungen derer,  die  die  Inschriften  sicher  mit  eignen  Augen 
gesehen  haben,  erreichen  die  Herausgeber  in  der  grossen  Suez- 
Inscbrirt  Sz  c  (D,  17).  In  §  3  bietet  hier  die  Neuausgahe  fol- 
genden Wortlaut: 

ttfa  I  hacA  I  päi-sA  {  aitiy'j  iyam  |  yuviyA  |  dkaniy  {  paaft- 

vn  I  adam  |  niyastäyam  |  ut äyatä  | 

Ich  frage  mich  vergeblieh,  auf  welchem  Weg  denn  Weissbach 
uml  Bang  zu  diesem  Test  gelangt  sind.  Haben  sie  die  In- 
sehrift  selber  eingesehen  oder  konnten  sie  neuere  und  zuver- 
lässigere Mitteilungen  über  deren  Wortlant  benutzen,  als  die 
von  Menant  nnd  Darcssy  in  Recueil  de  Trav.  Vol.  9  und  11? 
Auch  im  GlrPh.  r^,  59  finde  ich  dartlber  keine  Andeutung,  und 
doi-h  wäre  eine  Aufklärung  des  Sachverhalts  dringend  er- 
wans(;bt,  nicht  zum  wenigsten  auch  im  Interesse  der  Heraus- 
geber selbst, 

97.    jAw.  a^ta-  m.,  aHa-  f.,  aitakmai/ac-  Adj,  :■ 
griecb.  oItoc  (nsw.j. 
I)   Zu  Anfang    des   5.  Kap.   des   Frahang  (WZKM.  \ 
rj(j)  lesen  wir: 


Arira  XIV.  137 

fkaeiö  :  frahuft  ydd  datastdn;  ape  ast  ku  datawar. 
D.  h.  "ika€iö   ))edeatet   meist   'Richterspruch*,    es   gibt   aber 
auch  Stelleu   für  die  Bedeutung  *^Richter"*.     und   nun   wird 
als  Beleg  für  die  seltenere  Bedeutung  zitiert: 

kö  asti  fkaesö  vivindätö  (Var.  vUdafö)?   yö  aeta  pcUri 
ar^dra  frazanaiti. 
Die  Übersetzung  dazu  lautet: 

katar  118t  datatcar  i  akasdnt?  ke  [ha6]^)  dn  datastdn 
hac  srar  ape  frdc  ddnef.    (Es  folgt  eine  längere  Erläu- 
terung,   deren  Wortlaut  offenl)ar  verderbt  ist;    vgl.  West 
SBE.  37,  64  No.,  Danncsteter  ZA.  3,  23.) 
Is  ist  klar  und  wird   auch  von  der  Tradition  bestätigt,   das» 
^eta  au  dieser  Stelle  nicht  als  irgend  eine  Kasusfonn  des  farb- 
losen Pronomens  aeta-  Mieser'  genommen  werden  kann.     Wie 
Darmesteter  a.  a.  0.  sich  den  Satz  zurecht   gelegt  hat  —  er 
übersetzt   ''qui   voit   la  deeision  a  rendre  en   tel   cas"  — ,   ist 
mir  nicht  klar  geworden. 

2)  In  Y.  «.  4  =   N.  71  (Bombayer  Ausg.  148a)   steht: 
yasca  a&ta^mm   mazdayasnanqm  pifr^ndymiqm  aitcLzü- 
zuyanqm  imq  vafö  nöit  vlsaite  (so  N.)  framrüite  a^tqm 
d  ydtumanahe  jasaitL     D.  i.  "Wer    von    den    mündigen 
Mazdayasnvxw,  wenn  er  dazu  aufgernfen  wird,    sich  wei- 
gert-) diese  Worte  ^)  aufzusagen^  .  .  ." 
Die  Pü.  ist  leider  gerade  an  der  entscheidenden  Stelle  undeut- 
lich, ,  ,  ak^>  i  yätükih  rasilt,  erläutert:  kus  da.vsak  e  i  fä.sttk 
patas  paötak  havät.     Das    erste,    für    aetqm    stehende  Wort 
zeigt  sich  in  den  Varianten:  an  n  dd  dn  da  'bei  Spiegel),  an  b 
ddanda    (X.  71  11.)   und  an  b  n  d  dan  da  (N.  71  T.).     Sicher 
scheint  mir,  dass  das  Wort  auf  -ih  ausgeht,  also  ein  Abstrak- 
tuni  ist,    wahrscheinlich   ein   solches   aus  -isnih.     Die  Sü.  hat 
tarn  sä  röksasf  prapniff/dt:  was  weder  zum  awestischen  Text 
noch  zu  dem   der  Pü.   stinnnt.     Wie    ganz    unmöglich    es    ist, 


1)  Zu  streichen. 

2)  S.  oben  S.  115  zu  \.  /.V  mit  X.  o. 

3)  Nainlich  (tm.fsa  sp.mfa  usw.,  Y.  «V.  ^1 

4^  Für  ä,  s.  oben  S.  114.  Der  Glossator  und  Sü.  haben  das 
Wort  für  das  Demonstrativ  genommen.  Mp.  äk  :  jAw.  äva  (Y.  57. 
3,  68.  9,  Yt.  70.  5^  77—78».  V.  S.  35;  s.  auch  PW.  1,  r)04.  wozu  jedoch 
RV.  /.  164.  31,  Yt.  S.  ÖJ,  14.  47  zu  ver<;leichen)  =  mp.  fräk^  np. 
farn  :  mp.  /Vv7t',  np.  faräz  oder  =  np.  hä  :  bäz  'zu'. 


1«38  Christian  Bartholomae, 

aßtqm  als  PronominalfoiiD  zu  fasseD,  kann  am  besten  Darme- 
steters  Erklärungsverssnch,  ZA.  1,  77  verdeutlichen. 

3)  An   zwei  Stellen   in  V.  15   finden   wir   aitahmät/ui : 

V.  15.  10  und  21  (=  25,  28,  31,  34,  37,  39,  42).     Es  wird  beide 

Male  mit  paiti  und  Akk.  konstruiert.     An  ersterer  Stelle  steht: 

yeziöa  aSm   yd   kaine   masyanqm  parö  fsar9mät  '^rö 

daxstam  paraiti   farö   apamca  urvarqmöa   a^tdhnUlyus 

paiti  varnta  syaodna.     D.  i.  "Und    wenn    das  Mädchen 

aus  Scham  vor  den  Menschen  heimlich  die  Regel  (wieder) 

hervorruft,  heimlich  durch  Wasser  und  Kräuter,  .  .  '*. 

Die  Ptt.  g:ibt  flir  die  letzten  Worte:  pa  öi  Jcuniin  varz  apar 

vinäs,     apar  vinäs  ist  offenbar  erläuternde  Glosse.     Dem  a^- 

tahmäyus  paiti  entspricht  pa  öi. 

An  der  andern  Stelle  lesen  wir: 

yö  he  arahat  nazdistdm  nmandtn  uzdasta  (oder  yö  aitdm 
uströ,standm  uzdasta  usw.)  aetahmäyus  paiti  har9^am. 
D.  i.  "Wer  sein  Haus  am  nächsten  davon  gebaut  hat, . .  ". 
In  der  Pü.  wird  der  Schluss  so  gegeben:  a^s  (oder  Juiöai)  pa 
öi  apar  sardarih.     Also   auch    hier  scheint  pa  öi  für  aetah- 
mäyus zu  stehen. 

Die  auf  Grund  der  Pü.  für  aetahmäyus  von  Spiegel  vor- 
geschlagene Erklärung  lautet:  "Die  seltsame  Foim  a^f°  kann 
ich  mir  nicht  anders  erklären,  als  dass  an  den  Dativ  Mtah- 
mai  die  Endung  -us  angetreten  sei,"  Komm.  1,  250.  Werg 
versteht,  mags  glauben.  Darmesteter  übersetzt  an  erster  Stelle: 
"c'est  un  p^che  qui  vaut  sa  [premifere]  faute",  an  zweiter: 
"c'cst  ä  lui  de  Pentretenir".  Geldner  KZ.  25, 194  f.:  "so  ist 
sie  der  Sünde  schuldig"  und  "der  ist  zu  ihrer  Wartung  ver- 
pflichtet".    Eine  Erklärung  haben  beide  nicht  zugefügt. 

Ich  sehe  in  aeta-j  das  auch  in  aUä-  enthalten  ist,  einer 
haplologischen  Kürzung  aus  aetata-,  das  genaue  Gegenstück 
des  griech.  oTto-c. 

Das  griech.  oItoc  'Loos,  Geschick*  (bes.  unglückliches) 
wird  gewöhnlich  dem  ai.  eta-  Adj.  gleichgestellt,  dem  Grass- 
mann die  Bedeutung  'eilend,  dahinschiessend'  zugesprochen 
hat.  Der  Letzte,  der  die  Gleichung  bringt,  ist  ßrugmano 
Griech.  Gramm.»  201.  So  auch  Prellwitz  Etym.  Wb.  220  u.a., 
sowie  Hirt  Idg.  Akz.  270,  wo  die  Erklärung  gegeben  wird :  "griech. 
oItoc  'Geschick*,  ai.  ^tas  'eilend*,  eigentlich  wohl  'die  Eile* ". 
Aber  die  Grassmannsche  Bedeutungsbestimmung   des   ai.  ^ta- 


Arica  XIV.  13» 

verdanken  wir  lediglich  seinem  Bestreben,  eine  Etymologie  de» 
Worts  zn  gewinnen.  Dabei  ist  aber  eine  entscheidende  That- 
saehe  ausser  Acht  geblieben:  die  Femininalbildnng  des  Ad- 
jektivs. Nur  solche  Adjektiva  auf  -ta-  haben  das  Feminin  auf 
-wl-,die  eine  Farbe  bezeichnen;  vgl.  Pänini  4.  1.  39,  Benfey 
Vollst.  Gramm.  §  689.  4,  Whitney  Gramm. «  §  1176  d;  s.  auch 
jAw.  spaStini'  neben  spaeitita-j  GIrPh.  1,  §  207.  2.  Also  muss 
sich  eben  auch  ^ta-j  dessen  Feminin  enl-  lautet,  auf  eine  Farbe 
beziehen,  und  die  indischen  Gelehrten  waren  ja  auch  nie  im 
Zweifel  dartlber,  dass  dem  so  sei.  Uhlenbeck  EtWbAiSpr.  85 
ist  mit  Recht  zur  alten  auch  im  FW.  vertretenen  Bedeutung 
'$>:ehimmernd,  schillernd'  zurückgekehrt.  Dass  aber  von  dieser 
Bedeutung  zu  der  des  griech.  oTxoc  keine  Brücke  zu  sehlagen 
ist,  unterliegt  keinem  Zweifel. 

Der  erste  Gelehrte,  der  sich  nach  dem  Erscheinen  von 
Grassmauns  Wörterbuch  über  oItoc  geäussert  hat,  ohne  in  des- 
sen Kielwasser  zu  schwimmen,  war  Bezzenberger;  er  verbindet 
BB.  4,  .323  griech.  oTxoc  mit  josk.  aeteis.  Ihm  schlicsst  sich 
jetzt  Osthoff  an,  BB.  24,  209.  Ich  halte  diese  Zusannucnstel- 
lung  für  richtig  und  füge  noch  eben  jenes  jAw.  aeta  hinzu. 
Die  Grundbedeutung  des  idg.  *oito-  m.  ist  'Teil,  Antcir. 
Die  Bedeutungsentwicklung,  die  das  Wort  im  Griechischen 
genommen  hat,  bedarf  keiner  Erläuterung.  An  der  oben  unter 
1)  zitierten  Awestastelle  nehme  ich  aeta  als  Akk.  des  Dualis 
und  verstehe  darunter  'die  beiden  Anteile',  die  auf  den,  dessen 
That  vor  Gericht  gezogen  ist,  auf  Grund  eben  dieser  That 
entfallen,  ihm  gebühren,  d.  i.  'Schuld  und  Strafe'.  Die  Wie- 
dergabe von  aeta  in  Pü.  mit  ddtastän  ist  ja  dann  nicht  ge- 
nau, sie  liegt  aber  auch  nicht  weit  ab. 

Ich  übersetze  danach  jene  Stelle  so:  "'Wer  ist  ein  erle- 
sener Richter?'  'Wer  Schuld  und  Strafe  aus  der  Verhandlung 
zu  ermitteln  weiss.'"  Die  Pü.  besagt:  " 'Wer  ist  ein  gesetzes- 
kundiger Richter?'  'Wer  das  Urteil  auf  Grund  des  Verhörs 
zu  schöpfen  vermag.' " 

Das  in  Pü.  durch  akdsdat  gegebene  Epitheton  von  tjkaeso 
ist  in  beiden  Handschriften  verderbt.  In  vivisdatö,  beide 
Male  mit  dem  Anfangs-f ,  liegt  offenbar  nur  eine  versehent- 
liche Doppelschreibung  der  ersten  Silbe  vor.  Der  Kodex, 
auf  dem  sowohl  M  6  als  K  20  beruhen,  hatte  also  viMatö. 
Ich  denke  mir,  dass  dessen  Schreiber  vüatö  vor  sich  hatte. 


140  Christian  Barthoiomae, 

das  mit  dem  ^--Zeichen  Nu.  44  der  Tabelle  iu  GlrPh.  1, 161 
geschrieben  war;  vgl.  iatö  in  Pt  4,  J  2,  K  5  zn  Y.  60.  11 
und  in  Pt  4,  J  2  zu  Y.  72.  29;  s.  dazu  GlrPli.  1,  §  90,  2. 
Ich  stelle  visatö  aus  ar.  "^ui-kiatö  mit  mp.  viöltdky  np.  gu- 
zlda  aus  ar.  *^iUlt°  zusammen;  vgl.  Httbschmann  Arm.  Gr. 
1,  248^).     Danach  habe  ich  oben  übersetzt*). 

ar^^'a:  ist  als  juristischer  Ausdruck  mit  ara^&ahe  F.  27b 
(Ptt.:  datastän  sax^an),  avddavanö  ebd.  (Pü.:  datantan- 
ömand),  ara&yanqm  Yt.  JJ.  5  (Pü.:  datastän)  und  ar9&a- 
mat  Yt.  12.  7  zusammenzuhalten.  Unter  srav,  womit  arddra 
übersetzt  wird,  —  bei  West  SBE.  37,  64  (und  sonst)  'State- 
ments' — ,  verstehe  ich  die  vor  Gericht  gemachten  Angaben 
des  Beschuldigten  und  der  Zeugen  oder  auch  der  Parteien 
und  der  Zeugen. 

aetä'  an  der  zweiten  Stelle,  nehme  ich,  wie  schon  er- 
wähnt, für  *aitata',  das  ich  mit  'Strafbarkeit'  übersetze.  Zur 
Bedeutungsentwicklung  'Teil*  — 'Strafe'  vgl.  unter  'nun  hat  er 
«ein  Teil'  usw.,  Heyne  Wb.  3,  951.  Dass  das  Wort  ein  A^ 
«traktuni  ist,  scheint  auch  der  Pü.  gesehen  zu  haben,  s.  oben. 
Die  Verbindung  des  Verbums  gam-  mit  dem  Akkusativ  eines 
Abstrakts  ist  vom  Altindischen  her  hinreichend  bekannt. 

Sonach  übersetze  ich  den  Schluss  von  Y.  8.  4:  ".  .  der 
verfallt  in  die  Strafe  dessen,  der  sich  mit  Zauberei  befasst". 
Vgl.  Pü.:  "Zu  .  .  .  hin  der  Zauberei  soll  er  kommen". 

aetahmaym  an  den  unter  3)  aufgeführten  Stellen  zerlege 
ich  in  aeta-  +  mayar-  Adj.,  d.  i.  eigentlich  'seinen  Anteil,  sein 
gebührend  Teil  abmessend,  abzahlend'  sva.  'schuldig'  und  zwar 
-a)  einer  That,  d.  i.  dafür  'verantwortlich',   b)  einer  Leistung, 

1)  Es  besteht  ja  freilich  die  formale  Möglichkeit,  das  jAw. 
vhsäta-  dem  ai.  ?;2Ä:Äi/ä/«- 'berühmt'  gleichzusetzen;  die  Wahrschein- 
lichkeit dieser  Gleichung  deucht  mir  aber  sehr  gering  in  Anbetracht 
dessen,  dass  das  ai.  Verbnle  sonst  im  Iranischen  ganz  unbekannt 
ist.  Zu  Spiegel  Ar.  Periode  97  vgl.  Bthl.  ZDMG.  42,  157,  Wacker- 
nagel AiGr.  1,  209. 

2)  Darmesteter  ZA.  3,  23  schwankt,  ob  er  vivusdätö  für  eine 
lautliche  Veränderung  von  *vivid-dätö  oder  für  'une  faute  de  copiste 
pour  viduJi'dätö'  nehmen  soll.  Letzteres  stünde  mit  der  Pü.  treff- 
lieh  im  Einklang,  ist  aber  schwer  mit  der  Überlieferung  zu  verein- 
baren. Auch  wird  ja  in  der  Antwort  das  Schwergewicht  nicht  in 
die  Kenntnis  des  Gesetzes  ^^elegt,  sondern  in  die  Erkenntnis  des 
Sachverhalts.  Die  andere  Annahme  bei  Darmesteter  ist  schauderhaft. 


Arica  XIV.  Hl 

d.  i.  dazu  Verpflichtet*.  Den  Schluss  von  V.  15,  10  Uberset/e 
ich  sonach:  ".  .  so  ist  es  (das  Mädchen)  für  die  begangenen 
Thaten  verantwortlich"  —  hier  ist  aMahmaym  NSf.  — ,  den 
von  V.  15.  21:  '\  .  der  ist  znr  Wartung  verpflichtet".  Den 
Sinn  der  Stellen  hat  also  schon  Geldner  wesentlich  richtig 
wiedergegeben. 

Zu  dem  anscheinend  unberechtigten  h  in  aHahmäyus 
verweise  ich  auf  ai.  askrta  neben  akrta,  Bthl.  GIrPh.  1,  3S 
ZU  4  a;  d.  h.  ich  halte  dafUr,  dass  h  auf  Nachbildung  des 
regelmässigen  Wechsels  von  m-  mit  °Äm  in  jenen  Fällen  be- 
Txxhij  da  idg.  sm-  zu  Gründe  liegt.  Man  könnte  ja  freilich  zur 
Umgehung  dieser  Annahme  einen  Stamm  aetah-  neben  aeta- 
ansetzen,  aber  die  bequemere  Erklärung  ist  keineswegs  immer 
die  bessere.     Und  so  meines  Erachtens  auch  hier  nicht. 

98.     Absolutivbildung  im  Awesta. 

Bei  der  Besprechung  der  ersten  beiden  Bände  von  Del- 
bnicks  Vergl.  Syntax  im  Literatnrbl.  f.  germ.  u.  roman.  Philol. 
1899  habe  ich  Sp.  334  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die 
altindische  Absolutivbildung  auf  -am  sich  auch  im  Iranischen 
nachweisen  lasse,  also  höheres  Alter  beanspruchen  dürfe,  als 
Delbrück  ihr  zubilligen  wollte.  Ich  habe  dort  den  vedisehen 
Satz:  red  kapötam  nudata  pranödam  RV.  10,  165.5  mit  dem 
awestischen:  t/at  .  .  ma^yäka  .  .  vohunim  vä  tacayeinfi  fra- 
ia^k^m  vä  fraHncanti  Yt.  14,  54  verglichen.  Man  wird  zu- 
gestehen, die  Satzfügungen  kapötam  nudata  pranödam  und 
vohunim  frasaikam  frasindanti  stehen  einander  völlig  gleich. 
Da  nun  pranödam  und  frasaelcdm  sich  auch  der  Bildung  noch 
dnrchans  decken,  so  wird  notwendig,  wer  pranödam  ein  Ab- 
solutiv  nennt,  diese  Bezeichnung  auch  fllr  frasaikdm  gelten 
lassen  müssen. 

Eine  zweite  derartige  Bildung  findet  sichYt.  8.  42:  kaöa 


1)  Im  Jahresber.  Genn.  Philol.  21  (1899),  11  berichtet  Bethge 
darüber  in  einer  Weise,  dass  ich  zweifeln  muss,  ob  er  denn  die 
Besprechung  auch  wirklich  sorgfältig  gelesen  hat.  Wegen  griech. 
vuöc  möge  er  jetzt  Brugmann  GrGr.^  367  mit  No.  nachsehen,  viel- 
leicht vermag  er  sich  dann  zu  überzeugen,  dass  auch  ich  schon 
über  das  Verhältnis  von  vuöc  zu  ai.  snvsä  nachgedacht  habe,  wohl 
noch  eine  Weile  früher  als  er  selbst. 


143 


Chri 


xd  a»p0.ntaojjehl4  apqm  yiärqm  aitciyiHr^m  "wann  «verdeii 
die  Wasaerquelleii  stärker  als  eiü  RosBleib  IierKuiflieesendt 
fliesBcnV".  apqm  ist  von  xd  abhäupg  zu  maeheD,  wie  Yt.8. 
5,  Y.  42.  I,  V.  13.  öl  zeigt;  selion  ilarnni  also  ist  z.  B.  GeW- 
uer»  ÜbeiHetznng  KZ.  25,  473  falsfli.  Uagef^eii  hat  Geldner 
ebd.  476  ripbtin:  yiurqi»  fürs  Verbum  in  Anspnidi  genommen; 
CB  ist  3.  ?iur.  KcjiiJ.  Akt.  wie  duhnm  (filrPh.  ].  §  303.  7i. 
Die  Stelle  bat  iiiHot'«rn  mit  den  beidi'n  zuvor  zitierten  grosse 
Älmliclikeit,  als  auch  bicr  da»  Ahäotutivum  mit  dein  V<>rbum 
finitiini  des  Satzes  zor  selben  Basis  gelifirt;  s,  dazu  Pap.-!*.  4-46. 
<ianz  ebenso  ist  drittens  upa.skanbam  gebildet,  V.  8. 
lU:  dva  dim  nara  isOifte  [vizOtAtqm  vlzvar9ntqm]  mayna 
anaitci.vastra  z-tmoistce  vd  zar&tse  va  apautkanbiia  v%6i6asSva 
dim  paiti  amhd  zgmO  nidai9yqn  "zwei  Männer  [regssnie, 
tUehtige]  sollen  nackt,  unbekleidet,  indem  sie  ihn  (den  Leich- 
nani)  an  (mittelst)  Lehiaziegeln  oder  Steinen  fe»t  machen,  ihn 
Ober  einer  Kalkunterluge  aof  der  Erde  tiinlugen". 

Ich  bemerke  Folgendes  zur  Erläuterung  der  Stelle:  Die 
Neuausgabe  setzt  hinter  Klcüa^iKa  eine  Interpunktion.  Ab- 
gesehen davon,  doBS  der  Satzbaii  dadurch  zerrissen  wird, 
bekämen  wir  so  als  erstes  Wort  des  Satzes  hinter  dem  Kolon 
ein  Enklitikum  dim:  nas  selbstverständlich  nicht  mßglieh 
ist.  Auf  die  traditionelle  Abteilung  darf  man  sich  liier  niu- 
eoweniger  berufen,  als  in  Pü.  das  Wort  clMfaeiva  ausge- 
lassen ist;  die  Ordner  der  Texte  wussten  eben  dessbalh  nicht, 
uh  sie  das  nach  PU.  Überschüssige  viÖi^aAiiKa  zum  vorher- 
gebenden oder  zum  folgenden  Sätzchen  zn  ziehen  hätten. 

Die  in  [  ]  eingeschlusseneu  Worte  halte  ich  für  glosse- 
nmtieuh.  Pü.  bat:  zenavandtum^)  (tuxiaktum)  ape  pdktum 
{/rakajrtaktum  pa  an  kar).  Nach  diesen  Übcrsetzungeu  und 
Erläuterungen  habe  ich  mich  oben  gerichtet.  vizOieta-  ist 
danach  Superlativ  zum  ai.  Verbum  hinöti,  aus  *yi-iha{i)ii- 
tha-  hervorgegangen  und  zusammengehörig  mit  zafniS,  zai- 
nibuih'avi,  zaSn<mha  (NS.  aus  "nhan-),  za6naouhant»m,  zai- 
ma  iV.  44.  h\  zueinanfi,  die  alle  entsprechend  tibersetzt  und 


1)  Sfi  ist  d.ih  W<iri  /u  [fsfu  und  niflit  eivAnd",  wie  Dnrttio- 
steter,  oder  ilvhävand".  wie  Miüa  GatliHG  190  will.  Pi?sliiiraD  Um- 
schreibt zu  Ilandans  i  anöiakravän  X^anrav  2  (.  inanz  richtig  Xinli- 
vand;  a.  auch  Salemann  M4L  Ab.  9,  343. 


glossiert  werden.  Über  visi-ar^ntqm  weiss  ich  r 
/.D  sagen,  dass  es  mir  wegen  Deines  zv  [s.  GlrP 
UberaiiB  verdächtig  crsebeint. 

ttidai3i/qn  ist  Intinitiv,  abbängig  von  iaOide.,  v  %e 

m«  gaoidaitim  \.8.  HX)  und  fiirPii.  1,  §255,  2.  Be.- 

tung  der  Leiube  auf  Kalk  bat  den  Zweck,  die  Verunreinigung 
der  Erde  durch  absickerude  Flüssigkeit  zu  vermeiden;  ihre 
'Fefttmacliung'  mittelst  Steinen  usw.  soll  die  Verschleppung 
durch  Hunde  und  Vögel  verhindern,  s.  V.  6.  46, 

Die  Wiedergabe  von  upa.>fkanbr>m  in  Pü.  dnreli  apar  ö 
katak  halte  ich  für  ganz  verfehlt  und  werllos. 
Als  viertes  Beispiel   reiht  sich   ana^tiinii  an,    V. 
i6a   tanüm   iristahe   ava.hUta  anaemin   manö   anaei  f 

anaeiam  iyaodmnn,    d.  i.    "Ich    hin    da   anf    einen  I  i~ 

gestoBsen,    ohne  dass  ich  (danach   gestrebt,  sva.)   etwoo   ..-..t 
gelhan  hätte  in  Gedanken,  in  Wort  und  in  Werk".    Zur  Kc 
pfisition  des  Absolutivs  mit  der  Negation  verweise  ich  auf 
änapek»am,  äparivargam,  antwünain  u.  a.  — 

Dazu  stelle  .ich  endlich  fünftens  das  nichtkom 
Jum  (d.  i.  *JlD3m,  GIrPh.  1,  §  26S,  25)  Yt.  d.  i>^:  y^. 
frapayemi  üni  zqm  ahiirnfititqin  d.  i.  "ftiiusend  ZaoUru^  .. ..» 
ich  dir  bringen  .  .,)  wenn  ich  lebend  hingelange  zur  Ahura- 
gescbaifenen  Erde".  Im  Aiad.  ist  das  euteprechende  jivam 
in  der  Komposition  mit  yävat  — -  yavajjtvam  —  häufig  belegt; 
vgl.  Pan.  -v.  4.  30>). 

Die  beiden  letztangefuhrten  Beispiele  scheinen  sich  frei- 
lich in  Einern  Stück  von  den  entsprechenden  indischen  Formen 
zu  unterscheiden.  Delbrück  AiS.  401  schreibt  nämlich:  "Das 
Absolutivnm  auf  am  habe  ich  nur  komponiert  gel'unden.  Das 
vordere  Glied  des  Kompositums  bilden  dabei  gewöhnliche  Prä- 
positionen, bisweilen  auch  Nomina";  s.  auch  VglS.  1,  6U4, 
In  ajiaiiam  aber  ist  das  Absolutiv  (bloss)  mit  der  Negation 
komponiert,  während  Jum  ganz  selbständig  gebraucht  erscheint. 
Ist  aber  Delbrttcks  Aufstellung  richtig? 

Allerdings  ist  vor  den  belegbarcu  am  -  Absolutiven  des 
Aiod.  —  es  gibt  deren  etwa  hundert  verschiedene  —  weitaus 


1)  Bei  Whitney  Wurzeln  l'eblt  die  Form.  Er  hat  sich  durch 
d«n  Akzen (fehler  im  grossen  PW.  Cjlvdm)  verleiten  lassen,  das 
Wort  unter  die  AvyayibhOva'n  »u  «teilen,  Gr.*  §  1313  c. 


Chri 


arthoh 
,'  I'r. 


.ler  We 


koni- 


der  grössere  Teil,  melir  als  neunzig  E'rozent  i 
ptiniert,  wie  Delbrück  an^bt.  Es  bleibt  aber  doch  ein  ResI, 
über  den  man  sich  nicht  einfach  liinaiissetzen  k&nn.  Wlntney 
Gr."  995b  drtl<'kt  sich  anders  hiertlber  aus:  "No  uncomponii- 
ded  examples  are  fonnd  in  the  older  langnage,  and  cxtreuiely 
few  in  the  later".  Wenn  man  aber  nnter  "ältere  Sprache" 
die  Sprache  in  Veda,  Brähmatfci,  Upanisad  nnd  Sütra  ver- 
steht, wie  Whitney  Wurzehi  VI  sie  definiert,  so  ist  jene  An- 
gabe auch  nicht  ganz  richtig- 

Bei  Whitney  Wurzeln  werden  folgende  Absolutiva  als 
atisserUalb  der  ZuBammeDKetzung  vorkommend  ver/.eichuet: 

öaam,  dhytlt/nm,  mökam,  smaram,  lekam,  lopam; 
die  letzten  beiden  in  den  Nachträgen. 

Ich  bin  leider  nicht  m  der  Lage  für  alle  diese  Beispiele 
den  Fnndort  festzustellen.  So  nicht  für  mökam,  das  in  den 
linlkmana»  enthalten  sein  t^oll,  ich  finde  nur  mmökam.  Ferner 
nicht  für  Uham,  da*i  ich  nur  in  ksiraleham  kenne.  Wo  dhya- 
i/aiii  und  umarnm  allein  stehen,  weiss  ich  auch  nicht;  aber 
in  Dopjielaet/.nng,  als  amre^Ua-,  sind  sie  in  den  Wörterbüchern 
naclige wiesen.  Sie  kommen  also,  weini  schon  komponiert,  so 
doch  in  andrer  Weise  komponiert  vor,  als  Delbröck  sie  fnr 
die  Absolutivbildang  als  allein  zulässig  bezeichnet,  und  die 
Art,  wie  sie  komponiert  sind,  setzt  doch  eigentlich  die  Mög- 
lichkeit ihres  selbständigen  Gebrauehs  voraus.  Das  gleiche  gilt 
noch  ftlr  dar4am  und  4ravam,  die  bei  Whitney  Gr.*  g  996  c  anf- 
geführt  werden.  Pänini  3.  4.  23,  24  erlaubt  bhojtimbhojam 
crajati,  aber  auch  agre  bhojam  prajati  zu  sagen. 

Die  Absolutiva,  die  ich  in  aelhsländiger  Verwendung, 
HUSBcrhalb  jeder  Komposition  nachweisen  kann,  sind  öiam, 
i-opam  nnd,  was  Whitney  nicht  anfuhrt,  chedaut,  iamsam.  Die 
letzte  Form  findet  sich  Sänkh.  Sr. /«.  16.2(4,07).  Für  }opam 
verweise  ich  auf  Hoehllingks  Wflrtcrbueh;  nach  Whitney  Wur- 
zeln 251  ist  es  auch  in  der  Ä'ä/ralitteratnr  belegt,  ömm  steht 
:^Br.  2.  2.  4.  ä,  freilich  in  einem  Zusammenhang,  der  uns 
grosse  Vorsicht  anferlegt:  liaarit  dhayHi  tätaJ»  dsadhatfah  sä- 
mabhavams  tdsmad  öaadhayo  Tidma.  Mit  ösam  ttkat/a,  uach 
Sftyanas  Konmientar  »va.  pakvam  krtvo  piba,  soll  das  Wort 
öaadhiifjuh  etymologisch  erklärt  werden.  Auf  chedain  endlich 
hat  Ludwig  Higvcda  4,  6  verwiesen.  LSS.  8.  b.  4  steht  io 
der  Ausgabe  der  Hibl.  Ind.:  yatra  stamha  vrkea  va  bahut/l 


^ptfldA    «yvg   tilmii   chednn   denayajanam   kurywh.     Der  Kom- 

Bibentür   erlüotert  cheda»  mit  chitvo  (chittptJj,    iiort   ich   iiieine 

^aiiz  mit  Recht,  wenn  schon  es  nicht  gewöhnlich  ist,  cIhsb  der 

fSaiidlii  -n  für  -m  vor  Deiilalen  anch  in  der  Schrift  ■mm  Ans- 

«Irnck  kommt:    s.   aber  Bthi.  BIJ.   In,  5t),  Wackcrnagel  AiGr. 

Aus  dem  an^'cfiihrten  Material  ergibt  sich  Jedenfalls  fo- 
riel,  tiass  die  mn-Alisohitiva  im  IndiNcheu  nhno  xn^amnicn- 
'esutzt  zu  sein  zwar  selten  gcbranchl  wurden,  aber  doch  nicht 
inrohans  unüblich  waren.  Wir  haben  also  kein  Recht,  dcn- 
lelhen  Gebrauch  im  Altiraniechen  als  von  vorn  herein  unmöf^- 
Hcii  oder  uiiwahrseheinlich  zu  bezeichnen,  g&w/.  abgesehen 
^avon,  dasK  ja  eine  Erscheinung  auf  dem  einen  SpracLgehiet 
'.  geläufig  iioin  kann,  die  auf  dem  andern  gänzlich  nner- 
ifirt  ist. 

Eine  zweite  Art  awestiseher  Absolutivbilduagen  siellt 
nch  äusxerlich  als  maskuliner  Akk.  Sing,  eines  sei  e»  aktiven, 
tti  es  medialen  Präseitspartizips  dar.  Der  Konst  tiblicheti  Ver- 
ireiiduDg  des  Partizips  entsprechend  hat  dann  das  Absolutivum 
teils  aktive  teils  niedio-passive  Bedeutung.  Solche  Formen 
Imle  ich: 

'  V.  6.  26:  yat  atte  yoi  mazdafiaanti  pada  ayantim  Pä 

taiintsm  ril  bar3»in,im  va  viiz^ninsm  cä  iaii-apaya 
tuuaum  frajdsqn  "wenn  die  Mazdnyatiner  Bchrcitend  otlci-  lau- 
fend oder  reitend  iider  fahrend  auf  einen  Leichnam  in  HiesRen- 
Wasscr  stossen".  Ebenso  V.  8.  TA,  nur  mit  anderem 
Scblnsa:  ■ .  vasamn-tm  vü  atr^m  nasupak<nn  frajanqn  "wenn  . . . 
r  ein  Feuer  stossen,  das  zum  Kochen  von  Leichenteilen  ver- 
wendet wird".  In  PU.  zn  V.  6.  26  erscheinen  die  Alisolutivn 
4eni  Verhnm  tinitum  koordiniert'):  kii  .  .  pa peid  rawand  aöüv 
Utciind  tiöäv  baränd  aöav  cazand  tacdk  dp  i  nastlkoniand 
firaf  rasand,  zu  V,  8.  73  werden  sie  mit  dem  rt«  -  Partizip 
gegeben*):  ka  .  .  pa  päd  raudn  adar  tacün  tidtlv  baran  afMv 
vaztXn  o  atai  i  na-nakpdk  frtlc  rasand. 

1)  Doch  s.  die  folgeiidti  Noto. 

3)  So  nach  Darab.     Aber  die  Mehrzahl  der  Hds.  hat:  rawänd 

latänd  ■  .  baran  .  .  vazün.     Ks  isi  »iso  au  unei  Stellen  AuEglfi- 

>|hang  mit  deni  Verbuin  tin.  e.itolgt.     Da»  u 

itBs  auch  V.  8.  73  wie  tiier  -an  zu  lesen  is 

«ehrriliür  viermal  ausgeglichen  haben. 

Indoiwnnini flehe  Fnncli'inKen  XIT  1  ii.  i. 


14G  Christian  Bartholomae, 

V.  6, 4(5 :  yezi  nöit  sünö  vd  h^rafH.x^^arö  vayö  vd  k^r»f^,- 
x^'arö  aetajahqm  astqm  avi  apqmca  urvaranqmöa  har^ntdm 
frajasqn,  barfintam  avi  frajasaiti  ist  '"'er  konimt  unter  Tra- 
ncen (von  .  .  hin)  (zu  .  .)",  (1.  i.  sva.  "er  verträgt,  verschleppt 
.  .  hin  zu  .  .".  Also;  *"^sonst  könnten  fleischfressende  Hunde 
oder  fleischfressende  Vögel  irgendwelche  Knochen  (Gen.  part. 
als  Objekt)  zu  Wasser  oder  Pflanzen  (Gen.  part.  statt  Akk.) 
verschleppen".  Vgl.  6*.  47,  wo  die  ganze  Stelle  mit  gering- 
fügigen Abänderungen  wiederkehrt. 

Yt.  19.  HO:  vaenamnam  ahmat  para  daeva  pafat/rtn 
va^namnani  mayd  frdvöit  vaenamnam  apa[ra\  karmy^n 
fainis  haca  maii/dka&ibi/ö  dat  td  Hnaodantis  garazdnd  Tiazö 
nwarazayan  daeva  "sichtbarlich  trieben  sich  vordem  die  Da^va 
herum,  vor  aller  Augen  geschahen  ihre  Begattungen,  vor  aller 
Augen  schleppten  sie  die  Weiber  den  Menschen  weg  und  dann 
thaten  ihnen,  den  schreienden,  jammernden,  Gewalt  an  die 
DaBvo"*, 

Y.19,?A:  vaenamnam  ahmat  haöa  x^'aranö  marayahe 
kahrpa  framsat  "sichtbarlich  entfernte  sich  von  ihm  die  Herr- 
lichkeit in  Gestalt  eines  Vogels". 

vaenamnam  ist  ""unter  Sichtbarsein',  d.  i.  sva.  'so  dass 
es  gesehen  werden  kann,  sichtbarlich,  vor  aller  Augen'.  Zu 
Yt.  19.  84  würde  man  ja  vaenamnam  allerdings  als  ASn.  auf 
x^aranö  beziehen  können,  aber  Yt.  19,  80  ist  eine  solche  He- 
ziehung  nicht  herzustellen,  und  es  empfiehlt  sieh  doch  w^ohl 
nicht  die  Worte  auseinanderzureissen. 

Meine  Übersetzung  von  Yt.  19,  80  bedarf  einiger  erläu- 
ternder Bemerkungen  gegenüber  den  Übersetzungen  von 
Geldner  3  Yasht  53  f.  und  Darmesteter  ZA.  2,  636,  wozu 
man  noch  die  mitteliranische  Übersetzung  Dk.  7.  4.  44  (SBE. 
47,  59)  nehme.  Dass  die  Worte  ahmat  para  da€va  patayen 
nicht  anders  genommen  werden  dürfen  als  da€va  .  .  yöi 
para  ahmät  .  .  apatayan  Y.  9,  15,  ist  wohl  unbestreitbar. 
Also  übersetzt  Darmesteter  an  einer  von  beiden  Stellen  falsch. 
vaenamnam  gibt  er  mit  'k  sa  vue',  wobei  sich  sa  auf  den 
zuvor  genannten  Zaradtistra  beziehen  soll.  Das  kann  es 
sicher  nicht  bedeuten.  Die  Pahlaviübersetzung  soll  nach 
West  besagen  "At  bis  appearance  the  demons  haven  fallen 
beforc  him".    Wie  der  Text  der  Ptt.  lautet,  weiss  ich  nicht. 


Arica  XIV.  147 

Ich  vermute:  pa  vBndkih^)  pes  hac  an  devän  patlt  hend, 
ich  vermute  es  nach  der  Pti.  zu  Y.  9.  15:  devan  .  .  k^  p&S 
hac  an  rlrarödinn  patlt  h€nd  apar  pa  ßn  zamtk,  wofür 
wieder  Sü. :  devdn  .  .  ye  präk  tasmat  riravikramah  apa- 
tan  upari  at^yäm  jagatyäm  bietet.  Dann  würde  die  Pü. 
mit  der  oben  von  mir  gegebenen  Übersetzung  durchaus  im 
Einklang  stehen. 

Für  vaen^mnam  mayä  fravöit  hat  Geldncr  die  Über- 
setzung "sichtbar  flohen  alle  Freuden",  wozu  ich  bemerken 
möchte,  dass  für  gewöhnlich  'Freuden*  weder  zu  den  kör- 
perlichen noch  zu  den  Lichterscheinungen  gehören.  Darme- 
steter  weiss  sich  überhaupt  keinen  Rat  und  lässt  daher  die 
Worte  unübersetzt.  Ich  zerlege  fra-vöit,  welche  letzteres 
nach  GIrPh.  1,  §  268,  37  für  *wöit  geschrieben  steht,  mit 
w  für  b  ans  hh^,  ebd.  §  70,  3.  Ausserhalb  der  Komposi- 
tion würde  die  Form  *bcöit  lauten,  d.  i.  *hu^6itj  und  es 
verhält  sich  jenes  *vöit  zu  diesem  *bvOit  wie  lat.  °bat  in 
sedibat  zu  lit.  büvo\  s.  Bthl.  Stud.  2,  116.  Zur  Flexions- 
form 8.  GIrPh.  1,  §  324  mit  Literaturbl.  f.  germ.  und  rom. 
Phil.  1899,  366.     Wegen  der  Pü.  s.  unten. 

mayd  stelle  ich,  und  insofern  gebe  ich  Geldner  Recht, 
mit  dem  gleichlautenden  A.  S.  4  bezeugten  Wort  zusammen. 
Es  steht  ferner  F.  11;  hier  ist  es  in  Pü.  mit  m  adn  t  ge- 
geben, ein  Wort,  das  auch  in  der  Übersetzung  von  anumaya- 
nqm  H.  1.  5*)  und  mayavaitihyaaca  H.  2.  16,  34  wieder- 
kehrt; s.  ArtÄVirafGloss.  210,  wo  es  mdyüd  (mäyfit)  gele- 
sen wird.  Dagegen  bietet  Pü.  zu  A.  S,  4  m  a  d  dan  n  und 
das  selbe  Wort  steht  jedenfalls  nach  Wests  Lesung  mclya- 
gdn  auch  an  der  I)k.-Stelle.  Nach  West  soll  diese  besa- 
gen:  "At   bis  appearance   (s.  dazu  oben)   their  semen  also 


1)  West  bemerkt  a.  a.  O.  zu  *at  Ins  appearance*:  "Reading- 
vendi'dahakih,  but  the  lirst  letter  is  oniitted  in  all  three  occurrences 
of  the  word".  Das  Wort  v^ntJt'dahakih  vorstehe  ich  nicht.  Sollte 
in  der  Handschrift  nicht  pnn  dn  dak  da  statt  pnn  ndn  ak  da,  d.  i. 
eben  pa  vinäklh  stehen?  Ich  verweise  auf  vSnäkThä  (WZKM.  14, 
^06,  Zeile  4). 

2)  Hier  unpassend;  anumayanqm  ninss  doch  wohl  im  Gegen- 
satz zu  g9Uft  genommen  und  wie  dieses  von  x^'ar9itinqm  abhängig 
§:emacht  werden.  Darmesteter  hat  freilich:  "dix  milles  i)rieres  dnns 
Vaction  conjugale";  s.  auch  Raup:  ArtaV.  307. 


148  Christian  Bnrtlioh.iiiae, 

drops"').  Venuutlich  ist  West  zu  dieser  übersetziing:  seines 
mnifagüit  —  elicnao  wie  zuvor  Spiegel  Komm.  2,  689  und 
Hang  ArtaV.  ^ii"!"  —  dnreli  das  iip.  »»dyn  'Materie'  be- 
stimmt worden;  aber  dein  entspricht  nip.  mrt/flA";  s.  Hübseh- 
luami  Pers.  Stnd.  11)4.  Es  bestellt  meines  Erachlen»  nicht 
der  geringste  (Jriind,  die  traditionelle  FasKunj;  von  mof/d 
nsw.  bei  Seile  zu  scliiebeu;  danach  aber  bedeuten  die  Worte 
'Beisehlftf  od.  ligl.;  vgl.:  Npll.  zu  A.  ü.  4:  va  sahabat  i 
zan,  Sil.  ebdzu:  strlmaitfiutniHi,  NpOl.  zu  li.2.  16:  ba  zan 
mujamalat.  Und  (las  paBst  auch  an  uni^rer  Stelle  ganz  aus- 
gezeichnet;  es  wird  gescliildert,  wie  die  JJaevas,  bevor  Za- 
raduAfra  sie  bannte,  vor  aller  Augen  unter  sich  die  Begat- 
tung vollzogen  und  mit  Menpehcmveibern  ihre  Schändliebkeilen 
trieben,  d.  h.  sie  nutzitcbtigten.  ni  ad  dann  \e,t  maifalcan  zu 
lesen,  da«  andre  Wort  ui  adu  t  enthält  jedenfalls  auch  mütf 
und  ist  mit  mni/ak  eng  verwandt,  aber  den  Ausgang  vei^ 
stehe  ich  nicht. 

Statt  des  überlieferte»  aparn  kariiayaii  lese  ich  apa 
kariaysn,  indem  ich  annehme,  die  Abschreiber  haben  sieb 
von  deui  vorausgehenden  para  beeinflussen  lassen,  apara 
als  Adverb  bedeutet  nur  'postea'. 

Unsicher  sind  die  anscheinend  ebenfalle  als  Abwlativa 
gebrauchten  Formen  auf  -^nt^m  und  -^mnun  Yt.  V.'t.  50  löl): 
IA:i^a  Ute  viima  zbayariia  afimi  .  .  yim  sdsta  daiähiU'i  hamO.- 
xnai^ro  patiiitinn  cd  zhanntim  va  iruiantitm  vä  ratioi>'»mHi>m 
tct^j  .  .  Der  ganze  Vaiit  muüs  als  ein  recht  spätes  Machwerk 
bezeichnet  werden.  Auch  ift  hervorzuheben,  dass  au  der  an- 
geführten Stelle  der  Salz  nicht  zu  Ende  geführt  ist :  das  Haupt- 
verbum,    etwa  "(wenn  .  .)   streitig   macht"   fehlt*).     Ks   ist    ja 


1)  Kür  fniröit  Sclia-lc  ilnsa  West  cIhb  riri;.'iiinlwcirl  iiiL-ht 
mitgeteilt  hal. 

•2)  Die  Reihe  paUiüjm  Pä  xbanntitm  cä  iriii^tl^m  t'n  ra96i- 
K^mtuw  Vii  bnlB[irichl  von  (/a^cischeii  Wchbii  getiagt  Am  für  ahun- 
sehe  gebrauchten  Worlrcihe  in  V.  ff.  26,  S.  73;  uyaniitm  vä  la^int*tn 
pä  barfmti»m  rri  raomn^m  vS.  Wegen  ra&öiHimnam  s.  oben  S.  134 
za  fraeAti)\  es  bedeutet  eigentlich  'sich  rttBch  im  Wsgen  bewegend". 
ibannltm  mass  'tnnfenil',  irii»ntim  'reitend'  bedeuten.  Letztere!« 
wiril  [ni(  nuserm  reinen  zuHammengehörea;  nuch  unser  Wort  Tür 
reiten  hatte  ursprünglich  rine  nllgemeiner«  Bedeutung. 

a)  Oder  rielitiger  vlpUclchl :  au  Stelle  den  H«u|ilvi-rbuiiiH  t- 


Arica  XIV.  149 

möglich)  ja  sogar  wahrscheinlich,  dass  das  Stück  von  pati^n- 
im  an  aus  einem  grammatisch  korrekten  Text  ausgezogen  ist; 
die  Formen  könnten  aber  freilich  dort  einfach  Akkusative  ge- 
wesen sein. 

Wie  hat  man  sich  die  Entstehung  der  Formen  zu  den- 
ken? Ich  halte  dafür,  dass  sie  auf  einer  Verquickung  der 
Partizipien  mit  den  am-Absolutiven  beruhen,  wobei  die  letzte- 
ren den  Ausgang,  die  ersteren  das  Übrige  lieferten.  Sie  kam 
dadurch  zn  Stande,  dass  Absolutiv  und  Partizip  in  wesentlich 
gleichem  Sinn  und  nebeneinander  gebraucht  wurden;  vgl.  die 
bei  Delbrück  AiS.  402  angeführte  Stelle  MS.  L  4.  12:  yäm 
abhikrämam  juhöti  .  .  yäm  apakrämam  juhöti  .  .  yäm  sa- 
mändtra  tisfhan  juhöti.  Yt.  5.  63  lesen  wir:  yezi  Jum  (d.  i. 
*ßvm)  frapayemi.  Ebenso  gut  könnte  es  natürlich  yezi  jrö 
(d.i.  *jivö)  frap""  heissen.  Nun  aber  hat  im  jüngeren  Awesta 
der  Nom.  Sing,  der  aw^Partizipien  den  selben  Ausgang  -ö  wie 
die  a-Stämme.  So  konnte  es  leicht  geschehen,  dass  sich  neben 
einem  harö  frajasaiti  'tragend  kommt  er  hin*  ein  havtintf^m 
fraf  einstellte.  Neben  taiintam  aber  fand  sich  dann  baram- 
ndm,  mzamnam  ein,  weil  man  eben  neben  facö  baramnö,  va- 
z^mnö  brauchte. 

Bemerkenswert  ist  die  Stelle  Yt.  o.  55,  über  die  Hübsch- 
mann Zur  Casusl.  203,  Spiegel  Vgl.  Gramm.  420,  Delbrück 
VglS.  1,  362  wegen  ihrer  auffälligen  Akkusative  gehandelt 
haben:  moiu  tat  äs  nöit  darayam  yat  frdyatayat  dicaxsamno 
aoi  zam  ahuradatqm  aoi  nmänam  yim  x'aepaißlm  drfim 
(ivant^m  airi^tam  hamada  yai^a  paracit  '"''Alsbald  geschah  es 
—  es  dauerte  nicht  lang  — ,  dass  er,  emsig  sich  rührend,  hin- 
gelangte zur  gottgeschaffenen  Erde,  zum  eigenen  Haus,  gesund, 
nicht  krank,  ohne  Schaden  genommen  zu  haben,  ganz  so  wie 
zuvor".  Httbschmann  hält  die  Setzung  des  Akkusativs  {drum, 
azantdnif  airiHtam)  in  diesem  Falle  für  "ungerechtfertigt".  Spie- 
gel dagegen  *'kann  es  nicht  für  gerechtfertigt  finden,  wenn 
man  solche  Konstruktionen  für  fehlerhaft  erkljiren  will",  Del- 
brück endlich  sieht  darin  '^inzweifelhaft  einen  sog.  Akkusativ 
des  Zustands".  Ich  bin  der  Meinung,  der  Verfasser  des  Stücks 
ist  zum  Gebrauch   der  Akkusative  durch  den   vorausgehenden 


scheint  paitis^fit9m,  mit  Angleichung  di»s  Aus<»angs  au  die  vorher- 
gehenden Formen  patantam  usw. 


150  Karl  Brugmann, 

Satz  yezi  jum  {=  jivam)  frapayemi  veranlasst  worden.  Mit 
Jvö  Jcahe  usw.  (=  Jlc"")  in  Beziehung  gebracht  verführte  da» 
Aböolutiv  Jum  (=  jlvam)  dazu,  statt  des  streng  korrekten 
^(Irvö  usw.  die  dem  Absohitiv  äusserlich  gleiche  Akkusiitiv- 
lorin  zu  setzen. 

(iiessen,  I.  Dezember  1900. 

Christian  Bartholomae. 


Homerisch  iiievoivduj  und  gotisch  hriggan,  zwei  Fälle  von 

Wiirzelaiigleichnng. 

Es  sin<l  schon  öfters  Beispiele  zusannnengestcllt  worden 
für  lautliche  Umwandlung,  die  ein  Wort  im  Bereich  seiner 
(Jrundclemente,  seines  sogenannten  wurzelhaften  Teiles,  durch 
Angleichung  an  die  Lautung  eines  andern  Wortes  infolge  vcm 
Ähnlichkeit  der  Bedeutung  erfährt.  Siehe  u.  a.  Meyer-Lübkc 
(iranmiatik  der  roman.  Sprachen  1,547  f.  2,  650  'unter 'Ver- 
schränkung'),  J5rugmann  Indices  zum  Grundr.  S.  170  (unter  ^Vu- 
gleichung  v(m  Wörtern  infolge  von  Begriffsverwandtschaft')  und 
Fleckeiscns  Jahrbb.  1880  S.  225  ff./  Bloomtield  IF.  4,  (56  ff., 
Meillct  IF.  5,  ^33  f.,  Lidcn  Stud.  zur  altind.  und  vergleich. 
Sprachgeschichte  (Upsala  1897)  S.  :}6  f.,  Wundt  Völkerpsych. 
1  1,  451  f. 

Die  Art  und  Weise  dieser  Umbildung  ist  sehr  verschie- 
den, und  demgcmäss  kann  die  (Irui)pierung  der  sämtlichen 
Fälle  von  sehr  verschiedenen  (lesichtspunkten  aus  vorgenom- 
men werden. 

Eine  («attung  von  Fällen  hat  das  gemeinsam,  dass  das 
induzierte  Wort  durch  den  Verschmclzungsvorgang  den  Zu- 
wachs von  einer  Silbe  erfährt.  So  ist  ai.  jirdfu'^  Xeben* 
durch  Anlehnung  von  yt/ütu-j  —  av.  (Jenit.  jydfifUff  Akkus. 
jyötüm  '"Leben''»  an  die  Wov\^x\\\)\^(i  jUii-H  jiva-ti  usw.  ent- 
sprungen, was  dadurch  bewiesen  wird,  dass  es  ein  'Suffix* 
-atU'  im  Altindischen  nicht  gibt  (J.  Schmidt  KZ.  32,  378, 
Meillct  De  indoenrop.  radice  *///e?*-  p.  51,  Uhlenbeck  Kurzget\ 

1)  Arisch  jyä'  =  griech.  lr\'  in  Z.f\\/  'leben',  uridg.  *gVji-. 


lloim-risi'h  jitvoivdm  und  t;oli.si'li  liriyyiiii   UhW.  Inl 

III.  Wörlorb.  der  ai.  Spracbe  102).  Die  Abutrakthildung 
gabül  F.  'das  Nebnieu'  kymr.  gafuel  Mus  Halten,  Fest- 
halten', die  zum  ludik.  Präs.  ir.  gabim  gehikt  und  ein  uriiieel- 
keltiscbee  *gabagla  voraussetzt,  ist  eine  VerscLmeI/.Qiig  von 
'kagla  'das  Erlialten,  Beknmnien'  =  kyuir.  vael  (zum  Indik. 
Präs.  caf  =  *kagam)  mit  dem  ^nannten  Verliuni  ir.  yahhn 
'ich  iifhlue,  ergreife,  erhalte'  'Tlinriieyseti  Festgruse  an  Osthoff, 
xnui  14,  Aug.  ]894,  S.  5  f.).  Att.  necuJM«  'Ötiir/'  meciina?) 
auf  einer  Vase  (Kretschnier  Vaseninsi-hr.  .S.  1^2)  war  nTilina  + 
Ti€coÜMai  TKCfiv  Ti^coc  Ti^oifja  fVerl".  liriech.  Orainiu. '  S.  .")70). 
ibccTÖc  'gefressen,  was  zu  essen  ist',  ibeciiov,  ^btcxric,  ^becöfi- 
vai  ans  *icT6c  d.  i.  *^&-to-,  *^CTeov  usw.  +  ^buj  ftonai  eturnlc 
US«-,,  (*^nö9ecca)  ^iröeeca  'ich  habe  Verlangen  getragen*  ans 
*rt€cca  VÖEca  {^eeccötiiiv,  öecTiup,  noXO-öecTOC,  Wurzel  g^hedh) 
-{-noQiw  iröGoc  usw.  (von  derselben  Wurzel  g^'/ierfA-:.  Spätlatein. 
insehr.  ticixit  d.  i.  tüvij^t  aus  vixit.  +  rivo  vlvun  usw.  i  Wa- 
ckernagel KZ.  33,  36ff.i.  Adv.  öbd£  'mit  den  Zähnen  beis- 
»cnd*  aus  ööE 'beissend'')  +  6&oüc 'Zahn*'],  ötiüccaceai  'grol- 
len' an»  &UC-  (ai.  duäto-s  'büBe,  grollend')  +  6&-  ilat.  odium). 
Zn  dieser  KlasBe  von  Angleichnngseraengnissen  dürfte 
4icb  aus  der  grtechisehen  Spraebe  aueh  das  homerische  und 
Oberhaupt  diehteriscbe  mevoivölu  'ich  habe  im  Sinne,  gedenke, 
dberdenke,  habe  vor,  trachte,  begehre'  stelleu,  dessen  nächste 
Verwandten  ncvotvri  'Trieb,  Verlangen'  bei  alcxanclriniBcheD 
Dichtem >)  und  Mevoivnc  ■  irpöeunoc  .  ippovTitTTic  IrI  Hesychius*) 
sind.    Obwohl  Zugebflrigkeit  zur  Sippe  von  ^livoz  auf  der  Hand 

1)  bäl  zu  bäxvm  war  eine  Bildung  wie  XdE  'mit  der  Feriüe  »los- 

«end'  (XdEuj,  XciNTlZui),  niiE  'mit  der  Fnuxt  Hchlagend'  (itüktiic),  dvo-^iE 

tischend,    verniischl"   (uiTflv«i)  u.  a.     S.  Ph.  Wegeiier  De    eiisuuui 

lonnullornin  GruHtoruui  Latinurumque  hiätoria,  Bärol.  1811,  p.  2<i  Bq<j., 

iWeisler  t)ie  Miinianibeu  des  HisrndaB  S.  137  (f. 

2t  a(nt>^dt  =  aÜTo-büi    oder    'lÜT-oftdEV     D»ss   Prellwilz   Elvui. 

tb.  S.  31»  mit  Berufung  nul  vuibüc  lür  niö^liuh  hült,  dasB  bbül  iiue 

itio-bgE  entHtanden  sei,  beruht  aul' VerkennUD^  d^  Ur^pruiigH  von 

S.   über  diesea  Adjektiv  Ber.  der  säcliti.  Ges.  d.  Witts.  1897 

B,  18S  r.,  Grieih.  Gramm.*  319. 

3)  Dieses  ucvoiv^  brnucht  nicht  da«  Gruudnoiueti  von  utvaiväm 
gewesen  zu  st^in,  sondern  kann  eine,  retrograde  Ableitung  aus  ihtu 
[«eiu,  wie  -nXdvti  aus  iiXavilu),  äc>|  aus  ätäatiai  (=  lat.  xatiüTV),  i\rta 
att»  ^TTilimai  u.  a,  (Verf.  tiriech.  Gramm.s  S.  302  ft  362  Anmj. 

4)  Meineke  verrautei  ntvoivtic  =^  *]j«\'oii''i*ic  oder  iKvoivriTiic, 
«vemuell  wevoivfic  '  iip68u(ioc.    ^e  vuivriTV)c  '  ippiiVTiciftc, 


< 


ibi  Knrl  Brugiiiitiiri, 

liegt,  liut  MEvoiväu]  ducli  weder  a\n  suffixalo  Ableitnn^  aus  der 
Wurzi.'!  n£v-  im  Griechischen  ein  Aiialogon'),  noch  ist  es  als 
J^ni^nDiiut^neet/uiJ^'  aus  einem  von  dieser  Wurzel  kouiniendeii 
Wort  niid  eineiri  audcrii  Nomen  begreiflich.  Ali«  Ableitiin;;  ant> 
|iev-  mit  einem  miftixalen  Bestandteil  -oin-  wäre  unser  Wort 
liöchstens  mit  AnsBergncchi»chen  Formationen  vergleichbar,  mit 
den  litatiischen  auf  -ena-  -^nja-,  -ainja-  (lett.  auf  -ina-,  -ainja-). 
den  nUindi»clien  auf  -ena-  fav,  auf  -aena-),  über  die  von  mir 
firuudr.  '2,  150  f.  und  von  Leskien  Bild,  der  Noni.  im  Lit. 
:^62  tr.  gehandelt  ist  (vgl.  auch  Ber.  d.  säclis.  Öes,  d.  Wiss. 
1900  S.  407  ff.).  Doeh  wäre  es  mehr  als  ktlhu,  dahin(llK:r 
eine  Brllcke  /.u  schlagen.  Man  dürfte  daher,  ansser  m^voc,  die 
Wörter  ahd.  meina  F.  'Sinn,  Absieht,  Meinung'  meinen  'seine 
(iedauken  auf  etwas  richten,  bedenken,  im  .Sinne  haben,  beab- 
sichtigen, sagen",  as.  menian  'meinen,  erwähnen",  aksl.  po-men% 
'memoria'  m^njq  mentti  'denken,  gedenken,  meinen,  sagen, 
erwähnen'  in  der  Weise  heranzuziehen  Imben.  diis.«  man  an- 
nimmt, ein  mit  ahd.  meina  identisches  *ptoim  oder  ein  davon 
ansgegaugenes  "^oivauj  ist  an  die  Sippe  \iivoc  ^tvEaiviu  nsw. 
angebildet  worden.  Die  Frage,  ob  und  eTentuell  in  welcher 
Weise  meinen  mit  der  'Wurzel'  men-  in  ahd.  manöii  got.  mu- 
nan  grieeh.  m^voc  usw.  zusammenhängt,  braucht  uns  hier  nieiil 
zu  beschäftigen.  Denn  meinen  und  meniti  sind  auf  ein  vor- 
ciuxeUpracbliches  *moin-  zurückzufflhren  (nach  den  germani- 
schen und  den  slavisehen  Lautgesetzen  wäre  auch  *main-  mög- 
lich), Diid  so  inUsste  die  Vermittlung  im  Urindogermanisehcu 
gesucht  werden  (s.  Noreen  Abriss  d.  urgerm.  Laut).  rJH,  Fers- 
son  Sturt.  /.ur  Lehre  von  der  Wuraelerw.  "6.  12iii.  Znr  Fle- 
xion von  M^voiväu)  (hum.  ^€voivüJuj  usw.)  s.  Schulze  Quaei^t.  eji. 
367  sq.,  Danielsson  Zur  metrischen  Dehnung  im  älteren  jtriei 
Epos  (Upsala  l«y7)  S.  66  ff.»). 

1)  Att.  dT^oiv"  l»"  dTKniiv)  ist  fei'H  KU  lialieii. 

2)  Enteren  ZuBammeiihfing'  von  FiEvoivdui  iiiU  ahd. 
wie  ich  hinterher  fand,  auch  schon  Prellwiiz  Et.viii.  Wtl>.  lix;,  S0^! 
anj^enonniien.  Aber  unwahrscheinlich  ist  seini'  Ansicht,  dnas  jrer- 
niaiiisches  'main-  aus  'rmnain-  ^mnain-  hervorpffranften  wei.  Zwar 
viTweiit  l'r«llwiiz  inbeirelT  dos  Lautwnndels  huI'  ahd.  mos  'Moos, 
Hoor,  Sunipr',  dua  mit  ^vdoc  uvmlc  'weicher  t'lnum,  äampf,  Daunen' 
zu  verknüpfen  und  demnach  aus  "mnuso-  hervoigeffangen  aei.  In- 
dessen whou  das  von  nvioc  nicht  zu  trennende  jiviov  'See^rras'  Ix- 
wvisl,  dass  diese  ct.vmologlsche  Vertilndung  rnlsch  ist:  über  üioVi^r- 


1 

hMl.  I 


Homerisch  Mcvotvduj  und  gotiscli  hriggan  usw.  153 

Zahlreicher  als  die  Klasse  von  Wur/.elangleielmngeu,  zu 
der  ^evoivdu)  gehört^  sind  die  Fälle,  in  denen  das  Ergebnis 
der  Mischnng  keinen  Silbenznwachs  aufweist.  Unter  diesen 
kann  man  wieder  als  eine  besondere  Gattung  diejenigen  Fälle 
reelmen,  wo  das  induzierte  Wort  eine  konsonantische  Vernieh- 
mng  nu  Anlaut  des  wurzelhaften  Teiles  erfahren  hat.  Be- 
kannte I^ispiele  dieser  Art  aus  dem  Germanischen  sind:  ahd. 
htiikGn  mhd.  heischen  'heischen',  das  ans  ahd.  einkön  mhd. 
eiVÄew  (=  as.  Bscön,  zu  ai.  icchd-ti  ''er  sucht,  sucht  auf)  durch 
Anlehnung  an  heiggan  'heissen'  (=  got.  haitan),  und  ahd.  hiiti 
'ich  bin',  das  aus  *hn  (got.  im  aisl.  em  'ich  bin'  =  uridg. 
*emi)  durch  Anlehnung  an  das  durch  ags.  Mo  air.  hiu  usw. 
vertreteue  Präsens  der  Wurzel  bheu-  (ahd.  Plural  hirum  h-i- 
rvt  zu  aisl.  erom  erod)  entstanden  ist.  Beispiele  aus  dem 
Bomanujchen,  wie  franz.  lierre  'Epheu'  aus  ierre  (hedera)  + 
lier^  italien.  hruire  'kollern,  knurren'  (*brugire)  aus  rugire  + 
hradire,  s.  bei  Meyer-Lttbke  a.  a.  0.  1,  356. 

Einen  für  unsern  spezielleren  Zweck  besonders  bedeut- 
samen Fall  ans  dem  Griechischen  habe  ich  in  Fleckeisens 
Jahrbb.  1880  S.  217  ff,  eingehend  erörtert.  Es  handelt  sich 
nin  gewisse  Unregelmässigkeiten  des  mit  cp^peiv  wurzelgleichcn 
nnd  seiner  Bildung  nach  mit  ai.  bibharmi  zusammengehörigen 
Verbums  -7riq)pavai  'etwas  wohin  bringen'  (z.  B.  k-Triqppdvai 
'hineinbringen,  hineinlassen,  hineinstecken'),  von  dem  ausser 
dem  Präsens  Aoristformen  wie  -qppfivai  -cppeic  und  -^cpprica 
-€(ppT]cav,  Konj.  -q)pricr]  und  das  Futurum  -q)pricu)  belegt  sind  *). 


wandten  von  ahd.  mos  sehe  iiuin  Kluge  Et.  Wtb.  unter  tnoos.  Aksl. 
mmüi  erwähnt  Prellwitz  überhaupt  nicht;  auch  dieses  niüsste  er 
aus  *mnoin-  herleiten.  Gesetzt  aber  auch,  das  germanische  und 
das  slavische  Wort  könnten  anstandslos  mit  dem  griechischen  aut 
uridjj.  *menoin-  *mnoin-  zurückgeführt  werden,  so  wiire  dieses  Ge- 
bilde unmöglich  von  *menoa  (lu^voc)  zu  trennen,  und  mit  welcher 
Wortbildung  der  Ursprache  könnte  dann  *7nenoin-  *mnoir}-  verglichen 
werden?  An  die  oben  genannten  Nomina  mit  den  Suffixen  lit.  -ena- 
usw.  anzuknüpfen  ginge  nicht  an.  Denn  diese  Suffixe  sind  an  o- 
Stämmen  entsprungen,  und  ein  Nomen  *iaeno-  *mno-  ist  nicht  nach- 
weisbar.   Auch  ergeben  sich  funktionelle  Schwierigkeiten. 

1)  Diese  Stufe  qppn-  neben  av.  -hri-ra-  'tragend'  (Bartholomae 
Studien  2,  180)  und  ai.  bharl-tram  griech.  qp^pe-Tpov  (papi-rpä  haben 
Hirt  IF.  7,  204,  Ablaut  S.  145  und  Hübschmann  IF.  Anz.  11,  50  bei 
der  Bespreehung  der  Basis  dieser  Wortsippe  nicht  in  Rechnung 
gtzoij'en.    Ks  liegt  aber  kein  ausreichender  Grund  vor  anzunehmen, 


154  Karl  Brugmann^ 

Xeben  diesen  regelmässigen  Formen  treten  einige  Bildungen 
auf,  die  dadurch  entsprangen,  dass  -irniii  (in  Verbindung  mit 
Präfixen)  infolge  seiner  begriflFlichen  Verwandtschaft  mit  -m- 
qppävai  im  Anlaut  qpp-  annahm.  So  erstlich  die  Aoristformeu 
-eqppriKa  -^qppevro,  Imper.  -q)p€c,  Inf.  -qpp^cBai.  Sodann  ist  das 
Präsens  -qppiTiiLii  durch  Aristophanes  Vesp.  125  belegt,  wo  zwar 
d^eqppioiiev  überliefert  ist,  eine  Form,  die  mit  den  gleichfalls 
handschriftlichen  Formen  ;].  Plur.  güv-iov  A  273,  Präsens  3.  Sg. 
-lei  B  752.  K  121,  Imper.  Hüv-ie  Theognis  1240  auf  gleicher 
Linie  steht,  aber  höchst  wahrscheinlich  mit  Nauck  und  Din- 
dorf  ebenso  in  dHeqppieiiiev  zu  korrigieren  ist,  wie  man  in  A  273 
mit  Aristarch  Huviev  zu  schreiben  hat. 

Ein  »Seitenstlick  zu  -qppiTiiii  -^qppriKa  ist  nun,  wie  mir 
seheint,  unser  deutsches  Verbum  bringen :  got.  briggan^  ahd. 
brlngan,  as.  bringan  und  brengian^  ags.  brinjan  und  (kent., 
north.,  bisweilen  auch  altws.)  brenj(e)any  wozu  als  Präteritum 
got.  brähta  ahd.  as.  brdhta  ags.  bröhte  aus  *brai9hta,  als  Part. 
Perf.  Pass.  got.  *brahts  ahd.  braht  U8>v.  Johanssons  Etymo- 
logie, wonach  bringen  aus  Partikel  bi-  und  einem  mit  ahd. 
ringi  Mevis*  mhd.  ge-nnge  ''leicht,  schnell,  bereit,  gering,  wert- 
los' und  gricch.  pi)Li(pa  verwandten  Verbum  bestünde  und  ur- 
sprünglich ''beschleunigen'  bedeutet  hätte  (Paul  u.  Braunes Beitr. 
15,  227  f.),  kann  aus  mehr  als  einem  Grunde  nicht  für  gelun- 
gen gelten  und  hat  denn  auch,  so  viel  mir  bekannt  ist,  nir- 
gends Zustimmung  gefunden.  Unhaltbar  ist  auch,  was  Peter 
Kheden  in  seiner  an  Missgriffen  nicht  armen  Schrift  Etymo- 
logische Versuche  auf  dem  Gebiete  der  idg.  Sprachen  (Brixeu 
1896)  S.  7  bietet :  ihm  ist  bringen  entstanden  aus  "der  Schwund- 
stufe von  idg.  *bherö  ''ich  trage'  mit  perfektivierendem  Suffix 
-enk^'y  idg.  *bhr'enk^6^\  Ein  solches  ^Suffix'  hat  es  nie  und 
nirgends  gegeben.  Trotzdem  ist  Rheden,  wie  wir  gleich  sehen 
werden,  von  dem,  was  ich  für  das  Richtige  halte,  nicht  weit 
ab  gewesen. 

q)pn-  sei   erst  auf  griechischem  Boden   (Dach   dem  Muster   von  TrArj- 
'füUen'  u.  dgl.)    aufgekommen.     Auch    darf   ^bkrätor-   'Bruder'  (ai. 
hhrätar-  lat.  fräter  usw.),  das  mit  Kücksicht  auf  ai.  bharati  'er  er- 
halt, uuterhjllt,  hegt,  pflegt'  als 'Pfleger,  Ernährer,  Beschützer*  (näm- 
lich der  Schwester)   mit  diesem  Verbum  verbuuden  wird  {vgl.  Del- 
brück Die  idg.  Verwandtschaftsnamen  S.  6.  84),    nicht  einfach  bei- 
seite  gesetzt   werden,    wenn  ja   auch  zuzugestehen  ist,    dass  diese 
Deutung  von  *bhräto7''  unsicher  bleiben  wird. 


Homerisch  ^cvoivdoi  und  gotisch  hriyyan  usw.  155 

Ziitreffeiul  ist  dagegen  der  Verglcieli  mit  kyrar.  he-hrwng 
*^<leiliicere'  he-bryngiad  'deductor',  com.  hem-bronk  'deducet* 
u.  a.,  die  auf  urkeltische  Formen  mit  -?^Ä'-  i*bro7ak')  weisen 
'Fick  Wth.*  2,  186,  Zupitza  Die  german.  Gutturale  209). 

Aber  mit  dem  Xaehweis  unseres  bringen  in  dem  unmit- 
telbar benachbarten  Sprachzweig  ist  nun  nicht  alles  erledigt. 
(»cht  man  nändich  von  einem  uridg.  *bhre}9k-  ^bkroidk-  aus, 
so  fallt  zunächst  die  Präsensbildung  briggan  auf:  man  erwartet 
von  dieser  uridg.  Basis  aus  entweder  *bruggan  oder  ^brihan 
'Vgl.  aisl.  vega  'töten' :  got.  weihan  'kämpfen';.  Als  von  Haus 
aus  morphologisch  zusammengehörig  kann  man  as.  brengian 
ags.  brenj(e)an  und  as.  brahta  brilht  ags.  bröhte  bröht  be- 
trachten, vgl.  got.  pagJcjan  'denken'  dat.  tongeoj  und  pähta 
pdhts,  Dass  aber  nun  erst  nach  *braggjan  ein  briggan  ge- 
bildet worden  sei,  ist  unglaublich.  Wäre  ein  starkes  Verbum 
auf  grund  des  schwachen  aufgekommen,  warum  sollte  n»an  mit 
briggan  nicht  gleichzeitig  ein  starkes  Präteritum  *bragg  *brag- 
gtim  und  ein  starkes  Partizip  *bruggan8  geschaflfen  habend, 
und  wie  sollte  man  im  (Gotischen  dazu  gekommen  sein,  diese 
Neubildung  briggan  unter  Ausscheidung  von  *braggjan  mit 
brähta  und  *brahts  zu  gruppieren?  Die  Gruppierung  briggan  : 
brahta  steht  ja  im  Germanischen  ganz  isoliert  da,  und  gerade 
im  Germanischen  müsste  man  eher  als  anderwärts  den  Nach- 
weis eines  Musters  verlangen,  nach  dem  sie  sich  vollzogen 
hätte.  Viel  leichter  liesse  sich  umgekehrt  verstehen,  <lass  es 
im  ürgermanischen  einmal  nur  die  got.  briggan,  brahta,  ^hnihts 
gab  und  das  schwache  Präsens  des  Altsächsischen  und  Angel- 
sächsischen erst  einzeldialektisch  nach  dem  Verhältnis  von  as. 
thenkian  zu  thähta  usw.  gebildet  wurde.  Die  chronologischen 
Verhältnisse  sind  dieser  Auffassung  günstig,  die  denn  auch 
von  Kluge  in  Pauls  Grundriss  1  -,  »S.  439  vorbehaltlos  vertreten 
wird.  Auffallend  ist  aber  auch  der  umstand,  dass  keine  alten 
und  verbreiteten  Ableitungen  aus  briggan  begegnen.  Die  An- 
nahme eines  eigenartigen  Ursprungs  ist  also  von  vorn  herein 
nicht  unwahrscheinlich. 

1)  Einzeldialektiseh  in  jüngerer  Zeit  Ivam  es  allerdings  zu 
bliesen  Formen  als  Produkten  des  Systenizwangs:  im  Ahd.  brunynn 
neben  bräht  und  hrany  hrunyun  neben  brähta  (Braune  Ahd.  (irainin.- 
S.  241,  Weinhold  Mhd.  Gramm.  S.  438),  im  Ags.  brun^jan  nel>eii  btujht 
{Sievers  Ags.  Gramm. ^  S.  235). 


tse 


Kar[  1 


Zu  gründe  lag,  denke  ieb,  ein  Verbuni  aiiB  der  Wiirxel 
eneic-  ei'ik-  nek-  'erreichen,  bringen',  die  in  ihrer  vollen  (!e- 
stalt  am  deutliefasten  im  Griechisehen  in  Fonnen  wie  ^n-evtx- 
fltic  ^Tt-evexöriconai,  TTob-tiv€Kiic  'hiH  auf  die  Fitaae  rciehend' 
entgegentritt,  mit  qualitativem  Ablant  l'erf.  Kor-rivoKa  bei 
Hesych,  mit  Redu]ilikation  und  qualitativem  Ablaut  Perf.  ^vri- 
voxa.  Die  eine  der  beiden  »chwäeliercn  Formen  tük-  ist  z,  l(. 
durch  ai.  <\ia-K  'Anteil,  Erbteil,  Teil',  aind-ti  av.  ainaoiti  'er 
erreicht'  lu«'-  =  wi-i,  redupl.  Perfekt  ai.  anö^ia  'A.VX.  anaiär. 
4rr.  rcdupt.  Aoriat  #veT«Tv  'bringen',  niil  o-Ablaui  Ötko-c  'Traebt. 
Last,  Masse'  ivgl.  lit.  jiitnzlt)  'Traebt,  Last'),  ir.  -t-kini  'ieh 
koitmie'  (-(■-  aus  -wc-j,  fi  'veniat'  aus  *'flo]-mc->i-l,  redupl.  Per- 
fekt f-itnnic  'er  kam'  vertreten,  die  andere  SchwäehungBfonu 
nek-  ■/..  B.  dureh  ai.  nöüii-ti  'er  erreicht,  erlangt",  lit.  ntazä 
aksl.  ntMo  'ich  trage",  got.  ga-nak  abd.  gi-vah  'es  reicht  bin, 
genügt'  Part.  got.  hi-naühtn,  got.  ga-nohs  abd.  gi-nuog  'ge- 
nug'. Indem  gewisse  Tempusbildnngen  aus  dieser  Wur7.e]  und 
zwar  ans  ihrer  sehwäeheren  Oestaltung  eiik-  durch  Verechmel- 
zung  mit  irgend  weichen  verbalen  Bildungen,  denen  der  Stamm 
*bhri-  (=  griecb.  tppii-;  'tragen,  bringen'  zn  gi'unde  lag,  Im 
Anlaut  die  Konsonantengruppe  bhr-  erhielten,  kamen  die  Bil- 
dungen zustande,  als  deren  unmtttelliare  oder  mittelbare  Fort- 
setzung die  historischen  Formen  di's  Britannischen  und  des 
Germanischen  vorliegen.  Die  Vokal vcrb all nitu^e  der  kymriscben, 
cornJscben  und  In-etoniseben  Formen  zu  beurteilen  niuss  ich 
den  Keltologen  Überlassen.  Was  hingegen  das  germanisebe 
Wort  betrifft,  so  siud  wir  nunmehr  gegenüber  den  oben  her- 
vorgehobenen Schwierigkeilen,  wie  sie  sich  bei  Zugrundelegung 
einer  uridg.  Wurzel  hhreKk-  ergehen,  in  einer  gllnstiRcn  Po- 
sition, hriggan  stellt  uns  einen  Aorisistanmi  *erkkt-  *eiik6-  dar. 
der  sieb  von  griecb.  ^ve-f«>v  nur  durch  das  Felden  der  Ki'- 
dopHkation  untcrscbcidet  (vgl.  Perf.  griecli.  icaT-tivoKa  iiebm 
tvnvoxa,  ai.  amtur  neben  an6m\^).  Dieser  Aorist  war  dio 
einzige  primäre  Verbalbildung  von  enek-,  die  die  Verbindung 
mit  "bhif  einging.  Daneben  gab  es,  vorausgCBetzt  daas  a». 
brengian  ags.  brenj(e)an  keine  weBtgeniianiscbc  Neuscböpfung 
war  [S.  155;,    ein  sekundäres  ^i'o-Präsens  mit  der  Ablautstufe 

1i  Audi  (las  Altin diitclie  hat  nnredupliziei'ie  Aohsil*ariiien,  wie 
Opt.  aiima  uiiil  aiydt.  Doi-It  /«i^«-!!  di<-sL-  niclii  die  Stute  *ni'ik; 
BOudero  die  Stufo  '{tÄ:-. 


Homerlsi-Ii  (jtvoivuiu  uii'J  gotisdi  briggan  usw.  157 

ani-  ivgl,  g;riech.  ö-ptoc-i.  Oh  alier  diesen  i'räsens  ursprüiif;- 
Uch  iterfttiv-ziellose  Heclputnng  gehabt  hat,  die  sich  itpüler  vcr- 
»isclite,  sodass  es  iiiii  dem  OruiidviTbnni  gleichbeileuteiid 
«nirde  (vgl.  Delbrück  Grundr.  4,  S.  lUi)  ff.  und  S.  lL'4i,  ndur 
«b  wir  es  mit  der  sogenannten  KaiiHativbedeutung  y.u  tliiiii 
haben  ('hringen'  =  'ein  Ziel  erreiclien  lapseii'),  lasse  ifli  lui- 
ciitscliieden,  um  so  mehr,  da  die  Stufe  {bkrjoük-  au<'lj  in  di'ii 
mir  uieht  hinlänglich  deutliehen  britannischen  Bildniigen  er- 
sclieint.  briihta,  *braht»  sind  wohl  wie  pahta,  pahtn  zu  bt-- 
nrleilen.  Wie  aber  bei  den  letzteren  Formen  bezUglich  de* 
Wurzelablauls  auf  osk.  ttingin-om  'sententiam'  neben  lat  ton- 
gto  RQcküieht  genommen  werden  innes  (vgl.  lat.  candeo  :  ni. 
tandrä-  ans  *qeiidr6-  u,  a.,  Wrf.  Urundr,  I  -  8.  421  f.  2,  I H!;^), 
•0  bei  hrohta,  *brahiit  daran!',  dass  im  Lateinischen  »nncineor 
nanctug  inactu«)  mit  a  anf'tritt').  Kventnell  sind  al»"  as. 
hrtingütn  and  hrdhla  braJit  im  Wnr/elvokaiismus  von  Anfang 
an  verschieden  gewesen  (vgl.  wegen  des  Vokalablants  auch 
Osthoff  IJB.  24,  Irt«.  208  f.,  Hüb8chm»nn  IF.  Anx.  11,  44). 
.Anf  Lorenle'  Koiobinationeii  Über  das  Kchwaelie  Präteritum 
Äes  (iermaniseheu  iLeipz.  1894)  S.  53  f.,  wonach  got.  2.  -Sg. 
"^rahtis  <  =  *bratiM^»j  anf  ein  gi'undxprachlicheK  *[^-]bke-bhr^i-- 
Httn  Knrllckginge,  mag  wenigstens  hingewiesen  werden. 

ZwisL'hen  Germanisch  und  Keltisch  sind  schon  genug 
besondere  alte  Beziehungen  im  .Sinne  der  .1.  Schmidtschen 
ffelleiitheorie  nachgewiesen,  und  fllr  eine  solche  halte  ich 
ancli  unsere  Wnrxclmischung.  Der  Miscbungsvorgang  ißt  also  in 
eine  jenseits  der  urgernianischen  Tennisverschiebung  liegende 
Zeit  hinauf  zu  setzen ,  da  die  beiden  Völker  in  engerem 
sprachlichen  Verkehr  standen.  Ob  man  dann  aber  das  Ver- 
geh mel/.nngserzeugnis  bei  den  Germanen  aufgekoDimen  und 
linrch  die  Kelten  entlehnt  oder  umgekehrt  von  den  Kelten 
;inf  die  Germanen  (1  bergegangen,  oder  ob  man  —  was  elten- 
fallB  denkbar  wäre  —  die  Verschmelznng  von  den  beiden 
.StäDimen  gemeinsam  vollzogen  sein  lässt,  darauf  kommt  mir 
ftr  jetzt  wenig  an.  Vielleicht  ergibt  genauere  Betraeliiuug 
der  britannischen  Formen  Fingerzeige,  die  in  dieser  Beziehung 
eine  Entscheidung  ermöglichen  *), 

1)  DieHcs  Uteiniitche  Verhtiin  sulieint  eine  Verse hmel2uii{£  der 
Wide»  Wunselfonnen  nek-  and  ffik-  zu  sein. 

3)  [Eine  UhiilEche.  i^lient'allB  auf  WurzeUn^rteichung  bernfauida 


158  M.  H.  Jellinek, 

Schliesslich  ma^  noch  erwähnt  sein,  dass  aneh  schon 
Leo  Meyer  Die  goth.  Sprache  S.  404.  499  briggan  zu  bahan 
gestellt  hat,  freilich  ohne  jede  Andeutung  davon,  wie  man 
sich  den  Zusammenhang  vorzustellen  habe. 

Leipzig.  Karl  Rrugniann. 


Beitrage  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft. 

L 

Die  Erklärung  der  Persoualendungcn. 

Delbrück  lehrt  noch  in  der  dritten  Auflage  seiner  Ein- 
leitung in  das  Sprachstudium  S.  11,  dass  Bopp  erst  in  der 
englischen  Bearbeitung  seines  Konjugationssystems  den  Zu- 
sammenhang der  Personalendungen  mit  den  Personalpronomina 
behauptet  habe.  Das  ist  unrichtig;  schon  Lefmann  hat  gegen 
Delbrück  bemerkt,  dass  jene  Erklärung  der  Pei*sonaIendnngen 
bereits  in  Bopps  Erstlingsschrift  auftritt,  Franz  Bopp  SS.  51. 
374.  Während  Bopp  in  der  englischen  Bearbeitung  ausdrück- 
lich Scheidius  als  seinen  Vorgänger  namhaft  macht,  fehlt  im 
Konjugationssystem  ein  solcher  Hinweis.  Doch  wird  man  wohl 
in  Bopps  Worten,  Konjugationssystem  S.  147,  ""^schon  aus  der 
griechischen  und  lateinischen  Sprache  Hess  sich  dies  (nämlich, 
dass  die  Personalendungen  Pronomina  seien)  mutniassen"  eine 
Beziehung  auf  die  Theorie  der  holländischen  Philologen  er- 
blicken dürfen. 

Es  dürfte   jedoch    nicht  ohne  Interesse   sein    zu   sehen, 

besondere  Übereinstimmung  zv.ischen  Germanisch  und  Britannisch 
weist  K.  F.  Johansson  Zeitschr.  f.  deutsche  Philol.  31,  296  f.  nach. 
Nach  seinen  Ausführungen  sind  ags.  cbled  aisl.  eldr  Teuer'  und 
kymr.  aelui/d  corn.  oiled  'Herd'  durch  Vermischung  von  *aidhl- 
(ags.  (tlan  'flammen'  ir.  nel  'lime',  vgl.  griech.  atGuj  aTGaXoc  aiGdXii) 
mit  einem  uridg.  Nomen  '^aleto-  zustande  gekommen,  das  durch  ai. 
aJätani  Teuerbrand,  Kohle'  vertreten  ist,  und  zu  dessen  Wurzel 
auch  lat.  ad-oleo  -olevi  'verbrennen'  gehört.  Auf  S.  300  f.  stellt  Jo- 
hansson Litteratur  über  derartige  'Konfusionsbildungen*,  wie  er  sie 
nennt,  zusammen  und  charakterisiert  den  Vorgang  nach  seinen 
verschiedenen  Arten.  —  Korrekturnote.] 


ßeiträg'e  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft.  loi> 

Bopp  noch   andere  Vorläufer  hatte,    die   wie  es  scheint 
von  den  Holländern  unabhängig  waren.     Schon  R.  v.  Räumer 
hat  darauf  hingewiesen,  dass  J.  Grimm  vor  Bopp  den  Zusam- 
menhang der  Endungen   iiiai  cai  rai  fiii    mit   den  Pci-sonalpro- 
nomina  erkannt  hat,  Gesch.  der  germ.  Philologie  SS.  450.  465. 
Doch  weicht  Grimms  Auffassung  insofern  von  der  Bopps  ab, 
als  er  in  den  angehängten  Pronominalformen  nicht  das  Subjekt, 
sondern  ein   reflexives   Objekt   des   Verbs   erblickt:    'elm   ich 
^ebe  mich'.     Früher   als   Grimm    hat   Adelung   die  Personal- 
endungen für  Pronomina  erklärt.     Auch  darauf  hat  R.  v.  Rau- 
mer aufmerksam  gemacht,  a.  a.  0.  S.  230.     Adelung  bemerkt 
Dämlich  in  seinem  umständlichen  Lehrgebäude  der  Deutschen 
Sprache  (1782)  I,  764:    "Die    ßiegungssylben    der    Personen 
aber   scheinen    ursprüngliche  alte  Pronomina  zu  seyn;    daher 
s'fld  auch  die  meisten  Sprachen  darin  ähnlich".     Es  folgt  zum 
Enreis  der  Ind.  Präs.  von  ich  Ueh-e  Am-o  qpiX-uj;  in  zwei  An- 
merkungen wird  auf  die  altdeutschen  F^'ormen  Uebemes,  liehenf 
hingewiesen.     Adelungs  Leser  werden  durch   die  Nebencinan- 
derstcllung   der  drei  Paradigmata   kaum   von   der  Richtigkeit 

•  •  • 

seiner  These  überzeugt  worden  sein;  welche  Ähnlichkeit  be- 
stellt zwischen  am-at  und  qpiX-ei,  am-ant  und  cpiX-ouci?  Dass 
Adelung  hier  so  unklar  ist,  geht  darauf  zurück,  dass  er  eine 
fremde  Theorie  vorträgt,  ohne  ihre  Begründung  zu  geben;  er 
i^t  hier  wie  in  njanchen  andern  Punkten  abhängig  von  Carl 
Friedrich  Fulda, 

Fuldas  linguistische  Ansichten   sind  systematisch  dar«;e- 
^tellt  in  seiner  Preisschrift  Über  die  beiden  Hauptdialekte  der 
Teutscben  Sprache  von  177P).     Nach  Fuldas  Meinung  besteht 
eine  wahre  deutsche  Wurzel  im  allgemeinen  aus  zwei  Konso- 
nanten,   mit  einem  Vokal  in  der  Mitte.     Bestimmend   für  die 
Bedeutung   ist   der   anlautende  Konsonant,    oder  vielmehr  die 
Lautklassei   der  er  angehört.     (F.  unterscheidet  drei  Klassen, 
Vokale,  'Konsonanten'  [fc,  /,  r,  m,  w,  d,  t,  s)  und  Aspiranten 
[A,  ch,  th,  gh,  g;    w,  b,  p,  ph,  /*]).     Ja   sogar   zwischen    den 
einzelnen  Klassen   kommen   Berührungen    vor,    so    zwischen  s 
und  th.     Selten  ist  ein  Vokal  ursprünglicher  Anlaut  der  Wur- 
zel:   i,   e   bezeichnet   'Selbstheit,    Neigung,    gesellschaftliches 


1)  Abgedruckt  im  ersten  Band   von  Adelungs  N'ersuch  eines 
Wörterbuches  der  hochdeutschen  Mundart  1774. 


160  M,  H.  Jpllinek. 

Band',  daher  ik  (S.  14).  "Der  Artikel  ist  (Uk  emph»tiMJiB 
J!  mit  seinen  Graden  gb  tk  s.  Er  ist  der  .Selbstheit  ik.  ch 
(d.  ii.  ick),  i.  entgegengesetzt."  Vom  Verbum  lieiasi  es  iinii 
S.  30:  "Das  Nomen,  die  Wantel,  }png  dnrcli  Pci-souau;  an- 
fange zwo:  die  erste  selileclitfain,  mit  dein  Vocalabfall  (d.  i. 
vnkalisebem  Ausgang)  oder  tA-,  i  :  i  let;  lev  <;  und  die  uii- 
dere,  zu  oder  von  welcher  die  Hede  war:  th',  »'  :  th'  lec,  /er' 
th;  «'  lev,  lev  s;  woraus  eiidlieli  eine  dritte  entstanden,  welche 
in  ihrer  festen  Destimmang  die  eigentliche  zweite  Person  wor- 
den ist:  Jecs,  levsi  ....  Prima  plur.  iii  ist  im  Norden  noeh 
in  vollem  Gang:  lefeom,  ähkom"  .  .  .  dann  liiiiweis  anf  altd. 
-mea  .  .  .  "Der  Perser  hat  es  aiieh.  Seine  prima  sing,  m, 
em  ist  von  me"  und  hier  verweist  Fulda  auf  eine  frühere 
Stelle  (§  12,  S.  21).  wo  me  als  angebliehe  ags.  Form  fflr  ick 
aufgeführt  ist.  Hier  hat  also  Fulda  so  deutlich,  als  es  setner 
abgerissenuu  Sehreibart  möglich  war,  die  Lehre  von  der  ttieicü- 
heit  der  Personalendungen  mit  den  Pronomina  ausgesproeheu. 
S.  57  bemerkt  er,  dass  die  griech.  Sprache  in  allen  wesent- 
lichen Stücken  mit  der  deutsehen  stimme.  "Sie  couiugirt 
anf  gleiche  Wciae:  ßatnu,  eic,  ei(-t),  -ji-,  -T-.  -vt-."  Tüer  ist 
die  Vergieichung  ganz  klar,  denn  F.  deutet  an,  dass  die  3. 
Person  Sg.  im  Griech.  ein  (  verloren  hat  und  gibt  als  Kndung 
der  Ü.  Plur.  vr,  nicht  wie  Adelung  das  attische  -ouci  an.  Da« 
■m  der  1.  Sg.  t;egenOber  angcbl.  deutschem  -i  darf  nicht  i>e- 
irren,  denn  wie  F.  einmal  sagt  'S.  14)  "die  Voeale  grenzen  oft 
zn  nahe,  und  die  AuBSprat-be  der  alten  Miluler  war  allzu  un- 
gewis,  als  dasB  sich  nicht  i  mit  e:  e  mit  ö;  i.  ä;  ä,  u;  ö,  o; 
0,  w  alle  .\ugeiiblik  vermischen  sollten."  Schliesslich  lie- 
merkt  F.  S.  .'i8,  dass  auch  die  semitischen  Sprachen  "priniam 
pcrs.  verhi  mit  einem  i.  alteram  mit  tk"  bilden. 

Eine  nähere  Beziehung  zwischen  Fulda  und  Bopp  könnte 
man  darin  tindeii,  dass  beide  annehmen,  die  2.  und  3,  Sg. 
hatten  eigenllieh  dieselbe  Endung.  Denn  Bopp  sagt  a.  a.  0. 
S.  151)  "/  bezeichnet  nn  Zeilwr)rlern  die  zweyte  und  dritte 
Person,  und  mehr  durch  znfsllige  als  wesenllicbe  Cnlerschicde 
gelingt  es  der  Sprache,  hier  der  Deutlichkeit  nicht  zu  s<-ha- 
den."  Allein  Fulda  ging  von  dem  Wechsel  von  s  und  tk  im 
got.  und  ags.  Artikel  ans,  Bopp  von  der  Gleichheit  des  f  in 
ai.  tarn,  lena  einer-  und  tvam,  tat.  tu  andererseits. 

Anhangsweise  bemerke  ieh,    dass  im  18.  Jh.  auch  eiiKr 


BeitrAge  siir  Gk^schichte  der  SprachwiBsenschaft  161 

Theorie  anfgegtellt  wurde,  die  mit  der  Lehre  Bopps  von  der 
Einverleibung  des  verbnm  substantivnm  in  die  Verbalwurzel 
?iele  Ähnliehkeit  hat  Bei  Le  Brigant,  j^lemens  de  la  langae 
ies  Geltes  Gomerites  on  Bretous,  Strassburg  1779  finde  ich 
folgende  hieher  gehörigen  Äusserungen:  (p.  11  f.)  ''hat  €ii,  et 
§t  alle  participe  uniqne,  et  modele  de  tous  les  Participes  passes 
eomme  l'expriment  ees  deux  monosyllabes  derives  Tun  de  Tau- 
tre  a  M^j  et  bit,  ou  bä  cff,  qui  est  alle,  qui  a  6ti,  qui  est 
passe.  L'on  observe  iei,  que  dans  le  Verbe  Stre,  eomme  dans 
tous  les  antresy  le  Verbe  d  il  va,  est  sous-entendn,  qnand  il 
n'est  pas  exprime.  C'est  ee  qui  ramine  la  Conjugaison  k  la 
mSme  simplicitä  et  qui  fait  que  ee  n'est  toiyours  que  la  raeine 
jointe  avec  le  Verbe  aller,  duquel  on  va  mettre  la  suite  sur 
le  niode  personnel  ou  eomplet"  ...  (p.  14)  ^Les  deux  (seil, 
verbes,  d  'ist*  und  ä  'geht')  comme  on  peut  1  appercevoir,  sont 
rMproqnemcnt  formes  Tun  de  Tautre;  ils  sont,  eonime  on  Ta 
dit,  le  prototype  de  toutes  les  Conjugaisons  de«  autres  langnes 
connn^y  et  le  Verbe  aller  seul  est  celui  de  cctte  mSme  Con- 
jugaison ehez  les  Bretons.  Elle  se  forme  done  de  la  maniire 
la  plns  simple  en  igoutant  au  mot  radieal  quel  qu'il  soit,  la 
»yllabe  i^eule,  qui  fait  le  Verbe  aller  dans  los  tenis,  oA  il  n'en 
a  qn  unC;  et  la  deniiere  syllabe  dans  ceux,  oü  il  en  a  denx." 

II. 
Rudolf  von  Räumer. 

Auf  den  ersten  Blick  mag  es  seltsam  erseheinen,  wenn 
ich  der  Besprechung  längst  verschollener  Theorien  die  Wür- 
digung eines  Mannes  folgen  lasse,  dessen  Name  dem  Gelehr- 
ten, wie  dem  Schulmann,  dem  Germanisten  wie  dem  Sprach- 
forscher gleich  vertraut  ist.  Allein  mich  dünkt,  dass  eine 
Seite  seiner  Tbätigkeit  nicht  die  gebührende  Schätzung  gefun- 
den hat.  Bei  Delbrück  sucht  man  Raumers  Namen  vergebens. 
Paul  hebt  wohl  hervor  (Gmndr.^  1,  119),  dass  er  zuerst  die 
Resultate  der  Lautphysiologie  für  die  vergleichende  Sprachfor- 
schung nutzbar  gemacht  und  zwischen  Schriftsprache  und  Mund- 
art, geschriebener  und  gesprochener  Sprache  klar  geschieden 
habe.  Aber  diese  Charakteristik  sagt  vielleicht  dem  genug,  der 
Raumers  Werke  schon  kennt,  dem  femer  stehenden  gewährt 
rie  kein  erschöpfendes  Bild.     In  seiner  eignen  Geschichte  der 

Inflo^ermaniRche  Forschunpren  XII  l  ii.  2.  U 


U2  M.  H.  Jeliinek, 

gerra.  Philologie   hat  der  vornehm   empfindende  Mann   seinen 
Namen  gänzlich  unterdrückt. 

Und  doch  wäre  er  selbst  am  besten  imstande  gewesen 
den  Kern  seiner  wissenschaftlichen  Art  zu  enthüllen.  Rudolf 
von  Raumer  gehört  nicht  zu  jenen  genialen  Naturen,  denen 
auch  ohne  methodische  Klarheit  glänzende  Entdeckungen  in 
Hülle  und  Fülle  gelingen;  es  sind  verhältnismässig  wenige 
Probleme,  die  ihn  innner  und  immer  wieder  beschäftigen,  was 
ihn  aber  auszeichnet,  das  ist  das  volle  Bewusstsein  von  den 
Zielen  und  der  Art  der  eigenen  Forschung. 

Als  Raumer  im  Jahre  1863  den  Ertrag  eines  Viertel-- 
jahrhuiiderts  linguistischer  Thätigkeit  in  seinen  ""Gesammelteu 
sprachwissenschaftlichen  Schriften"  zusammenfasste,  da  war 
er  sich  vollkommen  klar,  dass  ein  Hand  alle  diese  verschie- 
denen Aufsätze  zusammenhielt,  von  der  frühreifen  Erstlingj«- 
schrift  des  zweiundzwanzigjährigen  Jünglings  bis  zu  der  letzten 
Rezension  des  angesehenen  Gelehrten:  das  Streben  nach  der 
Erkenntnis  der  realen  Faktoren  sprachlicher  Veränderung.  Die 
Sprachwissenschaft  ist  w^ie  jede  Kulturwissenschaft  vor  die 
Frage  gestellt:  wie  kommen  gleichartige  Massenerscheinungen 
zustande,  da  doch  der  wahre  Träger  jeder  Entwicklung  nur 
das  Individuum  ist?  Die  vorherrschende  Denkungsart  des  16. 
Jhs.  war  geneigt,  diese  Frage  damit  zu  beantworten,  dass  sie 
die  Veränderung  der  bewussten,  zweckmässigen  Thätigkeit 
einzelner  Individuen  zuschrieb,  die  ihren  Willen  den  anderen 
aufdrängten.  Bekanntlich  erfolgte  um  die  Wende  des  Jhs. 
der  Rückschlag.  Die  traditionellen  Mächte  des  Lebens,  Reli- 
gion, Sitte,  Sprache,  ei'schienen  nicht  mehr  als  träge  Massen, 
die  dem  zweckmässigen  Handeln  sich  entgegensteramen,  aber 
von  ihm  besiegt  werden  können,  sie  werden  mit  dem  (Horien- 
schein  des  Ehrwürdigen  umgeben  und  erscheinen  zugleich  als 
unüberwindlich,  der  Ansturm  des  Einzelnen  ebenso  verwegen 
wie  nutzlos. 

So  förderlich  diese  Geistesrichtung  für  das  Aufblühen 
linguistischer,    namentlich    germanistischer*)  Studien    war,   so 

1)  Die  Geschichte  der  germ.  Philologie  bietet  ein  ganz  anderem 
Bild  als  die  Entwicklung  der  vergleichenden  Sprachforschung.  Ein 
epochemacheudeb  äuböeres  Ereigfnis,  wie  es  die  Einführung  de^ 
Sanskrit  in  den  Kreis  abendländischer  Gelehrsamkeit  war,  hat  die 
germ.  Philologie   nicht   zu   verzeichnen.     Die  Texte,    die  J.  Grinnn 


Beiträge  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft.  163 

musste  sie  doch  im  Laufe  der  Zeit  den  Fortschritt  hemmen. 
Aus  allen  spraelilichen  Erscheinungen   wurde  das  Individuum 
vollständig  elinoiiniert,   jede  Veränderung  erschien   als   zauhe- 
riselie  Wirkung  des  persönlichen  Sprachgeistes,    die  Hyposta- 
sieruDg  der  Sprache  hat  lange  vor  Schleicher  begonnen.   Kau- 
luers  Hauptverdienst  besteht  nach   meiner  Überzeugung  darin, 
dass  er  hier  Wandel  geschaffen  hat.     Jakob  Grimm  hatte  eine 
Menge  sprachlicher  Veränderungen   erkannt,    sich   aber  nicht 
damit  beschäftigt,   wie  diese  Veränderungen   zustande  kamen. 
Räumers    erste   sprachwissenschaftliche   Arbeit  ist    seine 
Selirift  ''Die   Aspiration  und  die  Lautverschiebung".     Es  ist 
bekannt,  dass  er  hier  als  der  erste  den  Unterschied  von  Spi- 
ranten und  Aspiraten  scharf  formuliert  hat,    minder  bekannt, 
dass  hier   schon   das  Grassmannsche  Gesetz   im  Vorübergehn 
angedeutet^)  und  der  Übergang  alter  Gutturale  in  aind.  Pala- 
tale in  Parallele  gesetzt  ist  zu  der  Veränderung  des  lat.  c  vor 
€,  i  in  den  romanischen  Sprachen.     Doch  davon  habe  ich  hier 
nicht  zn  sprechen.     Mir  kommt  es  darauf  an,   dass  hier  ganz 
ernstlieh  die  Frage  aufgeworfen   wird:    wie  kommt  es,    dass 
ein  Laut  an  die  Stelle  des  andern  tritt,    ist  dies  plötzlich  ge- 
sehehu   oder    allmählich,    dem    einzelnen   Teilnehmer   an   der 
Sprachfortbildung  unbewusst,  beruht  es  auf  einem  Unvermögen 
der  Sprachwerkzeuge  einen  Laut  zu   bilden  oder  auf  andern 
Ursachen.     Freilich  findet  sich  in  dieser  Erstlingsschrit^t  noch 
manches  unfertige. 


daa  Material  für  seine  Grammatik  lieferten,  waren  zum  ;;ross('n  Teil 
.»ichon  vor  ihm  bekannt.  Was  Orimm  auszeichnete,  war  nicht  mir 
die  gewaltige  Kraft  der  Kombination,  sondern  auch  die  Sorgfalt,  die 
er  auf  die  Feststellung  der  einzelnen  Thatsache  verwendete.  Man 
vergleiche  nur  die  Abschnitte,  die  vom  Got.  handeln,  mit  den  Ar- 
beiten seiner  unmittelbaren  Vorgänger  Fulda  und  Zahn.  Solche 
Akribie  erscheint  uns  leicht  als  etwas  Selbstverständliches;  allein 
80  lange  man  Regel  und  Gesetz  als  Erzeugnis  höherer  Kultur  an- 
sah, so  lange  man  glaubte,  die  Sprache  der  alten  Germanen  sei 
roh  und  ungeschlacht  und  daher  unregeimiissig  gewesen^  fanden 
sich  die  Forscher  nicht  bestimmt,  peinliche  Mühe  an  einen  Gegen- 
stand zu  wenden,  der  ihrem  Streben  doch  keine  Belohnung  ver- 
sprach. Erst  die  Verehrung,  die  man  der  Vorzeit  zollte,  hat  es 
ermöglicht,  dass  der  Erforschung  der  germ.  Sprachen  dieselbe  Sorg- 
falt gewidmet  wurde,  wie  den  Sprachen  des  klassischen  Altertums. 
1)  Sprachw.  Sehr.  75,  §64,2.  —  Die  griech.  Grammatik  hatte 
schon  früher  Wurzeln  mit  zwei  Aspiraten  angenommen. 


1()4  M.  H.  Jellinek, 

Die  näcbste  sprachwissenschaftliche  Abhandlung  R.s  "Über 
deutsche  Rechtschreibung"  ist  um  18  Jahre  jünger,     um  die 
Mitte  des  19.  Jahrhunderts  erhob  sich  von  verschiedenen  Seiten 
der  Ruf  nach  Veränderung,  Verbesserung  unserer  Orthographie. 
Die  vorherrschende  Richtung  war  dabei  die   historische,   die 
neuhistorischc  oder  pseudohistorische,  wie  R.  sie  genannt  hat. 
Der  radikalste  und  konsequenteste  Vertreter  dieser  Richtung,. 
Philipp  Wackernagel,  hat  freilich  nur  auf  engere  Kreise  Ein- 
fluss  geübt.    Den  grössten  praktischen  Erfolg  erzielte  Weinhold. 
W.  stellte   die   deutsche  Schreibung   als   höchst   schwankend 
hin,  den  Grundsatz  "schreib  wie  du  sprichst",  vci^warf  er  als 
thöricht,    da   die  Aussprache  von  Dorf  zu  Dorf  wechsle,   sein 
Prinzip  war:  "Schreib  wie  es  die  geschichtliche  Fortentwick- 
lung  des  Nhd.   verlangt".     "Mögen   sie",    sagte  W.  von  den 
Anhängern  der  phonetischen  Orthographie,  "ihre  Schreibweise 
nach  jedem  Jahre  und  jedem  Hause  ändern.     Ich  aber  glaube 
noch  an  eine  Geschichte  und  ein  inneres  fest  und  fein  geglie- 
dertes Leben  der  Sprache  und  habe  Ehrfurcht  vor  ihr  als  der 
Schöpfung  des  ewigen  Geistes,    an  der  nicht  jeder  nach  sei- 
nem zuftilligen  Belieben   und  nach   der  Biegung  seiner  Zunge 
ändern  darf."     Hier   tritt  uns  zum  Greifen  deutlich  die  Vor- 
stellung einer  immanenten  Sprachrichtigkeit  entgegen,  die  Vor- 
stellung von  einem  Leben  und  einer  Geschichte  der  Sprache, 
die  ganz   unabhängig  sind  von  denen,    die. die  Sprache  spre- 
chen,    und   ebenso    wird    den    einzelnen  Lauten   selbständige 
Existenz   zugemessen.     Für   die   neuhistorische  Schule    waren 
etwa  "ä^"  und  "«2"    dem   Wesen    nach    verschiedene   Laute^ 
mochten  sie  auch  thatsächlich  gleich  gesprochen  werden. 

R.  führte  diese  Theorie  dadurch  ad  absurdum,  dass  er 
den  Zirkel  aufdeckte,  in  dem  sie  sich  bewegte.  Man  soll 
schreiben,  wie  es  die  geschichtliche  Entwicklung  des  Nhd. 
verlangt.  Aber  woher  kennt  man  diese  Entwicklung?  Etwa 
aus  der  älteren  Sprache?  Nein;  a  priori  lässt  sich  nie  kon- 
struieren, welche  Veränderung  ein  Laut  in  der  Zukunft  erlei- 
den werde.  Also  nur  durch  Vergleichung  der  älteren  Sprache 
mit  der  heutigen,  d.  h.  durch  Vergleichung  mit  dem  heute 
gesprochenen  und  geschriebenen  Wort.  Die  Kenntnis  der  Ent- 
wicklung des  Nhd.  beruht  somit  auf  demselben  schwankenden 
Boden  der  geltenden  Schrift  und  Sprache,  der  für  unfähig 
erklärt    worden    war,    das    Gebäude    einer    wissenschaftlichen 


Beiträge  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft.  165 

Orthographie  zu  tragen  ^).  Im  Wesentlichen  war  dies  der  selbe 
Beweis,  den  im  Altertum  Sextus  Enipirikus  gegen  die  Ana- 
iogiker  geflihrt  hatte,  wie  denn  überhaupt  die  nenhistorischc 
Bichtung  der  Sprachregelung  sich  von  der  älteren,  noch  im 
1^-  Jh.  bestehenden,  bloss  dadurch  unterscheidet,  dass  an  die 
Stelle  der  Regel  des  Nebeneinander  die  Kegel  im  Nacheinan- 
der auf  Biegen  oder  Brechen  durchgeführt  werden  sollte. 

Aber  mit  der  Aufdeckung  des  logischen  Zirkels  war  es 
meht  gethau;  um  Eindruck  zu  machen,  musste  R.  auch  zeigen, 
warum   sich   im  Nhd.   keine   durchgreifenden  Lautregeln  fest- 
stellen lassen.     Er  that  dies  schon  in  der  ersten  gegen  Wein- 
iold  gerichteten  Abhandlung,    indem  er  darauf  hinwies,    dass 
die  Schriftsprache  Zuflüsse   aus    verschiedenen   Mundarten   cr- 
/lalten  hat.     Sehr  klar  ist  die  Unterscheidung  von  ^'physiolo- 
gischen" und  "geschichtlichen"  Wandlungen  der  Sprache,  d.  h. 
lautgesetzlichen   und    auf  Sprachmischung  beruhenden,  ausge- 
sprochen in  der  Rezension  des  Grimmschen  Wörterbuchs  (1858)^). 
Hier  zeigt  R.  auch  in  voller  Schärfe  die  Schwächen  der 
Orimmschen  Sprachbetrachtung  auf.     Grimm   hat   festgestellt, 
dass  die  Laute  einer  Sprache  zu  den  Lauten  der  andern   in 
einem  bestimmten  gesetzmässigen  Verhältnis  stehen.  Den  That- 
bestand  hat  er  festgestellt,    in  den  Vorgang,    dessen  Resultat 
der  Thatbestand  ist,  ist  er  nicht  eingedrungen^). 

Die  Untersuchung  über  den  Vorgang  der  sprachlichen 
Verändemngen  führt  R.  —  von  gelegentlichen  Äusserungen 
sei  hier  abgesehen  —  in  zwei  Abhandlungen  ''Die  sprachge- 
schiehtliche  Umwandlung  und  die  naturgeschichtliche  Bestim- 
mung der  Laute"  und  "der  wirkliche  Vorgang  des  Lautwan- 
dels", die  erste  Abhandlung  ist  1858,  die  zweite,  einen  Teil 
der  Besprechung  von  Rumpelts  Deutscher  Grammatik  bildende, 
1861  erschienen*).  Charakteristisch  ist  in  dem  ersten  Artikel 
gleich  die  Bemerkung:  "Wenn  von  der  Umwandlung  der  Spra- 
chen und  insbesondere  der  Sprachlaute  die  Rede  ist,  wird 
häufig  sofort  auf  den  'Sprachgeist'  und  seine  Wunder  zurück- 
gegriffen. Ich  bin  weit  entfernt,  dem  Tiefsinn,  durch  den  die 
neuere  Forschung  sich  auszeichnet,  etwas  abbrechen  zu  wollen. 

1)  Sprachw.  Sehr.  135  flf. 

2)  A.  a.  0.  356  ff. 

3)  A.  a.  0.  352  f. 

4)  A.  a.  O.  368  ff.  432  ff. 


166  M.  H.  Jellinek, 

Aber  ich  halte  es  an  der  Zeit,  dass  wir  uns  zuvörderst  mit 
khiren  und  unbefangenen  Sinnen  an  die  Wirklichkeit  und  deren 
Erscheinungen  selbst  wenden.  Wir  finden  dann,  dass  der 
'Sprachgreist'  nichts  für  sich  allein,  abgetrennt  von  den  Men- 
schen thut,  dass  vielmehr  alle  Veränderungen  der  Sprache 
durch  die  Menschen  selbst  hervorgebracht  werden*'^).  R.  stellt 
dann  fest,  dass  der  Mensch  im  Laufe  seines  Lebens  die  Sprache 
ändert.  Das  Kind  beherrscht  sie  noch  nicht,  der  Greis  bildet 
wegen  körperlicher  Gebrechen  die  Laute  anders  als  früher,^ 
nicht  einmal  in  einer  und  derselben  Familie,  die  verschiedene 
Altersstufen  vereinigt,  wird  ganz  gleich  gesprochen.  Aber 
auch  nicht  alle  Altersgenossen  sprechen  gleich.  Das  folgt  aus 
dem  verschiedenen  Bau  der  menschlichen  Sprach  Werkzeuge. 
Auch  kommt  es  nicht  selten  vor,  dass  ein  Mensch  einem  Laut 
eine  etwas  andere  Artikulationsstelle  gibt  als  der  andere.  Wenn 
ein  Individuum  wegen  eines  Gebrechens  seiner  Sprachwerk- 
zeuge einen  Laut  verändert,  so  wird  es  dies  liberall  thun,  wo 
der  Laut  vorkommt.  Denken  wir,  uns  eine  Sprachgenossen- 
schaft, die  aus  lauter  solchen  Menschen  besteht,  so  wird  der 
alte  Laut  notwendig  aus  der  Sprache  verschwinden.  Denken 
wir  uns  aber  eine  Familie,  wo  der  Vater  eine  Eigentümlichkeit 
der  Aussprache  hat,  die  Mutter  nicht,  so  kann  es  geschehen, 
dass  die  Kinder  in  einem  Teil  des  Wortschatzes  dem  Vater 
nachsprechen,  in  einem  andern  der  Mutter.  Beruht  die  Ver- 
änderung des  gehörten  Lautes  auf  der  Bequemlichkeit  der 
neuen  Aussprache,  so  w^erden  gewöhnlich  andere  Folgen  ein- 
treten. Es  können  zwar  einzelne  Glieder  der  Sprachgenossen- 
schaft an  der  alten  Aussprache  festhalten,  aber  da  die  Ver- 
änderung nicht  durch  individuelle  Eigentümlichkeiten,  sondern 
durch  den  Bau  der  menschlichen  Sprachorgane  im  allgemeinen 
bedingt  ist,  so  wird  sich  ihre  Ausbreitung  nicht  nur  durch 
Nachahmung  sondern  auch  spontan  vollziehen.  Hieher  gehören 
die  meisten  Fälle  des  kombinatorischen  Lautwandels.  Ausser- 
dem gibt  eine  Klasse  von  Lautumwandlungen,  die  weder  durch 
Ungenauigkeit  der  Überlieferung  zu  erklären  sind,  noch  durch 
die  Unfähigkeit  den  ursprünglichen  Laut  hervorzubringen,  die 
auch  nicht  dem  kombinatorischen  Lautwandel  zugehören.  Hie- 
her  ist   die  Lautverschiebung   zu    rechnen.     Schliesslich  wird 


1)  A.  a.  0.  374 


Beiträge  zur  Geschichte  der  Sprachwissenschaft.  1('»7 

eine  doppelte  Art  des  Lautwandels  festgestellt.  Entweder  voll- 
zieht sieh  die  Veränderung  sprungweise  oder  über  eine  kon- 
tinuierliche Reibe  von  Zwiscbenlauten. 

In  der  späteren  Abbandlung  stellt  R.  wieder  den  Gegen- 
satz zu  Grimm  fest.  Bei  Grimms  Arbeiten  bekomnjt  man  den 
Eindruck,  ''dass  die  Völker  grosse  cinlieitliche  Massen  bilden, 
die  sich  einer  und  derselben  Sprache  bedienen,  so  dass  Ab- 
weichungen von  dieser  geschlossenen  Einheitlichkeit  nur  als 
besondere  mundartliche  Abnormitäten  erscheinen.  Dass  der 
'Sprachgeist'  so  feste  Gesetze  einhält,  das  erfüllt  uns  mit  dem 
Staunen  des  Unbegreiflichen.  Aber  wie  es  bei  dieser  Um- 
wandlung der  Sprachlaute  eigentlich  zugeht,  das  bleibt  uns 
verborgen."  Und  doch  ist  gerade  das  Eindringen  in  diesen 
V^organg  das  eigentliche  Ziel  der  geschichtlichen  Lautforsehung. 
Dabei  muss  man  nicht  wie  Grimm  von  der  geschriebenen  son- 
dern von  der  gesprochenen  Sprache  ausgchn,  d.  h.  von  den 
Mundarten.  Diese  bieten  uns  aber  durchaus  nicht  das  Bild 
grosser  einheitlicher  Massen.  Streng  genommen  spricht  jeder 
)[en8ch  seine  eigene  Mundart,  so  dass  schon  die  kleinste  Ver- 
einigung den  Keim  der  Sprachtrennung  in  sich  birgt.  Die 
Zersplitterung  würde  noch  grösser  sein,  wenn  nicht  die  indi- 
viduellen Abweichungen  meist  zurückgedrängt  würden  durch 
die  grosse  Masse  derjenigen,  die  gerade  in  den  betreflFonden 
Fällen  am  überlieferten  festhalten.  Würde  eine  Sprache  inmier 
nur  von  einem  Individuum  auf  das  andere  fortgepflanzt,  so 
würde  die  jedesmalige  Umwandlung  der  Sprache  in  den  Eigen- 
tümlichkeiten jenes  Individuums  bcstehn.  Ein  Teil  der  Eigen- 
tümlichkeiten, soweit  sie  Veränderung  von  Lauten  betreffen, 
kann  in  vereinzelten  Ungenauigkciten  in  der  Auffassung  und 
Widergabe  des  Gehörten  bcstehn,  ein  anderer,  viel  wichtigerer 
Teil  liegt  in  den  Gehör-  und  Sj)rachwerkzeugen  des  Indivi- 
duums. ''Das  sprechende  Individuum  hat  die  Absicht,  das 
Gehörte  wiederzugeben ;  aber  statt  mit  seinen  Lautwerkzeugen 
wirklich  dasselbe  hervorzubringen,  was  ihm  überliefert  ist, 
erzeugt  es  nur  etwas  dem  Überlieferten  Ähnliches.  Indem 
aber  diese  Abänderung  entweder  auf  der  Beschaffenheit  oder 
doch  auf  dem  bestimmten  Gebrauch  seiner  Organe  beruht, 
entsteht  für  die  betreffenden  Laute  eine  durchgreifende  Um- 
wandlung. In  dem  von  uns  angenommenen  Fall  einer  Sprache, 
die  immer  nur  von  einem  einzigen  Individuum  auf  ein  anderes 


1<>8  M.  ü.  Jellinek, 

einziges  Individuuin  fortgepflanzt  würde,  mUssten  also  in  der 
angegebenen  Weise  die  regelrechtesten  Lautwechsel  entstehen." 
In  Wahrheit  ist  aber  die  Sprache  nicht  auf  ein  einzelnes  lu- 
dividuuni  beschränkt.  Da  aber  die  Individualsprachen  ver- 
schieden sind,  so  sind  Mischungen  möglich,  indem  bei  einem 
Wort  die  Sprache  des  einen,  bei  dem  andern  die  Sprache 
eines  andern  Individuums  durchdringt  "Wenn  dagegen  die 
ganze  Masse  oder  doch  die  überwiegende  Mehrzahl  der  Spre 
chendcn  von  einer  und  derselben  Richtung  des  Umwandeln« 
beherrscht  wird,  so  tritt  eine  ähnliche  Erscheinung  ein,  wie 
wir  sie  oben  für  die  durchgreifende  Lautänderung  des  Indi- 
viduums nachgewiesen  haben.  Ein  und  dieselbe  Umgestaltung 
der  Laute  trägt  dann  im  ganzen  Wortschatz  oder  doch  in 
dessen  grösstem  Teil  den  Sieg  davon,  und  so  entsteht  das, 
was  man  die  regelmässige  Lautvertretung  nennt".  In  einer 
Anmerkung  hatte  R.  ursprünglich  bemerkt,  es  sei  ein  glück- 
licher Gedanke  von  Curtius  gewesen,  die  regelmässige  Laut- 
vertretung von  der  unregelmässigen  getrennt  zu  behandeln. 
186^^  fügte  er  hinzu,  man  dürfe  dabei  nicht  ausser  Acht  lassen, 
dass  auch  die  un regelmässige  Lautvertretung  daraus  hervor- 
gehen könne,  dass  der  physiologisch  regelrechte  Lautwechsel 
einzelner  Individuen  in  der  gesamten  Sprache  nur  fftr  einzelne 
oder  einige  Wörter  durchdringt. 

Immer  ist  R.  darauf  bedacht,  die  Betrachtung  des  In- 
dividuums in  den  Vordergrund  zu  rücken.  In  einem  offenen 
Brief  an  Frommann  vom  Jahre  1857^)  stellt  er  die  Forderung 
auf,  die  wirkliche  Sprache  einzelner  Menschen  aus  derselben 
Gegend  aufzuzeichnen.  Die  meisten  mundartlichen  Spracli- 
proben  gäben  nur  einen  Durchschnitt.  Die  Mitteilung  dialek- 
tischer Texte,  wie  sie  R.  wünscht  "würde  sich  zur  bisher  ge- 
wr)hnlichen  Weise  verhalten  wie  ein  Porträt  zu  einem  histo- 
rischen Gemälde.  Und  auch  das  Porträt  wäre  zu  unsrem  Zweck 
nicht  in  der  idealisierenden  Weise  des  Künstlers,  sondern  in 
der  streng  abspiegelnden  des  Daguerreotyps  zu  fassen.  Hätten 
wir  einen  Apparat,  der  das  Gesprochene  eben  so  treu  auffasste 
und  auf  dem  Papier  befestigte  wie  das  Daguerreotyp  das  Ge- 
sehene, so  würden  dessen  Leistungen  dem  entsprechen,  was 
ich  wünsche."    R.  weist  des  weitern  auf  die  Bedeutung  hin, 


1)  A.  a.  0.  363  flf. 


Beiträge  zur  Goschiclite  der  Sprachwissenschaft.  IGi) 

die  derartige  Aufzeichnungen  für  die  Kenntnis  des  mundart- 
licbeu  Satzbaus  haben  würden.  R.s  Forderungen  sind  heute 
noch  nur  zum  geringsten  Teil  erfüllt.  Wohl  ist  die  Kunst 
mundartlicher  Darstellung  gewachsen.  Aber  in  den  meisten 
Fällen  gibt  der  Berichterstatter  seine  eigene  Sprache  wieder, 
yerhältnismässig  selten  findet  mau  Angaben  über  die  Sprache 
der  Dialektgenossen. 

Man  hat  vielfach  als  Kennzeichen  der  neueren  Sprach- 
forschung den  Satz  von  der  Ausnahmslosigkeit  der  Lautgesetze 
hingestellt.  Wir  haben  jiresehen,  dass  R.  der  Diskussion  da- 
rüber nicht  ausgewichen  ist.  Aber  was  in  Wahrheit  der  mo- 
dernen Linguistik  das  Gepräge  gibt,  ist  die  Änderung  in  den 
Grundaiischauungen,  das  Streben,  sich  von  Abstraktionen  los- 
zureisseu  und  das  wirkliche  Gesehehen  zu  erfassen.  Und  ich 
hoflFe  gezeigt  zu  haben,  dass  R.  mit  seiner  Betonung  des  In- 
dividuellen, mit  seiner  Abkehr  von  der  ehrfurchtsvollen  Be- 
s^tannuDg  des  Sprachgeistes  ganz  modern  anmutet.  Dass  er 
seine  Lieblingsprobleme  gelöst  habe,  fällt  mir  nicht  ein  zu  be- 
haupten. Aber  wer  kann  sich  dessen  rühmen?  Kennen  wir 
denn  heute  wirklich  so  genau  den  Vorgang  des  Lautwandels*?  — 
Unerwähnt  will  ich  nicht  lassen,  dass  auch  das  Problem  der 
Aualogiewirkung  in  R.s  Gesichtskreis  getreten  ist,  nur  fand 
er  keine  Veranlassung,  sich  eingehender  damit  zu  befassen. 
Gelegentlich  bemei'kt  er  in  seiner  Abhandlung  über  die  sprach- 
geschiehtliche  Umwandlung  der  Laute,  er  wolle  keine  ei-schö- 
pfende  Aufzählung  der  Arten  des  Lautwandels  geben.  '^Sou8t 
müäste  z.  B.  auch  von  der  Lautumwandlung  durch  blosse  Ana- 
logie gesprochen  werden.  Aber  ich  verspare  diese  sowie  manche 
andre  verwandte  Frage  lieber  auf  eine  andere  Gelegenheit"  *). 
Diese  Gelegenheit  ist,  soviel  ich  weiss,  für  R.  nie  gekommen. 

Nicht  jeder,  der  in  seiner  Erkenntnis  ein  Stück  vorwärts 
gedrungen  ist,  hat  auch  die  Wissenschaft  weiter  gebracht.  Gar 
manche  Anregung  ist  unbeachtet  geblieben.  Von  R.s  Wirken 
kann  man  dies  nicht  sagen.  Wie  mächtig  seine  Arbeiten  auf 
Scherer  wirkten,  ist  jedem  klar,  der  die  Geschichte  der  deut- 
schen Sprache  oder  die  Kleinen  Schriften  angesehen  hat.  Und 
dass  wiederum  die  spätere  Forschung  durch  Scherers  Schriften 
befruchtet   wurde,    ist  niemals  geleugnet  worden.     So  scheint 


1)  A.  a.  O.  376  Fussnote. 


170  C.  C.  Uhlenbeck, 

es  mir,   dass  Rudolf  von  Räumer   einen   nicht  unbedeutenden 
Platz  in  der  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  verdient.  Die 
Anerkennung  seiner  Verdienste  ist  nicht  ein  blosses  Gebot  der 
Pietät  gegen  den  Lob  und  Tadel   längst  Entrückten,   sie  för- 
dert uns  selbst  in  unserem  Wissen  von  der  Entwicklung  un- 
serer Disziplin. 

Wien.  M,  H.  Jellinek. 


Agens  und  Patiens  im  Kasussysteni  der  indogermanischen 

Sprachen. 


In  den  indogermanischen  Sprachen  sind  im  Neutrum  der 
Nominativ  und  Akkusativ  mit  einander  identisch.  Dies  gilt 
nicht  nur  vom  Singular,  sondern  auch  von  den  beiden  andern 
Numeri.  Deshalb  liegt  es  nahe  zu  vermnten,  dass  Formen 
wie  ,yugäm  —  Iutöv,  inddhu  —  ^eöu  einmal  weder  nominati- 
vische noch  akkusativische  Geltung  gehabt  haben,  sondern 
eine  allgemeinere,  aus  welcher  sich  die  nominativische  und 
akkusativische  Funktion  entwickeln  konnten.  Diese  Vermu- 
tung wird  verstärkt  durch  die  Beobachtung,  dass  bei  den  o- 
Stämraen  der  Nom.  Akk.  Neutr.  nicht  vom  Akk.  Mask.  Fem. 
verschieden  ist.  Das  -m  in  vfkom  —  Xükov  wird  ursprünglich 
kein  AkkusativsuflBx  gewesen  sein,  denn  wie  Hesse  sich  dann 
die  Übereinstimmung  mit  Nom.  Akk.  yugdm  —  Zu^öv  begrei- 
fen? Die  Thatsachen  erklären  sich  am  besten,  wenn  wir  an- 
nehmen, dass  es  im  Indogermanischen  in  einer  weit  zurück- 
liegenden Periode  keinen  Nominativ  und  Akkusativ,  sondern 
einen  Aktivus  und  einen  Passivus  gegeben  habe,  unter  Ak- 
tivus  ist  der  Kasus  der  handelnden  Person  zu  verstehen,  der 
Subjektskasus  bei  transitiven  Verben:  er  war  im  Indogerma- 
nischen charakterisiert  durch  ein  suflSgiertes  -s,  das  kaum  von 
dem  demonstrativen  Pronominalstamme  so  getrennt  werden  darf 
und  wahrscheinlich  als  postpositiver  Artikel  aufzufassen  ist. 
Der  Passivus  ist  der  Kasus  der  leidenden  Person  oder  Sache, 
oder  allgemeiner  der  Person  oder  Sache,  wovon  etw^as  ausge- 
sagt wird  ohne  dass  man  ihr  eine  transitive  Thätigkeit  zu- 
schreibt.    Er  ist  also  Objektskasus  bei  transitiven  Verben  und 


Ag^Hs  tmd  Patiens  im  Kasussystem   der  indogerm.  Sprachen.     171 

^ühjektskasus  bei  passiven  und  intransitiven  Verben.  Im 
Indogemianischeu  fungierte  der  reine  Stamm  als  Passivus,  nur 
W  den  o-Stämmen  finden  wir  -m  als  Kennzeichen. 

Warum  hat   sich   bei   den  Maskulina  und   Feminina   ein 
Aktivus  entwickelt,    bei  den  Neutra  aber  nicht?   Diese  Frage 
beantwortet  sich   von  selbst,    denn  die  Neutra   bezeichnen  im 
.lllgemeinen  leblose  Dinge,    denen  kaum  eine   transitive  Thä- 
%keit   zugeschrieben    werden    konnte.     Aus  eben    demselben 
Grunde  sind  die  Baumnamen  Maskulina  oder  Feminina,   wäh- 
rend ihre  Frucht  Neutrum  ist.     Konnte   man   sich    den  Baum 
als  belebt  und   thätig  denken,    die  Frucht  war   nur   ein    leb- 
loser Gegenstand,  der  nur  als  leidend  gedacht  wurde.    Darum 
konnte  bei   den  Fruchtnamen  kein  «-Aktivus  aufkommen,    es 
fehlte    also    die   äussere  Veranlassung   zum  Übergang    in    die 
männliche  oder  weibliche  Kategorie. 

M.  E.  kann  es  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  der  indoger- 
manische Sprachbau,  wie  wir  ihn  aus  der  Vergleicliung  der 
verschiedenen  Sprachen  rekonstruieren  können,  sich  aus  einem 
polysynthetischen,  suflSgierendcn  und  infigierenden  Spraclitypus 
entwickelt  hat.  Darauf  deutet  die  Wurzelvariation  mit  ihrer 
unendlichen  Mannigfaltigkeit,  welche  sich  nur  durch  die  Zu- 
sammenwirkung der  verschiedenartigsten  Faktoren  erklären 
lässt;  darauf  die  nasalierten  Präsensklassen,  deren  richtiges 
Verständnis  uns  von  de  Saussure  erschlossen  ist;  darauf  das 
Mediopassivum,  das  uns  an  die  Verba  mit  inkorporiertem  Dativ 
und  Objektskasus  des  Baskischen  und  der  amerikanischen  Spra- 
chen erinnert.  Auch  in  unserem  Falle  können  wir  uns  auf 
schlagende  Parallelen  in  stammfremden  polysynthetischen  Spra- 
chen berufen.  Um  von  den  Sprachen  der  Ureinwohner  Ame- 
rikas zu  geschweigen,  obwohl  sich  z.  B.  das  Grönländische 
und  das  Dakota  heranziehen  Hessen,  so  ist  es  doch  allgemein 
bekannt,  dass  die  Basken  nur  den  unterschied  von  Agente  und 
Patiente,  nicht  aber  den  von  Nominativ  und  Akkusativ  kennen. 

Leiden.  C.  C.  ühlenbeck. 


172  W.  Foy, 


Zar  Syntax  ron  ai.  nama,  av.  nqmaj  ap.  namä  usw. 

In  dieser  Zeitschrift  Bd.  11,  307  ff.   glaubt  L.  H.  Gray 
nachgewiesen  zu  haben,  dass  in  der  indogermanischen  Verbin- 
dung: Eigenname  +  ai»  nämaj  av.  nqrna,  ap.  ndmrf^),  griecb. 
^vo)Lia  usw.  das  letztere  Wort  ursprünglich  bloss  als  Apposition 
'/um  ei-steren  fungiert  hätte  und  dass  es  also  keineswegs  not- 
wendig  sei  jenes   als  Akkusativ    der  Beziehung   aufzufassen. 
Das   ist    nicht  ganz  verständlich  ausgedrückt,    wie  überhaupt 
der    Artikel    etwas   unklar    gehalten    ist.     Wenn  Gray    sagen 
will,  dass  sich  ai.  näma  usw.  ^namens,  mit  Namen'  aus  einem 
ursprünglich    ausgedehnten    appositionellen   Gebrauch    erklärt, 
dass  es  so  auch   noch   in  den   historischen  Sprachen  vielfach 
vorliegt  und  erst  später  zu  derjenigen  Verwendung  gekommeo 
ist,  wo  es  nicht  mehr  als  Apposition,  sondern  allein,  wie  wir 
sagen,  als  ''^Akkusativ  der  Beziehung"  aufgefasst  werden  kann, 
80  verstehe  ich  seinen  zweiten  Satz  nicht:   denn  kein  Mensch 
hat  ja  den  '"'"Akkusativ  der  Beziehung"  für  ein  von  Haus  aus 
gegebenes   syntaktisches  Gebilde    erklärt,    sodass   etwa  Gray 
nun  derjenige  wäre,  der  diese  Annahme  als  unnötig  erwiesen 
hätte.     Glaubt  er  aber,  dass  ai.  nama  usw.  nirgends  als  Akk. 
der  Beziehung  aufzufassen   ist,    so    verstehe   ich    erstens   sein 
''ursprünglich"  nicht,    und  zweitens  sprechen  dann  die  That- 


1)  l'ber  die  ap.  Formen  näma  und  näinä  habe  ich  mich  KZ. 
35,  11  geäussert,  halb  im  Anschluss  an  Thumb  KZ.  32,  130  f.,  halb 
Bartholomae  AF.  1,  58  folgend.  (Ich  bemerke  beiläufig,  dass  näma 
bei  mir  Z.  2  v.  u.  Druckfehler  für  nämä  ist.)  Bartholomae  Grdr. 
Iran.  Philol.  I  228,  §  403  (Bemerkungen  II)  macht  gegen  Thumb 
denselben  Einwand  wie  ich  a.  a.  0.  Anm.;  er  vermutet  ferner  jetzt 
in  /loam«,  das  nach  meinen  Ausführungen  KZ.  35,  2  ff.  nur  näma 
gelesen  werden  kann,  einen  LS.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass 
diese  Deutung  das  Richtige  trifft.  [Da  aber  ap.  xäapa  Bh  I  20  am 
besten  als  AS.  eines  n-Stammes  aufgefasst  wird  und  im  Ausgange 
A'ollkommen  ap.  näma  entspricht,  so  wird  die  von  mir  vertretene 
Erklärung  des  letzteren  das  Richtige  treffen.]  Dass  in  den  ap. 
formelhaften  Verbindungen  mit  nämä  keine  Bahuvrihi- Komposita 
vorliegen,  hat  schon  Thumb  a.  a.  0.  131  f.  gegen  Job.  Schmidt  Plu- 
ralbildung der  Neutra  S.  82  gezeigt;  trotz  alledem  ist  diese  Theorie 
von  Justi  Iranisches  Namenbuch  S.  IV  Anm.  1  beibehalten  worden. 


Zur  Syntax  von  ai.  näma^  av.  nqma^  ap.  ?iämä  usw.        17JJ 

«ich^n  gegen   seine  Theorie.     Schon   in    den   meisten   seiner 
eignen  Beispiele  lässt  sich  ai.  näma  usw.  nicht  als  Api)ositi()n 
ettXHren,    wenn  anders  es  sich  noch  um  eine  Sprache,    nicht 
nift  eine  sprachwissenschaftliche  Konstruktion  handeln  soll.    Wie 
kaun  z.  B.  mdm  dhur  indram  näma  RV.  X  49,  2  oder  havir 
oifmi  näma  RV.  III  26,  7  7iäma  Apposition  zu  Indram  bczw. 
katir  sein?     Das  ist  absolut  unmöglich.    Ebenso  steht  es  mit 
avestischen  Fällen  wie  taxmö  nqma  ahmi,  taxmöUma  nqma 
ahmt  yt.  15, 46,  oder  mit  ap.  Stellen  wie  [pasdva  Vaum^isa] 
näma    Parsa    .  .  .    avam  fraisayam  Hh  II  49  f.,    oder    mit 
griechischen  wie  d^uj  b'  övo^a  kXutöc  Aiöujv,  ÖTiXörepoc  T^veij 
nsw.  T  183  f.     Nach   Grays  Ansicht   müsste   man   doch   z.  B. 
die  ap.  Stelle  nicht  so,  wie  er  selbst  thut,  sondern  folgend er- 
massen    übersetzen:    'darauf  —  (es  war)   der   Name    Vaumisa 
ein  Perser  ....  —  den  sandte  ich  .  .'^);  danach  wären  die 
Menschen   kurioserweise   nichts    anderes   als   herumwandernde 
Namen.  Aber  selbst  Gray  brächte  nicht,  glaube  ich,  eine  appo- 
sitionelle  Konstruktion  in  folgenden  Fällen  (die  ich  nur   bei- 
spielsweise  anführe  und  den  altarischen  Sprachen   entnehme^ 
weil  sie  mir  hieraus  gerade  gegenwärtig  sind)  zu  Wege:  a^idu 
namaham  asmi  'der  und  der  (N.  N.)  mit  Namen  bin  ich'  Man. 
Dharmas.  2,  122,  kö  nämäsi  'wer  mit  Namen  bist  duV'   VS. 
7,  29   und   vor  allem   ap.    V*{i)sta8pahya  näma  pud''a   'eines^ 
(gewissen)  Vistäfipa  Sohn'  Art.  Tcrs.   18  f.*) 


1)  Ahnlich  wären  Stellen  wie  K"u»d^r^uA  näma  vardanam 
Mädaiy  Bh  II  65  zu  übersetzen:  '(es  war)  der  Name  Kundnis  eine 
Stadt  in  Medien*. 

2)  Dass  die  ap.  Artaxerxes-lnsehriften  nicht  etwa  in  verlotter- 
ter Sprache  abgetasst  sind,  habe  ich  KZ.  35,  53  ff.  gezeigt,  und  an 
dieser  Thatsaclie  ändert  auch  Hörn  nichts  trotz  seiner  Beinerkiing 
(4rdr.  Iran.  Philol,  I  2,  S.  121,  Anm.  3.  Wieso  sind  die  spaten  ap. 
Keilinschriften  '*in  archaisierender  Schrift  eingehauen"V  Wenn  es 
sich  bei  dem  von  mir  a.  a.  0.  S.  56  f.  behandelten  Auslautsgesetze 
bezüglich  -«w,  -am  nur  um  eine  grammatische  Unfähigkeit  der  spä- 
ten Schreiber  handelte,  so  müsste  man  dieselbe  doch  auch  sonst 
zahlreich  im  Auslaute  oder  Inlaute  beobachten  können,  es  müsste 
sich  z.  B.  auch  ä  für  früheres  -a  finden:  das  ist  aber  (bis  auf  die 
Besonderheit  Artcudia&'^ä)  nicht  der  P'all,  ein  Beweis  dafür,  dass 
mein  Gesetz  richtig  ist.  Ich  werde  auch  an  anderm  Orte  [siehe  jetzt 
WZKM.  14,  277  ff.]  zeigen,  dass  die  elam.  Version  der  Inschrift  Art. 
Sus.  a  gleichfalls  nicht  in  einer  Sprache  des  Verfalls  geschrieben 
ist,  wie  man  bisher  zumeist  an<;enommen  hat. 


174  W.  Foy, 

Im  letzteren  Beispiele  hat   ap.  nama  deutlich   den  Sinn 
von  'ein  gewisser*,  denn  voran  gehen  in  der  Inschrift  nur  Wen- 
<lungen   wie  Darayavaufi  xmi/aßiya  puß^a  Mes  Königs  Da- 
rius  Sohn'  (vgl.  zur  Erklärung  der  Form:  Verf.  KZ.  35,  55. 
Ebenso  ist  Arsama  näma  pu&^'a  'eines  gewissen  Ai*§äma  Sobn' 
Art.  Pers.  20  aufzufassen,  nur  bilden  diese  Worte  wie  die  zitierte 
Wendung  Därayavaus  xsayalHya  puß^a  ein  Kompositum,  wes- 
hall)  Arsama    nicht    im   Genitiv   steht.     Ap.  näma  dient  also 
in   den   beiden   genannten  Fällen  zur  Charakterisierung   eine* 
noch  unbekannten  oder  als  unbekannt  vorausgesetzten  Eigen- 
namens als  solchen.     Dafür  gibt  es  noch  eine  Menge  weiterer 
Belege.     Zunächst  ist  hier  Bh  IV  82  tf.  zu  erwähnen:  adakaiy 
imaiy  marfiyä  hamataxmta  an^usiya  manä  VH^dafarnd  näma 
Vayaspärahya  pu&^a  Pärsa  usw.  'damals  wirkten  diese  Män- 
ner als  meine  Anhänger:  ein  gewisser  Vindafaniä,  des  Vaya- 
spära  Sohn,  ein  Perser  usw.'     Ferner  gehört  hierher:  /  Gau- 
niäta  näma  Mag^uJi  dha  [hauv  ad^u]r^ujiya  'ein   gewisser*) 
Gauniäta,  ein  Mager,   war  da,  der  log'  Bh  IV  7  f.     Dass  ich 
dha  in  dieser  Stelle  richtig  aufgefasst  habe,  beweist  Bh  135  f.: 
pa[sdva\  I  martiya  Magnus  dha  Gaumdta  nöma  hauv  uda- 
patata  'darauf  —  ein  Mann,  ein  Mager,  war  da,  Gaumäta  mit 
Namen  —  der  erhob  sich'.     Dieselbe  Konstruktion  wie  Bh  IV 
7  f.,  nur  ohne  dha^  liegt  z.B.  unmittelbar  darauf  (BhlVlOf.) 
vor:    /  [Ä&''ina]  ndina  ''Urajiya  hauv  ad^ur^ujiya   'ein    ge- 
wisser Äö^'ina,  ein  Elamer,  der  log'.     Ebenso  ist  zu  verstehen: 
Kw^hujiya    ndma   K^üraus  puH'a  amdxam    taumdy[d  hauv 
2)a]r"uvam  idd  xsdyaMya  dha  'ein   gewisser   Kambyses,    des 
Kyrus  Sohn,    aus  unsrer  Familie,   der  war  früher  hier  König' 
BhI28f.*)    und  Marg'^us  ndmd  dahydus  hauvmaiy  haMtiya 
ahava  'ein  gewisses  Margiana,    ein  Land,   das  wurde  mir  ab- 
trünnig' Bh  III  11.     Trat  nun  eine  Verbindung  wie  Ka^hußya 
ndma  K"ürau^  putf^'a  hauv,    die  ja   von  Haus  aus   den  Satz 
beginnen  musste  (abgesehen  von  Konjunktionen),  in  den  Akku- 

1)  Das  'ein  gewisser'  wird  hier  sowohl  durch  näma  wie  durch 
den  senkrechten  Keil  vor  Gautnäta  (=  /)  ausgedrückt;  vgl.  zum 
letzteren:  Verf.  ZDMG.  50,  181   Anni.  1. 

2)  [Desgl.  avahyä  Ka^bujiyahyä  brä\fa\  BardHya  näma  äha 
hamätä  hamapitä  'jenes  K.  Bruder  war  ein  gewisser  Bardiya,  von 
gleicher  Mutter  und  gleichem  Vater  (stammend)*  Bh  I  29  f.;  vgl. 
W^ZKM.  14,  287  f.] 


Zur  Syntai  Vön  ai.  nämtif  av.  nijma,  iip,   iiamä  usw.  ^      ITü 

'  iirier  einen  andern  Kaena,  au  wurde  derselbe  iiielit  an 
allen  Wörtern  jener  Fonuel  bezeichnet,  sondern  nur  an  dem 
tetzten,  dem  ana)ihorigcheD  Fronomen,  indem  sie  ah  eine  Eiti- 
lieit  betrachtet  wurde.  Das  ist  echt  altperaselier  Gebrauch. 
Deuti  Gleichartiges  habe  ich  in  Darai/aeaiiii  XShyii  pulfa 
'dc8  Königs  Darins  Sohn"  Art,  iSus.  b  nachgewiesen  (vgl.  Verf. 
KZ.  35,54).  80  evklJlrt  sich  k.  U.  [pwsdva  Vmim'mi]  nüma 
Pßrsa  manu  ha''daka  nvnm  udum  fraiHayam  'darauf  sandte 
ich  einen  gewisse»  Vaumisa,  einen  Perser,  meinen  Diener,  fort' 
Bh  1149').  NatUrlich  konnte  nun  auch  das  anaphoriscbe  Pro- 
somen  jener  Fcirmel  von  einer  Präposition  regiert  werden,  und 
4ic&e  Konstruktion  wurde  »elbst  beibehalten,  wenn  die  Formel 
fn  dns  Innere  oder  an  das  Ende  des -Satzes  rückte.  .So  linden 
wir  z.  B.  paeäca  adnm  fraiwayam  DadarÜi  ntima  Paraa  mana 
ia"dfikn  Baxtriya  xsa&'apäva  abiy  avam  'darauf  sandte  ich 
Sit  einem  gewissen  DädarsiS,  einem  Perser,  lueinem  Diener, 
Satrapen  in  Baktrien'  Bb  IH  12  ff",  (vgl.  dazu  KZ.  :)5,  4^  f.). 
Giu  die  Konstruktion  des  A|i.  in  der  deutschen  Übersetzung 
«migerniassen  zu  wahren,  können  wir  es  hier  auch  folgender- 
en i.älinlich,  wie  ieli  es  a.a.O.  gethau  liabe)  Ubersetzen: 
'darauf  sandte  ich  —  (es  war  da)  ein  gewisser  DädarSis,  ein 
ferser,  mein  Diener,  Satrap  in  Bakirien  —  7,u  diesem';  aber 
kr  Perser  selbst  wird  die  Konstruktion  sicherlich  nicht  so 
(Mwa  nach  Fällen  wie  die  oben  angefithrtc  Stelle  Bh  1  .S.n  i.) 
lafgefasst  haben.  Nun  sind  auch  Fälle  wie  die  folgenden  ver- 
M&ndlich:  Zäzdna  nämn  cardanam  an"uri ''Ufrätnuea  avadtl 
.  äiia  hada  kara  'les  ist  dai  ein  gewisses  Zftzana,  eine  Stadt 
1  Euphrat,  dorthin  zog  er  mit  dem  Heere'  BhI92f.,  Tauravd*) 
itutnia  vardanam  Yaatiyd  nüma  dakyauti  Parsah/  arada  ad(l- 
raya  '(es  ist  da)  ein  gewisses  Tanravfl,  eine  Stadt,  ein  gewisses 
.yantiy&,  eine  Landschaft  in  Persien,  dort  hatte  er  Besitzungen' 
Bh  III  22  f.  und  udapatata  kaöa  lHiiya''utadaya  Arkadri« 
Vma  kaufa  haia  twadaia  'er  erhob  sieh  von  PiSiyähuvädä 


Ebenso  steht  z.  B.   l  marfiya   FriUia  niiina  Mi'irgavn  aravi 
^ttaSiStam  (üti*u.navaHä  'ein  Mann.  Frftda  mit  Namen,  ein  Margianer, 
mMihten    sie    sich    zum    01>crsteQ'   Uli   tu   \i   nebi^n   1  martiya 
ina    ttätHa    Upadara»ma    pu&'a    /taur    udapatatti      ein    Mhuii, 
[na  mit  Namen,  des  U.  Sohn,  dpr  erhöh  sich'  Bh  I  74. 
21  Vgl.  dazu  Verf.  KZ.  3ö,  74;  ZDMG.  52,  124. 


176      ^  W.  Foy, 

auR  —  (es  ist  dort)  ein  gewisser  Arkadri§;  ein  Berg  —  von 
da  aus'  Bh  I  36  f. 

Eine  besondere  Behandlung  erfordert  noch  die  ap.  Stelle 
hacd  Piräva  ndma  rauta  Sz.  c  9,  wenngleich  es  von  vorn- 
herein klar  ist,  dass  ndma  hier  denselben  Sinn  hat  wie  in 
den  bisher  angeführten  Fällen.  Setzen  wir  zunächst  einmal 
X  fttr  den  in  Plrdva  ausgedrückten  Flussnanien,  so  sollte  man 
allerdings  nach  dem  sonstigen  ap.  Gebrauche  folgende  Kon- 
struktion erwarten:  x  ndma  rauta  hacd  avadam.  Möglich  war 
CS  aber  auch,  dass,  wie  in  unserm  Beispiele,  der  als  eine  Ein- 
heit geltende  Wortkomplex  ./•  ndma  rauta  direkt  (nicht  nur 
logisch)  von  einer  Präposition  abhängig  gemacht  wurde.  Dann 
musste  der  von  der  letzteren  regierte  Kasus  an  einem  Worte 
jenes  Komplexes  selbst  bezeichnet  werden.  KZ.  35,  32  habe 
ich  nun  angenommen,  dass  die  Verbindung  x  ndma  ratda, 
die  sich  Sz.  c  9  in  einer  solchen  Lage  betindet,  als  Kompo- 
situm behandelt*)  und  der  Ablativ  an  rauta,  für  das  rauf4 
zu  lesen  wäre,  zum  Ausdruck  gekommen  sei.  Die  hier  vor- 
auszusetzende Konjektur  sowohl  wie  die  Annahme  einer  Kom- 
position sind  aber  nicht  ohne  Bedenken,  letzteres  deshalb,  weil 
doch  X  'ndma  rauta  auf  einer  Stnfe  steht  z.  B.  mit  Arkadrii 
ndma  kaufa  Bh  I  36  f.,  d.  h.  also  rauta  Apposition  zu  x 
ndma  ist.  Wenn  man  nun  die  Fälle  wie  Ddrayavaushyd 
VHstdspahya  puiV'a  'des  Darius  (,der)  des  Vistäspa  Sohn  (ist)' 
von  Art.  Sus.  a  und  Art.  Ham.  heranzieht,  die  ich  KZ.  30, 
54  f.  behandelt  habe  und  in  denen  ein  zusammengehöriger 
Wortkomplex  {Ddrayavaus  .  .  .  pud^ä)  bei  der  Stellung  nach 
einem  Regens  durch  Anfügung  der  Endung  an  das  erste  Wort 
(D(2r«yai'«M,v  +  Gen. -Endung  Ajyö)  dekliniert  erscheint*),  so 
könnte  man  an  unsrer  Stelle  eine  Konstruktion  wie  hacd 
ic+Abl.-SufBx  ndma  rauta  erwarten.  Wäre  es  nun  möglich, 
in  Pirdva  einen  Abi.  zu  sehen?     Gewiss,  wenn  man  als  Nom. 

1)  Ich  habe  dabei  nicht  von  Piräva  nänia  allein  geredet,  wie 
mir  Gray  S.  311  zumutet. 

2)  Ein  weiteres  Beispiel  dafür  ist  [vainä  AURAMAZDÄha 
An{ä)]h{i)ta  [u\tä  \Mi{i)]^a  'nach  dem  Willen  Auramazd&s,  Anfthitas 
und  Miöras'  Art.  Sus.  a  4,  erschlossen  aus  dem  elamischen  Texte 
[vgl.  darüber  jetzt  VVZKM.  14,  293].  —  Vgl.  auch  hya  mäm  Artaxia- 
&''ä  xsäyadiya{\)  ak^^unaus  'der  mich,  Artaxerxes,  zum  König« 
machte'  Art.  Pers.  5  f. 


Zur  Syntax  von  ai.  näma,  av.  nama,  ap.  nämä  usw.        177 

eine  Form  PlrauH  voraussetzt.  Denn  wie  zu  dahyau>(  der 
Akk.  dahyaum  gebildet  ist,  so  wäre  dazu  als  Gen.-Abl.  kaum 
etwas  andres  als  dahyava  aus  *dahyäva8  wahrscheinlieb  (vgl. 
auch  jav.  nasävöi  Bartbolomae  Grdr.  Iran.  Phiiol.  I  228, 
§  407,  and  zur  Dehnstufe  dieser  u- Stämme  (tberhaupt:  ebd. 
8.  102  u.  103,  115).  So  hätten  wir  als  Namen  des  Nils  im 
Ap.  Mraui  (nicht  Piräval)  nachgewiesen,  und  diese  Form 
scheint  mir  auch  besser  zu  der  koptischen  Namensform  iero 
mit  vorgesetztem  Artikel  p  zu  stimmen^). 

Dieselbe  Funktion  wie  ap.  nämä  'ein  gewisser'  hat  das 
avestische  nqma  an  zwei  Stellen:  ar^dvi  nqma  dpa  Spitama 
Zara&uHra  ha  mB  dpö  yaoidadä^ti  .  .  .  'eine  gewisse  ArdvT, 
ein  Wasser,  o  Sp.  Z.,  dies  mein  Wasser  reinigt  .  .  .'  vd.  7, 
16  ond   vizar^sö  daSvö  nqma  Spitama  Zara^itra  urvändm 

hastam  vädaye^ti 'ein  gewisser  Dämon  Vlzarsa,  o  Sp. 

Z.,  führt  die  Seele  gebunden  .  .  .  .'  vd.  19,  29.  Aus  dem 
Ai.  ist  mir  kein  gleichartiger  Fall  zur  Hand,  aber  es  wäre 
nicht  nnmöglich,  dass  auch  hier  ndma  in  der  Bedeutung  'ein 
gewisser*  nachgewiesen  würde.  Wie  steht  es  im  Griechischen 
mit  övo|bia? 

Neben  der  irgendwie  aus  dem  sogenannten  Akkusativ 
der  Beziehung  entwickelten  Bedeutung  'ein  gewisser'  hat  aber 
das  ap.  nämä  auch  die  ursprüngliche  'mit  Namen'  bewahrt, 
so  z.  B.  in  der  schon  zitierten  Stelle  /  martiya  Mag'^us  aha 
Gaumata  ndma  'ein  Mann,  ein  Mager,  war  da,  Gaumäta  mit 
Namen'  Bh  I  36  und  in  Fällen  wie  /  martiya  ÄiVina  nama 
rpadara^ma  pu^^a  haut  ...  Bh  1  74  usw.  Ebenso  ist  es 
im  Ai.  (z.  B.  RV.  III  26,  3  und  wohl  auch  X  28,  12,  VS.  7, 


1)  [Fr.  Maliers  Erklärung  von  ap.  J^räva  WZKM.  3,  148  (Ver- 
besserung von  1,  224)  ist  also  ganz  richtig,  was  ich  Gray  a.  a.  O. 
S.  11  gegenüber  bemerke;  nur  sind  seine  Austuhrungen  über  ein 
altägyptisches  PIEU  falsch.  Nach  gütiger  Mitteilung  des  Herrn 
Prof.  SteindorflF  geht  koptisch  mcpo  auf  ein  ägyptisches  p-jetr-'o^ 
jünger  p-jer-^o,  p-jer-o  zurück;  ein  altägyptisches  pini  hat  es  über- 
haupt nicht  gegeben.  Die  assyr.  Keilinschriften  geben  ägypt. p-jer-o 
mit  pir*u  wieder.  —  Gray  schliesst  sich  in  der  Auffassung  von  hacä 
Flräta  nänia  rauia  an  Bartholomae  BB.  14,  249  an,  der  es  für  einen 
Nominativ  hält  und  Bh  III  12  ff.,  I  36  f.  vergleicht,  aber  das  sind, 
wie  sich  aus  der  bei  Bartholomae  nicht  zitierten  Fortsetzung  des 
Textes  ergibt,  falsche  Parallelen.] 

Indo^ermanisctae  Forsohnngen  XII  i  u.  2.  \\* 


178  J.  Heinsius, 

29,  Man.  Dharmas.  2,  122)  i),  im  Av.  (z.  B.  yt.  8,  51.  14,  55. 
15,  46.  19,  56.  vd.  18,  15),  im  Griechischen  (z.  B.  t  183  f.*. 

Ob  sich  unser  (historisch  in  verschiedenen  Sprachen  vor- 
liegender) •'''Akkusativ  der  Beziehung*'  vorhistorisch  aus  einer 
appositionellen  Stellung  entwickelt  hat,  ist  eine  andere  Frage. 
Es  kämen  da  mit  Delbrück  Vergleichende  Syntax  1,  388  vor 
allem  Sätze  mit  ""nennen'  als  Prädikat  und  mit  einem  Eigennamen 
+  ai.  nama  usw.  in  Betracht,  wie  yt.  8,  51.  14,  55.  vd.  13, 
2.  18,  15.  6  273.  Aristoph.  Aves  814  usw.  Weiterhin  beachte 
man  auch  Fälle  wie  Plaut.  Aul.  164  und  Beow.  78.  Eine  andre 
Quelle  für  den  Gebrauch  von  ai.  ndma  usw.  im  Sinne  vod 
'mit  Namen'  könnten  solche  Sätze  wie  Beow.  1457:  vocßs 
pckni  Jiceft-mdce  Hrunting  nama  'es  war  ihm  ein  Heftschwert, 
Hrunting  (war)  der  Name'  abgegeben  haben.  Doch  sehe  ich 
nicht  ein,  welchen  Vorteil  die  Sprachwissenschaft  davon  hätte, 
hier  zu  einer  sicheren  Entscheidung  zu  kommen.  Begnügen 
wir  uns  damit,  die  Verhältnisse  der  Einzelsprachen  genau 
kennen  zu  lernen!  Mein  Artikel  ist  hoffentlich  ein  kleiner 
Beitrag  zur  Erreichung  dieses  Zieles. 

Dresden,  den  29.  Juni  1900.  W.  Foy. 


Über  die  Repräsentation  von  indogermanisch  sich  im 

Griechisclien. 


Die  Frage  nach  der  Repräsentation  der  indogermanischen 
Tenues  aspiratae  im  Griechischen  ist  noch  nicht  gänzlich  ge- 
klärt. Ziemlich  allgemein  scheint  man  aber  jetzt  anzunehmen, 
dass  sie  durch  x>  9»  ö  vertreten  sind,  idg.  sth  aber,  wie  es 
Zubaty  (KZ.  31,  1  ff.)  wahi-scheinlich  gemacht,  durch  ct.  Die 
Theorie  Moultons  (American  Journ.  of  PhiloL  8,  207  sqq.) : 
'''original  hard  aspirates  lose  their  aspiration  in  Greek  except 


1)  In  den  Beispielen  mit  ai.  ndma  RV.  II  27,  15  =  V  37,  4 
und  I,  68,  4,  die  Gray  anführt,  ist  näma  'Namen*  =  'Rut^  Ruhm', 
ebenso  wie  II  37,  2.  subhdgo  näma  pü^yan  RV.  II  27,  15  =  V  37, 
4  heisst:  'reich,  den  (eignen)  Ruhm  fördernd*. 


Über  die  Repräsentation  von  indogerm.  skh  im  Griechischen.    179 

where  the  accent  immediately  precedes"  hat  wenig  Beachtung 
gefunden;   allerdings  ist  auch  manches  dagegen  einzuwenden. 

Es  bleiben  aber,  wenn  man  obengenannte  Repräsentation 
annimmt,  einige  Schwierigkeiten  übrig,  darunter  das  Neben- 
einander von  CK  und  ex  als  Vertreter  von  (nicht  labiovehirem) 
sJch.  Es  sei  mir  erlaubt,  folgende  Hypothese  zur  Erklärung 
aufzustellen:  tautosyllabisches  (nicht  labiovelares)  .vAA 
wird  im  Griechischen  durch  ck,  heterosyllabisches 
durch  ex  vertreten.  Von  vornherein  wird  man  diese  Lö- 
sung des  Problems  für  nicht  unmöglich  halten :  die  urgriechische 
Lautfolge  Spirans  c  +  explosiva  k  -f  gehauchter  Absatz  (s.  G. 
Meyer  Griech.  Gr.^  §  204)  in  einer  Silbe  war  gewiss  nicht 
leicht  auszusprechen,  kann  also  leicht  ihren  letzten  Bestandteil 
eingebüsst  haben. 

Ich  möchte  mich  dabei  auf  folgende  Zusammenstellungen 
stflizeu : 

a)  tautosyllabisches  ck 

CKÖliX)  'hinke*,  skr.  Tchafkjati  'hinkt'. 

CKia  'Schatten',   ckoiöc  'schattig',   skr.  chäyä  'Schatten'. 

kret.  Kaxa-CK^vr)  'tötet',  wenn  es,  wie  nicht  unwahrschein- 
lich, mit  skr.  hhdnati  'gräbt'  zusammenhängt.  Das  Altpcr- 
siscbe  aber  hat  kan-  statt  *yßn-y  deutet  also  auf  id«;.  {s>k 
(neben  {8)kh), 

CKoXiöc  'krumm,  unredlich',  skr.  sklidlati  'strauchelt',  cha- 
lam  'betrug',  arm.  syalem,  sxalim  'gehe  fehl,  irre,  strauchle', 
lat.  «celtis  'Verbrechen',  lit.  skeliü  'bin  schuldig'. 

CKÜ21a  'Brunst,  Geilheit',  wenn  es,  wie  G.  Meyer  annimmt, 
mit  skr,  khuddti  'stösst  hinein'  verwandt  ist. 

CKÖTOc  'Haut',  ckOXXuj  'schinde',  skr.  chavi  'Haut',  lat. 
scütum  'Schild',  cutis  'Haut',  ohscürus  'dunkel'.  Das  Skr. 
hat  aber  auch  skundti  'bedeckt',  womit  ckötoc  ebenfalls  ver- 
wandt sein  kann;  in  diesem  Fall  ist  idg.  sk  (neben  skh)  an- 
zusetzen. 

CK€bävvü^i  'zerstreue',  wenn  es  zur  Sip])e  von  skr.  skha- 
date  'spaltet'  gehört. 

Anm.  l.xibr\  und  cxebia  würden,  wenn  sie  mit  cK€6dvvö|Lii  und 
skhadate  verwandt  wären,  meiner  Regel  widersprechen.  Ix^^n  aber 
bedeutet  nur  'tabeUa,  s.  potius  Papyrus,  Philyra,  Tiiia,  Charta,  aliudve 
in  quo  scribimus'  (s.  den  Thesaurus  Linguae  Graecae),  niemals 'Brett*, 
ist  also  (wahrscheinlich)  von  CKeödvvOiiii  und  skhadate  zu  trennen. 
Und  weil  dann  also  cxeMa  Tloss*  kein  Wort  in  der  Bedeutung  *Brett' 


ISO    J.  Heiiisius,  Über  di»  Kcpriiscntation  von  in(lo;;:enn.  «feA  usw. 

neben  sich  Iiat,  wovon  es  abgeleitet  sein  könnte,  fällt  der  Zusam- 
menhang mit  CK€bdvvü|Lii  weg;  cxcbia  könnte  sehr  gut  zu  ^x«*  gehö- 
ren ('das  Haltende,  das  Zusammenhängende'). 

CK6p(o)bov  'Knoblauch'  wenn  es,  wie  G.  Meyer  anDimmt, 
zu  skr.  chrnatti  'speit  aus',  aksl.  skarqdü  gehört. 

Noch  seheinen  die  Inchoativa  wie  bibdcKOj,  titviwckuj  usw. 
meiner  Regel  zu  widersprechen ;  ich  nehme  aber  einen  Wechsel 
von  sk  und  skh  im  idg.  Inchoativsuflfix  an  (vgl.  oben  unter 
KaracK^vr)  und  ckOtoc,  und  ausserdem  z.  B.  skr.  sthiräs  neben 
ütarls)'^  das  skh  hätte  sich  in  griech.  TtdcxuJ  erhalten*). 

b)  heterosyllabisches  ex 

^cxdpa  'Ileerd',  aksl.  inkra  'Funken',  poln.  skra,  lat. 
Hcintüla  (Kozlovskij  A.  f.  slav.  Phil.  11,  387  flf.). 

TidcxuJ  mit  idg.  InchoativsuflSx  skh. 

Hier  erregen  die  beiden  Wörter  cxKoj  'spalte',  skr.  chi- 
natu  'schneidet  ab,  spaltet',  av.  sid-,  lit.  skedHu,  und  cxd(21)ui 
'schlitze  auf,  steche,  ritze',  skr.  chyati  'schneidet  ab'  bedenken. 
Es  lässt  sich  aber  sehr  leicht  denken,  dass  sie  ihr  ex  den 
augmentierten  Formen  &x^ov  usw.  entnommen  haben.  ZxUIa 
'Scheit'  und  cxivbaX^oc  'Splitter'  könnten  dann  unter  dem  Ein- 
fluss  von  cxi21uj  ihr  ursprüngliches  ck  in  ex  verwandelt  haben. 

Die  Etymologie  von  cxeXic  neben  CKeXic  'Schinken',  ck€- 
Xoc  'Schenkel',  cx^pacpoc  neben  CKepacpoc  'Schmähung',  cx^v- 
buXa  neben  CKevbOXTi  'Zange,  Zwinge',  ist  unbekannt;  viel- 
leicht enthalten  sie  idg.  zgh.  Sie  können  also  ausser  Betracht 
bleiben  -;>. 

Gouda.  J.  H eins i US. 


1)  Gegen  die  Ansicht,  Tidcxuj  sei  aus  *.t{<//oxco  entHtandcn, 
sprechen  die  Wört<*r  diro6ucK€iv  *  dTroTUTXttvciv,  dvOucKci  *  ^vTUTX<iv€i 
und  KXiiicKUJv  •  ^ttikXiüGujv  Hcs. 

2)  Meinem  verehrten  Lehrer  Herrn  Prot*.  C.  C.  Uhlenbeck  in 
Leiden,  dem  ich  in  manchen  Punkten  Auskünfte  verdanke,  spreche 
ich  hiermit  nocli  meinen  verbindlichsten  Dank  aus. 


K.  Bragmaiin,  Lateinisch  vicissim.  181 


Lateinisch  vicissim. 


Neben  vic-  'Wecbsel'  (ckerny  vicej  vicis  nsw.)  erscheinen 
in  vorklassiscber  oder  seit  vorklassiseber  Zeit  die  Advcrbia 
tkmim  nnd  rkisaatim  und  die  Substantiva  vkiasitaa  und 
ticisdtüdoy  denen  sieb  wobl  erst  später  die  nur  glossogra- 
pbisch  überlieferte  Verbalforni  vicissitur  'compeusatur*  zuge- 
sellt bat.  S.  Funck  Wolfflins  Arcbiv  7,  505  f.  8,  97.  101, 
Landgraf  ibid.  9,  440. 

vkissim  und  vkissatim  gebfiren  in  den  Kreis  der  Ad- 
verbia  auf  -tlm  -sim   wie   statim,    raptim,   scissim,   passim, 
(mrsiiiij  separatim,   exqulslümj   solütim^    in  denen  man  mit 
Recht  den  Akkusativus  Singularis  von  fi-Abstrakta  sieht  (Del- 
brück Grnndr.  3,  608  flf.).     ckissafim  neben  vkissim  wie  ver- 
gätim  neben  co7i-ver8im,  minütütim  neben  minütim:    es  setzt 
einen  partizipialen  Stamm  *vkisso-  {^tkissa-)  voraus,    vkisfti-tas 
nnd  ckissi'tado  sind  gleich  gut  auf  den  i-  und  den  o-Stamm 
beziehbar  ^).     rkksltur   aber    mag    auf  grund   von   tkissitn, 
etwa  nach    dem    Verhältnis    von   parfltur   zu   partim,    ent- 
sprangen sein. 

Eine  irgend  diskutierbare  Deutung  der  Siliie  -iss-  in 
diesen  augenscheinlich  mit  vkem  aus  gleicher  Wurzel  ent- 
stammenden Bildungen  ist  mir  nicht  bekannt. 

Zunächst  denkt  man  vielleicht  an  einen  von  vk-  ausge- 
gangenen  verbalen  Stamm  *iiikid-   (oder  *uikidh')j    von   dem 
cicissi-,    rkisso-  als  Verbalnomina   mit   den  Suffixen  -ti-,  -to- 
gebildet   wären.     Die    nächsten    morphologischen   Verwandten 
nnserer  Wörter  wären    dann   güvisuH   zu   gaudeo  =  *gävideö 
(vgl.  gr.  TCtiuj  aus  *TaF-iiu),  clausus  con-düsio  zu  claudo  (vgl. 
ckmjy  ausus  zu  atideo  avidus  (vgl.  aveo),  in-cüsus  zu  cüdo 
(vgl.  lit.  kduju  Ich  schlage,  schmiede,  kämpfe')  u.  dgl.    vkis- 
Hm  stünde  dann  mit  ausini  'audacter'   (Prokrowskij  Wölfflins 
Archiv  11,  .356)  auf  einer  Linie,    dieses  in  ein   urlateinisches 
*avissim  zurückübersetzt.     Indessen  verlautet  von  einer  solchen 
Dentalerweiterung  von  ck-  sonst  nichts,  und  sie  vorauszusetzen 

1)  Meyer  Lübke  Wölfliins  Archiv  8,  332  setzt  für  vkissitds  ein 
^viciifsis  voraus. 

Indogermanif^che  Forschungen  XII  S  u.  4.  13 


182  K.  Brugmann, 

erscheint  an  sieh  darum  bedenklich,  weil  derartige  d-  oder 
dA-Erweiterungen  mit  "Zwischenvokal**  in  den  idg,  Sprachen 
fast  nur  da  auftreten,  wo  die  "Wurzel*'  (nach  alter  Termino- 
logie) auf  i,  ^,  Nasal  oder  Liquida  ausgeht  (vgl.  Verf.  Grundr. 
2,  1045  fr.). 

Weiter   könnte    man   auf  den   Gedanken    kommen,   di^ 
Grundlage  sei  ein  mit  capid- =  umbr.  kapif-  capirs-,  cassid-^ 
cuHpid-  ^)  gleichartiger  Substantivstamm  *vicid'  mit  einer  von 
der  Bedeutung   von   vic-   nicht  wesentlich    verschiedenen  B^. 
deutung   gewesen.     Von   diesem  Stamm   mttsste   mit  -to-  ein 
Adjektiv  ^vicisso-  abgeleitet  worden   sein  nach   der  Art  wie 
sceleS'tU'S  von  sceluSy  onus-tu-s  von  onttSf  über-tu-s  von  über 
u.  a.    An  *vicis80'  könnte  sich  dann  einerseits  vicissatim  (etwa 
durch  ein   mit  offensa,  repulsa  u.  dgl.  gleichartiges  Substan- 
tivum  *vici88a  oder  durch  ein  Verbura  *vici88are  vermittelt), 
anderseits  vicüsim  angeschlossen  haben.     Hiergegen  ist  aber 
einzuwenden,  dass  die  thatsächlich  vorhandenen  drei  genannten 
Substantiva  auf  -id-  (mit  uridg.  i)  ^)  alle  einen  durchaus  kon- 
kreten Sinn  haben,  ferner  dass  es  zu  keinem  Stamm  auf  den- 
talen Verschlusslaut  im  Lateinischen  eine  mit  sceles-tu-s  usw. 
zu  vergleichende  Adjektivformation  gibt. 

Ich  ziehe  unter  diesen  Umständen  eine  dritte  mögliche 
Auffassung   vor.     Man    darf  vici-ssi-   (vicissim)   und   tdci-ssO'- 
{vicissatim)  teilen  und  darin  Nominalkomposita  sehen,     vici- 
war    dann    entweder    eine   Nebenform    des    Substantivstamms 
vic-,  oder  es  war  von  vic-  der  Lokativus  Singularis,  also  iden- 
tisch mit  vice  (vgl.  ante  neben  anti-stes),     -ssi-  und  -sso-  aber 
entsprachen  etymologisch   den  Schlussgliedern  der  ai.  Zusam- 
mensetzungen bhäga-tti-ä  'Glticksgabe',  dävä-tta-s  'gottgegeben', 
punar-ttas  'wiedergegeben',    zu  Wurzel  dö-  'dare'.     War  vici- 
Lokativform,    so   vergleicht   sich   gr.  dpi-cxov  'Frühstück'  aus 
*d€pi-bTO-  'in  der  Frühe  gegessen',  zu  ed-  'essen'  gehörig,  ein 
Kompositum,  dessen  Schlussglied  ebenfalls  die  Wurzel  in  stärk- 
ster Reduktion  aufweist,  ferner  boupi-KXTiToc,  Trupi-Kaucxoc  n.  a. 
Die  Grundbedeutung  von  vicissi-  war  hiemach   etwa  'das  in 


1)  Vgl.  Verfasser  Grundr.  2,  383,  Stolz  Hist.  Gramm.  1,  564, 
Skutsch  Wölfflins  Archiv  11,582,  von  Planta  Osk.-umbr.  Gramm.  2, 70, 
Thomas  Transact.  of  the  Cambridge  Philol.  8oc.  5,  126. 

2)  lapid'  war  wahrscheinlich  ursprünglich  Vaped-.  S.  von  Planta 
a.  a.  0. 


Lateinisch  vicissim.  183 

Wechsel  (Abwechslung;  Wechselseitigkeit)  Bringen  oder  Setzen', 
4iie  von  vicisso-  'in  Wechsel  gebracht,  gesetzt*.  Als  eine  Ver- 
biDdong  mit  dem  Lok.  *vici  Hesse  sich  das  Verbalsubstautivum 
vki-ifsi'  mit  den  kompositioneilen  Verbindungen  wie  domum  itio, 
domuitiOf  hüc  ventio,  Römam  adventus  (Landgraf  Wölfflins 
Archiv  10,  401)  in  Parallele  setzen. 

Der  zweite  Teil  von  vicisso-  vergleicht  sich  mit  dem 
zweiten  Teil  des  Gottesnamens  Cönstis,  Denn  nach  Osthoifs 
Ansfühnmgen  Paul-Braunes  Beitr.  13,  425  ff.  ist  dieser  Name 
mit  conder€y  conditus  zu  verbinden.  Er  war  zunächst  aus 
^com-sso-  oder  aus  *com-8Su-  (vgl.  Cönsualiä)  hervorgegangen 
und  verhält  sich  bezüglich  der  Ablautstufe  der  Wur/el  des 
zweiten  Glieds  zur  Form  con-ditus  wie  ai.  vy-d-tta-s  'ausein- 
andergetan,  geöffnet'  zu  vy-a-dita-s  mit  gleicher  Bedeutimg. 

Femer  sehe  ich  das  Substantivum  *'d'ti'8  in  dem  -sis 
des  Adjektivausgangs  -^nsis,  z.  B.  in  forensis  'sLut  dem  Markt 
befindlich',  hort^rms  (hortensius)  'im  Garten  befindlich',  Hispa- 
niensis  *in  Spanien  befindlich'  (z.  B.  exercitus).  Indem  Prell- 
witz BB.  22,  123  f.  für  foränsis,  circensis  die  Grundformen 
*forii-€n'9ti8y  Hnrcei-en-stis  voraussetzte,  "deren  erster  Teil 
dann  wie  in  erißai-TCvrjc  als  Lokativ  aufzufassen  wäre",  ist 
er  im  wesentlichen  auf  dem  richtigen  Weg  gewesen.  Nur  das 
ist  nicht  gut  zu  heissen,  dass  er  in  dem  Ausgang  -sis  die 
Wurzel  stä'  'stehen'  annimmt.  Denn  es  ist  nicht  enveislieh, 
das8  die  uridg.  Lautgruppe  -nst-  vor  Vokalen  im  Lateinischen 
lantgesetzlich  zu  -ruf'  geworden  ist,  wie  PrcUwitz  behauptet  *). 
Der  vordere  Teil  von  hortensis  entspricht  dem  osk.  h  ü  r  t  i  n 
'in  horto'  =  horten  aus  *horte[i]'e7i  mit  nachgestelltem  Rich- 
tnngsadverbium;  vermutlich  war  die  Kontraktionsstufe  horten 
schon  in  uritalischer  Zeit  erreicht,  vgl.  lat.  tres  osk.  tris  aus 


1)  Prellwitz  beruft  sich  auf  c^nsus  gegenüber  osk.  an-censto 

'incensa'  und  auf  v^{n)8lca  gegenüber  ai.  vasti-.    Aber  ctnsum  kann 

mit  hatisum  (neben  hau8tum\  fVcus,  lapsias  auf  einer  Linie  stehen 

(Verf.  Gmndr.  1^  S.  666.  671).    Und  ve(n)sicn,  zu  dem  auch  ai.  va- 

nifthü-,  ahd.  wamst  ivanast  wanst  und  aus  dem  Lateinischen  selbst 

venter  gehören,  geht  auf  eine  Wurzel  '^end-  zurück  und  muss  nicht 

Ton  Haus  aus  ein  t  besessen  haben.    Es  scheint,   dass  die  Wörter 

viin)8lca  und  venter  von  den  beiden  suffixalen  Konsonanten  »  und 

<,   die  in  den   indischen  und   den  germanischen  Formen   vereinigt 

auftreten,  von  Anfang  jedes  nur  einen  enthalten  haben. 


184  K.  Brugmann, 

*tre[i]€s  =  ai.  frrfy-a*-  (Verf.  Grundr.  1 «  S.  844.  910  f.).    Aar-  ^ 
ten.ns  würde  sieh  hiernach  dem  gr.  dT-X€ipi-6€T0c  an  die  Seit^ 
stellen,  nur  dass  hier  das  Richtnngsadverb  seinem  Kasus  vom-^ 
ausging.     Nach  uritalischer  Syntax  kann  indessen  en  in  eineM* 
Verbindung  wie  ^hortei-en-sso-  wohl  auch  enger  mit  dem  naeti« 
folgenden  Verbalnomen   vereinigt  gewesen   sein    als   mit  dein 
vorausgegangenen   Lokativ,    so    dass   -en-sso-   näher   mit  lat. 
in-ditus  (gr.  fv^Oexoc)   zusammengehören   wtlrde.     Auf  dieseit 
Unterschied  kommt  im  letzten  Grunde  nichts  an  *). 

Dass  ich  für  die  Endstücke  von  victssini,    Cön-stis  und 
foren-sis  dö-  'dare,  bibövai'  und  nicht,  wie  man  vielleicht  er- 
wartete, dhe-  ''xiO^vai'  als  Wurzel  angesetzt  habe,  hat  folgen- 
den Grund.     Wie  schon  öfters  bemerkt  worden  ist  (vgl.  z.  B. 
Osthoff  Zur  Gesch.  des  Perf.  236  ff.),  erscheint  dö-  im  Latei- 
nischen gleichwie  im  Indischen  in  vielen  Verbindungen,   wo 
man  dem  Sinne  nach  dA^-  erwarten  sollte,  und  es  geht  dieser 
Synkretismus,    wie   man   diese  Erscheinung   nennen    darf,   in 
beiden  Sprachgebieten   offenbar   in    sehr   alte  Zeiten  zurück; 
Osthoff  möchte  ihn  sogar  in  die  Periode  der  idg.  Urgemein- 
schaft hinaufdatieren.     In  unscrm  Falle  empfiehlt  es  sich  nnu 
um    so   mehr,    von  *-d-fo-,  *-(i-fi-,    nicht  von  *-dÄ-fo-,  *-rfA-^i- 
auszugehen,  als  die  Lautung  *-dÄ^  (woraus  zunächst,  noch  in 
urindogemianischer  Zeit,  -ddh-,  weiter  -d^dh-  entstehen  mnsste) 
in  der  historischen  Latinität  bei  ungestörter  Fortentwicklung 
nicht   als   -ss-    Oiinter  Konsonanten  -ü-)^    sondern   als   -gt-  er- 
scheint (s.  Verf.  Grundr.  1 2,  S.  626).     Dieser  Umstand  würde 
freilich  ein  Zurückgehen  auf  Wurzel  dhe-  nicht  gerade  kate- 
gorisch   verbieten.     Denn    man    könnte    annehmen,    dass   die 
Stämme   -d-dho-  und  -d-dhi-  im  Italischen    auf  irgend    einer 
Entwicklungsstufe   der   Lautgruppe  -d-dh-    ebenso   analogiseh 
umgestaltet  worden  seien,    wie  z.  B.  das  (durch  ai,  yuddhd-s 
lautgesetzlich   vertretene)   uridg.  *iud^dhö'S   (d.  i.  *iudh'tO'S\ 
welches   in   der   historischen  Latinität  als  jusstis  anstatt  als 
*ju,sfus  auftritt   (Verf.  a.  a.  0.  627).     Diese  analogische  Ab- 


1)  Eine  ähnliche  Zusammensetzung  mag  das  vielbesprochene 
novensidesj  norensiles  (mars.  nouesede)  gewesen  sein.  Doch  war 
vielleicht  der  erste  Teil  die  blosse  Stammform  noro-  in  adverbialer 
Funktion,  wie  in  gr.  vco-^^ö^  'neugeboren*  =  got.  ntukl-ahs  'neu- 
geboren, jung,  kindisch'  (aus  *niwa-kna-  mit  dissimilatorischem 
Übergang  von  n  in  l). 


LatßlQiecli  vicis»m,  ■  Wk 

andentrig  mflsäte  in  einet-  Zeit  ^^ettclichcD  stin,  wo  imwre  Fof^ 
uieu  anf  -d'dho-  und  -d'dhi-  nDcli  alg  gleichartig  mit  andei^ 
to-  tujtl  fi~Stänituen  euipfniideu  worden  sind.  Aber  die  andere 
AufTassnrig,  wonach  wir  do-  zu  gründe  leffen,  ist  jedenfalls 
die  einlUL-lierc.  Daran,  das»  (ftire  in /orAi-n*  nnd  in  oJct-Mim, 
wenn  man  vk-i-  als  Lokalivus  von  rk-  Dimmt,  die  Konstrok- 
tion  des  Vcrbnms  dM-  und  ül)eriiau(jt  der  Verba  collocandi 
aufwiese  (vgl,  Ti6evai  ^v  tivi),  dnrf  man  dch  nicht  stoasen'). 
R.  Bra^manB. 


Irlsk  E^nolegtes. 

Adcuaid  *he  has  related'. 

Ib  Kdt  Zeittchr.  III  378,  Znpitaai  expbuDed  the  appa^ 

«Bt   Tootfiyliable  -cöM  of  the  perfeetire  doeöid  'he  haa  gone* 

u  a  oomponnd  or  the  prep.  co  and   the  TerJial  root  feth- 

'gcdien*^.    In  Kke  Buuuier  Strscban  explaiiu  the  -chokI  of 


1)  Möglicherweise  iitt  da»  als  lautgeGetzliche  Fortsetzonj;  von 
•dh-ti;  ■d'dhi-  zu  erwartende  -kU-  an  anderer  Stelle  bis  in  die  histo- 
rische T^atlDilfit  hinein  am  Leben  geblieben,  netnllcb  In  caele»tis, 
agruitiii  nnd  in  domeslieu»,  das  wahrscheinlich  Erweiterung  einea 
'domegtit  nach  dem  Master  Beines  Oppositnms  publicua  war  (Sommer 
IF.  II,  24).  Schulze  RZ.  39,  STO  hat  angenommen,  die  Endung  -stis 
Ton  caeUati»  sei  aus  •-«(■K-s  =  ai.  atiti-i  gr.  ardei-c  (lat.  statio)  her- 
vorgegangen, und  der  ursprüngliche  Sinn  diese»  Nomens  sei  'qui 
gtationem  habet  in  caelo'  gewesen;  so  nach  ihm  anch  andere,  wie 
«.  B.  Sommer  a.  a.  O.  und  Verf.  Grundr.  1*,  S.  63G.  Gegen  diese 
Deutung  spricht  nichts.  Aber  ebenso  nnanstÖHsig  wHre  jene  andere 
AufTassung.  Selbst  wenn  man  den  zweiten  Teil  von  vici-txim  und 
foTin-ei»  nicht  anf  do-  xn  beziehen,  sondern  als  ein  nnch  Art  von 
jtiasu»  jusaio  n.  dgl.  durch  Analogie  Wirkung  abgeändertes  Ursprung- 
liebes  *-dh-H-  zu  betrachten  hätte,  Itrauchte  caele-ntig  nicht  von  (/Ab- 
getrennt zu  werdi»n.  Denn  die  morphologische  Konstitntion  und 
die  nrsp rängliche  Bedeutung  von  caelestis  könnten  sich  frühzeitiger 
verdunkelt  haben  als  die  von  vicisgi-  und  forenti-;  das  Schtuss- 
glied  von  eaelestiB  wäre  in  diesem  Fall  damals,  als  die  andern  Kom- 
posita mit  uridg.  -dhti-  -d'dhi-  in  die  Bahn  der  Formen  mit  uridg. 
■tt-  -t*t-  hinttbergcfUhrt  wurden,  von  dieser  Analogieänderung  nn- 
berfihrt  geblieben. 

2)  The  dental  tenuis  appears  in  docoith  Wb.  11>  22,  feOäd 


1B6 


whit 


ay  Stake 


the  perfektives  adcuaid  (gl.  explicavit,  Wb.  21  "•  11)  Tie  h^»^ 
Said',    incuaid  (gl.  indieavit)  Ml,  ISS""  7,    as  a  Compound  tzzit 

CO  and  the  root  tet  'to  e&y'.    Hence  algo  tfac  Irieh  nonu  feith i. 

foeiil,  H.  3.  18,  p.  6ö0»,  the  verba  asfenimm  ("ex-itetnö)  i^-  J. 
teslificor)  Wh.  22'  20,  t-aisßnim,  perf.  eg.  3  taUfeöin,  LC::7. 
101»  21,  aiid  the  Irish,  Welsh  and  Latin  words  eited  in  ü;»-- 
kelt.  Spraehsch,  266,  a.  v.  retö. 

Even  HO,  forcuad  Tur.  49,  is  explained  bj-  Strachaa 
ae  =  for-co-fad,  perfective  pret,  paas,  of  fnffenim  l  coniplete', 

to  niay,  accordingly,  be  added  to  the  list  of  perfective 
particies  in  Saranw's  Irahe  Studier,  pp.  27,  4.3 — 4(>. 

blicfit  ''radiance'. 

ßa  ha  an  commeid  Hin  do  tsoilhi  ocu»  do  blicht  alatHn 
ara  corp  d'eis  baii  d'[f]agbaü  do  gur'gahuna  oca»  na  hea»pail 
nioran  gnlais  ocuk  aibneaea  'nar  cridhtb  tridsin,  'So  great  was 
tlie  bcantifnl  light  and  mdianee  on  His  Body  after  He  died 
tbat  I  and  the  aposttes  i-e(:eived  iu  our  hcarta  much  eonifort 
and  happiness  thereby',  H.  2.  17,  p.  110". 

Here  blicht  (ex  *bhlegtu)  ia  cognatc  with  cpX^TUJ.  «pXöt, 
ftaijrore.  bkriljnte,  etc. 

brutk  'weight',  'masa'. 

There  are  thrce  homonyme  {\)brutk  'weight',  'mass'  (brnlb 
n-Ziir  .i.  raaisa  n-oir,  Rani.  B.  512,  fo.  ll*"  2),  cognate  witb 
ßapüc,  ßäpoc,  Skr.  gurü,  Goth.  katirus:  (2)  bruth  'hent,  ai^ 
dour',  cogiiate  with  Lat.  de-frutum:  and  (3)  bruth  .i.  »ein» 
gnc  'the  rivet  of  a  apear',  O'Dav.  56,  cognate  with  Lat.  foro, 
Gr.  9Upoc,  Eng.  to  bore. 

Compounded  with  damna  'tnaterial'  wc  have  bruthdajnna 
LU.   112"  U  =  brudatnna  LU.  95"  33. 

diu  'body'. 
mo  chliu  .1.  mo  cborp,  Lü.ll9"25.    Beir  mo  aclath  . . . 
cor-ratb  nr  diu  Chormaic  Cais  'carry  iny  but'kler  that  it  may 
be  on  the  body  of  Corinae  Cass',  LL.  146''  1,2.    ..Vi  boi  doao 

LL.  121"  31,  dofettiet  Ir.  Texte  111  651,  and  dofaith,  Fiacc's  h.  39,47, 
which  should  probably  he  dofaith,  n  perfeet  with  ä  in  the  rooU 
Byllalile,  like  gdid,  räith,  scdich,  täieh.  Far  this  rfatinu,  and  sW 
becanse  doctiaid  rhymen  with  Duaid  (Celc.  Zettachr,  111  45&'<,  and  la, 
Uivrefore,  iriByllabic,  it  ib  impoHHible  to  connect  it  wilh  »kr.  codayAmi 
'treilie  an*, 


Irish  Etymologies.  187 

cUu  cen  scieth,  no  lamh  ein  laighin,  no  crios  cen  cloidem  leo 
'dow  among  them  was  no  body  withont  a  buckler;  or  hand 
withoat  a  lance,  or  girdle  without  a  glaive',  Brnden  DA  Choca^ 
Ser.  celt.  XXI  318.  g4  betk  i  sith  mo  diu  chain.  fuil  mo 
tnenma  arna  fianaibh,  Acallam  na  Senörach,  1.  1583,  'though 
my  fair  body  is  in  the  elfmoand  (yet)  my  mind  is  (bent)  on 
the  Fians'. 

A8  b^ibiac  is  cognate  with  bö^oc,  so  diu  is  cognate  with 
An.  hUf  Mjj  'schütz',  and  (according  to  Uhlenbeck)  Aksl.  diUvü 
'gtair,  borrowed  from  some  Germanic  dialect.  If  Uhlenbeck 
is  right  in  bis  conjecture  that  Goth.  hlija  'zeit,  hütte*  is  mis- 
written  for  hlitoa,  we  have  here  another  cognate. 

Cli  (with  loss  of  the  final  u)  occurs  in  Ac.  na  Senörach 
11.  5662,  6755.  O'Brien  has  di  'the  body;  also  the  ribs  or 
ehest  of  a  man';  and  di  'ribs'  is  still,  I  believe,  current  in  the 
Higblands.  In  dropping  the  u,  diu  may  have  been  infiuenced 
by  its  synonym  cri  from  *kree,  *krpe8  =  Lat.  corpus. 

coli  'head',  'chief. 

Coli  .i.  ceann  O'CI.  coli  fine,  SG.  I.  18.  The  acc,  sg. 
occurs  in  the  Acallam  in  da  Snad:  fetar  mo  choll  creth  'I 
know  ray  chief  of  wisdom',  Rawl.  B.  502,  fo.  62^  1.  The  gen. 
8g.  is  cuilly  but  I  omitted  to  note  the  place  in  which  it  oc- 
cnrs.  Coli  occurs  in  Ml.  2**  12,  as  the  first  dement  of  a  Com- 
pound in  the  gloss  oc  coll(ch}andoracht  doib  (gl.  ex  quibus 
.iiii.  niros  praeesse  cantationibus  constituit),  literally  'at  chief- 
ehanting  —  hauptcantorschaft  —  by  them*.  Here  coli,  urkelt. 
*kokO',  is  =  Lat.  Collum,  Germ.  haU,  and  candoracht  is  de- 
rived  from  *candor  ^)  borrowed  from  Lat.  cantor,  with  the 
ehange,  regulär  in  Latin  loanwords,  of  nt  to  nd  *). 

kollr  is  one  of  the  few  words  borrowed  by  the  Norsemen 
from  the  Irish. 

cundrad  'bargain'. 

The  U'  stem  cundrad  (gl.  merxj  Sg.  68*^  5,  gen.  cun- 
dartha,  Rawl.  B.  502,  fo.  62,  pl.  dat.  cundradaih  (gl.  merci- 

1)  In  the  late  loanword  cantar  •  chaptha  'choir-copes*,  Bezz. 
Beitr.  XVIII  122,  the  t  in  kept.     So  in  cantaic. 

2)  e.  g.  clandj  cointinn^  talland  from  planta,  contentio^  talen- 
tum. 


188  Whitley  Stokes, 

dibus)  Ml.  122*  3,  whence  tlie  verb  cundradaigim  ^)  'mercor'^ 
generally  raeans  'a  bargain'  or  'contract' :  see  Laws  I.  14,  146^ 
190.    It  occurs  compounded  with  teg  Miouse'  in  the  gloss  i  cun-^ 
drathtig  (gl.  in  macello)  Wb.  11*^19,  and  is  itself  a  conipoun<)^ 
of  the  prep.  cmn-y    6.  C.^  873.     The   drath    (urkelt.  *dratfju^ 
seems  cognate  with  Goth.  ti'udan,  An.  troda,  Eng.  tread,  Nh4, 
treten,  under  whieh  Kluge  says  "Ausserhalb  des  Germ,  findet 
sich  keine  idg.  Wz.  dre'f\  though  he  thinks  that  Gr.  bpÖMOc 
and  Skr.  drdmati  Häuft'  may   be   ultiniately   connected   witi 
these  Teutonic  words. 

The  fundamental  nieaning  of  cundrath  would  thus  be 
'a  concurrence';  whence  the  meanings  ''bargain',  'eheapened 
commodity',  ''nierchandise'  uaturally  flow. 

deac  'ten*. 

As  the  disyllabic  öac  'young'  comes  from  *iuvenko'8 
(Lat.  iuvencus,  Cymr.  iouenc),  so  the  disyllabic  deac  'ten' 
(Fei.  Oeng.  July  15,  Sep.  20),  comes  from  *dvei-enTcO',  where 
dvei  (cogn.  with  dvi-y  bi-,  hi-,  twi-)  nieans  'two',  and  enko- 
comes  from  *penk(h,  cognate  with  finger  from  idg.  *peiikr6- 
and  fist  from  idg.  *pnksti'  (see  Kluge  s.  v.  Faust).  De-ac  would 
then  mean  literally  'two  fists*,  'two  groups  of  (five)  fingers', 

For  another  conjecture  as  to  the  mcaning  of  d^ac  see 
Brugmann's  Grundriss,  §  175. 

dochumtn  'to*,  'towards'. 

This  Word,  treated  by  Zeuss,  GG.*  660,  661,  as  a  no- 
minal  preposition,  meaning  'ad',  is  rcally  a  neuter  noun  govern- 
ing the  genitive  ^),  which  has  been  reduced  to  a  preposi- 
tional  function.  It  occurs  as  a  noun  with  possessive  pronouns: 
a  dochum-si  'to  her'  Wb,  9^5,  far  ndochum  'to  you'  Ml.  34*4, 
a  ndochum  'to  them'  Wb.  27*27:  infixed  :  doluid  im  dochum 
iarom  'he  went  to  me  then',  YBL.  10*43,  conaccai  in  fer  n-ifh 
galair  dia  dochum  'she  saw  the  sick  man  (coming)  to  her', 
Ir.  Texte  I.  126,  cid  dothaet  innar  ndochum  'what  has  come 
to  US?'  LC.  122*  32,  co  cualatar  ani  'na  ndochum  'they 
hcard  this  (coming)  to  them',  Lü.  122*  28. 


1)  indus  no  cundradaiged  (gl.  quam  niercari)  Ml.  39»  6. 

2)  It  is,   in  this  respect,  unlike  leth,   another  neun  used  as  s 
preposition,  for  leth^  /e,  pretonic  /«,  governs  the  aecusative. 


Irish  Etymologies.  189 

Tbat  dochumm  is  neuter  appears  from  thc  transported 
n  in  dochum  n-irisse  'ad  fidem*,  Wb.  11**22  =  dochum  n-irse 
«Tar-  45,  dochum  n-Herenny  dochum  n-Isu,  Fiacc's  hymn, 
11.  13,  66. 

As  to  its  etymology,    I  conjecture  that  the  second  Cle- 
ment cummn  (like  ind  in  the  synonymous  nominal  prep.  cu  ind)j 
means  'vertex*,  that  it  eomes  from  an  Old-Celtic  *Tcud8inen  ^), 
and  that  it  is  cognate  with   the  reduplieated  Lat.  cacümen, 
Skr.  käkuty  kaJcudman.     The  first  element,  do,  is  less  easily 
explained.    If  it  were  from  fo,  when  aeeented,  as  it  would  be 
-wben  used  as  a  nonn,  wc  shoald  have  had  fochumm-n,    But 
it  is  always  dochumm  or,  in  Middle  and  Modern  Irish  and  in 
Scotch  Gaelic,  apocopated,  chum  ^).     The  do  seems  =  the  Old 
Latin  do,   du   in    en-do,   in-du,    Or   it  may    be  from    *dhuy 
whence  Goth.  du  'zu*. 

don  'ground*,  'place*. 

In  the  Archiv  f.  celt.  Lexicographie  I  294,  the  Irish  don, 
dat.  dun  (gl.  terra,  gl.  talniain),  is  connected  with  Skr.  dhanus 
'dürres,  trocknes  land\  It  should  also  have  been  nientioned 
that  this  Word  is  belegt  four  times  in  the  Milan  codex  and 
oncein  that  of  Turin.  Thus:  co  dufailced  don  (gl.  incederet)  .i. 
conna  con  heth  leu  etir  Ml.  35^  1,  literally  'that  it  should 
yield  ground,  i.  e.  that  it  should  not  be  with  them  at  all'; 
gabit  don  magistir  (gl.  uice  magistri)  'they  take  thc  master's 
place'  Ml.  38*  8,  da  dudfailci  don  (gl.  si  cesserit)  Ml.  111^  23, 
nad  tairlaic  don  (gl.  non  cedenteni)  MI.  131*'  2,  dofarlaic 
don  (gl.  cessit)  Tur.  102.     See  Sarauw,  Irske  Studier,  p.  87. 

^881  'reiiis*. 

I  have  not  found  this  word  in  the  nom.  singular,  which 

may  have  been  ^i88  or  ^88e.     In  the  plural  it  is  frequent,  e.  g. 

Lü.  79*  15:    Ro  gabastar  6ssi  astnda  a  ech  ina   thuasri  .i. 

aradna  a  ech  ina  laim  inchli,    LL.  110*^  20:    Fosta  latt  essi 


1)  So  fromm  'heavy'  from  *frudsmOf  co<cnate  with  Goth.  us- 
Priutan,  Strachan,  BB.xk  18  (otherwise  Zupitza,  KZ.  XXXVI 243  n.). 
for  ihe  snfiBx  -«men,  cf.  amm,  hohniiiy  seimm,  ibid. 

2)  e.  g.  Do  iarraid  brocCj  ol  Cormac,  chum  fledi  Taidg^  H. 
^.  18,  p.  42,  chum  neith  [leg.  neich]  (ifaghail,  LB.  246a  25,  et  v. 
O'Don.  Gr.  289.  Atkinson  P.  &  H.  622. 


190  Whitley  StokeH, 

fostada  tb'cchraidi.     Ml.  84^  10:  hua  cesib  (gl.  auenis  —1 
habenis). 

Straehan  (BB.  20,  34),  misled  by  me  (BB.  18,  63),  comm- 
nects  M  Astern  *an8i')  with  Lat.  an^a,  Lith.  qsa  'handle'  'kno*!:;.* 
But  tbe  meanings  do  not  suit  well.  I  now  propose  to  regav*<] 
the  stem  as  *ansia,  and  to  conneet  it  with  fivia,  Dor.  dvtcx^ 
ex  *ansia  cognate  witb  Skr.  nasya  'der  dem  Zugvieh  dnrf^h 
die  Nase  gezogene  Zügel',  Brugmann,  Grundr.*,  §  455. 

fda,  föüy  fael  'bad'. 

This  adjeetive  oeeurs  twice  in  the  Brüden  Da  Dergam 
u  fail  ni  atdgethar  innocht  'evil  is  what  he  dreads  tonight'^ 
LU.  87*'  24;    is  f[a]il  ni  adage{thar)   innocht,   Lü.  92*  27- 
corruptly:    is  fael   madogdar  indocht,    H.  2.  17,    p.  479^*^ 
Spelt  föü  it  is  found  in  the  Täin  B6  Cuainge:  Ale  afchiu  n^ 
föil  a  niberai'siuy  LL.  62**  38.     The  modern  spelling  faol  i»- 
in  O'Mulconry's  glossary  601  (Archiv  f.  celt.  Lexieographie  I, 
262),  where  it  is  brought  from  the  Greek  "faolus  .i.  malam'V 
leg.  qpaOXoc  .i.  malus. 

fdil  (better  /^iZ?)  'bad'  seems  cognate  with  Lat.  vtlis. 
"Die  Gleichung  vllis  =  mhd.  feile  ist  unhaltbar,"  Brugmana 
Grundr. «  §  208.  But  vilis  =  Ir.  föil  is  a  parallel  to  natis  = 
Ir.  möith. 

fie  =  Lat.  vires. 

So  far  as  I  know,  this  word  oeeurs  only  in  the  phrase 
am  fie  (or  ara  fia)  dorn,  duitj  dünn,  düib  '(it  is)  in  my  (thy, 
our,  your)  power'.  See  KZ.  XXXI  234  and  Sarauw,  Irske 
Studier,  p.  36.  I  cannot  explain  ara,  except  perhaps  as  the 
preposition  ar  with  a  suffixed  possessive  pron.  But  the  fie 
may  well  eome  from  an  urkelt.  vtses,  and  thus  be  equal  to  the 
Lat.  aee.  pl.  vires,  and  cognate  with  Gr.  ic.  Skr.  vayas. 

folUntar  'suppletur' 

sie  follintar  assa  chanoin  'thus  it  is  supplied  from  its  text',. 
Ml.  123*  10.  Why  have  we  here  a  double  l?  Because  the 
root  of  fo-llintar  began  with  pl  ^).     Similar  traces  of  a  ra- 

1)  The  double  II  in  the  nouns -fuillned  'supplementum'  ML 
26c  6  and  {f)uillnedche  'ingluvies'  Ml.  98 ^  10,  seems  wrongly  taken 
over  from  the  orthotonic  verb.  These  words  are  rightly  speit  with 
one  l  in  Ml.  69b  6,  98b  n. 


^^■^^^  Irish  Etymologies.  191 

Boical  p  be^nning  an  aecented  »ytlable  are  fonnd  Jn  do-ilecim, 
mHo-llitid,  revie-Uuid  Ml.  132=  13,  ad-ru-Uui  and  fo-Uüur. 
TTbat  II  may  come  from  tlie  sound-gruup  Ip  in  maintaincd  bj 
Zupitza,  Knbn'sZeitscfar.  XXXIII,  264;  but  liissolitary  exaiuple, 
tallaim,  is  unsatisfactory  —  eee  Sarauw,  IiRke  Studier,  p.  48, 
—  and  cilorn»  'urceus',  eognate  with  KäXmi,  calpar,  Beems 
to  prove  tbat  troni  a  poEttonic  Ip  the  p  disappeared  withont 
leavJDg  a  trace.  So  also  perlmps  col  'sttode'  (Cymr.  ctel),  from 
*kulpo-,  cugnate  with  Lat.  culpa,  and  inohid  '|)i'eis'  (Cyiiir. 
toli)  eognate  with  Gr.  noXmi. 

forc(E  'fenced'. 

Tbis  Word  is,  so  far  as  I  know,  an.  XtT-  It  occni-s  in 
^e  Brüden  Da  Derga,  YBL.  433,  1.22:  Dognithte  teach  fithte, 
Peg.  üchte]  forcjü  leossnm  di  =  Dogni[the]  teacli  fichti  forehe 
leosum  di,  YRL.  91,  1.  17  =  Dogiii  tech  fithi  foree  iceom  di, 
Stowe  ms.  992,  fo.  85»  2.  'a  honse  woveii  (i.  e.  of  wieker- 
work),  fenced  was  biiilt  by  them  for  her'. 

Cognate  witli  Cymr.  gnrcfi  'fence'.  Also,  I  venture  to 
tfaink,  with  Or.  SpKOC,  öpKävti,  from  *F€pKoc,  *FopKdvri.  For 
the  Spiritus  asper  et',  itabv,  fiXoc,  Svvuni,  Ecnepoc,  iciia.  For 
the  digamma,  Cypr.  KaT-eF6pKUJV  'sie  belagerten'  Collitz,  1.29, 
As  Brngmann,  Gmndr.*  583,  couiiecis  ^pKoc  with  aksi.  sraka 
'vestis,  tnnica',  and  Prellwitz  with  Uinbr.  neritii  beschütze, 
and  SB  a  digammated  FepKOC  has  not  yet  been  foiind,  I  nffer 
tiis  etymology  with  doubt  and  deference.  But  see  Leo  Meyer, 
Handb.  d.  griech.  Etymol.,  457,  ÖGB. 

g)i  'eea*. 

gö  ,i.  rauir,  no  fairrge,  O'CI.  eg.  gen.  a  tigion  goa  .i.  a 
mbeol  na  fain-ge,  O'CI.  s.  vv.  cruinniuc,  nim.  sg.  acc.  Tön  re 
go,  O'Don,  Uy-Fiaehraüh,  273  n.  Componpds:  (/o-an; 'seafaring 
people",  O'R.  s.  v.  am  •),  goibel  [leg.  göibel]  .i.  fteV  iia  fairrge, 
lit.:  'the  moath  of  the  aea',  O'CI.  cf.  cTopaXipvti  'estuary'. 

Bngge,  Kuhns  Zeitschr.  XXXII  H4,  saya  that  the  Ar- 
meuian  coc  'meer',  has  uot  hitherto  been  satisfactorily  ex- 
plaiued  from  the  Indogermauic.  1  venture  to  think  that  it, 
may  be  eognate  with  Ir.  gö  (from  *gov  . .),  just  as  Arni.  kov 
'cow'  is  eognate  with  Ir.  bö,  Brugmami,  Ornndr.*  §  330. 

1)  leg.  am  =  Lat.  agmen. 


I 


I 


]92  Whitley  Stokes, 

giir  ''keeu',  'bitter'. 
Uhlcnbeck,   Etym.  Wtb.  d.  nltind.  Sjiraclie,  p.  (<7. 
nects  tlie  Ir.  aht^tract  nouii  güre  'achnierzliaftigkeit'  wilL 
Skr.  adj.  yhorä  'furchtbar,  gransi^,  heftig'.     Tbe  corresp* 
ing  Irisli  adj.  ie  gür  .i.  ger,  O'Cl. 

ind  'Vertex',  'end'. 

Tliis  Word  is  oeuter,  as  wc  sec  from  tbc  uom.  dual:  co 
comraicet  a  da  n-ind,  LU.  89»  29:  its  dat.  sg.  is  ind  (ota 
m'  ind  gom  band,  GG.*  955),  acc.  ind  Wiud,  Wtb.  pl.  dal, 
indaib  YBL.  266'  25.  Its  urkelt.  form  is  probalily  indo-n. 
wbich  luay  perbaps  be  cogoate  witb  tbc  Grcek  inountain-iiatiie 
TTivöoc,  It  certaiidy  is  not  cognatc  witb  Gdtb.  andein  =  Skr. 
'inti/a,  whicli  would  be  in  Irieh  *fite.  Tlie  »upposcd  Irish  '*t 
ende,  spitze',  cited  by  Ubleiibeck  s.  vv.  andeis,  anti/a, 
by  Klnge  &.  v.  Ende,  doee  uot  exist. 

For  Ibe  nonunat  prepositiou  cku  ind,  chu  inn,  synony 
witli  dochuiHm,  sec  Irisciie  Texte,  Vierte  Serie,  SS.  XIV, 

lia  'Uver',  ae  'liver',  tuckair  'spawn'. 
A  ciiriuus  iutercbange  of  iiieanings  seenis  to  bave 
c'iiried  betweeu  tbe  woi'ds  originally  signifyiug  'egg'  or  'spamr 
aud  tbe  word  originally  signifying  'liver',  For  tbere  t-an  be 
no  doubt  that  tbe  Irish  iuchair  'Bpawn'  is  borrowed  from  the 
Latin  jecur,  and  there  caii  be  littte  donbt  that  tbe  IrisU  da 
'liver'  (Cymr.  a«}is  =  Lat,  ovtint,  and  tbat  tbe  Ir.  ae  'liver' 
=  Germ.  Ei.  urgerin.  mjaz,  Brugniann  Grundr.'  S.  283  d.,  044.; 

sail  'aecompanying'. 

hl   Ihe  CoUoqiiy  of   tbc  Two  Sage»,    Rawl.  H.  5i 
60''  1.  Fcrchcrtuc  asks  N^de:  Van  dodechad  su'f  'wbciiee  hast 
thou  conie?'     Aud  Ncde  ansevers:  An-mil  suad,  wbich  words 
are  glosscd  by  a  comaitecht  suad  'from  aecompanying  (Be-, 
gleiten)  sages'.     The  eorrespouding  words  in  LL.  186''33 
Can  dodechadaig  and  A  nail  Mad  ,i.  a  comaitecht  iuad,  Hi 
probably  O'Clery's  mit  .i.  coimbideacbt. 

8ail  (nom.  8g.  ««/?  gnil'i)  seeniB  cognate  witb  Nhd.  a^ 
OeteUe,  Goth.  atüjan  and  Aksl.  selo. 


>t  I 


Lsail  { 
Geselle,  G( 


teof  'tbief. 
As  tbe  acc.  dual   of  tbis   word   ia   teiilaig    (Wind.  W\ 


Iriih  Etymologies.  19S 

81 8),  we  may  assume  a  pre  celtic  steni  *teüplak,  an  extension 
of  *i۟plO',  cognate  with  Goth.  piufs,  Ags.  theof,  Nhd.  dieb. 
Had  *teuph'  been  oxyton  we  sliould  probably  have  liad  *teoll 
in  Irisb :  see  above  8.  v.  foUintar,  But  tlie  syllable  -plo  being 
here  posttonic,  the  p  disappeared  without  leaving  a  trace. 

toppj  tob  *flame'. 

Of  tbis  rare  word  I   have   three  examples:    first,    of  a 

coniet,  mitigthir  fri  rigtech  for  lasad  cech  topp  tened  tkced 

esti  *as  large  as  a  palace  ablaze  (was)  every  flanie  of  fire  tbat 

used  to  come  out  of  it',  LB.  152*25.    Secondly,  dia  ros-tarm- 

chell  tob  tened  di  cach  oenaird  Svheii  a  flame  of  fire  went 

round  them  from  every  quarter',  Saltair  na  rann  7388.  Thirdly, 

of  the  hnge  wood-fire   kindled   for  Conaire:    intan  doniscide 

(.i.  robertht)  crand  asa  thöib  ba  7net{ithir}  daig  nddirthaige 

cach  tob  no  thüged  asa  thäib  for  cach  ndorus  'whcn  a  beam 

was  taken  out  of  its  side,  every  flanie  that  used  to  issue  from 

its  side  at  every  aperture  was  as  large  as  an  oratory  on  fire* 

(literaliy:  as  a  fire  of  an  oratory),    LU.  86^  9.     Compounded 

with  caindel  Horch'  it  occurs  in  the  Irish  abridgment  of  the 

iicDeid,  Book  of  Ballimote  454^  8,   adhainter^)  tobchaindeal 

i  hing  Aigmemnon  i  comarc  fri  Sinon  *a   flaming   torch   is 

kindled  in  Agamemnon's  ship  as  a  signal  to  Sinon',    whicb 

corresponds  with  'flammas  qnum  regia  puppig  Extulerat',  Aen. 

II  256. 

K.  Meyer,  Revue  Celtique  XI  495,  rcgards  topp  as  bor- 

rowed  from  0.  N.  toppr  (Genn.  zopf),     But  the  nieanings  of 

topprj  'tuft  or  lock  of  hair',   apex'.  Eng.  top^  do  not  suit  the 

contexts  of  the  Irish   word.     I  think  topp   may  be   regarded 

as  an  iustance  of  the  assimilation  of  pretonic  n  (IF.  II  167, 

KZ.  XXXVI  202,  234),  like  capp  'chariot',  crip  *swift\  gopp 

'mouth*.     Topp  may  well  descend  from  *topnöy    cognate  witb 

Skr.  tapati,  Aksl.  topiti  'wärmen,  heizen',  and  in  ablaut-rcla- 

tion  with  Irish  ten,  tene,  te,  tes,  and  Lat.  tepeo.     Instead  of 

the  normal  pp  or  jp,  we  have  b  (certainly  uninfeeted!)  in  the 

form  tobj  just  as  we  have   in  the   Milan   codex   abelaichthiy 

diubararj  ebert  for  the  usual  apdaichti,  diuparar,  epert  (Zu- 

pitza,  KZ.  XXXVI  211)    and   in  the   Carlsruhe  Priseian  63»^ 


1)  Ml.  aghainter 


191  Whitley  Slokes, 

gibbne    fnr    the    iigiial   gipne.     Or  beside   tep,  top  there  may 

have  heen  a  root  teb.  tob  (Brugniann,  Grundr.*  §  701),  wlience 

tob  (froni  *tobiio-,  *tob-a<i}  wuuitl  regiilarly  descend, 

üar  'onter'. 

BesJdcs  the  adj.  liar  'cold',  which  Zupitza  Iias  lald 
equated  with  Gr.  üjxpöc,  tliere  is  an  üar-  'mitcr',  'external', 
which  occurs  as  a  prefix  in  üar-chrdbttd  'externa]  devotion', 
^lypocrisy',  liar-both  "an  outhouse'  %  and  üar-mddon  *),  lile- 
rally  'oulside  the  tniddle'. 

I  take  this  var  to  come  froni  *0ro-  >  '^udro-,  a  forma- 
tion  froni  tlie  prepoßition  ttd,  resemblin^  (thoagb  not  identical 
with.i  Eng.  outer,  Gemi,  auazer  froni  otii,  au»,  Goth.  üt,  Skr. 
«rf.    For  tbe  eonipeneatory  lengthening  cf.  Ir.  drain  ex  'ad-rinia. 

daran  'a  spriugwell'. 

Tliiiugh  U  Don o van  and  Winiliscb  spell  this  word  tiarctn, 
tbe  niss.  bave  alniost  always,  üai-dn,  gen.  tiar(fin%  Native 
etyniologistg  derive  it  from  liar  'cold';  bat  coldnesB  is  not 
tbe  cbaraeteristic  (juality  wbicb  has  suggested  the  European 
words  for  a  well.  Consider  tbe  etymologies  of  Kptivri,  vom«, 
mba£  (cugnate  with  K^pac,  väui,  mbüuj),  fona  (eognate  with 
X^uj),  «oiirce,  sorgente  (eognate  witb  surgere),  brunna  (eognate 
with  briattan),  quelU  and  keldn  (eognate  witb  Skr.  galati 
'trickles'),  icell  (eognate  witb  OHG.  ujallan  'boil,  flow'),  spring 
(coguate  with  cntpxecflai,  cirepxvöc). 

üaran  ia,  1  think,  a  prepositional  Compound,  and  comes 

1)  licfat  lucht  an  fkuarchrabuid,  gebiit  orra  deathha  De  'Ihe 
extenially  devout  will  tome;  they  will  take  upwn  Ihem  foriDS  o( 
God',  Lisinore  Lives  II.  4579,  4580,  Cf.  the  adj.  fuathcraibdig  pl. 
n.  'formftlly  devout',  Ir.  Texte  I.  18«,  I.  14. 

31  fuar-chräbhadk  'hypocriiiy  or  indevotlon',  O'Br.,  whertithe 
f  Itt  proiheiic.  In  lf)iiur-bltaladh  'a  üteucli',  ü'Br.,  «nd  uar-chrit '» 
grcHt  girdle',  Lism.  I.ives,  1.  3734,  the  üar-  »ecms  reduced  to  nn  in- 
tensive preltx. 

3)  ilnt.  gg.  a  bitb  in-uarboitk  fri  lens  amuig,  Kawl.  B.  512,  r'u. 
48«  1;  with  prothetic  f:  Uc  iarom  Find  don  fuarboilh  diod  iai, 
Corni.  Ol.  u.  V.  orc  triith. 

4)  gen.  ag.  »Uhithir  cuing  u-üannedoin  'ks  long  as  an  outside 
yoke',  LU.  85''  89,  sithremithir  cuing  »■üamied<iin  'Ha  long  and 
thick  as  iin  ontside  yoke*,  LU.  9Ö»  1. 

5)  liuräii  occura  in  LU.  9»''2I,   liartin.  i 
Life,  lOti. 


J 


Iriah  Elymolo flies. 


rom  *ud-ranO;  or  ud-rono-,  as  «i 
JÖere  ud  is  =  Skr.  ud  {Goth.  üt), 
B'0<»jrnate   witb  Ir.  roitmim,    Goth. 

»-frs.  ryne,  aus  •j-mwi-.  Klage).     V 

■rliich  riius  out'. 
Cowes. 


'elioice'  from  vd-gusu'. 
ind  'rano-  or  ro»o-  is 
root  ren,  rti?>  (cf, 
wouhl  tlius  mcaii  'that 


Whitlev  Stokes. 


Kleine  grammatische  Beitrüge. 


1.     Die  indügermani&elie  Uaeis  sthewä. 

Ich  habe  Idg.  Aiiiaut  8.106  §426  angedeutet,  dass  idg. 

^fhit  'stehen'  aus  aihwa  entstanden  und  die  T.  II  zu  der  Uasis 

athetca   sein   kfinnte.     Auf  den   ersten  Blick  scheint  das  /.war 

aüeuilicli  kithn  zu  bviu,    und   es   hat  deshalb  auch  nicht  Bnig- 

L  mauus  Beifall  Lit.  CBI.  190ii,  112  gefunden.     Als  ich  die  be- 

I'fceffeDde    Bemerkung   niederschrieh,    llhei'sah    ich    noch    nicht 

F«lle9,    was  man  zu  Gunsten  dieser  Vermutung  hätte  anfuhren 

kjiuncn,  wollte  aher  auch  im  Rahmen  meines  Buches  alle  aus- 

ftlbrlichcn  etymologischen  Erörterungen  vermeiden.    Da  Bnig- 

manu    aber    diese   Erklärung  sogar  als  "nahe  aus  Abenteuer- 

li<'he  heranstreifeud"  bezeichnetj  so  will  ich  ausführlicher  auf 

ilicBe  Basis  eingehen,  wobei  ich  zeigen  zu  können  hotl'e,   dass 

bei  der  Annahme  einer  Basis  sthewa   diese   mannigfache   ver- 

■zweigte  Sippe  llherraschend  klar  wird. 

Von  einer  Basis  athewd  müssten  wir  folgende  Ablauts- 
forinen  tindeu: 

V.  I.  sth^K^,  T.  II.  vtkwa,  HS.  sth^icff  =  stM,  SS.  = 
»thiC'i  oder  uthu. 

V.  I.  liegt  zunächst  vor  im  lud,  in  xthdvirag  V.  'fest, 
stark,  gewaltig'  und  sthämras  RV.  'dick'.  Dass  diese  Worte 
dem  Sinne  nach  von  stha  'stehen'  abgeleitet  werden  können, 
bedarf  kaum  einer  Erörterung.  In  der  That  stellen  auch  die 
meisten  Etymologen  diese  Gleichung  auf.  ühlenbeck  sagt 
EWB.  s,  V.  nthdviras:    "Jedenlalls  gehört  nthdciras  zu   einer 

L  zweisilbigen  Wz.  sthewä,  welche  sich  mit  stha  nahe  berührt". 
Ans  den  europäischen  Sprachen  kann  man  zunächst  got.  stiur 
'Stierkalb',   ahd.  stior  hierherstellen,    der    seinen   Namen    von 


196 


H.  Hii 


Bciner  Kraft  mhcI  Stärke  trägt,  sfiur  ans  *«(eM;j-M.  Die  HS. 
zn  ai.  atkavi  irniss  zweifellos  sthß  lauten,  und  diese  Form  ist 
in  iveiteni  üiufaug  belegt.  Zunächst  in  ai.  sthüräg  ''stark, 
dick,  wnchtig,  gross'  im  RV.;  iils  N.  ist  es  nach  Sfiy.  'Be- 
zeichnnng  des  männlichen  Gliedes'.  Wir  werden  sehen,  dass 
die  Beziehung  anf  gesehleehtliclie  VerliältnisBe,  die  wir  im 
deutschen  stehen  gleichfalls  haben,  auch  sonst  noch  wieder- 
kehrt. Weiter  ai.  sthaläs  AV.,  dasselbe  wie  stbäräit  bedentend. 

Im  Griechischen  cutspricht  ctOXoc  'Sftule,  Pfeiler'  bei 
Äesch.,  Enr.  u.  sonst  belegt.  cTü^oc  hat  im  wesentlichen  die 
gleiche  Bedeutung  wie  ciriXii)  »"d  wie  man  dies  von  atha 
'stehen'  ableitet,  so  wird  auch  hei  ctüXoc  die  Bedeutung  kei- 
nen Anstoss  eiTegeii.  Das  Verbum  ctüuj  mit  langem  0  ist  be- 
schränkt anf  den  gesehlechtlichen  Vorgang,  und  findet  eich 
besonders  bei  den  Komikern.  Wir  finden  Aor.  fcxOca,  CTöcai. 
Pcrf.  ^CTöK«,  Pass.  ctöom«!.  Es  ist  charakteristisch,  dnss  we- 
sentlich Formen  de«  -w-Aoristes  und  des  Perfekts  vorkommen, 
wie  man  erwarten  darf. 

Ans  dem  Griecb.  ditrfen  wir  weiter  heranziehen  cn'npuj 
'/.usanimenzichcn,  dicht,  fest,  hart  machen',  das  auch  Prellwitz 
mit  cTi'iu]  in  Zusammenhang  briugt.  Die  Zugehörigkeit  anderer 
Worte  zu  sthewa  —  «(Ali  wie  cxümi  'Werg,  Strick",  ai.  /ttupilg, 
atäpan  m,  '.'Schopf  mit  nV.,  ctut^iv  'hassen*  scheint  mir  nn- 
sicher. 

Reich  ist  weiter  das  Germanische  an  hierher  gehürigen 
Formen.  Ahd.  «/«rfa 'Staude' vergleicht  Kluge  EWB."  mir  gr. 
ctOXoc,  ctOw,  doch  scheint  mir  dies  nicht  ganz  sicher,  da  es 
auch  7.U  gr.  cruTTTi,  ai.  itäpaa  gehören  konnte. 

Dagegen  gehört  wohl  sicher  hierher,  mit  kurzem  «  aller- 
dings, das  sich  aber  aus  der  Enklise  herleiten  lässt,  nhd. 
stützen,  ahd.  (unlar]nttttzen,  aisl.  stydja  'feststellen,  stutzen', 
womit  weiter  ags.  stutfu,  studa  'Pfosten',  engl,  etad,  scbweiz. 
Und  f.  'Pfnsten'  zn  verbinden  ist.  Sievers  hat  Btr.  16,  235 
allerdings  das  «  dieser  Worte  aus  ,»  erklärt,  aber  diese  Et- 
klärung  ist  einerseits  nicht  notwendig,  und  andrerseits  auch 
lantgesetzlich  bedenklich,  weil  in  vollbetonten  Silben  die  Glei- 
chung gemi.  tt  =  idg.  b  nicht  zu  belegen  ist.  In  betonter 
Silbe  wird  vielmehr  idg.  j  zu  n. 

Ausser  in  got.  gtiur  finden  wir  nun  aber  V.  I  aueh  sonst. 
So  in  got.  gtiurjan  'etwas  feststellen";  es  übersetzt  K.  10,  3  das 


Kleine  grammatische  Beiträge.  197 

griecb.  cificai.  In  Steuer  (Ruder)  iir6prüng:lich  Mas  feste'  ist 
die  alte  Bedeutung  noch  erhalten.  Dazu  ahd.  stinren  'lenken, 
leiten,  sttltzen'. 

Im  Litauischen  finden  wir  stügstu,  atugau,  stiigti  'steif 
in  die  Höhe  stehen'  Kurschat  LDWB.,  das  dem  Griechischen 
CTuui  in  der  Bedeutung  ^enau  entspricht.  Schleicher  hat  Lese- 
buch pastügü,  stugaüj  atügti  'steif  werden'.  Prellwitz  stellt 
anch  gr.  ctut^uj  hierher. 

Änf  lit.  stocefi  'stehen'  mit  seinem  c  möchte  ich  kein 
Gewicht  legen.  Die  Form  wäre  zu  mannigfach  umgewandelt. 
Im  Slavischen  haftet  die  Bedeutung  'stehen'  an  den  Formen 
mit  fi  und  ou  nicht  mehr;  abg.  studh  'Kälte',  stydeti  sq  'sieh 
schämen'  könnten  zwar  hierher  gehören,  brauchen  es  aber 
nicht.  Dies  mag  genügen,  um  den  längst  angenommenen  Ab- 
laut gthetctf  —  stha  zu  erweisen. 

Zu  der  Basis  sthewd  muss  es  nun  sicher  eine  V.  II  der 
Form  4hwa  gegeben  haben,  vgl.  ahd.  icat  'Kleidung'  zu  lit. 
dudmij  ai.  hva  :  hdvitace,  u.  s.  w.,  vgl.  Verf.  Ablaut  S.  101  ff. 
Diese  könnte  wie  in  so  vielen  anderen  Fällen  ganz  verloren 
gegangen  sein.  Aber  wenn  wir  in  allen  Sprachen  ein  «thä 
finden  und  zwar  mit  aoristiseher  Bedeutung,  die  der 
V.  II  zukam,  so  heisst  es  m.  E.  den  Skeptizismus  zu  weit 
treiben,  wollte  man  hier  nicht  den  idg.  auch  sonst  belegten 
Ausfall  des  w  annehmen.  Vor  allem  ist  auf  die  Aktionsart 
grosses  Gewicht  zu  legen. 

Im  Indis(*hen  tritt  die  Stufe  athd  vornehmlich  im  Aorist 
auf.  dsthat  heisst  'er  ist  hingetreten,  hat  sich  aufgestellt', 
l^r.  kvf\y  entsprechend  'sich  aufstellen,  sich  in  die  Höhe  rich- 
ten, stehen  bleiben.  Halt  machen,  sich  feststellen,  auftreten'. 
Die  Bedeutung  ist  punktuell.  Auf  tat.  stare  kann  man  nicht 
viel  geben,  da  stö  sicher  eine  Neubildung  ist. 

Im  Geruianischen  ist  die  Stufe  sfha  auf  das  Präterivum 
beschränkt,  got.  ffföp,  ahd.  arstuat,  gbituaf  0.  Ich  habe  dies 
Btr.  23,  316  aus  einer  Medialtbrm  sthilto  erklären  wollen, 
wogegen  schwerlich  etwas  einzuwenden  ist.  Aber  sollte  nicht 
got.  stop  direkt  gleich  ai.  aufhat,  gr.  kiri  sein  ? 

Im  Slavischen  wird  der  Stamm  stä  wiederum  nicht  im 
Präsens  verwendet,  dafür  stanq.  Der  Aorist  sta  kann  direkt 
gleich  astkaty  fcinv,  ahd.  stuat  sein,  stafl  heisst  'cTa0fivai, 
CTTivai,  consistere'. 

ludof^ermaniscbe  Forschungen  XU  3  ii.  4.  ]4 


198  H.  Hirt, 

Im  Litauischen  sind  die  Verhältnisse  nicht  mehr  ursprüng- 
lich, aber  stöti  heisst  'sich  stellen'. 

Aus  alle  dem  ergibt  sich,  dass  es  ein  idg.  stha  mit  der 
Bedeutung  'stehen*  nicht  gibt,  wir  finden  überall  die  punk- 
tuelle, aoristische  Aktionsart.  Da  nun  die  Präsensbildungen 
durchaus  verschieden  sind,  ai.  tiithamif  gr.  Vcirmi,  lat.  *8tajöff 
gut.  Htandarij  ahd.  stin  aus  stajö,  lit.  stöjuj  abg.  stanq^  so 
folgt  daraus,  dass  es  ein  idg.  Präsens  zu  stha  nicht  gegeben 
hat,  oder  dass  es  verloren  gegangen  ist.  Wie  es  lauten  müsste, 
ist  ganz  klar.  Wir  können  nur  *sthew9'miy  ai.  *sthavi'mij 
gr.  *CTeFa-)ni  ansetzen.  Man  könnte  versucht  sein,  eine  Spur 
dieser  alten  Bildung  in  lit.  stövmi  'stehe'  zu  erblicken.  Ich 
kann  aber  diese  Form  aus  verschiedenen  Grfinden  nicht  für 
alt  halten. 

Da  die  Formen  sthewa,  stha  und  sthü  stark  auseinander- 
fallen, so  können  Neubildungen  nicht  weiter  Wunder  nehmen. 
Indessen  ist  es  nicht  nötig,  idg.  stha  als  Neubildung  zu  fassen, 
man  kann  es  vielmehr  aus  sthtoa  herleiten,  und  damit  hätten 
wir  eine  Ablautsstufe,  die  auch  sonst  belegt  ist,  vgl.  lit.  Jcväpas 
neben  küputi,  got.  gapioastjan  neben  püsundi,  Verf.  Idg.  Ab- 
laut 71  f. 

Formen  wie  gr.  kiainev,  stetimuSy  ai.  taifhimu  können 
direkt  gleich  idg.  ^sesthtoa-m^  sein;  ebenso  kann  sthdtöSj  ai. 
sfhitdSj  gr.  ciaxöc,  lat.  Status  usw.  aus  sthwdtös  hergeleitet 
werden.  Die  regelrechte  Partizipialform  würde  in  ahd.  stüda 
vorliegen.  Wir  haben  ferner  neben  einander  ai.  sthürds  und 
sthi-rds  'fest,  haltbar,  stark,  kräftig*,  häufig  in  der  Komposi- 
tion, gdvi'ifhirasy  jätä-sthirc^,  rbhu-ifhiras;  ai.  sthitiäy  got. 
staps  und  ags.  studu,  studu. 

In  der  Komposition  müssen  wir  schliesslich  den  Typus 
SS.  =  sthu  finden.  Auch  der  liegt  im  Indischen  vor.  Neben 
su'jthänds  'schönen  Standort  habend*  steht  su-ifhui  'in  gutem 
Zustande  befindlich',  später  nur  als  Adverb  =  su  gebraucht, 
also  ein  sehr  gebräuchliches  Wort;  anuifhü-  'auf  dem  Fusse 
folgend'.    Auch  vani-ifhui  'Mastdarm'  könnte  hierher  gehören. 

Nehmen  wir  die  Voraussetzung  an,  dass  w  nach  sth  im 
Idg.  geschwunden  ist,  so  erhalten  wir  eine  vortrefiBiche  Er- 
klärung zahlreicher  durch  enge  Bedeutung  verbundener  Formen. 

Nunmehr  bedürfen  nur  noch  einige  Worte  der  Erläute- 
rung.    Brugmann  hat  IF.  6,  98  gr.  cxeöiai  (ctcOto)  'er  stellt 


Kleine  grammatibche  Beiträge.  199 

sich  zu  etwas  an'  mit  Worten  unserer  Sippe  verbunden,  führt 
es  aber  auf  sUutai  zurück.  Dehnstufe  ist  indessen  bei  einer 
zweisilbigen  schweren  Basis  unmöglich,  cxeöiai  kann  direkt 
gleich  idg.  8tew  sein,  das  aus  stetoa-  in  der  Enklise  entstan- 
den ist,  vgl.  Bartholomae  IF.  7,  68,  Verf.  Ablaut  169  f.  Es 
würde  also  dem  vorausgesetzten  Präsens  steica-ml  genau  ent- 
sprechen. 

Grössere  Schwierigkeiten  bereitet  aber  gi*.  ciaupöc  'der 
Pfahl',  lat.  restaurärey  aisl.  staurr  Tfahl'.  Als  regelrechte 
Ablautsform  der  Basis  sthewä  weiss  ich  sie  nicht  zu  erklären. 
Will  man  die  Worte  nicht  von  sthetod  trennen,  so  muss  man 
annehmen,  dass  ein  steu  durch  ctö-  in  der  Qualität  beeinflusst 
ist,  oder  man  müsste  sta-voro-s  teilen.  In  wr  könnte  ja  ein 
selbständiges  Wort  stecken. 

Exkurs. 

Der  oben  angenommene  Schwund  eines  w  nach  Konso- 
nant in  der  indogermanischen  Grundsprache  kann  billigerweise 
nicht  bezweifelt  werden,  wenn  wir  auch  die  nähereu  Bedin- 
gungen, unter  denen  er  stattfand,  nicht  kennen.  Eine  lässt 
sich  allerdings  angeben,  er  geschah  in  unbetonter  Silbe. 

Beispiele:  ai.  <e,  gr.  toi,  lat.  tibi^  ahd.  dir,  lit.  fi,  abg. 
//  neben  ai.  Lok.  tvi.  Der  Stamm  des  Pronomens  ist  zwei- 
fellos als  tetoo  anzusetzen.  Dasselbe  gilt  von  av.  höi,  lat.  sibij 
got.  dsj  lit.  si,  abg.  si  neben  sewo. 

ai.  idSy  lat.  sex,  got.  saihs,  lit.  szeszt,  abg.  sesth  neben 
av.  ijc^aif  gr.  F^E,  nkymr.  chwech. 

lit.  sesüj  abg.  sestra  ^Schwester'  gegenüber  preuss.  xice- 
stro^  lat.  soroTy  ahd.  swestar, 

lit.  sziszuras  gegenüber  abg.  »vekrh  usw.  Auch  lit. 
säpnas  gegenüber  ai.  svdpnas  könnte  hierher  gehören. 

lat.  «,  volsk.  se-y  gr.  ai,  el,  t^  gegenüber  osk.  svai,  umbr. 
«?c,  vgl.  Solmsen  KZ.  32,  278. 

lat.  serinus  zu  ai.  nvar  'Glanz  des  Himmels',  apers.  harn- 
'(Ucucsaiy  'ich  wirkte'  neben  ai.  tväkjas  'Thatkraft'. 

Diesen  Fällen  schliesst  sich  sfha  aus  sthwa  unbedenk- 
lich an^. 


1)  [Korr.-Note.    Vgl.  jetzt  Solmsen,  Untersuchungen  zur  griech. 
Laut-  und  Verslehre  197  ff.]. 


I 


2.  Die  idjf.  Komparative  auf -fj'o«. 
Die  Erklärung  der  idg.  primären  KoiiijiaralivBDffixe,  die 
Thurneysen  KZ.3/1, 5öl  ff.  vorgetrageu,  bat,  wie  mir  HcheineD 
will,  /.iemlieheii  Beifall  geruixlcii,  und  wh  stelle  nicht  au,  /.a 
erklilren,  dass  sie  mir  eheusn  wie  Bnigmami  Gr.  Gr."  208 
eingeleuchtet  hat.  Bei  näherer  Betraehtung  freilich  hin  ich 
von  meiner  Sobätzniig  dieser  Hypothese  abgekommen,  und  ieh 
mu»H  Jetzt  gextehen,  dass  «ie  mir  unhaltbar  zu  sein  scheint. 
Der  bestechendste  Punkt  in  ThurneyHens  Erklärung  sehien 
uiir  der  zu  sein,  dass  er  ?|6iov-  =  got.  sutizan-  setzt,  wobei 
IVeilieh  die  im  Griechischen  vorhandene  Länge  unerklärt  bleibt, 
denn  nur  ■jo/i  konnte  mit  -In  ablauten  und  zn  -Jon  kannte 
weiter  nur  -ijo3  gehören.  Wollte  man  aber  die  griechische 
Länge  unbeachtet  laoHen,  m  bliebe  noch  immer  das  Indische 
lllirig,  das  ein,  wie  mir  seheint,  unüberwindlicheB  Hindernis 
f(lr  ThunieyBeus  Erklärung  bietet  Denn  wir  können  doch  \ 
iinmüglich  f]Miuv  von  ai.  Heädiyan  und  den  weiteren  Fomiea 
mit  langem  l  trennen.  Und  dann  mnss  fibituv  doch  wohl  anf  1 
flöijujv  und  nicht  auf  iibicov  zurlR-kgelien.  Tiinrncysen  er-'l 
klärt  selbst,  dasa  ihm  der  Aut4gangs]iunkt  des  langen  -r-  ent>  i 
geht.  Ohne  diesen  aufzuklären,  bleibt  seine  ganze  Hypothese 
sehr  unsicher.  Diese  Ltlcke  sucht  Brugmann  Gr.  (rr.'äftp  aus- 
senfilllen.  Naeb  dem  Vorgang  Wackernagel«  Verm.  Beitr.  II 
leitet  er  das  Knmparativsuflix  -lujv  von  den  eigenltlnilieheD 
Adjektivstämmen  anf  -i  her,  die  aueb  sonst  in  der  KompoHi- 
lion  eine  grosse  Rolle  spielen.  >1ag  dies  für  einige  Fülle  zu- 
treffen, in  der  Hanptsaebe  haben  wir  es  mit  etwas  ganz  anderem 
zu  thun.  Es  spricht  in  ei-ster  Linie  gegen  Wackernagel  und 
Brugniann,  dass  die  Komparative  anf  -jm  primäre  Bildungen 
sind,  die  aus  der  Basis  und  nicht  von  Adjektiven  gebildet 
werden  ').  Hteht  nun  auf  der  einen  Seite  -ijox  und  auf  der 
anderen  -jos,  so  ist  es  klar,  dass  das  i  zur  Itasis  gehurt,  und 
in  diesem  Falle  kOnncn  wir  nichts  anderes  thun,  als  von  zwei- 
silbigen Basen  auf  -61  ausxugchcn.     im  letzten  Grunde  hat  das  { 

1|  Wie   mir   »cbi-int,   isi  auch  diext^s  (  ijer  Adjektiv«  In  derl 
Hnuptsnclit!  HtHmnihall  und   nicht  suffixal.     Du»  vnn  Wack«ma{ 
antirel'ährte  dpf-  gehört   doch   lu   dprnc.  dpTfiToc    weiss  Kian»ad]| 
Mil  ai.  scili-   vcr^leii-he  tnflii  nbulg.  ti-r./^tt,  lil.  »zriltli  'gUiii 


Kleine  grammatische  Beitrage.  201 

«•hon  Streitberg  Btr.  16,  266  gesehen,  und  icli  habe  dem  Idg. 
Akzent  S.  242  zugestimmt.  Freilich  muss  Streitbergs  Ansieht 
etwas  modifiziert  werden.  Denn  die  slav.  Komparative  auf 
-ejMf  die  er  heranzieht,  müssen  vorläufig  aus  dem  Spiel  blei- 
ben, weil  sie  im  wesentlichen  sekundäre  Bildungen  sind;  iiove- 
'jhH  ist  von  einem  Adverbium  auf  -e  abgeleitet.  Derartige  Bil- 
dungen finden  wir  sonst  nur  bei  dem  Sekundärsuflix  des  Kom- 
parativs gr.  -T€po-.  Man  braucht  aber  nur  zu  bedenken,  dass 
das  Slavische  das  Sekundärsuffix  ganz  aufgegeben  hat,  und 
dass  überall  -jis-  dafür  eingetreten  ist,  um  das  richtige  zu  sehen. 
In  novt  usw.  wird  dieselbe  Adverbialform  vorliegen,  die  wir 
in  lat.  bene  und  mit  Ablaut  in  gr.  KaXuic  finden.  Auch  im 
Griechischen  ist  ja  dieses  -u),  wie  ich  annehme,  im  Kompa- 
rativ verbreitet,  vgl.  auch  ai.  ucaU-taram  usw.,  und  es  hin- 
dert meines  Erachtens  nichts,  die  griechischen  Formen  auf 
-wrepoc  den  slavischen  auf  -ejhs  prinzipiell  gleich  zu  setzen. 

Mnss  also  das  Slavische  aus  dem  Spiel  bleiben,  so  thun 
wir,  wollen  wir  die  Natur  des  -i-  in  -ijos  erkennen,  am  besten, 
nns  an  das  Indische  zu  wenden,  das  den  Unterschied  zwischen 
'$it  nnd  -aniY-Basen  am  treuesten  bewahrt  hat. 

Ich  stelle  nun  zunächst  eine  Reihe  von  Fällen  aus  dem 
Rigveda  zusanmien,  in  denen  der  Zusammenhang  des  i  mit 
dem  sonst  auftretenden  /  und  e  unverkennbar  ist. 

ai.  srüdhi/auj  gr.  f]biu)v  ist  doch  unzweifelhaft  mit  lat. 
suadt-re  zu  verbinden. 

Bei  yödhl-yan  finden  wir  das  e  ebenfalls  in  lat.  jnhere 
und  in  ai.  ayödhit,  yödhUaf  das  l.  Auch  yüdhyati  weist 
wohl  auf  eine  alte  ^i-Basis. 

Das  /  von  öjl-yan  vergleicht  sich  dem  e  von  lat.  augerey 
gr.  auErjcuj. 

ai.  täri-yan  'leicht  durchdringend'  stelle  ich  zu  der  Basis 
ierei,  die  ich  Ablaut  §  222  behandelt  habe,  vgl.  gr.  xpißuj, 
lat.  trivL  Man  wird  aber  fdrlyön  auch  nicht  von  ai.  Aor. 
äant,  tariiäniy  -tarlta  V.  trennen  können. 

ai.  vedlyän  'mehr  erlangend'  muss  man  ebenso  offen- 
kundig mit  dem  Stamm  veid^  verbinden,  der  in  abg.  rideti, 
got.  wifan,  lat.  vid^re,  gr.  eibrjcuj,  i\vhx\,  ai.  Konj.  Aor.  vidclt 
vorliegt. 

ai.  skabhhyän  gehört  zur  Basis  skamhh  'stützen'.  Diese 
bildet  zunächst  ein  Präsens  nach  der  neunten  Klasse  skahhndtiy 


202  H.  Hirt, 

das  also  zum  mindesten  auf  eine  zweisilbige   schwere  Basi» 
weist,  von  der  die  ^-Qualität  allerdings  nicht  zu  erweisen  ist. 

Ebenso  steht  es  mit  panl-yauj  dessen  i  ich  nicht  von 
dem  in  Aor.  pani-ifa^  Verb,  pani-tds,  Int.  pani-pnat^  pani-td 
usw.  trennen  kann.  Hier  dürfte  wohl  pandyya,  pdnyas  usw., 
dem  i  idg.  i-Qualität  sichern. 

ai.  vaniyan.  Hier  ist  das  i  auch  in  anderen  indischen 
Formen  belegt,  so  im  Intensivum  vanivan-.  Gehört  zu  ai. 
van,  wie  ühlenbeck  EWB.  wohl  mit  Recht  annimmt^  got.  ufh 
wunands,  aisl.  una  'zufrieden  sein',  ahd.  wonen^  so  würde  die 
e-Qualität  des  letzten  Vokals  gesichert  sein,  und  dass  femer 
ein  Diphthong  ei  vorlag,  lässt  as.  toini,  as.  wunnja  im  Verein 
mit  ai.  vanin-  (RV.)  vani-  V.  B.  erschliessen. 

Etwas  anders  steht  es  mit  kdniyan  'jünger'.  Hier  lässt 
sich  das  t  nicht  von  dem  in  kantna  'jung',  kaninaJcds  'Jüng- 
ling' trennen.  Das  Femininum  kand  'Jungfrau'  wird  für  kandi 
stehen,  und  die  ganze  Sippe  zu  den  wenigen  Fällen  gehören, 
die  in  der  griechischen  -u)-Deklination  vorliegen  {jf(%tx}  :  IsL 
vagl-re). 

ai.  variyän  'weiter'  hängt  mit  vdri-ma  'Weite'  zusam* 
men,  dagegen  variyan  'vorzüglicher',  das  erst  in  dem  Up.  be- 
legt ist,  mit  abg.  veleti,  got.  wileis  usw. 

Das  lange  i,  das  wir  in  idvi-ydn  finden,  liegt  auch  in 
taciti  vor. 

nedlyän  'näher'  erklärt  Uhlcnbeck  EWB.  aus  *ne'Zd,  wobei 
zd  zu  sed  'sitzen'  gehört.  Ist  diese  Etymologie,  deren  Unsicher- 
heit ich  nicht  verkenne,  richtig,  so  würde  das  i  von  nsdiydn 
allerdings  vorzüglich  erklärt  werden,  indem  man  lat.  sederSf 
ahd.  sitzen,  abg.  sedeti,  gr.  Ka6i21r)cuj  heranzieht. 

dräghl-yän  bringt  ühlenbeck  ferner  mit  lat.  indulgere 
zusammen.  Auch  hier  bleibt  die  Etymologie  unsicher,  sie 
würde  aber  zur  Erklärung  des  l  ausgezeichnet  taugen. 

In  anderen  Fällen  linden  wir,  dass  die  indischen  Kom- 
parative auf  'tyan  wenigstens  zu  ^^^Basen  gehören,  so  yäm- 
-ydn  'schneller*  zu  ja,  junäti,  davl-yän  zu  düras,  hhavl-yän 
zu  hhü, 

sdhl-yan  gehört  zu  sah,  das  zweifellos  eine  leichte  Basi» 
ist,  aber  der  Übertritt  zu  den  schweren  Basen  hat  auch  in 
gr.  cxncuü,  fcxn»^a  stattgefunden.  Daneben  steht  aber  auch 
sahyan,  das  das  ältere  sein  wird. 


Kleine  grammatische  Beiträge.  203 

yajlydn  gehört  zu  yaj.  Hier  macht  aber  gr.  ölo\i(x\  mit 
dem  eigentümlichen  &ti*oc  wahrscheinlich,  dass  das  i  zum 
Stamm  gehört. 

Bei  rjiyan  kann  ich  den  alten  ^t-Stamm  nicht  sicher 
nachweisen,  aber  man  vergleiche  rjUds  'vorstürzend'  usw. 

teji-ydn  lässt  sich  wiederum  nicht  von  tigitäs  RV.  'scharf, 
spitz'  trennen. 

Mit  üd-yamiyän  'mehr  auseinandersperrend,  mehr  aus- 
streckend' weiss  ich  nichts  rechtes  anzufangen,  denn  die  Ver- 
gleicbung  des  Stammes  yami  mit  gr.  lr][x\a  ist  zu  unsicher, 
um  in  Betracht  zu  kommen. 

Neben  nävlyan  steht  nävyän,  wie  neben  dem  Positiv 
naryas  auch  ndvlyas  vorhanden  ist. 

prdticyaviyän  'mehr  sich  herandrängend*  gehört  zu  cyu, 
das  eine  leichte  Basis  zu  sein  scheint.  Vergleicht  man  aber 
gr.  TTOtetv,  4iToivica,  so  könnte  auch  dieser  Komparativ  alt  sein, 
er  brauchte  nicht  auf  Übertragung  zu  beruhen. 

MMyan  'häufiger'  erklärt  Uhlenbeck  als  unorganische 
Eomparativbildung  zu  sadvan.  Um  die  Sache  in  Ordnung  zu 
bringen,  braucht  man  nur  Schwund  des  to  anzunehmen,  wor- 
über ich  oben  gehandelt  habe,  sasvl  aber  vergleicht  sich 
dann  dem  savl-raSj  und  gr.  dKiirica,  KCKuriKa,  und  weiter  kuickuü  *). 

ttakSiyän  zu  tvol'i  muss  auf  Analogiebildung  beruhen, 
ebenso  vdriiyan  und  vdhiydn. 

Über  mamhlyan  'reichlicher  schenkend'  wage  ich  kein 
Urteil,  weil  ich  die  Formen  mariih  und  mah  nicht  auseinan- 
der wirren  kann. 

Überblickt  man  dieses  Material  des  Rigveda  im  Zusam- 
menhang, so  scheint  es  mir  keinem  Zweifel  zu  unterliegen, 
dass  das  alte  i  noch  verhältnismässig  gut  in  seinem  Bestand 
bewahrt  ist.  Dass  es  mit  dem  l  der  «^/-Basen  und  weiter  mit 
dem  B  der  übrigen  Sprachen  zusammenhängt,  ist  nicht  zu 
verkennen. 

Das  Griechische  bestätigt  diese  Annahme,  wenn  auch  in 
geringerem  Umfang.     Die  Komparative  auf  -iuüv  sind  ja  ver- 


1)  Die  Zugehörigkeit  der  griech.  Verben  auf  -(ckuj  zu  den  ti- 
Basen  ist  von  mir  schon  IF.  10,  33  ausgesprochen  und  Idg.  Ablaut 
§  827  bestimmter  wiederholt  worden.  Ich  bemerke  dies,  weil  Joh. 
Schmidt  KZ.  37,  26  meine  Aufstellung  mit  Stillschweigen  über- 
geht. 


204  H.  Hirt, 

hältnisiuässig  selten  und  oiTenbar  auf  dem  Aussterbeetat,  aber 
in  einigen  Fällen  schimmert  das  alte  doch  durch. 

Ausser  dein  schon  erwähnten  nbiujv.  das  zu  lat.  suadere 
stimmt,  sind  folgende  Fälle  bemerkenswert: 

dXTiuiv  gehört  zu  lat.  alg^-rCy  und  ^itiujv  zu  lat.  rigire 
oder  frigere. 

ßpaxuc  stellt  man  zu  got.  gamaurgjan.  Ich  habe  schon 
öfter  bemerkt,  dass  das  got.  j  oder  i  oft  genug  zum  Stamm 
gehört,  und  wegen  ßpaxiujv  ist  das  auch  bei  gamaurgjan 
möglich,  wenn  auch  nicht  sicher. 

gr.  TTQxiujv  entspricht  zwar  ai.  hdhlyan  (Mäitr.  S%h.  1, 
8,  3)  ganz  genau,  nber  weitere  Anknüpfungspunkte  fehlen. 
Ausserdem  ist  es  jung. 

Was  alcxiiwv  betriflft,  so  wage  ich  nur  zw^eifelnd  an  got. 
aiwiski  zu  erinnern.  Auch  ist  es  möglich,  dass  zwischen  t^u- 
Kiuüv  und  dem  e  von  lat.  dulc^-do,  dulcesco  ein  Zusammenhang 
besteht. 

Sonst  sind  die  griechischen  Komparative  auf  -iu)v  ßpa- 
biujv,  Kubiujv  (vgl.  Kübi-dveipa  und  Köbido)),  xaXXiujv,  KaKiu)V, 
ßeXTiuüv  etymologisch  unklar.  dxOiuüV  verbindet  Prellwitz  aller- 
dings mit  öxO^uj.  Hier  könnte  das  schon  in  der  Ilias  belegte 
öxOrjcac  herangezogen  werden. 

Obgleich  also  hier  manches  unklar  bleibt,  wird  man 
doch  an  dem  Zusammenhang  der  Komparative  auf  -luiv  mit 
den  ai.  auf  -///^?»  nicht  zweifeln  dürfen,  und  dann  ist  für  das 
(Triechische  dieselbe  Erklärung  geboten,  wie  sie  für  das  In- 
dische wahrscheinlich  ist.  So  verlockend  also  Thurneysens 
Herleitung  von  iibiov  aus  iibicov  ist,  sie  muss  an  diesem  Zu- 
sammenhang scheitern,  ganz  abgesehen  davon,  dass  ja  die 
Formen  wie  jli€Z!u)v  usw.  ganz  unerklärt  bleiben. 

Wenn  so  Thurneysens  Erklärung  der  griechischen  For- 
men unmöglich  erscheint,  so  könnte  er  ja  innnerhin  doch  noch 
für  die  übrigen  Sprachen  Recht  haben.  Er  legt  vor  allem 
grosses  Gewicht  auf  die  -«-Flexion  des  germanischen  Kompa- 
rativs, die,  "wie  bekannt,  nichts  mit  der  schwachen  Dekli- 
nation anderer  Adjektive  zu  thun  hat,  die  an  gewisse  syn- 
taktische Bedingungen  geknüpft  ist".  Die  von  Thurneysen  als 
bekannt  vorausgesetzte  Anschauung  war  mir  bisher  noch  nicht 
geläufig  und  ich  bezweifle  auch,  dass  sie  allgemein  anerkannt 
ist.     Es  spricht  zunächst  gegen  sie,    dass  das  Adverbium  die 


Kleine  grammatische  Beiträge.  205 

»-Flexion  nicht  kennt.  Das  Adverbium  ist  aber  wohl  der 
Nom.  Sg.  Neutrins,  und  wenn  dieser  das  -w-  nicht  hat,  so  ist 
dies  für  altertümlicher  anzusehen.  Denn  das  Adverbium  als 
isolierte  Form  pflegt  im  allgemeinen  für  die  ^^prachgeschichte 
von  grösserem  Wert  zu  sein  als  im  Systemzwang  stehende 
Formen.  Weshalb  sich  aber  die  «-Flexion  nicht  einfach  aus 
der  Syntax  erklären  lassen  soll,  sehe  ich  nicht  ein.  Die  ge- 
wöhnliche Regel  lautet  ja,  dass  die  Adjektiva  schwach  flektiert 
werden,  wenn  sie  substantiviert  sind.  Das  trifft  aber  beim 
Komparativ,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  besonders  häufig 
zu.  Und  was  dem  Komparativ  Recht  ist,  mttsste  den  anderen 
Kategorieen,  die  nur  schwach  flektieren,  billig  sein.  Wir 
müssten  also  auch  bei  den  Ordinalzahlen  wie  pridja  idg.  -n- 
Flexion  annehmen,  ebenso  wie  beim  Partizipium  auf  -nd-  und 
den  superlativischen  Bildungen  auf  -ma,  fruma^  die  doch 
sicher  auf  -n-lose  Stämme  zurückgehen.  Aber  man  braucht 
ja  nur  ein  paar  Seiten  im  Ulfilas  zu  lesen,  um  zu  erkennen, 
dass  die  schwache  Flexion  syntaktisch  als  Substantivierung 
des  Komparativs  sehr  wohl  zu  verstehen  ist.  Ich  führe  eiuigo 
Stellen  an,  indem  ich  vom  Anfang  beginne. 

Matth.  3,  11 :  ip  sa  afar  mis  gaggandoj  ftvinpoza  w/> 
isfj  'aber  der  nach  mir  kommt,  ist  der  stärkere  im  Vergleich 
zu  mir*.  Matth.  5,  20:  nibai  managizo  walrpip  izwaraizos 
garaihteina  ist  eine  sehr  instruktive  Stelle,  denn  managizo  ist 
deutlich  substantiviert,  und  izwaraizos  garaihteins  ist  davon 
abhängig.  Es  ist  genau  zu  übersetzen:  'Wenn  nicht  ein  grösseres 
eurer  Gerechtigkeit  wird'.  Matth.  5,  29:  hatizo  ist  auk  pus 
'das  bessere  ist  aber  für  dich'.  Matth.  5,  37 :  ip  pafa  mana- 
gizo paim  'Das  grössere  im  Vergleich  zu  dem'.  Matth.  5,  47: 
he  managizo  faujip  'wie  thut  ihr  das  grössere'. 

Ich  halte  es  wirklich  für  unnötig,  die  Beispiele  zu  häufen, 
Die  schwache  Flexion  des  Komparativs  lässt  sich  syntaktisch 
durchaus  rechtfertigen,  und  wir  bedürfen  dazu  keiner  idg.  An- 
sätze. Wer  noch  daran  zweifeln  sollte,  den  verweise  ich, 
worauf  mich  Leskien  gütigst  aufmerksam  macht,  auf  das  Sla- 
vische.  Auch  im  Altbulgarischen  hat  der  Komparativ  fast 
stets  die  bestimmte  Form,  vgl.  Leskien  Handbuch  S.  93  f. 

Denmach  ist  auch  die  verlockende  Gleichung  got.  *sütiz'*n' 
mit  lit.  saldisnis  sehr  unsicher.  Auch  bei  den  litauischen 
Formen  setzt  sich  Thurneysen  zu  leicht  über  die  vorhandenen 


206  H.  Hirt, 

Schwierigkeiten  hinweg.  Zunächst  miiss  man  das  Litauische 
mit  dem  nächst  verwandten  Preussischen  vergleichen.  Cnd 
da  finden  sich  diese  Komparative  bekanntlich  nicht.  Ist  ancb 
die  Überlieferung  in  diesem  Punkte  nicht  gerade  reichhaltige 
das  eine  zeigt  sie  doch^  dass  das  Preussische  die  alten  7)-losen 
Formen  aufweist,  und  da  diese  zum  Slavischen  durchaus  stim- 
men,  so  ist  es  zum  mindesten  sehr  ktthn,  das  Litauische  direkt 
mit  dem  Germanischen  zu  vergleichen.  Zur  Erklärung  des^ 
lit.  -esnis  kann  ich  allerdings  nichts  beitragen,  und  niusa 
auf  das  hinweisen,  was  Joh.  Schmidt  KZ.  26,  399  flF.  ausge- 
filhrt  hat. 

Zum  Schluss  möchte  ich  noch  einmal  auf  die  germa- 
nische Komparativbildung  auf  -öz-  zu  sprechen  kommen.  Der 
letzte  Versuch,  diese  viel  behandelte  Kategorie  zu  erklären,, 
stammt  von  Brugmann  IF.  10,  84  ff.,  wo  auch  die  früheren 
Erklärungsversuche  besprochen,  und,  wie  mir  scheinen  will,, 
mit  Recht  abgelehnt  sind. 

Brugmanns  Erklärung  ist  in  Kürze  die  folgende:  E& 
existierten  im  Germ,  eine  Anzahl  Adverbien  auf  -t.  Zu  der 
Zeit,  als  diese  Adverbien  auf  -i  ihren  Vokal  noch  hatten,, 
hätten  sich  nach  dem  Verhältnis  von  -i  zu  den  Koraparations- 
formen  mit  -iz-  sich  -ö2-Formen  neben  den  Adverbia  auf  -<> 
eingestellt.  Wenn  ich  also  Brugmann  recht  verstehe,  so  hätte 
sich  nach  dem  Verhältnis  *furi  :  furiz  zu  ^sniumundö  eia 
sniumundös  eingestellt.  Ganz  abgesehen  davon,  dass  mir  die 
Adverbien  auf  4  zu  wenig  zahlreich  zu  sein  scheinen,  un^ 
eine  derartige  Analogiebildung  verursacht  zu  haben,  bleiben 
für  mich  chronologische  Bedenken  schwerster  Art.  Nämlich 
die  von  Brugmann  herangezogenen  Bildungen  enthielten  gar 
kein  ursprüngliches  -is,  sondern  sie  sind  auf  -jas  oder  -je» 
zurückzuführen.  Das  gilt  von  got.  airisy  und  nBhis  sicher. 
Als  das  Adverbium  *atri  und  nihi  lautete,  da  hiessen  diese 
Fornien  *airja8  und  neh'jas.  Hier  konnte  also  gar  keine 
Parallele  entstehen.  Dass  zu  dem  Adv.  *furi  aber  in  urgerm* 
Zeit  schon  ein  Komparativ  gebildet  wurde,  ist  sehr  unwahr- 
scheinlich, da  er  im  Gotischen  fehlt.  Dafür  steht  faurpv^j 
gewiss  eine  sehr  alte  Zusammensetzung.  Ich  glaube  also,  man 
muss  auch  Brugmanns  Versuch,  die  germanischen  Komparative 
auf  'öz  als  Analogiebildung  zu  betrachten,  als  gescheitert  er- 
klären, und  unter  solchen  Umständen  wird  man  unwillkürlich 


Kleine  grammatische  Beiträge.  207 

ZU  dem  Gedanken  geführt,  dass  diese  Bildungen  doch  laut- 
gesetzlich sind. 

Bekanntlich  hat  Streitberg  eine  ganxc  Abhandhing  ^'Zur 
germanischen  Sprachgeschichte"  darauf  verwendet,  um  nach- 
zuweisen, dass  die  Mahlowsche  Ansicht,  nach  der  germ.  öi  zn 
ö  geworden  wäre,  falsch  sei.  An  seinem  Ergebnis,  dass  öi 
zn  ai  verkürzt  wurde,  ist  schlechterdings  nicht  zu  rütteln, 
aber  das  ist  anch  nicht  nötig,  um  zu  einer  einwandfreien  Er- 
klärung zn  kommen.  Auf  S.  107  f.  bei  Streitberg  findet  sich 
eine  interessante  Bemerkung,  in  der  ich  schon  seit  Jahren  die 
Erklärung  für  die  Komparative  auf  -öz-  geahnt  habe.  Es 
heisst  dort:  "IL  Sekundäre  ö-Diphthonge.  Ein  Beispiel 
findet  sich  im  Gotischen.  Die  Endung  -ös  der  1.  Person  Dualis 
in  bairös  -ist  die  der  Endung  ai.  -ävas  in  bhärävas.  Die  indo- 
germanische Grundform  hat  *hheröy,e8  gelautet.  Das  Endungs-e 
musste  nach  gotischem  Lautgesetz  synkopiert  werden,  wodurch 
ein  sekundärer  ö-Diphthong  entstand.  Dieser  verlor,  im  Wort- 
innem  vor  Konsonanz  stehend,  sein  w'\  Diese  Erklärung 
scheint  mir  tadellos  zu  sein,  und  sie  hat  nur  den  einzigen 
Mangel,  dass  sie  sich  auf  ein  einziges  Beispiel  stützt.  Es  ist 
aber  möglich,  diesem  Mangel  in  gewissem  Grade  abzuhelfen. 
Es  lässt  sich  nämlich  wahrscheinlich  machen,  dass  auch  die 
urgermanische  Verbindung  -öjes  und  -öjis  zu  -ö  geführt  hat. 
Schon  Mahlow  AEG.  42  ff.  hat,  um  die  Flexion  der  gotischen 
Verben  auf -ö  zu  erklären,  salbös  auf  salböjisi  zurückgeführt. 
Streitberg  hat  dies  zurückgewiesen  (S.  L-J),  und  zur  Erklärung 
der  Doppelheit  ags.  sealfije  und  got.  ftalb^  auf  die  gleiche 
Verschiedenheit  von  lit.  päsaköjame  und  dailgöme  verwiesen, 
worin  ihm  Bartholomae  Stud.  zur  idg.  Sprachgeschichte  bei- 
gestimmt hat.  Dabei  bleibt  freilich  die  eigentümliche  angel- 
sächsische Flexion  unerklärt.     Hier  heisst  es  nämlich: 

L  Sg.  löc^e      =  urgerm.  lököjö, 

2.  „     I6cas{t)  =        „        löTxöSj 

3.  „     löcad      =        „        löJcöpy 
Plur.     löciad     =        „        lököjanp. 

Das  Angelsächsische  hätte  also  die  beiden  Paradigma  ver- 
einigt, aber  warum  hat  es  gerade  die  athematischen  Formen 
in  die  2.  und  3.  Sg.  eingeführt?  Und  nicht  bloss  dies.  Kein 
einziger  germanischer  Dialekt  zeigt  in  der  2.  und  3.  Sing,  j- 
Formen.     Die  Flexion   lököjöy   lökös  sieht    aber    entschieden 


-208  H.  Hirt. 

altertümlicher  ans  als  salbö,  salbös ;  dass  sie  aus  zwei  versehi&- 
denen  Paradigmen  zusammengesetzt  sei,  ist  wenig  wahrechein- 
lich.     Fragen  wir  uns  ausserdem  nach  der  Art  der  -<>- Verben, 
so  sind  darunter  die  denominativen   entschieden   in  der  Über- 
zahl, man  sehe  nur  die  wenigen  Fälle,  die  Streitberg  Urgerm. 
<Jram.  S.  313  flir  die  primäre  -^-Klasse  anführt.     Also   liegt 
der  Schluss  nahe,  dass  urgerm.  salbös  aus  *salböjizi  entstanden 
ist     Der  Weg  ist  natürlich  nicht  sicher  zu  bestimmen.     Aber 
da   das   letzte  i  in   vierter  Silbe  stand    (sekundäre  Personal- 
endung käme  auch  in  Betracht),  wird  es  frühzeitig  synkopiert 
sein,  und  dann  wurde  salböjiz  zu  salböjz  und  dies  zu  salbös, 
wie  bairös  aus  berötos.     Im  Gotischen  wären  dann  lautgesetz- 
Jich  2.  Sg.  salbös,  3.  Sg.  salböp,  2.  Plur.  salböp,  2.  Imp.  salbö 
aus  *salböje,    ags.  löca  aus  *löcoje  im  Ags.  ausserdem  löcije 
und  löciad.    Die  Formen  wie  got  1 .  Sg.  salbö,  1 .  Plur.  salböm, 
3.  Plur.  salbönd  erklären  sich  als  Analogiebildungen,  z.  T.  unter 
dem  Einfluss  der  primären  Verba  wie  as.  tholon.     Dieser  Er- 
klärung fUgt  sieh  weiter  das  Komparativsuffix  -öza  vortrefflich 
ein.  Wie  oben  für  das  Slavische  -ejhs  angenommen  wurde,  liegen 
auch  für  das  Germanische  Adverbien  auf  -ö  zu  Grunde.    War 
die  alte  abstufende  Flexion  noch  erhalten,  so  musste  flektiert 
werden  *frödöjös,  Gen.  ^frödöiz-  zu  ^frödais-  und  Lok.  */rö- 
dojezi,    das  zu  *frödojizi  wurde.     Wir  können  nun  entweder 
annehmen,  dass  -jes  verallgemeinert  wurde  oder  auch  dass  -m 
durch  -jis  ersetzt  wurde,  vgl.  harjis  für  haris  und  slav.  nove- 
'jhs.    Die  Stufe  -jes  liegt  ja  auch  im  Preussischen  und  Litaui- 
schen   vor.     Beides   führte   zu    den   Formen  ^frödöjiz-.     Man 
^ieht,  dass  diese  Form  mit  dem  angesetzten  salböjiz-  ganz  auf 
einer  Linie  steht,  sie  stützen  sich  gegenseitig.    *frödöjiz'  wurde 
7U  *frödöjz  und  weiter  zu  ^frödöz-  rein  lautgesetzlich. 

Es  kommt  noch  ein  ähnlicher  Fall  hinzu.  Auch  die 
Verba  eausativa  müssen  ein  i  synkopiert  haben,  da  die  Her- 
leitung des  l  in  got.  naseiris  usw.  aus  idg.  f  nicht  angeht. 
Ich  operierte  PBrB.  18,  519  f.,  als  ich  diese  Erklärung  auf- 
stellte, noch  mit  dem  beliebigen  Wechsel  von  t  und  f.  Das 
kann  ich  jetzt  nicht  mehr  aufrecht  erhalten.  Das  Suffix  der 
Kausativa  ist  ei,  dessen  Ablaut  nur  i  sein  kann,  also  wird 
ahd.  neris  auf  *nosijisi  über  *nosijs  zurückgehen. 


Kleine  grammatische  Beiträge.  20^ 

3.     Indogermanischer  Konsonantenschwund. 

Um  zu  beweisen,  dass  zwischen  /,  u  und  r,  Z,  m,  n  in> 
Idg.  wesentliche  Unterschiede  der  Funktion  bestanden  haben, 
weist  Joh.  Schmidt  Kritik  der  Sonantentlieorie  S.  11  darauf 
hin,  dass  die  diphthongischen  Nominalstämme  den  Akk.  ^g. 
gleich  den  o-  und  ß-Stänimen  auf  -m  bilden,  die  r-  und  n- 
Stamme  dagegen  wie  die  anderen  konsonantischen  Stämme 
auf  urspr.  -ein  =  ai.  -am,  gr.  -a,  lat.  -em.  In  der  That  scheint 
ja  der  Unterschied  zwischen  ai.  dydm,  Zfjv,  ai.  gdnt,  ßiüv,  ai. 
rdm,  lat.  rem,  ai.  pdntham,  dor.  äol.  AaTiiiv  und  pitär-amy 
TTttTepa,  patrenij  ähndnam,  ÖK^ova  fundamental  zu  sein.  An- 
drerseits behauptet  Wackernagel  Vermischte  Btr.  S.  45,  dass 
die  Grundsprache  am  Wortschluss  hinter  Diphthongen  konso- 
nantischen Nasal  nicht  kannte.  Letztere  Annahme  ist  nun 
entschieden  falsch,  wie  die  eben  angeführten  Formen  beweisen. 
Denn  Wackernagel  wird  wohl  kein  Bedenken  tragen  idg.  djem 
auf  djeum,  rem  auf  rehuj  ai.  pantham  auf  panthaim  zurück- 
zuführen. Und  weshalb  ein  konsonantischer  Nasal  nicht  nach 
kurzem  Diphthong  hätte  stehen  sollen,  wenn  er  nach  langen^ 
berechtigt  war,  wäre  schwer  zu  sagen. 

Auch  die  Richtigkeit  des  von  Joh.  Schmidt  angeführten 
Arguments  muss  bestritten  werden.  Ist  auch  die  ganze  Frage 
nicht  von  besonderer  Wichtigkeit,  so  ist  es  doch  nötig  aus- 
führlicher auf  sie  zu  sprechen  zu  kommen.  Ich  gehe  von  der 
Voraussetzung  aus,  die  ich  hinreichend  bewiesen  zu  haben 
glaube,  dass  nach  dem  Ton  ein  kurzer  Vokal  völlig  schwindet. 
Der  Akkusativ  von  idg.  pede  muss  also  pidm  lauten.  Hier 
wurde  nun  m  im  absoluten  Auslaut  und  vor  folgendem  kon- 
sonantischen Anlaut  silbisch,  vor  anlautendem  Vokal  dagegen 
wurde  es  unsilbisch,  und  damit  war  notwendig  Silbenverlust 
und  Dehnung  des  vorausgehenden  Vokals  verbunden,  wir  er- 
halten also  p4drj[i  und  pedm.  Es  ist  ja  klar,  dass  sich  ein& 
Form  wie  die  letztere  sehr  viel  weniger  leicht  halten  konnte, 
als  die  erstere.  Aber  erhalten  sind  derartige  FoiTnen  gar 
eicht  so  selten. 

Zunächst  liegen  sie  in  der  That  bei  den  diphthongischen 
Stämmen  in  den  oben  angeführten  Formen  vor.  Aber  neben 
gr.  Znv,  ai.  dyam  liegt  lat.  lovem,  das  schwer  als  Analogie- 
bildung zu  fassen  ist.     Denn  die  obliquen  Kasus  hiessen  doch 


210  H.  Hirt, 

*diwÖ8j  *diwaif  Lok.  *djevoiy  und  der  Nom.  *djeti8.  Woher  soll 
also  die  Stnfe  djew  stammen^  wenn  nicht  vom  Akk.  Sing. 
Denn  für  das  Lateinische  auf  die  Vollstufe  des  Lokativs  zu- 
rückzugehen, scheint  mir  sehr  gewagt  zu  sein.  Ai.  divam 
mnss  ja  allerdings  eine  Neubildung  sein,  die  aber  sehr  wohl 
für  "^dyavam  eingetreten  sein  kann.  Dasselbe  gilt  für  lat. 
boveniy  obgleich  hier  eine  Neubildung  wenigstens  verständlich 
wäre.  Heisst  zu  pantha  im  Aind.  Aq\  k}sk,  päntham,  so  fin- 
den wir  im  Griechischen  als  regelrechte  Form  i^x^  ^«is  ^X^ja, 
und  es  ist  nicht  einzusehen,  weshalb  hom.  At]tijj  notgedrungen 
jünger  sein  sollte  als  Aarubv.  Beide  sind  als  Satzsandhiformen 
durchaus  verständlich.  Dass  also  bei  den  vokalisch  auslau- 
tenden Stämmen  auch  Formen  mit  silbischem  m  möglich  waren, 
scheint  mir  sicher  zu  sein.  Weshalb  grade  hier  die  anteso- 
nautischen  Satzsandhiformen  verallgemeinert  würden,  ist  nicht 
schwer  zu  sehen.  Idg.  r^n  :  rem,  g*^ös  :  g^^'öm  ordnete  sich 
eben  dem  allgemeinen  Schema  -is  :  -im,  -us  :  -wm,  -os  :  -om 
auf  das  leichteste  unter. 

Etwas  versteckter  liegen  die  antesonantisehen  Formen 
der  konsonantisch  auslautenden  Stämme,  und  zwar  wahrschein- 
lich aus  dem  Grunde,  weil  die  in  Verbindung  mit  nachfolgen- 
dem -m  entstehenden  Konsonantengruppen  -rm,  -sm,  -dm,  -nm 
den  allgemeinen  Aussprachregeln  widersprachen,  und  daher 
zur  Vereinfachung  führten. 

Am  sichersten  wurde  -s  an  dieser  Stelle  ausgedrängt. 
Ein  ganz  sicheres  Beispiel  liegt  in  lat.  v^r,  aisl.  vär  vor, 
neben  dem  gr.  fap  aus  idg.  *we8r  steht,  ver  geht  ja,  wie  schon 
längst  bemerkt  ist,  auf  idg.  *we8r  zurück,  es  schwand  also  s 
vor  r.  Aber  auch  8  vor  m  ist  wohl  geschwunden.  Idg.  ausös 
war  sicher  ein  -«-Stamm,  vgl.  gr.  i^iwc,  lat.  auröra  usw.  Dazu 
heisst  der  Akk.  im  Veda  uädsam.  uidsam  und  zweimal  ist 
uiäm  belegt.  Unzweifelhaft  lässt  sich  diese  Form  als  Ana- 
logiebildung erklären,  aber  sehr  wahrscheinlich  ist  mir  das 
nicht,  weil  sie  durch  andere  Fälle  gestützt  wird.  Zunächst 
ist  das  im  Veda  erscheinende  jaräm  herbeizuziehen,  das  neben 
jardsam  steht,  und  die  einzige  Form  von  einem  andersartigen 
Stamm  wäre.  Auch  zu  väya8  N.  'Speise*  ist  ein  heterokliti- 
scher  rZ-Stamm  in  vaydm  Akk.  Sing,  und  vayOs  N.  Plur.  be- 
legt. Ebenso  so  neben  mdnas  ein  manäm,  Instr.  mand.  Dat. 
manäye.     Es  kann  doch  kaum  ein  Zufall  sein,    dass  zu  allen 


Kleine  grammatische  Beiträge.  211 

diesen  Formen  ein  Nominativ  niclit  belegt  ist.  Über  die  ganze 
Frage  vgl.  Brugmann  KZ.  24,  25  flf. ;  dagegen  J.  Schmidt  KZ. 
26,  401  flf. 

Aber  auch  in  den  anderen  Sprachen  gibt  es  wenigstens 
•einen  interessanten  Fall,  der  mir  hierher  zu  gehören  scheiDt. 
Ai.  äyui  Lebenskraft'  usw.  weist  mit  gr.  aUc  und  Akk.  aluj 
^nf  einen  «-Stamm.  Daneben  steht  nun  im  gr.  aiuuv  uud  im 
Germ,  ist  ebenfalls  der  n-Stamm  belegt.  Wäre  es  hiermit  ab- 
-gethan,  so  könnte  man  sich  bei  dem  Nebeneinander  von  s-  und 
n-Stamm  beruhigen.  Aber  lat.  heisst  es  aevum,  und  wir 
müssten  daher  noch  einen  dritten  Stamm  annehmen.  Das  ist 
des  guten  etwas  zu  viel.  Aber  sollte  sich  nicht  gr.  aiiiv, 
ahd.  etoa,  lat.  aivum  aus  dem  idg.  Akk.  aiicöm  erklären. 
Dass  man  einen  solchen  Akk.  zum  Nominativ  umdeutete,  wäre 
doch  kein  unerhörter  Vorgang. 

Mit  der  Annahme,  dass  -s-  vor  Nasal  geschwunden,  könnte 
man  auch  versuchen  die  Thurneysensche  Erklärung  des  Koni- 
parativsuffixes  zu  retten.  Das  Nebeneinanderstehen  von  gr. 
-jdn  und  sonstigem  -jos  könnte  auf  -josn-  weisen.  Freilich  ist 
es  schwer,  diesen  Fall  mit  den  übrigen  in  Einklang  zu  brin- 
gen, denn  nach  kurzem  Vokal  wäre  8  schwerlich  geschwunden. 

Auch  n  scheint  vor  m  geschwunden  oder  assimiliert  zu 
sein.  Denn  der  regelrechte  Akk.  zu  ksam,  gr.  xöujv  lautet 
im  Ved.  ksäniy  das  man  doch  wohl  aus  kianm  erklären  muss. 

Schliesslich  möchte  ich  vermutungsweise  noch  eine  eigen- 
tümliche Form  aus  der  Verbalflexion  hinzuftlgen,  nämlich  gr. 
fcßTiv.  Man  war  bisher  genötigt  eine  Basis  zg^^e  neben  zg^'es 
anzusetzen,  so  Brugmann  Gr.  Gr.^  283,  aber  damit  ist  uns 
wenig  geholfen,  da  in  allen  Sprachen  klar  und  deutlich  nur 
zg^es  vorliegt,  vgl.  ai.  jdsamäna,  Aor.  aßjasata,  abg.  gasiti 
'löschen',  lit.  gesti  'erlöschen,  ausgehen',  got.  qistjan  'verder- 
ben'. Nun  könnte  aber  die  2sg.  &ßnc  direkt  auf  idg.  zg^^ess, 
die  28g.  eines  regelrechten  Imperfektums  zurückgeführt  werden. 
Aber  diese  Form  würde  wohl  nicht  genügt  haben,  den  Meta- 
plasmns  im  Griechischen  hervorzuinifen.  Setzen  wir  aber  in 
-der  1 .  Sg.  idg.  zg^^srp,  und  daneben  zg*^'esm  an,  so  hätte  dies, 
ivenn  die  oben  angefühi*te  Regel  richtig  ist,  zu  zg^^im  geführt, 
was  in  gr.  feßriv  regelrecht  vorliegt. 

Ich  habe  diese  Fälle  hier  nur  angeführt,  um  erneut  auf 
den    Schwund   von    Konsonanten    im    Indogermanischen    auf- 


212  H.  Hirt, 

merksam  zu  machen.  Wenn  man  bedenkt,  welchen  Verän- 
derungen der  Vokalismus  in  der  Ursprache  unterlag,  so  fällt 
es  auf,  wie  wenig  wir  von  Veränderungen  des  Konsonantismus 
wissen.  Und  doch  steht  es  mit  diesem  ganz  eigentümlich. 
Doppelkonsonanten  sind  so  gut  wie  unbekannt^  und  auch 
schwierigere  Konsonantengruppen  sind  selten,  obgleich  durch 
den  Ausfall  von  Vokalen  zu  ihrer  Entstehung  genügender  An- 
lass  geboten  war.  Wahrscheinlich  hat  der  idg.  Konsonantis- 
mus nicht  minder  einschneidende  Veränderungen  erlitten,  wie 
der  Vokalismus.  Ich  vermute  auch,  dass  viele  der  soge- 
nannten Wurzeldeterminative  dadurch  entstanden  sind,  dass 
auslautende  Konsonanten  vor  Konsonant  schwanden,  und  so 
konsonantisch  und  vokalisch  auslautende  Basen  nebeneinander 
traten. 


4.    Die  Bildung  des  Injunktivs  und  Konjunktivs. 

Da  ich  mich  demnächst  über  die  Bildung  des  Injunktivs 
und  Konjunktivs  und  deren  Herkunft  in  einer  Weise  aasspre- 
chen muss,  die  von  der  herkömmlichen  Auffassung  sehr  ab- 
weicht, so  sei  es  mir  gestattet,  dies  etwas  ausführlicher  zu 
begründen,  wenngleich  ich  damit  Streitberg  in  die  Wege  trete, 
der  schon  auf  der  Dresdener  Philologenversamnüung  über  den 
Injunktiv  gesprochen  hat  und  eine  grössere  Arbeit  vorbereitet. 
Im  Folgenden  soll  es  sich  nur  darum  handeln,  die  Bildung 
des  Injunktivs  und  Konjunktivs  in  Beziehung  auf  mein  Vokal- 
und  Ablautsystem  zu  betrachten,  woraus  sich  die  synta.ktischen 
Folgerungen  von  selbst  ergeben. 

Die  Fülle  der  idg.  Modi  muss  gegenüber  dem  sonstigen 
Charakter  des  Idg.  billig  in  Erstaunen  setzen.  Dass  dies  neben 
dem  Konjunktiv  noch  einen  Optativ  hatte,  scheint  schon  des 
Guten  etwas  zu  viel  sein,  was  sich  wenigstens  daraus  er- 
schliessen  lässt,  dass  sich  die  meisten  Sprachen,  wie  es  scheint, 
beeilt  haben,  einen  dieser  Modi  aufzugeben;  in  welchem  Ver- 
hältnis aber  zu  diesen  beiden  der  Injunktiv  stehen  soll,  ist 
mir  stets  rätselhaft  gewesen.  Es  kommt  hinzu,  dass  man 
einen  rechten  Bedeutungsunterschied  zwischen  Injunktiv  und 
Konjunktiv  noch  nie  hat  entdecken  können.  Das  hat  mich 
an  der  Existenz  des  Injunktivs  inmier  ein  bischen  zweifeln 
lassen. 


Kleine  grammatische  Beitrüge.  213 

Bei  der  Entwicklung  der  idg.  Sprachen  rechnet  man  im 
Allgemeinen  nur  mit  Verlusten,  aber  Neubildungen  sind  auch 
nicht  unerhört.  Gab  es  doch,  worauf  erst  jüngst  Waekernagel 
Verm.  Btr.  44  aufmerksam  gemacht  hat,  keinen  Optativ  des 
sigmatischen  Aoristes;  er  mnss  daher  im  Griechischen  als 
Neubildung  angesehen  werden.  Und  auch  sonst  hat  das  Grie- 
chische nicht  minder  wie  das  Indische  seine  Verbalformen  be- 
deutend vermehrt.  Es  wäre  also  wohl  auch  denkbar,  dass 
der  ausgeprägte  Konjunktiv  neben  dem  Optativ  im  Griechi- 
schen und  Indischen  jüngeren  Ursprungs  wäre.  Denn  dem 
Germanischen,  Litauischen  und  Slavischen  fehlen  alle  Kon- 
jnnktivformen  —  die  angenommenen  Reste  sind  unsicher  — ,  und 
neben  sie  treten  Keltisch  und  Italisch,  bei  denen  es  an  Stelle 
des  Optativs  und  Konjunktivs  nur  einen  Modus  gibt. 

Ich  will  auf  die  bisherigen  Versuche,  den  Injunktiv  und 
Konjunktiv  zu  erklären,  nicht  weiter  eingehen  —  Delbrück  gibt 
über  die  ganze  Injunktivfrage,  Grd.  4,  352  ff.,  eine  völlig 
orientierende  Übersicht  — ,  sondern  die  Kritik  Streitberg  über- 
lassen, und  nur  meine  Auffassung  darstellen.  Sie  beruht  na- 
türlich auf  dem  Grunde,  den  ich  in  meinem  Idg.  Ablaut  ge- 
legt habe,  d.  h.  auf  der  Ansetzung  zweisilbiger  Basen.  Zu 
den  dort  entwickelten  Annahmen  gehört  es  auch,  dass  es  im 
Idg.  ein  Suffix  -e,  -o  ebensowenig  wie  -«,  -d,  -ö  gegeben  hat^ 
dass  vielmehr  diese  Elemente  integrierende  Bestandteile  der 
Basen  sind,  die  gegen  das  Ende  der  idg.  Urzeit  und  noch 
mehr  in  den  Einzelsprachen  allerdings  durch  falsche  Analogie 
zu  wirklichen  formativen  Elementen  geworden  sind. 

Nun  lautet  aber  die  Lehre  von  den  KonjunktivsufBxcn 
SO:  Bei  athematischen,  auf  einen  Konsonanten  ausgehenden 
Basen  ist  das  Konjunktivsuffix  -e,  -o,  bei  den  themavokalischen 
dagegen  -d,  -e,  vielleicht  auch  -ö,  doch  ist  das  letztere  recht 
unsicher,  da  ja  Griechisch  cp^pui^ev  sehr  gut  eine  Neubildung 
sein  kann. 

Diese  "Suffixe"  erinnern  uns  sofort  an  die  Ausgänge  der 
idg.  Basen.  Die  auf  Konsonant  ausgehenden  athematischen 
Verben  sind  ja  von  sogenannten  leichten  Basen  auf  -e,  -o  ge- 
bildet: griech.  lo^ev  verhält  sich  zu  cT^i  nicht  anders  wie  ai. 
cidmi  zu  viddm  und  die  anderen  Fälle,  die  ich  IF.  8,  268  f. 
und  Idg.  Ablaut  angeführt  habe. 

Wenn   wir  beim   Konjunktiv   als   weiteres   Suffix  -a,  -e 

lodo^ermanische  Forschungen  XII  3  u.  -i.  15 


211  »  H.  Hirt, 

finden,  so  hat  das  schon  Brugmann  Grd.  2,  952  mit  den  Ele- 
menten -a,  -e,  -ö  identifiziert,  die  er  noch  Grd.  2,  951  als  an 
den  Präsensstamm  angefügt  betrachtet,  die  aber  in  Wirklich- 
keit die  Auslaute  zweisilbiger  schwerer  Basen  sind.  Wenn 
ich  ihm  also  auf  diesem  Wege  folge,  der  jetzt  viel  sicherer 
zu  beschreiten  ist  als  früher,  so  befinde  ich  mich  in  guter 
Gesellschaft. 

Die  Elemente  e — o,  ä,  e  und  eventuell  ö  konnten  sich 
im  Idg.  nur  erhalten,  wenn  sie  betont  waren.  Betonung  der 
zweiten  Silbe  war  aber  mit  aoristischer,  genauer  gesagt  punk- 
tueller Bedeutung  verbunden.  Ich  habe  diesen  Aorist-Präsens- 
typus Idg.  Ablaut  §  810  ff.  genauer  dargestellt.  Idg.  4pUij 
ai.  äpratj  gr.  ^avfjvai  und  bpaKcTv  beruhen  alle  auf  dem  glei- 
chen Prinzip. 

Sehen  wir  uns  nun  im  Indischen  niach  diesen  Aoristen 
um,  so  gehören  zu  ihnen  der  Wui-zelaorist  (1),  der  a- Aorist  (2) 
und  der  reduplizierte  Aorist  (3),  nicht  aber  der  «-Aorist  (4), 
da  dieser  in  seiner  Betonungsweise  und  seinem  Ablaut  dem 
Präsens  gleicht.  Alle  diese  drei  Formationen  bilden  aber 
keinen  Konjunktiv,  sondein  gebrauchen  dafür  den  In- 
junktiv.  Whitney  sagt  §  848^:  "Augmentlose  Formen  mit 
indikativischer  oder  konjunktivischer  Bedeutung  sind  nicht 
selten".  Dagegen  wird  im  folgenden  §  bemerkt:  "Die  Kon- 
junktivformen dieses  Aoristes  sind  selten".  Delbrück  Ai.  Verb. 
S.  194  führt  in  der  That  nur  an  riiathUj  riMthana,  vidäsi, 
viddsy  vidathas,  vidatha.  Der  Stamm  vida-  scheint  mir  nun 
ohne  Zweifel  identisch  zu  sein  mit  dem  sonst  vorliegenden 
Stamm  vid^-,  abg.  videti,  got.  witan^  lat.  viderCj  gr.  elbri-cuj 
usw.,  das  heisst  auch  vidäs  ist  keine  Konjunktiv-,  sondern  eine 
Injunktivform  gleich  lat.  vides^  gr.  )x6,\x\c,  die  zu  dem  zweiten 
Aorist  in  Beziehung  gesetzt  ist.  Diese  Verbindung  kann  schon 
alt  sein,  da  ja  auch  im  Griechischen  zu  dem  Perfektum  oTba 
der  Plusquamperfektstamm  eide  gehört,  vgl.  Waekemagel  Verm. 
Beitr.  45.  Was  mit  riSatha  anzufangen  ist,  entzieht  sich  mei- 
ner Erkenntnis.  Die  Form  kann  uns  aber  nicht  abhalten,  zu 
sagen,  dass  es  eine  besondere  Konjunktivform  zu  dem  zweiten 
Aorist  nicht  gibt,  sondern  dass  diese  Stelle  augmentlose  indi- 
kativische Formen,  die  man  Injunktive  genannt  hat,  versehen. 

Von  dem  reduplizierten  Aorist  heisst  es  bei  Whitney 
§  869:   "Wie  in  anderen  präteritalen  BildungCM  werden  die 


Kleine  grammatische  Beiträge.  215 

augmentlosen  IndikatiypersoDen  dieses  Aoristes  konjunktivisch 
verwendet,  nnd  sie  sind  sehr  viel  zahlreicher  als  die  wirk- 
liehen Konjunktivformen*'.  Dieser  reduplizierte  Aorist  ist  ja 
aber  niit  dem  vorhergehenden,  abgesehen  von  der  Reduplika- 
tion, ganz  identisch,  und  es  kann  uns  daher  nicht  Wunder 
nehmen,  dass  wir  in  Betreff  des  Injunktivs  und  Konjunktivs 
hier  genaa  dasselbe  antreffen.  Whitney  führt  im  ganzen  fol- 
gende Formen  an:  riradha  1.  Sg.,  titapäsi,  cikfpatiy  siiadhati, 
pisprgati.  Bei  diesen  möchte  ich  bei  titapa-si  an  lat.  tepe-re 
Varm  sein'  erinnern,  cik/päti  und  siiadhäti  sind  wohl  jung. 
pisprgati  ist  ganz  regelrecht. 

Bei  dem  Wurzelaorist  liegen  die  Verhältnisse  nicht  ganz 
so  einfach,  weil  im  indischen  Wuraelaorist  verschiedenartige 
Formen  zusammengeflossen  sind.  Zunächst  sagt  auch  hier 
Whitney  wieder  §  835:  "Im  konjunktivischem  Gebrauch  fin- 
den sich  Formen,  die  mit  dem  augmentlosen  Indikativ  dieses 
Aoristes  identisch  sind,  viel  häufiger  als  die  eigentlichen  Kon- 
junktivformen". .  .  .  "Von  wirklichen  Konjunktiven",  heisst 
es  dann  weiter,  "sind  die  Formen  mit  primären  Endungen 
ganz  selten.  Im  Aktiv  ist  gäni  das  einzige  Beispiel  der  1.  Sg.; 
in  der  3.  Sg.  kommen  vor  sthati,  däti  und  dhäfi,  welche  fast 
indikativisch  gebraucht  werden."  Diese  Formen  sind  aber 
ganz  regelrecht,  es  sind  ganz  normale  unaugmentierte  For- 
men mit  primärer  Personalendnng.  Die  übrigen  Formen  wie 
ddr^amj  tdrdaSj  pdrcas,  yämas,  karat,  garat,  glaghatj  yamat, 
yödhatj  «^ravat,  spdrat,  sdghatj  ddrmn,  garan,  gaman  sind 
allerdings  regelrechte  Konjunktivfoimen,  aber  man  beachte 
wohl,  fast  durchweg  von  leichten  Basen. 

Sehen  wir  von  der  Vollstufe  in  der  Wurzelsilbe  ab,  so 
ist  ddriam  =  gr.  bpaKeiv,  ai.  driauj  tdrdas  gehört  zu  trndtti, 
pdrcas  :  prndkti,  ydmas  :  ydmsi,  yächati,  karat  :  kdrSi, 
yödhat  :  yötsi,  yuddhds,  sravat  :  sröH,  sparat  :  sprtds.  In 
der  Hauptsache  sind  also  auch  diese  Konjunktive  regelrecht, 
indem  sie  das  bei  den  leichten  Basen  auftretende  e—o  zeigen. 
Nur  Akzent  und  Basisstufe  sind  unregelmässig. 

Worin  liegt  nun  der  Grund,  dass  der  starke  Aorist  kei- 
nen Konjunktiv  bildet,  oder  vielmehr  die  augmentlosen  For- 
men konjunktivisch  verwendet.  Er  liegt  einfach  in  der  Be- 
deutung. Mit  der  Betonung  der  zweiten  Silbe  der  Basis  war 
aoristische  oder  besser  gesagt  punktuelle  Bedeutung  verbunden. 


216  H.  Hirt, 

Daher  bekam  der  Indikativ,  sobald  er  nicht  das  Zeichen  der 
Vergangenheit  hatte,  wie  Streitberg  Delbrück  gegenüber  in 
seinem  oben  zitierten  Vortrag  des  weitem  ausgeführt  hat  (vgl. 
Bericht  über  die  Verhandlungen  der  Dresdener  Philologenver- 
sammlung und  IF.  Anz.  9,  170),  futurischen  oder  imperativi- 
schen  Sinn,  aus  dem  sich  der  konjunktivische  mit  Leichtigkeit 
entwickelte.  Man  kann  sich  das  sehr  leicht  an  modernen  punk- 
tuellen Verben  klar  machen.  Wenn  ich  sage:  'Ich  bringe  dir 
das',  so  liegt  das  in  der  Zukunft,  es  heisst  eigentlich:  Mch 
werde  dir  das  bringen'  oder  'ich  will  dir  das  bringen'.  'Ihr 
bringt  mir  das'  liegt  natürlich  auch  in  der  Zukunft,  und  ent- 
hält je  nach  dem  Satzton  einen  Befehl  =  'dass  ihr  mir  das 
bringt',  oder  einen  Wunsch  'Bringt  mir  doch  das  her,  seid  so 
gut,  thnt  es'.  Dass  der  sogenannte  Injunktiv  thatsächlich  kon- 
junktivische Bedeutung  hat,  ist  ja  längst  nachgewiesen,  es  ist 
also  nicht  auffallend,  wenn  sich  aus  dem  Injunktiv  ein  Kon- 
junktiv entwickelt.  Das  konnte  geschehen,  wenn  sich  neben 
die  regelrechten  Formen  Neubildungen  stellten.  Auszugehen 
haben  wir  dabei  von  den  «^/-Basen. 

Ich  habe  in  meinem  Ablaut  zu  zeigen  versucht,  wie  sehr 
durch  den  Akzent  die  Basen  differenziert  wurden,  und  habe 
darauf  hingewiesen,  dass  diese  Diflferenzierung  notwendig  zu 
Neubildungen  führen  musste,  die  grössere  Einfachheit  boten. 
So  ist  das  Verhältnis  von  t^ra  terd  fast  nirgends  mehr  im 
lebendigen  Gebrauch  erhalten.  Im  Slavischen-Li tauischen  ist 
das  Element  -e,  -a,  -ö,  das  sich  dem  Sprachgefühl  bot,  für 
die  Ausbildung  des  Präteritums  benutzt,  vgl.  Idg.  Ablaut  S.  180, 
im  Aind.,  Griech.,  Lat.  ist  daraus  der  Konjunktiv  erwachsen. 
Ist  dies  richtig,  so  erklärt  es  sich  auf  das  einfachste,  \veshalh 
das  Lit.-Slavische  die  idg.  "Konjunktivformen"  nicht  kennt. 
Es  hatte  diese  Formen  auch,  aber  in  anderer  Bedeutung.  Die 
Konjunktivbildung  ist,  glaube  ich,  ausgegangen  von  Verben, 
wie  sie  in  der  indischen  sechsten  Klasse  vorliegen.  Diese 
Präsentien  beruhen  zum  guten  Teil  auf  Neubildungen,  weil 
sie  zu  schweren  Basen  gehören.  Ich  ftihre  eine  Reihe  von 
Fällen  an,  wobei  ich  kurz  andeute,  dass  wir  es  mit  einer 
^^/-Basis  zu  thun  haben: 

Muvdti  (V.  B.  ü.)  :  sütdSf 

dkuvati  (AV.  B.)  :  dhütäs, 

kiräti  (V.)  :  Jcirnäs, 


Kleine  grammatische  Beitrage.  217 

girdti  (AV.)  :  girnds, 

tirdti  (V.  B.  S.)  :  Hnidsy 

gurdti  (V.)  :  gürtds, 

jurdti  (RV.)  :  ßrnds, 

turdti  (V.  B.)  :  türtda, 

bhurdntu  (RV.)  :  bMrni-y 

sphurdti  (B.)  :  sphuritas,  E. 
Dass  derartige  Bildungen  schon  in  die  idg.  Ursprache  zurück- 
reichen,  scheint  mir  ganz  sicher  zu  sein.  Man  vergleiche 
girdmiy  abg.  ^reth  und  griechisch  la^eiv,  8av€iv,  KxaveTv  usw. 
Sobald  derartige  Formen  gebildet  waren,  konnten  die 
älteren  Formen  wie  tirdti j  tirate  modale  Bedeutung  erhalten, 
und  stand  tirdti  neben  tirdti,  so  stellte  sich  neben  tdrati,  das 
ja  ebenfalls  neu  gebildet  war,  ein  tdrati  ein,  das  heisst  das 
/f  wurde  als  ableitendes  Element  empfunden.  Da  aber  die 
zweiten  Stämme,  von  denen  dieses  Element  ausging,  auf  -a, 
'i  und  eventuell  auf  -ö  auslauteten,  so  kann  es  uns  nicht 
Wunder  nehmen,  dass  die  eine  Sprache  diesen,  die  andere 
jenen  Vokal  verallgemeinert.  Wir  werden  also  kein  Bedenken 
tragen,  lat.  fuds  mit  lit.  büvo  zu  identifizieren,  lit.  malia-u 
jnit  lat.  molam,  v^mia-u  aus  vem^  oder  venia  mit  lat.  vo- 
mäm  usw. 

Die  Entwicklung  der  Einzelspraehen  ist  natürlich  nicht 
im  Einzelnen  klarzulegen.  Das  Griechische  dürfte  nur  e  ver- 
allgemeinert haben,  da  ö  sehr  gut  als  Neubildung  nach  dem 
Indikativ  zu  fassen  hat.  Das  Lateinische  behält  die  kurz- 
vokalischen  Formen  als  Futura  bei  {er6)j  und  verwendet  sonst 
i  und  a.  Im  Keltischen  ist  nur  a  erhalten.  Gerade  diese 
Verschiedenheit  weist  darauf  hin,  dass  die  schweren  Basen 
zu  Grunde  lagen. 

Von  diesem  Standpunkt  aus  kommt  man  also  zu  einer 
^uch  syntaktisch  brauchbaren  Erklärung,  die  im  Anschluss  an 
Streitberg  so  formuliert  werden  kann:  Formen  punktueller  Be- 
deutung können  in  zweierlei  Weise  verwendet  werden,  ent- 
weder durch  Bezeichnung  der  Vergangenheit  als  Aoriste,  oder 
als  Futura.  Mit  dem  futurischen  Sinn  ist  der  imperativische 
und  voluntative  so  eng  verknüpft,  dass  die  Injunktivformeu 
leicht  diesen  Sinn  annehmen. 

Ganz  anders  liegen  nun  die  Verhältnisse  beim  ^-Aorist. 
Halten  wir  uns  nun  zunächst  an  das  thatsächliche:    Whitney 


218  H.  Hirt, 

sagt  §  892:  Die  Indikativformen  ohne  Augment  werden  in 
konjunktivischem  Sinne  verwendet,  besonders  nach  prohibi- 
tivem  mä  und  sind  nicht  ungewöhnlich.  Dagegen  sind  auch 
eigentliche  Eonjunktivforraen  im  RV.  nicht  selten. 

Dieser  Stand  der  Dinge  fällt  nicht  weiter  auf.  Der  ^- 
Aorist  kann  seinem  ganzen  Ablaut  und  seiner  Betonung  nach 
nicht  mit  dem  starken  Aorist,  sondern  nur  mit  dem  Präsens 
auf  eine  Linie  gestellt  werden.  Es  ist  mir  daher  auch  wahr- 
scheinlich, dass  seine  Aktionsart  ursprünglich  eine  andere  war,, 
als  die  des  starken  Aorists,  wenngleich  sich  ein  Unterschied 
nicht  mehr  nachweisen  lässt.  Jedenfalls  steht  es  mit  den 
sonstigen  Prinzipien  im  vollen  Einklang,  dass  neben  dem  athe- 
matischen Indikativ  ein  ''thematischer"  Konjunktiv  steht.  Aller- 
dings sind  Akzent  und  Ablautsstufe  der  ersten  Silbe  nicht 
normal,  aber  das  kann  auf  Ausgleichung  beruhen.  Formen 
wie  matsatij  vdkiatiy  sakiati,  vakiathas,  yakäathas  mflssen 
sogar  auf  solchen  mit  Betonung  der  zweiten  Silbe  beruhen, 
da  sie  keine  Dehnstnfe  zeigen.  Dasselbe  gilt  von  griech.  fiSerc, 
di|i€c8€,  die  futurische  resp.  imperativische  Bedeutung  haben. 
Aber  es  sind  im  Indischen  wenigstens  ein  paar  regelrechte 
Formen  erhalten  in  dirkäass  und  prkSase.  Diese  Formen  mussten 
natnrgemäss  futurische  Bedeutung  haben,  da  diese  mit  der 
punktuellen  Bedeutung  auf  das  engste  verknüpft  ist,  und 
ich  sehe  keinen  Grund,  weshalb  nicht  in  dem  griechischen 
Futurum  diese  Formen  regelrecht  erhalten  sein  sollen.  Wir 
müssen  einerseits  betonen,  dass  sich  von  dem  j  im  Griechischen 
keine  Spur  findet,  und  dass  andrerseits  das  sja-Futurmw  im 
Rgveda  noch  sehr  selten  ist,  es  kommen  im  Ganzen  nur  17 
Formen  vor.  Die  Formen  nehmen  zwar  später  sehr  zu,  aber 
das  weist  doch  darauf  hin,  dass  wir  es  im  Indischen  mit  einer 
neuaufkommenden  Formation  zu  thun  haben.  Ich  kann  zwar 
den  Ausgangspunkt  nicht  nachweisen,  aber  vielleicht  entdecken 
wir  noch  den  Grund,  durch  den  -;-  in  das  «-System  eingedrun- 
gen ist.  Jedenfalls  könnte  man  die  Formen  ai.  vakiydmi^ 
yak§yämana,  asiSyänt,  vidhäksydnt  als  ganz  regelrechte  For- 
men betrachten ;  da  a  hier  gleich  schwachem  e  sein  kann  und 
der  Akzent  regelrecht  auf  dem  thematischen  Vokal  liegt,, 
so  sehen  diese  Formen  wie  regelrechte  Aoristpräsentien  zu 
-/yo-Stämmen  aus. 

Die  Reste  des  alten  «o-Aoristes,    dessen  unaugmentiert^ 


Kleine  grammatische  Beiträge.  219 

Form  fntnrisch  verwendet  werden  musste,  liegen  noch  im  ai. 
-«a-Aorist  vor,  der  natürlich  wieder  keinen  Konjunktiv  bilden 
kann.  Ich  halte  von  dem  «a- Aorist  nur  die  augmentierten 
Formen  für  jung,  während  die  unaugmentierten,  injunktivi- 
schen,  sehr  wohl  alt  sein  können. 

5.    Gr.  övivTiiLii. 

Das  griechische  Yerbum  övivriiii,  das  sonst  den  Stamm 
ovo  zeigt  (dvric€i,  övrica,  dv€iap),  ist  von  Wackemagel  Das  Deh- 
nungsgesetz der  griech.  Komposita  S.  50  behandelt,  und  in  ö-, 
»ehwache  Form  zu  üb-,  Wurzel  vä  in  ved.  na-thäm  'Hilfe*, 
a-nä'thdm  'Schutzlosigkeit*,  vgl.  na-dhamanas  'um  Hilfe  fle- 
hend', na-dhitäs  'hilfsbedürftig'  zerlegt.  Soviel  ich  sehe, 
stimmt  nur  Solmsen  KZ.  32,  289  dieser  gewiss  möglichen  Kom- 
bination bei.  G.  Meyer  Gr.  Gr.'  573  hält  övivti|lii  dagegen  noch 
für  etymologisch  unklar.  Brugmann  äussert  sich,  soviel  ich 
sehe,  nirgends  über  das  Wort  und  Prellwitz  versieht  es  im 
etymologischen  Wörterbuch  mit  einem  Fragezeichen.  Meine 
Erklärung  deckt  sich  z.  T.  mit  der  Wackernagelschen,  fasst 
aber  doch  einiges  anders  auf. 

Wackernagel  sieht  in  övivtdlii  ein  redupliziertes  Präsens, 
was  ja  möglich  ist,  man  kann  aber  in  övivrim  auch  ein  Prä- 
sens mit  Nasalinfix  sehen  nach  der  indischen  neunten  Klasse. 
Einen  ähnlichen  Gedanken  hatte  schon  J.  Schmidt  KZ.  25, 
48  Anni. 

Dann  erhalten  wir  als  Basis  onicl^  und  als  volle  Form, 
falls  das  o  ein  Präfix  ist,  neja.  Diese  Basis  liegt  zweifellos 
im  Indischen  vor  in  wf  'führen,  leiten'.  Die  Formen  sind 
tadellos  in  Ordnung,  und  weisen  mit  Sicherheit  auf  eine  sef- 
Basis,  Part,  nitäs,  nitU  'Führung,  Handlungsweise'.  Der  Aorist 
aneifa  wird  aus  anayiifa  kontrahiert  sein,  usw. 

Die  Bedeutungsentwickiung  bereitet  keine  Schwierigkeiten. 
Grassmann  gibt  an  1.  jemand  führen,  leiten,  häufig  mit  dem 
Nebenbegriff' des  Schutzes  oder  Heiles;  2.  insbesondere 
parallel  mit  tra;  3.  jemand  (A.)  wozu  (D.)  führen,  ihm  dazu 
verhelfen'  usw.  ati-nl  heisst  'jemand  fördern,  vorwärts  bringen'. 

Die  griechischen  Bedeutungen  von  övivrim  lassen  sich 
daraus  vortrefflich  entwickeln.  Man  vgl.  z.  B.  ei  iroTe  br|  ce 
M€t'  dGavÄTOiciv  övrica,  f|  firei,  f\  fpTU)  'wenn  ich  dich  geför- 
dert habe'  und  viele  andere  Stellen. 


220  H.  Hirt, 

Was  die  aufgestellte  Gleichung  noch  schlagender  macht, 
ist,  dass  im  Indischen  auch  dieselbe  Präsensbildung  wie  im 
Griechischen  vorliegt.  Wir  finden  in  RV.  ninithds,  und  niniyOt 
181,1,  604,2,  911,23.  Grassmann  fasst  diese  Formen  als 
Perfekte  auf  (2  Du.  Konj.  und  Opt.),  Whitney  zieht  sie  da- 
gegen zum  Präsens  der  dritten  Klasse,  vereieht  diese  Deutung 
allerdings  mit  einem  Fragezeichen.  Die  Bedeutung  ist  aber 
sicher  präsentisch.  181,  1  heisst  es:  kdd  u  preifhäv  Uäm 
raylndm  adhvarydnta  ydd  unninithö  apdm.  Grassmann 
übersetzt:  "Was  ists,  o  Liebste,  was  ihr  aus  den  Wassera  an 
Trunk  und  Reichtum  dienstbeflissen  herführt?**  604,  2:  svär 
ydd  dSmann  adhipd  u  dndhö  'hh(  md  vdpur  dridyB  niniyat, 
das  Grassmann  ttbersetzt:  "Was  schön  als  Licht  und  dunkel 
prangt  am  Himmel,  das  führe  mir  der  Herrscher  her  zum 
Schauen*'.  911,23:  sdm  aryamd  sdm  bhdgö  nö  ninlyat  särii 
jäspatydrh  suydmam  astu  deväh,  Grassmann:  "Arjaman  und 
Bhaga  mögen  uns  insgesammt  geleiten,  leicht  zu  verwalten  sei 
der  Hausstand". 

Wie  man  aus  diesen  Stellen  ereehen  kann,  ist  die  Be- 
deutung entschieden  terminativ,  jedenfalls  nicht  iterativ,  wenn- 
gleich es  mir  zweifelhaft  ist,  ob  die  Präsensbedeutung  der 
reduplizierten  Verben  iterativ  war. 

Ist  unsere  Vergleichung  richtig,  so  haben  wir  in  ninithas 
und  övivTijLii  das  bekannte  Ablautsverhältnis,  das  sich  auch 
sonst  findet.  In  7iim-  läge  ausserdem  eine  sehr  altertümliche 
Form  vor.  Denn  bekanntlich  bilden  die  Stämme  auf  -f  das 
Nasalpräsens  im  Indischen  mit  langem  l.  Dass  dies  erst  se- 
kundär ist,  scheint  mir  in  Hinblick  auf  pundtij  sU^ndti  usw. 
ganz  unzweifelhaft  zu  sein. 

Einige  Bemerkungen  erfordert  noch  der  Stamm  6vä.  Wir 
könnten  annehmen,  dass  hier  ein  oveja  vorliegt,  und  dass  das 
daraus  kontrahierte  ovri,  das  wohl  in  äol.  övriap  und  hom. 
ßveiap  vorliegt,  vgl.  Brugmann  M.  ü.  2,  325  Anm.,  durch  övi- 
vä)Lii  zu  övä  umgestaltet  wäre.  Aber  es  ist  auch  denkbar, 
dass  wir  in  övä  V.  II  zu  sehen  haben  mit  idg.  Schwund  des 
j  nach  n.  Dieser  Schwund  scheint  mir  ebenso  unabweisbar 
zu  sein,  wie  der  des  Wj  wenngleich  auch  hier  die  Bedingungen 
nicht  näher  zu  ermitteln  sind.  Ich  erinnere  vorläufig  an  x^ckuj 
'gähne,  klaff'e*:  lat.  hisco,  hidrey  also  wohl  aus  gh(j)dy  an  lat. 
suOf  spuo,    vgl.  Brugmann  Grd.*  I,  250  und  die  dort  zitierte 


Kleine  grammatische  Beiträge.  221 

Litterator.  Mit  dem  bloBsen  Skeptizismus  kommt  man  hier 
wie  sonst  natürlieh  nicht  weiter.  Vielleicht  gehört  hierher  gr. 
mirpacKU)  zu  iTpiacOai,  ai.  krinämij  aus  Tr€TTp(j)äcKUJ.  Die  Be- 
dentnngsentwicklnng  'kaufen — verkaufen'  macht  kaum  eine 
Schwierigkeit,  da  das  Kaufen  ursprünglich  ein  Tauschen  ist, 
und  ans  diesem  Grundbegriff  sich  die  Bedeutung  nach  beiden 
Sichtungen  entwickeln  kann. 

Darf  man  also  na  aus  nja  erklären,  so  können  wir  auch 
Wackemagels  Heranziehung  von  ai.  natham  usw.  gelten  lassen, 
und  es  wäre  dann  diese  Auffassung  entschieden  vorzuziehen. 


6.     Zur  Behandlung  der  8-Verb  in  düngen  im 

Griechischen. 

Formen,  die  man  lautgesetzlich  nicht  erklären  kann,  lässt 
man  gern  durch  Analogiebildung  entstehen,  oder  man  lässt 
sie  tlberhaupt  laufen  und  hilft  sich  mit  ''unbekannten"  Bedin- 
gungen. Zu  solchen  Dingen  gehört  auch  der  vielfach  anor- 
ganisch auftretende  Spiritus  asper  im  Attischen.  Indessen  hat 
hier  die  Zeit  in  vielen  Fällen  die  lautgesetzliche  Ratio  er- 
kennen gelehrt.  Sehr  interessant  ist  es,  dass  iutervokalisches 
8  noch  als  Spiritus  asper  erscheint:  so  in  Upöc  =  ai.  iiiraSy 
zunächst  aus  iherösj  ?uic  ans  ehös  usw.,  vgl.  Kretschmer  KZ. 
31,  421. 

Auf  ähnlichem  Wege,  d.  h.  aus  Einwirkung  eines  im 
Wortinnem  vorhandenen  Hauches,  der  aus  s  entstanden  ist, 
lassen  sich  noch  mehrere  sogenannte  Ausnahmen  erklären, 
wobei  ich  den  Spuren  Kuhns  KZ.  2,  260  und  anderer  folge, 
vgl.  Curtius  Grd.*  689.  Die  Verbindungen  am  und  sn  wer- 
den im  Attischen  bekanntlich  zu  m  und  n  mit  Dehnung  des 
vorausgehenden  Vokals.  Ich  nehme  an,  dass  zunächst  Am,  hn 
entstanden  sind,  und  dass  dann  dieses  h  auf  vokalischen  An- 
laut übertragen  wurde. 

Meine  Beispiele  sind  folgende: 

att.  fiiieic,  lesb.  Äji^ec,  ai.  asma-  aus  ahme.  Gewöhnlich 
erklärt  man  den  Spiritus  asper  durch  Anlehnung  an  ujiieic. 

att.  fi^al  stellt  man  zu  ai.  aste.  Der  Spiritus  wäre  also 
nicht  berechtigt.  Er  erklärt  sich  aus  i^hjuai.  Lautgesetzlich 
sind  fijLiai,  fijiicOa,  i^aiai  aus  fihaiai,  niiiTiv,  fiineBa,  fjaio,  niuevoc. 
Die  übrigen  Formen  sind  ausgeglichen  vielleicht  unter  Einwir- 


222  H.  Hirt, 

kuDg  von  SZo^ai.  Dies  soll  nach  gewöhnlicher  Annahme  die 
alleinige  Ursache  des  h  sein,  wobei  aber  i^aiai  übersehen  ist. 

Diese  beiden  Beispiele  sind,  weil  analogische  Einflüsse 
möglich  sind,  nicht  ganz  sicher. 

Unzweifelhaft  sind  dagegen: 

?vvu)ii  aus  Fchvum,  €l)idTiov,  €I^a  aus  ehma,  aber  dcBTJc 
Kretsehnier  setzt  das  Umspringen  des  h  nach  den  Schwund 
des  Digamma,  wegen  iöc:  lat.  vlruSy  ?ap  :  lit.  vasarä.  Doch 
braucht  dies  hier  nicht  angewendet  zu  werden,  weil  sich  h 
vor  r  und  n  länger  als  zwischen  Vokalen  gehalten  haben 
kann. 

Klicpoc  'Sehnsucht'  zu  ai.  iSmds  'Sehnsucht',  vgl.  Solmsen 
KZ.  29,  72  aus  ihmeros. 

Ist  unsere  Regel  richtig,  so  muss  sie  auch  auf  etinapTai 
Anwendung  finden,  da  hehm-  zu  ehm  durch  Dissimilation  ge- 
worden wäre.  Man  kann  vielleicht  auch  noch  f|viö,  dor.  avid 
'Zaun'  hinzufligen,  das  de  Saussure  mit  ai.  näst/am,  nasya 
'der  dem  Zugvieh  durch  die  Nase  gezogene  Zügel'  verbunden 
hat,  unter  Annahme  von  langer  Nasalis  sonans.  Brngmann 
Grd.  I*  421  leitet  demnach  die  Form  aus  dvciä  her,  wobei,, 
von  allem  andeiii  abgesehen,  der  Spiritus  asper  unerklärt  bleibt. 
Ich  selbst  habe  Abi.  S.  177  dvciä  als  regelrechte  dehnstufige 
Bildung  gefasst,  wogegen  dasselbe  spricht,  wie  gegen  Brug- 
manns  Erklärung.  Lautgesetzlich  würde  am  besten  urgr.  dcviä 
anzusetzen  sein,  das  regelrecht  zu  f^viä  führen  musste.  dcviä 
können  wir  aber  sehr  einfach  aus  *n8nia  erklären,  entsprechend 
dem  Verhältnis  ti|li€ic:  Jat.  nos  usw.  Unsicher  bleibt  dies,  so 
lange  keine  äolisshe  Form  mit  vv  belegt  ist.  Von  Ausnahmen 
wäre  €l)ii  zu  verzeichnen,  das  natürlich  seinen  Lenis  von 
icfi  herübergenommen  haben  kann.  Auf  das  h€)ii  auf  Thera 
will  ich  keinen  Wert  legen,  obgleich  es  an  und  für  sich  richtig 
sein  könnte,  vgl.  Thumb,  Spiritus  asper  S.  20. 

Sonstige  gegenteilige  Instanzen  kenne  ich  nicht,  doch 
bedürfen  noch  zwei  Worte  der  Besprechung. 

oT^a  hat  Bezzenberger  BB.  4,  334  mit  av.  aesma-  'Zorn, 
impetus'  verglichen.  An  und  für  sich  kann  die  Gleichung 
richtig  sein,  aber  sie  hat  doch  Bedenken  gegen  sich,  vgl. 
Wackernagel  KZ.  30,  296  f.  Auch  wer  die  nicht  teilt,  ranss 
doch  darauf  hinweisen,  dass  oT)ia  und  oi^diw  episch  sind,  und 
nach  den  Ausführungen  von  Wackemagel  Vermischte  Beiträge 


Kleine  grammatische  Beiträge.  223 

zur  grieeh.  Gramm.  5  daher  mit  Recht  Psilosis  aufweisen,  vgl. 
f)^ap  neben  f]\iipa. 

Bei  livoc  dagegen  schwankt  Solmsen  KZ.  29,  82,  oh  er 
es  aus  Fösnos  oder  ?önos  herleiten  soll.  Denn  man  muss  die& 
Wort  nebst  lat.  venum  zu  ai.  vaanas  stellen.  Andrerseits  wird 
slav.  veno  allerdings  auf  idg.  toi-no  zurückgehen.  Aber  der 
Ausweg,  den  Solmsen  einschlägt,  um  die  Worte  doch  zu  ver- 
einen —  er  nimmt  Wechsel  von  Sufl&x  -sno  und  -no  an  — , 
scheint  mir  wenig  dienlich.  Solche  Doppelsuffixe  bei  sonst 
übereinstimmenden  Worte  bleiben  doch  nur  ein  Notbehelf.  Ich 
denke  daher  an  den  idg.  Schwund  des  s  vor  Nasal,  den  ich 
oben  behandelt  habe,  zu  denen  sich  Jivoc  als  gutes  Beispiel 
stellen  würde. 

Femer  fiel  Solmsen  a.  a.  0.  das  lesb.  J^uijiiaTa  Alkaio» 
15,  6  Bgk.*  auf,  für  das  er  liijixiiara  lesen  will,  da  die  Ge- 
minata  auch  nach  langem  Vokal  im  Leshischcn  bleibt.  Es 
läge  aber,  wenn  unsere  Annahme  richtig  wäre,  keine  Nötigung 
vor,  Idjvr]  und  I6j^a  auf  gr.  libcvr]  und  Idjcixa  zurückzuführen. 
Es  könnte  schon  im  idg.  Schwund  des  s  eingetreten  sein. 

Man  sollte  nun  erwarten,  dass  derselbe  Prozcss  des  Um- 
springens  der  Aspiration  auch  in  den  Verbindungen  sr,  «/,  sw 
eingetreten  wäre.  Aber  es  lassen  sieh  hier  keine  sicheren 
Beispiele  auftreiben.  Von  aöpiov,  ÄTXowpoc  und  €upoc  ist  es 
nicht  sicher,  dass  sie  s  verloren  haben,  da  dieser  Schwund 
schon  in  das  Idg.  verlegt  werden  könnte,  vgl.  oben.  Dasselbe 
gilt  von  Ipic,  das  bei  Brugmann  Gr.  Gr.^  mit  ai.  vUaya-  'Be- 
reich, Umgebung'  verglichen  wird. 

Für  8l  käme  nur  iXa0i  aus  svda-  in  Betracht,  das  natür- 
Uch  nichts  beweist. 

sto  dagegen  liegt  in  f\vbavov  vor,  das  mau  doch  nicht 
anders  erklären  wird  als  elirö^riv,  elpirov  usw. 

Eine  Ausnahme  wäre  *öc  'der  Pfeil',  das  man  auf  inicösf 
zurückführen  muss.  Am  ehesten  ist  wohl  bei  diesem  Wort 
daran  zu  denken,  dass  wir  es  mit  einem  Worte  der  Diehter- 
gprache  zu  thun  haben,  das  daher  regelrecht  Psilosis  hätte. 

Ist  das  Gesetz,  wie  ich  glaube,  richtig,  so  lassen  sich 
daraus  noch  mancherlei  Schlüsse  ziehen. 

Zu  den  mir  stets  unannehmbaren  Voraussetzungen  in 
Bmgmanns  Gr.  Gr.  gehört  die  Annahme,  dass  in  den  Gruppen 
«r,  «r,  8lj  smy  sn  8  hinter  Vokalen  im  Urgriechischen  stimm- 


^4  H.  Hirt, 

haft  geworden  sein  soll  (Gr.  Gr.*  S.  124).  Ein  Beweis  für 
diese  Annahme  ist  natürlich  nicht  zu  führen,  da  zto,  zr,  zlj 
zniy  zn  nirgends  mehr  vorliegen.  Lantphysiologisch  ist  sie 
wenig  wahrscheinlich,  da  s  sonst  überall  zu  A  wird  —  abge- 
sehen von  den  bekannten  Ausnahmen  —  und  in  einer  Laut- 
gruppe naswos  s  dieselbe  Stellung  einnahm  wie  in  na-sos  oder 
wie  im  absoluten  Anlaut.  Wenn  nun  aber  im  Anlaut,  woran 
gar  nicht  zu  zw^eifeln  ist,  diese  Lautgruppen  zunächst  zu  hwy 
hjj  hr,  hl,  hm,  hn  werden,  so  ist  dasselbe  für  den  Inlaut  an- 
zunehmen. Erhärtet  und  zur  vollen  Gewissheit  erhoben  wird 
diese  Annahme  durch  die  Thatsache,  dass  sich  der  Lautwert 
hvj  hl,  hm,  hn  selbst  nach  Konsonanten  einstellt.  Hierher 
gehören  die  von  de  Saussure  Mem.  7,  90  f.  zuerst  gedeuteten 
Fälle  wie  Xuxvoc  :  av.  raoxSna  aus  XuKhvoc ;  vgl.  dazu  Walde 
KZ.  34,  477  und  Brugmann  Gr.  Gr.*  97.  Im  Gegensatz  za 
de  Saussnre  und  Walde  beschränkt  Bmgmann  die  Regel,  wie 
ich  aber  glaube  mit  Unrecht,  auf  einige  Fälle.  Ich  muss  da- 
her auf  diesen  Punkt  noch  einmal  eingehen. 

1.  ksn  zu  xyf  ist  allgemein  anerkannt.  Es  liegt  vor  in 
Xuxvoc  :  lat.  lärm  usw.,  cuxvöc  :  ai.  pratvakiänas  'sehr  stark, 
wirksam',  dpdxvri  :  lat.  aränea,  Trdxvri  'Reif  :  pafc ;  kuXixvti  ; 
KuXiE,  TieXixvTi  :  TteXiKTi  mit  SuflSx  -snä^  texvTi  :  ai.  takian-, 
lat.  texere;  zu  irpöxvu  vgl.  Brugmann  Gr.  Gr.*  571.  Neben 
4er  dort  vorgeschlagenen  Kombination  kann  man  irpöxvu  auch 
mit  lat.  pvönus  verbinden,  das  man  gewöhnlich  aus  prödnos 
erklärt,  vgl.  Brugmann  Grd.  2,  137,  Sommer  IF.  11,  2;  an- 
ders Solnisen  Stud.  97.  Jedenfalls  ist  irpöxvu  aus  proksnu 
entstanden. 

Ich  bin  auch  geneigt  gr.  Xdxvri  'wolliges,  krauses  Haar', 
Xdxvoc  'Schaafwolle*  mit  lat.  läna  zu  verbinden,  wenngleich 
man  dieses  gewöhnlich  mit  got.  wulla,  lat.  vüna,  abg.  vhna, 
ai.  üryiä  und  gr.  Xdvoc  zusammenstellt.  Das  eine  schliesst 
aber  das  andere  nicht  aus.  Man  muss  eben  mit  beiden  Mög- 
lichkeiten rechnen. 

Für  den  Anlaut  ist  xvauuj  :  ai.  kSnäuti  'schleift,  wetzt' 
ein  ganz  sicheres  Beispiel. 

2.  ksm  zu  XM-  Diesen  Übergang  lässt  Brugmann  a.a.O. 
unentschieden,  alle  anderen  Forscher  sprechen  sich  dafür  aus, 
fio  de  Saussure,  Walde,  Kühner-Blass  Gr.^  1,  256,  G.  Meyer 
Gr.  Gr.  ^  2«4,  Hofifmann  Gr.  D.  3,  604.    Sie  stützen  sich  dabei 


Kleine  grammatische  Beiträge.  225- 

auf  Fälle  wie  irXoxiiöc  neben  ttX^kuj,  Iujxmöc  neben  iiuKri,  bpaxiiin 
neben  bpä£,  ion.  irpfixiia  neben  irpfiTna,  ^ujxiliöc  neben  ^r|YVU|Liu 
In  allen  diesen  Fällen  wird  man  doch  lieber  Suffix  -smo  al& 
Analogiebildung  annehmen.  Walde  fügt  das  ^insicbere'  aixMiT 
Xanzenspitze'  :  lit.  eszmas,  jeszmas  'Bratspiess'  hinzu.  Doch 
ist  dies  eher  auf  aiksmos  als  auf  aikhmos  zurückzuführen. 
Eine  sichere  Herleitung  von  dKaxinevoc  weiss  ich  nicht  anzu- 
geben. Aber  da  wir  sonst  äKic^  dKri^  dKuiKrj,  äKjLiri  finden  und 
eine  analogische  Einführung  des  x  nicht  erkennbar  ist,  so  wird 
man  auch  hier  an  eine  Grundform  "^äKaKC^^voc  denken  dürfen. 
Die  durch  s  erweiterte  Basis  liegt  doch  wohl  in  öEuc  vor.  a 
und  o  lassen  sich  entweder  durch  die  Annahme  von  Ablaut 
vereinigen,  oder  6Ei5c  ist  aus  *flfc«t^«  erst  im  Griechischen  ent- 
standen. 

Gegenüber  allen  diesen  Beispielen  stützt  sich  Brugmann 
auf  das  einzige  T^Kinap  'Zeichen,  Merkmal',  das  er  zu  av. 
cmmafni  'im  Auge'  und  ai.  cdkä-aU  'sie  sehen'  stellt.  Aber 
diese  Vergleichung  scheint  mir  nicht  schlagend  genug  zu  sein,, 
um  eine  verschiedene  Behandlung  von  Tcsm  und  ksn  zu  er- 
weisen. Uhlenbeck  EWB.  stellte  cäJciate  zu  cäife  'erscheint^ 
sieht,  erblickt',  und  dann  würde  das  s  erweiternd  sein,  es 
könnte  also  im  Griechischen  recht  wohl  die  «-lose  Form  vor- 
liegen. Aber  die  Vergleichung  von  gr.  rex^ap  und  av,  casma^ni 
ist  wegen  der  Flexion  bedenklich.  Man  denkt  bei  dem  -iiiap- 
und  -ma'w-  zunächst  an  den  Wechsel  von  r-  und  w-Flexion, 
die  wir  sonst  finden.  Aber  dieser  W^echsel  ist  nur  bei  pri- 
mären Bildungen  belegt,  während  das  m  in  TeKjiiap  doch 
ein  ableitendes  Element  sein  müsste.  Ausserdem  zeigt  -^ap 
Ablaut;  homerisch  heist  es  x^K^up  und  später  steht  daneben 
noch  T€K)iripiov,  so  dass  es  nahe  liegt  in  r^Kiiiap  ein  Kompo- 
situm zu  sehen  und  den  ersten  Teil  mit  ai.  takti  'stürzen^ 
laufen*  zu  verbinden.  Jedenfalls  scheint  mir  das  Wort  nicht 
genügend  beweiskräftig  zu  sein,  um  gegenüber  den  anderen 
Instanzen  in  Betracht  zu  kommen. 

3.  ksl  zu  x^  wird  auch  von  Brugmami  anerkannt.  Vgl. 
^uxXöc  :  alb.  munk  'Maulesel',  lat.  mülus.  Man  kann  wohl 
mit  Prellwitz  EWB.  ^oxXöc  'Hebebaum,  Hebel'  hinzufügen,  in- 
dem man  es  zu  |li6toc  stellt.  Auch  könnte  man  dxXuc  'dunkel', 
das  zweifellos  zu  idg.  nokt  gehört,  aus  akslus  herleiten,  doch 
treffen  wir  x  auch  in  irawiixioc  u.  a.,  wo  es  noch  unerklärt  ist. 


^6  H.  Hirt, 

4.  1c sr  zn  X9'  Diesen  Übergang  lehnt  Brugmann  still- 
schweigend  ab.  Aber  die  Verbindung  von  ßXtixpöc  'schwach* 
mit  iLiaXaKÖc  und  ßXdE,  so  wie  die  von  \ixpic  'schräg',  X^xP^oc 
mit  gr.  Xo£öc,  lat.  luxus  scheint  mir  unbedenklich  zu  sein. 
Das  eigentümliche  XiKptcpic  erklärt  sich  aus  *Xtxpi<pic  durch 
Dissimilation  der  Hauchlaute.  In  diesem  Fall  gehört  das  s 
zum  Stamm,  und  daher  ist  das  Beispiel  ganz  sicher. 

Also  wird  s  nach  k  vor  allen  4  Sonorlauten  zu  A,  wie 
wir  nicht  anders  zu  erwarten  haben,  und  dasselbe  Ergebnis 
ist  auch  für  die  ^«-Verbindungen  vorauszusetzen. 

5.  ps 71  zu  cpv.  Brugmann  stellt  juöpcpvoc,  aus  ursprüng- 
lichem *morky^8no8  :  aisl.  miqrkue  'Finsternis*,  hierher.  Er 
scheint  aber  den  Fall  zu  der  ersten  Kategorie  zu  rechnen, 
weil  der  Labial  aus  dem  velaren  Guttural  entstanden  ist;  das 
hat  aber  hier  nichts  zu  bedeuten,  da  der  Übergang  zum  Labial 
jedenfalls  älter  ist  als  der  Übergang  des  s  zu  h. 

Man  kann  daher  weiter  auch  aTq)VTic,  Öaiq)VTic  hierher- 
ziehen, indem  man  es,  wiewohl  allgemein  geschieht,  mit  alipa 
verbindet.  Ist  die  weitere  Heranziehung  von  ai.  pra-yaki  'vor- 
wärts eilen*  richtig,  vgl.  Prellwitz  GB.  s.  v.,  Brugmann  Gr. 
1  *,  492,  so  gehörte  s  hier  wieder  zum  Stamm,  und  dann  liegt 
es  weiter  nahe,  aTipa  direkt  aus  aipsn  oder  aipsrii  herzuleiten, 
wobei  ja  allerdings  d£aicpvr|c  seiner  Natur  nach  immer  noch 
nicht  recht  klar  ist. 

ßpcpvT]  'Finsternis*,  öpcpvaioc,  öpcpvöc  'finster*  stellt  Prell- 
witz zu  ^opcpvöc.  Das  hat  aber  seine  lautlichen  Schwierig- 
keiten. Ich  habe  es  Ablaut  Nr.  571  nach  Noreens  Vorgang 
mit  aisl.  iarpr  'braun*,  ahd.  erph  verbunden,  was  indessen 
auch  nicht  sicher  ist.  Untadlig  ist  jedenfalls  die  Herleitung 
aus  orpsnos  und  die  Verbindung  mit  fpeßoc,  got.  riqis  durch 
Schwebeablaut. 

6.  Für  psm  giebt  es  keine  Beispiele,  weil  vorauszu- 
setzendes cp^  im  Griechischen  zu  jiji  assimiliert  ist. 

7.  Auch  die  Behandlung  der  Lautgruppe  psl  lässt  sich 
nicht  feststellen,  weil  kein  einschlägiges  Beispiel  zur  Ve^ 
ftlgung  steht. 

8.  Sicher  ist  dagegen  p8r  zu  cpp  geworden,  x^cppä 
'Asche*  verbindet  v.  Planta  osk.  umbr.  Gr.  mit  nmbr.  tefra 
'carnes,    quae  cremantur*,    osk.  tefürum  'sacrificium*.     Brug- 


Kleine  grammatische  Beitrage.  227 

mann  Grd.  V  174,  763,  Gr.  Gr.»  98  hält  diese  Gleichung  nicht 
für  ganz  sicher. 

Wohl  aber  wird  man  criqppöc  mit  ciißapoc  verbinden, 
und  jenes  aus  stipsros  herleiten  dürfen. 

In  den  Verbindungen  -ts  +  r,  7,  m,  7i  wurde  bekanntlich 
t  an  das  s  assimiliert,  so  dass  wir  hier  keine  Verhauchung 
erwarten  können. 

Wenn  nun  auch  für  psm  und  psl  keine  Beispiele  zur 
Verfügung  stehen,  so  wird  man  doch  nicht  anstehen,  für  alle 
Fälle  einen  einheitlichen  Lautwandel  anzunehmen,  da  die  Be- 
schränkung auf  Einzelübergänge  keinen  Wert  hat.  So  leicht 
auch  sonst  Irrtümer  durch  falsche  Verallgemeinerung  von  Laut- 
übergängen entstehen  können,  hier  halte  ich  die  Möglichkeit 
hierfür  für  ausgeschlossen,  da  sich  die  Entwicklung  von  8  in 
diesem  Fall  ganz  in  den  allgemeinen  Rahmen  fügt. 

Brugmann  ist  zu  seiner  auf  den  ersten  Blick  ganz  son- 
derbaren Annahme  offenbar  durch  das  Äolische  gekommen, 
wo  an  Stelle  der  erwähnten  «-Verbindungen  überall  Doppel- 
konsonanz vorliegt.  Diese  Doppelkonsonanz  soll  in  andern 
Dialekten  mit  Ersatzdehnung  vereinfacht  sein.  Aber  diese 
Annahme  führt  uns  zu  weiteren  unübersteiglichen  Hindernissen. 
Denn  eine  ganze  Anzahl  von  Doppelkonsonanten  werden  im 
Attischen  vereinfacht,  ohne  Ersatzdehnung  ji^coc,  andere  blei- 
ben bestehen  (äXXoc),  in  welche  Zeit  soll  man  dann  diese  Er- 
scheinung verlegen?  Ich  will  hier  auf  die  Unmöglichkeit  eine 
geeignete  Chronologie  zu  finden,  gar  nicht  eingehen,  da  es  ja 
absolut  unerwiesen  ist,  dass  die  äolischen  Formen  die  Vor- 
stufen der  attischen  und  der  andern  Dialekte  sind.  Man  kommt 
vielmehr  weit  besser  aus,  wenn  man  die  äolischen  Erschei- 
nungen im  Zusammenhang  mit  andern  dieser  Sprachgruppe 
betrachtet.  Zunächst  ist  aber  nichts  einfacher  als  anzuneh- 
men, dass  die  Dialekte,  die  Ersatzdehnung  für  sn  usw.  haben, 
dazu  über  kn,  hm  gelangt  sind.  Att.  eijui  erklärt  sich  aus 
^mij  wobei  die  Dehnung  durch  Verschiebung  der  Silbengrenze 
£-ami  zu  eh-mi  bewirkt  sein  kann.  Diese  Verschiebung  der 
Silbengrenze  ist  aber  eine  besondere  Eigentümlichkeit  des 
äolischen  Dialektes.  Ich  brauche  nur  an  €Öib€  und  andere 
Formen,  vgl.  Hoffmann  Gr.  D.  II,  435,  zu  erinnern.  Hoffmann 
hat  die  Sache  schon  ganz  richtig  gedeutet,  indem  er  euabov 
ans  kFabov  über  dhFabov   dFFabov   zu   euabov   werden   lässt. 


228  H.  Hirt, 

Es  ist  dies  derselbe  Vorgang,  durch  den  im  Germ.  ahd.  aue 
aus  a-wia  entsteht  (über  awwiä).  Im  Äolischen  ist  also  ent- 
sprechend der  Psilosis  das  h  auch  hier  geschwunden,  und 
dann  Dehnung  des  Konsonanten  eingetreten. 

Derselbe  lautliche  Prozess  liegt  auch  vor,  wenn  statt  des 
att.  dpYiipiov  im  thess.  dpipippoi  erscheint.  Auch  hier  werden 
wir  zunächst  eine  Silbentrennung  dp-Yu-piov  anzusetzen  haben. 
Durch  Verschiebung  der  Silbengrenze  entstand  dpTup-piov, 
worauf  das  j  schwand.  Zahlreiche  andere  Erscheinungen  des 
Äolischen  erklären  sich  durch  diese  Verechiebung  der  Silben- 
grenze. Auch  lesb.  kt^vvuj,  qpOeppu)  sind  nicht  die  Vorstufen 
von  ion.  att.  ktcivu). 

Und  nun  dürfen  wir  noch  einen  Schritt  weiter  gehen^ 
und  die  Frage  aufwerfen,  ob  denn  s  zwischen  anderen  Kon- 
sonanten in  irgend  einem  Falle  spurlos  geschwunden  ist.  Brug- 
mann  formuliert  Gr.  Gr.^  126  die  Regel  folgendermassen: 
"Während  in  den  Gruppen  kck,  kck,  ttctt,  ircq)  dissimilatorisch 
der  erste  Konsonant  schwand  und  in  der  Gruppe  tc-|-  kons.T 
dem  c  assimiliert  wurde,  ist  sonst  c  zwischen  Konsonanten, 
wenn  der  erste  Laut  der  Gruppe  nicht  ein  Nasal  und  der 
Schlusslaut  der  Gruppe  nicht  %  oder  '^  war,  ausgedrängt  wor- 
den". Das  ist  nun  in  der  That  richtig  für  dcTrdpGai,  dcxdXGai, 
dp^evoc,  TTT^pva,  wenn  wir  das  historische  Ergebnis  ansehen, 
aber  wir  können  zunächst  nicht  sagen,  ob  nicht  auch  hier  der 
Weg  kTraphGai,  TiTephva  usw.  gewesen  ist.  Ich  bin  geneigt, 
dies  zu  bejahen,  indem  ich  mich  auf  ^pxojiiai  stütze,  das  Prell- 
witz ohne  weiteres  gleich  ai.  rcchdti  setzt.  Dieser  Ansicht 
hat  sich  auch  Delbrück  Grd.  4,  61  angeschlossen,  bewogen 
durch  semasiologische  Rücksichten,  und  Walde  ist  KZ.  34, 478 
der  gleichen  Ansicht  ^).  Nun  hat  aber  das  Suffix  -sko  im  Grie- 
chischen nur  diese  Gestalt,  -skTio  scheint  mir  unbelegt  zu  sein. 
Tidcxuj  findet  seine  Aufklärung  durch  das  -&  in  7rd0oc  (Brug- 
mann  Gr.  1*  625,  Gr.  Gr.^  96),  und  so  bliebe  einzig  fpxoMoi 
übrig.     Nehmen  wir  aber  an,    dass  ersko  zu  erhko  geworden 


1)  Gr.  Mej'er  EWß.  der  alb.  Sprache  hat  gr.  ^pxofnai  zu  alb. 
erda  'ich  kam'  gestellt,  und  H.  Pedersen  hat  sich  KZ.  36,  335  für 
diese  Gleichung  ausgesprochen.  Aber  abgesehen  von  einer  kleinen 
lautlichen  Unregelmässigkeit,  stimmen  die  Bedeutungen  nicht  ganz, 
erda  ist  Aorist  zu  vin  'kam',  während  ^pxo^iai  in  seiner  Aktionsart 
vortrefflich  zu  ai.  fccTiati  stimmt. 


Kleine  grammatische  Beiträge.  229 

isty  so  konnte  der  tonlose  Hauch  sehr  leicht  auf  das  k  über- 
gehen. Ein  anderes  Beispiel  für  diesen  Lautwandel  weiss  ich 
freilich  nicht  anzuführen,  vielleicht  gelingt  es  einem  andern, 
ein  solches  zu  entdecken.  (Ist  das  bei  Aristoteles  belegtes 
dpxöc  zu  öppoc  zu  stellen,  aus  arskös?) 

Die  gegenteiligen  Instanzen,  namentlich  das  von  Osthoff 
IF.  8,  10  ff.  behandelte  Trapidbec  sind  sehr  unsicher,  da  wir 
es  hier  mit  Zusammensetzung  zu  thun  haben.  'AXeKTcup,  das 
Kretschner  KZ.  33,  561  aus  dX^E-imp  herleitet,  kann  sein  s 
schon  idg.  verloren  haben  oder  zur  6*-losen  Basis  gehören,  was 
im  Grunde  vielleicht  dasselbe  ist.  Nun  soll  aber  fi  geschwun- 
den sein  in  Formen  TrdXio,  dXxo,  wo  wir  7TdX0o  usw.  erwarten 
müssten.  Ich  will  hier  nicht  auf  die  Wirkung  der  Analogie 
rekurrieren,  ich  glaube  vielmehr,  dass  in  €|li€ikto,  bexio  usw. 
schon  idg.  ^-lose  Formen  vorliegen.  Dass  s  zwischen  zwei 
Verschlusslauten  im  Idg.  geschwunden  ist,  liat  Osthoff  M.  ü. 
4,  329'  wegen  ahd.  sehto  wohl  mit  Recht  vermutet.  Sehen 
wir  von  diesen  Formen  ab,  so  erklären  sich  solche  wie  T^TpdcpOai 
sehr  einfach  aus  T€TPCi7rh0ai,  Brugmanns  öcp8aX|Liöc  aus  Ö7Th0aX- 
Höc  (Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  1897,  32  ff.),  ^cp06c  :  gipo^ai 
aus  dTrhxöc;  vgl.  Walde  KZ.  34,  478. 

Man  kann  also  für  die  Behandlung  des  griechischen  s 
die  Kegel  aufstellen:  s  ist  in  allen  Stellungen  ausser  in  der 
Verbindung  mit  f,  p.  Je  und  im  Auslaut  zu  h  geworden,  das 
später  vielfach  schwand. 

7.    Gr.  'i'tiilii  =  lat.  jacio. 

Die  Ansicht,  dass  gr.  iTiiiii  zu  idg.  se  'säen'  gehört,  scheint 
heute  ziemlich  allgemein  durchgedrungen  zu  sein.  Sic  wird 
vertreten  von  Prellwitz  EWB.,  von  Brugmann  Grd.  u.  v.  a. 
Ich  glaube  aber,  dass  in  diesem  Fall  Curtius  im  Recht  war, 
der  iT]Mi  mit  lat.  jacio  verbunden  hat  (Philologus  3,  5,  KZ. 
2,400,  Grd.  ^401).  Wieder  aufgenommen  ist  Curtius  Ansicht 
von  Brial  an  einer  Stelle,  die  ich  nicht  mehr  auffinden  kann, 
and  von  Bartholomae  KZ.  27,  355. 

Meine  Gründe,  mich  für  Curtius  auszusprechen,  sind  fol- 
gende : 

idg.  s€  'säen',  lat.  serOy  stti,  got.  saian,  ir.  sil  'Same', 
Ut.  seju,  abg.  sejq  hat  in  allen  vier  Sprachgruppen  die  Be- 
deutung 'säen'  und  keine  andere.     Dass   diese   aus   der   von 

Indogermanische  Forschungen  XII  3  u.  4.  16 


230  H.  Hirt 


j 


'werfen'  hervorgegangen  ist,  wäre  ja  an  und  für  sieh  denkbar, 
aber  es  ist  nicht  zu  beweisen,  und  beruht  im  Grunde  nur 
darauf,  dass  man  die  Indogermanen  nicht  fUr  Ackerbauer  hielt. 
Ist  aber  der  Ackerbau,  wie  ich  Geogr.  Zeitschr.  4,  381  aus- 
einandergesetzt habe,  uralt,  so  fällt  auch  damit  die  Wahr- 
scheinlichkeit des  Bedeutungswandels  unseres  Wortes.  Muss 
bei  dieser  Annahme  der  Bedeutungswandel  für  vier  grosse 
Sprachgruppen  erst  erschlossen  werden,  so  stimmen  auf  der 
anderen  Seite  jacio  und  \x\\i\  morphologisch  und  semasiologiseh 
ganz  genau. 

fJKe  'warf  ist  direkt  gleich  jecit.  Man  vgl.  11.  4,  498: 
6  b'  oux'  fiXiov  ß^Xoc  f|K€v,  wo  man  direkt  mit  j^cit  übersetzen 
kann.  Aber  auch  in  ttbertragener  Bedeutung  stimmen  die 
Worte.  So  heisst  es  öira  xe  lueTÖtXTiv  dx  ciriBeoc  i€i  kqi  firea, 
IL  3,  221,  Od.  12,  192,  Gpnvov  ^x  cTneeuiv  f^cav  Sept.  847, 
KiüKUTÖv  levai  Soph.  Ai.  838,  )LiTib€|Liiav  cpujvf|v  \dvai  Her.  2,  2 
usw.  Im  lateinischen  wird  jacere  ganz  entsprechend  verwen- 
det :  assiduaa  querelas  jacere  Cic,  Huspicionem  jacere  Cic, 
quod  jacis  obscure  usw. 

Den  stärksten  Beweis  aber  für  die  Identität  der  Worte 
sehe  ich  darin,  dass  sie  beide  mit  den  gleichen  Präpositionen 
verbunden  werden.  War  auch  die  Verbindung  von  Präposition 
imd  Verbum  im  Idg.  noch  nicht  ganz  fest,  so  muss  es  immerhin 
schon  eine  Anzahl  von  Verbindungen  mit  typischer  Bedeutung 
gegeben  haben.  Dass  irmi  und  jacere  mit  den  gleichen  Prä- 
positionen verbunden  werden,  spricht  für  ihre  Identität  und 
dafür,  dass  diese  Verbindungen  voreinzelsprachlich  waren. 

dcpiri.ui  heisst  'wegwerfen',  öiiXa  Plato  Leg.,  lat.  scutum 
ahicere,  ÖKOvia,  ?tXOc,  Kepauvov  dcpi^vai  Hom.,  lat.  fela  ex 
vaUo  ahicere\  t\\v  ^^V\>f  dcpi^vai  Mie  Seele  aushauchen'  Her. 
4,  190,  lat.  vitam  ahicere.  dvirmi  :  Tröp  vriuciv  II.  12,  441, 
lat.  ignes  (sc.  in  domum)  inicere  Cic,  exhausths  tecti*t  ignen 
Liv.;  jLievoc  tivi  dvidvai,  lat.  alci  metum  inicere  Caes.,  speni 
inicere.  dcpirmi  und  ahicere  stimmen  nicht  ganz,  aber  es  gibt 
auch  hier  Berührungspunkte. 

TTpoiTim  :  boXixöcKiov  ?TX0C  TTpoidvai,  arma  projicere,  heisst 
auch  gr.  'Menschen  hinaussenden',  lat.  'hinauswerfen',  didpouc 
Tipoieiv,  lat.  aliqtiem  foras  projicere;  wir  finden  ferner  die 
übertragene  Bedeutung  'preisgeben'  xp^mct^a  Tipoi^vai,  iamöv 
itii  Ti,  eic  Ti,  lat.  legiones  projicere  usw. 


Kleine  grammatische  Beiträge.  231 

Ganz  merkwürdig  ist  die  übereinstimmende  Bedeutung 
bei  cuviimi  und  conicere,  ersteres  'vernehmen,  hören,  wahr- 
nehmen,  bemerken,  verstehen*,  lat.  '(aus  dem  Wahrnehmen) 
erschliessen,  erraten'. 

Diese  Übereinstimmungen  seheinen  mir  so  frappierend 
zu  sein,  dass  man  an  der  Identität  der  Worte  nicht  zweifeln 
kann. 

Formell  haben  wir  von  je  auszugehen.  Davon  wird  ein 
fJKe  =  lat.  j^cit  gebildet,  und  von  dieser  Form  aus  ist  das  c 
im  Lateinischen  verallgemeinert,  jacio  :  jeci  wie  facio  :  feci, 

8.   Beispiele  zum  griechischen  Schwebelaut. 

Ich  führe  im  Folgenden  eine  Reihe  von  Etymologieen 
an,  die  als  Illustrationen  für  den  Ablaut  zweisilbiger  Basen 
dienen  mögen. 

Gr.  Tipujiva  :  TteTpap. 

TTpuiiva,  ion.  irpuiiVTi  'das  Hinterende  des  Schiffes*  wird 
von  Prellwitz  EWB.  s.  v.  zu  gr.  Tip^iiivov  'das  dicke  Ende'  ge- 
stellt, wie  dies  schon  Curtius  Grd.^  715  gethan  hat.  Hierbei 
bereitet  indessen  der  Vokalismus  Schwierigkeiten.  Denn  ti  als 
schwacher  Vokal  der  e-Reihe  und  vor  allem  vor  m  ist  mir 
nicht  erwiesen.  Es  ist  indessen  auch  nicht  nötig,  zu  dieser 
Anomalie  seine  Zuflucht  zu  nehmen,  u  kann  auch  echtes  u 
sein,  und  dann  würde  pru  SS.  zu  einer  Kttm  pereu  sein.  Als 
V.  I  gehört  dazu  peru,  und  dies  liegt  deutlich  in  honi.  Tieipap, 
att.  TT^pac,    Grundform  irepFap  'das  Ende,   das  Äusserstc'  vor. 

Gr.  fiXeupov  :  ahd.  7nelo, 

Diese  Gleichung  ist  ja  im  Prinzip  längst  anerkannt,  aber 
den  regelrechten  Ablaut,  der  in  den  beiden  Worten  steckt,  hat 
man  noch  nicht  erkannt,  ahd.  meloj  g.  melwes  ist  V.  I  zur 
Basis  meleu,  gr.  äXeupov  aus  mleu-ron  bildet  dazu  die  zweite 
V.  Wie  sich  dazu  lat.  molo,  ahd.  malan  usw.  verhalten,  lässt 
sich  nicht  entscheiden.  Möglich  ist  auch  hier  idg.  Schwund 
des  w. 

Gr.  TioiF^uj,  ai.  cinömi  und  seine  Sippe. 

Die  von  Brugmann  (Ber.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.  1889 
S.  36  if.)    herrührende    und   ausführlich   begründete   tadellose 


232  H.  Hirt, 

Gleichung  gr.  ttoi^id  zu  ai.  cinömi  ist  mir  leider  bei  der  Ab- 
fassung meines  Ablauts  entgangen.  Wäre  dies  nicht  geschehen, 
so  hätte  ich  das  §  493  aufgestellte  noch  ganz  anders  sttltzen 
können.  Ich  will  dieses  Versäumnis  gut  machen,  indem  ich 
den  Ablaut  dieser  ganzen  Sippe  darlege. 

Betrachtet  man  ttoiF-  und  cin-ömi  vorurteilsfrei,  so  liegt 
hier  ein  sicherer  Fall  von  Doppelablaut  und  Nasalinfigierung 
vor.  TioiF  verhält  sich  zu  ai.  ci-ö,  wie  gr.  yövu  zu  got.  kniu  usw., 
d.  h.  das  F  des  griechischen  Wortes  gehört  zur  Basis.  Die 
idg.  Grundform  ist  also  k^ojeu.  Hierzu  wird  man  als  Voll- 
stufe II  unbedingt  ai.  cyävaUy  gr.  ceüui  stellen  dürfen.  Für 
cyu  setzt  Grassmann  als  Bedeutung  an  "1.  schwanken,  in  Be- 
wegung geraten;  2.  sich  regen,  sich  rühren,  geschäftig  sein; 
3.  erschüttern;  4.  ins  Werk  setzen,  schaflFen".  Ich  brauche 
kaum  zu  bemerken,  wie  nahe  sich  Bedeutung  2  und  3  mit 
Tioieiü  berührt.  Gr.  ceOuj  scheint  in  der  Bedeutung  etwas  ab- 
seits zu  liegen.  Aber  wir  finden  eine,  wie  es  scheint,  ursprüng- 
lichere Bedeutung  in  att.  TeuidJ^ui  'sich  mit  etwas  eifrig  be- 
schäftigen*, T€u^do|Liai  'betreiben',  wo  die  Ähnlichkeit  mit  iroieu) 
zu  Tage  tritt. 

9.   Metathese  von  r  im  Griechischen  und  die 

Vertretung  von  r. 

Bekanntlich  wechseln  im  Griechischen  ap  und  pa  als 
Vertreter  der  sogenannten  r.  Diese  doppelte  Entsprechung 
derselben  indogerm.  Lautgruppe  zu  erklären,  hat  Kretschuier 
KZ.  31,  381  unteniommen.  Er  veraiutete,  dass  r  zu  ap  ge- 
worden sei,  wenn  es  betont  war.  Aber  mit  dieser  Ansicht  ist 
zweifellos  nicht  glatt  durchzukommen.  IF.  7,  156  habe  ich 
einen  andern  Versuch  gemacht,  der  indessen  auch  nicht  über- 
zeugend war.  Beim  weitern  Verfolg  der  Ablautsfragen  und 
bei  einer  erneuten  Lektüre  der  gortynischen  Inschrift  kam  es 
mir  aber  zum  Bewusstsein,  dass  wir  es  in  einer  Reihe  von 
Fällen  bei  diesem  Wechsel  mit  einer  rein  griechischen  Er- 
scheinung zu  thun  haben,  nämlich  mit  Metathesis.  Jedermann 
weiss,  dass  ags.  hors  gegenüber  ahd.  hros  auf  einer  solchen 
Metathesis  beruht,  und  diese  Erscheinung  ist  überhaupt  in 
keiner  Sprache  selten.  Allerdings  kann  man  bei  diesem  Vor- 
gang, der  auf  einer  Art  Versprechen  beruht,  gewöhnlich  nicht 
von  einem  Lautgesetz  reden,    da  die  Bedingungen  für  einen 


Kleine  grammatische  Beiträge.  233 

solchen  Wandel  sehr  individuell  sind,  aber  immerhin  ist  auch 
hier  oft  eine  weite  Verbreitung  und  eine  gewisse  Gesetzmässig- 
keit nicht  zu  verkennen.  Auf  griechischem  Boden  ist  indessen 
die  Annahme  von  Metathese^  seit  Sigismund  Curt.  Stud.  5, 187  flF. 
darüber  gehandelt  hat,  in  Miskredit  gekommen,  weil  durch 
die  Annahme  von  r  ganz  andere  Erklärungsmöglichkeiten  ge- 
boten wurden.  Aber  in  den  Dialekten  sind  doch  allmählig 
eine  Keihe  von  Formen  aufgetaucht,  die  uns  zwingen  zu  dem 
älteren,  missachteten  Erklärungsprinzip  unsere  Zuflucht  zu 
nehmen. 

Die  Metathese  hat  ihren  Mittelpunkt  auf  Kreta;  sie  ist 
hier  vor  allem  reichlich  belegt  in  der  Inschrift  von  Gortyn, 
und  an  dieses  Zentrum,  in  dem  ziemliche  Regelmässigkeit  zu 
herrschen  scheint,  schliessen  sich  andere  entferntere  Glieder 
mit  weniger  Beispielen  an. 

Zimächst  ist  TTopii  fünfmal  auf  der  Inschrift  von  Gortyn 
belegt  gegenüber  sonstigem  irpöii  =  ai.  präti.  Brugmann 
meinte  noch  Gr.  Gr.  ^  S.  219:  "Diese  Form  wird  durch  den 
Hinweis  auf  gelegentliche  Metathesen  wie  'Aqpopbiia  (Cauer 
D.*  Nr.  121  A.  27)  neben  'Aqppobiia  (auf  der  Bergmannschen 
Inschr.  Z.  79)  nicht  genügend  erklärt".  Diese  Ansicht  hat 
er  auch  Grd.  1*  436^  noch  festgehalten;  Gr.  Gr.^  S.  81  er- 
kennt er  aber  die  Metathese  an.  Auch  pamphyl.  TrepTi  rechnet 
er  mit  Kretschmer  KZ.  33,  266  jetzt  hierher,  vgl.  äol.  Trpec, 
was  in  Hinblick  auf  die  in  pamphylischen  Inschriften  belegten 
Formen  wie  'Aqpopbicuuc,  'Aqpopbicia  durchaus  wahrscheinlich 
ist.  Diese  Form  kehrt  als  'Aqpopbiia  auf  Kreta  in  der  Schwur- 
inschrift von  Deros  s.  o.  wieder,  und  sie  bietet  demnach  das 
zweite  Beispiel  einer  Metathesis  von  po  zu  op.  Soweit  ist 
Kretschmer  schon  gegangen.  Aber  hier  ist  er  wie  Brugmann 
stehen  geblieben.  Zwar  sagt  jener  Forscher  KZ.  33,  473,  man 
könne  hinsichtlich  der  gort.  Formen  Kdpiujv,  OiXöcxapTOC  zwei- 
feln, ob  sie  nicht  erst  durch  Metathesis  entstanden  seien,  aber 
in  Bezug  auf  xdpTOC  :  Kpaxuc,  0dpcoc  :  Gpacuc  verweist  er  auf 
i?eine  Erklärung  KZ.  31,  392,  und  Brugmann  schliesst  sich  dem 
Gr.  Gr.  3  81  Anm.  2  an. 

Es  ist  aber  gar  nicht  einzusehen,  warum  ein  pa  nicht 
zu  ap  werden  konnte,  wenn  po  und  pe  zu  op  und  ep  wurden. 
Thatsächlich  sind  denn  auch  im  gortyn.  Dialekt  fast  nur 
Formen  mit  ap,  und  kaum  solche  mit  pa  belegt. 


234  H.  Hirt, 

Gesetz  von  Gortyn  V  5  heisst  es  al0[a]XeücTapTOc  gegen- 
über gemeingr.  cxparöc,  das  auch  Kretschmer  KZ.  31,  392 
gleich  ai.  strtas  setzt.  Es  lag  bis  jetzt  ausserordentlich  nahe, 
hierin  den  bekannten  Wechsel  von  ap  und  pa  zu  sehen.  Ich 
kann  es  aber  nicht  mehr  thun,  weil  cipaiöc  zu  der  zwei- 
silbigen schweren  Basis  sterö  gehört,  vgl.  ai.  stfndti,  stlrndsy 
gr.  CTpu)TÖc,  lat.  strattiSy  daher  muss  cipaiöc  =  idg.  strdtös 
sein,  vgl.  Verf.  Idg.  Ablaut  69  f.,  84  f.  ciapToc  ist  denn  auch 
im  wesentlichen  auf  Kreta  oder  in  dorischen  Dialekten  belegt. 
Hesychs  Glosse  cidpior  a\  idEeic  toö  ttXiiGouc  lässt  sich  nicht 
lokalisieren,  wir  dürfen  sie  aber  nunmehr  dem  oben  genannten 
Dialektgebiet  zuweisen,  ol  ciapioi  finden  wir  in  Lyttos,  Bull, 
de  corr.  hell.  13,  61 ;  feiner  OiXöciapioc  als  kretischen  Eigen- 
namen, Zidpioqpoc  (Cauer  D.  *  148  C.  20)  in  einer  Inschrift  aus 
Thera,  ZiapTÖveiKOc  in  einem  Epigramm  aus  Galatien  CI6. 
4137,  Kaibel  Epigr.  4042.  4. 

Auf  der  Inschrift  von  Gortyn  lesen  wir  fenier  I  15  xap- 
Tovac  *),  II,  3  usw.  Kapiei,  IV  25  Kapiepöv,  IV  36  Kapiafi]- 
TToba.  Niemals  kommt  Kpai  vor.  Und  diese  Form  Kapx  war 
auch  sonst  auf  Kreta  beliebt:  ZiuKapiric  GIG.  1654,  [Au]ciK(ip- 
Tioc  Mus.  Ital.  2,  17,  AajiiOKdpTioc  Bull,  de  corr.  hell.  22,  57 
sind  alle  drei  kretische  Eigennamen.  Dazu  stellt  sich  Käprriv' 
Tfiv  ßoöv  KpfjTec  Hesych.  Kapi  finden  wir  ferner  auf  Thera 
in  dem  oben  erwähnten  Testament  der  Epikteia,  die  auch 
ZidpToqpoc  hat:  C.  17.  21.  23  KapTibdjiiac,  und  in  KapiiviKOc 
CI.  2465. 

Über  den  homerischen  Wechsel  von  Kpai-  und  Kapi-  s.  u. 

Bei  diesem  Wort  ist  es  fast  ganz  unmöglich  anzunehmen, 
dass  KttpT-  auf  einer  Analogiebildung  beruht,  denn  die  Voll- 
stufe heisst  Kp€T0c,  und  got.  hardus  kann  uns  wenig  nützen. 
In  Gortyn  findet  sich  ferner  bapKvdv  I  32,  bapKvdvc  II  9,  nie- 
mals bpaxMrj.  Auf  Knossos  heisst  es  bapK^d  Mitteil.  d.  Athen. 
Inst.  11,  S.  180  (1886).  Ebenso  ist  die  Form  bapxiid  elisch 
und  arkadisch.  Da  wir  die  kretische  Form  anstandslos  durch 
Metathesis  erklären  können,  so  wird  man  dies  für  die  übrigen 
auch  annehmen  dürfen. 

Die  Inschrift  hat  femer  XI  54  irpOT^iapTov. 

Wäre  diese  Form  alt,    so  niüsste  sie  ♦r^TTapTOv   lauten. 


1)  Zu  KopTovac  vgl.  Lagercrantz  Zur  griech.  Lautgeschichte  45. 


Kleine  grammatische  Beiträge.  235 

Nach  Bmgmaun  Gr.  6r.^  212  hat  T^iapioc  sein  einfaches  t 
von  T^xpa  bezogen,  ebenso  wie  dor.  und  nordwestgr.  T^iopec. 
Das  ist  ja  möglich,  aber  im  Hinblick  auf  die  übrigen  Fälle 
von  Metathesis  im  Kretischen  wenig  wahrscheinlich.  Hätte  es 
ein  ♦x^rrapTOc  gegeben,  so  wäre  es  wohl  durch  TeiTapec  ge- 
halten. Viel  verständlicher  ist  die  Umwandlung  eines  Teipaioc 
in  T^Topioc  nach  T^Tiapec.  Ob  i^iopec  sein  einfaches  t  nach 
T€Tpa-  bekommen  hat  und  nicht  vielmehr  nach  einem  dorisch 
zwar  nicht  mehr  belegten,  aber  doch  vorauszusetzenden  le- 
Tupac,   hom.  iricupec,  ai.  caturas  nmss  doch  erwogen  werden. 

Jedenfalls  müssen  die,  die  ein  T^iapioc  für  möglich  hal- 
ten, nachweisen,  das  r  auch  durch  ap  im  Griechischen  ver- 
treten ist. 

Schliesslich  zeugt  'AcKaXirioc  auf  der  gort.  Tempelinschrift 
Monom,  anticbi  IC  7  dafür,  wie  stark  das  Streben  nach  Meta- 
these im  Kretischen  war. 

Wenn  auch  nicht  allen  Beispielen  gleiche  Beweiskraft 
zukommt,  so  ist  doch  festzustellen,  dass  auf  der  Inschrift  von 
Gortyn  die  Lautfolge  ap  die  Regel  ist.  pa  kommt  nur  vor  in 
VIII  51,  53  Tpd7T€c0ai,  das  zu  Tp^qpu)  gehört  und  von  ihm  be- 
einflusst  sein  kann,  und  in  dTpajii^va  usw.,  das  als  technischer 
Ausdruck  auch  schwerlich  ins  Gewicht  fallt.  Die  Lautgruppe 
po  erscheint  in  irpö  Trpöööa,  irpÖKOOv,  bpo|u^u)v,  Kpövoc,  die 
uns,  wenn  sie  nicht  von  aussen  importiert  sind,  zeigen,  dass 
solche  Metathesen  selten  ganz  durchgehen. 

Es  ist  nun  höchst  wahrscheinlich,  dass  ein  solcher  Laut- 
wandel nicht  auf  ein  bestimmtes  Gebiet  beschränkt  war,  son- 
dern sich  in  Ausläufern  auch  weiterhin  erstreckte.  Wir  fin- 
den denn  auch  die  Form  bapxiiid  im  elischen  und  arkadischen. 
Ich  lasse  auch  diese  Forai  durch  Metathese  entstehen. 

Weiter  möchte  ich  auf  korkyr.  ßapvd^evov  Coli.  3189, 
3175  verweisen,  das  als  ßapvd^xevov  auch  auf  einer  attischen 
Inschrift  gefunden  ist  (Kirchhoff  Hermes  17,  626  ff*.  =  CIA. 
IV  p.  108,  N.  446",  51).  Brugmann  Grd.  P  361,  Kretschmer 
KZ.  31,  393,  Job.  Schmidt  Kritik  der  Sonantentheorie  27 
nehmen  an,  dass  dies  eine  Kontaminationsbildung  aus  judpvajuai 
und  *ßpavdjLievoc  sei.  Dasselbe  gilt  von  ßapbflv  tö  ßid2ec6ai 
TuvaiKa.  'A|Li7TpaKiaiTai  Hesych,  das  Pischel  BB.  7,  334  mit  ai 
mrdndti  'heftig  drücken'  verbunden  hat.  Aber  derartige  Kon- 
tamination sbildungen  müssen  doch  immer  unsere  letzte  Zuflucht 


236  H.  Hirt, 

bleiben.  Es  liegt  nach  dem  oben  gesagten  ausserordentlich 
nahe,  in  ßapvdjiievoc  und  ßapbfiv  einfache  Metathese  anzu- 
nehmen. 

Wenden  wir  uns  nunmehr  zu  den  homerischen  Verhält- 
nissen, so  ergiebt  sich  auch  hier  manches  interessante. 

Wir  finden  hier  nebeneinander  Kpaiepöc  und  Kopiepöc. 
Die  überwiegende  Anzahl  der  Belege  zeigt  Kpaiepöc,  wie  man 
aus  Geh  rings  Index  ersieht.  Die  Form  Kpaiepöc  war  aber  im 
Hexameter  nicht  an  allen  Stellen  verwendbar,  wir  müssten 
z.  B.  in  einer  Verbindung  wie  KparepöGu^ov  metrische  Dehnung 
erwarten.  Eine  solche  liegt  aber  nicht  vor,  sondern  wir  finden 
KapTepö0u|uov.  Weiter  finden  wir  zwar  38  mal  Kpaiepöc,  aber 
auch  Kapiepöc  14  mal.  In  diesem  Fall  lag  nun  allerdings  kein 
Zwang  zur  metrischen  Dehnung  vor.  Ich  schliesse  mich  aber 
in  diesem  Punkt  der  Auffassung  von  Danielsson  Zur  metrischen 
Dehnung  S.  14  an,  vgl.  dvepoc  usw.  So  finden  wir  dann  noch 
9  mal  Kapiepöv,  aber  27  mal  Kpaiepöv,  Imal  Kapiepoi,  2  mal 
Kapiepd  und  2  mal  Kapiepai,  wo,  wenn  die  Form  Kpai  vorläge, 
Dehnung  eintreten  mttsste  oder  könnte.  Die  Form  des  Super- 
lativs Kpdiicioc  war  gar  nicht  zu  verwenden,  kein  Wunder 
also,  dass  wir  hier  stets  Kdpiicioc  treffen. 

Bei  dem  Substantivum  Kpdioc  überwiegt  diese  Form  mit 
28  Belegen  gegenüber  6  von  Kdpioc.  Dagegen  Kdpiei  ist  6 mal 
zu  finden,  aber  nur  2  mal  Kpdiei.  Ich  vermute  daher,  dass 
hier  die  "Metathese"  zuerst  eingetreten  ist. 

Kpaiuc  ist  4  mal  belegt,  es  heisst  aber  dKapiOvavio  3mal. 

Es  steht  also  fest,  dass  mit  Ausnahme  von  Kdpioc  die 
Stufe  Kapi  nur  da  belegt  ist,  wo  nach  sonstiger  Analogie 
metrische  Dehnung  zu  erwarten  wäre,  falls  es  keine  meta- 
thierten  Formen  gegeben  hätte.  Nun  liegt  ja  die  Vermutung 
ausserordentlich  nahe,  dass  Homer  alte  Doppelformen  nach 
Belieben  verwendet  hätte.  Aber  als  Konsequenz  müssten  wir 
annehmen,  dass  im  homerischen  Dialekt  neben  jedem  pa  ein 
ap  gelegen  hätte.  Dass  das  nicht  wahrscheinlich  ist,  liegt 
auf  der  Hand. 

Ich  kann  hier  gleich  KapiraXiiuOuc  usw.  anschliessen.  icpa- 
7raXi)Liu)c  war  im  Hexameter  nur  verwendbar  mit  metrischer 
Dehnung,  eine  solche  liegt  aber  nicht  vor. 

Ahnlich  steht  es  mit  6pac-  und  6apc-.  Es  heisst  öpa(TuKdp- 
bioc,  6pacu|u^)uvova,  epacu|ur|bTic,  ©pacujUTiXov,  öpacuc,  Gpaceidwv, 


Kleine  grammatische  Beiträg-e.  237 

aber  OapcaX^oc,  GapcaXeiüiepov,  GapcaXeiuc,  ödpcuvoc,  Gapciiviuv. 
Die  sonstigen  Formen  mit  ödpc-,  Gdpcei,  Gdpceuc,  Gdpcoc  könn- 
ten durch  Gdpcoc  beeinflusst  und  hervorgerufen  sein,  vgl.  öep- 
dnic.  KapbiTi  (neben  Kpabin)  kommt  nur  3  mal  in  derselben 
Verbindimg  am  Versanfang  vor:  Kapbiij,  fiXXriKTOv  ...  Es 
könnte  hier  nach  Schutzes  Ausführungen  Q.  E.  374  fF.  Kpabiij 
eingesetzt  werden.  Höchst  interessant  ist  das  Kompositum 
OpacuKdpbioc,  weil  hier  die  Form  Kapb-  sehr  schön  im  Metrum 
begründet  ist. 

Ich  schliesse  hier  gleich  TepiriK^pauvoc  an,  das  G.  Meyer 
Curt.  Stud.  7,  181  zu  Tpeiru)  gestellt  hat.  Da  TpeiriK^pauvoc 
metrische  Dehnung  erfordert  hätte,  so  beruht  TepiriK^pauvoc 
vielleicht  einfach  auf  einer  Umstellung,  und  es  ist  nicht  sicher 
in  T^pTTi  eine  andere  Ablautsstufe  (V.  I)  als  in  Tpeir-  zu  sehen. 

Man  vergleiche  ferner  dipaTTiTÖc  und  dTapiTiTÖc.  Auch 
hier  sind  die  beiden  Formen  den  metrischen  Anforderungen 
dienstbar  gemacht.  Für  diapiröv  gilt  dasselbe.  Formen  wie 
drpaTTÖv  +  kons,  waren  metrisch  nicht  verwendbar. 

Während  es  stets  ßpabüc  heisst,  steht  ßdpbicioi  V  310, 
530  beidemal  am  Versanfang.  Es  gilt  daher  das  oben  über 
xapbiri  gesagte. 

Was  T^Tpaioc  betrifft,  so  findet  sich  bei  lauger  Endsilbe 
stets  T€TapT-,  also  Terdpiiu,  leidpriüv,  leidpiri,  Terdpiriv  und 
T^iapTOc  nebst  Teiapiov.  Neben  diesen  beiden  Formen  steht 
naturgemäss  Teipaioc  und  TCTpaTOV.  Auch  reipdir]  wäre  mög- 
lich, nicht  aber  leipdiric.  Dass  Teiapioc  wahrscheinlich  eine 
alte  Form  ist,  wurde  schon  oben  bemerkt.  Hätte  es  ein  *t€c- 
capTOc  gegeben,  so  liegt  kein  Grund  vor,  weshalb  sieh  Homer 
die  Form  hätte  entgehen  lassen  sollen. 

Also  auch  bei  Homer  liegt  kein  beliebiger  Wechsel  von 
pa  und  ap  vor,  sondern  ap  findet  sich  da,  wo  wir  metrische 
Dehnung  erwarten  sollten.  Wie  dieser  Wechsel  entstanden, 
ist  damit  freilich  nicht  erklärt.  Aber  der  Erklärungsarten 
bieten  sich  so  viele,  dass  man  jedenfalls  nicht  darauf  zu  re- 
kurrieren braucht,  in  dem  Wechsel  von  ap  und  pa  eine  dop- 
pelte Vertretung  der  idg.  r  zu  erblicken.  Vor  allem  aber  ist 
Kretschmers  Erklärung  für  die  homerischen  Formen  völlig 
unbrauchbar.  Man  kann  annehmen,  dass  es  auch  in  Jonien 
einzelne  metathierte  Formen  gab,  oder  dass  man  nach  dem 
Muster  von  Gdpcoc,    das   durch   Gepcoc    beeinflusst  sein   kann, 


238  H.  Hirt, 

auch  andere  Formen  gewagt  hat,  oder  dass  schliesslich  die 
metathierten  Formen  erst  spät  in  den  Text  eingesetzt  sind. 
Jedenfalls  liegt  hier  eine  Frage  des  homerischen  Textes,  und 
nicht  eine  der  idg.  Lautgeschichte  vor.  Dass  damit  freilich 
noch  nicht  alle  ap  des  Griechischen  beseitigt  sind,  sehe  ich 
wohl,  indess  glaube  ich  doch  annehmen  zu  können,  dass  pa 
der  alleinige  Vertreter  von  r  ist. 

10.     Zur  Flexion  des  Duals  und  der  Pronomina 

im  Griechischen. 

Die  Endung  des  Genitiv  Dualis  im  Griechischen  ist  noch 
immer  ein  unaufgeklärtes  Rätsel.  Die  Litteratur  findet  man 
bei  Brugmann  Gr.  Gr.^  232,  so  dass  ich  ihre  Anführung  hier 
sparen  kann.  Dass  der  Dual  ursprünglich  nach  der  ou-Dekli- 
nation  flektierte,  und  dass  diese  Formen  abgesehen  vom  Nom. 
Dual,  im  Griechischen  nicht  erhalten  sind,  ist  jetzt  wohl  all- 
gemein angenommen.  Von  wo  diese  oi^-Deklination  im  Idg. 
ausgegangen,  ist  unklar,  jedenfalls  spielen  aber  in  den  ein- 
zelnen Sprachen  die  beiden  Worte  'zwei'  und  'beide',  gr.  büu> 
und  äjLiqpuj  eine  grosse  Rolle,  buu)  entspricht  genau  ai.  dvaü^ 
dväy  av.  dva,  lat.  duo,  got.  Ntr.  tva,  lit.  du,  abg.  diva.  Da- 
neben stand  nun  eine  neutrale  Form  idg.  d{u)voi,  wie  sie  in 
ai.  dve,  got.  twai  (mask.),  lit.  dvl  (fem.),  abg.  dve  vorliegt. 
Dieses  idg.  duwoi  hat  Binigmann  früher  in  gr.  biio  gesehen. 
Jetzt  hat  er  freilich  diese  Ansicht  aufgegeben,  und  glaubt, 
dass  biio  aus  buuj  in  der  Stellung  vor  Vokal  verkürzt  sei. 
Beide  Annahmen  sind  lautlich  möglich,  aber  ich  sehe  nicht, 
was  zu  Gunsten  der  letzteren  spricht.  Das  Griechische  hat 
zwei  Geschlechter  für  das  Zahlwort  ererbt,  es  mttsste  die  eine 
Form  dann  aufgegeben  haben,  um  dann  aus  dem  allein  er- 
haltenen Maskulinum  wieder  eine  neue  Fonn  entstehen  zu 
lassen,  die  sehr  rasch  gesiegt  hätte.  Um  diese  Frage  zu  ent- 
scheiden, sind  die  Thatsachen  der  homerischen  Sprache  heran- 
zuziehen, die  ja  einzig  biiuj  und  biio  nebeneinander  gebraucht. 

Nun  kann  man  mit  Homer  die  Ansicht  jedenfalls  nicht 
bekräftigen,  dass  biio  vor  Vokal  entstanden  sei,  denn  es  steht 
fast  stets  vor  Konsonant,  wie  allerdings  auch  biiuj.  Vor  Vokal 
wird  vielmehr  elidiert  zu  bv\  Dagegen  besteht  doch  ein 
kleiner  Genusunterschied  zwischen  öijuj  und  biio.  Ganz  über- 
wiegend  steht   biiu)   beim  Maskulinum,    nämlich  in  69  Fällen 


Kleine  grammatische  Beiträge.  239 

von  85.  Mit  dem  Femininum  ist  buuj  verbunden  e  388,  i  74 
buui  vuKTac,  ?!  129  bOuj  Kpf^vai,  i  241  buu)  Kai  eiKOc'  djuaSai^ 
V  109  buu)  . . .  GOpai,  o  421  biiu)  ttöXiec,  B  748  biiuj  Kai  iei- 
Koci  vfjac,  Z  490  buuü  . . .  ttöXic,  Y  269  buuj  Triuxac,  X  450 
buu)  (bMUjai),  also  in  10  Fällen,  mit  dem  Neutrum  eigentlich 
nur  2  mal.  Der  Vers  x  125  =  A  43  enthält  die  Verbindung 
boCp€  büu)  K€KopuG]Li^va  x^^KUj,  und  dieser  Versschluss  kehrt 
auch  r  48  wieder,  und  dann  finden  wir  Z  507,  V  269,  614 
buui  XP^coio  TdXavra,  in  letzteren  beiden  Fällen  hat  C.  Syr. 
bOo.  Ganz  anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  buo.  Zunächst 
findet  sich  im  Nom.  Akk.  Ntr.  Dual,  nur  buo,  mit  Ausnahme 
des  oben  angefahrten  Falles  boGpe  buu)  KCKopuG^eva.  Um  aber 
den  Gegensatz  klar  zu  machen,  ist  es  gewiesen  die  einzelnen 
Fälle  anzuführen.  bOo  boOpe  heisst  es  stets  a  257,  jn  228,  tt 
295,  c  377,  X  101,  K  76,  M  298,  0  145,  bOo  t'  fj^aia  e  388, 
i  74  und  K  142,  buo  qpdcTava  tt  295,  buo  qpdpe'  Q  580,  im 
Ganzen  also  in  4  Verbindungen  und  13  Fällen.  Häufig  ist 
auch  die  Verbindung  mit  Femininen:  0  60  buo  b'  eiXiirobec 
ßoOc,  K  142  buo  vuKiac,  v  97  biio  bfe  7TpoßXf\T&  iv  auitu  dKiai, 
A  250  buo  |Litv  Tcveai,  K  253  buo  jaoipdiüv,  Y  271  buo  (TTTUxac) 
bis,  0  70,  X  210  buo  Knpe.  Das  sind  also  8  Fälle,  während 
büu)  beim  Femininum  10  mal  vorkommt.  Das  sieht  sehr  wenig 
günstig  aus,  aber  man  muss  die  Gesammtzalil  ins  Auge  fassen, 
buo  kommt  im  ganzen  nur  42 mal  vor  (Z  157,  bei  Gehriug 
unter  buo  angef&hrt,  steht  bu').  Es  sind  also  die  Zahlen  69  : 
10  :  5  und  21  :  8  :  13,  oder  81,2  «/^  :  1 1,8  <>/o  :  5,9  «/^  und  50  ^/^  : 
19  «/o  :  30,9  «/o.  Ich  denke,  der  Unterschied  von  30,9«/o  :  5,9^70 
beim  Neutrum  spricht  doch  stark  zu  Gunsten  der  früheren 
Brugmannschen  Ansicht,  dass  buo  die  alte  neutrale  und  femininale 
Form  ist.  Das  maskuline  biio  kann  ja  ausserdem  vor  Vokal 
entstanden  sein  und  zum  Siege  des  buo  beigetragen  haben. 

Jedenfalls  berechtigen  uns  diese  Thatsachen  eine  Neutral- 
form d{u)woi  für  das  Griechische  als  einst  vorhanden  voraus- 
zusetzen. Dieser  Stamm  auf  -oi  liegt  nun  aber  auch  in  den 
obliquen  Formen  des  Zahlwortes  vor.  Der  Gen.  Lok.  des  In- 
dischen lautet  dvdy-öäy  d.  h.  die  Dualendung  -oi  ist  an  den 
Stamm  dvoi  getreten.  Dass  die  Form  alt  ist,  beweist  die 
genaue  Entsprechung,  die  sie  in  abulg.  dvoju  findet.  Und 
Bchliesslich  liegt  sie  auch  im  gol.  twaddje  und  im  lit.  dvejü 
?or,  nur  dass  hier  die  Endung  des  Gen.  Plur.  angetreten  ist. 


240  H.  Hirt, 

Man  wird  kein  Bedenken  tragen  den  Stamm  gr.  buoi-,  wie 
dies  schon  Wheeler  gethan  hat  (IF.  6,  136),  mit  diesen  For- 
men zu  identifizieren.  Wir  können  aber  noch  weiter  gehen. 
Der  Dat.  Du.  heisst  im  Ind.  dvabhyanij  wozu  im  wesentlichen 
lat.  duöbus  stimmt,  d.  h.  es  ist  hier  der  Stamm  des  Nom. 
Mask.  eingedrungen,  da  wir  ja  regelrecht  sonst  die  schwache 
Stammform  erwarten  mtissten.  Ebenso  wie  die  maskuline  No- 
minativform konnte  aber  auch  die  neutrale  eindringen,  und 
wir  finden  daher  im  abulg.  dvema,  lit.  dvSm  und  dvhn,  got. 
twaim.  Diesen  Formen,  die  bekanntlich,  in  dem  was  hinter 
dem  m  gestanden  hat,  nicht  übereinstimmen,  vgl.  Verf.  IF. 
5,  251  entspricht  nun  gr.  buoTv  Laut  für  Laut.  Ebenso  können 
wir  identifizieren  ai.  übhdy-ös,  abg.  oboju,  *obemaf  lit.  abemy 
abim,  got.  baim  mit  gr.  djiiqpoTv,  und  die  Artikelformen  toT-v 
mit  ai.  tay-öäy  abg.  temay  lit.  fem,  flm,  Ist  diese  Auffassung 
richtig,  so  wäre  das  griech.  -v  identisch  mit  dem  sonst  im 
Instrumental  auftretenden  Suffixe  -m,  wie  ich  dies  bereits 
früher  vermutet  habe. 

Nun  existiert  aber  bei  Homer  eine  andere  Form  des 
obliquen  Kasus  des  Duals,  nämlich  eine  Form  auf  -oiiv,  aus 
der  die  attische  erst  kontrahiert  sein  soll,  unbedingt  nötig 
ist  das  nicht,  aber  wenn  dies  auch  nötig  wäre,  so  mttssten 
wir  auch  hier  vor*  dem  Stamm  buoi  ausgehen,  an  den  eine 
andere  Endung  getreten  wäre.  Ich  glaube,  das  einfachste 
wird  es  sein,  hier  den  Ausfall  eines  s  anzunehmen,  buoTiv 
stände  für  buoiciv.  Dass  die  geläufige  Lokativendung  -ci(v) 
in  den  Dual  gedrungen  wäre,  oder  eine  Dualform  eine  plurale 
Endung  angenommen  hätte,  ist  nicht  weiter  aufiallend.  Ich 
brauche  nur  an  lit.  dves^  zu  erinnern,  wo  genau  der  gleiche 
Vorgang  auftritt.  Allerdings  ist  das  n  im  Dual  fest,  was  es 
im  Plural  nicht  ist,  doch  dies  findet  seine  Erklänmg  durch 
die  Assoziationen,  denen  diese  Endung  ausgesetzt  war.  Zu- 
nächst stand  -oi-iv  in  Verbindimg  mit  vuiiv,  cqpuiiv,  in  denen 
wohl  ebenso  ein  civ  stecken  dürfte  wie  in  -oiiv.  Dieses  -iv 
aber  war  assoziert  mit  dem  -iv,  das  wir  in  lesb.  fimniv,  Ö|li|liiv, 
ion.  att.  fj^xiv  finden,  und  das  zweifellos  mit  dem  LokativsuflBx 
ai.  'Smin  in  tasmin  identlich  ist.  Diese  Pronominalforraen 
flektierten  ursprünglich  unzweifelhaft  singularisch,  wie  Brug- 
mann  KZ.  27,  397  ff.  richtig  nachgewiesen  hat.  Wir  müssten 
auch  im  ai.  *d8min  finden.     Diese  Form  ist  aber  ersetzt  durch 


Kleine  grammatische  Beiträge.  241 

die  Pluralform  asmdsu.  Neben  nsmin  stand  aber  auch  nsmi 
ohne  »,  eine  Form,  die  auch  im  Griechischen  vorhanden  war. 
Diese  Form  ist  ebenso  in  die  übrigen  Formen  pluralisiert  durch 
Anfügung  von  -sin.  i\\i\v  usw.  erklärt  sich  doch  tadellos  aus 
^ILiiciv,  und  ich  denke,  gerade  diese  Form  gewährt  der  Er- 
klärung von  iTTTTOiiv  eine  Stütze.  Natürlich  konnte  diese  Plu- 
ralisierung  nicht  bei  den  singularischen  d^iv  usw.  stattfinden. 
Sie  blieben  kurz.  In  fiinTv  aber  wurde  das  v  fest,  weil  es  an 
fifiiv  eine  Stütze  hatte. 

Auf  das  Vorhandensein  des  Stammes  d{u)woi  weisen 
übrigens  auch  die  eigentümlichen  Formen  boiii)  usw.,  die  bvju> 
z.  T.  ersetzen.  Wir  können  boi  =  bFoi  setzen  und  mit  dem 
sonst  auftretenden  Stamm  dwoi  vergleichen.  An  diesen  Stamm 
boi  sind  dann  die  gewöhnlichen  Endungen  zu  einer  Zeit  ge- 
treten, als  der  intervokalische  Schwund  des  %  schon  vorüber 
war.     So  entstand  boi-u),  boi-d,  boi-ai  usw. 

11.  Lateinischer  Vokalumlaut  in  haupttonigen  Silben. 

In  seinem  mit  diesem  Titel  versehenen  Aufsatz  IF.  11,  325 
hat  F.  Sommer  einige  zweifellose  Fälle  für  derartige  Erschei- 
nungen nachgewiesen,  aber  er  hat  dem  Gesetz  namentlich,  was 
den  Wandel  von  e  zu  o  betrifft,  m.  E.  eine  zu  weite  Fassung 
gegeben.  Denn  die  Zahl  der  Fälle,  in  denen  e  vor  folgendem 
0  geblieben  ist,  scheinen  mir  zu  gross  zu  sein,  um  allein  durch 
Analogiebildung  erklärt  werden  zu  können.  So  hätte  z.  B. 
aus  gemo,  gemis  *gomo,  *gimis  werden  müssen,  worauf  wir 
entweder  durchgeführtes  gom  oder  gim  erwarten  sollten. 

Sehen  wir  uns  aber  Sommers  Fälle  genau  an,  so  erhellt 
aus  ihnen,  dass  nicht  nur  der  mittlere  Konsonant,  sondern 
auch  der  dem  assimilierten  Vokal  vorangehende  eine  Rolle 
gespielt  zu  haben  scheint.  Hier  kommen  vor  allem  die  Labiale 
in  Betracht,  und  zwar  v  in  volo,  dvenos,  vomo\  m  in  molo, 
modus  und  dann  die  Fälle,  in  denen  der  Vokal  im  absoluten 
Anlaut  oder  nach  h  steht:  holusj  olovj  onusj  homo.  Nach 
glomus  zu  urteilen,  spielt  auch  l  eine  Rolle.  Ich  sehe  keinen 
Grund  das  Gesetz  weiter  auszudehnen.  Man  kann  dann  gemOj 
fremo,  genus^  scelus,  nemuSj  cedoy  celosj  femuTj  Semoniae 
scalae,  seduniy  tenus  als  regelrechte  Formen  betrachten.  Auch 
nemol  würde  nicht  das  beweisen,  was  Sommer  ihm  zuschreibt. 

Leipzig-Gohlis.  H.  Hirt. 


242  R.  M.  Meyer, 

Künstliche  Sprachen. 

(Schluss.) 

Übersicht. 
V.  Sprachbildung  aus  dem  lautsymbolischen  Gefühl  S.  242. 
Allgemeines  über  Lautsymbolik  und  Schallnachahmungen. 

1)  Sprache  der  Verzückten  S.  248. 

a)  die  hl.  Hildegard  S.  248. 

b)  die  Seherin  von  Prevorst  S,  248. 

c)  "Mr.  Le  Baron"  S.  250. 

d)  Irvingianer  S.  252. 

e)  Miss  Smith  S.  253. 

2)  Dichterrufe  S.  254. 

a)  R.  Dehmel.    b)  A.  Mombert. 
c)  der  ''sinnlose  Refrain". 

3)  Märchen-  und  Rätselworte  S.  255. 

4)  Zaubersprache  S.  256. 

5)  Individuelle  Sprachschöpfung  S.  258. 
Allgemeines  zur  individuellen  Sprachschöpfung. 

a)  Namengebung  S.  259.     b)  erfundene  Zahlen  S.  261. 

c)  erfundene  Worte  und  Sprachstücke  S.  262. 
u)  Simplicissimus.    ß)  Holberg. 

T)  Asmus  Claudius,    b)  Lichtenberg. 
€)  E.  Th.  A.  Hoffmann,    l)  Börne,    n)  Glassbrenner. 
Rückblick  S.  265. 

d)  ganze  Sprachen  S.  267. 

VL  Sprachbildung  aus  der  Abstraktion  S.  270. 

1)  erste  Reibe:  reine  Begriffsprachen  S.  271. 

a)  Raymundus  Lullus  S.  272. 

b)  Cartesius,  Mersenne,  Leibniz  S.  275. 

c)  Joh.  Chr.  Lange  und  Leonhard  Euler  S.  279. 

d)  Joh.  Heinr.  Lambert  S.  279. 

e)  Gottfried  Ploucquet  S.  280.     f)  Adolf  Stöhr  S.  281. 

2)  zweite  Reihe:  Begriffszeichensprachen  S.  283. 

a)  Trithemius  S.  284. 

b)  Caramuel,  Schwenter,  Becher  u.  A.  S.  285. 

c)  Dalgarno  S.  286. 

d)  Athanasius  Kircher  S.  289. 

e)  John  Wilkins  S.  290. 

f )  Kalmar,  Schlabrendorf,  Sicard,  de  Maimieux  u.  A.  S.  293. 

3)  dritte  Reihe:  empirisch-philosophische  Sprachen  S.  295. 
a)  de  Brosses  S.  293.    b)  Court  de  Gobelin  S.  301. 

c)  Monboddo  S.  301. 
VII.  Sprachbildung  aus  reiner  Willkür  S.  302. 

Chamissos  Bericht  von  Taheiti  S.  303. 
VIII.  Zeichensprachen  S.  305. 

Allgemeines  über  das  Verhältnis  der  Zeichen-  zu  den  Wort- 
sprachen. 

1)  Normalisierte  Artikulationen  S.  307. 

2)  Normalisierte  Musiklaute  S.  309. 

3)  Normalisierte  Gesten  S.  310. 

4)  Normalisierte  Vereinigung  von  Geste  und  Laut  S.  312. 

5)  Normalisierte  Signale  S.  312. 

())  Normalisierte  Zeichenschrift  S.  314. 
7)  Renliensprache  S.  315. 
Schhiss.     Die  Tiersprachen  und  die  Menschensprachen;   künstliche 
und  natürliche  Sprachen  überhaupt  S.  316. 


Künstliche  Sprachen.  243 

IL  Teil. 

V.  KüDstliche  Sprachen  oder  öprachteile  wer- 
den aus  dem  lautsymbolischen  Gefühl  heraus  ge- 
bildet 

Über  das  lautsymbolische  Gefühl  fehlt  es  ims  wieder 
gänzlich  an  eindringenden  Untersuchungen. 

Einiges  hat  schon  A.  W.  Schlegel  sehr  fein  beobach- 
tet, z.  B.  die  nationale  Eigenart  des  lautsymbolischen  Gefühls 
(Werke  7,  222  über  das  Wort  "Donner");  wie  er  denn  auch 
der  erste  war,  der  für  die  Euphonisierung  (S.  216.  219) 
allgemeine  Regeln  des  sprachlichen  Wohlklangs  aufzustellen 
suchte  (ebd.  S.  168  f.;  vgl.  S.  176.  211  und  die  Hauptregel 
S.  159).  Es  ist  lehn-eich,  diese  euphonischen  Regeln  der 
Romantiker  mit  denen  zu  vergleichen,  die  einer  ihrer  best- 
gehassten  Feinde,  D.  Jen i seh,  in  seiner  Philosophisch-kri- 
tischen Vergleichung  und  Würdigung  von  19  älteren  und 
neueren  Sprachen  Europas,  Berlin  1796,  bes.  S.  418  f.,  auf- 
stellt —  in  einem  Buch  übrigens,  das  bis  auf  den  heutigen 
Tag  der  vollständigste  und  brauchbarste  Versuch  einer  me- 
thodischen "Sprachwürderimg",  wie  v.  d.  Gabelentz  Sprach- 
wissenschaft S.  371  f.  sie  verlangt,  einer  systematischen  "Sprach- 
vergleichung" vom  ästhetischen  Standpunkt  aus,  geblieben  ist. 
Auch  Fr.  Schlegel  wandte  der  Lautcharakteristik  seine  Auf- 
merksamkeit zu  (Werke  8,  38  f.),  wie  das  ja  durchaus  im  Stil 
der  romantischen  Denkweise  lag.  Der  Sprachphilosoph  der  Ro- 
mantik, Bernhard i,  hat  in  seiner  Sprachlehre  (Berlin  1801) 
die  Übersetzung  von  Anschauung  in  Töne  ganz  auf  die  Laut- 
symbolik begründet  (S.  73  f.:  das  Wort  Blitz  ebd.,  fulgtir  S.  77). 
Und  wie  konnte  er  anders,  da  er  (S.  63  f.)  alle  Sprache  auf 
Onomatopöie,  also  auf  Nachahmung  gründete?  Nebenbei  be- 
merkt, versteht  es  sich  von  selbst,  dass  die  Romantiker  mit 
ihrer  Verehrung  des  ''Organischen"  den  philosophischen,  ver- 
standesmässig  erfundenen  Sprachen  heftig  widerstreben  (Bern- 
hardi  a.  a.  0.  S.  127,  A.  W.  Schlegel  Werke  10,  152;  vgl. 
allgemein  über  dessen  Sprachphilosophie  Haym  Romantische 
Schule  S.  847.  852  f.). 

Dann  stockt  lange  das  Studium  der  Lautsymbolik. 
Einiges  hat  v.  d.  Gabelentz  zusammengestellt,  in  einem 
eigenen  kleinen  Aufsatz  und  in  seiner  "Sprachwissenschaft" 
(S.  217  f.  n.  ö.).    Er  giebt  einige  Vennutungen  über  die  Art, 


244  R.  M.  Meyer, 

wie  der  Urmensch  Laute  nachahmte:  "die  Aussenwelt  hat 
ihn  gelehrt,  dass  entferntere  Geräusche  dumpfer  klingen  als 
nahe,  Geräusche  von  grösseren  Körpern  dumpfer  als  solche 
von  kleinen;  und  so  sind  pifF  —  paflF — puff,  bim  —  bam,  ritsch 
—  ratsch,  scharren  —  schurren  usw.  Gruppen,  die  ihresgleichen 
schon  in  der  Ursprache  haben  raussten"  (S.  250).  Er  macht 
auf  die  Beeinflussung  der  Sprache  durch  die  Stimmung  und 
die  lautsymbolische  "Stimmungsmimik"  (S.  363)  aufmerksam. 
Er  betont  —  was  auch  Andere  hervorheben  — ,  dass  die  be- 
ständige Kontrole  durch  die  Wirklichkeit  bei  Naturlauten 
Ausnahmen  von  den  Lautgesetzen  bewirkt  (S.  209)  und  zu 
übereinstimmenden  Onomatopöien  etwa  bei  Schweden  und 
Mandschu  (S.  164)  führt,  die  sogar  für  das  Stillsein  einen 
lautsymbolischen  Ausdruck  finden. 

All  das  genügt  doch  aber  nicht.  Nötig  wäre  eine 
systematische  Prüfung  der  lautsymbolischen  Ausdrücke  und 
Gruppen  —  aller,  die  so  empfunden  werden,  ob  mit  oder 
ohne  etymologische  Berechtigung;  eine  Zusammenstellung  über 
Abweichungen  und  Übereinstimmungen  in  der  Bezeichnung 
von  Gemütslagen,  Empfindungen,  Geistesrichtungen.  Wenn  die 
Chinesen  weiss  trauern,  wie  wir  schwarz,  so  werden  wohl 
auch  in  den  Tonfarben  solche  Antinomien  nicht  fehlen.  Schon 
deshalb  nicht^  weil  die  Grundlage  aller  Lautsymbolik,  die 
Vokalskala,  so  individuell  aufgefasst  wird.  In  einer  Gesell- 
schaft bei  uns  wurden  einmal  in  Gegenwart  von  Julius  Hoffory 
und  Andreas  Heusler  Fechners  Versuche  zur  Tonpsychologie 
im  kleinen  wiederholt  —  auch  nicht  bei  Einem  Vokalklang 
herrschte  allgemeine  Übereinstimmung  in  Bezug  auf  die  Auf- 
fassung der  Vokalfarbe!  Was  helfen  da  allgemeine  Behaup- 
tungen über  die  "audition  color^e"?  Ich  könnte  aus  der  Lit- 
teratur  manche  merkwürdige  Belege  für  ganz  verschiedene 
lautsymbolische  Verwendung  von  Vokalen  und  Silben  mitteilen; 
doch  würde  das  hier  zu  weit  führen.  Ich  verweise  deshalb 
jetzt  nur  auf  J.  Minckwitz  Lehrbuch  der  rhythmischen  Ma- 
lerei der  deutschen  Sprache  Leipzig  1858  und  J.  G.  Kohl 
Über  Klangmalerei  in  der  Deutschen  Sprache  1873,  deren 
Ausführungen  allerdings  grossenteils  stark  dilettantisch  sind, 
sowie  auf  H.  v.  Wolzogens  manchmal  geistreiche,  öfter  gänz- 
lich verfehlte  Lautinterpretationen  (Poetische  LautsymboUk 
Leipzig^  bes.  S. 50 f.;  vgl.  Burdach  Deutsche  Litteratur-Zeitung 


Künötliche  Sprachen.  245 

1892,  S.  1362  und  besonders  Nietzsche  Werke  8,  24);  endlieh 
auf  Erich  Schmidt  Charakteristiken  B.  II,  Berlin  1901  S.  197 
und  auf  die  Beobachtungen,  die  H.  Moser  (Wandlungen  der 
Gedichte  C.  F.  Meyers,  Leipzig  1900)  an  C.  F.  Meyers  Selbst- 
verbesserungen angestellt  hat  (a.  a.  0.  S.  XLIV,  XCII). 

Sehr  lehrreich  hat  neuerdings  Wund t  (Völkerpsychologie 
1,  309  f.)  über  die  Lautnachahmungen  gehandelt.  Die  direkte 
Onomatopöie  sieht  er  (S.  318)  nicht  als  sprachschöpfend  an; 
wohl  aber  räumt  er  der  "Lautmetapher"  (S.  322  f.)  einen  be- 
trächtlichen Raum  ein,  d.  h.  eben  der  lautsymbolischen  Wie- 
dergabe: der  "Gefühlston"  des  Lautes  gibt  jenen  Geftihlston 
wieder,  der  durch  den  Gegenstand  erregt  wurde.  Er  führt 
solche  Lautmetaphern  (S.  330  f.)  selbst  in  Adverbien  und  Pro- 
nominibus durch,  und  kommt  so  im  Grund  auf  die  Romantiker 
zurück,  auf  Bernhardis  "Umsetzung  der  Anschauung  in  Töne". 
Eben  dadurch  tritt  er  in  Gegensatz  zu  dem  eigentlichen  wis- 
senschaftlichen Vater  der  Lehre  vom  "Naturlaut":  zu  Busch- 
mann und  der  Theorie  von  der  rein  instinktiven  Benennung 
gewisser  einfachster  Dinge  und  wichtigster  Personen. 

Joh.  Carl  Ed.  Buschmann,  H.  v.  Humboldts  Famulus, 
der  dessen  Nachlass  zum  Teil  dem  Kaiser  Napoleon  III.  demütig 
zu  Füssen  legte,  schrieb  (1853)  "über  den  Naturlaut".  Er 
meint,  die  weitverbreitete  Übereinstimmung  in  der  Benennung 
besonders  von  Vater  und  Mutter  habe  ihren  Grund  in  der 
Adoption  des  kindlich  lallenden  "Naturlauts"  (S.  2,  vgl.  dazu 
Wundt  Völkerpsychol.  1,  309  f.),  und  hierdurch  schieden  die 
80  entstandenen  Verwandtschaftsnamen  aus  den  beiden  benach- 
barten Gebieten  der  Lautnachahmung  und  der  symbolischen 
Bezeichnung  aus  (S.  33).  Er  rechnet  also  solche  Worte  wie 
amma,  tatta  u.  dgl.  in  die  Kategorie  der  von  uns  so  genannten 
Ammensprache.  Mit  unrecht,  wie  ich  glaube,  denn  vielfältig 
bestehen  neben  den  betreffenden,  zumeist  mit  p,  m  und  t  (bei 
sehr  stark  wechselndem  Vokal  S.  11,  doch  bei  überwiegendem 
a:  Prey er  Seele  des  Kindes  S.  321,  Rzenitzeszk  Psychologische 
Entwickelung  der  Kindersprache  S.  8  und  9  nach  Lnbbock), 
gebildeten  Ausdrücken  andere  von  noch  kindlicherem  Gepräge. 
Aber  allerdings  geben  diese  "ürsylben"  wohl  die  einfachste 
Lautierung  der  Kinder  wieder  (vgl.  Preyer  a.  a.  0.  und  über 
die  Reduplikation  bei  Verwandtschaftsnamen  Weise  Zs.  f.  d. 
Wortforschung  2,  8  f.,  wo  auch  weitere  Litteratur).  —  Weniger 

Indogermanische  Forschungen  XII  3  u.  4.  17 


246  R.  M.  Meyer, 

wissenschaftlicb  hat  tastender  Dilettantismus  wiederholt  die 
"ürlaute" aller  Sprachen  herauszuholen  versucht;  so  V.  Jacobi 
(Die  blinden  Hessen  Leipzig*  S.  65);  so  Falb  in  seinem  "Inka- 
Schlüssel"  der  Ursprache;  so  neuerdings  ein  Ungar  Velics. 

Wichtiger  aber  ist,  dass  überhaupt  zwischen  Lautnach- 
ahmung und  Lautsymbolik  schwerlich  eine  feste  Grenze  zu 
ziehen  ist.  W.  Wackernagel  fasste  in  seinen  Voces  variae 
animantium  die  "Tierstimmen*'  fast  durchweg  rein  onomato- 
poetisch auf;  aber  J.  Winteler  hat  in  seinen  scharfsinnigen 
Ausführungen  zu  diesem  Buch  ("Naturlaute  und  Sprache.  Aus- 
führungen zu  W.  Wackernagels  Voces  variae  animantium"  1892) 
vortrefflich  nachgewiesen,  welche  Rolle  die  Umdeutung  hierbei 
spielt.  "Wir  wollen  uns  bei  jedem  Worte  etwas  denken  und 
wandeln  es  der  untergelegten  Bedeutung  entsprechend  um" 
(S.  25).  Daher  denn  auch  hier  neben  den  auffälligsten  Über- 
einstimmungen weitgehende  DiflFerenzen,  wie  sie  z.  B.  bei  dem 
berühmten  Kampf  Lichtenbergs  gegen  J.  H.  Voss  "über  die 
Pronunciation  der  Schöpse  des  alten  Griechenlands"  (Schriften 
4,  243  f.)  zur  Diskussion  kamen.  Zumal  Töne,  deren  Urheber 
naan  nicht  kennt,  werden  zunächst  aus  der  erweckten  Gemttts- 
stimmung  heraus  lautsymbolisch  gedeutet,  wie  die  berüchtigte 
"Teufelsstimme  auf  Ceylon"  (vgl.  M.  Schieiden  Studien  S.  123). 
Man  mag  den  Einfluss  der  Lautnachahmung  in  recht  weitem 
Masse  zugeben  —  und  es  ist  ja  z.  B.  von  Th.  Curti  (Die  Ent- 
stehung der  Sprache  durch  Nachahmung  des  Schalles  1885) 
die  gesamte  menschliche  Rede  auf  diesen  Urquell  zurückgefllhrt 
worden,  während  G.  Kissling  (Festschrift  der  45.  Versamm- 
lung deutscher  Philologen,  dargeboten  von  d.  öffentl.  höheren 
Lehranstalten  Bremens,  Bremen  1899  S.  291  f.  348  f.)  wenig- 
stens einen  guten  Teil  der  idg.  Wurzeln  auf  Lautmalerei  zu- 
rückzuführen sucht  (doch  vgl.  die  Rec.  von  Bartholomae  Lit.- 
Bl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Feb.  1901).  Freilich  wird  dabei 
auch  oft  seltsam  mit  dem  Wort  "Lautnachahmung"  gewirt- 
schaftet. Preyer  (Die  geistige  Entwickelung  in  der  ersten 
Kindheit  1893  S.  91)  versteht  darunter  "die  Wiederholung  ge- 
hörter Laute",  verwechselt  also  die  Nachahmung  vorgespro- 
chener Worte  mit  der  Nachahmung  nicht  formulierter  Ge- 
räusche! Dann  ist  es  freilich  bequem,  gegen  Max  Müllers 
(allerdings  übertreibenden)  Spott  über  die  "Bauwautheorie"  zu 
polemisieren.     Es  lässt  sich  nur  zu  oft  feststellen,    dass  die 


Künstliche  Sprachen.  247 

Naturforscher  bei  ihrem  Kampf  gegen  die  "Geisteswissenschaf- 
ten** ihrem  Grundsatz  untreu  werden,  erst  auf  Grund  der  Er- 
fahrung Schlüsse  zu  bilden.  Meint  doch  selbst  der  geistreiche 
und  vielbelesene  W.  Bölsche  (Ernst  Haeckel  S.  127),  Haeckels 
Meinung,  auch  die  Sprache  habe  sich  erst  entwickelt,  hätte 
für  die  Sprachforscher  ein  Gegenstand  höchsten  Erstaunens, 
ja  des  "Wütens"  sein  müssen.  Als  wäre  die  Theorie  von 
ihrer  9UCIC  nicht  so  alt  wie  die  von  der  O^cic! 

Aber  je  mehr  man  einräumt,  desto  notwendiger  wird  man 
darauf  geführt,  in  den  onomatopoetischen  Benennungen  ein  laut- 
symbolisches  Element  als  wirksam  gelten  zu  lassen.  Man  bedenke 
doch  nur,  wie  mannigfaltig  z.  B.  die  Schläge  eines  Buchfinks 
(Winteler  S.  13)  sind!  Damit  nun  einer  davon  als  charakteristisch 
empfunden  und  zur  Benennung  benutzt  wurde,  musste  bereits 
eine  Anschauung  von  dem  ganzen  Wesen  des  Vogels  vorhan- 
den sein.  Und  wie  hätten  in  der  That  die  in  der  Natur 
lebenden  Menschen  älterer  Sprachperioden  sich  Auge  und  Nase 
zuhalten  sollen,  um  ja  alle  Eindrücke  nur  durchs  Ohr  aufzu- 
nehmen, umgekehrt  wie  Odysseus  bei  den  Sirenen  sich  nur 
die  Ohren  verstopfte?  Man  vergleiche  doch  nur  die  verschie- 
denen "Dialekte"  der  Kindersprache,  die  Wundt  (Völkerpsycbol. 
1, 289)  zQsammenstellt,  oder  die  onomatopoetischen  Ausdrücke 
der  japanischen  Kinderstube  (a.  a.  0.  S.  294  Anni.)  mit  deut- 
schen: wie  wären  diese  Verschiedenheiten  möglich,  wenn  über- 
all dieselben  Naturlaute  von  Taube  und  Katze,  Glockenklingen 
und  Schmalzen  einfach  nachgeahmt  würden!  Unsere  Schwärmer 
für  Onomatopöie  —  es  gibt  Leute,  die  hierin  nichts  Gerin- 
geres leisten  als  die  Keltomanen  in  Ableitung  aller  germani- 
schen Worte  aus  dem  Keltischen!  —  scheinen  von  der  An- 
schauung auszugehen,  auf  die  W.  Jordan  sein  Lustspielchen 
"Durchs  Ohr**  gebaut  hat:  "Der  Kehlkopf  nur  verrät  uns  den 
Charakter!**  Wie  viel  Selbsttäuschung  läuft  dabei  mit  unter! 
und  wie  oft  kommt  auch  das  vor,  dass  ein  aus  andern  Ge- 
sichtspunkten geschöpftes  Wort  erst  nachträglich  onomatopoe- 
tische Geltung  erhält,  wie  z.  B.  frz.  foudroyer\ 

Eine  Mischung  von  Lautnachahmung  und  Laut- 
symbolik liegt  auch  in  den  folgenden  Beispielen  künst- 
licher Rede  oft  vor,  nur  dass  hier  zumeist  das  Lautsvmbo- 
Hache  die  Überhand  hat.     Wir  geben  eine  bunte  Auswahl  aus 


250  R.  M.  Meyer, 

wahrscheiulicb  auf  solcher  phantastisch  entstellendeu  ''iuuereD 
Sprache".  Wenn  ein  Missionär  von  Angehörigen  verschiedener 
Idiome  gleichzeitig  umstanden  wird  und  Jeder  ihn  in  seiner 
eigenen  Sprache  versteht  (ebd.  S.  193),  so  ist  wohl  anzu- 
nehmen, dass  seine  begeisterte  Bede  ebenfalls  Anklänge  an 
all  diese  Sprachen  enthielt,  die  dann  einzeln  aufgefasst  wer- 
den. Eine  eigentliche  Mischsprache  ist  solche  Bede  deshalb 
doch  nicht,  weil  für  sie  nicht  diese  Bestandteile,  sondern  das 
neue,  umformende  Prinzip  bezeichnend  ist. 

c)  Die  Kenntnis  eines  sehr  interessanten  und  lehrreichen 
modernen  Falles  verdanke  ich  Max  Dessoir.  Dieser  machte 
mich  auf  einen  amerikanischen  "case  of  psychic  automatism'" 
aufmerksam:  ein  Beispiel  für  das  vom  bewussten  Wollen  un- 
abhängige Sprechen  eines  spiritistisch  erregten  Menschen.  Der 
Fall  ist  von  amerikanischen  Autoritäten  genau  beobachtet  und 
beschrieben  worden  (ausführlich  in  Proceedings  of  the  Society 
for  Psychical  Besearch.  Vol.  XII  (1897)  S.  277  f.,  summarisch 
in  Appletons  Populär  Science  Monthly,  August  1896,  S.  508  f.). 
Ein  junger  Mann,  den  die  Berichterstatter  Albert  Le  Baron 
nennen,  wurde  durch  gläubige  Spiritisten  allmählich  in  die 
Überzeugung  hypnotisiert,  dass  er  der  Pharao  sei,  unter  dessen 
Herrschaft  die  Juden  aus  Ägypten  auswanderten.  In  aufge- 
regten Zuständen  stiess  er  dann  lange  Sätze  und  "Gedichte''^ 
in  "unbekannter  Sprache"  aus,  die  er  selbst  übersetzte.  Später- 
hin suchte  er  in  verschiedenen  Wörterbüchern  die  Heimat 
seiner  Verzückungssprache  aufzufinden;  eine  verhältnismässig 
grosse  Zahl  stöberte  er  ("Proceedings"  S.  294)  in  den  Dravi- 
dischcu  Sprachen  auf.  Doch  legte  er  selbst  auf  diese  Über- 
einstimmung wenig  Gewicht.  Mit  Becht;  denn  diese  überein- 
stimnmng  erklärt  sich  wohl  einfach  aus  der  häufig  zu  beob- 
achtenden Begel,  dass  die  Leistungen  von  Primitiven,  Geistes- 
kranken und  Kindern  sich  berühren  (Bicci  L'arte  dei  bambini 
S.  21  f.).  Auch  bei  den  Naturvölkern  ist  die  Beduplikation 
—  gcwissermassen  ein  organisiertes  Stottern  —  beliebt,  wie 
bei  den  Kindern  und  den  Kranken  (Pott  Verdoppelung;  Bzesni- 
tzcck  Entwickelung  der  Kindersprache  S.  10. 19;  Wölfflin  Be- 
duplikation in  der  Kindereprache  Zs.  f.  d.  Wortforschung  1^ 
2^*^  einfachsten  Laute  und  Lautkombinationen   werden 

zuerst  gebildet  usw.    Ich  erinnere  nochmals  an 


Künstliche  Sprachen.  249 

der  Seele  zu  finden"  (S.  250).  Die  Geister  selbst  sprechen 
nie  (ebd.  2,  13).  Auch  von  andern  Somnambulen  teilt  Kerner 
Sprachproben  mit:  "ni  nunarto"  'der  Hund',  ''na  blamiria"  'die 
Braut*,  "ni  blamioctor"  'der  Bräutigam',  "na  clemos"  'die 
Katze'  (S.  250;  auch  die  Wortwahl  ist  bezeichnend!)  "Clemor 
tona  in  diu  aswinor"  bedeutete:  'Weil  ich  dich  liebe,  zanke 
ich  mit  dir*.  Wir  werden  hier  schwerlich  an  lat.  clamor  und 
engl,  answer  denken  dürfen.  Es  ist  eine  dunkel  gefärbte 
Reihe  phantastischer  Laute,  die  mit  den  partikelähnlichen 
Wörtchen  "in  diu"  immer  noch  den  Zusammenhang  mit  der 
deutschen  Satzfügung  verrät;  in  "aswinor"  mag  "Schwein"  oder 
doch  eine  dunkele  Vorstellung  davon  stecken. 

Die  innere  Sprache  der  Seherin  hat  Immer  mann  im 
Mfinchhausen  (4.  Buch  IV.  Kap.)  parodiert,  indem  er  unmög- 
liche Laute  von  annähernd  schwäbischem  Gepräge  (Max  Koch  in 
seiner  Ausgabe,  in  Kürschners  Nationallit.,  Immermanns  Werke 
2,  1,  357  Anm.)  häuft:  "Schuckli  buckli  koramsi  quitsch . . ." 
Tressannidum  schlinglausibeest  pimple  timple  simple  perianke 
meriankemu".  Es  ist  sehr  lehrreich,  diese  wirklich  erfundene 
Rede  mit  jenen  Worten  der  Somnambule  zu  vergleichen.  Ihr 
schwebt  ein  unbestimmtes  Ideal  vor,  eine  Rede  von  orienta- 
lischem oder  lateinischem  Klang,  wie  sie  sie  in  der  Kirche 
gehört  oder  aus  fremden  Namen  sich  aufgebaut  hat;  diese 
allgemeine  Vorstellung  sucht  sie  nun  mit  Gehalt  zu  füllen. 
Immermann  dagegen,  der  nur  durch  grobe  Sprachklänge  ko- 
misch wirken  will,  gerät  sofort  in  Reim  und  Rhythmus  — 
höchst  charakteristisch,  da  wir  ähnliche  Erscheinungen  bei  der 
Spracherfindung  immer  wieder  treflFen.  Daneben  leicht  ent- 
stellte Schimpfwörter  "schling  lausi  beest"! 

Kerner  (a.  a.  0.  S.  249)  merkt  an,  dass  auch  J.  Böhme 
eine  Reihe  eigener  Worte  erfand  —  ebenso,  setze  ich  hinzu, 
der  Philosoph  Krause,  dem  auch  seine  seltsamen  Termini  wie 
Or  —  und  Orin  —  aus  der  Meditation  aufgingen.  Aber  die 
innere  Sprache  ist  viel  weiter  verbreitet.  Mindestens  nach 
selteneren  Worten  und  Klängen  hascht  z.  B.  auch  die  ver- 
zückte Adelheid  Langmann,  Klosterfrau  zu  Engelthal  (gest. 
1375),  deren  Offenbarungen  Ph.  Strauch  herausgegeben  hat 
(vgl.  ebd.  S.  XL).  Aber  auch  jene  "doppelte  Sprachengabe", 
die  Görres  (Christliche  Mystik  2,  189  f.)  als  ein  Kennzeichen 
der   Begnadeten    aufzählt,    beruht,    soweit   sie    historisch    ist, 


250  R.  M.  Meyer, 

wahrscheinlich  auf  solcher  phantastisch  entstellenden  "inneren 
Sprache".  Wenn  ein  Missionär  von  Angehörigen  verschiedener 
Idiome  gleichzeitig  umstanden  wird  und  Jeder  ihn  in  seiner 
eigenen  Sprache  versteht  (ebd.  S.  193),  so  ist  wohl  anzu- 
nehmen, dass  seine  begeisterte  Bede  ebenfalls  Anklänge  an 
all  diese  Sprachen  enthielt,  die  dann  einzeln  aufgefasst  wer- 
den. Eine  eigentliche  Mischsprache  ist  solche  Bede  deshalb 
doch  nicht,  weil  für  sie  nicht  diese  Bestandteile,  sondern  das 
neue,  umformende  Prinzip  bezeichnend  ist. 

c)  Die  Kenntnis  eines  sehr  interessanten  und  lehrreichen 
modernen  Falles  verdanke  ich  Max  Dessoir.  Dieser  machte 
mich  auf  einen  amerikanischen  "case  of  psychic  automatism'" 
aufmerksam:  ein  Beispiel  für  das  vom  bewussten  Wollen  un- 
abhängige Sprechen  eines  spiritistisch  erregten  Menschen.  Der 
Fall  ist  von  amerikanischen  Autoritäten  genau  beobachtet  und 
beschrieben  worden  (ausführlich  in  Proceedings  of  the  Society 
for  Psychical  Besearch.  Vol.  XII  (1897)  S.  277  f.,  summarisch 
in  Appletons  Populär  Science  Monthly,  Angust  1896,  S.  508  f.). 
Ein  junger  Mann,  den  die  Berichterstatter  Albert  Le  Baron 
nennen,  wurde  durch  gläubige  Spiritisten  allmählich  in  die 
Überzeugung  hypnotisiert,  dass  er  der  Pharao  sei,  unter  dessen 
Herrschaft  die  Juden  aus  Ägypten  auswanderten.  In  aufge- 
regten Zuständen  stiess  er  dann  lange  Sätze  und  "Gedichte** 
in  "unbekannter  Sprache"  aus,  die  er  selbst  übersetzte.  Später- 
hin suchte  er  in  verschiedenen  Wörterbüchern  die  Heimat 
seiner  Verzückungssprache  aufzufinden;  eine  verhältnismässig 
grosse  Zahl  stöberte  er  ("Proceedings"  S.  294)  in  den  Dravi- 
dischen  Sprachen  auf.  Doch  legte  er  selbst  auf  diese  Über- 
einstimmung wenig  Gewicht.  Mit  Becht;  denn  diese  Überein- 
stimmung erklärt  sich  wohl  einfach  aus  der  häufig  zu  beob- 
achtenden Begel,  dass  die  Leistungen  von  Primitiven,  Geistes- 
kranken und  Kindern  sich  berühren  (Bicci  L*arte  dei  bambini 
S.  27  f.).  Auch  bei  den  Naturvölkern  ist  die  Beduplikation 
—  gewissermassen  ein  organisiertes  Stottern  —  beliebt,  wie 
bei  den  Kindern  und  den  Kranken  (Pott  Verdoppelung;  Bzesni- 
tzcck  Entwickelung  der  Kindersprache  S.  10. 19;  Wölfflin  Be- 
duplikation  in  der  Kindersprache  Zs.  f.  d.  Wortforschung  1, 
263);  die  einfachsten  Laute  und  Lautkombinationen  werden 
wohl  überall  zuerst  gebildet  usw.    Ich  erinnere  nochmals  an 


Künsiüthe  Sprachi/ii, 


»1 


die "Nfttnrlftute" in  der  Kinderstube  uud  in  den  Negersprachen; 
aacb  sie  kehren  in  der  Sprache  der  Verzltcltten  wieder. 

Die  Worte  ötrüinten  in  ununterbrochener  Fülle  hervor 
nnd  "wenn  es  keine  Prosa  mehr  gab,  gab  es  Verse  in  'an- 
bekanuten  .Sprachen""  lebd.  S.  293).  Von  beidem  werden  reich- 
Heh  Proben  mitgeteilt  und  (Appleton  S.  522)  durchaus  zutref- 
fend beurteilt:  "Ein  phonetisches  Element  scheint  als  Basis 
för  eine  lange  Reihe  von  Silben  zu  dienen".  Das  linden  wir 
ja  auch  ««onet. 

So  iS.  290):  Te  rnniete  tan.  Hee  lete  ieele  luto  seele. 
Impe  re  Seele  lee  luto.  Onko  keere  seele  tere  Inte.  Ombo 
te  Seele  te  hcre  te  knre  usw. 

Das  ist  fast  eine  Art  "Erbsensprache".  Erst  ein  Vorspiel 
mit  te  —  te  —  tau.   Dann  als  Thema  lee  mit  Variationen:  Hee 

—  lete  Ieele  1  —  —  le  nsw.  Jeder  Satz  fängt  zweisilbig  an 
(mit  wenig  Ansnahmen),  dann  folgt  ein  kurzes  "Wftrtchen", 
dann  reimende  oder  ailitterierende  .Silben.  Periodisch  tritt  — 
^ewilhnlicb  am  .Sehluss  —  ein  /.wcisilbigea  Wort  mit  u  in  der 
ersten  Silbe  ein:  luto  —  luto  —  lute  —  Jcure  —  kuru  —  ritte. 
Otts  rufe  wird  am  Sehlnss  in  eni  anagrammiert ;  man  denke 
«n  Zauberformeln  wie  sator  arepo.  Endlich  läuft  die  ganze 
Periode  iu  ein  "Hallelujah"  ans:  "Singe,  singe,  singe,  eru. 
Imba,  Imba,  Iniba".  Ganz  offenbar  schwebt  ein  Ideal  von 
feierlicher  Hymnenspraehe  vor,  das  mit  den  primitivsten  For- 
men der  Wiederholung  erreicht  wird. 

So  immer.     Ein  andermal  (S.  291):    Intelett  te  mtelute 

—  ein  Wortpaar  von  der  Art  formelhafter  Verkoppelungeu  wie 
"orbi  et  urhi".  Das  häutige  te  bildet  das  "und"  nach,  schwer- 
lich nach  dem  griechischen  ts. 

Nun  kommt  aber  die  erlernte  Basis  dieser  verzückten 
Bede  zuweilen  merkwürdig  deutlich  heraus.  Einerseits  fühlt 
sich  "Le  Baron"  als  Pharao.  Deshalb  z.  B.  die  SchluBH-Seqnenz 
Amen  Ha,  Avten  Ha,  Amen  Ra  (S.  291)  oder,  indem  die 
Vorstelinng  von  dem  alten  zu  dem  nenen  Ägypten  irrt:  "De 
fiedeouins",  die  Beduinen  (ebd.).  Andererseits  ist  er  Ameri- 
luner,  von  Beruf  Schriftsteller  und  Reporter.  Deshalb  be- 
gegnen Etce  ce  Tera  (S.  290)  aus  "etcaetera",  rule  nnd  "Indo" 
(8.  291)  als  Basen  der  Variation  usw. 

Hier  der  Anfang  eines  Gedichts  (.S.  294): 


252  ß.  M.  Meyer, 

Ede  pelule  kondo  nedode, 
Igla  tepete  kompte  pele, 
Impe  odode  inguini  lalele 
Omdo  resene  okoro  pododo. 

Die  Wirkung  des  Rhythmus  auf  die  Lautbildung  —  ein  wich- 
tiger, noch  ganz  der  Erforschung  harrender  Faktor  im  Sprach- 
leben, den  der  originelle  Schlabrendorf  (s.  u.)  zur  Grundlage 
seiner  Glottogonie  machte  —  ist  hier  nicht  zu  verkennen. 
Ebensowenig  das  Vorherrschen  der  Vokalharmonie.  In  der 
Regel  wird  eine  Zeile  durch  o  mit  einigen  e  gebildet;  gewisse 
Typen  kehren  immer  wieder:  kondo  Jcompto  omdo  odkonde 
pokonto  pekondo.  i  findet  sich  fast  nur  vor  e:  impe  igme, 
impe  igde  (doch  auch  iglä);  vor  dunkelm  Vokal  nur  wie  in 
einer  Vorsilbe:  ingmni  (was,  beiläufig  bemerkt,  in  dem  be- 
rühmten "krimgotischen  Lied",  das  ja  leider  kein  gotisches 
ist,  beinah  wiederkehrt:  ingdolou  Tomaschek  Die  Goten  in 
Taurien  S.  66).  w  und  a  kommen  meist  gepaart  vor :  neftduy 
kelalüf  japale. 

Der  Charakter  der  dunkel  empfundenen  Idealsprache, 
den  wir  bei  den  erfundenen  Sprachstücken  der  Rabelais, 
Morus,  Holberg  noch  deutlicher  treffen,  tritt  in  diesen  cha- 
rakteristischen Proben  ungemein  deutlich  hervor.  Jenes  Stre- 
ben nach  Gleichklang,  Vokalharmonie,  Allitteration  usw.,  das 
in  allen  Sprachen  besteht  (man  denke  nur  an  Erscheinungen 
wie  die  Analogiebildungen  von  "Nachts"  und  "Tags",  an  den 
Umlaut,  an  die  Reduplikation),  das  aber  durch  die  Rücksichten 
der  Deutlichkeit  gehemmt  wird,  kann  sich  hier  ganz  unge- 
stört entfalten. 

d)  "Appletons  Populär  Science  Monthly"  weist  darauf  hin, 
dass  das  "mit  Zungen  reden"  der  Irvingianer  und  ähnlicher 
Sekten  (a.  a.  0.  S.  520  f.)  ganz  ähnlichen  Prinzipien  folge  — 
nur  mit  dem  üntereehied,  dass  statt  der  sinnlosen  Silben  hier 
bestimmte  Lieblingsworte  wie  ''glory'\  ''heaven'  usw.  in  fast 
nur  musikalischer  Anordnung  aneinander  gereiht  werden.  Völlig 
von  dieser  Art  sind  auch  "Le  Barons"  sog.  "Übersetzungen" 
seiner  Sprachpliantasmata  ("Proceedings"  S.  289  f.).  Almlich 
sollen  auch  die  im  Schlaf  gesprochenen  "Strange  Sermons  of 
Rachel  Baker"  (ebd.  S.  296)  lauten.  Die  Verwandtschaft  der 
"sinnlosen"  und  "verständlichen"  Glossolalie  liegt  jedenfalls  auf 


Künstliche  Sprachen.  253 

der  Hand;    wie  die  Hallucinationen  der  Pytliia  auch   noch   in 
der  Sprache  der  Orakelverse  nachklingen. 

e)  Anch  einen  andern  höchst  interessanten  Fall  verdanke 
ich  Max  Dessoir.  Der  Genfer  Psycholog  Th.  Flournoy  hat  in 
einem  starken  Buch  sehr  ausführlich  über  ein  merkwürdiges 
Beispiel  von  "Glossolalie"  gehandelt  ("Des  Indes  ä  la  Pianöte 
Mars.  Etüde  sur  nn  cas  de  somnambnlisme  avec  glossolalie. 
Paris  et  Genfeve,  3  M.  1900).  Eine  Dame,  die  er  Miss  Smith 
nennt;  träumt  sich  in  frühere  Daseinsformen  als  Hinduprinzessin 
und  Königin  Marie  Autoinette  zurück  oder  fühlt  sich  auf  den 
Mars  versetzt.  Aber  wie  ihre  Zeichnungen  (S.  154  f.)  und 
Erlebnisse  (S.  198  f.),  wie  ihr  Alphabet  (S.  201;  vgl.  a)  die 
heilige  Hildegard),  so  ist  auch  ihre  Sprache,  von  der  reich- 
liche Proben  (S.  158  f.)  mitgeteilt  und  (S.  202  f.)  eingehend 
analysiert  werden,  nur  willkürliche  Veränderung  ihrer  franzö- 
sischen Muttersprache.  Ich  gehe  zwar  nicht  so  weit,  wie 
Flournoy  in  einem  Nachtrag  (Observations  psychologiques  sur 
le  spiritisme.  Extrait  des  Comptes  Rendus  du  IV.  Congres  Inter- 
national de  Psychologie  P.  1900),  wo  er  ihre  "Martier-Sprache" 
als  mit  dem  Französischen  wesentlich  identisch  erklärt  (S.  8). 
Vielmehr  zeigt  die  eingehende  und  sehr  interessante  Analyse 
der  Vokale  —  auf  die  es  ja  vor  allem  ankommt  —  charak- 
teristische Verschiedenheiten  vom  Französischen  (Des  Indes 
ä  la  plannte  Mars  S.  225).  Die  heimischen  Nasallaute  sind 
fast  ganz  vermieden,  offenbar  als  unvoniehm;  die  dunklen  Vo- 
kale sind  fast  ganz  durch  die  hellen  verdrängt  (73,3  pCt. 
helle  Vokale  in  der  Marticrsprache  gegen  32,3  pCt.  im  Fran- 
zösischen). Offenbar  schwebt  also  der  Sprecherin  ein  Ideal 
der  hellen,  hochtönenden  Planetensprache  vor  und  es  wird 
dahin  übersetzt.  Dagegen  sind  die  grammatischen  Formen 
{S.  232  f.)  ganz  treulich  nachgeahmt.  Fremde  Sprachen  spielen 
(S.  235)  keine  grosse  Rolle.  Besonders  bezeichnend  ist  aber, 
dass  die  Wortstellung  (S.  234)  sklavisch  der  französischen  nach- 
gebildet ist.  Flournoy  sagt  also  sicher  mit  Recht  (S.  237): 
"Ce  proc6de  de  creation  du  martien  paratt  consister  simple- 
ment  ä  prendre  des  phrases  fran^aises  telles  quelles,  et  a  y 
remplacer  chaque  mot  par  un  autre  quelconque  fabriquö  au 
petit  bonheur".  —  Ebenso  ist  ihr  "Hindu-Cyklus"  (S.  257  f.) 
von  bestimmten  indischen  Namen  und  Worten  dominiert,  nach 
deren  Klangmuster  sie  (S.  296  f.)  weitere   formt,    unter  Bei- 


254  R.  M.  Meyer, 

mischnng  arabischer  Elemente  (S.  286  f.).  M.  de  Saussure  ur- 
teilt darüber  (S.  303):  "1)  Que  c'est  un  meli-melo  de  syllabes, 
an  milieu  desquelles  il  y  a  ineontestablement  de  suites  de  huit 
ä  dix  syllabes  donnant  un  fragment  de  phrase  ayant  un  sens 
(phrases  surtout  exclamatives)  ...  2)  Que  les  autres  syllabes^ 
d'aspect  inintelligible  n'ont  jamais  un  caractfere  anti-sanscrit^ 
e'est  ä  dire  ne  presentent  pas  des  groupes  materiellemeut  con- 
traires  ou  en  Opposition  avec  la  figure  generale  des  mots  sans- 
crits  ...  3)  Enfin,  que  la  valeur  de  cette  d^mifere  Observation 
est  d'autre  part  assez  considerablement  diminuee  par  le  fait 
([ue  MUe.  Smith  ne  se  lance  gufere  dans  les  formes  des  syl- 
labes compliquies  et  aflFectionne  la  voyelle  a;  or  le  sanscrit  est 
une  langue  ou  la  proportion  des  a  par  rapport  aux  autres 
voyelles  est  k  peu  prfes  de  4  ä  1,  de  sorte  qu'on  ne  risque 
gu^re,  en  prououQant  trois  ou  quatre  syllabes  eu  a,  de  ne 
pas  reneontrer  vaguement  un  mot  sanscrit".  Also  auch  hier 
ganz  dasselbe:  ein  "Ideal-Sanskrit"  wird  durch  Vokale  und 
ungefähre  Fügung  angestrebt,  instinktiv,  und  doch  mit  einem 
ähnlichen  Resultat,  wie  bei  dem  gelehrten  "Ideal-Ronianisch"^ 
der  "Spracherfinder"  Fuchs  und  Volk.  Übrigens  ziehen  auch 
die  Kinder  das  a  dem  i  vor  (Lindner  Naturgarten  d.  Kinder- 
sprache S.  47).  —  Der  Aufsatz  von  V.  Henry  (Le  langage 
Martien:  Revue  de  ling.  et  de  philol.  comparee  Mars-Avril  1901) 
war  mir  nicht  zugänglich. 

2)  Auch  Dichter  geraten  in  einen  "schönen  Wahnsinn"^ 
in  dem  das  Material  der  gewöhnlichen  Rede  ihnen  so  wenig 
genügt  wie  der  Seherin  von  Prevorst.  Selbst  in  Frankreich, 
dem  Land  der  festen  Tradition,  klagt  man  über  die  Neolo- 
gismen der  jüngsten  Generation  (Doumic  Les  Jeunes  S.  50). 
Bei  uns  gehen  sie  über  „unmögliche  Wortbildungen"  weit  hin- 
aus und  versuchen  den  Gipfel  der  Poesie  in  lautsymbolischem 
Stammeln  zu  erreichen.  So  hat  W.  Schäfer  (Zwanzig  Deh- 
melsche  Gedichte)  als  besonders  charakteristisch  unter  R.  Deh- 
mels  Gedichten  auch  das  "Trinklied"  (a.  a.  0.  S.  73)  ausge* 
wählt,  in  dem  es  heisst: 

Singt  mir  das  Lied  vom  Tode  und  vom  Leben, 
dagloni  gleia  glühlala. 
Das  Lautsymbolische  ist  nicht  genügend  durchgearbeitet:    in 
"glühlala"   tritt   die    Bedeutuugsunterlage   zu   deutlich    hervor 
(in  der  nächsten  Strophe  die  Neubildung  "ein  Geglüh");  aber 


Kliustliche  Sprachen.  255> 

die  Absicht  bleibt  erkenntlich.  * —  Stärker  noch  operiert  ein 
Jüngster,  Alfred  Monibert,  mit  solchen  Lautverbindungeo 
phantastischer  Art.  "Aus  dem  Qualm  der  Sprache  kehr  ich 
zurück",  sagt  er  selbst  einmal  hochmütig.  Er  macht  die  ganze 
Sprache  zu  einer  Vorratskammer  lautsymbolischer  Vorstellun- 
gen; die  Worte  bedeuten  gar  nichts  mehr,  die  Klänge  Alles, 
Umgeformte  "syllabische  Melodien",  wie  sie  sich  Richard 
Wagner  formt,  braucht  er  nicht;  die  üblichen  Redestttcke  selbst 
werden  zu  phantastischer  Wirkung  ancinandergeschobcn  und 
gehäuft : 

Versinken  in  den  Nächten  des  schwarzverhangenen  Ge- 
machs ("Der  Glühende"  S.  49). 

0  Sonnemittag,  da  ich  im  heiligen  Seegewässer  ruhe. 

Aus  fernster  Zukunft  tönt  die  goldne  Harfe  mir  herüber. 

Tritt  ein,  tritt  ein,  geöffnet  ist  das  Thor,  das  Thor,  das 
Thor  ("Die  Schöpfung"  S.  59). 
Man  mag  das  schlankweg  "Unsinn"  neuneu;  wurzelverwandt 
ist  es  doch  mit  jenen  uralten  Versuchen,  Unaussprechliches  zu 
artikulieren,  die  dem  "sinnlosen  Refrain"  der  Urzeit  seine 
Bedeutung  verliehen  (vgl.  darüber  Zs.  f.  vgl.  Lit.-Gesch.  1,  32  f., 
Euphorion  5,  1  f.).  Und  auf  diese  "juchheissa"  und  "o  jerum" 
greift  ja  auch  Dehmels  "dagloni  gleia  glühlala"  zurück.  Die 
Neuerer  selbst  werden  immer  wieder  in  den  Bann  der  Tradi- 
tion gezwungen. 

3)  Auch  die  Märchenworte  hängen  damit  aufs  engste 
zusammen.  Wie  eng  gerade  hier  nachahmende  Onomatopöie 
und  deutende  Symbolik  verschwistert  sind,  zeigt  z.  B.  die 
Mühlradsprache  (J.  Grimm  Kl.  Sehr.  7,  163  f.):  dem  Klappern 
der  Räder  wird  ein  bestimmter  Inhalt  beigelegt.  Wem  hat 
nicht  schon  die  Eisenbahn  bestimmte  Melodien  vorgesungen,. 
80  deutlich  im  Schüttern  der  Wagen,  dass  er  jedes  Wort  zu 
hören  glaubte?  Erst  wiederholt  man  sich  den  Klang,  dann 
werden  Worte  daraus.  So  gehen  in  den  Märchen  lautsymbo- 
lische Namen  wie  Rumpelstilzchen  (vgl.  dazu  Albr.  Weber 
Aphorismen  B.  1901  S.  10)  oder  in  den  Rätseln  Klangbilder 
wie  Hira  Hara  in  die  Rede  über: 

Rururunzeljahn, 

Wo  dick  is  di  de  Buuk  ufgahn  (Petsch  a.  a.  0.  S.  75, 
Vgl.  für  ähnliche  volkstümliche  Reduplikationen  Corr.-Bl.  des 
Ter.    f.    niederdeutsche  Sprachforschung  XXI  3  S.  35  Anm.) 


^56  R.  M.  Meyer, 

Wird  aber  das  Lautsymbolische  allein  festgehalten,  so  ent- 
steht nicht,  wie  sonst  (III,  1,  d)  eine  Bätseisprache  mit  deut- 
schen Worten,  sondern  eine  Häufung  willkürlicher  Lautbilder: 

Nik  nak  noschen  nady^ 
Nik  nak  noschen  nady, 
Nusch  nina  qua  (Ehrenfeld  Schulmärchen  S.  34), 

wobei  wieder  die  Hilfe  der  AUitteration  zu  beachten  ist. 

4)  Auch  bei  der  Zaubersprache  schwebt  ein  allge- 
meines Ideal  des  Märchenhaften,  Rätselliaften  vor,  das  aber 
dennoch  der  individuellen  Erfindung  Raum  lässt;  auch  die 
Sprache  ekstatischer  Momente  hat  daran  Anteil.  Da  haben 
wir  denn  all  die  lautsymbolischen  Hilfen  wieder:  die  Redu- 
plikation ("pu  pu  pu,  num  quam  ego  te  videam  per  parietem 
repere"  R.  Heim  Incantamenta  magica  graeca  latina  S.  92, 
N.  52);  die  ähnlich  wirkende  Anaphora  und  den  Reim: 

nee  parit  mula, 

nee  lapis  fert  lanam, 

nee  huic  morbo  caput  crescat, 

si  creverit  tabescat  (ebd.  S.  549). 

Da  sind  aber  auch  die  mystischen  Klänge  wilder,  an  die  ver- 
ständliche Sprache  nur  anklingender  Laute:  Trebio  potnia 
helapaho*  (ebd,  N.  198.  —  potnia  aus  dem  Griechischen  vgl. 
J.  Grimm  a.  a.  0.  S.  140)-,  gern  mit  Reim  und  Assonanz:  'Ar- 
gidam  margidam  sturgidam'  (ebd.  N.  190;  vgl.  WölflFlins  Deu- 
tung in  der  Anmerkung  und  allgem.  zur  Reduplikation  Wil- 
manns  Deutsche  Grammatik  2,  21  f,  (§  13).  Ich  verweise  nur 
auf  J.  Grimms  klassische  Abhandlung  über  Marcel  Ins  Bur- 
d  i  g  a  1  e  n  s  i  s  (Kl.  Sehr.  2,  1 14  f.). 

Sprachmischung  fehlt  auch  hier  nicht  (S.  149).  Ein  "alsi 
afna  phereos"  (S.  141)  ist  trotz  aller  Erklärungen  wohl  einfach 
^'heiliger  Unsinn"  wie  das  berühmte  "sator  arepo  tenet  opera 
rotas",  das  man  wohl  umdrehn  —  aber  nicht  verstehen  kann; 
-oder  wie  das  pompös  entstellte  Latein  der  Zauberformel  im 
Puppenspiel  "Docktor  Fausts  Leben"  (Forschungen  zur  neueren 
Lit.-Gesch.  Festgabe  für  R.  Heinzel  S.  251):  "Mephisto  im- 
pariat"  statt  "appareat"  u.  dgl.  m.  Ebenso  machte  eine  Tiroler 
Zauberformel  (Zs.  d.  Ver.  f.  Volksk.  9,  379)  den  Schluss  der 
Messe  unkenntlich :  "Ito,  ato,  Massa  — "  für  "Ite,  ite,  missa  — ". 
Wie  noch  heut  solche  dunklen  Zauberklänge  wirken,  zeigt  die 


Künstliche  Sprachen.  257 

Oesehichte  der  berüchtigten  "Mysterienformel"  Köt5  ö|i7raE  bi& 
auf  Lobeck  (vgl.  Köchly  G.  Herrmann  S.  183  f.). 

Auch  abergläubische  Rücksichten  wie  bei  der  Tabusprache 
der  Fischer  und  Jäger  mögen  mitwirken;  aber  die  Spekulation 
auf  die  Macht  des  Klanges  spielt  doch  die  Hauptrolle.  Um- 
gekehrt darf  man  aber  bei  euphemischen  Umgestaltungen 
insbesondere  von  heiligen  Namen,  wie  sie  beim  Fluchen  u.  dgl. 
gang  und  gäbe  sind,  die  lautsymbolische  Hilfe  nicht  gan:^ 
übersehen.  Man  steuert  von  einem  bestimmten  Wort  weg  — 
aber  meist  zugleich  einem  bestimmten  Klang  zu.  Wenn  der 
Italiener  statt  "corpo  di  Cristo"  "corpo  di  Bacco!"  flucht,  so 
wählt  er  gerade  diesen  Götzennamen,  weil  er  so  schön  schallt, 
"Hocus  pocus"  ist  wirksamer  als  "hoc  est  corpus",  schon  weil 
es  reimt. 

Lautsymbolisches  Gefühl  spielt  bei  den  meisten  unerklär- 
lichen Wortbildungen  mit.  Die  Gründer  des  grössten  deutschen 
Witzblattes  suchten  nach  einem  Namen  für  ihr  Kind.  Ein 
Glas  fiel  herunter  —  "kladderadatsch!",  rief  unwillkürlich 
W.Scholz.  Man  wählte  den  originellen  Namen  —  aber  sollte 
nicht  etwas  von  dem  geheimnisvollen  Klangzauber  mitgespro- 
chen haben,  der  später  den  Sozialisten  Bebel  von  dem  bevor- 
stehenden "grossen  Kladderadatsch"  sprechen  Hess?  Das  Wort 
"filibre"  scheint  gar  keinen  Sinn  zu  haben  (G.  Paris  Pen- 
seurs  et  po^tes  S.  94) ;  es  wurde  wegen  seines  eigentümlichen 
Klanges  zum  Titelwort  der  neuen  provenzalischen  Schrift- 
sprache: "il  etait  neuf,  il  etait  sonore,  il  fournissait  de  belies 
rimes,  il  fut  acclamö  par  les  sept  convives  (vgl.  aber  auch 
Jeanroy  Romania  XXXUI  463  f.). 

Ein  hübsches  Beispiel  für  Entstehung  und  Wirkung  sol- 
cher lautsymbolischer  Gebilde  ist  das  Wort  "Simulor"  (aus 
Simili  und  frz.  or.  ?),  von  dem  Benno  Küttenauer  (Heilige, 
Heidelberg  1895  S.  155)  erzählt.  Nicht  anders  wird  es  mit 
dem  neuerdings  oft  gebrauchten  Wort  "jingo"  stehen,  das  aus 
einem  Tingeltangellied  stammt: 

We  do'nt  want  a  war,  but  —  by  Jingo!  —  if  we  do  — 
We  have  the  ships,  we  have  the  nieu,  we  have  the  mo- 

ney  too! 

Statt  des  üblichen  Euphemismus  "by  Jove"  —  aus  der 
lateinischen  Schulbildung  von  Oxford  und  Cambridge !  —  ist  ein 
scharf  and  schneidig  klingendes  Phantasiewort  gewählt,    das 


558  R.  M.  Meyer, 

vortrefflich  zum  Inhalt  der  Verse  passt.  Ähnlichen  Ursprung 
«cheint  das  unerklärliche  Wort  "Rococo"  zu  haben;  vielleicht 
auch  das  trotz  Diels  (Elementum  S.  99:  581  f.)  und  Reiter 
(2.  Jahresber.  d.  Staatsgymnasiums  Kgl.  Weinberge  1899/1900) 
noch  nicht  sicher  gedeutete  "elementum". 

Auch  diese  scheinbar  ganz  willkürlichen,  gesetzlosen 
Sprachschöpfungen,  Zauberworte,  Euphemismen  u.  dgl.,  haben 
also  an  dem  gemeinsamen  lautsymboJischen  Gefühl,  das  Spre- 
cher und  Hörer  verbindet,  ihren  Rückhalt. 

5)  Wir  kommen  zu  dem  letzten  und  wichtigsten  Fall: 
zu  der  individuellen  Sprachschöpfung  aus  dem  laut- 
symbolischen Gefühl  heraus.  Bei  den  Verzückten  wirkt 
ein  idealer  Sprachtypus,  bei  den  Dichtern  eine  durch  gewisse 
Schlagworte  ("glühen"  bei  Dehmel;  "das  Thor"  bei  Mombert) 
beherrschte  Stimmung;  bei  Märchen  und  Rätsel  der  bestimmte 
Zweck.  Jetzt  haben  wir  Fälle  zu  besprechen,  in  denen  die 
Sprachschöpfung  scheinbar  völlig  unbeengt  und  frei  vorgelm 
kann. 

Jeder  Mensch  ist  für  den  Klang  dunkler  unverständlicher 
Laute  empfilnglich.  Auf  die  Wirkung  des  Latein  bei  der 
Messe,  des  Hebräischen  beim  Gottesdienst  (vgl.  I,  2,  c,  a  und 
I,  3)  ist  oft  hingewiesen  worden.  Ebenso  hat  man  öfters  Bei- 
spiele angeführt  für  die  Macht,  mit  der  entstellte  oder  falsch 
aufgefasste  Worte  auf  die  Vorstellung  wirken.  So  erzählt 
V.  Kloeden  in  seinen  Jugenderinnerungen  (S.  73),  dass  er  sich 
aus  dem  Verse 

Bis  der  Tod,  der  Alles  raubt  — 
einen  Beinamen  für  den  Tod  gebildet  habe:  "der  Tod,  der 
Rallesraub",  was  ihm  höchst  fürchterlich  klang.  Am  stärksten 
wirken  solche  Klänge  natürlich  auf  Naturen,  die  auch  sonst 
für  Lautsymbolik  besonders  empfänglich  sind.  Bekannt  ist 
ein  an  Kloedens  Fall  erinnernder  aus  der  Jugend  von  K.  Ph. 
Moritz:  es  hiess  in  einem  Lied  "hüll',  o  schöne  Sonne"  — 
und  daraus  machte  er  sich  einen  romantischen  Beinamen  der 
Sonne  zurecht:  "Hylo,  schöne  Sonne".  Er  war  aber  auch  sonst 
für  Klangeindrttcke  besonders  empfanglich,  bildete  sich  aus  Höhe 
und  Tiefe  der  Vokale  sofort  Bilder  ("Hannover"  von  hellem  und 
lichtem  Ansehn,  "Paris"  voll  heller  weisslicher  Häuser:  Anton 
Reiser  Deutsche  Lit.  Denkm.  d.  18.  u.  19.  Jhd.  23,  S.  46), 
hatte  von  Worten  wie  "Heben"  (nd.  fllr  Himmel),  "Höhen  der 


Künstliche  Sprachen.  259 

Vernunft",  "Unterjochung"  (ebd.  S.  81 — 84)  eine  ganz  körper- 
liche Anschauung,  und  weil  sein  Lehrer  "singulariter",  *'|)lu- 
raliter"  auf  der  vorletzten  Silbe  betonte,  wurden  es  ilim  gleich 
Völker  wie  die  Amoriter  und  Jebusiter  (S.  35).  —  G.  Chr.  Lich- 
tenberg bemerkt:  ''Despaviladera  heisst  eine  Lichtputze  auf  Spa- 
nisch. Man  sollte  glauben,  es  hiesse  wenigstens  ein  Kaiser- 
licher Generalf eldmarschalllieuteuant"  (Schriften  1,326).  Aber 
er  war  auch  sonst  auf  die  Physiognomik  der  Laute  sehr  auf- 
merksam, sammelte  onomatopoetische  Worte,  die  ihm  "eine  Art 
Bilderschrift  fttr  das  Ohr"  ergraben  (ebd.  S.  318),  bildete  sich 
aus  Nachrichten  über  den  General  Lee  und  dem  doppelten  e 
seines  Namens  ein  eigentümlich  zusammengesetztes  Bild  von 
ihm  und  suchte  sich  einen  Nachtwächter  nach  seinem  Gesang 
zu  zeichnen.  —  Fr.  Th.  Vischer,  der  in  "Auch  Einer"  das  "tetem" 
des  Gesangbuchverses  "wer  mit  verhärtetem  Gemüte"  zu  hu- 
moristischer Unsterblichkeit  gebracht  hat,  achtet  auch  auf  die 
Symbolik  der  Tiersprache  und  vergleicht  sie  mit  der  mensch- 
lichen Gebärdensprache  (Auch  Einer  2,  293).  —  Indess,  die 
Grundlage  ist  doch  allgemein  menschlich.  Schon  die  Kinder 
sind  glücklich,  wenn  sie  unverständliche  Klänge  von  einem 
gewissen  symbolischen  Reiz  der  Lautfarben  und  des  Rhythmus 
miaufhörlich  wiederholen  dürfen,  "talillö,  talilife,  talill6"  (Groos 
Die  Spiele  der  Menschen  S.  42)  oder,  mit  Reim  (wie  so  oft 
in  künstlichen  Sprachen):  "Emma-Bemnia"  (ebd.  S.  46).  Auch 
hier  entsteht,  wie  bei  Mombert,  Sinnlosigkeit  durch  Haften 
am  Klang: 

Naseweis  vom  Wasser  weg, 
Welches  da  liegt  noch  mehr  Dreck  (ebd.  S.  47). 
Dass  kein  einfach  verständlicher  Sinn  vorliegt,  erhöht  gerade 
den  Reiz:    das  ist  eben  etwas  anderes  als  was  wir  alle  Tage 
reden ! 

a)  Die  allgemeinste  und  kaum  irgendwo  zu  vermeidende 
Art,  Sprachstoff  zu  erfinden,  ist  die  poetische  Namen- 
gebung.  Das  Allgemeinste  ist  auch  hier  bekannt:  wie  früher 
aussagende  Namen  (besonders  in  Roman  und  Lustspiel)  die 
Person  etikettieren:  Herr  v.  Edelreich,  Herr  v.  Mildheim;  vrie 
dann  allmählich  eine  Emanzipation  beginnt,  indem  man  fremde 
(französische  oder  englische)  Namen  übernimmt,  zum  Teil  noch 
bedeutungsvolle,  die  nun  aber  nur  noch  lautsymbolisch  wirken 
rWomshäter''  aus  dem  Englischen  für  Lessings  "Misogyn"); 


260  R.  M.  Meyer, 

bis  sich  allmählich  der  nur  durch  seine  Klangwirkung  diskret 
auf  die  Natur  der  Person  vorbereitende  "bedeutungslose"  Name 
durchsetzt.  Natürlich  hat  aber  der  lautsymbolische  Name  auch 
viel  früher  nie  ganz  gefehlt.  Ich  erinnere  hier  nur  an  die 
komischen  Namen,  die  Weinhold  (a.  a.  0.  S.  10  f.)  aus  alt- 
deutschen Schauspielen  zusammenstellt  und  von  denen  er  aus- 
drücklich bemerkt:  "ein  innerer  Grund,  weshalb  manche  Na- 
men niedrig  und  lächerlich  sein  sollten,  war  nicht  vorhanden ; 
der  Klang  allein  wirkte,  weil  bei  dem  Klange  an  die  gewöhn- 
lichen Inhaber  der  Namen  gedacht  ward'*  (S.  12)  und,  setzen 
wir  hinzu,  weil  er  an  sich  oft  schon  den  Eindruck  des  Plum- 
pen, Unbehilflichen  macht:  Gundelwein,  Gumpolt,  Gumprecht 
gegenüber  Gawein  und  Parsifal !  ist  einmal  ein  bezeichnender 
Name  gefunden,  so  hält  man  ihn  gern  fest:  "Wilhelm"  bleibt 
von  Bürger  über  Goethe  bis  zu  Heine  der  Name  für  einen 
treuen  Liebhaber,  "Leonore"  für  die  Geliebte  (Euphorien  4, 
488).  Auch  kehrt  der  gleiche  Name  bei  demselben  Autor 
öfter  wieder:  das  Paar  Wilhelm  und  Marianne  aus  Goethes 
"Geschwistern"  in  den  "Lehrjahren"  u.  dgl.  m.  Dass  die  Na- 
mengebung  keine  nebensächliche  Angelegenheit  ist,  haben 
Autoren  wie  Frey  tag  hervorgehoben  (vgl.  in  meiner  ''Gesch. 
der  deutschen  Lit.  im  19.  Jhd."  S.  431).  Näheres  Eingehen 
muss  ich  mir  aber  für  eine  SpezialStudie  versparen. 

Dass  die  Namen  aus  der  Vorstellung  des  Autors  von 
seiner  Person  genommen  sind  und  sie  in  dem  Hörer  oder  Leser 
wieder  erwecken  wollen,  ist  klar;  sie  sind  durchaus  lautsym- 
bolische Erfindungen. 

Auch  bei  der  "bürgerlichen"  Namengebung  spielt  das 
lautsymbolische  Gefühl  keine  geringe  KoUe;  der  vorschwebende 
Typus  des  zukünftigen  Mädchen  oder  der  zukünftigen  Frau 
soll  oft  durch  "Rosa"  oder  "Gretchen"  oder  "Irene"  angedeutet 
werden,  auch  wo  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Namens 
nicht  mehr  gekannt  wird.  Hier  handelt  es  sich  aber  nur  um 
Wahl,  nicht  um  Erfindung  von  Namen;  oder  wo  doch  Namen 
erfunden  werden,  gelten  einfach  die  Prinzipien  der  poetischen 
Namengebung. 

Besonders  stark  kommt  die  Bedeutung  des  lautsymbo- 
lischen Gefühls  für  die  Namengebung  in  der  Namenveräu- 
derung  zum  Ausdruck.  Hans  v.  Kahlenberg  führt  in  ihre 
schrecklichen  Koman  "Die  Sembritzkys"  den  Bildhauer  Eein 


Künstliche  Sprachen.  261 

hold  Begas  ein;  da  heisst  er  Arnold  Wigand.  Die  Grundzüge 
des  Namens  sind  gewahrt,  er  ist  aber  zum  Winkelried  hin 
gesteuert.  Gabriele  Reuter  sieht  ihre  litterarische  Mitschwester 
Helene  Böhlau  vor  allem  in  der  Beleuchtung  der  unruhigen, 
wühlenden  Natur;  deshalb  entstellt  sie  (in  "Frau  ßürgelin  und 
ihre  Söhne")  den  Namen  zu  Mia  Wöhler.  Ein  "Aloys"  der 
Wirklichkeit  wird  zum  poetischen  Jüngling  "Dionys"  usw. 

Auch  bei  der  wissenschaftlichen  Namengebung  wirkt 
übrigens  das  lautsymbolische  Gefühl  mit.  Wenn  Oken  zum 
Spott  Goethes  (Gedichte  Hempel  3,  203)  für  das  natürliche 
System  der  Erze  neue  Worte  von  allen  Seiten  zusammenholte: 
"Halde"  aus  Galizien,  "Malme"  aus  Schweden,  "Gelfe"  aus  Un- 
garn zu  dem  alten  deutschen  "Flinz",  so  hat  gewiss  der  Klang 
dieser  verschiedeneu  einsilbigen  oder  erst  einsilbig  gemachten 
Worte  ihn  mitbestimmt:  "Gelfe"  halbgcdiegeue  Erze,  "Malme" 
(nach  Goethes  Vers)  "gut  durchgesotten".  —  Nicht  minder  wird 
bei  der  geographischen  Namenverleihung  solch  Gefühl  mitge- 
spielt haben. 

b)  Ein  ähnlicher  Fall  ist  der  der  Angabe  erfundener 
Zahlen,  der  in  der  Dichtung  natürlicli  recht  oft  begegnet. 
Hier  ist  nun  wichtig,  dass  durchweg  ungerade  Zahlen  vor- 
gezogen werden  —  eine  Bemerkung,  die  schon  Feuchtersieben 
(Werke  3,  210)  gemacht  hat.  Sic  hat  sich  mir  beim  Aufmer- 
ken durchaus  bestätigt.  Die  Lieblingszahlen  von  Lindners 
Sohn  (Aus  dem  Naturgarten  der  Kindersprache  S.  81)  waren 
3,  7,  9  oder  3,  7,  8  (vgl.  ebd.  S.  88).  Und  unser  Mathematik- 
lehrer in  der  Schule  verwandte  als  beliebige  bestimmte  Zahl 
ganz  regelmässig  17.  Überhaupt  ist  7  besonders  als  Endzahl 
beliebt;  z.B.  bei  Gutzkow  (Werke  1,251)  257,  ein  andermal 
mit  Hervorhebung  des  Typischen  (9,  161)  37:  "Fragt  man  den 
grossen  Mathematiker  nach  der  Uhr,  so  antwortet  er:  37,  weil 
er  nämlich  etwas  ganz  anderes  verstanden  hat".  Auch  Tieck 
in  der  Novelle  "Die  Vogelscheuche"  (Novellen  11,  194)  lässt 
eine  Person,  als  eine  Frist  verabredet  werden  soll,  ausrufen: 
"Immer  ungleiche  Zahlen!  drei  oder  fünf!"  Das  erinnert  daran, 
dass  auch  in  der  Poesie  der  Alten  die  ungleichen  Zahlen,  mit 
Ausnahme  der  Zweizahl,  überwiegen  (vgl.  meine  "Altgerm. 
Poesie"  S.  82  f.)  und  dass  die  heiligen  Zahlen  fast  durch- 
weg ungerade  sind:  3,  7,  9;  die  christliche  Zwölfzahl  hat 
historische  Begründung.    —    Ich  kann  mir  auch  das  nur  aus 

Indogermanische  Forschungen  XII  3  u.  4.  m 


262  R.  M.  Meyer, 

dem  lautsymboliscben  oder  wenn  man  hier  so  sagen  darf  zabl- 
symbolischen  Gefühl  erklären.  Die  ungerade  Zahl  scheint 
freier,  willkürlicher,  während  die  gerade  durch  die  Vorstellung 
der  Teilbarkeit  in  zwei  gleiche  Hälften  sofort  die  Idee  einer 
gewissen  Regelmässigkeit  erweckt.  Ferner  aber  sind  im  gewöhn- 
lichen Leben  gerade  Zahlen  häufiger  als  ungerade  (ausser  5)  — 
weil  man  runde  Zahlen  anstrebt  —  und  unter  den  ungeraden 
ist  die  7  verhältnismässig  selten:  5  wird  durch  das  Dezimal- 
System,  3  durch  seine  Kleinheit  öfter  gebraucht;  9  aber  wirkt 
als  3  mal  3  wieder  zu  regelmässig.  Das  mag  es  bewirken,  dass 
gerade  die  7  als  "ungewöhnlichste  Zahl"  in  erfundenen  Zahl- 
angaben gern  an  das  Ende  rückt,  das  ja  die  Zahl  vor  allem 
charakterisiert.  Die  Siebenzahl  der  Woche  ist  ihr  nicht  hin- 
derlich :  teils  trennen  wir  den  Sonntag  von  den  sechs  Wochen- 
tagen, teils  sagen  wir  "in  acht  Tagen"  u.  dgl. 

Bei  grösseren  Zahlen  tritt  eine  andere  merkwürdige  Er- 
scheinung ein.  Gutzkow  (a.a.O.  S.  345)  sagt  (in  dem  ihm 
eigenen  wilden  Stil):  "Meine  Zöglinge  sollen  nicht  sagen:  nos 
numerus  summus:  wir  sind  der  3,  881,  221  im  Volke  .  .  ." 
Hier  fällt  die  Periodizität  auf:  die  beiden  letzten  Gruppen 
beginnen  mit  zwei  gleichen  Zahlen  und  enden  mit  1.  Es  ist 
ja  1)ekannt,  wie  schwer  es  ist,  bei  willkürlicher  Erfindung  von 
Zahlen  die  periodische  Wiederkehr  der  gleichen  Ziffer  nament- 
lich an  betonter  Stelle  zu  vermeiden.  Geht  es  doch  bei  andern 
Lauten  ähnlich.  Immermann  hat  im  "Münchbausen"  auch 
Humboldt  parodiert  und  speziell  im  Anfang  (wie  ich  Eupho- 
rion  3, 431  f.  gezeigt  ha1)e)  eine  Stelle  aus  den  "Reisen  in  die 
Äquinoktialgegenden".  Hier  parodiert  er  nun  auch  die  aben- 
teuerlichen Indianernamen  und  erfindet  in  ihrer  Art  das  Ge- 
biet Apapurincasiquinitschchiquisaqua  (in  Kochs  Ausgabe  1,7). 
Man  sieht,  wie  bald  er  hier  in  das  Periodische  fällt!  Apa — 
purin — casi  wird  (wie  in  Gutzkows  Zahl  die  3)  vorangeschickt, 
selbst  schon  mit  Allitteration  und  Wiederkehr  der  gleichen 
Vokale.  Dann  folgt  quinitsch,  daraus  wird  durch  ungefähre 
Umstellung  chiqui  gewonnen,  und  nun  folgt  mit  Wiederkehr 
des  anlautenden  qu  der  Schlusssilbe  saqua.  —  Ebenso  z.  ß. 
in  dem  Refrain  des  bekannten  Liedchens  Auf  einem  Baum  ein 
Finke  —  simsala  dusala  dasula  dum  — . 

c)  Doch  damit  sind  wir  schon  bei  den  erfundenen 
Worten    oder   Sprachstücken   angelangt.     Ich   gebe 


Ktinstliche  Sprachen.  263 

€ine  kleine  Blutenlese,  wieder  aas  verseliiedenen  Zeiten  (Wohl 
die  reichhaltigste  ""Sprachenparade"  in  wirklichen  und  erfun- 
denen Sprachstücken  bringt  Rabelais  im  Pantagrnel  Buch  II 
Kap.  IX,  in  Gelbckes  Übersetzung  I  S.  213  f.;  ein  Stückchen 
^^Mezzofantiasis",  das  sogar  zu  einer  biographischen  Legende 
geführt  hat  vgl.  a.  a.  0.  S.  8.  —  Über  das  Englisch  Panurgs 
Lady  Blennerhasset  in  der  Deutschen  Rundschau  Mai  1900 
S.  280  Anni. :  es  liegt  wohl  eine  lautsymbolische  Vergröberung 
der  schlecht  verstandenen  Nachbar-  und  Feindessprache  vor). 

a)  1669  Grimmeishausens  Simplicissimus  (Ausg.  von 
R.  Kögel)  S.  505.  Baldanders  schreibt  dem  Helden  Worte  auf, 
die  ihm  ganz  teuflisch  vorkommen  (S.  506):  ''Manota,  gilos, 
tinad,  isaser,  sale,  lacob,  salet,  cuni  nacob  idit  dadele  neuw 
ide  eges  Eli  neme"  usw.  Offenbare  biblische  Anklänge :  der 
Name  Gilead  ist  in  gil-os  und  tim-ad  benutzt,  isaser  =  Issachar, 
lacob  und  nacob  aus  Jacob,  EH  aus  der  Bibel  übernommen. 
Nachher  werden  Gog  und  Magog  benutzt:  nego  gag  editor 
goga.  Dazwischen  lateinische  Worte:  editor,  elimitat,  alijs, 
assis,  oder  Anlehnungen  an  solche:  ononer  (zweimal)  zu  honor, 
lamen  zu  solamen,  retoran  zu  rhetorem.  Endlich  orientalische 
Klänge:  amu  salif,  und  italienische:  rimirsi.  Starke  Neigung 
zur  Reduplikation:  ononor,  ossosson,  und  zur  Reduplikation: 
isaser,  negogag,  naneg.  Wenn  mehrmals  der  gleiche  Auslaut 
folgt,  schwebt  wohl  lat.  Substantiv  mit  Adjekt.  vor:  agnot 
regnot;  und  Formen  wie  eledid,  sodaled,  saladid  oder  tolos- 
labas,  timinitur,  elimitat  erwecken  die  deutliche  Erinnenmg 
an  lateinische  Yerbalformen. 

Besonders  charakteristisch  ist  aber,  dass  wieder  eine  Ai*t 
Vokalharmonie  besteht.  Auf  i  folgt  gern  eine  Silbe  mit  o:  gi- 
los, vlidon ;  oder  zwei  mit  a  und  einem  kurzen  Vokal :  ritatan, 
ilamen,  elimitat;  ähnlich  diledi.  a  und  o  stehen  gern  bei  ein- 
ander: manota,  lacob,  nacob,  emonalan,  negagag,  goga,  so- 
daled, retoran,  ronodaw,  agnot,  celotat,  tolostabas  oronatat, 
bagoge,  hananor.  Dies  sind  überhaupt  die  Lieblingsvokale. 
e  steht  fast  nur  in  der  Nähe  von  i,  und  dann  gern  verdoppelt: 
Eli,  desi,  editor,  madeli  esiolen,  vilede.  Kurz,  eine  gewisse 
feste  Verknüpfung  bestimmter  Laute  mit  andern  hat  sich  un- 
willkürlich auch  hier  eingestellt. 

ß)  1780  Holbergs  Niels  Klim  (deutsche  Übersetzung)  au 
vielen  Stellen.    So  (S.  60)  Spik  autri.  Flak.  Skak.  mak.  Talu 


264  R.  M.  Meyer, 

Mihalatri  Silak  —  alles  auf  Keim.  Oder  (S.  132)  Kaki  ma- 
nasea  qui  bonotn  miriac  Jachu  mesimbria  laphani  Ornkia  Ma- 
naskar  Quebriac  krusundora  (mit  Übersetzung):  wie  das  Vorige 
besonders  durch  den  Vokal  a  und  den  Konsonant  k  charak- 
terisiert.  (S.  Iö3)  Raki  spalaki  (du  undankbarer  Hund)  ebenso, 
mit  Reim  Hübsch  Jeru  Pickel  Salim  (S.  362 — 63),  aus  Jeru- 
salem gebildet  und  deshalb  auch  so  —  missverstanden.  Ein 
lautsymbolischer  Scherz  S.  235:  Kakidoran  wird  unter  dem 
Namen  Kikidoran  in  den  Adclstand  erhoben :  der  höhere  Vokal 
vertritt  den  höheren  Rang. 

t)  1777  Asmus  Claudius  Nachricht  von  meiner  Audienz 
beim  Kayser  von  Japan  (Werke  3,  74  f.,  spec.  S.  82  f.).  Be- 
ginnt: Lima  Neli  Haschum  WaNschboh  "Ich  habe  die  Ehre 
Ew.  Majestät  den  Sieur  Asmus  aus  Wandsbeck  unterthänigst 
zu  präsentieren".  So  geht  es  weiter;  z.  B.  Mui  PiaNeti  "Ich 
habe  von  Natur  einen  besondern  Respekt  für  die  Potentaten, 
die  weit  weg  sind".  Gern  ablautende  Wiederholung:  Tamiba 
Temibo;  NipoNpi;  oder  andere  Formen  der  Wiederholung: 
SchemiNa— SchemiNto;  Nipo— Nipel;  Kipulxo.  Daneben  Ent- 
stellungen: Haschmu  soll  Asmus,  WaNschbok  Wandsbeck  be- 
deuten. Anklänge  an  asiatische  Sprachen;  Bevorzugung  von 
6,  i  und  p.  Von  allen  erfundenen  Sprachstücken,  die  ich 
kenne,  klingt  dies  am  unwahrscheinlichsten,  das  heisst  also 
eigentlich:  am  wahrscheinlichsten. 

b)  ?  G.  Chr.  Lichtenberg  Lorenz  Eschenheimers  em 
ptindsame  Reise  nach  Lapula  (Werke  2,  199  f.).  Jedenfalls 
die  geistreichste  Anwendung,  die  je  von  der  Idee  künstlicher 
Sprachen  gemacht  ist.  Lichtenberg  legt  Swifts  Erfindung  der 
Insel  Laputa  zu  Grunde  und  erinnert  daran,  dass  in  Gullivers 
Reisen  der  Hof  von  Balnibarbi  (Allitteration,  Assonanz,  Reim 
und  nochmals  Stabreim !)  auf  der  fliegenden  Insel  wohnt.  Die 
gleiche  Sprache  wird  nun  oben  in  Laputa  und  unten  in  Balni- 
barbi verschieden  angewandt;  der  Exponent  ^  bedeutet  die 
"unfeine  Meinung",  z.  B.  molom  "ein  Gelehrter",  molom  ^  "ein 
Schwätzer".  Ebenso  bedeutet  ein  Wurzelzeichen  moralisie- 
rende Anwendung:  zomn  "ein  Bär"  rzomn  "ein  Kritikus"... 
Die  von  Lichtenberg  erfundenen  wenigen  Worte  sind  alle  direkt 
lautsymbolisch :  tzoc  "sich  mit  Gewalt  zum  Brechen  zwingen", 
lull  "Lebensart",  molom  "Gelehrter". 

6)    1819  E.  Th.  A.  Hoff  mann  Brief   (Nachgelassene 


Künstliche  Sprachen.  265 

Schriften  2,  331):  "addio  amico  porichissimo  tempo  finito  questo 
di  reni  de  ia  bueca'\  "Abschiedsworte",  bemerkt  der  Heraus- 
geber, —  "willkürlich  zusammengestellte  und  korrupt  (oft  aus 
den  verschiedensten  Sprachen,  ja  aus  eigen  geschaflFenen)  zu- 
sammengefügte —  die  wir  in  tibermüthiger  Weinlaune  bei 
unserem  Voneinandergehen  Nachts  uns  zuzurufen  pflegten.  — 
Hoffinann  mystificierte  durch  solche  an  mich  gerichtete  kauder- 
welsche Sprache  gar  zu  gern  diesen  und  jenen  bornierten  und 
sprachnnkundigen  Tischnachbar".  Und  Grisebach  sagt  in  seiner 
Ausgabe  (I,  LXXXI):  "Das  kauderwelsche  Italienisch  am 
Schluss  des  Briefes  ist  eine  Bamberger  Reminiscenz".  —  Das 
Beispiel  ist  sehr  hübsch.  Aus  richtigem  Italienisch  geht  es 
in  italienisch  klingenden  Unsinn  über,  und  kehrt  dann  zu 
sinnloser  Verbindung  italienischer  Worte  zurück.  Also  dreierlei: 
italienische  Worte  in  richtiger  Verwendung  —  in  falscher  Ver- 
wendung —  italienisch  klingende  Worte  (porichissimo). 

l)  Börne  Pariser  Briefe  5.  Jan.  1832  (Ges.  Schriften 
Hamburg  und  Frankfurt a.M.  1862;  X141):  "Soli  Branz,  Resseo 
riam  vorum  catibis,  pressar  littotas  mussica  plissos,  vorissilo 
oaruss  ab  itains.  Os?  pervens  politan"  usw.  Lateinischer 
Grundtypus:  vorum  wie  vestrorum,  catibis  wie  ibis  u.  dgl.; 
Einmischung  von  Lieblingsworten:  "Paria",  "Presse".  Dazu 
Allitteration  und  gute  Cadenzen,  "pervens  politan". 

x])  1846  Adolf  Gassbrenner  Neuer  Reineke  Fuchs 
(S.  202): 

Und  als  ihr  Führer  schrie:  cki,  cki! 
Przskmovothmmin  ssoo  rinthf  i— i!  —  ... 
Groteske  Wirkung  durch  Konsonautenhäufung  erstrebt.     Zwei- 
malige Verdoppelung.   Am  Schluss  (wie  bei  Immermann  in  der 
Parodie  der  "inneni  Sprache")  ein  Schimpfwort  in  entstellter 
Form.  — 

Beispiele  kindlicher  Sprachschöpfung  aus  dem  lautsyra- 
fcolischen  Gefühl  gibt  Rcsesnitzek  Entwickelung  der  Kinder- 
sprache S.  17. 

Blicken  wir  zurück,  so  sehen  wir,  wie  eng  selbst  hier 
<lie  Spracherfindung  eingeschränkt  ist.     Sie  wird  eingeengt 

1)  von  aussen  her 

a)  durch  Anlehnung  an  bestimmte  gegebene  Sprachformen, 
vor  allem  die  eigene  Sprache,  aber  auch  einflussreiche  fremde 
wie  besonders  das  Latein; 


266  R.  M.  Meyer, 

b)  durch  die  Tradition  analoger  Erfindungen  selbst.  Diese 
zeigt  sich  besonders  mächtig  in  den  politischen  Utopien,  von 
denen  das  Büchlein  "Schlaraffia  politica'*  (1892)  eine  hübsche  An- 
zahl gesammelt  hat.  Zunächst  ist  schon  das  Tradition,  dass  die 
"Staatsromane"  ohne  erfundene  Sprache  oder  doch  ohne  phan- 
tastische Namen  gar  nicht  auskommen.  Aber  auch  inhaltlich 
zeigen  diese  lautsymbolischen  Sprachen  Verwandtschaft.  In 
Thomas  M  o  r  u  s  Utopie  heisst  es  (a.  a.  0.  S.  Ö4) :  Utopos  ha 
loccas  peula  chamapolta  chamaan.  Allitteration  mit  p,  Wieder- 
holung (chama-),  Anlehnung  an  Griechisch  (gymnosopher;  he  als 
Artikel)  und  Hebräisch  (chamaan  vgl.  Kanaan;  chamapolta  wie 
hebr.  Verbalformen).  Auch  erfindet  er  ein  verschnörkeltes  AI- 
phabet,  wie  die  hl.  Hildegard,  das  z.  T.  stark  an  unsere  Runen 
erinnert.  Vairasse,  der  Verf.  der  Geschichte  Sevarambiens 
(S.  139  f.)  gibt  eine  ganze  Grammatik;  ein  Sprachstück  dar- 
aus, ein  Gebet  lautet  (S.  143):  Enodim  bas  Ospamonstas  Sa- 
motradas  Eamedumas  Earpanemphas  usw. :  Allitteration  mit  k, 
Wiederholung  (Käme-;  auslautendes  -bas),  Anlehnung  an  La- 
tein (Prostram  prostamas  zu  prostra-verunt  u.  dgl.  "Der  Staat 
von  Felicien"  (S.  221)  hat  Inschriften  wie  (S.  229)  "Monarkol 
frei  durch  seine  Ketten":  Anlehnung  an  griech.  iiövapxoc.  In 
Cabets  Reise  nach  Ikarien  (S.  241  f.),  in  unsemi  Jahrhundert, 
Nameu  wie  Lix  dox  (S.  253)  mit  Wiederholung  des  Auslauts. 
Sogar  Campanella  macht  (S.  77)  die  drei  Worte  potestas, 
sapientia,  amor  zu  den  Titeln  Pon,  Lin,  Mor  zurecht:  gleicher 
Endkonsonant  von  a  und  b,  gleicher  Vokal  von  a  und  c,  was 
leicht  zu  vermeiden  war,  wenn  man  es  nicht  erstrebte!  —  Morus 
hat  auf  zahlreiche  Nachfolger  gewirkt,  Swift  auf  Holberg  (a. 
a.  0.  S.  192),  auf  Robert  Pultock,  der  die  genialen  lautsym- 
bolischen Namen  der  Reise  Gullivers  grotesk  karikierte  (Fürst 
Die  Vorläufer  der  deutschen  Novelle  S.  97).  Sie  haben  auch 
die  Art  der  Lautsymbolik  beeinflusst:  eine  feierliche,  in  langen 
Worten  schwelgende  Sprache  für  Inschriften  und  Gebete,  gern 
eine  knappe,  eingewirkt  mit  Liquiden  abschliessende  für  Titel; 
Anlehnung  an  die  gelehrten  Sprachen,  viel  Wiederholung,  kein 
Endreim. 

2)  von  innen  her 

a)  durch  einen  fast  überall  mehr  oder  weniger  bestimmt 
vorschwebenden  Idealtypus  der  Feierlichkeit,  der  Harmonie 
(bei  Morus)  oder  wie  sonst; 


Künstliche  Sprachen.  267 

b)  dareh  die  natürliche  Neigung  des  Menschen,  es  sich 
bequem  zu  machen  und  die  unwillkürliche  Nachgiebigkeit 
gegen  bestimmte,  im  Anfang  aufgetauchte  Wortbilder,  ja  sogar 
einzelne  stark  hervortretende  Laute  (die  Vokale  a  und  o,  die 
Konsonanten  p  und  k  bevorzugt). 

Ho  können  wir  uns  nicht  wundern^  wenn  dieselben  Klänge 
über  Jahrhunderte  wiederkehren.  Des  Moi*us  'maglomi'  (Ausg. 
der  Utopia  von  Michels  u.  Ziegler  Lat.  Litt.  Denkmäler  11,2) 
erinnert  an  R.  Dehmels  'dagloni',  auf  das  des  Engländers 
Schlusswort  'pagloni'  sogar  reimt  (vgl.  o.  S.  252  zu  ingdolon). 

Wie  gebunden  der  Mensch  ist,  zeigt  sich  gerade,  wenn 
er  so  recht  ungebunden  sein  will.  Die  ersonnenen  Sprachen 
Hessen  sich  recht  wohl  zu  psychologischen  Ausmessungen  der 
menschlichen  Lautphantasie  benutzen,  die  vielleicht  auf  den 
Spielraum  der  Phantasie  überhaupt  Schlüsse  zulassen  würden. 

Zu  beachten  ist  auch  ein  negativerFaktor.  Fast 
durchweg  gehn  die  Spracherflnder  der  Versuchung  aus  dem  Weg, 
einheimisches  Matei:ial  zur  Unverständliehkeit  auseinanderzu- 
zerren.  Das  geschieht  fast  nur  in  humoristischer  Absicht  mit 
Schimpfworten  (lausibeest*  bei  Immerraann,  *rinthf— i— i'  bei 
Glassbrenner).  Und  doch  liegt  auch  das  auf  dem  Wege,  wie 
jene  Beispiele  von  'Hylo'  und  'Rallesraub'  zeigen  oder  die 
sinnlose  Volksetymologie"  des  Mädchens,  das  die  Liedworte 
nie  kann  ohne  Wonne"  Jahre  hindurch  als  "nie  kanone- 
wonne"  appercipirte  (Groos  Spiele  der  Menschen  8.  25).  Aber 
man  fürchtete  wohl,  der  Alltagsrede  zu  nahe  zu  kommen,  viel- 
leicht auch  das  Geheimnis  zu  verraten.  (Ich  erinnere  auch 
an  die  bekannten  "Rätselhaften  Inschriften"  der  "Fliegenden 
Blätter",  die  aus  deutschen  Worten  durch  Akzentverrückung 
und  Verschiebung  der  Silbengrenzen  unverständliche  scheinbar 
lateinische  Rede  herstellen :  "Derana  Irenas  Plutarch"  =  "der 
Anna  ihre  Nas  blut't  arg"  oder  "Ave  ter  aunis  a  quaestor  sol 
dat"  =  A  Veteran  is  a  gSvester  Soldat".) 

Nachdenkliche  Geister  haben  das  lautsymbolische  Gefühl, 
das  zu  all  diesen  Sprachstücken  führte,  auch  zu  ganzen  Ge- 
heimsprachen ausgesponnen.  Schon  das  Spiel,  das  der 
junge  Mörike  mit  seinem  Freund  Ludwig  Bauer  trieb,  streift 
an  solches  Weiterbauen:  der  "heimliche  Maluff"  mit  seinem 
versunkenen  Königreich  lebte  für  sie  und  zog  immer  neue 
phantastische   Namenbildungen   heraus.     Es   entstand   so   ein 


«_• 


« 


268  R.  M.  Meyer, 

ganzes  mystisches  Reich,  dessen  Charakter  von  dem  der  zu- 
fällig empfangenen  Lautbilder  abhängig  war.  Im  Kleinen 
wird  so  ziemlich  jeder  Knabe  Ähnliches  gespielt  haben.  Ich 
erinnere  mich,  wie  ich  alle  OflSziere  meiner  Zinnsoldaten  be- 
nannte, Kardinalskollegien  und  brasilianische  Senate  ausammen- 
schrieb,  wobei  immer  zwischen  der  allgemeinen  Vorstellung 
und  dem  erfundenen  Namen  eine  gewisse  Wechselbeziehung 
herrschte  (vgl.  o.  V,  5,  a),  das  Ganze  aber  wieder  von  den 
Namen  zusammengehalten  wurde.  Ein  stolzer  Name  machte 
mir  besondere  Freude,  als  ich  nach  Jahrzehnten  seinen  Ur- 
sprung entdeckte.  "Pamiakopejo"  hiess  ein  brasilianischer  Tri- 
bun, und  sein  Name  war  zusammengebraut  aus  spanisch-portu- 
giesischen Lauteindrücken  und  der  damals  in  der  Zeitung  mehr- 
fach erwähnten  "Pharmacopoea  Germanica!"  Ebenso  träumte 
mir  neulich  der  Name  "Tallabich",  der  offenbar  aus  den  Na- 
men des  Diplomaten  Talleyrand  und  des  Geographen  Canna- 
bich  erwuchs. 

Von  solchen  Namengruppen  gingen  gewiss  auch  die  drei 
berühmten  Schriftsteller  aus,  die  in  ihrer  Jugend 

c)  ganze  Sprachen  aus  dem  lautsymbolischen 
Gefühl  heraus  erfanden.  Wenigstens  bezweifle  ich  nicht, 
dass  ihre  kindlichen  Geheimsprachen  auf  diesem  Prinzip  und 
nicht  auf  dem  der  Erbsensprache  beruht  haben  werden. 

Just  US  Moser  erzählt:  "In  seinem  zwölften  Jahre  hätten 
er  und  seine  beiden  Freunde  mit  Andern  eine  gelehrte  Gesell- 
schaft errichtet,  worin  sie  sich  einer  eigenen  von  ihnen  erfun- 
deneu Sprache  bedient.  Sie  hätten  zu  dieser  Sprache  ihre 
besondere  Grammatik  gemacht ;  Bertling  hätte  das  Wörterbuch 
geschrieben,  er  aber  die  gelehrte  Zeitung  in  dieser  Sprache 
und  die  Kalender  verfertigt,  und  das  Siegel  der  Gesellschaft 
gestochen.  Sie  hätten  sich  zusammen  dieser  Thorheit  so  sehr 
überlassen,  dass  die  Lehrer  sie  mit  allen  Schlägen  nicht  davon 
zurückbringen  können"  (Werke  10,9).  Ganz  ebenso  wird  von 
J.  P.  Hebel  berichtet:  "In  Lönach  wird  zwischen  Hebel  und 
vertrauten  Freunden  jener  "Geheimbund"  der  Troteuser*  ge- 
schlossen, dieser  absonderliche,  kurios  anmuthende  Kreis  mit 
seinen  eigenen  Siegeln,  seinen  Zeichen,  seinem  Wörterbuch, 
dem  Hebel  auch  in  Karlsnihe  stets  treu  ergeben  blieb,  als 
'Stabhalter'  und  Tannenides'  (ADB.  11, 189). 


Künstliche  Sprachen.  269 

Ebenso  hat  der  Dichter  Stefan  George,  wie  er  mir 
erzählte,  vom  nennten  bis  zwölften  Jahr  aus  dem  lautsjinboli- 
schen  Gefühl  heraus  sich  eine  Sprache  mit  Grammatik  und 
Wörterbuch  aufgebaut.  Dagegen  trägt  die  Geheimsprache  der 
Brüder  Alfred  und  Wilhelm  v.  Berger  ("Im  Vaterhause** 
Wien  1901  S.  63)  mehr  den  Charakter  einer  einfachen  Familien- 
sprache metaphorischer  Art  (vgl.  o  I,  1,  b,  ß):  "alpisch**  (von 
^'Alpen*')  für  grossartig,  erhaben  u.  dgl.,  dazu  "unalpisch**. 
Schon  stärker  wirkt  das  lautsymbolische  Gefühl  mit  in  der 
Familiensprache,  die  B.  v.  Suttner  in  ihrer  "Monographie**  Es 
Löwos  (Dresden  u.  L.  1899)  schildert  und  feinsinnig  psycholo- 
gisch analysiert  (S.  5.  15  f.  31.  34.  36  f.  usw.)  und  bei  der 
man  bis  zu  einer  volapük-artigen  Flexion  (S.  36)  gelangt.  "Es 
Löwos'*  der  Löwe,  mit  dem  weichen  Artikel  und  dem  roman- 
tischen hispanisierenden  Schluss,  der  cinigermassen  an  Frie- 
drichs d.  Gr.  Vorschläge  (in  der  Schrift  "de  la  litt,  allemande*') 
erinnert,  die  Infinitiv-Endungen  durch  -a  zu  euphonisieren : 
"Mettez  un  a  au  bout  de  ces  terminaisons  et  faites  en  sagena, 
gebenUy  nehmena,  et  ces  sons  flatteront  Toreille**  (Neudruck 
her.  V.  L.  Geiger  S.  18).  —  Ich  verdanke  den  Hinweis  auf 
das  Büchlein  der  Fr.  v.  Suttner  dem  Herausgeber  dieser  Zeit- 
schrift, die  Erinnerung  an  den  Vorschlag  des  Grossen  Königs 
Erich  Schmidt.  Er  hat  mich  auch  auf  die  -ania-Sprache  in 
Balzacs  Pfere  Goriot  (grosse  Pariser  Ausgabe  1875,  IV  S.  43: 
saute-rama,  soup-eaurama,  nach  diorama)  aufmerksam  gemacht, 
die  ich  hier  zum  Argot  (II  3  c)  nachtrage. 

Leider  sind  meines  Wissens  von  Mosers  und  Hebels  Ge- 
heimsprachen keine  Spuren  erhalten.  Andererseits  finden  sich 
in  Lavaters  "Geheimem  Tagebuch  von  einem  Beobachter  sei- 
ner selbst**  (1773)  wiederholt  gänzlich  unverständliche  Stücke  in 
anderer  (lat.)  Schrift,  von  denen  ich  nicht  beurteilen  kann,  ob 
bloss  Geheimschrift  oder  aber  Geheinisprache  vorliegt,  und  in 
letzterem  Fall,  ob  Lavater  sie  mit  Andera  teilte.  Was  mich 
7M  dieser  Meinung  neigen  lässt,  ist  neben  Lavaters  und  seiner 
Freunde  Geheimbündelei  der  Umstand,  dass  die  von  ihm  (wie 
von  Morus  und  Campanella)  ins  Alphabet  eingefügten  astrono- 
mischen Zeichen  auch  in  Goethes  Tagebuch  (für  den  Herzog 
Karl  August,  Frau  v.  Stein  usw.)  benutzt  werden.  Doch  spricht 
die  Häufung  der  f  (die  wie  in  jener  Mönchschrift  den  Vokal 
e  vertreten  mögen)  für  eine  ChiflFernschrift :  "vesf  kol  wsa  fst 


p 


2T0  K.  M.  Müver. 

usf  knf  (J8t  boe"  usw,  i^,  1:^1  vgl.  z.  B.  S.  122.  VA2.  134—38. 
14^.  löl  n.  Ö.].  Aacb  Zahlen  sind  eingemischt,  wohl  kabba- 
listisch fflr  den  Bncbstabeii,  iler  die  betretTende  Stelle  im 
Ali»habet  hat  {z.  B,  S.   138). 

.Solche  erfnndeneD  Sprachen,  die  von  der  gewöfaiilii:beii 
Rede  ganz  und,  wie  wir  gesehen  hsbea,  absichtlich  und  mit 
Erfolg  ahgehu,  gehören  mit  den  blossen  DifTereuKierungsspracheu 
deshalb  noch  zusammen,  weil  fremdem  Spi'acbmatcrial  (Latein, 
Hebrftisch  nsw.)  benutzt  ist;  aber  auf  der  andern  Seite  grenzen 
sie  unmittelbar  an  die  letzte  Art  eigentlicher  KiinsCsprachen : 
die  "philosophischen".  Ich  nennen  diese  die  letzte  Art  eigent- 
licher Kunstsprachen,  weil  die  Zeichen-  und  Signalsprachen 
sowohl  als  auch  die  Chiffernsprachen  aus  dem  Bereich  der 
gesprochenen  Heile  ja  herausfallen;  und  "äprache"  mt  denn 
doch  eigentlich  nur  die  gesprochene  Rede. 


^irt^B 


VI.    Sprachbildnng  ans  der  Abstraktion. 

Der  Versuch,  die  "willkllrliche"  Namengebnng  der 
eben  durch  eine  "vernunftgemässe"  zu  ersetzen,  musste  sieb 
fast  notbwendig  tlberall  aufdrängen,  wo  man  die  SpracheD 
eben  filr  willkürliche  Satzungen  hielt.  Der  biblische  Bericht 
von  der  babylonischen  Sprachverwirrung  musste  diesem  Be- 
streben nncb  Vorschub  leisten:  sind  alle  gesprochenen  Spra- 
chen nur  verzerrte  Abbilder  der  von  Adam  unter  Gottes  An- 
leitung erfundenen  Ursprache,  so  mnss  die  Aufgabe  reizen,  die 
alte  Wahrheit  uud  Schiiubeit  der  Sprache  wieder  herituslellen! 
Selbst  Thomas  Abbt,  der  mit  seiner  Dissertation  "Confusiooent 
linguarum  rjuae  Babelica  audil,  non  fuisse  poenara  generi  hn- 
mano  a  Deo  inflictam"  (1758)  zuerst  mit  tapferer  Entschie- 
denheit den  Lehren  entgegentrat,  die  Pott  gerade  1<hj  Jabr 
später  in  seinem  "Anti-Kaulen,  oder  mythische  VorsteUnnge» 
vom  Ursprung  der  Völker  und  Sprachen"  {1863}  andgiltig  wider- 
legte —  selbst  Th.  Abbt  nahm  noch  an,  dass  Eine  Ursprache 
durch  die  Zerstreuung  der  Menschen  in  verschiedene  zersplit- 
tert sei  (Werke  6,  103)  und  spricht  davon,  wie  die  (Jriecheu 
"ihre  Sprachen  so  verbessert,  sie  so  der  Klarheit,  Dentlichkeit 
und  Ordnung  der  Begriffe  angepasst  haben,  das»  diese  Sprache 
vor  allen  andern,  lange  Jahrhunderte  hindurch,  den  Vorzug 
behalten  hat"  (ebd.  S.  lOö).  Wie  die  rationalistische  Sprach- 
antfassung  eines  Gottsched  oder  Adelung  in  allen  Dialekten 


Künstliche  Sprachen.  27r 

nur  "verderbte  Rede"  sah  und  die  ursprüngliche  "Reinigkeit" 
der  Sprache  wiederherzustellen  suchte,  so  meisterte  sie  auch 
an  den  Sprachen  ohne  Sinn  für  die  historische  Notwendigkeit 
ihrer  Manigfaltigkeit. 

Von  jenem  Standpunkt  aus  hätte  es  nun  scheinbar  nahe 
gelegen,  auf  empirischem  Wege  die  göttliche  Ursprache  auf- 
zusuchen. Die  ältesten  Anläufe  zur  Sprachvergleichung  reichen» 
ja  weit  hinauf  und  der  BegriflF  der  Wurzel  Wörter,  die  durch 
alle  Entwickelung  hindurch  geblieben  seien,  ist  z.  B.  gerade 
Job.  Christoph  Adelung  (Über  die  Geschichte  der  Deutschea 
Sprache  Leipzig  1781  S.  10)  vollkommen  geläufig.  Dasjenige 
Mass  empirischer  Abstraktion,  das  ein  W.  v.  Humboldt  an- 
wandte, um  das  allen  Sprachen  Gemeinsame  herauszugraben, 
wird  Niemand  vom  16.  und  17.  Jahrhundert  fordern;  aber  der 
Versuch,  wenigstens  ein  allgemeines  Wörterbuch  durch 
Vergleichung  zu  gewinnen,  war  in  der  That  schon  mit  den 
Anschauungen  jener  Epochen  vereinbar  und  ist  Ende  des 
vorigen  Jahrhunderts  bei  bedeutenden  Geistern  wie  de  Brosses 
fast  schon  gewagt  worden. 

Indessen  —  viel' näher  als  die  Empirie  lag  diesem  Zeit- 
alter doch  immer  noch  die  Spekulation.  Nicht  einmal  auf  die 
allgemeinen  Voraussetzungen  der  Logik  und  Psychologie  grün- 
dete man  die  ältesten  Versuche  einer  philosophischen  Sprache^ 
sondern  reine  Willkür  erhielt  die  Führung.  Nie  wollte  eine 
Sprache  entschiedener  reine  G^cic  sein;  um  so  merkwürdiger 
ist  es,  wie  selbst  hier  die  q)i3cic  sich  heimlich  einschlich  und 
das  alte  Wort  wahr  machte :  Naturam  expellas  f urca  —  tarnen 
asque  recurrit! 

1)  Wie  wir  uns  hier  überhaupt  auf  eine  Auswahl  be- 
schränken müssen,  so  ist  insbesondere  für  die  erste  Periode 
der  ''philosophischen  Sprachen"  eine  eingehende  Behandlung 
eher  der  Geschichte  der  Philosophie  als  unserem  linguistischen 
Versuch  zuzuweisen.  Denn  man  arbeitet  hier  eben  fast  ganz 
mit  TBegriflfen"  und  wir  haben  es  doch  mit  den  Ausdrücken 
zu  thun! 

a)  Im  Altertum  bei  Griechen  und  Hebräern,  im  Mittel- 
alter bei  Indern  und  Arabern  wird  es  an  waghalsigen  Ver- 
suchen nicht  gefehlt  haben,  den  "wahren  Begriff",  das  "Ge- 
heimnis" zu  packen  und  durch  seine  Nennung  das  Ding  selbst 
zu  ergreifen.     Diels  (S.  9)  weist  über  Porphyrios  auf  Aristo- 


-272  R.  M.  Meyer, 

teles  selbst  zurück.  Und  von  dem  Runenzauber  der  alten  Ger- 
manen bis  zur  spätjüdiscben  Eabbala  deuten  mancherlei  Be- 
mühungen abergläubischer  Halbwissenschaft  dahin.  Aber  ftir 
die  neuere  Entwickelung  setzt  die  Reihe  dieser  Bestrebungen  (so 
viel  ich  sehe)  mit  Raymundus  Lullus  ein  (vgl.  Diels  S.  8). 
Dieser  höchst  seltsame  katalanische  Doktor  Faust  war  "ein  Apo- 
stel, der  zugleich  Dichter  und  des  Interesses  und  der  Bewun- 
derung würdig  ist,  anderseits  ein  von  fixer  Idee  Besessener,  den 
man,  wenn  er  in  all  seinem  merkwürdigen  Dichten  und  Trachten 
nicht  uneigennützig  gewesen  wäre,  beinahe  geneigt  sein  könnte 
einen  Charlatan  zu  nennen"  (A.  Morel-Fatio  in  Groebers  Grund- 
riss  d.  rom.  Phil.  II  2,  105;  vgl.  für  LuUs  Einfluss  auch  Bo- 
rinski  Gracian  und  die  Hofliteratur  in  Deutschland,  Halle  1894, 
S.  69  f.).  Er  "glaubt  die  Scholastik  untergraben  zu  können, 
indem  er  ihr  ein  extravagantes  System  entgegenstellt,  von  dem 
man  nicht  versteht,  wie  hervorragende  Geister  es  einer  Unter- 
suchung noch  für  würdig  gehalten  haben".  Indess  zeigt  der 
lichtvolle  Bericht,  den  Gence  in  der  Biographie  Universelle 
(25,  465  f.)  über  das  System  des  Missionärs  von  Palma  (geb. 
um  1235  gest  1315)  gibt,  wie  eng  die  "Ars  generalis"  Lulls 
selbst  mit  der  Scholastik  zusammenhängt;  und  andererseits 
zeigen  Nachfolger  wie  Leibniz,  dass  ihre  Grundanschauungen 
nicht  auf  das  Mittelalter  beschränkt  blieben. 

Lull  geht  von  der  naiven  Grundanschauung  aus,  die  Aus- 
drücke deckten  sich  mit  den  BegrifiFen,  die  BegriflFe  mit  den 
Sachen.  Um  nun  also  zu  einer  allgemeinen  Kenntniss  der 
Dinge  zu  kommen,  versucht  er  ein  systematisches  Experimen- 
tieren mit  den  BegrifiFen.  Auf  diese  Weise  wandelt  sich  die 
Ars  generalis  sive  magna  in  die  Ars  demonstrativa  und  die 
Ars  inventiva  veritatis  (1515),  zu  deren  Kommentatoren  Gior- 
dano  Bruno  (1582)  und  Athanasius  Kircher  (1669)  gehört 
haben.  Die  Idee  ist,  wenn  man  (wie  billig)  von  den  AuflFas- 
sungen  jener  Zeit  ausgeht,  keineswegs  so  absurd,  wie  sie  uns 
Modernen  zunächst  scheint.  Dass  Begriffe  und  Dinge  sich 
decken,  dass  die  Kategorien  der  Grammatik  mit  denen  der 
Logik  zusammenfallen,  sind  schwer  zu  überwindende  und  auch 
hent  noch  nicht  völlig  überwundene,  naheliegende  Irrtümer. 
Die  Zurückftthrung  der  ungeheuren  Menge  von  EinzelbegriflFen 
aber  auf  eine  beschränkte  Zahl  von  Hauptbegriffen  ist  ein 
unentbehrliches  Hilfsmittel  jeder  Orientierung  über  die  Welt. 


Künstliche  Sprachen.  2TS 

Lullus  bildet  mm  —  von  der  Ideenlehre  Piatons  und  der  Ka- 
tegorientafel des  Aristoteles  so  gut  wie  von  den  Triaden  der 
Scholastik  abhängig  —  zwei  grosse  Gruppen  von  je  neun  Be- 
griffen. Drei  fundamentale  '"Attribute"  —  Sein,  Einheit,  Voll- 
kommenheit —  werden  durch  je  drei  Beziehungen  in  neun 
gespalten;  so  die  perfectio  durch  die  drei  Anwendungen  auf 
das  ontologische,  ethische  und  historische  Gebiet  in  "veritas, 
virtus,  gloria".  Drei  fundamentale  '^Subjekte"  —  aus  dem 
göttlichen,  menschlich-tierischen  und  unbelebten  Reich  —  wer- 
den ebenso  durch  je  drei  Beziehungen  in  neun  zerlegt;  so  das 
erste  in  *"Gott,  Geister,  Himmer.  Nun  werden  innerhalb  eines 
festen  Rahmens  auf  Stangen  Würfel  befestigt  und  durch  Um- 
drehung der  Stangen  alle  Permutationen  zu  Wege  gebracht,^ 
in  denen  jene  18  Hauptbegriflfe  überhaupt  zu  einander  in  Be- 
ziehung stehen  können.  (Das  Verfahren  ist  noch  von  Jonathan 
Swift  im  Dritten  Teil  seines  Gullivor,  Übei*setzung  von  Kortten- 
kamp  Stuttgart  1843  12,  67,  parodistisch  geschildert  worden, 
nicht  ganz  zu  seinem  eignen  Ruhme,  worauf  auch  Diels  S.  12 
aufmerksam  macht.)  Die  Würfelstücke  zwischen  den  Haupt- 
würfeln sind  mit  Prädikaten  und  Partikeln  beschrieben;  bei- 
spielsweise hat  der  Franzose  Grandville  in  seiner  Illustration 
Swifts  (a.a.O.)  als  Zettel  gewählt:  "^Gloire  —  rieu  —  parceque 
—  oh  —  raison  —  mal  —  neant".  Kommen  diese  Zettel  alle 
nebeneinander  nach  oben,  so  ergibt  sich  der  Satz:  La  gloire 
n'est  rien,  parceque  malheureusement  la  raison  op6re  mal ;  eile 
est  un  neant"  oder  dgl.  Bei  einer  Drehung  verschieben  sich 
ein  paar  Würfelflächen  und  man  erhält  etwa  statt  "rien"  '"tout^ 
statt  ''oh*'  ''ah !",  statt  "mal"  "bien"  —  und  die  entgegengesetzte 
Meinung  wird  abgelesen. 

Im  Prinzip   beruht  dies  seltsame  Spiel  auf  einer  aber- 
gläubischen  Verehrung    des   zufälligen   Zusammenflndens    und 
der  gelehrte  Mönch  ist  so  weit  von  den  Priestern  des  grauen 
Heidentums  nicht  verschieden,  die  nach  Tacitus'  Bericht  Stäb- 
chen auf  einem  Tuch  schütteln  und  aus  den  drei   oben   auf- 
liegenden einen  wahrsagenden  Satz  bilden  (vgl.  MüllenhoflF  und 
V.  Liliencron  Zur  Runenlehre).    Denn  auch  bei  den  alten  Ger- 
manen müssen  die  Stäbe  irgend  wie  eine  "Rune",  einen  Haupt- 
bcgriflf  enthalten  —  wie  ich  vermuthe,  ward  er  durch  die  Form 
des  Stäbchens  kenntlich    (vgl.  meinen  Aufsatz  in  Paul  und 
Braunes  Beitr.  21,  177  f.).     Nur   nahmen   die    gennanischeii 


•274  R.  M.  Meyer, 

Weisen  die  Hauptbegriffe  naiv  aus  der  Erfahrung,  Lull  zog  sie 
scholastisch  aus  der  Spekulation. 

Die  Sache  gewinnt  aber  doch  ein  anderes  Ansehen,  wenn 
man  ihren  experimentellen  Charakter  in  den  Vordergrund  stellt. 
Als  ars  inventiva  oder  combinativa  hat  Lulls  Maschine  ihren 
erstaunlichen  Siegeslauf  angetreten.  Gence  bemerkt  mit  vollem 
Recht,  dass  die  Betrachtung  der  Beziehungen,  in  die  Attribute 
and  Subjekte  zu  bringen  sind^  anregend  wirken  muss,  und 
dass  es  nicht  die  Schuld  des  Systems  ist,  wenn  Nachtreter 
mit  dem  Kahmen  wie  mit  einer  Geisterschreibemaschine  ope- 
rieren, die  die  Wahrheit  ans  Licht  bringt,  wenn  man  an  einer 
Kurbel  dreht.  Den  Gedanken,  experimentell  den  Umkreis  aller 
unserer  Phantasie  möglichen  Kombinationen  zu  ermessen,  haben 
viel  Grössere  als  Ramou  Lull  gehegt:  Goethe,  wenn  er  den 
Zug  der  Ideen,  den  "Zirkel  der  sich  in  mir  umdreht"  studieren 
wollte:  ""Erfindung,  Ausführung,  Ordnung  —  Alles  wechselt 
und  hält  einen  regelmässigen  Kreis ;  Heiterkeit,  Trübe,  Stärke, 
Elastizität,  Schwäche,  Gelassenheit,  Begier  ebenso"  (Tagebücher 
Weim.-Ausg.  1, 112);  oder  Novalis,  wenn  er  auf  eine  wissen- 
schaftlich begründete  Phantastik  ausging.  Gerade  dieser  tief- 
sinnigste aller  Romantiker  nähert  sich  dem  mechanisierenden 
Scholastiker:  ""Hätten  wir  auch  eine  Phantastik.  wie  eine  Lo- 
gik, so  wäre  die  Erfindungskunst  gefunden"  (Schriften  her.  v. 
Tieck  u.  Schlegel  2,  203)  —  ars  inventiva!  ""Vielleicht  kann 
man  mittelst  eines  dem  KSchachspiel  ähnlichen  Spiels  Gedanken- 
konstruktionen  zustande  bringen"  (ebd.  S.  143).  —  Lulls  Ma- 
schine! ""Es  könnte  wohl  kommen,  dass  man  die  Kunst  er- 
hielte, Philosophien  zu  machen"  (ebd.  S.  113)! 

Indess  —  es  kommt  hier  nicht  darauf  an,  nachzuweisen, 
wie  viel  Sinn  oder  Unsinn  in  diesen  träumerischen  Experi- 
menten oder  experimentellen  Träumereien  steckt  —  sondern 
was  sie  in  der  Geschichte  der  künstlichen  Sprachen  zu  be- 
deuten haben.  Auf  den  ersten  Blick  könnte  man  geneigt  sein, 
überhaupt  zu  bestreiten,  dass  Lulls  ""Ars  magna"  in  unsere 
Untersuchung  gehört ;  aber  nicht  nur  die  nahe  Verbindung  der 
von  Lull  mitbedingten  Universalschriften  Dalgamos  und  Kir- 
chers mit  den  Universalsprachen  widerlegt  diesen  Eindruck. 
Lulls  System  ist  vielmehr  in  gewissem  Sinn  das  Ideal  der 
künstlichen  Sprache,  weil  nämlich  hier  nicht  (wie  sonst)  nur  die 
Worte  oder  die  Flexionen  künstlich  sind,  sondern  das  Sprechen 


Künstliche  Sprachen.  275 

selbst.  Jeder  Satz,  den  wir  von  dem  Rahmen  ablesen,  ist  ein 
Kunstprodukt;  wie  Kempelens  Spreehmasehine  oder  wie  eine 
tibetanische  Gebetratihle  verrichtet  der  Würfelkasten  mit  Axen 
und  Kurbeln  eine  Arbeit^  die  sonst  nur  dem  mensehlichen  In- 
tellekt vorbehalten  ist!  Man  mag  sagen:  es  ist  danach!  Aber 
man  glaube  nur  nicht,  dass  eine  so  unüberbrückbare  Kluft 
aufgespannt  sei  zwischen  dieser  Gedankentabrikation  und  der 
mancher  Massenverfertiger  von  Paradoxien  und  Bonmots,  die 
in  Wirklichkeit  auch  nur  Worte  hin-  und  herschieben.  Als 
Heuristik  für  die  gequälte  Witzkunst  etwa  eines  Oskar  Blu- 
menthal Hesse  die  Lullische  Methode  sich  am  Ende  auch  heut 
noch  verwerten! 

b)  Die  Philosophen,  die  auf  die  Methode  des  Gedanken- 
findens   und  Verknüpfens   besonderes   Gewicht   legten,    haben 
von  dieser  echt  scholastischen  Vorstellung  einer  mechanischen 
Gedankenentwickelung  nicht  so  bald  wieder  loskommen  kön- 
nen.   So  Cartesius,  dessen  getreuer  Schüler  Mersenne  (1588 
— 1668)  auch  unter  den  Erfindern  von  üni versalsprachen  auf- 
gezählt wird,  obwohl  ich  in  der  über  diese  Fragen  sonst  aus- 
gezeichnet unterrichteten  Biogr.  Univ.  (28,  2  f.)  nichts  darüber 
finden  kann.     Seine  Ideographie  wird  von  Mundt  (Kunst  der 
deutschen  Prosa  S.  14  ""bei  weitem  klarer"  als  Leibnizens  analoge 
Bemühungen  gefunden.  So  vor  allem  Leibniz  (vgl.  Diels  Über 
Leibniz  und  das  Problem  der  Universalsprache,  Sitzgsber.  d.  Berl. 
Akad.  1899  29.  Juni)  "Artem  Lullianam  perficere  conatus  est 
Leibnitius  in  dissertatione  de  arte  combinatoria",  sagt  Ploucquet 
(Methodus  calculandi  in  logicis  S.  17).    Wie  eng  diese  Idee 
bei  Leibniz  mit  der  einer  wissenschaftlichen  Universalsprache 
zusammenhing,    und  wie  beide  Tendenzen  ihm  von  der  Zeit 
ent^egengetragen  wurden,    hat  z.  B.  Windelband   (Gesch.  der 
Philosophie  T.  IV  Kap.  2  §  30 ;  S.  397  der  engl.  Übersetzung, 
iiie  mir  eben  nur  allein  Hand  ist)  hervorgehoben.    Christoph 
Sturm  in  Altorf,  der  auf  Leibniz  wirkte,  hatte  ein '"Compen- 
dium  Universalium  seu  Metaphysicae  Euclideae"  verfasst  usw. 
Giordano  Bruno,  der  Kommentator  Lulls,  hatte  auf  den  grossen 
philosophischen  Polyhistor  mächtigen  Einfluss  ausgeübt.  Leibniz 
hatte  eine  Rechenmaschine  konstruiert;  er  konnte  bei  der  engen 
Verbindung,   in  die   seine  Zeit   noch   alle  Formen  der  ""ratio- 
cinatio"  brachte,    auch  vor  der   Denkmaschine   nicht   zurück- 
schenen. 


276  R.  M.  Meyer, 

Nun  thut  Leibniz  aber  gleich  einen  Sehritt  über  Lull 
hinaus,  der  ihn  der  Reihe  der  Erfinder  von  Begriffszeichen- 
sprachen  nähert.  Rayniundus  Lullus  hatte  ganz  naiv  die  be- 
liebigen Ausdrücke  des  Latein  oder  der  Volkssprachen  benutzt. 
Leibniz  erkennt,  dass  eine  Reinigung  des  sprachlichen  Mate- 
rials nötig  ist,  wenn  dies  selbstthätig  als  Hilfsmittel  der  For- 
schung fungieren  soll.  Er  sieht  (nach  Guhrauers  knapper 
aber  lichtvoller  Auseinandersetzung :  Gottfried  Wilhelm  Frh.  v. 
Leibnitz  1,  323)  in  der  Sprache  selbst  allerdings  schon  den 
Grundbegriff  einer  "allgemeinen  Charakteristik";  aber  doch 
eben  unrein,  unklar,  unfertig.  ''Die  Volkssprachen,  sagt  er, 
obschon  vom  grössten  Nutzen  für  das  Raisonnement,  sind  doch 
unzähligen  Zweideutigkeiten  unterworfen,  und  können  den 
Dienst  einer  Rechnung  nicht  leisten :  dass  nämlich  die  Irrtümer 
der  Ratiocination  aus  der  Bildung  und  Konstruktion  der  Vo- 
kabeln selbst,  gleichsam  als  Solcecismen  und  Barbarismen,  ent- 
deckt werden  könnten;  wie  in  der  Arithmetik  und  Algebra 
geschieht,  wo  die  ganze  Ratiocination  im  Gebrauche  der  Zei- 
chen besteht,  und  wo  ein  Irrtum  der  Rechnung  zugleich  ein 
Irrtum  des  Geistes  ist",  um  also  zu  seiner  sprachlichen  Al- 
gebra zu  gelangen,  muss  er  von  den  viel  zu  materiellen  Zei- 
chen der  Sprache  zu  abstrakteren  Marken  gelangen  (a.  a.  0. 
S.  322),  d.  h.  Begriffszeichen  eigener  Prägung  und  rein  sym- 
bolischer Art  an  die  Stelle  der  herkömmlichen  Worte  setzen. 
Zwar  verkannte  Leibniz  nicht,  dass  auch  die  Worte  der  Volks- 
sprachen nicht  rein  willkürlich  seien  (a.  a.  0.  S.  334);  aber 
er  stand  doch  immerhin  so  weit  unter  dem  Bann  der  hen*- 
schenden  rationalistischen  Gecic-Auffassung,  dass  er  in  seinen 
TJnvorgreiflichen  Gedanken"  (§  74)  ausdrücklich  ''Erdenkung 
neuer  Worte  oder  eines  neuen  Gebrauchs  alter  Worte"  zu  den 
Mitteln  der  Sprachbereicherung  rechnet,  ganz  wie  der  Gram- 
matiker Schottelius,  dem  er  den  Hauptinhalt  jenes  wichtigen 
Programms  verdankt"  (Schmarsow  Leibniz  u.  Schottelius  Strass- 
burg  1877  S.  31).  Dies  ist  nun  aber  besonders  wichtig  ge- 
worden. Denn  gerade  Leibniz  wäre  geeignet  gewesen,  die 
philosophische  Sprache  auf  den  Weg  der  Empirie  zu  lenken. 
Er  trieb  mit  Leidenschaft  Etymologie  und  J.  G.  Eccard  hat 
einen  dicken  Doppelband  der  CoUectanea  etymologica  illustri» 
viri  G.  G.  Leibnitii  (Hannover  1717)  gesammelt,  in  dem  sich 
ganz  nette  Dinge  finden,    z.  B.  ein  Fahnden  auf  wiederholte 


Künstliche  Sprachen.  277 

(wir  würden  sagen:  lautgesetzliehe)  Ersetzung  des  k  durch  h, 
oder  die  richtige  Ableitung  von  ""hübsch"  aus  ""höfisch"  (S.  305). 
Man  war  überhaupt  in  den  Prinzipien  der  Etymologie  lange 
nicht  80  weit  zurück  wie  in  der  Praxis;  so  bemerkt  D.  G. 
Morhof  (Unterricht  von  der  teutschen  Sprache  und  Poesie  Kiel 
1682  S.  93)  sehr  gescheit:  ""Die  allzu  grosse  Gleichheit  ist 
viel  verdächtiger  als  wenn  einiger  Unterschied  in  den  Wörtern 
ist:  es  wäre  denn^  dass  eine  Gleichheit  der  Bedeutung  da  sei, 
welches  die  erste  und  beste  Art  der  Etymologie  ist".  Hätte 
ein  Mann  von  Leibniz'  Scharfsinn  solche  Grundsätze  ange- 
wandt;  um  systematisch  aus  den  verschiedenen  Volkssprachen 
die  "'Grund-Wurzeln"  wie  er  (für  Schotteis  ""Wurzeln":  Schmar- 
80W  S.  90  zu  §  78)  sagt,  durch  Vergleichung  herauszugraben  — 
aus  den  Versuchen  eine  Universalsprache  zu  erlangen  hätte 
8chon  vor  fast  300  Jahren  ein  Suchen  nach  der  Ursprache 
werden  können  und  statt  der  Vorläufer  von  Schleyer  hätten 
wir  Vorgänger  von  Schleicher  seit  Leibniz  an  der  Arbeit 
gesehn ! 

Statt  dessen  also  blieb  Leibniz  beim  Spracherfinden. 
Wie  Lullus  suchte  er  den  menschlichen  Gedankenvorrat  auf 
eine  geringe  Zahl  primitiver  Gedanken  zu  bringen  —  nicht 
anders,  als  das  noch  heut  Max  Müller  in  seinem  Buch  ""Das 
Denken  im  Licht  der  Sprache"  (1881)  auch  thut,  indem  er 
(S.  566  f.)  die  Fundamentalbegriflfe  mit  den  Wurzeln  identifi- 
ziert. Für  diese  primitiven  Gedanken  strebt  Leibniz  ChifFera 
an,  um  nunmehr  durch  Rechnen  mit  den  Begriflfszeichen  einen 
automatisch  arbeitenden  Sprachenapparat  herzustellen.  Es  wird 
noch  heut  die  Möglichkeit  eines  solchen  allgemein  wissenschaft- 
lichen Ideals  (von  F.  Exner,  bei  Guhraner  a.  a.  0.  Aum.  zu 
1  S.  78)  behauptet;  Leibniz  selbst  aber  blieb  (vgl.  a.  a.  0. 
S.  331  f.)  in  enthusiastischen  Träumereien  stecken  und  kann 
über  die  Prolegomena  der  ""Ars  combinatoria"  nicht  hinaus, 
die  er,  ""fast  noch  ein  Knabe"  (a.  a.  0.  S.  128),  1666  heraus- 
gegeben hatte. 

Leibniz' Versuch  gab  übrigens  Lichtenberg  Anlass  zu 
einer  wichtigen  Anmerkung.     Zu  dessen  Zeit   blühten  wieder 
4iie  philosophischen  Sprachen  und  die  Schriften  von  Lambert 
und  Ploucquet  brachten  es  zu  hohen  Ruhm.    Da  bemerkte  nun 
der  geistreiche  Psycholog :  ""Eine  Sprache,  die  allemal  die  Ver- 
wandtschaft der  Dinge  zugleich  ausdrückt,  wäre  für  den  Staat 

Indof^ermaniBche  Forschungen  XII  S  u.  4.  19 


278  R.  M.  Meyer. 

nützlicher,  als  Leibnizens  Charakteristik.  Icli  meine  eine  solche, 
wo  man  z.  B.  Seelsorger  statt  Predifrer,  Dmnmkopf  statt  Statiner, 
Wassertrinker  statt  auakreontiscber  Dicbter  sagte"  (Vermischte 
Schritten  Göttinnen  1844;  2,  151).  Die  satirische  Spitze  darf 
Ulis  nicht  irre  machen:  wo  Lichtenberg  einen  Witz  macht, 
sagte  Goethe,  da  liegt  ein  Problem  verborgen.  So  auch  hier. 
Die  logische  Katastriernng  der  Dinge  kann  sie  immer  nnr  nach 
zwei  Dimensionen  (Genus  und  Species)  aufncbnien;  der  Name, 
den  die  Sprache  gibt,  entwickelt  sich  dagegen  zu  voller  Eun- 
dtiug.  Die  philosophistthe  Sprache  bezeichnet  etwa  den  Geist- 
lieben  nur  als  Prediger.  Gebrauehen  wir  dies  Wort,  wir 
nairen  Menschen,  .so  denken  wir  gar  nicht  mehr  an  den  prae- 
dicator,  sondern  an  die  uns  bekannten  Geistlichen  mit  all  ihren 
Funktionen;  Seelsorge.  Spenden  der  Sakramente,  Religions- 
unterricht usw.  Die  scbemntisehe  Benennung  in  der  philoso- 
phischen Sprache  legt  ein  Herbarium  an;  die  naive  Rede  fasst 
die  lebendigen  Ptlanzen  bald  von  der,  tiald  von  jeuer  Seite. 
Deshalb  kann  jene  immer  nur  eine  einseitige  Genealogie  geben, 
während  diese  den  zahllosen  "VerwandtscbaCteu"  der  Dinge 
durch  wechselnde  Terminologie  gerecht  zu  werden  vermag. 
"Qui  a  plus  desprit  que  Mr.  de  Voltaire?  Tout  le  monde!" 
Wer  charakterisiert  besser  als  LeibnizV  die  gewöhnliche  Rede! 
c)  Andere  nahmen  seine  Bestrebungen  auf,  von  der  engen 
Verwandtschaft  der  Logik  und  Mathematik  ausgehend;  denn 
"das  Logische  und  das  Mathematische  sind  zusammen  zu  nennen, 
wenn  es  gilt,  den  Rahmen  und  die  Grundvoraussetzung  alles 
Übrigen  Wissens  und  bestimmteren  Seins  anzuzeigen"  (Dllhriug 
Logik  n.Wissenechaftstlieorie  H.246).  Ileinricb  v.  Kleists  Freund, 
der  spätere  General  EUhle  v,  Lilienstern,  ging  nocb  weiter; 
in  einem  Buch,  das  ich  nur  aus  Gaedertz  Bei  Goethe  zn  Gaste 
(Leipzig  1900  S,  3(}3)  kenne,  fragte  er  gar:  "Ist  nicht  jede 
Sprache  eine  durchaus  malhematische  KonutruktioDsforni?" 
Freilieh  zog  ihm  diese  Überschätzung  der  Mathematik  von 
Goethe,  dem  er  (1809)  seine  Schrift  zusandte,  eine  recht  s))öt- 
tische  Abfertigung  zu:  "D&sa  Sie  das  Wort  Mathematik  im 
ausgedehntesten  Sinne  gebrauchen,  gibt  mir  keinen  Anstoss, 
Um  jedoch  die  Sache  eiuigermassen  ins  Gleiehgewicbt  zu 
bringen,  hoffe  ich,  es  werde  nächstens  Jemand  aufstehen  und 
versichern,  daas  mit  der  Poesie  alles  in  der  Welt  zu  thun  sei, 
und  dftss  sich  besonders  die  Planeten-  und  KomctenbahoeQ  am 


Künstliche  Sprachen.  279 

^Uerbequemsten  durch  eine  Ode  darstellen  lassen.  Sobald 
dieses  einmal  recht  ausgeführt  ist,  so  werden  wir  uns  hoffent- 
Mich  völlig  verstehen*  (ebd.). 

Ploucquet  (a.a.O.  S.  17f.)  nennt  Bilfinger,  Chr.  Wolf 
und  Job.  Christian  Lange  in  Giessen,  Diels  (S.  15)  Solbrig 
(Scriptura  oeconomica  1727)  und  Trede  (Vorschläge  zu  einer 
notwendigen  Sprachlehre  1811).  Job.  Christian  Lange  ging 
(Inventum  novum  Quadrati  Logici  universalis  1714;  vgl.  Plouc- 
quet S.  22)  dazu  über,  statt  der  Begriffe  die  Begriffs- 
verbindungen zur  Grundlage  der  philosophischen 
Sprache  zu  machen  —  der  gleiche  grosse  Fortschritt,  wie 
da  man  in  der  Sprachwissenschaft  erkannte,  der  Satz  sei  älter 
als  das  Wort.  (Diese  Erkenntnis,  dass  ''alle  Völker  ihre  Sprachen 
mit  Sätzen  begannen",  hat  wohl  H.  Leo  zuerst  deutlich  pro- 
klamiert: Nominalistische  Gedankenspäne,  Reden  imd  Aufsätze 
Halle  1869  S.  123.  Vgl.  jetzt  Delbrück  Grundfragen  der 
Sprachforschung  S.  118 — 138  f.)  Lange  benutzte,  wie  später 
Ploucquet,  Quadrate  als  Satzzeichen,  der  grosse  Leonhard 
Eni  er  in  seinen  Lettres  ä  une  princesse  d'Allemagne  (vgl.  Biogr. 
ün.  13, 183)  Kreise.  Von  Eulers  Verfahren  gibt  M.  Müller  (a.a.O. 
S.  494  f.)  Beispiele.  Man  würde  hier  in  der  BegrifFszeichen- 
sprache  schon  mitten  darin  sein,  wenn  nicht  zum  Einzeichnen 
der  Einzelbegriffe  in  die  syllogistischen  geometrischen  Figuren 
doch  wieder  die  Worte  der  Volkssprache  selbst,  oder  willkür- 
Uch  dieselbe  vertretende  Ziffern  gewählt  würden. 

d)    Der   eigentliche   Fortsetzer   von   Leibniz'  "Sp^cieuse 
generale"  ist  aber  Johann  Heinrich  Lambert  (1728 — 1777), 
der  berühmte  Mathematiker,  Astronom  und  Philosoph,  der  für 
Lichtenberg  (Werke  1,  72)  der  typische  Denker  grossen  Stils 
war.    In  seinem  "Neuen  Organon"  (1764)  und  einigen  Aufsätzen 
Aat  er  die  von  Leibniz  direkt  beeinflusste  Lehre  vom  ^ogischen 
Kalkül"  vorgetragen    (vgl.  ADB.  17,  556).     Über  die  Haupt- 
stelle,   den  "Semiotik"  benannten  dritten  Teil  des  "Organons", 
berichtet  sein   Biograph  Johannes  Lepsius    (Job.  H.  Lambert 
München  1881  S.  87  f.).  Danach  geht  auch  Lambert  von  der  Un- 
bestimmtheit, Vieldeutigkeit  und  Lückenhaftigkeit  der  Sprache 
AUS  und  sucht  sie  wissenschaftlich  brauchbar  zu  machen  durch 
kritische  Unterscheidung  des  Metaphysisch -Notwendigen  und 
des  Willkürlichen  in  den  vorhandenen  Sprachen.     Aus  dieser 
'^allgenieinen  Sprachlehre"  geht  dann  die  '^allgemeine  Charak- 


280  R.  M.  Meyer, 

teristik"  hervor  d.  h.  die  Herstelluog  charakteristischer  Be- 
zeichnungeu,  durch  die  "die  Theorie  der  Sache  auf  die  Theorie 
der  Zeichen  reduziert"  werden  kann.  Er  ^'durchmustert  alle 
bisher  erfundenen  Zeichen  und  findet^  dass  das  Zahlengebäude 
und  die  Algebra  die  vollkommensten  enthalten"  (a.  a.  0.  S.  89). 
Die  Kombination  dieser  Zeichen  ergibt  sodann  den  logischen 
Kalkül. 

e)  Den  höchsten  Ruhm  auf  diesem  Gebiet  erntete  jedoch 
Gottfried  Ploucquet,  Professor  in  Tübingen  (1716— 1790). 
Er  war  zunächst  von  Leibniz  unabhängig,  wie  sein  Biograph  Carl 
Philipp  Conz,  ühlands  Jugendfreund,  bezeugt  (Kleinere  pro- 
saische Schriften  Tübingen  1822  B.  II  129).  ""Er  kam,  so  wie 
er  stets  die  Logik  auf  einfachere  Grundsätze  zurückzuführen 
sich  bemühte,  im  Jahre  1758  auf  den  Gedanken,  ob,  um  die 
anschaulichste  Übersicht  von  jedem  Schlüsse  mit  einmal  zu 
geben  und  so  die  Verrichtungen  des  logischen  Denkens  zu 
erleichtem,  Schlüsse  nicht  könnten  gezeichnet  und  in  Figuren 
vorgestellt  werden.  Er  rektifizierte  und  simplifizierte  immer 
mehr  daran,  so  dass  er  einige  Jahre  nachher  fand,  man  könne 
alles  auf  eine  einzige  Regel  zurückführen,  auf  den  Grund  der 
Verschiedenheit  und  Identität"  (ebd.).  Dies  ist  wichtig.  Bis 
auf  Ploucquet  war  der  logische  Kalkül  wesentlich  als  ars  in- 
ventiva  aufgefasst  worden:  Lull  hatte  Leibniz,  dieser  seinen 
Nachfolgeiii  diese  Idee  vererbt.  Ploucquet  aber,  ein  Todfeind 
der  gerade  in  seiner  Zeit  herrschenden  Weitschweifigkeit  (Conz 
a.  a.  0.  S.  126)  will  die  Methode  nur  zur  Vereinfachung  der 
Darstellung  benutzen.  Wie  Prantl  (ADB.  26,  320)  sich  aus- 
drückt: er  lehnte,  was  Leibniz  in  der  Characteristica  univer- 
salis, beabsichtigte,  als  zu  weitgehend  ab,  knüpfte  aber  doch 
im  Grund  an  dessen  Ars  combinatoria  an,  wenigstens  in  den 
späteren  Ausarbeitungen,  vor  allem  dem  Methodus  calculandi 
in  Logicis  praemissa  commentatione  de  arte  characteristica 
(1769).  Ploucquet,  den  Dessoir  (Gesch.  d.  neueren  deutschen 
Psychologie  1,  77)  als  ein  "Symptom  der  geistigen  Aufregung, 
die  kritischen  Momenten  in  dem  Geistesleben  eines  Volkes 
voranzugehen  pflegt,  so  zu  sagen  einen  ersten  Entwurf,  den 
die  Geschichte  öfters  ihren  vollendeten  Gestalten  vorausschickf^ 
charakterisiert,  bedeutet  auch  hierin  den  Anbruch  einer  neuen 
Reihe.  Man  beginnt  leise,  sich  von  der  mystischen  Vorstellung 
loszulösen,  als  sei  die  Sprache  an  sich  ein  selbstthätig  arbeiten- 


Künstliche  Sprachen.  281 

der  Mechanismus  zum  Finden  oder  Darstellen  logischer  Wahr- 
heiten, während  doch  *Veder  Sprache  und  Denken,  noch  auch 
die  Formen  der  Sprache  mit  denen  des  Denkens  identisch 
«ind*  (H.  Steinthal  Einleitung  in  die  Psychologie  und  Sprach- 
wissenschaft S.  60.  Über  den  Unterschied  von  Sprechen  und 
Rechnen  Stöhr  Algebra  der  Grammatik  S.  135  f.  Doch  vgl. 
V.  d.  Gabelentz  in  Techmers  Internat.  Zs.  f.  allg.  Sprachwiss. 
3,  100  tlber  "Grammatik  und  Logik"  im  Chinesischen  und 
Rühle  V.  Lilienstern  s.  o.)  Man  beginnt  einzusehen,  dass 
das  willkürliche  Kombinieren  der  fertigen  "BegriflFe"  zu  nichts 
führt.  Statt  dessen  brach  sich  leise  die  Ahnung  Bahn  von  der 
Notwendigkeit  einer  internationalen  Üniversal-Begriflfsschrift,  wie 
sie  E.  Mach  in  seinen  glänzenden  Populärwissenschaftlichen 
Vorlesungen  (Leipzig  1896  S.  214)  mit  Bestimmtheit  von  der 
Zukunft  erwartet,  D  i  e  1  s  in  seiner  Akademierede  sie  in  den 
Flaggenzeichen  der  Schiffe,  dem  telegraphischen  Alphabet,  den 
internationalen  Abkürzungen  schon  entstehen  sieht. 

Ploucquet  selbst  blieb  freilich  wieder  in  den  Anfangen 
stecken  und  Th.  Abbt  konnte  in  den  Literaturbriefen  (17,  61  f.) 
ihn  nicht  nur  (nach  Conz  S.  130)  "etwas  hämisch",  sondern 
auch  recht  treffend  kritisieren;  wobei  man  sich  nur  wundert, 
dass  er  (a.  a.  0.  S.  61)  den  logischen  Kalkül  als  etwas  ""der 
Erfindung  nach  Neues"  ausgibt,  während  doch  solche  Bemü- 
hungen damals  in  der  Mode  waren.  Ploucquet  kam  mit 
Lambert  in  Diskussion  (Lepsius  a.  a.  0.  S.  90  Anm.  229) 
und  rief  eine  ganze  Literatur  hervor.  Und  doch  hatte  er  nur 
ftr  die  termini  univei'sales,  particulares,  aflfirmativi,  negativi 
beliebige  Buchstaben  eingeführt  und  mit  ihnen  ein  paar  lo- 
gische Rechenexempel  durchgenommen!  Aber  er  mündete, 
von  der  reinen  philosophischen  Sprache  kommend,  bei  der 
ßegriffszeichensprache  ein  und  hierin  liegt  seine  Be- 
deutung für  unser  Thema. 

f)    Allmählich  wurde  man  doch  historischer.     Dem  von 

Ooethe  beftlrworteten  Ruckstuhl  ei-scheint  es  (1816)  bereits 

«Is  selbstverständlich,    dass  der  Schriftsteller   nicht   beliebige 

Laute  willkürlich  zusammensetzen  kann  (Goethe-Ruckstuhl 

Von  der  Ausbildung  der  deutschen  Sprache  Giessen  1890  S.  55), 

wie  es  Leibniz  noch  zugelassen  hätte.    Wenn  gar  heut  Adolf 

St  Öhr  eine  '"Algebra  der  Grammatik"  (Wien  1899)  unternimmt, 

80  ist  es  ihm  natürlich,    empirisch  vorzugehn,    historisch  die 


282  R.  M.  Meyer, 

Grundlagen  des  äpracbverständnisses  in  den  "^Minima  von 
lautlichen  Mitteln,  an  welche  eine  Bedeutung  gebunden  zu 
sein  scheint"  aufzusuchen  (Ref.  von  Wernicke  DLZ.  1899 
S.  1276)  und  deren  thatsächlichen  Permutationen  und  Differen- 
zierungen nachzugehn.  So  soll  ''eine  philosophisch  geklärte  Dar- 
stellung der  Formenlehre  und  Syntax  einer  bestimmten  Sprache^ 
schliesslich  doch  wohl  aber  der  abstrakten  ""Sprache"  selbst 
gewonnen  werden.  Das  wäre  dann  eine  ""kflnstliche  Sprache", 
die  zugleich  "natürlich"  wäre.  Erreichbar  scheint  sie  nichts 
weil  eben  das  Wesentliche  mit  dem  Unwesentlichen,  das  All- 
gemeine mit  dem  Spezifischen  in  jeder  Sprache  eigenthümlich 
und  unlösbar  verquickt  ist  Dass  aber  Stöhr  wieder  vom 
Wort  ausgeht,  statt  vom  Satz,  scheint  uns  ein  bedenklicher 
Rückschritt  hinter  Lambert  und  Ploucquet,  hinter  Euler 
und  Max  Müller.  Wohl  urteilt  er  (S.  62  f.)  zutreffend  über 
den  Zweck  der  Sprache,  wohl  weiss  er  (S.  63)  "Namen"  und 
"Wort"  zu  unterscheiden;  wohl  sucht  er  seine  Hauptaufgabe 
darin,  sich  und  uns  "von  dem  Druck  der  vorhandenen  Sprach- 
formen zu  befreien"  (S.  103  vgl.  66.  140).  Dennoch  bleibt  er 
im  Bann  der  bekannten  Sprachen  und  rechnet  doch  thatsäch- 
lieh  mit  "Wörtern",  d.  h.  mit  veränderlichen  Einzel  begriffen 
statt  mit  "Wortkreisen",  wie  eine  philosophische  Grammatik 
thun  müsste.  Die  Forschungen  von  Hugo  Winckler  zur 
Sprachgeschichte  könnten  etwa  zeigen,  wohin  eine  wirklich 
empirisch-philosophische  Sprachbetrachtung  leitet.  Statt  dessen 
erklärt  Stöhr  z.  B.  zwar  die  Konjugation  für  entbehrlich^ 
aber  die  Deklination  (S.  66),  wenigstens  als  "stumme  Deklina- 
tion" (S.  69)  für  unvenneidlich,  was  vielleicht  später  einmal  so 
gut  als  Probe  der  falschen  Apriori-Be weise  für  etwas  thatsäch- 
lich  in  der  Einzelsprache  Gegebenes  gelten  wird  wie  jetzt  schon 
Gottfried  Hermanns  "Beweis*^,  es  könne  nur  sechs  Kasus 
geben  (vgl.  Delbrück  Idg.  Syntax  1,  31).  Selbst  so  "zu- 
fällige" Formen  wie  der  Konjunktiv  werden  (S.  117)  in  die 
Algebra  der  allgemeinen  Grammatik  herein  gezogen!  —  Dass 
deshalb  Stöhrs  Schrift  in  allgemeinen  Betrachtungen  (Logik 
und  Grammatik  S.  51.  58  f.  u.  ö.  70  f.)  wie  in  einzelnen  Beob- 
achtungen (zum  Satzbau  S.  62  f.,  Satz— Ersetzung  S.  109)  Dan- 
kenswertes leistet,  bestreiten  wir  nicht;  aber  ein  Modell  der 
"Sprache"  an  sich  gibt  sie  nicht  und  die  auf  Grund  ihres 
Chiffresystems  angelegten  Lexica   (S.  9.  89.  173)   würden  zu 


Künstliche  SpracheD.  288 

einem  genügenden  Begriffßanstausch  schwerlich  auslaugen.  Man 
wird  also  mit  Diels  (S.  15)  die  psychologische  Betrachtung 
der  konkreten  Grammatik  weit  über  diese  philosophisch-logi- 
schen Versuche  stellen  müssen. 

Das  ältere  Buch  von  Langenschwarz  Die  Arithmetik 
der  Sprache  S.  34  ("Der  Menschheit  gewidmet")  bringt  nur 
eine  künstlich  nach  Zahlen  gegliederte  Psychologie  der  Rede- 
kunsf  (vgl.  über  den  Verf.  Grillparzer  im  Grillparzer  Jahr- 
bach 10,  335). 

Anders  als  Stöhr  sucht  C.  Svedelius  (L'analyse  du 
langage  üpsala  1897)  mit  den  ""nnit^s  linguistiqnes''  (S.  139) 
zu  operieren :  er  strebt  eine  Art  Mechanik  der  Spracheinheiten 
(vgl.  S.  18  f.)  an,  ohne  doch  zu  allgemeineren  Gesichtspunkten 
zu  gelangen. 

2)  Von  Lull  bis  Stöhr  haben  wir  die  philosophische 
Sprache,  den  logischen  Kalkül,  die  Algebra  der  Grammatik  in 
direkter  Abhängigkeit  von  dem  sprachliehen  Material  der  Ein- 
zelsprache gefunden.  Unser  eigentliches  thema  probandum, 
dass  die  sprachei'findende  Gectc  von  der  spraehschaiTenden 
q>uctc  überhaupt  nicht  fortkommen  kann,  war  hier  gar  nicht  erst 
näher  zu  erörtern,  da  hier  eben  dies  ganz  offen  zu  Tage  liegt. 
Natürlich  hat  Cartesius  mit  seiner  Ideographie  oder  Leibniz 
mit  seiner  Analysis  notionum  in  Alphabetum  (ut  appello)  cogi- 
tationum  humanarum  (vgl.  Mundt  Deutsche  Prosa  S.  14)  über 
den  empirischen  Begriffsvorrat,  der  in  dem  Wortschatz  einer 
einzelnen  Nation  vorliegt,  hinauskommen  wollen ;  natürlich  hat 
schon  Rayniundus  Lullus  selbst  die  Begriffe,  nicht  bloss 
die  Einer  Sprache  entnommenen  Ausdrücke  in  die  Hand  be- 
kommen wollen.  Es  bleibt  deshalb  doch  dabei,  dass  sie  bei 
einem  einfachen  Übersetzen  aus  dem  Latein  oder  den  National- 
sprachen stehen  blieben.  Selbst  wenn  etwa  Ploucquet  seine 
Chiffem  anwandte  und  schrieb  (Methodus  S.  43):  "Universalitas 
tennini  signetur  per  literas  maiores,  A,  B,  C,  D  etc.  Particu- 
laritas  termini  signetur  per  litteras  minores  a,  b,  c,  d  etc.; 
affirmationes  denotentur  per  immediatam  litterarum  conjunctio- 
nem"  —  selbst  dann  wurde  ganz  naiv  die  tagtägliche  Über- 
setzerpraxis nachgeahmt:  man  sucht  die  wichtigsten  Worte, 
ersetzt  sie  durch  andere  und  stellt  so  ein  Vokabular  her. 

Ein  Fortschritt  über  diese  Stufe  ward  erreicht,  wenn 
man  statt  der  Begriffe  Begriffszeichen  wählte.    Die  grosse 


284  R.  M.  Meyer, 

Keuerniig  heatelit  darin,  dass  mau  Rieh  von  dem  thatsäch- 
liclicn  Vorrat  an  S3Tionjini8  nsw.  frei  macht.  Es  lieisst  niclit 
mehr:  wie  geben  wir -"gut,  schleclit,  mitlelmässig"  wiederV. 
sondern:  wie  hezeielinen  wir  allgemein  den  Uegriff,  der  auf 
moralisclicm  Gebiet  dem  der  Brauchbarkeit  auf  praktisclieni 
Boden  entspricht?  Eine  systematische  Durchdringnug  und 
Darcharbcilnng  des  gesamten  Begriffsvorrates  wird  nötig;  er- 
reicht wird  sie  allerdings  erst  hei  Wilkins. 

n)  Denn  die  Anfänge  sind  hier  noch  roher  als  bei  den 
reinen  Begriffsjirachen,  Ein  Charlatan  steht  auch  hier  im  An- 
fang, ein  völlig  sicher  entlarvter,  nicht  wie  im  Fall  des  Cata- 
loniers  eine  Paraeelsusnatur,  in  der  geniale  Ahnung  und  sehwin- 
delhaftcr  llokuspokns  Msamraenwirken.  Der  Name  des  Jn- 
hanncs  Trithemins  (1462 — 1516)  begegnete  uns  schon  hei 
Grimmelshausen  und  Äthan.  Kircher  hat  sich  noch  aus- 
fdhrlich  mit  seiner  "Steganographica"  (unvollendet;  1Ö09  auf 
den  Index  gesetzt)  beschäftigt,  Dass  Tritheini  als  Histo- 
riker ein  FiUscher  und  Betröger  ist.  steht  fest  (ADB.  3H,629); 
und  wenn  er  den  .SchlilsBcl  seiner  Geheimschrift  durch  Offen- 
barung empfangen  haben  will  (Kirch  er  Polygraphia  S.  H4: 
Appendix  H.  21),  so  wird  es  damit  nicht  viel  besser  stehen. 
Über  die  grossprahlenden  Vcrkttndigungen.  iliirch  die  der  Abt 
seinem  Gedächtnis  geschadet  hatte,  beschwert  sich  Äthan. 
Kircber  mit  Recht  —  objektiv;  subjektiv  hatte  der  Jesnit 
dem  Abt  von  Sponheini  nicht  allzuviel  vorzuwerfen! 

Tri  t  he  im  hat  sowohl  eine  Polygraphia  (zuerst  1Ö18 
erschienen)  als  auch  eine  Steganograpbia  (103!)  verfasst.  Die 
letztere  enthält  nicht  nur  Schlllssel  zu  allerlei  Geheim-  nnd 
Zeichensprachen,  sondern  auch  Anweisungen,  Abwesenden  sc 
zu  sagen  dnreh  eine  geistige  Telcgraphie  ohne  Draht  Mittei- 
lungen zu  machen.  Sie  brachte  Tritheini  in  den  Verdacht 
der  Zauberei  und  wurde  deshalb  (nach  der  Biogr.  üniv.  42,  182) 
von  Bekänipfern  und  Verteidigern  des  Ilexenwahns  wie  Wierns 
und  Bodinus  lebhaft  erörtert.  Kircher  macht  sieh  darüber 
lustig  und  teilt,  um  die  Telegraphie  Tritheims  zu  parodieren, 
die  lustige  Geschichte  von  der  kllnstlichen  Nase  mit,  die  nllc 
.Schicksale  ihres  nrsprünglichen  Fleisehhesiti^ers  mitmachte  (Ap- 
pendix S.  19);  eine  Anekdote,  die  dann  Edmond  Abont  zu  seiner 
grazißsen  Geschichte  "Ic  nez  d'uu  notairc"  gestaltet  bat.  Indes» 
hing  bei  dem  Aht  von  Sponbeim  die  Absicht  ""sine  nnncia,  dttm 


Künstliche  Sprachen.  285 

Tolo,  voluntatem  nieam  indicare  sedeuti  in  carcere,  etiam  longe 
absenS;  qnantnmcunque  cnstodiatur,  etiamsi  tribus  milliaribns 
«üb  terra  sederet,  et  haee  omnia  universaliter"  aufs  Engste 
mit  dem  in  der  Polygraphie  gelehrten  Kunst  zusammen,  ""omnia 
ista  docere  in  omnia  lingua  totius  nmndi,  quam  umquam 
audivi".  Wir  sind  im  Zeitalter  der  Chymie  und  eine  Alchemie 
der  Rede  wird  angestrebt.  ChiflFem-  und  andere  Geheimspra- 
chen kannte  man  längst  und  dass  Tri t heim  die  seltenen 
tironischen  Noten  ftlr  sein  künstliches  Gemenge  von  13  neuen 
Alphabeten  (Biogr.  Univ.  a.  a.  0.  S.  181)  benutzte,  machte 
nicht  den  Reiz  'seiner  Erfindung.  Darin  bestand  er,  dass  er 
die  Ideen  selbst,  die  Universalia  losgelöst  vom  Wort  zu  geben 
schien.  Er  löste  die  Übersetzung  der  Begriffe  von  der  Iso- 
lierung und  gab  einen  fortlaufenden  Schlüssel,  der  eine  Über- 
setzung in  jede  bekannte  Sprache  zu  ermöglichen  schien. 
Noch  Descartes  sah  den  einzigen  praktischen  Nutzen  einer 
üniversalsprache  (nicht  einer  philosophischen  ars  inventiva!) 
darin,  dass  man  aus  ihrem  Wörterbuch  in  jede  Sprache  über- 
setzen könnte  (An  Mersenne;  Brief  vom  20.  Nov.  1629:  Dis- 
conrs  de  la  methode  et  choix  de  lettres  Paris  1884  S.  201). 
Für  Tritheims  Zeitgenossen,  die  obendrein  seine  faustischen 
Verheissungen  berauschten,  musste  es  scheinen,  als  habe  der 
gelehrte  Abt  die  Seele  der  Worte  gefasst,  so  dass  sie  sich 
nun  lateinisch  oder  hebräisch  oder  deutsch  nach  Belieben  incor- 
porieren  Hesse,  und  eben  deshalb  steigerte  er  sich  auch  selbst 
zu  der  Idee,  durch  den  blossen  Besitz  dieser  Wortseelen  C^Ru- 
nen",  hätte  der  germanische  Priester  gesagt)  korrespondieren  zu 
können:  es  ist  Runenzauber,  wie  wenn  der  altgerm.  Medizin- 
mann einen  Spruch  ritzt,  so  ""dass  vom  Stamm  der  Gestorbene 
steigt  und  Worte  wechselt  mit  mir"  (Hdvamäl  Str.  156;  Edda 
4lbs.  von  Gering  S.  108). 

b)  Tritheim  fand  noch  mehr  Nachfolger  als  Lullus; 
<larunter  die  berühmten  Gelehrten  Naude  und  Morhof  (Biogr. 
Un.  a.  a.  0.  S.  182).  Es  waren  recht  seltsame  Gesellen  dabei, 
fast  alle  mit  einem  Zug  von  der  Charlatanerie  des  Meisters 
aasgestattet.  Da  war  Johann  Caramuel  y  Lobkowitz 
(geb.  1606  gest.  1682;  ADB.  3,  778),  ein  Sprachgenie,  das 
seine  Talente  in  den  Missionsdienst  der  Gegenreformation  stellte, 
gerade  so  wie  Rom  im  vorigen  Jahrhundert  die  märchenhafte 
Sprachbegabnng  des  Kardinals  Mezzofanti  für  die  Zwecke  der 


286  R.  M.  Meyer, 

Propaganda  ausuutzte.  (Die  Mission  hat  für  die  Universal- 
sprachen  so  viel  zu  bedeuten,  wie  für  die  Linguistik;  auch 
Dalgarnos  Druekprivileg  empfiehlt  seine  Weltsprache  als  ein 
Mittel  zur  Verbreitung  des  Evangeliums,  setzt  aber  gut  eng- 
lisch sofort  hinzu:  und  zur  Vergrösserung  von  Handel  und 
Verkehr.)  Caramuel  war,  wie  Leibniz  und  Lambert^ 
Mathematiker  von  Bedeutung;  und  mit  den  Bemühungen  um 
das  dyadische  Zahlensystem  (a.  a.  0.  S.  780)  hingen  wohl  auch 
seine  weltsprachlichen  Versuche,  wie  bei  Leibniz  mathema- 
tische und  grammatisch-logische,  zusammen:  ""er  erfand  eine 
Weltschrift  für  alle  Sprachen,  eine  Zeichensprache,  eine  mo- 
derne Terminologie  für  Philosophie  und  Theologie  usw.,  kon- 
struierte Automaten  u.  dgl.".  Natürlich  steckte  er  in  den  Vor- 
urteilen seiner  Zeit  und  die  "barbarischen  Worte",  durch  die 
er  die  Terminologie  ''mehr  verwirrte  als  aufhellte"  (ßiogr.  ün. 
6,  652)  Hessen  seine  Anstrengungen  scheitern.  —  Da  ist  Da- 
niel Schwenter  (1585—1636;  ADB.  33,  413),  Orientalist 
und  ebenfalls  Mathematiker,  der  ausserdem  einen  ''Peter  Squenz" 
vor  Andreas  Gryphius  verfasst  hat  (vgl.  F.Burg  Zs.  f. 
d.  A.  25, 130  f.  168)  und  eine  "Steganologia  et  Steganographia" 
drucken  Hess.  Da  ist  der  Merkwürdigste  von  Allen:  Johann 
Joachim  Becher  (1635—1682;  ADB.  2,  201;  Biogr.  Cn. 
3,  450),  Mitbegründer  der  chemischen  Phlogistontheorie,  "ein- 
flussreich  als  Volkswirt",  im  Leben  "erfinderisch,  dünkelhaft 
und  unstet".  1661  gab  er  den  Character  pro  noticia  linguarum 
universali  heraus,  für  den  er  vergebens  100  Dukaten  vom  Kur- 
fürsten von  Mainz  erwartete:  ein  Wörterbuch  von  mehr  als 
10000  Worten,  später  (1679)  vereinfacht.  Wie  Kircher  scheint 
auch  er  (nach  den  Angaben  der  Biogr.  ün.)  eine  Durchzählung 
nach  dem  lat.  Alphabet  zu  Grunde  gelegt  zu  haben.  Techmer 
(Internat.  Zs.  f.  Sprachwiss.  4,  339)  sagt,  er  habe  empfohlen^ 
die  gleichbedeutenden  Wörter  in  den  Wörterbüchern  der  ver- 
schiedenen Sprachen  mit  derselben  Nummer  zu  versehen,  da& 
gleiche  Verfahren,  das  heut  wieder  Stöhr  (Algebra  der  Gram- 
matik S.  9)  vorschlägt. 

c)  In  eine  neue  Phase  tritt  das  Projekt  mit  George 
Dalgarno,  einem  Schotten,  dessen  Ars  signorum  vulgo  cha- 
racter universalis  et  Hngua  philosophica  (ebenfalls  1661)  von 
AVilkins  (nach  der  Biogr.  ün.  10,42)  stillschweigend  benutzt 
ist.     Überhaupt  spielt  der  geistige  Diebstahl  bei  diesen  ver- 


Künstliche  Sprachen.  287 

wegenen  6edankei\jonglenr8  keine  geringe  Rolle:  Trithemias' 
Polygraphie  wnrde  von  dem  Friesen  Hottinga  gemütlieh  als 
ein  eigenes  Werk  nachgedruckt  (Biogr.  Cn.  42,  181),  fast  100 
Jahre  nach  der  Originalausgabe !  —  Dalgarnos  Büchlein  (vgl. 
dazu  Diels  a.  a.  0.  S.  5  f.)  ist  nicht  uninteressant.  Als  seine 
Eigentümlichkeiten  hebt  Pillet  in  der  Biogr.  Dn.  hervor,  dass 
es  von  einer  methodischen  Klassifikation  aller  möglichen  Ideea 
aasgehe,  und  dass  es  die  Charaktere  dieser  Klassifikation  an- 
zupassen suche,  ''de  maniöre  que  le  mot  represente  Tidee  elle- 
m@me,  et  non  les  sons  qui  en  expriment  le  nom,  comme  dan& 
les  langues  usuelles".  Aber  den  ersten  Punkt  teilt  Dal  gar  na 
mit  Leibniz  und  Cartesius.  Neu  ist  dagegen  ein  dritter 
Gesichtspunkt,  in  dem  ihm  auch  Wilkins  nicht  gefolgt  ist 
und  auf  den  gerade  der  Schotte  besonderes  Gewicht  legt:  er 
will  nicht  ''figuras  mutas"*  geben,  sondern  eine  der  Aussprache 
fähige  Rede  (S.  12  f.).  Er  schlägt  also  die  Brücke  von  der 
üniversalschrift  zu  der  Universalsprache,  allerdings- 
ohne  Nachfolge,  wie  Ploucquet  die  von  der  reinen  Begriffs- 
zur  Begriffszeichenschrift. 

Dalgarno  ist  noch  völlig  in  scholastisch- mystischen  An- 
schauungen und  allegorischen  Spielereien  befangen :  '"Res  ipsae 
sunt  quasi  [oder,  wie  er  prinzipiell  schreibt:  qasi]  Pater,  gi- 
gnens  in  mentibus  nostris  suam  imaginem;  Intellectus  vero 
est  Mater,  has  imagines  concipiens;  et  Memoria  est  Uterus,  in 
quo  [sie]  Rerum  Imagines  sie  genitae  gestantur"  (S.  27).  Die 
für  jene  Zeit,  in  der  Newton  die  Fallgesetze  fand  und  Pro- 
phezeiungen aus  der  Apokalypse  ablas,  charakteristische  Mi- 
schung von  scharfer  Beobachtung  und  träumerischer  Spekula- 
tion zeigt  besonders  sein  Caput  primum  (de  primis  Signorum 
elementis,  speciatim  vero  de  sonis  simplicibus)  —  eine  Laut- 
lehre mit  scharfen  lautphysiologischen  und  phonetischen  Be- 
merkungen (eine  Anlautregel  S.  9),  an  deren  Schluss  eine 
phantastische  Umänderung  des  Anfangs  von  Vergils  berühm- 
tester Ekloge  mitgeteilt  wird  (S.  12): 

Pipite  pu  tapurae  legudam  sud  pekmine  thaki, 
statt:    Tityre  tu  patulae  reeubans  sub  tegmine  fagi! 

Dalgarno   geht   systematisch   in    strenger  Dichotomie 

(S.  29)  vor:  die  allgemeinsten  Begriffe  werden  vorausgeschickt, 

and  nun  folgt  eine  jedesmal  wieder  durch  einen  Buchstaben 

ausgedrückte  Spezialisierung.     So  heisst  "Metall"  nef:  n  con- 


588  R.  M.  Meyer, 

cretnm  physicum,  e  accidens,  f  concretum  artefactum;  es  heisst 
dann  weiter  Gold  neffis,  Silber  nefgoffisj  Blei  nefgofir  usw. 
Er  ahnte  es  in  seinem  Stolz  sicher  nicht,  dass  er  selbst  hier- 
bei nur  tiefen  Sinn  ins  kindische  Spiel  legte:  gerade  so  be- 
nannte Darwins  Sohn  im  Alter  von  einem  Jahre  jede  Nah- 
rung mit  'munu',  dann  Zucker  mit  'shu-munu'  und  noch  später 
Lakritze  mit  'black-shu-munu'  (Rzesznitzek  Entwickelung  der 
Kindersprache  S.  24).  Das  Kind  besitzt  freilich  noch  nicht 
jene  scharfe  dichotomierende  Logik,  die  Goethes  Jünger 
Carl  Philipp  Moritz  voraussetzt,  wenn  er  in  seinem  zu  präch- 
tigen Kupfern  von  Chodowiecki  geschriebenem  "Versuch  einer 
kleinen  praktischen  Kinderlogik"  (Berlin  1786)  gleich  mit  der 
Scheidung  von  Lebendem  und  Leblosem  (S.  11)  anfängt  — 
als  ob  dem  Kind  nicht  alles  lebendig  wäre!  Aber  wohl  be- 
sitzt das  Kind  schon  die  Ordnungsliebe,  die  gern  gliedert  und 
ableitet.  Jene  Spezifikation  —  "Nahrung  —  süsse  Nahrung  — 
schwarze  süsse  Nahrung"  —  ist  der  erste  Schritt  auf  dem 
Wege  zu  den  systematischen  Terminologien  der  Chemiker  und 
der  Naturforseher  überhaupt;  denn  auch  bei  diesen  war  natür- 
lich ein  blosses  Zusammenrücken  (P.  Kretschmer  Sprach- 
reg^n  f.  d.  Bildung  und  Betonung  zoologischer  und  botanischer 
Namen  Berlin  1899  S.  6)  älter  als  die  echte  Komposition 
(ebd.  S.  5). 

Wo  unsprechbare  Complexe  entstehn,  werden  bei  Dal- 
garno  die  literae  serviles  et  expletivae  ei  und  s  eingeschoben: 
meis  für  ms  (S.  51).  Polyonymie  wird  (S.  45)  nicht  vermie- 
den ;  so  heisst  abripere  (S.  95)  dos,  don,  bemdep,  stekai.  (Diese 
Sprache  mag  wohl  auf  die  wildesten  Lautverbindungen  in 
Swifts  Gulliver  1726  Einfluss  geübt  haben.)  Der  Anfang  der 
Genesis  lautet  (S.  118):  Dan  semu,  Sava  samesa  Namtfn 
Nom.  Auch  das  Vorwort  hat  Dalgarno  in  seiner  eigenen 
Sprache  an  König  Karl  gerichtet. 

Dieser  kühne  und  konsequente  Neuerer  bleibt  nun  aber 
doch  völlig  von  dem  Vorbild  des  allgemeinen  Sprachbaus  ab- 
hängig. Zwar  wenn  die  allgemeine  Anordnung  —  vox  gene- 
rica  praecedit  (S.  56)  —  der  der  Sprachen  entspricht,  so  liegt 
hier  wirklich  eine  Übereinstimmung  von  Logik  und  Sprach- 
bau vor.  Aber  das  ist  bezeichnend,  dass  er  Alles  glaubet  wie- 
dergeben zu  müssen,  Flexion  (S.  62),  Syntax  (S.  72),  ja  sogar^ 
Eigentümlichkeiten  wie  die  verba  Impersonalia  (S.  77).   Nicht 


Künstliche  Sprachen.  28^ 

ist  für  die  logische  ünbehilflichkeit  der  Sprachen  bezeichnen- 
der als  die  Notwendigkeit  der  Partikeln  zur  Verdeutlichung 
der  Beziehungen  im  Satz;  Dalgarno  aber  (der  S.  80  die 
scharfsinnige  wenn  auch  zu  weit  gehende  Bemerkung  macht 
'"omnes  particulas  esse  vero  casus")  glaubt  auch  sie  für  seine 
logische  üniversalsprache  nicht  entbehren  zu  können! 

d)  Athanasius  Kircher  (1602—1680)  ist  der  Berühm- 
teste unter  den  Förderern  der  Universalschrift;  und  an  keinem 
tritt  die  bedenkliche  Seite  dieser  Unternehmungen  greller  her- 
vor. Weiss  (Biogr.  Un.  21,642)  suchte  noch  Kirchers  bona 
fides  zu  retten;  Er  man  (ADB.  16,  1  f.)  hat  ihn  unwiderleg- 
lich als  Charlatan  entlarvt.  Nur  ist  auch  bei  dem  Jesuiten- 
pater wie  bei  Tri  t  he  im  oder  Becher  der  Betrug  immer 
zuerst  als  Selbstbetrug  zu  veretehn.  Der  grenzenlos  eitle  und 
ehrgeizige  Mann  war  nie  zufrieden,  die  Dinge  so  aufzufassen, 
wie  der  gesunde  Menschenveretand  sie  nahm.  Wenn  er  etwa 
(Er man  a.  a.  0.  S.  3)  in  seinem  '"Oedipus  Aegyptiacus"  die 
13  Zeichen  Kasrs  Tmitians  (Caesar  Domitianus)  zu  deuten 
hat,  so  liegt  es  seinem  von  Kabbala  und  übergescheitheit  ver- 
drehtem Kopf  ganz  nah,  den  Titel  im  Sinn  seiner  eigenen 
^Steganographia"  zu  deuten  und  den  Namen  '^Kaiser  Domi- 
tianus" wie  folgt  zu  übersetzen:  "Die  wohlthätige  Zeugungs- 
kraft, die  über  das  Obere  und  Untere  herrscht,  vermehrt  das 
Zuströmen  der  heiligen  Feuchtigkeit,  die  von  oben  herab- 
kommt. Saturn,  der  die  flüchtige  Zeit  ordnet,  der  wohlthä- 
tige Gott,  fördert  die  Fruchtbarkeit  der  Äcker  und  hat  Macht 
über  die  feuchte  Natur  .  .  ."  Sicher  ist  das,  wie  Erman 
sagt,  Tollheit;  aber  es  hat  vielleicht  noch  ebensoviel  Methode 
wie  manche  Lesungen  etruskischer  Inschriften. 

Auch  Kirch  er  vereinigte  das  Studium  der  Mathematik 
und  Musik  mit  dem  der  Sprachen.  Seine  koptischen  Arbeiten 
haben  noch  heut  Bedeutung  (Benfey  Gesch.  d.  Sprachwiss. 
S.  239)  —  "freilich  nicht  weil,  sondern  trotzdem  Kirch  er  die 
Lingua  aegyptiaca  restituta  heraus  gegeben  hat",  meint  Er- 
man.  Überall  versucl^te  er,  aus  geringen  Resten  grosse  Ge- 
heimnisse herauszulesen  und  wieder  in  enge  Symbole  grosse 
Geheimnisse  hineinzupassen.  Er  schrieb  einen  Mundus  sub- 
terraneus,  in  quo  universae  naturae  maiestas  et  divitiae  demon- 
atrantnr  (1664  oder  1668):  "bizarre  Konjekturen  und  apokryphe 
Berichte  über  die  Riesen,    die  Drachen  und  andere  im  Erd- 


2'JO 


K.  M.  Mejer, 


inuern  wnlineiide  Fsbelgeeehöpfe"  (Biogr.  üii.  21,  643);  uud 
eine  TnrriB  Babel,  aive  Arcbontologia  qua  priseorum  poBt  Ai- 
luviuoi  honiinuni  vita,  mores,  rernmque  gestaruni  maguitado  .  ,, 
confusio  linguariim,  gciitmiii  traiiBiuigurationes  cnm  priDCipn- 
lium  iiule  enatornm  idioiiiatum  liistoHa  describuiitur  et  expli- 
caiitur  (1678). 

Dieser  Manu  niiisste  pelbstverBtfindlicb  aucb  eine  Poly- 
grapliia  seil  artificium  Unguanim,  quo  cum  omnibus  totius 
muudi  popuÜB  poterit  qnis  correspondere  (Rom  1683)  selireiben 
(vgl.  Diels  a,  a.  0.  H.  7),  Die  PaBigrapIiie  ist  von  Becher, 
die  Steganograpbie  vou  Tri  t  beim  abhängig.  Neu  ist  aber 
'zweierlei :  erstens  die  Euerp-ie  der  Durehfllhning,  und  zweitens 
der  ausgezeichnete  Gedanke,  nicht  mehr  die  ganzen  Worte, 
sondern  nur  die  Wurzeln  zu  übersetzen,  die  Flexion  aber  (wie 
es  Steiners  Pasilingua  s.  o.  thut)  den  Xntionatsprachen  zn 
llberiassen  (Polygraphia  S.  15). 

Kircber  erbaut  (S.  45)  ein  Dictionarium  pentaglossum. 
In  alpbabeliscber  Folge  nach  dem  Latciu  ordnet  er  die  wich- 
tigsten Begrifle  rein  praktisch  in  32  Gruppen  von  je  4l_i  Worten. 
Eh  ist  also  etwa  "radix"  im  Alphabet  aufzusuchen  und  danach 
durch  XIX  10  auszudrucken.  So  erhält  man  die  Wurzel.  Die 
Flexion  wird  sodann  durch  eine  Cblffcr  ausgedrückt,  z.  B.  G 
mit  Kreis  Gen.  f>s.,  G  mit  Strich  Gen.  PI.,  oder  ein  Hufeisen 
je  uaeh  der  Lage  Praes.  oder  Praet-,  mit  Punkt  Plural  usw. 
Also  XIX  Kl  A:  radices;  oder  zu  II  7  aniare  II  7  11'  amo- 
bimini.  —  Das  Verfahren  ist  ungemein  einfach  und  bei  der 
einfach  symbolischen  Art  d«r  Flexionszeicben  auch  praktisch; 
ähnliche  Methoden  werden  (nach  der  Biogr.  Univ.)  noch  beut 
im  internationalen  Handelsverkehr  vorgeschlagen.  Auch  die 
verschiedenen  Systeme  einer  arca  steganographica  (S.  130) 
oder  cysta  glottologica  (S.  85)  sind  scharfsinnig  ausgedacht. 
Daneben  fehlt  es  wieder  nicht  an  Spielereien  wie  der  tabula 
eryptologica  per  Signa  membrorum  (App.  S.  16),  wo  die  Ohren 
Liebe  oder  Hass,  der  Bart  Gltlck  oder  Unglück  bedeutet,  so 
dass  man  plötzlich  wieder  in  der  Sphäre  der  Traamdenter  und 
Kartenleger  gerät.  —  Kirclier  gibt  übrigens  (S.  147)  die  Na- 
men verschiedener  Vorgänger  au,  damnter  den  berühmten 
•L  B.  Porta  (vgl.  App.  S.  20);  dass  er  sich  mit  Tri 
Ausführlich  beschäftigt,  envShnten  wir  schon. 

e)  John  Wilkins  (1614—1672),    Bischof  von  C 


Künstliche  Sprachen.  291 

bedeutet  den  Höhepunkt  dieser  Entwickelung  und  von  ihm 
würde  ich  am  wenigsten  mit  Th.  Mundt  (Deutsche  Prosa 
S.  15)  behaupten^  dass  er  '^nur  Unsinn  vorgebracht  habe".  Wir 
halten  es  lieber  mit  Techmer^  der  in  seiner  Internat.  Zs.  f. 
Sprachwiss.  (4,  339  f.)  W  i  1  k  i  n  s  mit  höchster  Anerkennung 
bespricht  und  (S.  349  f.)  den  dritten  Teil,  die  Natural  Gram- 
mar,  zum  Neudruck  bringt. 

Der  Schwager  Oliver  Cromwells,  der  auch  mit  dem  ge- 
feierten Theologen  Tillotson  (den  Lessings  Vater  übersetzt  hat) 
verwandt  war,  gehörte  zu  den  Gründern  der  berühmten  Royal 
Society;  er  soll  auf  Cyrano  de  Bergerac  mit  seiner  Reise  in 
den  Mond,  auf  Swifts  Gulliver  und  Voltaires  Micromegas  ge- 
wirkt haben  und  Fontenelle  hat  seine  ""Entd  eckung  einer  neuen 
Welt**  (1690)  in  den  Unterredungen  über  die  Mehrheit  der 
Welten  popularisiert  (Biogr.  ün.  44,  620).  Wie  Trithemius 
und  Porta  hat  dieser  ungewöhnliche  Mann  sich  mit  der  Ge- 
dankenttbermittelung  durch  Telepathie  befasst  (Mercure  1641) 
und  von  hier  kam  er  zu  dem  Versuch  einer  überall  verständ- 
lichen Begriffszeichensprache.  Er  patronisieite  Dalgarno  und 
benutzte,  wie  Gh.  Nodier  (a.  a.  0.)  zeigte,  seine  Ars  signorum 
vulgo  character  universalis  (1661)  für  seinen  eigenen  Essay 
towards  a  real  character  and  a  philosophical  language  (1668), 
der  aber  doch  noch  Eigenes  genug  enthält.  Wie  Kircher 
ond  Dalgarno  für  die  Drucklegung  ihrer  Schriften  fürstliche 
Oönner  fanden,  so  sah  Wilkins  sein  Buch  von  der  Royal 
Society  gedruckt. 

Der  Bischof  holt  sehr  weit  aus  und  es  sieht  fast  aus, 

als  nähere  er  sich  der  empirisch-philosophischen  Methode  von 

de  Brosses  und  Monboddo,  wenn  er  mit  dem  Ursprung 

der  Sprachen,    ihren  Veränderungen   und   ihrem  Verfall,    den 

Anfängen   der   Schrift   und   der  Vergleichung   der   Alphabete 

beginnt.     Aber   der   zweite  Teil  ""containing  Universal  Philo- 

-sophy"  verrät  sofort  den  Scholastiker.     Der  Mann,    der  einen 

Abschnitt   fiberschreibt  ""that   neither  Letters   nor   Languages 

have  been  regularly  established  by  the  rules  of  art",    zeigt 

schon  in  diesen  Worten  seinen  Standpunkt:  im  Grund  erkennt 

er  die   qpuctc,   die  unwillkürliche  Entwickelung  an^    aber   er 

fasst  sie  doch  als  fehlerhafte  Abweichung  von  dem  Ideal  der 

O^cic,  der  vemunftgemässen  Einsetzung,  auf.  —  Er  geht  nun 

io  philosophischer  Analyse  von  den  allgemeinsten  zu  den  spe- 


292  R.  M.  Meyer, 

ziellen  Begriffen  und  bereitet  so  die  Philosophische  Grammatik 
(S.  297)  vor.  In  den  Betrachtungen  über  Partikeln  (S.  304), 
Syntax  (S.  354)  u.dgl.  steht  er  Dalgarno  nahe,  wie  er  denn 
auch  dessen  lautphysiologischen  Studien  (S.  363  f.)  nachahmt 
und  mit  instruktiven  Abbildungen  der  beim  Sprechen  thätigen 
Organe  (S.  379)  begleitet.  Aber  Wilkins  ist  viel  geistreicher 
als  der  trockene  Schotte,  und  vor  allem  macht  er  mit  dem 
Gedanken  Ernst,  dass  die  Zeichen  eine  gewisse  Notwendigkeit 
haben  sollen,  gerade  im  Gegensatz  zu  der  '^Wilktlr"  der  einzel- 
sprachlichen Benennungen.  Er  sucht  deshalb  nicht  nur  ein- 
fache Zeichen  etwa  von  der  Art  der  stenographischen  (S.  376) 
zu  geben,  sondern  er  motiviert  (S.  373)  sogar  die  Reihenfolge 
der  Lautzeichen.  Ebenso  sind  die  Begriffszeichen  rein  sym- 
bolischer Natur:  "eine  gerade  Linie,  als  das  Einfachste,  wird 
für  den  BegrifiF  'Gott'  gesetzt.  Ein  Winkel  an  der  linken  Seite 
bezeichnet  die  erste  Person  der  Dreieinigkeit,  Gott  Vater'* 
(S.  4U5).  Die  Anordnung  der  Zeichen  sollte,  wie  im  Chine- 
sischen (auf  das  Wilkins,  wie  andere  Universalschriftlehrer, 
Bezug  nimmt,  S.  451)  die  Syntax  tiberflüssig  machen;  aber 
während  die  bewundernswerte  mathematische  Klarheit  des  Chi- 
nesischen nach  G.  v.  d.  Gabelentz  (in  Techmers  Inter- 
nat. Zs.  f.  allgem.  Sprachwiss.  3,  100  über  die  chinesische 
Wortstellung)  gerade  in  dieser  konsequent  durchgeführten  An- 
ordnung besteht,  hat  Wilkins  doch  die  Präpositionen  usw. 
nötig  (vgl.  das  Credo  als  Probe  mit  Erläuterung  S.  427  f.). 

Als  Begrifl^szeichensprache  erreicht  Wilkins'  Essay  die 
höchste  Stufe.  Der  Versuch,  ganz  von  dem  Wortvorrat  abzu- 
sehen, eine  logische  Einteilung  aller  vorhandenen  BegriflFe  und 
Dinge  vorzunehmen  und  in  einfachen  symbolischen  Linien  wie- 
derzugeben, verdient  den  höchsten  Respekt  und  deutet  mit 
grosser  Bestimmtheit  jene  von  Mach  imd  Di  eis  erwartete 
wissenschaftliche  Kunstsprache  der  Zukunft  voraus.  Gerade 
deshalb  ist  das  mit  grosser  Konsequenz  durchgeführte  unter- 
nehmen des  Bischofs  auch  in  seinen  Schwächen  so  bezeichnend. 

Zunächst  lässt  eine  abgeschlossene  Gliederung  eine  Er- 
weiterung unserer  Kenntnisse  nicht  zu  ihrem  Recht  kommen. 
Kirch ers  geschlossene  ''Cysta"  oder  Dalgarnos  und  Wil- 
kins' lückenlos  fortschreitende  Systeme  bieten  der  Aufnahme-^ 
neuer  Termini,    der  Charakteristik  neu  entdeckter  Tier-  oder^ 
Pflanzengattungen  die  grössten  Schwierigkeiten.  —  Wichtiger- 


Künstliche  Sprachen.  293 

noch  ist,  dass  fundameutale  Anffassungen  sich  ändern,  ohne 
dass  Dmgestaltangen  im  System  möglieh  wären.  Das  stört 
bei  Kircbers  rein  praktischer  Methode  nicht,  wohl  aber  bei 
der  logischen  der  Engländer.  Bei  dem  Bischof  von  ehester 
werden  z.  B.  noch  die  vier  Elemente  als  Einteilungsprinzip 
verwandt;  eine  Gliederung  auf  Grund  anderer  chemischer  Er- 
kenntnis müsste  das  ganze  Vokabular  umwerfen,  die  Beibehal- 
tung desselben  aber  müsste  die  Quelle  grundfalscher  Vorstel- 
lungen und  Assoziationen  werden!  (Vgl.  Benfey  Gesch.  d. 
Sprachwissenschaft  S.  249  Anm.) 

Doch  über  den  praktischen  Wert  der  Uuiversalcharak- 
teristik  haben  wir  hier  nicht  zu  sprechen.  Auch  Hesse  Wil- 
kins'  System  sich  verbesserungsfähiger  gestalten  etwa  durch 
Nachahmung  jenes  Dezimalsystems,  das  von  Amerika  aus  für 
die  internationale  Bibliographie  in  Vorschlag  gekommen  ist. 
Hier  wird  jede  Gruppe  in  zehn  Teile  zerlegt  und  also  jedes 
Buch  durch  eine  mehrstellige  Zahl  bezeichnet;  also  etwa: 
Philosophie  1;  Deutschland  1;  Mittelalter  2;  Cusanus  4;  das 
oder  jenes  Buch  von  ihm  11247.  Diese  Methode,  die  gewisser- 
massen  Kirchers  Zahlenkasten  und  den  ideographischen  Ap- 
parat der  Engländer  vereinigt,  lässt  wenigstens  fortwährende 
Neuteihingen  zu,  wenn  auch  die  Grundlagen  der  Einteilung 
unangerührt  bleiben  müssen. 

Für  uns  aber  ist  vor  allem  von  Bedeutung,  wie  mächtig 
selbst  bei  diesen  Triumphen  der  Gecic  die  cpucic  bleibt,  wie 
gewaltig  die  natürliche  Sprache  auf  die  philosophische  drückt. 
Alles,  was  der  character  universalis  entbehrlich  machen  sollte, 
verdeutlichende  Beziehungsworte  so  gut  wie  primitive  Inter- 
jektionen, kehrt  in  Wilkins'  Essay  wieder.  Der  Triumph  der 
^Spekulation  über  die  Materie  wird  zu  einem  Sieg  des  Histo- 
risch -  Gewordenen  über  das  Rein -Gedachte;  die  künstliche 
Sprache  ist  immer  wieder  —  ein  Kind  der  natürlichen! 

f )  Die  üniversalschrift  hat  nicht  wieder  solche  Höhe  er- 
Teieht.  Aber  das  Problem  ward  immer  wieder  angegriflFen. 
Lambert  verschaffte  (wie  Wilkins  dem  Dalgarno)  einem 
wunderlichen  ''ungarischen  Edelmann  und  Geistlichen"  Georg 
Kalmar  Subscribenten  für  seine  Praecepta  grammatica  atque 
specimina  linguae  pbilosoph.  sive  universalis  ad  omne  vitae 
genus  accomodatae  (1772).  Es  war  ""eine  Schriftsprache  von 
400  Grundzeichen,   zu  deren  Bezeichnung  er  die  Zeichen  der 

Iddogermanische  Forsch angen  XII  S  u.  4.  20 


294  R.  M.  Meyer, 

Mathematik,  Astronomie,  Heraldik  usw.  zu  Hilfe  ruft.  Seine 
Grundzeichen  führt  er  durch  alle  Sprachabwandlnngen  hindurch 
und  hat  Mittel  ihre  Verbindung  anzuzeigen.  Die  400  Grund- 
zeichen behielt  er  jedoch  geheim  und  teilte  nur  einige  Proben 
mit""  (Lepsin 8  Lambert  S.  91).  Es  scheinen  hauptsächlich 
Initialen  gewesen  zu  sein :  t  (tempus)  Zeit,  b  (beatitudo)  Glück- 
seligkeit u.  dgl.,  und  also  so  willktlrlich  wie  Ploucquets 
Buchstaben.  —  Der  merkwürdige  Graf  Gustav  Seh labren- 
dorf  (1750 — 1824),  dessen  Leben  Varnhagen  v.  Ense  be- 
schrieben hat,  grübelte  über  allgemeine  Sprachlehre  und  Wort- 
abstammung (ADB.  31,322;  vgl.  Preussische  Jahrbücher  1,80. 
Über  Schlabrendorf  als  Schriftsteller  G.  S  c  h  w  a  b  Die  deutsche 
Prosa  Stuttg.  1843  I  275).  Einen  kurzen  Abriss  seiner  geist- 
reichen ""Bemerkungen  über  Sprache"  findet  man  in  C.  G.  Joch- 
mann s  Reliquien  gesammelt  v.  H.  Zschokke  (Hechingen  1838) 
1 148  f.  Schlabrendorf s  grundlegendes  Apergu  ist  das  von  der 
rhythmisch-melodischen  Natur  jeglicher  Sprache.  Auch  er  ging 
vom  *m6canisme  vocal"  aus  (Biogr.  ün.  38,  333)  und  wetteiferte 
in  der  lautphysiologischen  Begründung  der  allgemeinen  Sprache 
mit  dem  Abb6  Sicard  (1742—1822),  dem  hochverdienten 
Taubstummenlehrer,  dessen  Pasigraphie  ou  premiers  element^ 
de  Tart  d'ecrire  et  d'imprimer  dans  une  langue  de  manifere  ä 
fetre  entendu  en  toute  autre  langue  sans  traduction  (1796),  wie 
Schlabreudorfs  Ideen,  über  die  Ankündigung  nicht  heraus- 
kam (Biogr.  ün.  39,  288).  Es  ist  merkwürdig,  dass  Sicard 
fast  auf  demselben  Wege  wie  W  i  1  k  i  n  s  zur  üniversalschrift 
kam:  durch  das  Problem,  zu  einem  nicht  Hörenden  zu  spre- 
chen; bei  dem  Bischof  handelte  es  sich  um  Abwesende,  bei 
dem  Abbe  um  Taubstumme.  Dies  zeigt  von  neuem,  wie  üni- 
versalschrift und  üniversalsprache  fast  unlösbar  verquickt  sind. 
—  Sicard  stand  seineseits  in  Verbindung  auch  mit  Joseph 
de  Maimieux  (1753 — 1820),  dessen  Pasigraphie  mit  ganz  dem- 
selben Titel  wie  Sicards  Ankündigung  zitiert  wird  (Biogr.  ün. 
26,  131);  später  gab  er  noch  eine  "Carte  generale  pasigraphi- 
que"  (1808),  ein  Wörterbuch  von  7—8000  Wörtern  mit  gram- 
matischen Regeln  ""von  bewundernswerter  Einfachheit"'.  — 
Moser  (Gesch.  der  Weltsprache  S.  15)  nennt  neben  Andern 
noch  Bachmaier  (1853),  Soudre,  de  Mas  (1863),  Paic  (1869)^ 
sowie  besonders  v.  d.  Gabelentz,  "welcher  mit  Weltsprach- 
Alphabet,  Grammatik  und  Wörterbuch  sowie  einer  grossen  An- 


Künstliche  Sprachen.  295 

2ahl  von  Schlüsseln  zur  Gablentzographia  und  Gablentzolalia  an 
die  Öffentlichkeit  trat".  Doch  mit  dem  Namen  des  grossen 
Sprachkundigen,  der  von  der  universalen  Sprachkenntnis  '^zu 
«iner  allgemeinen  Sprachlehre  im  wahren  Sinne  des  Wortes" 
(Leskien  ADB.  8,  787)  zu  gelangen  hoffte,  haben  wir  den  An- 
«chluss  an  die  empirisch-philosophische  Sprachforschung  erreicht. 
Wir  nennen  deshalb  nur  noch  (nach  B  e  n  f  e  y  S.  800)  zwei  bei 
Moser  (a.  a.  0.)  fehlende  Vertreter  der  Tiünstlichen  AUer- 
weltsprache":  Abel  Bürja  (1809)  und  Lichtenstein  (1853). 
Mit  der  TPasigraphia  sive  scriptura  universali"  hat  sich  übri- 
gens (1799)  auch  G.  F.  Grotefend,  der  erste  Entzifferer  der 
Keilschrift,  befasst  (ADB.  9,  763). 

3)  Im  Gegensatz  zu  den  zweifelhaften  Gestalten,  die 
uns  zumeist  als  Erfinder  der  Begriffswort-  und  Begriffszeichen- 
sprachen entgegentraten,  begegnet  nun  sofort  eine  höchst  wür- 
dige Persönlichkeit,  ein  vornehmer  Vertreter  des  ''Ancien  R6- 
^me"  in  Frankreich,  den  als  solchen  —  wenn  ich  nicht  irre 
—  auch  Taine  besonders  gewürdigt  hat  —  der  Präsident 
de  Brosses. 

a)  Charles  de  Brosses  (1709—1777),  Parlamentsprä- 
ddent  in  Dijon,  war  ein  Mann  von  staunenswerter  Vielseitig- 
keit der  Interessen:  *^c'6tait  sa  nature  d'6tre  aux  deux  pöles 
k  la  fois,  d'aimer  k  mener  de  front  des  choses  qui  se  repou.s- 
sent,  les  plaisirs  et  les  affaires,  le  droit  et  la  nuisiqne,  la  po- 
litique  et  le  jeu,  les  recherches  de  Terudition  la  plus  patiente 
ou  la  plus  ardue,  et  les  saillies  de  la  gaiete  la  plus  piquante 
€t  la  mieux  inspir^e"  (Biogr.  ün.  5,  646.  Vgl.  über  ihn  noch 
■<ien  Essai  sur  la  vie  et  les  T^crits  du  President  de  Brosses  vor 
«einen  Lettres  faniiliferes  S.  85  und  Barbey  d'Aurivilly  Portraits 
politiques  et  litteraires  S.  94  f.).  Freilich  liegt  in  dieser  Bunt- 
heit der  Interessen,  in  der  Vereinigung  von  Sprach-  und  Musik- 
studium insbesondere  immer  noch  eine  Verwandtschaft  mit  dem 
pol jhistorischen  Dilettantismus  der  Tri  t  heim  und  Kirch  er; 
und  ein  strenger  Fachmann  wie  B  e  n  f  e  y  hat  denn  auch 
(Gesch.  d.  Sprachwissensch.  S.  281.  286  f.)  über  den  "Traitc 
de  la  foimation  mechanique  des  langnes  et  des  principes  phy- 
«iqnes  de  l'itymologie"  (Paris  1765)  sehr  hart  geurteilt.  Ich 
finde  in  dem  Buch  des  merkwürdigen  Manns,  der  sein  Leben 
der  Ergänzung  Sallusts  gewidmet  hat  und  durch  seinen  Xulte 
-des  dieux  fetiches"  (1760)  der  vergleichenden  Mythologie  und 


296  R.  M.  Meyer, 

der  allgemeinen  Religionswissenschaft  einen  unentbehrlich  ge- 
wordenen Terminus  schenkte,  doch  nicht  bloss  "die  eigentüm- 
liche Divinationsgabe,  mit  der  der  französische  Geist  eine  Idee 
erfasst,  welche  erst  später  begründet  wurde"  (Benf  ey  S.  288), 
sondern  auch  eine  merkwürdig  frühreife  Richtung  auf  die 
Kontrole  der  apriorischen  Meinungen  durch  Beobachtung  und 
Vergleichung.  Die  beiden  Bändchen  —  die  ich  aus  unserer 
Königlichen  Bibliothek  in  dem  mit  Randstrichen  versehenen 
Exemplar  Friedrichs  des  Grossen  benutzen  konnte  —  enthalten 
sicherlich  noch  viel  und  allzuviel  von  der  tastenden  Pbantastik 
des  18.  Jahrhunderts  und  der  Verf.,  der  (1, 50)  die  Astrologie  ver- 
dammt, die  Etymologie  aber  als  eine  hohe  und  sichere  Kunst 
preist,  hat  den  Unterschied  zwischen  wissenschaftlicher  und  di- 
lettantischer Methode  noch  so  wenig  erfasst,  dass  er  sich  (2, 44) 
Wachlers  köstliche  Unterscheidung  von  Sprache  und  Dialekt 
zu  eigen  macht:  "Die  Sprachen  sind  untereinander  durch  die 
Konsonanten  unterschieden  und  die  Dialekte  durch  die  Vokale!" 
Wenn  er  (2,  103  f.)  der  Urbedeutung  der  Worte  nachgeht,  er- 
klärt er  etwa  "hospites"  als  "houspetentes,  ceux  qui  viennent 
ä  la  maison"  (2,  115).  Oder  Sprachverschiedenheiten  wie 
pempe  und  quenque  werden  (2, 167)  aus  verkehrten  Lesungen 
gedeutet;  was  an  Max  Müllers  Methode  erinnert,  alle  mytho- 
logische Entwickelung  von  Sprachfehlern  abzuleiten.  Vor  allem 
geht  de  Brosses  —  wie  Benfey  hervorhebt  —  viel  zu  weit 
in  der  unhistorischen  Deutung  junger  Worte  aus  ursprünglicher 
Lautnachahmung  (1,  254  f.  u.  ö.). 

Aber  dem  steht  doch  ein  merkwürdig  klares  und  an- 
nähernd richtiges  Bild  der  allgemeinen  Sprachentwickelong 
gegenüber.  Mit  dem  Begriff  der  "'Wurzeln"  macht  im  Abend- 
land de  Brosses  zuerst  ernst,  wie  er  denn  auch  konsequent 
dafür  das  Zeichen  R  (=  radix)  verwendet.  Die  Wurzeln 
sind  festzustellen  durch  Sprachvergleichung.  Sie  sind  über- 
wiegend selbständige  ungebräuchliche  Worte  (2,  369) ;  der  Im- 
perativ ist  Verbalwurzel  (2,  398).  Formell  sind  sie  kurz  und 
zumeist  einsilbig  (2,  387).  Ihre  Zahl  ist  gering  (2,  230).  Auch 
die  Endungen  sind  grossenteils  ursprünglich  autonome  Worte 
(2,  173  f.).  Hier  nimmt  der  Präsident  also  Bopps  berühmte 
Theorie  voraus,  aber  er  schränkt  sie  vorsichtig  ein,  wie  er 
auch  die  Einsilbigkeit  der  Wurzeln  nicht  unbedingt  behauptel 
—  für  seine  spekulierende  Zeit  eine  anerkennenswerte  Selbst- 
besebränkung. 


Künstliche  Sprachen.  297 

Jede  Wurzel  entwickelt  sieh  nach  bestimmten  Regeln  der 
Ableitung  (2, 55  f.).  Neue  Wurzelworte  kommen  nur  ausnahms- 
weise vor  (2,  119).  de  Brosses  versucht  auch  schon  die 
Gesamtgeschichte  einzelner  Wurzeln  zu  geben;  die  erste  — 
AC  (2,  324  f.)  ist  merkwürdigerweise  dieselbe,  mit  deren  frei- 
lich recht  sehr  anders  fundierter  Geschichte  sich  auf  das  Jahr 
am  ein  Jahrhundert  später  in  die  Wissenschaft  Johannes 
Schmidt  von  August  Schleicher  geleiten  Hess  (DieWarael 
AK  im  Indogermanischen  Weimar  1865).  Es  ist  aber  auch 
bezeichnend,  dass  Schleicher  (a.a.O.  S.  V)  erklärt,  er  habe 
sich  der  Wahl  seines  Schülers  deshalb  gefreut,  ""weil  ich  hoffen 
durfte,  dass  gleich  diese  erste  Arbeit  den  Verf.  mit  der  ge- 
hörigen Scheu  vor  der  Etymologie  erfüllen  werde".  Man  war 
in  100  Jahren  von  der  fröhlichen  Sicherheit  etwas  zurückge- 
kommen, mit  der  der  Franzose  (1,  31)  ausrief:  ''L'etymologie 
n'est  pas  un  art  incertain!"  —  Die  zweite  von  deBrosses 
benutzte  Wurzel,  ST  (2,  335  f.),  ist  noch  bei  Steinthal  ein 
Lieblingsgegenstand  glottogonisch-etymologischer  Vermutungen. 

Für  die  Veränderungen  der  Worte  bringt  de  Brosses 
sehr  verständige  üi*sachen,  so  die  jetzt  wieder  so  beliebte 
*prononciation  inexacte*  (2,  137).  Er  beachtet  sogar  (2,  63  f. 
71  f.)  den  Einfluss  des  Völkerverkehrs,  unterscheidet  (2,  74) 
Verwandtschaftscentra  wie  den  Norden  ftlr  Ausdrücke  der  Fi- 
scherei, und  achtet  selbst  (1,  165.  277 — 84)  auf  den  Akzent, 
über  die  Ableitung  stellt  er  freilich  (1,  289)  nur  ganz  allge- 
meine Sätze  auf;  ebenso  über  die  historischen  Veränderungen 
(2,  164  f.). 

Steht  es  nun  fest,  dass  aus  wenigen  Wurzeln  zahllose 
TVorte  entstanden  sind,  so  kommt  Alles  darauf  an,  Alter- 
Schichten  für  diese  Worte  festzustellen.  Hierin  liegt  nun  die 
eigentliche  Bedeutung  von  de  Brosses.  So  phantastisch  und 
dilettantisch  er  auch  vorgeht  —  der  Gedanke  selbst  ist  heut 
-«och  nicht  überholt.  Noch  heut  gelten  prinzipiell  alle  Worte 
-«iner  Sprache  als  gleichartig,  soweit  sie  sich  nicht  durch  for- 
melle Merkmale  —  altertümliche  Flexion,  junges  Stammsuffix 
m.  dgl.  —  als  bestimmten  Epochen  angehörig  nachweisen  lassen. 
Ee  muss  aber  auch  inhaltlich  eine  Paläontologie  der  Ausdrücke 
angestrebt  werden,  die  erst  vom  Boden  einer  wissenschaft- 
iiohen  Bedeutungslehre  möglich  ist. 

Diesen  hat  der  Sohn  des  encyklopädischen  Zeitalters  na- 


298  R.  M.  Meyer, 

• 

türlich  noch  nicht,  um  die  "expressions  natives"  (1,  13)  her- 
ansznfischen,  bedient  er  sich  dreier  Werkzeuge.  Erstens  der 
Lautphysiologie  (1^  101  f.).  Er  sucht  die  einfachsten  und  na- 
türlichsten Laute  (1,  106)  zu  ermitteln,  leiht  ihnen  dann  frei- 
lich vorschnell  symbolische  Bedeutung,  z.  B.  (1,  lö8)  dem 
Nasal  negative,  worin  ihm  neuerdings  C.  Abel  gefolgt  isL 
Im  Übrigen  steht  de  Brosses  hier  trotz  origineller  Gedanken 
—  die  Namen  der  Sprachorgane  sollen  nach  den  ihnen  eigen- 
tümlichen Lauten  gebildet  sein  1,  248,  vgl.  Benfey  a.  a.  0. 
S.  288  Anm.  —  seineu  Vorgängern  sehr  nahe,  wie  denn  auch 
sein  Versuch  eines  *alphabet  organique  et  universer  (S.  177  f.) 
dem  des  Wilkins  sehr  ähnlich  sieht.  —  Das  zweite  Mitte) 
ist  die  Kindersprache  (1,  220  und  besonders  2,  7).  Aus  ihr 
liest  er  nicht  ohne  Geschick  primitive  Worte  (1,  222  f.)  ab^ 
erkennt  das  Alter  der  Interjektionen  (ebd.)  und  antezipiert  in 
seinen  Betrachtungen  über  die  ""mots  necessaircs"  (S.  231) 
Buschmanns  Studien  über  die  ''Naturlaute''  Papa  und  Mama 
(S.  233.  244).  Als  zweite  Stufe  folgen  den  ''mots  nöeessaires'* 
die  ''mots  presque  nöcessaires"  (S.  297  f.),  durch  Onomatopöie 
(S.  252)  gewonnen;  weiterhin  dann  Ausdrücke  von  nur  sym- 
bolischer Bedeutung  (S.  260).  —  Das  dritte  Werkzeug  endlich  ist 
die  Sprachvergleichung.  Hier  liegt  de  Brosses'  eigentlichste» 
Verdienst  um  das  Problem  der  Weltsprache.  Wie  Descartes 
und  L  e  i  b  n  i  z  geht  er  von  dem  Apercu  des  gemeinsamen  Gedan* 
kenvorrats  aus:  ""Rien  n'est  donc  plus  possible  que  d'iutroduire 
un  caract^re  universal,  avec  lequel  toutes  les  nations,  quoique 
de  langues  difförentes,  pourraient  exprimer  leurs  idees  com* 
munes:  je  dis  leurs  id6es  simples  et  communes,  car  d^s  qu'elle» 
seraient  compliquees  la  difficultä  de  sc  mettre  au  fait  de  tant 
des  syraboles  et  de  variations  de  chaque  Symbole  Temporterait 
beaucoup  sur  Tutilitd  de  cette  generalisation"  (2,  43;  ganz- 
ebenso  Cartesius  in  der  schon  oben  zitierten  Stelle  des  Briefea 
an  Mersenne).  Jeder  ürbegriflF  wird  in  einer  Wurzel  Platz. 
finden;  ohne  dass  sich  übrigens  de  Brosses  sehr  um  die  Ur- 
bedeutung bemühte:  er  nimmt  nur  an,  dass  "^le  seus  original 
est  pour  l'ordinaire  celui  qui  designe  quelque  6tre  simple  et 
physique,  quelque  usage  des  temps  grossiers"  (2,  103).  So 
bedeutet  die  Wurzel  Dun,  Tonn,  Dan,  Than,  Din,  Thin  (2,  117) 
ursprünglich  "Berg",  denn  von  den  beiden  Grundbedeutungen — 
"mons"  und  "oppidum"  muss  die  älter  sein,   die  etwas  Natur — 


Künstliche  Sprachen.  299 

liebes  bedeutet.  Die  Anschauung  von  der  verbalen  Bedeutung 
der  Wurzeln  fehlt  also  noch  völlig. 

Von  diesen  Ideen  ausgehend  sucht  der  "Traite"  für  die 
Wortfamilie  capio  (2,  194—230)  einen  vollständigen  Stamm- 
baum aufzustellen,  etwa  wie  es  neuerdings  Bruno  Liebich 
(Die  Wortfamilien  der  lebenden  hd.  Sprache  Breslau  1899; 
vgl.  meine  Rez.  Zs.  f.  d.  Phi).  31^  413  f.)  für  den  deutschen 
Sprachschatz  versucht  hat.  Auch  über  die  ""noms  des  Stres 
moraux"  (2,  234)  gibt  er  Bemerkungen,  leitet  zutreffend  die 
Abstracta  prinzipiell  aus  Concretis  her  (S.  238  f.)  und  achtet 
auch  auf  die  Bildung  der  Eigennamen  (S.  275  f.)  und  ihre 
Altertümlichkeit  (S.  308). 

Als  letzte  Frucht  soll  nun  aus  diesen  Studien  die  empi- 
risch-philosophische Sprache  hervorgehn:  der  '"Archöologue", 
wie  er  es  nennt  (S.  489  f.),  ein  systematisch  geordnetes  Wörter- 
buch auf  Grundlage  eines  Wurzellexikons  (S.  527),  eine  nonien- 
clature  universelle  par  racines"  (S.  490). 

Damit  bat  de  Brosses,  der  noch  tief  genug  in  alten 
Anschauungen  steckte,  um  die  Etymologie  als  eine  Art  von 
ars  inventiva  zu  verwenden  (1,  60),  den  höchsten  Standpunkt 
erreicht,  der  sich  vom  Boden  der  alten  SprachauflFassuugen 
Oberhaupt  erreichen  lässt.  Er  weist  bereits  auf  jene  philoso- 
phische Sprachlehre  hin,  die  noch  18Ü3  A.  W.  Schlegel 
(Werke  12,  143.  152)  als  pium  desiderium  ansah.  Die  empi- 
risch-philosophische Methode  lag  freilich  im  Keim  in  der  Ideo- 
^aphie  des  Cartesius  und  dem  Ideen- Alphabet  des  Leibniz; 
aber  diese  gingen  thatsächlich  doch  bald  von  dem  Gedanken, 
den  ursprünglichen  BegrifFsvorrat  durch  Vergleichung  zu  ermit- 
teln, zu  willkürlichen  Festsetzungen  über.  Hätte  de  Brosses 
mit  den  Mitteln  seiner  Zeit  den  "Arch^ologue"  ausgeführt  — 
er  liess  es  freilich  wie  Descartes  und  Leibniz  vor  ihm, 
Sicard  und  Schlabrendorf  nach  ihm  bei  dem  Programm 
bewenden  — ,  so  wäre  wohl  auch  er  bald  zu  apriorischer  Will- 
kür geflüchtet,  wie  wir  sie  schon  bei  jener  Entscheidung  trafen, 
"dun"  müsse  ''Berg"  heissen,  weil  "Stadt"  als  künstliches  Mach- 
werk ein  jüngerer  Begriff  sei.  Aber  heut  Hesse  sich  in  der 
That  der  Plan  des  de  Brosses  annähernd  verwirklichen;  ja 
für  eine  bestimmte  Seite  des  Wort-  und  Begriflfsvorrats,  für  die 
'^Kulturwörter",  haben  die  '"linguistisch-paläontologischen"  ün- 
"^«rsuchungen  von  Adalbert  Kuhn  bis  auf  Otto  Schrader 


läDgst  den  '"Arcbeolfigue"  aufgestellt  und  werden  (trotz  der 
weitgehenden  Skepsis  in  KrctscIinierH  "Einleitung;  zur  Ge«eli. 
der  griecli.  Sprache'';  damit  Hiclierlicli  xu  eiueni  guten  Teil  die 
überaeiigung  des  Franzosen  von  der  knlturbistoriselien  nnd 
vOlkeqisyehologischen  Bedeutnng  der  Etj-mologie  (1,  67|  ge- 
recbtfertigt  hstben. 

Der  Versuch,  durch  eiii|)iriBclie  Vergleicbung  und  philo- 
sopiiisctic  Nachprüfung  den  Stammbatini  der  Begriffe  anfzn- 
Btellen,  wird  noch  einmal  nnternuinnien  werden  inllBsen.  Dass 
die  logische  Ableitung  von  Kardinalbegriffen  wie  "das  Sein" 
bei  Dalgarno  und  Wilkins  mit  der  historischen  Reihenfolge, 
ia  der  die  BegritTe  hei  den  Völkern  auflauchen,  sich  in  keiner 
Weise  deckt,  ist  heut  Niemandem  zweifelhaft.  Dass  ein  Be- 
griff wie  etwa  "Leidenschaft",  mag  er  auch  in  allen  Sprachen 
vorkommen,  mit  "Hunger"  oder  "Wolf  nicht  gleichaltrig  ist, 
dürfen  wir  annehmen.  Eine  cnipirisch-philosopbische  Sprache 
mindestcnH  für  den  Kniturkreis  der  indogermanischen  und  Be- 
mitischen  Sprachen  Hesse  sich  auf  Grund  von  de  Grosses' 
Programm  schaffen.  Man  mtlsstc  die  ältesten  Begriffe  feststellen, 
weiterhin  die  Mittel,  durch  die  aus  diesen  Jüngere  geschaffen 
sind  'vgl.  z.  B.  l'im  Saggi  d  indici  sistematiei  per  lo  studio 
della  espressione  nictaforica  di  concetti  pstcoiogici  Turin  lt*96: 
Referat  von  Kurt  Hruchmann  DLZ.  1K99  S.  1410)  nud  so 
fort.  Für  die  Urbegriffc  nillssic  man  einfache  Zeichen  wählen, 
die  eine  fortdauernde  Differenzierung  zu  komplizierteren  Be- 
griffen /.uliessen.  Eine  Voralinung  solcher  Methode  liegt  auch  iu 
Liehtenbergfi  (von  uns  schon  oben  besprochenem!  ironischem 
Spiel:  zcf  ein  kühler  Wind,  Vzef  ein  Schmeichler  (Werke  2,  ifOl). 

Die  höchste  .Stufe  einer  Weltsprache  würde  freilieh  ailcb 
so  nicht  erreicht.  Denn  so  sehr  sieb  auch  solche  historieclie 
Konstruktion  über  die  Willkür  der  Begriffswort-  und  Begriffs- 
iceichensprncben  erheben  wHrde  —  wiJlktlrlich  bliebe  sie  immer 
Boeb,  weil  sie  von  der  "künstlichen"  Abstraktion  des  "Worts" 
anfinge,  statt  die  "natürliche"  Basis  des  Satzes  zu  wählen. 
Aber  eben  in  diesem  Kleben  am  Wort  und  Haften  am  Buch- 
staben neigt  die  gesamte  Geschichte  der  Weltsprache  ro«  den 
kümmerlichsten  bis  zu  den  kühnsten  Vcrsncbeu  die  unvermeid- 
liche Abliangigkeit  von  der  gewordenen  Sprache.  Nor  die 
momentan  aufblitzenden  Fignren  der  Lange,  Enler,  Pia 
quet  nähern  sich  der  höheren  Konzeption. 


Künstliche  Sprachen.  301 

b)  Wie  Dalgarno  denWilkins,  Sicard  den  Maimieux 
tat  de  Brosses  Court  de  Gebelin  (1725-1784)  als  frei- 
lich viel  geringeren  Zwilling  zur  Seite.     Er  ist  von  jenem  in 
seiner  Histoire  naturelle  de  la  parole  ou  graraniaire  universelle 
(1774.  1775;  neu  her.  von  Lanjuinais  1816)  abhängig,  aber 
(nach  ßenfey  S.  282)  noch  kritikloser,  freilich  auch  lebhafter 
und  zuversichtlicher  (S.  290).    Auch  er  nimmt  (nach  der  Biogr. 
Cn.  9,  373)  an,    dass  die  Ursprache  sich  aus  einer  gewissen 
Zahl  von  Lauten  und  Betonungen  zusammensetzte,  die  sich  bei 
allen  Völkern  finden  und  aus  denen  die  Worte  der  Sprachen 
entstanden;  auch  er  verbindet  wie  de  Brosses  Spekulationen 
aber  den  Ursprung  der  Schrift  mit  denen  über  die  Anfänge 
der  Sprache.    Nebenbei  erklärt  er  so  —  wie  Falb  mit  seinem 
famosen  in  der  Inka-Höhle  gefundenen  Schlüssel  —  auch  alle 
Geheimnisse  der  Mythologie  und  Chronologie.     Für  dies  Werk 
erhielt  er  von  der  Academie  franQ*aise  zweimal  den   für  die 
nützlichste  Arbeit  bestimmten  Preis  . . .     Die  chinesischen  und 
lateinischen  Grammatiken  dienen  ihm  (Biogr,  Un.  9,  373)  als 
Führerinnen.    Übrigens  versinkt  er  wieder  ganz  in  symboli- 
sierende Phantastik:    die  Vokale  bedeuten  die  Empfindungen, 
die  Konsonanten  die  Ideen. 

c)  Die  empirische  Richtung,  die  de  Brosses  einschlug, 
bat   sich  nicht  lange  behauptet.     James  Buniett  Lord  Mon- 
boddo  (1714—1799),    den  Benfey  (a.a.O.  S.  282.  291  f.) 
trotz    all   seiner  Bizarrerien  —  er   lässt  die  Entdeckung   der 
Sprache    durch    die    übermenschliche    Hilfe    der    ägyptischen 
Dämonenkönige  vor  sich  gehn !  (a.  a.  0.  S.  293)  —  hoch  über 
die  beiden  Franzosen  erhebt,  hat  in  seinem  berühmten  sechs- 
bändigen Werk  Of  the  origin  and  progress  of  language  (Edin- 
burgh 1774)   sich  wieder  ganz  auf  die  Spekulation  geworfen. 
Auch    er  gibt  zu  (1,  574),    dass  es  "Urworte"  gibt  und   ent- 
scheidet sich  ähnlich  wie  de  Brosses  dafür,  dass  zuerst  die- 
jenigen Dinge  benannt  werden,  mit  denen  die  Naturmenschen 
am  meisten  zu  thun  hatten.  Aber  er  unterscheidet  diese  (S.  577) 
ausdrücklich  von  den  Wurzeln  der  Kultursprachen  —  ""artifi- 
cial  languages"  nennt  er  diese  mit  einem  durchgehenden  Ge- 
gensatz zu  den  "barbarous  languages"  der  kulturlosen  Völker  — : 
die    "TVurzeln"    sind    unselbständige    Stammteile    abgeleiteter 
Worte,    die  Urworte  bedeuten  die  letzte  Stufe  der  Sprachent- 
Wickelung  bei  den  Naturvölkern.     Bei  der  durchgängigen  Über- 


302  R.  M.  Meyer, 

Schätzung  der  Kunst  und  Kultur,  die  den  schottischen  Richter 
kennzeichnet,  wundert  man  sich  nicht,  ihn  (2,  440  f.)  von  Wil- 
kins'  philosophischer  Sprache  höchlich  entzückt  zu  sehn.  Mehr 
erstaunt  man  über  das  begeisterte  Lob,  das  ihm  Herder  ge- 
spendet. Gewiss  war  Monboddo  ein  geistreicher  und  origi- 
neller Mann;  in  der  Auffassung  der  Neugriechen  als  einer 
herabgekommenen  Bastardrasse  (Biogr.  Cn.  28,  596)  nahm  er 
Fallmerayers  vieldiskutierte  Erklärung  voraus,  und  die  lo- 
gisch-ästhetische Vergleichung  der  Sprachen  (B.  IV),  obwohl 
ganz  im  Bann  blinder  Antikenverehrung,  ist  jedenfalls  neben 
dem  von  Jenisch  der  gründlichste  und  vollständigste  Ver- 
such, das  auszuführen,  was  v.  d.  Gabelentz  (Sprachwissensch. 
S.  371  f.)  mit  einem  seltsamen  Ausdruck  "Sprach würderung'* 
nennt.  Aber  für  das  Problem  der  Ursprache  und  der  aus  ihr 
zu  entwickelnden  Idealsprache  kann  ich  bei  Monboddo  nur 
einen  Rückschritt  aus  der  Empirie  in  die  Spekulation,  au» 
frischer  Luft  in  Scholastik  wahrnehmen. 

VII.  Sprachbildung  aus  reiner  Willkür. 

In  allen  bisher  besprochenen  Fällen  der  künstlichen  Sprach- 
bildung fanden  wir  zwei  Prinzipien  mächtig:  entweder  es  wurde 
aus  gegebenen  Proben  und  Einzelstücken  heraus  der  ganze 
(oder  doch  annähernd  der  ganze  in  Betracht  kommende)  Sprach- 
stoff noi-malisiert,  oder  es  wurde  ein  bestimmtes  Prinzip  allge- 
mein durchgeführt.  Das  erste  gilt  z.  B.  tittr  die  Aramensprache, 
aber  auch  für  die  Schrift-  und  Dichtersprache;  das  zweite  fiir 
die  Verschwörereprache  der  Carbonari,  aber  auch  für  die  ''phi- 
losophischen Sprachen".  In  beiden  Fällen  schwebt,  bewusst 
oder  unbewusst,  ein  Ideal  vor,  dem  das  Material  angenähert 
werden  soll.  Ich  kenne  Pei-sonen,  die  ohne  Kenntnis  des  Eng- 
lischen oder  Italienischen  den  Tonfall  dieser  Sprachen  so  täu- 
schend nachzuahmen  wissen,  dass  selbst  der  Engländer  oder 
Italiener  anfangs  seine  Muttersprache  zu  hören  glaubt;  wäh- 
rend umgekehrt  so  mancher  gelehrte  und  korrekte  Lateiner 
nie  den  "color  latinus**  heraus  bekommt.  Die  Einen  haben  ein 
sicheres  Gefühl  für  das  Eigenartige  eines  Idioms,  die  Andern 
nicht.  Je  nach  dem  Mass  wie  ein  Schriftsteller  dies  unfass- 
bare,  aber  bestimmt  empfundene  Ideal  seiner  Sprache  erreicht,, 
bemessen  wir  seine  Sprachgewalt.  Luther  und  Lessing  führen 
die  deutsche  Sprache  im  Sinne  des  ihr  eingeborenen  Ideals 


Künstliche  Sprachen.  30$ 

weiter;    Klopstock   oder   die  Romantiker   führen   sie   oft   auf 
Irrwege. 

Solches  Ideal  also,  solche  geheime  Vorzeichnnng  fandeo 
wir  in  irgend  welcher  Form  bei  allen  Kunstsprachen  mächtig^ 
die  nicht  überhaupt  ganz  nach  einem  bewusst  gewählten  Ideal- 
bild geschaffen  wurden.   Völlig  willkürliche  Sprachsetzung  war 
nirgends  nachzuweisen.  (Für  die  ""angebliche  Worterfindnng  de» 
.  Kindes"  verweise  ich  jetzt  noch  auf  Wundt  Völkerpsychologie 
1,  273  f.  vgl.  280.)   Ich  finde  für  sie  nur  Ein  Zeugnis.     Cha- 
misso  berichtet  (Reise  um  die  Welt,  II;  Werke  1836  II  S.  77> 
von  den  Sandwich-Inseln:   ""Es  ist  bekannt,   wie  auf  Otaheiti 
beim  Antritt   eines  neuen  Regenten   und   ähnlichen   Gelegen* 
heiten  Wörter  aus  der  gemeinen  Sprache   gänzlich   verbannt 
und  durch  neue  ersetzt  werden.     Solche  willkürliche  Verän- 
derungen haben  in  neuerer  Zeit  die  Sprache  dieser  Insel,  die 
sonst  von  der  von  Owaihi  wenig  abwich,    sehr   von   ihr   ent- 
fremdet,   und  die  Eingebomen  beider  Inseln  verstehen  einan- 
der nicht  mehr.     Folgende  Thatsache  aus  der  Geschichte  von 
Owaihi,    die  wir  der  Mitteilung  eines  glaubwürdigen  Zeugen^ 
eines   denkenden   und   unterrichteten  Mannes,    des  Herrn  Ma- 
lini,  eines  dort  angesiedelten  Spaniers,  verdanken,  und  welche 
uns    die   Eingebomen   bestätigt   haben,    lässt   uns   unerwartet 
diese  befremdende  Sitte  auch  auf  den  Sandwich-Inseln  wie- 
derfinden,  und  zwar  auf  die  auffallendste  Weise.     Gegen  das 
Jahr    1800   ersaun  Tameiameia   bei    Gelegenheit   der   Geburt 
eines  Sohnes  eine  ganz  neue  Sprache,    und  fing  an,    selbige 
einzuführen.     Die    neuersonnenen   Wörter    waren    mit    keinen 
Wurzeln  der  gangbaren  Sprache  verwandt,    von   keinen   her- 
geleitet, selbst  die  Partikeln,  welche  die  Formen  der  Sprach- 
lehre ersetzen  und  das  Bindungsmittel  der  Rede  sind,    waren 
auf   gleiche  Weise   umgeschaffen.     Es   heisst,    dass    mächtige 
Häupter,  denen  diese  Umwälzung  missfiel,  das  Kind,  welche» 
dazu  Veranlassung  gegeben,  mit  Gift  aus  dem  Wege  räumten. 
Bei  dessen  Tode  ward  dann  aufgegeben,  was  bei  dessen  Ge- 
burt unternommen  worden  war.     Die  alte  Sprache  ward  wie- 
der angenommen,  und  die  neue  vergessen.   Die  Neuerung  ging 
Fon  Hauwaruru  auf  0-Waihu  aus,    wo  sie  kaum  einzudringen 
begann.     Als  wir  Herrn  Marini   fragten,    wie   das   eine   oder 
das  andere  Wort  in  der  neuen  Sprache  geheissen  habe,    be- 
sprach er  sich  deshalb  mit  anwesenden  Eingebornen  von  Hanna- 


304  R.  M.  Meyer, 

ruru,  denen  allen  die  Sache  wohlbekannt,  die  neu  eingeführten 
Wörter  aber  meist  entfallen  waren.  Herr  Marini  wnsste  kein 
anderes  Beispiel  willkürlicher  Sprachveränderung  auf  diesen 
Inseln;  Kadu  hatte  auf  den  Karolinen-Inseln  keinen  Begriff 
von  deren  Möglichkeit  geschöpft". 

Ich  habe  in  Ratzeis  Völkerkunde  vergeblich  nach  einer 
Bestätigung  dieser  wunderbaren  Erzählung  gesucht  und  glaube^ 
man  muss  ihr  volles  Zutrauen  versagen.  Denn  auch  der  erste 
Teil  scheint  nicht  ganz  zutreffend.  Ratze  1  (a.  a.  0.  S.  199) 
sagt :  ''Ebenso  werden  in  Tahiti  nach  dem  Pi  genannten  Brauch 
durch  die  Namen  von  Häuptliiigen  geheiligte  Worte  durch  an- 
dere ersetzt".  Es  ist  also  schwerlich  richtig,  dass  die  ver- 
bannten Worte,  wie  Chamisso  angibt,  Murch  neue  ersetzt 
werden":  sie  müssen  nur  vorhandenen  Synonymis  Platz  machen. 
Im  ganzen  Archipelagus  herrschen  Zeremonialsprachen,  Hof- 
spräche  auf  Hawaii,  Rangsprache  auf  Sanioa.  Aber  gewiss  sind 
es  wie  die  durch  W.  v.  Humboldt  berühmt  gewordene  Kavi- 
spräche  oder  wie  die  Inka-Sprache  (Heimol t  Weltgeschichte 
1,  329)  einfach  ältere  Sprachen,  die  mit  religiöser  Sorgfalt 
bewahrt  wurden;  für  Neuerfindung  von  Sprachen  dürfte  sich 
schwerlich  bei  alten  Völkern  ein  Beispiel  auftreiben  lassen. 
Mit  den  "neuen  Worten"  auf  Otaheiti  wird  es  nicht  anders 
stehen.  Nannte  sich  ein  Häuptling  beim  Antritt  der  Herrschaft 
etwa  ""Steinadler",  so  wurden  beide  Namensteile  tabu  und 
man  musste  statt  "Stein"  "Fels"  sagen  und  statt  "Adler"  "Aar"; 
taufte  sich  später  ein  König  "Felsenaar",  so  wurden  vermuth- 
lich  die  alten  Ausdrücke  wieder  frei. 

Jedenfalls  aber  wird  man  auf  die  Geschichte  von  der 
wurzelneuen  Sprache  Tameiameias  mit  ihren  frisch  erfundenen 
Partikeln  nur  mit  Einem  Ohr  hinhören  dürfen.  Es  ist  schon 
erstaunlich  genug,  wenn  ein  Indianer  und  ein  Neger  (v.  d. 
Gabelentz  Sprachwissenschaft  S.  140)  Silbenschriftsysteme 
erfanden;  willkürliche  Sprachschöpfung  wird  es  erlaubt  sein, 
weder  dem  Tameiameia  noch  einem  andei*n  König  zuzutrauen, 
sintemal  eben  Caesar  non  est  supra  grammaticos.  Wäre  der 
Bericht  dennoch  zutreffend,  so  hätten  wir  allerdings  einen 
v(illig  singulären  Fall,  der  sich  ja  denn  auch  nicht  behaupten 
konnte.  Immer  wäre  dann  auch  hier  noch  die  bestimmende 
Einwirkung  sei  es  des  lautsymbolischen  Gefühls  sei  es  irgend 
einer  Abstraktion  denkbar,  durch  die  dies  Sprachwunder  in 
flie  Reihe  anderer  ersonuener  Sprachen  zurücktreten  würde. 


Künstliche  Sprachen.  305 

VIII.   Zeichensprachen. 

Wir  sind  mit  der  blossen  Möglichkeit  einer  ganz  will- 
kfirlich  ausgedachten  Sprache  an  die  äussere  Grenze  unseres 
Problems  gelangt.  Freilich  stellt  man  sich  die  Sache  meist  zu- 
nächst so  vor,  als  seien  ""künstliche  Sprachen'^  überhaupt  rein 
ersonnene;  wie  wenig  das  zutriflFt,  haben  wir  selbst  bei  den 
phantastischen  Lanterfindungen  der  Humoristen  Grimmels- 
hanseUy  Holberg,  Asnius  Claudius  darthun  können. 
Für  die  innere  Notwendigkeit,  mit  der  die  Sprache  überhaupt 
nnd  wieder  jede  einzelne  Sprache  für  sich  ihren  Entwickelungs- 
gang  geht,  lässt  sich  wohl  kein  stärkerer  Beweis  auftreiben 
als  der,  der  in  der  Wirkung  der  gegebenen,  in  dem  Einfluss 
der  natürlichen  Sprache  auf  die  Sprachphantasie  liegt. 

Dennoch  hat  Baudouiu  de  Courtenay  (Vermensch- 
lichung der  Sprache  S.  21)  mit  vollem  Recht  bemerkt:  "Die 
bei  weitem  meisten  Wörter  der  menschlichen  Sprache  sind  nur 
zufällig  entstandene  Symbole,  die  unter  andern  Umstän- 
den sich  ganz  anders  hätten  gestalten  können,  in  voller  Un- 
abhängigkeit von  den  durch  sie  hervorgerufenen  sinnlichen 
Eindrücken.  Und  es  ist  eben  diese  Zufälligkeit  das 
Charakteristische  der  Sprache.  Selbstverständlich  rede 
ich  hier  von  keiner  absoluten  Zufälligkeit  —  denn  eine  solche 
anzunehmen  verbietet  uns  die  die  Grundlage  jedes  wissenschaft- 
liehen Denkens  bildende  Überzeugung  von  der  Notwendigkeit 
in  der  Verkettung  von  Ursachen  und  Wirkungen  —  nein,  ich 
rede  von  keiner  absoluten  Zufälligkeit,  sondern  von  einer  Zu- 
fälligkeit in  den  Grenzen  der  sich  auf  die  gegebene  Frage 
beziehenden  BegriflFe". 

Ich  erinnere  hier  nochmals  an  Kenans  glänzendes  Wort^ 
<iie  Sprache  sei  in  all  ihren  Zeiten  ""nie  notwendig,  nie  will- 
kürlich, immer  motiviert".  Und  eben  dies  macht  ihre  Eigenart 
aus.  Nur  dadurch  kann  die  menschliche  Sprache  im  Ganzen 
und  kann  jede  einzelne  Nationalsprache  das  sein,  als  was  de 
Brosses  und  Herder  sie  zuerst  erkannten:  das  grosse  Archiv 
der  menschlichen  Geistesgeschichte.  Jede  einzelne  historische 
Notwendigkeit,  jede  lokal  bedingte  oder  zeitlich  verursachte 
Gedankenverknüpfung  liegt  angefangen  und  beschlossen  in  "der 
Santa  Casa  heiligen  Registern". 

Eben  deshalb  ist  eine  philosophische 'Sprache,  so  voll- 
kommen  sie  in   der  Durchführung  ihres  Grundgedankens  an 


306  R.  M.  Meyer, 

sich  sein  mag^  niemals  eigentlich  ^Sprache"  im  vollen  Sinn 
des  Worts:  sie  ist  nur  ein  totes  Ziffemsystem.  Sie  verhält 
«ich  zn  der  niedrigsten  lebendigen  Sprache  wie  ein  künstliches 
Heldengedicht  vom  Schlag  der  "Henriade*  zn  Volksepen  wie 
Ilias  nnd  Nibelungennot.  Gerade  was  rationalistische  Über- 
klagheit  an  diesen  als  ""Unvollkommenheiten"  rflgte,  macht  ihr 
Wesen  ans:  die  Widersprüche,  die  Wiederholungen,  die  Par- 
lallelfälle.  In  ihnen  bekundet  sich  der  Pulsschlag  des  Lebens, 
4er  Niederschlag  der  Erlebnisse,  der  jenen  toten  Mechanismen 
nnd  E.  Th.  A.  Hoffmannschen  Sprechpnppen  fehlt;  wie  C.  F. 
Meyer  seinen  Helden  Ulrich  v.  Hütten  von  sich  aussagen  lässt: 
Knrzum,  ich  bin  kein  ausgeklügelt  Buch  — 
Ich  bin  ein  Mensch  mit  seinem  Widerspruch. 
Je  stäi^er  dieser  Charakter  des  Historischen,  des  Gewordenen, 
des  Erlebten  einer  "Sprache*  abgeht,  desto  weiter  entfernt  sie 
sieb  von  der  Eigenart  menschlicher  Rede.  Also  gerade  das, 
v^as  all  die  manigf altigen  Spielarten  ** künstlicher  Sprache" 
vom  theoretischen  Standpunkt  aus  mangelhaft  macht,  nähert 
sie  praktisch  wirklichen  Sprachen:  der  unwillkürliche,  gar 
nicht  ganz  zu  vermeidende  Anschluss  an  die  Nationalsprache. 
Und  eben  deshalb  sind  die  verschiedenen  Arten  reiner  Zeichen- 
sprachen gar  nicht  mehr  als  eigentliche  ""Sprachen*  aufzufassen 
und  nur  ein  Anhang  zu  den  vielen  Bruchstücken  und  Systemen, 
die  wir  gemustert  haben. 

Das  Gleiche  gilt  noch  unter  einem  andern  Gesichtspunkt 
Es  ist  freilich  Fiktion,  wenn  wir  die  menschliche  Sprache 
bloss  als  Lautgebung  anzusehen  pflegen.  Znm  Redeverkehr 
gehört  auch  heut  noch  vielerlei,  was  nicht  in  der  Grammatik 
steht:  unwillkürliche  Artikulationen,  die  noch  unterhalb  der 
sprechbaren  Interjektionen  bleiben,  halb  tierische  Laute,  wie 
ein  vergnügtes  Schnalzen  mit  der  Zunge,  Grunzen,  Pfeifen; 
vor  allem  in  breitem  Masse  nachhelfende  oder  stellvertretende 
Gesten  und  mimische  Bewegungen.  Früher  nahm  all  dies 
**unge8procheue  Sprachmaterial*  einen  noch  viel  breiteren  Kaum 
ein;  und  auch  heut  noch  dehnt  sich  sein  Reich  um  so  mehr 
aus,  je  mehr  wir  uns  natürlicher  Redeweise  nähern:  das  Volk 
verwendet  all  diese  Zeichen  stärker  als  der  Gebildete  nnd 
wieder  die  südlichen  Völker  stärker  als  die  des  Nordens.  Bei 
«einem  neapolitaufschen  Lazzarone  ist  die  Sprache  fast  nur  das 


Künstliche  Sprachen.  307 

Libretto  zn  der  aus  Gestikulationen,  unartikulierten  Tönen  und 
musikalischen  Lauten  zusammengesetzten  Spreehmusik.  —  Aber 
immer  bleibt  doch  für  uns  das  gesprochene  Wort  mit  vollem 
Recht  Kern  und  Seele  der  Sprache.  Deshalb  gehören  all  die 
^'künstlichen  Sprachen",  die  sich  an  das  Wort  halten,  viel 
enger  mit  der  natürlichen  Rede  zusammen  als  die  Systeme, 
die  jene  Äushilfsmittel  normalisieren  —  und  das  eben  ist  das 
Charakteristische  der  Zeichensprachen. 

Damit  ist  ihre  Gliederung  von  selbst  gegeben. 
1)  Normalisierte  Artikulationen.  ""Bei  den  Tieren", 
sagt  Bandouin  de  Courtenay  (a.  a.  0.  S.  22),  tragen  die 
Bedeutungen  der  Lautäusserungen  in  ihrer  Beziehung  zu  eben 
diesen  letzteren  immer  den  Charakter  der  Notwendigkeit,  Un- 
mittelbarkeit und  verhältnismässigen  Unveränderlichkeit  an 
sich  —  alles  das  Merkmale,  welche  der  Natur  menschlicher  Rede 
schnurstracks  widersprechen'*.  Ausführlich  hat  Ch.  Darwin 
in  seinem  grossen  Werk  über  den  Aasdruck  der  Gemütsbewe- 
gungen bei  dem  Menschen  und  den  Tieren  diesen  Zusammen- 
hang zwischen  Gemütsbewegung  und  Ausdruck  erklärt.  Frei- 
lich ist  selbst  der  tierische  Gemütsausdruck  ""historisch  gewor- 
den"; so  erklärt  der  grosse  englische  Forscher  etwa  die  An- 
spannung aller  Muskeln  in  der  Wut  bei  einem  Raubtier  ""nach 
dem  Prinzipe  assoziierter  Gewohnheit:  denn  Zorn  hat  bestän- 
dig zu  heftigen  Kämpfen  und  in  Folge  dessen  dazu  geführt, 
dass  alle  Muskeln  des  Körpers  heftig  angestrengt  wurden** 
(a.  a.  0.  S.  117).  Aber  dies  ist  eine  allgemeine,  dem  ganzen 
Oenus  gemeinsame  Entwickelung,  die  so  zu  sagen  keine  Ein- 
zelsprachen oder  Dialekte,  keine  individuelle  Nüanzierung  zu- 
lässt  und  eben  dadurch  von  der  individuell  durchlebten  Sprach- 
:ge8chichte  der  Menschen  sich  prinzipiell  unterscheidet,  unsere 
«Sprache  verrät,  dass  wir  mit  Römern,  mit  Slaven,  mit  Ro- 
manen in  nahe  Berührungen  traten;  welche  Feinde  es  waren, 
an  denen  der  Tiger  den  Ausdruck  seines  Zorns  lernte,  verrät 
kein  Zug  seiner  Gebärden. 

Die  Tiersprache  ist  also  durchaus  symbolisch  (vgl.  des 
Näheren  Fr.  Th.  Vi  sc  her  Auch  Einer  2,  293).  Allerdings  hat 
B.  L.  G  a  r  n  e  r  in  seinem  Buch  über  die  Sprache  der  AflFen  (übs. 
n.  her.  von  W.  Marsh  all  Leipzig  1900)  die  von  ihm  beobach- 
teten Laute  der  Aflfensprache  (S.  117  f.;  vgl.  S.  6  ""Trinken", 
12  f.  "Speise",  42  ""Frucht",  42  f.  ""Aflfe")  und  die  Geberden  der 


308  R.  M.  Meyer, 

Bejahung  und  Verneinung  (S.  44  f.  71)  sowie  der  Warnung 
(S.  6.  66;  vgl.  53),  ja  die  ganze  Sprechweise  der  Aflfen  wie 
überhaupt  aller  Säugetiere  (S.  115  f.)  und  der  Vögel  (S.  131; 
vgl.  177)  fast  völlig  der  menschlichen  Rede  gleichgestellt. 
Aber  auch  wer  den  Feststellungen  Garners  Vertrauen  schenkt, 
wird  aus  seineu  allgemeinen  Betrachtungen  über  das  Wesen 
der  Sprache  (S.  99  f.)  den  Schluss  ziehen  müssen,  dass  für 
diese  Fragen  der  ""Entdecker  der  AflFensprache"  keineswegs 
kompetent  ist.  (Vgl.  noch  zur  Tiersprache  Masius  Natur- 
ßtudien  Leipzig  1852,  S.  122  f.,  mit  reichen  Literaturnachweisen; 
Chamberlain  Grundlagen  des  19.  Jhds.  I  56  Anm.  3;  über 
die  Sprache  der  Vögel  Overberg  in  der  "Woche'  1300  N.  30 
S.  1329.)  Die  ursprüngliche  Art,  den  unwillkürlichen  Begleit- 
laut  einer  Geste  u.  dgl.  zu  normalisieren,  lebt  denn  auch  vor- 
zugsweise im  Verkehr  mit  Tieren  fort:  im  Hüh  und  Hott  u. 
dgl.,  wie  es  J.Grimm  (Deutsche  Grammatik,  Neuer  Abdruck 
3,  304  f.)  in  blühender  Fülle  aufzählt. 

Aber  überall  zeigt  sich  die  Neigung,  sie  artikulierter 
Rede  zu  nahem.  Ungemein  lehrreich  ist  dafür  die  Entwicke- 
luug  der  Schweizerischen  Schlittenrufe,  über  die  Götzinger 
(Altes  und  Neues  S.  58  f.)  in  einem  lebensvollen  Aufsatz  han- 
delt. Besonders  die  aushallenden  Schlussrufe  längerer  musi- 
kalischer Perioden  werden  vokalisiert.  Aus  dem  Hallelujab 
der  altlateinischen  Hymnen  erwächst  die  Sequenz,  aus  dem 
Schlussruf  des  Wächters  erst  das  Wort  ""alba",  dann  das  mittel- 
alterliche Tagelied,  aus  dem  Begleitruf  des  Nachtwächters,  mit 
dem  er  den  Stundenruf  ausklingen  lies,  ein  Vers  oder  ein  Lied 
(J.  W ichner  Stundenrufe  und  Lieder  der  deutschen  Nacht- 
wächter Regensburg  1897).  Zuweilen  scheint  der  alte  unarti- 
kulierte Ruf  noch  herauszuklingen,  so  in  dem  "'Ehre  Guta"  von 
Bregenz  (a.  a.  0.  S.  161  f.),  zu  dem  wohl  erst  später  eine 
ätiologische  Legende  erfunden  wurde.  —  Die  jüwezunge  der 
bäurischen  Volkslieder  verdichtet  sich  ebenso  zum  Schnada- 
hüpfl usw. 

Gerade  hier  zeigt  sich  sehr  charakteristisch  die  Tendenz 
aller  "Sprache"  zur  "Rede".  Baudouin  de  Courtenay  setzt 
(a.  a.  0.  S.  23)  die  morphologische  Artikulation  der  mensch- 
lichen Sprache,  bestehend  in  Teilung  des  Satzes  in  Worte,  der 
Worte  in  bedeutsame  Teile,  den  "tierischen  unteilbaren  Gebär- 
den" gegenüber.    Das  ist  nicht  vollkommen  zutreffend^  unteilbar 


Küostlithe  Sprachen.  309 

Iniid  die  "Gebärden"  oder,  besser  ansgedrückt,  die  Spiechstflckc 
der  Tiere  nicht;  aber  sie  sind  nur  lunsikalisch  gegliedert. 
Brebm 'Illustriertes Tierleben  II  S.  XI)  spricht  von  "Strophen" 
des  Vogelsangs;  der  Finkenschlag  bat  deutlichen  Abgeeang 
(vgl.  meinen  AufaatK  über  den  Refrain  Zs.  f.  vgl.  Lit.-Gesch. 
1,  38).  Aber  eben  in  der  Verschiedenheit  dieser  rein  niusika- 
tieehen  Gliedemng  von  einer  durch  Inhalt  und  Sinn  bestimmten 
Kegt  die  Entwitkelnng  von  tierischer  zu  menschlicher  Rede. 
werden  also  Signale  durch  unterlegen  von  Testen  hnma- 
Bisiert:  Pfeifen  und  Trompeten  im  deutschen,  Volksgesang  und 
Flötenspiel  im  französischen  Refrain  {a.a.O.  S.  91):  Gloeken- 
tOne  nnd  Trommelklang  in  deutschen  Volksvergen  (0.  Schütte 
.  d.  Ver.  f.  Volksk.  9,  440).  Welche  Macht  und  Ausdeh- 
nung dies  SprechbaiTuachen  von  ursprünglich  nur  rhythmischen 
Signalen  hat,  int  neuerdings  von  K.  Bücher  (Arbeit  und 
Ehythmus;  2.  Aufl.  Leipzig  1899)  ausführlich  und  eindringend 
ilargethau  worden. 

Idi  modernen  Leben  dürfte  daher  eine  nur  aus  normali- 
sierten Artikulationen  besteiicnrlc  Signalsprache  kaum  noch 
IForkommeu.  Allenfalls  kann  man  die  PFeifensignalc  der  Mauer- 
polierer, der  Hotelportiers  u.  dgl.  hierher  rechnen,  soweit  sie 
mit  dem  Mund  und  nicht  mit  Zungenpfeifen  hervorgebracht 
irerden  (die  Feuerwehr  bedient  sich  wenigstens  in  Berliu  nur 
kfinstlicher  Pfeifensigna]  e).  Diese  Pfeifsprache  ist  gar  nicht 
tinfach:  von  einem  Wirtshaus  der  Hauptstadt  aus  drückt  der 
einfache  Pfiff  durch  Zahl,  Länge,  Rhythmus  der  Absätze  etwa 
Becbs  verschiedene  Droschkenkategorien  aus.  So  nähert  sieh 
flie  raffinierte  Zivilisation  wieder  der  uralten  Einfachheit  der 
Arbeitssignale  bei  ägyptischen  Pyramidenbauem  oder  rudern- 
clen  Negersklaven! 

2)  Normalisierte  Musiklante.  Beim  Pfeifen  sehen 
"wrir,  wie  nah  die  Sigualspracbe  der  Artikulationen  der  der  In- 
strumente steht.  Diese  letztere  ist  noch  überall  in  mächtiger 
Ausdehnung.  Von  der  Trommelspraeiie  afrikanischer  Wilden 
Cvgl.  Schurtz  Urgeachichtc  der  Kultur  Leipzig  1901  S.  491)  bis 
An  den  militärischen  Signalen  unserer  Soldaten,  von  den  Dampf- 
pfeifen der  Riesenschiffe  und  den  unheimlichen  Tönen  des 
PKebelhorns  bis  zu  der  bei  Geburt,  Begräbnis,  Brand  und  Sturm 
■wechselnden  Sprache  der  Kirehenglocken,  von  den  verab- 
redeten verschiedenen  Nuancen  des  Anklopfens  an  die  Thttr 
Inilopermiiniaclie  Forscliungen  XII  3  u.  i.  21 


810  R.  M.  Meyer, 

bis  zu  dem  Viktoriaschiessen  der  Kanonen  sehen  wir  überall 
Einzeilaute  oder  rhythmisch  gegliederte  Lautreihen  von  Instru- 
menten in  den  Dienst  der  gemeinverständlichen  Ankündigung 
gestellt.  Zu  einer  durchgearbeiteten  "Sprache"  entwickelt  sich 
diese  Methode  in  der  "Programmusik"  neuerer  Komponisten, 
die  den  ganzen  Gedankeninhalt  eines  Dramas  in  gemeinver- 
ständliche musikalische  Zeichen  umzusetzen  strebt.  Sie  be- 
rührt sich  wieder  mit  der  in  der  Sprachschöpfung  und  Sprach- 
umbildung wirksamen  Macht  des  lautsymbolischen  Gefühls,  das 
freilich  wohl  schon  bei  den  elementarsten  Kundgebungen  der 
Stimm-  oder  Instrumentsignale  bestimmend  mitwirkt. 

3)  Normalisierte  Gesten.  Wie  die  unwillkürlichen 
Begleitlaute  einer  Gebärde,  wie  die  zunächst  vielleicht  nur 
durch  Freude  am  Lärm  als  solchem  hervorgerufenen  Klänge 
der  Trommel  oder  Pfeife,  so  können  auch  die  Gebärden  selbst 
in  den  Dienst  einer  bestimmten  Absicht  gestellt,  zu  einem 
System  verschiedener  Signale  normalisiert  werden.  Die  Ge- 
bärden sind  so  verbreitet  und  natürlich,  dass  eine  Gebärden- 
sprache sich  fast  unvermeidlich  einstellt  (A.  W.  Schlegel 
Werke  7,  115;  Schurtz  ürgesch.  der  Kultur  S.  471  f.),  viel- 
leicht sogar  eher  als  die  hörbare  Sprache  systematisch  aus- 
gebildet wird  (vgl.  über  das  Verhältnis  von  Gebärde  und 
Sprache  die  tiefsinnigen  Ausführungen  von  Nietzsche  Werke 
2,  195  und  Wundt  Völkerpsychol.  1,  131  f.).  Über  die  typi- 
schen Gebärden  insbesondere  auf  der  Bühne  ist  oft  gehandelt 
worden:  von  J.J.Engel  ("Ideen  an  einer  Mimik"  1785),  von 
Goethe  in  seinen  Anweisungen  für  Schauspieler,  von  dem 
von  Fr.  Ph.  Vi  seh  er  (Auch  Einer  2,  293)  gelobten  Pi der it 
("Wissenschaftliches  System  der  Mimik  und  Physiognomik") 
und  vielen  Andern.  Die  Gebärden  der  Griechen  und  Römer 
hat  K.  Sittl  (1889)  nach  Berichten  und  Darstellung  wissen- 
schaftlich festzustellen  versucht.  Aber  immer  handelt  es  sich 
hier  noch  um  eine  "natürliche  Gebärdensprache";  selbst  die 
Gesten  des  Schauspielers  sind  wesentlich  noch  die  des  naiven 
Menschen,  nur  etwas  strenger  geregelt:  sie  stehen  zu  denen 
des  Zuschauers  wie  die  Schriftsprache  zur  gewöhnlichen  Rede. 
"Konventionell"  ist  freilich  auch  die  einfachste  Gebärden- 
sprache noch  (S  e  1  e  n  k  a  Schmuck  des  Menschen  S.  2).  und 
überall  können  die  natürlichen  Ansätze  konventionell  ausge- 
bildet und  systematisiert  werden  wie  etwa  in  der  bösen  "Fuss- 


Künstliche  Sprachen.  311 

spräche"  (Aug.  Lewald  Albnm  der  Boudoirs  Stuttgart  1836 
S.  89  f.)  mit  den  "Neologismen  des  Ellenbogens  und  Augen- 
blinzelns"  (vgl.  für  die  volksthamliche  Grundlage  Zb.  f.  d.  A. 
29,  234,  für  die  raffinierten  Fortbildungen  A.  v.  Sternberg 
Tutu  Leipzig  1848  S.  181  f.). 

Aber  die  künstliche  Gebärdensprache  ist  wohl  die  ver- 
breitetste  und  beliebteste  aller  Geheimsprachen.  Wo  das  Spre- 
chen irgendwie  behindert  ist,  stellt  sich  die  Geste  ein.  Die 
Mönche  erfinden  sich  ausgedehnte  Systeme  von  Zeichen,  vor- 
zugsweise symbolischer  Natur;  ein  angelsächsisches  hat  F. 
Kluge  (in  Techmers  Internat.  Zs.  f.  allg.  Sprach wiss.  2, 116  f.) 
mitgeteilt  und  erläutert,  ein  niederdeutsches  aus  dem  16.  Jhd. 
(das  auch  Kluge  erwähnt)  L  e  i  b  n  i  z  (Collectanea  etymologica 
S.  393  f.).  Das  letztere,  ein  lateinisches  und  deutsches  Wörter- 
buch der  Zeichen,  ist  wenigstens  in  seinem  ersten  Teil  rein 
praktisch,  alphabetisch  geordnet;  das  englische  aus  dem  11. 
Jhd.  nach  begrifflichen  Gesichtspunkten  (Kluge  a.  a.  0.  S.  117). 
Um  etwa  einen  Bock  zu  bezeichnen,  macht  der  Mönch  von 
Loccum  ein  Hörn;  wenn  der  englische  Binider  Gemüse  haben 
will,  so  macht  er  mit  der  linken  Hand  nach  unten  ein  Zeichen, 
als  wenn  er  schrappen  wollte  (Fr.  W.  Weber  hat  diese  Finger- 
sprache in  seinem  Gedicht  "Dreizehnlindeu"  S.  57  von  den 
Mönchen  anwenden  lassen).  Über  die  vielfache  Übereinstim- 
mung dürfen  wir  uns  bei  der  "Enge  und  Armut  des  mensch- 
lichen Bewusstseins"(Vierkandt  Naturvölkerund  Kulturvölker 
S.  95  f.,  bes.  S.  97)  nicht  wundern.  Die  anthropologischen 
Grundlagen  der  Mimik  versuchte  Mantegazza  Fisonomia  e 
mimica  (Mailand  1883;  Referat  bei  Techmer  2,  339)  zu  geben, 
eine  allgemeine  Klassifikation  Mallery  Sign  language  (bei 
Techmer  1,  193  f.)  und  noch  allgemeiner,  unter  Einbeziehung 
der  Sprachlaute,  P.  Marzolo  Saggio  sui  segni  (Ann.  delle 
imiv.  Toscane  P.  I  Science  noologiche  t.  IX  Pisa  1867  S.  52 — 
129;  vgl.  bes.  S.  69).  Zahlreiche  Belege  gibt  R.  Kleinpaul 
Sprache  ohne  Worte  (Leipzig  1888). 

Von  der  Gebärdensprache  unterecheidet  Selenka  (Der 
Schmuck  des  Menschen  S.  2)  eine  besondere  "Tastsprache",  die 
z.B.  in  den  mannigfaltigen  Grussformen  (Fr.  v.  Hellwald  Ethno- 
graphische Rösselsprünge  Leipzig  1891  S.  1  f.:  "Vom  Gruss  und 
«einen  Formen";  6.  Steinhausen  Kulturstudien  Berlin  1893 
S.  If.:  "Der  Gruss  und  seine  Geschichte";  R.  Andree  Ethno- 


312  R.  M.  Meyer, 

graph.  Parallelen  und  Vergleiche  N.  F.,  Leipzig  1889  S.223L 
"'Naseugrass'')  zar  Anwendung  gelange.  Man  könnte  auch  an 
jene  verabredete  Sprache  erinnern,  die  der  blinde  und  taube 
Dichter  Hieronymus  Lorm  sich  konstruierte,  um  vermit- 
telst eines  um  das  Handgelenk  gelegten  Lederriemens  mit  der 
Äussenwelt  korrespondieren  zu  können.  Aber  ich  vermag 
dieser  ''Tastsprache''  keine  Selbständigkeit  zuzugestehen:  sie 
bleibt  ein  Unterfall  der  Gebärdensprache.  Es  werden  nur  die 
fühlbaren  Gesten  abgesondert;  auch  sonst  schlägt  man  ja  beim 
lebhaften  Gestikulieren  den  Angeredeten  auf  die  Schulter  usw. 
Ein  neues  Prinzip  tritt  nicht  hervor.  Ebenso  wenig  darf  man 
wieder  mit  Selenka  (a,  a.  0.  S.  3)  eine  eigene  "Antlitz- 
sprache"  aus  der  Mimik  ausschneiden,  weil  diese  "Antlitz- 
sprache"  natürlich,  die  "Gebärdensprache"  konventionell  sei. 
Die  Grundlagen  sind  ja  überall  natürlich,  animalisch ;  die  Aus- 
gestaltung ist  nirgends  frei  von  Konvention. 

Den  einzigen  Vei-such,  eine  nationale  Gebärdensprache 
vollständig  (nach  Monumenten)  zu  beschreiben,  bildet  jenes 
Buch  von  Sittl  Die  Gebärden  der  Griechen  und  Römer. 

4)  Normalisierte  Vereinigung  von-  Geste  und 
Laut.  Zwei  Hilfsmittel  des  Ausdrucks  können  vereinigt  wer- 
den z.  B.  in  dem  "Schnippchen",  einem  "Stückchen  alter  Fin- 
gersprache, das,  obschon  wortlos,  doch  klingt:  ein  Schnalzen 
mit  dem  Mittelfinger,  den  man  mittels  des  Daumens  auf  die 
Handfläche  schnellen  lässt,  dass  es  eine  Art  knallenden  Klang 
gibt"  (R.  Hildebrand  Beiträge  zum  deutschen  Untemeht 
S.  141).  Auch  beim  "Rübchenschaben"  fehlt  selten  ein  ver- 
deutlichendes "etsch  etsch",  das  eigentlich  nur  eine  Schall- 
verstärkung des  beim  Reiben  der  Finger  entstehenden  Lautes 
bedeuten  mag. 

5)  Wie  die  Klänge  der  Instrumente  zu  den  Artikula- 
tionen der  menschliehen  Stimme,  stehen  andere  Signale  zu 
menschlichen  Gebärden.  So  etwa  die  australischen  Rauch- 
signale (Vierkandt  a.  a.  0.  S.  97),  die  als  Kriegs-  und  Freu- 
denfeuer der  Tiroler  Bauern  im  Kampf  Andreas  Hofers  wie- 
der begegnen;  oder  die  von  Di  eis  erwähnte  Flaggensprache 
der  Schiffe;  oder  die  alte,  halbsymbolische  Sprache  der  ur- 
sprünglichen vor  -  elektrischen  "  Telegraphen ".  Normalisierte 
Signale  des  Gemütsausdrucks  sind  unsere  Trauerkleider  so  gut 
wie  die  umgedrehte  Trutzhahnfeder  des  bajuvarischen  Raufers; 


Künstliche  Sprachen.  813 

das  Holzkrenz,  das  in  Frankfurt  am  Main  vom  Dach  solcher 
Häuser;  die  in  Reparatur  befindlich  sind,  herabhängt,  so  gut 
wie  der  mit  einer  Serviette  umkleidete  Stuhl  vor  dem  Schlächter- 
ladeu;  der  "^frische  Wurst"  bedeutet.  Überall  finden  wir  hier 
die  gleiche  typische  Entwickelung :  ein  symbolisierend  nach- 
bildender Einzelfall  (z.  B.  die  Verbannung  von  hellen  Freuden- 
kleidern) wird  zum  Ausgangspunkt  eines  ganzen  Zeichensystems 
gemacht;  der  Einzelfall  selbst  aber  wurzelt  (wie  der  Gebrauch 
des  Schlächters  oder  des  Raufers)  in  Sitte,  Herkommen,  täg- 
lichem Leben. 

Übertreibend  hat  Selenka  (a.a.O.  S.  3 f.)  die  ''Beklei- 
dungssprache" sogar  als  eine  allgemein  menschliche  Sprache 
den  konventionellen  Redeformen  der  lautierten  Geberden-  und 
Tastsprache  gegenübergestellt.  Selbstverständlich  benutzen  die 
Völker  dieses  Ausdrucksmittcl  von  Kleidung  und  Schmuck, 
das  allen  zu  Händen  steht,  zu  einer  Art  andeutender  Sprache; 
dies  hat  Selenka  hübsch,  wenn  auch  etwas  doktrinär-mecha- 
nisierend,  ausgeführt,  und  lange  vor  ihm  hat  es  Emanuel 
Herr  mann  (Naturgeschichte  der  Kleidung  Wien  1878)  viel 
geistreicher  und  individueller  gezeigt  (bes.  Kap.  VI  Gliederung 
und  Aufbau  und  Kap.  XIII  Symbolik  der  Kleidung).  Der 
eigentliche  Bahnbrecher  dieser  Deutungsweise  war  aber  kein 
Oeringerer  als  Gottfried  Semper  (Über  die  formelle  Gesetz- 
mässigkeit des  Schmucks  und  dessen  Bedeutung  als  Kunst- 
symbol Zürich  1856;  wieder  abgedruckt  in  seinen  Kleinen 
Schriften  S.  304  f.).  Doch  diese  Kleid-  und  Schmucksprache 
bleibt  wiederum  ein  Einzelfall  der  menschlichen  Signal-  und 
Symbolsprache.  Das  Haus,  in  so  vielen  Dingen  dem  Kleid 
parallel,  dient  ebenfalls  als  Zeichen:  das  Wirtshaus  lädt  ein,  die 
Mauer  mit  spanischen  Reitern  droht  und  schreckt  ab,  der  Saal 
fordert  zum  Tanz  auf  wie  die  Kirche  zum  Gebet.  Die  Ausstat- 
tung erzählt  von  Aimut  und  Reichtum,  Alter  des  Geschlechts, 
Beruf.  Bei  streng  geordneten  Sitten  wie  im  Mittelalter  oder 
heut  noch  in  China  entwickelt  sich  diese  '"Haussprache"  auch 
wieder  zu  einem  ganzen  Zeichensystem. 

Aus  der  einfachen  Signalsprache  entwickelt  sich  eine 
feinere,  die  der  "lautsymbolischen"  Umgestaltung  natürlicher 
Rede  entsprechend  direkte  Gebärden  in  symbolische  umformt. 
Ihr  bester  Typus  ist  die  Blumensprache  (vgl.  z.  B.  das  mit 
fielen  Beispielen  ausgestattete  Buch  ""Sesam,  oder  die  Sprache 


314 


R.  M,  Me: 


der  Blumen"',  Berlin  bei  Chi'istiatii,  d.  J.  Blnmensprache  bei 
NatTirvölkeni :  Schürt/.  Urgesch.  der  Kultur  S.  487.  Eine 
mittelalterliebe  Blumensprache  bat  Roethe  in  der  Güttinger 
Festschrift  zur  Begrüssung  der  Hansischen  Gesehichtsvereine 
S.  16.'}  f.  herausgegeben;  eine  moderne  tindet  man  angewandt 
bei  Nansen  Juliens  Tagetmch  S.  1.^5  f.).  Ähnlich  haben 
anaere  Kinder  sogar  eine  Briefmarkensprache,  wo  Farbe 
nnd  Stellung  der  Freimarke  symbolische  Siguale  vorstellen  und 
gleichsam  eiue  Antlitz^p räche  des  Briefumschlags  geben. 

6)  Ein  Niederechlag  des  Signalsystems  iat  die  Schrift. 
Über  ihre  engen  Be/.iebuiigen  zur  Sprache  hatten  auch  mr 
vom  Standpunkte  unseres  Spczialproblems  oft  genug  zu  han- 
deln. Ihre  Entwickelung  läuft  der  der  Sprache  parallel:  im 
Anfang  genauer  Anschluss  des  Ansdrucksmittels  an  den  Aus- 
drucksinhalt iu  den  Symbolen  der  ideographischen  Schrift, 
allmählich  eine  immer  weiter  gehende  Emanzipation  des  Zei- 
chens von  seinem  Ursprung  nnd  gleichzeitig  einer  immer  weiter- 
gehende gegenseitige  Beeinfltissung  des  ganzen  Zeichenvorratfi. 

Auch  hier  erleben  wir  die  gleichen  Phänomene  wie  in 
der  künstlichen  Sprache.  Die  Ideogramme  leben  in  der  Blu- 
mensprache,  die  ja  auch  Goethe  zum  Westflstlichen  Divaa 
behandelt  hat,  wieder  auf:  wenn  die  Primel,  die  erste  Botin 
des  Lenzes,  als  Zeichen  der  Hoffnung  gesandt  wird  (Sesam 
S.  336),  so  ist  das  eine  BUckkehr  zu  Jener  ursprünglichsten 
Art  der  "Schrift",  die  in  der  Übersendung  symbolischer  Gegen- 
stände zwischen  wilden  Völkern  gewechselt  wird.  Und  wenn 
eine  künstlich  ausgetiftelte  "Briefmarkensprache"  <len  an  eich 
gleichgiltigen  "ostenaibeln"  Brief  heimlich  zum  VerkUnder  einer 
versteckten  Nachriebt  macht,  so  erinnert  dies  seltsame  Zeichen- 
system an  die  Art,  wie  ßegleiteraebeimmgen  der  Sprache, 
Gesten  u.  dgl.  zu  Trägem  eines  selbständigen  Verständignngs- 
mittels  gemacht  wurden. 

Die  kUnstlicbe  Schrift  ist  uns  wiederhidt  neben  der  kcinst- 
lichen  Sprache  begegnet;  vor  allem  bei  den  Erüuderu  philo- 
sophischer Sprachen.  Die  höchste  Stufe  kilnstlieher  Schrift 
ist  aber  wieder  nicht  aus  der  Abstraktion,  sondeiii  aus  dem 
Gebrauch  hervorgewachsen:  es  ist  das  wissenscbaftücbe 
Zeichensystem  der  Mathematiker  und  der  Chemiker. 
Es  ist  abhängig  von  der  Sprache;  zunächst  in  der  Wahl  der 
Cbiffern,   wenn  etwa  die  Chemie  die  Anfangsbuchstaben  der 


Künstliche  Sprachen.  315 

Elemente  zu  deren  Bezeichnung  wählt  —  wofür  aber  heut,  nach 
dem  Mendelej ewschen  Oesetz,  Zahlen  der  Skala  eintreten 
könnten,  so  dass  eine  rein  künstliche  Terminologie  an  Stelle  der 
künstlichen  Abkürzung  einer  natürlichen  Terminologie  träte. 
Abhängig  von  der  Sprache  des  täglichen  Lebens  ist  die  mathe- 
matische und  chemische  Schrift  aber  auch  in  der  Anordnung. 
Schrieben  die  Inder  wie  die  Hebräer  von  rechts  nach  links, 
so  würde  '"ISOO"  bei  uns  heut  vermutlich  ''neuntausend  neun- 
hundert und  einundachtzig"  bedeuten.  Weil  die  Indogermanen 
die  Hauptsache  voranstellen  —  erst  die  Wurzel,  dann  die  En- 
dung — ,  darum  schrieben  die  luder  die  Hauptzahl  zuerst; 
und  weil  sie  von  links  nach  rechts  schrieben,  kam  sie  also 
am  weitesten  links  zu  stehn. 

Eine  von  solchen  Abhängigkeiten  völlig  befreite  Begriffs- 
schrift wäre  vielleicht  denkbar.  Sie  müsste  rein  symbolisch 
sein.  Eine  chemische  Zusammensetzung  würde  z.  B.  abge- 
bildet nicht  durch  ein  paar  sich  nach  den  Regeln  der  gewöhn- 
lichen Schrift  in  Einer  Reihe  folgende  Buchstaben  und  Zahlen, 
sondern  durch  eine  Zeichnung,  in  der  die  Lagerung  der  Atome 
im  Molekül  dargestellt  wäre.  Ein  Vorteil  wäre  das  aber  keines- 
wegs. Vielmehr  müsste  dann,  wie  bei  Wilkins,  jeder  Fort- 
schritt der  Forschung  zu  einer  Änderung  oder  aber  zu  ]\Iis- 
verständnissen  im  Zeichensystem  führen,  während  gerade  die 
Beibehaltung  einigermassen  willkürlicher  Siglen  deren  fort- 
dauernden Gebrauch  gestattet. 

7)  Ganz  vollkommen,  in  Bezug  auf  die  Übereinstimmung 
von  Objekt  und  Zeichen  ganz  tadellos,  wäre  die  Realien- 
sprache, die  der  Verspotter  Lulls  und  der  Lullianer  (Swift 
a.  a.  0.  2,  69)  vorschlägt.  "Da  Worte  allein  in  Zeichen  der 
Dinge  bestehen,  sei  es  passender,  wenn  alle  Menschen  solche 
Auskunftsmittel  bei  sich  herumtrügen,  welche  ein  besonderes 
Geschäft  bezeichneten,  worüber  sie  sich  unterhalten  wollten. . . . 
Die  Klügsten  und  Weisesten  (in  Laputa)  befolgen  die  neue 
Methode,  sich  durch  Dinge  auszudrücken;  die  einzige  Unbe- 
quemlichkeit, die  sich  daraus  ergibt,  besteht  nur  darin,  dass 
ein  Mann,  dessen  Geschäft  sehr  gross  und  von  verschiedener 
Art  ist,  ein  Bündel  auf  seinem  Rücken  mit  sich  herumtragen 
muss,  wenn  er  nicht  im  Stande  ist,  sich  einen  oder  zwei  starke 
Bedienten  als  Begleiter  zu  halten.  Zwei  dieser  Weisen  habe 
ich  oft  unter  ihren  Bündeln  beinahe  zusammensinken  sehen, 


316  R.  M.  Meyer, 

wie  dies  bei  Hausiereni  io  England  wohl  der  Fall  ist.  Wenn 
sie  sich  in  den  Strassen  begegneten,  legten  sie  ihre  Last  nie- 
der, öffneten  ihre  Säcke,  und  hielten  ein  stnndeulanges  Ge- 
spräch; alsdann  füllten  sie  ihren  Behälter  aufs  neue,  balteu 
sich  einander,  wenn  sie  die  Last  wieder  auf  den  Rücken 
nahmen,  und  enipfaliien  sich.  Ffir  ein  kurzes  Gespräch  mag 
Jeder  seinen  bedarf  in  der  Tasche  oder  unter  dem  Arme 
tragen,  «eil  ihm  weniger  genügt.  Zu  Hause  aber  kann  Nie- 
mand iu  Verlegenheit  kommen.  Deshalb  ist  ein  Zimmer,  wn 
eine  in  dieser  Kunst  gewandte  Gesellschaft  zusammenkommt, 
mit  allen  Dingen  angefüllt,  welche  Stoff  itn  diesem  künstlichen 
Gespräch  darbieten.  —  Ein  anderer  Vorteil,  welcher  sich  aus 
dieser  Erfindung  ergeben  muss,  besteht  darin,  dass  eine  all- 
gemeine Sprache  erfunden  würde,  die  man  bei  allen  zivili- 
sierten Nationen  verstände,  bei  denen  Güter  und  Gerät  sieb 
gleichen.  .  .  ." 

Ich  Labe  die  Stelle  ganz  hierher  gesetzt,  weil  sie  de» 
treffendsten  Spott  auf  alle  die  enthält,  die  die  Sprache  wegen 
ihrer  "Dngenauigkeit"  schelten.  Sehen  wir  von  den  praktischen 
ünmtiglichkeileu  der  "Sachsprache"  ganz  ab,  so  wäre  sie  doch 
tlieorclisdi  nicht  durehzuführen.  Auch  hier  müsste  man  bald 
zu  Symbolen  seine  Zuüucbt  nehmen.  Man  spricht  vom  "Meer"; 
man  kann  es  doch  nicht  im  Sack  haben  wie  einen  Löffel! 
Es  ist  also  eine  symbolische  Probe  nötig;  aber  die  kann  auch 
"Wasser"  bedeuten.  Man  braucht  also  ein  differenzierendes 
Kennzeichen  —  und  ist  bei  der  Not  der  Sprachen,  willkürlich 
ausgcwäldlc  Zeichen  zu  gebrauchen,  angelangt!  Denn  dem 
erscheint  für  das  Meer  dies,  dem  jenes  bezeichnend  —  und 
die  "innere  Form"  bringt  individuell  differenzierte  "Sprachen" 
hervor. 

Die  Realiensprachc  würde  zugleich  die  "iiatflrliehste"  sein 
—  weil  sie  sich  ja  unmittelbar  an  die  Objekte  selimt  hält  — 
und  die  "künstlichste"  —  weil  sie  allein  Gegenstand  und  Be- 
nennung zu  voller  Deckung  brächte.  Schade  nur,  dass  sie 
nicht  niüglich  ist! 

S(»  sehen  wir  hier  znni  letzten  Mal  und  endgiltig,  wie 
uucntbehrlicli  der  Sprache  all  das  ist,  was  die  küustlicheo 
Sprachen  beseitigen  wollen:  eine  gewisse  Entfernung  zwischen 
Ding  und  Namen.  Wir  sehen  nochmals  und  cutscheidend,  wie 
ohnmächtig  die  O^cic,  die  veruunftgemässc  Einsetzung,   gegen 


Künstliche  Sprachen.  317 

die  "Willkür"  und  —  gegen  die  latente  Vernunft  der  cpucic, 
der  natürlichen  Entwickelung,  ist. 

Nicht  nur  Monboddo  nannte  die  Kultursprachen  ''arti- 
ficial  languages"  —  künstliehe  Sprachen  im  höchsten  Sinn  muss 
man  selbst  die  niedrigste  Sprache  eines  kulturlosen  Volkes 
nennen.  Eingehend  hat  G.  Gerber  (1871)  über  ''die  Sprache 
als  Kunst"  gehandelt  und  P.  Schwartzkopff  hat  (1875)  den 
Ursprung  der  Sprache  aus  dem  poetischen  Triebe  behauptet, 
allerdings  in  ziemlich  abstrus  deduzierender  Weise;  thatsäch- 
lieh  geht  aber  die  Poesie  überall  auf  den  bereits  von  der 
Sprache  ihr  vorgezeichneten  Pfaden  einher  (vgl.  meine 
Altgerm.  Poesie  S.  486  f.).  Eben  dies  künstliche,  dies  künst- 
lerische und  poetische  Moment  unterscheidet  die  menschliche 
Sprache  von  der  Tiersprache. 

Die  Tiersprache  ist  im  Sinne  der  Theoretiker  vollkom- 
mener als  die  der  Menschen;  denn  sie  drückt  immer  genau 
das  aus,  was  sie  ausdrücken  will.  Die  Möwensprache,  die 
Wilbrandt  C'Die  Osterinsel"  S.  106)  so  hübsch  beschreibt, 
wird  von  jeglicher  Möwe  jederzeit  nur  richtig  aufgefasst  wer- 
den können.  Dagegen  ist  nicht  bloss  jede  Einzelsprache  nur 
für  die  Eingeweihten  verständlich  —  weil  sich  eben  die  deut- 
schen Worte  mit  den  von  dem  Franzosen  oder  Russen  wahr- 
genommenen Objekten  in  keiner  Weise  decken  — ,  sondern 
selbst  die  auf  Gemeinverständlichkeit  angelegten  symbolischen 
Sprachen  der  Menschen  scheitern.  Hübsch  drückt  das  jene 
alte  Anekdote  von  der  missverstandeuen  Disputation  in  Finger- 
sprache (Pfeiffer  Germania  4,  482  f.,  Hildebrand  a.  a.  0. 
S.  141)  aus,  die  vor  allem  durch  Rabelais  (Gargantua  Buch  II 
Kap.  18 — 19)  weltbekannt  geworden  ist  und  die  in  Immer- 
manns Münchhausen,  im  Dialog  zwischen  Karl  Buttervogel 
und  Emmerentia,  einen  lustigen  Nachklang  gefunden  hat. 

Für  diesen  Grunduntei-schied  ist  das  Verhalten  der  "spre- 
chenden Tiere"  beim  Erlernen  menschlicher  Sprache  (vgl.  o. 
UI,  2  f.)  sehr  lehrreich.  Zwar  steht  es  nicht  fest,  wie  weit 
selbst  die  intelligentesten  unter  ihnen,  die  Papageien,  eine  Art 
von  Begriflf  mit  den  eingelernten  Worten  und  Sätzen  verknüpfen 
(K.  Russ  Sprechende  Vögel  I  S.  8;  25  f.).  Doch  steht  nach  dem 
Urteil  eines  Sachkenners  wie  K.  Russ  wenigstens  das  fest,  dass 
man  die  Sprachabrichtung  so  einrichten  muss,  dass  der  Vogel 
Bich  der  Begriffe  von  Zeit,  Raum  und  andern  Verhältnissen  und 


318  R.  M.  Meyer,  Künstliche  Sprachen. 

Dingen  bewusst  werde.  Man  sagt  ihm  früh  "'guten  Morgen",  spät 
''guten  Abend"  oder  "gute  Nacht"  vor  . . . ;  man  klopft  an  und 
ruft  '^herein";  man  zählt  ihm  Leckerbissen  zu:  eins,  zwei, 
drei  . . ."  (a.  a.  0.  S.  354).  Das  heisst  also :  damit  das  Tier 
sprechen  lerne,  muss  in  ihm  die  Vorstellung  der  festen  Ver- 
bindung bestimmter  Ausdrücke  mit  bestimmten  Gelegenheiten 
erweckt  werden.  Es  soll  das  TJerein"  so  mit  dem  Anklopfen 
an  die  Thür  assoziieren,  wie  ein  angeborenes  Zeichen  der  Wut 
mit  dem  Anblick  der  Katze.  Das  Sprechen  gerade  dieser  Laute 
soll  für  den  Papagei  den  Charakter  der  Notwendigkeit  erhalten. 

Gerade  also  dass  unsere  Sprachen  nicht  ''philosophisch", 
nicht  ''universal",  nicht  rein  künstlich  und  nicht  ganz  von 
Notwendigkeit  beherrscht  sind  —  gerade  das  macht  sie 
zu  dem  wundervollen  Besitz  und  dem  unvergleichlichen 
Werkzeug,  das  sie  trotz  Mauthners  scharfsinniger  und  ein- 
dringender ''Beiträge  zu  einer  Kritik  der  Sprache"  (Stuttgart 
I  1901)  denn  doch  sind.  Tee  hm  er  hat  an  das  Ende  seiner 
Übersicht  der  sprachwissenschaftlichen  Tendenzen  die  Worte 
gesetzt  "Streben  des  Individuums  zum  Ganzen  (Genus).  Sprache 
und  Menschheit.  Ideen  einer  Univcrsalsprache  und  —  Schrift" 
(Internat.  Zs.  f.  Sprach wiss.  I  S.  XV).  Aber  er  hat  das  selbst 
später  im  Sinn  eines  grossen  Kreislaufs  der  menschlichen  Ent- 
Wickelung  (ebd.  II  141  f.,  IV  139)  erklärt.  Mit  R^cht.  Je 
"natürlicher"  die  Sprache  ist,  desto  "künstlicher"  ist  sie,  je 
höher  sie  ihren  Standpunkt  nehmen  will,  desto  tiefer  sinkt  sie. 
Gerade  in  der  Vieldeutigkeit  des  si)rachlichen  Ausdrucks,  ge- 
rade im  "Nebensinn"  und  "Gefühlswert"  der  Worte  weist  K.  0. 
Erdmanns  hübsches  Buch  über  "Die  Bedeutung  des  Wortes" 
(S.  1900)  die  Vorzüge  der  wirklichen  Sprache  nach;  ja  selbst 
der  "gedankenlose  Wortgebrauch"  hat  seinen  Nutzen  (ebd, 
S.  191  f.).  "Auch  die  Sprache  ist  ein  Produkt  des  organischen 
Bildungstriebes",  sagt  Novalis.  Sie  ist  es  mit  solcher  Kraft 
und  Notwendigkeit,  dass  sie  alle  mechanisierenden  Bestrebungen 
herunterdrückt,  dass  das  naive  Beden  der  Unmündigen  der 
gelehrten  Uberhebung  seinen  Stempel  aufprägt;  sie  ist  es  mit 
solcher  Macht  und  Folgerichtigkeit,  dass  gerade  auch  die  Ge- 
schichte der  künstlichen  Sprachen  ein  beredtes  Zeugnis  wird 
für  jenen  organischen  Bildungstrieb,  den  die  Griechen  die 
qpucic,  wir  die  Natur  einer  Sache  nennen. 

Berlin.  Richard  M.  Meyer. 


HaDS  Meltzer,  Vermeintliche  Perfektiviemng  usw.        319* 


Termeintliche  Perfektiviernng  dnrch  präpositionale 
ZusammensetzuiiK  im  Griechischen. 


E.  Purdie  hat  IF.  9  (1898),  61—163  eine  Arbeit  ver- 
öffentlicht unter  dem  Titel  "The  Perfektive  'Aktionsart*  iD 
Polybius",  deren  Ergebnisse  nicht  bloss  von  Giles-Hertel  VgL 
Gramm,  d.  griech.  und  lat.  Spr.  Leipzig  1896,  S.  366  z.  T.  vor- 
weggenommen,  sondern  auch  von  Brugmann  Gr.  Gr.  *  1900, 
482 — 484  im  wesentlichen  anerkannt  worden  sind. 

Den  Kernpunkt  von  Purdies  Aufstellungen  finden  wir  in 
dem  Satze,  dass  sich  in  der  Spanne  zwischen  Homer  und  Poly- 
bius  eine  erhebliche  Änderung  in  der  Bedeutung  des  griech. 
Aoristes  vollzogen  habe:  während  er  dort  tiberwiegend  per- 
fektiv gewesen  sei,  habe  er  hier  immer  mehr  "konstativen"^ 
Sinn  erhalten,  dagegen  habe  man  zum  Ausdruck  der  perfek- 
tiven bezw.  ingressiven  Färbung  immer  mehr  zum  Ersätze 
durch  Komposita  bes.  mit  bid,  cuv  und  Kaxd  gegriffen,  wobei  diese 
Präfixe  ihre  sinnliche  Grundbedeutung  ("the  material  meaning") 
hätten  aufgeben  müssen. 

Zur  Nachprüfung  ist  es  unbedingt  notwendig,  dass  man 
sich  über  die  allen  neueren  Darstellungen  zu  Grunde  gelegten 
Kunstwörter  verständige.  Wir  beginnen  mit  dem  Worte  "dura- 
tiv" als  Mittel  zur  Kennzeichnung  der  Aktion  des  Präsens- 
stammes. Purdie  hat  wie  die  meisten  anderen  (z.  B.  Gerth 
in  seiner  verdienstvollen  Neubearbeitung  von  Kühners  Ausf. 
Gramm,  d.  gr.  Spr.  2  (1898),  130  ff.)  zu  wenig  das  Urteil  von 
C.  W.  E.  Miller  beachtet,  das  dieser  in  einer  ausführlichen 
Kritik  von  Hultschs  bekannten  Untersuchungen  über  den  Tempus- 
gebranch bei  Polybius  Amer.  Jour.  of  Philol.  16  (1895),  143  so  for- 
muliert: "The  term  'dauerndes  utterly  inadaequate  to  ex- 
press  the  various  uses  of  the  imperfect."  Letzteres  ist  bekannt- 
lich auch  incohativ,  inceptiv  usw.  und  bezeichnet  als  solche» 
das  Anheben  der  Handlung.  Damit  schlägt  es  eine  JQlrücke 
zum  aoristus  ingressivus,  nur  dass  es  doch  stets  innerhalb  der 
actio  infecta  verbleibt,  während  dieser  der  perfectiva  angehört 
(vgl.  Herbig  IF.  6  (1895),  239).    Es  liegt  auf  der  Hand,  wie 


320  Hans  Meltzer, 

irreführend  eine  Begriffsbestimmung  sein  muss,  die  so  eng  ist, 
•dass  sie  gerade  der  im  Idg.  und  Griechischen  (s.  E.  Koch 
Or.  Schulgr.  13.  Aufl.  Vorrede  und  N.  J.  f.  Phil.  u.  Päd.  Bd. 
146)  überwiegenden  Bedeutungsmasse  nicht  gerecht  zu  werden 
vermag. 

Was  dagegen  die  Bezeichnung  "perfektiv"  anbelangt, 
fio  stehen  wir  hier  insofern  auf  Seiten  Purdies  (S.  64  ff.),  als 
wir  uns  mit  ihr  (und  W.  Streitberg  IF.  Anz.  11  (1900),  57) 
nicht  entschliessen  können,  sie  nach  dem  Vorgange  Delbrücks 
(V.  S.  2,  146  f.)  und  Brugmanns  (a.  a.  0.  472,  6)  auf  den  Fall 
einzuschränken,  dass  ein  Simplex  durch  Präfigierung  einer 
geeigneten  Präposition  (angeblich)  perfektiv  wird.  Vielmehr 
gebrauchen  wir  ihn  auch  von  reinen  Simplicibus,  wie  in  der 
flla vischen  Grammatik,  (s.  Herbig  IF.  6,  202);  denn  er  ist  hand- 
lich und  es  steht  für  das,  was  die  beiden  Gelehrten  im  Auge 
haben,  das  Wort  "perfektivierend"  zu  Gebot.  Wie  man  in  der 
Lautlehre  mit  völliger  Sicherheit  die  Termini  Aspirata,  Affri- 
kata  und  Spirans  unterscheidet,  so  kann  man  in  der  Bedeu- 
tungslehre doch  auch  die  Ausdrücke  "perfektiv"  (ftlr  den  Ao- 
rist), "perfektisch"  (für  das  Perfektum)  und  "perfektivierend" 
(für  die  Komposita)  ziemlich  leicht  auseinander  halten. 

Entscheidend  ist  die  Anwendung,  die  wir  dem  Begriffe 
"perfektiv"  verleihen  und  die  Abgrenzung,  die  wir  zwischen 
ihm  und  dem  verwandten  Begriff  "terminativ"  treffen.  Was 
zunächst  den  letzteren  angeht,  so  schliessen  wir  uns  ohne  Vor- 
behalt an  Delbrücks  Bestimmung  V.  S.  2,  15  an:  "terminativ 
ist  eine  Aktion,  wenn  ausgesagt  wird,  dass  eine  Handlung 
vor  sich  geht,  doch  so,  dass  ein  Terminus  ins  Auge  gefasst 
wird,  sei  dieser  nun  der  Ausgangs-  oder  der  Endpunkt".  So 
auch  Brugmann  Gr.  Gr.  ^  S.  473,  während  dessen  Ausdruck 
S.  472,  3,  dass  ein  Ausgangs-  oder  Endpunkt  hervorgehoben 
werde,  weniger  glücklich  zu  sein  scheint,  weil  er,  wie  wir 
sehen  werden,  in  das  Gebiet  des  Perfektiven  übergreift;  unserer- 
seits schlagen  wir  vor,  für  die  erstere  Unterart  der  termina- 
tiven  Gattung  den  Namen  "initiv",  für  die  letztere  aber  "fini- 
tiv"  aufzunehmen.     Versinnlichen  wir  das  Vorsichgehen   der 

Handlung  durch  eine  gestreckte  Linie  (TrapaiaTiKÖc)  , 

den  Anfangs-  oder  Endpunkt  durch  •,  die  Beziehung  beider 
durch  einen  Richtungspfeil,  endlich  den  Umstand,  dass  der 
Punkt  nicht  als  erreicht,   sondern   nur  als  ins  Auge   gefasst 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  321 

erscheinen  soll,  durch  seine  Einklamm  er  ung^   so  erhalten   wir 

für  die  initive  Unterart  das  Bild  (•)  ^ z.  ß.  "holen", 

för  die  finitive  dagegen  p>  (•),  z.  B.  "bringen".     Man 

sieht:  wie  oben  die  incohative  Unterart  eine  Vermittelung 
bildet  zwischen  Imperfekt  und  aoristus  ingressivus,  so  gewährt 
die  finitive  eine  Überleitung  zwischen  Imperfekt  und  aoristus 
perfectivus. 

Hiermit  sind  wir  schliesslich  bei  der  Aufgabe  angelangt^ 
uns  tlber  das  Wesen  der  perfektiven  Aktionsart  genaue  Rechen- 
schaft abzulegen. 

Um  ihre  richtige  Erfassung  hat  sich  grosse  Verdienste  erwor- 
ben vor  allem  W.  Streitberg  u.  a.  dadurch,  dass  er  von  neuem  im 
idg.  und  griechischen  Aorist  mit  zwingender  Bündigkeit  das  ur- 
sprüngliche Mittel  für  den  Ausdruck  der  Perfektivität 
nachgewiesen  hat.  Andrerseits  aber  scheint  es,  dass  eine  ge- 
wisse Weite  der  von  ihm  gegebenen  Begriffsbestimmungen  ein- 
deutiger Schärfe  der  Erfassung  hinderlich  geworden  ist.  Er 
äussert  sich  in  der  grundlegenden  Abhandlung  in  Pauls  und 
Braunes  Beitr.  15  (1891),  S.  71:  "Die  perfektive  Aktionsart 
bezeichnet  die  Handlung  des  Verbums  nicht  schlechthin  in 
ihrem  Fortgang,  ihrer  Continuität,  sondern  stets  im  Hinblick  auf 
den  Moment  der  Vollendung,  der  Erzielung  des  Eesultats."  Eben- 
so IF.  Anz.  5, 1895,  79:  "ßaXeiv  besagt  eigentlich  nichts  anderes 
als  die  Handlung  des  Werfens  im  Hinblick  auf  ihre  Vollendung", 
IF.  103  von  got.  hriggan:  "es  setzt  die  Handlung  tragen  in  Be- 
ziehung zu  ihrem  Ziel,  enthält  den  Hinweis  auf  den  Moment 
des  Abschlusses".  Übereinstimmend  damit  IF.  Anz.  11  (1901), 
58:  "Gerade  der  Hinweis  auf  den  Moment  der  Vollendung 
ist  das,  was  wir  perfektiv  nennen".  Weiter  PBrB.  15,  71: 
Die  perfektive  Aktion  "fügt  dem  Bedeutungsinhalt,  der  dem 
Verbum  innewohnt,  noch  den  Nebenbegriff  des  Vollendet- 
werdens hinzu  (so  auch  und  zwar  besonders  ausdrücklich 
Delbrück  V.  S.  2,  147  flf.  und  ferner  Brugmann  Gr.  Gr.M72, 
482).  Femer  S.  72:  "auch  die  durativ  perfektiven  heben 
den  Moment  der  Vollendung  hervor,  setzen  ihn  aber  in  aus- 
drücklichen Gegensatz  zur  voraufgehenden  Dauer  der 
Bandlung".  Endlich  IF.  Anz.  11,  S.  57,  A.  1:  "Streng  ge- 
nommen lässt  sich  auch  bei  einem  durch  Komposition  mit  einer 
'farblosen'  Partikel  entstandenen  Perfektiv  nicht  vom  'Hinzu- 
treten' eines  Nebenbegriffes  reden,  denn  die  Sache  liegt  doch 


:322  Hans  Meltzer, 

nicht  SO;  dass  zu  der  im  Simplex  ausgedrückten  durativen 
Handlung  der  Nebenbegriff  der  Vollendung  'hinzugefügt*  wird, 
dass  sich  also  die  Bedeutung  des  Perfektivs  in  zwei  verschie- 
dene Elemente  zerlegen  Hesse,  sondern  es  entsteht  durch 
•die  Zusammensetzung  ein  ganz  neuer,  in  sich  voll- 
kommen einheitlicher  Aktionsbegriff.  Um  ein  Bild  zn 
gebrauchen:  das  Produkt  der  Komposition  ist  eine  chemische 
Verbindung,  kein  Gemenge." 

Überblicken  wir  diese  verschiedenen  Äusserungen,  so 
gewinnen  wir  den  Eindruck,  dass  sie  nicht  sämtlich  auf  Einer 
Ebene  liegen,  sondern  dass  sich  ihnen  eine,  wenn  auch  nicht 
«treng  zeitliche,  so  doch  inhaltliche  Abstufung  wiederspiegelt, 
4ie  wir  durch  die  Anordnung  der  ausgehobenen  Belegstellen 
zu  unmittelbarer  Anschauung  zu  bringen  vereucht  haben.  In 
den  vier  erstaufgeftihrten  ist  nur  die  Rede  von  einem  ''Hin- 
weis" auf  den  Moment  der  Vollendung  Die  fünfte  besagt 
schon,  dass  dieser  "hinzugefügt"  wird,  aber  noch  als  "Neben- 
begriff".  Die  sechste  belehrt  uns,  er  werde  hervorge- 
hoben und  zwar  näher  im  ausdrücklichen  Gegensatz  zu  der 
vorangehenden  Dauer  der  Handlung.  Die  siebente  zum  Be- 
schluss  stellt  die9  dahin  richtig,  dass  vielmehr  die  Einheit- 
lichkeit der  Gesamtanschauung  zu  verfechten  sei. 

Hierzu  stellen  wir  uns  so:  wir  finden  nirgends,  dass  ein 
Oegensatz  zwischen  Endpunkt  und  Dauer  nachweisbar  wäre. 
Ebenso  halten  wir  für  vollkommen  sicher,  dass  es  sich  hier 
nicht  um  Hinzufügung  eines  Nebenbegriffes  handelt.  Vor  allem 
aber  bestreiten  wir  die  Annahme,  die  perfektive  Aktion  ent- 
halte nur  einen  "Hinweis"  auf  den  Abschluss.  Denn  damit 
würden  wir  die  Möglichkeit  aufgeben  sie  von  der  terminativ- 
finitiven  zu  scheiden,  m.  a.  W.,  wir  würden  darauf  verzichten 
perfektive  und  imperfektive  Aktionsart  sicher  auseinanderzu- 
halten. Der  Gefahr  einer  Vennengung  beider  scheint  u.  a. 
auch  Delbrück  V.  S.  2,  152  nicht  ganz  entgangen  zu  sein, 
wenn  er  schreibt:  "Die  erstere  Gattung  möchte  ich  linear-per- 
fektiv nennen,  ihr  würden  im  Gebiete  der  einfachen  Verba 
•die  terminativen  entsprechen".     Wir  machen  dagegen  geltend, 

dass  wir  oben  für  die  erstere  das  Zeichenbild  •,  für 

die  letztere  aber  ^  (•)  erhielten. 

Auch  gegen  Streitberg  ist  m.  E.  etwas  geltend  zu  machen. 
IF.  5,  81    erklärt   dieser  Forscher   von  den  3  Sätzen  1)  der 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  323 

Tischler  bohrt  durch  das  Brett;  2)  der  Tischler  bohrt  das 
das  Brett  durch;  3)  der  Soldat  durchbohrt  den  Feind  sei  1) 
imperfektiv;  2)  linear-perfektiv;  3)  punktuell-perfektiv.  Allein 
dieses  Urteil  würde  er  wohl  nur  dann  aufrecht  erhalten  kön- 
nen, wenn  er  in  3)  anstatt  des  Präsens  ''bohrt"  das  Präteri- 
tum "bohrte"  gesetzt  hätte.  Denn  er  bekennt  sich  IF.  Anz, 
11,  59  zu  der  auch  von  Herbig  IF.  6,  201,  203,  219,  224  A  1, 
femer  Delbrück  V.  S.  2, 120,  endlich  Brugmann  Gr.  Gr.»,  474  f. 
vertretenen,  auf  ihre  unbedingte  Geltung  hier  von  uns  nicht 
nachzuprüfenden  Annahme,  dass  der  Indikativ  eines  wirklichen 
gewöhnlichen  Präsens  und  die  punktuelle  Aktion  sich  gegen- 
seitig ausschliessen.  Damit  büsst,  soviel  ich  sehe,  sein  3ter 
Satz  in  der  von  ihm  gewählten  Zeitform  seine  Venvendbarkeit 
ein.  Den  2ten  aber  wird  man,  so  wie  er  dasteht  (ähnlich 
wie  Herbig  IF.  6, 194)  vielmehr  als  terminativ-finitiv,  also  im- 
perfektiv fassen  müssen.  Ja,  wie  mir  scheint,  thut  dies  Streit- 
berg an  anderer  Stelle  (IF.  Anz.  11,  60)  selbst  mit  den  Worten: 
"Wenn  ich  sage,  der  Tischler  bohrt  das  Brett  durch,  so  .... 
fällt  allerdings  die  Handlung  des  Bohrens  in  die  Gegenwart, 
der  Augenblick  des  Abschlusses,  der  Moment,  wo  der  Bohrer 
durchdringt,  wird  aber  erst  erfolgen,  er  schwebt  dem  Bohren- 
den nur  als  Ziel  vor  Augen,  er  ist  noch  nicht  erreicht, 
wenn  der  Sprechende  seine  Äusserung  thut!"  Auch  die  von 
Streitberg  IF.  Anz.  5,  97  mitgeteilten  Beispiele  scheinen  uns 
das  Gegenteil  seiner  Annahme  zu  erweisen,  dass  die  Präfigie- 
rung  perfektiviere :  in  Schillers  bekannter  Strophe  "Mit  Göt- 
tern erfüllt  sich  die  irdische  Halle"  ergibt  die  Entsprechung 
mit  den  ganz  hervorragend  schildernden,  verweilenden,  den 
Vorgang  in  seinem  Verlaufe  vor  unseren  Augen  entwickelnden 
und  in  farbenvoller  Kleiumalerei  auseinanderlegenden  sonstigen 
Präsentien  unseres  Erachtens  mit  unbezweifelbarer  Gewissheit, 
dass  auch  das  "erfüllt  sich"  kursiv-imperfektiv  genommen  wer- 
den muss.  Meinem  Gefühle  nach  kann  man  hier  nicht  nur 
nicht  von  einem  linear-perfektiven,  sondern  kaum  noch  von 
einer  finitiven  Aktion  sprechen :  der  Abschluss  tritt  nicht  auch 
nur  in  die  äusserste  Peripherie  des  Blickfeldes,  geschweige 
^enn  in  den  Blickpunkt  selbst.  Vielmehr  schwelgt  der  Dichter 
förmlich  in  dem  Vorsichgehenlassen  der  Handlung,  die  nicht 
^u)ristisch  aufleuchtet,  sondern  in  zeitlich  unbegrenztem  Durch- 
einanderströmen ein  buntwogendes  Spiel  der  Szenen  entwickelt. 


324  Hans  Melt/.er, 

Nlk'hfern    tlargeatellt  siebt    Jas   so    ans Atich  ver- 

fanfrt  hier  nicht  etwa  die  Aiiefluclit,  wir  hätten  es  mit  Ite- 
ration zu  tliun.  Denn  die  Halle  fllUt  sieh  nicht  »vicdcrholt, 
sondern  einmal,  aber  allmählich.  Wenn  Htreittierg:  sodaun 
IF.  Anz.  5,  103  ff.  u.a.  got.  hrigyan,  finpan,  giban  n.  a.  als 
perfektiv  in  Ansprncb  nimmt,  so  vermag  er  uns  aucb  damit 
nicht  KU  ilbeiv.engen,  denn  briggan  ist  nicht  =  ^veTwIv  oder 
öfaTeiv,  eondeni  =  Kpoctpepeiv  oder,  wie  er  selbst  dnrchau» 
richtig  bemerkt,  K0Mi2!(iv;  finpan  nicht  notwendig  =  YvtJJvai, 
sondern  auch  tiTVi|ic«iv.  Wenn  giban  dem  "perfektiTen" 
hinreichen  entsprechen  soll,  so  scheint  mir  letzteres  wie  6pE- 
T€iv  und  porrigere  imperfektiv  zu  sein.  Für  got.  quam  nnd 
gab  räumt  Streitberg  PBrB.  15,  171  selbst  ein,  dasB  sie  griech- 
i^PXÖMIv  und  döibouv  ebenso  wiedergeben  wie  tiWov  und  fbiuKa 
und  auch  die  IF.  Anz.  11,  61  angettlhrten  nhA.  geben,  nehmen, 
sagen  dürften  nicht  völlig  zutreffen,  z.  B.  in  ciuem  Satze  wie 
"während  er  mir  die  Meinung  gehürig  sagte,  schwieg  ich  ganz 
still".  Alles  in  allem  habe  ich  doch  den  F^indruck,  dass  Streit- 
bergs vorzügliche  Arbeit  durch  die  nicht  genügend  scharfe 
Bestimmung  des  Begriffes  perfektiv  und  dessen  zn  weitgehende 
Annäherung  an  den  Begriff  finitiv  in  der  Sicherheit  der  Er- 
gebnisse fllhlbar  beeinträchtigt  wird  und  dass  auch  im  Ger- 
manischen die  Präligicrnng  eine  eindeutig  ausgeprägte  Kate- 
gorie des  perfektiviercnden  Ausdruckes  von  der  Schärfe  wie 
sie  der  griechische  Aorist  zweifellos  darstellt,  nicht  7.u  Bchaffen 
imstande  gewesen  ist.  (S.  a.  Herbig  IF.  6,  225.  Delbrück  V.S. 
2,  160  f.). 

Schliesslich  können  wir  uns  in  der  Fassung  des  Worte» 
"perfektiv"  nur  auf  den  Standpunkt  stellen,  auf  den  sich  Streit- 
berg seibat  stellt  PBrB.  15,  72;  "auch  die  durativ-perfektiven 
beben  den  iMoment  der  Vollendnug  hervor"  (ein  Salz,  der 
Qbrigens  eine  willkommene  Bestätigung  erhält  durch  die  Aus- 
führungen von  BlasH  im  Rh.  Mus.  44  (1889),  424  f.  über  Aoriste 
wie  biaTpii);ai  =  "bis  ans  Ende  verweilen "  gegen  Riemann  in 
den  Melanges  Granx  Par.  1884  S.  585  ff.).  Die  Nachteile  einer 
laxeren  Anwendung,  wie  »ic  bei  Purdie  trotz  ihrer  Erklärung 
(IF.  9,  64  unten)  nur  zu  ot^  heraustritt,  hatte  Herbig  bereits 
IF.  fi,  202 — 206  im  ganzen  treffend  geschildert.  Selbst  wenn 
er  abweichend  von  Delbrück  V,  S.  2, 146  den  Begriff  zu  stark 
gepresst  haben  sollte,  so  wird  doch  soviel  übrig  bleiben,  das» 


Vermeintliche  Perfektiviening  usw.  325 

perfektive  Aktion  nicht  schon  dann  vorliegt,  wenn  der  End- 
punkt nur  ins  Auge  gefasst  wird  oder  seine  Erreichung  aus 
dem  Zusammenhang  erhellt,  sondern  erst  dann,  wenn  sie  vom 
Sedenden  bezeichnet  und  ausgedrückt  ist:  dabei  halte  ich 
es  für  untergeordnet,  ob  man,  wie  Leskien  für  das  Slavische 
thut,  die  Perfektivität  für  ein  Nebenmomeht  erklärt,  oder  ob 
man  sie,  was  m.  E.  für  den  idg.  und  griech.  Aorist  zutrifft, 
als  Vollmoment  betrachtet.  Vorgreifend  möchte  ich  bemerken, 
dass  die  vorliegende  Untersuchung  von  dieser  Verschiedenheit 
der  Auffassung  nicht  berührt  wird,  weil,  wie  sie  zeigt,  im 
Griechischen  die  Präfigierung  weder  in  dem  einen  noch  in 
dem  anderen  Sinne  die  Kraft  wirklich  zu  perfekti vieren  be- 
sitzt. Zu  Holger  Pedersens  "Vorschlag"  (IF.  Anz.  12,  152) 
kann  ich  noch  keine  Stellung  nehmen,  weise  aber  darauf  hin, 
dass  die  Ausdrücke  "perfektiv"  und  "imperfektiv"  nicht  erst 
der  slavischen  Grammatik  entstammen,  sondern  bis  in  die  alt- 
griechische zurückreichen  (cuvtcXiköc,  dxeXric  u.  ä.,  s.  Hultsch 
Abb.  d.  k.  s.  G.  d.  Wiss.  13,  203). 

Bier  scheint  es  am  Platze  mit  zwei  Worten  Stellung  zu 
nehmen  zu  dem  Begriffe  des  punktualisierenden  Aorists, 
den  Delbrück  in  gedankenreicher  Darlegung  V.  S.  2,  234  einge- 
filhrt  hat,  und  zu  seinem  Verhältnis  gegenüber  den  Ausdrücken 
konstatierender,  komplexiver  Aorist  und  ähnl.  In  Delbrücks  und 
Brugmanns  (Gr.  Gr.*,  476  ff.)  Sinn  bedeuten  sie  offenbar  alle 
dasselbe  und  sind  beschränkt  auf  nicht-punktuelle  Stämme:  bei- 
läufig sei  hier  angefügt,  dass  es  mir  dabei  als  eine  leichte  ün- 
folgerichtigkeit  vorkommt,  wenn  Delbrück  V.  S.  2,  237  TroXXd 
Totp  ItXtiv  hierherzieht  und  ebenso  ihm  folgend  Brugraann  Gr. 
6r.  ^  476,  der  S.  482  unten  u.  a.  noch  elbov  hinzufügt.  Die 
Frage  wird  uns  im  einzelnen  später  noch  beschäftigen.  Ferner 
ist  mir  zweifelhaft,  ob  die  Einengung  des  Wortes  "konstatie- 
rend" in  der  angegebenen  Weise  berechtigt  ist.  Täusche  ich 
mich  nicht,  so  gehört  es  zum  Grundwesen  des  Indikativus 
Aoristi  zu  konstatieren,  d.  h.  festzustellen,  im  Unterschied  vom 
Imperfekt,  das  schildert  und  darstellt;  in  diesem  Sinne  wäre 
auch  der  punktuelle  Aorist,  sei  er  nun  ingressiv  oder  effektiv, 
stets  konstatierend,  und  man  thäte  vielleicht  besser,  auf  den 
Ausdruck  als  Bezeichnung  einer  Art  zu  verzichten,  weil  er 
vielmehr  eine  Eigenschaft  der  Gattung  angibt.  So  blieben 
uns  die  Benennungen  komplexiv  und  punktualisierend  übrig; 

Indojfcrmaniache  Forschunfren  XII  3  u.  4.  22 


326 


s  Meltzi 


ob  sie  wirklich  so  vollkomnien  gleichwertig  sind,  wie  sie  offen- 
bar biglan^  gehalten  wurden,  »chciiit  mir  niclit  ganz  aiisgc- 
tiiacbt.  Denn  weuu  man  auch  zugestehen  wollte,  dass  ^ßaci- 
Xeuccv  'ist  KOnig  gewesen'  bIh  punktnaüsierender  Aorist  inso- 
fern noch  gelten  kUnne,  ak  die  Linie  beim  Rückblick  aue  ge- 
ntlgCDder  Ferne  am  Ende  vielleicht  zum  Pnnkte  zusammen- 
sclniimjtfen  mag,  BO  wird  mir  dies  bei  einem  £ßaci\£UCEv  xpö- 
vov  iT\\  TioXXöv  schon  schwer  und  noch  Bchwerer  bei  einem 
^ßaciXEucEv  ^ni  TETrapÖKovra  ^ti].  Immerhin  dUrfte  man  hier 
Docit  die  NachBtellnng  des  Ausdrucks  der  zeitlichen  Eralreckang 
rechtfertigend  anfuhren  und  geltend  machen,  dass  diese  nur 
eine  Art  Nachtrag  sei  ("er  ist  König  gewesen  —  über  40 
Jahre  hin").  Allein  es  kommt  aueh  vor,  dass  sie  vorangeht, 
nnd  falls  man  diesen  Fall  nicht  als  eine  spätere  Fortbildung 
&ü»  dem  anderen  heraus  ansehen  will,  wird  man  kanm  umhin 
können,  sieh  C.  W.  E.  Millers  Worte  a.  a.  0.  S.  145  aiinu- 
etgncn:  "W^lieve  for  cxample,  Polybios  says  .  .  ,  lTr\  -nivit  Kai 
TpiÖKovra  Tfiv  iicuxiav  fcxov  .  .  .,  it  would  seem  prepostcrous. 
iu  view  of  the  detinite  expression  of  time,  to  say  tliat  he 
conceived  the  action  as  having  no  duration''.  FUr  solche  älelleu 
wird  ea  sich  empfehlen  den  alten  Namen  "komplesiver  Ao- 
rist" beizubehalteu.  Die  endgültige  Bewährung  des  pmiktua- 
lisierenden  hängt  m.  E.  u.  a.  auch  ab  von  der  Durchführbar- 
keit der  durch  Delbrück  V.  S.  2,  238  und  Ilrugmann  Gr.  Gr.», 
471)  befürworteten  Herleitung  desselben  aus  dem  punktuellen. 
Auch  mochte  man  gcnie  wissen,  wie  sich  die  genannten  Ge- 
lehrten zur  Einordnung  des  lineariierfektiven  Aorists  (biaipi- 
ii;ai)  in  ihr  System  verhalten;  ist  er  ursprünglich  oder  nichlV 
Anhangsweise  wollen  wir  nicht  verfehlen  hinzuweisen  auf  den 
von  den  bisherigen  Vorstellungskreisen  weit  abliegenden,  aber 
scharfsinnig  erdachten  und  wohl  durehgef'lihrten  Vereucli  eines 
Mannes,  der  es  nach  unserem  Dafürhalten  verdient  hätte  mclir 
Beachtung  zu  finden,  als  ihm  thatsäcblieh  zu  teil  geworden 
ist,  des  über  einer  breit  angelegten  und  auf  ein  umfängliches 
und  selbständig  eraibeitetes  Stelleumaterial  gestützten  Arbeit 
Über  den  griechischen  Aorist  hinweggcstorbcnen  Kobu  in  Clm. 
Ein  erster,  grundlegender  Teil  ist  noch  zum  Abdruck  gelnugt 
(in  dem  Korresp.-Bl.  f.  d.  Gel.  u.  Realsch.  Württemb.  l(*8t*, 
Heft  1  und  2).  Der  leitende  Gedanke,  an  dessen  Hand  die 
vielen  Rätsel  des  "Proteus  von  Aorist"  (Fr.  Pfuhl  Progr.  des 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  327 

Vitzthumschen  Gymn.  Dresden  1867,  S.  9  unten)  gelöst  wer- 
den sollen,  ist  der,  dass  dem  Präseusstamm  die  Partialität 
<eigentümlieb  sei  (wie  ähnlich  schon  nach  stoischer  Lehre  zu 
lesen   steht   in  Bekkers  Anekd.  2,  (1861),  891:   6  top  \if{x)v 

"dTTOlOUV",     ÖTl   TÖ    TtX^OV    ^TTOlTlCeV,     d|Liq)aiV€l,     OÖTTUJ    hk.    7T€7TXr|- 

pujK€v,  angeführt  bei  Herbig  IF.  6,  173),  dagegen  dem  Ao- 
rist nicht  sowohl  die  Punktualität  als  yielmehr  die  Totalität 
der  Handlung.  Etwas  nicht  weit  hiervon  Entferntes  scheint 
Purdie  zu  meinen,  wenn  sie  S.  67  ihren  "Constative"  dahin 
bestimmt,  er  gleiche  "weder  einer  Linie  noch  einem  Punkte, 
sondern  vielmehr  dem  Umfang  einer  Kreisfigur"  und  sei  "zir- 
kulär". Wenngleich  wir  diese  Gedanken  hier  nicht  weiter 
verfolgen  wollen,  so  müssen  wir  doch  darauf  hinweisen,  dass 
die  Verfasserin  dem  "Constative"  ein  Gebiet  zuweist,  das 
ein  erheblich  weiteres  Gebiet  umfasst  als  der  "konstatierende" 
Aorist  im  bisher  üblichen  Sprachgebrauch.  Denn  jener  be- 
greift augenscheinlich  nicht  nur,  wie  dieser  den  Indikativ 
und  seine  Stellvertreter  (partic,  infin.,  opt.  obliqn.)  in  sich 
(beiläufig  bemerkt,  ein  unverächtlicher  Anhaltspunkt  dafür, 
dass  die  konstatierende  Schattierung  im  engeren  Sinn,  die 
den  Modis  an  sich  nicht  innewohnt,  unursprünglicher  ist  als 
die  perfektive),  sondern  erscheint  bei  ihr  unzähligemal  auch 
im  Imperativ,  Konjunktiv,  Optativ  mit  äv,  beim  nichthistorischen 
Infinitiv  und  Partizip,  kurzum  fallt  für  sie  mit  dem  zusammen, 
was  man  sonst  unter  dem  linear -perfektiven  oder  wohl  auch 
unter  dem  punktualisierenden  Aorist  unterbringt.  Daraus  scheint 
uns  aber  zu  folgen,  dass  auch  die,  welche  Purdies  Aufstellungen 
über  ihren  "Constative"  anerkennen,  diese  nicht  ohne  weiteres 
auf  den  "konstatierenden"  Aorist  zu  übertragen  berechtigt  sind, 
weil  sich  beide  Begriflfe  eben  nur  für  den  Umfang  des  (nicht- 
gnomischen)  Indikativs  und  seiner  Stellvertreter  decken!  Wenn 
sie  andrerseits  hinsichtlich  des  perfektiven  Aorists  bemerkt: 
"Der  letztere  betont  Einen  besonderen  Punkt  in  einer  Linie 
von  durativer  Aktion",  so  fragen  wir  natürlich  sofort  welchen?, 
und  lassen  nur  den  Endpunkt  gelten,  wissen  auch  mit  der 
"Linie  von  durativer  Aktion"  nichts  anzufangen,  machen  viel- 
mehr auf  Bildungen  wie  elbov,  fßriv  von  punktueller  Wurzel 
aufmerksam.  Bei  so  verschiedenen  Voraussetzungen  können 
wir  der  Verfasserin  nicht  soweit  entgegenkommen  wie  Brug- 
mann. 


Haüh  Meltzer, 


II. 
OffeDbar  faabeu  wir  hei  nuserer  ünterencbung  eines  der 
Gebiete  Tor  nns,  auf  denen  eieb  die  von  Brogwanii  Gr.  Gr.' 
(l%90i,  S.  3/4  6o  angelegeDtlicIi  befürwortete  VerschraelzBii^ 
der  spracbwissenschafllichen  nnd  philologiseben  Betracbtniig»- 
weiKc  gut  ansfolireu  lässt,  ja  durirhaus  notwendig  ist;  jene 
liefert  uns  die  allgemeinen  Ornndbegriffe,  diese  wendet  sie  aof 
den  einzelnen  Stoff  an.  Dabei  haben  wir  nus  folgende  Leil- 
Sätze  gegenwärtig  zn  halten,  die  von  Purdie  nicbt  streng  ge- 
mig  bfifolgt  wordeu  sind:  erstens,  zu  Grunde  zu  legen  sind 
die  textkritisch  gereioigten  Ausgaben  unserer  Zeit,  also  die 
von  Ilultscb  oder  Btlttner-Wobst  oder  auch  die  von  J.  Beeker; 
die  Dindorfsehe  bietet  einen  zu  aebr  nach  holländischer  Manier 
gleicbniacheriecb  zngestntzten  Test,  nnd  .Schweigbänser  ist 
natürlich,  so  verdienstvoll  er  8.  Z.  war,  jetzt  veraltet.  ZweiteDs 
(b.  Streitberg  PBrB.  15,  153);  Wir  haben  ans-,  nicht  nnterzo- 
legen,  tn.  a.  W.,  wir  mtlgsen  geduldig  nacbznfttblea  snchen, 
was  der  Schriftsteller  hat  ausdrücken  wollen  nud  dtlrfen  ihm 
nicht  die  Meinung  aufdrängen,  die  wir  vielleicht  erwarten  oder 
auch  für  notwendig  halten;  es  klingt  fast  naiv,  wenn  n.  a. 
Pardie  S.  115  sagt,  dass  der  Schriftsteller  irgendwo  "praeli- 
cally  means".  Vgl.  auch  Slreitberg  PBrB.  15,  163.  Dritten» 
darf  keine  Form  ohne  weiteres  aus  ihrem  Zusammenhang  los- 
gelöst fdr  sich  erklärt  werden,  da  sehr  bänüg  nur  dnrch  die 
Vergegenwärtigung  der  Situation  die  feinere  Abtönung  gefnn- 
den  werden  kann,  die  eine  Fügnng  daraus  erhält  und  die  deren 
.Sinn  vielleicht  merklieb  becinflusst  (s.  u.  a.  Herbig  IF.  6,  324: 
Rodemeyer  Praes.  bist.  Basel  1889,  S.  7),  Besonders  wert- 
volle Dienste  leistet  uns  hier  der  von  Purdie  viel  zu  sotrr  ver- 
nachlässigte Paralleliemns  der  Satzglieder;  wenn  z.  B.  da»  ipf. 
eines  Kompositums  in  völliger  Entsprechung  zum  ipf.  eine« 
Simplex  steht,  so  wird  das  erstere  notwendig  der  actio  infeeta 
zuzurechnen  sein,  weil  es  das  letztere  ist.  Dass.  wie  Ilultseb 
a.  a.  0.  S.  17  und  Delbrück  Vgl.  Synt.  2,  303  ausfdbreii.  ein 
jäher  Wechsel  zwischen  aoristisclier  und  iraperfektischcr  Zeil- 
gflbung  allerdings  nichts  seltenes  ist,  würde  nur  dann  einge- 
wendet werden  künnen,  wenn  schon  bewieseu  wäre,  was  ja 
eben  erst  zn  beweisen  ist,  dass  nämlich  die  Präfigierung  per- 
fektivierend  wirke.     Bei  maneben  Verben  wie  Xetuuj,  (pcü-fui 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  329 

n.  ä.,  bei  dcDcn,  wie  Blass  im  Eh.  Mus.  44  (1889),  406  sehr 
treffend  bemerkt,  das  Vertrauen,  rein  auf  Grund  der  Über- 
lieferung ipf.  und  aor.  sicher  scheiden  zu  können,  etwa  soviel 
Berechtigung  hat  als  wenn  man  die  Möglichkeiten  an  den 
Knöpfen  abzählen  wollte,  gibt  uns  jener  Parallelismus  über- 
haupt oft  das  einzige  Merkmal  methodischer  Entscheidung  an 
die  Hand,  während  in  anderen  Fällen  die  Beobachtung  des 
Tempusgebrauches  sinnverwandter  Verben  Hilfe  bringt  (Hultsch 
a.a.O.  S.157).  Viertens  ist  nicht  zu  vergessen,  dass  eine  Schluss- 
folgerung auf  eine  Verschiedenheit  nur  dann  bündig  ist,  wenn 
die  Voraussetzung  des  ceteris  paribus  zutrifft.  Man  kann  auch 
sagen,  es  gibt  eine  gewisse  syntaktische  Algebra,  deren  Sätze 
man  nicht,  wie  Purdie,  ausser  Acht  lassen  darf.  Dies  auf 
unseren  Fall  angewandt,  so  kann  man  nur  Verhältnisse  her- 
stellen einerseits  zwischen  Imperfekt  (I)  und  Aorist  (A)  je  des 
Simplex  (S)  oder  des  Kompositums  (K),  andererseits  zwischen 
Imperfekt  (I)  und  Imperfekt  (I)  bezw.  zwischen  Aorist  (A)  und 
Aorist  (A)  von  Simplex  (S)  und  Kompositum  (K),  nicht  jedoch 
von  Imperfekt  (1)  des  Simplex  (S)  und  Aorist  (A)  des  Kom- 
positums (K).  Somit  sind  zulässig  die  Formeln  IS  :  AS  nebst 
IK  :  AK;  IS  :  IK  nebst  AS  :  AK,  nicht  aber  IS  :  AK,  also  bei- 
spielsweise :  dXoYiCönTiv  :  ^XoTicd|UTiv;  cuveXoTi2ö|üiriv  :  cuveXoTi- 
cd|LiTiv  und  ^XoTi£ö|üiTiv  :  cuveXoTiW|Lir]v ;  cuv€Xoti26|utiv  :  cuveXoTi- 
cd|LiTiv,  nicht  aber  (wie  Purdie  S.  112  bietet)  dXoTi26|üiriv  :  cuve- 
XoTicdjiTiv.  Fünftens  ist  der  stilistische  Unterschied  verschie- 
dener Zeiten  und  Schriftsteller  zu  beachten,  eine  Wahrheit, 
von  der  wir  erst  jüngst  durch  E.  Nordens  schönes  Buch  Die 
antike  Kunstprosa  (Leipzig  1898)  einen  überraschend  starken 
Eindruck  erhalten  haben.  So  musste  bei  Homer  der  konsta- 
tierende Aorist  ganz  von  selbst  zurücktreten,  weil  er  als  Epiker 
das  malende  Imperfekt  vorzieht,  wo  später  prosaische  Logik 
den  nüchternen  Aorist  bevorzugte  (Stiebeling  Beitr.  z.  Gebr.  d. 
Tempp.  Praet.  Siegen  1887,  21.  Mutzbauer  Grdl.  20).  Ist  dies 
aber  richtig,  so  haben  wir  nicht  eine  Änderung  in  der  Be- 
deutung beider  Tempora  anzunehmen,  sondern  in  der  von 
einem  Wechsel  der  ästhetischen  Gefühlsrichtung  beeiuflussten 
Anwendung,  was  durchaus  nicht  dasselbe  ist,  wie  Chr.  Bar- 
tholomae  Das  Altiran.  Verbum  (München  1878)  S.  235  bemerkt. 
Was  ferner  die  hellenistische  Zeit  anbetrifft,  so  darf  man  nicht 
vergessen,  dass  sie  eine  Epoche  des  sinkenden  und  verblassen- 


330  H»i>s  Meltzcr, 

den  Sprachgefühls  ist.  FQr  diese  gilt  hinsichtlich  anserer 
Frage,  was  Ed.  WiUfflin  iii  einem  eheuso  kui-zen,  wie  grund- 
legenden Aufsatz  über  das  Vulgärlatein  iPhiloI.  34,  (1876), 
137—165)  ausgeführt  hat.  Er  sagt  S.  15«,  daes  im  Laufe  der 
Entwiekliing  die  Sprache  immer  abgeschliffener  geworden  sei 
tind  darnm  zur  Erzielung  grösserer  Fälle  zur  Zusammensetzung 
gegriffen  Labe.  "Wo  bei  den  Romanen  die  PrüpositioH  zum 
leeren,  sinnlosen  FflUstllck  herabgesunken  ist,  da  üETuet  sich 
die  Wahrscheinlichkeit,  das  Kompositum  werde  auch  schon 
in  der  r{)mischen  Volkssprache,  wenigstens  in  den  letzten  Jalir- 
hnnderten  der  Kaiserzeit  entwertet  gewesen  sein."  Was  er 
dann  über  einzelne  Präpositionen  ausführt,  ist  sehr  lehiTeich; 
im  Hinblick  auf  die  bedetitende  Rolle,  die  Delbrück  bei  Be- 
handlung unseres  Gegenstandes  dem  lat.  con-  zugebilligt  hat, 
verweise  ich  bes.  auf  S.  158—161.  iMit  Wölfflins  Satz  stimmt 
vortrefflich  tiberein,  was  Bernhardy  Gr.  Littgcsch.  1*,  515 
sagt:  "es  charakterisiert  diese  Zeiten  sprachlicher  Dürftigkeit, 
dass  das  Gefühl  für  die    kernhafte  Bedeutung   der  Simplizia 

schlummert.     Nur  in  der  dürren  Weise  des  Zusammen- 

setzens  bcsassen  die  Autoren  nach  .Alexander  einen  Grad  der 
Erfindung,  selbst  der  individuellen  Färbung".  Fr.  SusemihI 
Gesch.  der  griech.  Litt,  in  der  Alexandriuerzeit  1  (1891),  S.  2 
urteilt,  kennzeichnend  fltr  diese  Entwicklungsstufe  sei  vornelim- 
lieh  eine  abstrakte  und  formelhafte  Färbung,  eine  Masse  neuer 
Komposita  und  Dekoniposita  (von  letzteren  gibt  ein  gutes 
Verzeichnis  0.  Glaser  De  ratioue,  f|Uao  intercedit  int«r  sermo- 
nem  Polybii  et  euni,  qui  in  tituhs  saecuti  III,  II,  I,  apparet 
Gissae  1894  S.  41—44).  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  damit 
die  Verwertbarkeit  der  Komposita  in  Purdies  Sinn  starke  Ein- 
busse  erleidet.  Übrigens  reichen  die  Anfangserscheinungen 
bis  in  die  klassische  Zeit  zurück. 

Das  haben  im  einzelnen  nachgewiesen  Menge  de  praepos, 
ap.  .Vesch.  Gott.  1863;  Kriebilzsch  de  usu  verhb.  compp.  ap, 
Sophociem  Halle  1881;  Lesser  Quaestt.  Aesehyl.  Halle  1H93; 
A.  Funek  Zuv  in  d.  Zusammensetzung  tn  Gurt.  Stiuld.  lU 
(1878),  157—202;  Curtius  Erll.»  (1870)  S.  185  ff.  Sie  alle 
sind  einig  darin,  dass  die  Präposition  intensiv  wirkt  oder  auch 
schon  ganz  au  Stelle  des  Simplex  tritt  und  etwa  noch  Zwecke 
des  Wohllauts  oder  der  Wortflllle  verfolgt:  in  den  lat.  Ab- 
handhingen kehren  Bezeichnungen  wie  augere,  intetidere.  am- 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  331 

pUficarey  exornare  immer  wieder  und  wenn  gelegentlich  (Menge 
S.  36)  gesagt  wird,  das  Kompositum  '""tanquam  effectum 
describit  simplicis",  so  zeigt  das  Beispiel  KaTacqxxZieiv,  das 
gleich  unserem  ''niedermetzeln"  angeben  soll  "ut  res  mactata 
humi  iaceat",  wie  unsicher  es  damit  steht.  Denn  diese  Be- 
stimmung klingt  perfektisch,  nicht  aber  perfektiv,  und  ferner 
liegt  ein  Irrtum  vor:  das  deutsche  Zeitwort  ist  wie  das  grie- 
chische kursiv-finitiv,  nicht  perfektiv,  ganz  abgesehen  von  der 
grossen  Anzahl  von  Fällen,  wo  Kaxd  'accurate,  penitus'  bedeuten 
soll.  Wenn  Funck(S.  201)  von  Komposita  "mit  effektiv-ao- 
ristischer Bedeutung"  spricht  oder  sagt,  ''sehr  viele  durative 
verba  simplicia  wurden  auf  diese  Weise  zu  effektiv-aoristischen 
umgewandelt",  so  ist  das  von  ihm  S.  158  behandelte  cu)üi-q)^pu) 
natürlich  in  Wahrheit  vielmehr  ausgeprägt  kursiv.  Auch  ist 
zu  bestreiten,  "dass  der  Aorist  im  Griechischen  oft  schon  aus- 
reichte, um  den  Eintritt  der  vollen  Verwirklichung  einer  Hand- 
lung auszudrücken",  denn  dazu  reicht  er  immer  aus!  Ganz 
richtig  äussert  sich  Curtius  Erll.*,  185 ff.:  "Aber  freilich  decken 
sich  beide  Erscheinungen  nicht  vollständig  .  .  .  Das  deutsche 
Erwachen  verhält  sich  zwar  zu  wachen  ähnlich  wie  hora. 
^Tp^cOai  zu  ^pTpriTop^vai,  aber  es  gibt  auch  ein  langsames 
Erwachen  (expergisci,  ^T€ip€c9ai),  während  ^Tpexo  immer  nur 
den  Zeitpmikt  bezeichnet,  da  der  Schlaf  verschwindet"  (ebenso 
Herbig  IF.  6,  199). 

Für  Polybius  im  besonderen  verfügen  wir  über  eine  statt- 
liche Zahl  tüchtiger  Untersuchungen,  die  Purdie  viel  ausgiebiger 
hätte  heranziehen  sollen.  Schon  Luettge  De  Polyb.  eloc.  (Nord- 
hausen 1863)  weist  hin  auf  seine  Vorliebe  zur  "moles  verborum" 
im  aUgemeinen  und  seine  Neigung  zu  Kompositis  im  beson- 
deren: er  nennt  u.  a.  Ka9u7repexeiv,  *  ^HaTrocxeXXeiv,  cumnexa- 
TTiTrreiv.  Dasselbe  mag  man  ersehen  aus  J.  Stich  De  Polyb. 
gen.  die.  Erl.  1880,  wo  neben  Kaxd,  cuv  und  bid  auch  irapa 
genannt  wird,  das  vor  dem  Verdacht,  in  die  Dienste  der  Aktions- 
bezeichnung getreten  zu  sein,  gewiss  sicher  ist!  Wertvoll  sind 
vor  allem  die  Forschungen  von  Mollenhauer.  Aus  der  Disser- 
tation De  verbb.  Compos.  Polyb.  Halle  1881  erfahren  wir,  dass 
dvaTT^IiTTeiv,  biair^iünTeiv,  biaTiicxeTv  ohne  Unterschied  vom  Sim- 
plex erscheinen.  In  der  Abhandlung  De  verbb.  a  Polyb.  novat. 
Marburg  1888  findet  man  freilich  auf  jeder  Seite  den  Aus- 
druck "usurpatum  cum   vi  effectiva   et  intensiva".     Allein 


332 


^  Meltz. 


schon  die  Beifügung  des  letzten  Wortes  zeigt,  dasa  Purdie  irrt, 
wenn  eie  (S.  86  oben)  annimmt,  ea  sei  daliei  an  die  Aktion 
im  strengen  Sinne  gedaclit.  Man  braucht  Übrigens  nnr  Mollen- 
hauers ÜbcrsctzungSTersnche  anzusehen,  um  zu  erkennen,  dass 
daran  nicht  zu  denken  i)it:  sollicite  (esspectarej,  aperte  (con- 
firmare),  cum  studio  (elfieere),  magaum  (susurrom  faeere). 
valde  (iraaci,  dubium  esse),  audacter  (pericHtari),  ad  verbum 
(convertere),  attle  ommum  oculos  (in  scaeuam  producerc),  multo 
{superiorem  esse). 

Dann  tritt  geradezu  ausschlaggebend  ein  stilkrtti^ches 
Moment,  das  Purdie  nirgends,  soviel  ich  bemerkt  habe,  auch 
nur  erwähnt,  gesehweige  denn  erwogen  oder  gar  widerlegt 
hat.  Polybius,  dessen  erstaunliche  um  nicht  -iu  sagen  un- 
griechische  Gleichgültigkeit  gegen  den  Reiz  der  Form  kUnc- 
licb  I:^.  Norden  d.  ant.  Kunstprosa  S.  153  bes.  gegenüber  seinem 
Antipoden  leokrates  so  treffend  hervorgehoben  hat,  zieht  doch 
in  einem  Punkte  mit  diesem  an  einem  Strang,  nitmlich  in  einer 
weitgebenden  Scheu  vordem  Hiatus;  das  hat  Fr,  Kaelker  De  eloc, 
Polyb.  (et  hiatum  ap.  Diod.  Sie.),  Leipz.  Studien  1 8H0  unwiderleg- 
lich erhärtet.  Nach  ihm  gilt:  "Hiatum  diligentissime  evitat'*  und 
bes.  S.  'Ji)0  "in  compositis  quoqne  eligendis  id  egit  Polybius, 
nt  vitaret  hiatum".  Darnacli  schreibt  er  dviiiTtpov  elitov,  aber 
dviuT^puj  TTpoeinov;  övaip^x^iv  :  npocavaipexeiv;  ifnobcixvu^i  : 
cuvuTTobEiKVuiJi;  ^(pe&peüoj  :  cuvetpetipeuuj  ;  ^Tri^**'  '■  cuveTfi2u>; 
(qiicTaiioi  :  cuvefpiciajiai ;  ünrofiai  :  cuväitToiaai ;  iTriTiöfjiai  : 
cuveirniötfiai :  —  livaXa^ißdvuj  :  TrpocavaXajißovuj :  ^iiivoüi  : 
npoc£TTivoiij ,  —  oiKijj  ;  KaTOiKÜi;  a\poGjiai  :  npoaipo&^ai ;  letz- 
teres fuhrt  auch  Jemsalem  D.  lusehr.  v.  Sestos  und  Polyb.  in 
den  Wiener  Stud.  ],  1870,  S.  47  ff.  unter  verwandten  Bei- 
spielen auf.  Selbst  Krebs,  von  dem  dies  Purdie  iS.  87,i  aos- 
drUcklicli  verneint,  bietet  in  seinen  Abhandlungen  Die  Prftpp. 
b.  Polyb.  Würzb,  1881  und  Die  präpos.  Adv.  b.  Polyb.  I,  Regcnsb. 
1882  einiges  Verwertbare.  Den  Reigen  besebliessc  M.  Thie- 
mann  Quaestt.  Polyb.  Halle  1882,  nach  dem  cuvetiupiü  =  öetupii, 
cuv9£ÜJMai  =  e€^il^lal,  cutxPlümöi  ==  xpi^MOi.  cuvuiroKpivonai  =  Oiro- 
Kpivonai,  cuvujrdpxuj  =  ÜTiöpxuJ  gebraucht  wird,  öpüj  ist  nach 
ihm  viel  seltener  als  cuvopdi.  Sein  Ergebnis  lautet:  "üpöu> 
igitur  post  coiisonantes  modo  repcnlur,  post  vocales  nemp« 
cuvopäuj".     Mehr  kann  mim  unni(>glich  verlangen! 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  333 

III. 

Es  wäre  nun  eigentlich  unsere  Aufgabe,  sämtliche  von 
Purdie  beigebrachte  Beispiele  nachzuprüfen.  Dies  habe  ich 
fttr  mieh  gethan,  kann  aber  hier  nur  einige,  besonders  lehr- 
reiche, herausgreifen^  wobei  ich  absichtlich  gerade  solche  be- 
vorzuge, die  von  meinem  Standpunkte  aus  Schwierigkeiten 
machen. 

Zuerst  werfen  wir  einige  Vorfragen  allgemeinerer  Art  auf: 
nehmen  Aoriste  (elbov)  von  punktueller  Wurzel  (Fib),   die  mit 
Präsentien   von  nichtpunktueller  (öpiiu)  zu  Einem  a  verbo  zu- 
sammengeschlossen sind,  neben  ihrer  ursprünglichen  punktuellen 
Bedeutung  ("erblickte")  abgeleiteterweise  durch  nachträgliche 
proportionale  Ausgleichung   mit  jenen  Präsentien   auch   noch 
^'punktualisierenden"  (bezw.  "konstativen")  Sinn  an  ("habe  ge- 
sehen =  vor   Augen    gehabt")?      In    einem    grösseren    Zu- 
sammenhang ist  die  Frage  zum  letzten  Male  behandelt  worden 
von  Osthoff  Über  das  Suppletivwesen  in  den  idg.  Spr.  Heidelb. 
1900,  S.  7 — 14;  44;  74.     Weiter:  nehmen  die  Aoriste  (ffvujv) 
von  punktuellen  Wurzeln  (tvuj),  deren  von  letzterer  (tvuü)  aus 
gebildete  Präsentia  (fiTvihcKU))  neben  dem  incohativen  Sinne 
("erkenne    allmählich")    auch    durativen    ("kenne")    erhalten 
haben,   neben  ihrer  punktuellen  Grundbedeutung   ("erkannte, 
gelangte  zur  Erkenntnis")  auch  noch  "puuktualisierende"  (bezw. 
"konstative")  an  (habe  ge-kannt,  Kenntnis  gehabt)?     Endlich: 
zeigt  der  Aorist  (fcpu^ov)  "zweiseitiger"  Präsentien  (cpeuTUJ  a) 
incohativ  "mache   mich  an  die  Flucht",    b)  durativ   "bin  auf 
der  Flucht")   dieselbe  Doppelheit  a)  Ingressiv  oder  resultativ: 
(bin  entflohen  od.  entkommen);  b)  "punktualisiereud"  bezw.  "kon- 
stativ"  "bin  auf  der  Flucht  gewesen"?     unser  Ergebnis  sei 
kurz  vorweggenommen:  eibov  usw.  sind  stets  punktuell,  eTVujv 
cisw.  höchstwahrscheinlich  ebenso,    fq)UTov  dagegen  gemischt. 

A.  Der  Aorist  bei  Homer  (IF.  9,  70—82). 
1)  fq)UTOv  :  q)euYUj  (S.  70  f.). 
r  4  ist  sicher  resultativ  "entflohen  sind"  und  ebenso 
kann  auch  N  436  gefasst  werden  "entkommen";  doch  ist  in- 
gressive  Deutung  "die  Flucht  ergreifen"  naheliegender  und 
diese  scheint  notwendig  £80,  während  81  irpocpuTri  wieder  resul- 
tativ sein  muss. 


334  Hans  Meltzer, 

2)  fßaXov  :  ßdXXiu  (S.  71). 

A  16  ist  ßdXu))Li€v  mit  Matzbauer  Grdl.  241  resultativ 
zu  geben:  "wir  wollen  stiften,  abschliessend. 

3)  fcxov  :  fxu)  (IF.  9,  71  u.  72). 

Der  Ausdruck  für  cxeiv  "to  retain  a  hold  upon"  sol! 
effektiv  klingen,  klingt  jedoch  unverkennbar  durativ.  TT  520 
ist  cx€iv  ingressiv:  nach  M  389,  worauf  TT  511  ausdrücklich 
zurückweist,  hatte  Teukros  den  Glaukos  in  den  Arm  getroffen 
nach  TT  510  presst  er  diesen  mit  der  anderen  Hand:  folglich 
hatte  er  keine  Lanze  mehr  und  war  ferner  nicht  im  stände 
eine  solche  zu  "ergreifen"  (cxeTv).  Zu  0  254  bietet  Purdie^ 
welche  die  Stelle  aufführt  unter  "The  Constative",  die  Bemer- 
kung: explained  as  "drove  his  horses  in  front  of  Tydeides". 
Diese  letztere  halte  ich  fttr  durchaus  richtig  gleichwie  V  463 
"er  konnte  sie  nicht  ums  Ziel  herumbekommen";  auf  0  653, 
wo  die  Verfasserin  Trepi  &xe9ov  mit  "held  them  in  their  midst** 
wiedergibt,  wird  (der  überhaupt  hier  durchweg  beizuziehende) 
Mutzbauer  (S.  80)  Sieger  bleiben,  schon  wegen  ifiy/ovrOj  und 
man  muss  verstehen  ''nahmen  sie  in  die  Mitte".  N  520  setzen 
wir  an  Stelle  von  "held  on  its  way"  besser  "'nahm  seinen 
Weg"-,  (kaum  richtig  Mutzbauer  78  unt.). 

4)  fjXeov  :  fpxo)iai  (IF.  9,  72  u.  73). 

Hier  handelt  es  sich  bes.  darum,  ob  fjXOov  auch  heissen 
kann  "konstativ",  punktualisierend:  ''bin  gegangen  =  bin  auf 
dem  Wege  gewesen".  Sonderbar  ist  es,  dass  das  Beispiel 
0  55/57  beOpo  KdXeccov  'Ipiv  t'  dXGeinevai,  |  6cpp'  f\  \x^w  ^eTa 
Xaöv  'Axaiujv  fX0ij  xai  eiTrijci  erklärt  wird  durch  perfektiv/ 
"konstativ".  Von  letzterem  jedenfalls  kann  natürlich  auch  hier 
nicht  die  Eede  sein.  Wir  verdeutschen:  ''hieher  berufe  die 
Iris  sich  aufzumachen,  |  damit  sie  sich  aufmache  hin  unter 
das  Volk  der  A.",  also  beidemal  ingressiv,  oder  aber  gleicher- 
massen  effektiv:  hieher  berufe  die  I.  einzutreffen,  damit 
sie  eintreffe  unter  dem  V.  d.  A.,  oder  noch  eher  jenes 
ingressiv,  dieses  effektiv:  "sich  aufzumachen,  damit  sie  ein- 
treffe." 

Wunder  genommen  hat  mich,  dass  Purdie  nicht  eine 
Eeihe  anderer  Stellen  ins  Treffen  geführt  hat,  die  für  unseren 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  S&^ 

Standpunkt  viel  bedenklieber  scbeinen  als  die  von  ibr  ange- 
ffibrten.  Es  sind  die  bei  Mutzbauer  Grdl.  277  veraeichneten^ 
wir  lesen  dort:  "2)  von  Wurfgesebossen  u.  ä.,  bereinfliegen, 
bindurebdringen'';  diese  Fassung  klingt  stark  terminativ  und 
man  muss  ebrlieb  zugesteben,  dass  es  sebr  scbarfer  Auslegung^ 
bedarf;  um  die  Aktion  dennocb  als  punktuell  zu  erkennen. 
Allein  scbliesslicb  ist  dies  doeb  überall  möglieb;  und  es  fragt 
sieb  böebstenS;  ob  man  mebr  sozusagen  der  Basanz  des  Wurfe» 
recbnungtragend  sagen  soll  punktuell  '^sauste,  scboss,  scbniet- 
terte,  scblug,  fubr  durcb",  oder  mebr  resultativ  "gelangte  wo- 
hin, traf,  scblug  dort  ein,  trat  daselbst  bervor"  o.  ä.  Am 
meisten  Eopfzerbrecben  baben  mir  die  Beispiele  gemacbt,  bei 
denen  die  durcbmessene  Strecke  angegeben  ist  wie  f  357  bia 
\xky  dciriboc  fjXGe  cpaeivf]c  dßpifiiov  JtXoc  Kai  bid  9u)pT]Koc  ttoXu- 
baibdXou  i^pTipciCTO.  Das  beisst  jedocb  nicht  "durcb  den  Scbild 
bindurcb  legte  die  Lanze  ibren  Weg  zurück",  sondern  ib» 
"durchschlug**  sie.  Wenn  es  dann  weitergeht  "und  durch 
den  Panzer  bindurcb  war  sie  (auch  gleich)  gewuchtet",  sa 
drückt  das  pisqpf.  in  unnachahmlicher  Anschaulichkeit  die  Ver- 
bindung der  Schnelligkeit  des  Eintrittes  der  Handlung  mit  dem 
darauf  folgenden  Hemmungszustande  aus  (Krüger  Gr.  SprchL 
1.  §  53,  3,  A.  4);  der  letztere  wird  überdies  noch  onomato- 
poetisch durch  den  spondiacus  angedeutet.  Lehrreich  A  96  ff. 
oubfe  CTcqxivii  böpu  o\  cxeGe  .  .  .,  dXXct  bi'  auxfic  fjXGe  .  .  .j. 
^TK^cpaXoc  bfe  TTCTrdXaKTO:  "und  nicht  hemmte  ihm  der  Helm- 
kranz den  Speer,  sondern  durch  ihn  gelangte  er,  fubr  er^ 
durch,  das  Gehirn  aber  war  (auch  schon)  besudelt"  (vgl.  Brug- 
mann  Gr.  Gr.^  478  f.).  Noch  deutlicher  resultativ  Y  473  f. 
elGap  bfe  bf  oöttToc  fjXG'  ijipoxo  \  ttlxinrj:  "stracks  durchs  andre 
Ohr  hindurch  kam  sie  zum  Vorschein,  drang  sie  hervor.'^ 
Becht  klar  scheint  mir  diese  Auffassung  da,  wo  ävriKpuc  dabei 
steht,  z.  B.  E  66:  "sie  aber  gelangte,  traf  ein  durch  nach 
vom  direkt  in  die  (in  der)  Gegend  der  Blase  hin  unter  dem 
Schambein".  cp421  f.  durch  und  durch  gelangte  (der  Pfeil) 
hinaus.  TT  478  TTarpÖKXou  b'  uirfep  iL)liov  dpicrepöv  f^XuG'  dKOüKrj  | 
?TX€0C,  oub'  fßaX'  auTÖv  beisst  nicht:  "die  Spitze  der  Lanze 
ging  über  die  linke  Schulter  bin",  sondern,  was  ja  auch 
schon  viel  besser  zu  der  Spitze  als  einem  punktuellen  Gegen- 
stand passt,  während  dort  eher  der  Schaft  genannt  sein  würde: 
sie  traf  ein  (an  einem  Punkte)  über  der  linken  Schulter". 


«_• 


336  Hans  Meltzer, 

Nach  all  dem  scheint  mir  kein  Zweifel,  dass  fjXGov  nicht 
^'konstativ"  bezw.  "punktualisierend"  zu  f pxo^al  gebraucht  wird. 
Über  die  Behandlung  des  Präsensstammes  bei  Purdie  habe  ich 
nicht  viel  zu  bemerken,  ausser  dass  bei  einem  Verbum  der 
Bewegung  die  Versicherung,  er  sei  "purely  durative",  ganz 
besonders  irreführend  ist.  Zwar  A  839  stimmt  allerdings  ("I 
am  on  my  way),  aber  die  anderen  angeführten  Stellen  nicht. 
Sie  sind  zu  übersetzen  wie  fpx^o  entweder  (I,  43)  mit  *gehe 
hin",  "wolle  dich  aufmachen",  "begib  dich  an  den  Gang" 
{incohativ,  inzeptiv)  oder  (I,  603)  mit  "mach  dich  an  den  Her- 
weg" (finitiv).     (S.  a.  Delbrück  Vgl.  Synt.  2,  61). 

5)  ^vönca  :  vo^uü  (IF.  9,  73  u.  74). 

Da  das  Präsens  als  Denominativum  unzweifelhaft  auch 
"durativen  Sinn  hat  ("Verstand  haben"),  so  ist  an  sich  für 
^vönca  die  "konstative",  "punktualisierende"  Bedeutung  nicht 
zu  bestreiten  (''habe  Verstand  gehabt,  gedacht,  betrachtet, 
^ewusst,  vorgehab t") .  Die  Belege  Purdies  dagegen  können 
wir  sämtlich  perfektiv  fassen  ("habe  bemerkt,  wahrgenom- 
men, einen  Eindruck  erhalten,  er-dacht,  beschlossen,  mir 
vorgenommen,  allgemeiner:  bin  zu  einem  geistigen  Vorgang 
gelangt).  An  der  Hand  von  Frohweins  Verb,  homer.  Lpzg. 
1881  S.  95  mtisste  man  den  Rest  der  Stellen  nachprüfen.  Wir 
wenden  uns  zu  den  uns  vorgelegten.  E  (lies  I),  537 :  "Oineus 
opferte  der  Artemis  allein  nicht;  "entweder  war  ihm  der  Ge- 
danke (wieder)  entfallen  oder  gar  nicht  gekommen";  so 
richtig  Fäsi,  während  Purdies  Übersetzung,  "entweder  durch 
Vergessliehkeit  oder  aus  überlegter  Absicht"  unmöglich  ist, 
weil  sie  das  ouk  vor  dvöiicev  unbeachtet  lässt.  K  550  soll 
bedeuten :  "ich  habe  solche  Rosse  bisher  weder  erblickt  (ibov) 
noch  an  sie  gedacht".  Das  hat  aber  gar  keinen  Sinn; 
natürlich  heisst  es:  "noch  wahrgenommen".  Dies  erhärtet 
fichon  der  Parallelismus  mit  löov.  A  549  wende:  "doch  was 
für  einen  Gedanken,  Entschluss  ich  fassen  (voficai)  will." 
Ebenso  A  543  "und  noch  nie  hast  du  es  freiwillig  über  dich 
vermocht  nur  einen  Gedanken  mitzuteilen,  welchen  auch  immer 
du  fassen  magst  (vor|cr]c)".  Y  310  "du  selber  mach  dir 
klar,  schöpfe  eine  Entscheidung  (vöticov-  nicht  beratschlage 
=  halte  Rat),  ob  du  .  .  ."  X  445  Andromache  bereitete  dem 
Hektor  ein  Bad,  denn  noch  nicht  "wars  zu  ihrer  Kenntnis 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  337 

gelangt"  (vöiice),  dass  er  gefallen  war,  für  uns  zugleich  plus- 
quamperfektiseh,  während  Y  264  einfach  aoristisch  (vörice  "nicht 
kams  ihm  in  den  Sinn"). 

6)  ßaivuj  :  fßnv  (IF.  9,  74  u.  75). 

Letzteres  soll  als  "Constative"  beissen  "habe  einen  Yfeg 
gemacht,  bin  gefahren,  geschritten"  Allein  wir  haben 
hier  eine  punktuelle  Wurzel  (Delbrück  V.  S.  2, 37 ;  Mutzbauer 
Grdl.  173  flF.)  und  müssen  zunächst  zusehen,  ob  wir  für  den 
Aorist  nicht  durchkommen  mit  den  Bedeutungen  1)  ingressiv: 
"bin  davongegangen".  2)  resultativ:  "bin  eingetroffen". 
Purdies  Beispiele  lassen  sich  sämtlich  so  erklären :  E  284  f. 
ist  nach  Mutzbauer  Grdl.  S.  175  zu  geben:  "sie  verliessen  das 
Meer  und  traten  aufs  Land"  (im  x^pcou  ßnxriv),  nicht  mit 
Voss  "dann  auf  der  Veste  schritten  sie".  TT  702  "dreimal 
trat  er  auf  den  Mauerbug".  T  47  hat  Purdie  gegen  Mutz- 
bauer Eecht  zu  übersetzen  "sie  trafen  ein",  dagegen  Q  246 
(ßaiTiv  bö)Liov  "Aiboc  eicuj)  ist  natürlich  so  gut  wie  K  246  und 
sonst  zu  geben:  "möchf  ich  aufbrechen  ins  Haus  des  Hades 
hinein".  A  391  f.  fßav  .  .  .  fifovrec  |  KO\jpT]v  "machten  sich 
von  danuen  mit  der  Jungfrau".  T  40  aurdp  6  ßfi  irapd  9Tva 
glaubt  man  wohl  ganz  notwendig  sagen  zu  müssen  "er  aber 
ging  entlang  dem  Strande".  Allein  das  Eichtige  hat  auch 
hier  Mutzbauer:  "er  setzte  sich  in  Bewegung  längs  dem 
Strande  hin."  T  418  f.  "Helena  erschrak  und  machte  sich 
fort,  brach  auf."  P  392  ficpap  bl  le  Ixindc  fßn  verwischt 
Purdies  "die  Feuchtigkeit  geht  ihren  Weg"  die  Feinheit,  die 
gerade  das  Punktuelle  der  Wurzel  dem  Aor.  gnom.  verleiht; 
Delbrück  (mit  Voss  und  Minckwitz)  V.  S.  2,  294 :  "wie  die 
Feuchtigkeit  flugs  verschwunden  ist."  Wie  sich  von 
selbst  versteht,  schliessen  wir  uns  A  494  ßfj  bk  biet  irpoiiidxujv 
an  Mutzbauer  und  Delbrück  an  "er  brach  durch  die  Vor- 
kämpfer", nicht  "er  machte  seinen  Weg  durch  die  Vorderseite 
der  Schlacht". 

Auch  bei  diesem  Verbum  ist  das  Präsens  wieder  nicht 
nur  als  "durative"  zu  bezeichnen,  vgl.  E  364  i]  b'  k  bicppov 
Ißaivev  "sie  stieg  (allmählich  —  ausmalend!)  in  den  Wagen".  — 
IMutzbauer  Grdl.  172  f.;  Delbrück  V.  S.  2,  37. 


7)  (T\r\v  (IF.  9,  75) 
BoU  z.  t.  "koiigtaliv"  sein.  Furdie  köuute  eich  (s.o.)  für  dtew 
Anualime  auf  Delbrück  V.  S.  2,  237  bemfeu,  wo  9  182  unter 
den  "piinktnalisiereiiden"  Aoristen  aufgezählt  oder  ilmen  docL 
wcDigsteDs  für  "ähnlich"  erklärt  wird.  Aber  wie  stimmt  das 
zu  8.  252  und  bes.  82,  wo  wir  erfahren,  das»  die  Wuncel  und 
darnach  TXr|CO)jai  und  ^xXrjv  punktuell  seien?  T  14  "und  keiner 
gewann  es  über  sieh";  ebenso  *  608;  H  48U;  A  534;  X  246; 
Y  421;  X  136;  B  299  T\f\tt  cpiXoi  Koi  ^eivcn'  ^tiI  xpövov 
vollends  ist  ganz  eindeutig:  voraus  geht  das  Zugeständnis  des 
Odysseus,  mau  könne  den  Aehäeru  diu  Sehnsucht  heimzukeh- 
ren nicht  verübeln.  Aber  gerade,  weil  sie  die  Ausdauer  be- 
reits verloren  haben,  muss  er  ihnen  xurufen:  "fasset  (wie- 
der) Mut  und  verbleibet"  (bis  zu  dem  angegebenen  Schluss- 
punkt:  6q)pa  badijjev).  Wie  dagegen  bei  Homer  "to  be  of  good 
cheer"  lautet,  das  zeigt  E  382  iir\aQi  und  das  allbekanute 
t^tXo6i  bfi  KpabiT]  Kci'i  KuvTtpov  fiXXo  ttot'  fxXtic  d.  h.  "halt 
aus!  .  .  .,  hast  auf  dich  genommen";  ebenso  sind  E  383  und 
Q  505  zu  erklären  zwischen  denen  ich  keinen  Unterschied 
entdecken  kann.  Bedenklich  für  mich  sieht  £  218  aus:  ^  t' 
öv  Tpux6nev6c  nsp  eii  iXaitiv  ^viauxov.  Die  Pariser  Ausg.  bei 
Didot  1837  Uberset7.t  denn  auch  "saue,  vexatus  licet,  adhnc 
perduraveriin  in  annum".  Genau  aber:  wenn  ich  jetzt  er- 
kunde, dass  Ody&seus  heimkehrt,  "dann  wahrlieh,  obwohl  ge- 
peinigt, ni()cbt  ich  mich  wohl  noch  entschlicsaen  ein  Jahr 
laug"  (denke  hinzu  ^p^Jx(>^l€voc,  mich  weiterpeinigen  zu  lassen). 
Für  sieh  hätte  Purdie  auch  mehrfach  das  Fut.  T\r|coMai  iuB 
Feld  führen  können,  zwar  weniger  t  222  und  f  306,  die  sich 
mir  leicht  fügen,  wohl  aber  A  317  und  T  308,  wo  ^tvcm  da- 
vorsteht und  bes.  e  361  f.:  öipp'  &v  |j£v  kev  boüpai'  .  .  dpi^pg, 
TÖ(pp'  aÜToG  jiEveuj  Kai  rXiiconai  äXTta  niScxuuv ;  Didot 
wendet  "tamdiu  hie  manebo  et  snstinebo  dolores  palicns". 
Allein  auch  hier  ist  wie  e218  zu  geben  "so  lange  die  Dalkeu 
.  .  .  halten,  so  lange  werd  ieh  bleiben  und  wills  auf  wich 
nehmen  .Schmerzen  zu  erdulden".  Etwas  Verwandtes,  zaent 
durative  dann  ingressive  Aktion,  ■/..  II.  auch  A  586  urXaBi  . . 
Kol  iiväcx€0.  (Beiläufig,  i«  dvcxiicopai  auch  resultativ  "werde 
überstehen",  wie  Brugmann  Gr.  Gr.*  480  will?  Wie  ist  dann 
II.  Ö,  104  zu  erklären '?)  —  "Constativ"  zu  tXiivai  wäre  ToX|iiJcai. 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  339 


8)  dcpdvTiv  :  cpaivo)Liai  (IF.  9,  75  u.  76). 

Auch  hier  ist  die  Wurzel  wieder  punktuell  (Delbrück 
V.  8.2,37;  255),  darum  sind  alle  Stellen,  wo  Purdie  cpavfjvai 
wiedergibt  mit  "to  be  seen,  to  be  visible"  anders  aufzufassen, 
«0  lange  es  irgend  angeht,  und  wenn  sie  (S.  76)  sich  dahin 
äussert,  als  effektiv  müsse  man  es  erklären,  "wenn  wir  den 
Punkt  betonen,  dass  das  Tagen,  die  Dämmerung  in  Sicht  kam, 
^konstativ"  dagegen  "wenn  wir  die  Redensart  als  einen  formel- 
haften Ausdruck  betrachten  nur  für  die  Ankunft  der  Dämme- 
rung", so  haben  wir  darauf  folgendes  zu  erwidern:  erstens 
handelt  es  sich  nicht  im  mindesten  darum,  wie  wir  die  Sache 
betrachten  wollen,  sondern  wie  sie  der  Dichter  hingestellt  hat; 
zweitens  bringen  die  Worte  "Tagen,  Dämmerung"  von  vorn- 
herein einen  unerlaubt  durativen  Nebeusinn  mit  sich  und  drit- 
tens kommen  wir  überall  durch,  wenn  wir  (mit  S.  75)  "den 
Nachdruck  legen  auf  das  plötzliche  Emporleuchten  des 
Lichtes".  So  X  73  "alles  ist  schön  für  einen  Gefallenen,  was 
immer  zu  Tag  kommt,  in  die  Erscheinung  tritf\  A  64 
<pdv€CK€v  ''tauchte  (immer  wieder)  auf".  A  734  cpdvri  ^ifa 
i^yov  nicht  "waren",  sondern  "wurden"  Zeugen  eines  mäch- 
tigen Kampfes;  A200:  "er  erkannte  die  Athene;  denn  schreck- 
lich leuchtete  vor  ihm  ihr  Augenpaar  auf". 

Der  Präsensstamm  ist  nicht  so  einseitig  durativ,  wie 
Purdie  meint  (und  anscheinend  auch  Delbrück  V.  S.  2,  37; 
255  annimmt),  z.  B.  M  416  iiifa  be  ccpici  cpaiveio  fp^ov  = 
A  734,  nur  TrapaTaTiKiwc :  "gross  that  sich  (nach  und  nach) 
vor  ihnen  der  Kampf  auf".  V  374  dpeifj  .  .  .  dcpaivei',  da 
vollends  wurde  (im  Verlaufe  des  Eennens)  ihre  Leistungs- 
fthigkeit  offenbar"  (cpdvn:  "ward  offenbar").  I  618  u.  ö.  &^a 
b'  ^01  cpaivo)Li^vTiq)iv  "zugleich  mit  dem  (allmählichen)  Aufgang 
der  Morgenröte". 

9)  eibov  :  öpduü  (IF.  9,  76  u.  77). 

Der  Aorist  soll  nicht  selten  "konstativ"  gebraucht  sein, 
wo  kein  Nachdruck  gelegt  ist  auf  einen  Moment  und  der  Sinn 
•eher  ist  "betrachten,  staunen  über,  vor  seinen  Augen  haben". 
Allein  die  Wz.  ist  eindeutig  punktuell  (Mutzbauer  Grdl.  290/1; 
Delbrück  V.  S.  2,  178;  218;  276;    womit    man    vornehmlich 


a40  Hans  Meltzer, 

auch  zusammenhalte  das  ebenda  S.  82  über  kXGOi  nnd  ^tXtiv 
Bemerkte!). 

r  169  ouTTUü  löov  "habe  noch  nie  zu  Gesieht  bekom- 
men"; K  275  ouK  Tbov  .  .  .,  dXXd  ÄKOucav  "wurden  nicht 
mit  den  Augen,  sondern  mit  den  Ohren  inne";  in  ¥462  soll 
Tbov  "konstativ",  in  463  Ib^eiv  "klärlich  perfektiv"  sein.  Ein 
unbefangener  Beurteiler  wird  eher  umgekehrt  veretehen:  "sie 
hab'  ich  erblickt,  als  ums  Ziel  sie  schössen,  nun  kann  ich 
sie  nimmer  sehen."  In  Wahrheit  beidemal  gleich:  "eben  er- 
blickte ich;  jetzt  aber  kann  mein  Auge  ihrer  nicht  mehr 
habhaft  werden,  ich  vermag  sie  nicht  mehr  in  den  Blick- 
punkt zu  bringen,  aufs  Korn  zu  kriegen"  u.  ä.  A  223 
OUK  fiv  iboic  "es  wäre  dir  wohl  nicht  der  Anblick  zu  teil  ge- 
worden". Auch  A  374  die  cpdcav,  oi  jiiv  Tbovro  nicht  "die 
ihn  sahen"  sondern  "denen  er  zu  Gesicht  gekommen  ist", 
r  194  "breiter  aber  an  Schultern  und  Brust  beim  Erblicken", 
nicht  "beim  Anschauen";  so  E  725  und  sonst  GaöjLia  lb^c6ai. 
E  770  öccov  b'  T^epoeibk  dvf^p  ibev  6q)0aX|LioTciv  |  f^^€voc  iv 
CKOTTif],  Xeuccuiv  im  oTvoira  ttövtov  scheint  wohl  manchem 
unwiderleglich  fttr  Purdie  zu  sprechen:  "Soweit  eines  Mannes 
Gesichtskreis,  Sehbereich  sich  hin  dehnt". 

Allein  auch  hier  trügt  der  Schein.  Wir  haben  zu  tiber- 
setzen: "soweit  ein  Mann  in  nebliger  Ferne  (noch  etwas)  er- 
schaut, noch  mit  dem  Auge  erreicht,  seiner  noch  habhaft 
wird",  also  ausgesprochen  resultativ,  wie  Fäsi  z.  d.  St.  richtig 
darlegt  unter  Hinweis  auf  Diod.  Sic.  5,  42 ;  Mutzbauer  a.  a.  0. 
S.  292  fasst  die  Aktion  Ingressiv  "soweit  ein  Mann  den  Blick 
sendet",  hätte  aber  dann  unmissverständlicher  wenigstens  sagen 
sollen  "entsendet".  V  143  ibibv  im  oivoira  itövtov  nicht  "hin- 
schauend über"  (das  vielmehr  nach  V  323  wäre  öpötuv  oder 
noch  besser  nach  N  4  Ka0opa))Li€voc  dm  Taiav),  sondern  "den 
Blick  werfend  auf",  ebenso  B  384  "wohl  soll  jeder  einen 
prüfenden  Blick  werfen  auf  beide  Seiten  des  Wagens".  0  4flF. 
haben  wir  lauter  punktuelle  Handlungen :  Zeus  erwachte 
(?Tp€To),  trat  hin  aufspringend  (cxfi  b'  dp'  dvatEac),  erblickte 
die  Troer  und  Achäer  (Tbe),  den  Hektor  aber  erblickte  er  (xbe) 
als  einen  Daliegenden  (Keiinevov— durativ).  Purdies  Bemerkung: 
"wo  man  an  die  Szene  denkt,  welche  vor  den  Augen  des  Zeus 
lag",  enthält  wieder  eine  willkürliche  Unterschiebung  dessen, 
was  wir  vielleicht  erwarten,   der  Text  nun  aber  eben  nicht 


Venneintliche  PerfektivieroDg  usw.  341 

bietet.     Genau  so  steht  es  mit  A  600:   "ein  Gelächter  erhob 
sich,   als  sie  den  Hephaistos   umherschnanfend   erblickten'* 
(tbov).     Was  die  Verfasserin  hier  zu  finden  vermeint  ("ihr  Auge 
folgte  der  Gestalt  des  Hephaistos^  wie  er  sich  durch  die  Halle 
tummelte"),  würde  griechisch  bis  auf  den  heutigen  Tag  (mu- 
tatis  mntandis  natürlich!)    vielmehr  diupuüv,  fßXeTTOv,  dOeuuvro, 
Äeuccov  0.  ä.  heissen  und  der  "konstative"  Aorist  hierzu  würde 
nicht  Ibov  lauten,  sondern  fßXeipav,  dGeäcavro.     Wenn  Delbrück 
V.  S.  2,  253  und  Brugmann  Gr.  Gr. '  479  f.  annehmen,   dass 
6^lo^al  nachträglich  von  öpduü  aus  auch  die  imperfektive  Be- 
deutung "werde  vor  Augen  haben",    bezogen  hätte,  so  wäre 
zu   erwägen,    ob   nicht  E  119  f.    oibi   ^li   qpriciv  |  bripöv   fr' 
öipecOai  XajiiTpöv  qpdoc  ^eXioio  zu   wenden  ist  "er  bestreitet, 
dass  ich  noch  lange  das  Sonnenlicht  erblicken  werde",  mit 
einer  ungenauen  Verkürzung  anstatt  "dass  ich  noch  lange  im- 
stande sein  werde  einen  Blick  auf  die  Sonne  zu  werfen".    Bei 
Homer  ist  das  die  allereinzigste  Stelle  gegen  22,  wo  es  punk- 
tuell ist  (Mutzb.  290).     Dazu  wird   es  bei  Vulfila  immer  mit 
ga-saihan  gegeben  (C.  Recha  Verbalpräf.  Dorp.  1893,  S.  110). 

10)  TcX^uj  (oder  reXeiuj)  :  dreXecca  (IF.  9,  77  u.  78). 

Der  Aorist  soll  "konstativ"  hier  "bezeichnen  das  Bewerk- 
gtelligen  der  Vollendung,  d.  b.  er  bezeichnet  nur  die  Anstrengung, 
das  erstrebte  Ziel  zu  erreichen,  ohne  zu  betonen,  dass  dieses 
jemals  wirklich  erreicht  wurde".  A  108  k6Xöv  b\  ouie  ti  ttui 
elirac  Jttoc  oub'  di^Xeccac  """Du  hast  weder  gesprochen  von  noch 
gearbeitet  an  irgend  einem  guten  Ding".  Nein,  sondern :  "und 
da  hast  noch  nie  etwas  Rechtes  geäussert  und  fertig  ge- 
bracht": so  gut  eTirac  perfektiv  ist  (Mutzbauer  Grdl.  325; 
Delbrück  V.  S.  2,  259),  so  gut  ist  es  das  parallele  di^Xeccac. 
T  22  übersetze:  "Der  Gott  schuf  Waffen,  wie  sie  kein  Sterb- 
licher hingebracht  hätte  (leXeccai)".  0  228  nicht:  "weil 
der  Streit  nicht  ohne  Mühe  geführt,  betrieben  (carried  on), 
Bondem  zur  Entscheidung  gebracht  worden  wäre"  (oö  Kev  .  .  . 
TeX&eri). 

Was  sodann  leXeiv  betriflFt  in  der  Bedeutung  "zahlen", 
80  braucht  N  377  nicht  notwendig  hierher  gezogen  zu  werden, 
da  man  auch  verstehen  kann :  "und  wir  würden  dir,  wenn  wir 
dies  zugesagt  hätten,  es  auch  erfüllen".  Damit  reicht  man 
auch  (t>  457  aus,   doch  ist  es   nicht  zu  bestreiten,    dass  viel- 

ludogermanische  Forschungen  XII  3  u.  4.  23 


L. 


342  Hans  Meltzer, 

leicht  die  Recht  haben,  welche  dieses  reXeiv  von  dem  anderen 
trennen.  Prellwitz  Gr.  Etym.  (Gott.  1892)  bringt  es  s.v.  zwei- 
felnd mit  rXfivai  in  Zusamenhang,  Fick  B.  B.  16,  290  ein- 
leuchtender mit  germ.  geldan,  got.  güd,  lit.  geliüti,  griecb. 
(Hesych)  t^XOoc.  Dann  hiesse  reXkcai  gleichfalls  resnltativ 
"erstatten,  entrichten". 

Über  den  Präsensstamm  handelt  Purdie  gut,  obschon  er 
statt  durativ  besser  finitiv  genannt  würde.  Wenn  sie  bemerkt, 
dass  er  im  Unterschiede  vom  Aorist  nur  ""a  partial  fulfilmen^ 
of  the  desired  end^  bezeichne,  so  trifift  sie  hierin,  natürlich , 
ohne  ihn  zu  kennen,  merkwürdig  zusammen  mit  dem  oben  au- 
geführten Eohn. 

11)  nKouca  :  dKOuu)  (IF.  9,  78  u.  79). 

flKOuca  "konstativ"  heisst  nach  Purdie  "habe  zugehört*' 
Da  das  Verbum  an  sich  nicht  punktuell  sein  wird,  so  halte 
ich  diese  Bedeutung  für  durchaus  möglich.  Andererseits  be- 
zweifle ich,  ob  sie  gerade  für  die  einzelnen  mitgeteilten  Bei- 
spiele zutrifft.  TT  531  heisst:  "er  merkte,  dass  sein  Flehen 
die  Gottheit  rasch  erhört  hatte"  (natürlich  nicht  "rasch  zu- 
gehört hatte").  A  381  ebenso,  B  98  '"die  Herolde  beschwich- 
tigten sie,  ob  sie  wohl  innehielten  d.  h.  Halt  machten  mit 
dem  Geschrei  und  die  Könige  erhörten".  Z  334  cu  bk  cOvOeo 
Kai  iLieu  Skoucov  "du  aber  pass'  auf  (eigentl.:  raflFe  dich  zu- 
sammen, punktuell)  und  vernimm  (ebenso)  m.  Worte".  I  262: 
"Du  merk'  auf,  spitz'  das  Ohr";  K  276  entscheidet  schon  der 
Parallelismus  mit  löov:  ""sie  wurden  sein  inne,  nicht  durchs 
Auge,  sondern  durchs  Ohr",  O  98  ""unhold  musst'  er  dessen 
Autwort  vernehmen"  (fiKOucev).  Q  767  "aber  noch  nie  hab' 
ich  von  dir  ein  böses  oder  schnödes  Wort  bekommen" 
(ÄKOuca) :  was  hätte  es  dagegen  für  einen  Sinn  zu  sagen  '"noch 
nie  hab'  ich  ein  böses  Wort  von  dir  angehört"?  <t)  475 
"dass  mir  nur  nicht  wieder  zu  Ohren  dringe  (dKOuciw),  wie 
du  dich  rühmst".  Z  166  "den  Herrscher  erfasste  Groll,  wie 
er  solches  erfuhr"  (ÄKOucev);  selbst  A  396  versteht  man  leicht 
"oft  hab'  ich  vernommen,  ward  ich  Ohrenzeuge,  wie  du 
dich  rühmtest",  obschon  auch  "konstative"  Auffassung  möglich 
ist:  "oft  hab'  ich  dir  zugehört,  bin  ich  Ohrenzeuge  ge- 
wesen". 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  343 

12)  &Tnv  :  kTttMai  (IF.  9,  79—81). 
Es  ist  ein  Irrtum  von  Purdie  u.  a.,  dass  kraiiai  und 
^darnach  fcniv  ohne  weiteres  'Tconstativ"  bedeuten  könne  ''stehe 
(stand)";  beide  heissen  an  sich  *trete  (trat)",  jenes  linear, 
dieses  punktuell  (Mutzbauer  Grdl.  184  ff.,  Delbrück  V.  S.  2, 
78;  218;  338).  T  210  cTdvriwv  \ikv  Mev^Xaoc  UTieipexev  eupeac 
&IL10UC  nicht  '"wenn  sie  standen",  sondern  aufstanden"  (Mutz- 
bauer 186).  X  273  ff.  Achilleus  jagt  hinter  Hektor  drein,  da 
hemmt  ihn  Athene  mit  dem  Zuruf  crfiOi!  ''halt  ein!''  A  243 
TicpG*  ouTiuc  &TTiT€  "was  habt  ihr  euch  so  dahin  gestellt", 
wozu  Monro  A  Gramm,  of  the  hom.  dial.^  (Oxford  1891),  S.  65: 
(vulg.  ?cTTiTe  ''an  impossible  form)".  Über  0  6  s.  ob.  unter 
€lbov.  Q  360  CTfi  bk  Taq)u)v  natürlich  "machte  entsetzt  halt", 
nicht  "stand  da."  T  216  ff.  "aber  so  oft  Odysseus  aufsprang, 
trat  er  allemal  hin  (crdcKev),  nieder  warf  er  den  Blick" 
(Tb€CK€).  Z157f.  das  einemal  fuhr  er  auf  (dvatEacxe),  das  andere- 
mal  machte  er  Halt  (cidcKc).  Ähnliches  haben  wir  bei  icra- 
^lai  zu  bemerken.  A  54  rduiv  ou  TrpöcG'  icraiiiai  nicht  "I  do 
not  stand  (so  auch  irrig  Mutzbauer  191)  in  front  to  protect 
him",  sondern  "ich  stelle  mich  nicht  vor  sie  hin".  Auch 
die  sprichwörtliche  Redensart  K  173  vOv  .  .  .  dirl  EupoO  icTaiai 
dKjLific  bedeutet  nicht  "es  steht  auf  des  Messers  Schneide",  son- 
dern "es  tritt,  kommt  jetzt  darauf".  Höchst  lehrreich  ist 
dafür  Simonid.  fr.  97  (158)  bei  Bergk.  Anthol.  lyr.»,  293:  dK^äc 
icraKuTav  dm  Eupoö  'EXXdba!  N  263  "denn  nicht  ists  meine 
Art  so  allmählich  fernwegtretend  (kidinevoc)  zu  kämpfen 
(vgl.  damit  v.  261  kiaöi'  =  stehend"!).  TT  166  falsch  Voss 
"auch  in  der  Schar  stand  Achilleus",  vielmehr  na<;h  dem  Zu- 
sammenhang "unter  sie  trat  (immer  wieder)  A.,  vgl.  v.  155  f.: 
Mup)Liibövac  b'  dp'  diTOixö)Lievoc  0iüpTiEev  'AxiXXeiic  |  irdvxac  dvd 
kXiciqc:  er  ging  somit  der  Reihe  nach  von  Zelt  zu  Zelt.  Z  496 
"die  Weiber  aber  hin  tretend  (icidiiievai  :  malt!  Mutzb.  Grdl. 
184)  an  den  Thorweg  schauten  bewundernd  zu",  feiner  als 
feniKuiai,  weil  es  zugleich  andeutet,  wie  sie  auf  das  Getön 
herauskommen  aus  dem  Hause,  dessen  Geschäfte  sie  verlassen 
haben:  es  liegt  in  dem  Präsens  noch  ein  Stück  Bewegung, 
die  in  kniKuTai  erloschen  wäre.  Völlig  zutreffend,  abgesehen 
von  dem  wunderlichen  Namen  '^semi-perfektive"  kennzeichnet 
Purdie  (S.  80  u.)  die  Eigenart  der  Form  mit  den  Worten:  ""to 
(gradually)  take  up  one's  stand". 


« 


« 


344  Hans  Meltzer, 

13)  ^Tvuüv  :  TiTViiiCKUJ  (IF.  9,  81  u.  82). 

Beachtenswert  ist;  dass  die  Verfasserin  selbst  bemerkt^ 
hier  erseheinen  keine  Beispiele  des  Aorists,  die  notwendig  in 
konstativem''  Sinn  gefasst  werden  müssen  (*Vissen,  aufmerksam 
sein  anP);  das  hängt  damit  zusammen,  dass  die  Wurzel  punk- 
tuell ist  (Delbrück  V.  S.  2,  61  vgl.  mit  252). 

Was  das  Präsens  angeht,  so  liegt  eine  (auch  von  Del- 
brück y.  S.  2,  61  angedeutete)  Schwierigkeit  in  der  Thatsache^ 
dass  es  ebensowohl  incohativ  bedeutet  "erkenne  (allmählich)", 
als  durativ  ""kenne";  es  findet  hierbei  etwas  Ähnliches  statt 
wie  bei  q)€ÜTU),  über  das  man  vgl.  Delbrück  V.  S.  2,  83,  wo 
indes  der  Ausdruck  "gemischte  Aktion",  den  er  sonst  (S.  69) 
auf  die  sowohl  punktuell  als  nichtpunktuell  gebrauchten  Wurzeln 
anwendet,  besser  etwa  durch  ""zweiseitige  Aktion"  ei-setzt  würde. 

Das  Ergebnis  unserer  Nachprüfung  der  von  Purdie  her- 
angezogenen Verben  aus  Homer  geht  dahin,  dass  die  per- 
fektive Bedeutung  des  Aorists  vor  der  "konstativen" 
noch  viel  stärker  überwiegt,  als  die  Verfasserin  schon 
an  und  für  sich  annimmt.  Für  die  Entwickelungsgeschichte 
der  Bedeutung  des  griechischen  Aoriste  können  wir  freilich 
weder  ihrer  noch  unserer  Aufstellung  einen  erheblichen  Wert 
beimessen.  Denn  dazu  ist  das  Beobachtungsmaterial  unendlich 
viel  zu  beschränkt  und  ferner  viel  zu  willkürlich  herausge- 
griffen. Wer  bürgt  uns  daflir,  dass  nicht  etwa  ganz  anderes 
herauskäme,  wenn  wir  sämtliche  Verben  in  allen  Aoristfornien 
heranzögen?  Eine  klarere  Einsicht  in  diese  Dinge  wird  sich 
nur  gewinnen  lassen  durch  die  Ausführung  der  von  Delbrück 
V.  S.  6, 238  gestellten  Aufgabe,  den  "punktualisierenden"  Aorist 
bei  Homer  im  Zusammenhange  mit  statistischer  Vollständigkeit 
zu  behandeln ;  freilich  wird  bei  der  Mehrdeutigkeit  vieler  Fälle 
eine  ganz  reinliche  Scheidung  auch  so  nicht  durchweg  zu  er- 
reichen sein,  uns  muss  vorerst  der  Nachweis  genügen,  dass 
Purdies  Voraussetzungen,  soweit  sie  auf  Homer  fussen,  einer 
sicheren  Grundlage  durchaus  entbehren. 

IV. 

Denselben  Nachweis  suchen  wir  nunmehr  für  den  Kern- 
punkt der  Lehre  Purdies  zu  erbringen.  Wir  bestreiten  zu- 
nächst   die    thatsächliche   Möglichkeit   stets   mit   der   nötigen 


Vermeintliche  Perfektivierunsr  usw.  345 


e 


Sicherheit  festzustellen,  wenn  das,  was  Purdie  "^material  meaning" 
nennt,  d.  h.  die  sinnliche  Grundbedeutung,  noch  lebendig  und 
^ann  es  erloschen  ist,  worin  doch  die  Verwendbarkeit  zum 
Zwecke  der  Perfektivierung  begründet  sein  soll.  Von  "einem 
scharfen  Gegensatz*'  kann  hier  m.  E.  gar  nicht  die  Rede  sein, 
4arin  wird  Herbig  gegen  Purdie  (S.  86  oben)  durchaus  im 
Rechte  bleiben.  Femer  sehe  ich  nicht,  warum  man  sich  auf 
CUV,  bid,  KttTd  beschränkt;  S.  90  verweist  Purdie  selbst  auf 
Thuc.  3,  70,  4  d7ro-9UYU)v,  und  Brugmann  Gr.  Gr.  *,  482  nimmt 
die  letztere  Präposition  ausdiUcklich  auf;  weshalb  sollte  man 
nicht  auch  an  ävd,  eic,  Ik  denken?  Ja,  selbst  iLierä  darf  nicht 
bei  Seite  bleiben!  Man  beachte  nur,  wie  oIkcTv  "siedeln"  stets 
kursiv,  dagegen  )Li€T0iKeTv  ''umsiedeln"  stets  terminativ  ist!  Fürs 
Gotische  gibt  Streitberg  PBrB.  15,  80  ff.  sämtlichen  Prä- 
figierungen  die  in  Rede  stehende  Kraft.  Weiterhin  war  ein 
Gesichtspunkt  nicht  zu  übergehen,  den  die  (von  Purdie  S.  87 
angeführte,  aber  als  für  unseren  Zweck  wertlos  bezeichnete) 
Dissertation  von  D.  H.  Holmes  Die  ra.  Präp.  zusges.  Verb.  b. 
Thuk.  Berlin  1895  trefflich  zur  Geltung  bringt,  dass  nämlich 
verschiedene  Verben  sich  zu  verschiedenen  Präpositionen  ver- 
schieden verhalten,  wozu  man  noch  hinzufügen  mag,  dass  das- 
selbe Verbum  mit  verschiedenen  Präpositionen  eine  etwas  an- 
ders gefärbte  Schattierung  ergeben  kann. 

Sodann  dürfte  Purdies  Einwurf,  Herbig  habe  übersehen, 
dass  von  Homer  bis  Polybius  eine  Verschiebung  der  Bedeutung 
des  Aoristes  stattgefunden  habe,  die  reinste  petitio  principii 
sein:  dass  dies  der  Fall  gewesen,  steht  ja  eben  erst  zu  be- 
weisen, und  Herbig  hat  ihm  überdies  in  seiner  vortrefflichen 
Arbeit  zum  Voraus  die  Spitze  abgebrochen  (IF.  6,  S.  233). 
Schwer  ins  Gewicht  fUllt  schon  der  Umstand,  dass  nach  der 
übereinstimmenden  Auffassung  sämtlicher  beachtenswerter  For- 
scher einschliesslich  Brugmanns  Gr.  Gr.',  477  sich  seit  Anbe- 
ginn der  griechischen  Überlieferung  bis  auf  den  heutigen  Tag 
das  Sprachgefühl  gerade  auf  dem  Gebiete  der  Verbalaktionen 
nicht  geändert  hat.  B.  Huebner  z.  B.  spricht  in  einer  Abhand- 
lung über  die  Zeiten  bei  Aeschylus  (Diss.  Hai.  4,  1880,  S.  112) 
von  einer  "mirifica  constantia",  was  Wecklein  in  Burs. 
Jbb.  6  (1878),  S.  257  kurz  zuvor  so  ausgedrückt  hatte:  "der 
Gebrauch  der  Tempora  zeigt  von  den  ältesten  Stufen  bis  in 
die  jüngste  Periode  des  Sprachlehcns  und  in  allen  dialektischen 


Ha 


«  Meltz. 


Verzweig^ungeu  .  .  .  eine  dberraBchcnde  Gleichmfiggjg- 
keit".  Eiiteprecheud  lesen  wir  bei  Goodwin  Syntax  of  the 
moods  and  tenses  of  the  greek  verb.  London  (1897),  S.  17: 
"It  mnst  not  be  tbougbt  from  these  oceaBional  examples,  that 
the  Greeks  of  any  period  were  not  fully  alüve  to  the  distine- 
tJon  of  the  two  tenses  and  could  not  use  ig  with  skill  au  ni- 
cety."  Sehr  gut  "But  the  Greeks,  like  other  workmeti,  did 
not  eure  to  use  their  finest  tools  on  eveiy  occasiou  and  it  is 
often  necessary  to  remeniber  tbis  of  we  woiUd  avoid  bair  spüt- 
'  ting".  Anch  bei  der  Erforsebung  des  Spracbgebrauche  der 
späteren  Schriftsteller  ist  man  immer  wieder  zu  denifielben 
Ergebnis  gelangt,  über  den  dem  3.  Jahrb.  v.  Chr.  augehöri- 
gen cyniachen  Moralprediger  schreibt  H.  v.  Mllller  De  TeleÜB 
eloc.  Freib.  1891  S.  25  "In  teinpornm  usu  fere  convenit  Te- 
leti  eum  st'.riptoribus  attieis".  Für  Polyhius  braueben  wir  nur 
auf  Hultschs  oft  genannte  Abbandlungen  zu  verweisen,  ftlrDio- 
dorus  Siculus  auf  Tb.  Hultsch  De  eioc.  D.  S,  De  usu  aor.  et 
iniperf.  I,  Halle  1893,  für  Diouys  v.  Halikarnoss  auf  K.  Rotb 
D,  erz.  Ztf.  bei  Dionys  v.  H.,  Bayreuth  1897.  Dem  HeUenis- 
muB  und  der  KOivii  stellt  Hatitidakis  in  den  Gott.  Gel.  \m. 
1899,  iilS  das  Zeugnis  aus,  dass  zwischen  Imperfekt  und  Ao- 
rist keine  Venvirrnng  eingetreten  sei,  weil  nocli  das  Neu- 
griechische die  beiden  Aktionen  scharf  auseinanderhalte.  Das 
Ergebnis  von  J.  Compernass  De  senn.  graec.  volg.  I'isid,  Pbryg. 
merid,  Bonn  189ü,  S.  33  sehliesst  sieh  hier  an.  Wenn  R. 
Dietericb  Unters,  z.  Gesch.  tl.  gr.  Spr.,  Byzantin.  Arcb.  1  (1898), 
241  fUr  die  nach  klassische  Zeit  eine  vorllbergehende,  Ortlieh 
beschränkte  Abscbwächung  des  Dnterscbeidungsvemiögeus  an- 
nimmt, so  zwiugen  die  Thatsacben  biezu  nicht.  Auch  bei  A. 
Thnmb  (D.  gr.  Spr.  i.  Ztalt.  d.  HellenismtiB,  Strassbnrg  1901, 
S.  15\  bedauern  wir,  dass  er  sich,  wohl  durch  dieses  urteil 
Dieteriehs  und  die  Stimme  einiger  bei  Wilb.  Schmidt  a.  a.  0. 
genannter  Gelehrter,  hat  bewegen  lassen,  zuzugeben,  dass  auf 
unserem  Gebiete  eine  sog.  "übergangserscheinnng"  vorliege; 
in  Wahrheit  beruht  diese  .\nnabme  z.  T,  auf  nngentigendcr 
Beobachtung,  z.  T,  auf  irrigen  Voraussetzungen  über  das  We- 
sen der  Verbalstämme,  wie  wir  sie  oben  aufgedeckt  haben. 
Ist  so  der  Aorist  immer  und  Überall  das  eigentliche  organische 
Mittel  gewesen,  die  Perfektivität  ku  benciehnen,  so  lag  gar 
keiD  ersicbtiieher  Grund  vor,  ihn  durch  ein  so  mechauiscbcs 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  347 

und  überdies  so  nndentliches  zu  verdrängen  wie  die  Präfigie- 
ning  ist;  selbst  im  Italischen  und  Germanischen;  die  insofern 
ganz  anders  gestellt  sind,  als  sie  nach  dem  Verluste  des  ur- 
sprünglichen Aoristes  nach  einem  Ersätze  suchten.  ''Surrogate 
sind  keine  Äquivalente'',  wie  'der  geistvolle  Rümelin  sagt, 
und  das  Griechische  hatte  es  nicht  nötig  auf  solchen  Krücken 
einherznhumpeln;  es  vermochte  allzeit  auf  selbstgewachsenen 
Füssen  zu  gehen,  ja  auf  federnden  Sohlen  zu  schweben ! 

Weiterhin  kann  man  nicht  davon  reden,  dass  Thukydides 
und  Xenophon  geeignet  seien  "eine  stufenmässige  Abnahme 
der  perfektiven  Kraft"  des  einfachen  Aorists  zu  enthüllen. 
Jedenfalls  könnte  eine  so  weitgehende  Behauptung  erst  dann 
den  Anspruch  auf  Beachtung  erheben,  wenn  sie  sich  auf  eine 
lückenlose  Statistik  beriefe,  zu  der  tüchtige  Ansätze  vorliegen 
in  Hultschs  Arbeit  u.  bei  C.  W.  E.  Miller  a.  a.  0.  S.  142. 
Vor  allem  ist  wie  bei  letzterem  Herodot  zu  berücksichtigen, 
den  Purdie  unbegreiflicherweise  völlig  bei  Seite  lässt,  obwohl 
ihm  als  dem  geborenen  Vermittler  zwischen  Epik  und  Geschicht- 
schreibung doch  gewiss  eine  geradezu  führende  Rolle  gebührt, 
wie  auch  Streitberg  bemerkt. 

Endlich  haben  wir  uns  noch  zu  veranschaulichen,  welche 
Schlüsse  für  Purdie  aus  ihren  Voraussetzungen  entspringen 
(s.  bes.  IF.  9,  82—86).  Nach  ihr  wäre  a)  vom  verbum  Sim- 
plex a)  das  imperf.  "durativ"  ß)  der  Aorist  "konstativ"  b) 
vom  verbum  compositum  a)  das  imperf.  "durativ-perfektiv" 
(linear-perfektiv),  ß)  der  Aorist  "momentan- perfektiv"  (punk- 
tuell) und  zwar  entweder  aa)  iugressiv  oder  bb)  effektiv.  Frei- 
lich muss  dann  die  Verfasserin  sogleich  selbst  einzuräumen  "es 
scheint  im  besten  Falle  zweifelhaft,  ob  es  möglich  sein  wird, 
bei  den  Kompositis  Ipf.  u.  Aorist  nach  diesem  Gesichtspunkt 
zu  scheiden".  Steht  es  so,  so  gesellt  sich  zu  den  bisherigen 
Anstössen  noch  ein  weiterer,  nämlich  der,  dass  zwei  ganz  ver- 
schiedene Stämme  ganz  die  gleiche  Bedeutung  hätten.  Wir 
werden  das  Unhaltbare  alP  dieser  Annahmen  am  besten  auf«- 
decken,  wenn  wir  nachweisen,  dass  a)  bei  den  Simplizien  a)  das 
Ipf.  nicht  bloss  durativ,  sondern  auch  incohativ  usw.  auftritt; 
ß)  der  Aor.  nicht  nur  "konstativ",  sondern  auch  perfektiv 
steht;  b)  bei  den  Kompositis  a)  das  Ipf.  nicht  linear-  (und 
noch  weniger  punktuell-)  perfektiv  erscheint,  sondern  imperfektiv 
(und  zwar  begreiflicherweise,  da  die  Präpositon  die  Richtung 


348  Hans  Meltzer, 

angibt,  gern  terminativ,  bes.  finitiv),  ß)  der  Aorist  nicht  bloss 
punktuell-,  sondern  auch  linear-perfektiv  f  konstativ'*  bei  Pur- 
die)  gebraucht  wird.  Natürlich  kann  das  nicht  bei  jedem  Verb 
geleistet  werden,  aber  es  genügt  an  sich  schon  je  ein  einziges 
sicheres  und  eindeutiges  Gegenbeispiel. 

1)  9€ÜTU)  (IF.  9,  87—90). 

Dieses  Zeitwort  verdient  ganz  besonders  hervorgehoben 
zu  werden.  Denn  von  ihm  geht  eigentlich  die  Wiederauf- 
nahme der  ganzen  Frage  aus,  die  uns  hier  beschäftigt.  K. 
Brugmann  hatte  sich  nämlich  Gr.  Gr.*  §  154,  Anm.  so  geäussert: 
''Der  Gegensatz  der  präsentischen  und  der  aoristischen  (imper- 
fektiven und  perfektiven)  Aktionsart  konnte,  wie  in  anderen 
Sprachen,  so  auch  im  Griechischen  überdies  dadurch  zum  Aus- 
druck gebracht  werden,  dass  man  zur  Dai*stellung  der  letzteren 
Aktionsart  eine  Präposition  zu  Hülfe  nahm  (vgl.  Xenoph.  Hellen. 
1,  6,  16  Kövujv  b'  f9€UT€  TaTc  vauciv  efl  nXeoucaic  Kai  Kaxa- 
q)€ux€i  elc  MuTXrivTiv  xfic  A^cßou  "die  SchiflFe,  mit  denen  K.  auf 
der  Flucht  war,  segelten  gut,  und  er  gelangte  glücklich  nach 
M.).  Während  u.  a.  C.  Recha  a.  a.  0.  S.  60  (vermutlich  in 
Kenntnis  dieser  Stelle)  bemerkt,  KaTa9€UT€iv  heisse  so  fliehen, 
dass  man  das  Resultat  erreicht,  also  entkommen,  so  hat  Brug- 
mann selbst  Gr.  Gr.^  (1900)  obige  Stelle  unterdrückt,  wie  wahr- 
scheinlich ist,  wegen  des  von  Herbig  IF.  6,  229  erhobenen 
Einwandes,  sie  sei  nicht  beweiskräftig,  weil  das  praes.  histor. 
(KaxaqpeuTCi)  auch  den  Aor.  vertreten  könne.  Allein  es  dürfte 
Herbig  entgangen  sein,  dass  er  in  Widerspruch  mit  sich  selbst  ge- 
raten ist,  insofern  er  S.  257  die  Erklärung  des  trefflichen  Moller 
billigt,  der  Philol.  8  (1853),  122  bestreitet,  dass  präs.  bist,  und 
aor.  aktiousgleich  seien.  Wie  mir  scheint,  mit  Recht,  weun 
anders  Delbrück  V.  S.  2,  262  mit  anderen  das  Wesen  des 
ersteren  darin  erkannt,  dass  es  den  Vorgang  auf  der  Bühne 
des  Geschehens  vor  dem  Auge  des  Zuschauers  vorüberziehen 
lässt.  Auch  Kohlmann  De  verb.  graec.  tempp.  S.  6  setzt  es 
dem  ipf.  gleich,  nur  dass  es  nicht  wie  dieses  die  Zeitstufe  be- 
zeichne und  eben  nur  die  actio  infecta  zum  Ausdruck  bringe. 
Auf  dasselbe  kommt  Huebner  hinaus  a.  a.  0.  S.  133.  Vgl. 
Hultsch  a.  a.  0.  S.  6.  Nach  Herbig  a.  a.  0.  191  ferner  wird 
im  Slavischen  das  praes.  bist,  vom  imperfektiven  Stamm 
gebildet,    dagegen  das  den  Aor.  vertretende  narrativum  vom 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  349 

perfektiven.  Nach  Musiß  endlieh  (bei  Herbig  a.  a.  0.  259)  er- 
scheint in  gnomischen  Sätzen  griech.  (und  kroatisch)  bei  im- 
perfektiver Aktion  das  Präsens,  bei  perfektiver  der  Aorist. 

Trotzdem,  meine  ich,  hat  Brugmann  gut  daran  gethan, 
auf  das  Beispiel  zu  verzichten,  und  zwar  wegen  des  Zusammen- 
hangs. Wie  ich  glaube,  muss  dieser  so  verstanden  werden: 
§  15  Kallikratidas  Hess  dem  Konon  sagen,  er  werde  ihm  das 
Handwerk  auf  dem  Meere  legen.  '/Da  er  ihn  nun  (genau) 
erblickt  hatte  (KaTibiiv),  wie  er  in  die  See  zu  stechen  sich 
anschickte  (dvaTÖjievovj,  begann  er  ihn  zu  verfolgen  (dbiuj- 
K€v),  indem  er  ihm  die  Fahrt  nach  Samos  abzuschneiden 
suchte  (uT^OT€|Llvö^€voc),  auf  dass  er  nicht  doii;hin  entkäme 
(cpÜTOis.  u.!);  trotzdem  (bt)  suchte  Konon  zu  fliehen  (f9€UT€) 
mit  seinen  Schiffen,  die  gut  segelten  (nXeoucaic),  weil  von 
vielen  Mannschaften  die  besten  Ruderer  auserlesen  worden 
waren  (dKXeX^x^ai),  und  zwar  (koi)  nimmt  er  seine  Zuflucht 
(noch:  hinab  von  der  hohen  See?  —  KaTa9€UT€i)  nach  Myti- 
lene  auf  Lesbos."  Bei  dieser  Wiedergabe  verliert  KaTa9€UT€i 
den  Schein  der  Tautologie  gegenüber  f9€UT€  und  hat  seinen 
guten,  den  Gedanken  fortleitenden  Sinn:  Konon  nimmt  nun- 
mehr seinen  Kurs  nicht,  wie  Kallikratidas  vorher  gedacht, 
nach  Samos,  sondern  nach  Mytilene,  vermutlich,  weil  letzteres 
der  von  den  Hekatonnesoi  näher  lag,  auf  der  er  nach  Diod. 
13,  77  übernachtet  hatte.  Geradezu  entscheidend  jedoch  spricht 
m.  E.  für  unsere  Deutung  der  weitere  Zusammenhang:  aus 
diesem  ergibt  sich,  dass  Konous  Versuch  nicht  ge- 
lang! §  16:  Kallikr.  brachte  es  fertig  mit  ihm  in  den  Hafen 
einzudringen  (cuveic^TrXeucev),  was  kein  Wunder  ist,  da  er 
mit  nicht  weniger  als  170  Schiffen  hinter  ihm  her  war  (biub- 
ku)v),  während  Konon  nach  Diod.  13,78  bloss  40  hatte.  §  17: 
Kövujv  bt  ibc  ^9611  UTTÖ  TUüv  7ToX€^lUJV  KaTaKU)Xu0€ic,  i^vax- 
KdcBti  vaujuaxficai  (einzutreten  in  .  .  .)  Kai  dTTiiXece  vauc 
ipidKCVTa  (von  40,  also  Rest  10!).  Darnach  dürfte  es  über 
jeden  Zweifel  erhaben  sein,  dass  KaraqpeuTei  in  §  16  nicht 
effektiv-resultativ  sein  kann.  Wie  diese  Bedeutung  gegeben 
wird,  zeigt  das  Simplex  §  16  9UT01  und  §  23  f(puT€  (wo 
beidemal  "entkommen"  nach  der  Umgebung  besser  entspricht 
als  das  in  sich  nicht  unmögliche  ingressive  "entfliehen")  und 
die  Komposita  §17  o\  bk  ävbpec  eic  Tf|v  yf]v  d7Te9UTOv  und 
§  22  f]  b'  im  Toö  'EXXticttövtou  9UT0uca  vauc  bieqpuxe  "das 


350  Hans  Meltzer, 

Schiff,  das  die  Flucht  in  der  Richtung  auf  d.  H.  ergriffen 
hatte,  entkam/'  Man  sieht,  in  der  Aktion  sind  Kompositum 
und  Simplex  ganz  gleich.  Zum  Ausdruck  der  Perfektivität 
dient  in  beiden  Fällen  einzig  der  Aorist.  Aber  in  diesem 
durchaus  feststehenden  Rahmen  bietet  der  Wechsel  doch  einen 
kleinen  Vorteil:  er  macht  es  möglich,  da  wo  der  Zusammen- 
hang es  wünschenswert  erscheinen  lässt  wie  in  §  17,  innerhalb 
der  actio  perfectiva  die  beiden  Abtönungen  der  ingressiva 
(f9UT€)  und  der  eflfectiva  oder  resultativa  (dn-,  bi-,  dE-^q)irre) 
zu  klarer  Anschauung  zu  bringen.  Dem  entspricht  es,  dass 
bei  der  actio  infecta  das  Simplex  (f9€UT0v)  deutlicher  die 
durative,  das  Kompositum  (bi^qpeuTOv)  die  finitive  Färbung 
hervortreten  lassen  kann.  Etwas  anders  dürfte  es  schon  bei 
xaTaqpeüxu)  stehen.  Wenigstens  kommt  der  Aonist  KaT^9UT€ 
oft  genug  Ingressiv  vor  "nahm  seine  Zuflucht  zu*'  (z.  B.  Thuc. 
1,  62,  6;  4,  54,  2;  4,  68,  3;  4,  96,  4;  6,  100,  2  usw.);  auch 
wird  es  im  Unterschiede  von  anderen  Kompositis  mit  q)€uxu> 
nicht  wohl  ohne  Angabe  der  Richtung  gefunden  werden.  Bei 
Polyb.  finden  wir  dies  alles  vollauf  bestätigt:  1,  34,  8  sind 
o\  cpuTÖviec  "die  sich  auf  die  Flucht  gemacht  hatten",  qui 
in  fugam  sc  coniecerant,  folglich  ist  das  Simplex  gleich  hier 
ingressiv  ebenso  wie  1,  54,  6  9UTeiv  "die  Flucht  ergreifen". 
14,  8,  13  gibt  Purdie  selbst  zu,  dass  öXitoi  f9UT0v  äv  nur 
heissen  kann  "wären  entkommen",  räumt  also  dem  Simplex 
gegen  ihre  eigene  Voraussetzung  eflfoktiven  Sinn  ein.  Überdies 
jedoch  hätte  sie  dies  nicht  nötig  gehabt,  wenn  sie  das  Hiatus- 
gesetz beachtet  hätte.  Zweifellos  hat  Büttner -Wobst  Recht, 
wenn  er  (mit  Dindorf)  schreibt  \bi)€(puTOV,  was  in  Unzialschrift 
OAirOIAIE0YrONAN  so  gut  wie  kein  Hindernis  und  in  5,  23, 
5  Ol  bk  XoiTTOi  bi^qpuTOv  einen  positiven  Halt  findet. 

Wenn  Purdie  8.  88  unten  vollends  meint,  das  Präsens 
des  Kompositums  sei  so  sehr  Stellvertreter  des  Aoristes,  dass 
es  deshalb  "gnomisch"  stehen  könne,  so  ist  dies  ein  entschie- 
dener Irrtum;  das  sogenannte  zeitlose  Präsens  hat  auch  beim 
Simplex  ganz  gewöhnlich  diesen  Sinn,  s.  Krüger  Gr.  Sprach!.^ 
(1875),  S.  167;  Kühner-Gerth «  (1898)  1,  132. 

3,  105,  6  dvexwpouv  Kai  KaxeqpeuTOv  beweist  der  Paral- 
lelismus mit  dem  ersten  Verb,  dass  auch  das  zweite  imper- 
fektiv (kursiv)  genommen  werden  muss,  ganz  abgesehen,  dass 
der  Hiatus  mitwirkt.     Ebenso  3,  15,  9  ^xP^to,   KaT^q)€irr€;  1, 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  351 

40,  8  TTpocTdEac  .  .  .  XPflcOai .  .  .,  öxav  b'  iKmiliDwax,  Kaxa- 
q)euT€iv  elc  -rtiv  Td9pov  er  befahl  ihnen,  wenn  sie  allemal  so 
nach  und  nach  verdrängt  würden,  die  Flucht  zu  versuchen 
(konativ)  hin  (ab)  zu  dem  Graben;  KaTa9UT€Tv  wäre  nicht  un- 
möglich in  der  Bedeatung  die  Flucht  zu  ergreifen  —  ingressiv. 
Dagegen  ausgeschlossen  wäre  die  effektiv-resultative  Auf- 
fassung "die  Flucht  zu  vollbringen",  weil  dazu  seine  Befehls- 
gewalt und  ihr  Gehorsam  nicht  ausreichen. 

Ganz  für  Purdie  und  gegen  mich  scheint  zu  sein  Thuc. 
3,  40,  4  (lies  5):  dEiiicaie  dmivacOai  Kai  \xr\  dvaXTTiTÖTepoi  ol 
biaq)€UTOVT€c  tOüv  dTTißouXeucdvxuüv  9avfivai.  Denn  thatsächlich 
sind  die  Athener  den  Anschlägen  der  Mytilenäer  entronnen. 
Allein  Kleon  redet  hier  wie  bei  Thukydides  überhaupt  als 
rechter  Demagog  mit  boshafter  Schwarzfärberei,  als  ob  sie  so 
lange  immer  noch  nur  auf  dem  Wege  zum  Ziele  der  Sicherung 
wären,  als  sie  die  von  ihm  befürwortete  barbarische  Strafe 
nicht  vollzogen  hätten.  Diese  Spitze  stumpft  Purdies  Auffas- 
sung ab,  ebenso  wie  Cobets  auf  denselben  Sinn  hinauslaufende, 
an  sich  natürlich  ohne  weiteres  erlaubte  Änderung  biaqpuTÖvxec. 
Thuc.  4,  124,  3  stehen  lauter  malende  Imperfekta  und  2, 
40,1  übersetze:  ''nicht  zu  versuchen  die  Armut  zu  fliehen**. 
Xen.  Anab.  7,  3,  43  und  nicht  anders  an  der  (beanstandeten) 
Stelle  5,  7,  2  scheinen  die  Handschriften  vielmehr  schon  von 
sich  aus  bia9UTiwv  zu  bieten  und  6,  3,  4  wird  ol  biaqpuTÖvxec 
gebieterisch  durch  das  unmittelbar  erklärend  darauf  folgende 
bid9UT0v  bk  gefordert;  auch  ist  es,  zumal  bei  der  sehr  schlech- 
ten Überlieferung  der  Anabasis,  keine  Änderung.  Hell.  6,  5, 
45  aber  ist  KaTa9ۆT0VTac  parallel  mit  dbiKOUfi^vouc  und  qpo- 
ßou)Li^vouc  also  imperfektiv  "während  sie  eine  Zuflucht  such- 
ten**. Hell.  7,  2,  6  scheint  KaxaqpuTÖVTa  hdschr.  Lesart;  Cyr. 
1,6,40  Tou  bfe  iLiiib'  ivTCÖOev  bia9eÜT€iv  ckottouc  tou  titvo- 
\iiyo\)  KttOicTTic:  "dass  er  nicht  hindurch  (durch  die  biKxua  bu- 
cöpaxa)  zu  fliehen  versuche,  stelltest  du  Wächter  des  Vor- 
sieh gehen  den  auf*.  Überall  ohne  Ausnahme  hätte  da» 
Simplex  q)€UT€iv  genau  dieselbe  Aktion  und  fast  genau  den- 
selben Sinn. 

2)  biuüKU)  (IF.  9,  90—92). 

Polyb.  11,  14,  7  übersetze:  "da  die  Furcht  nicht  im- 
stande sei  die  Gewichenen  nach  und  nach  bis  zu  den  Tho- 


352  Hans  Meltzer. 

ren  znsammenzadrängen"  (cuvbiiüK€iv).  1,  34,  4  ''sie  blieben 
ihnen  auf  den  Fersen  (dn^KeivTo)  und  verfolgten  sie  bis  hin(ab) 
{Kai  KaT€biu)KOv)  an  den  Graben":  schildernd;  zugleich  Hia- 
tus. Zu  6,  42,  1  sagt  Purdie  selbst  "Not  perfective.*'  Xen. 
Hell.  4,  1,  32  bezeichnet  xaTebiujKov  nicht  ''a  pursuit  which 
succeeded  in  driving  the  ennemy  down  in  the  sea."  Viel- 
mehr konstatiert  Pharnabazns  zuerst  zusammenfassend:  ''ich 
bin  euch  Spartanern  Freund  geworden  (^tcvöilitiv)/'  Dann 
aber  legt  er  kursiv  schildernd  die  auf  Grund  dieser  That- 
sache  von  ihm  befolgten  Massregeln  auseinander:  "ich 
machte  eure  Flotte  stark  (diroiouv)  und  verfolgte  bis  ans 
Meer  hinab  (KaTcbiujKov)  eure  Feinde".  Dass  llias  22,  199 
gar  das  Simplex  biu)K€iv  bedeuten  solle  "overtake"  (einholen) 
in  perfektivem  Sinne,  davon  kann  natürlich  sowieso  keine  Rede 
«ein  und  dass  Mutzbauers  abgewiesene  Erklärung  (Grdl.  d.  gr. 
Tempusl.  S.  382)  "im  Schlafe  fühlt  man  sich  unfähig  hinter 
•einem  Fliehenden  dre inzusetzen",  die  einzig  mögliebe 
ist,  hat  in  der  neuesten  Auflage  inzwischen  auch  Hentze  ao- 
erkannt,  der  überdies  eine  geradezu  schlagende  Parallele  bei- 
bringt in  Verg.  Aen.  12,  908 — 912:  "Ac  velut  in  somuis  .  . 
nequiquam  ..  extendere  cursus  velle  videmur  et  in  me- 
diis  conatibus  aegri  succidimus,  non  lingua  valet, 
non  corpore  notae  sufficiunt  vires",  wahrlich  ein  klassischer 
Ausdruck  der  Impcrfektivität! 

3)  dpTdroMai  (IF.  9,  92—94). 

Polyb.  5,  95.  3  wird  der  Aorist  des  Simplex  effektiv 
fiein  ("zustande  bringen")  bezw.  Ingressiv  ("sich  ans  Werk 
machen");  3,  17,  11 ;  4,  22,  1  kommt  der  Hiat  in  Betracht, 
ebenso  3,  73,  7,  wo  bieip^dZieTO  als  imperfektiv  erwiesen  wird 
durch  den  vollkommenen  Parallelismus  mit  nicht  weniger  als 
13  Imperfekten!  Wir  haben  hier  eins  der  typischen  Beispiele 
der  Schlachtenschilderung,  die  Hultsch  a.  a.  0.  S.  34  gut  dar- 
gestellt hat.  Auf  die  aus  Thucydides  und  Xenophon  gegebe- 
nen Belege  lassen  sich  unsere  Einwände  leicht  übertragen; 
Anab.  7,  3,  47  wird  qpoßou^al,  }ir\  dptdcujVTai  perfektiv  sein, 
nicht  "treiben",  sondern  "anstellen";  Anab.  1,9, 20  gibt  ßoii- 
AoiTO  einen  Fingerzeig  für  die  konative  Auffassung  von 
icaTepTd2!ec0ai. 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  353 

4)  öpdu)  (IF.  9,  94—100). 

Halten  wir  zunächst  die  Ansätze  Purdies  auf  8.  86  und 
auf  S.  94  zusammen,  so  fUUt  uns  auf,  dass  sie  ein  nicht  ganz 
einheitliches  Bild  ergeben.  Das  einemal  soll  kqB-  oder  cuv- 
opäv  [nicht  -qiv!]  durativ-perfektiv  sein,  das  andremal  eflfektiv 
zu  der  Bedeutung  ''Sehfähigkeit  besitzen".  Im  ganzen  erhalten 
wir  folgende  Übersicht:  fttr  Homer  (vgl.  S.  76)  duapujv  sab 
(durativ)  elbov  a)  erblickte  (ingressiv-perfektiv);  b)  habe  ge- 
sehen ("konstativ''),  und  ebenso,  da  bei  diesem  Dichter  Sim- 
plex und  Kompositum  in  der  Aktionsart  noch  nicht  auseinan- 
derfallen, bei  KttO-  und  cuv-opdv;  für  Polybius  dujpujv  a)  hatte 
Sehfähigkeit  b)  hatte  vor  Augen,  sah;  elbov  habe  gesehen 
(konstativ);  Kar-  oder  cuv-eujpuüv  erlangte  Sehfähigkeit;  Kax- 
oder  cuv-cTbov  erblickte.  Nach  unserer  Auffassung  dagegen 
stellt  sich  das  Bild  so  dar:  duOpujv  besass  Sehfähigkeit,  sah; 
etbov  erblickte  (punktuell-perfektiv  —  ergänzt  durch  dOeilipiica, 
ieeacdiLHiv,  f ßXeipa  u.  ä.  "punktualisierend"  "habe  gesehen").  Die 
Komposita  femer  kqO-  oder  cuv-opäv  (zu  denen  sich  u.  a.  auch 
das  von  Herbig  IF.  6,  257  richtig  behandelte  elc-opäv  gesellt) 
haben  durchaus  denselben  Sinn,  nur  mit  irgend  welcher  Ver- 
stärkung nach  der  oben  dargelegten  Seite,  es  sei  denn,  dass 
sie  in  Folge  des  Vertrocknens  der  hellenistischen  Sprache  oder 
auch  als  blosses  Mittel  der  Hiatusvermeidung  inhaltlos  gewor- 
den wären. 

Auch  müssen  wir  scheiden  zwischen  den  verschiedenen 
Kompositis:  biopuü  "sehe  hindurch"  und  Ka6opOü  "sehe  hinab 
sind  kursiv-finitiv,  elcopo»  "sehe  an**  wie  ^qpopuj  "beaufsichtige 
kursiv,  cuvopijj  "tiberschaue'*  scheint  mir  am  ehesten  der  Be- 
schreibung zu  entsprechen,  die  Purdie  m.  E.  irrig  von  ihrem 
"^onstativen*  Aorist  gibt,  wonach  dieser  eine  zirkuläre  Aktion 
bezeichnet,  dessen  Bild  etwa  ein  Kreis  wäre. 

II,  46,  3  nimmt  töt€  cuvopuuv  (Hiat!)  das  GeujpÄv  von 
§  1  auf,  wie  es  selbst  sofort  aufgenommen  wird  von  elc  laOia 
ßX^TTUJV,  ist  also  nicht  perfektiv.  3,  18,  11  Xi)a^va  .  cuvopuüVTec 
(Hiat!)  bk  räc  vaOc  .  .  .  Kai  KaxaqppovoövTec  tou  ttXiiGouc  üjp- 
fiTicav  nicht  "discerning  the  ships",  sondern  "weil  sie  die 
Schiffe  miteinander  vor  Augen  hatten  und  Verachtung  heg- 
ten", (wo  dem  Kara-  noch  nie  jemand  perfektivierende  Kraft 
beigelegt   hat!):    das  vor  Augen   haben  und   das   Verachten 


99 


354  Hans  Meltzer, 

bildet  die  anhaltende  Grundlage  ihres  Aufbrechens.  4,  71, 
1  Trdvra  cuvopÄv  nicht  "eame  to  see"  und  dann  euKatptav  6pdiv 
*'loked  at,  considered"  sondern  beidemal  "da  er  sah*',  dort 
mit,  hier  ohne  Hiat.  Bei  der  späteren  Entwertung  der  Prä- 
position braucht  man  keinen  sachlichen  Unterschied  mehr  an- 
zunehmen, wie  er  in  der  klassischen  Zeit  doch  wohl,  wenn 
auch  nur  als  schwache  Färbung,  gefQhlt  worden  sein  wird. 
Purdie  hätte  u.  a.  eine  Stelle  zu  ihren  Gunsten  anfahren  kön- 
nen, 3,  82,  11:  dnei  .  .  .  cuvciirTOvra  KaOeiiapa  .  .  .,  töttouc  V 
€U9ueic  cuveOeujpTice.  Hier  seheint  ja  das  erste  Imperfekt  des 
Kompositums  dem  folgenden  Aorist  ganz  gleich  zu  stehen. 
Allein  auch  dieser  Fall  entschlüpft  ihr,  denn  er  ist  von  Hultsch 
Abb.  d.  k.  Sachs.  G.  d.  W.  13,  17  durchaus  zutreffend  in  einen 
anderen  Zusammenhang  eingereiht  worden,  nämlich  in  den  des 
bei  Polybius  ungemein  beliebten  raschen  Wechsels  beider  er- 
zählender Tempora,  bei  dem  jedes  seine  Eigenart  wahrt.  Es 
ist  zu  übersetzen:  ''da  er  ihn  sich  bereits  zum  Kampf  an- 
schicken sah  (=  vor  Augen  hatte  — imperfektiv)  und  sofort 
eine  Überschau  über  die  Gunst  der  Gegend  gewann"  (aor.- 
ingressiv);  möglich  ist  auch  für  das  letztere  "schon  vorher 
überschaut  hatte"  (aor.-"punktuali8ierend");  beachte  den  Hiat! 

Bei  Thucydides  finden  wir  dieselbe  Lage  der  Dinge. 
Nicht  bloss  da,  wo  Purdie  es  zugibt,  sondern  auch  da,  wo 
sie  ihn  für  "purely  constative"  hält,  lässt  sich  der  Aorist  elbov 
unschwer  punktuell  erklären.  2,  77,  4  "eine  Flamme,  wie  sie 
bisher  niemand  erblickt  hat";  2,  48,  3  "da  ich  persönlich 
in  die  Krankheit  verfallen  bin  und  mir  andere  .Leidende 
zu  Gesicht  gekommen  sind;  7,  42,  3  "da  er  inne  ge- 
worden und  zu  der  Überzeugung  gelangt  war"  usw. 

Wie  es  aber  vollends  zugehen  soll,  dass  für  das  Prä- 
sens das  Simplex  6päv  an  gar  nicht  so  wenigen  Stellen  ''a 
perfective  nieaning  seems  either  possible  or  even  inevitable", 
das  ist  mir  ganz  erstaunlich,  bes.  in  Erinnerung  an  die  Dar- 
legung von  G.  Curtius  Erl.  z.  gr.  Schulgr.»  (1870)  S.  132,  wo- 
nach es  ''durchaus  für  die  dauernde  Handlung  des  Präsens- 
Btammes  geschaffen  war'*.  Was  wir  nicht  selten  bei  Purdie 
beobachten,  widerfährt  ihr  auch  hier:  anstatt  dem  Schriftsteller 
in  geduldiger  Auslegung  die  von  ihm  trotz  aller  Unbequem- 
lichkeit für  uns  nun  eben  einmal  gewählte  Färbung  abzulau- 
schen und  wo  es  Not  thut,    abzuringen,    gibt  sie  einer  Form 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  355 

die  Bedeatong,  die  sie  gerade  erwartet,  verletzt  damit  alle 
Kegeln  methodiseher  Auslegungskunst  und  zerstört  die  Mög- 
lichkeit entwicklangsgeschichtlichen  Erfassens.  Dazu  rächt 
sich  hier  wie  sonst  die  zu  enge  Begrenzung  des  Präsensstam- 
mes  auf  den  Begriff  "durativ";  er  ist  eben  auch  initiv  usw. 
Es  ist  bei  6pav  genau  dieselbe  Sache  wie  mit  unserem  "sehen", 
das  nicht  bloss  die  Fähigkeit  seine  Augen  zu  gebrauchen  oder 
das  vor  Augen  haben  bezeichnet,  sondern  vielleicht  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  "eine  Wahrnehmung  (nach  und  nach) 
machen",  von  IbeTv  nur  dadurch  unterschieden,  dass  dieses 
stets  punktuell-perfektiv  ist,  jenes  dagegen  kursiv-  oder  auch 
initiv -imperfektiv  einen  Ausgangspunkt  mit  einem  sich  daran 
ansetzenden  Stück  verlaufender  Thätigkeit  darstellt. 

Von  hier  aus  lassen  sich  alle  thukydideischen  Beispiele 
richtig  erklären.  Was  Thuc.  1,  51,  1  dujpiüVTo  besonderes  an 
sich  haben  soll,  ist  mir  überhaupt  nicht  klar  geworden;  es  ist 
sogar  durativ  "für  die  Kerkyräer  waren  sie  nicht  sichtbar, 
lagen  sie  nicht  innerhalb  des  Gesichtskreises".  7,  70,  8  "so 
oft  sie  einen  rudern  sahen"  (nicht:  ""erblickten"),  wo  das  dabei 
stehende  part.  praes.  noch  überdies  auf  eine  gewisse  Ausdeh- 
nung hinweist;  7,  78,  1  haben  wir  dasselbe,  wie  die  schil- 
dernden Imperfekte  zeigen.  Entschieden  schwierig  dagegen 
ist  6,  59,  2.  Nach  mannigfachem  Hin-  und  Herüberlegen, 
wobei  die  Kommentare,  wie  so  gern,  durch  Schweigen  auffielen, 
halte  ich  folgende  Auffassung  für  notwendig:  "Hippias  richtete 
seine  ganze  (biecKOTreixo)  Aufmerksamkeit  auf  die  Verhält- 
nisse draussen,  ob  er  irgendwoher  eine  Sicherheit  vor  Augen 
hätte"  oder  mit  einer  unserem  Verständnis  näherliegenden 
Umformung  ''ob  unter  dem,  was  er  vor  Augen  hatte,  sich  eine 
Sicherheit  befinde". 

Auch  bei  Xenophon  bedeutet  Ibeiv  natürlich  überall  "er- 
blicken"; cuvibeiv  sodann  ist  ingressiv  oder  resultativ  zu  cu- 
opäv  und  wenn  dieses  heisst  "einen  Überblick  haben",  so 
heisst  jenes  ''einen  Überblick  gewinnen".  Hell.  6.  2,  29  gibt 
das  Folgende  selbst  einen  Anhalt  dafür,  dass  Kard  hier  noch 
örtlich  zu  verstehen  sei:  "viel  weiter  nun  sahen  diese  herab 
als  die  auf  der  Ebene  (zuvor:  er  Hess  sie  in  die  Wanten 
klettern.  Ja,  es  steht  sogar  da:  &q>'  uipTiXoTepou  Ka6opaivTec!). 
Davon,  dass  KaOopdv  Hell.  2,  3,  55  "Ingressiv"  sei,  ist  doch 
nicht  die  Rede  ''sowohl  Götter  rief  er  an  als  Menschen,  herab- 


356  Hans  Meltzer, 

zusehen,  berabzuschanen  (bezw.  genan  anzusehen)  (anf) 
das,  was  sich  da  abspielte  (xd  TiTVÖineva  —  kursiv !),  "ihr 
Auge  ruhen  zu  lassen"  nicht  "einen  Blick  herabzusendend 
Viel  Kopfzerbrechen  hat  mir  Hellen.  1,  7,  7  gemacht. 
Es  wird  genau  heissen :  ""denn  es  war  spät  und  sie  hätten  die 
Hände  nicht  vor  Augen  gehabt  (ouk  äv  KaOeOapujv,  vielleicht 
noch  "von  oben  herab",  d.  h.  von  dem  jedenfalls  erhöhten 
Platze  des  Stimmenzählers  aus) ;  zu  dem  griech.  Ipf.  im  Sinne 
unseres  Plusqpf.  im  irrealen  Bedingungsgefüge  vgl.  u.  a.  Krü- 
ger Gr.  Sprl.*,  191  f.  und  Mutzbauer  Grdl.  28  ff.  —  Eine  von 
Purdie  nicht  angeführte  Stelle,  die  fast  unwiderleglich  für  sie 
zu  sprechen  scheint,  trage  ich  selbst  nach,  Xen.  Anab.  1,  8, 
26  ciiv  TOUTOic  bfe  a)v  KaBopd  ßaciX^a  Kai  tö  d)Liq)'  dKeivov 
ctT90c*  Kai  €u8uc  ouk  i^v^cx€to,  dXX'  elirdiv  töv  dvbpa  6pa> 
\'€T0  dir'  aÖTÖv  Kai  naiei  Kaxd  tö  CT^pvov.  Hier  meint  man,, 
es  könne  gar  nicht  anders  lauten  als:  da  "erblickt  er  den 
König".  Aber  mit  dei-selben  Notwendigkeit  müsste  man  dann 
§27  auToc  T€  diT^Gave  Kai  öktu)  .  .  .  fK€iVT0  dir'  auruj  über- 
setzen '"er  kam  selbst  zu  Tode  und  acht .  .  .  stürzten  über 
ihn  hin",  während  es  eben  wider  all  unser  Erwarten  heisst 
"lagen  über  ihm'*  (wie  man  nämlich  hintendrein  gewahrte). 
So  ist  1 ,  8,  26  zu  geben :  "unter  diesen  befindlich  hat  er  (auch 
schon)  den  König  im  Auge,  und  sofort  hielt  er  nicht  zurück, 
sondern  sprach  "Ich  habe  meinen  Mann  im  Auge"  und  sprengte 
(ipf.  schildernd)  auf  ihn  los  und  stösst  ihn  auf  die  Brust". 

5)  Oedoinai  (IF.  9,  100—102). 

Da  dieses  Verbum  zweifellos  imperfektiven  Stamm  hat, 
so  kann  d8eacd^1^v  ebenso  gut  "konstativ"  "habe  geschaut"  als 
ingressiv  "bin  ins  Schauen  eingetreten"  bezw.  effektiv 
"habe  erschaut"  bedeuten.  Darum  verzichte  ich  darauf  Pur- 
dies  Beispiele  dieses  Tempus  einer  z.  T.  abweichenden  Beur- 
teilung zu  unterziehen.  Dagegen  weise  ich  darauf  hin,  dass 
Kara-  und  cuv-0eüj|aai  sich  als  leicht  verschieden  abgetönt  wer- 
den ansehen  lassen  wie  bei  6pdv  sowie  ferner,  dass  auch  hier 
der  Hiat  nicht  übersehen  werden  darf.  Polyb.  7,  4,  8  *da 
sie  so  recht  überschauten,  vor  Augen  hatten"  (imper- 
fektiv, parallel  voiniZiovTec).  Bes.  deutlich  das  von  Purdie 
nicht  augeführte  Beispiel  Xen.  Anab.  3,  1,  19  "ich  hörte  nie- 
mals  auf  (^TrauoiaTiv  ipf.)    den   König    zu    preisen    duaKapiCiüv 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  357 

präs.);   wenn  ich  mir  so  recht  nach  Herzenslust  oder  eines 
nach  dem  anderen  ansah"  (biaOeüüficvoc  kursiv). 

6)  eeujp^uj  (IF.  9,  102—105). 

Hierfür  gelten  dieselben  Bemerkungen  wie  ftlr  das  voran- 
gehende Zeitwort. 

Polyb.  1,  53,  5:  während  Purdie  sonst  dem  Zusammen- 
hang die  ihm  gebührende  Berücksichtigung  fast  gar  nicht 
schenkt,  lässt  sie  sich  hier  durch  ihn  zu  einer  ganz  unmög- 
lichen Auffassung  des  Simplex  Oeuipuüv  als  eines  Perfektivums 
verführen.  Hier  haben  wir  vielmehr  einmal  in  dessen  Ent- 
sprechung mit  cuvvorjcac  (nach  Purdie  müsste  es  doch  wenig- 
stens genau  umgekehrt  Oeiupiicac  und  cuvvooiv  heissen!)  etwas 
Ähnliches  wie  den  so  überaus  häufigen  Wechsel  zwischen  Aorist 
und  Imperfekt  in  Erzählungen.  Wir  haben  also  ganz  einfach 
wiederzugeben,  wobei  der  innere  Grund  des  Wechsels  ja  ganz 
klar  ist:  Himilko  'Vernahm  das  Geschrei  (momentaner  Akt) 
und  da  eben  der  Tag  allmählich  aufging  (uTTocpaivouciic  —  praes. 
kursiv),  so  schaute  er  (kursiv)  den  Vorgang  (tö  titvö^icvov, 
praes.  kursiv)''.  Dass  auch  das  Simplex  6€u)pf)cai  perfektiv 
sein  kann,  gibt  Purdie  entgegen  ihrem  Grundsatz  zu,  bemerkt 
aber  nicht,  wie  7,  15;  6;  7;  9  nach  Büttner- Wobsts  einleuch- 
tender Lesung  handgreiflich  wieder  zeigen,  dass  der  Wechsel 
zwischen  Oeuipficai  und  cuv€0€iJüpTic€v  im  wesentlichen  durch 
das  Hiatusgesetz  bedingt  wird!  Ihre  Feinfühligkeit,  womit  in 
drei  nicht  stimmenden  Fällen  das  Kompositum  von  der  Erhal- 
tung der  örtlichen  Bedeutung  der  Präposition  hergeleitet  wird, 
übersteigt  wohl  aller  Leser  Nachempfindungsverraögen.  Dass 
Thukydides  und  Xenophon  gar  nichts  beisteuern,  spricht  nicht 
für  die  Voraussetzung. 

7)  cpuXdTTuj  (IF.  9,  105—107). 

a)  Auch  hier  braucht  der  Aorist  des  Simplex  nicht  immer 
"konstativ"  zu  sein,  an  manchen  Stellen  ist  er  es  sicher  nicht, 
sondern  ingressiv,  z.  B.  Polyb.  11,  25,  2  "bevor  körperliche 
Schädlichkeitsursachen  eintreten,  ist  es  möglieh,  Sichcrbeits- 
massregeln  zu  ergreifen  (cpuXdHacOai)  und  wenn  sie  entstanden 
sind,  leicht,  Abhilfe  zu  schaffen"  (ßoriOficai). 

b)  umgekehrt  möchte  ich  glaubeu,  dass  bei  Verben  wie 
biacpuXdTTeiv,   biatripeTv,    biaßioöv,   biateXeiv,   biaYiTvecGai  usw. 

Indogrermanische  Forschungen  XII  3  u.  4.  24 


die  Zosanimensetzuiig  mit  der  Präpositinu  stets  "konstaÜv", 
nicht  aber  perfektiv,  in.  a.  W.  stets  liiiear-perfekÜT  oder 
hodisteus  "puiiktualisiereud",   nie  aber  punittuell-perfektiv  ist; 

""er  hat  die  ganze  Spanne  hindurch  bewahrt" (BIsss 

Rhein.  Mus.  44  (1889),  424).  So  würde  aluo  gCDaii  um- 
gekehrt als  Fnrdie  meint,  einmal  der  Fall  eintretea, 
ä&6>j  das  Kompoeituni  gegenllber  dem  8imp]i>x  cnl- 
Hchiedeuer  "durativ"  ist.  Bes.  klar  ist  das  z.  B.  Demostb. 
Phil.  1,15  TIC  . . .  napocKeufi . . .  biajieivai  öuviicexai,  fuicäv.. 
blaXucw^E6a  töv  näXcMov,  wo  im  Nebensatz  der  Endpunkt  ge- 
genanut  ist;  ähnl.  auch  Ael.  V.  H.  7, 15  iv  dtioucit;!  kqI  Ct^aäiiji 
Kaiaßnlivcci  sei  das  Sehlimniste,  natürlich  m^xP>  Bavärou:  "IIui- 
leben  bis  zum  Tode".  Ührigens  ist  auch  hier  der  Uiat  zn 
beachten  /..  IS.  Polyb.  7,  8,  7  fiii  \ikv  ^ßiiucev  tveviiKovta,  b\t- 
(püXa££  be  TÄc  aicflriceic  änäcac  u.  a.  a.  Stellen. 

c)  Der  Prasensstamm  des  Koutpositame  ist  nicht  (»erfek- 
tiv,  sondern  ausgejirä^t  kursiv-fiuitiv :  10,  16,  8:  "weua  die 
eine  Hälfte  die  Wendung  zur  Plitudernng  vollführt  bat  (ipü- 
TcwvTai  punktucllpcrfektiv),  die  andere  aber  in  Reib  und  Glied 
verbleibend  (biaq)uXdTTOVTec  imperfokliv)  diesen  als  Rückhalt 
weiter  dient"  (^(ptttpeutuci  imperfektiv).  Höchst  merkwUrdtg, 
von  Purdie  aber  leider  nicht  vollständig  ausgesehriehen,  ist  1«, 
31,  ti:  napEKdXouv  xoüc  AitujXoüc  biä  nXeiöviuv  fi€ivai  ^iri  riic  t£ 
dpxiic  alp^ceiuc  Kol  öiacpuXdTTeiv  ifiv  Trpöc  'Piujjaiouc  eOvoiav, 
direkt  neivaxE  Kai  biatpuXdTrexe !  "sie  oiunterteu  die  Aetoler 
Husfnhrlieher  auf  bis  ans  Ende  zu  bleiben  (linear-perfektiv 
•)  und  die  Ergebenheit  gegen  die  Römer  fortwäh- 
rend zu  bewahren [•]  (kursiv-linitiv). 

An  Polyb.  fllge  ich  eine  Stelle  ebenfalls  aus  einem  späten 
Schriftsteller  an,  die  stark  gegen  Purdie  spricht  und  die  be- 
sonders Gewicht  hat,  weil  sie  von  einem  der  Begründer  der 
griechtscben  Syntax  selbst  herrtlhrt,  von  Dionysins  Tbms 
'Jö'2,  2  Uhlig:  "man  muss  bedenken,  da«8  etwas  Gewünschtes 
sieh  entweder  auf  die  Erstreeknng  in  der  Gegenwart  iirapä- 
taciv  Toö  ^vecTuJToc)  bezieht,  damit  es  in  ihr  dauerud 
geschehe"  (biaTiTV>lxai).  Das  ist  Ja  doch  an<h  fllr  jeden 
selbstverständlich,  der  sich  erinnert,  dass  durch  dieses  und 
verwandte  Verben  mit  dem  Partizip  eines  anderen  ZeitWQi 
die  Handlung  des  letzteren  als  immer  w&brend  o.  i 
fuhrt  werden  i*oll.     (Krilger  Gr.  Sprchl."  ,S.  216). 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  359 

Fttr  Thukydides  and  Xenophon  gilt  natttriicb  dasselbe; 
den  methodischen  Fehler,  den  wir  schon  oben  erwähnt  haben, 
den  der  petitio  principii,  begeht  Pnrdie,  wenn  sie  Xen.  Cyr.  7, 
2,  5  q)uXdTTOVTac  und  7,  2,  7  biacpuXdHaci  als  Beweis  daftlr 
anfahrt,  dass  das  Simplex  ''durativ*',  das  Kompositum  aber 
perfektiv  sei:  das  wäre  nattlrlich  nur  möglich,  wenn  es  auch 
biaq)uXdTTOuci  hiesse!  Es  ist  höchst  lehrreich  Cyr.  5,  1,  2;  3; 
4  "er  befahl  ihm  die  Frau  bis  ans  Ende  zu  bewachen*'  (bia- 
<puXdEai  linear-perfektiv);  dann  von  derselben  Handlung:  ''diese 
also  hatte  Kyros  befohlen  bis  auf  weiteres  zu  bewachen 
(biacpuXdrrciv  —  kursiv-terminativ)  dem  Araspes  — ,  nämlich, 
bis  er  sie  selber  hole  (?u)c  fiv  auxöc  Xdßij).  Letzterer  Zusatz, 
der  den  Endpunkt  angibt,  scheint  ja  daftlr  zu  sprechen,  dass 
das  Kompositum  doch  mit  Purdie  perfektiv  zu  verstehen  sei. 
Allein  diese  Bestimmung  ist  erst  hinterher  sozusagen  als  nach- 
trägliche Berichtigung  angehängt  und  beim  Aussprechen  des 
biaq)uXdTT€iv  noch  nicht  als  wesentlich  empfunden  gewesen, 
wie  schon  die  Stellung  zeigt.  Endlich  kommt  noch  "hast  du 
die  Frau  gesehen,  die  du  mich  bewachen  ((puXdxTeiv)  heis- 
sest":  im  wesentlichen  genau  dasselbe  wie  biacpuXdxTeiv. 

So  scheint  es  uns,  dass  bes.  an  dieser  Gruppe  Purdies 
Satz  in  allen  Punkten  scheitert. 

8)  TTiptü  (IF.  9,  107—110). 

Das  Verbum  verhält  sich  wie  (puXdTTiJü,  weshalb  wir  kurz 
darüber  hinweggehen.  An  manchen  Stellen  kann  Purdie  selbst 
keinen  Unterschied  von  Simplex  und  Kompositum  finden;  bie- 
TripTice  wie  bucpuXoHe  nach  Polyb.  7,  8,  4  linear-,  nicht  punk- 
tuell-perfektiv;  1,  45, 14  und  sonst  wie  4,  60,  10  wirkt  der  Hiat. 

9)  vo^tü  (IF.  9,  110—112). 

Auch  hier  ist  zu   erwidern,   a)  voeiv  heisst  nicht  bloss 
durativ  "im  Sinne  haben",  sondern  auch  incohativ  (allmählich 
od.  ä.)  bemerken,  z.  B.  Polyb.  4,  40,  6  voeicGuü  (wo  andernfalls 
wohl  dvvevorjcGiJü  stände),     b)  Der  Aorist  des  Simplex  dvörjca 
ist  auch  ingressiv,  wie  Purdie  selbst  einräumt,     c)  Das  Kom- 
positum ist  im  Präsensstamm  imperfektiv,  vgl.  3,92,10  Kata- 
vodiv  ....  Ktti  Oeuipoiv;  die  Stelle  9,  28,  8,  die  sich  Pur- 
dies Willen  gar  nicht  ftlgen  mag  und  der  sie  mit  der  Vermu- 
tung  beizukommen  sucht,   dass  Kard   hier   regelwidrig   seine 


460  Hans  Meltzer, 

8tof9iche  Bedeutung  beibehalten  habe,  so  dass  KaTavo€tv  hiesse 
"genaue  Kunde  haben  von",  ziehe  ich  gleichfalls  hierher 
und  übersetze :  "Vie  Alex.  Theben  zerstört  hat,  das,  meine  ich, 
ttberlegt  ihr  euch,  bedenkt  ihr":  hoc  vos  puto  vobiscum 
reputare  o.  ä.  Thukydides  und  Xenophon  bieten  nichts  Auf- 
fallendes. 

10)  XoTiCoMtti  (IF.  9,  112  u.  113). 

Polyb.  3,  80,  5  soll  l^icppövwc  IXoifiCcTO  imperfectiv,  hin- 
gegen §  4  TTpdTMaci  cuveXoYiCeTO  perfektiv  sein ;  allein  erstens  ist 
der  Hiat  nicht  zu  tibersehen  und  sodann  nimmt  letzteres  nach 
Ausweis  des  dabeistehenden  irdvTa  .  .  raCTa  jenes  einfach  auf ; 
2,  26,  4  entspricht  dem  cuXXoTiMjLievoi  ein  dcpopOüvrec.  Xen.  Cyr. 
8,  2,  18  ist  XÖTicai  selbstverständlich  resultativ:  ''zieh'  das 
Fazit!" 

11)  Mavedvtü  (IF.  9,  114—116). 

Dass  der  Aorist  des  Simplex  nach  Pnrdie  sowohl  per- 
fektiv als  ''konstativ"  auftreten  kann,  ist  schon  eine  Durch- 
löcherung ihres  Prinzips.  In  Wahrheit  femer  sieht  es  mit  dem 
letzteren  Gebrauch  etwas  zweifelhaft  aus,  weil  die  Wurzel 
punktuell  ist  (Delbrück  V.  S.  2,  106).  Damach  3,  32,  10 
"wie  sich  das  Erlangen  einer  Kunde  durch  Einsicht  unter- 
scheidet von  dem  durch  blosses  mit  den  Ohren  Vernehmen". 
Da  ist  es  natürlich  kein  Wunder,  wenn  KaTa^a8€Tv  stets  per- 
fektiv ist  und  zwar,  da  Kaxd  zunächst  jedenfalls  allerdings  ver- 
stärkt, in  ausgesprochener  Weise.  Xen.  Hell.  7,  5,  9  ist  der 
Wechsel  zwischen  KaTe^dv0av€  und  fjcOeTO  Ausdruck  einer  in- 
haltlichen Verschiedenheit:  "da  er  sich  nun  nach  und  nach 
davon  überzeugte",  dann  aber  ""da  er  auf  einmal  gewahrte". 
Der  Abstand  braucht  kaum  viel  stärker  zu  sein  als  bei  den 
deutschen  "Scheideformen"  (s.  darüber  Paul  Prinz  ^  (1898), 
239  f.):  "da  er  sich  darüber  (immer)  klar(er)  wurde"  und 
'"da  er  inne  ward". 

12)  teXai  (IF.  9,  116—118). 

Die  Verba  dieser  Bedeutung  sind  ebenso  interessant  wie 
die  des  Anfangens.  In  cuvieXecai  mttsste  nach  Purdie  die 
Perfektivität  eigentlich  dreimal  enthalten  sein  1)  im  Verbal- 
stamm (t^Xoc),  2)  in  der  Präposition  (ciiv),  3)  im  Aorist.  In 
Wahrheit  ist  sie   wirklich   ausgedrückt  freilich   bloss  einmal, 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  361 

nämlich  nur  durch  den  Aorist.  Denn  auch  hier  kann  man 
sich  auf  die  Anfangsstadien  des  VoIIendens  beschränken  und 
partem  pro  toto  geben  und  zwar  mit  cuvct^Xci  gerade  so  wie 
mit  dx^Xei.  Das  zeigt  Polyb. 4, 81  sehr  schön:  Kiveiv  direßdXeTO 
("versuchte)  xd  KaGecTiöxa  ...  Ititvcto  irpöc  tö  (ti|i?)  cuvtc- 
XeTv  Tf)v  Imvoiav  (machte  sich  allmählich  an  den  Versuch 
seinen  Anschlag  zu  bewerkstelligen).  Zuerst  —  brachte  er,  wie 
wir  dann  sehen,  dies  auch  fertig  —  cuvreXecdjLievoc  aor.!  —  aber 
zum   vollen  Abschluss  gelangte  er  nicht,  drum  d6ü^u)c 

bl^K€lTO,     d7T€XWp€l    Xa9paiU)C,     .    .    .    dKTTeiTTUJKUJC!        20,    84    TOUC 

Td^ouc  cuvT€Xu)v  .  .  .  bUrpiipe  töv  x^iM^va  ''damit,  dass  er 
SO  nach  und  nach  die  Hochzeitsfeierlichkeiten  ins  Werk 
setzte,  verbrachte  er  den  ganzen  Winter". 

13)  TTpdccu)  (IF.  9,  118—121). 

Hiermit  steht  es  ähnlich  wie  bei  reXu).  Polyb.  32,  25, 
10  ouWv  bk  7TpdTT€iv  buvdfi€voc  dufipev  soll  selbst  das  Simplex 
perfektiv  sein !  Das  ist  eine  Verwechslung,  die  auf  dem  Über- 
sehen der  Thatsache  beruht,  dass  auch  ein  Zeitwort  des  einem 
Zielezustrebens  imperfektiv  gebraucht  sein  kann.  Diese  Verben 
sind  eben  alle  (finitiv-)  terminativ,  weder  perfektiv,  noch  ""pu- 
rely  durative."'  irpdTTUj  hängt  zusammen  mit  Trepuj  und  heisst: 
^'hinüberfahren,  durchfahren,  dem  Ende  zuführen,  (be)treiben, 
handeln,  thun,  sich  befinden".  So  ist  oben  zu  übersetzen:  "da 
er  nichts  vor  sich  zu  bringen  vermochte",  cum  nihil  pro- 
ficeret  (TrpäHai  etwa  =  ef-ficeret).  Ebenso  macht  bei  Thuk.  2, 
101,  5  ^7T€ibf)  oöbtv  iTTpdcceTO  wahrlich  keine  Schwierigkeiten; 
68  bedeutet  eben  ''cum  nihil  procederet,  cum  res  haesitaret, 
als  nichts  vor  sich  gehen  wollte",  wie  Purdie  z.B.  zu  7,  40, 
2  richtig  sagt  "seek  to  accomplish"  und  zu  Polyb.  3,  4,  7 
biaTtpaTTO^idvujv  ''were  just  completing". 

Angefügt  sei  noch,  dass  nach  dem  Index  verborum  der 
grossen  kritischen  Ausgabe  der  Hellenika  Xenophons  von  Holder 
dort  nur  der  Aorist  Kai^TTpaEa  erscheint,  nie  aber  KaxdiTpaTTOv, 
auch  ein  Fingerzeig,  welches  Tempus  damals  perfektivierte 
and  welches  nicht! 

14)  Kivbuv€uu)  (IF.  9,  121—124). 

Das  Verb  ist  ebenfalls  nicht  so  rein  durativ  wie  Purdie 
voraussetzt  ("to  be  in  danger,  be  engaged  in  confliet,  to  fight"). 


s«s 


i  Meltaer, 


eondern  auch  incohativ,  wie  sie  denn  Thuk.  2,  65,  4  Qie»  1) 
Kivöuveuovrac  selbst  gibt  mit  "iiiiperil".  a)  Der  Aorist  des 
Simplex  ^vivftüveuca  heisst  uiebt  bloss  "konstativ"  "bin  in  Ge- 
fahr gewesen",  soudern  auch  ingressJv  "habe  mich  in  Gefahr 
begehen"  ■/..  11.  Polyb.  4,  12,  13  änavTec  äv  dKivbuveucav 
omnes  in  penculnm  luciilissent.  b)  Der  Piäsensstjimm  des 
Kompositums  ist  nicht  perfektiv,  sondern  kursiv-terrainaliv; 
ich  greife  das  von  Furdie  mit  Unrecht  nicht  ganz  ausgeschrie- 
bene Beispiel  17,  3,  4  0".  heraus:  dort  entsprecheu  lauter  inf. 
aetionis  infectac:  fidxEcSai,  dvaipeiv,  KaracpSeipEiv,  KExpn^^doii, 
bioKivbuveutiv,  növta  Tioieiv  cpeibecOai  =  diaäxovTo,  ixi- 
XptivTo,  i)iEKivbiJVEUov  USW.:  fasst  man  dies  nicht  ebenfalls 
als  imperfektiv,  so  nimmt  man  ihm  willkllrlich  die  Farbe  seiner 
Umgebung.     1,  84,  9  ist  der  Wechsel  wohl  begründet;  "so  dass 

sie  weder  sich  durchzukämpfen  (als  Linie  gedacht  -    ) 

wagend,  noch  zu  entlanfea  (als  Punkt  gedacht  •)  vermögend" 
nsw.  Unmittelbar  darauf:  npöc  iitw  fäp  töv  Kivbuvov  oOk 
iröXnuiv  tEi^vat  wie  eine  Umschreibung  des  vorangehenden  uniE 
öiOKivbuveueiv  ToXmJJvrac,  d)  An  sich  versteht  es  sich  für  uns 
von  selbst,  dass  auch  der  Aor.  des  Kompos.  buKivbuveuca 
"konstativ"  d.  h.  linear-pcifektiv  oder  "punktualisierend"  sein 
kann  "ich  bin  hindurch  in  Gefahr  gewesen"  o.  ä.;  doch  habe 
ich  kein  Beispiel  autgefunden.  Da  dies  reiner  Zufall  ist,  so 
erseheint  auch  an  diesem  Verbum  Punlies  Satz  in  allen  Punkten 
widerlegt. 

lö)  cipxoiioi  IIF.  9,  124—126). 
Die  Sache  liegt  u.  E.  nicht  so,  wie  Purdie  meint,  diua 
äpxuj  durativ  wäre,  dagegen  KaidpxLU  perfektiv,  den  "Moment 
des  Losbrechens"  bezeichnend.  Vielmehr  giebt  auch  das  letz- 
tere ein  linear -imperfektive  Handlung,  nur  mit  dem  Unter- 
schied, dass  apxuj  zweiseitig  ist:  a)  kursiv:  "bin  der  erste, 
herrsche",  b)  incolmliv;  "mache  mich  (allmäblicbj  an  den  Anfang', 
dagei;en  KaiäpxuJ  bloss  das  letztere.  Demgemäss  ist  der  Aorist 
i^pEa  a}  "konstativ";  "bin  Herrseber  gewesen"  b)  perfektiv- 
ingressiv:  "bin  znr  Herrschaft  gelangf  bezw.  "bin  in  den 
Anfang  eingetreten",  dagegen  KaTijpEo:  nur  perfektiv  und  zwar 
mit  Beschränkung  auf  die  ingressive  Abtönung.  Giles'  (Vgl. 
Gr.  d.  Kl.  Spr.  übers,  v.  Hertel  1896,  S.  368)  Vermutung,  fipxo- 
fiai  sei  vielleicht  ein  sog.  AoristprRsena  zn  ^pxofxai,  ist  zu  uu- 


Vermeintliche  Perfektiviening  usw.  863 

sicher  (vgl.  nur  Preliwitz  Gr.  Etym.  S.  34),  um  irgenwie  als 
Ansgangspunkt  für  Schlüsse  auf  die  BedeutuDg  zu  dicDen. 
Überdies  s.  Herbig  IF.  6,  238.  Wir  gehen  zu  einigen  Bei- 
spielen über: 

a)  Dass  das  Präsens  des  Simplex  von  Homer  bis  Poly- 
bius  fipxeiv  "perfektiv"  sein  soll,  ist  wiederum  eine  Behauptung, 
die  als  richtig  zugegeben  alle  und  jede  wissenschaftliche  Er- 
fassung der  griechischen  Zeitenlehre  völlig  unmöglich  machen 
würde.  Polyb.  2,  45,  6  öpfi/jcavTCc  im  tö  TToXuTrpaTMOveTv  Kai 
X€ipujv  Spxeiv  äbiKUJv  zeigt  doch  schon  der  Parallelismus,  dass 
wir  es  mit  incohativer  Bedeutung  zu  thun  haben;  ebenso  wäre 
es  bei  Kardpxeiv,  das  nach  Vokal  stehen  würde,  wegen  des  Hiats 
wie  in  Frgm.  57  toO  ^i\  Kaxdpxovrec  cpaivecGai  x^ipti^v  dbiKUiv. 

b)  Dass  das  Präsens  des  Kompos.  linear  ist,  zeigt  u.  a. 
15,  19,  2:  fi^XXovTÖc  tivoc  .  .  .  dvxiX^TCiv  ...  Kai  Kaiapxo- 
^^vou. 

c)  Dass  der  Aorist  auch  des  Simplex  perfektiv  ist,  er- 
giebt  etwa  8,  13,  5:  dpEdfievoc  dirö  jauxiic  Kai  Ttpoßdc  "wobei 
er  den  Anfang  ergriff  bei  dieser  und  den  Fortschritt  er- 
reichte". 

16)  Kax^TTauca  (IF.  9,  127—128). 

Hierzu  habe  ich  bloss  zu  bemerken,  dass  es  bei  Homer  nicht 
so  steht,  dass  zwischen  Präsens-  und  Aoriststamm  kein  sicht- 
barer unterschied  wäre;  vielmehr  bezeichnet  der  erstere  natür- 
lich wie  überall  das  Aufhören  unter  dem  Bilde  einer  allmählich 
verlaufenden,  den  Endpunkt  thatsächlich  nicht  erreichenden 
Linie,  der  andere  entweder  linear-perfektiv  unter  dem  einer 
Linie  mit  Endpunkt  oder  momentan-perfektiv  eines  Punktes 
allein. 

17)  XriTUj  (IF.  9,  128  u.  129). 

Dieses  Verb  bietet  etwas  Eigenartiges,  insofern  es  nach 
A.  Weiske  Bem.  z.  Kochs  gr.  Schulgr.  wie  nach  Prellwitz  Gr. 
Etym.  s.  V.  mit  unserem  ''schlaff,  schlafen"  zusammenhängend 
ein  allmähliches  Aufhören  bezeichnet.  Demnach  muss  Pur- 
die  zugegeben  werden,  dass  fXriEa  "konstativ"  sein  kann  "habe 
allmählich  aufgehört".  Andrerseits  aber,  so  gut  zu  ßaciXeuu) 
der  Aor.  ^ßaciXeuca  auch  bedeutet  "gelangte  auf  den  Thron", 
so   gut   kann  fXiiEa   auch   heissen   gelangte   zum  Aufhören, 


364  Hans  Meltzer, 

trat  darin  ein"  o.  a.  M.  E.  sind  nun  die  von  Pnrdie  beige- 
zogenen Stellen  sämtlich  so  aufzufassen,  z.  B.  lö^  21,  5  ou 
buvavrai  XflEai  ific  dvoiac  =  dTtaXXaTflvai  **sie  können  nicht  los- 
kommen von".  Feraer  wird  Kax^XiiHa  mit  seiner  präpositio- 
nalen  Verstärkung  (""emphasis"  Purdie  S.  125)  eindeutig  per- 
fektiv sein  wie  KaraXriTU)  finitiv,  während  XrJTU)  allein  mehr 
kursiv  ist. 

18)  KaxaM^XXu),  |i^XXu)  (IF.  9,  129  u.  130). 

Letzteres  soll  durativ  sein  und  heissen  ""zögern,  Zeit  ver- 
geuden" u.  a.;  ersteres  ""das  Ergebnis  des  Aufschiebens  er- 
reichen, d.  h.  versäumen,  vernachlässigen,  ablehnen"  usw.  Das 
scheint  mir  nicht  ganz  richtig,  insofern  auch  das  Kompositum 
z.  B.  Polyb.  4,  30,  2  cuTTViiiMnv  ^X^iv  uirepTiOefi^voic  kqI  Kaxa- 
^^XXoucl  KQi  KaOöXou  bebiöci  u.  sonst  im  Sinne  des  einfachen 
Zögems,  Zauderns,  also  ganz  wie  das  Simplex  gebraucht  wird; 
aber  auch,  wenn  Purdies  Begriffsbestimmung  richtig  wäre,  so 
würde  doch  daraus  nur  folgen,  was  wir  schon  lange  wissen, 
dass  viele  intransitive  Verben  durch  Präfigierung  transitiv 
werden :  hier  wäre  also  ""effektiv"  wie  oben  bei  Funk  im  Sinne 
von  ""transitivierend"  angewendet,  womit  über  die  Aktion  noch 
nichts  gesagt  ist. 

19)  KaTttTtüviZIoMai  (IF.  9,  130—132). 

Sehr  klar  tritt  die  soeben  gemachte  Bemerkung  auch 
an  diesem  Zeitwort  hervor.  Sie  wird  schon  dadurch  be- 
leuchtet, dass  man  dYUJvi2[o^ai  tivi  oder  irpöc  Tiva,  dagegen 
KaTaYU)vi2[o^ai  Tiva  sagt:  das  Simplex  ist  kursiv,  das  Kom- 
positum finitiv;  dem  entsprechend  bedeutet  1)  T^T^vicaro  a) 
puuktualisierend  ""hat  gestritten",  b)  ingressiv  ""trat  in  den 
Streit  ein",  2)  KairiTUJvicaTO  perfektiv  "wurde  im  Streite  fertig 
mit";  der  Unterschied  läuft  etwa  auf  dasselbe  hinaus  bei  un- 
serem ""ringe  mit  einem"  und  ""ringe  einen  nieder*.  Man  sieht, 
es  bleibt  stets  "the  füll  material  meaning  of  the  Kard  retained" 
und  auch  letzteres  kann  leicht  als  verlaufende  Handlung  vorge- 
stellt werden.  Für  Purdie  nicht  nur  "difficult",  sondern  uner- 
klärbar ist  die  schöne  Stelle  von  der  unbesieglichen  Kraft  der 
Wahrheit  13,  5,  5  jrdvTUJV  youv  auTf|v  KaTaTU)vi2Io)i^vuiv 
KaTaYa)vi2[€Tai  tö  ipeOboc:  hier  liegt  die  Erfolglosigkeit  des 
ersten  Verbs  zu  Tage  und  auch  beim   zweiten  ist  das  Ziel 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  865 

nicht  als  erreicht  betont;  sondern  nur  ins  Auge  gefasst.  Für 
das  erreichte  hätte  sich  dem  Schriftsteller  ganz  von  selbst  der 
Aor.  gnom«  Ka-nifuivicaTO  dargeboten.    S.  a.  Herbig  §  46  Schi. 

20)  biopTiZofiai  (IF.  9,  132  u.  133). 

Es  ist  nicht  die  Rede  davon,  dass  öpTiZiecOai  nur  hiesse 
"dornig  sein",  biopiflCecOai  Ingressiv -perfektiv"  "in  Zorn  ge- 
raten";  sondern  jenes  bedeutet  a)  allmählich  zornig  werden  b) 
zornig  sein,  und  letzteres  dasselbe,  nur  verstärkt,  ''sehr,  heftig" 
o.  ä.,  sofern  nicht  bloss  Hiatusrücksichten  obwalten.  Ent- 
gangen ist  Purdie,  dass  Polybius  sich  gerade  bei  diesem  Ver- 
bum  als  ausgeprägter  Freund  der  Präpositionen  zeigt;  so  ist 
zu  2,  8,  13  biopTic8^VT€c  beizuziehen  §  12  im  tocoOtov  Öujp- 
TicOn  und  zu  4,  4,  4  biopTicOeic,  §  7  irepiopTicOeic.  Bei  Thuk., 
soweit  er  angeftihrt  wird,  hat  man  öpTtc6f)vai  überall  zu  ver- 
stehen als  'In  Zorn  geraten",  ingressiv,  nicht  "zornig  gewesen 
sein",  "konstativ". 

21)  dcGiu)  :  ^cparov  (IF.  9,  133  u.  134). 

Wir  treffen  hier  wieder  einen  recht  einleuchtenden  -  Be- 
leg für  die  Unhaltbarkeit  von  Purdies  Annahme:  ^cpaTOV  soll 
natürlich  als  Simplex  "konstativ"  sein  "habe  gegessen  =  bin 
mit  Essen  beschäftigt  gewesen".  Dagegen  KaTacpayeTv  soll 
bezeichnen  ''actual  consumption  of  the  food".  Damit  halte  man 
zusammen  Delbrück  V.  S.  2,  257  "fcparov  den  Akt  der  Speise- 
aneignung bezeichnend".  Xen.  2,  3,  16;  4,  8,  20  wie  Polyb. 
8|  12,  3  stimmen  durchaus  hierzu. 

22)  buu)  (IF.  9,  134  u.  135). 

Dass  das  Kompositum  nicht  perfektiv  ist,  zeigt  z.  B.  der 
Parallelismus  5,  47,  2  ßaTrriCöfievoi  Kai  KaxabuvovTec  usw.  Bei 
Homer  wird  bCvai  und  KarabOvai  kaum  "konstativ"'  gebraucht 
sein,  weil  die  Wurzel  punktuell  ist  (vgl.  Mutzbauer  Grdl.  S.  169). 

23)  KaeiCu)  und  mQiloixai  (IF.  9,  135—138). 

muss  ich  übergehen,  weil  diese  Verben  ganz  besondere 
Schwierigkeiten  bieten,  die  man  nur  in  einer  ausgebreiteten 
Einzelarbeit  behandeln  könnte. 

EKe  hier  zu  lösenden  Schwierigkeiten  liegen  besonders 
nach  der  Richtung,    dass  hier  noch  weniger  leicht  als  sonst 


oft  zii  begtimmen  ist,  ob  eine  Form  imperfektiven  oiler  ao- 
ristiscben  Sinn  bat,  und  das  bangt  wieder  mit  dem  Umstände 
KRgammen,  dass  die  Präseusetämme  bier  in  auffallendem  Masse 
tbeiluebnien  an  der  Mebrseitigkeit,  von  der  Delbrück  V.  S.  2, 
69  bandelt.  Äbnliehe  Verhältniese  treffen  wir  im  Mhd.,  für 
das  G.  Curtius  (EH.*  S.  186)  anfübrt  "von  dem  r<me  stäa"  i^ 
treten,  absteigen),  aber  auch  in  oberdeutschen  Mundarten;  z.  B. 
Bagt  man  schwäbiscb  sitz  uf  di  Hül,  hg  ins  hett,  stand  net 
en  da  w^g  =  "setze  dich,  lege  dicb,  stelle  dicb  nicht".  Selbst 
Schriftdeutsch  begegnen  uns  wirklich  erstaunliche  Fälle  So 
ist  doch  "haben"  gewiss  ein  duratives  Zeitwort;  trotzdem  wird 
es  perfektiv,  wenn  ich  ausrufe:  "haben  Sie  Dank!"  (=  em- 
pfangen Sie!)  oder  frage:  "Könnte  ich  vielleicht  bei  Ihnen  ein 
Pfund  Kaffee  haben?"  {^  erhalten). 


25)  KaTonreüuj  (IF.  9,  138). 
Dass  da»  Kompositum  nicht  perfektiv  ist,  ersiebt  i 
ans  dem  NcbeneinanderBlehen  von  15,  II,  10  ^Xetteiv  auTOäc 
^K^Xeue  Kai  .  .  .  KaiointOtiv.  Wie  22,  9,  6  n€pir|ti  KaTOTneOiuv 
(zugleich  Hiatvemieidung!)  der  Sinn  soll  perfektiv  sein  können, 
ist  mir  ganz  unverständlich.  Ftlr  uns  bes.  wertvoll  ist  nun 
natitriich  die  gnr  nicht  kleine  Liste  von  Ansnabnien,  die  Purdie 
selbst  aofgeptellt  bat  (IF.  9,  139—151)  und  die  sich  ihr  im 
Satze  durchaus  nicht  fügen  wollen :  perfektiv,  anstatt  "konsla- 
tiv",  wie  sie  sollten,  treten  darnach  ansschliesslich  oder  hün% 
auf:  ^cTtiv,  fTVLuv,  ?cxov,  ^Kupieuca,  ^KpArrtca;  andrerseits  sind 
Komposita  "durativ",  die  perfektiv  sein  mllssten,  ?,.  U.  kot^xw, 
und  endlich  sollen  gar  Präsentia  von  Simplizien  (wie  f||i«i, 
eübuj,  T'TvüiCKUj,  KpoiTiIi )  perfektiv  sein !  Angesichts  solcher 
Anarchie  hört  eigentlich  doch  alle  und  jede  wissenschaftliche 
Erkenntnis  auf  und  fängt  Wie  Willkür  an,  von  der  ein  alter 
Spruch  sagt  t6  toi  TOnäZeiv  toO  cdip'  cibevai  bixa !  Cm  anf  einige 
Einzelheiten  einzugehen,  so  zeigt  Polyb.  3,  Hl,  10  toxict'  Ö.v 
Tiliv  öXujv  KaTUKpaToiti  verglichen  mit  §  11  TifveTai  tcoXXükic 
Kpaieiv  TÜJv  dvTixaTTOn^vujv  zwar,  dass  Kompos.  und  Simplex 
in  der  Aktion  völlig  gleich  sind,  nicht  aber,  dass  dies  die 
perfektive  sei:  vielmehr  wird  durch  den  Präsensstamm  das 
die  Oberhandgewinneu  in  seiner  Erstreckung  vorgematt,  wäh- 
rend KOTaKpaTTiceiev  &v  bezw.  KpoTiicai  den  schliesscnden  End- 
punkt gäbe.     Q  799   heisst   eiaro  ganz  wie  immer  "sassen"; 


Vermeintliche  Perfeblivierung  nsw. 


367 


\ 


B200  fico  und  B  191  KäSnco  "bleib  sitzen!"  Thuc.  a,  97, 
S  übersetze;  "subterfugiebant  homines  et  desidebant  (sosseii 
thatenlos  da)  in  collibus  oppido  itnminentibus".  Q  10  kqtq- 
KCifiEVoc  "indem  er  das  eiuemal  so,  das  anderemal  so  dalag".  — 
Thuc.  '2,  65,  5  npoöcrii  "  so  lange  er  an  der  Spitze  des 
Staates  gestanden  bat",  erklärt  sieh  ans  dem  besonderen 
Umstand,  das»  bei  diesem  Verb  eine  Beziehmig  nicht  bloss 
anfs  Präsens  icxanai,  sondern  aneb  anfs  Perfekt  Scttikh  m'lg- 
lich  war,  und  obendrein  stellt  der  Fall  eine  solch'  vereinzelte 
Ausnahme  dar,  dass  man  gerne  wissen  müchte,  ob  er  ancb 
nur  ein  einzigesraal  sonst  in  der  gesamten  griechischen  Litte- 
ratnr  vorkommt.  Die  von  Purdie  dafür  angeführten  Belege 
sind  alle  hinfällig.  Polyb.  1,  31,  8  heisst  ''der  Rat  trat  so 
mannhaft  auf"  (^ciri);  1,  44,  4  "sie  gingen  auf  der  hoben 
See  vor  Anker"  (fcnicav);  4,  71,  4  "da  niemand  in  den  Weg 
trat"  (cTÖVTOc).  icraMai  ist  nicht  durativ,  sondern  incohativ 
I.  B.  1,  19, 15  "da  ihnen  nichts  in  <leu  Weg  zu  treten  drohte, 
Miene  machte"  o.  ä.  (kianevou).  Xen.  Anab.  4,  8,  19  "die 
Feinde  machten  nicht  mehr  Halt"  (fcxiicav);  1,  2,  15  "er 
befahl  den  Griechen  so  Aufstellung  zu  nehmen  (Toxeilvoi)  nnd 
80  Posto  zu  fassen"  (cTfjvai)-  "Freqnentativ  -  perfektiv"  ist 
fcTa^ni  nirgends,  auch  nicht  Tbue.  3,  23,  2,  wo  sonst  lauter 
Bebildernde,  die  Handlung  in  ihrem  mittleren  Verlauf  TorfUh- 
rende  Imperfekta  stehen.  Wie  man  im  Griechischen,  aber 
ancb  da  nur  bei  Homer,  die  perfektiv-iterative  Handlung  geben 
mnsste,  konnte  die  Verfasserin  ersehen  aus  der  lichtvollen  Dar- 
stellung bei  Mutzbauer  Grdl.  S.  35  und  188  über  ciä-cKt.  — 
Tvüjvai  ist  natürlich  stets  zu  geben  mit  "erkennen",  nicht  "kon- 
Blativ"  mit  "wissen,  Kenntnis  besitzen";  letzteres  kann  t^- 
tvi^Keiv  sein  In  durativem  Sinn,  neben  dem  jedoch  der  ineo- 
iiative  steht  "allmählich  erkennen".  .So  Polyb.  I,  1,  5  "wer 
ist  so  schlecht,  dass  er  nicht  zur  Erkenntnis  gelangen 
möchte",  fviivai,  woueben  5,  21,  6  "wir  wollen  alle  nicht  das 
fertig  dastehende  Ergebnis,  sondern  wie  es  znstande  kam, 
Schritt  für  Schritt  kennen  lernen"  ( fiTV'i'CKeiv).  Letz- 
teren Gebrauch  nennt  Purdie  wieder  irrig  "frequentativ  ■  per- 
fektiv" oder  z.  B.  Thuc.  6.  8,  2  gar  perfektiv,  Wunderlich 
ist  auch  ihre  Terminologie  bei  Kait^uJ-  "Dies  soll  (nach  S,  148) 
"purely  constative"  sein,  wozu  die  Übersetzung  stimmt  "to 
^Id  in  posession",  nicht  aber  die  andere   "to  oecupy";  jeden- 


falls  in  der  Ubeiwietcendeu  Mebrzalil  der  Fälle  bedeutet  gegen 
PurdieB  Gmndlebre  aiieb  das  Kompositiim  xaitxuj  eiue  Daner 
"im  Besitz  baben".  Das  Verbam  ist  Übrigens  schwer  in  sei- 
ner Aktion  zu  fassen.  Es  seheint,  dass  die  Wurzel  seg?i  punk- 
tuell war,  wozu  ^cxov  gebort  =  "ergriff",  dass  sieb  dann  aber 
die  lineare  Wurzel  uegh  (in  öx^uj)  damit  verband,  wober  ^cxov 
auch  =  "habe  gehabt".  Zu  vergl.  hieröber  ist  bes.  Delbrück 
V.  S.  2,  1118;   113  u.  Brugiuami  Gr.  Gr.^  480  A.   1. 

Hiermit  sind  wir  zu  Ende  und  fassen  nnsere  Hauptein- 
wände  nochmals  kurz  zusammen.  Wir  vermissen  Strenge  der 
Methode.  Sicherheit  im  Gebrauch  der  Termini,  Selbstbescbrün- 
kung  auf  das  in  den  Texten  wirklieh  Gegebene  unter  Abwä- 
gung des  Zusammenhangs.  Der  Unterschied  der  Litteratur- 
Gattuiigen  (Epos  und  Geschichtschreibung)  ist  nicht  beachtet 
und  darum  heim  Aorist  eine  aus  stilistischen  Gründen  erklär- 
bare Abweichung  des  Gebrauchs  zu  verschiedeuen  Zeiten  als 
eine  Änderung  des  Inhalts  gefasst.  Die  Schliissfolgeruugen 
entbehren  der  Unterlage  statistiscber  V<jllständigkeit  und  be- 
rücksichtigen ausschlaggebende  Vertreter  wie  Herodot  gar  nicht. 

Ferner  mussten  die  Aoriste  der  Komposita  zur  \'ermei- 
«Jung  der  pefitio  priucipÜ  von  Anfang  ausscheiden  i  Herbig  IF. 
ö,  '22b),  und  es  durften  vollends  nicht  Imperfekte  von  Simpli- 
zien  mit  Aoristen  von  Eompoaitis  verglichen  werden.  Formen 
wie  VcTaMöi  usw.  halten  wir  fllr  nicht  durativ,  tTbov  usw.  nicht 
für  "konstaliv",  fipxut,  t'TViVcklü,  tüöm  (KaeeOftiol,  eewpüi,  Kivl»v 
veOui,  KpaTÜj,  6piü,  reXtli,  f\tia\,  «dermal  nicht  fitr  perfektiv.  Die 
Beschränkung  auf  biä,  cuv,  kotü  erscheint  uns  zu  eng,  die 
Möglichkeit  verschiedener  Resultanten  bei  Verschiedenheit  der 
Komponenten  beachtenswert :  övaßiüjvoii  ist  ingressiv-,  koto- 
ßiitivai  kursiv-,  biaßiiüvai  tinitiv-perfektiv,  ^Trißiüivai  "punktnali- 
öierend";  die  Fähigkeit  Perfektivitftt  durch  Präfigiemng  auszu- 
drucken ist  mangelhaft,  schon  deshalb,  weil  das  Erloschcnsein 
der  slofflicben  Bedeutung  der  Präposition  oft  sehr  schwer 
festzustellen  ist.  Anstoss  nehmen  wir  an  der  so  entstehenden 
Mehrdeutigkeit  vieler  Formen  wie  umgekehrt  an  dem  Umstand, 
dass  die  Imperfecta  mancher  Zusammensetzungen  (Kaöcilipa) 
perfektiv  sein  niUssten  etwa  inmitten  lauter  anderer  Imperfecta, 
also  in  einer  Umgebung,  wo  sie  selbst  imperfektiv  (schildei 
usw.)  wirken  sollten.  Auch  würde  in  solchen  Fällen  ein  i 
siger    Cberfluss   entstehen,    insofern   Imperf.    (Koöcufpujv),   ' 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw.  369 

Aorist  (KQTeTbov)  zusammenfielen.  Ferner  heben  die  Präpo- 
sitionen jenachdem  viel  mehr  die  darchmessene  Strecke  als 
die  Richtung  aufs  Ziel  hervor  und  wirken  teilweise  gerade 
umgekehrt;  alsPurdie  annimmt;  z.B.  bia-cpuXdHacOai  ist  linear- 
perfektiv   •  "sich   bis   aus   Ende   hüten",    cpuXdEacGai 

daneben  auch  punktuell  (Ingressiv)  "die  Vorsichtsmassregeln 
ergreifen".  Bei  dTToBvqcxeiv,  KaTabap6dv€iv,  KaGeiibeiv,  xa- 
Oficeai  teilen  wir  das  Gefühl  Herbigs  (IF.  6,  230),  dass  hier 
ein  durativer  Nebenton  hereinklingt.  Dazu  wäre  zu  erwarten, 
dass  die  Komposita  im  Präsens  als  Futura  aufträten,  was  nie 
geschieht. 

Purdies  vermeintliche  Entdeckung  scheint  uns  somit  in 
sich  zu  zerfallen.  Wir  teilen  vollkommen  die  gewichtige  Mei- 
nung von  Miklosich  Vgl.  Gr.  d.  Slav.  Spr.  4,  291:  ''Präfixe 
haben  im  Griechischen  auf  die  Zeitart  der  Verba  keinen  Ein- 
fluss.  Was  im  Slavischen  durch  Präfixierung  und  durch  eigene 
Verbalthemen  erreicht  wird,  das  erreicht  das  Griechische  durch 
eine  Tempusform.  Dieser  Unterschied  besteht  nicht  bloss  im 
Alt-,  sondern  auch  im  Neugriechischen  und  die  Übereinstim- 
mung von  Homer  bis  auf  unsere  Zeit  mit  dem  Slavischen''  usw. 
Genau  auf  dasselbe  kommt  Herbig  IF.  6,  230  hinaus,  dass 
nämlich  eine  Annäherung  an  die  Perfektivierung  im  Keime 
vorliege,  von  einer  wirklich  entwickelten  grammatischen  Kate- 
gorie dagegen  keine  Rede  sein  könne.  Wir  haben  dies  oben 
dahin  formuliert,  dass  die  Präfigierung  die  Aktion  durch- 
aus unverändert  lässt,  ianerhalb  derselben  jedoch  ge- 
wisse Schattierungen  bewirken  kann,  im  Präsens 
bes.  die  finitive,  im  Aorist  die  ausgeprägt  resul- 
tative. 

Wenn  wir  der  Übersichtlichkeit  halber  noch  einige  sehe- 
matische  Beispiele  für  die  beiderseitige  Auffassung  geben,  so 
schicken  wir  voraus,  dass  wir  die  Fälle,  wo  nach  Purdie  der 
"stoffliche  Sinn"  noch  erhalten  ist,  rund,  und  solche  mit  unwahr- 
scheinlichen Bedeutungen  eckig  eingeklammert,  ferner  die  Zu- 
gehörigkeit Einer  Form  zu  mehreren  Aktionen  mit  einem  Stern 
und  endlich  ünfolgerichtigkeiten  Purdies  mit  einem  Kreuz  be- 
zeichnet haben.     So  erhalten  wir  folgendes  Bild: 


370 


Hans  Meltzer, 


L  q)€UTU) 

A.  Bei  Purdie. 

1.  Imperfektiv. 

a)  lq>€vyov  "durativ":  war  auf 
^er  Flucht,  floh. 

(b)  *6i^q)€UTov  nur  wenn  =  war 
auf  der  Hin  durch -flucht). 

2.  '•Konstativ". 

a)  *?<puTov  bin  auf  der  Flucht 
gewesen,  geflohen. 

(b)  *öi^q)UTov  bin  auf  der  Hin- 
dur ch -flucht  gewesen). 

3.  Perfektiv:  *öi^q)€UTov  und 
*öUq)UTov,  beide  gleich,  oder,  wenn 
je  unterschieden  (TF.  9,  86): 

a)  *6i^q[)€UTov  durativ-perfektiv : 
gelangte  auf  der  Flucht  allmäh- 
lich bis  ans  Ende. 

b)  *6i^q)utov  momentan  -  per- 
fektiv : 

a)  ingressiv:  entfloh, 
ß)  effektiv:  entkam. 
Dazu  c)  t*^<pwTov: 
a)  ingressiv:  entfloh. 
ß)  effektiv:  entkam. 


II.  (puXdiTU) 

A.  Bei  Purdie. 

1.  Imperfektiv. 

a)  iq)()\aTTov    hütete     )"j„  « 
(b)  *6i€q)0XaTTOv  hütete  [  . .   ,> 
hindurch).  i 

2.  "Konstativ". 

a)  ^^q)OXaHa  habe  gehütet. 
(b)  *bi€q[)uXaEa  habe  hindurch 
gehütet). 

3.  Perfektiv. 

a)  *öi€q[)0XaTTOv  und 

b)  *bi€90XaEa,  gleich,  oder  wenn 
je  unterschieden  (IF.  9,  86) : 

a)  *öi€9uXaTTov  durativ-perfek- 
tiv hütete  eine  Strecke  hindurch 
bis  an  ein  Ziel. 

b)  *5i€q[)0XaHa  momentan  -  per- 
fektiv : 


floh. 


biacpcÜYU). 

B.  Bei  uns. 

1.  Imperfektiv. 
a)  ?q)€utov 

a)  incohativ:  machte  mich 
(allmählich)  an  die  Flucht. 

ß)  kursiv:   war  auf  der 
Flucht,  in  der  Verbannung. 

b)  öi^(p€i)Tov  mit  finitivem  Bei- 
klang, 

[a)  incohativ:  machte  mich  all- 
mählich an  die  Hindurchflucht.] 

ß)  kursiv-finitiv:  war  im  Hin- 
durchfliehen begriffen. 

2.  Perfektiv. 
a)  ^q)UTOv 

a)  ingressiv:  entfloh, 
ß)  effektiv:  entkam. 

T)  punktualisierend :  bin  auf 
der  Flucht  gewesen. 

b)  fci^cpuTov 

[a)  ingressiv:  habe  die  Hin- 
durchflucht ergriffen.] 

ß)  effektiv-resultativ:  bin  ent- 
ronnen {effügi^  ^äsUy  erüpW), 

[t)  linear  -  perfektiv :  bin  auf 
der  Hindurchflucht  gewesen]. 

biacpuXÖTTUJ. 

B.  Bei  uns. 

1.  Imperfektiv. 

a)  iq)uXaTTov  kursiv:  hütete. 

b)  6i€9uXaTT0v  kursiv  -  finitiv : 
hütete  hindurch. 

2.  Perfektiv, 
a)  ^(pOXaHa: 

a)  ingressiv:  trat  in  die  Hut  ein. 
ß)  punktualisierend:    habe  ge- 
hütet. 

b)  6i€q)uXaHa  linear  -  perfektiv : 
habe  hindurchbehütet. 


Vermeintliche  Perfektivierung  usw. 


371 


a)  ingressiv:  trat  in   die  Hut 
ein. 
ß)  effektiv:  vollbrachte  die  Hut. 
c)  t*dq)OXaEa. 

a)  Ingressiv    \     s.  IF.  9,  106 
ß)  effektiv       1  (Thuc.  6,  80,  2). 


III.  KaT-(cuv-)opuJ  :  KaT-(cuv-)€ibov. 


B.  Bei  uns. 

1.  Imperfektiv. 

a)  kihpwv  sah^) 

b)  Ka6€(i;pu)v  sah  (von  oben, 
genau). 

2.  Punktuell-perfektiv. 

a)  cTöov  erblickte  1). 

b)  KaTCtbov: 

a)  erblickte  von  oben,   genau. 

ß)  erblickte. 

A.  1.  Wir  fassen  hier  "erblicken* 
streng  perfektiv,  "sehen"  streng 
imperfektiv. 


A.  Bei  Purdie. 

1.  Imperfektiv, 
a)  ^(iipurv  durativ:  sah. 
(b)  *Ka6€(i;pu)v  nur  wenn  =  sah 

herab,  sah  genau). 

2.  Konstativ, 
a)  '^clöov  habe  gesehen, 
(b)  ♦xoTclfcov  nur  wenn  =  habe 

von  oben  oder  genau  gesehen). 

3.  Perfektiv. 

a)  *Ka9€il;pu)v  b)  *KaT€töov  ent- 
weder gleich,  oder  wenn  je  ver- 
schieden (IF.  9,  86)  : 

a)  *Kae€i(ipiuv  durativ-perfektiv: 
habe  bis  zum  Ende  gesehen. 

b)  *KaTcl6ov  momentan-perfek- 
tiv: 

a)  Ingressiv:  trat  in  eine  Wahr- 
nehmung mit  den  Augen  ein. 

ß)  effektiv:  erblickte  oder  aber 
<IF.  9,  94): 

a)  *Ka9€iüpu)v effektiv: erblickte. 

b)  *KaT€t6ov : 
a)  Ingressiv:   trat  in  eine  Ge- 

«ichtswabrnehmung  ein. 

(ß)  erblickte  von  oben  her  oder 
^enau). 

c)  t*€löov  erblickte  (IF.  9,  96). 

Man  beachte,  wie  verwickelt,  verschwommen  und  viel- 
Hieutig  Pnrdies  Tabellen  sich  auf  den  ersten  Blick  darstellen, 
trotzdem  ist  ihre  Arbeit  nicht  vergebens  gethan  worden :  ihre 
Bedeutung  liegt  u.  £.  besonders  in  der  Schärfung  des  6ef tlhls 
für  das  am  Aoiist,  was  sie  das  "konstative"  Element  heisst. 
Wir  schliessen  mit  einem  Wunsche,  den  vor  langen  Jahren  6. 
Oartius  ausgesprochen  hat  (Erl. '  186  f.),  es  möchte  bei  einem 
kOnftigen  Thesaurus  linguae  graecae  auch  der  Ermittelung  des 
eigentümlichen  Sinnes  der  Verbalstämme  gedacht  werden,  der 


872  Alois  Walde, 

im  Griechischen  von  so  hervorragender  Bedentang  ist;  ebenso 
wäre  es  wertvoll,  wenn  fortan  bei  jedem  Zeitwort  seine  Kom- 
posita angeführt  würden. 

Maulbronn  (Württ.).  Hans  Meltzer. 


Zar  Entwickelang  von  germ.  ai  Im  Friesischen. 

In  meinem  Buche  über  die  germ.  Äuslautgesetze  S.  110  ff. 
hatte  ich  Veranlassung,  die  Behandlung  des  westgerm.  ai  und 
a  im  Aofris.  einer  kurzen  Betrachtung  zu  unterziehen,  wobei 
ich  zum  Ergebnisse  gelangte,  dass  das  in  den  Praeterita  wie 
warihj  «tarfy  sang,  wan{n)y  bant,  fand  noch  erkennbare  Ge- 
setz, wonach  a  vor  zwei  tautosyllabischen  Konsonanten  un- 
verändert blieb,  sich  auch  in  der  Behandlung  von  westgerm. 
ai  widerspiegle:  zunächst  wurde  ai  nur  in  silbenschliessender 
Stellung  verändert  (über  (^i,  $  zu  a),  während  es  vor  einem 
Konsonanten  derselben  Silbe  vorerst  unverändert  blieb  und  erst 
in  einer  spätem  Periode  (wohl  wieder  über  die  Mittelstufen 
ceij  ^)  zu  ö  wurde.  Wie  ich  nachträglich  ersehe,  ist  mir  bei 
der  Abfassung  des  in  Rede  stehenden  Abschnittes  leider  van 
Heltens  Untersuchung  "Zur  Entwickelung  von  germ.  ai  im 
Friesischen"  im  VII.  Bande  dieser  Zeitschrift  S.  339  ff.  ent- 
gangen, was  ich  um  so  mehr  bedauere,  als  ich  mit  van  Helten 
in  dem  für  meinen  damaligen  Zweck  entscheidenden  Punkte 
zusammengetroffen  bin,  nämlich  in  der  Ablehnung  von  Bremers 
Eegel  "B  in  offener,  a  in  geschlossener  Silbe",  sowie  in  der 
Aufstellung  der  Entsprechung  e  für  ai  vor  einem  Konsonanten 
derselben  Silbe.  Darf  diese  Übereinstimmung  auch  vielleicht 
als  eine  gewisse  Bürgschaft  für  die  Richtigkeit  des  von  zwei 
Seiten  unabhängig  erzielten  Ergebnisses  gelten,  so  muss  ich 
doch  jene  Punkte,  in  welchen  ich  mich  im  Widerspruche  zu 
van  Heltens  weiteren  Aufstellungen  befinde,  einer  erneuten 
Betrachtung  unterziehen,  um  die  Frage  ihrer  Klärung  näher 
zu  bringen. 

van  Helten  a.  a.  0.  stellt  folgende  Regeln  auf:  "Altes 
ai  wird  normal  zu  e;  a  entwickelt  sich  aber  1.  in  schwach- 
tonigen  Einsilblern,    2.   vor   unmittelbar   folgendem   oder   nur 


Zur  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen.  373 

durch  Aspirata  getrenntem  d  oder  u,  3.  vor  tautosyllabischem 
Labial;  (durch  folgendes  w  oder  u)  labial  gefärbtem  Konso- 
nanten oder  gutturalem  Spirant,  4.  vor  tautosyllabischer  oder 
auf  zwei  Silben  verteilter  zwei-  oder  mehrfacher  Konsonanz, 
5.  vor  Geminata". 

Im  letztgenannten  Punkte  bin  ich  mit  van  Helten  einig, 
ebenso  darin,  dass  a  hier  als  Kürze  aufzufassen  sei,  was 
wenigstens  nach  der  Äusserung  a.  a.  0.  343  Anm.  2  seine 
Meinung  zu  sein  scheint.  Auch  betreffs  a  vor  gutturalem 
Spiranten  bin  ich  mit  van  Helten  zusammengetroffen,  und  trete 
auch  seiner  weiteren  Aufstellung  bei,  dass  auch  vor  Labial  a 
erscheint.  Dies  wird  wenigstens  durch  rap  gegenüber  den 
sonst  durchaus  ^  aufweisenden  a-St.  wie  bin,  del,  ith,  sten 
usw.  nahegelegt,  und  trifft  auch  zu  für  unelaf,  nur  dass  dieses 
wegen  des  danebenliegenden  lawe  usw.  nicht  beweiskräftig  ist. 
Für  nicht  erwiesen  halten  kann  ich  dagegen  a  vor  labial  ge- 
färbtem Konsonanten.  Denn  gad,  wrak  =  got.  gaidWy  wraiqsy 
welche  noch  am  ehesten  für  diese  Regel  sprechen  würden, 
müssen  ausser  Spiel  bleiben ;  hier  wurde  vielmehr  durch  Vokali- 
sierung  des  tr  im  Wortauslaute  {*gaido)  offene  Silbe  geschaffen, 
der  a  als  Entsprechung  von  ai  gebührt.  Dass  auch  van  Hel- 
tens  übrige  Beispiele  fräse,  Idre,  *spaJce,  clath  eine  andere 
Auffassung  erheischen,  wird  sich  unten  ergeben. 

Andererseits  kann  ich  meine  Vennutung,  dass  tauto- 
syllabisches  n  nachträgliche  Verwandlung  von  (in  der  zweiten 
Periode  aus  ai  entwickeltem)  ♦$  zu  a  bewirkt  habe,  eben  an- 
gesichts des  Gegensatzes  rap  :  ben,  sUn  nicht  mehr  aufrecht 
erhalten.  Über  fiamanda,  welches  Wort  die  Veranlassung  dazu 
gegeben  hatte,  s.  u. 

Für  die  beiden  letztgenannten  Fälle  von  a  in  geschlos- 
sener Silbe,  nämlich  vor  Labial  und  cÄ,  und  ebenso  für  a  vor 
Geminata    und    andern    kürzenden    Konsonantenverbindungen, 
halte  ich  aber  an  der  Ansicht  fest,  dass  wir  es  mit  einer  erst 
nachträglichen  Verwandlung   des   in    der   2.  Periode    entstan- 
denen *$  zu  thun  haben.     Denn  nahm,    wie  Auslautges.  116 
vermutet  wurde,    die  Verwandlung  des  ai  zu  a  in  der  ersten 
Teriode  ihren  Anfang  mit  einer  Verschiebung  des  ersten  Kom- 
ponenten,   so  musste   es   doch   für  diesen,    da  vom   nächsten 
Konsonanten    durch   i  getrennt,    phonetisch    gleichgiltig   sein, 
welchem  Organe  jener  Konsonant  angehörte,  da  dessen  Mund- 

Indogrermanische  Forschungen  XII  8  u.  4.  25 


874 


Alois  Walde, 


BtcUuiig  ja  erst  mit  (iem  Sctiliisse  des  i  eiuset/,te.  Dalier  kann 
die  taiitosjllabiscbe  labiale  nsw.  KoiiBoiianz  die  Klangfnrlie 
des  a  in  jener  ersten  Periode,  in  welelier  es  nur  auf  sübenin- 
oder  aiislauteude  Stellung  des  ai  ankam,  in  keiner  Weise  be- 
cinfinsst  haben,  und  ihre  Wirktmn  kann  erst  in  jener  zweiten 
Periode  eiiigcHetzt  haben,  als  aueb  das  in  geschlossener  Silbe 
stehende  ai  zu  *^  vorgerückt  war.  Dieser  aprioristiscben  Be- 
trachtung gesellt  sich  ein  aus  dem  Sprachmaterial  gewonnenes 
Argument  an;  die  Doppelformen  saver  :  never  "Feuchtigkeit" 
setzen  ein  altes  *saifer  {*gaifr),  "saifres  usw.  fort.  Der  N. 
A.  Sg.  führte  zu  Mver;  hätte  tantosyllabigchcs  ^scboa  in  jener 
ersten  Periode  auf  ai  gewirkt,  so  hätten  die  Casus  obli^ui 
ebenfalle  nur  navres  usw.  ergeben  können,  und  die  ö-Fomien 
unseres  Wortes  blieben  daher  rätselhaft.  Sie  erklären  sieh 
aber  sehr  einfach  hei  der  Annahme,  dass  sich  ai  in  *eaifre^ 
usw.  ebenso  wie  iu  andern  geschlossenen  Silben  zunächst  zu 
p,  entwickelte  und  dass  erst,  als  das  Paradigma  *safer  :  *8^fres 
zu  *si;fef  ;  *s^fres  ausgeglichen  worden  war  {vgl,  nuten  Uken), 
das  tautosyllabische  f  der  Casus  obliqui  den  Wandel  zu  a  ver- 
anlasste :  «öjw,  Mvres,  woraus  sich  dann  ein  Doppelparadigma 
never,  nerres  :  säver,  savres  herausbildete. 

Die  Beispiele  femer,  welche  nach  van  Uelten  a  in 
sehwacbtonigen  Einsilblern  (richtiger:  schwacbtonigen  Silbeni 
erweisen  sollen,  sind  nicht  genügend  beweiskräftig.  K.  A.  (D.) 
PI.  'An  und  N.  A.  Neutr.  twa  »eigen  a  =  ai  in  offener  Silbe, 
erfordern  also,  da  sich  dies  als  die  regelmässige  Vertretung 
in  oSTcuer  Silbe  herausstellen  wird,  keine  Aufstellung  eines 
Spezialfalles.  D.  PI.  ihani,  ticam  könnte  nach  tha,  tva  ge- 
fonnt  sein,  nei  'nein'  (an,  nei)  zeigt  ebenfalls  a  in  offener 
Silbe,  dürfte  zudem  kaum  Anspruch  auf  häufig  unbetonten  Ge- 
brauch machen  können.  Beides  pit  ebenso  von  a  'immer' 
und  na  'nie',  ans  einer  Vorstufe  *(ni}aig.  Über  das  Neben- 
einander von  (n)a :  {n)e  in  Zusammensetzungen  8.  n.  Es  l&sst 
sich  weiter  auch  nicht  erweisen,  dass  an  'ein'  in  unbetonter, 
die  Nebenform  en  in  betonter  Stellung  entstanden  sei.  Viel- 
mehr wird  durch  die  Thatsache,  dass  en  im  Fem.  und  Neutr. 
alleinbeiTschend  ist,  Siebs'  CGrdr.  I*  1:*29)  Meinung  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  an  nur  nacli  dem  Akk.  Sg.  aane  geformt  sei. 
»celtata  'Schulze'  endlich  hat  wieder  a  in  offener  Silbe.  Trotz 
der  Unzulänglichkeit  der  Beispiele  ist  es  aber  als  sehr  wohl 


Zur  EatwickluDg  ^ 


1  Friesischen. 


f  mß^licb  znzDgcbeu,    dass  uabetoiitcs  ai  anclt  in  geschloBsener 
I  Silbe  scbon  iu  der  ersten  Periode  zu  ^,    und  daher  weiter  zu 
I  a,  a  fOhrte,  da  Monopbthongierung  von  Dipbtbongen  im  Germ. 
I  nbei'all  früher  in  unbetonter,  als  iu  betonter  Stellung  erfolgte'). 
Der  von  van  Helten  au  zweiter  Stelle  aufgeführte  Fall 
'  TOQ  a  tXlr  ai,   uämlicli    vor   unmittelbar   folgeudem    oder   nur 
[  durch  Aspirata  getrenntem  &,  u,  bildet  nur  einen  Teil  der  nnn 
I  XU  erweisenden  allgemeinen  Regel,    dass  ai  iu  jeder  otfenen 
I  Silbe,   soweit  nicht  Umlaut  oder  Analogie  gewirkt  hat,   als  a 
erscheint.     Dass  nämlich  van  Heltcns  Ansatz  von  s  als  Ent- 
sprechung von  ai  iu  offener  Silbe  unriebtig  ist,    ergibt  sich 
aus  folgenden  Fällen: 

ettkum.  -om,  -em  'Schwager'  =  ags.  ädnm,  ahd.  eidum, 
I  «tdani  'ScbwiegerBohu'  mit  altem  Mittelvokale  «.     ä  kann  hier 
daher  nur  in  offener  Silbe  entstanden  sein.    Denn  in  den  syn- 
kopierten Formen,   wie  N.  PI.  athmar  —  vorausgesetzt  über- 
haupt, dasB  die  Synkope  hier  älter  sei,  als  die  Veränderungen 
des  ai  ^,  hätte  nur  6  entstehen  kennen,  da  iu  geschlossener 
Silbe.    Freilieb  sieht  van  Hellen  hier  seinen  vierten  Ausnahnis- 
fall  für  a  wirksam.     Aber  dass  er  hierzu  nicht  berechtigt  ist, 
,  ja  dass  mau  mit  den  synkopicvtea  Formen  in  unserem  Worte 
]  ttberhaupt  nicht  zu  rechnen  haben  wird,  ergibt  sic-b  aus  einem 


1)  Man   könnte    geneigt  Hein;    dns  miniere  a   von  fiavianda 

8  Heiner  unbeionten  Slellunfr  zu  erklären  und  "inainida 

ü  Grundform  anzuHetzen.     l>enn  vau  Heltens  Meinung,  dass  von 

[  tantosy  Ilabisch  er  oder  ftut*  zwei  .Silben  verteilter  Doppelkousounnz 

t  erscheine,  wodurch  sii'h  -mandti  Allerdings  als  lautgeaetz- 

I  Bche  EntWickelung  uns  *mainida  i-rgeben  würde,  kann  ich  mir  nur 

für  solche  Konsonani<.'iif>:rup|)eii  zu  eigen  machen,  welche  Kürzung 

langer  Vokale  bewirken;  zu  diesen  gehurt  aber  nd  nicht,  vgl. Siebs 

a.  O.  psseim.    Doch  ist  fiamanda  für  die  Frage  nach  der  Beband- 

'  Inn^  von  ai  überhaupt  ausser  Rechnung  zu  setzen.    Denn  Bofries. 

I  monda  Vommunio'  mit  den  Zusammen  setzunj^en  aft-,  nid-,  fiamonda 

I  und  das  genau  entsprechende  awfries.  mandn  'Qemeinde'   kSunen 

I  nur  auf  westgerm,  -an-  zurückgeführt  werden,  wie  auch  van  Helten 

k  Gramm.  lüO  sich  veranlasst  gesehen  hat,  *ijimonda  wenigstens  als 

I  KompTomissforni  des,  wie  er  glaubt,   noch  in  fiamanda  erhaltenen 

■  *ffimända,   Adjektivabstraktums  zu  *gimene.   mit   'gimonda  ^  got. 

tgaman  'commnnio'  zu  lieCrachten.     Dies  westgerm.  -ati'  müssen  wir 

Idaher  auch  in  fiamaiuln  sehen;  dasti  es  nicht  durchaus  fiamonda 

I  beiESt,    beruht  entweder  auf  der  unbetonten  Stellung,  oder  —  mir 

lirahrsch  ein  lieber  —  auf  gelegentlichen!  F.indringen  der  awlnes.  Form. 


376  Alois  Wnide, 

Vergleiche  nnseres  Wortes  mit  jenen  zweieilbigen  Stämmen, 
welche  infolge  gtnmmauglautender  poetkonsonantischer  Liquida 
oder  Nasalis  auch  im  N.  8g.  zweisilbig  bleiben.  Diese  zeigen 
nämlich  e:  teken  'Zeichen',  apedeJ  'Speichel*,  und  wo  Doppel- 
formen bestehen  (mdster  '.  mfster,  sdver  :  sirer)  haben  ander- 
weitige Einflüsse  neben  die  e-Form  erst  nachträglich  anch  eine 
Form  mit  ß  treten  lassen.  Hätte  man  nun  vor  der  Zeit  der 
ni-Wandlungeu  schon  eine  Flexion  *aithuin,  *aithmar  mit 
Synkope  gehabt,  so  wäre  doch  dieselbe  Entwicklung  des  ai 
zu  envarten  wie  in  ^taikev.  [*taik^),  Haiknes  usw.,  nämlich 
Ausgleichnng  der  Flexion  zu  *sthuvi,  efhmetr.  Daher  können 
in  iinsereiii  Worte  synkopierte  Formen  damals  entweder  noch 
gar  nicht,  oder  doch  nur  in  so  geringer  Ausdehnung  vorhan- 
den gewesen  sein,  dass  sie  fflr  die  lautliche  Entwicklung  ohne 
Einfluss  blieben,  und  das  a  unseres  Wortes  kann  daher  nur 
ans  der  Offenheit  der  Silbe  befriedigend  erklärt  werden.  Auch 
die  Annahme,  dasa  in  den  Casus  obliqui  eiues  Paradigmas 
*ethum,  *ethmar  vor  thni  nach  van  ileltens  Meinung  (nach- 
träglich) Verwandlung  zu  "ntJimar  usw.  eingetreten 
möchte  uicht  zu  befriedigen,  da  wir  dann  ähnlich  wie  bei  stirer 
serer  Doppelfomieu  mit  a  und  e  zu  gewärtigen  hätten, 

Ebenso  zeigt  awfries.  taker  =  ags.  täcor,  -ur,  ahd. 
her,  -ur,  -ir  mit  altem  Mittelvokale  el  in  offener  Silbe. 

Eine  weitere  beweiskräftige  Gruppe  bilden  die  fem. 
Stämme  ^ce  'Forderung,  Bitte',  /rase  'Gefahr'  (ahd.  freisa), 
lare  'Lehre'  und  Idwe  'Hinterlassenschaft'.  Nach  van  Helfen 
soll  hier  das  a  ans  dem  alten  endungslosen  N.  Sg.  stummen: 
*asc  {a  vor  tantosyllabischcr  Doppelkonsonanz),  *fras,  *lar, 
*laf  (a  wegen  der  durch  das  einstige  -m  labial  get^rliten  Kon- 
sonanz, bezw.  bei  *laf  wegen  des  folgenden  f),  während  das 
Verbnm  ascia  durch  Anlehnung  zu  erklären  sei.  Was  aber 
zunächst  *fras,  Hür  betrifft,  so  ist  entgegenzuhalten,  das«  die 
Annahme  von  Einwirkung  labial  gefärbter  Konsonanz  nicht 
aufrecht  zu  erhalten  ist,  nachdem  die  Terhältuismässig  noch 
wahrscheinlichsten  Stützen  f(lr  sie,  gad  und  wrak,  oben  eine 
andere  Erklärung  erfahren  haben.  Fllr  alle  angefllhrten  Noni. 
Sg.  Fem.  aber  ist  es  doch  höchst  fraglich,  ob  wir  wirklich 
mit  dem  alten  N.  Sg.  auf  -u  =  uigerm.  -ö  reclmen  dürfe 
denn  bis  auf  paar  von  van  Helfen  Gramm.  138  verzeieboi 
Formen  zeigt  das  Aofries.  in  Übereinstimmung  mit  dem  Ubrij 


ver- 
trer!        | 

-^ 

Ql.   6-  I 


Zur  Entwicklung  v 


1  FrieHiBehen. 


377 


koutinentalen  Westgerm,  die  Akkusati\fomi  urg.  -ö"  an  Stelle 
des  echten  N.  Sg.  getreten.  Und  wenn  aucL  der  fast  voll- 
ständige Sieg  der  Akk.-Forin  vielleicht  später  (vgl,  noch  die 
alte  Nominativform  cü  =  ags.  cii  gegenüber  akknsativisehem 
deutschen  *k(i)  erfolgt  ist,  als  im  Deutschen,  so  wird  er  doch 
immerhin  in  so  alte  Zeit  zurückreichen,  dass  es  geraten  ist, 
anf  eine  verlorene  Form  wie  *aisk  keine  Schllisse  zu  Itauen. 
Ja  selbst  wenn  mit  *aisk  usw.  xu  reclmen  wäre,  so  bliebe  es 
doch  recht  bedenkliehj  anzunehmen,  dass  nach  diesem  einen 
Kasus,  der  schon  seit  westgenn.  Zeit  sich  mit  dem  Akk.  Sg. 
im  Gebrauehe  zu  vermischen  begonnen  hatte,  um  ihm  auf 
dem  Koutiuente  schliesslich  zu  weichen,  alle  übrigen  Kasus 
umgestaltet  seien  und  dass  dänisch  sogar  das  alte  a-Verbum 
aacia  (ahd,  eisc07i)  das  ihm  nach  van  Heltens  Regel  zukom- 
mende ä  spurlos  aufgegeben  haben  sollte.  Hat  man  aber  den 
verlornen  N.  Sg.  ausser  Rechnung  zu  setzen,  dann  beweisen 
unsere  Worte  gerade,  dass  ai  in  offeuer  Silbe  durch  a  vertre- 
ten n-ird:  Silbeuteiluu^  *ai-si:e^).  Bei  fräse  ist  es  nicht  un- 
interessant, dass  in  awfries.  frees  (und  freeslik)  gerade  die 
lanlgeaetzliehe  Entwicklung  von  ai  in  geschlossener  Silbe  vor- 
liegt, ohne  dass  von  einer  Wirkung  des  einst  vorhandenen  -m 
etwas  zu  spüren  wäre.  Sollte  dies  awfries.  fraaae  :  free«  wirk- 
lich bloss  Zufall  sein? 

Ferner  wßsanda,  wOsenda  'Luftröhre',  ags.  icdsend;  um 
i  als  Entsprechung  von  ai  in  offener  Silbe  gegen  den  Einwand 
2tt  schützen,  den  dies  Wort  erheben  würde,  sieht  sich  van 
Helten  zur  Annahme  gezwungen,  dass  in  der  Stammsilbe  gar 
kein  ai  zu  Grunde  liege,    und  erklärt  das  Wort  fftr   ctj-molo- 

1)  So,  und  nicht  *ai8-ke,  inusa  die  Silbenteitung  gewesen  sein. 
Ich  bemerke  dies  gegen  Siebs  Grundr.  I*,  12S9,  der  das  e  vou  fi6»c 
«US  *flaig-ka,  von  mist  aus  *tnais-ta  herleitet.  Vielmehr  konnten 
die  obliquen  Kasus  nur  die  Silbeuteihing  *flai'iika,  *mai-»fa  sseigen, 
mtiaateu  also  ü  aue  ai  entwickeln.  Wenn  daneben  auch  flese,  tneat 
besteht,  so  ist  die»  falgendermaBKeii  zu  erklären :  wie  *iiffn,  *atänea 
U8W.  ZU  aten,  iUne»  ausgeglichen  erscheint,  ao  wurde  '/ififc,  *ftäakes 
zunftchst  zu  *fl^ik,  *fl^skes  ausgeglichen.  Erst  innerhalb  dieser  ein- 
beitlich  gestalteten  Flexion  bildete  sich  eine  neuerliche  Ungleichheit 
heraus,  indem  —  ein  weil  späterer  Vorgang  —  das  tautos.vl labische 
-sfc,  gf  Kürzung  von  ^  zu  <j  im  N.  A.  Sg.  bewirkte:  ftask,  fliskes.  Dies 
wurde  weiter  zu  einem  Doppelparadigma  ausgebaut,  einerseits  mit 
durchgängigem  a,  andererseits  mit  durchgKugigem  e. 


378  Alois  Walde, 

gisch  dunkel.  Sieher  mit  Unrecht;  denn  es  kann  kaum  eine 
schlagendere  Etymologie  geben,  als  die  Gleichsetznng  des  ags.- 
fries.  Wortes  mit  ahd.  weisont,  das  Steinmeyer  61.  III  in  fol- 
genden Glossen  belegt:  433,  3  Arterie  uueisunty  id  uuei  sunfy^ 
uueisont'^  434,  25  arteri^  weisunt:  436,  10  Aceria  uue*sant. 
Also  auch  hier  a  aas  ai  in  offener  Silbe. 

Diesen  Beispielen  gesellen  sich  zu  fdd  'Falschmünzerei' 
aus  *faihoduZy  tane  'Zehe*  aus  Haihon-y  a  'immer*,  na  'nie* 
aus  *{ni)  aig  =  älterem  *(wi)  aiw.  Lehrreich  sind  weiters  die 
Verhältnisse  des  Wortes  clath,  cUth  'Kleid*.  Nach  van  Helten 
wäre  a  aus  dem  N.  A.  PI.  *klaithur  (vgl.  north,  cedfur,  lombur) 
bezogen,  der  in  historischer  Zeit  allerdings  durch  cldthar  ver- 
drängt erscheine,  und  a  sei  hier  durch  die  labiale  Färbung 
bewirkt,  die  th  durch  das  folgende  -ur  erhalten  habe.  Aber 
auch  hier  kann  ich  mich  nicht  entschliessen,  auf  eine  ver- 
lorne Endung  Schlüsse  zu  bauen,  a  ist  vielmehr  die  Laut- 
gestalt der  offenen  Silbe,  die  sich  bei  unserem  Worte,  wohl 
veranlasst  durch  die  kräftig  gekennzeichnete  Plnralbildung, 
neben  dem  aus  dem  N.  A.  Sg.  stammenden  ^  erhielt.  Ja,  wenn 
es  nicht  Zufall  ist,  dass  van  Helten  Gr.  §  151  ff.  in  nnserm 
Worte  ö  nur  in  der  endungslosen  Form  eUih  (neben  clath) 
belegt,  während  er  für  die  Casus  obliqui  nur  Formen  mit  a 
anführt,  so  haben  wir  noch  die  ursprüngliche  Verteilung  be- 
wahrt: ä  in  offener,  P.  in  geschlossener  Silbe.  Weniger  beweis- 
kräftig sind:  PL  agun,  -en,  wo  Beeinflussung  durch  den  Sg. 
ach  denkbar  wäre;  feiner  Adawerth  'Insel  des  Ada*  und  wase 
'Schlamm*,  die  nicht  sicher  ai  enthalten  (s.  van  Helten).  Nicht 
hieher  gehört  *ha8te  'vehemens*  (N.  Sg.  nicht  belegt),  da  hier 
das  einst  vorhandene  f  (vgl.  Subst.  got.  haifsts)  an  der  Ent- 
stehung des  a  beteiligt  ist,  vgl.  das  Subst.  haety  durch  dessen 
Einfluss  sich  auch  der  Mangel  des  Umlautes  im  adj.  lo-St. 
*ha8te  begreifen  Hesse,  wenn  vor  fst  Umlaut  zu  fordern  wäre. 
Wenn  aber  der  Wandel  von  ^  zu  a  vor  f  ein  späterer  Vorgang 
ist,  als  die  Umlautwirkungen,  so  wäre  auch  haste  als  lautge- 
setzlich zu  betrachten. 

Diesen  Fällen  mit  regelrechtem  a  =  ai  in  offener  Silbe 
steht  nun  allerdings  eine  grössere  Zahl  anderer  gegenüber, 
welche  in  derselben  Stellung  e  =  ai  aufweisen.  Sie  bereiten 
aber  der  Erklärung  keine  Schwierigkeiten.  Ein  grosser  Teil 
von   ihnen   zeigt  "Umlaut"  durch   folgendes,    in  der  Sprache 


Znr  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen.  379 

noch  vorhandenes  (wenn  auch  in  der  Überlieferang  schon  zu 
e  abgeschwächtes)  i,  oder  durch  ein  ebenso  wie  das  i  in  ags. 
riku  ans  *rikiü  verhältnismässig  spät  synkopiertes  antevoka- 
lisches  i^i^.    Hierher  gehören: 

die  uin- Verben  geja  'büssen',  wenn  mit  Siebs  Beitr.  11; 
228  aas  ^gaigjany  Eaas.  zu  got.  -geigan  'gewinnen';  dsla 
'teilen*,  urdüa  'urteilen';  *etha  (sthane)  'beeidigen*  (übrigens 
aach  Subst.  ^^A 'Eid*  mit  regelrechtem  ä);  Jcera  'kehren*;  lera 
'lehren*  (sehr  beachtenswert  wegen  des  danebenstehenden  subst. 
^Stammes  lare,  wodurch  es  über  jeden  Zweifel  erhoben  wird, 
dass  B  in  Z^a  nur  durch  das  einst  folgende  0^  bewirkt  sein 
kama);  Uwa  'als  Erbe  nachlassen*  (vgl.  wieder  das  Subst.  lawe); 
*süa  'binden*  (3.  Sg.  silt) ;  ferner  Una  'verleihen*,  Uda  'leiten*, 
rika  'reichen*,  welche  noch  eine  kurze  Besprechung  erheischen. 
lina  (=  ags.  lAnan)  verdankt  sein  e  nicht  erst  dem  Umlaute 
durch  das  verbalstammbildende  i^i^,  denn  e  eignet  ja  auch 
dem  Sahst.  Un  'Lehen*  (ags.  Idkn^  an.  län,  ahd.  lehin,  -an). 
Ziehen  wir  weiters  fäd  zum  Vergleiche  heran,  so  ersehen  wir, 
dass  B  in  Un  nicht  etwa  der  geschlossenen  Silbe  in  der  vor- 
liegenden Lautgestalt  des  Wortes  zu  verdanken  ist,  da  wir  ja 
dann  gleicherweise  *ßd  erwarten  müssten,  sondern  dass  es 
vom  Standpunkte  der  altem  zweisilbigen  Form  aus  beurteilt 
sein  will :  *laihin  wurde  nach  Erreichung  der  Mittelstufe  *l(hin 
nicht  zu  *lahin  weiterentwickelt,  wie  f^hod  zu  *fahod,  son- 
dern behielt  infolge  des  i  der  zweiten  Silbe  sein  ^  (woraus  in 
der  Überlieferung  e),  wie  ich  überhaupt  die  Cmlautwirkung 
auf  ein  in  offener  Silbe  stehendes  ai  nicht  als  einen  Umlaut 
des  schon  erreichten  a  auffassen  möchte,  sondern  als  ein  Zu- 
rückhalten der  aus  ai  zunächst  entstandenen  Mittelstufe  ^  von 
der  Weiterentwickelung  zu  a. 

Bei  rikay  rit8{i)a  'reichen*  ist  das  Prät.  rächte^  Ptc. 
(e)racJU  bemerkenswert,  da  vor  cht  regelrechtes  (kurzes)  a  er- 
scheint; ebenso  die  3.  Sg.  rakt,  rächt  'erreicht*  (2.  Sg.  ^räkst^ 
^rochst  ist  nicht  belegt)  mit  analogisch  (vgl.  van  Helten  Beitr. 
17,  556  f.)  synkopiertem  Endungsvokal  und  Kürzung  vor  fcf, 
cht,  kstf  chst.  Ebenso  zeigt  Uda  'leiten'  das  prät.  latte  (ana- 
logisch auch  Utte),  Ptc.  lat  (analogisch  auch  Ut),  3.  Sg.  lat 
2.  Sg.  tatst  mit  aus  ^  gekürztem  a,  vgl.  van  Heltens  und 
Siebs'  (Grundr.  I^)  Ausführungen.  Gleicherweise  zu  Usta 
'leisten*  das  Ptc.  elast,  3.  Sg.  last,   2.  Sg.  *lastst  mit  ä  vor 


380  Alois  Walde, 

tantosyllabischem  8t(t),    bezw.  in  den  casas  obliqai  des  Ptc 

vor  st'{ty. 

Ferner  Adjektive  auf  -in  :  Bwen^  -an  'ewig*  (abd.  itcin) 
(ebenso  €wig) ;  itzen  'eichen*  (abd.  eihih) ;  widen  'waidf arben, 
blau*  (abd.  weüin)  (daneben  ebenfalls  mit  6  das  Subst.  awfries. 
w^d 'Waid*,  aof ries.  ti^^dnßZ^a,  tu^dcnKnjr 'blutrünstige  Wunde' 
wieder  mit  Umlaut  oder  mit  Anscbluss  an  toed);  «tinen^  binen 
'steinern,  beinern*  (Subst.  sten,  bin).  Adjektive  mit  andern 
i-Suffixen :  6gin,  -en  (vgl.  got.  aigin  N.  'Eigentum,  Vermögen*, 
abd.  eigin  neben  eigan,  ags.  ckgen  neben  dgen).  Hier  ist  das 
i  der  zweiten  Silbe  urgerm.  aus  a  durch  Assimilation  an  das 
i  der  Stammsilbe  entstanden,  vgl.  Auslautges.  94.  Die  Neben- 
form aifiy  ayn  kann  a  der  tautosyllabischen  Spirans  j  ver- 
danken, aber  auch  wie  ags.  dgen^  abd.  eigan  die  wiederher- 
gestellte Suffixform  -an  fortsetzen;  Bin,  eyn  hat  i  nach  igin. 
Ähnlich  setzt  heiig,  helg  die  Suffixform  -ig  fort.  Dass  daneben 
kein  *halig  erscheint,  ist  leicht  verständlich,  da  auch  bei  Vor- 
aussetzung ehemaliger  Doppelformen  hilig  :  *halag  erstere  in 
Folge  des  danebenliegenden  Adj.  hil  vorgezogen  werden  musste. 

Femer  Abstrakta  auf  got.  -ei  :  bride  'Fläche*  in  hond- 
brede  'Handfläche*  usw.;  hete  'Hitze*  (darnach  und  nach  dem 
Adj.  het  'heiss*  auch  kette  =  *haitipö^^  für  lautgesetzliches 
*hätte),  Abstrakta  auf  got.  -eins  :  ledene  zu  Uda  'leiten*, 
bredene  zu  *hreda  'breiten*,  swSpene  zu  swepa  'fegen*.  Auch 
mene  'Vorsatz'  gehörte  ursprünglich  hierher  (zu  awfries.  meiian 
'meinen*),  ist  aber  in  die  Flexion  der  Adjektivabstrakta  über- 
gegangen. 

Adjektivische  io- St.:  rede  'bereit,  fertig*;  m^ne 'gemein*; 
nitigen-j  tian-spetze  'neun-,  zehnspeichig*  (daneben  auch  niughen- 
spdtze  im  Anschlüsse  an  das  Fem.  *8päke  =  ahd.  speicha 
'Speiche*);  twede  '^/j  betragend*;  Tclene  'klein*;  *skene  in  sehe- 
nien  'sichtbar  zu  machen*. 

lö-Stämme:  heme  'Haus,  Dorf*  (wäre  auch  als  c)-Stamm 
mit  lautlicher  Anlehnung  an  hem  verständlich);  ere  'Ehre*  (das 
ags.  dr  zeigt  allerdings  den  reinen  d-Stamm,  aber  im  Ahd. 
findet  sich  auch  ein  N.  Sg.  erl,  geschrieben  heri,  der  im  Ver- 
eine mit  dem  fries.  Worte  auf  ein  westgerm.  "^aiziö-  neben  *aizö- 
weist). 

iöw-Stämme:  wesa,  -e  M.  F.  'Waise';  ewe  'Gesetz*  (vgl. 


Zur  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen.  381 

den  s^hd.  id- Stamm  in  ewa^  D.  Sg.  ewiu  K,  N.  Sg.  auch 
^trf  K). 

ian-Stämme:  fritha  'Geächteter'  (=  ahd.  freideo;  iaSU 
in  ahd.  freidi  'profagus')^  ivinBtha  'Eideshelfer'  kann  eben- 
falls mit  van  Helten  Gramm.  22  als  ian-Stamm  anfgefasst  wer- 
den, aber  auch  als  an-Stamm  mit  Vokalisierung  der  Stamm- 
silbe nach  eth  'Eid'. 

Vereinzelte  Fälle:  bethe  'beide',  von  van  Helten  mit  as. 
bediey  -u  verglichen;  tw6ne  M.  'zwei'.  Gerade  diese  Form 
scheint  für  van  Heltens  Ansatz  von  e  =  ai  in  offener  Silbe  zn 
sprechen;  aber  sie  verliert  jede  Beweiskraft,  wenn  wir  ags. 
tuoSgeUj  bSgen  vergleichen  (man  beachte  auch  ahd.  ztoei  = 
*ztDajjUj  wie  obd.  dei  =  *pajjuj  Auslautges.  50).  Ferner  die 
Superlative  Urest  'der  kleinste',  ^risty  '{ß)st  'der  erste'  (ahd. 
4risty  ags.  (trest),  deren  Sippen  von  van  Helten  richtig  beur- 
teilt sind:  Ussa  'kleiner'  trotz  der  Geminata  mit  e  nach  dem 
Superlativ  Ur{e)8t  und  Ust  (letzteres  hätte  allerdings  in  spä- 
terer Zeit  bei  ungestörter  Entwicklung  in  der  endungslosen 
Form  zu  Hast  geführt)  und  dem  Adv.  U8\  Adv.  ßr  =  got. 
airis,  Komp.  arra  und  mit  Anlehnung  erra.  Weder  bei  erra 
noch  bei  h^ra  'Herr'  i^hairizon-),  für  welches  wegen  der  Ge- 
minata *harra  zu  erwarten  wäre,  darf  man  sich  auf  das  i  der 
einstigen  Mittelsilbe  stützen:  hera  könnte  allenfalls  mit  van 
Helten  aus  dem  Einflüsse  des  Adj.  her  erklärt  werden;  da 
aber  unser  Wort  im  Ags.  fehlt,  ist  es  mir  viel  wahrscheinlicher, 
dass  fries.  hera  ebenso  ein  Lehnwort  aus  dem  Deutschen  ist, 
wie  dies  für  an.  herra^  Jierre  sichersteht.  —  Endlich  Bnich, 
^ng,  anich,  ang  'ullus';  nach  Ausweis  von  ahd.  einig  'uilus' 
ist  enich  die  lautgesetzliche  Form,  die  auch  nach  van  Helten 
IF.  7, 345  im  Awfries.  die  alleinherrschende  geblieben  ist;  die 
d-Formen  sind  dazu  neugebildet  in  Nachahmung  des  Neben- 
einanders  von  an  :  en. 

Diesen  durch  Umlaut  gerechtfertigten  Fällen  von  e  in 
offener  Silbe  stehn  als  eine  zweite  Gruppe  solche  gegenüber, 
in  welchen  zur  Zeit  der  Monophthongierung  des  ai  in  offener 
Silbe  noch  gar  keine  offene  Silbe  bestand,  oder  in  welchen 
Analogiewirkungen  im  Spiele  sind. 

eJce  D.  Sg.  'Eiche'  gehört  zum  konsonantischen  Stamme 
N.  Sg.  *ek  =  ags.  Kons.-St.  de,  an.  eik;  hier  war  ursprüng- 
lich der  ganze  Sg.  und  der  N.  A.  PL  endungslos,  daher  e. 


882  Alois  Walde, 

Verdunkelt  wurde  die  ursprüngliche  Geschlossenheit  der 
Silbe  in  der  Verbindung  -aiw-  durch  den  Schwund  des  tu,  der 
aber,  wie  die  Entsprechung  e-  lehrt,  erst  nach  der  Mono- 
phthongiernng  in  offener  Silbe  stehender  ai  erfolgt  sein  kann. 
Die  lantgesetzliche  Behandlung  eines  im  Auslaute  stehenden 
-aiw  kennen  wir  bereits  von  a  'immer*,  na  'nie*  her.  Hier  ist 
w  bereits  vor  dem  ersten  ai -Wandel  vokalisiert  gewesen,  ai 
also  in  offener  Silbe  gestanden.  Dagegen  in  ^-  'Gesetz*  (ags. 
c§,  St.  aiwi')  neben  lautgesetzlichem  a-  (beides  nur  in  Zusam- 
mensetzungen) ist  der  ursprüngliche  Zustand  dadurch  verwischt, 
dass  neben  den  N.  Sg.  *aig  eine  Nebenform  *aiw  mit  Wieder- 
auffrischung des  w  nach  den  Casus  obliqui  trat;  diese  musste 
dann  in  der  ersten  Periode  unverändert  bleiben  und  später  zu 
*eWy  e  führen.  Denselben  Vorgang  beobachten  wir  auch  bei 
awfries.  reesraf  'Leichenraub*,  in  dessen  erstem  Bestandteile 
ein  Subst.  *re  aus  *hraiw  mit  im  Auslaute  neu  eingeführtem 
tr  vorliegt;  auch  ags.  hrätOy  hrdw  neben  hrd  zeigt  dieselbe 
Neuerung.  In  gleicher  Weise  setzt  awfries.  si  'See*  *8aiw 
voraus,  nicht  *saig,  das  *8a  ergeben  hätte. 

In  diesem  Zusammenhange  ist  auch  ssle  'Seele*  zu  be- 
sprechen, für  welches  van  Helten  den  Entwicklungsgang  *sai- 
wul-,  ^saitil'j  und  mit  Synkope  des  Mittelvokales  *8ailr  an- 
nimmt. Vergleichen  wir  aber  die  angenommene  Mittelstufe 
*8aiul'  mit  *fai{h)od-j  *tai(h)on',  *lai{Ji)in'j  den  Vorläufern  von 
fadj  tane,  len,  so  müssten  wir  Mangels  eines  ümlautbewirkers 
auch  Entwicklung  von  *8aiul-  zu  *8al-  erwarten.  Ganz  andere 
Bahnen  weist  uns  das  Ags.  Während  dreisilbige  d-Stämme  hier 
sonst  nur  dann  ihr  Nominativ-w  verlieren,  wann  sie  kurze 
Wurzelsilbe  oder  schwere  Mittelsilbe  haben,  zeigt  8äwol  trotz 
der  laugen  Wurael-  und  kurzen  Mittelsilbe  geschwundenes  -m. 
Dies  zwingt  zur  Annahme,  dass  8dwol  ein  ursprünglich  zwei- 
silbiges *8aiwlö  ist  und  dass  der  Mittelvokal  in  got.  8aiwala 
auf  Vokalentfaltung  beruht.  Dieser  Schluss  wird  dadurch  ge- 
sichert, dass  ein  urgerm.  *8aiwalö  lautgesetzljch  zu  *8aiwüöf 
got.  *saiwila  geworden  wäre;  eine  Wiederherstellung  des  Suf- 
fixes -alö  wäre  kaum  glaublich  zu  machen,  da  das  so  häufige 
Suffix  'il  (vgl.  z.  B.  Brugmann  Grundr.  2,  196  f.)  einer  derar- 
tigen Analogiebildung  sicher  entgegengewirkt  hätte.  Dies 
*8aiwlö  nmss  ebenso  wie  ahd.  fiola  (urgerm.  *fiwlo  aus  ^fijwlö) 
w  aus  ^w  gehabt  haben;   der  Unterschied  in  der  Behandlung 


Zur  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen.  383 

Yon  wl  in  ahd.  fiola  :  sBla  beruht  natürlich  auf  der  verschie- 
denen Quantität. 

Fflr  das  Fries,  liegt  nun  die  Sache  klar:  *8aiwlö  hatte 
ai  in  geschlossener  Silbe,  daher  weiter  zu  *s^wle,  sele^).  Nun 
wird  es  auch  leicht  verständlich,  weshalb  neben  a-.  na-  'immer, 
nie'  in  Zusammensetzungen  auch  i-,  ne-  auftritt.  In  denjeni- 
gen Fällen  nämlich,  in  welchen  *aiio,  *ni  aiw  schon  vor  der 
Vokalisierung  von  w  im  Auslaute  eine  feste  Zusammenrückung 
mit  einem  konsonantisch  anlautenden  Pronominale  einging,  blieb 
das  nun  inlautend  gewordene  w  ebenso  wie  in  *saiwlö  länger 
erhalten,  und  *aiw  führte  daher  zu  ^-. 

Femer  begegnet  5  in  offener  Silbe  in  einigen  N.  A.  Sg. 
zweisilbiger  Stämme  mit  wurzelauslautendem  Kons.+Liqn.  od. 
Nas.,  wobei  durch  Silbischwerden  letzterer  auch  der  endungslos 
gewordene  N.  A.  Sg.  seine  Zweisilbigkeit  bewahrte.  Während 
nun  bei  den  im  N.  A.  Sg.  einsilbigen  Stämmen  wie  sten,  del 
usw.  die  Foim  des  N.  A.  Sg.  entscheidend  für  die  Lautgestalt 
des  Wortes  wurde  (über  flesc  :  flasc,  gest  :  gast  s.o.)  zeigen 
unsere  Nomina  im  allgemeinen  ^,  also  die  Form,  die  ihren 
Casus  obliqui  eigen  war.  Hieher  gehören :  teken  'Zeichen'  (mit 
dem  Denominativ  bit€knia);  Haiknes  usw.  führte  zu  täknes. 
Für  den  N.  A.  Sg.  Haiken,  Haikn  ist  mit  Wahrscheinlichkeit 
Entwicklung  zu  *taken  anzunehmen:  dass  die  hier  entstandene 
ö-Form  gegenüber  der  e-Form  unterlag,  ganz  im  Gegensatze 
zum  Siege  von  z.  B.  sUn  über  *8tanes  ist  leicht  verständlich : 
der  einsilbige  N.  A.  Sg.  sten  stand  seinen  zweisilbigen  Casus 
obliqui  viel  schärfer  gekennzeichnet  gegenüber,  als  der  N.  A. 
Sg.  tsken  seinen  gleicherweise  zweisilbigen  Casus  obliqui.  Viel- 
leicht  aber   ist   doch   auch   der  N.  A.  Sg.  Uken   lautgesetz- 


1)  Bezüglich  der  übrigen  Fragen,  die  sieh  an  unser  Wort 
knüpfen,  trete  ich  der  Ansicht  Kluges  bei  (IF.  4,  310),  gegen  van 
Helten  Beitr.  20,  508  ff.  Dass  ahd.  s€ula  gegenüber  gewöhnlichem 
ahd.  sela  nicht  zum  Ansätze  von  Doppelformen  nötigt,  geht  ja  da- 
raus hervor,  dass  es  nur  die  Form  des  Rheinfränkischen  ist  (Is.,  M.; 
in  letzterer  Quelle  daneben  die  bair.  Formen  G.  Sg.  sUa  27,  29,  D. 
Sg.  selu  30,  20),  so  dass  man  es  also  nur  mit  verschiedener  Ent- 
wicklung von  wl  in  den  verschiedenen  Dialekten  zu  thun  hat.  Die 
Beurteilung  der  neben  aofries.  s^le  auftretenden  Form  siel(e)  muss 
ich  andern  überlassen;  ihre  mit  zweimaliger  Formmischung  arbei- 
tende Erklärung  durch  van  Helten  hat  mich  nicht  überzeugt,  auch 
abgesehen  von  ihren  lautlichen  Voraussetzungen. 


384 


s  Walde, 


lieh  bereehtifit;  nämlicb  unter  der  allerdings  nicht  weiter  zu 
etUtzeudcD  ADnahme,  dass  iils  ein  Überrest  der  einstigen  Silben- 
trennung *taik-nas,  imd  zugleieb  iii  Aulehnung  an  die  Casus 
obliqni  *taik-nes  nsw.  aueb  iu  der  späteren  Form  *faiiw  zwar 
nicht  die  Ljisung,  wohl  aber  die  Uildun^  des  A'-Versehlusses 
noch  zur  ersten  Silbe  gehörte,  wobei  dann  ai  in  gesell losaeuer 
Silbe  gestanden  wäre. 

Ebenso  spedel  'Speicher  (ags,  spddl)  (daneben  auch  ein 
schwacbes  apüdla);  hethin,  -en,  -on  'heidnisch',  wenn  aus 
*haipna^j.  Dagegen  ist  neben  mester  'Meister'  und  sever 
'Feuchtigkeit"  durch  sekundäre  Vorgänge  auch  m4ster.  saver 
getreten;  master  ist  icn  mester  hinzugebildef  in  Nachahmung 
der  Doppelheit  ment  :  mänt^);  Uber  saver  wurde  schon  ge- 
handelt. 

Ganz  anders  steht  es  mit  dem  e  der  Verba  keta  'heissen' 
(got,  haita,  kaikait)  und  sksfha  'scheiden'  (got.  akaida,  »kai- 
skaid),  mit  folgenden  Formen  (vgl.  van  Hellen  Gramm.  §274): 
Prät.  htt,  fluten,  Ptc.  {g){e)heten,  3.  Sg.  Ind.  Präs.  hit  und 
hat;  mit  Übergang  in  die  schwache  Flexion  auch  Prät.  Ind. 
Aeie;  3.  Sg.  Ind.  Prä»,  a(^at  neben  sehet,  femer  das  schwache 
Ptc.  schat  neben  sketh.  Die  Erklärung  des  bis  auf  die  For- 
men vor  Geniinata  (bezw.  vor  tst  in  der  nnbelegtcn  2,  Sg.  Ind. 
Präs.)  ausuabmslosen  e  kann  natürlich  weder  von  Geschlossen- 
heit der  Silbe  ausgehu,  die  ja  nur  dem  Imperativ  zukommt, 
noch  von  der  Wirkung  eines  folgenden  i,  die  ,ja  nur  fürs  Ptc. 
Prät.  in  Betracht  käme  (vgl.  urnord.  haitinoE,  und  Aiislautges. 
94  f.).  Viehuehr  beruht  das  e  unserer  Verba  ohne  Zweifel 
anf  der  Analogie  der  auf  sie  von  altereher  im  Prät.  reimen- 


1)  Hier  sei  auch  das  Fem.  hUdere  'Leiter'  mit  durcliau*  laut- 
(Wieset zliclieni  e  erwUlmt,  Stamm  *htaipTo.  Wanu  keini'  sekutidUre 
Vokalen twicklung  vor  r  eintrat,  waren  die  Bedingungen  für  das 
Entstehen  der  Nebentorm  hladder  in  hladdeigotig  gegeben:  ur- 
sprünglich *hladdra  mit  Gemination  vor  r,  die  im  Fries,  wohl  eben- 
so, wie  es  im  Agn,  der  Fall  iet,  nach  laiijifer  Wuraelsilbe  erst  siiilt 
eintrat. 

2)  In  (iieser Sippe  sind  folgende  Formen  lautgesetzlich:  Komp. 
mära,  Adv.  mä,  mter\  Sup.  jnest  (quasi  lautgesetzlii'h  wie  die  Casus 
obiiqni  von  sten  sind  jedenfaUs  aueti  die  casus  obl.  von  tn&M\  d«r 
N.  Sg.  mi»t  :  vianf  ist  zu  beurteilen  wie  fiiec  :  fiaac.  geat  :  gaat), 
d&rnach  durch  Ausgleichung  auch  mee,  mar.  Dass  der  Kooip.  mär<i 
keine  Form  mit  i  neben  sich  hat,  ist  vielleicht  nicht  zufallig. 


Zar  Entwicklung  von  germ.  ai  im  Friesischen.  38& 

den,  rednplizierenden  Verben  brBda  'braten'  (ahd.  bratan),  Uta 
Hassen'  (got.  letan,  ags.  Icetan,  ahd.  lazan\  reda  Vaten'  (got. 
r^dany  ags.  rddan,  ahd.  ratan),  deren  e  im  Präs.  wie  im 
Part.  Prät.  nrgerm.  s  ist.  Den  Vorgang  werden  wir  uns  ge- 
nauer so  vorzustellen  haben,  dass  zur  Zeit,  als  ai  in  offener 
Silbe  die  Mittelstufe  ^,  die  sonst  zu  a  führte,  erreicht  hatte, 
die  Präsentien  *A$fa,  *8Jci^tha  ihr  $  durch  den  geschlossenem 
Laut  von  Ista,  r^da,  brida  ersetzten,  da  ja  auch  im  Prät.  von 
jeher  Vokalgleichheit  vorhanden  war.  Die  3.  Sg.  hat  und 
schath  dürfen  noch  als  die  lautgesetzlichen  Formen  vor  6e- 
minata  betrachtet  werden,  die  durch  die  schützende  Analogie 
von  Uday  3.  Sg.  Zaf,  der  entgegenwirkenden  Analogie  von 
iMttj  r^da,  brBda  entzogen  wurden.  Dass  hat,  schat  erst  auf 
Grund  der  Analogie  von  Uda  usw.  neugebildet  sein  sollen,  wie 
van  Helten  will,  ist  mir  deshalb  weniger  wahrscheinlich,  weil 
man  dann  wohl  auch  zu  Uta,  reda,  breda  derartige  Formen 
*lat,  *rat,  *brat  erwarten  dürfte,  die  es  eben  nicht  gibt. 

Damit  sind  die  Fälle  von  e  in  offener  Silbe  im  wesent- 
lichen erschöpft;  auf  klärliche  Analogiebildungen,  wie  gerade 
'schmerzte'  zu  ser,  w^lcande  'emarascens'  zu  "^wek  einzugehn, 
darf  ich  mir  wohl  ersparen.  Kein  Diphthong  ai  endlich,  son- 
dern zweisilbiges  a-i  liegt  dem  Fremdworte  Uja  'laicus'  zu 
Grunde. 

Schwierig  sind  die  Verhältnisse  des  Wortes  aofries.  femne, 
famne,  awfries.  famne.  Wäre  ßmne  eine  lautgesetzliche  Form, 
so  könnte  sie  höchstens  als  ümlautsform  in  Betracht  kommen. 
Stamm  *faimniOn-y  wobei  freilich  Schwierigkeiten  übrig  blei- 
ben. Da  aber  mn  jedenfalls  als  ktirzungbewirkende  Konso- 
nantengruppe gelten  muss,  so  ist  famne  und  das  daraus  assi- 
milierte famme,  fanne  jedenfalls  das  lautgesetzliche,  f^mne 
mit  van  Helten  aus  der  Analogie  des  Adj.  *femin  =  an.  fei- 
minn  'schamhaft'  zu  erklären,  kann  ich  mich  nicht  entschlies- 
sen,  da  dies  Adj.  auf  westgerm.  Gebiete  noch  nirgends  belegt 
ist.  Eher  möchte  ich  an  Einfluss  einer  dem  as.  femea  ent- 
sprechenden Form,  wenn  nicht  gar  dieses  as.  Wortes  selbst 
glauben,  zumal  die  ö-Foim  nur  aus  dem  Aofries.  angeführt 
wird.  Das  o  der  Formen  *fovne,  fömne,  föne  erklärt  van 
Helten  (Gramm.  24  und  Beitr.  14,  245)  durch  Verquickung  mit 
fröwe,  was  doch  eine  recht  harte  Annahme  ist.  Vielmehr  gilt 
mir  mit  Siebs  Grundr.  1*  1229  fömne  als  Mischbildung  zwi- 


386  P.  £.  Sonnenbarg, 

sehen  famne  und  fovne\  letzteres  als  infolge  der  beiderseits 
labialen  Umgebung  des  a  aus  *fafne  (älter  *fifne)  lautlich 
entwickelt  anzusehen^  hindert,  so  weit  ich  sehe,  nichts. 

Zusammenfassend  lässt  sich  hiermit  sagen :  ai  wurde  zu- 
erst in  offener  Silbe  verändert,  u.  zw.  zu  $  (ß)^  welches  aUr  6 
in  die  Überlieferung  hereinkam,  wann  ein  *-ftf)-  oder  ein  durch 
die  Auslautgesetze  nicht  getilgtes  i  folgte,  sonst  aber  zu  a 
fortschritt.  Später  ist  die  Verwandlung  von  ai  in  geschlosse- 
ner Silbe  zu  *^  ((e).  Dieses  blieb  im  allgemeinen  als  €  erhal- 
ten, wurde  aber  verhältnismässig  spät  vor  ch  oder  Labial  zu 
ü  und  vor  Geminata  oder  sonstigen  kürzenden  Konsonanten- 
verbindungen zu  ä  gewandelt. 

Innsbruck.  Alois  Walde. 


Zur  Ableitung  von  calefado  und  calebam. 


Im  laufenden  (52.)  Jahrgang  der  Zeitschr.  f.  d.  östr.  Gym- 
nasien haben  Stowasser  und  Skutsch  unter  gegenseitiger  An- 
erkennung den  hübschen  Gedanken  veröffentlicht,  dass  in  dem 
ersten  Teil  von  cale-facio  wie  von  cale-bam  das  Partizipium 
calens  vorliege,  und  die  lautliche  und  semasiologische  Entwick- 
lung dieser  Formen  wahi-scheinlich  gemacht.  So  einleuchtend 
die  Sache  scheint  und  so  manches  sich  gewiss  zu  ihrer  Be- 
stätigung den  kurzen  Notizen  der  genannten  Gelehrten  zufügen 
Hesse,  so  fehlts  doch  auch  nicht  an  Thatsachen,  die  bedenk- 
lich stimmen  können.  Einiges  davon  ist  bereits  von  ihnen 
selbst  erledigt,  andres  vielleicht  absichtlich  als  minder  wesent- 
lich übergangen,  um  in  der  in  Aussicht  gestellten  ausführliche- 
ren Behandlung  des  Gegenstands  besprochen  zu  werden.  Als 
Beitrag  dazu  mögen  die  folgenden  Bemerkungen  gestattet  sein. 

Die  in  jeuer  Weise  mit  facio  zusammengesetzten  Verba 
fuhren  meist  auf  e-Stämme  zurück  und  gruppieren  sich  leicht 
ihrer  Bedeutung  nach;  so  arefacio,  lique facio,  madefacio\  cale- 
fado,  {concale facio),  fervefacio,  frigefa^io,  tepefacio;  einzeln 
Rtehn  patefacio]  stupefacio,  {ohstupe facio).  Hier  sehn  wir  fast 
überall  die  entsprechenden  Adjektiva  daneben:  aridus,  liqui- 
du8,  madidus,  calidus,  fervidus,  frigidus,  tepidus,  stupidus] 


Zur  Ableitung  von  calefado  und  caleham.  387 

TM  gelidus  fehlt  ein  entsprechendes  Verbum,  aber  man  bildete 
doch  gdefcictus.  Etwas  anders  liegts  bei  Idbefacio  ijtäbefacto), 
aind  expergefacio  (vielleicht  gehört  auch  fervefacio  eher  hier- 
her);  deueu  Verba  der  sog.  3.  Konjugation  entsprechen,  und 
gerade  hier  bringt  die  auffallende  Länge  des  e  vor  -facio  eine 
willkommene  Bestätigung  von  Stowassers  Auffassung.  In  dem- 
selben Sinne  lässt  sich  olfacio  verwerten.  Die  Entstehung 
der  Bedeutung  dieses  Worts  setzt  voraus,  wie  es  Stowasser 
für  all  diese  Bildungen  annimmt,  dass  zuerst  die  Passiva  oder 
Media  (mit  fio)  enstanden  {calens  fio),  dann  nachdem  diese 
fest  geworden  (calefio),  eine  entsprechende  Aktivbildung  {caie- 
facio)  erfolgte.  Das  Lukrezische  facit  are  würde  nur  zeigen, 
wie  sehr  die  Entstehung  damals  schon  vergessen  war.  Nnn 
sieht  man  leicht,  wie  olens  fio  'ich  werde  duftend',  also  'riech- 
bar' zu  der  Bedeutung  'ich  werde  (thatsächlich)  gerochen' 
kommt  (vgl.  das  griechische  Adjectivum  verbale  auf  -toc). 
Von  da  ergab  sich  dann  von  selbst  olfacio  'ich  nehme  durch 
•den  Geruchsinn  wahr',  eine  Bedeutung,  die  aus  olentem  facio 
kaum  abzuleiten  ist.  Da  ists  aber  doch  sehr  auffallend,  dass 
sogar  die  volle  Form  oUfacio  bei  Plautus  durch  Skutsch  nach- 
■gewiesen,  olfio  dagegen  so  gut  wie  gar  nicht  belegt  ist.  Und 
wenn  man  (gegen  Stowasser)  behaupten  wollte,  die  Aktiv- 
Bildungen  mit  fado  seien  das  Ursprünglichere,  so  könnte  man 
dafür  anführen,  dass  ja  zum  Ausdruck  des  passivischen  oder 
medialen  Begriffs  die  Incohativa  aresco,  liquesco,  madesco, 
cxilesco,  concalescOj  fervesco,  frigesco,  tepesco,  patesco,  stu- 
pescOy  obstupesco,  läbesco  (Plaut,  collabasco),  expergiscor  zur 
Verfügung  standen,  die  wenigstens  zum  grössten  Teil  schon 
der  ältesten  bekannten  Sprache  angehören.  Jedenfalls  müsste 
schon  in  sehr  früher  Zeit  das  Bewusstsein  des  von  Stowasser 
angenommenen  Vorgangs  geschwunden  sein,  wenn  man  nach 
ihm  auch  die  Verba  assuefacioj  consuefacio,  desuefaciOj  insue- 
faeio  neben  den  Incohativbildungen  a^suesco,  consuesco,  desu- 
esco,  insuesco  und  erst  recht  die  Verba  condocefacio  und  com- 
monefacio  erklären  will,  die  sich  ja  als  einfache  Dubletten 
neben  condoceo  und  commoneo  stellen,  wie  der  rheinische 
Dialekt  gern  mit  thun  umschreibt,  der  englischen  Umschreibungen 
mit  to  efO'gar  nicht  zu  gedenken.  Hier  reicht  zur  Erklärung 
der  Bedeutung  die  Ableitung  vom  Partizipium  weder  mit  facio 
noch  mit  fio  ans,  man  müsste  denn  für  diese  Fälle  passivische 


388    P.  £.  Sonnenburg,  Zur  Ableitung  von  calefacio  und  caleham. 

Bedeutung  des  Partizipiums  neben  fio  annehmen.  Dabei  mag 
nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  es  neben  Bildungen  wie  am- 
plifico  und  sacrifico  entsprechende  Incohativa  nach  Art  von 
duresco,  vanesco  nicht  gibt. 

Auch  in  den  Bildungen  calebam  und  calebo  hat  die 
Zurückftihrung  des  ersten  Teils  auf  calens  ihre  Schwierigkeiten, 
von  denen  zwei,  das  kurze  a  in  däbam,  dabo  und  die  Formen 
audibam,  audibo  bereits  von  Skutsch  behandelt  sind.  Letztere 
fasst  er  sehr  einleuchtend  als  einfache  Analogiebildungen  nach 
amabam,  monebam,  und  es  will  scheinen,  als  ob  bei  ursprüng- 
lichem audibam  eine  Bildung  wie  audiebam  gar  keine  Er- 
klärung habe.  Indessen  würde  diese  Erscheinung,  wenn  wir 
sie  annehmen  —  und  die  einfachen  Foroien  auf  -ibantj  -ibo 
erscheinen  in  der  Litteratur  wohl  eher  als  archaisch  denn  die 
volleren  auf  -iebam  —  zu  verstehen  sein  infolge  der  vielfachen 
gegenseitigen  Beeinflussungen  in  den  i-  und  ^Stämmen:  man 
denke  an  oreriSy  orltur,  orerentur,  potUuVy  daneben  umge- 
kehrt an  cuplret'.  anderseits  vielleicht  auch  an  Formen  wie 
evenat.  Eine  ganz  gleiche  Erscheinung  läge  thatsächlich  vor 
in  ambiebamy  das  wohl  sicher  erst  wieder  Analogiebildung 
nach  audiebam  ist.  Die  Möglichkeit  der  Annahme  aber,  dass 
in  audibam  das  Ursprünglichere  erhalten  sei,  scheint  gestützt 
zu  werden  durch  die  Bildungen  ibam  und  ibo  von  eo  (ebenso 
quibam,  quibo,  nequibam,  nequibo),  die  auch  sich  nicht  aufs 
Partizipium  zurückführen  lassen  und  bei  der  Häufigkeit  des 
Verbums  und  seinen  zahlreichen  Singularitäten  wohl  als  ur- 
sprünglich aufzufassen  sein  dürften. 

Wenn  ich  mit  diesen  gelegentlichen  Einfällen  das  gewiss 
allgemeine  Interesse  an  der  Darlegung  der  beiden  Gelehrten 
bekundet  haben  möchte,  so  liegt  mir  die  Anmassung  fem, 
das  Schlusswort  des  Tyrannen  in  der  Bürgschaft  zum  meinigen 
zu  machen,  aber  vielleicht  ists  gestattet,  die  dort  am  Schluss 
angeführte  Stelle  nach  Pigres'  Muster  zu  lesen: 

CUV  Te  bu'  ^pxo)Li€viü,  Ktti  Te  TTpö  8  Toö  ^vöncev* 
ÖTTTTUJC  Kepboqpopfii,  Kai  qpiXoc,  8c  TpiTaroc. 

Münster.  P.  E.  Sonnenburg. 


Karl  Brugmann,  Nochmals  lat.  ali&iits,  laniena,   .       389 


Nochmals  lat.  aliinuSf  laniena. 

(Zu  Wölfflins  Archiv  12,  201  ff.) 


Seine  im  J.  1890  (De  nominibus  Lat.  suffixi  -wo-  ope  for- 
maÜB  p.  15  sqq.)  geäusserte  Ansicht  über  die  Entstehung  des 
Suffixes  -ienus  —  dieses  soll  durch  lautliche  Dissimilation  aus 
'Ünos  mit  uridg.  I  hervorgegangen  sein  —  hat  Skutsch  seit- 
dem zweimal  gegen  diejenigen  zu  verteidigen  gesucht,  die  von 
ihm  nicht  tiberzeugt  worden  sind,  in  Vollmöllers  Jahresber. 
5,  60  und  in  Wölfflins  Archiv  12,  201  flf.  Die  zweite  Vertei- 
digung ist  eine  Antwort  auf  Ber.  der  Sachs.  Ges.  der  Wissensch. 
1900  S.  407  flf.,  wo  ich  gezeigt  habe,  dass  Skutsch  die  Mög- 
lichkeit des  Ursprungs  des  e  von  -iinus  aus  urital.  ei,  oi  oder 
ai,  die  sich  jedem  namentlich  seit  Solmsens  Aufsatz  IF.  4,  240  flT. 
aufdrängen  musste,  mit  Unrecht  kurzer  Hand  abgelehnt  hat. 
Mit  diesem  Hinweis,  durch  den  ich  die  weitere  Diskussion 
einer  nicht  ganz  einfachen  Frage  in  die  richtige  Bahn  gelenkt 
zu  haben  hoflfte,  habe  ich  bei  Sk.  wenig  Glück  gehabt.  Er- 
reicht habe  ich  zwar,  dass  er  sich  nunmehr  bewogen  gefun- 
den hat  meine  im  Grundr.  1*  p.  XLV  nur  kurz  angedeutete 
und  in  den  genannten  Berichten  etwas  näher  ausgeführte  An- 
sicht, dass  alisnus  aus  *alieino8  oder  -ioinos  und  entsprechend 
laniena  nebst  räplna,  porcina  u.  dgl.  aus  Formen  auf  -eina 
oder  'Oina  entstanden  sein  könnten,  zum  Gegenstand  einer 
Kritik  und  eines  Beweisverfahrens  zu  machen.  Aber  eben 
dieses  Beweisverfahren  hat  nach  Sk.  (S.  205)  jetzt  die  Sache 
zu  seinen  Gunsten  'erledigt*:  nur  uridg.  -ino-  ist  nach 
Sk.  im  Lat.  vertreten. 

Ob  das  wahr  ist? 

Seit  uridg.  Zeit  gab  es  im  idg.  Sprachbereich  die  beiden 
adjektivbildenden  und  funktionell  kaum  zu  scheidenden  Suffixe 
-fwo-  und  -eino'  -oino-  ^)  nebeneinander.  Die  Form  mit  z  liegt 
vor  im  Indischen  {-Ina-),  Griechischen  (-ivo-),  Italischen  (z.  B. 


1)  -eino-  und  -oino-  sind  nur  Ablautvarianten  und  haben  als 
dasselbe  SuflSx  zu  gelten.  Ob  daneben  überdies  uridg.  -aino-  an- 
zuerkennen ist  (die  Lautgesetze  mehrerer  Sprachen  würden  diese 
Grundform  zulassen,  die  auch  morphologisch  angeht),  darauf  kommt 
für  unsere  Kontroverse  nichts  an.  Ich  lasse  desshalb  -aino-  int 
folgenden  beiseite. 

Indogermanische  Forschungen  XII  3  u  4.  26 


390  Karl  Brugmann, 

o&k.  deiviDais  'divinis'),  Keltiscbea  {•ino-)  uud  Litauiacheii 
{-yna-)-  Die  diplithoiigiscbe  Form  im  Indischen  (.-ena-),  Ira- 
nischen (ar.  -aena-).  Baltischen  (lit.  -ena-  und  -ainis),  Kelti- 
schen (urkelt.  *-eino-  z.  B.  mir.  cuilen  kymr,  colwyn  com.,co/oiM 
bret.  co/eh  'Tierjnuges,  catulus',  vgl.  Stokes  ürkelt,  Sprachscli. 
94)  ')  und  Germanischen  (got.  meins  'mein'  aus  *meinos  zu 
uridg.  *mei  "mot  [Stamm  me-  mo-\,  ahd.  swein  aiel.  sueinn 
'Knecht,  Sohn,  junger  Mann*,  ursprünglich  'der  seinige*,  zu 
uridg.  *8^oi  gr.  ol  [Stamm  syio-  uffe-],  Noreen  Abriss  46.  218). 
Wie  weit  in  den  germanischen  Wörtern  auf  -Hia;  wie  got. 
ataineins  'steinern'  gumein  'Männleiu*,  und  ia  den  slavischea 
auf  -ino-,  wie  aksl.  materim  'mlltteriich',  uridg.  -inn-  und 
anderBetta  uridg.  -eino-  enthalten  ist,  läBst  eich  wegen  des 
vorhistorischen  Zusammen  fallens  von  i  und  ei  in  diesen  Spra- 
chen nii'ht  mehr  ausmachen.  Immerhin  sprechen  die  lit.  tee- 
rend 'Wildpref,  vilkünä  'WolfsfelP,  vii'nesena  'Mondschein' 
dafür,  dass  der  Ausgang  der  gleichbedeutenden  aksl.  zverina, 
vhöina,  vie^^Hna  uud  der  denselben  Bedeutungskategorieu 
angehürigcn  andern  slav.  Feminina  die  diphthongische  Suffix- 
form  birgt. 

■eino-  -oino-  ist  demnach  nicht,  wie  .Sk.  (S,  202)  meint 
und  gegen  mich  geltend  macht,  "nur  in  einem  kleinen  Ana- 
Bchuitt  der  idg.  Sprachen",  im  Arischen  und  Baltischen,  vor- 
handen*;. Es  ist  vielmehr  so  weit  verbreitet,  dass  wir  durch- 
aus darauf  gefasst  sein  inflssen,  ihm  neben  undg.  -ino-  auch 
auf  italischem  Boden  zu  begegnen. 


1)  Ich  hatte  zuerst  daran  gedacht,  man  könne  das  ganze  ir. 
Deminutivauffix  -en  {duinin  'hoiiiuncio'  uhw.,  s.  Zeuss*  p.  274.  778) 
aus  uridg.  *-eino-  ableiten  (vgl.  die  germ.  Deminativa  wie  got.  gumein 
Ahd.  geißln  und  den  gleichartigen  Gebrauch  von  -inus  im  Volks- 
latein und  im  Romanischen,  s  Olcoft  Stadiee  iit  the  Word  Form,  of 
ihe  Lal.  Inscr.  p.  XXVI.  134  sq.  200  sq.,  Meyer-Lübke  Gramm.  9.  193). 
Es  ergeben  sich  dabei  aber,  worauf  mich  Oathoff  kürzlich  aufmerk- 
sam machte,  Schwierigkeiten.  Über  gnll,  -enu«  =  •-etVtos  in  Car- 
»utenus,  Epenus  n.  a.  sieh  Me^'cr-Lübke  in  der  Feelschrirt  für  Ab- 
coli  (Turin  1901)  p.  416  aqq. 

2)  Nur  für  diese  beiden  Sprachzweigc  ist  diese  SuCQxl'orm 
allerdings  in  meinem  Grundr.  2,  150  belegt,  auf  den  sich  Sk.  mit 
grosser  Emphase  beruft.  Dieser  Band  ist  aber  schon  18tS9  erschie- 
nen, und  dasa  ich  mittlerweile  auch  das  GennaniBche  für  -eino-  hiu- 
7.ugenommeu  habe,  hatte  Sk.  aus  dem,  was  Icti  S.  409  aber  got.  mtin» 
bHi^e,  ersehen  müssen. 


Nochmals  lat.  aliSnuSf  laniSna.  391 

Daes  nun  in  der  Zeit,  da  bei  den  Römern  in  den  un- 
betonten Silben  das  uridg.  f  und  das  ans  t-Diphthongen  her- 
vorgegangene f  (d.  i.  geschlossenes  i)  in  der  Schrift  noch  als 
i  und  als  e  oder  ei  geschieden  waren  (Solmsen  IF.  4,  244), 
Namen  auf  -inus  nnr  mit  t  geschrieben  begegnen  (Sk.  belegt 
AiseminOj  AquinOy  CaiatinOy  Ladinod,  Loucina,  Aninus  S.  204), 
und  dass  auch  im  Oskischen  in  demselben  Kreise  von  Bil- 
dungen nur  Formen  erscheinen,  die  auf  altes  f  weisen,  nimmt 
Sk.  zum  untrüglichen  Beweis,  dass  in  Formen  wie  Aienus  (von 
Aiu8)y  Avillisnus  (von  Avillius)  ebenfalls  altes  -ino-  stecke, 
die  Annahme  einer  Dissimilation  von  U  zu  U  im  Lateinischen 
also  unumgänglich  sei. 

So  einfach  liegen  die  Dinge  aber  leider  nicht. 

Zunächst  haben  die  vier  eratgenannten  Belege,  welche 
Münzlegenden  sind,  und  Aninus  CIL.  IX  3813  für  das  Latein, 
für  das  sie  direkt  beweisen  sollen,  nur  eine  geringe  oder  auch 
gar  keine  Beweiskraft.  Denn  es  handelt  sich  nicht  um  echt 
römische  Namen.  Aisemino  (zu  Aesemiä)  und  Caiatino  (zu 
Caiatia)  können  oskische,  Ladinod  (Larinor-  ?,  vgl.  Conway 
It.  Dial.  I  p.  211)  kann  frentanische,  Aquino  volskische,  Aninus 
marsische  Suffixgestaltung  haben,  ja  bei  den  Belegen  Aiser- 
nino  und  Caiatino  fragt  es  sich,  ob  wir  es  überhaupt  mit 
lateinischen  und  nicht  vielmehr  mit  oskischen  Aufschriften  zu 
thun  haben  (Conway  a.  0.  p.  144).  Und  weiter  ist  auch  die 
Inschrift  aus  dem  Pisaurenser  Hain  CIL.  I  171  luno.  Loucina 
kein  einwandfreier  Beleg.  Wahrscheinlich  ist  lunone  Loucina, 
der  Dativ,  gemeint.  Dann  liegt  auch  hier,  wegen  -a  statt  -at, 
eine  Dialektform  vor. 

Wie  kommt  nun  Sk.  zu  dem  Ausspruch :  ''Und  so  ist  nur 
das  eine  bedauerlich,  dass  das  SC  selbst  keine  Form  auf  -tno- 
enthält",  da  dieses  Denkmal  doch  nominus  Latini  bietet? 
Das  einzige  sichere  lateinische  Beispiel  für  altes  -ino-,  das  S. 
hätte  bringeq  können  und  sollen,  muss  wohl  von  ihm  über- 
sehen worden  sein! 

Und  doch  beweist  auch  wiederum  dieser  sichere  Beleg 
nichts  gegen  altes  -eino-  -oino-  im  Latein.  Denn  es  handelt 
ßich,  wie  bei  Aisemino,  bei  Ldnuvlnus  (Lanuvium)  usw.,  um 
eine  Ableitung  von  einem  }o-Stamm:  Latinus  von  Latium. 
Wie  umbr.  Uoisiener  'Volsieni*  den  lat.  Fonnen  auf  -ienus 
gegenübersteht,   so  z.  B.  umbr.  Fisouina  von  Fisouio-,   osk. 


392  Karl  Brugmann, 

Bantins  von  Bansa-  'Bantia'  den  lateiniBchen  wie  Latinus. 
Zu  den  Namen  auf  -iusy  -ia  gehörten  also  Ableitungen  auf 
'ino'  seit  uritaliscber  Zeit,  und  man  wird  kaum  irre  gehen, 
wenn  man  den  Bildungstypus  Latinus  Fisauina  Bantins  un- 
mittelbar den  litauischen  Formationen  wie  kadag^nas  und 
Jcadaggne  'Wachholdergesträuch'  von  Jcadaggs  -io,  zemyna 
'Erdgöttin'  von  ziime  -es  (Leskien  Die  Bild,  der  Nom.  im  Lit. 
408  ff.)  und  dem  ai.  kantna-s  'jugendlich',  das  zu  Jcanyä  'Jung- 
frau' gr.  Kttivöc  =  *Kavio-c  gehört,  an  die  Seite  stellt  und 
hierin  die  ursprüngliche  Weise  der  Erweiterung  der  jo-Stämme 
mit  dem  n-Suffix  sieht.  Hier  also  haben  wir  wirklich  greif- 
bar -inO'  mit  altem  l  auf  römischem  Boden  vor  uns,  was  ich 
auch  nie  geleugnet  habe^). 


1)  Dieses  -ino-  kann  im  Italischen  wie  im  Baltischen  aus  -itno-r 
beziehungsweise  iiLno-  hervorgegangen  sein.  Aber  eine  andre  Auf- 
fassung scheint  mir  ebenso  viel  für  sich  zu  haben.  Wie  ich  Be- 
richte S.  409  gesagt  und  auch  oben  S.  390  angedeutet  habe,  sehe  ich 
in  uridg.  -eino-  -oino-  das  adjektivbildende  Sekundärsuffix  -no-,  das 
so  oft  hinter  Kasusformen  und  adverbialen  Gebilden  erscheint  (griech. 
^api-vö-c,  ai.  ddkß-na-s  purä-nd-s  usw.).  -ei  -oi  war  der  Lokativ- 
ausgang von  o-Stämmen  (z.  B.  got.  ineins=^*mei-nO'S  auf  Grund  des 
Lok.  Gen.  *mei,  lit.  känö  'wessen*  Gen.  eines  ^k^-na-s  'wessen  Eigen- 
tum seiend*),  wie  dieser  Kasus  auch  durch  -jo-  erweitert  auftritt 
(z.  B.  griech.  irotoc  kret.  T€lov=:*g?foi-iO-  *qUei'iO'y  dXXoloc=*dXXoi-xo-c, 
olK€toc=*FoiK€i-xo-c,  osk.  vereiiai  =  *?^er«-io-,  s.  Grundr.  2,  121,  IF. 
12,  1  flf.).  Entsprechend  zerlege  ich  nun  uridg.  -Ino-  in  -l-no-  und 
vermute  in  -i  den  Ausgang,  den  im  Lateinischen  der  Gen.  Sg.  der 
o-Stämme  hatte.  Denn  bekanntlich  haben  wir  kein  Recht,  lat.  equl 
auf  älteres  *equei  (oder  *equoi)  zurückzuführen.  Mit  Sommer  gehe 
ich  auch  für  das  Keltische  (ir.  Og.  maqi  usw.)  von  ursprünglichem 
-l  aus.  Hiernach  wäre  z.  B.  osk.  deiulnO'  =  \a,t.  Gen.  dlrl+Suff. 
-no".  Nun  wird  dieses  -i  etymologisch  mit  dem  Adjektivsuffix  -/o- 
'iio'  identisch  sein.  Dann  fragt  sich  aber,  ob  Genitive  wie  Latlf 
fluvl  —  dies,  nicht  -ii  ist  ja  die  ältere  Bildung  —  überhaupt  von 
Anfang  an  -^t  (-iil)  gehabt  haben.  Und  die  gleiche  Frage  er- 
hebt sich  dann  bezüglich  der  zugehörigen  Adjektivbildungen  wie 
Latinus. 

Skutschs  Meinung  (De  nom.  Lat.  p.  27  und  Archiv  S.  206  f.), 
Latinus  sei  "von  der  kürzeren  Stammform  Lati"  wie  marlnus  von 
maH'  hergeleitet,  kann  ich  auf  sich  beruhen  lassen.  Weniger  da- 
gegen das,  was  er  im  Eingang  seines  Aufsatzes  S.  201  sagt:  "Und 
ich  muss  allerdings  ehrlich  bekennen:  worauf  es  Brugmann  an- 
kommt, das  weiss  ich  jetzt  sogar  noch  weniger  als  vorher.  Denn 
B.  gibt  jetzt  für  alienus  zwei  Erklärungen,  die  mit  einander  un- 


Nochmals  lat.  alientiSy  lanUna.  393 

Wenn  demnach  lat.  Namenformen  wie  Avilliänus  und  das 
umbr.  Uoisiener  (auf  das  ich  übrigens  nicht  viel  Gewicht  lege, 
vgl.  von  Planta  Gramm.  1,  153  f.  289.  300.  2,  35)  nicht  den 
alten  Typus  der  Weiterbildung  von  jo-Stämmen  mittels  des 
nridg.  -iwo-  darstellen,  warum  soll  die  Annahme  verwehrt  sein, 
dass  sie  die  lautgesetzliche  Fortsetzung  von  alten  Formen  auf 
'ieinos  -joinos,  -iieinos  -iiainos  (vgl.  lit.  Pilkainis  u.  dgl.  bei 
Leskien  a.  0.  415^))  bildeten? 

Der  Übersichtlichkeit  wegen  habe  ich  bisher  nur  von 
den  Eigennamen  gesprochen.  Von  deren  Ausgängen  -inus, 
'ienus  können  natürlich  die  gleichen  Ausgänge  der  Appellativ- 
wörter, wenn  es  auf  Bestimmung  des  Ursprungs  ankommt, 
nicht  getrennt  werden.  Wie  nun  für  keinen  einzigen  Namen 
auf  'imis,  der  von  einem  o-Stamm  (nicht  i'o-Stamm)  kommt, 
aus  dem  Lateinischen  heraus  von  Sk.  bewiesen  ist,  dass  sein  t 
altes  I  und  nicht  ei  oder  oi  war,  so  gilt  dies  auch  für  die 
Appellativa.  Man  wird  ja  nun  das  nach  den  lat.  Lautgesetzen 
mehrdeutige  lat.  dlvinus,  wie  ich  schon  Ber.  S.  408  bemerkte, 


verträglich  sind.  Nämlich  S.  408  wird  vermutet,  dass  -eno-  in  jenen 
Worten  [alienus,  lanienä\=^idg.  -a^ino-  [d.  i.  -eino-  -oino-]  sei.  Da- 
gegen wird  S.  409  'die  vermutete  uritalische  Form  *alieinos  oder 
*alioino8'  coniecturaliter  ans  einem  Lokativ-Genetiv  *aliei  *<üioi-\- 
Sufßx  -no-  hergeleitet.  D.  h.  also  einmal  gibt  B.  -eno-  als  fertiges 
idg.  Suffix,  das  andere  Mal  lässt  er  es  erst  im  Uritalischen  durch 
Ableitung  aus  dem  Lokativ  sich  bilden."  Indem  ich  *alieinos  in 
^aliei-no-  zerlegte,  habe  ich  natürlich  nur  meine  Ansicht  über  den 
Ursprung  des  'Suffixes*  -eino-  -oino-  überhaupt  zum  Ausdruck  zu 
bringen  beabsichtigt.  Das  ist  um  so  klarer,  als  ich  hinzugefügt 
habe:  "Dabei  ist  gleichgiltig,  ob  man  den  Bildungsprozess  gerade 
an  dem  Wort  alienus  sich  vollzogen  haben  lässt,  oder  ob  man  dieses 
nur  als  typisches  Beispiel  nimmt,  alienus  kann  ja  jedenfalls  durch 
Nachahmung  älterer  Musterformen,  die  den  uridg.  Ausgang  -einos 
oder  -oinos  (auf  irgend  einer  der  älteren  lautlichen  Entwicklungs- 
stufen) enthielten,  zu  seinem  Ausgang  gekommen  sein."  Man  spricht 
ja  auch  z.  B.  bei  ^apivöc,  x^tM^Pt^^^Cf  i^nepivöc  usw.  von  einem  alter- 
erbten 'Suffix'  -ino-  (vgl.  lat.  vemus  aus  *v^noSf  hibemus  usw.) 
und  zerlegt  dabei  ^apivöc  in  Lok.  ^apt-f  Suff,  -vo-,  ohne  dass  das 
sich  widerspräche.  Dass  Sk.  eine  so  einfache  Sache  so  gröblich 
miszu verstehen  in  der  Lage  ist,  das  ist  nicht  meine  Schuld.  Nur 
gut,  dass  er,  wie  er  hinzufügt,  "diesen  Widerspruch  nicht  weiter 
urgieren  will".    Dies  ist  ebenso  vernünftig  als  nett. 

1)  Über  die  von  Kurschat  Gramm.  S.  87  aufgeführten  Ein- 
wohnemamen  wie  TUz^nas  s.  Leskien  a.  0.  388. 


394  Karl  Brugmann, 

von  osk.  deivinais  'divinis'  nicht  treoDen  wollen,  so  wenig* 
wie  etwa  das  zweideutige  aksl.  zverina  'Wildpret'  von  dem 
gleichbedeutenden  lit.  zveränä  mit  ursprünglichem  Diphthong. 
Auch  scheint  das  i  des  umbr.  cabriner  'caprini'  (V  b  12.  17 
in  derselben  Wendung)  altes  f  zu  sein,  so  dass  dies  als  Stütze 
für  altes  l  in  lat.  caprinus  verwendbar  ist.  Aber  was  soll 
uns  denn  nun  zwingen  in  sämtlichen  -fno-  des  Latein  uridg. 
f  zu  sehen  ?  Und  gar  in  aliintis,  lanienaj  für  die  dasselbe  gilt 
wie  für  AvüliBnus  usw.?  lanüna  'Fleischbank'  geht  sema- 
siologisch  mit  piatnna  'Bäckerwerkstatt',  moletnna  'Mühle', 
lapicidlnae  'Steinbruch',  salinae  'Salzgrube'  u.  dgl.,  und  nun 
habe  ich  Berichte  S.  409  darauf  hingewiesen,  dass  den  lat. 
Feminina  rapina  'Rübenfeld',  cipina  'Zwiebelfeld'  u.  dgl.  im 
Litauischen  solche  wie  ropänä  'Rübenfeld',  rug^nä  'Roggen* 
feld'  u.  dgl.,  und  den  lateinischen  porcfna  'Schweinefleisch" 
{agninCy  vüulina  u.  dgl.)  im  Litauischen  parazSnä  'Ferkel- 
fleisch', meszMnä  'Bärenfleisch'  u.  dgl.  gegenüberstehen  (vgL 
auch  zviränä  'Wildpret'  :  ferlnüy  antänä  'Entenfleisch'  :  ana- 
tlnä).  Sk.  bedauert,  diese  "anscheinend  so  frappante  Überein- 
stimmung für  einen  baren  Zufall  erklären  zu  müssen".  Da 
wird  es  denn  wenig  nützen,  wenn  ich  etwa  noch  hinzufüge, 
dass  dem  lat.  fibrlnus  im  Avestischen  batoraini-  'flbrinus'^ 
{-aini-  =  -aini-,  Jackson  Av.  Gramm,  p.  229)  entspricht,  -eino- 
oder  'OinO'  also  auch  im  Iranischen  in  Stoflfadjektiva  zu  Tier- 
namen zu  Hause  war'). 

Nein,  so  billig,  wie  Sk.  sie  vermeint  liefern  zu  können, 
sind  stringente  Beweise  in  der  Wissenschaft  nicht  zu  liefern  t 
Fest  steht,  so  weit  das  Lateinische  selbst  Aufklärung  bietet, 
nur  das,  dass  in  Latlnus  von  Latium  u.  dgl.  altes  f  zu  Haus 
war.  Im  Übrigen  hängt  Sk.s  Beweis  lediglich  an  den  tiber- 
lieferten Formen  des  Oskisch-Umbrischen.  So  gern  man  nun 
dieses  Dialektgebiet  betritt,  um  sich  von  dort  Aufklärung  für 
das  Latein  zu  holen,  wo  dieses  sich  nicht  aus  sich  selber  er- 
klärt, so  ist  doch  für  unsere  Frage  von  dort  her  nur  wenig 
zu  gewinnen.  Nur  ein  kleiner  Bruchteil  der  Formationen^  um 
die  es  sich  handelt,  ist  in  diesen  Mundarten  belegt,  und  über- 
haupt ist  ja  die  Überlieferung  von  diesen  eine  so  trümmer- 


1)  Ahd.    bibirin  'fibrinus*   ist    leider    phonetisch    zweideutig 
(vgl.  S.  390). 


Nochmals  lat.  ali^us,  laniina.  395 

hafte;  dass  esThorbeit  wäre,  zu  behaupten,  in  ihnen  habe  es 
-eifuh  'Oiruh  neben  -ino-  nicht  gegeben.  Zum  Beweise,  dass 
im  Latein  neben  -fno-  Oberhaupt  kein  'eino-  -oino-  bestanden 
habe,  ist  das  Oskiseb-Umbrische  somit  nicht  zu  gebrauchen. 
So  gut  wie  im  Litauischen,  Indischen  und  Keltischen  beide 
Snffixformen  nebeneinander  hergehen  —  sie  kommen  im  Li- 
tauischen sogar  einige  Male  bei  demselben  Wort  vor,  wie  ml" 
dgn4  und  saldainis  'Honigkuchen'  — ,  können  jedenfalls  im 
Lateinischen  gewisse  von  den  ttberlieferten  Wörtern  mit  ino- 
und  alle  Wörter  auf  -iino-  die  diphthongische  Form  enthalten 
haben.  Schon  die  überall  vorfindlichen  Fälle  wie  dass  lat. 
-eUus  teils  älteres  -erlös,  teils  älteres  -enlos  war,  -ulus  teils 
urital.  -elos  teils  urital.  -Zo«,  ion.  att.  'r\p6c  teils  urgr.  -npöc 
teils  urgr.  -äpöc,  ai.  -ras  teils  uridg.  -ro-s  teils  uridg.  -Zo-«, 
hätten  Sk.  zur  Vorsicht  mahnen  sollen. 

Den  Wörtern  auf  -iintis  dürften  wir  nach  dem,  was  über 
LatintM  von  Latium  gesagt  worden  ist,  mit  höchster  Wahrschein- 
lichkeit SuiSx  -eino-  -oino-  zusprechen,  wenn  man  nicht  sagen 
könnte,  sie  seien  italische  Neubildungen  von  ähnlicher  Art 
gewesen,  wie  die  späteren  Singulargenitive  wie  fluvil,  die 
nach  'iö  -ium  usw.  neu  aufkamen.  Es  müsste  dann  in  einer 
yorhistorischen  Periode  der  italischen  Sprachgeschichte  -iino- 
oder  -tino-  für  -fno-  eingetreten  und  dissimilatorisch  zu  -iino- 
'ieno-  geworden  sein.  Hiergegen  lässt  sich,  so  viel  ich  sehe, 
nur  die  Thatsach^  einwenden,  dass  die  Annahme  dieser  Dis- 
similation phonetisch  weniger  glatt  ist  als  die  Annahme,  dass 
^  aus  ei  oder  oi  entstanden  war^). 


1)  Den  Übergang  von  -il-  zu  -U-  habe  ich  Berichte  S.  408  als 
phonetisch 'höchst  unwahrscheinlich' bezeichnet,  und  dieser  Ausdruck 
mag  zu  stark  sein.  Freilich  Sk.  selber  bringt  nichts  bei,  was  sein 
'i€-  aus  -if-  stützen  könnte.  Vielmehr  verbittet  er  sich  jede  phone- 
tische Kritik;  er  meint  ja  strikt  bewiesen  zu  haben,  dass  das  e,  von 
'ii^us  altes  i  gewesen  sei !  Ich  gestatte  mir  aber  denn  doch  auf  folgen- 
des aufmerksam  zu  machen,  was  ich  nicht  für  ganz  irrelevant  be- 
trachten kann.  Lat.  -i^i/5= urital.  *-ieino8  *'ioinos  neben  -inus=: 
urital.  "^-einos  *'Oinos  {laniena  neben  pistrinä)  hätte  im  Latein  selbst 
eine  genaue  Parallele  an  societäs,  variegäre,  hietäre,  parietem  neben 
bonitäs,  r€migäre  usw.  oder  auch  an  mortuoSj  equos^  parvolus,  vi- 
wmt  neben  lupuSf  parculus  usw.:  hier  sind  e  und  o,  die  auf  einer 
gewissen  Stufe  der  Sprachentwicklung  hinter  i-  und  u-Laut  zu  stehen 
kamen,  mit  Rücksicht  auf  diese  Laute  selbst  nicht  wie  sonst  weiter 


396  Karl  Brugmann,  Nochmals  lat.  aliinus,  lani€na. 

Wirklich  bündige  Beweise  für  -etno-  -oino-  auf  lateinischem 
Boden  za  geben  bin  ich  hiernach  heute  so  wenig  imstande  wie 
vor  einem  Jahr.  Aber  eine  gewisse  Wahrscheinlichkeit  spricht 
doch  wohl  dafür,  dass  unsere  nrjdg.  Suffixdoppelheit  durch 
die  Doppel  hei  t  Latintis  :  cdiBnus  (umbr.  Fisouina  :  Uoisiener) 
vertreten  ist.  Doch  gebe  ich  hierauf  nicht  viel.  Denn  ich 
wollte  auch  dieses  Mal,  wie  in  den  Berichten  407  ff.,  keine 
definitive  Lösung  unseres  Problems  vorlegen.  Vielmehr  kam 
es  mir  im  wesentlichen  nur  darauf  an,  für  weitere  Forschung 
die  Bahn  frei  zu  halten,  wo  man  durch  ein  thatsächlich 
äusserst  schwächliches  Beweisverfahren,  insonderheit  durch 
eine  gänzlich  unberechtigte  Verallgemeinerung,  mit  einer  er- 
staunlichen Zuversichtlichkeit  glaubt  Abschluss  und  endgiltige 
Erledigung  gebracht  zu  haben  ^). 

Leipzig.  K.  Brugmann. 


Lat.  deierare,  perierdre  peiierare,  ^ieräre  und  aerumna. 


Seit  ältester  Zeit  erscheinen  in  der  Litteratur  der  Römer 
die  drei  vielbesprochenen  Verba  deierare   'fest  und   feierlich 


zu  iund  u  geworden.  (Für  umbr.  Uoisiener  bedürfte  es  überhaupt 
nicht  der  Annahme  eines  dissimilatorischen  Vorgangs,  weil  im  Umbr. 
uritalisches  ei  hinter  beliebigen  Lauten  als  S  erscheint.)  Gegen  die 
andernfalls  anzunehmende  Dissimilation  von  il  zu  ie  dürfte  man 
zwar  nicht  das  später  in  derselben  Sprache  für  fluvl  aufgekommene 
fliivil  geltend  machen,  denn  andre  Zeiten,  andre  Lautgesetze.  Wohl 
aber  ist  ihr  ungünstig,  dass  oft  genug  in  verschiedenen  idg.  Sprachen 
die  Lautungen  il,  uü  oder  il,  uü  im  Lauf  ihrer  Entwicklung  auf- 
gekommen sind  und  nirgends,  meines  Wissens  wenigstens,  die  Art 
von  Wandel  stattgefunden  hat,  die  Sk.  für  alientis  usw.  annimmt. 
Übrigens  fehlt  mir  für  das,  was  Sk.  auf  S.  206  darlegt,  jedes  Ver- 
ständnis: die  erst  seit  der  klassischen  Periode  zu  belegenden  Formen 
proprietäs^  ehrietäs  u.  a.  sollen  möglicherweise  (mit  "50%  Wahr- 
scheinlichkeit**) nicht  im  Anschluss  an  die  schon  vorklassisch  zu 
belegenden  societäs  u.  a.  aufgekommen  sein,  d.  h.  die  letzteren  wären 
nicht  als  assoziativ  bereit  liegende  Vorstellungen  bei  der  Erzeu- 
gung der  jüngeren  Formen  beteiligt  gewesen! 

[1)  Gegen  Skutschs  Ableugnung  von  uridg.  -eino-  im  Altita- 
lischen wendet  sich  jetzt  auch  v.  Planta  in  dem  Aufsatz  "Die  Bil- 
dungen auf  -enw«"in  Wölfflins  Archiv  Bd.  12.  —  Korrekturnote.] 


.arl  Brugmaun,  Lat.  diierare,  perieräre  peneräre  usw.    397 

ersichern,  heilig  beschwören,  sich  heilig  venuesseu",  perieräre 
\peiieräre  d.  i.  perjerdre  pSjjerare  'eine  falsche  VerBitiherung 
geben,  falsch  aussagen,  lügen,  fuJscb  schwören,  meineidig  sein', 
iierare  'sich  feierlich  lossagen  von  etwas,  abschwören'.  Ausser- 
dem fiudet  sich  -ierdre  noch  in  dei'  nur  glossographisch  ilber- 
Jieferten  Zusammeusetzung  mit  cum  :  conierat  couiurat  CGL. 
.IV  322,  33,  V  447,  23,  coierat  coniurat  V  494,  72. 

Bekanntlich  hat  man  diese  Komposita  bisher  teils  von 
rare  hergeleitet,  teils  in  der  Weise  von  peior  {peiior),  dasB 
.man  eierare  und  deierdre  im  Änscliluss  an  peierare  (peiierdre) 
.«ufgekommen  sein  Hess,  welches  seinerseits  von  einer  Staram- 
•form  *peiies'  ausgegangen  sein  und  sich  zu  peior  wie  maien- 
t&8  zu  mainr  verhalten  haben  soll  ')■  Aber  keine  von  diesen 
.Anffassuugeu  ist  irgend  hei'riedigend,  so  dass  nicht  zu  ver- 
wundern ist,  wenn  kürzlich  Sommer  IF,  11,  56  erklärte:  "Das 
"Wort  \peieraTe\  ist  und  bleibt  eine  crux". 

Ob  es  eine  crux  bleibt,  hängt  freilich  davon  ab,  ob 
sieb  nicht  doch  ein  gangbarer  AuBweg  aus  den  vorhandenen 
Schwierigkeiten  findet.  Ein  solcher  eröffnet  sich,  meine  ich, 
falls  man  -ierdre  etymologisch  sowohl  von  iürüre  als  auch 
von  peior  losmacht.  Die  Trennung  von  peior  wird  heute  nie- 
mandem mehr  schwer  fallen:  sie  empfiehlt  sieb,  wie  schon  von 
anderen  gezeigt  ist,  aus  mehr  als  einem  Grunde.  Aber  auch 
.4ie  der  äusseren  Sprachform  nacJi  nun  einmal  nicht  zu  vcr- 
iuigenden  -iSräre  und  iürdre  {alat.  tourtire)  etymologisch  zu 
^beiden  wird  man  grundsätzlich  fUr  durchaus  statthaft  halten, 
^eun  man  erwägt,  wie  häufig  Wörter,  die  nach  Lautung  und 
Bedeutung  sehr  ähnlich  sind  und  die  man  in  alter  Zeit  darum 
vbne  weiteres  etymologisch  identifizierte,  sieh  im  Fortschreiten 
äer  Wissenschaft  doch  als  wurzelhaft  verschieden  enviesen  haben, 
ich  erinnere  nur  an  griech.  ive-pieiv  und  dveiKoi,  die  beute 
;ein  Nach  verständiger   mehr  von   dersellien  Wurzel   ableitet*). 


1)  S.  CorsBen  Ausapr.  11=  203.  423.  515,  Osthoff  Zur  Gesch.  d. 
^f.  115,  Havet  M6m.  de  la  Soc.  de  lingu.  ß,  22,  Gust.  Meyer  Ztschr. 
JÜx  österr.  Gymu.  1885  S.  280,  Keller  LiU.  Volkseiym.  148  f.,  Joh. 
fichmidl  Pluralb.  148,  Wliarton  Etyma  Lat.  74,  Stola  Hist.  Gramm,  I, 
170,  Lat.  Gramm.  ^  44,  Lindsay-Kohl  Die  lat.  Spr.  675. 

2)  So  ist  auch,  wie  ich  heiläufig  viigan  A.  Klotz  Archiv  12, 
fii  bemerke,  anffiilua  'Winkel,  fiux^t"  l»'olz  Varro  und  wahrscheinlich 

ach  vieler  anderer  Römer  von  angustun  zii  trennen.    Denn  dieses 


S98  Karl  Bnigmann, 

Das  in  nuBern  Komposita  enthaltene  -ierare  niues  für 
sich  allein  den  Sinn  einer  energischen,  mit  Verve  vorgebrachten 
Behauptung  oder  Veraiehening  gehabt  haben.  Somit  lässt  es 
sieh  zu  der  Wurzel  Je«-  'fervere'  stellen,  die  im  grössten  Teil 
des  idg;.  Sprachgebiets,  dabei  in  allen  an  den  italischen  nn- 
mittelbar  angrenzenden  Sprachzweigen  vertreten ,  auf  itali- 
schem Boden  aber  bis  jetzt  noch  nicht  angetroffen  worden  ist. 
Die  'sinnliche  Gnindbedeutiing'  von  jes-,  'heiss  sein,  sieh  er- 
hitzen, sieden,  wallen,  kochen,  überkochen'  n,  dgl.,  liegt  vor 
im  Altindiaehen  {ydgya-ti  ubw.),  Grieehisehe«  (Ce'uj  usw.).  Kel- 
tischen (kymr.  iäs  'fervor,  ebnllitio'  usw.),  Gernianischen  (ahd. 
iesan  m\xA.  jenen  jern  nhd.  gären  usw.).  Der  Sinn  'ich  knete 
Brot",  den  das  von  Gust.  Meyer  Etym.  Wtb.  der  alb.  Spr.  139, 
Alb.  Stud.  3,  39,  Pedersen  KZ.  36,  327  hinzugezogene  alb. 
^ei  hat,  knUpft  an  die  Verteilung  des  Gärmittel»  iu  der  Ein- 
teigmasac  an,  deren  Zweck  das  Kneten  ist.  Nicht  selten  er- 
scheint aber  jes-  auch  in  bildlicher  Anwendung.  Im  Griechi- 
Beben  ging  Ziu)  auch  auf  die  Erhitzung,  die  leidenschaftliche 
Erregung  des  Gemüts.  Ebenso  im  Hochdeutschen  von  seelischen 
Vorgängen,  wie  Konr.  v.  Wlli-zburg  372,  19  mm  gemüete  girt 
doch  in  argem  willen.  Ferner  ist  im  Altindischen  ganz  ge- 
wöhnlich der  Sinn  heisser  Bemühung  und  Anstrengung,  z.  B. 
haranäyaüa  yasyati  'müht  sich  ab  zu  entführen'  (Spr.*  3375), 
anayositakarmuka-  'einer,  der  den  Schiessbogen  nicht  an- 
strengt* d.  h.  nicht  häutig  in  Bewegung  setzt,  gebrancht  (Spr.* 
2289),  pra-yOiiä-s  a-yam-s  'Anstrengung,  Bemühung,  Mühe"'}. 
Wie  nun  häufig  Wörter,  welche  an  und  für  sich  die  Bedeutung 

mnss  mit  atigo  auf  Wurzel  aJigh-  'beengen'  (av.  aeah-,  arm.  anjuk 
ancuk,  akal.  qz:bkh,  griech.  Ötx*"  ubw.)  bezogen  werden,  während  angih 
lus  ebenso  kinr  mit  nmbr.  atiglom-e  'i\A  aDgulum*  und  ukel.  qgl^ 
"Winkel"  arm,  ankiun  artgiun  'Winkel,  Ecke'  zusammen  gehört  und 
anglom-e  und  ankiun  nicht  auf  eine  mit  Media  aspirata  achüessende 
Wurzel  zurückführbar  sind,  agh  aber  und  ankiun  auf  eine  mit 
Velarlaut  sehliessende  weisen,  Dass  das  umbr.  und  das  ülavische 
Wort  ans  dem  Latein  entlehnt  seien,  dafür  spricht  nichts  und  laut 
dagegen  spricht  das  arm,  Wort,  angtilun  usw.  zti  ancus  dTKOc  tisw. 
nach  Qrundr.  1'  g  701-  Die  Verknüpfung  von  angvlus  mit  angiislua 
ist  also  eine  Volksetymologie,  keine  wissenschaftliche. 

11  Das»  nperB.jastan  'springen,  eilen'  der  Repr  Ilsen  taut  tinserer 
Wurzel  im  Iranischen  sei,  erklärt  Hübschmann  der  Bedeutung  wegen 
für  unsicher.  Zu  vergleichen  wUre  tat.  canlendere,  das  speziell  aui'h 
von  der  auf  die  Zurückleguiig  eines  Wegs  verwendeten  Anstreu- 


Lat  düerärty  perieräre  peiieräre^  Heräre  und  aerumna.    899 

einer  sprachlichen  Äossernng  nicht  gehabt  habcD,  sondern  nur 
die  einer  Eigenschaft  oder  Darstellungsform  dieser  Äusserung 
oder  die  eines  der  Äusserung  zu  Grunde  liegenden  seelischen 
Verhaltens,  den  Sinn  des  Sprechens  in  diesen  ihren  Bedeu- 
tungsinhalt mit  aufgenommen  haben  —  z.  B.  lat.  contendere^ 
affirmarej  Mseverarey  demonstrare,  significarey  nhd.  behaupten^ 
versichern^  bemerkent  bezweifeln^  meinen^  griech.  icxupi2^€c6ai, 
^€TaXuv€iv — ,  so  dttrfte  im  Lateinischen  -ierare  ursprünglich 
in  Übereinstimmung  mit  ai.  yas-  etwa  'heisse  Anstrengung 
machen,  fttr  etwas  mit  Verve  eintreten,  sich  ins  Zeug  legen* 
bedeutet  und  von  da  aus  den  Sinn  gewonnen  haben,  den  es 
in  der  historischen  Periode  in  unsem  Komposita  aufweist.  Für 
das  letzte  Stück  der  Bedeutungsentwicklung  vergleiche  man 
z.  B.  cantendere  'fest  versichern,  behaupten'. 

Ob  das  S  von  -ierare  uridg.  e  war,  ist  fraglich.  Man 
kann  auch  ein  Abstraktum  *jo8a  =  griech.  I6r]  ('Gischt,  Schaum', 
TÖ  ^irdvui  ToO  jLi^XiToc  Hesych)  oder  ein  Nomen  agentis  *joso'S 
(vgl.  procus  zu  precan)  zu  gründe  legen.  Denn  ö  musste  in 
schwachtoniger  oflfener  Silbe  zu  ^  werden  und  weiterhin,  vor  r, 
verbleiben  ^). 

Was  die  Funktion  der  Präpositionen  de,  per,  ex  in  un- 
sem Komposita  anlangt,  so  vergleicht  sich  deierare  mit  de- 
clarOj  denuntio,  despondeo,  deprecor,  demonstro,  denoto,  denego 
n.  &hnl.:  de  hatte  in  deierare  die  Wirkung,  dass  es  den  Be- 
griff des  Förmlichen  und  Entschiedenen  der  Versicherung  ver- 
stärkte. Fttr  perieräre  ist  auf  periurus  periuro,  perfidus^ 
perdOj  pereo  usw.  zu  verweisen  (vgl.  Joh.  Schmidt  Voc.  2,  101^ 

gnng  häufig  gebraucht  wurde  und  in  diesem  Fall  unserm  'sich  be- 
eilen' entspricht.  Ich  bin  nicht  in  der  Lage  die  Bedeutungsge- 
schichte  des  iranischen  Wortes  zu  verfolgen  und  muss  mich  daher 
des  Urteils  enthalten.  S.  Hörn  KZ.  32,  588,  Grundr.  der  npers.  Etym» 
94,  Hübschmann  Pers.  Stud.  50.  —  Beiläufig  mag  noch  bemerkt  sein, 
dass  man  mit  jea-  auch  griech.  Ztupöc  'fervidus,  feurig,  kräftig',  ^m- 
tapiMi  'ich  bedränge*,  rfJXoc 'Eifer'  und  got.ja  'ja' jiai  'fürwahr*  ahd. 
ja  ja  'ja,  gewiss*  zusammengebracht  hat.  Ein  Hinderniss  für  diese 
Verknüpfung  besteht  nicht,  jes-  würde  dann  zu  den  in  meinem 
Grundr.  2,  20.  1018  ff.  angeführten  Formationen  (z.  B.  griech.  S4u> 
ßccca  neben  HOuj,  ai.  vds-ti  neben  lat.  ex-uo^  ai.  trasa-ti  neben  lat. 
tremo)  gehören. 

1)  Die  scheinbar  widersprechenden  Formen  wie  tempöris  sind 
erst  aufgekommen,  nachdem  dieser  Übergang  von  5  in  e  vollzogen 
war.    S.  Grundr.  I«  S.  222. 


400 


I  Brugffl 


.Stolz  Wölfflins  Archiv  2,  501.  503,  Lindsay-Nohl  Die  lat.  Spr. 
675,  Delbrück  Vergl.  Synt.  1,  713).  In  eierare  erzeugte  die 
Präposition  deu  Sinn  der  Wegschaftung,  Abweisung,  Tilgung, 
Verneinung;  vgl.  ejcanlare  'weg-,  fortzaubern',  eluere  'durch 
Auewaechea  tilgen*,  elidere  'durch  Schlagen  entfernen',  exci- 
dere  'durch  Hauen  enifemen,  ausrotten'  u.  dgl.  sowie  das  mit 
eierare  gleichbedeutende  gtiech.  ^Eonvüvai,  Zu  der  Annahme, 
dasa  unaere  Znaauimensetzungen  erst  im  Anschluse  an  die  ent- 
sprechenden Komposita,  von  iurare  zu  ihren  Präpositionen  ge- 
kommen seien,  liegt  keinerlei  Nötigung  vor.  Ist  doch  eierare 
frllber  bezeugt  als  eiurare.  Nur  das  der  erhaltenen  Litteratnr 
fremde  conierare  bat  als  nach  dem  Muster  von  coniurare  ge- 
bildet zu  gelten.  Es  kam  auf,  als  das  'volksetymologisch*  um 
-ierare  und  iurare  geschlungene  Band  diese  beiden  Wörter  für 
die  Römer  schon  ganz  hatte  eins  werden  lassen.  Bei  der 
Schöpfung  von  Lonierarti  handelt  es  sich  demnach  in  ähnlicher 
Art  nur  um  eine  analogischc  Änderung  der  Lautung  von  con- 
iurare, wie  att.  inschriftl.  tivtiTKO  eine  Mieehform  zwischen  ^veiK- 
«nd  ivitK-  war  (Meisterlmns-Scbwyzer  Gramm,  der  att.  Inschr. ' 
183  f.). 

Einer  Erläuterung  bedarf  die  Gestalt,  in  der  per  vor 
-ierare  auftritt.  Teils  sprach  ma.a  perjerare  (Plaut.  Asin.  293, 
Truc.  30  usw.),  teils  pejjerare,  gleichwie  auch  pfjjürua  pSjjü- 
rare  {z.  B.  peiiurius  bei  Plaut.  Trin.  20I>  neben  perjürtis 
perjüräre  (s.  Georges  Lex.  d.  lat.  Wortf.  ."jU  f.).  Diese  perj- 
und  pejj-  verhalten  sich  zu  einander  wie  z.  B.  exjürare  und 
ejärare,  perlRcidua  und  peliüciduM.  D.  b.  pejj-  stellt  die  alte, 
schon  vorhistorisch  vollzogene  Assimilation  des  -r  an  j-  dar, 
während  perj-  auf  Rekompusition  beruht,  wie  sie  bei  der  leben- 
dig gebliebenen  Assoziation  mit  den  zahlreichen  anderen  Kom- 
posita mit  per,  in  deuen  r  lautgesetzlich  bÜeb,  sieb  immer 
wieder  einstellen  konnte.  Während  im  Inlaut  von  Simplicia 
-rj-  vor  Vokalen  zu  -ri-  ward,  z.  B.  in  spurius,  inferius  (vgl. 
medius  aus  *iiiedjoti  usw.),  konnte  in  ^er/ercj-e  und  perjüräre 
die  Sonantierung  des  _;'  wegen  dejeräre,  ejerare  and  wegen 
jürare  usw.  nicht  Platz  greifeu.  Daher  denn  hier  -jj-  aus  -rj-. 
Wenn  diese  Assimilation  bei  perjerare  häutiger  war  als  bei 
perjüräre,  so  mag  das  daher  rllbren,  dass  pejjeräre  leicUtet  , 
als  ein  einfaches  Wort  empfunden  werden  konnte  denn  j— — 
jürare,  dem  sein  Simplex  nie  verloren  ging. 


Lat.  dHerärt,  perieräre  peiieräre,  Sieräre  und  aerumna,    401 

Dass  ein  Wort  als  Simplex  ausstirbt  und  nur  in  Präpo- 
sitionalkomposition  am  Leben  bleibt,  kommt  auch  sonst  nicht 
selten  vor,  z.  B.  in-seque  in-sectio  (griech.  ^v-^ttu)  ^vi-cttoi), 
operio  aperio  =  *Ojp-  *ap-veriö  (lit.  üz-veriu  'ich  mache  zu,, 
schliesse',  ät-veriu  Mch  mache  auf,  öflfne*). 

Unserer  Hypothese  über  den  Ursprung  von  -ierare  ge- 
reicht nun  ein  anderes  lat.  Wort  zur  Stütze,  das  bisher  eben- 
falls noch  keinen  befriedigenden  etymologischen  Anschluss  ge- 
funden hat  und  sich  zwanglos  gleichfalls  zu  Wurzel  jes-  Ter- 
vere*  stellt.  Zu  dieser  Wurzel  gehörig,  muss  es  in  seiner  Be- 
deutungsentwicklung eine  Strecke  mit  -ierare  zusammenge- 
gangen sein. 

Scharfsinnig  leitet  Thumeysen  KZ.  32,  566  aemulus  *es 
jemandem  gleich  zu  thun  strebend*  von  *ad-jemolo8  *ajjemolo8 
her,  indem  er  es  mit  ai.  yamä-  'gepaart,  Zwilling'  vergleicht. 
*aimolos  aus  *ajjemolos  durch  Synkope  der  zweiten  Silbe.  In 
derselben  Weise  lässt  sich  aerumna  'Mühseligkeit,  Plackerei^ 
Drangsal,  Trübsal'  auf  *ad-jerumna  zurückführen.  Als  Ab- 
kömmling von  Wurzel  jes-  stellt  sich  dies  Wort  bedeutungsge- 
schichtlich dem  ai.  a-yas-  an  die  Seite,  das  nicht  nur  'anstrengen', 
sondern  öfters  auch  'ermüden,  schlaff  machen*  und  'quälen, 
peinigen' ist  (Pass.  rt-yö^^yrtfö  'er  quält  sich,  härmt  sich  ab*)^). 
Mit  lat.  ira  (s.  Corssen  Auspr.  II*  172)  hat  aerumna  nichts 
zu  thun.  Da  jes-  als  Simplex  im  Lateinischen  verschollen  war, 
erfuhr  die  lautgesetzhche  Behandlung  dieser  Zusammensetzung 
mit  ad-  (vgl.  peior  d.  i.  pejjor  aus  *pediös)  keine  analogische 
Störung.  Dem  aerumna  lag  ein  mit  alumnus,  Vertumnus  zu 
vergleichendes  Part.  Praes.  Med.  ('sich  anstrengend,  sich  mühend') 
zu  gründe,  dessen  Femininum  als  Abstraktum  fungierte  (vgl. 
offinsa  :  offensus,  noxia  :  noxius  usw.,  Grundr.  2,  444  flf., 
Usener  Götternamen  373  f.,  Leo  Wölfflins  Archiv  10,  438). 
Jedoch  kann  auch  der  Vergleich  mit  columna  (Stolz  Hist. 
Gramm.  497)  richtig  sein. 

Schliesslich  berücksichtige  man  noch  folgende  Bedeutungs- 
verzweigung,  die  eine  treffliche  Parallele  zu  den  besprochenen 
Bedeutungen  von  jes-  abgibt.    Die  Wurzelbasis  omö-  omd-  (vgl. 


1)  Vgl.  das  zu  TT^vonai  gehörige  irövoc  'anstrengende  Ar- 
beit', das  nachhomerisch  den  Sinn  'Mühsal,  Plage,  Qual,  Drangsal, 
Leiden'  hatte. 


402    Karl  Brugmann,  Lat.  dHeräre^  perieräre,  peiUräre  usw. 

Noreen  AbrisR  3,  Hirt  Ablaut  95)  hat  von  Haus  aus  etwa 
den  Sinn  ^energisch  in  etwas  oder  gegen  etwas  vorgehen'  ge- 
habt: vgl.  ai.  ämi-ti  äma-ts  "andringen,  bedrängen',  mit  abJU 
^gegen  etwas  andringen,  mit  Gewalt  vorgehen',  dma-s  'Andrang, 
Wucht,  Ungestüm',  av.  ama-  und  amavant-  'stark',  griech.  jliuiXoc 
^Anstrengung,  Mühe'.  Nun  hat  sich  hieraus  1)  der  Sinn  des 
Festmachens  und  der  eidlichen  Bekräftigung  entwickelt:  ai. 
dmatra-s  'fest',  am-  im  Med.  mit  sdm  'unter  sich  festsetzen, 
eidlich  festmachen,  schwören,  sich  jemand  verbinden',  amliva 
^schwöre',  griech.  öjiivuvai  6^öcal  'durch  Schwur  bekräftigen, 
beschwören,  schwören'  (cuv-o^öcal  wie  ai.  säm-amr).  2)  Der 
Sinn  des  Piagens  und  Schädigens:  dmlva  'Leiden,  Krank- 
heit', arndya-ti  'er  schädigt',  dmati-S  'Mangel,  Dürftigkeit*, 
aisl.  ama  'plagen,  schädigen',  got.  af-mauips  'ermüdet'  ahd. 
mtioian  'beschweren,  bekümmern'  muodi  'müde',  wozu  wohl 
auch  hom.  öjLioiioc  (vielmehr  ö^o(loc)  'plagend,  schrecklich' 
<von  Krieg,  Tod,  Alter). 

Leipzig.  K.  Brugmann. 


Sachregister. 


Ablaut  €{i)  -i  200  ff.    Im  Iran. 
131.    Schwebeablant  2dl. 

Absolutivbildung  im  Av. 
141  ff.    Ind.  Absolutiva  143  f. 

Adjektiv a,  ai.  auf  -ta-  mit 
dem  Fem.  auf  -nl  139. 

A  d  V  e  r  b  i  a  den  Komparativen 
zu  Grunde  liegend  im  Ind.  201, 
im  Griech.  201,  im  Germ.  206  f., 
im  Slav.  201. 

Agens  und  Patiens  im  Idg. 
170. 

Aktionsarten.  Definition 
der  A.  und  Prüfung  der  Kunst- 
wörter 319  ff.  Durativ  319.  Fini- 
tiv320  Initiv320.  Perfektiv  320. 
Perfektivierend  320.  Terminativ 
320.  Definition  der  perfektiven  Ak- 
tionsart 321  ff.  Perfektivierung 
im  Griech.  durch  präpositionale 
Zusammensetzung  319.  Wirkung 
der  Präposition  auf  die  Aktions- 
art des  Verbums  345.  Kein  Ab- 
lassen der  A.  im  Griech.  345  ff. 
Perfektivierende  Partikel  co  im 
Ir.  186. 


Allegro-   und   Lentoform 


109. 


Analogiebildung  169. 
Indogermanische  Forschungen  XII  5. 


Aorist.  Die  Vollstufe  II  hat 
aoristische  Bedeutung  197.  Be- 
tonung der  2.  Silbe  verbunden 
mit  aoristischer  Bedeutung  214. 
Nicht  augnientierte  Formen  eines 
Aorists  bekommen  konjunktivi- 
schen Sinn  216.  Ai.  sa-A.  219. 
Konjunktiv  des  «-Aoristes  218. 
Das  Indische  bildet  keinen  Kon- 
junktiv zu  gewissen  Aoristen  214. 
Griech.  A.  bei  Homer  333 ff.  Be- 
deutung des  A.s  326  f.  Ingres- 
siver A.  319.  Konstatierender, 
komplexiver  A.  325  f.  Konsta- 
tierender A.  tritt  bei  Homer  zu- 
rück 329.  Linearperfektiver  A. 
326.     Punktualisierender  A.  326. 

Artikulationen,  normali- 
sierte 307. 

Aussetzung  im  Iran.  122. 

A v est a ausgäbe,  Wert  113®. 

Bedeutungsentwicklung 
von  'Teil'  zu  'Strafe'  140,  'sehen* 
zu  'sagen'  28  f. 

Begriffszeichen  283. 

Beinamen  62. 

D  e  h  n  u  n  g  in  der  Komposition 
32.     Homerischer  Wechsel   von 

27 


404 


Sachregister. 


aq>  und  pa  beruht  auf  metrischer 
Dehnung  236  f. 

Deklination  der  Zweizahl 
im  Idg.  239  f.  Griech.  -w-  D.  202. 
D.  des  Duals  im  Griech.  238.  D. 
des  Duals  im  Griech.  238.  D. 
der  Pronomina  im  Griech.  241. 
Schwache  Deklination  der  germ. 
Komp.  204  f. 

Dialekt.  Sprache  und  D. 
296. 

Differenzierung,  eupho- 
nische 29  f. 

Doppelwörter  63. 

Femininbildungim  Ai.  Iff., 
im  Avest.  1  ff. 

Fremdwörterei  76. 

Gesten,  normalisierte  310. 
Normalisierte  Vereinigung  von 
Gesta  und  Laut  312. 

Grassmanns  Gesetz  163. 

Hiatus,  Scheu  vor  dem  H. 
bei  Polybios  332. 

Homophone  Wörter,  mit  sol- 
chen sucht  die  Sprache  aufzu- 
räumen 8. 

Infinitiv,  lat.  auf  -ier  23  f., 
lat.  I.  Fut.  Akt.  23. 

Injunktiv  212  ff. 

Komparativ,  idg.  auf  -Ijos 
200  ff.  Griech.  K.  auf  -(wv  200  ff. 
Got.  K.  auf  -öz-  206  ff.  Schwache 
Flexion  des  germ.  K.  204  f.  Lit. 
K.  205  f.     Preuss.  K.  206.     Be- 


stimmte Form  des   slav.  K.  205. 
Slav.  K.  auf  -ijhs  201. 

Komposita.  In  K.  werden 
unverständliche  Teile  durch  ver- 
ständliche ersetzt  9  f.  Verdun- 
kelte Nominalk.  182  f.  u.  188.  Nei- 
gung des  Polybios  für  K.  331. 
Zusammenrückung  im  Lat.  23. 
S.  a.  Dehnung. 

Konjugation.  Lat  Imperf. 
23.    S.  a.  Aorist. 

Konjunktiv 212.  Entstehung 
216  f.  Das  Ind.  bildet  keinen  K. 
zu  gewissen  Aoristen  214.  K.  des 
Ä-Aoristes  218.  Nicht  augmen- 
tierte  Formen  eines  Aorists  be- 
kommen konjunktivischen  Sinn 
216. 

Konsonantismus.  Konso- 
nantenschwund im  Idg.  209  f.  j 
geschwunden 220.  «geschwunden 
210.221,  idg.  rmj  sm,  -dm,  -nm 
210.  s  vor  Nasal,  vor  r  geschwun- 
den 223.  SS-  zwischen  Vokalen 
4  f.  w  nach  sth  geschwunden  198, 
nach  anderen  Kons.  199.203.  Iran 
t  geschwunden  106.  Wechsel  von 
m-  mit  hm  im  Iran.  141.  g  vor 
u  im  Apers.  ausgefallen  130.  Iran. 
fi  zu  mp.  Ir  107.  Ir.  di  nicht  zu 
mp.  j  108.  Mpers.  d  und  b  vor 
i  geschwunden  107.  Ausfall  des 
r  im  Mpers.  109.  Wechsel  von 
y  und  i  im  Pers.  110.  Npers.  ^ 
zu  Ä  107  1.  Griech.  -s-  4  f.  -sm-, 
'Sn-  zu  -Äw-,  -An-  211.  Die  übri- 
gen «-Verbindungen  224.  Kons. 
+  s~\-  Sonorlaut  224.  «  zwischen 
Konsonanten  nicht  spurlos  ge- 
schwunden 228.  s  -h  Sonorlaut  im 
Äol.  227.  Innere  Aspiration  geht 
im  Griech.  auf  den  Anlaut  über 
221.  Metathese  von  r  im  Griech. 
252,  im  Kret.  253.    Idg.  skh  im 


Sachregister. 


405 


Griech.  zu  ck  und  ex  178  f.  Idg. 
sth  im  Gr.  178.  Lat.  -nst-  vor 
Vokalen  nicht  zu  ns-  183.  Idg. 
-dhi-  zu  1.  -st'  184.  Ir.  pl  zu,  U 
190,  in  nachtoniger  Stellung  zu 
l  193.  Ip  zu  U  191.  Vortoniges 
n  an  p  assimiliert  193.  Germ 
tffl  in  den  deutschen  Dialekten 
Terschieden  entwickelt  383^. 

Kosenamen  66. 

Lautnachahmung  246. 
Mischung  von  L.  und  Lautsym- 
bolik 247. 

Lautstottern  65. 

Lautsymbolik  246. 

LautsymbolischesGefühl 
243  f.  247.  Sprachen  aus  dem 
lautsymbolischenGefühl  erfunden 
268. 

Lautwandel,  Ursachen  des 
L.S  163.  165. 

Lehn  Worte  des  Reit,  aus  dem 
Skand.  198,  des  Skand.  aus  dem 
Ir.  187.  Aufnahme  von  L.  76. 
Entlehnen  von  Redensarten  76  f. 

Lullsche  Maschine  274. 

Metapher  47  if.  54.  Laut- 
metapher 245. 

Metathese  von  r  im  Griech. 
252,  im  Kret.  253. 

Musiklaute,  normalisierte 
309. 

Namengebung  34  f.,  poeti- 
sche 259.  Namen  Veränderung  260. 

Naturlaut  245. 


Onomatopöie245f.  247. 

Ortographie,  deutsche  164. 

Palatalgesetz  163. 

Parias  der  Sprache  57. 

Personalendungen,  Er- 
klärung 158  ff. 

Polybios,  Scheu  vor  dem 
Hiatus  332,  Neigung  zu  verbalen 
Komposita  331.  Aktionsarten  bei 
P.  319  ff. 


Präpositionen,  ihre  Wir- 
kung im  Griech.  330.  P.  aus  Sub- 
stantiven entstanden  188  f. 

R.  V.  Raumer  161  ff. 

Refrain,  sinnloser  255. 

Rhythmus,  Wirkung  des  R. 
auf  die  Lautbildung  252. 

Romanisch,  Ideal-R.  90. 

Runen  273  ff. 

S  a  n  d  h  i,  Doppelformen  imidg. 
durch  S.  entstanden  209. 

S  c  h  r  i  f  1 314,  künstliche  S.  314. 
Pasigraphie  290.  üniversals.  293. 
Geheimschriften  64. 

Silbengrenze,  äolische  Ver- 
schiebung der  S.  227.  S.  im  West- 
germ. 377  1. 

Silbenstolpern  65. 

Sprachbildunng  aus  der 
Abstraktion  270,  aus  reiner  Will- 
kür 302  f. 


406 


Sachregister. 


Sprache.  Aifens.  307f.  Am- 
mens.  245.  Argot.  56.  70.  Be- 
griffss.  284.  292.  Bekleidungss. 
313.  Benifss.  51.  68.  Bibels.  53  f. 
Biblisch-niederländische    Mischs. 

55.  S.  des  Bierkomments  48.  53. 
Blaue  S.  91.  Blumens.  313.  Bör- 
sens.  54.  Briefmarkens.  314.  Ind. 
Dämonens.  51.  Dichters.  55  f. 
-CO  S.  66.  Erbsens.  63.  251.  Fa- 
miliens.  42.  Fingers.  317.  Shet- 
ländische  Fischers.  68.  Flaggens. 
der  Schiffe  312.  Gauners.  51.  55. 
Gebärdens.  311.  Geheims.  49  f. 
63.  267,  der  Kinderstube  63.  S. 
der  Geisteskranken  65.  Gelegen- 
heitss.  44.  Gelehrt-archaische  S. 
41.  Götters.,  griech.  51,  germ.  51. 
Gruppens.,  negative  50  f.,  verab- 
redete 49.  Handwerkers.  69.  He- 
bräisch 57.  Höflichkeitss.  53.  In- 
dianers.  88.  Jägers.  50  f.  Langue 
javanaise  64.  Kanzels.  55  f.  Ka- 
wis.  57.  Kinders.  38.  42.  68.  247. 
288.  298.  Kulturs.  317.  Künst- 
liche S.  33  ff.  63.  Kurials.  53. 
Latein57.  Metaphers.  45fF.  Mischs. 
67.  71.  Missingsch.  77.  Lingua 
papanesca  64.  Pasillngua  89. 
Rätsels.  73f.  Realiens.  315.  Rechtss. 
51  f.  Rotwelsch  52.  69  ff.  Sans- 
krit 57.  Russische  Schneiders. 
52.    Schrifts.  56,   niederdeutsche 

56.  Skaldens.  55.  74.  Soldatens. 
48.  69.  Sonders.  45.  Sports.  54. 
75.  Studentens.  46  f.  69.  Tabus. 
257.  Tasts.  311  f.  Terminolo- 
gische S.  51.  Tiers.  307  f.  317. 
Tote  S.  57.  Trommeis.  309.  Uni  Ver- 
sals. 285.  Verbrechers.  49  f.  S. 
der  Verzückten  248  ff.  Volapück 
80  ff.  86  ff.    Vulgärs.  der  Bühne 

57.  Welts.  80  ff.  Zahlens.  90. 
Zaubers.  256.  Zeichens.  305  ff. 
ZerentDnials.  53.  75.  304. 


Sprachentstehung33f.Bau- 


wautheorie  246.     Neuschöpfong 
der  Sprache  36. 

Sprachentwicklung  296. 
Störung  der  natürlichen  S.  37. 

Spracherfindung  36  ff.  67. 
Wie  weit  ist  S.  möglich  33. 

Sprachfehler  41. 

Sprachgeist  166. 

Sprachgewohnheit  38. 

Sprachmischung  75  ff. 
Mischung  von  Tier-  und  Menschen- 
rede 79.  Künstliche  Herstellung 
von  Mischsprachen  80.  Biblisch- 
niederländische Mischsprache  55. 

Sprachschöpfung,  indivi- 
duelle aus  dem  lautsymbolischen 
Gefühl  258. 

Sprach  Veränderung  durch 
Vermehrung  und  Unterscheidung 
62. 

Sprachvergleichung  296. 

Sprachwürderung  243. 
302. 

Stellenverzeichnis. 

Avestisch.  Frahang  Kap.  5. 
S.  136. 

Nirangastän  9.  S.  118  f. 
Nir.  10.  S.  114  f. 

N.  3.  S.  103. 
V.  5.  8.  S.  135. 
V.  6.  46.  S.  146. 

V.  15.  S.  138. 

Vd.  7.  16.  S.  177. 

Vd.  19.  29.  S.  177. 

Vaeea-Fragment.  S.  101. 

Viöarkart  i  Dinik  12,  11.  S^    ^« 


Sachregister. 


407 


23.  7.  S.  94. 
83.  11.  S.  95. 
89.    4.  S.    95. 

96.  16.  S.    95. 

97.  6.  o.     96. 
116.  10.  S.    96. 

125.  14.  S.    97. 

126.  15.  S.  97. 
136.  5.  S.  98. 
138.  7.  S.  98. 
146.  4.  S.  99. 
148.  3.  S.  99. 
155.  10.  S.  100. 
157.  14.  S.  100. 
160.  10.  S.  100. 

179.  6.  S.  100. 

180.  14.  S  101. 
184.  14.  S.  101. 

Y.  8.  4.  S.  137. 
Y.  19.  34.  S.  146. 
Y.  56.  3.  S.  123. 
Yt.  1.  27.  S.  1261. 
Yt.  1.  29.  S.  126  f. 
Yt.  5;  55.  S.  149. 
Yt.  8.  6  f.  und  37  ff.  S.  102. 
Yt.  8.  42.  S.  142. 
Yt.  13.  95.  S.  135. 
Yt.  15.  50  (51).  S.  148. 
Yt.  19.  80.  S.  146. 
Altpersisch. 

Bh.  1.  a8  (86).  S.  131. 

Bh.  1.  35  f.  S.  174. 

Bh.  2.  11.  (61  f.).  S.  135. 

Bh.  4.  7  f.  S.  174. 

Bh.  4.  10  (54).  S.  136. 

Bh.  4.  10  f.  S.  174. 

Bh.  4.  13  (65).  S.  128. 

Bh.  4.  16  (76).  S.  132. 

Bh.  4.  82  ff.  S.  174. 

D.  5.  S.  127«. 

D.  6  (NRa).  S.  132. 

Suez.  c.  9.  S.  176. 

Suez.  D.  17.  S.  136. 
Griechisch. 

Thuc.  3.  40.  5.  S.  351. 
Xenoph.Helen.l.  6. 16.S.348f. 
Xenoph.  Helen.  1.  7.  7.  S.356. 
Polyb.  14.  8.  13.  S.  315. 


Oskisch. 
Cipus  Abellanus.  S.  20. 
Die  ei^un^-Inschriften  S.  13  ff. 
Die  iot;t7ae-Inschriften  S.  13  ff. 
Tabula  Bantina  S.  20. 

Suffixe.  Idg.  Kein  idg.  -e, 
-0,  -e,  -äj  'ö  213.  -ino  S89.  -eino^ 
-oino  390.  -sko-  228.  Ai.  -änl  1, 
'äyya-  2,  -^a-  152,  -ras  395.  gr. 
-aioc  2,  -ctoc  2;  -r\p6c  395,  -ivoc  3921. 
Ital.  'äsio'  2.  Lat.  -ejus  2,  -eUus 
395,  -ensis  183,   -estis  185*,  -iinus 

389,  'ier  23  f.,    lnu$  392 1,  im  Rom. 

390.  Gall.  -enus  390.  Ir.  -en 
3901;  -«Wien  189.  Germ. -öa  des 
Komp.  266.  Balt.-lno-392i.  Lit. 
-^na- 152,  -esnis  206.  Suffixe  an 
Kasus  antretend  2.  183.  392 1. 

Syntax  von  ai.  iiäma  usw. 
172.  " 

T  a  b  u  w  0  r  t  e  50  f .  S.a.Sprache. 

Übersetzen  75.  Ü.  fremder 
Wortverbindungen  76.  Rück- 
deutschung  78. 

Ursilben  245  f. 

Verbum.  Wechsel  von  sk 
und  skh  im  Inchoativsufßx  180. 
Griech.  Verben  auf  -(ckuj  gehören 
•^i-Basen  203.  Verba  Kausativa 
im  Germ.  208.  Got.  uud  ags.  ö- 
Verben  207. 

V  er  wan dschaf tsverhält- 
n  i  s  s  e.  Beziehungen  zwischen 
Germ,  und  Kelt.  157. 

Vokalharmonie  252.  263, 

Vokalismus.  Idg.  f  im  Gr. 
252.  Lat.  Vokalumlaut  in  haupt- 
tonigen  Silben  241.  Scheidung 
von  i  und  f  im  Lat.  391.    Lat.  Ü- 


408 


Sachregister. 


zu  U  dissimiliert  391.395  K  Germ. 
t-Synkope  208.  Behandlung  sek. 
d-DiphthongeimGerm.207.  Germ. 
u  ans  idg.  9  196.  Germ,  ai  im 
Fries.  372  ff.,  durch  j  zu  €  umge- 
lautet 378  ff. 

Volksetymologie  61. 


Vriddhibildung  im  Avest. 


130. 


Wurzelangleichung  150f. 


Wurzeldeterminativa^ 
Entstehung  im  Idg.  212. 


Würz  ein  296.  Grundwurzeln 


277. 

Z  a  hl  e  n,  erfundene  261 ,  heilige 
261. 

Zahlworte.  Flexion  der 
Zweizahl  im  Idg.  239  f.  öOo  altes 
Neutrum  238. 

Zoroaster.  Die  altpersischen 
Könige  Zoroastrier  131. 


Wortregister. 


I.    Indogermanische  Sprachen. 


Altindiscli. 

qias  156. 

akjrta  141. 

agnäy-l  1.  3. 

affnidh'  130^. 

OQSjasata  211. 

dtarlt  201. 

aH-nl  219. 

ddhi  110  f. 

adhibhü'  110. 

adhibhü-  110. 

anäthdm  219. 

dniY^  106. 

anu4t^U'  198. 

flfjgfca-  117«. 

an^a  219. 

antya-  192. 

aprd*  214. 

abhiröc-ayati  111. 

dmati$  402. 

ämate  402. 

dmatras  402. 
dmo^  402. 
dmi^f  402. 
amivä  402. 
amfit;a  402. 

• 

tiyunga-  113. 
€2yödhU  201. 
Gray  4  1. 
€üätam  157«. 

«dvo^*  103. 

^gma  156  ^ 

<xin^ei  156. 

Mmänam  209. 


arfy<«  156 1. 
asifydnt  218. 
askfta  141. 
ds^Äd^  197. 
a«ma*  221. 
asmäsu  241. 
änqSa  156. 
ämdyati  402. 
ä-yaS'  401. 
ä-yäscLS  398. 
d.vt«^  211. 
ö^^g  221. 
icchäti  153. 
iddhägnay-  130«. 
i>Vd«  221. 
t^wd«  222. 
fic^-  31. 
fia^e  134. 
ucaif'taram  201. 
ud  194  f. 
ied-yaml.vdn  203. 
ubkäy-öä  240. 
tiädsam  210 
i^dm  210. 
u^äsam  210. 
ü^dye  110. 
wr/dnl  1. 
ü/vid  224. 
fcchdti  228. 
rilydn  203 
rjti^d«  203. 
rbhu-Sfhiras  198. 
e<a-  138. 
^^a^rva-  130«. 
gni-  139. 


öjlyän  201. 
öfadhayait  144. 
d^am  144. 
kakudmän  189. 
ft;and  202. 
kanina-  202.  392. 
kanlnäkds  202. 
kdnlyän  202. 
Aranyd  392. 
Asara^  215. 
fcdr^i  215. 
fcdfcwe  189. 
kä^hä-  30. 
/rtVd^i  216. 
fcrfndwii  221. 
A;^am  211. 
/c^dm  211. 
Ar^fra^Aam  144. 
k§näuti  224. 
khanjati  179. 
khdnati  179. 
khuddti  179. 
fcÄyd-  30 
gaman  215. 
gälati  194. 
garat  215. 
gar  an  215. 
gdvi'Hhiras  196. 
^dm  215. 
^rdm  209. 
flrird^i  217. 
^urd^g  217. 
^Mrti-  186. 
godügh  130«. 
gnäS'pdtif  3. 


glaghat  215. 
ghördg  193. 


eakias  30. 
cäkfati  335. 
caturas  335. 
candrä-  157. 
ctnöm»  231  f. 
Okjpati  215. 
cödaydmi  185^. 
cy'i^a'^  232. 
cyu  903. 
chalam  179. 
cAavt  179. 
chd.vd  179. 
cAindfet  180. 
chTTiatti  180. 
chedam  144. 
jardm  210. 
yaüJ-yän  2CB. 
j'dAamöna  311. 
jahnAvl  1. 
ja((i-)l(Ai>as  198. 
jli-ort  150. 
fivam  143. 
jlt!(is  150. 
j"i«(i(M-.*  150. 
junäli  202. 
jurnti  217. 
jyä-  150'. 
(afr((  235. 
(oJt^an-  324. 
iapa(t  193. 
tay-öi  240. 
-iaröö  301. 
<arj-^n/i  201. 
tarlfdni  201. 
tarda«  215. 
(auHt  202. 
(dt^-j/dn  202. 
fosniin  340. 
Hgitda  303. 
(i>ä(i  317. 
ti$(Mmi  198. 
tUapäsi  215. 
i«m(t  217. 
(^"«5««  215. 
M  199. 


t^lyän  203. 
^rii^tu  183. 
fräsati  398, 
tvdk^as  199. 
tvaAr^ydn  203. 
tve  199. 

ddfc^j-TMM  392  >. 
dar  San  21&. 
darjom  144.  215. 
davifä^i  127. 
darfi/di»  202. 
däiagva-  130*. 
ddft  215. 
dimm  310. 
diS-  29. 
drk$ase  218. 
dfian  215. 
dti^ffl«  151. 
,?(-/i'((.«  20l'. 
devälta-a  182. 
dytim  209. 
drdmati  188. 
dräghl-yOn  202. 
dväy-ö$  239. 
dü<i  238. 


di-<i»i  238. 
dvi-  188. 
die  238. 
dhanui  189. 
dhdft  215. 
dAurati  316. 
dhyäna-  108. 
dhyäyam  144. 


■-  26». 


130'. 


nacf^as  203. 
ndoEydn  203. 
navyas  203. 
ndvyän  203. 
näiati  156. 
n<i«t/u  190.  222. 
nä-fAiim  219.  221. 
nd'dAftmdno«  219. 
nä-dhitds  219. 
ntinä  117. 
ndma  172  f.  178 '. 
när-l  1. 


näsyatn  232. 
nidAdna-  135. 
ninUhas  219. 
nl  219. 
n«d«  319. 
nüif  219. 
n£dlydn  203. 
nefydti  102. 
nr-asfAt  26  *. 
pandyya  202. 
panvfds  202. 
p<int-«d  202. 
pani-pnat  202. 
pont-^fa  302. 
panlyän  302. 
pdnthdm  309  f. 
pan.yas  202. 
pdrcag  215. 
pi(dram  209. 
pUpfSati  215. 
punarUas  182. 

purd-yds  392'. 

/,i«™tii/NäH!  1. 

Pfk^aU  2ia 
pj-ijäkti  215. 
pra»ödam  141. 
prd(i  333. 
priiticyavlyän  203. 
priiiidhäaaiha  111. 
prätiyan  103. 
pratriikidna»  224. 
pra-yaki  236. 
pra-yäsäs  398, 
pra-sila-  37. 
prd-siti-  27. 
prdfe  99-. 
bdhlyän  204. 
bibharmi  153. 
AraAmiinl  1-  3, 
bhdga-UH  182. 
fcAdrd«  153'. 
6ftari-(rom  153». 
6Aat!l-i/dn  202. 
6Aütt  114. 
IiAurdntu  217. 
bAÜ  302. 
bhramcUi  133*. 


bhräjale  1«6. 
bkrätar  153'. 
bhrämyati  IDIJ '. 
mqhiyän  203, 
vudaaÜ  218. 
mdntM  210. 
mondm  210. 
mmUto-i  1.  8. 
-nMi|/a'  SS. 
vmägalAM  1. 
m^-^rndya-  32. 
mfdn^  286. 
mökam  144: 
I/^si  216. 
yakiaihat  21& 
yakfydmäna  318. 
yqj  203. 
y^^ydn  208. 
I/dcAoft  215. 
yamat  215. 
tromif  1121. 
yavyd-  108  >. 
ydayati  398. 
^diKW^vom  143. 
yugmd-  112 1. 
yucMAd«  184.  215. 
yüdhyati  äOl. 
{/dt«i  215. 
yödhat  215. 
yödhl-yän  201. 
yödhi$at  201 
rtfm  209 
nMä-  111. 
rtsfUAd  214. 
«i<MÄana  214. 
rfrodAa  215. 
I«Aam  144. 
Jopam  144. 
vdt^dM  218. 
väk$athai  218. 
Kowf-  202. 
vakiyämi  218. 
«OTiin-  202. 
uanüfAti-  183». 
vani-iihui  198. 
tfanl}/dn  202. 
vanlvan  202. 


varlyan  203. 

fH/-H(/<il(i     1. 

txfrpj/dn  203. 
vcudv-l  3. 
vtf«u  8. 
vditdu  8. 
i«mM-  188  >. 
vtM«  398. 
vasnaa  233. 
ofiAfydn  203. 
vikhyäta-  140'. 
eidiU  201. 
DuUm  213. 
viddiha  214. 
vtd4tA<u  2U. 
vidis  314. 
vidfin  214. 
vidhakfydrU  21B. 
vinxiJcam  144. 

vffäkapäyi  3. 
vädltfän  201. 
v^dmi  213. 
vy&ttaa  183. 
vy-ä-dilas  183. 
tiKnn-  113». 
vArxiet  113. 
iqsam  144. 
iofa^u^  130  2. 
rfdfasirfn-  130  *. 
iaiü-ro«  203. 
id4iyän  203. 
A-ava*  21Ö. 
iraväyya  2. 
A-duam  144. 
A-öj«  215. 
iui«-  200». 
^äf  199. 
«afcjlafi  218. 
ndghat  215. 
«am-am  402. 
vaptdgul).  130*. 
savyd-  108*. 
saA  202. 
DäAlvän  202. 
soAydn  202. 


411 

1 

Jtdftdm  94*. 

Hiitdhaii  215. 

wüi-dd-  127".  216. 
KU-mi'inci«  198. 

^ 

gu-tthüf  198. 
Mir«  duAä4  8. 
lind'  27. 
«fcabM-tfdn  301. 
«fco&An^'  901. 
akhadate  179. 
jfcun4M  179. 
skhdiati  179. 
<terf^  180. 
«flrna«  234. 
gtrtfAH  234. 
«fupdj  196. 
ttäpaa  19G. 
atlr^«  234. 
«thdvtra«  195. 
stlUUi  215. 
alAdmra*  196. 
alkürd»  196.  198. 
aJAiJia«  196. 
ithitds  198. 
«Mthji  196. 
«^lird«  180.  198. 
epärat  215. 

«pAt(ra(i  217. 
.nndram  144. 
svdpnas  199. 
svar  199. 
«uddivdn  200  f. 
snufd  141 '. 
hdiAtav€  197. 
Atn^ti  142. 
Ard-  197. 

HlttelfndlMih. 

ajja  108. 

AvcstlHh. 

aeitna  222. 
aUo-  136  ff. 
aitava  130*. 
aHdhmdyav-  136.  138. 


412 


Wortregister. 


aUahmäffuS  138.  140  f. 
a€tä'  186. 
a&n  126. 
aomna  104. 
aidytiä  110. 
aidyünqm  110. 
aibl^bairUta  108. 
aiwi.raoö-aydfite  111. 
aiwyaidh9m  123. 
aiwyästiä  107.  119. 
atrindinejw  118. 
a^tuyarahBfn  123. 
o^i  110. 
aötvad''  120. 
ASwadät  121. 
adwadätay-  121  f. 
adtcan-  121. 
ana  119.  126. 
ana^^am  143. 
anisritay-  123. 
anisritim  122. 
anti9na^anqf7n  147  ^. 
antarsöa  99*. 
apara  148. 
oparanamnät  116. 
ama-  402. 
amat^an^  402. 
ayant9m  145. 
a.v^fn  3. 
ar-  103. 
ava  125. 
at;aen  103. 
avaenö  134*. 
avaiti  103. 
avafi  110. 
avaidhe  110. 
avayä  125. 
ava-zat  128. 
avazazq  128. 
aväitdm  103. 
aväiti  103. 
aväm  103. 
avämi  104. 
arcfn  103.  105  f.  119. 
2ar-  123. 
ara&yanqm  140. 
ard^amat  140. 
ara^avanö  140. 


ar9^ah€  140. 
ar9&ra  140. 
arddiiS-  122. 
.4Wrf  102. 
ciänaoiti  156. 
aSyasöa  117. 
o^na-  119. 
aAwränl-  1. 
ä  114.  137*. 
o^a  137*. 
ä'Star  125. 
öÄna-  119. 
äsnaoiH  119. 
3r9Xüa  102. 
9r9dat'fddr%  95 1. 
d99A(]pm  142. 
qgoÄ  397». 
mfe-  113. 
irixta-  111  f. 
iriä9nt9m  148. 
ijteö  134. 
frflrfw  106. 
ti/>a.9Äca7tÖ9m  142  f. 
t£6a-  125. 
uva  125. 
ut;a  125. 
Mrvagd-  113. 
urvaedqs  113. 
urvidyeiti  113  f. 
urvinyairUiS  113. 
w-  110. 
Arat-a  108 ». 
gae^ä  104. 
ajfara-  122. 
awhJOÄ  199. 
j'ZdrcfTn  142. 
öa^aHii  225. 
JiÄäf  113». 
jMWi  143.  150. 
Jyät^uä  150. 
jyötüm  150. 
^Araf  94*. 
taöinidTn  145. 
tat9rö.p°  121. 
earö.p°  121. 
ffcacio  137. 
^wagai9h9m  123. 
-^ayah'  123. 


^tvayeiH  124. 
^ti7y(|«foma^^a  124. 
^wayatdfihcUqm  133. 
&wyqm  124. 
rfaüa-  127. 
dahiän  126. 
du-  127. 
duySö.va  130  2. 
dw.ve  126  f. 
cfööii^a  119. 
dva-  127.  238. 
dr9gvant-  130. 
drujim  130. 
drvan^  130. 
drvAsöa  130«. 
paitiidnt^m  148  ^ 
pairi-aojastarö  110. 
po^n^dnt  149. 
paran^i  116. 
p^raen^e  116. 
paranäi  116». 
p9r9ndz^6  116. 
parandne  116. 
parane  116. 
parana9nnäi  116. 
p9r9nti  116. 
pdvdsaeti  113  ^ 
6a(5i/<5  120. 
baiHsta-  108. 
bawraini  394. 
bardntBm  146. 
bafamnam  145. 
-örf-ra  153». 
/rae^^ö  134*. 
fra^aek97n  141. 
frazäbaodah  sna^a- 

122. 
frä'Vöit  147. 
/Vära  123. 
naeSyaeti  102. 
nana  116  f. 
nasävo  177. 
nazdiäta-  119. 
nä«rl-  1. 
nejwa  172.  177. 
nt-yman^  133*. 
nijasaiti  135. 
nidai'&yqn  148. 


WorlregiBter. 

4» 

nirat  106. 

zbärindm  148*. 

agnin,  ttjn!«.  a^nnln 

ttüritatf-lSB. 

Aooffo-  106'. 

94  >. 

nüHMM  ISS. 

Oimwfafctln  117. 

<i«da»v99». 

fKMioe. 

haoant.  116. 

ayatlU. 

AatxtniJ  116». 

ayOr  107.  109. 

tnayä  147. 

Adt  199. 

froe»  111. 

»•ilWA»148. 

kuiriast»m  Hl. 

iraag  118. 

todtAa  127  ». 

ffflyd  96  >. 

ydta-  114. 

ffi«.a96'. 

jfima  US  >. 

Alt^nlBoli. 

ff«t«M96>. 

ytueto  US. 

va-  12S. 

aM»*»(«a  127». 

J<ln.  106. 

tNi«i»va  ISC- 

adAroyo»  IM*. 

Jume  112  >. 

vatfo-  188. 

ÄrUixia»'a  178  *. 

oio-  180 1. 

MlttelpMVlHh. 

»«■al26. 

ahifrattadiy  UQ. 

wOaäyö  125. 

ä^ray-  180. 

abib°  181. 

iyamanam  186. 

ad  114. 

ea»Aäu8. 

xiqpa  172  >. 

odmd  118. 

vayöeuito  126. 

xMyamanam  186. 

royA  126. 

doAjpAti  177. 

afufairfe  99». 

OavaiHa  127». 

ay&wOt  114. 

vtadftfM  147. 

dttruRiHf-  180. 

(ip<ltl»lr  107.  109  f. 

«tita^  130  >. 

ajwarlOB». 

FlT&va  176  f. 

dft  114.  187*. 

rtVtJda/ö  140. 

ntawi"  172». 

i  HO. 

nämä  172.  174.  177. 

Irdn  107. 

vöcayo-  95'. 

nikan  132. 

irülnltan  111. 

jS^i^a«i=a  142. 

ni-yamana-m  135  f. 

erö<F-W«a«  111. 

i^ötifa  142. 

maȟam  132. 

arix«  113. 

vizrarantqm  148. 

mazana-  132. 

IrixtdlAk  113. 

roöfc-  113. 

tn-fcdn-  132. 

eriarffl«  111.  113. 

ra&äa-  122. 

8«ra  128. 

iring  in.  118. 

raoxäna  224. 

Aama(axj*aii/  199. 

«a<(lt.dn  111. 

radöJiMnn»m  134.  148. 

hyaii  127». 

göwäk  95 '. 

ranjatatpqm  130». 

fflri(  107. 

r<ii:a/.a«p(]m  130*. 

Feklerl. 

iü  94*. 

räna-  112. 

/Wifc  99».  114.  137«. 

nd-  180. 

dnö*  125. 

früi  137*. 

spoHtita-  139. 

gökäslh  95  >. 

/rMiafc  184  «. 

spaätnl-  139. 

dnkiW  95  1. 

mayOn  107. 

po/fcdr  116  >. 

nwrw  131. 

«wfwwAa  142. 

Bdndiwndtom  142. 

miWafc  148. 

Kainibu»r»m  142. 

m^nüfc  107. 

«i«ntiC  142. 

yäi  114. 

Pazend. 

t/dn  108. 

Ea«inä  142. 

iwarf  112- 

zänaüe  118». 

airöz"  111. 

yvmäk  112  >. 

4U 

yumiv  113'. 
veh  107. 
vidltak  140. 
rakhtö  111. 
rjarf  111. 
riftak  111. 
Aamj/unüh  IIS'. 
höy  108'. 

Ifenpersiseb. 

ofcnün  94'. 
afröt-ad  111. 
ftat  108  ■. 
läh  107'. 
^äAa  112. 
yirWf  97. 
g\rad  107. 
ywüä  96'. 
ffuväh,  guvä  95 '. 
^ur&cfan  112. 
gureßan  112. 
juzlda  140. 
xäya  108». 
.<lz  94'. 
/asfan  398. 
jan  108. 
JÖi  108'. 
jud  117*. 
/udd  117*. 
i«/l  122. 
taba  121. 
dab  121. 
Drug  130. 
pgrös  110. 
öarfür  109. 
hä  137*. 
fcdrg  112'. 
bäTVar  109. 
6ä«  137«. 
iuzurjfl  12G. 
farä  99  s.  137  '. 
faräz  137». 
fariäna  135. 
;!i'ä(a  134*. 
/(Vw/n   134. 

mäj/d  14ö. 


Wortregister. 


mij/an  107. 

aieoXoc  157». 

mih  107'. 

ateut  157». 

}/äd  114. 

ctcxtu^v  204. 

yävar  109. 

atqjvrjc  226. 

ydr  107.  109.  114. 

alXi^i\  225. 

yärvar  109. 

atiija  226. 

iör  107'. 

alOi  211. 

aaroar  109. 

aliüv  211. 

aör  128. 

dKQXM^voc  225. 

aür  128. 

dKii  225. 

hagirz  94*. 

äKk  225. 

äwA  225. 

Knrdiscli. 

dK^ova  209. 

dKoiJui  342. 

ffdn  108. 

dKUJK/|  225. 

dXTiiuv  204. 

Armenlsck. 

"AX^KTujp  229. 

dXeupov  231. 

ancuk  397'. 

dJiloioc  2.  392». 

a™fciu«597i. 

dXTO  229. 

anjnk  3?" '. 

lesb.  änixtc  221. 

o,'Ht<m   ]2:(- 

leBb.  dfimv  240. 

Ärhamn  xabeal  94. 

d)j<poiv  240. 

gailoc  4. 

dMqjui  238. 

COT)   191. 

dvd  126.  345. 

Äow  191. 

my  108. 

dvoTKoioc  2. 

mnaip  4. 

dvajjiE  151'. 

sjta;«m  179. 

dva^i^I^e^v  331. 

s^a/tm  479. 

dv&p(l^€oc  32. 

dv-rivucTOC  32. 

erieclilsGh. 

dvepujiroc  25  ff. 

dor.  dvia  190. 

äTioc  203. 

att.  dvutu  32. 

ÖTKoc  397 1. 

kret.  dvTpnt»*!  32'. 

ÖTKOivo  152'. 

gort.  dvTpiuirov  32*- 

dfopaloc  2. 

pamphyl.   d{v)Tpiuiro«i 

■ÜTP-DTIVOC   28 '. 

32". 

änavpoc  223. 

ÖEexf  2ia 

dTXW  397  '■ 

dnaUoT^^vai  364. 

d■nClil^laXoc  32. 

ditoeviJcKfiv  369. 

äTiuvfroiiai  364. 

ditoeOcKciv  180 '. 

ätojiai  203. 

diro<puTJiv  345. 

al  199. 

dpdxv)]  224. 

aUc  211. 

dpTflc  200 '. 

aiedlin  15T*. 

dpTi-  200'. 

kret.  alfinXcOcTapToc 

thess.  dpfOppoi  22S- 

234. 

äpiCTOv  182. 

äpMcvoc  SS8. 
dpvutioi  128. 
dpxoi>cti  862. 
dpx«c  329. 

dpxw  sea 

kret.  'AcKoXnloc  286. 
hom.  dTapmTÖc  287. 
hom.  ArapnAv  2S7. 
hom.  drpaitiTdc  237. 
aüE/|CU>  201. 
aOpiov  228. 
a6ToU£  ]&!■. 
dip(>|)ii  230. 
p&mph^l.  'Atpopiida 

388. 
pamphyl.  'Aipopbkiiuc 

233. 
kret.  'Atpopbha  283. 
äxMc  226. 
ßaivtu  S87. 
ßoXcIv  321. 
pdUu)  334. 
ßapbflv  235. 
hom.  ßdpdcToi  S37. 
kork.  ßdpvdMEvov  236. 
ßdpoc  186. 
ßapOc  186. 
ßtXTidiv  -J04. 
ßXä=  3-26. 
Wmxpöc  226. 
ßpatilujv  204. 
hom.  ppaftüc  237. 
ßpaxtJc  204. 
Toliu  181. 
TiTviiicKui  180.  344. 

366  ff. 
ßüiv  209. 
TXauKdiitic  38. 

■fiUKlujV    204. 

fvüivai  367. 

Tövu  232. 

kret.  AaMOKdpTioc  334. 

bapK^d  234. 

ÖapKvdv  234. 

belKvupi  29. 

Muoc  187. 

bi-  las. 

bid  319.  345. 


361. 


Wortregister. 

biofftoOv  357. 

iwpiüivai  .%8, 
&iQTiTvf(9m  357. 
biaKivbuvtiifiv  3fi3. 
%IaII^^Tl£1v  331. 
bianicrclv  331. 
biaiipaTTOU^viu' 
biOTcXElv  357. 
biOTTipcTv  357. 
biarptifai  324. 
f)iacpu\iitTtiv  ari7  f. 
biotpuhdEacecii  369. 
biMcKiu  ISO. 
bioptOlopai  8ß6. 
biopd)  853. 
biiiiKiu  351  f. 
boiiii  241. 
kret.  bÖMr|v  8. 
bÖMOC  187. 
boup(-icTt|Toc  182, 
bpoKclv  214  f. 
bpdE  226. 
el.  bpaxMd  234  f. 
fepcxy-^  -Jir).  S34. 
öpou^uiw  "23x1. 
&i;6)jüc   188. 
bpOTf^ra  26'. 
bptlKii  26. 
büo  238  f. 
buolv  240. 
bvc-  151. 

bUCTUx'lt    10. 

bOiu  238  r.  365. 
top  210.  322. 
iapi-vüc  2  \  392  '. 
f ßoXov  334. 
Cßitv  337. 
«T€lpcceai  331. 
tjpaniva  236. 
«Tviuv  344.  366. 
hom.  ^Tpicflai  381. 
hom.  typt\iopt 


clbov  838.  339.  368. 

cTpa  222. 

cTpoprai  222. 

cliidTiov  22S. 

ck  346. 

cIc-opOv  368. 

«K  846. 

hom.  iKQpnWavTO  286. 

iKUTÖulill    130». 

^KXstvic  119. 

iKpü-mcQ 


^T-XEipi-ö 


:  183. 


ibecTÖc  151. 
KoMfli  222. 
el  199. 
EtoTO  366. 
Übi\cw  201.  214. 


j  'iQä. 


timpituca  866. 
Uiiiy  191. 
ther.  hc^i  222. 
Ip(v  241. 

«vcTKCtv  156.  397. 
tvelKai  397. 
tWvIitov  31. 
tv-tww  28.  401. 
tvfpioxo  156. 
«vetToc  184. 
tveuacEi  1801. 
Mnui  230. 
*v.m#|  31. 
ivl-mw  31. 
fviCTie  30'. 
ivl-citoi  401. 
tvkcui  31. 
evvuui  191.  222. 
iv6t\ca  336. 
FJE  199. 
aal(fivt\c  226. 
«aTioCT;U€iv  331. 
«OMvövai  400. 
*ii-evexe«ic  156. 
Iirißiiltvai  368. 
fnilaplu)  398 '. 
inilötcti  151 
^PTiü^o^ai  351. 
{pcßoc  226. 
«PKOC  191. 
fpXOMai  228.  334 
icfir]v  211. 
Ice/ic  222. 
4cetui  366. 
icitdpeai  228. 
ecnEpoc  191. 


416 

«eii€Te  28. 

icTittdai  228. 
lCTr\y  197.  343.  3GG. 

tCTio   191. 

icü&pa  180. 
«cxnKa  202. 
fcxov  334.  3m.  368. 
^■riXKca  341, 
4ryr\y  338,  340. 
Äol.  eöabov  227. 
tübiu  366.  36a 
Aol.  EÖiiiE  227. 
«Opoc  223. 

(ÖTUK^lC  10. 
ftpafoy  365. 
iipävtiv  339. 
tipeöc  229. 
^qiopiü  353. 
dpufov  333. 
txSiutv  201, 
fxu>  334. 
eujc  221. 
Hu.  898. 
li\loQ  396  >. 
Zrm(a  203. 
Ef|v  160'. 
Zf\v  209. 
löii  399. 
ICnxa  223. 
lesb.  ZutMUTa  223. 
Eilivn  223. 
Eujpöc  398 1. 
Vi  199. 
Vibiov  200. 
V|t.{ujv  200  f.  204. 

Vidbn  201, 

fpit  230. 
itKOUca  342. 
flMov  334  ff. 
fi\oc  191. 

fl(iai  221.  366.  368. 
fJMQp  223. 
flMfic  221  f. 
Vm^pa  223. 
V<P'vöc  392  1. 
V|uiv  24  t. 
att.  fi^iiv  240. 
flMici;c  4. 


Wortregister. 
flv&Qvov  223. 

^VEITKQ   400. 

^vln  ]90.  222. 

i^vinanov  31. 

^co  367. 

fiXiii  202.  210. 

i>|ij(tt  210. 

öavtlv  217. 

hoin.  dapcaXioc  237. 

hom.  eapcaX^iiJi:  237. 

hom.   eapcaXcittTEpov 

237. 
Oäpcoc  233.  237. 
hom.  ddpcuvoc  237. 
Lom.  Sapcijvufv  237. 
ecdo^ai  256. 
efpeixric  237. 
hom.  64pcoc  237. 
e^cKcXoc  30. 
Becn^cioc  SO. 
e^cnioc  30. 
e^cnic  30. 
e^cipaioi:  30. 
etujp^ui  357.  368. 
e)ißaiTcvf|c  2.  183. 
hom.  6paceidiuv  a36. 
hom.6pacuKÜpbioc2Stif. 
hom.  ejiucujiijivgvu  23(i. 
hom.  0pacu^V|bt|<:  236. 
hom.  OpacÜMnXov  236. 
OpatOc  233. 
eplvol  27. 
Ibtiv  31.  355. 
Upöc  221. 
YriMi  229  f. 
TXaei  223. 
V€poc  222. 
toji€v  213. 
töc  222  f. 
Ipic  223. 
k  190. 

Xcra^at  343.  367  f. 
VcTum  198. 
(cxupUeceat  399. 
[t|iao  31. 
luiKi]  225. 
Imxixöc  22&. 
Kaeopüi  353. 


KoMZo^m  365. 
KOÖEÜbiu  368  f. 
Kaeciüputv  368. 
KäenM«!  368. 
Kaef|c8ai  3ß9. 

vdenco  3G7 

Kuöil/iciju  202. 
KaSiZu]  ä&h. 
KoSopäv  äbS. 
Koeunep^X^iv  331. 
Koivöc  392. 
KaNfuiv  204. 
KaXoptZiKoc  11. 
KaKÖTUx*><  10. 
KoUiiuv  2U4. 

KOXätlOlpOC    11. 

KOXÖruxoc  10  f. 
KÄXirn  191. 
hom.  Kopbir)  237. 
hom.  Kap1IoX^^(I)c  236. 
kret.  KcipT(i[i]noba  234. 
kret.  KdpTti  234. 
hom.  KdpTEi  236. 
hom.  KapTspöeufiov  236. 
kret.  KapTEpöv  234. 
hom.  KapTEpäc  236. 
krel.  KdpTnv  234. 
ther.  KapTibd^ac  334. 
KapT(viK(K  234, 
kret.  Koprovac  234. 
hom.  KdpricToc  236. 
Kdpxoc  233. 
kret.  KdpTun>  233. 
KUTd  319.  345. 
KaTOÖ.wvo,  3ÖÖ. 
KaTa7'UJvlZa^al  364. 
KaTQbapBdvdv  369. 
KaTobüvai  365, 

KaTa^aeEW  360. 
KaTQ^^XXui  364. 
KOTavo^iu  359  f. 
KttTdpxuJ  362. 

lir€t.  KOTa-CK^Vt]    179f. 

KQTacipdCetv  331. 
KQTinpeijfei  348, 
KaTElbov  368. 


kypr.  KaT-tF6pKiuv  191. 

M£vefipii  27. 

IJUX^^dc  225. 

KOT^Ticiuca  363. 

ficvoivdtu  160  ff. 

iiMX6c  397. 

Kaxinpaifi  361. 

fiCvoiv^   151. 

txCilac  402. 

•«.Tixui  366  f. 

>i€voivfic  151«. 

va^a  194. 

KOT-^VOKO    156. 

ji^voc  152. 

vdu.  194. 

KOTOItTtOuj  866. 

Wtä  345. 

v€o--n'öc  184. 

KCKäriKa  203. 

HETOIKitv  345. 

vflcoc  6. 

KiXmp  26». 

H^fwirov  2a 

vofiu  336.  369. 

K^pac  194. 

kret.  iir\Qtv  27. 

vOxTUjp  3. 

KivbuvEäui  361.  368. 

att.  Mnöefc  27. 

vuöc  141 '. 

xXiwo/e-  1131. 

jivlov  152». 

viuböc  151». 

KXOei  340. 

jjvöoc  1S2». 

vtfjiv  240. 

kXluckiiiv   180'. 

MÖToc  225. 

Uw  3981. 

hom.  KpabfT)  237. 

lüviov  154. 

Iiom.  xpanpdc  236. 

jioipoTpaqila  11. 

lOu,  3981. 

hom.  KpdToc  236. 

ö-  219. 

tcpa-nJc  233.  286. 

jiOipOTfHiqjoüuai  11. 

öfKoc  156  f. 

KpaTdj  366.  368. 

^oipd-KpavToc  12. 

6bdE  161. 

KPDTOC  234. 

fioipoXoXElv  12. 

öböc  119. 

Kp^ivri   194. 

(loipoXöpina  12. 

öbOccaceai  161. 

Kpövoc  235. 

MoipoXö-pov  6. 

ot  390. 

KTavtiv  217. 

fjoipoXüfi'ov    12. 

Fol,  ot  2». 

KOai-dveipo  204. 

MOipoXöTOC  12. 

OIK«   2  1. 

■cO&idu)  201. 

JiQlpoXOfOÖlJQl    10. 

ot»t€lv  346. 

Kubiurv  201. 

poipoXofxfiv  12. 

otKCloc  2.  3921. 

KukKui  203. 

HoipoXo-füJ  12. 

oIm«  134.  222. 

KuXixvi)  224. 

HOipitibOt  7. 

ok  8. 

Xavoc  224. 

VoXni^  191. 

otToc  136.  138  f. 

XdE  151  >. 

jiopqwöc  226. 

ÖMViJvai  402. 

dor.  AoTibv  209  f. 

poxXöt  225. 

öjjolioc  402. 

Xdxvn  224. 

jjupqibel  6. 

ÖMÖcoi  402. 

Xdxvoc  224. 

Mupaibd  6. 

övtiap  219  r. 

X^XP'OC  226. 

HÜpei  7. 

ilol.  ßviiap  220. 

X^XPK  226. 

uiJpiö-Kapnoc  12. 

övnco  219. 

XfiTiu  363. 

MupioXöfiov  6. 

bvi\ci\  219. 

hom.  Ahtoi  210. 

^lupioXoTüi   32-f. 

6v(vnfii  219. 

XiKpiq>ic  226. 

pupio-cpöpo-:  12. 

övoiia  177. 

XoTlZoMai  360. 

HupoXÖTiov  6. 

ÖEOc  2ffi. 

Xoiöc  226- 

MupoXoTüi  6  ff.  9. 

ön-rneöuj  31. 

lÖKOlVO  1. 

nOpov  7. 

öii-iiiTt6ut  31. 

ifret.  AuciKüprioc  234. 

6mc  31. 

iuxvoc  234. 

MOpoc  8. 

öiTiuira  31. 

MoXaKäc  226. 

Mupo<pöpoc  9.  12. 

6pdui  339.  868  ff. 

Hav9dvuj  860. 

öp^Ttiv  324. 

|.iovflvai  214. 

Mup6-xpiCT0c  12. 

öpKdvn  191. 

lidvTic  214. 

liiipui  7. 

Öppoc  229. 

Mupipb^w  6  f. 

Apipvaloc  226. 

,»UiXu,  364. 

Öpqwn  226. 

418 

bp<pv6c  236. 
6pit>  332.  368. 
gort.  Ö-Te(?  2. 
oöbc^Eo  27. 
höot.  oöeiv  27. 
gort,  oüeetc  27. 
öip9aXu6c  229. 
öx^u»  368. 
bxBiut  204, 
äxBi^cac  204. 
öi^Ecec  218. 
ö<(jopai  341. 
irdeoc  228. 
TTdXTO  229. 
nawux'oc  225. 
irap9evoitfnr]c  81. 
itQpTiitiec  239. 
irdcxiu  180.  228. 
iroT^pa  209. 
iraxluuv  204. 
tidxVT)  224. 
ircipap  231. 
neXlxvri  224. 
tr^vOMQi  401. 
alt.  ir^pnc  231. 
pamphyl.  ntptl  233. 
ntpuci-vöc  2  *. 
Tttpiü  361. 
att.  ncciupo  lf>l. 
itlboE  194. 
nibütu  194. 
nivboc   192. 
ninpdCKui  221. 
ham   nlcupcc  235. 
uiippdvai  153, 
nXäKui  225. 
ttXoxhiSc  225. 
nob-r|VCKi^c  156. 
noKtv  203. 
iroiF^w  231  f. 
noioc  2,  392 1. 
Trövoc  401. 
itoprl  233. 
npdcciu  H61. 
np^Mvov  231. 
äol.  Jiptc  233. 
itpfiTl^a  225. 
itpifCKOKoIXric  9. 


Wortregister. 

I  iTpr|CKOX«Ui]c  9. 

ioii.  iipflxua  2Ä. 

nptacSai  231. 
I  itpö  235. 
I  irpößaTov  8. 
i  itpöeea  235. 
1  irpolnMi  230. 
I  irpÖKOov  235. 
;  irpoc  111. 
j  itpoceficfxe  III. 

kret.  npoTixoprov  28' 
I  irpoTi  111. 

irpÖTi  233. 

irpoGcTi]  367. 

npoipÜTq  333. 

itpöxvu  224. 

npi>Mva  231. 

TiT^pvo  228. 

mrroXaiiiifc  10. 

nuE  151 1. 

itup(-«caucToc  182. 

^.Tliui'  204. 

f>(^lpa  154. 

^UJX^ÖC  225. 

csicoitutIc  10. 

C£i)uj  232. 

cfl^a  30  >. 

»d:iu  179. 

CKtSdwum  179. 

CK€Xic  180. 
I CK^Xoc  180. 
.  cKcvbüXn  180. 
I  CKJpaipoc  180. 
,  CKia  179. 
I  CKOiöc  179. 
j  ckoXkIc  179. 
I  CKÖp(o}6ov  180. 
j  CKÜIo  179. 
I  otOXXm  179. 
I  CKÖTOC  179  f. 
'  cfr^pxccOai  194. 
1  cwspxvöc  194. 
I  CTainv  5. 
I cTdpToi  234. 

I  iTOpTÖVtCKOC  234. 

j  ther.  iTdproqioc  234. 
I  CTdcM  367. 

i  CTUTÜC    198. 


croupdc  199. 
cttüxai  198. 
crf^Xn  196. 

CTf|0[l£V   5. 
CTl'|CO^CV   5. 

Tißapöc  227. 
LTitppöc  227. 
CTparöc  234. 
CTpiuTÖc  234. 
CTuTtlv  196. 
T0T*UJ  197. 
ctOXoc  196. 
cTuofiai  196, 
Ctüirri  196. 
CTiiiu   196. 

V  319.  345. 
cuvc9((lipiiccv  357. 
cuvltiMi  230. 
cuvtbdv  355. 

:uvoMÖC(ii  40J. 
:uvopiii 


331. 


TEX^eai  360. 
cuxvöc  224. 
c<piliiv  240. 
cxdCIju,  180. 
cxrtn  179. 
cx*Ma  179  f. 
cx«Mc  180. 
cx^vbuXa  180. 
cx^paipoc  180. 
cx^co.  202. 
cxIEa  180. 
cxiiuJ  180. 
cxlv^KIX^dc  180. 
kret.  ZujKdpTTic  234. 
ciupdc  32. 
ropdv  217. 
T^epinirov  27. 
kret.  Ttiov  2.  392 '. 
T^K^iop  30.  225. 
«KfiriP'ov  225. 

T^K^Uip    225. 
T^KTQIVa    1. 

TtUu)  341. 

T^xeoc  342. 

TCXiii  360.  36H. 

hom.  TtpitiK^pouvocaS"" 


Wortregister. 


41» 


dor.  Tlropcc  886. 
hom.  TlrpoTOC  287. 
Teu^do^al  5^. 
TCurdZui  282. 
riippä  226. 
T^Xvn  224. 
TTiptb  859. 
TX/|co^at  388. 
^ort  TvdTd»v  82  K 
Tol  199. 
Totv  240. 
ToX^j)cal  888. 
xpdTTcZa  27  ^ 
rpdirccOat  285. 
Tp€|ioiröbi]c  9. 
rpc^ox^pnc  9. 
Tpißui  201. 
Tp(irc2:av  27*. 
ö^ctc  221. 
lesb.  O^^tv  240. 
Oc  8. 

qKKT^^o^oc  9. 
9a{vo^ai  889. 
qxxp^-Tpä  153*. 
qxSipoc  186. 
9aOXoc  190. 
<p^p€iv  153. 

9€p^TT0V0C  9. 

q)^p€-Tpov  153*. 
<p€UTUJ  333.  344.  348  ff. 
kret.  <t>iXöcTapToc  283  f. 
q>\iyw  186. 
<pX6l  186. 
(poucKob^^pnc  9. 
q>oucKo6€VTptd  9. 
<poucKo6aXacctd  9. 
•(ppiimi  154. 
(ppoöboc  27. 
9poupd  27. 
9uXdEaceai  869. 
9uXdTTUj  357. 
xapOTTÖc  32. 
xdcKU)  220. 
X^uj  194. 
xeOiv  211. 
X€iM€pivöc  392*. 
XvaOuj  224. 


Xolpoc  8. 
ilivoc  228. 
ilixpöc  194. 
i&Hi  28. 

HevgriechUch. 

KOTOXÖTl  10. 

lcXa^K>^o{p1]c  9.  11. 
KuiXocoOca  10. 
KUiXo9urr{a  10. 
^upio-€vxapicn&  13. 

liuptoXdri  12. 
MUpto-irapaicaXi&  18. 
ccicovoOpa  10. 
coucoupd6a  10. 

AlbanesiMh. 

erda  228. 
^ei  398. 
muik  225. 
äoh  28  >. 

Lateinisch. 

abicere  230. 
ad'Oleo  157*. 
aemulus  401. 
aer^mna  401. 
Äesemia  391. 
aevum  211. 
affirmare  399. 
agi  24. 
agmen  191. 
agnlna  394. 
agrestis  185  *. 
Ai^ua  391. 
Aisemino  391. 
alg^e  204. 
ali^nus  2>  389.  392*. 

394.  396. 
alumnvs  401. 
amarem  5. 
amasso  5. 
ambiebam  388. 
amplificare  380.  388. 
anatlna  394. 


Indogermanische  Forschungen  XII  5. 


ancus  897*. 
ango  897*. 
angulus  897. 
animadvertere  81. 
Aninus  891. 
ansa  190. 
ante  182. 
onh'-«^  182. 
aperio  401. 
aquarius  2. 
.i^tno  891. 
ordnea  224. 
arefacio  24.  886. 
aresco  ö87. 
aridus  886. 
CLsaervare  899. 
aseue- facto  24.  887. 
aasuesco  887. 
audeo  181. 
oudidam  388. 
audibo  888. 
ou^^e  201.  380. 
aurdra  210. 
otmm  181. 
au«u«  181. 
aveo  181. 
avidus  181. 
AviUitnua  391.  393. 
-öa<  147. 
&ene  201. 
öi-  188. 
öiöer  24. 
bonitas  395. 
bovem  210. 
cocümen  189. 
caelestis  185  ^. 
Caiatino  391. 
calebam  386.  388. 
co/e&o  388. 
calefacio  24.  386. 
co/c/Jo  387. 
coZe^co  387. 
calidus  386. 
calpar  191. 
candeo  157. 
can^or  187. 
Canül^jus  2. 
caprinti«  394. 

28 


420 


Wortregister. 


cassid-  182. 
cedo  241. 
celos  241. 
census  183. 
ceplna  394. 
clamor  249. 
claudo  181. 
clausus  181. 
clävis  181. 
dmd  1131. 
coierat  397. 
collabasco  387. 
Collum  187. 
columna  401. 
comtnonefacio  387. 
catnmoneo  387. 
con  330. 

concalefacio  386. 
concalesco  387. 
con-clüsio  181. 
conder  24. 
condere  183. 
conditus  183. 
condocefado  387. 
condoceo  387. 
conicere  231. 
conierare  400. 
conierat  397. 
Cönsuälia  183. 
consuefacio  387. 
consuesco  387. 
Consus  1 83  f. 
contendere  398  f. 
contentio  1 87  *. 
con-rcrÄiw  181. 
corpus  187. 
ci^do  181. 
cujus  2. 
cu(pa  191. 
cifplre^  388. 
cur s  im  181. 
cuspid  182. 
cu^t^  179. 
declaro  399. 
defrutum  186. 
diieräre  396  f.  399  f. 
delictum  112. 
demon^^rare  399. 


denego  399. 
denoto  399. 
denuntio  399. 
deprecor  399. 
despondeo  399. 
desuefacio  387. 
desuesco  387. 
dfcere  29. 
dft'tnu«  393. 
diX6  24. 
(io,  dw  189. 
dö-  184. 

domesticus  185  ^. 
domuitio  183. 
dulcedo  204. 
dulcesco  204. 
duo  238. 
duöbtbs  240. 
duresco  388. 
dvenos  241. 
ebrietcts  395^. 
a'erarc  397.  400. 
gjöräre  400. 
eZemen^um  258. 
elidere  400. 
eluere  400. 
cn-cio  189. 
equos  395. 
ero  217. 
ercna^  388. 
excantare  400. 
excidere  400. 
eayürärc  400. 
exornare  331. 
expergefacio  387. 
expei^gisci  331.  387. 
exquisit  im,  181. 
ean/o  398. 
femur  241. 
/"erlna  394. 
fervefacio  386  f. 
ftrvesco  387. 
fervidus  386. 
fibrinus  394. 
/•laru«  1831. 
•ßagrare  186. 
/bws  194. 
for^nsis  183  fF. 


/bro  186. 
/rä^er  153 1. 
fremo  241. 
frigefacio  386. 
frig^e  204. 
frigesco  387. 
frigidus  386. 
/ttö«  217. 
/•w/flTwr  243. 
gaudeo  181. 
gävisus  181. 
gelefactus  387. 
gelidus  387. 

^61710  241. 

GemrOniae  241. 
genus  241. 
glomus  241. 
hatisum  183 1. 
Äiäre  220. 
hibemus  392 1. 
hietäre  395. 
Afsco  220. 
Hispaniensis  183. 
Ao2u«  241. 
Aomo  241. 
horUnsis  183. 
hori^nsius  183  f. 
hospites  296. 
i6am  388. 
i&o  388. 
iTZCü^u«  181. 
inditus  184. 
in-dtt  189. 
indulg€re  202. 
inferius  400. 
inicere  230. 
inquam  30  ^ 
inquio  30 1. 
insece  28. 
insectio  401. 
inseque  28.  401. 
insequis  28.  30 1. 
in-stauro  18. 
insuefacio  387. 
iwsweÄCO  387. 
intendere  330. 
fra  401. 
i^er  16. 


itut  16. 
jaeio  229  f. 
jecit  230. 
jecur  199. 
iouräre  397. 
lovem  209. 
j'ubere  201, 
juvettetts  188. 
^uncfum  116. 
labefacio  3i¥J. 
labesco  387. 
Ladinod  391. 
Jüna  224. 
Zanientt  389.  394. 
Zrönucinus  391. 
lo/jiJ-  182. 
iapsuA  183  '. 
lÄirinor-  391. 
iaWnt  391  f. 
Latlnvs  399 '.  394, 
tSgidijus  2. 
liquefacio  386. 
liguesco  387. 
Uquidus  386. 
Loucina  391. 
iüno  224. 
lupas  395'. 
{u;)icjiJI>iae  394. 
iüXHS  226. 
madefacio  386. 
madeeco  387. 
tnadidiis  386. 
maieataa  397. 

Marijus  2. 
morlnus  392 '. 
medtuji  400. 
minuldtim  181. 
ffitnOftm  181. 
mUü  190. 
modut  241. 
molam  217. 
moiefrtna  394. 
wioio  231.  241. 
monatrare  29. 
fflOT-^uoJi  395. 
mü'u«  325. 
noc^JA  157. 


nonciscw  157. 
neniu«  341. 
nequibam  :i88. 
ne^ui&o  388. 
noriurnu«  3. 
nd»  222. 
notäre  31. 
novenaiden  184'. 
noven»t7es  184  •- 
nozia  401. 
noxiu«  401. 
obacürus  179. 
obatupef'acio  386. 
obifupesco  387. 
ocufuji  28. 
odium  151. 
öie/'acio  387. 
offinaa  401. 
offensus  401. 
!.    oZ/octo  387. 
o//Jo  387. 
oiop  241. 
0»M8  241. 
oniutu«  182. 
operio  401. 
(wcWa  388. 
öinim  192. 
parietem  395. 
;>artiw*  181. 
parttfur  181. 
parvolua  395. 
pasaim  181. 
patefacio  386. 
pateaco  387. 
pn^T-em  209. 
peiieräre  397. 
peüurius  400. 
peior  397.  401. 
peUücidua  400. 
perdö  399. 
pereo  399. 
perfidua  399. 
perieedre  397.  399. 
periuro  399  f. 
periurus  399  f. 
ptrlucidu»  400. 
phlnna  394. 
planta  1 87  '. 


plibijua  2. 
porflna  389.  394. 
porctituH  395  '. 
porrigere  324. 
poHiur  388. 
ppecrfrt  399. 
proeu»  399. 
projicwe  280. 
pröfiua  224. 
proprietaa  395'. 
p«6Ztcu«  185'. 
g»E&o  38». 
guoiua  2. 
i-«plna  389.  394. 
rapWm  181. 
PWM  209. 
remif/äm  395, 
reataurare  199. 
j-ijfo-e  204. 
aacrißco  388. 
«nZlnae  394. 
«ator  arepo  251. 
sceie»-fu-J(  182. 
aceiiw  179.  182.  211. 
swi^Ho  180. 
setitjnm  181. 
sc  «(«7«.  179. 
Mrfgre  202. 
«effum  241, 
semoi  241. 
separätitn  181. 

B*-ftius  199. 

sro  229. 

KC  199. 
»I  199. 

i  199. 
aignificare  29   399. 
Signum  28.  30. 
sociefo«  395. 
«olüfim  181. 

spuo  220. 
spuriu.li  400. 
s(are  197. 
«(a«m  181. 
ata^iM  198. 
«(0  198. 
8(rü(its  234. 


ffiS 

Wortregister. 

Stupe facto  366. 

vtvKcif  IBl. 

defcfcwfl'Wm  21. 

itupeaco  387. 

iflvont  395. 

dänüm  22. 

ttupidus  386. 

volo  241. 

ehpreivid  22. 

tuo  220. 

vomant  217. 

efhwM  15  f. 

TOTffere  IM. 

vomo  241. 

e2um  24. 

matUre  201.  204. 

/lief  19. 

falenfum  187  >. 

DmbrlBch. 

riml22. 

ieni«  241. 

fmt  22. 

templäre  14. 

/■ud  17. 

lepefacio  386. 

cabriner  394. 

herrina  20. 

^eyjeo  IM.  'JlS. 

capirs-  182. 

AumutiK  16 

fepesco  387. 

crom  24. 

Atlrffn  183. 

ttpidus  386, 

J^ouina  391.  396. 

idai  19. 

(«cer«  224. 

/Cflpir  182. 

id  nÜ  20. 

ttfti  199. 

nerf  26 1. 

imbratr  15. 

pruaiftwren(  28. 

imftr/r  15. 

(rajwr/er  24. 

pufe  15. 

inim  18. 

tremo  398. 

«en<u  191. 

iiiA(7  18. 

fris  183. 

«u/fo/u  38. 

{u>»  21. 

tribünw  16. 

Süe  199. 

iüviaim  17. 

(rlwi  201. 

ie/-ra  226. 

itJvtY  18. 

über  182. 

uerfaU  15. 

lüvlüiüi  20. 

über-tus  182. 

wero/  16. 

fcajH'  17.  19. 

vagire  202. 

C^oisJencr   391.   393. 

keenztur  13  >. 

waneseo  388. 

395 1.  396. 

fcer«nai[i)a«  2. 

«ari«j7.ire  395. 

umatier  2. 

kerimaiias  19. 

«i(?i)slca  183'. 

kersnavias  19. 

veTtter  183. 

Osklgcli. 

A-erssnafs  17. 

«enum  223, 

iou^r  20. 

vft-  210. 

aet  19. 

iKt:frlIK(  20. 

tigmu«  :i92i. 

aeteis  139. 

mavie  20. 

oersd^im  181. 

ahvdiu  ni  akun  21. 

mameri  19. 

VerlumntM  401. 

ampf  13.  16. 

mamerttiai»  18 

wee  181 1". 

<jmpfem(ni  13  *. 

marmief«  2. 

vicem  181. 

amviannud  14. 

medt'Hd  19. 

«icis  181. 

an-cmsfo  183'. 

meertffciiefs  21. 

vicUsätim  181  f. 

angiiu  20. 

messimass  17. 

vicUsÜäs  181. 

angitu?  20. 

iniit  18. 

vim^im  5.  181.  184. 

an|(er]  15. 

OS»  20. 

vicixsitudo  181. 

«ri  19. 

oxilt?  20. 

vicisiltur  181. 

ac/  13.  19. 

pag  19. 

tridire  31.  201.  214. 

nuij  21. 

paa  19. 

vtdejc  314. 

Snndns  392. 

jwdti  X  20. 

vUis  190. 

daiv  19. 

j^t«  id  17. 

vires  190. 

dof«  19. 

puf  15. 

virwt  222. 

deiuatuns  15. 

pumpe  19. 

Vitruv  248. 

deiwnais  390.  394. 

M<  20. 

detuino  392  >. 

aakrafir  19. 

Wortre^ster. 


423 


sakraiiir  19. 
sakratür  19. 
sakriss  18. 
samnu  14. 
scriftas  13*. 
xiins  20. 
Ä>  20. 
Spuriieis  15. 
ssimassta  17. 
««noi^  18. 
staieffud  18. 
stavjfvd  18. 
iS'^  20. 
«u^c2  22. 
suUum  22. 
«voi  199. 
taieffud  17. 
tcmgin-om  157. 
tavffud  17. 
tefürum  226. 
<Wä  183. 
üiniveresim  18. 
ültiuTnam  18. 
[tip]  20. 
tipiZ  17  f. 
vereeias  18. 
verehias  18. 
vereiiai  2.  392 1. 
t?€rM  15. 
Fipivcic  21. 

Marsisch. 

n(m€«e(26  184. 

Tolskiseh. 

«6-  199. 

Italienisch. 

bicmchetto  70. 
5rMir«  153. 
cacafuoco  70. 
fungo  71. 
giaüetto  70. 
polimma  69. 
Borgente  194. 


Französisch. 

2a  carosse  39. 
/•eZifrre  257. 
foudröyer  247. 
afV.  /bi;ne  386. 
gratte-poux  70. 
W^trrc  153. 
«a&o<  70. 
«ottrcc  194. 

Gallisch. 

Camutenus  390 1. 
Epenus  390 1. 

Altirisch. 

adcuaid  185  f. 
ad-rU'llui  191. 
ae  192. 
de«  157  2. 
am  191. 
amm  189  *. 
ara  190. 
dram  194. 
asfenimm  186. 
&m  153. 
WicÄf  186. 
6d  191. 
boimm  189  ^. 
ftrw^Ä  186. 
hruthdatnna  186. 
caindel  193. 
candoracht  187. 
can^aic  187. 
cantar-chaptha  187. 
capp  193. 
nir.  cAum  189. 
cilomn  191. 
ciand  187«. 
c«  187. 
cZiu  186. 
cointinn  187*. 
CO«  191. 
COM  187. 
co-ÄC  30. 
cW  187. 


cWp  193. 

mir.  cuilen  390. 

cundrad  187  f. 

cundraigim  188. 

cundrathtig  188. 

CO  185  f. 

cZamna  186. 

d^ac  188. 

do  189. 

dochumm  188  f.  192. 

docoi^Ä  185«. 

docüaid  185«. 

do/aeYÄ  185«. 

dofethet  185«. 

do-U4cim  191. 

don  189. 

dra^Ä  188. 

Z^iiaid  185  «. 

duinen  390^. 

^«e  189. 

^^  192. 

/acZ  190. 

/•di7  190. 

/"ei^Ä  186. 

/€^Ä  185. 

/te  190. 

/bii  190. 

follintar  190.  193. 

fO'llüur  191. 

forccB  191. 

forcuad  186. 

(/yiar-bhaladh  194«. 

fuarchrdbhadh  194«. 

fuathcraihdig  194  ^. 

fuillned  190». 

/•c^Äid  185«. 

gäbäl  151. 

gabim  151. 

<grdid  185«. 

gibbne  194, 

flfd  191. 

go-am  191. 

^roiWi  191. 

flfopp  193. 

flftir  192. 

flfwrc  192. 

inchosig  30. 

tncuaid  186. 


424 


Wortregister. 


ind  192. 
inis  6. 
in-sce  28.  30. 
iuchair  192. 
la  188  2. 
le  188«. 
leth  188«. 
wi^gi  392 1. 
möith  190. 
molad  191. 
nir.  /"aoZ  190. 
da  192. 
dac  188. 
rdith  185*. 
reme-lluid  191. 
rO'Charsam  5. 
rodoos  5. 
roinnim  195. 
«aiZ  192. 
scäich  185«. 
«c^i  28. 
«eimm  189  ^. 
«iZ  229. 
^dicA  185  2. 
taisfeöin  186. 
t-aisfenim  186. 
taUaim  191. 
talland  187«. 
t-änaic  156. 
^e  193. 
^e^r  188. 
<cn  193. 
^c?ic  193. 
<eoZ  192. 
^e^  193. 
-«  156. 
-<-tcm  156. 
<o6  193  f. 
<opp  193  f. 
tromm  189 1. 
(t)uillnedche  190 1. 
tiar  194. 
tiaran  194. 
üarboth  194. 
üar-chrdbud  194. 
uar-chris  194«. 
üar-medon  194. 
wcM  195. 


ve^  186. 

Ejinrisch. 

aelwyd  157«. 
au  192. 
caeZ  151. 
ca/"  151. 

nkymr.  chwech  199. 
chweddl  28. 
colwyn  390. 
co^  30. 
cw?Z  191. 
dechreuho  5. 
dycko  5. 
dywetto  5. 
gafael  151. 
gorch  191. 
gwlypaf  5. 
he-bryngiad  155. 
he-brwng  155. 
Äcpp  28. 
id«  398. 
iouenc  188. 
moZt  191. 
^cca/*  5. 

Gaelisch. 

chum  189. 

Bretonisch. 

coZen  390. 

Kornisch. 

coloin  390. 
hem-bronk  155. 
oz7cc«  157«. 

Germanisch. 
Ingvaeones  2. 

Gotisch. 

af-mauips  402. 


ai^tn  380. 
airw  206.  381. 
aitviski  204. 
andeis  192. 
&aim  240. 
bairös  207. 
binaühts  156. 
briggan  150.  154.  156. 

321.  324. 
brinnan  194. 
dw  189. 
faurpis  206. 
/??i/)an  324. 
frawtitan  31. 
/ruma  205. 
/wriz  206. 
^a&  324. 
gaman  375  ^. 
ganiaurgjan  204, 
ganah  156 
ga-nöhs  156. 
ga-saihan  341. 
ga-teihan  29. 
gapwastjan  198, 
geigan  379. 
giban  324. 
^eW  342. 
gumein  390^. 
Äai7an  153.  384. 
ÄaZ«  187. 
hardus  234. 
ÄZi/a  187. 
^a  398  1. 
jai  398 1. 
kaürus  186. 
fcnm  232. 
Zefaw  385. 
mein«  390.  392. 
muTzan  152. 
naseins  208. 
ng/ües  206. 
niu-klahs  184. 
gaw  324. 
quistjan  211. 
redan  385. 
rinnan  195. 
rigw  226. 
«atan  229. 


aaihs  199. 

eidam  375. 

«^iRtcAa  380. 

saOean  98.  30. 

eidu?n  375. 

stlji  198. 

jfaiii-ala  38S. 

efjran  380. 

j((/o7-  195. 

aaasa  207. 

eigin  380. 

stiuren  197. 

-so^on  192. 

ütftAfn  380. 

•täda  196.  198. 

«>  199. 

wniff  381. 

swein  2  ».  390. 

«tww  28.  32. 

eitkön  153.  377. 

«CMtar  199. 

^kaida  384. 

ert  386. 

twerg  130*. 

anümundaf  306. 

eritt  381. 

«)a(ian  194. 

«to'neim  390. 

«rpÄ  226. 

wanagt  183  <. 

«tondan  198. 

eiea  211.  381. 

wantjf  1881. 

*(o^»  198. 

ftrt  381. 

tooMi  18S>. 

^ur  196. 

itmg  380. 

irai  197. 

■stittTJan  1%, 

Suln  380. 

wetsonf  878. 

stöp  197. 

^n^ar  188. 

wetMnSSO. 

«utim»  20a 

flola  382. 

tt:(5an  81. 

.<n«bm  188. 

/Iru.-^an  81. 

w^  31. 

tKa  288. 

f¥eidi  381. 

tconen  202. 

«wadd/*  239. 

/-reülM  381. 

«eiffön  29. 

itcaim  240. 

je^ln  390». 

««(ÄAtir  376. 

(««.1238. 

gi-nah  156. 

swei  381. 

iwi-  188. 

ginuog  156. 

PagHjan  1B6. 

flw(wa*  197. 

JbdAfa  155. 

Amfcön  153. 

^airA  99». 

Aeyson  153. 

eücAen  163. 

piufs  193. 

helid  2S  ■ 

ge-ringe  164. 

_^nd;(i  2(ß. 

Aros  232. 

AeiacAen  153. 

fiümndi  198. 

ja  398'. 

^esen  398. 

wnwunanii«  202. 

jd  398 '. 

jem  398. 

us-priutan  189». 

ieaan  398. 

<M  194  f. 

i^jan  385. 

weihan  155. 

lehin  379. 

«.itejg  209. 

maJan  231. 

Ädjudant  49. 

«rf(an  31.  201.  214. 

nwnön  152. 

«nH-ew«!  29. 

te^illa  224. 

meina  152. 

aus  194. 

meio  231. 

ausier  194. 

mennisco  26. 

At^rägalinatafm  47 

mo«  152». 

6erfeu(en  29. 

aM(uai  197. 

mwodi  402. 

Beuserchm  6a  78. 

atie  228. 

muoian  402. 

bemerken  29. 

6i6irtn  394. 

muntor  27. 

btmerkung  29. 

bim  163. 

rätan  586. 

fciVum  153. 

Wnjri  154 

Bianfcert  70. 

fcräA^a  154. 

sn^en  28. 

B;j(s  243. 

brätan  385, 

sehto  229. 

Brille  48. 

bringan  154. 

»gto  383. 

&runna  194. 

slula  383'. 

oberd.  dei  381. 

-dir  199. 

n'tzen  202. 

Dhd.  dieb  193. 

4S6 

Wortregister. 

Donner  243. 

Pölj/p  69. 

«*Ian  157» 

ei  192. 

jMite  194. 

Aled  157». 

tisheiss  46. 

Aabe  63. 

(«re«f  381. 

Ende  192. 

Äappe  63. 

dgm  380. 

Fahne  46. 

EegentDurm  70. 

dr  380. 

Faust  188. 

Äei(er  63. 

&Ä.  15S. 

Fickfack  73. 

Äitter  63. 

hegen  381. 

Flim  261. 

Äococo  25. 

brinjan  154. 

.f^tcA«  70. 

Aöfcer  73. 

ftrenj(«)<in  154.  156 

fl^irew  398. 

saal  192. 

ftrunjan  155'. 

Gauein  260. 

cü  377. 

die  GeAe  38. 

S'mecfcer  73. 

Äoie  26». 

Getfe  261. 

Spitznase  71. 

Aors  232. 

Geseü«  192. 

«(euer  197. 

hrd  382. 

Giggea  gaggen  73. 

ÄÖferg  73. 

Arrfw  382. 

Gauner.  GrtJnspecWTO. 

achweiz.  ifud  196. 

hrdw  382. 

Guckerchen  68. 

siötecn  196. 

Wn  379. 

GHtnpo«  2ftO. 

jjM.m  SWm  70.  73. 

W(an  385. 

Gumprecht  260. 

treten  168. 

öf-tion  29. 

Gundelwein  260. 

Trupptrapp  73. 

rado»  385. 

ifaWe  261. 

HVj/a  TT'a^d  78. 

ryne  196. 

^OTM  63. 

der  Wursier  38. 

«awoi  382. 

ffinü  66. 

Zahuhimmd  38. 

seaf/^e  207. 

öifeert  70. 

zerstreut  78. 

seqfan  28. 

Hitsgeber  73. 

Z<>p/  198. 

apddi  384. 

Aocw»  poct«  »7. 

studu  196.  198. 

hott  79. 

AltsachBlBcta. 

«ftwfu  196.  198. 

ÄÜ  79. 

swän  2». 

Jea»  63. 

a/--(iAan  29. 

(dcor  376. 

John  63. 

ÖMie  381. 

tivägen  381. 

Kantelburg  61. 

frren^tan  154.  156. 

(Aeo;'  193. 

kenengrad  46. 

bringan  154. 

«■daend  377. 

kerzensaU  46. 

escön  1&3. 

kerzenvergnügt  46 

fbmea  385. 

Englisch. 

kerxenvoU  46. 

Ae^A  26  >. 

ansuer  249. 
(0  bore  186. 
JinffO  257. 
out  194. 

Kleebeisaer  70. 
Anoöe  63. 
Knappe  63. 

mftiian  152. 
it-ini  202. 

Krautmesser  48. 

u-Uan  31. 

oufer  194. 

Äunz  66. 
Lisegang  248. 

wKt  31. 
«.■un»ya  202. 

spring  194. 
stud  196. 

JtfaiTand  61. 

(op  193. 

(read  188. 

.Vnime  2r,l. 

AngelBftehBlseh. 

Afaunelrocken  46. 

weU  194. 

«c  381. 

Parsifal  260. 

ätfum  375. 

Alt  friesisch. 

<t  382. 

70. 

rtjen  380. 

d  374.  378.  382  f. 

Wortregister. 


427 


<ich  378. 

Adawerth  378. 

agun  378. 

äin  380. 

an  374. 

äng  381. 

öfiicT^  381. 

cnne  374. 

^rra  381. 

äsce  376. 

d«c«a  376  f. 

äthum  375. 

dyn  380. 

öen  373. 

benen  380. 

/»e/^e  381. 

bit&cnia  383. 

^>retfa  385. 

6rgc«e  380. 

hr^dene  380. 

cZä^A  373.  378. 

cleth  378. 

cü  377. 

d^  373.  383. 

d€to  379. 

€-  382  f. 

€örm  380. 

^n  380. 

eite  381. 

«Za«^  379. 

en  377. 

eni7  381. 

enich  381. 

^  381. 

€re  380. 

erist  381. 

«rra  381. 

€th  373.  379.  381. 

^T^ane  379. 

itzen  380. 

«tt- e  380. 

tuen  380. 

^i/n  386. 

/•äd  378  f.  382. 

fanne  385. 

famme  385. 

aofr.  famne  385. 

awfr.  /amn«  385  f. 


aofr.  femne  385. 

fiamanda  373.  375 1. 

/lasfc  377 1. 

/Ze«c  377. 

föntne  385. 

/onc  385. 

fräst  373.  377. 

awfr.  //»cc«  377. 

awfr.  freeslik  377. 

/rg^Äa  381. 

fröwe  385. 

jgrad  373. 

gäd  376. 

^r^a  379. 

Äo«^  378. 

?iat  384  f. 

ÄeZ  380. 

helg  380. 

i^eZi^  380. 

;iem  380. 

Mme  380 

Aer  381. 

h^a  381. 

Äe^  384. 

Ä«a  384. 

hSte  380. 

Ae^en  384. 

hethin  384. 

Ä€«e  380, 

hladdergong  384 1. 

hledere  284 1. 

hondbrede  380. 

ivinetha  381. 

fcgra  379. 

W^ic  380. 

idrc  373.  376.  379. 

toÄ<  379. 

ia<  379.  385. 

latte  379. 

Zätte  373.  376.  379. 

leda  379  f.  385. 

Udene  380. 

Z^jfa  385. 

Zön  379.  382. 

lina  379. 

iera  379. 

lerest  381. 

2^  381. 


lessa  381. 

2&re  381. 

Ze^to  379. 

let  379. 

Zg^a  385. 

Utte  379. 

Z«M7a  379. 

mä  384  2. 

awfr.  manda  375*.' 

mar  384^. 

mära  384*. 

ma«<  3842. 

mäster  376.  384. 

mce  384  «. 

?neer  384*. 

awfr.  m^nan  380. 

mene  380. 

me«^  377  K  384  *. 

Tw&p^cr  376.  3842. 

aotV.  monda  375  *. 

nä  374.  378.  382  f. 

niughenspätze  380. 

niugenspitze  380 

rcfcī  379. 

racÄ^e  379. 

raÄ:^  379. 

röp  1373  f. 

rMa  385. 

rgci6  380. 

awfr.  reesraf  382* 

r^/ca  370. 

ret8(i)a  379. 

«äver  374.  376.  384. 

sceltata  374. 

ÄCÄai  384  f. 

schath  385. 

ÄCÄcnien  380. 

sch^t  384. 

awfr.  «g  382. 

sele  382  f. 

«e/<  379. 

s^r  385. 

serade  385. 

Äcver  374.  376.  384 «. 

siel{e)  3831. 

«/ce^Ä  384. 

j^Ar^ii^a  384. 

spedel  376.  384. 


428 


Wortregister. 


spedla  384. 

8t&%  373.  383. 

stenen  380. 

sw^pa  380. 

swepene  380. 

täker  376. 

täne  378.  382. 

töA;en  374.  376.  388. 

tha  374. 

fAam  374. 

tian-spStze  380. 

<t(?a  374. 

twam  374. 

<M;cde  380. 

^i«7gne  381. 

undäf  373. 

Mrdg/a  379. 

wäsanda  377. 

u;a5e  378. 

tcö^encla  377. 

awfr.  wid  380. 

t«?gdew  380. 

aofr.  wednelsa  380. 

aofr.  w€denling  380. 

tt'£%:anc26  385. 
tü&a  380. 

wrak  373. 

ttTäÄ;  376. 

ürnordisch» 

haitinaR  384. 

Altisländisch. 

ae«a  134. 
ama  402. 
rfjftip  51. 
duergr  130*. 
et'A;  381. 
cWr  157  2. 
erom  153. 
Äair  26  2. 
Äerra  381. 
Äcrrc  381. 
M^  187. 
Äf^^  187. 
Ä^icfr  26  «. 


tarpr  226. 
Aie^fifa  194. 
kollr  187. 
Wn  379. 
miqrkue  226. 
nci  374. 
seggia  28. 
staurr  199. 
stydja  196. 
«U6tnn  2*.  390. 
topj^r  103. 
<rorfa  188. 
una  202. 
vdr  210. 
vega  155. 

Prensslsch. 

«monenat^nW  26. 
smoy  26. 
«mt^nem^Aru  26. 
su'estro  199. 

Lltanisch» 

a&^  240. 
abSm  240. 
aÄ:l^  28. 
an^^a  394. 
qsa  190. 
d^-vcWu  401. 
dudmi  197. 
&tit;o  147. 
&ÖVO  217. 
danguje-jis  2. 
^u  238. 
dv^jü  239. 
dv^w  240. 
dv^m  240. 
dv^i  240. 
dtH  238. 
geliüH  342. 
<7CÄ^i  211. 
j^szmas  225. 
kadagynas  392. 
kadagyni  392. 
kadagys  392. 
i^du;u  181. 


Är«hö  3921. 
küpiiti  198. 
kväpas  198. 
moZiat^  217. 
m^es&ia  390. 
meszk^d  394. 
musü-jis  2. 
nam^  2. 
nam^jis  2. 
no^s^d  156. 
ne^zu  156. 
par^z^d  394. 
pastügu  197. 
Pilkainis  393. 
Prüsaiczü-jia  2. 
ropSnä  394. 
rugänd  394. 
sakyti  28. 
saldainis  395. 
sald^snis  205. 
saldyne  395. 
säpnas  199. 
sekm^  28. 
^e^tl  199. 
Ä^jM  229. 
«£  199. 
sk^dziu  180. 
skeliü  179. 

«<4/^  198. 
«^o<e  197. 
stovUi  197. 
stövmi  198. 
stügstu  197. 
sze.9zi  199. 
sziszuras  199. 
j?zri#^<i  200 1. 
^^m  240. 
f^m  240. 
<i  199. 

Tüz^nas  393 » 
uz-9a/ca«  28. 
MZ-rcrtM  401. 
valkas  26*. 
vasarä  222. 
vhniau  217. 
vilMnä  390. 
i;/ina  224. 
zemijna  392. 


imoffüa  28. 

minjef  152. 

«  190. 

ivH-^d  390.  894. 

m^*<;'*inci  890. 

tHna  240. 

ne;t<T  Infi' 

(<ipi(i  193. 

LCfttiBCh. 

obojti  240. 

veUH  202. 

ofco  2». 

f^no  223. 

eiltieks  2GS. 

po-mfin  1&2. 

Md^(i  201.  214. 

«to  193. 

vluHna  390. 

AltbBlsariuh. 

sesfra  199. 

iiltna  234. 

iiidm  202. 

si^rin'nu  H90.  394. 

qgh  397 '. 

«</*f  229. 

Btmrt  317. 

qnkh  397 '. 

st  199. 

chiin  187. 

skar^db  180. 

üenbalgu-lsch 

ehodUi  119. 

«(»■»ft  28. 

^iou^Ai  26». 

söfc»  28.  32. 

po-»oka  28. 

dvf  33S. 

«rafca  191. 

du#ma  240. 

fta  197. 

B«Mlwh. 

dvoju  239. 

«(a»«f  197  f. 

f^va  2.98. 

gtati  197. 

iOovfk  26  >. 

iftMÜ»  211. 

»^id»  197. 

na-kda  31. 

iakra  180. 

stydeti  s{  197. 

fcoM«  30  f. 

»oeftr»  199. 

Polnisek. 

mqdn  27. 

avbUti  200». 

mafenns  39ft 

^«(t.  199. 

gkra  180, 

II.    NIchHDdogerm&iiisehe  Sprachen. 


XwptiMh. 

HebriUmh. 

MasdUBeh 

piV«  177'. 

boaer  76. 

adyäurä  109. 

p.jcr-'o  177'. 
pJStr--o  177 ». 

KopttMk. 

AssjriMli. 

jero  177. 
ttT€po  177'. 

SriiBch. 

pir'u  177". 

gyänavaspär  Iff- 

III. 

Kanstliebe  Sprae 

heu. 

a^0f  263. 

celotat  263. 

tlimit^  263. 

aiijs  263. 

cuni  263. 

emonalan  263. 

<ripi«cA  269. 

dadeJe  263. 

eMoIen  263. 

-omma  245. 

daglomi  267. 

^aff  263. 

amu  203. 

(iesi  263. 

giloa  263, 

osMs  263. 

«di(or  263. 

ffo^ra  263. 

bagoge  263. 

tges 

Tiananor  263^ 

B»(, «  248. 

tUdid  263. 

td«  263. 

i;ii  263. 

(di(  263. 

430 


Wortregister. 


isaser  263. 
Kakidoran  264. 
Kottdrey  248. 
lacoh  263. 
lamen  263. 
Lickehappe  248. 
iwZi  264. 
madeli  263. 
maglomi  267. 
molom  264. 
Tia  blamiria  249. 
an  clemos  249. 
nac(7&  263. 
naneg  263. 
wcflfo  263. 

Leipzig-Gohlis. 


negogag  263. 
neme  263. 
net/t«?  263. 
ni  blamioctor  249, 
Nidstriffio  248. 
m  nunarto  249. 
ononer  263. 
oronatat  263. 
o«50$$07i  203. 
pagloni  267. 
Babbarlab  248. 
regnot  263. 
retoran  263. 
rimirsi  263. 


ronadaw  263. 
saladid  263. 
«ate  263. 
«aZef  263. 
«ait/"  263. 
simulor  257. 
Snickenanabel  248. 
sodaled  263. 
^a^/a  245. 
timinitur  263. 
^'na(2  263. 
toloslobas  263. 
^zoc  264. 
n7cd6  261. 

Herman  Hirt. 


Berichtignngen. 

IF.  XII  S.  143,  Z.  24  des  Textes  v.  o.  lies  .v  Ivajßvam. 
S.  175  Z.  7  y.  u.  lies  <zii  statt  äiia. 
S.  177  Z.  2  der  Anm.  lies  AJPh.  XXI  statt  a.  a.  0. 
S.  189  Z.  11  V.  0.  für  'when  used'  lies  *when  docAi/mm  is  used*. 
S.  191  Z.  11  V.  0.  für  forcce  lies  forcthae. 
S.  192  Z.  29  V.  0.  für  'ansevers'  lies  'answers*. 
S.  194  Z.  8  V.  0.  für  -mMon  lies  medön. 

Anzeiger  XII  S.  13  Z.  30  v.  o.  lies  statt  'obwohl  die  Spauier 
Fedrigo  daraus  gemacht  haben'  vielmehr  'die  Romanen  *Federico\ 


(Jnlversitäts-Bachdruckerei  von  Carl  Oeorgi  in  Bonn. 


ANZEIGER 

FOB 

lllDOdiEUIISCn  8FUCH-  HD  llTEtTDISKOm 


BIIBUTT  ZU  DEN  ffiDOeERViNMIII  F0RSCBI1N6EN 


HEBAUSOEOEBEN 


WILHELM  STKEITBERG 


ZWÖLfTEB    BAKD 


STKASSBURG 

VERLAG  VON   KARL  J.  TRÜBNER 

1901 


Inhalt. 

Seite 

Troels-Lund     UininiülHbitd  und  Weltiiiischauutig'  im  Waudel 

der  Zeiten  (ErDst  Gi-ouse) 1 

Roberteoii-Smith     Die   Religion  der  Semiten  (Heckendorf)        6 

WechBBler    Giebt  e»  Lautgesetze?  (H.  Hirt) 6 

Grammoiit    La  diSHiniitation  coiisoiiantiquo  dans  leti  langues 

indo-europeeiiQ«^  et  les  langues  romaneM  (H.  Meringer)  .    .        8 
Flenaburg    Studien  auf  dem  Gebiete  der  indogermanischen 
Würz elbil düng,  seraaBiologiscIi-etymologiBclie  BeitrSge  {Per 

Persaon) 14 

Thumb  und  Marbe     Experimentelle    UnterMUChungen    Über 
die  psychologiachen  Grundlagen  der  sprachltdien  Analogio- 

bildungeo  {W.  Wuudt) 17 

Lid^n    Studien  zur  altindisclien  und  vergleichenden  Sprach- 
geschichte (Jakob  Wackernagel) 20 

Uhlenbeck     Kurzgefasstes   Etyniologisclies  Wörterbuch   der 

altindischeu  Sprache  (Bariholomae) 22 

Hillebrandl    Vedisthe  Mythologie  (Willy  Foy) 29 

Karst    Historische  Grammatik  des  Kilikiseh- Armenischen  (H. 

Hübschraann) 46 

Lagercrantz     Zur  griechischen  Lauigeacliichte  (A.  Thumb)      G3 
Stratton    History  of  Greek  Noun-Foi-mation  I  (A.  Thumb)  .      65 

Levi    Dei  suffissi  uscenti  in  sigma  (A.  Thumb) 66 

Thumb    Die  griechiat^he  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus 

fJohn  Schmitt) 68 

Bohde    Psyche  (E.  Mogk) 81 

Weise    Charakteristik  der  lateiniaehen  Sprache  (Fr.  Stolz)  .    .      85 
Otto    Nomina  propria  Latina   oriuuda   a    partlcipiis   perfecti 

(Ferdinand  Sommer) 86 

Schwab    Nomina  propria  Latina  oriundn  a  participiis  prac- 
sentis  activi.  I'uturi  passivt,  futuri  activi  quae  quando  qtio- 

modo  ticta  sint  (Ferdinand  Sommer)  ,     .    ■ 86 

Horton-Smith    The  Establishment  and  Extension  ol'the  Law 

of  Thurneysen  and  Havet  (Robert  v.  Planta) 87 

Bheden     Etymologische  Beitrüge  zum  italienischen  Wörter- 
buch (J.  Suhak) 88 

Sandfeld-Jensen    Rum»nske  Studier  1  (Holger  Pedersen) .      90 
Bsraaw    Ireke  Studier  (Eolger  Pedersen) 94 


IV 

8eit€ 

Loewe    Die  ethnische  und  sprachliche  Gliederung  der  Ger- 
manen (Wilhelm  Brückner) 98 

Fr&n  Filologiska  Föreningen  iLuud   Spr&kliga  Uppsatser 

(W.  Ranisch) 100 

Nyare  bidrag  tili  kännedom  om  de  svenska  landsm&len  ock 

svenskt  folklif  (B.  Kahle) 101 

Thoroddsen     Geschichte   der   isländischen  Geographie  (H. 

Hirt) 104 

Wyld    Contributions  to  the  History  of  the  English  Gutturals 

(Max  Förster) 106 

Chadwick  Studies  in  Old  English  (K.  D.  Bülbring)  ....  109 
Borgeld  De  Oudoostnederfrankische  Psalmen  (J.  Franck)  .  111 
D*Arbois  de  Jubainville    Etudes  sur  la  langue  des  Francs 

ä  r^poque  m^rovingienne  (Wilh.  Brückner) 113 

Fink    Der  deutsche  Sprachbau  als  Ausdruck  deutscher  Welt- 
anschauung (0.  Dittrich) 113 

L  iebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  hochdeutschen  Sprache 
als  Grundlage   für   ein   System   der   Bedeutungslehre  (0. 

Dittrich) 115 

Zeitschrift  für  hochdeutsche  Mundarten  (R.  Michel).     ...     123 
Erdmann    Grundzüge  der  deutschen  Syntax  nach  ihrer  ge- 
schichtlichen Entwicklung  (K.  v.  Bahder) 123 

Bremer    Zur  Lautschrift  (0.  Brenner) 127 

Heilig    Grammatik  der  Ostfränkischen  Mundart  des  Tauber- 
grundes und  der  Nachbarmundarten  (0.  Brenner) ....    128 

Schatz    Die  Mundart  von  Imst  (Gustav  Binz) 131 

Soerensen  Polnische  Grammatik  (Erich  Berneker)  ....  132 
Lexicon  Serbico-germanio-latinum,  ediditVuk  Stephan. Karad- 

schitsch  (H.  Hirt) - 141 

Mitteilungen : 

Gustav  Meyer  f  (Albert  Thumb)    . 141 

Vorschlag  (Holger  Pedersen) 152 

Personalien 153 

Die  46.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner    154 

Bibliographie  des  Jahres  1899 155 

Autorenregister 324 

Mitteilungen: 

Die   indogermanische   Sektion   auf  der  46.  Versammlung 
deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Strassburg  i.  E. 

vom  1.— 4.  Oktober  1901 346 

Vom  Thesaurus  linguae  latinae 349 

Personalien 350 

Berichtigungen 350 


ANZEIGER 

FÜR  INDOGEMUNISCHE  SPRACH-  UND  ALTERTUMSKUNDE. 

BEIBLATT  ZU  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

WILHELM  STREITBERG. 


ZWÖLFTER  BAND.  ERSTES  HEFT. 


Troels-Lund.  Himmelsbild  und  Weltanschauung  im  Wandel  der 
Zeiten.  Autorisierte,  vom  Verfasser  durchgesehene  Übersetzung 
von  Leo  Bloch.  Leipzig,  Druck  und  Verlag  von  B.  G.  Teubner 
1899.    286  S.    Geb.  5  M. 

Der  Verfasser,  der  in  einer  Reihe  früherer  Schriften  die  mate- 
rielle Kultur  der  Skandinavier  im  16.  Jahrhundert  geschildert  hat, 
wagt  sich  hier  an  eine  der  schwierigsten  Aufgaben,  die  sich  ein 
Kul tarforscher  überhaupt  stellen  kann.  Er  behandelt  dieses  Mal 
nicht  eine  besondere  Gruppe  von  Kulturformen,  eine  einzelne  Seite 
des  Lebens;  sondern  er  "will  suchon,  darüber  klar  zu  werden,  in 
welcher  Beleuchtung  sich  den  Menschen  jener  Zeit  das  Leben  zeigte, 
welcher  Farbenton  damals  über  allen  Verhältnissen,  über  der  Le- 
bensthätigkeit  selbst  lag."  (S.  1.)  "In  dem  Unterschiede  dieser  Beleuch- 
tung beruht  der  tiefste  Inhalt  der  Geschichte.  —  Denn  wir  wissen 
alle  von  uns  selbst,  dass  die  gegebenen  Verhältnisse  jedes  Mal  ge- 
rade in  der  Beleuchtung  ihre  eigentliche,  ihren  inneren  Werth  be- 
stimmende Erklärung  finden."  (S.  2.)  Die  Lebensstimmung  eines  Ge- 
schlechtes hängt  von  seiner  Weltanschauung  ab;  diese  aber  erwächst 
aus  den  "beiden  ursprünglichsten  und  tiefstliegenden  Äusserungs- 
formen  der  menschlichen  Intelligenz":  aus  "der  Empfänglichkeit 
für  Lichteindrücke  und  dem  Ortsgefühle."  "Von  hier  aus  sind  jeder- 
zeit die  3  grossen  Fragen  beantwortet  worden,  welche  das  Dasein 
selbst  jedem  von  uns  stellt:  Wo  bist  du?  —  Was  bist  du?  —  Was 
sollst  du  thun?"  —  (S.  5.)  "Der  innerste  Nerv  aller  menschlichen  Kul- 
turentwickelung ist  die  fortschreitende  Auffassung  des  Unterschiedes 
von  Tag  und  Nacht,  Licht  und  Dunkel."  (S.6.)  "Und  ein  entschei- 
dender Faktor  in  dieser  Entwickelung  sowohl,  als  auch  ein  richtiger 
Weiser  ihres  Ganges  ist  das  bei  den  Einzelnen  verschiedene  Gefühl 
für  den  Ort"  dessen  "deutlichste  Äusserung  die  Bestimmung  des 
AbStandes"  ist.  "Der  weiteste  Abstand  aber,  mit  welchem  der  Mensch 
zu  rechnen  hat,  ist  der  zwischen  Himmel  und  F.rde.**  Und  so  gelangt 
denn  Lund  zu  seinem  Grundsatze:  "Jeder  bedeutenden  Änderung 
der  moralischen  und  religiösen  Lebensanschauung  liegt  mehr  oder 
minder  bewusst  eine  Änderung  in  der  Bestimmung  des  Abstandes 
zwischen  Himmel  und  Erde  zu  Grunde."  (S.  6.)  Dieser  Satz,  auf  dem 
die  ganze  folgende  Darstellung  ruht,  ist,  wie  man  sieht,  einfach  aus 
einigen  anderen  Sätzen  deduziert  worden,  die  der  Verf.  ebenfalls 
nicht  beweist  offenbar  deshalb,   weil  er  sie   für   selbstverständlich 

Anzei^r  XU  1.  1 


I  1 

2  Troels-Luud  Himineläbitd  und  Weltanacliauuiig  Ubw  ^^H 

hält,  Ks  wird  sich  zeigen,  ob  die  Er^ebnitee  seiner  Arbeit  deiner 
Voraussetzung  Recht  ffeben, 

Wenu  man  die  LelieDHantichauung  des  16.  Jahrhunderte  ver- 
stehen will,  nu  muss  man  ihren  Wurzeln  oachgrabeu:  diese  aber 
reichen  sehr  lief  in  die  Verg:aDgenheit  hinunter  und  verbreiten  sich 
zuy;leich  last  um  den  ganzen  Erdball.  Die  Untersuchung  der  "Ent- 
stehung der  Bestandteile  der  Weltanschauung;;  des  16.  Jahrhuuderts" 
TTClche  den  ersten  und  grössten  Teil  dea  Buches  bildet,  fUlirt  uiu 
in  der  That  beinahe  durch  die  jresamto  Kultiirgeschichle.  Der  Verf. 
findet  den  Ursprung  dos  Glaubens  an  die  Beseeltheit  und  Schick- 
snlsniacht  der  GeRlirne  in  Babylon  und  ÄBsyrien,  wHbrend  das  W 
nachbarte  Iran  die  Heimat  des  Glaubens  au  einen  Kampf  zwischen 
der  lichten  guten  und  der  diuiklen  bösen  Macht  ist;  die  loHclitige 
und  wolilthstige  Sonne  Ägyptens  hat  den  monotheistischen  Snnnea- 
dieust  erwuchsen  lassen,  der  sieh  in  Judlla  mit  jenem  iranischen 
Glauben  und  der  ebenfallB  äg'vptischen  Idee  von  einer  erl&senden 
Menschwerdung  der  Gottheit  vereinigt.  Sodann  wird  die  schön- 
gerundete,  in  ihrer  Beschrltukung  klare  und  harmonische  Weltan- 
echauung  der  Griechen  geschildert,  die  Entstehung  des  Christeu- 
tbumes  und  seine  Ent Wickelung  zur  christlichen  Kirche;  eudtich  die 
Verbreitung  der  Sterndeutung  durch  die  Kultur  der  Araber;  — 
Alles  dies  in  einer  ungemein  klaren  und  farbigen,  mit  originellen 
Bildern  reich,  auweilen  fast  überreich  geschmückten  Sprache,  wel- 
cher die  Darstellung  nicht  den  geringsten  Teil  ihres  Reiees  ver- 
dankt. Die  Ausführungen  beruhen  olTenbar  auf  tüchtigen  Studien; 
ob  die  Fundamente  ülrerall  breit  und  stark  genug  sind,  um  alle 
Konstruktionen  des  Verfassers  zu  tragen,  mögen  die  Spezialforscher 
beurteilen.  Mir  erscheint  Manche*  mindestens  zweifeihatt,  —  a.  B, 
die  Auffassung  der  "uiedrigaten  Form  des  Opfers"  (S.  U)  —  die  Eth- 
nologie hat  uns  viel  rohere  und  einfachere  Formen  kennen  gelehrt 
— ,  oder  der  Versuch,  den  assyrisch-babylonischen  Glauben  an  bSse 
Geister  hauptsächlich  auf  die'Kechnung  der  Akkader  und  Sumerer 
zu  schieben  (S.  22).  Weit  verhängnisvoller  aber  als  alle  solche  Ein- 
zelheiten iut  das  durchgfingige  Bestreben  des  Verfassers,  die  ver- 
schiedenen Formen  der  Weltanschauung  womöglich  bis  auf  den 
letzten  Rest  aus  ihren  klimatiNchen  Bedingungen  zu  erklären.  Ohne 
Zweifel,  Sonnenschein  und  Regen  haben  den  grössten  EinHuss  auf 
die  Entwickelnng  einer  Pflanze;  aber  aller  Sonnenschein  und  aller 
Regen  können  aus  dem  fruchtbarsten  Boden  keine  PflanKc  erwach- 
sen lassen,  wenn  kein  Same  vorhanden  ist.  Dieser  Same,  die  ge- 
gebene innere  Anlage  ist  denn  doch  die  Hauptsache,  und  alle 
äusseren  klimatischen  Bedingungen  vennöVeu  nichts  weiter  als  das 
zu  entwickeln  was  in  ihm  hegl.  In  dieser  Darstellung  aber  erseheint 
der  innere  Faktor  der  Entwickclung,  wenn  er  auch  durchaus  nickt 
ganz  vernachlässigt  wird,  wie  gesagt  als  Nebensache:  sogar  die 
Weltanschauung  Jesu  wird  aus  der  geographischen  und  klimatiäctien 
Eigenart  Galiläas  abgeleitet,  im  Gegensatze  zu  der  auf  "den  un- 
fruchtbaren stellen  Rälkfelsen  Jerusalems"  von  der  unbaruiherxieen 
Sonnenglut  erzeugten  Anschauung  der  Pharisäer.  Derartige  Stellen 
machen  einen  ähnlichen  Eindruck  wie  gewisse  Porträts,  auf  denen 
das  Kleid  eine  grössere  Rolle  spielt  als  der  Mensch. 

In  dem  zweiten  Teile  des  Buches  wird  "die  Mischung  der  Be- 
standteile der  Weltanschauung  des  16.  Jahrhunderts"  geschildert.  Als 
der  charakteristische  Grundzugf  der  Zeit  offenbart  sich  "ein  eigentüm- 
licher Lebensdrang  und  eine  ebensolche  Lebenskraft".  (S.  1T8)  "Es  war 
der  Glautie  an  das  Natürliche,  seine  Stärke  und  fein  Recht,  welcher 
sich  nun  auf  einmal  so  unwiderstehlich  geltend  machte."  (S.I79)  Die 


Troelb-Lund  Himmelsbild  und  WdtanBchauuD^  usw.  3 

XDittel&ICerliche  Kirche  hatte  den  uubtlndigen  Lebenstrieb  der  barba- 
Tischen  Völker  znrückgedilmmt;  jetzt,  da  die  RenaiBSance  dos  Altertums 
und  die  grossen  Ealdeckungen  die  Welt  iü  Raum  und  Zeit  no  unend- 
lich erweiterten,  "strömten  alle  diese  lau-j  beherrschten  Triebe  mit 
tltiaul'haltsamer  Kraft  Über."  (S.  180)  Im  Süden  wie  im  Norden  von 
Europa  war  diese  neue  Lebensfreude  »-esentlich  dieselbe;  wenn  auch 
■"nach  Norden  zu  die  Äusdrucksl'oi-mcn  vereinzelter  und  ffrobkbr- 
niger  wurden."  (S.  181)  —  Ein  aweites  Hauptelement  wurde  durcb 
diu  Verbreitung  der  Bibel  in  die  Lebensstimmung  der  nordischen 
"Völker  hineingetragen.  Man  entdeckte  die  Widersprüche  zwischen 
Äer  biblischen  und  der  kirchlichen  Lehre:  —  und  eine  Angst  Itam 
tlher  die  junge  Weltl'reude.  die  Angst  um  ihre  ewige  Seligkeit.  Die 
^Sriinduug  der  evangelischen  StaaCskirchen  beruhigte  diese  Sorge 
■war  einstweilen;  aber  alsbald  senkte  sich  ein  weit  dunklerer  und 
«ehr  eck  lieberer  Schatten  auf  die  kaum  befreite  Menschheit  herab,  — 
ider  Teufe Isglnube.  Auch  im  Mittelalter  hatte  mau  an  den  Teufel 
jreglaubt:  aber  man  hatte  auch  geglaubt,  ilass  der  Papst,  als  der 
Stellvertreter  Christi  auf  Erden,  die  Macht  besitze,  ihn  zu  bezwin- 
^n;  man  hatte  sich  in  den  festen  Kirchenmauern  sicher  gefühlt, 
wfthrend    der   "dumme"  Teufel    ohnmächtigr    drauHsen    xass.    Jetzt 

[fahren  aus  der  Bibel  Legionen  von  Teufeln  herauf,   sie   erfüllten 
die  ganze  Lutt  wie,  Schwürme  giftiger  Fliegen,  und  die  alten  schüt- 
«endeu  Mauern  waren  aerbrochen,'    Lund   hat  vollkommen   richtig 
«rkannt,  dass  und  warum  der  Teufels-  und  Hesenwahn  nni  furcht- 
barsten   unter   den  Reformierten    aufloderte.     "Im  Norden  glaubte 
i}(iemand,  dass  Luther  und  die  fürstlichen  Häupter  der  neuen  Staats- 
Urchen    dem  Teufel  an  Macht   gleich    wären."    (S.  2i3>  Und    eine 
vahuwitzige  Verzweiflung  ergriff  die  Masse».    "Nicht  ohne  Grund 
^bm  das  Leben  zeitweise  das  Gepräge  von  jenen  Bachanalien  der 
S^tzeit  an,    wo  alle  Bande  gelöst  waren   und  tieberhaft  ein  jeder 
sieh  beeilte,    den  Becher  des  Genusses  zum  Munde  zu  l'Uhren,   ehe 
jes  zu  spat  wäre."'  "Wie  der  Schatten  von  WindmühlenflUgeln  jagte 
äte  Teufels  furcht  über  die  sonnen  beschienenen  Fenster  des  Sinnes, 
Imrahig,   unablässig,   zum  toll  werden."    (S.  196)  —  Aber  "just  als 
[He  Noth  am  httchtiten  war,  zeigte  sich  im  Norden,  wie  in  ganz  Eu- 
N>pa,   ein  himmlischer  Versöhner.    Das  war    die   alte,    ewig  junge 
kemdeutung."    (S.  199.  200).  Die  Sterne  regieren  das  Geschick  der 
Ifenschen,    die  Sterne  aber  werden  von  Gott  bewegt  und  gelenkt: 
lieht  der  Teufel,  sondern  Gott  ist  der  Herr  unseres  Lebens.    Des- 
halb wurde  uun  die  Astronomie  "die  höchste  aller  Wissenschaften." 
^Ünd  mit  gründlicher  Kenntnis  dieser  war  es  möglich,  die  einzelnen 
rAIckorde  in  der  himmlischen  Musik  zu  sondern,  die  Tonsteilungen 
["am  erkennen,  zu  bestimmen,  welche  irdische  Bewegung,  welche  Zu- 
jcnminensetzung  der  elementaren  Säfte  und  damit  auch  der  irdischen 
niebeuB formen  jedesmal  mit  dem  himmlischen  Anschlage  angeschla- 
Bran  war.    Die  Sterndeutung  war  die    höchste,    edelste,    göttlichste 
HKanst  des  Menschen."    (S.  306)  —  Soviel  ich  sehen  kann,   ist  diese 
unfr^ssuug  von  der  Rolle  der  Astrologie    durchaus   neu;    und  ich 
Falaube,   dass  sie  mindestens  ebenso  viele  Berechtigung  besitzt  als 
me  gewöhnliche  entgegengesetzte,    welche    in  dem  Sternenglauben 
nur  einen  thöricbten  und  v  er  derb  liehen  Wahn  sieht.    Überhaupt  ist 
dieser  ganze  Teil  in  seiner  Fülle  und  Klarheit  wahrhaft  bewunde- 
rungswürdig.   Aber  gerade  wei!  wir  diese  Darstellung  für  so  wohl- 
^elungen  haken,  dürfen  wir  nicht  vereessen  zu  fragen,  wie  sie  zu 
jenem  Rxiomatiscben  Grundsatze  des  \'erfB»Bers  stimme,  dass  "jeder 
bedeutenden  Änderung  der  moralischen  und  religiösen  Lebensan- 
fichauung  mehr  oder  minder  bewiisst  eine  Änderung  in  der  Bestim- 


4  Troeb-Lund  üimmelBbild  uiid  Weltausuhauung  usw. 

Diun;^  den  Abstandes  zwischen  Himmel  Tind  Erde  zu  Grunde  lie^' 
In  der  Refonnationszeit  hat  sicherlich  eine  höchst  bedeutende  Ände- 
rung der  moralischen  und  religiösen  Lebensanscliauung  stattgefun- 
den; aber  wo  ist  die  Änderung  in  der  Bestimmung  des  Abstände» 
zwischen  Himmel  und  Erde,  die  ihr  zu  Gninde  liegen  soll?  —  Die 
Reformatoreu  hatten  genau  dieselbe  astronomische  Weltanschauung 
wie  die  MUnner  der  alten  Kirche.  Der  Verfasser  selbst  fülirt  das 
Urteil  Luthers  aber  das  neae  System  des  Copernicus  an:  'Der 
Narr  will  die  ganze  Kunst  Astron omia  umkehren.  Aber  die  heilige 
Schrin  sagt  uns,  dass  Josua  die  Sonne  stille  stellen  hiess  und  uicbt 
die  Erde."  (S.  249)  Die  Reformation  ist  in  der  That  wahrlich  nicht 
durch  eine  Veränderung  des  "'Himmelsbildes"  hervorgebracht  wor- 
den, sondern  durch  ganz  andere  Motive,  die  teils  viel  mehr  Susser- 
licher,  materieller  teils  vieJ  mehr  innerlicher,  idealer  Art  gewesen 
sind.  —  Die  Zerstörung  des  allen  Weltbildes  hat  erst  nach  und  ganz- 
lich unabhängig  von  der  religiösen  und  moralisL-hen  Keformation 
stattgefunden,  —  und  zwar,  wie  der  Verf.  mit  Recht  sagt,  weniger 
durch  Copernicus  als  durch  Giordano  Bruno,  "der  zuerst  den  Ge- 
dankeu  aussprach,  dass  der  Fissternhimmel,  die  achte  Sphäre,  nicht 
die  Grenze  der  Welt  bildet."  Damit  war  die  Schale  des  Welteneiea 
zerbrochen.  "Und  hinaus  stürzte  der  gefangene  Mensch  engeist  ver- 
wirrt, begeistert;  neugeboren  in  die  grosse  wunderbare  Welt,  wo 
alles  l'remd,  eisig  fremd  war."  (S  354)  Die«  ist  nun  in  der  That 
eine  gründliche  Zerstörung  der  alten  Wellanschauung,  und,  wenn 
der  Fundamentalsatz  des  Verf.  richtig  ist,  ao  muss  sie  eine  ebenso 
volIstHndigo  Zerstörung  der  bisherigen  moralischeu  und  religiösen 
Lebensanschauung  nach  sieb  ziehen.  Lund  versichert  uhn  denn 
auch,  dass  diese  Folge  unvermeidlich  sei.  "Die  alte  Periode  in  der 
Entwickelung  des  MeuNchengeistes  ist  abgeschlossen.  Eine  neue 
und  unbekannte  hat  angefangen.  Wir  stehen  an  ihrer  Seil  welle. — 
Mit  geblendetem  Blicke  starren  wir  vorwärts."  Und  mit  bewegten 
Worten  verkündet  der  Verfasser,  was  er  in  der  Zukunft  gewahrt: 
Die  Lehre  von  der  Welterlösung  durch  Gottes  Sohn,  der  Glaube 
an  den  Teufel  und  die  HiiHet  ^^^  Glaube  an  den  alten  Gott  und 
seinen  Himmel,  Alles  dies  findet  in  der  neuen  Welt  keine  StSIte 
mehr,  Alles  dies  ist  unrettbar  dem  Untergange  verfallen.  Wir  suchen 
den  alten  liehen  Gott  vergebens  in  der  unendlichen  Welt;  und  "wen- 
den wir  uns  dann  zu  Gottes  Offenbarung  in  uns  selbst,  so  erleben 
wir  eine  neue  Enttäubchung.  Denn  es  wird  sich  schnell  zeigen, 
dass  alles  was  der  Mensch  von  Gott  zu  wissen  glaubt,  nur  ein  Spie- 
gelbild  des  Menschen  selbst"  (S.  267)  "nur  eine  wechselnde  Bildung 
seines  eigenen  Bewuastseins"  ist  (S.  268).  "Es  ist  die  grösste  mensch- 
liche NolTi,  seinen  Gott  zu  verlieren,  gerade  während  man  ihn  am 
bittersten  nöthig  hat."  (S,  268)  "Der  Aufenthalt  in  der  reinen  Lntt 
der  Unendlichkeit  ist  fllr  uns  nur  Leere,  Schmerz,  Tod.  So  erscheint 
als  das  höchste  und  einzige  Vorrecht  des  heutigen  Menschen  das 
Recht  zu  vcrzweileln,"  (S,  268)  —  Und  dies  wäre  die  Zukuntt,  die 
unvermeidliche  Zukunft?  —  Lund  weist  auf  zwei  Heilmittel  hin: 
"unser  Bewtisstseln  ist  mit  awei  merkwürdigen  Kräften  ausgerastet, 
der  Kraft  zu  vergessen,  und  der  Kraft  zu  glauben  und  zu  hoffen." 
(S.  369)  Mit  der  Kraft  zu  glauben,  gewiss!  Und  in  diener  Krafl 
liegt  nicht  bloss  die  Gewähr  dafür,  dass  sich  die  Menschheit  aus 
jenem  Abgrunde  der  Gottverta^senheit  erheben  werde,  sondern  noch 
mehr,  dass  sie  niemals  in  ihn  versinken  wird.  Glaube  ist  das  innere 
Gefühl,  in  dem  sich  uns  das  Dasein  metaphysischer  "Dinge"  cbensc» 
unmittelbar,  ebenso  unbeweisbar,  und  ebenso  unwiderleglich  offen- 
bart wie  in  der  äusseren  Wahrnefimnng  das  Dasein  der  natürlichen 


Rober[soii-Smitli  Die  Religion  der  Semiteii.  5 

■  Erscheinungen.  Wer  in  diesem  Sinne  an  Gott  glaubt,  dem  ist 
^ott  gegenwärtig,  grleichviel,  ob  er  den  Himmel  auf  den  Bergen 
Tuhend  wähnt  oder  hinter  der  Wölbung  einer  FixsternsphSre,  oder 
»oh  er  weiss,  dass  es  keinen  "Himmel"  im  unendlichen  Bnunie  gibt. 

'  Diese  innerste  Erfahrung  ist  die  Leb«n3quelle  des  Wesentlichen  in 
der  Religion,  des  GottesbewtisCKeins,  das  von  jeder  äusseren  An- 
«chauungsform  unabhängig  ist  und  deshalb  durch  eine  Verfinderung 
'des  räumlichen  Welthildes  weder  (^estSrt  noch  gar  zerstört  werden 
kann,.  Wir  stossen  immer  wieder  nnf  den  Grundfehler  des  Buches: 
~  !  Überschfttzung  des  Äusseren  und  die  Uuterechätaung  des  Inne- 
1.  —  Alle  jene  bangen  Fragen,  die  Lund  am  Schlüsse  erhebt, 
<ind  in  Wahrheit  schon  Hingst  gelöst  worden,  durch  die  Antwort, 
die  Jesus  der  Samariterin  gab:  "Ooit  ist  Geist;  und  die  ilm  anlie- 
4<^u,  müssen  ihn  im  Geist  und  in  der  Wahrheit  anbeten." 

Es  wäre  ungerecht,  dieses  Werk  vom  rein  wissenschaftlichen 
■Standpunkte  aus  zu  beurtheilen.  Dean  es  ist  nicht  sowohl  die  kühle 
Arbeit  eines  streng  objektiven  Forscliers  als  vielmehr  das  Bekennt- 
■iils  eines  tief  und  warm  fühlenden  Menacheu;  es  ist  nicht  bloss  ge- 
■«lacht,  sondern  erlebt.  Jedes  Wort  glüht  und  bebt  von  lebendiger 
Empfindung.  Uud  eben  darin  liegt  der  eigentliche  Wert  des  Buches. 
'"Wenn  es  etwas  gibt,  das  der  Verstand  allein  niemals  ganz  erfassen 
'Und  würdigen  kann,  so  ist  es  die  Weltanschauung  in  ihren  ver- 
»aciiiedenen  Foi-men,  Denn  diese  wurzeln  eben  nicht  nur  im  Kopfe 
«ondern  in  dem  ganzen  Mensehen;  und  sie  können  infolgedessen 
niemals  völlig  im  wissenschaftlichen  Sinne  "erkannt"  sondern  sie 
inüssen  gefühlt  und  erlebt  werden.     Die  seltene  Gabe,  "sich  in  den 

HSeist  der  Zeiten  zu  versetzen."  eignet  Lund  im  höchsten  Maasse; 
«nd  wir  wollen  uub  die  Freude  an  Ihren  Früchten  wahrlich  nicht 
-durch  einüelne  Mlingel  verkümmern  lassen.  Gerade  weil  ich  meine 
'Bedenken  gegen  die  Ansichten  des  Verfassers  —  und  sie  sind  nicht 
>alle  leicht  ~  mit  voller  Deutlichkeit  ausgesprochen  habe,  gerade 
-deshalb  bekenne  ich  hier  zum  Schlnsse,  dasE  mir  sein  Buch  trotz 
«lledem  einen  Genuss  gewitlirt  hat,  den  ich  mögliehst  Vielen  wünsche. 
Kreiburg  i,  B.  Ernst  Grosse. 


Bobertson- Smith  W.  Die  Keligion  der  Semiten.  Autorisierte 
deutsche  Übersetzung  aus  dem  Eufflischen  nach  der  zweiten  Auf- 
lage der  "Leetures  oti  the  Religiou  of  the  Semites"  von  Dr.  R. 
Stube.  Mit  13  Abbildungen  im  Text,  einem  Vorwort  von  Prof 
D.  E.  Kautüsch  und  einem  Anhang.  Freiburg  i.  B.  Mohr  [Paul 
äiebeck)  1899.    XX  u.  373  S.    10  M. 

Das  Werk  des  1894  verstorbenen  Cambridger  Semitisten  Ro- 
"be «so n- Smith  ist  nicht  nur  das  einaige,  das  sich  mit  oben  genanntem 
lOegenstande  befanst,  sondern  es  ist  auch  ausgezeichnet  durch  seine 
•  Oeaiegenheit.  Es  erwarb  sich,  als  es  vor  11  Jahren  erschien,  sofort  die 
Bochsch Atzung  der  Fachleute,  und  mit  Freude  begrüssen  wir  es,  dasH 
jetzt  eine  deutsche  Übersetzung  erschienen  ist,  die  zugleich  dafür 
Sorge  trägt,  dass  das  Buch  auf  der  Höhe  der  Zeit  steht,  wie  sie 
denn  auch  mancherlei  redaktionelle  Vorbesseruiigeu  aufweist.  Der 
Inhalt  darf  weit  über  den  Kreis  der  Semitisten  hinaus  Beachtung 
Ifeanspruchen  sowohl  wegen  der  zahlreichen  allgemein- religions- 
wisBeuBchattlichen  Bemerkungen  als  wegen  der  Anregung,  die  das 
fitndium  der  semit.  Religionen  an  sieh  schon  bietet.  Einem  einlei- 
■■tcnden  Kapitel  folget  ein  Kapitel  über  das  Verhilltnis   der  Gottheit 


6  Wechssler  Giebt  es  Lautgesetze? 

zu  ihren  Verehrern,  ein  weiteres  über  das  Verhältnis  der  Gottheit 
zu  den  Naturdingen,  zwei  Kapitel  über  das  Verhältnis  des  Menschen 
zu  den  heiligen  Städten  und  sechs  Kapitel  über  Opfer.  Ein  Anhang 
behandelt  das  Schaf opfer  im  Kultus  der  ky prischen  Aphrodite  (Die 
anderen  11  '^'additionel  notes"  des  Originals  sind  jetzt  in  den  Text 
des  Buches  hineingearbeitet).  Ferner  ist  ein  Verzeichnis  der  Bibel- 
stellen und  ein  sehr  detailliertes  Register  beigegeben.  Das  Werk 
kann  als  zuverlässiger  und  verständlicher  Führer  warm  empfohlen 
werden. 

Freiburg  i.  B.  Reckendorf. 


Wechssler  E.  Giebt  es  Lautgesetze?  S.-A.  aus:  Forschungen  zur 
romanischen  Philologie.  Festgabe  für  Hermann  Suchier.  Halle 
Niemeyer  1900.    190  S.    80.    5  M. 

Von  dem  Kampf  um  die  Lautgesetze  der  einst  so  heiss  ent- 
brannt war,  ist  es  still  geworden.  Mögen  die  Forscher  auch  in  der 
Theorie  verschiedener  Ansicht  sein,  in  der  Praxis  befolgen  sie  alle 
den  gleichen  Weg.  Ausnahmen  von  den  Lautgesetzen  werden  nur 
dann  anerkannt,  wenn  man  sie  zugleich  zu  erklären  versucht.  Dasa 
aber  gerade  die  Theorie  einer  erneuten  Untersuchung  bedarf,  kann 
keiner  bezweifeln,   der  sich  ernsthaft  mit  dem  Problem  der  Laut- 

fesetze  beschäftigt  hat.  Es  ist  vielleicht  von  guter  Vorbedeutung^ 
ass  auf  diesem  Gebiet  ein  Forscher  das  Wort  ergreift,  dem  die 
ganze  Frage  bis  dahin  ferngelegen  hat,  der  auch  kein  Indoger- 
manist, sondern  ein  Romanist  ist,  da  ja  gerade  die  romanischen 
Sprachen  wertvolles  Material  ttir  .unser  Problem  liefern.  Kommt 
dazu  eine  für  dieses  Problem  unentbehrliche  Schärfe  des  Denkens, 
eine  exakte  Kenntnis  der  Psychologie  des  Sprechens  und  eine  reiche 
Kenntnis  der  Geschichte  des  Problems,  so  ist  von  vornherein  manche 
Förderung  zu  erwarten.  In  der  That  zeigt  Wechssler  in  seiner 
Schrift  eine  solche  Reihe  von  Vorzügen,  dass  es  ihm  gelingt,  das 
Problem  nicht  etwa  ein  kleines  Stück  nach  vorwärts  zu  bewegen, 
sondern  dass  er  gleich  eine  grosse  Strecke  zurücklegt.  Ich  habe 
selten  eine  Schrift  gefunden,  die  einerseits  so  oft  das  ausspricht, 
wozu  ich  selbst  gekommen  war,  andrerseits  aber  auch  das,,,worüber 
ich  noch  im  Unklaren  war,  so  elegant  und  sicher  löst.  Über  eine 
ganze  Reihe  von  i  setzt  der  Verfasser  die  richtigen  Punkte.  Frei- 
lich sind  auch  für  den  Leser  der  Schrift  eine  Reihe  von  Vorbe- 
dingungen nötig.  Er  darf  sich  nicht  in  solcher  Unklarheit  vom 
Leben  der  Sprache  bewegen,  wie  sie  in  den  ersten  Kapiteln  von 
Kretschmers  Einleitung  in  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache 
zu  Ta^e  tritt. 

Um  allen  Unklarheiten  vorzubeugen  schafft  sich  der  Ver- 
fasser durch  eine  Reihe  allgemeiner,  allerdings  nicht  wesentlich 
neuer  Auseinandersetzungen,  die  unentbehrliche  Grundlage  für  das 
folgende,  er  gibt  dann  eine  Geschichte  des  Begriffes  Lautgesetz, 
um  schliesslich  zu  seinem  eigentlichen  Problem  zu  gelangen.  Dies 
ist  viel  weiter  als  der  Titel  vermuten  lässt.  Er  formuliert  die  fol- 
gende Vorfrage:  "Aus  welchen  Ursachen  und  in  welcher  Weise 
haben  die  Bewohner  des  Imperium  Romanum  den  Lautbestand  des 
ihnen  von  den  römisch-italischen  Kolonisten  überlieferten  Latein  in 
Raum  und  Zeit  derart  abweichend  reproduziert,  dass  sich  daran» 
als  schliessliches  Resultat  der  Lautbestand  der  heutigen  romanischen 
Sprachen  ergab?    Gelangen  wir  hier  ans  Ziel,  so  lässt  sich  die  Laut- 


Wet'hssler  Giebt  es  Lautgesetze?  7 

reitetKfrnge  beantworten;  weDigstens  rür  diesen  einen,  der  Prüfung 
besonders  gut  zugUugliclieu  Fnll  und  fUr  die  idg.  Sprachen  über- 
fanupt".  Aul'  diese  Frajre  gibt  er  die  Antwort,  die  ich  l'ür  die  idg. 
fiprnchcn  schon  IF.  4,  36  kurz  skizziert  habe,  d.  h.  er  erklärt  die 
verEChiedenen  romanist-hen  Sprachen  aus  Sprachmischung.  Wenn 
der  Verfasser  auch  noch  nicht  im  Stande  i*>t,  diese  Ansicht  in  sllen 
Punkten  ätrenj;  zu  beweisen,  so  führt  er  doch  den  Nachweiü,  dass 
wir  überall,  wo  wir  die  heute  verschiedenen  romanischen  Sprachen 
finden,  in  früherer  Zeit  verschiedene  Völker  antreffen.  Ware  es 
dem  Verfasser  möglich  gewesen,  eine  ethnologische  Karte  des  alten 
Europa  seinem  Buche  mitzugeben,  und  eine  Karte  der  modernen 
rotnnnischen  Dialekte,  vielleicht  auf  durchsichtigem  Papier,  so  würde 
man  recht  deutlich  sehen,  wie  sich  die  Gebiete  der  allen  StUnime 
Und  der  heutigen  Dialekte  im  Grossen  und  Ganzen  decken.  Natür- 
lich mues  man  darauf  verzichten,  einzelne  Laut  Veränderungen  der 
modernen  Dialekte  aus  den  Eigentümlichkeiten  der  alten  Sprache 
KU  erklHren.  Denn  die  einzelnen  Lautübergänge  sind  nicht  das 
wesentliche,  das  sind  vielmehr  eine  Eeihe  von  Faktoren,  die  sich 
graphisch  nicht  darstellen  lassen.  Diese  Faktoren  hat  der  Verf. 
ftusfübriich  behandelt.  Das  erste  isi  die  Artikulationsbnsis.  Ver- 
schiedene Sprachen  können  verschiedene  Artikulationsbasis  haben. 
Wird  bei  der  Sprach  annähme  die  eigene  ArtikulationshaKis  beibe- 
balten,  so  wird  die  Sprnchentwicklung  im  Laufe  der  Zeit  eine 
andere  Richtung  annehmen,  die  vielleicht  erst  nach  Jahrhunderten 
iUr  in  die  Erscheinung  tritt.  Der  zweite  Faktor  ist  der  Akzent. 
Hier  gibt  der  Verfasser  zunächst  eine  neue  Deflnition  des  Begriffes 
'Akzent',  die  auf  Fr.  Saran  zurückgeht.  "Sprachakzent  ist  die  Gliede- 
irung  des  phonetischen  Phänomens,  soweit  sie  rein  durch  das  Mittel 
■der  Artikulation  vollzogen  wird."  Di*se  Gliederung  wirrt  hergestellt 
'durch  das  Zusammenwirken  folgender  Faktoren:  1.  Tonhiihenab- 
.atufung  (^  musikalischer  Akzent),  2.  Abstufung  der  Zeiten  {Quanti- 
MtGUnterschiede),  3.  Abstufung  derStlLrkeu  (exspiratorischer  Akzent), 
4-  Heihenfolge  der  Laute  [Anordnung  der  Laute  nach  der  Schall- 
fülle),  5.  Die  Silbenartikulation  (dazu  gehört  die  Silbentrennung), 
&  die  wechselnde  Stimm  Verwendung;.  Sobald  sich  einer  dieser 
Faktoren  ändert,  muss  die  Entwicklung'  eines  Dialektes  in  ganz 
lauderen  Bahnen  verlaufen.  Verf.  fühn  dies  im  einzelnen  am  Ko- 
lanischen  durch.    Jede  andere  Sprnche  hätte  ihm  auch  Beispiele 

f  «liefert.  Ich  erinnere  hier  nur  an  das  Germauische.  Das  Weaent- 
che  am  germanischen  Sprachcharakter  ist  wohl  der  Obergang 
'der  idg.  wesentlich  musikalischen  Betonung  in  die  ex splra torische. 
iHaa  kann  versuchen  darauf  eine  ganze  Keihe  von  Erscheinungen 
■nrück zuführen.  Die  Lautverschiebung  dürfte  veranlasst  sein,  durch 
den  Übergang  von  nngespannlen  Lösungslauteu  in  gespannte  Ex- 
plosivlaute (vgl.  Slevers  Phonetik),  der  durch  den  neuen  Akzent 
veranlasst  war.  Die  Abhängigkeit  des  Vokalismus  von  dem  Akzent 
1«C  ganz  klar.  Aber  selbst  der  Umlaut,  die  Brechungen  könnten 
mit  dem  Akzent  in  Zusammenhang  ste-lien,  was  im  ?:inzelnen  hier 
Auszuführen  unmöglich  ist.    Auch  im  Slavischen  zeigt  sich  ein  all- 

Semeines  Gesetz,  das  man  unter  4.  stellen  kann.  Die  Anordnung 
er  Laute  nach  der  Schallfülle  weicht  im  Slavischen  von  der  der 
:l)brigen  Sprachen  ab.  Daher  haben  wir  offene  Silben,  or,  Ol,  on, 
ont  werden  durchgehends  verändert  usw.  Die  Folgerungen  aus 
Wechsslers  Ausführungen  zu  ziehen,  erfordert  für  jede  einzelne 
Sprache  besondere  Schriften,  die  erst  einmal  den  allgemeinen  pho- 
inetischen  Charakter  jeder  Sprache  festslellen  müssteu.  Weitere  all- 
"imeine   Faktoren  der  S  prac  heut  wie  klung,    aber    von   uniergeord- 


8  Wechssler  Gißbc  es  Lautgesetze? 

neter  Bedeutan|2:  sind  die  Assimilation,  die  Epenthese,  Metathese, 
Sprachsilben,  Dissimilation.  Sie  hängen  z.  T.  sicher  von  dem  Ak- 
zent ab. 

Weiter  behandelt  Wechssler  dann  den  Begriff  der  Kultur- 
sprachen,  die  Privatsprachen,  und  schliesslich  die  Frage:  "Gibt  es 
Mundarten?"  Auch  hier  antwortet  der  Verf.,  worin  ich  ihm  durch- 
aus beistimme:  Es  gibt  Mundarten  und  Mundartengrenzen.  Frei- 
lich mit  Hülfe  unserer  Kartenwerke  werden  wir  diese  Grenzen  nicht 
immer  festlegen  können,  aber  man  braucht  nur  einmal  die  Mund- 
arten wirklich  zu  hören,  um  an  Grenzen  zu  glauben.  Dass  sich  in 
den  Grenzgebieten  in  verschiedenen  Fällen  Mischdialekte  entwickeln 
können,  ist  nicht  wunderbar,  aber  nichts  ursprüngliches. 

Und  aus  alledem  folgt  dann  fast  ganz  von  selbst  die  Beant- 
wortung der  Frage:  "Gibt  es  Lautgesetze?**  Die  Autwort  kann 
nicht  anders  wie:  ja  ausfallen,  worin  wir  dem  Verf  vollständig  bei- 
stimmen. Überall  wo  wir  Sprachübertragung  finden,  werden  wir 
auch  allgemeine  ausnahmslose  Lautgesetze  treffen.  Und  mit  Sprach- 
übertragung und  Sprachmischung  haben  wir  in  viel  höherem  Masse 
zu  rechnen,  als  gemeiniglich  geschieht.  Denn  selbst  innerhalb 
enger  Grenzen  finden  Wanderungen  und  Mischungen  statt. 

Wer  Wechssler  gelesen  hat,  wird  nun  auch  zum  ersten  Male 
verstehen,  wie  sich  Lautgesetze  über  ein  grosses  Gebiet  ausdehnen 
können.  Bei  der  Panischen  Anschauung,  die  vom  Individuum  aus- 
geht, war  mir  das  unverständlich.  Der  Verkehr,  den  man  zur  Er- 
klärung herangezogen  hat,  hat  das  nicht  zu  Wege  bringen  können. 
Jetzt  sehen  wir  klar,  dass  gewisse  Lautveränderungen,  die  auf  einem 
grossen  Gebiet  nach  einander  auftreten,  wie  etwa  der  germ.  i-Um- 
laut,  der  Übergang  von  e  zu  ä,  bedingt  sein  können  durch  Ursachen, 
die  vielleicht  Jahrhunderte  zurückliegen.  Alles  in  allem  genommen, 
so  ist  das  Studium  der  Wechsslerschen  Schrift  für  jeden,  der  in 
die  wichtigsten  Probleme  der  Sprachwissenschaft  tiefer  eindringen 
will,  unentbehrlich. 

Leipzig-Gohlis.  H.  Hirt. 


Qrammont  M.  La  dissimilatiou  consonantique  dans  les  langue^ 
indo-europeennes  et  les  laugues  romanes.  Dijon,  Imprimerie  Da- 
rantiere  1895.    216  S.i). 

Gr.  hat  sein  Buch  seinen  Lehrern:  Br6al,  de  Saussure,  d'Ar- 
bois  de  Jubainville,  Joh.  Schmidt,  Thurneysen  gewidmet.  Antoine 
Meillets  gedenkt  der  Verfasser  S.  8  noch  mit  besonderer  Dankbar- 
keit als  Altersgenossen  und  Freundes.  'Tour  se  faire  une  methode 
personelle,  le  meilleur  parait  6tre  des  lors  de  combiner  par  une 
Sorte  d'eclectisme  celles  des  dilferents  maitres. 

Man  besitze,  sagt  Gr.  S.  9  "avec  ces  deux  mots  assimila- 
tion  et  dissimilatiou  un  moyen  infaillible  d'ecarter  quantite  de 
faits  dont  ue  rend  compte  aucune  loi  connue.  Mais  un  mot  n'est 
qu^une  6tiquette,  ce  n'est  pas  une  explication*'.  Gr.  geht  also  darauf 
aus,  inbezug  auf  die  Dissimilation  statt  eines  Wortes,  einer  Auf- 
schrift, eine  Erklärung  zu  finden  und  die  Gesetze,  unter  denen  die 
Erscheinung  eintritt. 


1)  Vgl.  die  Anzeige  von  Meyer -Lübke  im  Literaturblatt  für 
germ.  u.  roman.  Philologie  1896  Sp.  409. 


Grammont  La  dissimilatiou  consonantique  etc.  9 

Gr.  erklärt,  dass  seine  Gesetze  (lois)  bloss  Möglichkeiten  sind : 
elles  sont  la  formule  suivant  laquelle  la  dissimilation  se  fera,  si  eile 
se  fait  (S.  15).  Der  Aufzählung  seiner  Gesetze  schickt  Gr.  zur  Er- 
klärung folgende  Schlüsse,  zu  denen  er  kam,  voraus. 

1.  Damit  ein  Phonem  ein  anderes  dissimilieren  könne,  ist  not- 
wendig, dass  beide  ein  oder  mehrere  gemeinsame  Elemente  haben. 

2.  Dissimilation  liegt  dann  vor,  wenn  eines  der  beiden  Pho- 
neme Ursache  ist,  dass  das  andere  eines  oder  mehrere  der  gemein- 
43amen  Elemente  verliert. 

3.  Die  Dissimilation  schaffe  keine  neuen  Phoneme  d.  h.  der 
betreifenden  Sprache  unbekannte:  wenn  die  Summe  von  Elementen, 
"die  von  dein  angegrriffenen  Phonem  übrig  bleiben,  nicht  ein  vor- 
handenes Phonem  ergeben,  so  tritt  das  nächst  verwandte  Phonem 
der  Sprache  als  Ersatz  auf.  Wenn  die  übrigbleibenden  Elemente 
nicht  genügen  um  ein  Phonem  zu  ermöglichen,  so  fallen  sie  mit 
oder  ohne  Kompensation  aus. 

4.  Die  Dissimilation  ist  im  allgemeinen  eine  teilweise,  sie  kann 
nur  dann  eine  gänzliche  sein,  wenn  das  dissimilierte  Phonem  zu 
einer  "kombinierten  Gruppe**  (groupc  combin6)  gehört  oder  im- 
plosiv  ist. 

5.  Die  Dissimilation  unterbleibt,  wenn  die  Etymologie  der  ver- 
schiedenen Teile  des  Wortes  für  den  Sprechenden  klar  ist. 

Die  von  Gr.  gebrauchten  termini  erklärt  er  folgendermassen. 

Groupe  combine  ist  ihm  jede  Konsonantengruppe,  die  in  einer 
und  derselben  Silbe  vokalischen  Elementen  vorausgeht  oder  folgt. 
Wenn  eine  Konsonantengruppe  nicht  combine  ist,  so  ist  sie  durch 
den  Silbeneinschnitt  zertrennt. 

Consonne  combinee  ist  jeder  in  einer  kombinierten  Gruppe 
befindliche  Konsonant. 

Ein  implosiver  Konsonant  ist  jeder,  occhisiv  oder  nicht,  der 
«ine  Silbe  abschliesst  (tennine)  und  dem  Silbeneinschnitt  vorausgeht. 
Eine  kombinierte  Gruppe  kann  implosiv  sein. 

Ein  explosiver  Konsonant  ist  jeder,  ob  occlusiv  oder  nicht, 
der  eine  Silbe  beginnt;  eine  kombinierte  Gruppe  kann  explosiv 
«ein.  —  (Zu  den  beiden  letzten  Punkten  erklärt  Gr.  in  einer  Anm., 
«s  sei  nicht  unstatthaft  die  Ausdrücke  implosif  und  expiosif  aucii 
auf  die  Dauerlaute  (cousonnes  continues)  anzuwenden:  Les  pheno- 
m^nes  sont  en  somme  les  m^mes  que  pour  les  momentanees:  aux 
occlusions  de  ces  dernieres  correspond  un  resserrement  buccal  lors- 
-qu'il  s'agit  des  premi^res). 

Ein  angelehnter  Konsonant  (consonne  appuy^e)  ist  jeder  ex- 
plosive Konsonant,  der  unmittelbar  einem  implosiven  folgt.  Eine 
kombinierte  Gruppe  kann  angelehnt  sein. 

Die  Gesetze,  welche  Gr.  für  die  Dissimilation  aufstellt,  sind 
folgende. 

I.  Gesetze,  die  von  dem  exspiratorischen  Akzent  (accent  d'in- 
tensite)  abhängig  sind.    Regressiv  oder  progressiv. 

1.  Gesetz.  Betonter  implosiver  Konsonant  dissimiliert  unbe- 
tonten implosiven  Konsonanten.  Vgl.  ahd.  turtiltüba  zu  lat.  turtur, 
frz.  h&}erge  zu  ahd.  heriberga. 

2.  Gesetz.  Das  zweite  Element  einer  betonten  kombinierten 
Oruppe  dissimiliert  das  zweite  Element  einer  unbetonten  kombinier- 
ten Öruppe.  Vgl.  ital.  propio  zu  lat.  proprnus,  —  Att.  öpOqpaKToc  aus 
*6pu<ppaKToc.  —  Lat.  fratrem  hat  sein  r  erhalten  wegen  nom.  frater. 

3.  Gesetz.  Betonter  angelehnter  Konsonant  dissimiliert  un- 
betonten angelehnten  (S.  32).  Gr.  gibt  als  Beispiel  bloss  hom.  ßXuu- 
^pöc  =  *ßpu)epöc. 


10  GrammoDt  La  dissimilation  consonantique  etc. 

4.  Gesetz.  Betonter  kombinierter  Konsonant  diffimiliert  eineo 
int  er  vokalischen  Konsonanten.  Span,  peleqrino,  ahd.  püigrim.  — 
Griech.  (pXaöpoc  =  *q)XauXoc.  —  Lit.  Gr^galis  =  Gregorius. 

5.  Gesetz.  Betonter  kombinierter  Konsonant  dissimiliert  nn- 
betonten  implosiven.    Ital.  albitrare, 

6.  Gesetz.  Betonter  implosiver  Konsonant  dissimiliert  beton- 
ten angelehnten  Konsonanten.  Fälle  sind  sehr  selten.  Frz.  Scnrlin 
=  Satuminus. 

7.  Gesetz.  Betonter  implosiver  Konsonant  betonten  kombi- 
nierten.   Ahd.  bior  'Bier'  =  *breura. 

IL  Gesetze,  die  nicht  vom  eicspiratorischen  Akzent  abhängen. 
Regressiv  oder  progressiv. 

8.  Gesetz.  Angelehnter  explosiver  Konsonant,  kombiniert  oder 
nicht,  dissimiliert  einen  explosiven  intervokalischen.  Vul^.  lat  co* 
liandru  =  coriandrum.  Wenn  Gr.  vulg.  lat.  cinque  =  qutnqtie  hie- 
herstellt,  so  meint  er  wohl  Stellung  des  Wortes  im  Satze  nach  Vokal^ 
bei  vulg.  lat.  radu  =  ramm  Stellung  nach  Konsonant.  Griech.  Xa- 
Xdöpioi  von  Xapdbpa,  att.  *OXutt€0c  ^  *ObuTT€0c. 

9.  Gesetz.  Kombinierter  angelehnter  Konsonant  dissimiliert 
kombinierten  nicht  angelehnten.    Frz.  penre  =»  prendre. 

10.  Gesetz.  Angelehnter  nicht  kombinierter  Konsonant  dissi- 
miliert angelehnten,  kombinierten.  Griech.  ^KiraTXoc  aus  *^KirXaTXoc 
Gr.  nimmt  zwischen  t  und  X  Silbeneinschnitt  an. 

11.  Gesetz.  Von  zwei  Konsonanten,  welche  durch  den  Silben- 
einschnitt getrennt  sind,  dissimiliert  der  explosive  den  implosiven. 
Ital.  cdma  =  animaj  an.  nafn  got.  namn-. 

12.  Gesetz.  Von  zwei  durch  einen  occlusiven  Konsonanten 
geschiedenen  Konsonanten  dissimiliert  der  explosive  den  implosiven» 
Vulg.  lat.  veltragus  =  gall.  vertragus,  span.  BeUran  =  Bertrandy 
prov.  albre  =  frz.  arbre^  lat.  posco  =  ^prcscö,  griech.  btödcKui  = 
*bibaKCKUJ,  lat.  discö  =  di(d)cscö. 

13.  Gesetz.  Angelehnter  Konsonant  dissimiliert  implosiven 
nicht  betonten.     Mhd.  reigel  von  reiger  'Reiher'. 

14.  Gesetz.  Implosiver  Konsonant  dissimiliert  intervokalischen. 
Vulg.  lat.  *armolacia  =  griech.  dp^opaKfa,  lit.  erkelis  'Erker',  ahd. 
martolön  =  martorön. 

15.  Gesetz.  Implosiver  Konsonant  dissimiliert  unbetonten  kom- 
binierten. Frz.  Flobert  aus  *  Erobert  =  Frödbert,  spätlat.  frageUum 
=  flagellum. 

16.  Gesetz.  Intervokalischer  Konsonant  dissimiliert  kombi- 
nierten unbetonten.  Ital.  Federico  —  Friedrich,  frz.  Frederic^  griech. 
^idpaeov  aus  ^dpaöpov  Tencher. 

Iir.  Gesetze,  die  nicht  vom  exspiratorischen  Akzent  abhängig 
sind  —  immer  regressiv. 

17.  Gesetz.  Von  zwei  intervokalischen  Phonemen  wird  das 
erste  dissimiliert.  Altit.  astrolomia  =  astronomia,  mhd.  enelende 
von  ahd.  elÜendi,  lat.  caeruleus  von  caelum. 

18.  Gesetz.  Von  zwei  angelehnten  unbetonten  Konsonanten 
wird  der  erste  dissimiliert.    Keine  Beispiele. 

19.  Gesetz.  Von  zwei  kombinierten  unbetonten  Konsonanten 
wird  der  erste  dissimiliert.  Griech.  OiTiößpiuToc  von  OptirößpiuToc 
'wurmstichig'. 

20.  Gesetz.  Von  zwei  unbetonten  implosiven  Konsonanten  wird 
der  erste  dissimiliert.    Frz.  heberger. 

Jedem  dieser  20  'lois'  folgt  ein  Kommentar,  welcher  die  Be- 
handlungsweise  in  übersichtlichen  Formeln  zusammenstellt.  So  sagt 
z.  B.  Commentaire  I  (zu  Gesetz  1): 


Grammont  La  dissimilation  consonantique  etc.  11 


r—r  zu 


l—r  ou  r—l 
n—r  ou  r—n 
O—r  ou  r—n 

i-i  zu  ( ^-^,  ^^  ^r'' 

l  n— i  ou  l—n 
n—n  zu  Z— n  ou  n—l 
n—m  zu  (i— w  ou)  r—m 

S.  88  bringt  eine  Observation  arentirale.  Wenn  ein  Wort  den 
Gesetzen  der  Dissimilation  sich  entziehe,  so  geschehe  dies,  weil  eines 
seiner  verschiedenen  Elemente  für  den  Sprecher  klar  sei.  Frz.  Chri- 
sioftty  Christophe^  span.  CristohaU  ital.  Cristofano  =  Christoforu  habe 
sein  r  bloss  wegen  Christ,  Cristo  erhalten,  ital.  Cristofano  sei  nach 
Stefano  gebildet.  Ahd.  mülberi  widerspricht  dem  Gesetz  XIV,  das 
r  bleibt  an  zweiter  Stelle  erhalten  wegen  der  Klarheit  des  allbe- 
kannten Wortes  beri.  Für  K€q>aXapTia  erwartet  Gr.  *K€<papaXYia.  Aber 
K€q>aXi^  war  zu  sehr  bekannt,  als  dass  *K€(pap-  hätte  entstehen  kön- 
nen. Der  Leser  wird  freilich  fragen,  ob  aXY-  etwa  weniger  bekannt 
und  klar  war.  Der  Fall  ist  ein  typischer  bei  den  Deutungen  Gr.s 
Ich  habe  den  Eindruck,  dass  Gr.  mehr  erklären  will,  als  man  eben 
heute  noch  erklären  kann. 

Von  S.  96—102  sind  Tabellen  zu  finden,  welche  die  Behand- 
lungsarten der  dissimilierten  Laute  darstellen. 

Die  Hauch dissimilation  des  Griechischen  und  Altindischen  vergL 
S.  103—107.  Die  Dissimilation  ist  regressiv:  xierim,  ^x^i  Kdpxapoc, 
ircvecpöc,  Tpixöc.  Aber  ion.  KuOpri,  KuOpoc  gegen  att.  x^Tpa,  x^Tpoc. 
Zx^cOai  (ohne  Dissimilation)  erklärt  Gr.  so,  dass  es  eben  in  seineu 
Teilen  klar  war.  Wieder  muss  man  fragen,  ob  denn  XuöriTi  nicht 
ebenso  klar  war?  Ich  denke,  dass  die  lebendige  griechische  Ver- 
kehrssprache weit  mehr  Erscheinungsformen  hatte  als  uns  die  Über- 
reste, die  doch  immer  nach  einem  gewissen  Schema  niedergeschrie- 
ben sind,  zeigen.  Schon  die  vorhandenen  Unterschiede  der  schrift- 
lichen Fixierung  weisen  darauf  hin.  Das  6  von  XuOriTi  soll  erhalten 
worden  sein,  weil  alle  Personen  des  passiven  Aorists  und  Futurs 
es  hatten,  während  die  Endung  -6i  auf  die  2.  Ps.  Imp.  beschränkt 
war.  Warum  haben  aber  tcOi,  t0i,  CTfjei  u.  a.  es  nicht  zu  erhalten 
vermocht?  Kurz,  die  Rechnung  ist  keine  so  säuberliche,  wie  Gr.s 
Darstellung  glauben  machen  will.  Auf  S.  106  sucht  Gr.  die  von 
Osthoff  aiSgeworfene  und  mit  einem  allzu  künstlichen  "Gesetze** 
beantwortete  Frage,  was  geschehe,  wenn  ein  Wort  drei  oder  mehr 
Aspiratae  enthalte,  zu  erledigen.  La  question  n'existe  pas,  sagt  Gr., 
weil  diese  Bedingungen  niemals  in  einem  einfachen  Worte  vorkom- 
men. Bei  zusammengesetzten  Wörtern  aber  entscheide  die  Klar- 
heit der  einzelnen  Teile. 

Gr.  bespricht  dann  (S.  111  ff.)  Erscheinungen,  welche  so  aus- 
sehen, als  ob  sie  aus  Dissimilation  hervorgegangen  wären,  aber 
durch  Volksetymologie,  Kontamination,  Analogie  entstanden  sind. 
So  ist  irveufuiijuv  aus  irXeO^uuv  nach  irv^ui,  irveOua  gebildet.  Lorsqu'un 
mot  präsente  quelque  ressemblance  phonique  ou  semantique  avec 
un  autre  ou  un  groupe  d*autres,  il  peut  subir  Tinfluence  de  cet 
autre  de  differentes  mani^res  (S.  111).  Das  ist  ein  vollkommen  zu- 
treffender Satz  und  die  Sprechfehler  beweisen  jeden  lieben  Tag 
seine  Richtigkeit^).  Einige  von  Grammonts  hier  gegebenen  Erklä- 
rungen kann  ich  allerdings  nicht  akzeptieren.  Griech.  q>aTp{a  für 
«pparpia  scheint  mir  eine  wirkliche  Dissimilation  zu  sein,   und  nicht 


1)  Vgl.  Versprechen  u.  Verlesen  S.  71. 


12  Gramniout  Ln.  diüsimilatioii  cousonantii^ue  etc.  ^^^| 

■H-ie  Gr,  S.  123  will,  eine  von  irarpta  beeinflueste  Form.  Auch  df» 
Sulfisvertauschunpen,  welche  Gr.  S.  127  ff.  annimmi.  befriedigen  mlek 
nicht  immer;  sie  finden  sich  eben  so  ol't  gerade  dort,  wo  man  du 
wirkliches  Dissimilationsbedürrnls  voraUEsetzen  lianu.  Auch  tdg. 
''tisres  ist  für  Ör.  keine  eigentliche  Dissimilation  =  *lri'treg,  er 
braacht  dazn  ein  anderes  Gesetz  S.  134. 

Am  wenigsten  betHedigen  kann  Gr.s  Ausfährung  über  die 
Reduplikation,  was  natariich  zum  allergrösfiteD  Teil  nicht  seine 
Schiild  ist,  denn  hier  liegen  Fra^n  vor,  die  wahrscheinlich  niemals 
mehr  zu  beantworten  sein  werden.  Er  Iteschältigrt  sich  Euersi  mit 
dem  Problem  von  ««Xcnvetpfic  ans  •KcXaivo-vtipuc,  Ich  bitte  hier  seine 
Worte  mit  dem,  was  ich  V,  u.  V.  S.  182  fT,  sagte,  zu  vergleichen. 

Qr.s  Arbeit  Nei  allen  Fnchgenossen  auf  das  würmste  empfoh- 
len.  Ich  halte,  sie  für  eine  der  beachtenswertesten  der  letzten  Jahre, 
Widersprechen  mass  ich  der  Grundaaffassung  Gr.s,  dass  nltmlich 
seine  Regeln  —  er  nennt  sie  "Gesetze"  —  eintreten  müssen,  ich 
denke,  man  kann  im  besten  Falle  zu  Regeln  kommen,  die  zeipeo, 
was  geschehen  kann,  aber  nicht  niuas.  Wenn  er  S.  147  aagi,  'w- 
Aaivo-vEcpT|c  n'a  jamaia  exisli',  so  halte  ich  das  für  ganz  unwahr. 
Man  wirrt  lange  genug  gebraucht  haben,  bis  man  mit  dem  schwie- 
rigen Worte  fertig  wurde,  aber  ihm  seine  Existenz  abzusprechen 
geht  nur  dann  au,  wenn  man  an  Gr.s  iois  glanbl,  was  ich  nicht 
thnn  kann.  Gr.  hat  20  Gesetze  der  Dissimilation  nufgestellti  nian 
möchte  sagen,  zwanzig  Ge.setze  oder  gar  kein  Geaett  ist  ganz  das- 
selbe,  zumal  man  dort,  wo  Gr.  nicht  Dissimilation  sondern  andere 
Gründe  sucht,  nicht  immer  seiiner  Meinung  sein  muss.  Gr.  hat  aller- 
dings auch  ein  allgemeines  Gesetz  aufgestellt:  La  dissimilation  c'esi 
la  loi  du  plus  fort  (S.  186).  Das  ist  eine  Redensart.  Was  macht 
einen  Laut  zum  EiHrkeren?  Ein  Laut  der  ton  st  Srkeren  Silbe  m  stärlier 
als  ein  anderer,  ein  angelehnter  Rlürker  als  ein  nicht  angelehnter. 
Ein  Laut  gegen  das  Ende  des  Wortes  sei  n-iderstandstUhiger  ais 
einer  im  Anfange  (S.  184).  Das  letztere  ist  wiederum  ganz  falsch 
Tind  unwahr,  und  auch  an  das  andere  glaube  ich  nicht.  Der  Ele- 
griff  "stärkerer"  Laut  ist  undefinierbar.  Grammont  nennt  denLaVl. 
welcher  diBsimiliert.  den  stärkeren  und  sagt  dann,  es  ist  eben  WeMB 
des  stärkeren  Lautes  su  dissimilieren.  Damit  ist  der  schönste  d^ 
culas  vitiosuB  tix  und  fertig. 

Ich  habe  mir  selbst  V.  u.  V.  159  die  Frage,  vorgelegt,  welche 
Laute  sich  beeinflussen  können,  ohne  nebeneinander  zu  stellen,  ich 
sprach  von  der  Wei-tigkeit  der  Ijsute,  und  kam  durch  die  Beob- 
achtung der  Momentänhildungen  zum  Schlüsse,  dass  nur  anuK- 
hernd  gleichwertige  Laute  das  imstande  sind.  Der  psychische  Omnd 
ist,  dass  eben  nur  ein  mit  dem  zu  sprechenden  Laute  gleichwertiger 
assoziiert  wird  und  dann  im  Versprechen  für  jenen  eintritt  d.  h. 
eintreten  kann. 

Aber  gerade  bei  r  /  m  n  ist  es  schwer  zu  sagen,  wann  äe 
gleichwertig  sind  und  wann  nicht.  Ich  habe  den  Eindruck,  data 
sie  unter  Umstanden  auf  einander  wirken  kiintien,  wo  andere  Laute 
das  nicht  imstande  sind. 

Ich  betinde  mich  mit  Gr.  in  doppeltem  harten  Widerspruche: 

1.  Ich  finde,  dass  sich  gerade  gleichwertige  Lame  befehden 
und  flnde  den  Grund  darin,  dasa  gerade  sie  in  assoziativen  Ver- 
bindungen stehen.  Gr.  meint,  der  "stflrkere'  Laut  überwinde  den 
schwächeren,  d.  h.  ein  Laut  der  betonten  Silbe  dissimiliere  den 
entsprechenden  Laut  der  unltetonten  Silbe.  Vgl.  seine  Gesetse 
1—7.  Grammont  seheint  aber  gar  nicht  an  merken,  dass  seine 
n.  Reihe    von  Gesetzen  (8—20),    Gesetze,    "die   nicht  vom  exspira- 


Gramniom  La  tlisaimilatioii  consoiiautique  elc. 


15 


lorJBchen  AkzeDto  abliän^en"  dieser  Aufra^sun^  gauA  uud  ^ar 
den  Boden  entzieht.  Denn:  Wenn  es  13  "Gesetze"  gibt,  wo  die 
Dissimilation  tnüfrüch  ist  ohne  die  Wirkung  des  ex spira torischen 
Akzents,  wer  biirgt  dann  dafür,  daäs  dieser  die  Ursache  ist  bei 
den  7  anderen  "Gesetzen"??  Gramniont  sueht  zwar  auch  ohne 
Akzent  nach  den  Merfemnlen  des  "stärlforn"  Konsonanten,  er  lehrt, 
ein  "anpalehnter"  sei  stfti-lter  als  ein  "nicht  angelehnter".  Das  ist 
aber  wieder  nur  dann  glaublich,  wenn  mau  dem  bildlichen  Auf- 
druck "augelehnt"  eine  Rcalitftt  zuspricht,  die  ihm  durchaus  nicht 
zukonimi.  Wer  kauu  es  glauben,  dass  das  zweit«  p  von  Xapdbpa 
als  "stärker"  ein  XaXclftpioi  hervorgerufen  hat?  Freilich  kann  man 
sagen,  das  zweite  p  von  'Xopübpioi  rauss  das  siflrkere  gewesen  sein, 
denn  sonst  hütte  es  ja  eben  das  andere  nicht  zu  differeuzieren  ver- 
mocht.   Aber  das  sind  nur  Worte,  nichts  als  Worte! 

Was  soll  man  weiter  sagen,  wenu  nach  Gesetz  IT  aus  aatro- 
nötnia  altital.  agtrolömia  wird,  zu  lat.  caeluTn  caerüUtm,  beides  in 
ecUagendem  Gegensätze  zu  der  Wichtigkeit,  wi-.lche  Gr.  dem  Ak- 
zente zuweist?  EbeuMO  öinößpiuToc  aus  flpmbppujToc,  wo  beide  p  in 
un akzentuierter  Silbe  stehen. 

Wie  kann  man  ferner  Beispiele  aus  den  verschiedensten  indo- 
germaniechen  Sprachen  und  den  verschiedensten  zeitlichen  Entwick- 
lungss-tul'en  alle  unter  dem  Gesichtspunkte  des  exspira lorischen  Ak- 
zents Auit^ssen,  wo  es  doch  zweifellos  ist,  dass  der  Akzent  grossen 
nationalen  und  temporalen  Schwankungen  unterliegt? 

2.  Gr.  spricht  von  "Gesetzen",  nnch  denen  die  Dissimilationen 
sich  also  allenthalben  vollziehen  müssen.  Ich  glaube  bis  jetzt  an 
solche  nicht,  denn  alle  Sprachen  enthalten  Wörter,  welche  diEsimi- 
lationsfAhig  sind.  Wir  sagen  noch  immer  "Friedrich",  obwohl  die 
Spanier  Fedrigo  daraus  gemacht  haben.  Dass  -rieh  noch  et,vmolo- 
gisch  klar  sei,  oder  "Heinrich"  mitwirkt,  wird  wohl  niemand  ernst- 
haft glauben.  Zu  solchen  Annahmen  muss  sich  aber  Gr,  verstehen, 
weil  er  seine  "Gesetze"  retten  will.  So  muss  er  S.  181  annehmen, 
dass  man  in  lat.  purpura,  carcer  noch  die  Heduphkation  fühlte! 

Ich  glaube  nur,  dass  die  psychologischen  Voraussetzungen 
aller  Dissimilationen  gesetzmtissige  sind,  und  dass  aus  den  lebenden 
Spruchen  sie  mit  Beatimmiheit  durch  den  Sprechfehler  nachgewiesen 
werden  können,  dass  aber  trotz  dieser  Itegeimässigkeit  der  Antriebe 
doch  die  Dissimilationen  nicht  eintreten  cl.  h.  wenigstens  nicht  all- 
gemein gültiger  Sprachbrauch  werden  müssen. 

Bei  der  Arbeit  Gr.s  macht  mir  das  einen  unangenehmen  Ein- 
druck, dass  er  zuviel  Advokat  ist,  er  gehört  zu  denjenigen  die  alles 
erklären  können.  Ich  war  erstaunt,  wie  ich  plötzlich  las,  dass  er 
niebl  mehr  imstande  sei  lois  zu  erlassen.  Aber  ich  gestehe  ihm 
gerne  zu,  dass  er  sein  Thema  gewiss  nach  RrUften  vertieft  hat. 
Am  meisten  bat  es  mich  gefreut,  dass  auch  er  darauf  kam,  die 
lebende  Sprache  zu  befragen  und  dass  er  sowie  ich  auf  die  Beob- 
achtung des  Versprechens,  der  Sprechfehler  kam.  Ich  halte  daran 
fest,  dass  uns  dieses  über  die  fVmwirkung  der  Laute,  darunter 
die  Laut-  und  Silbendissimilationen,  über  Kontaminationen  (Assozia- 
tionen zwischen  milgedachten  Wörtern^,  die  unglücklich  benannte 
Volksetymologie,  und  auch  über  die  Analogiebildungen  aufklaren 
kann.  Als  Gr.,  nachdem  er  nur  ganz  kurze  Zeit  auf  diese  Dinge 
geachtet  hatte,  sein  Manuskript  mit  den  Worten  versah;  La  questiou 

^eniande  des  recherches  plus  approfondies  war  sein  Wunsch  schon 

wiüllt,  denn  V.  tind  V.  war  schon  gedruckt,  wenn  auch  noch  nicht 

^wgegeben, 

^L         Ich  hoffe,    daas  Gr.    seine  Forschungen    anf  diesem   Gebiete 


14    Fleusburi;  Sludien  auf  dein  Gebiete  der  idg.  Wurselbilduiig. 

foTtsetzeu  wivd,  wie  ich  die  Eneiaigen.  Auf  derBüsis  der  Beohach* 
tung  der  lebendigen  Sprachen  kann  es  nur  ku  Ubereiustimtneuilen 
Besultalen  und  Ansit^lilen  koiunieu.  Gr.s  Budi  wird  gewiss  bei  aUen 
Arbeiten  zu  Uathe  gezognen  werden  müssen  und  seine  Regeln  «raren 
vielleicht  noiwendi);,  wenn  ftuch  nur  um  zu  zeigen,  dHss  man  avi 
rein  juristische  Weise  nidit  zum  Ziele  kommen  kann.  Was  Gr. 
geben  zu  können  glaubte,  ein  einbeitliches  "Gesetz"  für  alle  FSlte. 
entspringt  einer  grotiseu  Selb^itüuschung.  So  weit  werden  wir  viel' 
leicht  in  einem  Menscbenalter  sein,  aber  auch  nur  dann,  wenn  man 
es  sich  angelegen  sein  lässt  die  notwendigen  Vorbedingungen,  Beol^ 
Achtungen  an  der  lebenden  Sprache,  xu  schnffen. 

Wien,  Mai  1897.  R.  Meringer.      ^_ 


Flensburg  N.  Studien  auf  dem  Qebiete  der  indogcrroanisobn 
Wurzelbildung,  nemasiologiBch  -  etymologische  Beitrüge.  I.  Die 
einfache  Basis  ter-  im  Indogermanischen.  Lund  Möller  1897.  XI 
u.  115  S.    Lex.  8".    2,Ö0  M. 

Verf.  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  die  Wurzel  ter-  (in  ai, 
tdrati,  griech.  xtlptu.  lat.  tero  usw.)  nebst  deren  zahlreicheu  Weiter- 
bildungen in  einer  Heihe  von  Monographien  zu  behandeln.  Jeui 
liegt  uns  der  erste  Teil  dieser  Studien  vor,  worin  die  eiufacbf< 
Wurzel  ler-  ausfuhrlieh  besprochen  wird.  In  den  einleitenden  Be- 
merkungen hebt  Verf.  die  Wichtigkeit  derartiger  Untersuchungen 
besonderK  für  die  bisher  etwas  yernachlHssigte  indogeru.  Beden- 
tungtilehre  herror.    Hierin  stimme  ich  ihm  vollkommen  bei. 

Den  Stoff  hat  Verf,  in  folgender  Weise  geordnet.  Zun&chEl 
verteilt  er,  vom  Altindischen  ausgehend,  die  Bedeutungen  der  Wursel 
auf  zwei  Haaptkategorien:  a.)  die  Grundbedeutung  ist  iuieusiv-ite- 
rativ:  (sieh)  hin  und  her,  eili^  oder  unstät  bewegen;  h)  die  Grund- 
bedeutung ist  perfektiv:  hintlber-,  hindurch-  oder  hervor-drlngen 
(■drängen).  Über  die  besonders  in  den  europUischen  Sprachen  her- 
vortretenden Bedeutungen  wird  kurz  bemerkt  (S.  4):  "Aus  dem 
Omndbegriffe  des  Hinundborbewegens  entwickeln  sich  leicht  die  je 
nacli  verschiedeneu  Objekten  wechselnden  Nuancen  des  Reibens, 
Bohrens,  Drehens,  Stossens  u.  a.  m."  Dann  geht  Verf.  zu  einer 
ausfährlichen  Erörterung  mehrerer  einzelnen,  der  Wz.  ter-  aage- 
hörigen  Bildungen  über,  die  ihm  in  morphologischer  oder  scma- 
siologischer  Hinsicht  interessant  erscheinen :  u.  a.  ai.  türa-  und 
turd-\  tärd-  'durchdringend',  tdras  'Stei-ne'  im  Verhältnis  zu  griech. 
Topöc,  Tripo-  (in  xripiui),  hom.  xelpta  usw.;  «i.  tirds,  das  mit  griech. 
T^pac  verglichen  wird,  und  lat.  trans  mit  Verwandten,  zu  deneu 
auch  testi»,  osk.  tristaamentud  gehören  sollen;  griech.  Tpd^ic,  aisl. 
ßartiir,  ahd.  daram  'Darm',  die  zu  aisl.  prmnr  'äussereter  Band*. 
griech.  rdpiin,  T^p^UlV,  lat.  temiinus,  termo  in,  nächste  Beziehung 
gestellt  werden  (aucli  Ttpipivöoc  T^pßivBoc  r^piiivöoc  Tpffitvöoc  sieht 
Verf.  hierher);  griech.  T^pöpo-v,  ai.  tirthit-,  osk,  (eeril7/i,  air.  tlr  Im 
Verhältnis  zu  lat,  terra ;  ai.  tfna-,  got.  paürnus  usw.  Bisweiten  wird 
der  Gang  der  Untersuchung  durch  lungere  E^tkurse  unterbrochen, 
2.  B.  über  die  griechischen  Adjektiva  auf  -v^c,  wobei  Tpnv^c  als 
Ausgangspunkt  dient  (-vtic  soll  auf  die  Wb.  nes-  in  vtotiai  zurück- 
gehen). Zum  Schlüsse  (S.  90  ff.)  stellt  Verf.  das  einschlägige  Sprach- 
materiitl,  insofern  es  nicht  Im  vorhergehenden  Teil  schon  berück- 
sichtig! worden  ist.  übersichtlich  zusammen.  Hieran  knüpfen  sich 
einige  Bemerkungen  über  den  letzten  Grund  des  in  der  fraglichen 


r    Flensburg  Studieri  auf  di-m  Gebieie  diT  idg.  Wurzelbilduno;.     Ifi 

Wurael  hervortretende«  Wechsels  zwischen  perfektiver  und  imper- 
fektiver Bedeutung.  Verl',  sucht  wahrscheinlich  äu  machen,  dass 
die  Wurzelform  fem,  sowie  im  allgemeinen  die  Äif-wunteln,  ur- 
sprünglich perfektii'e,  dagegen  die  Wurxelforni  tere,  sowie  im  all- 
gt^meineu  die  ^Tttf- wurzeln,  nrsprünglich  inipprfektive  Aktionsart 
beaeictinet  hatten.  Im  Altinilischea  sei  ertt  sekundär  im  Verbal- 
system  der  Wz.  tar-  die  perfektive  Bedeutung  verallgemeinert  wor- 
deu.  Im  ÄnBchlnsa  hierau  wird  anch  vermute),  daaH  der  Typus  frr^ 
oder  t'ri  (al.  VI.  Kl.),  welcher  formell  der  Ani('Veihe,  liegritflicli 
aller  der  Sef-reihe  näher  steht,  in  Anlehnung  an  ein  betontes  Ad- 
verb entstanden  »ei  {"pro  trreÜ  ans  •pro  tereti);  Quelle  der  perfek- 
tiven Bedeutung  sei  das  Prüverbium.  —  Den  Schluss  bildet  ein 
Wortregister. 

Wie  vielleicht  z.  T.  schon  aus  dem  eben  gegebenen,  kurzen 
Referate  zu  ersehen  ist,  wären  in  der  Disposition  etwas  grössere 
Klarheit  und  strengere  PlanmSssigkeit  erwünscht  gewesen.  Was 
den  Inhalt  des  Buches  betrifft,  so  ist  tunlichst  anituerkenuen,  daas 
Verf.  bei  seiner  Untersurhung  sorgflllcig  die  neuere  Litteratur  herau- 

g exogen  bat.  Auch  werden  mehrere  neue  Komiiinatioueu  geboten. 
iesen  gegenüber  muss  ich  mich  nhei-  im  allgemeinen  ablehnend 
oder  zweifelnd  verhalten.  Die  Beweisführung  scheint  an  manchen 
Stellen  wenig  überzeugend,  da  anch  ziemlich  nahe  liegende  Ein- 
wände unberüclisichtigt  gelassen  werden.  Es  mögen  einige  kritische 
Kinxelbenierkuugen  folgen,  hauptslichlich  un)  das  Gesagte  zu  he- 
leucbien. 

S.  12  ff.  sucht  Verf.  in  ausführlicher  Auseinandersptüuug  zu 
beweisen,  dass  ai.  tärri-  nicht  mit  griech.  ropöc,  aondern  mit  rrifio- 
(in  Trip^iu)  zusammenzustellen  sei.  M.  E.  Usst  sich  in  dieser  Frage 
nicht«  entscheiden,  wenn  mau,  wie  et,  Verf.  thut,  mit  Brugmanu 
annimmt,  dass  idg.  o  in  oiTener  Silbe  zu  ar.  ä  wurde.  Denn  warum 
muss  lärd-  dieselbe  Laut^tufe  wie  N.  PI.  lärag  enthalten?  Kann 
nicht  das  Altin d.  (er 0-  neben  (Ör- oder  ier-  ererbt  haben?  Übrigens 
wäre  SU  erwiigeu  gewesen,  ob  nicht  das  t  in  ttip^ui  aus  qV  ent- 
standen ist,  vgl.  aksl.  iajq  und  s.  .jetzt  Brugmann  Grundr.*  I,  593.  — 
S.  3ij  wird  griech.  x^pac  'Wunder'  mit  ai.  tir/is  'durch'  verknüpft 
Grundbedeutung  des  griech,  Wortes  «ei  etwa  'Ü  her  sc  h  reitung  des 
natürlichen  Masses'.  Diese  Deutung,  an  die  auch  andere  gedacht 
haben,  ist  vielleicht  möglich,  obwohl  keineswegs  sicher.  Wenn  Verf. 
aber  in  lat.  mcmxtruni  eine  BedeutuugsparalleTe  finden  will  und  das 
lat.  Wort  von  vionei'e  loszureissen  wagt,  um  es  zu  eminere,  mentum, 
mona  zn  stellen  {nwHVtrum  a,  "mont-trutn  soll  eigentlich  'etwas  über 
das  gewöhnliche  Mass  sich  erhebendes',  monstrare  'hervorheben, 
hervorragend  machen"  bedeutet  haben),  so  geht  er  entschieden  Irre. 
Verf.  scheiut  sonderbarerweise  die  MöglichKeit  der  Bedeutungsent- 
wicklung:  'Weisung,  Zeichen,  Wunderzelcheu,  ungeheuer,  wider- 
natürliche Erscheinung'  zu  bezweifeln,  tch  möchte  ihn  darum  an 
lat.  onlentuvt  erinnern.  Dies  Wort  kann  sich  auch  auf  das  'über 
<tas  gewöhnliche  Mass  sich  erheb  ende' ..beziehen,  hängt  aber  dennoch 
mit  OKtendere  'zeigen'  zusammen.  Übrigens  vgl.  Ilt.  rodyklf  (zu 
rOdyii  'zeigen')  =  'Zeiger  an  der  Uhr.  Wegweiser',  aber  anch 'Mon- 
strum, Ungeheuer'.  Über  das  Sutbx  -siro-  im  Lateinischen  und 
Germanischen  vgl.  Osthoff  KZ.  23,  313  ff,  —  Das  vielumstrittene  lat. 
irofti  wird  als  Mischform  von  *träs  a.  *trs  (vgl.  ai.  tirdg  uew.)  und 
/rtim  a.  *//m  gedeutet  (S.  65  ff.).  Wo  findet  sich  aber  eine  PrSpos. 
träm?  Nach  Verf.  in  trämes  'Querweg'  (träm-it-).  Mir  ist  jedoch 
die  alte  Erklärung  viel  wahrscheinlicher,  nach  welcher  trämit-  a. 
'tran»-mU   entstanden  ist:   mit  iHsst  sich  mit  mi-ta  in  si-mita  ver- 


16    Fleusbiirg  Studie 


i  Gebiete  der  idg.  WurKelbildoi 


bluden  und  weiterhiu  zu  tneare,  s 
eriech.  Tpäiiic  in  der  Bed.  'G*geüd  z 
träme»  gewiss  nichts  zu  thun,  In  tarmes  'Holzwarm'  ^Inubi  Verf. 
ein  tarm  'durch'  erkennen  sii  tlürl'en  {tarm-if-  'qui  transii").  Offen- 
bar beruht  das  Wort  aber  auf  einem  tar-mo-  'bohrend'.  —  Die 
Wörter  für  'Darm'  :  aisl.  parmr,  fthrt.  liaram  nsw.  hat  Verf.  m.  E. 
nicht  richtig  beurteilt  (S.  68  1'.)'  Oewies  ist  die  Orundbedeutun; 
nicht  'das  Ausserate',  sondern  'Loch,  Durchgang".  Vgl.  Tpdfiu  ■  t6 
Tpiiwa  Tfjc  gSpac  (dann  auf  den  Atter  mit  Umgegend  übertragen 
^=  dppac  und  'der  enge  Raum  Kwischen  After  und  Schatn*),  l'emer 
nkymr.  cwther  'After,  Mastdarm'  :  kuc9oc  'Höhlung',  lat.  Iilra  'Leer- 
darm'  xu  hlmco  [nach  Danielssonj')  und  äpija  'Darm',  das  ich  mit  lit. 
ilrfd  'Höhle'  zuaamnien stellen  möchte  (vgl.  noch  üpü-ccwh  —  Da« 
Suffix  -meri'  in  tiptia,  tipfswv,  lat.  terminii^,  termo  usw.  sdU  nach 
Verf.  mit  dem  Sapertativsaffis  -fno-  in  nahem  Ziiüammenhang  sieben 
(6.  70  f.).  Aber  wenn  auch  die  genannten  Wörter  'das  Äusserst^ 
bezeichnen,  so  brancht  doch  im  Suffixe  nichts  Superlativisches  zu 
liegen  {vgl.  z.  B,  ir^pac).  Verf.  glaubt  aufh  das  Superlfltivsufflx 
-tho-  =  fti.  -tha-  im  Griecliiscli«n  wiedergefunden  au  haben,  nHmlich 
in  T^ptipov,  das  mit  ai.  llrihd-  zusammengestellt  wird,  und  ausser- 
dem  in  XoicQoc  'der  letzte'.  Dem  ai.  Superlativsuffix  -Iha-  entspricht 
aber  sonst  griech.  -to-  (ai.  caturlhäif  =^  griech.  T^TOproc  r^TpuToc,  ai. 
■iäfha-  =  griech.  -icro-).  Griech.  XoTcÖoc  (zu  lit.  Uidiu  'lasse',  xgl. 
letzt  :  lassen)  kaim  ans  "loid-d/tos  erklärt  werden.  Die  Superlativ- 
bedeutnng  ist  aus  der  Wurzel  ohoe  weiteres  verständlich.  Griech. 
T^p6pov  ist  natürlich  min  dem  Suffix  -d/iro-  gebildet.  Man  kann  es 
hinsichtlich  der  Ableitung  mit  M^Xa-öpov  ('das  Höchste')  vergleichen. 
Daas  in  diesem  Wort  8  sniüxal  ist,  beweist  das,  wie  ich  meine,  da- 
mit zusammengehörige  aksl.  iz-moUti  'emiuere';  zugleich  aber  lehrt 
ai.  mürilhdn-,  dass  6  aus  dh,  entstanden  ist.  Das  -(Aa-  in  flrthä-  ist 
von  dem  in  Hkthä-,  nWtä-  usw.  nicht  verschieden.  —  Verf.  scheint 
nicht  beachtet  zu  haben,  dass  es  neben  der  von  ihm  behandelten 
Wz.  ter-  'durchdringen,  bohren,  reiben'  ein  (er-  =  ster-  'starr  sein; 
starr,  spitz  hervor-  oder  emporragen'  (crepeic,  CTÖp-er),  cröp-BuTE  usw.) 
gibt.  Zu  diesem  können  die  S,  86  ff.  behandelten  Wörter  gehören: 
ai.  tfffit-  "Gras,  Kraut,  Halm',  got.  paümus  'Dorn"  (eig.  'Spitae'). 
air.  träinin  'kleiner  Grashalm'  usw.  Zu  vergleichen  sind  nflmlicli. 
wie  ich  glaube:  preuss.  »tranibo  'Stoppeln'  (Berneker  Die  prenss. 
Sprache  824),  aksl.  stnnb  'Bnlm'  neben  lat.  turio  'Trieb,  Spross, 
Zweig',  vieil.  «ir.  tuirenn  'Weizen';  femer  an.  alor-d  'Gras,  grnner 
Stengel'  und  mit  anderer  Allleitung  mhd.  stui^z-el  'Strunk,  Stengel'^ 
neben  den  Oewächsnamun  griech.  TÖp-b-uXov,  norw.  tor-t  (vgl.  Ehri» 
mann  PBrB.  20,  50,  besonders  aber  Lidön  in  seiner  jüngst  erscbie- 
iienen  Abhandlung  Studien  znr  ai.  und  vergl.  Sprachgeschichte 
S.  17);  dazu  noch  ster-p-  in  lat,  stirps,  lit.  stitpti  'etwas  emporkom- 
men, heranwachsen'.    W.  E.  gibt  es  auch  ein  (er-  =  ster-  'ausbrei- 


1)  Lat.  hlra  ISsst  sich  (wie  ich  gegen  Solmseu  KZ  34.  2  f.  be- 
merken möchte)  nicht  mit  harrt-  in  haruspex,  griech.  x<>ph4  ht.  i&ma, 
an.  gqrn  usw.  unter  einen  Hut  bringen,  «oudem  ist  von  Ai-  in  hUeo 
entweder  direkt  abgeleitet  oder  wenigstens  formell  beoinüussl. 

2)  Eine  nasalierte  Form  liegt  vor  in  «chwed.  glrunt  'knrzer 
Halm',  taU-»tr^nt  'Jahrschuss  der  Fichte',  mhd.  »trunte  'Stumpf. 
Bemerkenswert  ist,  dass  schw«d.  strunl  (vglndd.  strunl)  auch  etwas 
Geringfügiges,  Wertloses  bezeichnet,  Ganz  dasselbe  gilt  nilmlich 
von  ai.  t^a-. 


Flensburg  Studien  auf  dem  Gebiete  der  idg,  Wurzelbildung.     17 

ten'  (lat.  siemo,  aksl.  strana  'Seite,  Gegend'  usw.).  Vgl.  an.  str-in-d 
'Seite,  Land'  (oft  in  Ortsnamen),  nnorw.  strind  'langer  Streifen, 
Seite*,  an.  str-qn-d  'Rand,  Strand'  =  ags.  Strand,  ndl.  Strand,  mhd. 
strant,  nhd.  Strand  und  daneben  lit.  tr-^n-is  'Gegend',  akk.  tr-entq 
dass.  Dazu  wohl  das  oft  behandelte,  vom  Verf.  S.  80  ff.  besprochene 
air.  tir  *Gebiet,  Land'  (ster-  oder  ter-).  —  Mit  den  Wortbedeutungen 
hantiert  Verf.  hie  und  da  etwas  unvorsichtig.  So  nimmt  er  z.  B. 
an  (S.  39  n.),  dass  in  dem  Ausdruck  hostibus  simul  snisque  mon- 
strati  Tac.  Germ.  31  die  vermeintlich  ursprüngliche  Bed.  von  mon- 
strare  'hervorheben,  hervorragend  machen'  noch  erhalten  sei,  und 
S.  84  heisst  es  von  terrenus  und  terrestris :  "In  einigen  Verbindun- 
gen, z.  B.  wo  terrenus  und  tei^estris  im  ausdrücklichen  Gegensatz 
zu  caelestis  verwendet  werden,  lässt  sich  etwa  noch  ein  Anklang 
an  den  ursprünglichen  jenem  .v-Stamm  [d.  h.  dem  vom  Verf.  aufge- 
stellten Stamme  teres-  terss-  'finis*]  anhaftenden  Sinn  erkennen 
('endlich,  mortalis')".  —  Dass  Tpuüuj  in  dem  Ausdruck  oTvöc  c€  TpuÜ€i 
mit  ai.  türvati  'überwältigt'  identisch  sei  (S.  94  n.),  bezweifle  ich. 
Bei  der  Deutung  dieses  Ausdrucks  sind  Redensarten  zu  beachten 
wie  se  perctitere  flore  Lihein  =  sich  betrinken  Plaut.  Gas.  639,  640, 
se  sauciare  flore  Liberi  dass.  Laevius  (?)  bei  Fulg.  exp.  serm.  ant. 
S.  563,  25  M.,  saticitis  'betrunken'  Mart.  III,  68,  6,  ictum  caput  Hör. 
8a t.  IL  1,  24. 

Es  wäre  noch  Manches  hinzuzufügen,  aber  aus  Rücksicht  auf 
den  Raum  breche  ich  hier  ab.  Nur  möchte  ich  zum  Schlüsse  Eini- 
ges von  dem,  was  mir  in  dem  Buche  richtig  oder  wenigstens  be- 
achtenswert scheint,  ganz  kurz  hervorheben. 

S.  2  wird  ÖTpaX^oc  ansprechend  mit  ai.  tarald-  zusammenge- 
stellt; als  unmöglich  kann  man  jedoch  nicht  die  gewöhnliche  Er- 
klärung aus  der  Wz.  tuer-  bezeichnen.  —  S.  11  verwirft  Verf.  mit 
Recht  die  Gleichung  ai.  tlrtha-  'Furt'  =  lit.  tUtas  'Brücke'.  Die 
Grundbed.  des  lit.  Wortes  ist  offenbar  'Gerüst  aus  Brettern,  Bretter- 
boden* (vgl.  üles  'Bodenbrettchen  im  Kahn',  d.  Diele  usw.).  Auch 
das  von  Johansson  IF.  8,  166  f.  mit  tUtas  verglichene  ai.  tata-  *Ab- 
hang,  Ufer'  ist  m.  E.  fern  zu  halten.  Es  kann  mit  tärä-  'Abstieg 
zum  Wasser,  Ufer',  tira-^  tlrtha-  zusammengehören.  -^  S.  50  N.  hat 
Verf.  gleichzeitig  mit  Brugmann  Grundr.^  1,436  und  Johansson  IF. 
8,  182  ff.  den  Gedanken  ausgesprochen,  dass  fiveov  von  fiX6ov  ety- 
mologisch zu  trennen  sei.  Freilich  kann  ich  diese  Annahme  nicht  als 
sicher  begründet  ansehen.  —  Die  S.  92  f.  gegebene  Erklärung  von 
dTcipi^c  halte  ich  für  wahrscheinlicher  als  die  neuerdings  von  Wacker- 
nagel (Vermischte  Beitr.  z.  griech.  Sprachkunde,  Progr.  zur  Rekto- 
ratsfeier d.  Univ.  Basel,  S.  14  ff.)  vorgeschlagene.  Nur  wäre  auch 
an  griech.  xepu-  zu  erinnern  gewesen.  —  Lesenswert,  wenn  auch 
sehr  problematisch,  sind  die  Schlussbemerkungen  über  die  funktio- 
nelle Verschiedenheit  der  Typen  tere-  und  terd-,  sowie  über  den 
Ursprung  des  Typus  trre-.  Eine  kritische  Erörterung  verbietet  der 
Baum. 

Ich  sehe  mit  Interesse  der  Behandlung  der  aus  ter-  abgelei- 
teten Wurzelformen  entgegen. 

Upsala.  Per  Persson. 


Thumb  A.  und  Marbe  K.  Experimentelle  Untersiichungen  über 
die  psychologischen  Grundlagen  der  sprachlichen  Analogiebil- 
dungen.   Leipzig  Engelmann  1901. 

Die  vorliegende  Schrift  enthält  einige  auch  für  die  Psycho- 

Anzeiger  XII  1.  2 


1 


iS      Tliumb  uud  Miirbe  Experimentelle  üiitorBuchungen  usw. 

logte  dvT  Sprache  beacbleuawertc  sprach  geschichtliche  Bemcrlcungun, 
unter  denea  ich  uamoDtlicb  zwei  hervorhebeu  möchte.  Die  eine 
besteht  in  dem  Hinweis  auf  das  aussBrordcntlich  vurbreitote  Vor- 
kommen von  Analogiebildungen  zwiathon  korrelativen  Begriffswiir- 
lern  im  Neugriechiachen  (S,  ö9),  die  andere  iu  der  gewiss  sehr  be- 
rechtigten Hervorhebung  des  bis  dahin  vielleicht  nicht  zureichend 
beachteten  Satzes  "andere  Zeiten  andere  Analogiebildungen"  (S.74fr.), 
für  den  die  neueren  Sprachen,  besonders  auch  das  Deutsche,  mannig- 
fache Belege  enthalten,  leb  muss  demnach  auch  zugeben,  dius, 
wie  Thumb  im  Gegensatz  zu  einer  Ausführung  meiner  Völkerpsycho- 
logie (I,  1,S,  468)  hervorhebt,  komplexe  Analogiebildungen  in  älteren 
Sprachformen,  z.  B.  im  Griechiflcheu,  die  scheinbar  gleichzeitig  nach 
verschiedenen  Richtungen  gehen,  möglicher  Weise  auf  LautAnde- 
rungen  beruhen,  die  zu  verschiedenen  Zeiten  stattgefunden  haben: 
ja  mau  darf  wohl  diese  Entste  hun^s weise  als  die  wahrscheiulichere 
ansehen  (S.  77).  Wenn  aber  die  VeriF.  hieraus  schlieesen,  das,  was 
icli  bei  diesen  Laulassoziationen  die  Wirkung  einer  "Totalkraft" 
genannt  habe,  existiere  überhaupt  nicht,  und  ebenso  könne  die  von 
H.  Paul  sogenannte  "Gruppenbiidung"  immer  nur  als  ein  Vor- 
gang gedacht  werden,  bei  dem  eine  Vorstellung  zunächst  eine 
bestimmte  andere,  dann  diese  eventuell  eine  dritte  attrahierc  usw., 
so  ist  dieser  Schluss,  wie  ich  glaube,  angesichts  der  sprachliehen 
Thntsachen  nicht  berechtigt.  Man  wird  z.  B.  beim  Übergang  von 
lat.  grasig  in  it.  greoe  gewiss  zunächst  an  eine  Wirknag  von 
leois  zu  denken  haben;  warum  aber  nicht  ausserdem  bravis  als 
Hilfsa-ssoziation  mitwirken  sollte,  wie  auch  Meyor-Lübke  annimmt, 
ist  nicht  einzusehen.  Ebenso  ist  der  Übergang  von  nturben  in 
starben  sehr  wahrscheinlich  zuniLchst  durch  den  Sing,  starb  indu- 
ziert; warum  aber  nicht  nebenbei  auch  Relationen  wie  gab  gaben, 
that  Ihaten  u.  a.  einwirken. sollten,  ist  wiederum  nicht  einzusehen, 
um  so  mehr  da  z.  B,  beim  Übergang  von  buk  in  backte  solche  Asso- 
ziationen mit  den  entsprechenden  Flexionsfornieu  anderer  Verba 
{mache  viackte,  lache  lachte  u^w.l  sicherlich  statlfitnden,  bei  diesen 
aber  von  vornherein  keine  bestimmte  einzelne  Wortvorstellung,  son- 
dern eben  nur  eine  ganze  Uruppe  von  soluhen  als  induzierende 
"Totalkral't"  bezeichnet  werden  kann.  Ich  kann  nicht  umhin  xa 
glauben,  dass  in  diesem  Fall  die  von  den  Verff,  ausgerührren  Ässo- 
ziationsexperimente  nicht  erleuchtend,  sondern  trübend  auf  ihre 
Auffassung  der  sprachlichen  Erscheinungen  gewirkt  haben.  Dies 
nötigt  mich,  auf  diese  Assoziations versuche  etwas  nHher  einzugehen- 
Dio  Verff.  legen  Ihren  Experimenten  den  alten  Begriff  der 
Assoziation  zu  Grunde,  nach  welchem  diese  eiji  Vorgang  ist,  bei 
dem  irgend  eine  fix  und  fertig  gegebene  Vorstellung  a  eine  andere 
b  ins  Bewusatsein  ruit.  Auch  geben  ihnen  ihre  Experimente  keinen 
Anlass,  diese  Vorstellunga weise  zu  verlassen.  Denn  sie  bestehen 
darin,  dass  einem  Beobachter  ein  Wort  zugerufen  wird,  worauf 
dieser  mit  einem  assoziierten  Wort  "zu  reagieren  hat.  Damit  ist  von 
Beibat  gegeben,  dass  bei  diesen  Beobachtungen  die  Assoziation  immer 
nur  von  einer  Vorstellung  a  zur  andern  b  und  allenfalls,  wenn  b 
zuerst  gegeben  wird,  auch  von  b  nach  a  fortschreitet.  Dagegen 
ist  die  Möglichkeit,  dass  Elemente  mehrerer  Wort  Vorstellungen 
irgendwie  hei  einer  Assoziation  zusammenwirken,  durch  die  Art 
der  Anstellung  der  Experimeote  so  gut  wie  ausgeschlossen.  Das 
möchte  nun  hingehen,  wenn  sonst  eine  Wahrs<^heinlichkeit  vorUgei, 
dass  dii'  bei  den  Versuchen  stattQndenden  Bedingungen  deu  bei 
der  Entstehung  der  sprachlichen  Analogiebildungen  gegi^benea 
irgendwie  ähnlich  wären.     Davon  ist  {aber   gerade    das  Gegenteil 


Thumb  und  Marbe   Experimentelie  Unlersuchuiiffen  usw,       19 

8er  Fall.    Die  Verff.  bemerken  mit  Hecht,    aller  Erfolg  von  Asso- 
lationeu  hünge  von  der  jeweiligen  "EoustellatioD  äes  Bewusslseins" 
b.    Ich  möt:hte  glauben,  dass  sie  bei  ihren  Assoziationsexperi Dienten 
Uie  "Konatellatiou  des  Bewnsstaeins"  hergestelll:  haben,  welche  der 
ef  den  Analogiebildungen  stattfindenden  Konstellation  so  unlibnlich 
itie  möglich  war.     Bei.  ihren  Experimenten   wird  der  Beobachter 
"äzwongcn,   seine  ganie  Aufmerksamkeit  dem  eugerufenen  Wort 
■zuwenden  und  dann  rasch  sein  Gedächtnis  anzustrengen,   damit 
I  ihm  irg'end  ein  passendes  anderes  Wort  zur  Verfügung  stelle. 
''on  allen  diesen  Einflüsiten  der  Aufmerksamkeit  und  der  willkür- 
Q  Gedächtnisarbeit  ist  bei  der  natürlichen  Sprachbildung  keine 
:  wenn  hier  je  einmal   dem  Sprechenden  eine  neue  Analogie- 
Udung  eaischlüpft,  so  stellt  sie  unjrewolU  sich  ein;  welche  Asso- 
lationen,  und  in  welcher  Richtung  diese  stattgefunden  haben,  dn- 
cn   gibt   er   sich    selbst    wahrscheinlich   gar    keine    Rechenschaft. 
hrum  sind  die  Beobachtungen  von  Meringer  und  Mayer  über  das 
"Versprechen"  so  lehrreich,  weil  hier  die  Bedingungen  der  indivi- 
^Toellen  Erscheinungen   mit   den  generellen   der  Sprache,    wie  wir 
Bnehmcn  dürfen,  sehr  nahe  übereinstimmen.     Diese  Cbereinstim- 
hting  würde  aber  natürlich  nicht  mehr  vorhanden  sein,   wenn  Me- 
fager  und  Mayer,  statt  die  unwillkürlich  begangenen  Versprechungen 
;a  sammeln,  etwa  Experimente  angestellt  hätten,  in  denen  sie  ihren 
leobachtern  Wörter  vorsprachen,  mit  der  Aufforderung,  sie  falsch 
'^UKttsprechen.  Da  man  nun  die  eigentümlichen  Bedingungen,  die  bei 
a  Entsiahung  der  Analogiebildungen  wirksam   waren,  in  künst- 
;hen  Experimenten  niemals  nachahmen  kann,  da  aber  anderseits 
tie  sprachlichen  AssoKiationen  überhaupt  ein   Erschoinungsgebiet 
Uden,  auf  dem  sich  die  Wirkungen  der  Assoziationtiprasesse  nach 
toer  natürlichen  Entstehungs weise  in   einer  besonders  (günstigen, 
ttvh  die  Spracbe  fixierten  Form  darbieten,  so  ist,  wie  ich  meine, 
ir  zweckentsprechendere  Weg  der,  dnss  man  hier  aus  den  sprach- 
dken  Eracheinungen  auf  die  psychologiHchen  Prozesse  Rückschlüsse 
«cht,  statt  umgekehrt  auf  die  sprachlichen  Vorgange  aus  Esperi- 
enteu  zu  schhessen,  die  unter  gänzlich  abweichenden  Bedingungen 
Bsgeführt  worden  sind.    In  der  That  nehmen  ja  auch  die   VerfT. 
Dinen  Anstand,  auf  Grund  sprachlicher  Analogiebildungen  zu  be- 
küpten,    dass  die  Pronomina  ich  und  du   in  doppelter  Richtung 
HDEiatir  auf  einander  wirken  können,  obgleich  sie  in  ihren  Ver- 
lieben nur  die  Assoziation  icA— t/u  beobachtet  haben  (S.  tiO).    Eben- 
I  wärden  wir  uns  schwerlich  abhalten  lassen,   bei  den  indoger- 
'm&ni-ichen  Verwandtschaftsnamon  Vafei;  Mutter  usw.  eine  begriff- 
liche Assoziation  anzunehmen,  auch  wenn  diese  sich  nicht  in  den 
künstlichen  AssoziationBeiperimenien  ebenfalls  als  eine  sehr  häufige 
her  Ausgestellt  hlttte.  Wo  so  offenkundige  Assoziationen  in  der  Sprache 
vorhanden  sind,  da  bedarf  es  eben  keiner  besonderen  Assoziations- 
experimente, um  sie  zu  verifizieren;  und  wo  umgekehrt  die  sprach- 
lichen Assoziationen  nicht  an  und  für  sich  feststehen,    da  können 
sie  auch  durch  AssoKiationaesperimente  nicht  wahrscheinlich  gemacht 
werden.    Niemand  wird  z.  B.  annehmen,  dass  in  allen  den  Sprachen, 
in  denen  keine  offenkundigen  Analogiebtldungen  zwischen  dem  Vater- 
and  MutCernamen  stattfinden  —  und  sie  bilden  bekanntlich  die  un- 
geheure Majorität  der  Sprachen  der  Erde  —  döJialb  doch  irgend 
«■ine  heimliche  Lautassoziation  angenommen  wöFden   müsse.     Die 
Assoziationsexperimente  der  Verff.  haben  also,  wie  ich  glaube,  für 
die  verdienstvollen  sprachlichen  Bemerkungen  der  Schrift  gar  keinen 
positiven  Ertrag  abgeworfen,  —  wohl  «her  den  negativen,  dass  die 
Verff.  durch   die   ihren  Experimenten  zu  ti  runde  liegende  Voratol- 


20      Thumb  und  Marbe  Experimentelle  Untersuchungen  usw. 

lung  vom  Wesen  der  Assoziation  verhindert  worden  sind,  die  sprach- 
lichen Erscheinungen  selbst  für  die  Analyse  der  Assoziationspro- 
zesse zu  verwerten.  In  der  That  bin  ich  der  Meinung,  dass  es- 
neben  gewissen  normalen  optischen  Täuschungen  kein  dankbareres 
Gebiet  für  das  Studium  der  elementaren  Assoziationsvorgänge  gibt 
als  gerade  die  sprachlichen  Analogiebildungen.  Die  Verff.  stellen 
sich  auf  den  entgegengesetzten  Standpunkt.  Sie  sind  der  Meinung, 
das  psychologische  Experiment  erst  müsse  beweisen,  dass  die  in  der 
Sprache  gefundenen  Assoziationswirkungen  auch  wirklich  Assozia- 
tionen seien  (S.  9),  obgleich  sie,  wie  oben  bemerkt,  selbst  keineswegs 
an  dieser  Forderung  festhalten.  Ich  kann,  abgesehen  von  der  totalen 
Verschiedenheit  der  Bedingungen  in  beiden  Fällen,  diese  Meinung 
auch  deshalb  nicht  teilen,  weil  der  von  Thumb  ausgesprochene  Satz 
"neue  Zeiten  neue  Analogiebildungen"  doch  schliesslich  nichts  anderes 
bedeutet  als  "neue  Zeiten  neue  Assoziationen".  Darum  kann  aber 
auch  die  Voraussetzung,  dass  bei  den  Experimentatoren  von  heute 
noch  die  gleiche  "Konstellation  des  Bewusstseins"  vorhanden  sei,  die 
zur  Zeit  bestand,  als  eine  sprachliche  Analogiebildung  eintrat,  nicht 
als  allgemeingültig  zugestanden  werden.  Natürlich  werden  ja  gewisse 
Assoziationen  vor  Jahrtausenden  gerade  so  gut  wie  noch  heut  zu 
Tage  eine  gewisse  Rolle  gespielt  haben,  wie  z.  B.  die  von  Vater 
und  Mutter,  von  gross  und  kleiUy  von  ich  und  du  usw.  Gleichwohl 
würde  es,  auch  wenn  man  iicich  solchen  allgemeinsten  Richtungen 
eine  Konstanz  der  Bewusstseinsbedingungen  für  wahrscheinlich  imd 
derartige  Experimente  überhaupt  für  massgebend  hielte,  wohl  kaum 
zu  billigen  sein,  dass  die  Verff.  von  vornherein  bei  ihren  Versuchen 
nicht  der  Assoziation  einen  freieren  Spielraum  gegönnt  haben.  Ihre 
Versuche  sind  nUmlich  ganz  und  gar  auf  die  Bevorzugung  be- 
stimmter Assoziationen  angelegt.  Denn  sie  riefen  jedem  Beobachter 
in  jeder  Sitzung  60  Worte  in  beliebiger  Reihenfolge  zu,  die  derart 
verteilt  waren,  dass  10  Verwandtschaft^snaraen  {Vater,  Mutter  usw.), 
10  Adjektiva  (gross,  klein  usw.),  10  Pronomina  {ich,  du  usw.)  vor- 
kamen (S.  18),  wobei  sie  dann  allerdings  noch  gelegentlieh  andere 
Wörter  einschalteten,  die  nicht  zu  diesem  Versuchsmaterial  gehörten 
Immerhin  war  dadurch  von  vornherein  die  Assoziation  korrelativer 
Begriffe  so  sehr  bevorzugt,  dass  nicht  nur  wiederum  eine  von  den 
sprachlichen  Assoziationswirkungen  möglicher  Weise  abweichende 
Bedingung  geschaffan  war,  sondern  dass  aus  dem  Resultat  über- 
haupt kaum  auf  die  natürliche,  ohne  solche  induzierende  Einflüsse 
stattfindende  Affinität  der  Wort-  oder  Bedeutungsvorstellungen  ge- 
schlossen werden  kann.  W.  Wundt. 


Lidön  E.  Studien  zur  altiadischen  und  vergleichenden  Sprachge- 
schichte (=  Skrifter  utgifna  af  K.  Humanistiska  Vetenskapssam- 
fundet  i  Upsala.  VI,  1.]  Upsala  1897  [erschienen  März  1900].  ö«. 
108  S. 

Die  von  Gelehrsamkeit  und  Belesenheit  in  der  sprachwissen- 
schaftlichen Litteratur,  wie  von  Scharfsinn  zeugende  Schrift  behan- 
delt in  bunter  Folge  eine  Anzahl  indogermanischer  Wortsippen, 
bes.  solche,  die  einen  oder  mehrere  Vertreter  im  Altindischen  haben. 
Am  meisten  Beacjjtung  scheinen  mir  etwa  folgende  Kombinationen 
zu  verdienen: 

S.  1—20:  ai.  gunci-  'Schnur',  dessen  n  Schwierigkeiten  machte, 
so  lange  man  das  Wort  mit  av.  gaona-  'Farbe'  zusammenstellte,  be- 
ruht, indem  es  auf  älteres  *gnid-  zurückgeht,  mit  ai.  jäla-  'Netz' 
und  ai.  Jatä  'Haarflechte'  (wo  jedoch  das  J  st.  g  Schwierigkeit  macht, 


Xiid^n  Studien  zur  altind.  und  vergleichenden  Sprachgeschichte.    21 

auf  einer  in  verbalem  Gebrauch  nirgends  belegten  Wz.  ger-  'dre- 
hen, flechten*.  Aus  ihr  sind  andere  Wurzelformen  von  gleicher 
Bedeutung  weitergebildet,  so  ger{e)8  in  griech.  Y<ipcava  'Gestrüpp'  : 
an.  kiarr  *Gebüsch';  ger{e)bh'  in  ai.  grapsa-  glapsa-  'Büschel'  und 
<i.  Krippe  u.  Verwandten;  ger(e)g'  in  griech.  y^PT^Ö^^c  'aus  Weiden 
g'eflochtener  Korb*;  grenth-  in  ai.  grantha  'winden*,  wovon  L.  griech. 
Tpövöoc  Taust'  und  d.  Kranz  abtrennt.  Letzteres  stellt  er  zu  lit. 
grandis  'Armband*.  —  S.  20—29:  Aus  Wz.  neg-  'weben,  flechten' 
stammen  ai.  vägiirä  'Fangstrick*,  lat.  velum  veddllum.  —  S.  31 — 37 
ai.  naga-  'Berg.  Baum* :  d.  Nachen  (eig.  Baum)  griech.  ößaH  'Bret*.  — 
S.  37  ff.  ai.  säta-  'Schale'  lit.  semiü  'schöpfen*.  —  S.  39  ff.  ai.  fakra- 
*Buttermilch'  :  neuisl.  pel  id.  —  S.  44.  asida-  'Sichel*  Präkritismus 
bei  Äpastamba  von  ig.  ak-  'schärfen'.  —  S.  46  ai.  laiiga-  'lahm'  :  lat. 
ianqueo  d.  link,  —  S  50  ai.  kalka-  'Koth*  :  ags.  horh  'Schmutz*.  — 
S.  60  ff.  ai.  Isd  'Deichsel.  :  slav.  oje  usw.  id.  Ebendazu  griech.  olr^iov 
otaH  'Steuerruder*,  und  auf  n-  und  r-Bildungen  beruhend  lit.  Bia 
^Deichsel*  an.  dr  'Ruder*.  —  S.  66  lat.  algor  'Frost*  :  nisl.  elgur 
^Schneegestöber'.  —  S.  69  ff.  ai.  ydksma-  'Krankheit' :  &s\.j^dpa  id.  — 
S.  71  ff.  d.  Imme  eigtl.  'Bienenschwarm*  zu  air.  imbed  'Menge'  griech. 
^<p€ioc  'Reichtum*  lat.  omnis.  —  Den  Schluss  von  S.  79  an  bildet 
«ine  Besprechung  altindischer  Wörter  mit  -nd-^  wie  danda  'Stock* 
ändd-  'Ei*  m,anduka-  'Frosch'  usw.,  in  denen  sämtlich  -nd-  im  Sinne 
Fortunatovs  auf  ig.  Ind  zurückgeführt  wird,  wobei  l  in  der  Regel 
als  wurzelhaft  ist,  das  nd  als  suffixal  gefasst  wird.  Der  Verf.  ver- 
weist für  dieses  auf  die  inzwischen  in  der  gleichen  Sammlung  er- 
schienene Schrift  Perssons  "De  origine  vi  primigenia  gerundii  et 
gerundivi  latini." 

An  verschiedenen  Stellen  sind  hübsche  semasiologische  Ex- 
kurse eingestreut  (S.  33  über  Ausdrücke  für  'Berg*  und  'Baum*  und 
für  'Kahn*,  S.  68  und  85  über  Tiernamen,  S.  93  über  Benennungen 
von  Körperteilen).  S.  14—17  wird  Bezzenbergers  Regel  bekämpft, 
dass  ig.  th  hinter  Konsonanten  urgermanisch  zu  t  werde;  S.  36  f. 
ebenso  die  Annahme,  dass  u  urgerm.  zu  kij  werden  könne:  ahd. 
quec  usw.  'lebendig*  beruhe  auf  gebrochener  Reduplikation,  ae. 
tacor  usw.  'Schwager*  auf  Kreuzung  des  ig.  daivr-  mit  einem  aus 
lit.  laigönas  'Bruder  der  Ehefrau*  erschliessbaren  laigr-, 

Bei  manchem,  was  der  Verf  bringt,  namentlich  unter  dem 
oben  Verzeichneten,  ist  Ref.  überzeugt.  Aber  S.  29  durfte  bei  ai. 
rfi^a-  die  Bedeutung  'klebrig*  nicht  zur  Grundlage  des  Etymolo- 
gisierens  gemacht  werden;  sie  liegt  bloss  im  Bhägavata  Puräna 
vor.  kann  demnach  auf  purem  Missverständnis  beruhen.  —  Weiter 
ist  S.  42  bei  doraika)-  'Strick*,  angeblich  verwandt  mit  anord.  tiöpr 
'Strick',  die  Nebenform  davaraika)-,  worauf  jenes  anscheinend  zu- 
rückgeht (Zachariä  Gott.  Gel.  Anz.  1898,  472),  übersehen.  —  S.  48 
u.  93  wird  für  Kä^haka  ble^ka-  'Schlinge*  mit  nachträglicher  Beru- 
fung auf  MS.  3,  6,  10  vle^ka-  angesetzt,  obwohl  auch  im  letzteren 
Text  eine  der  drei  Handschriften  h  bietet,  also  vorerst  hle^ka-  als 
überliefert  zu  gelten  hat:  wogegen  etymologische  Möglichkeiten 
nichts  beweisen. 

Auch  die  phonetischen  Anschauungen  des  Verf.  kann  ich  nicht 
völlig  teilen.  S.  5  nimmt  er  ohne  Begründung  an,  dass  die  Laut- 
folge art{h)  ai.  zu  at{h)  werden  könne  mit  einfachem  Cerebral  hinter 
kurzen  Vokal.  S.  6  setzt  er  jüta-  'Haarflechte*  mit  jatä  gleich,  sta- 
tuiert also  beliebiges  Eintreten  von  r  oder  f  bei  derselben  Wurzel; 
man  kommt  aber  mit  der  alten  Erklärung  des  Wortes,  die  bei  BR. 
vorliegt,  durch,  wenn  man  sie  dahin  modifiziert,  dass  jüta-  eine 
»uter  dem  Einfluss  von  jafä  eingetretene  Umgestaltung  von  cüda- 


22    Ulileiiheck  Kurzgefasstea  etyinolog.  Wörterbuch  der  «i.  Spraeliix 

"Willst"  ist.  Ferner  heaiislande  ich  die  Verbindung  von  ai.  kilbifa- 
'Stinde'  mit  karbu(ra)-  'bunt'  S.  50,  da  it  nud  ar  niL'ht  tnit  eiusnder 
ablauten.  —  Aucb  vom  Standpunkt  der  griediischen  Laotlehre  habe 
ich  einige  Einwendungen  xu  erbeben,  f^ppov  soll  l'ür  jipcov  stehen 
S.  7,  alx  ob  nir  Dorisch  und  Ionisch,  in  welchen  Mnndarten  das 
Wort  schon  in  alter  Zeit  vorkoinml,  der  Übergang  von  pc  in  pp 
gesichert  wäre.  Und  wer  wie  der  Verl'.  S.  51  cfimu  mit  ai.  kyäku- 
TPlIa"  zusammen  bringt,  Hollte,  doch  erklRren,  warum  es  dann  altiscK 
nicht  *Ty|iruj  heisst  wie  -rfiu^pov,  TfjTec,  ä--na  usw. 

Zum  SchlusB  sei  auch  hier  hervorgehoben,  was  der  Verf.  S.  108 
bemerkt,  rtass  die  Seiten  1—87  seiner  Schrift  schon  Mai  1897  ge- 
druckt und  in  einigen  wenig-en  Exemplaren  veröffentlicht  wurden. 
Er  ergibt  sich  damit  als  Urheber  einer  Reihe  scharfsinniger  Deu- 
tungen, die  man  ohne  Namensnennung  in  Uhlenbecks  Kurzgefast- 
tem  Etymologischem  Wörterbuch  der  Altindischeii  Sprache  las  (svv. 
jäla-  jihmtt-  darditra-  blsfka-  langa-  rägma-  und  vielleicht  aucb 
sonst),  und  die  man  geneigt  war  diesem  Gelehrten  zuzuschreiben. 
Womit  der  bona  tidps  Uhlenbecks,  der  überhaupt  seine  Gewährs- 
manner im  Einzelnen  nicht  nennt,  durchaus  nicht  zu  nahe  getreten 
werden  soll. 

Basel,  10.  April  1900.  Jakob  Wackernagel. 


Tnilenbeck  Dr.  C.  C.  KurzgefasstesEtvmologiacheH  Wörterbuch  der 
aicindischen  Sprache.  Amstertlam  Joh.  Müller  1898/9.  XII  und 
367  S.   8«. 

Im  Vorwort  meint  der  Verf.,  es  sei  die  Zeit  für  ein  etymolo- 
gisches Wörterbuch  der  altindischen  Sprache,  das  seinen  Namen 
mit  Recht  führen  dürfe,  bei  weitem  noch  nicht  gekommen.  Sein» 
"anspruchsloHe"  Arbeit  solle  nur  ein  bequemes  Handbuch  für  den 
Forscher  sein,  daa  ihn  zu  weitern  Untersuchungen  anrege.  Mit  der 
in  der  Anlage  ganz  verschiedenen  Leumannschen  Arbeit  trete  er 
"selbstverständlich"  nicht  in  Konkurrenz.  Ich  bin  der  Ansicht,  es 
lag  an  sich  kein  Grund  vor,  dem  Wettbewerb  mit  dem  "Etymolo- 
gischen Wörterbuch  der  San skrilsp räche"  der  Gebrüder  Leümann 
aus  dem  Wege  zu  gehen.  Wird  denn  überhaupt  daa  Leumannsche 
Buch,  von  dem  bisner  sieben  Bogen,  d.i.  etwa  der  vierte  Teil  ge- 
druckt sind,  auch  wirklich  zu  Ende  kommen?  Die  Thatsache,  dafjt 
der  Druck  nun  schon  seit  sechs  Jahren  stockt,  erweckt  keine  gün- 
stigen Hoffnungen.  Und  soviel  scheint  Tnir  gewiss,  dass  bis  Kum 
Erscheinen  des  Buchs  ein  guter  Teil  des  bereits  Gedruckten  ver- 
altet sein  wird.  Würde  der  Verf.  in  der  Anlage  seines  Werks  sich 
an  das  Leumaunsche  angeschlossen  haben,  so  wflro  sicher  stune 
Gabe  eine  um  vieles  dankenswertere  geworden.  Der  Verf.  ver- 
GChmHht  jede  LItteraturangabe.  Wer  nun  freilich  alles  mit  Auf- 
merksamkeit verfolgt  hat,  was  in  den  letzten  zehn  Jahren  etwa  über 
Grammatik  und  Etymologie  des  Altindischen  insbesondere  in  Deutsch- 
land geschrieben  worden  ist,  der  wird  es  ja,  für  die  meisten  Falle 
wenigstens,  im  Kopf  haben  oder  doch  leicht  ausfindig  machen  kBn- 
nen,  wer  die  vom  Verf.  angenommene,  gelegentlich  aucb  bekftmplte 
Etymologie  aufgebracht  hat  —  von  solchen  natürlich  abgesehen, 
die  langst  Gemeingut  geworden  sind.  Aber  wie  gross  ist  wohl  die 
Zahl  der  Gelehrten,  die  das  von  sich  behaupten  dürfen?  Und  das 
lernende  Geschlecht  —  wie  soll  das  sich  zurecht  finden?  Sii  steht 
es  ja  doch  nicht,  dass  alle  in  dem  Bach  begutachteten  Zusammen- 
stellungen Jedem  ohne  weiteres  einleuchten,  und  ebenso  wenig  sind 
die   darin   abgelehnten    ohne  weiteres  als  thatsächlith   verfehlt   xa 


Uhlenbeck  Kurzgefasstes  etymolog.  Wörterbuch  der  ai.  Sprache.    23 

bezeichnen.  Man  muss  die  Gründe  kennen,  die  den  Urheber  auf 
seine  Etymologie  gebracht,  mit  denen  er  seine  Etymologie  gestützt 
hat:  erst  dann  wird  der  Leser  in  zahlreichen  Fällen  in  der  Lage 
sein,  sich  für  oder  gegen  die  vom  Verf.  vorgetragene  Ansicht  ent- 
scheiden zu  können.  So  z.  B.  S.  101,  wo  zu  dem  mit  Aw.  hizvä-  zu- 
sammengestellten ai.  jihvä'  F.  'Zunge'  bemerkt  wird  "Die  Lautver- 
haltnissc  sind  dunkel  (ai.  j  :  iran.  h).  Die  Versuche  jikvä-  und 
hizvä'  mit  lat.  lingua  .  .  zu  vermitteln,  sind  insgesamt  als  verfehlt 
zu  betrachten.*'  Ich  gebe  da  dem  Verf.  ganz  Recht.  Aber  wer  hat 
denn  die  verstreute  Litteratur  —  seit  dem  Jahr  1891:  Meringer 
SWienAW.  125  II,  1;  Johansson  IF.  2,  1;  Collitz  Or.  Studies  of  the 
Or.  Club  of  Philadelphia  167;  Bloomfield  AJPh.  16,  426;  Wackernagel 
AiGr.  1,  161,  163;  Fay  JAOS.  16,  CCXXVIII  —  gleich  so  zur  Hand? 
Der  Verf.  muss  ja  doch  die  Litteratur  zusammen  gehabt  haben,  als 
er  jene  angeführten  Worte  schrieb,  es  hätte  ihm  also  ihre  Mitteilung 
so  gut  wie  keine  Mühe  gekostet.  Das  Buch  wäre  so  um  ein  Weni- 
ges teuerer,  aber  um  Vieles  nützlicher  und  brauchbarer  geworden. 
Auf  der  andern  Seite  würde  ich  auch  gar  Manches  gerne  entbehren 
von  dem,  was  der  Verf.  bringt.  Der  Artikel  dvdr  z.  B.,  S.  133  f., 
nimmt  20  Zeilen  ein.  Warum  aber  werden  wir  denn  mit  fast  allen 
verwandten  Wörtern  —  aus  dem  Aw.,  Ap.,  Np.,  Arm.,  Alban.,  AksL, 
Griech.,  Lat.,  Ir.,  Kymr.,  Got.,  Anord.,  Ags.,  Ahd.  —  bekannt  ge- 
macht? Das  Buch  will  doch  kein  vergleichendes  Wörterbuch  der 
indogermanischen  Sprachen  sein,  sondern  nur  ein  solches  der  alt- 
indischen Sprache.  Ist  es  da  nötig,  die  germanischen  Verwandten 
gleich  aus  vier  germanischen  Dialekten  anzuführen?  Das  eine  got. 
daur  hätte  vollauf  genügt.  Und  war  es  nötig,  neben  griech.  eOpä 
auch  noch  ÖupaZc^),  6upäci,  eOperpov,  Gupubv,  neben  lat.  fores  auch 
noch  foräs  und  fo7n8  zu  verzeichnen?  War  es  nötig,  unter  dvd 
'zwei'  ebd.  nicht  nur  got.  hvai,  fwöSj  twa,  sondern  auch  noch  an. 
tveir,  tv€kr,  tvau,  ags.  tuegen,  ticä,  tu  und  ahd.  zuMe,  zwöj  zwei 
einzustellen?  S.  noch  beispielsweise  die  Artikel  röhita- Aäj.,  vdnati 
Praes.  Durch  Sparsamkeit  in  diesem  Punkt  hätte  sich  der  grösste 
Teil  des  für  Litteraturangaben  notwendigen  Raumes  beschafiTen 
lassen. 

Und  noch  in  andrer  Hinsicht  hätte  gespart  werden  können. 
Der  Verf.  führt  eine  Menge  von  Wörtern  auf,  lediglich  um  von  ihnen 
mitzuteilen,  dass  sie  unerklärt  oder  nicht  genügend  erklärt  seien. 
Ich  frage  mich  vergeblich,  wozu  das?  Vgl.  z.B.  S.  105  f.  Die  Ver- 
zeichnung solcher  Wörter,  deren  Erklärung  überhaupt  noch  nicht 
versucht  worden  ist^),  konnte  vollständig  unterbleiben.  Bei  den 
andern  aber,  für  die  schon  irgend  einmal  eine  Etymologie  aufge- 
stellt wurde,  hätte  —  wie  es  ja  auch  wirklich  ab  und  zu  geschieht, 
z.  B.  S.  48  zu  kalakaSj  kalevaras,  s.  u.  —  auf  diese  Thatsache  hin- 
gewiesen und  bemerkt  werden  sollen,  dass  es  damit  nichts  sei.  Es 
wäre  da  doch  gar  manches  zu  ergänzen.  Zu  kalaha-  M.  \Streit* 
wird  gesagt  "Mit  griech.  tt6X€)hoc  .  .  hat  das  Wort  natürlich  nichts 
zu  schaffen."  Gewiss  nicht.  Aber  zahlreiche  andre  Gleichungen, 
die  übergangen  werden,  sind  auch  nicht  schlechter. 

Warum  nevia-  Adj.  'halb*,  das  richtig  mit  Aw.  naema-j  np. 
nim^  warum  kanydpa-  M.  'Schildkröte*,  das  richtig  mit  Aw.  kasyapa-, 
warum  varähd-  M.  'Eber*,  das  richtig  mit  Aw.  varäza-  verglichen 
wird,    für  "unerklärt"  oder  "nicht  genügend   erklär:"   ausgegeben 

1)  So!    Im  Buch  fälschlich  uilt  ä. 

2)  Vielfach  sieht  man  ja  von  vornherein  klar,  dass  jeder  Ver- 
such der  Erklärung  aussichtslos  ist. 


24    Uhlenbeck  Kurzgefasstes  etymolog.  Wörterbuch  der  ai.  Sprache. 

werden,  verstehe  ich  nicht.  Soll  denn  jedes  beliebige  Wort,  auch 
wenns  ein  Tiername  ist,  nur  dann  für  "erklärt**  gelten  dürfen,  wenn 
man  es  glücklich  mit  einer  Verbalwurzel  in  Zusammenhang  gebracht 
hat?  ''luvencus  iuvare  qul  iam  ad  agrum  colendum  posset*'?  Zu 
gardäbhd-  M.  'Esel'  wird  bemerkt  ''vielleicht  eigl.  'der  geile"*.  Es 
ist  gewiss  richtig  "Der  Esel  ist  ein  geiles  Tier  und  war  als  solches 
den  Indern  bekannt"  (Ved.  Studien  1, 83).  Aber  ob  er  seinen  Namen 
davon  bekommen  hat,  mag  der  Himmel  wissen.  Jedenfalls  halte 
ich  die  Zusammenstellung  von  ai.  gardabhä-  mit  ags.  coU  'junger 
Esel,  Fohlen'^)  für  wertvoller  —  wenn  ich  auch  nicht  weiss,  was 
das  Wort  "eigentlich'*  besagt  — •,  als  eine  Deutung  des  Worts  für 
Esel  auf  Grund  einer  Eigenschaft,  die  doch  auch  noch  bei  recht 
Aiel  andern  Kreaturen  zu  beobachten  ist.  Eine  zweite  hervor- 
stechende Eigenschaft  des  Esels  muss  wohl  die  Härte  sein.  Denn 
"kharas  M.  'Esel',  Av.  x^^^y  ^^P-  X^'"*  ist  eine  Substantivierung  von 
kharas  'hart,  rauh*  *';  s.  S.  74.  Für  derartiges  mangelt  mir  das  Ver- 
ständnis. 

Die  Zahl  der  übersehenen  richtigen  Wortgleichungen  ist  nicht 
unerheblich.  Insbesondere  würde  der  Verf.  bei  genauerer  Kenntnis 
des  Iranischen  sein  Buch  um  manche  Etymologie  bereichern  haben 
können.  Z.  H.  wird  käijLruhi  als  unerklärt  bezeichnet,  S.  41 ;  s.  aber 
np.  kahar,  IFAnz.  4,  23,  GlrPh.  Ib,  95.  Desgleichen  menijj^,  S.  232; 
s.  aber  gAw.  maenis^  Geldner  Festgr.  Boehtlingk  31.  Ebenso  heisst 
es  von  tvafi  'der  eine,  mancher',  es  sei  unerklärt,  S.  119;  s.  aber 
gAw.  {>wat]  Kaegi  Rigveda«  198,  KZ.  30,  537.  Weitre  solche  Fälle 
sind  z.  B.: 

äghnyä'  F.  :  gAw.  ayBnyä*  F.  'melke  Kuh*;  Bthl.  AF.  3,  39. 
[5]   adhdJi  Adv.  :  gAw.  «rfä;  Bthl.  AF.  2,  159. 

dpnas-  N.  :  jAw.  afnah'vant-;  ZDMG.  43,  669. 

aram  Adv.  :  jAw.  aram^  gAw.  ardm. 

irßyati  Praes.  :  jAw.  aritHyantam\  IF'Anz.  8,  13. 

uksdti  Praes.  :  jAw.  uzuxsäne^  vax^a  vaxsyente,  uxsyeiti;   KZ. 
KZ.  2.5,  483,  GIrPh.  1,  217,  230. 
[10]   udhar  N.  'Kälte'  (fehlt)  :  gAw.  aod<fra,s;  KZ.  30.  523. 

i'ihati  Praes.  :  gAw.  paityaogat'i  IF.  4,  123. 

rjrd-  Adj.  (rjräsva-  M.,  EN.)  :  jAw.  drdzräspahe. 

öhate  Praes.  :  gAw.  nzdmöhl\  BB.  14,  21. 

kartdj  käfä-  M.:  jAw.  rouru.kasam,  mp.  fräx^kart]  ZDMG.  48,512. 
[15]   karsti-  F.  :  jAw.  karmyd;  IF.  9,  276. 

kr^d-  Adj.  {kfMsra-  m.  EN.)  :  jAw.  k^r^säspö. 

ksäta-  Adj.,   cak.'<e  Perf.  (fehlt)  :  jAw.  xsäta-^  caxse\  WklassPh. 
1897,  656. 

k^dmate  Praes.  :  gAw.  xs(inm7me'^  Bthl.  AF.  3,  57;  Preuss.  Jahrb. 
88,  79. 

gudhyati  Praes.  (fehlt)  :  afy.  äyuatql^  ABayrAW.  20  1,  173. 
[20]   cakracäkd-  M.  :  mp.  caxrväk;  GlrPh.  Ib,  53;  doch  s.  auch  SBE. 
24,  108. 

carkarti  Praes.  :  jAw.  cardk^ramahl;  GlrPh.  1,  71. 

clra-  N.  :  np.,  afy.  c^lr;  ABayrAW.  20  1,  174. 

chidrd'  N.  :  jAw.  sidaranqm;  IF.  8.  253. 

jdvafe  Praes.  :  jAw.  {mosu  7ne)  java  [avaidhe). 
[25]  jögure  Praes.  :  jAw.  gaos'^  KZ.  30,  519. 

1)  Sie  verhalten  sich  zu  einander  etwa  wie  griech.  eXaqpoc  und 
lit.  elnis.  —  Der  Verf.  stellt  ags.  colt  mit  ai.  gaday-  M.  'junger  Stier 
zusammen  (S.  76)  und  erklärt  die  Verwandtschaft  von  gaday-  mit 
gardäbhd-  M.  für  unwahrscheinlich. 


XJhlenbeck  Kurzgefasstes  etyraolog.  Wörterbuch  der  ai.  Sprache.    25 

jöhaviti  Praes.  :  gAw.  zaozaomJ;  GIrPh.  1,  1J)2. 

tuhina-  Adj.  :  jAw.  taozya\  Fick  Wb.*  1,  222.     Eine,  wennschon 

unsichere,  so  doch  wenigstens  mögliche  Etymologie. 
dddhjr^ay-  Adj.  (fehlt)  :  ap.  dädarHH. 
dramati  Praes.  :  jAw.  handramana  (Yt.  11.  6). 
[3o]   dvitd  Adv. :  ap.  duvitä^^  gAw.  daihitä,  daibitänä ;  ZDMG.  50, 130, 

KZ.  36,  135,  Preuss.  Jahrb.  88,  246. 
dvlpä'  M.  :  jAw.  dvaep^;  ZDMG.  46,  291  (,IF.  11,  135). 
dhärä'  F.  'Schneide'  :  jAw.  dära,  tizidärdm. 
dhi-  F.  'Gedanke'  :  jAw.  b9r9zaüi,H^y,  GIrPh.  1,  231. 
nädhamäna'  Adj.,   nädhitd-  Adj.  :  gAw.  nöidyäraham;   ZDMG. 

25,  230,  KZ.  25,  554. 
[35]   nindati  Praes.  :  gAw.  nadanto]  Bß.  15,  254. 

pämän-  M.  :  jAw.  päma,  pama^  äff.  />am;  ABayrAW.  20  I,^  184. 

[In  der  Münchener  Hds.  Im  4  findet   sich   np.  päm   als  Über- 
setzung von  jAw.  päma,  Yt.  14.  48.] 
pitrvya-  M.:jAw.  tütryö-,  BB.  10,  271,  ZDMG.  42,  156,  GIrPh.  1, 

33,  157  (Nu.  46). 
püjd'  F.  :  mp.  apuxMyim^  np.  bax.Hidan;  ZDMG.  50,  701. 
ptsant'  Adj.,  auch  in  pr,^ad-asva-  M.  EN.  :  jAw.  par^atg^u^  EN.; 
"KZ.  29,  562  mit  IF.  9,  261. 
^40]  pratlpä-  Adj.  :  jAw.  paitip^;  ZDMG.  46,  291. 

pratyänk-  Adj.  :  jAw.  paiti.yqä   (GIrPh.  1,  §  268.  11),  paiHsa; 

KZ.  29,  503,  IF.  2,  267. 
pravdt-  F.,  bes.  IS.  pravätä  :  mp.  fröt,  np.  furöd\  GIrPh.  l  b,  36. 
hodhä'  M.  :  jAw.  baoöö^  baoddm. 

hharata-  Adj.  :  ap.  ^u-baratam\  IF.  4,  127,  KZ.  35,  46. 
[45]    bhäjana-  N.  :  jAw.  ^bajina^  arm.  LW.  bazak\  Hübschmann  Arm. 

Gramm.  1,  115. 
bhiydS'y  bes.  IS.  bhiydsä  :  jAw.  byaraha. 
bhisdkti  Praes.  :  jAw.  bisazäni^  bisazyät;  ZDMG.  48,  521. 
mcithnätiy  mdnthati  Praes.  :  jAw.  amasta\   JAOS.  16,  CLV  (IF. 

11,  115;  118). 
manötar-  M.  :  gAw.  manao&rl^;  Bthl.  AF.  2,  161,  Meillet  MEN25. 
[50]   tnUrd-  Adj.  :  gAw.  hdmamyäsaite,  mi&iva,  misvänam\  IF.  3,  51, 

GIrPh.  1,  71,  §  129;  165  t.,  §  182. 
mrtdy-  F.  :  jAw.  mdr^tö  (LS.,  V.  8.  31);  GIrPh.  1,  144,  §  257  No. 
yati  Rel.  'quot'  :  jAw.  yeiti\  GIrPh.  1,  237,  §  416. 
yahdV'  Adj.  :  jAw.  yazusj  gAw.  yezivt]   KZ.  28,  195,  BB.  15,  9, 

SBE.  46,  15.^ 
yöktra-  N.  :  jAw.  ^yaoxdöra-  '(kriegerische)  Anspannung,  Unter- 
nehmung, Angriff'. 
[55]  rdna-  M.  'Kampf  :  jAw.  räna  (V.  7.  52;  Pü. :  patkär). 

rdnati   Praes.   (usw.)  :  gAw.  ränyö.skaraitim;    Bthl.  AF.  2,  162, 

IF.  1,  486. 
lunäti  Praes.  :  sbal.  runag  *ernten';  ABavrAW.  19 II,  409  (GIrPh, 

1  b,  242). 
vanitä-  F.  (fehlt)  :  jAw.  vanta^  vantähva;  IF.  7,  58. 
vdndate  Praes.  :  jAw.  vandaita;  IF.  3,  185. 
leo]   vijdte  Praes.,  viktd-  PPfP.  :  jAw.  vaejö  (Part.,  Yt.  19.  92,  F.  8), 

hunivixtö^,  mp.  vextan,  sbal.  ge)ag  uam.;   Hörn  GrNpEt.  30. 
vidhdti  Praes.  —  gAw.  vidäith  vldäU  KZ.  28.  197,  BB.  13,  74. 
t^r^td'  Adj.,  PPfP.  :  jAw.  aucivarsfanqm  (V.o.  14);   Darmesteter 

ZA.  2,  71. 


1)  D.  i.  barazi-  dis;  s.  GIrPh.  1,  §  268.  9. 

2)  Falsch  S.  287  unter  vindkti. 


26    Uhlenbeck  Kurzgefasstes  etymolog.  Wörterbuch  der  ai.  Sprache. 

vratd'  N.  :  gAw.  urvatdmi  Jackson  A  hvmn  27. 
sdrira-  N.  :  jAw.  sairi  (Du.);  GIrPh.  1,  99,  §  183  No.  3. 
[65]  .<örrt-  Adj.  :  jAw.  Ädi°,  Äät/°;  WklassPh.  1898,  1060. 
siksaii,  Praes.  :  jAw.  asixäö;  GIrPh.  1,  77,  §  137. 
iii-dh  Adv.  :  süi*din  (Yt.  10.  142  'mane'),  asüiri,  süirim;  Hübsch- 
mann ZC.  196,  Geldner  Stud.  1,  51,  Darmesteter  fitlr.  2,  161; 
KZ.  25,  531;  27,  261,  GIrPh.  1,  99,  222. 
sajati  Praes.  :  jAw.  vohuna-zg9m\  GIrPh.  1,  97,  §  178b. 
{(T)sanna-  Adj.,  PPfP.  :  jAw.  äsnaiöüy  asnät;  IF.  5,  367. 
[7o]  sasvdh  Adv.  :  jAw.  haT9uhar9stät9m;  IF.  5,  368,  KZ.  35,  32. 
sädhi^tha-  Adj.  (felilt)  :  jAw.  häi6ist9m;  GGN.  1878,  267. 
suptd-  Adj.,  PPfP.  :  äff.  üdq;  KZ.  33,  256. 
sydti  Praes.,  äsisäya  Perf.  (fehlt)  :  gAw.  ähisäyä  Perf.,  np.  qu- 

Mdan;  KZ.  28,*  263,  WZKM.  7,  378. 
srdmsate  Praes.  :  jAw.  avardrasayät,  ratahäs^a;  KZ.  30,  515;  33, 
4641). 
[75]  sraktdy-  F.  :  jAw.  sraxtim,  draxHm\  KZ.  33,  463,  GIrPh.  1,  166^ 
g  982 
hdntva-  Adj.,  PFP.  :  jAw.  Jqdwa-  GIrPh.  1,  111,  §  209,  13. 
hpiite  Praes.  :  gAw.  zaranatmä,  jAw.  zaranimnstn;  Bthl.  Stud. 
2,  85,  88. 

Die  Liste,  die  nur  bis  zum  Jahre  1898  veröffentlichte  Zusam- 
menstellungen enthält  und  auf  Vollständigkeit  keinerlei  Anspruch 
erhebt,  ist  nicht  ganz  klein.  Mein  altiranisches  Wörterbuch  wird 
noch  eine  grosse  Anzahl  weitrer  Gleichungen  bringen.  Ich  kann 
nicht  umhin,  dem  bösen  Verdacht  Ausdruck  zu  geben,  dass  der 
Verf.  in  allem,  was  das  Iranische  angeht,  trotz  meiner  eindringlichen 
und  ausführlichst  begründeten  Warnung  in  ZDMG.  48,  504  ff.  —  s. 
auch  IF.  5,  222  ff.  —  sich  stark  auf  die  vierte  Auflage  von  Ficks 
Vergl.  Wörterbuch,  Band  1  gestützt  hat.  S.  288  f.  führt  er  die  sel- 
ben fünf  ai.  Komposita  m\t  visva°  samt  ihren  iranischen  Äquivalen- 
ten 2)  auf  wie  Fick  a.  a.  0.  321.  Aber  die  Gleichung  visvajanä-  : 
P.  mspazana-  (unrichtig  KZ.  35,  25)   fehlt   hier  wie  dort-^).     Ander- 

1)  Geigers  Etymologie,  Ostir.  Kultur  393   verstehe   ich    nicht, 
da  mir  ein  ai.  Verbum  las-  'hinken'  unbekannt  ist. 

2)  Darunter  auch  die  Gleichung  visvapatih  'Herr  des  Alls* : 
gAw.  ilspö.paitU  Namen  eines  Wassers.  Das  Aw.  Wort  bedeutet 
etwas  ganz  anderes,  das  ai  darin  ist  nach  GIrPh.  1,  155  Nu.  9  zu 
erklären;  vgl.  Pü. :  vlspöpit  (in  Aw.-Buchstaben).  Würde  der  Verf. 
die  Neuausgabe  des  Awesta  eingehend  berücksichtigt  haben,  so 
hätte  er  noch  ein  weitres  Kompositum  mit  i'isi'a°  aufführen  können: 
visvapis-  Adj.  :  jA.  vJspö.piga  Yt.  5.  78  (und  auch  V.  dl.  20,  s.  K5). 
Mindestens  bei  irgendwie  auffälligen  und  dabei  nur  einmal  bezeuor- 
ten  Wörtern  hätte  er  die  Neuausgabe  einsehen  müssen.  Dann  wäre 
es  ihm  nicht  passiert,  auf  S.  352a  ein  jAw.  maräcara-  und  auf  S.  252b 
jAw.  nirätain  (ardma  zu  verzeichnen.  Westergaards  marädar^m 
Yt.  i7. 12  ist  eben  in  der  Neuausgabe  zu  mrätdvi  ca7'dma  geyrordenl 
Ähnliches  gilt  von  hardnonti  und  brinifiiti,  die  S.  207  neben  einander 
angeführt  werden,  s.  V.  17.  2.  Auch  vsta-^  angebl.  'gebraten*  ist  in 
der  Neuausgabe  verschwunden. 

3)  Von  welchen  Grundsätzen  ist  der  Verf.  bei  der  Aufführung 
von  Zusammensetzungen   und  Ableitungen  ausgegangen,    die  dem 
Indischen  mit  einer  andern  indogermanischen  Sprache,  insbesondere 
wieder  dem  Iranischen  gemeinsam  sind?    Ich  kann  das  nicht  heraxis- 
finden.     Warum   fehlen  z.  B.  die  Gleichungen:   uttänähasta-  Adj.  i 
ustänazasiö\  svardfs-  Adj.  :  jAw.  hvard.dai'9sö\   derayajnn-  N.,    de- 


Uhlenbeck  Rurzgefasstes  etyraolog.  Wörterbuch  der  ai.  Sprache     27 

seits  kehrt  Ficks  Erfindung"  jAw.  zyö  'gestern'  (ZDMG.  48,  516)  auf 
S.  362  wieder.  Auch  die  merkwürdigen  Korrekturen  awestischer 
Wörter:  änuHaö-  (S.  21),  himxti  (S.  325),  huMxä  (S.  338)  -  alle  mit 
s  statt  des  überlieferten  s.h  —  stammen  jedenfalls  aus  Ficks  Buch^ 
8.  ZDMG.  48, 505.  Und  eben  daraus,  S.312  ist  wohl  auch  das  S.  269  a 
verzeichnete  Aw.  väSayeiti  entnommen;  überliefert  ist  vädäyöit 

Überhaupt:  wo  immer  der  Verf.  auf  iranisches  Gebiet  gerät,  da 
bewegt  er  sich  höchst  unsicher.  Unter  dlrgha-  (S.  127)  wird  uns 
ein  ap ers.  dar^a-  und  ein  apers.  e/ranigra-  vorgeführt.  Es  geht  aber 
doch  nicht  an,  das  zweimal  an  gleichlautenden  Stellen  bezeugte 
dorogofn^  einmal  so,  das  andre  mal  so  wiederzugeben^).  —  Dasmp. 
(Päz.)  ^pöim  (S.  167)  in  apöim  bedeutet  nicht  'Durst\  sondern  'Faul- 
werden', es  übersetzt  das  S.  172  unter  püyati  aufgeführte  jAw.  apu- 
yant-;  seine  richtige  Lesung  ist  apüyisn,  —  Wegen  PDw.  pöwam 
(S.  167)  s.  GIrPh.  Ib,  302.  —  Zu  S.  82:  godhüma-  M.  'Weizen'  sei 
bemerkt,  dass  das  altiran.  Wort  für  Weizen  gantuma-  (so  jAw.) 
lautet.    U.  a.  m. 

Leider  darf  ich  nicht  sagen,  dass  damit  meine  Einwendungen 
gegen  das  Buch  erschöpft  seien.  Ich  gebe  auch  im  Folgenden  nur 
eine  kleine  Auswahl  der  Notate,  die  ich  sonst  noch  mir  bei  der 
Lektüre  gemacht  habe. 

ähati  'IHigt,  reiht,  rüstet'  (S.  19)  ist  schon  im  grossen  PW. 
selber,  7,  1706  wieder  aufgegeben  worden;  vgl.  ZDMG.  25,  234; 
48,  510. 

ahi'  F.  'Kuh'  (S.  19).  Die  Ächtheit  des  Worts  und  seine  Gleich- 
heit mit  Aw.  azl-  ist  doch  unbestreitbar;  vgl.  Leumann  Wb.  30  und 
noch  MSL.  10,  278.  Im  Awesta  bedeutet  das  Wort  'tragend,  träch- 
tig' und  wird  auch  von  Stuten  gebraucht:  paurvö.azyä  aspayä  N. 
85f  wozu  ai.  pürvasu-  Adj.  zu  vergleichen  ist. 

inak^ati  Praes.  (S.  24).  Die  Erklärung  des  Verf.s  —  aus  idg. 
*dnexs-  oder  *dnyiX-s-  —  ist  mir  unverständlich.  Das  Desiderativum 
hat  doch  grundsätzlich  Reduplikation.  Ich  bleibe  bei  dem  stehen, 
was  ich  AF.  2,  91,  GIrPh.  1,  55  gelehrt  habe. 

kacchu'  F.  'Krätze'  (S.  39).  Soll  mind.  Wort  und  aus  kharjü- 
hervorgegangen  sein.  Aber  ai.  rj  wird  doch  sonst  zu  nii.  jj  (tö- 
nend), vgl.  z.  B.  pr.  ajjava-  :  ai.  ärjava-,  vajjei  :  varjayati,  Pä. 
khajjati  :  kharjatL  Umgekehrt  kann  nijd-  Adj.  'eigen'  (S.  148)  nicht 
als  Prakritwort  für  ai.  nitya-  genommen  werden,  denn  ai.  ty  wird 
sonst  zu  mi.  cc  (tonlos),  z.  B  sacca- :  satyä-j  amacca- :  amätya-.  Viel- 
mehr gehört  nijä'  mit  jAw.  nizanhm^  mp.  nizand  zusammen,  zu 
dem  es  sich  ungefähr  verhält  wie  ai.  prajäh  zu  jAw.  frazaintisj  mp. 
frazand;  vgl.  Haug  ZPGl.  74. 

Überhaupt  springt  der  Verf.  mit  dem  Mittelindischen  recht 
willkürlich  um.    So  soll 

karanda-  M.,  N.  'vielleicht'  mind.  aus  kranta-  entstanden  sein 
(S.  44). 

vaydj'  Adj.  :  jAw.  daevayasnö^  daerayäzö  (NP.);  gopd-  M.  :  afT. 
jöpq\  abhicara-  M.  :  griech.  d)i(p(TToXoc,  lat.  ancidus  (BB.  15,  316), 
ferner:  medhirä-  Adj.  :  jAw.  mqzdrö  (IF.  7,  57),  dütyä-  N.  :  gAw. 
dätxm  (KZ.  28, 25^?,  263),  äsuri-  Fem.  Adj.  :  jAw.  ähüirim^  värtragkna- 
Adj.  :  jAw.  vära^rayti^^n f  näbhänedistha-  M.  EN.  :  jAw.  nabänazdis- 
tanqm  usw.  Die  sind  doch  sicher  reichlich  ebenso  viel  wert  als  die 
aufgenommenen  Gleichungen  mätrghna'  Adj.  :  griech.  jutiTpocpövoc 
oder  mätrkä-  F.  :  kymr.  modryb. 

1)  f)as  in  Kluges  Wörterb.  unter  lang  verzeichnete  ap.  dränga- 
ist  völlig  Ungetüm. 


^8.    Uhlenbeck  Rurzgefasstes  etymolog".  Wörterbuch  der  ai.  Sprache. 

gandira-  M.,  'wahrscheinlich'  auf  mind.  gandi-  =  granthäh 
Ijeruhen  *(S.  76)  und 

gandd-  M.,  eigentlich  mind.,  auf  grantha-  zurückgehen  (S.  76). 
Aber  ai.  nt,  nth  werden  im  Mind.  (hinter  r)  zu  nt,  nfh^  aber  nicht 
zu  7id,  das  auf  ai.  (und  idg.)  nd  weist  Danach  dürfte  man  nhd. 
kränz  mit  ganda-  vergleichen,  wenn  dem  nicht  die  Bedeutung  jener 
Wörter  entgegenstünde.  Für  den  Verf.  freilich,  der  kränz  mit  grantha- 
zusammenbringt,  was  wegen  z  —  th  nicht  angeht,  würde  dieses  Be- 
denken in  Wegfall  kommen.  [S.  jetzt  Liden  Stud.  19  in  Skrifter 
utg.  ^af  K.  Hum.  Vetenskaps-S.  i  Upsala  VI.  Korr.-N.]  —  Die  Be- 
merkung zu 

apsards  F.  (S.  10):  ''Das  W^ort  ist  gewiss  ap-saras-  zu  teilen 
(darauf  weist  auch  mind  accharäy^  ist  ohne  Kritik  aus  Pischel- 
Geldner  "VSt.  1,  79  herübergenommen.  S.  aber  jetzt  ZDMG.  50,  722; 
51,  590  f. 

khadgd-  M.  'Schwert'  (S.  73).  Eine  einleuchtende  Deutung 
des  Worts  hat  mir  Jacobi  mündlich  mitgeteilt.  Er  stellt  es  mit  griech. 
q)dcTcivov  zusammen;  d  statt  d  (für  z  vor  g)  ist  dem  Einfluss  von 
khandayitum  'zerstückeln'  zuzuschreiben. 

tüna-  M.  Tfeilköcher'  (S.  115)  soll  "wohl  mit  n  aus  idg.  In 
zu  der  unter  tulä  besprochenen  Wurzer  gehören.  "Aksl.  tulü  'Pfeil- 
köcher' ist  unklar".  Es  liegt  doch  viel  näher,  die  gleichbedeuten- 
den Wörter  tüna-  und  tidü  zusammenzubringen;  was  sie  'eigentlich' 
bedeuten,  ist  vorerst  gleichgiltig.    IF.  3,  187  f. 

dadhfk  Adv.  (S.  120).  Ich  halte  die  gegebene  Erklärung  ("er- 
starrter Nom.  Sing.  Mask.,  *dadhrk^  aus  *dadhr8f^)  für  unrichtig 
und  stelle  das  Wort  vielmehr  mit  drdhd-  (S.  129)  und  dem  nach 
Wackernagel  AlGr.  1,  180  zu  etymologisierenden  drdhrd'  (S.  129) 
zusammen.  Wegen  des  dh  in  dadhfk,  das  mit  Rücksicht  auf  die 
Verwanten :  bpdccoinai  usw.  für  an  alogisch  anzusehen  ist,  verweise 
ich  auf  pränadhrk.  Die  ursprachlichen  Auslautssilben:  Med.  .  . 
Med.  4-  zh  und  Med.  asp.  .  .  Med.  +  «ä  waren  urindisch  im  Satz  vor 
Klanglauten  durch  die  Wirkung  des  Hauchentziehungsgesetzes  in 
Med.  .  .  Med.  -|-  zh  {zh)  zusammen  gefallen;  folglich  dessen  wurden 
sie  auch  im  Satzauslaut  ausgeglichen,  wo  für  Med.  -f  zh  schon  ur- 
sprachlich Tenuis  4-  s  eingetreten  war. 

dhisnya-  Adj.  (S.  137).    Ich  halte  das  Adjektiv  nach  wie  vor 

für  eine  Ableitung  aus  *dhi^tjia lat.  fänum  (BB.  17, 107)  und  bin 

in  dieser  Auffassung  des  Worts  durch  die  Bemerkungen  Bloomfields 
SBE.  42,  300  und  Oldenbergs  SBE.  46,  286  noch  bestärkt  worden. 
Wegen  der  sonstigen  Verwandten  s.  WklassPh.  19(X),  678.  Was  der 
Verf.  unter  hhäsati  (S.  2(X))  gibt,  gilt  mir  für  falsch. 

bhära-  M.  'Kampf  (S.  196).  Die  Unzulässigkeit  der  Verbin- 
dung des  Worts  mit  ksl.  horjq  sehe  ich  nicht  ein;  IF.  10,  199. 

lllä-  F.  'Spiel*  (S.  262).  Besser  als  die  hier  vorgeschlagenen 
Deutungen  scheint  mir  von  Bradkes  Etymologie  aus  Hizdä^  wo- 
durch das  Wort  mit  dem  gleichbedeutenden  lat.  lüdus  (d  aus  zd) 
in  Verbindung  tritt,  KZ.  28,  198. 

sundara-  Adj.  'schön'  (S.  337)  soll  jüngere  dialektische  Form 
von  Sandra-  sein.  Ich  sehe  nicht,  wie  das  möglich  wäre.  Vgl.  jetzt 
IF.  11,  136. 

stavdn  (S.  343)  wird  nach  Johansson  Bidrag  til  Rigvedas  Tolk- 
ning  25  (Skrifter  utg.  afK.  Hum.  Vetenskaps-S.  i  Upsala  V.  7)  durch 
Haplologie  aus  *stavavän  gedeutet.  Aber  die  raii^- Ableitung  aus 
stdva-  M.,  worauf  verwiesen  wird,  müsste  den  Wortton  doch  auf 
der  ersten  Silbe  haben  (also  *sfdvän). 

Ich  kann,  alles  in  allem  genommen,  dem  Buch  kein  besonderes 


Hillebrandt  Vedische  Mythologie.  29 

Lob  spenden.    Nach  den  bis  dahin  abgelegten  Proben  des  Wissens 
und  Könnens  hätte  uns  der  Verf.  Besseres  bieten  müssen. 

Giessen,  28.  Mai  1900.  Bartholoma e. 


Hillebrandt  A.    Vedische  Mvtholoprie.    II:  Usas.  Agni.  Kudra.    Bres- 
lau Koebner  1899.    IV  und  255  S.    gr.  8^.*    12  M. 

Dem  ersten  Bande  von  Hillebrandts  gelehrtem  Werke  "Vedi- 
sche Mythologie",  den  ich  hier  in  Bd.  8,  S.  21  ff.  besprechen  durfte 
und  in  dem  "Soma  und  verwandte  Götter"  behandelt  wurden,  ist 
nun  der  schon  lange  erwartete  zweite  gefolgt,  dem  sich  der  dritte 
in  kurzem  anschliesen  solP).  Als  der  erste  Band  im  Jahre  1891 
erschien,  da  waren  zusammenfassendere  und  ausführlichere  Bear- 
beitungen der  vedischen  Göttergestalten  noch  sehr  vereinzelt:  Muir, 
Original  Sanskrit  Texts  IV  1873,  V  1872,  ferner  Kaegi,  DerRigveda, 

2.  Aufl.  1881,  und  vor  allem  Bergaigne,  La  religiou  v6dique  1— III 
1878—83  (Tome  IV:  Index  von  Bloomfield  1897)  sind  hier  zu  nennen 2). 
Inzwischen  ist  das  Interesse  für  die  Religion  des  Veda  immer  grösser 
geworden,  die  Zahl  seiner  Bearbeiter  hat  glücklicherweise  Schritt 
gehalten  mit  der  Zunahme  der  Indologen  überhaupt,  und  so  stehen 
wir  jetzt  mitten  in  einer  ausserordentlich  rührigen  Zeit.  Nicht  weni- 
ger als  vier  umfangreichere  3)  und  brauchbare  Gesamtdarstellungen 
sind  seit  dem  ersten  Bande  von  H.s  Werk  veröffentlicht  worden 
(Hardv,  Die  vedisch-brahmanische  Periode  der  Religion  des  alten 
Indiens  1893,  S.  23—125;  Oldenberg,  Religion  des  Veda  1894,  S.  39— 
301;  Hopkins,  The  Religions  of  India  1896,  S.  37—160;  Macdonell, 
Vedic  Mythology,  Grundr.  d.  Indo- arischen  Philol.  u.  Altertumsk. 
III  lA,  1897),  und  in  einem  fünften  Buche  (H.  S.  Vodskov,  Sjaele- 
dyrkelse  og  Naturdyrkelse.  I:  Rig-Veda  og  Edda.  Indledning  og 
ferste  bog.  Kjebenhavn  1890  und  1897)  findet  sich  ein  grosser  Teil 
des  vedischen  Pantheons  in  nicht  minder  gründlicher  Weise  be- 
sprochen. Die  Fülle  dieser  Werke,  die  fast  «alle  eigenartig  sind, 
zeigt  nur,  wie  schwer  zu  ergründen  der  Veda  ist  und  wie  sich  ihm 
immer  wieder  neue  Seiten  abgewinnen  lassen.  Und  so  würden  et- 
waige weitere  Bearbeitungen  desselben  Stoffes  von  Pischel  und 
Geldner,  Max  Müller,  L.  von  Schroeder,  Winternitz  u.  a.  wiederum 
einen  vollständig  anderen  Charakter  tragen,  der  nicht  allein  von 
der  Individualität  eines  jeden  Gelehrten  wie  jeden  Menschen,  sondern 
vor  allem  von  dem  Standpunkte  abhängig  ist,  von  dem  aus  man  die 
Poesien  des  Rgveda  überblickt.  Kaegis  und  Hopkins  Darstellungen 
sind  popidär  gehalten  und  zeigen  keine  bestimmte  Färbung.  Muir 
und  Macdonell  stellen  die  meisten,  wenn  auch  lange  nicht  alle  Daten 
der  Texte  über  die  einzelnen  Gottheiten  usw.  zusammen,  deren 
Deutung  dabei  eine  mehr  untergeordnete  Rolle  spielt;  bei  Macdonell 
findet  man  ausserdem  reiche  Litteraturangaben,  wie  überhaupt  sein 
Buch  zur  genaueren  Orientierung  sehr  zu  empfehlen  ist.  Bergaignes 
Werk   ist  gleichfalls   durch  Materialsammlungen   und   auch  durch 

1)  Ein  Abschnitt  daraus,  "Mäyä",  ist  schon  erschienen,  vgl. 
WZKM.  13  (1899)  S.  316-320. 

2)  Die  Schilderungen  bei  L.  v.  Schroeder,  Indiens  Literatur 
und  Kultur  1887,  S.  49—82  und  bei  A.  Barth,  The  Religions  of  India, 

3.  Ed.  1891,  p.  1 — 38  sind  im  allgemeinen  zu  skizzenhaft,   als  dass 
sie  hier  in  Betracht  kämen. 

3)  Eine  knappe,  aber  nicht  üble  Skizze  der  vedischen  Mytho- 
logie entwirft  E.Lehmann  bei  Chantepie  de  la  Saussaye,  Lehrbuch 
der  Religionsgeschichte,  2.  Aufl.  II  1897,  S.  15—30. 


30  Hillebrandt  Vfdibcbe  Mytliologio. 

Kombinationen  hervorraffend,  aber  z.  T.  von  ungiüeklicheii  Ideen 
beeintlusst,  die  darin  gipfeln,  dass  es  sich  in  den  vedischen  Hvmnen 
im  allgemeinen  nicht  niu  wirkliche  Sehilderung'en  der  Phänomene. 
sondern  nur  um  das  durch  sie  dargestellte  himmlische,  von  den 
Gi^ttern  veranstaltete  Opfer  liandelt  und  dass  das  irdische  Opfer 
in  jenem  sein  Prototyp  bai.i)  Vodakov  überschaut  den  Veda  von 
der  Perspektive  des  Gegensatzes  Naturalisrnnit  —  Animismus.^  In 
dem  aufgeführten  Werke  Hardyfi  wie  in  demjenigen  Hülebrandts 
überwiegen  die  naturmythologi sehen  Deutungen,  in  Uillebrandls 
Werk  kommt  dabei  die  Ritnallitteratur  in  glänzender,  wenn  auch 
öfters  —  wie  mir  scheint  —  irreleitender  Weise  zor  Sprache,  Ein 
späteres  Buch  Hardys,  seine  "Indische  Religionsgeschichte"  vom 
Jahre  1898  (Sammlung  Göschen),  ist  eine  gute,  wenn  auch  populär 
wiBsenschaftlich  gehaltene  Ergänzung  des  früheren,  weil  in  ihm  die 
kleinen  Geister  —  fast  unter  zu  starker  Beeinflussung  darch 
ethnologische  Gesichtspunkte  (vgl.  Oldenberg  Areh.  f.  Religionsw. 
2,  182  f.)  —  näher  beleuchtet  werden.  Bei  einex  ev,  Bearbeitung 
der  vedischen  Mythologie  seitens  Wintemits  würde,  wie  sich  ans 
«einen  bisherigen  Arbeiten  und  Bemerkungen  scliliesson  lässt,  die 
Ethnologie  eine  hervorragende  Rolle  spielen  und  dabei  noch  das 
indische  Epos  zu  besonderer  Geltung  kommen.  Max  Müller  und 
L.  V.  Schroeder  würden  denselben  Stoff  namentlich  unter  Verglei- 
chung  der  verwandten  idg.  Mythologien  behandeln"),  und  bei  den 
seit  dem  Erscheinen  der  "Vedischen  Studien"  nic^ht  mehr  zu  trennen- 
den beiden  Gelehrten  Pischel  und  Geldner  würde  das  spätere  Inder- 
tum  und  die  indische  Tradition  fili*  die  Zeichnung  der  vedischen 
Mythologie  ausschlaggebend  sein.  Oldonbergs  Buch  endlich,  das 
mit  einer  eleganten  und  für  jeden  Laien  ebenso  goniessbaren  wie 
genussreichen  Form  auch  tiefen  wisaeneuha »liehen  Wert  verbindet, 
Eeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  es  sowohl  die  allgemeinen  Resultate 
der  Ethnologie  (und  zwar  zum  ersten  Male)  als  nuch  alle  andern 
bei  der  Erklärung  des  Veda  und  seiner  Mythologie  in  Betracht 
kommenden  Hilfsquellen  (die  Mythologien  der  andern  idg.  Völker, 
den  indischen  Kultus,  das  spätere  Indertuni)  verwertet.  Die  ge- 
nannten Bearbeitungen  der  vedischen  Mythologie  können  natürlich, 
soweit  siii  deutend  verfahren,  nicht  sämtliirh  methodisch  auf  dein 
richtigen  Wege  sein,  ja  mir  scheint  keine  ein  volles  Anrecht  auf 
diese  Bezeichnung  zu  haben,  wenn  mir  auch  Oldenbergs  Buch  —  bis 
auf  die  (übrigens  auf  die  Schilderung  der  vedischen  Göttergestalten 
von  unbedeutendem  Einflüsse  gebUebene)  Verwertung  der  verglei- 
chenden (idg.)  Mythologie  ala  eines  Mittels  zur  Erschliessung  der 

1)  Von  Regnaiid  ist  die  Theorie,  dass  es  sich  im  Veda  nur 
ums  Opfer  handelt,  zur  Absurdität  ausgebildet  worden,  namentlich 
in  seinem  Werke  "Le  Kig-Vtda  et  les  origines  de  la  mythologiu 
indo-europeenne"  1 1892  (vgl.  darüber  z.  B,  die  Rezension  von  Olden- 
berg in  diesem  Ana.  4,  17  f.).  Siehe  auch  seine  neuesten  Aufsätze 
"Etudes  vädique  et  jpost-vddiques"  Ann.  de  l'Univ.  de  Lyon,  fasc.  38 
<1898)  und  "Le  Rig-ViSda  et  la  Religion  Indo-Europienne"  Bev,  de 
l'Ecole  d'Anthr.  de  Paris  10  (1900).  1«!  ff. 

9)  Vgl.  zur  Orientierung  über  sein  Buch  die  vorzüglichen  Be- 
richte von  R.  O.  Franke  und  Hardy  in  diesem  Anz.  3,  111  ff-  u,  10,  7  ff. 

8)  Max  Müllers  "Beiträge  zu  einer  wissenBcbaftlichen  Mytho- 
logie" 1898  u.  1899  können  füglich  nicht  als  eine  Mythologie  des 
Veda  gelten,  wenn  man  darunter  eine  ausführhche,  geschlossene 
Darstellung  versteht.  Aber  sie  bieten  manche  interessante  Bemer- 
kungen über  die  einzelnen  Götter, 


UlllobraiidC  Vedischi'  Mythologie 


31 


idg.  GöttergestaltcQ  —  deshalb  tleo  Vorsiuf;  zu  venlienen  scheint, 
weil  es  im  übrigen  alles  Bmuchbare  zar  ErkltLrung  des  Veda  eben^ 
so  massvoll  wie  einsichtsvoll  heranzieht.  Aber  selbst  die  in  einer 
bestimmten  Theorie  befangenen  Darstellungen  der  vedischen  Mytho- 
logie behalten  einen  hohen  Wert,  weil  sich  in  ihnen  am  klarsten 
UDd  deutlichsten  eine  bestimmte  Seite  der  Betrachtungsweise  Bahn 
bricht,  die  sonst  /.u  leicht  übersehen  werden  könnte.  Mögen  sia 
dabei  auch  über  das  Ziel  hinausschiessen,  die  kommende  Zeit  wird 
sichten,  klilren  und  aul' Grund  eines  reichen,  vielseitig  betrachteten 
Mat«ri nies  leichter  zu  annfthcrnd  aii-heren  Schlüssen  gelangen,  ala 
es  ihr  sonst  möglich  sein  würde.  Ich  sage  "annfthevnd",  weil  ich  es 
auf  mythologi.4chem  Gebiete  nicht  Für  möglich  halte  in  den  meisten 
Fitllen  zu  einer  ganz  sichern  Entscheidung  zu  kommen.  — 

Auf  die  Melhodenfrage  benüarlich  der  Vedaeaegeae,  spe- 
ziell der  Vedamyihologie,  die  wir  zuletzt  berührt  haTjen,  kommt  auch 
H.  in  den  einleitenden  Bemerkungen  zu  Beginn  des  zweiten  Bandes 
seiner  "VediKchen  Mythologie"  (S.  1—21)  zu  sprechen,  und  so  sei 
Od  mir  gestattet  daran  anznknüpfen,  die  verschiedenen,  von  ihm 
nud  anderen  aufgestellten  Prinzipien  zu  prüfen  tind  meinen  eignen 
Standpunkt  etwas  ausführlicher  darzulegen.  H.  macht  sich  einen 
Satz  Mas  Maliers  zu  eigen:  "Our  flrst  duly  is  to  try  lo  Interpret 
the  Veda  from  itself"  (S.  1).  und  dem  muss  auch  ich  vollkommen 
beistimmen.  Die  Spitze  jenes  Satzes  richtet  sich  in  H.s  Sinne  gegeu 
drei  Seiten:  gegen  die  vergleichende  Mythologie  der  indogerm. 
Völker,  gegen  die  Ethnologie  und  gegen  das  spHtere  Indertum.  Die 
vergleichende  Mythologie  (vgl.  darüber  bei  H.  S.  13  u.  20  1'.) 
komtnt  auch  meiner  Ansicht  nach  l'iir  die  Exegese  des  Veda  nur  in 
geringem  Masse  in  Betracht.  Die  für  dieselbe  Ansicht  bei  Vodflkov 
lEinleitung)  angegebenen  Gründe  dnd  allerdings  nicht  die  meinen. 
Nach  jenem  Gelehrten  soll  das  idg.  Urvolk  (vor  der  Spaltung  in  ein- 
zelne Völker)  deshalb  keine  höhere  Kultur  (entwickelten  Ackerbau 
und  —  erst  damit  verbunden  —  eine  bis  zur  Flexion  vorge- 
schrittene Sprache,  sowie  eine  ausgebildete  Mythologie)  besessen 
haben,  weil  eine  solche  an  die  -Scholle  gebunden  sei  und,  unver- 
mittelt in  andre  NaturverhUllniase  verpflanzt,  zu  Grunde  gehen 
müsse.  Diesen  Gedanken  kann  ioh  nicht  für  richtig  halten.  Auf  die 
kaum  je  mit  Sicherheit  zu  beantwortende  Frage,  ob  und  wie  weit 
der  sogenannten  idg,  Urzeit  Ackertian  zuzu  seil  reiben  sei,  will  ich 
hier  nicht  näher  eingehen.  Soll  aber  wirklich  ein  Htndernngsgrund, 
für  jene  Periode  Ackerbau  vorauszusetzen,  in  der  Ausbreitung  des 
idg.  Urvolkes  liegen?  Kann  diese  nicht  trotz  Ackerbau  eine  gani 
allmähliche  (selbst  im  Sinne  Vodskovs)  gewesen  sein?  Ich  meine,  jal 
Dadurch  ist  aber  andrerseits  nicht  etwA  eine  ausgebildete  Flexion 
und  Naturmythologie  bedingt:  diii  Polynesier  haben  Ackerbau,  aber 
nur  einf  Art  agglutinierende  Sprache;  die  Melanesier  haben  Acker- 
|lwo.  aber  keine  Naturmythologie.')    Bei  der  Unsicherheit  dieser  gan- 

K         1)  Tch  denke  mir  die  idg.  Ursprache  als  ein 
J^glu Linierend  und  flektierend,  da  ja  schon  die 

gen  in  den  Flexionen  der  Einzels p rächen  auf  e 

matertal    hinweisen.    Wie  nun  gewisse  Lauterscheinungen    fast  i 

allen  idg.  Sprachen  auftreten  und  doch  nicht  uridg.  Bind  (so  z.  b. 

der  Übergang  von  t-^-l  in  st),  sondern  sich  entweder  unabhängig 
•DO  einander  gleichartig  entwickelt  haben  oder  Infolge  der  gegen- 
■Itigen  Beeinflussung  von  Volk  zu  Volk  gleichartig  wurden,  so 
■nnen  auch  die  gleichartigen  Flesions formen  unabhängig  von  ein- 
Bder   a.  B.    durch    Zusammenwachsen    ^'ou  "Nominalstamm"   und 


32  Hillebrandt  Vedische  Mythologie. 

zen  Frage  können  wir  also  von  hier  aus  keinen  Schluss  auf  das  Vor- 
handensein oder  Nichtvorhandensein  einer  Naturmythologie  beim  idg. 
Urvolke  ziehen.  Dagegen  sollte  man,  wenn  diese  Annahme  richtig 
wäre,  eine  grössere  und  allgemeinere  Namensübereinstimmung  zwi- 
schen den  gleichen  mythologischen  Gestalten  der  idg.  Einzelvölker 
erwarten,  die  sich  trotz  Max  Müller  nicht  erweisen  lässt .(wenigstens 
nicht  für  eine  exakte  Sprachwissenschaft).  Eine  solche  Übereinstim- 
mung liegt  z.  B.  in  Polynesien  vor,  wo  die  gleiche  Mythologie  doch 
ebensowenig  wie  die  gleiche,  auf  gemeinsamen  Ursprung  hinweisende 
Sprache  nur  auf  Verkehrsbeziehungen  der  Inseln  unter  einander 
beruhen  kann  (gegen  Vodskov)i);  und  wenn  auch  die  Trennung 
dieser  Völker  gewiss  nicht  annähernd  so  weit  zurückliegt  wie  die 
der  idg.  Völkerschaften,  so  ist  doch  kaum  anzunehmen,  dass  alte 
mythologische  Namen  bei  den  letzteren  fast  durchgehends  durch  neue 
ersetzt  worden  sein  sollten:  das  ist  auch  in  den  historisch  verfolg- 
baren Perioden  der  idg.  Völker  nicht  in  irgendwie  hier  in  Betracht 
kommendem  Massstabe  der  Fall.  Was  in  der  religiösen  Vorstellunffs- 
welt  der  idg.  Völker  am  besten  übereinstimmt,  sind  auch  nicht  die 
Naturmythen,  sondern  die  animistischen  Elemente.  Ich  kann  daher 
auch  nur  letztere  und  von  den  ersteren  höchstens  Ansätze  für  die 
Zeit  des  idg.  Urvolkes  voraussetzen;  denn  diejenigen  Naturmythen 
der  idg.  Einzelvölker,  die  scheinbar  gleichartig  sind,  können  eben- 
so, wie  die  gleichartigen  Laute  und  die  gleichartige  Flexion,  auf 
ganz  unabhängiger  Ausbildung,  gegenseitiger  Beeinflussung  oder 
folgerichtiger  Weiterentwickelung  von  Keimen  beruhen.  2)  Jene  Ur- 
mythologie  und  Urreligion  des  idg.  Volkes  nun  genau  rekonstruieren 
zu  wollen  (vgl»  L.  v.  Schröder  Mitth.  Anthr.  Ges.  Wien  25,  4;  Winter- 
nitz  Globus  Bd.  77,  65a  u.  Bd.  78,  376b;  Oldenberg  ZDMG.  49,  174)3) 
halte  ich  für  ebenso  verfehlt  wie  die  Rekonstruktion  der  idg.  Ur- 
sprache (vgl.  Foy  IF.  10,  Anz.  S.  2).'*)  Das,  was  wir  günstigsten  Falls 
durch  Vergleichung  erschliessen,  kann  keinen  Anspruch  darauf  erhe- 
ben, je  wirklich  so  bei  einem  Volke  und  zu  6iner  Zeit  existiert  zu 
haben.  Begnügen  wir  uns  mit  der  viel  lohnenderen  Aufgabe  die 
einzelnen  idg.  Völker  in  ihrer  ältesten  Kulturentwick- 
luug  verstehen  und  die  historischen  Verhältnisse  auf 
einer  breiteren  Basis  würdigen  zu  lernen!     Insofern   kommt 

Postposition,  "Verbalstamm"  und  Personalpronomen  usw.,  die  noch 
in  der  Ursprache  getrennt  waren,  entstanden  sein.  Doch  nicht  in 
allen  Fällen  braucht  die  "Flexion"  erst  in  einzelsprachlicher  Zeit 
sich  entwickelt  zu  haben,  denn  die  agglutinierende  Periode  ver- 
schwindet nicht  mit  einem  Schlage,  sondern  nur  allmählich.  Schritt 
für  Schritt.  Als  ein  Beispiel  für  eine  solche  Sprache,  die  sich  auf 
dem  Übergänge  vom  Agglutinieren  zum  Flektieren  befindet,  möchte 
ich  das  Elamische  aufführen,  das  ich  aus  eigenem  Studium  näher 
kenne  und  über  das  ich  daher  am  besten  urteilen  kann  (man  ver- 
gleiche meine  grammatischen  Bemerkungen  ZDMG.  52,  122  ff.,  565  ff.). 

1)  Welche  Sprache  hätten  denn  dann  die  einzelnen  kleinen 
Völker  vor  den  Verkehrsbeziehungen  gehabt? 

2)  Vgl.  hierzu  und  über  Namensübereinstimmung  der  idg. 
Götter  auch  0.  Gruppe  Arch.  f.  Religionsw.  2,  268  ff. 

3)  Sieckes  Vortrag  "Die  Urreligion  der  Indogermanen"  1897 
ist  nichts  weiter  als  das  Kind  einer  Tendenz:  neben  der  Sonne  na- 
mentlich den  Mond  als  bedeutendste  Gottheit  der  Urzeit  nachzuweisen. 

4)  [Ganz  unrichtig  ist  es,  wenn  Winternitz  Globus  78, 376  direkt 
als  Aufgabe  der  idip.  Sprachwissenschaft  die  Rekonstruktion  der 
idg.  Ursprache  hinstellt.    Korr.-N.] 


Hillebrandt  Vedische  Mvtholoffie.  33 


15' 


dann  das  Material  der  vergleichenden  (idg*.)  Mythologie  ebenso  wie 
das  der  Ethnologie  bei  der  Erklärung  der  vedischen  Göttergestalten 
nur  als  Parallele  in  Betracht,  die  vergleichende  Mythologie  ist  nichts 
andere«  als  ein  Zweig  der  Ethnologie  (vgl.  auch  Winternitz  Globus 
77,  65 b),  und  über  deren  Benutzung  werde  ich  mir  im  Folgenden 
Einiges  zu  sagen  erlauben. 

Sehr  richtig  urteilt  H.  S.  2  über  den  Wert  der  Ethnologie 
für  die  Vedaexegese,  wenn  er  sagt:  "ihr  entnehmen  wir  einen  Mass- 
stab, an  dem  wir  die  Ergebnisse  unsrer  Forschung  in  Bezug  auf 
ihre  allgemeine  Wahrscheinlichkeit  in  beschränktem  Umfange  prüfen 
können  .  Ebenso  treffend  bemerkt  L.  v.  Schroeder  WZKM.  9,  109: 
"(sie)  rückt  Vieles,  was  uns  von  diesem  oder  jenem  Kulturvolk  aus 
alter  Zeit  überliefert  ist,  in  ein  ganz  neues  Licht,  nimmt  ihm  den 
Charakter  des  Singulären".  In  diesem  Sinne  angewandt  ist  die  Eth- 
nologie von  unschätzbarem  Werte  für  die  Vedaforschung,  und  ein 
deutliches  Beispiel  derartiger  Förderung  liegt  uns  in  Oldenbergs 
"Religion  des  Veda"  vor.  Namentlich  wird  dadurch  auch  die  Be- 
trachtungsweise des  altindischen  Rituals  befruchtet,  wie  andrerseits 
auch  dieses,  seiner  hohen  Ausbildung  und  genauen  Fixierung  wegen, 
für  die  Ethnologie  von  Nutzen  sein  kauD,  was  ich  schon  in  meiner 
Rezension  von  H.s  *'Ritual-Litteratur"  (Arch.  f.  Religionsw.  1,  111  f.) 
ausgesprochen  habe.  Dagegen  wäre  es  sehr  zu  bedauern,  wenn 
die  Vedaforschung  aus  gleichen  mythologischen  oder  das  Ritual 
betreffenden  Daten  bei  andern  Völkern  auf  gleiche  Ursache,  gleiche 
Entstehungsweise  schliessen  und  sie'  in  diesem  Sinne  zur  Erklärung 
ihrer  eignen  Rätsel  heranziehen  wollte.  Denn  es  ist  ganz  verkehrt, 
wenn  Winternitz  Globus  77,  65  ^>  von  einer  Notwendigkeit  redet 
gleiche  Erscheinungen  aus  gleichen  Ursachen  zu  erklären.  Er  über- 
sieht dabei  vollkommen  die  Erfahrungen  der  Sprachwissenschaft  wie 
auch  der  Völkerkunde  selbst;  gerade  diese  sollte  durch  sich  selbst 
vor  einer  derartigen  falschen  Anwendung  der  Parallelen  warnen. 
Wenn  man  z.  B.  sieht,  wie  bei  den  verschiedensten  Völkern  der 
Erde  und  sogar  bei  nahverwandten  dasselbe  lineare  Ornament  aus 
ganz  verschiedenen  naturalistischen  Darstellungen  entsteht,  so  ge- 
hört —  meine  ich  —  eine  grosse  Kühnheit  dazu  mythologische  Er- 
scheinungen vergleichen  und  bei  gewissen  Übereinstimmungen  auf 
gleiche  Ursachen  schliessen  zu  wollen.  Selbst  wenn  wir  den  Mythus 
des  einen  Volkes  seinem  Entstehen,  seiner  Geschichte  nach  ganz  zu 
begreifen  vermögen  und  wenn  wir  ferner  den  in  seinen  Resultaten 
gleichen  Mythus  eines  andern  (auch  verwandten)  Volkes  in  gleicher 
Weise  entstehen  lassen  können,  selbst  dann  haben  wir  keine  Be- 
rechtigung zu  sagen,  der  letztere  sei  durch  den  ersteren  in  seiner 
Geschichte  aufgeklärt.  Erst  wenn  sich  noch  mehrere  Anhaltspunkte 
für  die  Geschichte  des  noch  dunklen  Mvthus  finden,  die  sich  durch 
die  Parallele  zu  einer  geschlossenen  Ketto  zusammenreihen  lassen, 
erst  dann  haben  wir  ein  Recht  auf  die  Parallele  etwas  zu  geben, 
ohne  natürlich  selbst  da  frei  von  Trugschlüssen  zu  sein.  Ich  glaube 
also  nicht  mit  Winternitz  (Globus  77,  65»),  dass  die  Ethnologie  (und 
damit  allerdings  auch  die  vergleichende  Mythologie)  ein  Mittel  ist 
zur  Erforschung  der  ältesten  mythischen  Vorstellungen  der  indo- 
germanischen Völker;  ich  erkenne  vielmehr  Max  Müller  (Beitr.  zu 
einer  wissensch.  Mythologie,  2.  Bd.,  S.  166)  ein  Recht  zu  zu  sagen:  "so- 
lange wir  die  Vergangenheit  oder  die  Gründe  oder  den  Zweck  eines 
Gebrauches  oder  eines  Glaubens  nicht  kennen,  sind  alle  Verglei- 
chungen  [zu  seiner  Erklärung]  ....  vergeblich  und  können  sogar 
Unheil  anrichten**. 

Auch   bezüglich  des  späteren  Indertums  stimme  ich  H.s 

Anzeiger  XII  1.  3 


34  Hillebrandt  Vedischi'  Mjiliolögic, 

Ansicht  hei,  daea  es  bei  dt^r  Vrdaexegcse  uicht  Führeriii,  sondern 
nur  Gchillia  sein  kann  (S.  7  fl'.).  Uuzweifelhaft  sind  I'ischcl  und 
Geldner  in  der  Identifizierung  des  späteren  IndercumK  mit  den  Ve^ 
hKItuiHsen  deeVeda  zu  weit  gugangcn;  eheneo  ist  ihre  Wertschätming 
UDd  Benutzung  der  indischen  Kommentare  und  Wörierbüelier  eowie, 
damit  zuBAmmcnhängend,  ihre  Worterklärung  und  Inierpreiation 
ganz  unhnllbsr.  Die  von  ihnen  angenommenen  Bedemnnfja'iber- 
g9ngo  sind  zumeist  vo1lstäudi<;  unbegreiflich  (vgl.  darüber  z.  B.  Hille- 
brandt, Vedaiiiterpretation  S.  G  fl'.),  und  ihre  neuen,  auf  die  indischen 
Erklärer  zurückgehenden  Deutungen  Ussen  sich,  soviel  ich  sehe, 
fKHt  HKmtlich  als  unzutreffend  erweisen.  Dagegen  verkenne  ich  nicht, 
dasa  erst  durch  die  genannten  beiden  Gelehrten  ein  ausgeprägteres 
indisches  Kulturbild  in  den  Veda  hineingetragen  worden  ist,  ala 
man  vorher  darin  gesehen  hat,  und  dies  ist,  wie  mich  dünkt,  nicht 
zum  Nachteile  für  das  feinere  Verständnis  des  Teda  gescheheu- 
Der  Hftuplwert  der  späteren  Litteratur  für  die  Vedaexegese  beruht 
darin,  dase  nie  uns  ein  klares  und  deutliches  Bitd  von  di^r  spezifisch 
indischen  Kultur  entwirft,  wonach  das  \'erschwommene^  das  wir 
sonst  von  der  vedischeu  Kultur  erhielten,  in  krültlgeren  Zügen  und 
frischeren  Farben  ausgeführt  werden  kann.  —  Bei  dietjcr  ganzen 
Frage  darf  aber  der  Rgvedit  [um  ihn  handelt  es  «ich  doch  haupl- 
s&chlich)  uicht  als  Ganzes  betrachtet  werden.  Der  9gveda  zerlJLllt 
ja  bekanntlich  in  verschiedene  Teile,  von  denen  die  einen  nament- 
lich tnbeziig  auf  die  Sprache,  aber  z.  T.  auch  deutlich  in  kleineren 
Punkten  der  Religionsanschauungen,  der  späteren  Zeit  näher  stehen 
als  die  andern.  Von  den  meisten  Vedarorschern  ist  dieser  Unter- 
schied zeitlich  aufgefasst  worden  (vgl.  besonders  Hopkins,  Prä^Athi- 
k*ni  I,  JAOS.  17,  23  ff.)  und  hat  sogar  zu  pedanlisch-mlnutiösen 
Altersbestimmungen  kleiner  und  kleinster  Teile  des  Rg veda  geführt 
(Arnold,  "Literary  epochs  in  the  Rigveda"  KZ.  34,  297  ff.;  "Hislorical 
Vedlc  Gramraar"  JAOS.  18,  203ff.;  ["Rigveda  VII.  33"  KZ.  37, 207  IT.]).') 
Aber  welche  Berechtigung  haben  wir  zu  dieser  Annahme?  Es  ist 
doch  in  den  meisten  Fallen  mindestens  ebenso  wahrscheinlich,  dass 
lokale  Unterschiede  vorliegen,  und  hier  scheint  mir  H.  in  seinen  geist- 
reichen Auseinandersetzungen  über  das  6.  und  7.  Buch  (Vedische 
Mythologie  I,  83  t^.)  den  einzig  richtigen  Weg  für  eine  gesunde  Veda- 
exe^ese  gezeigt  zu  haben  (vgl.  meine  Rezension:  IF.  8,  Anz.  S.  23). 
Diejenigen  Teile  des  flgveda,  die  sprachlich  dem  klassischen  Sans- 
krt  näher  stehen,  sind  jedenfalls  in  weiter  Östlichen  Gebieten,  der 
Wiege  des  späteren  Indertums.  entstanden,  während  die  andern 
Teile  weiter  westlich  bis  nach  Iran  hinein  zu  Hause  sind,  wo  noch 
sur  selben  Zeit  ein  entwicklungsgeschichtllch  zumeist  älteres  Stadium 
herschte.  Aus  dieser,  wie  ich  glaube,  wohlbegründeien  Annahme 
folgt  des  weiteren,  dass  die  Kultur  (inkl.  Mythologie)  der  einzelnen 
Teile  des  Rgvedn  eine  verschiedene  sein  wird:  die  in  der  Sprache 

I)  Die  Zerstückelung  der  Veda  in  kleinere  und  kleinste  Teile, 
wie  sie  namentlich  von  Arnold  auf  Grund  sprachlicher  und  metri- 
scher Momente  in  fast  mathematischer  Weise  vorgenommen  worden 
ist,  sollte  von  vornherein  als  verkehrt  abgewiesen  werden.  Denn 
dies  Verfahren  berücksichtigt  gar  uicht  die  individuelle  Sprechweise 
einzelner  Sänger  und  die  Gewohnheiten  der  Sängerfamilien ;  ferner 
ist  nicht  bedacht  worden,  dass  die  Hymnen  des  Veda  nicht  von 
unsern  nur  an  Regeln  gewohnten  Gelehrten,  sondern  von  freier 
empündeuden  Dichtern  geschaffen  sind,  die  sich  au  das  Normal- 
mecruni  nicht  sklavisch  binden,  sondern  sich  Abweichungen  erlauben 
(vgl.  auch  Uillebr.iudt,  Vedainterpretaiion  1895,  S.  14]. 


Hillcbrandt  Vedische  Mythologie, 


35 


,der  klasRiBchen  Litteratur  näher  stehenden  werden  ihr  auch  kul- 
:ell  (also  auch  mythologisch)  mehr  verwandt  sein  als  die  übrig'en. 
£a  gilt  also  jene  Teile  des  $ßveda  in  der  Weise,  wie  es  H.  s'ethnn  hat, 
zDaSchBl  in  grösseren  ZUgen  zu  lUDgrenzen,')  und  dann  besteht  die 
Aufgabe  für  jeden  einzelnen  eine  Art  Kulturgeschichte  zu  schreiben. 
Ich  glaube  bestimmt,  daas  man  erst  dadurch  zu  einem  besseren 
VersiändniBse  mancher  Göttergestalten  gelangen  wird,  wenn  man 
nicht  mehr  alles,  was  die  verschiedenen  Bücher  über  sie  berichten, 
was  aber  nicht  organisch  zusammen  gehört,  zu  einem  glatten  Bilde 
,  des  Gottes  verarbeiten  will. 

Wenn  wir,  wie  wir  im  Vorangehenden  auseinandergesetzt 
haben,  weder  der  Ethnologie  (inkl.  der  vergleichenden  Mythologie) 
.noch  auch  dem  späteren  Indertum  eine  führende  Rolle  bei  der  Er- 
.lüUrung  des  Vcda  zuerkennen  können,  so  bleibt  —  abgesehen  von 
der  Berücksichtigung  der  nicht  besonders  ergiebigen  iranischen 
Religion  (Avesta)  —  nur  übrig,  die  vedische  Mythologie  mit  U.  (S.  I) 
«ufzubftuen  auf  sorgfit Itiger  Exegese  der  Texte  und  auf  dem 
~ultH8  (die  Bituallitteratur  ist  jedoch  m.  E.  nur  mit  aussersCer  Vor- 
sicht in  gebrauchen!),  ohne  irgend  welche  Theorien  aufkom- 
men zu  lassen  (E.  5.  3).  Ich  glaube  aber  zu  bemerken,  das»  H. 
selbst  von  Theorien  nicht  frei  ist  —  wer  wflre  dies  auch?  — ,  denn 
er  möchte  für  den  Veda  so  wenig  wi«  möglich  zugeben,  dass  eine 
Göttergestall  auch  auf  etwas  Anderem  als  der  Personifikation  von 
Naturmächten  beruht.  So  bleibt  er  bei  seiner  Erklärung  von  Yama 
Als  Mond  und  Vivasvaut  als  Sonne  (vhI.*)  S.  13  f.,  20,  47,  94  Anm.  3, 
106  Anm.  3,  141  Anm.  S,  311),  und  dabei  scheint  er  meine  Deutung 
in  diesem  Anz.  8,  28  IT.  für  ctymologiseh  beeinflusst  zu  halten.  Das 
ist  sie  nicht,  denn  ich  sehe  mitH.  einen  schweren  Fehler  darin,  sich 
bei  mythologischen  Deutungen  von  der  Etymologie  eines  Goitcr- 
namen's  (abgesehen  natürlich  von  solchen  wie  Särya  und  Agni) 
leiten  zu  lassen,  einen  Fehler,  von  dem  jedoch  selbst  Gelehrte  wie 
Oldenberg  nicht  frei  sind  (vgl.  z.  B.  bezüglich  Savitnr:  ZDMG.  51, 
475  ff.).  Wenn  aber  die  ungesuchte  Etymologie^  übereinstimmt  mit 
den  ßesultaten,  die  man  sonst  über  den  betr.  Gott  bzw.  die  ver- 
meintliche Gottheit  (wie  z.  B.  VivasvÄUt)  gewinnt,  dann  kann  sie 
gewiss  nur  zur  ErhSrtnng  dieser  Resultate  dienen.  Eine  vorurteils- 
treie  Exegese  der  vediachen  Texte,  namentlich  der  ülteren  Teile, 
scheint  es  mir  nun  auszuschliessen.  dass  Vivasvant  und  Yama  von 
Haus  aus  etwa«  anderes  nis  erster  (Soma-i'1  Opferer  und  erster  Mensch 
gewesen  sind,  wobei  von  dem  NPr.  Vivasvant  ein  atif  beliebige  Er- 
scheinungen anwendbares  adjektivisches  rivanrant  zu  trennen  ist.*) 


1)  Aus  neuerer  Zeit  beachte  maa:  Weber  Vedische  Beiträge  Ö: 
Zu  Mandala  II  der  Rik-SamhitA.  Sitzber.  Preusa.  Ak.  Wiss.  14.  Juni 
1900,  S'.  '601  ff. 

2)  Die  Indizes  in  H.s  Buch  versagen  hier,  wie  öfters  im  ersten 
[  £ande, 

3)  Meine  Etymologie  von  Yama  a.  a.  0.  S.  33  gebe  ich  durch- 
Laus  nicht  als  eine  schlagende  aus,  aber  die  ülteren  sind  es  aus  sach- 
(.Heben  Gründen  erst  recht  nicht. 

4)  In  ähnlicher  Weise,  wie  ich  fgv.  vivasvant  behandelt  habe, 
tTerflihn  H.  inbezug  auf  viräj  (H  50  f.):  auch  hier  ist  mit  Recht  nicht 
Kaltes  auf  eine  und  dieselbe  Persönlichkeit  zu  beziehen.  Dass  das 
EjLppellativum  vivasvant  schon  stellenweise  im  RV.  zu  einem  NPr. 
Fder    Sonne   geworden    ist,   will  ich  nicht  leugnen.    So  wohl  X    IT, 

~    wo  ich  jetzt  im  Hinblick  auf  II.  S.  47  (vgl.  auch  S    13  f.) 


36  Hillebrandt  Vedische  Mythologie. 

Ich  sehe  auch  mit  Oldenberg  ZDMG.  49,  172  f.  nicht  ein,  warum 
nicht  bei  den  Indern  Menschen  zu  Göttern  geworden  sein  sollten. 
Liefert  doch  H.  selbst  durch  seine  ebenso  geistreichen,  wie  treflPenden 
Untersuchungen  über  die  Panis  (vgl.  dazu  meine  Rezension  in  diesem 
Anz.  8,  22  sowie  H.  II  48)  einen  Beleg  dafür,  dass  ein  ganzer  Stamm 
zu  einem  Dämonengeschlecht  geworden  ist;  ferner  siehe  H.  zu  An- 
giras,  Bhrgu,  Atharvan  (II  155  ff.).  Ebenso  verstehe  ich  nicht,  wie 
man  sich  an  der  Vergöttlichung  hervorragender  Rosse  —  von 
einem  Versetzen  der  Rosse  an  den  Himmel  ist  nicht  die  Rede!  — 
stossen  kann  (H.  S.  2,  vgl.  auch  '*Vedainterpretation"  S.  17);  denn 
wenn  Dadhikrävan  und  Tärksya  (zum  letzteren  vgl.  vorläufig:  Foy 
KZ.  34,  266  ff.)  nicht  irdische  Rosse  gewesen  wären,  wie  sind  da  die 
Schilderungen  der  grossen  Wettrennen  zu  erklären,  an  denen  sie 
nach  den  Texten  hervorragenden  Anteil  genommen  haben?  An 
dem  Charakter  des  Rgveda  als  eines  religiösen  Liederbuchs  wird 
durch  solche  Deutungen  nichts  geändert,  auch  ist  man  deshalb  noch 
weit  davon  entfernt  den  Euhemerismus  zu  übertreiben,  wie  es  H. 
in  seiner  prächtigen  Satire  **Die  Götter  des  Rgveda"  (1894)  gethan 
hat.  Ich  bin  vielmehr  der  Ansicht,  dass  man  in  gleicher  Weise  eine 
Satire  über  die  naturmythologische  Schule  schreiben  könnte.  So 
scheint  mir  H.  (S.  2,  17  ff.)  auch  die  Abstraktgötter  mehr  einer 
Theorie  zu  Liebe  abzulehnen  (vgl.  dagegen  Oldenberg,  Religion  des 
Veda  227  ff.,  ZDMG.  49, 172  f.  u.  51,  473  ff.),  obwohl  auch  ich  manche 
der  Oldenbergschen  Abstraktionen  (wie  Püsan,  Brhas-  oder  Brahma- 
naspati,  Visnu,  auch  Tvastar)  nicht  akzeptieren  kann  und  mir  über 
andre  (wie  Savitar)  noch  unklar  bin.  Wenn  ich  mich  mit  andern  For- 
schern gegen  die  übertriebeneNaturmythologie  wende,  wenn  wir  einige 
Götter  nicht  immer  und  immer  wieder  als  Sonne  und  Mond  deuten, 
so  leugnen  wir  damit  nicht,  dass  dieselbe  Naturerscheinung  als  eine 
Vielheit  von  Göttergestalten  auftreten  kann  und  im  Veda  wirklich 
auftritt.  Wir  leugnen  nur,  dass  nun  alles  als  solche  Naturgötter 
aufgefasst  werden  miiss,  was  irgend  die  Züge  eines  solchen  be- 
kommen hat  (wie  Yama  und  die  Rennpferde).  Übrigens  möchte  ich 
darauf  hinweisen,  dass  ich  H.s  Ansicht,  der  vedische  Polytheismus 
verdanke  einen  Teil  seiner  Vielköptigkeit  der  Verschmelzung  von 
Göttern  verschiedener  Zeiten  und  Stämme,  durchaus  nicht  IF.  8,  Anz. 
S.  25  entgegengetreten  bin,  wie  H.  S.  14  f.  meint.  Ich  habe  mich 
nur  dagegen  gewandt  dies  Moment  allein  als  Erklärung  anzuführen. 


folgendermassen  übersetze:  "'Tvastar  veranstaltet  für  seine  Tochter 
[Süryä=Usas]  die  Hochzeit':  so  redend  kommt  hier  die  ganze  Welt 
zusammen;  'Yamas  [des  Mondes]  Mutter  [die  Nacht],  des  grossen 
Vivasvant  [der  Sonne]  Gattin,  ist  bei  ihrer  Heimführung  verschwun- 
den'. —  Sie  [die  Götter]  verbargen  (nämlich)  die  Unsterbliche  [die 
Nacht]  vor  den  Sterblichen,  schufen  eine  gleichfarbige  [Süryä]  und 
gaben  sie  dem  Vivasvant.  Und  sie  [Süryä]  gebar  die  Asvin,  wie 
das  geschah,  und.verlies  die  Zwillinge,  die  rasche."  Das  wesentlich 
Neue  in  dieser  Übersetzung  ist,  dass  ich  auch  Ic— d  von  der  er- 
staunten Welt  gesprochen  sein  lasse,  —  schon  das  Perfektum  ver- 
langt diese  Auffassung.  Unklar  kann  eigentlich  nur  noch  la  bleiben; 
jedoch  glaube  ich,  dass  wir  hier  in  Tvastar  nur  den  göttlichen 
"Schöpfer"  aller  möglichen  Dinge  sehen  dürfen,  der  als  solcher  im 
besonderen  das  ausführt,  als  dessen  Urheber  in  V.  2b  die  Götter 
im  allgemeinen  genannt  werden.  Sind  von  mir  die  beiden  frag- 
lichen Verse  richtig  erklärt,  so  ergiebt  sich,  dass  die  Asvin  nicht 
Sonne  und  Mond  sein  können,  wie  H.  S.  42,  50  vermutet. 


Hillebrandt  Vedische  Mvtholoffie.  37 


O' 


Ausserdem  habe  ich  H.s  Ausdruck  "unbrahmanisch"  nicht  so  ver- 
stehen können,  wie  er  ihn  jetzt  nach  S.  15  f.  verstanden  wissen  will. 
Meine  Bemerkungen  a.  a.  0.  erledigen  sich  damit  teilweise.  Ich 
halte  aber  daran  fest,  dass  die  Seite  der  vedischen  Religion,  die 
im  Rgveda  als  fremd  oder  nicht  ausgebildet  erscheint  und  die  im 
Atharvaveda  zusammensrefasst  ist,  nicht  nur  auf  unindische  Völker 
oder  "unbrahmanische"  Inder,  auf  die  die  vedischen  Stämme  stiessen, 
zurückzuführen  ist,  sondern  viel  eher  die  niedere  Volksreligion,  den 
Aberglauben  und  Animismus  der  vedischen  Stämme  selbst  reprä- 
sentiert. 

Soll  ich  meine  im  Vorangehenden  z.  T.  ausführlicher  begrün- 
dete Ansicht  über  die  beim  Veda  zu  befolgende  Interpretationsweise 
kurz  zusammenfassen,  so  möchte  ich  es  so  thun:  Man  niuss  den 
Veda  aus  sich  selbst  (natürlich  unter  Benutzung  der  Errungen- 
schaften der  Sprachwissenschaft)  und  mit  Hilfe  des  Kultus,  nicht 
mit  Hilfe  der  indischen  Erklärer  zu  verstehen  suchen,  aber  man 
muss  an  diese  Aufgabe  mit  einer  breiteren  Kenntnis  des  späteren 
Indertums,  der  indogermanischen  Völker  und  der  Ethnologie  heran- 
treten und  muss  sich  vor  Einseitigkeit  bewahren.  Mann  muss  den 
Veda  als  poetische  Schöpfung  betrachten  und  sich  in  die  Stimmung 
-des  einzelnen  Sängers  versetzen.  Man  darf  nicht  Alles  nach  einem 
und  demselben  Massstabe  messen  oder  auf  eine  Linie  stellen  wollen, 
sondern  muss  bedenken,  dass  die  Hymnen  zu  verschiedener  Zeit, 
namentlich  aber  auch  an  verschiedenem  Orte,  von  verschiedenen 
Menschen,  unter  verschiedenen  Einflüssen  gedichtet  worden  sind, 
dass  sie  also  —  nicht  nur  infolge  zeitlicher  Unterschiede  —  äusser- 
lich  und  innerlich  ganz  verschiedenes  Gepräge  tragen  können,  so- 
wohl in  der  Sprache  wie  in  der  Mythologie,  sowohl  im  Metrum  wie 
im  Ausdrucke  der  Gedanken.  So  wird  es  bessere  und  schlechtere 
Leistungen  geben,  aber  man  darf  den  vedischen  Sängern  nicht  zu- 
muten, dass  sie  ungereimtes  Zeug  verfassten  (vgl.  dazu  schon  Fov 
KZ.  36,  126).  — 

Wir  kommen  nun  zur  Besprechung  derjenigen  Abschnitte  des 
H.schen  Werkes,  die  sich  auf  die  Göttergestalten  selbst  beziehen. 
Der  vorliegende  Band  beginnt  (S.  23—53)  mit  einer  Behandlung  von 
Problemen,  die  mit  der  Usas,  "der  anmutigsten  Göttin,  die  den  ve- 
dischen Himmel  schmückt",  in  Zusammenhang  stehen.  H.  sieht  in 
den  Usasliedern  Neujahrslieder  (S.  26  ff.),  und  zwar  schliesst  er  dies 
vor  aiiem  aus  dem  Ritual.  Die  Hymnen  selbst  bieten  für  diese 
Annahme  keinen  Anhalt:  VII  80  hat  für  mein  Empfinden  nichts  von 
einem  Neujahrsliede  an  sich;  auch  aus  prathamä  äyatindm  1 113,  8 
u.  124,  2  ist  wegen  des  Zusammenhanges  nichts  zu  schliessen; 
jänäty  dhnah  prathamäsya  näma  1 123,  9  bezieht  sich  auf  den  ersten 
Erdeutag,  den  die  Usas  auch  zuerst  gekannt  hat,  weil  sie  stets 
prathamä  ist;  dhnäm  netri  RV.  VH  77,  2.  TS.  IV  3,  11.  MS.  II 13,  10 
ist.  Usas  als  diejenige,  mit  deren  Erscheinen  die  Tage  beginnen; 
ftünäm  patnl  heisst  sie  MS.  II  13,  10  (=  TS.  IV  3,  11),  weil  sie  die 
drei  Jahreszeiten  (vgl.  dazu  H.  S.  33  ft*.)^)  einleitet,  ähnlich  wie  die 
Neujahrsnacht  (Ekästakä)  samvatsarasya  patnl  genannt  wird  (TS 


1)  In  der  Beziehung  des  rgv.  Dreiklangs  gävafi^  äpaljL,  svar 
auf  Frühling,  Regenzeit,  Sommer  scheint  mir  jedoch  H.  zu  weit  zu 
gehen.  —  Zu  der  S.  34  Anm.  aufgeführten  Stelle  RV.  VII  33,  7 
möchte  ich  beiläufig  bemerken,  dass  jyotiro  in  Pada  b  doch  nur  auf 
u^asam  in  Päda  c  verweisen  kann,  dass  also  dieser  Päda  zum  vor- 
angehenden in  logischer  Gedankenfolgc  steht. 


38  Hillebrandt  Vedische  Mvtholos^ie. 


o' 


VII  4,  8,  1),  und  daher  ist  auch  von  drei  Usas  die  Rede  (v^I.  H. 
S.  33).  Ich  sage  mit  diesen  meinen  Bemerkungen  zumeist  nicht» 
Neues,  aber  es  ist  doch  wichtig  die  alten  Deutungen  nochmals  zu 
konstatieren,  um  zu  zeigen,  dass  die  Usaslieder  keinen  Zug  eine» 
Neujahrsliedes  enthalten.  Und  deshalb  ist,  wenn  sie  auch  an  sich 
für  die  Neujahrsfeier  gedichtet  sein  könnten,  diese  Annahme  höchst 
unwahrscheinlich.  Wir  würden  es  dann  mit  bestimmter  gefärbten 
Liedern  zu  thun  haben,  wie  bei  dem  an  die  Neujahrsnacht  gerich- 
teten (AV.  III  10).  Dazu  kommt  ein  weiteres  Moment.  Wenn  die 
Usaslieder  als  Neujahrslieder  gedichtet  worden  wären,  so  müsste 
das  in  einem  Lande  geschehen  sein,  wo  der  kürzeste  und  längste 
Tag  bedeutend  differieren,  wo  man  Ursache  hat  die  Wiederkehr  de» 
Lichtes  zu  feiern;  dann  Hessen  aber  auch  die  Vergleiche  mit  dem 
Heraustreiben  des  Viehs  den  von  H.  S.  38  f.  hineininterpretierten 
Sinn  deutlich  erkennen,  während  in  Wirklichkeit  nichts  von  festen 
Winterställen,  aus  dem  das  Vieh  zur  Frühlingszeit  herausgetrieben 
wird,  zu  spüren  ist.  Daher  können  jene  Vergleiche  nur  so  aufgefasst 
werden:  wie  man  vor  Feinden  das  Vieh  in  sicheren  Verstecken  und 
Ställen  zu  hüten  sucht,  so  gelingt  es  den  Dämonen  der  Finsternis 
die  Kühe  der  Morgenröte  einzuschliessen ;  aber  die  Mächte  des  Lichts 
und  des  Opfers  sprengen  die  Verschlüsse  jeden  Morgen  und  treiben 
die  Kühe  heraus.  Das  Ritual  darf,  seinem  sonstigen  Aufbau  ent- 
sprechend, bezüglich  des  eigentlichen  Wesens  der  Usaslieder  nicht 
ausjschlaggebend  sein,  und  auch  in  den  Beziehungen  der  Usas  zu 
den  Manen  kann  ich  keine  Stütze  für  H.s  Ansicht  sehen.  Wenn 
die  Manen  das  Licht,  speziell  die  Usas  finden,  so  geschieht  es  doch 
nicht  deshalb,  weil  die  ihnen  geweihte  Zeit  des  Jahres  am  Ende 
desselben,  vor  Beginn  des  neuen  Jahres  liegt  und  ihr  programm- 
mässiger  Ablauf  gcwissermassen  das  neue  Jahr,  das  neue  Licht  be- 
dingt (80  H.  S.  29  f.).  Ich  verstehe  nicht,  wie  H.  zu  dieser  Annahme 
kommen  konnte,  da  doch  im  RV.  die  Are  der  Lichtgewinnung  durch 
die  Manen  oder  mit  ihrer  Hilfe  ganz  anders  geschildert  wird  und 
H.  selbst  (S.  31  ff.)  diese  Stellen  in  besonderem  Sinne,  als  ein  An- 
singen des  neuen  Jahres,  als  eine  alte  Kunde  von  Neujahrsliedern, 
deutet.  Ich  kann  ihm  aber  auch  hierin  nicht  folgen.  Die  That  der 
Kavis  der  Vorzeit  ist  m.  E.  eine  kosmogonische  Sage;  sie  bezieht 
sich  auf  ein  einziges  Begebnis,  nicht  auf  einen  wiederholten  Brauch: 
das  Opfer  der  Väter  hat  den  Berg  (das  Dunkel,  die  ewige  Nacht) 
gespalten  und  die  Kühe  der  Morgenröte  (das  Licht)  erscheinen 
lassen,  wie  das  Opfer  sonst  die  Natur  zwingt  rtena  zu  walten.  Dass 
der  RV.  diese  That  der  Väter  gerade  bei  der  Jahreswende  (pari- 
vatsare)  geschehen  sein  lässt  (nach  X  62,  2),  ist  doch  sehr  begreif- 
lich: die  Usas  kennt  den  Namen  des  ersten  Tages  (I  123,  9),  sie  hat 
ja  den  Begriff  "Tag"  überhaupt  erst  ermöglicht,  ist  also  am  ersten 
aller  Tage  erschienen,  den  sich  der  Sänger  als  ersten  Tag  eines 
Jahres  vorstellen  niusste;  so  konnte  sich  ohne  weiteres  die  Anschau- 
ung entwickeln,  dass  gerade  an  einer  Jahreswende  erstmalig  die 
Scheidung  in  Tag  und  Nacht  eingeführt  worden  sei.  Etwa  nun 
schliessen  zu  wollen,  dass  die  Usaslieder  nur  für  Wiederholungen 
des  ersten  mythischen  Neujahrszaubers  gedichtet  worden  seien,  da- 
für haben  wir  in  den  Liedern  absolut  keinen  Anhalt.  —  S.  41  f. 
deutet  H.  Sürya  als  Usas.  Dem  stimme  ich  bei  (gegen  IF.  8,  Anz. 
29),  ohne  mit  H.  einen  bestimmten  Zeitpunkt  (den  ersten  Vollmonds- 
tag des  neuen  Jahres  oder  des  Frühlings)  für  die  Hochzeit  des 
Mondes  mit  der  Usas  oder  Sürvä  annehmen  zu  können.  —  Saramä 
mit  Usas  zu  identifizieren,  wozu  H.  S.  48  ff.  neigt,  leuchtet  mir  nicht 
ein.    Usas  kann  doch  nicht  selbst  ihre  Rinder,  d.  h.  sich  selbst,  auf- 


^^^g^  Hillebrnndl  Vedische  Mythologie.  39 

flnden?  Wenn  aber  J(>ne  IdentitlkRtiati  dasRichCig'e  träfe,  so  wäre 
es  nur  nntlirlkh.  niil  H.  in  den  beiden  SäraDievaü.  den  Kindern  der 
Sarainä,  Sonne  und  Mond  zu  suchen  {v^\.  die  Viräj  mit  ihren  beiden 
KHIbern).  Müssen  jedoeh  Sarama  und  die  Sflrameyas  wirklich  einen 
naturmythologl sehen  Hintergrund  haben?  —  Ferner  glaubt  H.  In 
der  Viräj  Bin  Synonymum  dev  Usas  zu  erkennen  (S.  öOtf.i.  Wo 
TOn  einem  Kalb  der  ViraJ  pesprochen  wird,  bezieht  er  es  auf  die 
Sonne;  wo  von  zweien  die  Rede  ist,  auf  Sonne  und  Mond.  Ich  ge- 
stehe, dass  diese  Deutungen  viel  für  sich  haben.  Der  Schiuaa  von 
fi.s  Kapitel  "Usas"  (S.  52  f.)  bringt  einige  interessante  Bemerkungen 
'  Aber  die  Legende  von  einem  Inceste  des  Vaters  Himmel  (nach  den 
Brfthnmnaa;  Prajftpati)  und  seiner  Touhter  Usas,  der  auch  den  vedi- 
achen  Dichtem  bekannt  war. 

Das  nSchste  Kapitel  ist  A^ni  gewidmet  (S.  55— 154).  Gerade 
dieser  Qotl,  bzw.  die  an  ihn  gerichteten  Hymnen  hnbeu  in  jüngster 
.£eit  neben  Rudra  besonders  zahlreiche  Behandlungen  erfahren.  Ich 
Senue  ausser  den  zusammen  fassen  den  vedischen  Mythologien:  M. 
Müller,  Phya.  Religion  1892,  S.  139-198,  246-268  n.  sonst;  v.  Schroe- 
4er  WZKM.  9.  226  ff.  (1895);  Kerbaker,  II  Dio  Agni  nel  Rigveda  1896 
{Atti  della  reale  aec.  di  archeol-,  lett.  e  belle  nrti  17,  Parte  I,  Nr.  4); 
Vodskov,  Sjicledyrkelse  og  Natu rdvrk eise  1 1897,  S.  74— 236  (vgl.  da- 
BU  Hardv  IF.  10,  Anz,  S.  9  f.);  Oldenberg  Hvmns  tn  Agni  (Mandalas 
1—5)  =  SBE.  46,  1897.  H.  geht  den  auf  Agni  bezüglichen  Problemen 
^nz  selbständig  zu  Leibe  und  kommt  dabei  zu  gnnis  neuen  Lösun- 
gen. Nach  einigen  Vorbemerkungen,  die  dem  Leser  die  Probleme 
eniwickeln  sollen  und  zugleich  die  mehr  oder  weniger  ephemeren 
Formen  Agnls  kurz  abhandeln,  folgen  zunüchet  der  VolIstJLndigkeit 
halber  eine  Darstellung  der  äusseren  Hervorhringung  des  Feuers, 
aowie  Bemerkungen  über  die  Zelt  der  Anlegung  und  die  Pflege 
desselben.  H.s  Annahme,  dass  sich  diejenigen  RV, -Stellen,  wo  vou 
Agnis  Wohnen  im  Dunkel  gesprochen  wird,  auf  die  den  Manen  ge- 
freihle  Periode  des  Jahres(schlusses)  beiiiehen  und  es  Mch  bei  Agni» 
Befreiung  ans  dem  Dunkel  usw.  um  die  Erzeugung  des  Neufeuers 
Un  Neujahrsiago  handelt  IH.  S.  61  ff.>,  kann  ich  ebensowenig  bei- 
;pflichtea  wie  seiner  Erklflrung  der  Usaslieder  als  Neujahrs  Med  er; 
Wir  haben  in  den  Texten  absolut  keinen  Anhalt  dafür.  —  Des  wei- 
'teren  kommt  H.  auf  die  drei  Feuer  im  Ritual,  G&rliafiaiya,  Ähava- 

Bvlya  und  Daksina,  zu  sprechen  (S.  HS  ff.).  Er  sieht  in  diesen  drei 
JPeuern,  von  denen  jedes  einer  der  drei  Welten  (Himmel,  Erde,  Luft- 
'mum)  zugeschrieben  wird  und  die  d«r  Sache  nach  auch  schon  im 
^V.  vorliegen,  die  drei  Formen  Agni«  im  FIV.  und  versteht  folglich 
Änter  dem  "Agni  in  den  Wassern"  dt^n  Agni  des  Luftraumes.  Der 
Agni  des  Himmels  ist  die  Sonne  und  der  Agni  der  Erde  das  HaUR- 
jfeuer;  was  ist  nun  der  Agni  des  Luttranmesy  Nach  H.  kann  es 
^  aicbt  der  Blitz  Kein,  weil  dieser  nie  mit  dem  Daksinareuer  in  Be- 
ziehung gesetzt  wird,  sondern  zunächst  nur  Väyu,  der  Beherrscher 
des  Luftraumes,  der  auch  als  Agni  in  den  Brähmanas  bezeichnet 
wird.  Das  Feuer  des  Luftraumes  ist  aber  nun  zu  gleicher  Zeit  das 
Bfanenfeuer,  weil  Wind-  und  Seelenkuli  von  altersher  in  naher  Be- 
siehung stehen.  Da  nun  die  binnen  nach  andrer  Ansicht  im  Mond 
Jökalisierl  werden,  so  kann  "Agni  in  den  Wassern"  auch  der  Mond 
■ein.  Diesem  Gedankengange  H.s  kann  ich  gleichfalls  nicht  bei- 
iftimnien  (vgl.  v.  Schroeder  in  seiner  Rezension  von  H.s  Buch  WZKM. 
all,  288  ff.):  es  IHsSl  sich  durch  nichts  erweisen,  dass  die  drei  Formen 
Agnis  im  RV,  steh  mit  den  drei  Opferl'euern  decken;  würe  "Agni 
4h  den  Wassern"  wirklich  gleich  V&yu  oder  Mond,  den  beiden  Re- 
brtsentanten  des  Daksinaleuers,  so  inüsste  in   den  Hymnen  doeh 


40  Hillebrandt  Vedische  Mythologie. 

eine  nähere  Beziehung  zwischen  beiden  Teilen  ausgesprochen  sein, 
wie  z.  B.  zwischen  Agni  und  der  Sonne^  das  ist  aber  nicht  der  Fall. 
—  H.  spricht  dann  über  die  drei  Opferfeuer  im  RV.  (S.  96  ff.).  Auf- 
fallend ist,  dass  aus  diesem  Hymuenbuche  bisher  nur  das  Gärha- 
patya-Feuer  mit  Namen  bekannt  ist,  obwohl  drei  Feuerherde  ver- 
schiedentlich erwähnt  werden,  darunter  deutlich  ein  Manenfeuer 
(vgl.  H.  S.  107  ff.,  zu  RV.  X  16,  9  ff.).  H.  findet  nun  den  Dak§i- 
nägni,  das  Süd-  oder  Manenfeuer,  in  Naräsamsa  (und  Brhaspati) 
wieder,  worunter  zugleich  ein  durch  das  Feuer  repräsentierter 
Todesgott  zu  verstehen  sei.  Ich  muss  jedoch  Oldenberg  ZDMG.  54, 
49  ff.  recht  geben,  dass  für  den  RV.  —  im  allgemeinen,  wie  ich  hin- 
zufüge —  naräsamsa  als  "das  von  den  Priestern  vorgetragene  Preis- 
lied", als  "der  Genius,  welcher  dieses  Preislied  verkörpert"  und  — 
was  Oldenberg  noch  hätte  hervorheben  müssen  —  als  "der  von  den 
Priestern  gepriesene  Gegenstand  (Person  oder  Sache)"  zu  erklären 
ist.  Von  NaräSamsa,  dem  Genius  des  Preisliedes,  ist  närä^amsl 
RV.  X  85,  6  (vgl.  das  damit  parallel  stehende  Wort  raibhly  von  rebha 
'Sänger')  und  wahrscheinlich  auch  der  Name  der  N&räÄamsI- Verse 
abgeleitet.  Dagegen  scheint  mir  Oldenberg  die  Materialien  des 
Rituals,  die  das  Adjektiv  naräsamsa  und  den  Gott  Naräsamsa  zum 
Südfeuer  und  den  Manen  in  enge  Beziehung  setzen,  nicht  genügend 
erklärt  zu  haben.  Wenn  die  camaÄa-Becher,  unter  den  südlichen 
Havirdhäna-Wagen  gestellt,  naräsamsa^,  genannt  werden,  so  ge- 
schieht es  doch  nur  deshalb,  weil  sie  mit  jener  Handlung  einem 
Gotte  Naräsamsa  geweiht  sind,  und  nicht  wegen  des  Bezugs  zu  den 
näräsarnsäh  pitaralt,  die  nach  Oldenberg  so  heissen,  weil  sie  ''einst 
durch  die  Gnade  des  Gottes  N.  der  Kunst  und  Macht  des  naräm 
iamsa  teilhaftig  gewesen  sind";  in  gleichem  Sinne  ist  RV.  X  57,  3 
von  närä^amsena  sömena,  dem  Naräsamsa  geweihten  Soma  (das 
sind  die  oben  erwähnten  gefüllten  cama^a-Becher),  die  Rede.  In 
diesen  Fällen  kann  doch  nun  unter  Naräsamsa  nicht  mehr  ein  "Genius 
des  von  den  Priestern  vorgetragenen  Prcisliedes*'  gefühlt  sein,  es 
scheint  hier  vielmehr  H.s  "Totengott"  vorzuliegen.  Wie  jener  dazu 
geworden  ist,  bleibt  für  mich  eine  noch  ungelöste  Frage.  Ich  gebe 
jedoch  zu  erwägen,  dass  er  .sich  zunächst  zum  Beinamen  Agnis 
(vgl.  die  (Tlcichsetzung  mit  Brhaspati  I  18.  X  182  und  zu  letzterem 
Foy  IF.  8,  Anz.  28)  entwickelt  haben  und  dann  als  das  Südfeuer  .spe- 
zialisiert worden  sein  kann.  Das  die  Sonne  repräsentierende  Äha- 
vann-a-Feuer  glaubt  H.  auf  Grund  des  Rituals  unter  dem  Namen 
(Agni)  Vaiövänara  im  RV.  wiederzulinden,  soweit  damit  nicht 
die  Sonne,  das  himmlische  Opferfeuer,  bezeiclmet  wird.  Da  Narä- 
samsa sich  im  RV.  nicht  als  Name  des  Manenleuers  (bis  auf  einen 
besondern  Fall)  nachweisen  lässt,  so  verliert  auch  diese  Gleich- 
setzung sehr  an  Wahrscheinlichkeit.  Es  scheint,  die  Namen  des 
Rituals  gehören  im  allgemeinen  einer  späteren  Zeit  an.  —  Von  zwei 
weiteren  Ritualfeuern,  Sahhya  und  Ävasathya  (vgl.  darüber  H. 
S.  118  ff.),  kennt  der  AV.  das  erstere.  Es  ist  ein  Praerogativ  adliger 
Geschlechter  und  speziell  vom  König  in  der  Sabhä  zu  un<;erhalten. 
H.  siehi  darin,  wohl  mit  Recht,  die  Fortsetzung  oder  den  Überrest 
eines  alten  Gau-  oder  Stammesfeuers  (für  dessen  Existenz  im  RV. 
er  manche  beachtenswerte  Momente  beibringt),  wie  er  auch  in  dem 
Vaisvänarafeuer  (hier  übrigens,  wie  mir  scheint,  etymologisch  be- 
einHusst)  ein  ignis  publicus  erkennen  will.  Für  den  RV.  fehlt  dafür, 
nach  dem  oben  Bemerkten,  jeder  sichere  Boden,  und  das  Ritual 
lässt  uns  hier  ganz  im  Stich.  —  Die  nächsten  beiden  Abschnitte  in 
H.s  Buch  (S.  126  ff.),  "Agni  und  der  Blitz"  und  "Die  Götter  und 
Agni"  überschrieben,    erörtern   in   eingehenderer,  aber   mich   nicht 


HUlebrandt  Vedische  Mj-thologie.  41 

überzeug'ender  Weise  die  schon  zuvor  (S.  95)  verwertete  Ansicht 
des  Verfassers,  dass  "Agni  in  den  Wassern"  nicht  der  Blitz  sei.  Wo 
es  sich  um  Beziehungen  zwischen  Agni  und  den  Wassern  handelt, 
muss  man  zunächst,  wie  v.  Schroeder  sehr  richtig  gethan  hat  (vgl. 
WZKM.  9,  225  ff.  u.  13,  288  ff.),  zwischen  der  Geburt.  Agnis  in  den 
Wassern  und  seinem  Verstecke  (oder,  füge  ich  hinzu,  seinem  Auf- 
enthalte) in  den  Wassern,  von  wo  aus  er  in  die  Pflanzen  eingeht, 
unterscheiden,  wenngleich  auch  beide  Ideenkreise  sich  vermischt 
haben  werden  (Oldenberg  Rel.  d.  Veda  107  f.,  114),^)  Unter  Agnis 
Geburt  in  den  Wassern  verstehe  ich  mit  L.  v.  Schroeder  den  Blitz; 
besonders  scheint  sich  das  aus  HV.  I  164,  1  trotz  H.  S.  128  f.  zu  er- 
geben, denn  (isna  ist  hier  als  "Stein"  (i.  e.  Donnerkeil,  Blitz)  ^  äkman 
aufzufasssen.  Mit  Oldenberg  Rel.  d.  Veda  106  ff.  unter  diesen  Was- 
sern eventuell  das  wirkliche  Wasser  zu  verstehen  und  sämtliche 
Stellen  von  der  Geburt  Agnis  in  den  Wassern  auf  eine  Linie  mit 
denen  von  seinem  Aufenthalte  und  Verstecke  in  den  Wassern  zu 
rücken,  scheinen  mir  diejenigen  Stellen  zu  verbieten,  wo  von  der 
dreifachen  Geburt  Agnis  im  Himmel,  auf  Erden  und  in  den  Wassern 
•die  Rede  ist:  hier,  meine  ich,  kann  bei  den  Wassern  nur  an  den 
Luftraum  gedacht  werden.  Wenn  sich  H.  an  der  schon  alten  "ßlitz^*- 
Auffassung  deshalb  stösst,  weil  sich  für  den  Blitz  sonst  keine  gött- 
liche Verehrung  nachweisen  lasse,  so  muss  ich  gestehen,  dass  ich 
in  jenen  Stellen  von  der  Geburt  Agnis  in  den  Wassern  die  Ver- 
ehrung eines  Blitz -Agni  (oder  wie  sonst  noch  diese  Form  des 
Feuers  gedeutet  werden  mag)  überhaupt  nicht  entdecken  kann: 
die  Erwähnung  der  verschiedenen  Gestalten  des  im  Opfer  gegen- 
wärtigen Gottes  Agni  ist  doch  noch  keine  weitverbreitete  Verehrung! 
Die  meisten  übrigen  Stellen,  wo  von  Agnis  Aufenthalt  in  den  Was- 
sern, von  seinem  Sichverstecken  darin  usw.  die  Rede  ist,  erkläre 
ich  weder  mit  H.  als  Mvthus  von  der  Sonne,  die  sich  in  den  Woli'en 
der  tropischen  Regenzeit  verbirgt,  noch  auch  mit  Winteniitz  IF. 
8,  Anz.  37  als  Blitzmvthus  (gleich  den  Stellen  von  Agnis  Geburt  in 
den  Wassern),  sondern  mit  v.  Schroeder  WZKM.  9,  228  f.  u.  13,  290 
als  eine  Mythe,  entwickelt  durch  das  Phänomen,  dass  ein  Feuer- 
brand, ins  Wasser  gesteckt,  zischend  verlöscht:  es  scheint  mir  die 
Erklärung  nicht  auszureichen,  dass  die  Wasser  in  ihrer  Eigenschaft 
als  Nahrung  der  Pflanzen  diesen  mich  das  aus  ihnen  herauszu- 
lockende Feuer  übeimittelt  haben  müssen  (so  Oldenberg  Rel.  d.  Veda 
113  f.).  H.  hebt  mehrmals  (namentlich  S.  143)  hervor,  dass  es  sich 
bei  dem  in  den  Wassern  versteckten  Agni  nur  um  das  Opferfeuer 
der  Götter  handeln  kann,  als  welches  Sürya  zu  gelten  hütte:  ich 
finde  dagegen,  dass  es  sich  überall  nur  um  das  Opferfeuer  der 
Menschen  handelt,  das  verschwunden  ist,  sodass  den  Göttern  kein 
Opfer  mehr  dargebracht  wird  (RV.  X  51,  5).  So  auch  VI  8,  4:  Agni 
Yaiävänara  lässt  sich  durchaus  nicht,  wie  H.  S.  145  meint,  überall 
mit  Sicherheit  als  "Sonne"  oder  das  sie  repräsentierende  Ähavanlya- 
Feuer  deuten,  da  letzteres  ganz  unsicher  ist  (siehe  oben);  folglich 
wird  es  sich  auch  in  dÄa  zitierten  Verse  nur  um  den  Feuergott  im 
allgemeinen  handeln  (wie  X  51—53),  der  den  Menschen  (Vivasvant) 
vom  Himmel  gebracht  wird,  wie  er  auch  als  von  den  Göttern  ein- 
gesetzt bezeichnet  wird.  —  Des  weiteren  deutet  H.  S.  149  ff.  Mäta- 
riövan  im  RV.  als  den  Namen  eines  Windes  (durch  Stellen  des 
Rituals,   des  Yajur-  und  Atharvaveda)  und  ist  versucht  den  unter 


1)  Vodskovs   geistreichen   Ausführungen   über    diese  Fragen 
kann  ich  nicht  zustimmen. 


42  Hillebrandt  Vedische  Mythologie. 

diesem  Namen  spezialisierten  Wind  als  eine  Form  des  Feuers  im 
RV.  anzusehen.  Die  ganze  Beweisführung  macht  aber  einen  recht 
künstlichen  und  unwahrscheinlichen  Eindruck.  Da  für  Mätaridvans 
Fonernatur  deutliche  Anzeichen  im  RV.  vorhanden  sind,  so  ist  ea 
doch  richtiger*  davon  auszugehen  und  den  Windcharakter  als  einir 
spHtere  Umbildung  aufzufassen.  Ich  kann  Oldenbergs  Anschauung 
von  Mätarisvan  (Rel.  d.  Veda)  nur  beistimmen. 

In  einem  Anhange  zu  "Agni"  (S.  155—178),  der  "Über  einige 
Geschlechter  des  Feuerkultes"  betitelt  ist,  zeigt  sich  wieder  die 
Meisterschaft  H.s  in  der  Behandlung  historischer  Elemente  im  Veda^ 
wie  wir  sie  schon  aus  dem  ersten  Bande  bezüglich  der  Panis  usw. 
kennen.  In  den  Angiras  sieht  H.  mit  vielen  andern  und  gewiss 
mit  Recht  einen  alten  Stamm  oder  ein  altes  Geschlecht  (ich  möchte 
schärfer  sagen:  Priestergeschlecht),  das  besondere  Traditionen  im 
^Feuer-)Kult  und  Mythus  hatte.  Wenn  sie  zusammen  mit  Brhaspati 
besonders  zu  Zauberkünsten  in  Beziehung  stehen,  so  hat  das  wohl 
darin  seinen  Grund,  dass  sie  nach  der  Sage  ja  als  erste  mit  Sprüchen 
das  Dunkel  (damit  zugleich  die  bösen  Mächte)  besiegt  und  das  Licht 
erschlossen,  also  einen  Zauber  ausgeübt  haben  (zu  H.  S.  162).  Bhrgu 
ist  H.  geneigt  für  den  Namen  eines  alten  Stammes  und  Atharvan 
für  eine  Bezeichnung  von  dessen  Priestern  zu  halten,  um  dadurch 
ihre  aus  den  Texten  zu  folgernde  nahe  Verwandtschaft  erklären  zu 
können;  ich  möchte  dagegen  mit  Bloomfield  auch  in  den  Bhrgu 
ein  mit  den  Atharvan  auf  gleicher  Stufe  stehendes  und  nur  im  Kult 
mit  ihnen  verwandtes  Priestergeschlecht  sehen. 

Es  folgt  der  Abschnitt  über  Rudra  (S.  179—208),  über  den 
in  den  letzten  Jahren  viele  Meinungen  aufgestellt  und  manche  Ab- 
handlungen geschrieben  worden  sind.  Ich  mache,  abgesehen  von 
den  bekannten  Gesamtmvthologien  auf  folgende  wichtigere  Litte- 
ratur  aufmerksam:  Hopkins  PAOS.  16,  S.  CXLVIII  ff.;  Winternitz 
IF.  8,  Anz.  38;  L.  v.  Schroeder  WZKM.  9,  233  ff.;  Fausböll,  Fire  stu- 
dier tili  en  fremstilling  af  den  indiske  mythologi  efter  Mahäbhärata 
(Univ.-Progr.  Kopenhagen  1897);  Siecke  Arch.  f.  Religionsw.  1, 113 ff., 
209  ff.;  [Winternitz  WZKM.  14,  244  ff.].i)  H.  sieht  in  Rudra  einen 
"Gott  der  Schrecken  des  tropischen  Klimas  vom  Beginn  der  heissen 
Zeit  an  bis  zum  Übergang  zum  Herbst**  und  im  letzten  Grunde 
eine  Form  Agnis,  vielleicht  ein  Sternbild  (vgl.  S.  207  f.),  beides  auf 
Grund  des  Rituals.  Mit  L.  v.  Schroi^.der  (WZKM.  13,  291)  kann  ich 
jedoch  den  Folgerungen  H.'s  nicht  beipflichten:  wenn  das  Ritual 
und  die  darauf  bezügliche  Litteratur  Rudra  zum  Herbst  in  Beziehung 
setzen,  so  kann  das  sehr  gut  auf  einem  sekundären  Vorgange  be- 
ruhen, der  seinen  Ausgang  von  dem  verderblichen  Wirken  des  Gottea 
unter  Menschen  und  Vieh  genommen  hat  und  ihm  nun  die  Jahres- 
zeit zuweist,  die  als  Abbild  seiner  Wirksamkeit  gelten  konnte;  wenn 
er  aber  in  denselben  Texten  für  eine  Form  Agnis  erklärt  wird,  so 
wird  das  nur  in  seinem  Namen  begründet  sein,  denn,  wie  wir  aus 
dem  Veda  sehen,  ist  rudra  z.  T.  noch  Appellativum  (Bedeutung  *rot* 
fraglich),  und  da  nun  Agni  schon  im  RV.  öfters  das  Epitheton  rudra 
erhält,  so  lag  es  für  die  spekulierenden  Ritualisten  nahe,  in  dem 
Gotte  Rudra  eine  Form  Agnis  zu  sehen.  Auch  keine  der  andern 
Deutungen  Rudras,  die  H.  S.  198  f.  streift,  scheint  mir  einwandfrei, 
am  wenigsten  diejenige  Sieckes;  andrerseits  sehe  ich  keinen  Weg^ 
wie  wir  bezüglich  seines  Ursprunges  zu  einer  Bestimmung  von  grös- 
serer Wahrscheinlichkeit  gelangen  könnten. 

1)  [Über  äiva  =  "fushion  of  Agni  with  Rudra"  siehe  eine 
Bemerkung  Bloomfields,  Atharvaveda  S.  90.    Korr.-N.] 


Hillebrandt  Veilische  Mvthologi 


4* 


Der  Schluss  des  zweitpii  Bundes  von  H.s  Ved[sclier  Mythologie 

führt  un<:  zum  ersten  zurück,  dn  er  "Noch  einmal  Soßia"  hehan- 

;  (S.  209—245).    H.  verteidigt    hier   Beine  Aiiscbauutig.    dnas    im 

tanzen  RV.  Soma,  der  OpferCrniili,  gleichzeitig  ein  RepräHentiint 
ts  Mondes  ist  und  nts  ein  Teil  desselben  betrnchtet  wird;  und 
«war  verteidigt  er  sich  ira  besondciren  Regen  Oldenberg,  Hopkins 
Qnd  den  Rezensenten,  Oldenberg  hat  schon  ablehnend  geantwortet 
(ZDMG.  54,  57  ft.),  und  wenn  ich  ihm  auch  jetzt  wieder  belBtiniine, 
BO  mÖc.hiB  ich  zugleich  einem  etwaigen  Gedanken  H.s  vorbeugen. 
8  ich  seine  Beweisrührung  nicht  selbständig  geprüit  hNtie  (vgl. 
H.  S.312):  das  Kapitel  Soma  ist  nun  einmal  einer  der  Falle,  in  denen 
Ich  Oidenbergs  Änschaunngen  rückhaltlos  beitreten  kann,     Die  all- 

gemeineren  und  spezielleren  Punkte,  die  schon  der  letztere  erörtert 
ai,  brauche  ich  keiner  neuen  Besprechung  zu  unterziehen,  ich 
bsnn  mich  in  der  Hauptsache  aui'  dift  Polemik  H.s  gegen  mich  be- 
BchrAnken.  Doch  hat  Oldenberg  von  den  Einwänden,  die  H.  gegen 
Ihn  erhebt,  einen  Punkt  unberücksichtigt  gelassen,  den  ich  zunächst 
nachholen  möchte.  H,  bleibt  S.  224  f.  bei  der  Übersetzung  von 
I  rucd^  IX  49,  5  als  "Sierne",  setzt  es  judlinifi  in  Stellen  wie  IX  86, 
29.  91,  G  und  rocanä  in  Stellen  wie  IX  42,"  1  gleich,  welche  beiden 
Worte  er  ebenfalls  mit  "Sterne"  übersetzt,  und  schliessl  aus  der 
Nichtnennung  des  Mondes,  wohl  aber  der  Sonne  neben  jyötlrn^i 
lind  roQonä,  dass  Sonia,  der  sie  leuchten  lässt,  eben  der  Mond 
selbst  ist.  Wer  gibt  aber  U.  ein  Recht,  frage  ich  mit  Oldenberg 
(Rel.  d.  Veda),  jyöllmfi,  rocand  und  ruedfy  mit  'Sterne*  statt  mit 
"Gestirne'  wiederzugeben,  wie  es  Pischel  Ved,  Stud,  2,  128  bezüg- 
lich rocand  thut?  Darunter  wftren  dann  nucli  Soime  und  Mond 
einbegriffen,  die  Sonne  würde  an  einigen  Stellen  nur  noch  beson- 
dere genannt  sein:  den  Soma,  der  sie  leuchten  lüsst,  als  Mond  auf- 
satassen  bleibt  aber  kein  Anhalt  übrig.  —  Ich  komme  nun  zu  den 
Einwendungen  H.s  gegen  mich,  wobi-i  ich  sein  Bnch  (S,  230  ff.)  zur 
Hand  zu  nehmen  bitte.  Er  vergleicht  S,  232  RV.  VI  39,  3  mit  X 
J5,  19,  wo  es  sich  sicher  um  Cnndranms.  den  Mond,  handelt,  und 
Bchliesst  daraus  auch  an  ersterer  Stelle  auf  den  Mond.  Aber  stimmt 
auch  der  Vergleich?  Der  Mond  schafft  nicht  X  85,  19  die  Morgen- 
ifiten,  wie  es  dort  (VI  39,  8)  von  Sonia  heiset,  sondern  wandelt  nur 
seitlich  vor  ihnen  seine  Bahn.  Ganz  anders  ist  das  Verhältnis  der 
Üsas  zur  Sonne  und  ebenso  das  des  Friihopfers  zum  Anbruch  des 
Täges:  hier  kann  der  Dichter  wirklich  sagen,  dass  sie  die  Sonne 
beaw,  die  Morgenröten  schaffen.  Und  so  heisst  es  von  dem  Opfer- 
tranke  Soma,  ebenso  wie  von  Agni,  mit  Recht,  dass  er  die  Usas 
aufleuchten  lässt  (IX  83,  3;  86,  19)  oder  sie  anführt  (IX  71,  7;  75,3) 
oder  die  beiden  Welten  sichtbar  wcTcien  lässt  am  Morgen  (1X75, 4> 
eben  durch  das  Herbeiführen  der  Sonne  usw.  —  Ferner  stosst  sich 
E.  S.  234  an  meiner  Auffassung  von  IX  86,  42  c~d :  aber  Soma  ist 
doch  SD  gut  ein  Opt'ergott  wie  Agni;  warum  soll  also  von  jenem 
Sieht  dvd  jänä  . . .  arttär  xyate  gesagt  sein,  wie  es  dem  Sinne  nach 
ganz  ebenso  von  Agni  IV  2,  2.  3  heisst?  H.s  Bezu^  von  dvA  jdnä 
auf  die  Dcvas  und  Pitaras  wird  durch  die  auf  tlva  jänä  yätdyarm 
ontär  lyate  folgenden  Worte  ndrä  ca  iänisam  daivyarn  ca  dhdrtari 
Blchc  gestützt;  denn  diese  Worte  lassen  sich  nicht' bo|  wie  H,  S.  106 
.Anm.  3  will,  auffassen,  weil  erstens  dazu  jede  Parallele  im  Veda 
fcblt  und  zweitens  Mmaa  nicht  'Herr'  bedeutet  [vgl.  Oldenberg 
ZDMG.  54,  51  f.).  —  Ein  weiterer  Einwand  H.s  betrifft  IX  Ö6,  14, 
an  Verü,  der  sich,  wie  ich  meine,  in  seinem  genauen  Sinne  so 
.lange  nicht  sicher  bestimmen  lässt,  als  Päda  c  unklar,  bzw.  mehr- 
-deutig  bleibt.     Es  könnte  sich  um  die  Wanderung  des  Somaopfer» 


44  Hillebrandt  Vedische  Mythologie. 

zum  Himmel,  um  die  Herabkunft  Somas  vom  Himmel  oder  sogar 
um  das  Fliessen  Somas  zur  Seihe  handeln.  Je  nachdem  haben 
divispfs  und  antarik^aprä  einen  verschiedenen  Sinn.  In  den  bei- 
den ersten  Fällen  könnte  divispH  durch  IX 100,  9  erläutert  werden, 
worauf  H.  S.  234  f.  aufmerksam  macht :  Somas  Gewand  würde  da- 
nach zum  Himmel  reichen,  weil  Himmel  und  Erde  zusammen  ihm 
als  Gewand  dienen,  seine  Grösse  nicht  fassen  können  usw.  Wo  ist 
aber  hier  vom  Monde  die  Rede?  Kann  der  Dichter  nicht  vom 
Opfergotte  Soma  dasselbe  sagen,  was  er  doch  von  Indra  erzählt, 
von  Indra,  der  selbst  erst  durch  Soma  stark  wird?^)  antarikfaprd 
bezieht  sich  entweder  auf  den  Luftraum  oder  —  bei  andrer  Ge- 
samtauffassung  des  Verses  —  auf  den  Raum,  den  der  gepresste 
Somasaft  bis  zur  Seihe  durchläuft.  Dies  ist  der  Sinn  von  antarik^a 
IX  63,  8.  27  (bei  H.  S.  235  Anm.  falsch  zitiert)  und  IX  65,  16,  wo  es 
sich  deutlich  um  das  Opfer  der  Menschen  handelt  (beachte  mandv 
ddhi  und  die  Fortsetzung  von  IX  63,  Vers  9).  Ebenso  ist  wohl  IX 
3,  7  von  rdjämsi  und  IX  17,  5  von  tri  rocanä  die  Rede,  wenn  es 
sich  nicht  etwa  um  die  Wanderung  Somas  als  Opfertrank  zum 
Himmel  handelt.  2)  Es  gliedern  sich  diese  Vorstellungen  an  die  von 
der  Seihe  als  Himmel  an.  So  ist  auch  IX  37,  3  unter  den  Licht- 
räumen des  Himmels,  die  Soma  durchläuft,  die  Seihe  zu  verstehen. 
Selbst  wenn  davon  die  Rede  ist,  dash  Soma  als  himmlischer  Vogel 
herabschaut  auf  die  Erde  (IX  71,  9),  so  ist  dies  sicherlich  nicht  auf 
den  Mond  zu  beziehen,  wie  H.  S.  235  will.  Schon  die  folgenden 
Worte  desselben  Verses  zeigen,  dass  Soma  nicht  als  Licht  herab- 
schaut; denn:  pari  krdtunä  paiyafe  jdfy  (ebenso  wie  z.  B.  X  91,  3 
von  Agnis  krätu  und  X  187,  4  von  seinem  Durchschauen  aller 
Wesen  die  Rede  ist).  Ausserdem  ist  vorher  im  ganzen  Liede  deut- 
lich nur  vom  Opfertrank,  seiner  Bereitung,  Vermischung  mit  Wasser, 
Darbringung  die  Rede.  Ich  halte  auch  hier  das  Herabschauen  auf 
die  Erde  nur  für  ein  Motiv,  das  sieh  an  die  Schilderung  seines 
Wandeins  am  Himmel,  i.  e.  auf  der  Seihe,  in  der  Sonne  Glanz  ge- 
kleidet, angeschlossen  hat.  Das  wird  direkt  bestätigt  durch  IX  38, 
5:  e^d  syä  rtiadyo  rdsö  'va  caste  diväh  MMuh  yd  indur  väram  ävisat^ 
wo  wiederum  die  ganze  Umgebung  des  Verses  nur  von  den  Opfer- 
vorgängen handelt,  divydli  supaimdh  und  divdh  simJjL  heisst  Soma 
aber  wie  Agni  (letzterer  divdh  sUuh  z.  B.  IV  15,  6).  Soma  und  Agni 
berühren  sich  in  ihren  Epitheta  und  in  den  Bildern,  die  auf  sie 
angewandt  werden,  ausserordentlich,  weil  sie  beide  Opfergötter 
sind.     Daher  sollte  man  stets  bei  der  Erklärung  des  einen  den  an- 


1)  IX  100,  9  soll  nach  H.  im  Zusammenhange  besonders  be- 
weisend sein.  Aber  Vers  8  reisst  er  die  Worte  tämämsi  jighnase 
wieder,  wie  öfters,  aus  dem  Satzzusammenhange  heraus,  wodurch 
sie  erst  seiner  Theorie  günstig  erscheinen:  es  gehört  zu  ihnen  hin- 
zu i'isväni  däsii^afi  grhe,  also  ''Soma  vernichtet  alle  dunklen  Mächte 
im  Hause  des  Frommen"!  Wo  ist  da  ein  Bezug  auf  den  Mond  und 
die  Nacht? 

2)  IX  17,  5  ist  im  ersten  Falle  zu  überseten:  "Durch  die  drei 
Lichträume,  o  Soma,  gleichsam  zum  Himmel  steigend  strahlest  du; 
du  setzt  gleichsam  die  Sonne  in  Bewegung."  Das  Fliessen  des  Opfer- 
trankes zur  Seihe  würde  danach  mit  dem  Emporsteigen  der  Sonne 
am  Himmel  verglichen;  daher  ndl  Das  "gleichsam"  in  meiner  Über- 
setzung IF.  8,  Anz.  26  soll  sich  übrigens  auf  den  ganzen  Satz 
beziehen  und  nicht  nur,  wie  H.  annimmt,  auf  "strahlst  du",  daher 
.ist  auch  seine  Stellung  im  Indischen  ganz  korrekt. 


Hillebrandt  Vedische  Mythologie.  4&- 

dern  zu  Rate  ziehen.  So  wird  z.  B.  auch  von  Soma  gesagt:  mä- 
tdrä  vicdran  IX  68,  4,  wie  es  von  Agni  heisst:  vicarat  rodasi  X 
80,  1.  —  Des  weiteren  soll  nach  H.  (S.  235  f.)  dkam  äk^i  IX  9,  4 
doch  der  Mond  sein,  weil  in  V.  3  und  5  (H.  I*äl8chlich:  4)  "nirgends 
von  der  Sonne,  wohl  aber  vom  jungen  Mond  [sie!]  gesprochen  ist". 
Wo  ist  aber  in  diesen  Versen  nur  vom  Mond  die  Rede?  H.  ist  sa 
in  seiner  Theorie  befangen,  dass  er  dort,  wo  er  unter  andern  Be- 
zeichnungen den  Mond  vermutet,  dies  Wort  dafür  stillschweigend, 
wie  eine  gegebene  Thatsache,  einsetzt.^)  Aber  es  soll  ja  erst  er- 
wiesen werden,  dass  vom  Monde  die  Rede  ist.  Thatsache  ist  allein, 
dass  vom  jungen  Indu  gesprochen  wird.  Bezöge  sich  nun  4kain 
äk^i  wirklich  auf  den  jungen  Indu  und  nicht  auf  die  Sonne,  so 
wäre  dadurch  wohl  für  diesen  Vers  die  Gleichsetzung  Indus  mit 
dem  Monde  gesichert;  aber  wie  Ulsst  sich  jenes  mit  irgend  welcher 
Wahrscheinlichkeit  darthun?  —  Ferner  sollte  nach  H.  I3i0  pürväm 
anu  pradUam  RV.  IX  111,  3  ''nach  Osten"  bedeuten  (es  ist  vom 
Gehn  Somas  die  Rede  und  würde  sich  dann  um  den  Mond  handeln); 
ich  habe  dagegen  die  Übersetzung  "nach  uralter  Vorschrift"  vor- 
geschlagen. H.  macht  nun  darauf  aufmerksam,  dass  der  Sämaveda 
für  die  Worte  des  RV.  liest:  präclm  anu  pradisam;  hier,  glaube  ich, 
vertreten  diese  Worte  ihrem  Sinne  naeh  (für  die  Auffassung  der 
Udgätars)  ein  präk  'vorwärts'  und  bedeuten  nicht  (den  von  H, 
für   die  Worte   des   RV.   angenommenen   Sinn   bestätigend)   "nach 

Osten". So  haben  sich  alle  ernstlicheren  2)  Einwendungen  H.s 

gegen  die  Bekämpfer  seiner  Soma-Mond-Theorie  als  nicht  stichhaltig 
erwiesen,  und  ich  fasse  mein  Urteil  über  die  letztere  mit  Oldenberg 
(ZDMG.  54,  61)  dahin  zusammen:  Wäre  für  die  vedischen  Dichter 
Soma  der  Mond,  dann  würden  sie  es  deutlich,  unter  Anwendung 
von  candramaSy  gesagt  haben.  Wo  steht  im  IX.  Mandala  etwas 
von  Soma,  der  in  der  Nacht  scheint,  dessen  Gefährten  die  Sterne 
sind,  der  ab-  und  zunimmt  usw.?  Warum  sind  solche  Bilder,  wie 
sie  H.  I  398  Anm.  von  den  Sternen  und  dem  Monde  zusammenge- 
stellt hat,  nicht  von  den  Sternen  und  Soma  gebraucht  worden? 
Und  wären  die  Somalieder  als  Mondlieder  zum  grossen  Teil  in  der 
Nacht  vorgetragen  worden,  wie  H.  jetzt  S.  233  annimmt,  dann  hätten 
wir  deutliche  Schilderungen  der  Nacht  und  Somas  als  des  sie  er- 
leuchtenden Mondes,  aber  nicht  solche  vagen  Bilder,  die  H.  auf  den 
Mond  bezieht,  die  aber  ebensogut  und  im  Rahmen  der  übrigen 
vedischen  Ausdrucksweise  viel  besser  auf  den  Opfer- Soma  passen. 

Zum  Schlüsse  (S.  241  ff.)   verteidigt  H.  seine  (nur  ein  wenig 

modifizierte)  Auffassung  von  naiccdäkhäm  III 53, 14,  wie  er  sie  Ved. 
Myth.  I  14  ff.  vorgetragen  hatte,  gegen  Böhtlingk  (Sitzb.  Sachs.  Ges. 


1)  Das  passiert  H.  öfters.  So  sagt  er  S.  220:  ''Es  wäre  doch 
seltsam,  dass  in  einer  dem  Veda  vorausliegenden  Zeit  der  Soma 
[sie!]  als  Sitz  des  Ambrosia,  als  Lichtwesen  [sie!]  betrachtet  worden, 
derselbe  Gedanke  in  späterer  Zeit  aufgelebt  und  zum  Gemeingut 
[der  Inder]  geworden  sein  soll  und  Soma  gerade  für  die  Sänger 
des  RV kein  Mondgott  .  .  .  gewesen  sei".  Ja,  das  wäre  selt- 
sam! Aber  von  Soma  als  Sitz  des  Ambrosia  in  vorvedischer  Zeit 
ist  ja  bei  keinem  (auch  nicht  bei  Oldenberg,  gegen  den  H.  an  jener 
Stelle  polemisiert)  die  Rede  gewesen,  sondern  nur  vom  Monde! 

2)  Ich  sehe  von  solchen  ab  wie  die,  dass  11  40  Soma  der 
Mond  sein  müsse,  weil  er  mit  Püsan,  dem  Sonnengo tte,  zusammen 
angerufen  werde  (H.  S.  18  f.).  Zu  welcher  Auffassung  kämen  wir 
da  bei  manchen  der  vedischen  Götter! 


1 


46       Karst  Historische  GramniaCik  dcb  KilikiscIi'ÄrmenischeD- 

WiBS.  12.  Dez.  1891).  o!ine  meine  Besprechnng  IF.  8.  Anz.  22  (die 
gleichzeitig  eine  Verteidigung  gegen  Einwendungen  Ludwigs  ist) 
beranzuzieheu.  Ich  kann  H.s  Ansicht  auch  jetzt  noch  nicht  beitre- 
ten, wenngleich  ich  Beineu  B«nierkuDgcn  gegen  Böhtlingk  zumeist 
zUBtimoie.  Falls  er  etwa  an  meiner  Erklärung  von  Mkhä  tLle'Sproee' 
=^  'Sohn'  AnstoBü  nimmt,  weil  dieee  Bedeutung  im  RV.  nicht  be- 
legt »ei,  so  frage  ich  ihn,  wie  oft  denn  Säkhä  überhaupt  vorkommt: 
ausser  in  da^asäkha  nur  dreimal '.  Darauf  lässt  sieb  keine  Begel 
über  den  vedischen  Sprachgehrauch  aufbauen.  Eher  könnte  er  ao 
der  von  mir  nled-  zuerteiller  Bedeutung  'niedrig"  ;=  'gewöhnlich, 
gemciu'  AnaloBH  nehmen,  für  die  sieb  aber  aus  der  spHteren  Litte- 
ratur  so  zahlreiche  Beispiele  beibringcin  lassen,  dass  wir  keinen 
Grund  haben  sie  im  ßV,  nicht  vorauszasetzen. 

Ich  bin  mit  meinem  Bericht  über  den  zweiten  Band  von  H.s 
"Vedischer  Mythologie"  zu  Ende.  Neu,  originell  und  anregend  ist 
auch  hier  fast  alles  wie  im  ersten  Bande,  aber  auch  diesmal  kann 
Ich  den  Resultaten  des  verehrten  Verfassers  in  den  Hauptzilgeo 
nicht  beistimmen.  Im  Einzelnen  hätte  ich  gleichfalls  noch  Manches 
BU  bemerken,  so  z.  B.  ist  von  ihm  (S.  46)  RV.  IV  13.  4c-d  nicht 
richtig  übersetzt  (vgl.  Foy  KZ.  36,  129).  Aber  auf  alle  solche  Ein- 
jtelheiten  näher  einzugehen  wird  ebenso,  wie  eine  Würdigung  der 
vielen  Feinheiten  des  Buches,  durch  den  mir  zugemessenen  Raum 
verboten. 

Dresden,  Sept.  1900.  Willy  Foy. 


Sarat  J.  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Ärmemschen.  Strass- 
bur^  Trubner  1901.    444  S.     15  M. 

Nai'hdem  ich  bereits  im  Lit.  Centralblatt  Wert  und  Bedeutung 
von  Karats  ausgezeichneter  Arbeit  hervorgehoben  und  mich  im 
Wesentlichen  mit  ihm  einverstanden  erklärt  habe,  sei  es  mir  ge- 
stattet, die  e^elegentlich  geUusserten  Ansichten  Karsts  über  altarme- 
nische Dialekte  und  Wortformen,  die  ich  nicht  immer  teile,  an  dieser 
Stelle  eingehender  zu  besprechen. 

1.  Über  das  VerhHltuis  der  modernen  Dialekte  zum  Miltel- 
und  Altarmenischen  liabe  ich  p.  VIII— IX  des  Vorwortes  zu  meiner 
Arm.  Gramm,  kurz  gehandelt.  Ich  nahm  an,  dasB  derselbe  Dialekt, 
der  im  5.  Jahrh.  schriftlich  fixiert  und  als  Schrift  Sprache  im  Gauzen 
unverändert  bis  in  die  neueste  Zeil  gebraucht  wurde,  im  Volks- 
munde (als  Vulgärsprache)  weiter  lebte  und  eich  allmählich  verfin- 
(lerte,  um  sich  spBter  in  Ost-  und  Westarmnnisch  zu  spalten  und 
schliesslich  zu  den  verschiedenen  modernen  Dialekten  zu  entwickeln. 
"Wohl  mögen  im  5.  Jahrh.  armenische  Dialekte  existiert  haben,  aber 
«o  brauchen  nicht  eebr  verschieden  gewesen  zu  sein  und  könneo 
In  der  Schritlsprache  oder  der  sie  fortsetzenden  Vulgärsprache  auf- 

fegangen  sein  wie  die  all  griechischen  Dialekte  in  der  Koivf|"  (a.a.O.). 
srst  dagegen  nimmt  S.  133  Hg.  neben  dem  'Hilassischen"  Dialekt, 
aus    dem    die   "klassische"  Scbriftsprache   wie    die    vorausgesetzte 


"klassische"  Vnlgärspraehe  hervorgingen,  einen  andern  —  sagen 
wir  "un klassischen"  —  Dialekt  an,  der  bereits  im  5.  Jhd.  ausgebildel 
war  und  manchen  alten  Autoren  dieser  und  der  splilem  Zeit  (Faugtua, 


Lnzar  Pharpei,'i  usw.,  den  "uoreinen"  Klassikern)  verschiedene  For- 
men wie  die  Kollektive  auf  -ear,  -ani  usw.  geliefert  hat.    Eine  Tochter 


I 


Karat  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen.       47 

dieses  DiHlcktes  sei  auch  das  Kilikische,  das  hIso  nicht  vom  Klaa- 
«ifich- Armenischen  ahsiamme.  Die  Mösliehki^it  der  einstigen  Exi- 
stenz eines  solche»  Dialektes  ist  natürlich  nicht  zu  leug'neii,  es  muss 
vielmehr  nach  allem,  was  wir  vom  Leben  der  Sprache  wissen,  aU 
selbst  verstand  lieh  an^renommen  werden,  dngs  das  Armenische  in 
der  litCeraturlosen  Zeil  vor  dem  5.  JhJ.  diiilektiiich  gespalten  war. 
Dafür  hegt  ein  Zeugnia  aus  dem  8.  Jhd.  vor.  das  ich  Arm.  Gramm. 
S.  518—519  besprochen  habe.  Dannch  gab  es  neben  dem  Dialekt 
der  Zentralprovinz  und  des  Uol'es'}  sieben  Grenzdialekte,  nHmlleh 
diis  Kori^ay  (Provinz  KorCaifc,  Land  der  Kurden),  das  Taye^i  (PrO' 
vinz  Tnik,  Tdoxoi),  das  Xnt'ayin  (Knnton  Xoit'  in  Turnherati  mit 
unHrmenischer  Bevölkerunj;  und  —  noch  im  10.  Jhd.  —  unarmeniHcher 
Sprache),  die  Sprache  des  "Vierten  Armeniens"  (Provinz  mit  aranitü- 
scher  Bevölkerung  in  Hlteror  Zeiti,  das  Spera^i  (Kanton  Sper  in  Hoeh- 
armenien,  ZdcirEip«),  das  Sinnl  (Provinz  Siunik)  und  das  Ar^asayin 
{Provinz  Är^ax).  Freilich  weisen  diese  Angaben  nitch  meinen  Aus- 
fährungen eher  auf  fremde  Sprachen,  die  in  den  genannten  Kan- 
tonen und  Provinzen  einst  gesprochen  wurden,  als  auf  ai'meniscbe 
Dialekte  hin  und  können  jedenlalls  nicht  ohne  Weiteres  als  Beweis 
für  die  Existenz  dieser  Dialekte  gelten.  Andere  Angaben  über  alt- 
armenische Dialekte  finden  sich  bei  Cirhied  Grammaire  de  la  lan- 
gue  arm^nienne  Paris  \ii2'6,  Präface  p.  XI  flg:.,  wonach  man  "dans 
3es  temps  d^jA  trös-^loign^s  de  nouü"  sechs  Hauptdialekte  ibarbarlt) 
unterschied,  den  "Ararathischen",  den  "Gordischen",  den  von  Atu- 
auk.  den  von  Ougark,  den  von  Kleinarmenion  und  den  von  Pers- 
armenien.  Der  eleganteste  derselben  war  nach  Cirbied  der  Dialekt 
von  Airarat,  das  Schrift  armenische,  die  übrigen  sind  von  ihm  ab- 
j^eleitet  und  nur  beim  Volk  gebräuchlich.  Das  "Ararnthische"  und 
"Gordische"  wurden  einst  auch  zentrale  Dialekte  (mijerkreay  bar- 
bark)  genannt,  die  vier  andern  dagegen  Grenzdialekte  {ezerakan 
barbark).  Das  "Gordisuhe"  unterschied  sich  nur  wenig  vom  "Ara- 
rathischen" (%.  B,  gord.  Ikem  ^^  arar.  Ikanem;  gord,  juk  =^  arar. 
jukfi  Tisch'),  und  seine  Eigentümlichkeiten  'furent  plus  ou  moins 
re^us  dans  le  dialecte  ararathien;  on  les  trouve  aiijourd'hui  dans 
les  ouvrages  des  anciens  et  dans  les  dlcllonnaires  de  In  langue 
litterale",  während  andere  Idiotismen,  wie  der  Gebrauch  der  Indi- 
kativpartikel ku,  ka  "jetzt  nur  in  der  Volkssprache  gebräuchlich 
«:nd.'  Dieses  "gordischen"  Dialektes  bedienten  sich  die  Völker,  die 
Iftngs  den  "gordischen"  Bergen  und  an  den  südlichen  Gestaden  des 
Van-Sees  wohnten  sowie  viele  Kolonisten  im  nördlichen  Mesopota- 
mien. Auch  war  er  Hofsprache  der  Arsacidenkönige  von  Armenien 
in  Nisibis,  Edessa  usw.,  Verkehrssprache  der  Araber,  Chaldaer  und 
£,vrer  vnn  Mesopotamien,  Hofsprache  der  Arcrunischen  Könige  von 
Vaspurakan  usw.  In  neuster  Zeit  hahen  sich  in  den  Provinzen,  wo 
man  "gordisch"'  sprach,  verschiedene  Dialekte  wie  der  von  Van,  von 
Sasun,  von  Mokk,  von  Xoif,  vom  Vierten  Armenien  usw.  gebildet,  die 
manche  Unterschiede  vom  Seh  ritt  armenischen  und  selbst  vom  alten 
"Gordischen"  zeigen  (a.  «.  0.  S.  XVII).  Fragt  mau  aber,  worauf 
sich  die)ie  Angaben  stützen,  so  kann  man  in  Ermangelung  jeder 
Ändern  Quelle  nur  die  oben  erwähnte  Stolle  des  Joh.  Erznkftci  und 
die  modernen  Dialekte  nennen,  die  Cirbied  sehr  gut  kannte.  Das 
,    sind  aber  keine  hinreichenden  Grundlagen  für  die  Behauptungen 


1)  Wörtlich;  "die  grenzlii'hen  iezerakan)  Dialekte  {bark  'Wör- 
■  ter,  Ausdrücke*)  —  die  zentralen  (mijerkreay)  und  das  Ostanische" 
>  <(M^finitc(iR)  Joh.  Erznka^i  bei  In.tijeaa  Altertl  3,  S.  T. 


48       Karst  Historische  Grammatik  des  Rilikisch-Armenischen. 

Cirbieds  über  Lautverhältnisse  und  Verbreitung  des  "gordischen"* 
Dialektes  in  alter  Zeit,  und  darum  haben  wir  die^e  so  lange  als 
erdichtet  abzulehnen,  bis  sie  besser  begründet  sind.  Karst  ist  daher 
durchaus  im  Unrecht,  wenn  er  S.  134—136  seiner  Gramm,  sich  den 
Angaben  Cirbieds,  die  er  "nicht  zu  kontrolieren  vermag",  anschliesst^ 
und  das  Kilikische  für  eine  Tochtersprache  eines  klein  armenischen 
mit  "gordischen"  Elementen  gemischten  Dialektes  erklärt.  Was  ist 
denn  eigentlich  "Gordisch**? 

Die  Bemerkung  Cirbieds  a.a.O.  S. XI:  "gordien  =  fcordt/acr* 
und  die  Angabe  S.  XVI,  dass  das  Gordische  im  Süden  vom  Van-See 
gesprochen  wurde,  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  unter  Gordisch 
die  Sprache  des  Landes  Korduk  (Corduena  bei  Ammian,  griech. 
Kopöourivfi,  jetzt  Bohtän)  südlich  vom  Van-See  zu  verstehen  ist. 
Wir  dürfen  also  gar  nicht  von  einem  gordischen  sondern  sollten 
von  einem  kordu-ischen  oder  —  nach  neuerer  westarmenischer  Aus- 
sprache —  gortu-ischen  Dialekt  reden  und  darunter  einen  im  alten 
Kurdistan  gesprochenen  armenischen  Dialekt,  der  dann  von  der 
Sprache  der  im  Lande  Korduk  einheimischen  Bevölkerung  (der  Kap- 
boOxoi  Xenophons)  zu  unterscheiden  wäre*),  verstehn.  Da  nun  aber 
das  Land  Korduk  nach  der  dem  Moses  Choren,  zugeschriebenen 
Geographie  S.  608  ein  Kanton  der  Provinz  Korcaik  war,  so  müssen 
wir  das  "Gordische"  Cirbieds  als  Sprache  von  Korduk  mit  dessen 
"Gordje-ischen"  (Grammaire  de  Denis  de  Thrace  S.  29)  =  Koreay 
bei  Joh.  Erznkaci  (s.  oben)  =  Sprache  der  Provinz  Korcaik  iden- 
tifizieren, obwohl  letzteres  ausdrücklich  —  und  mit  Recht  —  als 
Grenzsprache,  das  Gordische  aber  als  zentraler  Dialekt  bezeichnet 
wird.  Aber  vielleicht  ist  die  Auffassung  von  Gordisch  als  Kurdisch- 
armenisch nur  ein  Irrtum  Cirbieds,  und  es  gab  doch  ein  von  letz- 
terem verschiedenes  Gordisch.  Darauf  führt  die  Notiz  in  der  arme- 
nischen Übersetzung  des  Dionysius  Thiax^  S.  30  "den  Gordaik 
(gen.  Gordayic)  selbst  ist  ein  Typus  eigentümlich  wie  z.  B.  Manaii" 
statt  des  gewöhnlichen  Manec^),  Danach  zu  schliessen  hätte  es 
einen  Dialekt  gegeben,  das  Gorday,  in  dem  schriftarmenisches  e 
durch  ai  vertreten  gewesen  wäre.  Dieser  Dialekt  wird  nach  dem 
grossen  Wb.  (unter  Gorday)  noch  zweimal,  bei  den  Grammatikern 
Erznkaci  und  Moses  K'ert*ol  oder  Stephannos  Siuneci  erwähnt  und 
von  erstereni  mit  dem  Dorischen,  das  als  entstelltes  Attisch  aufge- 
fasst  wird,  verglichen,  im  Übrigen  vom  Wb.  im  Anschluss  an  Erzn- 
kaci dem  Koreay  gleichgesetzt,  wie  aus  dem  Artikel  korcalezu,  kor- 
iaxf  erhellt:  "dessen  Sprache  etwas  entstellt  und  verdorben  ist,  wie 
es  die  der  Bewohner  des  Landes  Korc^k  (=  Korcaik)  in  Armenien 
war,  die  auch  genannt  werden  Gorcjaik,  Korduk,  Kordua^ik,  die 
Nachbarn  der  Meder:  wonach  auch  die  jetzigen  stammfremden  (mu- 
hammedanischen)  Einwohner  Kurden  genannt  werden  und  ihr  Land 
Kurdistan."  Beleg:  "goi'da  nennt  er  das  korcalezu"  (wie  das  ent- 
stellte Attisch  Dorisch  genannt  wird)  Erznkaci  Gram.  Hat  dem 
Grammatiker,  der  zuerst  gorday  neben  koreay  gebrauchte,  der  alte 
aus   griechischen  Schriftstellern   bekannte  Unterschied   (s.  Nöldeke 


1)  Ich  betone  hier  nochmals,  dass  das  Volk  der  Korduk  bei 
Elise  von  den  Armeniern  unterschieden  und  zu  den  fremden  Völ- 
ken  (wie  Georgier,  Albaner  usw.)  gerechnet  wird,  Arm.  Gramm.  S.  519. 

2)  Grammaire  de  Denis  de  Thrace  ed.  Cirbied,  Paris  1830.  — 
Dieses  Werk  wird  im  Folgenden  als  Dionys.  zitiert. 

3)  Ein  aus  dem  Persischen  entlehnter  Name  =  mittelpers, 
*Mane6,  s.  Arm.  Gramm.  S.  51. 


Kartit  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen.       49 

Festschrift  f.  Kiepert  S.  73)  zwischen  fopöunvi^,  fopöuaioi  und  Kop- 
feouiiv/|,  Kopöuaioi  vorgeschwebt?  Von  einem  Gorday  als  Name  einer 
Landschaft  oder  Stadt  oder  Völkerschaft  n.  dgl.  weiss  sonst,  soviel 
ich  sehe,  die  ganze  armenische  Litteratur  nicht«.  Aber  gesetzt,  .es 
gab  einen  alten  Dialekt,  das  Gorday,  in  dem  ai  für  klass.  e  stand, 
so  hatte  er  doch  weder  mit  der  klassischen  Vulgärsprache  noch 
mit  dem  '*unklassischen*'  Dialekt  etwas  zu  thun,  da  klass.  e  in  bei- 
den nicht  durch  a«,  sondern  e  vertreten  war.  Im  Übrigen  lässt 
«ich  über  diesen  Dialekt  nichts  weiter  behaupten. 

Lassen  wir  aber  die  Zeugnisse  der  Litteratur  beiseite  und 
halten  uns  an  die  Sprache  selbst,  so  zeigt  dieselbe  bei  einem  Teil 
der  alten  Schriftsteller ')  in  der  That  Doppelformen,  die  auf  dialek- 
tischen Unterschieden  beruhen  können  oder  müssen,  wie  auch  aus 
dem  Kilikischen  alte  Formen  zu  erschliessen  sind,  die  sich  mit  den 
entsprechenden  klassischen  Formen  nicht  decken.  Vgl.  die  Kollek- 
tiva  auf  -ear  {vanear  'Klöster*)  und  er  {Hayer  'Armenier')  bei  Faustus, 
Pseudocallisthenes  und  Lazar  Pharpe^i  =  kil.  -er  (als  PluralsuflSx,  z.  B. 
in  faner,  Bayer)  neben  klass.  -k  {vank  'Klöster',  Haik  'Armenier*)  bei 
Faustus  usw.;  die  Kollektiva  auf  -ani  {avagani  'die  Vornehmen'  bei 
Faustus,  Lazar)  =  kil.  -ni  (als  Plurale,  z.  B.  o6l-ni  'Läuse')  neben 
klass.  k  {avagk  bei  Eznik,  Eli§e  usw.);  ibru  'wie*  (bei  Agath.,  Pit. 
usw.,  aber  auch  bei  Elise)  2)  neben  klass.  ibrev  (auch  bei  Agath., 
Elisg);  airuji  'Mann  und  Pferd  =  Kavallerie'  (Maccab.,  Elise  Vene- 
dig 1859,  S.  7)  neben  airevji  (Maccab.,  Agath.,  Lazar,  Etiäö  S.  7); 
uttUasn  neben  utevtasn  'achtzehn';  kil.  und  neuarm.  u  'und'  =  klass. 
er;  kil.  incu  'bis'  neben  klass.  minöev  (Karst  S.  68);  zer  (Pit.),  zera- 
vor  (Mos.  GeogT.)  neben  zair  'Felszacke'  (1  Kg.  14,  5),  zaifavor  'ge- 
zahnt' (Mos.  Choren.),  zaurat  'zahnlos'  (Kateg.  S.  144);  ser  (wo  vor- 
kommend?) neben  sair  'Schneide  des  Schwertes'  (Oskeb.  Ebr.,  Mac- 
cab.), (aramhn  'welke*  (AT.,  Lazar,  Leb.  d.  Väter  usw.)  neben  tar- 
samim  (Bibel,  Mos.  Choren.,  Philo,  Ephrem,  Lampron.);  hetel  'Flut, 
Überschwemmung*  (AT)  neben  oiof-em  'wasche,  überschwemme' 
(AT);  lerk  'glatt,  unbehaart'  (Gegensatz  tav.  Gen.  27,  11,  Gramma- 
tiker) neben  olork  'glatt,  poliert,  eben*  (Gegensatz  xoüor^  AT,  Philo, 
Elise,  Mos.  Choren,  usw.);  monk  'wir',  donk"\\\T\  nonk  'sie'^)  neben 
altarm.  mek,  duk,  noka\  kil.  lapstak  neben  klass.  napastak  'Hase'; 
kil.  homan  'Vertrag,  Termin'  neben  klass.  paiman;  kil.  fak  'Mass" 
neben  klass.  eap  usw.  Seltsam  dass  Karst,  der  diese  Fälle  S.  62,  68, 
86,  132—135  usw.  hervorhebt,  das  beste  Beispiel  übersehen  hat,  das 


1)  Im  Folgenden  ist  AT  =  Altes  Testament,  NT  =  Neues 
Testament  in  arm.  Übersetzung;  Philo  =  Philo  About  the  contem- 
plative  lite  ed.  Conybeare,  Oxford  1895;  Kateg.  =  Kategorien  des 
Aristoteles  in  Anecdota  Oxoniensia  ed.  Conybeare,  Oxford  1892; 
Def.  =  Definitiones  philos.  {sahmank  iniastutean)  des  Philosophen 
David  in  Koriun,  Mambre,  Davit',  Venedig  1833  p.  120—216;  Isag. 
=  Isagoge  des  Porphyrius  ebenda  p.  227—250. 

2)  Der  gilt  freilich  nicht  als  "reiner"  Klas.siker. 

3)  Bei  Dionys.  S.  52.  Die  Formen  sind  verdächtig,  weil  sie 
Dualformen  sein  sollen  und  alle  diese  Duale  wie  Petru  34,  aisu^ 
aidu  50,  imen,  kora,  noron  52,  nowr  'ihrer  beider'  54  erfunden  sind. 
Befremdlich  ist  auch,  dass  der  Plural  von  es.  du,  na  als  onk  (statt 
fnek\  duk,  nokank  (statt  noka)  S.  52  angt'gebeu  wird.  Auch  noir 
'sein',  dat.  nww,  iustr.  noo  sind  verdächtig,  von  dem  wüsten  Para- 
digma des  regelmässigen  Verbums  S.  70—86,  wohl  ein  späterer  Zu- 
satz, ganz  abgesehen. 

Anzeiger  XII  i.  4 


50       Karst  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen. 

ich  hier  nachtrage :  baut,  drast,  tastcüc  (Pit.,  Philo,  Plato  usw.)  neben 
klass.  haxt  'Glück',  draxt  'Garten",  taxfak  'Tafel'  (Arm.  Gramm. 
S.  115—116,  145,  250).  Aber  nicht  alle  diese  Doppelformen  i)  haben 
die  gleiche  Beweiskraft.  Denn  Doppclformen  wie  faram-  und  far- 
^am-,  helei'  und  oloi-,  lerk  und  oiork  könnten  trotz  ihrer  Verschie- 
denheit demselben  Dialekt  angehören,  wie  z.  B.  im  Armenischen 
kar-  Vier*  und  for-k  'vier*  (idg.  kHvr-  und  k^etvor-),  in  lat.  detM  und 
divus  (aus  *deivos),  oleum  und  oliva  (griech.  ^Xaiov  und  ^Xaia)  usw.; 
es  kann  zair  neben  zaur-at  stehen  wie  nom.  hair  'Vater*  neben  gen. 
haur  Ubw.  (Kar.st  p.  62),  es  kann  lapstak  volksetymologisch  aus 
*nap8tak  =  k\a.s8.  napqstak  entstanden  sein;  Formen" aber  wie  tnonk^ 
donk,  nonk,  die  dem  Übersetzer  des  Diony.  Thrax  statt  der  fehlen- 
den Dualformen  herhalten  müssen,  sind,  wie  bemerkt,  verdächtig, 
um  so  mehr  als  sie  noch  jünger  als  selbst  die  kilikischen  Pronomi- 
nalformen m^enk,  duk,  naka  sind.  Aber  ich  räume  ein,  dass  ein 
Teil  dieser  Doppeltormen  nur  durch  Annahme  eines  alten  Dialektes 
neben  dem  klassischen  eine  befriedigende  Erklärung  findet.  Von 
diesem  Dialekte  lässt  sich  zunächst  behaupten,  dass,  wenn  ihm  auch 
alle  Eigentümlichkeiten,  auf  welche  die  oben  genannten,  von  der 
klassischen  Sprache  abweichenden  Formen  etwa  schliessen  lassen 
könnten,  und  noch  einige  andere  mehr  zukamen,  er  doch  nach  Aus- 
weis des  zu  ihm  gehörigen  Kilikischen,  das  Karst  fast  vollständig 
aus  der  klassischen  Sprache  erklären  konnte,  mit  letzterer  im  Vo- 
kalismus, Konsonantismus,  DekÜnation,  Konjugation  und  Syntax 
derartig  übereinstimmte,  dass  nicht  von  zwei  Dialekten  sondern 
nur  von  zwei  Mundarten  desselben  Dialektes  die  Rede  sein  kann^). 
Ferner  muss  aber  behauptet  werden,  dass  alles,  was  als  dialektisch 
gelten  kann,  soweit  es  sich  überhaupt  etymologisch  beurteilen  lässt, 
jünger  ist  als  die  entsprechenden  klassischen  Formen.  So  muss  die 
"Gorday"-Form  Manaic  (s.  oben)  jünger  sein  als  altarm.  Manec,  weil 
die  arsacidische  Form,  die  entlehnt  wurde,  Manec  (nicht  "^Manaic) 
war;  so  ist  kil.  homnn,  mag  man  es  auf  ein  altdial.  *potnan  oder 
*pama?i  u.dgl.  zurückführen,  immer  jünger  hKs  nUsirin, pah)M7i,  da 
die  mp.  Form  paiinän  (aus  phl.  patmäii)  war  und  nichts  darauf 
hindeutet,  dass  boman  ül)er  *püman  u.  dgl.  auf  ein  älteres  *patvian 
zurückzuführen  wäre;  so  ist  kil.  bacxun  aus  *pafasxun  schwerlich 
älter  als  klass.  patasxnni  gegenüber  phl.  päsaxv  aus  älterem  *päf- 
fioxv  neben  *pätsax^'an;  so  ist  altarn).  bast,  drast^  tastak  jedenlalls 
jünger  als  klass.  baxt^  draxt,  Uixtak  =  phl.  boxt  (zd.  baxta-)^  draxt, 
täxtak\  so  ist  auch  kil.  ranp 'wegen'  aus  */-a/?.s- (Karst  S.  106)  jünger 
als  klass.  vasn  =  ap.  vasnä^  zd.  vasna.  Kurzum,  es  ist  bis  jetzt  kein 
Dialektwort  gefunden,  das  eine  altertümlichere  Grundform  als  die 
klassische  voraussetzen  würde,  so  dass  meine  Behauptung  im  Vor- 
wort S.  IX  zu  meiner  Arm.  Gramm.:  "ist  doch  bisher  auch  meines 
Wissens  kein  einziges  Wort  nachgewiesen  worden,  das  seinen  Lauten 


1)  Solche  sind  noch:  arhest  neben  arvest 'Knust,  (t^x^h)»  Wun- 
der', beide  nebeneinander  bei  Diony s.  S.  4;  teiij  gen.  teivoy  'Ort', 
als  1.  (liied  von  Komp.  tel-  neben  etf^  gen.  cfef,  auch  erstes  {etei-) 
und  letztes  (-<c^)  Glied  von  Komp.,  beide  klassisch;  foin  'Gift'  neben 
iiun,  beide  bei  Elise  S.  7,  Zeile  13  und  4  v.  u.;  ambarnam  'erhebe* 
neben  harnbartiam  (Philo  S.  157,  173);  maurnk  neben  muruk  'Bart*, 
beide  bei  Philo  a.  a.  0.  S.  109.  Andrer  Art  sind  Fälle  wie  zamanak 
'Zeit'  neben  amanak  'Zeit',  vgl.  Arm.  Gramm.  S.  156. 

H)  Dabei  könnte  natürlich  die  lexikalische  Verschiedenheit 
bedeutender  gewesen  sein. 


Karst  Historische  Grammatik  des  Rilikiscb -Armenischen.       51 

mach  —  und  auf  diese  kommt  es  vor  Allem  an !  —  auf  eine  andere 
als  die  vorliegende  altarmenische  Form  zurückgeführt  werden  müsste", 
noch  immer  zu  Recht  besteht^).  Somit  komme  ich  zu  dem  Resultat, 
dass  das  Altarmenische  wohl  in  verschiedene  aber  nur  wenig  von 
einander  abweichende  Mundarten  zerfiel,  von  denen  die  altertüm- 
lichste die  klassisch-armenische  war. 

Freilich  scheint  auf  den  ersten  Blick  die  Sprache  einiger  alten 
Werke,  insbesondere  der  Übersetzungen  philosophischer  und  gram- 
matischer Schriften  mit  einer  starken  Dosis  eines  stark  vom  Klassi- 
schen abweichenden  Dialektes  versehen  zu  sein.  Aber  dieser  Schein 
zerrinnt  bei  näherer  Betrachtung.  Vor  allem  sind  es  doch  die  zahl- 
reichen, dem  Griechischen  nachgebildeten  und  nur  in  dieser  Litte- 
raturgattung  gebrauchten  Kunstausdrücke,  die  der  Sprache  den 
fremdartigen  Charakter  verleihen,  wie  die  Nomina  und  Verba,  die 
mit  den  Präfixen  art-  (il)^  hat-  (cuv-),  hac-  (diro-),  ger-  (OTrep-),  der- 
(dvTi-),  enf-  (OTTO-),  hak-  (dvTi-),  hont-  {6\xo-  s.  Arm.  Gramm.  175),  mak- 
(^TTi-),  yar-  (irapa-),  ner-  (elc-,  ^v-),  sal-  {kap)  =  cOv(b€CMOc),  sar-  (cuv-), 
par-,  par-  (irepi-),  sto7*-  ((jtto),  ver-  (dva-),  tram-  (bia-),  pal-  (cuv),  pox- 
(ji€Ta-)  zusammengesetzt  sind^),  ferner  die  Adverbien  hizan,  hihar, 
orzan^  ork^n,  orgon^  orgunak  (Diony.  S.  22,  26,  28),  orpak  'wie'  (olov) 
für  klass.  orpe^'wie'^;  das  Zahlwort  625  'ein' (Diony.  S.  20)  für  klass. 
wii;  das  Präfix  n=an  für  klass.  i,  das  ich  bisher  für  eine  Entlehnung 
aus  dem  Griechischen  (^v)  gehalten  hatte*).  Sieht  man  aber  von 
den  Eigentümlichkeiten  des  Wortschatzes  dieser  Kunstsprache  ab 
und  fasst  nur  die  eigentliche  Grammatik,  Laut-  und  Formenlehre, 
näher  ins  Auge,  so  zeigt  dieselbe  keine  wesentlichen  Abweichungen 
von  dem  noinnalen  Altarnienischen.  So  finde  ich  z.  B.  bei  Dionys. 
nur  die  folgenden:  1)  ibru  'wie'  S.  2,  36,  38  neben  klass.  ibrev  S.  8, 
26  usw.,  2)  mu  'ein'  S.  18  {mu  mu)^  30,  40,  52  neben  klass.  mi,  gen. 
mioy  S.  16,  30;  3)  und  (das  nur  hier  einmal  [S.  54]  unter  den  Präpo- 
sitionen aufgeführt,  aber  nirgends  im  Altarm.  gebraucht  wird),  wenn 
es  zu  kil.  incu  (klass.  mincev  'bis')  gehören  sollte");  4)  den  Genitiv 
auf  -oir  nur  einmal  in  and  teivoir^)  "par  le  lieu"?  S.  50  (statt  des 
griech.  ^k  töttou)  für  klass.  telvoy 'des  Ortes',  während  korü  'genannt 


1)  Freilich,  wenn  man  arm.  ^^f  *acht'  aus  *ovf  =  "^opt-  (Bugge) 
und  kun  'Schlaf  aus  *kovn  =  *svopno-  (Meillet)  erklärt  und  den 
Satz  aufstellt:  idg.  op  =  arm.  ov  =  Uy  könnte  man  auch  altarm.  u 
*und'  =  idg.  *opi  =  lat.  ob-  setzen  als  Nebenform  von  altarm.  2v 
*und'  =  idg.  *ept,  griech.  ^ttC.  Ist  der  Satz  aber  richtig?  Vgl.  kov 
•Kuh'  =  idg.  g^ov'. 

2)  Die  oben  genannten  kommen  sämtlich  in  der  Bibel  noch 
nicht  vor,  andere  —  wie  z.  B.  nax-  (irpo-)  nur  in  wenigen  Wörtern. 

3)  Bedenklich  ist  das  isolierte  orcak  und  ordan  (nur  Dionys. 
8.  38)  als  Interrog.  neben  oröapy  orkan  als  Indefinitum. 

4)  Dagegen  spricht,  dass  der  Dialekt  von  Agulis  ein  Präfix 
n-  hat,  das  schon  Patkenean  Arm.  Dial.  S.  20  mit  germ.  ?7i,  griech. 
^v  zusammengestellt  hatte,  vgl.  Karst  S.  409.  —  n-  steht  als  Präfix 
vor  vokalisch  anlautenden  Worten  im  Dat.  Lok.  mit  der  Bedeutung 
*in*  oder  im  Ablativ  mit  der  Bedeutung  'aus'  ganz  wie  die  Präpo- 
sition i;  vor  konsonantisch  anlautenden  Wörtern  steht  9n,  z.  B.  aw- 
tesakoje  (von  tesak),  dn  mardoj  Kategorien  110,  dnmardoj  114,  an- 
marm9noj  143. 

5)  Karst  stellt  es  S.  54  und  135  zu  klass.  inv  =  agulisch  unc 
'etwas*. 

6)  Neben  nerteivoj  {iv  TÖirt^i)  imd  i  telvoj  (cic  töttov). 


52       Karst  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen. 

werden'  S.  38  nur  als  jüngere  aliarm.  Form  (für  klass.  ko6el  im  NT> 
zu  gelten  hat.  Der  Dativ  Astvacum  S.  92  gehört  einem  späterea 
Zusatz  zur  Übersetzung  des  Dionysius  Thrax  an.  Denn  diese  Foria 
auf  -uni  findet  sich  im  NT  nur  beim  Pronomen  und  pronominalea 
Adjektiv  1)  (ZDMG.  36,  124),  bald  auch  bei  andern  Adjektiven  wie 
8urb  {i  srbum  Exod.  29,31),  hin  (e  hnumn  Elise),  aber  erst  viel  später 
bei  Substantiven.  Bei  Philo  finde  ich  nur  1)  ibru  S.  160,  163,  173, 
176  neben  ibrev  162,  163,  166,  175,  177  (und  neben  et;,  evs,  fetevr 
jev);  2)  bast  in  barebastikS.  161,  barebasiutiun  159,  180  für  klass.  boxt 
(bei  Dionys.  S.  18  bayf  als  spätere  Form  für  altes  baoct)\  3)  asi^eal 
{y  asiceluni  163)  neben  klass.  asaceal  165,  176,  178;  4)  den  Lok.  Dat.. 
auf  -oj  in  i  lusoj  {iv  cpuiTi)  158,  nmanel  kendanvoj  (^oiK^vai  l\\n^)  Uly 
die  nur  durch  spätere  Übertragungen  der  Endung  oj  von  Lokativen 
wie  i  telvoj  und  Gen.  Dat.  wie  kiiojf  mioj  entstanden  sein  können;. 

5)  den  Dativ  auf  -um  vom  Partizip  asiceal  nur  S.  163:  y  asicelunt^ 
i  miainanocsn  {iv  toic  X€x6€ici  ^ovacTripioic),  übertragen  von  den  pro- 
nominalen  Adjektiven,    vgl.   i  7nium  176,    yeutnerordurn   163,   164;. 

6)  den  Inf.  pass.  und  med.  auf  ü  in  verambarjil  (^€T€UJpi2l€ceal)  157, 
kerakril  (Tp^qpecöai)  165,  cucanil  'sich  erweisen'  166,  tambril,  9nklmÜ 
168,  jgil^  korzil,  haM,  masil  172,  ba.sxil  178  neben  altklass.  linel  156, 
159,  172,  173,  martdncel  156,  cnanel  161,  174,  bazmel  173,  handipel 
174,  177,  patahel  171,  nmanel  177,  xausel  177,  busanel  172,  unel  173,. 
hayel  173.  In  den  Fällen  2—6  liegen  sicher  jüngere  Formen  als  die 
klassischen  vor.  Auffällig  ist  bei  Philo  nur  das  Pronomen  se  für 
sa,  weil  es  der  klassischen  Sprache  vollkommen  fremd  ist  und  zur 
Wiedergabe  des  griechischen  Femininums  dienen  soll,  vgl.  *-e  =  t\ 
jLi^v  157,  174  und  z  «e  =  aÖTr|v  173.  Das  \Vb.  belesrt  auch  den. Gen- 
Sg.  sara  (für  klass.  sora)  und  pl.  saca  (für  klass.  soca)  aus  der  Über- 
setzung anderer  Schriften  Philos  und  den  Pitoyic  girk  als  weib- 
lich. Geschlechtsunterschiede  kennt  aber  das  Armenische  überhaupt 
nicht.  Die  Grammatik  der  Def.  scheint  als  besondere  Eigenlüm- 
liclikeit  nur  die  Lokative  auf  -um,  die  Karst  S.  239  aufführt  (dazu 
/  lacumn,  i  niijakwnn,  i  yoregumimn  S.  IGT)  zu  haben;  die  Form 
ist  hier  au!  Adjektiva  überhaupt  und  Substantiva  (^  SokraUim,  i 
P/aionuml)  übertragen.  Ähnlich  findet  sich  der  Kasus  auf  inn  in 
der  Isag.  als  Lokativ  (z.  B.  nentakayum  S.  239)  und  Dativ  {mar- 
dum  S.  :23s,  1—4  v.  u.;  250,  11;  tesakum  S.  248  neben  gen.  tesaki 
259),  aber  weit  häufiger  (s.  Karst  S.  2.*38)  ist  hier  der  Genitiv  auf 
-oir,  l)i*sonders  von  o-Stämnien  (z.  B.  niardoir  neben  inardoy,  ken- 
danoir  neben  kejidanvoy,  kendanoy,  alloir  neben  ailoy  S.  230,  231, 
235,  aber  auch  tesakoir  248  neben  tesaki  259),  den  wir  schon  in 
einem  Falle  bei  Dionys.  [dud  ielvoir?)  fanden,  sonst  aber  weder  im 
Kommentar  zur  Isagoge  a.  a.  O.  S.  251—356  noch  in  den  Katcg. 
S.  359-408  noch  in  den  Def.  S.  120-216  usw.  antreffen.  Ich  kann 
in  dieser  —  mir  künstlich  erscheinenden  —  Bildung 2)  nicht  mit 
Karsr  eine  "Reminiszenz*'  aus  älterer  Zeit  sehen,  eher  eine  jüngere 
Neubildung  nach  Analogie  des  Fragepronomens  gen.  oir^),  dat.  U7n, 


1)  Vgl.  bei  Dionys.  48:  yerkrorduinn  'in  der  zweiten',  yerumn 
'in  der  dritten*;  bei  Fau.stus  11:  yarajnum  'in  der  ersten'  (Nacht); 
195:  yajum  'auf  dem  rechten'   (Flügel). 

2)  Vgl.  die  Gen.  PI,  socaicr  und  mardoer  Isag.  S   228,229,2^34. 

3)  Ein  7wi7'  'sein'  nennt  Dionys.  S.  52  neben  iin  'mein',  koy 
'dein'.  Ausserdem  kommt  es  nach  Karst  S.  135  in  einem  alten  (un- 
gedruckten) Glossar  vor.  Bei  David  kann  ich  es  nicht  finden,  in 
der  Isag(»ge  kommt  es  nicht  vor,  bei  Aidyn.  2,  43  stehen  nur  ??i*or. 


Karst  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen.       53 

nach   dem   man    zu  mium  :  mioir  (S.  229),   zu  mardum  :  mardoir 

«chuf.    Denn  nur  dem  Pronomen  kam  im  Armenischen  ein  Genitiv 

«uf  -r  ursprünglich   zu.    In   den  Kateg.  ist  der  Dativ -Lokativ  auf 

-um  seltener  (vgl.  n-entakayum  108,  sakavnm  116,  pokum  123,  an- 

-dunakum  146  (Adjektiva),  uneluin  144,  hivandanalum  148  (Infinitive), 

dafür  aber  der  Dativ -Lokativ  auf  -oj  häufiger,   z.  B.  n-entakayoj 

4imek,  9nmardoj  114,  an  mardoj  110,  n-umek  mardoj  113,  wmeman 

mardoj  115  (neben  häufigem  abl.  mardoy),  kendanvojn  115,  t  war- 

wianoj  neben  anmannano/ 143 ^),  sakavvoj  123,  amenainvoj^  9nduna- 

.kanvoj  146,  barvoj,  darvoj  149  usw.    Sonst  ist  aus  der  Kunstsprache 

der  Kateg.  nur  noch  zu  verzeichnen  das  Partizip  asiceal  {yasiceloc-s 

110,  Z.  4,  22,  yasiceloc,  asicealk  138,  Z.  19—20  usw.),  das  wir  schon 

oben  bei  Philo  fanden,    neben  klass.  asaceal  S.  138  Z.  1  usw.   und 

die  Form  ibru  S.  109,  116  usw.   neben  ibrev;    aus  der  Übersetzung 

-der  Schrift  ircpl  Ipiniiveiac  :  amerij  am6n  'jeder,   all'  S.  159,  160,  161, 

170  neben  klass.  amenain  S.  159, 162  (aber  auch  klass.  amen-  in  der 

Komposition  z.  B.  amenahnar)^  mu  'einer'  S.  161,  162,  170,  171  (mit 

gen.  moir)  neben  klass  mi  171,  180;  ibrni  168  neben  klass.  ibrev  175 

xind  asiceal  173  (vgl.  storogiceloc  172,  tarorosiceloc  173). 

Die  angeführten,  sehr  "unreinen"  Klassikern  entnommenen 
Formen  sind  zum  Teil  nur  jüngere  oder  künstliche  Neubildungen*) 
-der  nachklassischen  Sprache,  zum  Teil  aber  (wie  ibrti,  mu^  bast) 
wirkliche  Dialektformen.  Aber  die  Aufzählung  derselben  genügt, 
um  zu  zeigen,  dass  wir  es  hier  nur  mit  geringen  mundartlichen 
Unterschieden  zu  thun  haben,  die  sich  zum  Klassisch-Armenischen 
etwa  so  verhalten  mögen  wie  das  ältere  Vulgärlatein  zum  klassi- 
schen Latein.  Im  übrigen  muss  immer  wieder  betont  werden,  dass 
•die  Zeit,  in  der  die  genannten  Werke  übersetzt  worden  sind,  nicht 
feststeht,  und  dass  die  Datierung  gerade  der  ältesten  Werke  rein 
konventionell  ist.  Fest  steht  für  mich,  dass  unser  armenisches  Al- 
phabet im  Anfang  des  5.  Jhd.  durch  Mcsrob  erfunden  ist,  dass  es 
vor  dieser  Erfindung  keine  geschriebene  armenische  Litteratur  gab®), 
dass  das  älteste  Denkmal  der  armenischen  Litteratur  die  Übersetzung 


dvor,  üvor,  die  doch  nicht  auf  noiV,  doir,  soir  zurückgehen.  Bleibt 
Cirbieds  (Gramm.  S.  755)  soir  neben  sdvor,  sur,  sor  usw. 

1)  Neben  dnmarmani  111.  i  marmani  108  und  marmdnoy  119, 
120.  Das  Subst.  marmin  *Leib'  ist  ein  o-Stamm,  Gen.  Dat.  marm- 
jfioyx  doch  findet  sich  gelegentlich  auch  in  der  ältesten  Zeit  der 
Dativ-Lokativ  marmnij  z.  B.  Brief  an  die  Galater  6,  17:  i  viarmni 
imum.  Eli§e  S.  8:  i  marmnin. 

2)  Eine  solche  jüngere  Neubildung  scheint  mir  auch  der  Konj. 
Iraperfekti  auf  -icH  usw.  zu  sein,  den  Sasse  Prolegomena  in  Aphraa- 
tis  —  sermones  homileticos,  Lipsiae  1878  p.25  aus  der  Übersetzung 
des  Aphraates  belegt:  dnicein^  prkicer^  lueal  ic^r^  liniciur  =  linic6rj 
gitaicein^  porjiciur^  der  auch  bei  Faustus  vorkommen  soll.  Vgl.  Pe- 
termann Brevis  linguae  Armeniacae  grammatica  p.  65. 

3)  Ebenso  Joh.  Thumajan  Geschichte  der  klassisch-armenischen 
Schriftsprache  (Verhandl.  d.  7.  Orient.  Kongresses,  Arische  Sektion) 
Wien  1888  S.  70.  Dagegen  möchte  Conybeare  (Anecdota  Oxoniensia 
-Oxford  1892,  Prolegomena  XXI)  die  Übersetzung  der  Karntopiai  und 
iTcpl  ^p|Liiiv€(ac  dem  Prohaeresius  (276—368)  zuschreiben,  hält  also 
«ine  armen.  Litteratur  schon  im  4.  Jhd.  für  möglich.  Er  datiert 
sogar  das  ''goldene"  Zeitalter  der  armenischen  Übersetzer  in  seinem 
Philo  About  the  contemptative  life  p.  155  direkt  von  350—500  A.D. 
Ich  kann  mich  damit  nicht  einverstanden  erklären. 


54      Karst  Historische  Grammatik  des  Kilikisch- Annenischen. 

des  grösseren  Teiles  der  Bibel  war,  und  dass  das  altertünilicbbte' 
Armenisch  das  der  ältesten  Evangelienhandschriften  ist,  an  dem 
gemessen  die  oben  genannten  Werke  jedenfalls  jüngeren  Datum» 
sind  1). 

2.  Zu  Karsts  Erklärung  einzelner  altarm.  Formen  sei  hier 
Folgendes  bemerkt. 

Zu  S.  17.  Nach  Karsts  Ausführungen  hier  und  S.  55  sowie 
nach  Meillets  Bemerkungen  MSL  11,  16  über  bacces  (fut.) :  e6ac 
(aor.),  bac  (ipt.)  gegenüber  gnasces  (fut.):  gtiac  (aor.),  gna  (ipt)  für 
g9nasc€S  usw.,  mit  denen  die  Umschreibungen  Niq)dTTic  (Strabo)  für 
arm.  Npat,  riXdKioc  für  arm.  *Glak  (für  überliefertes  Dlak  nach  Mar- 
quart),   (KXiua)  MouZIoupiIiv  für  arm.  Mzur  Geizer,  Georg.  Cypr.  184, 

KiOapiJujv  für  arm.  Kfric^  T2[i|hick?ic  für  arm.  Cmskik^  HuMßdrioc  für 
arm.  Smbat  usw.  (s.  meine  Abhandlung:  Zur  Chronologie  der  armen. 
Vokalgesetze  8.  156 — 157)  in  Einklang  stehen,  ist  das  zweite  arme- 
nische Vokalgesetz  (Arm.  Gramm.  S.  410)  so  zu  formulieren: 

i  und  u  (vor  Konsonanten)  bleiben  nur  in  der  letzten  Silbe^ 
ausserhalb  dieser  werden  sie  zu  9,  das  (nur  im  Anlaut  geschrie* 
ben)  wird  und  nur  in  einer  kurzen  offenen  Silbe,  die  auf  eine  eben 
solche  Silbe  folgt,  gänzlich  schwindet:  sirtisdrii^  geschrieben  srti^% 
sut  :  S9tel,  geschrieben  stel;  Jtun  :  kdnoy,  geschrieben  knoy\  dustrt 
ddster,  geschrieben  dster;  inj  :  anju,  geschrieben  an/u;  ump  :  am- 
penif  geschrieben  97npem  (im  Anlaut!);  Rher  patum  :  patmel  geschrie- 
ben und  gesprochen  (aus  ^pa-td-mel  für  *pa-^M-m60;  gluxc  {=^  g^lua^ 

aus  *glJtux)  :  glxoy  (=  gdlxoy  aus  *gdldxoy  für  gjiuxoy)'^  ptul  (= 

patul  aus  *pltui)  :  ptloy  (=  pdtloy^)   aus  ^pdtaloy  für  *plJtuloyy 

Anlautende  Konsonantengruppen  können  also  immer  und  werden  — 
abgesehen  von  den  Gruppen  :  Sibilant-f  Verschlusslaut  wie  z.  B.  sierjy 
stin^  sxal  —  fast  immer  ein  9  aus  i,  u  (=  idg.  i,  e,  t*,  ö  usw.)  verloren 
haben,  vgl.  cnund  =  ma.  pnund  Karst  S.  17  =  urarm.  *cinund  = 
vorarm.  *g^en-unto-  oder  g^enönto-  von  der  Wurzel  g^en^'\  gnal  = 
ganaly  mnal  =  7ii^nal  usw.  Diese  urarnienischen  Vorgänge  haben 
sich  im  Mittelarmenischen  bei  dem  Ausfall  von  mittlerem  a  (o,  e) 
in  ähnlicher  Weise  wiederholt**):  altarm.  alacem  =  ma.  aycem  für 
a'/ff-cem;  altarm.  "^datastanel  =  ma.  iaddstanel  (in  langer  Silbe)  usw.^ 
Karst  S.  16,  18,  42.  —  Zu  S.  19.    In  ma.  liyadon  'Vermächtnis'  aus 


1)  Wie  unsicher  die  konventionellen  Daten  sind,  sieht  man^ 
schon  daraus,  dass,  während  die  Mechitharisten  die  Übersetzungen 
der  philosophischen  Schriften  ins  5.  Jhd.  setzen,  Conybeare  trotz 
seiner  Geneigtheit,  ihnen  zu  folgen,  die  Übersetzung  von  irepl  köc- 
|iou  und  irepi  dpcTiüv  ins  H.  oder  9.  Jhd.,  die  der  eicaTUJT»^  des  Por- 
phyrius  ins  7.  Jhd.  (a.  a.  0.  S.  XXXII  und  XXXVI)  setzen  möchte^ 

2)  Im  Armenischen  erscheinen  r,  /,  7/1,  n  oft  zwischen  Vokalen, 
aber  nie  als   vokalische  r,  /,  tjt,  m    sondern    als  ar,  9^,  a/i,  am  =  «r, 

elj  efl,  em. 

S)  So  wenigstens  nach  der  Aussprache  moderner  Armenier. 
Vgl.  dagegen  die  Formen  des  Codex  Ticinus  (zwischen  1100  und 
1300)  bei  Conybeare,  Anecdota  Oxoniensia:  bazomacdn  S.  170  von 
bazum,  patahjman  S.  172  zweimal.  patah^7nunk  172  von  patahumn; 
€,4inar<ftin  180  von  csmarit. 

4)  Aus  urarm.  *apurank  ist  über  '*aparank  altarm.  aprank 
'Errettung,  Entrinnen,  Davonkommen  mit  dem  Leben'  geworden; 
aus  dessen  Genitiv  apranac  sollte  mittelarm.  *abr9nac  werden.  Wa- 
rum erscheint  dafür  äbarnac  'des  Lebens'  (Karst  S.  16)? 


Kai 


;  Hisi 


^die  Grf 


.tik  'Ifs  Kilikiacli-Ai 


I 


'ligaton  =  bvz.  ^»iföTov  (Knrsl  schreiljt  S.  19  W-fOTov,  S.  27 
r  »tTÖTOv,  S.  21, 31 ,  34  UtotövI  =  lat  legntum  knnn  doi-li  «och  Rrm.  i  für 
bvE.  n  =  i  stehen,  s.  Thumb  in  Byz.  Ztsch,  9.  430.  -  Zu  S.  33  Anm.  1. 
Pas  Zeichen  oic  für  ö  Kndet  sich  ursprünglich  nur  in  dpn  Umschrei- 
liungei)  griechischer  (nicht  überhaupt  fremder)  Namen  und 
Wörter  mit  ui  (Miywue»  =  griech.  Muicf^O,  da  pers.  und  Bvr.  au,  ö 
nrspv.  durch  oi  oder  o  wiedergegeben  wird,  b.  meine  Arm!  Gramm. 
S- 290  Anm.  und  S.338,  Chronologie  der  ni-m.  VokalgeBCtze  S.  158— 
3S9,  166  flg.,  no— 171.  Danach  war  ojt  für  grriech.  lu  nur  gelehrte 
Umschreibung  und  wurde  als  kurzes  o  gesprochen,  also  z,  B,  MösCe, 
^Channf's*^].  —  Wenn  Im  Ktliktschen  einigemal  ay  für  fremdes  ü  ge- 
flehrieben wird  (Karst  S.  23  und  ll(j),  so  braucht  das  kein  Versuch 
xo  sein,  arah.-pers.  d  genauer  wieder« ugeben,  »onderr  nur  auf  einer 
Verwechslung  von  a  und  ai  zu  beruhen,  die  spater  im  Kihkischen 
beide  wie  a  gesprochen  wurden  (Karst  S.  33—24  und  60).  Einen 
Bolchen  Versuch  anzuuehmen  lüge  nilher,  wenn  sich  ergäbe,  dasB 
fremdes  ä  ziemlich  regelmHssig  durch  ay  umtichrieben  würde.  Nach 
8.  23  und  116  Anm.  steht  aber  ay  nur  einigemal  für  arnb.-pers.  ä 
nnd  nach  S.  117  Anm.  auch  "öfter''  für  fremde«  ä.  —  Zu  S.  26. 
Anm.  2.  Die  richtigen  Bemerkungen  Karats  über  arm.  -il  und  -if 
«eigen,  dass  wie  attarm.  t  (IF.  Anz.  B, -44)  so  auch  f  dunkles  Timbre 
lisite  oder  erhielt.  Dem  Material  füge  hin^u  die  Namen  Kiurel  Laz. 
Küpa^ot  und  Bamei,  gen.  Barsti  Joh.  Mam.  8  =  SacIXtioc.  — 
Zu  S.  3S).  Altarm.  kriim  'der  Streit'  aas  krir  +  Artikel  n  ist  nicht  = 
1.  'krivnn  zu  setsEen,  da  nicht  «u  ei-weisen  ist,  dass  die  Urform 
iJ«s  -^  nachgenetKlen  —  Artikels  an  {aa,  nd)  war.  Vgl.  Arm.  Gramm. 
S.  437,  478,  487  und  Meillet  MSL.  10,  244-245  (ji,  d,  »  aus  k'e,  le, 
ne?).  Wie  arm.  dttutm  'die  Tochter",  das  nicht  aus  urarm  *dvgti- 
ran*)  eniManden  Bein  kann,  zeigt,  tritt  der  fertige  Artikel:  n,  s,  d 
(=  an,  as,  id)  an  die  fertige  Nominnlform'),  wie  sie  durch  die  Wir- 
kung diT  AuslHutftgeselze  geworden  fbt  (2.  B.  dustr  aus  *du»lir  ^ 
dhukter)  an.  Man  kann  also  annehmen,  dats  urarm. 'ArrVroA 'Streit* 
neben  *kHi-oh  ni  [oder 'A-Wtoft  e'n  usw.)  stsnd:  daraus  wurde  durch 
die  AnRlauisgeselze  kMr  und  Iti-iv  r>i  (oder  kHv  in  usw.),  schliess- 
lich kriv  'Streit'  und  krifn  'der  Streit'.  Dabei  bleibt  unklar,  wie  und 
«odurcli  der  Artikel  tie  oder  en  usw.  mit  Schwächung  seines  voka- 
iischen  Elenienles  zu  n=^  an  usw.  geworden  ist.  —  Zn  S.  31.  In  kil. 
juian  'Panzer'  Lampr.  Brief  an  Levoii  S.  239  befi'emdet  u,  da  sonst 
jatüiin  äberliel'ert  ist  {e.  Arm.  Wh.,  meine  Arm.  Gramm.  S.  270),  dem 
arab.-pers  jauiiin  (reimt  bei  Fird.  auf  röian  KZ.  35,  189),  georg. 
Javiani  Tchoubiuof  S.  685  eniBpricht.  —  Zu.  S.  34.  Allarm.  l  (dunkles 
l)  ist  in  der  Kegel  spater  lu  y  geworden  und  zwar,  wie  es  scheint, 
auf  dem  ganzen  west-  und  ostarmentschcn  Sprachgebiete.  Auch 
Karst  scheint  nichts  davon  zu  wi.ssen,  dass  in  irgend  einem  neueren 
Dialekte  altarm.  l  als  l  geblieben  sei.  Dann  ist  es  aber  auffällig, 
dass  die  georgischen  Lehnwörter  stets  arm.  /  durch  (  wiedergeben: 
tdiii  'bri<iue'  "Tchoubinol  S.  12  =^  arm.  aliua\  georg.  bivrili  'böryl* 
"    ""        arm.  Itiurtf;    büci,  pilci  'impur"  S.  53  =  ann.  pifc;  blarji 


1)  Geschrieben  Jouhann&»  neben  Johannes  Arm.  Gramm.  S.3H5. 
I])ai>  moderne  Hovannes  (Karst  S.^fi)  erweist  keineswegs  eine  altarm. 
P-^ussprache  Jou:{h)anniii. 

1  2)  Daraus  würe  nach  Wirkung  des  vokalischen  Auslau tgesetzes 

wfdvatirn,  epitter  *diitim  geworden. 

3)  Vgl.  das  Pluralzeiehen  k  in  wardk  'Menschen',  fork  'vier* 
[aeben  ^orek-  in  Kompos.),  beremk  'wir  tragen',  Meillet  MSL.  11, 381. 


56       Karst  Historische  Grammatik  des  Kiiikisch-Armenischen. 

•pain  azyme'  S.  54  =  arm.  balarj;  galatozi  'maQon  4  Reg.  XII,  12* 
S.  73  =  arm.  gafatos;  fela  'orme,  ormeau*  S  221  =  arm.  teli;  ko- 
Icpi  'corbeille  Exod.  26,  2'  =  arm.  kofop]  ptuli  'fruits  frais'  S.  404 
=  arm.  ptui;  s-pUenji  'cuivre  rouge'  S.  466  =  arm.  pfinj;  kaläfti 
Ville*  S.  513  =  arm.  kalak  usw.  l)as  lässt  sich  nur  durch  die  An- 
nahme erklären,  dass  alle  armen.  Lehnwörter,  die  Tchoubinofs  ge- 
orgisches Wb.  aufführt,  in  altarmenischer  Zeit  (etwa  vor  dem  7.  Jhd.) 
aufgenommen  sind.  —  Zu  S.  40.  Man  sagt  "die"  Imäla  (arab.  fem. 
imälat).  —  Zu  S.  42.  Wenn  die  R(»gel^):  "der  Vokal  a  in  mittleren 
Silben  drei  oder  mehrsilbiger  Wörter  fällt  (im  Mittelarmenischen) 
aus  oder  wird  zu  »"  in  dieser  F'assung  richtig  ist,  so  wird  mittleres 
u  davon  nicht  betroffen,  und  der  Ausfall  derselben  in  allen  Kausa- 
tiven {mercnem  aus  merucanem^  ainrcnem  aus  aniracucanem)  konnte 
nicht  durch  diese  Kegel  motiviert  werden.  Dass  mittleres  u  (=  ur- 
arm.  oi)  sonst  nicht  ausfällt,  zeigt  »yortufün  S.  59  usw.  —  Zu  S.  46. 
Ein  (dialektischer?)  Übergang  von  a  in  o  scheint  auch  bei  morex 
'Heuschrecke*  Matth.  von  Urha  2,  1  =  altarm.  marax  vorzuliegen.  — 
Zu  S.  47.  Den  von  Karst  konstatierten  W^echsel  von  altarm.  au  und 
a  in  taunk  (Stamm  taiini-)  'übermässige  Feuchtigkeit  der  Luft,  Re- 
genmenge* und  tanam  (aor.  fa-c  i)  'befeuchte,  benetze,  tauche  ein', 
yaut  'abgeschnittene  Wein  ranke'  und  yat-anevi  (aor.  yat-i)  'den 
Weinstock  beschneiden',  viaut  'nahe'  und  matcim  aus  *tnatidi7n.  (aor. 
mateay)  kann  ich  nicht  erklären.  Man  kann  an  Epenthese  von  u 
denken  und  ariausr  Thräne',  pl.  artasuk  vergleichen  (s.  dagegen 
Arm.  Gramm.  S.  426)  oder  au  und  a  aus  idg.  äu  erklären,  aber 
beides  ist  ganz  unsicher.  Vgl.  auch  zgaun  'zahm,  sanft,  verständig, 
weise*  und  zga-m  (aor.  zga  c-i)  'empfinden,  wahrnehmen,  fühlen, 
merken',  zgaataceal  'vernünftig  geworden*  Marc.  5,  15  und  die  be- 
kannten Fälle  :  amauf  'Scham'  :  amaM  'sich  schämen';  alauf-k 
•Gebet'  :  alacem  'bitten':  canaut  'bekannt'  :  6ana6em  'kenne',  aor. 
caneay  'erkannte*  (Wurzel  g^ena,  g^ne  usw.).  Ein  sekundäres  au 
(aus  all'')  liegt  vor  in  atauri  'Mühle*  neben  ahim  'mahle*  und  den 
Genitiven  haui\  maur^  efbaur  usw.  —  Zu  S.  47  Anm.  1.  Die  Be- 
merkung über  die  alten  Handschriften  ist  ungenau.  Die  Evange- 
lienhandschriften  des  9.— 11.  Jhd.  (die  Moskauer  vom  Jahre  887,  die 
von  St.  Lazaro  vom  Jahre  1001  usw.)  haben  im  Allgemeinen  da  c 
oder  e,  wo  auch  die  Drucke  e  oder  e  haben,  nur  die  Partikel  fe, 
ete  'dass'  der  Drucke  erscheint  in  diesen  Handschriften  stets  als  fe, 
ete  wie  auch  das  Imperfekt  akt.  und  pass.  zu  den  Präsensstämmen 
auf  -e  in  der  letzten  Silbe  stets  -ei  für  -ei  der  Drucke  hat,  z.  H.  ein 
'waren*  Matth.  2,  16,  18;  xndrein  'suchten'  2,  20;  elanein  'kamen' 
3,  5,  mkrtein  'wurden  getauft*  3,  (>,  xostovan  linein  'bekannten'  3, 
6  (aber  ererer  'erschien'  2,  13,  er  'war'  oft,  aser  'sagte',  ase  'sagt', 
ai'n^  'macht'  3,  1,  10,  14  der  Moskauer  Hdschr.).  Im  Übrigen  steht 
Hreastan  Matth.  2,  1,  5,  Hreic  2,  2  neben  Ureastan  2,  22;  3,  1,  5, 
margareic  5,  18  neben  margarei  2,  17,  23;  3,  3  usw.  in  der  Moskauer 
Hdschr.  Weiter  setzen  diese  Handschriften  stets:  t  für  griech.  X 
(z.  B.  Gali/ea{y)  Matth.  3,  13;  4,  12,  15,  18,  23  =  faXiXaia,  Israyii 
2,  6  =  'IcparjX  tür  Galilea,  Israyel  der  Drucke);  stets  au  für  o(ö)  der 
Drucke  (z.  ß.  haur  'des  Vaters'  Matth.  2,  22  für  A^r);  stets  ail  'aber, 
sondern,  andert»r'  für  späteres  ail\  gaif  'Wolf  {gailk  Matth.  7,  15; 
qailoc  10,  16)  für  späteres  qail-^  (oiftal  'lassen'  Matth.  3,  15;  8,  22; 
13,  30;  15,  14;  19,  14  für  späteres   toil  tal-)\  parhem  'faste':  Matth. 

1)  Wie  ich  sie  schon  Zur  Chronologie  der  arm.  Vokalgesetze 
S.  130  formuliert  habe. 

2)  Vgl.   auch  nsoif  =  nsoil  'Strahl'.     Adjarian   hat    wohl   mit 


Karst  Historische  Grammatik  des  Kiiikisch-Armenischen.       57 

4,  2  parhealj  6, 16  parhicek^  parhescin^  6,  17  parhicis,  6,  18:  parhoi 
in  der  Moskauer  Hd8chr.i)  für  späteres  paAem ;  cwfn^) 'sieben' Matth. 
12,  45;  15,  35-37;  16, 10;  18,  22  für  späteres  egfn  =  kil.  iofn^).  —  Zu 

5,  51,  §  45  Anm.  Der  Dialekt  von  Mu§  hat  hrdMak  =  hrätak  der  Mos- 
kauer Evang'elienhandschrift;.  Aber  beide  stehen  für  urspr.  hreMak. 
—  Zu  S.  64,  §  71  b.  Von  hasoitk  müsste  der  Instr.  altarm.  hasufauk 
lauten.  Das  Wort  ist  aber  im  Wh.  nur  einmal  aus  Mech.  Rechtsbuch 
(12.  Jhd.),  also  als  mitlelarmeniseh  belegt.  —  Karst  weist  hier  nach, 
-dass  das  Verbalnomen  auf  -ol  oder  -qI  nach  den  mittel-  und  neu- 
armenischen Entsprechungen  ursprünglich  mit  -aul  anzusetzen  ist, 
obwohl  die  Drucke  meistens  -ol  geben.  Nur  hat  er  leider  unter- 
lassen, sich  mit  der  ältesten  Überlieferung  auseinanderzusetzen,  die 
mehr  zu  Gunsten  von  -ol  spricht.  Ich  habe  mir  aus  der  Handschrift 
von  Moskau  (M)  und  den  beiden  ältesten  Evangelienhandschriften 
von  St.  Lazaro  (L)  folgende  Formen  notiert:  karol  'fähig,  im  Stande* 
Matth.  3,  9  (M  und  L),  8,  2;  9,  28;  19,  12;  20,  22  (L);  parÄo/ 'fastend* 

6,  18  (M):  yap&täkol-k  'räuberische'  7,  15  (L);  ke7*oi  'Fresser*,  arbecoi 
'Säufer'  11,  19  iL),  macol  'ehebrecherisch*  16,  4  (L),  daneben  aber 
Jinjauis  akk.  'Schnitter*  13,  30,  hnjauik  nom.  13,  39,  Mnaulk  'Bau- 
leute' 21,  42  (L),  also  in  den  ersten  21  Kapiteln  des  Matth.  zehn 
Formen  mit  of  und  drei  mit  aul.  Das  entscheidet  noch  nicht, 
zeigt  aber,  dass  eine  Sammlung  aller  dieser  Verbalnomina  aus  den 
Ältesten  Handschriften  vielleicht  doch  die  Formen  mit  of  als  alter- 
tümlicher erweisen  kann*).  Man  bedenke,  dass  dem  durch  Mittel- 
und  Neuarmenisch  feststehenden  ail  'aber,  anderer*  die  ältesten 
Handschriften  aU  entgegenstellen.  Und  wie  aii  später  zu  aü  wurde, 
könnte  auch  -of  später  zu  gl  geworden  sein.  —  Zu  S.  66.  Karst 
will  nach  den  "Berichtigungen"  S.  XXII  und  nach  S.  125  und  311 
tesanoir  bei  Faustus  S.  69  als  pass.  'er  wurde  gesehn*  übersetzen; 
•ich  sehe  nicht,  wie  das  möglich  sein  soll  in  dem  Satze:  yorzam 
tesanoir  zamenesean  'als  er  alle  (auf  demselben  ersten  Wort  best-e- 
hend)  sah*.     Warum  sieht  K.  darin  nicht  das  Imperf.  eines  Vesanum 


Recht  angenommen,  das  arm.  f  des  5.  Jhd.  nach  ai,  e,  oi  (=  a,  c,  o 
-f-  y)  später  lautgesetzlich  zu  /  geworden  ist. 

1)  Vgl.  parhetn  'halte'  bei  Ephrem  3,  17  und  117  und  marh 
"Tod'  ebenda,  s.  Arm.  Gramm.  S.  217,  472. 

2)  Vgl.  ardeuk  Matth.  11,  21  für  späteres  ardegk. 

3)  Die  Moskauer  Handschrift  hat  auch  hrUak  'Engel*  Matth. 
2,  13,  19;  4,  6,  11  für  hreMak  der  andern  Handschriften  und  Drucke; 
mareax  'Heuschrecke'  3.  4  für  sonstiges  marax;  howäkan  'ausrei- 
chend' 3,  11  für  bavakan  usw.  —  Ein  genauer  Nachweis  aller  Eigen- 
tümlichkeiten dieser  Hnndschriften  ist  dringend  erwünscht.  —  Auch 
der  Codex  Ticinus  der  Kateg.  (geschrieben  zwischen  1100  und  1300 
nach  Conybeare  AnecdotaOxon.XXVIII)  hat  noch  meist  efe,  unein,  cm, 
«r,  e  für  späteres  cfe,  un€in,  ein,  er,  e  und  öfter  yavet  und  ail  für 
späteres  yavet  und  ail  nach  Conybeare  a.  a.  0.,  vgl.  aii  S.  107,  2, 
4;  115,  20;  135,  9  usw.,  efe  108  usw.  Und  selbst  die  Philo-Handschrift 
vom  Jahr  1296  schreibt  noch  eutn  'sieben'  S.  173  (dreimal)  für  das 
spätere  eofn,  das  in  den  gedruckten  Bibeltexten  statt  des  hand- 
schriftlichen eutn  steht;  ebenso  xausel  'reden',  xausk  'Rede'  für  spä- 
teres xosel,  xosk. 

4)  Aus  Philo  (Handschrift  vom  Jahre  1296)  verzeichne  ich: 
tesolauk  167,  180,  cnolac  168,  trpol-ac  172,  gorcol-ac  173  neben 
Jcaraul  174,  cnauls  175;  aus  Ephrem  3.  Bd.  (Venedig)  1836)  karol  11, 
26,  apoHxarolk  15,  Isolac  19, 


58      Karst  Historisehe  Grammatik  des  Kilikisch-ArmenischeD. 

=  kil.  desnum  (nach  S.  290)?  V^l.  arjakoir  'sandte*  Sebeos  48 
neben  arjakel  S.  49.  —  Zu  S.  71  Anm.  Bei  iend  'Fieber'  könnte 
man  um  so  eher  an  Entstehung  aus  *teand  denken,  weil  6,  wenn 
es  urspr.  vor  n  -f  Kons,  stand,  zu  i  werden  musste,  dagegen  e 
blieb,  wenn  es  aus  ea  oder  ett  entstanden  war  (Arm.  Gramm.  S.  407 
und  520).  Vgl.  aber  auch  tenc  'Verlangen'.  —  Zu  S.  72.  Das  Suffix 
'6eay  in  arhavatceay  'Draufgeld*^)  findet  sich  auch  in  avetceay  2. 
Kg.  4,  10  'Lohn  iür  gute  Nachrii-ht'  (=  ^avet-id-eay),  vgl.  avet-a-vor 
'gute  Nachricht  bringend*,  avet-i-k  'gute  Nachricht*.  —  aij^k  (= 
altarm.  aiceaik)  'Kleider  aus  Ziegenhaar'  steht  bei  Matth.  von  Urha 
p.  7  (akk.  aijes).  —  Ein  Ipt.  auf  e  findet  sich  schon  in  der  Mos- 
kauer Handschrift  (a.  887)  Matth.  6,  13:  prke  für  prkea  'erlöse*.  — 
Da  im  Altarm.  Advorbia  auf  -ev  vorhanden  sind,  vgl.  ardarev,  orov 
hetev,  ainu  hetev  usw.,  yetev-axatac^  storev  (neben  storeav\  zarajev 
bei  Faustus  (neben  arajeav  bei  Laz.  Pharp.),  so  kann  doch  kil.  -<>27 
(in  arvev,  hedev  usw.)  auch  aus  altarm.  -ev  (statt  -eav)  entstanden 
und  kil.  nerkev,  ma.  verei-  usw.  nach  Analogie  dazu  gebildet  sein.  — 
Zu  S.  73,  §  83.  Da  in  der  Bibel  schon  men  (z.  B.  mm  mi  'je  einer**) 
Matth.  20,  10)  neben  miain  'allein'  steht*  so  schliesse  ich  zunächst, 
dass  dieses  mm  des  5.  Jhd.  nicht  aus  7/22am  entstanden  ist.  Dann 
braucht  auch  m^  'allein'  des  5.  Jhd.  nicht  aus  miain^  entstanden 
zu  sein.  Aber  selbst  wenn  mm  eine  alte  Dialektform  zu  klass.  miain 
wäre,  soll  darum  klass.  ter  'Herr*  eine  alte  Dialektform  zu  nicht 
vorhandenem  Hiair  sein  ?  —  Zu  S.  82.  Die  Mediae  6,  d,  g,  y,  j  bleiben 
im  Mittel-  und  Neuarm.  nach  n  unverschoben.  Aber  mb  wird  zu 
mp?  Karst  bemerkt  nichts  darüber,  schreibt  aber  Smpad  S.  3  (altarm. 
JSmbat)^  hamperem  S.  89  (altarm.  hamberem)  usw.  Ebenso  schreiben 
die  Mechitharisten:  {Nierses)  Lampronense  mit  p.  Im  Polnischarra. 
finde  ich  zwar  pambag  =  altarm.  bambak,  aber  daneben  hanipirefu 
=  altarm.  hamberel  und  amp,  pl.  amp^er  =  altarm.  amb  und  amp 
(Hanusz  WZKM.  1,  302— 303).  —  Zu  S.  100  Anni.l.  Karst  führt  kara- 
bach.  a7iam,  aniim^  andm  'Name'  (aus  Patk.  Dial.  66)  auf  aitarni. 
*awa77j7j,  *anumn^  *andmn  zurück.  Ich  halte  das  so  lange  nicht  für 
richtig,  als  K.  nicht  das  Verhältnis  dieser  Fonnen  zu  einander  und 
die  Lautgesetze  des  karab.  Dialektes  dargelegt  hat.  Auch  das  alter- 
tümlich aussehende  ''anum-  oder  aiiuvin,  gen.  anman**  des  Dialektes 
von  Dshulfa  (Patk.  Dial.  86)  =  altarm.  (muri,  gen.  anvan  liisst  sich 
nicht  ohne  Kenntnis  der  Lautgesetze  dieses  Dialektes  beurteilen. 
Vorläufig  halle  ich  das  —  un regelmässige  —  altarm.  anun  :  an- 
van (aus  onmefi  :  onmenos)  für  altertünilicher  und  vermute  bei 
dshulf  anumn  :  anman  den  Einfluss  der  —  im  Altarm.  zahlreichen  — 
Nomina  auf  -umn  :  gen.  man  (nora.  cayunin  :  gen.  cagman  usw.).  — 
Zu  S.  106,  Anm.  1.  Was  ist  Mzur  =  Mdnjur  (türk.  Mtinznr  da-p)? 
Wohl  dasselbe  wie  der  Kanton  von  Hocharmenien,  den  Faustus  S.  141 
Mzur^  Moses  Geogr.  S.  607  aber  Mdnjur  (=  rXim«  MouCovpuiv  Geizer 
Georg.  C^pr.  184)  nennt.  —  Zu  S.  1*22.  Der  Name  ayprac  aruin 
'Brüder  Blut*  ist  aus  dem  Arabischen  übersetzt.  Die  Ptianze  heisst 
pers.   arm.  saiamriun    {^avarmriun  Wb.  I  s.  v.  drakontikon)^    vgl. 


1)  Wo  steht  die  "spätkl."  Form  arhavafce?  Wb.  verzeichnet 
nur  arhavatceay  (Gen.  cei  usw.). 

2)  Ebenso  Faustus  S.  16,  1.  Vgl.  dazu  men-  in  Komp.  und 
Derivaten,  z.  B.  menanam^  aor.  menaceal  'vereinsamt'  1  Tim.  5,  5, 
menasian  usw.     W'ohl  aus  *mean-  =  ^mian-  entstanden. 

*6)  miain  =  mi-\-ai7i^  vgl.  amenain  (=  *anieati-ain)  und  die 
Adv.  miangamain,  valordain,  Ireleain. 


Kttrfit  Hiatorische  GruniinHtik  des  Killkisirb-Arini;! 


5!> 


I  -Artu.Gnimiii.al3.  L.  ÄlUchAti  Bububafutliitiu  S.  '>2,  Airarat  S.  29^ 
l  80.  —  Zu  S.  124,  Aus  altarni.  bain  'tivat,'.  iaetr.  bunov  usw.  Ist  kil. 
butn,  instr.  buinov  imw.  geworden.  Iti  Hllen  diesen  Füllen  sind  die 
obliqupn  Kasuä  vom  Nominativ  beeinflusst  worden.  Ebenso  bt^i  kil. 
cum 'Schute',  instr.  cuinov  usw.  (S.  125)  für  alWnn.  jiun,  Ken.jean, 
insir.  jeamb iww.  —  Zu S.  136.  Navh  dem  ui  der  Foimu-n  cuin  'Stlinee' 
=  kla^s.  jiun;  ajcuir  'Hörn'  =  kln«».  eijiur  usw.  2u  urteilen,  ist 
von  kil.  euit  'Pech'  auf  klaes.  jiut  zu  schlieaaen.  So  lese  und  »chreibo 
ich  .jplsit  für  jiel  Arm.  Gramm.  S.  Iö5.  Vgl.  euin  (nicht  evin)  'sieben' 
=  miltelarm.  entn.  —  Zu  S.  131,  b.  Die  Zutiammenatellutig  von  kil, 
h^rC'ec  'Unten,  sulelzt'.  klass.  rerjin  'letztei'  mit  erjanik  'giüekiich, 
'*g'  ist  uatiirlich  fakch.  —  Zu  5.  162.  Ich  sehe  nicht  ein,    warum 

I  Sicht  klasB.  hogvoy  (gen.  von  hogi)  spHCer  regelrecht  ku  tiogoy  = 
kil.  hoko  geworden  sein  soll.  Regel :  allarin.  vo  '=  idg.  yu  wird 
BKch  Konsonanten  zu  ma.  o.  Wo  Formen  wie  hogoy  in  den  ältcateu 
Texten  erscheinen,  ist  einfach  hogvoy  usw.  zu  korrigieren.  —  Zu 
B.  154  Anm.  Wie  lauteten  denn  die  ursprünglichen  Formen  de» 
Worten  gml  'Dorf?  Nach  Aidynean  Gramm.  S.  27:  nom.  akk.  giul, 
'geut  oder  yti.  gen.  dat.  geij,  abl,  t  gelje,  instr.  giuiiv;  pl.  iiom. 
giutk,  geik.  akk.  giuh,  gen.  dat.  abl.  giulif  (getip),  insti-,  giuliutti 
aftch  der  Bibelkoukordanü  (Jerusalem  189&)  und  dem  NT  von  Vene- 
dig 1877:  nnui.  akk.  genf,  gen.  dat.  getj,  abl.  i  getje,  piur.  nom. 
•^Qlk,  A'kV..  geoin  (selten  ^lu/«),  gen.  dat.  ahl.  ffiWi'p,  ausserdem  akk. 
oe^  nur  in  t  gel  mi  'in  einem  Dorfe'  Nehemia  6,  2  und  t  geld  'in  das 
Dorf  da'  Mark.  U,  2;  nach  dem  NT  von  Venedig  1805:  akk.  sff.  gel, 
akk.  pl.  gtls  in  den  Evangelien,  nnm.  akk.  Rg.  geaut,  pl.  geaulk,  geauls, 
gen.  dal.  sg.  yeaufj,  gen.  pl.  sew^ic  jn  der  Apostelgeschichte;  nach  den 
EvangeHenhandfichrilten  von  Venedig:  akk.  pl.  geaufg  Matih.  9,  35, 
akk.  st^.  geau/  10,  11;  21.  2;  26,  36;  nach  FauelUB  (Venedig  1832): 
i  geuln  144.  204,  265,  yaintn  gevt  252,  aber  i  gtoln  15;  uncli  der 
Philo-Haudichriit  vom  Jahr  139<!;  geautk  S.  16J  (nom.  pl.i;  nach  der 
der  Kateg.  i  geaul»  S.  122  (akk.  pl.)  usw.  Kil.  k'f/  setzt  nach  Karst 
§  75  ein  altarm.  giiii  ^^  geui  voraus.  Jedenfalls  hat  Karsts  Behaup- 
tnng,  der  Lok.  getj  sei  erst  dann  auch  als  Genitiv  gebraucht  wor- 
den, alit  der  Nom.  gitil  nu  gel  geworden  war,  an  den  Thataachen 
keinen  Halt.  —  ZnS.  1G2.  Für  klass.  anjamb  [hmU.  von  atijn)  ist 
Im  Kil.  anjom  eingetreten.'  Man  sollte  glauben,  dass  a  vor  mb  zu 
d  verdunkelt  und  auel.  b  abgefallen  sei.  Aber  a  geht  sonst  nicht 
(auch  nicht  vor  mb  =  kil.  mp)  In  o  Über  und  nusi.  mb  wird  —  nacb 
amp  'Wolke',  famp  'SHliei',  pl.  tamp'er  (Karst  S.  170)  au  urieilen  — 
sin  mp  und  nicht  zu  m.  Kine  genaue  Parallele  zu  -amb  im  Auslaut 
eines  zweisilbigi-u  Wortes  fehlt  allerdings.  So  wfire  also  vorläufig 
kil.  anjem  auf  ülterca  *anjaum  als  dial.  Nebenform  zu  kl.  anjajM 
BUräck  SU  führen  ?  Ich  könnte  in  dem  ausl.  m  dieses  *anjaujn  (vom 
n-Siamme  atijn  'Person')  doch  nur  die  Wirkung  des  abgefallenen 
InstrumentalHurtixeu  b  =■  idg,  bhi  =  griecli.  <pi  Heben.  Jedenfalla 
ist  Karhts  Erkilirung  von  klass.  -amb  -ans  *amv  ^  uraim.  ano  and 
kil.  -om  ans  *-aum  =  "arm  =^  '-itinm  —  '-amv  =  urann.  'anv 
-willkürlich  und  der  Widerlegung  nicht  bedürftig.  —  Zn  S.  185.  Hier- 
her auch  kanani  Frauen'  z.  B.  Faustus  S.  35-2,  Z.  5  und  (<  v.  u.,  a53, 
3  usw.  —  Zu  S.  191.  Der  Plural  invi  'Hunde"  soll  sich  nach  Karst, 
der  Wb.  S,  486  folgt,  schon  bei  Eunub.  Kirchengesch.  9,  8  üudeu. 
Die  angezogene  Stelle  steht  in  der  Ausgabe  (Venedig  1877)  S.  691, 
1  wo  aber  beide  Texte,  der  Ultere  wie  der  jüngere,  x  htm-n  bieten 
Lteicht  z-invi-n).  Wie  lesen  die  Handschriften?  Rarsis  Erklärung 
Her  Plurale  auf  -vi  ii\s  Fortsetzer  aller  Duale  auf  u  =  idg.  0  (vgl. 
IkAw  'zwei"  =  idy.  dvö)   ist  ansprechend,    aber   kanin    haltbar,    da 


€0       Karst  Historische  Grammatik  des  Kilikisch-Armenischen. 

auslaut.  ö  =  arm.  u  in  allen  zwei  und  mehrsilbig-en  Wörtern  nach 
dem  vokalischen  Auslautsgesetz  abfallen  inusste  (vgl.  uf  'acht'  = 
idg.  okHö.  aber  erku  'zwei'  mit  u,  weil  ursprünglich  einsilbig^).  Wäre 
aber  i  (aus  i-[-x)  vor  Wirkung  des  Auslautsgesetzes  angetreten,  80  soll- 
ten wir  auch  *\ifvi  für  ut,  *erkri  für  erku  haben.  —  Zu  S.  195.  Bei  KiSft 
S.  19,  15:  naxararean.  —  Warum  musste  *jiean  zu  jian  werden? 
Aus  lieal  'gewesen',  der  regelmässigen  Form  des  Ptcp.  im  NT 
ZDMG.  36,  125  (auch  Euseb.  Chronik  1,59)  ist  später  ZcoZ  geworden; 
aus  'mi-\-evs  :  mius,  das  freilich  mit  mens  wechselt.  —  Zu  S.  210. 
Der  Zusatz  zu  pahs  für  pahk  "vgl.  np.  päs,  pl.  päs  Wache"  ist 
zwecklos  und  hier  irreführend.  Denn  gerade  das  s  von  arm.  pah9 
hat  mit  dem  .s  von  pers.  päs  nichts  zu  thun.  —  Zu  iS.  234.  Im  Dia- 
lekt von  Agulis  steht  neben  dem  Pronomen  so^  do,  ng  *hic.  iste, 
ille'  (altarm.  sa.  da^  na,  gen.  so-ra.  dora,  no-ra)  das  Pronomen  Ä^ 
dok,  nok.  Ist  hok  aus  *8o-k  entstanden  (s.  Karst  S.  88),  8o  darf  es 
weder  mit  griech.  ö  noch  mit  lat.  htc  (=  *hoce)  zusammengestellt 
werden.  Denn  arm.  so-  ist  =  idg.  fc^o-,  griech.  ö  =  idg.  so,  —  Zu 
S.  235.  Die  Erklärung  von  gen.  nara  usw.  aus  nora  usw.  durch 
Einfluss  des  nom.  akk.  na  scheint  mir  einfacher  und  natürlicher 
als  Karsts  künstliche  Hypothese.  —  Zu  S.  252.  Soll  hima  'jetzt'  (= 
np.  Irna  'jetzt')  aus  dem  Np.  entlehnt  sein?  Wenn  nicht,  aus  welcher 
Grundform  sollen  beide  stammen?  —  Zu  S.  266.  Kil.  lucem  gespro- 
chen lujem  für  altarm.  lucanein)  erscheint  schon  "in  nachklassischer 
Zeit"  bei  Ners.  Lampr.,  Klimachos  und  Leb.  d.  Väter.  Nerses  von 
Lampron  war  ein  kilikischer  Armenier  des  12.  Jhd.,  kein  Wunder 
also,  dass  in  seinem  Schriftarmenischen  gelegentlich  kilikische  For- 
men erscheinen.  Die  Zeit  der  Übersetzung  der  "Leiter"  des  'luidv- 
yy\c  KX(|uiaE  ist  unbekannt.  Leb.  d.  Väter  fällt  ins  5.  — 12.  Jhd.  —  Zu 
S.  301  flg.  Die  Indikativpartikel  westarm.  gu  =  ostarm.  ku  lässt  sich 
zuerst  im  12.  Jhd.  nachweisen  und  ist  allen  modernen  Dialekten  mit 
Ausnahme  desjenigen  von  Agulis  eigen,  während  sie  im  Aitamie- 
nischen  fehlt.  Ihre  Entstehung  fällt  also  in  die  Zeit  vor  dem  Ein- 
tritt der  zweiten  Lautverschiebung  (9.— 10.  Jhd.?).  —  Zu  S.  311.  Die 
3.  pers.  imperf.  med.  und  pass.  der  e-  und  ^-Präsentia  lautet  aus 
auf  -er  oder  -iur  (z.  B.  kofer  bei  Faustus  S.  14,  8  oder  koriur  'wurde 
genannt').  Karst  hält  die  Form  auf  -er  für  eine  jüngere  Analogie- 
bildung, weil  er  die  Form  auf  -wr  für  die  ältere  und  ursprüngliche 
hält.  Aber  in  der  armen.  Litteratur  ist  jedenfalls  die  Form  auf  -er 
älter  belegt,  da  sie  allein  —  meines  Wissens  —  in  der  Bibelüber- 
setzung vorkommt  (vgl.  die  überaus  häufigen  a:r/?/*'er 'redete,  sprach', 
korer  'wurde  genannt'),  während  die  Form  auf -?wr  hier  —  und  nach 
Aidvnean  Gramm.  S.  67  bei  den  "klassischen"  Autoren  fehlt  2).  Was 
nun  die  Ursprünglichkeit  betrifft,  so  soll  xaiisei,  xauseir  aus  *j?aw- 
^^iyl,  ^xaitsiyir,  xaiisiur  aus  *xausiyr  lautoresetzlich  entstanden  und 
darum  xauser  Analogiebildung  zu  xausei,  xansHir  sein.  Für  den 
Übergang  von  -iyi  in  ei  hat  Karst  sonst  weiter  keinen  Beleg  als 
eben  die  Imperfektformen  auf  -^?,  für  -iur  aus  -iyr  bezieht  er  sich 
auf  aliur  'Mehl',  athiur  'Quelle',  efjiur  *Horn',  ariun  'Blut',  jhin 
Schnee',  die  aus  "^aliyr,  *albiyr  usw.  entstanden  sein  sollen 3).  Wo- 


1)  e-rku  :  idg.  drn  =  e-W.v  'drei'  :  idg.  frtns  Meillet  MSL  11,394. 

2)  Aber  z.  B.  bei  Mos.  Choren.  S.  17,  8  cariur  'wurde  geredet', 
bei  Philo  S.  179  ^ndarjakiur  eupOvcro;  bei  Sebeos  S.  125  tesaniur, 
sau,^apiur,  sksanhir,  bei  Dionys.  S.  8  aiiiur  'wurde  gesagt'. 

3)  Dagegen  s.  3.  Sg.  Präs.  xauiii  aus  *xausiy\  2.  PI.  Präs. 
xaiisik  aus  *xausiyk. 


Karst  Historische  Grammatik  des  Kiiikisch-Armenischen.       61 

her  diese  Grundformen  kommen,  sagt  er  nicht  und  widerlegt  auch 
die  bisherigen  Zusammenstellungen  von  aliur,  aleur,  gen.  aler  mit 
dXcupov,  albiur,  alheur,  gen.  alher  mit  griech.  (ppdap  (aus  *<ppriFap), 
jiufif  gen.  jean  mit  x^^J^v  (aus  g^hiyöm),  siun  'Säule*  mit  kiujv,  um 
derentwillen  wir  *aliur  statt  *aliyr  voraussetzen,  nicht.  Ich  stimme 
daher  Karst  nicht  bei.  —  Ich  möchte  darauf  hinweisen,  dass  das 
Medium  und  Passivum  vom  Präsensstamme  auf  a,  i  und  -u  mit 
dem  Aktivum^)  identisch  ist^(fl^a-m,  xausim^  ioi-u-m),  und  ebenso 
bei  den  Präsensstämmen  auf  -e  das  Imperfekt  {kocei  usw.),  in  der 
ältesten  Zeit  der  Infinitiv  {koeel,  ^en.  koceloy^)  usw.)  und  ursprüng- 
lich auch  der  Konjunktiv  {Jko^icim,  eine  Neubildung  für  *koöicem 
als  pass.  =  *koöe-iC'em  zum  Indik.  ko6im  nach  dem  Muster  vom 
Aktivum  kodicevi  :  kocem)^).  Es  war  also  ursprünglich  nur  das 
Passivum  des  Präsens  der  e-Stämme  vom  Aktivum  formal  unter- 
schieden. Wie  aber  sind  kocim  und  xausim  (inf.  koM,  xansel)  ent- 
standen? Gehören  xausim  usw.  zu  Hirts  ex^e-Basen  (Ablaut  S.  108flg.)? 
—  Zu  S.  317.  Die  Gleichung  dO'k'ay:&u  =  erk-0'kin:erku  ist  deshalb 
falsch,  weil  k  in  erkokin,  erkokean  PJ uralzeichen  ist,  vgl.  gen.  e?'- 
kocun,  erkocuncj  akk.  erkosin,  erkosean  usw.  —  Zu  S.  323.  Die  Ent- 
wickelung  von  altarm.  ekn  *kam*  über  *6fc  :  *yeg  :  *e-yeg  :  eyeg  zu 
kil.  erek  ist  wenig  einleuchtend,  da  für  den  Übergang  von  inter- 
vokalischem  y  zu  y  =  r  alle  Analogien  fehlen.  —  Zu  S.  329.  Warum 
soll  das  auslaut.  ay  der  l  pers.  aor.  pass.  {koöecay^  hanay)  '*aus  ein- 
fachem a  entstAnden"  sein  ?  Die  1.  pers.  imperf.  und  abr.  akt.  und 
med.  hat  doch  als  Personalendung  immer  i  :  kocei,  xauseiy  koceci, 
xausecay,  hani,  hanay,  eiel  Und  auch  in  der  2.  pl.  aor.  pass.  (fco- 
cecaik)  soll  "ai  für  a"  stehn  wie  in  der  2.  pl.  präs.  der  öt- Stämme 
{aiaik)?  Das  ist  ein  grosser  Irrtum.  Vgl.  meine  Armen.  Stud. 
S.  93.  —  Zu  S.  332.  Karst  trifft  in  seinen  —  richtigen  —  Bemerkun- 
gen über  hangcim  =  *hangi6-im,  aor.  hangeay  =  ^hangi-ay^)  mit 
Meillet  Notes  sur  la  conjugaison  armenienne  (Banaser  II,  2)  S.  10, 
wo  auch  hangi-st  und  die  Aoriste  ipt.  hangi-r^  pl.  hangeimk  =  *han' 
gi-aruk  und  konj.  hangices^)  angezogen  werden,  zusammen.  Ich 
hatte  inzwischen  auch  caneay  aus  *cani'ay,  canaut  aus  ^cana-uf 
erklärt  und  cani  =  idg.  ghne,  cana-  für  *cena  =  idg.  g^e7i<f  (Hirt 
Ablaut  §  321)  gesetzt,  also  angenommen,  dass  in  Fällen  wie  caneay^ 


1)  Vgl.  datini  'ich  richte'  und  'werde  gerichtet'  Matth.  7,  1,^ 
Luc.  6,  37;  xauser  'redete*  Matth.  9,  18  und  xausesci  'wird  geredet 
werden*  Matth.  2i),  13,  hetu  'vergiesst*  und  'wird  vergossen'  Matth. 
26,  28,  tolucu  'verlässt'  Mark.  13,  34  und  'wird  preisgegeben  wer- 
den' Matth.* 24,  20  usw. 

2)  Wäre  ko6il  die  ursprüngliche  Form  gewesen,  so  hätte  der 
Genitiv  *kocloy  lauten  müssen,  vgl.  totloy  von  total, 

3)  Danach  auch  folucum  zu  foium.  Dagegen  ist  Pass.  ima- 
naici  (Euseb.  Chron.  S.  26)  neu  gebildet  zu  Akt.  imanaiceni  nach 
dem  Muster  von  koricim  :  kocicem. 

•      •  •     • 

4)  Vgl.  erdnma  aus  *erdunu7n  :  Aor.  erdvay  Arm.  Gramm. 
S.  443,  IF.  Anz.  10,  45. 

5)  Nach  Meillet  =  *hangiices.  Da  i  m  nichtletzter  Silbe  sonst 
immer  —  in  Hunderten  von  Fällen  —  aus  e  =  idg.  ei,  oi  entstan- 
den ist,  liegt  es  nahe,  auch  hangices  usw.  auf  *hangeces  zurückzu- 
führen. Ist  das  nun  aus  *hangi-ices  oder  ^hange-ices,  ist  dices  = 
*deces  aus  *diiceif  oder  *deices  zu  erklären  oder  Eintiuss  von  Con- 

•  •  • 

junctiven  aoristi  wie  erfices  (Präs.  ertaices),  luices  (Präs.  Isices),  ke- 
rices  (Präs.  utices),  metices  (Aor.  1.  melay)  usw.  anzunehmen? 


62       Karst  Historische  Grammatik  des  Rilikisch-Armenischon. 

hangeay,  tdkeay  usw.  das  i  der  zweisilbig'en  Wurzel  auf  idg.  e  zu- 
rückgeht.  Wenn  nun  hangt- st  von  einer  Wurzel  hangt-  kam,  musste 
fakust  von  einer  Wurzel  falcu-  kommen,  die  auf  älteres  faltö  zu- 
rückgeführt werden  könnte.  Also  faJteay  von  taJce-^  fakust  von 
iakö'?  Vgl.  idg.  g^ene  :  g^enö  Hirt  a.  a.  0.  —  Wenn  aber  Karst 
kil.  hangav  aus  altarm.  hangeav  =  *hangiav  erklären  will  durch 
Berufung  auf  kil.  hoko  =  altarm.  hogvoy  aus  *hogyoy  =  *hogi'Oy 
(§  183a),  so  ist  das  natürlich  nicht  zu  billigen.  Andere  Erklärungen 
hat  K.  §  84  und  S.  126  (zu  §  84)  gegeben.  Lautgesetzlich  sollten 
wir  nach  S.  70  flg.  hange,  hang^er,  hang^ev  usw.  erwarten;  da  statt 
dessen  hangay^  hangar^  hangav  erscheint,  ist  wohl  anzunehmen,  dass 
dies  Neubildungen  nach  den  übrigen  Aoristformen  wie  kdä-ay,  iöay^ 
des-ay  usw.  sind.  —  Zu  S.  335  Anm.  Ich  nehme  an,  dass  erst  zu  gitaci 
(aor.  von  gitem  'weiss')  ein  Präsens  gitanam  'coeo'  (vgl.  Ivaci :  Iva- 
nam)  hinzugebildet  worden  ist.  Jedenfalls  setzt  gitaci  so  wenig  ein 
*gitanam  voraus  wie  asaci  ein  *asanam  —  Zu  S.  342.  Die  Präs.  auf 
-i  bilden  ihren  Infinitiv  im  NT  (abgesehen  von  der  späteren  Apoka- 
lypse ZDMG.  36, 126)  stets  auf  -el^  ebenso  —  meines  Wissens  —  im  AT 
und  überhaupt  bei  den  ältesten  Schriftstellern.  Später  wird  das  Passiv 
berim  :  berel  nach  dem  Muster  von  berem  :  berel  ^alam  :  alalf  folum  : 
folul  zu  berim  :  beril  umgestaltet,  aber  die  obliquen  Kasus  bewah- 
ren auch  später  immer  noch  den  alten  Stamm  auf  -elo :  {beril :  gen. 
bereloyy  instr.  berelov).  Sogar  im  Kilikischen  der  Assises  Ant.  findet 
sich  noch  abrel  zu  abrim^  linel  zu  linim  usw.  (Karst  S.  343),  und 
nur  die  eigentlichen  Passiva  auf  -vi  bilden  hier  den  Inf.  ausschliess- 
lich auf  'vil  (vjarvil  zu  vjarvim).  Dieser  von  der  Chronologie  ge- 
stützten Auffassung  setzt  K.  eine  andere  gegenüber:  die  i-Stämme 
bildeten  den  Inf.  ursprünglich  auf  il,  das  in  den  obliquen  Kasus 
zu  el  wurde  [wider  alle  armen.  Sprachgosetze,  die  -l  statt  -el  erfor- 
dern würden],  die  klassische  d.  i.  älteste  Litteratur  ignoriert  diesen 
urspr.  Inf.  vollständig  und  setzt,  nachdem  im  Ipf.  die  [jünger  be- 
zeugte] Form  auf  -iur  durch  die  ''jüngere  Analogiebildung"  auf  er 
[in  VVahrheit  die  älter  bezeugte]  verdrängt  war,  den  Inf.  auf  -el  an 
seine  Stelle  [obwohl  -il  doch  am  Präsens  auf  -im  usw.  eine  Stütze 
gehabt  hätte],  aber  der  Inf.  auf  -il  erscheint  noch  "vereinzelt"  bei 
bestimmten  alten  Autoren  mit  "mehr  vulgärsprachlicher  Diktion", 
um  später  beim  kil.  Passiv  auf  -vi  wieder  zu  neuer  Geltung  zu 
kommen.  Damit  hat  K.  nach  meiner  Meinung  alle  Thatsachen  auf 
den  Kopf  gestellt,  immer  vorausgesetzt,  dass  meine  Chronologie 
richtig  ist.  —  Zu  S.  373  Anm.  Der  Satz:  "wenn  c  ('nicht')  sich  ver- 
einzelt bereits  in  frühklassischer  ZeitM  findet,  so  steht  es  immer  in 
vulgärer  Diktion  und  ist  nicht  als  echlklavssisch  zu  betrachten'*  ist 
eine  kühne  Behauptung.  Das  neue  Testament  ist  doch  gewiss  "früh- 
klassisch",  und  hier  ist  <}  (neben  oc)  reichlich  vorhanden:  ich  kann 
es  aus  Matthäus  allein  zwanzigfach  belegen.  Oder  hat  auch  die 
Bibelübersetzung  vulgäre  Diktion?  Djinn  gäbe  es  aber  überhaupt 
keinen  Unterschied  zwischen  klassischer  und  vulgärer  Sprache,  ein 
Schluss,  gegen  den  Niemand  mehr  als  Karst  Einspruch  erheben 
dürfte.  —  Zu  S.  388.  Ist  im  Klassisch-Armenischen  das  Präsens  eia- 
nini  "nicht  mehr  recht"  oder  noch  nicht  gebräuchlich^  Die  Evangelien 
kennen  nur  Formen  des  Aoriststammes  (wie  e^e?*  'ward,  geschah', 
efici  'wird  geschehen,  sein'),  ebenso  das  Kilikische.  —  Zu  S.  401. 
Die  dem  Kilikischen  eigentümliche  Relativkonstruktion:  Relativpar- 


1)  Vgl.  C'cage  'leuchtet  nicht',  cimanan  'wissen  nicht*,  c-zgan 
'merken  nicht*  Elise  S.  8. 


Lagercrantz  Zur  g^riechischen  Lautgeschichte.  68 

tikel  4-  Demonstrativ  findet  sich  schon  in  altarmen.  Werken,  auch 
solchen,  die  nicht  aus  dem  Syrischen  übersetzt  sind,  vgl.  z.  B.  Faustus 
S.  215:  der  Mann,  "an  welchem"  {zorme)  alle  hingen  {z-nmane  *an 
ihm*);  S.  218:  auch  die,  'welche'  {z-ors)  er  nicht  kannte  {z-nosa  'sie'); 
223:  or  —  ail  in6  kerakur  6er  camkel  noca  =  welche  —  nicht  war 

•  •  • 

ihnen  eine  andere  Speise  zu  kosten  =  welche  keine  andere  Speise 
gekostet  hatten  usw.  Ich  kann  in  diesen  Fällen  keinen  "Semitismus" 
finden,  da  Faustus  nicht  aus  dem  Syrischen  übersetzt  ist. 

Strassburg  i.  E.  H.  Hübschmann. 


liagercrantz  0.  Zur  griechischen  Lautgeschichte.  Upsala  1898. 
156  S.  (=  Upsala  Universitets  Arsskrift  1898,  Filosofi  usw.  II). 
Die  vorliegende  Schrift  behandelt  die  Entwicklung  von  idg. 
Guttural  und  Dental  +  jf,  sowie  von  t  -\-  s  und  ss  im  Griechischen, 
also  die  Geschichte  von  tt,  bb,  cc  und  2,  wobei  sowohl  die  ältere 
Forschung  rekapituliert  wie  ungelöste  Fragen  von  neuem  unter- 
sucht werden.  Der  Verfasser  rekonstruiert  folgenden  urgriechischen 
Zustand:  1.  k{h)i  wird  pp,  2.  t{h)i  wird  sh.  3.  ts  zu  ss.  4.  ss  bleibt 
SS,  5.  gi  wird  dd.  6.  di  wird  zz^).  Es  ergeben  sich  demnach  5  ver- 
schiedene urgriechische  Laute,  deren  weitere  Geschichte  festzustellen 
ist.  Da  der  Verfasser  für  seine  phonetische  Umschrift  der  urgriech. 
Laute  nur  ganz  allgemeine  Werte  beansprucht  und  damit  in  erster 
Linie  nur  die  Verschiedenheit  der  Laute  zum  Ausdruck  bringen  will 
<S.  151),  so  wird  man  seine  Aufstellungen,  was  1.— 4.  betriflft,  denen 
Brugmanns  im  Grundriss  -  274  f.  am  nächsten  verwandt  finden. 
Wichtig  ist  aber  der  Versuch,  für  gi  und  di  eine  verschiedene  Be- 
handlung nachzuweisen,  und  obwohl  das  Material  aus  den  Dialekten 
recht  dürftig  ist,  so  glaubt  L.  doch  aus  dem  Attischen  und  Äoli- 
schen  Beweise  gefunden  zu  haben.  Im  Attischen  sei  nämlich  ein 
dem  TT  =  Kjf  xj  >^'i^  dem  2  =  Ti  vorhergehender  Vokal  gedehnt  wor- 
den, während  sonstige  tt  und  Z  eine  solche  Wirkung  nicht  ausübten 
(vgl.  jieCZuiv  neben  ireZöc).  Es  ist  jedoch  recht  misslich  für  dieses 
Lautgesetz,  dass  die  dehnende  Kraft  von  tt  aus  k{h)j  nur  in  der 
Kategorie  der  Komparative  edccuuv,  ficcuiv  usw.  festzustellen  ist,  wäh- 
rend für  die  entgegenstehenden  Fälle  wenig  befriedigende  Erklä- 
rungen gegeben  werden:  denn  dass  z.  B.  att.  öttu  Entlehnung  sei, 
dafür  werden  schlagende  Gründe  nicht  angeführt;  für  2  =  TJ  kommt 
ausser  |iei2ujv  nur  att.  \xdX,a  neben  sonstigem  jiaJ^a  (*|LiaTia)  in  Be- 
tracht; aber  liegt  es  nicht  viel  näher,  einen  Deklinationsablaut  (ä  : 
ä)  anzunehmen,  wie  er  ähnlich  in  Y^tücca  —  T^dcca  (bei  Herodas) 
vorliegt?  (Vgl!  J.  Schmidt  KZ.  33,  453  ff.).  Was  sollen  wir  ferner 
mit  cqpdrruj,  ctCZuj  u.  ä.  anfangen,  welche  Verf.  mit  Schweigen  über- 

feht?  Da  das  Lautgesetz  auf  so  schwachen  Füssen  steht,  so  ist 
rugmanns  Erkläi'ung  der  Komparative  ineiCiuv  usw.  (Ber.  d.  Sachs. 
Ges.  d.  Wiss.  1897,  185  ff.)  immer  noch  vorzuziehen.  Dagegen  scheint 
mir  die  von  L.  aufgedeckte  Divergenz  von  äol.  ^pbuj  aus  *F^pbbuj 
*F^pYiui  und  KdpJa  aus  *Kap6ia  (46  ff.)  sehr  wohl  geeignet,  um  eine 
Verschiedenheit  von  Ti  und  6j  wahrscheinlich  zu  machen;  in  dji^pbuj 
'dunkel  machen'  zu  aisl.  myrkr  'dunkel'  hat  Verf.  einen  ansprechen- 


1)  Durch  Versehen  werden  beim  Rückblick  (S.  150)  die  Zeichen 
>-  und  <1  inkonsequent  verwendet.  Wer  diese  Zeichen  gebraucht, 
muss  bei  der  Korrektur  doppelt  vorsichtig  sein! 


64  Lagercrantz  Zur  griechischen  Lautgeschichte. 

den  neuen  Beleg  für  -pTi-  aufgespürt.  Dass  ä\iipb\u  auch  im  Grie- 
chischen weitere  Verwandte  hat,  ist  L.  entgangen:  ich  glaube  än6pv\ 
*ÖIhefe,  Bodensatz'  damit  verbinden  zu  dürfen  (eigtl.  'das  Trübe, 
Dunkle  im  Öl');  es  ist  bemerkenswert,  dass  das  Wort  d^iöpTn  später 
wieder  zur  Farbenbezeichnung  'dunker  gedient  hat,  s.  G.  Meyer 
Alban.  Wb.  s.  v.  murk  und  Ref.  IF.  2,  119. 

Wie  sich  die  urgriech.  Laute  in  den  einzelnen  Dialekten  ge- 
stalteten, wird  in  umsichtiger  Erörterung  im  2.  Abschnitte  gezeigt;, 
unser  Dialektmaterial  ist  freilich  immer  noch  zu  dürftig,  um  über 
alle  Punkte  Klarheit  zu  verschaffen.  Mit  der  Aussprache  der  an- 
gewandten Schriftzeichen  beschäftigt  sich  besonders  der  vierte  Ab- 
schnitt (S.  90  ff.),  wozu  der  sechste  über  "die  angebliche  Identität 
von  l  und  cb"  (125  ff.)  eine  wichtige  Ergänzung  bildet.  Was  den 
letzten  Punkt,  die  Aussprache  des  Z,  betrifft,  so  sucht  Verf.  alle 
Gründe,  welche  bisher  lür  Z  =  cb  angeführt  wurden,  als  trügerisch 
zu  erweisen ;  so  wird  z.  B.  bestritten,  dass  die  Formen  Ai62:otoc  und 
i^iöcboTOC  identisch  seien,  dass  älyu  'dörren*  zu  slov.  ozditi  'Malz 
dörren',  ö2oc  zu  got.  asts  gehöre.  Es  ist  zuzugeben,  dass  diese 
Etymologien  davon  abhängen,  oh  Z  =  zd  aus  andern  Gründen  zu 
halten  sei;  doch  gewaltsam  will  es  mir  scheinen,  wenn  AiöJotgc  und 
AiöcboToc  auseinandergerissen  werden.  Verf.  muss  natürlich  auch 
Fälle  wie  'A8nva2€  anders  erklären  als  es  seither  geschehen  ist;  aber 
eine  bessere  Erklärung  weiss  er  nicht  an  die  Stelle  zu  setzen. 
Dadurch  dass  L.  auf  Grund  von  Grammatikerangaben  auch  noch 
für  eine  (übrigens  nicht  unwahrscheinliche)  Aussprache  z  plädiert, 
ist  die  Frage  des  Z  noch  verwickelter  geworden,  als  sie  bereits 
schien.  Alles  weist  darauf  hin,  dass  das  Zeichen  nach  Ort  und  Zeit 
sehr  verschiedeneu  Wert  hatte;  aber  ob  es  einmal  gelingen  wird, 
eine  reinliche  Scheidung  der  lokalen  und  chronologischen  Nuancen 
des  Z  durchzuführen,  wage  ich  nicht  zu  bejahen. 

In  die  Urgeschichte  des  griechischen  Alphabets  führt  uns 
der  Verf.,  wenn  er  die  spirantische  Aussprache  von  tt  und  bb  aus 
der  Doppelnatur  der  phönizischen  (semitischen)  Dentale  (als  Explo- 
siva und  Spirans)  erklärt  und  deingemiiss  den  Zeichen  t,  b,  6  des 
griechischen  Uralphabets  ebenfalls  doppelten  Wert  zuschreibt.  Man 
liest  die  scharfsinnigen  Ausführungen  des  Verf.s  mit  sehr  grossem 
Interesse,  kann  sich  aber  doch  nicht  des  Gefühls  erwehren,  dass  die 
Hypothesen  auf  zu  spärlichen  und  vieklt»utigen  Thatsachen  aufge- 
baut sind.  Für  altererbte  spirantische  Aussprache  des  tt  z.  B.  im 
Kretischen  Avird  die  Schreibung  9(6)  neben  t(t)  in  edXaOGa,  €uirXü>6ioi 
als  Beweis  angeführt:  das  Nebeneinander  und  die  Gleichwertigkeit 
von  00  und  tt  sei  ein  Überbleibsel  der  ältesten  griechischen  Schreib- 
weise, während  sonst  die  Schreibung  tt  durchgedrungen  sei.  Xa- 
türliclier  und  wahrscheinlicher  ist  aber  zunächst  die  Schlussfolgerung 
von  Blass,  dass  die  jüngere  Schreibung  0(0)  einem  Übergang  von 
TT  in  00  entspreche;  wenn  Verf.  die  Frage  entgegenstellt  "Womit 
ist  ein  Übergang  tt  zu  tth  glaubhaft  zu  machen?"  (S.  98),  so  möchte 
ich  daran t  hinweisen,  dass  einige  neugriechische  Dialekte  diese 
Entwicklung  allerdings  glaublich  machen:  im  Zakonischen  sind 
geminierte  Tenues  aspiriert  worden,  und  so  entstand  aus  altem  tt 
modernes  th,  vgl.  kötha  köttq,  so^jitha  caifiTTa,  ethakai  ^CTOcav,  wozu 
Deffner  Zakon.  Gramm.  S.  60  lakon.  ^ttucqv  =  ^CT^cav,  iiiäv  =  ^c 
Täv  u.  ä.  mit  Recht  heranzieht.  Diese  Vorgänge  (samt  der  Assimi- 
lation von  CT  in  tt  u.  ä.,  Deffner  %  ff.)  erinnern  ganz  auffallend 
an  die  kretischen  Erscheinungen  (vgl.  kret.  TTpü0Öa  =^  'iTpöc0a,  |u^tt* 
ic  =  \xicT  k!).  Was  hier  der  einzige  direkte  Nachkomme  eines  do- 
rischen Dialekts  zeigt,  ist  jedoch  nicht  ganz  vereinzelt:  im  heutigen 


Stratton  Historv  of  Greek  Nouu-Formation  I.  65 

Dialekt  der  Insel  Kalymnos  ist  aus  alter  Geroinata  Affrieata  ent- 
standen, die  natürlich  ältere  Aspirata  voraussetzt;  vgl.  catrOa,  (p^rOa 
u.  ä.  statt  sonstigem  ca(T)(T(T)a,  (p^T(T)a,  Hatzidakis  'AOrivä  6,  45.  Da- 
mit ist  ein  Vorgang,  wie  ihn  Blass  annimmt,  als  thatsächlich  erwie- 
sen tür  einen  geographischen  und  sprachlichen  Bereich,  zu  dem 
auch  Kreta  gehört. 

Mit  den  ** Ausnahmen  von  der  regelmässigen  Entwicklung" 
beschäftigt  sich  L.  im  3.  Abschnitt  (S.  63  ff.):  zur  Aufhellung  der 
Vorgänge,  welche  die  Übertragung  des  Präsenssuffixes  -ccuj  (-ttuj) 
oder  des  Femininsuffixes  -cca  (-Tra)  auf  Dentalstämme  begünstigten, 
tragen  die  Untersuchungen  des  Verf.s  wesentlich  bei,  wenn  mir  auch 
z.  B.  die  Erörterung  über  lindccuj  nicht  überzeugend  scheint.  Sein 
Thema  veranlasst  natürlich  den  Verf.,  auch  auf  andere  Ursprungs- 
gebiete der  Laute  cc,  tt  sein  Augenmerk  zu  lenken,  was  besonders 
im  5.  Abschnitt  (112  fif.)  geschieht;  die  Probleme  werden  jedoch  nur 
angedeutet,  so  z.  B.  wenn  es  sich  um  den  Wandel  ti  zu  ci  (121)  oder 
TU  zu  cu  (123)  handelt.  Mit  den  neuen  Etymologien,  welche  den 
Wandel  tT  zu  ci  belegen  sollen  (civoc,  ctXXoc),  wird  die  Frage  über 
jenen  Lautwandel  wieder  zur  Diskussion  gestellt.  Das  etymolo- 
gische Geschick  des  Verfassers  zeigt  sich  hier  wie  in  den  andern 
durch  das  ganze  Buch  zerstreuten  Etymologien,  welche  zur  Stütze 
der  Beweisführung  oder  Erweiterung  des  Beweismaterials  mitge- 
teilt werden.  Sind  auch  nicht  alle  gleich  wahrscheinlich,  so  sind 
sie  doch  alle  der  Berücksichtigung  wert:  und  ebenso  ist  überhaupt 
das  ganze  Buch  eine  anregende,  in  vielen  Punkten  fördernde  Dar- 
stellung eines  interessanten  Kapitels  der  griechischen  Lautgeschichte. 

Frei  bürg  i.  B.  A.  Thumb. 


Stratton  A.  W.  Historv  of  Greek  Noun-Formation  I.  Stems  with 
-u-.  S.-A.  aus  den  Stiidies  in  Classical  Philologv  2,  115—223.  Chi- 
cago 1899. 

Dije  vorliegende  Schrift  behandelt  auf  Grund  ausgedehnter 
Materialsammlungen  die  mit  den  Suffixen  -jjov-  -luaT-  und  -|lio-  gebil- 
deten Nomina  des  Griechischen.  Der  Verfasser  erstrebt  offenbar 
Vollständigkeit  in  der  Aufzählung  der  Belege,  doch  unterlässt  er 
uns  zu  sagen,  bis  zu  welchem  Zeitpunkt  nach  unten  dies  gelten 
soll :  byzantinische  Quellen  werden  zwar  angeführt,  doch  nicht  häufig 
genug,  dass  wir  für  diesen  Zeitraum  die  Sammlungen  für  annähernd 
vollständig  halten  könnten.  Auch  für  frühere  Zeiten  gilt  dies  nicht 
in  absoluter  Weise :  als  Stichprobe  bot  sich  mir  zufällig  das  bei  Po- 
lybius  begegnende  bidvucina,  das  ich  in  den  Listen  des  Verfassers 
vermisse;  endlich  werden  auch  die  Papyri  noch  manchen  Zusatz 
ergeben;  z.  B.  aus  den  Indizes  allein  der  von  Kenyon  herausgege- 
benen Papyri  des  British  Museum  können  bidJcuTMa,  ^mXdXnMa,  irXd- 
Tu^a  und  KOlTac^öc  hinzugefügt  werden.  Der  Verfasser  bespricht 
die  einzelnen  Bildungen  nach  Bedeutung,  Akzent  und  Form  und 
trägt  jeweils  dem  Verhältnis  zwischen  Grundwort  und  Ableitung 
gewissenhaft  Rechnung;  die  mannigfachen,  durch  die  Form  des 
Stammwortes  bedingten  Unterabteilungen  werden  klar  und  deutlich 
geschieden.  Jeder  Abschnitt  wird  beschlossen  durch  eine  (nach  der 
Endung)  alphabetisch  geordnete  Liste  der  Belege,  wobei  deren  Vor- 
kommen in  den  verschiedenen  Litteraturgattungen  des  Epos  und 
der  Lyrik,  der  Tragödie  und  Komödie,  der  Historiker,  Redner  und 

Anzeiger  XII  1.  ,5 


66  Stratton  History  of  Greek  Noun-Formation  I. 

Philosophen  übersichtlich  markiert  wird.  So  sind  die  fleissigen 
Sammlungen  des  Verfassers  wohl  geeignet,  uns  ein  ziemlich  zuver- 
lässiges Bild  über  die  Ausdehnung  der  behandelten  Suffixe  zu 
geben.  Und  doch  würde  ich  von  einer  monographischen  Ge- 
schichte der  griechischen  Nominaibildung  etwas  mehr  erwarten: 
was  der  Verf.  bietet,  kann  man  nur  als  einen  Teil  der  Aufgabe 
betrachten.  Die  Geschichte  eines  produktiven  Suffixes  muss  zei- 
gen, wie  es  immer  mehr  wuchs;  einen  Einblick  in  diesen  Vorgang 
gibt  aber  vor  allem  eine  streng  chronologische  Darstellnng.  Es 
genügt  ein  Blick  auf  die  Listen  des  Verfassers  um  z.  B.  zu  zeigen, 
wie  die  Produktivität  von  -jia  im  Laufe  der  Jahrhunderte  zu^pe- 
nommen  hat.  Durch  eine  chronologische  Ordnung  der  Belege  wür- 
den sich  uns  die  Muster  und  Keime  der  einzelnen  Formationen  ohne 
Schwierigkeit  darbieten,  und  wir  würden  einen  Einblick  erhalten 
in  das  organische  Wachstum  der  Sprache.  Das  Suffix  -cinaT-  (151  f.) 
würde  wohl  aus  dem  Buche  verschwinden:  denn  da  die  grosse  Mehr- 
zahl der  Belege  jung  ist,  so  liegt  eine  Wechselwirkung  von  Perfekt 
und  Aorist  Passivi  einerseits  und  Nominalbildung  andererseits  vor 
(iT^TTciCTai :  ^TTeicOnv  :  ir€TT€ic|i^voc  :  ircic^ia).  Es  ist  mir  unklar,  warum 
der  Verf.  von  diesem  Erklärungsprinzip  nur  bei  den  Nomina  auf 
-c^iöc  (dXeciLiöc  usw.  S.  206)  Gebrauch  gemacht  hat.  Ebenso  wird 
sich  das  Sutfix  -TMa  in  äpTiaTMO,  vucxaTiiia  und  andern  jüngeren  Be- 
legen (150)  einfach  erledigen,  wenn  wir  uns  der  jüngeren  Verbal- 
fornien  wie  »IpiraEa,  ^vucxaEa  usw.  erinnern  (vgl.  Hatzidakis  Einl. 
134  ff.);  die  Feststellung  des  ursprünglichen  Stammkonsouanten  führt 
hier  nicht  zum  Ziel,  da  in  späterer  Zeit  nicht  dieser,  sondern  die 
Präsens-  und  Aoristbildung  für  das  Sprachgefühl  massgebend  ge- 
worden ist. 

Man  muss  den  Wunsch  aussprechen,  dass  der  Verf.  bei  der 
beabsichtigten  Fortsetzung  seiner  verdienstlichen  Studien  sein  Ma- 
terial in  der  angegebenen  Richtung  verwerte  und  so  die  Darstellung 
vertiefe.  Es  lässt  sich  dabei  nicht  umgehen,  dass  man  auch  der 
jüngeren  und  jüngsten  griechischen  Sprachgeschichte  einige  Auf- 
merksamkeit widmet,  wenn  anders  Erscheinungen  der  alten  Koivrj 
erklärt  werden  sollen;  das  wäre  auch  für  Einzelheiten  von  Nutzen: 
zu  Hesychs  ainiiüöiacfiöc  z.  B.  ist  das  fehlende  *al|uu»bidZiu  aus  neu- 
griech.  inoubidZluj  zu  ergänzen. 

Freiburg  i.  B.  A.  Thunib. 


Levi  A.     Dei  suffissi  uscenti  in  signia.     Turin  Loescher  1898.  56  S. 
2  L. 

Der  Verf.  verfolgt  das  Vorkommen  der  Suffixe  -oc-,  -€c-,  -c- 
im  Griechischen  nach  folgenden  Gesichtspunkten:  I.  das  Nomen 
(S.  4—15).  a)  Flexion  (Kasussuffixe  -oc,  -ec,  -c,  -ci).  b)  Stammbild uug. 
1.  -oc,  -€c,  -C-.  2.  -Foc-,  -Fee-,  -Fe-  (=  -uc-).  3.  -loc-,  -lec-,  -ic-.  II.  Ver- 
bum  (S.  15— 5(>).  a)  Flexion  (sigmat.  Aorist  und  Futurum)  b)  Ab- 
leitung. 1.  -€c-  (z.  B.  in  Tp^tJ,  veiK^iü).  2.  -ac-  (Trepduj).  3.  -oc-  (dpötu). 
4.  -c-  (bpdiu,  eOuj).  5.  -IC-  ducGuui).  6.  -ic-  (dtuj).  7.  -t^c-  (^-|av-r)c-eiiv).  8. 
-UJC-  (Ziiüvvuui).  9.  Inchoativa.  Diese  Übersicht  zeigt  schon,  dass  grosse 
Strecken  der  griechischen  Grammatik  durchmessen  werden,  da  der 
Verf.  vom  Bestreben  geleitet  war,  alle  -c-,  die  irgendwie  etwas  suffix- 
artiges zu  haben  scliienen,  in  den  Kreis  seiner  Erörterungen  zu 
ziehen.  Im  allgemeinen  soll  das  Vorkommen  des  -c-Suffixes  einfach 
festgestellt  werden,    doch  wurden   d.al)ei  glottogonische  Spekulatio- 


Levi  Dei  sufßssi  uscenti  in  sigma.  67 

neu  nicht  immer  vermieden,  und  hierbei  bewegt  sich  der  Verf.  ohne 
rechten  Erfolg  auf  dem  etwas  schlüpfVigen  Boden.  Dass  z.  B.  dirö 
aus  ""diT-oc  entstanden  sei,  dass  dessen  -oc  ebenso  wie  das  -c  in  &\^ 
das  Genetivsuffix  sei,  wird  zwar  behauptet,  aber  nicht  bewiesen. 
Für  den  Verf.  sind  die  Flexionsendungen  -oc,  -€c  des  Gen.  Sing, 
bezw.  Nom.  PL,  -c  des  Gen.  Sing,  und  Akk.  PI.,  -c-i  des  Lok.  PI.  und 
das  tempusbildende  -(e)c-  offenbar  gleichen  Ursprungs:  aber  es  ist 
schliesslich  nicht  viel  gewonnen,  wenn  man*  aus  allen  möglichen 
Formen  einen  Laut  herausschält  und  als  Suffix  bezeichnet.  Bei  der 
Wortbildung  ist  der  suffixartige  Charakter  eines  Sprachelementes 
leichter  zu  erkennen;  nur  haben  Auflösungen  wie  von  2[iiivvu|Lii  in 
die  Wurzel  j  -f-  Suffix  -ös-  (S.  48)  oder  von  Kpouuj  in  die  Wurzel  Kp 
<K€p)  4-  Suffix  -DU-  -f  c  (S.  43)  u.  ä.  keinen  Sinn  —  wenigstens  nicht 
in  einer  Abhandlung,  welche  die  Verhältnisse  einer  Einzelsprache 
behandelt:  Untersuchungen  über  Wurzelzerlegung  dürfen  sich  nie 
auf  einer  einzigen  Sprache  aufbauen. 

Man  kann  nicht  gerade  behaupten,  dass  Verf.  die  einzelnen 
grammatischen  Probleme  der  griechischen  Sprache  besonders  ge- 
fördert habe.  Was  er  z.  B.  über  das  Suffix-Foc-  -Fot-  (S.  12  f.)  oder 
(S.  15  f.)  über  den  Aorist  mit  -€c-  (fih^a)  oder  über  das  Komparativ- 
suffix  sagt  (S.  13  f.,  wo  jedoch  die  Darlegung  Thurneysens  KZ.  33, 
531  flF.  unberücksichtigt  blieb),  ist  ohne  ein  greifbares  Ergebnis. 
Bemerkenswert  ist  die  Hypothese  von  den  Aorist-  und  Futurbilden- 
deu  Suffixen  -ac-  (^baiLi-ac(c)a),  -cc-  (ÜjX-ec(c)a),  -oc-  (üjjj-oc(c)a),  un- 
wahrscheinlich klingt  aber  die  Erklärung  der  Aorist-  und  Futur- 
bildung der  Verba  denominativr-  (*^viKäc-ca  mit  stammhaftem  -äc-  aus 
-a-|-€c-).  Vollends  unglaublich  ist  die  Erklärung  der  Aoriste  ^ludv^v, 
4c^Y]y  u.  a.  aus  *^-|uid-v€C-a,  *i-cß-€C-a  usw.,  der  Aoriste  auf  -6riv  aus 
Mustern  wie  *^cx^6-ri  =  *^-cx€e-€C-a.  Der  Verf.  hat  gar  nicht  den 
Versuch  gemacht,  Spuren  der  angenommenen  unkontrahierten  For- 
men mit  -ea-  nachzuweisen:  gerade  der  Hinweis  auf  ^bca  f)bn  ge- 
nügt um  zu  zeigen,  wie  haltlob  die  Hypothese  ist. 

In  der  Behandlung  der  verbalen  Stammbildung  leitet  den 
Verf.  ebenfalls  das  Bestreben,  möglichst  viele  -c-Stämme  zu  kon- 
struieren und  vokalische  Stammformen  als  'Pseudo- Stämme',  d.  h. 
sekundäre  Bildungen  zu  erklären:  so  sei  z.  B.  dpo-  (r^pööriv,  dpoTr^p, 
dpoTpov)  von  dpöciü  aus  *dpöc-cu),  x«^«*  (XöXapöc)  aus  ^xdXa(c)-ca  ab- 
strahiert worden.  Selbst  Dentalstämme  wie  oÖTdZiü,  dydlw,  czaXäZw^ 
-bar^oiLiai,  dvuTUJ  und  sogar  die  Dentale  von  KXd^oc,  indToc  sollen  von 
sigmatischen  Tempora  der  -c- Stämme  ouT-ac-,  dy-ac-,  cToX-ac-,  bac-, 
dvuc-,  kX-üc-  ausgegangen  sein  :  der  Yerf.  operiert  dabei  mit  dem 
von  J.  öchmidt  autgestellten  Lautgesetz,  dass  -ss-  in  der  idg.  Grund- 
sprache zu  'ts'  geworden  sei.  Wer  dieses  Lautgesetz  in  so  umfas- 
sender Weise  verwertet,  hätte  wenigstens  die  Pflicht,  zunächst  über 
Bedingungen  und  Geltungsbereich  des  Lautvorganges  Untersuchun- 
gen anzustellen,  da  ja  J.  Schmidt  selbst  (KZ.  26,  351.  27,  331.  334) 
für  sein  Gesetz  nur  einen  beschränkten  Wirkungskreis  voraussetzt; 
Aber  L.  nimmt  nicht  einmal  zur  Litteratur  über  diese  Frage  (s. 
Wackernagel  Ai.  Gramm.  179,  Brugmann  Grundr.  1 2,  734,  2,  410  ff.) 
Stellung.  Und  da  soll  man  glauben,  dass  z.  B.  die  Wurzelform 
kkab-  in  KXdöoc  KXabeuiu  KXa5ap6c  aus  einer  "Dissimilation"  von  *KX-ac-cuj 
zu  *KXaT-ciw  abstrahiert  sei!  Verf.  lässt  uns  sogar  darüber  im  Un- 
klaren, ob  die  Dissimilation  von  ss  zu  Dental  +  s  in  die  idg.  Grund- 
sprache oder  in  die  griechische  Sprachentwicklung  gehört:  an  die- 
sem Fehler,  dem  Mangel  einer  reinlichen  chronologischen  Scheidung, 
scheint  mir  überhaupt  die  ganze  Untersuchung  zu  leiden. 

Um  nun  wenigstens  nicht  mit  einer  Ablehnung  zu  schlic\^sen, 


68    Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

sei  bemerkt,  dass  für  die  Erhaltung  des  -c-  in  Au-c-a,  XO-c-ui,  cnfi-c-uf 
usw.  (worin  man  Neueinführung  des  -c-  aus  öeiEuj,  TrpdEui  usw.  zu 
sehen  pflegt)  eine  plausiblere  Erklärung  gegeben  wird,  dass  nämlich 
-c-  in  sehr  vielen  Fällen  aus  Vereinfachung  eines  -cc-  entstanden 
sei  und  dass  solche  Fälle  das -c-  auch  in  reinvokalischen  Stämmen 
schützten. 

Freiburg  i.  B.  A.  Thumb. 


Thumb  Alb.    Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

Beiträge  zur  Geschichte  und  Beurteilung  der  Koivi?|.     Strassburg 

Trübner  1901.    VIII,  275  S.    7  M. 

Mit  Freuden  begrüssen  wir  das  Buch  von  Thumb  über  die 
Koivfi,  welches  einem  thatsächlichen  Bedürfnis  entgegenkommt.  Die 
neuesten  Forschungen  über  die  Sprache  der  Bibel,  der  Papyri  und 
Inschriften  werden  darin  erörtert  und  in  engen  Zusammenhang  ge- 
bracht mit  den  von  Hatzidakis  in  die  richtige  Bahn  geleiteten  neu- 
griechischen Studien.  So  wird  in  einer  übersichtlichen  Behandlung 
der  umfangreiche  und  weitverstreute  StofT  zugänglich  für  Alle,  die 
über  die  Grenzen  der  Klassizität  hinaus  die  ferneren  Schicksale  der 
griech.  Sprache  verfolgen  wollen.  Es  war  ein  glücklicher  Gedanke^ 
dass  ein  so  gründlicher  Kenner  des  Neugriechischen  die  Sache  in 
die  Hand  nahm;  denn  wenn  schon  Hatzidakis  in  seiner  Einleitung 
gezeigt  hat,  wie  tief  die  Erscheinungen  des  Mittel-  und  Neugrie- 
chischen in  der  Sprache  der  ersten  christlichen  Jahrhunderte  wur- 
zeln, so  hat  jetzt  Thumb  die  Frage  im  entgegengesetzten  Sinne 
behandelt  nnd  darauf  hingewiesen,  dass  die  Kenntnis  des  noch  heute 
gesprochenen  Griechischen  so  gut  wie  unentbehrlich  ist,  um  den 
Charakter  der  nachklassischen  Sprache  richtig  zu  erfassen.  Dadurch 
gewinnt  auch  das  Neugriechische  an  Ansehen,  indem  es  in  einen 
höheren  Zusammenhang  mit  der  griech.  Sprachgeschichte  gebracht 
wird.  Die  Vorzüge  des  vorliegenden  Buches  bestehen  in  der  knappen 
und  übersichtlichen  Darstellung,  die  dem  Verfasser  auch  sonst  eigen 
ist;  auch  der  Uneingeweihte  kann  sich  die  wichtigsten  Ergebnisse 
der  Koivr)- Forschung  zu  Nutze  machen,  ohne  sich  mühsam  durch 
dicke  Bände  hindurcharbeiten  zu  müssen.  Der  Stoff  ist  nach  streng 
methodischen  Gesichtspunkten  geordnet,  die  Avichtigsten  Probleme 
treten  deutlich  hervor  und  werden  klar  und  knapp  formuliert;  die 
Sprache  ist  fliessend  und  gefällig.  Eine  ausführliche  Inhaltsangabe 
sowie  ein  vollständiges  Wörterverzeichnis  erhöhen  die  Brauchbar- 
keit des  Buches.  Diese  Vorzüge  machen  das  Buch  nutzbar  für 
weitere  Kreise  sowie  für  Alle,  flie  eine  anregende  Belehrung  über 
die  Sprache  der  ersten  christlichen  Jahrhunderte  suchen,  und  in 
dieser  Hinsicht  dürfte  es  besonders  den  klassischen  Philologen,  den 
Theologen  und  schliesslich  auch  den  Romanisten  empfohlen  sein. 
Die  Meinungen  der  einzelnen  Forscher  über  den  Begriff  koiv/| 
gehen  weit  auseinander;  Schweizer,  dem  sich  Thumb  im  wesent- 
lichen anschliesst,  versteht  darunter  die  gesamte  schriftliche  und 
mündliche  Entwicklung  des  Griechischen  seit  ungefähr  300  vor 
Christus  und  schliesst   somit  auch  das  Romäische*)    oder  Neugrie- 


1)  Trotz  aller  erhobenen  Einwände  möchte  ich  die  Bezeich- 
nung 'romäisch'  schon  der  Bequemlichkeit  wegen  beibehalten.  Im 
Romäer-reiche  wurde  von   den  Romäern  ro maisch  gesprochen 


Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.    69 

chische  ein.  Darauf  entgeg-net  Thumb  mit  Recht,  dass  sogut  die 
Romanisten  Vulgärlatein  und  romanische  Sprachen  scheiden,  so 
müssen  auch  Koivi]  und  Neugriechisch  auseinandergehalten  werden 
<S.  6),  und  so  empfiehlt  er  für  die  Epoche  von  300  vor  Chr.  bis  rund 
500  nach  Chr.  die  praktische  und  deutliche  Bezeichnung  Koivr),  und 
dies  aus  Innern  Gründen,  denn  schon  damals  hatte  sich  das  grie- 
chische Lautsystem  (Itazismus,  Monophthongisierung,  Akzent-  und 
Quantitätsausgleichung)  völlig  umgestaltet.  Dieser  Prozess  ist  rund 
500  abgeschlossen,  und  auf  einer  neuen  Grundlage  beginnt  jetzt 
die  Entwicklung  neuer  Dialekte.  Nicht  die  konventionelle  Schrift- 
sprache ist  es,  die  Verf.  unter  Kowi]  versteht,  sondern  die  gespro- 
chene Verkehrs- und  Umgangssprache,  aus  der  sich  die  Litteratur- 
Koivn  abzweigt.  Verfolgen  wir  seine  weiteren  Darlegungen,  so  ge- 
winnen wir  an  mehr  als  einer  Stelle  die  Überzeugung,  dass  die  Ver- 
breitung des  Griechischen  in  Ägypten,  Syrien  und  Kleinasien  nur 
auf  volkstümlichem  Wege  geschehen  konnte.  Die  Koivf^  ist  zwar 
nicht  einheitlich  gestaltet,  wie  z.  B.  di6  lautlichen  Divergenzen  in 
Kleinasien  bezeugen,  doch  muss  sie  dennoch  als  ein  Ganzes  aufge- 
fasst  werden,  welches  sich  in  der  grammatischen  Form,  der  Syntax,  der 
Aussprache  und  im  Wortschatz  sowohl  von  der  alten  als  der  neueren 
Sprache  unterscheidet.  Vieles  findet  sich  in  ihr  entweder  im  Keime 
vorhanden  oder  im  ersten  Stadium  der  Entwicklung,  welches  sich 
im  Romäischen  (in  der  mittel-  und  neugriech.  Volkssprache)  erst 
entfaltet  und  schliesslich  zu  einer  ungeahnten  Verbreitung  gelangt. 
Hierher  gehört  die  Klasse  der  Maskulina  auf  -äc  und  der  Feminina  auf 
-oO,  die  vom  späteren  Jonischen  in  die  Koivi?|  wandern  und  dann  ins  Neu- 
griech. übergehen,  wo  sie  den  Anlass  zur  Entstehung  der  ungleich- 
silbigen  Deklination  geben,  wie  Verf.  S.  230  ff .  treffend  nachweist. 
Auch  das  Neugriech.  kann  Koivi^-Formen  beglaubigen,  wie  S.  19  an 
Einern  schlagenden  Beispiel  gezeigt  wird:  die  Schreibung  öiriüpa 
(mit  sp.  asper)  wird  durch  das  vom  Verf.  belegte  pon tische  |uo6ö- 
-iTtüpov  (=  |i€8ÖTTUjpov)  'Herbst*  gestützt,  wodurch  ebenfalls  das  lako- 
nische öiriüpfc  bestätigt  wird.  Im  zweiten  Kapitel  wird  auf  Grund 
des  inschriftlichen  Materials  von  Rhodos  der  Prozess  veranschaulicht, 
der  zu  dem  Untergang  der  alten  Dialekte  und  dem  allmähligen 
Vordringen  der  Koivfi  führt.  Dabei  wird  auf  einen  ganz  ähnlichen, 
uns  nahe  liegenden  Vorgang  verwiesen:  das  Eindringen  des  Hoch- 
deutschen in  das  niederdeutsche  Sprachgebiet.  Am  hartnäckigsten 
verhält  sich  der  Pcloponnes  mit  seiner  achaisch-dorischen  Koivifj  gegen 
die  Sprachneuerung;  während  Böotien  und  Thessalien  ihren  Dialekt 
schon  vor  Chr.  aufgaben,  lebt  das  Zakonische  noch  heute  fort. 
—  Das  dritte  Kapitel  beschäftigt  sich  mit  den  Dialektformen,  die 
nach  dem  Aussterben  der  alten  Mundarten  noch  in  der  Koivfj  er- 
balten blieben.  Auch  im  Neugriech.  finden  sich  derartige  Dialekt- 
reste, die,  selbst  nach  Hatzidakis'  Widerlegunng  der  aeolisch-dori- 
schen  Theorie,  als  solche  anerkannt  wurden;  doch  bleiben  nach  einer 
neuen  sorgfältigen  Prüfung  (S.  81  ff.)  kaum  nennenswerte  Dialekt- 


iind  nicht  anders  pflegt  der  Mann  aus  dem  Volke  auch  heute  noch 
-seine  Sprache  zu  nennen.  Der  Ausdruck  romäisch  bezeichnet  die 
Volkssprache  im  M.  A.  sowie  in  der  heutigen  Zeit;  er  ist  kürzer 
und  präziser  als  die  unbehülfliche  Umschreibung:  mittel-  und  neu- 
griechische Volkssprache.  Ein  Missverständnis  ist  völlig  ausge- 
schlossen, denn  es  stehen  sich  gegenüber:  römisch  und  romäisch, 
und,  im  Griechischen:  ptüjia'iKÖc  und  piü|Lia{iKoc  (t6  piu^afiKa:  die  neu- 
griech. Sprache). 


70    Thumb  Die  gi'iechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

bestaudteile  übrig.  —  Das  vierte  Kapitel  behandelt  den  Einfluss 
nicht  griechischer  Völker  auf  die  Entwicklung  der  hellenistischen 
Sprache.  Kleinasien,  das  Hinterland  der  ionischen  Kolonien,  erweist 
sich  als  das  am  gründlichsten  hellenisierte  Gebiet ;  weniger  tief  war 
die  griechische  Sprache  in  Ägypten  und  S}- rieu  eingedrungen.  Selbst- 
redend war  auch  das  Griechische  den  Einflüssen  seiner  fremden 
Umgebung  unterworfen,  wie  es  sich  bes.  in  den  Lantverhftltnissen 
äussert.  In  der  ägyptischen  Kotvn  lässt  sich  die  Einwirkung  des 
koptischen  Lautsystems  mit  ziemlicher  Sicherheit  nachweisen ;  ähn- 
lich werden  auch  die  kleinasiatischen  Sprachen  auf  das  Griechische 
gewirkt  haben,  aber  sie  sind  uns  nicht  erhalten.  Der  semitische 
Einfluss  in  der  Bibelsprache  ist,  wie  Verf.  mit  Recht  annimmt,  be- 
deutend überschätzt  worden;  viele  vermeintliche  Hebraismen  er- 
weisen sich  als  Zeugnisse  der  Koiv/)  und  werden  als  solche  dtirch 
Inschriften  und  Papyri  bestätigt,  während  andere  Dinge  durch  spon- 
tane Entwicklung  entstanden  sein  können.  Sehr  bedeutend  ist  die 
Zahl  der  lateinischen  Lehnwörter,  die  zum  grossen  Teil  noch 
heute  fortleben;  aber  sie  hatten  nur  eine  äusserliche  Wirkung,  der 
griech.  Sprachgeist  wurde  durch  sie  nicht  berührt.  Mittels  des 
Griechischen  drangen  diese  Lehnwörter  auch  in  das  Rabbinische 
und,  wie  Thumb  selbst  nachwiess,  in  das  Armenische.  Die  dialek- 
tische Differenzierung  fällt,  wie  im  fünften  Kapitel  dargethan  wird, 
zusammen  mit  der  Entwicklung  der  neugriech.  Dialekte.  Alexandria 
darf  nicht  mehr  als  der  Ausgangspunkt  der  sprachlichen  Neuerungen 
betrachtet  werden,  es  ist  nur  ein  Glied  in  der  grossen  Kette  der  Ent- 
wicklung. Die  neutestamentlichen  Schriften  wurden  als  eine  uner- 
hörte Neuerung  empfunden  und  deswegen  angefeindet;  das  Neue 
lag  aber  in  ihrem  volkstümlichen  und  wohl  kaum  in  ihrem  nicht- 
griechi sehen  Charakter.  Die  Attizisten  eiferten  damals  gegen 
die  als  barbarisch  bezeichnete  Sprache  in  ganz  ähnlicher  Weise. wie 
die  iieutigen  Puristen  gegen  die  Volkssprache  losdonnern.  —  Über 
Ursprung  und  Wesen  der  Koivfi  sind  viele  Ansichten  verbreitet,  die 
im  sechsten  Kapitel  erörtert  werden.  Sturz  glaubt,  sie  sei  aus 
<»iner  Mischung  von  Dialekten  hervorgegangen,  Steinthal  hält  sie 
für  verdorbenes  Attisch;  Hatzidakis,  Krumbachcr  und  Schmid  nehmen 
einen  attischen  Grundcharakter  an;  von  Wilamowitz  und  Schulze 
führen  sie  anf  ionischen  Ursprung  zurück.  Eine  noch  mehr  ab- 
weichende Ansicht  äussert  Kretschmer,  dem  auch  Deissmann  im 
Wesentlichen  beistimmt:  sie  sei  eine  bunte  Mischung  von 
Mundarten;  und  in  seiner  kurz  nach  dem  Thumbschen  Buche  er- 
schienenen Schrift  geht  Kretschmer  sogar  so  weit,  dass  er  den  Ein- 
fluss des  Attischen  nur  in  Fällen  wie  X"Jpa  statt  x^P^  gelten  lässt 
Thumb  weist  überzeugend  nach,  dass  der  attische  Untergrund  un- 
verkennbar sei,  aber  auch  das  Ionische  habe  einen  starken  Anteil 
an  der  Bildung  der  Koivr^,  einen  stärkeren  als  die  Gesamtheit  aller 
übrigen  Mundarten.  Schon  im  5.  Jh.  vor  Chr.  dringen  lonismen  in 
das  Attische  ein;  hieriier  gehören  die  Wortbildungen  auf  -|ia,  und 
bes.  die  sogenannten  poetischen  Wörter,  die  alsdann  in  die  helle- 
nistische Sprache  eindringen,  wie  ihr  Vorkommen  in  der  Bibel,  den 
Papyri  und  Inschriften  und  das  Fortleben  eines  Teils  derselben  in 
der  heutigen  Volkssprache  bezeugt.  In  der  Koiv/|  zeigt  sich  das 
deutliche  Bestreben  nach  Verein lachunsr  und  Ausgleichung;  sie 
schläft  darin  denselben  Weg  ein  wie  alle  unsere  modernen  Sprachen 
und  das  bedeutet  weder  eine  Verschlechterung  der  Sprache  noch 
eine  Minderung  in  der  litterarischen  Ausdrucksfähigkeit.  Selbst  die 
so  geschmähti»  Volkssprache  ist,  ebenso  wohl  wie  jede  andere  euro- 
päische Sprache,  einer  künstlerischen  Gestaltung  fähig;  die  neuesten 


I       Thutnb  Die  jfriechisehe  Sprache  im  Zeitalter  dos  Helleuistn\is.    71 

r  Produktionen  in  dieser  Art  beweisen  es  mu  Geuiige.  Die  Erklärung 
fär  die  Art  und  Weise,  in  der  siuh  die  Kaivr)  in  Ägypten  und  Klein- 
msien  nushildet  (S.  345),  ist  sehr  Rnsprechend.    Zur  vollen  Eiitl'aicung 

EelHng't  dieser  Bildungsprozesii  erst  In  den  ersten  christlichen  Jshr- 
underten;  danmls  waren  schon  die  wichtigsten  gern  ein  neugriechi- 
<8chen  ErficheinuDgen  (der  Itazismus,  die  neugriech.  Kontraktion,  der 
Waudel  der  Tennis  zur  Media  unter  Nasaleinnuss  und  zum  Spiranten 
vor  l  und  k  und  dgl.  mehr  (S.  249]  ausgebildet.  Die  schwerste 
Schuld  an  der  schon  früh  eingerissenen  und  sich  immer  steigerndeji 
sprachlichen  Verwirrung  trifft  gerade  den  Attiziamus,  der  es  sieb 
zur  Aufgabe  stellte,  die  Sprache  im  Sinne  de^s  Klasaiziflnius  zu  'ver- 
be>'sern';  er  führte  zur  Abkehr  vom  Geiste  der  Zeit.  Die  Altizisteu 
ergehen  sich  in  unfruchtbaren  Versuchen,  einen  loten  Körper  zu 
beleben;  au!<  der  lebendig  aufblühenden  Volkssprache  ku  schöpfen 
lag  ihnen  fern  und  der  von  PolybioB  eingeschlagene  Weg  wurde 
bald  wieder  verlassen.  Aus  dieser  richtigen  Beurteilung  des  Übela, 
^  an  dem  die  gHechische  Weit  schon  seit  fast  zwei  Jahrtausenden  leidet 
I  —  hoffentlich  ist  das  Übel  nicht  unheilbar!  —  ergibt  sich,  dass  der 
.  Koivi^-Frage  auch  eine  aktuelle  Bedeutung  innewohnt.  Jedenfalls 
ist  dem  Verfasser  die  gründliche  Kenntnis  des  Neugriechischen  sehr 
zu  statten  gekommen.  Die  Anknüpfung  an  eine  lebendige  Sprache 
bietet  gerade  in  einem  solchen  Falle  allerlei  Vorteile;  Nie  schurft 
das  Urleil,  bildet  das  Sprachgefühl  und  belebt  die  Darstellung.  Die 
anziehenden  Darlegungen  des  Verfassers  fähren  den  Leser  zum 
richtigen  Versillndnis  einer  Sprschgestaltnng,  die,  an  sich  bemerkens- 
wert, noch  immer  nicht  zu  dem  ihr  j,'ebührenden  Ansehen  gelaugt 
.'ist.  Wenn  sich  in  neuerer  Zeit  das  vdssen  sc  haftliche  Interesse  der 
'  iiellenistischen  Sprache  iind  somit  auch  dem  Neugriech,  zuwendet, 
SD  geschieht  dies  trotz  der  Attlzlsten,  die  zu  allen  Zeiten  die  Sprach- 
— leiung  entwender  ignorierten  oder  bekHmpften.  In  diesem  Sinne 
in  die  Wahrheit  des  Satzes:  wo  keine  Entwicklung  ist,  ist  auch 
k<;in  Leben  (S.  251),  ihre  Anwendung  auf  die  KoivVj  finden,  denn 
.ans  ihr  geht  das  neue  Lehen  hervor,  welches  selbst  noch  heute  nach 
aeueu  Formen  ring 

Wenn  Ich  in         Hu  mit  dem  Verfasser  übereinstimme, 

glaube  ich  doch  n  En  elheiten  hervorheben  zu  müssen, 

I  eine  eingehenden    p        u         erdienen,  weil  sie  mit  prinzipiellen 
(fragen  zusammen hä  b.  nn  das  Neugriech.  in  derGemina- 

•tion  eine  Berichligun     d      Übe      ferung  ermöglichen?    Dazu  vgl. 
.die  Ausführungen        20  ff       n  d  m  von  Thumb  bezeichneteten  Ge- 
riete, in  Cypern,  Rhodos,  Ikaros  usw.  werden  altgriech.  Geminata 
^liemals  vereinfacht,  aber  es  kommt  im  Cyprischen  noch  etwas  an- 
deres hinzu:  es  besteht  dort  eine  Neigung  für  spontane  Verdop- 
Seiung.    Ähnliches    lindet    sich    auch    In    der  Sprache    von   Ikaros; 
och  müssen  stets  besondere  Gründe  für  jede  einzelne  Form  geltend 
Seemacht  werden.    So  erklärt  Thumb  im   Anschluss  an  Hatzidakia 
llF.  2.  389  fr.  das  Prasenssuflix  -wuj  beruhe  auf  agrlech.  -wufii,    in 
Pliiiwui,  crpdivvuj  und  sei  von  da  analogisch  verallgemeinert  worden: 
q)av(p<irvvu>.    bjwui,    itlwiu,   wozu  auch    wohl  das   neutestamentliche 
iKxiivvuj  S.  23  üu  zählen  ist.    Es  ist  aber,  wie  wir  gleich  sehen  wer- 
den, für  die  als  analogisch   bezeichneten  Formen  eine  andere  Er- 
klärung zulNssig,  wie  uns  der  interessante  Fall  von  Kpäßßnxoc  'Bett' 
neben  icpfßdTTiv,  der  heute  auf  Ikaros  und  Khodoä  üblichen  Form, 
L.denilich  genug  zeigt.     Ich  glaube,  wii-  haben  es  hier  mit  einem  bis- 
Vlier  noch  nicht  auf  das  apRterP  Griechisch  angewandten  Lautge- 
ueiK  zu  thun,  weiches  sich  also  formulieren  lässt:  Nach  dem  Schwund 


72    Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

der  alten  Quantität,  wodurch  die  langen  und  kurzen  Vokale  zu 
isochronen  wurden,  erfuhr  der  exspiratorische  Akzent  eine  gegen 
früher  bedeutende  Verstärkung,  die  sich  darin  äussert,  dass  der 
nach  dem  Wortakzeut  lallende  Konsonant  eine  Verdopplung  erfährt. 
"Der  hochtonigc  Vokal  gewinnt  ein  lautliches  Übergewicht  zum 
Nachteile  der  vorausgehenden  und  folgenden  Vokale  und  Silben*), 
gewährt  jedoch  dem  folgenden, nachtonigen  Konsonanten  einen  Vor- 
teil, denn  dieser  empfängt  das  Übermass  der  vom  Exspirationsstrom 
ausgehenden  Energie,  die  auf  die  Aussprache  des  betonten  Vokales 
verwendet  wurde."  (Vgl.  Cesare  de  Lollis,  Dei  raddoppiamenti  posto- 
nici,  Studii  di  tilologia  romanza  1,  1885  S.  408).  Ist  der  Iktus  auf 
irivtü,  b^vtu  stark  genug,  so  gelangen  wir  von  selbst  zu  ttW-vuj,  b^v-vu>. 
Dieser  Vorgang  ist  allen  geminierenden  Sprachen  eigen,  lässt  sich 
aber  am  besten  im  Spanischen  und  Italienischen  verfolgen, 
wo  die  Aussprache  der  Hochtonsilbe  mit  ganz  besonderer  Energie 
erfolgt.  Die  nachtonige  Verdoppelung  hat  geradezu  umgestaltend 
auf  die  italienische  Sprache  gewirkt,  sie  ist  dort  die  allgemeine  Regel. 
Schon  Diez,  Grammatik  der  rom.  Sprachen  ^  S.  489  weist  auf  die 
Doppclkonsonanz  im  Inlaute  hin  und  führt  treffende  Beispiele  an: 
brutto  (brütus),  femmina  (f&mina),  figgere  (figere),  legge  (legem), 
viddi  (vidi)  usw.  und  de  Lollis  verfolgt  diese  Erscheinung  am  it. 
Wortschatz  bis  ins  Einzelne  und  bemerkt,  sie  sei  auf  einem  grossen 
Gebiete  der  Halbinsel  von  einer  viel  allgemeineren  Verbreitung  als 
aus  den  Wörterbüchern  hervorgehe.  In  erster  Linie  kommt  für 
die  Gestaltung  des  Italienischen  das  Toskanischein  Betracht.  Ich 
glaube  nun,  dass  auf  griech.  Boden  die  gleichen  Bedingungen  zur 
Konsonantenverdopplung  vorhanden  waren  wie  in  dem  romanischen 
Gebiete.  Die  Stärke  des  exspiratorischen  Akzentes  sowie  seine  Ein- 
wirkung auf  nachtonige  Konsonanten  konnten  von  Ort  zu  Ort  diffe 
rieren.  In  dem  von  Thumb  bezeichneten  griechischen  Gebiete  war 
die  Gemination  gewiss  fester  eingewurzelt  als  anderswo,  denn  bie 
hat  sich  dort  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten.  Auch  in  Italien 
muHs  in  Bezug  auf  die  Verdopplung  ein  Unterschied  gemacht  wer- 
den zwischen  dem  Toskanischen  und  den  übrigen  Mundarten;  und 
stellen  wir  dem  Toskanischen  etwa  die  frankoprovenzalischen  Mund- 
arten gegenüber,  welche  mit  ihrem  musikalischen  Akzent  und  ihrem 
grundverschiedenen  Lautsystem  keine  grosse  Neigung  zur  Ver- 
dopplung bekunden,  so  gewinnen  wir  eine  Vorstellung  davon,  wie 
dieser  Vorgang  sich  je  nach  den  Landschaften  verschiedenartig  ge- 
stalten kann.     In  Griechenland  konnte  nach  dem  Siege  des  Akzentes 


1)  Eine  solche  Schwächung  und  Verkümmerung  der  vor-  und 
nachtonigen  Vokale  zeigt  sich  am  deutlichsten  in  dem  energisch 
akzentuierten  Nordgriechischen.  Doch  sind  hier  örtliche  Uuterscniede 
zu  berücksichtigen,  Hatzidakis.  Einleitung  S.  343;  die  Behandlung 
die.»-er  Vokale  wird  daher  von  der  Stärke  des  Exspirationssiroines 
abhängen.  Unbetonte  i-  und  «-Laute  werden  so  stark  reduziert, 
dass  sie  an  manchen  Orten  völlig  schwinden  und  an  andern  nur 
einen  kaum  hörbaren  Laut  zurücklassen:  dem  e-  und  o-Laut  ent- 
spricht ein  i-  und  «-Laut.  Immerhin  scheint  nach  den  von  Hatzi- 
dakis angeführten  Beispielen  keine  Gemination  vorzukommen,  was 
wohl  daran  liegt,  dass  die  nachtonigen  Vokale  unter  dem  Einfiuss 
des  Wortakzentes  zu  schlecht  wegkommen;  das  ausl.  unbet(mte  i 
fällt  ab:  Xßd6  aus  Xißdöi,  oder  neue  Konsonantengruppen  stehen  einer 
Verdopplung  im  Wege :  TTouXiTKa  aus  TroXixiKa,  pouboKva  aus  puibciKiva, 
also  nicht  *piü&(iKKiva,  wie  es  in  Cyperii  usw.  zu  erwarten  wäre. 


Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.    73 

über  die  Quantität  die  Gemination  ein  noch  viel  weiteres  Gebiet 
als  das  heutige  erfasst  haben,  ohne  dass  eine  solche  Neuerung  in- 
folge attizistischer  Einwirkungen  ans  Licht  getreten  wäre.  Auf  die 
relative  Stärke  des  Akzentes  können  dann  di«  in  doppelter  Ge- 
stalt überlieferten  Fremdwörter  Muidwnc  und  'lu*<ivy)c,  cdßifaTOv  und 
<dßaTov  zurückgeführt  werden.  Die  geminierenden  neugriechischen 
Dialekte  erweisen  sich  demnach  als  höchst  unsichere  Ratgeber, 
denn  auch  die  eben  angeführten  Wörter  fallen  unter  das  allgemeine 
Gesetz;  dieses  genügt  vollauf  um  Formen  wie;  <ivd66€|üiav,  cnMMCpa, 
ouXXoc,  9ac6XXia,  9av€pi6wuj  zu  erklären,  ohne  dass  wir  für  jede  ein 
zelne  Verdopplung  einen  besonderen  Grund  suchen  müssten.  Ferner 
kann  itott^  von  einem  fragenden  TrÖT(T)€  beeintiusst  sein,  x^poTTäc 
von  ^xiA'pdT(T)€ipa  oder  x^P<iT(T)€UMa.  So  ist  auch  im  Italienischen 
die  Verdopplung  zuerst  in  tollero  entstanden  und  hat  sich  dann  dem 
Inf.  tollerare  mitgeteilt.  Dagegen  iroXXuc  denke  ich  mir  aus  der 
emphatischen  Kede  hervorgegangen;  man  hört  auch  sonst,  z,  ß. 
auf  Korfu,  ein  gedehntes  iröX-Xd,  KäX-Xd  und  dgl.,  wenn  der  Redende 
besonderen  Nachdruck  darauf  legen  will.  So  erklären  sieh  alle  S.  21 
angeführten  Beispiele  bis  auf  vvai;  aber  wie  kann  man  sich  eine 
echte  Gemination  im  An-  oder  Auslaute  vorstellen?  Auch  die  von 
Hatzidakis.  IF.  2,  392  erwähnten  Beispiele,  bei  denen  die  Verdopp- 
lung weder  durch  Assimilation  noch  durch  altgriech.  Vorgänge  er- 
klärt werden  konnte,  fügen  sich  dem  Gesetze  der  nachtonigen  Ver- 
dopplung: KpcßdxTiv,  dir^cctu,  xö  x<iXXac|ua,  ö  ctöXXoc,  ttöOOcv,  fuetaX- 
Xtüwui;  irir^c€  ist  im  gleichen  Falle  wie  wa(,  doch  kann  auch  ^TT(Tr)€ce 
eingewirkt  haben;  für  xouc  xaXXoOc  findet  sich  S.  391  auch  die  Be- 
tonung ö  x<^^oc.  Die.se  Erscheinung  kann  hier  nicht  bis  in  weitere 
Einzelheiten  verfolgt  werden:  aber  die  angeführten  Beispiele  zeigen 
deutlich,  dass  sich  die  (Gemination  nicht  auf  Liquide  und  Nasale 
beschränkt,  sondern  auch  Tenues  und  Spiranten  erfassen  kann.  Die 
Erscheinungen  vor  der  Koivr),  wie  sie  S.  50  berührt  werden,  konnten 
hier  keine  Erörterung  finden;  ich  wollte  die  Gemination  nur  im 
Zusammenhang  mit  dem  durch  den  Schwund  der  («Quantität  zu  neuer 
Bedeutung  gelangten  Akzent  betrachten. 

IL  Die  in  der  Ko\vi\  übliche  Prothese  eines  t  vor  s  im  purum 
wird  fast  allgemein  auf  den  Einfluss  eines  fremden  Lautsystems 
zurückgeführt,  S.  144;  Verf.  denkt  an  die  Einwirkung  des  Phry- 
gischen.  Selbst  heute  noch  begegnet  diese  Erscheinung  in  Kleiu- 
asien  und  Cypern.  Dürfen  wir  in  diesem  Falle  mit  dem  Verf.  an- 
nehmen, dass  möglicherweise  im  cyprischen  Icxpdxa  u.  ä.  versprengte 
Reste  phrygischen  Lautwandels  vorliegen  können?  Das  Osnmnisch- 
Türkische  hat  fast  überall  dem  .-?  impurum  ein  i  (a  oder  ü)  vorgeschla- 
gen. Nun  entsteht  die  weitere  Frage,  ob  diese  türkische  Lautneigung 
durch  die  Berührung  mit  der  phrygisch- griechischen  Bevölkerung 
•entstanden  sei?  Ich  glaube,  dass  auch  hier  das  Romanische  zu 
Rate  gezogen  werden  darf.  Bekanntlich  ist  auf  diesem  Gebiete 
die  Prothese  eines  i  und  e  eine  so  allgemein  verbreitete  Erschei- 
nung, dass  wohl  an  eine  spontane  Entwicklung  gedacht  werden 
kann;  es  ist  anzunehmen,  dass  die  einzelnen  romanischen  Länder 
unabhängig  von  einander  dazu  gelangten,  denn  die  italienische 
Prothese  hat  nichts  mit  der  französischen  gemein.  Im  Italienischen 
haben  wir  stets  einen  Vokal  vor  s  impurum,  daher  die  doppelte  Ge- 
stalt des  Artikels  il  und  lo;  geht  ein  Konsonant  voraus,  so  ent- 
wickelt sich  zwischen  diesem  und  dem  s  impurum  ein  i:  in  istrada. 
Im  Frz.  und  Spanischen  dagegen  ist  das  prothetische  e  fest  mit  dem 
Substantiv  verschmolzen:  AXtirz.  estudiantj  und  im  heutigen  etudianf 
bleibt  es  selbst  nach  dem  Schwund  des  «;  sp.  estriga,  lat.  striga. 


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74     Thumti  Die  griethischc  Sprat-h«  im  Zeiialter  des  Hellenisi 

Der  prothetiache  Vokal  knnti  also  beweglit-h  oiiev  nnheweKlii; 
Hein.  Hiei'mJt  in  enjr^tein  Zni:  Ammen  hang:  ätehi  eine  Erfn'beiunn^ 
im  Neu^riech.,  die  ebenfalls  als  ProthpMB  gedacht  werden  kann,  die 
t-ii'li  jedoch  nicht  auf  den  Anlnnt  a  impuVum  beschrÄrkt,  eondera 
Ulicriiaupt  vor  jedem  anlautenden  Spiranten  eintreten  kann.  Sie 
niusH  im  weitesten  Sinne  jfefaBSt  werden.  Sie  hat  eine  Ähnlichkcii 
mit  der  Anapiysis  und  würde  als  eine  Abart  derselben  geltiin 
künnen,  wenn  eich  ihr  spontnner  Ursprung'  nachweisen  Hesse.  Wir 
können  im  Neugrieeh.  unterscheiden  zwischen  Prothese  vor  Verben 
und  vor  Substantiven.  Vor  Verben  kann  sie  mit  Batxidakia  Einl. 
70  f.  durch  Übertragung  des  Augments  auf  die  Präsensfarm,  nnd 
hei  Substantiven  durch  me  Verschmelzung  des  nulauteuden  Spiranten 
mit  dem  Artikel  im  Genitiv  und  Akkusativ  erklart  werden.  Dieser 
Vorgang  niass  in  Einklang  gebracht  werden  mit  dem  Gesetze,  welches 
die  Aufeinanderfolge  von  drei  Konsonanten  verbietet,  und  fenier 
mit  jenem,  weltheM  das  Zusammentrpffen  von  v  +  Spirana  meidet; 
und  endlich  kommt  noch  die  Behandlnug  des  auslautenden  v  in 
Betracht,  welches  entweder  schwindet  (Tuvaiitiü,  kuvouI  oder  durch 
einen  spontan  entwickelten  Murmellaut  gestützt  wird  (rwaiK^iv-c, 
Kdvouv-c).  Es  sind  also  verschiedene  Ursachen,  die  alle  nach  elneia 
Punkte  hindrängen  und  die  gleiche  Wirkung  hervorbringen.  So 
haben  wir  von  cr^Xviu  'sende*  in  Verbindung  mit  einem  Pronomen 
TovE  cT^Xviu;  streng  lautlich  luüsste  tA  ctcXvu)  gesagt  werden,  doch 
könnte  das  missveratändlich  sein.  Die  Erklärung  durch  das  Aug- 
ment ist  nicht  abzuweisen,  denn  eine  Anknüpfung  an  töv  fcTciX«  lag 
nahe.  Setnen  wir  aber  ct^Xvui  röve,  sn  kann  nur  der  Murmellaut 
den  Vorgang  erklären.  Daraus  ersehen  wir.  dass  hier  mehrere  sich 
kreuzende  EiuHilsse  im  Spiele  sind  und  es  ist  schwer  eu  bestimmen, 
ob  das  neue nls tan dene  e  einen  lautlicheu  oder  analogen  Ur- 
sprung habe.  Ahnliches  lässt  sich  bei  Substantiven  beobachten;  so 
haben  wir  Vi  «id,  aber  \f\c  i^ckiöc,  ii^v  Vicmd.  und  genau  so  verhalt 
sieh:  i\  *\fitpa,  fl  fiipa  aber  ttIc  i^u^pac  und  t*|v  t\\iipa,  nur  dass  iia 
ersten  der  t-Laut  vom  Artikel  herühergenomtnen  wird,  im  zweiieu 
aber  organisch  ist  und  durch  -die  neugrieeh.  Kontraktion  (i-)-i^j)  xu 
einem  Laute  wird.    So  habe  ich  auch  von  i^  x^P'  den  Akk.  Ti>tv  ^x^P' 

gehört.  Streng  lautlich  müsste  ti")  cxid,  ti'i  »ipa  gesagt  werden,  aber 
as  Lautliche  kreuzt  sich  mit  analogen  Vorgängen ;  ea  kommt  dar- 
auf au,  das  v  xu  tchützen,  was  nur  durch  Angliederung  eine» 
Vokals  geschehen  kann,  der  hier  in  Übereinstimmung  mit  dem  A 
als  ein  t-Laut  auftritt.  Wir  können  im  ZweJfel  sein,  ob  -tV]v  t\OpA 
oder  Ti^vi  cKid  oder  ti'jv  IcKid  (mit  neutralem  t)  zu  schreiben  sei;  die 
Erscheinung  kann  auch,  wie  beim  Pronomen  vor  dem  Verbum,  als 

Saragogiflch.  oder,  wie  beim  Subat.,  als  prothetisch  angesehen  wer- 
en,  und  dazu  kommt  noch,  dass  der  Sprechende  das  Pronomen 
uonjunctum  mit  seinem  Verbum,  sowie  den  ArtikeJ  mit  dem  Sub- 
stantiv als  ^in  Wort  betrachtet,  so  dass  diese  Wandlung  scheinbar 
im  lunenf  des  Wortes  vor  sich  geht,  und  daher  auch  als  Anaptj'iis 
oder  Epenthese  gefasst  werden  konnte.  Die  Verquickung  diese* 
Vorganges  mit  der  Frage  bezüglich  des  auslautenden  v  bringt  es 
mit  sich,  dass  niehl  nur  die  Wörter  mit  s  impurum,  sondern  auch 
die  spirantisch  anlautenden  Wörter  In  Betracht  gezoge-n 
werden  müssen,  wodurch  das  Problem  eine  neue,  dem  Komanischen 
unbekannte  Seile  bietet.  Man  vgl.  dazu:  röve  ßWirui,  töv«  ip^pui.  T^re 
t^pvn  und  tV|v  t\ffi.  Die  Folge  lanlet  v-|-€li)  + Spirant.  Aus  diesen 
kurzen  ..Andeutungen  ersehen  wir,  dass  diese  Erscheinung  eine 
jcrusse  Ahnhchkeit  mit  dem  beweglichen  italienischen  p  rot  he  tischen 
1  aufweist,  obschon  sie  kaum  als  spontan  enisianden  gedacht  wei- 


Thiimb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hdleiiigmus.     7& 

-äen  kann.  Nichts  hindert  iiiik  daran,  die  Prothese  des  c  und  i  ah  eine 
'Keitlich  und  rAuniÜch  weit  viM'breititte  Erscheinung  in  einem  viel 
allgemeineren  Sinne  als  bisher  zu  fnsseci.  So  begegnet  im  GypriBclieii 
tpXüipTiu,  (crtttiu  und  tt.,  wenn  ein  v  vorausgeht,  wie  Dietcrich 
Untersuch  S.  37ß  xa  den  von  ihm  angeführten  BeiEpielai  ausdrück- 
lich bemerkt.  Das  in  C.vpem  vorgeachlageiie  i  kann  ehpufHlla  alS' 
Augment  evkiftrt  werden:  ii  slali  e  z.  B.  in  ilipcpa,  vgl.  Einleitung 
73  f.,  und  verrichtet  die  gleiche  Funktion  wie  das  gemeingricch,  e;. 
wir  dürfen  daher  das  eine  nicht  van  dem  andern  trennen.  Zugleich 
entsteht  die  weitere  Frage,  ob  lüie  f&r  die  gemeingriechische  und 
cvfirjsche  Prothese  geltende  Erkläimng  auch  auf  die  meist  aus  der 
kleinaaiati sehen  Knivf)  stammenden  Formen  bei  Dieierith  S.  84  aua- 

f gedehnt  werden  dart?  Es  handelt  sich  hier  um  inschriniiche  Be- 
ege,  mit  g  impurum  im  Anlaute:  t^v  icTi^Xr|v,  Evekev  (cropT^lc,  xo'pc'v- 
ckTEixEic.  Ich  sehe  keinen  triftigen  Grund,  weswegen  sin  von  neu- 
yricch.  Erscheinungen  wie  Tif|vi-ciciii,  Tfiv-i-cTid-  Tfiv-i-culXa  (Gustav 
Meyer  Zur  neugriech.  Gramm.  S.  8  ff.)  und  schliesslich  vom  Typua- 
Tftv-i-rn,  TViv-i-x'ipi  abgesoudert  werden  sollten.  Bei  den  Belegen 
Rus  der  Koivn  kann  das  vorgeschlagene  i  allerdings  auf  anderft 
ITi'sachen  zurückgehen,  als  wi<*  sie  t'ür  das  Neugriecli.  annahmen;, 
die  Möglichkeit  einer  spontanen  Entwicklung  ist  in  Füllen  wie  Icr^- 
'^"ovov  nicht  ausEUGchliessen.  Im  Neugriech.  spielt  allerdings  der 
,,  'eibliche  Artikel  f\  eine  Rolle,  wie  wir  iu  i^  ^lfpa,  tV  f[\x(pa  geaehen 
fcftben,  er  ist  ein  wichtiger  Faktor  bei  diesen  übrigens  seltenen  Bil- 
dungen, aber  nicht  die  alleinige  Ursache.  Fälle  wie  EkTpaTitlrrric, 
icTa|IX(iipioc  (stabulariua)  denke  ich  mir  was  der  Akkusnlivform  töv-i- 
(TpoTiuiTriv  entstanden,  von  wo  aus  die  Prothese  auch  auf  den  Nomi- 
nativ Übergeht.  Der  prothetische  Vokal  kann  sowohl  ein  i-Laut 
sein,  wie  bei  den  gemeingriech.  Substantiven,  im  Cyprischen  über- 
haupt und  in  den  erwähnten  Beispielen  ans  der  Koiv^,  oder  er  kann 
auch  ein  e-Laut  sein,  wie  bei  den  gemeingriech.  Verben:  -täv-e- 
cT^Xvui.  Auch  im  Romanischen  flnden  beide  Vokale  Verwendung; 
t  int  Italienischen  und  e  im  Französischen  und  Spanischen.  Wena 
im  heutigen  Griechischen  die  Prothese  des  Substantivs  selten  vor- 
kommt, so  schein!  es  daran  au  liegen,  dass  auslautendes  v  vor  Spi- 
ranten einfach  verstummt  und  nur  in  selteneren  Fallen  mit  Hilfe 
eines  Stützvokales  erhallen  bleiben  kann.  Im  Nominativ  llisst  sich 
die  Prothese  bei  den  mit  einem  i-Laut  beginnenden  Substantiven 
ohnehin  nicht  infolge  der  neugriech.  Kontraktion  nachw<-isen.  Der 
Vorgang  verdient  jedenfalls  weiter  verfolgt  zu  werden;  aber  soviel, 
glaube  ich,  ist  schon  aus  diesen  kurzen  Andeutungen  klar  gewor- 
den, dasH  alle  diese  Erscheinungen  in  ihrem  Zusammenhange  mit 
einander  behandelt  werden  müssen.    Das  häutige  Vorkommen  auf 

Phrygischon  Inschriften  ist  noch  kein  zwingender  Grund,  um  die 
rothese  auf  fremde  Einflüsse  zurückKUfÜhren.  Der  Kernpunkt 
der  Frage  ist,  ob  wir  alle  angedetitelcci  Erscheinungen  im  weitesten 
Sinne  fassen  dürfen.  Verf.  betont  Anm.  I,  S.  141)  gegen  Dieterich, 
die  von  D.  angeführten  Fttlle,  wie  z.  B.  das  cypr.  IpXdipTiu  (oder 
flßXdtpTiu?)  düi'fen  nicht  mit  dem  alten  Vorgang  zusammengeworfen 
werden,  Dieses  Urteil  scheint  mir  aber  nur  dann  richtig,  wenn 
wir  uns  auf  die  tj-pische  Verbindung  töv  ^ct^Xvei  beschrdnken.  der 
in  andern  Idiomen  ein  väv  ^qi^pvci  und  töv  ^ßXdqiTti  entspricht. 
Ich  stimme  aber  D.  insofern  bei,  als  er  die  Frage  ganz  allgemein 
lellt  und  suche  eine  solche  Auffassung  zu  begründen.  Entsteht 
Prothese  spontan,  dann  kann  sie  im  Griech.  sowohl  als  im  It., 
und  seihst  im  Türkischen  usw.  vorkommen,  ohne  dass  die  eine 
auf  die  andere  einwirkt;  ist   sie  aber   aus  den  hier  ange- 


76    Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

-deuteten  analogischen  und  lautlichen  Ursachen  hervorgegangen, 
dann  ist  sie  erst  recht  als  eine  echtgriech.  Erscheinung  zu  fassen, 
die  zu  ihrer  Entstehung  keines  Anstosses  von  Aussen  bedurfte. 

III.  Die  dialektischen  Formen  6  ßaciX^c,  ö  ßop^c,  ö  90v^c  statt 
6  ßaciX^ac  usw.,  altgriech.  ö  ßaciXeOq  dürfen  m.  E.  nicht  mit  den 
jung -dorischen  Typen  ßaciXfl,  fpafji}AaTf\  (Kontraktion  von  €a  zu  r\) 
zusammengebracht  werden,  wie  Verf.  95  fF.  ausführt.  Aus  ßaciXf^-j- 
flexivischen  c  kann  allerdings  ebenso  leicht  ♦ßaciXt^c  werden,  wie 
ßaciX^ac  aus  ßaciX^a  +  c;  aber  es  ist  noch  ein  weiter  Schritt  von 
*ßaciXf\c  bis  ßaciX^c.    Ein  y],  gleichviel  ob  offen  oder  geschlossen,  setzt 

sich  im  Neugriech,,  wenn  wir  vom  Pontischen  absehen,  nicht  als 
«-Laut  fort,  wenigstens  kann  ich  mich  nicht  von  den  Gründen  S.  98  f.. 
die  dies  wahrscheinlich  machen  sollen,  überzeugen;  ich  glaube  auch 
nicht,  dass  vripöv  |  v§p6v  gegenüber  Hripöc  cxXripöc  eine  Sonderstellung 
einnimmt.  Ein  aus  "^ßaciXfJc  entstandenes  ßaciX^c  ist  ohnehin  äusserst 
problematisch,  und  auch  hier  dürfen  wir  die  Erscheinung  in  weiterem 
Sinne  fassen.  Die  Frage  scheint  mir  schon  von  Hatzidakis  gelöst, 
der  sie  mit  dem  Fall  von  ^Y]\i  aus  pLr\\ia  in  Verbindung  bringt,  wie 
auch  vom  Verf.  bemerkt  wird.  Januaris  §  272  erklärt  t\  \ir\ki  aus 
der  Kontraktion  der  Plural  form  fiTiX^ec,  und  diese  Erklärung  lässt 

auch  Verf.  gelten.  Damit  müssen  wiT  nun  verbinden,  was  Hatzi- 
dakis für  Mop^ac  anführt,  'Aenvä,  To^.  E'  und  BZ.  II  S.  235  ff.,  wo 
sich  zahlreiche  Beispiele  finden.  H.  weist  nach,  dass  die  Formver- 
ünderung  auf  -^a  eintritt,  wenn  der  Baum  oder  die  Pflanze  unter- 
schieden werden  soll  von  der  Frucht,  der  Blume,  oder  von  Teilen 
derselben:  irniX^a-innXov ;  |uop^a-|Liöpov.  Diesen  Feminbildungen  stehen 
die  Maskulina  ö  iiiop^ac,  d  |UTiX^ac  gegenüber,  die  einen  Sammelort 
bezeichnen,  also  der  Ort  wo  Maulbcer-  resp.  Apfelbäume  stehen. 
Die  Endung  -^ac  ist  daher  hervorgegangen:  I.  aus  den  obigen 
Femininbilduugen  mit  flexivischem  c,  und  II.  aus  dem  Casus  obli- 
quus  der  männlichen  Substantiva,  die  im  altgriech.  auf  -eOc  aus- 
lauten :  ßaciX^a  +  c,  ßop^a  +  c.  Den  Formen  auf  -^a  und  ^ac  entsprechen 
im  westl.  Kreta.  Cliios,  Ikaros  und  Kyzikos  jene  auf  -i  und  -€c:  r) 
|unX^,  i]  yiopi;  ö  .ur|^^<^?  ö  |uop^c  und  ferner:  ö  ßaciX^c,  6  ßop^c,  ö  q)ovk; 
d.  h.  in  dem  Gebiete,  wo  |ir|X^a  zu  \xr]\i  wird,  da  wird  auch  jedes 
auslautende  -^a  zu  -i,  und  aus  dem  Typus  töv  ßaciXe  ergibt  sich 
dann  ganz  von  selbst  der  Nominativ  ö  ßaciX^c.  Wir  dürfen  daher 
ö  \xr{\ic  nicht  von  ö  ßaciX^c  trennen;  auch  Hatzidakis  BZ.  II  280  be- 
handelt beide  Typen  gemeinschaftlich.  Denn  wie  lässt  sich  bei  dem 
Mangel  an  Belegen  nachweisen,  dass  ö  ßaoX^c  auf  einem  älteren  Vor- 
gange fusst  als  ö  i^nX^c?  —  Nur  als  Kuriosum  führe  ich  die  nach 
TÖV  Traxfip  usw.  gebildete  Verballhornung:  töv  ßaciXeu  an,  Chronik 
von  Morea  1786  (nach  meiner  Kollation);  sie  wird  wohl  keine  Ver- 
anlassung zu  einem  töv  ßaciX^,  etwa  nach  töv  xaq)^,  (töv  kövte)  usw. 
gegeben  haben. 

IV.  Der  Verf.  ist  geneigt,  eine  starke  Einwirkung  des  La- 
teinischen innerhalb  der  Nominalbildung  anzunehmen  (S.  154);  sie 
äussert  sich  in  den  zahlreichen  Endungen  auf  -ic,  -iv,  statt  -loc, 
-lov.  Die  Erklärung  fusst  auf  den  Darlegungen  von  Hatzidakis  Ein- 
leitung 314  ft'.:  MouXic,  AuprjXic,  Mdpic  ergeben  sich  aus  der  Vokativ- 
form Juli.  Aureli.  Mari.  Selbst  heute,  kann  ich  hinzufügen,  kann 
der  Vokativ  das  Paradigma  umgestalten:  ö  b^ciroTac,  'der  Priester*, 
weil  er  mit  b^cTroTa  angeredet  wird,  aber  ö  öecTrÖTrjc,  der  Bischof, 
Jannaris  §  282.  Ein  ungebildeter  Grieche,  der  in  der  Anrede  immer 
KOpi€  KaOnT^TO  sagte,  wendet  sich  z.  B.  an  einen  Dritten  mit  der 
Bemerkung:  ö  Kupioc  Ka6r|Yr|Täc  Xe^ei  toüto,  und  Ähnliches  lässt  sich 
manchmal  wahrnehmen.     Es  ist  aber  zu  bemerken  I.  dass  es  sich 


Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.    77 

in  Fällen  wie  'louXic  um  eine  Übertragung  von  einer  lateinischen 
Kasusform  auf  eine  griechische  handelt  und  II.  zunächst  nur  um 
Eigennamen.  Konnten  unter  solchen  Umständen  die  Formen  auf 
-IC  auf  Kosten  derer  auf  -loc  zu  einer  so  ausserordentlich  weiten 
Verbreitung  gelangen?  Für  das  Ncugiiech.  möchte  ich  im  Anschluss- 
an  die  schon  erwähnte  Erklärung:   Plur.  m1^^€c,  \xr\\ic  —  Sing.  )litiX^ 

auch  hier  an  einen  ähnlichen  Vorgang  denken,  nämlich:  Plur.  oi 
KaßaXXdpioi,  xaßaXXdpoi  —  Sing,  ö  KaßaXXdpic.  Zwei  e-Laute  unterliegen 

der  Synizpse:  Xdoc,  x»oc  und  im  mittelgriech.  diroiriKa,  ^iroiKa.  Es- 
entsteht  so  eine  Mi schk lasse,  die  nicht  mit  6  Xötoc,  ol  Xöyoi  zu- 
sammenfällt, sondern  sich  im  Sing,  an  den  Typus  6  KX^q)TTic  anglie- 
dert und  im  Plur.  den  Ausgang  -oi  beibehält,  also  im  Sing,  und  Plur. 
den  i-Laut  bewahrt.  Für  das  Mittel-  und  Neugriech.  bieten  die  Laut- 
verhältnisse keine  Schwierigkeiten,  aber  es  fragt  sich,  ob  schon  in 
den  ersten  christlichen  Jahrhunderten  -oi  gleich  i  lautete.  Dafür 
sprechen  schon  die  Kontraktionen,  4iriT€ioi  kqI  d^pioi,  welche  zu  dirlYoi 
Ktti  d^poi  verschliffen  werden,  Leemans  Papyri  graeci  2,  15,  nach 
Jannaris  §  148^,  wo  sich  noch  Ähnliches  ündet.  Aus  Jannaris  §  44 
sind  aus  vorchristl.  Zeit  die  iuschriftlichen  Belege  AOtouctoIvoc  und 
'AkuXoivoc  zu  erwähnen,  und  zahlreiche  Beispiele  aus  den  ersten 
Christi.  Jahrhunderten.  Auch  Thumb  S.  248  äussert  sich  in  einer 
zusammenfassenden  Bemerkung  dahin,  dass  schon  in  den  ersten 
Jahrhunderten  unserer  Zeitrechnung  die  meisten  Neuerungen  der 
Koivr),  wie  Itazismus,  neugriech.  Kontraktion  und  dgl.  vorkommen^ 
In  Kieinasien  bestanden  verschiedene  Aussprachen  des  u  neben  ein- 
ander, es  war  je  nach  den  Orten  =  ö,  L  u  und  wahrscheinl.  auch 
iu  S.  194;  das  aus  oi  hervorgegangene  u  war  auf  asiatischem  Boden 
schon  verhältnismässig  früh  zum  a-Laut  geworden,  S.  142.  Eine 
Sonderstellung  vom  Gemeinneugriech.  nehmen  die  Dialekte  ein, 
welche,  wie  das  von  Thumb  ('Aerivä  3,  95  ff.)  behandelte  Ägine ti- 
sche,   den  Lautwandel  oi,  u  zu  ou   aufweisen:   TcouXoirovdtü  =  koiXo- 

iTOvtü  und  dxioupo;  es  ist  dort  das  auslautende  -oi  nie  zu  einem  u- 
Laut  geworden.  Dieses  -oi,  welches  kurz  ist  und  einer  totalen 
Elision  unterliegt,  scheint  schon  früher  monophthongisiert  zu  sein 
«als  das  innerhalb  des  Wortkörpers  vorkommende;  darauf  scheint 
auch  die  oben  erwähnte  Kontraktion  von  i  und  ei  mit  -oi  hinzu- 
weisen. Und  so  glaube  ich,  um  zur  Sache  zurückzukehren,  dass 
ein  Ol  KoßaXXdpoi  statt  -dpioi  um  die  Wende  unserer  Zeitrechnung 
nicht  auffallen  darf. 

V.  Eigentümlich  berührt  es  uns,  wenn  wir  in  dem  sonst  so- 
konservativen  Griechenland  auf  Vorgänge  stossen,  wie  wir  sie  in 
dem  stets  nach  neuer  lautlicher  Entfaltung  drängenden  Frankreich 
verfolgen  können;  ich  meine  den  Wandel  des  k  vor  hellen  Vokalen, 
welches  über  ts  zu  einem  ^-Laut  wird:  centum  —  cent.  Bekannt- 
lich wird  im  Gemeinneugriechischen  das  k  beibehalten,  auch  in  la- 
teinischen Lehnwörtern:  Xaic^pöa  'Thunfisch'  lacerta,  öq^pUiov^  offi- 
cium. In  dem  von  Thumb  S.  190  bezeichneten  Gebiete  tritt  die  Pa- 
latalisicrung  des  k  ein.  Aber  der  Schwund  des  dentalen  Elementes 
in  dem  aus  k  entstandenen  fSy  wie  er  sich  schon  sehr  früh  im  frz. 
verfolgen  lässt,  schien  dem  griech.  Gebiete  fremd  zu  sein.  Thuml> 
S.  190  Anm.  5  kennt  nur  jiiaceXXeiö  statt  |yiaK€XXei6,  Syra.  Dazu  kommen 
aber  ähnliche  Formen,  welche  die  Existenz  dieses  lautlichen  Vor- 
ganges zu  beweisen  scheinen;  so  finden  wir  im  Pentateuch,  ed. 
Hesseling,  Introd.  37  f.  currdZtü,  cuTraTiiia,  dTnrXiceuuj,  dtrirXic^iuaTa,. 
xe9aXaTici  und  diese  Formen  entstammen  der  Sprache  von  Konstan- 
tinopel, wo  der  Pentateuch  im  J.  1547  für  den  Gebrauch  der  jüdischen 
Gemeinde  gedruckt  wurde.     Im  unedierten  cod.  Taurinensis  der 


78    Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus. 

-Chronik  von  Morea,  V.  734  finde  ich:  dKcTce  dir^cui  diTXV)c€i|ie,  'dort 
drinnen  schlug  er  sein  Quartier  auf.  Vielleicht  lässt  sich  dieser 
lautl.  Vorgang  noch  durch  andere  Beispiele  feststellen.  Für  dirXii- 
c€uuj  könnte  jedoch  vielleicht  an  eine  Anlehnung  an  irXiiciov,  TrXiicic^u) 
gedacht  werden;  die  andern  Formen  scheinen  keine  analogische 
Einwirkung  aufzuweisen. 

VI.  Einer  besoudern  Erklärung  bedarf  die  Erweiterung  des 
Aoristi  Passivi  in  -xa,  £q>oßi^6r)-Ka.  Jannaris  §  801  denkt  sich  die 
Sache  so:  as  recent  N(eohellenic)  does  not  well  admit  of  a  closiug  -v, 
the  aorist  passive  ending  -Oriv  has  been  changed  to  -6nKa  (App.  III, 
^),  where  -xa  has  been  borrowed  from  the  perfect  (78i6)  as:  A(ttic) 
^XuÖTiv,  N  ^XOÖTiKa,  usw.  Thumb  S.  199  f.  nähert  sich  der  Lösung 
dieses  Rätsels,  indem  er  an  die  x-Aoriste  föuiKa,  ^Bi^Ka  und  äqtfiKa 
anknüpft;  Doppelformen  wie  ^ötuKa  neben  ^ötüca  haben  vermutlich 
auf  i^Hiujca  :  y|E(uiKa  bestimmend  eingewirkt.  —  Damit  wird  aber  nur 
die  Verbreitung  des  k  im  Aorist,  nicht  aber  die  Erweiterung  des 
Schemas  um  eine  ganze  Silbe  erklärt.  Die  von  Jannaris  §  786  und 
Thumb  betonte  Funktionsgleichheit  des  Aorist  und  des  Perfekt  ist 
ein  wichtiger  Faktor,  doch  geht  der  Anstoss  zu  diesen  Erweite- 
rungen von  bestimmten  Typen  aus,  die  sich,  der  Form  nach,  als 
Perfe-ta,  aber  mit  der  Bedeutung  von  Aoristen  erhalten  haben. 
Wir  haben  es  hier  ferner  mit  einer  Ausgleichung  zwischen  dem 
Aorist  activi  und  dem  Aorist  Passivi  zu  thun.  So  erklärte  ich  mir 
zuerst  den  Vorgang  durch  die  Übertragung  der  Aoristendung  der 
dritten  Person  Pluralis  auf  die  andern  Zeiten  der  Vergangenheit. 
Nach  dem  Muster  von  ^Ypo^vciv  haben  wir:  ein  Imperf.  ^fpatpnw, 
.^iroToöcgv  (statt  ^TidTouv.  vgl.  Jannaris  §  789)  und  sogar  im  Perfek- 
tum,  wo  die  Endung  -aci(v)  der  Aoristendung  -(c)av  weichen  musste: 
Tr€Troir|Kav,  ö^biüKav  und  ähnliches  bei  Jannaris  §  786.  Also  im  Ak- 
tivum  der  Vergangenheit  gehen  sämtliche  Tempora  in  der  3.  Pers. 
Plur.  auf  -av  aus  und  nach  diesem  Muster  richtet  sich  dann  auch 
das  Imperfektum  Passivi:  dq)oßoövTgv  (st.  ^q)oßoövTo  ib.  790).  So 
konnte  dann  auch,  im  Anschluss  an  diesen  Vorgang,  das  Aktive 
-KQv  das  passive  -cav  verdrängen;  von  den  alten  k- Aoristen  aus- 
gehend konnten  wir  von  ^buuKav  zu  dbö9r|Kav  gelangen.  Aus  dieser 
dritten  Person  Pluralis  konnte  ein  neues  Aoristschema  entstehen:  dbö- 
örjKav,  erste  Pers.  Sing.  ^böGiina,  welches  genau  dieselben  Endungen 
wie  der  Aor.  activi  hatte:  ^böenna,  4fcö9nK€C,  ^bö9nK€  —  Plur.  iboön- 
Ka|U£v,  ^boÖnKOTe,  ^böGr^Kav,  wie  ^buuKa,  ^buüK€c.  ^bu)K€,  ^5ujKa)Li€v,  ^btuKare 
^biüKav  und  auch  mit  dem  Imperfekt:  lfpa(pa^  -€C,  -€,  ^Tpdqpa^ev,  -aT€ 
od.  -€T€,  iyf)a<pav  übereinstimmte.  Nur  das  Imperf.  Passivi  nimmt 
eine  Sonderstellung  ein,  aber  in  der  3.  Pers.  Plur.  hat  auch  dieses 
-av:  r|Tav  (st.  rjTov).  Nun  wucherte  die  Form  -0r|Ka  weiter,  wie  wir 
aus  den  Beispielen  im  Handbuch  von  Thumb  S.  90  ersehen  können; 
die  Erweiterung  wurde  allgemein,  nur  in  Trapezunt  besteht  noch 
die  unerweiterte  Form:  icKÜjÖriv  für  gemeingriech.  kr|Kiüer|-K€. 

Ein  Vorgang,  wie  der  eben  geschilderte,  ist  sehr  wohl  mög- 
lich, denn  die  Endung  -av  ist  in  allen  Zeiten  der  Vergangenheit 
üblich  geworden  und  hat  die  ursprünglichen  Ausgänge  in  der  3. 
Pers  Plur.  verdrängt.  Der  Einfluss  des  Aorists  konnte  dann  noch 
weiter  gehen,  indem  er  auch  sein  k  vom  Aktivum  auf  das  Passi^nim 
übertrug.  Wie  dem  auch  sei,  es  erschien  mir  nicht  zwecklos  die  Frage 
auch  von  die>em  Gesichtspunkte  aus  zu  b(?trachten.  Doch  ist  eine 
auf  blosser  Kombination  beruhende  Schlussfolgerung  nicht  ausrei- 
chend um  ein  sicheres  Resultat  zu  ergeben,  wie  wir  gerade  au 
diesem  Beispiel  auf  das  deutlichste  verfolgen  können.  Es  muss  auch 
-die   historische   Entwicklung  der   einzelner  Formen   zu  Rate 


Tbuiiib  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.    79 

gezogen  werden.    Alsdann  wird  sich  aber  das  Problem  von   einer 
^anz  andern  Seite  zeigen. 

Thatsache  ist,  dass  die  ältesten  Denkmäler  des  Romäisehen  die 
Erweiterung  in  -Ka  entweder  gar  nicht  oder  nur  im  Singular 
kennen;  sie  kann  also  nicht  aus  der  3.  Pers.  Pluralis  hervorgegangen 
«ein.  Betrachten  wir  unter  diesem  Gesichtspunkte  die  einzelnen 
mittelgriech.  Dichtungen  aus  der  Mitte  des  XII.  Jh.,  so  können  wir 
das  allmählige  Entstehen  und  Werden  dieser  Neubildungen  verfol- 
gen. Im  Spane as  I  lassen  sich  keine  Aoristerweiterungen  nach- 
weisen; wir  finden  dort  nur  unerweiterte  Formen  ohne  k:  4T€vvr|8iiu€v 
71,  icuvnxericav200,  direRpienv  205.  Ebenso  verhält  sich  Glykas;  doch 
halten  wir  zunächst  fest  an  Formen,  die  mit  dieser  Erscheinung  in 
Zusammenhang  stehen:  bi^ßriKev  357,  fti^9TiK€v  387;  über  die  Behand- 
lung der  gewöhnlichen  Passiv-aoriste  belehrt  uns  V.  199:  Kai  ibcci 
CKiä  öi^ß^KCc,  ^xdönc»  4Kpußr|9nc.  •  Der  Plural  lautet  nicht  auf -xav  aus: 
€ic^ßncav  182.  Prodromos  I:  clc^ßrixa  130,  dv^ßrixa  131,  261,  daneben 
der  Aorist  irpoc^ÖTiKac  45  und  das  Pf.  €iipnKa  250,  welches  in  diesem 
Zusammenhang  keine  Neubildung  sein  kann.  Prodromos  II  bietet 
kein  Beispiel.  Prodr.  III  xaT^ßnKCv  182;  Prodr.  IV  ^KaT6ßr|K€v  182 
neben  bi^ßn  597/8,  statt  zu  erwartendem  öi^ßnKCv;  döi^Kaciv  438; 
Prodr.  V.  ib\ifi^y  86;  Prodr.  VI  ^c^ßnKa  181,  c^ßnKCv  333;  «eiiK€v 
348  u.  passim,  ^0€k€v  363.  Wollten  die  gelehrten  Autoren  dieser 
Stücke  die  Erweiterung  in  -xa  vermeiden?  Ein  Grund  dazu  scheint 
in  Schriften,  die  von  Vulgarismen  aller  Art  wimmeln,  nicht  vorzu- 
liegen. Im  Belthandros  ist  die  Erweiterung  schon  überall,  ausser 
im  Plural,  wahrzunehmen;  neben  ^c^ßnKa  433,  ^E^ßrjKa  513;  icij^r\^ec 
500;  ^c^ßnxev  229,  dv^ßnKC  (iKax^ßn)  1144,  ^öidßnKC  6l^5,  ^napeEeßnKev 
473  finden  wir  bereits  zahlreiche  Passivaoriste  mit  -xa:  ^EeviüöriKCv 
13,  icxp&q>r\Kt  111,  icnKiüenKCv  504,  ^CTd0r|X€v  660,  iirvitrixc  1106,  ^Öpn- 
v/ienK€v  »278,  und  andere:  316,  722,  724,  763,  781,  792,  821.  858,  925, 
927,  1116,  1290.  Der  Plural  bleibt  aber  stets  ohne  x:  dE^ßncav  120, 
1016,  k^ßncav  234,  ixiwpic8ncav  1119,  cOp^Gncav  1122;  dTrcTUMvuüen.uev 
1245.  Daneben  finden  sich  auch  unerweiterte  Formen:  iöidßr|v  399, 
^bi^ßn  722,  851,  ^E^ßnv  900,  1254,  cuv^ßn  934,  und  im  Halbverse  1139: 
dv^ßr|v,  ^xai^ßnxev.  Charakteristisch  für  diesen  Übergang  sind:  dirn- 
XoTfiÖTiv  1010,  dirTrXoTnÖn»<€v  986;  dTrnXoTriencav  963.  Auch  Digenis  II. 
steht  auf  demselben  Punkte:  diT€xpier|x€  952,  1057,  i*ip|uaTiu6r|x€  aber 
'^TropcOeri  1215,  Oirecx^enKCv  275  aber  uTrecx^Gric  324,  cOXori^  ^rjxev  1489, 
dvTairexpienxc  304,  aber  dir€xpier|cav  688,  dTr€xXir|8r|xe  828.  Der  Plural 
bleibt  uner weiten:  dTr€xu)p(c0Ti|nev  2581,  i^cirdcermev  2580  usw.  ^q)uXdx- 
Oricav  2464,  statt  d7r€xujpicef|xa|Liev ;  ^qpuXdxörjxav.  So  auch  Q  u  a  d  r  u  p. : 
iE^ßnxev  265,  aber  ^E^ßnv  315,  ^cxderixcv  180,  ^(poßf|9nK€v  194.  ^xauxnc- 
Tr.xa  472,  aber  im  PI.  stets  -cav:  ^cidörjcav  658,  dTrexpi6Ticav  523.  Die 
Formen  mit  und  ohne  x  sind  durcheinantler  gen)ischt :  dv^ßr|v, 
^xar^ßrixev,  ^CTdönv,  ^Xu^könv  661.  In  die  Periode  der  Singular- 
erweiterungen gehört  auch  die  kurz  nach  1310  verfasste  Kopen- 
hagener Version  der  Chronik  von  Morea;  wir  finden  hier:  1. 
Pi-rs.  Sing.  ujq)€Xr)eTiKa  4317,  ic(p&^r\Ka  4233,  ^cuMßißdcTr|xa  4390,  Ottoc- 
X^enxa  4392;  2.  Pers.  Sing.  ^Traife€uenK€C  5616,  ^ßapiPienx€c  5695;  3.  Pers. 
Sing.  dTTpocTixiü6r|K€v  4154,  aber  PI.  dTrpocTixtuencav  7563,  lodcrnxcv 
1.738,  6636,  aber  PI.  lcidc0ricav  7703,  ^cuTxar^ßnKC  200  Prol.,  aber 
^cuTKai^ßricav  Prol.  967,  d^Kpdcriixcv  5023,  5672,  aber  PI.  dq)xpdc6ncav 
41*60;  ^cu!ußißdcTTix€v  7520,  aber  ^cu.ußißdcGncav  526  Prol.,  7491,  7531. 
Weitere  Beispiele  für  die  3.  Pers.  Sing,  mit  -xa  sind:  3853,  4117, 
4448,  4578,  4580,  4686  und  viele  andere.  Mit  x  im  PI.  finde  ich  nur 
€t'p^0nKav  7024,  wohl  wegen  ciiprixav;  doch  könnte  auch  cup^e^Kev 
gelesen  werden.    Erst  in  späteren  Denkmälern  tritt  im  Plur.al  regel- 


80    Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  HellenismuB. 

massig  -Kttv  für  -cav  ein;  so  in  der  aus  dem  15.  oder  Anfang'  de« 
16.  Jh.  stammenden  Pariser  Version  der  eben  genannten  Chronik: 
4cuMßißcicTr|Kav  S.  34,  I,  Z.  14;  ^TrapaööOTiKav  S.  51,  11,  Z.  1;  ^CTpd9T)Kav 
S.  51.  II,  15;  ^HeßnKaci  S.  60,  II,  12.  In  der  Kopenhagener  Version 
sind  dagegen  alle  diese  Formen  mit  -cav,  und  für  die  letztere  finden 
wir  die  Variante  dTrocKdXuücav.  Im  Gcorgillas  Rh  od.,  um  1499 
entstanden:  ^KTicxfjKav  66,  ^ircvTiacxfiKav  67  usw.;  in  der  "AXuicic 
KttöXciüc,  wenige  Jahre  nach  1453:  ^Htupicef^Kav  56,  SujXo6p€u6riKav  57, 
^EiüpiCTrjKaciv  58,  ^HeppiZtüöf^Kav  104. 

Den  Ausgangspunkt  zu  diesen  Erweiterungen  bilden  die  schon 
öfters  zitierten  Formen  iöi^ßr|K€,  dv^ßr|K6,  denen  sich  dann  neue  k- 
Bildungen  wie  ^CTpdq)n-K€  anschliessen.  Bekanntlich  haben  sicli  ver- 
einzelte Perfekta  erhalten,  die  später  zu  Aoristen  umgebildet 
wurden:  ^TToiKa,  ^TtoiKa   aus  TrcTroiTiKa,  ^0vr|K€v  Chron.  Mor.  6091  aus 

T^evTiK€  Digenis  79,  2025,  cöprjKcTb.  1053  und  andere  bei  Jannaris 
i?  1875.  Jannaris  hält  diese  neugriech.  K-Aoriste  eher  für  Reste  des 
allen  Porfektums  als  für  Neubildungen  nach  Analogie  von  IbwKa 
und  <!(q>r)Ka,  denn  selbst  diese  Formen  können  auf  b^buixa  und  dq>€tKa 
zurückgehen.  —  Zu  solchen  Umbildungen  hatten  die  Verba  auf  -mi 
eine  besondere  Neigung;  tOthlii  behält  seinen  Aorist  ^Gi^Ka,  so  im 
Digenis  2674,  3000,  3003,  Glykas  387;  die  jüngere  Form  ist  ^Bckcv 
Chron.  Mor.  4286.  Auch  das  Perf.  von  ictthlii  wird  als  Aorist  ver- 
wandt: lcTr|K€v  Quadrup.  266,  ^cxriKav  Chron.  Mor.  2992,  ^cri^Kaciv  ib. 
Prol.  863.  Die  Singularformen  auf  -kg  Hessen  sich  nicht  ohne  wei- 
teres auf  den  Plural  übertragen;  es  entstanden  daher  Schwankun- 
gen: ^0nKa  hatte  im  PI.  des  2.  Aoristes  ^9€M€v,  ^Gexc,  ^Oecav,  aber 
später  auch  die  Erweiterungen  i9/|Ka)Li€v  usw.  Moeris,  nach  Jannaris 
<^  952^,  stellt  die  litterarischen  Formen  den  volkstümlichen  seiner 
Zeit  gegenüber,  wenn  er  bemerkt:  dTr^&0M€v,  d7r^Ö0T€,  dir^öocav  *Am- 
Kiuc  •  (i7r€6iüKf(|U€v,  d7r€&ujKaTe,  dTr^&ujKav  *EXXnviKU)c.  Schon  etwa  im 
2.  Jh.  nach  Christus  hatte  also  das  Akt.  Plur.  eine  erweiternde  Um- 
gestaltung erfahren;  aber  das  Passivum  gelangt  erst  im  15.  Jh.  zu 
einer  vollständigen  Erweiterung  des  Aoristes,  denn  noch  im  14.  Jh. 
sagte  man  ^Y6vvr)0r|Ka  —  PI.  ^T€vvri9r||n€v,  ^f€vvri9r|cav  und  noch  nicht 
^*f€vvr|9r|Ka.u€v,  dYevvr]9r|Kav,  geschweige  denn  ^f€WTi9nKav(€). 

Die  Aoriste  ^9iiKa,  ^öuuKa,  dqprjKa  sowie  die  aus  dem  Pf.  her- 
vorgegangenen Aoriste  ^CTrjKa,  ^TToiKa,  ^q)9aKa,  ۆpr|Ka  u.  a.  waren 
nicht  im  Stande  das  Schema  zu  ändern;  ^TroTKa,  ^btüKa  konnten  die 
Erweiterungen  ^bö9n-Ka,  ^cpoßn9r|-Ka  nicht  rechtfertigen.  Wir  müssen 
daher  aut  ein  Verb  um  zurückgreifen,  welches  neben  seinem  Aorist 
noch  eine  Form  erhalten  hatte,  die  als  ein  deutliches  Perfekt  noch 
in  der  Sprache  lebendig  war.  Diese  seltene  Eigenschaft  finden  wir 
nur  in  ßaiviu:  Aor.  ^ßr|v,  Pf.  ß^ßrjKa,  dann  -^ßriKa.  Im  Digenis  1679 
finden  wir  zwar  cu)Liß^ßnK€v,  doch  liegt  darin  für  uns  nur  eine  An- 
deutung, dass  dem  ursprünglichen  Texte  die  Vulgärform  auv^ßr|K€v 
zu  Grunde  lag;    beide  verhalten   sich  zu  einander  wie  7r€iroir|Ka  zu 

Es  ist  hier  nicht  hinderlich,  wenn  im  Mittelgriech.  dieses  Ver- 
bum  stets  mit  öid,  dvd,  xard,  eic  (^c),  iv  (^liTraiviu),  ^k  (^Kßaiviu  =  4ß- 
Taiviju)  verbunden  ist:  im  Gegenteil,  die  zfihlreichen  Zusammen- 
setzungen verhelfen  diesem  Verbum  zu  einer  Ungeheuern  Verbrei- 
tung und  erhöhen  die  Wahrscheinlichkeit  eines  von  ihnen  ausge- 
henden analogischen  Einflusses  auf  andere  Verba.  Von  grosser 
Wichtigkeit  für  diesen  Neubildungsprozess  war  es  auch,  dass  die 
ungewöhnliche  Aoristendung  ^ßr|v  mit  dem  Futurum  vd  ßOü  (vgl. 
auch  ^9r|Ka,  9u))  den  Übergang  vom  Aktivum  zum  Medium  und  von 
da  zum  Passivum  vermitteln  konnte.   Nach-tßnv,  -^ßnKa,  vd-ßdi  gingen 


Thumb  Die  griechische  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus.    81 

dann  i9oßi?jeT)v,  iq>o^r\Qr\'Ka,  vd  ^oßneu;.  So  erklärt  es  sich  auch^  wess- 
wcgen  der  neue  Passivaorist  die  Endungen  des  Aktivums  annahm. 

In  mittelgriech.  Schritten  sind  neben  dem  Futurum  die  Typen 
icif^T]  und  ^dßT)K€v,  also  Aorist  und  Perfektum,  in  solcher  Gestalt 
erhalten,  dass  sie  als  gleichberechtigt  neben  einander  bestehen,  wie 
wir  aus  weiteren  Beispielen  ersehen.  Der  Einheitlichkeit  wegen 
wähle  ich  sie  aus  der  Chronik  von  Morea  und  zitiere  nach  Buchon, 
jedoch  so,  dass  ich  stillschweigend  meine  eigenen  Kollationen 
verwerte,  wie  ich  es  auch  sonst  mit  meinen  Zitaten  aus  diesem 
Werke  gehalten  habe.  Nur  in  vereinzelten  Fällen  ziehe  ich  auch 
andere  ältere  Denkmäler  zu  Rathe.  Futurum:  1.  Pers.  Sing,  vd 
biaßuj  4504,  —  2.  P.S.  vd  dt^ßijc  (so!)  2988,  vd  ^ßyric  2987,  —  3.  P.  S. 
vd  ^ßrri  (=  vd  ^Kßij)  2970,  2985  —  1.  Pers.  Pluralis  vd  öiaßoö)Li€v  3899, 
vd  ^H€ßoO|üi€v  5662,  —  3.  Pers.  Plur.  de  öiaßoöv  5645,  vd  ceßoöv  5652. 
Aorist  Activi:  1.  Pers.  Sing.  (dv€Tpdq)r|v  Belthandros  886),  —  2.  P. 
S.  ^öi^ßnc  4214,  4219,  —  3.  P.  S.  ^öidßn  1955,  5106,  ibxi^r]  1918  —  1. 
P.  Plur.  dbidßniuav  5405,  ^E^ßniugv  3940  (mit  -mqv,  nach  der  3.  P.  Plur. 
-cav,  ein  Beweis  für  die  Volkstümlichkeit  dieser  Form),  —  3.  P.  Plur. 
^bidßncav  3920  und  mit  andern  Präpositionen:  3969,  4073,  1993,  967 
Prol.  Perfectum  Activi:  1.  Pers,  Sing.  dv^ßr^KO  Prodromos  I, 
131,  —  2.  P.  Sing.  6i^ßTiK€c  Glykas  199,  —  3.  P.Sing.  4öUßnK€v  1998, 
iöidßTiK€v  5105  und  mit  andern  Präpositionen:  2049,  3921,  4028,  5863. 
Plural.  Nach  ^öiuKa  —  PI.  döiÜKa|i€v  (st.  ^Ö0|li€v)  könnten  wir  auch 
im  Passivum  dv^ßrjKa  —  PI.  dv€ßriKa|Li€v  erwarten,  doch  lassen  sich, 
wie  gesagt,  die  Pluralerweiterungen  in  den  neuen  Passivaoristen 
noch  nicht  nachweisen.  —  In  der  Chronik  bestehen  Aoriste  und 
Peri'ektformen  nebeneinander,  so  4375/6:  Kai  dftidßnKCv  ö  xaxd  elc  .  .  . 
Kai  ^Kcivoc  ^bidßT].  Dem  entsprechend  bestanden  noch  lange  uner- 
weiterte Formen  neben  erweiterten;  durch  Verwendung?  beider  hatten 
die  Dichter  ein  Kunstmittelchen  zur  Hand,  welches  ihnen  gestattete, 
ihre  politischen  Verse  noch  bequemer  als  bisher  zu  bauen;  neben 
iöUßri  —  ^öi^ßTiKe  konnten  sie  jetzt  auch  nach  Belieben  die  Typen 
^CTpdqpr)  —  i.cTpdq>r\-K€  verwenden. 

Es  ergibt  sich  aus  dieser  Erörterung:  I.  Dass  in  der  Mitte 
des  12.  Jh.  nur  der  Typus  ^öidßev  —  dbi^ßnKCv  nachweisbar  ist;  II. 
dass  Anfang  des  14.  Jh.  auch  andere  Verba  die  Endung  -Ka  im 
Sincrular  annehmen.  III.  Dass  erst  im  15.  Jh.  die  Pluralforraen  mit 
-KQ  sich  verallgemeinern.  Diese  verschiedenen  Ubergangsforinen 
haben  für  uns  noch  eine  besondere  Bedeutung:  sie  erleichtern  es 
uns,  die  Chronologie  unserer  zahlreichen  undatierten  Vulgärtexte 
festzustellen. 

Leipzig-Connewitz.  John  Schmitt. 


Rohde  E.  Psyche.  Seelenkult  und  Unsterblichkeitsglaube  der  Grie- 
chen. 2.  verbesserte  Auflage.  2  Bde.  Freiburg  i.  Br.  1898.  VII, 
329 +.436  S.  80. 

Über  den  Inhalt  und  die  Bedeutung  von  Rohdes  Psyche  habe 
ich  mich  Anz.  1,  11  ff.  und  7,  232  f.  geäussert.  Wenn  ein  streng 
wissenschaftliches  Buch,  wie  das  vorliegende,  kurz  nach  seinem  Er- 
scheinen vergriffen  ist,  so  bürgt  schon  diese  Thatsache  für  seine 
Trefflichkeit.  Die  strenge  Wissenschaftlichkeit,  die  feste  Methode 
der  Forschung  und  daneben  die*  gewinnende  Form  haben  das  Buch 
zu  einem  klassischen  Werke  gemacht,  das  mit  Useners  Götternamen 
der  Wegweiser  für  jeden  sein  sollte,  der  sich  mit  mythologischen 
und  religionswissensehaftlichen  Dingen  beschäftigt. 

Anzeiger  XII  1.  (3 


82  Itoliile  Psyche, 

In  der  ueucn  Auflac'e  ist  die  Aiiiage  und  der  Aufbau  der 
alte  geblieben.  Und  Rohdc  hm  rucht  rfaran  gethan.  Nur  einij^e 
besonders  umfnn^eiche  Anmerkungen  tiind  uucer  dem  Texte  aus- 
ge§chiuden  und  an  den  Schluss  der  einzelnen  Bände  gestellt.  Hier 
Hind  sie  aber  niclit  geblieben,  was  sie  urspränglich  waren,  DKratIch 
Belege  für  Beliauptungeo  im  Texte,  sondern  sind  zu  kleinen  inhalts- 
reichen Aufsätzen  geworden.  Sa  enthält  I  Aam.  3  (S.  326  ff.)  die 
Geschiehte  der  Danaidensage,  11  2—3  [S.  407  ff.)  eingehende  Dar 
stellHii'fen  von  der  Uekate  und  ihrem  Schwärm,  II  5  (S.  4U  ff.)  Un- 
tI:r^ul.-)lUllgell  Über  die  grosse  Orphische  Theogonle  u.  dgl.  Auch  »oust 
8iiid  dii'  Anmerkungen  mehr  g^ewachsen  als  der  Test.  Neuere  Litte- 
ratur,  die  nach  der  ersten  Auflage  erschienen  ist.  hat  Rohde  bald 
neue»  Beweismnterial  seiner  Behauptungen  zugeführt,  bald  aber 
auch  genöligt,  gegen  andere  Auffassung  die  eigene  Ansicht  ener- 
gischer KU  verteiaigen.  Wie  in  der  ersten  Auflage  hat  auch  bui 
dieser  R.  seine  Blicke  weit  über  das  Gebiet  des  klassischen  Alter- 
tums hinauBsch weifen  lassen,  um  an  Parallele rsc hei nungeu  bei  frem- 
den Völkern  den  psychologischen  Hintergrand  reLigionsgeachicht- 
lieher  Thatsachen  der  alten  Griechen  zu  beleuchten  oder  sie  alt 
Erbgut  der  indogermanischen  Völker  zu  erhärten.  So  ist  neben 
Dietrichs  Nckyia,  Denekens  "Heros"  in  BoBchera  Mythot.  Lexikon, 
Roschers  Kynanthropie,  Stengels  Chthonischen  und  Totenkult,  Schn- 
chardt  "Suhliemanns  Ausgrabungen",  Kretschmers  Einleitung  in  die 
Gejtchichte  der  griech.  Sprache,  namentlich  Oldenburgs  Religion  des 
Veda  ausgiebig  benutzt;  daneben  aber  auch  Robinsohus  Psycholo- 
gie der  Naturvölker,  Prescotts  Eroberung  von  Peru  und  andere 
neuere  Werke  Über  die  Religion  von  Naturvölkern.  So  kann  jeder, 
der  sich  mit  vergleichender  Religions- und  Sagengeschichte  beschäf- 
tigt, ans  der  neuen  Auflage  Neues  lernen.  Ein  Punkt  sei  heraus- 
gegriffen, auf  den  ich  wiederholt  schon  unabhängig  von  R.  die 
Blicke  gelenkt  hatte.  Die  Sage  von  dem  im  Berge  ruhenden  Kaiser, 
der  oioöt  wiederkommen  und  nenes  Leben  mit  sich  bringen  werde, 
glaubt  mau  bei  uns  jelat  in  ihrer  ganzen  Entwicklung  entdeckt  au 
haben;  sie  sei,  meint  man,  keltischen  Ursprungs  und  nach  Deutsch- 
land eingewandert.  Schon  in  der  ersten  Auflage  (S.  116  Anm.  2) 
hatte  R.  durch  einen  Hinweis  auf  Müllers  Gescb.  der  amerikanischen 
Urroligion  gezeigt,  wie  leicht  eich  ohne  jede  Übertragung  von  einem 
Volke  zum  andern  bei  verschiedenen  Völkern  gleiche  Sagen  bilden; 
jetzt  macht  er  noch  darauf  aufmerksam,  wie  auch  bei  den  muham- 
medanischen  Völkern  des  Orients  Sagen  von  "vert^chwmidenen,  aber 
in  tiefen  Berghöhlen  weilerlobenden,  dereinst  zu  neuem  Lehen  aar 
Erden  erwartenden  heiligen  Mttnneru"  bestehen  CI,  S.  124'  vgl.  v. 
Kremer  Kulturgesch.  Streifaüge  aus  d.  Geb,  d.  lalara). 

Eine  weitere  Aufl'assun;^  R.s  möchte  iuh  berühren,  die  in  der 
neuen  Auflage  namentlich  gegen  Deneken  verteidigt  wird,  eine 
Auffassung,  die  von  weittragender  Bedeutung  ist  und  durch  deren 
Klärung  m.  E.  in  der  antiken  und  deutschen  Sagen geachichte  vieler 
Wirrwarr  beseitigt  wird.  In  seinem  Artikel  "Heros"  hat  Denekcn  iu 
Roschers  Mythotog.  Lexikon  van  neuem  die  noch  vielfach  herrschende 
Ansicht  verfochten,  dass  der  Heroenglaube  ans  abgeschwächtem 
Götterglanben  entstanden,  der  Heros  also  eine  verblasste  alt«  Gott- 
heit sei.  Dieae  Auffassung  —  ich  habe  mich  bisher  vergeblich  be- 
müht xa  erfahren,  wer  sie  zuerst . ausgesprochen  hat  —  ist  durch 
nichts  begründet,  weder  in  der  griechischen  noch  iu  der  deuUehen 
Haldensage,  und  hat  auch  bei  anderen  Völkern  kein  Analogon;  sie  Iial 
%u  gnnx  unberechtigten  Kombinationen  geführt,  viel  Wirrwarr  nngc- 
richlel  uud  vielfach  da^  Verständnis  der  Heldendichtung  nicht  nur 


^^^^^^^^P^  Rohdc  Psydie.  83 

[  erschwert,  nondeni  BOgar  verschlotiseii.    Dieser  Auffassung;  gegen- 
[   -fiber  hatte  R.  schon  in  der  ersten  Auflas  entschieden  Stellung  ge- 
r    Bommen.    "Die  Heroen,  heisat  es  dort  [S.  142),  sind  Geister  Vprstor* 
I    bener,  nicht  etwa  einp  Art  Untergatter  oder  Halbgötter,  ganz  ver- 
I  schieden  von  den  DAmonen,  wie  sie  spHtere  Spekulation  und  dann 
I    anch  wohl  der  Volksglaube  kennt.  Diese  sind  göttliche  Wesen  niederer 
Ordnung,  aber  von  jeher  des  Todes  überiioben,   weil  sie  nie  in  das 
endliche  Leben   des  Menei;hen    eingeschlossen   waren.     Die  Heroen 
[    dagegen   haben  ein»t  als  Menschen  gelebt,   aus  Menschen  sind  sie 
I    Beroen   geworden,   erat  nach  ihrem  Tode."     Mit  vollem  Rechte 
'    und    treffenden  Worten  verteidigt  jelzt  K.  diese  Erklärung  gegen 
Deneken.    "Die  Heroen  sind  durchaus  gesteigerte  Menschenscelen, 
nicht  depotenzierte  Göttergestalten."    Wenn  sich  Götter  und  Heroen 
mehrfach  berühren,  so  ist  die  Ursache  wo  anders  zu  suchen,  als  in 
einem    direkten  Abhängigkeitsverhältnis.    Es  ist  Hoffnung  vorhan- 
den, dass  diese  Erkenntnis  endlich  bei  den  Forschern  klassischer  wie 
deutscher  Sagen  durchbricht.    Heroen  sind  bei  allen  Völkern  Men- 
schen von  Fleisch  und  Blut  gewesen.     Sie  sind  nach  ihrem  Tode 
■durch  die  mündliche  Überlieferung  gleichsam  geheiligt,    durch  die 
Dichtang  idealisiert  worden.    Infolge   dieses    Hebeprozesses   durch 
die  Phantasie  wurden  aber  gerade  an  sie  mit  besonderer  Vorliehe 
Märchen  und  Sagenmotive  geknüpft,     Dasselbe  (hat  aber  die  Dich- 
tung  anch    bei  den  Göttergestalten;  auch  an    diese   krystallisierte 
sich   besonders  gern   das  Märchen-   und  Sagenmotiv.    Indem    sieh 
aber  gleiche  Motive    bald   an    eine  Gottheil,    bald  an  einen  Heros 
knüpften,  entstand  zwischen  dem  Gott  und  dem  Heros  eine  gewisse 
Ähnlichkeit.    Nur  so  erklären  sich  die  Übereinstimmungen  zwischen 
Ooltheit  und  Heldengestalt;    sie  sind   rein  äusaerlich  wie  bei  zwei 
ganz    verschiedenen   Menschen,   die   gleichen  Anzug    tragen.    Wir 
müssen    endlich  aufhören,    bei  Heldengestalten  nach   der  in    ihnen 
fortlebenden  Gottheit   auszuspähen,    da»  ist  ein  unnützeB  Grübeln, 
dns  selbst  Jiriczek  in  seiner  trefflichen  Heldensage)  mehrfach   den 
Blick  getrübt  hat. 

Noch  konservativer  als  in  den  Anmerkungen  ist  Hohde  im 
Texte  gewesen.  Nur  selten  ist  die  Form  geändert,  hier  und  da  Ist 
der  Text  schärfer  get'asst,  an  mehreren  Stellen  sind  neu  begriin- 
dende  Sätze  eingeschoben.    So  wird  die  Ursache  des  Leichenpom- 

Ees,  gegen  den  Snlon  gesetzlich  vorgeben  musste,  aus  den  Gewohn- 
eicen  des  altatCischen  Eupatridenstaates  erklärt  (IS.231),  das  Stre- 
ben einzelner  Geschlechter,  ihre  Ahnenreilie  an  einen  Heros  anzu- 
knüpfen, nachdrücklichst  hervorgehoben  und  belegt  (I.  170)  u.  dgl. 
Solche  Erweiterungen  verändern  den  Charakter  des  Werkes  nicht 
im  geringsten.  Eine  wesentliclie  Erweiterung  hat  nur  das  1,  Ka- 
pitel über  die  Ursprünge  des  Unsterblichkeitsglaubens  (Über  den 
thrakischen  Dionysosdienst  11.  1  ff.)  erhalten  und  zwar  sowohl  im 
Eingang,  wie  am  Schlüsse  (II.  S.  3S—37J.  Dort  wird  i-or  allem  nach- 
gre.wiesen,  dass  sich  der  Gedanke  an  die  Unsterblir.hkeit  der  Seele 
aus  der  griechischen  Religion,  wie  sie  zu  Homers  Zelten  im  Volke 
lebendig  war,  nimmer  hätte  entwickeln  kCnnen,  da  in  dem  ganiten 
Ideonkreise  dieser  Religion  "Gott"  und  "Unsterblichkeit"  unzertrenn- 
bare Begriffe  sind  und  die  Auffassung'  von  der  Unsterblichkeit  der 
Seele  alle  Satzungen  der  Religion  ^frtec bischer  Volksgemeinden 
Ufflgestossen  haben  würde.  Diese  AulTassung,  die  R.  ja  schon  bei 
der  ersten  Auflage  gehabt,  aber  zweifellos  nicht  scharf  genug  aus- 
girsprochen  und  ungenütrend  begründet  hatte,  hat  zur  Frage  ge- 
führt; "Woher  kam  der  t'nsterblichkeitsglanbe?"  Er  Ist  eingewan- 
dert  mit  dem  Dionyakult,   dieser  alier   ist  fremden,    ist  ihrakisehen 


84  Rhode  Psyche. 

Ursprunj^s  und  weicht  in  allen  Punkten  vom  griechischen  Götter- 
kulte ab.  In  der  Ekstasis  nun,  in  die  die  Feiernden  beim  Dionys- 
feste  verfielen,  liegt  die  Wurzel  des  Unsterblichkeitsglaubeus,  da 
in  ihr  die  Seele  dem  Leib  entflogen  und  sich  gleichsam  mit  der 
Gottheit  vereinigt  fühlte.  Die  Thatsarhe,  dass  noch  heute  unter 
christlichen  Völkern  die  gedämpfte  Glut  uralten  Aufregungskulte» 
wieder  aufschlägt  und  die  zu  ihr  Entzündeten  zu  der  Ahnung  gött- 
licher Lebensfülle  emporreisst,  hat  R.  in  der  neuen  Auflage  durch 
den  Bericht  einer  in  Russland  verbreiteten  Sekte  zu  stützen  gesucht 
Wir  brauchen  nicht  nach  Russland  zu  gehen,  Deutschland  selbst 
bietet  uns  Beispiele.  So  habe  ich  einst  als  junger  Gymnasiast  mit 
eigenen  Augen  dem  Treiben  einer  solchen  Sekte  zugesehen;  sie 
nannte  sich  die  "Heilige  Geige"  und  soll  im  mittleren  Sachsen  ziem- 
lich verbreitet  gewesen  sein.  In  nur  schwach  erleuchtetem  Zimmer 
einer  kleinen  Stadt  waren  die  Mitglieder  der  Sekte  versammelt, 
sangen  und  beteten.  Da  öffnete  sich  die  Decke  und  herab  kam 
eine  Geige.  Alles  geriet  alsbald  in  Ekstase;  Gesang,  Gebet,  eine 
Art  Reigen,  alles  ging  bunt  durcheinander,  dass  ich  in  einer  Ge- 
sellschaft von  Wahnsinnigen  zu  sein  wähnte.  Mir  sind  diese  Leute^ 
von  denen  ich  mehrere  als  durchaus  nüchterne  und  vernünftige 
Menschen  kannte,  immer  ein  Rätsel  gewesen.  In  der  Erinnerung 
an  jenen  Abend,  der  einen  unauslöschlichen  Eindruck  auf  mich 
gemacht  hat,  habe  ich  bei  Rohde  den  Abschnitt  über  den  thraki- 
schen  Dionyskult  gelesen  und  so  aus  eigner  Anschauung  nach- 
gefühlt, was  er  aus  den  Zeugnissen  der  Alten  zu  begründen  ge- 
sucht hat. 

Zum  richtigen  Verständnis,  wie  sich  aus  diesen  ekstatischen 
Tanzorgien  des  Dionyskultus  der  Unsterblichkeitsglaube  entwickeln 
konnte,  uiusste  vor  allem  festgestellt  werden,  wo  dies  geschehen 
ist.  Schon  in  der  ersten  Auflage  hatte  R.  gezeigt,  dass  das  nur 
auf  griechischem  Boden  hat  vor  sich  gehen  können.  Allein  hier 
klaffte  eine  Lücke,  weshalb  ich  z.  Z.  mich  nicht  von  dem  thraki- 
schen  Ursprünge  des  Unsterblichkeitsglaubens  überzeugen  mochte 
(vgl.  Anz.  7,  282).  R.  scheint  dies  sclbsl  gefühlt  zu  haben,  und  so 
hat  er  denn  in  der  neuen  Auflage  den  §5  (S.  ^f)— 37)  eingeschoben, 
in  dem  er  feststellt,  bis  zu  welchem  Umfange  sich  bei  den  Thrakern 
aus  jenen  Tanzorgien  eine  mystische  Religiosität  ausbilden  konnte. 
"Über  die  Grenze  ungewisser  Ahnung,  ein  unstätes  Aufleuchten  wild- 
erregter Empfindung  einer  nahe  herandrängenden  ühergewaltigcu 
(Toistermacht  werden  wir  hei  dem  aus  halber  Dumpfheit  des  Geistes 
niemals  ganz  erwachten  Volke  der  Thraker  kaum  hinausgeführt". 
Ist  so  einerseits  festgestellt,  was  von  den  Thrakern  zu  den  Griechen 
gekommen  ist,  und  fassen  wir  andererseits  griechischen  Kult  und 
hellenisches  Geistesleben  ins  Auge,  so  versteht  man  die  Befruchtung 
des  thrakischen  Keimes,  die  den  Unsterblichkeitsglauben  gezeitigt 
hat.  So  ist  durch  das  erweiterte  Eingangskai)itel  des  2.  Bande> 
Rohdes  Entwicklung  des  griechischen  Unsterblichkeitsglaubens  auf 
festerer  Basis  aufgeführt,  als  in  der  ersten  Aullage. 

Kb  ist  nicht  zu  zweifeln,  dass  in  der  neuen  Gestalt  Rohdes 
Psvche  auch  neue  Freunde  erwerben  wird.  Das*  Buch  verdient  sie, 
wie  wenige.  Möchten  es  doch  vor  allem  Leute  lesen,  bei  denen 
mythologische  Arbeiten  in  Misskredit  gekommen  sind,  aber  auch 
solche,  die  sich  berechtigt  wähnen,  über  mythologische  Dinge  zu 
schreiben,  ohne  auch  nur  zu  ahnen,  was  methodische,  historische- 
und  j)hilulogische  Forschung  ist. 

Leii)zig,  E.  Mogk. 


Weise  Charakteristik  der  lateinischen  Sprache.  85 

TVeise  F.  0.    Charakteristik  der  lateinischen  Sprache.    2.  Auflage. 
Leipzig?  Teubner  1899.    IV  und  172  S.    2,40  M. 

Die  erste  Auflage  .dieser  Schrift,  von  welcher  im  Jahr  1896 
^uch  eine  französische  Übersetzung  unter  dem  Titel  "Les  Carac- 
t^res  de  la  Langue  Latine  par  F.  Oscar  Weise  traduit  de  TAllemand 
par  Ferd.  An^oine"  (Paris,  C.  Klincksieck)  erschienen  ist,  habe  ich 
im  ersten  Jahrgang  dieses  Anzeigers  S.  120  f.  einer  Besprechung 
unterzogen,  welche  über  Plan  und  Anlage  des  Werkcliens  entspre- 
<:henden  Aufschluss  gibt.  Die  neue  Auflage  unterscheidet  sich  von 
der  ersten  vornehmlich  dadurch,  dass  zu  den  vier  Kapiteln  (Sprache 
•und  Volkscharakter,  Sprache  und  Kulturentwicklung,  die  Sprache 
der  Dichter,  die  Sprache  des  Volkes)  noch  ein  fünftes  hinzugekommen 
ist,  welches  "die  klassische  Sprache  Cäsars  und  Ciceros"  behandelt. 
Die  Charakteristik  der  Sprache  dieser  beiden  Hauptvertreter  des 
Klassizismus  erscheint  mir  im  Ganzen  zutreffend,  und  es  muss  der 
dieses  neue  Kapitel  als  eine  recht  dankenswerte  Zuthat  bezeichnet 
werden.  Auch  in  den  übrigen  Kapiteln  merkt  man  die  bessernde 
Hand  des  Verfassers  an  nicht  wenigen  Stellen,  indem  einerseits 
insbesondere  im  2.  und  4.  Kapitel  eine  zweckmässigere  Gruppierung 
^es  Stoffes  Platz  gegriffen  hat,  andererseits  manche  seltsamen  und 
unhaltbaren  Ansichten,  die  in  der  ersten  Auflage  ausgesprochen 
waren,  verschwunden  und  durch  richtigere  Ausführungen  ersetzt 
sind.  Auch  durch  Vermehrung  der  sprachlichen  Belege  ist  das  Büch- 
lein an  manchen  Stellen  (man  vgl.  beispielsweise  S.  98  die  für  "ty- 
pisch gewordene,  fest  ausgeprägte  Wendungen"  angeführten 
Beispiele  mit  S.  89  der  ersten  Auflage)  entschieden  verbessert  wor- 
den. Dagegen  wäre  dringend  wünschenswert  eine  genauere  Be- 
rücksichtigung des  Verhältnisses  des  Lateinischen  zum  Indogerma- 
nischen, so  besonders  bei  Besprechung  der  Verwandtschaftsnamen 
-(S.  9)  und  der  Personennamen  (S.  22).  Auch  in  etymologischer  Hin- 
sicht bedarf  die  Schrift  noch  einer  gründlichen  Revision.  Dann 
werden  Ableitungen,  wie  sedtUus  von  sedere  (S.  153  Anm.  1),  iubere 
=  Mus  Gclvai'  (S.  155),  inanis  von  'in'  und  'acna*  (S.  14),  adoria  von 
•"ador'  (S.  14)  und  andere  verschwinden.  Auch  Aussprüche,  wie  der 
über  die  "Handhabung  des  Satztones"  (S.  35)  geben  zu  gerechten 
Bedenken  Anlass. 

Innsbruck.  Fr.  Stolz. 


Otto  W.  Nomina  propria  Latina  oriunda  a  participiis  perfecti.  (Com- 
mentatio  ex  supplemento  vicesimo  quarto  annalium  philologicorum 
seorsum  expressa,  p.  745—932).  8^  Leipzig  Teubner  1898.  5,60  M. 
Nach  einigen  Vorbemerkungen  über  die  Beschaffenheit  der 
partizipiellen  Eigennamen  geht  der  Verfasser  zum  eigentlichen 
Zweck  seines  Buches,  der  Materialsammlung  der  in  Frage  kommen- 
den Nomina  propria,  über.  Dieselbe  zerfällt  in  zwei  Teile:  1.  Par- 
ticipia  perfecti  simplicia.  2.  Nomina  derivata,  d.  h.  solche,  in  denen 
Partizipialformen  durch  ein  Suffix  erweitert  erscheinen,  wie  Accep- 
iius  neben  Acceptus  usw.  Das  Material  ist  fieissig  und,  wie  es 
scheint,  vollständig  zusammengetragen  und  bildet  dadurch  einen  sehr 
wertvollen  Beitrag  zur  Kenntnis  der  lateinischen  Namengebung. 
Auf  Vollständigkeit  der  Belegstellen  ist  dabei  keine  Rücksicht  ge- 
nommen. Leider  hat  der  Verfasser  die  Namen  rein  alphabetisch 
Angeordnet.    Für  die  Methodik  und  Wissenschaftlichkeit  des  Werkes 


Otio  Noi 


L  {ii'opria  Liktiuu  oriunda  a  parüdpiix  perfet 


1 


wUre  es  von  erheblich  ^'rÜBHerem  Werttr  gewesen,  wenn  das  Mal«- 
rial  sowohl  bei  den  einfach  pArtixipialen  wie  bei  deu  abgeleiteten 
Fovmen  nach  der  Gestalt  der  Suffixe  gegeben  worden  wUre  (ätu», 
-ilu«  UEW.  cinerBeils,  ■iW,  -ianu^  usw.  andererseits).  Soweit  möglich, 
hat  sich  der  Verfatiser  bemiilit,  der  räumlichen  und  zeillicben  Ver- 
breitung der  einzelnen  Eigennamen  naebzugehen.  Wtin sehenswert 
wäre  wiederum  gewesen,  solche  Untersuchungen  auch  bei  den  ein- 
zelnen Suffisklnssen  aazuatellen;  man  würde  dadurch  über  die 
sum  Teil  rein  aualogiticbe  Ausdehnung  dieser  Eigennameubildungeii 
orientiert  werden.  —  Die  erklHrendeu  Bemerkungen  xa  den  einzel- 
nen Beispielen  sind  von  verBcbiedenem  Wert.  — Bei  der  Sammlung 
ist  der  ^''erlaBser  öfters  Über  das  Ziel  hinnusgeschosHen.  So  zählt 
er  unter  den  "partizipi eilen"  Eigennamen,  abgesehen  von  vielem 
Unsicheren,  auch  Formen  wie  JFacelus,  Forlvttus,  Lihertus,  Ctunttr- 
tiuB,  Lucritius  usw.  auf.  Wenn  schon  einmal  überhaupt  alle  ad- 
jeküvischen  <o-Bildungen  herangezogen  werden  sollten,  warum  fehlt 
dann  die  Sippe  von  iustus  (luslinun  usw.),  FautdVH,  FauKtalu»,  Mo- 
desiinun  usw.?  —  Den  Hauptuutzen  aus  dem  Buche  wird  naturgc- 
mäss  die  Stanimbildungalehre  ziehen.  Von  lautlich  bemerkeni- 
werteu  Formen  seien  erwähnt  Extericnlus  S.  767,  Sedlatn»  843  und 
die  verschiedenen  Dissimilationsprodukte  von  Restitatus  nnd  des«en 
Sippe,  S.  836  ff.,  917  f.  —  Daas  der  Verfasser  sp  räch  wissen  sc  haftl  ich 
nicht  immer  auf  ganz  sicheren  Füssen  steht,  zeigt  sich  z.  ß,  gele- 
gentlich der  Besprechung  der  Eigennamen  Cemiliun,  Ceiretantit, 
Ceasilius  |S.  872  f,). 

Leipzig.  Ferdinand  So 


Schwab  J,     Nomina  propria  Latlna  oriunda  a  participiis  praes« 

uri    passivi,   t^turi    actjvi  quae  quando  qtioniodo 

.   supplemento   vicesimo    quarto    »nniiUaDt 


aciiv 


(C. 


expressn.  S.  637— 742).  8».    Leipzig  Teub- 


sint. 

philologicoruni 

ner  189«.    .H,20  M, 

Auch  diese  Arbeit  enthält,  gleich  der  vorigen,  eine  Heissige 
Material  Sammlung;  sie  eählt  vier  Kapitel:  L  Participia  praesentis  ac- 
tivi.  A.  Nomina  in  -enn,  -enliuK.  B.  Nomina  in  -atu,  -antius.  IL 
pan.  fut.  paas.  III.  part.  ful.  act.  IV.  Weiterbildungen:  A.  Deminu- 
liva.  B.  Suff,  -io,  -ioniii.  C.  -iamts.  D.  -inus.  E.  -osuk.  F.  -inianus.  G. 
-ilianus.  fl.  -ilio.  —  Man  sieht  aus  dieser  Disposition,  dass  der  gegen 
das  oben  besprochene  Werk  erhobene  Vorwurf  der  unniethodiscben 
Anordnung  der  vorliegenden  Abhandlung  gegenüber  nicht  geltend 
gemacht  werden  kann.  Nur  wäre  es  angebracht  gewesen,  dass^ 
auch  die  Nomina  auf  -entiu«,  -atiUus  in  Kapitel  IV  aufgenommen 
worden  würeu.  Dass  dies  nicht  geschehen  ist,  beruht  wohl  auf  der 
Anschauung  des  Verfassers,  ditös  Formen  vie  JFlorentia  die  Feniiuina 
der  Partizipia  seien  (S.  640),  und  dass  erst  von  diesen  Feminiuen 
wiederum  die  Maskulina  auf  ■eittiiui,  -atttiux  geschaffen  worden  seieu. 
Der  erste  Punkt  erledigt  sieh  von  seihst:  Flortntia.  PoUeniia  usw. 
sind  nicht  die  Feminina  zu  Maskulinen  auf -ens,  sondern  Weiter- 
bildungen mit  Sufßx  iä-  ebensogut  wie  fiagrantia  "Glut"  usw. 
Wenn  später  vielleicht  wirklich  in  Personennamen  Fornten  wie  Crw 
centia  als  Feminina  zu  Crescews  empfanden  wurden,  so  beweist 
nichts  für  diii  ürsprüiigllchkeit  eines  solchen  Verhältnisses. 
die  aweite  Annahme  erscheint  mir  unnötig:  So  gut  wie  %u  Aa 


1 


Schwab  Nomina  propria.  —  Horton- Shmith  The  Etablishment.      87 

ein  Acceptius  gebildet  werden  konnte,  war  auch  Amantius  neben 
Amans  möglich,  die  Herleitung  des  letzteren  Namens  von  der  Stadt 
Atnantia  (S.  641)  halte  ich  für  verfehlt;  das  Verhältnis  von  Crescens, 
CrescentiuSf  Crescentia  S.  653  ff.  auf  afrikanischen  Inschriften  kann 
ich  nicht  als  zwingenden  Beweis  ftir  Schwabs  Annahme  ansehen. 
Übrigens  ist  die  erwähnte  falsche  Einreihung  der  Weiterbildungen 
mit  -|o-,  -jä-  durch  die  übersichtlichen  Tabellen  S.  734  ff.  wieder  gut 
gemacht.  —  Der  Verfasser  gibt  in  den  einzelnen  Kapiteln  zum  Teil 
recht  gute  Vorbemerkungen  über  Heimat,  Ursprung  und  Geschichte 
der  verschiedenen  Eigennamenklassen.  Hervorhebung  verdient  z.  B. 
die  analo^ische  Ausbreitung  des  Suffixes  -entius  in  Formen  wie 
Ilerctäentuis,  Magnentius^  Niceniivs  (S.  644).  —  Auf  S.  645  f.  wird 
von  der  passiven  Bedeutung  präsentischer  Partizipien  wie  amans 
gebandelt  und  gerade  aus  den  Eigennamen  Material  zusammenge- 
bracht, wobei  interessante  Parallelformen  von  entsprechenden  part. 
Praet.  und  bedeutungsverwandte  griechische  Eigennamen  mit  Glück 
benutzt  werden.  Hier  hätte  Brugmann  IF.  5,  117  nicht  unerwähnt 
bleiben  dürfen.  —  Ungenügend  erscheint  mir,  was  auf  S.  703  von 
der  aktivischen  Bedeutung  der  participia  necessitatis  ge- 
sagt wird,  worüber  bei  andrer  Gelegenheit.  Bei  den  Eigennamen 
wurde  -ndo-  vielleicht  zum  teil  ganz  sinnlos  von  andern  Eigen- 
namen aus  übertragen  und  ging  so  seiner  .speziellen  Bedeutung 
verlustig;  vgl.  Schwab  S.  644  f.  über  -eniius.  In  Adolenda  usw. 
(Schwab  S.  699)  war  der  ursprüngliche  Sinn  jedenfalls  nicht  akti- 
visch. (Vgl.  Stolz  A.  L.  L.  10,  158  ff.).  —  Von  beachtenswerten  Ein- 
zelheiten seien  noch  die  Formen  Ceresces  =  Crescens  S.  653  und 
Proficentius  S.  676  erwähnt. 

Leipzig.  Ferdinand  Sommer. 


Horton -Smith  Lionel  The  Establishment  and  F^xtension  of  the 
Law  of  Thurneysen  and  Havet.  Cambridge  Macmillan  and  Bowes 
1899.     VTI  u.  108  S. 

Die  Schrift  besteht  aus  dem  Abdruck  eines  gleichbetitelten 
AulVatzes  im  Amer.  Journ.  of  Philol.  16,  444-467,  17,  172—196  und 
eines  Aufsalzes  über  lat.  Juni  haud  haut  griech.  ou  ebd.  18,  43—61. 
Dazu  kommen  10  Seiten  Addenda  et  Corrigenda  und  2  Seiten  Tm- 
portant  Postscript  (Bericht  über  Büchelers  fove  =  /Vire,  Rh.  M.  52, 
391  f.),  endlich  ein  auslührliches  Wortverzeichnis.  Der  fleissig  pub- 
lizierende Verf.  sucht  in  dieser  Schrift  unter  eingehender  Bespre- 
chung aller  Beispiele  folgende  Fassung  des  Thurneysen-Havetschen 
Gesetzes  zu  erweisen:  lat.  ov  öv  wurde  in  Rom  um  'iOOv.  Chr.  (etwas 
später  in  den  unteren  Klassen)  zu  av  äv.  Die  zeitliche  Fixierung 
um  200  entnimmt  H.  mit  Lindsay  dem  span.  cveva  port.  cora  (anders 
darüber  Meyer-Lübke  1,  231)  und  findet  sie  bestätigt  durch  das  von 
Bücheier  vor  den  2.  punischen  Krieg  gesetzte  inschriftliche  fove. 
Durch  die  Annahme,  die  osk.-umbr.  Dialekte  hätten  den  Lautwandel 
nicht  mitgemacht,  gewinnt  H.  die  Möglichkeit,  ovis  bovis  als  sabi- 
nisch  oder  latinisch  vom  "platten  Lande"  (wie  bos  schon  wegen  b) 
zu  erklären  (mit  King  and  Cookson).  Jedenfalls  ist  aber  die  An- 
nahme, dass  lat.  avis  auf  *oin8,  osk.-umbr.  avi-  hingegen  auf  urit. 
atn-  zurückgehe,  unwahrscheinlich.  Jenes  urlat.  *ovts  soll  durch 
vulgärl.  Ovum  'Ei'  erwiesen  werden.  Auf  dies  angebliche  övum 
kommt  H.  immer  von  Neuem  zu  sprechen  und  knüpft  allerlei  Sub- 
tilitäten  daran,  ohne,  wie  es  scheint,  die  viel  näherliegende  Erklä- 


88     Rheden  Etymologische  Beiträg^e  zum  italienischen  Wörterbuch. 

rung"  von  span.  huevo  usw.  boi  Meyer -Lübkc  1,  132  zu  kennen. 
Dass  Ovum  nicht  zu  ävum  wurde,  ist  aus  einer  älteren  Stufe  öfDom 
=  öviqm  vollkommen  erklärlich.  —  S.  28  ff.  ist  H.  geneigt,  Über- 
gang von  vo-  zu  va-  anzuerkennen  in  canis  (*cii07iis\  sardare  (**|f- 
ord')t  suäsum  {^suors)  und  vallia.  vacare  wird  trotzdem  nicht  aas 
vocare  erklärt,  sondern  umgekehrt.  —  S.  34  ist  eine  hübsehe  Ver- 
muthung  von  Lindsay  erwähnt:  der  Untergang  der  ö-Konjugation 
(aegi^ötus)  sei  durch  den  Übergang  des  Perf.  -övi  in  -ävi  herbeige- 
führt worden.  — ■  S.  41  ff.  dehnt  H.  den  Wandel  zu  a  auch  auf  diph- 
thongisches ou  aus,  das  zu  ati  und  teilweise  weiter  zu  ü,  ö  geworden 
sei.  Woher  aber  diese  Verschiedenheit  {fraus  usw.,  aber  nüduSj 
rüdus  usw.)  rühre,  lässt  H.  unerörtert. 

Die  Schrift  ist  mit  Fleiss  und  Sachkenntnis  geschrieben,   er- 
müdet aber  manchmal  durch  Wiederholungen  und  Weitschweifigkeit. 

Fürstenau  i.  d.  Schweiz.  Robert  v.  Planta. 


Rheden  P.  Etymologische  Ueiträge  zum  italienischen  Wörterbuch. 
(XXni.  Jahresbericht  des  fürstbischötlichen  Privat -Gymnasiums 
am  Seminarium  Vicentinum  in  Brixen).  Brixen,  Verl.  des  fürst- 
bischöfl.  Vicentinums  1898.    39  S.  8^    50  h. 

T.  Germanisch  ai  =  it.  a  würde  genau  zur  Entwickelung  von 
roman.  ai  zu  it.  a  stimmen  (vgl.  Meyer-Lübke  Rom.  Gr.  1,  §  295): 
afro  =  ahd.  eivaVy  dstio,  aschio  =  got.  haifst-Sy  biacca  =  bleih, 
gala  =  geily  guado  =  iveit^  guari  =  weigiro,  rada  =  Rhede,  razza 
=  reiza^  zana  =  zeina^). 

II.  Ital.  6-  soll  aus  germanischem  Dental  entstanden  sein  und 
zw.  a)  aus  got.  pw-,  b)  got.  ]}{r),  c)  got.  rfwr-,  d)  viel!,  aus  germ.  /)m-, 
schliesslich  e)  aus  got.  iic-.  Fälle:  a)  hagno  II;  barare,  baraonda, 
barullare,  hrülare  I  u.  II,  brogliare,  hroUo,  bindlo^  burare  (?),  burat- 
tare  {?),  (frullare)\  basire\  bastir  {prov.);  berciare^bircio.  —  h)birba, 
bricconcy  briga,  -are^  brio.  —  c)  ubbagliare,  bagliore,  barlume,  bar- 
luzzo.  —  d)  buco{?)\  burare  {?).  —  e)  tibbia.  Bei  allen  diesen  Fällen 
soll  b  das  Resultat  sein,  bei  p  in  a),  b),  d)  Übergang  von  /)  in  f 
zu  &,  sonst  in  c)  und  d)  w  zu  b  wegen  des  vorhergehenden  Den- 
tals, die  Fälle  sind  der  Mehrzahl  nach  nicht  sehr  durchsichtig,  für 
b'  neben  gu-  ist  bhidolo  [neben  guindolo]  nicht  zu  brauchen,  da  es 


1)  Doch  sind  Ärrigo,  sfavibecco^  sfatnberga  als  vortonig  ge- 
sondert aufzuführen;  inasfro  aus  maestro  entspricht  den  it.  Laut- 
gesetzen ganz  wohl,  es  erklärt  sich  wie  monna,  sor  usw.  (Meyer-L. 
1,  §  634);  guadagnare  von  ga-alginön  ist  zu  einem  bestimmten  Falle 
von  ga-  zu  gua-  zu  stellen,  -inön  zu  -gnare  ist  nicht  erklärt,  denn 
was  ist  das  "Normalmass"  eines  Wortes  (S.  30)?  guinzaglio  doch 
wohl  eher  zu  xcinden  mit  -sal  (umgedeutet  -aglio)  als  zu  *ivint-8eü, 
wenn  es  nicht  doch  vinciglio  mit  verändertem  Suffix  und  germ.  An- 
laut nach  winden  ist.  Schliesslich  pazzo  aus  paidion  ist  lautlich 
nicht  erklärt,  zz  ist  nur  aus  ty  möglich,  paiiens  als  Euphemismus 
denkbar,  lautlich  genau  als  Nominativ,  also  zu  Arch.  yrlott.  it.  13, 
280  ff.;  paggio  ist  lautgesetzlich  aus  *padium,  frz.  ist  es  nicht  mög- 
lich, gage  ist  ein  viel  späteres  Wort  des  German.,  in  dem  dg  ganz 
anders  behandelt  wurde  (zu  S.  '>4). 


Rheden  Etymologische  Beiträge  zum  italienischen  Wörterbuch.    89 

aus  abbinff'   gewonnen    ist,   welches  einem  südl.  Dialekt  angehört. 
Einzelnheiten  wären  viele  zu  besprechen  M. 

III.  Ital.  b-  aus  f-  gegen  Meyer-Lübke  It.  Gr.  §  169.  Der  Fälle 
«ind  wenige  und  diese  wenigen  sind  sehr  fragliche  Belege.  1.  berza 
(es  ist  veraltet  und  heisst  nach  Petrocchi  nur  'Unterschenkel')  soll 
-zu  ahd.  fersana  gehören.  2.  bidccolo  nicht  zu  fiocco  wie  Petrocchi 
und  Verf.  nach  Flechia  meinen,  es  ist  Metathese  aus  dem  Grund- 
worte für  bozzolo^  welches  selbst  wieder  mit  bozza  zusammengehört. 
3.  börro,  borrone  neben  welchem  burrone  soll  zu  förra  gehören  (?). 
h,  brano  'Fetzen'  hat  mit  frana  'Bergsturz'  von  voragine  keinen 
Zusammenhang.  5.  brivido  zu  frigidu  zu  stellen  (also  neben  freddo, 
No.  32)  ist  schwer;  ist  onomatopoietische  Bildung  ganz  ausgeschlos- 
sen? 6.  buio  neben  fuio  (das  übrigens  bei  Petrocchi  zuerst  'ladro* 
heisst)  ist  gänzlich  unklar;  buro  (veraltet)  steht  daneben,  furo  wird 
auch  angeführt  und  fusctis  kann  im  Anlaut  beeinflusst  haben.  [(7.) 
broiizo  von  fundium  mit  rätselhaftem  -r-  gibt  der  Verfasser  selbst 
auf,  No.  35].  (8.)  bravo  (No.  24)  von  freidi  abzuleiten,  ist  sehr  ge- 
wagt. Was  liegt  gegen  barbaru  vor?  Übrigens  Absatz  3  brado 
als  ältere,  südl.  Formen  auszugeben  ist  der  Sachverhalt,  wenn  die 
Wörter  zusammengehören,  gerade  auf  den  Kopf  gestellt,  die  d-For- 
men  {padiglione  usw.)  sind  jünger,  die  ir-Formen  gehören  dem  Süden 
(Neapel). 

IV.  Einzelne  Etymologien.  Bambino  zu  bimus,  der  Bedeu- 
tungswandel ist  nicht  erklärt;  bisca  postverbal  zu  biscazzare  aus 
*biscazzön  (zu  scaz),  -azzare  ist  keine  so  häufige  Bildung  und  in- 
tensiv; der  Bedeutungsübergang  nebst  dem  frz.  bisque  sind  unbe- 
rücksichtigt :  bramare  aus  per-amare^  br  wie  in  brivilegio,  dazu  noch 
brustolare^  bru[s]ciare,  brugna,  brina  (Meyer-Lübke  It.  Gr.,  §  163), 
brob[br]io  von  opprobriuni  zeigen  ebenso  wie  sbruffare  die  Möglich- 


1)  a)  bagno  von  twanc^  -ango  wäre  durch  gewöhnlicheres  (?> 
-agno  ersetzt  w^orden,  [wenn  es,  frz.  bannir  gleich,  von  germ.  bann- 
kommt,  so  i^t  es  -iare-Ableitung,  aus  der  ein  postverbales  Subst. 
gebildet  worden  wäre;  das  Verb  bei  Petrocchi  (veraltet)]  doch  ist 
agnolo  aus  anyelu  ganz  anders  geartet,  figno  erklärt  sich  aus 
figniamo;  brillare  I  kann  auch  ohne  "geistreiche  Spielerei"  von  ebrio- 
lare  lautgesetzlich  sein,  wie  quietäre  frz.  zu  quitter,  woraus  quitte 
postverbal;  brillare  II  von  briculare  mit  Zambaldi  abzuleiten,  hin- 
dert nichts,  vgl.  briccicaj  briciola  nsw.  zubrechen',  weirum  brogliarCf 
frz.  brouiller  nicht  auf  brodeln  zurückgeht?  Abgesehen  davon,  ob 
brull[are]  von  brut  (Kluge,  sv.  Brosam)  oder  von  blaut-  herkommt, 
ist  S.  27,  "das  ja  schon  in  it.  bidfto  vorlag",  im  Widerspruch  mit 
No.  31  beispielsweise,  wo  Doubletten  angenommen  werden.  Allge- 
mein ist  zu  a)  zu  bemerken,  dass  wir  Svarabhakti  bei  tw-  erwarten 
würden,  b)  birbante  (S.  16)  kann  erst  räch  brigante  gebildet  sein, 
wodurch  jeder  Schluss  fällt,  brio  aus  ebrioso  zu  abstrahieren  (D'O- 
vidio  in  Gröbers  Grundriss  1,  508,  §*)  ist  so  übel  nicht,  im  Span,  ist 
es  dann  genau  so.  c)  abbagliare  kann  zu  altfrz  baillier  gehören, 
"^in  die  Gewalt  bekommen",  (wegen  ad-  vgl.  asservivj  asseoir,  assu- 
jettir  usw.),  barlume  hat  das  r  nicht  genug  erklärt,  die  Bemerkung 
No.  12,  um  der  Silbe  ba-  mehr  Selbständigkeit  und  Halt  zu  geben, 
versteht  man  nicht,  ebenso  barluzzo.  d)  Die  Bedeutung  von  ubbia 
<No.  52)  steht  von  germ.  ttü¥ho  weit  ab,  die  Bemerkung  (ibid.),  w- 
dient  dazu,  "das  Wort  voller  zu  machen,  ihm  den  Normalumfang 
zu  geben**,  usw.  widerspricht  via,  zia,  rio,  frz.  i?i«,  pie  usw.  Zu 
baleno  ist  Nigras  Ableitung  von  albus  (Arch.  glott.  it.)  zu  halten. 


90  Sandfeld-Jensen  Rumsenske  Studier  I. 

keit  einer  solchen  Ableitung:;  brenna  von  urenna  neben  regelrech- 
tem guaragno;  gualdana  aus  '*cavallitanay  dessen  Ableitung  von 
einem  Subst.  m\i  -Xto  auffällt,  der  Anlaut  ist  auch  schwer  zu  erklä- 
ren; guidare  aus  co-itare^  was  Entlehnung  des  frz.  guider  voraus- 
setzt; rihadire  =  re-pavire,  frz.  river  ist  dabei  entfernt;  shaire  zu 
pavere,  eher  doch  ^  frz.  eshahir,  vgl.  Littr^,  zu  bad-are*^  sguaiata 
=  frz.  degag^  zu  got.  wadi. 

Brunn  (Mähren).  J.  Subak. 


Sandfeld-Jensen  Kr.  Ruma^nske  Studier  I.  Infinitiv  og  Udtrykkene 
derfor  i  Rumiensk  og  Balkansprogene.  Kopenhagen,  Siegfr.  Mi- 
chaeisens Nachfolger  1900.    8»     136  S. 

Eine  historisch  -  vergleichende  Untersuchung  der  speziellen 
Übereinstimmungen  der  verschiedenen  nicht  mit  einander  verwandten 
Sprachen  der  Baikanhalbinsel  ist  das  Endziel  des  Verfassers.  Vor- 
läufig fängt  er  mit  einer  Untersuchung  über  den  Verlust  des  In- 
finitivs an,  was  deshalb  eine  glückliche  Wahl  ist,  weil  man  hier 
noch  am  ehesten  historische  Anhalte  zu  finden  hoffen  kann.  Es  ist 
ferner  durchaus  methodisch,  dass  der  Verfasser  nicht  auf  die  blosse 
Thatsache  des  Verlustes,  sondern  auf  die  Art  und  Weise,  wie  der 
Infinitiv  verdrängt  worden  ist,  das  Hauptgewicht  legt.  Das  Buch 
behandelt  daher  im  wesentlichen  die  verschiedenen  Ausdruckswei- 
sen, die  den  Infinitiv  verdrängt  haben;  vom  Verfasser  wird  dies 
im  Haupttitel  und  in  den  Überschriften  der  einzelnen  Abschnitte 
wenig  glücklich  durch  "Ausdrücke  für  den  Infinitiv*'  bezeichnet^, 
was  ihn  glücklicherweise  nur  in  geringem  Umfange  dazu  verführt, 
statt  des  historischen  Begriffes  des  Infinitivs  der  verschiedeneu 
Stammsprachen  mit  einem  blassen  sprachphilosophischen  Begriff 
des  Infinitivs  im  allgemeinen  zu  rechnen.  Dem  historischen  Ge- 
sichtspunkte wird  dadurch  Genüge  gethan,  dass  der  Verfasser  immer 
zuerst  den  thatsächlichen  Gebrauch  des  Infinitivs  im  heutigen  Ru- 
mänisch darstellt  und  dann  erst  die  damit  gleichwertigen  Ausdrucks- 
weisen behandelt;  lür  diese  letzteren  werden  dann  Parallelen  aus^ 
dem  Albanesischen,  Bulgarischen,  Serbischen  und  Griechischen  bei- 
gebracht. Dies  Verfahren  scheint  den  gewühlten  Titel  "Rumänische 
Studien"  zu  rechtfertigen;  in  der  That  ist  er  jedoch  nur  subjektiv, 
nicht  objektiv  richtig;  subjektiv  richtig  ist  er,  weil  der  Verfasser 
thatsächlich  dem  Rumänischen  das  meiste  Interesse  entgegenbringt; 
objektiv  falsch  ist  der  Titel  aber,  weil  die  ganze  Frage  ebenso  sehr 
die  übrigen  Sprachen  angeht,  die  daher  aiit  ebenso  viel  Interesse 
hätten  Anspruch  machen  können.  Namentlich  würe  überall  nicht 
nur  nachzuweisen  gewesen,  dass  das  Albanesische,  Bulgari."-che,  Ser- 
bische, Griechische  Ausdrucksweisen  besitzen,  die  mit  denjenigen 
parallel  sind,  welche  im  Rumänischen  den  Infinitiv  verdrängt  haben, 
sondern  zugleich  hätte  untersucht  werden  sollen,  in  welchem  Um- 
fange diese  Ausdrucksweisen  auch  in  diesen  Sprachen  einen  ur- 
sprünglichen Infinitiv  verdrängt  haben. 

Es  muss  dem  Verf.  zu  besonderem  Verdienste  gerechnet  wer- 
den, dass  er  immer  selbst  sein  ganzes  Material  auf  Grund  volks- 
tümlicher Texte  herbeigeschafft  hat,  so  dass  schon  der  in  seinem 
Buche  enthaltene  Beitrag  zur  deskriptiven  Syntax  der  Balkanspra- 
chen, besonders  des  Rumänischen  eine  bedeutende  Leistung  ist. 
Die  deskriptive  Sprachuntersuchuiig  ist  aber  immer  nur  eine  Vor- 


Satidfeld-.leiiecu  Kuniä'Uat<c  ScuiHei'  I. 


ru 


arbeit  für  die  Sprach  wisse  lisch  alt,  und  wenn  man  auch  einen  Sprach- 
forscher ficharf  raffen  müsste,  wenn  er  iinlUhi);  oder  zu  l'aul  wKre, 
sich  dieser  unschätzbaren  Vorarbeit,  wn  sie  nüli<;  ist,  zu  unterziehen, 
80  bekommt  er  jedoch  nur  dadurch  Anspruch  auf  den  Namen  eines 
Sprachforschers,  wenn  er  einem  höheren  Ziele  zustrebt.  Dies  hfihere 
ziel  ist  für  den  Verf.  der  Nachweis  der  Sprache,  von  der  der  Ver- 
lust des  Inflnitivs  auspeifaugen  ist.  Mit  dieser  Ftagß  beschftrtigt 
sich  der  Schlussabschnitt  des  Ruches.  Der  Verf.  verwirft  die  An- 
sichten einiger  Gelehrten,  wonach  der  Verlust  des  Inflnitivs  von 
einer  jetzt  ansäest orbenen  Sprache  oder  vom  Albanesischen  oder 
(f»r  vom  Slaviechen  ausjfepangen  wäre,  und  schliesst  sich  der  An- 
sicht an,  wonach  der  Ausgangspunkt  vielmehr  im  Griechischen  zu 
Bachen    ist.     Als  Urheber   dieser  Ansicht    nennt   er  G.  Meyer  Neu- 

Sriechische  Studien  3,  2(1894).  Weshalb  er  aber  ganz  verschweigt, 
Hss  dieselbe  Ansicht  von  mir  (MSns  189D)  in  einer  gegen  den  Verf. 
gerichteten  Erörterung  (Nordisl;  Tidsskrift  for  Filologi,  3.  rffikke,  4, 
&6  und  60)  vertreten  wurde.,  bleibt  mir  unklar.  Als  Beweis  für  die,se 
Ansicht  benutzt  er  (wie  auch  Ref.  a.  m.  O.)  die  Thatsache,  dass  die 
Ausdrucks  weise,  die  den  Inßnitiv  verdrHngt  hat.  Im  QriechischeD 
in  eine  sehr  alle  Zeit  zurückgeht:  er  erwähnt  auch  in  etwas  un- 
Idareu  Worten  (S.  109  unten),  dasa  im  Griechischen  sekundär  ge- 
wisse lautliche  Eigentümlichkeiten  mit  zum  Abkommen  der  Inflnitiv- 
konstruktionon  haben  beitragen  können.  Er  beruft  sich  weiterhin 
«uf  die  Verwendung  von  grieeh.  t'*  vd  für  vd,  womit  alb.  AV  le, 
bulg.  za  da  und  rum.  ca  sä  (für  li,  da,  gä)  verglichen  wird;  der 
etwas  verdunkelte  Parallelismus  der  verschiedenen  Sprachen  wird 
klar  gemacht  und  das  relativ  hohe  Alter  der  Erscheinung  im  Grie- 
chischen historisch  festgestellt.  Was  die  darauf  folgende  Erörterung 
aber  die  Gebrauchssphliren  des  Indikativs  und  Konjunktivs  in  den 
Balh  ansprachen  zur  Entijcheiduug  der  Frage  nach  dem  Auxgan^- 
pankt  des  VerluKta  des  Infinitivs  beiirw;;en  soll,  ist  mir  unklar.  Von 
S.  118  an  sucht  der  Verf.  seine  Ansiclil  durch  den  Nachweis  zu 
stützen,  dass  das  Griechische  überhaupt  iiuf  die  Nachbarsprachen 
einen  sehr  grossen  Einfluss  ausgeübt  hat.  Die  Beispiele,  die  er 
dafür  beibringt,  sind  aber  auin  grosse«  Teile  sehr  wenig  schlagend; 
er  weist  olt  nur  die  Übereinsiimmung  der  verschiedenen  Sprachen 
nach  ohne  die  Priorität  des  Griechischen  evident  zn  macheu;  der 
Verf.  gesteht  die«  selbst  H^4S.  I2S.  Aber  nur  die  evidenteu  Fälle, 
wo  das  Griechische  der  Ausgangspunkt  einer  jetzt  tür  mehrere  Bal- 
kanspracheu  geineinHamc  Eigenlümliclikeit  gewesen  ist,  waren  hier 
zu  benutzen  ■gewesen;  das  übrige  wSj'e  in  die  Einleitung  zu  ver- 
weisen gewesen,  wii  der  Verf.  eiue  Übersicht  über  gemeinsame 
Eigentümlichkeiten  der  Balkansprachen  gibt.  Wäre  der  Verfasser 
seinem  eigenen  Plan  ireugeblieben,  wonach  die  deskriptive  Vor- 
führung des  .Materials  in  der  Einleitung  und  im  Uauptteile  de» 
Buches  ihren  Platz  hätte,  während  der  Schlussabschnitt  nur  den 
Scblnssfol gerungen  gewidmet  sein  sollte,  so  wäre  dieser  Abschnitt 
nicht  nur  viel  kürzer,  sondern  auch  viel  klarer  und  überzeugender 

SewordeL.  Neben  dem  vom  Verfasser  benutzten  chronologischen 
eweise  tür  die  Priorität  dea  Griechischen  in  der  Verdrängung  Aq» 
Infinitivs  und  neben  dem  Analügiebeweis,  der  sich  aus  der  Priorität 
des  Griechischen  in  anderen  Fallen  ergeben  soll,  hätte  er  noch  auf 
den  indirekten  Beweis  mehr  Gewicht  legen  sollen:  der  Ausgangs- 
punkt kann  nicht  anderewo  gesucht  werden.  Denn  da  die  Ansicht 
Gasters,  wonach  hier  F.influss  der  nichtindogermanischen  Bulgaren 
vorliegen  sollte,  ebenso  wie  dei'  Verweis  Fallmerayers  auf  das  Sla- 
Tieche,    einlach  alleu  sprachgeschichilichen  Thatsachen   ins  Gesicht 


92  Sandfeld-Jensen  Rumaeusko  Studier  L 

schlägt,  so  bleibt  nur  die  Wahl  zwischen  dem  Albanesischen  und 
dem  Griechischen.  Dass  aber  sehr  gewichtige  Gründe  gegen  das 
Albanesische  sprechen,  hätte  der  Verfasser  nachweisen  können. 
Denn  während  die  Verdrängung  des  Infinitivs  sich  auf  alle  grie- 
chischen Dialekte  erstreckt  (vgl.  Sandfeld-Jensen  S.  104—105),  ist 
der  Infinitiv  in  der  einen  Hälfte  des  Albanesischen  noch  immer  in 
voller  Verwendung.  Ich  habe  dies  Nordisk  Tidsskrift  for  Filologi, 
S.  raekke,  IV  S.  56  ausgesprochen,  und  Sandfeld-Jensen  stimmt  mir 
offenbar  bei,  indem  er  S.  78  bemerkt,  dass  Infinitive  wie  gegisch 
me  pdftune  'zu  haben'  ganz  ebenso  wie  die  Infinitive  anderer  Spra- 
chen fungieren,  wozu  er  S.  132  noch  hinzufügt,  dass  seiner  Ansicht 
nach  das  Albanesische  niemals  einen  anderen  Infinitiv  gehabt  hat 
Aber  die  Sache  wäre  viel  ausführlicher  zu  besprechen  gewesen, 
denn  sonst  wird  die  alte  unbegründete  Ansicht,  dem  Albanesischen 
fehle  der  Infinitiv,  immer  wiederkehren.  Der  äussere  Anlass  zu 
dieser  Ansicht  ist  der  Umstand,  dass  der  Infinitiv  formell  mit  dem 
Part.  Perf.  Pass.  (päsune  'gehabt')  identisch  ist.  Aber  wenn  man 
deshalb  den  Infinitiv  nicht  als  echten  Infinitiv  bezeichnen  will,  so 
muss  man  sich  vor  allem  klar  machen,  wie  man  sich  die  Entwick- 
lung denkt.  Hat  das  Albanesische  ursprünglich  einen  echten  Infi- 
nitiv gehabt  und  dann  später  denselben  durch  ein  aus  dem  Part. 
Perf.  Pass.  entstandenes  Verbalsubstantiv  (vgl.  etwa  lat.  factum) 
ersetzt?  Dass  hiesse  doch  nur  den  einen  Infinitiv  durch  einen  an- 
dern ersetzen,  das  eine  Verbalsubstantiv  in  der  infinitivischen  Ver- 
wendung mit  einem  anderen  vertauschen,  und  hätte  mit  einem  Ver- 
lust des  Infinitivs  nicht  mehr  zu  thun  als  etwa  der  Wechsel  zwischen 
d|Liuv^)Li€vai  und  dfiiuvciv  im  Griechischen.  Mehr  oder  weniger  bewusst 
denkt  man  sich  aber  gewöhnlich  offenbar,  dass  der  alb.  Infinitiv 
zunächst  völlig  verloren  gegangen  und  erst  später  durch  das  Par- 
tizipium ersetzt  worden  sei.  Was  soll  dann  aber  zwischen  dem 
ursprünglichen  und  dein  jetzigen  Zustande  gelegen  haben?  Etwa 
eine  Umschreibung  wie  im  Südalbanesischen  {mund  te  ketf,  'er  kann, 
dass  er  habe'  statt  'er  kann  haben')?  Diese  sonderbare  Ansicht 
könnte  man  etwa  dadurch  stützen  wollen,  dass  der  g;e^.  Infinitiv 
eine  weitere  Verwendung  hat  als  die  Infinitive  mancher  anderen 
Sprachen,  und  zwar  so,  dass  er  immer  da  verwendet  wird,  wo  das 
Südalbanesische  eine  Umschreibung  mit  te  verwendet,  wie  Sandfeld- 
Jensen  S.  78  nachweist;  so  ersetzt  er  z.  B.  einen  Bedingungssatz 
und  kommt  in  Absicht.ssätzen  und  anderen  Sätzen,  die  etwas  nur 
Vorgestelltes  ausdrücken,  nach  der  Konjunktion  vi  'dass'  vor.  Aber 
Sandfeld-Jensen  bemerkt  treffend,  dass  der  Infinitiv  auch  im  Slavi- 
schen  einen  Bedingungssatz  ersetzt,  und  diese  Spur  lässt  sich  weiter 
verfolgen;  die  Verwunderung  über  die  weitgehende  Verwendung: 
des  gegischen  Infinitivs  lässt  sich  durch  slnvische  Parallelen  voll- 
kommen beschwichtigen  (vgl.  z.  B.  russ.  ctoby  hytb  statt  abg.  da 
hl  hi/lh^  russ.  jezeli  skazath  und  andere  Beispiele  für  den  Infinitiv 
nach  Konjunktionen).  Ein  Grund,  das  ehemalige  Vorhandensein 
der  südalbanesischen  Umschreibung  mit  ie  für  das  Nord  albanesische 
vorauszusetzen,  liegt  also  nicht  vor.  Dagegen  wird  der  nordalb. 
Infinitiv  auch  im  Südalbanesischen  existiert  haben,  wie  aus  Resten 
wie  pa  pdsurF  'ohne  zu  haben'  hervorgeht;  ob  aber  diesem  Infinitiv 
die  Präposition  ine  im  Südalbanesischen  vorausging,  ist  zweifelhalt. 
Zwar  sagt  man  südalb.  do  me.  Oftif  'das  heisst'  (Sandt'eld-J.  S.  78); 
wenn  das  ebenso  wie  deutsch  icill  sagen,  dänisch  det  vil  mige  'das 
heisst',  altgriech.  ^8^\€i  Xcreiv  Herodot  4,  131  aufzufassen  ist,  was 
doch  wohl  das  wahrscheinlichste  ist  (kaum  etwa  'Mas  will  (=  d.  h.) 
mit  Sagen"),    so   ist   die  Redensart  aus    dem  jetzigen  Südalb.  nicht 


Sandfeld-Jensen  Rumseuske  Studier  I.  93 

erklärbar.  Mit  Unrecht  sieht  Sandfeld-J.  S.  78  hierin  den  Keim 
des  nordalb.  Infinitivs;  die  Redensart  Hesse  sich  vielmehr  als  Rest 
eines  Zustandes  auffassen,  wo  der  Iniinitiv  mit  me  im  Südalb.  ganz 
ebenso  wie  im  Nordalb.  verwendet  wurde.  Sicher  ist  das  aber  nicht, 
weil  die  Redensart  do  me  ^sne  im  Südalb.  auf  Entlehnung  aus  dem 
Nordalb.  beruhen  kann.  Die  formelle  Identität  des  nach  diesen 
Erörterungen  als  gemeinalbanesisch  anzuerkennenden  Infinitivs  mit 
dem  Part.  Perf.  Pass.  kann  sehr  gut  sekundär  sein.  Denn  Suffixe, 
deren  wesentlichster  Bestandteil  ein  -n-  oder  -m-  ist,  werden  be- 
kanntlich in  den  idg.  Sprachen  ebenso  gut  zur  Bildung  von  Infini- 
tiven wie  von  Partizipien  verwendet.  Die  Identität  des  Infinitivs 
mit  dem  Partizipium  war  deshalb  im  Alb.  ursprünglich  vielleicht 
nicht  inniger  als  die  Identität  von  d.  Infin.  geschehen  und  Part. 
geschehen.  Für  diese  Auffassung  spricht  wohl  auch  der  Umstand, 
dass  die  Nachbarsprache  des  Albanesischen,  das  Griechische,  gleich- 
falls im  Infinitiv  -n-  und  -m-Suffixe  verwendet. 

Ich  hätte  demnach  in  dem  Schlussabschuitt  des  Buches  stren- 
gere Ordnung  und  schärfere  Beweisführung  gewünscht.  Eine  stren- 
gere Ordnung  wäre  auch  für  die  Einleitung  zu  wünschen  gewesen. 
Die  dort  aufgezählten  Übereinstimmungen  der  verschiedenen  Bal- 
kansprachen werden  in  so  bunter  Unordnung  durcheinander  ge- 
worfen, dass  die  Paragrapheneinteilung  überhaupt  keinen  Sinn  hat. 
Der  Verf.  hätte  sich  bemühen  sollen  uns  zu  zeigen,  nicht  wie  ahn- 
lich die  Sprachen  unter  sich  sind,  sondern  wie  ähnlich  sie  gewor- 
den sind;  dann  hätte  sich  ein  Einteilungsprinzip  von  selbst  geboten. 
Sogar  im  Hauptteil  des  Buches  fehlt  bisweilen  die  strenge  Ordnung. 
Der  Verf.  liebt  es,  nach  der  Aufzählung  einer  Reihe  von  stark  be- 
legten Kategorien  in  einem  abschliessenden  Paragraphen  ganz  hete- 
rogene Sachen  zusammenzuwerfen  ohne  irgend  einen  Versuch,  sie 
ordentlich  zu  rubrizieren  (so  in  §  46,  61,  92,  93;  auch  in  §  57  wer- 
den zwei  ganz  verschiedene  Sachen  zusammengeworfen).  In  §  44 
S.  59  wird  die  Frage  aufgeworfen,  ob  serb.  gde  in  einem  bestimm- 
ten Falle  als  Pronomen  ('welcher*)  oder  Adverbium  fwo')  aufzu- 
fas.sen  ist;  das  entscheidende  Argument  wird  aber  nicht  hier  oder 
in  einem  Nachtrage  hierzu  angegeben,  sondern  wird  §  123  S.  128  in 
einem  ganz  anderen  Zusammenhang  versteckt.  Zweimal  zitiert  der 
Verf.  das  sonst  nicht  berücksichtigte  Slo venisch,  einmal  S.  119^  um 
zu  konstatieren,  dass  es  nichts  vergleichbares  bietet,  was  ziemlich 
überflüssig  sein  dürfte,  und  ferner  S.  44,  wo  er  als  slovenische 
Eigentümlichkeit  etwas  anführt,  was  in  der  That  gemeinsiavisch 
ist,  vgl.  Miklosich  Vergl.  Gramm.  4,  858:  ''Der  finale  Infinitiv  ist 
dort,  wo  er  nicht  an  die  Stelle  des  Supinum  getreten,  unslavisch". 
Einige,  übrigens  nicht  zahlreiche  Versehen  habe  ich  im  Buche  be- 
merkt, namentlich  im  alb.  Teil;  da  sie  aber  für  den  Gang  der  Un- 
tersuchung unwesentlich  sind,  übergehe  ich  sie.  Vielleicht  muss 
aber  der  Leser  ausdrücklich  darauf  aufmerksam  gemacht  werden, 
dass  S.  26  das  letzte  bulgarische  Beispiel  zu  streichen  ist. 

Erst  durch  das  von  Sandfeld-Jensen  zuwegegebrachte  Mate- 
rial ist  die  wissenschaftliche  Untersuchung  des  Infinitivproblems 
der  Balkansprachen  in  vollem  Umfange  ermöglicht  worden;  zugleich 
dürfte  die  von  ihm  gebilligte  Lösung  die  endgültige  sein. 

Kopenhagen.  Holger  Pedersen. 


"94  Sarauw  Irske  Studier. 

Sarauw  Chr.    Irske  Studier.    Kopenhagen  Schubothe  1900.    144  S. 

Das  Buch  enthält  1)  eine  Abhandlung  über  lateinische  Lehn- 
wörter im  TrLschen;  2)  eine  in  mehrere  Abteilungen  zerfallende  Unter- 
suchung über  Verbalwurzeln  und  ihre  Komposition  mit  Präpo- 
sitionen; 3)  ''Emendationes  explicationes  glossaruni  aliquot  Hibemi- 
carum."  Der  unter  3)  genannte  Anhang  ist  lateinisch,  sonst  ist  das 
Buch  als  Habilitationsschrift  dänisch  geschrieben. 

Die  ganze  Arbeit  zeugt  gleichmässig  von  Scharfsinn  und 
sicherer  Methode;  die  Abteilungen  1)  und  3)  können  aber  an  Be- 
deutung und  Interesse  mit  2)  nicht  wetteifern. 

Die  erste  Abhandlung  hat  als  Ausgangspunkt  das  irische  c 
und  s  für  lat.  p  und  f  genommen.  Was  Sarauw  lehrt,  ist  unend- 
lich viel  besser  als  die  hierauf  bezüglichen  Erörterungen  von  Güter- 
bock;  dass  Sarauws  Ansicht  über  c  zum  Teil  nur  als  eine  zeitge- 
mässere  Fassung  der  von  Güterbock  Lehnwörter  S.  91  mit  Unrecht 
bekämpften  Ansicht  von  Windisch  ist,  gerät  ihr  natürlich  nur  zur  Em- 
pfehlung. Mit  grosser  Feinheit  wird  eine  Reihe  von  Merkmalen  für 
die  Chronologie  der  Lehnwörter  ausfindig  gemacht.  Ich  bemerke 
zu  S.  10,  dass  es  nicht  möglich  ist,  dem  im  Wb.  viermal  vorkom- 
menden pennit  ein  aus  nd  entstandenes  nn  zuzuschreiben,  wie  es 
Sarauw  thut;  denn  ursprüngliches  nd  ])leibt  im  Wb.  (vgl.  Ref.  As- 
pirationen i  Irsk  S.  108  und  110);  pennit  ist  mit  cymr.  penyd  direkt 
zu  identifizieren,  wenn  auch  der  Grund  dor  Doppelung  unsicher 
bleibt.  Das  irische  s  für  f  erklärt  S.  mit  Hilfe  der  Mutationsregehi; 
mit  einer  kleinen  von  Vilh.  Thomsen  herrührenden  Änderung  lautet 
seine  Ansicht  so :  die  Iren  haben  das  fremde  f  mit  hw  (wie  p  mit  q) 
gegeben;  dies  hiv  wurde  als  lenierte  Form  aufgefasst  und  dazu 
ausserhalb  der  Lenierung  ein  sw  geschaffen;  hw  und  sw  wurde 
später  zu  f  und  s.  Diese  Vermutung  ist  sehr  ansprechend,  wenn 
auch  S.  bei  den  betreffenden  Wörtern  {süist  usw.)  keine  lenierte 
Form  mit  f  (wie  fiur  neben  siur)  nachweisen  kann;  zu  tadeln  ist 
S.  aber,  weil  er  S.  19  behauptet,  die  Mutation  s  :  /  sei  schon  zur  Zeit 
der  ältesten  Quellen  im  Absterben.  Das  ist  im  allerhöchsten  Grade 
unwahrscheinlich;  nur  wurde  f  wie  h  mit  .v  bezeichnet;  tostm  im 
Ml.  kann  natürlich  nur  als  fofiinn  gelesen  werden  (so  ist  Asp.i  Irsk 
S.  00  zu  korrigieren,  wo  ich  ausserdem  das  Fut.  sec.  dusesdinn  nicht 
hätte  anführen  sollen).  Die,  ich  besinne  mich  nicht  wo,  vorgetra- 
gene Vermutung,  altn.  pitstr  sei  aus  ir.  sttist  entlehnt,  verträgt  sich 
mit  S.s  Ansicht  ebenso  wenig  wie  mit  der  Schuchardtschen. 

Die  zweite  Abhandlung  ist  aus  einer  mehrjährigen  Bestrebung 
des  Verfs.,  sämtliche  altirischc  Verba  paradigmatisch  anzuordnen, 
hervorgegangen.  Durch  diese  Bestrebung  hat  Sarauw  nicht  nur 
ein  Verzeichnis  der  "Radices  linguae  Hibernicae"  im  Manuskript 
hergestellt  (hoffentlich  wird  er  es  bald  herausgeben),  sondern  er  ist 
zugleich  darauf  geführt  worden,  die  Bedeutung  der  Partikel  ro, 
den  Parallelismus  zwischen  ro  und  co7«-,  ad-^  ess-,  den  Parallelismus 
der  ro-Formen  mit  docoid,  incuaidj  ddcuaid  usw.  zu  erkennen.  Hier- 
mit betreten  wir  ein  Gebiet,  das  neuerdings  von  Zimmer  und  Thum- 
-eysen  berührt  worden  ist.  Nachdem  Zimmer  KZ.  36,  463  ff.  die  Funk- 
tion von  ro  beim  Präteritum  schlagend  nachgewiesen  hatte,  er- 
schien, von  Zimmer  angeregt  und  auf  den  Sammlungen  Strachans 
fussend,  eine  Untersuchung  von  Thurneysen,  worin  eine  ganze  Reihe 
der  auch  von  Sarauw  gefundenen  Resultate  dargestellt  waren.  Ich 
stelle  daher  zunächst  die  chronologischen  Thatsachen  fest.  Zimmers 
Aufsatz  war  S.  bei  der  Einlieferung  seiner  Habilitationsschrift  noch 
nicht  zugänglich;  Thurneysens  Untersuchung  ging  mir  als  Separat- 
abzug erst  dann  zu,  als  S.s  Buch  schon  so  gut  wie  fertig  gedruckt 


^^^^^^  Stirauw  Irske  Studier-  % 

war;  erst  bedeutend  später  knm  mir  das  botreffende  Heft  von  KZ. 
Auf  bnchhftndleriBchem  Wege  zu.  —  S.  und  Tlnirneysen  haben,  wie 
man  aus  dem  angeführten  leicht  er^iieht,  dieselben  Resultate  nnf 
verscliiodeiiem  Wege  gefunden.  Sehon  »us  dem  Wege,  den  Sarauv 
jregangen  ist,  folgt,  dnss  ei*  eine  vollstAudIgere  und  übarfli  cht  liebere 
Darstellung  der  Thatsachen  giebt;  nait  der  Frage  naeh  der  Ent- 
«tehun<^  der  gescliildercen  Verh&lttiisse  beschnfiigt  er  sich  wenig; 
Beine  Ansicht  aber  stimmt  mit  ThurneyBen  (der  sieh  besonders  mit 
der  sprachgeschichtljehen  Frage  beschäftigt)  im  Ganzen  überein; 
beide  nehmen  perfektive  Verba  für  eine  vorhistorische  Periode  an. 
S.  nennt  auch  in  der  historischen  Zeit  die  ro-Formon  perfektiv,  was 
die  schon  in  Verwirrung  geratene  Terminologie  der  perfektiven 
Erscheinungen  noch  verworreni-.r  macht.  Ich  schlage  vor,  rtass  man 
die  ro-Formen  nach  einer  Ihrer  thataftchlichen  Gebrauchsweisen  per- 
fektiech  nennt.  Dos  wäre  auch,  wenn  sie  wirklich,  wie  S.  und 
Tburne,vsen  annehmen,  aus  perfektiven  Formen  entstanden  wären, 
tfne  berechtigte  Benennung.  Meiner  Ansicht  nach  haben  aber  S. 
»nd  Thurnevsen  mit  der  Annahme  perfektiver  Verba  für  eine  vor- 
Itistorlache  Perlode  schwerlich  Recht  (vgl.  jetzt  KZ.  37,  210— -2ftO. 
Korrekturnote].  —  Sarauw  hat  sich  aber,  wie  es  sich  schon  aus  dem 
oben  gesagten  ergibt,  keineswegs  auf  die  ro-Ersch einungen  be- 
schränkt.  Er  gibt  überhaupt  eine  Reihe  von  prinzipiellen  Erörte- 
rungen über  Analyse  von  Verbalfornien  und  Aufstellung-  der  Para- 
digmata; er  hebt  u,  a.  die  Bedeutung  des  Infinitivs  als  etymolo- 
gischer Lei  tfadeu  hervor  und  gibt  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Reihe 
Ton  schönen  Etymologien.  Seine  gan:£e  Abhandlung  ist  so  reich 
im  feinen  Beobachtungen,  dass  sein  Buch  für  jeden  Keltologen  un- 
entbehrlich ist. 

Der  Haupteinwand  gegen  S.s  Buch  trifft  seine  systematische 
Weglassuug  alter  Citate;  weder  die  Forscher,  auf  die  er  sich  stützt, 
noch  diejenigen,  gegen  die  er  polemisiert,  werden  genannt.  Diese 
Weglaasung  isi  offenbar  grundslEtzlich,  aber  beruht  dann  jedenfalls 
auf  einem  g&nzlich  zu  verwerfenden  Qrundsaize.  Dass  er  nicht  er- 
wähnt, dass  die  von  ihm  gegebene  Analyse  von  iarfaigid  und  cuind- 
gid  schon  bei  Strachan  Revue  celtbiue  19,  177  und  Trans.  Phil.  Soc. 
1895—96  S.  131*  zu  finden  ist  (was  ich  nur  beispielsweise  heraus- 

f  reife],  siebt  schon  sehr  sonderbar  aus.  Noch  sonderbarer  ist  seine 
otemik  gegen  Strachans  Etymologie  von  tallaim  S.  49,  da  diese 
!:JStymologie  von  ihrem  Urheber  selbst  wieder  zurückgenommen  wor- 
■'--  ■  ■  (Revue  celtique  21,  176-178).  S.a  falscher  Grundsatz  hat 
1  Bchon  diese  leicht  zu  vermehrenden  Beispiele  zeigen,  mit 
der  einschlägigen  Litteratur  nicht  hinlsnglieh  vertraut  werden  lassen. 
Am  alEergi'e listen  zeigt  sich  dies  im  Verzeichnis  der  Emendationen 
und  Deutungen;  wenigstens  ein  Drittel  des  hier  gebotenen  war  schon 
voa  anderen  Forschern  vermutet  worden.  Verwandt  mit  diesem 
Verfahren  ist  ein  weiterer  Übelstand.  Wo  in  dem  Raieonnement 
^n  Lautgesetz  eine  Rolle  spielt,  wird  dies  Gesetz  gewöhnlich  nicht 
jugedeutet:  es  wird  dem  Leiter  überlassen,  die  für  den  Verfasser 
'massgebenden  Gründe  zu  erraten.  Stillschweigend  schreibt  er  S.  SS 
In  einer  Wb.-Stelle  deidblendn  für  deidbleän,  offenbar  wegen  Ml. 
127b  3.  Das  sonst  übliche  Sternchen  vor  erschlossenen  Formen 
findet  sich  bei  S.  tilcht;  er  schreibt  S.  40  und  öfters  ctsorc  statt 
aiorc;  als  ob  dies  eine  Inflnitivform  wäre  usw.  Wo  S,  vorwärts 
oder  rückwärts  in  seiner  eigenen  ITnCersucbang  verweist,  gibt  er 
niemals  die  bestimmte  Stelle  an.  Kurz,  eine  ganee  Reihe  von  üb- 
lichen orientierenden  Fingerzeigen  ist  von  S.  (mit  oder  ohne  Ab- 
eicht} vernachinssigt  worden. 


» 


gre 
FOm, 


96  Sarauw  Irske  Studier. 

Das  Bestreben  S.s,  die  irischen  Verbalkonglomerate  zu  ent- 
wirren, hat  auch  für  die  Lehre  von  den  Kelativsätzeu  Frucht  ge- 
tragen. Ich  stelle  hier  diejenigen  Bemerkungen  S.s  zusammen,  die 
meine  Darstellung  in  KZ.  35  supplieren  können.  Ich  hatte  in  3.  Sing. 
beres  ein  suffigiertes  Pronomen  zu  finden  geglaubt  und  weiter  an- 
genommen, dass  in  as-biur  dasselbe  Pronomen  inti giert  sei.  Laut- 
lich war  natürlich  nichts  dagegen  einzuwenden;  was  Strachan  Zeit- 
schrift f.  celt.  Phil.  2,  406  vorbringt,  ist  ganz  verfehlt;  ad-sligim  mit 
d  im  Auslaut  des  einen  selbständigen  Wortes  und  8  im  Anlaut  des. 
folgenden  hat  mit  heres,  as-biur  keine  Ähnlichkeit.  Dagegen  hatte 
ich  selbst  nachgewiesen,  das  as-biur  der  faktischen  Verwendung 
nach  nicht  mit  den  Regeln  über  relative  Konstruktion  stimmt.  Trotz- 
dem haben  mich  die  Bemerkungen  von  Thurneysen  IF.  Anz.  9,  191 
nicht  von  meiner  Hypothese  abgebracht,  weil  er  mit  einer  ganz 
imaginären  Präposition  ed  (gegen  die  sich  auch  Sarauw  S.  66  Fuss- 
note  wendet)  operiert.  Jetzt  zeigt  aber  Sarauw,  dass  der  Wechsel  von 
friss-,  fri-t-  ausgegangen  ist  und  zunächst  die  Präposition  ess^  dann 
auch  aith,  ad  und  in  angegriffen  hat.  friss-  enthält  wie  uad-  und 
occu-  ein  suffigiertes  neutrahis  Pronomen.  [Ich  vermute,  dass  diese 
Sachlage  daraus  zu  erklären  ist,  das  /W,  6  und  oc  entweder  wegen 
jüngeren  Ursprungs  (/r«,  oc)  oder  aus  anderen  Gründen  ursprünglich 
als  Verbalpräfixe  nicht  gebräuchlich  waren;  in  frisgart  usw.  hatte 
friss  eigentlich  dieselbe  Funktion  wie  später  in  asbert  friss'^  von 
der  Nominalkomposition  waren  diese  Wörter  (wenigstens  fri)  natür- 
lich nickt  ausgeschlossen;  nach  den  Infinitiven  wie  frecre  und  Par- 
tizipien wie  frithorte  haben  sich  die  finiten  Formen  des  echt  zu- 
sammengesetzten Verbums  {na  frithorcaid  usw.)  gerichtet.  In  fri- 
tamni-orcatsa  usw.  war  das  Pronomen  der  dritten  Person  wegge- 
blieben, weil  es  mit  dem  noch  folgenden  weiteren  Pronomen  nicht 
vereinbar  zu  sein  schien.  Mit  fritho?&un  :  frissorcar  war  wohl  iar- 
faigid  :  iarmi-foacht  ursprünglich  analog  (wenn  auch  iarvü-  ebeuso 
wie  remi-  eigentlich  dem  Femininum  ähnlicher  sieht  als  dem  Mask.- 
Neutr.),  aber  hier  drang  die  suffigierte  Form  zum  Teil  auch  in  das 
echte  Kompositum  (bei  remi-^  rem-  immerj.  Der  Unterschied  zwischen 
iarmi-  und  lann-  ist  wohl  rein  phonetisch.  Mechanisch  nach  iarmi- 
gebildet  ist  trerai-  (wie  tris-  nach  friss-),  sechini-\  nach  diesem 
Xluster  wurde  cen  ma  thd  zu  cenmithä.  Auch  in  ceta-  mag  ein  per- 
sönliches Pronomen  stecken.  Mit  allen  diesen  Fällen,  in  denen  die 
Funktion  der  Präposition  als  Verbalpräfix  wahrscheinlich  verhält- 
nissmässig  Jung  ist,  hat  das  nur  relativ  fungierende  ara-  imme-  neben 
den  uralten  Verbalpräfixen  ar  und  Imin  keine  ÄhnlichkeitJ.  Über 
beres  neben  3.  Plur.  beizte  nimmt  Sarauw  S.  95  an,  dass  es  nach  der 
Proportion  as  :  ata  analogisch  gebildet  ist;  und  das  ist  selbstver- 
ständlich richtig;  die  älteste  Analogiebildung  wird  bias,  bes  usw. 
sein.  Dadurch  gewinnen  wir  ein  sehr  einfaches  Bild.  Das  relative 
Pronomen  lautet  -e  {berte,  imme-,  file,  tote,  vielleicht  auch  luide  vgl. 
Sarauw  S.  105),  -a  {ata,  ara-),  Null  [^dochoid\  suffigiert  in  as  KZ. 
35,  3UJ,  ropo  KZ.  35,  352).  Dies  Pronomen  hatte  ich  KZ.  35,  362  mit 
cynir.  a  verglichen.  Strachan  ist  an  der  oben  zitierten  Stelle  über 
dies  Pronomen  sehr  emi)ört.  Dass  aber  die  Lenierung  in  relativer 
Konstruktion  in  der  That  durch  ein  Pronomen  hervorgerufen  ist, 
lässt  sich  jetzt  klar  nachweisen.  Sarauw  gibt  S.  55  eine  Regel  über 
die  V^erwendung  von  no\  no  begleitet  die  "imperfektiven'*  Formen 
des  orthotonen  nicht  zusammengesetzten  Verbums,  aber  von  den 
sekundären  Zeiten  abgesehen  nur  mit  Infigieriing  eines  Pronomens 
nach  no.  Diese  Regel  ist  unter  einer  Bedingung  in  der  That  er- 
schöpfend (und   diese  Bedingung  hätte  S.   hervorheben  sollen,    da 


Sarauw  Irske  Studier.  97 

mau  sonst  die  Pointe  seiner  Erörterung  leicht  übersieht).  Die  Be- 
dingung ist  die  Annahme  eines  infigierten  Relativpronomens  in 
Fällen  wie  ished  nochairigur,  ished  noadamrugur  Wh.  16c  3,  opus 
nobertis  Wb.  16  d  4.  Eine  kleine  Weiterwucherung  findet  sich  beim 
vevbum  substantivum ;  cenotad^  cenutad,  danuhedWb.  33b  8,  4a  10; 
12b  2  erinnert  sehr  an  KZ.  35,  408  f.  (über  -d-  nach  da);  noch 
weiter  ab  liegt  issamlid  inso  nobiad  chäch  Wb.  9d  25  (vgl.  ni  fris 
rucket  KZ.  35,  354  nach^der  mittelirischen  Regel  über  das  Relati- 
vura).  Weitere  AbweichAgen  finden  sich  in  Wb.  nicht,  Ml.  habe  ich 
daraufhin  nicht  durchge^hen.  Strachan  wird  daher  seine  Empö- 
rung bezwingen  und  das  ihm  so  teure  '^Relativpronomen"  n  fallen 
lassen  müssen.  Dies  n  ist  und  bleibt  die  Endung  des  Nom.  und 
Akk.  Neutr.;  wenigstens  ist  bis  jetzt  eine  andere  vernünftige  Deu- 
tung nicht  gefunden.  Es  ist  mir  eine  Freude  mitteilen  zu  können, 
dass  Sarauw  mir  (ebenso  wie  Thurneysen  IF.  Anz.  9,  192  f.)  in  diesem 
Punkte  beistimmt;  das  Beispiel  cach  ngäd  Wb.  31c  14,  wogegen 
Strachan  ohne  Erfolg  polemisiert,  wird  allerdings  von  Sarauw  S.  106 
durch  eine  einleuchtende  Konjektur  beseitigt;  aber  dadurch  kann 
meine  Deutung  natürlich  nicht  gefährdet  werden.  Das  relative  n 
wird  von  den  KZ.  35,  391  §  69  erwähnten  Fällen  ausgegangen  sein. 
Strachan  hat  sich  aber  in  das  ''Relativpronomen"  n  so  sehr  verliebt, 
dass  er  es  Zs.  f.  celt.  Phil.  2,  404  als  eine  Erfüllung  der  Regel  väq)€ 
Kai  ju^iuvac'  diricTctv  betrachtet,  wenn  er  ein  gut  beglaubigtes  dina- 
dricthe  in  ein  sonst  in  Wb.  niemals  vorkommendes  *dianadricthe 
korrigiert  (vgl.  dunaructhae  Tir.,  dinaconbi  Ml.  85  b  7,  wozu  Sarauw 
ISS  mit  Recht  fomaitmestar  sovi  stellt;  über  nait  =  nad  vgl.  Aspi- 
rationen i  Irsk  166;  die  "simple  (?)  emendation"  von  Strachan  Revue 
celtique  18,  217  ist  ganz  überflüssig). 

Noch  eine  weitere  wichtige  Konsequenz  von  Sarauws  Arbeit 
muss  hervorgehoben  werden.  Sarauw  S.  1(X)  behandelt  gabthe  und 
brethae  mit  Recht  als  altirische  Form  des  Prät.  Passiv;  ebenso 
Thurneysen  KZ.  37,  53  und  57.  Diese  stillschweigende  Anerkennung 
wird  aber  nicht  genügen,  um  die  ältere  Vorstellung,  diese  Formen 
seien  mittelirische  Neubildungen,  zu  beseitigen.  Es  muss  ausdrück- 
lich hervorgehoben  werden,  dass  diese  Formen  ganz  unverdächtig 
sind,  weil  überhaupt  keine  andere  absolute  Form  des  Prät.  Pass. 
im  Altirischen  vorkommt. 

Ich  muss  darauf  verzichten,  noch  ausführlicher  auf  den  inter- 
essanten Inhalt  von  Sarauws  Untersuchung  einzugehen.  Ich  gebe 
jetzt  nur  noch  ein  Verzeichnis  kleiner  mit  untergelaufener  Versehen. 
S.  137  Wb.  29d  9:  accur  darf  nicht  korrigiert  werden,  vgl.  Ml.  92a  16 
dufailti  7  duaccur  und  Stokes  Revue  celtique  9,  108  (O'Reilly  an- 
acar  'affliction*) ;  Wb.  30  c  20:  passt  in  den  Zusammenhang  nicht, 
vgl.  Ref.  Aspirationen  i  Irsk  104,  KZ.  35,  357,  Strachan  KZ.  33,  306 
Fussnote,  Zs.  f.  celt.  Phil.  2,  210,  Thurneysen  IF.  Anz.  9,  47;  Wb. 
31  d  5:  falsch,  vgl.  Ref.  Aspirationen  i  Irsk  153,  Strachan  Zs.  f.  celt. 
Phil.  1,  14,  Revue  celtique  18,  226,  Quiggin  Die  lautliche  Geltung 
der  vortonigen  Wörter  und  Silben  S.  9fr.  —  S.  138  Ml.  53c  14:  falsch, 
richtig  bei  Ascoli,  Glossar  37.  —  S.  136  Wb.  3d  24:  falsch,  da  fodite 
cesto  eine  sonst  nicht  vorkommende  Tautologie  ist.  —  S.  137  Wb. 
32a  19:  überflüssig,  vgl.  Wb.  18a  11.  —  S.  138  indossa  ist  selbst- 
verständlich aus  indorsa  Wb.  12c  35;  14 d  28  entstanden;  eine  Da- 
tivform *ind  fhoss,  *ind  fhois  von  dem  Mask.  foss  ist  unmöglich. 
—  S.  139.  Ml.  101b  1:  vorzüglich;  man  kann  aber  einfach  co  lena- 
main  dib  lesen;  co  =  'mit*.  —  S.  34.  as  mo  de  focialtar  darf  nicht 
korrigiert  werden,  vgl.  asmaam  roiechestar  arsidetaid  Sg.  208b  15 
usw.  —  S.  99.  Die  Annahme,  dass   die  Glossen  Bruchstücke  eines 

Anzeiger  XII  i.  7 


Sti    Loewc  Die  clhiiiBdiE;  u,  eprai'liliclie  Gliedoruag' d.  German« 

grösseren  Werkes  sind,  ist  überflüssig';  mau  boI!  nur  Vth.  10b  19 
mit  10b  20  Kusamineuleöen :  herir  dano  andädesin  trtKinteKliminno  : 
.1,  aarochoili  innachridia  buid  dondingin  inögi  I,  diacholin  fonUul 
toisech.  Dasfi  die  Glossen  nur  StUcke  eines  zusauimenhanjfendeo 
Gedankeiigan^es  Rind,  ist  wahr,  aber  schon  bokannt,  —  S.  64  iif- 
secht,  estecht  'Tod'  ist  es-techt  'Ausgang".  —  S.  78.  dethiden  eher  zu 
didiiad^  cyror.  dyddan,  ymddyddan.  —  S.  afi.  Diese  Deutuns  von 
barafie  ist  unmöglich  wegen  Wb.  4a  3;  bar-  far-  ist  "Euer",  ar-  Wh. 
iibc  9  'unser'.  ^  S.  42.  Dhbs  in  cmnarncaiged  kein  od  sterko,  ist 
eine  ganz  unbügriindete  Ausicht.  —  S.  46,  immacomsinUar  vgl. 
immoHiiinselar  LL.  116b  I,  immaninithar  doib  LU.  60)i  3.  —  S.  63 
dorigeni  :  niclit  riuhtig,  da  r  im  Neuirischen  (Arran)  nicht  niouillierl 
ist.  —  Druckfehler:  S.  26  Z.  19.  lies  tr.  9;  S.  36  Z.  22,  lies  11  *  9; 
Z.  23,  lies  32)  24;  S.  37  Z.  4  von  unteD,  lies  (>2v  2;  S.  66  Fussnote 
Z,  1  höB  43a  2;  S.  llfi  Z.  12,  lies  24d  30;  S.  136  Z.  17,  lies  130d  12; 
Z.  23,  füge  hinxu  25a  5;  Z.  1  von  nnlen,  lies  24  t  II. 
Kopenhagen.  Hoiger  Ped' 


"^^n 


Loe^e  n.    Die  ethnische  und  sprachliehe  Gliederung  der  Gi 
nen.    Halle  Niemejer  1H99.    59  S,     1,60  M. 

Eine  zusammen  fasse  nde  DarBlellun«  der  vielen  schwiei  _ 
auf  die  Gliederung  der  Germanen  bezüglichen  Fragen  ir«t  gewiss 
uine  sehr  erwünschte  Schritt.  Die  vorliegende  Arbeit  enihUlt  manche 
treffende  Bemerkung,  vermag  aber  nicht  völlig  siu  befriedigen.  Im 
Allgemeinen  scheint  mir  der  Verf.  nicht  Kelten  mit  Beispielen  miii 
Li tteraturnach weisen  etwas  au  Hparsam  au  sein.  Er  geht  bei  seiner 
Untersuchung  von  den  sprnchhcheu  Eigentümlichkeiten  au«  und 
sucht  dann  die  so  gei'undencn  Beobachtungen  durch  Berücksichti- 
gung der  geographischen  Verschiebungen  zu  erklären,  bezw.  ihre 
Bichtigkeit  zu  erhürten,  wobei  er  vielfach  griechische  Statnmi's-  und 
Dialektverhitltnisse  zum  Vergleiche  heranzieht.  Seinen  Stoff  teilt 
L.  in  3  Kap.:  1.  Goten,  Nord-  und  Westgerraanen,  2.  Ost-,  3.  West- 
srermanen.  Im  1.  Kap.  werden  zunächst  die  einzelnen  sprachlichen 
Neuerungen  zusammengestellt,  die  je  zweien  unter  den  drei  Grup- 
pen gern  einsam  sind.  Dabei  erscheint  neben  wlchllgeQ  sicheren 
Momenten  auch  allerhand  problematisches  aufgelührt,  ohne  dass  et 
aber  als  unsicher  gekennzeichnet  würde.  So  erwAhnt  er  unter  Hin- 
weis auf  Kock  Bcitr.  21,  429  als  Kennzeichen  des  Nord  -  Wesigerui. 
einerseits  und  des  Got.  anderseits,  dass  gcrtn.  u  nord-  und  west- 
germ.  nach  langer  Stammsilbe  verloren  geht,  got.  jedoch  erhalten 
bleibt.  Ein  l'ür  die  VerwandtBchaftsverhültnisse  bedeutsamer  Unter- 
schied liegt  aber  hier  gewiss  nicht  vor.  sind  doch  die  Formen  tnil 
erhaltenem  u  auch  nach  Unver  Silbe,  die  schon  durch  altu.  vgnär 
vorausgesetzt  werden,  im  Ags.  noch  durch  Inscliviften  bexeugt; 
der  von  L.  angeführte  Unterschied  beruht  also  lediglich  auf  einer 
jüngeren  Entwicklung  der  Itingi'r  erhaltenen  Sprachen.  AndereK 
dagegen  vermisst  man.  Da  er  auch  die  Erscheinungen  zusammen- 
stellt, die  das  Nord,  nur  mit  einem  Teile  des  Westgerm,  gcmeirsam 
bat,  hlttte  doch  auch  die  pronominal  gebildete  Form  des  Nir.  Sgl. 
der  Adj.  eine  Erwühnung  verdient,  die  das  Hd.  mit  dem  Goto-nord, 
(diese  Bezeichnung  wird  von  L.  nicht  ungeschickt  vorgcschlajrnil 
teilt,  die  Aber  de.ii  SSchs,  und  Anglo-Fries.  fremd  ist.  Zar  ^K- 
rung  dessen,  dass  das  Got.  zahlreiche  Erscheinungen  tnit  demNi 


Locwe  Die  ethnische  ii.  sprachliche  Gliederung  d.  Germanen.    1)9 

■wenige  mit  dem  Weslgerro.  gemein  hat,  und  dass  eine  dritte  Klasse 
von  Nenerung'en  nur  das  Nord,  und  Westgerm,  betroffen  hat,  macht 
L.  gewlBS   mit  Recht    die  Verschiebung   der  Wohnsitze    der  Goten 

felteud,  deren  Heimat  er  in  Übereinstimmung  mit  Kossinna  in  Skan- 
inavien  sucht.  Für  die  Chronologie  der  Sprachgeschichte  ergibt 
Sich  vor  Allem  eine  wichtige  Beobachtung,  dass  nAmÜch  die  Neue- 
rungen auf  dem  Gebiete  der  nominalen  Wortbildung  jüngeren  Ur- 
sprungs sind.  Insbesondere  fehlt  dem  Got.  die  sufOxnle  Verwendung 
ursprlinglich  selbständiger  Substantiv» ;  sie  kana  also  erst  KU  einer 
Zeit  gebrffuchlich  geworden  sein,  da  die  Goten  am  schwarzen  Meere 
des  engern  Zusammenhangt!  mit  den  übrigen  germ.  SlHmmeii  ver 
lustig  gegangen  waren. 

fin  2.  Kap.  wird  die  Frage  untersucht,  welche  Völkerschaften 
■den  Goten  naher  verwandt  sind.  Bei  der  Dürftigkeit  des  erhnlie- 
uen  Materials  ist  es  nicht  zu  erwarten,  dass  hier  wesentlich  neue, 
sichere  Ergebnisse  zu  Tage  gefördert  werden.  L.  selbst  ist  dabei 
im  Allgemeinen  mit  den  Schlüssen  aus  sprachlichen  Kriterien  sehr 
»urückhaltend,  um  ho  mehr  muss  es  befremden,  wenn  er  S.  28  auf 
Grund  eines  einzigen  bei  Jordanes  belegten  wandtl.  Winiviar  ge- 
genüber späteren  Namen  auf  -riih  und  -mir  auch  für  das  Wandal. 
einen  Übergang  von  £  in  ä  und  dann  wieder  in  i  erschtiesst.  Diese 
Annahme  wird  dadurch  nicht  wahrscheinlicher,  dass  das  auffallende 
e  der  spanischen  Sueben  darauf  zurückgeführt  wird  (S.  51),  dass 
diese  schon  in  Ungarn  Nachbarn  der  Wandalen  gewesen  seien.  Auf 
Grund  mehr  allgemeiner  Erwägungen  archäologischer  und  cthnn- 
Jogischer  Art  glaubt  L.  immerhin  daran  festhalten  su  können,  dass 
Burgunder,  Rugier  und  Wandalen  einst  mit  den  Goten  eine  engere 
Einheil  gebildet  haben,  von  Plinius  unter  dem  Namen  Wandilier 
«usammeugefasst.  Der  Verf.  schliessc  hier  eine  Erörterung  über 
die  Genealogie  der  Germanen  hei  letzterem  an,  die  freilich  wenig 
«ichere  Resultate  ergibt;  die  Annahme,  dass  Plinius  oder  vielmehr 
Bein  Gewährsmann  ein  wandilisches  Lied  benutzt  habe,  wird  man 
nicht  dahin  rechnen  wollen. 

Das  3.  Kap.  handelt  von  den  Weetgermanen.  F^  ist  zu  bc- 
dituern.  daae  der  Verf.,  wenn  doch  die  Schritt  einen  vollständigen 
Oberblick  über  die  sprachliche  Gliederung  der  Ge.rmiuien  geben 
sollte,  nirgends  Anlas»  gefunden  hat,  diejenigen  Kriterien,  die  spe- 
ziell für  die  Zusammengehörigkeit  der  Westgermanen  zeugen,  auf- 
suführen.  Und  doch  wäre  ehw  neue  zusammen  fassende  UntPr- 
suchung  derselben  gewiss  nicht  wertlos  gewesen.  Allein  schon  die 
iVage,  wie  sich  die  gewöhnliche  Annahme,  wonach  diu  westgerm, 
Konsonantengeniinaiion  vor  der  Auswanderung  der  Angelsachsen 
stattgefunden  hat,  zu  der  Thatsache  verhält,  dass  die  Gemination 
vor  r  und  l  nach  Ausweis  von  Doppelformen  wie  ahd.  ahbar  und 
aeehnr  erst  nach  der  Synkope  des  Endungs-n  eingetreten  ist  und 
dass  dieses  letztere  in  den  malbergischen  Glossen  noch  erhalten  ist, 
wäre  eingehender  Prüfung  wert.  Mit  besonderer  Ausführlichkeit 
bespricht  L.  die  Entstehung  oder  besser  Zusammensetzung  der  deut' 
achen  Sachsen.  Dem  Resultat  der  etwas  unklaren  Auseinander- 
H>utzung,  die  relative  Einheitlichkeit  der  sächs.  Mundart  sei  am  leich- 
■"  "1  tVL  erklären,  wenn  man  annehme,  dass  überall  bis  zu  ihren 
zen  nordalhingischc  Kolonisten  gekommen  seien,  d.  h.  also  eine 
nilich  einheitliche  Sprache  sei  durch  Mischung  ganz  verschiede' 
r  Elemente  entstanden,  wird  man  schwerlich  beistimmen.  Zum 
khluBse  folgen  noch  einige  Bemerkungen  über  die  Abdämmung 
r  Langobarden,  die  L.  zu  den  Erminonen  rechnen  möchte.  Auf 
1  niihere  Begründung   meiner   früheren,   vielleicht  etwas    nllzu 


100    Fr&n  Filologiska  Föreningen  i  Lund  Spräkliga  Uppsatser. 

zuversichtlich  ausgesprochenen  Ansicht  von  ihrem  ingväonischen 
Ursprung  kann  ich  hier  nicht  eintreten;  nur  soviel  sei  bemerkt,  das» 
sich  unter  den  deutschen  Elementen  im  Italienischen,  die  aus  dem 
Langob.  stammen,  eine  Anzahl  Wörter  linden,  die  sonst  nur  im 
Ags.  nachzuweisen  sind;  vgl.  caleffare  'verspotten*,  staffa  'Stegreif* 
und  vielleicht  romire  'lärmen',  Charakteristik  der  germ.  Elemente 
im  Ital.  S.  19,  ZfrPh.  24,  66. 

Basel.  Wilhelm  Brückner. 


Frän  Filologiska  Föreningen  i  Lund.  Spräkliga  Uppsatser.  Lund 
1897.    E.  Malraströms  Bogtryckeri. 

Der  philologische  Verein  an  der  Universität  Lund  blickt  auf 
das  erste  Jahrzehnt  seines  Bestehens  zurück;  er  ist  in  dieser  Zeit 
stetig  gewachsen,  einige  der  ehemaligen  Mitglieder  nehmen  in  der 
Gelehrtenwelt  einen  hervorragenden  Platz  ein;  man  feiert  das  zehnte 
Geburtsfest  durch  eine  Festschrift. 

Da  der  Verein  gebildet  wird  von  Philologen  aller  Fächer,  sind 
die  Beiträge  recht  vielseitig.  Nur  nennen  kann  ich  die  Arbeiten 
der  klassischen  Philologen:  J.  Paulson,  In  Lucretium  adversaria; 
A.  Ahlberg,  Adnotationes  in  accentum  Plautinum;  M.  P:n  Nilsson, 
De  republica  Atheniensium  a  Clisthene  constituta;  Cl.  Lindskog,  De 
usu  pronominum  personalium,  quae  subiecti  uice  funguntur,  apud 
elegiacos  poetas  latinos  obseruationes.  A.  Kock  eröffnet  die  Reihe 
der  germanistischen  Beiträge  und  zugleich  die  ganze  Schrift  mit 
der  etymologischen  Untersuchung  einiger  schwedischer  Wörter:  Dal- 
kidla,  fatt  in  illa  fatt^  huru  är  det  fatt  und  in  taga  fatt  nägon. 
fyr  *en  lustig  kurre',  fyrhussa^  y aller ^  glättig,  ofant{e)lig  und  väln, 
väl(l)e.  P.  Rhode  will  in  seinem  Aufsatz  "Transitivity  in  Modem 
English"  absehen  von  der  rein  formalen  Scheidung  in  transitive 
und  intransitive  Verben  und  weist  den  Begriff  der  Transitivität 
na^i  in  englischen  Verben,  Substantiven,  Adjektiven,  Adverbien, 
Präpositionen  und  zusammengesetzten  Ausdrücken.  Th.  Hjelmqvist 
löst  aus  einem  grösseren  Aufsatz  über  die  schwedischen  l*ersonen- 
namen  in  übertragener  Bedeutung  reichhaltige  Sammlungen  zu  den 
Namen  Petter^  Per  und  Pelle  aus.  E.  Sommarin  weiss  es  wahr- 
scheinlich zu  machen,  dass  die  Unterscheidung  von  einvigi  und 
hölmganga  im  10.  Kapitel  der  Kormakssaga  auf  missverständlicher 
Auffassung  der  verdorbenen  Visa  28  durch  den  Sagaschreiber  be- 
ruht. Sven  Berg  kritisiert  die  früheren  Versuche,  für  die  Stellung 
des  französischen  Adjektivs  eine  Regel  zu  finden,  um  dann  zu  einer 
eignen  Formulierung  zu  gelangen:  Diejenigen  Eigenschaften,  die 
gleichzeitig  mit  dem  Substantivbegriff,  mit  ihm  untrennbar  verbun- 
den, im  individuellen  Bewusstsein  auftauchen,  werden  durch  voran- 
gestellte Adjektive  ausgedrückt;  diejenigen  Eigenschaften,  die  den 
Substantivbegriff  näher  charakterisieren  und  von  andern  Begriffen 
scheiden,  werden  durch  nachgestellte  Adjektive  ausgedrückt.  An 
diese  —  gekürzt  wiedergegebene  —  Formulierung  schliesst  der  Verf. 
Beispiele  für  die  chiastische  Stellung  der  Adjektiva  (anciens  amis 
et  amis  nouveaux)  und  Bemerkungen  darüber.  H.  Söderbergh  ver- 
öffentlicht "Rimstudier  pä  basis  af  rimmets  användning  hos  mo- 
därna  svenska  skalder".  Auf  Grund  einer  Stoffsammlung  aus  den 
Gedichten  Snoilskys,  Rydbergs,  Heidenstams  u.  a.  handelt  er  sorg- 
fältig und  behutsam  in  3  Kapiteln  über  den  Reim  vom  Standpunkt 


Nyare  bidrag  tili  känDedom  om  de  svenska  laudsmälen  usw.    101 

der  Betonung,  über  den  nachvokalischen  und  den  vokalischen  Teil 
des  Reims.  Im  letzten  Kapitel  erklärt  er  sich  ausführlicher  gegen 
den  unreinen  Reim  (den  "Stockholmer  Reim":  e  :  ä)j  den  Heiden- 
stam  mit  Hinweis  auf  Ibsen  und  Goethe  für  das  Schwedische  ver- 
teidigt und  mit  andern  thatsächlich  angewandt  hat. 

Osnabrück.  \V.  Rani  seh. 


Nyare  bidrag  tili  kännedom  om  de  svenska  landsmälen  ock  svenskt 
folklif.  Tidskrift  utgifven  af  landm&Isföreningarna  i  Uppsala,  Hel- 
singfors  ock  Lund  genom  J.  A.  Lundell.  Stockholm  Samson  & 
Wallin  1896.  97.    Heft  57-60.    8».    9  Kronen. 

Die  beiden  Jahrgänge  1896  und  97  der  Zeitschrift  der  schwe- 
dischen Gesellschaften  zur  Erforschung  der  schwedischen  Dialekte 
und  des  schwedischen  Volkslebens  bieten  eine  ganze  Reihe  inter- 
essanter Aufsätze,  interessant  allerdings,  wie  es  ja  in  der  Natur 
der  Sache  liegt,  zunächst  nur  für  den  engeren  Kreis,  der  sich  mit 
schwedischer  Sprache  und  schwedischem  Volksleben  beschäftigt, 
wenngleich  natürlich  manches,  wie  z.  B.  die  bei  der  Dialekt- 
beschreibung angewendete  Methode  auch  darüber  hinaus  Interesse 
zu  erregen  vermag,  ebenso  wie  die  dabei  gebrauchte  Lautschrift, 
beide  jedoch  seit  Jahren  in  der  Zeitschrift  geübt  und  daher  wobl 
bekannt.  Es  ist  nicht  zu  verschweigen,  dass  demjenigen,  welcher 
der  schwedischen  Dialektforschung  fremder  gegenüber  steht  —  und 
das  werden,  wie  ich  glaube  sagen  zu  können,  ausserhalb  der  nor- 
dischen Lande  die  meisten  Germanisten  sein,  auch  die,  die  sich  spe- 
zieller mit  nordischer  Philologie  beschäftigen,  —  es  oft  recht  schwer 
fällt,  die  in  diesem  Alphabet  geschriebenen  Sprachproben  und  Wör- 
terverzeichnisse zu  lesen  und  sich  eine  wirkliche  Vorstellung  von 
den  Lauten  zu  bilden,  welche  durch  die  oft  wunderlich  verzerrten 
Buchstaben  bezeichnet  werden.  Ist  es  für  einen,  der  nicht  Schwede 
ist,  schon  schwer  genug,  sich  die  gesprochene  Reichssprache  wirk- 
lich gut  anzueignen,  so  erscheint  es  noch  weit  schwieriger  sich  eine 
fenaue  Kenntnis  der  zahllosen  Dialekte  zu  erwerben.  Von  einer 
ontroUe  über  die  gemachten  Angaben  einer  Dialektbeschreibung 
kann  erst  recht  gar  keine  Rede  sein.  Aus  den  hier  entwickelten 
Gründen  doppelter  Art  muss  ich  mich  bei  den  meisten  zu  bespre- 
chenden Arbeiten  mit  einem  kurzen  Hinweis  auf  den  Inhalt  be- 
gnügen. 

Heft  56  enthält  die  Fortsetzung  der  von  Lundgren  im  45.  Heft 
<=  X.  6),  im  Jahrgang  1892  begonnenen  Abhandlung  über  "Per- 
sonennamen aus  dem  Mittelalter",  von  Getar-Libtert.  Benutzt  wor- 
den sind  teils  gedruckte,  teils  handschriftliche  Quellen,  teils  alter- 
tümliche Namen,  die  im  Volke  fortleben  ohne  dass  sie  direkt  aus 
früherer  Zeit  nachgewiesen  werden  können.  Die  Namen  aus  Scho- 
nen, Halland  und  Blekingen  sind  nicht  vollständig  angeführt,  da 
ihre  Sprachform  einerseits  nicht  rein  schwedisch  ist,  sie  andrerseits 
bereits  von  0.  Nielsen  in  seinen  "Altdänische  Personennamen"  be- 
handelt sind.  Herangezogen  worden  sind  auch  Ortsnamen,  deren 
erster  Teil  aus  Personennamen  besteht.  Leider  hat  sich  der  Ver- 
fasser auf  die  Namen  rein  nordischen  Ursprungs  beschränkt.  Für 
die  Kulturgeschichte  Schwedens  wäre  es  von  Interesse  gewesen, 
das  Eindringen  fremder  Namen  beobachten  zu  können. 

Heft  57  enthält  7  Arbeiten   und  beendet  den  Jahrgang  1896. 


I 


102    Nyare  bidrag  tili  kannedom  om  de  svenska  landsinllen  U8i 

Lind  (XI.  2)  gibt  eine  Saininiung  vHnn  ländisch  er  Sprichwörter,  sprich- 
wörtlicher und  anderer  Redeuearleu  in  der  Dialpktlorm  und  auf 
reichsfichwedisuh. 

Bjorkniann  (XI.  5)  liefert  eine  Lautlehre  des  sin&ll>.ndi sehen 
Gesetzes  auf  Grund  des  Knpit«l3  über  das  Christenrecht.  Ein  wich- 
tiges Beeultat  ist.  daHS  sich  ihm  die  vollständige  ZuverlAssi^keit  der 
Ansgabe  von  Schlyter  ergeben  hat.  Hier  seien  ein  paar  Anmer- 
kungen gestattet,  S.  9,  üass  aiet.  leilcr  in  direkter  Anlehnung  an 
lat.  laicus  geschaffen  sei,  habe  ieh  bereits  Acta  germ.  1,  330  her- 
vorgehoben; die  Zusammensetzung  leikmatlr  wird  dann  nach  mndd. 
lekman  (vgl.  auch  ahd.  laihmann)  geschaffen  worden  sein,  das  Bj. 
in  den  Berichtigungen  S.  65  als  Quelle  des  schwed.  lekman  wohl 
mit  Recht  annimmt  S.  10,  Da  das  sl^s.  scrift,  skript  'Beichte'  %iel- 
fach  als  ein  germ.  Wort  anfgefasst  worden  ist,  so  hAtte  der  Aufsatz 
von  Zimmer  "Ans  der  Bedeutungsgeschichte  von  Schreiben  und 
Schrift"  ZfdA.  36.  145  angefülirt  werden  können,  in  dem  er  die 
Kntlehnung  ans  dem  Lat.,  resp.  fürs  Westnord.  aus  dem  Ags.,  das 
j»  dem  Norden  so  viele  kirchliche  Wörter  (vgl,  meine  AuMlihrungen 
AG.  1,  316  f.)  lieferte,  bewieaen  hat.  Ebenso  kann  das  isl.  klawter, 
S.  13  Anm.  2,  auf  das  aga.  cltmster  zurückgehen.  S.  20  ft.  gibt  Bj. 
eine,  wie  mir  scheint,  ganz  annehmbare  ErkIHrung  der  Pronominal- 
fonncn  hgn  Nom.  Fem.  Sg.,  uiid  hena  Akk.  Sg.  F<-m.  im  Gegensatz 
zu  Kock  und  Norcen.  Er  weial  auf  die  hftufige  Verbindung  dieses 
Wortes  mit  dem  Pronon,  pcen  hin.  Bei  beiden  Wörtern  hiess  das 
Neutr.  bat,  der  PI ur. /*«(»■),  Pa{.r\  pmi.  Er  stellt  die  Proportion  auf 
Pan  :  pcef  ;  /»»»  =  kam  i  ptel :  a;;  j;  =  Ä»n.  Oder,  da  in  dem  Dia- 
lekt der  Handschrift  es  wahrscheinlich  Pan  helssen  mUi^B,  würde 
auch  schon  genügen  pan  (:  pat)  :pim  =  hon  (;  peet)  ;  x  und  x  = 
hen.  Zu  diesem  Nom,  konnte  dann  nach  der  Analogie  von  hon  : 
hona  ^  han  :  x  ein  Akk.  Fern,  kena  entstehen,  S.  36.  Entsteht  in 
den  Füllen  wie  skiatra  wirklich  i  zwischen  dem  k  und  dem  folgen- 
gen pnlatalen  Vokal,  oder  wird  durch  das  i  nicht  vielmehr  nur  die 
Palatale  Aussjirache  des  fc  angedeutet?  S.  43  fF.  Zur  Bildung  der 
VVÖrier  auf  -ilae  vgl.  jetzt  noch  Tainm  Om  aviedningsttndelser  hos 
üvenska  Substantiv  S.44ff.,  der  an  dieser  Stelle  anch  starke  Einfuhr 
ans  dem  Dan.  annimmt.  Die  Ausführungen  Bj.s,  dass  auch  anl 
nordischem  Boden  die  Eudung:  -ilse  entstanden  sein  könne,  schei- 
nen mir  wenig  übei7.engend. 

Es  folgt  (XI.  6}  ein  Aufeaiz  Wadsleins  "Sprichwörter  des  Mit- 
telalters", hervorgegangen  aus  einer  urgpr.  für  die  IF.  bestimmten 
Anzeige  von  Kocks  und  af  Petersens  'Üstnordiska  och  latinska  me- 
deltldsordspräk".  W.  sucht  teils  eine  Reihe  unerklärt  gebliebener 
Sprichwörter  zu  erklaren,  teils  bringt  er  andere  Erklärungen 
bei  als  die  früheren  Ausleger,  Besonders  zieht  er  zur  .lufbcllung 
dunkler  Sprichwörter  die  lat.  Versionen  in  nusge  dehnte  rem  Masse 
heran,  als  dies  früher  geschehen  ist,  indem  er  zeigt,  dass  grade 
die  Im.  Sprüche  vielfach  das  ursprüngliche  zeigen,  dasR  also  viele 
Sprichwörter  nicht  auf  nordischem  Boden  entstanden  sind.  W.« 
AuBlührungen  sind  scharfsinnig,  und  in  vielen  Fallen  ist  es  ihm 
geglückt,  das  Verstflndnis  der  Sprichwörter  zu  fördern.  Von  sprach- 
lichen Ausführungen  hebe  Ich  hervor,  dass  er  die  Annahme  Bugges 
vnn  der  polnischen  Horkuntl  des  Wortes  plnndz  'Tan«'  durch  den 
Hinweis  auf  das  aus  dem  Ahuig.  stammende  got,  plinsjan  'tanzen' 
stützt  (S,  9  f,),  ferner  seine  Erklfirung  von  arende  als  'Exkremente", 
die  mir  sehr  gelungen  zu  sein  scheint  (S.  31].  Spassig  ist  die  mittel- 
alterliche Etymologie  von  lat.  comes  als  'der,  der  in  Gemeinschaft 
mit  andern  isst',  aus  covi-  und  esse  'essen'  (S,  501. 


Nyare  bidrag  tili  künnedom  om  de  avcnska  landsmAlen  t 


103 


Stille  (IX.  T)  Ttntereucbt  eine  Valkss&ge  vom  nördlichen  Sehu- 
nen.  Wahrscheinlich  exietterte  «chon  in  kntholischer  Zeit  in  Skan- 
diniivien  eine  sage  von  einer  böeen,  ihre  Bauern  tii'hludenden  Guts- 
herrGchaft,  die  vom  Tenfel  gepeinigt  oder  fortgeführt  wurde.  Sie 
vurde  dann  unter  gegebenen  Umständen  hie  und  da  lokalisiert. 
In  der  Sage,  von  der  Stille  ausgeht,  wird  ein  eigentündieher  Zug 
erzählt,  der  vielleicht  weiter  verfolgt  zu  werden  verdient.  Die  Burg- 
herrin, so  heisat  es,  die  noch  böser  war  als  ihr  Mann,  zwang  die 
Frauen,  die  soeben  erst  geboren  hatten,  ihre  Kinder  zu  verlassen, 
Ante  SchIo^;B  zu  kommen  und  dort  die  jungen  Jagdhunde  zu  sHugen. 
Ist  dies  Motiv  sonst  noch  bekannt?  Es  folgen  (XI.  8)  Studien  zur 
schwedischen  Grammatik  von  A.  Kni^k,  in  denen  folgendes  behan- 
delt wird:  die  Angleichung  im  Altschwed.;  die  Adjektivbeugung  im 
dtem  Neaschwed.;  die  Behandlung  des  alischwed.  r-Lautes  ("in  ^^"^ 
Bchwed.  ReichRKprache  schwindet  r  =  urnord.  R  nach  Voknl  lau^ 
gesetzlich  in  Silben  mit  levissiraus"  S.  19);  ein  Eakurs  über  die  alt- 
Bchwed.  Adjektivbeugung;  der  WecliBel  von  isl.  altsehwed,  «Aal, 
Mkulu,  Altgutn.  al  utti  (schon  In  urgerm.  Zeit  halte  man  Formen  des 
'Verbnins  ohne  fc,  wie  in  deutsch  sollen;  solche  finden  sich  auch  im 
Bchwed.;  gingen  ihnen  Pronomina  nuf  *e  endigend  voraus,  wie 
.  'uTZ  'wir',  so  entstand,  in  achwach  akzentuierter  Stellung,  aus 
*Kixsulu7n  ein  *irU-zulum,  'nizulum,  woraus  dann  die  Form  ulum 
Abelrahiert  wurde) ;  eine  Dissimilation  im  Schwedischen  des  16,  Jahrhs. 
("wenn  in  einem  mehrsilbigen  Wort  die  Ultima  mit  t  beginnt  und 
«chJiesst,  so  wird  jin  Per  Brahes  Chronik  der  Jahre  1592—411  das 
Auslautende  (  zu  d  ,  S.  38).  Eine  Qua  mit  ata  frage  Im  Schwed.  (in 
der  Verbindung  ä-\-m  wird  "in  offner  Silbe  mit  zweigipüiger  Fortis 
Im  Neuschwed.,  d.  h.  im  .Stockholm,  der  Vokal  gelängt;  der  Kon- 
sonant dagegen  wird  gelltngt  in  geecidossner  Silbe  und  in  offner 
Silbe  mit  eingipHiger  Fortis  im  t^uschwed.,  d.  h.  im  Stockholm. 
S,  43);  Über  die  Diphthonge  in  der  ostnord.  Sprache  (1.  "Wenn 
auch  das  Allgutn.  in  der  Regel  ai  entsprechend  isl.  ei  anwendet, 
so  hat  der  Dialekt  doch  eine  Tendenz  ei  zu  brauchen  a)  unmittelbar 
tiftch  w,  b)  in  relativ  un akzentuierter  Silbe.  3.  Dialektisch  wurde 
fn  der  ostnord.  Sprache  der  Diphthong  ei  früher  monophthongiert 
«Ifl  der  Diphthong  an".  Anders  Noreen  in  Aschwcd.  Gramm.  ^  124 
.Anm.  1). 

Smedberg  (XI.  9)  betrachtet  den  Wnrtvorrat  der  schwedischen 
Bftnemsprache  und  weist  die  Behauptung,  die  sich  in  einer  Zeitung 
Jknd.  dasB  eine  ungebildete,  den  niedern  Schichten  der  Gesellschaft 
«Mge  hü  reu  de  Person,  sich  mit  einem  Wort  verrat  von  etwa  500  Wör- 
tern begnüge.  surUek.  Hierzu  genilgt  allein  schon  eine  Betrachtung 
idtB  büuerlichen  Lebens  mit  seinen  BShlreldien  Hantierungen  und 
Beschfiftigungen,  die  jode  eine  ganze  Anzahl  von  Kunstausdriicken 
^HinfaKeen,  .\uf  Grund  einer  Probe,  die  er  an  einigen  Seiten  von 
Xundells  Wortliste  gemacht  hat,  berechnet  er  den  Wortschatz  der 
■^Bauern  auf  5fiOOO  resp.  40-45000  Wörter'). 

Der  inzwischen  verstorbene  KuUsnder  schildert  (XI.  10)  Leben 
^d  Gebrauche  der  Waldbewohner  der  grossen  Willder  des  Eds- 
^deii  genannten  Distrikts,  die  vieles  Altertümliche  in  Sitten  und 
fiebräuchen  bewahrt  haben. 

;  In  Heft  58   setzt  Saxen    seine    in  Heft  54  (XI.  3)    begonnene 

pntersuchuug  über  die  finnischen  Lebnwone  in  den  altschwedischen 

^_^  1)  [Vgl.  dazu  meine  Ausführungren  in  der  Zeitschr.  d.  Allgei 

[»entsch.  .Sprachvereins  In,  Sp.  2i«)  f.     Korrekturu.J 


104       Tboroddsen  Geschichte  der  isländischen  Geographie. 

Dialekten,  d.  h.  den  in  Finnland  g-esprochenen,  fort.  Er  schliesst 
die  systematische  Übersicht  über  die  schwed.  Entsprechungen  der 
finnischen  Laute.  In  zwei  alphabetischen  Wortlisten,  von  denen  die 
erste  nach  den  finn.  (resp.  esthn.)  Wörtern  geprdnet  ist,  die  zweite 
nach  den  ins  Schwedische  aufgenommenen,  führt  uns  S.  das  Material 
vor,  das  den  bedeutenden  Einfluss  des  Finn.  auf  diese  Dialekt  zeigt. 
Dabei  kann  es  denn  vorkommen,  dass  ein  in  früher  Zeit  vom  Finn. 
aus  dem  Germ,  entlehntes  Wort,  wieder  eine  Rückwanderung  ins 
Schwed.  antritt.  Unkenntnis  des  Finn.  hindert  mich,  näher  auf  diese 
Arbeit  einzugehen. 

Heft  59  enthält  ein  Alphabet  für  die  Dialekte  in  Jämtland 
und  Härjedal  von  Westin  (XV.  3).  Der  Verfasser  will  ungeübten 
Phonetikern  Anweisung  zur  Aufnahme  der  Dialekte  geben,  deshalb 
sind  wissenschaftliche  Auseinandersetzungen  nach  Möglichkeit  ver- 
mieden. Eine  Karte  veranschaulicht  das  Gebiet  der  einzelnen 
Dialekte. 

Anna  Hjelmström  schildert  (XI.  4)  Sitten,  Gebräuche,  Volks- 
glauben und  Sagen  der  Ortschaft  Delsbo.  Zum  Verständnis  einiger 
Dialektworte  und  der  zum  Teil  im  Dialekt  wiedergegebenen  Sagen 
sind  der  flott  geschriebenen  und  interessant  zu  lesenden  Abhandlung 
einige  grammatische  Anmerkungen  und  ein  kleines  Wörterverzeich- 
nis hinzugefügt. 

Heft  60  (XVIII.  2),  das  den  Jahrgang  1897  schliesst,  enthält 
einen  Aufsatz  von  Leflfler  über  die  in  einigen  Punkten  von  der 
Reichssprache  abweichende  Akzentuierung  des  im  Bezirk  von  Upp- 
sala  belegenen  Kirchspiels  Suttunge. 

Heidelberg.  B.  Kahle. 


Thoroddsen  Th.  Geschichte  der  isländischen  Geographie.  Auto- 
risierte Übersetzung  von  August  Gebhardt.  I.  Die  isländische 
Geographie  bis  zum  Schlüsse  des  16.  Jahrhunderts.  Leipzig  Teuh- 
ner  1897.     XVI  u.  238  S.    8^     8  M.' 

Wir  können  Dr.  A.  Gebhardt  nur  sehr  dankbar  sein,  dass  er 
uns  durch  eine  gelungene  Übersetzung  das  Buch  des  isländischen 
Geographen  zugänglich  gemacht  hat.  Es  ist  ein  eigenartiges  Werk, 
das  nicht  nur  den  Geographen,  sondern  auch  den  Historiker,  Eth- 
nographen und  Folkloristen  interessiren  soll  und  wird.  Der  Sprach- 
forscher freilich  kann  nichts  daraus  entnehmen,  wohl  aber  hat  es 
für  eine  indogermanische  Altertumskunde  eine  gewisse  Bedeutung. 
In  Kürze  gesagt,  dieser  erste  Band  ist  eine  Geschichte  des  Bekannt- 
werdens Islands  und  seiner  Bewohner  in  behäbiger,  gemütlicher 
Darstellung.  Er  enthält  alle  Nachrichten,  die  bis  zum  Beginn  der 
neueren  Zeit  über  Island  vorhanden  sind,  im  ersten  Kapitel  S.  1—18 
Berichte  ül)er  Island  vor  seiner  Besiedelung,  im  zweiten  S.  19—132 
Vorstellungen  über  Island  vor  der  Reformationszeit;  im  dritten 
S.  133—218  wird  die  Reformationszeit  nebst  den  Schmähschriften 
auf  Island  und  dem  Selbsterwachen  der  Isländer  geschildert.  Wer 
dem  ganzen  StofFe,  wie  Referent  zwar  ferner  steht,  aber  ihm  doch 
ein  grosses  Interesse  entgegenbringt,  der  wird  sich  durch  die  Lek- 
türe belohnt  und  belehrt  finden. 

Es  ist  ein  Stück  menschlicher  (teistesgeschichte  diese  Ent- 
deckung Islands,  die  auch  durch  Nacht  zum  Licht  führt.  Am  An- 
fang steht  wie  billig  die  Frage,  ob  Thule  Island  war.    Der  Verfasser 


Wyld  Contributions  to  the  History  of  the  English  Gutturals.    105 

-verneint  dies.  Unsere  Blicke  werden  dabei  wieder  auf  jenem  küh- 
nen Mann  haften  bleiben,  den  man  den  Kolumbus  der  Griechen 
nennen  kann,  Pytheas  von  Massilia.  Ob  Pytheas  unter  Thule  Island 
verstanden  bat,  d.  h.  ob  sich  in  jener  fernen  Zeit  die  Schifffahrt 
schon  so  kühn  in  das  Meer  wagte,  dass  er  in  Brittanien  Nachrichten 
über  Island  erhalten  konnte,  das  ist  eine  Frage  von  eminenter  Wich- 
tigkeit für  die  alte  Zeit.  Mir  teilte  Prof.  Sieglin  mit,  dass  er  Thule 
entschieden  für  Island  halte.  Und  in  der  That,  wenn  man  die  Nach- 
richten des  Pytheas  unbefangen  prüft,  so  leuchtet  einem  die  Wahr- 
heit dieser  Behauptung  ein.  Aber  es  ist  nicht  meine  Aufgabe,  diese 
Frage  zu  entscheiden,  und  ebensowenig  ist  es  mir  möglich  auf  an- 
dere Punkte  dieses  Buches  einzugehen.  Ich  hoffe,  dass  der  zweite^) 
Band  bald  nachfolgen,  und  dieser  erste  viele  Leser  finden  möge. 

Leipzig-Gohlis.  H.  Hirt. 


IVyld  H.  C.    Contributions  to  the  History  of  the  English  Gutturals. 
[Read  at  the  Meeting  of  the  Philological  Societv  on  Fridav,  April  14, 
1899].    Printed  by  Stephen  Austin  &  Sons,  Hertford  1899.    132  S. 
Ausgehend  von  der  Doppelentwicklung,   welche  ae.  palatales 
^  und  j  in  der  späteren  Entwicklung  aufweisen,  hat  Verf.  es  unter- 
nommen,   die  Schicksale   der  englischen  Gaumenlaute  im   In-  und 
Auslaute  näher  zu  betrachten.    Die  Resultate  dieser  Untersuchung 
führt  er  uns  in  vorliegender  Abhandlung  vor,    die  einem  Vortrage 
vor   der  Londoner  Philological  Society''   entsprungen,    leider   mehr 
«ine    dogmatische  Statuierung  seiner  Ansichten  als  eine  induktive 
Ableitung  und  streng-geschlossene  Beweisführung  darstellt. 

Eine  vorausgesandte  knappe  Übersicht  über  die  Aussprache 
und  Schreibung  der  ae.  Gutturalen  sowie  ihre  Weiterentwicklung 
im  Mittelengliscfien  ist  uns  wertvoll  wegen  ihrer  reichen,  wenn  auch 
keineswegs  vollständigen  Zusammenstellungen  über  das  frühste  Vor- 
kommen von  Schreibungen,  die  uns  bestimmte  Lautwandel  verra- 
ten. Die  schwierige  Frage,  was  für  Laute  wir  unter  der  krausen 
Orthographie  der  im  12.  und  13.  Jh.  hergestellten  Kopien  alteng- 
lischer Texte  suchen  dürfen,  scheint  mir  freilich  nicht  so  im  Vorbei- 
gehen zu  beurteilen,  wie  es  hier  geschieht.  Sehr  anerkennenswert 
ist  dagegen  das  überall  hervorgekehrte  Bestreben,  den  Buchstaben 

Ehonetische  Begriffe  unterzulegen,  wenn  Vf.  dabei  auch  nicht  über 
ülbring  hinauskommt,  gegen  den  er  S.  12  polemisiert,  ohne  ihn 
richtig  verstanden  zu  haben.  Im  Einzelnen  Hlutt  auch  sonst  man- 
ches Anfechtbare  oder  Ungenaue  mit  unter,  so  die  unklare  Aus- 
einandersetzung über  das  ae.  Hartgaumen-c  auf  S.  8,  wo  der  Laut 
dem  russischen  th  in  math,  also  "mouilliertem"  t,  gleichgesetzt  wird, 
die  phonetische  Beschreibung  aber  vielmehr  auf  russisches  "mouil- 
liertes" k  passt.  Oder  man  nehme  die  höchst  komplizierte,  ganz 
unwahrscheinliche  Erklärung  von  Formen  wie  me.  dreinte  aus  ae. 
■drenöte^  wo  es  sich  doch  nur  um  eine  Übertragung  (Vorwegnahme) 
des  mouillierten  Gaumenverschlusses  auf  79  (—  ^  dann  geschrieben 

als  in  — )  und  ein  Unhörbarwerden  des  c  durch  lautloses  Cbergleiten 


1)  [Der  zweite   Band   ist   unterdessen   erschienen  (1898)  und 
[kann  ebenfalls  nur  auf  das  Beste  empfohlen  werden.    Korrekturn.] 


106    Wyld  Coiuributions  lo  Ihe  Hisiory  of  the  Enplish  Guitar«! 

von  der  Gaumen-  zur  Alveolar-Artiknlation  handelt.  (Vgl.  ne.  [ätff 
aus  atkeä).  Völlig  unhalihar  eiheint  mir  die  Annahme  eine«  Wan- 
dels von  ae.  -et  XU  me.  -ght :  Vf.  kann  ihn  nur  durch  f-Prüteriten 
siiltüen,  wo  sieh  indes  die  ght-Farraen  leicht  alx  Analogiebildungen 
an  allererblen  Formenpaaren  wie  ae,  weccan  —  we{a]hte  usw.  erklä- 
ren, um  so  leichter  als  sogar  ein  franzSsiseheB  Lehnwort  (oe.  catett 
—  caiu/kt)  vor  dieser  Neubildung  nicht  zurückgeschreckt  ist;  die 
Formen  Mreighte  und  reighte  durften  zudem  hier  nicht  angeführt 
werden,  da  «e  die  regelmllBSigen  Fortsetzungen  von  «e.  glre[a]Me, 
relaJA^e  sind. 

Eh  folgen  dann,  über  5  Druckbogen  lullend,  allerhand  Liates 
iiher  die  Veriretung  der  ae.  Gaumenlaute  in  m ittelengli sehen  Denk- 
tnälem  und  neuenglischen  Dialekten,  wobei  Vf.  durch  Heranziehen 
deutscher  Doktordissertationen  sich  viel  Mühe  erspai't  und  e.  T- 
jrrössere  Vollstltndigkeit  erhielt  haben  würde.  So  dankenswert  diese 
Zuf^ammenstellnngen  sind  und  so  sehr  die  ungemein  grosse  aufge- 
wandte Mühe  zu  bewundern  ist,  wird  man  doch  in  ihnen,  eo  wie 
sie  uns  hier  geboten  sind,  wohl  kaum  mehr  als  uubehauenes  Roh- 
material erblicken  können,  das,  ohne  kritische  Sichtuug  und  ohne 
Eingehen  auf  die  Individaaliiat  der  Einzelfalle  benutzt,  leicht  zu 
falschen  Vorstellungen  führen  wird.  Am  meisten  scheint  mir  da» 
von  den  ne,  Dialekt- Listen  zu  gelten.  Schon  in  der  Quelle  für  diese 
diirlte  sich  Vf.  vergrlfl'en  haben,  indem  er  nicht  das  von  Ellis  zu- 
sammengebrachte Material,  das  sich  für  seine  Zwecke  treMicb  ge- 
eignet hätte,  ausgeschöpft  hat,  sondern  eine  grosse  Reihe  Dialekt- 
Glossare,  deren  Verfasser  nicht  die  gewöhnliche  Alltagssprnche, 
sondern  nur  die  seltenen,  der  Schriftsprache  unbekannten  Wörter 
zu  sammeln  bestrebt  waren.  Daher  kommt  e»,  dune  gegen  IQ"!^ 
seiner  Dialekt' Beispiele  gai-nichts  beweitieu,  weil  wir  ihre  etymolo- 
gische Grundlage  nicht  kennen  und  also  nicht  wissen,  ob  es  sich 
um  Velare  oder  Palatale  oder  überhaupt  um  ursprüngliche  Gau- 
menlaute handelt.  Ein  weiterer  Teil  pflegt  sich  mit  schrillöp rach- 
lichen Wörtern  zu  decken,  wie  a.  B.  im  Dialekte  von  Somerset  aleek 
(ne.  alike),  Heeked,  dick  (ne.  dike),  pick  (ne.  pike),  bicker,  prick  die 
natürlich  fftr  den  Lautstand  des  Dialektes  nicht  als  Zeugen  auftre- 
ten kiinuen.  Vf.  sieht  sich  denn  auch  genötigt  die  beim  Me.  ange- 
wandte Einteilung  nach  dem  zu  Grunde  liegenden  ae.  Laute  iu  dem 
niuudanliehen  Teile  fallen  zu  lassen  und  einfach  alle  Wörter  mit 
k,  g  usw.  zusammenzustellen.  Schon  dies  hätte  ihn  über  die  Brancli- 
barkeit  seines  Dialek^MateriaIes  stutzig  machen  sollen. 

Erst  gegen  Schluss  erhniten  wir  dann,  auf  verhSltnibimäesig 
sehr  knappem  Räume  (6  Seiten!),  den  eigentlichen  Kernpunkt  der 
Abhandlung,  nKmÜch  einen  neuen  "Vorschlag  für  die  Erklärung 
einiger  Anomalien  in  der  Entwicklung  von  ae.  i;  e^  und  h."  Vf. 
stellt  hier  das  Lautgesetz  auf,  dass  ae.  palatnles  c  und  ^g  vor 
einem  'open  consonanl'  (/",  «,  p,  w,  l  usw.)  d.  h.  vor  eiueni  Enge- 
Laute,  "nnfronUd"  oder,  mit  anderen  Worten,  zur  velaren  Artiku- 
lation zurückgekehrt  seien'),  und  dass  iu  gleicher  Stellung  die  ae. 


1)  Bttibring  hat  Beiblatt  zur  Anglia  9,  74  betont,  dass  ^s  «ich 
hier  nicht  um  eine  rückläufige  Bewegung,  sondern  nur  um  ein  Ver- 
harren bei  dem  palatalen  Verschlusse  handei;.  Entschieden  stimme 
ich  ihm  darin  hei,  dass  nicht  von  einem  'xmfronthig' ,  einem  Zurück- 
kehren zur  velaren  oder  niedi  opalatalen  Artikulation  die  Rede  sein 
darf,  sondern  dass  auch  in  Formen  wie  ae.  pytiM  ein  Hortgaumen- 
verschtusa  und  zwar  vermutlich  noch  ein  sehr  weit  vorgeschobener 


I 


Wyld  Coiiiribuiions  in  the  History  ot  tha  Englieh  Gullurals.     lOT 

S^ibelanre  j  und  A  an  Verschlusslanten  geworden  seien.  Slalt  nun 
aber  diese»  LAulgesels  dnrc^h  amfnn^reicheABelegmaterinl  zu  stlitnen, 
gebe  er  zur  Dxüerung  des  Lautwandels  über.  Versuchen  wjr  nun 
An  ih-T  Hand  des  serslreut  vorgebrachten  Macerinles  die  Uerecliti- 
gung  obigen  OeHetzes  zu  prüfen,  so  ergibt  sich,  dsss  es  sich  uro 
zwei  ganz  heterogene  Vorgänge  handelt,  die  wir  darum  getrennt 
betrachten  wallen.  Was  zunKchst  den  Übergang  von  h  (und  j  ülier 
A]  vor  "/',  s,  p,  l,  w  UKW.~  in  k  angeht,  so  iat  es  falsch,  doss  dieser 
Lautwandel  auch  vor  w  und  l  eintrete.  Vf.  führt  kein  Beispiel  dafür 
an.  und  auch  ich  kenne  keines,  da  bekanntlich  A  vor  tönender  Kon- 
sonanz lautgesetdich  im  Ae.  schwindet.  Dass  vor  tonlosem  Belbe- 
lauie  A  die  Neigung  hat  in  k  überaugehen,  hat  schon  Kluge  (Grdr. 
1  *,  1006)  erkannt.  Vf.  hat  indes  das  verdienst,  eine  Anüahl  weiterer 
Beispiele  aus  me.  Texten  beigebracht  zu  haben.  Wenn  wir  sie  uns 
nur  nicht  erst  selber  zusammensuchen  mUssten!  Nach  der  anderen 
Seite  ist  aber  die  obige  Regel  auch  äu  eng  gefasst:  denn  es  han- 
delt sich  dabei  nui  jene  weitverbreiCeite  Neigung,  beim  Zusammen- 
treffen zweier  Reibelaute  (tönender  sowohl  wie  tonloser)  den  relativ 
grossen  Exspiracions-Aufwand  dadurch  zu  reduzieren,  dnsK  man  nn 
stelle  eines  der  beiden  Spiranten  den  entsprechenden  VerschluHS- 
Uut  eintreten  Iftsst  (s.  Kluge  im  Grdr.  1^  lOOGff.:  Mayhews  Synopsi» 
S768f.).  Diea  braucht  aber  nicht  der  t-rste  Laut  zu  sein,  auch  der 
Kweice  kann  zum  Verschlusslaut  werden,  so  dass  z.  B.  ae.  -h/>  so- 
wohl als  -cp  wie  als  ht  erscheint;  letzteres  x.  B.  in  ne.  height  aus 
~  ~    hibtto,  htehdu  (neben  ne.  -dial.  ekp)  u,  a.  m. 

Der  ae.  Reibelaut  j  soll  vor  'f,  d,  p,  ic,  l  uaw."  sowohl  zu  k 

zu  g  (Verse hluBsl au t)  werden  können.  Einen  direkten  Übergang 
Ton  ae.  j  in  ft  vor  «,  p  usw.  gibt  es  aller  nicht,  da  j  vor  stimmlosen 
Reibelauten  schon  im  Ae.  zu  h  geworden  ist,  und  somit  in  Dillen 
wie  me.  likp  (zu  ae.  Hegau)  der  cbcnbcsprochune  Wandel  von  hp 
xn  kp  vorliegt.  Bei  der  Behauptung,  dnss  auch  tönenden  g  in  die- 
sem Falle  erscheinen  könnte,  dachte  Vf.  vermutlich  an  die  beiden 
8.  ISl  aufgeführten  Dialektformen  hagthom  und  hagicortn.  Doch 
beide  Wörter  beweisen  \vieder  gamichts:  da«  für  Cumberland  und 
Lancashire  belegte  hagu-oi-m  ist  ein  epeziflsch  nördliches  Wort  fUr 
•Natter'  und  zwar  aus  dem  an.  hqggormr  'Natter'  entlehnt,  so  dass 
hier  einfach  altes  g  bewahrt  ist;  das  einzige  hagthom  kann  nim- 
mermehr sein  tönendes  g  (statt  k)  dem  folgenden  stimmlosen  (A 
verdanken,  zumal  auch  das  Simplex  als  hag  im  Süden  vorkommt. 
Die  andere  Regel,  dass  palatale.a  i  und  fg  vor  f,  p,  »,  le,  t 
Bew.  als  k  bzw.  g  erscheinen,  ist  eine  Einengung  des  allgemein 
»ngenommenen  Lautgesetzes,  dass  pnlatHlee  {■  und  ('■(/  vor  Konso- 
nanz die  Dentalisntion  und  Assibillernng  zu  ti  bzw.  di  nicht  mit- 
gemachr  habe.  Vf.  meint  dagegen,  (lie  Formulierung  "vor  Kouso- 
nanz"  sei  zu  weit,  da  vor  Vernchlusslauien  regelrecht  der  Übergang 

f  in  ti  eintrete.  Beweis:  die  ma.  Praierita  cicenckfe,  btenchte, 
^Saw.  aus  ae,  ctcenile,  bleni^le  usw.  Doch  er  vergisst,  dass  daneben 
•nch  die  Formen  quninte,  hieinte  usw.  vorkommen,  und  zwar  in 
allen  Dialektgebieten,  withrend  die  cA^Präterita  nur  in  der  sog.  Ka- 
fterinen  -  Gruppe  belegt  schelnnn;    eine  von  beiden  Entwicklungen 

nindestens  noch   am   mittleren,    wenn  nicht  sogar  vorderen  Hart- 
Kumen)  gilt.     Dagegen  glaube  ich,    diiss  man  dennoch   von  einer 
_LTt  rückläufiger  Bewegung  insofern  sprechen  kann,  als  das  ursprüng- 
lich mouillierte  c  vor  folgender  Konsimanz  uichtmonillirt  absetzte 
id  spSter  auch  schon  beim  Ant>niz  die  Mouillierung  aufgab. 


108    Wyld  Coutribuiious  to  tlie  Historv  of  llie  English  Guttun 

kann  doe\i  uur  lautgesetzlieli  sein.  Die  Reihe  cwemte  ubw.  ist  nun 
entschieden  di^  NonuAleuttricklnng:  denu  einerseits  Isasl  sie  eich 
ja  ungezwungen  aus  mouilliertem  c  erklären  {s.  oben);  andrerseits 
wüsste  ich  kein  Formenpaar,  Tiach  dessen  Analogie  sie  ueugebildet 
sein  könnte.  Formen  wie  cuenctife  «u  dem  lautgeHetzIichen  Iiitini- 
tjve  cwenchen  aus  ae.  cwencan  usw.  erklären  sieh  aber  teit-'ht  als 
Analogiebildungen  nach  dem  Muster  von  ae.  eSpan  —  dpte  usw., 
das  ja  überhaupt  in  so  grossem  Umfange  neuliildend  gewirkt  hat. 
Damit  füllt  die  einzipat«  Stüt>Le  für  des  Veifas-sers  Hegel,  und  wai- 
terhiu  seine  gnwAn  Hypothewe  von  dem  allesbe wirkenden  CInfluss 
der  'open  consonimts',  die  wohl  nur  der  Symmetrie  wegen  diese 
Formulierung  erbalten. 

leb  möchte  noeh  hinzufügen,  dass  ich  auch  laut  physiologisch 
keinen  Grund  wüsste,  warum  vor  (  ae.  c  Kur  mouillierten  Afi'rikata 
ti  werden  sollte,  dagegen  vor  s,  p  uaw.  nicht.  Denn  m.  A.  n.  ent- 
steht beim  mouillierten  Qaumen verschluss  die  AfFrikata  tä  nur  da- 
durch, das»  der  Verschluss  auf  der  ganzen  Berührungsfläche  gleich- 
aeitig  und  zwar  allmählich  iruit  Durchgang  durch  eine  Engenhiulungl 
gelöst  wird.  Zu  einer  solchen  Lösung  liegt  aber  beim  S^usammen- 
treffen  von  -et  kein  Grund  vor.   da  Formen   wie  Ueinte  uns  ja  zei- 

fen,  dass  auch  ira  EngllBcben  die.  Verbindung  rt  als  Hartgaumrn- 
pplnsiva  +  Alveolar- Explosiva  gesprochen  wurde.  Freilich  auf 
die  .Möglichkeit  verschiedener  Ein-  und  Absatz-Stellen,  oder  mouil- 
lierter und  nicht- mouillierter  Bildung,  sowie  verschiedener  Artikula- 
tionsstelleu am  Uartgaumen  nimmt  Vf.  nirgendwo  Kücksicht;  er 
begnügt  sich  niil  der  für  die  Gutturaifrage  entschieden  nicht  aus- 
reichenden Scheidung  zwischen  front  und  back.  Demgegenüber 
darf  ich  vielleicht,  auf  die  Gefahr  hin  zu  irren,  kurz  andeuten,  wie 
ich  mir  den  ganzen  Prozess  der  sog.  Palatalisierung  denke:  der 
schon  im  Geraeingerm,  vor  i/e  am  hinteren  Hartgaumen  gespro- 
chene Verschlusslaut  wird  gemein-ingwSonisch  vorgetrieben  bis  zum 
mittleren  Uartgaumen.  Darauf  tritt,  wohl  ebenfalls  noch  in  kon- 
tinuntalur  Zeit,  Mouillierung  d«s  Verschlusmis  ein,  indem  das  Berüb- 
rungsgebiet  zwischen  Zunge  und  Hartgaumen  vergrössert,  der  i'/e- 
Artikulation  angeglichen  wird.  Die  Unbequemlichkeit,  klar  moui% 
lierte  Laute  am  mittleren  Hartgaumen  zu  bilden,  mag  dann  die 
Artikulationsstelle  noch  weitv^r  vorgedrängt  haben  und  zwar  zn- 
nüchst  zum  vorderen  Uart^aumeu.  In  diesem  Stadium  konnte 
sehr  leicht  für  mouilliertes  alveolares  '  ein  ae.  c  geschrieben  wer- 
den, ohne  dass  darum,  wie  m^ist  angenommen  wird,  die  Laute  in 
Wirklichkeit  völlig  gleich  gesprochen  wurden,  weil  mottitliertee 
alveolares  (  und  mouilliertes  Vorder-Hartganmen-k  akustisch  einen 
sehr  ahnlichen  Eindruck  machen,  was  bei  ihrem  teilweise  gemein- 
sameu  Versehlussgebiete  nicht  zu  verwundem  isL  In  Formen  vor 
Konsonanz  ist  vermutlich  c  nicht  soweit  vorgeschoben  worden,  son- 
dern bei  der  mittleren  Hartgaumen-Artlkulation  stehen  geblieben, 
worauf  dann  zunächst  beim  Absetzen  des  Verschlusses  die  Mouil- 
lierung aufgegeben  wurde  und  schliesslich  reiner  Hartgaumen-Ver- 
flChlURs  übrig  blieb.  Wann  die  Artikulation  noch  weiter  vorrückte 
Kum  mouillierten  Alveolar-Verschluss,  wissen  wir  nicht;  einen  siche- 
ren Beweis,  dass  dies  schon  im  9,  Jh.  geschehen,  vermag  ich,  — 
darin  stimme  ich  Sweet  und  Wyld  gern  bei  — ,  in  Schreibungen 
wie  oiceard  für  ortgeard  nicht  zu  erkennen.  Nachweislich  ist  diese 
Artikulaliousstelle  erreicht  im  Anfang  des  13.  Jh.,  vermutlich  aber 
schon  ein  bis  drei  Jahrhunderte  früher,  da  wir  um  die  Mitte  des 
13.  Jh.  schon  den  weiteren  Schritt,  die  Entwicklung  der  mouillierten 
alveolaren  Affrikata  {ii),   in  Schreibungen  mit  Icn   völlig  gesichert 


Wyld  Contributions  to  the  History  of  the  English  Gutturals.    109* 

sehen.  Auch  ob  die  Entstehung-  einer  Affrikata^)  schon  auf  palata- 
lem  Gebiete  stattfand  (also  kx)i  wie  z.  B.  Bülbring  annimmt,  oder 
erst  auf  alveolarem,  wie  mir  wahrscheinlicher  ist,  lässt  sich  nicht 
entscheiden.  Dagegen  möchte  ich  noch  einmal  betonen,  dass  die 
Lösung  des  Verschlusses  das  entscheidende  Moment  für  die  Ent- 
stehung von  ts  ist,  dass  also  einmal  der  Verschluss  mouilliert,  d.  h. 
gleichzeitig  auf  der  ganzen  BerührungsflKche,  gelöst  werden  muss 
und  dass  zweitens  die  Artikulationsstelle  im  Augenblick  der  Explo- 
sion den  Ausschlag  gibt,  daher  Formen  wie  ae.  prica  oder  stictan 
aus  *stic6janf  mit  palatal  eingesetztem,  aber  velar  abgesetztem  k, 
nicht  den  Wandel  zur  Alfrikata  aufweisen. 

Zum  Schluss  bietet  uns  Wyld  nochmals  Tabellen,  darunter 
eine  vielversprechende  über  anomales  k  und  g  in  der  ne.  Schrift- 
sprache. Aber  auch  diese  zerrinnt  bei  näherem  Zuschauen.  Be- 
trachten wir  nur  die  16  Wörter,  in  denen  k  statt  ch  stehen  soll? 
vier  davon  {duck,  shriekf  snacky  tweak)  sind  etymologisch  un- 
durchsichtige Schallnachahmungen;  bei  weiteren  6  liegt  nachweis- 
lich velar  es  c  im  Ae.  zu  Grunde,  nämlich  ne.  ache  aus  ae.  acan, 
prick  aus  prictan,  bezw.  prica,  reek  aus  riocaUj  smack  aus  svicecy 
stick  aus  stictan  (neben  stitch  aus  ^^idc),  wäke  b.vls  wactan\  dasVer- 
bum  tcork  (gegen  ae.  wyrcan)  ist  längst  als  Herübernahme  des 
Substantivs  (ae.  w[e\orc)  erkannt.  Es  bleiben  also  überhaupt  nur  5 
Wörter  übrig,  in  denen  wir  wirklich  ch  statt  k  erwarten  sollten: 
von  diesen  ist  das  Substantiv  link  'Feld'  klärlich  ein  nördliches  Dia- 
lektwort, das  höchstens  in  der  Verbindung  golf-link  Bürgerrecht  in 
der  Gemeinsprache  erworben  hat.  Bei  dem  offenbar  nicht  volks- 
tümlichen Worte  bishoprick  ist  ck  erst  im  16.  Jh.,  vermutlich  unter 
gelehrtem  Einflüsse,  eingeführt  an  Stelle  des  im  Me.  geltenden  ch. 
Und  die  drei  Verba  reck,  seek,  think  erklären  sich  ungezwungen 
nach  der  bisherigen  Annahme  als  Übertragungen  aus  den  synko- 
pierten Formen  der  3.  Pers.  Sing.  Präs.,  die  ja  auch  in  zahlreichen 
anderen  Fällen  im  Me.  verallgemeinert  erscheint. 

Mein  Urteil  fasse  ich  dahin  zusammen,  dass  wir  dem  Vf.  für 
das  reiche,  wertvolle  Material  dankbar  sein,  jedoch  seine  neuen 
Erklärungsversuche  ablehnen  müssen. 

Würzburg.  Max  Förster. 


Chad^ck  H.  M.  Studies  in  Cid  English.  Separatabdruck  aus  den 
Transactions  of  the  Cambridge  Philological  Society,  vol.  IV.  Lon- 
don C.  J.  Clay  and  Sons  1899.    173  S.    6  Sh. 

Der  Verfasser  bietet  im  vorliegenden  Hefte  eine  Reihe  von 
Untersuchungen  zur  urenglischen  und  frühaltenglischen  Lautge- 
schichte. Hauptsächlich  ist  dafür  das  in  H.  Sweets  "Oldest  English 
Text6"..(London  1885)  enthaltene  Material  benutzt. 

Über  ein  Drittel  des  Raumes  (66  Seiten)  ist  ausschliesslich  den 
ältesten  Glossaren  gewidmet.  Auf  Grund  von  vollständigen  Listen 
der   dialektisch    oder   zeitlich   verschiedenen  Formen   im  Epinaler,. 


1)  Der  Versuch  Hempls  (Anglia  12,  375—383),  die  Entstehung 
der  dentalen  Affrikata  bis  vor  das  Jahr  700  zurückzudatieren,  hat 
für  mich  nichts  überzeugendes. 


110  CliAdwick  Studies  iu  Old  EiigtUh. 

Erl'urter  und  Corpus -Glossar,.,  sowfe  der  zuffehfirig'en  Übt'reiiislim- 
monden,  wird  die  Treue  der  Überlieferung,  das  Alter  und  die  Mund- 
art der  Texte  und  ihrer  Vorlagen  behutsam  uud  umsichtiff  erorten. 
Dieser  Abschnitt  bildet  eine  wertvolle  ErgHnzuiig  zu  F.  Dieters 
Dissertation  (Göttinnen  1885). 

Ein  Teil  der  übrigen  Äbsi;huitte  beschiittigt  n'mh  hauptsächlich 
mit  den  ältesten  nordhumbrisehen  Texten  und  dem  Vespasiansclu'ii 
Psalter,  wAhrend  andere  Kapitel  allgemeinere  Fragen  behandeln. 
Meist  ist  die  Abeicht  des  Verfassers  auf  eine  genauere  Feststellung 
der  Reilienl'olge,  womöglich  auch  der  Zeit  der  lautlichen  Übergänge 

ferichlet.  Ausserdem  werden  mundartliche  Unterschiede  sorgsam 
eransge arbeitet.  Seine  gründliche  Kenntnis  der  übrigen  altger- 
manischen  Dialekte  kommt  ilim  dabei  vortrefflich  zu  statten.  An- 
derseits macht  sich  zuweilen  seine  Unerfahren  he  it  in  der  spHtereii 
«nglischen  Sp  räch  gedieh  ichte  filhlhar. 

Wie  das  Vorwort  erklärt,  waren  die  Abb&ndiungen  bereits 
im  Api'il  189S  vollendet,  mehrere  Monate  vor  dem  Erscheiuen  der 
dritten  Auflage  vim  E.  Sievers'  Angelsachsischer  Grammatik.  Daher 
werden  noch  mehrere  in  der  »weiten  Auflage  enthaltenen  Erklä- 
rungen angefochten,  die  iu  der  neuen  verbessert  sind.  Immerhin 
ist  die  Erörterung  der  Gründe  nicht  ganz  überdässlg.  In  nachtrüg- 
lich  zugefügten  Fussnoten  wird  übrigens  in  solchen  Füllen  hervor- 
vorgehoben,  dass  Sievers  inzwischen  selber  die  richtige  ErkUmng 

fegebeu  hat.  In  ein  paar  andern  lehnt  der  Verfasser  Sieverü'  neue 
heorien  ab;  wie  mir  scheint  ohne  stichhaltige  Gründe.  Z.  B,  wird 
Sievers'  Erklärung  von  ws,  leoht  nordhumbr.  lehl  'lelchf  (S8i,  2  n. 
165  Anm.  2)  doch  auch  durch  nordhumbr.  biticin  Li.  '«wiachen'  he* 


verfehlt  erscheinenden  Ansichten  in  dem  Buche,  zumal  I 
meine  abweichenden  Autfassungen  vieler  Dinge  bereits  vor  dem 
Erscheinen  desselben  an  andern  Stellen  ausgesprochen  und  begrOn- 
-det  habe.  Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  der  Ver- 
fasser meine  Artikel  nicht  gekaunt  hat,  obgleich  der  älteste  bereits 
im  Jabre  ]896  erschienen  ist.  und  dase  wir  anderseits  manchmal  zu 
denselben  oder  ähnliehen  Rnsultaten  gekommen  sind.  Man  sehe 
AngÜa  Beiblatt  7,  71-74;  9,  ti6-78  und  89-111;  auch  die  späteren 
Artikel  iu  derselben  Zeitschrift  9,  289— :»0  und  10,  1—12;  sowie 
einen  erst  im  nächsten  Heft  der  Englischen  Studien  (27,  1)  erschei- 
nenden Aufsatz. 

Auch  L.  Morsbachs  Artikel  Angüa  Beibi.  7,  323-332,  ist  ihm 
unbekannt  gehlieben. 

Für  die  Leser  dieses  Anieigers  hat  vielleicht  das  meiste  In- 
teresse ein  Kapitel  über  din  Konsonantendehnung  vor  j  und  die 
Flexion  der  jo-Stämme  (12  Seiten),  und  eine  kui-ze  Fussnole  (auf 
Seite  62).  In  der  letzteren  wird  darauf  hingewieseu,  dass  der  ne. 
Ausgang  -an  {-en)  der  starken  Fartizipia  Praeteriti  nicht  dem  ahd. 
■an  gieichgestetlt  werden  könne,  sondern  ein  idg.  -e-  enthalten  müsse; 
ursprünglich  habe  das  Englische  wohl  zwischen  -ana-  (aus  -ena-) 
und  -i»u-  geschwankt,  da^s  x.  B.  in  fomleginavi  (Ep.  7441  erhalten 
sei.  Dass  wir  einen  urgerm.  a-Umiaut  des  -e-  auch  in  Ableitungit- 
silben  annehmen  müssen,  ist  mir  aus  dem  Ae.  (uud  An.)  schon  ge- 
raume Zeit  klar,  namentlich  wegen  dieser  Partizipion  auf  -an.  Er 
kann  feiner  vorliegen  im  Gen.  Sg.  der  o-Stämme  -tE«  {-es)  und  in 
verschiedenen  anderen  ae.,  aber  ebenfalls  zweifelhaften  Formen. 
Sirherer  sind  die  as.  frünk.  Formen  des  Gen.  Dat.  Sg.  hauen  namen 
und  der  ahd.  Gen.  Sg.  lagen  usw.,  wofür  W.  Streilberg  bereits  (L"r- 


Borgeld  Ue  Oudooslnederfraiikiscbe  Psnlmen.  111 

^ermsiiiBChe  Grammatik,  g  65  Anmerkutifr]  EHinltiui^  des  e  unter 
dem  EinllUBH  des  ursprüuglich  l'olgcndeu  o  {'kanenon  ''dhoghtHo) 
-vermutet  hat.  Für  dus  Ae.  ist  bemerkeuswert,  daiss  das  naehtoiiige 
t  in  der  älteutea  historistheii  Zeit  nouh  seine  sehr  otfeiie  Aussprache 
bewahrlc,  wie  deutlich  aus  der  hlkuligeii  Schreibung  ae  hervorgeht; 
■wohingegen  das  hatipttonige  S  (in  tre^  usw.)  bereits  im  Frühureii";- 
lischen  zu  geechlossenem  «  verengt  war  (wie  a  zu  «  usw.).  Beach- 
tenswert is[  ferner,  was  Sievers "  ä  BGü  Aum.  '2,  andeutet;  nämlich 
datia  im  frühesten  Ae.  dem  Austrank  -an  in  öen  unflektierten  For- 
man  des  Part.  Pit.  -in-  in  den  flektierten  gegenüber  steht  igibaen, 
Aber  forUginum).  Dies  scheint  teilweise  daran  ku  liegen,  dass  daa 
ursprüngliche  e  in  den  letzteren  Formen  schwHclier  betont  war  als 
im  Nominativausgang  -eiiaz  usw.  Nur  durch  einen  folgenden  minder 
betonten  Vokal  kann  e  Umlaut  erfahren  (z,  B.  in  -tTtas);  folgte  da- 
^egen  eine  schwere  Endung,  bo  ging  e  in  »  über  (daher  fwleginvm). 

Leider  ist  dem  Buche  kein  Indei  beigegeben.  Einen  Index 
zu  meinen  Aufsiltzeii  will  ich  in  meinem  "Altengl Ischen  Elemeniar- 
buch"  oder  an  anderer  Stelle  nachliefern. 

Groningen  (Niederlande).  K.  D.  Bülbring, 


Sorgeid  A.  De  Oudooslnederfrankisehe  Psalmen.  Klank-  en  vorm- 
teer.  (Gi'oninger  Doktordissertation).  Groningen  Wollers  1899. 
VllI  und  U>  S.  H". 

Die  Einleitung  dieser  Schrift  unterrichtet  kurz  über  die  Ge- 
«ehichte  der  in  einzelnen  fragmentarischen,  frühestens  aus  ilem 
17.  Jh.  stammenden  Abschriften  aus  einer  alten,  jetzt  verschollenen 
Hs-  auf  uns  gekommenen  interlinearen  Psalmen glossierun^  sowie 
der  aus  derselben  alten  Hs.  geflossenen  Glossen  des  Justus  Lipsius. 
Borgeld  schliesst  sich  mit  Reclit  der  von  Cosijn  begründeten  Au- 
flebt au,  dass  die  Hs.  im  fistlichen  Niederfranken  zu  Hause  gewe- 
«nn  sei,  und  welter  van  Heltena  Ausicht,  dass  sie  eine  Umschrirt 
aus  einer  mittelfrlink.  Glossiemng  darstelle,  deren  Spruche  sie  in 
4lcn  ersten  Psalmen    getreuer   bewahrt  hatte.    Jedenfalls   stammen 

'  ilie  ersten  Psalmen  aus  derselben  verschollenen  Hs.  wie  die  in 
afrnk.  Sprachformen  gehaltene  Hauptmasse,  und  bei  der  grossen 
Übereinstimmung  in  beiden  Teilen,  die  sich  iroia  dem  dialektischen 
Unterschiede  selbst  auf  die  Sprachformen  erstreckt,  müssen  sie  auch 

1  ivarber  in  der  engsten  Beziehung  untereinander  gestanden  haben, 
Dia  kann  ich  miraber  nur  so  vorstellen,  dass  der  letzte  Bearbeiter 
BUnächsl  die  mfrnk.  Gloi.sen  wöitlicher  eintrug,  dann  aber,  entweder 

I  «-Ibst   aufmerksam  geworden    oder  von   autoritativer  Seile   darauf 

I  hingewiesen,  dasB  es  so  für  den  Zweck  nicht  gut  sei,  sich  zu  einer 
llmachrift  in   die  eigene  Mundart  enischloss.     Diese   wird,    wie  ich 

'  xueine,  in  einem  Teile  des  östlichen  ntrnk.  Gebietes  zu  suchen  sein, 
wo  das  Fränkische  noch  mit  einer  mehr  anglofries.  Mundart  zu 
kitmpfen  hatte.  Auch  die  Psalmen  scheinen  mir  ein  Beweis  dalür 
KU  sein,  datis  das  Anglofries.  urtiprünglich  einen  grossen  Teil  Nie- 
derdeutschland!«  einnwbm  und  erst  sehr  allmählich  von  (VHnkischen 
«der  sächsischen  Mundarten  verdrängt  wurde. 

Inbelreff  van  Heltens,  von  seinem  Schüler  B.  vertretener  An- 

I.^Cht  über  die  Sprache  der  beiden  Teile  der  Psahnen,  wie  sie  sich 
änch  einer  Polemik   mit  Cosijn  schliesslich  gestaltet  hatte,    hat  sich 


112  Borgeld  De  Oudoostnederfraiikische  Psalmen. 

nachträglich,  im  Anschluss  an  B.s  Schrift,  eine  neue  Polemik  zwi- 
schen Gombault  und  van  Hellen  erhoben  in  Taal  en  Letteren  9, 
451  ff.;  521  ff.;  10,  113  ff.;  118  ff.;  209  ff\;  212  ff.  Gombault  beabsich- 
tigt eine  sehr  wünschenswerte  Neuausgabe  der  Psalmen.  Die  Punkte 
seiner  Polemik  bedürfen  einer  nochmaligen  gründlichen  Prüfung, 
und  nach  dem  oben  gesagten  kann  ich  dem  in  Aussicht  gestellten 
Nachweis  ''dass  nichts  uns  anzunehmen  berechtige,  die  Ps.  1—9  der 
Wachtendonkschen  Hs.  seien  in  einer  südlicheren  Mundart  als  die 
andern  geschrieben"  grade  nicht  mit  Vertrauen  entgegensehu. 

Als  eigentliche  Aufgabe  setzt  B.  sich  eine  genaue  statistische 
Darstellung  der  Laut-  und  FlexionsverhHltnisse.  Er  zeigt  sich  gut 
unterrichtet  und  hat,  so  weit  ich  sehe,  eine  lückenlose  Arbeit  ge- 
liefert, deren  Brauchbarkeit  erhöht  wäre,  wenn  er  sich  hätte  ent- 
schliessen  wollen,  wenigstens  ein  ausführliches  Register  als  schwa- 
chen Ersatz  für  eine  lexikalische  Bearbeitung  hinzuzufügen.  In  der 
Auffassung  der  Einzelheiten  wagt  er  kaum  die  leiseste  Abweichung 
von  van  Helten,  so  dass  wir  eigentlich  nicht  von  B.,  sondern  von 
van  Helten-Borgeld  zu  sprechen  haben  und  neben  manchem  guten 
auch  all  die  Unrichtigkeiten  der  van  Heltenschen  Methode,  .die  vor 
allem  in  der  willkürlichen  Annahme  in  sich  unglaublicher  Übertra- 
gungen gradezu  schwelgt,  mitbekommen.  Wir  haben  es  bei  diesen 
Texten  mit  Abschriften  zu  thun,  die  von  Fehlern  und  Missverständ- 
nissen wimmeln,  und  denen  gegenüber  noch  viel  mehr  Misstrauen 
geboten  ist  als  es  so  wie  so  schon  angewandt  wird.  So  sind  m.  A.  nach 
z.  B.  nicht  nur  gequahlit  und  gequalhit  für  'coagulatum*  sondern 
auch  das  gleichbedeutende  ^cwwaZii^  zu  vereinigen ;  sie  gehören,  al& 
gequahlit^  zu  dem  bei  Diefenbach  (s.  v.  coagulum)  und  mnd.  be- 
zeugten quagel  aus  coaguluin;  so  ist  es  doch  richtig  die  verschie- 
denen irrot  und  rod  (Gl.  621;  624;  626;  773)  in  irruart  zu  verbes- 
sern; so  ändere  ich  farschiton  GL  300  in  farscltton  usw.  So  ist  es 
auch  nicht  gerechtfertigt,  wenn  die  von  Heyne  vorgenommene  und 
von  mir  Zs.  f.  deutsches  Altert.  40,  9  begründete  Änderung  des  Nom. 
Sg.  Mask.  thia  in  thie  nicht  weiter  beachtet  wird.  Ist  bei  einem 
solchen  Text  eine  ins  einzelne  gehende  Laut-  und  Flexionslehre 
überhaupt  schon  misslich,  so  ist  es  noch  viel  misslicher,  die  Dinge 
nun  auch  noch  mit  einer  Methode  die  willkürlich  einmal  die  Er- 
scheinungen als  Schreibfehler  das  andere  Mal  als  bedeutungsvoll 
nimmt  zu  erklären.  Wenn  diese  Methode  mit  Bestimmtheit  eine 
grosse  Anzahl  der  Formen  als  Rückstände  aus  der  mundartlich  ab- 
weichenden Vorlage  erklärt,  so  mag  sie  damit  unter  den  obwalten- 
den Umständen  öfter  das  richtige  treffen;  aber  noch  öfter  dürfte 
sie  ins  blaue  gehn.  In  dem  Schreibfehler  farutiirp  will  B.  (S.  112) 
eine  spätere  mnl.  Präteritumsform  tvierp  erkennen  und  überträgt 
die  Erklärung  auch  auf  4  Fälle  wie  uuirpon  (statt  nuurpofi),  in 
denen  allen  es  sich  doch  um  die  Lautfolge  umi  handelt,  und  also 
gewiss  nur  ein  Strich  vergessen  ist. 

Auf  Einzelheiten  einzugehen  fehlt  hier  der  Raum.  Doch  sei 
bemerkt,  dass  B.  sich  in  Bezug  auf  gethuuing  §  31,  3  selbst  wider- 
spricht und  §  84  f.  bei  hec^hnot^  teignon^  beceignedo  übersieht,  dass 
auch  durch  mnl.  teechenen  ein  germ.  Haign-  (neben  taikn-)  voraus- 
gesetzt wird.  Es  ergibt  sich  dass  die  Schrift  als  zuverlässige  Ma- 
terialsammlung gute  Dienste  leisten  kann,  während  weitere  Schlüsse 
die  sie  zieht  stets  der  Nachprüfung  bedürfen. 

Bonn.  J.  Franck. 


D^Arbois  de  Jubainville  Etudes  sur  la  langue  des  Francs  usw.    113 

D'Arbois  de  Jubainville  H.    Etudes  sur  la  langue  des  Francs  k 
I'epoque  m^rovingienne.    Paris  1900.    232*  und  110  S.    6  frs. 

Im  Vorwort  teilt  uns  der  bejahrte  Verf.  mit,  dass  er  schon 
vor  Jahrzehnten  den  Plan  gefasst  habe,  ein  Wörterbuch  der  frän- 
kischen Sprache  zur  Merovingerzeit  zu  schreiben,  und  dass  der 
erste  Entwurf  dazu  schon  1869  fast  vollendet  gewesen  sei.  Aller- 
hand Umstände  wirkten  zusammen,  dass  die  Arbeit  damals  liegen 
blieb.  Nach  fast  30  Jahren  hat  dann  der  Verf.  die  Arbeit  wieder 
vorgenommen  und  auf  den  heutigen  Stand  der  Wissenschaft  zu 
bringen  gesucht.  Allein  er  überzeugte  sich  bald,  dass  es  ihm  nicht 
mehr  möglich  sei  dieses  Werk  zu  vollenden,  und  so  erschienen  diese 
"Studien"  durchaus  nicht  mit  dem  Anspruch  etwas  Fertiges  zu  bie- 
ten, sondern  nur  als  Anregung  für  Jüngere,  ein  Werk  über  die  tränk. 
Sprache  zu  schreiben,  wie  es  ihm  vorgeschwebt.  In  einem  Nach- 
wort nimmt  sodann  der  Verf.  in  bewegten  Worten  Abschied  von 
seinem,  ihm  lieb  gewordenen  germanistischen  Bücherschatze.  Diese 
persönlichen  Angaben  charakterisieren  wohl  das  ganze  Werk  zur 
Genüge  und  überheben  den  Rezensenten  der  Pflicht,  der  Masse  von 
unrichtigen  und  ungenauen  Einzelheiten  entgegenzutreten. 

In  den  ersten  Kap.  werden  die  verschiedenen  Formen  der 
Königsnamen,  ihre  Bedeutung  und  endlich  die  Bildung  der  Kurz- 
namen umständlich  besprochen.  Letzteres  Kap.  lehnt  sich  fast  ganz 
an  Starck  an;  was  sich  von  neuen  Vorschlägen  findet,  ist  verfehlt. 
So  soll  z.  B.  DodOf  das  als  Zuname  eines  Gundegisilus  belegt  ist, 
aus  dem  letztern  durch  Reduplikation  der  zweiten  Silbe  des  ersten 
Bestandteils  über  *Dedo  entstanden  sein!  Durch  dasselbe  Verfahren 
soll  Dado  aus  Audoenus  gewonnen  sein.  Nicht  minder  verwunder 
lieh  klingt  es,  wenn  Pippinus  als  Doublet  von  Pöpo  (aus  Böbo)  er- 
klärt wird,  woraus  er  sich  durch  Umlaut  entwickelt  hätte,  u.  dgl.  m. 
Dass  das  4.  Kap.,  das  eine  Reihe  grammatischer  Beobachtungen  ent- 
hält, zumal  bei  der  höchst  mangelhaften  Kenntnis  der  neueren  Lit- 
teratur,  wertlos  ist,  wird  angesichts  solcher  Behauptungen  keiner 
nähern  Ausführung  bedürfen.  Der  zweite  Teil  des  Werkes  gibt 
Bruchstücke  eines  fränkischen  Namenbuches:  es  umfasst  die  Namen 
Abo  —  Berctho  und  Kompp.  An  Material  ist  nicht  viel  Neues  bei- 
gebracht. Manche  Namen  sind  falsch  erklärt  und  unrichtig  einge- 
ordnet, z.T.  in  Anlehnung  an  Förstemann;  so  wird  z.B.  Echarigus 
unter  die  mit  Agi-  komponierten  Namen  gestellt.  Demgemäss  sind 
auch  die  regelmässig  beigegebenen  Übersetzungen  nicht  selten 
weder  glücklich  noch  richtig:  An  so  verfehlten  Übersetzungen,  wie 
Beracharius  'celui  qui  a  itne  trotip  de  cochons\  oder  Ancebercthus 
'brillant  par  les  jmnbes*  ist  in  dem  Buche  kein  Mangel. 

Basel.  Wilh.  Brückner.. 


Finck  F.  N.  Der  deutsche  Sprachbau  als  Ausdruck  deutscher  Welt- 
anschauung. Acht  Vorträge.  Marburg  Elwert  1899.  Vlll  u.  123  S. 
80.    2  M. 

In  frischer,  unmittelbar  wirkender  Schreibweise  —  die  Schrift 
ist  aus  einer  Reihe  von  Universitäts-  und  Ferienkursvorträgen  er- 
wachsen —  bietet  uns  der  Vf.  eine  trotz  gewisser  Mängel  immerhin 
sehr  lesenswerte,  anregende  Untersuchung  über  den  Teil  der  geisti- 
gen Eigenart  des  deutschen  Volkes,  welcher  sich  in  dessen  Sprach- 
bau offenbart.  —  Ausgehend  von  einer  etwas  modifizierten  Darstel- 

Anzeiger  XII  1.  8 


114  Finck  Der  deutsclii^  Sprai'hhau  usw. 

lung  der  BvTneächen  Theorie,  derzufol^t^  ein  und  daKKclbe  Ohjekt 
bei  verauhiedenen  Subjekten  .je  nach  deren  Reizbarkeil  einen  ver- 
schiedenen VorstelluDgs-  und  Gefühlsverlauf  hervorruft,  behauptet 
der  Vf.  lür  die  Traget  der  idg,  Sprachen  bei  durch  sc  liiiitl  lieh  mitt- 
lerer bis  grosser  Reizbarkeit  anullherud  gleiche  Stürke  vou  Vnr- 
Btellungen  and  Gefühlen,  und  engt  nach  einem  kunteu  {Iherblick 
über  die  andern  Snrachslltmme,  deren  TrUgeru  durchschnittlieh  ge- 
ringe oder  grosse  Keizbarkeit  zukomme,  und  einer  gedrängten  Cha- 
rakterlatik  der  bekannteren  idg.  Sprachen  den  Umfang  der  Unti-r- 
suehung  zunächst  anf  das  Germanische,  sodann  auf  das  Deuit>che 
ein,  mit  folgendem  Ergebnis  (S.  48):  "Innerhalb  des  Germanischen 
scheinen  sich  keine  graduellen  Unterschiede  der  Reizbarkeit  nacli- 
veisen  zu  lassen,  wohl  aber  ein  solcher  der  Art,  insofern,  als  das 
Deutsche  mehr  Gefühl  sum  Ausdruck  bringt  als  das  Knglische, 
Schwedische.  Dänische  und  Niederlitndischc."  Von  hier  aus  kehrt 
sich  die  Methode  um,  denn  (S.  49];  'unabhängig  von  der  [notwen- 
digen] Einwirkung  des  Temperamentes  macht  sich  noch  eine  Fülle 
von  andern,  unberechenbaren  Einflüssen  geltend  .  .  ,;  es  empfiehlt 
sich  daher  auch  für  unsre  weitem  Betrachtungen  nicht  mehr,  zu 
fragen :  wie  wirkt  dies,  wie  wirkt  das  auf  den  deutschen  Sprach- 
bau? .  .  .  wir  werden  [vielmehr]  .  .  .  fragen  müssen:  was  verrXt 
uns  diese,  was  verrät  uns  jene  grammatische  Eigentümlichkeit?" 
DemgemUss  entwirft  der  Vf.,  nachdem  er  (S-  49  f.)  betont  hat,  dass 
sich  auch  dabei  die  Rücksichtnahme  auf  die  Getlihte  nfchl  werde 
vermeiden  lassen,  welche  mit  den  xuni  Ausdruck  zu  bringenden 
Vorstellungen  verbunden  seien  und  um  ileren  Äusserung  es  dern 
Sprecher  oft  gerade  zu  thun  sei,  auf  S.  Sl  den  Plan  der  weitem 
ünterauchimg :  "Im  1.  Abschnitt  soll  zunllchst  uulersuclil  werden, 
wie  weit  die  der  formellen  Einteilung  des  Wortschatzes  zu  Grunde 
liegende  Klassifikation  der  VoTstellungen  als  eine  dem  Deutschen 
eigenartige  anzusehen  ist,  und  wie  sich  dieses  eigenartig  Deutsche 
erklart.  Dann  soll  festgestellt  werden,  welche  von  den  Mitteln,  die 
zur  nlihern  Bestimmung  einer  einzelnen  Vorstellung  dienende  Be- 
ziehungen und  Modifikalioneu  bezeichnen,  besonderer  Beachtung 
wert  sind.  Im  2.  Abschnitt  werde  ich  festzustellen  versuchen,  in 
welcher  Reihenfolge  die  einzelnen  Glieder  des  deutschen  Satzes 
zusammengefügt  werden,  und  was  sich  aus  dieser  Wortstellung  auf 
Grund  allgemeiner  ErwHgungen  sowie  im  Hinblick  auf  die  andeni 
uns  bekannten  Sprachen  erschliessen  Isssl.  Im  3.  Abschnitte  end- 
lich soll  klargelegt  werden,  welche  Beziehungen  zwischen  den  ein- 
zelnen Vorstellungen  einerseita,  sowie  zwischen  der  Rede  und  dem 
Redenden  anderseits  erfasst  werden,  wie  man  sie  «um  Ausdnick 
bringt,  und  was  beides  von  deutscher  Weltanschauung  mid  im  be- 
sondern  von  deutscher  Geisteskraft  verrät."  Auf  die  Einzelheiten, 
diu  in  diesem  Rahmen  xur  Besprechung  kommen  (Zusammenfall 
des  prKdikativen  Adj,  mit  dem  von  ihm  abgeleiteten  Adv.,  Schicksal 
des  grammatischen  Geschlechtb,  Stellung  des  attributiven  Adj.  und 
des  nominalen  Subjekts.  Art  der  Satzverbindung,  SubjcktiviiAt  des 
Verbs)  kann  ich  hier  nicht  eingehen.  —  An  der  Methode  des  Vf. 
ist  jedenfalls  zu  loben,  dass  er  sich  bemüht  hat,  die  Erscheinungen 
niemals  vom  engen  einzelsprachlichcn,  sondern  stets  vom  verglei- 
chenden Standpunkt  tu  behandeln  und  so  in  einen  grösseren  Zn- 
sammenliang  zu  stellen;  auch  dass  er  im  letzten  Teile  »e.iner  Unter- 
suchung die  kulturelle  Stellung  der  Tdg.  und  Semiten  gegeui" 
den  scheinbar  auf  gleicher  HBhe  stehenden  Chinesen,  Ägjrpf 
Mexikaneni  für  die  Überlegenheit  der  idg.  und  semitifrcheii  S 
ehen  ins  Tretfcn  führt  und  dabei  Anschauungen  vorlrÄjl,   dtej 


Finck  Der  deutsche  Sprachbau  usw.  115 

kürüüch  auch  von  Vit-rkandt  im  3.  Bande  der  Heltiierecheu  Gnogr. 
Za.  verteidig!  worden  sind,  nimmt  für  ihn  ein;  noch  mehr  die  durch- 
»un  freudig  zu  hegrüssende,    auf  der  Experimentalpsychologie  fus- 
Bende  Einleitung  Über  dns  Wesen  der  Sprache.    Um  so  unbegreif- 
licher ist  es,    dass  der  Vf.  den  verBweifelt  an   die  alte  VeruiJigens- 
theorie  gemahnenden  Theoremen  Byrnes  eine  so  gn-osse  Bedeutung 
beimisst  und,  wohl  hauptsächlich  unter  dereu  EinHuss,  auf  eine  Cha- 
rakteristik der  deutschen  Sprache  hiuHuskommt,  die  den  gänstigeu 
Eindruck,  welchen  da«  Buch  sonst  macht,  zum  groBsen  Teile  wieder 
verwischt:  sie  sei  eine  nichts  weniger  als  zierliche,  aber  starke  Sub- 
JeklititSl,  daher  Sinn  für  Kausalität  verratende  und  durch  Neigung 
BUm  Einschachteln  der  SAtze  den  Beweis  lür  vollbrachte  Gedankeu- 
■  «rbeit  liefernde   und   zu  solcher   anregende  Sprache.    Das  ist  eine 
[jener  PseudochiirakteriBtlken.  gegen  die  «ich  mangels  auf  der  Höhe 
i'der  Zeit  stehender  völkerpäychologischer  Spezialuntersuchungen  — 
I  diimalii,   als  der  Vf.  sein  Buch  schrieb,    beRassen  wir  ja  noch  nicht 
l«lnmal  den  Anfang  von  solchen,  wie  «r  jetzt  in  einzelnen  Kapiteln 
Ivou  WundtB  Völkerpsychologie  vorliegt  —  zwar  nichts  Bestimmtes 
l«lnwenden  lässt.  die  aber,  davon  bin  ich  fem  überzeugt,  verschwin- 
'   den  werden,   sobald  die   für  eine  wirkliche  Sprachencharakteristik 
nötigen  Vorfragen  {vgl.  Zs.  f.  roman.  Philol.  23,  652  f.)  gelöst  sind. 
Um  so  mehr  sollte  man  sich  solcher  Pseudochnrakleristiken  enthal- 
ten, besonders  wenn  man  wie  der  Vf.  (S.  II)  diese  Sachlage  kennt; 
täe  gehen  notwendigerweise  ein  schiefes  Bild  und  den  Schein  einer 
Lösung,  von  der  wir  noch  hininielweil  enttemt  sind. 

i'ipzig,  0.  nittrich. 


Iitebicli  B.  Die  Woi'thimilien  der  lebenden  hochdeutschen  .Sprache 
als  Grundlage  für  ein  System  der  Bedeutungslehre.  Nach  Heynes 
deutschem  Wörterbuch  bearbeitet.  1.  Band.  Breslau  Preuss  u. 
Jünger  1899.    VlII  u.  522  S.  8".     10  M. 

Wer  mit  dem  laiiciläufigen  Begriff  von  Wortfamilie  oder  -sipiie 
0ti  dieses  Buch  herantritt,  wird  nicht  ohne  Verwunderung  Zusnm- 
ioenstellungen  lesen  wie  «6  (mit  her-,  kw-e-,  baeh-  usw.  -ab),  aber, 
"*  T-,  von  (mit  da-,  hier-,  wovon);  acltten  (mit  Ac/U,  Achtung,  ac/tf- 
t,  usw.),  Auge  (mit  Gi-osn-  nsw,  -aune,  augiy,  tiugfn,  usw.],  Bake 
(mit  Feuerhake);  Ähre  (mit  Derivaten],  Eck  (m.  Der.);  A}aen,  Zun- 
sehen-,  SchluB»akt,  Pilgrim  (m.  Der.);  ireiw  (m.  Der.),  reiKcAe»), 
FeHeisen;  Mansarde,  Manete,  MUme  (m.  Der.],  Mutter  (ni.  Der.); 
nobel  (m.  Der.),  Note  (m.  Der.),  »ackerlot;  Zieche  (m.  Der.),  Apotheke 
(m.  Der.},  Hypothek;  er  wird  vielmehr  nur  geneigt  sein,  Sippen  an- 
zuerkennen wie  die  unten  S.  120  Z.  23  ff.  angeführten.  Aber  des  Vf. 
Be^ifT  von  Wortfamilie  ist  eben  nicht  der  landlfiuHgB,  sondern 
weicht  von  diesem  in  einer  Weise  ab,  die  es  ihm  ermöglicht,  "alle 
Worte  {zu  einer  Familie]  zu  vereinigen,  die  wir  auf  Grund  unsres 
Sprachgefühls,  unterstützt  durch  Sprachgeschichte  und  Etymologie, 
als  verwandt  ansehen."  Unter  "Wortfamilie  im  weitesten  Sinne' 
versteht  der  Vf.  nHmlich  (S.  ß|  "alle  uns  bekannten  Worte  des«elbeu 
Sprachstammes,  die  aus  derselben  Wurzel  hervorgegangen  sind", 
unter  Wurzel  "einen  LautkomplcK  mit  einem  Bedeutungszeutrum, 
die  beide,  i^'enn  auch  noch  so  umgewandelt,  in  sHmilichcn  Ablei- 
tungen nachweisbar  sein  müssen."  Gestützt  auf  diese  beiden  De- 
finitionen und  nul'  Krwligungen  allgemeiner  Art  nnternimiiit  er  es 


116    Liebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  hochdeutsch.  Sprache. 

(S.  VI:)  ''einen  Leitfaden  durch  das  Labyrinth  zu  schaffen,  als  wel- 
ches das  alphabetische  Wörterbuch  von  einem  höheren  Standpunkt 
aus  erscheint"  ein  Wortfamilienbuch,  das  (S.  V:)  "in  noch  so  vielen 
Einzelheiten  verbessert  werden  kann,  aber  als  Ganzes  bleiben  wird^ 
da  es  thatsftchlich  vorhandene  Beziehungen  zum  Ausdruck  bringt, 
die  bei  der  alphabetischen  Anordnung  zu  Gunsten  einer  raschen 
und  sicheren  Benutzung  geopfert  werden  müssen."  Als  geeignetes 
alphabetisches  Wörterbuch  könne  dabei  nur  der  Dreibänder  von 
Heyne  in  Betracht  kommen,  denn  nur  in  diesem  seien  (S.  10:)  "Stre- 
ben nach  Vollständigkeit  und  Würdi^ng  der  besten  Schriftsteller 
unsrer  eignen  Zeit  miteinander  vereinigt",  und  infolge  planmässiger 
Quellenbenutzung  (S.  504:)  "die  zum  Begriffe  der  hochdeutschen 
Gemeinsprache  zu  rechnenden  Stammworte  und  Ableitungen  nahezu 
vollständig,  von  den  Zusammensetzungen  die  wichtigsten  und  ge- 
bräuchlichsten aufgeführt",  wodurch  es  "dem  Ideal  eines  Abbildes 
der  wirklichen  Sprache  in  den  richtigen  Proportionen  am  nächsten 
komme."  Dem  gegenüber  fällt  allerdings  auf,  dass  es  L.  trotzdem 
noch  für  nötig  gehalten  hat,  Zusätze  zu  machen,  welche  —  es  han- 
delt sich  vor  allem  um  Komposita  —  (S.  II:)  "besonders  empfind- 
liehe  Lücken  ausfüllen  sollen,  wie  sie  bei  der  Zusammenstellung 
unter  dem  regierenden  Gliede  sichtbar  wurden"^).  Auf  dieser  Grund- 
lage werden  nun  als  1.  Teil  (S.  17—501)  des  vorliegenden  I.Bandes 
die  Worte  der  lebenden  nhd.  Sprache  zunächst  so  zu  Familien  zu- 
sammengestellt, dass  (S.  12:)  "die  über  den  einzelnen  Sprachzweig 
[d.  h.  das  Germ.,  Lat.-Rom.,  Griech.,  usw.]  hinausreichende  Urver- 
wandtschaft noch  nicht  berücksichtigt,  also  der  Begriff  Wortfam. 
noch  nicht  im  weitesten  Sinne  genommen"  wird;  einige  Proben  des 
Ergebnisses  habe  ich  eingangs  mitgeteilt.  Von  dem  2.,  ursprüng- 
lich ganz  für  den  Schlussband  bestimmten  Teil  wird  uns  anhangs- 
weise (S.  504—21)  der  Anfang  geboten:  eine  Zusammenfassung  der 
Familien  des  ersten  Teiles  zu  folgenden  Kategorien:  1.  Idg.  Fami- 
lien, 2.  Germ.  F.,  3.  Hochd.  P\,  4.  Entlehnungen  aus  dem  Lat.-Roman., 
5.  aus  dem  Griech.,  6.  aus  andern  idg.  Spr.,  7.  aus  nichtidg.  Spr., 
gefolgt  von  einer  statistischen  Übersicht  der  (2680)  Familien  und 
(47531)  Worte,  in  welcher  der  Anteil  der  Idg.,  germ.  usw.  Familien 
an  dem  Gesamtwortschatz  in  Prozenten  ausgedrückt  wird;  auch 
dabei  kann  man  sich  eines  gewissen  Staunens  nicht  erwehren,  wenn 


1)  Die  Art,  wie  der  Vf.  bei  der  Ausfüllung  solcher  Lücken 
zu  Werke  gegangen  ist,  muss  ich  leider  als  ganz  unsystematisch 
bezeichnen:  die  Zusätze  fehlen  fast  durchweg  gerade  an  den  Stellen, 
wo  sie  am  nötigsten  gewesen  wären:  bei  gewissen  Familien,  die 
nur  ein  oder  ein  paar  Worte  enthalten,  während  doch  (mehr)  Ab- 
leitungen und  Zusammensetzungen  dazu  allgemein  üblich  sind ;  vgl. 
Farn.  25  AhlCy  19  Ada7nf  33  Alkohol,  29  Akademie,  64  Apostel,  usw. 
Dadurch,  dass  all  diese  Wörter  als  isoliert  oder  fast  isoliert  hinge- 
stellt und  so  denen  gleichgestellt  werden,  welche  wirklich  isoliert 
geblieben  sind  (vgl.  Andorn,  au,  usw.),  mehr  aber  noch  dadurch, 
dass  bei  solchen  Wörtern,  die  als  scheinbare  oder  wirkliche  End- 
glieder von  unzähligen  Kompositis  vorkommen,  launenhaft  bisweilen 
nur  wenige,  bisweilen  aber  auch  ziemlich  viele  aufgenommen  wer- 
den (vgl.  -ähnlich  mit  3,  lei  mit  21,  *'artiy  mit  41,  -voll  mit  85  De- 
rivaten), erleidet  die  Statistik  am  Schlüsse  des  Bandes  einen  argen 
Stoss.  Hier  hätte  der  in  den  Augen  L.s  sprachwissenschaftlich  wert- 
lose Sanders  mit  seinen  "reichen,  aber  unverdauten  und  unüber- 
sichtlichen Stoffmassen"  recht  gute  Dienste  leisten  können. 


Liiebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  hochdeutsch.  Sprache.     117 

man  erfährt,  dass  z.  B.  Ahnanach,  Barke^  Bibeln  Ebenist  usw.  Lehn- 
MTorte  aus  dem  Ägypt.  sein  sollen,  dass  wir  den  Esel  aus  dem  Su- 
merischen oder  den  Smaragd  aus  dem  Skythischen  bezogen  haben 
sollen.  Der  noch  ausstehende  Rest  des  2.  Teils  soll  (vielleicht  unter 
anderm?  vgl.  die  S.  503  angedeutete  Anwendung  der  "synonymi- 
schen Methode  als  sekundäres  Einteilungsprinzip")  nach  §.  13*  ein 
weiteres  Verzeichnis  bringen,  in  dem  die  Vertreter  der  einzelnen 
Sprachzweige  im  Nhd.  nicht,  wie  in  den  eben  erwähnten  Katego- 
rien, unter  dem  im  1.  Teil  gebrauchten  Stichwort  (z.  B.  Frett^  fak- 
tisch, Staat,  Interesse),  sondern  unter  dem  einheimischen  Stammwort 
(ferre,  facere,  stare,  esse)  aufgezählt  werden.  —  Was  ist  nun  der 
Zweck  dieser  Zusammenstellungen?  L.  spricht  sich  darüber  S.  503 
so  aus:  "Grundlage  für  jedes  wissenschaftliche  System  ist  die  zweck- 
mässige Anordnung  des  betreffenden  Materials.  Das  Material  für 
■eine  deutsche  Bedeutungslehre  ist  der  Wortschatz,  in  erster  Linie 
der  Wortschatz  der  jetzt  lebenden  Sprache;  eine  übersichtliche  und 
■sachgemässe  Gruppierung  desselben  war  daher  das  Ziel  dieses  Ban- 
des .  ,  .  Eine  auf  die  Verwandtschaft  der  Worte  gestützte  Eintei- 
lung der  Worte,  wie  sie  schon  Pott  in  seinem  Wurzelwörterbuch 
der  idg.  Spr.  versuchte,  darf  gegenüber  der  äusserlichen  alphabe- 
tischen und  der  schwankenden  synonymischen  als  das  natürliche 
System  der  Worte  einer  Sprache  bezeichnet  werden.*'  Nur  geht 
der  Vf.  nicht  wie  Pott  von  der  idg.  Grundsprache  aus,  sondern 
wählt  die  rückwärts  blickende  Betrachtungsweise,  aus  wissenschaft- 
lichen (S.  503  f.)  und  praktischen  Gründen;  imter  letztern  schlägt 
er  (S.  7)  besonders  den  hoch  an,  dass  man  bei  Voranstelluug  der 
hypothetischen  Urform  und  Unterordnung  der  thatsächlich  vorhan- 
denen Bildungen  unter  diese  mehr  als  nötig  von  der  wechselnden 
Tagesmeinung  abhängig  werde*).  Auf  diese  Weise  glaubt  der  Vf. 
wenigstens  fürs  Deutsche  die  Grundlage  für  ein  System  der  Bedeu- 
tungslehre geschaffen  zu  haben  (S.  I:)  "der  Bedeutungswandel  des 
wurzelhaften  Bestandteils  der  Worte  ist  der  bisher  am  wenigsten 
studierte,  aber  nicht  der  einzige  Teil  der  Bedeutungslehre.  Es  wird 
später  zu  zeigen  sein,  wie  auch  die  bisher  unter  Formenlehre,  Syn- 
tax und  Stilistik,  aber  ungleichmässig  und  ohne  Innern  Zusammen- 
hang behandelten  Gebiete:  Zusammensetzung,  Wortbildung,  Wort- 
blegiing,  Satzbildung,  Satzfügung  sich  sozusagen  organisch  an  den 
hier  gemachten  Anfang  anschliessen  lassen  (vgl.  dazu  vorläufig  Zwei 
Kap.  der  Kä^ika  S.  XXXII  fT.),  so  dass  die  Bezeichnung:  Grundlage 
für  ein  System  der  Bedeutungslehre  in  der  That  berechtigt  ist." 
^Zunächst,  wie  gesagt,  fürs  Deutsche,  denn  auch  in  der  Bedeutungs- 
lehre müsse  man  (S.  7:)  "von  der  eignen  Muttersprache  ausgehen, 
alle  Probleme  regelmässig  zuerst  an  ihr  studieren  und  die  hier  ge- 
wonnenen Gesichtspunkte  sodann  auf  entferntere  Objekte  übertra- 
gen"; (S.  5:)  "wir  müssen  erst  eine  deutsche,  englische,  italienische, 
«rabische  usw.  Bedeutungslehre  haben,  ehe  wir  erwarten  können, 
zu  einer  Bedeutungslehre  an  sich  zu  gelangen,  die  wirklich  diesen 
Namen  verdient."  Der  wissenschaftliche  Gewinn  der  von  L. 
befolgten  Methode  könne  (S.  I:)  "erst  dann  recht  hervortreten,  wenn 
eine  Reihe  ähnlicher  Arbeiten  für  die  verwandten  Spr.  vorliegt,  in 
denen  die  identischen  Familien  durch  Kreuzverweise  miteinander 
verbunden   werden,    da   ein   einziger   Querschnitt   eines   einzelnen 


1)  Dass  auch  der  Vf.  von  dieser  nicht  unabhängig  bleibt,  be- 
weise die  "provisorischen"  oder  jetzt  schon  unhaltbaren  Familien, 
von  denen  unten  S.  118  Z.  25  f.  u.  Anm.  1  die  Rede  ist. 


118    Liebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  bochdeuisch.  Sprache. 

Zweiges  noch  nicht  hinreicht,  um  eine  anachauliuhi;  VorGiellung  von 
einem  ganzen  Baume  zix  gewUhren."  Dagegen  habe  man  von  dem 
Buche  schon  jetzt  auch  praktischen  Gt^wlnn  zu  erhoffen,  insofern 
sich  dessen  auch  die  Pädagogen  als  Hilfsmittels  für  den  Sprach- 
unterricht bedienen  künnien,  und  auch  weiteren  Kreiae  von  Gebil- 
deten Oelegenheil  geboten  wHre,  an  der  Hand  dieses  PiihreTs  die 
Artikel  bei  Heyne  so  zu  studieren,  dass  ihnen  ein  tieferes  Verständnis 
für  die  sprachwissenschaftlichen  Probleme  erschlos«en  wUrde.  —  Dies 
in  kurzem  Inhalt  und  Tendenz  des  L.schen  Unternehmens.  Soll 
ich  nun  mein  Urteil  Aber  den  vorliegenden  1.  Band  abgeben,  so 
tVeue  ich  mich  einerseits,  dem  Vf.  rückhaltlose  Anerkennung  tür 
die  von  tiefer  lauigeschlchtlicher  Kenntnis  und  grosser  .'Sorgfalt 
zeugende  Art  zollen  zu  können,  mit  der  er  sich  der  keineswegs 
leichten  Aufgabe  unterzogen  hat,  seine  Wortfamilien  aus  Heyne 
herauszuschalen:  die  Verweise  bei  Heyne  sind  gewissenhaft  benntst; 
wo  diese  nicht  ausreichen,  ttitt  Klu^e  helfend  ein;  Abweichungen 
von  diesen  werden  in  der  Regel  (nicht  immer)  durch  Verweisung 
auf  Franck  motiviert;  auch  an  der  Heranziehung  der  andern  neuem 
und  neuesten  sprach  historischen  Litteratur  fehlt  es  nicht,  wobei  es 
allerdings  z.  B.  begegnet,  doss  fürs  Roman.  Kifrting  eine  meines 
Erachtens  etwas  zu  hervorragende  Rolle  üpielt');  dass  der  Vf.  e$ 
sich  ferner  (S.  H)  zum  Grundsatz  gemacht  hat,  "keine  Verwandt- 
schaft anzuerkennen,  die  er  nicht  aus  lautlichen  und  semasiologi- 
schen  Gründen  lür  möglich  hielt",  und  dass  er  unumwunden  (S.  15 
Q.  Fam.  1414)  zugibt,  "manche  Familien  seien  einfach  als  proviso- 
risch zu  betrachten"*],  ist  ebenfalls  nur  zn  loben;  anderaefts  aber 
kann  ich  leider  nicht  umhin,  es  mit  ebenso  rückhaltloser  Offenheit 
aiiSKUSprcchen,  dass  mir  all  die  viele  Muhe  und  Sorgfalt  an  einen 
Gegenstand  gewendet  scheint,    der  sie  bei  weitem  nicht  lohnt.    Ich 

treile,  um  den  Beweis  dafür  zu  erbringen,  znnüchst  1.  auf  die  oben 
.115  Z.  44— 47  angezogene  Stelle  und  auf  die  ebenda  Z.  47  H.  mit- 
geteilten Detinitionen  der  BegrifTe  Wortfamilie  und  Wurzel  zurück. 
Ich  glaube  nicht,  dass  mnu  mit  dieser  Methode  und  mir  diesen  Be- 
griffen in  einer  nhd.  oder  überhaupt  in  einer  Bedeutungslehre,  be- 
züglich deren  NichtbeschrHnkung  auf  die  Lehre  vom  Bedt>utung»- 
Wandel  ich  dem  Vf.  übrigens  vollkommen  beipüichie,  operieren  kaun, 
und  zwar  aus  folgenden  Gründen;  a)  wenn  irgend  eine  eprach- 
psychologische  Thatsache,  so  ist  doch  die  als  unumstösslich  sicher 
anzuerkennen,  dass  es  in  allen  Sprach  pcrioden  Worte  gibt,  deren 
Zurück l'Uhrung  auf  ihr  Etymon  den  Sprechenden  entweder  dadurch 
unmöglich  gemacht  wird,  dass  dieses  nicht  mehr  in  der  Sprache 
vorhanden  ist  (vgl.  Hagextols  usw.),  oder  dadurch,  dasH  das  Wort 
bereits  fertig  und  isoliert  aus  einer  andern  Sprache  h er ü bergen nm- 


1)  Sckaffot  z.  B.  hat  mit  Balken  nichts  zu  ihun.  s.  Dnrniesteter- 
Hatzleld- Thomas,  Dtct.  gäneral  (dessen  Etymologien  die  K9rting- 
HChen  oft  überholt  haben)  s.  v.  chafaud;  die  Etym.  von  Flambirg 
(Fam.  155;,  die  Kört,  nach  Diez  gibt,  ist  mehr  als  unsicher,  s.D.-H.-T. 
s.  v.  flambfrge  u.  Darmesleter  Mots  composes  2.  Aut1.  S.  155;  usw.; 
Benutzung  von  D,.H,-T.  hätte  den  Vf.  auch  z.  B.  davor  bewahrt, 
Allee  mit  halalt  oder  (Fam.  213:)  Posse  mit  Ämbosn 
Btellen  u.  a.  m. 

2)  So  wird  z.  B.  die  Fam.  413  Ei-be,  Arbeit,  arm,  di 
nur  durch  eine  Vermutung  e.  v.  nrtn  zusammenhing. 
Kluge  ^  hinfällig;  vgl.  auch  diu  Selbstkorrektur  der 
Fam.  2370,  der  Fam.  ai9  in  Fam,  2452, 


» 


I 

I 


Liebich  Die  Wortl'amiüen  der  kbendeii  hochtieutsi^h.  Sprache.     119 

meu  wurde,  i»  der  es  biBweilen  ftuvh  Cur  die  Einheimischen  äehon 
etymologisch  unklnr  geworden  war  (vgl.  Felleisen  usw.).  Tritt  aber 
eiiier  dieser  beiden  Fälle  ein,  und  lehnt  der  Sprechende  ein  solches 
Wort  infolge  lautlicher  und  andrer  AsKO»iationen  an  Wörter  der 
lebenden  Sprache  an.  mit  denen  es  ursprünglich  nicht«  zu  Ihun 
halle,  so  ist  es  doch  klar,  dass  rür  ihn  gar  keine  Möglichkeit  be- 
steht, diese  nach  dem  Urteil  sprachhislorisch  gebildeter  GrHmniatiker 
"fRlMcbe"  Etymologie  zu  "korrigieren",  es  Bei  denn,  er  studierte 
Sprachgeschichte  und  nÄhme  auf  Grand  seiner  so  erworbenen  Kennt- 
nis absichtliche  Korrekturen  vor,  mit  denen  er  aber  in  der  Itegel 
wenig  Erfolg  haben  dürlle.  Aber  auch  derartige  Ausnahmsfälle, 
die  dann  als  solche  ku  behandeln  sind,  bestätigen  doch  nur  die 
fandamentale  Wahrheit,  das»  In  weitaus  den  meisten  Fallen  beim 
Sprechen  keine  Korrektur  des  a.ngeblichen  Irrtums  stattitndet. 
Findet  aber  keine  statt,  so  ist  es  auch  dem  Sprachpaychologen  nicht 
erlaubt,  eine  solche  Korrektur  aus  seiner  sprachhtstorlschen  Kennt- 
nis an  das  von  ihm  zu  beobachtende  Objekt,  nHmlich  den  psychi- 
schen Voi^fang,  in  dem  eine  solche  "Volksetymologie"  besteht,  heran- 
zubringen, will  er  nicht  die  za  untersuchende  Thatsache  von  vorn- 
herein tUlschen.  Dieser  methodischen  Forderitng  ist  der  Vf.  nicht 
nachgekommen,  nnd  die  Zuordnung  von  Hagestolz  zu  still,  von 
J-'ellevsen  zi\  Wein  wäre  demzufolgts  auch  dann  falsch,  wenn  die 
Zurück llihrung  dieser  Worte  auf  ein  und  dieBclbe  "Wurzel"  da» 
Bichtige  Irjll'e,  was  nicht  ausser  Zweifel  ist.  Hagestolz  gehört  für 
den  Deutschen  am  Ende  deH  19.  Jh.  ku  »tole,  felleisen  zu  Fell  und 
£Men'),  wfthrend  velis  fQr  den  Mhd.  vielleicht  (?)  an  vSt  anklang, 
und  valise,  valigia  für  den  Franzosen  nnd  Italiener  vollkommen 
boliert  dastehen.  Hagestolz  und  Felleisen  führen  uns  also  nur  auf 
nhd.  Wörter  atolt,  FeU,  Eisen  zurück,  von  einer  "Wurzel"  im  Sinne 
Liebichs  kann  somit  gar  keine  Rede  sein').  Nicht  anders  nteht  es 
V)  um  Familien  wie  Artikel,  Armee.  Für  den  Xhd.  besteht  zwischen 
diesen  Wörtern  gar  kein  etymolog'ischer  Zusammenhang,  da  sie 
fenig  mit  ihren  ganz  und  gar  unvarmittelbaren  Bedeutungen  aus 
Fremdsprachen  heriibergenoranien  wurden;  aber  anch  für  die  Bil- 
dung dieser  Wörter  ist  es  ganz  unmöglich  anzunehmen,  dass  ihre 
Bildijer  irgend  welches  Bewusstsein  von  ihrer  Rftckleiibarkeit  auf 
dieselbe  "Wurzel"  besessen  hütten:  art-iculus  aus  art-ug,  ann-^  aus 
arm-er  aus  arm-are  aus  arm-a;  artwn  wurde  also  bei  der  Bildung 
von  articulus  nicht  in  ar-tus  /erleget,  ebenso  wenig  wie  arma  bei 
der  Bildung  von  armare  in  ar-ma;  der  etymologische  Zusammen- 
hang, der  zur  Zeit  der  Bildung  von  ar-tits  nnd  ar-ma  zwischen 
diesen  zwei  Worten  bestanden  hat,  war  also  schon  für  die  Bildner 
von  arlictdtis  und  armare  nicht  mehr  vorhanden,  wie  viel  weniger 
erst  für  den  Schöpfer  von  armee  (14.  Jh.),  zu  dessen  Zeit  articulua 
ein  für  ihn  uueivm  o legi si erbares  W«rt  einer  fremden  .Sprache,  und 
ariicle  (seit  la.  Jh.)  ein  ebenso  un  etymologisier  bares  Lehnwort  war. 


1)  So  schon  Adelung  in  der  Anm.  zu  Felleisen :  "Viele  haben 
geglaubt,  dass  dies  Wort  aus  FelC  und  Eisen  zusam  menge  setzet 
sey,  well  diese  Art  des  Sackes  jetzt  nicht  nur  aus  Fellen  bereitet, 
sondern  auch  wirklich  mit  Eisen  verwahret  wird." 

3)  Dass  hagestoli  schon  im  Hhd.  vorkommt,  hat  hier  natürlich 
nichts  zu  sagen,  denn  davon  wissen  die  nhd.  Sprechenden  in  der 
Begel  nichts;  es  beweist  nur,  dass  schon  in  mhd.  Zeit  die  Anlehnug 
an  utolz  existierte,  und  dnss  sii-h  seitdem  nichts  geändert  hat;  für 
den  Nhd,  ist  das  nhd.  stolz  das  Etymon,  nicht  das  mhd. 


120    Liebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  hochdentBch.  Sprache. 

Der  Vf.  hat  hier  den  wichtigen,  von  Bruginann  T^,  37  ff.  mit  so 
grosser  Klarheit  erörterten  Unterschied  zwischen  psychologischen 
und  morphologischen  Suffixen  übersehen,  und  es  musste  ihm  daher 
auch  verborgen  bleiben,  dass  das  psychologische  Etymon  von  ar- 
ticulus  :  artiui,  das  von  arm^e  :  armer  ist,  und  dass  wir  also  in  dem 
einen  Falle  auf  ein  lat.,  in  dem  andern  Falle  auf  ein  frz.  Wort,  zu- 
rückgelangen, niemals  aber  auf  eine  idg.  Wurzel  *ar,  c)  Über 
Familien  wie  ab,  aber,  after-,  von^  oder  achten,  Auge,  Bake  ist  eigent- 
lich kein  Wort  mehr  zu  verlieren;  diese  Worte  mögen  in  grauer 
Vorzeit,  als  die  phonetischen  Verhältnisse  dem  noch  günstig  waren, 
vielleicht  einmal  als  verwandt  angesehen  worden  sein,  für  den  heu- 
tigen Deutschen  aber  fallen  sie  vollkommen  auseinander.  —  Aus 
allem  vorstehend  Gesagten  aber  geht  zugleich  2.  hervor,  was  es  mit 
den  "thatsächlich  vorhandenen  Beziehungen"  auf  sich  hat,  welche 
Liebichs  Wortfamilienbuch,  soweit  "Wurzeln"  in  seinem  Sinne  in 
Frage  kommen,  angeblich  (vgl.  oben  S.  116  Z.  5  ff.)  zum  Ausdruck 
bringt:  psychologisch  sind  sie  allesamt  fürs  Nhd.  thatsächlich  nicht 
vorhanden,  und  wer  sie  als  vorhanden  annimmt,  der  gelaugt  not- 
wendigerweise zu  einer  vollkommen  falschen  Vorstellung  von  den 
Wortgruppieruugsverhältnissen  im  Bewusstsein  der  nhd.  Sprechen- 
den. Thatsächlich  vorhanden  sind,  um  zu  den  eingangs  erwähnten 
Beispielen  zurückzukehren,  nur  etymologische  Beziehungen  zwischen 
Wörtern  wie  ab,  her-^  kurz-,  back-  usw.  -ab;  von,  da-,  hier-,  wovon; 
achten,  Acht  (haben),  Achtung,  achtsam,  beachtlich  usw.;  Auge.  Gross- 
usw.  -äuge,  augig,  äugen  usw.;  Bake,  Feuerbake;  Akten,  Prozess- 
akten;  nobel,  hochnobel;  Note,  Fussnote,  notieren;  sackerlot,  kreuz- 
sackerlot;  Zieche,  Bettzieche;  Apotheke,  Hofapotheke,  Apotheker, 
apothekern;  kurzum:  der  landläufige  Begriff  von  Wortfamilie,  wo- 
nach in  jeder  bestimmten  Sprachepoche  nur  diejenigen  Wörter  als 
etymologisch  zusammengehörig  betrachtet  werden,  die  lautlich  und 
der  Bedeutung  nach  (noch)  aneinander  anklingen,  ist  zugleich  auch 
der  psychologisch  richtige.  Und  somit  3.  der  sprachhistorisch  und 
kulturhistorisch  allein  brauchbare.  Das  Bild,  welches  der  Vf.  auf 
Grund  seines  Begriffes  von  Wortfamilie  von  dem  Zustandekommen 
des  nhd.  Wortschatzes  (S.  504—21)  entwirft,  kann  gar  keinen  Ver- 
gleich mit  der  von  Mentz  in  Kluges  5.  u.  6.  Aufl.  gegebenen  chro- 
nologischen Darstellung  des  nhd.  Wortschatzes  aushalten.  Während 
sich  Mentz  nämlich  auf  die  Anführung  von  Stammwörtern  beschränkt, 
die  sich  aus  idg.,  europ.,  urdeutscher,  altdeutscher,  neuhd.  Zeit  bis 
auf  unsre  Tage  herauf  erhalten  haben,  und  die  Lehnwörter  in  diese 
Epochen  derart  einreiht,  dass  ihre  nächsten  Quellen  (also  z.  B. 
für  Almanach  das  Frz.,  für  Barkp  das  Koman.,  für  Bibel  das  Griech.- 
Lat.)  aufgedeckt  werden,  gerät  L.  a)  mit  der  Chronologie  in  argen 
Konflikt,  indem  er  z.  B.,  um  nur  einiges  Wenige  anzuführen,  in  sei- 
ner "idg.  Fam."  ab  die  Komposita  hügelab  und  trepp-,  bachab  mit- 
zählt, deren  erster  Bestandteil  nach  S.  507,  510  u.  508  erst  in  euro- 
päischer bezw.  gemeingerm.  Zeit  gebildet  ist,  oder  strassäb,  kurzab, 
die  vorahd.  Lehnwörter  enthalten;  oder  in  seiner  "europ.  Fam." 
ernten,  Ernte  auch  Reisernte  {Reis  in  mhd.  Zeit  aus  dem  Ital.  ent- 
lehnt) und  Kartoffelernte  {Kartoffel  im  17.  Jh.  aus  dem  Ital.),  wobei 
noch  zu  bemerken,  da.ss  nach  Liebichs  etymologischen  Prinzipien 
Reis  auf  ai.  vrlhi  zurückzuführen  wäre;  die  in  der  "genn.-kelt. 
Fam."  reiten  untergebrachten  Worte  Reiterei,  Reederei  haben  ein 
franz.  Sutlix,  ebenso  wie  Kinderei,  das  in  der  "idg."  Fam.  Kind 
steht,  ChriHtkindel  ebenda  ist  spezifisch  oberdeutsch  (wegen  -el), 
enthält  übrigens  ein  griech.-lat.  Lehnwort,  usw.  usw.  Was  der  Vf. 
in  seinem  Verzeichnis  darzustellen  sich  vorgesetzt  hat  (S.  7:)  "wel- 


Liiebich  Die  Wortfamilien  der  lebenden  hochdeutsch.  Sprache.    121 

eher  Prozentsatz  des  jetzt  von  uns  gebrauchten  Wortschatzes  spe- 
•zifisch  hochdeutsch,  welcher  gemeingerni.,  welcher  schon  idg.  sei", 
das  hat  er  in  diesem  Verzeichnis  gründlich  verwischt:  Komposita 
und  Ableitungen  können  doch  nicht  von  dem  Zeitpunkt  an  datiert 
werden,  wo  ihre  Stammworte  in  die  Sprache  eingetreten  sind,  und 
bei  Kompositis  müssen  doch  alle  Glieder  in  Betracht  gezogen  wer- 
den, nicht  nur  das  oft  imaginäre  "Grundwort**;  auch  das  chronolo- 
gische Auftreten  der  Suffixe  und  ihre  regionale  Verteilung  ergeben 
wichtige  Kriterien,  die  L.  nicht  ausgenutzt  hat.  b)  Bedeutende  Ver- 
schiebungen muss  sich  auch  die  Darstellung  des  Anteils  gefallen 
lassen,  welcher  nach  des  Vfs.  Zusammenstellungen  den  aussergerm. 
Sprachen  beim  Zustandekommen  des  nhd.  Wortschatzes  zuzuschrei- 
ben ist:  über  die  angeblichen  ägypt.  Lehnworte  wurde  schon  oben 
S.  117  Z.  1  f .  u.  S.  120  Z.  42  f.  gesprochen,  und  nicht  anders  ergeht  es 
den  iber.-bask.,  skyth.,  vielen  semit.  usw.  Lehnworten,  die  alle  durch 
das  Medium  anderer  Sprachen  zu  uns  gedrungen  sind;  ob  sie  ins 
liRt.,  Franz.,  Ital.,  Niederländ.  usw.,  direkt  oder  wieder  auf  Umwe- 
gen gelangt  sind,  geht  uns  fürs  Deutsche  nichts  an,  sondern  ist 
eine  Frage  der  lat.,  franz.  usw.  Sprach-  und  Kulturgeschichte;  zwi- 
«chen  dem  Nhd.  und  dem  Ägypt.  usw.  Beziehungen  anzunehmen, 
wo  nicht  direkte  Entlehnung  in  nhd.  Zeit  vorliegt,  ist  sprach-  und 
kulturgeschichtlich  unstatthaft.  Auch  das  ist  unstatthaft,  z.  B.  na- 
türlich als  Lehnwort  (in  der  Fam.  Genie)  mitzuzählen,  was  sich  der 
Vf.  auch  bezüglich  karten^  skaten  unter  Karte,  bezüglich  käsen 
unten  Käse,  und  sonst  sehr  häufig  gestattet;  wir  haben  es  hier  mit 
«pezifisch  deutschen  Ableitungen  von  eingedeutschten  Lehnwörtern 
-zu  thun,  und  selbst  genialisch  kann  nur  als  spezifisch  deutsche  Fort- 
bildung des  Lehnwortes  genial  gelten.  4.  Eine  weitere  Beihe  von 
Fällen,  in  denen  ich  mit  der  Behandlung,  die  der  Vf.  seinem  Mate- 
rial hat  angedeihen  lassen,  nicht  einverstanden  bin*),  will  ich  hier 
nicht  zum  Beweise  heranziehen,  da  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  be- 
haupten wage,  ob  sie  nicht  als  blosse  Inkonsequenzen  in  der  Durch- 
führung an  sich  richtiger  Grundsätze  anzusehen  sind;  das  unter 
1)— 3)  Geltendgemachte*)  scheint  mir  ausreichend,   meine  Cberzeu- 


1)  Ich  meine  a)  die  Fälle,  wo  die  einzelnen  Bedeutungen  eines 
Lautkomplexes  als  selbständige  Worte  aufgezählt  werden  (vgl.  die 
Fam.  Abend,  Abenteuer^  Ami,  Art,  usw.  usw.)  gegenüber  andern 
Fällen,  wo  sämtliche  Bedeutungen  eines  Lautkomplexes  zusammen- 
gezogen werden  (Fam.  17  achten,  167  bieten,  usw.  usw.);  b)  die  Fälle, 
wo  phonetische,  bisweilen  auch  nur  graphische  Varianten,  an  denen 
gar  kein  Bedeutungsunterschied  haftet,  als  besondere  Worte  auf- 
geführt und  entweder  zu  selbständigen  Familien  zusammengestellt 
<Fam.  68  Arak,  Arrak,  Back,  88  Aue,  Au,  34  Alkove,  Alkoven,  usw.) 
oder  (sehr  häufig)  in  grössere  Familien  eingeschoben  werden  (Fam. 
"20  adelich,  adlich,  756  Häring,  Hering,  usw.);  dadurch,  dass  diese 
Inkonsequenzen  auch  in  den  Anhang  verschleppt  worden  sind,  er- 
leidet die  Statistik  am  Schluss  wiederum  (vgl.  oben  S.  116  Anm.  1 
lind  S.  120  Nr.  3)  einen  Stoss. 

2)  Übrigens  nur  eine  sprachpsychologische  Begründung  und 
Bestätigung  dessen,  was  auf  Grund  sprachhistorischer  Erwägungen 
auch  schon  von  andrer  Seite  hervorgehoben  worden  ist;  vgl.  Dict. 
g^n^ral,  p.  XI:  *Donner  l'^tymologie  d'un  mot  de  notre  laugue, 
■c'est  .  .  .  indiquer  le  mot  latin,  grec,  etranger,  franpais  m^me,  qui 
lui  a  donne  naissance  .  .  .";  Kluge  6.  A.  S.  Vllf.:  "Etymologische 
Forschung  zielt  nicht  überall  auf  die  Ermittlung  von  Urwurzeln  .  .  . 


i22    LitbJi-h  Die  Wortlauiilien  der  lebemlen  hochdeutsch.  Sprache. 

gun^  zu  erhärten;  Die  Zusammenstellungeii  des  Vfn.  können  nicht 
Aie  iiee'igüHe  Grundlage  llir  eine  nhd.  B eil eutunps lehre  g'elten.  Sie 
/gewähren  durchaus  kein  zutreffendeH  Bild  von  den  otvmologlachen 
GruppiernngsverhältnisBen  ioi  Bewusstsein  der  nhd.  Sprechenden  i 
niii-h  von  den  sprach-  und  kulturhiatorischen  Vei-hftitn lasen  des  nhd. 
Wnrisphatiees  nicht.  Und  wHre  dies  selbst  der  Fall,  so  könnten  sie 
noch  immer  höchstens  für  den  Teil  nhd.  Bedeutungslehre  als  Grund- 
lage dienen,  dessen  Material  der  Wortschatz  ist.  Denn  man  darr 
nicht  vergessen,  dass  man  sich  einer,  wenn  auch  im  Hinblick  auf 
gewisse  Zwecke  berechtigten  Abstraktion  bedient,  wenn  man  von 
einem  solchen  spricht.  In  ihm  geht  keine  Sprache  auf,  und  du 
Material  für  eine  nhd.  Bedeutungslehre  ist  daher  nicht,  wie  I^iebicb 
S.  503  meint,  der  Wortschatz,  sondern  die  Gesamtheit  der  in  be- 
stimmten Situationen  gesprochenen  und  geschriebeneu  Rede,  soweit 
sie  von  den  nhd.  Sprechenden  und  Schreibenden  unsrer  Zeil  her- 
rührt. Nicht  eine  semasiologi sehe  Erscheinung  kann  ohne  Berück- 
sichtigung nicht  nur  des  Satz-,  sondern  anch  des  Rede-  und  Situa- 
lionszusammenhanges  verstanden  werden,  weil  nur  dieser  gestattet, 
alle  in  Bütracht  kommenden  Faktoren  zu  überblicken.  Eine  rein 
synthetische  Darstellung  der  Spree hthHtigkeit,  wie  sie  der  Vf.  nach 
dfm  Vorbilde  Paninis  auch  heute  noch  für  möglich  hMIt'),  ver- 
bietet sich  schon  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  die  Sprache 
keine  synthetische,  sondern  eine  analvtisch-synllietische  Funktion  ist 
Aber  damit  gerate  ich  schon  aufs  Gebiet  allgemeiner  prinzipieller 
Erörterungen,  und  diese  muss  ich  mir  für  heute  versagen.  Denn 
die  eben  angezogene  Stelle  von  S.  503  des  L. sehen  Buches,  die 
man  oben  S.  117Z.  ISfT.  in  extenso  nachlesen  wolle,  tritt,  wenigsten» 
für  mich,  in  auffallenden  Widerspruch  mit  der  S.  B  aufgestellten 
Behaupinng,  die  Bedeutungslehre  besitze  das  erforderliche  System 
achon,  "wenigstens  al.s  Rohmaterial;  das  System  der  Lautlehre  ist 
das  Alphabet'),  das  der  Bedeutungslehre  der  Wortschatz",  wogegen 
8.  7  der  Vei-sucb  gefordert  wird,  "diesen  Wortachatz  nach  einheit- 
lichen Gesichtspunliten  in  Familien  aufzuteilen;  es  fehlt  nur  an  den 
nötigen  Zusammenstellungen ;  Zusammenstellung  aber  heisst  eben 
auf  griechisch  System";  dadurch  erhalten  aber  die  allgemeinen  Atis- 
Iiihrnngen  auf  S.  1  ff.  des  Buches,  ebenfalls  vielleicht  nur  fSr  mich, 
ein  BD  undeutliches  Geprttge.  dass  ich  es  für  besser  halte,  eine  et- 
waige Auseinandersetzung  dnmit  solange  hinauszuschieben,  bis  sich 
der  Vf.  über  jene  anscheinenden  Widersprüche  geftussert  hat.  Auch 
mit  meinem  Urteil  über  den  praktischen  Wert  des  Buches  will  ich 
zurückhalten,  bis  der  2.  Band  vorliegt;  wenn  ich  im  Vorstehenden 
meine  Meinung  über  den  wissenschaftlichen  Wert  des  1.  Bandes  be- 
reits deßnitiv  abgeben  zu  können  glaubte,  so  möge  man  dies 
nicht  voreilig  linden:  es  geschah  in  der  Ueberzeugung,  dass  auch 
das  Erscheinen  des  2.  Bandes  daran  nichts  Wesentliches  zu  ändern 
vermag. 

Leipzig,  n.  Diltrii 


keine  Sprachwurzehi  suchen    wir,    wir  suchen   die  Wurzeln 
Worte  in  unsrer  Sprachgeschichte,   und  diese  deckt   uns  auch  die 
geographischen  Ausgangspunkte  der  Einzelerscheinungen  auf." 

1)  Zwai  Kap.  der  Kftgikil  S.  XXXVIL 

2)  Der  Vf.  meint  wohl  das  nach  laulphysiologiselien  Gesidi 
punkten  geordnet«  iniiische. 


Zejischriil  für  hotlideatsijlie  Mundat 


]>3 


Zeitschrift  für  hochdenCEche  Mundarten.  Hernusg.  von  Uito  Uoilig 
und  Philipp  Lenz.  Heidelberg  "Winters  UniversilÄtBbuchhHnd- 
lung  1900. 

Ohnti  die  niederd.  Hbr  ganz  auszuechliexsen,  will  eich  die 
Zeitschrift  liauptafichlich  der  etymologischen,  gramniat..  leKtkaliächeii 
und  litteratiirgeschich [liehen  Erforschung  der  ober-  und  mitceldeut- 
-  Bchea  Mundarten  widmen  ntid  zur  Behandlung  einzelner,  bisher 
nicht  genügend  berück  sie  htigter  Zweige  der  Dialektforschung  an- 
regen. Die  von  Ph.  Lenz  vorgeschlftRene  Lnutschrift  ist  einfach 
und  schiieBst  sich  mi^glichHt  eng  an  die  Orthographie  des  Latein» 
an,  z.  B.  bei  Bezeichnung  der  auitlrierten  VurKchluHslnuIe.  Wo 
eich  das  BedürFniR  nach  weiterer  LatiCunterscheidung  zeigt,  werden 
Bich  die  nötigen  Zeichen  leicht  einfUg'en  lassen.  Billigung  verdient, 
dass  Lenz  an  dem  uralten  und  inlernntionnlen  Werte  der  d.  b,  q 
rIs  stimmhafter  Verschlnsslaute  festhalten  will,  obgleich  sich  bei 
diesen  Lauten  in  einem  grossen  Teile  des  hochd.  Sprachgebiets  die 
Stimmbänder  weniger  stark  beteiligen  als  im  Niederd.  und  in  an- 
dern Sprachen.  Leider  weichen  schon  die  ersten  beiden  Mitarbeiter 
"  bei  ihrer  Transkription  der  Verbnlformen  von  Grossen-Buseck  von 
den  vernünftigen  Grundsätzen  des  Herausgebers  ab  und  schreiben 
beispielsweise  sraibd.  Schade,  rtaas  man  nicht  auch  sgribdum  füi* 
Mrriphim  schreiben  kann!  Lenz  selbst  behandelt  die  Flexion  des- 
Verbnins  im  Handschuhsheimer  Dialekt,  der  im  Gegensatz  zum 
G  rossen -Bu  Beck  er  das  einfache  Präteritum  bis  auf  Bpürliche  Keste 
verloren  hat.  W.  Hörn  sucht  einig'e  anlTAItigB  Lau  [Vertretungen 
durch  Dissimilation  zu  erklären.  O.  Weise  spricht  über  die  Zahlen 
im  Thüringer  Volksmunde  und  über  Theekeimd  =  T'6lpc\  und  Ver- 
wandtes. E.  GSpfert  bringt  eine  reichhaltige  Zusammenstellung 
mundartl.  Ausdrücke  aus  Chr.  Lehmanns  16Ü9  erschienenem  "Schau- 
platz derer  natürlichen  MerkwÜi-digk Fiten  in  dem  Meissnischen  Ober- 
Erzgebirge".  An  sonstigen  Beitrügen  enlhHlt  das  Heft  noch:  Die 
Berechtigung  der  Stammeslltteroturgesehichte,  besonders  auch  der 
votksmundartlichen.  nach  schwäbisciien  Beobachtungen  von  A.  Hol- 
der. Mystischer  Traktat  aus  dem  Kloster  Unterlinden  xa  Colmar 
f.  E.  (K.  Rieder).  Sprachproben  aua  dem  MaikgrU Herland  |K.  Rie- 
der); Teste  in  alemannischer  Mundart  (O.  Heilig);  Schwäbische 
Sprichwörter  nud  Redensarten  (W.  Unseld)  Besprochen  werden: 
Grosse  Zwei  Arnstädter  Heilige- Christ -Komödien  (Hertel);  Menge» 
Mundart  in  der  Volksschule  (Hörn);  Horu  Beltrjige  zur  deutschen 
Lautlehre  (Franck);  BHhmens  denlsche  Poesie  und  Kunst  (Wilhelm); 
Volk,  Snnndag  und  Werdag  (Hörn). 

Die  Sprachwisaenschaft  hat  alle  Ursache,  dem  neuen  Unter- 
nehmen den  besten  Erfolg  zu  wünschen;  aus  der  scharten,  kritischen 
Beobachtung  de«  natürlichen  Spracblebens  in  den  Mundarten  kann 
auch  ihr  reicher  Gewinn  zutliessen.  Hoffentlich  gelingt  es  den  Her- 
ausgehern, den  erfahrungsgemäsB  leicht  eindringenden  Dilettantis- 
mus von  der  Zeitschrift  fernzuhalten  und  ihr  in  Wissenschaft  lieber 
Hinsicht  das  wünschenswerte  GeprS^e  zu  geben  und  zu  bewahren. 
Riesa.  R.  Michel. 


Erdmann  0.  Grundzüge  der  deutschen  Syntax  nach  ihrer  freschicht- 
lichen  Entwicklung.  Zweite  Abteilung.  Die  Formationen  des  No- 
mens  (Genus,  Numerus,  Kasus)  von  Otto  Mensing.  Stuttgart 
J898.    XVI.  276  S.  8". 


imer- 


124  Erdtnann  Gruitdzüge  der  dcuischt-n  Syntax  uaw. 

Wohl  für  maDchen  uuerwartet,  ist  mehr  als  zwei  Jabre 
Erdinnun^  Tode  noch  eine  Fortsetzung'  seiner  unrollendpt  hinter- 
lassenen  Syntax  erschienen.  Die  vorliegende  9.  Abteilung-  ist  aher 
in  der  Hauptsache  ein  Werk  seines  Schülers  Meneingr,  dem  Erdinauii 
schon  bei  Lebzeiten  die  Fortführung  der  Syntax  übertrag'en  baiie. 
In  den  Grundansehauung'en,  die  Auch  für  die  Abgrenzung  und  An- 
ordnung des  Stoffes  in  diesem  Bande  bestimmend  waren,  steht  Men- 
aing  natürlich  auf  den  Schultern  Erdmanna:  Bedenken,  dit  gegea 
sie  erhoben  worden  sind,  machen  sich  auch  hier  geltend,  nameutlich 
in  den  Abschnitten  über  die  Genera  und  Numeri,  wo  vieles  herein- 
gezogen wird,  was  eigentlich  der  Worilehre  xufUlIt.  In  der  Dar- 
stellung hat  aber  Mensing  Manches  vor  Erdmann  voraus  und  es 
ist  anzuerkennen,  dass  er  Mängeln,  die  man  diesem  Werke  mit  Recht 
vorgeworfen  hat,  übzuhelfen  bemüht  gewesen  ist.  Er  ist  ausführ- 
licher und  schöpft  aus  einem  weit  reicheren  (^e-llenmaterial.  Neben 
dem  Got.  und  Hochd.  ist  auch,  das  Altaftchs.  I)erück8icbtigt  und  na- 
mentlich hat  sich  M.  bemüht  aucii  den  von  Erdmann  vernachlässigten 
Übergangsperioden  ihr  Ri'Cht  angedeihen  zu  lassen,  so  dass  man 
besser  als  bei  diesem  ein  Bild  vom  Entwicklungsgang  der  syntak- 
tischen Bildungen  erhalt.  Wünscht  man  auch  manchen  Zeitraum 
noch  eingehender  berücksichtigt,  x.  B.  das  syntaktisch  so  viel  Inter- 
essantes bietende  16.  Jahrhuitderl,  so  genügt  doch  das  Gegebene 
billigen  Anforderungen  durchttus.  Der  Verf.  ist  aach  klar  in  den 
Definitionen  und  belehrt  in  anschaulicher  Weise  Über  die  Verwen- 
dung der  syntaktischen  Formen,  wobei  der  Blick  natürlich  haupi- 
stichlich  auf  die  in  unsrer  Schrift Np räche  ausmündende  Entwicklung 

ferichtet  ist.  Wenn  ich  somit  anerkenne,  dass  das  Werk  uls  ein 
urchauä  geeignetes  Hilfsmittel  erscheint  die  Vprwendung  der  lie- 
nera  und  Numeri  des  Nomena  nnd  namentlich  den  Kasusgebrauch 
in  seinen  Grundzügen  kennen  zu  lernen,  dass  es  die  bisherigen 
Forschungen  geschickt  Kusammenfasst  und  dadurch  auch  erkennen 
IHBSt,  wo  weitere  Untersuchung  einzusetzen  hat,  so  ist  damit  das 
dem  Buche  au  spendende  Lob  erschiipll.  Denn  eine  energische 
Förderung  der  einschlägigen  svntaktisehen  I'robleme  oder  auch  nur 
erheblichere  Bereicherung  der  Forschung  in  Einzelheiten  ist  mir 
darin  nicht  entgegengetreten.  Die  Kasaslehre  scheint  bisher  in 
geringerem  Grade  als  andere  syntaktische  Gebiete  der  Gegenstand 
der  eigenen  Forschung  Mensings  gewesen  ku  sein ;  darum  vermissen 
wir  hier  in  vielen  Fallen  die  feinere  Ausführung,  Auch  zeigt  M. 
bei  Beurteilung  mancher  Einzelheiten  nicht  gerade  einen  glücklichen 
Blick;  er  neigt  im  Allgemeinen  zu  sehr  zur  Konsti'uktiou  und  müht 
sich  B.  B.  öfter  Verschiebungen  im  Kasusgebrauch  in  Anknünl'ung 
an  die  Grundbedeutung  der  Kaitus  zu  erklliren,  wo  die  Beachtung 
formaler  Veründeningen  oder  des  Einflusses  verwandter  Konstruk- 
tionen viel  weiter  geführt  hatte.  Um  dergleichen  richtig  in  An- 
schlag bringen  zu  können,  bedarf  es  allerdings  gründlicher,  viel- 
seitiger  Sprachkenntnisse  und  Mensings  grammatisches  Wissen  ver- 
breitet sich  offenbar  nicht  gleichmässig  über  alle  von  ihm  darge- 
stellten Sprachperloden.  TrotEdcm  es  also  an  Lücken  und  Versehen 
im  Einzelnen  nicht  fehlt,  erfüllt  doch  das  Werk  im  Ganzen  seinen 
Zweck.  Es  mögen  noch  folgeude  Einzelheiten  berührt  werden.  Im 
§  14  wird  auf  "Abneigung  gegen  die  Pluralbildang"  hingewiesen, 
die  M,  besonders  bei  Körperteilen  wahrgenommen  zu  haben  glaube. 
Es  liegen  meist  feste  Verbindungen  vor;  Otfrids  n»  babfnt  sit  Ü 
in  henll  ist  nicht  anders  zu  beurteilen  als  etwa  unser  'die  Reisen- 
den grifi'en  zum  Wanderstab'.  Deshalb  ist  uns  Heines  'da  liessen 
die  Köpfe   sie    hangen'  auffallend,    wUhrend    sonst    dem    Plnr.  'die 


Erdmiti 


I  Gi'undziifre  der  dtatschen  Syniax  usw. 


125 


^ÜptV'  nii^his  Auffalleiidea  anhaftet.  Davou  zu  tremieii  siud  Won- 
duugen  wie  'bie  hat  eine  schöne  Hand'.  <4  20  die  Wehen,  von  M.  al» 
ile  lantiiin  aufgeführt,  ifit  eigt-atlicli  PI.  von  da«  Weh  und  kommt 
n  die  neutwie  Zeit  iu  ailgemeiner  Bedeutung  vor;  das  siugula- 
rtofhß  die  Wehe  ist  naitirlich  Neubildung.  Ob  l§  äl]  Olfrids  zin 
houhiton  uhd.  n*  HHiiplen  (auch  mhd.  ee  houbeten)  wirklich  eigent- 
Ucfa  zu  nehmen  ist  »1»  'aih  Haupte  und  seiner  Umgebung'?  Eher 
«inl  ea  sich  in  der  Endung  iiauh  sie  Fassen,  mit  dem  es  ja  fast 
imtner  verbunden  ist,  gerichtet  liaben.  !j  2i  die  unterlassene  Plural- 
Bildung  bei  Zahl-,  Mass-  und  GewivhtübestlmmnngeD  x.  B.  'drei  Pfund 
Zocker  erkittrt  sich  weniger  darauu,  das»  "die  Eriuneruno;  daran 
schwand,  dass  sie  lür  aich  bestellende  und  zählbare  Dinge  bezeich- 
neten" (nachher  spricht  M.  sogar  von  "formelhaften  Erweiterungen"), 
mlB  daraus  dass  die  Plural bese ich nung  wegen  der  vorausgp.h enden 
Zahl  unnötig  sehien,  darum  auch  Weudungren  wie  "drei  Mann",  die 
nicht  nur  "im  Volksmund"  vorkommen.  §62  in  ahd.  heil  iiih  doh- 
'.  heil  meüttirl  findet  M.  den  Noni.  des  Subst.  heil;  offenbar  aber 
>en  wir  es  mit  dem  Adj.  zu  thun  wie  im  goi.  Itails  piudans  Ju- 
ii'.  %  79  Waithers  da  waH  ich  enpfangen  kii-e  (fouue  erkiftrt 
mit  Lachmaun  'da  wurde  ich  wie  eine  vornehme  Dame  empfan- 
den': nach  meiner  Ansicht  könnte  es  nur  =i  'als  eine  vornehme 
Pame  (was  ich  wirklich  bin)'  genommen  werden.  Auch  die  voraus- 
gehende Parziva  Ist  eile  stützt  M.s  Antfassuog  nicht.  S  SO  in  'Wache 
Mehen'  vermag  ich  keinen  alten  Nom.  zu  sehen,  schon  deshalb 
ijtucht,  weit  Wache  ja  ursprünglich  abstrakte  Bedeutung  hat;  es  ist 
fUicb  'Wai'he  halten'  u.  dgl.  an  Stelle  eines  itlteren  'in  der  Wache 
Mehun'  gebildet.  Die  anderen  hier  angeführten  Wendungen  sind 
Üutich  zu  beurteilen.  %  117  in  deoi  aus  Spee  angeführten  teer 
JCfiastLer  müchtg  erdenken  \et  Künstler  nicbt  attributiver  Nominativ, 
ifonderu  teer  ist  ganz  adjektivisch  gebraucht;  Spee  sagt  auch  z.  B. 
"Vai  iSchatz  Aan  tcir  gefunden,  ices  ist  uns  in  diesem  Gebrauch  in 
Wendungen  wie  ices  Glaubens,  ivea  Geistes  Kind  ja  ganz  geläufig. 
I  136  in  ich  singe  dir  intt  Herz  und  Mtmd  ist  Herz  doch  gewiss 
kein  Nominativ;  ee  hat  sich  in  dieser  \'erbindung  die  früher  häutige 
•Mi'ke  Flexion  von  herze  erhalten.  §  148  warum  winken  unter  den 
lYerbeu  erscheint,  nach  denen  Dat.  durch  Akk.  verdrttngt  worden 
Ist,  verstehe  ich  nicht,  einen  zu  sich  winken  gehört  nicht  hierher, 
^ndern  unter  §  174,  und  das  angeführte  er  winkle  mich  ist  mir 
;y5Uig  unbekannt.  Unrichtig  ist  auch  (§  ISO),  dass  wir  für  e.i  hilft 
:nicA  'in  der  Schriftsprache  nur  mehr  (warum  nicht:  nur  noch?)  den 
i3[)ativ'  setzen.  Goethes  lieber  Pappe,  ich  helfe  dich  ist  Nachahmung 
der  Kin de rsp räche.  Bei  mich  kostet  (g  löt)  hätte  angeführt  werden 
müssen,  dass  der  Dat.  nach  mihi  conatat  alt  berechtigt,  aber  durch 
Mich  s/estiU  usw.  zumckgedrBugt  worden  ist.  §  17(i  mit  dem  Akk. 
'des  durchmessenen  Baumes  ist  der  Akk.  des  Zieles  (z.  B.  in  heim 
guemanl  zusammengeworfen,  ohne  dass  auf  diesen  besonders  auf- 
merksam gemacht  worden  wäre;  erst  bei  den  Prftpositioueu  (S  181) 
erfahren  wir,  dass  der  Akk.  auch  das  durch  eine  Bewegung  erreichte 
Kiel  bezeichnen  kann.  Empfehlenswert  scheint  es  mir  auch  mit 
Faul  den  Akk.  des  Terrains  auszusondern,  weg  in  weggehen  usw. 
geht  nicht  unmittelbar  auf  diesen  Akk.  zurück,  sondern  ist  aus  en- 
'vec  gekürzt.  Ebenso  hat  sich  weti-  in  Wettlaufen  {%  179)  nicht  aus 
tfnem  Akk,,  sondern  aus  emcette  entwickelt.  Für  den  mass-  und 
'Weribeelimm enden  Akk.  bei  Adjektiven  (g  I7tt)  waren  verbale  Ver- 
'biiidungen  massgebend:  es  wiegt  einen  Zentner  —  es  ist  einen  Zent- 
ler  schwer;  es  kostet  vier  Thaler  —  es  ist  vier  Tha  1er  wert.  Wenn 
I  182  bemerkt  wird,   dass  got.  faura  nur  mit  dem  Dat.  vorkommt. 


126  Erdtnami  Gruiidzüge  der  deutsdien  Syr 


1 


Ko  hätte  au(^h  gesagt  werden  müssen,  dastt  dünebeu  das 
Akk.  verbundene  fnur  steht,  bei  mit  demAkk,  (9183)  ist  bekannt- 
liyh  eine  weil  verbreitete  md.  Erscheiimnjr,  die  sich  auch  scbrill- 
sprai^hlich  bis  in  die  neueste  Zeit  nachweisen  lüsst.  Bei  gegen  ist 
niübt  einl'ach  der  Dativ  durch  den  Akk.  verdrängt  worden,  sondern 
die  Präp.  nahm  zunllchst  lieide  KnHUs  zu  sii-h;  bei  der  Bedeutung 
■gegenüber"  haftete  der  Dat.  sehr  lange.  §  200  im  altsächs.  fand 
that  bam  gigund  konstatiert  M.  das  Eimreteu  der  uutlektierlen  Form 
beim  Adjektiv;  was  für  eine  Heklierte  Form  erwartet  er  zu  finden, 
etwa  gisundat?  S  208  der  Gen.  bei  den  Verben  der  Gemütsbewe- 
gung' kann  kaum  "als  AbschwHchung  des  bei  denselben  Verben 
ge bläu ir blichen  Akk.'  genommen  werden;  wo  Gen.  neben  Akk.  steht 
-wie  z.  B.  bei  mhd.  u-einefi  tritt  die  kausale  Bedeutung  des  Gen.  klar 
hervor.  S  230  in  Verblndnnfren  wie  leichten  Kaufe»  sollte  nieht  vom 
Eintreten  der  schwachen  Form  geredet  werden ;  die  Fem,  bewnliren 
ja  die  regelrechte  Form  auf  'er  und  bei  den  Mask.  und  Neuir.  der 
Adj.  ist  überhaupt  die  alte  Forin  auf  -es  durch  die  auf  -en,  die  aller' 
dings  aus  der  schwachen  Dekl.  stammt,  ersetzt;  es  kommt  dies,  wie 
ich  gegen  Jeltteles  a.a.O.  bemerke,  auch  schon  im  16. Jahrh.  nicht 
selten  vor.  §  231  in  Fischarta  da  tcar  ein  solch  handgebens  Biehl 
M.  einen  Fall  des  "|mrHliven  Subjekts".  Der  Gen.  des  Inf.  musn 
aber  itunUchst  von  ein  Holck  abhängig  sein  und  es  reihen  sich  dann 
nhd.  Wendungen  wie  ein  Aufhebens,  Wesens  usw.  an,  die  nach  dem 
Muster  von  viel  Aufhebens,  n-as  für  Aufhebens  gebildet  sind.  Vgl. 
Äuch  Wunderlich  im  DW.  u.  Gethuns.  Erwähnung  hStte  vielleicht 
auch  der  merkwürdige,  im  16.  Jahrh.  häufige  vokaiiviache  Gen.  wie 
aller  (allers,  alles,  als)  narren',  verdient,  der  sich  In  der  Volk8si)rarho 
ISngcr  erhalten  zu  haben  scheint  (Gryphiua,  Dornrose  4.  A.  alles 
lügnersl).  Dass  eine  Wenduitg  wie  aller  narren  narr  zu  Grunde 
liegt,  ist  wohl  nicht  zweifelliaft  vgl.  Murner  Narrenbe^chw.  80,  20 
ein  narr  in  aller  narren  orden.  Beim  Dativ  (S  256  ff.)  hftit  Mensing 
mit  Mourek  Anz.  f.  d.  Alt.  23,  315  f.  gegen  Wiakler,   der  den  pr»- 

Sositionsioson  Dat.  des  GermaTi.  fast  ausschliesslich  als  Kasus  der 
eteili^ng  glaubte  auffassen  zu  dürfen,  daran  fest,  dass  uns  itn 
germ.  Dativ  nicht  nur  Reu  exe  des  idg.  Lokativ,  Ablativ  und  Inslru- 
mentnlie  erlialten  sind,  soiideru  dasa  auch  der  Dativ  da,  wo  er  dem 
idg.  Dativ  entspricht,  seine  ursprüngliche  örtliche  Grundbedeutung 
(er  bezeichnet  'einen  Gegenstand,  dem  ein  anderer  ruhig  gegenüber 
steht')  noch  hie  und  da  erkennen  liUst.  Für  die  letztere  Annahme 
ISsBt  sich  ja  allerdings  manche«  geltend  machen,  obgleich  sie  schwer 
KU  erweisen  ist;  für  das  Got.  durften,  abgesehen  von  der  Verbin- 
dung mit  (Iw,  am  schwersten  ins  Gewicht  fallen  der  Dativ  nach 
tfkan,  atlSkan  und  nach  dem  von  M.  nicht  aufgeführten  tvitan  'noch 
etwas  scheu';  dagegen  könnte  der  Dativ  nach  kukjan  'kusseu'.  auf 
das  Mourek  S.  31B  hinweist  —  hei  Mensing  erscheint  es  fälschlich 
unter  den  Verben  der  freundlichen  Gesinnung  —  auch  alter  Lok. 
»ein  [kukida  fötum  is  'drückte  einen  Kuss  auf  seine  Füsse").  IS  273 
nach  den  Verben  des  Herrschens  glaubt  M.  den  eigentlichen  Dat. 
zu  finden,  auch  nach  u-aldan,  aber  in  Fällen  wie  waidiiib  iztearaitn 
ann6n6m  ist  doch  nur  instrumentale  Auffassung  möglich,  die  auch 
durch  das  Ags.  (dcni  pi  iconge  wealdan)  gestützt  wird.  Warum 
erscheinen  beim  eigentlichen  Dativ  die  Verba  der  Wahrnehmung, 
wie  got.  gaumjan,  «lilan  usw.  nicht  als  besondere  Gruppe?  Mhd. 
loisen  'vorwerfen'  ist  unter  den  Verben  der  Bede  aufgel'ührt,  gehört 
aber  eigentlich  in  diese  Kategorie,  ebenso  das  gar  nicht  erwähnte 
warten,  das  in  der  südd.  Umgangssprache  ja  noch  jetzt  mit  dem 
Dativ  verbunden  wird.     Audi  bei  gol.  hausjan,  das  unter  den  Ver- 


Bremer  Zur  Lautschrift. 


127 


I 


t>eu  des  Dicnens  erscheint,  itit  siclier  von  der  Grundbedeutung  nnit' 
augehett;  mhd,  kann  einem  hoereii  noch  =  zuhoron  8eiii.  §  SäT 
■das»  der  Dat.  hei  galeiks  auf  eiuen  ComitÄtiv  zurückgehe,  ist  doeli 
nicht  zweifelhaft,  da  das  Adj.  in  Verbindung:  mit  dem  ]nslr.  /o# 
vorkommt,  w'w  auch  ahd,  Ihiu  gilth.  Bei  nudereii  Verbinduii;reu, 
i  z.  B.  qinö  litii/ada  anbaramma  (§  311)  hat  M,  an  der  Äuutihnie 


CoHiitativK    festgehalten,    obgleich  t 
jp-ündet  erscheint. 


iiiger  be- 


Sremer  0.  Zur  Lautschiitt.  (Graminatiken  deutscher  Mundarten. 
Anhang  z.  Band  1).  Leipzig:  Breitkopf  u.  HSrtet  189».  21  S. 
Bremer  hat  »eit  dem  F.i-scheiueii  »einer  Phonetik  an  seiner 
Lautschrirt  einige  MNogel  entdeckt  und  ^ucht  diese  in  dem  Schrirt- 
then  "Zur  Lautachr."  abzustellen.  Das  führt  nuu  wieder  ku  dem 
Übelhiand,  dass  Bd.  I  der  Grammatikvn  eine  etwa»  andere  Laut' 
ttchrift  2cigt  als  der  zweite.  Der  Leser  hat  mit  dem  Bremersclien 
System  »ehon  ohnedies  seine  Mühe;  so  ist  ein  Umdenken  Ton  einem 
Band  zum  anderen  nicht  eben  angenehm.    Von  Anfang  an  war  auf 


dadul 


-wurde  der  Grundcharakter  der  Schrift  bedingt  (Mischung  lateinincfier 
und  RTiechJHoher  Typen,  Verwendung  der  eckigen  "ZirkumHese"  niit 
liesonderer  Bedeutung);  aber  die  Rücksicht  schwand  mehr  und  mehr 
und  so  sind  nun  eine  Keihe  eigens  geschnittener  Typen  neben  den 
überlieferten  g^^hraucht.  Bremer  legte  Gewicht  darauf,  für  jede 
LautfArbung  ein  eigenes  Zeichen,  nicht  nur  ein  über*  oder  unter- 
gesetztes Unterscheidungsmerkmal  zu  haben.  In  der  That  ist  es 
aber  gleich,  ob  ein  Strich  durch  den  Buchstaben  gezogen  oder  oben 
oder  unten  ange.^etzt  ist.  So  musstc  Bremer  auf  jeder«  optische 
System,  auf  jede  Symbolik  verzichten;  die  Weite  eines  Vokales  wird 
auf  die  verschiedenste  Art  bezeichnet.  In  seiner  neuen  Arbeit  hat 
Bremer  nun  das  Zeichen  der  Enge  ■~',  das  allerdings  symbolisch 
-eher  als  Merkmal  der  Weite  aufgel'asKt  worden  könnte,  beseitigt. 
Dadurch  sind  die  Reihen  aber  verschoben  worden  (altet;  e  jetzt  e, 
«Ites  e  jetzt  te)  und  sind  neue  Zeichen  nötif:  geworden,  die  ein  eehv 
HU^uerksames  Auj^e  verlangoD,  ja  z.  T.  dem  Auge  wehe  thun.  Alt» 
Forlschritt  möchte  ich  die  Vertauschung  der  griechischen  Zeichen 
für  "sanfte  Reibegeräusche"  gegen  die  altenglischen  bezeichnen. 
Sprachgeschichtlich  zu  beachten  sind  die  Bemerkungen  Über  das  9. 
Bi-emer  erklärt,  dass  in  unbetonten  Silben  der  Vokal  ebenso  be- 
stimmt artikuliert  sei  als  in  betonten,  dass  also  »  für  den  Enduiigs- 
vokal  zu  farblos  sei.  In  der  That  wird  z.  B.  die  Verkleinerungssilbe 
U  in  Oherdeutschland,  ja  innerhalb  Schwabens  recht  verschieden 
ausgesprochen;  aber  man  hat  dem  auch  schon  st.  B.  in  "Bayerns 
Mundarten"  vielfach  Rechnung  getragen.  Andererseits  kommt  ge- 
rade in  den  unbetonten  Silben  eine  Färbung  des  e  vor,  die  dem 
K  Gleitlaut  'm  gdnade  und  dem  zweiten  Teil  von  Diphthongen  wie 
,  ti,  09  gleich  ist,  die  bei  a,  o,  u,  il.  ö  auch  vorkommt  und 
pherMll  mit  einer  Senkung  des  Kehlkopfes  verbunden  ist,  ja  viet- 
Hicht  gerade  dui-ch  sie  veranlasst  ist,  so  dass  a  nur  ein  Glied  einer 
esonderen  Reihe  Ist,  die  ich  in  der  Lautschrift  von  "Bayerns  Mund- 
mil  einem  gemeinsamen  Symbol  (<!,  i  usw.)  versah;  sie  durch 
inhehrung  zusammenzufassen  geht  wegen  »  (i,  ü)  nicht  an. 

Weniger  bedeutsam  ist,  das«  Bremer  jetzt  die  Unterscheiduug 


128         Heilig  Grammatik  der  Ostfränkischen  Mundart  usw. 

vorderer  und  hinterer  Ä:-Laute  nicht  mehr  fordert,  wo  der  Charakter 
sich  aus  der  Umgebung  von  selbst  ergibt.  Ich  bin  s.  Z.  wegen 
solcher .  Ketzerei  schlimm  kritisiert  worden. 

Überblicken  wir  Bremers  Lautschrift  in  ihrer  jüngsten  Gestalt^ 
so  müssen  wir  fragen,  warum  er  nicht  gleich  die  der  Association 
Phonetique  angenommen  hat.  Ich  wäre  immer  noch  der  Meinung, 
dass  eine  absolute,  alle  Zwischenstufen  berücksichtigende  Weltschrift 
als  Generalnenner  notwendig  ist,  dass  für  einzelne  Sprachgebiete 
aber  eine  leicht  lesbare,  nicht  allzu  bunte,  möglichst  symbolische 
und  symmetrische  Schrift  sich  empfiehlt.  Unter  allen  Umständen 
sollten  Sprünge  vermieden  sein,  wie  Bremer  zeigt,  wo  die  Quanti- 
tätszeichen bald  über,  bald  unter  den  Lauten  stehen,  bei  Konso- 
nanten anders  sind  als  bei  Vokalen.  Ich  habe  gefunden,  dass 
mein  System:  alle  Qualitätszeichen  über,  alle  Quantität»- (und  Ton-)- 
zeichen  unter  den  Buchstaben,  leicht  verstanden  worden  ist,  keine 
Missverständnisse  hervorrief  und  auch  bei  Texten  verwendbar  bleibt, 
so  zwar,  dass  der  Lesende,  dem  es  nicht  um  genaues  phonetisches 
Erfassen  der  Einzellaute  zu  thun  ist,  zwischen  den  diakritischen 
Zeichen  hindurch  fast  ganz  mühelos  lesen  kann. 

Der  Besitzer  der  "Phonetik"  Bremers  kann  den  "Anhang** 
nicht  entbehren;  für  die  gleichzeitige  Benutzung  hat  der  Verfasser 
auf  S.  20  und  21  besondere  Fingerzeige  gegeben. 

Würzburg.  0.  Brenner. 


Heilig  0.  Grammatik  der  Ostfränkischen  Mundart  des  Tauber- 
«^.Tundes  und  der  Nachbarmundarten.  Lautlehre.  Leipzig  ßreit- 
kopf  u.  Härtel  1898  (Grammatiken  deutscher  Mundarten  Bd.  V). 
239  S.,  mit  Karte. 

Die  Mitteilungen  über  das  Fortschreiten  des  Sprachatlasses 
des  deutschen  Reiches  haben  gezeigt,  dass  neben  dem  Atlas  einge- 
hende Darstellungen  von  Einzelmundarten  unentbehrlich  sind.  Bre- 
mers Sammlung  von  Mundartgrammatiken  ist  daher  gewiss  ein  zeit- 
gemässes  Unternehmen.  Leider  erscheinen  die  angekündigten  Bände 
nur  allzulangsara  und  bieten  die  bisher  erschienenen  (von  Maur- 
mann und  Heilig)  fast  nur  Lautlehre.  Ferner  wäre  es  gerade  für 
Bremers  Anschauungen  über  Mundartgrenzen  angezeigter  gewesen^ 
zur  Stütze  der  Annahme  von  abgegrenzten  Mundarten  Arbeiten 
über  Gebiete  mit  reinen  Typen  aus  der  Mitte  der  Mundartbezirke 
an  die  Spitze  zu  stellen,  um  an  ihnen  die  Bandmundarten  zu  messen. 
So  aber  bewegen  sich  die  beiden  bisher  erschienenen  Grammatiken 
hart  am  Rande  und  erfordern  sofort  zu  ihrer  Beleuchtung  Material 
aus  benachbarten  Gauen.  Heilig  hat  denn  auch,  wie  schon  der 
Titel  zeigt,  über  den  Taubergrund  hinausgegriffen.  Dadurch  ist 
für  den  Darsteller  grössere  Sicherheit  gewonnen,  der  Leser  aber 
bekommt  ein  stetes  Flimmern  vor  den  Augen;  er  wird  im  Stoff  nicht 
heimisch.  Bremer  hat  zwar  in  seiner  Weise  durch  Zusammenstellungen 
in  kaleidoskopischen  Bildern  die  geschichtliche  Würdigung  zu  er- 
leichtern versucht,  und  der  Verfasser  hat  gleichfalls  statistische  Listen 
von  erheblichem  Umfang  beigegeben.  Aber  ich  halte  dies  Alles 
für  verfrühte  und  fast  vergebliche  Arbeit.  Früher  hat  man  ohne 
genügende  Tiefe  gearbeitet,  jetzt  wird  die  Sprachgeschichte  auf  zu 
wenig  breitem  Boden  aufgebaut.  Man  lasse  Ausnahmen  und  Rätsel 
ruhig  liegen,  bis  wir  mehr  Einzeldarstellungen  aus  demselben  Mund- 


Heilig  Grammatik  der  Ostfränkischen  Mundart  usw.         129 

artgebiet  haben  und  beschränke  sich  in  den  geschichtlichen  Zuthaten 
darauf,  das  unzweifelhaft  Klare,  Gesetzmässige  hervortreten  zu 
lassen  und  die  ungelösten  Rätsel  als  solche  zusammenzustellen. 
Misslich  ist  in  unserem  Fall  schon  der  Umstand,  dass  mit  dem  Ter- 
minus "ostfränkisch"  gearbeitet  werden  musste,  ohne  dass  Jemand 
sagen  kann,  was  eigentlich  ostfränkisch  ist.  Was  ist  z.  B.  unter 
Vokalismus  des  Ostfränkischen  zu  verstehen?  Man  braucht  nur  die 
Linien  des  Sprachatlasses  anzusehen,  um  zu  finden,  dass  es  keinen 
solchen  gibt.  Man  mag  weiter  über  die  Abgrenzung  des  Mittel- 
deutschen denken  wie  man  will  —  am  besten  wäre  vorläufig  von 
Mitteldeutsch  nicht  zu  sprechen  und  die  Gau-  und  Stammbezeich- 
nnngen  hessisch,  thüringisch,  schlesisch  oder  noch  engere  zu  brau- 
chen —  aber  den  ostfränkischen  Vokalismus  z.  B.  von  Würzburg 
iguad  miiad)  kann  man  nicht  als  md.  bezeichnen;  höre  für  Hörn, 
dass  doch  auch  schwäbisch  ist,  kann  ebenfalls  nicht  als  Beweis  für 
md.  Art  verwertet  werden.  Also  weniger  Voraussetzungen  —  oder 
gleich  viel  weiter  gesteckte  Grenzen  für  Vergleiche  wären  für 
künftige  Grammatiken  sehr  zu  empfehlen. 

Kann  so  der  Gesammtanlage  —  für  die  wohl  Bremers  wohl- 
gemeinte Vorschriften  massgebend  waren  —  nicht  unbedingtes  Lob 
gespendet  werden,  so  ist  von  der  Durchführung  im  Einzelnen  um 
.so  mehr  Gutes  zu  sagen.  Über  die  Aussprache  der  Laute,  über 
Wort-  und  Satzbetonung,  Quantitäten  ist  natürlich  sorgsam  gehan- 
delt. Werden  einmal  phonographischc  Aufnahmen  leichter  als  bis- 
her dem  Auge  vermittelt  werden  können,  wird  dies  Kapitel  wohl 
auch  ausführlicher  ausfallen^).  In  der  Geschichte  der  Laute  wird 
mit  Recht  zuerst  vom  Mhd.  herabgegangen,  dabei  nicht  das  ale- 
mannische Mhd.  der  Ausgaben,  sondern  ein  dem  Ort  entsprechend 
gefärbtes  (mitteldeutsches  sagt  der  Verf.  mit  zweifelhafter  Berechti- 
gung) zu  Grunde  gelegt.  Ein  besonderes  Kapitel  fasst  dann  die 
wichtigsten  Lautwandlungen  in  Gruppen  zusammen  (Dehnungen, 
Kürzungen,  zuerst  im  Allgemeinen,  dann  bei  den  einzelnen  Vokalen, 
Diphthongierung,  Veränderungen  der  Vokale  vor  ;•,  Nasalierung, 
Labialisierung,  Kontraktion,  unbetonte  Silben-Vereinfachung  alter 
Geininatas,  Konsonantenassimilation,  Dissimilation,  Fremdwörter). 
Bremer  gibt  dann  eine  Chronologie  der  Veränderungen.  Endlich 
folgen  die  oben  erwähnten  Zusammenstellungen  (Übersicht  der 
Entsprechungen  vom  heutigen  Bestände  aus,  dies  eine  nötige  Er- 
gänzung zum  Vorausgehenden,  Übersicht  über  die  mundartlichen 
Unterschiede  gegenüber  den  Nachbarmundarten  und  innerhalb  der 
Taubergrundmundart,  endlich  eine  Liste  erschlossener  mhd.-md. 
Grundformen.  Als  Anhang  sind  Proben  der  Sprache  um  14(X)  und 
eine  Übertragung  einer  mhd.  Stelle  aus  Bertholds  Predigten  in  die 
Mundart  und  moderne  Textproben  gegeben.  Ein  Wortverzeichnis 
bildet  den  Schluss.  Ein  Sachverzeichnis  fehlt  leider.)  Gegenüber 
den  thatsächlichen  Mitteilungen  muss  die  Kritik  eines  Fremden  natür- 
lich schweigen.  In  Bezug  auf  Erklärungen  bin  ich  jedoch  nicht 
immer  mit  Heilig  einverstanden.  So  glaube  ich,  dass  mit  Analogie- 
bildung nicht  durchweg  glücklich  hantiert  ist.  Wie  soll  z.  B.  bleuen 
(schlagen)  durch  Blei,  Stäucherle  durch  steigern,  leuem  (Nach wein 
keltern)  durch  leiern  in  der  Form  beeinflusst  sein?  Wozu  soll  läfe 
'laufen'  Analogiebildung  sein  (§  191.  2)?    Auch  bei   der  Gruppen- 


1)  Ich  benütze  die  Gelegenheit,  um  die  Fachgenossen  zu  fra- 
gen, ob  ihnen  eine  einfache  Übertragung  der  Walzenkurven  auf 
eine  ebene  Fläche  behufs  Abdruck  und  Vergrösserung  bekannt  ist  ? 

Anzeiger  XII  i.  9 


Ueilig'  Gramnia.tik  der  OsIlräDkischcD  Mundart  l 


bildung  kann  ich  nicht  imnier  mit  1 
G(.-schichtu  hie  und  da  Zwaii}^-  an;  s 
der  Kürze  auf  ein  altes  'kwmjan 
n«Tne  'nebmen'  hlttte  doch  za  geniei 
'riemjan   wird  auch   H.   Dicbt 


übereinstimmen;  i-r  thut  der 
wenn  kume  'kotniiien'  wegen 
iirütkgeführt  wird;  der  F»il 
Erklürung  rühren  »ollen, 
,  bürge  darf  nivlit  KU  den 
Wörlern  mit  -rj-  genommen  werden  (S  104);  hafer  gehört  kaum  sn 
den  Beispielen  l'ür  grammatischen  Wei:hsel:  &r  ia  auch  sonst  ilurcU 
■fer  vertreten  (vgl.  alem.  nüfei-),  wie  Ja  auch  vor  (  spir.  lorl.  und 
len.  wechseln  (echu-ebel—Kchu-efel);  grap  'Krähe'  zu  Liebe  darl'  niuiit 
ahd.  hr  =^  gr  der  Ma.  gesetzt  werden,  grap  gehört  zu  Krähe,  niciii 
zu  hraban;  das  «  statt  nl  in  disl  [Distel)  rnuHS  von  n  slAIt  tid  in 
gädane  [gestanden!  getrennt  werden,  denn  liier  iat  kaum  nl  su  »n 
asHimiliert  worden,  sondern  t  ist  zwischen  Konsonanten  g^erallen. 
Zur  Assimilation  kann  ich  nuch  den  Fall  hyaele  'Huhn'  i.iehl  im 
Sinne  Heiligs  rechnen  (n  vor  /,  r  zu  w);  wenn  hier  nicht  w  au»  no 
enstand  {a.  rUhrt  selbst  als  Grundform  ahd.  huoninehüin  an],  to 
möchte  ich  diesen  Fall,  wie  den  in  jiiciwi  'Schwindel"  {hyrttr  'Hühner" 
wolil  von  hytiü  alihftugig!)  erklüren  wie  nhd.  schlingen  aus  achtin<Un. 
während  Hcklund  erhalten  blieb,  d.  h.  der  palntale  Vokal  hat,  den 
Obergang  dos  dent.  n{d)  in  das  palat.  »  veranlasst.  —  Die  Cbe^ 
gUnge  von  i  zu  y  stehen  jetzt  nicht  mehr  so  in  der  Lnlt,  wo  uiau 
darauf  anl'merksam  geworden  ist,  dags  vor» usgeh ende  Labiale  den 
Wechsel  bewirken,  bei  allen  Beisjjielen  Heiligs  steht  ein  l^bijil 
vor  I, 

Angesichts  der  zahlreichen  Belege  hätte  B.  wohl  bestimmter 
als  CS  ä  180  Anm.  S  geschehen,  Zuhamenhang  der  VokalUnge  nn'l 
nihd.  Einsilbigkeit,  der  Lange  mit  Mehrsilbigkeit  behaupten  diirren. 
Er  scheint  zn  sehr  abbänKig  von  dem  an  und  llir  sieh  einleuchtenden 
Satz :  vor  'Oemtuata'  Verkürzung  oder  Erhaltung  der  Kürze.  Auch 
vor  zwei  verschiedenen  Konsonanten,  die  im  Auslaut  ein^ilhiger 
Formen  bleiben,  ist  der  Wechsel  der  QuantitiU  zu  beobachten:  brxtl 
"brachte",  erü  'e.r8l(e)"  aber  r^^t,  gnext,  diarM. 

Wenn  S  158  ausgelühr»  wii-d;  alle  mhd.  6  und  jüngere  Ui-h- 
nungs-£  könnten  nur  in  der  Quantität  verschieden  gewesen  seiu. 
da  sie  sieh  verschieden  weitvr  entwickelt  haben,  und  dies  dann  als 
Analogie  für  den  Unterschied  von  mhd.  t  und  i  beigezogen  wird, 
so  möchte  ich  bemerken,  dnss  ich  ho9e,  einmal  ausführlich  nach- 
weisen zu  können,  dass  weder  Akzent  noch  Quantität  an  der  uhd. 
Diphthongierung  schuld  sind,  sondern  einzig  die  extreme  Artiku- 
lation, die  nur  von  einer  gemässigteren  aus,  gewissermosaen  durch 
ein  Hinaufficimelten,  durch  einen  Anlauf  zu  gewinnen  ist. 

Von  mancherlei  Kleinigkeiten,  die  mir  einer  Besprechung  wirl 
Bcbeincn,  will  ich,  um  nicht  den  Schein  zu  erwecken,  als  sei  vM 
An  dem  Buch  auszusetzeu,  nur  eines  noch  herausgreifen,  ä  107 
wundert  sich  H.  dass  statt  des  zu  erwartenden  'fräp  {raiuioe  lu 
m-ouw  zu  vräic  zu  frnp)  es  frä  heisst.  Hier  ist  docli  übereeheD. 
dass  in  der  Stellung  als  Attribut  das  Wort  gewöhnlich  itou,  nicht 
»rouu'e  lautete;  auch  tür  nioive  ist  t-uo  mhd.  belegt,  daher  ma.  rä 
auch  nicht  aufmilig. 

Bei  jeder  Mundangrammatik,  die  nicht  bloss  das  Bestehend« 
darstellen,  sondern  erklären  und  geschichtlich  ordneu  will,  vciid 
Vieles  zweifelhalt  sein  und  seine  Erklärung  aus  anden-n  Darstel- 
lungen erwarten  müssen.  Ich  möchte  deshalb  es  als  Verdienst  Im-* 
trachten,  wenn  eine  Mundartgrammatik  zu  Zweifeln  annfgi.  weiiu 
nur  das  ThatHäeliliche  gehörig  überwiegt.  Dies  ist  aber  bei  Heilig 
der  Fall,   und  ho  dürfen  wir  fUr  seine   Gabe  recltt  d&nkbar  seiii. 


Schatz  Die  Mundart  von  Imst.  131 

iremer  enlworfene  Sprachkarte  ist  originell;  ich  zielie 
W'tiie  An  von  Wiigners  ßeuilinger  Karte  vor. 

Würzbnrg.  0.  Breunfr. 


Ichatz  J.  Die  Mundart  von  Imst.  Laut-  und  Plexlonslehre.  Mit 
Unterstützung  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wiiisenschafien  in 
Wien.    Sirassburg  Trübner  1897.    8".    XIIl,  179  S. 

Die  Mundart  von  Imst  im  Oberinnthal  verdient  eine  wissen- 
schaftliche Dsrstellunp  aus  verschiedenen  Gründen.  Binmal  bietet 
sie  als  konsequent  und  ungestört  entwickeltes,  von  der  hochdeut- 
«cben  Subriftspraehe  ebensoweni»:  als  von  dem  städtischen  Misch- 
dialekt Innsbrucks  beeinHusstes  Idiom  ein  besonders  zuverlüssiees 
Beobachtungsmaterial,  zumal  für  den  germanistisch  geschulten  Ein- 
geborenen, und  dann  errefft  sie  das  Interesse  des  Sprachhistorikers 
durch  ihre  eigenartige  Stellung  an  der  Grenze  zwischen  Alemannisch 
and  Bairisch. 

Die  meisten  Forscher  haben  bisher  die  Mundarten  des  oberen 
Inntlials  bis  TelfR  hinunter  zum  Alemannischen  gerechnet,  Schatz 
«rklärt  sie  dagegen  für  unzweifelhaft  bairisch  auf  Grund  tier  Ent- 
wickelung  der  Vokale  der  betonten  Silben;  er  hilU  fest  an  der  von 
ihm  in  der  Deutsch.  Lit.'Zeitg.  tä95  Sp.  IH  gegebenen  Darstellung 
4ler  Grenze  zwischen  Alemannisch  und  Bairisch :  "Graubündten, 
Vorarlberg  und  das  AllsHu  sprei'hen  nleroannisch.  Nur  der  Weiler 
Lechleiten  im  obersten  Lechthnl,  der  noch  zu  Tirol  gehört,  hat  die 
Alemannische  Mundart  wie  das  eine  Viertelstunde  entfernte  vorarl- 
ber^che  Wart:  das  nüchste  tirolische  Dorf  Steg  im  Lechthal  ist 
I.  4ftvon  14  km  entfernt.  Die  bairischen.  Grenzorte  gegen  das  SchwK- 
nliische  sind  Forchach.  Rinnen,  Nassreid;  schwäbisch  sind  Weisseik- 
t)ach,  Berwang,  Biberwier."     (S.  VI.| 

Ausserhalb  des  Vnkniisnius  der  betonten  Silben  lassen  sich 
weniger  leicht  Kriterien  für  die  Zugehörigkeit  der  Imster  Mda.  zum 
Bairischen  nachweisen;  ich  rechne  dnhin  in  erster  Linie  die  Ver- 
drAngung  des  Pronomens  der  2.  Person  Plur.  durch  en,  enfr;  sonst 
^winnt  wenigstens  der  ferner  stehende  eher  den  Eindruck,  man 
habe  einen  alemannischen  Dialekt  vor  sich,  linden  wir  doch  in  Imst 
die  sonst  nur  für  das  Alemannische  in  grösserem  Umfange  belegte 
Verschiebung  des  anlautenden  und  auf  Nasal«  folgenden  k  zur 
Affrikata  kx  (doch  vgl.  auch  Jetlinek  Zs.  f.  d.  A.  36.  79),  alemannisch 
«cbeint  auch  die  durchweg  gutturale  Natur  des  /,  der  Abfall  des 
auslautenden  -n  im  Infinitiv  und  Partizip  gegenüber  der  gewöhn- 
lichen Erhaltung  desselben  im  Bairischen  (so  auch  scbon  wenig  östl. 
Ton  Imst)  die  Deminutiven  düng  -l»  gegenüber  bairisch-/,  ferner  aus- 
•erordentlich  zahlreiche  Übereinstimmun<;en  mit  alemanischen  Mund- 
L  Arten  in  der  Flexion  der  Nomina  und  Verba,  Diese  Abweichungen 
[  Ton  der  Schriftsprache  sind  allerdings  so  weit  über  Ober-Deutsch- 
bind  verbreitet,  dass  man  sie  wohl  in  ziemlich  alte  Zeit  zurückver- 
legen muss;  man  wird  sich  dem  Schluss  nicht  entziehen  können, 
dus  eine  Reihe  von  Übergllngen  aus  einer  Flexion sk lasse  in  eine 
andere  schon  in  mhd.  Zeit  in  der  gesprochenen  Sprache  sich  voll- 
zogen hatten,  wfthrend  die  Li ttcral Ursprache  den  Hlteren  Stand  treuer 
bewahrte.  So  viel  scheint  mir  Mcher,.  dass  auch  durch  die  Arbeit 
von  Schatz  wieder  die  alte  Erfahrang  brstHtlgt  wird,  dass  die  Grenzen 
«iner  Mundart  gegen  die  Umgebung  für  verschiedene  Unterschei- 
dungszeichen selten  oder  nie  identisch  sind  und  dass  desshallj  die 


132  Schatz  Die  Mundart  von  Imst. 

Zutciliin<i:  einer  Mundart  zu  einem  bestimmten  Sprachgebiet  in  vielen 
Fällen  eine  mehr  oder  weniger  willkürliche  sein  muss:  auch  der 
musikalische  Akzent,  der  so  deutlich  zwei  verschiedene  Mundarten 
von  einander  trennt,  aber  leider  einer  genauen  und  verwendbaren 
Fixierung  so  grosse  Schwierigkeiten  entgegensetzt^  kann  kaum  als 
absolut  entscheidend  angeschen  werden,  da  auch  in  dieser  Hinsicht 
vieli'ache  Übergangsstufen  zwischen  grösseren  Gebieten  existieren. 
Die  Darstellung  der  lautlichen  und  flexionellen  Verhältnisse 
der  Mda.  darf  wohl,  soweit  hier  einem  Nichteinheimischen  überhaupt 
ein  Urteil  zusteht,  eine  zuverlässige  genannt  werden,  jedenfalls  zeigt 
sich  Verf.  mit  den  Resultaten  der  neueren  Mundartforschung  und 
mit  den  Fragen,  die  sich  für  die  Geschichte  der  deutschen  Sprache 
daran  knüpfen,  vertraut.  Die  phonetischen  Erörterungen  ^eilich 
werden  den  Spezialisten  vielleicht  nicht  ganz  befriedigen,  doch  sind 
die  wichtigsten  Erscheinungen,  die  für  die  Lautlehre  in  Betracht 
kommen,  überall  hervorgehoben;  auch  die  Akzentverhältnisse  werden 
einer  kurzen  Besprechung  unterzogen,  die  freilich  durchaus  nicht 
als  erschöpfend  bezeichnet  werden  kann.  Das  Hauptgewicht  ist 
gelegt  auf  die  Darstellung  der  heutigen  Laute  und  Formen  auf 
Grund  der  historischen  Entwickelung,  woraus  manche  Winke  und 
Anregungen  für  die  AufPassung  von  Streitfragen  der  ahd.  und  mhd. 
Grammatik  sich  ergeben.  Wenn  man  dabei  auch  nicht  allen  Aus- 
führungen des  Verf.  unbedingt  beipflichten  kann,  —  Einwände  des 
näheren  zu  begründen,  ist  hier  nicht  der  Ort  —  so  wird  man  ihm 
doch  die  Anerkennung  für  sein  aufrichtiges  Bemühen,  zur  Klärung 
allgemeiner  Fragen  von  seinem  durch  ein  verständnisvolles  Studium 
der  Mundart  gewonnenen  Standpunkt  aus  beizutragen,  nicht  ver- 
sagen wollen,  sondern  ihm  für  seine  erfreuliche  Gabe  danken. 

Basel.  Gustav  Binz. 


Soerensen  Asm.  Polnische  Grammatik.  Erste  Hälfte.  Leipzig,  Druck 
und  Verlag  von  E.  Haberland  1809.     IV,  256  S. 

Das  Polnische  ist  zweifellos  eine  der  bestbearbeiteten  slavi- 
schen  Sprachen.  Ausser  zahlreichen  Abhandlungen  zur  Geschichte 
der  Sprache  und  zur  Dialektologie,  vornehmlich  in  den  Rozprawy 
und  den  Sprawozdania  komisyi  jc^zykowej  der  Krakauer  Akademie, 
liegen  uns  auch  treffliche  Darstellungen  der  modernen  Schriftsprache 
mit  historischen  Rückblicken  vor:  die  für  ihre  Zeit  hochbedeutende 
Grammatik  von  Antoni  Malecki  (Gramatyka  jezyka  polskiego  wieksza, 
Lw()w  1863),  die  leider  in  ihrer  erweiterten  Gestalt  (Gramatyka  histo- 
ryczno-poröwnawcza  jezyka  polskiego,  Lwöw  1879)  entschieden  ver- 
schlechtert ist,  und  aus  neuester  Zeit  das  sehr  zu  lobende,  lichtvolle 
Werk  von  Krynski  (Gramatyka  jezyka  polskiego,  Warszawa  1897). 
Dem  gegenüber  müssen  die  polnischen  Grammatiken  in  deutscher 
Sprache,  die  sich  freilich  auch  durchweg  das  bescheidenere  Ziel  der 
praktischen  Spracherlernung  stecken,  als  minderwertig  bezeichnet 
werden.  So  wird  das  Werk  Soerensens  gerade  in  den  Kreisen  der 
deutschen  Sprachwissenschaft  ganz  besonders  freudig  begrüsst  wer- 
den, umsomehr,  als  es  sofort  durch  manche  grosse  Vorzüee  für 
sich  einnimmt.     Indem  der  Verfasser  überall  vom  deutschen  Sprach- 

fefühl  ausgeht,   erscheinen  die  Eigentümlichkeiten  der  polnischen 
prache    für   uns    in    plastischerer  Gestalt,    als  es  gemeiniglich  in 
den  Werken   der  Nationalgrammatiker  der  Fall  ist;   gewisse  Teile 


Sgerem 


1  Polnische  Gra 


mntik- 


133 


Kger  Grainmstik  koinmeD  liei  ihm  zum  ersten  Ma[  xu  ihrem  vollem 
■itecht;  ich  nenne  vor  sllem  die  Lehre  vou  deu  Aktionnarton  des 
V polnischen  Verb»,  die  in  den  einheimischen  Grnmmnlikeii  so  ^ut 
K^Ie  ganz  zu  fehlen  pHegt,  und  doch  von  so  einechueidender  Bedeu- 
Ftang  für  das  Verstkiiduis  der  Sprache  ist.  Sodann  verleiht  der 
■  '.Orammatik  Soerensens  schon  un  sich  der  Umstand  einen  bleibenden 
*  Wert,  dsss  sie  durchweg  auf  eigenen  Sammlungen  beruht,  die  mit 
erstaunliehem  Fleiss  und  muslerhafler  Sorgfalt  zum  Aufljau  der 
Sprachlehre  verwandt  sind;  die  Darstellung  ist  klar  und  Hiessend. 
und  sucht  auch  dem  Lernenden  die  Wege  des  Verst&udnitises  sa 
«buen;  Übersieh!  und  Klarheit  sind  auch  durch  weise  Anwendung 
lypograp bischer  Mittel  erstrebt  und  erreicKt.  Hoffentlieh  bringt  der 
noch  ausstehende  zweite  Teil  einen  ausführliehen  Index.  Die  vor- 
liegende erste  HSifte  enthalt  nach  einem  kurzen  Überblick  über  die 
Lautlehre,  der  nur  mehr  zur  Orientierung  dienen  soll,  die  Formen- 
lehre und  S,vnCax  zusammen  behandelt;  die  zweite  HSlfle  soll  eiu 
Verbal  Verzeichnis  bringen,  in  dem  die  Verba  nach  Verbalklassan 
and  innerhalb  derseiben  alphabetisch  geordnet  erscheinen,  ausser- 
dem soll  sie  eine  Übersicht  der  rein  syntaktischen  Erscheinungen 
geben.  Das  Hauptgewicht  des  ersten  "Teils  liegt  also  auf  der  For- 
menlehre, und  dass  der  Verfasser  hier  gleich  die  einschlägigen  syn- 
taktischen Verhilltnlsse  erörtert  hat,  kann  nur  beifällig  aufgenom- 
men werden.  Mit  Itecht  wird  dazu  ii]  der  Vorrede  bemerkt,  das» 
in  höherem  Grade  ais  anderswo  in  den  slnvisehen  Sprachen  die 
Formenbildung  vou  syntaktischen  lOiiiHüssen  bestimmt  wird  So 
erlAhrt  man  hier  z.  B.  beim  Pronomen  wie  beim  Zahlenwort  gleich 
die  Hauptsachen  ihrer  syntaktischen  Verwendung  und  lernt,  welch 
ein  Gebrauch  von  der  bunten  formemnenge  gemacht  wird;  und 
«ine  klare  Darstellung  der  verwickelten  Verhältnisse  im  Bereich  des 
filavischen  (und  polnischen)  Verbums  ohne  Erörterung  der  syntak- 
tischen Unterschiede  Hesse  sich  vollends  kaum  denken. 

Es  wird  nicht  leicht  eine  Frage  aus  der  polnischen  Formen- 
lehre ÄU  finden  sein,  die  man  bei  Soercnsen  vergeblich  suchte.  Der 
erste  Abschnitt  behandelt  das  Substs-ntiv :  reichliche  Paradigmen 
illustrieren  die  Flexion,  worauf  dann  eine  erschöpfende  Besprechung 
«Her  Sonderheiten  und  Anomalien  folgt.  Der  zweite  Abschnitt  bietet 
die  Formen  und  Syntax  der  Pronomina;  im  dritten  Abschnitt,  vom 
Ad^ktiv,  hat  in  einem  besonderen  Kitpitel  auch  die  Stammbildung 
desselben  eine  Besprechung  gefunden.  Der  fünfte  Abschnitt,  von 
den  PrSpositionen,  zeichnet  sich  durch  eine  Kelchfaaltigkeit  des  Stoffs 
und  eine  derartig  erschöpfende  Darstellung  des  Sprachgebrauchs 
AUS,  wie  ich  sie  in  keiner  andern  Grammatik  einer  slnvischen  Sprache 
gefunden  habe.  Die  sechste  und  letzte  Abteilung,  vom  Verbum, 
bildet  den  Höhepunkt  des  Werks,  Bei  jeder  Klasse  folgt  eine  aus- 
führliche Behandlung  der  Perfektiva  und  Imperfektlva  mit  nahezu 
vollständiger  Belspielsummlung;  was  man  sich  bisher  mühsam  aus 
den  Lexiken  heraussuchen  musste,  um  oft  genug  zu  finden,  dass 
»ach  diese  versagten,  das  liegt  nun  Übersichtlich  und  systematisch 
geordnet  vor  uns.  Soerensen  hat  durch  diese  erschöpfende  Samm- 
lungen zur  Lehre  von  den  Abtionsarten  des  polnischen  Verbs  auch 
der  vergleichenden  Orammatik  der  slavtschen  Sprachen  einen 
grossen  Dienst  erwiesen,  und  unwillkürlich  regt  sich  der  Wunsch, 
ftuch  für  noch  andere  slavische  Sprachen  eine  so  bequeme  und  zu- 
verlässige Übersicht  über  den  schier  unermess liehen  Stoff  zu  be- 
sitnen. 

Leider  bin  ich  jedoch  nicht  in  der  glücklichen  Lage,  dem 
Werke  Soerensens  uneingeschrHnkt  Lob  spenden  zu  können.     Den 


134  Soereiiseii  Polnische  Gramniaiik. 

j^'p  ruh  inten  Voi'KÜ^ren  hallen  gewisse  Mängel  die  Wage,  die  Mch 
rnded  ziemlich  alle  aus  einem  Orundquell  herleiten  Ittssen.  Wer 
ganz  selbständig:  von  Grund  rus  neu  baut,  der  wird  nur  zu  leicht 
dem  Fehler  auugesetzt  sein,  das,  was  seine  Vorgüiiger  geleistet 
haben,  nicht  genUgend  zu  beachten  und  ftir  die  eigene  Darstellung 
heranzuziehen.    Soereneen  ist  in  diesen  Fehler  ebenfalls  verfallev 


er  zeigt  sich  entschiedeu  nicht  genügend  vertraut  mit  den  histori- 
schen und  vergleichenden  Forschungen  auf  dem  Gebiet  der  alavl' 
Hchen  Sprachen  überhaupt  und  der  polnischen  ini  besondem.  So 
Itomnit  ee,  dasK  sein«  Kunst,  da  wn  es  gilt  die  Erscheinungen  der 
heutigen  Sprache  zu  erklären,  leider  nur  zu  oft  versagt;  eio  Blick 
in  Miklosichs  vergleichende  Grammatik,  in  Leskiens  Handbuch  oder 
in  KryAskis  Grammatik  hfttte  ihn  vor  manchem  Irrtum  bewahren 
können.  Besonders  hat  so  die  Lautlehre  gelitten,  die  recht  schwach 
attsgetallen  ist,  selbst  wenn  man  die  ErklArung  des  VerfaExers  be- 
rücksichtigt, "dass  die  knappe  Lautlehre  nichts  weiter  sein  will,  als 
eine  Grundlage  für  die  Darstellung  der  Formenbildnng."  Es  wäre 
entschieden  besser  gewesen,  wenn  der  Verfasser  viele  Erklffrungen 
fortgelassen  hätte.  Für  eine  "praktische"  Grammatik  der  polnischen 
Schrirtsprache  würde  mir,  um  ein  Beippiel  zu  geben,  durchaus 
die  Angabe  genügen:  nue  hat  im  Prilteritum  marl,  im  Inßnitir 
mrzecl  Soll  aber  eine  Erkillrung  für  diese  Verschiedenheit  gegeben 
werden,  so  ninss  man  unbedingt  fordern,  dass  sie  auch  richtig  isL 
Eine  Erklärung,  dass  "in  einer  Anzahl  Worter  und  Wortformea 
ri  und  li  auf  »r  und  i.;  zurückgehl"  {S  29  Bern.  3  und  B  245)  forde» 
nicht,  weil  sie  unrichtig  iül.  Und  so  hat  man  an  vielen  Stellen  das 
Gefühl,  die  Erklärung  hatte  Heber  fortbleiben  sollen;  auch  in  die- 
sem Falle  wHre  weniger  mehr  gewesen. 

An  und  für  sich  hatte  die  Lautlehre  wohl  ausführlicher  sein 
müssen,  gerade  weil  sie  die  Grundlage  für  die  Foi'menlehre  bildet 
und  bilden  muss.  Dann  könnten  bei  der  Formenlehre  die  Erörte- 
rungen über  rein  lautliche  Vorgänge,  wie  g  67—59  "Konsonanten- 
erweichung vor  weichen  Endungen",  §  60 — 64  "der  wandelbare  Vo- 
kal, die  gepressten  Vokale  und  der  Umlaut"  beim  Maskulinum,  die 
sich  dann  wieder  §  71 — 74  heim  Femininum,  S  86 — 89  beim  Neutrum 
und  mulatis  mutaudis  S  12f!— läfl  beim  Adjektiv  wiederholen,  weg- 
fallen oder  doch  durch  kurze  Hinweise  ersetzt  werden,  wodurch 
grössere  Einheitlichkeit  und  durch  den  Znaammeuhang  der  gleich- 
artigen Erscheinungen  bedingtes  leichteres  Verständnis  erreicht 
worden  wäre.  Als  ein  Muster  solcher  Art  der  Darstellung  ist  mir 
immer  Leskiens  Handbuch  erschienen.  Auch  die  Verbnlflexion  wltre 
noch  übersichtlicher  geworden,  wenn  die  vorkommenden  Lautüber- 
gflnge  bereits  in  der  Lautlehre  behandelt  worden  waren. 

Ich  gehe  nun  auf  die  Kinzeiheiten  ein  (wobei  natürlich  alles, 
was  mir  ntifgerallen  ist,  zu  behandeln  nicht  meine  Absicht  isit  nicht 
aus  Lust  am  Kritisieren,  sondern  in  der  HofTaung,  dem  einen  oder 
andern  Benutzer  der  Grammatik  damit  zu  dicueo,  vielleicht  auch 
dem  verehrten  Verfasser  für  eine  zu  erhoffende  neue  Auflage  nützen 
zu  kiiimen. 

Zu  bedauern  ist,  dass  so  ganz  auf  die  Darstellung  der  Aus- 
sprache, die  doch  eine  ganz  besondere  Schwierigkeit  der  polnischen 
Sprache  bildet,  verzichtet  wird.  So  lieisst  es  g  13  vom  poln.  t  nur, 
dflBS  es  ein  Laut  ist,  "den  nur  dos  Ohr  aufzufassen  und  die  Zunge 
schwer  nachzubilden  vermag";  die  Aussprache  der  erweichten  Kon- 
sonanten hleihi  so  pul  wie  unerörterl;  die  Bemerkung,  das«  sie 
"schwer  für  uns  zu  erfassen  sind",  (§  18  Ben».  4)  das*  die  "Ün- 
teracheidung  der  Laute  s'  z'  c'  ds'  einerseits  und  *e  i  c«  rfi  ando- 


Soert 


i  Polnische  Grammatik. 


135 


^  terwils  dem  Deutsclien  sehr  schwer  TtÜ\t"  k«nn  eine  Beschreibung 
ihrer  Aussprache,   liic  doih  bei  dem    h«uti^en  Stande  der  Wiasen- 
fichart  der  Phonetik  niohl  so  sehr  schiwer  gewesen  wäre,   nicht  er- 
Betzea.    Auch  das  Gebotene  ist  nicht  immer  richtig:  y  Ul  durchaus 
nicht  a-ahnllch  (g  5),   da  es  nii'hl  gerundet  ist;   g  13  Bern.  3  heisst 
es  "poln.  ck  klingt  im  Silbenanlaut  vor  Vokalen  fUr  unser  Ohr  viel- 
fach wie  A  (=  Media  zur  Tenuis  cA,  x.  B,  i-hodzi  er  geht)".    Das  ist 
irreführend;  die  Media  zur  Tenui»  ch  wird  z.  B.  in  dem  g  des  nord- 
.  deutschen  "icagen,  sai/en"   gesprocher ;    so   klingt   aber    das  ch   in 
I  ebodzi  nie.    Der  Verfasser  meint  wolih    fast   mit  reinem  A,   mit  ch 
I  Biit  Verlast  des  R  ei  bungsge  rausch  es. 

I  In  dem  ganzen  Abschnitt  von  den  Lauten,    S  4—20,  bemerkt 

[  lD»n  überhaupt  eine  gewisse  Unsicherheit  und  damit  Unklarheit.  So 
F  kann  ich  nicht  recht  verstehen,  wie  S-  7  gemeint  ist^   "die  Lautver- 
1  bindungen  qj  ej  ij  oj  iij  {6,i)  yj  entsprechen   den  mit  t  gebilde- 
rten  Diphthongen   anderer  Sprachen,    gellen  aber  im  Polnischen 
laicht  als  solche,  sondern  als  mit  dem  Konsonanten  J  geschlossene 
ISilben";  §  9  wird  kein  Unterschied  jfemacht  in  der  Aussprache  der 
l'^Hjntierten  Vokale,  ob  sie  frei  oder  nach  Konsonant  stehen:  ziemia 
I   wird  als  zjemja  transskrihiert,  nllhrend  es  doch  liem'a  gesprochen 
Wird;  unglücklich  ausgedrückt  sind  auch  g  10  und  §  U  "nach  den 
Gutturalen  k  und  g  wird  für  elymolojfisch  gegebenes  y  i  geöchrio- 
ben,  und  "nach  den  Palatalen  ns  t  cz  wird   statt  etymologisch  ge- 
gebenem {,    um  das  Fehlen  der  Präjotation  zu  kennzeichnen  (1),  y 
tgvechrieben".     Das  ist  doch  nun  durchaus  kein  Schreibegebrauch, 
•ondern  beruht  auf  der  thatsllchlichen  Aussprache,  indem  altes  ky 
wmä  tfy  in   ki  gi,  ii  M  vi  aber  in  zy   szy  czy  übergegangen  sind. 
t)ieses    müsste   also   eigentlich  in    der  dritten  Abteilung  "die  Ent^ 
Mehung  der  Laute"  behandelt  werden. 
ä  IT  Bem.   werden    irztqe'  und   obiad  als  Ausnahmen   einem 
lodjeeftac'  usw.  gegenübergestellt,  wo  j  auf  den  Auslaut  des  vorher- 
j^henden  Prätixes  nicht  einwirkt.     Da  vennisst  man  ei»  Wort  der 
Erklärung:  trziqc'  und  obiad  sind  schon  uralte  Z n sam men rück un gen: 
•bg.  ttz^ti  und  obid*.  während  odjfcAac'  einem  otijachati  zu  ver- 
^ eichen  ist. 
S  20  Bem,  1    werden  einige  La-utübergAngu   als  "Anomalien" 
«ufgefühn,  die  es  nicht  sind.     Der  schon  urslaviache  Schwund  des 
kulaotenden  v  nach  dem  b  des  PrSüxes  ob-,  der  Ausfall  von  t  und 
p  vor  n  ist  doch   ebenso  elu  lautgesetzlicher  Vorgang,    wie    etwa 
der  Schwand  von  i  und  b  im  AusIhuE  des  Polnischen.    Unter  dem 
Schlagwort  "Konsonantenverlanschunsren"  sind  heterogene  Erschei- 
■.vuugen  zusammengeworfen:    c'teierc'  für  *cBwierc:  ist  «ine  Ässinii- 
llition,   Maifforzafa  das  Beispiel   einer  Dissimilation,     ulygntfc'  hat 
It  ntydnqc  kaum  etwas  zu  tliun,  sondern  vergleicht  sich  lit.  ntükstu, 
tiigau,  »tükti  'steif  stehen',  hat  also  ursprüngliches  y.    Das  gleiche 
"'  "'ou  der  Anmerkung  über  "Konsananteneinschub":   bardzo  für 
I,  zdrada  für  irada  beruhen  auf  einem  lautlichen  Vorgang; 
'  aber  für  y«c'  ist  eine  ADitlogicbildnng,  indem  es  sein  d  von 
(C'  odjqc'  bezogen  hat.    itowiek  ist  nicht  aus  feloi-'ikt  entstan- 
I,  snudern  beruht  auf  einer  anderen  Stufe,  vgl.  abg.  ilovfkb. 
Auch  der  Abschnitt   über  "die  Entstehung  der  Laute"  lUsst 
utuches  zn  wünschen  übrig. 

i  22  heisst  es  "Nach  l  und   den  Palatalen  trilt  für  ie  (=  alt- 

.  ei  wieder  der  harte  Laut  e  ein."    Das   sind   aber    zwei    ganz 

r«rschiedfne  Dinge.     Ein  altes  e'e  z'e    ist  hart  geworden  und  wird 

hher  heute  rze  ie  (nicht  nie,  iie)   geschrieben;   le  aber  ist  noch 

»Ute  weich  und  steht  für  Ve.  Ih   roiu  graphisch,   indem  eben  (  l' 


136  Soerensen  Polnische  Grammatik. 

bedeutet,  da  man  für  das  harte  /  das  Zeichen  i  hat;  auch  §24  wird 
die  Natur  des  l  verkannt,  wenn  es  heisst  "nach  l  tritt  für  ia  ie  der 
harte  Laut  a,  e  ein".    Nicht  der  Laut,  das  Zeichen! 

§  23.  Nicht  ''in  zahlreichen  Fällen,  besonders  vor  Gutturalen 
und  Labialen,  bleibt  ie  auch  von  harten  Konsonanten  unverändert", 
•ondern  immer  hindert  lautgesetzlich  Guttural  und  Labial  den 
Übergan  tf  von  ie  in  fo;  ebenso  (Bern.  3)  bewirken  diese  Laute 
immer,  dass  4  durch  ie  vor  ihnen  vertreten  ist. 

§  26..  "Altslov.  q  entspricht  polnisch  in  offener  Silbe'  f »  in 
geschlossener  Silbe  q"  usw.  Diese  Regel  ist  keine  Regel,  da  sie 
soviel  Ausnahmen  zeigen  würde  wie  befolgte  Fälle.  Wie  Lorentz 
(im  Arch.  f.  sl.  Phil.  16)  dargethan  hat,  kommt  es  nicht  nur  auf  die 
Natur  der  Silbe,  sondern  ausserdem  auf  den  ursprünglichen  Akzent 
an;  demgemäss  ist  der  Vergleich  mit  dem  Übergang  von  o  zu  d 
fallen  zu  lassen. 

Bem.  4  und  5.  Die  Entsprechung  altslov.  e  poln.  ie  (e)  z.  B. 
Akk.  PI.  dtisq  :  dusze^  ebenso  §  41  Bem.  2,  ist  keine  lautliche;  ic 
ist  anlautendem  ^  nie  vorgeschoben,  sondern  nur  q.  Nachdem  dieser 
Lautwandel  eingetreten  war,  erfolgte  erst  der  Übergang  von  q  zu  q. 

§  27  wird  gesagt:  "die  Halbvokale  kommen  in  der  Regel  im 
Auslaut,  sowie  inlautend  in  offener  Silbe  zum  Wegfall".  Nicht  in 
der  Regel,  sondern  regelmässig,  immer. 

Bem.  2.  "Aus  euphonischen  Gründen  kommt  oft  .  .  .  die  Er- 
weichung im  Wortinlaut  in  Wegfall".  Besser  wäre  gesagt,  aus  pho- 
netischen Gründen,  und  es  wäre  mehr  gesichtetes  Material  beige- 
bracht worden.  Einen  Ansatz  dazu  macht  die  treffliche  Studie  von 
Olaf  Broch  über  diesen  Punkt  in  Xapicxfipia,  Sammelband  zu  Ehren 
Korschs,  Moskau  1897,  S.  277. 

Bem.  2  bringt  viel  Disparates  zusammen  und  hätte  eine  bes- 
sere Ordnung  verdient. 

§  29  wird  für  hl  hl  nur  die  Vertretung  hi  angegeben,  in  der 
Bem.  nur  ivilk^  milczec\  zölty  und  zölc'  angeführt.  Es  fehlt  also 
ganz  ef  ief  in  be/kot^  che^hac\  chefpic\  gieik,  kielb,  kiefbasa,  pelk, 
pefny^  ebenso  mönic'  aus  rnolwic'. 

Bern.  5  enthält  zwei  schlimme  Unrichtigkeiten:  nireti  'sterben* 
geht  doch  auf  *me7'fi  zurück  und  nicht  auf  *vibrfi.  Und  in  br^za  : 
brzoza  u.  a.  ist  doch  nicht  "e  bisweilen  in  o  übergangen*',  sondern 
abg.  r^  aus  er  entspricht  poln.  re,  in  welcher  Verbindung  dann  t 
die  gewöhnlichen  lautlichen  Wandlungen  erlitt. 

Und  was  soll  man  vollends  zu  §  30  sagen,  wo  das  j  der  jo- 
Verba  wie  volati  —  i-olajerm  usw.  als  "nur  zur  Vermeidung  des 
Hiatus"  dienend  betrachtet  wird,  eine  Auffassung  die  in  aller  Breite 
nochmals  S  199  wiederholt  wird!  Dass  unter  dieser  Rubrik  auch 
das  zusammengesetzte  Adjektiv  wie  dobraja,  sowie  der  Akk.  Instr. 
desselben  aufgeführt,  möchte  ich  am  Ende  doch  nur  als  einen  lapsus 
calanii  betrachten. 

§  35.  Die  Regel  über  die  Verwandlung  der  Gutturale  vor  ?, 
e  wäre  deutlicher  ausgefallen,  wenn  der  Verfasser  diese  nach  ihrer 
Provenienz  in  der  bekannten  Weise  geschieden  hätte.  Die  Impe- 
rative piecz  pomoz  usw  sind  nicht  lautlich  entstanden,  sondern 
haben  ihr  rz,  z  (für  c,  dz)  aus  dem  Präsens  jneczesz  pornozesz  usw. 
durch  Analogiewirkung  erhalten. 

§  37.  sfbdza  ist  nicht  germanisches  Lehnwort,  sondern  ist 
mit  steig,  steigen  urverwandt;  §  38  werden  i  und  sz  versehentlich 
als  Gutturale  bezeichnet. 

In  der  Formenlehre  und  Syntax  finden  sich,  wie  schon  er- 
wähnt, solche  Mängel  nur  selten;  ich  erwähne  Folgendes: 


Soereusen  Polnische  Grammatik.  137 

§  39.  könnte  etwas  über  den  Gebrauch  der  dem  Deutschen 
abgehenden  Kasus,  Lokativ  und  Instrumental,  gesagt  sein. 

§  43.  im  Dat.  Plur.  der  weichauslautenden  Maskulinen  ist 
'Om  nicht  unumgelautet  geblieben  gegen  altslov.  -errny  sondern  -iorti 
ist  unter  der  Einwirkung  der  harten  Stämme  aufgekommen :  bis  ins 
15.  Jahrhundert  ist  -iem  noch  im  Gebrauch. 

§  45.  Unter  den  Maskulinen  mit  Gen.  auf  -a  werden  nur  zwei 
Monatsnamen,  paidziemik  und  listopad,  angeführt.  Es  haben  aber 
alle  -a,  mit  Ausnahme  natürlich  des  Adjektivs  luty  Februar. 

§  47.    Unter  den  Wörtern  mit  -u  im  Dativ  vermisst  man  sicat. 

§  51,  S.  44  unten,  wäre  zu  erwähnen,  dass  neben  dem  Fl.  auf 
-a  auch  -y  vorkommt:  hilety  und  bileta,  elementy  und  elemenfa  u.  a. 

§  53  Bem.  3  wird  die  Endung  -y  in  pi^c'  razy  fünfmal  usw. 
als  anorganisch  bezeichnet.  Dies  ist  aber  keine  Genetivendung, 
sondern  der  Nominativ,  der  sich  von  dica,  irzy,  cztery  razy  auch 
auf  pi^c\  szea'c'  razy  ausgedehnt  hat.  Ebenso  kam  im  Russ.  die 
Endung  -a,  als  alte  Dualform  von  Haus  aus  nur  bei  dwa  berechtigt, 
auch  nach  tn,  öetyre  in  Gebrauch. 

§  62  ist  zu  ändern.  Die  Regel  (§  26)  über  den  Wechsel  von 
^  und  e  ist  falsch,  somit  ist  ihr  Auftreten  in  den  angeführten  Fällen 
Dicht  ais  unregehnässig  zu  bezeichnen.  Es  hätte  erwähnt  werden 
können,  dass  die  Dehnung  des  o  zu.  ö  unterbleibt  in  der  Regel  vor 
tonlosem  Konsonanten:  daher  bok,  Mop,  gios,  gos'c\  kot,  kosz, 
-mlot,  mroky  nos,  pot,  post^  rok^  snop^  sok  usw. 

§  101  stellt  der  Verfasser  acht  Möglichkeiten  auf,  die  Dat. 
und  Akk.  des  persönlichen  Pronomens  unter  einander  zu  stellen; 
er  fügt  schon  selbst  hinzu,  dass  dies  ''wenigstens  in  der  Theorie" 
Oeltung  habe.  In  der  That  lassen  sich  daraus  wohl  mit  Recht  die 
Fälle:  on  mi^  ci  pokazai  und  on  go  7nu  piiaedstawil  streichen,  denn 
wenn  zwei  Enklitiken  zusammentreffen,  steht  in  der  erdrückenden 
Mehrzahl  der  Fälle  der  Akkusativ  hinter  dem  Dativ.  Auch  für  Stel- 
lungen, wie  on  mnie  tobie  pokazaly  on  jego  jemu  przedstaicil  dürf- 
ten sich  nicht  gerade  viele  Beispiele  finden  lassen. 

§  113  ist  nicht  recht  ersichtlich,  warum  die  alte  Genetivform 
'^hso  als  ''unregelmässig"  bezeichnet  wird.  Sie  liegt  doch  schon  abg. 
als  chso  neben  ceso  vor,  und  die  Endung  -sOj  die  sich  mit  der  der 
verwandten  Sprachen  vergleichen  Uisst,  ist  eher  als  "regelmässig** 
zu  bezeichnen,  als  die  noch  unerklärte  Neubildung  -go. 

§  128.  In  den  Verbalsubstantiven  lecetiie,  vndzenie  zu  leciec'y 
tvidziec'  ist  keine  "anorganische  Verhärtung"  eingetreten,  sondern 
das  sind  Analogiebildungen  nach  den  entsprechenden  Formen  der 
Verba  auf  -ic  :  placenie^  rodzenie^  ausgegangen  von  dem  bei  bei- 
den gleichlautendem  Präsens.  Überhaupt  schwanken  ja  die  Verba 
auf  -iec'  vielfach  in  solche  auf  -ic'  über :  mys'lec\  aber  wytnys'lic', 
zamys'lic'  sie;  pafrzec'  aber  rozpatrzyc';  wiedziec'  aber  zwiedzic'. 

§  135  Bem.  1.  icyzszy  ist  nicht  durch  Dissimilation  aus  tcyszHzy 
2XL  erklären,  sondern  ist  nur  durch  nizszy  hervorgerufene  Schrei- 
bung, mitgewirkt  hat  dabei  das  Adverb  icyzej,  das  §  143  Bem.  2 
falsch  erklärt  wird.  Dieses  lautete  altpolnisch  noch  uyszej  und 
<»rhielt  sein  z  von  seinem  Gegenteil  nizej. 

§  158—187  werden  die  Präpositionen  behandelt;  auf  die  grosse 
Reichhaltigkeit  dieses  Abschnitts  war  schon  vorher  gebührend  hin- 
gewiesen. Nur  muss  ich  gestehen,  dass  mir  die  vom  Verfasser  ge- 
wählt« Anordnung  des  Stoffs  nicht  glücklich  erscheint.  In  einem 
Paragraphen  steht  die  Präposition  mit  kurzer  Angabe  ihrer  Haupt- 
bedeutungen, beispielsweise  §  162:  "do  zu  (örtlich,  zeitlich  .  .  .  ., 
das  Ziel  oder  Ende  einer  Bewegung,   einer  Thätigkeit,   eines  Stre- 


1S8 


PoliiischK  Grai 


bell»,  eines  ZiisiAude«  aitj;ebend)",  l'oigpn  Bfinpiele.  Aledaiin  Tn\gt 
n'mo  mehr  ab)  zwei  Seiten  lange,  eng  gedratkte  Bemcrktiiig':  "mit 
anderen  PrftposilionBn  wiederzugeben",  wo  wir  erfahreo,  dBhs  <io 
liberBetzt  werden  knnn  mit;  {alphahetifich  geordnet)  an  c.  Akk.,  au 
die.  an  c.  Dal.,  auf  c.  Akk„  bei,  für,  gegen,  in  e.  Akk.,  in  c.  Dai., 
mit,  nach,  über,  vor;  ausserdein  mit  einfachen  Kasus:  Akk.  und 
Dal.  Alte  diese  Unterabteilungen  sind  mit  reichen  Beispielaamm- 
Jungen  ausgestattet.  Und  so  geht  ea  Auch  bei  jeder  anderen  Prä- 
position in  Ahnlicher  Weise.  Ich  kann  mir  kaum  denken,  das» 
irgend  einem  Benutzer  der  Grammatik  mit  dieser  rein  äUKserlicheii 
AnordnunfT  des  Stoffs,  lediglich  nach  der  deutschen  Wiedergabe, 
gedient  sein  wird.  Auf  dies(<  Weise  wird  Zusammengehöriges  zer- 
rissen, und  Ungleichartiges  zusammengebracht;  von  der  eigentlichen 
BedeutungssphKre  einer  Prliposition  gewinnt  man  kein  klares  Bild. 
So  wird  mit  keinem  Wort  erwähnt,  dass  u-  mit  dem  Akk.  zur  Zeit- 
bestimmung dient;  das  muss  man  sich  mühsam  unter  "an"  («■  wie- 
«or,  w  äeten'),  "bei"  [we  dnie  i  w  nocy),  "in"  {<r  ijodzine  s'miera) 
"um"  (w  potudnie)  und  "zu"  (w  Bote  Narodzenie)  zusammensuchen; 
andererseits  sind  z.  B.  unter  o  c.  Lok.  untt-r  "an"  zusammenfre- 
bracht;  mys'lec'  o  czent  und  o  kiju  chodeic'  am  Stab  gehen,  was 
doch  auf  ganz  verschiedenen  Bedeutungen  des  o  beruht.  Und  der- 
artige Beispiele  liessen  sich  noch  in  grüsserer  Zahl  anftthren.  Bis- 
weilen ist  auch  die  Grundbedeutung  nicht  erschöpfend  angegeben, 
ao  bei  o  c.  Lok.  g  173:  "um  bei  Zeitangaben".  Ist  denn  dni;  die 
wichtigste  Gebrauchsweise,  so  dass  die  Bedeutung  lat.  de  bei  den 
Verben  senliendi  und  declarandi,  sowie  die  Bedeutung  etwa  "ver- 
sehen mit"  (z.  B.  chata  o  matutkich  okienkach  eine  Hütte  mit  klei- 
nen Fensterchenl  in   die  Anmerkungen  verwiesen  werden  mässen? 

Der  Abschnitt  Über  die  Präpusitionen  liHtte  entschieden  ge- 
wonnen, wenn  der  Verfasser  den  Stoff  bei  den  einzelnen  Präposi- 
tionen nach  grösseren  Kategorien  eingeteilt  hlitte,  dabei  nach  Mög- 
lichkeit die  Einzelheiten  des  Gebrauchs  ans  den  Qrundbedcuiungen 
erklärend.  Um  nur  ein  Beispiel  zu  geben  sei  po  c.  Lok.  gwwfthlL 
Es  bedeutet  1)  die  Bewegung  über  (durch)  einen  Raum  hin:  Jechac' 
po  s'n-iecie,  zles'c'  po  drabinie,  krew  kr^xy  po  iy/ach  usw.  D&raos 
entwickeil  sich  die  Bedeutung  des  Orts,  an  dem  etwas  vorgeht  nder 
sich  befindet:  miec'  rany  po  ca/em  ciele,  po  prawfj  xtrouie,  po 
s'rodku,  po  drodze.  2)  es  bedeutet  zeitlich  nach:  po  »'mierei,  po 
de.vzczM;  naslqpic'  po  kirn,  nastar'  po  czem,  ei»kac'  yrom  po  gromie 
(einen  nach  dum  andern);  dazu  gehört  auch:  plakae'  po  ktm  Qemitn- 
dem  nach  weinen);  deiedticayc'  eo  po  khn  etwaii  von  Jemandem 
erben  (d.  h.  nach  ihm  der  Besitzer  werden);  co  mi  po  wyjazdaeh 
was  nützen  mir  die  It«isen  (d.  h.  was  habe  ich  (Gutes)  nach  den 
Reiseu);  spodeietvac'  si'f  vMyo  po  kirn  etwas  von  jemand  erwarten 
(ttie  Erwartung  kann  sich  erst  in  der  Zukunft,  alito  nach  dem  jetei- 
gen Zustand  erfüllen).  3)  auch  mit  dem  Dat.,  drückt  es  den  Um- 
stand, die  Art  und  Weise,  aus:  po  staranu,  po  eirhu,  po  poluka-, 
po  iiazicüku,  po  nigki^  cettie;  po  iciektt^  a:<;g'ci;  so  auch  poenac 
kogo  po  cxem;  po  prawdzie  möwic',  tcgpöibracia  po  piorze. 

Der  Verfasser  hKtte  die»  natiirlich  bei  seiner  retchen  ßeleeen- 
heit  und  seinem  feineu  Sprachgefühl  weit  besser  gemacht,  als  e» 
mir  in  diesem  groben,  eiligen  Versuuli  gelingt  und  er  liUtte  der 
Sachd  damit  entschieden  mehr  gedient.  Wenn  jemand  dieGebrauchs- 
ephltren  einer  PrHposiiiou  kennt,  wird  er  keinen  Augenblick  im 
Zweifel  sein,  wie  er  sie  in  der  eigenen  Sprache  |>ASBend  a  " 
fetzen  hat. 

Mit  §  188  betreten  wir  nunmehr  das  Gebiet  des  A 


r 


Soerensen   Polnigi^he  <^rflinii)aUk. 


§  193  Bern,  1  (S.  168).  Der  Gubrauch  des  Iiifiiiitiva  in  Pftllcn 
■wip  icidac'  es  ist  zu  sehen,  Jak  okiem  dojrzec',  cöi  pic'  prty  jedzenia 
beruht  nicht  auf  dem  WefrfaU  von  moina  orfer  trzeba.  Die  Filhiir- 
keic  iiutiKudriiulfen,  dass  eine  Handlung  (refchehen  kann  oder  »ollr 
liegt  vielmehr  xchau  seit  uralter  Zeit  im  Intiiiitiv  Gelbst;  Bmpiele 
aus  dem  Aitindischen  iu  Delbrücks  Vergleichender  Syntax  2,  S  1Ö2. 

S  200.  "Personalflexionselement"  fitr  das  ftbliehe  'Tersonal- 
endun};"  zu  gebrauchen,  iuC  nicht  gerade  eine  glückliche  Neueninjf. 

S  an.  203.  Die  Erklärung,  dass  das  auslautende  *  der  l.und 
8.  Klasse  von  der  Endung  der  1.  Sg.  und  3.  PI.  sowie  vor  der  Par- 
tizip iaten  düng  -eny  in  j  übergehe,  ma^  ja  praktisch  ihre  Vorzüge 
haben,  ist  aber  sprach  historisch  unrichtig.  Die  Bildung  geschah 
mit  einem  lO-je-SnBix. 

§  207.  Gegen  die  Kegel  §  2G  bleibt  p  im  Iraner,  stets  unver- 
ändert: kr^c',  pf,dz'.  Gewiss,  aber  nur  weil  die  Kegel  falsch  ge- 
fafist  ist. 

§  213.  Vorbemerkung.  "Vor  der  Aufgabe  stehend,  zum  ersten 
Mal  bei  der  Darstellung  der  Grammatik  einer  alavischen  Sprache 
diesen  Sprac  h  ersehe  in  unjren  (gemeint  ist  die  Perfekt!  vierung  imper- 
fektiver und  die  Iraperlektiviening  perfektiver  Verba)  die  denselben 
gebührende  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  .  .  .",  Ohne  Soerenseus 
grosses  Verdienst  schmtlleru  zu  wollen,  möchte  ich  doch  darauf  auf- 
merki^am  machen,  daas  Vostokov  in  seiner  russischen  Grammatik 
(die  erste  Auflage  erschien  1831  iu  Petersburg),  di«  lür  ihre  Zeit 
eine  Husterle istung  war  und  auch  heute  noeh  wertvoll  ist,  diese 
Erscheinungen  durchaus  gebührend  berücksichtigt  und  sehr  ein- 
gehend und  klar,  auch  mit  einer  voUstHndigen  THhelle.  dargestellt 
hat,  §63  und  g84-HG  [S.  111-199).  Natürlich  trifft  vieles  Einzelne 
für  die  heutige  inisitische  Sprache  nicht  mehr  zu. 

S  228,  Bei  chicycic' —  chwi/lac',  skocs]/c' ~  xkakiic' ,  »licpic'  — 
ttqpac'  kann  man  nicht  von  Abwerfung  des  sianimhaften  iVeden^ 
SDudem  hier  lagen  von  Maus  aus  zwei  Stumme  neben  einander, 
wie  wideiee'  neben  iridac'.  Aus  dem  Russischen  ivjtre  hier  ehvatat' 
neben  choatit',  akakat'  neben  skocit'  bosser  zu  vergleichen  gewesen, 
als  pu»tit'  —  puakat' ,  dessen  ;l-  doch  eine  Komplikation  darstellt. 

§  294  ist  richtig.  Nur  kann  man  nicht  poni<;ttqli  direkt  mit 
Kgpomionac'  vergleichen.  p/>m<;nali  ist  gleich  russ.  ii-pom'atiut', 
Joh.  Schmidt  handelt  über  diese  Wörter  Sonantentheorie  141  und 
leitet  sehr  einleuchtend  das  i;  aus  dein  Aor.  her.  3.  PI.  pom^i^,  d& 
"in  *pomtnnq  beide  n  in  eins  verschmelzen  niussten,  welches  dann 
aar  folgenden  Silbe  gezogen  wurde."  Die  von  dchmidt  postulierte 
""Tm  *pomi,nnq  liegt  nun  eben  in  poln.  pomnf,  ^omnq  vor;  tetpo- 
ionqe',  €.  vgpamenauti  geht  auf  ein  *pomennqli  zurück. 

i  22h  (und  schon  %  190  Bern.  1)  spricht  Soerensen  von  der 
_.  jleitendenBezeichnung"iterativeB  Verb"  fllr  die  iniperfektivischen 
Terbalkomposita;  und  noch  deutlicher  heisst  enß.  196:  "Das  imper- 
fBktivierte  Verb  ...  ist  in  gar  nichcs  verschieden  von  dem  von 
Haus  ans  imperfektiven  Verb  (aber  doch  in  der  Bildung! !)  Auf  kei- 
nen Fall  ist  es  zulttssig,  dafür  die  Bezeichnung  iteratives  Verb  sa 
gebrauchen."  Man  kann  dem  Verfafser  vielleicht  uinrüuraen,  dass 
man  bei  der  Betrachtung  der  heutigen  Sprache  die  Bezeichnung 
"iterativ"  den  speziellen  Icerativa,  die  §  304— .107  behandelt  werden, 
reserviert.  Aber  sprach  historisch  genommen  int  der  Name  "Itera- 
tiva"  für  die  im  perfekt!  vi  sehen  Vcrbalkoniposiia  doch  durchaus 
'echtigt.  Der  Verfasser  scheint  sich  hier  leider  in  einer  verhäng- 
ivollen  Unkenntnis  des  wahren  Sachverhalts  zu  befinden,  wie  aus 
ScblUBsbemerkung  S.  256  hervorgeht,    wo   er  sagt;  "Die  miss- 


140  Soerensen  Polnische  Grammatik. 

bräuchliche  Bezeichnung'  iterativ  für  das  imperfekti vierte  Verb  . . . 
ist  ofifenbar  durch  die  Übereinstimmung  zwischen  der  Bildung  der 
Form  des  imperfektivierteu  und  des  iterativen  Verbs,  zumal  durch 
die  Verwendung  der  vielgebrauchten  Iterative  chodzic',  nosic\  rod- 
zic'  usw.  zur  Bildung  der  Imperfektiva  der  Komposita  von  i8'c\ 
nies'c'.  wies'c'  usw.  entstanden/* 

Demnach  sieht  es  fast  so  aus,  als  ob  die  Übereinstimmung 
der  Bildungsweise  bei  den  Iterativen  und  Imperfektiven  (die  der 
Verfasser  auch  §  304  hervorhebt)  auf  einer  Laune  der  Sprache  be- 
ruht, als  ob  zwischen  beiden  Erscheinungen  jedes  "geistige  Band** 
fehlt.  Und  doch  ist  der  allbekannte  Sachverhalt  der,  dass  die  Im- 
perfektiva nichts  anders  als  die  Iterativa  sind.  Ich  brauche  nicht 
näher  darauf  einzugehen,  da  ja  schon  oft  über  diese  Frage  gehan- 
delt ist.  pisac'  heisst  'schreiben*,  pisywac'  *oft,  wiederholentHch 
schreiben*.  Tritt  nun  ein  Präfix,  etwa  przy-,  vor  piitac\  so  ver- 
ändert es  nicht  nur  seine  Bedeutung,  sondern  macht  es  auch  gleich- 
^eitiv  perfektiv;  przypisac'  "zuschreiben,  im  Hinblick  auf  die  Vol- 
lendung**, perfektiv.  Ein  przypisywac'  bedeutet  zunächst  'wieder- 
holentHch die  Handlung  des  Zuschreibens  vornehmen".  Aus  der 
^Nebenbedeutung  des  Wiederholentlichen  entwickelt  sich  dann  der 
Sinn  von  etwas  Dauerndem;  geschieht  die  Handlung  mehrmals,  so 
kann  sie  nicht  mit  einem  Mal  vollendet  sein;  so  kommt  die  imper- 
fektive, durative  Bedeutung  zustande,  und  das  präfigierte  Iterativ 
kann  als  Imperfektiv  das  perfektiv  gewordene  präfigierte  Grund- 
rerbum  ergänzen.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  der  Verfasser 
nicht  von  diesem  historischen  Standpunkte  aus  die  schwierigen  Ver- 
hältnisse erläutert  hat.  Vieles  wäre,  zumal  dem  Lernenden,  klarer 
geworden,  und  er  hätte  gleich  eine  sichere  Grundlage  gehabt.  Der 
Ausdruck  "iterativ**  für  das  imperfektivierte  Verb  ist  also  durchaus 
nicht  unangebracht,  um  so  weniger,  als  dieses  die  Fähigkeit,  die 
wiederholte  Handlung  auszudrücken,  nie  aufgegeben  hat.  So  heisst 
doch  wysilam  si^  nicht  ausschliesslich  "ich  strenge  mich  an,  diesen 
Augenblick,  so  dass  die  Handlung  noch  fortdauert",  sondern  es 
kann  doch  auch  die  wiederholte  Handlung  ausdrücken,  iterativ 
gebraucht  werden.  Wenn  Leon  (bei  Sienkiewicz,  Bez  dogmatu) 
in  sein  Tagebuch  schreibt:  nieraz  nawysüam  sie.  nad  sohq,  jak  sie 
wysila  dla  whisnego  ratunku  czloiciek  ionqcy^  so  bedeutet  das  doch: 
oft  mache  ich  Anstrengungen  über  mich,  wie  sich  ein  Ertrinkender 
um  die  eigene  Rettung  anzustrengen  pflegt,  d.  h.  ivysilac  sie  ist 
hier  unzweifelhaft  in  iterativischem  Sinne  gebraucht,  unbeschadet, 
dass  es  in  anderen  Füllen  auch  als  einfaches  Imperfektivum  zu 
wysilic'  sie  fungieren  kann.  Und  so  Hessen  sich  zahllose  Beispiele 
finden! 

Dies  mag  genug  sein.  Ich  wiederhole  es:  die  hervorgehobe- 
nen Mängel  sind,  wenn  man  sie  natürHch  auch  Heber  misste,  keines- 
falls im  Stande,  den  Wert  von  Soerensens  Leistung  wesentHch  herab- 
zusetzen. Der  Forscher  wird  dankbar  das  Gebotene  hinnehmen 
und  sich  die  Thatsachen  da,  wo  er  mit  dem  Verfasser  nicht  über- 
einstimmen kann,  nach  eigenem  Wissen  und  Können  erklären;  der 
Anfänger,  der  das  Werk  zur  Hand  nimmt,  um  daraus  zu  lernen, 
wird  bei  der  FüHe  des  Guten  und  Richtigen  durch  das  Unzuläng- 
liche auch  nicht  wesentlich  irre  geleitet  werden.  Soerensen  darf 
des  Dankes,  den  sein  Werk  trotz  allem  in  hohem  Grade  verdient 
bei  allen  Fachgenosson  wahrlich  sicher  sein. 

Berlin.  Erich  Berneker. 


Lexicon  Serbico-germanico-latinum.  141 

Lexicon  Serbico-g-erinanio-latinuni,  edidit  Vuk  Stephan.  Karad- 
schitsch.  Editio  tertia,  emendata  et  aucta.  Belgrad  1898.  XLII  u^ 
880  S.    Lex.  8».    16  Fr. 

Das  serbische  Wörterbuch  von  Vuk  Karadschitsch,  das  zu 
Lebzeiten  des  Verfassers  zwei  Auflagen  erlebte,  war  eine  Leistung 
allerersten  Ranges,  indem  es  den  Wortschatz  der  Volkssprache 
ganz  aus  dem  Gedächtnis  wiedergab  und  ausserdem  fast  jedes  Wort 
akzentuierte.  Seitdem  der  serbische  Akzent  auch  für  das  Indoger- 
manische Bedeutung  gewonnen  hat,  da  das  Serbische  die  einzige 
slavische  Sprache  ist,  die  in  weiterem  Umfang  die  schweren  und 
leichten  Basen  unterscheidet,  wird  vielleicht  auch  mancher  Sprach- 
forscher das  Bedürfnis  empfinden,  das  Serbische  zu  Rate  zu  ziehen. 
Dieses  Bedürfnis  konnte  aber,  da  Vuks  Lexikon  vollständig  ver- 
grififen  war,  nicht  befriedigt  werden.  Auch  wir  Sprachforscher  sind 
daher  den  beiden  slavischen  Gelehrten,  P.  Gjorgjevic  und  Ljub. 
Stojanovid,  die  eine  neue  Ausgabe  von  Vuks  Werk  veranstaltet 
haben,  zu  lebhaftem  Danke  verpflichtet.  Sie  haben  ihre  Aufgabe 
mit  Takt,  Umsicht  und  Sorgfalt  gelöst.  Das  neue  Werk  ist  zwar 
der  alte  Vuk,  aber  doch  in  verbesserter  Gestalt.  Alle  die  vielen 
kleinen  Versehen,  nicht  eingelöste  Verweisungen,  unterlassene  Deu- 
tungen, die  sich  bei  Vuk  fanden,  sind  berichtigt.  Ausserdem  ist 
auch  alles  aufgenommen,  was  in  der  ersten  Autiage  stand,  in  der 
zweiten  aber  ausgelassen  war.  Hierzu  gehören  die  zwar  eigentlich 
nicht  in  ein  Lexikon  passenden,  aber  doch  so  interessanten  Exkurse 
über  einzelne  Sitten  und  Gebräuche  im  serbischen  Volksleben,  z.  B. 
über  die  Heirat.  Nur  zu  einer  Wiederaufnahme  haben  sich  die  Re- 
dakteure nicht  entschliessen  können.  Vuk  hatte  in  vollständiger 
Naivität  auch  die  ihm  bekanten  Verba  obscoena,  an  denen  das  Ser- 
bische ebenso  reich  ist,  wie  jede  andere  Sprache,  verzeichnet.  Später 
hat  er  sie  gestrichen.  Wenn  Vuk  damals  dem  Andringen  seiner  Zeit- 
genossen nachgegeben  hat,  so  lag  doch  jetzt  kein  Grund  mehr  vor, 
einem  Vorurteil  die  Wissenschaft  zu  opfern.  Das  ist  das  einzige, 
was  man  in  der  neuen  Ausgabe  als  fehlend  bedauern  muös.  Sonst 
erweist  sie  sich  überall  als  sorgfältig  und  zuverlässig,  und  bietet 
uns  den  Vuk  der  ersten  und  zweiten  Auflage.  Freilich  ist  es  kein 
vollständiges  serbisches  Wörterbuch.  Selbst  in  Vuks  Schriften  finden 
sich  viele  Worte,  die  er  als  Stichworte  anzugeben  vergessen  hat, 
und  in  der  heutigen  Umgangssprache  gibt  es  natürlich  viele,  die 
man  hier  vergebens  sucht,  aber  alles  das  thut  dem  unvergesslichen 
Werke  keinen  Abbruch.  Mit  Bewunderung  neigen  wir  uns  auch 
heute  noch  vor  diesem  grössten  Serben,  der  für  sein  Volk  die  gleiche 
Bedeutung  hatte,  wie  für  uns  die  Brüder  Grimm. 

Leipzig-Gohlis.  H.  Hirt. 


Mitteilungen. 


Gustav  Meyer  f- 

Wie  diese  Zeitschrift  bereits  gemeldet  hat,  ist  Gustav  Meyer, 
der  Vertreter  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft  an  der  Grazer 
Universität,  am  29.  August  des  vorigen  Jahres  in  der  Irrenanstalt 
zu  Feldhof  bei  Graz  von  einem  schweren  und  unheilbaren  Gehirn- 


143 


MitleilungeD. 


leiden  durch  den  Tod  erlöst  worden.  Der  WiHsenschafi  liegt  e«  ob, 
in  dankbarem  Rückblicke  der  Thätigkeit  eines  Mannes  zu  gedenken, 
der  wahrend  einea  Viorteljahrhunderts  nicht  nur  die  verschiedensten 
Gebiete  indogermanischer  Sprachforschung-  durch  ausgezei ebnete 
Arbeiten  gefordert  hat,  sondern  auch,  über  jene  hinausgreirend  und 
mit  weitem  Blick  das  Leben  der  Volksseele  erfassend,  seine  reichen 
sprachlichen  Kenntnisse  in  den  Dienst  der  Völkerkunde  and  Knlinr- 
geschichte  gestellt  hat.  Denn  der  Verstorbene  gehört  zu  denjeiügen 
Sprachforschern,  denen  in  ganz  ausgesprochener  Weise  die  Sprache 
als  Äusserung  eines  Volkes  Objekt  der  Forschung  ist  und  denen 
darum  in  erster  Linie  diejenigen  Probleme  am  Herzen  liegen,  welche 
den  Beziehungen  zwischen  Bpraclie  und  Kultur  gellen. 

So  mannigfaltigdie  Arbeitegebiete  undlnteressenGnstaTMeyers 
waren,  so  geschlossen  sind  sie  doch  nicht  nur  durch  das  Ziel,  dem' 
-die  Thätigkeit  des  Mannes  üuetrebte,  sondern  noch  mehr  durch  den 
Entwickelungsgaug  seiner  Studien,  der  die  ttasseren  realen  Zusam- 
menliange  der  studierten  Objekte  gewissermassen   wlederapiegelte. 

Der  Aasgangspunkt  seiner  Studien  war  die  klassische  Philo- 
logie und  innerhalb  dieser  rlie  griechische  Sprache.  Geboren 
am  25.  November  1850  zu  GrOHB-Strehlitz  in  Oberschiesten,  besuchte 
-Gustav  Meyer  IBM— 1867  das  Gymnasium  in  Oppeln  und  widmete 
sich  hierauf  in  Breslau  dem  Studium  der  klassischen  Philologie, 
am  meisten  von  M.  Uerts  ftng«regt,  dessen  er  nicht  nur  in  der  seiner 
Dissertation  angehängten  Vita  in  besonderer  Weise  gedenkt,  son- 
dern dem  er  auch  20  Jnlire  spllter  durch  Beteiligung  an  einer 
Festschrift  schuldif^en  Dankeatribut  stollt^).  Unter  den  sechs  Thesen, 
die  Gustav  Meyer  bei  seiner  Promotion  verteidigte,  sind  5  test- 
kritischer  Art,  nur  eine  aus  der  Sprachgeschichte:  die  Behauptung, 
dass  dem  Griechischen  Dvandvakoraposita  völlig  abgingen,  nat  er 
freilich  bald  richtig  gestellt  durch  einen  Aufsatz'),  worin  »ein  BUck 
bereits  auf  das  SpHt-  und  Nengriechische  gerichtet  ist.  Dem  Gebiet 
der  NonünalkompositioD  ent^tlammeu  die  ersten  Arbeiten  des  jungen 
Gelehrten;  seine  Dissertation")  ist  nur  ein  Ausschnitt  aus  einer 
grösseren  Arlieit  "Beitrüge  üur  Stammbildungs lehre  des  Griecbischen 
und  Lateinischen",  die  1872  in  Curlius'  Studieu  («,1—116,  333—338) 
erschienen  Ist  und  an  welche  sich  teilü  ergänzend  teils  fortführend 
«inige  weitere  Aufsätsce*)  ausc hll essen :  es  sind  Arbeiten  ganz  in  dem 
Sinne,  wie  sie  Georg  Curtiua  mit  Vorliebe  bei  seinen  Schülern  an- 
regte; und  wie  sehr  unser  Forscher  die  Tfaltiigkeit  jenes  Mannes 
und  dessen  Persönlichkeit  scliärzte,  sehen  wir  aus  dem  wsnnen  und 
herzlichen  Ton,  der  im  Nekrolog  aiif  G.  Curtins  angeschlagen  wird''). 
Der  EinflusB  von  Curtius  zeigt  sich  in  den  Vorzügen,  die  wir  schon 
in  den  ersten  Arbeiten  Meyers  tinden:  durchsichtige  Gruppierung 
des  Stoffes  und  klare  Darlegung  des  Zusammenhanges  der  eiozelnett 
grammatischen  Bildungen;  in  der  Erklärung  der  Thatsachen  «eigi 
«ich  ein  deutlicher  Fortschritt,  indem  der  AnfTasanng  eines  "Binde- 
vokals" als  eines  besonderen  morphologischen  Hilfsmittels  ein  Ende 


1)  Das  Verbum  subslantivum  im  Albanesibchen.  In  den  Philul, 
Abhandl.  für  Herta  (1888)  81  ff. 

'2)  DvandvazusammensetzuDg  im  Griech.  u.  Latein.  KZ.23(1STS) 
1—31,  477  f. 

!i)  De  nominibus  graecis  compositis  (Breslau  1871).  

4)  Zur  griech.  Nominalkomposition.  Cunius'  Stud.  6,  Sil! 
372.  —  Das  Nominalsuffix  -lo-.    KZ.  32(1874),  481— &01. 

r.)  EssnvB  und  Studien  2.  13—22. 


MitWiluDgei 


143 


t^emacht  und   daiait   die  heute  Douh    niaBJK^^ebendt!  Auffassung  be- 
V^ründel  wird.     Doch  selbst  dn,  wo  sich  G.  Me.ver,  den  Nei^ung'en 
f  ^er  Zeit  etilsprechend,  In  gloitognnische  Hypothesen  einlüiist'i  oder 
Tiente  veraltete  Theorien  vortrügt'),  zeichnet  ihn  iminerhiu  ein  aus- 
(Bprilgtei-  Sinn  für  dus  "Reale"  aus,  der  ihn  verhinderte,  sich  völlig 
In  das  Nebelgehiet  von  Hypothesen  zu  verlieren:  er  zeigte  vielmehr 
P^'tttne  gewisse  Zurücklinitung:  gegenüber  gewagten  Konatruktfoneii 
und  bewegte  bich  lielier  innerhalb  d«s  sicheren  Kreises  der  That- 
sachen.    Dnniil  hängt  es  zusammen,    das»  er  schon  in  der  unteu') 
genannten  Schritt  jenen  Hvpotliesen  entgegentritt,   durch  die  man 
«lle  möglichen  Siitfixe  auf  wenige  Grundformen  reduzierte  und  die 
.    indogermanische  Ursprache  auf  eine  möglichst  einfache  Form  brachte : 
eo  hat  G.  Meyer  schon  im  Jahre  1875  zuerst  (wenn  ich  mich  nicht 
tausche)  die  IdeniitHt  der  Kasussufüxe  mit  -bh-  und  -?>i-  bestritten. 
Inzwischen  hatte  G.  Meyer  seine  Stellung  als  Gymnasiallehrer, 
die  er  am  Ernestinum  in  Gotha  innegehabt  hatte,  aufgegeben  und 
sich,  von  G.  CnrtiuH  warm  empfohlen,  1876  als  Frivatdozent  in  Prng 
habilitiert;    von   dort  wurde  er  schon    1877  als    ausserordentlicher 
Professor  nach  Graz  berufen  und  daselbst  einige  <lahre  spHIer  (18811 
SBum  ordentlichen  Professor  befördert.     Die  reiche  wissenschaftliche 
Thatigkeit,  die  er  in  Graz  entfaltete,  war  nur  durch  grössere  Reisen 
unterbrochen,   die  er  seiner  Studien    wegen   nach  Italien  und  der 
Balkan halbinsel  unternahm:  wie  sich  diese  Reisen  im  EinKelneii  ge- 
stalteten,  tiann  man  wenigstens  teilweise  aus  seinen  Reiseschilde- 
ruogeii  entnehmen;    von  Herrn  Professor  Schuchardt  erfahre  ich, 
das«  Cypern  der  entfernteste  Punkt  seiner  Fahrten  gewesen  ist. 

Obwohl  Vertreter  der  indogermanischen  Sprachwissenschaft, 
<liat  sich  G.  Meyer  dennoch  in  Fragen  der  nllgemeiuindogerm.  Gramma- 
tik nur  rezeptiv-kritisch  rerlialten;  ich  wüsste  wenigstens  kein  indo- 
grermaniaches  Lautgesetz,  das  seinen  Namen  trügt;  zu  Problemen 
«pckulfttiver  Art,  die  er  anfangs  behandelt  hat,  ii.t  er  nicht  mehr 
xurUckgekehrt.  Aber  durch  seine  äusserst  fruchtbare  Resensenten- 
thätigkeit  hat  er  stets  gezeigt,  das:^  ihn  nicht  nur  die  Probleme 
«eines  speziellen  Arbeitsgebietes  interessierten,  dass  er  vielmehr  die 
gesamte  Entwickelung  der  Sprachwissenschaft  aufmerksam  und 
kritisch  verfolgte:  in  einer  Reihe  von  Zeitschrillen,  vornehmlich  in 
der  Zeitschrift  für  die  Österreich.  Gymnasien  und  im  Literar.  Ceutral- 
blatt^),  war  er  unermüdlich  thfttig;  die  wichtigsten  Werke  seiner 
Zelt,  von  J.  Schmidts  Vokalismus  und  Miklosichs  Vergl.  Grammatik 
der  slav.  Sprachen  bis  zu  Brugmanns  Grundriss,  aber  auch  zahl- 
reiche Monographien  und  kleine  Schriften  sind  von  ihm  Im  Laufe  der 
lahre  gewürdigt  worden.  Gerade  die  jüngere  Generalion  hat  Grund, 
I  Verstorbenen  Tür  diese  seine  kritische  ThStigkeit  dankbar  2U 
win:  denn  wo  er  ernstes  wissenschaftliches  Streben  erkannte,  war 
r  immer  bereit,  durch  wohlwollende  Kritik  zu  ermuntern;  unange- 
Bcbaif  wurde  er  nur  da,  wo  sieh  eitles,  diietiantenhaftes  Ge- 
ahreii  und  Ignoranz  breit  nini-hten,  und  darum  hat  er  t>esoiider«  im 
ri-sse  der  beiden  jungen  von  ihm  gepflegten  Disziplinen  des  Nen- 


.  Stannnbildung  und  De- 


1)  Vgl.  Zur  Geschichte  der  indagcr 
ftlinatlon.    Leipzig  1875. 

S)  Die  mit  Nasalen  gebildeten  PrJlscnssIlimme  des  Griechischen. 
Icna  1873. 

3)  Ferner:  Riviäta  di  filologia.  Zeiischr.  f.  ronian.  Philol.,  Ro- 
ia,  Archiv  I.  slav.  Philol.,  Berl.  phil.  Wochenschr.,  Byzantin.  Zeil- 
■chr.,  Anzeiger  der  IF. 


144  Mitteilunjreh. 


o" 


griechischen  und  Albanesi«chen  öfter  seine  Autorität  in  die  Wag- 
schale geworfen,  damit  nicht  die  wenigen  zugängliche  Wahrheit 
durch  die  Verkehrtheiten  Unfähiger  diskreditiert  werde. 

Die  Probleme  der  indogermanischen  Grammatik  hat  G.  Meyer 
vom  Standpunkt  der  Einzelsprache  aus  gefördert.  Während  er  noch 
im  Jahre  1877  die  Spaltung  des  indog.  a  in  griech.  €,  o  aus  Beto- 
nungsverhältnissen zu  erklären  versuchte^),  sehen  wir  schon  aus 
ein  paar  ''Miscellen"  des  Jahres  1879*),  dass  er  sich  die  neue  Lehre 
vom  indog.  Vokalismus  zu  eigen  gemacht  hat,  indem  er  sie  durch 
den  Nachweis  des  Ablautes  e-o  im  Albanesischen  stützt  und  indem 
er  n  in  ai.  f-sahha  feststellt.  In  ähnlicher  Weise  hat  er  später  noch 
einmal  in  eine  schwebende  indogerm.  Frage  eingegriffen,  indem  er 
auch  für  das  indog.  e-Perfektum  albanesische  Belege  beibrachte^). 
So  hat  sich  also  G.  Meyer  von  vornherein  auf  den  Boden  der  "Jung- 
grammatiker" gestellt  und  hat  die  Zugehörigkeit  zu  diesen  in  seinem 
Nekrolog  auf  G.  Curtius  ausdrücklich  ausgesprochen*),  wenn  er 
auch  nicht  durch  "zornige  Schlachtrufe"  an  dem  Streit  der  Mei- 
nungen teilnahm.  Dagegen  ist  er  den  Hypothesen  der  "jüngsten"^ 
Grammatiker  zurückhaltend,  ja  selbst  ablehnend  entgegengetreten^): 
nicht  als  ob  er  für  deren  Probleme,  also  für  Akzentfragen,  kein 
Verständnis  gehabt  hätte,  sondern  weil  er  noch  keine  klaren  siche- 
ren Resultate  sah  und  weil  er,  wie  er  sich  ausdrükte,  sich  nicht  zu 
den  Leuten  rechnen  konnte  "die  hier  das  Gras  wachsen  hören  wollen**. 
Dasjenige  Werk,  welches  den  Namen  des  Gelehrten  jedenfalls  am 
weitesten  bekannt  gemacht  hat,  seine  Griechische  Grammatik,  fällt 
in  den  beiden  ersten  Auflagen  (1880  und  1886)  ganz  in  die  Zeit,  wo 
die  neugewonnenen  Anschauungen  eine  durchgreifende  Revision 
der  einzelsprachlichen  Grammatik  nötig  machten;  dieser  Aufgabe 
ist  G.  Meyer  in  ausgezeichneter  Weise  gerecht  geworden,  ohne  das& 
er  von  seinem  Hauptziel  abirrte,  einer  umfassenden  und  zuver- 
lässigen Darstellung  der  griechischen  Laut-  und  Flexionslehre  in 
ihrer  geschichtlichen  und  lokalen  Entwicklung:  und  indem  der  Ver- 
fasser dieser  Grammatik  den  Schwerpunkt  durchaus  in  die  grie- 
chische Sprache  selbst  und  auf  die  gegebenen  Thatsachen  verlegte, 
hat  er  ein  Werk  geschaffen,  das  sowohl  für  seinen  philologischen 
Sammelfleiss  wie  für  seinen  sprachgeschichtlichen  Sinn  ein  gleich 
glänzendes  Zeugnis  ablegt  und  das  darum  dem  klassischen  Philo- 
logen wie  dem  Sprachforscher  ein  unentbehrliches  Hilfsmittel  ge- 
worden ist.  Die  letzte  (dritte)  Auflage  —  eines  der  letzten  Zeichen 
unermüdlichen  Schaffens  kurz  bevor  die  Kraft  des  Geistes  versagte 
—  hat  das  Buch  in  seinem  Charakter  so  gut  wie  unverändert  ge- 
lassen: wenn  man  auch  hätte  wünschen  mögen,  dass  einige  ver- 
altete Anschauungen  getilgt  worden  wären,  so  ist  doch  dem  kon- 
servativen Standpunkt  des  Verfassers  nicht  die  Berechtigung  abzu- 
sprechen, da  es  sich  um  ein  Buch  von  der  beschriebenen  Eigenart 
und  Anlage  handelt:  denn  so  lange  die  neueren  Hypothesen  über 
die  indog.  Grundsprache  nicht  ein  festeres  Fundament  bieten  als  es 
die  alten  Theorien  waren,  so  lange  dürfen  sie  nicht  als  Basis  für 
eine  einzelsprachliche  (Trammatik  dienen. 


1)  Über  den  Einfluss  des  Hochtons  auf  den  griech.  Vokalis- 
mus.    KZ.  i>4.  226-255. 

2)  Bezz.  Beitr.  5,   184. 

3)  IF.  5,  180—182. 

4)  s.  Essays  2,  11.  20. 

5)  s.  Essays  2,   10  und  Griech.  Gramm.  3.  Aufl.  Vorrede  S.  X. 


Mitteilungen.  145 

G.  Meyers  Griechische  Grammatik  hat,  besonders  so  lange  sie 
die  einzige  auf  der  Höhe  befindliche  Zusammenfassung  war,  auf 
die  reiche  Thätigkeit  im  Gebiet  der  griechischen  Sprache  fördernd 
und  belebend  gewirkt;  an  der  Detailforschung  hat  ihr  Verfasser 
ausserdem  nur  durch  die  schon  genannten  Schriften  und  durch 
einige  kleinere  Aufsätze*)  sowie  Miszellen  etymologischen  Inhalts*) 
teilgenommen;  seine  Stellung  zu  einzelnen  Fragen  hat  er  in  Rezen- 
sionen gekennzeichnet').  Aber  zu  produktiver  Arbeit  lockten  unsern 
Gelehrten  schon  früh  solche  Gebiete,  welche  brach  lagen  und  darum 
dem  geschalten  Forscher  um  so  reichere  Früchte  verhiessen:  es  sind 
die  neugriechische  und  die  albanesische  Philologie,  von  denen  die 
erste  Gustav  Meyer  reiche  Förderung,  die  zweite  bahnbrechende 
Ergebnisse  verdankt.  Teils  innerer  Kausalzusammenhang,  teils  zu- 
fällige Anlässe  führten  ihn  auf  das  Arbeitsfeld,  dessen  einzelne  Teile 
er  in  einer  Weise  zu  überschauen  vermochte,  wie  es  bisher  viel- 
leicht nur  bei  Miklosich  der  Fall  gewesen  ist:  es  ist  die  Philologie 
der  Balkanvölker,  die  ihm  nach  allen  Seiten  und  Zeiten  vertraut  war. 

Auf  das  Neugriechische  hat  G.  Meyer  schon  in  seinen 
frühsten  Arbeiten  (s.  oben)  Bezug  genommen.  Der  herrschenden 
Meinung  entsprechend  sieht  er  zunächst  in  neugriechischen  Formen 
hohe  Altertum lichk ei ten  und  rechnet  dazu  in  seiner  A.bhandlung 
über  die  nasalen  Präsentia  z.  B.  die  neugriech.  Präsensbildung  auf 
-ibvuü.  Dennoch  zeigen  gleich  seine  ersten  Arbeiten  über  die  neu- 
griechische Sprache*)  eine  bemerkenswerte  Selbständigkeit  gegen 
die  herrschende  Richtung,  die  besonders  durch  Deffher  vertreten 
wurde.  Auch  hier  war  ihm  die  Gewinnung  neuer  Thatsachen  viel 
wichtiger  als  die  phantastischen  Spekulationen  der  Archäomanen: 
durch  die  Untersuchung  der  Sprache  einzelner  mittelgriechischer 
Texte  beginnt  er  ernsthaft  den  Aufbau  einer  historischen  Gramma- 
tik des  Mittel-  und  Neugriechischen:  denn  als  Ziel  schwebt  ihm  eine 
Geschichte  der  gesamten  griechischen  Sprache  vor,  die  er  als  ein 
Ganzes  von  den  Tagen  Homers  bis  heute  erfasst*).  Dass  mit  der 
wissenschaftlichen  Feststellung  und  Gruppierung  des  Stoffes  auch 
der  Weg  zur  Erklärung  gegeben  sei,  merkt  man  besonders  an  der 
Abhandlung  über  die  Sprache  der  cyprischen  Chroniken.  Hier  findet 
sich  nicht«  von  dem  Unfug,  den  man  im  Neugriechischen  z.  B.  mit 
dem  Digamma  trieb;  auch  da,  wo  er  noch  in  den  damals  üblichen 
Bahnen  wandelte^),  äussert  er  sich  doch  mit  grosser  Vorsicht;  wenn 
er  einen  neugriechischen  Lautwandel  erörtert  oder  bei  der  Umge- 
staltung der  Flexion  die  "falsche  Analogie*'  zu  Hilfe  zieht,  so  liest 
man  unwillkürlich  die  heutige  Anschauung  hinein,  wonach  das  Neu- 
griechische als  natürliche  Fortentwicklung  der  alten  Koivr^  zu  be- 
trachten ist:  warnt  doch  G.  Meyer  gelegentlich  davor,  dass  man  eine 


1)  Über  die  neugefundene  elische  Inschrift  aus  Olympia.  Zeit- 
schr.  f.  d.  österr.  Gymn.  27  (1876)  417—425.  —  Über  den  Übergang 
von  €1  in  i  im  Griech.  BB.  1  (1876)  81—83.  —  Die  Präsentia  auf 
-OiwuiLii  ib.  222—227. 

2)  Curtius'  Stud.  7,  173-183.  8,  120-125.    BB.  5,  240  f. 

3)  So  z.  B.  gegen  Ficks  Homerhypothese  in  einer  Rezension 
Hinrichs  Zschr.  f.  d.  österr.  Gymn.  36  (1885)  365—367. 

4)  Über  die  sprachlichen  Eigentümlichkeiten  des  Syntipas. 
Zschr.  f.  d.  Ost.  Gymn.  1875,  321—345.  —  II  dialetto  delle  cronache 
di  Cipro.    Riv.  di  filol.  4  (1876)  255-283. 

5)  s.  die  Einleitung  zum  Aufsatz  über  Syntipas. 

6)  8.  z.  B.  Riv.  di  filol.  4,  257.  265.  280. 

Anzeiger  XII  1.  10 


146  Mitteilungen. 

neucyprische  Lauterscheinung  mit  einer  solchen  des  alteyprischen 
Dialekts  in  Beziehung  setze  ^).  Daher  kommt  uns  die  Arbeit  über 
den  mittelcyprischen  I)ialekt  auch  heute  noch  keineswegs  sehr  ver- 
altet vor  —  was  von  andern  Arbeiten  jener  und  späterer  Zeit  ge- 
wiss nicht  gesagt  werden  kann.  Auch  der  fesselnd  geschriebene 
Aufsatz  über  "die  linguistische  Stellung  des  modernen  Griechisch"-) 
klingt  schon  ganz  modern,  wenngleich  die  Kernpunkte  der  neueren 
Auffassung  nicht  ausdrücklich  hervorgehoben  worden.  So  über- 
rascht es  uns  nicht,  dass  G.  Meyer  die  Thorheiten  der  Archäomanen 
frühzeitig  erkannt  und  in  einzelnen  Punkten  durch  Richtigeres  er- 
setzt hat:  dem  geradezu  sprichwörtlichen  "Äolismus"  Y^^ccaic  (d.  h. 
tXtijcccc)  hat  er  z.  B.  schon  1877  den  Garaus  gemacht.  Doch  hat  er 
den  gewonnenen  prinzipiellen  Standpiinkt  nicht  benutzt,  um  einmal 
alle  Hypothesen  der  Archäomanen  durchzuprüfen;  das  Interesse 
Gustav  Meyers  war  schon  wieder  auf  einen  andern  Punkt  gelenkt, 
und  so  ist  er  mehr  Vorläufer  als  Begründer  der  neuen,  von  Hatzi- 
dakis  inaugurierten  Periode  neugriechischer  Sprachforschung  ge- 
worden. Denn  G.  Meyer  hat  erst  in  den  90er  Jahren  wieder  Fragen 
der  neugriechischen  Sprache  behandelt.  Doch  sehen  wir  aus  den 
Rezensionen  der  Zwischenzeit^),  dass  er  die  Weiterentwicklung  dieser 
jungen  Disziplin  verfolgt  und  gebilligt  hat:  die  Ergebnisse,  zu  denen 
Hatzidakis  gelangt  ist,  scheinen  ihm  etwas  selbstverständliches,  wei^- 
halb  er  diesem  gegen  Deftner  rückhaltlos  Recht  gab.  Als  sich 
G.  Meyer  nach  langer  Unterbrechung  wieder  aktiv  dem  Neugrie- 
chischen zuwandte,  da  sind  es  fast  nur'*)  etymologisch -lexikalische 
Probleme,  die  er  nun  in  einem  grossen  Zusammenhang  behandelt. 
Denn  inzwischen  hatte  er  mit  glänzendem  Erfolg  auf  einem  Gebiet 
gearbeitet,  wo  er  zum  Pfadfinder  und  Bahnbrecher  geworden  ist. 
Es  ist  dasjVerdienst  Schuchardts,  die  Aufmerksamkeit  G.  Meyers  auf 
das  Albanesischc  gelenkt  zu  haben. 

Die  zwei  Arbeiten,  mit  denen  G.  Meyer  seine  Untersuchungen 
über  das  Albanesischc  eröffnete,  sind  wieder  ein  Zeugnis  für 
ebenso  gründlichen  philologischen  Fleiss  wie  für  methodisch  sicheres 
und  scharfsinniges  Urteil.  In  dem  ersten  Heft  seiner  ''Albanesischen 
Studien"®)  behandelt  er  aufgrund  eines  Materials,  von  dessen  Reich- 
haltigkeit die  vorangeschickte  Bibliographie  der  Sprachquellen  einen 
Begriff  gibt,  die  albanesischc  Pluralbildung,  deren  Darstellung  als 
Muster  für  eine  aufbauende  deskriptive  Grammatik  bezeichnet  werden 
kann;    und  indem  sich   so  G.  Meyer  in  die  Bildungsgesetze   dieser 


1)  a.  a.  0.  282. 

2)  Deutsche  Rundschau  1877(1)  470  ff.  (neu  bearbeitet  in  den 
Essays  1,  91-116). 

3)  Analogiebildungen  der  neugriech.  Deklination.  BB.  1,  227 
-231. 

4)  Vgl.  die  Rezensionen  von  Foys  Lautsystem  im  Lit.  Centralbl. 
1880,  089,  Hatzidakis  TTcpi  ^eoproXoTiKijüv  vömwv  Phil.  Wochenschr. 
1883,  1038,  Krumbachers  Beiträgen  zur  Gesch.  d.  griech.  Spr.,  Berl. 
phil.  Wschr.  1884,  998.  —  Die  Besprechung  des  AeXTiov  rnc  kro- 
piKfjc  Kttl  ^BvoX.  ^xaipeiac  1,  Heft  3  u.  4  (Berl.  phil.  Wschr.  1885,  942- 
947)  ist  ein  wichtiger  Beitrag  zur  neugriech.  Dialektologie  und  Gram- 
matik. 

5)  Der  Aufsatz  "Zur  neugriech.  Gramm."  (Analecta  Graecensi.i 
1893)  und  die  "Bibliographie  der  neugriech.  Mundarten"  (Neugriech. 
Stud.  I.,  Wien  1894)  sind  die  einzigen  Ausnahmen. 

6)  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akademie  104.  Bd.  S.  257—362  (1883). 


Mitteilungen.  147 

Sprache  vertiefte,  gewinnt  er  zuß^leich  den  richtig:en  Massstab  für 
die  g>eschichtliche  Beurteilung  derselben:  mit  einem  zweiten  Auf- 
satz über  "die  Stellung:  des  Albanesischen  im  Kreise  der  indogerm. 
Sprachen**^)  hat  er  diejenige  Auffassung  begründet,  welche  dem  Al- 
banesischen endgiltig  die  richtige  Stelle  anweist.  Mit  dem  Alba- 
nesischen war  es  ähnlich  gegangen  wie  eine  Zeitlang  mit  dem  Kel- 
tischen: statt  nüchterner  Forschung  hatten  sich  verwegene  Hypo- 
thesen breit  gemacht.  Zwar  war  der  indogermanische  Charakter  der 
Sprache  schon  von  Bopp  (1855)  erwiesen  worden;  aber  man  be- 
gnügte sich  nicht  mit  diesem  Ergebnis,  sondern  wollte  —  ganz  ent- 
sprechend den  Neigungen  sonstiger  Archäomanen  —  im  Albane- 
sischen etwas  besonders  merkwürdiges  sehen  und  stempelte  es  zu 
einer  "neupelasgischen"  Sprache,  wodurch  es  gemäss  der  Vorstel- 
lung, die  man  sich  vom  Verhältnis  der  Pelasger  und  Griechen  ge- 
bildet hatte,  zu  einem  älteren  Bruder  des  Griechischen  wurde.  Solche 
Hypothesengespinnste,  die  sich  in  den  Kreisen  der  Albanologen  wie 
V.  Hahn  und  Camarda  grosser  Beliebtheit  erfreuten,  zerstörte  G. 
Meyer  mit  dem  klaren  und  scharfen  Urteil  des  modern  denkenden 
Forschers;  er  erkannte  das  Albanesische  nicht  nur  als  einen  selb- 
ständigen Zweig  des  indog.  Sprachstammes,  sondern  musste  es  über- 
dies wegen  seiner  nordindogermanischen  Züge  vom  Griechischen 
völlig  trennen  —  zum  g'rossen  Schmerz  derer,  die  die  brüderliche 
Verwandtschaft  beider  Völker  gern  zu  politischen  Aspirationen  und 
Plänen  auf  der  BalkanhalbinseJ  ausnützten.  Dass  das  gewonnene 
Ergebnis  auch  geschichtlich  deutbar  ist,  hat  G.  Meyer  in  zwei  Essays*) 
näher  ausgeführt:  die  Albanesen  sind  die  Nachkommen  der  alten 
Illyrier. 

Durch  die  Untersuchungen  unseres  Gelehrten  sind  die  Alba- 
nesen in  der  indogerm.  Sprachwissenschaft  "hoffähig"  geworden. 
Wenn  der  alte  Pott  nicht  unbedingt  glauben  will  und  die  Albanesen 
noch  1887  unter  die  Nicht-Indogrermanen  einordnet^,  so  hat  dieser 
Widerspruch  G.  Meyers  Feststellung  nicht  weiter  geschadet.  Auch 
die  in  jüngster  Zeit  versuchte  Modifizierung  der  geschichtlich-ethno- 
graphischen Grundlagen  des  Albanesischen  —  dass  die  Albanesen  nicht 
Nachkommen  der  Illyrier,  sondern  der  Thraker  seien  —  scheint  mir 
keineswegs  bewiesen  zu  sein. 

Gustav  Meyer  fuhr  fort,  im  Sinne  seiner  Anschauungen  den 
indogerm.  Grundcharakter  des  Albanesischen  noch  genauer  festzu- 
stellen und  die  albanesische  Grammatik  weiter  auszubauen,  indem 
er  die  Zahlwörter*)  und  das  Verbum  substantivum ^)  untersuchte 
und  diesen  Teil  seiner  Forschung  schliesslich  durch  eine  "Lautlehre 
der  indogerm.  Bestandteile  des  Albanesischen"  ö)  krönte.  Nur  bei- 
läufig sei  erwähnt,  dass  er  auch  das  Quellenmaterial  für  die  alba- 
nesische Sprache  ansehnlich  vermehrte,  indem  er  auf  seinen  Reisen 
unmittelbar  Sprachgut  sammelte '')  oder  Sammlungen  anderer  kritisch 


1)  Bezz.  Beitr.  8  (1884)  185—195. 

2)  Über  Sprache  und  Litteratur  der  Albanesen.  Nord  und 
Süd  24  (1883)211-226.  Zur  älteren  Geschichte  der  Albanesen.  Zschr. 
f.  allg.  Geschichte  1884,  067  fT.  Beide  Aufsätze  sind  abgedruckt  in 
den  Essavs  1,  49—90. 

3)  Vgl.  Techmers  Zeitschr.  Suppl.  1,  28  fT. 

4)  Albanes.  Studien  11.    Wiener  Akad.  107.  Bd.  1884. 

5)  Philol.  Abhandlungen  für  Hertz  (1888). 

6)  Alb.  Stud.  ITI.    Wiener  Akad.  125.  Bd.  (1892). 

7)  Die  Früchte  solcher  Sammlungen  stecken  natürlich  in  den 


148  Mitteilungen. 

herausgab^),  und  dass  er  ferner  das  Studium  der  Sprache  in  ihren 
Hauptmundarten  durch  eine  ''Kurzgefasste  albanesische  Grammatik* 
(Leipzig  1888)  erleichterte. 

Wenn  die  Stellung  des  Albanesischen  so  lange  in  der  Wissen- 
schaft unklar  geblieben  war,  so  war  dies  zum  Teil  durch  die  eigen- 
artige Zwitternatur  jener  Sprache  bedingt:  der  starke  grammatische 
Einfluss  des  Latein  und  die  Aufnahme  zahlreicher  fremder  Elemente 
aus  dem  Griechischen,  Slavischen,  Italienischen  und  Türkischen 
haben  so  sehr  den  ursprünglichen  Kern  überwuchert,  dass  es  be- 
sonders scharfsinniger  Forschung  bedurfte,  um  diesen  Kern  zu  finden 
und  herauszuschälen:  und  gerade  in  der  Entwirrung  der  verschie- 
denen Bestandteile  des  Albanesischen  bewies  G.  Meyer  seine  Meister- 
schaft. So  hat  er  das  Verständnis  der  albanesischen  Laut-  und 
Formenlehre  gefördert,  indem  er  die  tiefgehenvie  Einwirkung  des 
Latein  untersuchte.  Wie  nahe  das  Albanesische  daran  war,  eine  roma- 
nische Sprache  zu  werden,  zeigte  er  in  dem  Aufsatz  über  den  "Ein- 
fluss  des  Latein  auf  die  albanesische  Formenlehre**^;  parallel  seiner 
Lautlehre  der  indog.  Elemente  läuft  die  Laut-  und  Formenlehre  der 
lateinischen  Bestandteile,  die  von  ihm  schon  vor  jenen  untersucht 
worden  sind^  —  denn  durch  sie  hindurch  musste  der  Weg  zu  der 
indogermanischen  Grundlage  gewonnen  werden.  Vielleicht  noch 
verwickelter  ist  das  Lexikon  des  Albanesischen:  es  giebt  innerhalb 
Europas  kaum  eine  Sprache,  in  der  sich  so  verschiedenartige  Ele- 
mente so  reichlich  angesammelt  und  so  vielfach  und  innig  ver- 
flochten haben.  In  der  etymologischen  Forschung  und  besonders 
in  den  Problemen  der  Lehn-  und  Fremdwörter  erreicht  G.  Meyers 
Meisterschaft  ihre  höchste  Stufe:  das  "Etymologische  Wörterbuch 
der  albanesischen  Sprache*'  (Strassburg  1891)  kann  als  der  Höhe- 
punkt seines  Schaffens  bezeichnet  werden.  Schon  als  albanesischer 
Sprachschatz  ist  das  Werk  ein  wertvoller  Besitz  für  die  Wissen- 
schaft; aber  seine  Bedeutung  ist  eine  noch  höhere:  es  ist  ein  Denk- 
mal der  Philologie  der  Balkanvölker.  Wer  mit  irgend  einer  d(»r 
Balkansprachen  sich  beschäftigt,  findet  in  dem  Buche  eine  reiche 
Quelle  der  Belehrung,  und  darum  ziehen  der  Semitist,  der  Erforscher 
des  Türkischen  und  Persischen,  der  Slavist,  der  Romanist  und  der 
Gräzist  Nutzen  aus  dieser  monumentalen  Leistung  des  Verstorbenen. 
Ihn  zeichnete  eine  souveräne  Beherrschung  all  der  Fähigkeiten  aus, 
die  zu  solcher  Aufgabe  unerlässlich  waren :  sicheres  Urteil  in  >prach- 
und  kulturgeschichtlichen  Fragen,  Kenntnis  der  verschiedensten  Spra- 
chen und  Dialekte  alter  und  neuer  Zeit,  Findigkeit  und  glückliche  Kom- 
binationsgabe. Wichtigen  Kulturbegriffen  —  etwa  des  Ackerbaus,  des 
Handels  —  schenkt  G.  Meyer  eine  besondere  Aufmerksamkeit:  in- 
dem er  die  Wanderungen  der  Wörter  bespricht,  verfolgt  er  die 
Wandelungen  und  Verschiebungen  der  Kultur  und  gelangt  so  über 
die  Grenzen  seines  Faches  in  das  grosse  Gebiet  der  Kulturgeschichte. 
Das  Thema  "Lehnwörter"  hat  ihn  auch  wieder  zum  Neugriechischen 
zurückgeführt;  nachdem  er  sich  schon  zu  Beginn  dieser  Studien 
mit  den  romanischen  Entlehnungen  des  cyprischen  Dialektes  be- 
schäftigt^) und  auch  sonst  gelegentlich  auf  fremdes  Sprachgut  des 

verschiedenen  lexikalischen  und  grammatischen  Arbeiten;  doch  vgl. 
man  etwa  die  Romania  1890,  546—549. 

1)  Alban.  Studien  IV  (1895),  V  (1896),  VI  (1897). 

2)  Miscellanea  Caix-Canello  (1886)  S.  103-111. 

3)  8.  Gröbers  Grundriss  d.  ronian.  Philol.  1  (1888)  804  ff. 

4)  Romanische  Wörter  im  ky prischen  Mittelgriechisch.  Jahrb. 
f.  rom.  u.  engl.  Liter.  NF.  3  (1876)  33  ff. 


Mitteilungen.  149 

Neujrrieehischen  aufmerksam  gemacht  hatte  ^),  widmet  er  1894 — 1895 
drei  Hefte  seiner  "Neu^rriechischen  Studien"  den  slavischen  (alba- 
nesischen,  rumänischen),  lateinischen  und  romanischen  Lehnwörtern 
des  Neugriechischen*):  die  Vorzüge,  welche  das  Albanesische  Wörter- 
buch aufweist,  zeigen  sich  auch  hier  (die  Lückenhaftigkeit  des  Ma- 
terials darf  man  ihm  nicht  zum  Vorwurf  machen).  Diese  und  andere 
etymologische  Arbeiten,  von  denen  solche  wie  über  die  Wörter 
Tornister^)  oder  Samstag*)  'europäische  Bedeutung*  haben,  sind  ge- 
wissermassen  Nebenprodukte  jener  intensiven  auf  das  Albnnesischc 
gerichteten  Thätigkeit;  sie  zeigen  eine  innere  Einheit,  die  durch  die 
kulturgeschichtliche  Einheit  des  Balkangebietes  und  seiner  Nachbar- 
sphären bedingt  ist.  Denn  ob  nun  G.  Meyer  albanesische,  rumänische, 
siavische«'»)  oder  makedonische,  thrakische,  karische  und  lydische^) 
Etymologien  aus  dem  reichen  Quell  seines  Wissens  ausschüttet,  — 
immer  haben  wir  trotz  der  scheinbaren  Zersplitterung  die  Empfin- 
dung, dass  ein  grosses  wissenschaftliches  Ziel,  die  Erforschung  der 
Kulturwelt  des  Balkan  in  alter  und  neuer  Zeit,  diese  Studien  her- 
vorruft und  konzentriert.  Aber  dieses  Ziel  führte  zu  immer  neuen 
Aufgaben.  Als  Gustav  Meyer  das  vierte  Heft  seiner  Neugriechischen 
Studien  abgeschlossen  hatte,  schrieb  er  mir  (Juli  1894),  dass  er  sich 
nunmehr  definitiv  von  diesem  Gebiet  zurückziehen  werde.  Nach 
dieser  Zeit  hat  er  allerdings  neugriechische  Dinge  nur  noch  in  zwei 
Rezensionen  behandelt:  es  sind  überhaupt  die  letzten,  die  er  ge- 
schrieben hat').  Inzwischen  ist  er  jedoch  schon  wieder  in  eine  neue 
Wildnis  eingedrungen;  denn  1893  war  das  erste  fleider  einzig  ge- 
bliebene) Heft  der  "Türkischen  Studien"®)  erschienen,  worin  die 
romanischen  und  griechischen  Elemente  des  Osmanisch-Türkischen 
behandelt,  also  die  Untersuchungen  über  das  Fremdwort  in  den  Bal- 
kansprachen fortgesetzt  werden. 

Die  sprachwissenschaftlichen  Arbeiten  G.  Meyers  haben  ein 
hervorragend  kulturgeschichtliches  Gepräjre.  Wie  sehr  ihn  über- 
haupt die  Philologie  der  von  ihm  studierten  Völker  anzog,  das 
zeigen  Aufsätze  über  die  neugi'iechische  und  albanesische  Litteratur^); 
ferner  seien  besonders  die  Versuche  hervorgehoben,  einijrc  ver- 
zweifelt schwierige  Texte  herzustellen  ^<^).     Es  ist  daher  begreiflich, 


1)  s.  z.  B.  die  Rezension  von  Fovs  Lautsvstem.  Lit.  Centralbl. 
1880,  Sp.  689.  ferner  IF.  2,  370.  3,  r>3  ff.";  Zschr.  f.  rom.  Phil.  16,  52  ff. 
Byz.  Zschr.  3,  156  fl'.  BB.  19,  150  ff.  —  Über  griech.  Elemente  in 
Unteritalien.  Dialekten  handelt  Archivio  glottol.  12,  137  ff. 

2)  Neugriech.  Studien  TI— IV.  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad. 
130.  Bd.  nr.  5  (1894).     132.  Bd.  nr.  3  und  6  (1895).    Über  I.  s.  oben. 

3)  IF.  2,  441  fr. 

4)  IF.  4,  326  flr. 

5)  Etymologisches  aus  den  Balkansprachen.    IF.  6,  104  ff. 

6)  IF.  1,  319  ff.    BB.  20,  116  ff. 

7)  s.  die  Rez.  meines  Handbuches  der  neugriech.  Volksspr. 
IF.  (Anz.)  6,  189  ff.  und  Körtings  Neugriech.  u.  Roman,  ib.  7,  65  ff. 

8)  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  128.  Bd.  nr.  5. 

9)  Vgl.  das  Programm  über  Imberios  und  Magarona,  Prag 
1876,  die  Arbeit  "Zu  den  mittelgriechischen  Sprichwörtern"  Byz. 
Zschr.  3  (1892)  396  ff.  und  die  in  den  Essays  gesammelten  litteratur- 
geschichtlichen  Aufsätze. 

10)  Die  griechischen  Verse  im  RabAbnAma,  Byz.  Zschr.  4  (1894) 
401—411.  Die  alban.  Tanzlieder  in  Byrons  Child  Harold,  Anglia  15 
(1893)  1—8. 


150  Mitteilungen. 

dass  er  das  Aufblühen  der  byzantinischen  Philologe  mit  lebhaftem 
Interesse  verfolgte  und  Krumbachers  Byzantinische  Litteraturjre- 
schichte  sowie  die  Byzantisclio  Zeitschrift  freudig  begrüsste^).  Be- 
sonders zo^  ihn  alles  volkskundliche  und  volkstümliche  an; 
seinen  Aufsätzen  über  neugriechische  Volkspoesie  und  albanesische 
Volkslitteratur,  über  neugriechische  HochzeitsgebrHuche  und  über 
das  Räuberwesen  in  der  Balkanhalbinsel*)  merkt  man  an,  mit  welch 
warmem  Verständnis  er  die  Regungen  der  Volksseele  studierte.  Am 
meisten  lockt  es  ihn  wieder,  den  Beziehungen  von  Volk  zu  Volk 
nachzuspüren,  und  er  ist  auch  hierin  wie  in  den  etymologischen 
Fragen  von  einem  Finderglück  begünstigt,  das  durch  ein  treues 
Gedächtnis  und  reichste  Belesenheit  in  volkskundlicher  Litteratur 
unterstützt  wird:  G.  Meyer  berührt  sich  mit  Reinhold  Köhler,  mit 
dem  zusammen  er  einmal  albanesische  Märchen  veröflTentlichte')  und 
dem  er  in  der  "Grazer  Festschrift"  einen  Beitrag  widmete^).  Für 
sein  poetisches  Empfinden  und  das  Verstehen  fremder  Volksindividu- 
alität zeugen  vielleicht  am  meisten  die  Übersetzungen  von  Volks- 
liedern; in  dem  zierlichen  Bändchen  "Griechische  Volkslieder  in 
deutscher  Nachbildung"  (Stuttgart  1890)  wird  der  Ton  und  Charakter 
der  Originale  so  treu  und  doch  auch  so  graziös  und  so  deutsch 
wiedergegeben,  dass  jene  kleine  Sammlung  als  ein  Juwel  unserer 
eigenen  Litteratur  bezeichnet  werden  darf.  Studien  über  die  Poesie 
der  verschiedensten  Völker  haben  ihm  die  Tiefe  der  Volksseele  er- 
schlossen, die  sich  ihm  in  den  "Indischen  Vierzeilen'**)  sogut  wie 
im  "Schnaderhüpfel"^)  und  in  den  "Marterln"')  offenbarte.  Und  wie 
die  etymologischen  Untersuchungen  G.  Meyers  einen  Blick  in  die 
Weite  verraten,  so  haben  auch  seine  volkskundlichen  Studien  einen 
Zug  ins  Weite  und  Grosse:  dafür  findet  man  der  Proben  genug  in 
seinen  Essays,  besonders  in  den  zehn  Aufsätzen,  welche  unter  dem 
Titel  "Zur  vergleichenden  Märchenkunde"  (I  145—288)  zusammen- 
gefasst  sind.  Unter  der  Führung  des  feinsinnigen  Gelehrten  die 
Wanderungen  und  Schicksale  eines  Märchens  zu  verfolgen,  ist  ebenso 
anziehend  wie  belehrend;  das  unscheinbare  Kindermärchen  wird  in 
dessen  Händen  zu  einem  wichtigen  Glied  kulturhistorischer  For- 
schung, das  selbst  einer  so  vornehmen  Dame  wie  der  klassischen 
Philologie  Belehrung  zu  geben  vermag:  unsichtbare  Fäden  führen 
uns  vom  Reiche  des  Märchens  in  das  der  Antike®). 

Wer  so  wie  Gustav  Meyer  das  Wesen  der  Volksseele  nach 
allen  Seiten  —  Sprache,  Mythus  und  Sitte  —  durchforscht  hat,  der 
ist  auch  wie  kein  anderer  berechtigt,  über  fremder  Völker  Eigen- 
art ein  Urteil  zu  fällen.  Was  der  Forscher  über  den  Volkscharakter 
der  Albanesen^)  und  heutigen  Griechen ^<^)  sagt,   ergab  sich  sowohl 

1)  s.  Essays  2,  208  ff.  und  Beil.  d.  Allg.  Zeitung  1893,  4.  No- 
vember. 

2)  In  den  Essavs  Bd.  1  und  2. 

3)  Arch.  f.  Literaturgesch.  12  (1883)  92—148. 

4)  Ungedrucktes  Volkslied  aus  Berat.  (Grazer  Festschrift  für 
R.  Köhler). 

5)  Kssavs  1,  289  ff. 
G)  Essavs  1,  332  ff. 

7)  Essays  2,  145  ff. 

8)  Vgl.  besonders  "Märchenforschung  und  Altertumswissen- 
schaft" Essavs  1,  163  ff.,  "Amor  und  Psvclie"  195  ff.,  "Südslavisclic 
Märchen"  218  ff. 

9)  Essavs  1,  68  ff.,  2,  345  ff. 
10)  Essays  2,  236  ff. 


Mitteilungen.  151 

aus  eindringendem  Studium  wie  nus  peTsünlicheu  Eindrücken,  dip 
aal'  wiederholten  ßpisen  int  Verkehr  niil  Ängelicirigen  jeiiei*  Vülker 
gewonnen  wurden:  solche  Urteile  sind  wertvoll  und  gerecht,    weil 

(sie  Liclit-  und  ScIiaitenHeiten  in  ihrer   richtigen  Verteilung  hervor- 
heben.    Die  Griechen  und  Albancsen  sahen  daher  in  G.  Meyer  nicht 
den  teindHeligf  n  T.tdler.  sondern  den  ohjektiv  denkenden  For.sciier; 
und    wie  dankbiir  vor  allem   die   gebildeten   Albanesen    für  Keine 
Tbfttigkeit  waren,  das  zeigen  die  teilnahmsvollen  Nachrichten,  welche 
ijie  Zeitschrift  "Albnaia"  über  Krankheit   und  Tori  de»  Gelehrten 
i)rachte. 
Die  Persönlichkeit   des  Hingeschiedenen    würe   unvollatündlg 
geschildert,  wenn  mau  ihn  nicht  auch  als  Schriftsteller  würdigte. 
Seine  Essays  Bind  schon  wiederholt  crwilhnt  worden')  ebenso  seine 
Nachdichtung   griechischer   Volkslieder,      Derselbe   Mann,   der    die 
mUhaamaie  grammatische  Arbeit  mit   peinlicher  Gewissenhaftigkeit 
auf  sich   genommen   hat,   wusste  in  geistreichem  Piaaderton  Über 
^^•eine  Forschungen   und  Studien  zu  unterhalten.     Es  hing  daa  mit 
Hi^nem  wichtigen  Zug  meines  Wesens  zusammen,    "Meyer  achwärmte 
Ä—  so  schreibt  mir  H.  Schuchardt    —    in  seiner  Jugend  »o  sehr  für 
r  Utteratur  und  in  einer  fast  krankhaften  Weise  fürs  Theater,  dann 
auch  (besonders  durch  seinen  Umgang  mit  Weltmann  in  Prag  an- 

Seregt]  für  Kunst  überhaupt,  er  hatte  so  starke  journalistische 
eigungen  und  Befähigungen,  dass  ich  Jetzt  weniger  als  je  be- 
ureife,  wie  ans  ihm  ein  Sprachforscher  geworden  ist."  Die  Gabe 
der  Causerie  ist  selten  unter  den  Deutschen  —  aber  G.  Meyer  be 
BOSS  sie  wie  selten  einer,  und  seine  Essays  gehören  zum  Besten, 
was  hierin  die  deutsche  Litteratur  aufweist.  Wie  anziehend  wusste 
er  seine  Erlebnisse  im  fremden  Lande,  fremde  Landschaft  und 
fremdes  Volk  zu  schildernl^)  Er  hatte  das  Zeus  zum  Novellisten; 
das  seigen  die  Worte,  mit  denen  der  weltfrohe  Mann  uns  von  der 
dunkeläugigen  Cesaria  erzählt');  gelirgt  es  ihm  doch  mit  liebens- 
würdigem Scherz,  selbst  in  einen  Anfsatz  wie  den  über  "Weltsprache 
und  Weltsprachen"')  einen  lyrischen  Zug  hineinzubringen. 

Die  Essais  sind  der  Spiegel  eines  feinaituiigcn  und  hochge- 
bildeten Geistes.  Selbst  da  wo  man  nur  das  leichte  Geplauder  des 
Weltmannes  vernimmt,  liegt  eindringende  Arbeit  zu  gründe,  die 
auch  das  Kleinste  in  der  Wissenschaft  beachtet  und  untersucht. 
Wenn  auch  das  engere  Arbeitsgebiet  des  Forschers  vor  allem  ver- 
treten ist,  so  legen  doch  eine  grosse  Reihe  der  Essays  beredtes 
Zeugnis  ab  für  die  vielseitigen  und  wei tau sge breiteten  Interessen 
ihres  Verfassers.  Ausser  den  schon  berührten  Aufsätzen  seien  solche 
wie  "Uas  Indogermanische  Urvolk",  "die  etruskiache  Sprachfrage", 
"Zigeuuerphilologio",  "Volkslieder  au»  Piemont",  "Finnische  Volks- 
Illteratur"  als  Zeugen  genannt").  Manches  ist  zwar  nur  vom  Augen- 
blick hervorgerufen  und  für  den  Augenblick  bestimmt;  doch  die 
meisten  der  Aufsätze  sind  ein  ebeuHo  wertvoller  Besitz  unserer 
,   populärwissenschaftlichen   Litteratur,    wie    die    gelehrten    Arbeiten 


1)  Der  genaue  Titel :  Essays  und  Studien  zur  Sprachgeschichte 
^lud  Volkskunde.  2  Bde.    Strassburg  mH5  und  1893. 

2)  Essays  2,  270  fl.,  34;i  K. 

3)  Essays  2,  332  S. 

4)  Essays  2,  23  R. 

5)  Die  Aufsütze,  welche  zeratveat  In  der  Nuova  Autologla,  im 
I  Archlvio    delle    tradizioni   popolari   und  in  der  "Aula"   erschienen 

sind  mir  nicht  zngUnglich. 


152  Mitteilunf^eti. 

Gustav  Me^'ers  zum  wertvollsten  Besitz  der  indogermanischen  Sprach- 
wissenschaft gehören. 

Ein  Bild  von  der  persönlichen  Eigenart  des  Hingeschiedenen 
zu  zeichnen,  ist  mir  nicht  möglich :  eine  flüchtige  Begegnung  zu  der 
Zeit,  als  ich  selbst  noch  Student  war,  hat  mir  das  Bild  eines  heiteren 
und  weltgewandten  Mannes  eingeprägt;  aber  dieser  flüchtig  gewon- 
nene Eindruck  und  einige  Briefe,  welche  mir  sein  wohlwollendes  Inter- 
esse an  meinen  eigenen  Studien  bezeugten,  geben  mir  nicht  den  Mut, 
mich  über  das  rein  Menschliche  in  O.  Meyers  Persönlichkeit  aus- 
zusprechen. Dieses  reiche  geistige  Leben  ist  jäh,  vor  der  Zeit  ab- 
gebrochen worden,  als  eine  schwere  Gehimerkrankung  im  Jahre  1897 
den  Geist  des  Gelehrten  umnachtete.  In  seinem  Nachruf  auf  Georg 
Curtius  konnte  Gustav  Meyer  die  Wissenschaft  trösten  durch  den 
Gedanken:  'Mass  ihm  das,  was  seines  Lebens  Ziel  und  Aufgabe  war, 
ganz  und  voll  zu  erreichen  und  auszugestalten  beschieden  war.  Da 
ist  kein  jäher  Abbruch  eines  viel  versprechenden  Wirkens,  keine 
zerstörte  Hoffnung  auf  begonnene  oder  noch  zu  erwartend^  Lei- 
stungen**. Dieser  Trost  versagt  bei  dem  Verlust,  den  unsere  Wissen- 
Kchatt^in  G.  Meyer  erlitten  hat.  Manches  hat  er  uns  noch  in  Aus- 
sicht gestellt,  was  uns  sicherer  Gewinn  geworden  wäre;  vielleicht 
schenkt  uns  pietätvolles  Gedenken  noch  das  und  jenes  aus  seinem 
Nachlass.  Zwar  ist  das,  was  G.  Meyer  geleistet  hat,  ho  reichlich 
und  so  ausgezeichnet,  dass  die  Sprachwissenschaft  seinen  Namen 
dankbar  in  das  Buch  ihrer  Geschichte  aufnehmen  wird  —  aber  da 
wo  einem  Menschenleben  in  der  Fülle  und  auf  der  Höhe  des'  Schaf- 
fens ein  Ende  gesetzt  wird,  sind  wir  immerhin  berechtigt,  von  "zer- 
störten Hoffnungen"  zu  reden. 

Freiburg  i.  B.,  9.  März  1901.  Albert  Thumb. 


Vorschlag. 

Brugmann  hat  in  der  .*J.  Ausgabe  seiner  griechischen  Gram- 
matik die  von  Delbrück  in  der  Aktionsarten-Frage  aufgebrachte  Ter- 
minologie angenommen  und  spricht  die  Hoffnung  aus,  dass  sie  nie- 
mand ohne  Not  fortan  verlasse.  Ohne  Not  wird  wohl  niemand  Lust 
haben,  davon  abzuweichen;  aber  eine  Nötigung,  sie  zu  verlassen, 
scheint  in  der  That  vorzuliegen.  Wenigstens  haben  fast  gleichzeitig 
Streitberg  (IF.  Anz.  11,  57)  und  ich  (KZ.  37,  220)  dagegen  Einspruch 
erhoben.  Streitberg  ist  auch  in  der  Praxis  bei  seiner  früheren  Ter- 
minologie geblieben;  ich  bin  gehorsamer  gewesen  und  habe  mich 
Delbrücks  Benennungen  angeschlossen,  indem  ich  es  nur  für  nötig 
hielt,  die  alten,  von  Delbrück  umgedeuteten  Ausdrücke  'perfektiv' 
und  'imperfektiv'  gänzlich  zu  vermeiden.  Da  Delbrück  beispiels- 
weise eine  Klasse  von  gotischen  Verben  als  'terminativ*  bezeichnete, 
so  habe  ich  also  diese  Verba  gleichfalls  terminativ  genannt,  habe 
aber  deutlich  genug  (namentlich  S.  222)  ausgesprochen,  dass  ich 
Delbrücks  Definition  des  terminativen  Begriffes  als  falsch  betrachte, 
ich  bereue  aber  jetzt  meinen  Gehorsam  und  befürchte,  dass  mancher 
von  der  neuen  Terminologie  verhindert  werden  wird,  meine  Stellung- 
nahme Delbrück  und  Streitberg  gegenüber  richtig  aufzufassen.  Ich 
stimme  in  der  That  (vgl.  a.  a.  O.  S,  222)  darin  mit  Streitberg  über- 
cin,  dass  die  'terminativen'  Verba  des  Gotischen  'punktuell'  fungieren 
können,  und  sehe  mit  Streitberg  den  Unterschied  des  Slavischen 


Mitteilungen.  163 

und  des  Gotischen  hauptsächlich  darin,  dass  die  gotischen  Her- 
minativen*  Verba  zugleich  die  Iteration  der  'punktuellen'  Aktion 
bezeichnen  können.  Der  von  mir  S.  220  betonte  Gegensatz  zwischen 
Streitberg  und  mir  besteht  also  darin,  dass  ich  für  diejenige  Klasse 
von  gotischen  Verben,  welche  gewöhnlich  eine  'punktuelle*  Aktion 
oder  die  Wiederholung  der  'punktuellen' Aktion  bezeichnen,  in  einigen 
Fällen  auch  durative  Aktionsart  annehme  (ausona  gahausjandona, 
augona  hahandans  ni  gasaiJvip  S.  221),  während  Streitber^  eine  solche 
Verwendung  ableugnet  (vgl.  IP.  Anz.  11,  63  über  gasaihis). 

Da  es  wohl  als  ausgemacht  zu  gelten  hat,  dass  Delbrücks 
Terminologie  aufgegeben  werden  wird,  so  erlaube  ich  mir,  den  folgen- 
den Vorschlag  zur  näheren  Erwägung  zu  empfehlen : 

1)  Die  Benennungen  'perfektiv'  und  'imperfektiv'  bleiben  der 
slavischen  Grammatik  überlassen. 

2)  Die  Benennung  'punktuell'  scheidet  aus.  Ich  habe  sie  in 
meinem  oben  zitierten  Aufsatz  nur  aus  Gehorsam  benutzt;  sie  ist 
aber  für  das  Slavische  ebenso  unpassend,  wie  für  jede  andere 
Sprache.  Die  Eigentümlichkeit  der  von  Delbrück  'punktuell'  ge- 
tauften Verba  ist  keineswegs,  dass  ihre  Handlung  ''mit  ihrem  Ein- 
tritt zugleich  vollendet  ist"  (Delbrück  2,  14;  vgl.  dagegen  meine 
Bemerkungen  über  russ.  slijichalisb,  soslish  a.  a.  0.  ^3),  sondern 
ihre  Eigentümlichkeit  besteht  darin,  dass  sie  eine  Handlung  '4  terme 
fixe'  bezeichnen  (KZ.  37,  228).    Deshalb  schlage  ich  vor: 

3)  Statt  'punktuell'  ist  die  (in  der  früheren  Verwendung  [KZ.  37, 
222]  entbehrliche)  Benennung  'terminativ*  zu  gebrauchen.  Man  hat 
zu  unterscheiden  zwischen  'einmalig-terminativ*  und  'iterativ-ter- 
minativ'.  Die  slavischen  perfektiven  Verba  sind  einmalig-terminativ 
(von  den  speziellen  Fällen  abgesehen,  die  ich  in  dem  genannten 
Aufsatz  S.  230— 233  beleuchtet  habe);  die  'iterativ -terminative'  Ak- 
tion wird  im  Slavischen  durch  imperfektive  Verba  (Iterativa)  aus- 
gedrückt. In  den  meisten  Sprachen  aber  haben  die  einmalig -ter- 
minative und  die  iterativ-terminative  Aktion  den  gleichen  Ausdruck. 

4)  Meinetwegen  kann  man  noch  von  'durativ -terminativen' 
Verben  reden  (z.  S.  der  Tischler  bohrt  das  Brett  durch  Streitberg 
IF.  Anz.  5,  81).  Das  ist  aber  meiner  Ansicht  nach  keine  logische 
Kategorie,  sondern  nur  das  Resultat  einer  wenigstens  im  Deutschen 
stattfindenden  unlogischen  Ausdrucksweise  (statt  der  Tischler  ist  im 
Begriff,  das  Brett  durchzubohren,  dän.  Snedkeren  er  ved  at  gennem- 
bore  Brcettet)»  Sprachen,  die  eine  ausgebildete  Iterativkategorie 
besitzen,  verwenden  hier  das  Iterativum:  lat.  adventäre  'im  Heran- 
rücken sein,  sich  nähern';  russ.  umirätb  'im  Sterben  liegen'. 

Kopenhagen.  Holger  Pedersen. 


Persoüalieii. 

Die  an  der  Universität  Berlin  neuerrichtete  Professur  für  kel- 
tische Philologie  ist  Prof.  H.  Zimmer  in  Greifswald  übertragen 
worden.  —  Prof.  K.  Brugmann  ist  zum  auswärtigen  Mitglied  der 
kgl.  dänischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Kopenhagen  er- 
nannt worden,  Professor  H.  Osthoff  in  Heidelberg  zum  auswär- 
tigen Mitglied  der  ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
Budapest.  —  Am  16.  Juni  beging  Prof.  J.  Schmidt  in  Berlin  das  fünf- 
undzwanzigjährige  Jubiläum  seiner  Wirksamkeit  an   der  dortigen 


154  Mitteilung^en. 

Universität,  am  21.  Juni  Prof.  A.  Leskien  da»;  gleiche  Jubiläum  als 
ordentlicher  Professor  der  slav.  Philologie  in  Leipzig.  —  Prof.  J. 
Wright  in  Oxford  wurde  zum  Nachfolger  F.  Max  Müllers  ernannt. 


Die  46.  Yersammlang  deutscher  Philologen  and 

Schulmänner 

wird  vom  1.  bis  4.  Oktober  1901  zu  Strassburg  i.  E.  stattfinden.  Die 
Obmänner  der  orientalischen  und  indogermanischen  Sektion  sind 
Prof.  Dr.  Nöldeke  und  Prof.  Dr.  Leumann. 


ANZEIGER 

FÜR  INDOGERMANISCHE  SPRACH-  UND  ALTERTUMSKUNDE. 

BEIBLATT  ZU  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

WILHELM  STREITBERG. 

ZWÖLFTER  BAXD,  ZWEITES  UND  DRITTES  HEFT. 


Bibliographie  des  Jahres  1800. 

Yorbemerknngr«  Bei  der  Bearbeitung  der  Bibliographie  haben 
mich  die  folgenden  Herren  in  gewohnter  Liebenswürdigkeit  unter- 
stützt: Dr.  D.  Andersen  in  Kopenhagen  (Skandinavische  P>8chei- 
nuugen),  Prof.  Dr.  A.  V.W.  Jackson  in  New-York  (Amerikanische 
Erscheinungen),  Prof.  Dr.  J.  Zubaty  in  Prag  (Slavische  Erschei- 
nungen). 

Der  vorliegende  Jahrgang  der  Bibliographie  unterscheidet 
sich  von  seinen  Vorgängern  dadurch,  dass  die  zweite  Abteilung 
(Idg.  Altertumskunde  und  Mythologie)  weggefallen  ist.  Die  viertel- 
jährliche Bibliographie  im  Zentralblatt  für  Anthropologie,  Ethnolo- 
gie und  Urgeschichte  Hess  sie  als  überflüssig  erscheinen.  Einiges, 
was  aus  dem  oder  jenem  Grunde  erwähnenswert  schien,  ist  in  die 
erste  Abteilung  übernommen  worden. 

Wie  bisher  benutze  ich  auch  heute  die  Gelegenheit, 
meine  Bitte  um  Unterstützung  zu  wiederholen.  Nur  wenn 
sich  die  Herren  Autoren  durch  Sendung  von  Disserta- 
tionen, Programmen,  Gelegenheitsschriften,  Sonderab- 
zügen aus  schwerer  zugänglichen  Zeitschriften  auch 
fernerhin  am  Ausbau  der  Bibliographie  beteiligen,  kann 
die  erstrebte  Vollständigkeit,  Genauigkeit  und  Schnel- 
ligkeit der  Berichterstattung  erreicht  werden. 

Münster  (Westfalen),  August  1901. 

Wilhelm  Streitberg. 


I.    Allgemeine  indogermanische  Sprachwissenschaft  nnd 

Altertumskunde. 

Sprachpgychologrie.    Ursprung  nnd  Entwicklnng  der  Sprache. 

Kindersprache. 

1.  Oltuszewski  W.    Psychologia  oraz  filozofla  mowy  (Die  Psycho- 
logie oder  Philosophie  der  Sprache).    Warschau. 
Anzeiger  XII  2  u.  8.  11 


156    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde. 

Eine  abweisende  Anzeige  von  K.  Appel,  PrzegL  filozof.  2,  3 
98-113. 

2.  Keller    Denken  u.  Sprechen.    Progr.  des  grossherzogl.  Gymna- 
siums zu  Lörrach.    1898/99. 

3.  Beckmann   N.     Spräkpsykologi    och    modersm&lsundervisning. 
Dissertation.    Lund  Lindstedt.     152  S.    1,25  Kr. 

4.  Gehmlich  E.    Der  Gefühlsgehalt   der   Sprache.    Pädagogisches 
Magazin  Heft  120.    Langensalza  Beyer.    84  S.    IM. 

5.  Nyrop  K.    Eufemisme.    Dania  6,  195—224. 

Allgemeine  Untersuchungen  über  den  Gebrauch  euphemisti- 
scher Wendungen  in  der  Sprache.  1)  Die  Mittel,  durch  welche  man 
solche  Wendungen  bildet,  sind  besonders  Fremdwörter,  Synekdoche, 
Litotes,  Antiplirasis  oder  Aposiopesis.  2)  Untersuchungen  über  einige 
der  Gebiete,  wo  Euphemismen  l)esonders  zur  Verwendung  kommen: 
Gott,  Teufel,  Hölle,  Sterben  (Leichname,  Grab,  Friedhof  u.  dgl.), 
Krankheiten,  Strafen,  Verbrechen  und  Laster  (Diebstahl,  Mord,  Lug 
und  Trug,  Trunk,  "Venus"),  der  Verdauungsprozess,  Körperteile, 
Kleidung  und  verschiedene  Schimpfwörter. 


6.  Geiger  L.  Ursprung  und  Entwicklung  der  menschlichen  Sprache 
u.  Vernunft.    2.  Bd.  2.  Aufl.    Stuttgart  Cotta  Nachf.    10  M. 

7.  Lobsien  M.  Über  den  Ursprung  der  Sprache.  Sonderabdruck 
aus  der  Zeitschr.  f.  Philosophie  u.  Pädagogik.  Langensalza  Beyer. 
86  S.    1  M. 

8.  Regnaud  P.  La  question  de  Torigine  du  langage  et  la  linguisti- 
que  evolutionniste.    Revue  de  Ling.  32,  201 — 29. 

9.  Ribot  Th.     The  origin  of  speech.     Open  Court  13,  202—10. 

10.  Baudouin  de  Courtenay  J.  Über  die  feste  beständige  Kich- 
tung  der  Sprachumwandlungeu  im  Zusammenhang  mit  der  Anthro- 
pologie (poln.).    S.-A.  aus  Kosmos  Heft  4/5.    Lemberg.    S.  155 — 173. 

In  der  idg.  Lautgeschichte  lässt  sich  nachweisen,  dass  die 
Phonationsthätigkeit  aus  der  Kehle  in  die  Mundhöhle,  und  in  dieser 
vom  hintern  Teile  der  Zunge  in  der  Richtung  zu  deren  vorderem 
Teil  und  zu  den  Lippen  übertragen  wird.  Hierher  gehört  einerseits 
der  vielfache  Schwund  von  Ä,  der  Wandel  von  ursp.  Aspiraten  zu 
nicht  aspirierten  Explosiven  bzw.  zu  Lauten,  deren  ursp.  Aspiration 
zu  einer  andern  Lautmodifikation  wurde,  das  Aufgeben  der  ursp. 
Tonhaftigkeit  der  Kons.  z.  B.  im  Deutschen,  das  Entstehen  von  ö- 
und  i/-Lauten  und  sonstige  Vokalveränderungen;  anderseits  der 
vielfach  sich  wiederholende  Wandel  von  Hinter-  und  Vordergaumen- 
lauten, von  j  zu  allerhand  Zischlauten,  die  Labialisation  ursp.  Hin- 
tergaumenlaute in  den  Sprachen  der  idg.  Westgruppe,  der  Wandel 
von  labialisierten  Velaren  zu  Labialen  usw.  So  auch  in  den  semit., 
ugro-finn.,  ural-alt.  u.  a.  Sprachen.  Dieser  Art  Phonationswandel 
involviert  eine  Arbeitsersparnis  für  die  gesamte  Sprechthätigkeit  (1. 
Phonation,  2.  Addition  u.  Perception,  3.  Gehirnthätigkeit).  Vom  an- 
thropol.  Standpunkt  aus  haben  wir  es  da  mit  allmählicher  Entfernung 
vom  tierischen  Standpunkte  (die  Tierlaute  kommen  in  der  Larynx 
und  Pharynx  zu  Stande),  mit  Vermenschlichung  der  Sprache  zu 
thun  (anatomische  Folgen  des  ganzen  Prozesses  in  der  Ausgestal- 
tung der  vorderen  Sprachorgane).    Diese  Hauptrichtung  der  Laut- 


I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertrumskunde.    157 

Umwandlungen  steht  im  Einklang  mit  der  Hauptrichtung  der  an- 
thropol.  Entwickeln ng,  mit  dem  Verlängern  seiner  eigenen  Indivi- 
dualität in  die  Aussen  weit  hinein.  (Zubaty.) 

11.  Alferov  A.  06erki  iz  2izni  jazyka  (Aus  dem  Leben  der  Sprache. 
Einleitung  zur  Methodik  der  Muttersprache).  Moskau.  IV  u.  81  S. 
40  Kop. 

Anz.  von  Poriezinskij  2ur.  Min.  323,  494—508. 

12.  Kristensen  M.  Samlende  Krsefter  i  Sprogudviklingen.  Studier 
fra  Sprog-  og  Oldtidsforskning,  udg.  af  det  philologisk-historiske 
Samfund.  Nr.  41.  (Vol.  IX.)    Kopenhagen  Klein.    59  S.    1,00  Kr. 

13.  Kristensen  M.  Nogle  hovedtrsek  af  sprogets  udvikling.  Grund- 
linier af  foredrag.    Kolding.    15  S. 

14.  Ljungstedt  K.  Spräkets  lif.  Inledning  tili  den  jämförande 
spräkvetenskapen.  Populär  framställning.  Stockholm  Seligmann. 
155  S.    2,50  Kr. 

15.  Merguet  H.  Bemerkungen  über  die  Entwicklung  der  Sprache. 
Programm  des  Kgl.  Gymn.  u.  Realgymn.  zu  Insterburg.  10  S.  4^. 

16.  Ribot  Th.    The  evolution  of  speech.    Open  Court  13,  267—78. 


17.  Ament  W.  Die  Entwicklung  von  Sprechen  und  Denken  beim 
Kinde.  Mit  5  Kurven  u.  4  Kinderzeichnungen.  Leipzig  Wunder- 
lich.   2,40  M.  geb.  2,80  M. 

18.  Toischer  W.  Die  Sprache  der  Kinder.  Sammlung  gemein- 
nütziger Vorträge,  hrsg.  vom  Deutschen  Vereine  zur  Verbreitung 
gemeinnütziger  Kenntnisse  in  Prag  Nr.  248. 

19.  Roussey  Gh.  Notes  sur  l'apprentissage  de  la  parole  chez  une 
enfant.    La  Parole  1,  791—99.  870—80. 

20.  Ziehen  Th.  Die  Ideenassoziation  des  Kindes.  Berlin  Reuter  u. 
Reichard  1898.  1,50  M.  (Sammlung  von  Abhandlungen  aus  dem 
Gebiete  der  pädagog.  Psychologie  und  Physiologie  hrsg.  von  H. 
Schiller  u.  Th.  Ziehen.    Bd.  1  Heft  9). 

21.  Cederschiöld  G.    Gm  kvinnospräk.    Nord.  Tidskr.  utg.  af  Let- 

terstedtska  Toren.    1899.    S.  417—434. 

Über  die  Sprache  der  Frauen,    besonders  in  psychologischer 
Beziehung. 

Sprachphysiologie« 

22.  Sweet  H.  The  practical  study  of  languages.  With  tables  and 
ill.  quotations.    London  Dent.    XIV  u.  280  S. 

23.  Jespersen  G.  Fonetik.  £n  systematisk  Fremstilling  af  Lieren 
om  Sproglyd.  3.  H.  Den  specielle  Dels  Slutning.  Kopenhagen 
Schubothe.    314  S.  u.  1  Taf.    6,50  Kr. 

24.  Rousselot  La  phon^tique  exp^rimentale.  Son  objet,  appareils 
et  perfectionnements  nouveaux.    La  Parole  N.  S.  1,  1 — 10. 

Auch  als  Sonderdruck  Clairmont  Daix  1899  erschienen. 


158    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde. 

25.  Rousselot  Historique  des  applications  pratiques  de  la  phon^ti- 
que  exp^rimentale.    La  Parole  1,  401—17. 

26.  Zünd-Burgruet  A.  La  Phon6tique  exp^rimentale  appliqu<!5e  k 
renseignement  des  langues  Vivantes.    M^con  Protat  1898.    36  S. 

27.  Zünd-Burguet  A.  Applications  pratiques  de  la  phon^tique  ex- 
perimentale.    La  Parole  1,  11—19.  138—152. 

28.  Roudet  L.  Methode  exp^rimentale  pour  Tetude  de  Taccent. 
La  Parole  1,  321—44. 

29.  Rousselot  Recherches  de  phon<^tique  exp^rimentale  sur  la  m^rche 
des  evolutions  phon^tiques  d'apr^s  quelques  dialectes  bas-allemands. 
La  Parole  1,  769—90. 

Wiederabdruck  der  Auz.  7  Abt.  1  Nr.  15  erwähnten  Arbeit. 

30.  Laclotte,  Fauste.    L'harnionie  vocalique.    La  Parole  1,  177—88. 

Le  problöme  se  pose  ainsi:  1®  Quelle  est  l'influence  d'une 
articulation  subsequente  sur  Tarticulation  qui  la  pr6c(jde;  2^  Dans 
le  cas  oü  le  groupe  renferme  deux  voyelles  l'influence  de  la  seconde 
peut-elle  s'^tendre  jusqu'Ä  la  premi6re? 

31.  östberg  H.  0.    Les  voyelles  velaires  accentuees.    Upsala. 

32.  Gall6e  J.  H.  Verslag  van  de  voordracht  over  de  vocaalklanken, 
uitgedrukt  door  graphiek  der  articulatie,  in  verband  met  Dr. 
Boeke's  phonographische  glyphiek.    32  S. 

33.  Zünd-Burguet  A.  De  la  prononciation  de  Vs  et  du  ch  (d.  i.  s). 
La  Parole  1,  281-88. 

34.  Meyer  E.  A.    Die  Silbe.    Die  Neuem  Sprachen  6,  494—503. 

35.  Olivier  P.    De  la  voix  chuchotee.    La  Parole  1,  20—31. 

1.  Dans  les  conditions  ordinaires,  le  larynx  prend  toujours 
part  au  chuchotement.  2.  Les  vibrations  de  cet  organe,  pendant 
le  chuchotement  fort,  sout  toujours  nettement  indiquoes  par  la  me- 
thode  graphique.  3.  Dans  la  voix  chuchotee,  la  glotte  est  toujours 
r6trecie  presentant  une  Image  distincte  de  celle  qu'elle  montre  pen- 
dant la  voix  parlee  ordinaire  ...  II  ne  semble  pas  y  avoir  une 
Position  de  glotte  caracteristique  du  chuchotement. 

36.  Gr6goire  A.  Note  sur  Taction  du  thorax  dans  la  phonation. 
La  Parole  1,  718-20. 

37.  KiesOTvF.  Zur  Psychophysiologie  der  Mundhöhle.  Philos.  Studien 
14.  Bd.  Heft  4. 

Allgemeine  Sprachwissenschaft.    Idg«  Grammatik. 

38.  Steinschneider  Ph.  Über  Sprachkenntnis  und  Sprachkunde. 
[Virchows  Sammlung  gemeinverständl.  wissenschaftl,  Vorträge. 
Heft  322.]     Hamburg  Verlagsanstalt.    28  S.    0,75  M. 

39.  Pedersen   H.    Sprogvidenskaben.    Sonderdruck   aus  "^'Sonder- 

jydske  Aarbeger".    Flensborg.    64  S. 

Verf.  hat  durch  diese  gemeinverständliche  Übersicht  über  die 
Sprachen  und  über  die  Methode  und  Ergebnisse  der  Sprachforschung 
beabsichtigt,  den  Laien,  bei  denen  si(ih  thatsächlich  vielfach  Inter- 
esse für  sprachliche  Verhältnisse  vorfindet,  eine  Anleitung  zu  geben. 
Gewöhnlich  ist  die  sprachliche  Beobachtung  der  Laien  oberflächlich 


1.  AUgeraeiue  iodog.  Spraehwisscnschatt  u.  Altertuinsktintle.     159 

I  oder  gan^lkh  verfehlt;  eiu  sohlngendes  Beispiel  zieht  Verf.  in  der 
I  Einleitung  hi-raw,  in  der  er  mit  scharfer  Kritik  die  AuisSlze  J.  P. 
Filskows  tiber  die  Mundnrten  Schleswigs  (Grensboten,  48.  Jahr^. 
Nr.  33  Tl.  36]  bespricht.  Poch  tindot  man  bisweilen  hei  Laien  audi 
e^te  Beobachtunspen,  und  von  solchen  bieten  die  Unlersuchnngen 
N.  Andersens  über  die  Suudewltter  Mundart  dag  glänzendste  Bei- 
spiel dar  {Vf<l.  IF.  Ana.  10,  32ö  Nr.  67), 

40.  Huller  H.  C.  Über  die  Gründung  einer  Zeitschrit^  f.  allgemeine 
Sprachwissenschaft.    Zeilachr.  f.  Etlinologie  31,  497—500. 

41.  Stöbr  A.  Algebra  der  Grammatik,  Kin  Beitrag  zur  Philosophie 
der  Formenlehre  und  Syntax.  Wien  Deuticke  1898,  1«  S.    2,50  M. 

12,  Temple  R,  C.  A  Theory  of  Universal  GramQiar  aa  applied  to 
a  Group  of  Srtva^'e  Languages,    JEAS.  July  18W  S.  1—40. 

43.  de  la  QraBserie  R,  Ktudes  de  gramniaire  comparec.  De  la 
calegorie  des  vois.     Paris  Maisonneuve.    273  R.     12  Frs. 

44.  de  la  Grasserie  li.  De  ta  conjugaison  negative  ainsi  que  de 
l'inierrogative  et  de  la  dubitative.  Muafion  17,  255— S8.  18,  59— 
73.  123-42,  309-31. 

45.  de  la  Orasserie  R,  Lcs  diverses  fonütiou!«  des  verbes  abstraits, 
MSL.  11,  27-51. 

I.  Fonetion  lexicoioifique  du  verbe  auxiliaire.  —  2.  Fonctiou 
I   grammaticale.    A,   F,  gr,  d'expresslou  des  coucepts  verbaux.  a)  £x- 

Jrcssioii  de  la  voix.  b)  Espressfon  du  temps.  1)  Temps  absolu.  — 
)  T.  relatif.  Auxiliaire  suffix^:  Langues  in d o-e uro p Fennes.  Lan- 
gaes  Chamitiques;  L.  du  Cancase.  L.  altaYques.  L.  oceaniennea. 
Nuba,  Singalais.  Siamois.  Auxtliaires  prefixäs,  Auxiliaire  präposi 
«nalytiqueiiient.  —  3)  Temps  doublement  lelatifs.  —  4)  Le  futur. 
Auxiliaire  latent.  A.  apparent,  —  5]  Temps  indetermlne.  —  Expres- 
rion  des  raodes.  —  B.  Fonetion  granmaticale  consistant  k  porter 
Texpression  du  concept  de  la  personiie  et  de  ceux  du  temps,  de  la 
voix,  du  modf!,  du  conjugaison  periphrastique.  a)  0.  p^riph.  indl- 
quant  la  surdi^iermlnaCion.  c)  C.  p,  indiquant  rinterrogation  ou  la 
B^gation.  c)  C,  p.  dans  le  but  de  renforcer  j'afßrmalion,  coexistant 
»vec  la  conjugaison  normale,  d)  C.  p.  Sans  but  döterminö,  e)  C,  p, 
I  AU  nioyen  de  rauxiliaire  u^gatif. 
|46,  Reckendorfs.     Zur  allgemeinen  Syntax,     IF.  10,  IfiT— 89, 

1.  Nichtverbales  Prädikat,  —  2,  Stellung  des  Prädikats.  —  3. 
I  Medium.  —  4.  Tempora.  —  5.  Perfekt,  —  G.  Imperfekt.  —  7.  Impe- 
I  rativ.  —  8.  Apokopatus.  -  9.  Dual.  —  10.  Geschlecht.  —  11.  Ka- 
I  BUB.  —  12,  Akkusativ.  —  13.  Genitiv.  —  14.  Partizip  u.  Infinitiv.  — 
T  15.  Zahlwaner.  —  16.  Attribut.  —  IT.  Präpositionen.  —  18.  Prono- 
l  men.  —  19.  Artikel.  —  20.  Neuordnung.  —  21.  RelativsStze.  —  22. 
I  AbMchtsätze.  —  23.  Bedingungssätze. 
[  47.  Reckendorf  H.    Über    syntaktische   Forschung.     Beilage    zur 

Allg.  Zeitung  1899  Nr.  165—167. 
b48.  Haag  K.     Die   direkte  Methode    der   Mundarteu-Kartngraphie, 
ihre  sprachwissenschaftliche  Bedeutung  und  praktische  Notwen- 
digkeit.   Beilage  zur  Allg.  Zeitung  1899  Nr.  230. 


160    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  n.  Altertumskunde. 

49.  Meringer  H.    Idg.  Sprachwissenschaft.   2.  Auflage  (Sammlung 
Göschen  Nr.  59).    Leipzig  Göschen.    0,80  M. 

50.  Thomsen  V.  Indoeuropa^iske  Sprog.   Salmonsens  Konversations- 
leksikon.  9.  Bd.  1899. 

51.  Bogorodiokij  V.  A.    Kurs  der  vergl.  Grammatik  der  indoeur. 
Sprachen  (russ.).    Zap.  Univ.  Kazan  66,  4,  65—80. 

Vgl.  Anz.  2, 139.   Schluss  der  Einl.   Auch  als  S.-A.  (H.  1,  60  Kop.). 

52.  Müller  G.  H.    Beiträge  zur  Sprachwissenschaft.    Programm  des 

Gymnasiums  zu  Saargemünd  1899/1900.  Saargemünd  1900.  21  S.  4». 

1.  Zum  Genus  der  Indogermanen.  (Zu  IF.  8,  304  ff.) 
Über  -s  im  Nom.  Sg.  der  r-  n-  «-Stämme.  Antwort  auf  die  Frage, 
wie  es  komme,  dass  der  Stamm  als  Genus  neutrum  nicht  bloss  das 
Abstrakte,  sondern  auch  als  Vokativ  das  AUerkonkreteste  bezeichne. 
(Der  Nom.  sei  ursprüngl.  zur  Anrede  verwandt  worden.  Durch  Zu- 
rückziehung des  Akzents  sei  die  Endung  geschwunden.)  Versuch, 
den  ältesten  Entwicklungsgang  der  Sprache  zu  rekonstruieren.  — 
2.  Der  Lokalismus.  Gegen  0.  Hoffmann  BB.  1899  S.  167  f.  wird 
die  lokale  Grundbedeutung  der  Kasus  geleugnet.  —  3.  Die  Bil- 
dung der  1.  Sg.  Ind.  Präs.  Aktiv,  -mt  sei  durchweg  die  Endung 
gewesen. 

53.  Wheeler  B.  I.   The  origin  of  grammatical  gender.   Journ.  Germ. 
Pliil.  2,  528-45. 

Vgl.  das  Referat  des  Verfassers  in  den  Proceedings  Am.  Phil. 
Association  30  S.  XIX— XXIII  u.  den  altern  Aufsatz  Class.  Rev.  1889^ 
390  ff.  —  Brugmanns  Theorie  befriedigt  in  negativer,  jedoch  nicht 
in  positiver  Hinsicht.    Sie  lässt  sich  nur  auf  die  ä-  und  j[6-Klasse 
anwenden.     Bei  den  sog.  Wurzelstämmen  versagt  sie;  warum  ist 
yöqs  Fem.,  pöds  Mask.?      Weder  suäsör  noch  mäter  haben    eine 
Gruppenbildung  veranlasst  wie  jene  der  fem.  ä-Stämme.  Wie  kommen 
Stämme   verschiedener  Bildung  wie   z.  B.  qnnä  nlql,  gmtis   dazu 
eine   Gruppe   zu    bilden?     In  allen  Fällen  von  Genusassimilation 
spielt  ein  äusserliches  Zeichen  wie  Artikel,  Pronomen,   Adj.  die 
führende  Rolle,   vgl.  le  sort  (M.  statt  F.)  nach  le  bonheur,  malheur 
destin^    hasard   usw.      Jede   Gruppenbildung   gleich    fungierender 
Formen  (z.  B.  der  Nom.  PI.  -oi  -ai  -€c)  hat  eine  formal  geschlossene 
Kategorie  als  Vorbild  zur  Voraussetzung  (hier  den  Plur.  des  Ver- 
bums).    [Bei  dieser  Gelegenheit  stellt  der  Verf.  den  wichtigen  Satz 
auf:  "The  psychological  grouping  from  uhich  the  phenomena  of 
analogy  residt  is  never  a  grouping  on  the  hasis  solely  of  ineaningy 
nor  on  the  hasis  solely  of  form;  hoth  are  involved  in  every  case\ 
Pauls  Scheidung  in  formale  und  stoffliche  Gruppen  ist  für  den  psy- 
cholog.  Prozess  bedeutungslos.]     Auf  Grund  dieses  Prinzips  ist  es 
durchaus  unwahrscheinlich,  dass  die  Genuskategorien  von  den  Wörtern 
mit  natürlichem  Geschlecht  wie  Vater,  Mutter  usw.  entsprangen.  — 
Wohl  aber  ist  das  Pron.  der  3.  Pers.  er — sie— es  als  Ausgangspunkt 
für  die  Entstehung   des   gramm.  Geschlechts   vorzüglich   geeignet, 
vgl.  Verf.  Class.  Rev.  a.  a.  O.     Sein  Pri-nzip  haben  nachher  sowohl 
Henning  KZ.  32,  402  ff.  (1893)  als   auch   besonders  Jacobi  Kom- 
positum 115  ff.  (1897)  aufgestellt.      Die    verschiedenen    Stadien  der 
Entwicklung,  die  Wh.  annimmt,  weichen  freilich  von  denen  Jacobis 
mitunter  ab. 

Da  das  gramm.  Geschlecht  im  Idg.  weder  durch  das  Nomen 
noch  durch  das  Verbum  ausgedrückt  war,  müssen  wir  seinen  Ur- 
sprung beim  Pron.  und  Adj.  suchen.    Das  bestätigen  auch  die  nicht- 


I.  Äll{rer 


'.  Sprnch" 


'halt  i 


Altertumskunde. 


Ildg.  Sprachen.  Sehr  deutlich  lehrt  das  Englische  die  Äbhänjripkeit 
der  GeschtecbtHbezeicImuiig'  vom  Prrtn.  Im  Engl,  existiert  kein 
pHmm.  Nominftltircschtecht.  Die  Unterscheidung  »wischen  wirklichem 
und  metaphnrischpm  Sexus  betrtfTt  die  Objekte,  nicht  ihre  Namen. 
Fälle  wie  he-goai  ahe-wolf  sind  Objektbezeichntingen  so  gut  wie 
Vattr,  Mutier:  nhe-icolf  ist  spezieller  als  ivalf  ebeuito  wie  im  Griech. 
V|  9edc  spezieller  ist  aIs  ö  9eöc  (ot  Beol=Göner  und  GHitinnen).  i]  Bföc 
fKtlt  sowenig  unter  den  Begritf  des  grftmin.  Geschlechts  ivie  ^  |!iobo- 
bdKTuloc  ^_dTpoiKoc.  Das  gleiche  gilt  von  tt  öböc,  i^  vf^coc  usw.  Sie 
Bind  alte  Überbleibsel  einer  Zeit,  bevor  das  Pronomen  seinen  Ein- 
fluss  gellend  gemacht  hat,    Anch  die  Komposita  stammen  ans  einer 

»Zeit,  wo  Kaausendungen  und  Konkordanz  nicht  vorhanden  waren.  Die 
älteste  Schicht  der  idg.  Neutra  (die  ni cht-o-Stämme)  haben  im  N.  A. 
den  reinen  Stamm.  Die  Neutra  auf  -om  sind  sekundflr  entwickelt, 
iie  sind  Formen  individualisierter  o-Stilmme  und  bezeichnen  "the 
{»Esive  recipient.  the  goal  or  complement  of  the  action  named  in 
the  verb,  In  distinction  from  the  bearer  and  exponent  of  the  aclioa 
represented  in  the  s-forms."  Durch  Verlust  des  ihenmt.  Vokals  nach 
StreitbergsGeaetz  erschienon^u.m-FormeD  auch  bei  kons. Stummen. 
Erst  dann  drang  -m  bei  den  Neutris  in  den  Nom.  Wir  haben  hier 
die  älteste  KlasBifikation  der  idg.  Nomina  vor  uns:  auf  der  einen 
Seite  die  aiten  Neutra  der  3.  Deklination,  auf  der  andern  die  in- 
dividualisierten o-  i-  u-Stämme.  Diese  Klnasifikatlon  entspricht  etwa 
der  Scheidung  zwischen  definit  und  indetlnit  bei  andern  Sprachen. 
Die  Verbindung  zwischen  Pron.  und  Nom.  stellten  die  Adjekliva 
her:  das  bezeugt  ihre  'Konkordanz'  [-os  -ä  -om).  Das  Pronomen 
aber  hatte  eine  eigne  Femininl'orm:  ntl  («i).  Hierin  bat  Jacobi  S.  1^1 
mit  Recht  die  Quelle  der  femin.  d-Endung  erkannt.  Das  Nominativ-s 
hat  nichts  mit  dem  Femininum  zu  Ihun;  daH  beweist  seine  Erhal- 
tung bei  den  Femininen  der  8.  Dekl.,  in  den  Epikoina  auf  -oa-,  im 
Fem.  der  Adjektiva  zweier  Endungen  und  in  den  Nominibus  wie 
6b6c.  Zuerst  drangen  die  ä-Formen  ins  Adj.  ein:  gd  leukä»  ivird 
(sd)  leukd;  von  da  gingen  sie  aufs  Substantiv  über;  es  entstanden 
Gruppen  von  li-Femininen.  Infolge  dessen  ward  -<i-  «um  Feminin- 
BUftix.  Der  Parallelismus  des  Konirasta  zwischen  Kollektirabstrakten 
nnf  -ä  und  Verbalsubstantiven  auf  -os  {b/tord  :  bhörox)  und  zwischen 
Femininen  auf -li  und  Maskulinen  auf-os  Hess  die  Kollektivabslrnkta 
als  Feminina  emptiiiden.  Dies  war  der  entscheidende  Schritt  dazu, 
dass  das  Geschlecht  aufhörte  eine  Eigenlumliebke.it  der  Objekte  au 
aein  und  zum  gramm.  Geuus  wurde.  Das  Idg.  grammat.  Geschlecht 
blieb,  was  es  von  Anfang  an  war:  eine  unvollkommene  Vermischung 
Bweier  verschiedenen  KJassifikationssj-Bieme.  Das  eine  Estreni  war 
die  auf  der  Bedeutung  beruhende  Klassifikation,  das  andere  die 
anf  der  Form  beruhende.  Die  alten  Formklassen  prädominierten 
■war  stets,  aber  mehr  oder  weniger  von  einem  fremden  System  be- 
einflnsat,  das  ihnen  ein  neues  Leben  einflüssie. 

Angefügt  ist  ein  vollständiges  Verzeichnis  der  Litteratur  über 
die  Entstehung  des  gramm.  Geschlechts. 
64.  Osthoff  H.     Vom  Suppletivwesen  der  idg.  Sprachen.    Erweiterte 

akademische  Uedc.  Heidelberg  Hörning.  Si  S.  4°.  4  M. 
55.  Brial  M.  Les  commencementa  du  verbe.  MSL.  3,  ä86— 84.  (1»00). 
Abdruck  aus  der  Revue  de  Paris  vom  15,  Dez.  läS9.  1.  Das 
Uteste  am  Verbnm  Ist  das  zeitlose  'Präsens'.  Personenbezeichnung 
unil  Tempus  fehlten  ursprünglich.  —  II.  Zwei  Formen  existierten 
nTSpriingllch  1  a)  Befehlsforiii.  b)  Form,  die  angibt,  dass  die  befohlene 
Handlang  geschehen  ist.     Dem  Verb  ist  es  eigentümlich,    dass  es 


IG2    1.  Allgi-in 


.'  Inilo^'.  Sprachwisseimoliaft  u.  Altcrluinstundf 


der  MilteilunfT  einer  Thaisaeh*  ein  subjektives  Element  zufügt.  — 
III,  Die  Antwortformen  haben  ü!c  Tempora  getieferC.  So  ist  dag 
Perfekt  niciits  nln  ein  inienBives  Präsenz.  Die  walire  Bedeutung  des 
Aorists  "qui  diff^ro  seulement  du  present  pai*  un  surcroit  d'afftr- 
tnallou"  zei^t  der  gncini.  Anr~  Das  Augment  ist  mit  dem  liomer. 
fj  'Bssuremenc,  oui,  vraiment"  ideiitiBch.  Die  Tempora"  im  eigent- 
liclien  Sinn  sind  also  ziemlich  Jungen  Datums.  —  IV.  Entstehung 
der  Personnicndungen  aus  Pronominibus. 

56.  Hirt  H.    Der  idg.  Ahlaul,  vornehmlich  in  seinem  Vorhillmis  zur 
Betonung.     Sl.rasshurg  Trütiiicr.    VIII  u.  224  S.     5,60  M. 

57.  Hirt  H.    Akzen (Studien.     IF.  10,  20—69. 

Vgl.  Anz.  9,  139  Nr.  18.  —  11)  Die  Stämme  auf  ei.  Ergänaung 
zu  IF.  7,  las  ff.  185  if.  Vgl.  »luch  Vprf.  Idg.  Akzent  192  Fuasnote. 
Abweichend  von  Bavtliolomae  Stud,  2,  61  t-rkenni  der  Verf.  nur  e 
und  ei  nicht  ä  und  äi  im  BasenÄUslaut  an.  Ablaut  a)  cxeit)  :  exl  — 
Sing.  Prs.  u.  s-Aor.  —  b)  {e)xi(i).  Dies  wird  durch  Slav.  Lit.  Griech. 
bestätigt,  widirend  Lac.  und  Germ,  kein  festes  Verhältnis  mehr  haben. 
Im  Oriech.  ist  der  Stamm  auf  -e  im  Passivaorist  auf  -tyv  erhalten, 
neben  dem  sich  io-  und  seltner  o-Präsenticn  finden.  (Material  hei 
Homer  und  im  Att.)  Da»  Material  lehrt,  dass  das  6  des  2.  Stammes 
ein  integrierender  Bestandteil  der  Wurzel  ist.  Sowohl  -H'  in  iiiAvjjv 
at»  auch  -io-  in  ^a(vo|Jal  sind  Ahlautsformen  den  Wurzel  ausgangs. 
Beispiele  für  iß  aus  dem  Perfekt,  der  Nominalbildung,  dem  ai. 
PasBivaoriMt.  —  Anhang:  ai.  äJiif  au  lat.  eräs7  Die  t:rkinnmg 
BartholomaCB  wird  abgelehnt. 

12)  Zur  Betonung  des  Prsussisehen.  ErgUuisungeu  zu  Bemekers 
Preuss.  Sprache. 

13)  Zur  lit.-siav.  Betonung.  A.  Die  Natur  des  lit.  Akzents  a. 
die  QunntilHten.  —  B.  Die  lit,  Akzemversuhiehung.  —  C.  Die  Be- 
tonung der  o-StHmme  im  Lit.-Slav.  Resultat:  1)  Die  alten  idg.  L&ngen 
vor  dem  Ton  (lit.  ö  £  ^  ü  ä)  ziehen  den  Ton  von  der  fl^.  Silbe 
auf  sich. 

2]  Es  entsteht  der  HekUDdftrc  geütosscne  Ton. 

3)  Der  gestossene  Tou  zieht  den  Ton  der  llg.  Silbe  auf  sich, 
wenn  diene  gestossen  hetont  war. 

4)  Der  Akzent  geht  von  einer  Kürze  auf  die  flg.  stoeseud  be- 
tonte Silbe  über. 

5)  Unter  dem  Ton  werden  alle  Gilben  mit  Ausnahme  der  Knd- 
ülben  gedehnt. 

6)  Der  Akzent  geht  von  einer  Hchleifenden  LAnge  auf  die 
Dg.  Silbe  über  (in  dem  Dialekt  der  üniversiias  u.  z.  T.  in  Ostlitauen 
noch  nicht  durchgeführt). 

14)  Der  idg.  Ablaut  e-o.  o  entsteht  im  Satzton.  In  (icppuiv  usw. 
sind  die  zweiten  Glieder  der  Komposita  lieftimig  geworden,  lialicn 
aber  ihren  alten  Akzent  als  Tielton  bewahrt..  Dieser  hat  dann  e  in 
o  gewandelt.    Für  alle  o  reicht  dieses  Gesetz  jedoch  nicht  aus. 

58.  Qauthiot  R.     A   propos  de  1a  loi  de  Verner  et  des  effets  du 
Ion  indo-europöen.    MSL.  II,  193—97. 

Alle  Wirkungen  des  idg'.  Akzents  lassen  sich  auf  eine  Ein' 
heit  zuriicklUhrun  und  aus  der  Natur  desselben  erklären.  Der  idg. 
Akzent  hat  auf  das  Unnsiin.  Klenient,  das  ihm  unmittelbar  folgt,  Ein- 
flusB  ausgeübt  im  Germ.  (Veruers  Gesetz),  im  Griech.  (pc,  vgl.  Wacker- 
nagel KZ.  29,  127),  im  Awest.  (j-  in  rp  wird  tonlos,  Grundnss  der 
Iran,  Phil.  1.  168):  in  allen  dr*i  hat  der  Akzent  die  Stimmlosigkeit 
der  Kons,  begünstigt  (sie  erhalten  oder  erzeugt).    Gehn  wir  voai 


.  I,  Allgemi'im-  indoiT.  SprachwisseuMi- hilft  u.  AI Kartwni »künde,     IfiS 

Skr.  aus.  eo  lindt'ii  wir,  dass  die  Tonuilbe  tilt\a,  die  posltonische 
^p€lo  ist.  Nim  existiert  kein  Unterschied  zwischen  der  Muxkelan- 
lAtren^n;^,  die  den  Stimmtou  und  der,  die  die  Tonhöhe  bewirkt; 
Gtimmtot)  und  Tonhöhe  siud  das  Ergebma  der  KontrftktioD  derselben 
Uuskeln.  Die  hoihetbetonte  Silbe  ihI  die,  für  die  die  Stimm  bHnder 
AID  stärksten  gespannt  sind.  In  einer  Sprache  wie  dein  Skr-,  das 
^u  Svfirita  besitzt,  finden  wir  allmähliche  Lockerung  der  Muakel- 
f.  Spannung  d.  h.  einen  langsamen  Überarung  von  der  hohen  zur  tiefen 
Silbe.  Im  Griech.  dage;;en  ist  die  Ahupannung  plötKÜch;  es  findet 
kein  Allmählicher  t^bergang  von  AEcta  zu  ßopcia  statt,  sondern  ein 
Kontrast:  Die  Abspannung  ist  so  stark,  dass  sie  in  günstigen  F&llea 
die  ßahelago  erreicht  d.  h.  den  Verlust  des  Stimintonfl,  Da  der 
Inten  Sit  ütsakzent  diese  Thaisauhe  nicht  erklären  kann,  so  ist  di^r  id^. 
.Akzent  vorwiegend  musikalisch  gewesen. 

ta.  Hflillet  A.   D'un  eHet  de  l'accent  d'intensitä.    MSL.  li,  165—172. 
Die  Veränderungen  der  Vokale  in  nicht  intensiven  Silben  unter 
dem  Einfluss  des  Intensitätsakzcnts,  der  eine  mittelbar  oder  unmittel- 
^bar    benachbarte   Silbe    trifft,    zeigen    3  Typen:    1)  Reduktion   der 
»ichtintensiven  Vokale,   die    bis   zum  Verlust  ^ehn  kann.  —  9)  Die 
nfchtinteasiven  Vokale  verlieren  ihre  eigentümUche  Artikulation  und 
werden   zu  einem    neutralen  Vokal.  —  3)  In   bestimmten    Sprachen 
"werden  sie  geschlossen.    Der  Intensitfitsakzcnt  beruht  auf  einer  be- 
sonders raschen    Bewegung  der   Luft-tAule   des  Expirationsslroms. 
Die  artikulatorischen  Bewegungen,  die  dieser  Expiration  korrelativ 
H  «Ind,  werden  infolge  der  Reaktion  gegen  den  intensiven  Luftdruck 
K-tnit  grösserer  Energie  ausgeführt  als  sonst.  Wenn  nun  der  Sprechende 
Haeine  Aufmerksamkeit  ganz  auf  die  ItitensitStHsilbe  richtet,  vermin- 
B.dert  er  die  SUlrke  des  Luftdrucks  für  die  schwachen  Vokale;  hier- 
Hjdurch    aber  werden    sie    naturgomäss   geschlossener  (vgl.  Bourdon 
■  Annäe  psychologique  1898  S.,.373).    Die  ThaUache,    dass  ein  Vokal 
K^nrch   eine  Art  instinktiver  Ökonomie  geschlossener  wird,  tritt  uns 
rauch  ausserhalb  der  schwachen  Silben  entgegen:  1)  Ein  nasalierter 
^    Vokal  hat  die  Neigung  geschlossen  zu  werden:    die  grüssere  Enge 
des  Mundraums  kompensiert  dieÖffnung  desNasenraums,  —  2)  Lange 
Vokale  neigen  ebenfalls  zu  geschlossener  Aussprache. 
60.  Zubat^  J.     Die  idg.  Velar-  und  Pnlatallaute  (cecli.,  referierend). 

Listy  HI.    26,  26-30,  96-102. 
«1.  HelUet  A.     A  propos  du  groupe  -tu)-.     IF.  10,  61-70, 

La  modificalion  de  Tun  des  mouvemenis  constituants  d'un 
pbonOme  entraine  diverses  altörations  coniplexes  et  tr^s  divergen- 
tes. —  Toute  l'histoire  phon^tique  d'une  laugue  se  rednit  k  la  de- 
scriplion  de  quelques  changemeuts  diins  la  manif're  d'articuler  et 
de«  r6actiona  auxquelles  ces  changenients  oni  donn6  lieu;  les  röac- 
dons  sont  la  consequcnce  imm^diate  du  systf-me  phoni4ique  de  la 
langue  etudi^e. 

62,  UailletA.    Notes  sur  quelques  faits  de  morphologie.     MSL.  II, 
6-21. 

1.  Le  vocalisme  du  superlntif  indo-europ^en.  Im  ludo-iran, 
haben  Komp.  und  Superlativ  gleicherweise  e-stußge  Wurzel  (von 
wenigen  Ausnahmen  abgesehen).  Daher  ist  es  unwahrscheinlich, 
(lass  die  Doppelheit  gr.  ülke(i:ujv  :  äXi-fLcroc  das  Uraprüngliche  zeige. 
öXifitToc,  KpdTicToc  iXox'^tot  haben  den  Vokal  des  Positivs.  Der 
Komparativ  wird  nur  beetnflusst,  wenn  er  Suffix  -lov  niclit  -jov  bat. 
Im  Ind.  Wurz€lbotonung  im  Superl.     Die  wenigen  Ausnahmen  sind 


164    I.  Allg'emeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde. 

Neuhildungen.  Germ.  Doppelformen  wie  ae.  UJbssa,  Idbresta  u.  wyrsa, 
toyrresta  sind  seit  Thurnej'sens  Gesetz  nicht  mehr  beweiskräftig. 

2.  abg.  sich  vbsh.  Das  i  von  sicimi  sicSrm  erklärt  sich  durch 
die  ErwSgung:  En  temps  oü  ei  (d'oü  plus  tard  ^)  issu  de  oi  trans- 
formait  k  en  c,  ou,  plus  exactement,  en  ci.  il  est  clair,  que  cJ  pro- 
voqu6  par  une  autre  cause  [par  Taction  de  la  voyelle  palatale  pr6c6- 
dente]  nc  pouvait  transformer  ce  m^me  ei  en  i"  Dasselbe  gilt  von 
vhSh,  8  aus  ch  durch  den  Einüuss  des  vorausgehenden  Palatals  ist 
idg.  s  vgl.  iit.  vlsas. 

3.  ai.  abhimätiß  und  üpamäti?  haben  mil  aus  mnä.  n  hat  über 
p  gesiegt  aus  rhythmischen  Gründen. 

4.  Les  accusatifs  skr.  asmänam,  sväsäram  etc.  Die  idg.  Doppel- 
heit  des  Paradigmas  N.  -es  -ös 

N.  PI.  -es-es  -os-es 

G.  Sg.  -es-e/os  -es-e/os 

wird  im  Indoiran.  zu       -äs  -äs 

-ds-ds  -äs-äs 

'ds-as  'ds-as. 

Das  d  des  Suffixes  im  N.  PI.  war  durch  das  Timbre  des  Suffixvokals 
im  Gen.  Sg.  geschützt,  das  ä  von  -äs-ds  nicht;  es  stimmte  nur  zu 
dem  ä  des  Nom.  Sg.  im  Timbre.  So  kam  es,  dass  es  sich  auch  in 
der  Quantität  danach  richtete.  Ebenso  hat  bei  den  n-Stämmen 
das  'ä  des  Nöm.  Sg.  auf  das  suffixale  d  des  Nom.  Plur.  wirken 
können,  da  dieses  durch  das  ä  der  andern  Kasus  schutzlos  blieb. 
Die  Thatsache,  dass  indoiran.  ä  einem  europ.  ö  entspricht,  beruht 
also  nicht  auf  einem  Lautgesetz,  sondern  auf  Analogiebildung. 

5.  slav.  zelitif  piteti  bereiten  eine  doppelte  Schwierigkeit,  a) 
Sie  haben  die  Nebenformen  zelati^  pitati;  b)  Die  einzigen  Nomina, 
aus  denen  diese  Verba  hervorgehen  können  sind  zalja  und  pista, 
von  denen  man  Bildungen  wie  *zeljati  *pitjati  erwarten  müsste.  Die 
Erklärung  ist  die  gleiche  wie  für  zijq  neben  Iit.  ziöju  (MSL.  9,  137  f.); 
zelje-je-  pitjeje-  haben  durch  Dissimilation  das  erste  j  verloren. 

0.  De  quelques  aoristes  monosyllabiques  en  arm^nien. 

7.  Le  g{'nitif  singulier  des  themes  pronominaux  en  armenien. 

8.  Le  g(''nitif  en  -oj  des  noms  de  parente  en  armenien  mo- 
derne. 

9.  Sur  quelques  formes  anomales  de  themes  zends  en  -a-.  Die 
Genitive  auf  -am  statt  -anam  im  jungem  Avesta  sind  zufällige  In- 
korrektheiten. 

63.  Meillet  A.    Une  anomalie  indo-europ^enne,  gree  äXXo.    MSL.  11, 

389  (1900). 

D'aprt\s  le  temoignage  de  Tindo-iranien,  du  slave,  de  Tarme- 
nien  et  du  latin,  les  themes  en  -o-  indo-europeens  signifiant  'un, 
entier,  tout'  6taient  flechis  comme  les  d^monstratifs,  sauf  au  nom.- 
acc.-sing.   n.   ou,   ii   en  juger  par   Tindo-iranien   et  le  latin  .  .  .  ils 

avaient  la  forme  nominale Dans  Tadjectif  'autre'  a  suffixe 

-ye/o  au  contraire  —  et  daiis  celui-ci  seul  —  la  flexion  dem.  s'etend 
au  neutre:  skr.  anyät  zd.  anyat  v.  perse  an  yaS;-{ciy),  lat.  aHud^ 
grcc  dWo. 

64.  Reichelt  H.     Die  /e-Stämme.     BB.  25,  234-38. 

Die  Zusammengehörigkeit  und  ursprüngliche  Identität  der  /e- 
StJimme  mit  den  i-Stämm<ni  wird  durch  flg.  bewiesen:  1)  Die  jf-Ste. 
haben  im  Femininum  frühzeitig  jf^z-Formen  aufgenommen,  z.  ß.  ai. 
hhtnnyäh,  fpepoOcrjc  an.  heidar  usw.,  dann  wurden  diese  auch  auf 
Stämme  auf  -o/-  übertragen:  kanäyäi  usw.     Von   hier  aus   begann 


I 


I.  Allgremeine  indog.  SprachwisBenschnft  u.  Altertumskunde.     1S5 

die  Beeinflussung  der  d-Ste.  Im  Gripch.  wnrd  der  regelrechte  Akk. 
der  j-Stnmiiie  -ja  d.  i,  im  »u  -lav  umgestaltet  und  zog  id-Formen  tu 
den  ob).  Kasus  nach  sich.  ~  3)  Die  sog.  i£-SCämme  haben  in  den 
Einzel  sprachen  noch  vielfach  die  nrapr.  jf-Formen,  z.  B.  aw.  daäv- 
ay-ö,  tfitpoMcav,  faciem,  facil,  heiilr,  heide,  heidi,  iolS,  iol\  (Du.)  usw. 
zoli  hat  -i  aus  -ei,  vgl.  Ar|Ti(j.  Abg.  zetni  ist  L.  Sg.  eines  i'-Stamraefl. 
Die  KasuB  des  Du.  u.  Plur.  sind,  soweit  die  i-Dcbl.  niclit  fortbesteht, 
der  i'fi-Plexion  entnommen. 

fö.  RaicheltH.  Die  abgeleiteten  j- uud  it-Stänime.  BB.  25,  238-62. 
Zwei  Klassen  im  Idg.:  1)  Nom. -eu«  -öu-s  und  -öi  -6i.  2)  -i-a 
-u-v.  Mit  Meringer  BB.  16.  229  ist  der  Nom.  auf  -eu-c  aus  -nu-c  als 
die  Slteste  Form  der  u-StBmme  auzusehen  und  mit  aäkhä  Akk. 
aäkhäyam  gäus  gäm  zu  parallelisieren.  Mit  Ausnahme  des  N.  A.  V, 
Sg.  und  Akk.  PI.  sind  die  Kasus  von  Kl.  I  u.  2  unter  sich  uod  mit  den  ab- 
geleiteten r-  u.  u-Sten.  identiscfa.  —  Betrachtung  der  Kusus  beider 
Klassen.  —  Im  Nom.  Akk.  Sg.  haben  sich  in  der  Komposition  die 
schwundstuflgen  Formen  entwickelt;  dies  beweist  I)  dass  neben 
den  Formen  auf -i's  -us  noch  die  alten  Bildungen  auf -£(()g  -£(u)ji  ■ö(t) 
stehn;  das  Nom.-a  ist  unnrsprünglich.  3)  In  der  Komp.  und  bei 
einsilbigen  Würze Istämmen  ist  neben  der  Schwundstufe  die  Normal- 
BtutV  noch  erhalten:  vi^  und  vift  pathS-f^hä-  TToMi-tidiiJv  u,  a.  3)  Im 
Komp.  mUEste  bei  Anfangsbetonung  die  letzte  Silbe  am  meisten 
reduziert  werden  z.  B.  aw.  afavaxin-uii  :  x^äui.  Umgekehrt  bei 
Endbetonung  Reduktion  des  ersten  Gliedes. 

66.  Meillst  A.    Sur  les  HUfßxes  verbaux  secondaires  en  indoeuro- 
peeii.     MSL.  11,  297-323  (1900). 

Toutes  les  fois,  qu'un  thf^me  nominal  se  compose  d'une  racine 
et  d'un  suffixe  qni,  dans  une  partie  au  moiua  de  sea  emplois.  est 
notoiremeut  secondaire.  il  n'est  pas  li^s^itime  d'affinner  ijue  ce  Lhöme 
aolr  prijoaire,  on  peut  —  on  doit  peut£tre  —  tcujours  tenirce  th^me 
poUT  d^riv^  d'nn  ancien  nom  racine.  Ce  qui  est  vrai  des  noms 
peut  r&tre  aussi  des  verbes:  plus  d'une  formation  qui  passe  ponr 
primaire    est    saus    dorne   secondaire    cn   r^alit^.     L'indo-europ6en 

'^dait  aux  moins  deux  sufflxes  verbanx  ttervant  il  former  des 

es  secoudaires:  -ye-  ...  et  -jtlce-;  il  y  a  lieu  de  rechercher  .  . 
US  les  verbes  formes  k  l'aide  de  ces  snffixes  ne  acraient  pas 
«econdaires.  —  Beispiele.  —  Notes;  1,  Sur  le  sufüxe  -amo-.  —  2.  Sur 
ta  place  du  ton  daua  les  verbes  grecs:  On'  s'est  deniande  si  la  raffle 
~'  '  '  qut  d^ünlt  la  place  du  ton  dans  les  formes  personnelles 
es  grecs  est  due  A  la  gen^raüsation  des  formes  atones  ou 
k  une  combinaison  des  formes  atones  et  des  formes  loniqiies  (Hirt 
Akxent  170  f),  Le  fait.  que.  dan$  tous  les  d^nominatils  tels  que 
tiiifli  (Tifidiul  .  .  .  la  place  du  ton  historiquement  attesl^e  s'explique 
ögalemeni  bien  en  partant  de  formes  toniquex  et  des  formes  atones 
parle  en  faveur  de  la  seconde  Hypothese,  celle  de  la  combinaison, 
ear  ces  verbes  sont  nombreux  et  tres  employes  et  surtout  ils  con- 
B^ltituent  en  grec  le  type  normal  par  excellence.  Les  presents  cnmme 
B'J^puf  .  .  .  tHvuj,  .  .  .  Ti9£^al,  des  fature  comme  oCciu  .  . .,  des  aorietes 
V^mme  fßqv  .  .  .  itwa  .  .  .  s'expliquent  parfaitement  par  des  for- 
i  toniques;  «iiii  fl  (Tci,  o?6ii  okfla  oTbe  ne  peuvent  s'expliquer  au- 
nent."  —  3.  grcc  irtupoiioi.  —  4.  Le  fuEur  indoiranien  en  -gya- 
t  )e  fatUT  lituanien.  Le  futur  est  presque  une  raretä  en  vädique, 
B  n'est  repr^sent^  en  slave  quo  par  un  participe;  en  lituanien  comme 
hnn  les  autres  langues,  il  consiste  en  tnrme«  nouvelles  et  d^ve- 
nppäes  isoli'ment  pour  la  pliipart,  L<^  mieux  est  donc  de  ne  lirer 
'""1  formes  de  futur  aucun  parti  dana  l'ßtude  du  sufüse  -yejo-,  — 


I 


16G     [.  Allgemeine  iudog.  S]>rAchn'isäeniiahat'[  u.  Altcrtuiuskundn 

&.  VocuJisine  de  l'aorisle  vödique  en  -z;-:  1}  d  in  gBBchloesiier  Silbe 
bleibt  ä  im  Aktiv  u.  Medium.  —  2)  J  in  offener  Silbe  bleibt  n  im 
Medium,  wird  n  im  Aktiv.  Die  Wurzelthein^n  sind  dadurch  lieuu^ 
lieh,  dns  sie  ä  liaben,  wo  der  (j-Aorist  ö  fordert.  —  6.  Lat.  iacect, 
amidre  :  amicire  hat  i  wie  got.  mikiteip  usw.  Vgl.  parere  :  repe- 
rlrt.  —  7.  Abg.  viditi,  velitt,  sidiit:  durch  gemeinslav.  Übergang 
aus  der  athem.  Konjugation  entatandeu. 
67.  Sandield-Jenaen  Kr.    Denominative  verher.    Nordisk  Tidssltr. 

f.  Filol.  7,  113-120. 

Behandelt  besonders  solche  Dcnominativa,  die  mit  Präpp.  zti- 
«ammongeselKt  siud,  ohne  dass  jedoch  denselben  ein  Verhuni  Sim- 
plex entsprieht,  z,  B.  franz.  art-iver  (aus  ad+ripam  .  . .),  ritin.  over- 
vintre  usw.  Verschieden  davon  sind  Wörter  wie  ddplumer  ditoKou- 
kitui,  wo  das  Stammwort  nicht  von  der  l'rftp.  regiert  gedacht  wird. 
Verba  der  letztgenannten  Art  kommen  in  allen  Sprachen  h&utig 
vor,  sowohl  mit  als  ohni*  Präp.  gebildet,  und  der  Verf.  teilt  zum 
Schluss  eine  bedeutende  Reihe  derselben  mit,  nach  den  Stammwör- 
tern geordnet. 
66.  V.  Rozwadowski  J,  Quaeslionum  grammaticarum  atquu  etymo- 

logicanim    series   altera.    Krakau  15  S,  (aus   den  Rozprawy  der 

Akad-,  23,  2il--2Sl).    0,30  Kr. 

I.  Do  verbis  denomin.  in  -läiö  cadentibus.  Nachträge  zur 
früheren  Aijh.  (Ana.  3,  71,  ersch.  ebd.  21):  ursprachl.  Belege  (lit. 
ulalaS  g.  -statön,  lal.  itare  grieuh.  Itiit^ov  u.  A.);  parallele  Denomi- 
nativhihlungen  -(e-je-  -U-ij)  -ti-  (■«-)  -tie-.    (Weiteres  s.  Abt.  X  B). 

69.  Fumi  F.  Gh.  II  psrcicipio  Attivo  del  perfeito  nelle  lingue  ariane. 
Mem  R.  Accnd.  delle  seien.  Torino  Ser.  II  T.  48,  Sc.  nior.,  slor.  e 
filol.  S.  239-Sl. 

70.  Orajaiiiko-EuHkovskij  D.  I.  Syntaktische  Studien  III  (russ.). 
Äuc  Min.  323  Juni  S.  398—445. 

Vgl-  Ana.  II,  143.  Gebrauch  des  Part.  Pfti.  und  Aor.  als  Prä- 
dikat (ohne  und  mit  Kopula)  und  Attribut  (Apposition)  im  Yeda 
und  im  Griech. 

Wortknud«. 

71.  Baly  J.  European- Aryan  roots  with  their  Englislt  derivative» 
and  iheir  eorresponding  words  in  the  cognate  lunguages,  compft- 
red  and  systematicaliy  arranged.  1.  Bd.  London  1897.  XSVIII 
u.  781  S.  *50  Sh. 

72.  Br6aJ  M.  Deus  raols  grecs  d'origine  s^mitique.  MSL.  11, 117— 19. 

1.  coqjöc.  —  2.  dufipoToc,  gincerus. 

73.  Bröal  M,    Varia.    MSL.  II,  120—25. 

1.  Boutures  verbales.  "11  arrivo  que  des  tonjugaisons  entiftr« 
8ont  tirpes  par  l'usage  d'uno  forme  quelconque  du  verbe;  c'ost  qu'on 
peut  appeler  des  boutures  verbales.  —  2.  odi  odisse.  —  3.  Le  rf  de 
fundere.  —  4.  arcera.  —  5.  stanUs  misai.  —  f-  Patois  norraand: 
hasse  'ßlle".  —  7.  Un  ic  analogii[ue.  —  8.  sckumpfentmre.  —  9.  Ion- 
gUH  —  largv». 

74.  Bräal  M.    foymologies.    MSL.  II,  187-93. 

1.  affatim  (:  xoiwiu).  —  2.  Xeiupröc  (:  Wiu  'woUfn'i.  —  3.  kotti- 
%iuj  (:  i\xoc  'bruit'  vgl.  deutsch  'einpauken'),  —  4.  Forinee  tanagt^- 


I 


I-  Allgemeine  iiidog.  S(iraehwiäfienm;hiLft  u,  Allertuinskuude.     167 

annes,  —  5)  deBXoc.  —  6)  Aor.  pussif  grec.  (Ausgangspunkt  sind 
Substantiva  wie  tOuti,  ßXdßri  :  l'aoriste  ixüirriv  pi't'senie  comme  ai'tivf. 
Ift  situHlion  d'un  liomme  qui  re^oit  dea  coupa.  Wenu  nebeu  cTpotp^ 
U61V.  fcTpitpriv  sieht,  so  atammt  das  a   aus  dem  Aor.  «ct.). 

75.  Br6al  M.     Etymologies.     MSL.  11,  354-61. 

1,  Quelques  di^rives  de  la  racine  mcn  'penaer".  (uiXXuj  stehe 
für  litvJM  usw.).  —  2.  kuvtbha  —  K.((ffakr\.  —  'A.  Un  Vera  d'Homöre 
(&01T0  gebraut'hl.  wie  dipdXoiTo).  —  4.  ivreX^x*"»  (wie  neben  cuvsx^c 
ein  cuvixeia,  so  steht  neben  tvrei^c  ein  ivreXixtia).  —  5.  üTtp  [Kom- 
parativ von  d-  dv-).  —  6.  TfixecmXfiTiic  (:  niXonai 'versari').  —  7.  fHntis 
(für  *terstis  :  lerror).  —  8.  üula  Augusti.  —  9.  prüfatted  et  tee  for- 
mes  Dsques  en  -alted  {-atted  beruht  auf  (kriech.  Einfluss:  Umformung 
der  Verl)»  anl'  -iLai). 

76.  Proudenberger  M.   Der  Ele.phant  ein  idg.  Tier?    HB.  Sä,  277  f. 

ai.  arälri-  päÜ  alära  könnte  aus  *aläla-  dm-eli  Dissiniilntiou 
entstanden  sein  uud  mit  i\t-<fiac  zusammenhängen,  das  'tX^'-Sager 
bedeutttte.  ebur :  ai.  ibha-  'Elephant'.  hebr.  kamöth-  berulit  auf  at. 
kariniui  'Kiephant'.  Pehievt  hanbarbUa  wohl  au«  *bar-bar-biia  zu 
barrun  aus  barito-. 


11.  Halövy  J.     Me  langes  i 


\ 


■mologiqaes.  MSL.  11,  73—91. 
1.  Hsayr,  vrtfu.  —  2.  armen,  aspastä.  —  3.  syr.  känün.  —  4. 
^Ud,  ftulda.  —  5.  Scythe,  Scythopolia  (griech.  ciciiqtoc  Hol.  cki^Soc 
'Becher'  vg'l.  Herodot),  —  fi.  Hystaspe  (die  grieeh.  Legende  Über  die 
Kbnigswahl  des  Darius  beruht  ant'  der  volksetymologischen  Um- 
deutuDg  des  Namens  hyst-aspa  'matrice  de  la  jument^.  —  7.  lAQ. 
IAO.  —  8.  arab.  rauda.  —  9.  h^Xra,  biKroc  'lettre,  billet'  Tg-i.  hebv. 
dalt  dalet  "Thüre  und  Buchseite,  Blatl".  —  10.  assyr.  sibu,  »amanü.  ~ 
'.1.  hebr.  sSmöni.  —   12.  La  formation   des  dizaines  eu  langue  tur- 

—  i:).   tiirk.  jigirmi.    —    14.  türk.  on  uon  en  hongrois.  —  15. 

ingu.  —  16.  tiirk.  qalai  'Zinn'.  —  17.  hehr,  dlbaä  'Houig'.  — 
'J8.  skr.  ntaiti  aus  aramSIsch  PI.  mäne  entlehnt,  das  genau  dieselben 
Bedeutungen  wie  ma^i  hat,  —  19.  ved.  bali  'Tribut'  ana  aram.  bctu.  — 
20.  akr,  vaidürya,  prakr,  vehirya  ana  ßr)püXXiov.  —  21.  tiirk.  oküz.— 
22.  lürk.  qaU.  —  13.  skr.  rcdanä  'sangle'  aus  aram.  Wann  'bride'.  — 
24.  gabra.  —  25.  arab.  sär.  ~  26.  apharsatkäyv.  —  27.  osnapar.  — 
*"  barai.  —  29.  Zando,  Andeg.  —  SO.  boudä.  —  31.  skr.  nifka'Qeld- 
niska  'Gold-  oder  Silberslück,  ohne  Legende,  aber 
j,.  jn  Geldwert'.  —  32.  gimidjä.  —  33.  tänikä.  —  a4.  tanürä.  ~  35. 
Palmj/ra  (Korruption  von  Tadmor,  nicht  zu  1IdX^la).  —  36.  pife.da.  — 
37.  Sam'.  —  38.  agür.  -  39.  abginos.  —  40.  abfalion.  —  41.'  cüpnoc 
aus  seniit.  aarp.  —  42.  Zdnai.  ^  42.  qanUqln.  —  43.  arab.  zand.  — 
44.  damqu. 

78.  Hempl  G.  The  Semasiology  of  dtrlcTOfiaT,  eersfehn,  undemland, 
urUerntehen,  gesteheii,  mtlemehmen,  underlake  etc.  M'id.  Langu. 
Notes  14,  465-468. 

79.  Hofi^ann  O.     Etymologien.    BB.  25,  106—109. 
1)  copKiiliu   'höhnisch   lächeln'  :  eot.  pwairhs  'zoniig'.  —  2> 

äXcoc  (aus  flXKiot)  :  alhs  üt.  elkaa  'Hain .  —  3)  gerra.  rausa-  'Rohr' : 
Spoipoc  "Hohr"  (vgl.  Hirt  PBrB.  22,  234)  Grundform  rogh^o.  —  4)  abg. 
nora  'Leiche'  :  vev€UKivoi  ■  reavriKivoi  Hesych  {näv-  : 
-  6}  änait  'Lastwagen' ;  onus  'Last' :  got.  ansa- 
.  —  6)  hom.  »«IpMI  'Kampfeslust"  ;  got  gramjan  'aufreizen' 
hw.  granta-  •--'■• 


—  doli 


24. 

BKWl 
Wn 


Xäac  :  I 

Trag-  ^^ 


168    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenscbafc  u.  Altertamskiinde. 

SO.  Johansson  K.  F.    Anlautendes  idg.  b .    KZ.  36,  342—390. 

Vgl.  Noreen  Urg.  Lautl.  121,  Zupitza  Gutturale  18  flf.,  wo  etwa 
44  inlautende,  Uhlenbeck  PBrB.  17,  439  f.  18,  236  flf.  20,  325  flf.  Ma- 
nual 57  f.,  wo  10  anl.  b  angeführt  sind.  Verzeichnis  der  bisher  gefun- 
denen Etymologien.  Neu  hinzugefügt  werden:  1)  bdlbaja-  'Grasart 
mit  breiten  Büscheln*  :  ßoXßöc  'Knolle*  bulbus  usw.  —  2)  bat  'für- 
wahr' :  ßcXTiujv.  —  3)  barhafi  und  bfihhati  'barrire* :  ^ßpaxc  'krachte*. 
—  4)  bilma  'Spahn' :  germ.  pint-  'membrum  virile*.  —  5)  busta  'Kruste, 
Schale*  aus  *butfo-  :  bud-buda-  'Wasserblase',  ßuCöv  schwed.  ptUa 
'Kissen'  usw.  {pfütze  hierzu,  nicht  von  puteus  stammend).  Neben 
bÜ'd  auch  bÜ-s^  bü-l.  Parallelwurzel  mit  bh-  in  ufbauljan,  —  6) 
bastd'  'Bock'  aus  bnd-fo-  :  bindu-  'Tropfen*,  ir.  bainne  'Tropfen'.  — 
7)  bakd  'Reiherart,  Heuchler'  usw.  :  bakura-  puggs  'Beutel*.  —  8) 
bärsva-  'Wulst'  :  apr.  balsinis  'Kissen*.  —  9)  basta-,  ba^kaya-  ba^kiha- 
banda-  gehn  auf  beld  zurück  :  schwed.  paÜ  'Blutkloss'  g.  plats 
Tetzen'.  Exkurs  über  die  Benennungen  von  Kindern  und  Tierjungen, 
die  von  toten  Gegenständen  genommen  sind,  die  für  die  äussere 
Anschauung  entweder  als  runde  klumpige  oder  als  abgestutzte  Figu- 
ren hervortreten.  —  10)  idg.  beik-  urgerm.  plkk-  aus  7??jn-  idg.  bVcn'i 
a)  pikk'  aisl.  pik  'Stachel*  usw.  b)  plgg  :  norw.  dän.  jngg  'Stachel*. 
Dazu  peika-bagms  'Palmbaum',  blja  'Same,  Keim*,  'ein  Ausläufer 
des  ind.  Feigenbaums'.  —  11)  pfuhl  germ.  pöla-  :  -bära  'Öffnung', 
jam-bäla-  'Schlamm',  bila-  ijbdlo-)  "Höhle,  Loch*.  Mit  Erweiterung: 
blato  dazu  mare  balticum,  —  12)  schwed.  plugg  'Pflock*,  Wurzel- 
variation zu  beled  beld  (s.  o.).  Dazu  pflücken.  —  Ein  grosser  TeU 
der  mit  b-  anlautenden  Wörter  scheint  der  niedrigen  Sprache  an- 
zugehören; deshalb  wohl  auch  so  wenige  Wörter  aus  altern  Perio- 
den belegt. 

81.  EisslingG.  Lautmalende  Wurzeln  der  indogermanischen  Sprache. 
Sonderabdruck  aus  der  Festschrift  der  45.  Versammlung  deutscher 
Philologen  und  Schulmänner.    Bremen  Winter.    65  S.    0,80  M. 

"Bei  den  idg.  Wörtern,  die  den  Begriff  blasen  bezeichnen, 
steht  der  Anlaut  in  deutlicher  Beziehung  zur  Bedeutung.  Besonders 
unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  derjenige  Anlaut,  den  die  Grund- 
sprache als  bh  bezeichnet,  lautmalenden  Charakter  besessen  hat. 
Seine  ursi)rüngliche  Beschaffenheit  lässt  sich  zwar  nicht  genau  er- 
mitteln; doch  darf  als  völlig  sicher  gelten,  dass  er  aus  der  unmit- 
telbaren Nachahmung  des  Blasens  hervorgegangen  ist.  Es  ist  zwar 
an  sich  sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  onomatopoetische  Wort- 
scliöpfiing  mehrfach  stattgefunden  habe;  aber  innerhalb  der  ÖÄ-Sippe 
lässt  der  ältere  Sprachstoff  eine  derartige  Verschiedenheit  des  Ur- 
sprungs nicht  mehr  erkennen. 

82.  Kretschmer  P.    Etymologisches.    KZ.  36,  265—70. 

Vgl.  KZ.  33,  272  ff.  559  ff.  1.  teinpuSj  temperare  Verteidigung 
seiner  Deutung  Einleitung  411  gegen  Brugmann  Sitzungsberichte 
1897  S.  25  tempus  ist  'Zeitabschnitt*.  Vgl.  auch  Usener  Göttemamen 
S.  191.  tempus  'Schläfe*,  wie  templa  'Dachbalken'  wahrscheinlich 
macht,  aus  tenp-.  —  templu7n:  wie  extemplo  'sogleich*  lehrt,  lag  neben 
tempus  ein  gleichbedeutendes  teniplum.  Mit  diesem  ist  templum 
'Bezirk'  identisch,  das  räumlich  statt  zeitlich  gefasst  ist.  —  2.  dcx^ 
biupoc.  Komp.  -bujpoc  dorisch  =  -öopFoc  :  ööpu,  Bedeutung  'Trotze- 
speer'. —  3.  "OHuXoc  zu  Hes.  öEuXov  *  ö|aoiov  [HOXiu],  tcöHuXov  ö-  =  so- 
lit.  sa-  (Schulze  Quaest.  ep.  495).    Oxylos  ist  Baumdämon. 

83.  Lid^n  E.    Studien  zur  altindischen  und  vgl.  Sprachgeschichte. 


I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde.     169 

Skrifter  utgifna  af  K.  Humanistiska  Vetenskapssamfundet  1  Upsala 
VI,  1.    Upsala  1897  [erschienen  1899].    108  S.    2  M. 

^.  Prell'witz  W.    Lat.  flagitium  lit.  blögas,    BB.  25,  280-86. 

Wie  servitium  auf  servos  so  kann  flagitiuin  auf  *flägo8  'schänd- 
lich* zurückgehn,  das  zu  dem  lit.  blögas  'mager,  elend*  und  'schlecht, 
böse*  gehört.  —  flagitare  urspr.  soviel  wie  'mürbe  machen,  quälen*.  — 
In  diesen  Wörtern,  zu  denen  griech.  ßXrixpöc  ßXdE  lit.  mülkis  'Tropf 
gehören,  ist  ml-  zu  lat.  fl-  geworden.  Vgl.  noch  floccus  :  inaXXöc 
*Zotte*  lit.  milas  'Tuch';  flävus  :  mulvas  'rötlich,  gelblich*. 

85.  Rolland  £.  Flore  populaire  ou  histoire  naturelle  des  plantes 
dans  leur  rapports  avec  la  linguistique  et  le  folk-lore.  Tome  2. 
267  S.    Paris  Rolland.    6  Frs. 

86.  Thumb  A.    Etymologien.    KZ.  36,  179—201. 

1)  i\ia  'Spreu'  u.  Verwandte.  Zu  Wz.  as  "werfen,  schleudern*, 
fjia  entweder  substantiviertes  Verbaladj.  wie  cq)dT»ov  oder  Weiter- 
bildung eines  Subst.  *e8os.  Bedeutung  'Auswurf,  Ausschuss'.  Vgl. 
ai.  äsa  'Asche.  Staub*.  —  2)  rpicpw  'gerinnen  machen*,  Tpöq)ic  'feist' : 
dröbjan  'trüben*,  vgl.  an.  draf  ahd.  trebir  Treber,  Hefe*  d.  i.  'dicker 
Bodensatz*,  xp^cpui  'nähren*  kann  zur  selben  Wz.  gezogen  werden.  — 
3)  q)dXoc  'Bügel*  (pdXapa  *Helmbucker  :  phana-  M.  F.  phafa-  M.  'sog. 
Haube  oder  Schild  einer  bestimmten  Schlange*  ai.  phara-  'Schild'. 
Weiter  dazu  phäla-  'Pflugschar'  phala-  'Pflugschar,  Pfeilspitze'  zu 
Wz.  phal  'bersten'  griech.  (paXXöc.  —  4)  Alb.  Hinz  'Ftinken*.  entlehnt 
aus  ^CTia.  —  5)  Alb.  .^aktisem  'bin  ausser  mir*  aus  ngriech.  cacTiZui, 
<^)cdcTiHa.  —  6)  got.  alhs  "Tempel'  Grdf.  olq,  mit  Mikkola  BB.  22,241 
zu  aikas  'h.  Hain*,  ferner  zu  griech.  "AXtic,  dem  Namen  des  Tempel- 
bezirks von  Olympia,  got.  h  aus  h  vor  Konsonanz  entstanden.  — 
7)  hnupö  :  .^nath  'durchstossen*.  —  8)  fvopan  KößäXoc  'Possenreisser, 
Gauner',  anl.  qy,,  —  9)  qainön  :  gäyati.  —  10)  pairh^  durch  :  tirds, 
Ordf.  HerqUe. 

87.  Zupitza  E.    Etymologien.    BB.  25,  89—105. 

1.  abg.  tegnafi  :  awest.  ^anj-  'ziehen*  (idg.  th)  griech.  Tdccui 
<aus  *edxjuj).  —  2.  ir.  loss  'Schwanz,  Spitze*,  Grdf.  *lxistä  :  aisl.  liösta 
"mit  einem  Speer  treffen*.  —  3.  ir.  folongim  'ferre,  perferre  usw.*; 
brit.  *dalg-  =  longus  :  dirghd-,  —  4.  ir.  dge  'Glied*  :  pägus  russ. 
pazh  'Fuge*.  —  5.  ir.  gobtl  'Verlegenheit,  Klemme*  aus  *gobetlO'  : 
lett.  fchabeklis  'Knebel'.  —  6.  ky.  cyfludd  'Hindernis*  :  rödha-  'Hem- 
mung'. —  7.  ky.  llyvi  'scharf*  aus  lembo-  :  X^imßoc  'kleiner  Nachen 
mit  spitzem  Vorderteil*.  —  8.  d\i:\x}  :  szüpti  'faulen*  Anlaut  ksv  (vgl. 
caOXoc  'geziert'  :  abg.  siiUj  *Ko^niÖT€poc'.  cavic  'Thürflügel'  :  szönas 
'Seite  des  Körpers'.  cöpiT^  :  sziüres  *Schaclitelhalm'.  EuXov  :  got. 
satäs.  k^ipdti  :  abg.  oHbq  st*  *  wende  mich  ab*,  k^ubh-  :  poln.  chy- 
bac'.  ir.  sei  'Weg*  :  ch^t-,  ky.  chicant  'Begierde'  :  chotHi.  —  kit-\- 
Kons.  :  vgl.  k^ipati.  ksn  :  szniaukti  {ksneu)  :  me.  snSsen.  k^näuti 
Vetzt'  :  novaciUa  snaudr.  —  interkonson.  s  ist  unterdrückt  in  ae. 
huistlian  'pfeifen'  :  k^vedafi  'saust*,  kvathati  'siedet*  :  lit.  szuntü, 
ae.  hwilpe  :  cdXTriY^,  szwÜpiü.  hneggr  :  sneggr  'klärlich*;  hniösa  : 
to  sneeze.  ai.  kvan-  'tönen  :  svdnah.  sveda-  'Schweiss' :  kfvidate).  — 
9.  ir.  traig  'Fuss* :  nsl.  trag  'Spur'  serb.  trag  'Fusstapfe*.  —  10.  ky. 
chwarddaf  'lachen' :  capbdvioc  'HohngeUlchter*.  —  11.  ky.  gtcyw  'ver- 
welkt* (aus  *visvos)  :  aisl.  visenn.  —  ky.  llith  'Köder'  :  ir.  adslig 
'lockt  an*,  sligiu  'locke'  =  sligim  'schmiere*,  vgl.  ae.  sUc  'schlau, 
glatt',  deutsch  schlicht.  —  ky.  nithio  'worfeln'  griech.  vetKXov  • 
Xdcvov,  lit.  n&cöti,  —  14.  ir.  tarr  'Hinterteil*  :  lit.  tursöti  'mit  ausge- 


170    I.  Allgemuiiic  indog,  Sp  rat  li  wissen  schalt  ti.  Altertmuskuntle, 

streckteni  Htnlcrtell  daatehn*,  [mit  rts)  ae.  uteort.  —  15.  ir.  m4itk 
*fett'  :  mititit  misti  's.  nähreu'.  —  IS.  aisl.  meida  'verstüiameln".  iill- 
biJhm.  mitili.  —  17.  ausculto  :  -kalla  "neigen",  vgl.  ae.  üh}/td  wie  pin 
iare.  —  18.  stürzen  :  ky.  tarddu  'enlap ringen'.  —  19.  ir.  dergnat 
'Floh'  t  cepipoc  'Insekt',  zujeri/.  —  20.  alav,  ikra  'Fischrogen'  :  ir. 
iuckair  'spawu'.  —  21.  ai.  taandd-  'das  Oberste,  fette  Schicht'  (ans 
l^mranda)  ;  blandiis  'bündig,  gehaltvol!'.  —  22.  drohen  :  breL  gour- 
drowi  lit,  draudiiü.  —  23.  elav.  Huiiti  'trösten" ;  töfdyali  'bescbwich- 
tigt'.  —  24.  rnss.  {s)müryj  'dunkelgrau'  :  aisl,  meyrr  'inürb'  griech. 
(d)^aupöc,  —  25.  ky.  cem  "Kinnbacken"  :  ahg.  irenovbnh  'Backuhn', 
—  26,  ai.  kärna-  'Obr'  aiicb  'Handhabe'  :  abg.  erim  ky.  cam,  — 
27.  ai.  kürma-  'Seliildkröte'  :  lit.  kürmis  'Maulwurf.  —  28.  füg 
'scharf"  :  abg.  striib  'frisch".  —  29.  ky.  ffwden  'Eile'  :  CTroubi^  und 
arm,  poit  'Eifer'  {ky.  »iiil.  sp  ini.  (A).  —  30.  ky.  dera  'Schwindel, 
Koller'  :  whd.  turc,  nM.  torkeln.  —  31.  ahd.  serojcÄi 'vertrocknen'; 
sergaim.  —  32.  itpiliE  'Tropfen*  :  ir.  arg  'Tropfen'.  —  33,  conquintKO : 
aisl.  huika  's.  ducken',  eeenqü.  —  34.  lat.  rtc«  'Schleier'  :  irrevn  'ver- 
hüllen'. —  35.  ae.  ätne  'Kostbarkeit'  :  ir.  ait  =  ahd,  sinka  -.  aisl. 
Hndr. 

SemitlBck.    Lybtsch.    Etrneklsch.    LIgnrIsch. 
66,  Nöldeke  TL.     Die  semitischen  Sprachen,     1':ini'  Skizze.    2.  AuH. 

Leipzig  Trtuehnitz.    2  M. 
8.'^,  ThomsenV.    Etudes  Lyciennes.  T,    (Extrait  du  Bulletin  de  l'Aca- 

d^mie  Royale  des  Rcieneee  et  des  Lettre»  de  Danemark.  1899). 

Over»igter  over  det  kgl.  danske  Vid.  Sclsk.  Forhandl.  Iö99.  S.  1—77. 
Beitrüge  aur  Deutung  der  Ij-kischon  Inschi-iften.  Mehrere 
wichtige  Äbschuiite  der  lykischen  Grammatik  werden  durch  diese 
Untersuchungen  klar  beleuchtet:  Der  Gebrauch  des  Pron.  relai.  ti, 
das  immer  nach  dem  Verbuiii  steht;  die  zum  Verbum  gehörige  Paf 
tikel  me,  die  früher  ala  Pronomen  aufgefasst  wurde,  die  aber  ihrer 
Bedeutung  nach  am  nächste»  mit  »e  'und'  verwandt  ist;  die  Verbal- 
formen  auf  te  und  t^,  das  enklitische  Pronomen  -iie,  die  Suffixe  -t 
and  -»ye,  verschiedene  Kasusformen  usw.  —  Die  Abhandlung  ist 
mit  zwei  Indices  versehen:  I.  Index  dee  mots  et  des  snfflxes.  IL 
Index  des  texiea.  Vgl.  das  Referat  von  H.  Pedersen,  Nord.  Tids- 
Bkr.  f.  Philol.  .t.  R.  8,  20. 

90.  Pedersen  H.    Mere  oni  Lykisk.    Nord.  Tidsskr.  f.  Philol,  3.  H. 
8,  17-30. 

Referat  über  Torp,  Lykische  Beitrage  11,  und  Villi,  Thom- 
Ben,  Etudes  lyciennes  I.  Danach  wird  die  Frage  nach  der  Ver- 
wandtschaft des  Lykiscben  noch  einmal  gepi'üft;  einige  indoger- 
manische Etymologien  von  (nach  Form  und  Bedeutung)  gesieliNteD 
lykischen  Wörtern  werden  zusammen  gestellt. 

91.  Bugge  S.     Einige  Zablwiirter  im  Lykischen.    IF.  10,  69— 

Sucht  den  idg,  Charakter  der  Zahlwörter  zu  erweiset). 

92.  TbomHBn  Vilh.  Remarques  snr  la  parentä  de  la  langue  i 
que.  Estrail  du  Bulletin  de  l'Auadfemie  royale  des  Sciences  et 
des  Lettres  de  Danemark  1899  Nr.  4.  Kopenhagen  Biaaco  Luno. 
S.  373-98. 

Vergleicht  die  etruskiscfaeu  Zahlwörter  mit  solchen  der  nord' 
kaukasischen  Sprachen.  Das  Resultat  dieser  Vergleichung  ist  que 
Tätrusque  se  rattache  !i  In  singnliiVre  famille  dee  langaex  qai  nest 


1.  Allgemeiuo  in'iog',  Sprat'hwi^senschfift  ii.  Alti?rtum9kundi'.     171 

repräseul^e  aujourd'hui  que  par  les  laogues  indig-^nes  du  CaucaBe 
et,  dans  cette  famillo,  surtout  k  la  branche  qui  est  reprüsenC^e  par 
' !  groupe  orlencal  des  languoB  du  Cauuase  du  Nord  ou  aionta^uar- 
es.  Si  tel  est  le  caa,  il  laut  donc  »dnieitre  qu'a  une  ^poque  trfn 
reculäe  lY'trusque,  du  la  langne  tn^re  de  r^trusque,  s'est  s6par6  de 
sea  pr^Inndaes  langnes  soeure.  et  cela  dane  un  temps  oü,  et  pour 
strukture  i^rammaticale  et  pour  la  voc&bulaire,  il  y  avait  maina  de 
diffi'reiice  qu 'aujourd'hui  entry  ces  tdioineg  continucs  soit  duns  len 
langues  Budcancnttieanes  actuellt-.s,  soit  dans  cellea  du  Caucase  du 
Nord  (supposS  toujours  quo  ces  langues  appartiennent  A  une  seule 
famille). 

V^l.  die  Besprechung:  des  Aufsatzes  durch  P.  H orn  BB. 25, 288  ff. 
93.  Pauli  C.     Die  etruskischon  Familiennamen  auf  -Sura.    BB.  Sfi, 
194-227. 


Rellg'foiiHn'isseiDichaft.     Mjtholog'le. 

%.  Jastrow  M,  jr,  The  historicol  ntniiy  of  religinns  in  universities 
ind  Colleges.    Jourii.  Am.  Or.  Society  20,  317-^, 

97.  Labia  F.  UiMoire  de  la  relijfion,  depuis  l'origiue.  du  moude 
jusqn'JL  J^sus-Christ.    Tournai  CasCcnnaDn.    488  8.    3,50  Frs, 

98.  HOIler  P.  M.  Intrnduction  to  the  adenee  of  religlon:  Four  lee- 
ture»  at  the  royal  Institution,  Fe.br.  and  May  1870.  Re-issne. 
London  LcngnianR.    352  S.    5  Sh. 

99.  Halter  F,  M.  Beiträge  zu  einer  wißBenschalllichoii  Mythologie, 
Auj:  dem  Pngl.  übertietzt  von  H.  Luders.  Autoris.  Ausgabe. 
1.  Band.     LeipziiC  Engelniann  1898.     XXXII  u.  408  S.     11  M.  - 

I     2-  Band  1899.     IV  n.  435  S.     UM. 

■pO.  Tiels  C.  P.     Einleitung  in  die  Religtouswiss  Bus  ehalt.    Oifford- 

B  Torlesungen.    Deutsch  v.  G.  (lehrich.    1.  Tb.  Morphologie.   Gotha 

K  Perthes.    XI  n.  359  S.    4  M. 

■Ol.  nsener  H.     ReligionsgoBchichtlicbe  Untersuchungen.    3.  Teil: 

f  Die  Sintliutsagen.     Bonn  Cohen.    X  u.  279  S.    8  M. 

f  Vgl.  Beilage  üur  AUgem.  Zeitung  1899  Nr.  942. 

102.  Lang  A.  Myih,  ritual  and  religion.  New  revised  ediiion.  2  Be. 
London  Longmans.     XXIX  u.  339;  VI  u,  380.    7  Sh. 

IM.  Wa^er  C.  Die  heidni.ichen  Rulturreligionen  u.  der  Fetiscliis- 
niua.  Ein  Beitrag  zur  vgl.  Religionsgeechichte.  Heidelberg  Winter. 
VII  u.  127  S.    2,40  M. 

104.  De  Kay  C.    Bird  (lods  in  ancient  Europe.     London  Alleiisou. 
250  S.    7  Sh.  6  d. 
^OC.  Hopkins  \V.    EcouomicP  of  primitif  religion.    Journ.  Am.  Or. 
K  Society  20,  30;i— 8. 

p  Die  Religion  hat  ursprünglich  ein  »Utrk  u  tili  taris  lisch  es  Ge- 

'jirage:  man  verehrt  die  segen-  und  die  schadeubriugenden  Mächte. 

Der  gröBste  Nutzen  wird  überall  den  Lolinlgoltheiten  zugeschrieben; 

die  grosBeu  Götter  gehen  über   den  Horizont  des  kleineu  Mannes 

Anielper  Sil  S  u   S.  V2 


172    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde. 

hinaus.  Ein  solcher  Lokalkultus  setzt  aber  feste  Wohnsitze  voraus. 
Wandervölker  können  keine  ständigen  Lokalgötter  haben.  Sie 
können  nur  Götter  verehren,  die  sie  beständig  bei  sich  haben.  Der 
Himmel,  Himmelsgott  ist  überall  derselbe;  er  ist  nicht  lokal.  Auch 
das  Feuer  begleitet  den  Wanderer  überall  hin;  ihm  folgen  die  Geister 
der  Verstorbenen,  die  erst  bei  fester  Siedelung  lokalisiert  werden. 
Alle  andern  Götter  dagegen  sind  lokaler  Natur.  Völker,  die  einst 
sesKhaft  waren,  dann  nomadisch  wurden,  werden  alle  ihre  Götter 
verlieren  ausser  Himmel,  Ahnen,  Feuer.  In  tropischen  Ländern 
werden  sie  den  Sonnengott  hinzunehmen,  in  nördlichen  Ländern 
wird  die  Sonne  nur  als  Auge  des  Himmelsgottes  betrachtet  werden. 
Auch  ein  Sturmgott  kann  die  Wanderer  begleiten.  —  Wenn  diese 
aprioristischen  Erwägungen  richtig  sind  —  welche  Art  von  Göttern 
dürfen  wir  bei  den  ältesten  Indogermanen  erwarten?  Wir  finden 
einzig  und  allein  den  Himmelsgott  bei  einer  Reihe  von  idg.  Stämmen 
wieder:  Zeus,  mit  anderm  Namen  Uranus.  Wir  finden  ferner  die 
Manen  und  endlich  den  Feuerkultus  in  Indien,  Persien,  Griechen- 
land und  Italien.  Den  lange  zusammenlebenden  Indo-Iraniem  ist 
der  Kult  des  Soma-haoma  und  der  Mitra-Mithra  Sonnenkult  gemein- 
sam ;  in  slavischer  und  vedischer  Form  finden  wir  den  alten  Sturm- 
gott  —  sonst  nichts.  —  Die  altern  Forscher  haben  aus  der  Stellung 
des  Himmelsgottes  auf  ursprünglichen  Monotheismus  bei  den  Indo- 
germanen geschlossen;  in  Wirklichkeit  repräsentiert  er  eine  'Wan- 
dergottheit*. Mit  der  Sesshaftigkeit  kommen  dann  die  an  bestimmte 
Lokalitäten  gebundenen  Götter  wie  Indra  usw.  usw.  Sie  alle  sind 
lokal,  nicht  aus  der  Urzeit  ererbt.  So  zeigt  der  Kigveda  3  Schichten 
von  Gottheiten:  1)  die  modernen  Lokalgötter.  2)  Die  Götter  der 
letzten,  mit  den  Iraniern  gemeinsam  innegehabten  Heimat:  Soma, 
Trita,  wohl  auch  Parjanya.  3)  Die  alten  Götter  der  Wanderzeit: 
Himmel,  Feuer,  Ahnengeister.  Sie  treten  mehr  und  mehr  zurück. 
Endlich:  Sesshaftigkeit  bedeutet  Ackerbau;  dieser  ruft  eine  grosse 
Menge  indischer  Gottheiten  hervor.  Im  RV.  zeigt  sich  deutlich  das 
Übergangsstadium  von  einer  Wirtschaftsform  zur  andern,  ebenso 
der  damit  verbundene  Wandel  der  religiösen  Anschauungen. 

106.  Tay  Cr.  H.    The  relation  between  magic  and  rcligiou.     Journ. 

Am.  Or.  Society  20,  327—31. 

Es  herrschen  3  Ansichten :  1)  Magie  ist  eine  herabgekommene 
Form  der  Religion.  2)  Sie  ist  die  Vorstufe  der  Religion.  3)  Beide 
sind  von  einander  unabhäng.  Alle  drei  Auffassungen  sind  unhalt- 
bar: "The  earliest  beliefs  and  practices  known  to  us  contain  the 
germs  of  both  religiou  and  magic,  and  these  havc  grown  .side  by 
side,  thc  one  or  the  other  getfing  the  advantage  in  a  given  society 
aecording  to  the  progress  made  in  social  Organization". 

107.  Hardy  E.     Glaube  und  Brauch  oder  Brauch  und  Glaube?    Ar- 
chiv f.  Religionswissenschaft  2,  177—81. 

Der  Glaube  entwickelt  sich  aus  der  Deutung  der  Bräuche. 

Zar  Anthropologie  und  Ethnographie«    Idg.  Altertamsknnde« 

208.  Buchner  M.    Völkerkunde  und  Schädelmessung.     Beilage  zur 

Allgem.  Zeitung  1899  Nr.  282—84. 

Der  Aufsatz  ist  durch  die  "Anthropologischen  Studien  über 
die  Urbewohner  Brasiliens"  von  Paul  Ehrenreich  (Braunschweig  1897) 
angeregt,  deren  Hauptergebnis  ihm  die  Einsicht  des  grossen  Irrtums 
der  Schildelmessung  ist.     Die  Unfruchtbarkeit  der  Schädelmessung 


I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde.    173 

llir  die  Einteilung  der  Rassen  behandelt  der  1.  Aufsatz;  der  2.  kriti- 
siert ablehnend  Kollmanns  Versuch,  die  Völker  auf  die  Schädeltypen 
zu  verteilen  anstatt  wie  bisher  mit  Retzius  die  Schädel  auf  die 
Völker.  Trotzdem  lässt  sich  die  Konstanz  der  Schädelformen  nicht 
ohne  weiters  ableugnen;  unter  günstigen  Bedingungen  scheint  sie 
-dennoch  vorzukommen.  Freilich  führt  die  bisherige  Art  der  Messung 
nicht  weiter;  es  gilt  eine  Typologie  der  Schädel  aufzustellen,  wie 
Sergi  (Archiv  f.  A.  1892/93  S.  339)  versucht  hat.  Der  3.  Artikel  pro- 
klamiert die  Sprache,  das  Grundelement  des  Begriffes  Volk,  als  von 
-entscheidender  Bedeutung  für  die  Völkerkunde.  "Auch  die  Sprache 
...  ist  nichts  untrügliches.  Wir  wissen  sehr  wohl,  dass  sie  fremd 
sein  kann,  von  aussen  her  nachgiebig  aufgenommen  oder  gewalt- 
sam aufoktroyiert  und  deshalb  für  weitere  Schlüsse  rückwärts  oft 
nur  mit  Vorsicht  zu  verwerten.  Aber  sie  ist  doch  viel  leichter  fass- 
bar als  die  Menschecvarietät.  Ihre  Merkmale  sind  viel  zahlreicher 
und  die  verschiedenen  Arten  und  Gattungen,  die  sie  geschaffen  hat, 
sind  viel  deutlicher  unterscheidbar  als  die  ähnlich  gebliebenen  Men- 
schen. Niemals  wird  eine  Sprachenart  zwei  Geburtsorte  haben 
können  .  .  .  ." 

109.  Bahnson  K.  Etnografien  fremstillet  i  dens  Hovedtraek  Lev.  24. 25. 
Kopenhagen,  Nord.  Fori,    je  1  Kr. 

110.  Ammon  0.    Anthropologie.    Umschau  3  Nr.  42. 

111.  Achelis  Th.     Soziologie.    Sammlung  Göschen.    0,80  M. 

112.  Beck  G.  Der  Urmensch.  Kritische  Studie.  Basel  Geering. 
62  S.    1  M. 

113.  Flosa  H.  Das  Weib  in  Natur-  und  Völkerkunde.  Anthrop. 
Studien.  6.  Aufl.  v.  M.  Bartels.  Leipzig  Grieben.  2  Bände.  XVI 
u.  767;  VIII  u.  763  S.    26  M. 

114.  Deniker  J.  The  races  of  man.  A  sketch  of  ethnography  and 
anthropology.    New  York  Scribner.    §  1,50. 

115.  Wilser  L.    Rassen  und  Völker.    Umschau  3,  Nr.  41. 

116.  Ripley  W.  Z.  The  races  of  Europe:  a  sociological  study  accom- 
panied  by  a  supplementary  bibliography  of  the  anthropology  and 
ethnology  of  Europe.  New  York  Appleton.  2  Bände.  XXXII  u. 
624;  VII  u.  160  S.    $  6. 

117.  Driesmans  H.  Das  Keltentum  in  der  europäischen  Blut- 
mischung.    Eine  Kulturgeschichte  der  Rasseninstinkte.    Leipzig. 

118.  Westberg  F.  Beiträge  zur  Klärung  orientalischer  Quellen  über 
Osteuropa.    Bull.  Acad.  St.  P6tersbourg.    11,  211—246,  275—314. 

1.  Die  älteste  orientalische  Nachriclit  über  die  Rüs,  Petschenegen, 
Magyaren,   Russen.     2.  Ibn-Fadlans  Wisu.    3.  Ibn-Fadlans  Bitw&r. 

4.  Masudis  Russenzug  vom  J.  913/914.  5.  Ibn-Haukals  Rüssenzug  vom 
J.  969.    6.  Jakubis  und  Masudis  Russen.    7.  Die  Ostsee  bei  Masudi. 

5.  Der  Pontus  und  die  Maeotis  bei  Masudi.  9.  Masudis  Slawen- 
stämme. 10.  Die  Haurischen  Tempel  bei  Masudi.  11.  Die  Rüs  bei 
Ibn-Chordadbeh.  12.  Stadt  und  Volk  Saksin.  13.  Buzkend  und 
Idschkend.  14.  Die  Lage  von  Tarku,  Belendscher  Semender.  15. 
Ibn-el-Athirs  und  Ibn-el-Wardis  Russen.  16.  Bemerkungen  zu  Chas- 
dajs  nnd  Josephs  Schreiben.  17.  Bemerkungen  zur  Geographie  des 
Moses  von  Chorene.   Thracien.    Das  europäische  Sarmatien.    (Z.) 


174    I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u.  Altertumskunde. 

119.  Brückner  A.   Die  Anfänge  der  Slaven  und  der  Deutsehen  (poln.). 

Vortr.;  Ref.  im  Kwart.  hist.  923. 

Die  Bedeutung  der  Sprachwissenschaft  in  dgl.  Fragen.  Die 
beiderseitigen  Lehnwörter  erweisen  die  angestammten  Unterschiede 
zwischen  Slaven  und  Germanen :  die  letzteren  erscheinen  als  Angreifer 
(ksl.  kbnqzh,  mhdh,  Mirm),  die  Slaven  als  tributpflichtige  Hirten  und 
Ackersleute  (der  Pflug ^  das  gehopfte  Bier);  auf  ähnliche  Unter- 
schiede weisen  auch  die  Stammesbenennungen  hin,  im  Slav.  vom 
Lande,  topographisch  (poln.  -amey  -icy),  bei  den  Deutschen  nach  der 
Bewaffnung  {Sachs,  IVanke)  und  Tapferkeit.  Der  letzte  von  dieser 
Art  Angriffen  ereignete  sich  in  Russland  und  führte  zur  Ausbildung 
des  Kernes  des  späteren  Kijewischen  Adels  (Ruriks  Geschlecht).  — 
Der  Name  L^cJvb-Ljaclvb  stammt  von  den  Russen,  und  charakterisiert 
die  Polen  nach  ihren  Nasalvokalen,  ohne  eine  weitere  geschichtliche 
Bedeutung  beanspruchen  zu  dürfen.  (Zubaty.) 


120.  Bücher  K.  Arbeit  und  Rhythmus.  2.  Aufl.  Leipzig  Teub- 
ner.    6  M. 

121.  Montelius  0.  Typologien  eller  utvecklingsläran  tillämpad  p& 
det  menskliga  arbetet.  Med  76  flg.  Svenska  formninnesföreuin- 
gens  tidskrift  10,  237—268. 

122.  Ziber  (Sieber)  N.  L  Oöerki  pervobytnoj  ekonomiöeskoj  Kul'- 
tury  (Abriss  der  primitiven  ökonomischeu  Kultur).  2.  Aufl.  St. 
Petersburg. 

123.  Vierkandt  A.  Die  wirtschaftlichen  Verhältnisse  der  Natur- 
völker.   Zeitschr.  f.  Sozialwissenschaft  2,  81—97,  175—85. 

124.  Groos  K.  Die  Spiele  der  Menschen.  Jena  Fischer.  VIT  u. 
538  S.    10  M. 


125.  Schrader  0.  Prehistoric  antiquities  of  the  Aryan  peoples:  a 
manual  of  comparative  philology  and  the  earliest  culture.  Trans- 
lated  by  F.  V.  Jevons.    New  York  Scribner.    486  S.    S  6,75. 

126.  Pogodin   A,     Neuere  Arbeiten  über  die  Sprache  und  Kultur 

der  Indogermanen  (russ).    ^ur    Min.  321,  2,  493—512. 

Das  Zentrum  der  idg.  Wanderungen  ist  das  Karpathengebirge. 
Hier  ist  der  Ursitz  der  Idg.  zu  suchen  (auch  hier  waren  Gletscher 
in  der  Diluvialzeit,  das  Meer  und  Salz  hat  man  durch  Handel  können 
kennen  lernen,  der  Löwe  war  noch  in  hist.  Zeit  in  Thrakien).  Die 
Nordfinnen  weisen  anthropologisch  denselben  Tvpus  auf  wie  die 
Idg.;  die  Idg.  sind  eine  Abzweigung  des  Ann.  Stammes.  Sprach- 
liche Analoga  im  Idg.  zu  flnn.  Erscheinungen:  der  urspr.  lockere 
Zusammenhang  von  stammbild.  Suffixen  mit  der  Wurzel  (daher  so 
oft  ein  Wechsel  von  Suffixen),  Schwächung  von  tkp  zm  d  g  h,  der 
Ablaut.  (Zubaty.) 

127.  Boughton  W.  The  Aryan  question.  Am.  Anth.  and  Gr.  Journ. 
22,  71-3- 

128.  Lefövre  A.  La  th^orie  indo-europeenne.  Hevue  mens,  de 
r^cole  d'anthropologie.    9,  84  flP. 

129.  Brunnhofer  H.  Die  Herkunft  der  Sanskritarier  aus  Armenien 
und  Medien.    Zeitschr.  f.  Ethnologie.    31,  478—83. 


I.  Allgemeine  indog.  Sprachwissenschaft  u   Altertumskunde.    175 

130.  V.  Hohentann    Die  Urheimat  der  Arier.     Zeitschr.  f.  Schul- 

geographie.    20  Nr.  1. 
181.  Ratzel  F.    Der  Ursprung  der  Arier  in  geographischem  Licht. 

Umschau  3,  825-27.  838—41. 

Vgl.  das  Referat  über  den  Vortrag  Ratzeis  auf  dem  7.  inter- 
nationalen Geographen-Kongress  in  Berlin,  das  G.  Stampfer  in 
Nr.  240  der  Beilage  zur  Allg.  Zeitung  1899  gegeben  hat. 

Nach  Ratzel  zerfällt  die  Frage  1)  in  das  Rassen-,  2)  das  Kul- 
tur- und  3)  das  Sprachproblem.  Die  Rassenfrage  führt  zur  Geologie, 
sie  ist  völlig  anders  geartet  als  die  beiden  andern.  Die  Unterrassen 
der  weissen  Rasse  können  sich  nicht  am  Hindukusch,  noch  in  Skan- 
dinavien oder  Rleinasien  entwickelt  haben;  sie  müssen  einen  weiten 
Kaum  zur  Entwicklung  gehabt  haben.  Sie  entstand,  von  Mongo- 
loiden  und  Negern  umgeben,  als  Europa  noch  mit  Afrika  verbunden, 
von  Asien  abgeschlossen  war.  —  Kulturpflanzen,  Haustiere,  Ge- 
brauch der  Metalle,  Ackerbau,  Viehzucht,  Bergbau  sind  durch  Wan- 
derung und  Verkehr  nach  Europa  gekommen.  Der  Donauweg  über- 
trifft die  Mittelmeerstrasse  an  Bedeutung  für  Europa,  das  nur  im 
Norden  und  Südosten  freigeblieben  war.  Die  Frage  nach  dem  Ur- 
sprung der  Idg.  ist  erst  zu  lösen,  wenn  wir  von  der  Paläontologie 
des  quartären  Europas  ausreichend  Kunde  haben. 

132.  Super  Ch.  W.  The  original  homc  of  the  Aryans.    Amer.  Anth. 
and  Gr.  Journ.  20,  353-57. 

133.  Symons  B.     Het  stamland  der  Indogermanen.     Overgedrukt 

uit  de  Handelingen  en  Mededeelingen  van  de  Maatschappij  der 

Nederlandsche  Letterkunde  te  Leiden  1898—99.    Leiden  Brill. 

Übersicht  über  die  Entwicklung  der  idg.  Sprach-  und  Alter- 
tumskunde. Krit.  Referat  über  die  Ansichten  in  betreff  der  Urhei- 
mat. —  Überblick  über  die  vorhistorischen  Wohnsitze  der  idg.  Völ- 
ker; Resultat:  Nord-  und  Mitteleuropa  war  in  der  ältesten  prähisto- 
rischen Zeit  schon  von  Indogermanen  bewohnt. 

134.  Wilser  L.     Herkanft  und  Urgeschichte  der  Arier  (Vortrag). 
Heidelberg  J.  Hörning. 

Anz.  von  J.  Schmidt  DLZ.  1900,  68—69. 

Znr  Geschichte  der  Sprach wiggenschaft«    Varia. 

135.  Stolz  Fr.    Über  die  Entwicklung  der  idg.  Sprachwissenschaft. 
Vortrag.    Innsbruck  Wagner.    24  S.    0,80  M. 

136.  Ziemer    Zur  deutscheu  Sprachwissenschaft.    (Programmschau). 
Gvmnasium  17  Nr.  12. 


137.  Thumeysen  R.    Peter  v.  ßradke.    Jahresbericht  über  die  Fort- 
schritte der  klass.  Altertumswissenschaft  103,  54—62. 

Vgl.  auch  die  Nekrologe  L.  v.  Schröders  in  der  Nordländ. 
Zeitung  vom  8.  (20.)  März  1897  (Or.  Bibl.  13  Nr.  119). 

138.  In  memoriam  Georg  Bühler.    Indian  Antiquary  27,  337—86. 

Mit  Porträt. 

Nekrologe  von  Winternitz,  F.  Max  Müller,  C.  H.  Tawney,  C. 
Bendall,  A.  A.  Macdonell,  A.  Kägi,  F.  Knauer,  E.  Senart.  Notizen 
von  H.  Jacobi,  E.  Leumann  u.  a. 

139.  PauU  C.    Wilhelm  Deecke  f.    BB.  25,  296-311. 


176  II.  Arisch.    A.  Indo-iranisch. 

140.  Murko  M.  Miklosischs  Jugend-  und  Lehrjahre.  Forschungen 
zur  neuen  Litteraturgeschichte.  Festgabe  f.  R.  Heinzel.  (Weimar 
Felber).    S.  493  fF. 

141.  0[ust]  R.  N.    Hofrat  Friedrich  MüUer.    JRAS.  1899.    S.  473-5. 

142.  Müller  F.  M.  Auld  lang  syne.  Ist  series;  2nd  series:  My  In- 
dian  fnends.    London  Longmans.    XII  u.  301  S.    10  Sh.  6  d. 

143.  Achelis  Th.    H.  Steinthal  f.    Beilage  zur  Allg.  Zeitung  1899 

Nr.  67. 

144.  To  Breve  fra  Karl  Verner.  Meddelte  ah  Edvard  Brandes. 
Tilsküeren  1899.    S.  332—40. 

145.  Schröder  £.    Joh.  Kaspar  Zeuss.    Allg.  deutsche  Biographie  45, 

132-36. 

Etwas  dürftige  Charakteristik  des  genialen  Sprachforschers 
und  Ethnographen. 

146.  V.  Patrubäny  L.  Sprachwissenschaftliche  Abhandlungen.  Bd.  1,. 
Heft  11—12.    Budapest  Franklin-Verein.    S.  241—320. 

147.  Studier  i  modern  spräkvetenskap  utgifna  af  Nyfilologiska  säU- 
skapet  i  Stockholm  I.    Uppsala  Almqvist.    235  S.    5  Kr. 

W.  Str. 

II.    Aris<^h. 

Jahrgang  1898. 

A.  Indo-iranlsch. 

*1.  Schermann  Luc.     Orientalische  Bibliographie,  bearbeitet  und 

herausgegeben  von  Dr.  Lucian  Schermann.    XII.  Jg.  (für  1898). 

Berlin  Reuther  und  Reichard  1899.    VI,  326  S.     10  M. 

Allgemeines:  S.  60—63.  212-13.  Indien:  S.  62—83.  213—33. 
Iran.:  S.  84-87.  233—36. 

*2.  Gasartelli  L.  C.  L*id6e  du  p6ch6  chez  les  Indo-firaniens  de 
Tantiquite.    CR.  du  IV.  Congr.  sc.  int.  des  Cathol.,  Sect.  I,  S.  134—47. 

B.  Indisch. 

*3.  Hal6vy  J.    Considerations  eritiques  sur  quelques  points  de  This- 
toire  ancienne  de  l'Inde.    Rev.  sem.  6,  348—55. 
Beginnt  mit  I:  Les  Indiens  vediques. 

*4.  Hopkins  Ed.  W.    Notes  from  India.     JAOS.  19,  2,  29—41. 

1.  Bridles  in  sculpture  and  painting.  —  2.  Buddha's  wooly  hair 
(ge^en  Fer^ussons  Hypothese  von  Buddhas  mongol.  Herkunft).  — 
3.  The  veiied  Jain  at  Bädämi.  —  4.  Wooden  fences  in  India.  — 
5.  The  Anandasram. 

*5.  Weber  A.  Indische  Studien.  Beiträge  für  die  Kunde  des  in- 
dischen Altertums.  Im  Vereine  mit  mehreren  Gelehrten  herausg. 
von  A.  Weber.  Mit  Unterstützung  der  deutschen  morgenländischea 
Gesellschaft.  Bd.  18.    Leipzig  Brockhaus.    V,  544  S.     15  M. 

Inhalt:  4.  Buch  der  Atharva-Samhitä  (S.  1—153).  —  5.  Buch 
der  Atharv.-S.  (S.  154—288;  beide  Bücher  von  A.  Weber  übersetzt).  — 


II.  B.  Indisch.  177 

Zu  Kshemendra's  lokaprakä^a  (S.  289—412;  von  A.  Weber;  mit  In- 
dex verborum  zu  den  ko<ja-artigen  Teilen  des  Werkes  von  E.  Sieg).  — 
Litterarisch-kritische  Streifen  (S.  413—25:  Zusammenstellung  der  von 
A.  Weber  während  der  Jahre  1880—96  in  der  Deutsch.  Lit.-Zeit. 
und  dem  Lit.  Centr.-Bl.  veröffentlichten  kritischen  Berichte).  —  Index 
(S.  526—43;  von  A.  Weber).  —  Druckfehler  und  Zusätze  (S.  544). 

*6.  BOhtlingk  0.    Kritische  Beiträge.    Ber.  Verh.  Sachs.  Ges.  Wiss., 

Philol.-hist.  KI.  50,  76-86. 

Fortsetzung  zu  Bd.  49,  S.  138;  Nr.  15-24  enthaltend. 

15.  Zu  Rhvs  Davids*  Besprechung  von  angana  (so  im  Päli  ge- 
schrieben) in  JRAS.  98,  191—94.  —  Syn.  zu  ajirä.  Böhtl.  schlägt 
folgende  2  Bedeutungsfassungen  vor:  1)  ein  Platz,  auf  dem  man 
sich  frei  ergehen  kann,  Tummelplatz;  2)  ein  Tummelplatz  für  die 
Sinne,  Sinnesobjekt. 

16.  tathägata  (Beiname  eines  Buddha):  Beibehaltung  der  im 
P.  W.  gegebenen  Erklärung  gegenüber  der  von  Rob.  Chalmers 
(JRAS.  98, 103 — 15)  versuchten  Zerlegung:  taha'\-ägata  (<aÄa^ wahr, 
Wahrheit). 

17.  Besprechung  einiger  Corruptelen  im  Mantrapäfha  (Gebet- 
buch der  Äpastambiva;  hg.  von  Winternitz  1897). 

21.  Zu  Oldenbergs  Artikel  "Savitar"  in  ZDMG.  51,  473  ff.:  nicht 
von  Anfang  an  ein  wirklicher  Name  der  Sonne. 

.  22.  Zu  A.  Hillebrandts  Bemerkungen  über  Deussens  "Sechzig 
Upanisbads  des  Veda". 

23.  Zu  M.  A.  Steins  Übersetzung  von  Kalhanas  Räjataraiigin! 
(vgl.  Luzacs  Or.  List  9,  8). 

♦7.  Böhtlingk  0.    Miscellen.    ZDMG.  52,  247-253;  409-15;  606-12. 

Umfasst  die  Nr.  1—15:  1)  RV.  10,  95,  8  {hhujyojf,  für  hhujyuhL)\ 
2)  AV.  6,  118,  2  (Beitrag  zur  Beseitigung  der  im  3.  päda  dieser 
Strophe  vorhandenen  Schwierigkeiten);  3)  Kafhopanishad  6,  9  (gibt 
der  Lesart  enam  statt  etad  den  Vorzug);  4)  Kath&saritsägara  3,  37 
(über  die  Bedeutung  von  anubhäva  an  dieser  Stelle;  vgl.  hierzu 
Lanman  in  JAOS.  16,  31  f.);  5)  Gegenbemerkungen  zu  Th.  Aufrechts 
Bemerkungen  auf  S.  255  fr.  desselben  Bds.  dieser  Zeitschrift;  6)  über 
die  von  Aufrecht  aus  5  Stellen  eines  unedierten  Puränas  für  ca  er- 
schlossene Bedeutung  von  iva  oder  yathä,  s.  S.  273  fT.  dess.  Bds. 
dieser  Zeitschrift;  7)  über  einen  Vexiersloka  in  Subhäshita-Ratna- 
Bhändägäram  auf  S.  253,  Nr.  168;  8)  über  eine  metrische  Licenz  in 
M.  Bh.  11,  26,  5  (betrifirt  'dhattd  statt  dhatte);  9)  kurze  Bemerkung 
zu  Brhaddevatä  8,  28  u.  30  (veranlasst  durch  die  von  H.  Oertel  in 
JAOS.  19,  97  fr.  mitgeteilte  Besprechung  der  Legende  von  der  Sa- 
rama  und  den  Panis);  10)  über  eine  Variante  des  unter  Nr.  7  schon 
erwähnten  Vexier^lokas.  11)  wendet  sich  gegen  die  von  Jacobi 
(KZ.  35,  584)  vertretene  Ansicht,  dass  das  bei  Pänini  3,  1,  42  über- 
lieferte vedische  cikayämakafi  eine  auf  einen  Perfektstamm  zurück- 
gehende Bildung  sei.  Im  Anschluss  hieran  eine  Kritik  von  Jacobis 
Artikel:  "über  das  periphrastische  Perfekt  im  Sanskrit"  (ebd.  S.584  flF.). 
Böhtl.  sieht  hiernach  im  periphr.  P.  eine  verhältnismässig  junge 
Form,  die  zuerst  im  AV.  (und  zwar  nur  einmal)  auftritt.  Im  Gegen- 
satz zu  Jac.  behält  Böhtl.  die  Auffassung  des  aut  am  ausgehenden 
ersten  Teiles  des  per.  P.  als  Nom.  act.  bei,  indem  er  das  von  Jac. 
füi"  seine  Behauptung  herbeigezogene  Argument  des  Fehlens  jeg- 
licher sonstiger  Spur  des  betreffenden  Verbalnomens  durch  Anführung 
einer  Anzahl  vom  Desiderat,  ebenso  gebildeter  oder  doch  bildungs- 
möglicher Nom.  act.  auf  ä  widerlegt  (z.  B.  xkshä,  jägarä  usw.).  Die 
in  der  Verbindung  des  akk.  mit  as  und  hhü  liegende  Schwierigkeit 


178  11.  B.  Indisch. 

knnn  auch  Böhll.  nicht  änd^ciUlig  Bsuu.  ÄulYällig  iat  ihm,  dam  dl» 
Verwendung  von  an  KUuüchBt  bei  knns.  ohne  bis  jetzt  nnchzuweisen' 
dem  Nom,  act.  eich  seifet.  Die  Möglichkeit  einer  Erkltirua?  ^bt 
Böhtl.  am  Schills«  durch  den  Hinwels  auf  einen  eventuellen  WechMl 
der  Bedeutung  von  tu  (Bezeichnung:  der  Daner),  resp.  nuf  die  so 
häufige  Verwechselung  der  Hilfszeitwörter  "haben"  uud  "sein";  12) 
zu  Hir.  Grhv.  1,  5,  8;  13)  zu  Pftr.  Grhy.  3,  7,  1;  14)  zu  Pär.  Grhv. 
3,  lä,  22;  15)  zu  E.  W,  HdpkinB;  Ävnrta  (S.  462);  Wtderlfsune  der 
von  Hopkins  vorjfe brachten  Einwendungen  gegen  die  von  Böhll 
(S.  89  f.)  vorgeschlagene  Deulung  von  Brahmjtvn.rla. 
•8.  Uhlenbeok  C.  C.    Kurzgefasates  etymologisches  Wörterbuch  der 

altindiEchen  Sprache.  I.  Bd.     Amsterdam  Müller.    XII,  160  S.    2  F. 
•9.  Lodere  Heinr.    Zwei  indische  Etymologien.    Gott.  Nachr.,  I'hilol.- 

hlst.  Kl.     S.  1-5. 

Ober  das  Verhältnis  von  Pali  luddo  zu  Skr.  Itibdka  und  über 
Skr.  (lohada,  nach  Susrula  aus  ^dvi/ifd  abzuleiten. 
*10.  Fortunatov  F.  Die  indogermanischen  Liquiden  im  AliindisL-ht-n. 

KZ.  36,  1-37, 

Der  Verfasser  nimmt  liier  für  die  Indogerman.  Uriiprache  3 
Li(|uiden  an:  r,  l  und  Kihen  3.  Laut,  der  eine  bestirnmte  Art  dtt- 1 
oder  r  darstellt.  Diese  3.  Liquida  hat  sich  in  den  europäischen 
Sprachen  und  dem  .armenischen  zu  l,  in  den  indo-iran.  ku  r  weiter 
gebildet.  Auf  dii-se  Aunahrae  von  3  Liquiden  gründet  Fortunatov 
seine  Theorie  der  Entstehung  der  all-indiscben  Cerobralen  aus  '7+ 
dental"  und  zwar  aus  der  Bt^obachtnng  heraus,  das»  im  Vedischen 
wie  im  Sanskrit  die  Lautgruppei  "i  +  dental"  —  abgesehen  von 
einem  einzigen  Beispiele  —  nicht  vorkommt,  |DieHe-B  GesetR,  obwohl 
von  sehr  vielen  Gulelirlen  anerkannt,  hat  doch  auch  Widerspruch 
erfahren  nach  der  Richtung  hin,  dass  deeEen  Gegner  die  altind.  Cere- 
bral, aus  "r-|- dental"  gebildet  sein  lassen;  und  Bartholomae  (IF.  3, 
167—177)  sieht  die  von  Forlunatovin  BB.  6,  215  ff.  für  seine  Theorie 
aufgestellten  Beispiele  ab  blosse  Entlehnungen  des  Ved.  und  Skr, 
aus  einem  prakrit.  Dialekt  (d.  Ii.  aua  einer  Vorstufe  des  uus  bekauntea 
Prakrit)  an.]  Des  weiteren  wendet  sich  Fortunatov  den  von  Bar- 
tholomae gegen  seine  Lehre  von  der  Existenz  einiger  aus  "Vokal -f- 
cerebral"  entstandenen  Verbindungen  geltend  gemachten  RtnwKnden 
zu,  um  schliesslich  kurz  die  gleichfalls  von  ihm  schon  früher  ange- 
nommenen Verbindungen  von  irrationalem,  nicht  Silbe  bildendem 
Vokale  und  Silbe  bildendem  sonorem  Konsonanten  (liquidae  und 
nasales)  2u  streifen,  welch'  letzlere  er  ohne  Vokal  nicht  anerkennt, 
wobei  er  in  dem  irrationalen  Vokale  einen  nicht  voll  artikuliertet! 
Laut  (Miii-melvokal?)  sieht,  Crossen  Qantität  noch  geringer  war  als 
die  der  kurzen  Vokale. 
*ll.  Jacobi  Henii.    Über  das  periphrastiache  Perfekt  im  Sanskrit 

KZ.  35,  578-87. 

Wahrend  das  perlphr.  Perf.  des  Sanskrit  gewöhnlich  als  die 
Verbindung  eines  Kas.  auf  dm  mit  cakära,  äaa,  babhüva  (von  Whitncv 
Ältind.  Gramm.  9  1070  und  Delbrück  Altiud. Sviit.  S.  246  ff.  ais"akkn8.'^ 
von  Brngmann  Grundriss  2,  §  89«  und  Hirt  I  F.  1,  20  als  "iostrnmenl.") 
erkWrt  wird,  sieht  Jac,  darunter  nicht  sowohl  den  Kasus  eines  Ve^ 
bnlnomens  als  vielmehr  eine  eigentliche  Verhalform,  aber  uicht,  wie 
Jolly  und  Brunnenhofer,  einen  Infinitiv,  sondern  eine  Art  AbsolUIi' 
vuni,  und  zwar  im  Einblick  auf  die  ähnliche  Verbindung  der  ge- 
wöhnlichen Absolut,  auf  tili,  hezw.  -ya  mit  dem  als  eine  Art  Hilf*- 


11.  Ü.   lncli^Cl^.  179 

fiwrb.  gebrauchten  fthä-  Duixli  Belege  sucht  er  das  periphrasi.  Perf. 
kIh  die  Eiuschrünkung:  eiuer  früher  auch  auf  audere  Tempora  (z.  ß. 
Aor.  und  Präs.)  sich  erstreckenden  Umschreibung  z\x  beweisen.  Des- 
gleichen stützt  Jacobi  diese  Annahme  eines  Absolut.  In  der  Geiitalt 
ktfnes  unflektierten  Verbalstanimes  für  das  einstig'«  Indogerin.  auch 
■  Tom  Standpunkl  der  vergleichenden  Lingnisiik  aus  durch  die  Hin- 
w^eatang  auf  andere,  mit  dem  Indogerm.  nicht  verwandte  Sjiraclien, 
tn  denen  Absolaliva  als  Gerundia  oder  Verbniparticipta  direkt  aus 
dem  Vorbai-,  resp.  Praesensstamm  hervorgehen,  ohne  durch  Kasus- 
endung erst  dazu  befähigt  worden  zu  sein.  Die  Herüberziehung 
Auf  die  nominale  Seite  erfolgte  nach  Jacobi  wahrscheinlich  erst  bei 
der  Herausbildung  der  Einzelsprachen. 

^•12.  Aufrecht  Theod.     Über  einen  eigentümlichen  Gebrauch   von 
"ca".    ZDMG.  52,  273  f. 
Aufzählung  und  Übersetzung  der  im  Nandipuräna  (Osford 
Nnm,  137^A)  und  im  Auszug  daraus  (Keriärakalpa,  Leipzig^^B) 
vorhandenen  Stellen  (A  2,  21 ;  3,  27;  7,  43.    B  6,  40,  98,  168),  wo  ca  die 
ungewöhnliche  Bedeutung  von  "wie"  (lua,  yathä)  hat,   wobei  Auf- 
recht die  Bemerkungen  macht,  dass  zwar  der  Text  in  beiden  Mss. 
I    nachlässig  verfas^t.  dass  jedoch  diese  vergleichende  Bedeutung  von 
L(Ca  durch  weitere  sichere  Beispiele  zu  begründen  ist. 
•^IS.  Buck  C.  D.     Brugmanns   law  aad  the  Sanskrit  vfddhi.    Am. 
J.  of  Philol.  17,  445-7i>. 
K^]4.  Flensburg  N.     Zur  Slanimabstufung  der  mit  Niisalsuffix  ge- 
bildeten Präsentia  im  Arischen  und  Griechischen.  Lund  Möller.  18SI7. 
72  S. 
^15.  Richter  O.    Die  unechten  Noniiaalkomposita  des  Altindischen 
und  Alliranischen,    IF.  9,  1— G2;  183-252. 

In  der  indogermanischen  Urspraclie  sind  3  verschiedene  Klassen 
fVoii  Nominalkouiposita  zu  unterscheiden:  1)  eine  scheinbar  ältere 
Schicht,  die  "echten"  Komposira,  deren  Vorderglied  die  Stammform 
des  Worte«  aufweist;  2)  eine  sicherlicii  jüngere  Schicht,  die  soge- 
nannten "unechten"  Komposita,  deren  Vorderglied  eine  Kaausform 
des  Wortes  bildet.  Die  Inder  besassen  überhaupt  eine  besondere 
Vorliebe  für  Kompositionsbildungen.  Die  frühesten  unechten  Nomi- 
nalkomp.    dürften   aus   Sgliedrigen  Wörterverbindungen  hervorge- 

S&ngen  sein,  deren  erster  Teil  ein  Kasus,  deren  zweiter  Teil  das 
lesen  regierende  Substantiv  war.  l'm  aus  diesen  Aneinander- 
fUgungen  eine  einheitUche  syntaktische  Wortgruppe  zu  schaffen, 
mussten  3  Momente  zusammenwirken:  1)  traditionelle  und  formel- 
hafte Stellung  der  Bestandteile,  2)  Zusammenfassung  unter  einem 
Akzente,  3)  Isolierung  des  Ganzen  gegenüber  seinen  Teilen.  In 
dem  sich  anschliessenden  speziellen  Teile  werden  die  verschiedenen 
Arten  der  unechten  Komposita  in  der  Reihenfolge  der  Kasus  be- 
handelt. Beim  Nominativ  trennt  der  Verf.  die  kopulativen  Kom- 
SDsita  von  den  übrigen  altind.  Nominativkomp.,  deren  erstere  er  auf 
ie  uralte  elliptische  Sprechweise  suriickfUhrt,  wonach  ein  in  deu 
Ihial  gesetztes  Wort  nicht  allein  die  Einheit  zweier  zusammenge- 
"^ifiriger  Wesen  bezeichnet,  sondern  die  Dualform  auch  auf  eiu 
''  i  KU  jenem  ersten  in  gelüufl^er  Beziehung  stehendes  (Im 
zu  ergänzendes)  Wort  hinweist  (z.  B,  miträ,  Mitra  und  Va- 
•una,  dyävü,  Himme!  und  Erde),  Eine  beigefügte  Tabelle  mit  an- 
jehXugten  Erläuterungen  bringt  die  ganze  Kntwieklung  des  hopulat. 
BompoB.  schenmiisch  zur  Parslellung,     Ein  weilerer  Absclmilt  über 


180 


II.  B,  Indisch, 


den  awestischen  Kompositionsvokal  —  Ö"  beschlicBst  i^ieses  Kspltri.— 
Im  Akkusativ  an  Stelle  der  sonst  Üblichen  Stammlorm  steht  «uweilen 
im  Att'Ind.  bei  Nomina  ngentiB  auf  -a-  als  2.  Glied  das  erste  Glied 
im  Anschlusa  an  die  KonsCi-uktion  des  zQgehurigeD  Verb.  Finil.  Im 
Awesiisclien  kommen  nur  wenige  Fälle  dieser  Art  vor.  Die  in 
mehreren  B ah uvvlhibil düngen  aultretenden  Akk.  Sing.  (RV.  ttäiar 
käma-  und  TS.  1,  5,  10,  2  ivirn-ähüH-)  denkt  sich  der  Verfasser 
durub  willkürliche  AbUnderungen  der  Reda.ktoren  oder  Schreiber 
oder  auch  durch  Versehen  entstanden.  —  Bei  lokativ.  Besiehun^ 
de«  Vordergliedes  zum  Schlusegliede  steht  manchmal  das  erstere  stsit 
in  Gestalt  der  hergebrachten  Stammform  im  Lokat.,  und  zwar  äo- 
wohl  Sing,  tmd  Plur,  was  wahrscheinlich  gleichfalls  unter  der  Be- 
einfluBsuD^  durch  verbale  Ausdrucksformen  vor  sich  gegang'en  ist.— 
In  Anlehnung  an  entsprechende  verbale  Aus  drucks  weisen  erscheinen 
hin  und  wieder  auch  Inst runien talformen,  wenn  das  2-  Glied  ein 
Verbalnomen  ist  (Wurzelnomen  oder  auch  Adjektiv;  hei  letzterem 
nach  der  Lehre  der  indischen  Grammatiker  aber  nnr,  wenn  das  vod 
deni  Adjektiv  beseichnete  diireh  das  von  dem  im  Instrument,  stehende 
Nomen  bezeichnete  verursacht  wird).  —  Der  Dativ  xcjgt  sich  nur 
ganz  vereinzelt  (z.  B.  d&nyavi  vfkä-,  ein  Wolf,  i,  e.  ein  RScher.  ein 
Verderber  für  den  Dasyu:  RV.  8,  55,  1;  B6.  1,  2).  —  Auch  die  Geni- 
tivkompos.  sind  nicht  sehr  zahlreich,  h  aap  teil  chlicli  stehen  sie  in 
Verbindung  mit  -pati-  (Herr)  und  werden  in  verschiedener  Auswahl 
ata  einfache,  ZuHammen rückungen  der  betr.  Gen,  Sing,  und  des  Nom. 
pati  erklart,  was  für  einige  der  Verfasser  auch  zugabt.  Die  naeh- 
vedischen  Genitivkompos.  lUsst  Richter  im  nilgem.  unabhMngi^  vno 
denen  der  vedischen  Periode  entstanden  sein.  —  In  2  weiteren 
Kapiteln  bespricht  Richter  die  Komposita  mit  unklaren  pronominalen 
Vorderjfliederu,  resp.  die  Kasusbomnosita  auf  Grund  adverbieller 
Wendungen,  von  denen  erstere  in  aer  Alteren  Litteratur  spttrllcb 
vertreten  sind,  von  den  Krähmanas  an  h&ufiger  werden,  im  Irani- 
schen hingegen  gtlnzlicb  fehlen,  wcssbalb  sie  von  Richter  für  eine 
einzelsprachliche  Nenbildung  des  Alt-Ind.  gehalten  werden.  Die 
letateren  sind  Znsammenrückitngen  einer  au«  3  Wörtern  besiehen- 
den, zum  Adverb  erstarrten  Ausdrucks  weise,  wobei  entweder  beide 
Teile  verschieden  sind  [z.  B,  rätriin-divam  und  "elivä,  bei  Tag  und 
bei  Nacht  oder  saniain-bhümi,  dem  Boden  gleich)  oder  dieselbe  Kasua- 
form  desselben  Wortes  wiederholt  wird  (sog.  Um rfdit »-Bildungen,  a.  B. 
paraip-pnram,  in  steter  Folge,  eig.  einer  nach  dem  andern).  — 
Alle  anderen  noch  nicht  behandelten  Falle  rubriziert  Richter  unter 
die  "Kasuskomposita  auf  Grund  von  Redensarten"  (z.B.  etham-p&r- 
vd-,  begierig,  der  erste  zu  sein;  mama-salgd-.  Streit  um  Mein  und 
Dein,  um  den  Besitz),  unter  die  "Analogiebildungen"  (s.  B.  äpö- 
mäträ-,  der  feine  Urstoff  des  Wassers;  apsu-voffä;  die  bindenden 
Kräfte  im  Wasser  (?)  und  unter  die  "unklaren  Formen".  —  I«  einem 
Rückblick  (in  dem  Richter  als  die  uralte  Art  der  Komposition  das 
Erscheinen  des  ersten  Gliedes  in  seiner  Stammform  bezeichnet) 
werden  die  Gründe  zusaninten  gestellt,  welche  7.u  einer  Bildung 
von  unechten  Komposita  geführt  haben  können:  Neben  dem  Mangel 
aller  Synkope  und  ausser  dem  präpositionsfreien  Gebrauch  der  Kasus 
vor  allem  das  Bedürfbis  nach  Deutlichkeit  sowie  das  instinktive 
Vermeiden  von  sonst  niclit  vorkommenden,  ungelfiufigcn  Lautver- 
bindmigen,  von  phonetisch  unbequemen  Lantfolgen.  Den  grösseren 
Teil  der  unechten  Komposita  aber  schiebt  er  nicht  auf  RechnnnfT 
des  unbewuBst  schaifenden  Sprachgeistes,  sondern  der  üb  erlegen  den 
und  kombinierenden  ThJitiglteiC  der  Geieiirien  und  Poeten.  Thaten 
es  jene   zur  Vermeidung  von  MissverstJlndnisseu  und   Undeutlich- 


IL  B.  Indisch.  181 

lichkeiten  wegen  der  prägnanteren  Beschreibung  eines  Objekts  iD 
seinem  Namen,  so  diese  hinsichtlich  des  malerischen  und  anschau- 
lichen im  Ausdruck  und  zur  Bereicherung  der  Sprache  durch  wirk- 
same Neubildungen. 

*16.  von  Negelein  Jul.    Zur  Sprachgeschichte  des  Veda.    Das  Ver- 
balsystem des  Atharva-Veda,  sprachwissenschaftlich  geordnet  und 
dargestellt.   Gekrönte  Preisschrift.   Berlin  Mayer  und  Müller.   VII^ 
104  S.    3  M. 
*17.  Hynins  from  the  R  ig  veda,  ed.  with  Säyana's  comment.,  notes, 
and  a  transl.  by  Peter  Peterson  (=  Bo.  Skr.  Ser.  XXXVI.)    Bom- 
bay Government.    304  S.    4  Rs. 
M8.  krshna  Yajus  SaiphitÄ  [Taittirlya  Samhitä.]    Part.  III.  £d. 
by  Vaidyanäda  Sästri  a.  Co.   Kumbakonam,  publ.  by  the  editors, 
124  S.    11  a. 
*19.  The  Atharva  Veda.     Madras  Christ.  Lit.  Soc.     1897.     80  S. 

2  a.  6  p. 
*20.  The  Taittinya  Brahmapa   of  the  Black   Yajurveda  with  a 
commentary  by  S&yanächärya  ed.  by  Näräyana  Godabole.  3  Parts. 
(=  Änandädraraa  Skr.  Ser.  Nr.  37.)     Poona  Änandä^rama  Pres» 
[Leipzig  Harassowitz].    1447  S.    14  Rs.  8  a  [Part  I— II  20  M.]. 
♦21.  The  TaittirlyOra^yaka  of  the  Black  Yajur  Veda  with  a  comm. 
by  Säyanachärya  ed.  by  Bäbä  Shästri  Phadake.    Parts  I—II.  (= 
A'nandäärama   Skr.  Ser.  No.  36.)     Poona,   A'nandäärama   Press. 
[Leipzig  Harrassowitz]  1897/98.  909  S.  4  Rs.  8  a.;  4  Rs.  9  a.  [17  M.]. 
*22.  The  Aitareya  Brähmana  of  the  Rig-Veda,  with  the  commen- 
tary of  Säyana  A'chArya.    Ed.  by  Pandit  Satyavrata  Sämaärami. 
Vol.  IV.  Fase.  4.  (=  Bibl.  Ind.  No.  926).  Calcutta,  As.  Soc.  [Leipzig 
Harrassowitz].    6  a.  [M.  1]. 
*23.  Aitarey&ranyakam  ed.  by  Bäbääastri  Phadake.    (=  Änandä- 
ärama  Skr.  Ser.  No.  38.)     Poona,   Änandasrama  Press.   [Leipzig 
Harrassowitz].    2  BL,  296  S.    Rs.  3  [M.  6]. 
'*'24.  The  üpanishads  with  the  text  in  Sanskrit  Devanagari,  an  EngL 
translation   of  it  and  of  Sankara's  commentary  by  S.  SItäräma 
Sästri.    Vol.  I,   tsä,  Kena  and  Munddka,    Madras  Seshachariar. 
174  S.    1  Rs.  8  a.  [Subscr.  cpl.  4  Rs.  8  a.  incl.  post.]. 
*25.  Amalänanda  Vedänta  Kalpataru  ed.  by  RAma  SAstri  Tailanga. 
(=  Vizianagram  Sanskrit  Series,  Vol.  XII,  No.  14,  Part.  III.)    Be- 
nares Lazarus  a.  Co.    254  S.    2  Rs.  12  a. 
*26.  Aufirecht  Theod.    Über  Ugra  als  Kommentator  zum  Nirukta, 
ZDMG.  52,  762  f. 

Im  Gegensatz  zu  der  Cat.  Cat.  S.  297  fixierten  Ansicht  ist  Aufr. 
auf  Grund  der  Zeugnisse  von  Vindhyesvariprasädaöarman,  Libra- 
rian  Sanskrit  College  Benares  und  von  Mons.  L.  Pinot  (briefl.  Mit- 
teilung über  ein  Ms.  der  Bibl.  Nation.,  cot6  Devanagari  136  A)  zu 
der  Überzeugung  gekommen,  dass  Ugra  irgendwie  bloss  für  Durga 
verschrieben  ist,  dass  es  sonach  nicht  einen  Ugra,  sondern  nur  einen 
Durga  als  Kommentator  zum  Nirukta  gegeben  hat. 

*27.  Baunack  Theod.    RV.  X,  40, 3  prätdr  jarethe  jaraneva  kÄpayä. 
IF.  8,  278-88. 


189  II.  B-  Indisch. 

Unter  Verwerfung  der  bisherigen  Deutuugen  von  käpaya  ftuist 
B.  es  uh  ein  Fragewort  attr;  "was  liir  AuBdehnuno:  habend,  über 
waa  fär  Raum  sich  erstreckend",  identisch  mit  katpaya  in  RV.  V, 
32,  G  [zur  Wz,  3  pä  gestellt;  vgl.  Trdoijoi]. 

"28.  Böhtlingk   O.     Nach tr Jl  gl  i dies    ku    RV.   10,  95,   8.     ZDMO.  52. 
257— 5S. 

Vgl.  ZDMG.  52,  947  ff. 
"29.  Böhtlingk  0.   Kritischi'  Bemerkungen  zu  HiranyakeSins  Grhya- 
sütra.    ZDMG.  52,  81-88. 

Beschäftigt  sich  mit  der  Erklärung  noch  nicht  genügend  ge- 
deuteter Stellen  und  mit  der  Beseitigung  lehlerhnfter,  durch  schlechte 
Überlieferung  usw,  verursachter  Lesarten.  Ge.w isser maesen  eine 
Fortaetsung  und  Ergänzung  tm  ZDMG,  43,  598  ff.:  "Über  die  söge- 
nannten  Unregelniftssigkeiten  in  der  Sprache  des  Grhvasütra  de« 
Hiranyake(;in".  gleichlBlls  von  0    Böbtüngk. 

*30,  Coland  W.  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.  ZDMG. 
52,  455-:i5. 

X.  Zum  Upnuaynna:  Die  bei  HirnnyakeMn  grhs.  I,  5,  8  sicli 
findenden  Worte  ....  daki^inam  bähum  abhyätmann  upanayats 
will  Cul.  entweder  in  dak.^inaiü  b'ähum-abhy  filuiann  npanayate  odur 
in  daksiuain  b&ham  abhy  abhy&tmam  upanayate  umgeändert  wit- 
Ren,  wodurch  die  ganze  Auffassung  über  den  Hergang  dieser  Cere- 
monie  eine  andere  als  bisher  wird  (vgl.  hierzu  Hillebrandt,  Ritual- 
Litteraiur  S.  53  und  Oldenbergs  Übersetzung  in  den  Sacred  Book» 
of  Ihe  Eost  30,  151). 

Sl.  ZuPftraskaragrha.iri,7,  1:  Ca I.  schlägt  vor,  für  die  Wort« 
im  1.  päda  des  sieh  an  dieser  Steile  flndeuden  Spruches:   pari  tri 

firer  nham  .  ,  ,  au  lesen:  pari  tv&  girer  amiham,  auf  diese  Weise 
as  zu  pari  vermisste  Verb  ergänzend. 

Xll.  Zu  Paraskarn  III,  15,  22:  wendet  sieh  gegen  eine  von 
Bähtlingk  an  ihn  brieflich  mitgeteilte  Konjektur  hinsichtlich  des 
Wortes  säsya,  indem  er  als  passende  Ergänzung  zu  sä  :  daksbi^ 
Torschlflgt. 

Xin.  Zu  Lä(yayana  Ars.  HI,  10.  16;  V,  6.  7:  für  viirambhayati 
(dem  in  diesen  beiden  Fällen  im  PW.  die  von  der  gewöhnlicheD 
ganz  abweichende  Bedeutung:  "auflösen,  aufknüpfen"  beig^ICjlt 
wird)  liest  Cal.  ii'sramuayati  (obige  Bedeutung  von  i'i-iran&h  ist 
demnach  aus  dem.  Wörlerbuche  zu  streichen). 

XTV.  Zum  Äpastamblya-Srftutasütra :  kritisiert  und  konjiiiert 
eine  Anzahl  Stellen  in  Garbes  Ausgabe  dieses  Textes,  indem  er 
teils  Änderungen  des  Herausgebers  für  unnötig  hält,  teils  für  schwie- 
rige Stellen  seinerseits  Verbesserungen  vorschlägt. 

XV.  Zum  BaudbAyunapitrmedbasütra:  behandelt  eine  Äniahl 
abweichender  Lesarten,  die  sich  in  einem  in  Benares  entdeckten, 
in  Devanilgarl  gem-hriebeneii  Ms.  befinden,  katalogisiert  «üb  "Num- 
ber  1229  of  ihe  Government  Collection"  in  Caicutta.  Es  entliKll 
gfhyasütra,  grhyaparibhilHä.  gfhyapaddhati  ("prayoga)  und  ptlrme- 
dha^üt  LB. 

XVL  Zum  Äpastambapi  trmedhasütra :  nHhere  Mitteilungen  Über 
diesen  dem  Verfasser  bei  der  Herstellung  dee  Hirnnyakeäipitrmc' 
dhasütra-Textes  nur  fragmentarisch  in  Gopnlayajvans  pit^mcdhani- 
bandhana  zugängig  gewesenen  Äpas tarn ba-T ext  auf  Grand  der  Te- 
lugukopie  einer  in  Südindieii  noch  vollständig  überlieferten  Band- 
sehrift  dieses  Werkes  (vgl.  Report  on  Sanskrit  Mss.  in  Southern 
India  I»95,  No.  152).     In  Verbindung  damit  Berichtigung  der  Ein- 


II.  B.  liKlIst^h.  169 

teilung  der  3  Sätrn-Textu  lÄpastaiiibf«,  Uirnuyake^in,  Bhäradväja; 
vgl.  die  aliind.  Todleii-  und  Bestuttungsge brauche  S.  6)  und  Bnsei- 
tigung  einer  Anxnbl  von  Testt'ehlern    in   der    von    ihm    besorgten 

XYII.  Zum  Hiranyskeäipitrmcdhasütra:  spricht  von  einer  für 
die  Herstellung  den  Textes  leider  unbedeatenden,  vollstAndigen 
Haudschrift  dieGes  tiütra  nach  der  Rezension  der  Uairanyfilveäa. 
Cal.  erhielt  eine  Absthrilt  hiervon  aus  der  in  Benaree  verfertigten 
tind  im  Besitse  des  Prof.  Hillebrandt  beQndlii^hen  Kopie  eioi-a  völlig 
erbaltenenHiranyakeHJIialpasütra. 
•31.  Foy  W.    VediBche  Beitrage.    KZ.  36,  123-43. 

VII.  kenipd.  VIII.  cdyamäna,  nicäyya,  cäyti.   IX.  Zu  RV.  III, 
38.    X.  mithü.    XI.  dvita. 
•32.  Geldner  K.  F.     Vedisch  'rirfd/fta-,    ZDMG.  52,  730-61. 

Erklärung  des  Wortes  r.idalha.  Nach  einer  teilwuiseu  Über- 
sicht der  bisher  hierüber  vorliegenden  Litteratur  (des  weiteren  ver- 
weist Geldner  hierbei  auf  Foy  KZ,  34,  ä26)  werden  zunächst  die 
verschiedenen  Deutungen  Säyanas  (der  das  Wort  zuweilen  auch 
etymologisch  zu  erläutern  sucht)  und  von  Scholiasten  nufgetübrt. 
fleldnor  seinerseits  geht  bei  der  Erklärung  von  der  schon  von 
Bloomfield  (JAOS.  19,  3,  M  ff.)  gemachten,  von  Geldner  aber  noch 
schärfer  gefasHten  Beobachtung  aus,  A&&»  das  Wort  gern  in  foimel- 
haften  Wendungen  igewöhulich  im  Lok.  Sing,  oder  Plur.)  und  zwar 
meist  an  vorletzter  Stelle  im  Pada  gebraucht  wird.  Da  dieselbe 
Formel  auf  ganz  verschiedene  VerhältnitiBe  angewendet  werden 
konnte  (s.  ItV.  1,  «4.  1.  ö),  so  sieht  Goldner  iu  dem  Worte  einen 
"gleitenden  BegrilT"  und  läset  es  demj^emäBS  folgende  vier  Bedeu- 
tungen annehmen:  I)  Allgemein  sozialer  Art  jede  Gruppe  zusammen- 
gehöriger oder  gleichartiger  Personen,  Korporation,  Genossenschaft, 
Bund,  Brüderscbaft ;  insbes.  Standesgenossenschaft,  Zunft,  Gilde, 
dann  auch  Paitei,  Anhang  (syn.  mit  pak^a,  »vapakfa,  gana;  das 
oidathatti  ist  nach  Gelduer  ein  Produkt  des  stark  entwickelten  Kor- 
porationsgelBtes  der  Inder).  3)  Spez.  die  gelehrte  Oenossenschafl: 
wahrscheinlich  seiner  Etymologie  nach  in  der  Wz.  vid  seinen  Ur- 
^mng  habend.  S.  RV.  'l,  164,  20— a2  (vgl.  hierzu  Grassmann  und 
Detiseen  Allgemeine  Geschichte  der  Philosophie  1,  113);  3,  1,  16;  7, 
36,  8;  7,  21,  2;  7,  18,  3  usw.  —  Analog  der  Einteilung  der  Menschen 
werden  auch  die  Götter  u.  zwar  in  3  Gilden  rubriziert,  was  natür- 
lich in  der  bekannten  Dreiteilung  der  Welt  in  Himmol,  Erde  und 
Wasser  begründet  ist;  vgl.  RV.  3,  4,  5;  6,  51,  2:  «,  39,  9;  2,  27,  8; 
3,  38,  5:  5,  G3,  2  usw.  3)  Einen  besonderen  Beinamen  der  Maruts 
[viddltuifu  dhträ^:  RV.  3, 3(>,  6),  welches  Epitheton  ornuns  aus  dem  Cha- 
rakter der  Marut«  als  gelehrter  Herren  (als  Lobs&uger  des  Indra 
?V.  b,  29,  1  und  als  Beistande»  der  Kavis  5,  61  [vgl.  zu  letzterem 
ed.  Stud.  2,  253])  verständlich  wird.  41  Das  zum  Zwecke  eines 
■  Opfers  zusammengetretene  Konsortium  von  Priestern,  den  Konvent, 
'""  'les.  das  vollzählige  Priesterkollegium,  wie  es  für  die  grossen 
laopfer  notwendig  war:  ä.  RV.  1,  40,  6;  10,  100,  6;  7,  93,  3—4  usw. 
r  für  das  Opfer  selbst  wird  das  Wort  metonymisch  angewendet, 
i  es  zuweilen  parallel  zu  yqjna  (RV.  3,  3,  3;  8,  11,  1.  3)  oder 
1  ?uting  (B.V.  (),  52,  17),  die  beide  öfters  in  der  Nähe  von  mddtha 
tscheinen,  zuweilen  auch  in  vei'schiedenem  Kasus  (RV.  7,84,3;  10, 
~~',  6)  steht.  —  Ein  Wort- u.  Stellenindex  beschllesst  diesen  Exkurs. 
i  Regnaad  P.  Un  paradoxe  vMique.  Kev.  de  liiig.  31,  344  f. 
Betrifft  RV.  VI,  13,  2  und  VI,  2,  8. 


ISl  II.  B.  Iiidiscli. 

*34,  von  Schröder  L.  Die  Tübinger  Kattia-HnudschrifteB  und  tiiM 
Be^ieliung  zum  Täittirtja-Arnnvalfa.  Hrii°p.  in.  o.  Nachtrag«  ro& 
G.  Bühler.  (=  Sitzb.  Ak.  VViss.'w.,  Phii.-hist.  Kl.,  Bd.  137,  Äbh.41 
Wien  Gerollis  Solin  in  Komm.  126  S.  2,80  M. 
*35.  Weber  A.  Vedische  Beitrage.  7.  Aus  alter  Zeit.  Sitzb.  Alt. 
WisB.  Berlin.    S.  658-81. 

VerBUch,  Ort  und  Zf.it  der  Ursitze  der  Indo<,'ermaiien  näher 
2U  bestimmen,  hierbei  au»};ehend  von  der  Etymologie  des  Wortes 
Sommer.  Der  Name  Sommer:  skr.  säma,  griech.  Önoc,  s.  v.  n.  die 
dem  Winter  gleiche  zweite  Hallte  des  Jahrea,  weist  dem  Wiuter  die 
1.  Stelle  zu,  deutet  also  auf  eine  Gebend  hin,  In  der  dieser  vor- 
herrschend war.  ludem  Weber  Hodann  an  die  Zeitberechnnu":  der 
Indogermanei)  nach  Mondjahren  und  an  die  Ausgleichung:  des  Untei^ 
flchiedes  mit  dem  Sonnenjahre  durch  Anl'ügnng  von  13  Tagen  |= 
die  prophetisch  bedeutsamen,  12  heiligen  Nächte  der  Germnnenl 
anknüpft,  schliesat  er  aus  dieser  astronomischen  Korrektur  aof  eine 
Nachbarschart  von  Semiten,  da  die  Indog.  bei  der  Höhe  ihrer  da- 
maligen Kultur  selber  nicht  dazu  befllhigt  waren,  und  zwar  speziell 
vonBnbyloniem:  beides  (rauhes  Klima  u.  sentit.  Nachbarschaft)  findet 
«r  in  Armenien  vereinigt.  Hierzu  kommt  als  3.  Beweismittel  At.i 
allen  Indogermaneu  gemeinsame  Zwillingspaar  der  Oioskuren;  skr. 
Ofoin,  8.  V.  w.  'Reiter'.  Dieses  Wort  lllsst  auf  eine  Gegend  schlies- 
sen,  wo  das  Reiten  unter  dem  betreffenden  Volke  in  voller  Cbung 
war,  was  wiederum  bei  Armenien  zutrifft.  —  Hinsichtlicb  der  chro- 
no lop  sehen  Fixierung  der  Urheimat  der  Indogermanen  hält  sieb 
Weber  an  die  Identifizierung  der  Dioslcuren  niil  dem  Gestirne  der 
Gemini  und  zwar  denkt  er  (da  die  Diosknreu  im  Veda  vielfach  mit 
der  Morgenröte  in  Verbindung  gebracht  werden)  an  eine  Zeit,  wo 
dieses  Gestirn  kurz  vor  Tagesanbruch  zn  sehen  war,  wobei  man 
tüi  Armenien  anf  das  Jahr  6000  kommt,  um  welche  Zeit  das  Oestim 
der  Gemini  beim  Fiühlingsflijuinox  etwa  '/*  Stunde  vor  Sonnenauf- 
gang sich  zeigte.  Da  nun  Weber  hinsichtlich  der  an  die  Sonne  sidi 
knüpfenden  Mvthenbildung  das  Wintersolstitiuu  für  viel  wichtiger 
halt,  so  würde' man  zu  noch  viel  früherem  Ansätze  {c.  13000—14000 
Sk.  C.)  gelangen.  —  Aus  dem  Worte  Basä  (ein  mythischer  Strom  im 
Teda]  als  ev.  Beinamen  der  Wolga,  resp.  des  kaspischen  Meeres 
gleichfalls  auf  Armenien  zu  Bchliesaen,  ist  bei  der  Unsicherheit  dieser 
Etymologie  nicht  gut  möglich.  —  Diesen  Untersuchungen  fügt  Weber 
eine  Übersicht  einiger  Resultate  der  "vergleichenden  Mythologie  für 
die  indog.  Urzeit"  an,  ohne  sich  hierbei  streng  an  die  Lautgesetze 
«u  binden,  sondern  in  erster  Linie  nur  die  Wesensgleichheit  der 
betreRenden  m3~thologischen  Verkörperungen  berücksichtigend.  Von 
diesem  Staudpunkte  aus  kommt  er  unter  anderen  zu  folgenden  Pa- 
rallelen, zunttchst  aus  dem  Ki'eise  der  solaren  Mythen:  'AxUXeuc, 
Siegfried,  Rarna.  die  Sonnenheldcn,  die  die  Kühe  des  Sonnengt>lles 
<HelioB,  Apollön,  Indra),  d.  h.  die  Segnungen  des  HimmeJsliehtes 
oder  Regens,  umgeformt  von  der  späteren,  weiterentwickelten  Sage 
zu  Jungfrauen,  Königstöchtern  usw.  (vgl.  Helena,  Draupndl,  SilA, 
Bmnhilde)  den  Räubern  (Ungetümen,  Riesen,  Drachen)  entrelsseu. 
Das  weissagende  Pferdehaupt,  das  dem  Dadhyailc  von  den  A^vio 
aufgesetzt  wird,  erinnert  an  Mimirs  Pftrdekopf  und  au  den  FaladA 
des  Märchens.  Weitere  solcher  Nelaeneinaoderstellungen  sind:  Tri- 
tonen,  ved.  Traitana,  Kinder  des  (Äptya)  Trita,  ursprünglich  wohl 
Bewohner  des  oberstcti  (8.)  Himmels,  den  man  sich  als  Äathendes 
Licht-  und  Wassermeer  vorstellte;  parjanya  [als  spargenn  und  nicht 
als  blitzend  zu  deuten;  daher  ein  Regengoil),  lil.  Perkunas,  prenss. 


IL  B.  Indisch.  185 

• 

Perun;  ved.  Saranyü  (die  dahin  eilende  Wolke),  gr.  Erinnys\  (apftm) 
naptar:  Neptunus;  *Ep|LX€iac  HiuxoiroiixTröc:  Särameya  (Silramä  die  Göt- 
terhündin, die  den  Aufenthalt  der  Kuhräuber  auskundschaftet); 
Todtenhund  Cabala:  K^pßepoc;  Gandharva:  Kentauren;  manu:  Minos, 
Mannus  der  Germanen  (trotz  teilweise  lautlicher  Schwierigkeiten). 

*36.  The  Wealth  of  India.  Monthly  Magazine  solely  devoted  to 
the  English  translation  of  the  best  Sanskrit  works  ed.  and  publ. 
byManmathaNäth  Datta.  Vol.  V,  Parts  3—12.  Vol.  VI, 
Parts  1—3.    Calcutta  1897.    158  S.    j.  Rs.  6  [Luzac,  10  s.]. 

Enthält  die  Fortsetzung  von  Kämandakiya  Nitisdra,  Mdrkan- 

deva-Puräna  und  Harivamsa. 

"^37.  The  Mäfkandeya - PurÄna  transL  byManmatha  Näth 
Datta.    Calcutta,  publ.  by  the  translator.    502  S.    8  Rs. 

♦38.  The  Vishnu-PurÄna  transl.  bv  Manmatha  Ndth  Datta.  Cal- 
cutta,  publ.  by  the  translator.    464  S.    6  Rs. 

*39.  The  Upanishads.  An  attempt  to  Interpret  the  (11)  Upanishads. 
With  the  preface,  translation  and  notes  in  Man\thi  and  English. 
The  Aitareya  Upanishad.  (Ist  of  the  series.)  By  Rdjarum  Räm- 
krishna  Bhdgvat.  Bombay  Tukanlm  Javji.  52  S.  8  a.  [Leipzig 
Harrassowitz.  1,50  M.]. 

*40.  The  Upanishads  transl.  by  LÄla  Dalpat  RAi.  Vol.  I.  (=  The 
Sacred  Books  of  India.  I).   Labore  Aror  Bans  Press.    118  S.   6  a. 

*41.  Translation  of  Sankara's  commentarv  on  the  Chaudogva 
Upanishad.    Brahmavädin  3,  440—51. 

*42.  The  sacred  laws  of  the  Aryas  .  .  .  transl.  by  G.  Bühl  er. 
Part  I:  Äpastamba  and  Gautama.  2d  ed.  rev.  Part  II:  Vä- 
sishtha  and  Baudhäyana.  (=  Sacred  Books  of  the  East.  Ame- 
rican ed.  Vol.  II.).    New  York  Christian  Lit.  Co.    LXII,  360  S.  3  S. 

'*'43.  The  Dhammapada.  Transl.  by  F.  Max  Müller.  2nd  ed.  re- 
vised.  (=  Sacred  Books  of  the  East.  Vol.  X.  Part  I).  Oxford.  Cla- 
rendon Press.  (Lo.,  Frowde).  10  s.  6  d.  [Leipzig  Harrassowitz. 
8,50  M.l. 

*44.  [Majjhima-Nikäya,  Sutta  123.]    The  canonical  account  of  the 

birth  of  Gotama  the  Buddha.  By  Alb.  J.  Edmunds.  Open  Court 

12,  495-90. 

Übersetzung  nach  dem  von  Rob.  Chalmers  in  JRAS.  1895, 
S.  751—71  (The  nativity  of  the  Buddha)  veröifentlichten  Texte. 

*45.  Hardy  E.    Der  Grhya- Ritus  Pratyavarohana  im  Päfl- Kanon. 

ZDMG.  52,  149—51. 

Vergleichung  der  im  Anguttara-Nikäya  (und  zwar  im  Janus- 
«oni-Vagga,  so  genannt  nach  dem  Brahmanen  Janussoni,  mit  dem 
das  Gespräch  über  die  verschiedenen  Arten  der  paccorohani  geführt 
wird)  enthaltenen  Schilderung  dieses  Brauches  mit  den  entsprechen- 
den brahmanischen  Normen.  Pratyavarohana  (vgl.  hierzu  Alfr.  HiUe- 
brandt  Ritual-Litteratur  S.  78)  ist  die  Zuriickverlegung  des  Lagers 
auf  den  Erdboden  nach  Ablauf  der  durch  die  Schlangen  gefähr- 
lichen Zeit,  meistens  am  Voilmondstag  des  Monats  Märgasirsa,  ver- 
bunden mit  folgenden  Vorbereitungen:  1)  Baden;  2)  Anlegen  eines 
neuen  (noch  nicht  gewaschenen)  Gewandes;  3)  Bedecken  des  Bodens 


186 


ri.  B.  hi.iiHch. 


mit  KuhduQg:  4)  GobrAuch  ejnev  Handvoll  &nfret'eucht«t»r  Kvio- 
OrlUer  (vgl.  über  den  Zweck  Säiikhy.  4,  17,  3—5)  und  Ansstreneii 
von  grünen  Ku^n-Gräsern  zur  Lagersttltte.  Nacbdem  sich  die  ein- 
aelnen  Personen  niedergelegt  haben,  folgt  die  eigenlliche  Feier,  die 
in  einem  3m»lig:en  Erheben  vom  Lager  wuhrend  der  betreffenden 
Nacht  und  FnUen  der  Hunde  nach  der  Richtung  de»  Feuers  hiu 
unter  Hersflgung  einer  bestimmten  Formel  beKtehr. 
•4G.  Jaoobi  H.    Der  Akaent  im  Mittel  indischen.    KZ.  35,  563—78. 

Handelt  von  der  Entstehung  dieses  Akzentes  und  der  von 
ihm  ausgehenden  BeeintluHsang  der  Vokaiisation,  wobei  Jacobi  im 
Gegensatze  au  den  von  Prof.  Piachel  als  Erwiderung  auf  ZDMG.47, 
674  ff.  verfaHsten  und  ebenfalls  in  KZ.  (34.  568  ff.  u,  35,  140  1f.)  er- 
schienenen Abhandlungen  die  von  letzterem  aufgestellten  "RegeUi 
Über  die  Wirkungen  des  vedi^chen  Akzentes  im  Mittelindischen " 
entschieden  hekämpfl,  indem  Jacobi  den  mittelindischen  Akzeni 
nicht  auf  den  alten  vedischen  zurückgehen  Idssi,  sondern  indem  er 
neben  dem  mehr  musikalischen  Charakter  zeigE^ndon  vedischen  mit 
der  Zeil  einen  wortrhythmischen  exspiralorischer  Art  aufkommen 
lüBBt,  die  beide  zunHclitit  wolil  eine  Zelt  lang  neben  einander  be- 
standen haben  dürften,  bis  der  vedische  schliesslich  von  dem  ande- 
ren verdrHngt  wurde. 
•47.  Piachel  Sich.    Hävanavaho  7,62.    ZDMG.  62,  93-9(i. 

Berichtigung  der  Goldschmidt'schen  Übersetzung  diener  Strophe 
und  Beseitigung  der  in  detn  ersten  "samaccharehim"  liegenden  Haupt- 
Schwierigkeit  dieser  Textstelle  durch  Auflösang  des  betreffendeo 
Wortes,  nicht  wie  bisher  in  sam  +  accharekiiii,  sondern  iu  sama  + 
eeharehim,  d.  i.  gleiche  Gestalt  habend  [chara  im  Panhavägaranaim 
6.287  f.  (Ardamägadhi-Dialekt^  von  Abhayndevn  durch  rüpa  erkiNrIj, 
*48.  Lingutstic  Survey  of  India.   [First,  rough,  lisl  of  langnngeH.j 

Bengal    (Lower  Provinces).      The  North -Western    Provinues   and 

Oudh.    The  Central  l'roviuces.     The  Panjftb  and  its  feudntoriee. 

Berar,  oi-  Hvtli^rahad  Assigned  Districts,    Assum,    6  voIh.    Calcutia 

Government' Piinting,     IV,  144;  VI,  92,  VH;  VI,  106;  VI,  I(fö,  VII; 

V,  36;  V,  110  S.     Fol. 
'49.  Ifvara-kaula.    The  Kai;mlra(;abdämrta.    A  E&qinlri  grammar 

written  in  the  Sanskrit  language.     Ed.  wlth  notes  and  addltlons 

by  G.  A.  Grierson.     P.  U.  Conjugation.    Calcutla  Asiatio  Society. 

1  Bl ,  3  u.  2  S.,  S.  109—379,  3  S. 
•60.  Essays   on  Kasmirl  granirnnr.     By  the  Ute  K.  Friedr.  Bi 

hard.     TransInted  and  editöd,  with  notes  and  nUditiona,  by 

Grierwon.    JA.  27,  179-93;  215—21;  238-33;  309—17. 
•51.  Grierson  G.  A.     On  the   KiH;nilri  noun.    JASB.  H7,  1, 
*Ö2.  RämpraiÄp  Sharmä..  English-Hindi  dictionary.  Bombay  K he K' 

räj  Shrikrishnfidiis.    ^96  S.     1  ßs. 
•53.  Thoburn  W.  L.    TheEuglish-Urdudictiouarv,    Luckni 

dist  Public  House.    384  S.     1  Rs. 
•54.  MunsliI  Jawahir  Singh.   The  Urdu  tencher.    Umballa  Em] 

Press.    346  S.    3  Rs. 
'55.  Bhagu  P.  Kärbhiri.    The  sludenfs  Gujarati-English 

nary.    Ahmedabad,  pttbl.  hy  the  author.    652  S.    3  Ra.  8  a. 


ciety.         I 


•59.  1 


lt.  H,  Indisch.  1B7 

.  Oeigflr  Wilh.     Etymologie  des  Singhaleeischeu.     Abh.  Akad. 
d.  Wissenseh.  München,  Phil.-hisl.  Kl.  21,  175—273. 

t  auch  separat  erBcliienen:  München,  G.  Frunzscher  Verlag 
in  Komm.  1897.    tf9  S.  4".     3,60  M. 

*57.  von  Sowa  Rud.    Wörterbuch  des  Dinlekts  der  deutschen  Zigeu- 
ner (=  Abh.  Für  die  Kunde  iles  Morgeiil.  11,  1.)     Leipzig  BrotU- 
h;ius  in  Komm.    XIV,  128  S.     4,50  M. 
.  "68.  Alviella  Cte.  Gebiet  d'.    Ce  que  l'Inde  doit  4  la  Grfece.     Des 
inUuences  classiqnes  dans  la  ciTÜisation  de  rinde.    Paris  Leroux. 
'       1897.    VI,  200  S. 

RezenBinnen  von  V.  Henrv,  Rev.  er.  5.  S.  77;  F.  Aloin,  Bev. 
beige  de  num.  9B.  S.  239  f.;  F.  Juati,  Berl.  philol.  Wochenschr.  98, 
S.  912  f.  und  in  JRAS.  98,  S.  188  f. 

•B9.  Karaten  Paula.  Sahade va'sWahrsageliuch.  Globus  74,  281-87. 
Bringt  Angaben  Über  eia  unter  den  Tamilen  (aber  auch  sonst 
f  Indien  weil)  verbreitetes  Wahrsagebnch,  deasen  Kenntnisnahme 
er  Verfasserin  von  einem  Mitgliede  der  seiner  Zeit  in  Berlin  aul- 
"liUtlich  gewesenen  Tamilkarawane  zu  Teil  geworden  ist.  Das  Bnch 
beginnt  mit  einer  Finleitung,  in  der  die  Wahreagekunnt  im  Allge- 
meinen auf  KHühnn  selbst  zurückgeführt  und  die  Autorachaft  des 
vorliegenden  Werkes  unter  Assistenz  der  Vani  (s.  v,  a.  Rede,  Be- 
redtsamkeit  und  die  Göttin  derselben,  i.e.  Sarasvati)  dem  Sahadeva, 
dem  vornehmsten  der  fünf  Pftndavns  zugeschrieben,  sowie  die  Ge- 
schichte der  Pändavas  erzillilt  wird,  wonach  diese  mit  Hilfe  des 
Wahrsage  buch  es  den  Nach  Stellungen  und  Zaubereien  eines  heim- 
tüeki.'icht'n  Verwandten  entgehen,  um  sodann  ihr  ganzes  Vermögen 
und  sich  selbst  im  Würfelspiel  an  den  nämlichen  zu  verlieren,  beides 
jedoch,  ihre  persönliche  Freiheil  und  ihr  Gut,  später  vom  Glück  be- 
günstigt wiedergewinnend.  Tnteressani  sind  die  Bemerkungen  über 
den  Inhalt  und  die  Art  und  Weise  des  Vovhersagens.  Danach  hat 
der  Beireffende  an  etwas  zu  denken  und  eine  der  64  Nr.  (die,  von 
111,'  112,  113  ...  bis  ..  .  443,444  aufsteigend,  in  quadratischer  An- 
ordnung vorausgeschickt  sind)  zu  berühren,  wodurch  er  den  Aus- 
gang seines  Vorhabens  usw.  erfahren  wird.  An  jede  Nr.  schliesst 
sich  ein  Vers  mit  erinuternder  Prosa  an.  Nach  der  mitgeteilten 
Probe  heeiehen  sich  die  einzelnen  Prophezeiungen  auf  die  Wünsche 
und  Bedürfnisse  des  tftglichen  Lebens  (Reichtum,  Gesundheit,  Glück 
usw.).  Zur  Erhärtung  der  Wahrheit  des  Gesagten  sind  hier  und 
da  besondere  Wahrzeichen  (Träume,  Körpermale  usw.)  eingestreut. 
Nach  Bedarf  kann  die  Verfasserin  sämtliche  fi4  Nr.  der  Tabelle  ver- 
öffentlichen. 

•60.  Kennedy  J.    The  early   commerce  of  Babylon  with  India  — 
700-300  B.  C.     JRAS.  241-88. 
l^  Unter  Berücksichtigung  von  Schrift,  Münzen  und  Kunst. 

B*fil.  Winternitz  M.    Folk-medicine  in   Ancient  India.     Nature  58, 
^    333-35. 

H*62.  Hopkins  E,  W.     Land-Iennre  in  Ancient  India.    Poüt.  Science 
H    Quarterly  (N.  Y.),  Dec. 

Bf,        Zugleich  eine  Besprechung  von    B.  H,  Baden-Powells  Buche: 

^The  Indian  village  Community,  examined  with  reference  tö  the  physi- 

t&l,  ethnogfaphical,  and  historical  eonditions  of  the  provinces,  chieüy 

on  ihe  basisof  the  revenue-settlement  records  and  district  raanuals. 

Lo,  (N.  Y.),  Longmanns  1896.    XVI,  456  S.  8".     16  s;  4  §■ 

AnielKcr  XII  f  a.  s.  ]3 


188  II.  B.  Indisch. 

*63.  Johansson  K.  F.  Till  frägan  om  det  indiska  kastväsendets 
Ursprung.    Nord.  Tidskr.  utg.  af  Letterst.  fören.  S.  538—60. 

""64.  Jacob!  Herrn.  Über  das  Verhältnis  der  buddhistischen  Philoso- 
phie zum  Sänkhya-Yoga  und  die  Bedeutung  der  Nidänas.  ZDMG. 
52,  1-15. 

Antwort  Jacobis  auf  die  von  Oldenberg  (Buddha,  3.  Aufl., 
S.  448  ff.)  und  Senart  (Mölanges  Charles  de  Harlez,  S.  281  ff,)  gegen 
seine  in  den  N.  G.  G.  W.  phil.  Kl.  1896.  S.  43  fif.  niedergelegte  An- 
sicht von  dem  Hervorgehen  des  Buddhismus  aus  dem  Sftnkhya-Yoga 
geltend  gemachten  Einwände,  hauptsächlich  eine  Bedeutungsent- 
wicklung der  einzelnen  Glieder  der  Nidäna-Kette  (der  evidentesten 
Berührungspunkte  beider  philosophischer  Systeme)  als  des  Ausgangs- 

Eunktes  der  buddhistischen  Philosophie.  Jacobi  lässt  die  S&nkhya- 
rchre  geistiges  Gemeingut  jener  Zeit  sein:  zu  finden  in  den  brah- 
manischen  Quellen  in  Verbindung  mit  bestimmten  Vedänta-ldeen 
(vgl.  zahlreiche  itihäsa-purätanas  des  12.  Buches  des  Mahäbhärata), 
in  dem  Systeme  des  Manu,  in  den  Hauptzügen  der  Philosophie  der 
Puränas  und  als  theoretische  Grundlage  in  der  Yoga-Praxis.  Dess- 
halb  ist  auch  eine  vom  Sänkhya  ausgehende  Beeinflussung  des 
Buddhismus  sehr  naheliegend,  welch  letzterem  er  überhaupt  die 
schöpferische  Kraft  zu  Neubildungen  abspricht,  indem  er  ihn  nur 
"Gemeingut  indischen  Denkens  anders  gruppieren,  im  besten  Falle 
anders  formulieren"  lässt.  Nach  einer  längeren  Polemik  über  die 
Möglichkeit  der  Schülerschaft  Buddhas  zu  Aräda  und  über  die  Frage 
hinsichtlich  des  psychologischen,  nicht  kosmogonischen  Charakters 
beider  Systeme  wendet  sich  Jacobi  den  Nidänas  (=  Darstellung  der 
Verkettung  von  Ursachen  und  Wirkungen  des  weltlichen  Daseins 
eines  Individuums)  zu.  In  den  ersten  Nidänas  findet  er  völlige  Über- 
einstimmung beider  Lehren  (avidyäj  samskära,  vijnäna)^  die  aller- 
dings in  den  folgenden  Gliedern  einiger  Divergenz  Platz  macht,  um 
jedoch  am  Schlüsse  in  abermaligen  engsten  Parallelismus  auszu- 
laufen. Die  Schwierigkeit  in  der  Deutung  von  nämarüpa  (nicht 
"Name  und  Körperlichkeit"  zu  übersetzen)  löst  er  dadurch,  das&  er 
von  dem  parallelen  Jaina-Begriff  nämagotra  ausgeht,  der  wiederum 
mit  ahamkära,  dem  Wort  für  Individualität  in  der  Sänkhya-Philoso- 
phie,  auf  einer  Linie  steht.  Er  sieht  in  nämarüpa  einen  volkstüm- 
lichen Ausdruck,  der  von  Alters  her  Geltung  hatte  und  in  dem  vor- 
liegenden Falle  einfach  an  Stelle  des  philosophischen  Terminus: 
ahamkära  trat,  mit  dem  er  in  seiner  Grundbedeutung  zusammenhing. 

*65.  Alviella  Cte.  Goblet  d'.    Des  ^^changes  philosophiques  et  reli- 

gieux  entre  l'Inde  et  l'antiquit^  classique.    Bull.  Ac.  roy  de  Belg. 

34,  ()93-744. 

Rezensiert  von  J.  van  den  Ghevn  ("Indianisme  et  Christia- 
nisme"),  Musöon  17,  57—68. 

"^m.  Baunack  Theod.    Bhujyu,  ein  Schützling  der  A<jvin.    KZ.  35, 

485-563. 

Behandelt  in  ausführlicher  Weise  unter  Heranziehung  aller 
einschlägigen  Stellen,  verbunden  mit  mancherlei  grammatischen  Ex- 
kursen und  neuer  Interpretation  der  bis  jetzt  noch  nicht  genügend 
erklärten,  hierher  gehörigen  Rg-Veda- Verse  die  Legende  von  der 
Errettung  des  Bhujyu  (=""Genussbringer"  mit  Bezug  auf  die  Vor- 
stellung von  dem  Verdienste  fürs  jenseitige  Leben  durch  die  Geburt 
eines  Sohnes),  in  der  Baunack  symbolisch  die  Verjüngung  des  Sonnen- 
gottes behandelt  tindet.    Nach  seiner  Darstellung  gestaltet  sich  der 


II.  B.  Indisch.  189 

Terlauf  dieser  Sage  folgendermassen:  Bhujyu  wird  gelegentlich  einer 
Fahrt  auf  dem  Meere  von  seinem  Vater  Tugra  mit  Gewalt  in  das 
Wasser  gestossen,  aus  welchem  Grunde,  wird  nicht  ausdrücklich 
■angegeben.  Anstatt  aber  den  Tod  in  den  Wellen  zu  finden,  wird 
-er  von  den  auf  sein  Rufen  und  Jammern  herbeieilenden  A<jvins, 
die  er  sich  durch  seine  Frömmigkeit  und  reiche  Opferspenden  ge- 
neigt gemacht  hat,  errettet  und  auf  3  Fahrzeugen  (bald  Wagen, 
bald  Schiffen),  jedes  mit  6  windschnellen  Rossen,  (die  ebenso  wie 
die  Fahrzeuge  geflügelt  genannt  werden)  je  3  Tage  und  3  Nächte  lang 
durch  die  Luft  getragen.  Auf  diese  Weise  schwebt  er  9  Tage  und 
Nächte  dahin,  während  dieser  Zeit  vom  Soma  der  A<jvins  sich  näh- 
rend. Am  10.  Tage  bringen  ihn  die  A^vins.in  seine  Heimat  zurück. 
-(Hinsichtlich  der  Zahl  der  Wagen  geht  die  Überlieferung  etwas  aus- 
•einander.  An  einigen  Stellen  wird  auch  von  4  Fahrzeugen  ge- 
sprochen. Die  hieraus  resultierenden  12  Tage  und  Nächte  setzt 
Baunack  in  Beziehung  zu  den  heiligen  12  Nächten  des  Wintersol- 
stitiums.  Die  den  Fahrzeugen  beigelegten  Epitheta  "hundertteilig", 
^'hundertrudrig**  erklärt  Baunack  durch  die  Hindeutung  auf  die 
«Ite  Einteilung  einer  Tages-  und  Nachzeit  in  30  Stunden,  sodass  die 
Fahrzeuge  gewissermassen  die  Zeit  repräsentieren  würden).  In  seiner 
Heimat  angelangt,  kommt  Bhujyu  gerade  zur  rechten  Zeit,  um,  von 
der  göttlichen  Speise  der  A<jvins  wunderbar  gestärkt,  an  d«m  ge- 
waltigen Kampfe  teilzunehmen,  der  seinetwegen  zwischen  seinen 
Anhängern  und  denen  seines  inzwischen  gleichfalls  zurückgekehrten 
Vaters  ausbricht,  und  der  durch  der  A^vins  Hilfe,  sowie  unter  dem 
Beistande  des  Indra  —  den  als  höchsten  Gott  und  als  eigentlichen 
Schlachtenlenker  der  Dichter  nicht  übergehen  zu  können  glaubte  — 
zu  seinen  Gunsten  endet,  indem  zugleich  der  Vater  fällt,  worauf 
Bhujyu  das  Erbe  dieses  antritt.  —  Im  Anschluss  hieran  giebt  Bau- 
nack in  aller  Kürze  eine  neue  Erklärung  des  Wesens  und  der  Be- 
deutung des  Zwillingspaares  der  A^vins,  die  er  nach  den  beiden 
wunderbaren  Pferden  (den  Symbolen  der  hellen  und  dunklen  Zeit- 
Mlfte)  benannt  sein  lässt,  und  die  so  Personifikationen  der  als  Jahr, 
Monat,  Tag  stets  aus  einer  hellen  und  dunklen  Hälfte  bestehenden 
und  zu  einem  untrennbaren  Ganzen  vereinigten  Zeit  repräsentieren. 

*67.  Carus  P.  Karma:  story  of  early  buddhism.  London  Paul. 
3  s.  6  d. 

*68.  Falke  Roh.  Buddha,  Mohammed,  Christus,  ein  Vergleich  der 
drei  Persönlichkeiten  und  ihrer  Religionen.  I.  darstell.  Tl.:  Ver- 
gleich der  3  Persönlichkeiten.  2.  Aufl.  Gütersloh  Bertelsmann.  VIII, 
216  S.    3  M. 

*69.  HardyEdm.  Indische  Religionsgeschichte  (=  Sammlung  Göschen 
Bd.  83).    Leipzig  Göschen.    152  S.    Geb.  0,80  M. 

*70.  Lövi  Sylv.  La  doctrine  du  sacrifice  dans  les  Brähmanas. 
(=  Bibl.  de  T^cole  des  hautes  et.  Sc.  relig.  Vol.  XI.)    4  BL,  183  S. 

*71.  Magoun  H.  Will.  Early  religion  of  the  Hindus.  Bibl.  sacr. 
55,  92-113;  296-321. 

*T2.  Müller  F.  M.  Lectures  on  the  origin  and  growth  of  religion, 
as  illustrated  by  the  religions  of  India.  The  Hibbert  lectures 
dellvered  in  the  Chapter  Hotise,  Westminster  Abbey,  in  April, 
May  and  June.    New  impr.    London  Longmans.    424  S.    5  s. 

*73.  Roussel  A.  Cosmologie  hindoue  d'apres  le  BhÄgavata  Purftna. 
Paris  Maisonneuve.    401  S.    6  Fr. 


190  IL  B.  Indisch. 

*74.  Sieoke  E.  Der  Gott  Rudra  im  Rig-Veda.  Arch.  f.  ReHgions- 
wiss.  1,  113—151;  209-259. 

Mit  Übersetzung  von  RV.  1,  43;  114.  II,  33.  VII,  46. 

♦75.  Wintemitz  M.  Witchcraft  in  Ancient  India.  New  World  7, 
523-43. 

*76.  Boyer  A.  M.  Sur  quelques  inscriptions  de  l'Iude.  Journ.  Asiat. 
s6r.  IX,  12,  463-503. 

♦77.  Bloch  Theod.  Buddha  worshipped  by  Indra:  a  favorite  subject 
of  aucient  Indian  art.    Proc.  ASB.  S.  186—89. 

*78.  Bühler  Geo.  On  the  origin  of  the  Indian  Brahma  aiphabet. 
2.  ed.  of  Indian  Studies,  Nr.  III.  Together  with  two  appendices 
on  the  origin  of  the  Kharo.^thI-  aiphabet  and  of  the  so  called 
letter-numerals  of  the  Brähml.  With  3  plates.  Strassburg  Trübner. 
XIII,  124  S.    5  M. 

♦79.  Oarus  Paul.  Buddha  pictures  and  statues.  Open  Court  12, 
337-52. 

*80.  La  Mazeliöre  Mis.  de.  Moines  et  asc^tes  indiens.  Essais  sur 
les  caves  d'Ajantä  et  les  couvents  bouddhistes  des  Indes.  Paris 
Plön,  Nourrit  et  Co.    II,  311  S.    4  Fr. 

♦81.  Müller  F.  M.     Buddha's  birthplace.    Blackwood's  Edinb.  Mag. 

164,  787-91. 

Der  eigentliche  Ruhm,  Kapilavästu  entdeckt  zu  haben,  wird 
hierin  von  Müller  für  Major  Waddell  in  Anspruch  genommen,  der 
in  dem  "Journal  of  the  As.  Soc.  of  Bengal"  1896,  S.  275  überzeugend 
dargethan  habe,  dass  Kapilavästu  nicht  weit  von  der  im  J.  1893  im 
Nepal  Terai  von  einem  unbekannten  Nepalesischen  Offizier  gefun- 
denen Säule  zu  suchen  sei,  während  Dr.  Führer  das  allerdings  nicht 
zu  unterschätzende  Verdienst  habe,  die  Örtlichkeit  weiter  durchforscht 
und  durch  Auffindung  einer  gleichfalls  von  Asoka  errichteten  bäule 
den  in  der  buddhist.  Tradition  eine  grosse  Rolle  spielenden  Lunibini- 
Park  festgestellt  zu  haben,  auf  welcher  Säule  speziell  ihr  Standort 
als  Geburtsstätte  des  Verehrungswürdigen  bezeichnet  wird.  Irgend 
welchen  Skeptizismus  hinsichtlich  der  Identifizierung  dieses  Platzes 
als  des  historischen  Geburtsortes  Buddhas  hält  Müller  gegenüber 
den  durch  die  Ausgrabungen  erlangten  Resultaten  und  den  durch 
sie  bestätigten  buddhist.  Berichten  für  unangebracht. 

♦82.  Smith  Vinc.  A.     Kauäärabi  und  Srävasti.    JRAS.  S.  503—31. 

Mit  2  Tafeln;  bildet  Nr.  III  der  "Prolegomcna  to  Ancient  In- 
dian history".  —  Von  weiteren  Spezialabhandlungen  sind  bereits 
erschienen  und  zwar  von  demselben  Verfasser:  1)  The  iron  pillar 
of  Delhi  (Mihrauli)  and  the  emperor  Candra  (Chandra):  ebd.  1897, 
S.  1—18.  —  2)  Samudra  Gupta  (A  specimen  chapter  of  the  projected 
history  of  Northern  India  from  the  monuments):  JRAS.  1897.  S.  19— 
33  (vgl.  hierzu  B.  Sewell  Pistäpura,  ebd.  S.  420).  —  3)  The  conquests 
of  Samudra  Gupta:  ebd.  1897,  S.  859—910. 

Der  vorliegende  Aufsatz  handelt  von  der  Fixierung  der  beiden 
altindischen  Orte  "Kausämbi"  und  "Srävasti'*.  Das  erstere,  der 
Schauplatz  des  Ratnävali  Dramas,  identifiziert  Smith  nicht  mit  Kosam 
an  der  Jumna,  sondern  setzt  es  in  die  Nähe  der  Eisenbahnstation 
Satnä  (Sutna)  an  der  Linie  Allahabad-Jabalpur,  und  zwar  glaubt  er 
seine  geographische  Lage  durch  die  berülimten  Ruinen  zu  Bharhut 


II.  A.  Indo- 


19t 


P 


iBharaut)  ziemlich  g'cnnu  beHtimmt  zu  linben.  SrAvasIl,  bei  dessun 
Determinieruiig  Smith  von  de»  2  fixierten  Punkten  Kanauj  und 
Kapilavaetn  ausg'eht,  sueht  er  in  Nepal,  nicht  weit  von  der  NepAl- 
gsiij-Eiseubalmstatioii,  an  der  Bengal-  und  Nordwetit'Liuie. 
•83.  WalteraT.  Kapüavastu  in  ihe Buddhist  books.  JRAS.S,633— 71. 
Walters  gibt  hier  eine  Übersicht  der  aus  den  eiuheimi sehen 
Quellen  zu  erlanß^enden  InfoTmatioDcn  über  die  Stadt  und  den 
Dietrikt  von  Kapilavantu,  sowie  über  die  Beziehungen  Qautama 
Buddhas  KU  jenen.  Diese  Inrornmtion«n  Bind  allerdings  meist  sehi' 
wenig  befriedigender  Natur,  da  sie  sich  hauptsächlich  in  Legenden 
nnd  romanhalten  Krztthlungen  finden,  sowie  in  daraus  goschöpften, 
im  Vinaya  und  anderen  kanonischen  W«rken  Überlieferten  Bericbteu. 
Manches  hat  Walters  auch  chiuesischen  Übersetzungen  biiddhist 
Werke  entlehnt.  Doch  ist  es  schwer,  etwas  authentisches  heraus- 
zubekommen, da  alle  diese  (Quellen  sehr  ungleich  sind  und  olt  be- 
deutend variieren.  Walters  gliedert  seiuen  StolT  in  folgende  Ab- 
schnitte: "Ürigin  and  supposed  Bite  of  KapUftvaatu";  "Kapüavastu 
aa  Seen  and  deecribed  hv  Aituka  and  tht^.  Chinese  pilgrims";  "Various 
Flact's  in  the  Sakya  CÖunIry";  "the  t^ities  of  tho  Buddhas  Kraku- 
■andliH  and  Konakamuni";  "the  destruction  of  Kapilavastn";  "Con- 
cluBJon"  (worin  er  die  3,  in  den  buddhi&t.  Schritten  als  Geburtsort 
des  Sakya  Buddha  genannten  Kapilav  aRtu's,  nXml.  das  Kapilavastn 
der  Legenden  und  ßoninne,  das  von  Aäoka  und  den  späteren  ehinea. 
Pilgern  besuchte  uud  das  wirklich  für  Buddhas  Geburtsort  und 
Jugend  Aufenthalt  anzusehende  Kapilavastn  noch  einmal  einander 

«egenäbers teilt,  und  worin  er  aus  verschiedenen  Gründen  mit  einiger 
rahrscheinlichkeit    die   Heimat    des    Buddha    im   Territorium    der 
Vrijjians,  nicht  weit  von  Rajagriha  suchen  zu  dürfen  glaubt). 
*84.  Monier -W llliamB  M.     Vedic  accent  and  intouation  —  on  some 
remarks  by  R.  N.  Cu8t,  As.  Qu.  Rev.  5,  172  f. 

S.  hierzu  R.  N.  Cust,  the  Interuational  Congresses  of  Orien- 
talists:  As.  Qu.  Rev.  4  |IÖ97),  S.  79-98.  —  Eine  Übersicht  der  Orien- 
**üsten- Kongresse  vor  dem  Jahru  1897. 

Jahrgang  1899. 
A.  Indo-Iranlach. 
ScbermBnn  Luc.    Orientalische    Bibliographie,    bearbeitet    und 
heraus^fegeben   von  Dr.  Lucian  Schermaun.   XIII.  Jg.  (fUr  1899], 
Berlin  Reuther  und  Reiehard  1900.     345  S.     10  M. 

Allgemeines:  S.  60-63.  223^^24.  Indien:  S.  62-85.  234—42, 
Iran:  S.  85-88.  242-46. 

2.  Btudl  It&liani  di  Filologia  Indo-Iranica  direlti  da  Francesco  L. 
I'ull6.     Pisa  Spürri.    je  15  L. 

Studi.  —  In  memoriam:  Giorgio  Bühler  per  Ä.  de  Guber- 
natis,  e  Giuseppe  Turrini  per  F.  L.  Pull6  V— XIV.  —  Novellierl 
ö'aiuici:  Antarakathilsaihgraha  XV'— XVI,  I— 32.  —  GH  scritti  di  So- 
maprabha  E.  P.  Pavolini.  :«— 72.  —  F.  L.  Pullö.  Un  canitolo  fioren- 
tino  di  Indologia  del  sec.  XVII,  73.  —  Bibliografia  e  Notizie 

Äppendici.  G.  Flechia  II  Meghadüta  65-112.  —  C.  I'uini 
n  Saddhannapundarlka.  26—41.  —  V.  Betlei  Velälapailöavirnvatikd 
41—112. 

4.  Jackson  A.  V.  W.  Indo-Irauian  Contributions.  JAOS.  20,  54— 47. 
Inhaltsangabc:  1.  Sanukrit  vähiyaiis-.  —  3.  Sanskrit  karfa,  a 
light,  in  Ancient  Peraian.  —  3.  Sanskrit  chala  in  Ancient  Persian.  — 


192  II.  B.  Indisch. 

4.  Avestan  aoSa^  Sanskrit  uda-j  udan-,  —  5.  Avestan  vltäp9m,  Yt.  19. 
82.  —  6.  Avestan  spdivtö-  frasnä,  Vd.  22.  19.  —  7.  The  curse  of  a. 
cow  brings  childlessness.  —  8.  The  höm-plant  and  the  birds  in  the 
Dinkart.  —  9.  The  national  emblem  of  Persia.  —  10.  Ancient  Persian 
TUKTd  in  Hdt.  IX,  10. 

4.  Oldenberg  Herrn.  Ans  Indien  nnd  Iran.    Gesatnmelte  Aufsätze. 

Berlin  Besser.    III,  195  S.    4  M. 

Enthält  die  bereits  früher  veröffentlichten,  z.  T.  erweiterten 
Aufsätze:  1)  "Über  Sanskritforschnng";  2)  "Die  Religion  des  Veda 
und  der  Buddhismus.  Eine  religionsgeschichtliche  Studie";  3)  "Der 
Satan  des  Buddhismus*';  4)  "Zarathustra**;  5)  ''Buddhistische  Kunst 
in  Indien**  (ausgehend  von  Grün  wedeis  bekanntem  Handbuche);  6> 
"Taine*s  Essav  über  den  Buddhismus*'. 

B.  Indisch. 

5.  Brunnhofer  Herm.    Die  Herkunft  der  Sanskrit-Arier  aus  Arme- 
nien und  Medien.    Z.  f.  Ethnol.  31,  478—83  (vgl.  Abt.  I  Nr.  129). 

Wenn   die   alten  Überlieferungen  und  Berichte   richtig   sind, 
wonach  die  Perser  aus  dem  Stromgebiete  der  Kur-  und  Araxes- 
Mündung  gekommen,   die  Skythen  aus  Armenien  und  Medien  aus- 
gewandert sind,  die  Sanskrit-Arier  nach  Nordwesten  als  dem  Lande 
mrer  Herkunft  weisen,   die  Griechen  nach  Nordosten,   wohin  ihre 
ältesten  Erinnerungen,  Kolchis  und  Kaukasus  führen,  so  kann  doch 
nur  Armenien   als    der   ehemalige   gemeinsame  Ursitz   angesehen 
werden.    Ebendahin   gelangt  Brunnhofer  noch  auf  verschiedenen 
anderen  Wegen,   z.  B.  aus  dem  Vorkommen  der  Flussnamen  "Kur 
und  Araxes'   bei  verschiedenen  indogerman.  Völkern  (das  ihm  hier 
zu  Gebote   stehende  Material   verarbeitet   der  Verfasser  zu   einem 
neuen  Werke:   "Die  Flussnamen  Kaukasiens  auf  ihrer  Wanderung 
nach  den  Ländern  des  Ostens  und  Westens,  Nordens  und  Südens'^. 
Die  Gleichstellung  von  Agastya,   einem  ved.  Helden  und  Heiligen^ 
mit  den  Sagartiern,  einem  in  IrAn  weit  verbreiteten  Stamm  (beiden 
Worten  liegt  das  sanskr.  hasta^  Hand  zu  Grunde,  von  der  Wz.  har. 
greifen,    vgl.  griech.  x^ip),   der  Name  des  Stammes  der  Sagaraukai 
(etymol.  Meeresanwohner;   sagara^    Meer-\-okas,  Wohnung)   stellen 
gleichfalls  di»j  Verbindung  mit  den  Ländern  am  Kaspi-See  her,  be- 
sonders  aber   die   Bezeichnung   des   Stammes    der   Ka<jyapa   oder 
Kaspier,  auf  deren  einstigen  Aufenthalt  am  Alburz  der  Stadtname 
Kasbin  hindeutet.    Im  Bundehesch  wird  der  Atrek  "Kasprud,  Kasp- 
fluss"  genannt,  und  im  Pendschäb  erinnert  sowohl  Kaschmir,    wie 
auch  Kabul  an  das  KacTraiTupoc  der  Griechen,  nach  Kiepert  verkürzt 
aus  sanskr.  Kagyapapura,    Einen  weiteren  Beweis  für  den  früheren 
Aufenthalt  der  ved.  Arier  am  Südufer  des  Kaspi-Sees  sieht  Brunn- 
hofer in  der  häufigen  Erwähnung  der  Wassersucht,  die  in  dem  halb- 
tropischen GllAn  und  MazanderA,n  besonders  ort  auftritt.  Den  Feuer- 
gott  Agni,    apäm   napdt   (i.  e.   Sohn    der    Gewässer)    erklärt    sich 
Brunnhofer  am  leichtesten  aus  der  am  Kaspi-See   vorkommenden 
Naphta.     Den  im  Avesta  häufig  erwähnten  Namen  Vöurukasha  (das 
kaspische  Meer)  bringt  Brunnhofer  mit  Urukaksha  (RV.  VI,  45,  31) 
zusammen.    Auf  eine  innigere  Verbindung  der  ved.  Arier  mit  Ba- 
bylon  deutet  er   das   schon   von  Weber  mit  Babylon    identifizierte 
Bribu,  sowie  er  in  dem   nämlichen  Sinne  in  dem  RV.  X,  121,  2  ^re- 
nannten  Baladä  (Weltschöpfer,  eigentlich  Kraftspender)    nur    einen 
volksetymologischen  Anklang  an   den  assyr.-babyl.  Merodach-Bala- 
dan  findet. 

Hinsichtlich    der  Chronologie    verweist   Brunnhofer   auf  den 


n. 


Iiidiituh. 


ISS 


I 


■Weberschen  Aufsatz  in  den  Sitzb.  Ak.  Wiss,  Berlin  1808:  "Vediauho 
Beitrage"  (vgl.  Bibliogr.  Anst.  für  189»), 

6.  Duff  C.  M.  The  chroiiologj-  of  India  from  ihe  eavliesl  limes  to 
ihc  begiiining  of  the  sixteenth  centurv.  London  Conslable.  XI, 
409  S.    15  s. 

7.  Halövy  J.  ConsidämtiouR  critüjueH  nur  quelques  potnia  de  l'lii- 
stoire  ancienne  de  l'Inde.    Rev.  s^m.  7,  20 — 48. 

Fortsetzung.  —  d)  Mant[Tie  d'ecriture.  —  e)  Pr^tendu  habiWt 
des  prfüres   vödiauea.    —    II.  Le  Croupe  des  Adityas;   len  Anshas- 

£anaB.  —  Aditi,  Aiiahitn.  —  Le  di'luge.  —  Les  fleüves.  —  Triia.  — 
es  Dnsas  on  Dasyus. 

8.  Oldeaberg  H.  Die  Literatur  des  a,lten  Indien.  I.  Die  Poesie  des 
Vedn.     Deutsclie  Ruudsthau  101,  138-52;  318—49. 

Trotz  iler  vorhandenen  Spuren  einatmalig:er  Gemeinsamkeit 
ist  doch  die  Kultur  der  Inder  von  der  der  europäischen  Arier  sehr 
verschieden  und  weist  einen  ziemlich  fremdartigen  Typus  auf.  Es 
Üegi  dfts  ebensowohl  in  der  schwer  zu  übersteigenden  Gebirga- 
Bchranke  des  Himalaya  und  Hindukusch,  wie  auch  in  dem  südlichen 
Klima  und  den  dadurch  bedingten  verandeiten  Lebens verhülinissen 
und  der  auf  die  Dauer  nicht  zu  vermeiden  gewesenen  Vermischung 
mit  den  dunkelfarbigen  Urbewohneru.  Alle  diese  Momente  haben 
den  ehemaligen  krAftigen  Berg'  und  Hirtenvölkern  die  gesunde 
ThHtkrnft  entnogen,  was  sich  in  der  despotischen  RegiemngBfoim, 
in  dem  Kastenwesen,  in  den  Extremen  der  Sinnlichkeit  und  Ent- 
sagung, in  dem  Aufbauen  spitzlindiger  Systeme  ohne  irrosse  Kea- 
litflt  offenbart.  Natürlich  hat  sich  im  Laufe  der  Jahrhunderte  dieser 
Charakter  immer  scharfer  zugespitzt.  Fängt  im  Veda  die  Umwand- 
lang  des  Ariers  zum  Hindu  erst  an,  so  tritt  uns  am  Ende  der  ved. 
Litteratnr  in  den  Upanishads  die  voll  ausgeprägte  Physiognomie 
de«  indischen  Geistes  bereits  entgegen.  Nicht  zum  wenigsten  zeigt 
die  Poesie  die  Folgen  dieser  Veränderung.  Vielfach  macht  sich 
Mangel  an  Mass  und  plastischer  Forni  fühlbar,  und  die  Formlosig- 
keit und  das  Wirre  des  indischen  Geintes  zeigt  sieh  ebenso  im  Epos 
<MahAbhärata).  wie  im  Drama,  welches  selten  da«  ist,  was  es  sein 
soll,  ein  Spiegelbild  menschlichen  Handelns  und  Leidens.  Ein  Hau p^ 
Charakteristik  um  der  ind.  Litteraiur  i^it  das  Fehlen  einer  ausge- 
prägten Individualität. 

Was  dem  ind.  Leben  ein  ganz  besonderes  Gepräge  gibt,  nflm- 
llch  die  bevorzugte  Slelluug  des  Priesters,  das  tritt  auch  in  der  Poesie 
äer  ved.  Periode  zu  Tage;  der  BrahmftDe  ist  nicht  nur  Opferer,  Traum- 
deuter, Rechtskundiger  und  Arzt,  sondern  auch  Dicliter.  Die  ved. 
Poesie  hat  daher  meist  etwas  nandwerksmIissigeH  und  nüchternes  an 
sich.  Nicht  allzu  oft  finden  sich  Perlen  wirklicher  Dichtkunst  unter 
den  Hymnen  des  Rigveda,  der  nicht  den  Ausdi-uck  des  indischen 
Volkegemüles,  sondern  die  Anschauungen  und  Gefühle  der  Brah- 
.Wftnen  repräsentiert.  Allerdings  haben  sich  Spuren  der  Volkspoesie 
•erhalten  (Spott-  und  Neckverse,  ßHtsel  in  poet.  Gewände),  aber  doch 
,'BDch  wieder  nur  in  der  ihr  von  den  Brahmnnen  gegebenen  Gestalt. 
L-^ie  meisten  Lieder  des  Veda  machen  einen  eintönigen  und  ermü- 
"Menden  Eindruck,  ein  sehr  grosser  Teil  von  ihnen  bezieht  sich  auf 
le  Bereitung  und  Darbriogung  des  Soma,  eine  der  HauptheschHf- 
[fiTOngen  der  Priester,  Da  die  Anzahl  der  Götter  zwar  eine  grosse, 
iber  ein  wirklicher  höchnier  Gott  nicht  vorhanden  ist,  vielmehr  das 
'Opferritual  jeden  Augenblick  die  Anrufung  eines  anderen  Qolles 
"Verlangen  kann,  so  kommt  im  Grossen  und  Ganzen  die  Verehrung 


191  II.  B.  IiidiBi^'li, 

der  Gällpr  über  tfewisse  Klei nliclik eilen  und  Äusserlichkeh«»  irfeht 
hinaus.  Überhaupt  geht  den  ved.  Göttern  die  siiiliche  Erhnbenheii 
und  Heiligkeit  in  unserem  Sinne  ab.  Wie  der  Voratcllungskreb 
de-n  Rii^veiln  üin  engbe^renüter  ist,  so  igt  auch  die  Skala  derSeeJpti' 
EUEtäude  bald  durchlauteti:  von  Leid  und  Not,  von  Schuld  und 
Schuldbewusstsein,  von  Seelenpein,  von  Sehnsucht  nach  Goit  ist 
wenig  die  Rede;  vorherrschend  ist  die  Stiuiuiung'  rnhigrcr  Zufrie- 
denheit. Nicht  tiefe  Leideuechnfilichkelt,  dichterische  Phantasie, 
Bonderu  spitzfindiger  Veratand  waltet  vor.  Neben  deu  rein  religi&- 
«en  Hjmnen  finden  sich  im  Rigveda  vereinzelt  aach  schon  Zauber- 
lieder, zuerst  kurze,  prosaische  Sprüche,  später  aber  ebenso  Üppig 
emporwuchprnde  Poesie,  wie  die  Upl'erlieder  welbat.  Die  eiifcnlliche 
Quelle  dieser  Zauberlieder  ist  aber  der  Atharvaveda.  Weiterhin 
enthalt  der  Rigveda  auch  die  Hlteslen  Deni^mitler  der  erzithleudi^D 
Poesie,  allerdings  unvollständig,  da  von  dem  Gemisch  aus  Prosa 
und  Versen,  woraus  jene  bestand,  nur  die  letzteren  erbnlten  Kind, 
wodurch  der  Zusammenhang  unterbrochen  ist  und  die  ErklKrnng 
diesei-  Lieder  sehr  erschwert  wird.  Gegeu  das  Ende  des  ved.  Zeil- 
alters kommt  dann  eine  neue  Dtchtutigsgattuiig  hinzu,  und  zwar 
die  philosophische  Dichtung,  deren  Hussere  Form  die  nllmliclii.'  ist 
wie  die  der  Opferhymnen,  deren  Inhalt  aber  zu  dem  jener  iu  ge- 
waltigem Ge;;cns8tze  steht:  hiessen  in  den  Phantasien  der  Träherfn 
Zeiten  die  WellmSchte  Indrn  oder  Varuna  oder  Agni,  so  jetBt  Sein 
und  Nichtsein,  Tod  und  Unsierblichkeil,  Finsiernia  und  Liebe.  Aber 
auch  diese  philosophische  Poesie  bringt  gleich  bei  ihrer  Entslebnng 
die  Bchon  beschriebenen  Hauptcharnkier^uge  des  indischen  Geisten 
roi[  auf  die  Welt,  und  trägt  so  bereits  ihr  Jugendalter  die  Anxcigren 
rascher  Erschöpfung  an  sich. 

9.  Bartholomae  Chr.    Arica  XI.  XII.     IP.  10,  1-90;  189-204. 

XI.  lii.  AI.  paripanlMnö  yd  äKidanli  und  ,jAw.  üyändaaä.  — 
66.  .jAw,  tadardvi  und  6antu.dräjö.  —  G6.  Aw,  Nir.  45,  —  fi(,  Np. 
gird  'rund'  und  jAw.  zginsna-.  —  68,  gAw.  öasming  ffiCMn-ö  Y,  81. 
13.  —  69,  Ai.  ndnä,  gAw,  nant^,  griech.  Öveu,  —  70,  Aw.  Nir.  80,  - 
71.  jAw.  aifi  'so  viel"  V.  13,  44  f,  -  72.  jAw,  gaodana-  Ntr.  —  73. 
x^artsHia  'schmackhaft est'  nnd  arm.  Raf.pr  'süsf*.  —  74.  Ai.  rapialt 
und  kubfäp. 

XII.  75.  Ar,  'bhatj  -ali  mit  Infinitiv  zur  Umachreibung  desVur- 
bums.  -  76.  Zu  ZDMG  46,  30S,  IF,  5.  355:  ai.  ddga-  M.  -  77.  jAw, 
Jaidj/aniai  äjiij/amndi  Yt.  8.  49.  —  78.  Aw.  (d)n-  geg.  ai.  m-  als 
"Primär"» Ullis.  —  79.  jAw.  iälä,  tätö-  —  80.  jAw.  aaiayamna-  Und 
axhfamna-.  —  81.  jAw.  skartna-  Adj.  'rund',  griech.  cqralpa.  —  82. 
jAw.  böiwra-  M.  'Kampf,  Streit'.  —  83.  Ai.  idriyalt-  jAw.  lidan]/- 
eite;  jÄw.  dans-cn. 

10,  BÖhtliiigk  0,    Kritische  Beitrüge.  25-32.    Ber.  Verh.  SSchs.  Gea. 
VViBS.,  Pliil.-hist.  Kl.  51.  31—40, 

Fortsetzung  zu  Bd.  50,  S.  86  ff.  —  25—39:  wendet  »ich  gegi-n 
die  von  nillebrandt  im  2.  Baude  der  vedischeii  Mythologie  an  der 
von  Böhtlliigk  s.  Z.  vorgeschlagenen  Auffassung  einiger  Vedaven>e 

teüble  Kritik.  ~  30.  Ait.  Br.  8,  08:  prajigkatu  und  prajighaii,  von 
öhtiingk  in  prajigätu,  °ti  konjiziert.  —  31.  F^rklärung  des  Änfan^res 
von  Kaush.  Up.  3  (Bibl.  Ind.).  —  32.  g'vet&vv.  Up.  4,  18:  yadüta- 
maataTina  divä  na  rätri^  :  yad  älamns , , .  =  was  an  die  Finsieruis 
grenzt,  d.  h.  die  Zeit  vor  Sonnenaufgang  (vgl.  T.  Br.  1.  6,  7,  b  u.id 
1, 1,  4, 3),  dieselbe  Zeit,  in  der  PrajApati  die  Geschöpfe  erschuf  und 
Indra  die  Dilmoiien  Vrtrn  und  Nauiuci  erschlug. 


II.  B.  rndis<;h.  196 

11.  BOhUingk  O.     Miszellen.    ZDMG.  63,  902-4. 

lii.  RV.  5,  74,  2  (FortBetKuiiff  au  52,  613).  Der  vorliegende 
Artikel  wendet  sich  speziell  gegen  Baunnck.s  Erklärung  dieser  Stelle 
in  KZ.  3ß,  24n  ff,  Die  abweichende  Übersetzung  B^hlTingks  beruht 
erstens  in  der  iedeBmal  verschiedenen  Erklärung  den  3  mal  im  Verse 
vorhomniende  Wortes  paura,  dae  Böhtlingk  als  Akkus,  auf  den 
Soma  (safii'eich),  al»i  Vok.  auf  die  Asvtns  (Besitzer  vieler  Güter}, 
als  Dat.  auf  Pattra  (den  Dichter  der  Hymne)  bezieht,  zweitens  in 
dpr  ÄuffAssung  von  grbhltafätaye  als  einer  Art  Inf.  mit  aktiver  Be- 
deutung (Nnmen  patientis),  von  dem  das  in  diesem  Falle  als  itna- 
phoristner  Akkus,  zu  nehmende  und  auf  paurarn  (^  Soma)  zurück- 
gehende im  (und  in  Verbindung  damit  nimham'-iva)  abhängt 

12.  BOhtlingk  O.  Verzeichnis  der  in  diesen  Berichten  von  mir 
hesproehenen  1)  Wörter,  2|  Sachen  und  3)  Stellen,  bes.  ganzer 
Schrillen.    Ber.  Verb.  Sachs.  Ges.  Wiss..  Phil.-hist.  Kl.  61,  löfi— 71. 

13.  Aufrecht  Th.    Über  S-efa.    ZDMG,  &3,  644. 

Bringt  eine  Erklärung  de«  besonders  in  Südindien  in  Eigen- 
namen sich  häullg  findenden  Wortes  ^e^a,  die  Aufrecht  von  S'efa- 
tfiri,  einem  Gelehrten  in  Madras,  erhniten  hat.  Demnach  ist  S'efa 
Name  des  Tirupati- Hügels  (in  Nord  Avcot).  auf  welchem  ein  Visnu- 
Slandbild  verehrt  wird.  Der  Berg  soll  Sefa  repräsentieren,  den 
lOOOkiJpflgen  St'hlangendänion,  der  der  indischen  Vorstellung  nach 
die  Lagerstätte  des  schlafenden  Visnu  bildet. 

14.  Böhtlingk  0.  Über  die  mit  "Erde"  und  "tragend"  zusanimen- 
geaelzten  Wörter  für  "Berg"  im  Sanskrit.    ZDMG.  53.  Ii68. 

Da  eine  mythische  Überlieferung:  von  einem  die  Erde  tragen- 
den Berge,  resp.  von  Beraen  sich  nirgends  ausgesprochen  findet, 
«o  sieht  Böhtlingk  die  Erklärung  der  in  Frage  kommenden  lalpha- 
betisch  angeführten)  Wörter  in  der  Vor.-itellung,  dass  ein  Berg  ge- 
vissermassen  der  Träger  des  ihn  überdeckenden  Erdreichs  ist,  ein 
kahler  Felsen  also  ursprünglich  nicht  so  benannt  werden  konnte. 
Bezeichnet  das  beireifende  Kompositum  einen  Fürsten,  dann  ist 
natürlich  das  Land  damit  gemeint,  deaaen  Beherrscher  jener  ist. 

15.  Garbe  Rieh.    Rk«.  äkäia  und  ö^sac  'Äther'  bi-,i  Philolaus. 

Nähere  Begründung  der  schon  von  L.  v.  Schröder  mehrfach 
ausgesprochenen    Vermutung   einer    I  de.nl  iHziening   von  öXnac   mit 
atcäia  durch  die  bei  dem  altgriet-hischen  Alphabet  (HOAKAI;  dk.  ist 
im  Sanskr.  Maak.)  sehr  leicht  denkbare  Corruptele  ÖXxdc  fUr  6  äK&c 
"Die  hiergegen  cv.  geltend  zu  machenden  Einwände,  dass  vor  Phi- 
lolaus keine  pythagoräischen  Lehrbücher  existiert  haben  sollen,  utid 
dass  an  einer  anderen  Phil. -Stelle  das  Zentralfeuer  und   nicht  der 
Äther  als  5   Element  erwähnt  wird,  werden  von  Garbe  gleich  vor- 
■weggi'nommen,  indem  er  den  ersteren  durch  die  Unwahrscheinlich- 
^fceil  dieser  Tradition,    den  2.  durch  den  Hinweis  auf  die  schon  in 
^Fder  alCpythagor.  Schule  als  5.  Element  den  Äther  angebende  Anf- 
BAuBung  widerlegt.     Zugleich  benutzt  Garbe  diese  Gelegenheit,   um 
■  4ie  von  Ed.  Zeller  (Philosophie  der  Griechen  1,  1',  4fil)  vertretene 
Aosicht  eines   einheimisch    griechischen    Ursprungs    der    pythagor, 
Lehren  anzuzweifeln,   indem   er  eiueu  schon   vor  Alexander  (wohl 
durch  Vermittelung  des  persischen  Hofes)    bestehenden    religiösen 
nnd  wissfnschaftlichen  Verkehr  der  Griechen  mit  den  Indem   für 

I wahrscheinlich  hält,  wie  denn  auch  A.  Furtwängier  (Orienlal.Kongr- 
In  Rom,  Bullet.  9,  S.  2ö)  bei  Besprechung  von  griechischen  Gem- 
inenfnnden  aus  dem  7.  Jahrh.  Im  Pendschab  die  Müglichkeit  einer 


196  IL  B.  Indisch. 

Entlehnung  der  pythagor.  Seelenwanderungstheorie  von  Indien  her 
offen  lässt. 

16.  Jolly  Jul.    Sanskrit  "dohada,  dvaihrdayya*\    IF.  10,  213—15. 

Herleitung  des  schwierigen  Wortes  dohada,  Schwangerschafts- 
gelüste  durch  H.  Lüders  (s.  Gott.  Nachr.  1898  1.  Heft)  aus  der  Pali- 
form  "*duhafV%  die  zu  '^dohala'*  (skr.  ^dvaihpda)  und  schliesslich  zu 
"dohada**  geworden  ist.  Die  etymologische  Grnndbedeutuns:  "dop- 
pelherzig"  erklärt  sich  aus  der  Vorstellung,  dass  man  sich  die  Wünsche 
der  Schwangeren  als  aus  den  beiden  Herzen  der  Mutter  und  des 
Kindes  kommend  dachte. 

17.  Uhlenbeck  C.  C.  Kurzgefasstes  etymologisches  Wörterbuch  der 
altindischen  Sprache.  Amsterdam  Müller.  2  BL,  S.  161—367.  kpL 
4,50  F. 

Schluss  des  Werkes. 

18.  Pumi  F.  Gh.  II  participio  attivo  del  perfetto  nelle  lingue  ariaoe. 
Mem.  R.  Acc.  delle  sc.  Torino,  Ser.  II.  T.  48.  Sc.  mor.,  stör,  e  filoL 
S.  239-61. 

19.  Känhäiya  Läl  Sästrf.  Vyäkarana  Bodh.  Knowledge  of  gram- 
mar.    Calcutta  Adhya  a.  Co.    288  S.    1  R.  2  a. 

A  ti-eatise  on  Sanskrit  grammar  in  Bengali  and  English. 

20.  Räjkumär  Tarkaratna.  Students  Sanskrit  grammar.  A  new 
editiou.    Calcutta  Datta.    268  S.     1  Rs. 

21.  Väman  Shivräm  Apte.  The  studenfs  guide  to  Sanskrit  com- 
Position.  A  treatise  on  Sanskrit  syntax  with  a  glossary.  4.  ed. 
Poona  1898.     12,  446  S.    (Leipzig  Harrassowitz,  geb.  4  M.). 

22.  A  second  selection  of  hymns  from  the  Rigveda  ed.  by  Peter 
Peterson.  (=  Bombay  Sanskrit  Series  58.)  Bombay,  Education 
Society's  Press.    2  Bl.,  287  S.,  2  Bl.    4  Rs. 

23.  The  [Taittirlya]  Sanhita  of  the  Black  Yajur  Veda,  with  the 
commentary  of  Madhava  A'chArya.  Ed.  by  Satyavrata  SAmasraml. 
Fase.  43  —  45.  (=  Bibl.  Ind.  937.  942.  953.)  Calcutta  Asiatic  So- 
ciety.   Je  6  a.  (Leipzig  Harrassowitz  je  1  M.). 

24.  Krishna  Yajus  Samhita  [Taittirlya  Samhitä].  Ed.  by  Vai- 
dyanada  SAstri.  Part  IV  —V.  Kumbakonam,  publ.  by  the  editor. 
166;  207  S.     1  Rs.;  1  Rs.  2  a. 

25.  Atharvaveda  Samhita,  with  the  commentary  of  Sayanächärya 
ed.  by  the  late  Rao  Bahadur  Shankar  Pandurang  Pandit.  Vol.  IIL 
IV.  Bombay  Government  Central  Book  Depot.  852;  856  S.  4<>. 
Je  10  Rs. 

26.  The  Aitareya  Brähmana  of  the  Rig-Veda,  with  the  commen- 
tary of  Sayaiia  A'charya.  Ed.  by  Pandit  Satyavrata  Samasrami» 
Vol.  IV.  Fase.  5.  (=  Bibl.  Ind.  No.  930.)  Calcutta  Asiatic  Society 
1898.     6  a.  (Leipzig  Harrassowitz.     1  M.). 

27.  Taittirlya  Brähmana  ed.  by  A.  Lakshmi  Narasimha  SomayAji. 
Madras  Lawrence  Asylum  Press.    677  (lithogr.).    4  Rs. 

28.  Sänkhäyana.  Srauta  Sütra  ed.  by  A.  Hillebrandt.  Vol.  iV. 
Adh.  17. 18.  The  comnientarv  of  Go  vinda.  (=  Bibl.  Ind.  No.  938.) 
Calcutta  Asiatic  Society.     72  S.     Leipzig  Harrassowitz.     1  M. 


II.  B.  Inflisch. 


IST 


29.  The  Upanishads  wiih  the  lest  in  Snn.skril-DevanägHri,  an  Eng- 
Hsh  Irauslatioa  of  it  and  of  Sankara's  cominentary  by  S.  SitdrAina 
SAslri  and  Ganganath  1ha.  Vol.  II.  Kalha  and  Praäaa.  Vol.  11 1.  IV. 
Chando.,'yH.  Madras  Seshachariar  1898/99.  193;  311;  374S.  Leipzig 
Harrassowiiz,  4  Vob,    16  M. 

30.  Baunack  Th.  I.  Über  das  vedische  Wo«  "paura".  II.  Zu  RV. 
X,  40,  3.     III.  Nachlrägliches  zu  bhujyu.    KZ.  36,  245-5ti. 

I.  Erklärung  von  RV.  V,  74,  4,  verbunden  mit  einer  Anfüh- 
rung aller  Stellen,  an  denen  paura  vorkommt,  und  einer  Verglei- 
chung  der  bia  jetzt  von  Roth,  Granmann,  Bergaisne,  Ludwig  ge- 
gebenen Deutungen.  Baunack  h&lt  es  ftir  eine  SekundUrbildung 
Ton  1  pur.  die  Fiille  {paura  =  Fülle  habend  und  g'ebend,  der  Fülle- 
Epender;  Ahnlii-h  wie  von  pura,  die  Stadt:  paura,  der  Stüdter  ge- 
bildet ist).  Der  Füllespender,  so  schliesst  Bauuack,  ist  entweder 
"göttlicher"  oder  "mens  c  blieb  er"  Natur:  unter  dem  ersteren  ist  z.B. 
Vlll,  61,  6  Indra,  IX,  91,  5  Soma  gemeint;  unter  dem  letzteren  Vft- 
lakh.  6,  1,  der  den  Göttern  Opfer,  besondera  Soma,  die  Kraft  und 
SiBrke  spendende  Speise  darbringt.  Auf  Grund  dieses  sieht  er  in 
dem  Akkus,  den  Soma,  eben  die  Opferspeise,  im  Dativ  den  Opferer 
seibist  and  im  Vok.  wiederum  den  Soma  und  zwar  als  göttüehe 
Personifikation,  indem  er  diesen  Zuruf  den  Agvins  in  den  Mund 
legt.  —  IL  Nathtrag  zu  dem  von  demselbi-n  Verf.  in  IF.  8,  278  ff. 
erBchieoenen  Aufsatze:    RV.  X,  40,  3  prätiir  jarelhe  jaraneva  kd- 

£ayä.  —  TU.  Ergänzung  der  Abhandlung  desselben  Verfassers  in 
Z.  35,  48&fr.,  Bhujyu,  ein  Schützling  der  A<;vin.  Indem  Baunack 
Eöhtlingks  Verwerfung  (s.  ZDMG.  62, 247  ff.,  257  ff.)  Beiner  Erklärung 
des  vedisclien  Wortes  bhujyu  in  KZ,  billigi,  weist  er  Beinergelts  die 
von  Böhtliugk  vorgeschlagene  Texlkanjektur  als  unnötig  zurück, 
Ifisst  vielmehr  den  Text  so,  wie  er  ist,  und  bringt  beide  strittige 
Worte  lj)hujyüa  und  rathaspi-Qo)  mit  der  Schnelligkeit  in  Verbindung, 
indem  er  bhujyu,  es  zu  1  bhuj  'biegen'  ziehend,  die  Bedeutung  von 
'gelenk,  leicht,  beweglich,  hurtig,  behend'  fribt,  und  "aprf  nicht  den 
Sinn  von  'berülirend  =  sieh  stossend  au',  sondern  den  von  'errei- 
chend, erlangend,  gewinnend'  haben  Ijlsst. 

81.  BloomSeld  M.  The  Atharvaveda  (Grundriss  der  iudo-arlschen 
Philologie  und  Altertumskunde:  Begründet  von  Geo.  Bühler,  fort- 
gesetzt von  F.  Kielhorn.  II  1  B.).  Strasshurg  Trübner.  128  S. 
Subskr.  6  M.;  Einzetpr.  (i  M. 
S.  Oaland  W.  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sülras.  ZDMG. 
53,  205-30;  388;  696-703. 

Fortsetzung  zu  ZDMG.  83,  425  ff.  —   18:  Zum  Kauäikasütra: 

litische  Besprechung  von  Bloouifields  Ausgabe  des  Kauäikasütra, 

Ue  Caland  an  26  Stellen  teils  emendiert,  teils  exegetisch  beleuchtet 

mkte»  öfteren  glaubt  Caland  dem  Herausgeber  falsche  Trennung  der 

^Dzeluen  Sütras  des  in  sämtlichen  Handschriflen  nur  durchlaufend 

md  nngetrennt,  also  in  Sandhiform  gegebenen  Textes  nachweisen 

u  können).     Besonders  tadelt  er  au   Bloonßelds  Texte  die  Nichts 

benutzung  der  Haugkschen  Handschrift.  —   19.  Das  Palaäablatt  im 

Kitual:  erklärt  von  Caland  als  das  mitlere  Blatt  von  den  3  an  einem 

Stiele  sitzenden  Blättern  des  Falä^a-Baumes,   das  zu  Opferzwecken 

als  Opferlötfel  Verwendung  findet,  und  zwar  einmal,    weil  es  daa 

-frösate  und  darum  hierfür  praktischste  der  3  Blätter  ist,  zweitens, 

^«eU  man  es  vermied,  in  reoua  faustie  eines  der  an  das  Ende  (sc. 

1  Tod)  erinuernden  ''Seiten'*=BlatI«r  zu  gebrauchen.  —  20—26: 


198  IL  B.  Imliscli. 

Testkritischu  BemerkuDgeu  zu  r^rnchit^ denen  Sütras.  —  27.  Du 
Terkiirzte  Agnihotr«:  fügt  der  bis  jetzt  nur  beiUiranvake<;in-Bh&rsd- 
vBja  (Piti'medhB-sütra  II,  9,  [S.  56,  'Z.  11—16])  au  belegen  gewesenen 
Scfailderuug  der  einnmligen  Darbringung  dieses  Opfers  für  einen 
EalbmoDat  nn  Stelle  der  sonst  täf^lich  2  mal  notwendigen  Opferung 
noch  HUe  3  anderen  rituellen  Sütras  Beweisstellen  hinzu,  nämlich: 
Baudhäniya  KarmAnta  T.  31;  Baudh.  PrAj'aec.  11.  12;  Anugrähiki- 
sütra.  ~  38—30  und  (13:  beschältigt  sich  mit  der  Beseitigung  un- 
richtiger oder  zweifelhafter  Lesarten  im  Kaulikasfltra,  Baudhft.vana- 
pitrmedhasütra,  Äpastainblyakalpasiltra,  sowie  mit  der  Deniung  des 
beim  Tryambaka-Ritual  verwendeten  Spruches:  HV.  VII,  59,  12.  — 
31  ist  betitelt:  "Das  Rad  im  Ritual"  und  erklärt  die  Benutzung  dee 
(symbolisch  die  Sonne  repräsentierenden)  Rades  zu  ritaalen  Zwe«kea 
So  wurde  z.  B,  das  Rad  nicht,  am  Boden  liegend,  herumgedreht, 
sondern  aufrecht  stehend  fortgerollt;  liess  man  es  hierbei  zivrttck- 
Tollen,  SD  konnte  man  seinem  Feinde  Schaden  zufügen.  Suetiell 
iHSHt  Caland  mit  dem  Herumdrehen  des  Rades  eine  Art  "Regeu- 
xauber"  verbunden  sein,  woliei  er  auf  in  Indien  heutzutage  noch 
übliche,  ähnliche  Gebräuche,  sowie  auf  ein  in  Italien  früher  allge- 
mein verbreitetes  Verbot  hinweist,  nach  dem  es  den  Weibern  aul 
dem  Lande  untersagt  war,  mit  einem  Spinnrocken,  falls  sie  ihn 
drehen,  über  die  Strasse  zu  gehen,  weil  dieses  einen  schädliclien 
Einfiuss  auf  die  UoCTntiogen,  besonders  hinsichtlich  der  Ernt«  aus- 
üben sollte.  Verglichen  wird  hiermit  die  sich  in  Deutschland  hier 
und  da  im  Volke  noch  vorfindende  abergläubische  Reniiniacenx, 
dasK  es  nach  langer  Trockenheit  bald  regnen  müsse,  wenn  der 
Seheerenschleifpr  seinen  Ruf  e 


33.  OollitJi  Herrn.    The  Vedi«  word  "nävedas":    JAOS.  20,  225-S8. 

Diesem  nar  im  ^V.  und  zwar  bloss  7mal  vorkommenden 
"Worte,  gewöhnlich  mit  der  Wurzel  vid,  wissen  zusammengebracht, 
hat  Ludwig  die  völlig  abweichende  Bedeutung  "Sftnger,  singender 
Terkündiger"  gegeben,  welche- Interpretation  Collitz  völligbeipflichte«, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  dasa  er  das  Wort  nicht  aktiv,  sondern 
pnssiv  wendet  (Yet  it  does  noi  .  .  .  refer  to  one  person,  who  sing« 
but  to  one,  who  is  sung).  Das  Wort,  synonym  mit  t^ya-,  lifenya-, 
setzt  sich  uHch  ihm  zusammen  aus  na  +  vedoH  :  vedas  zu  der  Wurzel 
vid,  finden  (vgl.  vifvavedas,  sa-vedas),  na,  verkürzt  aus  naea^,  xar 
Wurzel  nu-,  preisen,  gehörig.  Die  Kontraktion  setzt  er  auf  Rech- 
nung des  gleichen  konsonantischen  Aus-  und  Anlautes  (f)  beider 
Komp osi tion Sgl i oder  und  verweist  wegen  analoger  Ffille  auf  Pro- 
oeedinga  of  the  Am.  Or.  Soc.  16.  84—:«,  Am.  Journ.  of  Philol.  17, 
415—22,  Waekemagels  Altind.  Gramm.,  279—80  und  Brugmanns 
Grundr,  der  vergl.  Gramm,  P,  859—60. 

34.  Pay  Kdw.  W.  The  Kig-Veda  Mantras  in  ihe  Grhya  Sütras.  (Diss. 
ace.  by  the  Johns  Hopkins  Univ.  May  1890.)  Roanoke,  Va.,  Stone 
Printing  a.  Mauuf.  Co,    40  5. 

35.  Oertel  H,  The  Jaimiulya  Br&hmana  version  of  the  Dirghajihvl 
legend,     Actes  XI.     Congres  des  Orient-,  Sect.  1,  225—39, 

36.  von  Schröder  L.  Wurzel  du  "geken"  im  Rigveda.  WZKM.  13, 
119-33. 

Erklärung  des  ditaE  keyöixtvov  "davishäni"  (HV.  10,  34)  durch 
Zurückführung  auf  eine  sonst  nicht  zu  belegende  Wz,  du:  laufen, 
gehen,  die  von  Schröder  auch  in  dura,  daviyas,  davishtha  und 
namentlich   data  "der  Bote"  suchl,  somit  die  früheren  Annahmen 


^^^^  11.  B.  Indisch.  199 

elnor  Konjektur  decishdffi  (Wz.  diu,   spielen),    resp,  einer  mit  div, 
fielen  nynonymen  Wz.  du  zurückweisend. 

37.  Charaka-Samhitä.  TraDslaCed  bv  AbiuAsh  Cbundra  KAviratna. 
Pari  XVIÜ— XX,    Cnlnuita,  puhl.  hy  the  traüslfttor. 

38.  The  texts  of  the  White  Yajurvfcdn  translated  with  a  popnlar 
comnuinlrtry  by  Ralph  T,  H,  (iriffith.  BenareB  E.  J.  Lazarus  a  Co. 
SX.  344  S.    a  Rs.  12  it.  (Leipzig  Hfirrassowitz  8,50  M.). 

39.  The  S'atapatha  Brfthmana  accordiu^  tu  the  lest  of  tiie  Mfldh- 
yaDdioH  school  iransl.  by  J.  Eggeling.  Part  V.  Book  XI— XIV 
(=.Sacreri  Books  o\  the  East,  Vol,  44.)  Oxford  Ciareudon  Press. 
lilOO.     LJ,  5ü5  S.     18  8.  li  d. 

40.  The  Härkandeya  Puräca  translated  by  F.  E.  Pargiter.  Faac. 
VI.  [=Bibl.  Ind.  Nr.  947.)  Calcutla  Asiatic  "Sodeiy.  MS.  Leipzig 
HarrassowitK  2  M. 

41.  Amrita  Bindu  and  Eaivalya  Upanishad  with  comroentarie» 
translateii  inlo  Englisih  by  A.  Miihiideva  .S;V.itri,  Madras  Miunrva 
FniHS.     140  S.     10  a. 

42.  [Dlgha  and  Majjhinia  NikAya.]  Dialogues  of  the  Buddha.  Transl. 
from  the  PAIi  by  T.  W.  Rhys  Davids.  (=Sacred  Books  of  the 
BuddhisiM.  Vol.  II.)    London  Frowdc,    XXVIl,  334  S. 

43.  Die  Lieder  der  HOnche  und  Nonnen  Gotamo  Buddhos.  Aus 
den  TheragäthÄ  und  Therigäthä  zum  I.  Mal  übersetzt  von  Karl 
Eugon  Nemnaun.    Berlin  E.  Hofmimn  ti.  Ko,    VIII,  392S.     lOM. 

44.  Gray  L.  H,  Certain  parallel  developmenU  in  Pftli  and  New 
Pcrsian  phonology.    JAOS.  20,  229-43. 

Die  iu  der  Linguistik  nicht  gernde  seltene  Erscheinung,  dass 
rKuiniich  weit  von  einander  getrennte  und  keinen  unmittelbaren 
EinRus«  anf  einander  besitzende  Sprachen  dennoch  in  ihrer  Ent- 
wicklung frappante  Ähnlichkeiten  zeigen,  wird  für  das  Indoger- 
mauiache  an  der  Lautlehre  des  PAii  und  Neu- Persischen  (A  bei 
Vokalen,  B  Konsonanten,  C  zusammengesetzten  Konsonanten)  unter 
Vorhringung  zahlreicher  Beispiele  nachgewieHen. 
4&.  HardyE.  Eine  buddhistische  Bearbeitung  der  E|^na-Sage.  ZDMG. 
53,  2S-W. 

Enthalten  in  dem  wichtigen  Päli-Texte:  Ghatajätaka  (Ghata, 
der  Lieblingsbruder  des  Eanha-Krsna),  Hardy  weist  nach,  dass  der 
betreffende  Abschnitt  keine  freie  und  willkürliche  Erfindnng  ist, 
Bonderu  im  engen  Anschlüsse  au  die  epische  Litieratur  der  Brah- 
manen  entstanden  ist.  Er  vergleicht  zu  diesem  Zwecke  die  im  Ghaia- 
JKtaka  enthaltene  Kr.sna-Sage  mit  der  im  Harivaip^a  (in  Bezug  auf 
&f8nas  Herkunft  und  'thaten)  einerseite  und  mit  der  im  Mausalapar- 
Tan  (in  Bezug  auf  den  Tod  Kr^nas  und  den  Untergang  seines  Oc- 
«chlechtes)  andererseits.  Hieraus  gewinnt  Hardy  als  Resultat,  dass 
beide  Sanskrittexte  von  dem  buddhistischen  Überarbeiter  benutzt 
»Orden  sind  und  zwar  im  Grossen  und  Ganzen  unter  möglichster 
Wahrung  des  in  beiden  überlieferten  Ganges  der  Sage,  wenn  natür- 
lich auch  im  Einzelnen  Abweichungen  und  Änderungen  zu  ver- 
Ceichnen  sind.  —  Aus  den  iu  3.  Abschnitte  gezogenen  Schlussfolge- 
ningen  sei  hier  nur  auf  zweierlei  hingewiesen;  L  auf  die  Annahme 
Hardys,  dass  hinsichtlich  der  Frage,  ob  die  Geburt  und  Jugendzelt 


200  II.  B.  Indisch. 

Ersnas  oder  sein  und  seines  Geschlechtes  Untergangs  eher  von  den 
professionellen  Erzählern  behandelt  worden  sei,  die  Thatsachen  mehr 
für  die  Priorität  der  Sage  vom  Untergänge  Krsnas  als  umgekehrt 
zn  sprechen  scheinen;  und  2.  auf  das  Vorhandensein  einiger  mytho- 
logischer Reminiscenzen,  von  denen  er  den  Diskus  (cakka),*  den 
Krsna  auf  Kamsa  schleudert  und  mit  dem  er  ihn  tötet,  die  Ver- 
wundung Krsnas  am  Fasse  durch  den  Pfeil  des  Jägers  Jaras  [sym- 
hol.  Name  für  ''Alter' n,  sowie  den  auf  den  Haarwuchs  zu  deuten- 
den Beinamen  Kesava  ilir  Ki'sna  auf  den  Sonnenmythos  zu  beziehen 
geneigt  ist,  während  er  in  Baladeva,  dem  Bruder  Krsnas,  einem  leiden- 
schaftlichen Ringkänipfer,  der  von  seinem  Gegner  Mu^i^hika,  einem 
menschenfressenden  Dämonen,  mit  Haut  und  Haaren  verschlungen 
wird,  eine  Anspielung  auf  den  Mondmythos  findet. 

46.  Tha  Do  Oung.    A  Grammar  of  the  Pali  language  (after  KaccA- 

yana).    in  4  volumes.    Vol.  I.  II.    Akyab  R^  Paw  U.    220  S.  40 

zus.  4  Rs.  8  a.  (London  Luzac  9  s.) 

Vol.  I.  containing  Sandhi,  Näma  and  Käraka,  and  Sam&sa. 
Vol.  II.  containing  Taddhita,  Kita  Unädi,  äkhyät^,  Upasagga  and 
Nipäta  particles. 

47.  Essays  on  Kasmiri  Grammar.  By  the  late  Karl  Frederick 
Burkhard.  Translated  and  edited,  with  notes  and  additions,  by 
Ge.  A.  Grierson.    Ind.  Antiq.  28.  Bd. 

Fortsetzung  zu  Vol.  27,  S.  317. 

S.  6—13:  1.  Deklination  (Maskulinum  und  Femininum,  a-  und 
i-Stamm:  zusammengesetzte  Substantiva).  —  S.  85—93:  Adjektiva 
(Geschlecht,  Deklination,  Steigerung).  —  S.  169—79,  219—23:  Prono- 
mina. —  S.  247—52:  Numeralia.  —  S.  269  f.:  Appendix  (Erklärung 
von  Lukas  I,  1—4,  mit  wörtlicher  Analysis). 

48.  Grierson  G  A.    Essays  on  Kä^miri  grammar.    Calcutta  Thacker, 

Spink  a.  Co.    XVI,  257",  XCIII  S. 

Sammelausgabe  der  Abhandlungen  in  JASB.  65,  P.  I,  280—305: 
on  the  KäQmirl  vowelsystem;  66,  P.  I,  180—4:  on  the  Kä<jmiri  con- 
sonantal  System;  67,  P.  I,  29—98:  on  the  Kä<;mlrl  noun;  68,  P.  I, 
1—92:  on  the  KäQmirl  verb;  ebd.  93—95:  on  indeclinable  particles 
in  Kä(;miri;  65,  P.  I,  306—89:  a  list  of  Kägmiri  verbs. 

49.  Wilson  J.  Grammar  and  dictionary  of  Western  Panjabi,  as 
spoken  in  the  Shahpar  district  with  proverbs,  sayings  and  verses. 
Labore  Punjab  Government  Press.    3  Rs.  4  a.;  5  s. 

50.  Jaykrishna  Qangädäs  Bhakta.  Correct  form  of  Sanskrit, 
Persian,  Arabic,  English,  Portuguese  etc.  words  adopted  in  Guja- 
rati.    Ahmedabad,  publ.  by  the  author.     107  S.    6  a. 

51.  Wilson  J.  On  the  Gurezi  dialect  of  Shina.  Ind.  Antiq.  28, 
93-102. 

Kurze  grammatikal.  Notizen  von  Wilson  über  diese  bis  jetzt 
wenig  bekannte  Sprache,  mit  Einleitung  von  Grierson.  Sie  wird 
von  ca.  1500—2000  Seeleu  gesprochen,  die  sich  selbst  Dards  nennen 
und  in  einem  dem  Hindukush  benachbarten  Thale  wohnen,  das  bei 
den  Engländern  Gurais,  bei  den  Persern  Gurßz,  bei  den  Einwoh- 
nern Goräl  heisst.  Obgleich  dieses  Thal  mitten  in  Kashuiir  liegt, 
ist  die  Sprache  vom  Kashmiri  dennoch  völlig  verschieden.  —  Den 
Schkiss  bildet  die  bibl.  Erzählung  vom  "verlorenen  Sohne**  mit 
untergcscliriebeiier  engl.  Übersetzung. 


II.  B.  Indisch.  201 

$2.  Grierson  G.  A.     On  the  East- Central   group   of  Indo-Aryan 

vernaculars.    Ind.  Antiq.  28,  262—8. 

Die  einheimischen  Indo-Arisch.  Sprachen  Nordindiens  wurden 
bis  jetzt  eingeteilt  in  2  Hanptgruppen,  eine  östliche  (entspricht 
dem  alten  Sauras&nt  Prakrit  und  umfasst  Assamesisch,  Bengalisch, 
■Oriyft  und  Bih&ri)  und  eine  westliche  (entspricht  dem  Mägadhi  Pra- 
krit, wozu  unter  andern  gehört  Western  Hindi,  Panjftbt  und  Guja- 
rfttl).  Die  Existenz  einer  3.  Gruppe,  einer  Centralsprache  (=dem 
alten  Ardha-MAgadht  Prakrit)  definitiv  räumlich  nachzuweisen  ist 
erst  dem  Verfasser  dieser  Abhandlung  gelungen.  Er  nennt  sie 
"Eastern  HindT  oder  "East-Central  Group  of  the  Indo- 
Aryan  vernaculars".  Sie  besteht  nicht  aus  eigentlichen  Sprachen, 
«ondern  aus  nur  wenig  von  einander  verschiedenen  Dialekten: 
Awadhl,  Baghöll  und  Chattisgarht,  die  in  Oudh,  den  Nord- 
West- Provinzen,  Baghelkand  usw.  von  ca.  24  Va  Million  Einwohnern 
gesprochen  werden.  Als  Hauptcharaktcristikum  Itir  die  Ost-Central- 
Uruppe  (oder  Ost-Hindi)  ist  anzumerken  die  Übereinstimmung  hin- 
4sichtlich  des  Nomens  und  Pronomens  mit  der  West-Gruppe  (=Mft- 
gadhi),  während  sie  bezüglich  des  Verbums  eine  Mittelstellung  zwischen 
Ost-  und  Westgruppe  einnimmt.  In  seinem  ganzen  Habitus  ist  das 
-Ost-Hindt  der  moderne  Repräsentant  des  alten  Ardha  -  Mägadht 
Prakrit. 

53.  Vinson  Julien.  Manuel  de  la  langue  Hindustani  (Urdü  et  Hindi). 
Grammaire,  textes,  vocabulaires.  Paris  Maisonneuve.  XXXIX, 
232  S.    10  Fr. 

Rez.  P.  Reynaud,  Rev.  de  ling.  33,  S.  100—3. 

54.  Djam  Sunde  Dai  The  Hindi  literature.  Actes  XI.  Congr6s 
des  Orient.,  Sect.  I.  S.  45—67. 

-55.  Murray  J.  W.  A  dictionary  of  the  Pathan  tribes  on  the  Nord- 
West  frontier  of  India,  compiled  under  the  Orders  of  the  Quarter 
Master  General  in  India.  (^alcutta  Government  Printing  Office. 
VIII,  239,  II;  1  K.    (Leipzig  Harrasowitz)  4  M. 

56.  Prabodh  Prakäs  Sen  Qupta.  A  dictionary  of  proverbs,  Ben- 
gali and  English.    Calcutta  A.  T.  Mukherji.    245  S.    1  R. 

57.  Groome  Fr.  H.  Gipsy  folk  tales.  New  York  New  Amsterd. 
Book  Co.    212  S.    4  S- 

58.  Brissaud  J.    Les  coutumes  des  Aryens  de  l'Hindou-Kouch.  Rev. 

g6n.  du  droit.    1898.    S.  24—40. 

Nach  Charles  de  Ujfalvy,  Les  Aryens  au  nord  et  au  sud  de 
rHindou-Kouch.    Paris  Masson  1896.    XV,  490  S. 

59.  Brunnhofer  Herm.  Feuerwaffen  im  Rigveda.  Voss.  Ztg.  Sonn- 
tagsbeil. 29.    1899. 

€0.  Davids  T.  W.  Rhys.  Early  commerce  between  India  and  Baby- 
lon.   JRAS.  1899.    S.  432. 

Weist  auf  eine  Stelle  des  Khevaddha-Sutta  hin  als  die  früheste 
in  Indischen  Büchern  sich  findende  Erwähnung  von  Seeschiffen, 
die  nicht  bloss  Küstenschiffahrt  betrieben,  sondern  sich  wirklich  auf 
das  hohe  Meer  hinauswagten. 

^1.  Dubois  J.  A.  Hindu  manners,  customs  and  ceremonies.  Transl. 
from  the  author's  later  French  manuscript  and  ed.  with  notes, 


iil  biogr.   by  Heiirj-  K.  Beuuchamp.    Pref.  ty  T. 

M.  Müller,    änd  ed.     Londou  rVowde.    XXXVI,  730  8.;  1  PÖrtr. 
62.  HUlebrandt    Alr'r.    Alt -Indien.     KulturgeBchtchtliche    Skizzen. 

Breslan  Marcus.    V,  litä  S,     Geb.  h  M. 

Sammlung  der  teilweisu  erwi-iterteii  und  ergünzlen  AoTsBiKe: 
"Zur  Charakteriatik  des  indischen  Dramaa";  Allg.  Zig.,  Beil.  1888, 
38-2,  S.  4889-91.  -  "König  A<;oka  vou  Magadlia":  Frankl'.  Zig.  925 
(15.  VIII.  1893).  —  "DaB  heutige  Indien":  Schleeische  Ztg.  1894,  No-496. 
1898.  —  "Über  den  Bizverta":  AUg.  Ztg.,  Beil.  1«1,  S.  1—4.  —  "Binifü- 
Litteratur.  Vedischo  Opfer  und  Zauber".  (Einleitung;  vgl.  "Die  Be- 
dehunjf  des  Brahma nisniua  zur  Indlachen  Volksreligion":  Mitt.  d. 
Schles.  Ges.  f.  Volkskunde  1,  37-&4),  =  Grundr.  d.  iiido-ar.  PhiIoL 
u.  Alterturask.  3,  2.  ~  "Unterricht  in  Altindien":  Allg.  Ztg.,  Beil.  35, 
B.  1—4.  —  "ChineRifiche  Reisende  in  Indien":  Suhiesiscbe  Ztg.  1898, 
2S./IX.  —  "BoddhisniuB":  Zukunft  24,  54-61.  —  Neu  hinzugrkoni- 
men  ist  iler  Autsatz:  "Sanskrit",  S,  34—52.  ~  Rdzens.  liegen  vor 
von  H.  Brunnholer,  National-Zlg.  1899,  3,/XIl,  und  in  Luasacs  Or. 
Lisi  10,  307. 

€3.  Fick  Biuh.  Unehrliche  Leute  im  alten  Indien.  Zukunit  27,  1899 
11,  S,  563-74. 

Bekanntlich  ist  iu  Indien  das  ganze  Fühlen  und  Denkeu  luil 
der  Lehre  von  der  Wiedergeburt  und  der  dadurch  bedingten  Kasten- 
theorie  Rnis  engste  verknüpft,  auch  die  äussere  Leb eniiBtel long  eiues 
Menschen  ist  dadurch  im  Voraus  bestimmt,  da  sie  ja  nur  eine  Folge 
seiner  Hniidiuugeu  in  einer  früheren  Existenz  ist.  EnteprecliGiid 
der  dreifachen  Qualitüt  von  Handlungen  (Dunkelheit,  ThKtigkeit, 
Güte)  werden  die  Menschen  in  3  Abteilungen  geschieden,  die  jede 
wieder  in  3  Stufen  zertltUt.  Die  3.  Stufe  der  2.  Abteilung  bildet 
die  bunte  Schaiu  des  fahrenden  Volkes  (Gaukler,  Seiltänzer,  Akro- 
baten, Musiker,  Sänger,  Tänzer,  Stockk Ampfer,  Ringer,  Schlangen- 
beachwSrer  usw.),  die  Kusamuen  mit  Schiaclitem,  Jagern,  Fischent, 
Benkern  und  Gassenkehrern  die  Gi'Kellschaft  der  eogeuannten  "un- 
ehrlichen Leute"  in  Indien  repräsentieren,  aber  trotz  dieses  Odiums 
keineswegs  eine  moralische  Schuld  an  sich  tragen.  Sogar  in  den 
Dieben  und  Spielern  sieht  dar  Inder  gewissermassen  eine  Kaste, 
da  eben  ein  Mensch,  den  seine  früheren  Thaten  zum  Dieb  oder  Spieler 
prädestiniert  hutten,  diese  Rolle  für  die  gegenwärtige  Existenz  aus- 
füllen muss.  Ist  doch  sogiir  Buddha  selbst  iu  einer  seiner  Wieder- 
geburten als  Dieb  auf  die  Erde  gekommen.  In  der  Praxis  natür- 
lich war  die  Stellung  eines  DiebeSi  zu  dem  übrigens  auch  der 
Hehler,  sowie  alle,  die  mit  jenem  im  Verkehre  Blanden,  gerechnet 
wurden,  eine  etwas  andere  und  mnsste  es  ja  auch  sein,  denn  Manns 
Gesetzbuch  macht  es  dem  Könige  ausdrücklich  zur  Pflicht,  die  Diebe 
behufs  Bestrafung  aufzuspüren  und  überwachen  zu  lassen,  wostU 
nach  demselben  Gesetzbuche  namentlich  frühere  Diebsgenossen  ver- 
wendet werden  sollen. 

Was  spezieli  den  Stand  der  fahrenden  Leute  belritTt,  so  war 
dieser  gesellschaftlich  wie  materiell  sehr  schlecht  gestellt,  was  schon 
daraus  erhellt,  dass  dessen  Angehörige  ihren  Lebensunterhalt  me.ist 
durch  Betteln  erwerben  rauBst«n.  Die  einzige  Möglichkeit  für  einen 
Gaukler,  sich  ans  seiner  Niedrigkeit  emporzuarbeite»,  bestand  darin. 
dass  er  die  Aufmerksamkeit  eines  Fürsten  auf  sich  lenkte,  der  Um 
unter  sein  Gesinde  aufnahm.  Was  an  Scbaustiiüungen  von  diesen 
Gauklern  usw.  erwShnt  wird,  geht  über  das  Niveau  dessen,  wa» 
noch  heut  zu  Tage  derartige  Leute  bieien,  nicht  hinnus:  Verschlucken 


IL  B.  Indist^^li.  SOS 

t  Messern  und  Schwertern,  Essen  von  Feuer,  S;)rtngen  über  auf- 
lit  in  dtin  Boden  gesteckte  Lanzen  usw. 

Üen  niedrigen  Stand  der  Gauklerkaste  deuten  «uch  die  ver- 
LBciiiedenen  gesetidichen  Beatimmungen  Über  sie  an:  a.  B,  w«ron  sie 
[  von  den  Gesellschaften  der  ehrlichen  Leute  ausgeBchloHHen,  muBsten 
[vor  den  Thoren  der  Stadt  in  elchtbAr  gokennzpiclinelen  Häueem 
■  'Wohnen,  konnten  nieht  als  Zeugen  auftreten,  nn  keinem  Totenopfer 
f  Milne-hmen,  desgleichen  durftun  die  Brahuianen  von  der  von  jenen 
nsngebotenen  Opferspei»e  nichts  nehmen.  Im  übelsten  Gerüche,  nber 
{■bindeu  von  jeher  in  Indien  die  Säniferinnen  und  Tänzerinnen,  so 
II  jeder  fahrende  Mann,  der  etwsH  auf  sich  hielt,  seine  Frau 
Loder  Töchter  nicht  dazu  hergab,  soitdern  sich  zu  diesem  Zwecke 
I  äer  weiblichen  Angehörigen  der  unterworfenen,  gar  nicht  als  Kaste 
Bferechneteu  VolksstJtmme  bediente. 

Bietet  so  Indien  manche  Parallele  zu  der  Nichtaehtung  ge- 
;r  Gewerbe  und  Dienste  im  deutschen  Mittelalter,  so  ist  doch 
Ewischen  beiden  ein  gewaltiger  Unterschied,  indem  es  hier  blosse 
Vorurteile  waren,  die  der  Aufklärung'  weichen  mussten,  während 
die  betreffenden  Anschauungen  in  Indien  tief  auf  der  Volksreligion 
basieren,  deshalb  auch  nur  mit  dieser  beseitigt  werden  können. 
64.  Kastevaesenet  i  Indien.  Nord  og  Syd  2,  G6S— 71. 
I  65.  Hillebrandt  AÜV.  Hnterrieht  in  Altiudien.  Beil.  Allg.  Ztg.  No.  35 
I       R.  1-4. 

Die  Erteilung  des  frühesten  Unterrichtes  erfolgte  von  Soit«a 
der  Brahmanen,  wie  ja  überall  die  Kirche  die  erste  Lehrmeisierin 
ist,  wo  sie  in  den  Vordergrund  tritt.  Dia  ältesten  indischen  Berichte 
über  ind.  Schulwesen  sind  in  den  Gfhyasütras  enthalten.  Dem  Un- 
terrichte gingen  je  nach  der  Kaste  verschiedene  Aufti ahm efonn ali- 
täten voraus.  Elementarschulen  zum  Erlernen  der  Grunddiszipllnen, 
wie  Schreiben  und  Rechnen,  scheint  «s  in  Indien  schon  sehr  frühe 
gegeben  zu  haben.  Darüber  hinaus  muss  man  untei-scheiden  Kwi- 
sehen  der  Durehschnittsbildung  des  juDgen  Inders  der  oberen  Stände 
und  der  des  späteren  Brahuianen.  Für  den  Bralimanen  begann  der 
Unterricht  gewfihnlich  im  8.  Jahre,  für  den  Kshatviya  und  Vaiijya 
meist  im  11,/ISi.,  konnte  aber  auch  hinausgeschoben  werden,  aber 
auf  keinen  Fall  länger  als  bis  zum  34,,  wenn  der  Jüngling  nicht 
alles  Anrecht  auf  den  Verkehr  mit  der  guten  Gesellsi-hafi  verlieren 
wollte.  Den  Hauptbestandteil  des  Unterrichtes  bildete  natürlich  das 
Vedastudium,  das  schon  in  der  Frühe  des  Tages  begann  und  sich 
auf  51/^— 6'/x  Monate  des  Jahres  erstreckte.  Für  den  Kesl  war  der 
Schüler  frei.  Angenehme  Unterbrechungen  der  Schule,  eine  Art 
Ferien  waren  die  Neu-  und  VollmondRtage,  die  Ankunft  vornehmer 
i.flder  gelehrter  Gäste  usw.  Wie  Dauer  des  Studiums  betrug  bis  zu 
'12  Jahren,  je  nach  der  Anzahl  der  Texte,  die  man  zu  erlernen 
-wünschte.  Neben  dem  Studium  der  heiligen  Texte  lief  noch  eine 
Art  "Anstandstehre"  her.  Da  der  ganze  Unterricht  nur  mündlich 
erteilt  wurde,  so  wurde  das  Gedächtnis  ausserordentlich  geschärft. 
Geschlossen  wurde  die  Schulzeit  durch  ein  religiöses  Bad,  weshalb 
snätaka  unserem  "Abiturienten"  entspricht.  Wer  Brahmane  werden 
wollte,  musste  weiterhin  die  Geheimletaren  erlernen,  was  mit  schwe- 
ren Gelübden  und  wunderlichen  Vorschriften  verbunden  war.  Na- 
tfirlich  konnte  nicht  jeder  Brahmane  werden,  was  ja,  abgesehen 
Ton  den  durch  die  Pflichten  des  lilglichen  Lebens  auferlegten  Be- 
«ehränkungen,  schon  durch  das  indische  Kastenwesen  verboten  war, 
Sin  wichtiges  Element  der  Erziehung,  und  zwar  nicht  bloss  bei  den 
^rahmanen,  bildete  Grammatik  und  Philosophie,  erstere  haupisädi- 

Anxelser  XII  1  a.  3.  14 


SM  U.  B.  Iiidiscli. 

lieh  ioi  Intercttse  einer  <reD(Luen  Überlieferung:  des  Veda  ]ieg«ii4, 
Eia  Hauptgewicht  wurde,  tiiiiii entlich  in  den  höheren  Kreiaen,  ant 
körperliche  Erziehung  gelegt.  Als  Kuriosuui  sei  erwähnt,  da«,  wie 
ana  dem  Anfang'  des  Uitopade(;a  ersichtlich,  auch  eine  "Cberbördnn^ 
fra^e"  bereits  existierte. 

Besondere  St-Htten  dei'  Gelelirsanikeit  gab  es  ursprünglich 
nicht:  der  Wohnsitz  der  Brahmnneii  war  zugleich  die  Schule.  SpSIcr 
bildeten  nieh  aber  doch  Brennpuukte  des  iud.  Geisteslebens  heraus, 
von  denen  der  berühmteste  Sitz  buddhist.  Gelehrsamkeit  NälamlA 
war,  wo  zwischen  3—5000  Priester  studierten. 

66.  Barth  A.  Bulletin  des  religions  de  l'Inde.  I.  Vedisme  et  nncicTi 
Brahmnnisme.  II.  Brahmanisme.  Rev,  de  riiist.  des  religions  SS, 
Ö0-97;  40,  26— r)9. 

Kino  nicht  streng  chronologisch  geordnete  Besprechung  der 
In  den  letzten  Jahren  erscliicnenen  Ausgaben  und  sonstigen  Arbeiten 
auf  dem  Gebiete  des  Vedismus,  Brahmanismus,  Buddhismus,  Jalms- 
mus,  Hinduismus  und  der  modernen  Sektenbewegung,  welche  Zo- 
Bammenstellnng  nnch  den  eigenen  Worten  des  Verfassers  keinen  An- 
spruch auf  erschöpfende  Vollständigkeit  machen  will. 

67.  Davids  C.  A.  F.  Rhys.  Der  Buddhismus.  Eine  Darslellnng  von 
dem  Lehen  und  den  Lehren  Oautamas,  des  Buddhas.  Nach  der 
17.  Aullage  aus  deni  Englischen  ins  Deuittclie  überiragen  von 
Arthur  Pftingsf.  (=  Universal  -  Bibliothek.  No.  3941  f.)  Leipidjr 
Reclam,    264  S.    0,40  M. 

Rezens.  in  Beil.  Allg.  Ztg.  114,  S.  6. 

68.  Davids  T.  W.  Rhvs.  The  (heory  of  ■soul"  in  the  Upanishads, 
JRAS.  1899  S.  71-87. 

Der  Verfasser  bedauert  i^unHchat  den  Mangel  eines  Werke» 
über  die  Seelenlehre,  wie  sie  in  den  Upnnishads  dargestellt  i>t- 
Nach  einigen  Bemerkungen  über  Alter  und  Reihenfolge  der  Upaii.. 
Bowie  speziell  Über  das  weite  Zurückreichen  gerade  der  Seelen- 
tbeorie,  wohl  das  älteste  aller  philosophischen  Probienie,  kommt  et 
weiterhin  kurz  auf  die  vedischen  und  hrahmanischen  Vorstellungeo 
zu  sprechen,  die  besonders  iu  den  Vedas  ziemlich  einfach  und  über 
einstimmend  sind.  Hierbei  nischt  Davids  auf  einen  Haupiunter- 
schied  aufmerksam,  nämlich  den,  Hasa,  während  in  den  Brätimanw 
und  in  den  Upan.  die  Seligkeit,  das  Aufgehen  im  höchsten  Wea«D, 
von  der  gehörigen  Darbrliigung  der  Opfer,  resp.  von  der  richttgru 
Kenntnis  der  von  den  Bralimanen  gelehrten  Wissenschaften  ali- 
hängt,  im  Veda  kein  henonderes  rituelles  oder  Iheologische.s  Wissen 
benötigt  wird,  sondern  rinfach  die  moralische  Tllchtigkeit  entscheidet. 

Über  Wesen  und  eigentliche  Beschaffenheit  der  Seele  briueen 
die  Upan.,  wie  auch  nicht  anders  zu  erwarten,  geringe  Details.  Für 
gowönnlicb  hat  die  Seele  ihren  Sitz  im  Inneren  des  Herzens.  Di« 
älteren  Upan.  denken  sie  sich  von  der  Grösse  eines  Gersten-  oder 
Reiskornes,  oder  auch  eines  Daumens.  Von  der  Gestnlt  eines  Men- 
schen gleicht  sie  in  ihrem  Erscheinen  bald  einem  gelben  oder  mueh- 
farbenen  Gewände,  bald  einem  weiKsen  Lotus,  einem  Lichte,  einer 
Flamme  oder  einem  Blitze.  Die  Stoffe,  aus  denen  die  Seele  besteht, 
sind  ein  Gemisch  von  geistigen  Eigenschaften  und  irdischen  Sub- 
stanzen. An  Zuständen  von  Leben  sä  usserung  der  Seele  kennen  die 
Inder  4:  den  wachenden,  träumenden,  schlafenden  und  einen  Turlya 
genannten.  Im  Zustande  der  Traumlosigkeit  dtirchdringt  die  ^cle 
vermittelst    der   72000  Arterien    den   ganzen  Körper,    während  des 


^^^^F  II.  B.  Indisch.  «» 

PTrfiumens  hingegen  geht  die  Seele  auf  eigene  Faust  ausserhalb  den 
^Slirpers  sptizieren.  Wann  die  Reele  den  Körper  betritt,  ob  im 
^Augenblicke  der  Einplängnis  oder  während  des  Aufenthalles  im 
'  'Hutlerleibe  oder  bei  der  Geburt,  iasseu  die  UpHn.  ziemlich  uneul- 
schieden,  ebenso,  wie  die  Seele  in  den  Körper  gelangt.  Es  gibt 
aber  einige  Stellen,  die  die  Seele  vor  der  Geburt  in  einem  nnderen 
Körper  exiHtieren  und  dad  Herz  des  Mensuhen,  dessen  Lebcinsdauer 
Übrigens  nach  der  Chandog.va  und  Brhndüranyalia  ITpan.  im  voraus 
bestimmt  ist,  entweder  ilureh  den  Kopf  uiederw&rta  oder  durch  die 
Fussspitzen  und  den  Bauch  aufwarls  betri'Ien  lassen.  Grosse  Man- 
nigraltigkeit  bieten  die  Upaa.  hinsichtlivh  der  Wandlungen  der 
Seele  nach  dem  Tode,  was  auf  eine  lange  Entwicklung^ reihe  von 
den  Vedas  an  schhessen  lässt.  Im  Brtiadaranjaka  wird  unterschie- 
den zwisi/heu  solchen,  die  die  Auslegung  der  Opfervorschriften  ken- 
nen, solchen,  die  sie  nicht  kennen,  aber  gutes  thun  und  drittens 
solchen,  die  böse  Mensehen  sind:  die  Seelen  der  ersteren  gehen 
nach  dem  Tode  durch  das  Licht  und  <liB  Welt  der  Gatter  ein  2ur 
Sonne  und  schliesslich  zur  Welt  des  Brahman,  die  «weiten  gelan- 
gen durch  die  Nacht  und  die  Well  des  Todes  zum  Mond  und  von 
hier  durch  Wiedergeburt  zur  Erde,  und  Kwar  so  oft,  bis  sie  gerei- 
nigt und  gelHulert  sind.  Die  dritten  werden  ohne  weiteres  Wüi-mer, 
Motten  und  sonstige  Insekten,  welch  letztere  Verwandlung  die  Chän- 
dogya  Up.  verwirft.  In  der  Kaushltakl  Up.  kommen  alle  Seelen 
Tiach  dem  Monde,  dessen  Zu-  und  Abnehmen  mit  ihnen  in  Verbin- 
dung gebracht  wird.  I«  der  Taittirlya  IJp.  gelangen  die  Seelen  zu 
Agni,  V&yn,  Äditya  und  schliesslich  s^um  Brahmau.  Die  Mnndaka 
Up.  betont  ausdrücklich,  dass  nicht  das  Opfer,  sondern  das  Wissen 
-und  der  Glaube  die  Hauptsache  ist;  die  Wissenden  gehen  durch  das 
Sonnenthor  zur  ewigen  Seligkeit  ein.  Ein  Passus  der  Pra^na  Up. 
besagt,  dass,  mit  welchen  Gedanken  ein  Mensch  stirbt,  mit  diesen 
seine  Seele  die  Welt  seiner  Wünsche  nls  Jenseits  erlangt. 

Diese  und  noch  andere  mehr  oder  weniger  abweichende 
Theorien  sieht  der  indi.sche  Fandit  durchaus  nicht  als  Diskrepanaien 
'  m.  Wer  diese  Verschiedenheiten  nicht  zu  vereinigen  versieht,  dem 
jeht  eben  die  Einsicht  in  die  Einheit  der  Upanisbads  ab.  In  allen 
Biesen  Lehren  aber  glaubt  der  Verfasser  das  Auflehnen  des  erstar- 
wenden.  moralischen  Vulksgefühls  gegrenüber  den  noch  illteren,  in 
Sen  Vedas  enthaltenen  Hypothesen  erkennen  zu  müssen. 

».  Di«  Upaniahads.    Grenzhoten  1H98,  111,  548-.f>8. 

Die  Upsnishads,   oder  der  Vedänia,    sind   eines  der  lür  den 
hidiGChen  Priester  notwendigen  Handbücher,  die  Anweisnugen  und 
Erklärungen  der  Veden    enthatten,    von   denen    die  Upan.  speziell 
geologische  und  philosophische  Betrachtungen  über  das  Wesen  der 
tNnge  lehren.    Bei  der  Beurteilung  der  Veden  und  Upan.  kommen 
li*Wr  den  Nichlfachmann  folgende  4  Fragen  in  Betracht:  1)  Zeichnet 
sich  der  indische  Pantheismus  vor  dem  der  europäischen  Schulen 
durch  philosophische  Tiefe  oder  poetische  Scnönhclt  und  Kraft  der 
Darstellung  in  dem  Masse  aus,  dass  die  Verbreitung  seiner  Kennt- 
nis über  die  Gelehrtenkrr.iae  hinaus  wünschenswert  erscheinen  müsste? 
Kh  Wie  verhält  sich  die  indische  Philosophie  zur  Volksreligiou  der 
■uderl*  3)  Wie  verhält  sie  sich  zum  Christentum?  4)  Wie  hat  sie  auf 
Bhb  Leben  gewirkt?    Der  Verfasser  iat  der  Überzeugung,  dass  für 
Kien  gebildeten  Laien  eine  tiefere,  etwn  gar  auf  ein  Quellenstudium 
Bntrückgebeude  Kenntnis  der  iud.  Philosophie  durchaus  unnötig  sei. 
BBei  Besprechung  der  übrigen  Fragen  kommen  die  Upan.,  in  denen 
Hier  Verfasser  einen  Mischmasch   von    Philosophie,   Mythologie  und 


so$ 


II.  B.  InrtiBch, 


4 


Volk  sab  erglauben  siebt,  ziemlich  sclilecht  weg,  wie  denn  der  Auf- 
satz im  Grunde  auf  eine  Polemik  gegen  die  modemo.  aucb  ron 
Deussea  —  wenii  von  ihm  auch  nicht  so  schroff  —  vertretene  An- 
sicht hinausläuft,  die  Upnnishadslehre  alu  eine  ErgAucun}!  der  Bibel 
resp.  als  eine  Vollendung  der  christlicheu  ku  betrachten  und  das 
Christentum  gegeo  Brahuianismua  oder  Buddhismus  einzutanachen. 
Der  ungenannte  Verfasser  schlieest  mit  dem  Hinweis,  dass  den  Sani- 
kritgelehrlen  die  Uberschfttziinz  ihres  Gegenstandes  um  ihres  nn- 
Btrengeiideu  und  aufopfernden  Studiums  willen  nicht  übelBun*»hiueD 
sei,  dass  aber  ihre  Autrordenuig.  uns  zu  Brahm'i  oder  zu  Buddha  zu 
bekehren,  abgelehnt  werden  müsse. 

70.  DeuBBsn  P.  Allgemeine  Geschichte  der  Philosophie  mit  beson- 
derer BerückBichtigung  der  Ketigionen.  l.  Bd.  2.  Abilg.:  Die 
Philosophie  der  Upanlshads.    Leipzig  Brockhans.    XII,  36U 

Rec.  Döring,  LC.  26,  S.  885  f. 

71.  de  Gubernatia  A.    Brahman  et  Sil%-itri,  ou  l'origine  de  la 
Actes  XI.  ooiigri'S  des  Orient.,  Sect.  1.  S.  9—44. 

72.  Handt  Werner  Jahreeliericht  über  indische  Philosophit« 
97.    Arch.  f.  Gesch,  d.  PhiloH.  12,  211—25.  

Bespricht    die  neueren    rellgionegescblchtlichen  und  pliilos(K 

f bischen  Arbeiten  von  H.  Oldonberg,  Religion  des  Veda.  Be-rlia 
S96;  A.  Hillebrandt,  Rituallltteratur,  vedisehe  Opfer  und  Zauber. 
Grnndr.  der  indo-nr.  Philol.  uud  Altertumsk.  Bd.  3,  2.  1S9T:  A.  Mnc- 
donell,  VedicMythology.  Gruudr.  der  indo-ar.  Philol.  III,  1<>.  Sirxss* 
bürg  1697;  P.  Deusseu,  Allgemeine  Geschichte  der  Philosophie. 
1.  Bd.  1.  Abt.  Leipzig,  1894^  ders..  Sechzig  Upanishads  des  Vedu. 
Leipzig  1897;  Garbe,  Die  Sflinkhya  philo  Sophie,  eine  Darstellung 
des  indischen  Rational  Ismus,  Leipzig  1894;  Martinelti,  111  sistema 
SAmkhya.  studia  sulta  fliosofia  indlana,  Torina  1897,  130  S.;  Dahl- 
mann,  NirvAna,  eine  Studie  über  die  Vorgeschichte  des  Buddhistnn«. 
Berlin  l»!f7:  C,  Wnrren,  Buddhism  in  trauslatiooB  (eine  reichhal- 
tige Anthologie  aus  buddhist.  Paliwerken  in  engliaoher  Üheraeteungl; 
L.  Ä.  Waddel,  the  Buddhism   of  Tibet  or  Lamaism,  London  1805. 

73.  La  VallÄe  Poussin  L.  de.  Uue  pratiiiue  des  Tantras.  Acic« 
XL  Cougris  des  Orient.,  Sect,  L  241—4. 

74.  Orterer  G.  Zur  neueren  LiUeratur  über  Buddha.  Hist-Polil. 
BI.  f.  d.  kath,  DeulKchl.  123,  667—81. 

Als  treffliche,  zur  Orientierung  geeignete  Werke  bejieichitec 
Orterer:  1)  H,  Kerns  "Manual  of  Indian  Buddhism";  2)  Oldonbergi 
"Buddha";  3)  E.  Hardys  "Buddhismus  nach  indischen  Pflü-Werken" 
und  "Indische  Religionageschichte".  Ein  Hauptverdienst  ron  E. 
Uardys  "Buddhismus",  nach  dessen  Darlegungen  äbrigens  der  süA- 
lichen,  also  der  Pflli-Tradition  der  Vorrang  eingeiHumt  werden  muis, 
sieht  Orterer  darin,  dass  er  bereits  Front  macht  gegen  die  "neo- 
buddhistische"  Strömung  in  LItteratur  und  Kunst,  die  auf  eine  Gleich- 
stellung Buddhas  mit  Christus  und  der  kanonischen  Schriften  der 
Buddhisten  mit  den  Evangelien  ausgeht  und  den  Buddhismus  auf 
Kosten  des  Christentums  zu  verbreiten  sucht.  Da»  gleiche  Thema 
beleuchtet  auch  J,  Dahlmanus  "Buddha,  ein  Eulturbild  des  Oi^lens", 
eine  Sammlung  von  Vortragen  über  Buddha,  denen  eine  knrxe  Ein- 
leitung, das  wenige  sichere  über  Buddhas  Leben  enthaltend, 
ausgeht.  Diese  Vorträge  betiteln  sich:  "Keim  und  Wursel",  "TJ 
und  Wachstum"  und  "Blüthe  und  Zerfall".  Das  Schlussarb 
manns  über  den  Buddhismus  Ist  ein  höchst  ungüustige«. 


II.  B.  Indisch.  207 

«Is  seinen  Grundgedanken  eine  tiefe  religiöse  und  soziale  Unsittlich- 
keit  hinstellt,  weshalb  er  auch  das  inner-indische  Geistesleben  nicht 
:zu  höherer  Blüthe  habe  entfalten  können.  Wenn  auch  Dahlmauus 
Buch  nicht  überall  vollständigen  Beifall  und  Anerkennung  gefunden 
habe,  so  sei  es  doch  zum  Studium  angelegentlichst  zu  empfehlen, 
weil  es  die  unklaren  Vorstellungen  über  Wesen  und  Wert  des  Bud- 
•dhismus  gründlich  zerstöre. 

75.  Regnaud  P.  Les  mythes  hiudous  des  Vighnas  et  des  Raksas. 
Actes  XI.  Congr^s  des  Oriental.,  Sect.  I.  S.  181 — 5. 

76.  Weber  Albr.  Zur  indischen  Religionsgeschichte.  Eine  kur- 
sorische Übersicht.  Stuttgart  Deutsche  Verlags-Anstalt.  32  S. 
0,75  M. 

Separat-Abdruck  aus  "Deutsch.  Revue'*,  XXIV. 

77.  Hillebrandt  Alfr.    Mäyä.    WZKiM.  13.  316—20. 

Fixierung  der  mäyä  genannten  und  mit  den  Asuras  in  Ver- 
bindung gebrachten  Zauberkunst,  die  im  Gegensatz  zu  ghora,  Be- 
schwörung die  wirkliche  Hexerei,  d.  h.  alle  über  das  menschliche 
Können  und  BegriflTsvermögen  hinausgehenden  Praktiken  und  Künste 
bezeichnet,  z.  B.  den  Gestaltenwandel,  der  wohl  bei  fast  allen  Völkern 
eine  grosse  Rolle  spielt  (vgl.  Kathäsaritsägara).  Sogar  die  Schöpfung 
selbst  ist  nach  der  Vorstellung  der  Inder  eine  mäyä,  ein  Zauber- 
werk der  Götter:  so  stützt  Indra  mäyiivä  die  Sonne  vor  dem  Her- 

■abfallen,  schafft  Aditya  durch  sie  Tag  und  Nacht,  verhindert  Varuna 
mit  ihrer  Hilfe  ein  Ausfüllen  des  Meeres  durch  die  Flüsse  usw. 

78.  Winternitz  M.  Witchcraft  in  ancient  India.  Ind.  Antiq.  28, 
71-83. 

Nach  einem  Hinweis  auf  die  Wichtigkeit  des  Aberglaubens 
und  des  Zauberwesens  für  das  Studium  der  Psychologie  betont  der 
Verfasser  zunächst  die  enge  Zusammengehörigkeit  von  Aberglauben 
und  Religion,  was  namentlich  bei  den  Indern  recht  deutlich  und 
drastisch  zur  Erscheinung  kommt,  von  denen  den  Göttern  Rudra 
und  Varuna  medizinische  Zauberkräfte  zugeschrieben  werden. 

Vielfach  findet  sich  das  Prinzip:  siniilia  simüibus  curantur^ 
4iuch  eine  Art  primitiver  Homoeopathie  wird  angewendet.  Farbe 
und  Gestalt  als  Zaubermittel  spielen  hierbei  eine  grosse  Rolle.  So- 
gar das  Handauflegen  wird  schon  im  Rigveda  zu  Heilzwecken  be- 
nutzt. Am  beliebtesten  waren  bei  den  alten  Indern  Zauberformeln 
und  Beschwörungen,  unter  deren  Rezitation  irgend  welche  Amulette 
und  Talismane  mit  dem  Kranken  —  um  solclien  handelt  es  sich  ja 
zumeist  —  in  Berührung  gebracht  werden.  Die  älteste  Sammlung 
dieser  Sprüche,  von  denen  der  Aufsatz  verschiedene  in  Übersetzung 
anführt,  ist  im  AtharvaVeda  enthalten.  Die  meisten  Krankheiten 
entstanden  nach  der  indischen  Vorstellung  durch  Dämonen  oder 
4iuch  Naturerscheinungen:  so  wurde  z.  B.  das  Fieber  mit  dem  Blitze 
in  Verbindung  gebracht.  Auch  das  Hineiuzaubern  einer  Krankheit 
in  Tiere  kannten  die  Inder.  Eine  grosse  Rolle  spielte  ferner  das 
Wasser,  vielleicht  kann  man  bei  den  alten  Indern  die  Kenntnis  und 
Verwertung  heilkräftiger  Quellen  voraussetzen.  Unter  den  Dämonen, 
•die  Krankheitserreger  sind,  sind  besonders  zu  nennen  die  Rakshas 
xind  Pi^ächas,  als  deren  grösster  Gegner  Agni  gilt:  das  Licht  als 
Feind  der  Dunkelheit  und  der  in  ihr  hausenden  bösen  Geister.  Prof. 
Müller  glaubt  deshalb  den  alten  Indern  die  Kenntnis  der  reinigen- 
den Kraft  des  Feuers  zuschreiben  zu  dürfen.  Unseren  Elfen  und 
Nachtmaren  entsprachen  die  Apsaras  und  Gandharvas,   die  in  Ge- 


208  II.  B.  Indisch. 

wässern  and  Bflnmeii  wohnten  und  gleichtalls  Miufk  und  Tanz 
lichten,  wodurch  sie  die  Menschen  anlockten.  Ein  weiteres  Millei 
zum  Vertreiben  tViadlich  gesinnter  Uäniouen  wareu  Isute  Geranechf. 
Wie  TrointneUon,  Glot^benklniig,  wie  denn  Auch  Waffen  za  (gleichem 
Zwecke  dienten,  z.  B.  Preile.  die  in  die  Luft  nach  den  DSmoneD 
geschossen  wurden,  Stähe  (so  von  Oleander),  die  man  stets  bei  sich 
rührte.  An  letzter  Stelle  seien  die  Splitter  von  FingernHgeln,  Haam 
und  Staub  von  der  Fussspur  der  betrefTenden  Person  genannt,  die 
verliest  werden  sollte.  Einen  besonders  breiten  Raum  in  der  in- 
dischen Zauberlitteratur  nimmt  der  Lieheszauber  ein,  der  durch  ver- 
schiedene Beispiele  illustriert  wird. 

Die  Gleichheit  und  Übereinstimmung  in  den  abe  r  fr  I  Bubis  dien 
Vorstellung'en  und  Gebräuchen  der  verschiedensten  Völker  erltlHn 
Wintcruitx  durch  die  Gemeinsamkeit  des  menschlichen  Geistes,  der 
überall  auf  der  Erde  durch  ein  und  dasselbe  Gesets  geleitel  iinit 
gelenkt  wird. 

Der  Aufsatz  schüesst  mit  dem  Bemerken,  dass  Religion  und 
Aberglauben  der  Vorfahren  vereint  die  Grundlagen  sind,  auf  denen 
sich  Moral,  Recht  und  soziale  Einrichtungen  der  Nschkoi 
bauen. 
79.  Hillebrandt  Allr.     Vedische  Mythologie.    2.  Bd.     Usas. 


Rudra.     Breslau  Marcus 

HO.  Bartb.     L'ne  inscriptic 

relitjuiftire  de  Buddha. 


iv. 


S.    12  M. 

caraclfres  mau 
ple   rendu  de  I 


Agni. 


U6-9;  231-4. 
81.  Oranwedel  Alb.    Zur  buddhistischen  Ikonographie.     Glo] 


sur  (in 
baäw      I 


Enthält  verschiedene  Berichtigungen  zu  seinem  Uandbat 
"Buddhistische  Kunst  in  Indi«n",  =  Nr.  4  der  Handbücher  der  könig- 
lichen Museen  zu  Bertin.  Unter  besonderer  Hervorhebung  der  archSu- 
logischen  Behandlung  der  sogenannten  graeeo  buddhistischen  Knust 
weist  er  auf  mehrfache  Parallelen  in  der  Komposition  buddhist.  und 
griech.  Darstellungs weise  hin.  So  z.  B.  erinnert  ihn  der  dem  Boddha 
stets  beigegebene  Donnerkeiltrüger  [identiüziert  mit  Vajrapäni]  so 
Zeus  mit  dem  den  Donnerkeil  in  den  Klauen  tragenden  Adler.  In 
den  Darstellungen  der  Rat,'^apa-Legende  (Bekehrung  eines  Brsh- 
manen  Kft^yapa)  erscheint  dem  Verfasser  Buddha  (wiederum  von 
dem  dieses  Mal  bärtigen  Donncrkeiltrilger  gefolgt)  in  der  Altltnds 
des  opfernden  antiken  Feldherrn:  die  patera  (Opferschale)  ist  ent- 
sprechend der  Übertragung  -des  fremden  Typus  in  einen  Almosen- 
napf  verwandelt.  Bei  einer  der  Figuren  auf  einem  die  Geburt 
Buddhas  versinnbildlichenden  Relief  denkt  Grünwedel  an  den  Tribut- 
träger  der  späteren  Antike  (wobei  er,  da  die  nilmliche  Figur  fOr 
ihn  auch  Ähnlichkeit  mit  dem  "guten  Hirten  von  Lateran"  hal,  kura 
auf  die  Beeinflussung  christlicher  Kunst  durch  indische  hinweist; 
andere  Parallelen  hiersn  sind:  die  gefalteten  Hände,  das  indische 
ai\jali;  die  Löwen  beim  heiligen  Barlaam,  das  siiuhflsana  des  Bnd- 
dhaj  der  Kelch  mit  der  Schlange  des  bl.  Johanties,  die  Almosen- 
schale mit  dem  Näga  in  Buddhas  Hand).  Die  auf  dem  Relief  eines 
(einem  indo-skyt bischen  Fürsten  ähnelnden,)  von  GrUuwedel  mit 
Knbu'a,  einem  der  4  lokapälns  identifizierten  Königs  diesen  leUEtereii 
umgebenden  kleinen  Gestalten  bringt  er  in  Zusammenhang  mil  einer 
Eigentümlichkeit  der  ausgehenden  Antike,  die  Hauptfigur  von  kleine- 
ren, dienenden  Figuren  umyeben  sein  zu  lassen.  Der  auf  dem 
Haupte  eine  Elefantenhaut  tragende  Virtidhaka   (ein  anderer  loka- 


^^^^  11.  B.  Iiidiiich.  209 

päla)  hat  sein  Vorbild  in  dem  gleichfalls  mit  einer  solchen  Kopf- 
bndeuknng  versehenen  Demetrios,  Sohn  des  Euthydemos  I.,  wie  er 
Ähnlich  anch  den  mit  dem  Dreizack  dargestellten  ^iva  (hinter  ihm 
der  Stier)  aus  dem  griechischen  Poseidon-typus  (letztere  zwei  Fftlle 
sind  MüDzprItguagen)  entwickelt  sein  lässt. 

82.  Hoey  W.    The  Suva nia,  or  original  gold  toin  of  Ancient  Iiidio. 
Proc.  ASB.     1899.    S.  56  f. 

83.  HopkinB  E.  W.    Greek  art  in  India.    Nation  {N.  Y.),  S.  280f. 

84.  Hopkins   E.  W.     Ancient  Rionnments  of  the  Deccan.     Nation 
(N.  V.)  64,  240  f, 

85.  Haindron  M.    L'art  indien.    (Bibl.  de  l'enseignement  des  beanx 
arts.)     PariH  Mny.     1898.     IX,  315.  (ill.) 

86.  Senort  E,     Notes  d'epigraphie  indienne.  VII.  Deux  epigraphes 
du  Svät.    Journ.  aaiat.  Sör.  IX.  13,  526-537;  55S.     1  T. 

67.  Speyer  J.  S.     Buddhas  Todesjahr    nach    dem    AvadAnaÄataka. 
ZDMG.  53.  120-4. 

Burnouf  hat  in  seiner  "Introduetion  i\  l'histoire  du  bouddhisme 
Indien"  unter  Berufung  anf  das  Avadänafiataka  das  Zeitalter  des 
A^oka  entgegen  den  sonstigen  Quellen  (die  diesen  König  100  Jahre 
nach  Buddha  leben  lassen)  auf  ^00  Jahre  nach  dem  NirvAna  des 
Buddha  angesetzt,  trotzdem  der  bekannte  Upagupta  auch  im  Avk- 
dAnaiataka  als  Zeitgenosse  des  SAkhyamuni  und  Aioka  zugleich  an- 
geführt wird.  Speyer  weist  nun  nach,  dass,  wie  hinsichtlich  des 
Textes  mit  der  übrigen  Überlieferung  das  eehfinste  Einverstilndnis 
hen'scht,  so  auch  in  Bezug  auf  die  zeitliche  Entfernung  zwischen 
Buddhas  Todesjahr  und  Aäokas  Regierung  keine  sich  widersprechen- 
den .Angaben  zu  verzeichnen  sind,  indem  Burnoufs  Ansicht  bloss 
aof  einem  Versehen  beruht,  dadurch  entstanden,  dass  er  die  Worte 
"varfaiata  .  .  .  ."  mit  dem  allerdings  nicht  durch  den  sonst  üb- 
lichen danda  getrennten  Schluss  der  letzten  Gftthil  des  betreffenden 
Abschnltttes:  ".  .  .  dvitXyam."  verbindet,  ohne  sich  über  die  gram- 
matiscbe  Unmöglichkeit  des  Ausdruckes  dviHyam  var^aHapla"  ^^ 
SOO  Jahre  genügend  Rechenschaft  gegeben  zu  haben,  womit  zugjeich 
die  auf  Burnouf  zurückgehende  Hypothese  einer  zweifachen  Über- 
lieferung in  den  Angaben  der  nördlichen  Buddhisten  über  die  er- 
wähnten zwei  geschichtlichen  Ereignisse  hinfällig  wird. 
I,  Stein  M  A.  Notes  on  the  monetary  System  ot  Ancient  Kaämir. 
Numümat.  Chronicle.  JII.  aer.  Bd.  19.     1899.     126—74.  1  T. 

Dieser  Aufsatz  ist  ein  Separatabdruck  aus  des  Verfassers 
lentar  zu  dessen  Übersetzung  von  Kalhanas  RAJatarangiiil,  der 
[testen  der  noch  vorhandenen  Kaämirer  Chroniken.  Diese  Chronik 
enthalt  zahlreiche  Bemerkungen  ülier  den  Preis  von  allerhand  Wa- 
ren, über  die  Höhe  von  Löhnen  und  dergleichen,  die  einen  wert- 
vollen Beitrag  zur  numismatischen  und  .ökonomischen  Geschichte  Kas- 
mirs  liefern,  jedoch  ohne  Kenntnis  des  Geldsystems,  auf  das  sie 
iirich  beziehen,  nicht  zu  verwenden  sind.  Stein  gibt  nun  in  dem 
orliegenden  Beitrag  eine  Zusammenstellung  und  Erklärung  aller 
I  der  Bfljatarai'iginl  vorkommenden  Notizen,  betreffend  System  und 
'.MTK  des  Geldes  in  Ka^mlr  withrend  der  Hinduherrschalt,  indem  er 
le  Bezeichnungen  der  einzelnen  Geldstücke  erläutert,  sowie  ihren 
'ert  und  das  Metall,  aus  denen  sie  geprägt  sind,  feststellt. 
Waddell  A.    On  some   newiy   fonnd  Indo-Orecian    Buddhislic 


210  IT.  C.  Iranisch. 

sculptures  from  the  Swät  Valley  (Udyäna).     Actes  XI.  Congr^s 
des  Orient.,  Sect.  I.    S.  245—7 

90.  Kielhorn  F.   Ein  unbekanntes  indisches  Metrum.  Götting.  Nachr., 

Philol.-hist.  Kl.  1899.    S.  182-4. 

Dieses  Metrum  findet  sich  in  den  ersten  24  Versen  einer  noch 
nicht  veröfTent lichten  Inschrift  des  Kadamba  Königs  Käkusthavar- 
man.  Aus  dem  von  Kielhorn  aufgestellten  Schema  ergibt  sich,  dass 
mau  es  mit  einem  Mäträsamaka  zu  thun  hat,  indem  jeder  der  4 
Pädas  des  Verses  15  Mätras  enthält.  Während  nun  in  Päda  2  und 
4  dieses  Schema  strikte  befolgt  wird,  kommen  im  1.  und  3.  Päda 
an  18  (von  48)  Fällen  Nebenformen  mit  16  und  17  Mäträs  vor.  Das- 
selbe Metrum  findet  sich  in  noch  anderen  Inschriften  und  auch  im 
Bower  Ms.  (Part  I,  S.  4).  Trotz  dieses  Gebrauches  in  den  verschie- 
densten Gegenden  Indiens  ist  in  keiner  indischen  Metrik  oder  sonst 
wo  davon  Notiz  genommen  worden. 

Leipzig.  Erich  Schröter. 

€•  Iranisch« 

Allgemeines. 

1.  Achelis  Th.    Zoroasters   Persönlichkeit  und   Lehre.    Deutsches 

Protestantenblatt  32,  Nr.  29,  Juli  15,  S.  235—36. 

Mit  besonderer  Rücksicht  auf  das  Buch  von  Jackson,  Zoro- 
aster  the  Prophet  of  Ancient  Iran. 

1.  Blochet  E.    Le  livre  intitule  i'Oulamä-i  Islam.    Rev.  de  i'hist.  des 

rel.  36,  23-49. 

Important  as  contributing  to  our  knowledge  of  this  treatise 
which  contains  so  niuch  interesting  information  regarding  Zoro- 
astrianism. 

3.  Gumont  F.    Textes  et  monuments  figurös  relatifs  aux  mysteres 

de  Mithra.  I.    Introd.  Bruxelles.    377  S.  4». 

1.  Mithra  und  Kult  desselben  seit  der  ar.'Zeit.  seine  Verbrei- 
tung in  Asien  ))is  zum  1.  Jh.  v.  Chr.  2—6.  Der  Mithraismus  des 
römischen  Reichs.     II  (ebd.  1896):  Abbildungen. 

4.  Qasquet  A.  Essai  sur  le  culte  et  les  mystercs  de  Mithra.  Paris. 
143  S. 

5.  Geiger  und  Kuhn  Grundriss  der  iranischen  Philologie  1,  2.  Ab- 
teilung, 3.  Lieferung,  S.  321 — 424.  (Kleinere  Dialekte  und  Dia- 
iektgruppen.    Von  W.  Geiger.) 

Vgl.  unten. 

6.  Jackson  A.  V.  W.    Indo-Iranian  Contributions.   JAOS.  22,  54—57. 

Comprises  the  foHowing  points:  1)  Skt.  vähiyaitSy  cf.  Av.  ra- 
zi/äatra.  —  2)  Skt.  karsa  a  weight,  in  Anc.  Pers.  Inscr.  'II  kaHa.  — 
Skt.  chala  is  suggested  for  explaining  Anc.  P.  *'rtr (...).  —  4)  Av. 
ao^a^  cf.  Skt.  uda^  udan.  —  5)  Av.  vltäpam  'out  of  reach'.  —  6)  Av. 
s]h)ntö  frasnä  as  a  dual.  —  7)  The  curse  of  a  cow  brings  childless- 
ness.  —  8)  The  /löm-plant  and  the  birds  in  the  Dlnkart.  —  9)  The 
national  embleni  of  Persia.  —  10)  Anc.  Pers.  ruKxd  in  Herod.  9.  10, 
is  tuktä. 

7.  Lehmann  E.  Zarathustra,  en  bog  om  Persernes  gamle  tro.  I.dcl. 


IL  C.  Iranisch.  211 

Kjebenhavn,  det  Schubotheske  Forlag  (Lybecker  og  Hirschsprung). 

XI,  192  S.    3,50  Fr. 

Anz.  von  F.  Justi  Arch.  f.  Religionsw.  3,  194—207.  Treats  of 
the  Avesta,  ancient  Persian  history  and  religion.    To  be  continucd. 

S,  Menant  D.    Les  Parsis:  Histoire  des  communaut6s  zoroastrien- 

nes  de  Finde.    Premiere  Partie.    Paris  Leroux  1898.    XIV,  480  S. 

(Annales  du  Mus^e  Guimet.  Biblioth6que  d'6tudes.  Tome  septiöme.) 

The  present  part  gives  a  history  of  the  civil  life  of  the  Parsis 
down  to  to-day  and  especial  attention  is  paid  to  the  development 
of  education  among  the  Parsi  Community.  The  volume  is  adorned 
by  a  number  of  illustrations  and  photographs  of  prominent  Parsis. 
The  second  part,  which  is  expected  soon  to  appear,  will  contain  an 
exposition  of  the  religious  System  of  the  Parsis. 

9.  Pizzi  I.    Gli  Studi  Iranici  in  Italia.    Studi  Italiani  di  Filologia 

Indo-Iranica  (diretti  da  F.  L.  Pull6).    Firenze  1897.    S.  57—72. 

A  brief  account  of  the  work  of  Italian  scholars  in  the  field 
of  Irauian  philology,  treating  of  Garzoni  and  Zanolini,  pioneers  of 
the  last  Century,  Ascoli,  Giussani,  Lignana,  De  Vicentiis,  Cimmino, 
Guidi,  Bonelli,  Moratti,  Pizzi,  Rugarli,  and  Giannini. 

10.  Söderblom  N.    Les  Fravashis:   Ätude   sur   les   traces  dans  le 

Mazdeisme  d*une  ancienne  conception  sui;  la  survivance  des  morts. 

Paris  Leroux.    79  S.    (Extrait  de  la  Revue  de  l'Histoire  des 

Religions.) 

As  the  sub  title  unplies,  this  monograph  treats  espicially  of 
the  Fravashis  in  their  relation  to  the  dead  and  with  referonce  to 
the  funeral  rites,  ceremonies,  and  festivals  in  honor  of  the  decea- 
sed.  A  special  chapter,  ashaonäm  fravashayo,  contains  among 
other  things  a  discussion  of  the  etymological  meaning  of  the  word 
fravashi. 

11.  Stackeiberg  R.  V.  Bemerkungen  zur  persischen  Sagengeschichte. 

WZKM.  12,  1898  S.  230—248. 

The  first  note  is  1)  Der  Berg  Sabalän,  and  several  passages 
are  given  from  Persian  and  Arabic  writers  who  connect  Zoroaster's 
uame  with  this  mountain.  —  2)  Farsidhward,  this  and  the  similar 
form  in  the  Yätkär-iZarerän  are  again  connected  with  Frashämva- 
reta  of  the  Avesta.  —  3)  Behäfirld  of  FirdausI  has  the  same  name 
as  Vanhufedri  of  the  Avesta  and  Vch  Bad  of  the  Parsi  and  tradi- 
tion.  —  4)  Die  AXdahäksage  bei  den  Armeniern  —  the  Armenian 
form  of  this  legend  shows  certain  traits  which  seem  to  be  borrowed 
from  notions  regarding  the  heretical  sect  oC  Mazdak.  —  5)  Zur  Geo- 
graphie des  Bundehes  —  the  mountain  'Köndrasp*  should  rather  be 
understood  as  'Gandaraw',  and  the  sea  of  'Sovbar'  associated  with 
the  name  of  the  dragon  Sruvara  of  the  Avesta.  —  6)  Afräsiyäb,  a 
note  on  the  scene  of  his  capture  in  Adharbaijan.  —  7)  Karsövaz.  — 
8)  Härüt  und  Märüt.  —  9)  Mähyär.  —  10)  Spityura,  this  demon  was 
a  false  brother  ofYima.  —  U)  Der  Kamakvogel,  its  relation  to  the 
Simürgh.  —  12)  Barzapharnes.  —  13)  Firedhün,  his  statue  keeps 
guard  over  the  demon  A2dahäk  according  to  the  Armenian  Moses 
of  Chorene  and  an  Arabic  writer. 

12.  Thornton  D.  M.    The  Parsi,  Jaina,  and  Sikh.    Being  the  Maid- 
land Prize  Essav  for  1897.    1898. 


212  IL  C.  Iranisch. 

Avestisch. 

13.  Bartholomae  Chr.    Arica  XI,  XII.    IF.  10,  1-19  und  189—203. 

These  articies  contain  so  much  valnable  material  for  Avestan 
lexico^raphy  that  mention  is  made  especially  of  them  here  besides 
including  them  above  under  III  A. 

14.  Kanga  Navroji  Mänekji  NasarvÄnji  The  VendidÄd  translated 
into  English  from  Pahlavi  (Dastur  Darab  Peshotan  Saiyana's  edi- 
tion),  with  a  transliteration  in  Roman  characters,  explanatory  and 
philological  notes,  and  introduction.    Bombay.    32  S. 

15.  Kirste  J.     Zwei   Zendalphabete   des   Britischen   Museums   (mit 

einer  Tafel).    WZKM.  20,  1898  S.  261-266. 

Comments  are  made  upon  certain  characteristics  of  two  alpha- 
bets  in  Avestan  manuscripts  of  the  Hyde  collection.  Attention  is 
called  to  a  note  in  one  of  the  colophons  where  the  scribe  renders 
Av.  e,  id  by  Skt.  th,  gh. 

16.  Mills  L.  H.  The  Sanskrit  equivalents  of  Yasna  XLIV.  Actes  XI. 
Congrfes  des  Or.,  Sect.  I.    S.  317—326. 

17.  Mills  L.  H.    Asha  as  The  Law  in  the  Gäthas.   JAOS.  20,  31—53. 

A  discussion  of  the  various  shades  of  meaning  of  a^a  in  all 
the  passages  in  the  Gäthas. 

18.  Mills  L.  H.    The  personified  Asha.    Journal  Amer.  Or.  Soc.  20, 

277  -302. 

Thifl  article  forms  a  sequel  to  the  author's  'Asha  as  the  Law 
in  the  GAthas'.  It  discusses  the  character  of  Asha  personified  as 
the  archangcl  and  then  the  nature  of  Asha  as  incorporate  in  the 
Holy  Community,  or  the  Zoroastrian  congregation. 

19.  Mills  L.  H.  God  has  no  Opposite  (a  Sermonette  from  the  Per- 
sian).    Asiatic  Quarterly  Review  7,  No.  13,  January. 

20.  Mseriantz  Levon  S.    K  Bosporskoi  Onomastikye,  Sobstrennoye 

imya  lujpaxoc   (On   the   vocabulary   of  the  Bosporus,    the  proper 

name  lujpaKoc.    Extract   from   the   collection    of  Memoirs  of  the 

Ethnographical  Section).    Napecatano   iz  Sbornika  Trudov  Etno- 

graficeskowa  14,  1—6. 

A  study  of  the  proper  nanie  lÖPAKOI  which  is  found  in  a 
catacomb  of  Kertch  in  the  Crimea,  and  the  Suggestion  is  made  to 
explain  this  name  as  of  Iranian  origin,  from  *Sauraka-y  cf.  Av.  saora. 

21.  Remy  A.  F.  J.     Sanskrit  Jana,  Avestan  zana.    JAOS.  20,  70. 

The  Skt.  Word  Jana  is  called  in  to  explain  the  Avestan  air. 
X€Y.  srvözana  'of  the  horned  race*. 

22.  Richter   0.     Der    Plural    von    gAw.    mazdäh-   ahura-,    KZ.  34, 

584—589. 

The  employment  of  the  plurai  of  Ahura  Mazda  is  perhaps  to 
be  regarded  as  including  also  his  Iloly  Spirit  (Spenta  Mainyu)  and 
the  Fire  (Ätar). 

23.  Wilhelm  E.  ErAnica.  Actes  XI.  Congres  des  Or.,  Sect.  I.  S.  261 

-274. 

The  following  subjects  are  treated:  1.  Zu  Vend.  IV.  24  und 
JX.  161  Spieg.  =  Westerg.  Geldner  IV.  5  und  IX.  41.  -  2.  Afrigän 


IL  C.  Iranisch.  2ia 

Gahambar  3— 6  übersetzt  und  erklärt  —  3.  Bemerkungen  zum  Vlsh- 
tftsp-Yasht.  —  4.  Der  Genius  Sraosha  im  Avesta  und  Serosch  im 
SchahnAmeh.  —  5.  Zu  Firdausl. 

Altpersisch. 

24.  Poy  W.    Beiträge  zur  Erklärung  der  susischen  Achaemeniden- 

inschritten.    ZDMG.  52,  564-605. 

An  elaborate  investigation  of  the  Susian  cuneiform  inscription 
with  reference  constantly  to  the  Ancient  Persian;  there  are  discus- 
sions  of  morphology  and  syntax  and  various  translations  of  Susian 
passages  in  connection  with  the  Persian.  The  article  contains  also 
an  index  of  the  Susian  words  discussed. 

25.  Hüsing  H.    Altiranische  Mundarten.    KZ.  36,  556—567. 

The  various  forms  under  which  Mithra  appears  in  proper 
names,  together  with  other  reasons,  leads  to  the  assumption  of  the 
presence  of  several  dialects  in  the  Old  Persian  Inscriptions. 

26.  Jueti  F.    Zur  Inschrift  von  Behistan  I.  63.    ZDMG.  53,  89—92. 

In  answer  to  Foy's  objections  to  his  explanation  of  several 
Att.  X€t.  in  this  difficult  passage. 

27.  Oppert  J.  Le  calendrier  perse.  Actes  XI.  Congr^s  des  Or., 
Sect.  I.    S.  327—348. 

28.  Tolman  C.  H.  and  Stevenson  J.  H.  Herodotus  and  the  Em- 
pires of  the  East.  Based  on  NikeFs  Herodot  und  die  Keilschrift- 
forschung.   New  York  American  Book  Co.    102  S. 

This  book  forms  part  of  the  Vanderbilt  Oriental  Series.  It  is 
based  throughout  directly  on  Nikefs  treatise  as  stated  in  the  title. 
But  a  brief  sketch  of  the  customs,  religion  and  language  of  the  Per- 
sians,  with  some  chronological  material,  is  added  at  the  end. 

Pahlavi  und  Mittelpersisch. 

29.  Blochet  E.  Catalogue  des  manuscrits  mazd^ens  (Zends,  Pehlvi, 
Parsi  et  Persans)  de  la  Biblioth^que  Nationale  de  Paris:  Biblio- 
thfeque  moderne  II,  No.  9;  11;  13.    Paris.    [Cf.  OB.  XIII.  1612]. 

30.  Casartelli  L.  C.  Note  on  a  Pehlevi  inscription  in  the  Dublin 
Museum.    Actes  9.    Congr^s  des  Or.,  Sect.  I.    S.  353—356. 

With  a  reproduction  of  the  inscription. 

31.  Casartelli  L.  C.    Pehlevi  Notes  VIT  —  An  Inscribed  Sassanian 

Gem.    Babylonian  and  Oriental  Record. 

"The  inscription  is  read  as  Atürdükhtl  apagtän  val  Yazdän 
Atrödükhti  [has]  recourse  to  God". 

32.  Harlez  C.  de  L'iuscription  pehlevie  de  la  croix  de  S.-Tome. 
Actes  XI.    Congr6s  des  Or.,  Sect.  I.    S.  249—252. 

With  a  reproduction. 

33.  Irani  Khudävär  Dastür  Shaharvär  The  Pahlavi  Texts  contai- 
ning  Andarz-I  Ädarbäd  Märaspandän,  Andarz-i  V^hzäd  Farkho 
Flrüz,  Andarz-I  Khüsrüi  Kavädän,  Mädigän-i  chatrang  and  Kär- 
nämak-I  Artakshatar-I  Päpakän.  With  transliteration  in  Avesta 
Character  and  translation  in  Persian.  Bombay  Fort  Printing  Presss. 
24-f  102+67  S.    large  8«. 


214  II.  C.  Iranisch. 

The.  aim  of  this  hook  is  to  inake  some  of  thc  Pahlavi  texts 
more  easily  accessible  to  the  PerKian  Zoroastrians. 

34.  Modi  Jivanji  Jamshedji  Aiyädgär-i-Zarirän,  Shatröihä-i-Airftn, 
and  Afdiya  va  Sahigiya-i-Sistan.  Translated  with  Notes.  (Guze- 
rati   and  English).     Bombay    (Education  Society*s  Steani  Press). 

180  S. 

A  translation  of  three  important  short  Pahlavi  treatise«,  with 
nnmbrous  not<3s.  The  first  had  previously  been  rendered  into  Ger- 
man  by  Geiger  (Das  Yä^kär-i-Zarirän) ;  the  latter  two  relating  to 
the  'Cities  of  Iran'  and  'The  Wonder  and  the  Greatness  of  Sistän* 
have  been  published  in  translation  for  the  first  time.  A  map  ac- 
companies  the  voIume. 

35.  Pahlavi  texts.  Ed.  by  Jamaspji  Dastur  Minocheherji  Jamasp- 
Asana.  1:  AvibätkAr-i  Zarirän  —  ShatunIhA-i  AOrAn  —  Awadih 
u  sahihih  i  Sigastän  —  Khüsrü-i  KavAtän  n  ritak-I  —  AndarzihA-i 
Peshinikän  —  Chltak  andarz-i  Poryotakeskän.  Bombay  1897.  gr.S*». 
48  S.    (Leipzig  Harrassowitz.    8  M.). 

3().  Sanjana  Peshotän  Dastur  Behramjee  The  Dinkard :  The  ori- 
ginal Pahlavi  text;  the  same  transliterated  in  Zend  characters; 
translations  of  the  text  in  Gnjarati  and  English  langaages;  a 
conimentary  and  a  glossary  of  selcct  terms.  Vol.  VIII.  Published 
under  the  patronage  of  the  Sir  Jamshedji  Jeejeebhai  Translation 
Fund.    Bombav  1897. 

A  continuation  of  this  work  which  has  been  appearing  for 
some  vears. 

37.  The  Pahlvi  Zand-i-Vöhüman  Yasht,  text  with  transliteration 
and  translation  into  Gujräti,  and  Gujräti  translation  of  the  Pahlvi 
Minö-i-Kliirad  with  notes  bv  Kaikobäd  Adarbäd  Dastur  Nosher- 
wän.     Poona.    A^\    '21,  28,  152  S.     (Leipzig  Harrassowitz.    9  M.). 

Neiipersisch  und  andere  iran.  Sprachen. 

38.  Arnold  Sir  Edwin  The  Gulistan:  Being  the  Rose -Garden  of 
Shaikli  Sa'di;  the  first  four  Brbs  or  Gateways.  Translated  in 
prose  and  versc.     London   Burleigh.     3  s.  6  d. 

Kezens.,  Spectator  1899,  S.  378  f.;  Lit.  World  30,  275  f. 

39.  Bacher  W.    Der   Dichter  Jüsuf  Jehüdi    und   sein   Lob   Moses. 

ZDMG.  53,  389—427. 

This  poet  bc^longs  to  a  circle  of  Judaeo-Persian  poets  of  Bok- 
härä  whosc  works  are  known  through  a  collection  in  two  manuscript 
volumc's  brought  froni  Bokliärä  to  Europe  in  1897.  The  poems  of 
Jüsuf  Jehüdi  are  tlie  niost  nunierous  in  the  collection.  The  article 
treats  first  (1)  of  hini;  and  second  (2)  of  Ins  poem  in  praise  of  Moses, 
which  is  given  in  füll  in  Hebrew  and  Persian  characters  and  then 
translated;  and  finally  (3),  some  other  Hebraeo -Persian  verses  on 
Moses  and  Elijah  are  added  with  comments  on  the  Bokhärä  school. 

40.  Brcwne  E.  G.  The  Sources  of  Dawlatshäh,  with  some  Remarks 
on  the  Materials  available  for  a  literarv  Historv  of  Persia,  and 
an  Excursus  on  Barbad  and  Rüdagi.  JRAS.  Gt.  Br.  and  Ire- 
land  Jan.  1899 


IL  C.  Iranisch.    *  215 

41.  Browne  Edward  G.   Yet  more  Light  on  'ümar-i-Khayyäm.  JRAS» 

Gt.  Brlt.  and  Ireland  April  1899. 

On  p.  414  a  passage  is  cited,  the  misunderstanding  of  which 
gave  rine  to  the  Rose-tree  cult  of  the  'Umar  Khayyäm  Society. 

42.  Browne  Edward  G.     The  Chahar  Maqäla  (Tour  Discourses") 

of  NidbAmi-i-'Arüdi-i-Samarqandi.    Translated  into  English.    Re- 

printed  from   the  Journal  ot*  the  Royal  Asiatic  Society.     JRAS. 

July  and  October  1899. 

This  interesting  work  translated  from  the  Persian  contains 
four  discourses  on  the  callings  of  secretaries,  poets,  astrologers, 
and  physicians,  and  it  adds  some  new  and  voluable  Information  to 
our  knowledge  of  Persian  authors.    An  index  is  appended. 

43.  Cinmüno  Francesso.  Dal  Poema  Persiano  Jusuf  e  Zuleicha  di 
Mevlana  Abderrahman  Giami.  Accademia  di  Acheologia,  Letter 
e  Belle  Arti  20,  1-107,  Napoli. 

44.  Doctor  Sorab.shaw  Byramji.  A  Compendium  of  Persian  Grammar 
and  General  Literature  for  the  Use  of  High  Schools  and  Colleges» 
Surat  The  Mission  Press  1897.  VIII,  328  S.  IG^o.  i  Rupee  and  4 
Annas. 

45.  Geiger  W.  Grundriss  der  iranischen  Philologie.  Erster  Ab- 
schnitt VIII.  Kleinere  Dialekte  und  Dialektgruppen.  1,  2  Ab.^ 
3  Lief.,  S.  321-424.    Strassburg  Trübner. 

This  number  contains:  1.  Die  Pämir-Dialekte  (Fortsetzung  und 
Schluss);  2.  Die  kaspischen  Dialekte;  3.  Zentrale  Dialekte^  Anhang 
I.  Bemerkungen  über  das  Tadschik!,  II.  Bemerkungen  über  das 
Judenpersisch;  4.  Allgemeine  Übersicht  über  die  Dialekte  und  ihre 
Gruppierung. 

46.  Gray  L.  H.    Certain   parallel   developments   in   Pali   and  New 

Persian  Phonology.    Journal  Amer.  Or.  Soc.  20,  229—243. 

Discusses  certain  points  of  resemblance  in  the  phonology  of 
the  Päli  as  compared  with  that  of  the  New  Persian.  It  is  especially 
uoted  that  the  coincidences  between  the  two  languages  are  due 
solely  to  the  Operation  in  both  dialects  of  the  laws  of  development 
which  govern  the  Indo-Iranian  languages  in  geueral.  The  compa- 
rison  serves  to  throw  further  light  on  Iranian  phonology. 

47.  Hörn  P.    Ein  Persische  Kulinarischer  Dichter.    Beilage  zur  All- 

gem.  Zeitung  No.  21,  22.    Jan.  26,  27,  1890. 

A  notice  of  the  life  and  literary  work  of  the  poet  At'ima  (i. 
e.  'VictualsO  of  Shiraz  and  Ispahan,  who  died  about  A.  D.  1427. 

48.  Hübschmann  H.    Zur  persischen  Lautlehre.    KZ.  36,  153—178. 

The  following  subjects  are  treated:  1)  Np.  bäzü  oder  bäzä 
'arm'?  —  decision  is  given  in  favor  of  the  w-form,  Np.  bäzü  and 
Phl.  bäzük  as  the  older.  —  2)  Np.  panlr  oder  paner  'Käse*?  —  the 
former  is  preferable  on  account  ot  the  Armenian.  —  3)  Arm.  mtir 
^  np.  neätar  'Lanzette',  a  discussion  of  the  etymology  of  these  kin- 
dred words.  —  4)  Np.  xirs  'Bär'  com  es  from  an  orig.  Iran.  *rsa-  = 
Idg.  *fk^o-y  as  a  collateral  form  of  Iran.  '*r,^a'  =  Idg.  '^rk^p-o.  — 
5)  vokalisches  f  im  Persischen,  further  material  on  the  representa- 
tion  of  Aryan  ar  as  ar^  and  r  as  ar  (=  wr,  ir)  in  Middle  and  New 
Persian.  —  6)  Ap.  *märagna,  cf.  Gk.  ndpayva  'scourge'  in  Aeschylus 
and  Euripides;  the  Greek  is  to  be  regarded  as  a  Persian  loan-word. 


'216  III.  Aimeniscb. 

Ap.  *märagna  'Schlangen  tödtend'.  —  7)  Skr.  mudrä,  cf.  Np.  muhr 
and  Arm.  1.  w.  muhrak,  Chald.  muhraq\  all  these  presuppose  a  Phl. 
*muhrak  and  Ap.  *mudrä  or  mudra.  The  Indian  word,  moreorer, 
probably  goes  back  through  the  Ap.  to  an  Assyrian.  —  8)  Does  not 
accept  the  explanation  of  Ap.  Vaumisa  as  Vaumi^^a  wbich  Hüsing 
Supports. 

49.  Jami  and  Farld  uddln  Attar    Salaman  and  Absal,   an  Alle- 

gory  translated  from  the  Persian  of  Jami.    Together  with  Farrid- 

uddin  Attar's  Bird-Parliament.    Bv  Edward  Fitz  Gerald  Edited  bv 

Nathan  Haskell  Dole.    Boston  (U.S.  A.),  Page  and  Co.    S.  1—187. 
18mo. 

^0.  Kapadia  Jamshedjee  Pallonjee  Firdüäi  an  accurate  Historian: 
the  Parthians,  Magians  from  the  time  of  the  Vedas.  As.  Qu.  Rev. 
7,  390-399. 

b\.  Nicholson  R.  A.  A  Persian  Manuscript  attributed  to  Fakhru'd- 
din  RazI.    JRAS.  Gt.  Br.  and  Ireland.    Jan.  1899. 

New  York.  A.  V.  W.  Jackson. 


III.    Armenisch. 

1.  Lehmann  C.  F.  Reiigionsgeschichtliches  aus  Kaukasien  und  Ar- 
menien.   Archiv  für  Religionswissenschaft  3.     1900.    S.  1—17. 

Contains  an  account  of  numerous  religious  rites  and  super- 
lititious  practices  still  to  be  observed  in  Armenia  and  the  Caucasus 
as  a  survival  of  the  ancient  custom  of  tree  worship  and  the  adora- 
tion  of  rivers,  wells,  and  Springs. 

2.  Marr  N.  Zur  Frage  über  die  Probleme  der  armenischen  Philo- 
logie (russ.).    2ur.  Min.  324,  Juli,  S.  250-251. 

3.  Adjarian  H.    Les  explosives  de  l'ancieu  Armenien.    La  Parole 

1,  119—127  (mit  Abbildungen). 

Dazu:  Rousselot  Notes  sur  les  evolutions  phonetiques  127— 
36  und  Meillet  Notes  historiques  sur  les  changemcnts  de  quelques 
explosives  en  arm^nien  136—37. 

4.  Meillet  A.  De  quelque  aoristes  monosyllabiques  en  armenien. 
MSL.  11,  16. 

5.  Meillet  A.  Le  g^nitif  singulier  des  themes  pronominaux  en  ar- 
menien.   MSL.  11,  17  f. 

6.  Meillet  A.  Le  genitit  en  -oj  des  noms  de  parente  eu  armenien 
moderne.     MSL.  11,  18  f. 

7.  Meillet  A.     Recherches  sur  la  sn  ntaxe  compar^e  de  Tarm^nien 

(suite).     MSL.  11,  369—89  (1900). 

II.  Les  regles  d'accord  de  l'adjectif  (vgl.  MSL.  10,  241  Fuss- 
note).  A.  Les  r6gles.  1.  Adjectits  qualificatifs.  —  2.  Adjectifs  pos- 
sessifs,  relatifs  et  intcrrogatits.  —  B.  Essai  d'explication  historique. 

-8.  Karst  J.  Aussprache  und  Vokalismus  des  Kilikisch-Armenischen. 
Förster  Teil  einer  histor.-gramm.  Darstellung  des  Kilikisch-Arme- 
nischen (Dissertation).    Strassburg  Trübner.    74  S. 


III.  Armenisch.  217 

9.  Margoliouth  D.  S.  The  Syro-Armenian  dialect.  JRAS.  1898. 
S.  839-61. 

10.  Msöriantz  L.  Notice  sur  la  phon^tique  du  dialecte  arm^nien 
de  Mouch.    Actes  du  XI.  Congr^s  des  Orient.,  Sect.  I,  S.  299—316. 

11.  von  Patrub&ny  L.  Lautlehre  der  MuSer  Mundart.  Sprach- 
wissensch.  Abhandlungen  1,  271—88. 

—  Lautlehre  der  neuarmenischen  Mundart  von  Tiflis.  ebd.  S.  289 
-302. 

—  Armenisch-deutsches  Wörterverzeichnis,  ebd.  S.  307. 

—  Kleine  Mitteilungen,  ebd.  309-14. 

12.  Tomson  A.  I.    Zur  Phonetik  des  polni8ch-(gaIizi6ch-)armenischen 

Dialekts  (russ.).    Zap.  d.  Univ.  Odessa  77,  205—222. 

Wandel  von  bet.  o  zu  vb  (Anl.)  und  *  (Inl.);  ähnlich  von  bet. 
«  zu  je. 

13.  Voith  A.  Siebenbürgisch-Armenisch.  Sprachwissensch.  Abhand- 
lungen, hrsg.  von  L.  v.  Patrubany  1,  306  f. 

14.  AdjarianH.  Armenische  Etymologien.  Sprachwissensch.  Abhand- 
lungen, hrsg.    von  L.  v.  Patrubany  1,  302 — 4. 

15.  Bittner  M.    Armen,  x'^or  'Sauerteig'.    WZKM.  13,  296. 

16.  Brockelmann  C.  Ein  assyrisches  Lehnwort  im  Armenischen. 
Zeitschr.  f.  Assyriologie  13,  327  f. 

Arm.  Kmdtikh  *Leiche,  Skelett'=assyr.  kimahhu  'Sarg". 

17.  MeiUet  A.    :fetymologies  armeniennes.    MSL.  11,  390-401  (1900). 

1.  In  vielen  zusammengesetzten  Adjektiven  erscheinen  i- 
Stämme  an  Stelle  der  o-Stämme  beim  Simplex.  Das  erinnert  au  lat. 
somnus-exsomniSy  air.  adhur-saidhir,  awest.  ahura-ähuiri^.  —  2.  arm. 
bor  'bourdon* :  Tr€^-<ppn-&ui)v.  —  3.  geljkh  'glande*;  das  anl.  g  erklärt 
sich  daraus,  dass  die  gutturale  Aspirata  ihren  eignen  Weg  gegangen 
ist  (vgl.  das  Keltische  IF.  4,  264  if.).  —  4.  erku  entspricht  lautlich 
idg.  dwö.  —  5.  matn  'doigt':  m.  bret.  ment  (V.  Henrjr).  Die  Behand- 
lung des  t  ist  gleich  der  des  k  in  akn.  —  6.  idg.  ni-  im  Arm.  —  7. 
indoiran.  f  in  armen.  Lehnwörtern.  —  8.  Redoublement.  —  9,  Verba 
auf  -ntp-  —-  10.  8ui  'court*  :  särt-toh,  xXduj.  —  11.  theruthiwn  hat  e 
(nicht  e),  statt  t  :  der  Einfiuss  des  flg.  u  ist  die  Ursache  davon.  — 
12.  melr  'miel'  :  ^i\\  (Lagarde)  durch  Kontamination  von  melit-  mit 
medhu'  entstanden. 

18.  Thumb  A.  Die  griechischen  Lehnwörter  im  Armenischen.  Bei- 
träge zur  Geschichte  der  Koivf|  und  des  Mittelgriechischen.  Byzan- 
tinische Zeitschrift  9,  388—452. 

Verwertet  die  ins  Armen,  eingedrungenen  griech.  Lehnwörter 
zur  Aufhellung  der  griechischen  Lautgeschichte. 

19.  Sandalgian  I.    L'idiome  des  inscriptions  cunöiformes  urartiques. 

Rom  Loe^cher  &  C.  1,25  Frs. 

Ein  Versuch,  die  Sprache  der  armen.  Keilinschriftea  als  eine 
indogermanische  zu  erweisen. 

20.  Abeghian  M.  Der  armenische  Volksglaube.  Jenaer  Diss.  Leip- 
zig.    127  S. 

Angez.  von  J.  v.  Negelein,  Globus  78,  288—293. 


218  IV.  Griechisch. 

IV.  Griechisch. 

1,  Prozorov  P.  Systematickij  ukazatel'  knig  usw.  (Systemat.  Ver- 
zeichnis von  in  Russland  gedruckten  russischen  und  anderspra- 
chigen Büchern  und  Aufsätzen  zur  griecli.  Philologie.)  Petersburg 
Akademie.    XVI,  375  S. 

2!  Brug^ann  K.  Griechische  Grammatik  (Lautlehre,  Stammbil- 
dungs-  und  Fiexionsiehre  und  Syntax).  Mit  einem  Anhang  über 
gpriechische  Lexikographie  von  L.  Cohn.  3.  Aufl.  Handbuch  der 
klass.  Altertumswiss.  II,  1.  Abteil.  München  Beck  1900.  XIX, 
632  S.    12  M. 

3.  Bocquet  A.  J.    Principes  de  phonetique  grecque. 

4.  Deissmann  A.  Hellenistisches  Griechisch  (mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  griechischen  Bibel).  Artikel  in  der  Realen- 
cyklopädie  für  Protestant.  Theologie.    3.  Aufl.  VII.  S.  627—639. 

5.  Fick  A.  Anzeige  von  Kretschmers  Einleitung  in  die  Geschichte 
der  griech.  Sprache.    BB.  24,  292—305. 

F.  bespricht  eingehend  Kap.  VII— XI  des  Werkes. 

6.  Zacher  K.  Kritisch -grcimmatische  Parerga  zu  Aristophanes. 
Phiiologus.  Suppl.  7,  4.37—530.  .    . 

Darin  II.  das  ny  ephelkystikon  bei  Aristophaues.  III.  Die 
Endung  der  2.  Person  Sing.  Indio.  Medii:  Die  alte  Form  ist  -rm 
welche  von  den  Tragikern  beibehalten  wurde;  in  der  Umgangs- 
sprache der  Athener  wurde  daraus  in  der  2.  Hälfte  des  5.  Jahrh 
€1,  was  von  den  Komikern  und  Rednern  akzeptiert  wurde,  IV.  Zur 
Worterklärung.  1.  ^TriTracxa.  2.  KAacrdZuj.  3.  KÖXaE.  4.  KoXÖKuna.  5.  dire- 
TTubdpica  und  TrepiCKÖKKaca. 

7.  Xar^IibdKic  f.   N.     TTcpi  toO   xP^^vou   Tf|c   Tpoirf^c  toö   Maxpou  a  €ic 

n.   ^Aenvä  ii,  393  f. 

Ein  chronologisches  Zeugnis  für  den  vollständigen  Zusammen- 
fall  von  altem  und  sekundärem  y\  ist  das  Auftreten  gegenseitiger 
fiexivischer  Beeinflussung  der  a-Stämme  und  der  c-Stämme  auf  -nc, 
wie  sie  bei  Herodot  in  Akk.  ^ApicTayöpea  u.  dgl.,  auf  attischen  In- 
schriften in  KXcocppdönv  u.  dgl.  seit  Ende  des  5.  Jahrh.  vorliegt. 

8.  Hatzidakis  G.  N.  Über  die  Lautgruppe  vr\  im  Attischen.  KZ. 
36,  589-59«. 

Nicht  uä  sondern  dy]  ist  die  lautgesetzliche  Form  des  Attischen, 
d.  h.  ä  ist  nach  u  nicht  wie  nach  €  i  p  behandelt  worden.  Die  Aus- 
nahmen sind  entweder  als  Entlehnungen  der  nicht-jonischen  Dia- 
lektgnippe  zuzuschreiben  oder  sind  durch  jüngere  Analogiebildung 
veranlasst  (z.  B.  €Öq)uä  u.  ä.  nach  uYiä). 

9.  Kretschmer  P.    Aphaerese   im   Griechischen.    KZ.  36,  270—273. 

Inschriftliche  Belege  für  die  Aphärese  in  agr.  Personennamen. 

10.  XttT^IiödKic  r.  N.    TTepl  xfjc  irpotpopdc  xai  ^KTTTdjceujc   tou  f  iv  t^ 

ipXOLiq.  'EXXriviKrj.     'A0r|vd  11,  162. 

In  dY^ioxa,  öXiov,  böot.  iuüv  und  OidXeia  ist  der  Ausfall  des  t 
kein  spontan  lautlicher  Vorgang,  sondern  in  dx^ioxa  durch  Dissimi- 
lation, bei  den  übrigen  durch  Analogie  (nach  irXcIov,  böot.  tjou  = 
TU,  bezw.  qpidXn)  veranlasst. 


IV.  Griechisch.  219 

11.  XarriödKic  f.  N.     PHori  oder  Hpof]?     Aeriva  11,  472. 

P  ist  kein  tonloses,  sondern  aspiriertes  r  (rh), 

12.  Schmidt  J.    Die  elischen  Verba  auf  -euu  und  der  urgriechische 

Deklinationsablaut   der   Nomina   auf  -euc.     Sitzungsber.   d.  Berl. 

Akad.  1899  S.  302-315. 

Den  Verben  auf  -€i;iu  im  Attischen  entsprechen  elische  Formen 
auf  -€(u',  vgl.  q>uTaÖ€(oi  und  q)UTa6€(Tiv  auf  einer  jüngst  gefundenen 
elischen  Inschrift  (Meister  Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  1898,  218  ff.),  fer- 
ner XaTpciö^evov ;  Kariapaduv  (ibidem)  =  xaOicpeOujv  enthält  das  be- 
kannte elische  ä  =  ggr.  €  und  ist  ebenfalls  ein  Zeuge  für  die  eliische 
Bildung  auf -€(u);  das  Verhältnis  zum  Aorist  auf -cuca  (vgl.  q)irra- 
beOavTi,  KaTtapaOc€i€)  entspricht  dem  von  xaCuj  :  ^koucq  u.  ä.  Die 
Verba  auf  -ciiw  können  nur  aus  cFiuj  (nicht  aus  -nP^l'J")  erklärt  werden 
und  beweisen  somit  einen  Ablaut  ßaciXcu  :  ßaciX^u.  Der  Nom.  auf 
-€uc  (der  übrigens  zusammen  mit  dem  Aorist  auf  -€uca  im  Attischen 
das  Präsens  auf  -€(uj  zu  -cuu)  umgestaltete)  ist  nicht  lautlich  aus  -nOc 
entstanden,  sondern  aus  Dat.  PI.  -cOct  (mit  schwacher  Stufe)  über- 
tragen. Verf.  bekämpft  das  Kürzungsgesetz  für  langen  Vokal  -f  U 
-f  Konsonant  (S.  8—12  über  das  Pronomen  oötoc). 

13.  Fennell  C.  A.  M.    Greek  stems  ending  in  -i-  and  -cu-  and^Apnc 

The  ClasB.  Rev.  13,  306. 

Für  ßaciXcuc  wird  von  Stammformen  -€\\j-  und  -€i€F-,  für  "Apnc 
von  'Ap€cu-  ausgegangen. 

14.  Schmidt  J.    Das  Zahlwort  ^ia,  \a.    KZ.  36,  391—399. 

Der  Verf.  weist  die  älteren  Erklärungen  zurück,  besonder^ 
auch  diejenige,  welche  die  Verschränkung  zweier  Wortstämme  an- 
nimmt. Die  homerischen  Gedichte  lassen  noch  die  ältere  Flexion 
m(u  Gen.  iöc  Dat.  1$  Akk.  M^av  erkennen:  idg.  *smia  wurde  jbiia,  idg. 
*smjds  schon  in  indog.  Zeit  *sjä8f  woraus  griech.  Hsjäs  (vgl.  ic6i 
=  idg.  *zdhi),  läc. 

15.  Richter  W.  Das  griechische  Verbum  in  seinen  wichtigsten  Er- 
scheinungen erläutert  und  in  Tabellen  zusammengestellt.  Gymn.- 
Progr.  Küstrin. 

16.  LauteDsaoh  0.  Grammatische  Studien  zu  den  griechischen 
Tragikern  und  Komikern.  Augment  und  Reduplikation.  Hanno- 
ver und  Leipzig  Hahn.    VIII,  192  S.    6  M. 

17.  Parodi  E.  G.    Intorno  alla  formazione  dell'  aoristo  sigmatico  e 

del  futuro  greco.    Studi  ital.  di  filol.  class.  6,  417—457. 

Der  "Bindevokal"  -a-  ist  hervorgegangen  aus  einer  Vermischung 
der  Typen  -c-  und  -ac-  (=  ai.  -i^-);  der  3.  Typus  -€c-  liegt  in  fjbca 
usw.  unmittelbar,  sowie  in  weiterer  Umgestaltung  in  €KÖp€c(c)a  u.  ä. 
(statt  *^K^p6ca  usw.)  vor. 

18.  SoImBen  F.  Dorisch  dtci  'auf,  wohlan*.  Rhein.  Mus.  NF.  54, 
343—350.  495. 

Das  in  Cramers  Anecd.  Oxon.  I  71  bezeugte  df€i  ist  wie  ii(€i 
ein  Imperativ  ätc  (wie)  +  Interjektionspartikel  €i;  das  gleiche  -ci 
steckt  vielleicht  auch  in  oOvci  *  öcOpo  Hesych  (zu  einem  Verbum 
*oövui). 

19.  Stratton  A.  W.  History  of  Greek  Noun- Formation.  I.  Stems 
with  -j*-.    Studies  in  Class.  Philol.  (Chicago)  2,  115—243. 

(Ist  im  Anz.  12,  65  f.  besprochen  worden.) 
Anseiger  XII  t  a.  S.  15 


220  IV.  Griechisch. 

20.  Brugmann  K.  Der  Ursprung  der  Barytona  auf  -coc.  Ein  Bei- 
trag zur  Entwicklungsgeschichte  der  sogen.  Kurzformen  des  Grie- 
chischen.   Ber.  d.  k.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1899,  S.  177—218. 

Das  Sufüx  coc  kommt  in  Eigennamen  (Kurznamen)  wie  Ad- 
ILiacoc  und  in  Appellativen  wie  KÖfiiracoc,  fi^Oucoc,  K^pacoc,  it^xacoc 
usw.  vor:  auch  im  letztem  Falle  handelt  es  sich  um  Kurznameii; 
nachdem  -coc  einmal  in  Appellativen  aufgekommen  war,  konnte  eiu 
solches  Nomen  auch  ohne  vorangegangene  Vollform  gebildet  werden. 
Die  BildunjjT  mit  -coc  ist  von  Komposita  ausgegangen,  deren  erstes 
Glied  ein  Stamm  mit  -t-  (vor  Vokalen)  oder  -ti-  (vor  Konsonanten) 
war;  diesen  Komposita  entsprechen  Kurzformen  auf  -tos  und  -tu: 
als  aber  ti-  zu  -ci-  wurde,  wurde  c  auch  auf  die  Formen  mit  t-os 
übertragen,  woraus  das  Suf¥ix  -coc  resultierte.  Bei  manchen  Wör- 
tern auf  -coc  (wie  z.  B.  iruHoc,  vf^coc,  bpöcoc  u.  a )  iMsst  sich  die  Zuge- 
hörigkeit zu  dieser  Bildung  nicht  sicher  ausmachen. 

21.  XarTiödKic  f.  N.  TTepl  tovikuiv  dvuj^aXiuiv  ^v  toic  cüvO^toic  dvap- 

pön  Ob.-.oppön    Kaxdpa.     'AGnva  11,  378— 3a3. 

Komposita  mit  femininen,  oxytonierten  Abstraktis  auf  -f|  und 
-d  im  2.  Glied  behalten  ihre  Endbetonung  nur,  wenn  das  erste  Glied 
eine  Präposition  oder  eine  analoge  Partikel  ist  und  das  Kompositum 
ein  Abstraktum  bleibt.  Kardpa  ist  nicht  Zu.sammensetzung  von  xaTd 
und  dpd,    sondern  eine  a-verbo-Bildung  zu  KaTapuijLuzi  (wie  fJTTa  zu 

f|TTlJJ|Hai). 


22.  Dönvald   P.     Zur   griechischen   Tempuslehre.     Gymnasium  5. 
145-152. 

23.  Stahl  J.  M.    Zum  Gebrauch  des  prädikativen  Partizipiums  im 

Griecliischen.     Rhein.  Mus.  NF.  54,  494  f. 

Nachträge  zu  Rh.  Mus.  54,  150  f.  und  Gildersleeve  im  Am. 
Journ.  of  Phil.  19,  4G3  f.  Vgl.  ferner  den  Nachtrag  von  Stein  Rh. 
Mus.  54,  496. 

24.  Stahl  J.  M.    Zum  Sprachgebrauch  des  Thukydides.  Rhein.  Mus. 

NF.  54,  150-151. 

Beispiele  für  den  Gebrauch  des  Partizips  statt  eines  Verbal 
Substantivs. 

25.  TTavrd^Tic  M.     Tö  thc  ^Wi^viboc   qpiuvfjc  biacaq)TiTiKÖv.     *A9nvä  11, 

443—458. 

Verf.  stellt  aus  Homer  alle  Fälle  zusammen,  welche  'Prolepsis' 
irgend  welcher  Art  darstellen. 

2f).  Lawton  W.  C.    'Fouith  Class  Conditions'.     The  Class.  Rev.  13, 

100-109. 

Verf.  bekämpft  die  Anschauung  Goodwins  (Griech.  Gramm. 
§  1408),  dass  die  Form  des  Konditionalsatzes  "el  c.  opt.,  opt.  -f  dv" 
futurischen  Sinn  habe:  der  griech.  Potcntiaiis  gehört  der  Bedeutung 
nach  meist  der  Gegenwart,  seltener  der  Zukunft,  bisweilen  auch 
der  Vergangenheit  an  oder  ist  in  manchen  Fällen  überhaupt  zeitlos. 

27.  Schöne  H.  Verschränkung  von  Redegliedern  im  wiedererzählten 

Dialog.     Rhein.  Mus.  54,  633—638. 

Die  n)annigfache  Stellung  des  parenthetischen  l(^r\  ö  .  .  .  . 
innerhalb  der  direkten  Rede  wird  durch  Belege  aus  Plato  u.  a. 
Schriftstellern  erläutert. 


IV.  Griechisch.  221 

:28.  Grönert  W.  Zur  griechischen  Satzrhythinik.  Rhein.  Mus.  54, 593. 
Das  Thema  wird  untersucht  in  Bezuj»:  auf  die   grosse  philo 
«ophische  Inschrift  von  Oinoanda  aus  dem  2.  Jahrh.  n.  Chr.  (im  Bull. 
•de  corr.  hell.  21,  343  flf.). 


29.  Allen  T.  W.  The  Text  of  the  Iliad.  The  Class.  Rev.  18, 110—116. 

Übersicht  über  die  handschr.  Überlieferung  und  ihre  Klassi- 
fizierung. 

-30.  Allen  T.  W.    The  ancient  and  modern  Vulgate  ot  Homer.  The 

Class.  Rev.  13,  334—339. 

Nachdem  der  Verf.  Kriterien  für  die  Feststellung  der  antiken 
Homervulgata  aus  der  Art  der  Zitate  in  den  Schollen  gewonnen 
hat,  vergleicht  er  die  Lesarten  dieser  altcMi  Vulgata  mit  derjenigen, 
welche  in  unsern  Hschr.  vorlitgt.  Von  502  Füllen  stimmen  308  = 
€0%  überein,  116  =  24%  sind  unbestimmt,  83  =  16»/o  der  hand- 
.srhrilthclen  Lesarien  widersprechen  der  antiken  Vulgata:  durch 
diese  letzteren  ist  ein  neues  Element  in  den  Homertext  gekommen, 
-dessen  Ursprung  zu  untersuchen  wäre. 

-31.  Allen  T.  W.    Aristarchus  and  the  modern  Vulgate  of  Homer. 

The  Class.  Rev.  13,  429  -432. 

Auf  Grund  statistischer  Zusammenstellung  kommt  Verf.  zu 
dem  Ergebnis,  dass  von  664  Lesarten  «les  Aristarch  «Vii  gar  nicht, 
•*/u  nur  in  einem  Teil  der  Handschriften,  ^/^  in  allen  Handschriften 
■Spuren  hinterlassen  haben. 

-32.  Börard  V.    Les  Ph^niciens  et  les  poemes  hom^riques.    Rev.  de 

l'Hist.  des  R^ligions  39,  173—22«,  419-460. 

(I.)  Die  Phönizier  waren  in  den  Zeiten  der  homerischen  Kultur 
Herren  des  ftgftischen  Meeres;  bewiesen  wird  dies  durch  diejenigen 
Namen  von  Inseln  und  Örtlichkeiten,  welche  uns  in  doppelter  Form 
bekannt  sind:  Kdcoc  —  "Axvii,  T/|v€ia  —  KcXdöoucca,  'Jiuißpacoc  —  Ku- 
irapiccia,  'Aiui^pucoc  —  Kuirdpiccoc,  Goupia  —  Aiireia,  GoOpiov  —  *0p6ö- 
woTOC,  id|LiDC  —  *T\puoc,  Id|Liii  —  Keq)aXXT]v(a,  Mcpoiria  —  "Akic,  TTdEoc  — 
TTXdTCia,  löXoi  —  Atircia :  die  zweite,  griechische  Bezeichnung  ist 
jeweils  eine  Übersetzung  der  ersten,  welche  sich  aus  semitischem 
Sprachmaterial  erklären  lässt.  Vgl.  auch  S.  368,  wo  über  einen  Auf- 
satz desselben  Verlassers  in  den  Annales  de  Geographie  no.  XXXIV 
referiert  wird,  der  sich  mit  semitischen  Ortsnamen  in  Megara  be- 
schäftigt. (II.)  1.  Der  Handelsverkehr  der  Phönizier  im  ägäischen 
Meer  vollzog  sich  ähnlich  wie  derjenige  der  'Tranken"  im  17.  Jahr- 
hundert. —  2.  Spuren  semitischer  Zeiteinteilung  (Siebenzahl,  Woche) 
bei  Homer.  Weitere  Beispiele  semitisch-griechischer  Namendoubletten 
(IxOXXa  —  ircTpadi,  Xdpußftic  —  ÖXoi^  u.  a.).  —  3.  Weitere  geogra- 
phische Doppelnamen,  z.  B.  Gfjpa  —  KaXXCcrii,  von  denen  der  eine 
«emitischen  Ursprungs  ist. 

^.  Hess  A.  de    Quaestiones  de  epigrammate  Attico  et  tragoedia 
antiquiore  dialecticae.     Diss.  Bonn  1898.    45  8. 

34.  Reitzenstein  K.    Zwei  neue  Fragmente  der  Epoden  des  Archi- 
lochos.    Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1899,  S.  857—864. 

Veröffentlichung  von  2  Bruchstücken  einer  Buchrolle  des 
:2.  Jahrh.  n.  Chr. 


222  IV.  Griechisch. 

35.  Gercke  A.    Zwoi  neue  Fragmente  der  Epoden  des  Archilochos. 

Wschr.  f.  klass.  Phil.  1900,  S.  28  f. 

Textkritisehes  und  Exegetisches  zur  vor.  Publikation. 


36.  Sammlung  der  g^iech.  Dialektinschriften  herausgegeben  von 
H.  Collitz.  II.  6.  Heft  (die  delphischen  Inschriften,  4.  Teil,  Schluss). 
Göttingen  Vandenhoeck  n.  Rupreclit.    S.  643—963.    9,40  M. 

37.  Sammlung  der  griechischen  Dialektinschritten.  III,  5.  (Schluss- 
der  1.  Hälfte  des  3.  Bandes).  Die  rhodi.schen  Inschriften,  bearb, 
von  H.  van  Gelder.  Göttingen  Vandenhoeck  u.  Ruprecht.  S.  411— 
688.    7,80  M. 

38.  Die  antiken  Münzen  Nord-Griechenlands  unter  Leitung  voi> 
F.  Irnhoof-Blunier,  herausgeg.  von  der  Kgl.  Akademie  der  Wis- 
sensch.  Bd.  I.  Daeien  und  Moesien,  bearb.  von  B.  Pick.  l.  Halb- 
band.    Berlin  Reimer.     XV.  521  S.    4«.     54  M. 

39.  Viereck  P.    Die  Papyruslitteratur   von   den   70er  Jahren   bi* 

1898.     Bursians  Jahresber.  102,  244—311. 

A.  Bericht  über  die  Publikation  von  Papyrussammlungen  und 
einzelnen  Papyri.  B.  Die  sich  an  die  Papyri  anschliessende  Litte- 
ratur. 

40.  Flinders  Petrie.   Recent  investigations  into  the  sources  of  the 

Alphabet.    The  Journ.   of  the  Anthropol.  Instit.  N.  S.  2,  204-206. 

Neuere  Funde,.,  besonders  auch  diejenigen  von  Evans  auf 
Kreta  und  ähnliche  Ägypten«,  zeigen  das  sehr  hohe  Alter  eines- 
gemeinsamen miitelineerländischen  Alphabets. 

41.  Widemann  F.  Die  Anfjlnge  des  griechischen  Alphabets.  Journ, 
des  russ.  Minist,  d.  Volksautklärung.  Abteil,  f.  klass.  Phil.  ISi^J)- 
S.  57-96. 

42.  Meister  R.  Beiträge  zur  griechischen  Epigraph ik  und  Dialek- 
tologie. I.    Verb.  d.  K.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  phil.-hist.  Kl.  51, 141  -160, 

1.  Wiesenverpachtung  in  Thespiai:  Interpretation  derlnschrilt 
Bull.  21,  553-568  (3.  Jahrh.).  2.  Tempelgesetz  aus  dem  Tempel  der 
Despoina  in  Lykosura  (*E(priin.  dpx.  1*S98,  249—272;  3.  Jahrb.).  3. 
Opferinschrift  aus  dem  epidaurischen  Asklepiosheiligtum  *E(pim.  dpx. 
1«99,  1  ff.  (Anfang  des  4.  Jahrb.).  4.  Zum  Kolonialrechte  von  Nau- 
paktos.  In  der  Stelle  hoiTiv^c  xa  irCarec  ^vn^ioi  EZ  erklärt  M.  das- 
letzte  Wort  fjc  aus  *fj€c  *^^F€c  zu  ivc  'rührig,  wacker*. 

43.  Kaßßabiac  TT.     *ETnTpacy)al  il  'ETriöaOpou  cx€TiKal  irpöc  Ti\v  iv  Td^ 

Icpiü  Xarpeiav.     *Eq)r|^-  dpxaioX.  1899  S.  1 — 24. 

Im  Dialekt  (mit  wenigen  Ausnahmen);  darunter  eine  Inschrift 
aus  dem  5.  Jahrh. 

44.  Halbherr  F.    Addenda  to  the  Cretan  Inscriptions.  Amer.  Journ. 

of  Archaeol.  2,  79—94. 

Meist  kleinere  Fragmente  archaischer  und  jüngerer  Inschriften 
aus  verschiedenen  Städten. 

45.  Xanthoudidis  A.  Inscriptions  from  Gortyna,  Lyttos  and  Lat6 
pros  Kamara.    Amer.  Journ.  of  Archaeol.  2,  71—78. 

Jüngere  Inschriften  ohne  besondere  Bedeutung. 


IV.  Griechisch.  228 

46.  Ziebarth  £.    Zur  Überlieferung-sgeschichte  kretischer  Inschrif- 
ten.   Rhein.  Mus.  NF.  54,  488-494. 

Behandelt  die  handschriftlich  überlieferten  Inschriften. 

47.  Schmidt  J.    Die  kreti.schen  Piuralnominative  auf  -€v  und  Ver- 
wandtes.   KZ.  36,  400-416. 

Mit  dem  Eindringen  der  Koivriformen  q)^po)ui€v  usw.  st.  kret. 
<pdpoviec  wurde  zu  &)Jiic  q)^povi€c  zunächst  ein  ä^iiv  qi^po^iev,  dann 
weiter  tiv^v,  dKoOcavTcv  und  dgl.  gebildet.  Verf.  vermutet  in  if\h 
-8t.  ^^Y^v  (ai.  aham)  und  lat.  egö  eine  ähnliche  Umbildung  {*iyöy 
^q>€pov  :  if\h  q>^puj);  idg.  *eyhom  war  vielleicht  ursprünglich  ein  neu- 
trales Nomen  wie  z.  B.  mhd.  min  llp,  afranz.  mon  corp« ='ich*. 

48.  Hiller  von  Gärtringen  F.    Inschriften  aus  Rhodos.    Mitteil.  23 

390-403. 

Kurze  Üu"ffe)  Inschriften  ohne  besondere  sprachliche  Bedeu- 
tung. 

49.  Kretschmer  P.    Eine   theraeische  Feisinschrift.    Phllologus  58, 

407—469. 

Inscr.  Graecae  Insul.  Ill  nr.  553  wird  gedeutet:  Tab'  Cbq)€  olctüv 
<€  'hie  futuit  te  postquam  adduxit. 

50.  Herzog  R.    Reisebericht  aus  Kos.    Mitteil.  23,  441—461. 

Darin  S.  447  flf.    3  Inschriften  im  Dialekt. 

51.  Pomtow  H.    Delphische  Inschriften.    Philologus  58,  52—76. 
Stellt  die  Inschriften  der  Ostmauer  ssusammen. 

-52.  Vysok^  H.     Zu  den   dodonaeischen   Orakelinschriften.     Philol. 

58,  501  f. 

Zu  nr.  1596  von  CoUitz*  Sammlung:  unter  Aujöiuvaloi  sind 
^'Götter  von  Dodona"  (nicht  Priester)  gemeint. 

53.  Keil  B.    Zur  thessaiischen  Sotairosinschrift.     Mit  einem  Anhang 
über  dYopavo^€lv  und  iTpox€JpoTovelv.    Hermes  34,  183 — 202. 
Zur  Interpretation  der  Inschrift  Mitteil.  21,  110  und  248  ff. 

b4t.  Reinach   Tb.    Un   temple   61ev<!$  par  les  femmes  de  Tanagra. 

Rev.  des  Etudes  gr.  11,  53—115. 

Ausführlicher  sachlicher  und  spruchlicher  Kommentar  einer  neu- 
gefundenen grösseren  Inschrift  des  3.  Jahrhunderts.  Ausser  voll- 
ständig neuen  Wörtern  und  Namen  enthält  dieselbe  neue  Dialekt- 
formen: aÖTl  Adv.  =  aÖT€i,  vioOv  =  vöv,  öaKKuXioc  =  öaKTOXioc,  ftcftiutücii 
=  6€6wKulai;  bemerke  auch  laövTuc  =  ^aövToic,  )ui€Taq)€pövTUC  = -övtoic, 
^cc€i|Li€v=€c€ceai,  trd'iXXoc  Deminutiv  zu  Trdic. 

hb.  Perdrizet  P.    Inscriptions  d'Acraephiae.    Bull.  23,  91—96. 

Im  Dialekt  (jüngere  Inschriften). 

56.  Beohtel  F.    Zur  Kenntnis  des  Eleischen.    BB.  25,  159-163. 

1.  Die  Zeugnisse  für  die  Psilosis  K&  =  Kal  6  u.  ä.  beweisen 
•ebensowenig  für  Psilose  wie  lokr.  kö  und  TTCvropKiav  [?  vgl.  Ref. 
Unters,  über  den  Spir.  asper  32,  37  t.].  2.  Die  Präpositionen  Kard 
und  TTOTi  verlieren  vor  Wortformen,  die  mit  Dentalis  anlauten,  ihr 
t:  KaTdv=KaTTÖv  u.  ä.  ist  nicht  ein  graphischer  sondern  ein  sprach- 
licher Vorgang.  3.  'AXacuf^c  weist  gegenüber  ßaciXdcc  auf  älteres 
•^F€C  4.  X€o(Ta-v,  nicht  XnoiTav :  ein  Verbum  X€iw  (vgl.  auch  Xcioc  usw. 
im  Gesetz  von  Gortyn)  wird  durch  eine  kretische  Inschrift  des  4. 
Jahrb.  (Amer.  Joum.  of  archaeol.  sec.  ser.  1,  192  nr.  19)  erwiesen. 


224  IV.  Griechisch. 

57.  Bröal  M.    Deux  nouvelies  formes  ^l^ennes.    Rev.  des  Et.  gr.  11^ 

99-11^). 

1.  br)X6)Liiip  aus  byiX6|Li€vc=br|^<^M€voc.  2.  dbcoXTubhaie  zu  dbcXr^ 
'efifacer'  mit  parasitischem  a.  (Beide  Formen  auf  der  neugefonde- 
nen  elischen  Inschrift  in  den  Jahresheften  des  österr.  arch.  Inst.). 

58.  Wilamowitz-Moellendorff  U.  v.    Grammatisches  zu  Benndorfs- 
Urkunde  von  Ephesos.    Hermes  34,  209—212. 

59.  Haussoullier  B.   Notes  d'^pigraphie  Mil6sienne.  Oucpio,  Q^wpiOr 
ecopia.    Rev.  de  philo).  23,  313—320. 

Das  Wort,  welches  sich  öfters  auf  (späten)  Inschriften  findet,, 
bedeutet  soviel  wie  cöujxCa  (Festschmaus,  Bankett),  vgl.  BuuipdcOat 
und  öuujpöv  bei  Hesych;  6uu)p(a  ist  die  iirsprüngliche  Form. 

60.  MdTcac  M.    *ETnTpa<pa(  EijßoCac.    'Aenvö  11,  265-300. 

Darunter  eine  kurze  archaische  Inschrift  aus  Chalkis  (nr.  22). 

61.  KoupouviuÜTiic  K.   *EinTpaq>al  XoXKfboc  Kai  *Ep€Tp(ac.  *E(pr|fji.  dpxaioX. 

1899  S.  133-  147. 

Nr.  10  kurze  archaische  Inschrift;  die  sonstigen  Inschriftea 
ohne  sprachliche  Bedeutung. 

62.  Wilhelm  A.     Altattische   Schriftdenkmäler.     Mitteil.  23,    1898,, 

S.  466—492. 

Erörtert  die  ältesten  attischen  Inschriften  mit  Bezug  auf  ihren 
Schriftcharakter. 


63.  Jahn  A.  Glossarium  sive  Vocabularium  ad  Oracula  chaldaicn^ 
a  Clerico  post  Patricium  et  Stanleium  sub  falso  nomine  Oracu- 
lorum  Zoroastris  mendose  edita,  nunc  vero  fontium  ope  correcta. 
Rev.  de  philol.  23,  193-225. 

64.  Heine  G.  Synonymik  des  neutestamentlichen  Griechisch.  Leip 
zig  Haberland.    XXIV,  222  S.    4  M. 

65.  Enmann  A.  Zur  altgriechiscben  geographischen  Onomatologie. 
II.  Grai,  Graeci.  Journal  des  russ.  Ministeriums  der  Volksauf- 
klärung.   Abt.  für  klass.  Phil.  1899.    S.  33—47. 

Über  den  Inhalt  s.  Wschr.  für  klass.  Phil.  1899,  1069. 

6Q.  L6vy  J.    ncXacroC    Rev.  de  philol.  23,  332  f. 

Eigentlich  bedeutet  TT.  die  "Grauen",  dann  die  "Alten",  die 
"Vorfahren". 

67.  Pick  A.      Altgriechische    Ortsnamen   VII.     (Schluss.)     BB.  25-, 

109- 127. 

Berichtigungen  und  Zusätze  zu  I— VI.  Schlussbemerkungen r 
Ablehnung  semitischer  Ortsnamen  auf  griechischem  Boden.  Über  den 
Wert  der  Namenforschung. 

68.  Bechtel  F.  Neue  griechische  Personcnnamen.  Hermes  34,  395 
-411. 

Behandelt  die  neuen  im  3.  Bd.  der  Inscr.  Graecae  insularum 
sich  findenden  Namen. 

69.  Bechtel  F.    Der  Frauenname  ^Airdni.    Hermes  34,  480. 

70.  Meister  R.    Der  lakonische  Name  OißäXoc.    KZ.  36,  458  f. 

Zu  *oiFä  aus  *öFiä  =  Kuj|LiT],  q)uXf|,  vgl.  olai  bei  Hesych;   auch 


IV.  Griechisch.  225 

djßd  aus  *d)?iä  gehört  hierher.    Das  Wort  bedeutete  ursprünglich 
'Schalweide'. 

71.  Wilamowitz-Moellendorff  U.  v.   TTdcv^c  und  Mdcviic.    Hermes 
34,  222  f. 

72.  Kretschmer  P.    Etymologisches.    KZ.  36,  264—270. 

Darin  6.  dcx^buipoc  (Name  des  wilden  Ebers  in  Sizilien)  aus 
dv-cx€-  und  bopFo-  (böpu)  'Trotzespeer'.  7.  'OHuXoc  zu  ÖEuXov  •  olcöEuXov 
Hesych,  ursprünglich  ein  Baumdämon. 

73.  Prellwitz  W.     Etymologische  Miszellen.    BB.  24,  215-218. 

17.  'Air^XXiuv  (kypr.  'AirciXiuv)  'AiröXXwv  "AttXouv  zu  einer  Wz. 
diTcX-  'kräftig  sein',  ion.  dvr)ir€X(Ti  dcO^vcia  [dazu  Nachtrag  S.  291  f.]. 
18.  Tr€piTm€KT€iv  'unwillig  sein*  von  *ä-|n€KToc  zu  lit.  m^gstu  u.  verw. 
'jemandem  Wohlgefallen'.  21.  öppu)bif)c  öppuub^w,  ion.  dppuub^w  :  d  priv. 
-f  '^f>(uboc  'Kraft',  letzteres  zu  lat.  röbur  (aus  *ürödhös), 

74.  Thumb  A.    Etymologien.    KZ.  36,  179—201. 

Darin:  1.  f\ia  'Spreu*  und  Verwandte,  zu  ai.  Wz.  as-,  2.  rpdqxu 
Verinnen  machen',  zu  got.  dröbjan  usw.  3.  q>dXoc  q)dXapa,  zu  ai. 
phana  und  phafa  'sogen.  Haube  oder  Schild  einer  bestimmten 
Schlange'.  8.  xößäXoc  zu  got.  höpan;  das  Wort  scheint  ins  Attische 
aus  einem  andern  (nichtjonischen)  Dialekt  eingedrungen   zu  sein. 

75.  Mulvany  C.  M.  Colours  in  grcek :  HavGöc  .  TTopq)up€oc  .  XXuupiitc. 
The  Journ.  of  Philol.  27,  51-69. 

Feststellung  der  Bedeutungen. 

76.  Adam  J.    Ox\  the  word  ßXocupöc.    The  Class.  Rev.  13,  10  f. 

Die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Wortes  ist  'horridus*. 

77.  XarribdKic  f.  N.    "Avneov  koI  dvicov.     'AGnvä  11,  262—264. 

Bezeichnen  verschiedene  Beirriflfe  seit  alter  Zeit  und  sind  ver- 
schiedene  Wörter,  die  vermutlich  aus  Asien  oder  Ägypten  ent- 
lehnt sind. 

78.  Mommsen  A.     TdKoc  auf  attischen  Inschriften.    Philologus  58, 

343-347. 

Unter  den  Namen  von  meist  weiblichen  Kleidungsstücken, 
welche  in  den  Inventaren  der  Artemis  Brauronia  verzeichnet  sind, 
bezeichnet  pdKoc  ursprünglich  'ein  Stück  Zeug,  das  Menstrua  auf- 
genommen', dann  überhaupt  'Dankesgabe  für  Erreichung  der  jung- 
fräulichen Altersstufe'. 

79.  Osthoff  H.     alvoc.  dva(vo)uia!,    got.  aipSj    mir.  oeth.     BB.  24,  199 
—213. 

Der  Begriffskern  der  Wurzel  ist  'bedeutsame  Rede'. 

80.  Stengel  P.    irtdplacQai  bcirdccciv.     Hermes  34,  469—478. 

Sakrale  Redensart:  'mit  den  Bechern  die  Weihegabe  aus  dem 
Mischkrug  schöpfen'. 

81.  Ziehen  L.    €öctöv.    Mitt.  d.  arch.  Inst.  24,  267—274. 

Das  Wort  cöctöv,  welches  in  einem  Sakralgesetz  aus  Attika 
(CIA  II,  631)  und  Miiet  (Bechtel  Ion.  Inschr.  nr.  100)  vorkommt, 
bedeut<*t  ein  "Opfertier,  dessen  Fell  gesengt  wurde  und  deshalb  für 
den  Priester  nicht  zur  Verfügung  stand". 


82.  Gruppe  0.    Bericht  über  die  Liiteratur  zur  antiken  Mythologie 
und  Religionsgeschichte.    Bursiaus  Jahresberichte  102,  133  ff. 


226  V.  Albanisch. 

83.  Brown  R.    Semitic  influence  in   Hellenic   mythology.    London 

Williams  u.  Nor^ate  1898.    XVI,  22«  S.  80. 

84.  Tsountas,  Manatt  and  Dörpfeld.  The  Mycenaean  Age.  By 
Dr.  Chr(\stos  Tsountas,  Ephor  of  Antiquities  and  Direktor  of  Ex- 
eavations  at  Mycenae,  and  J.  Irving  Manatt,  Ph.  D.,  LL.  D.,  Pro- 
fessor in  Brown  University.  With  an  Introduction  by  Dr.  Wilhelm 
Dörpfeld,  a  Map,  Plans,  and  Tables,  and  over  150  Illustrations, 
including  niany  full-page  plates.  I  vol.  H^o.  6  $.  Boston  (U.  S.  A.) 
Houghton  Mifiin  u.  Ko.    1897. 

This  work  on  the  monuments  and  culture  of  pre-Homeric 
Greece  is  bascd  on  Dr.  Tsountas'  MuKf^vai  Kai  MuKi^valoc  TToXiticmöc 
(Athens,  1893).  To  bring  the  subject  up  to  date,  and  adapt  it  to  a 
new  and  larger  audience,  a  nieasurably  new  work  has  been  pro- 
duced  by  collaboration.  To  this  collaboration  Dr.  Tsountas  has 
eontributed  the  material  oft  bis  Mykenai,  enriched  by  uumerous 
MS.  annotations,  as  well  as  a  füll  discussion  of  Mycenaean  writing 
and  copious  notes  on  the  latest  Mycenaean  finds  in  Attica  and  eise- 
where.  All  this  material  Professor  Manatt  has  fully  utilized,  and  ic 
forms  the  substantial  bodv  of  the  book.  The  Introduction  is  from 
the  band  of  Dr.  Dörpfeld. 

85.  Ejellberg  L.     Über  den   Ursprung  des  Asklepioskultos.    Eine 

Erwiderung.     Kranos.    Acta  philologica  Suecana.     Vol.  IL     1897. 

S.  125-30. 

Gegen  Steudings  Kritik  (Wochenschrift  für  klass.  Phil.  1897. 
Nr.  33—34,  Sp.  905  ff.)  von  des  Verfassers  Studien  über  den  Ursprung 
des  Asklepioskultes  (Spräkvetenskaplige  Sällskapets  Förhandliugar 
1894-97.    S.  12). 

86.  Kjellberg  L.  Über  die  Heimat  des  Asklepioskultes.  Eine  Anti- 
kritik. Kranos.  Acta  philologica  Suecana.  Vol.  III.  1898—99. 
S.  115-1-28. 

Gegen  Thraemers  Kritik  von  des  Verfassers  mythologischen 
Untersuchungen  znr  Heiniatfrage  dos  Asklepios.  (Berliner  Philol. 
Wochenschrilt  1899,  Nr.  8,  Sp.  23G  ff.) 


87.  XarZiibdKic  f.  N.     N^ai  dnobeiEeic  On^p  toö  'EWiivicjaoö  tuiv  Mqkc- 

böviüv.     *A0nvä  11,  129-157. 

Als  Beweise  für  das  Griechentum  der  Makedonier  werden  her- 
vorgehoben: 1.  die  Verwandlung  der  Mediae  as))iratae  in  tenuP8 
aspiratae,  die  sich  aus  der  HaucluUssimilation  in  Kۧ\d,  ir^xop^  ^^^^' 
0OC  ergibt;  2.  die  Zugehörigkeit  zu  den  cew^i/m-Sprachen.  Das 
Makedonische  ist  ein  Dialekt  der  griechischen  Sprache. 

88.  Oberhummer  K.  Makedonien  und  die  Makedonier  nach  M.  G. 
Demitsas  und  G.  N.  Hatzidakis.  S.-A.  a.  d.  Berl.  Phil.  Woch.  1898, 
18,  19.     Berlin  Calvary  u.  Ko. 

Freiburs'  i.  B.  A.  Thumb. 


e 


V.     Albanisch. 

1.  Pedersen  H.     Albanesisch  und  Armenisch.     KZ.  36,  340—41 

Im  Alb.  und  Arm.  stimmen  ausser  den  schon  früher  bekannten 
auch   folirende   Wörter    überein:    1.  ar($i 'Weinstock'  :  arm.  orf  BB. 


■e> 


V.  Albanisch.  227 

20,  231.  —  2.  zog  'junger  Vogel*  :  jag,  —  3.  hüte  'weich'  :  but,  — 
4.  s  'nicht'  :  6  'nicht*.  —  5.  Nom.  ngcnt.  auf  -es  :  -U.  —  6.  Noni.  act. 
auf  'U  'je  (urspr.  4jä)  :  Infiu.  auf  -/,  KZ.  33,  540.  —  8.  arm.  linim 
*  werde*  alb.  kle  'war'?  —  9.  arm.  utem  'esse'  eker  'ass'  :  alb.  ha 
he-ngra  'ass*. 

2.  Pedersen  H.  Die  Gutturale  im  Albanesischen.   KZ.  36,  277-840. 

1.  8-  im  Alb  an.  Will  man  die  Entwicklung  der  idg.  Guttu- 
rale im  Alb.  verfolgen,  so  muss  man  auch  auf  die  Geschichte  des 
jfLnuts  achten.  Der  hUufigste  Vertreter  von  idg.  h  ist  ä,  von  dem 
auch  die  abweichenden  Entwicklungen  ausgehn.  Neben  rf-  erschei- 
nen h-  und  g  .  Pedersen  hat  IF.  5,  64  überhaupt  geleugnet,  das« 
idg.  .V  als  alb.  h  auftreten  könne,  es  sprechen  aber  dafür  ül  {hüi) 
*Stern'  aus  sulno-y  helk  *ziehe*  (aus  sojkejö)  ^Xkiw  sulcus, 

1)  h  aus  ^  vor  urspr.  hintern  Vokalen  (Brugmann  Grundriss 
1*,  756).  Die  Doppelheit  h  :  ä  gilt  auch  für  den  Inlaut  (trotz  Mever 
Alb.  Stud.  3,  62),  vgl.  kohe  'Zeit*  aus  *kesä.  Sonst  S.  s  ist  vor  der 
Berührung  der  Römer  und  Albanesen  zu  h  geworden,  die  lat.  Lehn- 
wörter nehmen  nicht  daran  teil  sondern  haben  .«f  aus  s.  In  echt 
alb.  Wörtern  erscheint  kein  s  vor  hintern  Vokalen,  sure  und  ml 
sprechen  nicht  dagegen.  Nur  scheinbar  widerspricht  Ai  'Regen'  : 
ö€i,  denn  ausl.  ü  üs  ist  zu  i  geworden  (ausl.  alb.  ü  geht  auf  o  zu- 
rück). Mta  hat  s  analogisch  nach  *.vi  'Schwein',  ioh  *sehe'  geht 
auf  aekf^skö  oder  Aor.  sek^^'s-  zurück  (:  got.  saifva). 

2)  In  3  Wörtern  durch  Dissimilation  die  Laute,  die  sonst  k 
vertreten. 

3)  g  für  anl.  si  g  aus  .«;,  das  zu  2,  weiterhin  zu  j  ward,  wenn 
es  vor  betontem  Vokal  stand.  (Die  aus  idg.  palat.  Tenues  ent- 
i^tandenen  Spiranten  müssen  damals  noch  Affrikaten  gewesen  sein, 
da  sie  nie  stimmhaft  erscheinen). 

A)  d  =  s  (BB.  20,  238)  wegen  dief  (aus  svel-)  'Sonne',  dergem 
'bin  bettlägerig'  (:  sergü)^  dirse  'Schweiss'  (:  svedas)  und  derd  'giesse 
aus'  (unsicher).  Der  stimmhafte  Vertreter  z  des  s  hat  sich  also  in 
g  :  d  gespalten,  und  zwar  erscheint  d  vor  v. 

b)  ts  nicht  U  (IF.  5, 38),  sondern  ^,  vgl.  per-po.^  'unten*  (pidsu) 
—  fc-f-.v,  s-^k  wird  stets  Ä;  Schwierigkeit  macht  nur  dja&te  'dexter*. 

IL  Die  idg.  Gutturale.  Gegen  Hirts  Versuch  (BB.  24, 2 18 ff.) 
die  Palatale  aus  reinen  Velaren  herzuleiten,  der  zu  Gewaltsamkeiten 
führt.  Die  Scheidung  der  idg.  Sprachen  in  zwei  scharf  gesonderte 
Dialektgruppen:  satdm-  und  ccn^i/m- Sprachen  wird  abgelehnt;  es 
besteht  überall  ein  Übergang,  nirgends  eine  Kluft.  Eingehende 
Auseinandersetzung  mit  Hirt  (IF.  9,  203)  über  das  Verhältnis  des 
Germ,  zum  Slav. 

III.  Die  Wohnsitze  der  alten  Illvrier.  Auch  die  Theorie 
Hirts  über  die  Herkunft  der  Albanesen  (Festschrift  f.  Kiepert  S.  181  ff.), 
die  sich  mit  der  Paulis  (Vorgriech.  Inschr.  v.  Lemnos  2,  2(X))  deckt, 
wird  abgelehnt.  Allerdings  ist  der  l'nterschied  zwischen  'Nord'- 
und  'Südillyr.*  sehr  gross;  es  handelt  sich  um  2  ganz  verschiedne 
Sprachen:  das  sog.  Nordillyr.  ist  keine  illyr.  Sprache.  —  Die  ety- 
mologisierende Deutung  der  Wörter  einer  unbekannten  Sprache  ist 
überhaupt  unerlaubt. 

IV.  Die  Entwicklung  der  idg.  Gutturale  im  Alban. 
1)  Das  Alban.  ist  die  einzige  idg.  Sprache,  die  alle  drei  Gut- 
turalreihen unterscheidet.  Idg.  k^  erscheint  im  Alb.  vor  e,  i  als 
8,  während  k  stets  durch  k  vertreten  wird.  Vgl.  pese  '5'  (s  nicht  durch 
Erweiterung  mit  -tiä  zu  erklären),  sa  'wieviel*  usw.  (Neutr.  eines 
Stammes  k^ijo-)  sil  'Auge' :  ak\8.    zjarm  'Hitze' :  gharmds.    Weniger 


228 


V.  AlbAnisch. 


sicher  sind  8  'nicht' :  arm.  f  06  'nicht*,  sjei  'bringe' :  ^vt^XXui.  Suffix 
'S  z.  B.  mbjeies  'SÄmann*  -es  :  arm.  i(  idg.  -ik^jo-.  Wechsel  von  s 
und  k  :  vdes  'ich  sterbe' :  vdikure  'gestorben'  usw.  Der  labiovelare 
Charakter  des  k  nicht  zu  erweisen,  zoru  'Herrin'  :  iena  \*gHniß) 
oder  Kompositum  zot  =  g^ijä-pti  (:  ai.  gdya  'Haus,  Hof*  und  paii-). 
Neben  s  iind  z  treten  0,  d  6  nicht  auf. 

2)  Über  k  g  im  Alban.  5  Klassen  sind  zu  unterschieden:  1}  g 
aus  idg.  H  oder  j.  —  2)  k  g  aus  W,  gl,  —  3)  Lat.  und  jüngere  Lehn- 
wörter. —  4)  Die  Fälle,  wo  der  mouillierende  Vokal  erst  aus  einem 
hintern  Vokal  entstanden  ist.  —  ^)  k  g  neben  k  q  durch  analog. 
Ausgleichung.  —  Von  Bedeutung  sind  dagegen:  ^er^ :  xavbdvui .  der- 
gern  'bin  krank'  :  sergü  .  ergU  'kleine  Laus'  :  erk^  .  n§if  kir  'mache 
heisser*  :  K^pxvoc  'Heiserkeit*,  helk  'ziehe'  :  ^Xkui,  kek,  koke  'Zeit'  : 
6afih.  kei  'bringe':  x^Xo^ai.  ks^  'schere*  :  kertu,  kep  'nähe' :  capio? 
kij  'futuo*.  —  Alles  also  reine  Velare. 

3)  Die  idg.  Palatale  im  Alb.  a)  k  §  §h  erscheinen  zunächst  als 
6  b;  6  wird  ani.  zu  d,  kann  aber  durch  Sandhi  erhalten  werden. 
Belege:  d^tte  'herb*  :  asztriis  'scharr,  hads  'Saubohne'  :  <paKf|  .  ^am 
'Kornelkirschenbaum' :cornti«?  t^arp^ 'sauer' :  occrötw.  ^ei«' Franse*: 
&äkhä  'Ast,  Zweip'.  deU  'tief  :  koiXoc  »Üna-  'Leere*,  ^r  'schlachte* : 
ifndti  .  dtri  denl  'Niss'  :  Koviöcc .  ^om  'sage'  :  ^qsämi,  &ua  'Finger- 
nagel* :  aw.  späma  .  pu&  'küsse',  puMs  'ttige  ein* :  iruicvöc  .  td  "hin- 
ter* :  isz  .  darde  'Birne*  dx€pboc  'wilder  Birnbaum',  ddsenu  'Hochzeit' : 
tAmoc  .  der  'Schwein' :  xo^poc-  dena  'ich  liebte* :  aw.  zaoAa-  'Wunsch*. 
dinur  :  x^t^ubv  .  dje  'gestern'  :  hyan.  djebe  'Wiege*  .  dore  'Hand*  : 
X€(p.  düh  'Wachs*  :  xüXöc  *Saft'  .  daif  'saure  Milch'  :  y6ka.  dtmb 
'Zahn'  :  zqb^,  dembt  'schmerzt'  :  jambhdyati.  de  'Erde'  :  xö^>  zemlja. 
Sender  'Schwiegersohn'  :  z^th  .  dl  'Ziege*  :  ozys  .  djes  'scheis.se* :  ha- 
dati  .  barde  'weiss' :  bertszta  .  erda  'kam*  :  ^pxo^ai.  herSe  'Hode* :  aw. 
9r9zi.  lid  'binde'  :  ligäre,  maS  'gross'  :  m^TOC.  mard  'fröstle*  :  ab<r. 
mraz^  .  mb  leS  'sammle' :  X^yiu.  möduie  'Erbse' :  mözis  'Kleinigkeit**? 
1/(5«  'Weg* :  veho.  viS  'Ulme* :  russ.  vjazh.  vjeA  'stehle* :  veho?  zrjerd 
'entwöhne'  :  verziii?  keö  'Zicklein'. 

4)  s  z  aus  idg.  I^alatalen:  tsap  'Ziegenbock*  :  caper?  Wohl 
slav.  Lehnwort,  pdtsds  'berste*  :  pVeszin  'reisse*.  Das  alb.  Wort 
wohl  lautmalend,  aofs  'Krähe*  :  abg.  soraka  'Elster'  szdrka.  Gnif. 
kvarkä  .  fnimbule  .  sup  'Schuller*  :  süpti^  .  sulem  'stürze  mich'  ; 
s^lati?  vis  'Ort* :  o!koc  .  käs  'nähere* :  kasati  se^  .  Zf.  'Stimme' :  zvom. 


Idg. 


kv 


Alb.  I     ku  c«       k 


Alb.  II 


fcw  S** 


Alb.  III     k  s 


k 


Tabelle. 


k     \gv{k)     g{h)  I  g{h) 


tu 


tt      tjöj 


tH     '  tj  dj 


s      tj  dj 


tj  dj 


8    i 


VI.  Italisch.  229 

zet  '20'  :  vlgintl  .  zog  'Vo^'el'  :  arm.  jag  .  zors  'Darm' :  zdrna .  ndes 
ist  neiiorriech. 

Die  Vorstufe  für  9  var  s  Warum  ward  dies  gelegentlich  zu 
4f"?    Das  benachbarte  v  war  daran  schuld. 

Inlautendes  kr  wird  Jir:  vjehePe  'Schwiegermutter';  anl.  gn 
wird  n  :  noh  'kenne'  :  knäew^  Ig  wird  l'  :  injel  'melke*. 

W.  Str. 


VI.    Italisch, 
a)  Allgemein  Bibliographisches«    Taria. 

1.  Bibllotheoa  Philologica  Clnssica.    Index  librorum,  periodicorum, 

dissertationum,   comnientationum    vel   seorsum   vel   in    periodicis 

expressarum»  recensiouum.    Appendix  ad  Annales  de  studiorum 

quae  ad  scientiam  antiquarum  reruni  pertinent  progressibuss.    VoL 

2B.    Lipsiae  apud  0.  R.  Reisland. 

Stellt  bes.  in  den  Abschnitten :  II  2.  Scriptores  Lntini.  III  Ars 
grammatica.  1.  Grammatica  generalis  et  comparativa.  2.  Prosodia, 
metrica.  4.  Grammatica  et  lexicographica  Latina.  X  Epigraphica. 
hierhergehörige  Littera'ur  zusammen. 

2.  Pauly-Wisso^ra   Realcncyklopaedie  der  klassischen  Altertums- 

wissenschalt.    Stuttgart  Metzler. 

Der  <i.  Halbband  erschien  1899  und  umfasst  die  Artikel  Cam- 
panuH  ager-Claudius. 

b)  Geschichte  der  Grammatik,    c)  Grammatiken. 

Sp**achge8chicliten. 

3.  Antonibon  G.    Supplemeuto  di  lezioni  varianti  ai  libri  de  lingua 
latina  di  Marco  Terenzio  Varrone.    Bassano.     187  S. 

Inhaltsangabe  s.  WtklPh.  16,  Sp.  841-842  (M.  Rothstein i. 

4.  Mackensen  L.     De  Verrii  Flacci  libris  orthographicis.    Commen- 
tatioiies  philol.  Jenenses  VI  2,  1  —  62.    Leipzig  Teubner. 

I.  Commentariolus  isagogicus.    (Geschichte   der  studia  ortho- 

Eraphiea  im  Altertum )  II.  De  ratione  quae  interest  inter  Scaurum, 
ongum,  Quintilianum,  Victorinum.  III.  De  Mario  Victorino.  IV. 
De  ratione  quae  intersit  inter  Quintilianum  et  Verrium.  V.  De 
Terentio  Scauro  et  Velio  Longo.  VI.  De  reliquiis  Verrii  de  ortho- 
graphia  librornm  apud  Fe.stum  et  Paulum  inventis  (Zusammen- 
stellung dieser  Reste  S.  f)0 — 59,  grammatischer  Index  zu  denselben 

5.  59-61). 

5.  Gauer  P.  Grammatica  militans.  Berlin  Weidmann  1898.  16S  S. 
Das  Buch  bringt  zwar  nach  seinem  Untertitel  nur  Erfahrungen 
und  Wünsche  im  Gebiete  des  lateinischen  und  griechischen  Unter- 
richtes. Aber  die  Notwendigkeit  grammatische  Probleme  für  den 
Schüler  kurz  und  klar  zu  formulieren,  sie  ihm  induktiv  oder  deduk- 
tiv nahe  zu  bringen,  führt  hUufig  dazu,  in  diese  Probleme  tiefer 
einzudringen.  Ich  verweise  besonders  auf  die  Kapitel  VI.  Zur 
Kasuslehre  S.  7H— 86  (Abi.,  Abi.  abs.  schon  S.  42  ff.,  Acc.  graecus 
interest,  Dativ  beim  Passivum).  —  VII.  Tempora  S.  87—99  (Vor- 
zeitigkeit schon  S.  46fif.).  —  VIII.  Modi  S.  100-110  (Potential  und 


230  VI.  Italisch. 

irreal).  —  IX.  Hauptsatz  und  Nebensatz  S.  111— 1?8  (Ursprung 
d«*r  Relativsätze,  relativischor  Anschluss,  konjunktivische  Relativ- 
sätze, indirekte  FragesHtze.  Kntstehung;  von  Konjunktionen,  inner- 
lich  abhängige  Sätze).  —  X.  Bedingungssätze  S.  129—144.    Im 

5.  Kap.  Historische  G  a  ni  rn  a  t  i  k  äussert  sich  der  Verfa.<iser  aber 
das  Verhältnis  von  Schule  und  vergleich.  Sprachwissenschatt. 

6.  Lane  G.  M.    A  Latin    Gramniar  for  School  and  Colleges.    New 

York  and  London  Harper  u.  Brothers  1898.    XV,  572  S. 

Vgl.  Ain.  Journ.  Phil.  20,  320-328  die  ausführliche  Besprechung 
von  E.  P.  Morris. 

7.  Mohl  F.  G.  Introduction  i\  la  Chronologie  du  latin  vulgaire. 
6tude  de  philologie  historique.  (=Bibliothfeque  de  rficole  de» 
Hautes  fctudes.  Sciences  philologiques  et  historiques.  122™« 
Fascicule).    Paris  Bouillon.    XII,  335  S.     10  f. 

I.  Le  Probleme  du  latin  vulgaire.  §  1  Apercu  historique 
sur  la  question  du  latin  vulgaire.  —  §  2—5.  Les  fonnules  chrouo- 
logiques  de  Gröber;  la  'prisca  latinitas';  le  latin  des  proviuces.  — 
§  G.  Le  vieux  latin  dialectal  d'Italie.  —  §  7—8.  Le  principe  de  Tunite 
du  latin  vulgaire.  —  §  10—12.  La  methode  des  reconstructions.  dis- 
tinction  entre  le  roman  et  le  latin  vulgaire  proprement  dit:  analyses 
de  quelques  exeuiples. 

II.  Coup  d'oeil  gen^ral  sur  les  origines  et  le.  deve- 
loppement  du  latin  vulgaire.  §  13—18.  Kxamen  critique  des 
theories  modernes;  Pott  et  la  'lingua  franca*;  Fuchs  et  le  'Volks- 
latein*; Jordan  et  le  'latin  municipal';  le  latin  des  inscriptions;  la 
theorie  de  Max  Bounet  et  les  rapports  du  latin  vulgaire  avec  la 
langue  litt6raire.  —  §  19 — 21.  Le  vieux  latin  dialectal  de  Tltalie  et 
des  langues  italiques;  la  'peregrinitas  italica';  influences  des  dialectes 
itnliques  sur  le  latin  litteraire.  —  §  22—23.  Le  latin  dans  les  pro- 
vinces;  les  pretendues  langues  mixtes.  —  §  24—26.  Persistance  des 
idiornes  barbares;  exeniples  de  l'Espagne,  de  TEtrurie,  de  la  Mcs&a- 
pie.  —  §  27  La  ronianisation  des  provinces.  —  §  28—30.  Influences 
des  idioines  barbares  non  italiques  sur  le  latin  des  provinces;  influ- 
ences ccltiques;  vocabiilaire,  niorpliologie.  syntaxe.  —  §31.  Caractere 
artitieiel  de  la  latinisation  des  provinces:  l'unite  lingiiistique  de 
rEnipire. 

ITI.  Constitution  du  latin  d'Italie.  §  32-34.  L'unifica- 
tion  de  la  langue  vulgaire  et  la  disparition  des  anciens  patois  latino- 
italiques;  les  patois  conibattus  par  la  langue  ot'ficielie.  —  §  35.  La 
Guerre  Sociale,  dato  critique  dans  riiistoire  d'Italie.  —  §  36.  Les 
ancit'ns  dialectes  du  Latiuni.  —  §  37.  Etat  des  Italiotes  avant  la 
Guerre  Sociale;  la  latinisation  de  ritalie.  —  §  38.  Le  latin  chez  les 
peuples  sabelliques.  —  §  39—40.  L'onibrien;  les  TabUts  cngubines 
et  leur  Chronologie.  —  §  41—42.  Persistance  des  dialectes  osques; 
öurvivances  modernes.  —  §  38—44.  Caracteres  du  laiin  dialectal  de 
ritalie  avant  la  Guerre  Sociale;  TOmbrie;  Ic  Picenum,  le  latin  de 
ritalie  du  Nord.  —  §  45—49.  Les  anciens  patois  locaux  chez  le^ 
Peiigniens,  les  Marses,  les  Vestins,  dans  l'ltalie  du  Sud;  preniieies 
contaminations  de  l'osque  par  le  latin.  —  §  50  —  52.  La  Guerre  Soci- 
ale et  Res  resultats  en  Campanie,  dans  le  Samnium  et  la  Lucanie; 
Chronologie  de  la  Table  de  Bantia.  —  §  53—54.  Peuplement  de 
ritali(^  du  Sud  et  ses  consequences  lingnistiques.  —  §  55 — 56.  Con- 
stitution de  la  nationalite  italique  et  unification  du  latin  vulgaire 
d'Italie. 

IV.  Uestaurations  et  influences  litteraires.    §  57—08. 


Hp 

VI.    IlHliBL-h. 

281 

L'ltrtlli-  et  BCB  proi-i 
S  r.9-60.    Car«ciörc§ 

iiccb;    uiiiticiiiion 
dti  Inliii  d'Itnlii'; 

progri'i 

cffacüii 

naive    de    rEmpirt!.  — 
ifiit  des  Unit»  dinlpu- 

laux  sohs  1 

'iiitlupni'ü 

ßVRiHliHsi.nrc  lic 

In   Inniniu  ofHvielli';   liist 

niro 

cIp  lii  rtL;ihlon}!:im  'im 

ül— 64.  Coiiiineiil  i 

§  fö-IW.  Pi 

lili-   rill   la 
linii  fivili 

LtilL     VI|Il'.->''.'     .    I      .    ■ 

."""■'.''^1 

«llc  s'esi  rompiiv 
U-H  ei-olps  rt  luui 

■  in- 

ttut'iicp;   tili 

■oii^  iI'En 

.-«.■..■nli^ir.lr    -      ■    i.;i 

■      T 1     C\ 

liutß  et  ritfl1jlti-8i'ii 

in'nt 

de  -«  Hiiiil; 

1.-!.  nonii 

n.  hing,  ri\    "ii-s",  . 

S  75-77.  Fusion« 

des 

tliiiiie^  ni  - 

u  et  Hn 

■0 ;   lirailHliniis  etil 

in-   qn  f 

1  u\  l.'H  dialrcti's; 

ivA 

suivivuticrs 
»  7« -79.  Ci 

i:rM  ttior)ihcilojji(]Ui 

ilii  iniisciilin.  —  S  SO.  An 

uilo- 

Ijjii-  rinna  l.-i 

9  nuireM 

ili-(:liiini§DiiH.  —  g 

bl— M. 

Noiiiiii.  pliiv.  lV<ii: 

.  dl 

.  Hihioiru   dfH  uoniiii-  phir. 

Witoi  'Im'  tlu'z  li's  populiiiioiia  celUqufH,    en   Onibric  et  K'!"''''"l'^i"*"'t 
;  IfM  rKiiiliiiiiit  i'ii  '<!«»'.  —  i  'JO— m.  ExHnieii  dcH  t'aiiM  diina 

V$H  biliii  viilgniri'  t-t  In  HiUhii';  r^Hunic  des  dnnnäi'»  liiiguiHtiques.  — 

m%  9ä— !>H.  Rest iiurnil Oll  ik-s  iioniin.  plur.  uii  T  ilanti  In  Tmiiiinlpiiie; 

E'Mwti  de  res  tnu  rat  in  11  ilu  j^^iüt.  plur.  et  du  cnniparatll'. 

'^  V.  La   lalinite    des    province»,     S  94— 95,   Cftractirea  et 

origfiH'H  dn  liujii  Aes  prtiviin-i-K.  —  §  M— 99.  FornmlcH  cbroiiolngi- 
que^;  Ic  laiiii  (rAtriqiu-;  lu  latiii  d'KHpnjjfiic;  ft|ipnurriitsenieiit  pro- 
■creeiiit'  du  svtttj.'in<;  vcrbnl.  —  ^  liXI— 101.  AruiiaTHiiii-a  dniis  lu  Intin 
di-ü  Ganli-K.  ~  i  lOJ-103.  SiirvivaiiupK  diaU'cliiic»  cii  llalje.  -  §  104 
— 106.  SitiiiUioii  piii'ticiili^ru  de  la  Daclc:  iiiij'orlHlioiix  provinciiiles 
et  Schangi'M  r^tiproqui'H, 

VI.&tnblUHHUient  d'unechroiiolo^ie,  §109-114.  Cnrac- 
tftre  cotnplcxe  du  Isliii  vul^nire;  dil'ficuli^s  et  häsilntlnns  de  la  chrnno- 
lOKii«;  enSHi  d'uni!  detcrnilnation  clironologiqutt  ot  (opograpliique 
du  groupe  'r\f\  le  groupt)  'al-\  etü.  —  g  115—116.  Etahlissoini'nt 
d'uiie  inelliodi';  thi-oiioloKic  gfnöralo  du  latin  vulfraire.  —  §  117. 
Tremifei-e  periode':  Fonimtlon  den  dialecteg  latiuoitallques.  — 
I  118— 130.  'Üeuxiämc  pfiriode':  Constitution  du  Intin  g^neral 
Ä'italie;  Iriomptips  du  vncalisme  itnliquo  sur  le  vocaliäine  laiin. 
jBJBtoir«  dos  guttiiralee  en  latiii  vulgaire;  nrigiiie  et  chrotiDlogie  de 
V  (S  118—119):  groupes  'W  vfcV  {§  liO-121);  timoignagea  hietori- 
quea  et  (;|ilsraphiqu«it  (ä  152—124);  histoirc  de  'ff,  j";  de  'nif;  te 
proiiom  "UffO^CS  I:S— l-27l;  le«  groupes  Vr,  H,  d' (S  l:iM-13ü).  —  §  131 
—  133.  'Troisieme  periiide":  Unillcntion  du  laiin  imperial.  — 
S  133.  'Quatri£;niu  p^riode':  D^coinpoaitioii  du  latln  vulgaire 
imperial.  —  Index. 

Vgl.  die  Uesprechmig  W.  Mev.iT-Lühkes  im  ALL.  11,  598— 
G02  nnd  die  von  M.  Bieitl  im  JS.   19«)  Mars  S.   137-147. 

d)  Schrift.    Aoi^prachp.    Akzent,    v)  Lanllflirp, 
8.  Back  C.  D.     Notes  on  Latin  Orthography.     Cl.  U.  13, 


-119; 

The  Spellin«^  aputn»,  optineo,  etc.  Vgl,  auch  urps,  Irape;  da- 
gegen lob«?»,  acrtbn.  (S.  117— llö).  —  The  Spiilling  »eruit»  (seriw*), 
vuUtui  {voUm)  -  eeus  sei-untur,  fXii.  (S.  118—119).  —  Assimilation 
in  PrepOHicional  Cnmpoundg.  'We  muBt  uot  fall  lo  rui:ognixe 
whnt  the  graniinnriaiis  did  not  suspet-t,  uamely  that  thu  prcaence 
or  ab^ence  ol  assiiDÜalion  in  prcpoaitionnl  conipouiidH  is  not  mereiy 
a  niatirr  ot'  phonetic  law,  bui  tlial  tlie  psych ologii^til  elemcnt,  tlie 
Intiuence  of  the  normal  lorm  oi'  ilie  prepoBitioii  is  a  inoät  Imporianl 


252  VI.  Itiilisth. 

fRptor'.  Es  folge«  Beispiele  für  die  Suhrelbuiigeti  ad-f-,  ads-,  ad-n-, 
ad-l-,  ad-r-,  eon-l-,  eon-r-,  in-l-,  in-r-  auT  Tnschrilteii,  in  Handschrinen, 
bei  Grflmiimtikern.  Jedü  LnutvRrbinduiiK,  ja  jedes  KnmpoEitTun  hM 
seine  eig'tie  Geschichte,  vor  Verallgemeinerungen  wird  gewurnt; 
nie  ist  die  Mn^^liclikeit  eines  ITnterschiedes  zwisclien  AuBspravIie  ond 
«tymo  logisch  er  Orthographie  ausser  Acht  ku  lassen.  Unter  dem 
Titel  Sundry  nllier  Combinalians  werden  noch  ein  par  weitere  Ver- 
bindungen mehr  provisorisch  behandelt;  subrn-,  ob^m-,  eon-  und  i'n- 
vor  Labialen;  ad-q-,  ad-i)-\  ad-c-,  ad-t-,  ad-p-\  ad-gp-,  ad-sc-,  ad-et-. 
ad-gn-. 

9.  Fasterding  G.     Zur  Aussprache  des  Lateiniechen.    N.  Jahrb.  f. 
kl.  Alt.  4,  396-397. 

Wirkung  mehrl'acher  Konsonanz  auf  vorhergehende  kurze 
SchlusBsilhe  im  lat.  Vers.  —  Proklitika  wie  sie  sich  aus  Zeilen- 
schlÜBSon  z.  B.  in  den  vntikaiiischeii  Fragmenten  von  Sali.  hisi.  111 
ergeben:  contra  n-  pectatam  rem,  quo-m  oraret.  —  'Eine  Folge  voa 
dieser  jiroklitischen  Anlehnung  ist  die  Verkürzung  der  mir  fnds. 
ve  und  ^e  zuflammen gesetzten  Konjunktionen  (feinde,  proindt, 
exinde.  mue.  neve,  atque  und  neque  ia  dein,  proin,  exin  {oder  ftrim), 
seu,  neu,  ac  und  nee;  und  zwar  ist  diese  Verilnderung  eingetTeien 
vor  konsonantischem  Anlaut',  sonst  wlire  der  vorausgehende  Kon- 
sonant geschützt  geblieben. 

10.  Por9bowicz  E.    Znaczenie  synkopy  dla  usiroju  form  romans- 
kieh.     Ems  5,  39-48. 


11.  Hör  ton- Smith  L.  Establishment  and  Extension  of  the  Law  of 
Thurneyseu  and  Havet,  with  an  Appendix  on  Lat.  hau,  haud, 
haut  and  Qk.  oli  'not'.    Cambridge  Mar.millan  and  Bowes. 

Der  Verf.  hat  hier  seine  Aufsfttze  aus  dem  Am.  Journ.  PhiL 
<16,  444-1G7,  17,  172-196,  IS.  43-69),  mit  Index  und  Nachnchriß 
versehen,  als  Buch  herausgegeben.  Vgl.  Anz.  8  Bibliogr.  \1I  A 
Nr.  34,  10,  I  7G  und  VII  A  46. 

13.  Oeci  L.  Studl  latini  I.  Nome  dl  'Roma'  e  le  sorti  del  ditlongo 
ou.  Arch.  glott.  itaUSuppl.period.  Sesta  D!spen«a  1S9H.  S.  19-ä», 
Gegen  Solmsen,  Stud,  z.  lat.  Lautgesch.  S.  HS  ff.  'Qunndo  sari 
inconiinciato  il  monotCongainento  di  oa?  11  dittongo  sccondario  (id 
isterogeno,  che  h  della  etk  della  sincope,  sorse  al  tempo  doli'  accen- 
tuazione  arcaica,  prima  cio6  del  trisillabismo  e  della  kgge  dellx 
penultima  (r.fr.  nüntius^=nöuentios).  Ma  al  sorgere  dtilla  nuov« 
nuceiitunziOne  si  avcva  eerto  ancora  ou.  E  qujndi:  Rdutnä  e  'Üoti- 
mänos',  Oeci  nimmt  dann  an,  dass  betontes  oa  zu  ü,  vortoniges  ou 
zu  ö  wurde  (S.  Sl).  Der  ganse  weitere  Aufsatz  ist  der  Erklärung 
der  vielen  Ausnahmen  dieses  Lautwandels  gewidmet.  Die  lautK«- 
eetzlichen  Formen  *Rfimä,  'Nülä,  *glüriä,  'üHtim.  •««««»  sollen 
das  Überlieferle  ö  durch  Analogie  von  liömAni,  NStdni,  ylöriitui, 
ötiösus,  nöH/lffinla  und  nöna^ti  erhallen  haben.  Die  nicht  lauigo- 
gesetzlichen  f(  in  NücMa,  Lücänus  gehen  auf  volkstümliche  An- 
knüpfung an  nüx,  nücis  und  lücus  zurück.  Bei  cöntio,  cöntiönU 
hat  das  lautgesc tauche  ö  dec  Casus  obliqui,  bei  nätrix,  nütrlcü 
das  ü  des  Nominativs  gesiejrt,  In  Ähnlicher  Weise  werden  noch 
besprochen:  Ufenn  Oufens;  Piinilla  Pöaitta,  üpilio  öjtüia,  pömiiio 
pümUio,  bSstar  büsiar,  röbigo  rübux  rühigo  rübnr;  rärarii,  Omen- 
tum,   tömejttum,    latus;  rttövierttum  mötua,  fömentwn  fSlun;    m&lo 


WmtUlSnis.  Änderte  Erkllirunf;eii  ah  Solmufin  verenuht  Cfl'j  seiner 
KTh(?orie  smiiebe  auch  luv  nüntiare,  lötun,  die  Adjekiiv«  iiul'  ■onus, 
■Äi'  Omen,  prönus  und  ölim. 

1 18.  Muellei"  Julius.  De  lilteris  Je.l  V  latinis  quomodr)  a  Granis  in 
I  transcriptis  Bomanorum  noniinlbua  expresfiae  sint  tapita  trin.  Disa. 
I      Marburff  1898.    59  S 

Caput  I.  Dd  i  vocali.  Behandele  namentlich  griech.  t  ffir 
lal.  r  in  FRIlPn  wie  KO>iiTiov,  Afittboc,  KaixeXioc,  *\a(i^ioc,  'AvTicnoc, 
Tepipiot,  Altlnt.  klang  (  wie  i',  diese  Ausspracho  hat  sich  in  der 
priei'h.  Traiisukriplion  (besondei-s  vor  t  d  l  n  s)  länger  ei'balten. 
Caput  11.  D  u  vocftli.  Lnt.  p7  =  griech.  o,  ou,  u.  Für  di«  beiden 
ersten  Umschreibungen  wird  auf  Ditti-iiberger  Uermes  6,  30S  ff.  und 
auf  Eckinper  Die  Orthographie  lat.  Wörter  in  griech.  Inschr.  ver- 
wiesen; lut.i!  =  griech.  u  wird  In  verschiedenen  Gruppen  zn  erklKren 
versucht:  Wflrter  auf -«/uä  ('PuJ^OXoc,  Oauc-rijXoc  nach  AicxilXoc  u.a.), 
Superlative  und  Ordinalzahlen  auf  -umtts,  -imug  und  Zusammen- 
setzungen wie  Pontu-ficiua  und  Ponti-ßciu»,  einstetne  Falle,  in  denen 
griech.  u  die  lat.  Auesprache  ü*  bezeugt  {-uliun,  -urius),  Caput  III. 
De  u  cnnaona.  Gegen  Eckinger:  nicht  ou,  sondern  o  ist  im  Wort- 
anlaut  die  Jlltesle  griech,  Transskription;  dagegen  achreibt  man  ou 
fär  u  mich  anderen  Konsonanten,  u  für  u  KwiscTien  betontem  Vokal 
und  t;  jünger  ist  die  Wiedergabe  dtirch  ß  (gesprochen  (0.  Lat,  qrti, 
-jw(-=^  griech.  Koin,  icoi,  xm,  ku. 

14.  Birt  Th.  Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  IV  Über  den 
Lautwert  des  Spirilus  H.  Uii.  M,,  N,  F.  64,  40—92  u,  201—247. 
Birt  wendet  sich  gegen  die  Ansicht,  dass  das  Schriftaeichen 
H  im  Latein  und  schon  im  Altlatein  nichts  als  den  Spiritus  oder 
den  Hauch  bedeute,  der  vor-  oder  nachstürzend  das  Sprechen  eines 
Vokales  oder  Konsonanten  begleitet,  ohne  selbständigen  lautlichen 
oder  proeodisehen  Wert  zu  haben.  Die  lat,  Grammatiker,  welche 
diese  Ansicht  teilen,  übertrugen  einfach  diu  Natur  des  griechischen 
Spiritus  asper  auf  den  lateinischen  Spiritus.  Wir  haben  zwei  Mittel 
der  Kontrolle,  die  Orthographie  der  ältesten  Zeit  und  IhreVers- 
kunst.  Frikativlaut  tcA)  war  inlautendes  h  allem  Anschein  nach 
in  FUlen  wie  osk,  ehtrad  'extra',  saahtüm  'sanctuni',  iu  Mahils 
neben  Magiium.  in  lat.  fraho  neben  tragiüa.  Wie  im  Osk.  immer, 
IM  zeigt  sich  auch  im  Lat,  konstantes  h  im  Anlaut  bis  zur  Mitte 
:4ee  I.  Jahrh.  (Erstes  datierbares  Beispiel  für  die  Wegtassung  erceis- 
■amda  CIL.  1.  205,  49  v.  Chr.)  Mit  dicHem  und  ähnlichem  ist  au- 
näcbst  die  ZulSssigkeit  des  Ansatzes  eines  festeren  A-Lautes 
für  das  Latein  des  3. — 2.  Jahrh.  erwiesen.  Wie  steht  es  nun  mit 
dem  metrischen  Wert  des  A?  Ohne  Swelfel  ISsst  Flautus  an  zahl- 
losen Stellen  über  anlautendes  h  hinwog  Elision  eintreten,  betrachtet 
^  also  als  Spiritus  asper.  Aber  seine  Sprache  ist  eine  Sprache  des 
Vberganges;  es  gibt  hflufige  Fttlle,  in  denen  A  erstlich  den  Hiat 
'erhindert,  zweitens  nicht  selten  auch  Position  macht.  Beispiele 
',  55— «5,  daraus  etwa 
Truc.  541  A'ccipe  hoc;  ahdiice  |  AAsce  |  Äinc  e  conspectu  Suras. 
Bacch.  428  I'bi  euren  luctAndo  |  /tasta  dfsco  pugilaiVt  pila. 
Bei  Flautus  kommt  auf  je  Tt  Verse  ei  n  Beispiel  dieser  A  conaonans 
«der  A  fortis.  Dieser  Laut  des  Ältlateins  ist  im  Verl'allslatein  wieder 
Aufgelebt,  aber  auch  die  Elisionen  bleiben  möglich.  Also:  'h  quo- 
tiens  iuvat  vocalem,  consonans  est:  quotiens  non  luvat.  nola  ad- 
apirationis  est".  S.  201  (f.  werden  orthographische  Varianten  in  den 
Sandsebriften   zur  Stütze  der  h  foriis,  der  gutturalen  Spirans  ge- 


■ 


VI.  Ilalis. 


Hnmniell.  S.  208  wirft  Birt  ilic  Frngf  niif:  win  Intign  bratniifl  tue* 
(jofiMonnns  iii  rtpr  lilteimi  Poi-tiie  RoniH?  In  ilmi  SnluriiierrPHttMi 
findet  Bkh  noch  kein  Beispiel  dpi-  Vei-schleifunjr  dee  A;  eie  führtp» 
Bin  ziiiLüclist  zuv  Anselzung  riner  h  lonis.  (S.  54,  S.  30S— 3t2). 
Bei  Terenz  eniffillt  aul'  jv  3hO  Vcree  ein  soklii-A  h.  Bei  Ennias  aiid 
allen  FnrtsetKern  der  griechisch  bei'lnflussten  Buchpocttie  findet  es 
sich  nicht  mehr  (S.  21B-219.  221).  S.  222-223  folgen  inschriftiiche 
Beispiele,  die  doH  Weilerlehen  oder  Wieder  au  lieben  Ai-r  h  ennsannti» 
verdeutlichen.  S.  233—225  wird  tliu  Frage  über  diis  Problem  de«  A 
als  Spiritus  nspcr  unil  als  gutturaler  Spirans  in  den  roinnni&i'heu 
Sprachen  gestreift. 

Für  folgcntte  Wörter  ergibt  pich  nach  Birt  (S.  225  ff.l  eine 
fvNiero  AusBpvucliii  diu  h  im  Anlaut:  hie  haee  hoc,  hadie,  habert, 
habitare,  homo.  honteum,  hospe»,  heri  (Aere),  haereo,  haedus,  hario 
luv,  hirquinu»,  kUlrio,  haxta,  holus.  heus,  hem,  honor,  haud;  ferner 
für  die  Lehnwörter  hilar^it,  Jierculen,  hercle.  Hegia,  Hector,  hyint- 
tiaeua,  Hanno.  Dies«  Autisprache  erklUrt  sich  k.  T.  au»  der  Etymo- 
logie des  h:  hie  haec  hoc  zu  idg.  gho-,  glie-,  kodit  falish.  foied,  homo 
got.  guma,  hordeum  neben  fordenm,  hoxpex  {'hosti-potis)  au  hotlit, 
fonliii,  heri  v.u  x^^'i  haedux  sAhin.  faeduK,  harinlus  neben  fariolw, 
höht»  neben  f'olun.  Hanno  mit  phönixisehein  eh.  S.  238'~247  werden 
nachträgliche  l'laatuslieiBplele  angelugt.        " 

IB.  Petr  V.  J.  Ober  den  Wechsel  der  Laute  d  und  l  im  Lateinisclien. 
BB.  2ä,  Hell  1.  2,  S.  127— Ifiö. 

Uaupiresnlinre  (S.  150):  1.  der  Übergang  von  /  zu  d,  drn 
manche  Forscher  annehmen,  hat  nie  stattgefunden:  3.  unter  den 
F&llen,  in  denen  d  za  l  wurde,  sind  mindestens  IT  sabinische;  3.  in 
den  ungefUhr  16  lateinischen  FSIien  findet  der  Übergang  des  d  lu 
t  ohne  Ausnahme  nur  vor  den  pnlatalen  Vokalen  t  und  e  statt,  wo- 
gegen er  in  den  subiniechen  Beispielen  auch,  obgleich  sehr  seilen, 
vor  a,  o  (m)  vorkommt;  4.  in  vielen  von  den  Ist.  Beispielen  wurde 
der  Übergang  von  d  in  l  durch  voiksetvmologlache  Beeinflussung 
ermöglicht. 

Verf.  weist  über  60  F.lymologien.  die  einen  Übergang  von  d 
zu  l  vorausseizen,  ab,  Es  bleiben  17  sabinische  {NovensiUii,  oon- 
tvles  aus  ^conaodes  'Milsilzer',  conitilivin,  praesilium,  soUno,  soUuih, 
soliar,  süicemitim,  giliqitaiitrum,  Licemii  aua  Digentia,  iarix,  lau- 
ruH,  lepeala,  Talus,  Capitolitim,  Cutiliae,  famüia,  Popitiiis  Pompi- 
litM)  und  IG  lateinische  Beispiele  {alipen,  baliolus,  impeliwientum, 
Uvir,  lignum,  Ujigua,  melicae,  meliponlus,  midier,  olere,  pollinger*, 
remellgo,  gulea,  Teletia,  Thelia  Ttba,  ullgo).  Von  allen  werden  die 
Etymologien  besprochen.  Am  wichtigsten  erscheint  dem  Verf.  dM 
Dritt«  der  genannten  Hanptresultate.  Er  sucht  es  zu  bekräftigen 
durch  den  Nachweis  eines  paiatalen  tf  und  eines  palalalen  l'  im 
Lat.-,  das  erstere  IMast  sich  erschliessen  aus  dem  späteren  Sibi- 
lanten dz  und  dem  Zischlaut  di,  das  letztere  aus  den  F^rklllrungeu 
der  antiken  Grammatiker  überdie  verHchiedene  Klangfarbe  des  i. 
Auch  lautphyslologiscli  ist  der  Übergang  von  d  zu.  l  zu  bcgrUnden. 
Die  vielen  sabinischen  Fülle  linden  in  der  Urgeschichte  Homs  eine 
Bestütigung. 

16.  Weisabrodt  E.  De  li  et  L  uonsonaniium  latinarutn  mutua  n- 
tionc  praccipuc  e  glosiariis.  latinis  iilnstranda.  Inaug.-Diss.  Com- 
mcntaiiones  pliilul.  Jenenses  6,  2  S.  14ö-l!)3. 

1.  Exempla  e  glossnrüs  Latinis  desnmpla  enumerantur  (S.  145— 
159).    2.  De  excmplis  quae  vel  in  scriptorum  codicibus  vel  in  tiluti* 


VI.  IWli^cl 


285 


170).    4.  De 

ordine  at- 

inoribiis  singula 

sermoni' 


ml  (S.  159—165).    3.  De  teBliiiiouiis    vetcrum  [S. 
Wudiis  lecentiormu  (S.  170-173|.    ö.  Exempla  glos 
qae  vatinne  digeruntur  [8.  173—181).     6.  CJuibut  " 
fouaequ«  exempln  »int  tribueiida  (S.  IHl— 184). 

atque  plubeio  (S.  185-lUT).  tj.  ExuinplaLatina  e  Unguis  Indo- 
UfermanidH,  praecipue  e  Graeea,  illuslrnotur  (S.  lH7-lSt3). 

Den  Hauptnachdruck  K'^t  dir  VerfasBcr  auf  die  Beiapiele  aus 
ilen  GloHsi-n.  Einige  mögen  Tolgcnt  Aeorus  pro  Aeolus,  albor  ~ 
arbor,  atea  —  nrea,  altus  ~  artaH,  ardol  —  ardor,  aurtiea  —  avlaea, 
prumaria  —  brumalia,  coro  calo,  ctreber  —  cvleber,  crepo  —  depo, 
trura  —  dura,  ehyo  —  trigo,  eredux  —  elerius,  fiamea  -  ftamta, 
frayro  —  fraylo  —  flayro,  limo  —  rimo,  olea  —  orea,  oscuror  — 
oeciilor,  plttraria  —  pluraUs,  purehra  —  pulchra,  xaltum  —  snrtum, 
^tvere  —  aorbere,  verleblum  —  verleörum. 

17.  Diehl  E.     De  «i  tinali  epigraphiea.    (=  Jahrbb.  f,  blass.  I'liilol. 
26.  8uppl.-Bd.)    Leipzig  T.-nbiier.    32fi  S.     Einzelpreis  12  M. 

Capite  primo  prai-pnsilionum  fata  destripsiuius.  ut  pluresi 
•CcUNBlivum  regunt  praepositionex,  iia  buius  casus  niulati  cxülanC 
{»Iura  exeuipla.  (ab  aedeui,  a  cnput  Afrli'ac,  eum  quein,  de  nomeii, 
ex  decrptu,  in  hoc  Signum  vint^es.  pro  eo  et  huos.  sub  die  quarttim, 
kd  occidentc,  contra  voLu,  ivit  in  puce.  in  Heteruo,  üb  meriiis,  pOBt 
teniplu,  post  toiisulalo).  —  Capite  altei-o  treu  tractatae  sunt  reB, 
iünamni  quaeque  ul  initio  per  se  Stare,  ila  diligtuter  peraurutanti 
■  dunbuH  celens  nullo  modo  Bpccrni  poese  videbaiur:  dico  quaestio- 

^Oem  metrii-am  de  M,  S,  hiatu.  {-mst  In  lapidibux  not)  invenitur,  de- 
l^euB  lere  IspidPH  praebent  st.  tertia  omnium  syualoeplies  perseriptaa 

^^«[cnipiorum  pars  (in  libris  Plauli)  cum  titulis  consenlil,  etiam  in 
codice  Ambrosinao.  ~  Hiatus:  de  M  tln.  ante  H  non  eüsa,  de  M. 
elisa,  hiutus  inter  duns  vocales  et  inter  voca- 
ilem  +  H,  hintno  inter  vocaleni  et  H,  liiatus  inter  duaa  vocales.  — 
H  (S)  Hnalifl  metro  negle.'ta;  M  (S)  Hnnlis  inetro  urgente  omissa).  — 
Caput  lertium  bipartilione  diviseria:  proui  M  exciderit  es  arte 
inddendi  et  grammatica.  Adtractio,  ("ea  pecunia  in  ai 
populi  roinani  inferri  iubemus"  quasi  ea  pecunia  infertur). 
ei  a  (septe,  nove.  i*-"-  "-.ir.-.i .  "„.«n,.^..™  ■,.ii.fn»„n.'- 
*rf<.' 


I    salutarem '  Nomin., 


"collegiui 
"debltuni  commuiieni"*  Äcc.)  Voeabnlorum  genus  mucaium. 
(monumentiis,  latus;  litulum.  locum;  castra,  sasaGen. fem,).  Decli- 
nationum  permutatio  (ex  decretu,  ex  iusu;  ladibos,  dibus).  Ca- 
suum  Qiutatio  (i;arere,  frui,  conlentus  cnm  Acc.;  licere,  invidere 
eum  Acc;  i^pqui  cutii  Dat.).  Caeuum  periiiiuaiinnes  in  nieditv 
aententia  (quem  cnslam  binii  =:  quaf  ciisia  vixit,  sc  vivuin,  bove 
aurata  vovpo,  bovem  nurato  Ynveniux  psse  Tuturuni)  Hypostasis 
el  conpofiita.  (aninia  adveriere,  qne  admoduni,  duoviru).  Cou- 
pendia  (voi-ct*  in  -ornni  in  Gernianiii).  Margo  «rgi-ns.  Error 
quadraiarii.  Interpretatio  dubia.  Lapidis  mniilatio,  Vo- 
'  ealium  0  et  V  permutatio  thonuro,  amure,  annus  =  snnns).  — 
KTribus  CHpIlibus  piioribus  qnaccuuque  non  ad  M  iiilirniiiiii  spectiiie 
ff  yid(;baiiiur  txempla  GeduiiinitiH,  qunr  to  ipsam  ri*ni  iigtinssi  Mimus; 
l.jl  tinnlem  nniisFam  et  adlieinni  (Mcmnria,  ura  (Vtit;  iht.-iitiH  ])08uil, 
"  ula  dal;  fcnlul('(ni);  ilono,  donn;  iliulo,  tiinlu;  annnro,  auaoru; 
piuni,  t'ccenin,  leicru,  icti-runii;  oiiitortini, 
nt  Gen.  PI.  —  Asinia  ninriinm  feeit,  donstlnuia  ciiutaui,  ab  L. 
lin  fclici  ni  —  ton,  cun,  qiin  nnd  com.  im  . 
Ter  H'i-e  niillrcns  M  tliiHlfin  in  liiuiis  Intinis  dcsiricmnius  vcl 
idiectam  lidi'mus:  milie  dntenta  tnniiim  exeiiipln  M  iiitinnae  adlri- 
Wpre  lii'Uit,  nä  hiKc  qnideni  uninin. 


236  VI.  Italisch. 

Vorstehende  Skizze  ist  aus  dein  Prooemium,  Epilogus  und 
Arg'umentum  zusammengestellt;  die  Beispiele  sind  z.  T.  aus  der 
grossen  Sammlung  ergänzt,  die  von  S.  12—306  reicht  und  die  dau- 
ernde Grundlage  älmlicher  Studien  bleiben  wird. 

f)  Etymoloj^ien.    Wortblldoiigs1f*liro. 

18.  Niedermann  M.    Etymologische   Miszellen.    DP*.  25,    Hett  1.  2, 

S.  76-88. 

1.  Zur  altitalischen  Ortsnamenkunde.  Cal{l)ifae  (Ort  in 
Samniuni)  ist  die  osk.  Variante  von  lat.  Calidae  sc.  aquae,  -do-  in 
calidos  ginge  also  auf  die  Wurzel  *dhe  nicht  *dö  zurück.  Dagegen 
kann  callidus  'weiss  =  gefleckt,  weissstirnig,  schlau*  (zu  caUum 
'Schwiele'),  umhr.  tref  buf  kalehif  (Tab.  Ig.  la  20)  =  trest  bove^ 
calUdas  nur  ein  Sullix  -do-  zur  Wz.  *dö  'geben'  enthalten.  —  Fa- 
gifulae  (heute  Santa  Maria  a  Faifoli)  wäre,  lat.  *Fagidula€,  Ein 
genaues  Pendant  zu  einem  lat.  *fagidula  ist  ficiditla  von  *ficidus 
'Feigenbaum*,  ficu.s.  Fac/ifulae  ist  nach  der  Buche  benannt,  der 
scheinbare  Plural  kann,  wie  in  A6Xq)oi  *A8f|vai,  ein  Lok.  Sg.  sein.  — 
Fonniae,  dialektisch  Hormiae  (vgl.  filum  —  hilum  ii.  ä.)  zu  formus 
Öepiicc,  also  Formiae  sc.  aquae,  der  Bedeutung  nach,  =  Cal(l)ifae 
sc.  aquae.  —  2.  alienus  ist  nicht  durch  Dissimilation  aus'  ültereni 
*ali-lnus  (Skutsch)  hervorgegangen,  es  ist  auch  keine  Ableitung  von 
einem  Lok.  auf  -ei  oder  oi  (Brugmann),  sondern  es  zerlegt  sich  in 
*ali-ieS'nos;  zum  Komparativstamm  *ali'ieS',  *alie8-  tritt  das  Suffix 
-no-  wie  etwa  in  extemus.  —  3.  büfo  'Kröte',  Dialektwort  wegen  de« 
/*,  zu  ahpreuss.  gabawo  'Kröte',  nhd.  Quappe,  idg.  *<y*ööÄo-  und 
*g^öbho-,  im  Lat.  zu  einem  n-Stamm  erweitert;  reiulateinisch  hiesse 
das  Wort  *vöbo.  —  4.  inuleus  'Hirschkalb*  mit  0.  Keller  zu  griech. 
CveXoc,  Grundform  *en(e)lo,s\  dazu  auch  armen,  ul  'einjHhrige  Ziege', 
Grundform  *onlos.  —  5.  perfica  zu  lit.  kdrtis  'Stange',  air.  celfair 
'Speer,  Lanze',  Grundform  '^q'^ertri-^  *q^ortri-',  pertica  muss  also  dia- 
lektisches Lehnwort  sein.  Der  Schwund  des  zweiten  r  in  pertica 
aus  *pertrica  und  in  kdrtis  aus  "^kartHs  erfolgte  durch  Dissimila- 
tion. —  6.  sibilus,  sibilare,  dialektisch  sifilus,  sifilare\  s  scheint  aus 
SH  entstanden  zu  sein,  vgl.  suiflum  sifiltim  (gloss.  Hildebraudi  p.279, 
369).  —  7.  ienebrae.  Idg.  tami.srä  setzt  idg.  Hemasrä  voraus,  diesem} 
musste  sich  italisch  zu  ^teniasrä^  Vernafra,  *temefra^  *temebra  ent- 
wickeln; auf  einer  dieser  Stufen  trat  durch  Dissimilation  n  für  m 
ein  (vgl.  franz.  nappe  gegen  lat.  inappa).  —  8.  vafer  (echtlateinisch 
vaber)  'schlau,  verschmitzt'  zum  gleichbedeutenden  lit.  güdras,  Grund- 
form '^g^adhros. 

19.  Zupitza  E.     Etymologien.     BB.  25,  Heft  1.  2,  S.  89—105. 

Darunter  lateinisch:  ausculto.  aus-  das  Wort  für  Ohr,  culto 
zu  aisl.  halla  'neige',  vgl.  ae.  ähyld  rne  pin  eare  'inclina  aurem 
tuam  ad  nie*.  —  conquinisco.  Perf.  conquexi  'sich  niederbücken* 
zu  aisl.  huika^  Prät.  huak  'sich  ducken,  zusammenfahren*.  —  rlca 
'Schleier*  *vreikä  zu  ae.  wr^on  ahd.  {w)riha7i  'verhüllen*. 

20.  Osthoff  H.    Allerhand  Zauber  etymologisch  behandelt.    BB.  24, 

109-173.  177—213. 

Beachte  S.  131  fl'.  lat.  forma,  *forg-mä  oder  urital.  *forxmä, 
idg.  bhr^h-mä^  zu  ai.  brähmay  air.  bricht,  aisl.  bragr,  urspr.  'Zauber- 
Forinel,  feste  P^assung  des  Ausdrucks*  (Polemik  gegen  Solmsens 
Gleichung  forma,  '^mrgh-mä  zu  /iopqpi^,  lit.  m\rgu  'flimmern*,  Grund- 
bedeutung 'buntes  Äusseres*);  sehr  ausführliche  semasiologische  Er- 
wägungen. S.  169  Anm.  1  lat.  via  und  osk.-umbr.  Verwandte.  S.189— 


VI.  Italisch.  237 

191  lat.  havere  {hav^)  steht  in  Wurzelverwandtschatt  mit  Ri.hävaie 
*rutV;   Grundbedeutung  von  havere  'anjrerufen  werden,    Gruss  em- 
pfangen'; havere  und  av^re  'begierig  sein'  stehen  in  keiner  Beziehung 
2U  einander. 

21.  Br6al  M.    Varia.    Mem.  Soc.  Ling.  11,  120-125. 

Boutures  verbales.  Ganze  Konjugationen  können  durch 
den  Gebrauch  aus  irgend  einer  Form  des  Verbums  entstehen:  griech. 
^X^Kuu  (ÖXXumO»  öwüku)  (b^6uj|ii),  bfboiKiw,  öok^uj  Int.  facio^  iacio^  fldere 
aus  *f%di  (TT^TToiGa),  delere  aus  del^vi  neben  delinere,  averruncassere 
von  averruncassis.  —  Odi,  odisse.  In  odio  esse  alicui  *6tre  A  mau- 
vaise  odeur,  k  d^goüt  k  quelqu'un'.  Wie  kam  man  von  solchen 
Ausdrücken  zum  Verbnm  or/i?  Wahrscheinlich  nmsste  man  zuerst 
sagen:  hie  mihi  odit,  Persici  apparahis  mihi  oderiint  (^  mihi  in 
odio  stmt).  —  Celebrare,  c  et  eh  er  ^  celebritas.  Celebrare  von 
calare  (KaXtiv)  ürspr.  'annoncier,  prociamer';  zum  Vokalwechsel  vgl. 
ßdpaOpov  und  ß^p€9pov;  celeher  slanunt  erst  von  celebrare.  —  Le  d 
de  fundere,  Funde  zu  x^^  V"^  x^''vvu.;i  aus  *x^v6u)lii.  —  Arcera 
"gedeckter  Wagen*  zu  arca  mit  dem  Sutfix  -er-,  wie  in  pulvis,  pul- 
veris^  und  dem  Femininsuffix  -a  —  tStarites  missi  inschriftlich 
überliefert,  sich  auf  Gladiatorenkämpfe  beziehend,  im  Sinne  von 
Aux  vainqueurs  la  liberte  {stare  Gegensatz  von  cadere,  occumbere).  — 
LonguSf  largus  zu  \0T\äX.^\v  und  largiri,  also  urspr.  moralische 
Eigenschaften,  erst  später  lokale  Dinjensionen  bezeichnend. 

52.  Skutsch  Fr.    Em.  Praedo.  Almen.    ALL.  11,  Heft  3,  S.  429. 

Em  ist  Imperativ  von  emere  wie  die,  duc,  fac,  fer,  vgl.  Sto- 
wasser  ZöG.  41,  1087.  Neue  Beweise  lür  diese  Annahme:  1)  cw 
wird  im  alten  Latein  nie  elidiert,  was  sich  nur  aus  Vokalverlust  am 
Schluss  erklären  kann,  2)  em  verbindet  sich  in  alter  Zeit,  wo  ein 
Imperativ  oder  ein  Dativ  darauf  folgt,  immer  nur  mit  Singularen.  — 
Praedo  'Jäger*  (wie  praeda  'Jagdbeute')  bei  Claudian.  fescenn.  I 
12.  —  Almen  =  alimentwniy  sonst  unbelegt,  richtig  im  Salmasianus 
Poet.  lat.  min.  4,  394  B.  =  Anthol  «  S.  -255  f.  R. 

23.  Fay  E.  W.    Latin  fäs^  fänum.  et  leurs  congenferes.    Mem.  Soc. 

Ling.  11,  22-26. 

G^^ic  geht  zurück  auf  *dhdms  {^dhems)  wie  e^cq)aTov  auf  e^inc- 
<paTov;  aus  diesen  Formen  dürfen  wir  auf  eine  Wurzel  *dh^m'  und 
dhis-  schliessen  (ai.  dhäm^an,  8^|i€9Xa,  fa^nulus  —  dhäsi,  0€C|uöc,  ne- 
fastus).  Fänum  kann  von  *dhdsnO'  (umbr.  fesna-)  kommen  oder 
die  Klangfarbe  seines  Vokals  ist  beeinfiusst  durch  fäs  von  *dh9ms. 

24.  Kretschmer   P.    Etymologisches.     5.  Lat.   tempusy   temperare. 

KZ.  36,  2.  Heft,  S.  264-267. 

Gegen  Brugmanns  Etymologie  von  tempus  und  templum  (Ber. 
ü.  d.  Verhandl.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  z.  Leipzig.  Phil.-hist.  Kl.  1897 
4S.  25.  Vgl.  Auz.  8  Bibliogr.  I  No.  79  und  10  Bibliogr.  VII  No.  30). 
B.  stellt  tempus  zu  lit.  tempiti  'spanne,  dehne  aus',  lat.  temptäre  mit 
der  Grundbedeutung  'Erstreckung,  Strecke,  Spatium';  K.  stellt  es 
zu  thess.  T^iunrii  (*T£jutT€c-a)  'Gebirgseinschnitt',  Usener  Götternamen 
^.  191  ff.  gibt  ihm  die  Grundbedeutung  'Himmelsabschnitt,  Tages- 
zeit', beide  bringen  es  nach  andern  mit  t^jlxvuü  zusammen.  K.  hat 
gegen  B.s  Deutung  semasiologische  Bedenken,  da  tempus  nicht  die 
^ich  endlos  dehnende  Zeil,  sondern  einen  begrenzten  Zeitraum,  einen 
Zeitabschnitt  bedeute;  wie  generäre  genusfacere^  müsse  temperare 
iempus  fcLcere  'einen  Einschnitt  machen,  ein  Ziel  setzen'  bedeuten. 
Tempus  'Schläfe'  gehört  wohl  zu  tempiü  'spanne'.    Templum  dage- 


238  VI-  halisth. 

gim  —  vpl,  extemplo  =  ex  tempore  —  jrehfirt  bu  trttipnn,  Ttßnr].  >rii» 
p  isr  der  gleichen  Herkunft;  daher  die  Grundbeileuiuiig  Mus  an» 
Himmel  abgegrenzte  BeobachtungsFeld,  der  »treiig  nbgi'greiiale  Tpiu- 
pelbeJiirk'. 

-25.  Diels  H.  Elemenium.  Eine  Vornrbeit  «um  griccliiiii-heii  luirt 
lateidiscluin  Tliesanriis,  Leipzig  Teubiier.  XVI,  93  S.  3  M, 
"Die  Untersuvliiing  will  die  Eiitliiltung  des  BegrifleB  lätvien- 
tum  (cTöixnov)  iiiuerlialb  der  gric(.'bi»i.'b-i-Öiiiis('hen  Kultur  kur  Aii- 
Bebauung  bringen.  Die  vier  ersten  Knpitel  viifolgt'n  die  mnnnig- 
Tnehe  Prägung,  die  croixtSov  von  Aiilsn^  des  vierien  JHhrhmidertf- 
nn  in  den  PliilopophenBchulen  erhalten  lint.  Zwei  ivpilere  legen  ilie 
Hierkn-iirdigen  Umilnderuiiici-n  rttir,  die  das  spätere  Grie.elieiiiuiii, 
besnnderti  'Ihb  Chrixteniuni  mit  dein  überknniiiieneii  Begriffe  vorge- 
nummeii  hnt,  bis  BclilieBslicIi  die  neugriechische  Bedeutung  'LUtnim 


"iixfi  IV 


LVilcllNt.     Zk 
I   Verhftiti 


riei 


■.■hifioLe 


vird. 


(lullm 

keil 

BedfulimgeM  aulgeprflgi 

alfi  Lehnwort   aita   dem   Gi 

Buchstabe,  wie  solche 

wurdenl  etwa  im   drillen  Jnlirliunderl  xuiiHclist  In   di 

gang  fand,  bia  der  Einflu»s  von  Cii-ei'o  und  Li 

druck"   in    der   philoaoplilseh 


Schlnss  wird  die  Ci\tiiflhed«-i 
i»  KU  {TOiXOt    llnrer-in-li'        Un    K    Kn- 

tlementum  in  '1 n'--'  ■  ■  n  l.ni'-- 

dHMS  da«  Wort   ■     ■■  ■   /■••li 

■ulung'ßuclisi^ii.:      .■■    \;    .  iii<c- 

'IXfiOV     linhlll'lelirlr _.    .   ■   -ilifii 

Es  wird  vermutet,  diisr^"  rliis  Wort 
seilen  ietepantin»  ==  elfeiibeiuernir 
L'lien  Elementarunterricht  verwendet 
Schule  Ein- 
1  "SebnUus- 
Litlei'iitur    allinflhlivh    eiiinUrgerle. 


26,  Wendland  P.     Element.     Pieuss.  Jalirhb.  9H,  !l'3- 

W,  miiebt  hier  dii'  Ergebniaae  von  Diels  Elemenium  wel 
Kreisen  itugAiiglich. 

27.  Sommer  F.    Lateinisch  mllle.    IE.  10,  316—220. 

Mille  geht  zurück  auf  *mlxll  (vgl.  auUa,  archaisch  t1lr  atibi, 
aua  *aux/a  wegen  des  Dvminativa  auxilla);  -xl-kann  hIh  die  Schwund 
stufe  -^x/il-  xur  arisch -griei;h.  Basis  fitr  1000.  ghe.fl-  betrncbti-l  wer* 
den;  "emi  §thll  ist  eine  alte  l'eniiniuiHchti  Zusunnnenrückung  'eine 
Tausend  heil',  vgl.  daneben  da«  ind.  Neutrum  sahäsram  aus  'k^- 
§hvslom. 
2S,  StowaBBer  J.  M.     FoHmge.    Z.  f.  d.  6sE.  Gjmn.  50.  193— 19B, 

FoHasne  ist  die  unter  einemHochtou  KUaanimengesprocheue 
Wortgrnppe  fort'anse  'viellriclit  (um)  eiueii  As*    "etwa  einen  Deal", 


4 


vielh 


'viellricln 

Hnraz  Sat.  I  3,  30  nullan'  kabes  vitta?  Unmc 
•ines  EigL'nschnli 
demens 


alia  et  fort'asne 


I  Positiv 


lu  Verbindung  mit  d 
ein  Abi.  pretii: 

Horaz  Sal.  I  6.  de 

iudicio  volgi,  ganu 
'nach  deinem  Urteil  um 
agsia  ist  ein  Gen,  preiii. 
<e(ni)  sein. 
29.  Postgato  J.  P.    Operativ  B.ad  operari.    J.  ol' Philol.26,3U— :m 

Stellensummlung.    Operatu»  iit  filter  als  operari,  welches  emt 
bei  dem  älteren  Plinius  erschüint.     Operaliu  hat  urspr.  gar  niclil» 


'.a  fort'a. 

einen  Heller  gescheit'.     Fortanais  :=  fort'' 
FartaHae  kann  gelegentlich  »uch  foft'ün- 


r 


VI.    IlHlisi 

(li-rn  Teiiipufi  zn  iliuii;  es  ist  v( 
-Toii  mo».  dntatu»  von  das.  Audi  a 
jäiiffer  a!"!  ihre  fojr.  Fa«.  perl",  pass. 
ao    Plasberg  0.  Mantiscimr  und  mantisa.  Rh  M.  N.  F.  54, 638-fi40, 

Diu  bt?i(len  Wfirier  sind  ie  ziveiiiial  überlieferl:  maniiscmor 
Plaiitiih  Capl.  89«  und  in  de.Ji  DoiiniSL-htdion  y.w  Ter.  Eun.  2,  2.27; 
■mantisa  I'aulus  epii.  Festi  S.  103  Thirwr.  «iid  Pctronius  Kap.  G.'i,  P. 
mjtTBi'lst  vuintiaa  mit  'Brüllte,  Snuce',  mantincinan  init  'l'ür  die 
Saiii-Pii  sor|;f!ii'.  Die  Wörter  Kchüiuii  Kugniiiiiieii.  die  Bildung  man- 
Üscinor  aus  mantiaa  blt-iht  in'tes  uukitir.  Anui.  1  S,  640  bringt  die 
bniidnihrittl.  Vnriauteii  ku  maniiifcinor  \mantissinor). 
ai.  Stolz  F.     Gloria.     IF.  10.  70-76. 

Diu  alle  Uuhnst^lie  Gleiuhnnir  glöria  :  nl.  iravaH-ya-m  'Rutim' 
JlsGt  sich  nur  hniti-n,  wenn  man  den  Übergang  des  v.v\  erwartenden 
tonlosen  c  |*dör/a)  in  d)is  tönende  ^  Auf  Rechnung  des  Snlüsandhis 
8cliri-ibt.  Melir  euipHe-ldr  sicli  eine  andere  Dentunp:  glöria  :  *glö- 
rare  ^  adöria  :  aäör/ire;  kii  glöria  nucli  glarin  'nueoJiÖToc'  und 
vielluidii  nbg.  glan  'Ton,  Stimme'  (also  glöria  aus  *glöaia);  hin- 
.sti'litliuh  dos  Vo)<nli»miis  rtutit  glöria  zu  glärin  wie  gnöacere  au 
gnärus. 
.32   PreUwitz  W,     Et.vmolomisch.t  Miazellen.    BB.  24.  214-218, 

S.  ilG  Turnus  KU  lit.  tafnas  'Diener',  Aus  Jä-Iurna  und  jü- 
£lans  iA:öc  pdXavot)  läast  sich  ein  Vollnarne  *Jä  himus  zu  der  kür- 
»eren  Fftrm  tumu»  erseli  Hessen.  S.  217  forma,  farfm  mit  Fti-U  ku 
ftrlre,  Slammwnrt  bhere,  bhera  'durcliaclineiden',  engl,  brim  'Rand' 
ahd.  verbrämen.  Die  Grundbedeutung  vnn  forma  wAre  also  'Sclinitt', 
rie  zeigt  sioh  in  forfex  'Schere'  aus  *form-fac-s  'Schnitt  inacheud", 
<Vgl,  KU  forma  fJo,  :;0). 

.83.  PreUwitz  W.   Ltit.  fiägitium,  lit.  blögas.    Ein  Beitrag  zur  Wort- 
heileutung  und  Lautlehre  des  Lateinischen,     BB,  25.  280-286, 

Fiägitium  'die  Schündlichkeil'  (moralisch  und  körperlich,  wie 
sie  Homer  an  Thersites  Schilden)  von  "fiägos,  lett.  bläi/»  'achwach 
in  Krankheiten,  schlecht',  lit,  hlSgas  "kralilos,  elend'.  Dazu  fiägi- 
läre  'heilig  mit  Fragen,  Forc!eru:igeu  in  jemanden  dringen':  *fi3gär% 
'schwach  machen',  also  flögiiäre  'häufig  schwach  machen,  durch 
Fragen  u.  &.  mürbe  maelieii'.  Anlautendes  ml-  im  Lateinischen, 
M.  PreUwitz  W,    Äclütum.    BB,  25,  287-288, 

Actütum  'alsbald,  soglidch' :  aetü  (Instr.  eines  u-Stammes)+fum 
(Instr.  des  Pronnminalstammes  lo-  ans  idg.  'lötn  oder  *tön\\  zu  sol- 
■cben  Zusammensetzungen  vgl.  ved.  ärdt  'von  fenid':  ärättnt  'von 
fern  her'  u.  ».;  ftlinliche  Funktion  wie  lat.  tum  in  actütum  und  ved. 
-tat  in  ärAttät  hat  auch  Wt.tü  'sofort,  sogleich,  actütum'.  Vgl.  Anz. 
11  Bibliogr,  VII  No.  25  und  nächste  Nuumier. 
^.  Beck  J.  W.    Quisquiliae  I.  II,   Mnem,  N.S.  417,337—340, 451-452. 

Latenter  =  lale.    Actütum  (aus  dge  tu  dum  veni.    Vgl,  No,  34). 
CaptivitaH  -—  vatcitaa.     Porro  =^  anlea,  supra,  prius.    Dislentare  vel 
4Ütennare. 
Sä.  Lindsa^  W,  M.    Lucuns.  Lucuntulus.    ALL.  II,  Heft  3,  S.  332. 

LHctutx,  -unti^  ist  ein  Lehnwort :  griecb.  Xuicöeic  Im  Sinne  von 
AuKocibf|c  Aus  Unndschrifieu  des  Nonius  und  Festus  werden  die 
,  formen  lueuentulun  und  lucutntaster  beigebraclil.  Mithin  wäre 
Mvaens  (mit  -ueng  für  -oFdc  wie  dentio  aus  de  novo)  die  ältere  Form 
äVon  lucuna,  Ivcuenlulu»  die  von  lucuntulus. 


240  VI.  Italisch. 

37.  WölflFlin  E.    Laetodorus  ?    ALL.  1 1 ,  Heft  3.  S.  423. 

Keine  vox  hyhrida,  sondern  Letodorus  wie  Äpollodorus  und 
Ärtemidonis. 

38.  Otto  W.    SimuUer.    ALL.  11,  Heft  3,  S.  430. 

Simulier  schrieb  nach  Nonius  170  Plaiitus  im  Pseudolus  362,. 
die  gleiche  Form  wird  aus  dem  Italacodex  Taurinensis,  olim  Bobi- 
ensis  (K)  (5.  Jahrh.)  Marc.  12,  22  erschlossen. 

39.  Bröal  M.     Affatim.    Mem.  Soc.  Ling.  11,  187. 

"Affatim  signifiait  d'abord  'jusqu'ä  crever*.  Le  verbe  grec^ 
correspondant  est  xö^vid,  x^^ckuj". 

40.  R(einach)  T.    Duracinum.  Rev.  des  Et.  Grecques  12,  48—52. 

41.  Brtol  M.    Lettre  h  M.  Alexandre  Bertrand  sur  le  mot  gaulois^ 

'bratoude\     Rev.  arch.  31,  1897,  S.  104—108. 

Über  osk.  brateis,  ßpaxuj^  und  das  auf  gall.  Inschriften  vier- 
mal vorkommende  bratoude. 


42.  Niedermann  M.    Studien  zur  Geschichte  der  lateinischen  Wort- 
bildung.   IF.  10,  221-258. 

Das  Suffix  -dO'.  Gegen  OsthoflTs  Hypothese,  das«  -do-  sei- 
nem Ursprung  nach  ein  Nomen  agentis  von  der  Wz.  dö  'geben' 
oder  dhe  'setzen'  sei.  Grundstock  sind  vielmehr  diejenig-en  Bildnn- 
gen  auf  do-,  welche  auf  einfachere  Adjektiva  zurückgeführt  werden 
können  {lucidus  von  Houcos  griech.  X€uk6c;  albidus  von  albfut);  in- 
folge falscher  Ableitung  des  lucidus  von  lux  oder  lucire,  des  albi- 
dus von  albere  fanden  zahlreiche  Neubildungen  statt;  in  iat.  -do- 
sind  zwei  idg.  Suffixe  dho-  und  -do-  zusammengeflossen.  V<rl.  auch 
die  gelegentlichen  Bemerkungen  zu  fordus,  viridis  und  den  Nom. 
gentil.  auf  -idius  und  -edius.  Das  Suffix  -edula  in  fic-edula 
Teigendrosser  mon  edula  'Dohle*  aus  *moni-edula  'Edelsteinfresse- 
rin*  enthält  die  Wz.  ed^-  ed-.  Analogiebildun<»:en  sind  querquedula, 
acredulüy  coredulus,  nlf edula;  vgl.  auch  alcedo.  Das  Suffix  -e/o- 
iii  römischen  Gentilnanien  'w\q  ServeiuSy  Pompeianus  osk.  Pümpaii- 
ans  kann  zweierlei  Ursprung  hnben,  entw(»der  sind  jene  Namen  Me- 
tronyinica  oder  Patronymica.  Im  ersten  Fall  werden  sie  vom  Lok. 
S^*.  weiblicher  ä-Stämme  mittelst  des  Suffixes  -io-  gebildet  -ät/o- 
(Buck),  im  zweiten  Fall  von  einem  -erf-Ahlativ  männlicher  o-Stämme 
[Serveius  aus  *Served-ios  wie  peior  aus  *pediös).  Im  Osk.  bleiben 
das  Patronymikon  Viriiis  und  Metronymikou  VesuUiais  lautlich 
geschieden.  Im  Ai.  steht  bei  Verben  des  Geboren-  resp.  Erzeugt- 
werdens der  Name  der  Mutter  im  Lok.,  der  Name  des  Vaters  im 
Abi.  Die  Gentilicia  auf  -aeus  sind  Diaiektwörter  im  Lat.  und  zwar 
osk.  sabell.  Metronymika.  Die  Suffixe  -ulento'  {ilento-)  und 
-ÖSO-.  Wie  die  griech.  Adjektiva  auf  wbr]c  von  einzelnen  Bildun- 
gen wie  eutübric,  6vjctü6r|c  'so  und  so  riechend*  (ö2€iv)  ausgehen,  so 
darf  wohl  auch  das  lat.  olento-  mit  olere  erklärt  werden  {  ol-ent  o-). 
Wackernagel  bringt  auch  die  Adjektiva  auf  -ösus  mit  der  Wurzel 
für  'riechen'  zusammen  z.  B.  vinösus  aus  *vino-odsos,  wobei  *ods 
die  Schwundstufe  von  *odoses-  'Geruch'  wäre.  Formonsus  ist  dann 
zu  beurteilen  wie  thefisaurus,  Chersonensus.  Das  Präfix  ve-  kann, 
weil  vecors  und  vesanus  einen  abnormen  Zustand  bezeichneten, 
allmählich  die  Funktion  erlangt  haben  für  sich  allein  die.sen  Begriff 
zu  markieren;  daher  vegrandis  'abnorm  in  Bezug  auf  die  Grös^se' 
d.  h.  entweder  'ungewöhnlich  klein'  oder  'ungewöhnlich  gross';  r^ 


VI.  Italisch.  241 

pallidus  'abnorm  blass,  totenbleich*.  —  Vescus  und  vescor.  —  Ve- 
diovis,  vestibulum,  vestigium.  —  Das  ve-  von  vecors  usw.  sclieint 
durch  eine  falsche  Abtrennung  von  ve-mens  entstanden  zu  sein  und 
sich  weiter  verbreitet  zu  haben.  Bucltum^  bucetum.  Gegen  Solm- 
sen  KZ   34,  14  f. 

43.  Skutsch  F.  Zur  Wortzusammensetzung  im  Lateinischen.  (Vor- 
trag auf  der  Bremer  Philologenversainmlung.)  [Ist  inzwischen  ge- 
druckt erschienen  als  Festschrift  für  C.  F.  W.  Müller".  Suppl. 
der  Jahrb.  f.  klass.  Philol.  27,  82-110.    Leipzig  1900.] 

Inhaltsangabe  siehe  Anz.  10  S.  3()7— 368. 

44.  Greenough  J.  B.    Some  Questions   in   Latin  Stern   Formation. 

Harvard  Stud.  10,  1—17.     Boston. 

G.  behandelt  einen  Teil  der  lat,  Stammbildungslehre  nach  den 
4  Grundsätzen:  1)  Stem  formation  by  successive  addition  of  suffixes 
2)  The  l'using  together  of  two  or  more  of  these  suffixes  so  as  to 
make  a  new  available  one  3)  The  specialization  of  the  meanings  of 
the  words  at  any  stage  of  their  development  4)  Derivation  proceeds 
by  stems  and  antedates  inflexion  and  parts  of  speech.  Er  betrachtet 
unter  diesen  Gesichtspunkten,  bes.  unter  dem  1.  und  2.,  hauptsäch- 
lich die  Wörter  auf :  -liSy  -ris,  -lus,  -rus;  -biliSj  -bris^  -bulum,  -bnim; 
— ,  criff,  'Culum,  crum;  -tilis^  -iriSf  — ,  -trum.  Dabei  weicht  er  iu 
3  Hauptpunkten  von  bisherigen  Erklärungsversuchen  ab:  1)  Die 
Gleichsetzunsr  von  griech.  8Xo-  mit  lat.  -bulo-  (neben  -hlo-)  scheint 
ihm  ganz  willkürlich;  er  setzt  zwei  aneinandergehängte  Suffixe  -bo 
-f  lo-  an  (vgl.  clagegen  z.  B.  griech.  ^fte-GXo-v  'Sitz*  :  sedi  ctUii-in^ 
Brugmann  GrHr.  2, 115und  202).  Auch  die  Gleichungen  wie  cerebrum 
aus  *ceras  to-  oder  *ceres  ro-  :  ai.  siras-  'Haupt*  und  tenebrae  aus 
*tema.srä  :  ai.  fämisrä  Mas  Dunkel'  (Brugmann  Grdr.  1-,  3G7,  763) 
müssen  fallen  vor  dem  Suffix  -bo-Vro-.  Am  wichtigsten  erscheint 
ihm  die  Erschliessung  eines  -&o-,  -6a-Suffixes  als  eines  noch  lebenden 
Bildnngselementes  im  Lat.;  dieses  liegt  einfach  vor  in  morbus^  turba, 
herba^  manubiae^  zusammengesetzt  mit  andern  ausser  in  boro-^  -bolo., 
in  ber  (-5W.v),  ber  (-&r/),  -bilis,  -bundus^  -bo  {bonis  vgl.  longabOy 
apexabo).  2)  Die  Theorie,  dass  urital.  inlautendes  -kl-  aus  'Ü-  ent- 
standen sein  soll  (Brugmann  Grdr.  1*,  §584,2  und  595,  1),  i.st  über- 
flüssig; auch  hier  sind  zwei  aneinandergetretene  Suffixe  'C.o~\-lo-  und 
'to-\-lO'  anzusetzen  G.  bringt  auf  Grund  ähnlicher  Theorien  auch 
eine  neue  Erklärung  des  Gerundivs  und  der  verwandten  Formen 
auf  -bundus  und  -cundus.  Gerundus^  ludibundus,  rubicundus  gehen 
zurück  auf  ger-^o-]-on-\-do-}-s,  lud-i-o-\-bo-{-on  do-{-s^  rw/>-fo-fco-f 
on  +  do-s;  zum  1.  und  2.  Suffix  von  ger\-o-\-on  dos  vgl.  mori-ger-o-s 
und  gero^  ger-on-is.  G.  meint  zum  Schluss  "a  theory  which  agrees 
with  all  the  facts  in  Latin  (!)  and  is  not  contradicted  by  compara- 
tive  grammar(!!)  must  be  ihe  right  one.** 

45.  Zimmermann  A.     Spuren  indogermanisclicr  Namengebung  im 

Lateinischen.    BB.  25,  1—73. 

Vgl.  Anz.  10  Bibliogr.  VII  A  No.  64  (und  11  No.  39).  Schluss 
von  Teil  III.  Als  Ergebnisse  seiner  Untersuchung  führt  Z.  an:  "Es 
ist  mir  gelungen  in  Teil  I  zu  zeigen,  dass  im  Latein  bezw.  Italischen 
doch  nocli  eine  kleine  Anzahl  von  Vollnameu  sich  erhalten  hat,  in 
Teil  11,  dass  Veränderungen  im  Vnkalisnius,  analogische  Bildungen 
bei  den  spMter  entstandenen  sog  Spitznamen  (den  cognomina)  Rück- 
schlüsse auf  urspr.  Vorhandensein  von  Vollnameu  gestatten  und  in 
Teil  III,    dass  das  Latein   bezw.  Italische  eine   grosse  Anzahl    von 


242  VI.  Iialisrh. 

NainoiisiHmuu'n  verwendet  hat.  die  aucli  in  ander«  idpr«  Sprachen 
lind  zwar  meist  auch  zur  Bildung  von  Vollnamen  verwandt  wor- 
den sind/* 

46.  Prancken  C.  M.    De  nomine  lulo.    Mnem.  N.  S.  27,  151-154. 

Julus  .  'IovjXXoc.     Julius  .  MoOXioc. 

g-)  Flexioiisiclire. 

47.  Cinquini  Ad.    Morlologia  latina.  Livorno  Giusti.   VI,  138  S.   l  l. 

48.  Cinquini  Ad.    Studi  di  iingua  e  di  grammatica  latina.  Fase.  I. 
Plrenze  Landi.     65  S. 

49.  Merguet  H.  Bemcrkuniren  über  die  Entwickehing  der  Sprache. 

Pr^.  Insterburg.    4®.     10  S. 

Einiges  über  die  Nominative  auf  -o.v  :  -or  {arbos,  arbor);  über 
den  Nominativ  des  Komparativs;  die  Adjektiva  auf -r,  -ri»,  -re;  ama- 
mini  amabimini  usw.;  die  Flexion  von  ipse\  die  Bedeutungserwei- 
terung des  Infinitivs,  Supinums,  Gerundiums  und  Gerundivs. 

50.  Bechtel  Fr.    Latina.    Nachrichten  v.  d.  Ges.  d.  W.  zu  Göttingen. 

Phil.-hist.  Kl.  1899  S.  185-196. 

1.  lien  wird  gewöhnlieh  nn't  langem  e  angesetzt  (LindsavLL. 
349,  377,  Stolz  Hist  Gr.  1,  490,  Streitberg  IF.  2,  418).  Bei  Plänius 
kommt  das  Wort  4  Mal  vor,  immer  mit  kurzem  c,  doch  könnte  die 
Kürze  ülx^rall  durch  das  Jambenverkürzuugsgesetz  entstanden  sein. 
Die  antiken  Grammatiker  nehmen  e  an,  ohne  Begründung;  sie  stell- 
ten es.  rein  theoretisch,  zu  7*en,  spien  und  den  griech.  Nomina  auf 
-r|v.  Ähnliche  verkcHirte  Analogieschlüsse:  für  nach  När^  pär  statt 
fär  über  farr  aus  fars,  coinpös  :  compotis  nach  bös  :  bÖvis^  pes  : 
pedis  statt  cornpöSj  compotis.  Lien-  zu  skr.  plihän-^  liene  skr  pli- 
hdni\  lienis  neben  pectinis  wie  ebrietas  neben  aequitas.  —  2.  Sind 
die  Pertekta  quii,  sciiy  cii,  sii  iilter  als  quivi^  sei  vi,  civi, 
sivi?  Gegen  Osthoff  Perf.  225,  der  die  Frage  bejaht.  Die  Statistik 
lehrt:  Piautus  hat  last  durchaus  ii,  dagegen  Xtur  quivi  uud  civi  und 
wahrsclieinlich  nur  scivi  und  sivi.  Wer  trotzdem  an  OsthofTs  An- 
sicht festhält,  iiiuss  die  Frage  beantworten:  warum  liegt  die  Umbil- 
diing  von  iei  zu  ivi  bei  PI.  erst  i»i  den  Anlangen,  während  die  von 
qttiei  zu  quivi  u.  ä.  schon  völlig  vollzogen  ist?  Terenz  dagegen 
hat  scii  und  sii.  Das  ist  bei  ihn«  so  wenig  altertümlich  wie  die  häu- 
iig'ere  Verwendung  der  Formen  audierit,  audierat  und  die  Zurück- 
setzung der  Endung  ris  gegen  die  Kndung  -re  (Leo  Plautin.  Forsch. 
261  ff.).  Stimmen  die  alten  Perfekta  von  eo  und  qneo  nicht  übereiu, 
so  fällt  Osthoffs  Ktymologie  queo  aus  Instr.  que-\-eo  (IF.  6,  20  ff.).  — 
3.  Dis  pater.  Gegen  Thurnevsen  KZ.  32.  559.  Dls  gehört  zu  dives, 
nicht  zu  Jovis,  deus,  denn  Dis  pater  ist  wie  TTXoOrav  der  'Keicli- 
tumspender'. 

51.  Reichelt  II.     Die  abgeleiteten  f  und   7«-Siilmme.    BB.   25,  23S 

—252. 

Bringt  manches  zur  Deklination  der  lat.  diphthongischen,  so- 
M'ie  der  ?7-,  l,  ü-,  I-Stänime.     Vgl.  oben  Bibliogr.  I  Nr.  <i5. 

52.  Reichelt  H.     Die  je  Stämme.    BB.  25,  234-238. 

Die  Zusammengehörigkeit  der  sog.  /e  Stämme  mit  den  abge- 
leiteten /Stämmen:  vgl.  qpepoücnc  au>  *-ontiäs  neben  qp^poucav  aus 
*'0nt-im,  lat.  facie  Inst.  Sg.  und  faciem.  I>azu  Weiten^  über  die 
sog.  5.°  lat.  Deklination  und  Verhältnis.«-e  wie  materies  :  maieria. 
Vgl.  o.  Bibliogr.  I  Nr.  6(1 


VI.  Italisch.  243 

63.  Reichelt  H.    Das  InstrumontMlsuffix  im  Singular.    BB.  25,  232 

—234. 

Die  konsonantischen  Siäninie  hatten  je  nach  der  Betonung 
die  Endung  -im,  -S  oder  m,  indess  die  vokalischen  Stämme  nur  die 
Endung  rn  kannten.  Die  c,o-Släninie  bildeten  den  Instr.  Sg.  durch 
Dehnung  des  Stammvokals;  die  Instr.  der  j-  und  n  Stdmme  auf  -i 
und  ü  sind  Neubildungen  nach  den  c/o  Stämmen.  Auf  w  gehen 
zurück  lat.  peren-die  (griech.  ir^pa),  ölim  aus  *ölem^  enim  neben  osk. 
in  im,  umbr.  enem\  die  lat.  Ablativ-Adverbien  auf -e  sind  gleichfalls 
Instr.   und   lautgesetzlich   aus  -ö,   -^m  abzuleiten. 

54.  Wölfflin  £.     Diploma  fem.    ALL.  11,  Heft  3,  S.  418. 

Abi.  diploma  im  CIL  8,  1027.  Siehe  auch  Bticheler  Carm. 
lat.  epigr.  Nr.  484.  Zu  ähnlichen  Beispielen  anderer  urspr.  Neutra 
auf-Twa  bei  Neue-Wagener  wird  auch  cafap/a^wa  als  Femin.  belegt. 

55.  Wagener  C.    Lac,  lad,  lade.    N.  ph.  R.  1899.    S.  73—81. 

Grammatikerzeugnisse  und  andere  Belege  für  diese  3  Nomina- 
tivjormen.    Der  Akk.  ladem. 

56.  Wagener  C.    Über  den  Genetiv  pluralis  von  mensis.    N.  ph.  R. 

1899.    S.  241—246. 

Ausführliche  Nachweise  für  die  Formen:  mensum  (mesum); 
menshim;  misoro,  mesorOy  mesorum,  mesoru,  misorw,  inensunm\ 
tnenserium),  meserum,  misirum. 

57.  Sommer  F.  Die  Komparationssuffixe  im  Lateinischen.  Leip- 
ziger Habilitationsschrift  1899  (=IF.  11  (1900),  S.  1-98  und  S.  205 
—266. 

Sommer  behandelt  im  Zusammenhang  das  ganze  Gebiet  der 
lal.  (und  ital.)  Komparationssuffixe  nach  Form  und  Funktion,  wobei 
namentlich  auch  das  Vorhanden.sein  dieser  Suffixe  ausserhalb  der 
eigentlichen  Komparation  zur  Erörterung  kommt. 

58.  Civitelli  G.     II  sutfisso  del  superlativo   latino.     Contributo  alla 

morfologia  latina.    Napoli   1898.    Stab.  Tipogr.   d.  Regia  Univer- 

sitA.    51  S. 

Bekämpfung  älterer  Erklärungen.  Das  Suffix  isshnus  ist  aus 
'ipsimu^  entstanden,  vgl.  ipfe=^ipse,  ipsus  =  issus  und  Petron  Cap. 
63  ipsimi  nostri.  Das  -issimo-  des  Superlativs  ist  im  letzten  Grund 
die  Häufung  oder  Verbindung  der  uralten  demonstrativen  Elemente 
pa  ta  ma{\\     S.  WfklPh.  16.  Sp.,  1178-118'^  (Ziemer). 

59.  Nazari  0.    Di  una  forma  perifrastica  del  perfetto  umbro.    Boll. 

di  filol.  cl.  5,  231-235. 

Nazari  knüpft  mit  seiner  Erkliirung  von  Formen  wie  com- 
hifianHuat  'niintiaverit'  an  v.  Planta  Granmi.  II  352  an:  v.  Planta 
zerlegt  die  Form  in  einen  Infinitiv  ^combifiäm -}- Aiust  aus  *kiuHt 
'ierit'  von  der  Wurzel  *ki,  wie  sie  in  griech.  kiuj  vorliegt;  er  ver- 
wirft aber  die  Erklärung  wieder,  da  er  es  für  zu  gewagt  hJilt  an- 
zunehmen, dass  da?  lat  cio  iaccio,  concio\  cieo  im  Urnmbr.  dieselbe 
Bedeutung  'gehen*  hatte,  wie  das  damit  identische  kCuj.  Nazari  nimmt 
den  Erklärungsversuch  wieder  auf  und  er>chliesst  ein  vulgärlat. 
*ciere  'andare'  aus  italien.  gire.  *Le  forme  in  questione',  schliesst 
er,  *sarebbero  perfetti  perifrastici  formati  da  una  forma  intinitiva 
del  verbo  piü  una  forma  del  perfetto  forte  della  radice  ci  'ire'  e  si 
potrebbero  meglio  tiadurre:  comhifianH  perf.  cong.  'nuntiatum  ierit* 


244  VI.  Italisch. 

Combi fiant^iu st  combifiansiust  combifiansust  tut.  11  •niiiitiatuni  ierif 
purtinsus  *porrectuin  ienn* purclinüiust purdin^us  'porrectum  ierit\ 
disleralinsust  'diremptum(?)  ierit*,  coine  ueW  umbro  stesso  da  altra 
forma  infinit iva,  ii  supino,  abbiamo  altro  forme  perifrasticbc  col 
verbo  i  'Wo'  quali:  anzeriatu  otu  *obscrvatum  ite*  aseriato  est 
•observatum  ibit'  anseriato  iust  'observatum  ierit*  vaöetum  ise 
*vitiatum  issit?'  uasetom  efust  'vitiatuni  ierit*. 

(10.  Böhtlingk  0.    Zum  lateinischen  Gerundium  und  Gerundivum. 

Ber.  ü.  d.  Verh.  d.  Leipziger  Ges.  d.  W.  Philol.-hist.  Gl.  51,  219—220. 

Eundum  est  hat,  wie  itur  und  itum  est,  passive  Bedeutung; 
warum  nicht  auch  eu7idi  in  tempiLS  est  eimdi?  Böhtlingk  ]egt  weiter 
zwei  Erklärungsversuche  zu  mei,  nostri  videndi  est  copia  vor.  Der 
Römer  sagte  nicht  mei  videndae  oder  nostri  videndorum  oder  viden- 
darum,  weil  diese  Pronomina  ftusserlich  weder  das  Genus  noch  den 
Numerus  unterscheiden,  vielmehr  alle  als  Gen.  sg.  mask.  od.  neutr. 
erscheinen;  man  entsagte  der  logischen  Kongruenz  zu  Gunsten  der 
lautlichen.  Oder  man  fasste  m.ei  videndi  est  copia  ursprünglich  ro 
auf  *es  ist  eine  Gelegenheit  für  mein  Gesehenwerdenmüssen*  d.  h. 
mei  als  Pron.  poss.  und  videndi  als  Gerundium,  vgl.  auch  exem- 
plorum  eligendi  postestas 

61.  Lebreton  J.    L*adjectif  verbal  latin   en  -ndus^  etnde  morpho- 
logique  et  s6mantique.     Mem.  Soc.  Ling.  11,  145  —  164. 

I.   Kurze   Überblicke  über   die  Ansichten  früherer  Forscher. 

II.  Das  -ndo'  der  lat  Verbaladjektiva  entspricht  einem  griech.  -ab-, 
idg.  -nd'.  Das  Suffix  ist  also  das  gleiche  wie  in  griech.  (pu^dc,  -dboc; 
0udc,  -döoc;  CTpoq)dc,  -dboc  u  jl.,  nur  dass  im  griech.  fast  nur  Dental-, 
im  lat.  Dental  -}-  o-Stihnmc  vorliegen,  wie  auch  sonst  öfters  o-,  ä-  und 
konsonantische  St.lmme  nebeneinander  bestehen  (z.  B.  damnatm- 
damnas).  In  leg-endus  neben  leg  imdus  ist  wohl  die  alte  Vokalab- 
stuCung  -€71-  od.  //  und  -an   wiederzuerkennen  (vgl.  flexenies-flexuntex). 

III.  Die  Formen  auf  ndiis  waren  urspr.  weder  Aktiva  noch  Pa>siva, 
weder  Präsentia  noch  Futnra  (mit  <lem  Nebenbegriff*  der  Xotwendi;:- 
keit),  sondern  einlache  Adjektiva,  deren  Verhältnis  zu  diesen  Verbal- 
kategnrien  lediglich  von  ihrer  Grundbedeutung  und  dem  Zu.samni«Mi- 
hang  der  Rede  abhing.  Die  si'kundäre  Kntstehung  des  Gerundivmns 
aus  diesen  Adjektiven  hat  schon  Weisweiler  Das  lateinische  Part, 
fut.  pass.  Paderborn  1890,  S.  64-  95  richtig  erkannt. 

62.  Fay  E.  VV.     The  Locution  infitias  it,  and  the    nf  Suffixes.    Am. 

Journ.  Phil.  20,   149-168. 

^§  1 — 6  Kensons  for  dissatisfaction  with  the  current  explana- 
tions  (exsequms  ire,  suppefias  adve?ii,  [in)ma1am  crucein,  pessum). 
§  7.  riiesis:  In  the  locution  infitias  it  *goes  protesting'  inpfias  is  a 
pres.  ptc.  to  infitior.  ^^  8—20  Syntnctieal  probability  of  this  thesis 
debated  (Exaniples  of  the  locution).  §  21—45  Discussion  of  the  form 
of  infitias'.  (Significance  of  its  isolation.  —  What  was  the  inherited 
nom.  sg.  pres.  ptc.  in  Italic?  —  Praegnas  —  Pre[>onderance  of 
nom.  sg.  over  other  cases.  —  Significance  of  this,  illustrated  by  pf 
ptc.  act.  etc.  —  New  theory  of  pf.  pt. :  the  primitive  pf.  act.  ptc. 
sut'fix  was  wänt-,  itself  the  result  of  a  contamination  of  a  partici- 
pial  like  -?/-stem  with  the  pres.  ptc.  suffix  -änt-.  Euphonie  doublets 
in  the  prim.  period.  —  Nou).  sg.  masc.  pres.  ptc,  and  other  -nt- 
Sterns.  —  Three  forms  of  nom.  sg. :  1)  ans,  2)  äs,  'S)  an.  —  Is  in- 
fitias an  exemple  of  2)?  —  Ose  staieftud;  ose.  pomtis.  umbr. 
nuvis.  —  Is  -n-  reintroduced  in  Ital.  nom.  sg.  pres.  ptc.?  —  Deciens 
quotiens  :  triens.  —  Diacritical  orthography  or  accent.  —  Fem.  en- 


VI.  ItJiliseh.  245 

ding"  -ens;  neut.  -ens.  —  Hns  -s  been  atldc»(l  to  a  iioni.  s^.  in    dn?  — 
Verdicx  as  to  the  form  of  infitias  a  iion  liquet.  —  Trans. 

Ii)  Syntax  (FonkfioiiHlehro«  Satzlehre). 

63.  Lease  E.  B.  Corrections  of  Schmalz's  Lateinische  Syntax  and 
Lateinische  Stilistik.     Am.  Jouni.  Phil.  20,  59—64. 

64.  Landgraf  G.    Beiträge  zur  historischen  Syntax  der  iat.  Sprache. 

Pgin.  München    34  S. 

Inhalt  der  beiden  ersten  Abschnitte:  I  Der  Dativ  der  be- 
teiligten Person  beim  Passiv  (Dativus  auctoris).  II.  Der  Dativ  nach 
den  Ausdrücken  des  Zusammenseins  und  Zusammenkommens,  (i'reund- 
lich  und  feindlich),  Vermischens  und  Trennens.  Ergebnis  für  I  u.  II: 
beide  Strukturen  sind  auf  heimatlichem  römischen  Boden  erwachsen, 
ihre  Anwendung  hat  jedoch  unter  der  Einwirkung  des  ähnlichen 
griechischen  schon  weiter  ausgebildeten  Sprachgebrauchs,  besonders 
auf  die  augusteischen  Dichter,  eine  nicht  geringe  Erweiterung  er- 
fahren. Abschnitt  III  bringt  einige  Proben  für  eine  methodisch- 
historische Behandlung  der  mit  dem  Dativ  verbundenen  Verba  com- 
posita. 

65  Bonnet  M.    Domi  habeo,  etc.    Cl.  R.  13,  35. 

Gegen  Owen  Cl.  R.  12,  407  für  So::nenschein  Cl.  R.  12,  360. 

66.  Kunze  A.     Mea  refert    Leipzig.    20  S. 

Mea  refert  =  [res]  mea  re  fert  =  'Die  Sache  bringt  es  in  meiner 
Angeleo enheit  niit  sich';  mea  re  als  Ablativus  limitationis  =  in  meare. 

67.  Rolfe  J.  C     On  the  Construction  satius  ab,    Cl.  Rev.  13,  303—305. 

68.  Conway  R.  S.  The  Singular  Usc  of  7ios.  Transactions  of  the 
Cambridge  Philological  Society.     Vol.  V,  part.  1,  S.  1—79. 

Vgl.  die  Besprechung  von  Konnard  Rand  in  ALL.  11,  595—596. 

69.  Pervov  P.  D.  Consecutio  temi)orum  v  latinskom  jazykö  srav- 
nitel'no  s  ru.sskim  jazykom.  (C.  t.  in  der  Iat.  Sprache  verglichen 
mit  der  in  der  russ.  Sprache).  2urn.  Minist.  Narodn.  Prosvescenija 
326  Nov.  Dez.  1899.     Otdöl  klass.  filol.  S.  57-82. 

70.  Watson  E.  W.    Velle  as  an  Auxiliarv.    Cl.  R.  13,  183. 

Volo  m.  Inf.  zur  Umschreibung  des  Futurs. 

71.  Nutting  H.  C.     Obligation   as  expressed    by    the    Subjunctive. 

'  Cl.  R.  13,  32-34. 

Gegen  KIniers 'Subjunctive  of  Obligation' Cl.  R.  12,  Mai-Nummer. 
Vgl.  Anz.  11,  ßibliogr.  VllA  Nr.  59. 


72.  Antoine  F.    De  la  parataxe  et  de  Thypotaxe  dans  la  langue 

latine.     Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  de  Bordeaux  et  des 

Universites  du  Midi.  4nie  Serie.  21»"«  Ann^e:    Rev.  des  etud.  an- 

ciennes  1,  27—46. 

Observations   generales.     1.  De  la  parataxe  dans  les  propo- 
sitions  subordonnees  completives  (A  suivre). 

73.  Ehart  K.    Die  Behandlung  der  lateinischen  Syntax  auf  Grund- 
lage der  deutschen  Satzlehre  II.     Pgm.  Wien.     13  S. 

74.  Geddes  W.  I).    On  the  Sequence  after  ne  prohibitive.    Cl.  R.  13, 
22  -32. 


246  VI.  Italixh. 

V^l.  Anz.  n  Bil>lingT.  VII  Nr.  ßO.  Im  3.  Abschnitt  wird  die 
Z;il  1  der  Konj.  Praos.  und  IVrf.  nach  prohibitivem  ne  für  jedes 
Stärk  des  Plantus  und  Teronz  statistisch  lest^^esiellt.  Das  PrÄs. 
steit  bei  Plautus  119,  bei  Terenz  "24,  das  Perf.  bei  jenem  33,  bei 
die>em  5  Mal. 

7o.  Bottek  Ed.     Die   ursprüngh'che  Bedeutuuo;   des  Conjuiiktivs  in 

lateinischen    Neben.siitzen.      I.   Teil:     Ut-,  Ne-y    Quo-,   Quominuif,, 

Quin-,  Relativ-  und  Cwin-Sätze.     Wien  Holder.     94  S.     1,80  M. 

Z.  T.  gegen  Dittniar  Studien  zur  lateini.schen  Moduslehro 
gerichtet.  Vgl.  BphW.  1899,  Sp.  1037- J044  und  Blütter  f.  d.  bayr. 
Gyninasialschuhv.  1900,  S.  80—81. 

76.  Schmalz  J.  H.     Donec  und  Dum  (bis  zu  den  augu.»»t.  Dichtern 

<  inschliesslich).     ALL.   11,  Heft  3,  S.  333    350. 

Vorarbeiten  zur  grossen  historischen  Grammatik,  die  bei  Teub- 
ner  erscheint.  \,  Donec.  Die  Formen :  doiiicum^  donec  cum,  donec, 
duueqne,  doneque  cum,  donique  {du7ic?).  Referat  üb«'r  die  ver>chie- 
den^Mi  Erklärungen.  Vorkommen  der  einzelnen  Formen.  Bedeutung. 
Modus.  S}>rachgebrauch  von  Cato  bis  Ovid.  II.  Dum.  Etymologie. 
Zusammensetzungen  mit  dum.  Adverb  und  Konjunktion.  Modus. 
Dum  bei  den  älteren,  bei  den  augusteischen  Dichtern,  auf  Inschriften 
(nach  Büchelers  Anthologie).  Verhältnis  zu  dtinc,  zu  donec  und  quoad. 
Z)i/7/?='so  lange  als'.     /)um  = 'während*.     Z>M7n  =  *bis\ 

77.  Bennet  Ch.  E.  Die  mit  iamquam  und  quasi  eingeleiteten  Sub- 
stantivsätze.   ALL.  11,  Heft  3,  S.  405-417. 

Es  handelt  sich  um  Sätze  wie  Suet.  Aug.  6  tenet  vincinitatem 
opinioj  tamquam  et  natus  ibi  sit.  Die  Beispiele  aus  der  silbernen 
Latinität  für  tamquam,  sind  möglichst  vollständig  gesammelt,  die 
für  quafii  machen  diesen  Anspruch  nicht.  Die  Ergebnisse  für  tam- 
quam finden  sirh  S.  412—413,  die  für  qiiasi  S.  416— 417.  Der  Verl. 
lässt  diese  Substanlivsatze  nicht  aus  Kausalsätzen,  sondern  aus  Ver- 
glcichungssät'/eii  mit  tamquam,  (quasi)  hervorgehen;  vgl.  etwa  Quint. 
decl.  307  nondum  invado  tamquam.  proditorem  und  Tac  bist.  3,  77 
Triarium  incesserent,  tamquam  .  .  .  egisset. 

78.  Long  (},  F.     Quotiens,  quotienscunque,  quotiensque.      ALL.  II, 

Heft  3,  S.  395-404. 

^Manuskript  einer  Doktordissertation  der  Universität  Baltimore, 
vom  Herausgeber  des  Archivs  im  Exzerpte  vorgelegt  und  durch 
<Mnige  Zusätze  erweitert.  —  Die  junge  Orthographie  quociens.  Der 
Nasal  nach  Inschriften  und  alten  Grammatikern.  Quam  saepe  ITir 
quofien.s.  Quotiens  in  verschiedenen  Satzarten.  Nescio  quotieus. 
Qu otietLs  mit  Konjunktiv.  Quotien.scuriquc.  Quotiensqtie:=  quotiens- 
cunque  odvi'  =  et  quotiens.     Quotienslibet. 

79.  Methner  R.  J*osteaquam,  po.stquam,  ubi,  ut,  simulatque.  Ein 
Beitrag  zur  Berichtigung  und  Vereinfachung  der  lateinischen  Syn- 
tax.    Z.  f.  d.  Gymn.  53,  625-634. 

80.  Notolla  U.  La  funzione  stilisiica  delle  consonanze  in  latino. 
Bergamo  tip.  frat.  Bolis.     12  S. 

i)  Semasiologie,    k)  Loxiko^r»phie. 

81.  Thomas  R.  Neues  zur  Bedeutungslehre.  Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn. 
35,  593—602. 


VI.  Italisch.  247 

Besprethung'en  neuen» r Schriften:  Reissinger  Obund  proprer^ 
Landau  1.897,  und  Stöcklein  Bedeutungswandel  der  Wörter,  Mün- 
chen 1898. 

82.  Meader  C.  L.     Zur  Geschichte  der  Pronomina  demonstrativa. 

ALL.  11,  Heft  3,  369-393. 

Der  Herausgeber  des  Archivs  legt  eine  Arbeit  Meaders  im 
Kxzerpt  mit  einigen  Zusiitzen  vor;  die  Arbeit  soll  in  Ann-Arbor  al» 
Doktordissertation  eingereicht  und  veröffentlicht  werden,  /.v,  ea,  id. 
Vgl.  für  das  arcli«ische  Latein  Bach  De  usu  prononiinnni  demon- 
strativorum  in  Studemunds  Studien  Bd.  2.  Statistische  Untersuchun- 
gen über  die  Häufigkeit  des  Gc^hrauehs.  Fehlen  des  Noni.  plur.  eiy 
ii,  eae  in  der  goldnen,  silbernen  und  spätlateinischen  Poesie  wegen 
der  Kollision  mit  dem  Dat.  sing,  und  der  schwankenden  Aussprache 
von  ei,  ii,  hi,  hiix  ähnliches  Verhältnis  beim  Dat.-Abl.  eis  neben  iis^ 
hiSy  hiis.  Unsicherheit  in  der  Messung  von  eius^  bei  Virgil  fehlt 
es  ganz.  2.  Konkurrenz  von  hie  und  is.  Vgl.  R.Kühner  Aus- 
führl  Gramm.  §  1 18,  2  Anm.  7,  S.  455.  1)  eo  =  id€0  und  hoc  nn't  oder 
ohne  folgendes  qtiod,  quia^  uU  fie  usw  .2)  eo  mit  Komparativ,  hoc 
mit  Konjparativ.  3)  id  est  (erklärend)  und  hoc  est.  4)  ad  id  und 
ad  hoc.  5)  ob  id  und  ob  hoc.  3.  Iste.  Zunächst  Pronomen,  das 
sich  auf  die  angeredete  Person  bezieht.  Dann  AbschwHchung  der 
Pedeutung.  Zuerst  von  Valerius  Maximus  von  der  2.  Person  losge- 
löst. Iste  übernimmt  die  Funktion  von  hic^  Gegensatz  von  isteUle. 
4.  Ipse.  Urspr.  Pronomen  des  Gegensatzes,  dann  ebenfalls  Abschwä- 
chung  der  Bedeutung.  lp.se=^idem  als  Identitätspronomen.  Ipse  ais- 
bestimmter Artikel.     [Schluss  folgt.] 

83.  Denk  J.    Lesefrüchte.     ALL.  11,  Heft  3,  S.  428. 

Äbditai'e  —  devotiosus  —  latino  und  latinizo  —  7nedica=^ob' 
stetinx  —  bestiosus  und  serpentiosus.    (S.  auch  ALL.  11,  112.) 

84.  Hirschfeld  0.  Der  Name  Gemiani  bei  Tacitus  und  sein  Auf- 
kommen bei  den  Römern.  In  'Beiträge  zur  alten  Geschichte  und 
Geographie.  Festschrift  f.  H.  Kiepert'.  S.  259—274.  Berlin  Reimer 
1898.    40. 

Hirsehfeld  geht,  wie  unten  Nr.  85  Gudemann,  vom  2.  Kapitel 
der  Germania  aus.  Da  Tacitus  seinen  römischen  Lesern  gar  keine 
Erklärung  des  Namens  Germani  gibt,  muss  er  voraussetzen,  dass- 
sie  über  die  Bedeutung  nicht  im  Unklaren  sein  konnten,  d.  h.  er 
hat  den  Namen  für  gleichbedeutend  mit  dem  lateinischen  Wort  ger- 
mani gehalten,  ohne  Rücksicht  darauf,  dass  nach  seiner  eignea 
Annahme  der  Name  von  den  Kelten  ihren  rechtsrheinischen  Nach- 
barn beigelegt  worden  ist  (S.  2H5 — 266).  Caesar  ist  der  Germanen- 
name erst  in  Gallien  und  durch  die  Gallier  zu  Ohren  gekommen^ 
80  wird  über  seine  Deutung  nicht  die  germanische,  sondern  die 
kelti.sche  Sprache  Aufschlu-ss  zu  bieten  haben  (S.  274). 

85.  Gudeman  A.    Zur  Germania  des  Tacitus.    Philol.  58,  25—44. 

Sucht  im  Anschluss  an  c.  2,  14  ff.  die  Germani  wieder  aus- 
dem  Lateinischen  als  fratres^  db€Xq)o(,  yvi^cioi  zu  erklären.  Vgl.  o. 
Nr.  84. 

86.  Ellis  Rob.    (Egnes = eqrnis).    Journ.  of  Philol.  26,  197. 

Minucius  Felix,  Octav.  VIII  3  Halm.  Vgl  ALL.  10,  286,  452; 
11,  275  und  nächste  Nummer. 

87.  Haverfield  F.    On  Eques  for  Equus.    Cl.  Rev.  13,  305-306. 


248  VI.  Italisch. 

?8.  Ascoli  G.  J.     Talentum  'propensione;  attitudine  dello  spirito*. 

Arch.  glott.  ital.  Suppl.  period.  Sesta  dispensa  1898.    S..31— 36. 

Zur  Bedeutungsentwicklung  des  Wortes,  bes.  auch  im  Irischen, 
Romanischen  (und  Griechischen). 

89.  Helm  R.     {Jentaculum  —  lentaculum^  iactatio  —  lactatio  bei 
Fulgentius  und  Nonius).    Philol.  58,  474—476. 

90.  Nestle  Eb.     Velum.    ALL.  11,  Heft  3,  417. 

Velum  als  Lehnwort  im  Syrischen  und  Jüdisch-aramäischen. 

91.  Hesselmeyer.    Securtis.   Korrespondenzbl.  f.  d.  Gel.-  u.  Realsch. 
Württ.  6,  44-55. 

Semasiologische  Studie. 

92.  Thompson  E.  S.    Quidem  in  Augustan  Verse.    Cl.  Rev.  13,  395. 

93.  Piasberg   0.     {Discere  =  docere   und   Analogien    aus   andern 
Sprachen).    Rh.  M.  N.  F.  54,  148  Anni.  1. 

94.  Blümner  H.  Was  bedeutet  replumbare?  ALL.  11,  Heft  3,  8.424 

-426. 

Replumbare  'aus  der  Lötung  herausnehmen';  Verteidigung 
dieser  Bedeutung  gegen  Erich  Pernice  (*die  Bleifällung  in  den  hohl- 
getriebenen Emblemata  der  Silbergefttsse  herausnehmen*)« 


95.  BrugpEnann  K.  Über  den  Thesaurus  linguae  Latinae.  IF.  Anz. 
10,  368-373. 

96.  Diels  H.  Jahresbericht  über  den  Thesaurus  linguae  latinae. 
Sitz.-Ber.  d.  Berliner  Ak.  d.  W.  1899  I  S.  77—78. 

97.  Leo  F.  Bericht  über  den  Thesaurus  linguae  latinae.  Nachr.  d. 
Gott.  Ges.  d.  W.  1899  S.  26—30. 

98.  Thesaurus  linguae  latinae.  Beilage  z.  Münchener  Allg.  Zeitung 
No.  208. 

99.  Leeper  A.  Notes  on  Lewis  and  Short's  Latin-English  Lexicon. 
Am.  Journ.  Phil.  20,  169—185. 

100.  Schlutter  0.  Addenda  Lexicis  Latinis.  ALL.  11,  Heft  3,  S.426 
-428. 

U.  a.  capituluvi  'Vertrag',  praetersinSj  raribarbius,  tantillitas. 

101.  Corpus  glossariorum  latinorum  a  Gustavo  Loewe  incohatum 
fiuspieiis  Societatis  Litterarum  Regiao  Saxonicae  composuit,  recen- 
suit,  edidit  Georgius  Goetz.  Vol.  VI:  Thesaurus  glossarum  emeu- 
datarum,  confecit  Georgius  Goetz.  Pars  prior.  Fase.  1  (1899)  2 
(1900).     Leipzig  Teubner.     (jeder  Fase.  18  M.). 

G.  macht  durch  diesen  Thesaurus  die  vier  erschienenen  Bände 
(II— V)  des  Corpus  erst  recht  zugänglich  und  erschliesst  eine  neue 
reiche  Fundgrube  liir  Latinisten.  Aus  der  Praefatio:  1.  Collegi  et 
recepi  quidquid  glossarum  quattuor  quae  edita  sunt  voluminibus 
continetur,  nisi  quod  e  colloquiis,  fabulis,  tractatibus  tertii  voluminis 
notabiliora  tantum  excerpsi  tritis  vocabulis  omnino  abiectis.  His 
addidi  siipplementa  quaedam  ...  2.  Glossas  non  modo  collegi  aut 
collectas  exhibui,  sed  pro  virili  parte  eiiiendavi  .  .  .  eam  mihi  nor- 
mani  esse  volui.   ut  meras  sordes  erroresque  librariorem  abicerem, 


VI.  Italisch.  249 

formas  vero  latinas  sive  vetustas  sive  recentiores  sive  vulgares  et 
TOUiHnenses  praeter  tritissimas  vilissimasque,  quas  ubique  recoquere 
taedium  esset,  ne  obscurarem  ...  3.  Lemmata  latina  quibus  graeca 
non  ita  pauca  interposita  sunt  per  litteras  digessi.  Ex  interpreta- 
inentis  quae  ad  illa  lemmata  pertinent  potiora  excerpsi,  excerpta 
litterarum  ordini  tamquam  lemmata  inserui,  ne  nimis  delitiscerent . . . 
4.  Locos  scriptorum  ad  quos  lemmata  vel  interpretamenta  redire 
videantur  ubi  indagaveram  indicavi  .  .  .  Vgl.  Buecheler  Deutsche 
Littz.  1900  S.  40-42. 

102.  Pokrowsk^   M.     Glossographisches   und   Linguistisches   zum 

Thesaurus  glossarum  emendatarum  von  G.  Goetz.   ALL.  11,  Heft  3, 

S,  351—360. 

Zu  einzelnen  Glossen  (von  abruptus  bis  direptus).  Beachte 
u.  a. :  das  Verhältnis  von  aculeus,  acula,  actis  —  equuleus,  equulus, 
equuH  —  laureGy  laurus  —  caprea,  capra  u.  Ä.  —  Adimttio  (nicht 
adimltio)  ademptio,  vgl.  die  Bildungeu  auf  -X-tio  {exspultio)  -X-tor 
{colXtor)y  X-tum^  -Xtus^  -Xiurus  {gignXtum^  imptdittis  nach  Perf.  impüli, 
fefellXtus  nach  Perf.  fefelli,  arguXturus^  consequXturus).  —  AI  eh  rem 
pulchnirrij  dazu  andere  Bildungen  auf  -hri-,  -bro-  wie  fellebris,  salü- 
ber  aus  ^saloue-bri-^  salvos  aus  *salövÖs  (ähnlich  salütis  aus  ^salöue- 
t'is)  —  -4 ma WS  =  Trpoc(piXi*|c.  Passivischer  Sinn  solcher  aktivischer 
Partizipien  durch  vollständigje  Adjektivierung  veranlasst.  —  Anas: 
Part,  anatus  =  satiäs  zu  satiatus.  —  ArmifeSy  arquites,  iugites  wie 
cUites  (ala),  equites  {equus).  —  Bivium^  Schwanken  zwischen  bi-, 
di'f  du-,  —  Dapet  und  die  anderen  nicht  zahlreichen  Verba  auf 
-erc,  die  von  Substantiven  gebildet  sind. 

103.  Heraeus  G.    Varia.    Rh.  M.,  N.  F.  54,  305-311. 

S.  305.  Zu  campsaria,  -ae  'Trödelmarkt*  vgl.  CGL.  III,  306.  17 
€l|LiaToq)vjXdKiov  capsarium,  338,  14  KafLiirTpoiroiöc  campsaritLs^  571,  4 
camsa  :  data  [s.  jetzt  auch  CGL.  VI  s.  v.  capsa  u.  tf.].  —  CIL.  VI 
7882  faber  lectasius  (unrhotaziert!)  neben  sonstigem  lectarius  und 
lectuarius.  —  S.  306.  Verbesserungen  zu  den  Anecdota  Helvetica 
meist  auf  Grund  von  Glossen:  S.  185,  15  choicus  (xoiköc)  st.  chol- 
cus  —  95, 10  collybista  (KoXXußicTT]c)  st.  colossita  und  colosista  unter 
den  Mask.  auf  -a  nach  der  1.  Dekl.  -r-  113,  32  ivbar  und  instar  st. 
inuar  und  infar  unter  den  Neutr.  auf  -ar.  —  CLXXVI  biothanati 
st.  bianati.  —  117,  23  neutra  nomina  in  is  tria  sunt  indecliuabilia, 
ut  hoc  tresis  sexis  dec[us]is,  nicht  mit  Hagen  tressis  sexessis 
decussis.  —  CCXIII  Vincila  lentiarius  (=ltntearius),  nicht  mit  Hagen 
lancearius,  —  CCLX  26  hominem  exivit  st.  mit  Hagen  hominem 
exuit.  —  S.  307.  Gellius  noct.  Att.  10,  25,  5  bei  einer  Aufzählung  von 
Schiifsnamen  für  vetutiae  vielleicht  venetiae,  zu  moedia  vgl.  /iubia 
{=  mtiscelli),  —  S.  308—309.  Zu  den  Sortes  Sangallenses:  soniariy 
sonium  {sotgner^  soin) ;  acre  =  acriter.  —  S*  309.  Cistifer  pro  cistiber 
vulgaris  etymologiae  vestigia  prodit.  Langon  Xqtt^v  zu  XaTTdZuj 
'Drückeberger'. 

104.  Smith  G.  0.  Moore.  Fragment  of  a  Latin-German  Glossary  in 
the  Library  of  University  College,  Sheffield.  Journ.  of  Philol.  26, 
238—242. 

105.  Heraeus  W.    Zur  Kritik  und  Erklärung  der  Serviusscholien. 

Hermes  34,  1617-173. 

Beachte:  rabies-räbia  u.  ä.  S.  162—3;  die  neucrschlossenen 
Substantiva  acutus  'Nagel*  und  cicur  'sus  domesticus'  S.  167  u.  173. 


250  VI.  ItaliBch. 

106.  Havet  L.    Moraclum.    ALL.  11,  Hett  3,  S.  860. 

Erschliesst  aus  Paul.  Festi  139  Mmoradttm  und  setzt  es  Plaut. 
Trin.  1108  in  den  Text:  Nihil  est  inor(u:li;  [abis]  ambuia  .  .  . 

107.  Hassels  J.  H.    Memoranda  on  Mediaeval  Latin.    Nr.  1  On  the 

Need  of  a  new  Mediaeval  Latin  Dictionary.    Transactions  of  the 

PhUol.  Sog.  1895-98.    London  1898.    S.  419—483. 

Hesseis  gibt  nach  einer  Einleitung  über  sein  Thema  zwei 
Wörterlisten :  eine  aus  der  Lex  Salica  und  eine  aus  Henr.  de  Brac- 
ton's  De  Legibus  Angliae.  Sie  wollen  als  Vorarbeiten  zu  einem 
Lexikon  der  mittelalterlichen  Latinität  gelten. 

1)  Grammatisches  zu  einzelnen  Texten,  Litteratargttttniigen, 

Sprachkr  eisen. 

108.  (Berichte  über  die  Litterutur  zu  lateinischen  Schrittstellcru.) 

BurHians  Jahresb.  101. 

Berichtet  wird  über  Catull  f.  d  J.  1887—1896  von  H.  Mag- 
nus  S.  84—141.  über  Phaedrus  und  Avianus  f.  d.  J.  1895—1808 
von  H.  Draheim  8.  142—147,  über  Ciceros  philosophische  Schriften 
f.  d.  Jahre  1894-1897  von  H.  Deiter,  S.  148—164,  über  Sailust  f. 
d.  J.  1878—1898  von  B.  Maurenbrecher  S.  16.1-248. 

109.  Jahresberichte  des  philol.  Vereins  zu  Berlin.     Zeit^chr.  f.  d. 

Gymn.  53. 

Livius  von  H.  J.  Müller  S.  1—27.  —  Horatius  von  H.  Röhl 
S.  36-65.  —  Curtius  von  M.  P.  Schmidt  S.  72—95.  -  Nepos  von 
G  Gemss  S.  96-108.  —  Vergil  von  P.  Deuticke  S.  168-213.  - 
Caesar  von  H.  Meusel  S.  214—262.  —  Tacitus  mit  Ausschluss 
der  Germania  von  G.  Andresen  S.  267—312.  —  Ciceros  Briefe 
von  Th.  Schiebe  S.  313—385. 

110.  Brtol  M.     Mots  d'origine  greque  dans  la  loi  des  XII  tables. 
Rcv.  des  Et.  grecques  12,  300—304. 

111.  Sonnenschein  £.  A.    The  Codex  Turnebi  ofPlautus.   Cl.  Rev. 
13,  :>22-224,  264-265. 

112.  Lindsay  W.  M.    The  Codex  Turnebi  of  Plautus  and  the  Bod- 
leian  Marginnlia.    Cl.  Rev.  13,  254—264. 

113.  Lindsay  W.  M.     Plauti  Codicis  Senonensis  Lectiones.    Philol 

Suppl.  7,  117-131. 

Zur  Orientierung  verweist  Linsay  auf  sein  Buch  'The  Codex 
TuriiObi  of  Plautus.  Oxford  1898'  [vgl.  Anz.  10,  Bibliogr.  VII A  NY 
157]  ^Hic  .  .  .  placet,  quod  a  maioris  operis  proposito  alienum  erat, 
universas  lectiones  codicis  illius  praestantissimi,  sive  ex  Turnebi 
sive  ex  Lambini  testiinonio,  sive  ex  exemplaiis  Bodleiani  marginibus 
cognitas,  in  unum  coHigere*. 

114.  Lindsay  W.  M.    Some  Plautinc  Emendations.    Joum.  of  Philol. 

26,  279—299. 

Bringt  auch  ein  par  allgemeine  Erwägungen  zur  Plautusüber- 
lieferung.  Einer  konservativen  Behandlung  des  Textes  wird  ener- 
gisch das  Wort  geredet. 

115.  MüUer  C.  F.  W.    Zu  Plautus,     Rh.  M.  N.  F.  54,  381-403  und 
526—543. 

Textkritisches  und  Metrisches.    Verteidigung  ftrüherer  Aufstel- 


VI.  Italisch.  251 

lungcn  des  Verfassers  ß:egen  die  neuen  Plautusherausgeber  (Scholl, 
Götz,  Leo),  besonders  in  der  Hiatusfrage.  Über  die  allgemeine 
Stellung  Müllers  zu  der  modernen  Plautuskritik  vgl.  S.  541  Anm.  1. 
Von  sprachlichen  Dingen  beachte:  die  Verbindungen  iam  inde  a, 
iam  inde  abhinCj  iam  inde  usque  a,  iam  inde,  iam  a,  iam  hinc  a, 
iam  hinCf  iam  usque  q,  iam.  tum  a  in  der  lateinischen  Litteratur 
S.  381.  —  curare  mit  blossem  Konjunktiv  S.  388—389.  —  Versuch 
die  Länge  des  e  (i)  im  Abi.  der  3.  Dekl.  milit?.^  ardin^^  Pseud.  616 
und  761,  zu  beseitigen  S.  530.  —  Plnutus  kennt  durchaus  keine 
griechisch**  Deklination,  vgl.  auch  das  Hannihälis  uud  Hectöris  des 
Ennius.  —  hac  aetate  und  hoc  aetatis  im  Anschluss  an  Trin.  1090 
(gegen  Leo  Forschungen  S.  276  ff.). 

116.  Müller  C.  F.  W.    Zu  Plautus  Truculentus.    Hermes  34,  321—344. 

Textkritisches  und  Metrisches. 

117.  Weber  H.     Plautina.     Philol.  58,  617-620. 

Textkritik  und  Erklärung  einzelner  Stellen. 

118.  Skutsch  F.     Plautinum.    Rh.  M..  N.  F.  54,  183-184. 

Gas.  239  ff.  sind  nicht  mit  Leo  trochäisch,  sondern  anapästisch 
zu  lesen. 

119.  Marx  F.     Ein  Stück  unabhängiger  Poesie  des  Plautus.    Sitz.- 

Ber.  d.  philos.-hist.  Kl.  d.  Wiener  Ak.  d.  W.  140,  VIIL  Abhandlung. 

S.  1-34. 

Sucht  u.  a.  mit  Hülfe  der  Prüfung  des  sprachlichen  Aus- 
drucks die  Priorität  des  Rudens  vor  dem  Mercator  festzustellen;  im 
Mittelpunkt  der  Betrachtung  stehen  die  Traumerzählungen  Kudens 
593  ff.  uud  Mercator  225  ff. 

120.  Thulin  C.     De  coniunctivo  Plautino.     Diss.  inang.  Lund.    X, 
200  S. 

Vgl.  die  kurze  Inhaltsangabe  ALL.  11,  603. 

121.  Audouin  E.     De  Plautinis  anapaestis.     Th^se.     Paris  Klinck- 
sieck  1898.    XIT,  298  S. 

S.  die  Besprechung  von  O.S(eyffert)  BphW.  19,  Sp.  1064-1072. 

122.  Waltzing  J.  P.    Lexique  de  Piaute.     Mus.  Beige  3,  50-96. 

Specimen.  Ä—accedo. 

123.  Waltzing  P.    Lexique  de  Piaute.    Fase.  I.  Ä—Äccipio.    Lou- 
vain  Peeters  1900.     100  S.    3  fr. 

124.  Spengel  A.     Zu  den  Fragmenten  der  lateinischen  Tragiker. 

Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn.  35,  385—416. 

Zur  3.  Auti.  der  Tragikerfragmente  Kibbecks  (Leipzig  1897). 
Sprengel  verlangt  für  einzelne  Stellen  mehr  Kück^cht  aut  die  Eigen- 
art der  dramatischen  Sprache,  bes.  in  der  Wortstellung.  Auch  me- 
trische Verbesserungen  werden  vorgeschlagen. 

125.  Valmaggi  L.     Un  nuovo  frammeuto  di  Ennio?    Atti  della  R. 
Acc.  d.  scienze  di  Torino.    Vol.  34,  S.  554—559. 

126.  Vahlen  J.     Bemerkungen  zum  Ennius.     Sitz.-Ber.  d.  Berliner 

Ak.  d.  VV.  1899  I.     S.  26«) -279. 

Spricht  u.  a.  über  die  Enniuszitate  in  der  Ars  grammatica  des 
Diomedes. 

127.  Pascal  C.     Quaestiouum  Ennianarum  particuia  IV.     Kiv.  di  P'il. 
27,  1-10. 

Aiizei»ccr  XII  3!  u.  3.  17 


252  VI.  Italisch. 

128.  Valmaggi  L.     Eniiia  e  Ausonio.    Riv.  di  Fil.  27,  95—%. 

Populea  fruns  {frus^  fron). 

129.  Lucretius.    T.  Lucreti  Cari  de  reriun  natura  libri  VII.  Ed.  A. 

B rieger.    Ed.  ster.  (emendatior).     Leipzig  Toubner.    LXXXIV, 

230  S.     2,10  M. 

Unterscheidet  sich  nur  durch  die  Appendix  S.  207—230  von 
der  ersten  Ausgabe  1894. 

130.  Hid6n  C.  J.    De  casuum  syntaxi  Lucretiana  II.    Helsingforsiae. 

Berlin  Mayer  u.  Müller.    VIII,  152  S.    2,50  M 

Teil  I  ist  Anz.  8,  Bibliogr.  f.  1896  VII A  Nr.  137  notiert:  er 
handelte  vom  Noni.,  Akk.,  Vok.  und  Dat.;  in  Teil  11  wird  der  Abi. 
besprochen  und  ein  Teil  III  über  den  Gen.  in  Aussicht  gestellt. 

131.  Hid6n  K.  J.     Miniuiae  Lucretianao.     Nord.  Tidsnkr.  f.  Pilol. 

3.  Reilie,  8  S.  46-48. 

1.  Ad  casus  ponendi  rationem.  2.  De  praepositionum  collo- 
catione. 

132.  Hid6n  K.  J.  Öfver  tvänne  nybildningar  hos  Lucretius.  Nord. 
Tidsskr.  f.  Filol.  3.  Reihe  8  S.  42-45. 

Utraque,  —  interutrasque. 

133.  Woltjer  J.    Studia  Lucretiana.    (Continuantur  e  Vol.  25,  p.  331.) 

Mnemosvne  27,  47 — 72. 

Enim,  nam^  namque  bei  Lukrez  und  andern  didaktischen  und 
epischen  Dichtern  S.  49—66. 

134.  Braungarten  F.  Ein  Beitrag  zur  Formen-  und  Wortfügungs- 
lehre Caesars  in  den  Comment.  de  belle  Gallico.  II.  Wortfügungji- 
lehre  (Accusativ).  Hierzu  die  varietas  Caesars  in  der  militärischen 
Terminologie  und  Phraseologie.    Pgm.  Smichov  1898.     19  S. 

Vgl.  Anzeiger  11,  Bibliogr.  Vll  Nr.  156. 

135.  Blase  H.     Syntaktische  Beiträge  zur  Kritik  der  Überlieferung 

in  Caesars  Bellum  Gallicum.    Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn.  35,  249-269. 

Zu  Meusels  Jahresbericht  über  Caesar  (Jahresb.  des  phil.  Ver- 
eins 1894,  S.  214  if.).  B.  bringt  ein  par  syntaktische  Untersuchungen 
zur  Bestimmung  des  Verhältnisses  der  Handschriftenklassen  a  und  ß 
zu  einander.  Er  behandelt:  1)  das  Plusquamperfektum,  2)  Perfekt 
oder  Praesens  historicum?  3)  den  sog.  Konjunktivus  Iterativus,  4) 
den  Konjunktiv  des  Perfekts  in  Folgesätzen  nach  einem  Präteritum, 
5)  das  Tempus  in  sonstigen  Konjunktivsätzen. 

136.  Walker  A.  T.  The  Sequence  of  Tenses  in  Latin.  A  Study 
based  on  Caesar's  Gallic  War.  Chicagoer  Inaug.  Diss.  (S.-A.  aus 
dem  Kansas  University  Quarterly.  Vol.  VII  Nr.  4)  Lawrence  Kan- 
sas.   52  S. 

Vgl.  D.  Litt.  Zeitung  1900,  Sp.  1764. 

137.  Reinhardt.    Die  oratio  obliqua  bei  Caesar.    Pgm.  Aschersleben. 

23  S.  40. 

138.  Pascal  C.  Dizionario  dell*  uso  Ciceroniano  ovvero  Repertorio 
di  locuzioni  e  costrutti  tratti  dalle  opere  in  prosa  di  M.  Tullio 
Cicerone.    Torino  Loescher.    XV,  777  S.    8  1. 


VI.  Italisch.  253 

139.  Gurlitt  L.  Die  Interjektion  'st*  in  Ciceros  Briefen.  NphR.  1899. 
S.  433-435. 

Kommt  blos  3  mal  vor  und  ist  aus  dem  Text  zu  beseitigen. 

140.  Haie  W.  6.     Der  Codex  Romanus  des  Catullus.    Hermes  34, 

S.  133-144. 

Vgl.  Am.  Journ.  of  Arch.  Second  Series  1897,  Vol.  I  Nr.  1, 
.S.  36  ff.  Wendet  sich  namentlich  gegen  K.  P.  Schulze  Hermes  33, 
611 — 512.  Haie  will,  falls  seine  neuen  Vermutungen  über  das  Verhältnis 
•der  Catullhand.««chrit'ten  sich  bewähren,  einen  zusammenhängenden 
wiederhergestellten  Text  der  verlorenen  Veroneser  Handschrift  ver- 
-öfPeutlichen. 

141.  Schulze  K.  P.    Zum  Codex  E  des  Cutull.    BphW.  19,  Sp.  442' 
—445. 

142.  Postgate  J.  P.  On  certain  Manuscripts  of  Propertius.  Trans- 
actions  Cambridge  Philol.  Soc.     Vol.  IV,  S.  1—83. 

143.  Horatius  Q.  Horali  Flacci  opera.  Recensuerunt  0.  Keller 
et  A.  Holder  Vol.  1.  Carminum  libri  IV,  epodon  lieber,  Carmen 
saeculare.  Iterum  recensuit  0.  Keller.  Leipzig  Teubiier.  CVII, 
453  S.     12  iM. 

144.  Sabbadini  R.     Virgilius  —   Vergilius,    Riv.  di  Fil.  27,  93—94. 

145.  Pokrovskij  M.  Citaty  iz  Vergilija  v  latiuskich  glossarijach. 
(Zitate  aus  Vergil  in  lat.  Glossaren).  2urn.  Minist.  Narodu.  Prosv^»- 
ceuija  324  Juli  1899  Otdßl  klass.  filol.  S.  15-32. 

146.  VitruviuB.  Vitruvii  de  architectura  libri  decem.  Iterum  edi- 
dit  V.  Rose.    Leipzig  Teubner.    XXX,  317  S.    5  M. 

147.  Plinius.  C.  Plinii  Caecilii  secundi  epistularum  Über  primus. 
Edited  with  Introduction,  Notes,  Vocabulary  by  C.  J.  Phillips. 
London  Macmillan.    76  S.    1  sh.  6  d. 

148.  Lease  E.  B.  Contracted  Forms  of  the  Perfect  in  Quintilian. 
Cl.  Rev.  13,  251-253. 

Statistische  Zusammenstellung. 

149.  Lease  E  B.    Notes  on  Quintilian     Cl.  R.  13,  130. 

Eist,  dummodo^  igitur,  itaque.  Ergänzungen  und  Berich- 
tigungen zu  Neue,  Formenlehre  und  Schmalz,  Syntax. 

150.  Howard  A.  A.  Metrical  Passages  in  Suetonius.  Harvard  Stu- 
dies  10,  23-28.     Boston. 

151.  Winstedt  E.  0.    A  Bodlelan  Ms.  of  Juvenal.    Cl.  R.  13,  201-205 

Die  Hsch.  bringt  nach  Sat.  VI  365  noch  34  bisher  unbekannte 
Verse.    Die  reiche  Litt,  über  dieselben  s.  in  der  BPhC.  1899. 

152.  Olement  W.  K.    The  Use   of  the  Infinitive  in  Silius  Italiens. 

Am.  Journ.  Philol.  20,  195-197. 

Berichtigungen  und  Ergänzungen  zu  Joh.  Schmidt  De  usu  in- 
£nitivi  apud  Lucanum,  Valerium  Flaccum,  Silium  Italicum.  Halle 
1881  und  zu  Jul.  Schinkel  Quaestiones  Silianae.    Leipzig  1884. 

153.  Die  Appendix  Probi.  Hgg.  von  W.  Heraeus.  ALL.  11, 
Heft  3,  S.  301-331  und  451-452. 

Nach  der  grundlegenden  kritischen  Ausgabe  von  Wendelin 


254  VI.  Italisch. 

Förster  in  deu  Wiener  Studien  14,  294  ff.  bietet  H.  hier  an  der 
Zentralstelle  tlir  lat.  Lexikoj^raphie  einen  Neudruck.  Von  einer 
Neuvergleichung  der  Hschr.  wurde  dabei  abgesehen,  dagegen  wird 
eine  solche  von  G.  Gundermann  in  Aussicht  gestellt,  (vgl.  auch 
Gundermanns  Nachträge  zu  Försters  Arbeit  in  der  Zeitschr.  f.  franz. 
Spr.  u.  Litt.  15,  181  ff.)  Bei  unsicheren  Lesungen  sind  die  verschie* 
denen  Möglichkeiten  von  Vulgärformen  im  weitesten  Mass  berücksich- 
tigt. Der  Kommentar  stellt  in  Kürze  zusammen,  was  bisher  zur  Erklä- 
rung geleistet  worden  ist;  H.  selbst  steuert,  besond(*rs  aus  den  Glossen,, 
viel  Neues  bei.  Für  weitere  Bedürfnisse  wird  auf  die  Untersu- 
chungen von  Karl  Uli  mann  in  Volhnöllers  Roman.  Forseh.  7, 145— 
225  verwiesen.  S.  451  —  452  folj^t  ein  Index  der  getadelten  Vulgär- 
formen. 

154.  Heraeos  W.    Die  Sprache  des  Petronius  und  die  Glossen.   Prg:. 

Offenbach  a.  M.    Leipzig  Teubner.   50  S.   4^   2  M. 

Nicht  blos  die  Glossen,  sondern  auch  die  Tironischen  Noten^ 
Inschriften,  Schollen  zu  Int.  Schriftstellern,  andere  vulgäre  TextCr 
Grammati kerzeugnisse  werden  zur  Erklärung  der  Sprache  des  P, 
beigebracht.  Vgl.  ähnliehe  Arbeiten  des  Verfassers  zum  Maximal- 
tanf  des  Diokletian  (N.  Jahrb.  f.  Phil.  1897,  353-360)  und  zur  Ap- 
pendix Probi  (ALL.  11,  61 -70).  Der  lexikalische  Teil  zerfällt 
in  2  Abschnitte,  a)  seltene,  meist  vulgäre  Wörter  und  Wortbedeu- 
tungen (S.  2—31),  b)  Redensarten,  Formelhaftes,  Sprichwörtlichem 
(S.  31-38).  Der  2.  Teil  hat  die  Formen-  und  Lautlehre  zum 
Gegenstand.  Ich  notiere  daraus:  Die  Verwechslung  der  Genera  verbi. 
Die  Formen  defraudit,  vetuo^  fefeüitus  sunt,  vinciturutn.  Zu  veiuo- 
nach  dem  Perfekt  vetui  vgl  aus  Glosaarlen  vacuo,  censuOf  diriguOr 
conticuoy  oh-  und  commutuo;  complacuo,  opstipuo^  micuo,  «itfscuo; 
beachte  auch  consuleo  nach  conardui^  prostrare  von  prostravi  aus, 
sprevo,  perculo,  pepero  =  pario  u.  ä.  An  Nominalformen  sind  aua 
Glossen  zu  belegen:  intesthiae,  striga  =  strix  'Ohreule',  fatus  = 
fatum,  vasum  st.  t'a.v,  Ifbrum  Noni.  st.  Über;  Jovis  st.  Jupiter^  hox'is 
st.  hoSy  volpis  s>U  volpes,  stips  =:  stipes 'K\otz'.  Vulgäre  Lauterschei- 
nungeii  aus  Petroii  und  den  Glossen:  percolopare  =  percolaphare 
mit  progressiver  Assimilation,  peduclus  =  pediculus  u  ä.,  nomen- 
culafor,  susvm  f.  sursvm,  tulum  und  -culum.  Den  Beschluss  bilden 
ein  Index  verborum  und  locorum. 

155.  Corssen  P.    Bericht  über  die  lateinischen  Bibelübersetzungen, 

Bursians  Jahresber.  101,  1—83. 

Wichtig  zur  Orieniierung  auch  für  solche,  die  der  Frage  nur 
ein  rein  grammatisches  Interesse  entgegenbringen. 

156.  Ehrlich  £.    Quae  sit  Italae,  quae  dicitur,  verborum  tenacitas. 

Dis.s.  Leipzig  1898.     108  S 

E.  untersucht  die  Italafragmente  auf  die  Worte  des  Augustinus 
hin:  '*\w  ipsis  autein  interpretationibus  Itala  ceteris  praeferatur: 
nam  est  verborum  tenacior  cum  perspicuitate  sententiae"  (de  doctr. 
ehr.  II  16).  Im  1.  und  2.  Kapitel  (S.  5  —  54)  wird  gezeigt,  in  welcher 
Weise  die  Itala  sehr  häufig  griechische  Wörter,  einfache  und  zu- 
sammengesetzte, genauer  wiedergibt  als  die  Vulgata;  das  3.  Kap. 
handelt  vom  a  privativnm,  das  4.  von  den  aus  dem  Griech.  üher- 
nommenen  Wörtern,  da.s  5.  vom  Artikel,  das  6.  vom  Part.  Aor.  Act.,, 
das  7.  von  den  abhängigen  Fragesätzen,  das  8.  von  qu4>d,  quiay 
quonimn\  in  einem  9.  Kap.  werden  endlich  noch  die  Fälle  zusani- 
mengehtellt,  in  denen  die  Vulgata  den  griechischen  Text  genauer 
übersetzt  als  die  Itala. 


VI.  Italisch.  255 

157.    Corpus   scriptorum    ecclesiasticoruni   latinorum.    Viiidobonae 
F.  Tenipsky. 

Vgl.  Anz.  11  Bibliogr.  VII  A  No  208  Im  Jahre  1899  erschien: 
Augustini  operum  sect.  V  pars  1:  De  c-ivitate  Doi  libri  XXII  ex 
rec.  Einauuel  Hoffmann.     Pars  1  Libri  I-Xlll   (2  Bl.  XIX,  660  S.). 

i58.  Fulgentius.    Fabii  Planciadin  Fulgentii  opera.    Accedunt  Fabü 

Claudii  Govdiaiii  Fulgentii  de  aetatibus   niundi  et    hominis   et  S. 

Fulgentii  episcopi  super  Thebaiden.     Recensuit  H.  Helm,    Leipzig 

Teubner  1898.    XVI,  216  S.    4M. 

Bringt  in  der  Praefatio  S.  V  if.  und  in  dem  angehiingten  Index 
Sermonis  BeitrH;re  zur  Kenntnis  der  Sprache  des  Fulgentius.  Vgl. 
z.  B.  S.  197  adverbia  in  itrr  pro  e,  coniugatio  S.  199—200,  declinalio 
S.  201,  in  c.  abl.  pro  in  c.  acc.  S  2ü4,  praepositio  cum  casu  non 
.suo  S.  209  u.  V.  a. 

159.  Fulgentius     Fabii   Planciadis  Fulgentii    expositio   sermonum 

antiquorum  von  Paul  Wessner.     Conimentationes  philol.  Jenenses 

VI  2,  63-144. 

Dem  Tfxte  der  Expositio  sermonum  antiquorum  (S.  88-102) 
AToraufgeschickt  ist  je  ein  Abschnitt  über  die  Handschritteu  und 
Ausgaben;  an  den  Kommentar  reihen  sich  an  Bemerkungen  über 
Titel  und  Adressat  der  Schrift,  über  die  Lemmata  und  die  Zitate, 
.sowie  über  Fulgentiusglossen;  den  Beschluss  bilden  ein  Verzeichnis 
der  von  Fulgentius  erklärten  (62)  Wörter  und  eine  Übersicht  über 
die  als  Gewährsmänner  angeführten  Autoren.  Die  Arbeit  ist  gele- 
gentlich der  Vorarbeiten  zum  Generalindex  des  CGL.  entstanden; 
iei(U»r  mu8.<^te  der  Verfasser  seine  Fulgentiusstudien  vor  dem  Ab- 
.schluHS  abbrechen. 

160.  Eugippius.     Eugippii    vita   Severini.     Denuo    recognovit    Th. 

Mommsen.    (In  Scriptores  rerum   germanicarum   in   usum  schola- 

rum  ex  Monnmentis  Germaniae  Historicis  recudi  fecit  G.  H.  Pertz..) 

Berolini  apud  Weidmannos  1898.    XXXII,  60  S. 

S.  XXXII  "Orthographica  in  commentario,  cuius  Codices  vix  ad 
«aec.  X  adscendunt,  recte  spernentur;  nam  soloecismi  in  iis  reperti 
librariorum  fere  sunt,  non  auctoris.  Ceterum  poterit  qui  volet,  eorum 
inutilium  amplam  messem  reperire  in  apparatuKnoelliano".  Mommsen 
fügt  aus  dem  Kodex  K  hinzu:  hi.s  f.  is^  hostium  f.  ostium,  aut  f. 
Jiaud^  exortari,  nichil,  michi,  inqtnd  f.  inquit,  spiritualis  f.  spiri- 
talLsy  languor  f.  langor^  ammodo,  ammirari,  adversantum^  memtuum^ 
■ossuumj  uenibolus  f.  benevolus. 

161.  Dümmler  E.  Jahresbericht  über  die  Herausgabe  der  Monu- 
menta  Germaniae  Historica.  Sitz.-Ber.  d.  Berliner  Ak.  d.  W.  1899 
I,  S.  365-370. 

162.  Wölfflln  Ed.    Zur   Latinität    des    Jordanes.    ALL.  11,  Heft  3, 

S.  361-368. 

Abhängigkeit  seiner  Sprache  von  Vergil  und  andern  Autoren 
<ies  Schulunterrichtes.  Kasusauflösung  vermittelst  der  Präpositionen 
S.  365.  Die  Darstellung  der  Latinität  des  Jord.  im  Index  von 
Mommsens  Ausgabe  (1882).  Einiges  über  die  abundantia  inanis  des 
Jordanes. 

163.  Haag  0.  Die  Latinität  Fredegars.  Inaug.-Diss.  Freiburg  i.  B. 
1898.    In  den  Roman.  Forsch.  10,  835—932. 


256  VI.  Imliücli, 

Die  Sprnthe  Gregors  von  Tnurs  nncL  Bonnet  Le  Uttn  i» 
Grigoire  de  Tours  PnriB  ISSO  wurde  hei  der  Durstellutig  iter 
Spruche  der  Fredegar Chronisten  (7.  u.  8.  Jalirh.)  überull  zum  Ver- 
ffieich  herangeiogen,  Eb  werden  iiai-hoinamler  Lautlehre,  FlPiioD. 
Syntax  und  in  einem  Anliaiig  auch  die  Worthildunf;  liehnndeU. 
DcrVerr.  legt  sein  Mtiterial,  wo  es  nfilig  scheint,  vollstündiK  rar.  er 
bemüht  sich  nher  anch  in  d^n  ineieti-n  Fällen  einen  Erklärungs- 
versuch beizufügen.  Zur  KeiiuKeichnung  seiner  Methode  and  vnr 
allem  des  Sprachgebrauchs  Her  FredegarchronisteD  wallte  ich  ein 
par  BeiKpipli^  aus  dem  Kapitel  über  die  Flexion, 

VerhHitnis  vnn  Lnnt-  nnd  Flexionslehre:  hKufi^  bahnt  die 
TUlgftre  Aussprache  der  Endungen  (der  Fall  von  -m,  die  Identität 
von  I,  e;  o,  it)  die  romanische  Flexion  an.  Die  n-Deklination 
hielt  slrh  am  besten,  vgl.  ind«R  Gen.  PI.  litlemm,  aqufriim,  aquat- 
mm,  fpi-ner  nepta  f.  neptU  und  romanisilie  ErBehetnun>ren  wie 
Ulms  nate  sunt  (=  upae  natae  sunt),  Bi^i  den  a-Stüminen  kommen 
in  Betracht  die  mnssenhat'ten  lautlichen  Veränderungen  Nom.  Sg. 
■US  zu  OH,  Ahk,  PL  -os  zw  -w«,  Akk.  Sg.  -um  zu  -o  und  umgekehrt 
1,  ferner  die  seltenen  Verftnderunpeii  von 
ii  zu  -iae  (imperiae,  palaciae,  attoe)  «nirt 
Uiea,  fi/ies);  beachtenswert  sind  unt  {=^  uniiay 
ei  den  in  der  3.  Deklination  vereinigten 
Nom.  Sg.  -in  üu  -M  (^prineipes)  und. 


Dat.  Abi.  Sg. 
Gen.  Sg,  und  Nom. 
Dat,  Abi.  PI,  -IIS  zu  it 
und  folus  (—  totiug). 
Rt&mmen  sind  xn.  en 
umgekehrt  (et 


!  {Ercole  f.  HercuUi.    Akk,  i 


,  m)  (cacumine,  patri),  Abi.  Sg,  -e  zu  t  (profttetidi, 
nomeni);  Nom.  Akk.  PI.  -es  ku  -ts  [revülis  =  rebelte«,  princepinh 
Dat.  Ahl,  PI.  -iltus  zu  -ebiis  (oinmeftus  ^  hominibus,  exertettbm), 
Ersetzung  der  Endung  -ibus  durch  -is  {ceterü  gcntin),  urbi»  und 
orbis  =  urbg,  meruig  SepU.mbris,  Übergang  der  u-Stanime  in  o- 
Stamme.  Sulistantiva  der  sog:.  5,  Deklination  ganz  selten,  dogvia 
Gen.  dogmae. 

Genus.  Bei  den  o-Slftmmpn  Übertritt  vorn  Neutr,  zum  Maik. 
(.conxiliits,  hunc  caxtrum.,  ad  caxtro  qui\.  Neutr.  PI.  der  oSiftmme 
wird  Fem,  Sg.  der  a-StHnime  tarmnm),  Rcai^hle:  Akk.  Sg.  tempor«, 
flumene  und  Nom.  Sg  finmenix:  ea  panore  (ia  peiir)  parva  dolore 
(la  äouleur),  mare  traäucia  (ta  mer);  »ancti  Kulatiae,  plurtme  !', 
plurimi,  donios  quoa. 

Pronomen  huius  f.  hi«  huic,  hoc,  kaa  oder  hanc,  hatc  t.  hie, 
kac,  hoc;  qui  verallgemeinert  für  den  Noiii,  linculne  qui),  quem  für 
den  Abi.  Sg.  [rigma  quem,  regnam  quem,  a  quemV,  quod  tür  den 
Abi,  Sg.  und  PI.  {exercitum  quod,  ftdem  »wtm  quod,  homines  quod, 
munera  quod). 

Verhuni.  Durch  laullit-he  Vorgänge  veranlasst  sind  die  zahl- 
reichen -it,  -int,  -erit,  -erinl  f,  -et,  -evt.  -eret,  -erent  \,oporlit,  nolitl, 
movint;  proderil,  inlerficerini,  regnarit.  haberil,  fundasnif,  M*itl; 
ferner  et,  -etur,  -emvs,  ettti  f.  -it,  -itur,  -imua,  -itig  [genuet,  morttiir, 
eacplecuemua,  solvett»);  doch  mögen  Formen  wie  proderit  f.  proderet 
vom  Eonj.  Perf.,  Formen  wie  naacetur,  occidetur  T.  7iaaeilur,  oeci- 
ditur  von  der  2.  Konj.  beeinflussi  sein.  —  Beachte  ent  f.  -unf  ti^ 
der  3,  Konj.  Icadent,  dieenf,  aient,  auch  facint  f.  *factnt,  iiischr 
faatnt,  faciunt). 

Für  das  b  Futur  und  r-Perfekt  wird  verhängnisvoll  der  laut- 
liche Zusammenfall  von  b  und  v  [Futura:  auperavimus,  vindecavit, 
Perfekla:  reparabit,  slabüibit).  —  Perfekt  -  Kurzformen  des  Mm9- 
vingerlaleins  [iiidicat,  «peramusi,    —  ui-Perfekla  (conatruit,  i 

—  Dedit-Pcrfi'kta  (die  Rnniposita  von  rfore,    osiendedit,  i 

—  io-Verba  (praeHpant  recibebanl,  adgredebal]. 


VI.  Italisch.  257 

Das  Passiv  ist  im  allgemeinen  ganz  gut  erhalten,  sein  Fehlen 
in  der  Volkssprache  tritt  jedoch  zu  Tage  in:  Verwechslung  zwischen 
Aktiv  und  Passiv,  Verwendung  der  Deponentia  als  Aktiva;  Ver- 
wendung des  iJiIfzeitworts.  Lautlich  könnte  sein:  -l  zu  -e  und  -e 
zu  -i  im  Inf.  Praes.  Pass.  {urguere  f.  urgerij  vastare  f.  vastarij  ape- 
rire  f.  aperiri,  deverte  f.  deverti,  fiere  f.  fieriy  dagegen  gubemari 
1.  gubeniare,  pqssi  f.  posse).  —  Konjugationswechsel:  venerit  f.  ve- 
niret^  circuebat  f.  circumibat;  habitur^  censiret.  regibat^  delitus; 
ftigire;  perdomati,  ambavit  f.  ambivit,  inianH\\inienH\  fietuVy  fiaetur 
f.  fitur  mit  aktivem  Sinn.  —  Einzelne  Verba:  posso,  potebas;  vellere 
(wie  essere)  f.  velle,  vellit  f.  vult,  volestis  entstanden  in  der  Glei- 
chung 

sumus  —potümiis  —  volümiut 

estis  —  pofestis  —  volestis. 
nonlint,  nollens;  feris  f.  fers^  trnnsferit,  transferrit  f.  transferty 
äbstulta  f.  ablata.  —  Akzent-  und  Staminausgleichung  der  Komposita. 
Aus  der  Svntax  sind  kurz  hervorzuheben  die  Abschnitte 
über:  Kasusvermischung,  Kasus  nach  Präpositionen,  Verschiebung 
der  Tempora,  Infinitivsatz. 

164.  Epistolae  Karolini  aevi.   Tomus  ITI.  (Monumenta  Germaniae 

Historica.    Epistolarum  tomus  V.     Berolini  apud  Weidmannos. 

P'ür  sprachliche  Studien  beachte  den  Index  verborum  et  rerum 
von  E.  Dümmler  S.  C66— 674. 

m)    Inschriften.    Papyri. 

165.  LeBlantE.  Paleographie  des  inscriptions  latines  du  III^  si^cle 
ä  la  fin  du  VIR  Rev.  archeol.  29  (1896)  S.  177— 197,  345-355;  30 
(1897)  S.  30—40,  171-184;  31  (1897)  S.  172-184. 

166.  Patroni  G.    Di    una  nuova   orientazione  dell'  archeologia  uel 

piü  recente  movimento  scientifico.     Rendiconti  d.  R.  Acc.  dei  Lin- 

cei.    Gl.  di  Sc.  raor.  Serie  V  V.  8  S.  221-240. 

Behandelt  S.  226—227  das  Verhältnis  der  Epigraphik  zur  Ar- 
chäologie. 

167.  Mommsen  Th.  und  Hirschfeld  0.  Jahresbericht  über  die 
Sammlung  der  lateinischen  Inschriften-  i^itz.-Ber.  d.  Berliner  Ak. 
d.  W.  1899  I,  S.  72-73. 

168.  Corpus  inscriptionum  latinarum.  Vol.  XIII  Inscriptiones 
triuni  Galliarum  et  Germaniarum  latinae.  Kdd.  0.  Hirschfeld 
et  C.  Zangemeister.  Partis  I  fasc.  1.  Inscriptiones  Aquitaniae 
et  Lugudunensis.  Berlin  Reimer.  2^.  38  u.  519  S.  58  M.  —  Vol.  XV 
Partis  II  fasc.  1.  H.  Dressel.  Inscriptiones  urbis  Romae  latinae. 
Instrumentum  domesticum.    Berlin  Reimer.    2®.    S.  491  — 996.   56  M. 

169.  Ephemeris  epigraphica,    Corporis    inscriptionum  latinarum 

supplementum,  edita  iussu  Instituti  Archaeologici  Romani.  Vol.  VIII 

1899.     Berolini  apud  G.  Reimerum.     620  S.    25  M. 

Der  1.  Fasc.  des  8.  Bandes  der  Ephemeris  erschien  schon  1891, 
der  abgeschlossene  und  mit  wertvollen  Indiens  versehene  Band  trägt 
die  Jahreszahl  1899.  Er  enthält:  M.  I  h  m  Additamenta  ad  corporis  vol. 
lXetX(S.  221).  Th.  Mommsen  Cnmnientaria  ludorum  saeculariura 
quintorum  et  septimorum  (S.  225-309).  H.  Dressel  Nummi  Augusti 
vi  Domitiani  ad  ludos  saeculares  pertinentes  (S.  310—315).  Chr. 
Huelsen    Additamenta   ad  Acta    fratrum    Arvalium    (S.    316—350). 


258  V!,  lUliädi, 

K.  Uiioliiier  Additiiinent«  nova  nt\  t-oiporls  vol.  11  (S.  3M-5Sm. 
A.  Ko{,'ling  liirliceB  (S.  S-29-6J|).  Bios  Huc1iih-ih  iicik-  Ri-ilie  spa- 
niüi^lier  lusclinftuli  und  Ri-glinga  liidices  sind  hii  BiTicIilHJAlii-e  er- 
pcliieni'ii;  <I>i  j^tie  in  diesu  «clioii  iiiitviTHrltcilüt  itiiid,  brgnfl^'c  ich 
mich  ftim  (ten  Indices  eiiiiK^B  zu  nolit^i'en. 

Für  Spr*c  lifo  rech  er  hesondcrB  in  Bctrnoht  Icominen  die  Ab- 
Buhiiitte:  noiiiinn  privatoram,  coffiiominn  priintoriiiti,  viiria  dp  no- 
minlbus,  g^ramniatioii  (.S.  579— 5yU),  iiotiio  i-t  i'ninpi-udia  Hrripturop, 
provinda  tivitatcs  gcogTapliica  alia.  Von  neuen  »drr  neubezi'Ugten 
nk'hlkinssisulien  Schreibungen  und  Formen  beachte  ütwn;  Oeaar, 
prenes,  que  f.  qu,a%\  opservari,  Qaisam  f.  Bieam,  karux,  Viktoria, 
aput-,  at  aram,  adiacla.  carcar.  manrenti  f.  jnerenti,  piaentimiimu*, 
nalutarae  f.  nalufare,  miliB  {.  miUs,  elart»  f.  hilarti»\  Enitper  f.  H«»ptr, 
Aac  r  ac ;  Deana,  lebertui  f.  libeHu»,  leilitrtux,  Papeirttin,  sei,  Kibei, 
tibei;  alupendium,  Coriiielio,  niginifer,  Irianfafor;  m  nmissum  in 
fine;  coiitx,  adulescesi  restttuerum  t  -nl,  poxueru  f.  -wn^\  Jue  f.  Jaei; 
uxo  t.  uxar,  milex  I.  milen;  s  in  fiiiH  ninJHsnin;  beUistas,  bixil  f, 
V'xit,  eurabit  f.  euravii,  probincia,  vibo  t.  viuo;  Folviiu,  tn//enui)>: 
coero  f.  curo,  loedi  f.  Itidi  (».  a  u.  c.  üTOi,  cuiro,  loidi  {a.  n.  u.  u.  Ii4<i|; 
Saeclaria,  vivos  und  tiiuH  f.  vt'uu»;  utcKifund  vixidt;  Staalia,  Äurü- 
liun.  cauima,  Felixx,  Apoloniux,  anug  r.  annu».  aborescile,  nuectiii; 
adupamil,  invialare,  inpero;  Agatim,  Antuna,  Cormtux.  Areknitiu*, 
Phsvche,  EidhicianuH  1.  EÜTUxiavdi;,  tetrastutun,  Aprodima.  Stepanwi, 
Lmäitaeus.  —  Verlioruni  flexi»:  a)  Dui^ilmKinnfiM  1.  Gen.  i't  D«i. 
e  pro  ae  fiiejiifisiinf,  Gen.  -eic  Hordioiiien,  Dat.  'iit  Scafvai,  Aeiliai, 
Noni.  Hermes.  Dat.  Hermae,  Heraclen  Dal.  Heradae.  '2.  Nnin.  Si- 
colavot  (a.  n.  u.  c  670),  Gen.  -i  pro  -ii  in  vocihiL«  iii-i'iu  vßl  ium  ler- 
ininantiuni  (/*i  =  Pii),  Nom.  PI.  soci,  i  =  ii,  Gen,  I'l.  XV  virum, 
ptibticum.  Dat.  P\.  Flarin,  manubien  (n.a.  ii.  c.  019).  3.  Gen.  Venerut. 
Dat.  rentitulri,  Vou.  Dite  f.  Di»,  A1)I,  maiori,  equeslre.  Dat.  I'l.  Cftu- 
W^M,  Al<k.  PI.  dulcis  4.  Dnc  domo,  litdibim  vnu  *ludtu,  -um.  h.  di- 
bus  f.  diebus,  cum  plehei.  ~  quoi  und  qouaei  =  eui.  —  Declinatin 
Grneco  excmplo :  Gen.  Ecleeten,  Quarten,  Feines,  Occiaeit,  Juliau 
SecundiUa»,  Dorini»,  Dat.  hierofante,  Helpidi,  CtMiathn.  Oteumvni. 
ß)  Compariitioni-H,  t)  Coniu;;alianfH:  isitt,  auxis,  faxl*  i.  fecerit.  in- 
litciscet,  posit,  poiivit,  xeeaoit.  —  cum  quem;  curantt  Mojämiun; 
macte  als  Ailvi-rb. 

VIelluicht  darrhiei*  diu  Aul'inerkfiuinknit  noch  einmnl  siericUtei 
werden  auf  eine  merkwürdijfu.  Bchon  1H8T  veröffunlliclite,  Kph,  VIII 
S.bH  von  neuem  in  Pnkslmila  wledergDjfebeno  InBchrifi  auf  cinciii 
Goldblech  aus  einem  Orab  liei  HipeSan  Qinusin,  die  Zangeiii  eistcr 
folfrendi'.rmassen  liest:  ad  oc{u]lorum)  dolorem  aul  nn'Horem? 
-inam?)  eli  <?)  ligavi  pafri  et  miUri  meo  (?)  toginamamarem  nam- 
faltuni  tolof  {g?  «?}  famon  exatan  malemargon  iNanicn  Italiachur 
Dßmonen?). 

170.  Notizie  de-fli  Si-Avi  (=  Atti  della  IL  Aci-.  dei  UnCQJ.    Serie  V. 
Classe  di  Sc.  Mor.  uti-.    Vol.  VII  Parte  2.     Januar -Deaemliirr  tSt»), 

Jauuiir.  Roma.  Re^fione  VIII  S.  10-14.  LAngerii  lopo- 
gTaphi:ichn  Imtchrift,  beim  ^levI>^uabo^en  gefunden,  mit  r<>gelmtl$»i 
gern  ei  für  \.  Aus  Grabinschriften  von  der  via  Ostii-nse:  Mo»eif 
(Mocxic).  Vales.  aaliena,  mimimentum.  —  Boscoreale.  Reg.  I 
Latiiim  et  Campania.  S.  15:  if.  Sllab  Nymp.  und  and(-res.  — 
Pompei.    Reg.  T.  S.  24  Lnm^ntitm  fion  ex  lade  -  Anininu  Ulietnte. 

Februar.  Roiria.  Rßg.  VIII  S.  51 -61.  FünfÄlg  Ür«l>iii- 
Hchrlften  von  der  via  Salarin  aus  den  leIxCttn  Jahren  iler  Re|>iiMik 
und  dem  Anfang  der  KiiiHerÄch.     Daninier:  No,  K4  D  -  M'  Ammaeut 


VI.  Italisch.  259 

Amoebe  Sex  •  Ammaeus  ■  Sfepamis  •  patrone  •  benemerenti  •  fecit. 
No.  43  Appul(ei).  Ostia  Reg.  1.  S.  61.  Cretttus  (xpn^JTÖc).  Reiiio. 
Reg:.  II  Apuiia.  S.  65  DM-  Plantiae  •  Modestille  •  que  ■  vixit  ■  ann. 
XXVI  .... 

März.  Roma.  Re^*.  VIII  S.  77—87.  Grabinschriften  von 
der  via  Salaria  No.  51  — 100.  Darunter  No.  52  ...  ann  ■  vicensumum 
txsigtns  .  .  .  vixlt.  No.  76  Ephyre  ■  Ceafiliaes  •  vestispica  •  Pini  •  lib. 
mit  zwei  Distichen.  No.  82  vlx,  plentissimo  et  Infeliclssimo.  No.  91 
Eppuleius. 

April.  Roma.  Reg.  VIII.  S.  131-139.  Grabinschriften  von 
der  via  Salaria  No.  101  — l.iO.  Beachte  No.  105  meses,  No.  108  He- 
lenai  •  sororei  •  meai  •  Antistianai  •  ossa  heic  cubant,  No.  111  anorum, 
osa,  No.  121  LaberiaeSy  No.  124  que  iquae),  No.  138  Nea  ■  politanus, 
No.  141  Livineia  Nyphe^  No.  14:»  Ypatultis  ■  Probus  •  se  •  vivo  \  do 
navit  •  soleum  •  virginem  I  matri  ■  sue  legitimae  et  \  Q  •  Ma^?no  •  17c- 
torino  -  et  •  Juniae  \  Longine  •  parentibus  ■  suis  •  et  j  Magrie  •  Victo- 
rine •  filie  '  eorum  •  et  1  Hb  lib  rtabusq  post  -  eorum.  Päd  ul  i.  Rv^.  II 
Apuiia.    S.  149  .  .  .  obobsequium  omnem  erga  ipsam  qua    acvixit . . . 

Mai.  Archaische  Forumsinschrift  s  u.  No.  177.  (Vgl.  auch 
Notizie  S.  386-  387.) 

Juni.  Sinalunga.  Rq^.  VII  Etruria.  S.  218-219  bringt 
17  neue  etruskische  Graburneninschrirten.  Roma  Reg.  VIII  S.  221 
A.  Couri  (s.  auch  S.  292  der  Notizie).  Pomp  ei.  Reg  I  S.  229-234 
A.  Sogiiano  veröffentlicht  hier  119  pompeianische  Graffiti.  Vgl.  No.  4, 
lOü  (u.  No.46)  M.  Terntius,  No.  59  M.  Trntius  und  No.  17  M.  Teren- 
Uns,  No.  43  omullus  (ohne  Ä),  No.  44  Tr.  Celadus  Reti  Cresces  (vgl. 
S.  462  KprjaKHc)  puparru  domnus^  No.  88  invetus  (inventus),  No.  107 
und   108  Alphabete. 

Juli.  Roma.  Reg.  VIII  Sacra  via.  S.  267— 268.  Zwei  neue 
Bruchhtücke  der  Arvalakten.  Via  Ostiense  S.  271  qua  Neutr.  PI. 
Sulniona.  Reg.  IV  Samnium  et  Sabina.  A.  De  Nino  veröffentlicht 
eine  neue  pälignische  Inschrift,  deren  einzelne  Wörter  alle  bekannt 
sind:  brata  ■  polf  -  sa  \  anacta  •  ceri 

August.     Roma.     Reg.  VIII  S.  293.     Via  Ostiense:  se  vibo. 

September  Oktober.  Roma.  Reg.  XIV^  Via  Tiburtina: 
Dis  ■  Manibus  Corneliaes  Nymphenis  v.  a.  XII. 

November.  Roma.  R^^.  VIII  auf  dem  Forum.  S.  431  se 
bibo,  S  432  qui  bixity  viro  praefectissimo  (perfectissimo?}.  Brin- 
disi.    Reg.  II  Apuiia.    S.  451  conserbus  uxui  conserba. 

DezeiViber.  Me^s-  VII  Etruria.  S.  476-486  Etruskische  Me- 
tropole und  römische  Stadt  mit  2  grösseren  lateinischen  Basenin- 
schriiten.  Roma.  Reg.  VIII  S.  486  ff.  Neues  vom  niyer  lapis.  Wür- 
felfunde. 

171.  Oagnat  R.    L'annee  epigraphique.     Paris  Leroux 

Eigener  Titel  des  S.-A.  'Revue  des  publications  öpigraphiques 
relatives  a  Tantiquite  romaine*  aus  der  Revue  archeol.  Bd.  34  u.  35. 
Beachte:  aus  No.  1  Tuflenius  (Tunis);  5  Mesa  Quinias,  ficerunt  (Oran); 
37  quaes'tori  (Tunis);  41  Gen.  PI;  4>  coiu^  (Carthago);  48  Gen. 
Deane  Caszoriae  (Kleinasien);    59  protomacus   (1.  Jahrh.   vor  Chr.), 


10b  bims  irivxs  quadrivis  (JSchweiz);  WU  fecientem  {f)  (tlenchir  Ain- 
Bez);  Gen.  Amozcuars  für  -is  (?)  (Henchir-Medded);  124  sententis 
(Dougga);  128  Mirqurio  A^kuoc,  Acukioc,  MdapKOc  (Delos);  175  AgOkiov 


260  VI.  Italisch. 

(Rifinasien);  171  MdpKov  (Rleinasien);  142  BitebioB  TVofimeni  »aroriy. 
Salustiae,  aeorum  f.  eorum  (Rom);  160  J/eiii(orüi)  Itobbe,  sacrtDti, 
germana  Hot[at%\  [A]qu€  iSiren(sis)  ep(t)«(cop)i,  cede  tradiiiarum] 
v\e]xata\  meruU  digiiitate  martiri  .  .  .  (Mauretanien);  161  optif,  in- 
ploranH  (Syrien);  169  reposita  sunt  in  arckia  pubUca  (KleinnKien);. 
195  u.  196  fece{runt\  fecer(unt);  208  [h.  n.  No.  194);  218  menseleu 
=  mavsolaeum^  ,  .  vixitit  ani»  .  .  (Afrika);  220  'AicöXXtoc  Aquillius 
(1.  Jahrh.  v.  Chr.  Teira). 

172.  Qraeven  H.    Italische  Funde  1898.    Jahrb.  d.  Deutsch.  Arcli. 
Inst.  14,  S.  59-66. 

173.  Qustafsson  F.     Romersk   Inskriftspoesi.     Akademisk   Inbjud- 
ningbskrift.    Helsingfors  1899.    46  S.  40. 

174.  Oholodnjak  J.     0   nßkotorych   tipach    rimskich   metridesklcb 

nadgrobij.     (Über   einige   Typen    lateinischer    metrischer   Grab- 

inschrifteu.)    2uru.    Minist.   Narodn.  ProsveS^Eenija  323  Juni  1899 

Otd^l  klass.  filol.  S.  102—141. 

III.  Elogium  autobiographum.  Vgl  Anz.  11  Bibliogr.  VII A 
No.  234. 

175.  Torelli  P.    Saggi  su  Teplgrafia  sepolcrale  latina  della  cittä  dl 
Roma.    Arona  1898.    Brusa  e  Mncchi.    IX,  53  S. 

176.  Oolonna  F.    Scoperte    di  autiehitä  in  Napoli  dal  1876  a  tutto 

11  1897  con  notlzie  delle  scoperte  auteriori  e  ricordl  storico-artistico- 

topografici.    Napoli  1898.    F.  Gianniui  &  Figli.    40. 

Die  Seiten  529  und  530  geben  einen  statistischen  Überblick  über 
die  in  dem  Band  enthaltenen  Inschrilten  nach  örtlichen,  Keitlii'heu 
und  sprachlichen  Gesichtspunkten;  Zahl  der  latein.  Inschriften  401. 


177—206.  Forumsinschrift,  die  neiigefundene  archaische: 

177.  Stele  con  iscrixionc  latina  nrcalca  »coperta  nel  Foro  Romano. 

Estratto   dalle  'Notizie  dej»li  Scavi*   del   mese   di    inajrgio  1899. 

Roma.    R.  Acc.  dei  Lincei.    4^. 

Der  Fundbericht  über  die  schon  berühmt  gewordene  «r- 
cliaische  Forumsinschrift  enthalt:  Relazione  sopra  la  seoperta  (mit 
einem  Fak.simile)  S.  1—10  von  G.  Boni.  —  Paleografia  del  mo- 
nnmeiito  S.  11—21  von  G.  F.  Gamurrini.  —  Osservazioni  S.  22 
von  G.  Cortese.  —  Saggio  d'interpretaziono  deir  iscrizione  S. 23 
—49  von  L.  Ceci 

17S.  Fedele  P.      Archivio    della    K.   Soc.    Rom.    di    storia    patria 

No.  85-86,  S.  301-305. 

179.  Qatti  G.  Bulletino  della  Commissione  Arch.  comunale  di 
Roma.     Anno  XXVII  fasc.  2  (Apnle-Giugno).     S.  126-140. 

180.  Borsari  L.  II  foro  romano  e  le  recentl  scoperte.  Riv.  d'Italia 
II  1  8.  103-121. 

181.  Ceci  L.  LMscrizione  antichissima  del  Fnro  e  la  storia  di 
Roma.     Rivista  d'Italia  II  2  S.  432-453. 

182.  Huelsen  Chr.  Neue  Funde  auf  dem  Forum  Romanum  (und 
Neues  vom  Forum  Romanum).  ßphW.  S.  1001-1007,  1499-1501, 
1531-1535. 

183.  AufflnduDg  einer  uralten  Inschrift  auf  dem  Coniitium.  WklPh. 
16  Sp.  782—783  und 


VI.  Italisch.  261 

Die  auf  dem  Forum  Uomanutn  ^pfmuiciK^  Stfle  mit  arclini- 
scher  Inteinischer  Inschrift.     WivIPh.  16,  Sp.  965-966. 

184.  Ceci  L.  L'iscrizione  atitichissima  dvi  Foro  e  io  chauvinisma 
italiano.    Roma.    Tip.  Forzani. 

Gesammelte   Aufsätze   aus    dem  'Popolo  Romnno*.    In  dieser 

politischen  Zeitschrift   ist   unter    dem  18.  Aug*.   auch    ein    offener 
Brief  an  Ceci  veröffentlicht  von  Feiice  Ramorino. 

185.  Skutsch   F.     (Besprechung    der    offiziellen  Veröffentlichung' 

der  Forumsinsehrift.)    LC.  No.32  (12.  Aug.  1809),  Sp.  1103-1105, 

No.  38  (23.  Sept.  1899),  Sp.  1310. 

Vgl.  dazu  den  Popolo  Rom^tno  vom  6.  Sept.,  den  Don  Chi- 
sciotte  vom  9.  Okt.  imd  die  Fanfulla  della  Domenica  vom  15.  Okt. 
1899.  S.  auch  Skutsehs  Ausführungen  auf  dem  Bremer  Philologen- 
tag.   Anz.  10,  S.  367. 

186.  Ramorino  F.  De  Inscriptione  in  Foro  Romano  repertn,  Vox 
Urbis  2  No.  17. 

187.  Oomparetti  J.  D.  Sulla  iscrizione  arcaica  scoperta  nelP  antica 
Comizio  Romano.    Atene  e  Roma  2,  Sp.  145  —  164. 

188.  Mariani  L.  Nnove  scoperte  nel  Foro  romano.  Ilhistraziono 
italiana  26,  n.  28. 

189.  Oostanzi  V.    Riv.  di  fil.  e  d'istruz.  class.  27  S.  612. 

190.  Pais  K.  La  stela  arcaica  del  foro  romano.  Nuova  Antologia 
I)  1.  Nov.  1899;  II)  16.  Januar  1900. 

191.  Oeci  L.  II  cippo  antiehissimo  del  Foro  romano.  Riv.  d'Italia 
II  3  S.  498-521. 

192.  Dieulafoy  M.    Note  sur  les  monuments  archaYques  du  Forum. 

Ac.    d.   Inscr.    et   Beiles  -  I.ettres.    Conjptes   rendus.    4"^c  S6rie. 

T.  27,  S.  753  -768. 

Mit  3  SituationspiMiien.  Beachte  auch  die  Notizen  über  diese 
Ausgrahunoren  in  der  Ac.  des  Inscr.  S.  113,  134,  173,  199,  325,  339, 
341,  459,  751. 

193.  Lanciani  R  und  Baddeley  St.  Clair.  (Über  die  Ausgra- 
bnngen  auf  dem  Forum  Romanum.)  Athenaeum  3739  S.  391, 
3743  S.  136-137.  3751  S.  394. 

194.  Cagnat  R.    L'annee  epigraphique  No.  208. 
Faksimile  und  Cecis  Lesung. 

195.  Gatti  G.  e  Oomparetti  D.  Su  recenti  scoperte  fatte  nel  Fora 
romano.  Rendiconti  d.  R.  Acc.  dei  Lincei.  Gl.  di  Sc.  mor.  .  . . 
Serie  V  Vol.  8  S.  39-45. 

196.  Allard  P.    Le  forum  romain.    Rev.  d.  questions  historiques 

66  S.  185-194. 

Bespricht  in  der  Hauptsache  das  Werk  von  H.  Thedenat  Le 
forum  romain  et  les  forums  imp^riaux  Paris  1898. 

197.  Ashby  Th.  Excavations  in  Rome.  Ci.  R.  13  S.  232-233*, 
321—322,  464—465.    Vgl.  auch  S.  87-88. 

198.  Duhn  F.  v.  Fundumstilnde  und  Fundort  der  ältesten  latei- 
nischen Steininschrift  am  Forum  Romanum.  Neue  Heidelberger 
Jahrbücher  S.  107—120  (und  Anz.  10  S.  367). 


262  VI.  Italiscli. 

199.  Enmann  A.  Die  iieucntdoekto  archaiHche  Inschrift  des  rö- 
iiiiKcheii  Forums.  Bulletin  dii  rAend6niie  Imperiale  des  Sciences 
de  St.  Petersbourff.    Serie  V  vol.  11  S.  263^274. 

200.  Halkin  L.  l/inscription  archnYque  decouverto  au  forum  rc 
niain.    Mus^e  Beige  3,  301  <  303. 

201.  Iscrizione  nrcaica  de!  Foro  Romano.  Bulletino  dell'  Istituto 
dl  diritto  romano.    Anno  11,  S.  211  ff. 

202:  Schmidt  0  E.  Die  neuen  Ausgrabungen  auf  dem  Forum 
in  Rom.    Die  Grenzboten  1899,  4  S.  458—46'*. 

203.  Ceci  L.  Nuovo  contributo  alla  interpretazione  delf  isci  izione 
antichissima  del  Foro  Romano.  Rcudiconti  della  R.  Acc.  dei 
Lincei.    Serie  V,  vol.  8  CK  d.  sc.  mor.  S.  549—576. 

204.  Coxnparetti  D.  Iscrizione  arcaica  del  Foro  Romano.  Fireuze- 
Roma  1900.    20.  (24  S.  1  Tafel). 

205.  Tropea  G.  La  stele  arcaica  del  Foro  Romano.  Cronaca 
della  scoperta  e  della  discussione.  Estratto  dalla  'Riv.  Stör.  Ant* 
I  Anno  4  p.  469—509,  Messina  1899;  II  Anno  5  p.  101—136, 
Messina  1900. 

206.  Otto  W.  (Besprechung  der  Litteratur  über  die  Forum»in- 
Schrift.)    ALL.  11  (1900)  431-436;  12  (1901)  102—113. 


Über  die  Er Ivl Ar ungs versuche  unserer  Inschritt  unterrichten 
vorzüglich  die  beiden  vorhergehenden  Nummern  (z.  T.  ülier  unHi*r 
Berichtsjahr  hinaus).  Ich  beschränke  mich  hier  darauf,  den  Text 
folgen  zu  lassen;  das  Bruchstück  lautet: 

1.  quoi  hoi  ....  j  ...  .  sakros  es  |  edsor  .... 

2 iasias  |  recei  lo  ....  |  ...  .  euam  |  quos  ri  .  .  .  . 

3 ni  kalato  I  rem  hap  .  .  .     |  .  .  .  .  ciod  iouxmen    | 

ta  kapia  dotau  .... 

4.  m  itü  ri  .  .  .  .  I  .  .  .  .  m  quoi  ha'uelod  nequ  ....  j  ...  . 

od  iouestod 

5.  .  .  oiuouioil 


207.  Monumentum  Ancyranum.    The  deeds  of  Augu.stus  edited  by 
W.  Fairley.     Philadelphia.     King  and  Sons  1898,  91  S. 

Mit  Bibliographie.     Vgl.  WkIPh.  16,  75-76. 

208.  Oleott  G.  N.     Some  unpublished  Inscriptions  from  Rome.    Am. 
Journ.  Arch.  3,  229—239. 

Beachte:  dtsiderantinsimae  f.  de.sideratiasimae,  Terebonia,vixt. 

209.  Hellems  F.  B.  R.    Tlio   Pupus  Torquatianus  Inscription.    Am. 
Journ.  of  Arch.  3,  202-211. 

Faksimile.     Beobachtungen  über  die  Schiift. 

210.  Manteyer  G.  de.    LMnscription   de  Lanuvium  k  Rome.    Mel. 

d'arch.  et  d'hist.  18  (1898),  271—280 

Neue  Lesarten  zu  CIL.  XIV  S.  19i)-7  No  2112  =  Hübner 
Exempla  Script,  epigraph.  lat.  S.  377  No.  1076.  Ein  (bisher  noch 
nicht  veröffentlichtes)  Faksimile  folgt  Tafel  VII-VIIL 


VI.  Italisch.  26a 

211.  DennisonW.  Some  new  Inscriptions  from  Puteoli,  Baiae,  Mi- 
senum  and  Cunme.    Am.  Journ.  of  Arch.  2,  373 — 398. 

212.  WaltzinfiT  J.  P.  A  propos  d*une  inscription  latine  du  Dieu 
Entarabus.     Reponse  k  M.  Schuermans.    Musee  Beige  3,  298— 30K 

213.  Böhtlingk  0.  Über  eine  lateinische  Inschrift  auf  einem  in 
Paris  ausgegrabenen  kürbisförniigen  Gefässe.  Ber.  ü.  d.  Verli. 
d.  Leipziger  Ges.  d.  W.     Philol.hist.  Cl.  5',  173—175. 

B.  berichtet  zunächst  über  eine  Kontroverse  zwischen  Br^al 
und  Th^denat  über  eine  Insciiritt  auf  einem  im  Jahre  1867  in  Pari* 
ausgegrabenen  ivürbisförmigen  Thongefjiss  (im  Bulletin,  Mars-Avril, 
der  Comptes  rendus  des  seances  de  l'aimee  1899  der  Academie  des 
Sciences  et  Belles-Lettres).  Auf  der  einen  Seite  heisst  es:  ospi- 
tarepleiagonacervesa,  auf  der  anderen  Seile:  copocnodituabesestre- 
pleda. 

Mommsen  umschrieb:  Hospita,  reple  lagonam  cervesia  und 
Copo,  coiiditum  habes,  est  replenda. 

Breal  übersetzt:  "Hötesse,  remplis  ma  gourde  de  cervoise.  — 
La  cabaretiere:  Entendu!  La  voilÄ!  Elle  est  remplie"  Er  liest  die 
zweite  Inschrift:  Copocna  (?):  auditum!  habes!  «st  repleta. 

Thedenat  liest  und  erklärt  die  zweite  Inschritt:  Copo,  con- 
ditum  (sc.  vinum)  habes?  Est.  Keple,  da  "Cabaretier,  as-tu  du  con- 
dUu7?r?    "II  y  en  a".    "Remplis  et  donne". 

Böiitlingk  übersetzt  die  Inschrift:  "Wirtin,  fülle  die  Flasche 
(d.  i.  mich)  mit  Bier.  Wirt,  du  hast  gewürzten  Wein,  so  ist  es  (d.  i. 
du  kannst  es  nicht  in  Abrede  stellen;  fülle  (mich  damit  und)  gib 
(dem  Gast  zu  trinken)." 

214.  Weisshäupl  R.    Funde  in  Pola  und  Umgebung.    Jahreshefte 

d.  Ost.  Arch.  Inst.  2  Beiblatt  Sp.  77-82. 

Bringt  u.  a.  eine  Übersicht  über  die  Dative  auf  -aij  die  in 
Aquileja,  Triest,  Pola,  Istrien  auf  Inschriften  gefunden  wurden. 

215.  Hübner    E.     Nouvelle    inscription    m^trique   du  Vllle    si^cle^ 

trouv^e  k  Oviedo.   Annales  de  la  Facult6  des  Lettres  de  Bordeaux 

et   des  Universites   du  Midi.     4^6  Serie.    21»ne  Annee:   Rev.   den 

6t.  anciennes  1,  321-324. 

Vier  Hexameter,  welche  die  Elision  nicht  mehr  kennen  und 
den  Hiatus  überall  zulassen.    Aula  neben  haxda. 

216.  Babelon,  Oagnat  et  Saladin.   Musee  Lavigerie  de  SaintLouis 

de  Carthage.     Paris  T.  II,  87,  Tafel  21  u.  22. 

Hochinteressante  tabella  devotionis  gegen  Maurusses  quem 
pepeint  Felicitas.  Sprachlich  bemerke  u.  a.  Gen.  Italie  Campanie, 
Äcerushium  locum,  Ispanianiy  omnem  remedium  et  omnem  filacte- 
rium  et  omnem  tutamentum  et  omnem  oleum  libutorium,  hec  no-^ 
mina^  isphntum,  exiat. 

217.  Delattre  A.-L.    Les  cimeti^res  romains  superpos^s  de  Carthage 

(1896).    Rev.   arch^ol.  33  (1898),   82—101,   215—239,   337—349;   34 

(1899),  240-255,  382-  396. 

16  alte  Grabinschriften,  z.  T.  aus  der  Zeit  vor  Chr.  (beachte 
Vcrgilius  und  Vergilia,  Tryphaenis  Proclaes,  Masclus)  —  Lampen- 
und  Münzinschriften.  -  Über  150  (jüngere)  Grabinschriften,  dar- 
unter 2  grössere  metrische  (beachte  die  Schlussverse  der  beiden 
sie  tibi  ab  aetherias  /ux  m,ulta  superfluat  auras  und  me  Styga  (f. 
tStyx)  quod  rapuit  tarn  cito  enim  a  superos\  weiter  Gen.  Caesaeris  [?)^ 


264  VI.  Italisch. 

HÜarus,  Elix  zweimal  f.  Felix  (?),  Magnia,  Julia  Tertuüa  .  ,  .  hie 
Mtus  est). 


218.  Schulten  A.    Das  römische  Afrika.    Leipzig  Dieterich.  116  S. 

Behandelt  auch  die  Inschriften,  insbesondere  die  lex  Maneiana 
von  HenchirMettich  44fr.,  108-109. 

Vgl.  die  Monographie  Schultens  über  diese  lex  Anz.  10,  Bib- 
liogr.  VII  A  No.  253,  ferner  Anz.  11,  VII  No.  246,  246  und  die  unten 
folgenden  No.  219-223. 

219.  Pernot  M.    A  propos  de  Tinscription  d*Henchir-Mettich.    Rev. 

arch.  33,  1898,  350-351. 

Pernot  und  Cagnat  geben  eine  neue  Lesung  der  Inschrift, 
•die  von  der  Schultens  auch  in  orthographischen  Dingen  mehrfach 
abweicht. 

220.  Seeck  0.    Die  Pachtbestimmungen   eines  römischen  Gutes  in 

Afrika.    Zeitschr.  f.  Sozial-  u.  Wirtschaftsgesch.  VI,  1898,  305—368. 

S.  308-310  Überlieferung  und  Latein,  S.  310-315  neue  Le- 
4sung  der  Inschrift  von  Henchir  -  Mettich.  Silbenteilung  {u-t).  Fast 
regelmässig  e  für  ae.  Seorsum  dursum  f.  stirsum  deorsum.  Falsche 
Kasus  nach  Präpositionen  {ex  aream^  per  eo  tempore  u.  s.  f.). 

221.  Seeok  0.     Zur  Lex  Maneiana.     N.  Jahrbb.  f.  d.  kl.  Altert.  3, 

295-297. 

Verteidigung  der  Zuverlässigkeit  seiner  Lesung  der  Inschrift 
gegen  Cagnat.  (N.  Jahrbb.  f.  d.  klass.  Altert.  1,  628—634.  —  Comptes 
rendus  de  1' Acad6mie  des  inscr.  et  belies  lettres.    VI  ser.  tom.  26, 682). 

222.  Toutain  J.  Nouvelles  observations  sur  Tinscription  d'Henchir- 
Mettich.  Nouv.  Revue  de  droit  fran<jais  et  6tranger.  T.  23,  S.  137 
-1G9,  284-312,  401-414. 

223.  Beaudoin  E.    Les  grands  domaines  de  TEmpire  romain,  d*apr^8 

des  travaux  r^cents.    Paris. 

In  Buchform  gebrachte  Aufsätze  aus  der  Revue  historique 
<iu  droit  francjais  et  ^tranger;  behandelt  besonders  auch  die 
Inschrift  von  Henchir-Mettich.  Beachte  die  gen.  Revue  23  (1899). 
137  Anm.  2. 


224.  Berger  Ph.  et  Oagnat  R.     L'iuscription    trilingue    d'Henchir 

Alaouin.     Ac.  d.  Inscr.  et  Belles-Lettres.    Comptes  rendus.     4"»e 

Serie.     T.  27,  S.  48-54. 

Faksimile  der  lat.,  griech.,   punischen  Inschrift.      Alteste  lat. 
Inschrift  aus  Afrika  (l.  Jahrg.  v.  Chr.)! 

225.  Besnier  M.     Inscriptious  et  monuments  de  Lamb^se  et  des 

environs.    Mel.  d'arch.  et  d'hist.  18.     1898.    S.  451—489. 

U.  a.  pro  pietati,  Hortesius  Auculus  (f.  Hortensius  Avunculus)^ 
Q  Papi  Optatu  (Nominativ),  fecerut. 


226.  Oonway  R.  S.  Dialectorum  Italicarum  exempla  selecta  in 
usum  academicum  Latine  reddita  brevi  adnotatione  iliustrare  stu- 
duit  R.  S.  C.    Cantabrigiae  preli  academici.    2  sh.  6  d. 


VI.  Italisch.  265 

Zum  Handgebrauch  für  Studenten  nach  dem  grösseren  Work 
-des  Verfassers  zusammengestellt. 

227.  Bröal  M.    Sur  Torigine  et  la  date  de  la  loi  osque  de  Bantia. 

(Lu  au  Congr^s  des  Orientalistes,  ä  Paris,  1897.)    M6m.  Soc.  Ling. 

11,  1-5. 

Die  lat.  Inschrift  auf  der  einen  Seite  der  Bronzetafel  ist  älter 
als  die  oskische.  Diese  enthält  eine  Reihe  wenig  zusammenhängen- 
der Bestimmungen  aus  der  Verfassung  von  Bantia,  wahrscheinlich 
«trittige  Punkte,  die  von  Rom  aus  entschieden,  in  Rom  formuliert, 
übersetzt  und  eingraviert  wurden.  Dafür  sprechen  das  reinlatei- 
nische Alphabet  der  osk.  Inschrift,  die  Fehler  des  Graveurs,  der 
nicht  einmal  den  Namen  der  Stadt  Bantia  richtig  schreiben  konnte, 
der  rein  römische  cursus  bonorum  u.  ä.  Die  Bestimmungen  sind 
flüchtig  auf  die  Rückseite  einer  ßronzetafel  notiert;  das  römische 
Gesetz  auf  ihrer  Vorderseite  war  veraltet  und  so  die  Tafel  zu  an- 
derer Benutzung  frei  geworden.  Mommsen  setzte  die  lat.  Inschrift 
zwischen  die  Jahre  132—117  v.  Chr.,  Breal  nimmt  ungefähr  das  Jahr 
100  für  die  Redaktion  der  osk.  lex  in  Anspruch.  An  den  Stellen: 
dat  castrid  loufet  en  eituas  'de  fundo  aut  in  pecunias*  und  castrous 
■auti  eituas  'fundi  aut  pecuniae'  erwartet  man  den  bekannten  Gegen- 
satz der  röm.  Kriminal-  und  Civilprozesse  caput  und  pecunia;  Br^al 
glaubt,  hier  habe  sich  der  Übersetzer  durch  eine  Klangähnlichkeit 
verleiten  lassen  castrum  an  die  Stelle  von  caput  zu  setzen. 

228.  Mau  A.    Die  oskischen  Wegweiserinschriften  in  Pompeji.    Mitt. 

d.  Deutschen  Arch.  Inst.  Röm.  Abt.  14,  105—113. 

Vgl.  Anz.  11,  Bibliogr.  VIT  Nr.  247.  248.  Mau  sieht  bei  der 
Besprechung  dieser  Inschriften  von  sprachlichen  Erörterungen  ab, 
■*die  Unhaltbarkeit  der  Degeringschen  Hypothese  kann  aus  topo- 
graphischen und  sachlichen  Erwägungen  zu  voller  Evidenz  gebracht 
werden*.  Wenn  er  auch  Nissens  Erklärung  gegen  Degering  ver- 
teidigt, so  bleibt  ihm  doch  auch  diese  nur  eine  Hypothese.  S.  112 — 
113  wird  zögernd  der  Versuch  gemacht  das  ampt  der  jüngstgefun- 
-denen  Inschrift  als  falsche  Schreibung  für  ant  (wie  temptare)  zu  er- 
klären. 

229.  Moratti  C.    LMscrizione  osca  di  Agnone  e  gli  indigitamenta. 

Riv.  di  Fil.  27,  587-606. 

Zur  Erztafel  von  Agnone  (v.  Planta  Nr.  200)  gibt  Moratti  fol- 
gende neue  Übersetzung,  die  er  S.  594  ff  sachlich  und  sprachlich 
zu  rechtfertigen  sucht: 

A.  stati-  [locij,  qui  sunt  in  (heredio-)  praecincto  |  Cereali:  Tel- 
lur! status-locus,  I  Caelo  status-locus,  Cereri  status-locus— Consivae 
Cereali  status-locus,  |  *Interstitiae  status-locus,  |  Nutrici  Cereali  status- 
locus,  |  LymphisCerealibus  status-locus,  |  Germinationis-Praesidi  inter- 
nae  status-locus,  |  Imbribus  Cerealibus  status-locus,  |  Serenitatibus 
•Cerealibus  status-locus,  |  Jovi  *saeptorio  status-locus,  |  Jovi  gromatico 
«tatus-locus,  I  *Divisori  (Herculo)  Cereali  status-locus,  |  Patelanae  Per- 
tundae  status-locus,  |  Divae  Genitali  status-locus,  j  Arae  Ignis  [status- 
locus].  Sanctus  foculus  in-altero  |  utroque  iugere  {  clauditur.  |  Flora- 
iibus  [feriis]  ultra  (heredium)  praecinctum  |  Sacra- Delibatio-datur.  | 
Primigeniae  Cereali  [est]  status-locus,  |  Nutrici  Cereali  [est]  status- 
locus,  I  Florae  Cereali  [est]  status-locus,  |  Caelo  patri  [est]  status- 
locus.  I 

B.  aras  hasce  habet  (arae  haec  sunt)  |  heredium-praecinctum :  | 
Telluri,  |  Caelo,  |  Consivae,  |  *Interstitiae,  |  Cereri,  |  Nutrici,  |  Lym- 


26G  VI  Italisch. 

phis,  I  Germinationis-Praesidi  interna«»  I  Cercali,  ]  Imbribus,  |  Serciii- 
tntibus,  I  Jovi  *saeptorio,  |  Jovi  pio  Gromatico,  i  Divisori  (Herculo) 
Cereali,  |  Patelanae  Pertiindae,  |  Divae  Genitali,  I  Arae  1*^1118.  |  Sanc- 
tus  foiiilus  I  in-altero  iitroque  |  iugero  |  (heredii)  praecincti  in-tleci- 
maiiis  stat.  j 

230.  Dennieon  W.  On  sonie  Oscan  Inscripiions.  -  On  commentarium 
Actoriim  Saecularium  Quintorum  I,  64.  Am.  Journ.  of  Arch.  2 
(1898)  S.  399-402. 

231.  Pay  E.  W.    Some  Italic  Etymologies  and  Interprelatious.    Cl. 

Rcv.  13,  350-355,  396-400. 

Deiituiig.sversuchc  zu  einzelnen  Wörtern  der  I^ruvinischen 
Tal  ein:  1)  mefa  'niensa,  sacrificinl  table*.  2)  spefa  *pensa.  pensilis, 
spread  out,  propped  up.'.  3  a)  persuntru  *pemitro  'footstool,  stool, 
bencir.  3b)  rempersuntro  'wicker  .stool*.  4.  erus  'erus,  nia;;isi(*r\ 
5)  ruseme^  7'ubiniame  Mn  rudere,  on  a  pilc  of  earth  or  shartls*.  6) 
skalQeta  'caU((')ata,  cuicita,  niat  for  treadin;r  on*.  7)  surum  'sudeni, 
stake,  or  *sodo  (cf.  soiiun»),  selia,  chair*.  8a)  vestis  'vestiens*.  8b. 
vestigia  'vestimentuni,  mantele,  ricinium,  cioth.'  8c)  vesticatu  **vesti- 
cato,  ai  ränge  the  cloth*.  9)  pelsa-  'covers  with  skins'  (:  pellis  'skiii*.  — 
If^nis  in  the  Italic  Dialects.  Latin  annus  'year*.  Oscan  amnüd 
'causa*.  Oscan  regvinum^  Umbrian  ekvine,  Umbrian  amperia.  Latin 
infula  'band*. 

232.  Tambroni  F.    Note  Falische.     Bologna  Zanichelli  1898.    33  S. 

Versucht  neue  Etvmologien  für  foied  und  Fescennium.  S. 
Riv.  di  Fil.  27  (1899),  166-167  (Carlo  Pa.scal). 

233.  Pauli  C.     Die  etruskischen  Familiennamen  auf  -^ra  usw.    B. 

B.  25,  194-227. 

Wichtigkeit  der  etruskischen  Namenforschung:  90%  der  er- 
haltenen Inschriften  sind  Grabinschriften,  deren  grös.ster  Teil  rein 
aus  Namen  besteht.  Bei  dieser  Häufigkeit  der  Namen  lässt  sich  oit 
ihre  Funktion  (nach  Analogie  latein.  Grabinschriften)  erkennen. 
Nehmen  wir  die  Inschriften 

vel  .  petru  .  lelus  und  velia  .  petrui  .  veluH, 
so  wissen  wir,  vel  ist  ein  männlicher  Vorname  im  Nom.,  velus  ist  der 
Gen.,  velia  der  weibliche  Nom  dazu,  während  petru  ein  Gentiinanie 
im  männlichen  Nom.,  petrui  dazu  der  weibliche  Nom.  ist.  S  19()— 
20()  stellt  Pauli  in  74  Nummern  alphabetisch  eine  Gruppe  etr.  Faniilien- 
namen  zusammen,  die  ein  Element  -diira^  -ihiri,  -dum  oder  ähnlich 
enthalten,  z.  B.  anei^ura^  ceiOurna^  veWuria^  veladri.  Eine  Be- 
sprechung der  Gentilsultixe  -a,  -?,  m;  -ana^  -ina,  -una\  -ani,  -ini, 
-uni;  ±na^  sni  wird  für  später  aufgespart.  Fast  alle  etrusk.  Gentil- 
namen  sind  von  Vornamen  abgeleitet,  von  Vornamen  auf -i9ur  kennen 
wir  velOur,  lardiir^  arnOur,  tinOur-^  dur  niuss  ähnlich  wie  dura  'Nach- 
komme* etwa  (jejiitus  bedeuten.  Für  Tin-dur  wird  auf  kombina- 
torischem Wege,  der  für  die  Methode  von  Wichtigkeit  ist,  die  Be- 
deutung Aio-Y^vr|c  sicher  gestellt  und  darauf  in  allen  Namen  mit 
dura  u.  ä.  ein  Göttername  als  erster  Bestandteil  zu  erweisen  ge- 
sucht. 'Als  völlig  sicher  Götternamen  enthaltend  können  gelten  die 
Formen,  die  gebildet  sind  mit  tin-^  selva,  fala-^  lar-^  vel-.  ar-,  tamia- 
und  veiielia\  als  wahrscheinlich  die,  welche  gebildet  sind  mit  vel- 
tuvina-^  mu-y  mim-  und  anei.,  als  bloss  möglich  und  etwas  unsicher 
die  Formen  mit  cei-,  de-  und  e-.  Ausser  diesem  Hauptergebnis  fallt 
aber  auch  noch  einiger  Gewinn  für  die  Lautlehre  ab.'    S.  225—2*27. 

234  a.  Lattes  E.  1  documenti  epigrafici  della  signoria  etrusca  in  Cani- 


VI.  Italisch.  267 

pania  e  i  nomi  delle  maschere  atellane.    Riv.  di  stör.  ant.  Anno  2 
11896X  fasc.  2,  S.  5-26. 

234  b.  Lattes  E.  Di  due  antichissime  iscrizioni  etrusche  test^  sco- 
perte  a  Barbarano  di  Sutri.  R.  Ist.  Lomb.  Rend.  Ser.  2  Vol.  32 
Milano  S.  693-708. 

Behandelt  die  beiden  Anz.  11  Bibliogr.  VIT  No.  217  S.  190  unter 
Oktober  schon  erwähnten  Inschriften  aus  Barbarano.    L.  liest: 

eO  avai  Oizu  suzai  limuna  atiuz  naO,  a  karai  sinia  serin  laman, 
aizaruva  alqu  mazbava  naiah 

und  mi  atiia. 

234c.  Lattes   E.    LMscrizione   anteromana   di   Poggio   Sommavilla. 

R.  Ist.  Lomb.  Rend.  Ser.  2.  Vol.  32  Milano  S.  823-831. 

L.  liest  die  Inschrift  (Pasqui,  Not.  d.  Scavi  1896  S.  476): 
aletneupoOeOik:  feuos  |  Geruseh  |  skerfs.    Der  Dialekt  wird  fa- 
lisco—et7*u8cheggiante  bezeichnet. 

235.  Bormann  E.  Denkmäler  etruskischer  Schriftsteller.  Jahres- 
hefte d.  Ost.  Arch.  Inst.  2,  129-136. 

Inschriften,  die  sich  vielleicht  auf  den  Etrusker  Tarquitius 
Priscus  beziehen,  der  nach  Plinius  de  Etrusca  discipiina  schrieb. 

236.  Bröal  M.    Inscription  ^trusque  trouv^e  k  Carthage.    Journ.  des 

Sav.  1899.    S.  63-67. 

Etruskische  Inschrift  eines  punischen  Grabes :  mi  pui  melkarO 
avieke  k  q)  .  .  .  na.  Vgl.  E.  Lattes  R.  Ist.  Lomb.  Rend.  Ser.  2 
Vol.  32  Milano  S.  659-670. 

237.  Ihm  M.     Lateinische  Papyri.      Centralbl.   f.  Bibliotheksw.  16, 

341—357. 

Verzeichnis  der  ägyptischen,  Hcrculanensischen  und  mittelalter- 
lichen Papyri  in  lat.  Sprache  nebst  der  Litteratur  über  dieselben. 
An  grammatischen,  fast  nur  orthographischen  Dingen  notiert  Ihm 
unter  Nr.  6  quatuor,  sexs  (2.  Jhd.),  7  prepositis  horioruvi  f.  kor- 
reorum,  debotis  f.  devotis  (4.  Jhd.),  13  hibematur  f.  hibemat  (156  n. 
Chr.),  19  transfluminianus  (166  n.  Chr.),  20  iriarchxis  (167  n.  Chr.), 
32c  humilia  f.  homilia,  rignat  f.  regnat^  seconda,  ortatur  f.  hortatur, 
sermo  divinos  usw.  (7.  Jhd.),  32^*  fistivitas,  ambolatur,  deffecultas, 
itenerum,  nominebus,  viriutebuSj  fidis  ricta^  anni  sucriscu7ity  fluruit^ 
Hisrahilita  usw.  (6.  Jhd.).  Bemerke  auch  die  unter  Nr.  25  aufge- 
zählten lat.-griech.  Glossare  auf  ägypt.  Papyri. 

n)  Zur  italischeii  Mythologie  und  Altertumskunde« 

(Weiteres  s.  Hauptabschnitt  II.) 

238.  Koscher  W.  H.    Ausführliches  Lexikon  der  Griechischen  und 

Römischen  Mythologie  im  Verein  mit  (vielen)  herausgegeben  von 

W.  H.  R.    Leipzig  Teubner. 

Das  Jahr  1899  brachte  die  Lieferungen  39—42  (NikeOino- 
trophoi). 

239.  Gruppe  0.    Bericht  über  die  Litteratur  zur  antiken  Mythologie 

und  Religionsgeschichte   aus   den   Jahren    1893—1897.     Bursians 

Jahrb.  102,  133—243. 

Der  2.  besondere  Teil  bringt  die  Namen  in  alphabetischer 
Reihe,  er  darf  in  Anlage  und  Ausführung  als  eine  fortlaufende  Er- 
gänzung zu  Roschers  Mythol.  Lexikon  gelten. 

Anzei^r  XII  2  u.  8.  18 


268  VI.  Italisch. 

240.  Aust  K.  Die  Relif^ion  der  Römer.  (^  Darstellungen  a.  d.  Ge- 
biete d.  nichtchristl.  Keligionsgesch.  Bd.  13).  Münster  Aschendorff. 
VIII.  2G8  S.    4,50  M. 

lu  dieser  zusainmenfassenden  Darsreliung,  die  6.  Wissowa 
gewidmet  ist,  interessieren  uns  besonders  die  Abschnitte  über  die 
nationale  Epoche  der  römischen  Religion,  die  etruskischen  Einflüsse, 
die  nationalrömischen  und  italischen  Götter,  die  ältesten  Feste  und 
Priesterkollegien. 

241.  Bullettino  di  Paletnologia  Italiana  .  .  .  diretto  da  L.  Pigorini. 
Parma.     Anno  25  (1899)=  Serie  III.    Tome  V. 

S.  Anz.  11,  Bibiiogr.  VII  Nr.  258. 

242.  Rivista  di  storia  antica  e  scienze  afflni,  diretta  da  G.  Tropea. 

Messina.    Tip.  d'Amico  1895  flP. 

Enthält  manches  zur  archäologischen  und  ethnographischen 
Vorgeschichte  und  ältesten  Geschichte  Italiens,  bes.  Siziliens  und 
Süd-Italiens.  Auch  in  der  Bibliographie,  der  Rivista  werden  hier- 
hergehörige Schriften,  namentlich  von  C.  de  Cara  und  G.  Caruselli, 
angeführt,  die  dem  Ref.  augenblicklich  nicht  zugänglich  sind. 

24.-).  Mommsen  Th.    Die  italischen  Regionen.    In  'Beiträge  zur  alten 

Geschichte  und  Geographie.    Festschrift  f.  H.  Kiepert'  S.  93 — 110. 

Berlin  Reimer  1898.    4«. 

Trotz  der  politischen  Auflösung  der  auf  den  Volksstämmen 
beruhenden  Konföderationen  (Italiens)  blieben  die  davon  entnomme- 
nen Bezeichnungen  nicht  bloss  für  die  notwendig  auf  dieselben  an- 
gewiesene Geschichtsschreibung  massgebend,  sondern  sie  behaup- 
teten sich  im  wesentlichen  bei  den  Geographen  und  in  gewissen 
Schranken  selbst  in  der  gewöhnlichen  Rede.  Stämme-  und  Regionen- 
tafeln nach  Strabon  und  Ptolemaeus  S.  97—98,  nach  Plinius  (die 
augustischen  Regionen)  S.  104,  die  Vollendnng  der  Provinzialisicrung 
Italiens  durch  Diocletian  S.  109. 

244.  Qroutars  J.  de.     Les  Italo-Grecs,  leur  langue  et  leur  origine 
(Suite  et  fin).     Musee  Beige  3,  23(5—245. 
Vgl.  Anz.  11  Bibiiogr.  VII  Nr.  259. 

215.  Tropea  G.  II  nome  fltalia'.  Riv.  di  stör.  ant.  Anno  I  (1896) 
fasc.  4.  S.  120—148. 

Geschichte  der  Frage.     Bibliograi)hie.     Neue  Studien. 

246.  Puglisi-Marino  S.  Sul  nome  Italia.  Riv.  bimestr.  di  antichitA 
Greehe  e  Roujane.     Anno  I  fasc.  4/B.   Anno  II  fasc.  1/2  S.  67—87. 

S.  BphW    19  S.  1200-1201  (Holm), 

246a.  Malgeri  E.  Sul  nome  'Italia'.  Nuove  Osscrvazioni.  (Estratto 
degli  Atti  della  R.  Acc.  Peloritana)  Messina  1899  (di  pagg.  75). 

247.  Heisterbergk  B.    ^Solum  Ifalicum.    Piniol.  58,  321—342. 

Zur  Terminologie  staatsrechtlicher  Begriffe  {solum  italicum^ 
praedia  itaiica,  sohim  prorincialey  ager  roinamis  u.  a.). 

248.  Petersen  Yj.    Funde  und  Forschung.    Mitt.  d.  Deutschen  Arch. 

Inst.  Rom.  Abt.    14,  163—192. 

Derieht  über  die  älteste  (z.  T.  vorhistorische)  Archäologie  von 
Sizilien  und  Unteritalien. 

249.  Modestov  V.  J.    De  Siculorum  origine,    quatenus  ex  veteium 


VI.  Italisch.  269 

testiinoniis  et  ex  archaeolog'icis  atque  anthropologicis  documentis 

apparet.    St.  Petersburg  Wolff  1898.    93  S. 

Russisch;  Abdruck  aus  dem  2urn.  Min.  1897  Nov.  176—330 
Dez.  330—364  mit  lat.  Re8um6;  über  den  Inhalt  vgl.  Anz.  10  Biblio- 
graphie II  34. 

250.  L6vy  J.    Dieux  siciliens.    Rev.  archeol.  34,  256—281. 

I.  Les  A^XXoi  et  les  TTaXiKoi.     IL  Hadranos.     III.  Pediakrates. 

251.  Orsi  P.  Pantalica.  Cassibile.  Mon.  ant.  Vol.  IX  Sp.  33-115  u. 
117—146. 

Sikulische  Nekropolen. 

252.  Duhn  F.  v.  Delineazione  di  una  storia  delia  Campania  prero- 
niana  secondo  i  resultati  delle  piu  reccnti  seoperte  arclioologiche. 
Riv.  di  stör.  ant.  Anno  I  (1895)  fasc.  3  S.  31—59. 

253.  Montelius  0.    Roma  prima  di  Romolo  e  Remo.    Rendic.  d.  R. 

Acc.  dei  Lincei.  Cl.  di  sc.  mor.  Ser.  V  Vol.  8  S.  196. 

M.  behauptet  die  Existenz  eines  vorhistorischen  Roms  im  12. 
Jahrlmndert. 

254.  Pinza  G.  Sülle  mura  romane  attribuito  all'  epoca  dei  Re.  Bul- 
leltino d.  Commiss.  Arch.  Comun.  d.  Roma  25,  228— 261;  Le  civiltA 
primitive  dei  Lazio.  26,  101—291. 

255.  Wilser  L.    Die  Etrusker.     Die  Umschau  3,  769—770. 

*'Die  Etrusker  sind,  wenn  sie  auch  ihre  Kasse  nicht  ganz  rein 
bewahrt  hatten,  ein  arisches  Volk,  die  nächsten  Verwandten  der 
Hellenen  ....  Dass  aber  ein  Volk  von  europäischer  Rasse  und 
Kultur  eine  nicht  arische  Sprache  gehabt  haben  sollte,  wäre  mehr 
als  wunderbar  .  .  ."(!) 

256.  Petersen  E.   Caeles  Vibenna  und  Maslarna.   Jahrb.  d.  Deutsch. 

Arch.  Inst.  14,  43-49. 

Vgl.  die  Aufsätze  von  Körte  und  Münzer.  Anz.  10  Bibliogr. 
VII A  No.  272  und  Anz.  11  x\o.  264.  265. 

257.  Milani  L.  A.  Sepolcreto  con  vasi  antropoidi  di  Cancelli  suUa 
montagna  di  Cetona.     Mon.  ant.  Vol    IX  Sp.  149—192. 

Paläoetruskische  Grabstätte. 

258.  Mehlis  C.  Die  Ligurerfrage.  1.  Abt.  S.  A.  aus  dem  Arch.  f. 
Anthr.  26,  Heft  1.    24  S. 

259.  Pemioe  A.  Sui  Celti  e  la  ioro  immigrazione  in  Italia.  Riv. 
bimestr.  di  antich.  Greche  e  Romane.  Anno  I  fasc.  4/6  (50  S.).  Anno  II 
fasc.  1/2  S.  207-208. 

S.  BphW.  19  S.  1267-1268  (Holm). 

260.  Hirt  H.   Die  sprachliche  Stellung  des  Illyrischen.   In  "Beiträge 

zur  alten  Geschichte  und  Geographie,  Festschrift  f.  H.  Kiepert". 

S.  179-188.    Berlin  Reimer  1898.    4«. 

Die  Sprachwissenschaft  kann  bis  heute  keute  keinen  Beweis 
dafür  liefern,  dass  das  Albanesische  die  jüngste  Phase  des  Altilly- 
rischen  sei.  (Gegen  Kretschmer  Einleitung  S.  262  f.)  Die  VeneteV, 
die  Bewohner  der  eigentlichen  *l\Xup(c,  und  die  Messapier  gehören 
einem  Sprachstamm  an,  der  zu  den  ce;^/Mm■  Sprachen  gehört  und 
zwischen  Griechisch   und  Italokeltisch    ein  Mittelglied   bildet.    Das 


270  VI.  Italisch. 

Makedonische  schliesst  sich  wohl  dem  Illyrischen,  das  Albanesische 
aber,  als  «a^em-Sprache,  dem  alten  Thrakischen  an. 

Dagegen  Holger  Pedersen  in  Die  Gutturale  im  Albanesischen 
KZ.  36,  299  ff.  Er  kommt  zu  dem  Resultat,  dass  wir  bis  auf  weiteres- 
vier  nichtgriechische  Völker  des  Altertums  auf  der  Balkanhalbinsel 
zu  unterscheiden  haben:  die  Makedonier,  die  Südillyrier  (die  heu- 
tigen Albanesen  und  die  Messapier),  die  Nordillyrier  mit  den  Ve- 
ne tern,  die  Thrakier. 

261.  Qhirardini  G.  Di  un  nuovo  gruppo  di  tombe  deila  necropoli 
atestina.  Rendiconti  d.  R.  Acc.  dei  Lincei.  Cl.  di  Soc.  mor.  .  .  . 
Serie  V  Vol.  8  S.  102—113. 

Vorhistorische  Venetergräber. 

o)  Metrik  u.  ä. 

262.  Qleditsch  H.    Bericht  über  die  Erscheinungen  der  griechischen 

und  römischen  Metrik.    Bursians  Jahresber.  102,  1—64. 

Umfasst  die  Jahre  1892—1897.  Für  uns  kommen  besonders 
in  Betracht  die  Kapitel  VI  Der  saturnische  Vers  der  Römer  und  VII 
Metrische  Schriften  über  das  römische  Drama. 

263.  Bornecque  H.    Le  vers  saturnien      Rev.  de  philol.  23,  68—79. 

B.  macht,  ohne  die  Bemühungen  der  Rhythmiker  auch  nur 
zu  erwähnen,  wieder  einmal  den  Versuch  den  Saturnier  rein  quan- 
titierend  zu  messen.    Seine  Conclusions  S.  78 — 79  sind: 

1)  Le  saturnien  se  compose  de  six  pieds,  plus  une  syllabe  lon- 
gue;  c'est  un  sept6naire  Yambique  catalectique.  Le  pied  pur  est 
le  cinquifeme  pied.  L'lambe  peut  se  trouver  ä  toutes  les  autres 
places,  ainsi  que  le  spoiidee.  L'anapeste  n'est  pas  re^u  aux  qua- 
tri^me  et  cinquieiiie  pieds,  le  tribraque  aux  deuxi^me,  quatrieme 
et  cinqui^me,  le  dactyle  au  premier,  deuxifeme  et  cinqui^me;  le 
pyrrhique  ne  se  trouve  qu'au  troisieme  et  au  sixi^me  pied.  Natu- 
rellement  le  trochee  et  exclu.  En  d'autres  ternies,  on  peut  trouver 
au  premier  pied:  Yambe  et  tribraque,  spond^e  et  anapeste;  le  dac- 
tyle ne  s'y  trouve  pas,  parce  que  la  derni6re  syllabe  courrait  chance 
d'ötre  allongee  par  la  coupe.  Au  deuxi^me:  Yambe,  spond^e  et 
anapeste,  le  tribraque  et  le  dactyle  etant  6cast^s  pour  la  raison 
que  je  viens  de  donner;  au  troisieme:  pyrrhique,  Yambe,  tribra- 
que, spondee  et  ses  Substituts;  au  quatrieme:  Yambe,  spond^e, 
dactyle;  au  cinquieme  Yambe;  au  sixieme  comme  au  troisieme. 

2)  Des  söparations  de  niots  coupent  le  vers  en  quatre  parties 
distinetes  comprenant  respectivement:  premier  et  deuxi^me  pied, 
troisieme  pied  et  septieme  demi-pied,  huiti^me  demi-pied  et  cin- 
quieme pied,  fin  du  vers.  En  outre,  autant  que  possible,  les  pre- 
mier et  deuxieme  pieds  sont  formes  chacun  par  un  mot.  Entre  ces 
differents  menibres  l'hiatus  est  1  leite:  la  svllabe  ünale  de  chacun 
d'eux  est,  par  suite,  consid^ree  comme  indifferente.  La  coupe  prin- 
cipale  et  invariable  est  la  coupe  hepthemim^re:  la  coupe  tetrath^- 
Diiniere  et  la  coupe  decath^mimere  peuvent,  au  b esoin,  ^tre  de- 
placees  d'un  demi-pied,  surtout  lorsqu'il  y  a  des  noms  propres  dans 
le  vers  ou  qu'il  se  tennine  par  un  mot  de  deux  longues. 

4)  Les  3me  et  4"^«  demi-pieds,  comme  les  8me  et  9^»^^  c'est-A-dire 
ceux  qui  terniinent  les  premier  et  troisieme  membres  peuvent  dtre 
remplaces  par  une  lon«^ue  prolongee;  une  br^ve  finale,  assimil^e  k 
une  loi)«;ue,  peut  jouer  le  röle  de  longue  prolongee.  Quand  il  est 
necessaire  de  placer  j\  la  fiu   du  vers  un  mot  de  deux  longues,  et 


VI,  Iwlist^h. 


an 


I 


i 


■daiis   ce  c«B  seulement,    U  ititme    facullö  est  donn^e  pour  leä 
demi-pieds  12  el  13.    (Vifl,  zur  Saturn ierlVfifre   die  Referate  von  F. 
Skulach  in  Vollmöllers  Jshresb.  4  I  S.  ö5-ri7,   H.  Oledilsch  in  Bur- 
«ans  Jnhresb.  102,  S.  4L'-47  und  Ref.  ebenda  106,  67—62]. 
264.  Maurenbrecher  B,     Forschungen   zur  lateiniscben  Sprnchge- 

schichte  und  Metrik.    1.  Heft:  Hintus  und  VerBclileifung  im  alten 

Lalein.     Leipzig  Teubner.     VIII.  'XS  S,     7  M. 

Inhalti  Einleitung-  Hiatus  und  Vcischlttifung.  Gescbiclite 
Jer  Hiatuafrah^e  (S-  1—16).  Erstes  Kapitf.l.  Auslautendes  m 
und  s  in  der  Poesie  (S.  16-lOS).  Einleiiunfr.  Abfall  von  m  in 
der  Sprache.  Hiatus  und  Verschiffung  von  m  bis  PlaulUB.  Vor- 
inmerkuiiafn  und  Grundstitze  zur  Statistik  der  VerBchleilung.  Der 
HiatuB  einsllbiKei'  Worte  bei  Plautus  und  in  der  archaischen  Poesie. 
Hiaius  mehrKitbi»rer  Worte  in  Senkung.  Der  Hiatu"  In  Hebung. 
Erklärung  de»  Uiatus  durch  Erhaltung:  des  Auslauts.  Der  Nasal- 
■voka!  und  der  Hiatus.  G«8chichtP  des  NasalvokalB  {des  auslauten- 
den m)  in  der  V  Hrschieifung  bis  600  ti.  Chr.  Der  Auslaut  «  in  der 
'£prachp  und  in  der  Poesie.  Zweitee  Kapitel.  Das  abtati  vische 
^  in  der  Litteratur  (S.  107—146).  Einleitung.  Inaehriftliche  Ab- 
lativforniun.  Hiatus  und  Verse  h  1  ei  tun  g  der  Ablative  in  der  archai- 
schen Litieratur.  Die  d-Forincn  und  der  Hiatus  der  Personalpro- 
nondna  bei  Plautus.  Der  Hiatus  der  Ablative  auf  -ö  bei  Plautus. 
Diu  Ablative  auf  -i,  -u,  -ü  und  -S  bei  Plautus.  Geschichte  der  Ent- 
wicklung der  dFoimen  bei  Planlus.  DrilleB  Kapitel.  Der  Hia- 
tus bei  Plautus  und  iin  Altiatein.  Allgemeine  ErwAgungeu 
gegen  und  luv  den  Hiatus.  Der  Hiatiis  einsilbiger  Worte  bei  Plau- 
4US.  Die  einsilbigen  Wirte  in  der  aruhtischen  Poesie.  Der  Uiatus 
in  Diärese  und  Personenwechsel.  Der  Hiatuis  nach  -ae  bei  Plautus 
und  in  der  alten  Poesie.  Der  Hiatus  in  Senkung  nach  -n  und  -i 
bei  Plauiu».  Die  piautinischen  Hiaie  in  Senkung  nach  -o,  -a,  -e.  Die 
Hiate  in  Hebung  bei  Pisutus...  Der  Hiatus  in  der  übrigen  archai- 
.schen  Poesie.  Geflchichtliche  Übersicht  über  Hiatus  und  Verachlei- 
rung  im  alten  Latein.  Der  Hiatus  in  Cäsur.  Zusanimeni'assung  der 
Besultatc  für  Plautus.  Anhang  xur  Statistik.  Die  unsicheren 
iTei-schleifungen.  Zur  Beurteilung  der  Hllnfigkeil  der  Verschleifung 
nud  ihrer  Gattungen.  Nachträge.  Namen-  and  Sachregister.  Stelleu- 
Teraeichniä. 

Die  kritische  Frage  nach  der  Berechtigung  dos  Hiatus  in  der 
plftütinistheu  Überlieferung  kann   nur    gelöst  .werden    durch   ver- 

fleichende   statistische    Analyse    dieser   Überlieferung,    wobei 
latus  und  Verschleifung  in  gleicher  Weise    zu   berücksichtigen 
und  alle  Konjekturen  znnltchsi  ausser  Auge  zu  lasaen  sind. 

Resultate  (S.  231-232,  2351:  berechtigte  Hiate  der  plautinl- 
Bchen  Überlieferung  sind  1)  einsilbige  Wörter  in  aufgelöster  Hebung; 
'S)  in  allen  Senkungen;  3)  mehrsilbige  Wörter  aul'  ae,  i,  u,  o,  ä,  m 
In  Senkung;  4)  mehrsilbige  Wörter  auf  i,  w,  m  in  Hebung  ohne 
Kürzung;  B)  einige  elnsilbiee  Wörter  in  ungekürzter  Hebung,  näm- 
üeh  giioi.  hat,  rim,  r«  und  die  Worje  auf  i;  6)  Hiate  in  Diärese 
-und  71  im  Personenwechsel;  wahrscheinlich  ist  die  Echtheit  des 
ÜEintuB  der  Endsilbe  mehrsilbiger  Worte  in  aufgelöster  Hebung, 
neben  diesen  allen  bleibt  ein  liest  solcher  Hiate.  die  mit  Sicherheit 
als  Korruptelen  erklärt  werden  kSnnen;  wann  sie  in  unsere C her lie- 
ferung  eingedrungen  sind,  bleibt  unklar;  sie  verdanken  ihre  Ent- 
«tehuug  zweifellos  der  falschen  Analogie  nach  den  echten  Hiaton. 
~  ■ '  '  '        '  *  1  PIflutinischen  Texte;  in  Betracht 

Hebung  oder  Senkung  nach  kur- 


272  VII.  Keltisch. 

zem  Auslaut  (e,  ä),  2)  Hiate  in  Senkung*  nfich  e,  3)  einsilbig^e  und 
mehrsilbige  Worte  in  ungekürzter  Hebung  ausser  den  oben  ge- 
nannten. Ihre  Erledigung  ist  der  niederen  Textkritik  zuzuweisen. 
In  100  Versen  kommt  jener  legitime  Hiatus  Hnsilbiger  Worte  1,3 mal, 
die  anderen  (nach  M.  berechtigten)  4 mal,  die  Verschleil^ung  147,5  mal 
vor.  Vgl.  LC.  1899  Sp.  967-969  und  1085-1086  (F.  Skutsch  und 
Entgegnung  B.  Maurenbrechers). 

265.  Bennett  C.  E.  Rhythmic  Accent  in  Ancient  Verse.  Am.  Journ. 

Phil.  20,  412-428. 

B.  verteidigt  seinen  Aufsatz:  What  was  Ictus  in  Latin  Pro- 
sody?  Am.  Journ.  Phil.  19,  361  ff.  [Anz.  11  Bibliogr.  VII  No.  15] 
gegen  G.  L.  Hendricksons  Angriff  Am.  Journ.  Phil.  20,  198—210. 
Hendrickson  erwidert  mit  einem  Comment  on  Professor  Bennett'» 
Reply,  ebenda  S.  429-434. 

266.  Mari  G.    I  trattati  medievali  di  ritmica  latina.    Milano  Hoepli. 
124  S.    5  1. 

267.  Mari  G.    Ritmo  latino  e  terminologia  ritmica  medievale.  Studi 
di  filol.  romanza  8. 

268.  D(e8cheemaecker)  St.  H.  Tablcaux  synoptiques  de  la  quaiitit^ 
latine.    Grammont  Van  Nieuwenhove.    20  S.  4®. 

München.  Gustav  Herbig. 

YII.   Keltisch. 

1.  Sommer  F.    Der  keltische  Sprachstamm.    Beilage  zur  Münchener 
Allgemeinen  Zeitung  18.  u.  19.  XII.  1899. 

2.  d'Arbois  de  Jubainville  H.  Cours  de  litt6rature  celtique.  Tome  VI. 
lia  civilisation  des  Geltes  et  celle  de  r^,pop6e  hom6rique.    Paris. 

3.  Holder  A.     Altceitischer  Sprachschatz.    11.  Lieferung:    Mediola- 
num  —  Norici. 

4.  Thumeysen  R.   Der  Kalender  von  Coligny.   Ztschr.  f.  celt.  Phil. 
2,  523  fr. 

5.  Espörandieu  E.    Calendrier   de  Coligny   (Ain).    Keconstitutioiu 
Vgl.  R.  C.  20,  100. 

6.  Rousselot    Les  articulations  irlandaises  ^tudi^es  k  Taide  du  pa- 

lais  artificiel.     La  Parole  1,  241—62. 

Cette  etude  tres  restreinte  des  articulations  d'un  seul  Irlandais 
nous  permet  de  reconnaltre :  l®  L'infiuence  reciproque  des  voyelles 
sur  les  consonnes,  des  consonnes  sur  les  voyelles,  ou  des  voyelles 
et  des  consonnes  entre  elles;  2®  L'intluence  des  groupements  syu- 
tactiques  ou  de  la  morphologie  sur  les  articulations;  3®  L'etendue 
des  variantes  dans  la  place  d'articiilution  que  peut  presenter  un 
meme  son  sans  perdre  son  identite  acoustique;  4"  La  diff^rence  de 
force  qui  existe  entre  les  consonnes  initiales  et  les  finales,  entre 
les  consonnes  finales  elles  mömes  suivant  qu'elles  sont  aprös  unc 
voyelle  ou  iine  autre  consonne;  5^  La  possibilit^  de  pr6voir  d'äpr^s 
un  trace  la  marche  future  d'une  Evolution;  6®  La  röalite  des  mouil- 
16es  k'  g'  t'  iV  s';  7^  Enfin  la  necessite  d'une  Chronologie  en  pho- 
netique,  si  Ton  veut  ramener  k  la  regle  les  irr^gularit^s  apparentes. 

7.  Pedersen  H.    Irsk  Literatur.    Dansk  Tidsskrift  1899,  S.  709-726, 

Behandelt  hauptsächlich  die  alten  irischen  Heldensagen. 


VII.  Keltisch.  273 

8.  Stokes  Wh.    Hibernica  (Fortsotzung).     KZ.  3G,  273  ff. 

18.  A  sandhi  —  nile.  Beispiele  von  Wandel  auslautender  Te- 
nnis zur  Media  vor  stimmhaftem  Laut.  19.  The  sound-groups  apn, 
epn^  ipn,  opn,  upn:  in  apn,  epw,  ipn  schwindet  p  ohne  Ersatzdeh- 
nung. 20.  Vowel-flanked  p.  Weitere  Beispiele.  21.  Enclisis  after 
interrogative  particles:  auch  nach  interrog.  co.  22.  Two  prepositio- 
nal  prefixes.  am-  in  amigim  aus  *{p)ar{ä)n-;  eh-  in  eb-ltm  aus 
*eb  alim  zu  skr.  abhi,    23.  merbligim  'wimmele*  zu  moirb  'Ameise*. 

9.  d'Arbois  de  Jubainville  H.    kt  indo-europ^en  =  cht  celtique. 

R.  C.  20,  116. 

Wird  von  den  Galliern  mit  XT,  von  den  Römern  mit  CT  oder 
T  wiedergegeben. 

10.  Strachan  J.    Final  Vowels   in    the    F6Iire  Oenguso.    R.  C.  20, 
191  ff.,  295  ff. 

Untersuchung  über  die  Reimverhältnisse. 

11.  Zupitza  E.    Über  Doppelkonsonanz  im  Irischen.    KZ.  36,  202  ff. 

Untersuchungen  über  die  orthographischen  Verhältnisse  in 
den  air.  Glossen,  im  Mittelirischen  und  ihre  Entsprechungen  im  Neu- 
irischen. 

12.  Dotün  G.    foudes  de  phon^tique  irlandaise.    I.  dk^gh.    R.  C. 
20,  306  ff. 

13.  Ernault  E.  Sur  la  chute  de  V    er  final  en  breton.  R.  C.  20, 199  ff. 

14.  Loth  J.     Remarques  sur  le  Wortschatz  der  keltischen  Sprach- 
einheit de  M.  Whitley  Stokes.  (Suite).    R.  C.  20,  344  ff. 

15.  Zimmer  Keltische  Studien  17.    KZ.  36,  416  ff. 

1)  Bret.  mar,  arvar,  körn.  mar.  In  hep  mar  'zweifellos'  usw. 
ist  mar  =  'wenn*.  2)  Ir.  eneclanriy  kymr.  givynebwerth ,  breton. 
enepuuerih.  Erläuterung  der  Bedeutungsentwicklung  an  der  Hand 
litter  arisch  er  Belege.  3)  Kornisch  arluit,  kymr.  arlwydd^  arglwydd. 
Übersetzung  des  ags.  hläfveard.  4)  Ir.  cirdub^  kymr.  purdu.  Ir.  cir- 
ist  eine  Entlehnung  aus  lat.  pürus  durch  britannischen  Mund.  5) 
Seis,  Saesonx  aus  Saxöj  Saxönes.  6)  Ir.  cäm,  kymr.  ceiniog,  ir. 
cianog.  cäin  durch  brit.  Vermittlung  aus  lat.  canön  entlehnt,  ebenso 
cianog  aus  kymr.  *ceinöc.  7)  Air.  bagim^  bdg  =  kymr.  beio^  bai. 
8)  Das  angebliche  keltische  Verbum  skartö  'ich  sondere  ab*.  Existiert 
nicht,  vielmehr  ess-cart,  verwandt  mit  ir.  fo-chiurt  usw. 

16.  Zupitza  E.     Etymologien.    BB.  25,  89  ff. 

Darunter  keltische:  Ir.  Iosh.  Ir.  folongim.  Ir.  äge.  Ir.  gobäl. 
Kymr.  cyfludd.  Kymr.  llyin.  Ir.  traig.  Kymr.  chwarddaf.  Kymr. 
gwyu\  Kymr.  Uith.  Kymr.  nithio.  Ir.  tarr.  Ir.  meith.  Ir.  dergnat. 
Kymr.  cem.     Ir.  füg.    Kymr.  ffwdan.     Kymr.  dera. 

17.  Loth  J.     Additions  et  remarques   au  Dictionary   of  the  Welsh 

Language  du  Rev.  D.  Sil  van  Evans  (A— D).    ACL.  1,  400  ff. 

bah  baille:  ACL.  1,  396  f.;  abar  daü  397  f.;  alam  gall.  a/a/'398; 
coscath  399. 

18.  Meyer  K.    Contributions  to  Irish  Lexicography  {Alp  —  arba), 
ACL.  1,  suppl.  81  ff. 

19.  Stokes  Wh.     Fifty  Irish  Etymologie«.     BB.  25,  252  ff. 

20.  Straohan  J.    Old  Irish  Toglenomon,    R.  C.  20,  445. 

Zu  doglenim. 


274  VII.  Keltiiich. 

21.  Strachan  J.    0.  Ir.  dil    AOL.  1,  471  f. 

22.  Loth  J.    Affwf/8  —  ^rvoas.    RC.  20,  206  f.    dryw  RC.  20,  842  f. 

23.  Ernault  E.  ^tymologies  bretonnes  11—30.  M8L.11,  H.2,  aSSIT. 

24.  Thomas  A.    De  quelques  noms  de  lieux  ArAn^is  d*origine  gau- 

loise.    RC.  20,  1  ff.  438  ff. 

25.  Strachan  J.   The  Nominative  Plural  of  Neuter  uatems  in  Celtic. 

IF.  10,  76  f. 

Zu  air.  cUtr  'Thränen*,  kymr.  deiffr  aus  *dakrü  noch  darus  pI. 
'Thor'  aus  *d^ore8tü. 

26.  Zimmer  H.   Keltische  Studien  18.   Beiträge  zur  altirischen  Gram- 
matik.   KZ.  36,  461  ff. 

1)  Der  ursprüngl.  N.  Akk.  Du.  der  u-Stämm«^  im  Altirischen. 
giun  'Mund'  au»  *genüt  N.  Du.  zu  gen  'Kinnbacke*.  2)  Altiriüch 
cisbert  und  asrubart  in  ihrer  Bedeutung  für  die  altirische  Tempos- 
lehre.  Die  Vcrbalfonnen  mit  und  ohne  ro-  sind  syntaktisch  ver- 
schieden. Durch  ro-  bekommt  ein  Praet  die  Bedeutung  des  Plus- 
quam  per  f.  od.  eigtl.  Perfekts,  ein  Conj.  praes.  die  eines  Conj.  per  f. 
oder  des  Fnt.  exact.,  ein  Imperf.  wird  zum  Plusquamperf.  Ferner 
steht  ro-  beim  Conj.  praes.  zum  Ausdruck  eines  Befehls  oder  Wun- 
sches. —  Besprechung  der  britannischen  Verhältnisse.  —  Die  Ver- 
balpartikel ro-  ist  formal  und  in  ihrer  Grundbedeutung  mit  der  No- 
minalpartikel ro-  identisch.  —  Entwicklung  im  Neuirischen. 

27.  Zimmer  H.    Grammatische  Beiträge.    2.  Über  verbale  Neubil- 
dungen im  Neuirischen.    Ztschr.  f.  celt.  Phil.  3,  61  ff. 

28.  Strachan  J.    The  Substantive  Verb   in   the  Old  Irish  Glossen. 

Transactions  of  the  London  Philological  Society  1899. 

Materialsammlung  aus  den  altirischen  Glossen  und  Unter- 
suchung über  die  Anwendung  der  verschiedenen  Formen.  —  Vgl. 
RC.  20,  81  ff. 

29.  Strachan  J.    Grammatical  Notes.    Ztschr.  f.  celt.  Phil.  2,  480  fr. 

Formtm  aus  dem  Lebor  na  h-Uidre:  1)  1.  3.  sg.  pres.  ind.  in 
-nd.  2)  prct.  pass.  in  -it  3)  3.  sg.  pret.  pass.  in  -<a,  -tha.  4)  3.  sg. 
pret.  act.  in  -ta^  -tha^  -th.  5)  3.  sg.  pret.  pass.  in  -as.  6)  Affixed  pro- 
nouns  7)  Absolute  forms  in  the  present  and  future  of  Compound 
verbs.  8)  no-  with  Compound  verbs.  9)  3.  sg.  pret.  in  -is  in  Com- 
pound verbs.    10)  2.  pl.  in  -hair. 

30.  Stern  L.  Chr.     tec,  tegach,  teckaf^  tecket.  Ztschr.  f.  celt.  Phil.  3, 

135  ff. 

Im  Mittelkyinrischen  zeigt  der  Komparativ  noch  keine  Ver- 
härtung einer  Media  vor  -ach;  erst  in  der  neueren  Sprache  nach 
Analogie  des  Superl.  u.  Aequalis.  —  Untersuchungen  über  verschie- 
dene phonetische  Verhältnisse  der  britischen  Verschlusslaute  usw. 
Das  Suff,  ach  =  ir.  -acc,  -ac.  (Gebrauch  bei  Substantiven,  wie 
poblach  'Pöbel*  usw.).  Das  für  den  "Aequalis"  anzusetzende  Suflf. 
'het  ist  =  ir.  sditk  'Genüge,  Fülle*. 

31.  Loth  J.    Brodyr,  broder,  brodorion.    ACL.  1,  394  ff. 

Der  neben  brodyr  existierende  PI.  broder  (zu  braicd)  findet 
sich  fast  nur  bei  Zahlwörtern.  Der  Wandel  zu  e  beruht  auf  schwä- 
cherer Betonung  in  dieser  Stellung. 

32.  Loth  J.     Un  subjonctif  aoriste  gallois.     R.  C.  20,  79  f. 

duch  aus  *douk-8e-t  'er  möge  führen*. 


VIII.  Genniini^ich.     A.  AI  Ige  Qi  ei  lies.  275 

33.  Brnault  E.  Les  formes  do  i'ii  Hniiif  brelon  (FortseUung:).  Ztsohr. 
f.  ceit.  Phil.  2,  494  ft'. 

Leipzig'.  Ferdinand  Sominer. 

VIII.   (>eriiiaiiiscli. 
A.    Allgremelnes. 

Gei-niauische  Grttinmalik, 

1.  GrundriSB  der  gernrnn.  Philologie,  lierHusgg.  von  Hermann  Pnul. 
Zweite  verbesseite  und  vermelirto  Auflage.  I.Band,  Lieferung  5 
(S.  993— 1232)  (enthaltend  den  SchluRs  der  Geschithte  der  engl. 
Sprache  u.  den  Beginu  der  Geschichte  der  fries.  Sprache)  und 
Band  ü,  Schlusslieferunif  (S.  734— 9&5)  (enthaltend  die'Elhnogra- 
(ihie  der  gerinan.  Stämme).    Stinssbur^  Trübner,  ie  4  M. 

2.  Abhandlungen  zur  german,  Fhilolo-gie.  Festgabe  f.  Rich.HeinKel 
von  F.  Dctler.  M.  H.  .lellinek,  C.  Kraus,  R.  Meringer, 
R.  Mueh.  J.  Seemüllf.r.  S.Ringer,  K.  Zwierzin«.  Halle 
Niemever  18SH.    VIII  u.  534  S.     14  M. 

A  LuboviuB  L.  First  introduction  to  Gernian  Philnlngy,  London 
";iHckwood.     96  S.     1  Sh.  Öd. 


4.  WiimannB  W.  Deutsche  Grammatik.  Gotisch,  Alt-,  Mittel-  »nd 
NeuhochdeiilBch.  2.  Abteilung:  Wortbildung,  2.  Aufl.  XVI  u, 
G71  S.  Sirassburg  Trübner.  12,50  M. 
fi,  Loire  K.  Die  ethnische  und  spruchliche  Gliederung  der  Ger- 
innen, Halle  Nieineyer.  59  S,  1,60  M. 
>€.  Bugge  S.  BuitrAge  zur  vorgennanischen  Lautgeschichte,  I.  Zur 
Erläuterung  des  germaniachen  ai.     PBB.  24,  426-68. 

Behandelt  das  VerhHItnis  von  Wörtern  wie  feili-.fäli  an.  fälr. 

"Daa  Vorgeiniauische  hat  ein   reduziertes,  vielleicht  gemurmellea  i 

"    (einen  Schwa-Laut  mit  i-Timbre)  gehabt",    der  "regelintiasig  aus  » 

entstandcir  ist     "Nicht  selten  setzt  germ.  dt . ,  eine  zweisilbige  Form 

des  Vorgerm,  mit  zwei  Vokalen  voraus,  die  durch  einen  Konsonanten 

getrennt  waren.    Der  erste  war  ein  kurzes  idg,  o  oder  a\  der  zweite 

_     war  das  aus  a  entstandene  reduzierte  i,  dem  in  mehreren  Wörtern 

l^i.  i,  grioch- ö  entspricht."    Beispiele:  1.  goi.*hraiw:kravlf-,  hraiw- 

Hans  krotei'  ßcrow»:  ~  2.  ae.  tir  'Ruder'  xaritram.  —  3,  ainu  'Si*nd- 

B^ote',  dazu  dan  Noiii.  act.  ahd.  ärundi  usw.     Der  Stamm  des  Nom. 

r  Ag.  wohl  urspr.  airund.  Piirt.  zu  air-  'rudern'.  —  4.  feilt  neben /(Üi, 

fMr  vuUui  ptinatl,  kell.  (;j)«into 'verdiene",  lii.  pe^na« 'Erwerb',  Grdr. 

pohyo«  poUyoD.  —  6.  got.  *vtaä  ■  mdlarft,  malinä»,  piXac.    Dazu  ahd. 

mal  'Fleck',  miljan,  tit.  mSly»  'blauer  Farbstoff,  —  6,  hreinn  'Ren' 

:  Klpac    Idg.  kenno»  'gehörnt' ;  Grdl',  kormos,  dazu  ablautend  k^nnot, 

rusB.  «erna  'Reh'.     Weil  in  kormos  n  nach  i  folgte,  entstand  hrainan, 

nicht  'hairtuK.    —    7.  fraisan   :  iittpdiu   expenor,    Grdf.  ponao-.  — 

8,  neanorw,  tim  'unschmaikhafi'  neben  amen  :  amlä»  'sauer',  amxH 

■plagt".  —  9,  maitan  :  tt\i.yf.\v  ipriTÖt  rifioxoc.    Grdf.  Vomsdö  ;  tmoido 

u    ;  *pmaitä  :  'mailo.  —  10.  'aylaite  st.  nghakd.  —  11,  aratveic  'Erbse" 

mfi  6po0oc,  ert-iim,  Grdf.  oroivid.  —  12,  arbaip»  aus  arabit-.  —  13,  öheim, 

Barg,  aunhaimaz  aus  aivonk^mos.  —  14.  meinen  :  (livoc,  ji^vui,  nevtTÖc, 


276  VIIL  A.  AllgeincSnes. 

Wz.  mom  j  mam-,  —  15.  eimi,  eimr  'Dampf,  Pener'  nicht  ans  *eidmi 
wegen  der  Bedeutung;  dnza  ablautend  aisl.  ima  'Dampf?  usw.  : 
schwed.  dial.  dm.  Grdf.  *animo8^  vgl.  animus  usw.  —  16.  Hridgotan 
'die  Sieg-goten*,  zu  hrößeigs,  das  zu  XrlrM-  gehört;  daneben  Gen. 
Hrdkäa,  anorw.  Hreidgotun,  germ.  hraipi-  aus  koriH-.  —  17.  lains. 
Stamm  dond  :  dön-  in  bdivaS,  lett.  döni-  =  b^iüiac  :  6d>  h^y^.  —  18. 
ahd.  (alem  )  neiman  'loqui*  aus  nomtniyeti,  vgl.  6vQfia(vui.  —  19.  ahd. 
ch^en  'vertere*;  an.  kßwra  (aus  *kaurjan)\  ae.  cierr€m  {a,\iB*karsjan) 
gehören  zusammen.  Das  ae.  Verb  stammt  aus  vorg.  "^qarsijö^  dag 
ahd.  aus  urg.  *kairijö,  *katrrijo,  "^kairzijö^  vorg.  ^ganniyö,  das  sn. 
aus  vorg.  *garu8iyö.  —  20.  aih  :  änd^'a,  ivcTKClv.  3.  Plnr.  vorf?. 
^anmknt,  das  aeihün  oder  3.  Plur.  amk^i  (vgl.  änäs'a).  —  21.  ae. 
wdsena  'throat',  Part.  Praes.  aw98^-  zu  Aimi.  —  22.  gotl.  vajlunde 
'Speiseröhre*  aus  *au•^?|l^  zu  cy.  awell  'conduit,  pipe*,  äiXKa  usw.  — 
23.  ahd.  treno  'Drohne',  daneben  ae.  drän.  Letiiterea  hat  wohl 
dhrönd-  als  Basis.  —  24.  lerche^  Grdf.  laiivrakön-,  daneben  anorw. 
löj  lt.  vorg.  law-,  Basis  laiL'9  (zu  laus).  —  25.  ahd.  reihherit  daneben 
rak^an;  Basis  vorg.  ong-  ordg-,  vgl.  6p^ttu,  tjyant-.  —  26.  anorw. 
reik  'Scheitellinie',  daneben  neuisl.  rdk  'Streifen  .  Zu  diesem  gehört 
ai.  r^ji-  'Streifen',  ferner  rc^ji-  'Richtung'.    Basen  r^tffi-  :  ragt  ra^»-. 

—  27.  breit  aus  *bkor9dho8y  vgl.  beriü,  bMi  'streuen'.  —  28.  heimo 
'Hausgrille'  neben  kammelmaus,  von  hamme  abgeleitet,  ahd.  hamma 
'Hinterschenker  :  Kvf||uiii.    Jiaiman  aus  hainman  aus  vorg.  kanunoih 

—  29.  an.  feigr  usw.  aus  poqdwyo-  zu  pakväs.  —  80.  isl.  smart 
'Klee'  aus  ^smäirkon-,  vorg.  *smardkon  :  ir.  seamar.  —  81.  anorw. 
hreistr  'Schuppen'  aus  ^karsdira- :  abg.  krasta  'Scabies'.  —  32.  ahd. 
gameit  'vanus*  :  griech.  |L|dTT)v 'umsonst',  air.  in- mad(B 'sine  eausa', 
Basis  mat9'.  —  3*^.  fraiw-  aus  paritva-  zu  pario.  —  34.  kleidj 
Grdf.  golito-  :  ßdXXu).  —  35.  bein  neben  neunorw.  buna  F.  'Knochen- 
röhre', Basis  bon9'. 

Der  behandelte  Lautwandel  soll  sehr  alt  sein  und  jedenfalls 
der  Lautverschiebung  vorausgehen. 

7.  Löipve  R.    Relative  Chronologie  der  germanischen  Tenuisverechie- 

bungen.    IF    10,  77-84. 

ahd.  finko  :  mlat.  pincio  ist  nach  der  Verschiebung  des  idg. 
k,  vor  jener  des  idg.  p  ins  Gernmn.  eingedrungen.  Vgl.  an.  karfe 
=  Wallis,  fcerp,  lit.  kdrpa  usw.  Westg.  ahd.  karpo  usw.  zeigt,  dass 
dieses  p  früher  verschoben  hatte  als  das  Nordg.;  denn  das  Wort 
wird  wohl  aus  dem  Kelt.  zuerst  ins  Westg.  gelangt  sein.  —  ae.  paP 
usw.,  wahrscheinlich  eine  frühe  mittelbare  Entlehnung  aus  dem 
Griechischen,  zeigt,  dass  p  früher  als  t  verschoben  ist. 

8.  Regnaud  P.  Sur  le  jot  initial  dans  les  principaux  dialectes  ger- 
maniques  et  la  loi  phon^tique  qui  le  concerne.  Acte,  du  XL  Con- 
gr^,s  Orient.  Sect.  I  S.  285—97. 

9.  Ludwig  A.  1)  Das  Verhältnis  der  m-Formen  der  german.  Dekli- 
nation zu  denen  des  Lettischen  und  Sla vischen.  2)  Die  1.  Plur. 
auf  rnees  im  Ahd.  Sonderabdruck  aus  den  Sitzungsberichten 
der  kgl.  böhm.  Gesellschaft  der  Wissenschaften.  Prag  ftivnac. 
8  S.    0.20  Mk. 

1)  m  soll  willkürlich  aus  bh  hervorgegangen  sein.  —  2)  -mis 
aus  -mais  soll  alte  Nebenform  von  weis  usw.  sein,  die  an  die  fertige 
Verbalform  antrete. 

10.  Brugmann  K.  Der  Ursprung  der  germanischen  Romparations- 
suffixe  auf  -özan-^  -östa.     IF.  10,  84—90. 


VIII.  A.  AlIffiMueines.  277 


'n 


Gt»ht  von  Adverbien  auf  -i  wie  /uri,  air,  frtio  rwh;  nach  dein 
VerhHltnis  derselben  zu  den  Koniparationsformeu  auf  -iz-  sollen 
sieb  -öz-Fornien  neben  den  Adverbien  auf  ö  eiii«restellt  baben. 

11.  Gosijn  P.  J.  Die  substantivierten  I'arlizipia  Präs.  des  Urger- 
manischen.   IF.  10,  112. 

Trotz  Kluge  IF.  6,  341  sind  die  rf-losen  Formen  der  Nomina 
agentis  auch  ausserhalb  des  Kentischen  wohl  beglaubigt.  Sie  sind 
im  Vokativ  lautgesetzlich,  desgleichen  im  Ä-losen  Nom.,  den  wir 
nach  zan  ansetzen  dürfen. 

12.  Kluge  Fr.  Nominale  Stammbildungslehre  der  altgermanischen 
Dialekte.  2.  Aufl.  (Sammlung  kurzer  Grammatiken  germanischer 
Dialekte.   B.  Ergänsungsreihe  I.)  Halle  Niemeyer.  X  u.  119  S.   3  M, 

13.  Hadady  G.  Die  germanische  Derivation,  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  gotischen  und  der  neuhochdeutschen  Sprache 
(magyar.).    Progr.  SArosalja  U'jhely. 

14.  Hinsdale  E.  C.     1)  The  Verbum  perfeetivum  as  a  Substitute  for 

the  Future  Tense.    2)  werdan  and  wesan.    Mod.  Lang.   Notes  13, 

(1898)  265-71. 

Sucht  zu  zeigen,  dass  die  ahd.  Verhältnisse  den  got.  nicht 
entsprechen. 

15.  Rittershaus  Adele.  Die  Ausdrücke  für  Gesichtsempflndungen 
in  den  altgermanischen  Dialekten.  Erster  Teil.  (Abhandlungen 
hrsg.  von  der  Gesellschaft  f.  deutsche  Sprache  in  Zürich,  No.  3.) 
XIV  u.  81  S.    Zürich  Seidel.    2  M. 

Wort  künde. 

16.  Kluge  Fr.  Etymologisches  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache. 
6.  Aufl.    XXVI  u.  510  S.      Strassburg  Trübner.     8  M.  geb.  10  M. 

17.  d'Arbois  de  Jubainville  U.  Fragments  d'un  dictionnaire  des 
noms  propres  francs  des  }iersonnes  A  l'epoque  m6rovingienne.  Le 
moyen  Age.     12  No.  3. 

18.  Berger  H.    Die  Lehnwörter  in  der  französischen  Sprache  ältester 

Zeit.     Leipzig  Keisland.    III  u.  347  S.    8  M. 

Darin  Lehnwörter  aus  dem  Germanischen  (S.  309— 19);  jedoch 
behandelt  der  Verf.  die  Mehrzahl  der  german.  Lehnwörter  als  Erb- 
wörter, die  schon  im  gallischen  Vulgärlatein  eingebürgert  gewesen 
seien. 

19.  Brückner  W.  Charakteristik  der  germanischen  Elemente  im 
Italienischen.    Progr.  des  Gymn.  zu  Basel.    32  S.    4®. 

20.  Johansson  K.  F.    Über  aisl.  eldr,  fie.  celed'F euer*  usw.    ZZ.  31, 

285  -302. 

Urgerm.  ail-  ist  Kontamination  von  aidh-  und  al-,  Germ. 
Grundform  ailida- ;  SuflS.x  idg.  -eto-.  Neben  der  ^i-Bildung  fahips 
kommen  die  Partizipia  auf  -Sto-  in  Betracht.  Für  diese  darf  man 
wechselnde  Betonung  und  daher  gerni.  -epa-  -edä-  voraussetzen, 
das  zu  '-edä-j  '-Pda  werden  muss.  Das  nebentonige  €  wird  wie 
haupttoniges  behandelt,  daher  hafat,  trvadr^  trüat  sagat,  lifat 
pagat,  vakat   usw.    ailedä-   musste  synkopieren:   pagt,  lifdr,  spart 


S78 


Vm.   A.  Allgenii-iuch 


Fomidtr.  —  GleipniM 
Loki.  —  Loplr,  —  " 
-  Sigyn.  —  Sön.  — 

in.    HZ.  43,  I58-6S 


usw.  t  \'^l.  Incitux,  veifefiis,  habittis  geg'iniüliei'  del6luK,  obaoJitut  0 
elilr  (liirth  VtrailgreMieiiierung  der  K,viikopk-rteii  Form  entstnitl 
21,  Kaufflnann  Fr.    hexe.    ZZ.  31,  497. 

Vyneidifft  seine  Di'Utuiig  von  hagazusxa  {PBrB.  Itt,  lfi5)  gegfe 
R.  Rie/ler,  der  haga  nithl  nui'  den  Wnlil,  sondern  Huf  die  iimhegi 
Flur  bezielit;  denn  hagunlall  könne  mir  'Wuldlicaitzcr'  lieiRstn. 
39.  Kock  A.     Elvniologievh-inj-lholo^isclie  Uniersuchungcn.    IF.  Ift 
90-111. 

Bopn.  —  Byleipir.  —  Färbauti.  — 
Gorr.  -  Helblindi  —  Hier.  -  Laufey.  - 
nir.  —  Ndl.  —  Nari.  —  Norr.  —  Ran.  - 
Vingpörr. 

23.  Meyer  K.  M.     Kopulntive  Kigennain. 

Bei  den  german.  Eigennauien  ist  prinzipiell 
Blllndlicher  Sinn  annunelimen.  Namen  wie  Hildegund,  Fredtgi 
Sigefrid,  Wolfram  dürfen  jedoch  nicht  als  unterordnfude,  i^ondern 
inüüHen  als  beiordneude  Komposita  gefiinsi  werdi^n.  Wiii  etwa 
in  moderner  Zeit  der  Doppelname  Peter-PHul  gegebe.n  wird,  an 
konnte  ein  Verehrer  Wodans  seinen  Sohn  nach  den  beiden  heiligen 
Tieren  des  Gottes  nennen.  Sigefrid  'der  Sieg'  und  gefeHtigten  Frieden 
besilzl".  Ea  gibt  2  Hauptklassen  der  Üvandranamen;  i)  rechte 
Wnppennamen  wie  porstein,  Ulfkeftl  'der,  dem  Thor  und  der 
Opfersrein  heilig  sind',  'der  den  Wolf  nnd  den  Kessel  im  Wttppon 
führt"  nnd  2)  die  Segensnamen  wie  Gundfrid.  Hruadlaug  u.  a. 

24.  Möller  H.     Chstti  und  Hessen.     HZ.  43,  172-80. 

Gegen  Braune.  IF.  4,  341  ff.  Die  Ckatti  der  Römer  werden 
von  dem  Heasengau  als  ihrem  Uraitz  ausgegangen  i>ein,  gradeso  wie 
dii!  Balavi  ein  gröaseres  Gebiet  inne  hahün  als  die  heutige  Betuat. 
Chatti  aoll  genn.  pp  haben,  während  in  Chattuarii  (ae.  Hetxare), 
obwohl  sie  mit  den  Chatten  verwandt  sind,  urgerm.  tt  anxuneliuieii 
Mi;  die  Stammsilben  beider  Namen  sollen  nicht  verwandt  sein. 
Sn-abos  Xd-rroi.  das  Braune  für  die  Existenz  eines  germ.  tt  in  Chatti 
heranzieht,  gehe  aut  die  rüm.  Namenaform  zurUirk,  beweiee  also 
nichts.  Der  Einwand  BraiinoH,  dasa  Chatti  yon  400—706  cr^chciue, 
erst  c.  liQ  Uassi  auftrete,  der  Prozess  des  Übergangs  von  '/  au  H 
also  sehr  jung  sein  müsse,  obwohl  sthon  im  Gnt.  um  400  im  für 
altes  tt  aultrete,  sei  unzutreffend,  da  das  tt  von  Chatti  nur  für  die 
Aussprache  in  der  Zeit  der  ersten  Entlehnung  (im  leisten  Drirtt-1 
dea  1.  Jhs.  V,  Chr.,  spätestens  unter  Drusus)  Üültigkeit  habe, 
phonetischen  Einwendungen  Braunes  gegen  den  Übergang 
urgcrm.  pp  in  x»  sind  sSrntlich  nicht  stichliahig. 

25.  ÜhlenbBck  C.  C.     Eber.     PBrB.  24,  239-44. 

Gegen  Berneker  IF.  8,  :J83  f.  Meillels  Erklärung  von 
veprb  aus  Kontamination  von  *vopr%  (aus  *Qpn)  und  'jejirh 
"eprb),  vgl.  IF.  f).  7331'.,  ist  unslatthalt,  da  die  aalav.  v-Prathese 
nicht  vor  o  eintritt.  Im  Gegenteil  beweist  alig.  serb.  ruas.  poln.  oxa 
'Wespe',  dnsa  im  Uralav.  n  vor  o  sogar  verloren  gehen  konnte,  c 
in  vtpn  also  idg.  vielleiclit  veprb  :  ^bttr  =  vrfabhä- :  r-fabhä-.  —  Dm 
VerhMlInis  von  aper:  zu  ebur  ist  rein  laullieli.  Beziehung  x\x  pabh- 
Mbzuweiaen :  yäbhati  i  ZIfqjupoc  =  yngäm :  Zu-ri^v, 

26.  Wilbrand  J.  Über  die  Namen  Teutonen-aaä  Teuluburg.  Zwo] 
Jahresbericht  des  bisior.  Vtireins  lür  die  Grafschaft  Haveni 
1898, 


>ritltl 
Die       I 

m 

(an      I 


VIIL   A.  Allgemeines.  27^ 

27.  Wood  Fr.    A.    Germanic   etymologies.    Mod.   Lang.   Notes    IS 
(185^8),  81-88. 

Vgl.  Anz.  11,  Abt.  IX  A  Nr.  27.  Behandelt  werden  au.«Jser 
den  a.  a.  0.  genannten  Wörtern  aha  und  airus  noch  3)  brunjö. 
4)  dtdps.  5)  fastan.  6)  dauhts.  7)  jah.  8)  kuna-wida.  9)  ganip- 
nan.  10)  gatarnjan.  11)  gup.  12)  hlaiw,  kleipra.  13)  ih-dalja^ 
ibxiks.  \\)füöpan.  15)  an.  Ärc/pr.  16)  «n-ar^s.  \1)  bisavljan,  \%)swaran. 
19)  hausjan. 

28.  Wood  Fr.  A.    Etymologisches.    PBrB.  24,  529-33. 

1.  ^atii :  xOXoc  'Saft'.  —  2.  kauz  :  gaudziü  'heulen'.  —  3.  ge-hiure 
:  mhd.  hüren  'kauern',  vgl.  hold  'gnädig,  herablassend*.  —  4.  aisl. 
küra  'unthätig  sein',  engl,  cower  'kauern' : yöpöc  'rund,  gekrümmt'. 
—  5.  hnasquH  aus  *qnodsqo- :  kandu  *beis8e'.  —  6.  neh  aus  nekuo  t 
näsati  'erreicht'.  —  7.  ahd.  glsal  mit  air.  giall  zu  haereo.  —  8.  mahr 
'Alp'. :  russ.  kikimora  'Gespenst',  poln.  mora  *Alp'.  —  9.  sels  se-la- 
fWz.  se  'säen')  'das  Säen,  Säezeit,  Jahreszeit,  Zeit'  vgl.  satio :  saison. 
Das  AdJ.  bedeutet  'zeitgemäss,  passend'.  Vgl.  ae.  scbl  'Zeit,  günstige 
Zeit,  Glück'.  —  10.  schraube :  scrüpus  'spitzer  Stein',  cKopTriöc  'stach- 
lig*. —  11.  ae.  strldan  'schreiten',  ahd.  strltan  'streiten';  Grund- 
Bedeutung  wohl  'ausstrecken,  wonach  trachten,  s.  anstrengen'.  — 
12.  engl,  throe  'Schmerz'  :  präwan^  dräen,  vgl  torqueo  'drehe,  pei- 
nige*. —  13.  strafe:  9.^,  prafian  'antreiben;  tadeln,  züchtigen'.  — 
14.  ahd.  zidalärij  Basis  vorg.  di-tlo  Wz  dl-  dÜ-;  dazu  lett.  dejums 
'gehöhlter  Bienenstock',  d^ele  'Baum,  worin  ein  Bienenstock  aus- 
gehöhlt ist'. 

Zur  Altertumskunde  und  Ethnographie. 

29.  Müllenhoff  K.  Deutsche  Altertumskunde.  4.  Band.  2.  Hälfte. 
XXIV  u.  S.  385-751.    Berlin,  Weidmann.    1900.     10  M. 

30.  Heyne  M.  Das  deutsche  Wohnungswesen  von  den  ältesten 
geschichtlichen  Zeiten  bis  zum  16.  Jh.  Mit  104  Abb.  (Fünf  Bücher 
deutscher  Hausaltertümer  Bd.  1.)    Leipzig  Hirzel.     12  M. 

31.  Hempl   G.    The   origin    of  the   runes.    Journ.    Germ.   Phil.   2^ 

370—74. 

The  runes  are  based  on  a  Western  Greek  aiphabet  differing 
but  little  from  the  Formello  aiphabet  and  that  in  the  direction  of 
certain  other  Western  alphabets,  for  example,  the  Venetic,  the  East 
Italic  (or  'Sabellic')  and  the  Gallic,  and  the  adoption  of  this  aiphabet 
by  the  Germanic  people  took  place  about  600  B.  C,  at  which  time 
the  Chief  changes  that  differentiate  Germanic  speech  from  the  remai- 
ning  Indo-European  languages  had  taken  place. 

32.  Kauffinann  Fr.  Germani.  Eine  Erläuterung  zu  Tacitus  Ger- 
mania.   Kap.  2.    ZZ.  31,  1—4. 

Die  belgischen  Germani,  die  später  Tungri  hiessen.  haben 
mit  ihren  Verbündeten,  ehe  sie  das  rechtsrheinische  Land  vor  den 
Germanen  räumten,  politisch  unter  germanischer  Oberhoheit  ge- 
standen, bildeten  also  damals  eine  nafio  Germanonim.  Ebenso 
werden  die  pannonischen  Osi  als  Germanorum  natio  bezeichnete 
Beidemal  wird  durch  natio  die  politische  Abhängigkeit  Iremd- 
sprachiger  Stämme  bezeichnet.  Später  räumten  die  unterworfenen 
Keltenstämme  den  Siegern  das  Feld.  So  kamen  politisch  zu  den 
Transrhenanen  gehörende  Völkerscharen  unter  dem  Namen  Ger- 
mani.   Alle  Eindringlinge  wurden  in  Gallien  so  benannt;  von  ihnen 


280  VIII.  B.  Gotisch. 

wurde  der  Name  auf  uas  ganze  Volk  übertragen,  zu  dem  sie  poli- 
tisch gehörten  und  von  dem  sie  ausgegangen  waren.  So  bürgerte 
sich  in  Gallien  der  Name  Germani  für  alle  Transrhenanen  ein. 
Hier  fanden  diese  ihn  später  vor  und  adoptierten  ihn  selbst. 

33.  Hedinger  A.  Die  Urheimat  der  Germanen.  Mit  einem  Nach- 
wort von  H.  Hirt.    Neue  Jahrbücher.   2.  Jhg.   3.  Bd.   8.  Heft. 

34.  Stein  F.  Die  Stammsage  der  Germanen  und  die  älteste  Ge- 
schichte der  deutschen  Stämme.    Erlangen,  Junge.    80  S. 

35.  Wilbrand  J.    Zur  Keltenfrage.    Beilage  zur  Allg.  Zeitung  1899 

Nr.  258. 

Macht  auf  die  Widersprüche  zwischen  Müllenhoffs  und  Meitzens 
Keltengrenzen  in  Deutschland  aufmerksam.  "Hat  es  in  Deutschland 
vormals  auch  Kelten  gegeben,  so  müssen  sie  Spuren  hinterlassen 
haben.  Gegenwärtig  aber  steht  die  Sache  ungefähr  so,  dass  jene 
wohl  für  den  Sprachforscher  und  Historiker  existieren,  für  die  An- 
thropologen und  Archäologen  aber  nicht.' 

36.  Muller  S.    Zur  Heimat  der  Volcae.    PBrB.  24,  537—44. 

Gegen  Müllenhofif,  dass  die  Heimat  der  Volcae  'an  der  Weser 
abwärts*  und  dann  im  Mainthaie  gewesen  sei  und  gegen  Much,  der 
als  Urheimat  der  Volcae  Mähren  annimmt.  Vielmehr  liegt  die  Ur- 
heimat zwischen  Leine  und  Rhein,  woraus  sie  etwa  um  300  von 
den  Istaevonen  vertrieben  worden  sind.  An  der  Weser,  Aller,  Leine 
lag  Jahrhunderte  lang  die  Grenze  zwischen  Kelten  und  Westger- 
manen; dort  muss  die  Benennung  'Walxöz  =  KG\ten*  entstanden  sein. 

B.     Gotisch. 

37.  Wright  J.  A  primer  of  the  Gothic  language.  Containing  the 
Gospel  of  St.  Mark,  Selections  from  the  other  Gospels  and  the 
second  Epistle  to  Timothy.  With  Grammar,  Notes  and  Glossary. 
Oxford.     Clarendon  Press.     4  Sh.  6  d. 

38.  Heiderich  A.  Einführun«i:  in  das  Studium  der  gotischen  Sprache. 
Zehn  praktische  Lektionen.    München,  Ackermann.     1  M. 

39.  Kock  A.    Zur  «erotischen  Lautlehre.    KZ.  36,  571-83. 

1.  Zur  Frage  nach  dem  Wechsel  zwischen  stimmlosen 
und  stimmhaften  Fricativae.  Verteidigt  die  in  HZ.  25,  226  ff. 
ausgesprochene  Ansicht,  sieht  jedoch  in  den  Formen  mit  stimmhaften 
Spiranten  keine  alten  Formen  mehr,  sondern  junge  auf  ital.  Boden 
entstandene  Dialektformen.  Beispiele  dalür,  dass  der  Wechsel  r:? : />, 
b :  f  un  wesentlichen  auf  der  Akzentuierung  beruht:  1)  wenn  gibid 
lautgesetzl.  d  hat,  kann  auch  d  in  haubid  nicht  bloss  graphisch 
sein.  2)  Hench  hat  konstatiert,  dass  in  den  V^erbal formen  d  nach 
langem  Vokal  oder  Diphthong  häufiger  ist  als  nach  kurzem.  Dazu 
stimmt  das  Vorkommen  des  Nominativausgangs  -ds.  3)  Ebenso 
steht  es  in  der  1.  3.  Sg.  Prät.  und  in  der  2.  Sg.  Imperat.  4)  Dass 
der  IJborgang  p  :  d  sich  häufiger  beim  Verb  als  beim  Nomen  findet, 
beruht  auf  der  vorwiegenden  relativen  Akzentlosigkeit  der  Verhal- 
formen  im  Satzzusammenhang,  vgl.  z.  B.  das  moderne  Schw^edisch. 
Unklar  ist  der  Wechsel  s  :  z. 

2.  Der  Wechsel  rs:r  im  Nom.  Sg.  Gegen  Hirt  PBrB.  23. 
329  f  Die  ältesten  nord.  Huneninschriften  sprechen  dagegen,  dass 
das  Got.  in  der  Behandlung  des  -.v  die  idg.  Akzentuation  wider- 
spiegle.    Da  sich  die  verschiedene  Behandlung  des  -s  aufs  Got.  be- 


VIII.  B.  Gotisch.  281 

schränkt,  muss  sie  aus  dem  Got.  erklärt  werden.  Nach  Kock  ist 
der  Wechsel  nicht  lange  vor  Wulfila  durch  die  gotische  Akzen- 
tuierung hervorgerufen  worden.  In  vorwulfil.  Zeit  endigte  der 
Noin.  Sg.  überall  auf  -z;  daraus  entstand  -rs  in  Silben  init.Fortis 
(Hauptton),  -r  in  Silben  ohne  Fortis  (also  in  Silben  mit  Intortis  oder 
Semiiortis).  Also  hors,  gdurSy  akrs,  figgrs^  fadrs :  unsar^  fvapar, 
unpar  usw.  Auch  stiur  hierher,  da  iu  unechter  Diphthong  ist,  der 
sehr  leicht  zweisilbig  gesprochen  wird.  In  frumahaur  ist  -r  nach 
Semifortis  entstanden.  Auch  ivair  muss  aus  der  Komp.  erklärt 
werden.  Vgl.  das  fürs  älteste  Isländische  bestehende  Lautgesetz, 
wonach  -nr  (aus  -nR)  nach  kurzem  Fortisvokal  bleibt,  nach  Infortis- 
oder  Semifortisvokal  zu  nn  wird. 

Hinweis  auf  Arkiv  N.  F.  2  (1889),  26  Anm.:  Wenn  ki  [kj]  auf 
e  folgtp,  neigte  dies  zu  I.  Hirt  PBrB.  21,  159  f.  hat  nicht  auf  den 
Einüuss  des  Konsonanten  geachtet. 

40.  Luft  W.    Wulfila  oder  ülfila?    KZ.  36,  257-64. 

Der  Kosename  ist  die  Abkürzung  eines  Vollnamens,  der  als 
2.  Glied  wulfa-  gehabt  hat.  Hier  erscheint,  wie  schon  Fick  gesehn 
hat,  für  -icu-  ein  blosses  -u-.  Folglich  ist  die  lautgesetzliche  Form 
Ulfila. 

41.  Ehrismann  G.    hiri.    ZZ.  31,  384. 

Vor  Luft  und  Mikkola  hat  schon  der  Verf.  e^  auf  jfe  zurück- 
zuführen versucht,  vgl.  Literaturbl.  1895  Sp  217  ff.  —  he^ri=h^ 
-f  i  (Adv.  he^r  -f  Partikel  f)  wird  bei  nachdrücklicher  Betonung  des 
2.  Elements  zu  he^ri  und  dies  zu  hiri. 

42.  Pipping  H.    Über  den  got.  Dat.  PI.  nahtam.  PBrB.  24,  534—36. 

Das  adverbiale  nahtam  nach  dagam.  Ob  der  substanti- 
vische Dat.  PI.  ebenso  geheissen  habe,  ist  unsicher.  Vgl.  adver- 
bial ahd.  nahtes  neben  naht. 

43.  Kauffmann  Fr.    Ein  gotischer  Göttername?    ZZ.  31,  138. 

Gegen  Müllenhoff  HZ.  23,  43  ff.    höre  steht  für  höre  =  honore. 

44.  JeUinek  M.  H.    Zu  Wulfila  Luc.  1,  10.    ZZ.  31,  138  f. 

Gegen  Warnatsch  ZZ.  30,  247.  beidandans  übersetzt  irpocbc- 
XÖ^i€vov  verschiedener  Hss. 

45.  Kauffmann  Fr.    Beiträge  zur  Quellenkritik  der  got.  Bibelüber- 
setzung.   ZZ.  31,  178—94. 

3.  Das  got.  Matthäusevangelium  und  die  Itala.  Es 
ist  durchaus  unwahrscheinlich,  dass  Wulfila  neben  seinem  griechi- 
schen Kodex  eine  oder  mehrere  lateinische  Hss.  bei  der  Über- 
setzung zu  Kate  gezogen  habe. 

4.  Die  griech.  Vorlage  des  got.  Johannesevangeliums. 
Die  Hss.  EFGHSUV  und  die  Bibelzitate  des  Chrysostomos  beweisen, 
dass  für  das  Johannesevangelium  den  Goten  keine  andere  Text- 
rezension vorgelegen  haben  kann  wie  für  das  Matthäusevangelium. 

46.  Erbiceanu  C.    Ulfila,  via(a  s^i  doctrina  lul  etc.    Bukarest  (S.-A. 

aus  Biserica  Ortodoxä  Romäna). 

Behandelt  hauptsächlich  die  Geschichte  des  Christentums  im 
trajanischen  und  aurelianischen  Dakien.  Bis  zum  Ende  des  3.  Jhs. 
n.  Chr.  sasseu  am  linken  Donauufer  weder  Slaven  noch  Hunnen. 
Erst  Anfang  des  4.  Jhts.  kamen  hier  die  Goten  an,  welche  von  den 
dortigen  römischen  Kolonisten,  teilweise  durch  Vermittlung  ihrer 
unterwegs  gefangenen  phrygischen  und  kappadokischen  Sklaven, 
das  Christentum  annahmen."   Wiedergabe  griechischer  Berichte  über 


282  Vin.  C.  NordgerniaiiiBL-h. 

die  Goten,    Ulfila   und    die    Donnuländer   (nach  L.    I.   J«clinfrskI]V 
Bericht  in  Niederle's  VeBtn.  4,  4(i7). 

47.  Braun  W.     Die  Mailänder  Bltttter  dec  Skßirein».    ZZ.  31,  4^9-Ül. 

Die  zahl  reich  Oll  VerbesB-erungen  rühren  a.  T.  von  einer  zweiten 
Hand  her.     Für  yalcaljandin  In  ist  gahiotjandin  z\x  leseu. 

48.  MöUer  H,     Zum  gol.  Epigriimm.     HZ.  Ann,  43,  103  f. 

Gegen  Luft  HZ.  Anz.  41,  399. 

49.  Kaufitaiann  Fr.  Zur  deutschen  Akeriumskunde  aus  Aulass  dea 
sogen.  OiiuH  imperfeutum.     ZZ.  ai,  45l-t;3. 

1.  Uas  Ivöuij^ätum.  (Gcrntaniairhe  Ansi^hauuiig  vom  König- 
tum aeigt  sieh  im  Op    imp.) 

50.  Braun  Tb.  Raxyskanijn  v  oblasti  Goto-Blavianskieh  oluoJenlj 
(Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  gotisch-6la\i8cbRn  Bezie- 
hungen). 1  Diu  Goten  unrt  ihre  Nachbarn  vor  dem  5.  Jh.  Erste 
Periode:  Die  Goten  an  der  Weichsel.  Mit  '2  Karten.  .Sboruik 
otd.  rUBSk.  jiiz.  Akad.  64  N.  12.  Audi  als  S.A.  (S.  Petersburg, 
Akademie).     XX,  392  S. 

Die  geogrnphJBChc  Lage.  Die  Westnachbarn  der  Goten.  Die 
Südweslnachbarn.  Sarmatien.  Exkurs  1.  Ethnologie  des  KarpaUien- 
gebietes  vor  der  Ankunit  d«r  Slavcn.  Wann  und  woher  kamen 
die  Goten  in  die  Weiehselebene?  2  Das  Motiv  deb  skandinavi- 
Beben  Urslammes  und  anderer  Urgermanen,  Die  Weneden  am 
baltiKChen  Meer.  EinfliiBS  der  slavisch-bal tischen  Sprachen  auf  die 
wandallschen.  Schluse.  —  Anz.  von  Sobolevskij  Niederle's  V^to. 
4,  22-H3,  NlederlB  ebd.  23--8,  Brückner  AslPh.  22,  237ff, 
Veseiovskij  Izv,  II.  otd.  Akad.  5,  1-36,  Kulakovskij  ÖH  "" 
V  Islor.  ObSÜ.  Nestora  let.  14.  47—51. 

W,  St 


[M^^l 


C.    Noi-d^enuanlsch, 
B.  Allgemeines.  ~  Altnordisch  (altislSndiseh 

1.  Jensen  0.  S.    Bibtiogrart  for  1897.    Arkiv  f.  nord.  fli.  15,  278—319, 

2.  JÖDBSOn  F.     Island  (Spro^»  og  Litteratur).    Satmonsens  Konver- 
sation.ijeksikon  9.  Bd, 

3.  HellquistE.  Om  fornuordiska  sammiineltttningar  med  korlstafvigt 
Verb  tili  fßrstA  sammans&ltniDgsled.    Arkiv  f.  nord,  fil.  lä,  230-%). 

Vgl.  Falk  Ark.  4,  361  ff.  An.  bardagi  (und  barätta,  «mrd, 
•vidri),  gpurdagi,  avardagi,  skilda^i  haben  als  erstes  Glied  ur«jir. 
Prü  Ben  »stammen  bari-,  spurt-,  tvan-,  nkili-  aus  den  kurzsilbigen  ja- 
Verba  berja,  apyrja,  sverja,  »kUJa.  DcBgieichen  wabrscheiulich  auch 
Zusammensetitungen  uiii  hrak-  (vgl.  Falk  Arkiv  13,  SOS)  tsu  hrd^ja, 
und  isl.  gkapker  (Schöpfkrug]  zu  *skepja  (ahd,  «cAep/en};  satnsmadr, 
iamsvqndr  zu  sr.mja,  temja  (vgl,  uenschwed.  KpörvmM  fpltrja); 
hrunhti,da,  schon  von  Noreen  mit  hrynja  (vgl.  hrynjandx  hältr) 
in  Verbindung  gesetzt,  Exkurs:  Oni  uppkomsten  al'  n&gra 
svenskaord  med  betydelflen"stryk"o.  rf.  (8,236— 39).  Belegstel- 
len für  die  folgenden  Wörter:  badd  zu  badda,  bas  zu  baga,  batk  tu 
baska  (aus  basa  od.  =  d.  batschen),  dalj  zu  daUa  (vgl.  nhd.  dial. 
dalgen,  litt,  gttdalzti),  dask  zu  daska,  dllntj  zu  Hänga.  kld  eu  kll, 
pigk  zu  piska,  smisk  zu  smiska,  smiirj  zu  smörja.  utrt/k  zu  gtrj/k<', 
hy{d)  zu  hy{d]a. 


VIII.  C.  Nordgermanisch.  283 

4.  Kock  A.    Studier  över  fornnordisk  vokalisation.    Arkiv  f.  nord. 
filol.  16,  323-360. 

Inhalt:  I.  Bchandlingen  av  u  vid  nasalförlust  med  er- 
sättningsförlängning  (S.  323-36).  II.  Behandlingen  av  i 
vid  nasalförlust  med  ersättningst'örlängning.  Exkurs. 
Behandlingen  av  Ijudförbindelsen  mf  (S.  336-47).  III.  Till 
fr&gan  om  inflytande  av  R  p&  föreg&ende  vokal  (S.  347—58). 
In  Bezug  auf  die  zwei  ersten  Abschnitte  vgl.  die  abweichende  Auf- 
fassung: Noreens  Aisl.  Gr  »  §  82—83  und  Aschwed.  Gr.  §  83—84.  Als 
Resultat  seiner  Untersuchungen  gibt  der  Verf.  S.  359  an:  1)  In  For- 
tis-Silben  wird  bei  Verlust  des  folgenden  Nasals  und  Ersatzverlänge- 
rung u  zu  ü,  wenn  nicht  in  der  folgenden  Silbe  a  mit  infortis  steht, 
in  welchem  Falle  das  ti  zu  ö  wird:  *fun8R  zu  isl.  füss,  "^ünwitr  zu 
isl.  üvitr,  *wun8k  zu  aitschw.  üsk^  dagegen  *wunskaR  zu  altschw. 
öska^  isl.  öskar.  2)  In  relativ  unakzentuierter  Silbe  wird  iz-f  Nasal 
zu  ö:  ^framfunsR  zu  altschw.  framfös,  *unuHtr  zu  isl.  övitr.  3.  Das- 
selbe trifft  auch  für  i  und  f  in  gleicher  Stellung  zu:  *InuzaiRaR  zu 

*Inu'äR  zu  isl.  Ivarr,  *sinwalR  zu  isl.  sivalVy  aber  *min{n)la  (Nora. 
Sg.  und  Gen.-Plur.)  zu  isl.  m€la.  —  Hinript  zu  isl.  llript.  —  4.  Da- 
gegen in  relativ  unakzentuierter  Silbe:  i  (f)  4- Nasal  zu  e  (altschw. 
ä),  z.  B.  *8inwintr  zu  altschw.  scevinter.  Hinript  zu  isl.  lerept^  alt- 
schw. Iceript.  —  5)  In  Fortis-Silben  bleibt  u  vor  R  (Wörter  wie  ker, 
Wahl  usw.  haben  gewöhnlich  a-Umlaut),  wird  aber  in  Infortis-Silben 
zu  o:  HuRkannidaR  zu  isl.  torkendr.  —  6)  In  Fortis-Silben  bleibt 
auch  i  vor  R  (z.  B.  altgutn.  ir="est"\  wird  aber  in  Infortis-Silben 
zu  e:  Dat.  Sg.  miR  zu  meR  (Opedal),  isl.  mer.  —  7)  ä- Umlaut  von 
a  kann  nicht  eintreten,  wenn  in  der  nächsten  Silbe  ein  a  folgt.  — 
8)  Die  Lautverbindung  7n/'(  4- Konsonant)  wird  zu/*,  in  den  übrigen 
Fällen  bleibt  das  mf  vorläufig,  entwickelt  sich  aber  später  zu  mm. 

5.  Akerblom  A.     Bidrag  tili   tolkningen  af  skaldekvad.    Arkiv  f. 

nord.  fil.  15,  269—74. 

Beiträge  zur  Erklärung  von  Hmcstli^ng  14,  1— 4(B^w<fw),  Hä- 
leygja-tal  Ib  {WisM,  H^fudlausn  5,  1—4  {Wisen). 

6.  Bugge  S.    Det  oldislandske  elliptiske  Udtryk  sölsetra,  sölsetrum, 
Ark.  f.  nord.  fil.  16,  200—202. 

Die  Ausdrücke  milli  sölsetra  und  med  sölsetrum  sind  von 
Möbius  richtig  mit  "zwischen  Sonnen  TAuf-  und)  Niedergang"  wieder- 

fegeben.  Im  Sing,  findet  man  im  Altnord,  sölarsetr^  niemals  sölsetr, 
s  ist  also  wahrscheinlich,  dass  diese  Formen  aus  einer  Zeit  stammen, 
wo  man  im  Germanischen  noch  den  alten  elliptischen  Dualis  be- 
wahrt hatte,  und  das  altnord.  doegr  aus  einer  mit  dem  altind.  ahani 
(Tag  und  Nacht)  parallelen  Dualisform  hervorgegangen  ist. 

7.  Fridriksson  H.  K.    Volundarkvida  8,  1-2.     Arkiv  f.  nord.  filol. 

16,  95 — 96. 

Das  Wort  vegreygr  ist  bekanntlich  als  oepreygr  zu  lesen.  Die 
Bedeutung  des  Wortes  ist  bisher  noch  nicht  richtig  aufgefasst  worden; 
man  darf  es  am  besten  als  "vedurbarinnj  vedurtekinriy  oder  tekinn 
tu  augnanna**  übersetzen. 

8.  Jönsson  J.    A  vid  og  dreif.   Smä  athugasemdir  vid  fornan  kved- 

skap.    Arkiv  f.  nord.  filol.  15,  376—90. 

Enthält  Deutungen  verschiedener  isl.  Skaldenverse  1)  Jöms- 
vikingadrdpa  Biama  hiskups,  2)  Gisla  saga  Sürssonar,  3)  Kor- 
mdkS'saga, 

Anzeiger  XII  2  u.  3.  I9 


284  VIII.  C.  Nordgermanisch. 

9.  Magnüsson  E.  Vilmogum  or  vllmogum?  Arkiv  f.  nord.  fil.  15, 
319-320. 

Gegen  F.  Jönsson  Ark.  f.  nord.  fil.  N.  F.  10,  197.  Die  Lesart 
vilmQgum,  Hqvamql  133,  10—12  ist  zu  behalten. 

10.  Thorkelsson  J.   Bemaerkninger  til  adskillige  Oldtidsdlgte.  ArkiT 

f.  nord.  fil.  15,  219— 2J0. 

Inhalt:  Bemerkungen  zu  I.  Snorri  Sturluson,  Hättatal.  II.  Rek- 
stefja.  III.  Vellekla.  V.  BjarkamAl  en  fomu.  VI.  EiriksdrApa.  VII. 
Jömsvikingadr»^pa.    VIII.  Gei»!!. 

11.  Jakobson  J.  Fseröske  Folkesagn  og  ^Eventyr,  udg.  for  Sam- 
fund  til  Udgivelse  af  gammel  nordisk  Litteratur.  2.  H.  S.  161— 
320.    Kopenhagen  Gyldendal.    8vo.    4,00  Kr. 

12.  Smasangir  og  Sälmar  givnir  üt  av  Föroyinga-felag  in  Keyp- 
mannahavn.    Kopenhagen.    S^o.    2,  154  S. 

b)  Runeninschriften. 

13.  Burg  Fr.    Held  Vilin.    Arkiv  f.  nord.  filol.  16,  135-146. 
'Das  uüinispat  der  Höker  Runeninschrift  ist,  wie  üblich,  zu 


das  ein  regelrecht  zu  *wüpjan^  anord.  villa  "irreführen",  gebildetes 
nomen  actionis  wäre.  Seine  Grundbedeutung  ist  also  "Irreführung", 
"Vexierung**." 

14.  Frioson  0.  von.    Till  tolkningen  af  Tune-stenen.     Ark.  f.  nord. 

fil.  16,  191-200. 

Das  wita[n\dah(a)laiban  der  Inschrift  erklärt  der  V^erf.  als 
"den  som  sörger  für,  anvisar,  gifver  (nägon  hans)  tröd  (uppehälle)"= 
"husbonde".  Das  Wort  ist  in  derselben  Weise  wie  sl0ngvan{d)baugi, 
sve'iflan{d)'kiapti  gebildet.  Für  die  Bedeutung  vgl.  a^s.  hläford 
(lord,  mastcr,  husband).  Bemerkungen  ^^g^n  Falk  PBB.  14,  42  ff. 
Der  Verf.  hegt  keinen  Zweifel,  in  derartigen  Bildungen  Beispiele 
der  alten  idg.  Komposition  hharadväjas  zu  sehen. 

15.  Wadstein  E.  Runinskriften  p&  Forsaringen.  Värt  äldsta  la«,^- 
stadgande.  (=Skrifter,  utg.  af  Kgl.  Humanist.  Vctensk.  Samf.  i 
Upsala  6,  3.)    Upsala.    8vo.    20  S. 

c.    Schwedisch. 

16.  Plygare  N.  An  en  g&ng  det  nyfunna  fragmentet  av  Söder- 
mannalagen.     Arkiv  f.  nord.  filol.  15,  390—400. 

Diplomatischer  Abdruck  mit  Variantenverzeichnis. 

17.  Pleijel  H.  En  bild  af  svonska  bibelspräkets  utveckling.  Säm- 
ling af  numera  för/lldrade  eller  annars  egendomliga  ord  och  ut- 
tryck  i  de  kända  delarna  af  Nya  testamentet  pä  fornsvenska. 
Stockholm  (Lund,  Gleerup).    II,  80  S.  Svo.    0,80  Kr. 

18.  Pleijel  H.  Om  Nya  testamentet  pä  fornsvenska.  Stockholm 
(Lund,  Gleerup).    11,*^  23  S.  8^.    0,20  Kr. 

19.  Söderbergh  H.  N/igra  ord  om  svenskt  riksspr&k.  Pedagogisk 
Tidskr.  1899  S.  130-35. 

Bemerkungen  zu  Fr.  Wulff  "Svenska  rim  och  svensk  uttal". 


VIII.  C.  Nordfirermanisch.  285 


'O 


120.  Sazen  R.    Nägra  spräkliga  fornmiunen.    Fiuskt  Museum  1899 
S.  6-9.  60-62. 

^1.  Akerblom  A.    Till    öfverg&ng-en  fsv.  ö  >  y,  nsv.  ä,    Arkiv  f. 

nord.  fil.  15,  246-255. 

Auf  Grund  der  Berichte  der  älteren  schwedischen  Gramma- 
tiker muss  man  annehmen,  dass  altschwed.  Ö  vor  r,  ^,  w  —  dhy  gh^ 
Vf  8  unter  Einfluss  dieser  Konsonanten  auch  in  der  Reichssprache 
•die  alte  offene  Aussprache  lange  bewahrten,  dieselbe  Aussprache, 
die  wir  noch  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  und  in  dem  Beginne  des 
18.  Jahrhunderts  bei  dem  aus  Ö  in  solchen  Verbindungen  eutstan- 
•denen  ö  vorfinden. 

22.  Noreen  A.  Inleduing  tili  modersmälets  formlära.  Grundlinier 
tili  föreläsningar.    üpsala  Almqvist  ä  Wiksell.     15  S.  8vo. 

53.  Kraomer  R.  von.  Om  trestatViga  ords  användning  i  vers.  Peda- 
gogisk  Tidskrift  1899  S.  235—298,  365-449. 

24.  Ordbok  Ötvcr  svenska  spr&ket,  utgifven  af  Svenska  Akademien. 
H.  12-13.  Anmana  —  Ansikte,  Baldrian  —  Barhufvud.  Lund, 
Gleerup.    4to.    ^  1,50  Kr. 

25.  Brate  E.    Gubbe  ock  gumma.     Ark.  f.  nord.  fil.  16,  162-172. 

Das  neuschwed.  gubbe  ist,  wie  schon  von  Norelius  (Ark.  1,  220) 
Angenommen^  aus  goper  bonde  entstanden.  Dementsprechend  i.st 
auch  gösse  aus  goper  son  und  gumfna  aus  gop  moper  zu  erklären. 

-26.  Brate  E.    Medelpad,    Ark.  f.  nord.  fil.  16,  172—177. 

Der  schwedische  Ortsname  Medelpad,  altschw.  Mcepalpapa, 
ist  wahrscheinlich  aus  einer  Verbindung  wie  mcepal  ok  up  at  ä 
hervorgegangen. 

27.  Hjelmqvist   Th.    Gös   säsom   förklenande   personbeteckning   i 

svenskan.    Ark.  f.  nord.  fil.  16,  177 — 191. 

Das  schwedische  Wort  gös  (ein  dummer  Tölpel)  ist  urspr.  aus 
gös,  pl.  gösar  entstanden,  das  in  der  Bergbau-Terminologie  gebraucht 
wird  und  durch  französ.  gueuse  aus  dem  deutschen  GusSj  'der  im 
Stückofen  geschmolzne  Eisenklumpen*.  Das  Wort  hatte  also  urspr. 
«inen  ähnlichen  Sinn  wie  schwed.  klumpj  klunSy  wurde  aber  später 
mit  dem  gleichlautenden  Fischnamen  gös  (Lucioperca)  vermischt. 

28.  Kock  A.  N&gra  svenska  ety mologier.    N^'are  Bidrag  tili  känne- 

dom  om  de  svenska  landsmälen  15,  8.    Stockholm  1899  (a:  1898). 

8vo.    31  S. 

Inhalt :  Bläkula,  bläktdla ;  evinnerlig ;  faddra ;  gossflygga  ; 
aubbe\  kurra-gömma]  lemna,  remna;  maske-seck  *^  fsv.  nl  *nej';  red- 
Tiampne;  rist;  skorsten,  päskeskär  {pä8keskor)\  slickepott;  vipa 
(undirvipa,  aldinvipa)\  vcewildrcet;  örngätt. 

29.  Nordlander  J.  Jämtländska  ortnamn.  Tolkade.  Nyare  Bidrag 
tili  kännedom  om  de  svenska  landsm&len  15,  2.  Stockholm.  8^0. 
28  8. 

30.  Tamm  Fr.     Anmärkningar  tili  "Valda  stycken  af  svenska  för- 

fattare  1526—1732",   utg.  af  Ad.  Noreen   och  E.  Meyer,    Uppsala 

1893.    Arkiv  f.  nord.  filol.  16,  146—162. 

Enthält  zahlreiche  Zusätze  und  Berichtigungen  zum  Glossar 
der  schwedischen  Anthologie,  hrsg.  von  Noreen  und  Meyer. 


286  VIII.  C.  Nordgpermanisch. 

hl.  Tamm  F.  Om  avledningsändelser  hos  sveiiska  adjektiv,  dera» 
historia  och  nutida  förekomst.  (Skrifter  utg.  af  K.  Hamanistiska 
Vetenskapssamfundet  i  Upsala  6,  8).  Upsala  Akad.  bokh.  1899. 
69  S.  8vo.     1,15  Kr. 

32.  Tamm  F.  Om  ändelser  hos  adverb  och  arkaiskt  bildade  pre- 
positionsuttryck  i  svenskan.  (Skrifter  utg.  af  K.  Humanistiska 
Vetenskapsamfundet  i  Upsala  6, 9).  Upsala  Akad.  bokh.  8^0.  41  S. 
0,65  Kr. 

33.  Berg  R.  G.  Ärots  valspr&k.  Nord.  Tidskr.  utg.  af  Letterstedtska 

fören.  1899  S.  609—627. 

Nach  Bemerkungfin  über  die  Ausdrücke  'slang',  'argot',  'Jar- 
gon' u.  dgl.  gibt  der  Verf  Beiträge  aus  der  heutigen  schwedischea 
'  Wahlsprache' j  besonders  wie  sie  in  den  Zeitungen  hervortritt 

34.  Cederschiöld  G.    Undersökning  af  folkspr&k  och  lolktraditioner 

i  Göteborgs  och  Bohus  län  under  äret  1897.     Bidrag  tili  känne- 

doin  om  Göteborgs  och  Bohusläns  fornmiunen  och  historia.  1899. 

25.  h.  (VI.  4.)  S.  259—274. 

Bericht  über  die  Untersuchung  der  Volkssprache  und  -Tradi- 
ditionen  in  Göteborg-  und  Bohus-Län,  die  im  Jahre  1897  unternom- 
men wurde.  Als  Sprachproben  wird  eine  Reihe  von  Volkssagen 
mitgeteilt. 

35.  Erdmann  A.  Redogörelse  för  undersökningen  af  Upplands  folk- 

m&l   under   &r  1898.     Upplands  fornminnesförenings  tidskrift  20, 

127-137. 

Bericht  über  die  im  Jahre  1898  unternommene  Untersuchung 
der  Volkssprache  in  Uppiand. 

36.  Spar  af  värmländskt  inflytande  i  Tegnfers  spr&k.     (Von  L.  Z.). 

Pedagogisk  Tidskr.  1899  8.74-85. 

Spuren  von  P^infiuss  der  wärmländischen  Dialekte  auf  die 
Sprache  Tegners  (Wärnilandismen)  begegnet  man  besonders  in  sei- 
nen älteren  Dichtungen. 

d.  Norwegisch. 

37.  Aasen  J.  Norsk  Grammatik.  2.  Opiag  af  omarbejdet  Udgave 
af  ''Det  norske  Folkesprogs  Grammatik".  Kristiania  Cammermeyer. 
1899.     XVIII,  391  S.  8vo.    4,50  Kr. 

38.  Falk  Hj.  «!t  Torp  A.  Dansk-norskens  syntax  i  historisk  freni- 
stilling.    1.-3.  Heft.    Kristiania  Aschehoug.  48  S.  8vo.    ä  0,75  Kr. 

39.  Steffen  R.  Norske  stev.  Samlade  og  utgivna.  Nyare  Bidrag 
tili  kännedom  om  de  svenska  landsmälen  15,  1.  Stockholm.  8^^- 
205  S. 

40.  Sproget  paa  vore  Proedi kestole  og  ved  vore  Altere.  Luthersk 
Kirketidende  25,  297—9.  401-4;  26,  1-8. 

41.  Aall  A.  Det  norske  filosofiske  Sprog.  (Christiania  Videnskabs- 
Selskabs  Forhandlinger  1899  No.  2.)  Kristiania  Dybvad.  8^0.  15  S. 
0,25  Kr. 

42.  Koht  H.  Framande  folkenamn  paa  norsk.  Syn  og  Segn.  5.  aarg.. 
Oslo  1899  S.  7-22. 

Über  die  Bildung  der  Völkernamen  im  Norwegischen. 


VIII.  C.  Nordgermanisch.  287 

43.  Aasen  F.  Praver  af  Landsmaalet  i  Norge.  2.  üdgave.  Med  et 
Tillajg  af  Dr.  Amund  B.  Larsen.  Kristiania  Cammermeyer.  4  u. 
136  u.  35  S.   8vo.    2,00  Kr. 

44.  Falk  Hj.    Landsm&Iets  betingelser  som   skriftsprog.    Ringeren 

2,  70-93. 

Unter  welchen  Bedingungen  wird  das  norwegische  ''Lands- 
ni&r*  Schrittsprache  werden  können? 

45.  Haogstad  M.  Upphavet  til  det  norske  folkemaal.  Syn  og  Segn. 
5.  aarg.    Oslo.    S.  257-271. 

Über  den  Ursprung  der  norwegischen  Volkssprache. 

46.  Haogstad  M.  Ganialt  trendermaal.  Upplysningar  uin  maalet 
i  Trendelag  tyrr  1350  og  ei  utgreiding  um  vokalverket.  (Viden- 
skabsselskabets  Skrifter  II.  Hist.-filoa.  Kl.  1899  No.  3.  Udgivet  for 
H.  0.  Benneckes  Fond.)    Kristiania  Dybvad.  8vo.  4,  98  S.  2,40  Kr. 

47.  Belsheixn  J.  Ivar  Aasen.  Folkevennen  47,  5—16,  65—75,  129 
-141. 

e.  Dänisch. 

48.  Blandinger.     I-X.  —  Dania  6,  111-115,  184-188,  228-235. 

Enthält  u.a.  I.  Pröve  paa  en  dansk  skolelvdskrift  von  0.  Jes- 
persen  (S.  111—13).  —  VII.  K.  Nyrop:  Kantusse  (S.  228-30).  — 
VIII.  J.  M.  Jensen:  Lidt  mere  om  dekorerede  fornavne  o.  dsl.  (S. 
230—33,  vjrl.  Dania  2,  289;  3,  42).  —  X.  H.  Schuchardt:  Dansks 
indfiydelse  paa  tysk  (S.  235). 

49.  Dahlerup  V.  Hovedpunkter  i  det  danske  Sprogs  Historie.  (Grund- 
rids  ved  folkelig  Universitetsundervising.  Nr.  1.)  Udgivet  af  Uni- 
versitetsudvalget.    Kopenhagen  Erslev.    16  S.  8vo.    0,20  Kr. 

50.  Kaikar  0.  Ordbog  til  det  aeldre  danske  Sprog  (1300—1700). 
Trykt  paa  Carlsbergfondets  Bekostning  ifölge  Foranledning  at  Uni- 
versitets-Jubilfeets  danske  Samfund.  28—29  H.  (Erobere- R&d.) 
Kopenhagen  Gad.    8vo.    4  2  Kr. 

51.  Brandes  G.  Danskheden  i  Senderjylland.  Kopenhagen  Nord. 
Forlag.    32  S.  8vo.    o,50  Kr. 

52.  Jespersen  0.    Er  dansk  virkelig  saa  grimt?    Dania  6,  77—91. 

Sammlung  einiger  Urteile  verschiedener  Schriftsteller  über 
-die  dänische  Sprache  nebst  Bemerkungen  zu  K.  Nyrop  Fremmede 
Domme  om  Dansk  (Dania  4,  1897,  S.  247)  und  zu  V  i  s  i  n  g  Om  spräk- 
rskönhet  (Göteborgs  högskolas  ärsskrift  1897,  9). 

53.  Brix  H.    Om  stavelserimet  i  dansk.  II.    Dania  6,  30—76. 

Vgl.  Idg.  Anz.  11,  217. 

JbA,  Jessen  E.     Tilföielser  og  Berigtigelser  til  dansk   etymologisk 

Ordbog.    Nord.  Tidsskr.  f.  Filol.  3.  R.  8,  31-41. 

Zusätze  und  Berichtigungen  zu  dem  von  Verf.  im  Jahre 
1893  herausgegebenen  etymologischen  Wörterbuche  der  dänischen 
Sprache. 

55.  Serensen  A.    Dansk  Rim-Ordbog.    Udgivet  med  Understettelse 

af  Ministeriet  f  Kirke-  og  Undervisningvcesenet.    1.— 7.  Hefte.    Ko- 
penhagen Gad.    48  S.  8vo.    ä  0,80  Kr. 

56.  Kock  A.   Om  prepositionen  ihlandt  Arkiv  f.  nord.  fil.  15,  321—22. 


288  VIII.  C.  Nordgermaniseh. 

Die  dänische  Präp.  iblandt^  blandt  (ftchwed.  ibland,  blandr 
isl.  i  bland)  ist  aus  einem  älteren  H  bland  ai  entwickelt,  vgl.  medens^ 
aus  nuBpan  es, 

57.  LauridBen  P.   Den  gamle  danske  Landsby.    Aarbog  for  dansk 

Kulturhistorie  1899,  S.  76—185. 

Der  erste  Abschnitt  dieser  Abhandlung  enthält  xl  a.  Unter* 
suchungen  über  die  Bildung  der  dänischen  Dorfkuunen. 

58.  Dansk  Navneskik.  Betcenkning  afgiven  af  den  af  Justitsmini- 
steriet  den  4.  Maj  1898  nedsatte  Kommission  ved  F.  Nielsen,  A 
Olrik,  J.  C.H.B.Steenstrup.  Kopenhagen  Qad.  170S.  S^o.  iKr. 

59.  Jensen  J.  M.  Et  Vendelbom&ls  Lyd-  og  Formiere.  Udgivet  af 
Universitets-Jubilseets  danske  Samfund.  2.  H.  Kopenhagen  Gad. 
8vo.    2  Kr. 

60.  Feilberg  H.  F.  Bidrag  til  en  Ordbog  over  jyske  Almuesm&I. 
Udgivet  af  Universitets-Jubilieets  danske  Samfund.  17.  Hefte. 
(Lettroende-Lurendrejer.).    Kopenhagen  Gad.    8^0.    2  Kr. 

f.  Altertumskunde  und  Mythologie 

(inkl.  Folklore). 

61.  MCdler  8.  Notice  sur  les  fouilles  faites  pour  le  Mus^e  National  de 
Copenhague,  pendant  les  annöes  1893—96,  traduite  par  £ug.  Beau- 
vois.  M6m.  de  la  soc.  roy.  des  antiquaires  du  Nord.  1899,  8.  2:^ 
—296. 

62.  Olsson  P.  Minnen  fr&n  Herje&dalens  forntid.  Svenska  fom- 
minnesföreningens  tidskrift  10,  205—215. 

63.  Foreningen  til  Norske  Fortidsmindesmerkerb  Bevaring.  Aars- 
beretning  for  1898.     Kristiania.    XX,  166  S.  8vo. 

Enthält  u.  a.  Archäologische  Untersuchungen  in  Nordlands 
Amt  1897  von  0.  Nicolais 8en(S.  1  —  10).  Altertümer  aus  Sendhord- 
land, von  B.  E.  Bendixen  (S.  16—61).  Berichte  über  Ausgrabun- 
gen 1898,  von  N.  Nicolaysen  (S.  62—66).  Verzeichnis  der  im  Jahre 
1898  zu  den  öffentlichen  Sammlungen  eingelieferten  Altertümer 
(S.  67-142). 

64.  Ett  märkligt  brons&ldersfynd.  Af  A.  H-n.  Finskt  Museum  1899. 
S.  1-3. 

65.  Almg^en  0.  Ur  Herje&dalens  folktro.  I.  En  sen  kvarlefva  af 
en  forntida  tro.  U.  Tvänne  folksägner  fr&n  Funftsdalen.  Sveuska 
fern  minnesföreningens  tidskrift  10,  229-^236. 

66.  Bugge  S.  Mythiske  Sagn  om  Halvdan  Svarte  og  Harald  Haar- 
fagre.    Arkiv  f.  nord.  fil.  16,  1—37. 

67.  Jönsson  F.  Sagnet  om  Harald  b&rfagre  som  ''Dovrefostre". 
Arkiv  f.  nord.  filol.  15,  262—67. 

68.  Jönsson  J.     Liserus—Beöw,    Arkiv  f.  nord.  fil.  15,  255—261. 

I.  Liseru8=L^8ir=^Lytir.  II.  Beaw—Beöw^^Bjarr  -  Bjarlä. 
(Der  Aufsatz  ist  in  isländischer  Sprache  geschrieben.) 

69.  Klockhoff  0.  Folkvisan  om  konung  Didrik  och  hans  kämpar. 
Arkiv  f.  nord.  filol.  16,  37—95.  103—135. 

70.  Modin  E.  Öfvertro  om  de  döde  i  Herjedalen.  Svenska  fom- 
minnesföreningens  tidskrift  10,  812—19. 


VIII.  D.  Westgermanisch.  289 

^1.  Olrik  A.    Danske  Hilldtr  Visen    Efter  Forarbejder  alSv.  G^und^ 
vig.    Trvkt  tyg  udgivet  paa  CarlBbergfondens  Bekostning'.    2.  Bd. 
Kopenhagen  Wroblewski.     19S  S.  S-^o.  2  Er. 

72.  Wigström  K.  Varsel  och  f5rcbud.  Svenska  fomminneäföre- 
uitigens  lidskrift  10.  320—28. 

73.  WigBtröm  E.  Folktro  og  sftgner.  8.  86—212.  Njare  Bidrap 
tili  Künnedoin  om  de  evenska  landsnifilen.  (ib.  b.  (=Bd.  8.  3.) 
Stockholm.    Hvo. 

Kopenhagen.  D.  Andersen. 


D.  WeatifermaiilHch. 

Kngliseh. 

I.  Bierbaum    F.  J.      Uistory    nf    [ho    t^nglish    langunge   and   lite- 

rature  from    ihe  earlient  limes  until  Ihe  presenC  day,   isuluding 

the  Aineriean  literaiure.   4.  ed.    Sehool-Ed.  With  24  portr.   Leipzig 

Roflsberg.     VI,  189  S.     Geb.  in  Leinw.  2,60  M. 
S.  Ealusa  Max,     Historisehe    Grammatik    der   enplisclien  Sprache, 

1.  Tl.    Geschichte   der   engl,  Sprache.     Orundzüge    der  Phonetik. 

Laut-  u.  Formenlehre  des  Ali.eiiglischeu.     Berlin  E.  Felber,    XVI 

u.  300  S.    6  M. 
^  Kluge  F.     GeBchichte  der  engliseheu   Sprache.     Mit  Beitragen 

V.  D.  Behrens  u.  E.  Einenkel.    2.  Aufl.    {Aus:  "PruIs  Grundr.  der 

german.  Philologie,  2.  Aufl.")    S[rBii^burg  Trtibner.    IV  u.  S.  925 

-U66.    5,50  M. 
4.  Chadniok  H.  M.    Sludies   in    old  EDglisli.    TraiisnciionH  of  the 

Cainhridge,  Pliiloi,  Soe.     IV  2.     London  Clay.    B  s. 

^5.  Schröder  E,  Steigerung  und  Häul'ung  der  Allitlerftiion  in  der 
westgermanischen  Dichtung.  ZfdA.  43,  361—385, 
Behandelt  die  Anwendung  allitterierender  Noniinalkoniposila 
bi  der  agb.  Dichtung  und  im  Heliand.  (Die  ahd.  AlliterationEpoesie 
weist  kein  Beispiel  dafi^r  aut].  Es  bestand  im  Ganzen  eine  Abnei- 
gnog  dsgegQn.  Die  Ergebnisse  der  Unleraucliung  wind:  1)  Allite- 
rierende NniiiinalkompOHiUt  finden  nur  ioi  ersten  Ualbvers  Verwen- 
dung, mit  AuMiahme  der  Adjekliva  mit  un-  und  auf -fir.  3)  Es  tritt 
ihnen  bei  guten  Dichtern  nur  vereinzelt  eine  dritte  HaupthebuDg 
cur  Seite,  3)  Weit  vorwiegend  .>>ind  diese  Kouipoeita  die  alleinigen 
Trfiger  des  Stabreimes.  Sie  sind  in  der  Mehrzahl  der  Falle  MomenN 
bildnngen, 

►  Grammatik. 

6.  BOlbring  K.  D.  Zur  alt-  und  miitelenglischen  Grammatik.  Engl. 
Studien  27,  73-89. 
1.  Zur  Entstehung  von  ae.  /e«an  und  me,  fof£he.  Ur- 
engÜBch  'feljim  ist,  durch  Pnlalalierung  (Mouillierung)  des  f.  zu  ( 
und  daran  anschliessenden  Übergang  von  J  »u  jf,  zu  feffan  ge- 
worduu.  Durch  das  j  ist  auch  die  Dehnung  des  t  zu  erklären,  die 
Tou  der  urwestgerm,  KonHonnntcndehnnng  seitlich  zu  trennen  ist. 
Zwischen  (  und  j  htand  bei  'fetjan  urspr.  noch  ein  Vokal.  Die 
Weiterentwicklung  von  fetljmi  kann  urp.t  eingetreten  sein,  als  in 
Worten  wie  *st(fjan  das  j  schon  verloren  war,  also  niiiht  vor  dem 


290  Vlir,  D.   Weslgeniijuiiseh. 

7.  JnlirhunderC.  Die  Konsonnntendehnung  wiederholt  sich  in  der 
ae.  Form  *fotUg)a  ciesaelben  Worten,  die  durch  'foiSJo.  -e  11.  'foftje 
XM  ine.  fofihe  fo6/i6he  wurde.  Diiati  die  Dehnung  vor  j  sich  nur  in 
feiäan  Äiidut,  lAsst  aiuli  ao  itrkläreii,  dass  nur  die  Dentale  l  u.  d 
von  der-sellien  betroffen  wurden;  dns  Fehlen  der  Dehnung  bei  bt- 
witian  knun  man  durch  Übergang  in  die  o-Klatise  oder  durtb  An- 
lehnung an  beivitan  erklllran.  Für  das  Me.  iat  zwisehen  deo  nördl. 
und  tiUdl.  Dialekten  zu  si^heiden.  In  ersCeren.  wn  »ilbiges  i\j/i  in 
Ycrbeo  der  o-Klasse  schwindet,  nmss  'fotia  bereits  zu  fottfe  ge- 
worden  sein,  ehe  in  den  anderen  Verben  dieser  Kinase  da&  i  sc'iwaiid. 
In  den  südl.  ist  fefihe  wenigstens  z.  T.  aus  früh-ao.  ftöfan  eni- 
etandpn.  EinflusH  von  Formen  wie  atre/San  u.  ü.  (tuf  die  Bildung 
von  feäian  ist  nicht  wahrscheinlich.  "3.  Über  die  Aussprachv 
von  BS.  66  and  ig,  und  Verwandtes.  Aqh  dem  ÜI>ergHnge  von 
e  in  i  in  Worten  wie  ine.  fliehe»,  rychche  (iiuh  «e.  reecati),  UTte- 
elteäe  (aus  tcrecca)  läset  sich  s*!hlie3aen,  dasH  die  palatnie  Aussprache 
ttf,  4<fi  bis  ins  Me,  liinnln  Tor  tb  es  tan  den  hat.  3.  Über  eiuiK« 
dorso-alveolarpräpaUtale  Artikulationen  urspriingli- 
eher  Dentale  im  Alt-  und  M  ittelenglischnn.  Rs  ixt  die 
Existenz  von  dorsO'Hlveolnrein  oder  dorso-alveolar-palHtaleni  p  u.  if. 
z.  B.  in  /  iOftinfr,  anzunehmoti.  Verschiedene  Belege  für  pularnlns 
(mouilliertes  1  r  und  für  [lalatale  Nasale.  Dorso-alveolure  odi-r  Horsto- 
alvpolar-pulatale  Artikulation  des  U.  Dorsale  und  mehr  o<lpr  we- 
niger pnlatHle  Artikulation  u.r!-i>rün<rl Icher  "Dt-ntale".  4.  Palatale« 
(mouilliertes)  m  im  Ae.  Bei:<piele  für  diese:«  k  iy)  im  AulnuL  ^" 
ist  veranlasst  durch  das  folg:ende  e  oder  t. 

7.  Penner  K.     Entwickelung    der   Hltenglischen  Tonvokale. 
Progr.  (No.  li>I.)    Berlin  Gaevlner.    S.  31-54,    4«.     1  Mk.        

8.  Luick  K,    Über  die  Enlwiekluug  von  ae.  ü-,  i-  und  die  Dehoniii; 
in    ofTenPF    Silbe   überhaupt.      Herrigs  Archiv    102,   43—84;    104, 

Gegen  Morsliachs   und    Sarrazins  AusrUhrungen    (Archiv 
53  fF.,  2r>7ff.  u.  101,  B5ff.). 

9.  Luick  K.    Über  die  Diphthongierung  von  me.  ö,  i  und  verwd 
deutsche  Erscheinungen.    Herrigs  Archiv  IM,  267—276.  

I.  Die  von  Sarrazin  (Archiv  101,  81  ff.]  gegebene  ErklüniOg 
der  Diphthongierung  von  me.  m,  i  zu  ne.  \au,  at]  als  Folge  von 
Abfall  des  End-e  ist  "nicht  im  stände,  den  Thatsachcnbcatand  zu  er- 
klären. Gegen  sie  spricht  1)  die  Diphthongierung  in  isnliertnn  ein- 
silbigen Wörtern  wie  1,  titou;  2)  die  Diphth.  in  zweisilbigen  Wor[em, 
deren  nachtonige  Silben  noch  heute  erhallen  sind  .  .  .;  3}  das  chro- 
nologische Verhältnis  zwi^tchea  Diphth.  und  Abfall  dus  End  «;  4)  die 
Bewahrung  des  me.  ü  auf  nordhumbrischem  Boden."  Me.  ü  »ird 
vielmehr  "diphthongiert,  weil  me.  ^  zu  |ü]  vorrückt",  ebenso  I.  weil 
I  zu  [ij  wird.  II.  Die  Diphthongierung  des  I  ist  ein  gemein  engli- 
scher Vorgang;  entgegenstehende  FAUe  In  einzelnen  Mundarten  sind 
nur  scbeinhiir. 

10.  Baibring  R.  D.    Altenglischer  Palatal unilaui  vor  hi,  ks  und  hp. 
Anglia,  Beiblatt  X  1—12, 

Der  von  Cosi.jn  zur  Erklärung  von  Formen  wie  iile)x  'Bechs', 
ctn(e)ht  'Knecht'  im  UntcrHchii'de  vnn  cneohtas  'Knechte*  Angenom- 
mene Palatal  Umlaut,  den  Verf.  bereits  frühr'i-  auch  fürs  NordhUtn- 
brische  nachgewiesen  hat,  läütit  sich  auch  für  das  Alimercische  er- 
weisen.    Verf.    führt    dies    im  Einzelnen  aus  und  sucht  dann  über- 


IDWIg  I 

;    104, 

M 


I 


VlII.  Ü.  Westgenuaiiiach.  291 

finupt  die  BedinKunsen  des  Paln  ml  am  lautes  erscliöurf^nd  dar/ust  eilen. 
Zur  Erklärung  knüpft  or  an  die  von  ihm  in  den  Engl.  Studien  (vgl. 
Nr.  6)  nachgewieseoe  mouilliirte  ipaintalc)  Artikulation  ursprüng- 
licher "Dentale"  im  Ae.  an.  Diuae  Katze  Allere  liorso-nlvyolare  Ar- 
tikulation der  "De.utale"  voraus,  und  kiztem  habe  allgeiiieini-r  im 
Ae.  gegolten,  als  aus  den  in  dem  erw.  Aufsats«  angefülirn-n  Bei- 
apieleii  ersiclillifh  sei.  Verf.  legt  nun  genauer  und  ati  viii/i'hie.ii 
Worten  dar,  wie  man  sich  den  Vorgang  der  Palatatisation  phone- 
tisch RU  denken  habe. 

11.  Wyld  H.  C.    Apparent  Irregularities  in  Engiish  r-uitural  Sounds. 
Notes  and  Queries  1B99.  14.  Jan. 

12.  Wyld  H.  C.    Contribution  to  tlie  historj-  of  tlie  guttural  bounds 
in  Englisli.    Tranhactions  of  the  Fhiiol.  Soc.  1899—1901,  129-2ti0. 

Verf.  behandelt  1.  Ait.  c  (guttural  u.  paiaial,  2.  Ae.  j  (desgl.). 
3.  Ae.  cj.  4.  Ae.  /(„(guttural  u.  palatnl],  aber  alle  4  nur  lin  In- 
und  Ansiaal.  Die  Überschriften  der  einzelnen  Abschnitte  Kind: 
0.  E.  c.  Pronuncialion,  Graphical  Distinttion  betwenn  O.  E.  [gutt.) 
c  and  c  jpal].  c  and  c  in  the  ms.  O.  E.  c  and  e  in  M.  E  Distri- 
bution Ol'  c(it)  and  cA  in  M.  E  The  fnrnis  in  -einte,  etc.  M.  E.  -ght, 
etc.  =  0.  E.  ct.  Pronunciaiion  of  M,  E.  eft.  ceh,  etc.  II.  0.  E.  j.  Pro- 
utmcialion  of  0.  E.  j  and  j  and  eg.  Graphic  Dislinction  between 
J.  J.  *^J.  JJ-  Ji  CJ.  «tv.  in  M  E.  PronuncUtion  of  M.  E.  g,  j.  Dislri- 
buiion  of  fronted  and  unfrouted  cj  iii  M.  E.  III.  H  in  O.  E.  Pro- 
nundation  of  A  in  O.E.  H  in  M.  E.  iV.  Word-Iists  (S.  lHO-246). 
Daran  Rchliesst  sich:  "A  proposed  Explanation  of  many  apparent 
Anomalies  in  the  Development  nf  O.  E.  -c,  -cj,  -j,  and  -ft"  Verf. 
sucht  hier  Ersuheinuntten  zu  erklären,  wie  ne.  «eek  •=  ae.  seeeatt, 
B^.  Dial.  bri</  ^=  ae.  bryej,  desgl.  hag,  to  lig  =  ae  fuQU,  licjan, 
ne.  AocA:  =  ae.  höh,  und  stellt  folgendes  Gesetz  auf:  ae.  c  +  f.s,  b,  w,  l 
elc  =  fr,  ae,  ('j  +  dieselben  Laute  —  k.  g,  ae.  j  -f  die.selben  Laute 
=•  kff,  ne.  Ä  +  dieselben  Laute  =  k.     "That  ia  to  eny,    ihat  before 

^|Ul  Open  Consonant  O.  E.  c  and  i'j  are  unfronted,  and  that  in  the 
MOie  posiiion  0.  E.  j  and  h  are  stopped".  Dies  Gesetz  ßndet  auch 
^Anwendung  beiZusammeuseCxungen,  vgl  haejporn  =  ae.haU'thom. 
:AaI.  kagthom.  Im  folgenden  Abschnitte  "Date  of  above  Changes" 
flacht  Verf.  diese  Veränderungen  zeitlich  zu  bestimmen  und  geht 
auf  einxelne  Fälle  ein.  Es  folgen  "Notes  on  some  Doublfut  or 
Diflicult  Words".  Behnndelt  wird  an.britae,  to  lig,  elk.  Den  Schluss 
bildet  eine  "List  showing  Ditttribution  nf  Sixtj-three  Word»  in  the 
Modern  Dialecla",  an  deren  Ende  Verf  noch  ein  Verzeichnis  der 
iiaupt.'«}lchliclisten  ne.  "anonmlous  words"  mit  fr  und  ^  anschliesat. 
'18.  Ho  Knight  G.  H.  Initial  ft-  in  Midrtle  Rngllsh.  Anglia  21, 
300-311. 

Verf  untersucht  das  haoflge  Auftreten  von  etj-ino logisch  un- 
berechtigtem anl.  h  im  Me.  und  das  Fehlen  von  etymol.  berechtigtem 
asl.  A  and  kommt  zu  folgendem  Ergebnis.  Dass  A  als  etymol.  Ele- 
ment in  irgend  einem  Dialekt  vollständig  geschwunden  ist,  lAsst 
dcb  nicht  nachweisen.  Die  schwankende  Schreibung  in  ver- 
whiedenen  Texten  Itksst  sich  auf  nachlHssige  Aussprnchegewohn- 
zurückführen  und  geht  Hand  in  Hund  mit  schwankender 
ihreibung  bei  s{g)  und  (\v).  h  war  im  Me.  ein  Hauchlaut  gewor- 
" ,  der  iu  allen  Dialekten  vor  (,  n.  r  und  in  einigen  vor  it  ver- 
o  ging.  In  einigen  vielleicht  auch  vor  Vokalen  als  etymol.  Ele- 
lt.  Jedenfalls  war  es  in  einigen  Dialekten  so  unmerklich  ge- 
rorden,  dass  es  unter  ungünstigen  UmntlLnden  verschwinden,  unter 


4 


299  VIII.  D.  WpstgeiiiLrtiiiseh. 

Ktinsligeii  wieder  HUftreten   konnle.     Ungünstige  UtufitUnde  wnwn 
Akzent  Verlust,  Eiiklisix  und  Elision,  günstige  besondere  Bs-tonunt;, 
HinlUH  zwischen  gleichen  Voknle.n,  Satzanfang  und  die  Schnüchun^ 
einer  Silbe  vor  einer  hochbeEonten,  e.  ß.  in  hifunde. 
14.  Einenkel  E.     Daslndeflnituni.    Anglin  Sl,  289-299  u.  509— &2a 

PortHelKUng  des  in  Bibl,  1898  verzeichnct«n  Aufnatzes.    Dos 
Indeßnittim  oOer     Das  Indel',  mim-    Dan  Indef.  certain. 
\h.  QrienbergarTli,  V.     Die  angelstlchsischi>n  Runenreihen  und  <lio 
8.  g.  Hrnhanischen  Alphnbfte.     Arkiv  f.  Nord.  Filol.  XV,  1—40. 

Fili'  die  Beurteilung  der  ags.  Runen  und  Kanennamen  stehen 
4  britisuhe  und  3  kontinentale  l^parke  zur  Verfügung.  Verf.  gil>I 
zunöthst  eine  Beschreibung  dieser  7  Puparkte,  dann  eine  KrUute- 
rung  der  Namen.  Darauf  folg-t  eine  Beschreibung  der  Haudschrifieu, 
in  denen  sich  die  s.  g.  hrahanischen  Alphabete  linden,  sowie  eine 
Erläuterung  der  ßuneunamen  dieser. 

Wortkunde. 
16.  Grieb  eil.  F.     Engl,  Wiinerbuth.     10.  Aufl.    29.— 31.  Lfg. 

gart  Neff.  k  0,50  M. 
IT.  Murray  J.  A.  H.  New  Euglish  Dictlonary  on  histnrical  prln- 
ciples.  Vol.  IV.  Germano-Graded.  Vol.  V.  Heel-ITywe.  Ausser- 
dem:  Vol.  I.  Ke-issuo  in  monthly  numbers  at  3  s.  6d.  each;  No.  I. 
A-Äcriou».  No.  4.  afnate-aut.  London  Frowde,  Oxford  Clarendon 
Press.  4". 
ia  Skeat  [W.  W.]  Notes  on  Euglish  Etj-mology.  Transnetions  of 
tbe  Piniol.  Soc.  1899-1901,  261-290. 

Ananas:  aus  dem  Dialekt  von  La  Plata,  ^  Soatmeain :  a». 
bät-swegen.  —  Bore:  isi.  bära.  —  Break:  deutsth  bruch.  tigi.  bräc. 
KU  brecan.  —  Bulk  :  vgl.  initteldanisch  bulk  'balk'  in  Bulldog  :  Brlog 
aus  dem  15.  jHhrh.  dafür,  dass  der  Name  davon  herGliinimi,  dass 
die  betr.  Hunde  die  Bullen  angreifen.  —  Bump:  vgl.  mitte  Manisch 
bumpe.  —  Cack:  Originalverb  ku  dem  Freiguentativuin  cackle.  — 
Ca//' (Wade) !  vgl.  gallolat.  Galba  "pfaepingui«'.  —  Vat-in-thepan: 
Beleg  dafür  aus  wjiclif.  —  Cloves:  lat.  clavus.  —  Cog  in  to  eog 
dice:  skand.  Ursprungs,  vgl.  scliwed.  kugga  'betrügen.  —  Cotlop: 
vgl.  asthned.  kolhuppad  und  dt,  hippe  'Waffel';  colhoppt  eigenti, 
'that  which  dancea  on  the  coals'.  —  Vorbei  1.  'o  eircular  hollow 
among  mountains';  S.  'kettle'.  Hinweis  aul  die  gleiche  doppelte  Be- 
deuiun^  von  keiisel  im  Deutschen  und  auf  die  Verwand tscJiaft  von 
cal.  coire  mit  w.  pair  und  htrer.  —  Oreel :  afrz.  ereil,  lat.  'cratiru- 
tum.  -  Ci^imb.  Das  ü  in  as.  crüma  führt  auf  die  Etymologie  von 
engl,  dial.  creem  'to  crunible";  dies  geht  nHmlich  auf  as.  •crj/man 
zurück.  —  Cudgel:  vgl.  schwed,  kugge,  woher  engl.  eog.  —  Dank: 
vgl.  Hchwed.  dinl.  dönka,  dän.  dial.  dSnke.  dynke,  also  verwandt  mit 
einem  verschwundenen  sknnd.  Verbum  "dinka,  ^dank,  'dvtikitm.— 
—  Dam  :  zu  gedyman  'verbergen'  tind  'austopfen'.  —  Damel  'lolium 
temulentum':  zusammengesetzt  aus  dar-  und  nefif«:.  Ersteres  beitieht 
sieh,  wie  Verf.  an  venvandten  WtJrtem  zeigt,  auf  die  berauschende 
Wirkung  der  Pflanze,  letzteres  ist  lat.  nigetlft.  --  Dale  ('Dattel"): 
natürlich  aus  bdKTuAoc,  das  jedoch  selbst  volkseivmologihch  uuge- 
slalietes  aram  diqlä,  arab.  daqal  ist.  —  Debut.'Vie  von  Hntxfeld 
für  lalsch  erklärte  alte  Sehreibung  desbuter  für  deliuter  ist  richtig 
Entwickdung  der  Bedeutungen.  —  Dog.    Belege  i.doggeneford  und 


VIII.  D.  Westger 


293 


rdoggtneberne)  nxia  Keniblo,  Cod.  Dipl.  VI,  231,  1.  1  u.  {dogyi-pom) 

luBs  Bireh.   A.  S.  Chflrters  111,   113.  —  Brown:    vgl.  däii.   drttkkm, 

[■  drukne.  —  Eayer,  eagre  t  nl'tz.  aiguere.  —  Eyot,  ait :  und]  N.  li.  D. 

I  %a  «K"-  ».W^.  igeod.    Die  Zwischenfo rm  yget  csistiert  aber  aufh; 

Bi4Ie  Kndung  et  iat  nuf  nfrx.   (noniianniBirhe)  Aussprache  BUrückzu- 

Tlühren.  —  Fad:  Abküiauntr  \ün  fadaiac.    —  Fib:  au  ndd.  foppen. 

"—  Flimsy :    vgl.  ostfrieti.  flnn,  film,  utid    d»n,  dial.  fiems,  fiimn.  — 

Flirt:  v^l.  oBttries,  flirr,  fiiri,  fiirlje.  und  ndd.  flirre.  —  Fond:  nus 

^nned.  welclies  wiederum  von  /on  'Narr*  Brairimt.    Zu  diesem  gibt 

Vevl.  Entsprechungen  aus  anderen  jferm.  DiiiieUtrn.  die  vieil'ach  auch 

TMÄdchen' Bedeuten,    fonrf  vieüciclit  =^'jU8t  like  a  fdrl'.  —  Frampold: 

(vgl.  ostfries-  franfe-pot,  wraräe-pot.  —  Frill ;  frz.  vrille.  —  Gallop : 
vgl.  an.  *wall-htipp  'lleld-bounil'.  —  Game:  nfra.  gambi  (Mllteiluug 
von  Miiybew).  —  Oawky:  Weiterbildung  von  gaurk  'llukiiich';  die» 
■ras  gallok,  gauliek.  ick  und  ock  ist  Suffix,  gaU  eiitupriutit  fra.  dial. 
gOle  'betHubt*  das  HeincrseitH  hur  dem  Skan'd.  stammt.  --  Geicgaw: 
m  BltBkand.  *gvfa,  mit  Redupllkiition,  —  Glaive:  Beleg  für  afrz. 
gtaive  =  glndlUH.  —  Gioom:  ku  hA-z,  gromme,  grom.  —  Hamper: 
vgl.  scliwed.  disi.  happa.  —  Kill:  Es  verhüll  sich  zu  ^uei/  wie  dvll 
■a  du'ejon;  ^uell  =  *cU'aI;aR,  fct'j  ^=  'cicu/jnn.  —  Ltnni  aus  dem 
Keltlsi'lien.  —  Manilrü:  wahrscheinlich  man-dnl\  drill  vielleicht  zu 
holl.  drillen  'drehpn'.  —  Mug:  vgl,  fnes.mukke.  —  Mutchkin  (Plüssig- 
keilsmnss) :  aus  mndl.  mutaeken.  —  News :  die  Entstehung  dieser 
Form  iet  nicht  klar.  Vielleicht  ist  ein  Genetiv  Sing,  zu  einem  Nom. 
Plur.  geworden.  —  Pnndours:  frz.  Pandoxir,  nach  Fandur,  eine 
Ungar.  tStadt  —  Foy,  In  piti.'h  :  vgl.  nordlrx.  peier  'to  cuver  as  with 
M  plaster'.  —  Peep:  die  eip'entiimlk-he  Bedeutung  dieses  Wortes 
[=  hervorjruikfn)  erklttrt  sieh  vielleieht  vom  Verstetkspiel  der  Kin- 
der auB).  —  Peter  aee-me  (Wein) :  aus  Pedro- Ximenea.  —  Pomander: 
nicht  aus  nfrz.  pomme  d'amhre,  sondern  vgl.  pomum  atiibre  in  einem 
Harl.  Ms.  dea  14.  Jahrh.  —  Poinet:  vgl.  airz.  pofonei.  —  Punt  (beim 
KaKenspiel] :  aus  span.  punlo.  —  Sanap :  dausetbe  wie  avmappe 
'overcioth*.  —  Serif,  «ertph,  ceriph:  vgl  ndl.  schreef.  —  Slockaäe: 
vgl.  Span,  estacada,  das  deutai'hcn  Ursprungs  ist.  —  Stook  (Garbe)  i 
vgl.  ndd.  Kivke  —  Stop :  iig«.  Belee  dalfir.  —  Tankard  :  vgl.  schwed. 
»tdnka.  —  Tare :  vp:\.  ndl.  tarwe.  Verhültnia  zu  uheat  and  anderen 
Worten  Ähnlicher  Bedeutung.  —  Terrier  (Bohrer):  aus  alrz.  tariire. 
Thief  in  a  candle:  vpl.  wallon.  larron  in  derselben  Bedeutung. 
-  Tortiado:  nicht  von  span.  tomar^  sondern  von  span.  tronada 
Jj&ewiller'.  —  Vade  (to  lade) :  vgl.  nindl.  vadden,  das  von  alrz.  fader 
iCammt.  —  Valance:  wohl  nnch  Valence  in  Frankreich  beniinot,  — 
fFeak:  von  to  weaken.  —  Wheedle:  wahrscheinlich  besser  u-eadle 
1  schreiben,  entspr.  ags.  wädlian  'to  bey'. 
^J9.  HortJ.  M.  Schlatter's  Old-English  Etymologies.  MLN.  14.22-31. 
Gegen  Schis  ErklHrungen  ae.  Wortlorm.'n  in  MLN,  1896  u. 
^_.  und  in  Anglia  XIX,  101-116,  Schlutters  Antwort  s.  MLN.  14. 
1^817-819. 

I.  Gay  L.  M.  Auglo-French  Words  in  Eiiglish.  MLN.  14,  80-85. 
Verf.  unterBUcht,  welche  Worte  in  Sweels  Oldest  English  Texls, 
die  Bur  Zeit  der  normannischen  Eroberung  noch  in  Gehrauch  waren, 
später  durch  anglo-franzcisische  Worte  ganz  oder  teilweise  ersetzt 
worden  sind.  1.  Die  ganz  vcrdrüngten  ae  Worte.  Verf.  findet  45 
und  gibt  ein  jedes  zunHehst  in  seiner  ältesten  nachweisbaren  Form, 
Ittno  In  der,  die  es  zur  Zeit  der  norni.  Ernbening  hatte,  dann  das 
E.  engl.  Ersatzwort.  3.  Ae.  Worte,  die  durch  den  Iremdcn  Ersatz 
r  nicht  verdrtingt,   aber  doch  spezialisiert,    seilen  oder  poelisch 


291 


Vill.  D.  Wei 


geworden  Biiirt  (28).  a.  Ac  Worte,  die  nn  dpr  Si-ito  Ihrer  fVz.-eiigl. 
Sjiioiiynien  noch  im  iillgi-nn-iiien  Gfbrauche  lortli'brn,  »bfr  doch 
eine  von  denselben  mehr  otici-  wfni^er  verschiedeim  BüdouiunK  ?*■ 
woiiuen  haben  (16j. 

21.  Napier  A.  S.  On  some  old  en^lisli  ghost  ■  words.  Jouni.  of 
germ.  philol.  11,  359-362. 

Berichtig't  oinig'c  in  den  WiirtrHiüchi'rii  Hpiikpodc  fiilKcliP  an. 
Won  form  eil,  nSnilicti  toste  u.  laxe  (siatt  la»ca  oder  toxa),  fornrfa 
(entslanden  durch  MissTurBtilndnia  der  HIosm!  Pronepotum-fornefena, 
wo  for  nef'ena  xn  Icsi-n  ist).  Ein  veriuciiitlichos  läc  'niediciiie'  iat 
Abkiimunn'  lür  lacnwige,  ebenso  red  TerocitHb*  für  rednjfii  das 
Neuiriiui  ffe<lof  der  Wörterbücher  «xiHtiert  ukhl  (das  gedofu  der 
Ginesen  ist  Abkürzung  für  gfdofunga);  «tatt  lautomiae  =  tenys  (Hpt. 
£)13)  ist  KU  lesen  lautomiae  cwearteneg.  Auf  l'nlscher  Uindbchriitcn- 
Ics'ing  beruhen  die  Worte  welle  'wetiensclilageud'  (an  der  beir. 
Stelle  IHpi,  4?>->)  ist  statt  in  welicum  zu  lesen  niwelicum),  orirtlig 
'pure,  chaste*  (entstanden  durch  die  Lesung  orwelges  stntt  des  rieh- 
ligrun  iintcelffeK)  und  ceä  oder  cad  (stntt  ceol). 

22.  Mead  W.  E.  Colnr  in  Old  Eng'lish  Foetry.  Publivntions  of  Ihe 
Mod.  Lang.  Abs,  of  America  U,  169—206. 

I.  In  der  ap.  Poesie  finden  sieh  verhaitnisniHssig  wenig  eipeni- 
lithe  Farhwfirte.  'Biau'  fehlt  last  ganz.  Am  hüufigsien  findet  Mch 
'frriin',  dann  rot'  und  'gelb'.  Zusammensetzungen  wie  blödfäg, 
heofonbat'ffht  u.  a.  kommen  FnrbH'orte.n  nahe.  Mß^l  ich  er  weise  ent- 
wickelte sich  bei  den  engl.  Dichtem  er»t  durch  die  Berähmng  mit 
frz.  Lilt.  mehr  Sinn  lür  die  Farben.  IT.  Sehr  mannigfMltig  sind 
dagegen  im  Ae.  die  Aasdrücke  für  Licht  und  Dunkelheil,  besondei'a 
In  den  religiösen  Dichtungen,  und  viellaeh  symbolisch  zu  vereiehen. 
III.  Die  eigentlichen  Farbworte.  Verl',  untersucht  ihr  Vorkoinmen 
nach  Farbengrnppeu.     I.  Weiss  {hwtt,  bläc,  btanc^  auch  f&mig  und 

(fimighei^s).  Alle  Wörter  hierfür  bedeuten  etwas  GIrtnaendes. 
■niersuchung  der  einzelnen  Fftlle.  2.  Schwarz  (ftfaeo,  meeart,  swear- 
tian,  {t/e)iiweot\:an,  gf/meorc,  wann,  salowigp&d,  earp).  Die  Worte 
bcKeii-hnen  eine  völlige  Abweaenheil  jeglichen  Lichtes.  Das  charsk- 
t<■risli^che  Wort  ist  atceart;  UniersuchuDg  im  Einzelnen.  3.  Gran 
Irjrttf/.  flödgreeg,  fiintgrAg,  här,  hago,  blondenfeax,  gamolfeax). 
'Zwischen  weiss  nnd  schwnr«'.  Untersuchung  der  einzelnen  Falle. 
4.  Brnuu  {hrünfäg,  brünwann.  HeaLohrün,  hrünecg).  5.  Rot  Iriad, 
riadfah,  bcLsa,  in  aweiter  Reihe  blöd,  blödig.  Uödfäg,  mvätig).  G.  Gelb 
{geolQ,  geolorand;  eine  unbestimmte  Farbe  wird  bezeichnet  durch 
fealo).  7.  Grün  IV.  Im  Ahd,  und  As.  sind  die  Farben bezeich- 
nungen  noch  splirlicher  vertreten,  in  den  cellischen  und  isifindischeu 
Poesien  finden  sieh  dagegen  weit  mehr. 

23.  Padelford  Freder.  Morgan.  Old  English  musical  terms.  Bonnei 
Beitrüge  zur  Anglistik,  Hrsg.  v.  M.  Truutuiann.  4.  Hfl.  gr.8*. 
Bonn,  P.  Hanstein.    XII,  112  S.    3,20  M. 

24.  Klug«  P.  Orms  awicermod  (Archiv  CI.,  890).  Herrigs  Archl» 
102,  361. 

Nicht,  wie  Bjüikman  n-ill,  mit  a<;».  äwyTdan  auhammeiizu- 
bringen,  sondern^  an.  'aarmddr. 

25.  Sksat  W  W.,  Athinaon  E.  G.,  Rye  W..  Hall  A.,  StevenBOa 
W.  H.,  Harriaon  H.,  To;nbee  P.  The  origine  of  the  surnamo 
Chawer.    Athcnaeum  lö99,   1,  145  f.,  210  f.,  274,  338,  435,  468. 


VIII.  D.  Westgermanisch.  295 

Debatte  über  die  Frage,  ob  Chaucer  =  Chaufecire  (calefactor 
cirae). 

26.  Napier  A.  S.    Aengl.  jetcßl,  jetel  'zahl'.    PBrB.  24,  246—24«. 

Neben  jetml  muss  ein  jetel  bestanden  haben  (Belege  für  beide 
Formen),  dessen  Wurzelvokal,  wie  sicli  aus  dem  Nom.  Acc.  PI.  jetel 
ergibt,  zu  Älfrics  Zeit  lang  war.  Diese  Länge  ist  nur  durch  An- 
nahme einer  ae.  Dehnung  zu  erklären. 

27.  Sievers  E.    Ags.  hnesce,    PBrB.  24,  388. 

Ist  "Mischtbrm  von  hnäsc  und  ^hnisce  zu  einem  mit  got. 
hnazqus  im  Ablaut  stehenden  St.  *hn^squ-*\ 

28.  Skeat  W.  W.   The  etymology  of'noggin'.  Athenaeum  1899  2,  865. 

Die  Herleitung  aus  dem  Keltischen  ist  zu  verwerfen,  da  die 
keltischen  Worte  selbst  aus  dem  Englischen  stammen.  Es  ist  viel- 
mehr =  ÄTio^r^rm  und  dies  eine  Ableitung  von  knog  (Nebenlorm 
von  knag).  Das  Sulffx  -in  ist,  wie  bei  piggin,  Vertreter  des  Ad- 
jektiv-Suffixes -en,  das  so  gebildete  Adjektiv  wird  nun  substanti- 
visch gebraucht. 

29.  Heznpl  G.    Pepper,  picker,  and  kipper,    Publ.  of  the  Mod.  Lang. 

Assoc.  of  America  14,  449—458. 

Verf.  sucht  auf  Grund  einer  eingehenden  Behandlung  der 
drei  Worte  nachzuweisen,  dass  picker  (vgl.  deutsch  pökel)  und 
kipper  durch  Dissimilation  aus  pepper  entstanden  sind. 

30  Björkman  E.    Zur  englischen  Wortkunde.    Herrigs  Arch.  103^ 

347-349. 

Me.  raimen^  reimen^  CR-reimen  ist  Lehnwort  aus  dem  Franzö- 
sischen, afrz.  raembre  etc.  (aus  lat.  redimere). 

Bearbeitungen  ae.  Texte. 

31.  Beo'wulf.  IIa.  Berichtigter  Text  m.  knappem  Apparat  u.  Wörter- 
buch. 2.  Aufl.  Germanischer  Bücherschatz.  Hrsg.  v.  Alfr.  Holder. 
12a.    Freiburg  i/B.  Mohr.    VIII,  189  S.  80.    2,50  M. 

32.  Cynewulf  8  Elene.  Mit  e.  Glossar  hrsg.  v.  Jul.  Zupitza.  4.  Aufl. 
Berlin  Weidmann.    IX,  89  S.    2  M. 

33.  Simons  R.  Worte  und  Wortverbindungen  in  den  echten  Schrif- 
ten Cvnewulfs.    Diss.    Bonn.   32  S.   8®. 

34.  Simons  Rieh.  Cynewulfs  Wortschatz  od.  voUständ.  Wörterbuch 
zu  den  Schriften  Cynewulfs.  (Bonner  Beiträge  zur  Anglistik. 
Hrsg.  v.  M.  Trautmann.  H.  3.)   Bonn  Hanstein.  IV,  163  S.  8».  6  M. 

35.  Trautmann  M.  Zu  Cynewulfs  Runenstellen.  Bonner  Beiträge 
zur  Anglistik.  Hrsg.  v.M.  Trautm  ann.  2.  Hft.  Bonn  Hanstein.  8^. 

36.  Harris  M.  A.  A  Glossary  of  the  West  Saxon  Gospels:  Latin- 
West  Saxon  and  West  Saxon-Latin.  Yale  Studies  in  English.  Ed.  by 
A.S.Cook.  Bd.  6.  Boston,  New- York  u.  London,  Lamson,  Wolflfe 
&  Co.    2  BL,  111  S.     1,50  M. 

37.  Bülbring  K.  D.    Was  lässt  sich  aus  dem  gebrauch  der  buch> 

Stäben  k  und  c  im  Matthäus-Evangelium  des  Rushworth-Manuscripts 

folgern?    Anglia,  Beiblatt  9,    289—300. 

Gibt  zunächst  eine  Liste  aller  in  der  Rushworthglosse  zum 
Matthäusevangelium  vorkommenden  Wörter  und  Stellen  mit  k.  Aus 
dieser  ergibt  sich  als  wichtigste  Thatsache,  dass  k  in  keinem  Falle 
steht,  wo  in  einem  südhumbr.  Ma.  c  erscheinen  könnte  oder  müsste^ 


296  VIII.  D.  Westgermanisch. 

Verf.  führt  dies  weiter  aus.  Eine  genaue  Betrachtung  der  Fälle 
mit  c  ergibt  dann  weiter  folgendes:  Im  Anlaut  wird  vor  i,  e,  <b  der 
^-Laut  durch  den  Buchstaben  k  ausgedrückt.  Vor  a,  o,  u,  y  wird 
c  für  den  /c-Laut  gebraucht.  Im  Inlaut  wird  vor  velaren  Vokalen 
meist  c,  vor  palatalen  Vok.  häufiger  k  gebraucht.  Auf  diese  Weise 
wird  für  das  c  in  den  zahlreichen  Ableitungen  auf  -llce  und  noch 
in  vielen  anderen  Fällen  der  d-Laut  gesichert  Im  Auslaut  wird 
für  den  palatalen  wie  für  den  velaren  ^-Laut  c  geschrieben  (Aus- 
nahmen nur  ek  und  monsek).  Aus  der  Thatsache,  dass  Farman. 
der  Schreiber  der  Glosse,  seinen  Gebrauch  des  c  und  k  im  Anlaut 
nach  dem  Lateinischen  geregelt  hat,  folgt,  dass  er  das  ae.  6  dental 
sprach,  d.  h.  ganz  oder  ungefähr  wie  ne.  [tf\. 

38.  Die  altenglischen  Waldere-Bruchstücke.     Neu  hrsg.  v.  F. 

Holthausen.    Mit  4  Autotypien.    Göteborgs  Högskolas  Ärsskrift. 

Göteborg  Zachrisson.    17  S.  [Eig.  Seitenzählung.] 

Genauer  Abdruck  und  autotypische  Wiedergabe  der  Hand- 
schrift, mit  Anmerkungen;  dann  hergestellter  Text,  ebenfalls  und 
Anmerkungen. 

Friesisch. 
^9.  Dijkstra  W.,  en  Buitenrust   Hettema   F.    Friesch  Woorden- 
boek    (Lexicon   Frisicum).     Afl.    7—12.     Leeuwarden    Meyer  & 
Schaafsma.  8^    1,20  Fl. 

40.  van  Helten  W.    De  westfriesche  eigennamen  Jouke  en  Sjauke. 
Tijdschr.  voor  ndl.  taal-  en  letterk.  18,  192. 

Aus  *Gibuko  (=  ahd.  Gibichö)  u.  *Sibuko  (=  ahd.  Sibicho). 

Niederländisch. 
Grammatik. 

41.  Kern  H.    Nederlandsch  aar  uit   ouder  ar  en  er.    Tijdschr.  v. 

ndl.  taal-  en  letterk.  18,  126—132. 

Aus  ar  und  er  vor  d,  5,  t  oder  z  entstand  im  Niederl.,  z.  T. 
schon  im  Mndl.,  aar.  Die  Fälle,  in  denen  sich  ar  erhielt,  erklärt 
Verf.  durch  urspr.  Verdoppelung  des  folgenden  Konsonanten  (so 
bei  hardf  zwart).  Das  zu  aar  gedehnte  er  entspricht  einem  ur- 
sprünglichen (idg.)  betonten  er.  Vor  anderen  Konsonanten  als  d. 
t,  Sj  z  entstand  aus  diesem  er  ndl.  ar^  während  aus  nicht  betontem 
er  sich  oor  entwickelte. 

42.  Kern  H.     Ontwikkeling  van   ar  uit  er  in*t  Nederlandsch.   Tijd- 
schr. voor  nedl.  taal-  en  letterk.  18,  119 — 126. 

Es  hat  sich  in  den  Worten  entwickelt,  deren  er  vor  Konsonant 
auf  betontes  r  zurückgeht. 

43.  [N.]    Heeft-i.    Noord  en  Zuid  22,  83. 

Betrifft  den  Gebrauch  des  Pronomens  i  im  Ndl.,  er  im  Frie- 
sischen (beide  =  urgerm.  iz)  in  der  Inversion. 

44.  Winkel  J.  te    Bijdragen  tot  de  kennis  der  noordnederlandsche 

tongvallen.    Tijdschr.  voor  ndl.  taal-  en  letterk.  18,  1—32,  161—181. 

I.  De  Oudgermaansche  lange  ÄE.    1.  Oudere  en  jongere  Um- 
laut der  Ogerm.  ae  of  daaruit  ontstane  klanken.     2.  De  ä  gevolgd 
door  {u)w.    3.  De  ä   van   het  Praeteritum  Pluralis   bij   Sterke  werk- 
woorden.     4.  De   d   van   Maandag.    5.  De  ä  van  Zaterdag  en  Pa 
sehen.    G.  De  ä  van  vragen^  hij  vraagt,  v^raagde,  gevraagd.    7.  De 


Vlll.  D.  Weaigermanisth.  297 

«;  van  praten.  8.  De  a  van  baard.  —  II.  De  tonpval  van  DelHnnd 
bij  Huygena.  1.  De  lange  klinkers.  2,  De  körte  klihkera.  3.  De  iwee- 
Iclnnken.    4.  De  toonloze  klinkers.    5.  De  medeklinkers.  6.  De  vei'voe- 

finir.  7.  Da  verkleineringsuitgan;;en.  8.  Eenipfe  vreenidn  woorrtpn.  — 
gl.  dazu  W.  van  Holten  ubd.  S.  138-145  und   L.  L.  Got-mans 
S.  160. 

Wortknnde. 

4&.  Beer  Taco  H.  de  on  Laurillard  F..    Woordenschaat,  verklnrln); 

van  woorden  en  uJtdrHkkina:en.   ondor  redaktie  van  T.  H,  de  B, 

enE.  L,    ■g-Graveiiliage.  Haagsche  boekhan.lel.  1277  S.  S«    -22,50(1. 

für  Nicht-Subskr.,  sonst  20  Lfg.  k  0,80  fl. 

46.  Verwijs  E.  eil  Terdam  J.  Middelnederlandacb  woordenboek. 
DI.  IV,  aH.  20.  'e-Graveuhage  Mart.  Nijhoff.  Kol.  2465—2580.  8». 
per  aH.  1  H.     Kpi.  in  7  Teilen. 

47.  Moleaaar  A.  M.  Bloemlezing  uit  hat  Woordenboek  der  Nodor- 
Inndsclie  t;iitl.  II,  8.  9;  III,  7;  V,  11.  Noord  en  Zuid  22,  99-lCB; 
IG4-1M0. 

48.  Koenen  M.  J.  Woordverklaring.  Aanteekeningun  en  beschou- 
wingen,  verklariugen  en  toelichtingen,  in  twanlf  hoordstukken. 
Een  boek  voor  studeerende  onderwijzera.  3«,  herslene,  en  veel 
vt^rmeerderdo  druk.     Tiel  D.  Mijs.     277  S.  S*.     1,50  fl. 

49.  Leeiidertz  Jr  P.  Da  naaraen  der  tnaanden,  Noord  en  Zuid  22, 
321  -337. 

Nach  geBehichtliclifn  Erörterungen  über  die  Vnrexistenz  der 
«inhei mischen  und  die  allmähliche  Ausbreitung  der  fremden  Monats- 
namen gibt  Verf,  eine  Aufziiblung  aller  ihm  in  den  Niederlanden 
aufgestOBsenen  einheimischen  Mou»t»inaaiea,  u.  z.  zunächst  für  jeden 
der  heutigen  IS  (fremden)  Namen  alle  einheimischen  Bezeichnungen, 
alsdann  ein  Verzeichais  der  letzteren,  nach  ihrer  Bedeutung  (Namen, 
die  von  der  Jahreszeit,  dem  Wetter  usw.  hergenommen  Bind)  ge- 
ordnet, BehllBBslIth.  so  weil  möglich,  eine  Erklärung  jedes  einzelnen 
einheimischen  Namens. 

GD.  Verdam  J.  Diatsche  verscheidenheden.  Tijdsdir.  v.  ndl.  tnal- 
en  letterk.  18,  49—63. 

195.  swatr;  126.  wreoei;  1S7.  vervleten;  128.  [fälschlich  als  138 
bezeichnet]  warme;  129.  onstuimig;  1.30;  muulatoter. 

61.  Muller  .).  W.  BHjn.  Tijdachr.  v.  ndl.  Ual- en  letterk.  18,70-81, 

Aus  *mrino;  d.  h.  der  achwächaten  Stammform  von  meW + 
Suflix  -tno,  entstanden. 

62.  van  Helten  W.     Hpt  adjectif  gut.    Tijdachr.  18.  283-289. 

Auf  Orund  der  von  Kluge  (Beitr.  8,  524)  nachgewiesenen  Ent- 
-Wicklung  von  urgerm.  II  aus  zl  kann  mau  für  gut  eine  Entstehung 
aus  'ffueiii-  annehmen,  das  zur  Wurzel  guB  'flieaaen,  strömen*  gehö- 
ren und  'fliessend,  atrümend'  bedeuten  würde.  Ana  dieser  Grund- 
bedeutung leitet  Verf,  die  weiteren  Bedeutungen  des  Wortas  ab. — 
Zu  scheiden  ist  jedoch  dann  das  gul,  welcheG  'inflatus,  cavus,  insl- 
f  Idua'  und  'confraginosus'  bedeutet.  Doch  lässt  sich  dies  auf  eine 
aus  dem  an.  gusta  'blasen'  zu  erscidi essende  Wurzel  gu»,  somit  wie- 
der auf  eine  Form  ^guxlü-  zurückführen. 
BS.  Kern  H.    Eaars.    Tijdsdir.    voor    nederl.    taal-   en   letlurk.    18, 


298  VIII.  D.  Westgermanisch. 

Ndl.  kaars  ist,  wie  hochdeutsch  kerze,  aus  lat.  cerafa  entstan- 
den. Den  Nachweis  lür  die  Bedeutung  von  ceratus  =  'wächsern* 
liefert  das  Alt-  und  Mittelirische,  wo  cainle  ciartha  'Wachskerzen* 
bedeutet. 

54.  van  Helten  W.    Een   en  ander  over  en  naar  aanleiding  van 

het  subst.  sim^   snoer.     Tijdschr.  v.  ndl.  taal-  en  letterk.  18,  290 

-292. 

Der  Beweis  für  die  von  jeher  angenommene  Entlehnung  des 
Wortes  sivi  aus  dem  Friesischen  ist  nicht,  wie  bisher  geschehen^ 
zu  suchen  in  dem  anlautenden  s,  da  dieses  sich  auch  sonst  im  Ndl. 
vor  kurzem  Vokal  +  kk^  pp  oder  mm  findet.  Er  liegt  vielmehr  in 
der  aus  der  Verküi-zung  des  Wurzelvokals  zu  erschliessenden  Ver- 
doppelung des  m,  die  im  Friesischen  vor  dumpfem  Endvokal  (o 
oder  ti)  ohne  Rücksicht  auf  die  Art  des  vorausgehenden  Wurzel- 
vokals eintrat,  während  sie  sich  im  Ndl.  nur  bei  dumpfem  Endvokal 
und  dumpfem  Wurzelvokal  findet. 

Deutsch. 
Grammatik. 

55.  Finck  F.  N.  Der  deutsche  Sprachbau  als  Ausdruck  deutscher 
Weltanschauung.  8  Vorträge.  Marburg  Elwerts  Verl.  VII,  123  S. 
2  xM. 

56.  Wedekind  W.  Sprachfehler  oder  Sprachentwirklung?  Versuch 
einer  historischen  Grammatik  der  deutschen  Sprache  für  gebildete 
Laien  mit  besonderer  Rücksicht  auf  schwankenden  Sprachgebrauch 
nebst  Ausblicken  in  die  Zukunft.  1.  Bdchn:  Das  Hauptwort  iu 
der  Einzahl.    Berlin  Wedekind.    56  S.    0,50  M. 

57.  Holthausen  F.  Altsächsisches  Eleraentarbuch.  Sammlung  von 
Elementarbüchern  der  altgerman.  Dialekte.  Hrsg.  v.  W.  Streit- 
berg. V.     Heidelberg  Winter.  XIX,  283  S.    5  M.,  geb.  6  M. 

58.  Michels  V.  Mittelhochdeutsches  Eiementarbuch.  (Sammlung  von 
Elementarbüchern  der  altgerni.  Dialekte.  Hrsg.  v.  W.  Streit ber^. 
VII).  V.    Heidelberg  Winter.    XI,  272  S.    5  M.  geb.  6  M. 

59.  Nagl  J.  W.    Zu  den  zwei  Stufen  des  Umlautes  von  ahd.  mhd.  a. 

Deutsche  Maa.  1,  210—217. 

Verf.  sucht  unter  Beiziehung  reichen  dialektischen  Materials 
den  Beweis  zu  erbringen,  dass  der  bisher  als  jünger  betrachtete 
Umlaut  ie)  das  a,  der  vor  umlauthindernden  Konsonanten  anzu- 
setzen ist,  älter  ist  als  der  intensivere  Umlaut  (c),  und  dass  nament- 
lich in  den  umgelauteten  Genetiven  henin^  nemin,  forasegin,  scedin 
einlacher  Umlaut  anzunehmen  ist. 

60.  Bernhardt  J.  u.  Pfaflf  F.    Anlautendes  fr  =  tcr.    Zs.  f.  d.  dt. 

Unterricht  13,  207—208;  512. 

B.  gibt  Beispiele  für  den  Übergang  von  fr  zu  wr  aus  ver- 
schiedenen nd.  Mundarten  und  erklärt  sie  durch  Verlust  des  Stimm- 
tons  des  norddeutschen  (labiodentalen)  u\  Mitunter  gehe  wr  auch 
in  br  über,  vgl.  Vratslaw  =  Breslau.  —  Pf.  bemerkt  dazu,  dass  es 
sich  dabei  um  aus  nd.  nach  obd.  Sprachgebiet  vordringende  Lehn- 
wörter handle,  in  altaufgenommenen  scheine  wr  zu  br  die  Kegel 
zu  sein  (vgl.  Breslau)^  in  neuerlich  aufgenommenen  ur  =  fr.  Der 
Oberdeutsche    ersetzt   das   nd.  labiodentale  w  zunächst   durch  sein 


^^PIP 


Vm.  D.  West^ei 


299 


"bllabtale»   w    uixl    dies  dann,   lia  es   oberdcutsdi  vor  Konsonanten 
nicht  vorkouinit,  durch  den  niichstl legenden  Spiranten,  f. 
61.  HaUBCfaüd  0     Die   verstllrkende  Zusammensetzung  bei  Eif^en- 

HuhaftB Wörtern  im  Deulsclien.    Prng-r,  !Nr.  77il).  Hamburg  Hprold. 

39  S.  4".     1,50  M. 
63.  Bebaghel  0.   Der  Gebrauch  der  Zeitformen  im  konjunkiivitichen 

Nebensatz  des  Deulsclien.    Mit  Bemerken,  zur  tat.  Zeitfolge  und 

zur  griech.  Modu^iversuliiebung.    Paderborn  Schöningh.   IX,  21G  S. 

MU  M. 

Wortkunde. 

63.  Grimm  J.  u.  W.  Deutsches  Wörterbuth  4.  Bd.  I.  Abt.  3.  Tl. 
2.  Llg.,  ;i,  Bd.  15.  Lfg.  u,  10.  Bd.  2.  Lfg.    Leipzig  Hirzel.     k  2  M. 

64.  Oombert  A.  Bemerkungen  zum  deutschen  Wörtcrbutlie.  Prg. 
(Nr.  188.1      Bieslau,  Druck  v.  Otto   Gutsm«no.    26  .S.  4". 

K.  WUke  E.  Deutsche  Wortkunde.  Ein  Hilfabuch  für  Lehrer  und 
Freunde  der  Muttersprache,  2.  Aufl.  Leipzig  Brundstetter.  SV, 
368  S.     4   M.,  geb.  4,40  M. 

6ti.  Siaum  T.  Die  Fremdwörter  itn  Ahd.  Der  prikktlsehe  Schul- 
mann 4».  4. 

67.  Palaoder  H.  Die  ahd.  Tiernamen.  1.  Diu  Namen  der  Sauge- 
tiere. OisM.  Helsingfors  (Berlin  Mayer  u.  Müller).  XV,  171  S.    4M. 

68.  EhrUmami  G.  Beträge  zum  mhd.  Wortschatz.  PBrB.  24,  392 
—402. 

Aus  der  'Minneburg'.  Wörter,  die  im  Mhd.  Wb.  und  bei  Lexev 
nicht  belegt  sind. 

69.  RitteraH.  Etymologische  Streifzüge  auf  dem  Gebiete  des  Nieder- 
deutschen  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  Dithmarscher 
Mundart.    I'rg,  (Nr.  782).    Hamburg  Lätcke  u.  Wulff.    1  Bl.  24  S.  4», 

70.  Damköhler  E,  Beiträge  zur  Etymologie  unserer  I'flanzen- 
nameu.    Zs.  f.  d.  dt.  Unterricht  13,  66-61. 

Berichtigungen  zu  Söhns  "Unsere  Pflanzen  hintiichtlich  ihrer 
Haroenserklärung'^wsw.  (Ztschr.  11,  97—187,  vgl.  Bibl.  1897  Nr.  226). 
1,  Ktilkenhaum  (Flieder)  nicht  aus  lat.  colica;  Ursprung  jedoch 
ichwer  zu  bestimmen.  Vielleicht  mundarti.  Nebenform  für  fteisefce, 
der  sich  nd.  in  derselben  Bedeutung  wie  keiikt  häufig  findet.  3. 
tVe^A:e  ist  nicht  aus  dem  Niederdeutschen  entlehnt,  sondern  md.  Ur- 
sprungs. Die  Deminativendung  -jce  kommt  auch  in  rein  md.  Ge- 
bieten vor,  ist  übrigens  vielleicht  nit-iit  aus  -ken  verstümmelt,  son- 
dern entspricht  aa.  lAra,  iko,  ahd.  icho.  3.  Tauxengiüdenkraut.  Wo 
kommt  die  von  H.  angenommene  Beizeichnuug  hUTiderlyiÜdeiücraut 
vor?  4.  Wermut  hängt  doch  wohl  mit  Wurm  zusammen  (vgl.  aga. 
vyrmvyrt). 

71.  HABer  M.  Deutsches  Krau  kheitunamen  buch.  München  Piloty 
u.  Loehle.     VI,  922  S. 

72.  Qötza  A.  Zur  Geschichte  der  Adjektiva  auf  tuch.  [Leipziger] 
DisB.  Halle  a.  S.,  Druck  v.  E.  Karras.  1.  Bl.,  52  S.  [Aus:  PBrB. 
24,  464—522.] 

'73.  Schmidt  F.    Zur   geschichte    des  Wortes  'gut'.     Ein  beitrag  zur 

Anielser  SU  X  u.  X  20 


VIII.  D,  Westgermaniscli. 


74.  EauffmaDn  ¥.     Hexe.    ZZ.  31,  497—49», 

KaufTmHQti  hMlt  getreu  KieKlcr  (Gesch.  der  Hexen prozfisee  in 
BtiyiTii)  daran  fest,  dass  haga  iu  hagaeussa  'Wuld'  (nichl  'uiobegieü 
Feld')  bedeute  und  verweist  auf  haguataU  Waldbesitser  und  reix- 
burffiun  [so  zu  Idsen  Hliitt  herburgiu»)  'Wttidler'  in  Titel  64  der  Lei 
Sali  ca. 

75.  Miedet  J.    HiltwoeJi  =  Wodanstag.    Alt-mannia  27,  M-t^b. 

Sucht  deu  von  Kluge  (Beihefte  nur  Zischr.  dp.s  «M^.  dt. 
Spracbver.  8,  S,  95)  geleugneten  ZuBumtueiihang  ewisclien  M'odan»- 
iag  und  dem  Bcliwäliisch-aleni.  GuoteTiiag,  nd.  Gwdenxtag  ^^  MiUHOch 
durch  Hinweis  aul' häufigen  Wechijel  xwisdien  W  und  G  in  uleman- 
niBchen  und  anderen  Ortsnamen  zu  erw.-iaen. 

76.  Hörn  W.    Zur  Geschichte  von  odtr.     PBrB,  24,  403—106  u.  5*4. 

Die  im  Oberdeutsuheu  des  13. — 15.  Jahrh.   begegnenden  For- 
men lüder,  lüde  für  oder  diirften  durdi  Uissiniilatioii  aus  ahd.  erder, 
erdo  entstanden  sein,    erdo  durch  Diesimilation  aus  aippau?  Uiisu 
oder  hat  sein  Schluss  ^  r  von  über,    mit    denk    ob  in  verschie< 
M&a.  die  Bedeutung  vertauueht  hat. 

77.  AndresenK.  G.  Über  deutsche  Volkset.jmologio.  G.  Aufl., 
V.  Hugo  Andresen.    Leipzig  Reisland.     VIII,  493  S.     6,40'| 

Nam  euforschung. 
a)   PemouetinamBTi. 

78.  Borries  E.  v.     Über    die    Alteren    Strassburger    Familie 
(Vorlrag).    Jb,  f.  Gei^ch.  Ela.-Lothr.'a  15,  185-204. 

Verf.  teilt  die  Namen  ein  naeh  dem  Motiv  der  Namengebung. 
4  Gruppen;  1,  Zum  Eigennamen  einer  Person  wird  der  Name  ihres 
Vaters  entweder  ohne  Veränderung,  oder  in  der  V erklein erungs- 
oder  Koseform,  oder  im  Genetiv  (mit  oder  ohne  "Sohn')  gesetil. 
2.  Ein  geborener  Strasuburger  wird  nach  aeiuer  Wohnung,  ein  Aus- 
wilrligei'  nach  seinem  Heimnisort  bezeichnet.  3.  Der  Familienname 
bezeichnet  das  Amt,  die  Thätigkeit  des  BeDnunton.  4.  Der  Nnme 
verdankt  einer  nufTallenden  Eigenschaft  des  Betr.  seine  Enlslehung, 
—  Uns  interessiert  hier  bpsonders  die  erste  Gruppe  wegen  der 
Verkürzung  (Beispiele)  und  Verkleinerungen,  In  StraNsburg  koni' 
men  drei  VerkleineruugBenduugen  in  Betraeht,  die  uritprfinglicli 
wo,  -üo,  -In  lauten  und  sich  bisweilen  mit  einander  verbinden. 
Beispiele;  Vole  (aus  Volkixo),  dazu  VöUsche,  Manx  (aus  Magime'f 
oder  von  Hermann?)  u,  a.  Die  mit  -ttn  {-«itn,  -ütn)  gebildeten 
Namen  sind  nicht  immer  leicht  au  erkennen  (Bidspiele).  Zu  den 
Koseformen  gehören  auch  die  Bildungen  auf  -mann.  Aach  durcli 
Anfügung  von  -er  werden  Vornamen  zu  Familiennamen  weiterge- 
bildet: Joerger  zu  Georg,  Hanser  und  Hanseler  zu  Hanx,  Darnmerer 
zu  Dankmar  u.  a.  In  den  Namen  Betsdtolt  und  Gozpreekt  schllessen 
sich  an  Koseformen  die  vollwichtigen  Silben  -olt  und  precM  an. 

79.  Burckas  V.    Die  Ohrdrufer  Familiennamen  nach  Herkanft  und 
Bedeutung.  T.  4.     Pn.gr,  iNr.  750).    Ohrdruf  Lucas,    S.3— IG.    4". 

80.  HälBcher  L.     Un.sero  Tnufnamen.     Eine  Erklärung  über  deren 
Sinn  und  Bedeutung.     Minden  Bruns,    44  S,    —,50  M, 

81.  OadrUBcb  K.     Die  Familiennamen  in  Neustadt  O.-S. 
Erörterungen.    Progr.  {Nr.  S14).    Sagan  Koeppel. 


den  ror- 
id.  erder, 
11 '?  Uusu       . 


VIII.  D.  Westgei 


301 


nwe^e  des  deutschen  Spracfa- 

eiiiä.  Nr.  2.    Hildburgbanseu 

0,bO  M,     Erschien  auth  als 


b)  OrUnaineii. 

'  42.  Efitting  G.    Etymologische  Studien  über  Deutsche  Flu ssDamen. 
Progr.  (Nr."  477).    Kreuznach  Voigtiöndec.    24  S.   4". 
-83.  Sohns  F.    Zur  niederdeutBi^hen    Namen  forsch  ung.    Zs.  f.  d.  dt. 
Unterricht  13,  83&. 

BeM'eine  tili'  die  Betonung  den  ersten  Beülandteils  nd.  Orts- 
namen, 

-84.  Hertel  L.    Die  Uennsteige  und  Ken 
gebietes.     Schrillen  des  Rennsteigvci 
fiadow   a  Sohn  in  Komm.    44  S   4", 
HildbiirghHUaer  Progr.  (Nr.  751). 
£6.  Clausa  M.  B.    UihinriHch-topogrnphischeR  Wörterbuch  des  Elsass. 

;.  Llg.    Zabern  Fuchs.    S.  257—384.    k  1  M. 
•86.  Witte  H,     Neuere   Beiträge    des    Reii'hslandes   zur  Ortsnamen- 
tbrschung.     Eorreapondenzblatt  des  Gesamt  verein»  der  deutschen 
Geschichts-  u.  Altert. -Vereins  47,  139-144. 

Überblick  über  den  g-egenwarilgen  Stand  der  Ortenanien- 
forschang  im  Uelchaland,  Ablehnung  der  Hypothesen  Arnoldx  und 
fchibers.  Verfasfler  sucht  statt  dieser  eine  Reihe  neuer  methodischer 
fiegeln  nicht  nur  für  die  leichslttndlüch»,  sondern  lür  die  deutsche 
Namenforschung  überhaupt,  zu  geben  und  lormuUeit  sie  in  21 
Thesen , 

47.  Heilig  0.     Die    Ortsnamen    des    Kaiuerstuhls.     Sonderabdruck 
aus  der  Festschrift  zur  Feier  der  Kröffnung  des  Real-  und  Volka- 
suhulgeb Sudes  in  Kenzingen.     13  S.   Ü". 
«8.  Klug©  F.     Ahd.  Meildn  und  Paoeia.     ZZ.  31,  499-500. 

Das  ei  in  MeÜan  ist  nicht,  wie  Wrade  (HZ.  41,  295)  annimmt, 
s  t  diphthongiert,  sondern  bereits  ahd.  iiegt  Meilan  vor  (Schletts^ 
Glossen).  Auch  Faveia  ist  schon  ahd.  (Notker),  doch  ist  die  Fonn 
I^rota  älter.  Jedoch  ist  auch  hier  kaum  Diphthonf.'-ierutig  von  i  zu  et 
ADzunehmen,  eher  Anlehnung  an  ahd.  Ägeleia  ^=  Aquii^ja.  Auch 
bi  ahd.  abbaleia  =  mlat.  abbatia  hnmcht  keine  Diphthongierung  im 
Hiatus  eingetreten  zu  sein:  vgl.  buier.  vagefate,  mhd.  tegneie.  Auch 
4>ei  natbeta  kann  Anlehnung  un  Namen  wie  agaleia,  »clareia  vor- 
Üegen.  "obeihaupt  ist  der  eJ-Dip)ithong  In  lut.  Lfhnworton  des  Ahd. 
geläufig  und  es  könnte  an  gegenseitige  Beeinflussung  wohl  ge- 
•oacht  werden." 

Ahd.  Texte. 

.49.  Schatz   J.     Die    Sprache    der   Namen    des    ältesten  Salzbur^er 
jrbrüderungBbuches.     HZ.  43,  1  —  45. 

Nach  der  Ausgabe  von  Herzberg-Fränkel  in  den  Mon.  Gurm. 
Vokalismus  der  Stammsilben  beim  ersten  Schreiber:  Bewusstes 
festhalten  am  unumgelauteten  a;  ahd.  i  (aus  ai)  in  gir  m\A  ir- be- 
legt, sonst  ae  geschrieben;  6  (aus  au)  erscheint  viermal  als  au,  sonst 
jiis  ao,  im  zweiten  Wortgliede  einige  Male  als  o,  die  Neuerung  zeigt 
«ich  also  bereits.  Alles  ai  erscheint  einmal  als  et,  sonst  ata  ai. 
Altes  Ö  ist  regelmassig  ö,  daneben  o»,  ö,  u,  uo,  im  2.  Gliede  nur  o. 
Tokaiismus  der  nebentonigen  Silben:  i  und  j  der  Ableitung 
iSlnd  erhalten,  nebentoniyeB  u  ixt  geblieben.  —  In  den  späteren 
Eintragungen  dringen  die  Neuerungen  durch;  Umlaut  den  a,  e  an- 
jBtatt  ae  (für  ^),  ai  verschwindet,  nur  o  für  ö  bleibt.  —  Aus  einer 
Vergleicbung  der  Namen  in  den  baier.  Klüstem  Montee,  Chiemsee, 


302  VIII.  D,  Westgermanisch. 

MatUee,  Metteii,  (NiedertAIIaich  im  Reichenauer  VerbrütlemngvbTich 
(Piper)  ergibt  sich,  dasB  im  Salüburger  Vor brüderungs buch  eine 
speziell  salzburgincbe  OrthogrAphie  bel'nIgC  Ut,  —  Konsonaniis- 
mUB.  Germ,  d  ist  durcli  t  und  durch  d  vertreten;  für  germ./i  er- 
scheint d  und  th.  In  den  späteren  ZusittEen  ist  tf  fast  MUBDKhiPHln^ 
durch  t  vertreten,  für  p  ersclieint  einige  Male  t,  nt[mlii;h  in  Uiiini- 
tharitu,  PlUheri,  Guntkert,  wohl  durch  das  folgendK  h  verniiinssc 
Im  Inlaut  kommt  nur  d  vor.  Für  die  Aussprache  de»  iilthsir.  d 
ergibt  sich,  dase  es  atimmloäe  ilenis  war,  die  nach  stimmlosen  Laui«n 
fortisHi'tig  wurde.  Germ,  k  erscheint  im  Anlaut  zweimal  als  k, 
flonht  als  cA;  germ,  nk  wird  sc  geschrieben.  Snnst  ertcbeint  ch  nnd 
A  lür  k,  auch  in  den  ZusHtzen.  Besprechung  der  einzelnen  Fülle. 
cA  wurde  sicher  als  (einheill.)  Bcibclaut  geHprochen.  Für  germ.  y 
wird  im  Anlaut  k,  c,  g  geschrieben,  im  Inl.  g.  Im  inlautenden  An- 
laut irschelni  k  und  c  nach  stinmiloHcn,  g  nach  stimmhalten  Lnuti'n. 
wie  in  bnir.  Duni^nifilern  in  der  Regel.  Vor  u  nnd  o  steht  c,  vor 
e  und  )  k,  vor  a  beide.  Die  Unterscheidung  zwischen  k  und  g 
mus.s  auf  der  Aussprache  beruhen.  Salzburg  stellt  sich  hierin  den 
Freisinper  Uri;unden  gegeuüiier,  Germ,  h  erscheint  fast  durchweg 
als  A  Germ,  p  erscheint  als  p  und  f,  was  beides  als  Bezeichnung 
der  AtTricHtn  zu  fassen  ist;  germ.  b  ist  durch  p  vertreten,  auch  iu 
den  ZnsHtzen.  Germ,  f  erüch'i'int  als  f,  in  den  Zusätzen  schon  frtih 
als  u.  Anlautendes  ic  ist  uu.  inlautendes  auch  u.  —  Verf.  behandelt 
dann  die  Namen  mit  Bcheiubarem  n-Schwund:  ein  solcher  ist  nicht 
anzunebmen.  Die  Mebriahl  der  einstämmigen,  mit  Sullix  gebil* 
deten  Namen  und  Rurznnmen  haben  den  Nominativ  der  n-Stftmme: 
mSnnl.  -o,  weibl.  -a  (Beispiele).  Zahlreiche  niäiinl.  Namen  enden 
auf  -uni  (vgl.  alem.  -mi).  darin  int  wohl  der  urgerm.  NominatiT 
auf -i'e  der  j'o-Stftmmt  zu  jchen,  ihnen  stehen  weibliche  auf-ni  gegen* 
über  (apHter  un,  weiiergcbildet  nna),  das  trotz  der  scheinl>ar  ent- 
gegenstehenden Lautgesetze  tut  das  idg.  Feminina  bildende  Suffli 
-nr  zurücitzutühren  int. 

90.  Pacbalr  Paul.  Die  Variation  im  Heiland  und  in  der  aluitcl 
siachen  Genesis.  Schriften  zur  gernianjschen  Philologie,  hrsg., 
Prof.  Dr.  Max  Roediger.  9.  Hft  Berlin  Weidmann.  VII,  Ilf 
4,-  M. 

91.  PrisBO  0,     Der  Wortschatz  des  Holland,   ein    deutschaliniedi 
deutsches  Wörterbuch.     Progr.    (Nr,  -109),    Saarbrücken.    (Leipzig 
Vogtiftnder).    IV,  44  S.     1,80  M. 

92.  Saftien  H.    Die  Schwellfom)en  des  Verstjpus  A  in  der  attsftch- 
siechen  Bibeldichtung.  Dias.    Bonn.  {Leipzig  Fock.)  54  S.   1,20  M. 

93.  Borgeld   A.    De   oudonstiiederfranki:iche    psalmen.     Rlank-   en 
voniileer.     Proefschrifl.  Groningen  Woltere,    5  Bll..  VIII,  152  S. 

94    Baatmaa    C.    W.     Die    Syntax    des    Dativs    bei    Notker. 
Leipzig  Fock,    «M  S, 

Slrassburg  i.  F..  F.  Menti 

IX.    Baltisch-Slavisch. 

A.     Allgemeines. 
I.  MaiUet  A,     Lettoslavica.     MSL.  11,  1T2-1R6. 

A.  Sur  l'ndapiiLiion  de  (luelques  mots  ^trangers.     I.  Ksl.  ( 
vimija;  fremdes  /',  p,  antepalaiales  fc  9  im  Ksl,    2.  Ksl.  JHvn,  ." 


IX    Bnlttscli-Slfii 


A.  Alljr« 


■fnüss  aus  einem  Dial.  stammen,  in  welchem  ry  zu  ri  wurde  (Kai. 
nud  nsl.  Anato)fieii);  geriii.  ii  wurden  sl.  i/,  in  KpJiteren  F:ntlelinungeu 
11.  [Vß:l.  VnndrAk  Aksl.  Gramm.  3Gt^  I.]  3.  Ksl.  Lazon  (unbet.  griecli. 
u  0  wie  in  gratnoia.  Krovalb);  Laxarjh  (Anietmung'  an  das  Suff. 
-arjh).  B,  1.  Pr.  gerbt:  ai.  Jdrati  (-b-P^rwcilerung  auch  sonst  in 
Wurzeln  ähnl  Bedputun^r).  2.  Scheidung  von  11.  aiu  uz  im  Alt-Oat- 
(äu  Anz,  7  164  10);  ui  lisl  i  für  z  (m)  iiÄch  ii  ist.  H.  KbI.  golh 
"Stouk":  »rm,  kolr.  4  KbI.  jastr<;}n  [*akro-  oder  -Oicro-  mit  Sek.- 
Suflix):  la.  accipiter. 
.  Hirt  H.     Zur  litauisoli-slaviscben  Betonung.    IP.  10,  38- 5S. 

a.  Die  Naiur  .les  lit.  AkKentiB   und   die  (juantitilien.     b.  Die 
t.  Akzentvernchicbunp.    c.  Die  Betonung  der  o-SiÄmme  im  Lit.-Sl. 
S.  Bsrneker    E.     Von  der  Vertretung  des   idy,  Su  im  baltisch-sla- 
iSL-hen  Sprach itweig.     IF,  10,  145-I6G. 

"Idg.  Su  ist  im  Balt.  durt-h  'au  liau),  im  Slav,  dun-h  'u  (j'u) 
vertreten  .  .  .  Idg.  ev  liinge^en  ist  im  Lii.  durcli  av,  im  Slav.  durch 
4>v  vertreten  .  .  ;  fürs  Le.  hingegen  tnuas  man  wolil  oder  übel  auch 
■  die  Vertretung  ev  aulassen". 

4.  Liddn  E.  Ein  hallisch -slHVieches  Anlautsgeset».  Göteborgs  hSgs- 
koiar  Ärsskr.  4.  Göteboff,'  Wetterpri-n  u.  Kerber.  31  S.  1  Er. 
25  Öre. 

Anl.  ^r-  )fl-  wird  im  Baliiselien  (z.  B,  11.  rj>tl  rfcaiil  rltu  rai- 
low.-  ae.  uTijtan  u  a.;  1).  litig  lytis  entl.  aus  «rerm.  v:lHi-  g.  wUt*) 
und  Slav.  (k.  B.  sl.  rota  'Eid':  ai.  vr^tdm,  sl.  linka  "HaHel*:  air.  fitse 
"'Gerte')  au  r-  t-;  der  l.Butwandel  ist  wohl  schon  balt.sl.  Anz.  v. 
Znbftty  Lisly  fil.  27,  SS-fiÖ,  Bulif  Izv.  II.  otd.  4,  1496-1499. 

5.  Ltid^g  A.  Das  Vcrhititniti  der  in*Formen  der  Germanischen 
Deklination  7U  denen  des  Lettisfhen  und  Slavischen.  (Sitzh.  d. 
Böhm.  Ges.  d.  W.  I  a).     l'rag  ftivnAc.     8  S.    0.20  M. 

Das  -m-  in  den  -m-SuffiÄHn  der  Deklination  ist  im  Gevm.  einer-, 
im  B.-SI.  anderseits,  von  einander  unabhängig  aus  urspr.  -bh-  ent- 
standen, weil  oft-  in  PlexioHselementen  weniger  üblich  war  als  -wt-. 
Ebenso  ist  -m-  {.mit  Ausn.  dun  got.  'mm-,  preuss.  -sm-)  in  der  bsi. 
Frononiinaideklination  an  Stelle  von  urspr.  am-  gelreten.  Das  ad- 
verb.  Suffix  ba  im  Got.  gehört  z.  Wz,  bhü-  (harduba  'hart  seiend'); 
Jlhulichen  Uraprungs  ist  wohl  sl.  -^na  in  vtlbma,  mit  derselben  Laut- 
veränderung wie  in  den  -m'Kasussufhxen. 

<.  BrÜGkner  A.  Beiträge  zur  Hitesten  Geschichte  der  Slaven  und 
Litauer.     Asl.  Ph.  21,  10-27. 

1.  Misaca,  res  Licicavicornm.     S.  Die  Galindensage, 

B.    Slavlscb. 

1.  Allgemeines. 

I.  V.  Rozwadowski  J.  Quaestionum  grammaticarum  atque  etvmo- 

logicaruni  series  altera.    Krakau.    15S.  (aus  RoKpr.  Ak.  23).  O.s'OKr. 

I,  S.  Abt.  I.  II.  De  instrumentalis  casus  usu  praedicativo; 
kelt.  und  ai.  Parallelen.  III.  Ani.  vr-  wurde  im  Sl.  zu  r-  (vgl.  Lid^n 
IXÄ,  4),  IV.  Etj-mniogica:  1.  gall.  Drventia  :  poln.  Druwa  'der 
Teiasende  Fluss'.  2.  poln.  B(r)zura  :  gall.  Brigulos  ds.  3.  sl.  iurili 
{"geur-) :  go.  gaurjan.  4.  sl.  lelijq  -.  ai,  Uläydtt.  5.  sl.  krinica  'Quelle', 
Jcrim  krina  'Krug'  :  a.  d.  Griech.  entlehnt.  6.  si.  moiHH  'sehen', 
Ji.  mat^  :  arm.  matn  'Finger'.    7.  sl.  *porpon  'Fahne'  :  arm.  phoi- 


'2.  Leskien  A.  Uiitersuchung-eii  tiber  Betonun^s-  und  Quantitäts- 
verhHlInisse  in  den  Blaviacben  Spraclien.  AsIPh.  21,  391—399. 
I.  Das  Verhältnis  der  serbisclien  und  slovenischen  Betonung. 
II.  Verkürzungen  ursprünglich  tftngPr  Silben  vor  gewissen  Suftixeu 
im  Serbischen.  ITI  Betonung:  und  Quantität  der  serbischen  Noniiniil- 
Itompoaita.  1.  Die  i-Stäintne.  Ä.  Zusammen  Setzungen  aus  Nomen 
und  Nomen,  B.  aus  Prftp.  und  Nomen.  2.  Die  Mas);.,  -o-Slfimme. 
(Bei  Präpositionalkomp.  ergibt  Fich  für  Serb.,  Sioven.,  Russ.  lür  -i- 
St.  und  fiir  Maak.  das  nrspr.  Gesetz:  der  Hochton  ruht  aiif  dem 
Nomen,  wenn  diesea  steigend  betont  war,  er  geht  auf  die  Präp.  über, 
wenn  das  Nom.  lallend  betont  war.)  3.  Die  Fem.  -a-StSrnme,  (Bei 
jeder  Art  von  Betonung  musa  die  Wurzelsilbe  de.s  nom.  Bestand- 
teils Icurz  sein.)  Anh.:  Die  sog.  Imperativkomposita.  IV-  Die  Be- 
tonung der  Verbindungen  von  Prftp.  und  Kanus. 

3.  Leskien  A.     Die  alftvisehe  Lautverbindung  ji.     IF.  10,  259—263. 

Gegen  Vondnlk  (Nr.  4.). 

4.  Vondräk  W.     Zur  Erklärung  des  aksl.  Dat.  Sg.  pcfti,  kosti. 
10,  113-llG. 


Sitxh.        I 


Ein  ji  exisl 


5.  Hohl  F.  G.     Le  couplo  roman  lui  Ui  (5ech.  mit  frx.  R«s.}. 
d.  Böhm.  Gen.  d.  W.  V.     Prag.  Komm.  F.  ftivnAC,     VI,  124  S. 

§  44,  S.  72:  SI.  Gsg.  kogo  aus  urspr.  *qo-ghios  oder  qo§hm 
(=lat.  quöiua  aus  "quohios.  wie  mäior  aus  mahiöi).  D«s  Suff. 
■ghips  (urspr.  viell.  -ghio)  war  parallel  mit  Suff. -«[o  (sl.  i^^so), -fAtiM, 
-bhiom,  -miu  [sl,  kamo,  lamo,  aemo]  -miai  {gai. pamma)  u.a.;  -j/Ajo 
kann  in  ved.  md-hya  vorliegen  (parallel  mit  -fiÄjt'o  in  ved.  tii-bhya], 

6.  Melllet  A.    Vieax  slave  stet,  vbsb.     MSL.  11,  8~9. 

Sidi,  vbsb  durch  zweite  PaUtalieation  aus  'tikt  *i'i>ckh  |IJt. 
flAas);  aicichh  l)^,tfch^  verbürgt  ein  nach  ki-ajichh  zu  *Kbj-dheiel» 
umgewandeltes  älteres  *shrdbtSchb  {vbi-  In  einigen  we^Iäl.  Formen 
vor  e-  t-Lnnten  durch  erste  Falatalisation  aus  *vbch').  Zu  *vbehi 
zu  vergleichen  -si'O-  -sw-  in  av.  9riiva-  caffruiva-  paialankva-,  griech. 
fluiccoc  FicFoq  ai.  vifu-r^a-  vifvaüc.  Dunkel  bleibt  das  Verhttllnia 
zu  ai.  Pliva-. 

7.  Meület  A.    Slave  ieliti.  piMti.     MSL.  11,  14-15. 

Ans  '-ßjn  *ßti  (Denom.  von  ieija  *pitja;  ji  aus  je  oder  jä-y 
vgl.  Anz.  7,  Iti4.  12)  wurde  durch  DiseimilnCion  -ijn  (-JÄI)  -jfl**;  ^"' 
aus  durch  Fornienassociation  teils  ■ij<^  -Ui,  teils  -ajfi  -ati. 

8.  JagicV.  Beitrage  zur  slavischen  Syntax,  Zur  Analyse  des  ein- 
fai'hen  Satzes.  1.  Hallte.  Denksch.  d.  4k.  Wien  Bd.  46  C.  Gerolds 
Sohn.    88  S.  4».    6,20  M. 

L  Kritisch-bibliographische  Übersicht  der  Arbeiten  a«r  sUv. 
Svniai.  Der  .Sata,  nicht  das  Wort,  als  das  Hauptproblem  der  wissen- 
schaftlichen  Syntax.  Subjektlose  Sätee.  Das  Subjekt  des  SulBes 
iGenus,  Numerus  des  Subsi.,  Adjektivum,  Numerale).  Vokativ  statt 
des  Nom.  als  Subjehtskasus  (aus  metrischem  Bestreben,  ein  zwei- 
oder  mehrsilbiges  Won  zu  gewinnen).  II.  Das  Prädikat.  Kongru- 
enz (Dual;  Plural  bei  Kollektiven;  das  Adjektiv  In  Nominalforin)- 
Der  prädikative  Instrumental  (mit  modaler  Grundbedeutung),  Kopula. 


]X.  B.  SlHvisch. 


806 


Pftrtidpia  im  Prttdikat  (periphrastiaiihe  Bildungen).  III.  Verbales 
Prädikat.  Handlung-garceD  des  Zeitworts  (iklhnahiige  Vermehrung 
einzelner  Galtunjfen  nach  urspr.  nicht  Knhlreichen  Mnstern). 

9.  Hüeti6  L.  Syntaktische  Fragen  (hulg.).  Aus  ITüiliSe.  Prögl.  i. 
Sofia.    53  S. 

1.  Der  Salz  ist  eine  mittelB  eines  (ausjiedrflcliten  oder  gedach- 
ten} Zeitwort«  nustfodrUckte  Vurätelluii^.  2.  Das  Zeitwort  ist  ein 
Wort,  au  welchem  ein  Zustand  und  ein  Gegenstand  (Person,  äache} 
xum  Ausdruck  kommt.  Subjekt  ist  ein  Gegenstand,  von  welchem 
Iro  SMxet  die  Rede  i«t;  rabtjektlose  Sätxe  in  rein  ^rammatiacher  Hin- 
geht gibt  es  nicht.  Das  Zeitwort  kann  nie  Subjekt  sein,  wie  dies 
bes.  im  Bulg.,  welches  keinen  Inf.  besitzt,  zu  sehen  ist. 

10.  Potebcga  A.  A.  Ix  zapisok  ]io  vUKskoj  fframmatikC'.  (Zur  rus- 
sischen Grammatik).  III.  Bedeutungswandel  und  Vertretungen 
des  Subslantiva.  Hsg.  von  M.  V.  Pote.hnja.  Charköv  Silherberg. 
VIII,  S63  S.    6  Rbl. 

Derurspr.  konkreteCharakter  der  Abstrnkta  (als  Bezeichnungen 
der  Eigenschaft,  der  Handlung).  3.  In  Substantiven  mit  kopulativer 
und  abstrakter  Bedeutung  ist  die  letztere  (Bezeichnung  der  Eigen 
flchaft)  die  ältere.  3.  Der  urspr.  Zusammenhang  »w.  dem  Hpäteren 
Subst.  und  Adj.  Substantl visierte  Adjektivs  (und  adjektivische 
Pronomina).  Der  urupr.  substantivische  Charakter  der  Adjektiva. 
4.  Kongruenz  zw.  adjektivischem  und  substantivischem  Attribut  und 
Nomen.     5.  Das  urspr.  Nomen  war  Pin  Nomen  ngentis;  erst  später 

'  entwickelten  sieh  Nomina  tnstrumenti,    nctionis,  ncti,  loci,  leinpnri«. 

'  6.  Das  Snhst.  als  Attribut.  7.  Inkongruenz  der  Apposition  tm  Kasus. 
8.  Bindewort  zwischen  ntlributlvisch  verbundenen  Wörtern,  Hen- 
diadys.  9,  Übergang  der  Apposition  in  einen  Satz.  10.  Die  Stelle 
der  relativen  Attribut! vaätze  dem  Hauptsatz  gegenüber.  11.  Das 
Substantivurn  als  Prädikat.  12.  Subjektlose  Sätze.  -  Beil.:  I.  For- 
melle (synlaktische)  Merkmale  des  konkreten  Charakters  der  Sub- 
stantiva:  verHcbiedene  Arten  von  Nr>niinalverbindungen  (u.  A.  ab- 
geleiletes  Adjektiv  statt  eines  Gen.  u.  dg!.,  Dvandva  u.  A.).  2.  Tau- 
tologie, Verbindung  von  Synonymen.  3.  Das  grammatische  Geschlecht. 
Bezeichnung  genereller  und  vei-wandlschafllicher  Zusammengehörig 
keit,  Patronymika  u.  dgl.  Motion  und  analoge  Bildung  vou  Bezeich- 
nung nicht  belebter  Gegenstände.  Notizen  zu  Brugmanns  Abb.  in 
Techmers  Za.  4.  100  ff.  Über  E.  Wolters  "Untersuchungen  zum  Pro 
bleni  des  gramm.  Geschleehls".  —  Die  vielfach  fragmentarischen  Auf- 
Eelchnungen  bringen  haupts.  slav.  Beispiele,  daneben  auch  solche 
aus  den  verwandten  Sprachen.  I.  IL  Bd.  in  2.  Aufl.  Charkov  1U99 
(4,00  Rbl.):  I.  Einl.  über  das  Wort  uiid   dessen  Geschichte  Im  Allg. 

11.  SatMeile:  Prädikat,  Atlrihut,  Die  "zweiten"  Kasus  obl.  {prädik. 
Akk.,  Gen.,  Dat.  abs.).     Der  Infinitiv,     Der  Instrumental.  —  Anz, 

A.  Vetuchov  RFV.  42,   129-15D,   E.  Wolter  DLzt.  1900,  B4B  S. 
"  11.  HoIthauBen  F.    Engl,  culver  —  russ.  g<!>lubh  •Taube*.  IF.  10,  112. 
["12.  Horäk.F.  Zur  Etymologie  des  Komparativstammes  wii^'bs- Cech.), 
Listy  fil.  26.  116-12.^. 

Belege  für  Wurzelhaftigwerden  konsonantiaclier  Wnrzeldeter- 

B.Piinalive  und  Ableitungssnftixe     So  ist  auch  sl.  mhiijhs-  (la.  tninia-ter 

■  SNw.)  eine    auf  urspr.  Präsensbildnnfren    mit   -n-Sufflxen,    deren  n 

Birurzelhaft  geworden,  zurückgehende  primäre  Komparativbildung. 

"'.  Bainzevi6  N.  K.     Die  richtige  Alili-itung  des  Wortes  Mnvfkt 

(rOBS.).    Filol.  Znuifitki  (Worone2). 


aoG 


IX.  B.  Slavi 


("Durcliauti  UDwis»iin8t;ha.f[lid>":  K.  Brandt). 
14,  Fllevlö  J.  P.     0  razrnboCk.^  a^ograficeskoj   iiom^nklHtnry  (Be- 

nrbi'itun^  der  geograph.  Noine.nklntur).    S.-A.  aas  Abb.  der  Mos- 
kauer Arch.  Ges.  13  S.  4". 

Dus  betrefTende  Material  sollte  entlialten:  1.  Namen  der  Ge- 
wässer mit  Aiiduutung  ihrer  NaturbcschalTeiilieit,  2.  Namen  sonstiger 
uatiirlitrlien  und  durcb  Menschenhand  zu  stnnde  gebrachten  ürtlichen 
Erscheinungetj  mit  Angabe  ibres  topischeii  Charakters  und  ihrer 
Eiscntüjnliclike.iten,  3.  volIntändEges  Orlsnamenverüeivhnis  mit  An- 
gabe der  Lokaleigeiiscliatten. 
I&.  BogualawBki  E.    Hlittor,va&lowian(Geschiehlcder  SUven),   Kra- 

kHU-Warschau  VI,  B16  S. 

"Mit  merkwürdigem  Geschick  hat  der  Verf.  alle  kursii-rend^ii 
Tnlschen  Etvmologien  »ul'g'eklaubt  und  dartiuf  seine  Phantasien  ge- 
stützt".    Brückner  AslPh.   22,  243. 
hi.  Helicb  J.     G.  Voll's  slavische  Forschungen  im  Auslande  (magy.). 

Ethnugraphiii  IQ,  5. 

Kin  Versuch,  Volf  {Anz.  lU,  274)  wider  die  ihm  xuleü  gewor- 
denen Vurwürle  einer  TendenziositHt  zu  verteidigen. 
17-  Munkdcsi  B.     Die  Anfänge  der  nngariach-ülnvigchen  ethnischen 

Berührung.     Die  Donaulttndür  I,  249-259,  329-340,  409-421. 
S.  Ana.  10,  271.    "In  der  üaupttaehe,  dasa  nflml.  die 
sl.  Lehnwörter  im  Magy,  aus  einer  früheren  Periode  s 
vor  der   Landname  entlehnt   wurden,    hat  Munkilcsi    das    Richtig« 
getroffen".    Anz.  v.  Vondrdk  Vfisln,  b1.  atar.  3,  71—74.    [Vgl.  A'sbäth 
AslPh.  22.  433  -487.] 
le.  Niederle  L.     Zur  Frage  nath  dem  Ursprung  der  Slaven.    Ein 

Nachwort  zu  meiner  Arbeit  "0  pilvodu  Siovanü"  (An«.  8,  310,  13), 

Beil,  zum  Vöstnlk  alov.  Star,  3. 
19,  Niederle  L.     Die  Wiege  den  Slavenstammes  (cech.).   Prag.    15  S. 

S,  A.  aus  Slov.  Prehl.  2, 

Die  nüdüsti,  Grenze  des  ursl.  Gebiets  waren  die  Karpalhen, 
im  Westen  die  Weichsel.  Im  Norden  bildete  die  Abgrenzung  gegen 
die  ball.  StKmiiie  etwa  das  Prlpät  und  Beresin.ithnl  (eig.  titsst  sich 
die  Grenze  nicht  bestimmen  und  ist  viehnehr  ein  Übergangsgebiet 
anzunehmen);  die  östl.  Grenze  lässt  sich  dentelt  nicht  genau  ho- 
Btimmen,  ehenxowenig  die  südliche  (dem  schwarzen  Meen-  zu),  — 
Anz.  V.  Pogndin  Izv,  II,  otd.  4,  1503-1511,  P.  weist  insliiw.  diiranf 
hin,  dass  die  Avaren  (russ.  obr  usw.;  Ortsnamen)  den  SUveii  bekanut 
waren;  der  Name  Donan  {Dana,  Don  usw.)  weist  auf  ein  sariiiai. 
don  Idan  dun)  'Fluss';  die  slav,  Urheimat  war  ein  gebirgiges,  sumpf- 
reiches  Land,  etwa  wie  Wolynien  (gemeinslav.  Wörter  wie  cAtJmi 
gora  Um  u,  9..).  Die  Urheimnt  der  Slaven  war  das  Karpatheiiland 
(nach  FileviC,  Sulek  der  nordöHtl.  Abhang  der  Karpatheni.  Schwer 
ist  heule  zu  sagen,  wohin  die  erste  Verbreitung  der  Slaven  gerichtet 
war.  Wahrscheinlich  haben  sie  frühzeitig  die  baltische  Küste  koloui- 
eien.  Auch  westlich  von  der  Weichsel  waren  Slaven  ansHssig.  Du 
lit.  Gebiet  zog  sich  auch  tistlich  von  den  Slaven  hin  (iranische,  bei 
den  Finnen  fehlende  Wörter  im  Balt).  Es  ist  fraglich,  ob  die  Ent 
lehnungen  aus  dem  Germ,  im  Slav.  gotischen  Ursprungs  ^lud  (}/  in 
bvky  u.  dgl.  weist  nicht  darauf  hin).  Der  Volkaiiame  Xpuißd  oi  (hon- 
Blaut.)   erweint   eine    Entlehnung  aus  dem  genii.  Namen    des  Kar- 


IX.  B.  Slaviri 


807 


» 


palLeiigebir^es  (jrerm.  Harhapa-,  nach  Braun,  vgl.  Abt.  II)  noch  vor 
drr  Liquideiimetatliesia  sowie,  da,-.»  hii^lii'i  jener  weeUlav.  Zweig  be- 
teiligt war,  in  dessen  Spraclin  am  zu  roa  wurde. 
20.  Niederle  L,     StarovSkii  zprAvy  o   zemöpisu  vychodni  Evjopy 
sc  zh'teleii)  na  zem€  slovaiiKli^  (Descriptio  Europae  rfgionutn  quae 
ad  Orienten]  spectant  vetenim  scriptoruni  locis  illusirata).     Pra^. 
Hor-pravy  der  Böhm.  Ak-,  I.  Kl.,  H  1,     128  S.  lex.  S", 
Sl.  Westberg  F.    IbTAhlma-ibn-Ja'ktlbs  Reisebericht  über  die  Sla- 
wenlande a.  d.  J.  965.     M^m.  Acad.  St.  Petersburg.  VIII  Sfir.  III 
I,    IV,  1«3  S,     4  M. 

22,  Leger  L.  Etudes  de  m.vthologie  sUve.  Rev.  de  Thist.  de  reli^. 
38,  123-136,  39,  1-17. 

Les  divInit^H  inlerieurea:  I-  Leo  divinit^iS  du  deslin.  2.  Les 
Vilas.  3.  Les  Eusalkas  (3s).  SvaroR,  Svarojicsch,  Svarasici,  Slribog. 
Triglav.  Jula.  Radigast.  Podaga.  Pripegala  (39|. 

23.  Abramovlä  D,  1.  Abbandlungen  zur  slaiiavhen  und  russischen 
Philologie  iu  den  russisclieu  wltiseuschaftliclien  Journalen  I.  J.  1898 
(russ.).     Izv.  11.  otd.  4,  113H— 1152. 

94.  Brückner  A,  Slavische  Volkskunde.  Übersicht  periodischer 
PubiiWiitioncn  bei  Böhnieu,  Bulgaren,  Kleinrussen,  Polen,  Serbo- 
kroaten,  Slovaken,  Sloveneu.    Zatli.  d.  Ver.  i.  Volksk.  9,  213—219. 

25.  Florinskij  T.  D.  Kritisch-bibliDuraphische  Uberäicbt  der  neue- 
sten Arbeiten  und  Publikationen  zur  Slaristik  (rusB.I.  Izv.  Kiew 
3a,  März  111-^1&2.  Sept.  241-976. 

2(i.  Jastrebov  N.  V.  Die  .Slavislik  in  slavisehen  Zeitschriften  des 
J.  189b.  A.  Polnische,  B.  böhmische  Zeitsehriften  (russ.).  Izv.  II. 
Otd.  4,  752-779. 

27.  S'wiatowit  Hsg.  v.  E.  Majewski.  1.  Bd.  Warschau.  VI,  210  8. 
n  Tai*.     1,80  Rbl. 

Ein  Jalirhuch  für  poln,  und  blav.  prühistorisclie  ArcbHologie 

und  Kutturgesi-hicbte. 

2,   Südslavisch. 

2tl.  Baudouin  de  Courtenay  J.    Süll'  apparienenna  linguistica  ed 

etiiograüt-a  degli  SJavi  del  Friuii.     Vortrag  vom  bist,  Kongi-ease 

in  Cividale  (5.  Sept.).     Deutsche  Übs,   in  Politik  (Prag).     15.  und 

:g.  dcü. 

Vier  versch,  StSmnie:  1,  Die  Resiancr,  ein  sowohl  von  den 
Slovenen,  als  von  den  Serben  zu  uuicrticheidender,  mit  iremden 
Elementen  vermengter  Stanmi  (im  Resiathale),  2.  Serbo-Kroaten  in 
den  Distrikten  Gemonn  und  Tarceuto,  (eine  Fortsetsning  der  Serbo- 
Kroaten  iu  iHtrieii  und  Quarnero).  3.  Die  Slaven  des  Difilr.  von 
San  Pieiro  (ebenfalls  im  Grunde  serbo-kroat.,  unter  immer  wachsen- 
dem sloven.  EinHuBs).  4.  Sloveneo  in  der  Umg.  von  Castello  del 
Honte,  Prepotto  und  Albana  (Distr.  Cividnie).  —  Der  Name  Ulavi 
wurde  von  den  Römern  aus  den  zahlreichen  sl.  Personennamen  auf 
•alata  gebildet.  —  Vgl.  auch:  S,  Hutar  BeneSka  Slovenija  (Vene- 
zianisches Slovenenland),  Laibach  Mat.  Slov.,  188  S.;  A.  Öernv  Im 
Resi&thal  (C-ech.),  Slov.  Ff-ehl.  2,  16-22,  79-85,  118-119. 


308 


IX.  B.  SlaviBth. 


29.  Troilo  E.    Gli  SUvl  nell' Abruxzo  ChietiDo.  LiincianD  It  8.  (eSIr. 
li.  Atti  di  Soc.  Rom.  di  Anthropol.  6,  2). 

Kurzer   Berieht   über    die  Geachichle   der   bIhy.  Ansicdetung 
(au(^h  der  alban.  Kolonien  in,  Itftlieii). 

30.  Jagic  V.    Vorläufige  Berichte  der  Bnlkan-Komntissioii  11.    Am. 
der  Phil.-hist.  Kl.  d.  Wien.  Ak.  No.  2,  S.  7—46. 

VorberichtB   über    dialeklol.    Forschuugren    von  L.  Miletii)   in 
"    "  ■        ,  J.  Aranza  in  Dalmatien  nnd  H.  Hirt  in 

31.  Smirnov  I.  Kurzgefasste  Kulturgeschichte  der  Südslaven  Iruss.i. 
Uc.  Zap.  Kaann  7/8.  113-144,  12,  411-78. 

Einleitung;    Übersichl.    der   geogr.    Grandlagen.     Die    Vorge- 
BchicIiCe  der  Balkan  ha  Ibinsel.    Die  Thrako-Illyrier.    Die  röin.  Koio- 


Gen.  lAf.      * 


Kirchenslavisch. 

32.  B61orussov  I,     Der   abHolute  Dativ    in    kirchenelaviEchei 
altrusBiscIien  LUteraturdenkinflle.rn  (russ,).    RFV,  41,  70— 

Der  Dat.  abs.  ist  keine  sklavische  Nachahmung  des  Gen.  * 
der  griech.  Originale:  1.  man  hHlle  da  eher  einen  Gen.  abfi.  ge«abll, 
2.  es  steht  nicht  Immer  im  griech.  Urtexte  ein  Gen.  abs.,  wo  der 
kchol.  Text  einen  Dat.  abs.  bietet.  I.  Gebrauchsweise  des  Dat.  aba. 
als  Vertreter  des  Nebensatzes.  II.  Der  Dat.  abs.  als  Vertreter  des 
Hauptsatzes  (aitnbcu  ombrbkiiu  tnovlcdi]  6  f^Xioc  Luk.  23,  45  OsIt. 
n.  dgl.j,  eine  eig.  pramm.  unrichtige  Sprechweise  in  altruas.  Denk- 
mSlern.  dir  dadurdi  ermöglicht  wurde,  dase  der  Dat.  abs.  überhaupt 
nur  ksl.,  nicht  russ.  ist,  ferner  dadurch,  dass  im  Altrusa.  das  Ver- 
bnm  tinitum  auch  sonst  durch  Partizipialformen  ersetzt  wurde  (wie 
junoAa  vzdochnuvi  i  rede,  mladency  sritachuti,  i  fftagofjuiit,  das 
-h-Part.  u.  S.):  es  gibt  Belepe  mit  Fan.  (für  Verb,  tin,),  in  Nomi- 
nativform mit  dativiBchem  Subj.  —  Belege;  I.  Dat.  abs.  als  Vertreter 
von  temporalen,  kausalen,  hypotliet,,  konzessiven  Sützen;  Dal.  abx. 
mit  temp.,  kaus.,  byputh,  Konjunktionen,  mit  jako;  Dal.  aba.  tiW 
HauptsatÄ.     11.  Partizipien  iu  Vertretung  des  Verb.  tin. 

33.  Eul'bakiD  S.  M.     Das  Svnodikon  aus  Sofia  in  neuer  Beraiu- 
gabe    und  Charakterisierung  (russ.).    Izv.  II.  Ad.  4,  1014—1030. 

Im  Anschluss  an  Tb.  I.  Uspenskijs  Ausgabe  in  den  lüvSsiija 
des  russ.  arch.  Inst,  in  Eonstanlinopel  (II,  IB^l)  und  Popru2enkos 
Sinodik  carja  Borisa  (Odessa  1839)  untersucht  K.  die  Sprache  de» 
Denkmals  (Endo  des  14.  Jhts.),  insbes.  dessen  Laute. 

34.  Kul'bakin  S.  M.    Materialien  zur  Charakteristik  der  mitielbul- 
garischen  Sprache  I.  (russ.).    Izv.  II.  otd.  4,  800-8fi8. 

Sprachanalvse  (insbes.  der  lautlichen  Seite)  den  BoJanischHU 
Evangeliums  (Hasch,  aus  dem  12.— !*-<.  Jh.  im  MuB.  Rumjancev  ia 
Hoskau), 

36.  RoBeofeld  A.     Die  Sprache  des  Lektionars  des  Svjatoslav  s.  d. 
J.  1073  (russ).     RFV,  41,  152-108. 
Mehr  Russismen  als  Ev.  Ostr. 
36.  äöepkin  V.  N.     Kazsu2denije  o  jazykö  SavvinnJ  Knigi.    St.-lV- 
lersburg.  Akademie.    XXI.  349  S.  S». 

S.  Am.   XI.  237.    Anz,    von   Sobolevskij    im:  Min.  337  Febr. 


IX.  B.  Slavisch.  30» 

399-404,  mit  §6epkins  Replik  ebd.  328  Apr.  392—397;  PoHvka  Nie- 
derles  Vßstn.  4,  44-45;  VondrAk  AslPii.  22,  247-255,  mit  Ss.  Replik 
BB.  26,  161-166. 

37.  Leger  L.    L'  J^vangöliaire  siavon  du  Reims,  dit:  Text  du  Sacre. 

Ed.  facs.  en  h^liogravure,  publ.^sous  les  auspices  de  TAc.  Nat.  de 

Reims,  pr6c.  d'  une  Introduction  historique.  Paris— Prague  (Reims, 

Michaud).    Fol.  frcs.  100,—  (aquarell6  300,—).  —  Introduction  ä  V 

Ev.,  Reims,  Michaud.    Frcs.  4,—. 

Vgl.  Francev  Zur  Geschichte  der  Ausgaben  des  Evang.  von 
Reims  (russ.),  2ur.  Min.  330  Juli  126 — 155.  Le^er  Notes  compl6- 
mentaires  sur  le  Texte  du  Sacre,  Reims  1901,  16  S.  —  Anz.:  Jagiö 
AslPh.  21,  635—636  (der  cyrill.  Teil  erst  a.  d.  2.  H.  d.  12.  Jhts.,  eine 
sw.-ru89.,  auf  einer  bulg.  Vorlage  mit  Serbismen  beruhende  Abschrift), 
Pastrnek  LFil.  27,  153—154. 

38.  Jirecek  K.  und  Jagiö  V.    Die  cyrillische  Inschrift  vom  J.  993. 

AslPh.  21,  543—557. 

Besprechung  der  durch  Th.  I.  Uspenskij,  T.  D.  Florinskij 
und  L.  Miletic  in  Izv.  Russk.  Arch.  Instit.  (in  Konstantinopel)  IV 
(S.-A.  in  Sofia,  20  S.,  ersch.)  edierten  und  behandelten  Inschrift  und 
der  an  sie  sich  knü])fenden  histor.  und  paläogr.  Fragen.  Dieselbe 
lautet  (mit  Karskijs  Ergänzungen):  vh  imq  Qthca  i  Syna  i  s{v^y 
tago  Ducha  az^  SamoiVb  rab^  b{o)z{i)[i]polagaq  pam^th  [(othc]u  i 
brat[u  n]a  kr^stech^  sich[b.  si]  imena  U8^p^s[ich^ :  Ni\kola  räbh  6(o)- 
«(i)«,  [Natali]i,  Dav{y)di.  napisam  s^  rrb]  leto  ot%  8htvo\renie  mir]u 
,SA0  imdi[kta  S].  Vgl.  noch  Milo^tiö  Big.  Prßgl.  V  9/10,  274-278, 
E.  Karskij  RFV.  42,  231—236,  V.  N.  Zlatarski  Sborn.  za  nar. 
umotv.  15,  20—40,  T.  D.  Florinskij  Ötenija  v  Istor.  ObS6.  Nestora 
XIV  2,  73—84. 

89.  Jagiö  V.    Slavica   der   Laibacher   Lycealbibliothek.     Sitzb.   d. 

Wiener  Ak.  20,  122-134. 

40.  Jevs6jev   I.    Zur   altslavischen  Bibelübersetzung  (russ.).    Bull. 

d.  Petersb.  Ak.  V  10,  355-374. 

3.  Reste  der  verschollenen  ursprünglichen  vollst.  Übersetzung 
der  Propheten. 

41.  Kahiiniacki  E.    Zur  älteren  Paraskevalitteratur  der  Griechen, 
Slaven  und  Rumänen.    Sitzb.  d.  Ak.  Wien  141,  8.    93  S. 

42   Sobolevskij  A.  I.  Wo  sind  die  Kijewer  glagolischen  Fragmente 

geschrieben  worden?  (russ.).     Vßst.  Arch.  i  Istor.  10,  29—32. 

Die  Fragmente  hat  ein  Pole  in  Polen  geschrieben  (:  nach  Ver- 
mengung von  q  ^,  nach  richtigem  Gebrauch  von  h  t,  nach  der  2. 
Ps.  Sg.  podash  zu  urteilen). 

43.  Speranskij  M.    Zur  Geschichte  der  slavischen  Evangelienüber- 
setzung (russ.).    RFV.  41,  198-21Ö. 

Durch  A.  Vozkresenskijs  Schrift  Evangelije  ot  Marka  po 
osnovnym  spiskam  öetyrech  redakcij,  Serg.  Posad  i894,  veranlasst. 
1.  Das  gegens.  Verhältnis  der  Tetraevangelien  und  Lektionarien. 

44.  Zivier  E.    Studien  über  den  Kodex  Suprasliensis.  II.  Kattowitz 
Gebr.  Böhm.    III,  45  S.  8».    1,50  M. 

Bulgarisch. 
45   Soepkin  V.  N.    Besprechung  von  Lavrovs  Obzor  (Anz.  5,  266) 
(russ.).    Sborn.  otd.  russk.  jaz.  Akad.  64,  10,  20—64. 


310 


IX.  B.  Slfi\ 


it-li. 


ein  8.        i| 


46.  Leaklen  A.  Die  Belonungatypen  des  Verlmme  im  Bulgaiiscben. 
AslPh.  2],  1-10. 

Üuratellnu^  von  5  DiulekttypPii,    hu  welche  sich  viell. 
Misi'htypus  anreibt. 

47.  Stoilov  A.  P.     Rettexir   der  »Itbul garischen   AusspiKche 
in  neubulg.  Dialekten  (big.).    Period.  Hpis.  XI  4  (58),  506- 

Serbiücii-KroatiBch. 

48.  Uaretic  T.  Grauiatika  i  etilisiika  hrvaiskofta  ili  erpskogn  kaji- 
äevnog  jezika  (Gramm,  und  Stilisiik  der  kroat.  oder  serh.  Scliritl- 
apraclie).    Agram  Kugli  u.  Deutsub.    VI.  700  S.    R  Kr. 

Ana.  V.  A.  Bell»;  Let.  Mai.  Srp,  L'OO,  !70-l«6,  201.  1T4-IS6; 
P.  A.  Syrku  Izv.  II.  otd.  4,  I5II-1{)15,  Jagid  AslPh.  22,263-27«. 
4a.  Boraniä   D.     Über    die    reflexiven    Zeitwörter   im    KroatiBchen 

(kroftl.),     Rad  Jug.  Ak.  HO,  131-244. 

Objektives  Reflexivum:  Reli.  bei  Zeitwörtern  der  BewpgntiK' 
(klatiti  se  'vagari^.  der  Beeienzustände  {gnjeviti  se  "Bich  «rm-nj'l, 
de»  Werdens  {arbiti  se  'Serbe  werden"),  des  Benehmeuc  Ibaniti  $e 
'wie  ein  Banua  sich  gpbKrden)  u.  A.;  se  bei  Zeitwörtei-n,  die  all 
nicbireflexiv  andere  Kasus  als  den  Akk.  regieren;  bei  neutralea 
Zpitwövlern,  ohne  Unterschied  der  Bedeutung  {ciiasti  [se)  'blübpiOi 
Retlesivum  der  Rezipro/.ität ;  lieflsxivum  in  zueainnienjcesetzteii  Zeit- 
wörtern; in  Lehnwörtern. 
50.  Huaiä  A.     Sätze  mit  dein  ^rtiz.  Prilt.  Akt.  II.  im  Kroatischen 

(kroat.).     iiad  Jug  Ak.  140,  59—130. 

Verechicdene  GebraUflieweisen  den  -is-PartizipB  (auch,  des  Ad- 
jektivs) als  Prädikat.  lu  der  Entwicklung  derselben  unterscheidet 
M.  3  Phasen:  1.  Das  Partizip  stand  im  Hauptsätze  als  prädikatives 
Attribut  (in  kouzess,  oder  hypoth.  Sinne),  k.  B.  lai  cuo  lai  kaxvjtm 
'Unwahres  gehört  habend  Unwahres  rede  ich*.  2.  Dgl.  Satze  wurden 
zu  DoppelKttizen.  wobei  das  -Ifi-Partizip  zum  Prädikat  des  Neben- 
satzes wurde;  begünstigt  wurde  der  Proxess  dadurch,  dass  (wie  da« 
Adjektiinini)  das  -fvPart,  im  Hauptsätze  seit  jeher  als  Prädikat  aur- 
ireien  konnte.  3,  Schliesslich  wird  das  Part,  auch  mit  Furmen  de« 
Verbi  subst.  verbunden  {eü(a{sam'\  lai  cuo,  lako  i  kaeujtm  'wie  ich 
Unwahres  gehört  habü,  rede  ich  auch'). 

bl.  Miuid  A.  Reiativstltze  im  Kroatischen  (kroat.).  Bad  138,70—117. 
Zwei  Kategorien  der  Relatirslitz:  1.  das  Rel.  bezieht  steh  auf 
«in  Subst.,  2.  auf  ein  korrelatives  UeuionstrativpranDinrii  de»  Haupt- 
satzes. Untersehied  der  individuellen  und  generellen  Iiideliniti 
{neko  'Jemand',  aber  ein  einziges  Individuum,  ohne  ne-  'irgend  Je- 
mand'). Verschiedene  Arten  der  Relativsiltze  je  nach  dem  Piono- 
men,  nach  der  Satzbedeuiung  (hyiiothelische,  kauBale  u  a.  Belaiiir- 
sAtze,  nach  dur  Verbatlorm  (:  Kniiditionaliit  in  RelativcAtzeti) 
62.  Syrku  P.     Der  Krasaowa-er  Dialekt  (rusB,).     lav.  11.  otd.  4,  MO 

-060. 

Gesprochen  in  6  Dörfern  des  Komitats  Krnssö  SzSr^y  in 
Ungarn  ('mehr  kroatisch  denn  bulgarisch",  Pastrnek  L.  ßl-  27.  400). 
58.  Bje£nik  hrvatskoga  ili  ärpskoga  jezika  (Auz.  10,  276),  V  2  Ll9> 

S.  iei-2öö  (—  konokradica).    4  Kr. 
54.  Pajk  M.    Ein  serbokroat.  Worlrrverzcichuis  a.  d.  E,  des  \ 

ÄsiPh.  21.  639—640. 


IX.  B.  Slavisch.  311 

55.  Zore  L.    Lexikalische  Nachlese  (kroat.).    Rad  138,  54-  69. 

56.  Sremao  St.    Ivkova  Slava.  Novelle.    Belgrad  (Srpska  kdii.  za- 

dniga  55).    1^9  S. 

Novelle  mii  Dialogren  im  Nisevac-Moraver  Dial.,  einer  Über- 
g-angsmundart  zum  westbulg  Schoper  Dialekt.  Mit  gramm.  Einlei- 
tung und  Glossar. 

57.  Jirecek  K.    Beiträge   zur   ragusanischeu   Litteraturgeschichte. 

AslPh.  21,  398-54>. 

U.  A.:  Slavische  Texte  des  15.  und  16.  Jh.  aus  Ragusa  und 
Stagno  (Nachtr.  zu  ebd.  19,  52  fF.),  mit  Proben  und  sprachl.  Charak- 
teristiken. 

58.  Smidiklas  T.  Kultus-  und  Kulturanfänge  der  Kroaten.  Die 
Donauländer  S.  169—189. 

Slovenisch. 

59.  Ileöid  F.    Slovenica.    AslPh.  21,  199-212. 

1.  Zwei  Fälle  von  Vokalharmonie  a.  d.  Dial.  von  St.  Georgen 
a.  d.  Stainz:  a.  Assimilationen  wie  bläze  aus  bliziiu.  ä.;  b.  progressiv 
in  bujti  aus  ubiti  u.  dgl.  2.  Einiges  zum  Wortanlaut:  Abfall  von 
aus  Präf.  u-  entstandenen  v-;  ar-  aus  anl.  /•-.  3.  Ein  Geschlechts- 
wechsel im  Plural  (einige,  Getreidearten  bezeichnende  Fem.  werden 
Neutr.)  4.  Dobr^  —  dobryj  im  Dial.  von  St.  Georgen. 

60.  Perusek  R.  Bravec  oder  bralec?  Eine  sprachwissenschaftliche 
Untersuchung  (sin.).  Laibach.  44  S.  0,60  Kr.  (S.-A.  aus  Dom  in 
Svet). 

61.  K.  F.    Slo venische  Monatsnamen  aus  dem  J.  1466  (sloven.).    Izv. 

Muz.  dru§.  8,  104—105. 

Prosynicz,  setsczan^  susecz,  mäly  trawen,  weliky  traiven,  bo- 
bouczwetj  maly  serpan,  weliky  serpan,  poberuch^  Ustognoy,  kozow- 
perschky  gruden. 

62.  dadelj  I.  Aus  dem  weisskrainischen  Wortschatz  (slov.;  Anz.  10, 
275).    Dom  in  svet.  12,  158-9,  511—2,  544,  575-6,  640. 

63.  ätrekelj  K.  Slovenske  narodne  pesmi.  4.  Laibach  Matica  1898. 
XXIV,  593-820  S. 

Anz.  10,  275.    Schluss  des  I.  Bds.    (Erzählende  Lieder). 

64.  Zbornik.    Hsg.  von  der  Slovenska  Matica  in  Laibach.   Red.  L. 

Pintar.  1.    259  S. 

U.  A.:  I.  Kunäic  Beiträge  zur  Gesch.  der  litter.  Beziehungen 
zwischen  Cechen  und  Slovenen  (Korrespondenzen);  Sloven.  Biblio- 
graphie für  1898  von  R.  Perusek. 

3.  Ostslavisch  (Russisch). 

65.  Budde  E.  Musterprogramm  zur  Geschichte  der  russischen  Sprache 
(russ.).    Uc.  Zap.  Kazan  66,  5/6,  177—183. 

Mit  einem  Verzeichnis  der  wichtigsten  Litteratur. 

66.  Sachmatov  A.  A.    Zur  Entstehung  der  russischen  Dialekte  und 

Stämme  (russ.).    2m.  322  Apr.  324—384. 

§.  kombiniert  die  Ergebnisse  der  Dialektologie  mit  historischen 
Nachrichten.    Die    heutigen  Dialektverhältnisse    sind    das  Resultat 


312 


IX,  B.  Slavisch. 


«iner  langen  ßntwlckelimji;  und  gegenseitigen  Darchdrinfrun?  der 
«InKelnen  Stämme.  lu  der  Vorzeit  zerflel  das  Riu».  in  3  Gruppen: 
die  nördliche,  mittlere  (hier  die  weatl.  und  östl.  Hälfte)  und  sGahcbe 
(mit  einer  nördl.  und  einer  KÜdl.  Unlernbteilung),  Der  westliche 
Teil  der  Mitlelgruppe  löste  sich  infolge  hiHior.  Eni  Wickelung  vom 
ästl.  los  und  bildete  das  heutige  Weissruaa.;  der  öhU.  Teil  entwickeile 
sich  im  Verein  mit  der  Nord^ruppe  zum  heut.  GroHsrufis,  {doch  hat 
sich  auch  im  Westen  der  nordruss.  Einfluss  auf  einige  weissruss. 
Dialekte  geltend  gemacht,  während  im  Südwesten  wiederum  ein 
Durchdringen  weiss-  und  kleinr,  Dialekte  au  sehen  ist).  In  der 
Südgruppe  (=  Kleinruss.)  hat  eine  Miflchung  zwischen  Elementen 
Ihrer  uärdlicberen  und  siidticheren  Hälfte  stattgefunden.  Eis  macht 
sich  hier  eine  Spaltung  sichtbar,  indem  einige  ungar.  Dialekte  uord- 
kleinruHS.  Uerkmale  aufweisen.  Im  ftussersten  Westen  ist  aach  poln. 
EinliUBü  wahrzunehmen.  Das  altruss.  Kulturzentrum,  Rijew,  wurde 
nicht  bloss  durch  die  südruss.  Poljanen,  sondern  auch  durch  die 
von  den  Varügern  unterstützte  Kriegs-  und  Handelsbewegung  (dem 
Dniepr  entlang)  ausgebildet.  ["Geistreiche  und  kühne  Kombinatio- 
nen, wie  bei  S.  immer":  Pollvkas  Anz,  Vf-st.  sl  star.  3,  10).  —  Im 
Anschluss  daran:  E.  Th.  Budde  Entgegnung  an  S.  und  eine  Ana- 
lyse seiner  neuesten  Ansicht  über  die  Bildung  der  rus«.  Dialekte, 
ebd.  Sept.  163—177,  mit  Sachraatovs  Replik  ebd.  178-1Ö0,  der  Ko- 
lonisation des  Räsaner  Kreises  und  der  Bedeutung  des  grosBroas. 
"a-kan'je"  in  der  ganzen  Frage  gewidmet. 

ö7.  Spioyn  A.  A.  Die  Verbreitung  der  alt-russ.  StÄmme  uaeh  Aus- 
weis der  arcb Hol ogis eben  Daten  (rusa.).  2m.  Aug.  ftOl— 340.  Auch 
Se  p.- Abdruck - 

Den  Begräbnistypen  gemiLss  zerfielen  die  Russen  im  10.  Jh. 
in  2  Gruppen,  die  nördl.  und  südl.,  im  11.  Jh.  in  3:  die  südwestt., 
nördl.  und  östl. 

€8.  OhalaaBkij  M.  G.  Aus  Studien  zur  russ.  Sprachgeschichte  (russ.). 
Izv.  4,  265-27«. 

1.  Die  Anhängsel  -slani  -sta  -ste  -su  (-s).     Belege,  -sta  aus  pa- 

renthet.  titeüo,  stalo  byt',  bxw.  vom  verstärkenden  Impt.  atanH^xtati). 

-Ute  In  einigen  Fällen  aus  je»te,  anderswo  aus  j^stb. 

'€9.  Karskü  E.  Th.     Eigentümlichkeiten    der   Schrift   und   Sprache 

der  handschriftlichen  Avraarakas  Chronik  ans  dem  18.  Jht,  (russ-). 

Univ.  Izv.  VarS.  3,  1  -44. 

Merkmale  des  Smolensker  Dialekts  des  Schreibers,  sowie  an- 
derer Dialekte  (Einfluss  der  Vorlagen). 

70.  LjapunoT  B.  M.  Izsl^dovanije  o  JazykS  sinDdal'aagD  spfdu 
1-nj  novgorodskoj  l^topisi  (Untersuchungen  über  die  Sprache  da 
Synodathandachrift  der  1.  Nowgoroder  Chronik).  1.  H.  S.  Pe/Hut- 
bürg  Akademie.  VI.  289  S.  lex   8".  (Leipssig  Harraasowitz.  a,«M. 

A.  Einleitung.  Paläograpliischea,  Textkritisches.  B.  L  I.  Die 
irrationalen  Vokale  ^  h.  3.  Flllie  von  »  statt  y  und  h  statt  i.  3.  Ge. 
genseltige  Abwechslung  zwischen  b  und  s.  4.  Verbindungen  Kon- 
sonant +  »  (oder  (.) -f  Liqu. -!- Eons.  —  Anz.  v.  Sobolevsklj  Zur. 
Min.  327  Jan.  185-192,  Jagic  AslPh.  22,  25ß -263. 

71.  NikorekiJ  A,  Die  Sprache  der  Ipatischen  Chronik  (mss.).  RFV 
41,  2;W-275,  42,  23-110. 

72.  aiovar  russkago  jazyka  (Anz.  11,  379).  II.  H.  3  (6).  za  -  m- 
graHt.     S.  G33— 952.    60  Koi). 


IX.  B.  Siavisch.  313 

73.  Sobolevsk^j  A.  I.  Über  Duvernois'  Materialien  (Anz.  7,  170). 
Sborn.  otd.  russk.  jaz.  Akad.  64  N.  10,  65—72. 

74.  Enauer  Th.    Über  den  Namen  Russe^  Russland  (Vortr.  am  Ar- 

chäol.  Kongr.  in  Kijew,  laut  Ber.). 

K.  verbindet  i?oi,  Rossija  mit  ai.  Rasa  (=  Wolga),  in  Rui 
(:  r.  mslo)  soll  ein  *ronS'  (av.  Rar^ha)  stecken.  An  der  Wolga  ist 
auch  die  Wiege  der  Slaven  zu  suchen. 

75.  Ramzeviö  N.  K.  Zum  Worte  Rush  (russ.).  Filol.  ZamStki,  Wo- 
ronöä. 

V 

76.  Sejn  P.  V.  Zur  Frage  der  Kunstsprachen  (russ.).  Izv.  II.  otd. 
4,  277-300. 

Verschiedene  Arten  der  absichtlichen  Sprachenumbildung. 

77.  öistoviö  I.  A.  Istorija  perevoda  Bibliji  na  russkij  jazyk  (Gesch. 
der  russ.  Bibelübersetzung).  2.  Aufl.  S.  Petersburg.  347  S.  2  Rbl. 

78.  Weismann  A.  D.    Zur  Geschichte   der   russischen  Grammatik 

(russ.).    £jm\  Min.  324  Juli  106—127. 

Zur  gramm.  Terminologie:  Diathesis,  Zeitform,  syntakt.  Ter- 
minologie. 

79.  J.  K.  Grots  Werke  (russ.).   IL   St.  Petersburg  Akademie.    XV, 

939  S.    3  Rbl. 

V.  Anz.  10,  272.  Philologische  Aufsätze  (1852—1892):  I.  Zum 
russ.  Wörterbuch,  zur  russ.  Grammatik  und  Sprachgeschichte.  II. 
Streitfragen  der  russ.  Orthographie  (russ.  Laute  und  russ.  Schrift). 
Indices. 

Grossrussisch. 

80.  Oussof  N.    ^tudes  exp^rimentales   d'une   prononciation   russe. 

La  Parole  1,  676—687,  705-718. 

1.  Action  du  volle  du  palais.  2.  Action  du  thorax.  3.  Action 
des  Cordes  vocales. 

81.  äachmatov  A.  A.  Materialien  zur  Erforschung  der  grossruss. 
Dialekte.  VI.  (Anz.  11,  242).    Beil.  zu  Izv.  IV  1,  1—17. 

82.  Pokrovskij  Th,  Die  Volksmundart  des  Bez.  Tschuchloma,  Gouv. 
Kostroma  (russ.).    2iv.  Star.  9,  330—349. 

83.  Sejn   P.     Zur  grossrussischen   Dialektologie   (russ.).    RFV.  41, 

29—70. 

Lautliches,  Morphologisches,  Lexikales  aus  Sadovnikovs  Mär- 
chensammlung aus  dem  Gouv.  Samarsk  (1884). 

84.  Kulikovskij  G.  I.  Zum  Wörterbuch  der  oloneckischen  Lokal- 
mundart (russ.).    Etnogr.  Obozr.  40/41,  346—351. 

Nachträge  zu  Anz.  11,  243  No.  62. 

85.  Nilolajev.  Mundartliches  Wörterverzeichnis  aus  der  Provinz 
Tobolsk  (russ.).    2iv.  Star  9,  487—518. 

86.  Smirnov  N.  A.  Wörter  und  Redensarten  der  Diebsprache  aus 
Vs.  Krestevskijs  Roman  "Peterburgskija  truSdoby"  (russ.).  Izv.  II 
otd.  4,  1065—1087. 

87.  Sobolevskij  A.  Velikorusskija  narodnyja*  pösni  (Anz.  10,  282). 
V.  Liebeslieder,  2.  H.  1899.    3  Rbl. 


314  IX.  B.  Slavisch. 

Weissrussisch. 

88.  Karskij  E.  Materialien  zur  Durchforschung  der  weissruss.  Dia- 
lekte.  III  russ.).    Beil.  zu  Izv.  IL  otd.  4,  H.  3  u.  4.    69  S. 

Rleinrussisch. 

89.  Plorinskij   T.  D.    Einige   Worte   über   die   kleinmss.   Sprache 

(Mundart)  und  die  neuesten  Versuche  ihr  die  Rolle  eines  Organs 

der  Wissenschaft  und  höheren  Bildung  zu  erobern  (rus».;   Abdr. 

a.  d.  Kijevijanin).     Kijew. 

Geharnischte  Verteidigung  der  sprachlichen  und  ethnischen 
Einheit  der  Gross-  und  Kleinrussen  (vgl.  auch  Vöstn.  Evr.  35  1, 
406—416;  überhaupt  hat  die  Frage  mehrere  Kundgebungen  hervor- 
gerufen). 

90.  Micharöuk  K.    Was  ist  Kleinrussisch  oder  Südrussisch?  (russ.). 

Kijev.    Starina  Aug.  135—195.    (Forts,  f.).     Auch    als    S.-A.  Kiev. 

61  S. 

Eine  linguistische  und  historische  Beweisführung,  dass  das 
Klr.  eine  selbständige  slav.  Sprache,  keine  russische  Mundart  ist. 

91.  Broch  0.  ügorskoje  narßcije  sela  übli  (Der  ugroruss.  DiaL  des 
Dorfes  Ublya  im  Zempi^ner  Komitate).  S.  Petersburg.  117  S. 
1  Rbl.  (Leipzig  Harrassowitz  1,90  M.). 

92.  Broch  0.    Aus  der  ungarischen  Slavenwelt.    AslPh.  21,  49—61. 

Eine  Besprechung  von  Hnatjuks  Etnogr.  Materyjaly,  in  denen 
eine  genauere  Lautwidergabe  vermisst  wird,  und  Ruski  oselji  v 
Baccji  (Anz.  11,  245):  dis  ugroruss.  Kolonisten,  die  aus  Zemplin  und 
Saros  nach  Bacs-Bodrog  im  vor.  Jh.  übergesiedelt  sind,  müssen  aus 
einem  slovakisch-russischen  Grenzgebiet  stammen. 

93.  Dikarev  M.  Klr.  pal'anyöa  (Art  Backwerk)  und  griech.  ir^Xavoc 

(russ.).    Kijev.  Starina  Okt.  .'31—49. 

Der  griech.  ir^avoc  als  Opfergabe  für  chthonische  Gottheiten, 
pal'anyöa  (auch  russ.  blin,  knys)  als  Totenspende.  Griechisches  in 
russ.  Volkstraditionen  (insbes.  Bylinen),  nam.  Umwandlungen  griech. 
Götiernamen  (u.  A.  Svarog  :  lauijüpoxoc,  Iid  Auübpoxoc).  a  in  pal'a- 
nyca  für  griech.  €  teils  durch  Assimilation,  teils  durch  Einfluss  de^ 
/,  wie  klr.  Paldga  aus  TTeXaYia,  lat.  oliva^  JSiculus  aus  4Xaia,  ZikeXöc  u.  A. 

4.  Westslavisch. 

94.  Mikkola  J.  J.    Betonung  und  Quantität  in  den  westslavischen 

Sprachen.     1.  H.    Helsingfors  Hagelstam.    99  S. 

l.  Einiges  aus  der  wsl.  Lautlehre,  ürsl.  q  (lach,  q)  = 
plb.  unbet.  (f,  hei.  q  (seit.  q).  Urs).  (^  (lach.  (iQ  =  kasch.  iq  (poln. 
e>),  IQ  (=  poln.  iq),  aber  auch,  vor  weichen  Silben,  l  als  Länge,  e 
als  Kürze  (im  Anl.  ji-^  hinter  Labialen  i\  wie  ßech.  ie  {i),  t.  (Abnl. 
war  es  einmal  auch  im  Altpoln.).  —  Ilrsl.  h  =  plb.  (ä  {i)  vor  harten, 
ä  vor  ursp.  weichen  Konsonanten;  z.B.  jins  *pbshj  dän  *dhnh  (Aus- 
nahmen durch  Assoziation).  Dieses  plb.  iü/a  stimmt,  vielleicht  nur 
zufälligerweise,  mit  Sloven.  e/a  überein  (sloven.  a  unter  dehnender 
Betonung  aus  h).  Auch  im  Slk.,  U.-Sorb.  verschiedene  Behandlungs- 
weise  von  ursl.  fe,  jedoch  von  der  plb.  verschieden.  —  Ursl.  hrt. 
Urpoln.  war  hier  a?*  (vor  harten)  ir  (vor  weichen  Kons.)  =  poln. 
ar,  ir,  irz   (npoln.  ier  ierz),    kasch.  ar  (die  Kürze)  ör  (die  Länge), 


IX.  B.  Slavisch.  315 

ir  ir.  Durch  Kontamination  (in  FHllen  wie  zamo  zimisty)  ist  auch 
poln.  (selten)  iar,  kasch.  (häufiger)  iar  iör  entstanden  Ähnl.  zu- 
weilen osorb.  d'r  durch  Kontamination  aus  or  (usorb.  ar)  und  j^r. 
[In  08.  Mvörty  us.  stvörty  =  kasch.  övjörti  (aus  ursl.  Öetvbrtbjh)  ist 
ör  wie  im  Kasch.  die  Länge.]  —  Ursl.  tbrt:  Belege  der  Länge  im 
Poln.  (wr,  neben  sonst,  ar)^  Usorb.  {ör,  zuw.  yr  i/r),  Plb.  (ör).  — 
Ursl.  thlt  wird  durch  das  Kasch.  etwas  vom  Poln.  abweichend  und 
nicht  einheitlich  wiedergegeben.  In  dem  urpoln.  Wandel  von  thU 
(mit  ol,  el  u.  A.),  hat  die  Hauptrolle  wohl  der  alte  Akzentwechsel, 
bzw.  Verschiedenheit  der  Tonqualitäten  gespielt:  die  Gesetze  sind 
durch  zahlreiche  Formenassociationen  verdunkelt  worden.  —  Ursl. 
fort  tolt  telt  im  Poln.  Kasch.  Plb.  Für  tort  hatte  ursp.  sowohl  das 
Poln.,  als  auch  das  Kasch.  und  Plb.  iart  (kasch.  polab.  tart  als  Kürze, 
tört  als  Länge ;  im  Poln.  nur  mehr  als  Archaismus,  haupts.  in  Eigen- 
namen) neben  trot  (im  Poln.  verallgemeinert;  auch  plb.  brödOj  ksch. 
broda  u.  s.).  Ebenso  war  aus  tolt  ursp.  talt  (erhalten  in  plb.  ksch. 
Eigennamen)  neben  später  verallgemeinertem  tiot.  Auch  hier  spiel- 
ten Tonqualitäts-  und  Akzentverschiedenheiten  sowie  Ausgleichun- 
gen die  Hauptrolle.  Spuren  noch  anderer  Behandlung  ähnlicher 
Lautgruppen.  —  Das  Kaschubische  ist  ein  integrierender  Teil 
des  Poln.;  die  poln.  Dialekte  sind  in  2  Gruppen  (1.  kasch.,  2.  eigent- 
lich poln.)  zu  teilen.  Das  Kasch.  bildet  zugleich  einen  Übergang 
zum  Polab.,  welches  mit  dem  Poln.  ein  einheitliches  Sprachgebiet 
(das  Lachische)  bildet. 

II.  Die  Betonung  der  wsl.  Sprachen,  deren  Quantitäts- 
verhältnisse, die  (soweit  sie  nicht  mit  Kontraktion  in  Zusammenhang 
stehen)  von  Betonungsverhältnissen  abhängen  und  viele  gemeinsame 
Züge  aufweisen.  A.  Cechisch.  B.  Sorbisch;  Wörter,  in  welchen 
der  Ausfall  einer  Silbe  die  urspr.  Akzentstelle  erkennen  lässt.  C. 
Polnisch-Polabisch:  1.  Polnisch.  2.  Kaschubisch.  In  den 
südl.  Dialekten  liegt  der  Akz.  auf  der  ersten  Silbe,  in  den  nördl. 
ist  er  bew^eglich.  p]s  gibt  zwei  Akzentqualitäten:  die  ''scharfe"  (etwa 
dem  lit.  fallenden  Ton  entsprechend)  und  die  "leichte".  Jeder  ursl. 
Vokal  ist  im  Kasch.  entweder  ''gesteigert"  (in  einigen  Dial.  diph- 
thongisiert)  oder  "indifferent"  (oft  reduziert,  oder  anceps).  Die  scharfe 
Betonung  steht  auf  den  gesteigerten,  die  leichte  auf  indiffer.  Vo- 
kalen (z.  B.  r^'ba  leicht,  indiff.,  Gpl.  rXb  scharf,  gesteig.,  ursl.  ryba 
rybb).  Beschreibung  des  Heisternester  Akzentes.  I.  Simplicia.  a. 
Die  Ultimabetonung  nur,  wenn  der  Vokal  gesteigert  ist.  b.  Endet 
das  Wort  auf  einen  gesteig.  Vokal,  so  kann  der  Akz.  nicht  weiter 
vom  Ende  als  auf  der  Penult.  stehen.  Ebenso  ist  die  Penult.  betont, 
wenn  die  urspr.  Penultima  oder  Ultima  ihren  Vokal  verloren  hat. 
c.  Ist  die  Endung  zweisilbig,  ist  die  Antepenult.  betont.  II.  Verbum 
mit  Präfix.  III.  Nomen  mit  Präfix.  IV.  Präposition  und  Nomen. 
V.  Nomen  mit  Nom.  komponiert.  VI.  Enklise.  3.  Polabisch.  Der 
Akzent  teils  bezeichnet,  teils  an  den  gesteigerten  Vokalen  zu  er- 
kennen. Polab.  und  Kasch.,  dem  ursp.  Zustand  der  wsl.  Betonung 
am  nächsten  stehend,  ergänzen  einander  hinsichtlich  der  Betonung 
und  Qualität.  I.  Bei  steig.  Ton  ist  der  Akz.  von  der  Ult.  um  zwei 
Silben  gegen  den  Wortanfang  verschoben;  bei  steig.  Anfangsbeto- 
nung bleibt  die  Stelle  unverändert.  II.  Ist  ein  Wort  ursp.  fallend 
oder  dehnend  betont,  so  steht  der  Akz.  auf  einer  der  beiden  letzten 
Silben:  bei  fallend  betonter  3.  oder  4.  Silbe  vom  Ende  rückt  der 
Akzent  auf  die  Penult.  vor;  fallend  bet.  Penult.  behält  den  Akz., 
ebenso  eine  auf  Vokal  ausgehende  Ult.  in  zweisilb.  Wörtern  im 
Kasch.,  während  das  Plb.  in  zweisilb.  Wörtern  den  Akzent  von  der 
Penult.  auf  die  Ult.  verschoben  hat.    Eine  dehnend  betonte  Ultima 

Anzeiger  XII  2  u.  3.  21 


316  IX.  B.  Slavisch. 

behält  den  Akz.  in  zweisilbigen  Wörtern,  während  er  in  roehrsilb. 
auf  die  Penult.  zurückgezognen  wird.  Auch  eine  dehnend  betonte 
Silbe,  die  nach  dem  jetzigen  Stand  der  Sprache  die  vorletzte  ist, 
bewahrt  den  Akzent.  —  Die  ursp.  steigend  betonten  Wörter  haben 
also,  falls  keine  Analogiewirkung  stattgefunden,  den  Akz.  auf  der 
Anfangssilbe,  die  fallend  und  dehnend  betonten  auf  der  PenuU. 
oder  Ult.  Durch  Analogiewh'kungen  entwickelte  sich  (z.  T.  im 
Kascli.,  dann  im  Poln.,  Sorb.,  Cech.)  teils  vor  dem  eigentlichen  Hoch- 
ton ein  Gegenton,  teils  wurden  die  Betonungsverschiedenheiten  aus- 
geglichen; und  so  gelangte  das  Öech.  zur  Anfangsbetonung,  das 
Foln.  zur  Penultimabetonung,  während  (Jas  Sorb.  beide  Betonungen 
kombiniert  und  somit  eine  Brücke  zw.  Cech.  und  Poln.  bildet. 

95.  Brückner  A.    Neuere  Arbeiten  über  das  Slaventum  jenseits  der 

Oder  (poln.).     Kwart.  list.  13,  87—93. 

Über  onomastische  und  historische  Beiträge  für  sorbische  und 
polabische  Länder. 

96.  K^trzynski  W.    0  Slowianach  mieszkaj^cych  niegdyä   mi^dzy 

Renem  a  Lab^^,  Sala  i  czesk^  granic^  (Sur  les  plus  anciennes  de- 

meures  des  Slaves  entre  le  Rhin,  l'Elbe,  la  Saale  et  les  front ieses 

de  la  Boheme).    Krakau  Akademie.     142  S.,  7  Karten.    3  Kr.  (= 

Rozpr.  bist.  40  [II  15)  1—142). 

1.  Zwischen  dem  Rhein  und  den  späteren  Grenzen  des  Slaven- 
tums  gibt  es  gegen  800  Ortsnamen  unzweifelhaft  slav.  Unsprungs 
(vornehml.  Namen  auf  -ifz,  -gastf  Winden  Wenden  u.  dgl.),  die  von 
einer  vorgerm.  slav.  Bevölkerung  zeugen.  Historische  Zeugnisse 
dafür.  Slav.  Dörfer.  Bauart.  Cäsars  Suevi  =  Slaven  {u  ist  i).  2. 
Traditionen  der  Germanen  von  ihrem  skandinavischen  Ursprung. 
3.  Geschichte,  4.  Kultur  der  alten  Westslaven.  Resumes:  poln. 
Sprawozd.  d.  Ak.  April  6—14,  deutsch  Bullet.  Juli  327—337  (vgl. 
Brückner  AslPh.  22,  237  ff.). 

97.  MajeiT^ski  E.  Starozytni  Slowianie  na  ziemiach  dzisiejszej  Ger- 
manii  (Alte  Slaven  auf  heutigem  deutschen  Gebiete).  Warschau 
Wende  u.  K.     58  S.  kl.  8«.     0,40  Rbl. 

V 

Cechisch  (und  Slovakisch). 

98.  Dolansky  L.  Zur  Aussprache  des  c.  /  und  y  (cech.).  Cas.  Mus. 
73,  285-322. 

99.  Noväk  K.  Beiträge  zur  altcechischen  Stammbildungslehre  aus 
Hus'  Schriften  (cech.).     LF.  26,  248-61,  365—70,  449—59. 

A.  Xominalsuffixe.     1.  -c-,  2.  -c-,  3.  -/t-,  4.  -^,  5.  -n-Suftixe. 

100.  Hodura  Q.  Die  Mundart  der  Leitomyschler  Gegend  (cech.:. 
Beil.  zu  Vestn.  okr.  litom, 

101.  LoridJ.  Rozbor  podfecl  hornoostravskeho  ve  Slezsku  (Analyse 
der  Ober-Ostrawicer  Mundart  in  Schlesien).  Rozpravv  der  B.  Akad. 
III  Kl.  VJI  1.     Prag.     89  S.  lex  8». 

In  Teschener-Schlesien  wohnen  1.  Lachen  in  der  Nord-Ebene 
um  Freistadt  und  Oderberg,  2.  polnische  Walachen  um  Teschen 
und  Skotschau,  3.  Horalen  an  der  ob.  Olsa  und  Weichsel,  4.  mäh- 
rische Walachen  im  Süd- Westen  (gegen  Osten  bis  nach  Jablankau 
und  Lomml,  gegen  Süden  am  MoravkaFl.  bis  an  die  ung.  Grenze). 
Loris  beschreibt  die  4.   Mundart,   welche   die   Hauptmerkmale   des 


IX.  B.  Slavisch.  317 

Lach.  (poln.  Akzent,  Verlust  der  Quantitätsunterschiede,  Erweichung 
von  ne  de  te,  Gleichheit  des  Lok.  u.  Inst.  Sg.  Masc.  N.  in  der  Pro- 
nominaldekl.)  aufweist,  aber  für  d  ein  o  hat  (=lach.  a).  —  Anz.  v.  Poii  v 
ka  AslPh.  22,  114-116. 

102.  Malovany  J.     Syntax  der  Mundart  von  Cisarov  (in  Mähren; 
cech.).    Cas.  Mat.  Mor,  23,  33-49,  150-64,  220—30,  360—7. 

103.  Hauer  V.    Terminologie  der  schlesischen  Volksbauten  (cech.). 
Ö.  Lid  9,  99—104. 

104.  Kraus  A.    Fafmoch  [aus  d.  wdfenroc].    Vßstn.  c.  prof.  7,  1—8. 

105.  Noväk  K.     Der  Ursprung  des  Wortes  bdsnik  'Dichter'  (öech). 

Vestn.  c.  profess.  6,  74—75. 

Ein  Beleg  bei  Joh.  Hus.  —  Im  Anschluss  daran  I.  Ho  Sek  '*Zur 
Bildung  von  Wörtern  auf  -ik  ebd  7,  35—41:  Nomina  auf  -ik  (un- 
richtige Kunstbildungen  abgerechnet)  sind  nur  Denominativa,  nicht 
Deverbativa  {bdsnik  bei  Hus  ein  Schreib-  oder  Druckfehler  für 
bäsennik).  —  Weitere  Bemerkungen  von  NovAk  ebd.  7,  94—98. 

106.  Syrku  P.    Zur  Geschichte  des  Glagolismus  in  Böhmen.    AslPh. 
21,  169—198. 

107.  Väolavek  M.     Der  Ursprung  und  Name  der  Walachen  (cech.). 

Sbor.  Mus.  Spol.  ve  Val.  Meziriöi  2. 

Vaclavek  sieht  in  den  Walachen  echte  Slaven,  unter  Zustim- 
mung FlorinskiJH  Univ.  Zap.  Kijew  3,  121.  Dazu  Pluskai  ebd.  3, 1  ff. 
(mit  einer  unmöglichen  Etymologie),  Vaclavek  ebd.  4,  45  ff.  (Über- 
setzung eines  rum.  Referats  von  G.  Nether,  worin  die  urspr.  Wala- 
chen für  dakische  und  slav.  Hirten  erklärt  werden). 


108.  Pospeoh  J.  K.  Terminologie  aus  Sebes.  1.  Gemeinde,  2.  Klei- 
dung.    Cas.  Mus.  Spol.  1,  66—69. 

109.  Spusta  St.  Zur  Terminologie  der  Volkstracht  und  der  slovakischen 
Stickereien  (slk.).     Cas.  Mus.  Spol.  1,  53—55. 

110.  Holuby  J.  L.  Über  Personennamen  im  Bossdczer  Thal  (slk.). 
Slov.  Pohl'.  19,  190—204. 

111.  Podtatransky.  Slovakische  Ortsnamen  (aiphabet.,  Forts,  f.). 
Sborn.  Mus.  Spol.  3,  1—16. 

112.  Fiesne  Tudu  slovensköho.  (Slovakische  Volkslieder).  Hsg. 
von  der  Slk.  Mus.-Ges.  I.  Lieder  aus  Zips.,  hsg.  von  St.  Misik. 
Turcz.  St.  Märten  1898.    143  S. 

Ober-  und  Nieder-Lausitzserbisch  (Sorbisch). 

113.  Muka  E.  Lexikalische  Nachträge.  1.  Wörter  aus  den  Grenz- 
mundarten, 2.  aus  den  oberlaus.  Mundarten.  Öas.  Mac.  LH  2  (101), 
114—125. 

114.  Radyserb-Wjela  J.  Ein  Kinderglossar.  Öas.  Mad.  LH  2  (101), 
128-130,  LIII  1  (102),  41-42. 

115.  Kühnel  P.  Slavische  Orts- und  Flurnamen  der  Oberlausitz.  N. 
Laus.  Mag.  66,  209-261,  67,  43-126,  69,  1—48,  257—283,  70,  67— 
99,  71,  241—288,  73,  125—179,  74,  193—271,  75, 169— 223  (Schluss).  — 
Als  S.-A.  (5  Hefte).    Leipzig  Harrassowitz.    8,50  M. 


818  IX.  B.  Slavisch. 

116.  Parczewski  A.  J.  Die  Serben  io  Preossen  nach  der  Volks- 
zählung V.  J.  1890  (laus.).    Öas.  Mad.  LII  2  (101),  65—88. 

117.  Hoffinann  L.  Die  Sprache  und  Litteratur  der  Wenden.  SammL 
gerneinverst.  Vorträge  14,  818.  Hamburg  Verlagsanstalt.  89  S 
0,80  M. 

Polabiscb. 

118.  ParczeiT^ski  A.  J.  Nachkommen  der  Slaven  in  Hannover  (poln.) 

Wisla  13,  408-16. 

Parczewski  sieht  in  den  585  Personen  mit  "wendischer**  Mutter- 
sprache im  Bez.  Lüchow  Reste  der  Drewänen  und  fordert  zur  Durch- 
forschung ihrer  Sprache  auf.  —  Vgl.  Hirt  und  v.  d.  Knesebeck 
AslPh.  22,  318/9,  wonach  die  Lüchower  "Wenden"  vollständig  ger- 
manisiert sind  und  ihre  frühere  Sprache  nunmehr  in  vereinzelten 
wend.  Bezeichnungen  und  einigen  Familiennamen  Spuren  hinter- 
lassen hat.  S.  a.  K.  Andree  Zur  Frage  nach  den  hannoverschen 
Wenden,  Zs.  f.  Volkskunde  10. 

Polnisch  (und  Kaschubisch. 

119.  Soerensen  A.  Polnische  Grammatik  I.  Leipzig  Haberland. 
256  S.  (Als  Ergänzung:  Grammatisch-alphabetisches  Verzeichnis, 
der  poln.  Verba  mit  Bedeutungsangabe,  Beispielen  und  Nominal- 
ableitungen, ebd.  1900,  206  S.). 

Neue  KoQJugationeneinteilung:  I.  Abgeleitete  Verba:  1. 1-,  2.  a-. 
3.  u-,  4.  ^-Stämme.  IL  5.  Wurzel- Verba.  III.  Doppelstämme:  G.nq-f 
-n-Stämme,  7.  Stämme  mit  -a-  im  Infin.,  8.  -t-/-^-St.  IV.  9.  Reste  der 
athomat.  Flexion.  Im  Verz  :  1.  Kosonantisch  und  2.  vokalisch  ausl. 
Wurzelstärame  (V.  KL),  3.  nq-l-n  St.  (VI),  4.  St.  mit  -a-  im  Inf.  (VII). 
5.  -i-l-i-St.  (VIII),  6.  -i-St.  (I),  7.  -a-  (II),  8.  -w-  (III),  9.  -e-StHinme  (IV), 

120.  Krasnowolski.  Systematyczna  skladnia  (Syntax)  jezyka  pols- 
kiego.    Warschau  1897. 

121.  Bystroii  J.     Przyczynki  do  skladni  polskiej  (Beitr.  zur  poln. 

Syntax).  II.    Krakau  Selbstverl.    44  S. 

(S.  Aiiz.  3,  105).  Subjektlose  Sätze,  Adverbien,  Wiederholung 
eines  Ausdrucks  oder  der  ganzen  Phrase  in  der  Volkssprache,  Attrak- 
tion u.  A. 

122.  Loris  J.    S.  ob.  Nr.  101. 

123.  Zawiliiiski  K.  Über  den  Einfiuss  des  Slovakiscben  auf  die 
poln.    Bergdialekte.       Poln.   Res.:    Sprawozd.    Ak.   Krak.,    1899. 

Apr.  3-4. 

124.  Bystroii  J.    Orthographie  und  Sprache  der  poln.  Gesetzbücher. 

Krakau  Akad.    110  S.    1,50  Kr.  (aus  Kozpr.  II,  13,  111—220). 

Über  4  von  Piekosi^ski  1895  im  3.  Bd.  des  Arch.  Kom.  praw. 
hsg.  Handschriften  a.  d.  15  Jh.    R^s.:  Bullet,  d.  Ak.  162—65. 

125.  Nitsch  K.  Die  Orthographie  und  Sprache  der  "Kazania  Pa- 
terka"  (poln.).    Prace  fil.  5,  521—585. 

126.  EapuäciÜBki  M.  Wörterverzeichnis  aus  der  Krakauer  Volks- 
mundart (poln.).    Lud.  5,  63—4. 

127.  Lopaciiiski  H.  Lexikalische  Nachträge  a.  d.  16.  Jh.  (poln.). 
Prace  fil.  5.  516-520. 


IX.  B.  Slavisch.  319 

1^.  Lopacinski  H.    Ein  lat.-polnisches  Glossar  a.  d.  J.  1471.    R68. 
Sprawozd.  Ak.  Krakau  Juli  5—6. 

129.  Karlowicz   J.     Zbrodnin   'Verbrechen*  (poln.).     Prace  fil.  5, 
633-ß34. 

Zu  brody  z  brodu  (Verirrung  von  der  Fahrt,  vom  rechten  Weg), 

130.  Malinowski  L.     Sprachliche   Miszellen   (poln.).     Prace  fil.  5, 

606-632. 

P.  uzdrojoivisko  (Volksetymologisches),  cicioro-czworo  (aus 
Tirpoln.  cfvero).  Eine  Spur  des  altp.  verengten  d  (in  piosnka  pio- 
senka  aus  '^pis^n^ka),  Ap.  stoUgwa  'onocraculus'.  Dial.  nks  zgn  aus 
ns  zn.  P.  topian  Hopem  :  lit.  läpas.  P.  nica  'linke  Kleidseite'  : 
ßl.  nith.  P.  macocha  aus  macecha  durch  andere  Bildungen  Ruf  ocha 
hervorgerufen.  P.  piejcny  aus  *piejcry  {upi^krzyd  upie^kszyc).  P. 
dübiely  eig.  döbiel  :  ksi.  dobeH.  In  sl.  kosuta  'Hirschkuh',  wenn  mit 
rum.  6jute^  verwandt,  das  Präf.  ko-.  —  Ein  Denkmal  des  Schles.-Poln. 
a.  d.  17.  Jh.  P.  skovycec  (zum  Präf.  ko-).  Frequentative  Neubil- 
dungen zginäm  zginaö,  vyrynam  vyrynaö.  P.  szupienie  aus  lit. 
sziupinys.    Sonstige  lexikal.  (und  etym.)  Beiträge. 

131.  KurkaA.   Slownikmowy  zlodziejskiej  (Wörterbuch  der  Gauner- 
sprache).    Lemberg,  Druck.  Slowo  polskie.    55  S.  16.    0,60  Kr. 

13*2.  Malinowski  L.    Powieäci  ludu  polskiejo  na  SM^sku  (Polnische 

Volkssagen  aus  Schlesien).    Krakau  Akademie.    78  S. 

Von  Malinowski  1869  in  Teschener  Schlesien  aufgezeichnet,  hsg. 
von  Bvstron.  Die  Mundart  im  Wes.  mit  der  von  Pastrnek  (Anz.  11, 
247)  beschriebenen  identisch  (LF.  26,  306). 

133.  Saloni  A.    Das  Volk  in  Przeworsk  (poln.).    Wisla  13,  97—112, 

223-248. 

Schluss  einer  grösseren  Sammlung  Volkstexte  in  Mundart  u. 
dgl.,  auch  ein  Glossar. 

134.  Malinowski  L.    Ein  Denkmal  der  poln.  Sprache  a.  d.  Anf.  d. 
16.  Jh.  (poln.).    Rozprawy  d.  Krakauer  Ak.  II.  Ser.  13,  1-  32. 

Text  des  Denkmals  (ein  Beichtbuch),  mit  sprachlicher  Analyse. 

135.  Ptasickij  S.  L.    Polnische  Bibliographie  für  1899.    Poln.  Pub 
likationen  zur  Geschichte,   Sprachwissenschaft  und  Litteraturge- 
schichte.     Izv.  II.  otd.  4,  1516—1537. 


136.  Brückner  A.    Randglossen  zur  kaszubischen  Frage.    AslPh.  21, 
62-78. 

Kaschubisch  ist  ein  poln.  Dialekt.  "Alles,  was  das  Polnische 
eben  zum  Polnischen  gemacht  hat,  wiederholt  sich  genau  ebenso 
im  Kasch."  Prüfung  einzelner  Einwendungen.  Ungleichmässige 
Behandlung  von  ursi.  tort  thrt  thrt  thlt  im  Poln.-Kasch.  Sonstige 
Doppelformen  im  Poln.  Die  erheblichsten  Verschiedenheiten  des 
Kasch.  vom  Poln.  sind  evident  spät  (wie  der  Wandel  von  ki  gi  zu 
4i  dzi).  Bis  zum  15.  Jh.  war  das  Kasch.  im  engsten  Zusammenhang 
mit  dem  Poln.  ^Ethnographisch  und  linguistisch  gab  es  seiner  Zeit 
«inen  einheitlichen  Volksstamm,  die  Lachen;  einzelne  dieser  Lachen 
nannten  sich  Polanen  (und  Wislanen),  andere  Luticer,  andere  Mazo- 
wier,  andere  Pomorjaner;  von  ihren  sw.  Nachbarn  schied  sie  vor 
«Hern  die  Erhaltung  der  Nasalvokale.  Aus  der  Kontinuität  des  lach. 
Sprachgebietes  schied  am  vollständigsten  und  frühesten  das  sog. 


320  IX.  C.  Baltisch. 

Polabische  aus;  doch  zerbröckelte  seit  d.  12.  Jh.  die  lachische  Basis 
durch  deutsche  Einwanderung  immer  weiter;  auch  die  Kaschubcn 
sind  etwa  seit  dem  14.  Jh.  isoliert.  Lexikalische  Übereinstimmungea 
des  Kasch.  und  Altpoln. 

137.  Gol^biow^ski  H.  Kaschubische  Fischer-  und  Seglerausdrücke 
(poln.).    Roczn.  Towarz.  nauk.  in  Thom  6,  173—178. 

138.  L^gow^ski  I.  Die  Slovinzen  im  Kreise  Stolp,  ihre  Litteratur 
und  Sprache.    Balt.  Stud.  3,  139—158. 

139.  Nadmorski.     Die  Slovincen  und  Reste  ihrer  Sprache  (poln.). 

Lud.  5,  320-37. 

Das  Kasch.  hat  sich  nach  Untergang  der  baltischen  Slaven 
an  das  Poln.  angelehnt  und  bildet  heute  einen  seiner  Dialekte,  was 
umso  leichter  war,  als  die  Sprache  der  balt.  Slaven  dem  Poln.  ganz 
nahe  stand.  Die  Sprache  der  Slovincen  (am  Garden-  und  Leba-See) 
steht  vom  Poln.  weiter  ab  als  das  Kaschubische  in  West-Preussen. 
Lexikalische,  lautliche,  morphologische  Unterschiede  (Dual;  Lokal 
ohne  Präp.  snieze^  kolberie\  selbständiges  Zahlwörtersystem.  Da» 
Gebiet  des  Slov.  war  das  Zentrum  des  kasch.  Gebiets,  ihre  Sprache 
ist  ''das  klassische  Kasch.'*    Sprachdenkmäler  (Proben). 

140.  RamuH  St.  Statystyka  ludnoöci  kaszubskiej  (Statistik  der 
kaschub.  Bevölkerung).  Krakau  Akademie.  290  S.  M.  e.  Karte. 
(Anz.  10,  290.) 

141.  Tetzner  F.    Die  Slowinzen  und  Lebakaschuben.    (Beiträge  zur 

Volks-  und  Völkerk.  8.)    Berlin  Felber.    272  S.    6  M. 

1.  Die  Kaschubei.  2.  Die  Bewohner  der  Kaschubei.  Aus  der 
Gesch.  und  Kulturgesch.  der  Kasch.  4.  Slowinzisches  und  leba-kaschu- 
bisches  Schrifttum  (auch  über  die  Sprache  und  Dialekte).  Anz.  v. 
W.  V.  S.  Lit.  Cbl.  1900  Nr.  34. 

142.  N.  Übersicht  auf  die  Kaschuben  und  ihre  Sprache  bezüglicher 
Arbeiten  a.  d.  J.  1887—99  (poln.).  Roczn.  Towarz.  nauk.  in  Thorn 
<;,  179—196. 

C.  Baltisch. 

1.  Allgemeines. 

1.  Mikkola  J.  Baltische  Etymologien  II.    BB.  25,  73—6. 

8.  Lit.  al-v^nas 'ein  jeder' U.A.:  d.  all.  9.  Lit.  dalgis  'Sense*: 
lat.  falx  (aisl.  dälkr  'Mantelnadel*,  lit.  dilge  'Nessel'?).  10.  Lit.  dimstis 
(aus  *dimpstis)  'Hof  :  griech.  ödTrebov,  aisl.  topt.  11.  Lit.  laiao  'tanzt*: 
got.  laikan  (le.  llgo?).  Daneben  lit.  lingüti  lingoti^  r.  Ijagcit  y  p.  ligaö 
(viell.  schon  urspr.  jf-Verlust  vor  7i-Intix). 

2.  Johansson  K.  F.    Anlautendes  idg.  b-.    KZ.  36,  342  ff. 

S.  385:  mare  halticum,  Baltia,  Belt  (urspr.  wohl  die  Fluss- 
mündungen und  sumpfigen  HaflPe)  :  ksl.  blato  'Sumpf. 

3.  Eurschat  A.  Die  Verbreitung  des  litauisch-lettischen  Volk- 
Stammes.    Mitt.  d.  Lit.  Ges.  24,  534—548. 

Die  jetzigen  und  früheren  Wohnsitze  desselben. 

4.  Jakuikin  E.  I.  Das  Gewohnheitsrecht  der  russischen  anders- 
sprachigen Völker.  Material  zu  dessen  Bibliographie  (russ.).  Ctenija 
Mosk.  Univ.  190.     IV,  366  S. 

U.  A.  Bibliographie  des  lit.  und  lett.  Folklors.  Anz.  v.  A. 
Maxim  ov  Etnogr.  Obozr.  46,  145. 


IX.  C.  Baltisch.  321 

2.  Litauisch. 

5.  BaranovBkij  £.  A.    Bemerkungen  über  die  lit.  Sprache  und  das 

lit.  Wörterbuch  (russ.,  Anz.  11,  249).    Sborn.  otd.  russk.  jaz.  Akad. 

65  Nr.  9..    III,  80  S. 

1.  Das  Bedürfnis  eines  womöglich  alle  Mundarten  umfassen- 
den Wörterbuchs.  Die  grossen  lexikalen  Unterschiede  zw.  einzelnen 
Mundarten;  metaphorischer  Bedeutungswandel.  2.  Die  lit.  Ortho- 
graphie. Der  Ablaut  und  mit  ihm  zusammenhängender  Bedeutungs- 
wandel im  Zeitwort.  3.  Die  Akzent-  und  Intonationsverhältnisse 
(vgl.  Baranowski  und  Weber,  Ostlitauische  Texte  1.  Weimar  1882). 
4.  Silbenzahl  und  die  möglichen  Akzent-,  Silbenquantitäts-  und  -quali- 
tätsverhältnisse  in  Wörtern  versch.  Grösse.  5.  Durch  Akzcntwechsel 
bedingte  Veränderungen  der  Silbenquantität.  6.  Einzelne  Züge  der 
lit.  Lautlehre.  7.  11  Mundarten  des  Gouv.  Kowno  (in  4  Gruppen); 
deren  Charakteristik.  8.  Unzulänglichkeit  der  russ.  Schrift  für  das 
Litauische. 

6.  Jaunys.    Beschreibung  der  litauischen  Mundarten  von  Ponevßä 

(russ.):  in  Gukovskijs  Poneve2skij  ujßzd,  Kowno  1898,  S.  87  fF. 

S.  BB.  25,  261 2,  266,  268.  Für  Anz.  10,  292  Nr.  10  ebd.  264. 
"In  äemaitischen  Dialekten  hat  man  einen  dreifachen  (fallenden, 
steigend-fallenden»  steigenden)  Silbenakzent,  mit  dem  der  dreifache 
Akzent  vom  südöstlichen  Livland  seinem  Wesen  nach  ziemlich  genau 
übereinzustimmen  scheint".    Endzelin  BB.  25,  268*. 

7.  Radziukinas  J.    Der  Dusia-See  (poln.).    Wisla  13,  89—96. 

Beschreibung  mit  vielen  lit.  Lokalnamen. 

8.  Brenaztein  M.  E.    Einige  2emait.  Sagen  (poln.  ühs.).    Wisla  13, 
348-52. 

9.  Dre^wrinska  A.    (Biruta).    An  der  preussischen  Grenze.    Ethno- 
graphische Skizze  (poln.).    Wisla  13,  621—630. 

10.  Str.  Brautwerbung  und  Hochzeit  bei  den  Litauern  im  Bez.  Sessiki, 
Kr.  Wilkomir,  Gouv.  Kowno  (lett.).    Balss  22  Nr.  29. 

11.  Tetzner  F.    Quer  durch  Preussisch-Littauen.    Aus  allen  Welten 
32,  196  fF.,  237. 

12.  Tetzner  F.    Verbreitung  der  litauischen  Sprache  und  Tracht  in 
Deutschland.    Beil.  z.  Allg.  Ztg.  1898  14. 

13.  Tetzner  F.  Neue  Donalitiana.   Altpreuss.  Monatsschr.  36,  305 — 10. 

14.  Witort  J.     Spuren  des  matriarchalischen  Systems  in  Litauen 
(poln.).    Wisla  13,  505-511. 

15.  Wolter  E.     Die  Erdengöttin  der  Tschuwaschen  und  Litauer. 
Arch.  für  Religionsw.  2,  H.  4. 

16.  Mitteilungen  der  Litauischen  litterarischen  Gesellschaft  24  (IV 

6).    Heidelberg  Winter.    S.  498—584. 

U.  A.:  Volkslieder  und  Märchen  (publ.  von  A.  Janulaitis  u. 
J.  Koncewicz);  Re2at  Etwas  über  AUitteration  in  der  litauischen 
Sprache  (Belege  aus  Donaleitis  und  Spruch  Wörtern);  A.  Kurschat 
Die  Verbreitung  des  litauisch-lettischen  Volkstammes;  Prellwitz*  Be- 
richt über  Bezzenbergers  Vortrag  über  prähistorische  Kultur  in 
Litauen;  Bibliographie. 

17.  Zanavikutis  A.  J.    Statistika  lietuviszkii  knygt^  (Statistique  des 


322  IX.  C.  Baltisch. 

livres  lithuaniens   imprimes   en  Prusse  de  J*an  1864  jusqu^Ä  la  fin 
de  Tan  1896  et  appel  de  la  nation  lith.  adress^  k  tout  le  monde 
civilis^).    Tilsit  1898.    Druck  v.  Mauderode.    96  S.    Kl.  8«. 
Auz.  V.  Wolter  2iv.  Stat.  9,  398-399. 

3.  Lettische. 

18.  Schmidt- Wartenberg  H.     Phonetische  Untersuchungen   zum 

lettischen  Akzent.    IF.  10,  117-145. 

"In  einem  Dialektgebiet  des  Lett.,  dessen  Mittelpunkt  wohl  in 
Wolmar  zu  suchen  ist,  existiert  neben  dem  gedehnten  und  gestosse- 
nen  Ton  eine  dritte  Akzentuation,  die  fallende,  die  sich  zumeist 
aus  der  gestossenen  entwickelt  hat,  viell.  auch  original  ist".  Be- 
schreibung vergeh.  Tonqualitäten  mit  Abb. 

19.  Auning  R.     Giebt  es  im  Lettischen  einen  Artikel?     Protokoll 

d.  70.  Jahresvers.  d.  Lett.  Litt.  Ges.  S.  78—80. 

1.  Artikel  der  Relation  (z.  B.  dod  man  io  naudu  'gib  mir  das 
[in  Rede  stehende]  Geld*.  2.  Der  individualisierende  Art.  {tas  Kungs 
'Gott*).  3.  Der  generelle  Art.  {tahdi  un  jau  ir  tee  kungi  'so  sind 
ja  die  grossen  Herrn*).  4.  Der  pleonastische  Art.  (las  fcheligäis 
Divs  'der  barmherzige  Gott*). 

20.  Walodas  druskas  un  jautajumi  (vgl.  10  X  C  41).     Austr.  15, 
1,  495,  2,  75-6,  394. 

jelonS'kaiminsch . 

21.  Mühlenbach  K.    Bada  gabals  (lett.).    Austr.  15,  2,  277—8. 

Verschiedene  Bedeutungen  und  Verbindungen  v'on  rads  (a. 
d.  Russ.  rod  'Geschlecht*),  krtfns,  krits  (wie  rätns^  räts  'tüchtig*, 
eig.  'von  oben  abgeschöpft  {krit). 

22.  Widfemneek  R.     Über   einige  Wörter   unserer   Schriftsprache 
(lett.).     Austr.  15,  1,  144— <S. 

(iegen  überflüssige  Fremdwörter  und  Neubildungen. 

23.  Endzelin  J.     Lettische  Entlehnungen  aus  den  slavischen  Si)ra- 

cheu  (russ.).     Ziv.  Star.  9,  285—312. 

Historisches  über  die  lett.  alten  Beziehungen  zu  den  Russen 
{Krevi  'Russen'  :  r.  Krivici),  auch  zu  den  Weissrussen,  und  die  viel 
geringeren  zu  den  Polen.  E.  unterscheidet  1.  allg.  übliche,  2.  eben- 
solche, aber  in  der  Schriftsprache  vermiedene,  3.  mundartliche,  4. 
grenzenmundartliehe  Entlehnungen  (besonders  viele  im  Oppel- 
kalncr  Kirchspiel,  Livl ,  und  im  Gouv.  Witebsk).  Verzeichnis  der 
Entlehnungen  (nach  den  slav.  Wurzelvokalen  geordnet).  Es  gibt 
deren  bedeutend  weniger  als  im  Lit.  (nach  Brückners  Schrift  zu 
urteilen).  Morphologische  und  syntaktische  Beeinflussung  (für  das 
Lit.  s.  Brückner  159  tf.)  ist  im  Lett.  nicht  nachzuweisen.  Nur  im 
Inflantischen  findet  man  Spuren  einer  innigeren  Beeinflussung:  pala- 
tale  Aussprache  vor  i  e  (vgl.  Brückner  CA)  u.  A.  Syntaktische  Beein- 
flussung (abgesehen  von  Infl.:  Bezzenberger  Lett.  Dial.-Stud.  75  f.) 
äussert  sich  erst  in  der  neuesten  Zeit  infolge  des  russ.  Schulunter- 
richtes. 

24.  Behrfin  L.    Christophorus  Füreccerus  (lett.).    Austr.  15,  2,253—9, 
334—9. 

Auch  über  seine  Sprache  und  grammat.  Wirksamkeit. 


IX.  C.  Baltisch.  323 

25.  Teodors.    100  Jahre  der  lettischen  Jonrnalistik.    Mag.  f.  Litter. 
1898  No.  1. 

26.  Mühlenbach  K.    Über   Einsammlung  und   Deutung  lettischer 
Sprichwörter  (lett).    Austr.  15,  1,  64—7. 

27.  Winter  A.  C.    Die  Birke   im  Volksliede   der  Letten.    Arch.  f. 
Religionswiss.  II  1/2. 

28.  Winter  A.  C.    Waisenlieder  der  Letten  und  Esthen  (übs.).  Glo- 
bus 76,  31—5. 

29.  Protokoll  der  70.  Jahresversammlung  der  lettisch-litterarischen 
Gesellschaft,  Riga  den  8.  Dez.  1898.    Mitau.    109  S. 

U.  A.  bibliogr.  Bericht  von  A.  Bernewitz,  G.  Hillner. 

4.  Preussisch. 

30.  Hirt  H.    Zur  Betonung  des  Preussischen.    IF.  10,  36-38. 

Ergänzungen  zu  Berneker. 

31.  Mikkola  J.  J.    Betonung  usw.  (IX  B  N.  94). 

S.  26  f.   werden  einige  Entlehnungen  a.  d.  Poln.  besprochen. 

32.  Mayer  W.    Altpreussische  Bibliographie  f.  d.  Jahr  1898.  Altpr. 
Monatssch.  36,  5/6.     Ds.  f.  d.  Jahr  1899.    Ebd.  37,  5/6. 

Smichov  bei  Prag.  Josef  Zubaty. 


Autorenregister. 


Aall  A.     Det  norske  filosofiske 

Sprog.  VIII  C  41. 
A  a  s  e  n  F.  Pr 0 ver  af  Landsmaalet 

i  Norge?  VIII  C  43. 
—  J.Norsk  Grammatik.  VIII C  37. 
Abeghian  M.    Der  armenische 

Volksglaube.  IH  20. 
AbramovicD. I.  Abhandlungen 

zur  slav.  u.  russ.  Philologie  in 

den    russischen    wissenschaftl. 

Journalen.  IX  B  23. 
Achelis  Th.    Soziologie.  I  111. 

—  Nekrolog  H.  Steinthals  1 143. 

—  Zoroasters      Persönlichkeit 
und  Lehre.  II  C  1. 

Adjarian  H.  Les  explosives  de 
l'ancien  Armenien.  III  3.  —  Ar- 
men. Etymologien.  III  14. 

Adam  J.  On  thc  word  ßXocupöc. 
IV  76. 

Äkerblom  A.  Bidrag  tili  tolk- 
ningen  af  skaldekvad.  VIII  C  5. 

—  Till  öf vergangen  fsv.  o^y. 
nsv.  ä.  VIII  C  21. 

AlferovA.  Aus  dem  Leben  der 
Sprache.  I  11. 

Allard  P.  Le  forum  romain. 
VI  196. 

Alien  T.  W.  The  text  of  the 
Iliad.  IV  29.  —  The  ancient  and 
modern  Vulgate  of  Homer.  IV 
30.  —  Aristarchus  and  the  mo- 
dern Vulgate  of  Homer  IV  31. 

Almgren  0.  Ur  Herjeädalens 
folktro.  VIII  C  65. 

d'Alviella.  Ce  que  Tlnde  doit 
k  la  Grtce.  II  B  *58.  —  Des 
echanges  philosophiques  etreli- 
gieux  entre  l'Inde  et  l'antiquite 
classique.  II  B  *6ö. 


Ament  W.  Entwicklung  von 
Sprechen  u.Denken  beim  Kinde. 
I  17. 

Ammon  0.  Anthropologie  1 110. 

AndresenG.  Bericht  über Taci- 
tus  (excl...  Germania).    VI  109. 

—  K.  G.  Über  deutsche  Volks- 
etymologie«. VIII  D  77. 

Antoine  F.  De  la  parataxe  et 
de  rhypotaxe  dann  la  langue 
lat.  VI  72. 

AntonibonG.  Supplemento  dl 
lezioni  varianti  ai  libri  de  lingua 
latina  di  Marco  Terenzio  Var- 
rone.  VI  3. 

d'Arbois  de  JubainviUe  H. 
La  civilisation  des  Geltes  et 
Celle  de  r6pop6e  homerique. 
VII  2.  —  kt  indoeurop(''en  =  cÄ^ 
celtique.  VII  9.  —  Fragments 
d'un  dictionnaire  des  noms  pro- 
pres francs  des  personnes.  VIII 
A  17. 

A  r  n  o  1  d  E.  The  Gulistan.  II  C  38. 

A  s  h  b  v  Th.  Excavations  in  Rome. 
VI  197. 

Ascoli  G.  J.  talejüum  'propen- 
sione,  attitudine  dello  spirito*. 
VI  88. 

Audouin  E.  De  Plautinis  ana- 
paestis.  VI  121. 

Auf  recht  Th.  Über  einen  eigen- 
tüml.  Gebrauch  von  ca.  II  B 
*12.  —  Über  Ugra  als  Kommen- 
tator zum  Nirukta.  II  B  *26. 
-    Über  S'e^a,  II  B  13. 

A  u  n  i n g  R.  Gibt  es  im  Lettischen 
einen  Artikel  ?  IX  C  19. 

A  u  st  E.  Die  Religion  der  Römer. 
VI  240. 


Autorenregister. 


325- 


Bäba  Shästri  Phadake.  Tait- 
tirlyäranyaka.  II  B  *21.  —  Altä- 
re väranyakani.  XI  B  *23. 

Babelon,  Cagnat  et  Saladin 
Mus6eLavigerie  deSaint-Louis. 
VI  216. 

Bacher  W.  Der  Dichter  Jüsuf 
Jchüdi  u.  sein  Lob  Moses.  11 
C  39. 

BahnsonK.  Etnograficn  frem- 
stillet.  I  109. 

Baly  J.  European-Aryan  roots 
with  their  English  derivatives. 

I  71. 

Baranovskij  E.  A.  Bemer- 
kungen über  die  lit.  Sprache 
u.  das  lit.  Wörterbuch.  IX  C  5. 

Barth  A.  Bulletin  des  religions 
de  rinde.  II  B  66.  —  Une  in- 
scription  en  caract^res  maurya. 

II  B  80. 

Barth oloraae  Chr.  Arica  XI 
n.  XII.  II  A  9.  II  C  13. 

Baudouin  deCourtenay  J.Die 
feste  beständige  Richtung  der 
Sprachumwandlungen  im  Zu- 
sammenhang mit  der  Anthropo- 
logie. 1 10.  —  Suir  appartenenza 
liuguistica  ed  etnografica  degli 
Slavi  del  Friuli.  IX  B  28. 

BaunackTh.  RV.  10,  40,  3.  II 
B  *27.  —  Bhiuyu,  ein  Schütz- 
ling.^ der   Asvin.  II  B  *66.  — 

1)  Über  das  ved,  Wort  paura, 

2)  RV.  10,  40,  3.    3)  Nachträg- 
liches zu  bhujyu.  II  B  30.  ! 

Beaudoin  £.     Les  grands  do-  I 

maines  de  l'Empire  romain.  VI   | 

223. 
Bechtel  F.     Zur  Kenntnis  des 

Eleischen.  IV  56.  —  Neue  griech. 

Personennamen.  IV  68.  — -  Der 

Frauenname  'Airdrii.  IV  69.  — 

Latina.  VI  50. 
Beck  G.    Der  Urmensch.  I  112. 
—  J.  W.    Quisquiliae.  VI  35. 
Beckmann  N.    Spr&kpsykologi 

och     modersm&lsundervisning. 

13. 
de  Beer  T.  H.  en  Laurillard 

E.  Woordenschaat,  verklaring 

van  woorden  en  uitdrukkingen. 

VIII  D  45. 
Behaghel  0.  Der  Gebrauch  der 

Zeitn)rmen  im  konjunktivischen 

Nebensatz  des  Deutschen.  VIII 

D  62. 


BehrfinL.  Christophorus  Fürec- 
cerus.  IX  C  24. 

Bölorussov  I.  Der  absolute 
Dativ  in  ksi.  und  aruss.  Denk- 
mälern. IX  B  32. 

Belsheim  J.  Ivar  Aasen.  VIII 
C  47. 

Bendall  C.  Nekrolog  G.  Büh- 
lers. I  138. 

BendixenB.  E.  Altertümer  aus 
Sendhordland.  VIII  C  63. 

BennetCh.E.  Die  mit  tamquam 
u.  quasi  eingeleiteten  Substan- 
tivsätze.  VI  77.  —  Rhvthmic 
Acceut  in  Ancient  [Latin]  Verse. 
VI  265. 

B6rard  V.  Les  Pheniciens  et 
les  pofemes  homeriques.  IV  32. 

B  er  <i*  R.  G.  Ärets  valspr&k.  VIII 
C  33. 

Berger  H.  Die  Lehnwörter  der 
französ.  Sprache  ältester  Zeit. 
VIII  A  18. 

Berg  er  Ph.  et  Cagnat  R.  L'in- 
scription  trilingue  d'Henchir 
Alaouin.  VI  224. 

Berneker  PI  Von  der  Vertre- 
tung des  idg.  ^u  im  balt.-slav. 
Sprachzweig.  IX  A  3. 

Bernewitz  A.  Lettische  Biblio- 
graphie. IX  C  29. 

Bernhard  .1.  u.  Pfaff  F.  An- 
lautendes fr-  =  wr'.  VIII  D  60. 

Besnier  M.  Inscriptionsetmonu- 
ments  de  Lamb^se  et  des  envi- 
rons.  VI  225. 

Bezzenbergor  A.  Prähisto- 
rische Kultur  in  Litauen.  IX 
C  16. 

BhaguF.  KarbhÄri.  GujarAti- 
English  dictionary.  II  B  *55. 

Bier  bäum  F.  J.  History  of  the 
English  language.  VIII  D  1. 

BirtTh;  Beiträge  zur  lat.  Gramm. 
IV.  Über  den  Lautwert  dea 
Spiritus  H,  VI  14. 

BittnerM.  Armen. /mor 'Sauer- 
teig*. III  15. 

BjörkmannE.  Zur  engl.  Wort- 
kunde. VIII  D  30. 

B I  a  s  e  H.  Syntaktische  Beiträge 
zur  Kritik  der  Überlieferung 
in  Caesars  Bellum  Gallicum.  VI 
135. 

Bloch  Th.  Buddha  worshipped 
by  Indra:  a  favorite  subject  of 
ancient   Indian   art.  II  B  *77. 


826 


Autorenregister. 


Bloch  et    E.      Le    livre   intitul6 

rOulamä-i  IsIäm.  II  C  2.  —  Cata- 

logue  desMss.  mazdeens.  2C29. 
Bloomfield  M.      The  Atharva- 

veda.  II  B  31. 
B 1  ü  m  n  e  r  H.    Was  bedeutet  re- 

plumhare?  VI  94. 
BocquetA.  J.  Principes  de  pho- 

netique  g'recque.  IV  3. 
Bogorodickij  V.  A.     Kurs  der 

vgl.  Grammatik  der  indoeurop. 

Sprachen.  I  51. 
BoguslawskiE.  Geschichte  der 

Slaven.  IX  B  15. 
B  ö  h  1 1  i  n  g  k  0.  Kritische  Beiträge. 

II  B  *6.  —  Miszellen.  II  B  *7. 

—  Nachträchiiches  zu  RV.  10, 
95,  8.  11  B  *28.  —  Kritische  Be- 
merkungen zu  Hiranvakeäins 
Grhvasütra.  II  B  *29r—  Kri- 
tische  Beitrage  25-32.  II BIO. 

—  Miszellen.  II  B  11.  —  Ver- 
zeichnis der  in  den  Berichten 
<ier  Sachs.  Gesellschaft  der 
Wissensch.  besprochenen  1) 
Wörter,  2)  Sachen,  3)  Stellen. 
II  B  12.  —  Über  die  mit  'Erde' 
und  'tragend'  zusammengesetz- 
ten Wörter  f.  Berg  im  Skr.  II 
B  14.  —  Zum  lat.  Gerundium 
und  Gcrundivuni.  VIGO.  —  Über 
eine  lat.  Inschrift  auf  einem  in 
Paris  ausgegrabenen  kürbis- 
förmigen  Gefässe.  VI  213. 

BoniG.    Relazione  sopra  la  sco- 

perta  [der  Forumsinschrifl]  VI 

177. 
Bonnet  M.     domi  habeo  VI  65. 
B  0  r  a  n  i  ö  D.    Über  die  reflexiven 

Zeitwörter  im  Kroatischen.  IX 

B  49. 
Borgeld   A.     De   outoostneder- 

frankische  psalmen.  Klank-  en 

vormleer.  VIII  D  93. 
Bormann  E.     Denkmäler  etrus- 

kischer   Schriftsteller.    VI   235. 
Bornecque  H.    Le  vers  satur- 

nien.  VI  2r,3. 
V.  Borries  E.    Über  die  ältesten 

Strassburger  ^Familiennamen. 

VIII  D  78. 
Borsari  L.  Zur  Forumsinschrift. 

VI  180. 
Boir-k   K.      Die   ursprüngl.  Be- 
de ut ';"::•    des    Konjunktivs    in 

lat.   Nebensätzen.    1.  Teil.    VI 

75. 


Boughton  W.  The  Aryan  ques- 

tion.  I  127. 
Boy  er  A.  M.     Sur  quelques  in- 

scriptions  de  ITnde.    II  B  *76. 
Brandes  E.    To  Bre ve  f ra  Karl 

Verner.  I  144. 

—  G.  Danskheden  i  Senderjvl- 
land.  VIII  C  51. 

Brate  E.      Gubbe   ock   gumma. 

VIII C25.  —  Medelpad. " VIII 26. 
Braun  Th.     Die  Goten  u.  ihre 

Nachbarn  vor  dem  5.  Jh.  VIII 

B  50. 

—  W.  Die  Mailänder  Blätter  der 
Skeireins.  VIII  B  47. 

Braun  garten  F.  Wortfügungs- 
lehre (nach  Caesar  Bellum  galli- 
cum).  VI  134. 

Br^al  M.  Les  commencements 
du  verbe.  I  55.  —  Deux  mots 
grecs  d'origine  s^mitique.  I  72. 
-  Varia.  I  73.  VI  21.  —  Ety- 
mologies,  I  74.  75.  —  Deux 
nouvelles  formes  el^ennes.  IV 
57.  —  affatim,  VI  39.  —  Lettre 
sur  le  mot  gaulois  bratoude. 
VI  41.  —  Mots  d'origine  grec- 
que  dans  la  loi  des  XII  tables. 
VI  110.  —  Sur  Torigine  et  la 
date  de  la  loi  osque  de  Bantia. 
VI  227.  —  Inscription  etrusque 
trouv6e  a  Carthage.  VI  236. 

Brensztein  M.  E.  Einige  ze- 
mait.  Sagen.  IX  C  8. 

Brieger  A.  Lucrez- Ausgabe.  VI 
129. 

Brissaud  J.  Les  coutumes  des 
Arvens  de  THindou-Kouch.  II 
B  58. 

B  r  i  X  H.  Om  stavelserimet  i 
dansk.     VIII  C  53. 

Broch  0.  Die  ugroruss.  Dialekte 
des  Dorfes  Ublva  im  Zemplener 
Komitat.  IX  B  91.  —  Aus  der 
Ungar.  Slaven  weit.  IX  B  92. 

Brockelmann  C.  Ein  assyr. 
Lehnwort  im  Armen.  III  16. 

Brown  R.  Semitic  influence  in 
Hellenic  mythology.  IV  83. 

Browne  E.  G.  The  .source  of 
Dawlatshäh.  II  C  40.  —  Yet 
more  Light  on'Umari-Khavväm. 
HC  41.  —  The  Chahär  Maqäla. 
II  C  42. 

Brückner  W.  Charakteristik 
der  german.  Elemente  im  Italie- 
nischen. VIII  A  19. 


Autorenregister. 


327 


Brückner  A.  Die  Anfänge,  der 
Shiven  und  der  Deutschen.  1 
119.  —  Beitr.  zur  ältesten  Ge- 
schichte der  Slaven  u.  Litauer. 
IX  A  6.  —  Slavische  Volkskunde. 
IX  B  24.  —  Neue  Arbeiten  über 
das  SlaAcntumjenseits  der  Oder. 
IX  B  95.  —  Randglossen  zur 
kassubischen  Frage.  IX  B  136. 

Brugniann  K.  Griech.  Gram- 
matik 8.  IV  2.  —  Der  Ursprung 
der  Barvtona  auf  -coc.   IV  20. 

—  Über  den  Thesaurus  iinguae 
latinae.  VI  95.  —  Der  Ursprung 
der  gerinan.  Komparationssuf- 
fixe auf  -özan-,  -östa-.  VIII  A 
10. 

Brunnhof  er  H.  Die  Herkunft 
der  Sanskritarier  aus  Armenien 
und  Medien.  I  129.  II  B  5. 

Bücher  K.  Arbeit  und  Rhyth- 
mus 2.  I  120. 

Buchner  M.  Völkerkunde  und 
Schädelmessung.  I  208. 

Bück  C.  D.  Brugmann's  law  and 
the  skr.  vrddhi.  II  B  *13.  — 
Notes  on  Latin  Ortho^aphv. 
VI  8. 

B  u  d  d  e  E.  Musterprogramm  zur 
Geschichte  der  russ.  Sprache. 
IX  B  65. 

Bux'ge  S.  Einige  Zahlwörter 
im  Lykischen.  I  91.  —  Beiträge 
zur  vorgerm.  Lautgeschichte. 
VIII  A  6.  —  Det  oldislandske 
elliptiske  Udtrvk  sölsetra^  söl- 
setrum.  VIII  C  6.  —  Mvthiske 
Sagn  om  Halvdan  Swarte  og 
Harald  Haarfagre.    VIII  C  66. 

BühlerG.  The  sacred  laws  of 
the  Aryas,  translated.  II  B  *42 

—  On  the  origin  of  the  Indian 
Brahma  aiphabet.  II  B  *78. 

Bülbring  IC.  D.  Zur  alt-  und 
mengl.  Grammatik.  VIII  D   6. 

—  Altengl.  Palatahi miaut  vor 
ht  hs  u.  hp.  VIII  D  10.  -  Was 
lässt  sich  aus  dem  Gebrauch 
der  Buchstaben  k  und  c  im 
Matthäusevangelium  des  Rush- 
wortb-Ms.  folgern?  VIII  D  37. 

Burckas  V.  Ohrdrufer  Familien- 
namen. VIII  D  79. 

Burg  Fr.    Held  Vilin.  VIII  C  13. 

Burkhard  K.  F.  Essays  on  Ras- 
mirl  grammar.  II  B  *50.  II  B 
47. 


Bystron  J.  Beiträge  zur  poln» 
Syntax.  IX  B  121.  —  Orthogra- 
phie u.  Sprache  der  poln.  Ge- 
setzbücher. IX  B  124. 


Cagnat  R.  L'ann^c  epigraphi- 
que.  VI  171.  —  Zur  Forunis- 
inschrift.  VI  194. 

Caland  W.  Zur  Exegese  und 
Kritik  der  rituellen  Sütras.  II 
B  *30.  II  B  32. 

Carus  P.  Karma:  storv  of  early 
buddhism.  II  B  *67.  —  Buddha 
pictures  and  statues.  II  B  *79. 

Casartelli  L.  C.  L'jdee  du 
p6che  chez  les  Indo-Eraniens. 
II  A  *2.  —  On  a  Pehlevi  in- 
scription  in  the  Dublin  Museum. 
II  C  30  —  Pehlevi  Notes  VH. 
II  C  31. 

Cauer  P.  Grammatica  militans 
VI  5. 

Ceci  L.  Studi  latini  I.  Nome  dt 
•Roma*  0  le  sorti  del  dittongo 
ou.  VI  12.  —  Zur  Forumsin- 
schrift. VI  181.  184.  191.  203. 

Cederschiöld  G.  Om  K vinno- 
sprÄk.  I  21.  —  Undersökning 
af  folkspr&k  och  folkstraditio- 
ner  i  Göteborgs  och  Bohus  län 
under  Äret  1897.  VIII  C  34. 

Chadwick  H.M.  Studies  in  Old 
English.  VIII  D  4. 

C  h  a  I  a  n  s  k  i j  M.  G.  Aus  Studien 
zur  russ.  Sprachgeschichte.  IX 
B  68. 

Chandra  Kaviratna.  Über- 
setzung der  Charaka  Samhitä. 
II  B  37. 

CholodnjakJ.  Über  einige  Ty- 
pen metrischer  Grabinschriften. 
VI  174. 

Cimmino  Fr.  Dal  Poema  Per- 
siano  Jusuf  e  Zuleicha  di  Mev- 
lana  Abderrahman  Giami.  HC 
43. 

C  i  n  q  u  i  n  1  A.  Morfologia  latina. 
VI  47.  —  Studi  di  lingua  e  di 
grammatica  latina,  VI  48. 

Öistovic  I.  A.  Geschichte  der 
russ.  Bibelübersetzung*.  IX  B 
77. 

CivitelliG.  II  suffisso  del  super- 
lativo  latino.  VI  58. 

Clauss   M.   B.     Histor.  -  topogr. 


528 


Autorenregistcr. 


Wörterbuch  des  Elsass.  VIII  D 
85. 

Clement  W.  K.  The  Use  of 
the  Infinitive  in  Silius  Italicus. 
VI  152. 

OollitzH.  The  vedic  Word  nfl- 
vedas.  II  B  33.  —  Sammlung  d. 
griech.  Dialektinschr.  IV  36. 

Colon  na  F.  Scoperte  di  anti- 
chitä  in  Napoli  dal  1876  a  tutto 
il  1897.  VI  176. 

C  o  m  p  a  r  e  1 1  i  J.  D.  Zur  Forums- 
inschrift. VI  187.  204. 

Conway  R.  S.  The  singuIar  use 
of  nos.  VI  68.  —  Dialectorum 
italicarum  exempla  selecta.  VI 
226. 

Corssen  P.  Berichte  über  die 
latein.  Bibelübersetzungen.  VI 
155. 

Cortese  G.  Bemerkungen  zur 
Forumsinschrift.  VI  177. 

Cosijn  P.  J.  Die  substanti vier- 
teln Partizipia  Präs.  des  Urger- 
manischen. VIII  A  11. 

CostanziV.  Zur  Forumsinschrift. 
VI  189. 

Crönort  W.  Zur  griech.  Satz- 
rhythmik. IV  28. 

C  u  m  0  n  t  F.  Textes  et  monuments 
figures  relatifs  aux  mvsteres 
de  Mithra.  II  C  3. 

Cust  K.  N.  Nekrolog  Fried. 
Müllers.  1  141. 


van  Daale  J.  H.     Groot    woor- 

denboek  der  ndl.  taal.   XIII  D 

48a. 
Dahlerup  V.     Hovedpunkter  i 

det  daiiske  Sprogs  Historie.  VIII 

C  49. 
Dam  kühler    E.     Beiträge    zur 

Etymolo":ie   unserer  Pflanzen- 
namen. VIII  D  70. 
Deissmann  A.    Hellenistisches 

Griechisch.  IV  4. 
Deiterll.    Bericht  über  Ciceros 

philos.  Schriften.  VI  108. 
Delattre  A.-L.     Leo  cimetieres 

romains  superpos^s  de  Cartha- 

ge.  VI  217. 
Denikcr  J.     The  races  of  man. 

I  114. 
Denk  J.     Lesefrüchte  (abditare 

usw.).  VI  83. 
Dennison  W.      Some  new   in- 


scriptions  from  Puteoli,  Baiae, 

Misenum  and  Cumae.  VI  211 

—  On  some  Oscan  inscriptions 

VI  230. 
Descheemaecker  St.  H.    Tab 

leaux  synoptiques  de  la  quan 

tit6  latine.  VI  268. 
Deussen  P.     Allgemeine  Ge 

schichte  der  Philosophie  1.  Bd 

2.  Abt.  II  B  70. 
DeutickeP.    Bericht  über  Ver 

gil.  VI  109. 
Djam  Sunde  Dai.     The  Hindi 

literature.  II  54. 
D  i  e  h  1  E.     De  m  finali  epigra 

phica.  VI  17. 
Diels  H.  Elementum.  VI  25. 
Dieulafoy  iM.    Zu  den  Forums- 

ausgrabungen.  VI  192. 
Dijkstra  W.  en  Buitenrust 

H e  tt em  a  F.  Friesch  Woorden- 

boek.  VIII  D  39. 
Dikarev  M.     Klruss.  pal'anyöa 

u.  griech.  ir^Xavoc.  IX  B  93. 
Dolansky  L.     Zur  Aussprache 

des  cech.  i  und  y.  IX  B  98. 
Dörwald  P.    Zur  griech.  Tem- 
puslehre. IV  22. 
D ottin  G.    fitudes   de   phoneti- 

que  irlandaise.  I.  dh—gh.  VII 

12. 
DraheimH.  Bericht  über  Phae- 

drus  und  Avianus.  VI  108. 
D  r  e  s  8  e  1  H.     Corp.   luscr.  Lat. 

Vol.   XV.    VI   168.     —    Numini 

Augusti  et  Domitiani  ad  ludos 

saeculares  pertinentes.  VI  169. 
Drewihska  A.     An  der  preuss. 

Grenze.  IX  C  9. 
Driesmans  H.     Das  Keltentum 

in  der  europ.  Blutmischung.  I 

117. 
D  u  b  o  i  s  J.  A.     Hindu  manners. 

customs  and  ceremonies.  II  B 

61. 
Du  ff  C.  M.     The  chronologv  of 

India.  II  B  6. 
v.   D  u  h  n  F.     Fundumstände  u. 

Fundort    der    Forumsinschrift. 

VI  198.  —  Delineazione  di  una 

storia    della    Campania    prero- 

mana.  VI  252. 
DümmlerE.  Jahresbericht  über 

die  Herausgabe  der  Mon.  Germ. 

Hist.  VI  161.   —  Index  verbo- 

rum  et  rerum  zu  den  Epistolae 

Karolini  aevi.  VI  164. 


Autorenregister. 


329 


Eastman  C.W.  Die  Syntax  des 
Dativs  bei  Notker.  VIII  D 
94. 

Edmunds  A.  J.  Majjhima-Ni- 
käya  Sutta  123.  II  B  *44. 

Eggelin^  J.  Übersetzung  des 
S'atapatha  ßrahmana.  II  B  39. 

Ehart  K.  Behandlung  der  lat. 
Syntax  auf  Grundlage  der  deut- 
schen Satzlehre   VI  73. 

Ehrismann  G.    hiri  VIII  B  41. 

—  Beitrüge    zum    mhd.   Wort- 
schatz. VIII  D  68. 

E  h  r  1  i  c  h  E.  Quae  sit  Italae,  quae 
dicitur,  verborum  tenacitas.  VI 
156. 

Einenkel  E.    Das  Indefinitum. 

VIII  D  14. 

Ellis  R.     eques  =  equos.  VI  86. 
Endzelin  J.     Lettische  Entleh- 
nungen aus  den  slav.  Sprachen. 

IX  C  23. 

E  n  m  a  n  n  n  A.  Zur  altgriech. 
Onomatologie.  IV  65.  —  Zur 
Forumsinschrift.  VI  199. 

Erbiceanu  C.  Ullila  via^a  i^i 
doctrina  lul  etc.  VIII  B  46. 

Erdniann  A.  Redogörelse  för 
undersökningen  af  Upplands 
folkmäl  under  är  1898.  VIII  C 
35. 

E  r  n  a  u  1 1  E.  Sur  la  chute  de 
V-er  final  en  breton.  VII  13.  — 
Etymologies  bretonnes.  VII  23. 

—  Les  formes  de  l'infinitif  hfe- 
ton.  VII  33. 

Esperandieu  E.  Calendrier  de 
Coligny  (Ain).  VII  5. 


Fairley  W.  Monumentum  An- 
cyranum.  VI  207. 

Falk  Hj.  u.  Torp  A.  Dansk- 
norskens  syntax.  VIII  C  38.  — 
Landsm&lets  betingelser  som 
skriftsprog.  VIII  44. 

Falke  K.  Buddha,  Moharaed, 
Christus.  II  B  *68. 

FasterdingG.  Zur  Aussprache 
des  Lateinischen.  VI  9. 

Fay  E.  W.  The  Rig-Veda  Man- 
tras  in  the  Grhva  Sütras.  II  B 
34.  —  Lat.  fäs  fäfium  et  leurs 
congen{»re8.  VI  23.  —  The  locu- 
tion  infitias  it  and  the  -nt  suf- 
fixe.s.  VI  62.  —  Some  Italic 
etymologies.  VI  231. 


Fedele  P.  Über  die  Forumsin- 
schrift. VI  178. 

Feilberg  H.  F.  Bidrag  til  en 
Ordbog  over  jvske  Almuesmäl. 

VIII  C  60. 

Fenn  eil  C.  A.  M.  Greek  stems 
ending  in  i-  and  -€u-  aud  "Apric. 
IV  13. 

F  i  c  k  A.  Anzeige  von  Kret^ch- 
mers  Einleitung  i.  d.  Geschichte 
der  griech.  Sprache.  IV  5.  — 
Altgriech.  Ortsnamen.  IV  67. 

—  R.  Unehrliche  Leute  im  alten 
Indien.  II  B  63. 

Filevic  J.  B.  Bearbeitung  der 
geogr.  Nomenclatur.   IX  B  14. 

FinckF.N.  Der  deutsche  Sprach- 
bau als  Ausdruck  deutscher 
Weltanschauung.  VIII  D  55. 

Flensburg  N.  Zur  Stammab- 
stufung der  mit  Nasalsuftix  ge- 
bildeten Präsentia  im  Arischen 
u.  Griechischen.  II  B  *14. 

Flinders  Petrie.  Recent  in- 
vestigations  into  the  sources 
of  the  greek  Alphabet.    IV  40. 

Florinskij  T.  D.  Kritisch-bib- 
liogr.  Übersicht  der  neuesten 
Arbeiten  zur  Slavistik.  IX  B  25. 
—  Über  die  kleiuruss.  Sprache. 

IX  B  89. 

F 1  y  g  a  r  e  N.  An  en  gäng  det 
nyfunna  fragmentet  av  Söder- 
mannalagen.  VIII  C  16. 

FortunatovPh.  Die  idg.  Liqui- 
den im  Aind.  II  B  *10. 

Fov  W.  Vedische  Beiträge.  II 
B*31.  —  Beiträge  zur  Erklärung 
der  susischen  Ächaemenidenin- 
schriften.  II  C  24. 

France  v.  Zur  Geschichte  der 
Ausgaben  des  Evangeliars  von 
Reims.  IX  B  37. 

Francken  C.  M.  De  nomine 
lulo.  VI  46. 

Freudenberger  M.  Der  Ele- 
phant  ein  idg.  Tier?  I  76. 

Fridriksson  H.  K.  Volundar- 
kvida  8,  1--2.  VIII  C  7. 

V.  Friesen  V.  Till  tolkningen 
af  Tune-stenen.  VIII  C  14. 

Fumi  F.  Gh.  II  participio  attivo 
del  perfetto  nelle  lingue  ariane. 
I  69.  II  B  18. 


G  a  1 1  ^  e  J.  H.    Verslag  van  de 


330 


Autorenregister. 


voordracht  over  de  vocaalklan- 

kcn,  uitgedrukt  door  graphiek 

der  articulatie.  I  32. 
G  a  ni  u  r  r  i n  i  G.  F.    Paläographie 

der  Forumsinschrift.  VI  177. 
Garbe  R.    Skr.  äkäsa  und  öXkqc 

'Äther'  bei  Philolaus.  II  B  15. 
Gasquet  A.    Essai  sur  le  c.ulte 

et  les  mvsteres  de  Mithra.  II 

C  4. 
G  a  1 1  i  G.     Zur  Forumsinschrift. 

VI  179. 
Gatti  G.u.Comparetti  D.   Zur 

Forumsinschrift.  VI  195. 
Gauthiot  R.     A  propos  de  la 

loi  de  Verner  et  des  effets  du 

ton  indoeuropeen.  I  58. 
Gav  L.  M.    Anglo  French  Words 

in  English.  VIII  D  20. 
G  e  d  d  e  8  \V.  D.    On  the  Sequence 

after  ne  prohibitive.  VI  74. 
GehmlichE.  Gefühlsgehalt  der 

Sprache.  I  4. 
Geiger  L.     Ursprung  u.  Ent- 
wicklung d.  menschl.  Sprache 

u.  Vernunft  Bd.  2».  I  6. 
—  W.     Etymologie   des  Singha- 

lesischen.  II  B  *56.  —  Kleinere 

[iran.]   Dialekte    und    Dialekt- 
gruppen. II  C  45. 
Geiger  W.  und  Kuhn  E.  Grund- 

riss  der  iran.  Philologie.  II  C  5. 
van  Gelder  H.     Die  rhodischen 

Inschriften.  IV  37. 
G  e  1  d  n  e  r  K.  F.    Vedisch  viddtha, 

II  B  *32. 
Gern  SS  G.     Bericht  über  Nepos. 

VI  109. 
G  e  r  c  k  e  A.     Zwei   neue  Frag- 
mente  der  Epoden   des  Archi- 

I och 03.  IV  35. 
Ghirardini  G.     Die  un   nuovo 

gruppo  die  tombe  della  necro- 

poli  atestina.  VI  261. 
G 1  e  d  i  t  s  c  h  H.     Bericht  über  die 

Erscheinungen   der   griech.   u. 

röm.  Metrik.  VI  262. 
Golebiowski   H.     Kassubische 

Fischer-     u.    Seglerausdrücke. 

IX  B  137. 
GombertA.  Bemerkungen  zum 

deutschen    Wörterbuch.     VIII 

1)  64. 
Götz   G.     Corpus  glossariorum 

latinorum.  6.  Bd.  VI  101. 
Götze  A.     Zur  Geschichte  der 

Adjektiva  auf    isch.  VIII  D  72. 


de  la  Grasserie  R.  £tudes  de 
grammaire  compar^e.  I  43.  — 
De  la  conjugaison  negative 
ainsi  que  de  Tinterrogative  et 
de  la  dubitative.  I  44.  —  Les 
diverses  fonctions  des  verbes 
abstraits.  I  45. 

GrävenH.  Italische  Funde  1898. 
VI  172. 

Gray  L.  H.  Certain  parallel 
developments  in  Päli  and  New 
Persian  phonologv.  II  B  44.  II 
C  46. 

Green GUgh  J.  B.  Sonie  ques- 
tions  in  Latin  stem  formation. 
VI  44. 

Gr6goire  A.  Sur  Taction  du 
thorax  dans  la  phonation.  136. 

G  r  i  e  b  Ch.  F.  Engl.  Wörterbuch !<>. 
VIII  D  16. 

V.  Grienberg  er  Th.  Die  ags. 
Runenreihen  und  die  sog.  Hra- 
ban.  Alphabete.  VIII  D  15. 

Grierson  G.  A.  ISvara-Kaula. 
II  B  *49.  —  On  the  Käsrairi 
noun.  II  B  *51.  —  Essays  on 
Käämirl  grammar.  II  48.  —  On 
the  East-Central  group  of  Indo- 
Aryan  vernacujars.  II  B  52. 

G  ri  f  fi th  T.  H.  Übersetzung  des 
weissen  Yajurveda.  II  B  38. 

Grimm  J.  und  W.  Dt»utsches 
Wörterbuch.  VIII  D  63. 

G  r  o  0  m  e  Fr.  H.  Gipsv  folk  tales. 
II  B  57. 

Groos  K.  Die  Spiele  der  Men- 
sehen.  I  124. 

Grot  J.  K.     Werke.  IX  B  79. 

deGroutarsJ.  Les  Italo-Grecs. 
VI  244. 

Grünwedel  A.  Zur  buddhisti- 
schen Ikonographie.  II  B  81. 

Gruppe  O.  Bericht  über  die 
Litteratur  zur  antiken  Mytholo- 
gie. IV  239. 

d  e  G  u  b  e  r  n  a  t  i  s  A.  Brahmau  et 
Savitri  ou  l'origine  de  la  priere. 
II  B  71. 

Gudeman  A.  Zur  Germania 
des  Tacitus.  VI  85. 

Gurlitt  L.  Die  Interjektion  'st* 
in  Ciceros  Briefen.  VI  139. 

Gustaf sson  F.  Romersk  in- 
skriftspoesi.  VI  173. 


Haag  K.     Die  direkte  Methode 


Autorenregister. 


331 


der   Mundarten  -  Kartographie. 

I  48. 

—  0.  Die  Latinität  Fredegars. 
VI  163. 

Hadady  G.  Die  gerraan.  Deri- 
vation. VIII  A  13. 

HsegstadtM.  Upphavet  til  det 
norske  folkemaal.  VIII  C  45.  — 
Gamalt  trendermaal.  VIII  C46. 

Halbherr  F.  Addenda  to  the 
Cretan  Iiiscriptions.  IV  44. 

H  a  1  e  W.  G.  Der  Codex  Romanus 
des  Catull.  VI  140. 

Hal6vy  J.  Melanges  etymolo- 
giques.  I  77.  —  Sur  quelques 
points  de  Thistoire  ancienne  de 
rinde.  II  B  *3.  II  B  7. 

H  a  I  k  i  n  L.  Zur  Forumsinschrift. 
VI  200. 

Hall  A.  The  origin  of  the  sur- 
name  Chaucer.  VIII  D  25. 

Han  d  t  W.  Jahresbericht  über 
indische  Philosophie.  (1894-97). 

II  B  72. 

Hardy  E.  Glaube  und  Brauch 
oder  Brauch  und  Glaube?  I 
107.  —  Der  Grhya-Ritus  Pratya- 
varohana  im  Päli-Kanon.  II  B 
*45.  —  Indische  Religionsge- 
schichte. II  B  *69.  -  Eine  bud- 
dhistische Bearbeitung  der 
Krsna-Sage.  II  B  45. 

de  Harlez  C.  L'inscription 
pehlevie  de  la  croix  deS.-Tomö. 
II  C  32, 

Harris  M.A.  A  Glossary  of  the 
West  Saxon  Gospels.  VIII  D 
36. 

Harrison  H.  The  origin  of 
the  surname  Chaucer.  VIII 
D  25. 

Hart  J.  M.  Schlutter's  Old-Engl. 
Etymologies.  VIII  D  19. 

Hatzidakis  G.  N.  TTepl  toö 
Xpövou  Tf)c  Tpoirnc  TOÖ  lüiaKpoO  a 
€lc  Y].  IV  7.  —  Über  die  Laut- 
gruppe UT)  im  Attischen.  IV  8. 
—  Tfcpl  Tf)c  Trpoq)opäc  xal  ^ktttcü- 
C€iüc  TOÖ  T  ^v  T^  <ipxa{(;t  'EXXt)- 
viKfl.  IV  10.  —  PHon  oder  HpoiJ? 
IV 11.  —  TTcpl  TOviKOJv  dviju)üiaXiu)v 
iv  Totc  cuvG^TOic  dvappÖTi  üöpop- 
pÖT),  KQTdpa.  IV  21.  —  "AvTiGov 
Kai  ävicov.  IV  77.  —  N^ai  Ano- 
beiEcic  imip  toö  *EXXtivic|liou  tuiv 
MoKcftöviüv.  IV  87. 

Hauer  V.      Terminologie    der 

Anzeiger  XII  2  u.  3. 


schlesischen  Volksbauten.  IX 
B  103. 

HauschildO.  Die  verstärkende 
Zusammensetzung  bei  Eigen- 
schaftswörtern im  Deutschen. 
VIII  D  61. 

Haussoullier  B.  Notes  d'epi- 
graphie  Mil6sienne.  IV  59. 

H  a  V  e  r  f  i  e  1  d  F.  On  eques  for 
equos.  VI  87. 

Havet  L.     moradum.  VI  106. 

HedingerA.  Die  Urheimat  der 
Germanen.  VIII  A  33. 

Heiderich  A.  Einführung  in 
das  Studium  der  got.  Sprache. 
VIII  B  38. 

H  e  i  1  i  g  0.  Die  Ortsnamen  des 
Kaiserstuhls.  VIII  D  87. 

Heine  G.  Synonymik  des  neu- 
testamentlichen  Griechisch.  IV 
64. 

Heisterbergk  B.  Solum  Itali- 
cum.  VI  247. 

Hellems  F.  B.  R.  The  Pupus 
Torquatianus  Inscription.  VI 
209. 

HcllquistE.  Om  fornnordiska 
sammansättningar  med  kort- 
stafvigt  verb  tillförsta  samman- 
sättningsled.  VIII  C  3. 

Helm  R.  jentaculum  usw.  VI 
89.  —  Fulgentius-Ausgabe.  VI 
158. 

van  HeltenW.  De  westfriesche 
eigennamen  Jouke  en  Sjouke, 
VIII  D  40.  —  Het  adjectif  gut, 
VIII  52.  —  Een  en  ander  dver 
en  naar  aanleiding  van  het 
subst.  sim  'snoer*.   VIII  D  54. 

Hempl  G.  The  semasiology  of 
^Tr(cTa|üiai,  verstehn,  understand 
usw.  1  78.  — -  The  origin  of  the 
runes.  VIII  A  31.  —  pepper, 
picker,  and  kipper.  VIII  D 
29. 

Heraus  W.  Varia.  VI  103.  — 
Zur  Kritik  und  Erklärung  der 
Serviusscholien.  VI  105.  —  Aus- 
gabe der  Appendix  Probi.  VI 
153.  —  Die  Sprache  des  Petro- 
nius  und  die  Glossen.   VI  154. 

H  e  r  t  e  1  L.  Die  Rennsteige 
und  Rennwege  des  deutschen 
Sprachgebiets.  VIII  D  84. 

Herzog  R.  Reisebericht  aus  Kos. 
IV  50. 

Hesselmeyer  securus,  VI  91. 

22 


332 


Autorenregister. 


H  e  s  s  e  1  s  J.  H.  Memoranda  on 
Mediaeval  Latin.  VI  107. 

Heyne  M.  Das  deutsche  Woh- 
nungswesen. VIII  A  29. 

H  i  d  e  n  C.  J.  De  casuum  syn- 
taxi  Lucretiaua  II.  VI  130.  — 
Minutiae  Lucretianae.   VI  131. 

—  Ofver  tvänne  nybildningar 
hos  Lucretius   VI  132. 

Hillebrandt  A.  Ausgabe  des 
S'Ankhdyana  S'rauta  Sütra.  II 
B  28.  —  Alt-Indien.  II  B  62.  — 
Unterricht  in  Altindien.  II  B 
65.  —  Mävä.  II  B  77.  —  Ved. 
Mythologie.  2.  Bd.  II  B  79. 

Hilier  v.  Gärtringen  F.  In- 
schriften aus  Rhodos.  YI  48. 

Hillner  G.  Lett.  Bibliographie. 
IX  C  29. 

Hinsdale  E.  C.  1)  The  Verbum 
perfectivum  as  a  Substitute  for 
the  Future  Tense.  2)  werdan 
and  wesan.  VIII  A  14. 

Hirschfeld  0.  Der  Name  Ger- 
mani.  VI  84. 

Hirsch  feld  0.  und  Lange- 
meister C.  Corpus  Inscr. 
Lat.  Vol.  XIII.  VI  168. 

Hirt  H.     Der  idg.  Ablaut.  I  56. 

—  Akzentstudien  Nr.  11—14.  I 
57.  —  Die  sprachliche  Stellung 
des  Illyrischen.  VI  260.  —  Nach- 
wort zu  Hedingers  Urheimat 
der  Germanen  VIII  A  33.  — 
Zur  litauisch-slav.  Betonung. 
IX  A  2.  —  Zur  Betonung  des 
Preussischen.  IX  C  30. 

H  j  e  1  m  q  V  i  s  t  Th.  Gös  s&som 
förklenandc  personbeteckning 
i  svenskan.  VIII  C  27. 

H  0  d  u  r  a  A.  Die  Mundart  der 
Leitomyschler  Gegend.  IX  B 
100. 

Hoev  W.  The  Suvarna.  II  B 
82. 

Hoffmann  Em.  Augustin-Aus- 
gabe. VI  157. 

—  L.  Die  Sprache  und  Litteratur 
der  Wenden.  IX  B  117. 

—  0.     Etymologien.  I  79. 

H  ö  f  l  e  r  M.  Deutsches  Krank- 
heitsnamenbuch. VIII  D  71. 

V.  Hohentann.  Die  Urheimat 
der  Arier.  1  130. 

Holder  A.  Altceltischer  Sprach- 
schatz. VII  3.  — ■  Beowulf-Aus- 
gabe2.  VIII  D  31. 


HölscherL.  Unsere  Taufnamen. 

VIII  D  80. 

Holt  hausen  F.  Die  ae.  Waldere 
Bruchstücke.  VIII  D  38.  - 
Asächs.  Elementarbuch.  VIII D 
57.  —  Engl.  ciUver  —  russ.  gölubh, 

IX  B  11. 

Hol  üb  V  J.  L.  Über  Personen- 
namen  im  BossÄczer  Thal.  IX 
B  110. 

Hopkins  W.  Econoroics  of 
primitif  religion.  1105.  —  Notes 
from  India.  II  B  *4.  —  Land- 
tenure  in  Ancient  India.  H  B 
*62.  —  Greek  art  in  India.  II 
B  83.  —  Ancient  monuments 
of  the  Deccan,  II  B  84. 

Hordk  J.  Zur  Etymologie  des 
Komparativstammes  mhnjbs-. 
IX  B  12. 

Hörn  P.  Ein  persischer  kulina- 
rischer Dichter.  II  C  47. 

—  W.  Zur  Geschichte  von  oder, 
VIII  D  76. 

Horton-Smith  L.  Establish- 
ment and  Extension  of  the  Law 
of  Thurneysen  and  Havet.  VI 
11. 

H  o  §  e  k  I.  Zur  Bildung  von 
Wörtern  auf  -ik.    IX  B  105. 

HowardA.A.  Metrical Passage« 
in  Suetonius,  VI  150. 

Hübner  E.  Additamenta  nova 
ad  corporis  Vol.  II.  VI  169.  - 
Nouvelle  inscription  metrique 
du  VIII  e  siecle  trouvee  4  Ovie- 
do.  VI  215. 

Hübschmann  H.  Zur  persischen 
Lautlehre.  II  C  48. 

Hülsen  Chr.  Additamenta  ad 
Acta  fratrum  Arvalium.  VI  U\d. 
—  Zur  Forumsinschrift.  VI  182. 

Hü  sing  H.  Altiranische  Mund- 
arten. II  C  25. 


Ihm  M.  Additamenta  ad  corpo- 
ris vol.  IX  et  X.  VI  169.  - 
Lateinische  Papyri.  VII  237. 

Ilesic  F.    Slovenica.  IX  B  59. 

Imhoof-Blumer  F.  Die  antiken 
Münzen  Nordgriechenlands.  IV 
38. 

Irani  Pahlavi  Texts.  II  C  33. 

Jackson  A.V.W.  Indo-Iranian 
Contributions.   II  A  3.   II  C  6. 

Jacobi  H.  Über  das  periphrast. 


Autorenregister. 


333 


Perfekt  im  Sanskrit.  IIB*11.— 
Der  Akzent  im  Mittelindischen. 
II  B  »46.  —  Über  das  Verhält- 
nis der  bnddbist.  Philosophie 
zum  Sänkhva-Yoga.    II  B  *64, 

Jagic  V.  Beiträge  zur  slav. 
Syntax.  IX  B  8.  —  Vorläufige 
Berichte  derBalkankomroission. 
IX  B  30.  —  Slavica  der  Lai- 
bacher Lycealbibliothek.  IX  B 
39. 

Jahn  A.  Glossarium  sive  Voca- 
bularium  ad  Oracula  chaldaica. 
IV  63. 

Jakobsen  J.  Faeröske  Folke- 
sagn  og  ^ventyr.    VIII  C  11. 

Jakuhikin  E.  I.  Das  Gewohn- 
heitsrecht der  russische  anders, 
sprachigen  Völker.  IX  B  4. 

Jama$pji  PahUvi  texts.  II  C 
35. 

Janulaitis  A.  u.  Koncewicz 
J.  Lit.  Volkslieder  u.  Märchen. 
IX  C  16. 

Jastrebov  N.  V.  Die  Slavistik 
in  slav.  Zeitschriften  des  Jahres 
1898.  IX  B  26. 

Jastrow  M.  jr.  The  historical 
study  of  religions  in  universi- 
ties.'l  96. 

Jaunvs  Lit.  Mundarten  von  Po- 
nevh.  IX  C  6. 

Jaykrishna  GangÄd4s 
Bh  a  k  t  a  Correct  form  of  Sans- 
krit etc.  words  adopted  in  Gu- 
jar4ti.  II  50. 

JellinekM.  H.  ZuWulfilaLuc. 
1,  10.  VIII  B  44. 

J  e  n  s  e  n  J.  M.  Lidt  mere  om 
dekorerede  fornavne.  VIII C  48. 
—  Et  VendelbomÄls  Lyd-  og 
Formisere.  VIII  C  56. 

—  O.  S.  Bibliografi  for  1897.  VIII 
C  1. 

Jespersen  O.  Fonetik.  I  2J.  — 
Pröve  paa  en  dansk  skolelyd- 
skrift.  VIII  C  48.  —  Er  dansk 
virkeligsaa  grimt?  VIII  C  52. 

Jessen  E.  Tilföielser  ogBerig- 
tigelser  til  dansk  etymologisk 
Ordbog.  VIII  C  54. 

Jevsßjev  I.  Zur  altslav.  Bibel- 
tibersetzung. IX  B  40. 

JiTecekK.  Beiträge  zur  ragu- 
sanischen  Litteraturgeschichte. 
IX  B  57. 

Jirecek  K.  u.  Jagic  V.  Die  cy- 


rill.  Inschrift  vom  J.  993.  IX  B 
38. 

Johansson  K.  F.  Anlautendes 
idg.  b,  I  80.  IX  C  2.  -  TUl 
frägan  om  det  indiska  kast- 
väsend  ets  Ursprung.  II B  *63.  — 
Über  aisl.  elar  usw.  VIII A  20. 

J  o  1 1  y  J.  Skr.  döhada,  dvai- 
hfdayya.  II  B  16. 

Jönsson  F.  Island  (Sprog  og 
Litteratur).  VIII  C  2.  —  Sagnet 
om  Harald  h&rfagre  som  'Do- 
vrefostre'.  VIII  C  67. 

—  J.  A'  vid  og  dreif.  VIII C  8.  — 
Lüerus-Beöw.  VIII  C  68. 

Justi  F.  Zur  Inschrift  von  Be- 
histan.  II  C  26. 


Kaßßabiac  TT.  'ETrirpaqpal  iE 'Em- 
6a0pou  cx€TiKal  irpöc  ti^v  iv  T^i 
iep^)  Xaxpclav.  IV  43. 

Kägi  A.  Nekrolog  G.  Bühlers. 
I  138. 

Eaikobäd  Adarbäd  Dastür 
NosherwänThe  Pahl vi  Zand- 
i-Vöhüman  Yasht.  II  C  37. 

Kaikar  0.  Ordbog  til  det  aeldre 
danske  Sprog.  VIII  C  50. 

Kaluza  M.  Histor.  Grammatik 
der  englischen  Sprache  I.  VIlI 
D  2. 

Ratu2niacki  E.  Zur  altern  Pa- 
raskevaiitteratur  der  Griechen, 
Slaven  u.  Rumänen.   IX  B  41. 

Kanga  The  Vendiddd  transla- 
ted.  II  C  14. 

Kdnhäiya  L&l  Sästri  Vydka- 
rana  Bodh.  II  19. 

Käpadid  Firdusi  an  accurate 
Historian.  II  C  50. 

Eapuscifiski  M.  Wörterver- 
zeichnis aus  d.  Krakauer  Volks- 
mundart.  IX  B  126. 

Karlowicz  J.  Zbrodnie  'Ver- 
brechen*. IX  B  129. 

Karskij  E.Th.  Schrift  u.  Sprache 
der  handschriftl.  Avraamkas 
Chronik.  IX  B  69.  —  Zur  Durch- 
forschung der  weissruss.  Dia- 
lekte. IX  B  88. 

Karsten  P.  Sahade vas  Wahr- 
sagebuch. II  B  *59. 

Kauffmann  Fr.  Hexe.  VIII  A 
21.  VIII D  74.  —  Germani.  Eine 
Erläuterung  zu  Tacitus  Ger- 
mania  Kap.  2.    VIII  A  32.   — 


334 


Autorenreg^ster. 


Ein  got.  Göttername?  VIII  B 
43.  —  Zur  Quellenkritik  der 
got.  Bibelübersetzung.  VIII  B 
45.  —  Zur  deutschen  Altertums- 
kunde aus  Anlass  des  sog.  Opus 
imperfectum.  VIII  B  49. 

De  Kay  C.  Bird  Gods in  Ancient 
Europe.  I  104. 

Keil  B.  Zur  thessalischen  Sotai- 
rosiuHchrift.  IV  53. 

Keller  Denken  u.  Sprechen.  12. 

Keller  0.  u.  Holder  A.  Q.  Ho- 
rati  Flacci  opera.  VI  143. 

Kennedy  J.  The  early  com- 
merce of  Babylon  with  India 
700-300  B.  C.  II  B  *60. 

Kern  H.  Nederlandsch  aar  uit 
ouder  ar  en  er,  VIII  D  41.  — 
Ontwikkeling  van  ar  uit  er  in't 
Nederlandsch,  VIII  D  42.  — 
Kaars,  VIII  D  53. 

K^trzyÄski  W.  Sur  les  plus 
ancie'nnes  demeures  des  Slaves 
entre  le  Rhin,  FEIbe,  la  Saale 
et  les  fronti^res  de  la  Boheme. 
IX  B  96. 

Kiel  hörn  F.  Ein  unbekanntes 
indisches  Metrum.  II  B  90. 

Kjellberg  L.  Über  den  Ur- 
sprung des  Asklepioskultus.  IV 
85.  —  Über  die  Heimat  des 
Asklepioskultus.  IV  86. 

Kiesow  F.  Zur  Psychophysiolo- 
gie  der  Mundhöhle.  I  37. 

Kirste  J.  Zwei  Zendalphabete 
des  Britischen  Museums.  II  C 
15. 

Kissling  G.  Lautmalende  Wur- 
zeln der  idg.  Sprachen.  I  81. 

Kluge  Fr.  Nominale  Stammbil- 
dungslehre der  agerm.  Dia- 
lekte 2.  VIII  A  12.  —  Etvm. 
Wörterbuch  d.  deutschen  Spr.  ^. 
Vi  II  A  16.  —  Geschichte  der 
engl.  Sprache.  VIII D  3.  —  Orms 
awicermod.  VIII  D  24.  —  Ahd. 
Meüän  u.  Paveia.  VIII  D  88. 

Knauer  Fr.  Nekrolog  G.  Btih- 
lers.  I..138. 

—  Th.  Über  den  Namen  Busse, 
liussland.  IX  B  74. 

K  o  c  k  A.  Zur  got.  Lautlehre.  VIII  I 
B  39.  —  Studier  över  fornnor- 
disk  vokalisation.  VIII  C  4.  — 
Nägra  svenska  etymologier. 
VI  11  C  28.  —  Om  prepositionen 
iblandt.  VIII  C  56. 


Koht  H.  Framande  folkenama 
paa  norsk.  VIII  C  42. 

K  0  e  n  e  n  M.  J.  Woordverklaring. 
VIII  D  48. 

K  ö  1 1 1  n  g  G.  Etymol.  Stadien  ober 
deutsdie  Flussnamen.  VIU  D 
82. 

KoupouviuiTiic  K.  'ETriTpa<pal XaX- 
Kiboc  Kai  'Ep€Tp(ac.  IV  61. 

V.  Kraemer  R.  Om  trestafviga 
ords  användniug  i  vers.  VUI 
C  23. 

Krasnowolski  Systematyczna 
sktadnia  j^zyka  polskiego.  IX 
B  120. 

Kraus  A.  Fafrnoch  (aus  wäfen- 
roc).  IX  B  104. 

KretschmerP.  Etymologisches. 
1 82.  IV  72.  VI  24.  —  Aphärese 
im  Griechischen.  IV  9.  —  Eine 
theracische  Felsinschrift.  IV  49, 

Kristensen  M.  Samlende Kraef- 
ter  i  Sprogudviklingen.  1 12.  — 
Nogle  hovedtraek  af  sprogets 
udvikling.  I  13. 

Kühnel  P.  Slav.  Orts-  u.  Flur- 
namen  der  Oberlausitz.  IX  B 
115. 

Kul'bakin  S.  M.  Das  Svnodikon 
aus  Sofia.  IX  B  33.  —  Materia- 
lien zur  Charakteristik  der  mit- 
telbulg.  Sprache.  IX  B  34. 

Kulikovskij  G.  I.  Zum  Wör- 
terbuch der  oloneckischen  Lo- 
kalmundart. IX  B  84. 

Kunsic  I.    Beiträsre  zur  Gesch. 


*f^' 


der  litterar.  Beziehung  zwischen 
Cechen  u.  Slovenen.    IX  B  64. 

Kunze  A.  mea  refert.  VI  66. 

Kurka  A.  Wörterbuch  der  Gau- 
nersprache. IX  B  131. 

Kurs  Chat  A.  Die  Verbreitung 
des  lit.-lett.  Volksstammes.  IX 
C  3.  IX  C  16. 


Labis  F.  Histoire  de  la  religion. 

I  97. 
Lad  Otto  F.  L'harmonie  vocali- 

que.  I  30. 
Lakshml    Narasimha    Soma- 

yäji   Ausgabe   des    Taittiriya 

Brähmana.  II  B  27. 
Läla  Daipat  Räi    The  Upani- 

shads.  II  B  *40. 
Lanciani  R.  u.  Baddeley  St. 

Gl.     Über    die    Ausgrabungen 


Autorenregist^r. 


335 


auf  dem  Forum  Romanum.  VI 
193. 

Landgraf  G.  Beiträge  zur 
histor.  Svntax  der  lat.  Sprache. 
VI  64. 

Lane  G.  M.  A  Latiu  gramraar 
for  School  and  Colleges.  VI  6. 

Lang  A.  Mvth,  ritual  and  reli- 
gion.  I  102. 

L  a  1 1  e  s  E.  Di  due  iscrizioni 
etrusche.  VI  234  b.  —  L*iscri- 
zione  anteromana  di  Poggio 
Sommavilla.  VI  235. 

LauridsenP.  Den  gamle  danske 
Landsby.  VIII  C  57. 

Lautensach  V.  Gramm.  Studien 
zu  den  griech.  Tragikern  und 
Komikern.  IV  16. 

Law  ton  W.  C.  'Fourth  Class 
Condiiions.*  IV  26. 

L  e  a  s  e  E.  B.  Correctious  of 
Schmalzes  Latein.  Svntax.  VI. 
63.  —  Contracted  forma  of  the 
Perfect  in  Quintilian.  VI  148.  — 
Notes  on  Quintilian.  VI  149. 

Le  Biant  E.  PaI6ographie  des 
inscriptions  latines  du  III  e  si^cle 
k  la  tin  du  VII e.  VI  165. 

Lebreton  J.  L'adjectif  verbal 
latin  en  -ndus.  VI  61. 

Leendertz  jr.  P.  De  naamen 
der  maanden.  VII  D  49. 

Lee  per  A.  Notes  on  Lewis  and 
Short's  Latin-English  Lexicon. 
VI  99. 

Lefevre  A.  La  th6orie  indo- 
europ^enne.  I  128. 

Leger  L.  6tudes  de  mythologie 
slave.  IX  B  22.  —  Evang61iaire 
slavon  du  Reims.  IX  B  37. 

L^gowski  I.  Die  Slovinzen  im 
Kreise  Stolp.  IX  B  138. 

Lehmann  E.  Zarathustra.  II  C  7. 

—  C.  F.  Rtdigionsgeschichtliches 
aus  Kaukasien  und  Armenien. 
III  1. 

Leo  F.  Bericht  über  den  The- 
saurus. VI  97. 

L  e  s  k  i  e  n  A.  Untersuchungen 
über  Betonungs-  u.  Quantitäts- 
verhältnisse in  den  slav.  Spra- 
chen. IX  B  2.  —  Die  slav.  Laüt- 
verbindung  ji.  IX  B  3.  —  Die 
Betonnngstypen  des  Verbums 
im  Bulgar.  IX  B  46. 

L6  vy  J.  TTeXacToi.  IV 66.  —  Dieux 
ßiciliens.  VI  250. 


I 


L6vy  S.  La  doctrine  du  sacrifice 
dans  les  Brähmanas.  II  B  *70. 

Ljapunov  B.  M.  Die  Sprache 
der  Synodalhs.  der  1.  Nowgo- 
roder Chronik.  IX  B  70. 

Lid^n  E.  Studien  zur  aind.  u. 
vgl.  Sprachgeschichte.  I  83.  — 
Ein  halt. -slav.  Anlautsgesetz. 
IX  A  4. 

Lindsay  W.  M.  Lucuns,  Lucu- 
lentus!  VI  36.  —  The  codex  Tur- 
nebi  of  Plautus.  VI  112.  —  Plauti 
codicis  Senonensis  lectiones.  VI 
113.  —  Some  Plautine  Emen- 
dations.  VI  114. 

Ljungstedt  K.  Sprägets  lif.  I 
14. 

L  0  b  s  i  e  n  M.  Ursprung  der 
Sprache.  I  7. 

Long  0.  F.  quotienSj  quotiens- 
cumque^  quotiens que,  VI  78. 

LopaciÄski  H.  Lexikal.  Nach- 
träge (zum  Polnischen)  aus  dem 

16.  Jh.  IX  B  127.  —  Ein  lat.- 
poln.  Glossar  a.  d.  J.  1471.  IX 
B  128. 

L 0 ris  J.  Analvse der Ober-Ostra- 
wicer  Mundart  in  Schlesien.  IX 
B  101.  IX  B  122 

Loth  J.  Remarques  sur  le  Wort- 
schatz der  kelt.  Spracheinheit 
de  M.  Wh.  Stokes.  VII  14.  — 
Additions  et  remarques  au  Die- 
tionary  of  the  Welsh  Language 
du  Rev.  D.  Silvan  Evans.   VII 

17.  —  affwys  —  irvoas.  VII 22.  — 
Brodyr,  broder,  hrodorion.  VII 
31.  —  Un  subjonctif  aoriste 
gallois.  VII  32. 

L  ö  w  e  R.  Die  ethnische  u.  sprach- 
liche Gliederung  der  Germa- 
nen. VIII A  5.  —  Relative  Chro- 
nologie der  german.  Tenuisver- 
schiebungen.  VIII  A  7. 

Lubovius  L.  First  introduction 
to  German  Philology.  VIII  A  3. 

Lüders  H.  Zwei  ind.  Etvmolo- 
gien.  II  B  *9. 

Ludwig  A.  1)  Das  Verhältnis 
der  TW-Formen  der  german.  De- 
klination zu  denen  des  Letti- 
schen u.  Slav.  2)  Die  1.  Plur. 
auf  -mees  im  Ahd.  VIII  A  9. 
IX  A  5. 

LuftW.  Wulfila  oder  Ulfila?  VIII 
B  40. 

Luick  K.  Über  die  Entwicklung 


336 


Autorenregister. 


von  ae.  ü-  X-  n.  die  Dehnung 
in  offener  Silbe.  VIII  D  8.  — 
Über  die  Diphthonßrierung  von 
me  ö,  l  XL.  verwandte  deutsche 
Erscheinungen.  VIII  D  9. 


Macdon  eil  A.  A.  Nekrolog  G. 
Bühlers.  I  138. 

Mackensen  L.  De  Verri  Flacci 
libris  orthographicis.  VI  4. 

Magnus  H.  Bericht  über  Catull. 
VI  108. 

Magnüsson  E.  Vilmqgum  or 
vümqgum?  VIII  C  9. 

Magoun  H.  W.  Earlj-  religion 
of  the  Hindus.  II  B  *71. 

MahAdeva  Sästri  Übersetzung 
von  Amrita  Biudu  u.  Kaivalya 
Upanishad.  II  B  41. 

Majewski  E.  Swiatowit.  IX  B 
27.  —  Alte  Slaven  auf  heuti- 
gem deutschen  Gebiet.  IX  B  97. 

Maindron  M.  L*art  indien.  II 
B  85. 

Malgeri  E.  Sul  nome  'Italia\ 
VI  246  a. 

MalinowskiL.  Sprachliche  Mis- 
Zellen  (zur  poln.  Gramm.).  IX 
B  130.  —  Poln.  Volkssagen  aus 
Schlesien.  IX  B  132.  —  Ein 
Denkmal  der  poln.  Sprache  aus 
dem  Anf.  d.  16.  Jhs.  IX  B  134. 

M  a  1 0  V  a  n  y  J.  Syntax  der  Mund- 
art von  Cisarov  (in  Mähren). 
IX  B  102. 

Manmatha  Nath  Datta  The 
Wealth   of  India.    II  B  *36.  — 
Märkandeva-Purana.  II  B  +37. 
—  Vishnu-Pui-ana.  II  B  *38. 

de  Manteyer  G.  L'inscription 
de  Lanuvium  k  Rome.  VI  210. 

Mareti6  T.  Grammatik  u.  Sti- 
listik der  kroat.  u.  serb.  Schrift- 
sprache. IX  B  48. 

Margoliouth  D.  S.  The  Syro- 
Armeniaii  dialect.  III  9. 

Mari  G.  I  trattati  medievali  di 
ritraica  latina.  VI  26G.  —  Kitmo 
latino  e  terminologia  ritmica 
medievalo.  VI  267. 

Mari  an  iL.  Zur  Forumsinschrift. 
VI  188.  .. 

Marr  N.  Über  die  Probleme  der 
armen.  Philologie.  III  2. 

Marx  F.  Ein  Stück  unabhängi- 
ger Poesie  des  Plautus.  VI  119. 


Mdrcac  *l.  'EwiTpacpal  Eößoiac.  IV 
60. 

Mau  A.  Die  oskischen  Wegwei- 
serinschriften in  Pompeji.  VI 
228. 

MaurenbrecherB.Berichtüber 
Sallust.  VI  108.  -  Hiatus  und 
Verschleifung  im  alten  Latein. 
VI  264. 

Mayer  W.  Altpreuss.  Bibliogra- 
phie f.  d.  J.  1898.  IX  C  32. 

de  la  Mazeli^re  M.  Moines  et 
asc^tes  Indiens.  II  B  *80. 

Mc  Knight  G.  H.  Initial  h-  in 
Middle  English.  VIII  D  13. 

Mead  W.  E.  Colour  in  Cid  Eng- 
lish  Poetry.  VHI  D  22. 

Mead  er  C.  L.  Zur  Geschichte 
der  (lat.)  Pronomina  demonstra- 
tiva.  VI  82. 

Mehlis  C.  Die  Ligurer frage.  I 
94.  VI  258. 

Meillet  A.  D'un  eflTet  de  Tac- 
cent  d'intensit^.  1 59.  —  A  pro- 
pos  du  groupe  -ns-,  1 61.  —  Sur 
quelques  faits  de  morphologie. 
I  62.  —  Une  anomalie  indo- 
europ^enne,  grec  dXXo.  1 63.  — 
Sur  les  Suffixes  verbaux  secon- 
daires.  I  66.  —  Notes  histori- 
ques  sur  les  changements  de 
quelques  explosives  eu  arme- 
nien.  III  3.  —  De  quelques  ao- 
ristes  monosjilabiques  en  ar- 
menien.  III  4.  —  Le  genitii  Sg. 
des  th^mes  pronominaux  en 
armenien.  III  5.  —  Le  genitif 
en  'Oj  des  noms  de  parent6  en 
arm.  moderne.  III  6.  —  Recher- 
ches  sur  la  syntaxe  comparee 
de  Tarni.  III  7.  —  Etymologies 
armeniennes.  III  17.  —  Letto- 
slavica.  IX AI.  —  Vieux  slave 
sichy  vhsh.  IX  B  6.  —  Slave  26- 
mi,  piUti.  IX  B  7. 

Meister  R.  Zur  griech.  Epigra- 

Ehik  u.  Dialektologie.  IV  42.  — 
>er  lakon.  Name  OißäXoc.  IV 
70. 

M  e  1  i  c  h  J.  G.  Volfs  slav.  For- 
schungen im  Ausland.  IX  B  16. 

Menant  D.     Les  Parsis.  II  C  8. 

Merguet  H.  Über  die  Entwick- 
lung der  Sprache.  I  15.  VI  49. 

MeringerR.  Idg.  Sprachwissen- 
schaft». I  49. 

de  Mess  A.  Quaestiones  de  epi- 


Autorenregister. 


337 


grammate  Attico  et  tragoedia 
antiquiore  dialecticae.  IV  33. 
Methner  R.    Posteaquam,  post- 

?uam^  ubif  ut,  stmidatque.   VI 

Meusel  H.  Bericht  über  Caesar. 

VI  109. 
Meyer  E.  A.    Die  Silbe.  I  34. 

—  K.  Contributions  to  Irish  Lexi- 
cography.  VII  18. 

—  R.  M.  Kopulative  Eigennamen. 
VIII  A  23. 

Michal'öuk  K.    Was  ist  Klein- 
russisch? IX  B  90. 
Michels  V.  Mhd.  Elementarbuch. 

VIII  D  58. 

Miedel  J.  Mittwoch  ^  Wodans- 
tag. VIII  D  75. 

M  i  k  k  o  1  a  J.  J.  Betonung  und 
Quantität  der  westslav.  Spra- 
chen. IX  B  94.  IX  C  31.  —  Balt. 
Etymologien.  IX  C  1. 

Milani  L.  A.  Sepolcreto  con  vasi 
antropoidi  di  Cancelli  suUa  mon- 
tagna  di  Cetona.  VI  257. 

Miletiö  L.  Svntaktische  Fragen. 

IX  B  9. 

Mills  L.  H.  The  Skr.  equivalents 
of  Yasna  XLIV.  II  C  16.  — 
Asha  HS  The  Law  in  the  Gä- 
thäs.  II  C  17.  —  The  personi- 
fied  Asha.  II  C  18.  —  God  has 
no  Opposite.  II  C  19. 

Misik  St.  Slovak.  Volkslie'der. 
IX  B  112. 

Modestov  V.  J.  De  Siculorum 
origine.  VI  249. 

Modi  Aiy adgär-i-Zarirän.  II C  34. 

Modin  E.  Öfvertro  om  de  döde 
i  Herjedalen.   VIII  C  70. 

M  o  h  1  F.  G.  Introduction  k  la 
Chronologie  du  latin  vulgaire. 
VI  7.  —  Le  couple  roman  lui 
lei   IX  B  5. 

Molenaar  A.  M.  Bloemlezing 
uit  het  Woordenboek  der  Ne- 
derlandsche  taal.  VIII  D  47. 

Möller  H.  Chatti  und  Hessen. 
VIII  A  24.  —  Zum  got.  Epi- 
gramm. VIII  B  48. 

Momniseu  A.  TdKoc  auf  att.  In- 
schriften. IV  78. 

—  Th.  Eugippi  vita  Severini.  VI 
160.  —  Commentaria  ludorum 
saecularium  quintorum  et  sep- 
timorum.  VI  109.  —  Die  ital. 
Regionen.  VI  243. 


Mommsen  Th.  u.  Hirschfeld 
0.  Jahresbericht  über  d.  Samm- 
lung der  lat.  Inschriften.  VI 
167. 

Monnier-Williams  M.  Vedic 
accent  and  Intonation.  IIB*84. 

Montelius  O.  Tj'pologien  eller 
utvecklingsläran  tillämpad  pä 
det  menskliga  arbetet.  1 121.  — 
Roma  prima  di  Romolo  e  Remo. 
VI  253. 

Moratti  C.  LMscrizione  osca  di 
Agnone  e  gli  indigitaraenta.  VI 
229. 

Ms6riantz  L.  S.  On  the  voca- 
bulary  of  the  Bosporus,  the 
proper  name  ZiupaKoc.  II  C  20. 
—  Sur  la  phonetique  du  dia- 
lecte  arm^nien  de  Mouch.  III 
10. 

MühlenbachK.  Eada  gabals, 
IXC21.  —  Über  Einsammlung 
und  Deutung  lett.  Sprichwörter. 
IX  C  26. 

Muka  E.  Wörter  aus  den  Grenz- 
mundarten und  den  Oberlaus. 
Mundarten.  IX  B  113. 

Müllen  ho  ff  K.  Deutsche  Alter- 
tumskunde. 4.  Bd.  2.  Hälfte. 
VIII  A  29. 

Muller  H.C.  Über  die  Gründung 
einer  Zeitschrift  f.  allgemeine 
Sprachwissenschaft.  I  40. 

—  J.  W.  Brijn.  VIII  D  51. 

—  S.  Zur  Heimat  der  Volcae. 
VIII  A  36. 

Müller  C.  F.  W.  Zu  Plautus.  VI 
115.  —  Zu  Plautus'  Truculen- 
tus.  VI  116. 

—  F.  M.  Introduction  to  the  sci- 
ence  of  religion.  Re-issue.  I 
98  —  Beiträge  zu  einer  wis- 
senschaftl.  Mythologie.  199.  — 
Nekrolog  G.  "^Bühlers.  I  138.  — 
Auld  lang  syne.  1.  2.  Band.  I 
142.  —  Dhammapada,  transla- 
ted.  II  B  *43.  —  Lectures  on 
the  origin  and  growth  of  reli- 
gion. II  B  »72.  —  Buddha's 
birthplace.  II  B  *81. 

—  G.  H.  Beiträge  zur  Sprach- 
wissenschaft. I  52. 

—  H.  J.  Bericht  über  Livius.  VI 
109. 

—  J.  De  litteris  J  et  V  latinis 
quomodo  a  Graecis  in  trans- 
scriptis  Romanorum  nominibua 


338 


Autoreoregister. 


expressae  sint  capita  tria.    VI 
13. 

—  S.  Notice  sur  les  fouilles  fai- 
tes  pour  le  Mus^e  National  de 
Copenhague  pendant  les  an- 
n6e8  1893-96.  VIII  C  61. 

M  u  l  V  a  n  y  C.  M.  Colours  in  Greek. 
IV  75. 

Munkäcsi  B.  Die  Anfänge  der 
ungarisch-slav.  ethnischen  Be- 
rührung. IX  B  17. 

Munshi  Jawähir  Singh  The 
Urdu  teacher.  II  B  *54. 

Murko  M.  Miklosichs  Jugend- 
u.  Lehrjahre.  I  140. 

Murray  J.  A.  H.  New  English 
Dictionarv.  VIII  D  17. 

—  J.  W.  Dictionary  of  the  Pa- 
than trihes.  II  B  55. 

Musid  A.  Sätze  mit  dem  Part. 
Präs.  Akt.  II  im  Kroat.  IX  B 
50.  —  Relativsätze  im  Kroat. 
IX  B  51. 


Nagl  J.  W.  Zu  den  zwei  Stufen 
des  Umlautes  von  ahd.  mhd.  a. 
VIII  D  59. 

Napier  A.  S.  On  some  old  eng- 
lish ghost-words.  VIII  D  21.  — 
ae.  jotcBl,  jetel  'Zahl'.  VIII  D 
26. 

Näräyana  Go  da  hole  Taitti- 
riva  Brahmnna.  II  B  *20. 

Nazari  0.  Di  una  forma  peri- 
frastica  del  pertetto  umbro.  VI 
59. 

V.  Nog olein  J.  Zur  Sprachge- 
schichte des  Veda.  Verbalsvstem 
des  Atharva-Veda.  II  B  *16. 

Nestle  E.    veliim.  VI  90. 

Neumann  K.  E.  Die  Lieder  der 
Mönche  und  Nonnen  Gotamo 
Buddhos.  II  43. 

Nicholson  R.  A.  A  Porsian  Ms. 
attributed  to  Fakhru'ddln  Räzi. 
II  C  51. 

Nicolais sen  0.  Archiiolog.  Un- 
tersuchungen in  Nordhmds  Amt 
1897.  VIII  C  63. 

Nicolavsen  N.  Berichte  über 
Ausgrabungen  189H.  VIII  C  63. 

Nieder  le  L.  Zur  Frage  nach 
dem  Ursprung  der  Slaven.  IX 
B  18.  —  Die  Wiege  desSlaven- 
stammes.  IX  B  19.  —  Descrip- 
tio    Europae    regionum    quae 


ad  orientem  spectant  vetemm 

scriptorum  locis  illnstrata.    IX 

B  20. 
Niedermann  M.    Etymol.  Mis- 

Zellen.  VI  18.  —  Zur  Geschichte 

der  lat.  Wortbildung.  VI  42. 
Nielsen  F.,   Olrik  A.,    Steen- 

strup  J.  C.  H.  R.  Dansk  Nav- 

neskik.  VIII  C  58. 
N  i  k  0 1  a  j  e  V     Wörterverzeichnis 

aus  der  Provinz  Tobolsk.    IX 

B  85. 
NikoTskij  A.  Die  Sprache  der 

Ipatischen  Chronik.  IX  B  71. 
Nitsch  K.    Die  Orthographie  u. 

Sprache  der  'Kazania  Paterka\ 

IX  B  125. 
Nöldeke   Th.    Die   semitischen 

Sprachen.  I  88. 
Nordlander  J.    Jämtländska 

ortnamn.  Tolkade.    VIII  C  29. 
Noreen  A.    Inledning   tili  mo- 

dersm&lets  formlära.  VIII C  22. 
N  0 1 o  1 1  a  U.  La  funzione  stilistica 

delle  consonanze  in  latino.  VI 

80. 
Noväk  K.    Beiträge   zur  adech. 

Stammbildungslehre.  IXB99.— 

Der  Ursprung  des  Wortes  bäs- 

nik  'Dichter\  IX  B  105. 
N  u  1 1  i  n  g  H.  C.     Obligation  as 

expressed  bv  the  Subjunctive. 

VI  71. 
N  V  r  0  p  K.    Eufemisme.    15.— 

Kantusse.  VIII  C  48. 


Oberhummer    E.    Makedonien 

u.  die  Makedonien  IV  88 
Oleott  G.  N.  Some  uupublished 

Inscriptions  from  Roine.  VI  208. 
Oldenberg  H.  Aus  Indien  und 

Iran.  II 4.  —  Die  Litteratur  des 

alten  Indien.  II  8. 
Olivier  P.    De  la  voix  chucho- 

tde  I  35. 
Olrik   A.     Danske    Ridderviser. 

VIII  C  71. 
Olsson  P.  Minnen  fr&n  Herjeä- 

dalens  forntid.  VIII  C  62. 
Oltuszewski    W.     Psychologie 

der  Sprache.  I  1. 
Ondrusch  K.     Die  Familienna- 
men in  Neustadt  O.-S.   VIII  D 

81. 
Oppert  .1.   Le  calendrier  perse. 

II  C  27. 


Autoren  register. 


339 


Orsi  P.  Pantalica.  Cassibile.  VI 
251. 

Örtel  H.  The  Jaiminlya  ßrah- 
mana  version  of  the  Dlrgha- 
jihvl  legend.  II  35. 

Orterer  G.  Zur  neuern  Littera- 

^  tur  über  Buddha.  II  74. 

Östberg  H.  0.  Les  voyelles  v6- 
iaires  kccentu^es.  I  31. 

Osthoff  H.  Vom  Suppletiv wesen 
deridg.  Sprachen.  I  54.  —  aTvoc, 
dvaivojLiai.  IV  79.  —  Allerhand 
Zauber  etymol.  beleuchtet.  VI 
20. 

Otto  W.  simuUer,  VI  38.  —  Be- 
sprechung der  Litteratur  über 
die  Forumsinschrift.  VI  206. 

Oussof  N.  Etudes  exp6rimen- 
tales  d'une  prononciation  russe. 
IX  B  80. 

O vsjaniko-Kulikovskij  D.I. 
Syntaktische  Studien  Nr.  3.  I 
70. 


Pachalv  P.  Die  Variation  im 
Heliand  u.  in  der  as.  Genesis. 
VIII  D  90. 

Padelford  F.  M.  Old  English 
musical  terms.  VIII  D  23. 

Pajk  M.  Ein serbokroat. Wörter- 
verzeichnis aus  dem  Ende  des 
15.  Jhs.  IX  B  54. 

Pais  E  Zur  Forumsinschrift.  VI. 
190. 

Pal  an  der  H.  Die  ahd.  Tierna- 
men. VIII  D  67. 

T\avT&lr\c  N\,  Tö  tt^c  ^XXnvCöoc 
qpuivf^c  biacoq)nTiKÖv.  IV  25. 

Parczewski  A.  J,    Die  Serben 
in   Preusseri   nach   der  Volks 
Zählung  V.  J.  1890.  IX  B  116.  — 
Nachkommen     der    Slaven    in 
Hannover.  IX  B  118. 

Pargiter  F.  E.  Ausgabe  des 
MÄrkandeya  Pur4na.  II  B  40. 

Parodi  E.  G.  Intorno  alla  for- 
mazione  deir  aoristo  sigmatico 
e  del  futuro  greco.  IV  17. 

Pascal  C.  Quaestionum  Ennia- 
narum  particula  IV.  VI  127.  — 
Dizionario  deir  uso  Ciceronia- 
no.  VI  138. 

Patron i  G.  Di  una  nuova  orien- 
tazione  deir  archeologia  nel 
piü  recente  movimento  scientifi- 
co.  VI  166. 


v.  Patrubdny  Sprachwissen- 
schaftl.  Abhandlungen.    I  146. 

—  Lautlehre  der  Muser  Mund- 
art; der  Mundart  von  Tiflis. 
Armen. -deutsches  Wörterver- 
zeichnis. Kleine  Mitteilungen. 
III  11. 

Paul  H.  Grundriss  der  german. 
Philologie  2.  VIII  A  1. 

Pauli  C.  Die  etruskischen  Fa- 
miliennamen auf  -^ra.  1 93.  VI 
233.  —  Nekrolog  W.  Deeckes. 
I  139. 

Pauly-Wissowa  Realencyklo- 
pädie  der  klass.  Altertumswis- 
senschaft. VI  2. 

PedersenH.  Sprogvidenskaben. 
I  39.  —  Mere  om  Lykisk.  I  90. 

—  Albanesisch  u.  Armen.  V  1. 

—  Die  Gutturale  im  Albau.  V 
2.  —  Irsk  Literatur.  VII  7. 

P  e  n  n  e  r  E.    Entwicklung    der 

aengl.  Tonvokale.  VIII  D  7. 
Perdrizet  P.    Inscriptions  d'A- 

craephiae.  IV  55. 
Pernice  A.    Sui  Celti  e  la  loro 

immigrazione  in  Italia.  VI  259. 
Pernot  M.  A  propos  de  l'inscrip- 

tion  d'Henchir-Mettich.  VI  219. 
P  e  r u  5  e  k  R.  Bravec  oder  bralec. 

IX  B  60. 
Pervov  P.  D.    Consecutio  tem- 

porum    im   Latein    verglichen 

mit    der    des    Russischen.    VI 

69. 
Petersen  E.  Funde  U.Forschung 

[zur  Archäologie  von  Sizilien 

u.  Unteritalienj!  VI  248.  —  Cae- 

les  Vibenna  und  Mastarna.  VI 

256. 
Peterson  P.    Rigveda -  Über- 
setzung. II  B  *17.  II  B  22. 
Petr  V.  J.    Über   den  Wechsel 

der  Laute  d  und  l  im  Latein. 

VI  15. 
Phillips  C.  J.    C.  Plinii  CaeciUi 

secundi  epistularum   Über  pri- 

mus.  VI  147. 
Pick   B.    Die  antiken  Münzen 

Dakiens  u.  Mösiens.  IV  38. 
Pigorini  L.  Bullettino  di  Palet- 

nologia  Italiana.  VI  241. 
Pinza  G.    Sülle   mura   romane 

attribute  all'  epoca  dei  Re.  VI 

254. 
P  i  p  p  i  n  g  H.   Über  den  got.  Dat. 

Plur.  nahtam,  VIII  42. 


340 


Autorenregister. 


Fische l  R.  Rävanavaho  7,  62. 
II  B  *47. 

Pizzi  I.  Gli  Studi  Iranici  in  Ita- 
lia.  II  C  9. 

Piasberg  O.  mantiscinor  und 
mantisa,  VI  30.  —  discere  = 
docere.  VI  93. 

Pleijel  H.  £n  bild  af  svenska 
bibülspr&kets  utveckling.  VIII 
C  17.  —  Om  Nya  testamentet 
p&  fornsvenska.  VIII  C  18. 

Ploss  H.  Das  Weib  in  Natur- 
und  Völkerkunde.  I  113. 

Podtatransky  Siovak.  Orts- 
namen. IX  B  111. 

Pogodin  A.  Neuere  Arbeiten 
über  die  Sprache  und  Kultur 
der  Idg.  I  126. 

Pokrovskij  M.  Glossographi- 
sches  und  Linguistisches  zum 
Thesaurus  glossarura  emenda- 
tarum.  VI  102.  —  Zitate  aus 
Vergil  in  lat.  Glossaren.  VI  145. 

—  Th.  Die  Volksmundart  des 
Bez.  Tschuchloma.  IX  B  82. 

Pomtow  H.  Delphische  Inschrif- 
ten. IV  51. 

PorQbowiczE.  Bedeutung  der 
Synkope  für  d.  Bildung  roman. 
Formen.  VI   10. 

P  0  s  p  e  c  h  J.  K.  Terminologie 
aus  Sebes.  IX  B  108. 

Prabodh  Prakas  Sen  Gupta 
Dictionarv  of  proverbs,  Ben- 
gali and  Knglish.  II  B  56. 

Postgate  J.  P.  operatus  and 
operari.  VI  29.  —  On  certain 
Mss.  of  Propertius.  VI  142. 

PotebnjaA.  A.  Zur  russ.  Gram- 
matik. 111.  Bedeutungswandel 
u.  Vertretungen  des  Substan- 
tivs. IX  10. 

Prellwitz  W.  Lat.  flagitiuvi,  I 
84.  VI  33.  —  Etvmol.  Miszellen. 
IV  73.  VI  32.  —  ^actütum.  VI  34. 

Priese  0.  Der  Wortschatz  des 
Heliand.  VIII  D  91. 

Prozorov  P.  Svstem.  Verzeich- 
nis  der  in  Russland  gedruckten 
Bücher  u.  Aufsätze  zur  griech. 
Philologie.  IV  1. 

Ptasickij  S.  L.  Pohl.  Bibliogra- 
phie f.  1899.  IX  B  135. 

Puglisi-Marino  S.  Sul  nome 
Italia.  VI  246. 

Pulle  L.  Studi  Italiani  di  Filo- 
logia  Indo-lranica.  II  A  2. 


Radyserb-Wjela  J.  Ein  Kin- 
derglossar. IX  B  114. 

Radziukinas  J.  Der Dusia-See» 
IX  C  7, 

RÄjÄrÄm  Rämkrishna  BhAs"- 
vat  The  Upanishads.  II  B  m 

Räjkumär  Tarkaratna  Stu- 
dentis  skr.  grammar.  II  B  20. 

Rama  S4stri  Tailanga  Ama- 
Unanda  Vedänta  Kalpataru.  II 
B  *25. 

Ramorino  F.  De  inscriptione  in 
Foro  Romano  reperta.  VI  186. 

RÄmpratÄp  Sharm^  English- 
Hindi  dictionary.  II  B  *52. 

Ramult  St.  Statistik  der  kassub. 
Bevölkerung.  IX  B  140. 

Ramzevit^.  N.  K.  Die  richtige 
Ableitung  des  Wortes  Mov&cb. 
IX  B  13.  —  Zum  Worte  Rwsh, 
IX  B  75. 

Rao  Bahadur  Shankar  Pän- 
durang  Ausgabe  der  Atharva- 
Veda  Samhitä.  II  B  25. 

R  a  t  z  e  1  F.  Der  Ursprung  der 
Arier  in  geographischem  Licht. 
I  131. 

Reckendorf  S.  Zur  allgemei- 
nen Syntax.  1 46.  —  Über  syn- 
taktische Forschung.  I  47. 

Regung  A.  Indices  zur  Ephe- 
meris  epigraphica  Vol.  VTII. 
VI  169. 

Regnaud  P.  Origine  du  lan- 
gage  et  la  linguistique  evolu- 
tionniste. 18.  —  Un  paradoxe 
v^dique.  II  B  *33.  —  Les  my- 
thes  hindous  des  Vighnas  et 
des  Raksas.  II  B  75.  —  Sur  le 
jot  initial  dans  les  principaux 
dialectes  germaniques.  VIII 
A  8. 

Reich elt  H.  Die  i'e-Stämme.  I 
64.  VI  52.  —  Die  abgeleiteten 
i-  und  w  Stämme.  I  65.  VI  51. 
—  Das  Instrumentalsuffix  im 
Sing.  VI  53. 

Rein  ach  Th.  Un  temple  eleve 
par  les  temmes  de  Tanagra. 
IV  54.  —  Duracinwin.  VI  40. 

Reinhardt  Die  oratio  obliqua 
bei  Caesar.  VI  137. 

Reitzenstein  R.  Zwei  neue 
Fragmente  der  Epoden  des  Ar- 
chilochos.  IV  34 

R  e  m  v  A.  F.  J.  Skr.  Jana  aw. 
zana.  II  C  21. 


Autorenregister. 


341 


Ke2at  Etwas  über  Allitteration 
in  der  lit.  Sprache.  IX  C  16. 

Rhys  Davids  T.W.  Dialogues 
ofthe  Buddha.  II B  42.  —  Early 
commerce  between  India  and 
Babylon.  II  B  60.  —  Der  Bud- 
dhismus. II  B  67.  —  The  theory 
of  'sour  in  the  Upanishads.  II 
B  68. 

Ribot  Th.  Origin  of  speech.  I 
9.  —  Evolution  of  speech.  I 
16. 

Richter  0.  Die  unechten  Nomi- 
nalkomposita des  Aind.  II  B 
*15.  —  Der  Plural  von  gAw. 
mazdäh'  ahura-.  II  C  22. 

—  W.  Das  griech.  Verbum  in 
seinen  wichtigsten  Erscheinun- 
gen. IV  15. 

Ripley  W.  Z.  The  races  of  Eu- 
rope.  I  116. 

Ritters  H.  Etymol.  Streifzüge 
auf  dem  Gebiete  des  Nieder- 
deutschen. VIII  D  69. 

Rittershaus  A.  Die  Ausdrücke 
für  Gesichtsempfindungen  in 
den  agerm.  Dialekten.  VIII  A 
15. 

Röhl  H.  Bericht  über  Horatius. 
VI  109. 

Rolfe  J.  C.  On  the  construction 
sanus  ab.  VI  67. 

Rolland  E.  Flore  populaire.  I 
85. 

Röscher  W.  H.  Lexikon  der 
griech.  u.  röm.  Mvthologie.  VI 
238. 

Rose  V.  Vitruv-Ausgabe.  VI  146. 

Rosenfeld  A.  Die  Sprache  des 
Lektionars  des  Svjatoslav.  IX 
B  35. 

Roudet  L.  Methode  exp^rimen- 
tale  pour  Tötude  de  Taccent. 

I  28. 

Rons  sei  A.  Cosmologie  hindoue 
d'apr^s  le  Bhägavata  Puräna. 

II  B  *73. 

Rousselot  Phon^tique  exp^ri- 
mentale.  1 24.  —  Historique  des 
applications  pratiques  de  la 
phon^tique  exp6rimentale.  125. 
—  Sur  la  marche  des  6volu- 
tions  phon^tiques  d'aprfes  quel- 
ques dialectes  bas-allemands. 
1  29.  —  Notes  sur  les  6volu- 
tions  phon^tiques  [de  Tarm^- 
nien].  III 3.  —  Les  articulations 


irlandaises  ^tudi^es  k  Taide  du 

palais  artificiel.  VII  6. 
R  0  u  s  s  e  y  Ch.    Sur  Tapprentis- 

sage   de   la   parole   chez   une 

enfant.  I  19. 
v.  Rozwadowski  J.  Quaestio- 

num  grammaticarum  atque  ety- 

mologicarum   series   altera.    I 

68.  IX  B  1. 
Rye  W.  The  origine  of  the  sur- 

name  Chaucer.  VIII  D  25. 


Sabbadini  R.  Virgilius  —  Ver- 
gillus.  VI  144. 

§achmatov  A.  A.  Zur  Entste- 
hung der  russ.  Dialekte.  IX  R 
66.  —  Materialien  zur  Erfor- 
schung der  grossruss.  Dialekte. 
IX  B  81. 

Saftien  H.  Die  Schwellformen 
des  Verstypus  A  in  der  as. 
Bibeldichtung.  VIII  D  92. 

S  a  1  0  n  i  A.  Das  Volk  in  Prze- 
worsk.  IX  B  133. 

Sandalgian  I.  L*idiome  des  in- 
scriptions  cun6iformes  urarti- 
ques.  III  19. 

Sandfeld-Jeusen  Kr.  Deno- 
minative verber.  I  67. 

Sanjana   The  Dinkard.   I1C36. 

Satvavrata  SÄmaäramI  Aita- 
reya  Brähmana.  II  B  *22.  II  R 
26.  —  The  Taittiriya  Safihitd. 
B  II  23. 

Saselj  I.  Aus  dem  weisskrain» 
Wortschatz.  IX  B  62. 

Saxen  R.  Nägra  spräkliga  forn- 
minnen.  VIII  C  20. 

S6epkin  V.  N.  Razsu^denije  o 
jazykÖ  Savvinoj  Knigi.  IX  B 
36.  —  Besprechung  von  La- 
vrovs  Obzor.  IX  B  45. 

Schatz  J.  Die  Sprache  der  Na- 
men dos  ältesten  Salzburger 
Verbrüderungsbuches.  VIII  D 
89. 

Schermann  L.  Oriental.  Biblio- 
graphie. II  A  *1.  II  A  1. 

Schiebe  Th.  Bericht  über  Cice- 
ros  Briefe.  VI  109. 

Schlutter  0.  Addenda  Lexicia 
Latinis.  VI  100. 

Schmidt  F.  Zur  Geschichte  dea 
Wortes  gut  VIII  D  73. 

—  J.  Die  elischen  Verba  auf  -€(ui 
und  der  urgriech.  Deklinations- 


M2 


Autorenregister. 


ablaut  der  Nomina  auf  -cOc.  IV 
12.  —  Das  Zahlwort  jiia,  ta.  IV 
14.  —  Die  kretischen  Plural- 
nominative auf  -ev  u.  Verwand- 
tes. IV  47. 

JS  c  h  m  i  d  t  M.  P.  Bericht  über 
Curtius.  VI  109. 

—  0.  E.  Die  neuen  Ausgrabun- 
gen auf  dem  Forum  in  Rom. 
VI  202. 

Schmidt-Wartenberg  H.  Pho- 
netische Untersuchungen  zum 
lett.  Akzent.  IX  C  18. 

Schöne  H.  Verschränkung  von 
Redegliedern  im  wiedererzähl- 
ten Dialog.  IV  27. 

Schrader  O.  Prehistoric  anti- 
quities  of  the  Aryan  peoples. 
I  125. 

Schröder  E.  Joh. Kaspar Zeuss. 
I  145.  —  Steigerung  und  Häu- 
fung der  Allitteration  in  der 
westgerm.  Dichtung.  VIII  D  5. 

v.  Schröder  L.  Peter  v.  Bradke. 
I  137.  —  Die  Tübinger  Katha- 
Handschriften.  II B  *34.  —  Wz. 
du  'gehu'  im  RV.  II  B  36. 

Schuchardt  H.  Dansks  iufly- 
delse  paa  tysk.  VIII  C  48. 

Schulten  A.  Das  römische 
Afrika.  VI  218. 

Schulze  K.  P.  Zum  Codex  B 
des  Catull.  VI  141. 

Seeck  0.  Die  Pachtbestimmun- 
gen eines  röm.  Gutes  in  Afrika. 
VI  220.  —  Zur  Lex  Manciana. 
VI  221. 

Sejn  P.  V.  Zur  Frage  der  Kunst- 
sprachen. IX  B  76.  —  Zur  gross- 
russ.  Dialektologie.  IX  ß  83. 

Senart  E.  Nekrolog  G.  Bühlers. 
I  138.  —  Notes  d'^pigraphie 
indienne.  II  B  86. 

Sieckr»  E.  Der  Gott  Rudra  im 
RV.  II  B  *74. 

Sievers  E.  ags.  hnesce.  VIII  D 
27. 

Simons  R.  Worte  und  Wort- 
verbindungen in  den  echten 
Schriften  Cvnewulfs.  VIII  D 
33.  —  Cvnewulfs  Wortschatz. 
VIII  D  34. 

Sisuni  T.  Die  Fremdwörter  im 
Ali'l.  VIII  D  66. 

Sitäi  .1  iji  .1  '>Astri  The  Upani- 
shads.  li  li  *24.  II  B  29. 

Skeat  W.  W.  Notes  on  English 


Etymology.  VIII  D  18.  —  Ori- 
gin  of  the  Surname  Chaucer 

VIII  D  25.  —  The  etymology 
of  noggin.  VIII  D  28. 

SkutschF.  Em,  Praedo.  Almen, 
VI  22.  —  Zur  Wortzusammen- 
setzung im  Latein.  VI  43.  — 
Plautinum.  VI  118.  —  Zur  Fo- 
rumsinschrift. VI  185. 

Smi^iklas  T.  Kultus- u.  Kultur- 
anfänge der  Kroaten.  IXB58. 

Smirnov  I.  Kurzgefasste  Kul- 
turgeschichte   der    Südslaven. 

IX  B  31. 

—  N.  A.  Wörter  u.  Redensarten 
der  Diebssprache  aus  Vs.  Kres- 
tevskijs  Roman  Teterburgskija 
truSdoby'.  IX  B  86. 

Smith  G.  C.  M.  Fragment  of  a 
Latin  -  German  Glossarv.  VI 
^04. 

— -  V.  A.  KausambI  and  Srävasti. 
II  B  *82. 

Sobolevskij  A.  I.  Wo  sind  die 
Kiewer  glagol.  Fragmente  ge- 
schrieben worden?  IX  B  42.  — 
Über  Duvernois'  Materialien. 
IX  B  73.  —  Velikorusskija  na- 
rodnyja  p^sni.  IX  B  87. 

Söderbergh  H.  N&gra  ord  om 
svenskt  riksspr&k.  VIII  C  19. 

Söderblom  N.  Les  Fravashis. 
II  C  10. 

Solmsen  F.  Dorisch  d^ei  'auf, 
wohlan'.  IV  18. 

Sommer  F.  lat.  mille.  VI  27.  — 
Die  Komparationssuffixe  im 
Lateinischen.  VI  57.  —  Der  kelt. 
Sprachstamm.  VII  1. 

Sonnenschein  E.  A.  The  co- 
dex Turnebi  of  Plautus.  VI 
111. 

Seren sen  A.  Dansk  Rim-Ord- 
bog.  VIII  C  55. 

Sörensen  A.  Polnische  Gram- 
matik I.  IX  B  119. 

V.  S  o  w  a  R.  Wörterbuch  des  Dia- 
lekts der  deutschen  Zigeuner. 
II  B  *57. 

Spengel  A.  Zu  den  Fragmenten 
der  lat.  Tragiker.  VI  124. 

Speranskij  M.  Zur  Geschichte 
der  slavischen  Evangelienüber- 
setzung. IX  B  43. 

Speyer  J.  S.  Buddhas  Todes- 
jahr nach  dem  Avadänasataka. 
II  B  87. 


Spicvn  A.  A.  Die  Verbreitnng- 
der  altrusit.  Stamme.  IX  B  67. 

S  p  u  ^  t  a  St.  Zur  Termiuologie 
der  Volkstracht  u.  der  slovak. 
Stickereien.  IX  B  109. 

Sreman  St.  Ivkova  Slnva.  IX 
B  56. 

V.  Stackelberg  R.  Zur  persi- 
schen Sagengeschicht«.  11  C 
11. 

Stahl  J.  M.  Zum  Gebrauch  des 
prädikat.  PHrtizlpinms  imOrie-  I 
chischen.  IV  23.  —  Zum  Sprach-   i 

febrauch  des  Thukvdides.   IV 
i. 
Steffen  R.     Norske  stev.    VIII   i 


Steinschneider  Ph.  Über 
Sprnchkenmnis  und  Sprach- 
kunde. 1  38. 

Stengel  P.  tnApiacOai  bciriiecciv. 
IV  SO. 

Stern  L.  Chr.  tec,  tegach.  teckaf, 
lecket.  VII  30. 

Stevenson  W.  H.  The  origin 
ot'  the  surnanie  Chaucer.  VIII 
D  2r>. 

Stohr  A.  Algebra  der  Gramma- 
tik. I  41. 

Stokes  Wh.  Hibernica.  VII 8.— 
Fiftv  Irish  Etvmologies.  VII  19. 

Stoilov  A.  P.  Reflexe  der  abg. 
Aussprache  des  ij  im  neubnlg. 
Dialekten.  IX  B  47. 

Stolz  Fr.  Ül)er  die  Euiwickluns' 
der  idg.  Sprachwissen.-ichafi.  I 
135.  —  glOria.  VI  31. 

Stowasser  J.  M.  Fortatte.  VI 
28. 

StrachanJ.  Final  Vowels  in  the 
F«ire  Oenguso.  VII  10.  —  Old 
Irish  Togfenouio.i  VII  20.  — 
0.  Ir.  äU.  VII  L'I.  -  TheNom. 
PI.  of  Nenter  u-stenis  in  Celtic. 
VII  25.  —  The  Substantive  Verb 
in  the  Old  Irish  Glosses.  VII 
28.  —  Grammatlcal  Notes.  VII 
29. 

S  tratton  A.  W.  History  of 
Greek  Noun-Formation.  IV  19. 

Strekelj  K.  Slovenske  narodne 
pesni.  IX  B  63. 

SuperCh.  W.  The  original  homo 
of  the  Aryans.  I  132. 


egister.  3tö 

Sweet  H.  Practica! aiudv  of  lan- 
guagea.  I  22. 

Symons  B.  Het  stamland  der 
Indogermanen.  I  133. 

Svrkn  P.  Der  Krassowaer  Dia- 
lekt. IX  B  52.  —  Zur  Geschichte 
des  Glagolismas  in  Böhm  cd. 
IX  B  106. 


232. 


i  F.  Note  Fnlische.  VI 


Fr.  AnmArkninsrar  tili 
'Valda  slvcken  »f  sve<iska  för- 
fattarc  r536-I732'.  VIII  C  30. 
—  Om  avledniiigsÄndelsei'  hos 
»venska  adjektiv.  VIII  C  31.  — 
Um  ilndelser  hos  adverb  och 
arkaiskt  bildade  prepositioDS- 
uttrvck  i  Bvenskan.  VIII  C  32. 

Tawney  C.  H.  Nekrolog  Büh- 
Icrs.  I  138. 

Tay  Cr.  H.  Therelatlon  betweea 
niagic  and  religion.  [  106. 

Temple  R,  C,  A  Theorie  ol'Uni- 
versal  Grammar  Jis  applied  to 
aGroup  of  Savage  Languages. 
I  42. 

Teodors  100  Jahre  der  lett. 
Journalistik.   IX  C  -'b. 

Tetzuer  F.  Die  Sloi'inzeo  und 
Lebakaac  hüben.  IX  B  141.  — 
Quer  durch  preuss.  Litauen, 
IX  C  11.  —  Neue  Donalitiana. 
IX  C  13. 

Tha  Do  Onng  A  grammar  of 
the  Pali  Janguage.  II  B  46. 

Thoburn  W.  L.  The  F.nglish- 
Urdu  diutionary.  II  B  '5a 

Thomas  A.  De  quelques  ooms 
de  leuK  framaia  d'origine  gau- 
loise.  VII  24. 

—  H.NeneHzur[lat.]BedentungH- 
lehre.  VI  81. 

Thompson  E.  S.  quidem  in 
Augustan  Versü.  VI  92. 

Thomsen  V.  liidoeuropaiske 
Sprog.  I  60.  —  Etudes  Lycien- 
nes.  I  89.  —  Remarques  sur  la 

rarentä  de  la  langue  ätrosque. 
92. 
ThorkeUson  J.  Bemicrkninger 
til  adskillige  Oldtidadigte.  VIII 
C  10. 
Thornton  D.  M.    The  Parsi, 
Jaina  and  Sikh.  II  C  12. 


344 


Autorenregister. 


Thulin  C.  De  coniunctivo  Plau- 

tino.  VI  120. 
T  h  u  m  b  A.    Etymologien.  I  86. 

IV  74.    —    Die   griech.   Lehn- 
wörter im  Armen.  III  18. 
T  h  u  r  n  e  y  8  e  n  R.  Peter  v.  Bradke. 

I  137.    —    Der   Kalender   von 

Coligny.  VII  4. 
T  i  e  1  e  C.  F.    Einleitung  in  die 

Religions Wissenschaft.    1.  Teil. 

I  100. 
Toischer  W.  Die  Sprache  der 

Kinder.  I  17. 
Tolman  C.  H.  and  Stevenson 

J.  H.    Herodotus  and  the  Em- 
pires of  the  East.  II  C  28. 
Tomson  A.  I.  Zur  Phonetik  des 

polnisch  -  (galizisch-)  armenisch. 

Dialekts.  III  12. 
Torelli  P.    Saggi  su  Tepigrafia 

sepolcrale  latmo  della  cittä  di 

Roma.  VI  175. 
Toutain  J.    Nouvelles  observa- 

tions    sur   Tinscription   d'Hen- 

chir-Mettich.  VI  222. 
Toynbee  P.    The  origin  of  the 

surname  Chaucer.    VIII  D  25. 
Trautmann  M.    Zu  Cynewulfs 

Runenstellen.  VIII  D  35. 
T  r  0  i  1  0  E.    Gli  Slavi  neir  Ab- 

ruzzo  Chietino.  IX  B  29. 
Tropea  G.  La  stele  arcaica  del 

Foro    Romano.    VI  205.    —    II 

nome  'Italia*.  VI  245. 
Tsountas,  Manatt  undDörp- 

f  e  1  d.  The  My  cenaean  Age.  I  V&4. 


Uhlenbeck  C.  C.  Etymol.  Wör- 
terbuch der  aind.  Sprache.  II 
B  *8.  II  B  17.  —  Eber.  VIIIA 
25. 

Usener  H.   Die  Sintflutsagen.  I 


101. 


Vaclavek  M.   Der  Ursprung  u. 

der  Name  der  Walachen.    IX 

B  107. 
Vahlen  J.    Bemerkungen  zum 

Ennius.  VI  126. 
Vaidyanada  Sästri    Ausgabe 

der  Krishna  Yajus  Samhita.  II 

B  24. 
de  la  Vallee  Poussin  L.  Une 

pratique  des  Tantras.  II  B  73. 
Valmag'gi  L.    Un  nuovo  fram- 


mento    di   Ennio?    VI  125.  — 

Ennia  e  Ausonio.  VI  128. 
V  er  dam  J.    Dietsche  verschci- 

denheden.  VIII  D  50. 
Verwijs  E.  en  Verdam  J.  Mid- 

delnederlandsch  Woordenboek. 

VIII  D  46. 

Viereck  P.  Die  Papyruslittera- 
tur  von  den  70iger  Jahren  bis 
1890.  IV  39. 

Vierkandt  A.  Die  wirtschaft- 
lichen Verhältnisse  der  Natur- 
völker. I  123. 

Vinson  J.  Manuel  de  la  langue 
Hindustani.  II  B  53. 

Voith  A:  Siebenbürgisch- Arme- 
nisch. III  13. 

VondrÄk  W.  Zur  Erklärung 
des  aksl.  Dat.  Sg.  pqtiy  kosti, 

IX  B  4. 

Vysoky  H.  Zu  den  dodonaei- 
sehen  Orakelinschriften.  IV  52. 


W  a  d  d  e  1 1  A.  On  some  newly 
found  Indo-Grecian  Buddhistic 
sculptures  from  the  Swät  Val- 
ley. II  B  90. 

Wadstein  E.    Runinskriften 
Forsaringen.  VIII  C  15. 

Wagener  C.  Lac,  lad,  lade. 
VI  55. 

Wagner  C.  Die  heidnischen  Kul- 
turreligionen u.  der  Fetischis- 
mus. I  103. 

Walker  A.  T.  The  sequence  of 
Tenses  in  Latin.  VI  136. 

Walters  T.  Kapila vastu  in  the 
Buddhist  books.  II  B  *S'6. 

W  a  1 1  z  i  n  g  J.  P.  Lexique  de 
Piaute.  VI  122.  123.  —  A  pro- 
pos  d'une  inscription  latine  du 
Dieu  Entarabus.  VI  212. 

Watson  E.  W.  velle  as  an  Auxi- 
liarv.  VI  70. 

Weber  A.  Indische  Studien. 
18.  Bd.  II  B  *5.  —  Vedische 
Beiträge  7.  Aus  alter  Zeit.  11 
B  *35.  —  Zur  ind.  Religions- 
geschichte. II  B  76. 

—  H.     Plautina.  VI  117. 

W  e  d  e  k  i  n  d  W.  Sprachfehler 
oder  Sprachentwicklung?  VIII 
D  56. 

Weismann  A.D.  Zur  Geschichte 
der  russ.  Grammatik.  IX  B  78. 

Wcissbrodt  E.  De  Ä  et  Z/  con- 


Autorenregister. 


345 


sonantium  latinarum  mutua  ra- 
tione.  VI  16. 

Weisshäupl  R.  Funde  in  Pola 
und  Umgebung:.  VI  214. 

Wen  dl  and  P.    Element.  VI  26. 

We  8  s  n  e  r  P.  Ausgabe  von  des  Ful- 
gentius  Expositio  »einnonum 
antiquorum.  VI  159. 

We  s  t  b  e  r  g  F.  Zur  Klärung  Orient. 
Quellen  über  Osteuropa.  I  118. 
—  IbrähIms-ibn-Ja*kübs  Reise- 
bericht über  die  Slavenlande. 
IX  ß  21. 

Wheeler  B.  I.  Origin  of  gram- 
matical  geuder.  I  53. 

Wide  mann  F.  Die  Anfänge  des 
griech.  Alphabets.  IV  41. 

Widfenineek  R.  Über  einige 
Wörter  der  iett.  Schriftsprache. 
IX  C  22. 

Wigström  E.  Varsel  och  före- 
bud.  VIII  C  72.  —  Folktro  og 
sägner.  VIII  C  73. 

V.  Wilamowitz-Moellendorff 
U.  Grammatisches  zu  Benn- 
dorl's  Urkunde  von  Ephesos. 
IV  58.  —  TTdcvnc  und  Mdcvnc 
IV  71. 

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Teutonen  und  Teutoburg.  VIII 
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Winternitz  M.   Nekrolog  G. 


Bühlers.   I  138.  —  Folk-medi- 
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dia. II  B  *75.  II  B  78. 

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Wolter  E.  Die  Erdengöttin  der 
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Woltjer  J.  Studia  Lucretiana. 
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lär ities  in  English  Guttural 
Sounds.  VIII  D  11.  -  Contri- 
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Guttural  Sounds  in  "  English. 
VIII  D  12. 


Xanthoudidis  A.  Inscriptions 
Irom  Gortyna,  Lyttos  usw.  IV 
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Zacher  K.  Kritisch-gramm.  Par- 
erga  zu  Aristophanes.  IV  6. 

Zanavikutis  A.  J.  Statistique 
des  livres  lithuaniens  imprim^ 
en  Prusse  de  Tan  1864  jusqu'ä, 
la  fin  de  l'an  1896.  IX  C  17. 

Zawiliiiski  R.  Über  den  Ein- 
fluss  des  Slovakischen  auf  die 
poln.  Bergdialekte.  IX  B  123. 

Ziber  (Sieber)  N.  I.  Abriss  der 
primitiven  Ökonom.  Kultur.  I 
122. 

ZiebarthE.  Zur  Überlieferungs- 
geschichte kretischer  Inschrif- 
ten. IV  46. 

Ziehen  Th.  Ideenassoziation  des 
Kindes.  I  20. 

—  L.  eöcTÖv.  IV  81. 

Ziemer  Zur  deutschen  Sprach- 
wissenschaft. I  136. 

Zimmer  EL    Keltische  Studien 


346 


Autorenregister. 


'Ä 


17.  VII  15.  —  Kelt.  Stud.  18: 
Zur  air.  Grammatik.  VII  26.  — 
Gramm.  Beiträge.  VII  27. 

Zimmermann  A.    Spuren  id 
Namengebung  im  Latein. 
45. 

Zivi  er  £.  Studien  über  den  Ko- 
dex Suprasliensis.  II.  IX  B  44. 

Zore  L.   Lexikalische  Nachlese. 
IX  B  55. 

Zubatv  J.    Die  idg.  Velar-  und 
Palatallaute.  I  60. 

Zünd-Burguet  A.   La  phon6- 


tique  exp6rimentale  appliqu6e 
k  l'enseignement  des  langues 
Vivantes.  I  26.  —  Applications 
pratiques  de  la  phon^tique  ex- 
p^rimentale.  1 27.  —  De  la  pro- 
nonciation  de  Vs  et  du  ch  (d.  i. 
S),  I  33. 

Zupitza  E.  Etymologien.  187. 
VI  19.  VII  16.  —  Über  Dop- 
pelkonsonanz im  Irischen.  VII 
11. 

—  J.  Cynewulfs  Elene  *.  VTII  D 
32. 


Mitteilungen. 


Die  indogermanische  Sektion  anf  der  46.  Yersammlong 
deutscher  Philologen  and  Schnlmänner  in  Strassbarg  i.  £. 

Tom  1.— 4.  Oktober  1901. 

In  der  ersten  (konstituierenden)  Sitzung  vom  1.  Oktober 
wurden  zu  Vorsitzenden  gewählt  die  Herren  Proff.  Osthof f-Heidel- 
berg  und  Hübsch  man n-Strassburg,  zu  Schriftführern  Prof.  Horn- 
Strassburg  und  der  Unterzeichnete.  Ausserdem  wurde  die  Vor- 
tragsordnung für  die  folgenden  Sitzungen  bestimmt. 

In  der  zweiten  Sitzung  vom  2.  Oktober  sprach  als  erster 
Herr  Prof.  Osthof f-Heidelberg  über  den  Hund  im  Indoger- 
manischen. Nach  einer  Erörterung  der  Ablautsverhältnisse  beim 
idg.  Stamm  *kuuon-  und  einer  Kritik  der  bisherigen  Etymologien 
begründet  der  Redner  seine  eigene  Ansicht:  Der  Umstand,  dass 
der  Hund  bei  den  verschiedensten  idg.  Völkern  seit  alter  Zeit  in 
erster  Linie  als  Viehhüter  diente,  berechtigt  zu  der  Annahme,  dass 
*kuuon-  =  *pkuiion-  ist  und  eine  Ableitung  vom  Stamme^  *peku- 
'Vieh'  darstellt.  —  Unser  deutsches  hund  ist  wohl  =  idg.  '^kun-tö-s 
(Suffix  to-).  —  Auch  die  einheimischen  slavischen  Bezeichnungen 
gehören  zu  *pekU'  :  suka  'Hündin*  aus  *pk€u-kä,  phs%  ist  vermutlich 
Kurzform  eines  Kompositums,  etwa  *pbso-strazh  'Viehhüter';  das  h 
von  phsh  ist  derselbe  Laut,  wie  er  z.  B.  im  Imperativ  phci  zu  pekq 
'ich  backe'  vorliegt. 

An  der  Diskussion,  in  der  es  sich  namentlich  um  den  Voka- 
lismus des  lat.  canis  drehte,  den  0.  durch  Einfluss  von  catvlus  zu 
deuten  sucht,  beteiligte  sich  ausser  dem  Vortragenden  noch  Dr. 
Meltzer. 

Es  folgte  ein  Vortrag  von  Prof.  Thumb-Marburg:  über  grie- 
chische Elemente  in  den  alten  Barbarensprachen  und 
im  Aibanesischen: 


Mitteilungen.  34T 

So  gering  die  Reste  der  alten  kleinas.  Sprachen,  sowie  des- 
Thrak.,  Maked.,  Illyr.  sind,  so  genügen  sie  doch  gerade,  um  das- 
Yorhandensein  griech.  Elemente  in  denselben  festzustellen,  so  z.  B. 
im  Alt-  und  Jung-Phrygischen  und  im  Thrak.  Im  Maked.  scheinen 
mehrere  chronologische  Schichten  von  griech.  Lehnwörtern  vorzu- 
kommen, wobei  freilich  die  Unsicherheit  in  der  Frage  nach 
der  ethnograph.  Stellung  des  Makedonischen  dem  Zweifel  Raum» 
lässt,  ob  es  sich  um  Entlehnung  oder  Urverwandtschaft  handelt. 
Für  das  Illyrische  beweisen  die  messapischen  Inschriften  mit  einigen 
^iech.  Wörtern  die  Thatsache  des  griech.  Einflusses,  während  das^ 
Yenetische  keinen  positiven  Ertrag  gibt.  Da  nun  aber  das  Alba- 
nesische  die  Fortsetzung  einer  illyrischen  Mundart  ist,  so  kann  auch 
die  Frage  aufgeworfen  werden,  "ob  das  heutige  Alb.  altgriech.  Ele- 
mente  enthält.  Eine  genauere  Prüfung  der  griechischen  Bestand- 
teile des  Alb.  führte  zum  Ergebnis,  dass  unter  denselben  Worte 
stecken,  die  in  Folge  ihrer  lautlichen  Form  mindestens  so  alt  wie 
die  lat.  Elemente,  z.  T.  sogar  älter  sind,  also  in  altgriech.  Zeit  zu- 
rückweisen. Es  kommen  etwa  25  Wörter  in  Betracht,  von  denen 
etwa  10  Nutzpflanzen,  die  anderen  verschiedene  Kulturbogriife  oder 
religiöse  Vorstellungen  bezeichnen.  Bei  einigen  Wörtern,  die  man 
bisher  als  idg.  Erbgut  betrachtete  (z.  B.  drapsn^  djarru),  ist  es  nicht 
ausgeschlossen,  dass  es  sich  um  ganz  alte  griech.  Entlehnungen 
handelt.  Die  ganze  Frage  wird  vom  Vortragenden  in  einer  beson- 
deren Monographie  behandelt  werden. 

Zu  Bemerkungen  nach  dem  Vortrag  ergriffen  die  ProflF.  Su- 
chier  und  Kuhn  das  Wort. 

An  dritter  Stelle  sprach  Prof.  Hoops-Heidelberg  über  prä- 
historischen Getreidebau  in  Nordeuropa;  er  verbreitete  sich 
hauptsächlich  über  das  Alter  der  verschiedenen  Getreidearten.  Für 
Einzelheiten  verweist  H.  auf  sein  Werk  "Botanik  der  Angel- 
sachsen". Eine  Diskussion  über  den  letzten  Vortrag  war  der  vor- 
gerückten Zeit  wegen  unmöglich. 

In  de!*  3.  Sitzung  (4.  Oktober)  behandelte  zunächst  der  Re- 
ferent  das  Thema  "Zur  italischen  Flexion  des  Ind.  praes. 
von  esse":  Für  die  vom  idg.  Paradigma  abweichenden  Forme» 
sum  —  sumus  —  sunt  muss  von  vornherein  eine  solche  Erklärung 
den  meisten  Anspruch  auf  Wahrscheinlichkeit  haben,  die  sie  aLs- 
einzelsprachliche  Neuschöpfungen  zu  deuten  versteht  und  zugleich 
mit  den  oskischen  Formen  (1.  Sg.  som^  3.  PI.  sent)  fertig  sind.  Das- 
ist  auf  folgendem  Wege  möglich:  Zu  der  3.  PI.  urital.  *sent{i)  wurde- 
eine  1.  PL  *semo8  analogisch  geschaffen,  woraus  lautgesetzlich  *«o- 
mo8  wie  hemo  —  homo  (lat.  unbetont  sumus).  In  der  1.  Sg.  wird 
uritalisch  aus  idg.  *esmi  mit  Apokope  des  Schluss-i  etwa  ein  "^esTfi^ 
*e8em  entstanden  gewesen  sein,  dessen  Ausgang  -m  natürlich  der 
Sekundärendung  -m  gleich  empfunden  wurde.  Infolgedessen  konnte 
nach  Proportionen  wie  Imperf.  *esäm  —  *e8ämos  (=  lat.  eram,  erä- 
mus)  usw.  die  1.  Sg.  nach  *sa7nos  aualogisch  zu  '*sam  umgestaltet 
werden.  Im  Uritalischcn  lauteten  also  die  drei  Personen  nunmehr: 
*80in  —  somos  —  sentit),  und  damit  stimmt  das  oskische  som  —  sent 
überein.  Im  Lateinischen,  wo  überhaupt  die  uuthematische  En- 
dung -entii)  untergegangen  ist,  wurde  der  o -Vokalismus  sekundär 
auch  auf  die  3.  PI.  übertragen,  also  sont  =  sunt.  —  An  der  Diskus- 
sion nahmen  Teil  die  Herren  Proflf.  Hillebrandt,  Osthoff  und  Dr. 
Meltzer. 

Des  weiteren  sprach  Professor  Horn-Strassburg  über  Ab- 
laut undVrddhi.  Die  Analogie  von  Fällen  wie  aw.  särah- :  sarah-  r 
ai.  iiraS'  (statt  *HrdS'  idg.  *kf'r4s-)  'Kopf,  ai.  sthämrä-  :  sthdvira-  ^ 

Anzeiger  XII  2  a.  3.  23 


348  Mitteilungen. 

sthürä'  'stark',  ai.  (RV.)  dyäutnä- :  aw.  äyao&na-y  ai.  (RV.)  märdVcä' : 
mfdlkd'  aw.  mdr^zdika-y  griech.  f|eoc  :  löoc,  griech.  T^pac  :  ai.  jaräs- 
u.  a.,  ferner  ai.  (RV.)  sähd-  :  sahd-  'gewaltig',  vähd- :  vakä-  'ziehend', 
(RV.)  svänd' :  svand-  'Schall',  tärd-  'überwindend' :  tard-  'übersetzend' 
und  andere  Nomina  agentis;  sowie  ai.  (RV.)  nähuäa-  :  ndhu^a-  (von 
ndhu,j-\  ai.  (RV.)  väpu^d-  :  vdpu^a-  (von  vdpu$'\  ai.  (Br.)  fnänasd- : 
(RV.)  Manasd'  (von  mdnas-),  wo  Ablaut  vorliegt,  legt  den  Schluss 
nahe,  dass  Fälle,  wo  keine  Doppelformen  überliefert  sind,  wie  ai. 
<RV.)  äyasd'  'ehern*  (zu  dyas'\  Säradd-  'herbstlich*  {Sardd-),  oder 
(RV.)  väsd'  'gehorsam*  (Adj.)  neben  vdSa-  'Wille*  aw.  usah-,  (RV.) 
pär^vd'  'Rippengegend'  neben  pdriu-  aw.  par»«w-  'Rippe,  Seite*,  ai. 
ärjavd-  'Geradheit*  g.  aw.  är^zva-  'Gutthat'  neben  fjü-  bezw.  9r*zu- 
gleichartig  zu  beurteilen  seien.  Ärjavd-  är^zva-  zeigen  Dehnstufe 
in  erster  Silbe  der  zweisilbigen  Basis  neben  solcher  in  der  zweiten 
in  aw.  räz-ar-  (Hirt),  wie  auch  ai.  avif  g.  aw.  ävis  "offenbar*  (Bildung 
wie  griech.  x^P^c  u.  a.  nach  Barth olomae  Grundr.  iran.  Philol.  I,  1, 
143  §  254.  2  gegen  Johansson  KZ.  23,  508  Anm.  1)  zu  ksljave  griech. 
<xlc96vo^ai  usw.  und  andere.  Die  charakteristische  Bedeutungsver- 
änderung der  ai.  Vrddhi  ist  aber  gewiss  ursprünglich  auch  in  formell 
genau  analogen  litauischen  Bildungen  anzunehmen,  wie  sziaurys 
*Nord',  d.  i.  idg.  *keurio-  eigentlich  'auf  den  Nord  (lat.  Cawnis  idg. 
*kdurO'  ahd.  skür)  bezüglich'  oder  in  kiduras  'durchlöchert'  gegen 
kiürti  griech.  cüpiY£,  wennschon  sie  hier  nicht  mehr  empfunden 
wird.  So  ist  auch  ai.  (AV.)  väira-  'feindlich,  Feindschaft'  sichtlich 
eine  sehr  alte  Bildung,  da  von  der  Beziehung  zu  vird-  'Mann'  keine 
Spur  mehr  durchschimmert  (ähnlich  RV.  säktä-  'Lehrer'  zu  idkti- 
•Kraft'  u.  a.). 

Eine  Durchsicht  des  altiranischen  Materials  hat  noch  einige 
Vrddhibildungen  mehr  ergeben,  als  man  bisher  zusammengestellt 
hatte.  Aber  auch  im  Griechischen  findet  sich  Vrddhi.  Dass  hier 
die  Dehnungen  in  riv€MÖ6ic,  i^inaGöeic  usw.  (Brugmann  Grundr.  2.  107 
Anm.  1,  Schulze  Quaest.  ep.  147/8)  nicht  etwa  als  altererbt  in  Be- 
tracht kommen  werden,  hat  Wackernagel  in  seinem  "Dehnungsge- 
setz" (1889)  gezeigt.  Mit  demselben  Gelehrten  wird  man  ferner 
i?lvopdTi  (der  Nachbildung  aus  -i^vuup  stark  verdächtig  trotz  der.  dvöp- 
€oc,  Schulze  a.  a.  0.  147  Anm.  3)  u.  a.  als  sekundär  erklären  müs- 
sen. Aber  Vrddhi  zeigen  griech.  rrmeXiic  (nur  lexikographisch,  doch 
TTmeX^u)  u.a.  sind  belegt)  neben  TäiLiiac;  CTtu^uXcc  zu  ctömoi;  rjXcKTpov 
f|X^KTUjp  (zu  ai.  drcatiy  also  '^ärktram  *ärkta7'-)  —  dX^KTUjp  'Hahn' 
mag  ganz  davon  zu  trennen  sein;  T*|p^^a  zu  aw.  ah'-iyna-  usw.  (Bar- 
tholomae  IF.  7,  60/1)  —  sind  in  diesen  Fällen  Anaptyxen  anzuneh- 
men, die  das  Kürzungsgesetz  paralysierten?  — ;  fjXioc  aus  *caF€Xioc 
vergl.  ai.  Savitär--^  rjt6eoc  'unverheirateter  junger  Mann',  aus  *]'|Fie- 
-cFoc,  vergl.  idg.  *euid.heyä  'Wittwe'  (etwa  auch  i^XaKdrn  neben  lit. 
lanktis  usw.  nach  Bezzenberger;  Basis  elenq?)\  fiiT€ipoc  äol.  atreppoc 
zu  ai.  dpara-  ( Prell witz) ;  riTdöeoc  neben  dYo6öc  got.  göds  usw.  (nach 
Johansson  BB.  13, 115/7  'Gleichgewichts-  oder  Schwebeablaut').  Fer- 
ner Xaiov  (dor.  tö  Xaiov)  genau  =  ai.  lavyam  'was  geschnitten  wer- 
den muss';  hr\ioc  =  ai.  dävyd-  (zu  dunöti);  fjiov  'Speise,  Reisekost* 
nach  Baunack  KZ.  27,  562  aus  *Friciov  zu  Wz.  ves-  'essen',  nach  L. 
Meyer  Handbuch  d.  griech.  Etymologie  1,  603  aus  *iPiF€Ciov;  ujä  'als 
Badegürtel  dienendes  Schaffell'  (L.  Meyer;  sonst  gewöhnlich  'Schaf- 
rolz'  —  L.  Meyers  strenge  Kontrolle  der  bisher  gänge  und  gäben 
B cd ("U Tineen  ist  höchst  dankenswert)  zu  öic  'Schaf,  ai.  äi-ia-  'zum 
Schalgist  hlcfht  gehörig';  f^vic  etwa  'jährig'  zu  ^voc  'alt*  €voc  'Jahr'. 
Griech.  iböv  .ugiv.  üjFeov  'Ei'  (nach  Benfey  'vom  Vogel  herkommend', 
vgl.  oiiuvöc)  lat.  ömim  np.  xäya  ist,  wenn  man  die  Deutung  annimmt. 


Mitteilungen.  349 

indogermanisch.  Der  Vrddhi  sind  noch  manche  Worte  verdächtig, 
wie  ciTifiXoiov  (ciTifiXuYE  lat.  spUuncä) :  cir^oc,  \ir\K€hav6c  :  imaKebvöc,  /jircb- 
avöc  :  dKibvöc  (Fick  BB.  18,138)  usw.  usw.;  t^uc  ist  dagegen  Ablaut 
56U  Wc  (idg.  Noni.  Sing.  *ev98-us  griech.  /|uc;  Akk.  4v9S'Um  in  griech. 
ivc  got.  ius-iza  Hirt  Nr.  670;  Gen.  Sing,  ^veseüs  in  ai.  vd«-tt-usw.; 
eine   völlige   Schwundstufe   vielleicht   in    ai.  s-ü  aw.  h-u-  ap.  (ä)-m- 

f riech,  ö-th^c  [Brugmann],  etwa  ursprünglich  Neutr.  Sing.).  Zu 
retschmers  (KZ.  31,  454  ff.)  lateinischen  Vrddhibildungen  vergl. 
Solmsens  Studien  zur  lat.  Lautgesch.  82  ff.  (aw.  näuma-  steht  sicher 
nur  graphisch  neben  n<ioma-y  s.  Bartholomae  Grundr.  iran,  Phil.  I, 
1, 157  Nr.  33).  Auf  Kretschmers  Aufsatz  war  der  Vortragende  übri- 
gens erst  wieder  gestossen,  als  er  sich  schon  selbst  seine  griechi- 
schen Vrddhifälle  gesammelt  hatte.  Jedenfalls  ist  Vrddhi  auch  in 
anderen  indogermanischen  Sprachen  zu  finden,  nur  wird  das  Kür- 
zungsgesetz, das  in  einem  gewissen  Umfange  doch  allgemein  aner- 
kannt ist,  viel  Material  heute  unkenntlich  gemacht  haben. 

Einzelne  Bemerkungen  zum  Vortrag  machten  die  Herren  ProfF. 
Osthoft*,  Nöldeke,  Thumb  und  Bartholomae. 

Darauf  berichtete  Prof.  Bartholomae-Giessen  über  sein  Alt- 
iranisches Wörterbuch:  Redner  setzte  die  von  ihm  bei  Verwer- 
tung und  Anordnung  des  Materials  befolgten  Prinzipien  auseinander 
und  teilte  verschiedene  neue  Einzelheiten  mit  {azdya  'Fett*  aus 
*mzd'  zu  deutsch  inast  usw.,  ein  Absolutiv  asrut9m  usw.).  Nach 
dem  Vortrag  spricht  Prof.  Hübschmann  im  Namen  der  Sektion  seine 
Freude  darüber  aus,  dass  die  Wissenschaft  bald  mit  dem  Altirani- 
schen Wörterbuch,  als  einem  neuen  Markstein  in  der  Geschichte  der 
arischen  Philologie  beschenkt  werde.  Weitere  Bemerkungen  über 
Einzelnes  machen  Profif.  Leumann  und  Nöldeke. 

Als  Vierter  sprach  Prof.  Leumann-Strassburg  über  die. 
vierte  Prilsensklasse  im  Sanskrit:  Nach  Behandlung  der  spe- 
ziellen Bedeutung  dieser  Verbalstämme  und  Konstatierung  der  That- 
sache,  dass  zu  der  weitaus  grössten  Anzahl  derselben  Participia 
praet.  pass.  auf  'ita-  vorliegen,  kommt  der  Vortragende  zu  dem 
Ergebnis,  dass  das  Praes.-Suf fix  -ya-  in  i-\-a  aufzulösen  ist  und  dem- 
nach eine  Denominativ -Ableitung  von  i- Stämmen  darstellt.  —  An 
der  Diskussion  beteiligen  sich  Proff.  Hübschmann,  Bartholomae, 
Osthoff,  Kuhn  und  der  Referent. 

Der  Leiter  der  Sitzung,  Prof.  OsthoflF-Heidelberg,  dankt  den 
Mitgliedern  der  Sektion  und  speziell  den  Vortragenden  für  ihre 
Mitarbeit.  —  Zum  Schlüsse  dankt  Prof.  Bartholomae  den  Vorsitzen- 
den für  ihre  Mühewaltung. 

Sämtliche  Sitzungen  der  idg.  Sektion  waren  gut  besucht,  so- 
wohl von  Indogermanisten  als  auch  von  selten  der  Orientalisten, 
klassischen  Philologen,  Romanisten  und  Germanisten. 

Leipzig.  Ferdinand  Sommer. 


Tom  Thesaurus  llngnae  latinae 

«ind  folgende  Lieferungen  erschienen: 

Vol.  I  Fase.  II:  absurdiuf  —  acuo. 
Vol.  II  Fase,  l:  an  —  aplüda,  adplüda. 
Vol.  II  Fase.  II:  aplüdus  —  Ardahur. 


8(0  Mitteihmgen. 

PerBonaUen. 

Am  4.  Juli  d.  J.  starb  zu  Berlin  der  ordentUche  Professor  der 
vgl.  Sprachwissenschaft  Geh.  Beffiemngsrat  Dr.  Johannes  Schmidt 
iSne  ausführliche  Würdigung  der  Verdienste  Schmidts  um  die  Ent- 
wicklung der  idg.  Grammatik  wird  später  im  Anzeiger  erscheinen. 

Prof.  A.  Tnumb  an  der  Universität  Freiburg  im  Breisgau  ist 
als  ausserordentlicher  Professor  der  vgl.  Sprachwissenschaft  an  die 
Universität  Marburg  berufen  worden.  —  Prof.  Ali^d  Ludwig  an 
der  deutschen  Universität  in  Prag  ist  mit  vollendetem  siebzigiiten 
Jahr  in  den  Ruhestand  getreten. 

Prof.  K.  Brugmann  an  der  Universität  Leipzig  wurde  zum 
Ehrenmitglied  der  ''Sudapester  Philologischen  Geseluchaft"  ernannt 


Berlehtigniigeii  ^). 

Dr.  Zupitza  hat  sich  in  Berlin  für  idg.,  nicht  für  allge- 
meine Sprachwissenschaft  habilitiert,  wie  auf  Grund  der  Zeitungs- 
nachrichten Anz.  11,  274  mitgeteilt  war.  —  Nicht  Prof.  Friedrich 
Stolz,  sondern  der  Mathematiker  Prof.  Otto  Stolz  wurde  zum 
korrespondierenden  Mitglied  der  KgL  Akademie  zu  München  ernannt 
(IF.  Anz.  11,  274). 

Anz.  12  AbteUung  U  A*l  und  1  (S.176  und  191)  Ues  L.  Scher- 
man  statt  Schermann. 


1)  Durch  Versehn  beim  Formieren  des  letzten  Anzeigerheftes 
weggefallen. 


ben  erschien:   Lex.  8^   XL,   1048  S.    1901.   Broschirt  ^M  27.—, 

in  Halbfranz  gebunden  tM  30. — : 


REALLEXIKON 


DER 


[DOGERMAlSriSCHEir  ALTERTUMSKUOE. 


GRUNDZÜGE 

EINER 

KULTUR-  UND  VÖLKERGESCHICHTE 

ALTEUROPAS 


VON 


O.  SOHRADER. 


STRASSBÜRG, 
VERLAG  VON  KARL  J.  TRÜBNER 

1901. 


Inhalt. 


I.  Vorrede p.      VII— XL 

II.  Reallexikoü S.        1—1006 

III.  Anhang S.  1007—1048 

1.  Nachträge  und  Berichtigungen    .    .    S.  1008—1026 

2.  Litteraturnachweise S.  1027—1046 

3.  Sprachennachweise  (Abkürzungen)  .    S.  1047 — 1048 


Dureil  Franz  Bopp  und  die  von  ihm  begründete  Vergleicbende 
GrammaHk  ist  festgestellt  worden,  dnss  die  meisten  Sprachen  Europas, 
Eiämlicb  das  Griecbiscbe,  das  Lateinische  mit  seiner  romanischen  Naeh- 
1(0111  menecbaft,  das  Keltische,  Germanische,  Litauische^  Slarische  und! 
^Ibanesiache  zusammen  mit  verschiedenen  asiatischen  Sprachen,  dem 
Indischen,  Iraniseben  und  Armenifichen,  eine  Spracbeinheit  in  hiato*' 
Tischem  Sinne  bilden.  Die  Verwand taebaft  aller  dieser  Spraebeu  kann 
algo  nur  unter  der  Annahme  verstanden  werden,  dass  sie  von  einer 
ihnen  allen  ku  Grunde  liegenden  (indogermanischen)  Ursprache  ab- 
stammen, die  von  einem  (indogerraaniscben)  ü  r  v  o  1  k  gesprochen 
Worden  sein  niuss.  Diese  Forderung  eines  indogermanischen  Ürvoika 
aber  eröffnet  zugleich  für  die  gesehicbtliebe  und  kultnrgescbicht- 
liche  Forschung  einen  weiten  Ausblick.  Denn  es  ist  klar,  dass,  wie 
etwa  die  griechische  oder  lateinische  oder  deutsche  Grammatik  uicht 
ohne  Kenntnis  ihrer  indogermanischen  Vorgesebicbte  veretanden  werden 
kann,  so  auch  die  Geschichte  der  materiellen  und  geistigen  Kultur 
^er  indogermanischen  Völker  nns  erat  dann  vollkommen  deutlich  werden 
"vird,  wenn  es  gelingt,  ihre  Wurzeln  in  der  indogermanischen  Urzeit 
aufzuspüren. 

Für  diejenigen  wissenschaftlichen  Bemühungen,  welche  auf  dift> 
Lösung  dieser  Aufgabe  gerichtet  siad,  bat  sich  mehr  und  mehr 
die  Bezeichnung  Indogermanische  Altertumskunde  festgesetzt, 
deren  Forschungsgebiet  also  dieZeitrilume  von  deu  erslen  nachweisbaren 
Znsanioienhängeu  der  ludogcrmanen  bis  zum  Anheben  der  ältesten 
hifitorischen  Nachrichten  bei  den  Einzelvölkem  umfasst,  und  es  fragt 
aicb  zunächst,  welche  Mittel  der  Wiesenschaft  zur  Verfügung  siebn, 
lim  in  Epochen  einzudringen,  aus  denen  nalurgeniäss  jede  ecbriftliche 
Kande  fehlt.  Diese  Mittel  sind  teils  sprachliche,  teils  sachliche, 
oder,  wenn  man  lieber  will,  teils  sachliche,  teils  sprachliche.  Da- 
ea  aber  zweifellos  die  Spracbwissenschaft  gewesen  ist,  die  sich' 
zuerst  deu  hier  gestellten  Aufgaben  widmete,  so  wird  es  gcslattei 
sein,  mit  der  Cbarakterisiernug  ihres  Anteils  an  den  Bestrebungen  der 
ladogermaniscbeu  Altertumskunde  zu  beginnen. 

k Indem  die  Vergleiebende  Sprachwisaenschaft  den  Wortschatz  d« 
inttanisohen  Ursprache  erscldiessl,  geWßgl  ta  Wvt  iia^^vä«.  \söä 


4 


I 
I 


•stellen,  welche  Kaltarbegriffe  schon  damals  ihre  Bpracbliche  Ansbildong 
gefnnden  hatten.  Aus  zwei  nrt'erwandten  Gleichungen  wie  scrt.  dn-, 
griech.  oT^,  lat.  ovis,  ahd.  ou,  lit.  awls,  altst.  ovica  imd  ecrt.  ü'rnd,  lat. 
•läna,  got.  tvulla,  lit.  tcilna,  altsl.  vlüna  lernen  wir,  dass  das  Schaf 
nnd  seine  Wolle  dem  ürvolk  beieita  bekannt  waren,  ans  scrt.  däma-, 
griecb.  bö^o^,  lat,  domug,  altsl.  domü  und  scrt.  dvä'rätt,  griech.  6üpo, 
lat.  fores,  got.  datir,  Ht.  ditrys,  altsl.  dvlrl,  dass  mau  schon  damals 
Htttten  mit  Thüren  besaas,  aus  einer  Spracbreihe  wie  scrt.  ruiJAird-, 
griech.  ^puOpö?,  lat.  ruher,  got.  rauds,  ir.  rüad,  altsl.  r&dru  ersehen 
ivjr,  dass  der  Begriff  des  Rots,  aus  einer  solchen  wie  sert.  ^cä^ra-, 
griecb.  ix.\ip6^,  lat.  socer,  kom.  hvigeren,  got.  swaihra,  lit.  szesziürtu, 
altsl.  yceArü,  daBS  der  des  Schwiegerrerhältuisses,  aus  einer 
solchen  wie  scrt.  devä-,  altlat.  deitos,  altu.  tivar,  lit,  di&waa,  dass  die 
Vorstellung  von  himmlischen  Wesen  sprachliche  Ausbildung  ge- 
funden und  also  in  den  Gedanken-  und  Kulturkreis  der  Uraeit  bereits 
eingetreten  war  u.  s.  w. 

In  der  That  sollte  man  meinen,  dass  Scblussfolgerungeo  wie  die 
hier  angeführten  so  klar  und  unmittelbar  aberzengend  seien,  dass 
ein  vernOnftiger  Zweifel  an  ihnen  Dicht  gestattet  wäre.  GleicbwobI 
sind  in  jüngster  Zeit  zwei  Gelehrte,  G.  Kossinnn  (Z.  dea  Vereim 
für  Volkskunde  VI,  1  ff.)  und  P.  Kretschmer  (Einleitung  in  die 
Geschichte  der  griechischen  Sprache  1896,  Cap.  2  und  3)  ziemlich 
gleicbzeiüg  mit  der  zwar  im  Grunde  auf  der  Verallgemeinerung  eiues 
V.  Hehnseheu  Gedankenganges  (vgl.  Vf.  V.  Hehn  Ein  Bild  seinei 
Lebens  und  seiner  Werke  1891  S.  56  ff.)  beruhenden,  aber  in  dieser 
Verallgemeinerung  neuen  Behauptung  hervorgetreten,  dass  alle  der- 
artigen Schlüsse,  wie  sie  von  A.  Euhn  (Zur  ältesten  Geschiebte  der 
indogermanischen  Völker.  Berlin  1845)  bis  auf  die  Gegenwart  an- 
standslos gezogen  wurden,  Trugschlüsse  seien,  und  der  vergleichenden 
Sprachforschung  für  die  Ermittlnng  der  ursprünglichen  Kulturzuslände 
der  Indogermancn  nahezu  jeglicher  Wert  abzusprechen  sei.  Da  es  sich 
hierbei  um  Einwendungen  zweier  ebenso  gelehrter  wie  scharf sinnigier 
Forscher  handelt,  wird  es  nötig  sein,  sich  ausführlicher  mit  ibuea  ab- 
zntinden.  „^'^  ^"^  Spraeherscheiuungeu",  so  lässt  sieb  etwa  der 
Gedankengang  P.  Kretscbmers  zusammenfassen,  „haben  sich  auch  die 
sogenannten  Knlturwürter  über  das  idg.  Sprachgebiet  wellenförmig  und 
allmählich  ausgebreitet.  Eine  „gemeiniudogermanteche"  Gleichung  wie 
scrt  yugäm,  griech,  tvtöv,  lat.  itigum  a.  s.  w.  ,Joch'  ist  in  dieser 
Beziehung  prinzipiell  nicht  anders  zu  beurteilen,  wie  die  Überein- 
stimmung von  scrt.  pippaW,  griech.  ir^Trepi,  lat.  piper  u.  8.  w.  , Pfeffer', 
die  nachweislich  erst  in  historischer  Zeit  und  durch  historische  Vi 
gänge  zu  Stande  gekommen  ist.  Da  nun  derartige  KulturwörtM 
ganz  verschiedenen  Zeilen,  "m  ^wn.  iftWÄVve.dawat  Auadehni 
von    ganz  verschiedencin  k«%g&o?,?.\»'Q.tiY^«tt.  «as-  «vÄi^-  ' 


uiisioriticue  t  ur- 
KulturwörtAT  sb 
^aadehQ|^^^^■ 


Vorrede. 


80  ist  es  unmöglich,  durch  Addition  solcher  Knlturwüiteneiheu  eiik 
einheitliches  Bild  „urindogermanischer^  Kultur  za  erhalten.  Man  ist 
also  nicht  imstande,  die  Euttnrverhältnisse  einer  bestimmten  fernen 
Periode  der  Urzeit  ta  ermitteln.  Man  muss  daher  damit  aufhüren> 
„aus  den  blossen  Wortglcichnngen  KulturgeBchicbte  herausdesÜllieren 
zu  wollen",  nnd  kanu  dies  nmsomehr,  „als  uns  die  Eeste  attindoger- 
manischer  Kultur  selbst  durch  die  Prähistorie  in  reicher  Fülle  vor  die 
Augen  gerückt  sind".  Ganz  ähnlich  äussert  sich  Kossinnn  a.  a.  0.  S.  5i 
„Hier  (d.  h.  bei  Fällen  wie  got.  ulbandas  aus  lat.  elepkantttg)  wiaaeB' 
wir  nun,  dasa  wir  es  mit  Lehnworten  zu  thun  haben.  Sobald  wir  aber 
za  älteren  Zeiträumen  hinaufsteigen,  für  das  Germanische  etwa  zu 
dem  Beginn  des  ersten  Jahrtausends  v.  Chr.,  einer  Zeit,  deren  Kultnr- 
znstaud  durch  die  Archäologie  völlig  klar  gelegt  worden  ist,  so  fehlt 
ans  bis  jetzt  jede  Möglichkeit,  Lebnworte  dieser  Zeit  mit  den  Mitteln 
der  Sprachforschung  als  solche  zn  erkennen.  Wir  kommen  so  zu  der 
(zweiten)  Frage:  Ist  ein  scheinbar  urindogermaniseliea  Wort  nicht  viel- 
mehr ein  Eigentum  nur  einer  der  idg.  Einzcigprachen  nnd  in  den 
andern  ein  späteres,  wenn  auch  immer  noch  vorhistoriscfaeB  Lehn- 
wort? In  solchem  Falle  entfällt  natürlich  die  Berechtigung,  es  der  Ur- 
zeit zuzuschreiben." 

Beide  Gelehrte  stimmen  also  darin  Uberein,  dass  sie  gewisM' 
Sprachreihen ,  die  man  bisher  „urverwandt"  nannte ,  als  „Lebn- 
worte" bezeichnen,  und  da  selbstverständlich  eine  knlturhistoriach 
wichtige  Gleichung,  wie  das  oben  genannte  sert.  ytigd-  =  grieeh.  ^irföv 
nicht  anders  beurteilt  werden  kann  als  eine  solcher  Bedeutung  ent- 
behrende Reihe  (z.  B.  sert.  üjämi,  armen,  acem,  grieeh.  äfio,  lat.  ago, 
ir.  agat  ,agaut',  altn.  aka),  da  ferner  (nach  Kretschmer  S.  33)  auch 
die  Verbreitung  lautlicher,  formaler  und  syntaktischer  Neuerungen  nur 
graduell  verschieden  von  derjenigen  lesikaligcher  Übereinstimmungen. 
war,  80  kann  man  sagen,  dass  für  Krctschmer  und  Kossinna  sich  die 
ganze  idg.  Sprachverwandtschaft  in  eine  unendliche  Kette  von  Ent- 
lehnungen auflöst.  In  der  That  läset  sich  gegen  eine  derartige  Anschauung 
theoretisch  nicht  viel  einwenden,  ja,  sie  muss  bis  zu  einem  gewissen. 
Grade  als  selbstverständlich  bezeichnet  werdeu.  Denn  wie  sollte  mau  sich 
die  Entstehung  einer  Gleichung  wie  sert.  ]}ac,  grieeh.  tt^oöuj,  lat. 
ct)quo,  slav.  pekq  für  .kochen'  oder  acrt.  sie,  griecli.  koctöuiu,  lat.  sua,. 
got.  siuja,  lil.  niuicü  fllr  ,nähen'  anders  vorstellen  als  so,  dass  solch« 
Wörter  an  einer  bestimmten  Stelle  des  vorhiatorischen  Sprachgebiete 
zuerst  aufkamen  und  sich  von  da  Über  das  übrige  Sprachgebiet  durch 
Entlehnung  von  Individuum  zu  Inilividuum,  von  Stiimm  zu  Stamm 
breiteten?  Die  Hauptfrage  für  die  idg.  Altertumskunde  scheint  niiE 
dabei,  worauf  ich  schon  vor  längerer  Zeit  (vgl.  a.  a.  0.  S.  59)  hingewiesen 
habe,  „nicht  die  zu  sein,  ob  hier  Urverwandtschaft  oder  Eutlehnnn 
vorliegt  —  zwei  in  der  That  in  jenen  alten  Zeiten  in  &itLa.Q.dat  ö.h« 


ts 

i 


{ 


gebande  Begriffe  — ,  soiideiti  nb  wir  uns  die  Entstehnng  solcher 
Gleicbnngeii  uocli  in  einer  Zeit  denken  dürfen,  in  welcher  die  idj.. 
Vjilker  bereits  in  ibreu  histonEcheD  Wotinsitzen  angekommen  waren, 
oder  ob  wir  sie  in  eine  Epoche  verlegen  müssen,  io  welcher  die  iilg. 
Völker  wie  Bpracblich  so  räumlich  einander  näher  standen  nnd  keine 
allopbjlen  Elemente  sieh  zwischen  sie  geschoben  hatten".  Da  niu 
P.  Kretsehmer  S.  'A'2  ausdrücklich  Gleiebnngen  wie  die  oben  <renannteD; 
als  npräfaistorisehc  Termini"  bezeichnet,  und  mit  unzweidentigea 
Worten  zugiebt,  das»  zu  der  Zeit,  da  sie  sich  verbreiteten,  ^anders' 
sprachliehe  und  ethnische  Zustände,  eine  andere  geographische  Ver- 
teilung der  idg.  Stämme  bestand,  als  sie  ans  im  Beginn  der  Geschichte 
entgegentritt",  da  ferner  auch  Kossinna  lediglieh  von  vorhiatoriscbco 
Lehnwörtern  spricht,  bo  scheiot  mir  der  ganze  Gegensatz  zwischen 
der  bisher  nbliehen  Autfassung  und  derjenigen  Kretachmerd  nnd  Kussinnaa 
lediglich  anf  ein  Spiel  mit  Worten  oder  hüehstens  anf  eine  Verschieden-' 
heit  des  Standpunkts  der  Beobachter  hinanaznlanfen,  insofern  man  mit 
dem  Ausdrock  ^Entlehnung"  mehr  den  Prozess  der  Entstehung  der- 
artiger Gleichungen,  mit  dem  Ausdruck  „ürverwandtscbart"  aber  mehr' 
das  B c h  1  i es« liehe  Ergebnis,  wie  es  sich  von  den  historisch  be- 1 
zeugten  Epochen  ans  darstellt,  ins  Auge  fasst.  In  jedem  Falle  aber ' 
bleibt,  worauf  alles  ankommt,  der  ans  solchen  Gleichungen  »ich  er- 1 
gebende  Schlnss,  dass  die  von  ihnen  bezeichneten  Gegenstände  oder  1 
Begriffe  schon  in  vorhistorischer  Zeit  bekannt  oder  lebendig  gewesen ' 
sein  müssen,  in  seiner  Bedeutung  unangetastet.  Ob  ich  z.  B.  mit  H.  Hirt  < 
(Gcogr.  Z.  herausg.  von  A.  Hettner  IV,  1898  S.  381)  so  sage:  „Aii8| 
den  historischeit  Zeiten  führt  uns  die  Sprachwissenschaft  in  die  prä- 
historischen zurück.  Zu  dem  wenig(?)  sicheren,  was  sie  nns  lehrt, 
gehört,  dass  die  Indogermanen  im  Besitz  des  Wagens  waren. 
Die  Bezeichnungen  fUr  seine  einzelnen  Teile  stimmen  bis  ine  kleinste 
aberein",  oder  ob  ich  mich  mit  Kretsehmer  S.  49  über  deuselbes 
<3egenstand  so  ausdrücke:  „Ähnlich  zeugen  die  gemeinindogemnanisebea 
Wörter,  als  Lehnwörter  betrachtet,  für  alte  Knlturbeziehungen  zwiscbeit 
den  idg.  Stämmen.  Wenn  sich  die  Bezeichnungen  des  Wagens  nnd 
seiner  einzelneu  Teile,  das  Wort  für  ,fahren'  u.  s.  w.  in  fast  allen  idg, 
Sprachen  decken,  so  wird  es  eefar  wahrscheinlich,  dasa  sieb  die  Er- 
findung des  Wagens  von  einem  Punkte  aus  (wohlgemerkt  m 
einer  Zeit,  „da  andere  sprachliche  nnd  ethnische  Zustände,  eine  andere 
geographische  Verteilang  der  idg.  Stämme  bestand,  als  sie  uns  im 
Beginn  der  Geschichte  entgegentritt"  s.  o.)  über  das  ganze  idg, 
Gebiet  verbreitet  hat",  —  das,  sollte  ich  meinen,  läuft  im  Wesen 
der  Sache  auf  ein  und  dasselbe  hinaus. 

Allein  im  Grunde  folgert  Kretsehmer  die  angebliche  Unf&bigki 
-der  SpiachvergleicUung  Ittr  k\iV\,wc\\\fttfli:ische  Zwecke  weniger 
Charakter  der    eiti7.6\ue\i  Cj\wc\i'a\\^«&,  ?!«.  w»,  isa&Xi' 


he  Unf&bigkeit. 
»liger  mJiJ 


r 


\^orrede.  xr        ' 

es  nicht  möglicli  sei,  durch  AdditioD  derselben  die  Kullurver- 
hültnisse  einer  bestimmteu  fernen  Periode  der  Urzeit  zu  er* 
mittelo.  Hierbei  ist  nun  zuvörderst  zu  bemerken,  dass  genau  dii^elbe, 
was  hier  von  der  Ersoiiüc^sung  einer  »rindo^ermaniseben  Kultur  durch 
sprach venvandle  Gleichungen  gesagt  wird,  von  der  Erschliesaung 
einer  urindogermaniscben  G-rnndsp räche  überhaupt  gilt.  „Be- 
Bondera  ist  dabei  zu  betonen",  sagt  K.  ßruguiann  Grundrisa  I',  24, 
^dass  die  von  uns  liou^itrnierten  Grundformen  zusammengenommen 
keine  Sprache  ergehen,  die  von  einer  einzelneu  gesehlossenen  Sprach- 
genossensehaft  in  einem  bestimmten  Zeilpnnkt  gesprochen  worden  ist. 
Diese  Formen  haben  vielmehr  verschiedenen  Gegenden  und  verschiedenen 
Zeitaltern  augehört.  Blan  kauu  sie  zusammcu  nur  in  dem  Sinn  die 
idg,  Ürepracbe  nennen,  wie  man  etwa  von  der  „deutsehen  Sprache" 
anch  dann  redet,  nenn  man  ihre  ganze  Entwicklung  in  christlicher 
Zeit  bis  beute  mit  allen  dialektischen  Verzweigungen  meint.  In  dieser,  im 
Liebte  der  Geschichte  siebenden  Entwickluug  können  wir  für  bestimmte 
Zeitpunkte  und  bestimmte  Gegenden  die  Sprache  fixieren,  z.  B.  für 
ea.  1000  n.  Chr.  die  Sprache  des  eüdwesllichen  Gebietes  der  Alemannen. 
Für  die  uridg,  Periode  ist  das  unmöglich."  Trotz  dieser  ohne 
Zweifel  richtigen  Erwägungen  nimmt  Brugaiaun  bekauntlich  keinen  An- 
ßtoBS,  nicht  nur  einzelne  urindogernianiecbe  Grundformen,  sondern  auch 
ganze  Paradigmata  derselben  zu  ei-sehliessen.  Welche  Logik  würde  es  nun 
sein,  ein  derartiges  in  Wirklichkeit  ja  allgemein  geübtes  Verfahren  zwar 
zu  billigen,  es  aber  auf  der  anderen  Seite  zu  tadeln,  wenn  etwa 
B.  Delbrück  am  Schlüsse  seiner  Abhandlung  über  die  idg.  Ver- 
wand tsebaftsitamen  eine  „Übersicht  über  die  Verwandtschaftsnamen 
der  idg.  Urzeit"  giebt,  oder  J,  Schmidt  in  seiner  Arbeit  über  die 
m  Urheimat  der  Indogermanen  (S.  22)  die  idg.  Bezeichnungen  der  einzelnen 
^■Jahreszeiten  zusammenstellt,  um  so  ein  Bild  der  Jahreseinteiliing  des 
V  jjindogermanisehen  ürvolks"  oder  „unserer  Urväter"  zu  gewinnen? 
'-  Mögen  immerhin  derartige  Zusammenstellungen,  deren  hypothetischen 
Charakter  ja  niemand  verkennen  wird,  manches  chronologisch  nneben- 
mässige  enthalten,  gegenüber  der  Bedeutung  solcher  prähistorischer 
Hilfskonstruktionen  für  das  Verständnis  der  historischen  Zustünde 
werden  wir  über  diese  Mängel  unserer  Methode  hinwegsehen,  und  wir 
werden  dies  um  so  leichter  können,  als  wir  allen  Grund  zu  der  An- 
nahme haben,  dass  die  vorhistorische  Kultur-  wie  Spraehentwicklung 
der  Indogermanen  eine  im  ganzen  gleiehmässige,  stätige  und  langsame 
gewesen  sei.  Um  ein  konkretes  Beispiel  zn  gebrauchen;  Ich  gebe 
ohne  weiteres  zu,  dass  die  idg.  Gleichungen  für  ,Rind',  ,Wagen', 
,Schwiegertochter',  ,Schwiegervater'  sich  zu  verschiedenen  Zeiten  bei 
den  Indogermanen  festgesetzt  baheu  können,  verstehe  aber  erstens  . 
v^noht,  inwiefern  hierdurch  etwas  an  der  Erkenntnis  geändert  werd^^^H 
^BlKdlte,  djiss  Sind  und  Wagen  ein  schon  pi<)et.UatQiihev  Be9<itt  dec  Iiy^^^| 


germanen  siud,  sowie  dass  in  der  idg.  Familie  das  SchwiegerverhäUnis 
aehon  in  vorhistorischer  Zeit  aiiBgebildet  war,  und  wftrde  zweitens 
denjenigen  nicht  einer  tlbermä&sigen  Kühnheit  beschuldigen,  der  (etwa 
bei  Besprechnng  urzeitlieher  Hoehzeitsbräuche)  mit  der  Möglicbkeii 
rechnete,  daes  schon  die  idg.  Schwiegertochter  auf  rinderbespanntem 
Wagen  in  das  Haus  des  Schwiegervaters  gefahren  sei,  also  das  gleich- 
zeitige Vorhandensein  von  Rind  und  Wagen,  Schwiegertochter  und 
Schwiegervater  in  der  Urzeit  annähme. 

Wenn  demnach  die  Bedenken  gegen  die  knUnrgesehicfatliche  , 
Verwertbarkeit  der  Sprachvergleichung,  die  aus  der  Möglichkeit  zeit- 
licher Verschiedenheit  der  idg.  Gleichungen  abgreleitet  werden  könnteo, 
za  denjenigen  Überkritischen  Einwänden  gerechnet  werden  können,  die 
Kretschmer  S.  99  als  „in  der  Theorie  unwiderleglich",  „im  gegebenen 
Fall  aber  ganz  und  gar  unwahrscheinlich"  bezeichnet,  so  ist  hier  da- 
gegen noch  kurz  die  unleugbare  Thatsache  der  räumlichen  Vfr- 
achiedenheit,  d.  h.  der  verschiedenen  geographischen  Verbreitnng 
eben  dieser  Gleichungen  zu  erörtern.  Man  spricht  von  gemeinindo- 
^ermanischen  Gleichungen,  an  denen  alle  idg.  Einzelsprachen  teil 
haben,  und  von  partiellen  Gleichungeo,  bei  denen  dies  nicht  der 
Fall  ist,  die  also  auf  2,  3,  4,  ö  a.  a.  w.  Sprachen  beschränkt  sind.  Bei 
näherem  Zusehen  zeigt  sich  aber,  dass  im  Grunde  eigentlich  nur  von 
partiellen  Gleichungen  gesprochen  werden  kann,  da  die  übereinstimmende  * 
Benennnng  eines  KulturbegrifTs  in  wirklich  allen  idg.  Sprachen  iu 
den  grüssten  Seltenheiten  gehört.  Durch  solche  partiellen  Übereiii' 
Stimmungen  werden  nun  die  idg.  Einzelsprachen  in  al.'-T-  nur  denk- 
baren Gruppiernngen  und  Verhältnissen  mit  einander  verbanclcn,  Sie 
sind  häufig  zwischen  benachbarten  Sprachen,  z.  B.  zwischen  Slaviscb 
und  Germanisch,  and  zwischen  wahrscheinlich  ursprünglich  be- 
nachbarten Sprachen,  z.  B.  zwischen  Litn-Slavisch  und  Iranisch,  sie 
kehren  aber  in  grosser  Anzahl  auch  zwischen  weit  von  einander  ge- 
trennten Vfilkern  wie  Kelten  und  Indern,  Litauern  und  Italikem  {vgl 
Kretschmer  Cap.  V)  wieder.  Die  uns  interessierende  Frage  ist  nun: 
Haben  an  solchen  partiellen  Gleichungen  auch  die  llbri^n  idg.  Sprachen 
einstmals  teil  gehabt  und  das  betreffende  Wort  im  Laufe  der  Zeil  ver- 
loren, oder  war  die  Bezeichnung  eines  bestimmten  Kulturbegriffs  von 
Anfang  an  auf  einen  grösseren  oder  geringeren  Teil  des  vorhistorischen 
Sprachgebiets  beschränkt?  Offenbar  ist  beides  möglich  und  hat  beides 
stattgefuniteu.  Was  aber  im  einzelnen  Falle  anzunehmen  ist,  wird  sieb 
zwar  zuweilen  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit,  niemals  mit  unfehlbarer 
Sicherheit  entscheiden  lassen.  Die  Sache  läge  anders,  wenn  wir  über 
die  Art  der  Anflösung  der  idg.  Sprach-  und  Völkergemeinschaft  nnd 
die  anfs  engste  damit  zusammenhängende  Frage  der  engeren  Ver- 
wand tsehaftsverbälltüaift  4e.t  \ii6.N'£)VV.«t  btsaec  unterrichtot 
«ir  es  in  der  Thal  sind.    So  *'ow  "vA  ?^«a  esKiK^  ■äöosa»., 


i: 


Vorrede.  XHI 

dieser  Beziehung  wissen,  immer  noch  lediglich  die  Thatsache  einer 
näheren  Verwandtschaft  zwischen  Indern  und  Iraniern  {Ariern),  Litaoern 
nnd  Slaven.  Speziell  arische  und  litu-slavische  Gleichungen  (z.  B.  sert. 
aö'ma-  =  aw.  haoma-)  wird  man  daher  nicht  zur  Erschliessung  der  idg. 
Urzeit  verwenden  können.  Aber  auch  wo  zwei  nicht  näher  verwandte 
Völker,  wie  Slaven  und  Germanen,  oder  Germanen  und  Kelten  nach- 
weisbar durch  Jahrtausende  lange  Nachbarschaft  mit  einander  ver- 
banden sind,  wird  man  bei  ausschlicBslich  auf  diese  Völker  beschränkten 
Gleichungen  (z.  B.  bei  got.  gulp  =  altftl.  zlato  oder  got.  eisarn-  =  ir.  iarii), 
wenigstens  zunächst,  an  einen  relativ  späten  Kulturaustausch  lediglich 
zwischen  diesen  beiden  Vtllkern  zu  denken  haben.  Alle  übrigen  Glei- 
chtmgen,  gemeinindogermanische  wie  partielle,  wird  mau  nach  Lage  der 
Dinge  in  gleicher  Weise  als  „indogermanisch"  bezeichnen  müssen  und 
ans  ihnen  schliessen  dürfen,  dass  der  von  ihnen  bezeichnete  Kultur- 
begriff  innerhalb  des  vorhistorischen  Sprachgebiets  der  Indogennanen 
in  grösserer  oder  geringerer  Ausdehnung  seine  sprachliche 
Ausbildung  gefunden  hatte.  Es  wird  dabei  für  die  Kulturgeschichte 
darauf  ankommen,  alle  etymologisch  übereinstimmenden  Bezeichnungen 
eines  bestimmten  Kulturbegriös  zusammenzustellen.  Finde  ich  z.  B., 
dass  die  Milch  (s.  d.)  einerseits  übereinstimmend  im  Indischen  und 
Altpreussischeu,  andererseits  im  Griechischen  und  Lateinischen,  drittens 
im  Keltischen  und  Gei-manischen  u.  a.  w.  benannt  wird,  oder  dass  ftlr 
den  Begriff  des  Eides  (s.  d.)  urverwandte  Ausdrücke  erstens  im 
Indischen,  Griechischen,  und  Italischen,  zweitens  im  Slavischen  nnd 
Armenischen,  drittens  im  Keltischen  und  Germanisehen  bestehn,  so 
werden  derartige  partielle  Gleichungen  zusammengenommeu  dem 
Vorhandensein  einer  gemeinindogermanischen  Sprachreihe  gleich- 
kommen (s.  auch  die  methodologische  Erörterung  der  idg.  Ziegennamen 
u.  Kupfer  und  Ziege).  Einer  besonderen  Erwägung  wird  es  dabei 
bedürfen,  wenn  man  ganze  und  grosse  Gruppen  bedeutungsverwandter 
ÜbereinstimmungcQ  (s.  z.  B.  u.  Ackerhau  und  tt,  Wald,  Waldbäume) 
auf  bestimmte  Sprachen  beschränkt  findet. 

Wenn  ans  dem  bishengen  hervorgebt,  dass  Glieder  einzelner 
Wortgleichungen  im  Laufe  der  Zeit  verloren  gegangen  sein  können, 
so  ist  ein  solcher  Verlust  natUrlicli  ancb  bei  ganzen  Gleichungen 
möglich.  Es  geht  also  nicht  an,  obne  weiteres  aus  dem  Fehlen  der- 
selben für  bestimmte  Begriffe  negative  Schlüsse  auf  die  Kultur  der 
Urzeit  zu  ziehen.  Eine  so  grosse  Binsenweisheit  dies  ist,  so  schiessen 
doch  andererseits  kategorische  Bclianptungen  wie  die  Kretschmers 
S.  68:  „Damit  ist  dieses  (nämlich  dass  man  aus  dem  Fehlen  des  west- 
idg.  Namens  des  Salzes  bei  den  ladoirauiern  nicht  schliessen  dürfe, 
dass  diese  das  Salz  nicht  gekannt  hätten)  nnd  Jedes  lexikalische 
argumentum  ex  silentioad  absurdum  geführt"  oder  die  Hirts  (Beils 
rr  AUg.  Z.  1898  Nr.  51  S.  3):    „Cnd  dann  iftt  am  dem  Fehlen  i 


I 


XIV  Vorrede. 

Worten  überhaupt  niemals  etwas  zu  eracbliessen"  Uber  das  Ziel 
hinaus.  ZuDäcbst  wird  ein  Unterschied  zq  machen  sein,  ob  es  sich  nm  das 
Fehlen  von  Gleichungeu  für  einen  einzelnen  Begriff  oder  für  gauie 
Begriffskategorien  bandelt,  wie  ein  solches  it.  B.  auf  dem  Gebiet 
des  Fischfangs  (s.  d.)  gegeoüber  dem  der  Jagdtiere  (s.  n.  Jagd), 
auf  dem  der  Schiffahrt  (s.  d.)  gegenüber  dem  des  Wagenbana 
(s.  u.  Wagen),  auf  dem  der  Blumenzucht  gegenüber  dem  Acker- 
bau (g.  s.  d.  dO  n.  B.  w.  beobachtet  werden  kann.  In  allen  diesen 
Fällen  würde  es  unmethodisch  sein,  wenn  mau  das  Fehlen  oder  die 
Armut  der  Terminologie  auf  dem  einen  Gebiet  gegenüber  dem 
auf  dem  andern  herrschenden  Reichtum  lediglich  aus  dem  Aus- 
sterben einst  vorhandener  urverwandter  Gleichungen  erklären  wollte. 
Aber  auch  bei  dem  Fehlen  urverwandter  Ausdrücke  für  einzelne 
Begriffe  wird  man  immer  die  begleitenden  Umstände  in  Erwägung 
ziebn  müssen.  So  nimmt  z.  B.  Delbrück  in  seinen  Verwandtschafts- 
namen au,  dass  es  ein  idg.  Wort  für  den  Begriff  der  Ehe  und  ein 
solches  für  den  des  Witwers  noch  nicht  gegeben  habe  nnd  folgert 
dies,  ansser  aus  dem  Fehlen  urverwandter  Gleichungen,  in  dem  einen 
Fall  auch  daraus  „daas  in  den  Eiuzelsprachen,  welche  sich  auf  einer 
altertümlichen  Stufe  gehalten  haben,  kein  derartiges  Wort  (wie  „Ehe") 
vorhanden  sei",  nnd  in  dem  anderen  auch  daraus,  „dass  wir  in  den 
meisten  Einzelspracben  beobachten,  wie  neben  das  alte  Wort  ftlr  Witwe 
ein  jüngeres  Wort  für  Witwer  tritt".  Ähnlich  wird  man  das  Fehlen 
eines  idg.  Wortes  für  Fenster  (s.  d.)  gegenüber  dem  Vorhandensein 
eines  solchen  für  Thür  {s.  d.)  auch  deshalb  nicht  für  Zufall  halten 
dürfen,  weil  die  sprachliche  Ausbildung  dieses  Begriffes  iu  den  Einzel- 
spraehen  Erscheinungen  wie  Entlehnung  (z.  B,  lat.  fenestra)  und  Kom- 
position (z.  B.  got.  augadaÜTÖ)  aufweist,  die  jüngeren  Kulturbegriffeu 
eigen  zu  sein  päegcn.  Nun  wird  man  zwar  theoretisch  auch  jetit  noch 
einwenden  können:  ^Es  ist  aber  dennoch  möglich,  dass  Wörter  für 
Ehe,  Witwer,  Fenster  in  der  Grundsprache  vorbanden  waren,  ^nte^ 
gingen  und  durch  andere  ersetzt  wurden",  aber  iu  praxi  wird  der 
Sprachforscher,  der  weiss,  dass  es  sich  in  allen  diesen  Dingen  nicht 
nm  Schlüsse  tou  matbematiscbcr  Sicherheit,  sondern  nur  um  Wabt- 
scheiulichkeijtsrechnuugen  bandeln  kann,  über  solche  akademische 
Einwendungen  zur  Tagesordnung  Ubergehn,  Für  mich  wenigstens  liegt 
bei  diesem  Punkte  die  Sache  so,  dass  wenn  ich  für  einen  altertOni- 
liehen  Kulturbegriff  auf  dem  gesamten  idg.  Sprachgebiet  nirgends 
eine  etymologische  Übereinstimmung  entdecken  kann,  ich  es  zunächst 
für  der  Mühe  wert  halte  zu  fragen,  welches  der  Grund  dieser  Er- 
scheinung sein  könne. 

Die  eigentlichen  Schwierigkeiten  in  der  Benutzung  der  Ergebuiase 
der  vergleichenden  SviaiiWotactoata^  V'ü.t  \a%ssÄ.\ÄnUtUche  Zw* 
demnach  niebt  aul  dem  BoAea  4eT  \(wätt«.t  (stXsAw'waltoig&.'äÄ 


WfiCkftjMHMJ 


V  Vorrede.  XV 

■  nnd  vielmehr   ganz  vorwiegend    auf   semasiologiBcliem  Gebiet    v.a 

Kmebei],  d.  h.  in  dem  Umstand,  dass  die  Feststellung  der  ursprUnglicben 

HBedeutnng    einer   urverwandten  Spracbreihe  nicht    immer  mit  rein 

W  »praehlichen  Mitteln  möglicb  ist.     Auf  diese  Schwierigkeit  hat  bereits 

V.  Hehn  in  den  EnlturpHanzen  und  Haustieren  mit  aller  Deutlichkeit 

hingewiesen   und  auch    das  Mittel  zu  ihrer    Beseitigung,    nämlich    die 

Notwendigkeit  der  Verbindung  von  Sprach-  und  Sacbforschiing, 

angegeben.     Da    Über    diesen  Pnnkt   unten   auglllbrlicher   zu    handeln 

sein  wird,  genüge  hier  die  Bemerkung,  dass  es  doch  auch  in  scheinbar 

verzweifelten  Fällen   oft   nicht   an    rein    sprachlichen  Kriterien  fehlt, 

welche  eine  Entscheidung  in  diesem  oder  jenem  Sinne  nahe  legen.    So 

folgt  aus  der  Gleichung  sert,  ä^va-  =  lat.  equus  n.  a.  w.  natürlich  nicht, 

»dasB  das  zahme  Pferd  bereits  den  Indogermanen  bekannt  gewesen 
■ein  mOsse.  Bedenkt  man  aber,  dass  neben  dieser  Gleichung  ein  be- 
eonderer  urverwandter  Ausdruck  für  das  Fohlen,  das  Junge  des 
Pferdes  (griecb.  tiüjXo?  =  got.  fula)  liegt,  so  wird,  da  eine  solche  Er- 
scheinung bei  ivilden  Tieren  kaum  nachweisbar  ist,  der  Ansatz,  dass 
das  Pferd  schon  in  der  Urzeit  in  ein  gewisses  Verhältnis  zum  Menschen 
getreten  war,  näher  als  das  Gegenteil  liegen. 

Es  ist  daher  eine  starke  tJbertreibnug  des  Richtigen,  wenn 
Eossinna,  um  seine  Abneigung  gegen  die  „linguistische  Paläontologie" 
(ein  etwas  anspruchsvoller  Ausdruck,  über  dessen  Berechtiguug  man 
streiten  kann)  des  weiteren  zu  begründen,  a.  a.  0.  behauptet,  dass 
wir  „nie  mit  einiger  Sicherheit"  feststellen  konnten,  was 
ein  Wort  in  der  Urzeit  bedeutet  habe.  Ein  Beispiel  sei  die  Uu- 
sicherheit  des  eigentlichen  Sinnes  der  Metallnamen  (z.  B.  scrt.  üyas 
oder  griech.  xa^>(oc)  sogar  noch  in  den  ältesten  Litteraturdenkmätern. 
Denn  gesetzt  auch  den  Fall,  es  liesae  sich  die  ursprüngliche  Bedeutung 
einer  Gleichung  wie  scrt.  di/as  =  lat.  aes,  got.  aiz  (ob  , Kupfer',  ,Erz' 
oder  jEisen')  nicht  ermitteln,  so  würde  doch  auch  dann  die  für  die 
Indogermanische  Altertumskunde  höchst  bedeutsame  Thatsacbe  übrig 
bleiben,  dass  die  Indogermanen  schon  vor  ihrer  Trennung  wenigstens 
über  ein  Nutzmetall  verfUglen. 

Es  handelte  sich  bis  jetzt  um  Kulturbegriffe,  für  die  eine  Be- 
nennung sich  nachweislich  schon  in  vorhistorischer  Zeit  festgesetzt  hat, 
und  um  die  Schlüsse,  die  sich  bieraas  ziehen  oder  nicht  ziehen  lassen. 
Bei  näherer  Betiachtung  zeigt  sich  aber,  dass  die  Namengebung 
der  kulturhistorischen  Begriffe  überhaupt,  auch  wenn  diese  sieb 
nicht  über  den  Bereich  der  Einzel  vülker  hinaus  verfolgen  lässt,  von 
ansserordentlicber  Bedeutung   für  die   kulturhistorische  Erkenntnis  ist. 

Wenn  die  Sprache  vor  die  Aufgabe  gestellt  ist,  einen  neuen  Be- 
griff zu  bezeichnen,  verfährt  sie  uod  ist,  seit  Menschen  sprechen,  in 
der  grossen  Mehrheit  der  Fälle  so  verfahren,  dass  sie  eine  nn  dit 
Begriffe    haftende,    dem    Sprechenden   besonders    ckarakteriatUch. 


XVI  Vorrede. 

acheinende  Vorsfeliting  lierauegreift  nnd  nach  dieser  den  ganzen  B^ 
griff  bczeicbnet.  Das  idg.  Wort  für  Mond  (s.  d.)  bedeutet  höchst 
wahrgcbeiutich  der  „Messer",  weil  mau  Bchou  iu  grauer  Vorzeit  die 
Bedeutung  der  wechselnden  Phasen  dieses  Gestirns  als  Zeitmass  er- 
kannte. Als  sieb  bei  den  Germauen  die  neue  Scbreibknnst  verbreitete, 
bezeichnete  man  das  Schreiben  als  „Ritzen"  (engl,  write),  weil  man 
die  ältesten  Buchstaben  in  Holztäfelchen  einritzte.  Mit  Recht  hebt 
dabei  Whitney  Leben  und  Wachstum  der  Spraebe  S.  144  heiTor,  dass 
bei  der  hier  in  Frage  stehenden  Namengebung  immer  und  überall  der 
Begriff  dem  Ausdruck  vorangehe,  und  es  ist  von  kulturhistorischer 
Wichtigkeit  hinzuzufügen,  dass  nicht  schon  das  Vorhandensein  üoer 
Erscheinung,  sondern  erst  die  Vorstellung  von  diesem  Vorhandensein, 
d.  h.  eben  ihr  lebendig  gewordener  Begriff  zur  Auspräguug  einer  Be- 
zeichnung führt.  Wenn  es  in  der  idg.  Ursprache  ein  Wort  für  die 
Witwe  (b.  d.),  nicht  aber  für  den  Witwer  gab,  so  liegt  der  Grand 
dieser  Tbatsache  natürlich  nicht  darin,  dass  damals  nur  Frauen,  die 
ihre  Männer,  aber  nicht  Männer,  die  ihre  Frauen  verloren  hatten,  vor- 
handen waren,  sondern  vielmehr  darin,  dass  das  Witwentum  dnrcb 
gesellschaftliche  Einrichtungen  wie  das  Gesetz  des  Ledigbleibens  der 
Witwe  oder  das  ihres  Sterbens  am  Grabe  des  Mannes  zu  lebendiger 
Vorstellung  gelangt  war,  während  der  Mann,  dem  seine  Frau  gestorben 
war,  nach  den  damals  herrschenden  Begriffen  noch  auf  gleicher  Stufe 
mit  dem  stand,  der  ein  Kind  oder  auch  ein  Pferd  oder  eine  Knh 
verloren  hatte.  Erst  als  in  gefUlilvolleren  Zeiten  auch  der  BegriCf  des 
Witwers  in  der  Vorstellung  der  SIenschen  lebendig  geworden  war,  und 
sieh  gegenüber  anderen  verwandten  Erscheinungen  deutlicher  ab^grenst 
hatte,  drängte  er  nach  einer  sprachlichen  Bezeichnung,  die  diesmal 
meist  durch  Masktilinisicrung  des  Femininums  (lat.  viduus  :  tidaa) 
gewonnen  wurde.  „Jedes  neuervvorbene  Teilchen  von  Erkenntnis  nud 
Kraft",  sagt  Whitney  a.  a.  0.  treffend,  „legt  der  Geist  vermittels  der 
Sprache  als  sicheren  Besitz  an,  fährt  immer  fort  nach  neuer  Erkenntnis 
zn  streben  und  grössere  Herrschaft  über  »eine  Kräfte  zu  gewinnen,  nnd 
sichert  den  Gewinn  iu  derselben  Weise.  Er  arbeitet  beständig  unter 
der  Oberfläche  der  Sprache,  ändert  nnd  verbessert  die  in  den  Worten 
ausgedrückte  Einteilung  der  Din^c,  lernt  Begriffe,  die  einst  nur  an- 
näbemd  gefasst  und  ungeschickt  gchaudhabt  wurden,  besser  beherrscbeu, 
presst  neue  Erkenntnis  in  alte  Ausdrücke  —  alles,  im  ganzen  be- 
trachtet, mit  nillfe  der  Sprache,  nnd  doch  in  jedem  einzelnen  Punkte 
unabhängig  von  der  Sprache".  Es  ist  dasselbe,  was  ein  andere 
Sprachforscher,  Fr.  EUckert,  in  seinem  schönen  Gedicht  an  die  Sprache 
so  ausgedruckt  hat: 

„Da  ich  aus  dem  Schlaf  erwachte, 

Noch  uicVvV  ytttsalft,  ĻSi%  \t\\  dachte, 

Gäbest  Du  tow^i  ^eVüet  wt. 


LicBsest  mich  die  Welt  erbeuten, 
Lehrtest  mich  die  Rätsei  deuten, 
Und  mich  spielen  selbst  mit  Dir." 
Was  hier  von    dem  einzelnen  gesagt  wird,    gilt  auch  v( 
ganzen  Volk  in  seiner  kulturgcschicLtlieheu  Entwicklung. 

Indem  der  Sprachforscher  diesem  vielverachlungencu  Weg  der 
Sprache  im  Hinbliclc  auf  ihren  kulturhistorisch  bedeutsamen  Worlschalz 
prüfend  nachgeht,  gelangt  er  dazu,  die  Voretellungen  zu  ermitteln; 
welche  der  sprachliehen  Ausbildung  der  Begriffe  zu  Grunde  gelegt 
worden  sind  und  durch  die  Zusamineustelliing  und  Vergleichung  der 
Ideen,  die  (ür  ein  und  dasselbe  Objekt  den  Benennungsgrund  hergaben, 
sieb  der  Erkenntnis  des  Objekts  selbst  zu  nähern  (vgl.  anch  Pott 
Quinare  und  vigesimale  Zäblmethode  S.  226  ff.).  Auf  diesem  Wege 
lernen  wir,  dass  der  Eid  (s.  d.)  teils  als  ,SeIbstverfluohung',  teils  als 
jBerährdng'  (sc.  des  Verderben  bringen  oder  verderben  sollenden 
Gegenstands)  aufgefaast  wurde,  oder  dass  der  Begriff  des  Geldes 
,8.  d.)  in  den  einen  Sprachen  durch  Wörter  für  ,Vieb',  iu  den  anderen 
ch  solche  ftlr  ,PcIzwerk',  ,Zeug',  ,Sehmuck  n.  dergl.  ausgedrückt 
Wurde.  Auf  diesem  Wege  ermitteln  wir,  dass  die  Kunst  des  Lesens 
(8,  u.  Schreiben  und  Lesen)  als  ein  ,feierliches  Verkündigen',  als 
jErraten'  oder  als  ,Sammeln'  (der  Buchstaben)  gedacht  wurde,  Vor- 
stellungen, die  sich  ans  dem  Lesen  der  geheimnisvollen  Zeichen  des 
Losorakels  (a.  u.  Los)  ohne  weiteres  erklären.  Auf  diesem  Wege 
ergiebt  sich,  dass  der  Gedanke  der  Keuschheit  (s.  d.)  auf  sakralem 
Gebiete  wuraelt  {geschlechtlich  rein  für  Kultuszwecke),  oder  dass  der 
der  Freiheit  (s,  u.  Staude)  aus  dem  der  Stammeszugehörigkeit  hervor- 
gegangen ist.  Das  Mittel  der  Namengebung  beruht  in  allen  diesen 
Fallen  auf  den  gewöhnlichsten  Erscheinungen  des  Bedeutungß- 
Wandels  der  Sprache.  Wenn  das  Schreiben  (engl,  tcrite)  als  ,Ein- 
^tzen'  bezeichnet  wird,  so  findet  hier  zunächst  eine  Einschränkung 
der  ursprünglichen  Wortbedeutung  durch  das  Hinzutreten  näher  be- 
stimmender Elemente  (Einritzen  zum  Zwecke  der  Mitteilung  an  andere) 
statt,  wenn  aber  dann  dasselbe  Zeitwort  für  jede  Art  der  schriftlichen 
Mitteilung  (nicht  bloss  für  das  durch  Einritzen)  gebraucht  wird,  geht 
die  Einschränkung  dtirch  das  Ausscheiden  detenninierender  Elemente 
iu  eine  Erweiterung  der  Wortbedeutung  über.  Eine  andere  Form 
des  BedentungswandelB  als  dieser  auf  Determination  beruhende  ist  der 
durch  Association  in  der  Weise  erfolgende,  dass  neue  Begriffe  an 
bereits  vorhandene  angelehnt  werden,  sowie  der  auf  einfache  Be- 
deutungsü  her  tragung  hinauslaufende,  bei  der  ein  neuer  KuIturbegrifF 
einfach  nach  der  Ähnlichkeit  benannt  wird,  die  nach  irgend  einer 
Seite  zwischen  ihm  und  schon  bekannten  Dingcu  stattfiudet,  Eiu  Bei- 
spiel für  den  ersleren  Sprachvorgang  ist  die  Ausbildung  der  indisc] 
MetaUnanieB,  die  durch  Association  mit  d«m  schon  idg,  Namen  des  Kupl 


I 


XVUl  Voired*. 

(Bcrt.  dtias  =  \&t.  acs)  entstanden  sind:  scrt.  Mranjja-  ,GoId',  eig^ntl. 
jgeibgiänzendea',  rajatd-  .Silber',  eigenfl.  .weissglänzemles',  t;yämd- 
jEiseD',  eigentl.  .bläuliches'  8C.  dyas,  Beispiele  für  die  letztere  Sprach- 
erBcbeinnng  sind  es,  wenn  auf  germaniscbem  Boden  daa  spätere  Glas 
(8.  d.)  nach  dem  früheren  Bernstein,  oder  bei  den  Grieehen  die  spätere 
Zitrone  (s.  d.}  nach  dem  Holz  der  Zeder  oder  des  Wachholders  be- 
nannt wird.  Es  liegt  anf  der  Hand,  von  welcher  Eedentnng.  namentlich 
in  chronologischer  Beziehung,  anch  derartige  Beobachtungen  für  die 
Enltargeschichte  werden  können..  Und  so  erweist  eich  denn  das  ge- 
samte Gebiet  des  Bedeutungswandels  der  Sprache,  soweit  es  sich  nm 
kultnrhiEtoTiscbe  Begriffe  handelt,  als  eine  noch  lange  nicht  erschöpfte 
Fundgrube  sachlicher  und  historischer  Erkenntnis.  Welch  ein  Stück 
geschichtlicher  Entwicklung  liegt  vor  uns  ausgebreitet,  wenn  wir  sehen, 
wie  zahlreiche  Benennungen  der  Mitgift  (a.  d.)  eines  Mädchens  aiu 
alten  Wörtern  für  den  Kaufpreis  desselben  hervorgehu,  oder  wie  die 
ältesten  Bezeichnungen  des  Gastfreunds  (s.  u.  Gastfreundschaft) 
nrsprllDglich  den  ,Feind'  nnd  .Fremden'  benannten,  oder  wie  Wörter 
für  Schltlssel  (s.  d.)  eigentlich  ,Nager,  oder  solche  für  Brocke 
(s.  d.)  eigentlich  .Furt'  oder  solcbe  für  Bogen  (s.n.  Pfeil  und  Bogen) 
eigentlich  ,Eibe'  ti.  s.  w.  bedeuteten.  Derartige  Einzel  beobachtangen 
liegen  in  ungezählten  Würterbüchern  und  anderen  etymologischen  A^ 
heiten  in  Hulle  und  Fülle  zerstreut  vor.  Auf  dem  Boden  der  Idg. 
Altertumskunde  allein  künnen  sie  zu  frnehtbareu  Erkenut- 
nisseu  znaammengefasst  und  verarbeitet  werden. 

Nicht  selten  geschieht  es  nun  aber,  dasg  die  Sprache  zur  Be- 
zeichnnng  eines  neuen  Kulturbegriffs  nicht  den  im  Bisherigen  ge- 
schilderten Weg  beschreitet,  sondern  dafür  einen  fix  und  fertig  aos 
der  Fremde  entlehnten  Ausdruck  sich  aneignet.  Wir  kommen  damit 
zn  dem  Fremdwort  nnd  seiner  kulturhistorischen  Bedeutung,  Über  dir 
wir  uns  kurz  fassen  können,  da  sie  im  allgemeinen  (auch  von  Kretschmer 
S.  49}  anerkannt  jvird.  Nur  Kossinna  erhebt  auch  hier  wieder  Ein- 
wendungen :  ji'ViiT  mllesen  uns",  sagt  er  S.  5,  „ebensowohl  hüten,  zu 
viel  Worte  in  die  Urzeit  hinaiirzurücken,  als  zu  wenig,  nnd  damit 
kommen  wir  zu  dem  dritten  sprachgeschichtlichen  Bedenken,  das  sieb 
darauf  gründet,  dass  wir  keine  Ahnung  von  dem  Umfange  des  zweifel- 
los sehr  grossen  Verlustes  haben,  den  der  urzeitliche  Sprachschatz 
innerhalb  jeder  EiuKelsprache  erlitten  hat.  Jede  ans  der  Fremde  ein- 
geführte, vielleicht  recht  nnwesentliebe  Veränderung  eines  Gegeuslandi 
konnte  ein  Urwort  zum  Aussterben  bringen  und  ein  Fremdwort  daAlr 
einführen.  Dieses  Fremdwort  nimmt  dann  der  „linguistische  Paläon- 
tologe" znm  Beweise  einer  Lücke  im  voraufliegenden  Knlturleben, 
während  es  thatsächlich  nicht  in  eine  Lücke  getreten  ist,  sondern 
/leimisclies  Gut  verdt&ngl  \\a.t.  So  sind  die  Worte  „Kupft 
-Pferd"    spätrömiscVie  Vic^nvämV^.    YUtie,  ^ä\i  «&  ■äw«  ■?!«, 


Vorrede. 


bei  den  Germanen  nachweislich  Bchon  in  der  jüngeren  Steinzeit, 
das  Enpfer  wurde  ihnen  bereits  am  Ende  der  Steinzeit  bekannt' 
Wenn  man  dies  liest,  sollte  man  glanben,  dass  derartige  Erwägungen,  wie 
sie  hier  angestellt  werden,  dem  tipraehvergleicher  bis  auf  G.  Kossinna  un- 
bekannt gewesen  seien.  Und  doch  habe  ich  aelbst  lange  vor  ihm  zu  wieder- 
holten Malen  (vgl.  besonders  Sprachvergleichung  und  Urgeschichte* 
S.  20.3  Pf.  und  meine  Vorrede  zur  VI.  Auflage  von  V.  Hehns  Kulturpflanzen 
p.  XIV  ff.)  ausführlich  über  die  methodische  Verwertung  der  Fremdwörter 
gehandelt  und  dabei  aitsdrllcklich  gerade  auch  auf  die  von  Kossinna 
angeführten  Schwierigkeiten  hingewiesen.  An  ebendenselben  Stellen 
habe  ich  aber  auch  gezeigt,  dass  „nicht  alles  aus  der  Sprache  schliesaen 
können"  nicht  beisst  „nichts  aus  der  Sprache  sehliesscQ  können",  und 
wenn  Kossinna  doch  selbst  stipt,  dass  „die  Veränderung"  eines  Gegen- 
stands die  Eintllhi'ung  eines  Fremdworts  bedinge,  so  finde  ich  wiederum, 
dass  er  dasselbe  sagt  wie  ich  auch,  Denn  was  ist  Geschichte  und 
geschichtliches  Leben  anders  als  nVerändemng"?  Über  eben  diese 
Veränderung  der  Knlturbegriffe  aber  erbalten  wir  durch  das  Fremd* , 
wort  Anfschluss.  Es  ist  zweifellos  sicher,  dass  die  Entlehnung  des 
deutschen  Wortes  „Pferd"  ans  lat.  paraver^dus  (gerade  dieses  Beispiel 
habe  ich  a.  a.  0.  gebraucht)  nicht  beweist,  dass  die  Deutschen  ihre 
Pferde  von  den  Römern  erhielten.  Es  ist  aber  ebenso  sicher,  dass  sie 
auf  die  Übernahme  einer  besonderen  Verwendung  des  Pferdes, 
nämlich  der  des  Postpferdes  (s.  q.  Post)  aus  rümisch-romanischem 
Kulturgebiet  hinweist.  Es  ist  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  was 
besonders  gegen  die  Schlussfolgerungen  V.  Hehns  (s.  u.)  bemerkt  werden 
mnsste,  dass  die  Entlehnung  von  lat.  vmrtus  aus  griech.  (lüpro?  nicht 
beweist,  dass  die  Myrte  selbst  aus  Griechenland  in  Italien  einwanderte, 
wohl  aber  dass  sie  unter  griechischem  Eiufluss  daselbst  angepflanzt, 
verbreitet,  verehrt  wurde.  Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  Deutschen 
schon  ehe  sie  ihr  „kaufen"  aus  lat,  caupo  bildeten,  kauften  und  ver- 
kauften, und  doch  eröffnet  ans  gerade  diese  Entlehnung  (s.  n.  Kauf- 
mann) ein  so  lebensvolles  Bild  des  römisch-germanischen  Handelsver- 
kehrs, wie  keine  Ausgrabung  und  kein  Bericht  eines  antiken  Schrift- 
stellers es  uns  darbietet. 

Und  so  steht  es  denn  mit  diesem  Einwand  gegen  die  Benutzung^' 
der  Sprachwissenschaft  für  kulturhistorische  Zwecke  wie  mit  allen' 
anderen.  Sie  haben  ihre  Berechtigung  dem  Forscher  gegenüber,  der 
pingui  Minerva  das  eprachllche  Material  handhabt  und  etwa  ans  Ficka 
Vergleichendem  Wörterbuch  ein  Bild  der  Urzeit  oder  aus  Saalfelds 
Teusaurus  Italo-graecus  ein  Bild  der  griecbiBch-römiscbeD  Beziehungen 
rekonstruieren  wollte.  Sie  verlieren  ihre  Bedeutung  demjenigen  gegen- 
über, der  sich  wohl  bewnsst  ist,  dass  jede  sprachliche  Gleichung,  die 
auf  Urverwandtschaft  ebenso  wie  die  auf  Entlehnung  beruhende, 
sie  als  Bausfein  benutzt  werden  kann,  einer  Borgfältii:en  Prüfung  hl 


nnd        4 


Bichtlich  ihrer  Tra^ifäliigkeit  bedarf.  All^emetne  auf  jede  einzelne 
Thatsache  passende  Regeln  laaaeu  sich  hierfür  bei  der  Maunigfaltigkcit 
der  zn  bedenkenden  Gesichlsputikte  allerdings  schwerlich  anfatellen. 
Jeder  Fall  hat  gewisse imassen  Beine  eigene  Methode.  Über  die  Fria- 
zipien  der  Sprachbenntzung  ftlr  die  Kultnrgeachichte  wird  man  daher 
immer  streiten  können,  wie  man  seit  lange  mit  Vorliebe  darüber  ge- 
Btritten  hat.  In  concreto  zeigt  sich  glücklicher  Weise,  wie  schon  aas 
dem  obigen  hervorgeht,  dass  eine  Übereinstimmung,  sobald  man  wenigstens 
nm  Sachen,  nicht  nm  Worte  streitet,  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  nicht 
allzn  schwer  zu  erzielen  ist.  Und  so  stehen  wir  denn,  trotz  der  ge- 
machten Einwendungen,  noch  immer  auf  dem  „veralteten"  Standpunkt, 
den  J.Grimm  einnahm,  dass  wir  in  der  Geschichte  der  Sprache  eine 
der  reichsten  und  lebendigsten  Quellen  kulturhistorischer  Erkenntnis 
erblicken  und  trösten  uns  über  die  Versuche,  auch  an  dieser  Wahr 
heit  zn  rütteln,  mit  den  restgnationsvollen  Worten  Goethes: 
„Wenn  sie  den  Stein  der  Weisen  hätten, 
der  Weise  mangelte  dem  Stein".  — 

Über  eins  aber  kann  in  methodologischer  Beziehung  kein  Zweil«! 
sein  —  und  auf  diesen  Punkt  habe  ich,  seitdem  ich  tlberhaupt  auf 
dem  Gebiete  der  !dg.  Altertumskunde  arbeite,  mit  aller  mir  zu  Gebote 
stehenden  Deutlichkeit  hingewiesen')  — ,  nämlich  darüber,  dasß  diese 
Prüfung  der  sprachlichen  Thatsaehen  in  engster  Fühlung  mit  den  aaf 
idg.  Boden  uns  entgegentretenden  Realien  gescheboa  muss. 

Die  Sprachhetrachtung  muas  von  Sae  hbetrachtnng  be- 
begleitet sein.    Diese  führt  uns  zunächst  zu  derjenigen  Wissenschaft,  j 


I 


1)  Vgl.  K.  Brugmaon  über  Sprachvergleichung  nnd  UrgeacWchte'  In 
LU.  CentralblAtt  1883  Nr.  39:  „Der  Vf.  koniniC  zu  (iem  Resultat,  dau  die 
Sp räch wi Säen Hchan,  auf  ihre  eigenen  Mitlei  angewiesen,  nicht  im  stände  sei, 
ein  zaverläsaigefi  Bild  der  vorhistorischen  Kultarzuatände  zn  entwerfen;  sie 
müsse  mehr  nla  es  bisher  gescheiten  sei,  die  archäologische  Paläontologie 
und  Geschichtsforschung  zu  Hülfe  nehmen.  Darin  wird  Jeder  dem  Vf.  bei' 
stimmen  können",  und  Curt  Wachsinuth  Einleitung  in  das  Stadium  der  allen 
Gesctiichte  Leipzig  1895  S.  320;  ,Äuf  die  prinzipiellen  Bedenken,  die  einer 
einseitigen  Verwendung  der  Sprachwissenschaft  in  derartigen  kulturgeschichl- 
licben  Bückschlüssen  entgegen  stehu,  machte  dann  aber  mit  gutem  Grunde 
0.  Schrader  aufmerksam:  besonders  hob  er  verschiedene,  die  ganze  Be- 
trachtungsweise empfindlich  stCrende  Möglichkeiten  hervor,  die  im  einzelnen 

zu  nmschriinken  schwer  thüt So  riet  Schrader,  mit  der  sprachlictieD 

Paläontologie  die  archSologische  zu  verbinden  und  glaubte  durch  diese 
kombinierte  Methode,  die  sowohl  den  iudog'ermaniscbeu  Urschatz  als  die 
iprähistorisclien'  Funde  verwertet,  die  Kultur  der  Urzeit  erscbliessen  iit 
können,  die  er  als  die  , steinzeitliche'  der  Schweizer  Pfahlbauten  deünierte*. 
Ich  erlaube  mir  auf  diese  beiden,  leicht  zu  vermehrenden  Zeugnisse,  ein 
filtcres  und  ein  jüngeres,  über  den  wirklichen  Charakter  meiuer  Methode 
hinzuweisen,  da  man  ea  neu.«Tdin.g8  bequem  findet,  mich  als 
BÜuguistUchen  PaläoatoVogCQ"  \i\Ti'Las\.e\\e.a,  ^s^l^^»^  ••ftfid«  das 
richtig  ist, 


I 


welche  mit  Hacke  und  Spaten  in  die  Tiefe  der  Erde  steigt,  um  die 
Zeagen  vor^schiebtlicher  Jahrhunderte,  weun  nicht  Jahrtausende,  leib- 
haftig dem  Auge  blossznlegen,  der  archäologischen  Fräbistorie. 
£b  ifit  eine  erfreilhche  Thatsache,  dass  dieser  Forechungszweig  aus 
der  Bolle  des  Ascbenbrödels,  die  er  den  philologisch  -  historischen 
Disziplinen  gegenüber  lauge  Zeit  gespielt  hat,  sich  durch  die  auf- 
opfemngsvolle  Thätigkeit  hervorragender  Miinner  zu  einer  selbständigen 
und  geachteten  Stellung  mit  eigener  Methode  und  einer  Reihe  ge- 
sicherter Resultate  emporgeschwungen  hat.  Wie  aollte  da  nicht  auch 
die  Indogermanische  Altertumskunde  zur  Aufhellung  der  vorhistoiischeu 
Knlturvcrhältnisse  der  idg.  Völker  von  ihren  Ergebnissen  Nutzen  ziehn, 
die  in  der  That  geeignet  sind,  wie  es  Kossiiina  gut  ausdruckt,  den  oft 
„blassen"  sprachlichen  Konstruktionen  die  „blühende  Farbe  der  archäo- 
logischen Keahtäten"  zu  verleihn?  Dass  die  Indogermanen  schon  in 
der  Urzeit  sieh  darauf  verstanden,  Gefässe  (s.  d.)  zu  formen,  könnten 
wir  allein  aus  der  Sprache  lernen.  Wie  aber  diese  Gefasse  beBchaffeu, 
mit  welchen  Verzierungen  sie  geschmückt  waren,  ob  man  sie  aus  freier 
Hand  gestaltete,  oder  schon  die  Drehscheibe  (s.  u.  Töpferscheibe)  an- 
zuwenden verstand  u.  s.  w.,  kann  aus  nur  die  Präbistorie  lehren.  Ja 
00  hoch  ist  die  Schätzung  eben  dieser  Wissenschaft  in  neuster  Zeit 
^gestiegen,  daxa  es  eher  notwendig  erscheint,  vor  einer  Überschätzung 
ihres  Wertes  fitr  die  Iiidogennanisebe  Alteitaiiiskmide  zu  warnen,  als 
ihre  von  keinem  Kundigen  mehr  bezweifelte  Bedeutung  aosfilhrlicher 
darzulegen.  Wir  meinen  hierbei  nicht,  dass  die  wisaenschafthehe  Be- 
Btimmnng  und  Ausbeutung  eines  archäologischeu  Fundes  kaum  einer 
geringeren  Zahl  von  natürlich  andersartigen  Fehlerquellen  wie  irgend 
eine  sprachliehe  Gleichung  ausgesetzt  ist,  wir  wollen  hier  nur  auf  zwei, 
der  archäologischen  Präbiatorie  ihrer  Natur  nach  anhaftende  Miinge' 
Imuttnerksam  machen. 

P.  Kretschmer  sagte,  wie  wir  oben  sahen,  wir  sollten  der  Sprach- 
wissenschaft den  Laufpass  geben,  da  „nns  die  Keate  alttndogcrmaniscber 
Kultur  selbst  durch  die  Fräbistorie  in  reicher  FlUle  vor  die  Augen 
gerückt  seien",  und  dasselbe  ist  dio  Meinung  G.  Kossinnas.  Es  fragt 
sich  dabei  nur,  was  wir  unter  „alttndogermanischer  Kultur"  verstehen. 
Nach  Boeckh  ist  die  „Kulturentwiekluug  der  Völker"  gleichbedeutend 
mit  der  „geschichtlichen  Betbätigung  des  Geistes  der  Völker",  und 
fast  scheint  es,  als  ob  die  neueren  diese  „Bethätiguug  des  Geistes  der 
Völker"  nur  in  Töpfen  und  Krügen,  in  Dolchen  und  Schwertern  u.  s.  w. 
Buchten.  Denn  wie  hoch  man  auch  immer  den  Wert  der  Prähistorie 
anschlagen  möge,  zweifellos  ist  doch,  was  auch  H.  Hirt  zu  wieder- 
holten Malen  riebtig  hervorgehoben  hat,  dass  ihre  Erkenntnisse  sich 
auf  verhältuismässig  beschränkte  Teile  der  urzcitlicheu  Kuliurwelt  be- 
<iehn.  Wenn  auch  gewisse  Ansiedelungen,  wie  namentlich  die  Schweizer 
iViablbauten,  ein  ziemlieh  vollständiges  Bild  wenigstens dermateriellen 


I 


I 


XZn  Vorrede. 

Kaltnr  ihrer  Bewohner  gestatten,  so  baDdclt  es  sich  doch  in  der  Mehrheit 
der  Fälle  nni  vereinzelte  nnd  versprengte  Fandstücke  oder  um  Gräber- 
funde, d.  h.  um  die  Gaben,  welche  der  unverbrannten  oder  verbrannten 
Leiche  bei  der  Beisetznng  mitgegeben  wurden,  und  die  der  Natur  der 
Sache  nach  einem  beschränkten  Kreis  von  Gegenständen  entstammen. 
Vor  allem  aber  werden  wir  von  der  Prühistorie  nie  etwas  über  dag 
Familien-,  Staats-  nnd  Rechtaleben  und  nur  weniges  über  die  religiösen 
Anschanungen  der  Uizeit  erfahren  oder  zu  erwarten  haben,  bo  dasa 
also  die  gesamte  geistige  und  sittliche  Entwieklung  des  vor- 
historischen Menechen  anf  diesem  Wege  für  nna  in  Dunkel  gehftllt 
bleibt.  Gerade  hier  greift  die  Sprachvergleichung  ergänzend  ein,  die 
mit  ihrem  Lieht  alle  Seiten  der  vorhistorischen  Kultur  beleuchtet,  nnd 
nur  in  diesem,  nicht  in  einem  die  sachliche  Forschung  ansschliessendea 
oder  besch rankenden  Sinne  habe  ich  „Über  den  Gedanken  einer  KIllt^^ 
geschichte  der  Indogerniancn  auf  sprachwissenechaftlicher  Grundlage" 
(Jena  1887)  gesprochen,  den  Kretschmer  {S.  50)  als  ein  „Unding", 
V.  Hehn  freilich,  dem  Kretschmer  wohl  ein  Stimmrecht  in  diesen 
Fragen  gestatten  wird,  als  einen  „schönen  Entwurf,  der  der  Erfüllung 
harrt"')  bezeichnete.  In  der  That  sind  Gleichungen  wie  scrt.  pdti- = 
griech.  nötiiq  für  den  Haus-  und  Familienvater,  scrt.  rä'j-  =  lat.  rex 
für  den  Häuptling  des  Stammes,  aw.  kaenä-  =  griech.  Tioivr]  fllr  die 
Rache  und  ihre  Loskaufung  dnreh  die  Busse,  scrt.  d^ed-  =  lat.  detit, 
lit.  diSicas  für  gewisse  himmelentstammte  Wesen  prähistorische  Funde, 
denen  die  archäologische  Prähistorie  selbst  nichts  ähnliches  an  die 
Seite  zn  setzen  hat. 

und  noch  ein  zweiter  Nachteil  dieser  letzteren  Disziplin  dem 
sprachlichen  Material  gegenüber  niuss  hier  angeschlossen  werden.  Man 
mag  Gleichungen  wie  die  eben  genannten  für  urverwandt  oder  als 
uralte  Lehnwörter  ansehn,  eines  ist  doch  sicher,  daas  sie  auf  kultuN 
historische  Zusammenhänge  zwischen  indogermanischen  Völkern 
hinweisen.  Der  archäologische  Fund  an  und  für  sich  aber  steht,  in 
je  ältere  Zeit  er  zurückgeht,  nmso  mehr  jenseits  aller  ethniscbeo  Ver- 
bältnisse, und,  falls  es  nicht  gelingt,  eine  Beziehung  zu  diesen  hena- 
stellen,  auch  jenseits  alles  wirklich  historischen  Interesses. 

Eine  solche  Beziehung  habe  ich  anzubahnen  versacht,  indem  ich 
schon  in  der  ersten  Auflage  von  Sprachvergleichung  und  Urgeschichte 
(1663)  den  Nachweis  zu  fuhren  unternahm,   dass  die  in  den  ältesten 

1)  V.  Hehn  an  den  VerfasBcr  am  29.  März  1S87:  „Sie  haben  mir  durch 
Ihre  akademische  Rede  wiederum  ein  angenehmes  und  wertvolles  Geschenk 
gemacht.  Sie  eatwerfen  darin  den  Grundriss,  das  Fachwerk  einer  künltigea 
apvachwisaenschaftlicben  Kulturgeschichte  und  halten  dem  Forscher  alleGe- 
äjchCspankte  vor,  die  er  bei  diesem  Geschäft  sich  stellen  kann  oder 
Ein  Bcfaüner  Entwurf,  der  dfct  trtVi.WMLtig  \iMXti,  Einzelne  Partien 
schon  mehr  oder  minder  ausgctöhrt,  TvitW.Mfi-flcm^sVHi.&MöB^*»«!« 


jcber  allere- 
3  oder  '«IJP'^I 
Ttiea  ^Mj|yi 


Vorrede.  XXm 

Pfahlbauten  der  Schweiz  zu  Tage  getretene  Kultur  der  jüngeren  Stein- 
zeit sich  im  Grossen  und  Ganzen  mit  derjenigen  Kulturstnfe  deckt, 
welche  wir  auf  linguiBtisch-historicchem  Weg  als  die  der  ältesten 
europäiBchen  Indogermanea  erBchiiessen  kennen.  Es  zeigt  sich,  dass 
die  wichtigsten  Bestandteile  jener  ältesten  Pfahlbautenkultur,  also  z,  B. 
die  daselbst  nachgewiesenen  Hanstiore  oder  Knltnrpflanzen  oder  die 
von  den  Pfahlbauern  geübten  Künste  des  Käheus,  Spinnens,  Webens 
n.  8.  w.  sieh  durch  urverwandte  Gleichungen  belegen  lassen,  während 
für  Enlturgegenstände,  die  bisher  in  der  ältesten  Pfahlbautenzcit  nicht 
nachgewiesen  werden  konnten,  also  z.  B.  fllr  Esel,  Manltier  nnd  Katze 
oder  filr  den  Koggen  nnd  Hanf  auch  die  sprachlichen  Belege  in  dem 
Wßrterschatz  der  europiüsch-indogcrmanischen  Urzeit  m  der  Regel 
vermisst  werden  (s.  auch  u.  Kupfer  und  Steinzeit),  Dasselbe  wie 
Ton  der  Knltnr  der  ältesten  Schweizer  Pfahlhauten  gilt  aber  von  den 
neolitbiselien  Ansiedlungen  Europas  Überhaupt,  und  so  gelangen  wir 
auf  diesem  Wege,  auf  dem  ich  unter  den  Archäologen  z.  B.  bei 
M.  Much  (Die  Kupferzeit  in  Europa  und  ihr  Verhältnis  zur  Kultur  der 
Indogermanen  II.  Auflage,  Jena  1893),  nnter  den  Sprachforsehern  z.  B. 
bei  W.  Streitherg")  und  IL  Hirt*)  Zustimmung  gefunden  habe,  zu 
einem  doppelten  Ergebnis:  einmal  zu  dem,  dass  die  proethnischen  Zu- 
eammenhänge  der  Indogermanen  in  die  neolitbische  Zeit  fallen,  und 
zweitens  zu  dem,  dass  der  auch  von  allgenieiaereu  Gesichtspunkten 
ans  nächstliegenden  Annahme  nichts  im  Wege  steht,  schon  das  neo- 
litbische Europa  sei  in  weiter  Ausdehnung  von  Indogermanen  bevölkert 
gewesen^).    Damit  aber  ist  für  den  Linguisten  uud  Prähistoriker  eine 


1)  ,Eine  Thatsache  von  groaser  Tr&gweite,  auf  die  vor  allem  O,  Sclirader 
hingewiesen  hat,  ist,  daaa  die  Kultur  der  jUngeren  Steinzeit  üherra sehende 
Ähnlichkeit  mit  derjenigen  zeigt,  die  wir  aus  sprachlichen  Momenten  für  die 
idg.  Urzeit  erschüesBen  können",  W.  Streitberg  Die  Urheimat  der  Indoger- 
manen Feuilleton  d.  Frankf.  Zeitung  vom  15.  März  1893. 

2]  ,Die  gleiche  Kulturstufe  wie  sie  in  den  Schweizer  Pfahlbauten  vor- 
ließ, müssen  nach  Ausweis  der  Sprach«  die  Indogermauen,  zum  mindesten 
die  Europäer,  erreicht  haben",  H.Hirt  Geogr.  Z.  herausg.  von  A.  Hettner  IV, 
1898  S.  374  (a.  auch  n.  Kupfer  und  vgl.  die  Amn.  auf  S.  XVIII). 

3)  Zu  dem  gleichen  Resultat  kommt  auf  Grund  allgemeinerer  Er- 
wAgnngen  auch  P.  Eretachmer  6.  57;  doch  tadelt  er  den  Weg,  auf  dem, 
wie  ich  glaube,  dasselbe  altein  beweisbar  ist.  Seine  Einwendungen  lassen 
sich  an  folgenden  zwei  Fäilou  zugleich  deutlich  machen  und  —  widerlegen. 
Der  neoÜLhischen  Kultur  war  die  Ziege  als  Hanstier  bekannt,  die  Gans  als 
solches  unbekannt.  Nun,  meint  Kretschmer,  fehle  gerade  für  die  Ziege 
ein  gemeinindogermanischea  Wort,  während  umgekehrt  für  die  Gans  (acrt. 
hamsd-  =  griech.  xuv  u.  a.  w.)  ein  solches  vorhanden  sei.  Was  nun  aber 
das  erstere  Beispiel  anbetrifft,  so  sind  für  den  Ziegenbock  so  viele  partielle 
Üb ereio Stimmungen  in  den  idg.  Sprachen  vorhanden  (s.  u.  Ziege),  dass 
uns  auch  Uhlenbeck  Beiträge  XIX,  330  und  Hirt  in  Hettnera  Geogr.  Z.  IV, 
Vorhandensein  von  Ausdrücken  für  dieses  Tier  in  der  idg.  Urapri 
im   (s.    oben   S.  XI   über    die  Verwertung  partieller   Gleichungen). 


äälV  Vorrede.  I 

gemeinsame  ethnographische  Basis  gegeben,  ron  welcher  sie  zur  En 
klärang  der  weiteren  knltnrgeschichtlicheD  Entwicklung  nuBereB  Erd- 
IcÜB  zusammen  ihren  Ausgangspunkt  nehmca  ktimien. 

Die  Notwendigkeit  eines  Zusammengehens  von  Sprach-  ood 
Sachforscbang  auf  dem  Boden  der  Idg.  Altertumskunde  tritt  mit  be- 
sonderer Dentüchkeit  ferner  bei  den  Versuchen  hervor,  über  die  Geoesii 
nnaerer  Flora  und  Fauna  Liclit  zu  verbreiten,  Versuche,  die  die 
Sprachforschung  zu  engen  Bertlhrangcn  mit  der  botanischen  und 
zou  logt  sehen  Paläontologie  führen  inussten.  Ich  kann  hieran  Aaa 
korz  sehoD  oben  genannte  Buch  V.  Hchüs  Kulturpflanzen  und  Haus- 
tiere iD  ihrem  Übergang  aus  Asien  nach  Griechenland  und  Italien  so- 
wie in  das  übrige  Europa  (I.  Auflage,  Berlin  1S70)  ankoOpfen.  Wie 
der  Titel  dieses  Werkes  andeutet,  sollte  in  demselben  der  Nachweig 
geführt  werden,  dass  die  wichtigsten  Charakterpflauzen  des  SUdetu 
zusammen  mit  einer  Heihe  von  Haustieren  erst  in  historischer  Zeit 
durch  die  Hand  des  Menschen  aus  dem  Orient,  gewöhnlich  wie  Helm 
annafam,  aus  Syrien  oder  den  Pontusländem,  nach  Europa  verpflanzt 
und  hier  weiter  verbreitet  worden  seien-  Was  den  Verfasser  zu  dieser 
Annahme  einer  grossartigen  Orientalisierung  der  europaischen  Flora, 
von  der  ich  hier  allein  spiecTien  will,  führte,  war,  abgesehen  von 
historischen  Erwägungen,  die  Beobachtung,  dass  die  sprachliche  Ent 
lehnnng  auf  dem  Gebiet  der  Kulturpflanzen  eine  sehr  umfangreiche  ist. 
Griecb.  KÜwr]  „das  Hohr"  ist  aus  dem  Semitischen  entlehnt,  lat.  murtui 
,die  Myrte'  aus  dem  Griechischen.  Beweist  dies  nicht,  dass  auch  von 
den  beiden  Pflanzen  die  eine  von  den  Semiten  zu  den  Griechen,  die 
andere  von  den  Griechen  zn  den  Römern  kam?  Die  philologigcho 
Argumentation  Hehns  fand  eiustimmigen  Beifall  bei  den  Philologen. 
Seitens  der  Naturforscher  wurden  Bedenken  laut.  So  machte  0.  Heer, 
der  bekannte  Bearbeiter  der  Pflanzen  der  Schweizer  Pfahlbauten,  darauf 
aufmerksam,  dass  Myrten-,  Lorbeer*  und  Mastixblätter  schon  in  den 
ältesten  Tuffen  am  Fuss  des  Aetna  entdeckt  worden  seien,  und  das 
daher  diese  Pflanzen  nicht  in  historischer  Zeit  in  Italien  eingeführt 
worden  sein  könnten.  V.  Ilehn  antwortete  in  dem  Vorwort  zur  ü. 
Auflage  sehr  kühl:  „Ich  habe  Italien  genommen  wie  es  war,  als  io 
historischer  Zeit  sich  hier  die  erste  höhere  Kultur  entwickelte;  welche 
Pflanzen  es  in  einer  früheren  Erd-Epoche  trug,  ist  mir  gleichgiltig,... 
Erst  hätte  Herr  Professor  Heer  aufzeigen  müssen,  dass  von  den  älteslen 
Tuffen    des  Aetna   oder   den   diluvialen  Travcrtinen  Toskanas  in  der 


aweiten  Falle  aber  Übersieht  Kretschmer,  dasa  wir  den  archSoIogltcheD 
Funden  nicht  allein  die  linjulatischen,  sondern  die  lingnistiach-historiscbeg 
Ergebnisse  gegenüber  slellen,  und  diese  iehren  una  eben,  dass  die  Ontii 
(s.  d.)  in  der   Idg.  Urzeit  noch   kein  Haustier  gewesen  sein  kann,    dft  ato 

auch   in   historischcv  Zeil  ia  4c^  laxesvct  ^-^nttv^n  der  Eiuzelvül 
Dicbi  ist. 


Vor  rede. 


That  ein  ununterbrochener  vegetativer  Zusammenhang  bia  anf  die  Zeit 
geht,  wo  die  geschichtlichen  Zeugnisse  beginnen.  Kann  er  diesen 
Nachweis  fuhren,  so  will  ich  gern  einräumen,  dass  mich  meine 
historischen  Mittel  an  diesem  Punkte  falsch  beraten 
haben."  Naturforecher  nnd  Philologe  hatten  sich  nicht  überzeugt, 
and  doch  gab  und  giebt  es  für  beide  keine  besondere  Wahrheit. 

Als  es  sich  daher  darum  handelte,  nach  dem  Tode  V.  Hehns  eine 
Neubearbeitung  des  berühmten  Bucheg  zu  veranstalten,  schien  es  nütij 
um  diese  und  andere  Streitfragen,  welche  sich  an  dasselbe  knUpfti 
wenn  müglich  su  schlichten,  die  Arbeit  gemeinsam  cineoi  Naturfursclisr 
und  Philologen  zu  llbertragen.  Ftlr  den  botanischen  Teil  wurde  Prof,^' 
A.  Eugler,  der  Direktor  des  Berliner  Botanischen  Gartens,  gewonnen.' 
Indem  ich  auf  die  Ausfllhrungen  dieses  Gelehrten  in  dem  Vorwort  m 
der  Neubearbeitung  des  Hehnschen  Werkes')  venveise,  hebe  ich  nnp 
hervor,  dass  es  der  heutigen  Botanik  allerdings  möglich  ist,  deq. 
von  Hehn  vermiesten  Nachweis  der  vegetativen  Kontinuität  zwischen' 
früheren  und  der  jetzigen  Erdpoche  im  westlichen  und  südlichen  Etl- 
ropa  zn  fuhren.  Engler  sehliesst:  „Wir  sind  daher  berechtigt,  von 
allen  Pflanzen,  welche  am  Ende  der  Terliärperiode  oder  in  der 
Interglacialperiode  oder  auch  bald  nach  der  Glacialperiode  in  SUd- 
europa  existierten,  anzunehmen,  dass  sie  ohne  Zutbun  des  Menschen 
dabin  gelangt  sind".  Dem  Philologen  blieb  es  übrig  zu  zeigen,  dass 
in  der  That  V.  Hehn  aus  sprachlicheD  Kriterien  nicht  selten  zu  viel 
geschlossen  habe,  dass  z.  B.  lat.  mnrtua  auch  deswegen  aus  dem 
Griechisehen  entlehnt  sein  künne,  weil  die  Römer  von  den  Griechen 
die  Verehrung  der  Myrte  als  des  Baumes  der  Aphrodite  übemahmeo 
Das  Gesamtresnltat  Hehns  bleibt  trotzdem  bestehen,  nur  dass  man  in 
recht  vielen  Fällen  nicht  eine  Übertragung  der  Pflanze  selbst  aus  dem 
Orient  nach  Griechenland  oder  aus  Griechenland  nach  Italien,  soadem.j 
nur  die  ihrer  Kultur  annehmen  muBS. 

Wenn  so  bei  den  im  Hehnschen  Buch  behandelten  Pflanzen  durch 
die  gemeinsamen  Überlegungen  des  Botanikers  und  Philologen,  wie 
ich  hoffe,  zuverlässigere  Ergebnisse  gewonnen  worden  sind,  so  steht  die 
gleiche  Aufgabe  auf  zahlreichen  anderen  Gebieten  des  Pflanzemeiehes, 
soweit  CS  in  den  Dienst  der  idg.  Volker  getreten  ist  oder  Beziehungea- 
zn  ihrer  Kultur  gewonnen  hat,  noch  bevor.  So  werden  von  Hehn  die 
Getreidearten,  die  Pflanzen  des  Gemflsegartens  (mit  Ausnahme  der 
Cucnrbitaceen,  Hülsenfrüchte  und  Zwitlielgewäehse),  die  technisch  ver- 
wertbaren Pflanzen  (mit  Ausnahme  des  Flachses  und  Hanfes),  die  Heil- 
und  Zauberkräuter  n,  s.  w.  entweder  gar  nicht  oder  mir  im  Vorüber- 


1 


4 

4 


I)  V.  Hehn    Kulturpflanzen    und  Haustiere,  VI.    Aufl.,   neu   herausge- 
geben  von  0.  Schrader,    mit  botanischen  Beitrilgen   von  A.  Engler.    Berlin  - 
1894.     Eine  IL  Auflage    dieser  Neubearbeitung,   die  VII.  des  Buuhee, 
Vorbereitung-. 


ÄXVr  Vorrede. 

gehen  behandelt.  Über  die  Ursprünge  und  Verbreitungsgeschichte  aller 
dieser  Pflanzen  aber  sind  wir  noch  sehr  wenig  nnterriebtet.  Hier  iu 
also  (ebenso  wie  anf  dem  Gebiete  des  Tierreichs)  noch  ein  weites 
Feld  gemeinsamer  Tbätigkeit  für  Nalurforscher  nnd  Philologen  ge- 
öffnet. 

Es  erübrigt,  ein  Wort  über  die  Beziehungen  der  indogemianischen 
Sprachwissenschaft  zu  derjenigen  Wissenschaft  zu  sagen,  welche  den 
Menschen  selbst,  nicht  als  Zäiov  ttoXitiköv,  als  Kulturträger,  sondem 
als  I({Jov  in  naturwissenschaftlichem  Sinne  zu  erforschen  bestrebt  ist, 
zu  der  Anthropologie.  Ich  kann  mich  über  diesen  Punkt  omso 
kürzer  fassen,  als  er  von  P.  Kretschmer  in  seiner  oft  genannten  Eia- 
leitang  in  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  1896  Cap.  II  mit 
ansgezeiehneter  anthropologischen  Sachkenntnis  und  in  dem  gleieben 
Sinne  wie  vorher  von  mir  (Sprachvergleichung  und  Urgeschichte' 
Zur  Methodik  und  Kritik  der  linguistisch- bistonschcn  Forschung  Cap.!: 
Die  idg.  Sprach-  und  Völkerverwandtschaft,  nnd  in  der  Anla  1S95 
S.  364  ff.)  erschöpfend  nnd  richtig  behandelt  worden  ist.  Als  die  An- 
thropologie sich  der  indogermanischen  Frage  zuzuwcuden  begann, 
schien  es  einen  Augenblick,  als  ob  der  ganze  Begriff  des  ludogemia- 
nentnms  vor  ihren  Rassenkonstruktionen,  in  die  er  sich  in  keinet 
Weise  einfügen  liess,  in  sich  zusammcnbiecben  werde.  Indessen  isl 
das  Gegenteil  der  Fall  gewesen.  Der  Gedanke  einer  idg.  Spracb- 
und  Völkereinheit  ist  siegreich  ans  allen  Anfechtungen  hervorgegangen. 
Keine  der  anthropologischen  Hypothesen,  auch  nicht  die  auf  die  Ver- 
schiedenheit des  Baues  des  menschlichen  Schädels  gegründeten,  habea 
oin  fHr  die  genealogischen  Verhältnisse  der  Völker  eutseheideudes  und 
allgemein  anerkanntes  Merkmal  ergeben.  „Ein  so  sicheres  Faktma", 
sagt  Kretschmer  a.  a.  0.  mit  Recht,  „wie  die  idg.  Spracheinbeit,  eine 
so  scharfe  ethnische  Abgrenzung  wie  dieselbe  gegen  die  Nachbarvölker 
erlaubt,  hat  keine  der  anthropologischen  Theorien,  die  sich  mit  der 
idg.  Sprache  beschäftigen,  aufzuweisen  vermocht."  So  nützlich  and 
fruehtbringend  daher  auch  die  anthropologischen  Untersuchungeu  für 
die  Naturgeschichte  des  Menschen  sein  mügen,  fUr  die  Vtllkerknnde 
im  allgemeinen  und  für  die  Indogermanische  Altertumskunde  im  be- 
sonderen haben  sie  bis  jetzt  nur  einen  sekundären  Wert  erlangt  (e. 
näheres  u.  Körperbesehaffcnheit  und  u.  Urheimat  der 
Indogermanen). 

Wir  haben  bis  jetzt  gesehen,  dass  die  für  das  Verständnis  der 
indogermani sehen  Sprachverwandtschaft  notwendige  Voraussetzung  eines 
indogermanischen  UiTolks  zu  der  Frage  führte,  oh  es  nicht  möglich  sei, 
wie  die  Sprachentwieklung,  so  auch  die  Kulturentwicklung  der  Indogci- 
mnuen  bis  in  die  Epoche  dieies  Urvolks  zurückzuverfolgen.  Wir  hai^, 
ferner  ge8ehü,we\c\ia'Mvlld4\&S\i^a&V'ä)^s»R.\i«.c,haft8elb8t  für  die 
dieser  Aufgabe  darbietet,  U\XV&\,  ö.V'i  ^fti^tV  --i^tM^tV  -wa  ' 


1.    Wir  iuimt 
die^||J 


achtune  ^H 


anfechtbaren  Ergebniseen  führen  können,  wenn  die  Spracbbetrachtung 
eich  mit  sorgfältiger  Sacbbetracfatung  verbindet.  Diese  Sachbetraehtung 
leitete  uns  zunächst  zu  eine  Reibe  unter  einander  uabverwandter  Dis- 
ziplinen, welche  den  Vorzug  mit  einander  gemein  haben,  durch  prä- 
historische und  paläontologische  Funde  inebr  oder  weniger  direkt  in 
die  Urzeit  hinüberzufahren,  andererseits  aber  auch  deu  gemeinsamea 
Nachteil  besitzen,  sich  auf  verhältnismässig  besehränkte  Teile  der  ur- 
zeitlichen Kulturwclt  zu  beziebn.  Die  Indogermanische  Altertumskunde 
wUrde  daher  bei  der  Rekonstruktion  ihres  Bildes  der  Urzeit  Aber  ein 
sehr  lückenhaftes  Material  yerfUgen,  wenn  ihr  nicht  noch  ein  anderes 
Mittel  für  ihre  Zwecke  zur  Verfügung-  stände,  das  der  Vergieicbung 
der  bei  den  idg.  Völkern  historisch  bezeugten  oder  noch  jetzt  lebenden 
Realien  und  Institutionen. 

Diesen  Weg  zu  wandeln  hat  uns  V.  Hehn  gelehrt.  Sein  Aus- 
gangspunkt dabei  ist  ein  doppelter.  Einmal  werden  auf  das  sorgfältigste 
alle  Nachrichten  gesammelt,  welche  die  Sehriltsteller  des  Altertums 
und  Mittelalters  uns  über  die  Sitten  and  Gebräuehe  der  europäischen 
Nordvölker,  vor  allem  der  Kelten,  Germanen  und  Slaven  hinterlassen 
haben.  Das  andre  Mal  wird  dieses  tote  Material  belebt  und  veryoll- 
Etändigt  durch  die  Erfahrungen,  welche  Hehn  selbst,  durch  ein  für 
ihn  selbst  widerwärtiges,  aber  fUi*  die  Wissenschaft  heilsames  Lebens- 
Bcbicksal  in  das  Innere  Russlauds  verschlagen  (vgl.  Vf.  V.  Hehn,  eia 
Bild  seines  Lebens  und  seiner  Werke  Berlin  1891  S.  23  ff.),  bei  diesem 
ruckständigen  Zweige  der  idg.  Vülkerwelt  gesammelt  hatte.  Diese  Be- 
deutung der  Slaven  fUr  die  Urgeschichte  der  Indogermanen  wird  Uehn 
nicht  müde,  immer  aufs  neue  hervorzuheben.  Vgl.  De  moribus  Ru- 
theuorum  S.  118:  „Sie  (die  Bussen)  sind  sehr  alt,  uralt  und  haben 
das  älteste  konservativ  bewahrt  und  geben  es  nicht  auf.  An  ihrer 
Sprache,  ihrer  Familienverfassung,  ihrer  Religion, 
ihren  Sitten,  ihrem  Aberglauben,  ihrem  Erbrecht 
u.  fi.  w.  lässt   sich  das    frühste  Altertum   studieren",    Italien  U.  Aufl. 

3.  336:    „Die    Slaven bilden    für    den  Kulturbistoriker    eine 

reiche,  bisher  noch  so  gut  wie  unberührte  Fuudgrnbe  von  Altertümern. 
Selbst  in  den  Gegenden  um  Moskau,  also  im  Herzen  Russlands,  sowie 
in  Kleinrussland  kann  der  aufmerksatue,  mit  der  Sprache  bekannte 
Beobachter  tausendmal  an  Homer  und  das  bei  Homer 
geschilderte  Leben  erinnert  werden",  Baltische  Monats- 
schrift Januar  1864:  „Die  Baltische  Monatsschrift  verdient  es  wohl 
(viele  Abonnenten) ;  denn  hat  sie  nicht  auch  in  ihrer  Art  ein 
wichtiges  Amt  zu  verwalten,  ist  sie  nicht  auch,  gleich  ihrer  be 
rühmten  Paiiser  Kollegin,  eine  Warte  beider  Welten?  Der  kleinen 
baltischen  nämlich  und  jener  auswäils  liegenden,  ganz  anders  ge- 
arteten, ungeheuer  ausgedehnten  byzantinisch-slaviscben  Welt,  die  mit 
eig-nen    Schrilizeichen    sehreibt,    mit    eigenea   K.tt.^ftk\i.e,^i.   a&t  U^:*! 


i 


Bü-  I 

4 


I 


XXVin  Vorrede. 

etäbeD  rechnet,  ihre  Grfitze  eo  körnig  iset,  wie  der  Pereer  eeinen  Keia, 
ond  sich  mit  dorn  Vor-  und  Vaternaraen  nennt,  wie  <Iio  Völker  des 
Altertums,  der  Welt  nran  f  ä  ngli  che  r  Do  rf  gemeinsc  h  aft, 
stammartig  wachsender,  durch  kein  Prinzip  der  Per- 
s  nlichkeit  sich  auflösender  Familie."  Erst  nachdem  so 
dem  Kultuihistoriker  auf  dem  scliwankenden  Boden  der  Urgescbieble 
ein  h6z  noi  noö  utöj  gegeben  ist,  wagt  es  Helm,  sieh  der  glänzenderen 
Eulturwelt  des  klassischen  Altertums  zu  nähern  und  die  beiden  Fragen 
anfzuwerfcn:  Wie  sind  einerseits  Griechen  und  Kümer  aus  den  in  jenen 
Zengnissen  noch  vorliegenden  Anfängen  idg.  Kultur  zu  den  viel- 
bewnnderten  Völkern  des  Altertums  geworden,  und  andererseits,  welche 
Überreste  der  Urzeit  lassen  sich  auch  bei  ihnen  noch  nachweisen? 

Die  hier  gescliilderte  Methode  V.  Helms,  über  die  Greuzen  der 
Überlieferuug  vorzudringen,  kann  man  zugleich  als  neu  und  als  — 
uralt  bezeichnen.  Neu  ist  sie  gegenüber  den  bis  auf  ihn  üblichen 
rein  sprachlichen  Kckonstruktioncn  der  Urzeit,  deren  umfangreicbeite 
in  dem  grossen  Werk  des  Genfer  Gelehrten  A.  Pietet  Les  origine» 
Indoenropdcnues  (1859 — 63)  vorliegt.  Uralt  ist  sie,  wenn  man  bedenkt^ 
dass  schon  Thukydides  in  der  Einleitung  zu  seinem  Gescbichtswerk, 
in  der  er  ein  Bild  der  griccliiscben  Urzeit  zn  entwerfen  unter- 
nahm, diesen  Weg  einschlug.  Besonders  charakteristisch  ist  in  dieser 
Beziehung  das  V.  Kapitel  des  ersten  Baches,  in  dem  der  Geschichts- 
schreiber zeigt,  dass  im  ältesten  Hellas  fortwährende  Raubzdge  zwischen 
den  einzelnen  Stämmen  staltfanden,  nud  dass  diese  Quelle  des  Erwerb« 
damals  fUr  die  Beteiligten  noch  nichts  ehrenrühriges  hatte.  Den  Be> 
weis  für  diese  Anschauung  findet  er  einmal  darin,  dass  der  geschilderte 
Zustand  noch  zu  seinerzeit  bei  zurückgebliebenen  Stämmen  wie  den 
Ozolisclien  Lokrern,  den  Ätolem  und  Akarnanen  herrsche,  das  andr« 
Mal  darin,  dass  man  noch  im  ältesten  Epos  den  angekommenen  Fremd- 
ling unbedenklich  frage,  ob  er  vielleicht  ein  Räuber  sei,  der  über  da». 
Meer  gekommen  wäre.  TToXXä  6'  Sv,  fügt  er  Cap.  VI  hinzu,  Kai  öXX» 
T15  ÖJioliei£ei€  tö  naXaiöv  'EXXrjviKÖv  öiioiÖTpoira  Tili  vOv  ßapßapiKij* 
bmtTibpevov.  „Auf  viele  andere  Züge  könnte  man  noch  hinweisen,  ia 
denen  sich  altgriechischer  Brauch  mit  dem  moderner  Barbarenvölker 
deckt.« 

Einiges  bleibt  zur  näheren  Charakterisierung  der  Quellen  und 
Methoden  dieser  Kenlien-  und  Institntiooenvergleichang  zu  be- 
merken übrig.  Bei  der  Benutzung  der  Nachrichten,  welche  uns  Griechen 
und  ROmer  über  die  Nordvölker  Eiiropas  hinterlassen  haben,  vergesse  man 
nicht  eine  Erscheinung  in  Rechnung  zu  steilen,  auf  die  Alexander  Riese 
in  einem  feinsinnigen  Programm  Die  Idealisierung  der  Naturvölker  des 
Nordens  in  der  griechischen  und  römischen  Litteratur  (Frankfurt  a.  M. 
1670}  zuerst  znsammeBia6seniV\\vc\gevj'\ft%caWVdift  Erscheinung  u&mlicb, 
dass  die  klassischen  \uIotct  m  %c\\to««a\  ^it?,tM.%Äi  m  viNaiRsa.\a.%t«., 


Vorrede.  XXJ*  ■ 

:'iefe  der  Dinge  Bteigenden  Forscher  -wie  Thnkydides  vielfach  der 
leinnng  waren,  die  nns  auch  in  neueren  Litteratnrepochcn  gelegentlich 
u  begegnen  pflegt,  dass  Tugend,  GlUck,  Wohifabrt  aHein  in  den  ein- 
acheren  Verhältnissen  der  Barbaren  zu  finden  seien,  deren  Zustände 
i©  daher  nicht  seifen  in  rosiger  VerklHrang  schauten  nnd  schilderten. 

Neben  den  antiken  Nachrichten  über  die  Nordvölker  sind  natürlich 
uch,  was  von  V.  Hehn  nicht  immer  geachehcn  ist,  ihre  einheimischen 
tnellen  zu  Rate  zu  ziehn,  die  so  relativ  spater  Zeit  sie  angehören, 
jid  Bo  sehr  sie  schon  unter  südlichen  Einflüssen  stehen  mögen,  doch 
eiche  Fundgruben  vorhiatorischer  Altertümer  enthalten.  Man  denke 
a  dieser  Beziehung  etwa  an  Oesetzgebangen  wie  die  irischen  Brehon- 
resetze  nnd  die  ältesten  slavischen  Pravdaa,  oder  an  Dichtungen  wie 
leo  angelsächsischen  Beownlf  und  den  alts&chsischen  Heliand  u.  a.  vr. 

unter  den  Völkern  der  Gegenwart  erweisen  sieh  neben  den 
Inssen,  die  Hehn  bei  seinen  obigen  Ausführungen  besonders  im  Auge 
latle,  für  die  Rekonstruktion  der  Urzeit,  namentlich  auf  dem  Gebiete 
ler  Familie,  der  Sippe  nnd  des  Slamnies,  auch  die  BÜdslavischen 
/■erhäitnisse  von  hervorragender  Wichtigkeit,  die  daher  sowohl  Delbrück 
D  seiner  Untersnehung  Ober  die  Verwandtsehaftsnamen  wie  auch  der 
Unterzeichnete  in  der  zweiten  Anflage  von  Sprachvergleichung  und 
Jrgescbichte  (1890)  vielfach  zur  Vergleieliung  herangezogen  hat.  Dieser 
Lneicht  schliesst  sich  auch  H.  Hirt  an,  der  in  neuerer  Zeit  Bosnien 
,nd  die  Herzegowina  selbst  bereist  hat.  „Bei  den  Südslaveu  ist  bis 
um  heutigen  Tage  eine  Familien-  und  Wirtschaftsform,  die  zadruga, 
ebeudig  geblieben,  die  sieher  in  sehr  alten  Zeiten  wurzelt"  (Jahrb.  f. 
lationalök.  n.  Stat.  III.  Folge,  XV,  458),  und  „Hier  lebt  vor  allem 
:och  die  Familien-  und  Wirtschaftsform,  die  wir  für  die  Urzeit  voraua- 
etzen  dürfen.  Mir  ist  in  diesen  Ländern  das  Bild  jener  Epoche,  das 
eh  durch  Studium  gewonnen  hatte,  erst  lebendig  geworden"  (Hcttners 
ieogr.  Z.  IV  Jahrg.  1898  S.  387).  Ea  ist  zn  wünschen,  dass  Hirt 
«ine  Reiseheohachtnngen  auf  diesem  Gebiet  bald  der  öfTentiichkeit 
Ibergeben  möge.  In  religionsgeschichtlieher  Beziehung  haben  sich, 
»ie  ds3  hervorragende  Buch  H.  üseners  Götternamen,  Versuch  einer 
>hre  von  der  reiigiösen  Begriffs hüdiing:  Bonn  1896  zeigt,  vor  allem 
lie  litauischen  Gutternamen  nud  Gottesvorstellungen  als  wichtig 
ür  das  Verständnis  des  ältesten  idg.  Glaubens  erwiesen  (s.  u.  Reli- 
rion). 

Der  charakteristischste  Funkt  der  Hehnscheu  Sachvergleichung 
Bt  immer  das  Bestreben,  von  den  primitiven  Kullurverhältnissen  der 
■Jord-Indogcrmanen  aus  einen  Aus-  und  Einblick  in  die  Knltarentwick- 
nng  des  klassischen  Altertums  zu  erhallen.  Gerade  umgekehrt  ist  der 
rVeg,  den  B.  W.  L  e  i  s  t  in  seinen  Büchern  Graeco-itaüsche  Rechts- 
schichte  (1884),  Altarisches  Jus  gentium  (1889),  Altarisches  Jas 
dvile  I  (1892),    Altarisches   Jos  civile  II  (1896)    einschlägt,    um   die'l 


vorhistorische  Rechtsordnnng  der  Grieclieu  und  Rümer  zu  ennitleln 
und  auf  dieser  Grundlage  das  historische  Recht  der  Griechen  and 
vor  allem  das  der  Römer  zu  versteheu.  Aus  dem  Erei&e  der  idg. 
Völker  greift  er  in  dem  ersten  Werk  die  Griechen  und  Römer,  in  dem 
zweiten  die  Inder,  Griechen  uud  Römer,  also  beliebige,  d.  b.  nicht 
durch  nälicre  Verwandtschaft  mit  einander  verbundene,  aber 
sämtlich  Boiion  bei  Anheben  der  Überlieferung  auf  rerbäUmsmäeeig  { 
hoher  Kulturstufe  stehende  Völker  heraus,  um  durch  eine  Vergleichnng 
ihrer  Rechtsordnungen  bis  zu  ihrem  „Stammrecht"  vonudringen.  Erst 
in  dem  letzten  der  genannten  Werke  werden  auch  die  RecblsbildnngeD 
der  Nordvülker  vergleichend  herangezogen,  ohne  auf  die  längst  vorher 
festet  eben  den  Grnndanscbauungen  des  VerfnsBera  noch  einen  mass- 
gebenden EinfluBS  ausüben  zu  können.  Meine  Bedenken  gegen  diese 
Forschungsweise  des  Verfassers,  die  um  so  sicherer  zn  übertriebcneti 
Vorstellungen  von  dem  religiösen,  sittlieben  und  rechtlicben  Lebea 
der  Indogermnnen  führen  musste,  als  auch  von  den  Ergebnissen  der 
.Sprachforschung  nicht  selten  ein  nnhistorischer  Gebranch  gemacht 
wird,  habe  ich  zu  verschiedeneu  Malen  dargelegt  (vgl.  SprachvergL 
und  Urgeschichte»  S.  202,  353  ff.,  Deutsche  Litz.  1893  Nr.  19),  nnd 
sehe  jetzt,  dass  ähnliche  Einwendungen  auch  von  anderen  gemacht 
werden.  So  äussert  vom  juristischen  Standpnnkt  R.  Lßning  in  der 
Zeitschrift  für  die  gesamte  Strafrechtsw,  V,  553  ff.:  „Meist  beseite 
gelassen  hat  der  Vf.  dagegen  die  rechtlichen  Anfänge  der  Übrigen 
idg.  Völker,  insbesondere  der  Germanen,  welche  ibui  durch  ihre  weniger 
gefesteten  sakralen  Ordnungen  in  einem  wesentlichen  Gegensatz  nt 
Griechen  und  Italem  stehend  erscheinen.  Dagegen  lässt  sich  zwar 
an  sich  nichts  cinweDdcD(?};  doch  ist  andererseits  zu  beachten,  dass 
uns  für  kein  Volk  gerade  die  Urzustände  so  gnt  bezeugt  sind,  wie  für 
die  Germanen,  uud  dass  gerade  von  hier  aus  die  relativ 
sichersten  Schlüsse  auf  die  idg.  Bechtsanfäuge  über- 
haupt und  damit  indirekt  auch  auf  die  der  Graeco* 
Italikcr  gezogen  werden  können."  So  bemerkt  E.  Meyer 
Geschichte  des  Altertums  11,45  von  historischem  Standpunkt,  dass 
die  Untersuchungen  Leists  zwar  im  einzelnen  sehr  viel  richtiges  und 
wertvolles  enthielten  (womit  auch  wir  durchaus  übereiustimmen),  ihre 
Grundgedanken  aber  sehr  problematisch  seien;  denn  die  nachge- 
wiesenen Übereinstimmungen  beruhten  weit  mehr 
auf  Gleichheit  derKulturbcdinguugenal.'!  auf  ver- 
erbtem Gnt.  So  glaubt  Oldjcnberg  Die  Religion  des  Veda  S.  464' 
vom  Standpunkt  der  Religionsgeschichte,  dass  Leist  bei  der  Erklä- 
rung gewisser  indischer  Hergänge  viel  zu  weit  in  demReatrebeD 
gehe,  dieselben  nach  scharfen  juristischen  Begriffen 
zü  konstruicrcau-s.  w.  Gänzlich  ablehnend  gegen  die  Gei 
gänge  Leisla  verliäU  &ie\i  oStii^at  S..x.WM\^i%v«,  «iwÄsaW« 


r 


geachichte  der  Indoeuropäcr')  (Leipzig  1894),  in  dem  er,  so  oft  sich 
auch  die  Gelegenheit  dazu  bietet,  die  Leiatschen  ForschnDgen  —  üflera 
za  seinem  Schaden  —  völlig  ignoriert. 

So  glanben  wir  also,  dass  die  Hchnsche  nnd  Leisteche  Kfetliode 
sich  feindlich  einander  gegen  llbevstehen  wie  Feuer  and  Wasser,  und 
eine  prinzipielle  Vermittlung  zwischen  ihnen  nicht  denkbar  ist. 

Anderer  Meinung  ist  freilich  P.  v.  Bradkc  in  einer  Besprechnrg 
des  Leistschen  Jus  civile  I  in  dem  Anzeiger  fUr  Indogerm.  Sprach- 
und  Altertumskunde  VI,  6  ff.  „Mit  Viktor  Hehns  .Kulturpflanzen'," 
heisst  es  am  Schluss,  „bilden  die  Leistischcn  Arbeiten  die  Grundlage 
fQr  die  wissenschaftliche  Erforschung  des  arischen  (indogermanischen) 
Altertuma.    Scheinbar  sind  die  beiden  Männer  entgegengesetzte  Wege 

gegangen Doch  widerspricht  sich  nichts,  beides 

zusammen  ergiebt  erst  das  rechte  Bil d".  Ich  glaube,  dass 
eine  irreführendere  Darstellung  des  vorliegenden  Verhältnisses  sich  nicht 
wohl  denken  lässt.  Man  erwäge  ans  vielen  nur  folgende  Punkte!  Nach 
V.  Hebn  hatten  die  Naturgewalten  in  der  Urzeit  noch  keine  menschlich- 
peraönliche  Gestalt  angenommen,  und  der  Name  Gottes  bedeutete  noch 
Himmel.  Nach  Lciet  war  schon  in  proetbniecher  Zeit  Dydus  der 
„schützende  und  strafende  Leiter  der  Weltordnnng",  die  „regierende 
Persönlichkeit",  die  „einerseits  vorsorgende,  ernährende,  andererseits  die 
animadTerticrcnde,  strafende  Macht".  Nach  Hebn  beruht  die  idg. 
Familienorganisation  auf  ausgesprochenem  Patriarchentum.  Leist,  der 
jeden  patriarchalcn  Charakter  der  ältesten  Familienordnung  ausdrllcklicb 
leugnet,  geht  von  der  sakralen  Gleichstellung  des  Weibes  mit  dem 
Manne  (der  pdtnt  mit  dem  päti-)  im  idg.  Hauswesen  aus.  Nach  Hebn 
gehen  die  greisen  Eltern  in  der  Urzeit  freiwillig  in  den  Tod  oder 
werden  gewaltsam  erschlagen.  Nach  Leist  gehörte  schon  in  vorge- 
Bchichtlichcr  Zeit  die  Ehrung  der  Eltern  zu  den  neun  „der  Gottheit 
entstammenden,  von  weisen  Männern  gesehenen"  Geboten,  durch  die 
das  sittliche  Leben  des  Urvolks  geregelt  war.  Ich  darf  es  dem 
Leser  überlassen,  zu  ermessen,  welcher  Art  das  aus  derartigen  Wider- 
sprachen zusammengesetzte  Bild  der  idg,  Drzeit  sein  wdrdo*). 

Gleichwohl  ist  auch  so  den  Leistschen  Werken  ein  bleibejider 
Wert  auf  dem  Gebiete  der  Indogermanischen  Altertumskunde  gesichert. 
Dieser  liegt  einmal  in  dem  llberans  reichen  rechtsgeschichtliehcu 
Materia),  das  Leist  mit  grosser  Gelehrsamkeit  zusammengetragen  hat, 
das  andre  Mal  darin,  dass  es  Leist  gewesen  ist,  der  die  vergleichende 

•  1)  Vgl.  im  Ubrigrea  meine  Ansicht  Über  dieses  Buch  in  der  Deutschen 

Lits.  1895  Nr.  6. 

2)  Ganz  leise  glebt  übrigens  auch  t.  Bradke  S.  11  zu,  dass  sich  .mit 
der  kräftigeren  Einwirkung  besonders  der  nordeuropäischen  Tradition"  auch 
die  (Leistscbe)  AuffasEung  des  altarlschen  Kulirechts  „mutmasslich  rer- 
ecblebeB'  werde. 


XXXn  Vorrede. 

BeohtswiBseoBcbaft  zuerst  auf  dcu  fegten  Boden  des  IndogermauentumB 
begcbränkt  hat. 

Dieser  zweite  Pnnkt  fuhrt  uns  schliesslich  zn  dem  VcrbUtnia 
der  Indogermaniscben  Altertumakunde  zu  derjenigen  Wissenschaft, 
welche  man  als  Vergleichende  Völkerkunde  zu  bezeichnen 
pflegt,  und  als  deren  Tochter  auch  die  Vergleichende  Rechtswissenschaft 
zu  betrachten  ist.  Indem  diese  die  Recbtainstittitiouen  aller  möglicher 
Völker  des  Erdbodens,  namentlich  auch  die  der  Bogenannten  Natur- 
völker, zum  Gegenstand  ihrer  Betrachtung  macht,  hofft  sie  auf  dem 
Wege  der  Analogie  Belebrnng  über  das  Wesen  und  die  Geschichte 
des  Eecbta  auch  bei  den  idg.  Völkern  zu  erlangen.  Ob  dieser  Weg 
zu  dem  gewünschten  Ziele  führen  wird,  wage  ich  nicht  zn  entscheiden. 
Herrorbeben  aber  möchte  ich,  dasa  die  Indogermanische  .Altertums- 
kunde ihm  mit  einem  gewissen  Misstranen  gegenüber  zu  stehn  alle  Ursache 
hat.  Einen  interessanten  Beleg  für  die  Gefahren,  welche  ihr  von  dort 
drohen  können,  bietet  die  Geschichte  der  Theorie  des  sogenannten 
Mutterrechts.  Die  Vergleiclende  EechtswiBsenscbaft  beübachtete, 
dass  bei  zahlreichen  nnziviliaierten,  aber  auch  bei  zlTilisierteren  Völkern 
dcB  Erdballs  die  Verwandtschaft  und  der  Erbgang  des  Kindes  nach 
der  Mutter,  nicht  nach  dem  Vater  bestimmt  werde,  und  da  dieser  Zu- 
stand eine  passende  Mittebtufe  zu  bilden  schien  zwischen  der  als  Ur- 
zustand der  MenBchheit  angenommenen  Fromiscnität  der  Geschlechter, 
bei  der  denn  la  recherche  de  paterniUe  zwar  nicht  „untersagt"  aber 
unmöglich  war,  und  der  historischen  Vaterfamilie,  bo  verfiel  man  aaf 
den  Gedanken,  nach  Spuren  einer  mutterrechtlichen  Epoche  auch  bei 
dan  idg.  Völkern  zn  suchen.  In  der  That  glaubte  man  solche  oammt 
lieh  bei  den  Germanen,  z.  B.  in  der  vielbesprochenen  Stelle  von  TacJtlu 
Germania:  sororum  filiis  idem  apud  avunculntn  qui  apud  patrem 
fionor,  gefunden  zu  haben;  denn  wo  die  Mutter  der  Ausgangspunkt 
der  Verwandtschaft  für  das  Kind  ist,  steht  demselben  der  Multerbrnder 
nnter  den  männlichen  Verwandten  am  nächBten. 

Dem  gegenüber  habe  ich  schon  im  Jahre  1886  in  einer  Be- 
sprechung der  AntiquariBchen  Briefe  J.  Bachofens,  des  entschiedenste 
Vertreters  jener  Mutterrechtstbeoric  (Deutsche  Litz.  Nr,  27),  hervor 
gehoben,  dass  die  in  der  idg.  Ursprache  ausgebildeten  Verwandt- 
schaftsuamen  auf  das  unzweideutigste  Protost  gegen  die  Annahme  ein- 
legen,  dass  die  Indogermanen  im  Zustand  des  Mutterrechts  gelebt 
hätten.  Seitdem  ist  durch  eine  Reihe  von  Untersnchungea,  fUr  welche 
ich  ausser  auf  B.  Delbrllcks  Idg,  Verwandtdcbaftsnamen  (Leipzig 
1869]  auch  auf  den  betreffenden  Abschnitt  der  II.  Auflage  meines 
Baches  „Spraehvergleiehnng  und  Urgeschichte"  (Jena  1890  S.  533  ff.) 
verweisen  darf,  die  altindogernianische  Familienordnung  dcrartijf  kkt 
g^eatellt  worden,  dass  \oii  U\).teTEftt\A  wsX  xd^.  Boden  sdileeW 
teine  Rede  mebr  aetn  tai\n.   Baas  &wft,  -«»a  'ßs.«s.Vt\\^.^i'' 


dcrartijf  klu , 
yeehdgjM 


Vorrsde.  XXXIU 

Spnren  jenes  Znstands  in  Anspruch  genommen  hal,  in  heirieiligeuder 
Weise  anders  erklärt  werden  kann,  bat  Delbrück  in  einem  besonderen 
Aufsatz  (Das  Mutterrecht  bei  den  Indog:ernianeD,  Pieuss.  JahrbUeber 
LXXIX  Heft  1)  gczeist  (näbcrcs  s.  u.  Mo  1 1  er  rec  h  t).  Derartigen 
Bestrebungen  gegenüber  ist  ea,  wie  schon  hervorgehoben  wurde,  ein 
nicht  zu  nnterschatzendes  Verdienst  B.  W.  Leists,  die  Diskussion  auf 
„ historisch- eohaerenten"  Boden,  d.  b.  eben  auf  idg,  Gebiet  beschränkt 
zu  haben,  wie  er  denn  auch  mit  uns  die  Herrscbart  des  sog.  Mutter- 
rechfs  in  indogermaniseber  Vorzeit  leugnet.  Bemerkt  musa  Übrigens 
werden,  dass  die  ethnologische  Forschung  (vgl.  namentlich  Grosse 
Die  Formen  der  Familie  und  d.  F.  der  Wirtsebaft  Freiburg  i.  B. 
und  Leipzig  1896  S.  9  ff.)  in  neuster  Zeit  zu  wesentlich  anderen  Vor- 
stellungen über  Ursache  und  Geschichte  des  MutteiTechts  wie  frDher 
gekommen  ist. 

Grosse  Vorteile  auf  anderen  Gebieten  erliofft  H.  Hirt  ans 
einer  engen  Verbindung  von  Indogermanischer  Altertumskunde  und 
Vergleichender  Ethnologie.  „Bei  unserer  Aufgabe",  sagt  er  in  der 
41.  Sonntagsbeilage  der  Vossischen  Zeitung  1896,  „können  wir  die 
Ethnologie  oder  Völkerkunde  nicht  mehr  entbehren.  Sie  bat  die  mo- 
dernen primitiven  Völker  untersucht  und  bei  ihnen  Zustände  gefunden, 
die  mau  als  allgemeine  Entwicklungsstufen  der  Menschheit 
ansehn  darf.  Das  Ziel  der  Völkerkunde  geht  dahin,  die  noch  jetzt 
vorhandenen  Kulturstufen  der  Menschheit  in  ein  Entwicklungsystem  zu 
bringen,  dadurch  die  Geschichte  der  Menschheit  zu  ergründen  .... 
Soviel  steht  fest,  dass  uns  die  Volkerkunde  oft  genug  ein  Verständnis 
der  Zustände  im  eignen  Hause  ermöglicht  hat.  Für  die  Erschliessung 
der  Urzeit  ist  sie  geradezu  unentbehrlich."  Und  in  den 
Jahrbüchern  für  Nationalökonomie  und  Statistik  III.  Folge,  XV,  463 
heisst  es:  „Die  Anschauungen  über  die  wirtschaftlichen  Zustände 
der  Indogermanen  haben  sehr  geschwankt.  Die  ältere  Wissenacbaft  sah  in 
ihnen  ein  ideales  Naturvolk,  das  den  Ackerbau  und  die  Viehzuclit  kannte. 
V.  Hehn  hat  dieser  Ansicht  den  Todesstoss  versetzt.  Er,  der  russische  Zu- 
stände lange  vor  Augen  gehabt  hatte,  suchte  das  kulturelle  Niveau  der 

Indogermanen  herabzudrücken In  der  neueren  Zeit   ist  aber 

die  Ethnologie  auf  den  Kampfplatz  der  Geister  getreten,  und  ihre 
Forschungen  mussten  auch  die  Ansichten  über  unsere  Vorzeit  ändern." 
Auch  -wir  sind  der  Meinung,  dass  die  Vergleichende  Ethnologie  über 
manche  Institution,  vorausgesetzt,  dass  dieselbe  durch  die  im 
obigen  geschilderten,  auf  idg.  Boden  sieh  darbietenden 
Mittel  als  indogermanisch  erkannt  worden  ist,  believes  Licht  ver- 
breiten kann,  sind  aber  andererseits  der  Meinung,  dass  U.  Hirt  in  der 
Uereintragung  wirklicher  oder  vermeintlicher,  von  modernen  Natur- 
I  ttikem  abstrahierter  Entwicklungsschemata  in  die  Kulturgeschichte  i 

K      Scbr.i)er-,  Re.IleilkOD.  \U 


I 


iDdogermanen  öftere  zu  weit  geht^}  (nähereB  s.  u.  Ackerbau  nnd  be- 
Bouders  u.  Viebzueht).  Die  Hauptsache  wird  immer  die  ErschliefiBDOg 
des  indogermaoiacbeu  Altertnme  mit  indogermauiscbeu  Mitteln  sein. 


Was  auf  diesem,  wie  wir  gesehn  haben,  an  Ergebnissen  tmd 
Streitfragen  reichen  Arbeitsgebiet  bis  jetzt  geleistet  worden  ist,  soH  das 
vorliegende  Reallexikon  der  indogermanischen  Altertams- 
kiHide  zusammenfagsen  und  weiter  ausbauen. 

Der  feste  Boden  für  die  Anlage  eines  Reallexikona  ist,  wenn  es 
sich  um  die  Altertumskunde  eines  einzelnen  Volkes  handelt,  in  den 
historisch  bezeugten  Altertümern  eben  dieses  Volkes  gegeben.  Nickt 
80  einfach  lagen  die  Dioge  bei  dem  gegenwärtigen  Werk.  Denn  es 
ging  natürlich  nicht  an,  bloss  solche  Gegenstände  und  BegrifTe  dem 
Würterbuche  einzuverleiben,  für  welche  die  Herkunft  aus  der  idg.  Ur- 
zeit dem  Verfasser  feststand  oder  festzustehen  schien.  Hatte  doch 
alsdann  häutig  dasjenige  als  schon  bekannt  oder  erwiesen  vorausgesetzt 
werden  müssen,  was  erst  ennittelt  und  erwiesen  werden  sollte.  Gleich- 
wohl war  auch  hier  für  die  Auswahl  der  zu  behandelnden  Eultnr- 
erscheinungen    nach  einem  schon    gegebenen  Anagangsponkt  sn 


t)  Ein  Beispiel  dafür,  wie  dieser  Gelehrte  aaf  dem  genannten  Wege 
zuweilen  in  Widerspruch  mit  seineu  eigcueD,  aas  rein  idg.  Vcrhältnisaen  ab- 
geleiteten Thesen  gerät,  ist  Aas  folgende.  Die  Vergleichende  Ethnologie 
lehrt  nach  Grosse  a.  a.  0.  S.  36,  daes  mit  dem  Ackerbau,  den  Hirt  im  Gegen- 
satz zu  Hehn  als  die  Sltesl  erreichbare  Wirtschaftsform  der  Indogermanea 
erweisen  möchte  (vgl.  I.  F.  V.  395  ff.),  der  wirtschaftliche  Schiverpunkt  von 
der  männlichen  auf  die  weibliche  Seite  verlegt  werde.  Thats&chUch  gletR 
es  altidg.  Völker,  z.  B.  die  Oermanen,  bei  denen  der  Frau  ein  Anteil  an 
diesem  Erwerbszwoig  zugeschrieben  wird  (vgl.  Tac  Germ.  Cap.  15).  flo- 
folge  dessen",  lehrt  nach  Hirt  die  Ethnologie  weiler,  .Enden  wir  bei  allen 
primitiven  Gesell  schalten,  die  sich  vorwiegend  auf  den  Ackerbau  stUtzen, 
eine  matriarchalische  Familienform  oder  doch  die  Spuren  einer  solchen." 
Auch  das  Ecbeinl  für  die  Oermanea  zuzntreffeD,  da  Hirt  die  schon  oben  ge- 
nannte Stelle  aus  Tacitus  Germania:  nororum  fitiis  etc.  trotz  Delbrück  nur 
als  „Spur  einstigen  Mutterrechts'  auffassen  au  dnri'eu  glaubt  (a.  a.  0.  S.  400). 
Demgegenüber  spricht  nun  Hirt  an  einem  anderen  Orte  (Hettners  Geogr.  Z. 
IV,  383)  ganz  in  Einverständnis  mit  uns  die  Ansicht  aus,  dass  die  Indoger- 
manen  „zweirelios*  Matterrecht  nnd  Matterfolge  nicht  gekannt  hatten, 
sondern  vielmehr  die  Vaterfolge  bei  ihnen  geherrscht  habe.  Demnach  ralissiea 
also  die  Germanen  erst  nach  der  Völkertrennung  mutterrecbt liebe  Gewöhn- 
heilttn  angenommen,  nnd  da  Mutterrecht  und  Ackerbau  nach  Hirt  aut  diu 
engste  ursächlich  zusammenhängen,  auch  erst  nach  dur  Völkertrennung  zam 
Ackerbau  übergegangen  sein.  So  scheint  mir  also  auf  diesem  We^ge 
das  Gegenteil  von  dem  tewlesfew  tm.  ^axieo,  -va.*  bewiesen 
nSmlich  dass  der  Ackeibau  ■a\\n4os'Mtfi».TOaÄi  %i^\. 


■  «ocfaen.     Dieser  Hess  sieb  in  der  Gesamtheit  der  auf  alteuropä- 

■  ischem  Boden  hiBtorisch  bezeugten  Kulturznstände  anschwer 
W  finden.  Anf  diesem  liegt,  wenn  uicht  die  Wurzeln,  so  doch  der 
I   Schwerpunkt  der   idg.  Völker,    uud  schon  von  vorhistorisclier  Zeit  an 

tritt  aus  die  Gesittung  der  europäischen  Indogermanen  als  eine  im 
Laufe  der  Zeit  sich  immer  einheitlicher  gestaltende  Kulturgemeinschaft 
«ntgegen,  an  der  die  Inder  und  Iranier,  unter  dem  Druck  der  sie  um- 
^benden  Kulturen  des  Orients  in  ihrer  idg.  Eigenart  frühzeitig  unter- 
^gangen,  keinen  Teil  mehr  haben.  Auf  diesen  festen  Boden  der 
historisch  bezeugten  Kultur  Alteuropas  stellt  sich  also 
das  vorliegende  Werk,  löst  dieselbe  unter  geeigneten  Schlagwürtern 
in  ihre  Grundhegriffe  auf  und  sucht  bei  jedem  derselben  zu  erniittelu, 
oh  und  in  wie  weit  die  betreffenden  Kulturersclieinungen  indogermanisch 
oder  unindogermanisch  sind,  ob  und  in  wie  weit  sie  ein  gemeinsames 
£rbe  der  idg.  Vorzeit  oder  einen  Neuerwerb  der  einzelnen  Völker, 
feinen  selbstäudigeD  oder  von  aussen  entlehnten  u.  s.  w.,  darstellen.  Es 
soll  somit  die  Gesamtheit  des  alteuropäischen  Kulturguts  auf  seine  idg. 
f  rovenienz  hin  geprüft  werden.  Neben  der  Geschichte  des  Rindes 
and  des  Hundes,  die,  wie  gezeigt  wird,  iu  die  Urzeit  zurUekFUhrt, 
wird  z.  B.  auch  die  des  Esels  und  Maultiers  gegeben,  bei  der 
«olches  nicht  der  Fall  ist.  Keben  Wolle  und  Flachs  werden  auch 
Baumwolle  und  Seide,  neben  Gerste  und  Hirse  auch  Roggen 
und  Reis,  neben  Axt  und  Spiess  auch  Helm  und  Panzer  u.  s.  w. 
behandelt.  Indische  und  iranische  Sprache  und  Kultur  werden  zur 
Erklärung  der  europäischen  Zustände  überall  herangezogen.  Speziell 
arische  Kulturbegriffe  aber,  wie  etwa  unter  den  FSanzen  der  Soma 
oder  nnter  den  Getränken  die  Surä,  sind,  dem  Plane  des  Buches  ent- 
J  sprechend,   nicht  als   selbständige  Artikel    in  das  Wörterbuch    aufge- 

■  nommen  worden.  Das  Ganze  ist  ein  Versuch,  einerseits  von  europä- 
I  ischer  Seite  iu  das  idg.  AUertam  vorzudringen,  und  andererseits  von 
''    diesem  letzteren  aus  Lieht  über  die  älteste  Kulturentwicklung  unseres 

Erdteils  zu  verbreiten.     So  verstellt   und  rechtfertigt  sich  der  Unter- 
titel des  vorliegenden  Werkes;  Grundzüge  einer  Kultur-  und 
Jk  Völkergesehichte  Alteuropas. 

■,  Es  entspricht  dem  Grundgedanken  eines  Rcallexikons,  eine  mög- 

Vjichste  Zergliederung  der  kulturhistorischen  Begriffe 

BrTorzunehmen,  die  dann  wieder  unter  höhere  Einheiten  zusammengefasst 

V^rd.    So  werden   z.  B.  die    einzelnen  Getreidearten    und    Ackerbau- 

H^äanzen    in  besonderen  Artikeln    behandelt,    die   ihrerseits  wieder    iu 

einen  Gesamtartikel  Ackerbau  zusammenlaufen.    Ebenso  verhält  sich 

die  gesonderte  Behandlung  der  einzelnen  Waffen  zu  dem  Gesamtartikel 

Waffen,    der    einzelnen  Werkzeuge    zu  dem  Gesamtartikel  Wer.k- 

■  ieuge,  der  einzelnen  Verwandt&chaftsverbfiltniase  zu  dem  Artikel 
■^  a  m  i  I  i  e ,  die  gesonderte  Behandlung  der  einzelnen  Verbrechen  wie 


Vorrede.  XXXV 


XX3CVI  Vorrede.  ' 

Diebstabl,    Ehebruch,    Kßrperverletznug,    Mord,    Notzneht^ 
Raub  zn   dem  Gesamtartikel  Verbrecben  ii.  s.  w.  | 

Doch  ist  dieses  Prinzip  der  Zergliederung  nicht  auf  die  Spitt»  | 
g;etriebeD  worden.  Vielmehr  ist  in  einer  Anzahl  von  Fällen  aus  prak-  1 
tiseben  Gründen,  nämlich  dann,  wenn  die  einzelne  Erscheinung  erst 
im  Znsammenhang  mit  anderen  ein  giösseree  Interesse  erwecken  tu 
können  schien,  eine  ganze  Reihe  von  Gegenständen  unter  einem 
Gattungsnamen  oder  in  einem  Gesamtartikel  behandelt  worden.  So  i 
finden  sich  z.B.  die  einzelnen  Edelsteine  u.  Edelsteine,  die  einzelnen 
Singvögel  n.  Singvögel,  die  einzelnen  Garlenbaupflanzen  n.  Garten- 
bau, die  einzelnen  Wochentage  a.  Wochen,  s.w.  besprochen.  Aaf 
diesem  Wege  ist  das  Buch  zwar  an  Verweisungen,  aber  auch  a» 
lesbaren  Artikeln  reicher  und  an  sonst  unvermeidbaren  Wiederholungen 
ärmer  geworden. 

In  dca  allgemeineren  Artikeln  des  Werkes  wird  natürlich  die 
Rekonstruktion  eines  einheitlicben  Zustands  auf  dem  betreffenden 
Gebiete  der  vorhistorischen  Kulturentwicklung  angestrebt,  und  — 
wenigstens  in  der  Theorie  —  wird  die  Zusammensetzung  der  in  eolebe» 
allgemeineren  Artikeln  erzielten  Ergebnisse  ein  einheitliches  Bild  der 
indogermanischen  Urzeit  ergeben.  Doch  soll  bemerkt  werden,  das» 
die  Rekonstruktion  rorgeschichtlicber  Zustände,  die  bei  dem  debo- 
baren  Charakter  von  Ausdrücken  wie  Urvolk,  Urzeit,  Ursprache  immer 
etwas  fiktives  behalten  wird,  in  dem  vorliegenden  Werk  weniger  Selbst- 
zweck als  Hilfsmittel  zur  Erklärung  der  geBchichtlicbeo  Ver- 
hältnisse sein  soll,  von  denen  ea  ausgebt.  Wie  auf  dem  Gebiete  der 
Grammatik  die  Erschliessung  der  idg.  Ursprache  nicht  dazu  dienen 
soll,  idg.  Fabeln  oder  Zaubersprüche  in  ihrer  uridg.  Sprachform  la 
ermitteln,  sondern  das  Verständnis  der  geschichtlich  überlieferten  Sprach- 
formen  zu  ermöglichen,  so  erhält  auch  die  Indogermanische  Allerttinis- 
kunde  ihren  eigentlichen  Wert  nicht  dadurch,  dass  sie  die  Gesittung 
eines  im  Inneren  Asiens  oder  Europas  gedachten  Urvolks  erscbliesst, 
sondern  dadurch,  dass  sie  die  Basis  bildet,  auf  der  das  Verständnis 
der  historischen  Kulturen  der  idg.  Einzelvölker  möglich  wird. 

Im  allgemeinen  begnügt  sieh  das  Werk  damit,  das  erste  Auf- 
treten einer  Kulturerscheinung  festzustellen  und  ihre  weitere  Ge- 
schichte den  Altertumskunden  der  idg.  Einzelvölker  zu  überlassen,  fflr 
die  das  Reallexikon  eine  Einleitung  und  Ergänzung  sein  möchte. 
Diesen  Einzelwissenschaften  fiilU  also  eine  doppelte  Aufgabe  zu,  indem 
sie  der  Idg.  Altertumskunde  einmal  einen  wichtigen  Teil  des  Stoffes 
(s.  o.)  zur  Zueanimenstelluug  des  Bildes  der  idg.  Urzeit  zuzuführen, 
das  andre  Mal  auf  der  so  geschaffenen  Grundlage  die  kulturgeschieUlUcbft 
Weiterentwicklung  der  einzelnen  idg.  Völker  darzustellea  haben, 
viel  bleibt  hier  freiUA  notib  va.  ftraa  'i^it\%,  ■ttaA  mir  wenigstens 
nur  eine  solche  vom  GeiaV  4et  U^.  &A'iftrta^'ät.^s»&a -«Äwfs« 


schieUlUcbft 
abcn.^  figfaji 


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fr^ 

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Vorrede.  XXXVII 

mhte  DarstelluDg  der  SonderentwicklDDg  eines  idg.  Volkes  bekannt 
geworden.  Es  sind  Iwau  t.  Mallers  in  2.  Auflage  vorliegende  Grie- 
chische PrivataltertUnier. 

Der  Charakter  der  in  einem  Reallexikon  der  Idg.  Altertumskunde 
cn  behandelnden  Fragen  bi-ingt  eß  mit  eich,  dass  in  dasselbe  ausser  den 
eigentlichen  Kultnrgegenständen  nnd  -begriffen  auch  solche  Erschei- 
imngen  aufgenommen  werden  mussten,  welche,  ohne  selbst  Kultur- 
crscbeinuDgen  zn  sein,  doch  für  die  Kultnrentwicklung,  die  ursprüng- 
liche Verbreitung,  die  Wanderungen  der  idg.  Völker  unseres  Erdteils 
o.  8.  w.  irgendwie  von  Bedeutung  Bind  oder  zu  sein  scheinen.  Dies 
gilt  besondere  von  den  Tieren  und  Pflanzen,  also  auch  den  wilden, 
bezüglich  nicht  domestizierten  oder  nicht  kultivierten,  die  in  ihren 
hervorstechenderen  Erscheinungen  vollständig  behandelt  worden  sind. 
Aber  auch  für  die  Frage  der  Urheimat  wichtige  läegriffe  wie  Meer, 
Scbnec  und  Eis  u.  a.  oder  ftlr  die  Zeitteiinng  und  die  Keligions- 
Anschauungen  wesentliche  Erscheinungen  wie  Sonne  und  Mond, 
TVind  und  Sterne  haben  Aufnahme  gefunden.  Endlich  ist  unter 
geeigneten  Schlagwörtern  auch  über  die  auf  die  idg.  Völker  bezQg- 
licben  anthropologischen  üntersuchnngen  (s.  n.  Körperbeschaffen- 
Leit  der  ludogermauen)  und  über  die  Frage  der  Urheimat  selbst 
berichtet  \vorden,  über  die  man  sich  nach  allem,  was  in  den  letzten 
Jahren  daiUher  gesagt  worden  ist,  gegenwärtig  wohl  mit  einiger  Zu- 
versicht äussern  darf. 

Für  die  Auswahl  der  in  diesem  Beallexikon  behandelten 
kulturhistorischen  Begriffe  selbst  iRsst  sich  eine  auf  alle  ein- 
zelnen FäUe  passende  Regel  nicht  aufstellen.  Im  Grossen  und  Gänsen 
kann  man  sagen,  dass  als  selbständige  Artikel  solche  Kultnrerscheimmgcn 
aufgenommen  worden  sind,  welche  für  das  historische  Alteuropa,  dieses 
etwa  bis  zu  seiner  Christianisierung  gerechnet,  eine  Über  das  einzelne 
Volk  hinausgehende,  allgemeinere  Bedeutung  erlangt  haben.  An  manche 
Kategorien,  z.  B.  an  die  auch  kulturhistorisch  hoch  bedeutsame  sprach- 
liche Ansbildung  der  ethischen  Begriffe  habe  ich  mich  nach  Mass- 
gäbe  der  vorhandenen  Vorarbeiten  noch  nicht  oder  nur  ausnahmsweis 
(a.  z.B.  u.  Keuschheit}  herangewagt*). 

'  1)  Bemerkenswert  ist,  dass  die  Budeutuny  der  Sprachwissenschaft  für 

derartige  Untersuchungen  auch  Fr.  Nietzsches  Bcharfes  Auge  erkannte. 
In  einer  Anmerkung  znr  ersten  Abha.ndlung  der  Genealogie  der  Moral 
(Leipzig  1695  S.  888)  sagt  er;  „Ich  nehme  die  Gelegenheit  wahr,  welche 
diese  Abhandlung  mir  giebt,  um  einen  Wunsch  öffuntlich  nnd  förmlich  aus- 
zudrücken, der  von  mir  bisher  nur  in  g'elcgcntlicbem  Gespräche  mit  Gelehrten 
goänssert  worden  ist;  dass  nämlich  irgend  eine  philosophische  Fakultfit  sich 
durch  eine  Reibe  akademischer  Prei  snusschreibungen  um  die  Förderung 
alhistorischer  Studien  verdient  machen  möge;  —  vielleicht  dient 
dieses  Buch  dazUj  einen  kräftigen  Anstoss  gerade  in  solcher  Richtung  eu 
geben.    In  Hinsicht    anf  eine  Möglichkeit   äleatT  f^rt  «t\  4\ft  w».'!.V«Rfc«"MiÄ. 


I 

I 


über  die  Methode,  die  diesen  Unterencbnngen  zn  Gründe  liegt, 
brauche  ich  nach  den  obigen  Ansführnng^en  nicfats  mehr  2 n  sagen.  Sie 
liegt  in  der  Vereinigung  von  Sprach-  und  Sachvergleiehung,  und  e»' 
iBt  eine  müssige  Frage,  ob  dieser  oder  jener  der  Hanptanteil  zufallt. 
Die  Sachlage  ist  eben  ganz  einfach  die,  das»  auf  den  einen  Gebieten 
mehr  sprachliche,  auf  den  anderen  mehr  sachliche  Kriterien  nuti- 
bringend  und  entscheidend  sein  werden.  Nach  jeder  von  beiden  Seiten 
dürfte  aber  noch  eine  Bemerkung  am  Platze  sein. 

In  sprachwissenschaftlicher  Hinsicht  soll  hier  zum  erstes 
Mal  der  kulturhistoriscbe  Wortschatz  der  altidg.  Sprachen  als 
Ganzes  sachlich  und  übersichtlich  geordnet  und  sprachlich  erklärt 
werden.  Dabei  wird  sich  zeigen,  dass  die  Snmme  unseres  Wisaen» 
trotz  der  mehr  als  60jährigen  Arbeit,  die  seit  Potts  Etymologischen 
Forschungen  geleistet  worden  ist,  noch  immer  eine  verbältnismässig 
nicht  allzu  grosse  ist.  Indessen  dürfte  die  Hoffnung  nicht  nnbegrOndet 
sein,  dass  gerade  der  hier  eingeschlagene  Weg,  die  Terminologie  der 
einzelnen  Kulturerscbeinnngen  als  Ganzes  und  unter  sachlichen  Gesichts- 
punkten zu  betrachten,  zur  Aufhellung  manches  bisher  dunklen  Be- 
standteils derselben  führen  wird;  denn  je  besser  wir  die  Dinge  nnd 
Begriffe,  um  die  es  sich  handelt,  verstehen  lernen,  umso  besser  werden 
wir  auch  die  Wörter  verstehn,  die  sie  bezeichnen.  Es  sind  daher 
vielfach  auch  noch  gänzlich  unerklärte  Benennangen  der  einzelnoi 
Knlturerscheinungen  als  Material  für  die  zukünftige  Forschung  ge- 
geben worden.  Dass  dabei  eine  Vollständigkeit  nicht  eiTeicht  werden 
konnte,  wird  derjenige  zu  entschuldigen  wissen,  der  sich  vergegen- 
wärtigt, wie  mühevoll  die  Zusammenbringung  einer  solchen  kultur- 
historischen Synonymik  der  idg.  Sprachen  ist,  für  die  es  fast  völlig  m> 
zusammenfassenden  Vorarbeiten  fehlt. 

Grössere  Schwierigkeiten  aber  noch  als  die  sprachwissenschaftliche 
Seite  des  Buches  hat  mir  auf  dem  Gebiete  der  Sachvergleichnng  die 
Ausbeutung  der  archäologisch-prähistorischen  Forschung  ge- 
macht. Zwar  darf  ich  sagen,  dass  ich  mich  redlich  bemüht  habe, 
meine  Anschaungen  und  Kenntnisse  auf  diesem  Gebiete  dnrch  Beiden 
und  Lektüre,  soweit  es  Mittel  und  Zeit  gestalteten,  zu  vertiefen 
nnd  auszudehnen.  Allein  ich  verkenne  doch  nicht,  dass  die  selb- 
ständige Verwertung  der  Funde,  namentlich  in  kaustgesehichtlicher 
Beziehung,  einen  Grad  von  Begabung  und  Schulung  fordert,  über  den 
ich  leider  nicht  verfüge.  Indessen  kam  es  für  mich  glücklicher  Weise 
auf  diese    mehr  knnstgescbichtliche  Seite    der  Prähistorie  weniger  an. 

Frage  in  Vorschlag  gebracht;  sie  verdient  ebenso  die  Aafmerksanikejt  der 
Pbiiologen  und  Historiker  ala  die  der  eigenlliiiliBn  Philosophie -Gelehrten 
I    Beruf:    „Welche  Fingeizeigfc    is\«bl  die  Sprachwlasens 
■  besondere  die  et3rmo\ogiac\v6 'Sot8tV"a-tt%,  ^^t  i\.«i ■^t\\-w Icl 
le"«schichte  der  mota.\\ac\\et\  "Bfe-EtXUft  «.'«'. 


Vorrede.  XXXIX 

Die  im  Mittelpunkt  meiner  Betrachtung  stehende  Frage  war  vielmeür 
die:  In  welcher  der  von  den  Präliistorikern  nntersebiedenen  Epochen 
tritt  dieser  oder  jener  Eulturbcgriff  zuerst  in  unserem  Erdteil  auf? 
Diese  Frage  habe  ich  bei  der  Durcbmusternug  unserer  Museen  und 
Sammlungen  voruebmlicb  im  Auge  gehabt  und  ihre  Beantwortung 
noter  der  sachkundigen  und  liebenswürdigen  Leitung  von  Mäoueru  wie 
M.  Mueh  in  Wien,  S.  Müller  in  Kopenhagen,  A.  Goetze  in  Berlin, 
Herrn  Heier li  in  Zfliicli  Yielfacb  gefunden. 

Es  ist  ein  grosses  und  weitverzweigtes  Arbeitsgebiet  mit  einer 
kaum  übersehbaren  Fülle  sprachlicher  und  saehlicber  Litteratur,  auf 
dem  sich  die  yorliegenden  Üntersachungen  bewegen,  und  ich  bin  in  unserer 
spezialisierenden  Zeit  auf  den  Einwand  gefasst,  dass  der  Plan  des  Buches 
die  Vereinigung  mehrerer  Arbeiter  empfohlen  hätte.  Thatsäcblieh  habe 
ich  diesen  Gedanken  längere  Zeit  erwogen,  ihn  aber  aufgegeben,  je 
mehr  ich  sah,  wie  derartige  gegenwärtig  auf  der  Tagesordnung  stehende 
genoaseusehaftliche  Duternehmungen,  bei  hervorragendem  Wert  im 
einzelnen,  doch  allzu  oft  an  deo  stärksten  Widersprachen  in  den 
grundlegenden  Änschaunngen  leiden  und  leiden  müssen.  Ich  habe  daher 
selbst  auf  die  Gefahr  häutigerer  Irrtümer  im  einzelnen  hin  an  dem  Vor- 
teil einheitlicher  Durchfuhrung  des  Werkes  festgehalten.  Dass  ich  mir 
dabei  bewusst  bin,  zuweilen  noch  kaum  mehr  als  Kubriken  geboten 
zu  haben,  die  erst  vou  der  zukünftigen  Forschung  aus/ufUllen  sein 
iverden,  brauche  ich  nicht  zu  versichern.  Die  auf  unserem  Forschungs- 
gebiete bisher  geleistete  Arbeit  kann  man  mit  einem  grossen  Neubau 
Tergleicben,  dessen  Fundamente  gelegt  sind,  dessen  Plan  entworfen  ist- 
An  zahlreichen  Stellen  ist  das  Werk  rüstig  emporgediehen.  Oft  aber 
stockt  die  Arbeit;  denn  der  Bau  gehört  nicht  zu  den  olBziellen  Bauten. 
So  ist  es  vielfach  noch  Stückwerk,  das  hier  geboten  wird. 

Auf  der  anderen  Seite  sind  es  aber  nun  bald  25  Jahre,  dass  ich 
mich,  durch  V.  Hehns  Kulturpflanzen  dazu  angeregt,  zuerst  den  hier 
behandelten  Fragen  zugewandt  habe  (Sprachwissenschaft  und  Kultur- 
geschichte Im  neuen  Reich  1877  S.  361  ff.).  Seitdem  habe  ich  durch 
eigene  Arbeiten  und  durch  die  Keuhcrausgsbe  der  linguistiscb-bisto- 
fischen  Schriften  V.  Hehns  in  fortdauernder  Fühlung  mit  den  Pro- 
blemen der  Idg.  Altertumskunde  geetanden.  Als  daher  von  dem  um  äii 
idg.  Sprachwissenschaft  so  hoch  verdienten  Herrn  Verleger  der  Wunsch 
nach  einem  zusammenfassenden  Werk  über  die  Idg.  Altertumskunde 
ausgesprochen  wurde,  glaubte  ich  das  Recht  und  die  Pflicht  zu  haben, 
mich  dieser  Aufgabe  zu  unten;iebc  und  lege  ihre  Erfüllung  in  diesem 
seit  lange  von  mir  geplanten  Reallexikon  der  Indogermanischen  Alter- 
tumskunde der  Öffentlichkeit  hiermit  vor. 

Zu  wärmstem  Dank  bin  ich  Herrn  Prof.  F.  Kluge  in  Freiburg  i.  B, 
verpflichtet,  der  das  Unternehmea  von  Anfang  bis  zu  Ende  durch  Rat 
nnd  That  unterstützt  bat.    Wie  dieser,  hat  auch  Herr  Prof.  Cappeller 


XL  Vorrede: 

in  Jena  die  grosse  Güte  gehabt,  eine  Korrektur  des  Werkes  zn  Ici 
und    mich  durch   eine  Reihe  Ton  Winken,   namentlich  auf   indischf 
und  litauischem  Gebiet,  zu  fördern«    Herr  Kollege  Dr.  Hilgenf  eld 
Jena  hat   freundlichst  die  einheitliche  Umschreibung  des  semitisch 
Wortschatzes  im  Auge  gehabt. 

Der  Druck  des  Buches  hat  nahezu  zwei  Jahre  in  Anspruch  { 
nommen,  so  dass  eine  Reihe  von  Nachträgen  notwendig  o ^ 
wünschenswert  geworden  ist,  die  ich  nicht  zu  übersehen  bitte« 

Jena^  den  18.  Januar  1901. 

O.  Sohrader. 


[NDOGEEMANiSCflE  FORSCHUNGEN 

ZEITSCHRIFT 
rL'B 

INDOSEEHANISl'HE  srKACII'  ll.'D  ALTEKTIIMSKCNDI! 

BEIUUSSEG'EBEN 

VON 

RL  BR0GMANN         i-nd    WU-HELM  STREITBERG 


MIT  DEM  BEIBLATT; 

JMmm  FtK  mMEKMANISCUE  SI'IUCH-  DiD  ALTERTII«SKII)IDII 

HERA  L'  3G  EOBB  E  N 

WILHELM  STRKITßERQ 
~^a.  jMJn»  —  ANZEIGER:  BR8TE8  11X11  ZWEITES  HEFT 

(AB0EBCHL0!^£I1  am  K.  JUNI  1901) 
"  (AC8OE0K8KN  AM  IT.  JL'U  IWlJ 


STRASSBüRG 

VERLAG  VON  KARL  J.  TRÜBNER 

1901 


1« 


[uhalt.    XU.  Band.    Anzeiger:  1.  und  2.  Heft-      JjJP 

lels'l.unil.     Himmelähild  iiiid  Wdiatiscliauun^  im  Wand«! 

dcv  Zuiton  ((^mat  OroxHe) '   .     ,     .        t 

___  iiftson-Siiiith  W.   DicReligioiider8em1t«n<IleckendofO        & 

Wothsslcr  K.    Giffit  es  LdUljfUBGtze?  (H;  Htrt) ß 

-Grjiiiiinoiit  M,    La  diastnillaiion  .ousonniitiiine  ilntis  Ick  Jnn- 

guoB  iiiito-ciiroii^cnncs  et  lex  laoi^tifls  rnuinnes  (It.  Meriiiärur;  k 
FluMShurg  X.   Studira  nnf  dum  Gehiittr  der  iniliiKBnnJiuiBeiit'n 

Wut/Blbildimif.  sKnmsiolog-isch-tftymoIogtei-he  Boitriljre  (Per 

i'erssaa)  -,,..-.     i  ■...  ■     14  ' 

Tlnimb  A.  Mtid  Marljo  K.    KKiJorioienlollo   Untersuct»iii««a 

^\>vt   dinpflvcliolnsrwcbi'i)    Gräiidlft£rBi'    ^^^    Kpradilluben 

Ai»Jilo^pl>il(lHi]gen  <VV.  W«adi.r '..   .    .    .    .    .  '  17 

I.idi'n  E.  Studie»  nur  Rltiiwilrtdieii  uu"!  verglolcheJidon  SpTBc.h- 

g<<£cliii'Ute  (Jnkob  Wnckerua^el)     .    .    .     ,    : 20 

Ulili'ubi-i'.k  III-.  O.  C.    K urx^efmtsiBB  Elvmologiaches  Wtirt«- 

liiidi  der  iillindis4:iiiiti  Biiriiche  (Barlii'nloiuite)  .....  22 
Hillel.r«nat  A.  Vedisthe  M.vlholopie  {Willj-  Fovt  .  ;  .  .  ÄS 
Karst  J,    HistoriBi^h»  Gruinniiitik   «ich   Ktlikiscb-AruieiiucheD 

IH.  Wüh^clLitiwin)     .     .    .   \     . 4fi 

Luxeri-raiit:«  O.  Zur  «:n'odii>4clioii  LAUiüreocIiicMc  (A.  Tlnimb)  6.1 
Slrattoii  A.  W,  Historv  of  GrcekNoUnf^rmniion  I  (A- Tbiimb)  fö 
Levl  A.  DeT  sulfiasi  uscunti  in-iigma  (A.  Tfauinbl  ....  «6 
Thunib  Alb.    Die  grit'i^hische  Sprnche  im  Zritnlmr  duBÜnlle- 

nismus  (Jrtliii  SchtuitK     ..........    ^  :."  ,      581 

KuImTc  E.    PsvftH!  IE.  Mogki 8l 

Weist-  F.  n.    Chiirnkti-riätik  dt-r  iHtiunisdi«»  Hpradie  (Fr  Stolz)      85  . 
■   Otio  W.     Nomliin  lirOpriH  Lntlna  oriuudit 'I  piii-Ucljitia  pecfecti 

-    (Ffrdittaiid  Sommpr) ,  ■    •     ■      '® 

Seil  wai>  J.    \oüiiiia  jiropiia  I.Hiina  oriuiida  a  pariiriyiii«  prao-  - 

scntia  HCtivi,  r^iluri  paMsixi.  l'uiuri  netivi  r|iiHe  quaudo  iju»- 

in«do<  fii;la  stnt  (Ferdiiiainl  Sommer)  .    _, 88 

Uo.i't Oii-SniHb  Lionel.    Tlie  CniabliitluDont  and  Extenaion  «f 

tliu  Law  oi'  Tlmnicvarn  uti<[  Havi-t  <ttob«rt  v.  Plant»)  .  87 ; 
Ubeih'n  V.    Elvomlogiiit-lio  B^itragu  KUmilalittni.ictiun  Wiirter-  ■ 

buiili  iJ.  Subak) -  "8» 

San  d  Icl  d  ■  J  ü (i  h .■  n  Kr.  llBiiiwuskeStudiw  I  (Holxür  Podec*«i)      M 
SarJiuw  Clir.     Irske  Studier  (Holgor  Pttdureoii)  ......      9J 

Iioewe   H.     Did    (itlHiiHr.'lii>   und    upraetillcbu    Olied«rimg    dar 

(icrinancn  OVilbelm  Rruckuer) .■ 1« 

Frfta  Filolugioka  Frireninggii   i    Lunä.    SprAklign    Uiip-     ,' 

aatser  (VV.  Ranisdi)     ...,.,.., .190 

Nyarc  bidrag  tili  kännvclani  om  ilv  avtiustui  landstn&t&n  ock 

srpn.^kr,  rolklif  (B.  Kahle) .     lOt 

Tlioroddsaii    tfa.     Oeitdiiubtc  dur  isIttuilischAn    Qeognvphie 

{H.  Uirtl l« 

Wyld    H.  C.     CoutribaUons"  lo    the    Histor.v    of   th«    Eujflish 

tiuuurald  iMxx  Fürstnr)       . .     .    .    lOB 

Chadwick  H.  M.  Studie«  in  Oid  Kagllsb  (K.  D.  HUlbrlng)  .  11» 
Borgeld  A.  De  OudoostnprtBrrraukische  Psalmen  (J.  Pranck)  III 
U'Afbois  do  Juhaiii Villa  H.  E^^d<^s  aur  la  Hngue  dpa  F*«iie« 

Jt  r6iio(|iiü  mti■ovin|^ictmt^  (With.  lirncknurj  .-.'..  ,  .  113 
Flnek  t.  N.    Der  duulsche  Sprachbau  als  Aas  druck  duutsc  her 

WellanüfhanunÄ  iO.  Dlttrich) 118 

Liebtch  H.    Die  Wonfainilinn   der   lub<-n<tun   IjoehdenUubeii 

Siirnchu  alä  Orundlage  für  ein  System  der  Bedeuiun£»lebr« 

(O,  Ditlriirli)     ,     .     .- .    .    llS 

Z«itBi.brift  Jür  hodideutsdift  . Mundarten  (K.  Michel)  .,  .  -  m 
Rrdmann  0.     Gruiidtiigo  dur  doutsdien  Syntax  nao^  Ehrer 

peschichtliL-hen  Kntwickluu^  iK.  v.  Bahderj     .....    133 

Bremer  G.     Zur  Lautschrift  ( U.  Brcum^ri .127 

HeilijrO.   Grammatik  der  OstfrUnkisihen  Mundart  dea  Tauber- 

jrnindcii  und  diir  Nachbavimindartvu  1,0.  Brennor)  ,  -  .  ISM 
ScbatJE  J.  Dif  Mundart  von  Ini»t-(GuMUiv  Binü)  ....  .  l$L 
SocrunHeu  Asm,    Po\ti\&iAvp.  &«MK»vR.«e.  IS-iVth  Becnpkcr)      .  y 


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