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INDOGERMANISCHE FORSCHUNGEN
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INDOGERMANISCHE SPRACH- UND ALTERTUMSKUNDE
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KARL BRUGMANN und WILHELM STREITBERG
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STRASSBUR6
VEBLAQ VON KARL J. TRÜBNEB
1901
INDOGERMANISCHE FORSCHUNGEN
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INDOOERMASISCHE SPRACII- UND ilTEBTBMSKllllDE
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KARL BRUQMANN ohd WILHELM STREITBERG
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8TRASSBUR0
VERLAG VON KAKL J. TBÜBNEB
1901
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Inhalt
Seite
Karl Bmgmann Der indoiranische Feminintypus ndr-l . . 1
J. A. Smith Indo-european -ss- between vowels 4
John Schmitt Myrolog oder Moirolog? 6
Carl Darling Bück Critical notes to Oscan Inscriptions . . 18
Ivan Ropacz Die lateinischen Infinitive auf -ier 28
Karl Brugmann Qriechisch dvOptuiroc 25
R. M. Meyer Künstliche Sprachen. I. Teil 85
Christian Bartholomae Arica XIV 92
Karl Brugmann Homerisch ^€volvdul und gotisch briggan^
zwei Fälle von Wurzelangleichung 15Ö
M. H. Jellinek Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft 158
C. C. Uhlenbeck Agens und Patiens im Kasussystem der
indogermanischen Sprachen 170
W. Foy Zur Syntax von ai. nama, av. nqma, ap. nämä usw. 172
J. Heinsius Über die Repräsentation von indogermanisch skh
im Griechischen 178
K. Brugmann Lateinisch vicissim 181
Whitley Stokes Irish Etymologies 185
Her man Hirt Kleine grammatische Beiträge 195
R. M. Meyer Künstliche Sprachen. IL Teil 242
Hans Meltzer Vermeintliche Perfektivierung durch präpo-
sitlonale Zusammensetzung im Griechischen 319
Alois Walde Zur Entwicklung von germ. ai im Friesischen 372
P. E. Sonnenburg Zur Ableitung von cale facto und calebam 386
Karl Brugmann Nochmals lat. ali^tis, lani^a 889
KarlBrugmann Lat. dHeräre, perieräre^ eieräre und aerumna 3%
Herman Hirt Sach- und Wortregister 403
Der iBdoiranische FemiBintypus när-i.
KZ. 32, 294 flF. stellt Ernst Leumann die Belege für eine
dem Indischen und Avestiscben eigentümliche Klasse von sekun-
dären Femininbildungen zusammen. Der zu Grunde liegende
Stamm ist meistens ein Eigenname, und die Bildungsregel lautet:
der Vokal der Schlusssilbe des Grundstamms erfährt Vfddbi,
an den so veränderten Stamm tritt das Femininzeichen ?. 30
Belege liefert das Indische, das Avestische 4. Beispiele sind :
ai. jiihnäv'i '^Tochter des jahnü-* d. i. 'die Gangä', mavtav-t
'Gattin des mdnu'% agnäy-l 'Gattin des agni'% aräy-t 'Genos-
sin, Weib des ari-, Feindin', när-i 'Weib, Eheweib, Heldin*
von ndr- 'Mann, Held' = av. näiri-. Der Ausgang -am er-
scheint im ältesten Indischen und im Avestiscben fast nur bei
Wörtern, die zu r/-Stämnicn, und nicht bei solchen, die zu n-
Stämmen gehören. Er ist aber nach Leunianns wahrschein-
Hcher Annahme (vgl. auch Verf. Mü. 2, 197) gleicliwohl bei
den 7i-Stämmen entsprungen und von diesen auf die a-Stämme
sowie auch auf konsonantisch schliessende Stämme tibertragen
worden. Z. B. ai. punikütsam 'Gattin des puru1cüfsa-% mud-
galdnl 'Gattin des müdgala-^ varunänt 'Gattin des i^druna-^
av. ahuram- 'Tochter des ahura-% ai. ürjänl 'Genie der La-
bung' {ürj-). Vgl. griech. XuKaiva 'Wölfin' zu Xükoc u. dgl.
nach dem Vorbild von leKTaiva (von TeKTUJV i u. dgl. Das erst
in nachvedischer Zeit auftretende hrahmüm 'Gattin des hrah-
m
mdn-^ ist zwar regelrechter Vertreter unseres Bildungstypus
bei einem w-Stamm, darf aber natürlich nicht als die Muster-
form oder als eine der Musterformen für purukütsanl usw.
angesprochen werden ; die wirklichen Musterbildungen sind
für uns verschollen.
Woher stammt dieser Feniinintypus des arischen Sprach-
zweigs V Die Antwort ergibt sich leicht, wenn man bedenkt,
Indoffcrmani^'chc Forscbunfren XII l u. 2 \
2 Karl Brugmann,
dass in den idg. Sprachen öftere das Suffix -io- -io- hinter
fertige Kasus getreten ist. Aus dem Altindischen stellen sich
hierher die meistens als Participia necessitatis verwendeten For-
men auf -äyya- d. i. 'äyia- -ayiya-j wie sraväyya^ Haudandus^
löblich', welche von Infinitiven auf -ai ausgegangen sind (Verf.
Grundr. 2, 1422). Im Griechischen und in den italischen Spra-
chen erscheinen solche Weiterbildungen vom Lok. Sing, der
0- und der ö-Stämme aus, als deren ursprüngliche Ausgänge
-ei-io' -oi'iO' und -ai-io- anzusetzen sind, z. B. oIkcToc (oikci)^),
kret. T€iov • ttoTov Hesych, gort, ö-xeiqi (*t€i = ♦g-^ei), ttoToc
(ttoT), dXXoioc*), dtopaioc (dtopd, vgl. 0r|ßai-Tevric), dvaTKaioc,
osk. vereiiai 'der Landwehr' (Stanmi uero- 'Tür, Mauer'),
kersnai[i]as 'cenariae' oder 'cenarias' (Stamm kersnä- 'cena'),
leit quoiu-s cujus = *q^-oi-iO'8y osk. Maraiieis lat. Mar ejus,
CanuUjus, leguUjus, plebejus, s. Verf. Grundr. 2^, S. 121. 1^
S. 228 f., Griech. Gramm. ^ 181, Bück Vocal. der osk. Spr.
150 f., V. Planta Gramm, der osk.-umbr. Dial. 2, 10 ff., Nie-
dermaun IF. 10, 239 ff. S. ferner Sievers Ber. d. sächs. Ges.
d. Wiss. 1894 S. 129 flf. und Niederraann a. a. 0. über die
germanischen Stammesnamen Ingvaeones u. dgl. Weiter hat
das Litauische i'o-Bildungen, denen der Lok. Sing, zu Grunde
liegt, z. B. danguje-ji'S 'himmlisch' von dangujd, Lok. zu dan-
güs 'Himmel', nanie-ji-s 'der immer zu Hause sitzende' von
name 'zu Hause', sowie solche, die vom Gen. Plur. ausgegan-
gen sind, z. B. musü-ji-s 'der unsrige', Prüsaiczü-ji-s 'der der
Familie Prüsaiczel angehörige' (Leskien Die Bildung der Noni.
im Lit. 190 ff.). Endlich sei noch erwähnt, dass Bück a. a. 0.
das ital. Suffix -asio- -azio- {-ärio-), wie im umbr. urnasier
und lat. aqudHuSy vom Gen. Sing, auf -asj Prellwitz BB. 24,
1) Sollte E. Schwyzer mit seiner Vermutung Recht haben,
dass das erst seit Menander erscheinende oTkci durch Dissimilation
aus otKoi entstanden sei (Neue Jahrbb. 3 [1900] S. 256), so würde
das die Berechtigung einen urgriech. Lok. *Foik€i zu Grunde zu
legen nicht aufheben.
2) In ähnlicher Weise wie io- erscheint bekanntlich auch -no-
als Sekundärsuffix hinter Kasusformeu, z. B. lapi-vö-c, ir€puci-vö-c,
ai. purä-nd' 'vormalig'. Daher ist dem dXXoloc vermutlich das lat.
alienus an die Seite zu stellen, das aus *alioi-nO'S oder *aliei-no-s
entstanden sein kann (Verf. Grundr. l^, p. XLV). Vgl. auch ahd.
swein ags. swän aisl. sueinn 'Angehöriger, Knecht, Sohn' auf Grund
von ^siwi = griech. Fol ct.
Der indoiranische Feminina' pus ndr-i. 3
94 ff. dagegen vom Lok. Plur. auf -asii) ausgegangen sein lässt,
wozu man v. Planta a. a. 0. 2, 12 f. und Verf. Grundr. 1 *,
S. 763 f. vergleiche.
Hiernach dürfte klar sein, dass die Grundlage unserer
arischen Feminina auf -i die aus der Zeit der idg. Urgemein-
schaft überkommene i-lose Bildung des Lok. Sing, mit dehn-
stufigem Vokal der Schlusssilbe (Verf. Grundr. 2, 609 ff., Streit-
berg IF. 3, 355 ff.) gewesen ist. vasäv-i aus Lok. vdsau av.
vatdhauj von ai. vdsu 'Gut, Besitztum', agnäy-l aus der ent-
sprechenden, im Arischen in selbständigem Gebrauch nicht
mehr vorhandenen Lokativbildung auf uridg. -ei oder -öi (vgl.
aber Lok. agnä = uridg. -g aus -ei) ; die Formen agnäyij Akk.
agnäyiniy Vok. vrsäJcapäyi waren jedoch nicht rein lautgesetz-
lich, da y vor l in urarischer Zeit geschwunden war (Grundr.
1 *, S. 268 f.). -an-t (brahman-l) stellt sich zu av. ayqn u.
dgl. aus urar. -öw, kret. Inf. bö|ir|v. Zum Lok. *nar, vorarisch
*»-gr, der Grundlage von ndr-ij kenne ich keine Parallele aus
dem Gebiet der Stämme mit r-SuflSxen, ausgenommen etwa
das griech. Adverbium vuKTUip (vgl. lat. nocturnu-s). när-l
braucht aber deshalb keineswegs eine jüngere Schöpfung nach
dem durch die andern Stammklassen gebotenen Muster gewesen
zu sein. Eine altertümliche Kasusformation kann sich hier
ebensogut erhalten haben wie z. B. in ved. gnäs-päti-ä oder
süre duhitä (0. Richter IF. 9, 216. 224). unsere Feminina
sind zunächst aus Wörtern für männliche Personen abgeleitet
worden. Sie besagten, dass das weibliche Wesen irgendwie
als Genossin, als Hausgenossin, Gattin, Tochter u. dgl., zu der
männlichen Person gehöre. So war also z. B. manav4 nach
der ursprünglichen Meinung etwa: die bei (chez) Manu (seiende).
Der Gebrauch des Lok. Sing, war hier derselbe wie z. B. in SB.
\\y b, \, 2 8ct hasmin jyög uvOsa, '"sie wohnte lange bei
ihm', RV. 8, 51, 1 (Välakh. 3, 1) ydtha mdnau sävaranäu
s&mam indräpibah sutäm, ^vie du bei Manu S^varani, o
Indra, den gepressten Sönia trankst' (so trink jetzt bei uns),
vgl. Delbrück Altind. Synt. S. 117 f., Grundr. 3, 225 f., Speyer
Ved. und Sanskrit-Synt. (Grundr. der indo-ar. Phil.) S. 21.
Leipzig. K. Brugmann.
J. A. Smith,
Indo-enropean -ss- between Yowels.
Nothing can be clearer, in general, than the fate in the
several Indo- european languages of intervocalic -s-: it was
either (1) universally dropped (through -A- earlier probably -2-),
or (2) in aecordance with varying aecentual conditions (a) be-
came z (subsequently r) or (b) was retained as s.
To these simple rules we find, however, a eonsiderable
number of exceptions. Of these in Greek the most striking
instanees are:
(1) the Loeatives PI. of Voealic Sterns in Nouus: XuKoiciy
vujLiqpaici, öqppuci, &c.
(2) the Sigmatic Aorists of Voealic Stenis in Verbs: dxi-
)iäca, l(pvca &e. (and their moods).
These are commonly explained as reformations by aua-
logy with consonantal stems, qpiiXaHi, dqpuXaHa &e., but
(1) In both Nouns and Verbs consonantal steras are de-
cidedly less frequent than voealic stems.
(2) The analogy is far from obvious.
(If analogy is called in, I think it would be better to
refer the change to the influence of «-stems: which are far
more frequent than, at least in the case of verbs, is generally
supposed to be the case, cf. ev^evicx, ^x^Xeca).
It is at least remarkable that in other Indo-European
languages we find irregularities of correspondences in exactly
the same cases as in Greek, e. g. Arm. gailoc and mnaic,
0. Bulg. vlücechüj rqkachü and znachü, This suggests that
the analogical reformation — if such there was — had already
taken place in Indo-european times.
But that we have here to do with a primitive phonetie
difference is shown by the case of an isolated form which
from its nature must have escaped the influence of analogy.
The Gk. fiiiiicuc is formed from the old Loc. PI. of the stem
sBmi' {*8imi8su 'in halves'). That this was an Indo-eur. for-
mation appears from the Lat. semissi-, which originally had
no connection with the word as. We are thus driven to re-
cognize as at least Graeco-Latin a Loc. PI. termination with
Indo-european -ss- between vowels. 5
intervocalic -sS'. I should explain vicissim as probably also
a Loc. PL from vici- (or vicis-).
In Indo-enropean, therefore, intervocalic -ss- existed
as well as intervocalic -s- and this diflFerence survived in se-
veral of the Indo-european languages, though doubtless
greatly interfered with by analogical refonnations. It is pro-
bable that -88' was often reduced to -«- by purely phonetic
<*auses, as, e. g., after naturally long vowels or before the
accent (varying in diffcrent langnages).
This fact enables us to account for many apparent irre-
gnlarities in the tense and mood Systems of vocalic verb stems,
e«pecially in Greek. It is well known that the Fut. Ind. and
the Conjunctive of the Sigmatic Aorist are in Greek scarcely
possible to keep apart, but it is not generally recognized that
both -«- and -88- forms existed. In the former -«• was regu-
larly dropped, e. g. in CTTJoiaev CTuiiiiev whereas -ss- was regu-
larly retained as -c-, e. g. in cxricoiLiev. Ti|idcu) and ^Tiinaca
are now seen to be perfectly regulär. The same fact explains
the retention of -i- in cxairiv (from *CTacir|v) &c.; for intervo-
calic -i- always disappeared, while -ci- became -i-, (toO is
irom *to80 not *to8yo),
Further this throws lijrht on Latin forms like ama880,
which correspond to Greek Ti|idciü, while amarem (amaro?)
are from -s- forms.
These suggestions are confirmed by an examination of
related forms in Celtie. The Irish rö-charsnm points te *crt-
ra88amo8 (S.-Pret. 1 st. PL), while the -s- forms (conjunctive)
are represented by ro-doos 0. W. dechreuho, The 0. W. Cou-
junctives dyicefto, dycko show the same phenomenon (due to
s becoming h) as tecaf, gwh/paf from teg, gwlyh (termination
*'i^amos'^ cf. ieuhafj mwyhaf).
The above view, if accepted, would thus necessitate a
revision of our conceptions of the tense and mood System of
vocalic verb stcms, but the result would be, I believe, to
bring those of the diffcrent languages more into harmony with
one auother. An indispensable preliminary to such a recon-
struction would be a fuller recognition of the existence and
influence of verb-stems in -8 (like teXac-, xeXecr, Lat. ges-, quaes-
&c.). Many of the Homeric uncontracted forms would be
«een to be due to the droppiug of intervocalic -8-, Lastly
6 John Schmitt^
light would be thrown on the puzzling retention of -s- in many
Single words as, e. g., in vf^coc, 0. Ir. hiü, whcre both lan-
guages point to *end8s-.
Oxford, England. J. A. wSmitb.
Myrolog oder Moirolog?
KoraYs, Atakta 2, 255 schreibt inupoXoTw, iiiupoXÖTiov und
äussert sich über seine Ableitung: KaKot tö TPowpti bid biq)9ÖT-
fov 6 ZojLiau^pac (Somavera) MoipoXÖTiov, ibc Kai oi Ypdqpov-
xec auTÖ ^EacuXXdßuic MupioXÖTiov. '0 AouKdYTioc (Du Gange
S. 277) dTViüpice kqi xdc buo tpaqpdc, dXX' ^KaxdXaße Tfjv t^v€-
civ TTic X^HeuJC dtrö xö 'EXXriviKÖv, Miipoiiiai, xö 9pr|viü. "Mu-
po|i^vr|, öbupojLi^vri" X^T€i ö 'Hciixioc, kqI cuv6^xu)C ^iiiupiubei,
bprivujbei". Dann heisst es Atakta 4, 345, unter anderem: *H
cüvBecic elvai öxi dtrö xö MoTpa Kai Aötoc, dXXd dirö x6
dXPncTOV Mupoc (6 Bpfivoc) ^k xoö xPHCtoö ^rjjLiaxoc Mupu)
Kai xoO Aetu). MupoXotu) Xomöv elvai Miipouc X^y^. Im Zu-
sammenhang mit dieser Erklärung steht auch das was Henricus
Stephanus anführt: Mupiubeiü, affertur pro Lugubre cano, at
Mupuibia pro ünguentorum odor: utrumque sine testimonio»
[Hesych.: |iupu)bei, 6pr|veT] At verborum ordo postulat Mupdbei,
quod Hesych. alicubi sie corrupte scriptum repererat. In cod.
Ven. revera exhibitur Mupaibei i. e. iiiupdbei. "Servata est an-
tiqua archetypi scriptura, pro qua, serie permittente, reponen-
dum Mup(jib€i, uti et Is. Voss, devinavit." Schow. Male ergo
eund. Voss, castigavit Coraes ad Heliod. vol. 2. p. 169: Zti-
jLieiuicai bk Kai MüpecGai, rrap' 6 f^ cuvrjBeia dcxriMOixice ciivOexov
xö MupoXoTU), XU) Jbiujc im xfic im xoTc drroixoiLi^voic Opri-
viubiac xexaxOai, biaq)€pov xoö OiKxpoXoTUJ Kai *EX€€ivoXoyu) • f|
bi cuvGecic dvdXotöc dcxi xiu Mupiubdi, öirep dTVOiTJcac xu)v xic
KpixiKuüv (Is. Voss.) KaKUJC xö Tiap' 'HcuxiuJ MupujbeT €ic xö )liu-
pcjibei )i€xaßdXX€iv djpiiiTicev. — In der Ausgabe des Hesychios^
von Mor. Schmidt finden wir im Texte Vol. III S. 129: )liu-
pcfbei, bpriviubei, und in der Anmerkung: sie jiiupaibci cod.,
liupujbeT Mus. Illud (iiupdbei) placuit Is. Vossio et Thes. V e.
1306 D, hoc Corai ad Heliod. II p. 169 licet aperte vitiosum.
Myrolog oder Moirolog? 7
Conici mnlta possunt veluti inupei * $bei . juiviip* &be\ * OprivujbeT.
)ilVUpibb€l ' 9pT]Vlub€T.
Wir haben hier die auf iiiupujbeT bezüglichen Auseinander-
setzungen angeführt; weil KoraYs sich auf diese Form beruft,
um für das sinnverwandte )iupoXoT€i eine passende Ableitung
zu finden. Seine Erklärung wurde, so viel ich weiss, von
allen angenommen, die dieses Wort erwähnen, denn es wird
jetzt fast allgemein mit u statt oi geschrieben. Lassen wir
nun Schmidts Erklärungsversuche, die uns hier nicht weiter
berühren, bei Seite, so wird wohl der Einwand gegen iiupiubeT
auch aus andern als paläographischen Gründen berechtigt sein;
denn neben diesem Verbum muss ein Substantiv *)iupiubia (vgl.
TpaYuibia) gedacht werden, welches sich aber wohl kaum mit
der Geschichte des Wortes in Einklang bringen lässt. Wie konn-
ten die völlig gleichlautenden Formen *|Liupiubia und jiiupujbia
(ohne jota subscriptum und = euuibia) neben einander bestehen?
das erstere im Sinne von Klagelied war nur von einem selbst
dem Altgriechischen unbekannten iiiöpoc = Gpfivoc, oder dem
gebräuchlichen iiiupu) = Gprivu» herzuleiten, während das letztere
durch seine Abstammung von iiiupov, die Salbe, nur die Bedeu-
tung von Oeruch haben konnte, die es in der neugriechischen
Volkssprache getreulich bewahrt hat. Wenn hier eine Vermu-
tung helfen könnte, so dürfte für das erstere au eine Ablei-
tung von jLioipa gedacht werden; wir hätten dann iiioipiubuj, was
aus weiter unten zu erklärenden Gründen einen befriedigenden
Sinn geben würde. Ein auf graphischer Verwechslung beru-
hender Irrtum ist sehr leicht möglich, wenn wir bedenken,
dass im gr. Mittelalter oi und u den ü-hhVit angenommen
hatten und sogar schon auf alten Inschriften mit einander
vertauscht wurden, vgl. Hatzidakis Einleitung S. 28 und Jan-
naris Hist. gr. Grammar § 36; ferner fällt ins Gewicht, dass
Hesychios nicht in seiner ursprünglichen Gestalt auf uns ge-
langt ist. Aber auch hier tritt uns wieder die nämliche Ver-
legenheit in einer neuen Gestalt entgegen; denn wie konnte
die Sprache *|io*PMJ^ict, das Lied an das Schicksal, Klage,
und liupujbia der Geruch neben einander dulden? In neueren
Sprachen wie im Englischen und besonders im Französischen
sind solche homophone Bildungen häufig und auch im Deut-
schen, vgl. PauP Prinzipien S. 197, z. B. Tor (porta; = Tor
(stultus). Aber das Griechische scheint ihnen nicht günstig
8 John Schmitt,
ZU sein, besonders in seinen späteren Phasen, auf die es hier
ankommt. Zunächst wurden viele Wörter dadurch gleichlautend,
dass ihre Vokale den ursprünglichen Werth verloren, d. h.
verschiedene Vokale und Diphthonge: i, r|, u, ei, oi (ui, ij)
führten schliesslich zu einem gleichen lautlichen Ergebnisse,
dem /-Laute. Die Sprache suchte mit solchen homophonen
Wörtern aufzuräumen, weil sie zu Zweideutigkeiten führten.
Wir sehen dies am deutlichsten an dem Beispiel von uc und
olc, die beide = üs lauteten, und desswegen schon frühzeitig
durch xo^poc und TrpößaTOv ersetzt wurden, vgl. Hatzidakis
Einl. S. 13. Nehmen wir nun au, dass es zwischen zwei sol-
chen lautlichen Doppelformen zu einer Auseinandersetzung kam,
so musste diejenige die Oberhand gewinnen, die am volkstüm-
lichsten war, die sich am leichtesten in ihre ursprünglichen
Bestandteile zerlegen Hess. In unserm Falle besass das noch
erhaltene )iupu)bia den Vorzug, dass es durch seine Zusammen-
setzung mit liOpov, die Salbe, ohne weiteres verständlich war,
dagegen musste, wenn wir es als einstmals vorhanden betrach-
ten, das ohnehin schon höchst zweifelhafte *|iup(jubia = Klage
untergehen. Aus diesem Grunde kann die von Hesychios ge-
botene Form sowie auch die auf sie sich gründende Erklärung
nicht weiter für die Ableitung von laupoXoTOü dienen, und so
empfiehlt es sich, die Frage einer neuen Erörterung zu unter-
ziehen. Es ergeben sich im ganzen drei Möglichkeiten für die
Entstehung des Wortes : I. es kann abgeleitet werden von )iO-
poc, oder besser iiupuj, iiijpojLiai, IL von jioTpa und III. kann
auch jLiüpioi in Betracht kommen.
I. Die erste Ableitung, die wir schon berührten, hat den
entschiedenen Nachteil, dass wir nicht einmal im Altgr. ein
Substantivum besitzen, welches in dem Kompositum iiupoXotu)
das erste Glied sein könnte; denn iiiöpoc, die Wehklage, ist
uns nur durch seine Verwandtschaft mit iiiüpu), ich klage, be-
kannt. (Nach Passow ist das u in iiiupuj lang, daher schreibe
ich )iupoc.) Diese Zusammensetzung kann aber kaum anders
als aus einem Substantiv und dem von Xcyw abgeleiteten zwei-
ten Gliede bestehend gedacht werden, ganz genau so wie juu-
GoXoTu» = |iö0ov \if\xi. Ein jLiupouc Xl^w, wie KoraYs vermutet,
ißt aber äusserst bedenklich, weil wir im Rhomäischen nicht
auf prähistorische Formen und Bedeutungen zurückgreifen dür-
fen. Es Hesse sich daher nur an das historische iiiupov an-
Myrolog oder Moirolog? 9
knüpfen^ welches aber im Altgr. nur Salbey wohlriechendes
Öl bedeuten kanu. Thatsacbe ist, dass alle altgriecbischen
Zusammensetzungen, die im ersten Gliede )iupo- baben, sieb
nur auf die Bedeutung von Salbe bezieben, z. B. )iupoq)6poc,
wovon wir jnupoqpopu) ableiten können, iiiupOTTiüXdi, also ich
tragey ich verkaufe Salben. Wollen wir nun diesen Bildungen
aueb jiupoXoTiJü einreiben, so können wir nur zu einer völlig
absurden Bedeutung gelangen. — Geben wir dagegen von
^upujy )iupo|Liai aus, so müssen wir das Wort in die Klasse der
Komposita mit verbalem Anfangsgliede bringen, mit altgr.
Formen wie q)€p^Trovoc usw., die sieb leicbt in ibre Bestand-
teile auflösen: q)^puj ttövov. Was könnte aber |iupu) Xö^ov,
oder wie Lambros (Coli, de Romans grecs S. 352) andeutet:
\x\)po\xa\ — XÖTiov bedeuten ? doeb nur : ich klage ein Wort,
denn die Bedeutung: ich stimme eine Klage an, welcbe der
Sinn verlangt, könnte sieh nicht in ungezwungener Weise er-
geben. Möglich ist ja eine solche Bildung, das bezeugen die
von Dossios (Beiträge zur neugr. Wortbildungslebre, Zürich 1879
S. 55) angeführten asigmatischen Komposita: xpejLiox^pric, rpe-
ILiOTTÖbTic, dem die Hand, der Fuss zittert, eigentl. eine Hand
die zittert, wo das ursprüngliche Subjekt im zweiten Gliede
liegt, und ebenso q)aTÖCTO)iac krebsartiges Geschwür, rrpriCKo-
xeiXnc und -koiXtic, einer, dessen Lippen, resp. dessen Leib
angeschwollen ist. In andern wie q)oucKob^VTpTic liegt das zu
ergänzende Subjekt ausserhalb der Komposition, und es ist zu
verstehen: 6 five)ioc 6 örroToc q)oucKa)vei ict bevipa, und gemeint
ist der Februarwind, der die Bäume zum Treiben bringt; daher
dann q)OucKob€VTpid, und qpoucKoOaXaccid : das von heftigen
Winden aufgewühlte Meer. Als Beispiel neugr. sigmatischer
Bildungen sei das hier in den Zusammenhang passende kXq-
ipoiioipTic erwähnt, wo das Subj. in dem als Aorist auftretenden
Verbum zu suchen ist. Ein liiipu) Xötiov Hesse sich allenfalls
wie die obigen Komposita erklären, nur will sich kein rechter
Sinn ergeben. Ausserdem scheint mir in einer echt rhomäischen
Bildung die Annahme eines ni. W. unvolkstümlichen und oben-
drein leicht misszuverstehenden Gliedes wie liiipuj ich klage
als unzulässig, und das aus guten Gründen. Wir können näm-
lich beobachten, dass häufig in solchen Zusammensetzungen
eine Übertragung ins Volkstümliche stattfindet und zwar
in der Weise, dass ein unverständlich gewordenes Kompositum
Ut John Hruutit%
ffiXt'f dfi Tdl hti^ nifUshen durah frin ^braoehlichere* und
iU^r lebf:n^ifK#;D .Sprar^br? an/reb/^rendes Wort ersetzt wird.
tHi i'jmii'fi^ \%m Ml rfi#r rrnbildon^ von eu- and bucmxn^ ^^
»f/iX/;- find K/W/Ti/xoc, and an da« noch drastischere Beispiel
\ffU ahti^fm'h, uiamv-fk (uiw iru-fnv; Bachstelze, ans dem sich
dfirr'Ji l'uU'tf^fiup; von tnrfii lantL = inrn Quelle^ folgende
Ni^fibildiin^cn f?r^a>H;n: cctcovoOpa ^ceiuj Tf| — v-oupa;, KUiXocouca
(^wiAov r>.(«j>, lUnmum S. oo, denen ich noch coucoupaba ans
MaruMi bei Atbi^n beifljp^e; fenier altgriech. TurfoXaumc Johan-
m^NwOnncben, neof^riecb. KUüXo<pam(i.
IL Andern verhält es weh, wenn wir die obige Erklä-
rung IVillen iHKMcn und von ^oipa ausgehen. Einige Verse
nun dem Uotnnne Kallimaehos und Chrysorrhoe (ed.
LnnibroH Ooll.; erklären meiner Ansicht nach die Sache ganz
von Mellmt. Kk heinst dort:
2iMJ0 MupoXof fiTtti XuTrripa KXaiouca ineTCt ttövou
Kai TuOia Ttpöc t^v Tuxnv ttic X^t^i |i€Ta TriKpiac *
Tuxn M^>w KaKO|Li/ixöV€, tijxti MOu |LiaivojLi^vr| . . .
M} "'EXfftt TfdtvTUJC fcpuTa tö KaKO|noipac|i(i jucu . . .
M) Kul Tiiipa ßX^TTiü, TiJxn Mou, rraXiv drrpöcßaX^c ^e
7H Kul TuOia |n4v i] b^cTTOiva KaxAcTC 0pr|voöca.
DlcHo K'^n/.o Stelle ist ein echter Myro- oder besser Moi-
rolo^, denn mit dieHcm Namen wird sie ausdrücklich vom
Dlohtor Holbnt bo/.eiehnet, und auch am Schlüsse wird die
uämiloho VorHieherung, wenn auch in andern Worten, wieder-
holt, (lonu KUTuX^ftü benagt genau so viel als jLioipoXoToO|iaiy
vgl. KoraVH Ataktu 2, 182, unter KaiaXÖTi. Der Klagegesang
riehtot »ioh an die Tyche; das darf aber nicht befremden^
donu dioHo ist im Mittelalter und schon frtlher mit der Moira
HU eiuiM* Uostult %us«unmengeschmolzen, wie aus einer andern
HIdIIo doHHolben (Unliehtes deutlieh hervorgeht:
IW KXi^nm Ti^c Tuxnc buciuxic ^kXiücGii |liou kqi Moipac^
Ka\ ituXiv ^TtiKXiuBci |ie tö KaKOMoipacjnä |iOu
UiuN ^VKTOxoKXu>CMQTOC TTiKpoö Tf\c 'Aq)pobi"nic.
Hier UlHTuimmt die Tjehe in der Vorstellung des Dich-
Wr* v^^^^^l >v\dil aueb des grieehiseheu Volkes > die Fnnktionen
iWr M\Mni« lU JA da:» 8|ünnen des Lebensfadens bekanntlich
S^elw^ dor MoirxMi mier Paraen ist. Vgl. noch Belthandros^
V. TSs<:
Myrolog oder Moirolog?
11
TToXXa Yöp fvi dbiivaiov ävBpuJTTOV elc töv köciuov
xfiv €\)iap)üi^vr|v iKqpuyeTv kqi tö ttic Tuxr|c KXu)C|ia.
Kallimachos 1635: BX^ire xfic Tuxr|c Tfjv q)opdv, tö KXuicinav
TÖ TOÖ xpövou.
Übrigens pries schon Pindar die Tyche als die Schwester
der Moiren. Auch der auf das eben erwähnte Ersetzungs-
prinzip im volkstttmlichen Sinne fussende Sprachgebrauch stellt
als Synonyme neben einander: KaXöxuxoc und KaXö)ioipoc, de-
nen sich als drittes KaXopiZiiKOC beigesellt, und diesen stehen
die entsprechenden Verbindungen mit kqko- gegenüber. Nichts
hindert uns daran, das in Frage stehende Wort als ein Kom-
positum von jLioipav X^t^ aufzufassen, als Xi^ijj Tf)v jaoTpav nxou,
dem wir ein gleichbedeutendes Xctuj t^jv Tuxnv mou an die
Seite stellen; nicht anders ist auch KXaipojLioipric : der immer
sein Schicksal beweint, Dossios 55, auf kXqiu) Tfjv iiioTpav )ioi>
zurückzuftlhren. Die Bedeutung kann nur sein: ich verkünde
das mir vom Schicksal bestimmte Los, d. h. ich klage mein
Unglück; denn wenn Tyche und Moira auch neutrale Begriffe
sind, so liegt es doch in der Natur des Menschen, dass ihn
die Betrübnis viel eher als die Freude zu ergreifenden Ge-
mttthsäusserungen drängt. Und an wen wendet sich hier die
Klage? doch nur an die Tyche (oder besser, an die Tyche-
Moira) selbst, denn wenn das Schicksal auch unwandelbar
ist, so kann ein betrübter Mensch doch leicht auf den Gedan-
ken verfallen, dass es sich durch Bitten erweichen lässt.
Auch andere Zusammensetzungen mit jnoTpa können uns
die Art, wie solche Bildungen entstehen, veranschaulichen;
um die Sache klar zu machen, gehen w ir von bekannten Ana-
logien aus:
iTTTTOuc Tpeqpiu
avGoc X€TUJ
|iö9ov XeTUJ
Dann:
ITTTTOTpOqpOC
dvGoXÖTOC
ITTTTOTpoqpUJ
dvGoXoTÜJ
)iu6oXÖTOc jLiuGoXoTui
iTTTTorpoqpia
I dveoXoTicx
\ dvGoXÖTiov
f)iu0oXoTici
||nu9oXÖTTma
)iOipav Tpcwpuj lioipoTpaqpoc laoipOYpotqpuJ
||noipoTpciq)ia
I )iOipOTpdq)Ti)ia
Die Passivform )ioipoTPGt(poö)iai findet sich im Kallimachos
V. 707 sq., 1668-, )ioipoTpd(pr||ia ib. 735 sq. und öfters. Über
die Rolle der Moiren, die den Namen des Neugeborenen in
lüioTpav X^TW liOipoXoTOC
12 John Schmitt, Myrolog oder Moirolog?
das Schicksalsbuch eintragen und ihm sein Lebensschicksal^
«ein |LioipoTpäq)r||Lia, verkünden, siehe Bernhard Schmidt Volks-
leben S. 210 — 221, bes. S. 215. Dass es sich oft um eine
Voraussagung des ehelichen Glückes handelt, kann auch
oben erwähnte Stelle aus Kallimachos, V. 703 sqq. bezeugen.
Die Form iLioipoTpaqpia findet sich im Sophocles: The decrees
of fate, mit Hinweis auf Nicet. Byz. 764 A. Im Belthandros
V. 422 lesen wir:
XpucdvTcav r\v uTretpctvpev f) jnoipÖTPOiqpoc Tiixri
doch scheint mir der Akzent auf der drittletzten Silbe gegen
die Versbetonung zu Verstössen, denn der Dichter hält auf
gleichmässige Vertheilung der Versakzente; wir dürfen, glaube
ich, auch hier )ioipoTpäq)Oc wie in den andern Fällen als Pa-
roxytonon lesen. — Schliesslich erhalten wir im Einklang mit
den vorhergehenden Beispielen:
jnoipoXoTo» — oö|iai [ liOipoXÖTi(ov)
Kall. 1670; — | jLioipoXÖTTliia
2360 (Kall. 1671.
Im W. B. von Passow findet sich lioipoXötoc = Schick-
salskündiger, und ebenda sogar das bei Kirchenschriftstellern
übliche iLioipoXoT^uj = einem das Schicksal verkündigen.
Vielleicht dürfte diese Form schon allein als ein Beweis für
die richtige Herleitung des Wortes genügen, denn die Medial-
form )aoipoXoTOÖ)iai : sich selbst das Schicksal verkündigenj
konnte in die Bedeutung übergehen: sich über sein Schicksal
aussprechen und schliesslich: sein Schicksal beklagen. Wir
finden m. W. nicht liOipoXoTict, sondern nur das sächliche )üioi-
PoX6ti(ov), wie dvGoXÖTiov. — Endlich sei noch verwiesen auf
Hesychios: )LioipoXoTX€iv No. 1554 und die Lesart iioipoXaXcTv
im Apparate.
III. Über die Form jnupioXoTÄ und ihre entsprechenden
Ableitungen wie laupioXöti kann nur kurz bemerkt werden,
dass sie als eine spätere Bildung anzusehen ist, da sie in den
frühen Denkmälern nicht vorkommt. Im Laufe der Zeit fand
•eine Vertauschung statt zwischen den Kompositionsgliedern
(|iupo-) lioipo- und liupio- z. B. )iupö-xpicToc, )ioipö-KpavToc und
>iupi6-KapTroc ; Typen wie iiupo-qpöpoc = Salben tragend, und
jLiupio-q)öpoc Leontios 60, 16 ^= grosses Lastschiff konnten leicht
verwechselt werden, oder zu einem Ausgleiche kommen, wie
«s bei iLioipo-XoTu» thatsächlich der Fall ist, denn an manchen
Carl Darling Buck, Critical Notes to Oscan Inscriptions. 1$
Orten hat das unechte Kompositiousglied inupio- das echte inotpo-
verdrängt. Begünstigt warde diese Umbildung durch volks-
etymologische Einflüsse; das Volk knüpfte an die im Neugriech.
zahlreichen Komposita mit iiupiö- an, z. B. inupio-irapaKaXia,
jLiupio-euxapicTu», und legte sich den Sinn in der Weise zurecht^
dass es unter iiiupioXoTU) so viel verstand als: unzählige Worte
sprechen, sich durch viele Worte Luft machen.
Leipzig-Gonnewitz. John Schmitt.
€ritical notes to Oscan Inscriptions.
The eituns-inscriptions^.
The new inscription, first published by Sogliano, Notizie
d. Scavi, Nov. 1897, reads:
eksuk amviannud
eituns ampt tribud
tüv. ampt mener.
There is no trace of a cross stroke in the third letter
of ampt in either oceurrence, and the other strokes are clear
enou^h to makc it impossible to belicve that it has been lost.
One may recall the fact that on the Vibia Curse the first
letter of avt is twice or three times clearly without the cross
stroke, without, however, feeling justified bere in reading
amat^).
1) 1 examiued these both bel'ore and alter seeing Degering's
article in the Mitteilungen d. kais. deutsch, ärchäol. Inst., röm. Abt. 13,
124 f. On tlie lirst occasion I noted Sogliano's error in giving eksud
instead of eksuk in the new inscription: also that in Conway no.61
amviannud with two n's was to be read, and sarinu not sarnnu;
further that in C. no. 63, v. Planta's conjeeture of spuriieis was to
be accepted, while in the last line im brat r appeared impossible.
Conway's sehsimbriis probable. All these points were noted by
Degering and I mention the fact that my own observations were
independent, mcrely because as such they furnish stronger corro-
boration of his readings than they otherwise would. Sogliano's
error in giving amat I did not notice until after having had my
.Utention called to it by Degcring's article.
2) But the temptation is great not to give up the intelligible
amat for the highly puzzling ampt. Degering's explanation of the
14 Carl Darling Bück,
In contrast to Degering I am absolutely convinced that
the inscription ended with mener. I examined this part of
the stone with the greatest care and failed to see any traees
of red on the same line after mener, or any traees of lines
foUowing. As for the graffiti at the bottom of the pillar,
there are undoubted traees of letters, but to make puf, ei-
tuns, etc. of them requires a vivid imagination.
Conway no. 61, v. Planta no. 48. The text is:
eksuk amviannud eit.
anter tiurri XII ini
Vera sarinu puf
faamat Mr. Aadiriis V.
There is no doubt, I think, of the two n& in amvi-
annud. In the third line Conway is not justified in reading
sarnnu. v. Planta was right in assuming that the fourth
letter is u corrected to i (not, I think, i). The punct before
n seems clear, so that the explanation of the mistake is that
the writer at first skipped two letters of his copy and after
sar wrote the final u and the punct, then corrected the u to
i and added the nu*).
Conway no. 63, v. PI. no. 49. The text is:
eksuk amv[i]anud
latter will satisfy no one. A Latin spelling amptermini with the
change of b to p betöre t is of course whoUy irrelevant, and the
vague references to cases in which p Stands for f in both Oscan
and Umbrian do not mend niatters. Since original pt becomes ft
(O. scriftas), it is especially difficult to account for the opposite
change here. The ouly possibility wiiich oecurs to me, in the line
of connectiug the word with amf-f is that in the combination na8.+
/■+cons., the b became an afifricative pf (cf. the development of
n-i-s to ntSf e. g. 0. keenztur) and then lost the f. But this is
none too plausible. [Mau Mitt. d. deutsch, archäol. Inst., röm. Abt.,
14,112, suggests the possibility that ampt Stands for ant, but very
properly concludes that this is unlikely. Aside from the question
of syntax, such a misspelling could hardly be parallelled. In L.
te?nptäre the p has etyniological value (cf. Brugmann Grdr. 1^, 366).]
1) It is clear that the word can have no connection with the
name of the river Sarnus. An anaptyctic vowel would be a not i,
and moreover the gate referred to is, as the topographists agree,
that in the direction of Herculaneum, exacth' opposite from the
Sarnus.
Critical Notes to Oscan Inscriptions. 15
eituns an[ter trjiibtt
Ma. Kastrikiieis ini
Mr. Spuriieis L.
puf faamat
V. Sehsimbriis L.
In 1. 2 an[ter (so Comvay and v. Planta, wbile earlier
editors read an[t) is not only probable but necessary to fill
the Space. In 1. 4 Spuriieis as conjectured by v. PI. and
confirmed by Degering is clear. In 1. 6 imbratr and im-
brtr are impossible. The letters following br are almost cer-
tainly iis as ready by Schöne, Conway and Degering.
Conway nos. 60, 62, v. PI. 47, 50. Of these only a few
letters can be made out at present, but on the evidence of 61
and 63 we are safe in assumiug that in 62 anter, not ant,
is to be supplied.
As regards the general interpretation of the eituns- in-
scriptions, the latest has, if anything added to the diflSculty,
and Degering's article, while pointing out some serious diffi-
culties in Nissen's view (as, for example, the fact that the
Street near the corner of which Stands C. no. 61 leads to the
point between towers XI and XII, not between XII and the
Herculanean gate) ofFers no positive results that will meet
with general acccptancc. Prof. Mau is shortly to publish an
article on the topographical questious involved, which we shall
await with intercst^). Dcgering's grammatical views mark a
distinct step baekward. lustead of the wholly satisfactory
explanation of puf as ^ibi', we are to assume an Oscan acc.
pl. in -f instead of -ss, -s, and, incidentally to this, the exi-
stencc of an Unibrian pufe ''ubi' Tab. Ig. VI a 8 is done
away with by assuming that uerfale is an acc. pl. to uerfali-,
this from ^uer-u-ali- belongiug to U. uerof, 0. veru! The old
explanation of eituns as a 3rd pl. imperative, formed to the
Singular after the analogy of the subjunctive, is at least a
conceivable one*), but Degering's attempt to support this with
the deiuatuns of the Tabula Bantina weakens the argument.
For, it being syntactically impossible to regard deiuatuns as
1) [See now Mitt. d. deutsch, archäol. Inst., röm. Abt., 14, 105 ff.]
2) [Revived once niore by Ehrlich, IF. 11, 299 ff.]
16 Carl Darling Bück,
an imperative, he is obliged to assume that this alleged for-
mation in -tuns even took the place of the real subjuuctive.
Assuming, in agreeraent witb most scholars^ that eituus^
is a noun, the qnestion remains whether it nieans simply 'way%
as Nissen, Btleheler and v. Planta thiuk, or whether it deno-
tes certain persons or things which form the objective point
to which people are to be guided. Therc are certain reasons
why the latter view seems to me more probable. Firstly the
topographical difficulty in C. no. 61 would vanish. The street
near which it Stands is not itself the 'way between the twelfth
tower and the gate' (cf. above), but it raay be the most con-
venient way of rcaching, from the corner where the inscrip-
tion Stands, something situated between the twelfth
tower and the gate. Secondly, in the new inscription the
ablative construction with ampt would be more intelligible.
But the Chief argument is from the form itself. As a singular it
oflFers great difficulty. Bücheier compares L. iter, ifineris, but
without explaining how the suflSxes are to be eompared. v»
Planta 2, 61 suggests four possibilities. 1) From '*eitono8 with
change of unaccented o to u before '7i{o)s. But in Oscan a
change of o to m it found only in conncction with labial
consonants. 2) Influence of a stem *eüu-, L. itus, But this
should give eftiuns. 3) From *eitönos. But in Latin the
Suffix -öno- is an extension of -ön- and denotes persons. 4)
from *eitü-n0'8 like L. fribünus. A rare suffix, and one which
would certainly involve an extension of the meaning. On the
other band as a nom. pl. of a stem in -ön- its formation is
perfectly simple, namely cituns from *eitön{e)s as humuns
from *homön{e)8. What specific meaning should be assumed
for such a derivative of the verb 'to go' is a further question^
on which tliere may be various opinions. Against Conway's
'cisiarii' and 'lectiearii' archaeologists seem agreed that such
private advertisements are out of the question. The meaning
'patrols', already suggested in my Vokalismus, would seem to
fit in well with the general interpretation of the inseriptions
given by Nissen, Mau and others. That is the soldiers are
guided to the regulär patrols or patrol stations, the Situation
of which is shown by the words following ei tuns, — in the
new inscription "about the Public Building (and) about the
Temple of Minerva".
Critical Notes to Oscan Inscriptions. IT
The iovilae-inscriptions.
Conway no. 113, v. PL no. 133.
1. 6. BetweeD meddis and ad I regard kapv as by
far the most probable reading, though Bttcheler tbougbt it
impoßsible, and v. Planta not without difficulty. Bücbeler's
pis id seems improbable to me, as to v. Planta (Anhang
p. 632). Directly after meddis is a hole in the stone, out
of whieh rans an oblique stroke which migfat belong equally
well to k or d (v. PI. prefers d). The next letter is certainly
a (v. PL also thinks this most probable). Then follow indi-
stinct lines oflfering various possibilities of combination, among
others pv, while v. Planta prefers pi. The oblique stroke
whieh y. PL reads as thorn Starts much higher up than in
kerssnais and upil and is longer, in fact i seems to me
unlikely. The traces of horizontals in what I take to be v
are so faint that I eannot be snre they are not imaginary.
1. 7. iäviass not -als seems elear to me, contrary to
the opinjon of previous editors. There is a distinet oblique
stroke parallel to the lower bar of the final s.
1. 8. ssimassta- not ssimaissta-. Bücheier remarks
on the narrowness of the space for the i between a and s, and
moreover the supposed stroke is very short, not more than
half the usual length. I take it to be simply a mark on the
stone. I can see no punct after the s; if anywhere it is after
the second s where BUcheler notes a Tleck'. Altogether, I
am convinced that the correct reading is iüviass messimass,
an accusative plural and object of sakraf ir. The next word
is the most difficult in the inscription. After ta is a mark
which may be intended for an i, or may be accidental. The
next letter may be read as v (Sogliano) or e (Bücheier and
others), since the middle stroke is much finer than the other
horizontals. The last letter of the line is certainly f. At the
beginning of 1. 9 v, Planta's reading fud is well nigh certain
(others fuf). v. Planta makes two words staief fud, but it
is difficult to follow bis explanation of fud as a verbal form.
It is more likely that we have to do with a Single word, an
ablative singular, probably dependent on messimass. But
the Stern and meaning remain uncertain. We may read taief-
fud or tavffud or, assuming that of three successive ss
Indogrermanische Forschungen XII i u. 2. 2
18 Carl Darling Bück,
only two were written, staieffud or stavffud. Taking the
last reading one might think of a derivative of the root stau-
(L. in-stanrö), and suppose that it means something like ''esta-
blishment, beginning'. The sentence would then read: Punl
meddis kapv ad | fugt, idviass mejssiinags (s)tavffud
sakriss sakrafir, avt ultinmam kerjssnais; and be traus-
lated: '"''When the meddix ot Capua shall be present, one
shall celebrate the Jovian fete-days which are midmost from
the beginning, vvith sacrifiecs, but the last with banquets".
1. 9. sakriss not sakriiss. Between the i and s is
a defeet in the stone which the stone-cutter passed over, as
frequently.
1. 10. kra elear, and traces of f certain, then part of
f but not enough to determine whether i or i. The final letter
is quite indistinet.
I. 12. Bücheier and v. Planta note that the thom of
the i in ssnais slopes downward. The same is certainly tme
in üpil of 1. 1. These are the only cases in the inscription
where one is sure of 1 rather than i. The punct is still more
difficult to be sure of, owing to the character of the stone.
The only certain cases are üpil and ültiumam.
Conway no. 114, v. Fl. no. 134.
1. 5. I can see nothing certain after sull.
1. 7. V. Planta is alraost certainly right in rejecting the
former reading üiniveresim. The first two letters are not
üi, nor the last im. For the last part v. Planta's reading
verehias or vereeias is more likely. Before the v the lines
which Bücheier read as ni may well be m with the strokes
running down from leffc to right, but it is very difficult to
make inf out of what precedes, so that v. Planta's in im seems
to me very uncertain.
Conway no. 115, v. PI. no. 131.
1. 1. iühil (Bücheier, v. PI.) not iüvil (Conway).
1. 3. fraträm mi^i, with i (Bücheier, v. Pl.j, not i
(Conway). Of the preceding u the place where the punct
would be is damaged, so that there is no choice between u
and ü.
1. 6. mamerttiais. There is a space between e and
r but the supposed punct (Bücheier, v. PI.) is more likely a
Critical Notes to Osean Inscriptions. 19
defect; likewise, I think, between the two t's. At end, -ais
(Conway, v. PI.), not -ar (Bücheier).
1. 7. The marks at the end are cxaetly as described
by Btteheler, but must be a mistake for n,
Conway no. 117 a, v. PI. no 1351.
1. 1. ari.
1. 3. fiiet. Only the lower part of the second i shows,
so no evideuce for i. Then foUows what raay be an old de-
feet in stone, passed o^'er by the stonecutter as in 1. 9 of b
(II). I coiild see no traees of a hasta. There is, then, no
necessity of reading fi[i]et.
1. 7. iivt more likely than aet. Btteheler remarked
on the four strokes of the e and the uniqueness of the spel-
ling ae for ai. In reading the stone it occurred to me that
it was an e corrected into v, and later noted that v. Planta
(Anhang 634) expresses the suspicion that avt is the correct
reading.
Conway 117 b, v. PI. 135 II.
1. 1. Near the beginning idat seems niost likely (Con-
way ilas, V. PI. t..a), at the end vi followed by a vertical.
1. 2. pag is more likely than pas, though the angle is
more acute than one expects in a g. At the end, v. Planta 's
medikid is well nigh certain. After k is an i or eise a linc
in the stone, then certainly a d, after this no distinct traees
of letters though there is room enougli.
1. 3. kapv (Conway) is impossible. The d, a and v
are clear; between a and v is an i or defect in the stone (v.
PI. daiv, Bücheier datv).
1. 4. sakraitir is the most probable reading. The
only other possibility is sakrattir, and one would searcely
expect a ^f-perfect beside the /"-perfect (sakrafir).
1. 10. kersnaiias. After w the stone is badlv broken,
but the outlines of a are clear, and of the i before a8. Hut
between these the bottoni of a vertical is alniost certain, ma-
king kersnasias impossible without corrcction.
Conway no. 123. v. PI. no. 148 a.
1. 4. This is certainly to be read mamert with v. Planta.
Under the e of pumpe of 1. 3 Stands ri. This made the
Space in 1. 4 still smaller and the stonecutter put the r, tur-
20 Carl Darling Bück,
ned on its side, under the e of mame, and to tfae right of
this a t.
The Cippus Abellanus.
1. 1. V. PI. reads Str as against Sir of previous edi-
tors. I could see no iudication of a top stroke in the second
letter.
1. 4. V. PL prefers Lüvkifüi to the usual lüvkilüi,
The bottom of the first letter is daniaged but I could see na
trace of an oblique stroke.
1. 11. V. Planta'8 [üp] is highly probable. There is just
room for this, corresponding to the [üra] of the next line.
1. 56. V. Planta's reading pedü x is probable. Cer-
tainly the next to the last letter is ü not u, and I could see
no possibility of makiug the last letter r.
Tabula Bantina.
1. 1, end. ru probable,
1. 2, end. angitu? I could see nothing of a top stroke
to ty as given by Zvetaieflf and usually so read. Bücheler's
angiiu certainly answers better to what now appears.
1. 4, beginning. v. Planta's osim is most attractive^
but one can hardly avoid reading osii, as there is almost
certainly clear space between the second vertical and the break,
precisely as represented in Zvetaieflfs facsimile. After the break
the surface is so badly worn that before the on there is in
my opinion not the slightest trace of the letters (otherwise \\
PI. who thinks he observes traces of s and p), I read osii[n8f
and explain siins as *siens, formed after siss etc. like L.
sient For e in 3rd pl. cf. herrins.
1. 8, end. I regard loiifir as absolutely certain. Of
the V we have the vertical and enough of the middle stroke
to show the beginning of the curve. It extends through the
vertical to the left, just as in altrei and prumeddixud 1. 14.
This same projection of the middle stroke marks the fragment
of the r in 1. 4 just before the break {pr[ut]erpan),
1. 28, beginning. id nii. The letter after n is clearly
without horizontals, yet nei must be intended.
1. 29, beginning. What Zvetaieff indicates as traces of
m is too high to belong to the line and is nothing but a
Critical Notes to Oscan Inscriptions. 21
defect in the bronze. Before q we have three verticals as if
a numeral III. There is just a possibility tbat the second was
E (v. PL) or F (Conway). Before the verticals there are un-
<5ertain traces of tips of letters. v. Planta's nei or Conway's
ifi would be possible, bat not, I think, autL I conld see
nothing of the alleged traces of p after the q. There can be
no question that Br^al and v. Planta are right in assuming
that the first line of the Avellino fragment belongs to 1. 30,
not to 1. 29, as generally supposed.
Conway 38, uote V, v. PI. 26. Fipiveic, with de Petra,
Zvetaieff and v. Planta, is more likely than Fipiveic (Conway
with Mommsen and the earlier editors). Part of the thom is
newly btoken out, but the edges show an old cntting which is
hardly accideutal.
Conway 39, v. PI. 28. 1. 7. Certainly nieeilikiieis with
ligature of il. Noting Conway 's objection that there are no
other ligatures in the inscription and that the line is not
«rowded, one luay conjecture that e e was cut by mistake for
€1 and then corrected by prefixing the thorn to the i.
11. 8 — 9. Certainly dekkviarfm (v. PI.) not dekk-
vlairim (Zvetaieff, Conway). There is no trace of a thom
in the first i.
11. 10 — 11. Certainly iuisu or iii su with one s, as v.
Planta, not iüfsjsu (Zvetaieff) or iw[8] su (Conway). The part
of the u which is visible Stands under the final letters of the
other lines, and there is no room for an s. Both here and in
1. 5 it is impossible to say if the u ever had a punct. Since
at Pompeii the abl. sing, is spelled -ud, not -üd as on the
Cippus Abellanus, ins has more probability than iüs.
Conway 48, v. PI. 36a. 1. 1. kli (Conway) not k*li
(v. PI.), The mark after the k is quite unlike the other puncts
and is certainly not intended for one.
Conway 49, v. PI. 33. In 1. 4 I have noted the clear
trace of r as seen by v. Planta.
Conway 59 (cf. addenda), v. PI. 62. ahvdiu ni akun
CXII. There is no doubt of the square intei-punct as seen
by Dennison (Am. Journ. of Archaeology 1898, 399 b). Some
of the coloring, as well as the cutting, may still be seen.
Conway 134, v. PI. 156. upfals patir miinieis (with
V. PL). As there is no trace of the thorn in -tir and -eis,
22 Carl Darling Back, Critical Notes to Oscan Inscriptions.
while it is quite distinct in miin, the usual transcription patir
mifnieis iß hardly justified.
Conway 137c, b. v. PL 119, V. 1. 4. marahcis nur.
Tbere is a tiny break before the wiir, but not wider than the
usual spacing, so that I agree with v. PI. Anhang p. 617 that
the Word is probably coniplete*). In the last line Conway 's
suUum is far more probable than v. Planta's sullact, mainly
on account of the space.
Conway 140, v. PI. 166. Read helreus frssii[8 | upsed
with Dennison Am. Journ. of Archaeology 1898, 399 f.
Conway 168, v.Pl. 194. 1. 1 The first letter is probably k
(v. PL). The vertical is eompletely lost in the break, but the
angle following is more suitable to k than to g. In 1. 2 I
eould make out nothing elearly after seem. 1. 3 ehpreivid
(Conway). Of the last letter only the vertical remains and
there is nothing on the stone to make k (v. PL) more pro-
bable than d which gives us an intelligible form. 1. 4 inu-
seispad hef€.
Conway 169, v. PL 188 (the censor-inscr. of Bovianum).
I cannot accept v. Planta's supposed discovery (Anhang p. 640)
that what has always been taken as the tirst line is really
the second. I found the little mark over liis which he thinks
is the thorn of an i, but could see nothing eise at all suspi-
cious. And the fact that even from bis own description the
traces of letters are so slight, makes it improbable that there
was a line here. For in the other lines the letters are deeply
cut and absolutely clear except at the edges, and I cannot see
that the surface at the top is appreciably more worn down*
Conway 176, v. PL 201. No one will question the new
reading discovered independently by Conway, Dennison and
V. Planta, but I could see nothing of a punct after dunüm
as noted by Dennison.
Conway 181, v. PL 203. The old reading fiml is far
more probable than fml.
Naples, June 1899. Carl Darling Bück.
1) Note also Thurneysen's attractive explanation of the word
as nom. sg. ner to tbe gen. pl. neruni.
Ivan Kopacz, Die lateinischen Infinitive auf -ier. 23
Die lateinischen Inflnitiye auf ier.
Über den lateinischen Inf. Praes. Pass. auf -ier sagt
Stolz in der dritten Auflage seiner lateinischen Grammatik
(Iv. Müllers Handbuch 2, 2» (1900) S. 190): ''So ist der Ur-
sprung dieser Form immer noch nicht klar''. Indessen meine
ich, dass seine eigene Ansicht von der Zusammensetzung die-
ser Form "aus dem gewöhnlichen Infinitiv auf -i und dem
von den thematischen, nicht abgeleiteten Verben entlehnten
Infinitiysuffix -ere" (mit der Abstumpfung des -ere zu er) das
Rätsel wenigstens zur Hälfte löst. Ich möchte nur die Pro-
venienz des zweiten Bestandteiles anders erklären, als Stolz
es gethan hat.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Formen auf -ier
nicht auf gleiche Stufe mit denen auf -f gestellt werden dür-
fen. Zwar — um mit den Worten von Stolz zu reden —
''ist nicht zu übersehen, dass die Infinitive auf -f an Zahl
immer überwiegen", aber unbestreitbar haftet den Formen auf
•ier beinahe überall ein gewisser altertümlicher Hauch an.
So war — nach Neue- Wagener — die Form auf -ier besonders
üblich "in der Gesetz- und Priestersprache, auch in Grab-
inschriften" (Formenlehre d.lat. Sprache» (1897) 3, 225). Die
weitaus meisten Beispiele dieser Infinitivform stammen aus
Plautus und Terenz und den Überbleibseln der übrigen Schrift-
steller der ältesten Periode (ib. 226 — 235), und Brock (Quaest.
gramm. capita duo p. 82) hat mit gutem Recht, trotz Stolz,
die Infinitive auf -ier als Archaismen schon für die Zeit des
Livius Andronicus bezeichnet.
Nun erklärt man heutzutage viele Formen des lateini-
schen Verbums als Zusammenrückung zweier ursprünglich mehr
oder weniger selbständiger Bestandteile, so z. B. Imperf. ama-
ham, legebam als Zusammenrückung von infinitivartigen Bil-
dungen *ama-, Hege- mit den Formen von Wz. *bhu 'sein';
die Form des Inf. Fut. Akt. auf -türum ("esse" ist dazu, wie
nachgewiesen, erst später hinzugekommen auf dem Wege der
Analogie zu amatum essCf und deswegen fehlt es so häufig
bei den Schriftstellern) als Zusammenrückung von Supinum
auf -tu (Lok.) mit dem akkusativischen Infinitiv (von Wz. es-)
21^ IvanRopacz, Die lateinischen Infinitive auf -ier.
*ef*um aus *e8-ori 'esse' (osk. ezunij umbr. erom), so dass
also daturum = *datu-erom gesetzt wird. Diese beiden Er-
klärungen sind, so \iel leb sehe, ziemlieh allgemein angenom-
men (vgl. Stolz a. a. 0. 183 und 191). Ähnlich möchte ich
nun die Formen auf -ier entstanden sein lassen durch Zusam-
menrtickung von gewöhnlichen Infinitivformen auf -i mit dem
Inf. Praes. des Hilfsverbums *ere aus *es'e. Der Abfall des
auslautenden e dürfte nicht auffallen gegenüber den zahlreichen
volkstümlichen Formen wie 6i6er, transferr, conder usw. (vgl.
Stolz a. a. 0. 190 Anm.). Es handelt sich nur um die mor-
phologische Begründung der hypothetischen Form *ere und
um die Erklärung des syntaktischen Grundes der angenom-
nienen Zusammenrückung.
Angesichts der Imperfektformen auf -bam und der Bil-
dungen, wie assue-faciOj cale-facio, are-facio (bei Lucretius
VI, 962 sogar: facit are^ bei Cato r. r. 157, 9: fei^e bene
facito) und dgl., wo der erste Bestandteil allgemein für eine
Infinitivbildung (die Frage nach dem Kasus lasse ich beiseite)
erklärt wird, haben wir keinen Grund dem Stamme es- die
Fähigkeit zur Verwendung in dergleichen Formationen abzu-
sprechen. Nimmt man behufs Erklärung des Inf. Fut. Akt.
auf -ürum auf Grund der verwandten italischen Dialekte für
das Lateinische die Infinitivformation *erum an, so brauchen
wir nicht zurückscheuen auch eine Form zu supponieren, die
dem sonstigen Typus der lateinischen Sprache entspricht. Es
ergibt sich aus der Proportion legere : (amari) = Hege : legi,
dass wir in der lateinischen Sprache zwei Formationen des
Infinitivs vor uns haben, eine, sagen wir, vom präsentischen,
eine andere vom aoristischen (d. h. durch -s erweiterten)
Stamm. Jede von beiden konnte wiederum für sich dop-
pelte Gestalt annehmen, je nachdem lokativische oder dati-
vische Funktion zum Ausdruck gelangte ^). Der Typus Hege
1) Auf das morphologische Verhältnis der Formen auf -i zu
den Formen auf -e gehe ich hier nicht näher ein. Die Entschei-
dung, welche Formen dativischen und welche lokativischen Ursprungs
sind, ist sehr schwer, da sowohl dixe infolge zweifelloser morpho-
logischer Homogenität mit öclHai, als auch agl aus *ag'ai auf dati-
vischen Ursprung zurückzuführen sind. Die Doppelheit der En-
dung (c, i) scheint mir durch die Voraussetzung des doppelten Ur-
sprungs der Formen am natürlichsten erklärlich zu sein, wie es
Karl Brugmann, Griechisch dvOpuiTroc. 25
scheint duu in den Imperfektfornien auf -bam und Zusammen-
setzungen wie are-facio noch erhalten zu sein. Zu ihm würde
auch das *ere (neben esse) gehören.
Beide Formen, die auf -i und die auf -e, wurden ursprüng-
lich aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Unterschied in Bezug
auf das Genus verbi verwendet. Die Form legi-erie) bedeu-
tete ursprünglich 'zur Lesung sein' oder 'in Lesung sein' (je
nachdem man den ersten Bestandteil für Dativ oder Lokativ
betrachtet), daher so viel als 'gelesen werden'.
Wien. Ivan Kopacz.
Griechisch ävGpujTToc.
Über die Herkunft von fivöpujTTOC ist man noch nicht im
Keinen. In den Zeiten, da man bei Ausnahmen von Laut-
veränderungsregeln, welche man nicht zu erklären wusste, die
Schwierigkeit mit Ausdrücken wie 'sporadischer Lautwandel'
zuzudecken liebte, folgte man gerne Härtung, der fiv9pu)Troc
aus övrip övbpöc und anp zusammengesetzt sein Hess und mit
'Mannsgesicht, Mannsbild' wiedergab (Griech. Partikeln 1, 52).
Den Wandel von b in 9 Hess man durch das dem b unmittel-
bar nachfolgende p hervorgerufen sein. S. Benfey Grieeh.
Wurzellex. 1, 122, Pott Etym. Forsch. 2-, 881, Curtius Gnmdz.*
522, Leo Meyer Vergl. Gramm. 1 ^, 467. Warum aber bewirkte
p nicht die nämliche Verschiebung des b in dvbpöc dvbpi usw.
und den zahlreichen Wörtern, die von ihm abgeleitet oder mit
ihm zusammengesetzt sind? Oder, wenn es denn hierauf keine
befriedigende Antwort gibt ^), welches andere griechische Wort
könnte infolge begrifflicher Assoziation auf die Lautung eines
auch grösstenteils angenommen wird. Anders Solmsen (dem Stolz
beizustimmen geneigt ist) weg*ou der bei den Komikern hie und da
langen Messung der Infinitive aut -ere (IF. 4, 240 ff.).
1) Leo Meyer a. a. O. 517 bemerkt in Widerspruch zu S. 467,
0 sei wohl unter dem erhärtenden Einfiuss des im Anlaut der näch-
jjten Silbe folgenden ir entstanden. So käme man aber doch nur
zu einem dvTpujiroc! Auch befriedigt Meiilet xMem. 7, 166 gar nicht,
dem, so viel ich weiss, nur Gauthiot ebend. 11, 194 gefolgt ist.
26 Karl Brugmann,
*dvbpaj7TOC so eingewirkt haben, dass fivöpujTroc daraus wurde?
Man schaut sich nach einem solchen Wort vergeblich um. Von
diesem schwierigen Punkte abgesehen, ist im übrigen diese
Etymologie höchst ansprechend. Curtius a. a. 0. S. 37 ver-
weist, sie zu stützen, auf bpu)i|j* ävSpwiToc bei Hesych, eine
offenbar sehr altertümliche Bildung von dvrip und uiip^), und
Pott Et. Forsch. 2*, 924 verweist in begrifflicher Hinsicht auf
ahd. mennisco 'Mensch', das von mann- 'Mann' abgeleitet ist
und sich der Bedeutungsentwicklung nach zu diesem seinem
Grundwort nahezu ebenso verhielte wie ävGpujTroc zu dvrip
(vgl. auch Heinr. Schmidt Synon. der griech. Spr. 2, 385 ff.,
Breal Essai de semantique p. 37 sq., Wundt Völkerpsych. 1 2,
473). Auch wäre das Verhältnis von preuss. smonenawins
'Mensch' smunemisku 'menschlich' lit. zmogüs 'Mensch' zu
preuss. smoy 'Mann' (Berneker IF. 9, 360 f.) zu vergleichen*).
Ist also diese am meisten verbreitete Deutung unseres
Wortes nicht befriedigend, so gilt dasselbe auch von allen
andern Versuchen, die Herkunft von ävGpujTroc zu ermitteln.
Es genügt wohl, wenn ich von diesen diejenigen nenne, die
verhältnismässig noch als die annehmbarsten erscheinen: Auf-
rechts Aufstellung, nach der das Wort ursprünglich 'empor-
gerichtetes Gesicht habend, aufwärts sebauend' bedeutet haben
1) bp- ist aus vp- hervorgegangen und verhält sich lautlich zu
dvbp- wie [^poTÖc zu ä-)LißpoToc. bp- : dvbp- repräsentiert ein uridg. Ab-
lautsverhfiltnis, wobei bp- mit ai. nr- {nr-asiki- 'Menschenknochen*)
7iar-, uinbr. nerf 'proceres, principe»' usw. zusammenstimnrit. Im
Anschluss an bpiwvp vermutet Clemin, dass TT 857 und X 363 bporfiTa
statt dvbpoTHTa zu lesen sei (unwahrscheinlich über dieses homer.
AvbpoTf|Ta Wharton Some Greek Etyniol. p. ?4). Vgl. Hirt Der idg.
Ablaut 1«6, Verf. Grundr. 13, 344.
2) Steht aksl. clovtfcb 'Mensch' (russische Form celovek, für die
zu beachten ist, dass das Russische die Lautgruppe cl überhaupt
zu vermeiden scheint) = urslav. '*Movekb in einer ähnlichen Be-
ziehung zu as. helith ahd. helid ags. hcele 'Mann, junger Mann, Käm-
pfer, Held', aisl. h<^ldr und halr 'freier Mann', denen man vielleicht
griech. K^Xuup 'Sohn' zugesellen darf? Wenn lett. zilweks = *küw&ca8
aus dem Slavischen entlehnt ist — die Entlehnung müsste wegen
des anlautenden k sehr alt sein — , so Hesse sich der Schlussteil
von clovikh mit lit. valkas 'Knabe, Sohn', Plur. vaikät 'die Kinder*
identifizieren. So käme man etwa auf 'Menschenkind' als Grund-
bedeutung und cblo- wäre schon für sich allein zur Bedeutung
'Mensch' gelangt.
Griechisch ävOpuiiToc. 27
soll, dvd + Suffix -epo- (!) + ujmj (KZ. 3, 240. 5, 365, vgl. Justi
Über die Zusammensetzung der Noui. 124, Corssen Krit. Beitr,
zur lat. Formeul. 245), und Bezzenbergers Anknüpfung an
M€v6r|pn • 9povTic (bei Hesych), ahd. muntar 'frisch, lebhaft,,
eifrig, wach', aksl. mqdrb 'weise' (BB. 5, 168, vgl. Fick ebend.
18, 138, Prellwitz Et. Wtb. d. griech. Spr. 25).
Versuchen wir es noch einmal mit dvnp, an das wohl
jedermann, namentlich im Hinblick auf das mit dvOpujTTOc gleich-
bedeutende bpuüi|j, am liebsten, wenn irgend möglich, anknüpfen
möchte. Auf dvbp- ist dv9p- in dem Fall lautgesetzlich zu-
rückführbar, dass der Schlussteil des Wortes ein mit Spiritus
asper anlautendes Wort gewesen ist. Einerseits kommen hier-
für als Analoga in Betracht t^öpittttov 'Viergespann' aus xeipa-
+ iTTTTOc, SpivaE 'Dreizack' vermutlich aus xpi- + ivaE (zu ai.
send- 'Wurfgeschoss, W^urfspiess' pra-sita- 'dahinsehiessend*^
[von Vögeln], prd-siti- 'Anlauf, Andrang; Schuss, Wurf, Ge-
schoss') ^) und q>poupä aus *7Tpo-hopä, q>poOboc aus *7Tpo-hoboc :
in diesen Fällen hat man nach dem durch h erfolgten Stimm-
tonverlust des p noch weiter antizipierend aus der Tenuis eine
Tenuis aspirata gemacht. Anderseits ist zu bedenken, dass
sch<m vorhistorisch auch die stimmhafte Media b durch nach-
folgendes h zur Tenuis aspirata geworden ist, nachdem sie
zunächst ihren Stimmton eingebüsst hatte, z. B. att. ouGeic^
|iriÖ€ic (= oube elc, \xr\b^ eic) neben oube-^ia |irib€-|iia, böot.
ou9€v, kret. |liti0€v usw. (der älteste Beleg scheint Ö9' 'Epinfic
= öb€ *Ep^nc CIA% 1, 522 aus dem 6. Jahrh. v. Chr. zu sein),
ein Lautwandel, der uns aller Wahrscheinlichkeit nach in der
schriftlichen Darstellung der Sprache sehr viel häufiger vor
Augen gebracht wäre, hätte nicht beim Schreiben die etymo-
logische Rücksicht gewaltet. S. Verfasser Griech. Gramm. *
§ 139, e S. 146 und die dort angeführte Litteratur (seitdem
ist hinzugekommen Schwyzer Neue Jahrbb. 3 [1900], 255, Meister-
hans-Schvvyzer Gramm, der att. Inschr. ^ 104 f.). So ist*denn
zu erwarten, dass bp, wie Tp, vor h su 9p geworden ist. Ein
bereits anerkannter Beleg für solches 0p = bp steht mir frei-
1) Vielleicht gab es einst ein *Tpi-ivaH und ein *Tp[a]-lvaE neben-
einander (vgl. TpiTr€2av* Ti^v TpdireZlav. BoiiuToi Hesych und att. usw.
Tpd-TreZa), und beide flössen in ÖpivaE zusammen. Vgl. meinen Auf-
satz über OpivaE IF. 3, 259 ff'., der allerdings in mehrereni der Be-
richtigung bedarf.
2b Karl Brugmann,
lieh nicht zu Gebot. Aber man dtlrfte sich wohl vergeblich
nach einem beweiskräftigen Gegenzeugnis umsehen^).
Hiernach kann der zweite Teil von äv9pu)7TOc zwar mit
u^j, |i€T-aj7T0v, T^a^K-iüTTic usw. nicht zusammengebracht wer-
den, weil deren Spiritus lenis ja durch lat. oculus, lit. äkh,
aksl. oko usw. als uralt verbürgt ist. Aber möglicherweise ist
im Schlussteil ein Wort enthalten, das mit got. saitvan 'sehen'
Muns 'Gesicht, Erscheinung, Aussehen, Gestalt' (urgerm. *se\j]u'
ni'Z)^), lat. Signum aus ^aeq^'^no-mj aksl. 8ok^ 'Anzeiger, An-
kläger' sociti 'indicare, zeigen', nbulg. po-soka 'Wunderzeicben'
verwandt ist.
Dass die Wurzel dieser Wörter auch im Griechischen
vertreten ist, hat Wiedemann IF. 1, 257 f. erkannt. Denn er
hat gesehen, dass es dieselbe ist, welche vorliegt in dv-€Triu
*ich erwähne, teile mit, gebe Anweisung etwas zu thun' (Aor.
^vi-c7T0i), &7T€T€ aus *dv-C7r€T€ 'vcrktindct, thut kund', lat. in-
^sequis 'narras, refers' inseque insece 'sag an', umbr. prusi-
kurent 'declaraverint, pronuntiaverint' sukatu Imperativ 'de-
clarato, pronuntiato' (vgl. v. Planta Gramm, der osk.-umbr.
Dial. 1, 338 f. 2, 270. 334 f., Verfasser IF. 3, 303), ir. in-sce
*Redc', 8cel 'Erzählung, Geschichte, Nachricht' = kymr. chweddl
'fabula, rumor', akymr. hepp 'inquit', ags. secjaii as. seggian
aisl. seggia ahd. sag&n 'sagen' (das ^ des urgerm. j^ ist in
^sa^tt-ia- vor dem suffixalen % lautgesetzlich geschwunden, s.
Zupitza Germ. Gutt. 72, Verf. Grundr. 1 ^, 614), lit. sekm^
'Erzählung, Fabel' uz-sakds 'Aufgebot' sakyti 'sagen'. Wie
ich im Grundr. 1 ^ 601, so hat auch Zupitza a. a. 0. S. 68
diesen etymologischen Zusammenhang anerkannt, letzterer un-
ter Hinweis auf die doppelte Bedeutung von ai. cakä-. Da
ihn dagegen ühlenbeck Kurzgef. etjin. Wtb. d. got. Spr. 120
als 'ganz unsicher' bezeichnet hat, vermutlich doch nur, weil
€r die Bedeutungen 'sehen' und 'sagen' nicht zusammenzurei-
men weiss, so mag augeführt sein, was für die Zusammenge-
hörigkeit spricht und was sie wenigstens für mich über den
Zweifel hinaushebt.
1) Ein solches ist dTp-uirvoc (Wackernagel Verm. Beitr. S. 1 f.)
selbstverständlich nicht.
2) Ob alban. soh 'ich sehe' mit saihvan zu verbinden ist, bleibt
zweifelhaft. Soh müsste auf ein *seqV-8kö oder auf einen Aorist-
stamm *seqV'S' zurückgeführt werden. S. Pedersen KZ. .36, 283.
Griechisch dvOpujiTOC. 29
Ein Übergang von 'sehen' zu 'sagen' ist zunächst ganz
klar belegt durch unser bemerken. Dies seit dem Mhd. auf-
tretende Kompositum (zu ahd. mhd. merken 'Acht haben aufV
wahrnehmen, veretehen') hatte zuerst nur den Sinn 'wohl wahr-
nehmen, beachten': man sagt noch z. B. sein ausbleiben in
der geseUschaft umrde sehr bemerkt. In diesen Begriffsinhalt
wurde nun die Nebenvorstellung des mündlichen oder schrift-
lichen Hinweisens auf etwas aufgenommen: z. B. sagt Goethe
o5, 33 ferner fügen wir bemerkend hinzu. Indem dann die
Bedeutung des Hinweisens zurücktrat, ist bemerken für jede
Art mündlicher oder schriftlicher Erwähnung, Äusserung ge-
läufig geworden. Besonders gilt dies von dem Nomen actionia
die bemerkungj dessen ältere Bedeutung 'Wahrnehmung' noch
z. B. bei Lessing Dram. 13 erscheint: es ist eine bemerkung
an sterbenden^ dass sie mit den fingern , , . zu zupfen an-
fangen^). Die Wahrnehmung eines Gegenstands ist immer
insofern zugleich eine Geberde, als der Blick auf den wahr-
genommenen Gegenstand gerichtet wird. Damit verbindet sich
oft noch eine pantomimische Geberde, indem entweder zugleich
der Kopf in dieselbe Richtung bewegt oder mit der Hand auf
den Gegenstand hingewiesen wird. So assoziiert sich mit der
Vorstellung des Wahrnehmens um so leichter die des Hinwei-
sens. Und begleiten das Hinweisen noch Worte des Wahr-
nehmenden, die den Gegenstand betreffen, so ergibt sich ein
Vorstellungskomplex, aus dem schliesslich das 'sich äussern
mit Worten' als dominierendes Element hervortreten kann, so
dass es den Gebrauch des Wortes wesentlich bestimmt. Dass
Wörter, die den Begriff einer hinweisenden oder erklärenden
Geberde haben, die Vorstellung des Sprechens in sich aufneh-
men, ist ja ein häufiger Vorgang: vgl. noch z. B. nhd. bedeuten
{er bedeutet mir und mich), anweisen, lat. monstare, signifi-
care. Und für das Zurücktreten des Begriffs des Weisens hinter
den des Sprechens ist lat. dlcere, das mit griech. b€iKVO^l
'ich zeige', ahd. zeigön 'zeigen', ai. dis- 'zeigen' zusammen-
gehört, ein bekanntes Beispiel; vgl. auch got. ga-teihan 'an-
zeigen, verkündigen, sagen', as. af-tthan ags. of-teon 'versa-
gen' von derselben Wurzel deik-^). Der Ausgangs- und der
1) Vgl. M. Heyne Deutsch. Wtb. unter bemerken,
2) Vgl. Heinr. Schmidt Synon. d. griech. Sprache 1, 60 f.
30 Karl Bru^mann,
Endpunkt der Entwicklung erscheinen, wie in unserm hemer-
ken, auch noch in zwei ai. Wörtern vereinigt: 1) in dem bereits
erwähnten caH-, welches in älterer Zeit 'sehen, nach etwas
«chauen* (dazu cakias- Neutr. 'Schein, Helle; Gesicht, Blick,
Auge*), in jüngerer Zeit aber, mit verschiedenen Präpositionen
zusammengesetzt, zugleich 'verkündigen, ansagen, berichten*
u. dgl. bedeutet, und das mit kdifhä- 'Ziel, Rennbahn*, griech.
T^K^ap 'Zeichen, Merkmal' aus *T€KC-|iap und aksl. kazati 'zei-
gen' zusammenzustellen ist (Wurzel q^-eg-)\ und 2) in khyd-, bei
dem die Bedeutung des Kundthuns mit W^ortcn ebenfalls in
der Überlieferung die jüngere ist, für das aber sichere Ent-
sprechungen in andern idg. Sprachen noch nicht nachgewiesen
sind ^).
Hiemach nun sprechen zu gunsten unserer etymologischen
Verknüpfung von got. saihan 'sehen* mit lat. insequis 'narras,
refers' zunächst die Bedeutungen, welche das lat. Substantiv
Signum und die aksl. Wörter 8ok^ soditi aufweisen. Femer
scheint im Griechischen der Sippe von Ivi-cire nicht nur die
Bedeutung des Sagens, sondern auch die des Zeigens geeignet
zu haben. Der ursprtlngliche Sinn der Komposita Wcttic, Gec-
TTioc, SecTT^cioc = *9€c-cTnc, *9€c-C7Tioc, *9€c-CTr€cioc, neben denen
^&-q)aToc 'von der Gottheit geoffenbart, kundgegeben' (zu q>aivu),
9TilLii) und 9k-K€Xoc 'von der Gottheit in Bewegung gesetzt,
angeregt, eingegeben' (zu K^Xojuiai, KcXeuuj) im Gebrauch waren,
ist zwar schon zur Zeit des ältesten Epos stark verblasst ge-
wesen, aber es geht, wie ich schon Ber. der sächs. Ges. d.
Wiss. 1889 S. 49 f. bemerkt habe, kaum an, für die zweiten
Glieder dieser Zusammensetzungen von dem Sinne 'sprechen,
sagen' auszugehen. Vielmehr ist es einzig natürlich, die Be-
deutung 'zeigen, aufweisen' oder dgl. zu gründe zu legen;
-cm- könnte etwa 'Zeichen, Merkmal' bedeutet haben. Deut-
licher noch ist die Vorstufe zu dem Sinn der Kundgebung oder
Hinweisung mit Worten im Keltischen erhalten. Neben air.
in-sce 'Rede' stehen nemlich incho-sig 'significat' und co-sc
'das Zurechtweisen' = kynir. cosp 'poena, punitio, supplicium'.
1) Vielleicht gehört griech. cfi^a 'Zeichen' dazu, s. Verf.
Griech. Gramm.'* S 98 f. 570. Lat. inquam und inquio^ die man
oft zu khyä' gezogen hat, werden besser mit insequis^ griech. ^vi-
erte verbunden.
Griechisch dvOpuüTroc. 31
Für den Sinn des letzten Wortes ist nicht nur an aksl. Jcazafi,
das ausser 'zeigen' auch 'zurechtweisen, strafen' bedeutet (russ.
na-kdz 'Anweisung, Verhaltungsbefehr und 'Rüge, Strafe, Be-
strafung') und, wie wir sahen, mit ai. caki- 'schauen' und 'verkün-
den' zusammenhängt, an lat. notdre 'tadeln, rügen', animad-
certere 'rügen, ahnden, strafen' u. dgl. zu erinnern, sondern
auch an as. witan ahd. iDi^an 'tadelnd vorwerfen', as. wfti
ahd. tcl^i 'Strafe', got. fra-weifan 'rächen' (ahd. fir-wi^an
'tadelnd vorwerfen, verweisen'), da diese Wörter, woran kein
Zweifel sein kann, mit got. witan 'beobachten, auf etwas acht
geben' (Wurzel ueid- in lat. videre, griech. ibeTv usw.) zu ver-
binden sind. Auch sind hier zu nennen griech. öttic 'Ahndung,
Strafe, Rache' (öttic Geujv), lijjao 'du hast zurechtgewiesen, ge-
straft, bestraft'^) und ^v-Itttj 'tadelnde, rügende Anrede' und
'Ahndung, zurechtweisende thätliche Behandlung einer Person'*),
iviTTTUJ dviccuj 'ich tadle, rüge' und 'ahnde, weise einen thät-
lich zurecht'*) (Aor. i^viTraiTOV und dv^vlirov); denn sie sind
augenscheinlich mit dTT-UJira öipo^m 'sehen' und ÖTr-liTTeüu) öir-l-
Tieuuj 'ich schaue mich nach etwas um, begaflfe' (7rap9ev-07ri-
TTTic), ai. iki' (ikSati) 'wahrnehmen, berücksichtigen' zusam-
menzubringen (uridg. ig^-*- war eine reduplizierte Stammform
aus i'dq-'Y).
Demnach sehliessen sieh die genannten Wörter, die eine
Wurzel seq^- voraussetzen und die über die sämtlichen europäi-
schen Sprachen, mit Ausnahme vielleicht des Albanesischen
(vgl. S. 2S Fussn. 2), hinwegreichen, so, wie sie ihrer Lautung
nach ohne weiteres als zusammengehörig erscheinen, auch
nach ihren Bedeutungen so ungezwungen an einander an, dass
man ihre etymologische Identität zu bezweifeln keinen berech-
tigten Anlass hat^).
Von dieser Wurzel seq^'^- leite ich nun auch den zweiten
1) \xv^a 6' iiptto Xaöv 'Axaitüv A 454 vom Apoll, TT 237 vom Zeus
«resÄjrt, rdxa b' luierai uiac *Axaitüv B 193 vom A<>'anienmou.
2) € 446 TroXOXXicTov hi c' iKdvuj | q)€OTU)v ^k Trövroio TToc€iödu)voc
^virrdc.
8) u) 161 dXX' ^Tr€civ t€ KaKoiciv ^vicccjucv i\hk ßoXf|civ, wo man
mit Unrecht ein Zeuji:ma annimmt.
4) Die bisherigen Deutungen von tipao und iv\ni\ sind unhalt-
bar. Eine Kritik derselben glaube ich mir hier ersparen zu dürfen.
5) [Vgl. auch Wood Publ. of the Med. Lang. Assoc. of Am.
14, 321 ff. — Korrokturn.]
32 KarlBrugmann, Griechisch dvepujTroc.
Bestandteil von ävGpujTroc her. Lautete das Wort ibtro- (vgl.
ciupöc u. a. Bück A. J. of Ph. 17, 459 flf.), so war *ävbp-hDü7ro-c
die Grundform *). Doch kann ebenso gut ötto- = aksl. sokb ange-
setzt werden. In diesem Fall erklärt sich das uj von ävGpuj-
TTOC ans der sog. Kompositionsdehnung, wie sie in dv-r|vucT0c
(zu att. dvuuj aus *cavu-), d^x^J^^oXoc (zu 6|LiaXö< aus *co^aXo-)
u. a. vorliegt (vgl. Wackemagel Das Dehnnngsges. der griech.
Compp. 54) *). Die Grundbedeutung von ävöpujTroc wäre nach
dem, was oben ausgeführt worden ist, von der Grundbedeutung
von bpuüvji nicht wesentlich verschieden gewesen. Man mag
''Mannsgesicht habend' oder ''Manneserscheinung, Mannesaus-
sehen habend' übersetzen (vgl. got. siuns, das zugleich 'Ge-
sicht' und 'Erscheinung, Aussehen' bedeutet).
Die Frage, ob unter den zahlreichen andern Nominal-
zusammensetzungen, deren zweites Glied auf Wz. oj^^- 'sehen'
bezogen zu werden pflegt, das eine oder andere, wie etwa
Xctp-OTTÖ-c, vielmehr eine Formation von unserer Wurzel seq^-
enthalten hat, wage ich weder zu bejahen noch zu verneinen.
Hat ävöpuuTTOC unter ihnen keinen Genossen, so teilt es das
Los, eine Zusammensetzung von dvrjp und einem begrifflich
verdunkelten und anderwärts in dem uns zugänglichen Grie-
chisch schon verschollenen Wort zu sein, mit dem Adjektiv
dvbpö|Li€oc 'menschlich' (8)liiXov dvbpö)Li€ov 'Menschengedränge*
A 538, dvbpö)Li€a xpto 'Menschenfleisch' i297): der Schlussteil
dieses Wortes war nemlich das ai. -maya- 'Stoff, Material', das
frühzeitig den Charakter eines SuflSxes annahm, z. B. in rnrn-
rndya- 'aus Erde, Lehm, Thon bestehend' (Pott Et. Forsch.
2«, 880 f., Max xMtiUer Die Wissenschaft der Spr. 1, 363 f.,
Bartholomae ZDMG. 46, 294 Fussn. 1 und 50, 713 Fussn. 1),
Leipzig. Karl Brugmann.
1) Jedenfalls nicht *(ivöp6-huj7TOC, da hieraus *(iv6puiiroc hervor-
gegangeu wäre.
2) Das T von <j:()rtyn. övTpujirov pamphyl. d(v)TpiJÜiToia ist jeden-
falls erst aus 6 hervorgegangen, gleichwie das t von got. tvötojv
= att. övTiTüüv, s. Kretschmer Vaseninschr. 161, Verfasser Griech.
Gramm. ^ 106. Unursprünglich muss auch das t in altkret. (Oaxos)
Iv dvTprittu =^ ^v dvbpTiiiu (vgl. J. Baunack Berl. phil. Woch. 1887, Sp. 59,
Skias TTcpl Tf\c kpht. biaX. 84 f.) sein, doch ist dieser Wandel von 6p
in Tp gewiss nicht lautgesetzlich gewesen; hat Einwirkung von äv-
Tpujiroc = ävSpuüiroc (vgl. dvepujTri?|ioc) oder von dvxpov stattgefunden?
R. M. Meyer, Künstliche Sprachen. 33
K&nstliche Sprachen.
I. Teil.
Übersicht.
Einleitung. Streit zwischen e^cic und cpücic. Prüfung der ''künst-
lichen Sprachen" durch alle Stufen auf die Frage hin: wie weit
ist überhaupt Sprach er findung möglich?
I. Störung der natürlichen Sprachontwickelung S. 37.
1) durch Bewahrung des sonst Abgestossenen.
a) bei Einzelnen.
a) Worte, ß) gelehrt-archaisierende Sprache S. 38.
b) bei Gruppen S. 42.
a) Kinderspraehe S. 42. ß) Fanüliensprache S. 42.
t) Oelegenheitssprache S. 44. b) Sondersprachen S. 45.
ad) auf Eine Metapher gebaut S. 45.
ßß) auf mehrere Metaphern S. 46.
2) durch Abstossung des sonst Bewalirten S. 50.
a) lexikologisch §. 50. b) allgemeine Berufssprachen S. 51.
c) normalisierte Sprachen S. 53.
a) Ceremonialsprachen S. 53. ß) Sportsprache S. 54.
T) Dichtersprache S. 55. 6) Schriftsprache S. 56.
3) durch Abstossung und Bewahrung S. 57.
II. Veränderung des gegebenen Sprachstoffes S. 59.
1) aus euphonischen Rücksichten S. 59.
2) aus Kücksichten der Unterscheidung R. 62.
3) aus Rücksichten der Zweckmassigkeit: Geheimsprachen S. 63.
a) Kindersprache S. 63. b) langue javanaise S. 64.
c) Argot S. 65. d) Kosenamen S. 66.
III. Übersetzung des g'egel)enen Sprachstoffes S. 67.
1) innerhalb einer Sprache S. 67.
a) Ammensprache S. 68. b) Berufssprachen S. 69.
c) Rotwelsch S. 70. d) Rätselsprache S. 73.
e) Skaldensprache S. 74.
2) zwischen zwei Sprachen S. 75.
a) Lehnworte S. 76. b) Fremd worte S. 76.
c) Redensarten 8. 76. d) Purismus S. 78.
e) Mischsprachen S. 78. f) Tier- u. Menschensprache S. 79.
IV. Kombination und Kontamination von Einzelsprachen S. 80.
Allgemeines zur Beurteilung der Idee einer Weltsprache S. 80.
1) Volapük 8. 86. 2) Pasilingua S. 89.
3) Volk und Fuchs S. 89. 4) Idealromanisch S. 90.
5) Hilbes Zahlensprache S. fX). 6) Blaue Sprache S. 91.
7) Kleinere Versuche S. 91.
Das Problem der Entstehung der Sprache ist vielleicht
das älteste wissenschaftliche Problem überhaupt; demi die
beiden andern Hauptfragen jeder Mythologie, die nach der
vSchöpfung der Welt und die nach dem Ursprung des Übels, sind
auch heute noch mit religiöser Metaphysik zu eng verknüpft,
um einer rein wissenschaftlichen Behandlung fähig zu sein.
Indoprerm.aiiisclu; Forsrluni^rcii XII l n. 2. 3
34 R. M. Meyer,
Für die ältesten Phasen der "Glottogonie" gilt das freilich
auch; aber viel früher als andere grosse Welträtsel hat dies
sich methodischer Erörterung hingegeben. Die Legenden und
Mythen von Adams Spracherfindung und dem Babelturra, von
zungenlösenden Göttern und Heroen haben eine sachliche Be-
handlung des Problems vom Ursprung der Sprache nirgends
dauernd aufgehalten. Geistreich und tiefdringend haben von
Piaton bis zu Herder, Steinthal, Renan zahllose Denker über
jene Frage gehandelt, die sich ja fast schon dem Kinde mit
Notwendigkeit aufdrängt; mein ältester Sohn war noch nicht
sechs Jahre alt, als er schon fragte, warum der Teller eigent-
lich ''"Teller" heisse. Im Grund ist das die Kardinalfrage für
unser Problem überhaupt. Dass der Mensch "spricht", dass
er durch verständliche Äusserungen von (vorzugsweise) dem
Gehörsinn zugänglicher Art eigene Beobachtungen mitteilt, ist
wunderbar genug; aber diesAVunder teilt die menschliche Rede
mit der Sprache zahlloser Tierklassen bis herab zu sehr niedrig
organisierten Wesen. Das spezifische Wunder der mensch-
lichen Rede fängt erst mit der Benennung, mit der Namen-
gebung an. Der unartikulierte Ausdruck für Gefühle und
Stimmungen unterscheidet sich bei dem Menschen gar nicht
prinzipiell von dem, den etwa manche Vögel und Haustiere
ausstossen; ninnnt man selbst (was meines Wissens noch nicht
geschehen ist) an, dass die Hunde und Katzen hierin von den
Menschen gelernt haben, so besitzen sie doch immer die Fähig-
keit, derartiges "Sprechen" zu lernen. Aber völlig dem Men-
schen eigen ist die Verknüpfung bestimmter Benennungen mit
bestimmten einzelnen Gegenständen; denn wenn etwa ein Pa-
pagei den Zucker oder das Brot mit nachgeplapperten Lauten
benennt, bleibt das eine Ausnahme ohne Tragkraft. Nicht im
Sprechen überhaupt, sondern im Benennen der Dinge liegt die
Zauberkraft der menschlichon Rede; das fühlte schon der alte
biblische Bericht, der den Unater der Menschen den Tieren
und Pflanzen, die der Schöpfer ihm zeigte, Namen beilegen
liess. Mit fast abergläubischer Andacht umgibt die volkstüm-
liche Anschauung überall die Ceremonie der Namengebung;
wir feiern noch heut beim Stapellauf eines Schiffes die Na-
mensverleihung so ernst und würdevoll, wie die alten Römer
oder Germanen die des neugeborenen Kindes. Über Namen-
zauber gibt es umfangreiche Abhandlungen. (Nyrop Navnets
Künstliche Sprachen. 35
Biagt in Mindre afhandlingar udg. af det phil. hist. samf. 1887
S. 118 f., nach Kahle Anz. f. d. A. 24, 272). Denn die naive
Vorstellung kann sich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass
der Teller auch anders heissen könnte; ein geheimnisvolles
Band verbindet flir sie den Namen mit seinem Träger. Be-
sonders deutlich ist diese Anschauung in dem Runenzauber
der alten Germanen ausgedrückt (vgl. meine Altgermanische
Poesie S. 493 f.). Dem unbefangenen Glauben kann die geist-
reiche und in gewissem Sinn erschöpfende Formel Emest Re-
iians nicht gentigen: "La liaison du sens et du mot n'est ja-
mais necessaire, jamais arbitraire; toujours eile est mo-
tivee" (De Torigine du langage S. 149).
Aber diese Formel wird auch von der andern Seite an-
gefochten. Wenn das Volk dazu neigt, jenen Zusammenhang
von Wort und Begriff dennoch für "notwendig" zu halten, so
treiben umgekehrt einzelne Forscher den Gegensatz zu dieser
Meinung so weit, dass sie jene Verbindung für durchaus "will-
kürlich", für keineswegs "motiviert" erklären. Am entschie-
densten hat Whitney (Leben und Wachstum der Sprache übs.
von Leskien) diese Anschauung formuliert: "Jedes Wort jeder
menschlichen Sprache ist im eigentlichsten Sinne ein willkür-
liches und konventionelles Zeichen: willkürlich, weil von den
Tausenden gangbarer Worte und den Zehntausenden, die er-
funden werden könnten, jedes beliebige ebenso gut gelernt
und für diesen bestimmten Zweck verwendet werden könnte;
konventionell, weil der Grund der Bevorzugung des einen vor
dem andern für diesen Zweck nur in der Thatsache liegt, dass
es in der Gemeinschaft von Menschen, zu welcher der Spre-
chende gehört, schon so gebraucht wird" (a. a. 0. S. 19). Mit
allem Nachdruck spricht der amerikanische Sprachforscher es
aus, jedes Wort sei so entstanden, wie etwa die Benennung
"Magenta" für ein neues Anilinrot oder "Gas" für den ueu-
entdeckten Aggregatzustand (8. 17). Womit dann freilich die
Willensfreiheit in einem umfang, der überhaupt alles Foi*schen
nach den Sprachanföngen verbieten würde, als Dogma ftlr die
Entstehung der menschlichen Rede aufgestellt wird.
Jedenfalls sehen wir: nach zwei Jahrtausenden ist dies
Rätsel,
Das qualvoll uralte Rätsel,
Worüber schon manche Häupter gegrübelt.
36 R. M. Meyer,
Häupter in Hieroglyphenmützeu,
Häupter in Turban und schwarzem Barett,
Perrückenhäupter und tausend andere
Anne schwitzende Menschenhäupter —
noch immer der beiden entgegengesetzten Lösungen fähig. Noch
immer gedeihen die beiden alten Schulen : für die eine existiert
das Wort G^cei, d. i. durch willkürliche Setzung, für die an-
dere qpiicei d. i. (wie ich es übersetzen muss) durch organische
Entwickelung (vgl. z. B. a. a. 0. S. 20 und besonders die geist-
reiche Auseinandersetzung bei Th. Gomperz Griechische Denker
1, 317 f.). Heri-schend dürfte freilich die vermittelnde Richtung
sein, die — trotz aller Meinungsverschiedenheiten — sowohl
Renan als Steinthal innehalten und die in massgebender Weise
vor allem Paul mit seinen "Prinzipien der Sprachgeschichte"
vertritt. Paul glaubt an eine fortdauernde Schöpfung neuen
SprachstoflFs, aber er hält auch für diese Neuschöpfung daran
fest, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem neubenann-
ten Objekte und seiner Benennung besteht (a. a. 0. S. 142
der 2. Auflage). Er bedauert, dass eigentliche Experimente
zur Feststellung des Hergangs bei sprachlicher Neuschöpfung
nicht möglich seien: denn auf die bekannten Fabeln von freier-
fundenen Kindersprachen, die bei Herodot beginnen und bei
dem Missionar Robert Moffat (a. a. 0. 141) noch keineswegs
enden, will er mit Recht kein Gewicht legen. Mir scheint
dennoch ein solches Experiment möglich. Es gibt ja Sprachen
und Halbsprachen genug, die sich als '"'^erfundene, künstliche,
willkürliche" Sprachen geben; prüfen wir ihre Art auf die
Frage hin: welchen Spielraum hat thatsächlich die
freie Spracherfindung?
Wir können natürlich nicht sämtliche "künstliche Spra-
chen" durchprüfen. Aber da ich seit 1886 für dies Thema
gesammelt habe, darf ich das in nun vierzehn Jahren zusam-
mengebrachte Material für ausreichend halten, um von dem
überhaupt vorhandenen eine genügende Vorstellung zu geben.
Bei der Prüfung des vorhandenen Stoffes lasse ich vorerst alle
theoretischen Voraussetzungen bei Seite und erörtere so ob-
jektiv wie möglich das Mass von qpiicic und Öecic in den neu-
gebildeten Worten und Sprachen. Ich ordne dabei so, dass
ich mit *^^Sprachen" beginne, in denen die Erfindung den aller-
kleinsten Raum einnimmt und stufenweise zu denjenigen auf-
Küni^tliche Sprachen. 37
steige, die ganz und gar "erfunden" heissen können. "Kttust-
liehe Sprachen" sind genau genommen überhaupt nur die letz-
ten, weil nur bei ihnen der ganze Sprachkörper künstlich ist,
während die früheren Stufen nur den Wortschatz und allen-
falls noch die Syntax durch künstliche Gebilde ganz oder
teilweise herstellen. Aber es ist zum Verständnis jener kom-
pliziertesten Schöpfungen unentbehrlich, dass wir mit den ein-
fachsten Gebilden beginnen.
I. In einer Reihe von Fällen entstehen künst-
liche Sprachen durch unwillkürliche oder absicht-
liche Störung der natürlichen Entwickelung.
Diese Störung kann beruhen
1) in Bewahrung des allgemein Abgestossenen
2) in Abstossung des allgemein Bewahrten.
Alle hierher gehörigen Fälle von scheinbarer Umwandlung
sind thatsächlich in einer dieser beiden Kategorien mit ein-
geschlossen.
Das sprachliche Leben beruht auf einer fortwährenden
Erneuerung des SprachstoflFs. Unaufhörlich werden Laute,
Wortformen, Satzbildungen, die bisher gebräuchlich waren,
in engere Kreise zurückgedrängt und schliesslich aufgegeben,
unaufhörlich wird aber auch — wie besonders Paul betont
hat — neues Material hinzugebracht und der Prüfung im
Kampf ums Dasein ausgesetzt. Jede persönliche Lautgebung,
jede individuelle Wortwahl ist ein Versuch, auf die Sprache
zu wirken — ein Versuch, der unter Umständen weitgehende
Veränderungen veranlassen oder wenigstens fördern kann. Jeder
Mensch, der etwa zu einer bestimmten Zeit statt des noch all-
gemein heiTschendeu flexivischen Genetivs den umschriebenen
Genetiv bildete, half unmittelbar die Verdrängung des echten
Kasus und half mittelbar die unausbleiblich näherrückende
Ersetzung der Flexion durch asyntaktische Hilfsmittel durch-
setzen.
Soweit nun der allgemein verbreitete Prozess der Ab-
stossung oder Neubildung von breiteren Kreisen durchgeführt
wird, kann er künstliche Sprachen nicht eigentlich zeitigen.
Eine Anzahl von zusammenwohnenden Personen geben einen
Laut — etwa das w vor r — auf; Andere bewahren ihn noch.
Das hilft Dialekte und sogar ganze Sprachen und Sprachperio-
38 R. M. Mever,
den abgrenzen; aber Niemand wird hierin eine individuelle
Abweichung von der allgemeinen Sprachentwickelung sehen.
Etwas Anderes aber ist es, wenn eine ganz kleine Gruppe
für sich allein; abseits von dem allgemeinen Sprachleben, solche
Veränderungen vornimmt. Und besonders auffällig wird der
''künstliche*' Charakter der so entstehenden Gruppen -Idiome,
wenn die Zusammengehörigen keine lokal geschlossene Ge-
meinschaft bilden, andern durch ein mehr geistiges Band zu-
sammengehalten werden. Dann ist in der That bereits der
Anfang der eigentlichen Kunstsprachen da.
1) Bewahrung des allgemein abgestossenen
Sprachstoffes.
a) Jede einzelne Person hat ihre individuellen
Sprachgewohnheiten. Schon die Kinder bilden naturgemäss
neue Worte, d. h. sie wiederholen den sprachschöpferischen
Versuch bestimmter Ableitungen von gegebenen Wurzeln, der
jeder "rezipierten" Wortbildung einmal vorausgegangen sein
muss. Sie sagen ''die Gehe" für "der Weg" (Preyer Seele
des Kindes S. 327), was an sich gerade so berechtigt ist wie
"der Gang"; oder "der AVurster" (Lindner Naturgarteu der
Kindersprache S. 88 vgl. 86. 92. 101. 104. 105), wie der "Flei-
scher" sehr gut heissen könnte. Oder sie greifen sogar un-
bewusst in den etymologischen Urgrund der Worte zurück,,
wie wenn ein Knabe den "Gaumen" als "Zahnhimmel" be-
zeichnet (Preyer a. a. 0.). Sie schaffen sieh eine eigene Sprache
(Rzesznitzek Entwickelung der Kindersprache S. 18 f. nach Haie
und Hun) und behalten sie lange bei.
Aber auch jeder Erwachsene hat schliesslich seine Sprache
für sich. Wir schreiben Dissertationen über den Sprachgebrauch
von Livius und Cynewulf; wir könnten sie auch über die
Sprechweise unseres Arztes und unserer Köchin schreiben.
Der eine stösst mit der Zunge an, der Andere rollt da»
r; dieser sucht den "Leutnantston" zu erhaschen, jener durch
einen breiten feierlichen Vortrag zu wirken. Im Allgemeinen
bringt das aber doch nur Nuancen der in der Umgebung des
Betreffenden verbreiteten Sprache zu Wege. Auch findet die
Eigenart der Sprechweise, selbst wenn sie bewusst gepflegt
wird, ihre Grenze an dem Bedürfnis, allgemein verstanden
zu werden. Der Einzelne für sich allein wird es sich selber
gestatten können, allzu "originelle" Sprachformen (unter wel-
Künstliche Sprachen. 39
chem Ausdruck wir allgemein Lautliches, Flexivisches, Syn-
taktisches, Lexikologisches begreifen wollen) beizubehalten,
die aus seiner ganzen Sprechweise heraus ihm zufällig entstan-
den sind. Ernst Eckstein hat in seiner Humoreske "Der Besuch
im Carcer" einen Schuldirektor vorgeführt, der sich durch
absonderliche Sprache auszeichnet; er spricht durch die Xase
(Cniv.-Bibl. 2340 S. 40) und bringt dadurch einen eigentüm-
lichen Vokalismus von "spezifisch Heinzerlingscher Klangfarbe"
(ebd. S. 12) zu Stande. Und diese Art der Aussprache wirkt
nun unzweifelhaft auch auf seine AVortwahl; es werden Worte
bevorzugt, in denen seine "berechtigte Eigentümlichkeit" sich
nachdrücklich entfalten kann. Aber er ist eben Direktor;
Kollegen und Schüler müssen ihn verstehen, auch wenn er
sich die Bewahrung einer Sprache, wie sie andere Menschen
nur im Schnupfen brauchen, dauernd erlaubt. Oder man nehme
die bekannte Anekdote: Ludwig XIV habe versehentlich "la
carrosse" gesagt statt "le carrosse", und durch die Nachahmung
der Höflinge sei das allgemein rezipiert worden. Die Rich-
tigkeit der ganzen Eraählung vorausgesetzt, muss man doch
wohl annehmen, der König habe sich an den Sprachfehler
gewöhnt, auf den ihn Niemand aufmerksam zu machen wagte;
ein einmaliger lapsus hatte doch w^ohl selbst in Versailles nicht
so gewirkt. Ein solcher bewahrter Fehler ist ein Stückchen
künstliche Sprache: ein anderer verspricht sich auch, verbes-
sert sich dann aber — rcx non potest errare, er muss nun
immer weiter das Wort weiblieh brauchen. Aber der König
bleibt eben nicht isoliert: die "Spraeherfindung" des Einzelnen
wird Eigentum der Gruppe und schliesslich der Nation.
Wäre die (icmeinschaft nicht so nachgiebig gewesen, so
wäre die "Spracherfindung" eben ein Sprachfehler geblieben
wie in jenem hübschen Fall, den Axel Kock (Gm sprakets
iorändning S. lOö) nach Max Müller erzählt. Kaiser Sigis-
mund schloss 1415 auf dem Konzil zu Konstanz eine Thron-
rede gegen die Hussiten mit den Prachtworten: "Videte pa-
tres ut erudicetis schismam Flusitarum". Ein Mönch, in tief-
ster grammatischer Seele gekränkt, rief ihm zu: "Gnädigster
König, Schisma est genus neutrum!" "Woher weisst du dasV*"
"Alexander Gallus sa^t es!" "Wer ist das?" "Ein Mönch."
rc
Aber ich bin Römischer Kaiser, mein Wort wird w'olil noch
so viel gelten wie das eines Mönchs!" Aber es half ihm
40 R. M. Meyer,
nichts — Cae«ar non est supra ^animatieos — ''schisma'*
blieb Neutrum wie "lex" Femininum blieb, trotzdem der Abg.
V. Eynem im Preussischen Abgeordnetenhause "das lex Fran-
kenstein" sagte. Die Redner werden auch selbst nicht daran
festgehalten haben.
Immerhin kommt e^ vor, dass die Bereicherung zufälliger
oder veralteter Sprachgebilde oder sonst abgestossenen Sprach-
gutes wirklich auf Einen Sprecher beschränkt bleibt. So bei
Eigennamen. Wir Norddeutschen lassen das auslautende w in
Namen wie Btilow, Gutzkow, Virchow verstummen. Süd-
deutsche, die nach Berlin kommen richten sich natürlich zu-
erst nach der Schreibung. So reimt Herwegh (Neue Gedichte
S. 135) Virchow auf Kirchhof. Manchmal halten sie aber ihre
Aussprache sei es aus Unachtsamkeit sei es aus Eigensinn
später noch fest. Umgekehrt neigen wir dazu, Namen mit
auslautendem II auf der Schlusssilbe zu betonen: Keudell, Roe-
pell ; die Wedel haben dies verführerische Anhängsel jetzt auch
in der Schrift aufgegeben. Hört der an den richtigen Klang
Gewöhnte eine Reihe von Namen so aussprechen, so wirkt es
leicht, als habe der Fremde da allerlei unbekannte Töne mit-
gebracht: was ist denn GutzkoflF? was ist dennWedell? Oder
es hält Einer krampfhaft daran fest, in Jean Paul auch den
zweiten Namensteil französisch auszusprechen. Ein bekannter
Litterarhistoriker macht sich ein Vergnügen daraus, immer
'"Harry Heine" zu sagen, weil der Dichter sich in seiner Ju-
gend so nannte; und ein anderer fühlt sich vielleicht bemüs-
sigt, E. Th. A. Hoffmann statt mit diesen usurpierten Anfangs-
buchstaben mit denen seines Taufscheins aufzurufen. Herman
Grimm erklärt, er spreche den Namen ^'Burke" so aus, wie
er sich schreibt, und beharrt bei der Schreibung seines eige-
nen Vornamens mit einem n, wie Moriz Haupt das t im Vor-
namen verwarf.
Doch beschränkt sich ein solches Bewahren aufgegebener
Spraehformen nicht ganz auf Namen. W. v. Kügclgen erzählt
etwa ('''Jugenderinnerungen eines alten Mannes" S. 30) von
einem begeisterten ^^Altdeutschen", der es nicht ertrug, dass
die Sonne das Weib und der Mond der Mann sein solle und
deshalb hartnäckig '''der sunno" sagte. Diese bewusste Auf-
nahme veralteten Sprachgutes ist direkt schon ein Baustein zu
Künstliche Sprachen. 41
einer künstlichen Sprache; geht der Mann weiter, so kommt
er in die bewusst archaisierende Sprache hinein.
Und dies ist nun die wichtigste Form, in der individu-
eller Sprachgebrauch durch Bewahrung allgemein aufgegebener
Worte und Fügungen zu künstlicher Sprache führt: die ge-
lehrt-archaistische Sprache. Sie gehört keiner
Gruppe an, denn jeder Autor bildet sie neu, und niemand
braucht sie im Verkehr mit ihm; aber immerhin ist z. B. aus
den archaisierenden Roman -Idiomen so einflussreicher Schrift-
steller wie Scheffel und Freytag mit der Zeit eine Art G e-
ra einspräche des historischen Romans geworden.
Es ist eine durchaus künstliche, konventionelle Sprache; der
Einzelne hat sie sich nach einem vorschwebenden Ideal unter
Benutzung gegebenen Materials selbst gebildet. "Es ist ein Stil",
sagt W. Wundt (Völkerpsychologie 1, 420), ''^der freilich so,
wie ihn der Dichter erfindet, sicherlich nirgendwo und nirgend-
wann vorgekommen ist, der aber doch durch die Art der
grammatischen Konstruktion und namentlich durch die Ein-
fügung gewisser regelmässig wiederkehrender Redeformen, die
an den homerischen Stil erinnern, den Eindruck gediegener
und schwerfälliger Langsamkeit hervorbringt." Wie die Kin-
derspraehe ist es eine Kompromissprache, wie viele andere
Arten künstlicher Sprache eine Mischsprache. Von Erfindung
im eigentlichen Sinne kann aber doch selbst hier nicht die
Rede sein. Analogiebildungen mögen vorkommen, falsche Misch-
formen; aber auch dann wird nur eine für richtig gehaltene
Form, die der besser Unterrichtete aufgeben würde, konser-
viert. Barnum, der berühmte amerikanische '"'"showman", lud
zur Besichtigung seines berüchtigten '"''weissen Elefanten" (er
hatte einen weissen Fleck auf dem Rücken) alle "Elephan-
thropen" ein. Der Autodidakt hatte ein Gegenstück zu "Phi-
lanthropen" bilden wollen: '^Elefantenfreunde" nach dem Muster
von "'Menschenfreunden"; er hatte nur das Unglück, für
""Freund" den falschen Bestandteil zu erwischen. Genau so
geht es zuweilen bei den sonderbaren Wortbrauereien altdeut-
scher Romane. Es wird dann eben nur ein individueller Sprach-
fehler festgehalten.
Seit das interessante Büchlein von Mayer und Meringer
über """Verspreehen und Verlesen" erschienen ist, hat man die
Bedeutung erst voll erkannt, die Sprachfehler als Wegweiser
42 R. M. Meyer,
der Sprachentwicklung haben. Wo sich erst ein Versprechen
einstellt, da liegt offenbar für die redende Generation eine
Schwierigkeit vor, die im Lauf der Zeit überwunden werden
wird; und die Art des Versprechens deutet auf die Lesung hin.
Dass man '"^^djudant" aussprach, war Sprachfehler, bis die
notwendige Dissimilation in *'^\djutant" allgemein durchgeführt
war. Nun begeht der den Sprachfehler, der der Schreibung
gemäss noch heut zwei t ausspricht — mindestens im Gebiet
der mir geläufigen Aussprache. Er hat das Wort aber nicht
absichtlich '"'"geändert". Und wenn Felix Dahn seitenlang in
einem künstlichen Dekorationsdentsch reden lässt, ist diese
gewiss nicht '"'natürliche" Sprache nur die konsequente Weiter-
führung solcher Einzelheiten.
b) Die Gruppe erst schafft durch Bewahrung sonst
abgeschlossenen Sprachgutes Sprachen, die als eigentlich künst-
liche schon empfunden werden.
a) Der lehrreichste Fall, obwohl der einfachste, ist die
Kindersprache. Das Unvermögen des Kindes, vorge-
sprochene Worte genau nachzuahmen, aber auch der tastende
Versuch eigener Sprachbildung schafft allerlei "'Worte", die
für gewöhnlich spurlos im Lauf der Entwicklung verloren gehn.
(Eine liebevolle Charakteristik dieser Kinderworte und ihrer
"'volksetymologischen" Hintergründe gibt A. Keber Zur Philo-
sophie der Kindersprachc Leipzig- 1890 S. 8f. ; wenig bei
P. V. Schönthan Kindermund Univ.-Bibl. N. 2188). Das Kind ist
eben nicht stark genug, um das zu erreichen, was Könige oder
Schulmeister können: seine Idiotismen zu allgemeiner Aner-
kennung zu bringen. Es muss sich schon gewöhnen, statt
'"Hottehüh!" "Pferd" und statt "Konta" '"Konrad" zu lernen.
Aber zuweilen kommt die Familie ihm entgegen. Sie nimmt
die kleinen netten Missbildungen zärtlich auf. Wilhelm Grimm»
Kinder bilden "'in naivem und primitivem Dissimilierungstriebe
neben dem kosenden 'Papa' für Vater Wilhelm für den Onkel
Jakob das neuerfundene Wort ''der Apapa', und Papa und Apapa
klangen nun durcheinander von den noch lallenden Lippen der
Kinder, die dann jene Worte auch beibehalten haben für»
Leben" (Zarncke Kleine Schriften 2, 223).
Vereinzelt werden solche Kinderworte fast in jeder
Familie fortgeführt; ich kenne z. B. ein Plans, wo der
Vater von den längst erwachsenen Kindern noch heut ''Bäp"^
Künstliche Sprachen. 4S
die Mutter ''Mimm" genannt wird. Sehr häufig werden be-
sonders wieder kindliche Namensverstümmelungen konserviert;
in demselben Haus heisst eine "Anna" fortgesetzt '"'Aeniies",
ein "Rudolf": "Ruddel". Aber auch aus späteren Stadien
des Familienlebens werden Necknanien, die einer augenblick-
liche Inspiration ihren Ursprung verdanken, und ebenso auch
eigentümliche Benennungen für Dinge und Handlungen von
den Verwandten wie Ausdrücke einer Geheimsprache be-
wahrt und erhalten oft räumlich weitgetrennten Mitgliedern
eine spezifische Sprachgemeinschaft. Der Fremde, der in die-
sen Familienjargon hineinschneit, fühlt sich verraten und ver-
kauft wie unter einer Verschwörerbande. Höchst wirksam
schildert Helene Böhlau in ihrer Erzählung "Verspielte Leute"
(bes. S. 12 f.) solche Familiensprache, wenn sie sie auch
höchst einseitig erklärt. "So sagte man bei Schnaasens im
teilnahmsvollsten fragenden Ton Xeberwürschtchen ?*, wenn man
sich nach dem Befinden erkundigen wollte. Niemand wusste,
woher dies stammte, und weshalb man das that; und 'kran-
kes Schalmeichen!* sagten sie sonderbarerweise — wenn sie
einem Familienmitglied Mitleid ausdrücken wollten. In zärt-
lichen Augenblicken sagte Söphchen zu ihrem Vater ''Scblap-
perdons, Papelons, Papelorum' — Erfindung von Schnaase dem
Alteren." Man kann sich dann nicht wundern, dass solche
Laute dem Fi'cmden wie Mysterien klingen, bei denen ihm der
Verstand still steht, während sich die Eingeweihten ausserordent-
lich amüsieren. In der That, hier scheint zunächst, wie auch
Helene Böhlau selbst meint, "Erfindung" vorzuliegen; und so^ar
so, wie Whitney (a. a. 0. S. 17) es fordert: dass aus einem
bestimmten Zeitpunkt heraus eine neue Benennung erwächst.
Sieht man genauer zu, so ist die "Erfindung" auch hier nur
Bewahrung. Die Stimmung eines Moments macht sich Luft,
schafft sich Ausdruck sei es in rein lautsvmbolischer Weise
— "Schlapperdons, Papelons, Papelorum" — sei es in inhalt-
lich symbolischer, andeutender Art — "Leberwürschtchen".
Dergleichen kommt fortwährend vor und hat im Zusammen-
hang mit den motivierenden Umständen auch gar nichts Auf-
fallendes. Nun hat es aber einmal sehr gefallen und wird
deshalb zu weiterer Beimtzung von der Familie Schnaase auf-
bewahrt, während andere solche Improvisationen verschwinden
lassen. Maximilian Klinger, der Dichter, entdeckte einmal als
44 R. M. Meyer,
russischer General, dass eine Schildwaehe mitten auf einem
Rasenfleck aufgestellt war.^ Es stellte sich heraus, dass die
Kaiserin Katharina dort einmal eine aufblühende Rose gesehen
und zu ihrer Bewachung den Posten hingestellt hatte. Die
Rose war seit Jahrzehnten verblüht, zerfallen, in Staub auf-
gegangen — die Schildwache wurde immer noch erneut. So
ist es mit solchen Familiengeheimnissen. Willkürliche Erfin-
dung seheinen sie, weil sie ganz von der ursprünglichen Ge-
legenheit abgelöst sind; einst hatten sie ihren gnten Grund.
f) Den gleichen Charakter einer fortgeführten Gelegen-
heitssprachc tragen nun auch die konventionellen Sprachen
freierer Gruppen.
Helene Böhlau erzählt (a. a. 0. S. 15) weiter, wie H.
Schnaases Gattin ihren Gemahl jeden Tag mit einem neuen
hypokoristischen Thieniamen weckt. "Heute ein Karpfen, mor-
gen ein Esel, ein Pferd, ein Hahn. Und als was er geweckt
wurde, als das musste die zukünftige Excellenz sich behandeln
lassen. Erwachte er als Karpfen, so wurde er auf das lieb-
reichste gefragt, ob er in seinem Schlämmchen gut geschlafen,
ob er seine Tasse voll guter kleiner Würmer schnappen wolle,
ob er Reissen in den Flossen habe und so fort. Sie fiel selten
aus der Rolle: als Pferd bekam er Hafer, striegelte sich, wurde
gesattelt und gezäumt. Sie brachte ihm statt der Stiefel Hufe,
statt der Halsbinde einen Zaum, statt der Brille — Schculeder".
Das ist noch Familienspiel : der momentane Einfall wird
unter Eingeweihten durchgeführt. Ebenso erzählt aber auch
G.. Keller (Leute von Seldwyla 2, 122), wie "Einer von Paris
den Witz heimgebracht hatte, den hohen runden Manneshut
Hornbüchse zu nennen, welchen Ausdruck sie mit Jubel auf-
griffen. Seither sagten sie statt Deckel, Angströhre, Ofenrohr,
Schlosser, Lausepfanne, Grützmass . . . und dergleichen für
jede Art Hut nur Hornbüchse und sie benannten Viggis Kopf-
bedeckung demgemäss ein artiges Hornbüchschen und meinten
jene Hörnchen müssten noch ganz jung, zart und klein sein,
ansonst er eine festere Büchse brauchte". Also ganz dasselbe
Spiel wie "bei Schnaases": es wird eine bestimmte metapho-
rische Ausdrucksweise zu Grunde gelegt und ausgebeutet. Der
Hutmacher heisst dann gewiss auch Büchsenmacher, das Haken-
holz, an dem die Kopfbedeckungen aufgehängt werden, Btich-
senstand usw. Für den Uneingeweihten entsteht so eine Räu-
Künstliche Sprachen. 4&
bersprache; wie denn auch bei 6. Keller Viggi den harmlos
gemeinten Ausdrnck falsch versteht.
Immer bleibt hier doch noch der Zusammenhang mit
dem spraehschöpfenden Moment fühlbar: die ganze Gruppe
bleibt unter der Nachwirkung des Augenblicks, in dem die
neue Benennung "Hornbüchse" sie begeisterte. Gehen wir zu
einer Verlängerung des Abstandes zwischen "Gelegenheit" und
"Weiterftihrung" über, so erhalten wir konventionelle Gruppen-
spracben, die äusserlich der Familiensprache Helene Böhlaus,
dem Kneipenjargon G. Kellers völlig gleichen, sich aber durch
stärkere Absichtlichkeit des Sondergebrauchs von ihnen unter-
scheiden.
Die Familie, die Kneipgesellschaft hält an dem zufällig
aufkommenden Ausdruck fest, gibt ihn aber nicht weiter.
Geschieht dies dagegen, wird der unterscheidende Sprach-
gebrauch der Gruppe durch Tradition festgehalten und über-
liefert, so entstehen eigentliche Sondersprachen.
llber die Sondersprachen hat die Zeitschrift "Am Ur-
quell" seit 1894 eine Umfrage eröffnet, die mancherlei Mate-
rial zu Tage gefördert hat, der systematischen Bearbeitung
aber Alles zu thun übrig lässt. Sie finden sich bei gänzlich
unkultivierten Völkern so häufig wie inmitten der Überkultur^
sie finden sich überall, wo ein Bedürfnis zu engerem Zusani-
mcnsehluss auftaucht, vor allem aber da, wo die Vereinigung
(wie bei den Geheimbünden Afrikas — oder bei unsern Stu-
denten) sich in bewusstem Gegensatz zur Mehrheit fühlt. (Reiche
Littcraturaugaben in dem unheimlich fieissigen Buch von L.
Günther Recht und Sprache Berlin 1898 Anm. 24;.
Ich gebe ein paar charakteristische Proben von solchen
durch Festhalten augenblicklichen Sprachstoffs entstandenen
Sondersprachen.
aa) Eine Metaphersprache genau vom Zuschnitt der
Morgenunterredungen zwischen Herrn und Frau Schnaase ist die
der italienischen Carbonari, über die Moritz Busch (Wunderliche
Heilige S. 232) berichtet. Das zu gründe liegende Thema ist die
Vergleichung der Bundesglieder mit Kohlenbrennern. Dies aus
irgend welcher gelegentlichen Inspiration entstandene Bild wird
nun zur Grundidee einer Geheimsprache gemacht. '^Das Feuer
z. B. ist die heilige Flamme der Freiheit, der Meiler das Bild
der gemeinschaftlichen Arbeit der Brüder am Werke der Be-
46 R. M. Mever,
froiung Italiens, die Kohle enthält verborgnes Licht und latente
Wärme, der Wald stellt das italienische Vaterland vor, die
'Wilduiss' Dantes, 'erfüllt von Raubtieren', den fremden Cnter-
drückern." Es ist ja klar, wie diese Verschwörerspracbe zu-
stande kommt. Man denke etwa an die Erzählung, die Kai-
serin von Byzanz habe dem Eunuchen Nai*ses im Spott sagen
lassen, er solle sich ans Spinnrad setzen, wie eine Magd, und
er habe wütend ausgerufen: Ich werde dir ein Netz spinnen,
aus dem du nicht wieder herauskommst. Was wäre natür-
licher, als dass die Verschwörer nun Termini aus der Arbeit
des Spinnens angewandt hätten? Oder die holländischen
"Geusen" nennen den Unterdrücker den "Bettelvogt". So hat
sich etwa einmal ein italienischer Patriot als Kohlenbrenner
verkleidet; bei einer Visitation hat es ihn vielleicht — ein
psychologisch sehr wahrscheinlicher Vorgang — gereizt, mit
zweideutigen Worten Lüge und Wahrheit zu verbinden ^vie
Grillparzere Leon (in "Weh dem der lügt"); und was sonst ab
Augenblickseingebung verschwunden wäre, bleibt gewahrt. Ahn-
lich steht es mit andern symbolischen Berufssprachen, z. B.
der Freimaurer; aber auch mit Karnevalsreden u. dgl.
Auch die Kindersprache kann, unabsichtlich freilich, zur
Metaphernsprache werden. Behaghel (Zs. f. deutsche Wortfor-
schung 1,80) berichtet: "Im Auschluss au kerzengrad bildet
mein vierjähriger Junge die Wörter kerzensatt, kerzenvoll,
kerzenvergnügt". Freilich ist das nicht metaphorisch gemeint,
sondern rein lautliche Analogie. Aber wenn etwa in den hol-
ländischen Kolonien die Kinder alle höheren Beamten "Vater",
"hoher Vater" u. dgl. nennen — wer will da bestimmen, wo
die Metapher aufhört und die rein sprachliche Analogie an-
fangt? — Ebenso schuf Lindners Sohn ("Naturgarten der Kin-
dersprache" S. lOo) nach "mausetot" die prächtige Analogie-
bildung, ein Apfel sei "mausetrocken" und sogar nach "eiskalt"
"eisheiss!" Hier ist die Metapher ganz in Präfixbildung aufge-
gangen, gerade wie wenn wir sagen: "er ist schrecklich sanft".
(V«;l. zu der ganzen Erscheinung Breal Essai de semantique
S. 182, wo auch weitere nhd. Beispiele.)
ßß) nicht auf Einer Metapher, sondern auf einer Vereini-
gung verschiedener Metaphern bauen sich andere Berufsspra-
chen auf. So vor allem die so lehrreiche Studentensprache,
über die Kluge (Deutsche Studentensprache 1895) und Erich
Künstliche Sprachen. 47
Schmidt (Zs. d. Ver. f. Volkskunde V 1895 S. 225 f. 334 f.)
80 gelehrt und belehrend gehandelt haben; dazu noch die
speziellen Untersuchungen zur Hallischen Studentensprache von
K. Burdach (Studentensprache und Studentenlied in Halle vor
100 Jahren) und John Meier (Hallische Studentensprache; vgl.
auch Zs. f. d. Wortforschung 1,254 f.). Die Studentensprache
ist der Hauptsache nach eine kombinierte Metaphern-
sprache, allerdings unter Beimischung fremdsprachlichen und
archaischen Materials. Aber charakteristisch ist an ihr doch
vor allem das Festhalten und Fortführen bestimmter Metaphern.
Soweit die Studentensprache Mischsprache ist, haben wir sie
später anzuziehen ; aber im Gebrauch griechischer, lateinischer,
latinisierender oder auch hybrider Ausdrücke unterscheidet sie
sich doch nicht prinzipiell von der gelehrten oder akademi-
schen Sprache überhaupt. Der Student bildet ein gräcisierendes
^'burschikos" (Kluge S. 47 f. J. Meier S. 26; wie der hochge-
stellte Richter ein "Austrägalinstanz". Speziell studentisch
sind dagegen die Metaphernkreise
1) der Deposition, vgl. Schade im Weimar. Jb. 6, 315 f.:
auf der F'iktion, dass der neu Aufzunehmende "ein stinkender
Bock" od. dgl. sei, beruht wie das ganze Ceremoniell so auch
die einheitlich durchgeführte Ausdrucksvveise. Entsprechend
bei den Gesellenweihen (vgl. Schade ebd. 4, 258 f ), z. B. beim
'^Schlcifen" der Büttner: der "Ziegensehuz" erhält vom "Schleif-
pfaffen" seinen "Schleifnameri" ; oder bei den Tischlern wird
der Lehrling "auf die Bank gestreckt, behackt, behobelt" (ebd.
S. 293). Die bei der symbolischen Weihehandluug motivierten
Ausdrücke werden nun aber fortgeführt auch ausserhalb der
Zeremonie: der "Fuchs" hat seine "Fuchsmappe" (Kluge
8. 91) usw.
2) des Studierens: das versetzte Buch "lernt hebräisch".
3) des Trinkens: "Im Mittelpunkt der Studentensprache
steht die Nomenklatur des Zechens" (Kluge S. 21). Aber das
Trinken holt sich nicht nur Metaphern aus allen Gebieten,
sondern gibt sie auch her.
4) der Kleidimg; z.B. "Schnalle" (Vollmann Burschikoses
Wörterbuch S. 416).
5) des Musizierens; z. B. "Flöte" (Kluge S. 90).
6) der Jagd: z. B. Hase, Hasenfutter usw. (Vollmann
S. 213).
48 R. M. Meyer,
7) des täglichen Lebens: "Besen" u. dgl. m.
8) der Thierwelt; vgl. Kluge a. a. 0.
Die Studentensprache hält sieh vorzugsweise in einem
beschränkten Kreis von Anschauungen, ganz in einem begrenss-
ten Gedankenkreis ; daher ein Vokabular, das für eine geringe
Auswahl von Begriffen (Kneipen, Schuldenmachen, Liebeshän-
del) aus einer nicht grossen Zahl von Metapherkreisen (Stu-
dieren, Kleidung. Musizieren, Jagd) Worte enthält, die nur
den Eingeweihten verständlich sind, von ihnen aber treulieh
bewahrt und überliefert werden.
Eine Steigerung der Studentensprache ist die offizielle
Rede des B i e r k o m ni e n t s (vgl. z. B. Univcrsalbibliothek
N. 4070): gewisserraassen eine Vereinigung von Ceremonial-
und Gruppensprache. — Über die psychologische Grundlage
der Studentensprache Nietzsche Werke 3, 32L
Die gleichen Eigenheiten kennzeichnen die von P. Hom
(Die deutsche Soldatensprache 1899, vgl. die inhaltsreiche Re-
zension von J. Meier Zs. f. d. Phil. 32, 115 f.) aualysirte Son-
dersprache der Soldaten. Inhaltlich bezieht sich da»
Lexikon auf Dienst, Unifonn, Mahlzeiten, Vergnügungen, Stra-
fen; und die Ausdrücke hierfür sind wieder vorzugsweise dem
täglichen Gebrauch entlehnt: die Tressen heissen Gurkenscha-
len, KartoflFelschalen (ebd. S. 70), die Kanone heisst Pfeifer,
Singerin, Brüllaffe (ebd. S. 46). Es ist nur natürlich, dass bei
den überall gleichen Vorbedingungen eine ''vergleichende Sol-
datensprache" (P. Hörn Beil. zur M. Allg. Ztg. 16. Mai 1899
N. 111) vielfältige Übereinstimmungen ergibt: das Seitenge-
wehr heisst bei dem deutschen wie bei dem französischen Sol-
daten "Krautmesser"; die Ulanen sind hier ""reitende Laternen-
anzünder", dort "allumeurs de gaz". Ahnliches gilt übrigens
auch für die Terminologie der Tafel (vgl. u. 2, c, ß) ; oder von
der Druckersprache, die H. Klenz (Strassburg 1900) analysiert
hat; man denke nur an Ausdrücke wie "Brille" (a. a. 0. S. 23)
oder "Fahne" (S. 38).
Aus dem modernen Zeitungsstil hat F. Kürnberger (Lite-
rarische Herzenssachen Wien 1877 S. 1 f.) mehrere Grundmeta-
phern herausgehoben. Wir haben einerseits (S. 3 f.) den "ritter-
lichen Zeitungsstil": da wird das Banner hochgehalten und die
Lanze eingelegt, man kämpft mit offenem Visir und verdient
seine Sporen. Andererseits (S. 6 f.) den pöbelhaften Zeitungs-
Künstliche Sprachen. 49
Stil: da wird "in den Koth gezerrt", "mit ätzender Lange
flbergossen''; "begeifert". Diese beiden Extreme der Metaphem-
sprache finden sich friedlich zusammen nnd werden oft noch
weiter durch eine kaufmännische oder landwirtschaftliche Ter-
minologie verstärkt! — Aus der Gemtttssphäre heraus nimmt
dagegen G. Freytag (Briefwechsel m. H. v. Treitschke S. 117)
die scherzhaften Termini der "Wühlersprache": da arbeitet
die Agitation mit "gemütvoller Ermahnung", "tugendhafter
Entrüstung", "verächtlicher Behandlung" und gelangt schliess-
lich zum "Brüller"!
Diese kombinierten Metaphernsprachen verleugnen
immer noch nicht den Gelegenheitscharakter. Der Ulan sieht
nicht immer wie ein "reitender Laternenanzünder" aus, sondern
nur wenn er die Lanze schräg in die Höhe hält; der Ausdruck
wird aber dann verallgemeinert. Schon beim ersten Auftau-
chen der "Draisine" nannte Achim v. Arnim (Werke 2, 347) das
Fahrrad ein "wild gewordenes Spinnrad", wie man heut Velb-
zipedisten "tollgewordene Scheerenschleifer" tituliert; die Me-
tapher hat nur Sinn, wenn man den Radler in toller Eile hin-
rasen sieht, wird dann aber ohne Rücksicht auf die Fahr-
geschwindigkeit angewandt.
Es sind also immer noch starr gewordene Gelegeuheits-
sprachen, Die nächste Stufe ist die, dass man nicht auf eine
Gelegenheit wartet, sondern von vornherein mit der Absicht,
sich neue Ausdrücke zu schaffen, an den Sprachstoff heran-
tritt. So entstehen verabredete Gruppensprachen, die
einen künstlichen Ersatz der gewöhnlichen Rede zum Zweck
haben : Geheimsprachen, vor allem jVerbrecherspraehen. Diese
sehliessen an Metaphersprachen von der Art der Studenten- und
Soldatensprache dicht an, sind aber im Prinzip von ihnen den-
noch in zwei Punkten wesentlich verschieden:
1) die Hauptsache ist bei ihnen nicht die Prägung neuer
Worte, die gewisseimassen in die Vereinskasse fallen und als
Gemeinbesitz Vergnügen machen — sondeni vielmehr die Ver-
meidung der gewöhnlichen gemeinverständlichen Ausdrücke.
Die negative Wortwahl ist für sie bezeichnend: Worte wie
"Einbruch", "Polizei" u. dgl. müssen ersetzt werden. That-
sächlich ist die Wirkung ja fast dieselbe, wie wenn der Bursch
die Philisterworte für "Mädchen", "Geld", "trinken" verab-
Indogermanische Forschungen XII 1 n. S. 4
&0 R. M. Meyor,
scheut; dennoch ist bei einer systematischen Übersicht der
Unterschied wohl zu beachten.
2) sie verdanken ihren Ursprung schliesslich wohl auch
der Gelegenheit, einem Anstoss irgend welcher Art; aber dieser
ist nicht zufällig bewahrt und weiter ausgenutzt, sondern es
wird mit voller Absicht eine Differenzierung der Sprache an-
gestrebt. Deshalb fallen diese Sprachen aus dem Bereich
derjenigen heraus, die nur durch Störung des gewöhnlichen
Sprachlebens entstanden sind; sie sind um ein beträchtliches
''künstlicher'* als die bisher aufgezählten.
Aber wie sie sich mit den letztbesprochenen durch den
starken Gebrauch der Metapher als sprachschöpfenden Mittels
berühren, so erinnern sie auch durch ihre negative Wortwahl
an die zweite Klasse der zur ersten Kategorie gehörigen Kunst-
sprachen, diejenigen die entstehen durch
2) Abstossung des allgemein bewahrten Sprach-
stoffs.
a) der einfachste Fall ist der, dass von verschiedenen
gleichberechtigten Ausdrücken nur eine Minderheit bewahrt,
die Mehrheit aber und damit gerade die am meisten üblichen
Ausdrücke vermieden werden. Es entsteht so eine lexiko-
logisch normalisierte Sprache und zwar meist von ar-
chaisierendem Gepräge.
Der Fall ist grundverschieden von dem oben besproche-
nen der gelehrt - archaistischen Rede etwa bei G. Freytag.
Wenn Ludwig Uhland sagt "vierfarbig Kleid zur Wat", so ist
die Anwendung dieses veralteten Ausdrucks das Auffällige.
Wenn aber der Jäger von den Synonymen "Blut" und "Schweiss"
oder "krank" und "verwundet" nur den seltenern Ausdruck
gebrauchen darf, so ist die Vermeidung des üblichen Wortes
das Charakteristische. Das tritt gerade bei den Jägern höchst
bezeichnend in ihrem "Jägerrecht" hervor: wer den falschen
Ausdruck gebraucht, d. h. wer die gewöhnlichen Termini an-
wendet, der wird durchgeprügelt (vgl. z. B. Schade Weim. Jb.
6, 296), Und das ursprünglich mit gutem Grund: denn er
gefährdete den Erfolg der Jagd. Von dem alten abergläubi-
schen Namentabu bei Fischfang, Jagd u. dgl., über den (nach
dem Zitat bei Kahle Anz. f. d. A. 24, 272) Nyrop gehandelt
hat, sind Spuren noch jetzt auf den Shetlandinseln lebendig.
Wir haben hier eine negative Gruppensprac^he: "dabei ist
Künstliche Sprachen. 51
ZU bemerken, dass häufig eine Anzahl Ausdrücke nur auf dieser
Insel im Gebrauch ist, ja zuweilen nur innerhalb einer Familie,
einer Bootsmannschaft" (Kahle a. a. 0.)- Die shetländischen
Tabuworte zerfallen in zwei Klassen: entweder sind es poe-
tische Umschreibungen, Heiti oder Kenningar — wie in der
Gaunersprache (deren poetische Wortfindung J. Grimm Kl. Sehr.
4, 165 bewunderte), oder aber, wie in unserer Jägersprache,
alte, sonst nicht mehr gebrauchte Ausdrücke. Der mythische
Grund des Brauchs ist also Zeuge dafür, dass hier nicht die
Bewahrung alter Worte wie altisl. djüp 'Schweiss' in der Be-
deutung 'Blut' das Wesentliche ist, sondern eben die Vermei-
dung der üblichen Worte. (Allgemein vgl. Lembke Studien zur
deutschen Waidmannssprache Dresden 1898 und dazu Kluge
Lit.-Bl. f. gemi. u. rom. Phil. 1900 S. 89 f.)
Ich denke mir, so ist auch das Rätsel der griechischen
und germanischen Göttersprache sowie der indischen Dämonen-
sprache (Grimm Mythologie 1, 275 und 3, 101) zu erklären:
es handelt sich um ältere Ausdrücke, die mit Vermeidung der
alltäglichen ursprünglich in der Ansprache an Götter und Dä-
monen verwandt werden mussten. Diese kultusmässige Ver-
wendung Hess sie dann für den gewöhnlichen Gebrauch abster-
ben — wie der "eigentliche Name" Gottes bei den Juden nur
Einmal im Jahr an feierlicher Stelle von Einem Berufenen aus-
gesprochen werden durfte — und man fasste dann diese für
den Verkehr mit mit den Göttern bestimmten Worte als Idio-
tismen der Götter selbst auf.
b) konsequente Durchführung des Prinzips, dass allgemein
übliche Ausdrücke zu vermeiden sind, ergibt terminolo-
gische oder Berufssprachen. Es ist z. B. nicht auf-
fallend, dass die Rechtssprache Ausdrücke wie "Vertrag",
"Frist", "Schenkung" verwendet — alle Welt verwendet sie.
Das Charakteristische ist vielmehr, dass für sie eben nur diese
Ausdrücke existieren und alle im gewöhnlichen Sprachgebrauch
vorhandenen gleichbedeutenden Worte abgestossen werden. Ich
kann zu einem Freund sagen: wir wollen das so abmachen,
oder so ausmachen, oder wie sonst; vor dem Notar muss ich
sagen: ich will einen Vertrag abschliessen. Ich mag münd-
lich erklären: 'Hch hinterlasse mein gesamtes Vermögen dem
und dem"; beim Testament soll ich nur sagen : "ich setze zum
Universalerben ein". Die bewusste Vermeidung aller Ausdrücke
52 R. M. Meyer,
mit Ausnahme des Einen, den das Gesetzbuch sanktioniert,
macht die Rechtssprache schon rein lexikologisch zu einer
ktinstliehen Sprache. Sie gehört freilich auch hinsichtlich der
Wortfügung zu den normalisierten Sprachen.
G. Roethe (Die Reimvorreden des Sachsenspiegels S. 88 f.)
hat neulich glänzend in erschöpfender Darstellung die Entste-
hung einer individuellen Rechtssprache, derjenigen Eikes von
Repkow, vorgeführt. Wir finden auch hier den feierlichvin
Gebrauch altertümlicher Worte (S, 89), auch hier die Sanktion
eines einzelnen Synonyms für bestimmte Rechtsformeln ("mit
erven gelove", während Eike sonst in der Regel "urloub* sagt
S. 90). Dennoch ist diese Sprache künstlich, wie gerade
Roethe zeigt, nicht etwa in dem Sinn, dass sie zu der natür-
lichen Rede des Volks sich in bewussten Gegensatz stellte;
nein sie wurzelt in ihr. Sie stösst nur einen Teil des üblichen
SprachstoflFs als minder geeignet oder minder würdig ab. Die
allgemeine Entwickelung hat sich (a. a. 0. S. 88) zum Teil
wieder hergestellt: die verbreiteteren Worte sind wieder ein-
gedrungen. Aber den Charakter einer teilweise normalisierten
Sprache konnten sie nicht mehr verdrängen. — Über die neuere
Rechtssprache handelt mit ungeheurem Material L. Günther
Recht und Sprache; zur Literatur Anm. 39, 56 u. ö.
Mein Kollege Hr. E. Berneker hat mir freundlichst Nach-
richten über die russische Schneidersprache gegeben.
Über diese haben gehandelt N. L. Usov Die Sprache der
Schneider an der Ugra (einem Nebenfluss der Oka) in den
Nachrichten der Abteilung für russ. Spr. u. Lit. in der Kais.
Akad. der Wiss. (russisch) 3, 247—50 und V. J. ÖemySev
Wörterverzeichnis der Schneidersprache ebd. S. 251 — 262. Hier
scheint aber ein eigentliches Rotwelsch vorzuliegen : "Zum tiber-
wiegenden Teil sind die Wörter etymologisch unklar, aus frem-
den Sprachen stammen wenige, z. B. aus dem Griechischen
und Deutschen. Die SufBxe sind russisch. — Hafer wird durch
Tferdebrot' übersetzt; Diakon durch 'kleiner Pope' . . . Die
Verbalflexion ist russisch". Bisweilen sind die "künstlichen
Weiterbildungen" nur Weiterbildungen der russischen mit an-
gefügten Suffixen. Selten ist die Bildung aus dem Russischen
durchsichtig ; so bei "heiraten" (von der Frau) : eigentlich "sieh
mit einem jungen Mann versehen". "Bisweilen verstitmmelte
russische Worte, aber selten."
Künstliche Spracheu. fiS
AU dies stimmt geuati zu dem Habitus der Gnnner^praclie
<Tgl. u. III e). Hier wäre also die Berufssprache über den
Kreis des Terminologiscbeii lieraiiB zu eigeutlicben Geheiui-
aprache erwacbscD. Das muss wohl spezitiüehe Ursachen haben,
e) Schreitet der Pro^esa der uormaliöiereuden Auslese
<aoch weiter fort, so erbalten wir Sprachen, die nicht nur in
ter Wortwahl, souderu aneb in der Syntax, im ganzen Habitus
'■eine Abwehr verbreiteter Elemente aufweisen. Sie wirken
immer archaistisch — ganz nattirlich, da sie ja das neu zu-
fliessende sprachliche Material kalt abstossen, wie der Fels die
Brandung. Aber ihrem Ursprung nach archaisieren sie durch-
aus nicht; im Gegenteil; sie wollten seinerzeit das eben gerade
ganz Moderne, Zeitgeniässe geben. Der Moment ist nur wie-
<ier erstarrt und die Abwehr der Neuerung tritt gegenüber der
_ fiewahrung des Alten immer stärker in den Vordergrund.
m a) Dem Proskribiereu einzelner Worte zu Gunsten anderer
Hctebt die feierliche C'eremonialrede am nächsten. Hierher
Kj^liüren schon alle Titel: die Wahl der Anredelnrmen ist ein-
B ^schränkt, insofern ich "Eszelleaz" sagen muss nud weder
H^Herr Generallentnant" noch "Herr So und So* sagen darf.
■ Koch fester verschränkt ist der Kurialstil, der neben den An-
■ Tedeii auch für Einleitung und Scbluss, Ja fast für den ganzen
p Inhalt bestitnmle ein für allemal geheiligte Formeln mit .Aus-
schluss jeder natürlichen Ausdrucksweise vorscbreibi (vgl. z. B,
Bebaghel Deutsehe Sprache S. H\)). Wie die Kupialsprache
wird auch die Cercüionialspracbe z. B. der Handwerker nur
bei feierlichen Gelegenheiten verwandt; wie z.B. bei der Los-
^rechnug der Lehrling auf feststehende Ansprachen des Alt-
i'^sellen feststehende Antworten zu geben hat; es beisst dann
'Ümmer "Ich sage mit Gunst" "Gunst genug" u. dgl. (Schade
ta. a. 0. 4, 209 f.). — Hierher gehört dann auch der Bier-
likomment vgl. o. 1) t) 00) Über die sozialen Grundlagen der
EOflicbkeitssprache vgl. K. 0. Erdmann Alltügliches und Neues
fi. 91 f.
' Das ewige Muster einer ernst feierliehen Sprache bietet
idic Bibel dar. Nicht bloss der Stil ist Übereinstimmend in
■Abwehr gewöhnlicher Rede gehalten (natürlich nicht ohne Aus-
■•ahme) — auch die Bilderwahl entspricht der Wortwahl, Ein
^tmodisches aber in seiner Art vortrefFliehes Werk, der "Bib-
icbe PhysikiiB" von Job. Jakob Schmidt (Leipzig, 2. Aufl.
54 R. M. Meyer,
1748) stellt die aus dem genannten Naturbereich genommenen
Gleichnisse mit den nicht allegorischen Neunungen von Tie-
ren, Pflanzen usw. zusammen. Da erkennen wir die Wurzel
der mittelalterlichen "Physiologi": schon den biblischen Au-
toren selbst ist es natürlich, alles Erschaffene ""zur Erkenntnis
und Preis des Schöpfers, und zum rechten Verstand der h.
Schrift" auszudeuten. Sieht man etwa (S. 250) Zweige, so
werden sie sofort zu dem Verhältnis zwischen Vater und Kind
in moralisierende Beziehung gebracht. Alle Betrachtung der
Natur in rein ästhetischem Sinn fehlt so vollständig wie etwa
eine solche in wissenschaftlicher Absicht, und grade dies nega-
tive Moment gibt der biblischen Bildersprache ihre Eigenart
Allgemeiner noch wird die Vermeidung der nächstliegen-
den Ausdrücke angestrebt
ß) in der Sportsprache, für die Behaghel (a.a.O. mit
Recht "die Sucht sich aristokratisch von der grossen Masse
abzuschliessen" verantwortlich macht. Doch liegt immerhin
ein systematisches Differenzieren, wie bei den Geheimsprachen,
hier noch nicht vor; es wird nur die Freude an der esoteri-
schen Terminologie kultiviert, wie bei den Studenten, aber
diesmal nach der negativen Seite. Es erinnert an das Jäger-
latein, wenn es als unfein gilt, ein Pferd zum Ziel zu "lenken":
man muss es "steuern". Ganz ebenso würde aber der Bankier
über den lächeln, der die eigentümlichen Ausdrücke der Bör-
sensprache (humoristisch angewandt in Trojans Scherzge-
dichten S. 95) durch andere ersetzen würde; die negative Wort-
wahl wird zum Schiboleth gemacht. — Übrigens verbreitet sich
die Sportsprache doch immer nur über einen verhältnismässig
engen Kreis von Ausdrücken; so konsequent wie etwa in
Ibsens "Komödie der Liebe" oder Th. Storms "John Riew" oder
gar in gewissen niederen Possen und Romanen spricht kein
Mensch in Sportworten. — Wundt (Völkerpsychologie 1,568 f.)
wirft die Sportsprachen mit den Berufssprachen völlig zu-
sammen.
Die einfachste und verbreitetste Sportsprache ist die
"Terminologie der Tafel", von der R. Kleinpaul (Gastrono-
mische Märchen, Leipzig o. J.) zahlreiche amüsante Beispiele
gibt. Es handelt sich hier, wie wenn ein Pferd zum Ziel
"gesteuert" oder ein neuer Rock "gebaut" wird, um "populäre
Metaphern" (a. a. 0. S. IX) und jede Stadt ist auf die spezi-
^^^P Künstliche SprHi^lieii. U
tBebe Renennnng der lokalen Geriehte nnd Gebäclce stolz,
Freiberg auf die "Bauerhasen" {S. 123), Leipzig auf die "Po-
lizeifinger" (S. 133). Die sonderbare» Termini geben sogar
Anluss zu ätiologischen Mjtben, zar Erfindung von Eponymis
(b. a. 0. S, 2351 und z« plastischer Verwirkliebuug IS. IX).
Gerade das Spiel mit den Worten, das Hänselu der Uneinge-
weihten, die Vermeidung banaler Beiiennungen bildet den eigent-
lichen Reiz dieser SpraL-he. Wie das Rotwelsch ist sie aber
ihrer volkstüinlicben Grundlage wegen frischer, gesunder als
die blasse Metapbemspraelie des Rennstalls und der Regatta.
t) Eine Stufe weiter kommen wir zu Berufssprachen
hflherer Art, wie der Kauzelrede und besonders der Dich-
tereprache. Sie unterscheiden sich von einl'achereu Berufs-
Bpraeheu sowohl durch die Höhe des Gesichtspunktes als durch
die Strenge der DnrchtXlhrung. Keine znfölUge Metapher, kein
ans praktischen Grlluden gewählter Terminus sondern das Ge-
fthl für die Würde des Orts hält gauze Kategorien von Wor-
ten oder Wortfügungen fern. Was irgend "vulgäi'" scheint,
wird bewuBBt vermieden. Daher haben es z. B. die "Decadents"
nnd "Symbolisten" in Frankreich tlnrch stete Vermeidung der
Ablieben Ausdrücke nötig gemacht, dass für ihre Schriften ein
«genes Wörterbuch abgefasel wurde (J. Pluwert Petit glos-
Baire pour servir k rintelligeuce des anteurs d^cadents et sym-
bolistes) "Devenir cave" ist "bourgeois"; man sagt dafür "sc
caver" (a. a. 0- S. 20), gerade wie die Romantiker "Jeman-
den tänzeln" sagen (Petrich Drei Kapitel vom Roniantisebcn Stil
86). (Genauer sucht der schwedische Aesthetiker Haus
Larsson in der Schrift Poesien» Logik Lund 1899 8. 89 f. die
allgemeinen Prinzipien der Dichtersprsche festzustellen, ohne
'fiel Neues zu bringen; vgl. auch meine Altgerm. Poesie S. 483 f.
^luid die hübschen Ansfühmngen von K. 0. Erdmann Bedeu-
taug des Worts S- 78 f.j Man weise, dass diese zunächst rein
negative Sprachknnst bis znr Heretellnng ganz nnd gar verküu-
stelter Rede führen kann; in Holland hat die orthodoxe Geii<t-
lichkeit die "spraak van Kanaan" (te Winkel in Pauls Grund-
1, 716) zu einer biblisch -niederländischen Mischsprache,
iim Norden die Skaldenpoesie ihre technische Rede zu einem
&st unverständlichen Netz gewuchter Ausdrücke herausgebildet
III 1, e). Aber zunächst sind Kanzel- oder Dichter-
irache doch nur Ausschnitte aus der allgemein üblichen Hpraehc;
56 R. M. Meyer,
doreb AüRstosaeu massenhaft soDst Üblichen Spracbstoffs ebarak-
terisiert. Freilieb fcblt von Aafau^ au auch hier das Andere
nicht: die Bewahrung poeliMcher oder pathetischer Auedrlicki.-.
wie denn taet nirgends eine der beiden StfiningsfornK'u der nn-
tllrhchen Sprach entwickeluiig völlig iaolirt atiftritt. Aber weil
Ubenviegend ist doch das negative Moment, vrie aian Bchon
an der häutigen Abwehr neu zndringenden Materials dnrch
poetische Zionswächter erkennt: Vaugelas und die Pretiosen
ge-jen die natürlichere Sprache etwa Molitres; Gottsched und
sein Sehflnaich (mit dem "Neologischen Wßrterbucb") gegen
Klojwtoek und die Schweizer; die akademi»ehe Kritik im 19.
Jahrh. gegen Victor Hugo nsw. (vgl. Darmesteter De la cr^ation
actnelle de motR nonveans dansla langue fran^aise S. 1 8 f. AI f. u. 6.).
Weiterhin ist aber auch jede Schriftsprache als
solche in diesem Sinn eine künstliche Sprache, Ihr Wescu
beruht in der Abwehr bestimmter, den Dialekten und der täg-
lichen Rede angehOrigen Sprachfornien. Schriftsprachen kön-
nen deshalb auch von Einzelnen in bewnsster Differenzierung
gegen die Dialekte "geschaffen" werden. Ich erinnere z. B.
au die Verdienste Kl. Groths und K. Mallenhoffs nm die nie-
derdeutsche Schriftsprache. Der negative Charakter der Aus-
lese tritt dabei jederzeit deutlieh hervor. So sagt G. Pari»
(Penseurs et pofetes S. lllj von der neuen "langue des feil-
bres": "Je n'ai parle jusqu'ici de la langue de Mistral qu'en
la considerant comme un parier popuiaire; mais il a vouln eu
faire un langage litti^raire, et pour y arriver il la d'nnc pari
epurce et de l'antre fis^e. L'^puiation a consiste sourtout k
eliniiner autant que pussüile les niots franijais qni avaient rem-
place, daus l'usage meme du peuple, leurs correspondants pro-
ren^ans ... La tixation de la langue s'est produite sous
l'apparence modeste d'une fixation de l'orthographie". Also
durch Ausscheidung von Worten und Formen, die zu dem pro-
venzaliseheu Habitus nach Mistrals Auffassung nicht passten, hat
er die neue künstliche Sc Lriftsp räche zu Wege gebracht. —
Noch schroffer hebt Ibsen das Negative solcher Uestrebungen
hervor, wenn er in "Peer Oynt" (flhs. von L. Passarge S. 10«)
die norwegischen "Sprachstreber" auf die Orangutaugs ver
wies, die von langen Zeiten her eine kräftige Ürwaldsprachc
bewahrt haben (vgl. H. Jaeger H. Ibsen übs. v. H. Zschalig
8. 164). Und doch treibt eine Schriftsprache nur das Prinzip,
Künstliche Sprachen. 57
auf dem sie überhaupt beruht, auf den Gipfel, wenn sie aus-
serste "Reinheit" anstrebt, wie die deutsehe Sprache es in ver-
schiedenen Epochen mit geringem Erfolg, das Schwedische
und vor allem das Holländische es mit grossem Erfolg gethan
haben: die Abwehr aller nicht zum Grundton stimmenden
Worte, vor allem der entlehnten, ist nur die äusserste Konse-
quenz jenes Ausstossens zahlloser "Parias der Sprache", ohne
das eine Schriftsprache schlechterdings nicht denkbar ist.
Besonders deutlich tritt dieser künstliche Charakter der
Schriftsprache in einem merkwürdigen Spezialfall hervor: in
jener konventionellen Vulgärsprache der Buhne, die be-
sonders Tieck (Kritische Schriften 3, 137 f.) vortreflFlich cha-
rakterisiert hat. Sie will den Dialekt von Paris oder Berlin
geben, nähert ihn aber doch dem Schriftsprachlichen an, um
gemeinverständlich zu bleiben. Deshalb werden sowohl zu
stark dialektische als andererseits zu entschieden "gebildete"
Ausdrücke vermieden. Eine eigentliche Mischsprache entsteht
nicht; wohl aber eine auf eigener Dialektgrundlage beruhende,
durch negative Wortwahl gekennzeichnete Schriftsprache.
3) Bewahrung des sonst abgestossenen Sprach-
stoffs mit Abstossung des allgemein bewahrten ver-
eint.
Wir erwähnten schon, dass eine gewisse Vermischung
beider Störungsformen ganz unvermeidlich ist; aber in allen
bisher besprochenen Fällen ist doch das positive oder das
negative Prinzip entschieden ausschlaggebend. Beide durch-
dringen sich dagegen vollkommen, wenn tote Sprachen als
lebendig behandelt werden. Solche Fälle sind nicht selten:
ich erinnere an die Kawi-Sprache, an das Sanskrit, das
Hebräische, vor allem das Latein. Diese Sprachen werden
nicht nur in schriftlicher, sondern auch in mündlicher Anwen-
dung fortgeführt, obwohl sie eigentlich längst erstorben sind.
Man hat sogar versucht, sie Kindern als ihre Vatersprache
einzuimpfen; so machte es der berühmte Lehrer TrotzendorflF
in Goldberg, so Montaignes Vater (andere Beispiele theilt Diels
in der Deutschen Rundschau März 1898 S. 405 mit). Nun ist
das eigentlich der stärkste Fall von Störung der natürlichen
Sprachencwickelung, der überhaupt denkbar ist. Eine Sprache,
die so zu sagen gar nicht mehr existiert, wird künstlich be-
wahrt; mitten unter Schlesiem oder Franzosen vermeiden ein
58 R. M. Meyer,
paar Leute den ganzen Gebrauch der rings um sie gesproche-
nen Sprache! Also ein künstliches Fortleben der toten^ ein
willkürliches Abthun der lebendigen Sprache. Und dennoch
kann man selbst bei diesem Gipfel der Etlnstlichkeit nicht
eigentlich von einer künstlichen Sprache reden. Nicht nur
sind die angewandten Idiome nicht erfunden, sondern histo
risch gegeben und ihre Anwendung beruht thatsächlich nur
auf eben den Momenten, die so viel leichtere Fälle, wie die
F'amilien- oder die Soldatensprache, zu Wege bringen. Der
Lehrer setzt sich ja doch nicht plötzlich hin und beginnt, eine
Sprache zu reden, deren Klang ihm bisher fremd war. Son-
dern er hat sie schon früher bei bestimmten Gelegenheiten
augewandt: beim Beten, beim Unterrichten, beim Verkehr mit
Amtsgenossen von fremder Herkunft. Nun wird diese gele-
gentliche Verwendung der toten Sprache von der Gelegenheit
losgelöst, wie jene Carbonari-Metapheni; nun wird, was man
sonst ausserhalb des Betpults oder der Lehrkanzel von sich
warf, auch an den Mittagstisch und auf den Spaziergang mit-
genommen und schliesslich selbst an einsamen Meditationen
als gegebenes Medium benutzt. Also selbst hier liegt zwar
gewiss ein künstliches Verhältnis vor — aber es ist doch nur
Übertreibung eines alltäglichen Vorkommens. Vereinzelte Stück-
chen der toten Sprachen gebrauchen wir ja Alle, der Arzt am
Krankenlager, der Botaniker beim Demonstrieren der Pflanze,
der Geistliche, der Lehrer — nach diesem Muster bildet nun
der Vater des grossen französischen Essayisten seine Diener-
schaft zu einer griechischen Sprachinsel um und die vor Jahr-
hunderten verstummte, auf diesem Boden überhaupt nie ge-
hörten Klänge der Rede Plutarchs wachen wie nach einem
Winterschlaf auf, schallen in die Welt hinaus wie die einge-
frorenen Klänge von Münchhausens Postillon!
Wir haben also in allen bisher gemusterten Fällen kei-
nerlei Spracherfindung vorgefunden, sondern lediglich Auslese,
lediglich anormale Störung der natürlichen Sprachentwicklnng.
Bildungen, die sonst verschwinden, werden aufgehoben; Bil-
dungen, die sonst herrschen, werden abgewiesen. Aber diese
Mittel, zumal in ihrer Vereinigung, genügen, um allerlei her-
vorzubringen, was allerdings wie eine "künstliche Sprache** wirkt
Ein Grammatiker noch aus Adelungs Zeit hätte auch keinen
Augenblick bezweifelt, dass die Schriftsprache durch vernünf-
Künstliche Sprachen. 59
tige Regelung der erfahrenen Sprachmeister "gesetzt" wurde
— was ftir extreme Fälle wie den Mistrals ja in gewissem
Sinn beinah zutrifft; er hätte die Berufssprachen lediglich als
das Produkt willkürlicher Festsetzung durch Meister und Alt-
gesellen angesehen. Dergleichen sollte uns schon gegen den
Begriff der willkürlichen O^cic niisstrauisch machen. Aber frei-
lich sind wir erst im Vorhof. Einen Schritt weiter — und
wir werden eine gewisse Willkür in der Behandlung des Sprach-
stoffs allerdings zugeben müssen.
IL In einer weiteren Reihe von Fällen entste-
hen künstliche Sprachen durch unwillkürliche oder
absichtliche Veränderungen des Sprachstoffs.
Scheinbar gehören hierher schon Fälle wie der zuerst
besprochene der persönlichen Redeform: S. Heinzerlings Vo-
kalismus oder "la carrosse" des Roi Soleil. Doch halten sich
solche Änderungen immer in der Nähe der normalen Aussprache,
weil ja eben das Bedürfnis einer gewissen Übereinstimmung
mit der üblichen Ausdrucksweise normalisierend wirkt; man
will verstanden werden. Aber gerade auch wieder der Wunsch,
verstanden zu werden, ruft die einfachsten Fälle wirklicher
Sprachdifferenz hervor.
1) Mayer und Meringer haben in ihrem lehrreichen Büch-
lein gezeigt, wie das Versprechen unendlich oft nichts anders
ist, als ein unwillkürlicher Versuch, Sprachschwierigkeiten zu
beseitigen. Es sagt einer "sozialistische Zekten'* statt "Sek-
ten" (a. a. 0. S. 49), weil es bequemer ist, den Zischlaut zu
wiederholen, als nach «, 2, seh wieder ein s zu artikulieren.
Was hier vereinzelt geschieht, findet in bestimmten Fällen mas-
senhaft — bewusst oder uubcwusst statt: es ist die eupho-
nische Differenzierung.
Ein hübsches Beispiel aus dem Leben! Erich Schmidt
will Julius Rodenberg, den Herausgeber der "Deutschen Rund-
schau" besuchen, der Portier tritt ihm gleich entgegen: "der
Herr Dr. ist nicht zu Haus — er ist kondolieren gegangen —
der Herr Tabüramü ist gestorben". Tabilramü! klingt es nicht
nach Chamisso Otaheiti oder Pierre Lotis Hawaii? Gemeint aber
war — du Bois Reymond! Nun ist es klar: der Pförtner kann
niemals "Tabüramü" gehört haben: er hatte ein Lautbild im
Gedächtnis, dass ihm nicht recht einging, und das er wie ein
«0 ^^^^H
entferntes Echo wiedergab. nacUdein er es sich so sprecbbar
wie nifiglicli gemacht hatte; AsHonanz und ReJni bähen den
franzüsiBchen Namen in einen tahitischen gewandelt.
Ganz dieselbe Methode wenden aber alle Völker der
Welt an, um siph fremde Namen oder Worte anzueignen. So
sind die Stammes- und PerBoncnnamcn der Indianer bei Cooper
stilisiert, 8o hat Fr. Rltekert das Landmädehen Marie Lies
wflnderhUhBch zur "Amaryllis" gräzisiert oder Haeckel in »ei-
nen "Indischen Reisebriefen" schwierige Namen mundgerecht
gemacht. Ganz so aber wandeln mit der Zeit die Sprachen
selbst schwierige Lautkomplexe in leichtere um; die Entwicke-
lung vom Sanskrit zum Frakrit entspricht völlig der von "da
Rois' Rejinond" zu "Taburaniu". Elienso hat das Griechische
die Schwierigkeit der versehiedenen Vokalfärbnugen durch
seinen Itazismus radikal beseitigt. In gewissem Sinn sind
solche Sprachen also künstliche, durch euphonische Rdcksicliten
lierausgebildete Idiome!
So machen sich Überall die Kinder schwere Worte »precii-
bar (tranzfiBische Beispiele bei K/.es7:mtzek Entwickelnug der
Kindersprache S. 12). Am stärksten kommt die euphonische
Veränderung überall liei Eigennamen vor. In den verscliiede-
iien Lebensaltern wirkt die gleiche Tendenz charakteristisch
verschieden; denn uatUrlich ist "wohlklingend", ist sogar "leiclit
sprechhar" ein relativer Begriff. "Wie zeugungskräftig ist das
Kind im EiHnden und Verändern von Worten; mit welchem
Wohllaut sind die Namen ausgestattet, welche Kinder den Per-
fionen und Dingen aus ihrem ästhetischen Verstände heraus
verleihen", sagt Bogumil Goltz (Drei Vorlesungen S. 107), "Etvire
wird in Awia, Ottilic in Tileto, Laura in Lola, Jubus in Aul«,
Louis in Luln, Wilhelm in WiMu asw, verwandelt". Wenig weiss
dagegen eine moderne — ach sehr moderne! — Schriftstellerin
die Naineuveränderungen der Backfische zu rühmen: "Da ist
Alles Issy Cissy Missy, eine Mischung von Kätzchenmianen
und Baliygelallc, als oh ihnen ein ordentlicher honetter christ-
licher Vorname nnmflglich wäre" (Hans v. Kahlcnberg Das Nix-
chen S. 21). Immerhin ist auch hier, wie hei den zurecbt
guniachien Namen der Kinderstube, ein Prinzip erkennbar:
eine Art Vokal harmonie, die wohl auch bis zur Durchführung
Eines Vokals, des hellen i, gesteigert wird — was wieder an
den neugriechischen Itazismus erinnert. Solches Behagen an
Küti^itliühi' Siirnchet
6t
Emem Vokalklang tritt früh auf; meinem JtIteRten Jnngen. der
anfTallend riolitig sprach, inachte es Vergnügen, zn sa^en "gab
mar dar Seblassal"; und noch später üben Schüler in den
Zuiechenstnnden das Spiel, etwa bei dem Versehen "Es ist
kein Dörfchen noch so klein, ein Haninierschmied ransH drimie
sein" der Reihe nach jeden Vokal dnrchMttlhren. Und ebenso
hat das Altindjeche das a, das Neuliochdeiitschc das schwache
c fast systematisch auf Kosten anderer kräftigerer Vokale
dnrchgefllbrt. Wenn es skr. aifvan gegenüber idg. *ehvoii
beisst, ist dae im letzten Grund von dem Kinderspiel ".Seh lai-Bal"
ffir "Schlüssel" kaum wesentlich verschieden!
Aber uralt ist auch die Abtönung der Vokale, nie wenn
in jenem "Tileto" für "Ottilie" das Nebeneinander von o und
i vermieden wird. Wie stark solche enphonisohc Rücksichten
in der Sprachentwickelung mitspielen, beweist die ungeheure
Ausdehnung des Umlants und verwandter Erscheinnngen. Wir
linden auch hier, was wir immer und überall finden: dass
eelbst die scheinbar nillkürlichstea '^rlindnngen" sich auf den
grossen Bahnen der allgemeinen Spraehentwiekelung halten.
Dieselbe musikalische Freude an dem Glockenspiel des Ablauts,
die die ganze Wortbildung des Idg. und zumal der germ.
Sprachen durchdringt, hörte J. Grimm mit herzlicher Freude
in dem piffpalfputf, dem bimbanihum der lautnachahmenden
Kinderspiele wiederklingen. (Vgl. über die kindlichen Lant-
sohstitutionen Wandt Völkerpsychologie 1, 298, der jftloch 1,
296 Anm. betont, die allgetneiue Eutwickejung der Sprache
laute der der Kindersprache nicht parallel.)
Vieles gehört auch hierher, was man mit zu starker Be-
tonung des inhaltlichen Moments ganz der Volksetymolo-
gie zareehnet. Wenn z.B. "Milano" "Mailand" wird, ist die
befremdliche Umlaufung einer Stadt in "-land" gewiss erst
sekunder. Man machte ans "Milan" zunächst aus lautlichen
Rücksichten "Milant", gerade wie aus "wilen" "weüand" ward;
dag lange i wurde diphthongiert und die inhaltliche Umden-
tung in "Mailand" ging ans der euphonischen Umgestaltung
erst nachträglich hervor {anders Kluge ZsfdPhil. 31,499 gegen
Wrede ZafdAlt. 41, '29b). Ebenso ist "Canterhury" schwerlich
gleich als "Kantelbnrg" umgedeutet worden; man suchte sich
den schwebenden Laut de» zweiten Teils zu adaptieren, sprach
etwa "Kanterbörrich" ans und "börrcir und dann auf "bürg"
<i2 K. M. Müjer,
zurü(;k interpretiert. Und so gewiss in vielen Fällen; bei Tflan-
gard" fllr "Nowgorod" z. B.
Ilßsonders eharaktcriBtiseh für diesen Prozess — erst
euphonisches Bequemmachen, dann Volksetymologie — ist ein
lustiges Beispiel, das 11. Hitdebrand (Anfaötze und Vorträge
S. 152) er/.äblt. Ein Sehltler bat in einem Aufsatz, die be-
rltlimtc Brücke über das Göltschthul vorpebracLt — die nun
inzwischen in Trilinmern gegangen ist — ; gcschriehen aber hat
er — "die üeidstahlbrüeke". "Tbal" bedarf von vornherein
keiner etymologischen Deutung: aber der .Schiller llllirt zn-
nUclist eine Silbenlreiinnng ein, die ihm die Aussprache er-
leichtert: "Gölt-scbthalbrüeke", und nun kommt beim RUek-
llbersctzen ina Hocbdeutscbe die "Geldstablbrüeke" heraas.
"Stahl" ist nun einmal ein unglücklicher Wortteil; "Diebstahl"
ist eine Tautologie (vgl. Kluge Efymol. Wb, * S. 4) und "gol-
dene Stahlfeder" ist ein Paradebeispiel für eontradictio in ad-
iecto. — Ein hllbselies Beispiel, wie euphonische Umgestal-
tung nnd Volksetymologie sieh in die Hände arbeiten, bietet
Lindner (Naturgarten der Kindersprachc S. 95) aus Kinder-
mund.
2) Die Veränderung von Namen nnd Worten aus rein
lautlichen Uraaeben oder, mit andern Worten, aus Gründen
der bequemeren Aussprache, ist über die ganze Welt verbreitet.
Aller daneben treten kaum minder häutig andere Motive der
Veränderung ein. Zunächst das der Vermehrung und On-
lerncbcidung. jiwei Menschen, die sieh oft gleicbzeirig ge-
nannt linden, haben denselben Namen; man niuss sie unter-
scheiden können. .Sehr früh tritt deshalb die Verwendung von
Beinamen auf (J. Grimm Kl. Sehr. .3, .^.54 f.). Aber man be-
nutzt auch kleine Verschiedenbeiten in der Aussprache des
Namens selbst; gerade wie wir schon bei W (irinimM Kindern
"Papa" und "Apapa" flir zwei "Väter" ansgemllnzt fanden.
Doch auch hewnsste Umgestaltungen müssen die Namen sich
gefallen lassen, um /., B. Pseudonyme herzugeben (Htntcnis Die
Pseudonyme der neuereu deutschen Litteratur 1899): "Bettel-
heim" wird "Teilheim", "Zitelmann" wird "Telmann" (ebd.
S. llj) — beinahe schon wäre ein Lautgesetz zn formulieren,
wonach Eigennamen mit "tcl" in der zweiten Silbe die erste
alistossen ! Die hebräischen Kabbalisten hatten eigene sehr
komplizierte Mechanismen zur Umgestaltung und Vermehnmg
7»
Künstliche Spraclien. 63
der Namen (vgl. Siegfried in der Deutschen Litteraturzeitung
16. Okt. 1897 S. 1603). — Die Übersetzungen spielen eine eigene
Rolle; sie sind nicht hier zu behandeln.
Offenbar liegt hier im Prinzip der gleiche Vorgang vor
wie bei den '"Doppelwörtem". "Knabe" und ''Knappe", 'Habe"
und *1lappe'*, "Ritter" und "Reiter" sind ursprünglich iden-
tisch; die Doppelformen werden in der Bedeutung difierenziert
wie wenn der gleiche Name bald als "Jean", bald als "Hans
oder "John" (wie etwa in der elsässischen Posse ""D'r ney Jean
von Ferd. Bastian) verschiedene Personen bezeichnen muss.
Ebenso werden aber auch, wenngleich seltener, Appella-
ti va willkürlich diflFerenziert. Wir unterscheiden in Berlin
"das Schloss" und "das Palais": das Palais bewohnte Kaiser
Wilhelm I., das Schloss bewohnt der jetzige Kaiser. Das ist
eine gemachte, künstliche Unterscheidung, die ein unterschei-
dendes Beiwort (wie "altes" und "neues Schloss") oder eine
andere Bestimmung ("das Palais des ersten Kaisers") erspart.
Es ist aber auch hier doch nur Sprachgebrauch normalisiert,
willkürlich fixiert; gerade so wie wenn die Hauptstadt allein
die allen Städten zukommende Bezeichnung ttöXic (Stambul),
&CTK) (Athen), urbs (Rom) erhält.
3) Viel wichtiger sind solche Umgestaltungen des uin-
lanf enden SprachstoflFs, die zu ganz bestimmten indivi-
duellen Zwecken vorgenommen werden. Und erst hier,
nach vielleicht zwanzig andern Fällen künstlicher Spraclibeliand-
lung, kommen wir zu solchen, die allgemein als "künstliche
Sprachen" angesehen werden. Wir werden sehn, wie weni«;
sie sich von den besprochenen Vorstufen unterscheiden. —
Auch über die "Geheimsprachen" bringt die Umfrage "'Im Ur-
quell" allerlei Material.
a) Wir beginnen auch hier mit den Kindern. Geheiui-
sprachen der Kinderstube sind sehr beliebt. Behaghel
(Deutsche Sprache S. 86) erwähnt die ^-Sprache: "in jede
Silbe des ursprünglichen Wortes wird die Silbe p mit einem
Vokal eingeschaltet, z. B. "wipir wopollepen foport gepehn"
= ''wir wollen fort gehn". Schlimmer ist noch die "Erbsen-
gprache", die hinter jeden Anfangskonsonanten das ganze Wort
"Erbse" einschiebt: ""duerbse woerbse illerbse sterbse nerbse
ichterbse" = "du willst nicht"? (So wenigstens würde ich
nach meiner Schulerinnerung in die Erbseusprache übersetzen ;
64 R. M. Mever,
es mag nicht ganz korrekt sein — Grammatik oder Wörter-
buch sind mir nicht zur Hand!) Niemand wird behaupten,
dass diese schreckliche Verunstaltung der Sprache dem Wort-
klang oder der Bequemlichkeit dient; man müsste denn die
bekannte Busse, dass Jemand mit Erbsen im Schuh eine Wall-
fahrt macht, als Erleichterung der Pilgerfahrt auffassen. Die
Absicht ist hier eben gerade, das Gesprochene unkenntlich zu
machen, nämlich für jeden Uneingeweihten. Der Kenner ver-
mag selbst bei schneller Aussprache die Erbsen wegzuwischen;
für Andere rollen sie betäubend über die Lautbilder weg.
b) Die gleiche primitive Art der Sprachverschleierung
findet sich aber auch ausserhalb der Kinderstube. Die Brüder
Goncourt beschreiben in ihrem "Journar (1, 339) die "langue
javanaise", die Geheimsprache der Pariser ^impures", die übri-
gens auch in der Mädchenpension erfunden sein soll. Nach
jeder Silbe wird der gleiche Vokal erst mit d, dann mit q
wiederholt: '"'Je de que vais dai qai bien den qen" = ''je vais
bien". Die Goncourt haben diese Dirnensprache in ihrem Ro-
man "Charles Demailly" zur Anwendung gebracht. Sie er-
wähnen selbst ein einfacheres "Javanais", dass nur nach jeder
Silbe ein '^va" einschaltet. Die "lingua papanesca" (aus "ja-
vanesca"?) bildet übrigens auch eine Form der ital. Gauner-
sprache (K. Sachs Lit.-Bl. f. germ. u. rom. Phil. 1899 S. 416
nach Niceforo II Gergo; Torino 1897). Bald werden die Kon-
sonanten umgestellt: sini wird nisi, pani wird nipa; bald wird
f oder icasse eingeschoben oder statt a aven, für e ender, für
i inis, für o omber und für u ufurt gesprochen. Russische
Analogien weist mir E. Bemeker nach P. V. Sejn Nachrichten
der Abteilung für russ. Spr. u. Lit. in d. Kais. Akad. d. Wiss.
4, 277 — 300 nach. Da werden bestimmte Silben wie ku- vor-
geschoben; oder bestimmte Silben werden systematisch durch
andere ersetzt; Laute wie seh oder Silben wie lesch werden
eingeschoben; Buchstaben umgestellt usw.
Solche Künste kommen ganz entsprechend auch in Geheim-
schriften vor. In der bescheidenen Verstecksprache der Mönche
(MSD VII) wird z. B. für jeden Vokal der folgende Konsonant
gesetzt: "nvx fbtxb" = "nux fatua". Doch haben wir auf
Verunstaltungen der Schrift hier nur nebenbei einzugebn.
Dies Einschalten von ganzen Silben nun wie in den an-
geführten Geheimsprachen scheint doch gewiss etwas absolut
Künstliehe Sprachen. 65
KflnBtliches, Willkttrlicfaes, wirklich Gecic im Sinne Whitneys.
Aber dennoch — selbst hier könnte normalisierter Zufall vor-
liegen! Mayer und Meringer weisen (S. 86 f.) auf den bedeu-
tenden Umfang des Lautstotterns hin. Das Schulkind, auf
irgend einer Sünde ertappt, stottei*t vielleicht im ereten Schreck
— und gerade weil der Lehrer es nicht versteht, entgeht es
der Strafe; und das macht man sieh dann in p- und va-Spra-
chen zu Nutze? Jedenfalls ist das Stottern bei Kindern sehr
häufig (Preyer Die Seele des Kindes, 2. Aufl. S. 29."), Rzeszni-
zek Entwicklung der Kindersprache) und kann also zu solchen
Sprachbildungen so leicht führen wie die beliebte "Echosprache
von Endsilben und sogar Endlauten" (Lindner Naturgarten der
Kindersprache S. 50) mit ihrem maken-ken-ken für ''Marken".
Analoge Erscheinungen im allgemeinen Spraohleben sind
schwerlich nachzuweisen; denn die Allitteration beruht nur etwa
auf verwandtem Behagen an der Wiederkehr gleicher Laute,
die Reduplikation aber ist etwas völlig Anderes. Sehr merk-
würdig aber ist es, dass bei Geisteskranken ''die hie und da
beobachtete eigentümliche Verdoppelung oder Anhängung ton-
loser Silben" (Kraepelin Psychiatrie S. 502) als Kennzeichen
der dementia paralytiea angegeben wird — ebenso wie das
"Silbenstolpern" (vgl. dazu Wundt Völkerpsychologie 1, .*)69;
374) iui Sinn einer blinden Nachgiebigkeit j::egeii bequemeres
Aussprechen schwieriger Lautkomplexe: "dritte reitende Ar-
tilleriebrigade" wird "drittende reitere Artilleriebrade". Der
Geisteskranke in seiner Schwäche, der "Spniehertinder" in
seiner Anstrengung treiben eben beide nur Neigungen zum
Extrem, die in \iel geringerem Grade allgemein vorhanden sind.
c) Auch das "argot", der Jargon der "hohomiens" be-
ruht auf künstlicher Entstellung der herkömmlichen Worte,
wie wenigstens Marcel Schwob in seiner "Etüde sur Targot
fran^ais" behauptet. Ich kenne diese Untersuchungen nur aus
dem Zitat bei W. G. Bvvanck Un llollandais a Paris en 1891.
Dort heisst es: "bath" ou "bäte", qui en argot signitie beau et
bon, est forme artificiellement, suivant l'opinion de Marcel
Schwob. On a garde seulement la terminaison -ate-, assez fre-
qnente en argot. Ainsi "moche" dans le Jargon des voleurs
ne serait autre que "mal" = "m-oche" (a. a. 0. S. 23 Anm.).
Das wäre also das gleiche "Anhängen tonloser Silben", wie
bei den Paralytikern; das wäre dasselbe Verfahren wie bei
IndoirermaniBche Forschangren XII i u. 2. 5
66 R. M. Meyer,
der studentischen eo-8prache (vgl. zu derselben Kluge Studen-
tensprache S. 62: '^schl-eo" für ''schlecht" würde dem "moche"
völlig entsprechen).
Wenn Schwob allgemein behauptet, ''que les terme« de
Jargon sont des mots deformes du langage ordinaire, et non
des metaphores, comme on croyait jusqu'ici" (a. a. 0.), so ist
der Satz in dieser ünbedingthcit zweifellos unrichtig. Wir
haben bereits gesehen, und werden es noch weiter beobachten,
dass die Metaphern in der That in den künstlichen Sprachen
eine ungemeine Rolle spielen. Aber wir haben hier allerdings
ein völlig anderes Prinzip : ein rein lautliches statt des inhalt-
lichen. Das ständig wiederkehrende -eo oder -ate oder -oche
entspricht gewissermassen als Endreim dem Stabreim der p-
oder va-Sprache. Eine behagliche Lust am sinnlosen Klang
ak solchem ist bezeichnend für diese Erscheinungen: und eben
dadurch erinnern sie an uralte Phänomene wie den sog. '"sinn-
losen Refrain", das tralala, heirassassa u. dgl., über dessen
vermutlich prähistorische Grundlage ich schon vor langen Jah-
ren (Zs. f. vgl. Lit.- Gesch. 1, 32 f.) Vermutungen geäussert
habe, die Büchers schöne Studien über Arbeit und Rhythmus
nun vielfach bestätigen.
d) In allen drei Fällen haben wir kunstmässige Umge-
staltung des gegebenen SprachstofTs vor uns — durch Ein-
schieben, durch Streichen und Anhängen wird das Wort so
entstellt, dass es nur noch dem verständlich ist, der den
Schlüssel davon besitzt. Ganz allgemein herrscht dies Verfah-
ren bei den Kosenamen. (Wir verstehen darunter die offi-
ziell gewordenen, allgemein anerkannten Nainensumformnngen,
die mit jenen "Tileto" und ''Cissy" der Kinderstube und des
Backfischzimmers nicht zu verwechseln sind). Bei den alt-
deutschen Namen wird gern aus einem zusammengesetzten ein
Kurzname gebildet, in dem ein Namensteil — in der Regel
der zweite — durch einen einzelnen Laut gleichsam symbo-
lisch vertreten wird. Dietrich wird Diez, Heinrich wird Heinz:
das z ist hypokoristisches Symbol für den Namensteil -rieh.
Das erinnert an die Art, wie in "schleo" oder "bath" das
eigentliche Wort nur durch seinen Anlaut vertreten wird: wie
denn auch gerade dies hei Kosenamen begegnet.
Dass "Hinz** und "Kunz" die grossen Kaisernamen ''Hein-
rich" und "Konrad* vertreten, ist für den naiven Hörer min-
Künstliche Sprachen. 67
destens so nnwabrscheiolich wie dass "Kreo" einen ""Krätzer"
bedeutet. So bilden aber die Naniensabkürzungen und -um-
formangen in ihrer Gesammtheit eine konventionelle Sprache,
die sich aus lauter scheinbar willkürlichen und dennoch nach
bestimmten Gesetzen veränderten Sprachstticken zusammensetzt.
Die Namengebung ist überhaupt immer derjenige Teil der
Sprache, an dem die sog. ''Sprachei-findung" sich am liebsten
und fast auch am freiesten bethätigt. Aber wirkliche Ei*fin-
dung fehlt selbst hier noch. Die -eo, die -va usw. mögen will-
kfirliche Improvisationen sein (was wir zw^ar bezweifeln) —
der andere Teil des Wortes wahrt immer noch den Zusammen-
hang mit dem umlaufenden Sprachstoff.
UI. In einer weiteren Reihe von Fällen ent-
stehen künstliche Sprachen durch Übersetzung aus
dem gewöhnlichen Sprachstoff.
1) Übersetzung ist auch eine Differenzierung. Aber die
Freiheit der Veränd.erung ist hier durch das Muster der andern
Sprache eingeschränkt.
Im Grund ist jede Übersetzung ein Stück Mischsprache:
etwas von der inneren Form des Originals und seiner Sprache
wird auch bei dem untadeligsten Dolmetsch in die neue Spracli-
bekleidung herüberdringen. Wir fühlen das bei den vollkom-
mensten Übersetzungen z. B. des "Faust": Bayard Taylor,
der unvergleichliche, -Pradez, Sabatier — Jeder nimmt ein
Stückchen deutsche Seele in die fremde Form, das uns dort
nicht ganz behaglich eingeschnürt scheint, l'homasin von
Zirklaere beherrscht das erlernte Deutsch; aber ein Kenner
wie Schönbach (Anfange des Minnesangs S. 75) bemerkt doch,
dass er oft "bei der Übertragung lateinischer Worte ins Deutsche
den Begriff mit einspielen lässt, den der Ausdruck im Italie-
nischen hatte". Wenn der Chor im Nachspiel zu Molieres
''Malade imaginaire" singt:
Dignus, dignus est intrare
In nostro docto corpore,
so kommt der Soloecismus dadurch zu Stande, dass die Raum-
anschauung der französischen Sprache in die lateinische über-
tragen \\Tird: ''dans notre corps savant" empfindet man aucli
in Verbindung mit ^'entrer" als Lokativ und nicht als Akku-
sativ. Wir sind stolz darauf, die herrlichsten Meisterwerke
68 R. M. Meyer,
der Weltlitteratur in klassischen Nachformnngen zu besitzen;
aber sehen wir selbst von den sonderbaren Donnerschen Grie-
chen und Brausewettersehen Nordleuten ab, bei denen der
Gypsabguss den Maimor so völlig verläugnet, halten wir uns
nur an die Übersetzer, die selbst Wilamowitz' gestrenges, über-
gestrenges Urteil (vor seinen "Griechischen Tragödien") aner-
kennt — man wird es doch selbst bei Schlegel, bei Gilde-
meister oder Heyse durchfühlen, dass dieser Inhalt nicht in
dieser Form gedacht war. Die Sprache des Vossischen Homer
aber hat A. W. Schlegel (Werke 10, 150) geradezu als "ein selbst-
erfundenes Rotwelsch" bezeichnet. Die Sprache jeder Über-
setzung ist im letzten Gnind eine Kompromissprache, die
auf mittlerem Gebiet zwischen zwei Idiomen, bald dem altern
näher bald dem neueren, sich schwankend bewegt.
Damit ist die Grundeigenschaft aller künstlichen Über-
setzungssprachen angegeben. Nicht naive Auswahl, nicht kecke
Änderung ist für sie bezeichnend, sondern eine mehr oder min-
der berechnete Vermittelung zwischen der .Alltagssprache, aus
der mau übersetzt, utid dem vorschwebenden Ideal einer Son-
dersprache.
a) Auch dies Verfahren hat in der Kinderstube seine
Anfänge. Wie wir uns der Redeweise der Kleinen lautlich
anpassen und '"'"Baba" und "babbä" sagen, so tibersetzen wir
auch in ihr Fassungsvermögen. Das Kind weiss noch nicht,
was ein Zahn ist; wir wollen ihm keinen neuen Begriff zu-
muthen und sagen deshalb "Beisserchen", denn was "beissen"
ist, weiss es schon. Statt "Augen" sagt man in Süddeut«ch-
land gern "Guckerchen" und eine ganze Säuglingsanatomie
Hesse sich in derartigen Anpassungsworten geben.
b) Diese Ammensprache beschränkt sich aber doch
auf ein enges Vokabular. Die nächste Stufe bieten wieder Be-
rufssprachen. Sehr lehrreich ist wieder jene shetländische
Fischersprache. Wir sahen, dass ihr Tabu-Chafakter die üb-
lichen Ausdrücke perhorresziert; nun kommt sie aber doch
mit seltenen alten nicht aus und muss nachhelfen. Ihre Neu-
bildungen aber sind nichts anders als Übersetzungen ins ein-
fachste Fassungsvermögen. Das Pferd wird "der Geher", der
Hund "der Knochenbeisser", die Kuh "die Brtillerin" (Kahle
a. a. 0. S. 272) — höchst naive nomina agentis wie aus der
ältesten Epoche der Sprachschöpfung, reine Übersetzungen aus
Künstliche Sprachen. 69
dem Abstrakten ins Konkreten. Was ist ein ''Tferd''? ein
Begriff! was ist ein "Geher"? eine anschauliche Charakteristik
— wie "Beisserchen" in der Kinderstube, wie "der Zerreisser"
als Name des Wolfs in der idg. Urzeit. — Vgl. über Standes-
«praehen allgemein v. d. Gabelentz Sprachwissenschaft S. 45.
194. 281—83. Günther Sprache und Recht S. 19 Anm. 24;
Aber ihren Einfluss Breal Semantique S. 316 f.
c) Diese Manier wird systematisch ausgebildet in den
Verbrechersprachen. Das Rotwelsch hat seine eigene grosse
Litteratnr; schon Conrad Gessner in seinem "Mithridates" von
1558 achtet (nach R. v. Räumers Gesch. d. deutschen Philologie
S. 228) auf die künstliche Gaunersprache und neben Sprachfor-
schern wie J. Grimm und Hoffmann v. Fallerslehen haben Krimi-
nalisten wie Ave-Lallemant und Hans Gross (Handbuch für Unter-
suchungsrichter) diese in der That höchst merkwürdige Er-
scheinung untersucht und analysiert. Eine sehr ausgedehnte
Bibliographie gibt wieder L. Günther (Ann. 20, für das ita-
lienische Rotwelsch vgl. K. Sachs Litbl. f. germ. u. rom. Phil.
1899 S. 415). Für das Russische verweist micli E. Berneker
auf N. A. Smirnow Wörter imd Ausdrücke der Diebessprache,
gesammelt aus Krestovskys Roman "Petersburger Spelunken"
(Nachrichten der Abteilung für russ. Spr. n. Lit. in d. Kaiserl.
Akad. der Wissensch. 4, 1065— 87; russisch). — Von F. Kluge
ist in nächster Zeit ein Werk über das Rotwelsch zu erwarten ;
auch J. Meier bereitet ein solches vor (Lit.-Bl. f. germ. u
rem. Phil. 1899 S. 358).
Das Rotwelsch ist schon rein äusserlich wichtiger als
<iie verbreitetste aller künstlichen Sprachen; und es hat fast
auf jede andere abgefärbt: stark auf die Studentensprache
(vgl. Kluge a. a. 0.), auf die Handwerkersprache (eine Probe
bei W. V. Polenz Der Büttnerbauer S. 229): manche Aus-
<lrücke sind in die Sprache des täglichen Lebens einge-
drungen. So gut wie die Soldatensprache beruht das Rot-
welsch auf so einfachen Prinzipien, dass wir uns nicht wuu-
-dern dürfen, überall verwandte Bildungen zu treflfeu. Leichte
Entstellungen und Übersetzungen ins Konkrete bilden überall
neben hebräischen Lehnworten das Hauptkontingent. Wie
man einen Polizisten in Deutschland "Polyp" nennt, tauft man
ihn in Italien "polimma" (Niceforo e Sighele La mala vita a
Roma S. 168) und wie das Gold wegen seiner rötlich glän-
zeudeii Farbe bei dentscben Gaitneru "Fuchs" heisst (Ho0inann
V. Falleraleben Weim. Jh. 1, ■i'M), so heisHl es jenseits der
Alpen "gialletto" (Niceforo S. 170). Hiess doch ebenso bei
nnsern Urvätern das Silber "dae blanke Metall"; bei den ita-
lienischen Räubeni heisst es "hianchetto"! Auf wirklicher Be-
obaehttinj^ herüben all die neuen Benennungen: ßiuibani die
Schelle (Weim. Jb. a, a. O.) und SnuiBum die Bassgeige (G.
Freytag Werke 15, 158), Kleebeisser das Schaf {Weim. Jb.)
und cacafuoeo Gewehr (Nieeforo S. 170; eine besondere cha-
rakteristische Neubildung,!. Eben deshalb spielt unter den Neo-
logismen des Rotwelsch die Metapher eine so geringe Kolle.
Die gelehrte Studentensprache verlauseht die Anschauugen
und benennt nach abgcKogeiien Qualitäten: "Kameel", "Fink",
"Besen"; die naive Gaunersprache taucht tiberall von neuem
in die Anschauung ein und benennt naob zienilicb wahrnelmi-
baren Thätigkeitcn oder Eigenschaften: Plapperling der Pan-
tofTel, Grllnspccht der Jäger. Ebenso anschaulich nennt das
Pariser Argot etwa den Coiffeur 'gratte - poux" (Rossignol Dic-
tiounaire d'ArgotS. 56) oder das Transportschiff 'aabot', 'Holz-
sehuh' i,ebd. S. 97). Ebenso im Russischen: daf Rotwelsch
heisst "Musik" und enthält neben polnischen und kieinmasiachen
aucJi romanische, dcQtsche, häutiger aber tatarische, finnische,
zigeunerische Lebnworte. Aber es steigt seihst dabei Mela-
pbern Hnsehauliclister Art wie "Schelm" fUr "Mantel". — Über
die künstlichen Sprachen im Russischen allgemein P. V. Sejn
Zur Frage der künstlichen Sprachen a. a. 0. 4, 277—300:
die Räder und die Kartoffeln heissen "Roller", der Stiefel
■'Sehnarrer" oder "Schlürfer" usw.
Diese ausserordentliche Kraft der Anschauung hob schon
J. Grimm in seiner inhaltsreichen Besprechung von Grolmanns
Spitzbubensprache [Kl. Sehr. 4, 164 1'.) hervor: "Die meisten
dieser Ausdrücke tragen das Gepräge der einfachen Natur
und sind aus lebendiger Beobachtung der Tiere, Felder und
Völker hervorgegangen". Deshalb grade hat diese Sprache
in ihren Neubildungen ein so uraltertUmlicbes Gepräge: des-
halb besitzt sie auch, wie ältere Sprachpenoden, so viel mehr-
deutige Worte: "Blankert" beisst "weisser Wein" oder "Schnee"
(a. a. 0. S, Ö6), "Hitzert" so gut "Sonne" wie "Ofen", in der
Regel freilieh ist die Bezciebnung so sieber gewählt, dass der
Rätseleharakter fast verloren geht: "Schwarzrentery der Floh"
Künstliche Sprachen. 71
(6. Freytag a. a. 0. S. 158), *TBegenwiirm eine Wurst" (J.
Grimm S. 165, Hoffmann v. Fallersieben S. 332), "fungo (Pilz)"
für "Hur (Niceforo S. 171). Es ist nur natürlich, dass dies
kräftige Vokabular von Sebastian Brant (Weim. Jb. 1, 233)
bis zu Hofibiann y. Fallersieben (ebd. S. 341) zahlreiche Dichter
angeregt hat, es poetisch zu verarbeiten: Pamphilius Gengen-
baefa, Wenzel Scherffer, Joh. Michael Moscherosch sind im
Weim. Jb. durch solche Proben vertreten. Neuerdings hat
besonders H. Ostwald mit seinem Boman 'Tagabunden" sich
in diese Tradition gestellt (vgl. A. L. Jellinek in der "Nation"
27. Oktoker 1900 S. 64); daneben R. Bredenbrücker mit sei-
nem "Dörcherpack" (z. B. S. 129: "Radliug" Karren, ''Bieb-
rieh" Kälte usw.). Ich will wenigstens zwei Beispiele geben,
damit man den fremdartigen Klang dieser Kunstsprache beur-
teilen kann:
Wenzel Scherffer (1652):
Lasset das Briefen im Schocherbett bleiben,
Wollet der Derrlinge Jonen nicht treiben.
Leget den Blankert aus mühsamer Hand,
Trefft mit Beschöchem heut einen Anstand!
(Weimb. Jb. 1, 339: "Briefen" mit Kartenspielen. "Schocher-
brett" Wirtshaus. "Derrling" Würfel. "Jonen" spielen. "Blan-
kert" Kanne aus Zinn "Beschöchem" spielen).
Hoffmann v. Fallersieben (1854):
Funkert her! hier lasst uns hocken,
Hol der Ganhart das Geschwenz!
Auf dem Terick ists ja trocken.
Wie am Glatthart in der Schrenz.
(ebd. 341 : "Funkert" Feuer, "hocken" liegen. "Ganhart" Teu-
fel. "Geschwenz" umherlaufen. "Terid" Erdboden. "Glatthart"
Tisch. "Schrenz" Stube).
Das Rotwelsch ist das Muster einer Mischsprache.
Für das Italienische zeigt das schlagend K. Sachs' schon er-
wähntes Referat über Niceforos "Gergo": Metapheni neben Ar-
chaismen, langue juvanaise neben einfachem Argot. Gemisch-
ter Herkunft sind schon die neuen Worte: hebräische Lehii-
worte (J. Grimm a. a. 0. S. 165) und veraltete Ausdrücke un-
serer eigenen Sprache (S. 168) neben jenen Umschreibungen,
die freilich besonders charakteristisch sind; vereinzelt begeg-
nen auch hier Metaphern wie "Spitznase" für "Gerste" (ebd.
>»
»
7-> R. M. Mever,
8. 165y. '"Mit diesen poetischen Würteni (es sind fast nur
Nomina, selten Verba) und den jüdischen (hier sind auch
manche Verba, selbst Partikeln im Gang) verbinden nun die
Gauner die gewöhnlichen deutschen Auxiliaria, Partikeln und
Flexionen, kurz alles worauf kein Nachdruck liegt, drücken
sie in der Jedennann verständlichen Sprache aus. Eigentüm-
liche Flexionen benutzen sie nicht'' (ebd. S. 166). Wohl aber
haben sie eine eigene Wortbildung, über die wieder der Alt-
meister am besten «::ehandelt hat: *Es gibt gewisse (doch we-
nige) an sich bedeutungslose oder bedeutungslos gewordene
Ableitungssilben, namentlich -ling, -hart (später abgeschliffen und
tonlos -ert), -mann, -hans und -rieh, durch deren sonst unge-
wohnte Verbindung mit an sich deutlichen Wurzeln diese für
Nichtwissende verdunkelt werden. Beispiele : '"Schreiling
(Kind), "Rauschart" (Floh), "Feldmann" (Pflug), "Sauerhans
(Zwiebel), "Härtrieh" (Messer) (a. a. 0. S. 166). Das ist im Prin-
zip nichts anders als das -ikos und -aten der Studentensprache,
das -at und -oche des französischen Argol. Dennoch verläugnet
sich selbst hier nicht die realistische Eigenart des Rotwelsch.
Gewählt werden fast nur solche Suffixe, die als zweite Namens-
teile beliebt sind: -hart (wie in Riehard), mann und -bans wie
in Kosenamen: Karlmann, oder Necknamen: Schmalhans, -rieh
wie in Dietrich; nur das allerdings besonders häufige -ling
macht eine Ausnahme, die sich jedenfalls aus Münznamen wie
Silberling erklärt. Was bedeutet aber diese Suffixwahl? offen-
bar eine Neigung zur Personifikation, zur Vermenschlichung.
Das Ei heisst "Dickmann" und wird also einem kleinen rund-
lichen Mann verglichen, wie es auch im Volksrätsel als unbe-
hilflicbes Männchen vorkommt (Wossidlo Mecklenburgische
Volksüberlieferungcn 1, 18 N. 20). Die Bohne heisst Lang-
hans als wäre sie ein guter Freund, wie wieder ein Volks-
rätsel "Frau Bohne" (die ja schon bei Walther v. d. Vogel-
weide Lachm. 17, 25 vorkommt) nach Brandenburg, von Bran-
denburg nach Mühlenburg, von Mühlenburg nach Kanne reisen
lässt (Wossidlo S. 24 N. 30 vgl. R. Petsch Neue Beiträge zur
Kenntnis d. Volksrätsels S. 70).
Eine aus lebendiger Anschauung geschöpfte Umnennung
der für die Spitzbuben wichtigsten Dinge legt sich also anf
den Knochenbau und die Muskulatur der Sprache; und die
künstliche Rede ist doch auch in ihren neuen Teilen von der
Küustliche Sprachen. 73
gewöhnlicben abhängig. Grade dadurch hat das Rotwelsch
typische Bedentuug. J. Grimm spricht es ans, was wir für
die kUnstUchen Sprachen überhaupt als leitenden Grundgedan*
ken zu erhärten suchen: ''der notwendige Zusammenhang
aller Sprachen mit Überlieferung zeigt sich auch
hier, kaum ein Wort dieser Gaunermundart scheint
leer erfunden, und Menschen eines Gelichters, das
sich sonst kein Gewissen aus Lügen macht, beschä-
men manchen Sprachphilosophen, der von Erdich-
tung einer allgemeinen Sprache geträumt hafCa-a-O.
S. 165). Auch für die noch unerklärten Worte lehnt Grimm
(S. 167) die Annahme, dass die "'ersonnen'' sein könnten, ab.
d) Wiederholt nahmen wir oben schon auf die Rätsel-
spräche Bezug, über die R. Petsch (a. a. 0.) überaus beleh-
rend, wenn auch etwas unübersichtlich, gehandelt hat (S. 66f.).
Was er (S. 73) "Klangworte* und "Klangnamen" nennt sind
fast durchweg Verstecknamen von der anschaulich kräftigen
Art der rotwelschen Appellativa. ""Wiga W^aga" für die Wiege,
Fickfack" für die Egge (S. 77) erinnern an "Bimbam" Schelle,
Gigges gagges" albernes Zeug (HoflFmanu v. Fallersleben S. 331 ;,
Samsum" die Bassgeige ; ""Trupptrapp" die Maus mahnt an
Trappert" das Pferd (ebd. S. 332). "Hitzgeber" (Petsch 8. 51)
heisst der Ofen wie rotwelsch "Hitzcrt". Daneben die Heiti
der Kinderstube: "Stöters" (Hörner), "Sniecker" (Mund), '^Rü-
ker" (Nase ebd.) wie "Beisserchen".
Stärker als in der Gaunersprache tritt aber in der Rätsel-
sprache die Metapher auf: "Krauskopp" für 'Baum', "Kahlkopj)"
für 'Nuss' (Petsch S. 80). Es ist ja auch vielmehr «relehrtcr
Pfeffer beim Gericht.
Die Rätselsprache (vgl. über sie Cseners Rezension von
Wossidlos Buch DLZ. 21. Dez. 1900 S. 3365) ist sozusagen
ein unschuldiges Rotwelsch, auf momentanes Verstecken an-
gelegt. Vereinzelt begegnen Verstecknameu ja von der Crzeit
her; ich erinnere nur an das uralte, auch in der Odysseussage
verwandte Spiel mit den Scheinnamen "Niemand" oder dgl.;
an die über die ganze Welt verbreiteten Märchen von dem
Gnomen mit dem nicht zu erratenden Namen (reiche Belege
in der Zs. d. Ver. f. Volksk. 10, 254 f.; vgl. u. zur Namens-
ertindung); an die zum Teil uralten "Weisheitsproben" und
"Halslösungsrätsel" (Petsch a. a. 0. 13 f.); an Veximamen bei
<Cf^
*t
c«
eer
74
R. M. Me;
den MinneBiDgern -. "der aehoene glan?."' bei Hezbolt von Weis-
aensee, "Hildegunde" bei Walther (a. a. 0. 74, 19). Eig^eu-
namen werden auch lieut noch gern verräteelt, bald durch
Umstelinng und Entstellung iSintenia a.a. O. S. 18), bald durch
iiietaphoriscbe Ersetzung (ebd. S. üOf.), am liehBten aber durch
Ühcreetzang {ebd.i: Gold&climidt wird "Anrifaber", Eiben nennt
sich "Taxus", Volkmaiin "Leander". So bilden die Psendo-
nyme in ihrer Gesamtheit eine Rätselspracbe mit vielen Ent-
lehnungen f'Oflsip Schnbiik" von einer Fi^r bei Turgenjew
Sintenis S. :J2), manchen Metaphern, zahlreichen Übersetzungen
und willkttrlicben Entstellungen.
e) Nehmen bei Überselzung innerhalb ein und derselben
Sprache die Metaphern einen nocb weiteren Raum ein, so
erhalten wir eine künstliche Sprache vom Charakter der Skal-
denspraehe. Diese verglich schon J. Grimm (a. a. 0. S. 16Ö)
mit dem Rotwelsch, und zwar im lobenden Sinn; aber er lobt
sie damit zn sehr. Die Skalden mögen bessere Menschen ge-
wesen sein als die Gauner es zumeist sind; bessere Sprach-
erfinder waren sie meht. Zunächst schadet ihnen schon das,
das» sie nicht, wie die Erlinder des Rotwelsch, von der Um-
gangssprache ausgebn, sondern von der Diebtersprache, die
an sich eine normalisierte Sprache ist (vgl. oben I 2 c t'-
Deren Eigenheil, landtftufi^e Worte zu meiden, trieben sie nun
auf die Spitze; HeinzeUAuK.f.d. A. 14, 44) bemerkte sehr richtig,
wie gerade die nächstliegenden Metaphern vermieden werden.
Statt desseu verstricken si« sich in das kunstvolle Netz ihrer
"Kenningar" (über diejenigen in der Edda vgl. meine Altgerma-
nische Poesie S. 156 f.;, die an sich auch wieder nur eine allge-
mein verbreitete Erscheinung sind, bei ihnen aber zu einem
notwendigen, unentbehrlicbcn Kennzeichen der poetischen Rede
werden (vgl. a. a. O, S. 158). Immer künstlicher bauen die
Skalden ihren poetischen Jargon aus; t'Ur Synonym wird Syn-
onym gesetzt und gerade die Entfernung von der natürlichen
Rede macht zuletzt den Stolz dieser Dichter aus. — Ähnlich
wie den Skalden ging ee den Poeicn anderer Epochen, wenn
sie sich zu gesucht von der Alltagsrede entfernten-, den Hoff-
mannswaldau oder Lohenstein etwa (vgl. Ettlinger Hofmauns-
waldau S. 67 l'.J oder selbst ihrem Gegner Zesen, der den Um-
schreibungen der Spitz bnbensprache ganz nahe kam (meine
Altgerm. Poesie S. 163). In bescheidenem Masse wird dies
Küjistlii-lie Spi-iielii-n.
76
'taphorische Übersetzen von der gewöbniiehen Sprache weg
auch in andern uormalisierteii Sprachen mit wesentlich nega-
tiTer Wortwahl jieUbt; in der Sportsprache etwa (vgl. o. I
2cßi, wenn die Termini des Rudersports anf den Reitspfirt
übertragen werden: das Pferd wird "gestenert", nnd ninge-
kebrt: das Boot "geht als Erster durch das Ziel". Oder in
iler Ccremoniaispracbe (vgl. o. I 2 c a) etwa der feier-
lichen Kunstkenner, die bei Kritik einer Symphonie nnr von
Wärme dt;8 Kolorits, Verteüang des Lichtes, von dem tiefen
SehlagBchatten der Bässe, vom durehsiehtigen Helldunkel der
MittelparticD, von gewagten Konturen des Schlusssat/.es spre-
chen lind wieder ein higloriscbes Gemälde wegen der logischen
Anordnung, der schneidenden Sprache, der polemischen Tech-
nik bei einem dennoch harmonischen Ansktingen der Skepsis
loben 80 dnsa, wie G. Keller (Der grüne Heinrich 3, 1971 diese
parod istischen Zitate beschtiesst, "jede Zunft im Habitus der
Hndem einherzieben zn wollen Bcheint."
2) Übersetzung ans einer Sprache in die andere.
In den besprochenen Fällen von Sprachmischung war immer
eine Sprache entweder ganz allein oder doch ganz ilbcrwie-
^nd herrschend. Freilich nähern sieb die Studenten- und
die Gaunersprache mit ihrem schweren fremdsprachlichen Bal-
last schon dem Begriff eigentlicher .Miscbspracben; aber
das Fremdwort wurde dann doch immer der heimischen Art
aogepasst, wie etwa im Rotwelsch das hehr, hoaer nach Ana-
logie der vielen Neologismen auf -hart zn "hosbart" (Fleisch)
umgestaltet wird (J. Grimm a. a. O. S. Ib6i. Den Charakter
wirklicher Sprachmischung erhält ein Idiom erst, wenn die
fremden Teile so zahlreich nnd so unverarbeitet vorliegen,
dass die Verständliclikeit lieeinträcbtigt wird. Die .Melapher-
nnd Kenningspracben tibersetzeu nur aus der deutschen All-
tagsrede in volkstümlichere oder gesuchtere Sprechweise und
I haben freilich durchweg schon die Neigung, ihre Eigenart
darch Aufnahme wirklich fremdsprachiger Bestandteile zu ver-
Btärkeu. Dahin gehört schon in der einfacheren Dichtersprache
die Anwendung mythologischer Namen wie Apollo, Luua, Amor;
in der Sportspracfae die fremder Termini wie skiflf, paceniaker,
Btart; selbst in der Schrifteprauhc allgemein die bei uns viel
getadelte Neigung zu entiiebrliclien "gebildet" klingenden Fremd-
"Worten.
71 R. M. Me.ver,
Im GruDd findet Sprat^bmisc-hun^ statt, "sobald sicl
haupt Äwei Individuen mit einander uuterliaileti" (Paul Prin-
zipien S, ii37). Ich kennKeiühne die Phasen der Entwickeiung
znr vullauB gebildeten Miscbspraciie um- ganz, kurz, weil diese
Art "kUnBtlicher Spraeben" unsere Hauptfrage, nach den Gren-
zen der Spracherfindung, am allerlock ersten berührt.
a) Für noch nicht klar ausgebildete Begriffe werden
Fremdwörter Übernommen, so dnes gewissermasseu weniger
eine Vermisebung als eine Ergänzung gtatttindet. So also etwa
hei den ersten Berührungen nwiseben Germanen und antiker
Hildung und Sprache (vgl. Kluge in Pauls Grundriss 1, ilOJ» f.
sowie in der Vorrede zum Etymol. Wb.), zwischen Germanen
und Slaven (Kluge hei Paul 1, 320 1 oder Finnen (Thomseu
Kinflues des Germanisehen auf die tinni>ichen Sprachen); äta-
dium der Aufnahme von Lehnworten. Durch die massen-
liafte Aufnahme fremder Snfßse und Stumme werden die ro-
manisciion Sprachen von vornherein zu Mischspracbei]; vgl.
Caroline Michaelis Studien zur romanischen Wortsehüpfung
H. 97 f. A. Damiesteter De la crealion de mots nouveanx
dan« lu langue fran^aise S. 169 f.
h) Xeben den vorhandenen Ausdrucken werden fremd-
ländische eingefübri: Stadium der Fremdworterei. So also
in Deulttebland zu allen Zeiten, besonders aber im 17. Jii..
Typus der berühmte ärztliche Ausspruch: ''wenn die dolores
iTst cessiereu. werden auch die Schnicr/.en aufhören", oder
Fntz Beulei's humoristische Erklärung: "die grosse Armut
in der Stadt kommt von der grossen Poverteh her!" (Litlera-
tur bei Giluther Anm. 34 S. 301 f.j.
et Die Lchnwiirler werden ganz verdaut und dem Sprauli-
eharakter des aufnehmenden Volkes angepasst; die Fremd-
wörter bleiben unverdaut, wirken aber auf die Art der über-
nehmenden Sprache nur ausnahmsweise (wie in den Infioitiveu
auf -iren J. Grimm Kl. Sehr. 1. 3ä:~) f. oder den Substantiven
anf -erei i massgebend ein. Tiefer greift das scheinbar weni-
ger geßihrliche Cbersetzen fremder Wortverbindungen
ein. Es ist uralt miil oft ist schwer zu uuterse beiden, ob etwa
"Gefahr laufen' und "cncourir dangcr" siamniverwandt d, li.
der gleichen Metapher entsprungen sind mier im Verhiltnis
von t>rtginal und Entlehnung stelm (lleinzel Sti) der alt^rm.
Poesie S. 1 f.<. Sehr bald fügt dies Entlehnen von Re-
, Küusilii'lii- .Spriii^hen. 7T
Idensarten der Sprache emstliohen Schaden i.a. Mmi hc-
I ginnt mit Bcfaerzliaften Barbarisnen, wie wenn Felix Mcniifls-
eobn-BarthoIily in England gefragt wird: "Haben Sie einen
Kalten gefangen" ("have jon cauglit a cold?"'); Freiligratli
nnd Rodenbei-g haben längere Zeit mit einander schcr/.linl't in
<)iesem Jargon korrespondiert fflr den gonst besondere die dciit-
I sehen Ansiedler in Anierika berllelitigt sind. Alliiiähliclr fuhrt
■die» NaHiMiachcn von Verbindungen, die die deulnehe Spraehi'
I- eigcntlieh nieht zulasRt, zn einer völligen Entl'renidnng vom
I ßpracbgefilhl, wohin das unschöne Häufen der Fremd Wörter
\ iM)ch nicht zu fuhren braucht.
Lustige Beispiele der Hprachmisehnng, die aus -«olclier
I ■wörtlicher Wiedergabe einzelnor Worte und Redensarten cnt-
1 steht, gibt das Bnch von Sehaihle Englische Sprachechnitzer
Lim Deutschen (Strassburg '' IS86: der Verf. nennt sieb im 8til
Iseinee Buches mit einem sebottisch klingenden Anai,'i'anira
E'O'Carns Hiebslac). "Fflrst der Unterwelt" wird "King of tlie
Netiierlands" i8. 3ö). "I like soft huiled eyes" wird (Ibersetzt
"egge", und umgekehrt: "die Eier" — S. 103; ein hflb-
leher Beleg Vossische Zeitung 7. Dez. 1900 Abendblatt —
pdie Eier dieses MädehenR sind träummsch" (S. 69). Andere
HTendungen: "Ich kaufte mir einen Trnnk (a trnnk] beim Satt-
fet" (S. .06). "Das Baby ist sehr »rreng für sein Alter "very
BtroDg" 'S. 65). Beispiele solcher internationalen Missverständ-
nisBC auch hei Wundt Völkerpsychologie l,3t<7Anm.; ans der
modernen Zeitnngssprache bei C. Abel Nation 17. Nov. 1900
Al>endblatt aus McKinleys Botsohalt; vgl. auch Dunger Gegen
die Engländerei S. 14 f. — Ebenso wie eine engliacb-deuteche
gilit es eine französisch-deutsche Mischsprache, nämlich im
~ reiche Belege gibt Schuehardt (Romanisches und Kel-
Ifischea, Strassburg \Sm S. 2Ö9 f.). Da heisst der Storch "chtork",
~ e Sdinake "chnftque" iS. 273}. Oder der elsässisehe Deutsch-
^Iniiizose fragt "Est ce (jue ceia voiir goftle'r'" "Schmeckt Ihnen
Ä? ond ruft "Pas si beaucoup!" "Nicht so vieil"
Aber in der Zeit, da die Morgenröte unserer klassisilien
Dichtung aufging, schrieb ein Poet wie Lenz noch ganz ernst-
haft: "Hüten Sie sich, sich so einen L&cherlicfaen zu geben"
("se donner nn ridicule", Lenz Werke 1, :?36), Und jeder Zeit
L Inu eine Sprachmischung zwischen der Sprache der Gebildeten
md der des Volks existiert ein "Missingsch", dem besonders
78 K. M. Meyer,
die Fremdwörter als Spielball dienen müssen (vgl. dazu Wandt
Völkerpsychologie 1, 377). Hier also liegt wirklich eine Misch-
spräche vor, in jener konventionellen Vnlgarsprache des Thea-
ters (s. 0. I 2 t) nur scheinbar.
d) Aber dem natürlichen Sprachgefühl ist auch die prin-
zipielle Rückdeutschung gefährlich. Der Purismus besei-
tigt leicht Fremd- und Lehnwörter, die in den Organismiw
der Sprache eingewachsen sind und schädigt durch massenhaße
Übersetzung einzelner Worte so gut wie der Auswanderer am
Mississippi durch vereinzelte Aufnahme fremder WendungciL
J. Grimm selbst hat geklagt, wie die Pedanten, statt den Om-
nibus durch einen ""Allen" zu ersetzen, mit einem "Allheits-
wagen" angefahren kommen; aber wenn mit pedantisch ge-
nauer Wiedergabe etwa (um modemer Sünden zu geschweigen)
'^distrait" mit ""zerstreut" übersetzt wurde, so mochte Lessii^
mit gutem Grund einwerfen: ""Ich glaube schwerlich, dass un-
sere Grossväter das Wort verstanden hätten"; noch Schlegel
übersetzte "distrait" durch "Träumer" (Kluge Etymol. Wb.
S. 416), ""Träumer" gibt den Sinn wieder, "zerstreut" die fran-
zösische Anschauung. Wir haben uns nun an "zerstreut" ge-
wöhnt und sind weitergegangen; zu dem Partizip haben wir
das ganze Verb gebildet: ""Ich will mich zerstreuen". Wer
kann das ohne Entsetzen hören, wenn man es anschaulich auf-
nimmt? Aber uns hat das übersetzte Fremdwort eben ein Stück
Anschauung zerstört. Wie viel besser hätte man da noch den
fremden Klang beibehalten und mit gutdeutscher Meisterschaft
(Wackernagel Die ümdeutschung fremder Wörter Kl. Sehr. 3,
2n2 f.) allmählich dem Sprachganzen einverleibt!
e) Durch Zerstörung der inneren Sprachform mitteis
solcher Übertragungen (vgl. Paul a. a. 0. S. 339) und des
Kolorits der Sprache durcli zu viel unverarbeitete Fremdwörter
wird schliesslich der Organismus der Sprache aufgelöst und
nun, indem sich die aufgelöste Sprache mit einer zweiten gleich
gelockerten zusammenfindet, entsteht die wirkliche Miscb-
sprache; wofür ich nochmals auf Paul (S. 337 f., mit Littera-
tur) sowie auf Windisch Zur Theorie der Mischsprachen und
Lehnwörter fSächs. Gesellsch. d. Wissensch. phil.-hist. Kl. 97
II j und Wundt Völkerpsychologie 1, 382 f., und auf den populä-
ren Vortrag von M. Grünbaum Mischsprachen und Sprachmischun-
gen (Virchow-Holtzendorffß Vorträge 1886) verweise. Als Beispiel
Künstliche Sprachen. 79
sei etwa das humoristisch gemeinte Deutschfranzösisch Riccaut
de la Marliniferes oder des sogen. Deutschfranzosen Jean Tou-
cement (Goedeke Grundriss* IV, 1, 24) angeführt.
f) Über die Grenzen der menschlichen Sprache geht die
Mischung von Tier- und Menschenrede hinaus. Zwar
die Anreden an Pferde, Hunde, Katzen, die ''Hü!" und "HottT
usw. sind erst Kompromissprachen vom Typus der Ammen-
sprache, bei denen der geistig höher Stehende sich in die
Redeweise des niedriger Stehenden zu setzen bemüht. Auch
wenn umgekehrt Tiere mit eingelernten Stücken menschlicher
Rede uns entgegCDkommen (vgl. v. d. Gabelentz a. a. 0. S. 294),
macht dies kümmerliche Einsprengen von Worten und Sätz-
chen, das ihre eigene "Sprache" völlig unberührt lässt, eine
eigentliche Mischsprache noch nicht aus. Anders, wenn Ari-
stophanes mit berechneter Kunst Tier- und Menschenstimmen
einander annähert. Freie Erfindung liegt hier allenfalls in
dem Gedanken der Mischung selbst — aber stammt der nicht
auch aus Märchen und Kindergebrauch, aus der Notwendigkeit
jener Kompromissprachen zwischen den Menschen und seinen
Haustieren ?
Lustig denkt sich Robert Hamerling (Homunculus S. 253)
"^eine allgemeine Sprache, ein vereinfacht Volapük" aus, das
für Menschen und Tiere passen soll :
eine Sprache
Angepasst den Stimmorganen
Auch der Tiere: ganz aus Lauten
Der Natur gebildet, Tönen
Und Geräuschen in verschiedner
Stärke, wechselnder Betonung,
Abgestuft in Höhe, Tiefe,
Und begleitet von Geberden,
Deutungsvoll dem Sinn vermittelt.
Das wäre dann ireilich das Ideal von Kunst und Natur-
sprache zugleich und eine "allgemeine Sprache", neben der
das Volapük und alle Weltsprachen zu Winkeldialekten herab-
sinken müssten! (Eine ähnliche Phantasie bei Schubart Das
Paradies der Kunst S. 121. 123). —
Wir kommen nun erst zu den im engem Sinn so ge-
nannten "künstlichen Sprachen": Sprachen, die im Drang des
Augenblicks oder auch in berechneter langsamer Herstellung
80 R. M. Meyer,
wirklich an die Stelle der gewöhnlichen Rede treten und mit
dieser gar keine Gemeinschaft mehr zu haben scheinen. Zwar
gilt dies letztere von der bekanntesten, zuerst zu besprechen-
den Klasse künstlicher Sprachen am wenigsten.
IV. Künstliche Sprachen entstehen durch be-
rechnete Kombination und Kontamination mehrerer
Einzelsprachen.
liier liegt also eine künstliche Herstellung von
Mischsprachen vor; und in der That sind solche Erfindun-
gen fast immer aus Kreisen hervorgegangen, denen die Misch-
sprache irgendwie schon nahe lag. Schleyer, der Erfinder der
bekanntesten hierhergehörigen Sprache, des Volapflks, ist als
katholischer Geistlicher an das Durchweben deutscher Rede
mit den lateinischen Sätzen und Worten gewöhnt, dazu noch
in Konstanz auf einem Grenzgebiet wenn nicht der Sprachen
so docli der Dialekte ansässig. Und dass diese Kunstsprachen
überhaupt jetzt plötzlich wieder Mode werden, hängt nicht
nur mit dem Geschmack unserer Zeit an Kombinationen aller
Art zusammen, der Stillosigkeit in der Architektur, Knust-
weine und Tragikomödien begünstigt; sondern es hat auch
in den kosmopolitischen Tendenzen unserer Zeit einen Boden,
in den Richtungen auf internationalen Vereinigungen und Ver-
träge, Meterkonferenzen, Massbenennungen (Watt, Ohm, Am-
pfere) und vor allem auf den gemeinsamen Besitz einer Ter-
minologie des Verkehrs.
Eine ungetahre Übersicht der hierher zu rechnenden Be-
strebungen gibt Hans Moser in seinem '^Grnndriss einer Ge-
schichte der Wcltspraclie" (1888, in dem grossen Blütenjabre
der Weltspraclicnbewegung), wo allerdings lange nicht alle
Versuche erwähnt und <lie älteren nur ganz flüchtig genannt
sind. Mit der Frage, wie weit eine Weltsprache überhaupt
Aussicht auf Verwirklichung habe, darf ich mich hier nicht
befassen; meine negative Antwort hab ich schon vor 10 Jah-
ren (Sonntagsbeilage der "Vossischen Zeitung" 27. Juni 1886) zu
begründen versucht. Ich stelle hier imr zur allgemeinen Orien-
tierung eine Anzahl charakteristischer Urteile kurz zusammen.
1766. .loh. Gottfr. Herder tJber die neuere Deutsche
Litteratur. Erste Sammlung von Fragmenten (in Suphans
Ausg. 1, 191): "Betrachtet eine Philosophische Sprache! Wäre
21
Küiislliclio S(.rach.!ii. 8t
Bie Ton einem Pbilosopben erdacht, so hübe sie alle Inverftio-
nen auf. Käme eine allgemeine Sprache zn f^tande, so wire
hei ihren Zeichen notwendig jeder Platv. und jede Ordnung so
liestiiumt. als in unserer Dekaditt . . . Nun stellet eat^h zwei
siuiiliebe OcBchöpfe vor, ilavdn der eine spricht der andere
höret ... Je mehr sich die Aufmerksamkeit, die EnipfindODg,
der Affekt auf einen Augenpunkt heftet: je mehr will er dem
andern auch eben diese Seite zeigen, am ersten zeigen, im
bellestcn Liebte /.eigen — und dies ist der Ureprnug der In-
versionen. Ein Beispiel: Fleuch die Schlange, ruft mir Jemand
der mein Fliehen zu seinem Hauptaugenmerk hat, weno
. ich nicht äiehen wollte. — Die Schlange flench! ruft ein an-
■derer, der nichts geschwinder will, als mir die Schlange ze-
igen: tiielien werde ich von selbst, so iiald ich vun ihr hdre".
1822. J. Grimm a. a. 0. (tlher GrolniainiR Spit/Jmlwn-
eprachen, Kl. Sehr. 4, 165: die tiauner "heBchftmcn manchen
Sprachphitosophen, der von Erdiehlnug einer allgemeinen Sprache
geträumt hat."
1837. Tb. Hundt Die Kunst der deut-aehen Prosa iS. 13 f.):
"Eine allgemeine Vülker-Assoziation, wenn sie wirklich histo-
riscbes Ziel ist. wird dennoch die Volkssprachen nicht ver-
wischen. Noch weniger wird sie «her die allgemeine Sprache
herstellen, die eine Zeitlang ebenfalls als höchstes Ziel und
Ideal des Viilkerverkehrs angesehen ward . . . Mit der all-
gemeinen Weltsprache würde man bei seinem nächsten Wand-
naehbar kein Stlick lirot fordern klhmen, und wenn man noch
weit mehr damit zu erreichen verniöchte, so würde es immer
unnütz und wirkungslos sein. Denn da die einzelneu (iedan-
kenverbindungen ebenso sehr etwas Individuelles und Natio-
nales sind, als die Sprache, so würde mindestens jede Volka-
iudividnalität ein anderes nuanciertes System der Pasigraphie
haben, mithin diese widersinnig und nmiiitig sein, da sie die
volkstündichen Trennungen doch nicht /.n flhei'winden ver-
möchte. Das Problem einer allgemeinen Sprache bewies bei
k seiner Ausflibrnng immer die notwendige IndividnaHlüt der
Sprache. Der Franzose wird daher fortfahren, franztisisch zn
BChreiben, der Engländer englisch, der Deutsche deutsch."
185S. Ernest Renan De l'origine du langage (S. 95):
"On ne pent admettre dans le developpement des langues an-
enne r^volntion artificielle et scieninient ex^cutee , . , C'est
TadtHCenoulMibe PoractiuiiKeD XII 1 a. >. (i
82 R. M. Meyer,
pour cela que le peuple est le veritable artiBan des langues,
paree qu'il represente Ic mieux les forces spontanees de Tbn-
manite. Les individus n'y sont pas eompi^tents, quelque soit
leur g^nie; la langue scientifique de Leibniz ent probablemeot
et^, comme moyen de transmission de la pensäe, moins com-
mode et plus barbare que Tlroquois."
1878. Friedrich Nietzsche ''Meuschliches Allzumenscli-
liches" N. 267 [Werke 2, 250] erklärt das Sprachenlemen für
•• ••
ein notwendiges Übel; '^welches aber, zuletzt, zum Aussersten
kommend, die Menschheit zwingen wird, ein Heilmittel zu
finden: und in irgend einer Cemen Zukunft wird es eine neue
Sprache, zuerst als Handelssprache, dann als Sprache des
geistigen Verkehrs überhaupt, für Alle geben, so gewiss als es
einmal Luft- Schifffahrt gibt. Wozu hätte auch die Sprach-
wissenschaft ein Jahrhundert lang die Gesetze der Sprachen
studiert und das Notwendige, Wertvolle, Gelungene an jeder
einzelnen Sprache abgeschätzt?"
188«. Hugo Schuehardt Auf Anlass des Volapttks (S. 33):
''Eine Weltsprache liegt durchaus in der Richtung unserer
praktischen Bedürfnisse; sie ei*scheiut als die Ergänzung, als
die Krönung unserer internationalen Einrichtungen. Aber eine
Weltsprache ist auch — weit entfernt den Spott der Gelehrten
zu verdienen — ein wissenschaftliches Desiderat."
1891. Gustav Meyer Weltsprache und Weltsprachen (in
"Essays und Studien", 2. Bd., 1893 S. 37): "Die Sprache ist
kein selbständiger Organismus, der nur seinen eigenen, ihm
innewohnenden Entwicklungsgesetzen folgt, sondern sie ist an
die vielen Millionen von Individuen gebunden, welche auf der
Erde leben. Mit der Entwicklung dieser ist die Entwicklung
der Einzelsprachen und ihre Einwirkung aufeinander unlöslich
verbunden . . . Eine solche, die ganze Sprachentwickelung
abschliessende Allsprache ist eine Träumerei, und ich mag die
Lust an Träumereien Niemandem verkümmern; sie ist eine
Utopie, wie Bellamys Gemälde von der zukünftigen gesell-
schaftlichen Erhaltung der menschlichen Verhältnisse*' (Ebd.
S. 43): "Man darf sich keinen Illusionen darüber hingeben,
dass der überwiegend grösste Teil aller Bewohner unseres
Erdballs an der Schöpfung einer Weltsprache nicht das min-
deste Interesse hat. Ich meine damit nicht bloss die vielen
Millionen der Naturvölker, sondern beispielsweise unsere stei-
Künstliche Sprachen. 83
riscben oder oberschlesischen Bauern, an denen für lange Zeit
noch ganz andere Kulturarbeit zu tbun ist, bevor man sie mit
den Segnungen eines Volapük beglückt. Wer sieb nicht am
Weltverkehr beteiligt, hat von vornherein mit einer Weltsprache
nichts zu schaffen.''
1899. Emest Naville spricht sicli (nach dem Referat
von R. Galle in der "Kritik" 15. Juli 1899) für eine interna-
tionale Sprache neben den Nationalsprachen aus.
Diese acht Kritiker aus fast 100 Jahren stellen, wie
mir scheint, eine nicht uninteressante Kurve in der Beurteilung
der Idee einer Weltsprache dar. Herder hält die Weltsprache
nicht für unmöglich — was hätte sein Zeitalter der Vernunft
nicht zugetraut! — aber sie ist ihm unsympathisch, weil sie
die Individualität des Ausdrucks zerstören müsste, weil sie die
Mitteilung zu abstrakt von dem Einzelfall loslöst. J. Grimm
sieht — wie G. Meyer — die allgemeine Sprache als eine
Träumerei an, weil nur aus dem wirklichen Leben kräftiges
Sprachleben erwachsen kann. Th. Mundt betont, wie un-
praktisch solche Weltsprache sein müsste, und Renan drückt
das noch kräftiger aus und motiviert es wie J. Grimm.
Aber Nietzsche, Schuchardt und Naville stellen sich mit
Entschiedenheit auf die Seite der internationalen Sprache.
Schuchardt sieht sie als Gipfel der immer zusammenfassen -
deren Bemühungen wissenschaftlicher Art an — gerade wie
Diels (s. u.) die Weltsprache als den Höhepunkt wissen-
schaftlicher "Integration" auffast — , Naville als Vollendung
der internationalen Bestrebungen, Nietzsche fasst beides zu-
sammen. Ebenso meinte schon Hebbel C'Cber den Styl des
Dramas" Werke 10, 98), dass von einem bestimmten Gesichts-
punkt aus "der Gedanke an eine üniversalsprache, ^cgen die
sich die verschiedenen Nationalsprachen wie ebenso viele ihr
vorhergegangenen Exerzitien verhielten, wenigstens nicht un-
vernünftig und willkürlich erscheint". Im Gegenteil! Dieser
so gefasste Gedanke ist eigentlich die notwendige Konse-
quenz der Lehre W. v. Humboldts von der allgemeinen "Ent-
wickelung der Sprachidee". Wenn nach Hegel die Geschichte
den Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit zeigt — warum
sollte dann auf der höchsten Stufe der Sprachentwickelung
nicht bewusste Sprachbildung die unbewusste Arbeit der Mil-
lionen ersetzen können? — Cnd wenn die Idee der Welt-
8i
R. M. Mever,
Sprache hent wieder so viel Anhänger zählt, hingt Sa» eben
damit za»aminen, Attas anch die VorstcllaDg einer allgemeiDen
progressiven 8prache»twickelnng wieder erneut ist. am ent-
schiedensten von ßsndonin de Court enny vom phonetischen
nnd von 0. Jesperseu (Proftress in language, London 1894;
Hanptsatz S. 127) vom »yn taktischen !itandpnnkt aus. Und
wenn Gustav Meyer seinem Freund Schuchardt widerspricht,
90 thut er es dennoch aus einem Grand, der W. v. Humboldt
oud J. Griuim gewiss, und wahrscheinlich auch Herder und
Mondt sehr wenig zagesagt hatte: weil die .Sprache kein
Organismus sei nnd die Gesauitarbeit von Millionen sich Dicht
so einfach "integrieren"' lasse. — Herder nnd J, Griuini sind an»
ästhetischen, Mundt und Renan aus praktischen OrUndeo der
Weltsprache abgeneigt; Nietzsche, Schuchardt und Naville lassen
sieh hierauf nicht ein (Navillee Aufsatz kenne ich zwar nur
BUS jenem kurzen Referat), weil die Überzeugung von der
iiotwondigen Annäherung der internationalen Sprache ihnen
genügt, und G, Meyer bestreitet nur noch diese Notwendigkeit,
da die mannigfachen Richtungen nnd Interei^en der redenden
Menschheit nicht auf Ein Ziel weihten. Mit andern Worten:
die Frage der Weltsprache ist aus einer ästhetischen und prak-
tischen eine wissensehaftlif-hc, empirische geworden : allerdings
erst in den Anfängen. Das so ungemein lockende und wich-
tige Problem, ob in der Entwickelung der neueren LSprachcn
sich eine eiDhcitlicbe Tendenz verrät, ist kanm noch angefasst
worden: etwa nach der lautpliysiologisclien Seite von J. Ban-
douin de Courteuay in seinem Vortrag "Vermenscblichnng der
Sprache^ (1893), in flexivischer Hinsicht durch die häufigen
Hinweise auf Ersatz der Flexion durch Umschreibung, Ab-
schleifen der Endungen n. dgl., inhaltlich durch die Hetonttng
zanehmender Spezialisierung im .Ausdruck usw.
Von solchen Erwägungen aus ist man auch dazu gekom-
men, eine einzelne natürliche Sprache als Weltsprache der
Zakunft zu proklamieren. K. Borin^ki (Gruudztlge des Systems
der artikulierten Phonetik S. 31) meint: "Eine im tiefsten
GniDdeJgcneralisierende Sprache wie die englische kann uns
bereits einen Vorgeschmack geben, woran die Sprachen oder
die Sprache 'der Zukunft — seien sie noch »o konservativ,
wie z. B. die aiiscrc . . . einmal anlangen müssen" (1891).
Xeuerdiugs bat Diels in einer Akadcniierede (Silznngsber. d.
Künstlicln: Sjiraclieu. Bb
^\. Preoss. Akftd. d. Wiss. 1899, XXXIl; Referat in der
VossiBclien ZeitUDg" ilO. Juni 1899 Morgenblatt) ebenfatb aus-
■sprodien, daes da» Eagliscbe durch seine Struktur geradezu
r Weltspraulie vorausbe'attmmt sei. Das behauptete Hehoii
Uociimanu in seiner (anonymen) Sehrift '"Über die Spracijo"
[TfHeidelberg IftSft), der freilich iioeh das Franzöaisehe daneben
stellte (S. 200f. 212 1'. 3;J8). Doch fügt Diels auch den Hin-
weis auf die vielen Millionen bei, die englisch sprechen. Nennt
er noch als — Überwundenen — Milbewerher des Englisclien
Ladas Franzfteisclie, fUr das dagegen Bebnchardt (Romanisches
■knd Keltisches S. ^02 f.) eintritt, so hält 0. Meyer (a. a. 0.
■ Ä 40) das Russische, Brnnnhofer (Knlturwandel und Vülker-
verkebr 1891, naeb dem Referat von G. SteinhauseD in den
Jahresber. f. n. d. Lit.-rsesch. III: 124: 27) das Deutsche dafür.
_ Ein reformiertes "Weltdeutscb" ohne Artikel wollte auch der
WDrientalist Martin Schnltite zur Weltsprache machen (Vossisclie
HKeitang 14. Sept. 1899 Morgens). Zu (lenken gibt es immer-
*^bir, (lass Über die Aussiebten des Kugliseben anf eine spraeb-
licbe Weltherrschaft alle einig sind. Eiue Statistik tiber den
"Kampf der Kulturspraelien", allerdings von einem Engländer,
p-ijewis Camac, aufgenommen, zeigt das allmähliche Ansteigen
ler jetzt regierenden Sprachen :
sprachen Millionen Menschen
deutsch russisch fritnz. ital. span.
I Ende
engl.
15.
Jabrh.
4
10
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Jtj.
^
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31
19.
P
116
80
85
*'/.
14
9'/,
54
44
Umacliau 5. Aug. 1899 S. 032. Mir scheinen freilich diese
lahlen recht zweifelhaft und besondei's das riesige Anwachsen
[ Italienischen unerklärlich). Bei gleicher Progression wür-
D uacli demselben Gewährsmann sprechen am Ende des
. Jahrb.:
engl. deutsch russisch frauiE. ital. span.
Millionen 640 210 233 87 77 74
Damit wäre denn freilich die Weltherrschaft des Eng-
tcben so sicher wie das Herabsinken der romanischen Spra-
zn "Weltwinkelidiomen"; obwohl man sich immer noch
86 R. M. Meyer,
vorstellen könnte, dass das Englische, wie das Latein im Rö-
merreich, den Provinzialsspraelien freien Raum Hesse. Mir
scheinen solche Prophezeiungen so gewagt wie etwa die Max
Mdllers, dass in Zukunft Christentum, Mohamedanismus oder
Buddhismus Weltreligion sein werde. Mir kommt es vor, als
läge das Ideal ""Ein Hirt und Eine Heerde" eher hinter uns
als vor uns.
Jedenfalls liegt auch in der Meinung, eine "natttrliche"
Sprache wie das Englische, oder doch eine nur halbkünstliche
wie das Neulatein (für das Diels a. a. 0. S. 22 unsicher, N.
Sturmhoefel Neulatein als Weltsprache 1884 sehr energisch
eintritt) werde internationale Verkehrssprache werden, eine
Abwendung von der alten Idee der künstlich ersonnenen Ge-
meinsprachen.
Diese selbst kommen nun scheinbar dann für unser Thema
gar nicht in Betracht, wenn sie aus wirklichen Sprachen kom-
biniert sind; denn von reiner Spracherfindung kann ja dann
nicht die Rede sein, die Tradition, deren Wesen J. Grimm
(a. a. 0.) als von dem der Sprache untrennbar erklärte, hat
ja ihr Recht. Dennoch ist eine kurze Durchsicht einiger sol-
cher Typen nötig; denn wir müssen feststellen, wie weit der
Gesichtspunkt der Sprachvermischung selbst ein ganz willkür-
licher ist. Zur allgemeinen Charakteristik schicke ich die
Worte von Diels (a. a. 0. S. 21) voraus. "Alle diese Kunst-
produkte erinnern etwas an den Faustsclieu Homunculus. Denn
auch die Sprachen sind Organismen, die sich nicht in der
Retorte brauen lassen."
1) Das Volapük wurde 1885 von Joh. Martin Schleyer,
Pfarrer zu Litzelstetten bei Konstanz, veröflFentlicht und hatte
einen Erfolg, dessen sich keine andere Weltsprache rühmen
kann. Als ich 1885 in Paris war, wurde man auf der Strasse
überschrien von Männern, die ""la langue universelle! la gram-
maire du Volapuk!" feilboten. In romanischen Ländern fast
noch mehr als in Deutschland bildeten sich "Volapükaklubs".
1890 sollen sich etwa 13000 Menschen im internationalen
Verkehr dieser Handelssprache bedient haben (Galle a. a. 0.
S, 478). Ich besitze eine von Schleyer komponierte Volapük-
Hynme für gemischten Chor, die so beginnt:
Yüin-ob-sök slä-ne blodäla,
Di-ko-di valite *e-töbs.
auf deutsch:
Künstliche Sprachen. 87
Tönöls jüli bäla däla,
Völa pttke kösyuböbs,
Friede, Brudersinn zu pflegen,
£intracht8inn sei uns Panier!
Jauchzet diesem Werk entgegen!
Tiine Sprache!" ruft mit mir . . .
Der Absturz, wie ihn G. Meyer (a. a. 0. S. 46) gegen
den Widerspruch von Alfred Kirchhoff und Hugo Schuchardt
voraussagte, kam bald. Wo ist heut das Volapttk? Wo der
Enthusiasmus für Jägerhemden und Kneippkur geblieben ist:
die Weltreligion ist zur Winkelsekte herabgesunken.
Über die Schwächen des Volapük haben z. B. Beermann
•"Studien zu Schleyers Weltsprache Volapük" (1890; vgl. G. Meyer
a.a.O.S. 28, Dielsa.a,0. S.22) und Hans Moser (Grundriss einer
Gesch. d. Weltspr. S. 40 f.) gehandelt (andere Litteratur bei Moser
S. 41 Anm.). Beermann sagt: "Volapük in seiner jetzigen
Gestalt ist allenfalls für den schriftlichen Handelsverkehr ge-
eignet . .; in der Poesie sowie überall da, wo es auf Schön-
heit der Darstellung ankommt, hat es keine Statt; für den
mündlichen Verkehr ist es unbrauchbar. Seine Erlernbarkeit
ist nicht leichter als die der meisten Kultursprachen; denn
was durch die Regelmässigkeit seiner Lautbezeichnung und
seiner Flexion gewonnen wird, geht durch die Unregelmässig-
keit seiner Wortbildung wieder verloren. Die einzigen Vor-
züge, welche Volapük vor den Natursprachen hat, sind seine
teilweise auf Kosten der Dentlichkcit erlangte Kürze und seine
Internationalität, wenn letztere auch in der Hauptsache sich
als nur scheinbar erweist, da sie nur das Äussere, nicht aber
den Geist betrifft." Vollkommen zutreflFend! Volapük bleibt
eine Übersetzungssprache, ein unmöglich gemachtes Deutsch,
im Grund nicht viel besser als das von Moser (a.a.O. S. 15j
der Vergessenheit entrissene "Weltdeutsch" eines Anonymus
P, der unsere Muttersprache zur üniversalsprache "vereinfachen"
wollte, indem er z. B. folgenden Satz bildete:
''Hast du einen grosser Woltäter unter die tiers als mich?
Das biene fragte den mensch. Ja wol, dieser erwiderte" . . .
Schleyer selbst gibt in seiner "Grammatik der Universal-
sprache für alle gebildete Erdbewoner" (Dritte Aufl. 1884)
als Prinzipien an: ""Der Weltsprache liegt die englische
88 R. M. Meyer,
Volkssprache zugrunde, weil diese wohl von allen Sprachen
gebildeter Völker die leichteste und verbreitetste ist" (S. 25)
"Die Universalsprache vermeidet (um der romanischen und ost-
asiatischen Völker sowie der Kinder und Greise willen) häufig
die Buchstaben r, rr, h, c, ch, ng, engl, th, russ. jtj u. ä." (S. 27;
vgl. aber Diels S. 22). Ausserdem sieht sie auf Kürze, kennt
wie das Englische keine Genera und vermeidet thunlichst alle
Häufungen von Buchstaben, auch schon Verdoppelungen (S. 26).
Man sieht: dem Verf. wurde zunächst das Englisch als
Grundlage von der Stimmung der Zeit entgegengebracht; und
von hier auch die Geschlechtslosigkeit der Nomina. Die Ver-
meidung bestimmter Laute ist aus der Beobachtung gewisser
Sprachen — übrigens mit grosser Inkonsequenz — abgeleitet.
Die Durchführung ist freilich willkürlich genug — und
doch haftet sie an der Vorzeichnung der natürlichen Sprache!
Der Genetiv Sg. wird durch a, der Dat. durch e. der Akk.
durch i bezeichnet (S. 36) — Übernahme der auch bei den
Kindern so beliebten Ablautsreihe, nur in thörichter Wendung
vom Klang («r, /, u) zum Alphabet (a, e, i)\ Der Plur. hängt
immer ein -8 an; das ist schon idg.! Die Suffixe sind ganz aus
lateinischen {-ik = -icus) oder deutschen (-e7 Diminutiv S. 39)
gebildet; sogar die substantivischen Partizipia erhalten (S. 67)
eine Sonderstellung nach deutschem Muster! Oder es wird
nach ungarischer Art der Vatersname vorausgestellt (S. 35)
und eine Art Vokalharmonie erstrebt. Vor allem aber: der
Ertinder bleibt völlig im Schematismus der europäischen Kul-
tursprachen stecken, so völlig, dass er z. B. (S. 64) auf die
Nachricht, es gebe Indianersprachen, *^denen sogar der Infini-
tiv gänzlich mangelt (!)" mitleidig ausruft. ""Welch eine Armut
und ünbeholfenheit in diesen lebendigen Sprachen!" (Vgl. all-
gemein Schuchardt a. a. 0. S. 24).
, Eine gemsse Selbständigkeit, eine Annäherung an die
Technik der "philosophischen Sprachen" zeigt sich nur in der
Agglutination der Modi z. B. elogofölsvli-la "Frauen, die etwa
möchten gesehen haben" (S. 65; Schleyer ruft voll Selbst-
bewunderung: "Welche Kürze, Feinheit und Geschmeidigkeit
unserer Allsprache! Hier gibt es zu denken!" Vgl. S. 88 den
Hymnus auf die Weltsprache: ""Wer sie nicht achtet, kennet
den Zweck ebenderselben nicht. Solche Menschen haben ein
enges Herz" . . .) Aber die ganze Art der Agglutination selbst
KüiiMlichf S|iniclien. 89
TVht ja docli aaf dem Muster der gesprochenen Rede wie
«ueb anf der Analogie der abstrakten Spraciien: der mathe-
iBatiachen, cliemischen nnw., Ul)er die noch später zu handeln!
Man sieht: es gibt auch hier keiue Partbenogenesis. Die
Fomt der üingeBtaltnng ist durch die lebende Spraclie gege-
.fcrn; ihre Prinzipien sind durch die moderne Sprachentwieke-
loiig vorgezeichiicl; tind so wii'd nach gegebenen Prinzipien
4as vorhandene Sprachniaterial kombiniert und umgestaltet.
2) Pasilingna von P. Steiner (E lernen targram matik 1885)
Hit Volapllk (und /war zu Gunsten der Pasiüngua) verglichen
Ton H. Moser (a. a. 0. H. 40 (. und in der "Kritischen Stu-
die": "Zur Universalsprache". 1887). Hteiner beginnt einen
Vortrag "Eine Gemein- oder Weltsprache Pasilingua" (1885)
mit den Worten: "Das Bedürfnis einer Weltsprache scheint
eine aubcetrittene Thatsaehc geworden zu »ein". Er sieht von
Hfier Bildung internationaler Worte ab und strebt (S. c| nur
■eine neutrale Grammatik an, in der mm (S. 7) Jeder in sei-
,']um Idiom schreiben kann: er hat nur die Wur/.el abzutren-
aso "Im Himmel" heisst 7.. B. (S. Hl gricch. ouranain, lat.
toelain, seliweil. himmelain, frz. cielain, dagegen deutsch Uint-
■mela, engl, heavena. Er kommt so zu einem internationalen
Jdiom (S. läj, z.B. Anzeigen in einem Postbureau: Tas büre-
anas Echliesatesitas abendis ad ta octava ultra". Die Abhän-
gigkeit von den wirklichen Sprachen ist hier also viel grösser,
wie z. B. in Mosers Studie eine vergleichende Tabelle der
Deklination in Volapdk und Pasiüngua (S. 14) zeigt. lusbe-
flondere hat den Erlindcr das Lntein im Bann, so dass er
(Elemeutargramm. Ö. 49) sogar Pliisquaniperf. und Fut. exak-
tam i"Mi grandotefer" 'ich war vergrtissert worden' und "Mi
jraudoterer" 'ich wenic vergrfissert woidcn sein') bildet, ob-
wohl doch die Spracbentwiekelung hier energisch genug für
Umschreibung plädiert!
3) A. Volk und R, Fuchs haben gleichfalls eine "Welt-
Sprache, entworfen auf Grundlage des Lateinischen" (188it)
TerOffentlicht. Galt doch das Latein selbst früheren Epochen
vEä eine künstliche Sprache, "als ein Uttcrarisches Kunstprodukt"
*(Tgl. Vossler Poetische Theorien in der ital. FrllhreHaissanee"
^.30), während es doch nur das Muster einer strengen Schrift-
sprache ist. "Die Weltsprache nimmt den grössten Teil ihrer
Wörter aus der lateinischen Sprache, den Rest entlehnt sie den
I
90 II. M. Meyer,
romaniechen Sprachen, in ein/elneu Fällen wendet sie Komt-
wörlcr an". Als Prinzip herracbt diireliaus das von der neueren,
besonders am Englischen sichtbaren, Entwirkehing geforderte
Abwerfen der Endungen — darin sind so ziemlich all diese
Kunstsprachen einig, "Inp" ftlr lupua zu sagen. Sie folgen Ja
hierin auch der Augbildung der lat. Sprache selbst von lupus zn
fn. loup oder von musica m fr/., musique. — In der Suflix-
bildnng zeigt sieb die enphonische Ombildnng mächtig; gran-
disso (S. 2ö) statt grandisto mit Assimilation. — Eine Welt-
sprache auf Gi-nndlage des Lateinischen ist auch das von Galle
(a, a. 0. S. 478) empfohlene Esperanto des Russen Zamenhof.
4) Ein "Ideal-Ronianisch" auf Grundlage des Latein
streben eine An/abI Spracherfinder an, llber die G. Meyer
(a. a. 0. S. 4ä) spricht. Auch sie gehn von empirischen Ge-
sichtspunkten ans: die grosse Zahl romanischer Bestandteile
im Englischen, die Fremdwörter im DeutBchen neugen ihnen
für eine Tendenz der Kultlirsprachen auf ein gelilutertes Neu-
latein. Einer von ihnen, Lipiay, erklärt sogar (a. a. 0. S. 41j,
er habe seine Gemeinsprache nicht erfunden, sondern lediglich
entdeckt. Meyer verweiHt zwar dem gegenttber auf sehr ge-
wagte Erfindungen Liptays; aber sie werden an dem Charakter
einer blossen Kombinationssprache auch schwerlich viel ändern.
5) Nur scheinbar unterscheidet sieh von dem Volapflk
und seinesgleichen die "Zahlensprache" Ferd. Hilbes (1897).
Der Erfinder blickt zwar mit Hohn auf die biBheiigen Welt-
spracben, deren Lehrer keine Sprachen erfunden hätten, "da
sie gezwungen waren, ihren Wortschatz anderen Sprachen 8U
entlehnen" (S. IV) und erklärt seiuc Sprache für die einzige
neue (ebd.), weil er "einen von allen Natursprachen unabhän-
gigen, in feste Formen gebrachten Wortschat«" gebildet habe.
Thateachlich ist seine Erfindung genau so sehr vom Master
der Natursprachen abhängig wie VolapUk oder Pasilingna.
Nach dem romanischen Artikel formt er sein la, le, li, lo
(S. XVIll), wie er la pa "der Vater", la ma "die Mutter"
(ebd.) aus pater nnd mater herausverstllmmclt. Alle Wort-
klassen werden nachgebildet, sogar sämtliche Adverbien; nicht
einmal das Genns erspart er sich. Ob dann diese "Millionen
verschiedener, vollkommen selbständiger, festgel'ormler, ein-
bis fUnfsilbiger Worte" (S. XIIL mit Zahlzeichen (S. XXX),
so nnvci'ständlich und missverstSndlicb wie niüglich, geschrie-
Kim6tli(.-hc Sprachen. 91
teil werden »der nicht, das macUt iiatQrlicIi gar nichtB aua;
SiUies "Z ah lensp rauhe" wird ilcBhatb noch durchans keine Be-
griffäzeichemprache (vgl. u. VI 2), ROiidern bleibt eine rohe
SontaminationEsprache.
6) Die nencste Leistung dieser Art, die "Blaue Spraehe"
\nu LioB BoUak (Paris 1900) geht in ihrer Einteilung 'S. 6 f.)
etwa« seihständiger als die andern vor; immerhin ist die Ana-
logie der Nationalsprachen noeli stärker bestimmend als die
Logik. Werden doch aueh hier sogar die übertlüBsigen tem-
pora cxacta gebildet (S, 9 Anm.)- Die Korrelativadverbia
(S. 38) und vor allem die Warzeln selbst sind ans dem Latein,
dem Englischen nsw. abgeleitet: "lov" lieben, "fant" Kind. Es
igt ein Versuch, die herrechenden Spraelien in das "Ideal" der
> eil inesischen Einsilbigkeit einzuzwängen.
7) Fragmentarieelie Kombinationsepraehen dieser Art sind
«chon lange vor der Mode von 1K83 — 1885 anfgetaneht; frei-
lich aus andern Tendenzen heraus, leh nenne hier nnr swei
.interessante Versuche, einen berOhmtcn nnd einen gänzlich
.Tergeasenen,
Fr. J, Kruger, der Begründer einer "Junggemianischen
.GeselUchaft", stattete deren Jahrbneh "Tent" (1859) aneh mit
;einem Anfsatz "über die Keinigimg und Fortbildung der deut-
BChen Sprache" ans. Er geht hier von ästhetischen Rflck-
jücfaten aas, will, wie Schleyer, unschöne Klänge vermeiden;
besonders sind ihm (S. 46) die Ziachlautc unerfreulich. Aber
gleichzeitig ist er Purist und will der deutschen Sprache wie-
dergeben, was er ihr ans nationalen Gründen glaubt nehmen
zn sollen. Hierbei kommt er, so viel ich weiss unter allen
Neologisten allein, auf das Prinzip, neue Wurzeln zu bilden —
die er oft ganz wie die "Pasilingua" aus den lateinischen oder
aoeli an«! fremden Worten abstrahiert. So erklärt er für eine
schone Wurzel "Ton" nnd bildet daran "tonen" für musizieren,
"der Toner" für Musikant. Noch näher an die neue Methode
streift es, wenn er "Magnet" (S. 48) durch "Mat" ersetzt und
.■nun bildet: "matisch" für "magnetisch", "Matung" ftir "Mag-
oetisnins"; oder aus "Plastik" eine Wurzel "plast" sieht: "plasten"
'modellieren', "Pläster" "bildender Künstler."
Die Neuerzengnng von Wurteln ist bekanntlich ein sprach-
lich sehr seltenes Phänomen, aber sie kommt vor. Im Übri-
gen glaubt Kruger ja ganz auf den Wegen des deutschen
92 R. M. Meyer, Künstliche Sprachen.
Sprachgeistes zu wandeln, behandelt die "Wurzeln" ganz wie
ein heimisches Gut und stellt so eine Ai*t Mischsprache her,
die künstlich konstruierte ürworte mit den normalen Endun-
gen versieht.
Berühmt ist dagegen R. Wagners Selbstzeugnis, das U.
V. Wilamo\\ntz in seiner Streitschrift gegen Nietzsche ("Zu-
kunftspliilologie" Zweites Stück, 1873 S. 5) so ironisch kom-
mentiert hat. "Dem Studium J. Grimms entnahm ich einmal
ein altdeutsches *heilawac*, formte es mir, um für meinen
Zweck es noch geschmeidiger zu machen, zu einem Veiawaga*
(einer Form, die wir noch heute in 'Weihwasser' erkennen),
leitete hiervon in die verwandten Sprachwurzeln 'wogen' und
Svigen', endlich Vellen' und 'wallen' über, und bildete mir so,
nach der Analogie des 'eia popeia' unserer Kinderstubenlieder
eine wur/elhafte syllabische Melodie für meine Wassermädchen,"
Ein merkwürdiger Fall ! Wagner beginnt mit der eupho-
nischen Umgestaltung, die er noch, recht stark in die Irre
gehend, auf vermeintliche Analogien stützt, geht aber von hier
zur "syllabischen" Melodie über, d. h. zu dem Versuch, aus
der konstruierten Wurzel ablautähnliche Kombinationen abzu-
leiten. Bei all diesem künstlichen Spiel glaubt er aber nur
der Urmelodie der Sprache zu folgen. Er kommt aus Kom-
bination zu Kombination und landet bei einem rein lautsym-
bolischen Gebilde, das leichter direkt zu holen war. (Über
andere Wortschöpfungen Wagners vgl. Wolzogen Die Sprache
in Wagners Dichtungen S. 33 f. 100 f.).
Dies führt uns zu einer neuen, fast nur in Fragmenten
und Einzelstücken betriebenen Art künstlicher Sprache : zu
der Sprachbildung aus dem lautsymbolischen Gefühl heraus.
(Schluss folgt.)
Berlin. Richard M. Meyer.
Arica XIV ^).
91. Die awestischen Texte des Vicarkart i Denik (Vd.)
Das Werk^ über dessen Alter IF. 11, 120 eine Vermu-
tung ausgesprochen wurde, ist nur mehr in einer Buchausgabe
1) Vgl. IF. 11, 112.
Christian Bartholomae. Arica XIV. 93
vorhanden, die Peshotan im Jahr 1848 zu Bombay veranstaltet
bat. Über ihre handschriftlichen Grundlagen vergleiche man
West GIrPh. 2, 89. In den deutschen Bibliotheken scheint
nur ein einziges Exemplar dieser Ausgabe zu existieren^ jenes
der Mtlnchener Bibliothek, das aus dem Haugschen Nachlass
stammt; es trägt von Haugs Hand den Vermerk: Trom Da-
stüor Peshootan Bombay 19**» Septbr. 1861". Die Beschaifen-
heit der Texte — sovs^ohl der in Awesta- als der in Pahlavi-
Sprache — und die Art ihrer Ausgabe entsprechen einander
vollkommen. Beide sind seheusslich.
Den ersten Hinweis auf das Werk verdanken wir Spiegel
Gel. Anzeigen d. Kgl. Bayr. Ak. d. W. 45 (1857), 185 ff., wo
auch ein paar Stellen ausgezogen und übersetzt sind. Vgl.
auch des selben Gelehrten Einleit. in die trad. Schriften der
Parsen 2 (1860), 193. Dann hat man zwanzig Jahre lang
nichts mehr von dem Buch gehört: bis 1880, wo West SBE.
5, 141 ff. einige Mitteilungen daraus gemacht hat. Reichere
ebd. 37, 470 ff. Eine Anzahl weitrer Stücke habe ich selbst
IF. 11, 120 ff. veröffentlicht.
Ich gebe nun im Folgenden alle awestischen Texte des
Vd. in der Umschrift des GIrPh. *), soweit sie nicht lediglich
Zitate aus bekannten Texten sind oder aber, wie fravaritne,
(i^am vohü, syao&dnanqm, gaOabyö usw. in rituellen Vor-
schriften sich vorfinden. — Die wagerechten Striche zwischen
den Textworten ( — ) deuten an, dass der awestische Text an
dieser Stelle durch Pahlavi Übersetzung unterbrochen ist. Die
Ziffern hinter der Reihennummer beziehen sieh auf Seite und
Zeile der Ausgabe.
1) 12, 11: data ahura spanta mazdä.
Die Worte sollen aus dem Hadöxt Nask stammen*), eine
Übersetzung ist nicht gegeben. Es heisst: ka züral'^) me-
1) Vgl. GIrPh. 1, 161. Der Nasal vor iiichtlabialen VerschlusH-
lauten, in der Umschrift w, ist immer mit dem Zeichen Nu. 3.-> ge-
geben.
2) Ich sage 'sollen*. Für den Inhalt mag ja die Angabe viel-
leicht richtig sein. Jedenfalls aber nicht für den Wortlaut. Es gilt
das für alle Quellenangaben in den folgenden Nummern. Den Wort-
laut aller grösseren Stücke hat ein und derselbe Dastur zusammen-
gestoppelt; vgl. die Bemerkung zu avi he (Nu.. 2) und zu ayara-
nqmva (Nu. 9), femer IF. 11, 129 zu aouye.
3) So lese ich versuchsweise das sonst mit ynnnäk od. dgl
94 Christian Bartholomae,
nük framän burtar u dam («) *) ohrmazd ast hac apastäk (i)
hadöxt d, a. sp, m. padtak. Vgl. West SBE. 37, 485.
2) 23, 7: aaf yezi avi he^) atauhe astavanti spitama
zara^stra — narqm vä 7iairinqm vä pairi iri^yät — erat
a^taesqm ydrahuyanqm avaratanqm maßßananqmöa vastra-
nqm paiti raecydt 1) — (24) ava&a he x^aiö pu^am atdhat
a^vöbaysm haöa avaratanqm nisrinuyät äat yezi hvqm nai-
rika bavaiti aevöbayam paiti nidadäiti yezi duydrqmhanti
naSmdm baydm frqjfasat — äat ^)yezi6a he narö irlMa hva
hizva uxödm väcdm nizdasca narö darahram paiti dyaHi^)
vlspanqm vaöqm uxdanqmca avi yqm astavitim gaB^qm ha-
ra&ram frabarat — (25) ^)yezi nöit hara^am baraiti and-
para&a haca syao^a^) — ^)avat yat Aö narö irista apu-
^ai atahat ^) upa hi pudram fradadat spitama zara^Stra-
yahmat ha6a pufhrö haom urvanam öinvat paratüm vidaryat.
Der Text soll dem Hadöxt Nask entnommen sein. Er
wird mit den Worten eingeleitet: hakar kos 1 haö ax^ i
astömand ape vitirBt x^astak (i) öi cand pa an {%) pus
u nairik u duxt raset cigön hac apastak (i) hadöxt pad-
tak. Vgl. Spiegel Gel. Anz. 45, 191; West SBE. 37, 485.
1) Pü.: 6and . . apar ap6 hüit \kui andar en gehän
hilet]^). — 2) Pü.: etön hakirdi^) an mart (i) rist haö
umschriebene Wort, indem ich an das arm. Arhamn {Haramani)
xabecd erinnere.
1) Von mir ergänzt. So immer bei ( ).
2) Die Verbindung avi he ist dem Dastur. der die Texte ver-
fertigt hat, sehr ans Herz gewachsen, er bringt sie alle Augen-
blicke an.
3) Ich habe die Krläuterungen der Pü. hier und im Folgenden
in [ ] eingeschlossen.
4) So, mit t, lese ich nach dem np. hagirz (später hargiz; s.
Hörn GlrPh, 1 b, § 100. 2). Doch wird neben ak rp auch ak n rp
preschrieben, das wäre hakurö. Die arische Grundlage ist *sdkftltid.
Ebenso führe ich jetzt mp. cl6, np. ciz mit Hübschmann IFAnz. 10,
29 aut ar. *kitkid zurück. Ein alter Vokal wurde bei der Um-
wandlung der Doppelkonsonanz in c gedehnt, während für f ir
(oder ur) eintrat; s. dazu Bthl. GIrPh. 1, § 57 No. 2.
Ich erwähne dabei, dass ich an Horns Erklärung des an glei-
cher Stelle verzeichneten np. aknün 'jetzt" (s. auch ebd. 39) — f^knün,
mit Prothese! — nicht zu glauben vermag. Ich stelle ak vielmehr
mit jAw. hakat '^auf ein Mal, zu gleicher Zeit' zusammen. Auch
sehe ich nichts, was im Wege stände, das bal. k- (Geiger GIrPhil.
Arica XIV. 9ö
x^at hmvan sax^an (u) göwisnlh nazdist (i) mart i da-
nök apar dahit \ku handarz (i) x^'ßs göwet]. — 3) Pü.:
Jiakar ni sardanh baret anapuhraJcänik bavSt ha6 en
Jcuniin kartan [ku kas 1 ka handarz i öi nS m^äret]. —
4) Pü.: itön ka an mart i rist apusar ast [kus ptis
n^st],
3) 83, 11: gms vä aspahe va varifsa.
Als QaeUe wird der Hadoxt Nask angegeben. Vgl. Btlil.
IF. 11, 129 und unten Nu. 8, 9, 16.
4) 89, 4: '^)yaeibyö aetaesqm nasukasanqm nöit xm-
yaniana am ja^dntqm 1) vlspanqmäa apqm aiwi taöaintqm
zaoOranqmäa haomavaitanqmia gaomavaitanqmca 2) nasda
a^qmca saosyantqm nöit daraonö nöit maiyö yö yaoäda-
"dryö nöit nairikayd aäaonyd ^)vl8pam a ahinät yat aHahe
n9u kaSa avi he barinümöa yaoädai^aiti^) frasnayaiti vara-
sam vd tanüm vä vasö pasöaiti xsayamana jasöit 4) avi vis-
pa€cd vohü mazdadata asaöi&ra^).
Ohne Quellenangabe.
1) Pü.: ka pa an (i) ösün nasäk kiMn n& pa pafi-
xsahih apar rasand. — 2) Pü. : zlMmOmand. — 3) Pü.:
hamdk hac an ka ösän nasak kis apar an barinüm
yöida^rlnet. — 4) Pü.: apar an (i) harvisp apdtth i ohr-
mazddat ke hac ahrdylh paötak.
5) 96, 16: aparadamia hü frds7nö (91) daifi afrtnantl.
Ohne Angabe der Herkunft. Es wird gesagt: patmdnik
ha6 sar bastan rdd 2 göwds^) griff an u pas hac hüfräs-
mödat ke had a, h. fr. a padtak.
1 b, 243) ebenfalls damit zu verbinden. Völlige Gleichheit von np.
ak°y bal. k° mit jAw. häkat will ich nicht behaupten, vielleicht liegt
ihnen *hakam zu Grunde, s. ai. Häkdm. In mp. ak n dn, Päz. agnin,
aynln, aganin steckt das selbe Wort; ich lese also hak^.
1) Päz. guvähj guvä. Ich vermag, trotz Hörn GlrPh. Ib, 50,
das Dp. guvdhj guvä mit dem phl. dn k a s lautlich nicht zu vereini-
gen. Es scheinen im Iranischen drei verschiedene Wörter für 'Zeuge*
vorhanden gewesen zu sein, die späterhin z. T. lautlich durchein-
ander geraten sind; nämlich: 1) *uikaia-j eig. 'der Scheider* (der
Thatsachen), = jAw. vVcaya- F. 8, 27 h; — 2) *uikäsa-y eig. 'der
Beobachter* (der Thatsachen); — 3) *gattbäka', eig. 'der Berichter*
(der Thatsachen), = mp. göwäk bei Salemann Parsenhandschr. S. 99,
Z. 19, wo es mit göyä übersetzt wird, und SBE. 47, 115 (göwäkpit
haviug a testifying father* für Aw. dradat.fddrl- [früher hatte West
96 Christian Bartbolomae,
6) 97, 6: duye hazanrahe asparanqm nidadat.
Ohne Quellenangabc. Der Text lautet : kuii huzvan apdk
dil rast pa Bn Jcär vicln kartan d, h, a. n. ha6 kustak
(i) söd patlriSn,
7) 116, 10: ndmö avi Z9mö vaydanam hada urva ha-
r?ntu
Ohne Quellenangabe. Der mir z. T. unverständliche Text
lautet: 6igön kämak casmak u newdklh dätär dtati i var-
junbäk gelesen, GIrPh. 2, 97], sowie enthalten in göwäkxh des Dk.; s.
ArtftVlraf-Gloss. 273 und die Bombayer Ausgabe § 147.
Dass das Pahlavi-Wort dn k a s auf *ui^ zurückgehe, ist da-
rum ganz unwahrscheinlich, weil es, so viel ich sehe, nie mit n**,
sondern stets mit dn° geschrieben wird; s. Hübschmann IF. 4, 118.
Ich halte das Wort für eine Ausgleichsbildung zwischen den alten
Wörtern 3 *gaubäka-y das den Anfang, und 2 *täkäsa-j dass den
Schhiss geliefert hat, und lese es demgemäss gökäs, wie es jetzt
auch West thut, zuletzt Zs. 22, 10*).
Päz., np. guvä und Päz., np. guväh setze ich einander nicht
g:h»ich, wie Hörn GIrPh. Ib, 97 thut; vgl. auch Hübschmann IFAnz.
10, 29 unten. Dagegen spricht ganz entschieden das im Päz. häufige
Abstraktum guväe (Mx., §g. 14. 48 f.), das phl. gökäsih wiedergibt,
aber ein °rtfciÄ voraussetzt. Ich sehe in Päz., np. guvä, die regel-
mässige Entwicklung eines frühmp. *mwäk, das ist eine Kontami-
nation aus den nämlichen beiden Wörtern wie bei gökäs, doch so
dass *ijikäsa' den Anfang und *gaubäka- den Schluss beigesteuert
haben. Die Nebenform von Päz., np. guväf nämlich guväh führe
ich auf *viwäs (s. unten), dessen s von gökäs bezogen ist. Eine
Beeinflussung wieder von der entgegengesetzten Seite zeigt das
im Glossary zu Vol. 1 der Bombayer Ausgabe des Dk., S. 16 auf-
geführte, göyä umschriebene Wort; es ist gökäk zu lesen; die Schrei-
bung ad statt ak am Wortende ist ja ungemein häufig. Endlich
das eben in der Vd.-Stelle bezeugte Wort dn nas kann, wenn göwäs
gelesen, *gaubäka' mit dem .v von *uikäsa- repräsentieren; ist aber
dn jüngere Schreibung für n = ui°, so hätten wir das eben kon-
struierte viwäs vor uns. Es ist nicht viel Verlass darauf.
*) Beiläufig bemerke ich, dass Zätsparam der Name eines
Verfassers ist, der Name eines Dasturs, der um 900 n. Chr.
lebte, nicht aber der Titel eines Buchs, wie Geldner GIrPh. 2,
21 meint ("der Z. teilt", **. . erfahren wir weder aus dem Z.*^,
Ich würde die Rüge des für einen Iranisten allerdingt recht mas-
siven Fehlers nicht für nötig erachtet haben, wenn Geldner nich^
schon Schule gemacht hätte. Aber auch in Jacksons Zoroaste^
lesen wir "the Z. recounts" (32), "as the Z. indicates" (40), "th
words of the Z." (49), ". . is laid by the Z." (54) u. ö.
Arica XIV. 97
hram H'dn patiha namac n. o. z, v, h. u. b. namüc apar
zan^k pa an i sar apäk röd barend*
8) 125, 14: g§ui vä vardsa aspä vä vardsa — ^)yya9a^)
4xi h6 gaui vardsö taidh^ui nraosö^) — fravaöat ahurahe nuizdd
az&m spüarmm zara'&vMra^ni gqtnöa varasarnca avi he das-
nqm mäzdayasnim datam aiduhi astavaintam karanaväni ae^iö
^^ y^ yaoäda&ryo.
Es ist gesagt: hai apastak hatak{i) äim startak padtak
g, V. V. a. V. V, vars hac gav u haö asp süy^t hac dumb
i gav u hac manaoOra (i) asp. Die Quelle wäre also das
awestische Kapitel vom bestürzten Esm (Aeifma)^). Gemeiut
ist damit jedenfalls der in der ArtäViraf-Ansgabe, Introd.
Essays V unter Nu. 18 verzeichnete Text. Er beginnt mit
den Worten: andar den guft ^stit ku : ehn davärast 0 ahra-
tiian. pes ha6a^ gridast^) ku : man andar getih ne sav^m
ci ohrmazd i x^atad andar getih 3 cl£ ddt Sstet ka man
ci66i kartan ne tuvan usw. Wenn die Angabe des Vd.
wahr ist, mttsste von dem Stück auch eine awestische Ver-
sion vorhanden gewesen sein. Vgl. Bthl. IF. 11, 129 und
unter Nu. 3, 9, 16.
1) Pü.: cigön ka an vars (i) gdv vehtar framüt estet
[ku newaktum] hac asp, — 2) Mit dem iranischen und
dem indischen Anlauts-y gesehrieben.
9) 126, 15: ya&a yat he xsacas ayara paourvaeibyö
yasna mi§ra vouni gaoy{l21)aoitöis avi ramsca x^astrahs
hada rispa^sqm asaonqm frayazänti — haomacaitibyO gao-
mavaitibyö zao^räbyö hada atraHbyö saocayantaeibyo — ^)(fat
pasca xsavaidim ayaranqmöa narö arahan asavanö hacaiti
varasanqm avi he yasnö karatanqm u{\2H)zgäurvayat vohü
inanö yazata 1) ahuram mazdqm yazata atnasäspanta — avi
xmümaine zara&ustrahe spitamahe asaonö fravasae — ^) ya^fa
uzgaraptam va varasam vd 2) paiti xsnao&ra ahuram mazdqm
1) Vorausgesetzt, dass meine Lesung der beiden Wörter vor
i^aitäk richtig ist. IF. 11, 180 hatte ich sie asam stöfak lesen wollen.
Das erste Wort ist mit a uud dem letzten Zeichen auf S. 325 der
irtft Vir&f-GloBsary geschrieben, das zweite mit ddt n t k.
2) D. i. np. gtrist, mit i aus iya für ida. In der Hds. ist i
plene geschrieben; anders im Glossary zum 3. Vol. der Bombayer
^'f.-Ausgabe, S. 6.
Indogermanische Forsehangen XII i n. 2. 7
98 Christian Bartholomae,
frakaranavintqm pasöaite ya^vaca yavatotaiöa avi JiS paoi-
rtm yanna upamdmca madamdmda fratamamöa frabaroit
Ohne Quellenangabe. Da es mit dem vorhergehenden
unter 8) verzeichneten Stück zum selben Kapitel gehört,
wird es wohl auch derselben Herkunft sein sollen.
1) Pü.: etön pas ha^> 6^) rödanca-) mart i ahrav haS
an vars andar yazisn kartarlh uzglret u haö veh m^-
nisnlh yazet. — 2) Pü.: cigön ke uzglrH vars.
10) 136, 5: ^)aat yat daraonö vanantö stärö mazda-
dato frayazyat ia^wärö daraonö frakarantanti 1) aiwi x^a-
ranti yat a^sö na yö yaoMa^ryö.
Angeblich aus dem Nikatum Nask, Vgl. West SBE.
37, 474.
1) Pü.: Hön ka sür (i) vanand star .. froö yazat
öahdr sür frac karlnin^nd u apar x^arand.
11) 137,9: at ^) caihcara ayaranqmda ^) upa mqnayam
ya^a '^)ßvayqm humanqmca^).
Ohne Quellenangabe.
1) Pü.: 4 röc^). — 2) Pü.: ätvam*) u hörn.
12) 138, 7: aat aoxta ahurahe mazdd azam spitamöi
zara^strö avi he iristanqm tanüm vastaranqm yaoMata-
nqm fradaöaiti ya&a paoiryö sravarö bityö antama aiwydn-
hanö ^rityö vastrvi a&ravana tüiryö aiwyärahanö büjyamanö
puxda zaradvehe xastvi paiti danahe isar pas6a pux&am
bandam bandyat yada a^va angustqm aouye inaunqm dra-
yö{139) maiSyehe tüirya zastaeibya puxda kuirisahe dva nara
mat nizbyehe sraosö asyö huraodahe vtspanqm vastaranqm
asya varauhya fradaöaiti spitama zara&ustra aSvakam na-
rqm asaonqm ahunvitlm ga&qm frasravaynti pascaiti avi
he iristatanüm upa daxma frabaröis.
Quellenangabe fehlt. S. im Übrigen Bthl. IF. 11, 120.
13) 145, 1: yezi narö mazdayasnö haca ga^^öhyö pairi
iri&yeiti ^)aat he nqnia hada pitö fragäurvayat^) yezi nai-
rika pairi irißyeiti 2) aat yat he nqma hada padanö uzg9-
1) Für x^avaidlm', Vgl. Y. IL 9, IF. 11, 129.
2) Für ayaranqmöa. Der Verfertiger des Awestatexts hat
dem Y. 1. 17 vorkommenden Wort eine falsche Bedeutung beige-
legt. Vgl. zu Nu. 11, 15, 19.
3) S. eben zu Nu. 9).
4) So! Aber a ist ausgelassen.
Arica XIV. 99
urvayai 2) gpüma zaraOtiStra 3) aetam väcdtn nl antara maz-
dayasnanqm frcLsastayat^).
AIb Qaelle wird der Hadöxt Nask namhaft gemacht.
Vgl. West SBE. 37, 487.
1) Pü.: Hön nam i ö% apak pit i oi fra6 giret, —
2) Pü.: etön ksi nam i an apak nöd (i) öi uzgirat. —
3) Pü.: in vaidk frai vafrinakanlnat^) , . . en sax^an
api gOw u fraö vafrlkan^),
14) 146, 4: l)at7f TiB antara daxmanqm yat iristanqin
Jcaünqm a narabarazanqm karanuyat^).
Ohne Bezeichnung der Quelle. Vgl. Spiegel a. a. 0. 192.
1) Pu.: apar an i andarön har daxm ka an (i) ristan
kUan dn ka mart bälak kunat. Dazu die Erläuterung:
aparak guft har kis i rist tan rad andarön (i) daxm
mart boldk adav apurnak balak api kunisn 6igön ka
pa ravän asantar bavBt u karpak vindH.
15) 148, 3: ^)yezi narö mazdayasnö avi antaraca yas-
nyanqm öi&warO ayaranq^ avavat 6it sOstraSa frajasaiti D
aat hB narö havqm tanüm pairi yaoMditi aetam tüirya'nqm
yasnyanqm frakaranöit.
Keine Quellenangabe.
1) Pü.: hakar mart i mazdayasn rdd apar an andark^)
yazisn öahar röc^) i navak zütih and 6and clc i sOsta-
rlh fraö raset.
1) So nach der Päz.- Lesung im S^. Was soll aber das an-
laue. V?
2) So lese ich trotz Hörn, der die Pazandlosung andarg (S^.)
NpEt. 27 No. für Unsinn erklärt. Ich stelle rap. nndark zum jAw.
Adv. antaraca Vp. 20, 2 'inmitten von-' (Akk.) und setze die Glei-
chung an: antaraca : andark = jAw. pasca : paskät» Doch will
ich dabei nicht behaupten, dass dem mp. andark gerade die Abla-
tivform zu Grunde liege; es könnte ebenso wohl ein Akkusativ auf
^kom sein (wie ich ihn auch für got.pairh annehme)*). Es kommt
übrigens antar^ia- auch als Adjektiv 'innen befindlich' vor; s. mein
AirWb. ühlenbecks Etymologie von ai. pascä halte ich ebenso
wie die von ihm für sdcä und säkdm gegebene für verfehlt.
3) S. zu 9).
♦) Auf einen solchen Akk. Sing. Neutr. geht auch das np. farä.
Mp. fräk steht Vp. 12, 1. Gegenüber Hübschmann Pers. Stud. 84
und Hörn GIrPh. Ib, die up. farä gleich aX.prdk stellen verweise
ich auf IF. 4, 121. Ganz verfehlt ist Fr. Müllers Ansatz, WZKM.
7, 377. S. noch unten S. 114 zu mp. äk.
100 Christian ßartholomae,
16) 155, 10: g9us varasö.
Ohne Quellenangabe. Vgl. unter Nu. 3, 8, 9.
17) 157, 14: yezi narö panca dasafdhö sarddö inrai-
^ydt avi he urvändin hüjyändm ^rdyö ayara uzayarna ra-
&w{\bi)ö hanjamanam frajasöit clat hä apu^a atahat pu&ra
fradadäiti yat^aca nara irista vlspanqm avaratnqm saitatai-
fanqm avi he frazaintlm frajHöit pascaiti namatauJiaiti baoi-
Ayeitaca urväsnyd.
Soll aus dem Bayän Yast stammen. Vgl. West SBE.
37, 471. Pn. ist nicht beigegehen.
18) 160, 10: yat aete yö mazdayasnö aparanäyükö avi
h^ hapta sarada frajasäiü stahrpaesarahö aitoydfaJidnö paitii
maidyäi büjyamanö avi h^ nara pascaiti namarahanti.
Quelle wie für Nu. 17. Vgl. West SBE. 37, 471, Bthl.
IF. 11, 128.
19) 179, 6: ^)yezi nairika aetdhe apu&rtm ujustanam
nijasaiti daf he pu&rqm 6a&wdrö mdhyanqmca upa dasa
ayaranqm nöit bavaiti avai he daxma nöit upaiaharazdt
a^taf he ndirka pas^a dvadasa xmprdt haom tanüm yaoi-
dditi karanaoiti yezi pasciti ca'dwdrö mdfahö pairi dasa ayara
bavaiti aete yö mazdayasna aetahe daxma uparaharazaüi äat
he ndirika pasca caäwdrasta7nca ayaranqmca haom ta{lSOy
nüm yaozdaitt spitami zara&tistra^).
Ohne Quellenangabe.
1) Ptt.: hakar ndirlk dn (i) öi apuslh uzustdnih apB
raset Btön dn pusar 4 mdh^) apar 10 röc^) nä bav6t
dn (t) öi rist andar daxm ne apar hiliin etön dn ^ndi-
rik pas hac 12 sap dn i x^is tan yöiddsr kunend ha-
kar pas hac 4 mdh u 10 röc ku vei bavet etön öi ke
1) Das soll heissen: "Wenn eine Frau mit einem toten Kind
niederkommt, soll man das Kind, sofern es noch nicht vier Monate
und zehn Tage alt ist, nicht zum Daxnia hringen, die Frau aber
soll ihre Reinigung nach zwölf Tagen vollziehen. Wenn dagegen
(seit der Empfängnis) schon vier Monate und zehn Tage vergangen
sind, sollen die Mazdayasna es (das Kind) zum Daxma bringen
und die Frau soll sich nach vierzig Tagen reinigen, o Sp. Z.** —
Also DooTmabestattung, sofern schon Kindsregungen zu spüren waren,
sonst nicht.
2) Für mähyanqmva. V^l. Y. i. 17 und oben S. 98 No. 2.
3) S. zu Nu. 9.
Arica VIV. 101
mazdayasn ö öi rist pa daxm apar hiUt angäh an ke
nairfk pas had 40 röc x^'es tan yözdasr kun^t spitäman
zartuSt,
20) 180, 14: aat aoxta ahurö mazdd yat aete yö maz-
dayasna aet9m srirdm viistrdm stahrpaesaiaham hvqm tanüm
bada p€U)infn vaidhan9mca hada 1) vranö paitaudmca 1) pcLS-
caiti aiwydnihänO ava h€ maidyänam hüjyamanö aetam zl
srir^m vastrdm mainyü täitdm haca mainyavanqm däma-
nqm avi me fradadat ahurö mazdd amva ya^a hs D varanö
paitan9m^) astimqnyan hvavdxsaHahe adaf hada he vasta-
ranqm yaöida^anqm frdyaza vd nizbaya vä ahurai maz-
dai amasnqm spantanqm spitama zara&uttfra.
ÄDgeblich aus dem Nikatum- Nask. Y^L West SBE.
37, 474.
1) Ptt.: varavisnpan (West: 'a preserver of faith').
21) 184, 14: aat a^fahe panca ayara hamaspaßtnaidam
paiti ratüm spantayd ai*mitöiM jndtdhö nöit frasraüayöif.
Soll aus dem Nikatum Nask genommen sein. Vgl. West
SBE. 37, 475.
92. Ein Fa e t> a - F r a g m e n t.
Geldner hat im GIrPh. 2, 9 darauf hingewiesen, dass in
der Münchener Bibliothek unter Cod. Zend 35 sieh ein Va^ßa-
Stück befinde, das sich mit dem von Darmesteter JA. 1886.
S, 182 veröfientlichten nicht decke. Es hat folgenden Wortlaut:
vae&a daenyä mdzdayasnöis ahuramazda mraot tat
naram asavanam paoiryö frd daranjayaiti humatöibyascd
hüxtöibyasca hvarätöibyasöa paiti hüarsta ,syaoihiavarazi tia-
r^tn va nairikiva pu^am va iri&yat haöi spanam naesyaeti
hamat haäa nasa uta jainti dva nara ha staris ha harazis.
Voraus gehen als Einleitung die Worte: pa nqm i ya-
zatan dat ta^) datar ohrmazd en nask vaf^a ^) padtak hac
apastak padtak ^)pa nqm yazdqn '^).
Das Stück geht auf die gleiche Quelle zurück wie § 1—8
des von Blochet Rev. Lingist. 33, 87 ; 187 übersetzten und kom-
mentierten — leider nicht auch edierten^) Faei^ö- Fragments
1) lu neapers. Schrift fbis ).
2) In awestischer Schrift {Päzand).
3) Blochet schreibt a. a. 0. 88: "je me suis borne k reproduire
102 Christian Bartholomae,
in einer für Darmesteter gefertigten Abschrift der Bibliothfeque
Nationale. Die § 23 — 39 bei Blochet entsprechen dem von
Darmesteter a. a. 0. wieder nach einer andern Handschrift
veröffentlichten nnd übersetzten Stück. — Nach der Schrei-
bung des x^ mit dem Ä-Zeichen (GIrPh. 1, 161) zu schliessen
stammt die Münchener Handschrift aus Iran. Eine mittelper-
sische Übersetzung, wie sie die Pariser Handschrift enthält^
fehlt. Der Text ist erbärmlich und steht etwa mit dem des
Vd. auf gleicher Stufe. Neu ist nur eine einzige Form darin :
näeh't/aeti (bei Blochet ebenso), richtig naisyaiti, Futur zu
nayeiti, = ai. nesydti; vgl. den Konj. des ^-Aor. naesat Y.
31. 20; die Pü. freilich will nach Blochets Angabe inüast
kartan) es mit nishiböit usw. in Verbindung bringen.
93. Yt. 8. 6 f. und 37 f.
Die bezeichneten Stellen des JUtr-Yait enthalten die
älteste Darstellung der Sage von Srdxsa, dem besten Pfeil-
schützen der Arier (Iranier). So oft nun auch in den letzten
Jahren, seitdem Nöldeke ZDMG. 35, 445 in Srdxsa den spä-
teren Aris wiedererkannt hat, darüber geschrieben worden
ist — ich führe noch an: Darmesteter ZendAv. 2, 415, Justi
Namenbuch 88, Marquart ZDMG. 49, 633, von Stackelberg
ZDMG. 45, 621, IF. 4, 152 — , so fehlt es doch noch immer
an einer grammatisch richtigen und sinngemässen Übersetzung
jener Awestastellen.
Die beiden zitierten Stellen stimmen nur zu Anfang über-
ein. Die an der zweiten gegebene Schilderung des berühmten
Pfeilschusscs ist wesentlich ausführlicher, schmuckreicher. Ich
setze die beiden Versionen (mit den Abteilungen der Neuaus-
gabe) zum Vergleich neben einander her:
(6 und 37) . . tiyrU mainyavasä
yim ardhat draxHö x§viwi,iSus
xhnwLisvatdmö airyanqm
airyö.xmi^at haca qaröit
x^anvanfdm avi gairlm
tel quel le texte de mon inanuscrit" und der Wortlaut des 'Com-
mentaire' setzt an verschiedenen Stellen diese 'Reproduktion* voraus.
Ist sie erfolgt? und wo? oder ist es bei dem Vorhaben geblieben?
Arica XIV. 103
(7) t€ida dim ahurö mazdd (38) avi dim ahurö mazdd
avqn data tat ^p^ ^'^ avqn amasd spanta
vardsia vourugaoyaoitü h€ mißrö
pairi sB vouru.gaoyaoitw pouru pantqm fracaeia^-
midrö froiayat pantqm t^m
ä dimpasküt anumardza-
tdm
aäisca vamihi hardzaiti
parandica raora&a
vlspam ä ahmat yat aim
paiti apayat vazamnö
x^'anvantam avi gairim
x^anvata paiti nirat
Die vier Zeilen zu Anfang von § 7 and 38 sind ebenso
bemerkenswert durch ihre Übereinstimmungen wie durch ihre
Abweichungen. Ein bezeichnendes, sonst nicht vorkömniliches
Wort ist ihnen gemeinsam, d. i. avqn,
avqn: Geldner KZ. 25, 477 hat sieh um die Erklärung
des Worts tlberhaupt nicht bemtlht, da er aus metrischen
Gründen sich berechtigt glaubte, es als wertlose spätere Ein-
schiebung anzusehen. Justi hatte im Handbuch avqn zusam-
men mit einigen anderen Verbalformen unter einem Verbal-
stamm av- eingestellt, dem er die Bedeutung ^gehen, sieh wen-
den zu — * beilegt, aber gleichzeitig das ai. av-, dvati vergleicht.
Demgegenüber behauptet Gcldner KZ. 25, 515, dass es '^eine
Verbalwurzel av im Zend nicht gibt; alles was Justi unter
av zusammenträgt, gehört zu i + ava oder dem Pron. ava'*\
Das ist nur zum Teil richtig. Welche der von Justi unter
av- verzeichneten Wortformen zum Pronomen ata- gehören
sollen, weiss ich nicht. Zum Verbum ay- 'gehen' mit ava
gehören avaiti Yt. 8, 20 (= 26), IS. 16, 14, 12, avditamYi.
13, 77 (wofür Justi avatam las; doch s. schon mein Air. Ver-
bum 47, §64), avain Y. 57, 23 (= Yt. IL 14) und avaen^)
V. 19. 13. Die Ableugnung eines awestischen dem ai. avati
entsprechenden Verbums avaiti war aber falsch, wie sich jetzt
mit Sicherheit erweisen lässt, und zwar aus N, (Nirangastän) S,
Die Stelle lautet: katdram aßrava (so H.) aäaunmam
vä parayai gaidanqm vä asparanö avat? — gaP.ßanqm
1) D. i. *ava-ydn, s. ai. prdti yan RV. S. 4. 5
104 Christian Bartholomae,
(i8p9ranö avöif. D. i. "Soll ein Priester auf Priesterdienst
aus fdeni Haus) gehen oder soll er für die Vollständigkeit
(Integrität) seines Hausstands sorgen? — Er soll für die
Vollständigkeit seines Hausstands sorgen". Pü. bietet für
avat und avöit aydwarlnet^). das wieder mit sardärih Jcu-
net erläutert wird^).
Ebendazu ist meiner Meinung nach auch avämt zu stellen
in der Gai^asteWe 44, 7.
azam tais '&wa fra^snl aräml mazdd
sp^ntä mainyü vlspanqm dafär^m
d.i. "ich (sorge =) bestrebe mich, dich damit, o Mazdähj
durch den heiligen Geist als den Schöpfer aller Dinge ken-
neu zu lernen". Die Tradition hat: man^) öidn hac tö vas
ayawärih menem ohrmazd, spricht also zu Gunsten meiner
Fassung.
Dagegen ist aomna Yt. 13, 146 ds IS. zu aoman (=
ai. Oman) zu nehmen, und nicht mit Darmesteter ZendAv.
2, 555 als Partizip, da Medialbildungen zu unserm Verbum
im Arischen sonst nicht vorkommen; s. Delbrück AiSynt. 231.
Zu diesem Verbum würde sich avqn als 3. Plur. Konj.
ziehen und der Thatsache, dass avqn in erzählendem Sinn
genommen werden muss, durch den Hinweis auf GIrPh. 1 , 57
§104 No. 2 begegnen lassen. Aber eine 3. Plur. ist nicht
am Platz, wir brauchen eine Singularform.
Für den Gebrauch des Plurals an der Stelle Yt. 8. 7
würde man sich ja allerdings auf die von Delbrück AiSynt.
85 angeführte RV.-Stelle 10. 108. 10: indro vidur diigira-
Husca berufen können. Aber erstlich bildet der Fall doch
eine Ausnahme von der Regel, dass bei Subjekten verschie-
1) S. unten Anhang (S. 107).
2) Hätte Foy ZDMG. 54, 345 diese Stelle berücksichtigt, so
würde er die Bedeutung von ga^ä- f. doch wohl etwas anders be-
stimmt haben als dort geschieht. Pü. erläutert gShänlkän öspurüclh
ayäwärlnet mii x^'ästak sardärih kunet und fügt hinzu: ast etar
jfüdtäk ku x^'äsfak sardärih veh ku ehrpatistän kartan "es geht
daraus hervor, dass das Vermögen bewahren besser ist als Priester-
dienst verrichten". Eine durchaus praktische Lebensauffassung! —
Auch yät9m gaedanqra V. 19. 29, F. 4 f., A. 5. 11, ist bei Foy falsch
gefasst; vgl. Uübschmann Arm. Gramm. 1, 232, Bthl. IF. 11, 141,
AirWb. unter ^yäta-.
3) Vgl. ArtäVirÄf-Gloss. 55 No.
Arica XIV. 105
deuer Nnmeri sich das Verbum nach dem iiächststelieiiden Sub-
jekt richtet, und dann sind die Sätze indro vidur äiigirasasca
und tada dim ahurö mazdä avqn data tat apö urvardsfa
doch keineswegs gleichartig gebaut. Dort sind die Subjekte
durch ca verknüpft und es geht das Verbum dem pluralischen
Subjekt unmittelbar voraus. Hier dagegen haben wir Asyn-
dese und Trennung des Verbums von dem pluralischen Sub-
jekt durch ein singularisches Attribut des singularisehen ersten
Subjekts und noch durch ein weiteres Wort.
An der zweiten Stelle mit avan Yt. 8, 38 scheint auf
<len ersten Blick Singular- und Pluralform gleich gut zu pas-
sen, insofern das singularische Subjekt unmittelbar vor, das
ploralische unmittelbar hinter dem gemeinsamen Verbum steht.
Nelimen wir aber die folgenden Zeilen hinzu und vergleichen
wir die Parallelstelle Yt. 8. 7, so müssen wir, meine ich, zu
dem Schluss gelangen, 1) dass auch hier avqn singularisch zu
fassen und 2) dass amasd spanta als Einschiebung zu betrach-
ten ist, die wahrscheinlich ein oder einige andre Wörter ver-
drängt hat. Das dualische Verbum in Zeile 4 des § 3H ver-
langt notwendig neben mhh'ö noch ein zweites s i n g u 1 a r i-
8 c h e s Subjekt. Das könnte wie man angenommen hat, ahurö
mazdä der Zeile 1, es könnte aber auch ein anderes, etwa
ra^nus razütö sein, das im Urtext an Stelle von am<iM spanta
stind. Jedenfalls lässt sieh amakä apanta mit dem folgenden
Verbum fracaemetam gar nicht vereinbaren. Aber auch wenn
wir die ersten beiden Zeilen gesondert, ausser Zusammenhang
mit den folgenden betrachten, erwecken sie schwere syntak-
tische Bedenken. In auch nur halbwegs guten awestisclieii
Texten kommt eine solche Satzverbindung, wie sie hier unter
der Voraussetzung richtiger Überlieferung vorläge, nicht vor.
Entweder niüsste avi oder avi dim vor dem zweiten Satzteil
wiederholt oder es müsste amdid spanta mit uta oder mit ca
angeschlossen sein. Man vergleiche Darmesteters Übersetzung:
"'Ähura Mazda lui donna assistance, et aussi les Amesha-
Spantas"; für ihn existierten eben keine grammatischen Be-
denken.
Fragen wir nun aber, wie die Abschreiber (oder Dias-
keuasten) auf die Einfügung der beiden Wörter amasä spanta
gekommen sind, so finden wir die Antwort bereits bei Geldner
KZ. 25, 481. Es war die Erinnerung an Y. 57, 23, Yt. IL
106 Christian Bartholomae,
14, V. 19, 13, wo avain oder ava^n (mit der Variante avqn)
amdsd 8p9ntay der wir unsem unpassenden Text verdanken.
Einen Versuch den ursprünglichen Text herzustellen mache ich
nicht, er ist ja doch aussichtslos.
Ist avqn 3. Sing., so niuss es ein stammhaftes n ent-
halten, wohinter das suffixale t nach GIrPh. 1, § 85, 1 ge-
schwunden ist. Ich zerlege avqn in iran. *a^a, Praev. -{-^an
oder *ati (mit Augment), d. i. 3. Prät. Akt. zum ai. Präsens
dniti 'er atmet', und zu ai. änit sich verhaltend wie jAw. as
oder äs zu ai. ästt. Die Bedeutung ist 'er atmete hin auf — ,
er richtete den Atem auf — '. Zu Yt. 8. 38 geht noch das
Präverb avi voraus, ohne dass die Bedeutung dadurch wesent-
lich modifiziert würde. Das Objekt ist an beiden Stellen dim,
das man fälschlich auf ardXHa- den Pfeilschtttzen bezogen hat.
Vielmehr geht dim auf tiyray- das Pfeilgeschoss. Nur so
kommt man mit dem Folgenden, insbesondere mit nirat in
Ordnung, s. unten. Der Zweck des Beatmens ist, die Flug-
geschwindigkeit und dauer des Pfeils zu erhöhen.
nirat wurde bisher gänzlich raissverstanden. Es ist nicht
Ablativ-, sondern Verbalform, und zwar 3. Sing. Prät. Akt. in
thematischer Flexion zum Präsensstamm iyar- : fr des Ver-
bums ar- '(sich) in Bewegung setzen' mit dem Präverb ni\
vgl. tratü Y. 53. 8 und nire (Inf.) Y. 10. 17. nirat (nait t
für i wie so oft) bedeutet 'er (der Pfeil) kam, sank herab, zu
Boden'.
Danach übersetze ich:
(6 und 37:) ". . der im Raum der Geister sich bewegende
Pfeil, den der Pfeilschütze Sr^xm schoss, der beste Pfeilschütze
unter den Airyay vom Berg Airyö.xsu&a aus hin zum Berg
X^'anvant.
(7 :) "Da richtete Ahura Mazdöh auf ihn (den Pfeil) den
Atem, da die Wasser und Pflanzen, Miiha, der Herr der weiten
Fluren, bahnte ihm den Pfad."
(38:) "Auf ihn (den Pfeil) richtete Ahura Mazddh den
Atem ; . . und Midra, der Herr der weiten Fluren, die beiden,
bereiteten ihm weithin den Pfad. Hinter ihm drein flogen
begleitend die gute hohe Amy und die auf leichtem Wagen
fahrende Far^nday, so lang bis dass er dahinschiessend zum
Berg X^'anvant gelangte. Auf dem X^'anvant kam er zur
Erde".
Arica XIV. 107
Anhang. Zu mp. ayatcäVy Päz. ayür, np. yär.
Als iranische Grundlage der obigen Wörter kann an sich
ebensowohl *adia'bära' als *abia'hära' augesetzt werden. An
der Verbindung der beiden Präpositionen av. *adhi und *ähhi
mit (folgendem) *a wird man sich nicht stossen dürfen. Im
Altindischen ist sie ja nichts weniger denn selten, wie man
sich ans den Wörterbüchern überzeagen möge; s. dazu Del-
brtick AiSynt. 439. Aus dem Awesta führe ich aitoydstui an^
mit *abhi und ♦ö; s. unten S. 119 zu N. 9.
Ich nehme an^ dass iran. d und b vor % im Mittelpersi-
sehen frühzeitig verloren gegangen sind. Für inlaut. b lässt
das ja auch Hübschniann gelten, vgl. dessen Fers. Stud. 183
(zusammen mit IF. 9, 269). Danach führt mp. gtret, np. gfrad
'er ergreift' auf ein iran. *grbiati, dessen b zu einer Zeit aus-
gefallen sein muss, als der Wandel von iran. ri zu mp. ir
noch nicht zum Abschluss gekommen war, s. Hübsehmann
a. a. 0. 145 f. Aber sonst, ausser in der Stellung hinter 6,
soll nach Hübschmann in der Verbindung eines Konsonanten
mit I im Inlaut stets der letztere Laut (|) gefallen sein (s.
ebd. 152, IFAnz. 10, 21). Auch d, daher: ''miyan 'Mitte' =
*midan = *inadyan". Bei Hübschmanns übrigen Beispielen
handelt es sich um iran. ari, ani und ahi. Es seiiliesseu
sich diese Gruppen unter einander dadurch enger zusammen,
dass mit dem Schwund des i eine ümfärbung des voraus-
gehenden a-Vokals nach der i-Seite zu Hand in Hand geht;
cf. mp. erän, menük, veh^)-^ s. Httbsehmann a. a. 0. 181, 129,
IFAnz. 10, 22. Für adi aber kann das doch nicht gelten.
Da d (d) und y im Pahlavi der Bücher das gleiche Zeichen
haben und da d (d) zwischen Vokalen späterhin zu y gewor-
den ist, so lässt sich etwas durchaus Sicheres für die Gestal-
tung eines inlautenden ir. di leider nicht ermitteln. Ich meine
aber, es sei an sich schon wahrscheinlicher, dass iran. -di-
die gleichen Wege wie -fei- gegangen ist; ich nehme also für
np. miyan die Reihe so an: *madiana- = mp. mayiin =
(Päz.,) np. miyan. Und eine gewisse Stütze für meine Au-
1) Dazu vielleicht auch np. kihj mih und ser (aus .ve/ir), für
die dann sehr zeitiger Übergang von & m h anzunehmen wäre;
6- dazu IFAnz. 10, 22 f. Alt ist er ja sicher.
108 Christian Bartliolomaef
schauung finde ich in Päz., np. jan- 'anima' (Seele — Lebeu).
Hübschmann schreibt Pers. Stud. 49: "Ich setze (np.) jan
'Seele' = skr. dhyana- 'Nachsinnen' ". Dem kann ich beistim-
men. Aber ich bezweifle, dass np. jan auf dem S. 152 an-
gegebenen Weg aus iran. *diana' hervorgegangen ist, nämlich
auf dem Weg unmittelbaren Wandels von di- zu /-, wie ihn
auch Hörn GIrPh. 1 b, 73 lehrt. Die Richtigkeit der Hübsch-
niannschen Etymologie voraussetzend, stelle ich vielmehr fol-
gende Entwicklungsreihe auf: iran. *diäna- = mp. yan = Päz.,
np. jan (mit dem bekannten Übergang von anlautendem y- in
j'). Ich habe es so nicht nötig, für das anlautende di- eine
andere Gestaltung zu verlangen als ftlr das inlautende, und ich
vermeide so des weiteren die Annahme eines Lautübergangs
di- = /-, der auf iranischem Gebiet ohne Parallele ist und
seine Aufstellung vielleicht doch nur der Erinnerung an das
arm. mej ''Mitte', das mi. ajja ''heute' usw. zu verdanken hat.
Die Schwierigkeiten, die Hübschmanns Etymologie des
np. jan von Seiten des kurd. und im Dialekt von Slwand ge-
bräuchlichen gan, sowie von seiten des syr. Lehnworts gya-
Tiacanpür (sva. np. janavsipar; s. Nöldeke WZKM. 11, 187)
erwachsen, verkenne ich nicht. Allein der Versuch, eine ge-
meinsame Grundform für np./Äw, knrd, ga7i und das aus dem
syr. Lehnwort zu erschliessendc mp. *gyan zu ermitteln, muss
ja von vornherein für aussichtslos gelten, wenn man alle drei
Wortformen als rein lautliche Entwicklungen daraus herleiten
will. Ich glaube, man darf bei mp. yan (aus iran. *diana')
als gemeinsamer Grundform stehen bleiben, sofern man es
zulässt, sowohl in gan als in *gyan den Einfluss eines später
untergegangenen Worts für 'Leben' zu erkennen, das mit g
anlautete, wie das Aw. Wort dafür: gaya-. So würde *gyan
als Beweisstück gegen Hübschmanns Regel: iran. di- = mp.
j- zu verwerten sein.
Dass ein iran. *abiäbära- oder "^adiabära- die Bedeutung
'Helfer' gewinnen konnte, wird man, denk ich, zugeben; vgl.
jAw. hairiita- 'der am besten hegt, pflegt, beisteht' (Gegen-
satz von nijaynüta-y Yt. 12. 7), gAw. aibi.bairista- 'der zu-
träglichste, am meisten frommende' Y. öl. 1 ^). Ebenso halte
1) Fr. Müllers Ansatz eines iran. *a^iähara- (WZKM. 5, 67)
führt nicht zum Ziel. Aus "^ayi^ wäre *öy^ hervorgegangen, vgl.
np. jöi 'Kanal* : ai. yavyä- f. Tluss', mp. höy (höyak) = ai. savyä-^
»
^^^^^^^P 109
ich micli nach den obeu gegebenen Auafllbrungen für bevedi-
tigt, daraus ein mp. aydwär herzuleiten, dessen 'AUegro'lürm
im Päz. ai/är, im Np, yär ergeben hat. Die np. 'LentoYorm
eines rop. *af/att>ar mlisste *i/avar lauten, ich stimme mit
Kr. Müller WZKM. 5. 66 und H (Ihse.hmaün Pers. Siud. lös
in der Annahme ilberein, dasa das wirklich bezeugte i/iitnir
mit dem gleich bedetttenden yar in der angegebenen Weist' v.a
v».Teinigeii and nicht mit Hörn Np. Et. 251, GIrPh. 1 b, 55
aU8 yarrar herauleiten ist. Hörn ist gezwungen, einen finist
nicht nachweislichen Ausfall des r zu postulieren. Ancli von
einem dissimilatoriecben Ausfall des r kann nicht die Heile
sein. Ist ja doch die Lautfolge -rr-r ganz geläutig, vgl, harrar,
harrtlr, sarvar usw. leh halte dafür, dass das im Sn. I , I l'6,
V. lin bezeugte i/arvar 'Helfer'') durch Verschweissnng von
yar, der Allegro- und yüvar, der Lentofotm entstanden ist
— ähnlich etwa wie das Seheffcische Verlurst — , wobei das
Suffix vor nnteratiltzeud mitgewirkt hat.
So kommen wir aehliesslieh zur Frage: was steckt in
dem np. t/ar, yßvar'i Ar, *abhi oder *adhi'? Sie wird meines
Eracbtens entschieden durch das insndäische Lehnwort udy-
aura "Helfer", auf das Nöldeke Mand. Gramm. 41S No, auf-
merksam gemacht hat; s. auch Hübschmann Pers. ätud. 1Ü6
No. Nach Nflidekes gUtiger Mitteilung vom 28. 10. üU steht
der Annahme "nichts im Wege, dass auch bei der Aussprache
adjäura ein pers, *adjämar i)der *adijawar zu Grunde liegt;
die kleinen Veränderungen waren im arauiSiseheii Mmuie not-
wendig". Die Herieitung des LW. aus einem nip. *adyäwar
wtlrde uns zwingen, die Entlehnung in eine ausserordentlich
frühe Zeit zu verlegen, da d vor y noch unversehrt war. Ob
das angängig ist, ent7.ieht sieh meinem Urteil. Es ii<t aber
jAw. hiioyo-. Mit np. frai 'König', l'lur. kayän gegenüber j.'\w. kava,
kaoyam <Geii. Plur.) hiit ex jedenfalls eine bebriudere Bewandtnis.
HäliBchiiianns Erklärung in Per§. Stud. 169 ~ auch bei Hörn OlrPh.
1 b, 36 -- scheint mir fraglich. Zum up, xäya bei Hörn h. b, O. 34
s. Hübschuiftiin IFAnz. II, 20 (wo aa Ende Grdr.« I, 1B8 nu lesen
iBi). — Ranz falsch ist (ieldnera Meinung, KZ. 30, 401, von einem
^aidyü-däta' auf inp. ayyär (so!) kommen zu können; v^l. Kl,. 1,
16, GlrPh. 1 b, 192-
1) Es reimt hier auf hwnar; kommt es noch sonstwo vor?
LWohl nicht. So würde nuch ri:is Wrshedürfnis ganz erheblich ins
lOewicht fallen.
110 Christian Bartholomae,
ebensogut erlaubt, *adiawar^ oder *adi{y)atoar'' aufzustellen.
Der Wechsel zwischen y und i (iy) am Ende zweisilbiger Prä-
positionen vor Vokalen ist ja ganz gewöhnlich — vgl. z. B.
jAw. pairi.aojastarö V. 4. 10 PtiZ. und np. peröz (aus *pary^y
IFAnz. 10, 28); Sievers Festgruss Roth 203, ferner GIrPh. 1,
181 (12) und unten — , und dass mp. Wörter mit d aus iran.
d vor dem, dass d m y tiberging, ins Semitische aufgenom-
men worden sind, steht ja vollkommen fest; vgl. Hom GfrPh.
Ib, 44.
Hübschmann Pers. Stud. 6, IFAnz. 23 scheint allerdings
die Existenz einer dem ai. ädhi entsprechenden Präposition
(usw.) fttrs Iranische überhaupt in Abrede stellen zu wollen.
Aber der Satz ^'adhi das weder im Zd. noch im Ap. vor-
kommt" ist doch nicht zutrefTend. Freilich^ mit dem bei Dar-
mesteter ZA. 3, 109 als letztem Wort von N. 46 gegebenen
adi ist es nichts^), aber das ap. ähifrastadiy Bh. 4. 14 ent-
hält doch sicher das ar. *adhi als Postposition; vgl. BthL
Handb. 89, GIrPh. 1, 227, IF. 9, 257. Und auch in gAw.
aidyüM Y. 40. 3, aidyünqm Y. 39. 2 (zitiert Yt. 13. 154, wo
aidyunqm) erkenne ich das selbe ar. *adhi. Ich nehme das
Adjektiv im Anschluss an die Pü. zu Y. 39. 2: ayätoär in
der Bedeutung 'helfend' und zwar 1) 'nützlich' von Tieren:
pasukanqmca . . daitikanqmca aidyünqm . . urunö ''die See-
len der zahmen und der nützlichen wilden Tiere", 2) 'brauch-
bar, tüchtig' mit Dat. 'zu-' : daidl . . aidyüi vOstryäng dard-
gdi . . haxmaine "mach . ., dass die Bauern tüchtig werden
zu dauernder ... Genossenschaft". S. mein AirWb. Als
Stamm setze ich aidy-ü- an; ü- gehört zu avatdhe, ai. ävati
usw. (s. oben S. 103); vgl. zur Bildung ai. adhihhü-, adhibhü-
Adj. zu bhdvati usw., sowie ütdye.
Was Hübschmann IFAnz. 10, 23 über die Gestaltung aus-
führt, die ein ap. *adiy im Mp. lautgesetzlich erfahren musste,
ist richtig. Ir. *adi kann nicht zu mp. e werden, und doch
1) Das Won, Bomb. Ausg. 91 b, 3 ist überhaupt kein awesti-
sches, sondern ein mp. Wort, nämlich eci 'auch das*. [Es heisst:
hahr i apän apäd hiliMi . . ka göwet e hac cUiaya daSämi (usw.;
Y. 66. 1) täk tava ahuräne ahurahe (usw., Y. 68, 1); ast k€ tava
ahuräne (Y. 66, 1 am Ende, FrW. 7. 1) e^ göwH, D. i.: **. . indem
man das Stück Y. 66. 1 bis 68. 1 aufsagt. Einige fügen auch noch
die Formel tava ahuräne usw. hinzu".] Vgl.Pü.zuV.5.36,Y.//.18u.ö.
Arica XIV. 111
glaube ich, es können ap. *adiy und nip. e etymologisch zii-
sammengebören, und zwar auf engste. Sie können sich näm-
lich zu einander verhalten wie griech. irpoii und irpoc in irpo-
TiOf^cui und iTpocOr)cui; s. Brugmann GrGr.^ 142. Aus der
alten antevokalischen Satzfonn *proti entstand lautgesetzlich
urgriech. ♦irpOTC und weiter im Jon. (usw.) *7Tpocc (s. Brug-
mann a. a. 0. 101); wurde dieses wieder in autekonsonan-
tische Stellung überführt, so ergab sich endlich irpoc. Ganz
entsprechend entstand aus den beiden antevokalischen Satz-
formen ar. *abhi und *adhi im Mp. frühzeitig *ay, das wieder
in antekoBSonantische Stellung übertragen zu e werden musste.
Sonach können zwischen mp. estät-an und ai. *adhisthat'um
{adhisfh'') genau die nämlichen Beziehungen bestehen wie zwi-
schen griech. irpocGric-eTe und ai. prdtidhas-atha, und ferner,
es kann sich mp. &röC'imtan (Mx. 65. 5, GAb. 1. 15) zu mp.
aioröi'initan, np. afröz-ad, sowie zu jAw. aitcLraoc-ayänte
und zu ai. abhiroc-ayati durchaus ebenso stellen wie griech.
irpocOiicu) zu irpOTiGricu).
Ich kehre also zu Haug-Nöldekes Vorschlag (s. des letzteren
Mand. Gramm. 418 No.) zurück, das öfter vorkommende, ad
geschriebene Präfix mit ai. ädhi in Zusammenhang zu bringen,
nur dass ich es nicht adj sondern e lese, und dass ich dieses
e ausser mit ädhi auch mit abhi verknüpfe. 8. noch Hörn
GIrPh. Ib, 158.
Auf die diakritischen Zeichen der Handschriften ist kein
Verlass. Der Kopenhagener Kodex des Mx. hat zu 65. 5 bei
Andreas 68. 10 das Zeichen für d. Aber die Päzandlesung
ist airöz° in Awesta-, eröz'' in neupersischcr Schrift. Zu GAb.
entsprechend ärvaz" und ^rö2°. In Jamaspjis Glossary (746 f.)
ist das Wort nicht verzeichnet.
Ein weitres Wort, in dem ich ein gleiches e erkenne,
ist das mp. Verbum erixtan, ßrecinitan mit dem dazu gehö-
rigen Nomen ering.
SBE. 18, 376 führt West ein mp. Wort rakhfö auf, das
er mit Veakened' (''when the wind is weakened and paraly-
sed by me") übersetzt. Ich lese vielmehr rixt und sehe darin
das genaue Gegenstück des ai. riJctd-, PPfP. zu rindMij und
d^ jAw. irixta- in huirixtam. Eine dialektische Nebenform
dazu ist in rißak, Hftakih^) enthalten, womit das Aw. Sub-
1) So, W/?^, ißt überall (Y. 32, 7, 44. 2, V. 2. 40) zu lesen ; \^\.
112 Christian Bartholomae,
stantiv irixta- n. 'Vergehen (iKXeiipic — delictumY übersetzt
wird ; vgl. np. gur^ftan neben gurextan, np. juß gegenüber
nip. yuxt und Aw. yuxta- u. a. ra., bei Hörn GIrPb. 1 b, 79^).
In der Zusammensetzung mit e findet sich rinct auch
plane geschrieben; adratn wechselt mit adrdatn; vgl. in
Mills Gäthäs die Pü. zu Y. 31. 3, 19, 47, 6, 51. 9, ferner Dk.
8. 20. 61 (s. unten), Sg. 5. 26 und Sg.-Vocabulary 242 a, so-
wie ArtäViräf-Ausgabe 145, Zeile 2 (wo sogar ein d=i-Zcichen
zu viel gesetzt ist). An allen angeführten GftOastellen steht
huxt u erixt als Erläuterung von pcUkardarän, womit rdn&i-
hya, rqnayd übersetzt wird, d. i. 'gerettet und preisgegeben,
erlöst und verloren': Sü. hht mddham asuddliamca^). Ander
Darabs Pahlavi-Vend. 27, No. 3. Mills Gäthäs bietet einmal rlsiak (?),
einmal raspafak; s. S. 477.
1) Ich benütze die Gelegenheit zur Besprechung eines Worts,
das bisher gänzlich miss verstanden worden ist. Y. 30. 3 steht: af
tä mainyü paout^ye yä y§mä x^afnä asrvätdm d. i. "und die beiden
Geister zu Anfang, die sich durch Traumgesicht als ein Zwillings-
paar offenbarten". Das wird übersetzt: etön an i har 2 menvk
[ohrmazd u züräk] etiän fratuin an i dn m ad x^at srüt. Das Wort,
das ydmä übersetzt, hat alle möglichen Lesungen und, wie y9mä
selber, Deutungen erfahren. Vgl. z. B. Geldner KZ. 28, 199; 405,
BB. 12, 96, Th. Baunack Stud. 1, 468, Mills Gäthäs 40, 437, Darme-
steter ZA. 2, 221. gAw. y^mä ist «leich ai. yamd ND., das mp. Wort
aber ist yumäk zu lesen, d. i. eine Ableitung aus *yum gleich ai.
yugmd' 1) Adj. 'paarig', 2) n. 'Paar, Zwillingspaar*; zum Ausfall des
ar. g vor m s. Hörn GlrPh. 1 b, 60 (6 a). Zu Y. 10. 12, wo yumäk
ebenfalls vorkommt und zwar als Übersetzung von irira^ar», Per-
fektform des Verbums räS- 'haften' (s. u.), hat die Sü. ganz ver-
ständig yuktah. Zu Y. 30. 3 freilich hat man das Wort falsch ge-
lesen und danach mit hhümandalam wiedergegeben.
Eine andre Ableitung des selben *yuni steckt in hamyumih,
womit hqm.irista (Lok. Sing., zum Verbum rö^, s. o.) übersetzt
wird; keä hamyumih i ösän urvar ke guft ku .. heisst: "denen Ge-
paartheit (= Verbindung, Mischung) mit den Pflanzen ist, die . .".
Endlich: ein adverbiell gebrauchtes yum€v (geschrieben yum 1)
'junctim' findet sich §g. 4. 101, 14. 38, 39, 76. Päz. hat ganz richtig
ßime, und ebenso richtig ist die Sü.: samaväye {4. 101), saha. Geld«
ner BB. 12, 96 hat sich durch West SBE. 24, 138; 228 irrführen lassen.
Zur Bildung des Adverbs s. np. häre, gähi bei Hörn GIrPh. 1 b, 163.
2) Geldners Deutung von räna- in BB. 14, 15, der sich Jack-
son A hymn 25 angeschlossen hat, ist ebenso falsch wie die die von
Hang, der Roth und ich gefolgt sind; vgl. Justi Preuss. Jahrb. SS,
239 und mein AirWb.
Arica XIV. 113
zitierten §g.-StelIe bildet 6rixt ebenfalls den Gegensatz zu
buxt (West SBE. 24, 126 übersetzt: '. . is preserved . . is rui-
ned*), ebenso an der in der ArtÄVlräf-Ausgabe abgedruckten
Stelle des Dk. Die Bedeutung von erixtan ist 'im Stich las-
sen, preisgeben, dem Untergang, Verderben aussetzen'. Das
passt auch Sg. 11. 256 {häkar pa vlna^karih kas erecfnltan
^af^i öi erefinitan sacaktar k^ . .)> wo West wieder 'to ruin'
bat, 8(iwie GAb. 9. 2, 4, wo Barthelemy 'confondre, convain-
ere' bietet, und auch für das einfache rixt in SBE. 18, 376
kommt mau damit aus, das West mit Veakened' übersetzt
hat (s. 0.). S. noch unten zu F. 9. Über srixtakth Dk. 8
20. 61, von West SBE. 37, 62 mit 'incrimination' übersetzt,
möchte ich mich, bei meiner Unkenntnis des Originaltextes,
nicht äussern. — Die gleiche Bedeutung hat das Aw. raek-
sowohl allein als mit paiti\ vgl. Yt. W. 41, Y. 65. 7 und Yt.
14.41, P. ^) 40, ferner die nominalen Zusammensetzungen mit
irik' Yt. 10. 75, sowie airtridinqm Y. 66. 7. Die Annahme
von zwei verschiedenen Verbalbasen raek-y wie sie Hübseh-
mann SBayrAW. 1872, 700 vorgeschlagen hat, ist nicht nr»tig
und nicht richtig.
Die Zusammengehörigkeit des im Päz. arang gelesenen
mp. Worts adrnd*) mit dem besprochenen erixt seheint mir
ganz unzweifelhaft. Ich lese es daher ering^ das sich nach
seiner Bildung dem ai. äyunga- des SBr. vergleicht. In den
Übersetzungen zum Awesta gibt es ^rf^yant- wieder. Es kommt
aber auch sonst nicht selten vor, vgl. z. B. Sg. 11. 103, 13.
3, 14, 1, 51, 15. 3. Sü. hat für ering entweder da» selbe \\'ort
wie für i^rixt, nämlich amddhah, oder ein Wort von ähnlicher
Bedeutung. Nur an einer Stelle dient eri7ig als Übersetzung
für ein andres aw. Wort als arayant-. In F. 9 steht: urvae-
dqj< : ering; uru&idieiti : erixt. Die beiden aw. Wörter sind
jedenfalls Formen aus dem selben Verl)ale ; es ist also an zwei-
ter Stelle urvidyeiti za lesen, tirvaed- mag etwa 'stürzen*
besagen und mit ai. vllnätij jAw. urvinyaintls Yt. 13, 33 (so
zu lesen, s. die Var.)^) zusammengehören, urvaedqs wird
1) Pursünlhä', s. Geldner GIrPh. 2, 9.
2) Ganz merkwürdig ist die Lesung aragdln zu Aog. 28.
3) urvinya- : ai. vllnä- = griech. kXiwo/c- : lat. cLinä-, Geld-
ner hat die viel besser bezeugte Lesart, die zugleich die lectio diffi-
cilior ist, doch wohl nur desshalb nicht aufgenommen, weil sie ihm
iDdo^ermanieehe Forschungen XII i u. 2. g
114 Christian Bartholomae,
'stürzend = zu Grunde richtend', urmöyeiti wird 'er stürzt =
er geht zu Grunde' bedeuten. Damit lassen sich die Über-
setzungen gar wohl in Einklang bringen.
Wie ich nun das np. yar beurteile, so auch das np. yad
'Erinnerung, Gedächtnis'. Das Päz. hat dafür ayatj aber im
Mp. lesen wir ayawät, Dass es ein jAw. yata- 'Gedächtnis'
nicht gibt; und dass darum das mp. yat, womit zu V. J9. 29
eben jenes angebliche jAw. yata- 'Gedächtnis' übersetzt wird,
mit dem np. yad nicht zusammengeworfen werden darf, habe
ich schon früher ausgesprochen; s. oben S. 104 No. 2. Die ar.
Grundform von np. yad ist mit *ahh%abhatii oder *adhiäbhatii
anzusetzen^ d. i. 'Aufleuchten, Zumvorscheinkommen', zum ai.
V. bhäti. Die Verknüpfung dieser Grundbedeutung mit *Erinne-
rung, Gedächtnis* halte ich nicht für schwierig.
Das mit ad geschriebene mp. Wort, womit öfter das Aw.
a wiedergegeben wird — s. unten S. 137 zu Y. 8. 4 — , lese
ich äk, das wie fraJc — s. oben S. 99 *) — zu erklären ist.
94. Nirangastän 10.
Wer sich den bei Darmesteter ZA. 3, 85, in der Bom-
bayer Ausgabe Blatt 13a, b und 14a abgedruckten Abschnitt
des Nirangastän oberflächlich ansieht, der wird Darmesteter
ohne weitres Recht geben, dass er auf eine Übereetzung ver-
zichtet hat. Die Überlieferung ist in der That greulich. In
der Bombayer Ausgabe hat der awestische Text folgenden
Wortlaut :
grammatisch anstössig erschien. Dergleichen kommt noch öfter vor,
vgl. GIrPh. 1, § 3-20 zu Jihät Ny. /. 1, IF. 7, 226 zu p9rdsaHe, Zu
Y. //. 3 ist die schöne 3 Phir. Med. zänaite 'nascuntur* — so Mf 2,
K 5 u. a.; wie hat Pt 4? — - in zänäife Verbessert*. Mein AirWb.
wird genug weitre Beispiele bringen.
Im Lauf der Jahre, während deren ich mich bei der Ausar-
beitung meines AirWb. eingehender als vielleicht irgend ein an-
derer Gelehrter mit der Neuausgabe des Awesta beschäftigt habe,
ist mein Urteil über den Wert der Leistung nicht unerheblich un-
günstiger geworden. Dass, wie es allen Anschein hat, die Neuaus-
gabe trotz aller Versprechungen bestimmt ist, unvollendet zu blei-
ben, halte ich für eine schwere Schädigung der Awestaphilologie,
die mit den Bemerkungen zu Anfang der Prolegomena nicht ent-
schuldigt werden kann.
Arica XIV. 115
aat hca tqm dba aidrapaitim
« yenihe nisritam frdra
ahianistriHm
4 yezi aat ^6 nöii aiysritlm frara
nöit aini aritim üstryeite
« ya&ra apdrayükö
noii hs anisrü
« a^a aiwyataham ya&ra ratus dwayoidham yafhra apard-
näyükö
dhs ai&sritim staryeiti
10 ada yat va ya&ra &waya7dhdm va dwayafdhdm va
Als Varianten der Tahmuras-Handachrift werden ebd., Intro-
dnction 28 nur verzeichnet: Zeile 2, Wort 1: yenhe. Der
letzte Buchstabe des zinkographierten Textes, der letzte auf
der Seite, ist nicht recht deutlich. — Zeile 3: ahi anastri-
Um. — Z. 5, W. 3: sritim. — Z. 5, W. 4: dstryenti. — Z. 8,
W. 5: 9wyaidhdm, — Z. 9, W. 1: dhe. Von Belang ist keine
derselben.
So scheusslich aber auch die Gestalt des Textes uns auf
den ersten Blick erscheinen muss, mit Hilfe der Pahlaviüber-
«etzung und der Parallelstellen lässt sich, glaub ich, doch er-
mitteln, nicht nur was er uns sagen will, sondern auch, wie
er ursprünglich, grammatisch richtig gelautet haben muss.
Zeile 1: Statt hva tqm aha ist havatqm nana herzu-
stellen. Es folgt dies aus der Ptt. und dem Vergleich mit
N. 13, Blatt 22 a, Zeile 8, worauf schon Darniesteter verwie-
sen hat. Hier lesen wir (Bl. 21a, bif.):
1 yö heapdrdmnäi (lies: he üpdranamnäi) nöit vlsditi
främrüiti — 2^^ Jie pöurunqm (lies: he pour°) ae&rapai-
tinqmäa (streiche ca, s. Var.) afröxte (lies afraoxti) dstry-
eiti nanänazdistö (lies nabän'', s. Var.) — ^aat havatqm
nana yahmi paranti — ^ vispaem paranti vispaesu afröti
(lies afraoxti) Ostryeiti,
D. h. "Wenn man (einem Schüler), der Einwendungen
macht, Auskunft zu geben sich weigert^), wenn der Lehrer
viele sind, wer von ihnen versündigt sich dadurch dass ihm
kein Bescheid wird? Der ihm verwandtschaftlich am nächsten
1) Vgl. zu dieser Bedeutung unten S. 137 zu Y. S, 4 und ^rt-
99mnö P. 57.
116 Christian Bartholomae,
steht. Aber Yon mehreren einander gleichstehenden der, bei
dem er den Einwand erhebt. Jedesmal wenn Einwendung
erhoben und kein Bescheid gegeben wird, yersttndigt er sieh/*
Der Inhalt der Stelle scheint mir durchaus klar, und
auch über den Wortlaut können meines Erachtens keine we-
sentlichen Zweifel bestehen, apardmnai wird in Pü. mit ö öi
i patkärH gegeben. In F. 4 c treffen wir p9r9mndiy das
mit patJcardar übersetzt wird. Die Form gehört also sieher
zu den entsprechend mit patkarltan wiedergegebenen Verbal-
formen par9ne, paranüne, paranäite^). In der überlieferten
Gestalt ist sie ein grammatisches Unding; am nächsten liegt
die Lesung aparandmnäi] entsprechend zu F. 4 pardnamnai.
Verderbt ist auch das zweimal vorkommende paranti. Wie
Zusammenhang und Übersetzung — das erste Mal: an Jci
patas patJcarety das zweite Mal: pa harvispln patkar (s. Var.)
— gleichmässig zeigen, gehört es mit pdramnai zusammen»
Man verlangt an erster Stelle eine 3. Sing. — vielleicht pa-
rantCy vgl. varante, GIrPh. 1, 204, § 351 — , an zweiter den
Instr. Sing, eines Nom. act. — etwa paranti, mit dem Präsens-n
wie lat. junctim.
Die beiden Wörter, auf die es uns für die Stelle N. 10
ankommt, sind genau wie dort hva tqm äba übersetzt, näm-
lich aan n dn ap -f Mnd (oder ömand). Jamaspji Gloss. 180
liest das havand'Väzomand, was ''relating to a proper Bäjj
keeping silence' besagen soll. Jedenfalls steckt havand als
Übersetzung von havatqm darin; der Rest ist undeutlich; s.
unten S. 117 No. 2. Die Bedeutung von havant- ist gleich-
gross, -viel, -wertig', im Plur. 'einander gleichstehend'; vgl. V.
8. 31, 32, 15. 14«), 7. 47, 49, Y. 10. 13, wo es wie N. 10
und 13 mit hävand übersetzt wird. Die Stelle ya^a havat
vae&at N. 68y wofür die Pü. ka etön akäs hat bietet, ist
anscheinend verderbt.
Das Wort 7iana kommt noch Y. 48. 4 vor:
1) Dazu gehört doch wohl auch als ISKM. pBra^näi in F. 10^
Pü. will allerdings patkär 'Kampr.
2) Wo zu lesen: havanti (so!, Jp 1, Mf2) aStahe syaodnah^^
V9r9zyqn nä6a kainiöa hana6a 'tantadem ejus facinoris faciunt
vir et puella et anus\ d. i. 'einen gleichgrossen Schuldanteil an
That haben . .'. havanti ist APn., gebildet wie etävanti usw. in d^^.^
Brähmanas; s. Whitney Gr. 2 § 454 c.
Arica XIV. 117
y^ dai manö vdhyö mazda asyasia . . .
&tDdhmi xrtxtd apamdm nana arahat
DasB es hier mit dem ai. Adverb ndnä zusammengehöre, habe
ich schon BB. 8, 213 ausgesprochen . Aber was die Strophe
besagen will, hat erst Geldner KZ. 30, 525, 530 erkannt*).
Sie bandelt von den 'Gemischten', den Hamistakan, bei denen
sieh Gut und Böse die Wege halten und denen darum am
Ende der Dinge weder der vaMstö atahus noch der aöütö
anhui zu Teil werden kann; sie kommen vielmehr an einen
dritten Ort für sich: "wer sein Denken (jetzt) besser macht
und (jetzt) schlechter . ., der wird nach deinem Ratschluss
zuletzt abgesondert sein".
Ich setze für Aw. nanä Adv. zwei leicht zwei mit einan-
der vermittelbare Bedeutungen an : 1 ) 'an einem besonderen Ort,
abgesondert'; so Y. 48. 4. 2) ''an mehreren verschiedenen
Orten*, bei attributivem Gebrauch sva. 'verschiedene, mehrere'*).
So N. IS und an unsrer Stelle, wo also zu übersetzen ist:
"aber von mehreren einander gleichstehenden den Lehrer",
Pü.: ka^) havand yut^) Iund an JcS ^hrpat. Was soll damit
gesagt sein?
Der heimischen Übersetzung ist eine grössere Erläuterung
beigefügt: söians hai 6n yad padfaJcfnSt ku pa sardanh i
pn^ u duxt i cakariha pit i cakarlha sacäktar, d. i. ''Sösäns
hat ans dieser Stelle die Erklärung gefolgert, dass für den
Schutz der Kinder der (J^'afcarfrauen der Vater der (einzelnen)
(?afcarfrauen am meisten geeignet sei." Wegen der Bedeutung
von cakar s. SBE. 5, 143. Wie er darauf gekommen ist, ver-
mag ich dem Text nicht anzusehen.
DAS scheint mir ganz zweifellos: Darmesteter hat die
Scheidelinie zwischen § 9 und 10 des Nir. verfehlt. Das in
1) Die neueste Übersetzung der Strophe bei Gray Aunals
N. Y. Acad. Sei. 12, 557 ist nicht glücklich. Wie soll asyancä 'and
more righteous' bedeuten können? Hier hat schon der Pü. das
fiichtige gewusst.
2) Vgl. ai. aneka- für nänä bei ind. Lexikographen. — Nach
dieser Bestimmung von nana liegt es nahe zu vermuten, es sei zu
N. 10 und 13 die Übersetzung aan n dn ap für havatqm nana aus
««n n d-f-dn dt verderbt, d. i. hävand yut (= np. jud^ gewöhnlich
Juda, in Sü. pftfuik oder vibhinnaft).
3) Hds. mn n = Ä:5; die Verwechslung ist sehr häufig.
4) So nach der Vermutung in No. 2.
118 Christian Bartholomae,
Rede stehende Stück gehört noch zu § 9. Darauf weist mit
voller Bestimmtheit die Aufeinanderfolge von nabanazdisUm
und äat havatqm nana, die ebenso wie in § 15 zusammen
genommen werden müssen.
Ich kann nicht umhin zur Begründuug meiner Behaup-
tung auch auf § 9 einzugehen. Hier lautet der überlieferte
Text (Bl. IIa, Z. 9flF.):
^aat yai he aoxte aisa yeidhe apardnäyükö — ^fiacn-
i9uha mehana (lies: me ana) aparanäyüka — ^ya&a casi
aOa haxmete (lies: ha xmyete) — ^vana (lies and) pas-
caita (lies °caeta) uzdarduhucit (lies ^da'Ahu") paöa hax-
töit — ^cavat ana (lies: ana), dböistam ayandni paraia-
hacaiti — ^ya frayarana (lies : °ne) vä uzayeirine va avqn
(lies: ayqn) aiwyästii a'tdhat — "^ yö a^tahmäi (lies baoyO^
aitahmat) paraiahaöäiti — ^ nabanazdi^tam h^ para (lies
pära) pasöaita (lies: °ca^ta) ra^iöa adwadäüyasöa (lies:
raesaheca adwadäityäsca) dsträinti (lies: astäraiti).
D. h. '''Wenn aber der, des der Knabe ist, zu ihm sagt:
'Geh mit ihm, mein Knabe, wenn du willst', so darf er dann
auch auf einem ausser Land führenden Weg mit ihm gehen. —
Wie gross ist der Weg, den er im Höchstfall mit ihm fort-
gehen soll? — Dass seine Zurticklegung im Lauf eines Vor-
oder Nachmittags stattfinden kann. Wenn er darüber hinaus
(mit ihm) geht, so macht er seinen nächsten Verwanten mit
der Schuld des Raesa und der Aöwadatay sündig."
und nun schliesst sich sofort an: "aber von mehreren
einander gleichstehenden den, der sein Lehrer ist".
Ich meine^ das genügt, um meine Behauptung über die
Zugehörigkeit des ersten Absatzes von N. 10 bei Darmesteter
zu erweisen. Meine Herstellung und Übersetzung von § 9
bedarf allerdings wohl einiger erläuternder Worte.
(Zu N. 9.) Der Fall liegt so: Ein Priester {Ratav), der
auswärts priesterliche Verrichtungen zu vollziehen vorhat,
braucht dazu einen Knaben als Ministranten und wendet
sich desshalb an einen, yerahe aparanayükö, d. i. an einen
Vater, ihm seinen Sohn, oder an einen Lehrer, ihm seinen
Schüler, oder an einen Vormund, ihm sein Mündel mitzu-
geben. Wenn der Knabe selber bereit ist mitzugehen, kön-
nen die genannten Personen ihre Einwilligung dazu erteilen,
aber nur für eine Reise, die nicht mehr als einen halben
Arica XIV. 1 1 9
Tag in Ansprach nimmt; andernfalls belasten sie sieh mit
einer bestimmten Schuld (and natürlich auch mit der dafür
festgesetzten Strafe).
Im einzelnen bemerke ich noch Folgendes:
Die Herstellung von ana im 2.y 4. and 5. Absatz für
Jiana^ vana and ana ist durch den Zusammenhang geboten
and auch durch Pü. angezeigt.
Zur Korrektur {a&a) ha xmyete in 3 verweise ich auf
Pü.: ißtön) patixidh e "(so) bist du ermächtigt". Die Person
stimmt nicht; man verlangte die dritte. Statt an mn ad wird
an mn at zu lesen sein, d. i. Mt ''sit'.
haxtöit (4): statt des ablativischen Infinitivs erwartete
man eher den genetivischen. S. aber P. 23: ^na^da pas-
6aeta ^hö na ähmat haca gätao^ üai^ta framtoit nOit apa-
sütöit ^ayqm 6ina gamanqm.
Abs. 5 ist wörtlich: 'Einen wie grossen (GlrPh. l, §268.
17; Var. cvai) als den grössten Weg soll er in seiner Be-
gleitung fortgehen?' Zu dböiSta- vgl. Bthl. IF. 11, 137.
Pfl. hat (pa) baiist, das vorn mit n (v) statt b geschrieben
ist, vgl. AVGloss. 228 unten, Justi Bd., Var. zu S. 21, Z. 1,
W. 10 und SBE. 37, 96 (21).
Die Korrektur von avqn, Abs. 6 in ayqn liegt ja nahe
genng, kann jedoch nicht als sicher bezeichnet werden. Pü.
hat nämlich nicht das Wort für Tag, sondern an k d, womit
ich nichts anzufangen weiss.
aitcya-stis ist Nom. act. zum idg. Verbale sa^d- (in griech.
öböc, ksl. choditi)] dazu gehören auch Aw. asnaoifi, nazduta-
und asna-, asna- Cnahe'j; s. hierüber mein AirWb. und oben
S. 119.
Abs. 7 : Die EinfUgUüg eines Worts für 'mehr' ist durch
den Zusammenhang geboten, der Wortlaut wird durch N. 4
(Bombayer Ausg., Introd. 21, Z. 1) bestimmt. Hier steht:
yö haöyö aitahmat paraiti mit der Übersetzung: ka db na
hac an ap^ rawet und der Erläuterung: [ku) raff patman
res. Genau entsprechend findet sich hier : ka db n a hac
an ap6 apäkinity und es wird hinzugefügt, ein Erklärer
verstehe v^s as ape nltan^), ein andrer yuttar as ape nitan^)
1) Mit dem Ideogramm für kanltan (dz r n° statt dz dr n°j ge-
120 Christian Barthoiomae,
darnuter. Es ist klar, der Verfertiger der Ptt. bat vor a^-
tahmat in N. 9 das nämliche Wort gehabt wie zu N. 4. In
der überlieferten Überaetzung erscheint an beiden Stellen
das Ideogramm für mart. Darmesteter ZA. 3, 81 No. 20
erklärt daher einfach genug : ^'haöyö est corrompu : le peh-
levi suppose nd'' und Darab, als dessen allzeit gelehriger
Schüler will Introd. 19^ No. 1 der Bombayer Ausgabe kurz
entschlossen ''ac. to Pahl.' nuruyö dafür eingesetzt wissen.
Durchaus mit Unrecht. Schon Caland hat baoyö im Wesent-
lichen richtig bestimmt, KZ. 33, 466. Fs ist ein ganz gutes
Wort und ganz das Wort, das wir brauchen, ASn. als Adv.,
zum ai. hhdmyasa IS. in der Bedeutung "^mehr'. Ich möchte
annehmen, es habe im Original der Pü. b n a statt db n a
gestanden, d. i. ap^; api haö an könnte wohl die Bedeutung
darüber hinaus, noch mehr, weiter' gehabt haben. Die
Änderung ist bei dem in N. so häufigem Satzanfang cand
mart, cigön mart, ka 2 mart usw., s. N. 17 ff. wohl be-
greiflich.
Der 8. Absatz ist von allen in der Überlieferung am
schlechtesten gefahren, und es ist eine einigermassen sichere
Rekonstruktion um so weniger möglich, als uns auch die
Pü. dafür nicht rechtes an die Hand gibt. Sie übersetzt:
^ ndbanazdiit (s. Var.) pas öi pa ris ap p dät astrinend
mit der Erläuterung; kui hacas apB e girend. para lässt
sie aus und für adwadaityasca gibt sie statt der gewünsch-
ten Übersetzung nur eine Transskription ; statt ap p dat ist
at p dat zu lesen, t p aber umschreibt ebenso dw wie ^
(z. B. in r p dt p dn = rapi^irij N. 49 u. ö.).
Der genaue Sinn der Stelle scheint schon frühzeitig be-
stritten gewesen zu sein, denn es werden uns im Folgenden
die von einander abweichenden Ansichten gleich dreier
Awestagelehrter mitgeteilt, von Aparak, Kösn und Vehdöst.
Dabei erfahren wir, dass man adwad"* als adatiha sardärih
auffasste, womit zu V. 15. 16, 22, 40 adaityö.afaJiar^dra'
wiedergegeben wird.
Das selbe Wort, das in Pü. an unsrer Stelle für adtr''
schrieben, vgl. West Sg. 253, 260. Die Verwechslung ist sehr häufige
sie findet sich auch in beiden Ausgaben des PPGloss., Kap. 20 (S. 16.
8 und 79. 11).
Arica XIV. 121
8tebt, finde ich noch fünfmal, nämlich Dk. 8. 17. 6; 20. 97
(SBE. 37, 40; 67), N. 15 (S. 24a, Z. 8) und F. 25b« (bei
Reichelt WZKM. 14, 209 Z. 1 und 6); s. Darmesteter ZA.
2, 84 f. No., 89 No.
In dem leider rettungslos verderbten Stück N. 15 stehen
als vierter Absatz die Worte : atduha vaca tatdrö.pi&wä ah-
fnOfi paiti adwa. Die Pü. dazu lautet: adavas hend apar
(s. Var.) tar (so statt t It a ) pihn i pa ham apar kus ad-
wadat (geschr. at p dat) tar (so statt t rt a) patistdn büt
^^Hj d. i. '^oder ihm sind . . mangelhafte Nahrung, welche
. ., d. h. ihm ist Adwadat mangelhafter Obemschaft ge-
worden". Statt ia79rö.p° ist sicher nach V. 13. 20, 24 ta-
rcp"* zu lesen*); in der Pü. dazu ist das Ideogramm für se
'drei' statt tar (= hinah in Stt.) geschrieben, ein Fehler
der sich bald drauf wiederholt. Von Wichtigkeit ist der
Scbluss der Pü., aus dem hervorgeht, dass Adwadat mit
schlechter 'Pa^schaft, d. h. mit Pflichtversäumnis seitens
des oder der rechtmässigen Vorgesetzten, Pflegebeauftragten
in Zusammenhang steht.
In der erstzitierten F.-Stelle wird Adwadat (hier ge-
i^chrieben atptdat) so definiert: an bawet Jca x^'a^^Un u
iF^alisn Jc^ iud u tUn pata^ apdö ddrH, d. i. '"A. besteht
darin, dass man dem, der Hunger und Duret hat, Speise und
Trank vorenthält". Aus der zweiten Stelle des F., wo das
Wort richtig wie zu N. 15 geschrieben ist, vermag ich nichts
herauszulesen.
Über die beiden Stellen des Dk. mit unserm Wort weiss
ich mangels genauerer Angaben seitens des Übersetzers nicht
viel zu sagen. In Dk. 8. 17. 6 wird Adwadat — at p d at n
geschrieben — unter "the six modes of engaging in conflict"
anfgeftihrt, in 8, 20. 97 wird es als eine Todsünde bezeich-
net. West übersetzt 'giving no food', liest atapdat und will
np. iäba zum Vergleich heranziehen, was nicht angeht; np.
atäb° wäre np. da6°.
Als ersten Bestandteil enthält aöwadatay- ofi*enbar das
Wort adwan- 'Weg'. Dies zusammen mit der von der Tra-
dition gegebenen Andeutungen führt zu dem Schluss: adwa-
datay- f., eig. 'das Setzen an den Weg' war in derGerichts-
1» P. 56 wird sogar täf9hrö statt taro geschrieben.
122 Clirisliati BiirllioloniiLe,
gpraehe der Term. tccim, für 'Aussetzung', worunter sowohl
das Verbringen einer Person in bilfloBe Lage ab auch deren
VerlaBHei] in solcher ku versteheD igt, vgl. StGBfdDR.§^3l.
Daraus daes IIuDger und Durst für gewöhnlich die ersten
Leiden sein werden, die eine in solcher Lage befindliche
Person zu erdulden hat, erklärt sich die Fa^uug ron A.
in F.
und wie aöicadatay-, so ist auch das zu N. 9 damit
verbundeue raeia- M. ein Rechtsausdruck, nämlich für fahr-
lässige Kfirperverletznng, im Gegensatz zu den voraätzUcheo:
andm-^}, x'ai'ti-") und f'razabaodtih- sna&a-^). param raS-
iakeca aötcadaitydsca ist somit die "8ehuld fahrlässiger Kör-
perverletzung und Aussetzung". Sie tällt auf den nächsten
Verwantcii eines unnifhidigen Knaben als auf den, unter des
'Obhut' (ytüB. a, a. 0.) der Knabe steht, sofern er es erlaubt
oder nicht verhindert, dass das Kind als Ministrant fllr län-
ger als einen halben Tag auf Reise niitgeuomnicn wird. Sind
mehrere Personen dem Knaben glcichuah verwant, so trifft
die Schuld den unter ihnen, der des Knaben Ae&rapatay,
d. i. priesterlicher Lehrmeister ist. Zu der Anschanun^,
die sich hierin ausspricht, vergleiche man auch V. 15. 1'2,
wo gesagt wird; wenn ein Mädchen ans Scham vor den
Leuten ihre Leibesfurciit schädigt, so fällt Schuld und Strafe
auf ihre erwachsenen Familienangehörigen {ptarsbtjö); s. dazu
Sd. 63. 4 f. Der Vormund isl fur das Thun des MllndeU
verantwortlich.
Die ersten fUnf Worte des S. 115 abgedruckten Texlea
sind also sicher abzutrennen und zum Vorhergehenden zu ziehen.
Dagegen gehört der Rest eng zusammen.
Ein Wort, das sechsmal (Z. 2—5, 7, 9} in verschieden-
artigen Verunstaltungen wiederkehrt, ist nisritim, b/.. anisri-
tim ; am deutlichsten in b. Die ursprüngliche Lesnng ist durch
die Übersetzungen ape apagpariiinih, bz. anapOti apasparii-
1) Vorsttuliche KtirperverletKung mittelst einer Wafl'e ohne
Biuhtb&re Folgen, nur mit Schmerzjdrefühl verbunden.
3) VorBätxlicIiepiörperverli'tzunj; mitieiHt einer Waffe init sicht-
baren Folgen; s. dazu 17. 10, f>; II, 142 8owil^ jnein AirWb. unter
- und ava-dwartfia-.
S) Vor«lilzlii-he Kürperv<^rl<-izun>r mii loilidieiu Ausgangi IK,
0, 6 No.
r
Arien XrV. 123
nlb, die jeiier der Verbalfomien niairinuf/af V. 5. 62 usw. ent-
Rprccheu, völlig sicher gestellt; ninritay- i'. ist 'Anvertrauen,
Üljerlaseeu', nnisritay- f. 'NicIilanvertrHttung, Weigernog au-
zuvertranen'. Es gilt die Cberlassuiig; eines Knaben an einen
Priester zum Zweck priesterliclicr Hilfsleistungen: s- oben
S. 118 zu 'S. 9. Das Wort erscheint auch noch im folgenden
I Paragraphen. N. fl: nuritif (lies "ti) a^tahe dittryeiti nöit
I a*riti (lies anisriti), womit anf die Frage: dattat/asnahe va
I taHH.p9T,jflabe ta ap^r^nßyüka parar^hacäiti "Soll man das
V Kind eines J). oder eines T. (ab Ministranten anf die Reise
I mitnehmen?"') (Antwort:) "Bei dessen Aiivertraunng (d.i. wenn
l man es anvertraut bekommt und mitnimmt) wird man sündig,
I nicht bei dessen Verweigerung".
ZweiumI etossen wir auf das Wort frara, das beide Male
Lmit fra^ dahst wiedergegeben wird. Dabei ist erläntenid za-
LgefBgt: ku{ij brin zamUtt (ne) kart "d. b.: es iät (ihm) eine
pl)C8timujte Zeit (nicht) gesetzt", frara ist f'ra-\-ara, 3SPfA,
*■ Das altiranisehe Verbnni - ar- (zu griech. äpvu^ai, arm. arnvm
gehörig) hat hat die beiden Bedeutungen des nbd. gewähren,
nämlich 1) 'zu Teil werden lassen* und '2) 'gewährleisten, zu-
Bicliem, zusagen'; erstere Y. 9. 3, 4, 52. 3, Ö6. .-1 (.2. Stelle)'),
f ferner mit fra SnB. //. 6 (SBE. 5, 338), Yt. J3. 46, 146; die
I letztere Y. 33. 9, 34. 3, öO. 5, 56". 3 (1. Stelle)'); xu Y. Jf.
4, wo das Verbnm mit un und fra verbunden ist, übersetze
ich "es hat mir, dem Haoma, der Vater Ahura als Anteil
ausgesetzt und zugewiesen , .". Die zweite Bedeutung nehme
ich auch für unsre Stelle in Anspruch.
In Z. 8 und 10 lindet sich dreimal Owai/tinh^w, einmal
aitcya»h,im. Die ]*U. bat der Reibe nach ablm, hlm. bim,
abim, nnd sie ist nach dem /nsanimenliang zweifellos im Recht.
Danach ist au erster und letzter Stelle a&wyataham zu emen-
(iieren. iticaymaha- ii. 'Gefahr' ist eine Ableitung aus itwaj/ah-
a., das in ßwayamihatam Yt. 13. 2U enthalten isl. Dazu
1) Wörtlich 'in BegleiUmg ties Kindes weggehen', was selbBl-
veretändlicb svn. Isl als 'das Kind in seiner Begleitung wegführen*.
So auch N. 6, 7.
2) Wo zu übersetzen: "und des guten Loose», das uns als der
(Gerechtigkeit zufallend verbürgt ist und zu Teil werden wird" {yä
nö äraüa annatataüa aianhäxs).
i
j
124 Christian Bartholomae,
'äwyqm 10. 23, 37, ^yq/Stamaetsva V. 2. 23 und allenfalls
i>wayeiti Vyt. 27.
Pü. und Zusammenhang zwingen uns aber noch einen
zweiten Schluss auf. Für yadra aparaindjytikö in Z. 6 hat
Pü. : bim anök Jeu rat abim ku apurnäydk. Es ist klar, dass
im awestischen Text die mit him anök ku rat abim über-
setzten Worte ausgefallen sind, d. i. entsprechend der Pü. und
dem Wortlaut in Z. 8 : ai^ra dwayai9h9m ya^a ratui a^a-
yatdham.
Noch schlimmer hat der Verfertiger der Abschrift, auf
die sowohl H als T zurückführen, die folgende Textstelle ver-
stümmelt, wo er schrieb: nöit hs (statt he) anisrii (statt am-
sritim) .'. astret kadi x^aMt. Der awestische Text und die
Übersetzung stimmen nicht zusammen, aber sie ergänzen sieb
einander. Es kommt das daher, dass der Abschreiber von
anisritim, tn^ohinter in seiner Vorlage astryeäe .". n^ ö öt*)
pa anapac apa^päri^nih gestanden haben muss, wie aus Z. o
und Pü. dazu hervorgeht, gleich auf die Übersetzung des fol-
genden Worts, nämlich astret übergesprungen ist.
Dass auch in Z. 3 der Text durch eine Auslassung ent^
stellt ist, bedarf keiner weiteren Ausführung; es fehlt das Ver-
bum ästryeite, wie auch Pü. zeigt, die ö öi^) pa anapdc apa-
späriinih dstret bietet.
Nach diesen Darlegungen rekonstruiere ich den Urtext
von Z. 2 an in folgender Gestalt:
ä yefdhe nisHtim frära
a he anisritim astryeite
4 yezi aat M nöit nisritim frdra
nöit anisritim astryeite
« a^a &wayanhd^tn ya&ra ratui a9wayaidhdm yaihra apdr»-
näyükö
nöit he anisritim astryeite
8 a^a a&wayafaham ya&ra ratui &waya^hdm ya^a apdr^
ndyükö
1) So nach der Übersetzung zu Z. 2 und 4 zu lesen. D. i.
''nicht durch Nichtüberiassen an ihn". Tn der Übersetzung zu Z. 3
und 9 ist aus an n (=^ ö) der Urschrift ein zk i (an i) geworden ;
vgl. dazu IF. 11, 144.
2) S. No. 1).
Arie» XIV.
1S&
a hi m»ritim staryetti
n ada yat «ra yttüra ihcaytnaham rd a&irai/itvham ra
D. Ii. "Wenn einer seine (des Knaben) Anveiiranunjj
/ugess^ bat, 60 begetit er 8llnde, wenn er ibn (dann) nicht
anvertraut; wenn er aber Heine Auvertraunng uiuht /ngeeagt
hat, so begeht er dnreli Verweigerung keine Sünde. Isl da
Gefahr, wo der Ratav, Niehtgefalir wo der Knabe isich be-
findet), so hegeilt er (der darum angegangene) keine Sflnde,
wenn er ibu (dem Eatan) nicht anvertraut; ist da Nichtgelahr,
wo der Ratav, Gefahr, wo der Knabe (sich befindet', eo be-
geht er Situde, wenn er ihn (ihm) nicht anvertraut, nud aiicb
(dann), wenn beide (sieh an einem Ort befinden), wo »ci es
Gefahr sei es Nichtgefahr ist."
Für die Herstellung von a&ra statt a&a in Übereinstini-
mnug mit dem folgenden ya&ra spricht auch Pfl. rtnot. Fflr
utia hat sie, von den wenigen Fällen abgesehen, wo nie das
Wort überhaupt weglässt (z. B. V. 32. 6, 53. 6, N. öS), stets ttön.
Zu meiner Änderung von va in uva in Z. 10 s. Ptl. :
har 2. Dag gAw. uba- erscheint im jAw. als uva {a u n), uca-
(tf B ö), ra- (mit Anlauts-c) und ava. p«- linde ich ausser an
nnsrer Stelle noch: F. 2b: vaca, vayd^, F. 27b: m//0 (id
eatfOzuitö), N. 94: va, N. 99: va (in canaenui), V. 13. 31 —
37 Ptl. Z. : vaeibya {naemaeibyd), N. i07: va (in viidaityö,
g. IF. 5, 370), N. 5: va (in Abs. 2). F. 9 steht uva. End-
lich av" wird geschrieben, N. 11: avatjä, P. 67: ava (s. IF.
7, 227) und Yl. l.H. 35: ava (NU., ausgeführt mit vyqgca
ryana^ca; vgl. Y.34. 11, 57. 2.ö, Yt. 5. 36, 9. 10, 10. 2,93,
' J5. 43, 19. 96, N. 11, ferner Y, 56. 2, Yt. 19. ,^8, V. 18. ."lö;
Geldner in der NA. nnd KZ. HO, 520 hat ava inissverstanden).
Zur Konstruktion von a-ntar- bemerke ich, dass das,
, womit man sich versündigt, ebensowohl im luatr. — das ist
' das Gewöhnlichere — als im Akk. (des Inhalts) stehen kann.
Letztere Konstruktion zeigt ausser onsrcr Stelle : F. 4 f. (a. IF.
11, 142), V. 6. 3, N. 4 und N, 42, wo die Konstruktion /wi-
, sehen Lok. (an Stelle des Instr. wie oft) nnd Akk. wechselt:
I a^'araya . . htlzujafaya . . yaUm antryeiti. Weitres in mei-
\ nem AirWb. Die lautliche Differenz /.wischen a . . sfan/eiti
\ und astryeif! ist entsprechend den IF. 7, 70, 106 besproche-
I nen Fällen zu beurteilen.
A
126 Christian Bartholomae,
95. Zu Yt. i. 29.
In der Neuausgabe hat das zweite Sätzchen des Para-
graphen den Wortlaut: upa dwa azam maire anu.dadayat.
Das ist so ziemlieh die unglücklichste Lesung, die sich Geldnef
aussuchen konnte; vgl. Dannesteter ZA. 2, 343. Die Pah-
lavi Übersetzung (bei Salemann Parsenhandschrift 44) hätte ihn
davor bewahren sollen. Sie lautet: ke nzn rdda iviak pn
zamik ddhet, dazu die Erläuterung: Tcu nihan kunet.
Einen fast völligen korrekten Text bietet J 10: apam
vä zamard ana düye; statt des letzten Worts ist duye zu lesen,
wie die Mehrzahl der Handschriften hat, unter anderen auch
Fl, die im Übrigen von J 10 nicht wesentlich abweicht. Die
Richtigkeit der Lesung vd zamard wird durch Pü.: imak pa
zamik verbürgt; vgl. Y. 9. 15, FrW. 4, 3, wo z9mara.güZ'
mit andar zamik nikän gegeben wird. Ebenso die von duyey
das, wie das abgetrennte Personalsuffix in Y. 48, 7^ durch,
eine Form zu datan übersetzt ist; dort, zu Y. 4S, steht dähün.
Mit den Anfangsworten der Pü. weiss ich nichts anzufangen.
kB ist mit dem Ideogramm geschrieben: mnn. Die folgenden
Zeichen könnten zusammengenommen vazurkihj das wäre np.
buzurgl gelesen werden. Sollte mnn für m n geschrieben
sein — was öfter vorkommt — , d. i. ha£? ha£ vazurkih? Für
apaiüj das mir durchaus sicher scheint, s. Var., wäre apa6
(r an a r) zu erwarten.
Das vorletzte Wort der Textstelle, ana ist in der Pü.
nicht zum Ausdruck gebracht. Es als Präverb zu nehmen und
gleich griech. dvd zu setzen, geht schon um deswillen nicht
an, weil ana in dieser Funktion sonst nirgends vorkommt*);
auch als Pränomen ist es selten genug; vgl. Delbrück Vgl.
Synt. 1, 734. Somit haben wir in ana den Instr. Sing, zu
aem zu sehen: 'damit*.
Ein bemerkenswertes Wort ist duye. Die Pü. nimmt es
1) Auch im vorletzten Sätzchen von Yt. L 27 hat Geldner
meines Erachtens falsche Lesarten gewählt. Ich lese: hqm zaina
ava.zdmbayadtvdm, d. i. "zertrümmert ihre Waffen" nach Pü. : fiamäk
ha6 au'zär i tö vat d^än räS skastak ape kane. Vgl. besonders
die Lesarten in E 1.
2) Andernfalls würde man es in der Bedeutung 'zurück* neh-
men können, was ja ganz gut passte.
i XIV.
i9T
alfi Verhnm. Das ist riditig. Aber eine 3. Sing, kann es niclit
seiD. Es ist vielmehr 1. Sing. Med. eines Präsensstamms dra-
' duva-). der mit dava- iu V. 5. 24 zusammengehört. Hier lesen
wir: t/aiya masi/ayd^) afi kagt/awhqm ajiqm-) avi.fradavaite
ISO Jp 1, Mf 2; NA. °ti\. In PU. erscheint dafür cigßn an i
mag ap ica an 1 kau dp apar frtlc barit. Ich Übersetze "wie
ein grösseres Wasser kleinere Wasser mit sit-h Ibrtreisst". wo-
mit auch Pll. im Wesentlichen /.usammenstimmt.
Die beiden Präsensstämme gehären r.M der im Dhälnp.
22. 46 mit der Bedeutung tjiüau verzeichneten 'Wurzel' da-
(äärati). die inzwigeLeo TOn Öchroeder im RV. {10. 34, fi;
nä damtdif!/ ebhih) nachgewiesen hat, WZKM. 13, 119; s.
ueb ebd. 297, ferner OsthofF IF. 5, 281, Foy ZDMG. 50,
130»), KZ. 36, 13.% Brugmann Gricclj. Gramm.» 212, Hirt
'— Ablsat 104. Als Grundbedeutung der Verbale kann man '(sieb)
^koitfernen' aufstellen.
^^ Danach ist Yt. 1. 29: apaia vd zamard ana daye zn
^■tifcrsetzen : "Zarfick jage ich auch damit in die Erde". Was
^BdiB besagen soll und worauf ana 'damit' bezogen werden
Bbihs, ergibt sich aufs klarste aas Y. 9. 14 f. und Yt. 19. 80 f.
" (woin Dk. 7. 4. 42j. Sprecher ist, wie ja auch ausdrllcklioh
gesngl wird {aal aoxta z") Zaraduitra, die angesprochenen (rd)
die Da?va "i/Oi para ahmät piro.raoöa apatayan paiti aya
i lOTUl", und der Zauber, mit dem die DaSva in die Erde /u-
■TSckgebauQt werden sollen, ist das AkunaVairyn-Gebct: tiim
1) GlrPL. 1, § 308. 2 No. 1.
3) Geo. sn Stelle des Äkk.
3) Foy ist H. a. 0. durcliRUH im Recht, wenn w dio von mir
iMnerzeii vorgeschlagene Koirektnr des a:i D. ß (= Dar. Pers. e^
■1(23) übprliefKrlen d^v»ii''t'>m<^ ^ duraiitavi In d''v^i'' ablehnt. Ap.
■.An-aijfte- (d. i, ar, °a(i}iätha:, GIrPh. 1, § 81, § 208, IF. 7, 73 No.) ver-
■Wt sich zu jAw. *duva-, PraeBensstr, (in duye) wie jAw. hvöxAta-
l'l) 'der höchste, erste' an Wort und Rang, 2) 'der ttitestt' (eigent^
ficb 'der autoritaCivste*) — N, SS und N. /, F. ia — zu ai. gued-
tuvOli).
Znr Erläulernng der fraglichen Stelle sei noch bemerkt, dasn
r duvaigtam stehende fvy^a
vorkommenden Ifya identisch ist,
nehme und als 'Inde' im zeitliciien
lybU. Ich tibersetze: "Wohlbeha^rec
■ngestort, es wird sich einstellen .
it dem zweimal vor param
Ich lese hyä><, das ich ni» Ab.S.
Sinn dente. ax''i"t''a ist ax-
vou da an aul lange hinnus
128 Christian Bartholomae,
zaraihiMra ahundm vairim frasrävayö , . tum Z9margüzö
dkdTdnvö (Pt 4) vlspe daSva and äat te a^vö ahunö vairyo
tfim . . zara&uströ (Hds. °r9in) frasrävayat , . zamar9guza
(F 1)^) avazat viape daeva. Das Verbum an zweiter Stelle
avorzaty d. i. 38PrA. zu za{y) 'mittere' mit thematischer Fle-
xion, hat wesentlich die gleiche Bedeutung wie duye in Yt.
1. 29; vgl. auch die 3. Flur, des redupl. Präs. avazaza^ Y.
34. 9, das in Pti. mit ap^ hü^nd gegeben wird (Sil.: pari-
ksipyanti).
96. Zu Bh. 4. 13 (Zeile 65).
Weissbach und Bang bieten in der Neuausgabe der alt-
persischen Keilinschriften nach Kawlinsons letzter Lesung den
Text:
uaiy I gakaurim | naiy^) | . . . . huvatam | zura | akunavam {
und übersetzen: *"" weder noch that ich
Gewalt an". Warum sie trotz dem, was ZDMG. 46, 296, 329
dagegen gesagt worden ist, bei der Übersetzung 'Gewalt' ftr
ihr zura stehen geblieben sind, begreife ich nicht. Das nensos.
Wort dafür appantukkima übersetzt Weisbach selber mit 'un-
recht*, Achämenideninschr. zweiter Art 73, 100. Und diese
Bedeutung kommt auch sicherlich dem ap. züra^ zu, das dem
np. zur entspricht; s. dazu Uübschmann AGr. 1, 152. 'Gewalt'
wäre, nach dem np. zör, im Altpersischen in der Form "^zavar
zu erwarten. Vgl. noch Bthl. BB. 15, 43; 17, 146, Nöldeke
LC. 1894, 151, Geldner VSt. 2, 20, Foy KZ. 35, 22, ZDMG.
52, 595, züra^ kar- bedeutete 'Unrecht thun* und wurde mit
dem Akk. (der Person) verbunden; ein Analogon bietet jAw.
8k9ndam kar- mit Akk., Y. 9, 28.
Der letzte Versuch zur Herstellung der Rawlinsonschen
Textbrocken stammt meines Wissens von Foy KZ. 35, 45. Er
ändert säkaurim in ^ukarim und . . huvatam in duskaram.
Zu der letztem Änderung bemerkt er erläuternd: "Bei einer
Verstümmelung des Steins wie sie thatsächlich vorliegt, ist
die Verlesung von A statt d", s statt v, t statt kr wohl mög-
1) Und E 1, L 18; Pt 1 hat zamardgüzOy J 10 z€nnar9giüÖ.
zdmarBgüza^ wie Geldner in der NA. schreibt, hat keine einzige
der bessern Uds.
2) Rurbivdruck deutet in der NA. an, dass die entsprechen-
den Zeichen in der Inschrift zerstört sind.
Arica XIV. 129
lieh". Räamen wir einmal die Möglichkeit eiu, gut. Was soll
denn aber dann mit der Lücke vor Rawlinsous huvatam wer-
den? Soll sie einfach ignoriert werden? Das geht nicht an.
Zudem ist die Zahl der angenommeneu Verlesungen bei einem
Wortfragment doch wirklich etwas hoch bemessen. Auch die
ftlr sakaurim vorgeschlagene Verbesserung halte ich für un-
zulässig. Das natürliche Gegenstück von duiJcaram wäre doch
hikaramj nicht aber ^ukärim. und ein Nom. aet. kdray- ist
überhaupt nicht nachweisbar; weder auf iranischem noch auf
indischem Gebiet; s. noch unten Anhang.
Das ist klar: diejenige Herstellung der von Rawlinson
gegebenen Lesang hat am meisten Anwartschaft für zutreffend
zu gelten, die einen sinnvollen Text bei möglichst wenig Än-
derungen gewährt. Sicher falsch gelesen ist der erste Buch-
stabe des zweiten Wortfragments h. Die Neuausgabe schreibt
. . huvatam. Dabei ist aber die orthographische Regel, dass
h vor u niemals geschrieben wird, ausser Acht gelassen, ebenso
wie D. e (= NRa). 3 (25), wo trotz BB. 13, 70 die Lesung
humavarka wiederkehrt. h'*u v" . . könnte nur hauva^ gelesen
werden, damit aber wäre nichts anzufangen. — Dass mkau-
rim ein Ungetüm ist, bedarf keines Beweises. Rawlinsous
erste Lesung war mhu ... Es liegt näher, den Felder am
Anfang als am Ende des Worts zu suchen. Ich schlage vor
statt Ä^A" des ersten Worts a zu lesen und die Lücke (ein-
schlie^ich des A")^) vor dem zweiten mit d"ur" auszufüllen.
So gewinnne ich die Lesung:
1) Wie gross die Lücke ist, wie viel Biiclistaben sie etwa
lasbi, das wird von Rawlinson leider auch in seinen ergänzenden
Bemerkungen*) vom Jahr 1850 nicht angegeben.
*) Note on the Persian Inscriptions at Behistan; Beilage /.um
Vol. 12 des JRAS. (OldS.). In der Neiiausgabe 4 sind diese Be-
merkungen nicht erwähnt.
Auch Foy scheint sie, als er seine Bemerkungen zu Bh. II
75. 89 in KZ. 35, 39 schrieb, nicht zur Hand gehabt zu haben.
Sagt ja doch Rawlinson a. a. O. IV ausdrücklich: '*the mutilated
Word . . consists of four letters". Wie das fragliche . . s<^m^ zu
ergänzen sei, wird bei der Dunkelheit des folgenden Worts und
der Zerstörung des assyrischen und neususischen Textes immer
unklar bleiben; vgl. WZKM. 1, 223; 4, 173; BB. 13, 250. Die Er-
gänzung caxhna^ wie sie die NA. nach Oppert bietet, ist auch
mit GIrPh. 1, § 86 a. E. nicht zu rechtfertigen.
IndosrermaniHcbe Forschungen XII i u. 2. 9
130 Christian Bartholomae,
naiy a^urim naiy duruva^tam züra^ akunavam.
D. i. "Weder eiuem -^Awrabekenner noch einem Anhänger der
Drug habe ich Unrecht gethan".
Das Adj. a^uray-, mit Vrddih gebildet, "zu Ahura ge^
hörig" usw. findet sich auch im Awesta, und zwar als Attribut
von tka^^a-, da^7ia-, nmana-j daKyuma- und des Eigennamens
asti.gafya- (Yt. 15. 28, so!). duruvaH- aber ist das ap. Ge-
genstilck des wohlbekannten dragvant- im altern, drrant- i/o
jüngeren Awesta. Ihre gemeinsame iranische Grundform ist
drug^ant- ^). Ich gehe dabei von der Annahme aus, dass der
im GIrPh. 1, § 275 fürs jAw. nachgewiesene Ausfall eines
iran. g vor ffi ^) auch im Ap. schon stattgefunden hat, und ver-
1) Vgl. Bthl. GäBäs 12 No., KZ. 28, 2, AF. 1, 53; 3,31. Weitrft
Litt. GIrPh. 1, § 268. 10. Dazu noch Tiele Godsdienst^ 2, 146 No. U
Neuestens scheint auch Geldner zur Erkenntnis seines lange hart-
näckig festgehaltenen Irrtums gelangt zu sein. Denn während er
in seinen KZ. 30 und BB. 15 veröffentlichten GäGä- Übersetzungen
dragvant' noch mit 'Ketzer, ketzerisch* wiedergibt, bietet er GIrPh.
2, 30 zu Y. 4ö. 1 'satanisch', zu Y. 4ö. 7 'Satansmensch' dafür, was
ich mit Rücksicht darauf, dass er für drujim zu Y^. 48. 1, 33. 4
'Satan* bietet (KZ 30, 524, BB. 15, 249), als ein Eingeständnis seines
Fehlers ansehe.
Übrigens kann ich 'Satan*, 'satanisch' oder 'Satausmensch'
nicht als vollgiltige Übersetzungen von drug- und drsgvani- billi-
gen drug-. fem. (!) ist das dem asa- ntr. gegenüberstehende Prinzip
und dessen Verkörperung, dragvant- der, der in der beiden wäh-
rendem Kampf auf Seiten der drug- steht, im Gegensatz zu cuta-
van-, also 'Partner, Anhäng^er, Genosse der Drug*. Wer a^a- und
drug- in den Gä&äs nicht alle Augenblicke anders übersetzen will,
was doch bestimmt eine Verwischung ihres Inhalts im Gefolge hat,
thut am besten, auf deren Übersetzung überhaupt zu verzichten.
Kann man doch auch nur selten sicher sagen, ob der Begriff oder
dessen Personifikation gemeint sei.
2) S. ferner ebd., § 194 No. 1, wozu noch Bloomfield AJPh.
17, 422. Mit dem das. 426 besprochenen ai. ^tagva- deckt sich laut-
lich vollkommen genau der jAw. Eigenname aetava- Yt. 13. 123.
Zu ai. ^atagvin- Adj. 'having a hundred cows' sei noch bemerkt,
dass es mut. mut. dem Volks- und Landesnamen ^atagiLä der alt-
pers. Inschriften entsprechen dürfte; vgl. ai. (ved.) saptdgufß, und
(klass.) iataguTi. Endlich mache ich noch auf jAw. duySö.vä- auf-
merksam, den Namen der Mutter Zara&uMras. Das Adj. duydö.wi'
bedeutete etwa das nämliche wie das ai. godügh- und verhält sich
dazu wie ai. iddhägnay- zu agnidh-, [Eine ganz abweichende An-
schauung über ndvagva-, dd&agva- trägt neuerdings Weber SBerlAW.
I
weise dazu anf iiip., np. mare, das ebenso wie jAw. maurwn
ein iran. *marg!f'' voraussetzt, s. HB. 7, Itlg, IF. 5, 358 No.
Wer das fttrs Altpersisebe nicht j-elten lassen will, wenn schon
meines Erachtens kein irgendwie triftiger Grund dagegen vor-
gebracht werden kann, dem stelle ich anhcini, anstatt meines
d''ur"M!?"^''wi" ein d''ur"ug"uv" . . oder auch d"r"ag''tW . .
(Tgl. die Schreibung (-"«^"r"««" = kttdarus). d. i. durugu-
oautam einzusetzen. Hachlich wird dadurch nichts geändert.
Vielleicht gewinnt so die Anschauung, dass die persischen
Könige Zoroaslrier waren, eine neue Stutze. Bangs Meinung
ee mUsste Ahriniaii in den altpersicheu Keilinsehriften genannt
»ein, wenn er den Persern bekannt war, ZÜMG. 44, 633, wird
TOM Jackson GIrPh. '2, 628 mit Recht bestritten, und zwar
mit dem selben Argument, das ich schon ZDMG. 42, 157 gel-
tend gemacht habe. Bangs Hinweis anf Bh- ^ (so!). II, 17
<58f., 78f.J ist auch nicht stichhaltig. Man lese z. B. Y.49. 1.
Anhang. Zu den Textberstellungcn in der Neuausgabe
der ap. Keilinsehriften.
Bang hat IF. 8, 292 aus Anlass der Foyschen Herstel-
lung unsres Textes in KZ. 35, 45 eine Reihe von methodolo-
^schen Bemerkungen an dessen Adresse gerichtet. Ich tinde
«e ganz gut und muss nur bedauern, dass Bang seine Grund-
sätze nicht schon bei der Veranstaltung der Neuansgabe gel-
lend gemacht hat. Es wären uns dann manche hüse Dinge
erspart geblieben.
1. Ganz greulich ist /,. B, die Ergänzung von Rawlinsons
m . . "kf^auv-a Bh. 1. 18 (86), — mit Raum fdr ein Zeichen zwi-
1895, 841 vor; äayea- wird dabei nicht berücksichtigt, auch nicbc
[ ^ech. («cotötiöri, und die iranischen Wörter natürlich erat recht
^ nicht.]
Weitre Beispiele rttrjAw.f au» irao-gu zu GIrPh. I, g 275 sind:
1) ravat.aspi\m G. ö. 5, gleichbedeutend mit rat\ja[.aspqm ebd.,
•die Roeae flink (machend, d. i.) laufen lassend', ravanf- ist Pari,
«u rava-, Praes. 20 (GlrPh. 1, § 1411.
2) drväifa Yt. 5.93. Die Bedeutung von drva- ist ja freilich
nicht sieber, doch steht es unter einer Reihe von Wörtern, die alle
körperUche Gebrechen bezeichnen. Ich verbinde drva- aus ir. *dru-
I ff¥o-, idg. *dhrughyo- mit an. duergr, ahd. Iwerg 'Zwerg", indem
1 ich auf Noreen Urg. Lautl. 324. Brugninnn Gnlr.» 1, S 279. 2 ver-
[ weise, und nehme es iti der Bedeutung 'zwergenhal't, vertiruppott'.
132 Christian Bartholomae,
sehen tw"* und k^^) — zu madydkauvä, in Tafel 3 m^d^y^-
k'^auv^a gesehrieben. Bekanntlieh kann d^y*^ niemals dya
gelesen werden^ sondern nur daya, für iran. dia aber wird
naeh bekannter Regel dHy^ gesehrieben ; damit jedoeh würden
wir für die LUeke drei Zeiehen bekommen, das sind zwei zu
viel. Was karam m . . kä^uvd — Lok. Plur. Fem. ; diese Le-
sung liegt doch am nächsten — aväkanam bedeutet, wird
kaum je zu ermitteln sein, da uns auch die Übersetzungen im
Stich lassen. Vielleicht handelt es sieh um einen militärtech-
uischen Ausdnick. Foys Herstellungs- und Erklärungsversuch
in KZ. 35, 35 gilt mir aus mehr denn einem Grund für un-
annehmbar.
2. Sehr wenig gelungen ist auch die Ergänzung von
Rawlinsons m^ . . m^ Bh. 4. 16 (76) zu mazäruim. mazana-
soll wohl Part. Praes. Med. zur 'Wurzel* maz- 'gross sein* vor-
stellen? mazänam ist kein Wort. Steht w* als erster Buch-
stabe fest, so würde ich, mit Berufung auf das Awestische,
ma&itam als das nächstgelegene vorsehlagen; die Bedeutung
'gross' ist ja durch die Übersetzungen gesichert. Ich bemerke
dazu, dass ich die Übersetzung von nikaHuv Bh. 4, 17, dem
Gegenstück von m . . m kunautuv, durch 'er soll zerstören*
nicht für zutreffend erachte, vi-kan- 'auseinandergraben' ist
'zerstören', ni-kan- aber bedeutet 'ein-, vergraben*. Ich nehme
das als Gegensatz von m . . m kar- 'ineTCtXuveiv* im Sinn von 'ob-
literare, in Vergessenheit bringen*. Die assyrische Übersetzung
hat llruVj bei Bezold 'er möge verfluchen'; die neususische
rippisne, bei Weisbach in der Übersetzung 'er möge verfluchen',
aber nach dem Wörterbuch 'er möge zerstören*. Es ist wohl
zu beachten, dass für vikan- die beiden Übersetzungen ganz
andre Wörter geben als für ni-kan-. Das war es wohl auch,
was Oppeii; Le peuple et la langue des Mfedes 184 veranlasste,
für nikaHuv die Korrektur ha^dasatuv vorgesehlagen: ein
Wort freilich, das ich nicht verstehe.
3. An der Stelle a^ura^mazda ya^d avaina^ imäm bü-
mim yu . . D. 6 (NRa). 4 (32) ergänzt die Neuausgabe das
letzte Wort zu yudiya, d. i. Lok. Sing, aus yud- mit postpo-
nirtem a. "Als AhAI. diese Erde in Aufruhr sah** soll eine
1) Rawlinson sagt ausdrücklich: "there is only one character
wantjng in the word makcCuwa*\
Arica XIV. 133
wortgetreue Übersetzung dieses Textes sein. Mir möcbte viel-
mehr seheinen, dass der persische Text eine wortgetreue Über-
^tzong des deutsehen ist. Wo haben die Herausgeber ein
arisches Verbum für 'sehen* mit einem solchen Lokativ ver-
bunden angetroffen, in einer Wendung, darin "die Form der
Ortsbestimmung auf Zastandsbestimmungen übertragen ist"
(Paul Deutseh. Wb. 41 la)?*) Da war Bangs Vorschlag in
ZDM6. 43, 530 ^yu- . . möchte ich in yustam ergänzen, . .
von y yw2" schliessUch doch noch besser. Freilich müsste
es yuitämj mit i und mit femininem Ausgang, heissen. Den
Fehler s statt i wird Bang wohl von Geldncr KZ. 25, 560
mitübernommen haben, als er von ihm die Anregung zu sei-
nem Vorschlag empfing. — Von Foys yaudaiy (KZ. 45, 51)
gilt wesentlich das selbe wie von yudiya, FrMttller WZKM.
7, 254 hatte yausanäm vorgeschlagen, womit er wenigstens
^er Syntax gerecht geworden ist.
Das awestische Verbum vaena- 'sehen' zeigt, wenn das
Gesehene als in einer Thätigkeit oder einem Zustand befind-
lich geschildert werden soll, ganz die selbe Konstruktion wie
die altindischen und griechischen Verba für sehen, nämlich
die Verbindung mit einem ergänzenden Partizip des Präsens;
vgl. Delbrück Aind. Synt. 396, Kühner Ausf. Gramm, d. griech.
Spr.*, 611. Vgl. Yt. 5. 68: yat spaö^m pairi.avaenat dürät
ayantam roitmaoyö "als er das Heer von fern her in Schlacht-
reihe anrücken sah", H. 2. 13: yat tum ainim avaenöu sao-
caya6a karanavantam . . 'Venu du einen andern . . treiben
sahst und . .", P. 2i: ya^a na snaiMs asne niymafam') pai-
ti.vainOit "wie wenn ein Mann eine Waffe nahe (auf sich)
herunterkommen sieht". Nur an einer Awestastelle finde ich
eine andre Ausdrucksweise, nämlich Yt. 19. 34: araenö x'a-
ranö fra^ktö yö yimö . . brasat^) , . aiafö ddus.manahyaica
1) An der Stelle Y. 43. 5: hyat ^u'ä amh^ius zaßöi dar^s^rti
paourvim sind die Beziehungen des Verbs dards.ym zum Lokativ
zq^öi ganz andre. Ich verweise auf die Übersetzungen von Geld-
ner KZ. ao, 318, Darmesteter ZA. 1, 180 und Mills Gothas IBO; die
Pü. ist ganz ungrammatisch.
2) ASn. zu ni-ymant-y mit thematischem Ausgang. Die Pü.
der Stelle hat uns Darmesteter leider nicht mitgeteilt.
3) Inkoh. zu ai. bhramati, bhrämyati. Wir befinden uns so
im EUnklang mit der Sage, nach der Jamsed, als er sein Reich an
184 Christian Bartholomae,
hö stdrdtö nidürat^) upairi zqm d. i. ''als Yima die Herr-
lichkeit entweichen sah, begann . . (er) betrübt umherzuirren^)
und, der Feindseligkeit (sva. seinen Feinden) erlegen, hielt er
sich verborgen*) auf der Erde". Hier haben wir an Stelle
des ergänzenden Partizips einen ergänzenden Infinitiv; Utö ist
Infinitiv zu der in radöisamnam (s. S. 148 No.) sov^ie in ai»
isate 'er eilt'^), an. aisa "^sich rasch vorwärts bewegen' und
griech. oTjia enthaltenen Basis*). Die nämliche Doppelheit der
Konstruktion zeigen die Verba der Wahrnehmung bekanntUeh
im Lateinischen, wo ebensowohl video puerum exire als video
puerum exeuntem gesagt werden konnte; vgl. Draeger Hist.
Synt. d. lat. Sprache 2^ 381; 788; Kllhner Ausf. Gramm, der
lat. Spr. 2, 519, Schmalz Lat. Gramm. ^ 311.
Mein Vorschlag geht dahin: a^ura^mazda ya^a avainafi
imäm bümlm yaudaHlm zu lesen, d. i. "als ÄhM. diese Erde
Zahhäk verloren, zunächst zehn Jahre lang umherirrte ; s. Windisch-
mann Zor. Stud. 36. Vgl. noch die folgende No.
1) Vgl. ai. adärayaf^ Bh. 2, 3, 3. 5, ebenfalls mit intrans. Be-
deutung 'er hielt sich auf. Die Bildung eines mit därayat gleich-
bedeutenden därat ist dem häufigen Nebeneinander von gleichbe-
deutenden Präsentien auf -aiti und -ayaiti bei gleicher Wurzel form
zu danken, wie haöaiti — hacayeiti usw.; s. GIrPh. 1, § 145, 151 und
auch mein AirWb. zu tap- No. 1. Zur Sache s. Firdusi ed. Vullers-
1, 34 V. 202 f.: nihän gast . . cu .^ad sälas andar jihän kas nadid,
2) Siehe Note 3 S. 133.
3) Die dem Verbum im PW. beigelegten Bedeutungen 'ent-
eilen, fliehen' kommen ihm nur in der Verbindung mit Ablativ zu.
4) Für Darmesteter ZA. 2, 624 ist fraestö, weil fratätäidihö zu
Y. 49. 8 mit frainän pat gegeben wird, *le commandeur*. Gleich-
wohl gelangt er zur nämlichen Übersetzung wie ich: "lorsque (le
conimandeur) Yima . . vit disparaitre sa gloire . .". ava€nö kann
ja natürlich ebensowohl 'nicht sehend', als 'ansehend' (vgl. Y. 30. 2,.
46, 2) bedeuten. Aber 'etwas nicht sehen' und 'etwas verschwinden
sehen' ist doch nicht ganz das selbe. — Geidner 3 Yt. 19, 24 nimmt
fraeAtö als NSm. des PPfP. und übersetzt: "Der Herrlichkeit bar
wurde vertrieben . . YiTna"'. Ich bezweifle, dass avaenö die Bedeu-
tung 'bar', und bestreite, dass frae^to als PPfP. die Bedeutung 'ver-
trieben' haben konnte. In der Verbindung mit pra bedeutete das
(ar.) Verbum vielmehr 'ausschicken, entsenden'; vgl. ai. prd väcam
Indult i§yati KV. 9. 12. 6, prd . . dütdm iva väcam' i^ye 4, 33. 1, tä
{äpah) adravann . . deväpinä pr^^tä . . RV. 10. 98. 6, usw.; ferner
pasäva^ adam käram . . fräisayam abiy . . Bh. 3. 1 (und oft); end-
lich mp. frestaky np. firenta, firiüa *Bote* (Hübschmann Pers. Stud.
84, Hörn GIrPh. Ib, 25 (5 a).
Arica XIV. 135
in AnfregUDg geraten sah**. Man halte dazu Yt. 13, 95: ida
apqtn mHhrö . . fradät fratamatatö daUyunqm yaozaintUia
(näml. dainihüs) ramayeiti. Schon Geldner a. a. 0. hat auf
die Stelle aufmerksam gemacht.
4. Zu Bb. 2. 11 (61 f.) bietet die Neuansgabe folgenden
Text : thurav&harahya | m&hyä ( iyamanam | patiy | anathä-
$am I hamaranam \ Jcartam mit der Übersetzung: ''''Im Monat
Th., am Ende war es, als ihnen die Schlacht geliefert wurde'*.
Hier hat die Nenausgabe allerdings nichts ergänzt. Wer ihr
aber traut, wird erst recht irre gehen.
Zwischen dem 'Wortteiler', der in den Bh.- Inschriften
bekanntlich den Wort an fang markiert, und dem i- Zeichen
des dritten Zeichenkomplexes befindet sich auf dem Stein eine
Lücke von der Breite, wie sie ein Buchstabe einnimmt; s.
Rawlinson zur Stelle "The 4th character in this line is enti-
rely lost, and the word tho whieh it belongs . . I am unable
to restore it". Die Herausgeber unterlassen jeden Hinweis
auf das Vorhandensein der Lücke, sie nehmen iyamanam als
ein vollkommen erhaltenes Wort und schreiben ihm die Bedeu-
tung 'Ende' zu. Wie diese herauskommen soll, vermag ich
nicht zu sehen. Die von Oppert vorgeschlagene Ergänzung
xsiyamanam — zuletzt bei Foy KZ. 35, 39 — ist zu lang
und führt zudem nicht einmal zu der gewünschten und nach
den Übersetzungen notwendigen Bedeutung 'Ende*. Das Wort
könnte doch nur ein Part. Praes. Med. in der Bedeutung 'schwin-
dend' sein. Wir brauchen aber ein Substantiv. Das zwingt
uns, ana-m als Suffix abzutrennen, m also zur 'Wurzel' zu ziehen.
Ich fülle die Lücke vor dem Wortbruchstück mit dem
Zeichen w'* aus. So bekomme ich ni-yamana-m zum V. yam-,
eig. ''Niederhaltung, Einhalt'; der Weg von da zu 'Beendigung,
Ende' scheint mir ohne Schwierigkeit gangbar. Vgl. zum Be-
deutungsübergaug ai. nidhäna- n.
Eine Vermutung übrigens, auf die mich die Stelle V. ö.
8 gebracht hat, möchte ich doch nicht unterdrücken. Es steht
hier: o&ra adat frajasaiti haxta aöat nijasaiti d.i. ^'es sind
die Bestimmungen des Schicksals, die hier (sva. bei ihm; sich
vollziehen und ihren Abschluss erreichen". Die Bedeutung von
nijasaiti an dieser Stelle und die des np. fariam^ das auf iran.
^frajama- zurückweist, lassen mir die Vermutung nicht als eine
besonders gewagte erscheinen, es könnte in dem ap. Wort y"^
136
Clu-
verlesen oder versclirieben aeiu für /', so ilass wir als» mja-
manitm hätten. Die Zeiebcn t/" und /" iiiiterscheideii sich Ja
nnr rfureh die Anordumig des wagerechteii Keils und iff" ist
vme selir geläufifi^e Verbindung, wäljrend für die von i mit j'
nnr wenig Wörter Aiilass geboten haben können. Das kann
ebensowohl den Leser als den Selireiber zum Entgleisen ge-
bracht haben.
ö. Ein älndiches nur noch gewaltsameres Verfahren bal>eii
die Herausgeber hei ihrer Herstelhing von Bb. 4. 10 (Zeile 54)
eingeschlagen. Sie schreiben hier: nuram | thnvani
varnavalftni | tya | manä | kartam { aratha | avahyar&diy mä
apagandaya. Nun lese mau aber Rawlinsons Note 7.nr Stclte,
JR.VS., OldS. 10, LXI "On the left band of the fissure . . tbe
writig is entirely destroyed, and I cannot restore, even con-
jecturally, the word of tliree «r four letters which üitervene«
hetween awat/id and awahyardHya". Die Lücke mit Kaum
für ein Wort von drei oder vier ßnchstahen ist in der Neu-
ansgabe glatt versehwunden. leb verweise zur Herstellnng der
Stelle auf KZ. 29, .^85; 33, 421; 35. 34.
(5. Der (ii|itel der Selbständigkeit gegenüber den Mittei-
lungen derer, die die Inschriften sicher mit eignen Augen
gesehen haben, erreichen die Herausgeber in der grossen Suez-
Inscbrirt Sz c (D, 17). In § 3 bietet hier die Neuausgahe fol-
genden Wortlaut:
ttfa I hacA I päi-sA { aitiy'j iyam | yuviyA | dkaniy { paaft-
vn I adam | niyastäyam | ut äyatä |
Ich frage mich vergeblieh, auf welchem Weg denn Weissbach
uml Bang zu diesem Test gelangt sind. Haben sie die In-
sehrift selber eingesehen oder konnten sie neuere und zuver-
lässigere Mitteilungen über deren Wortlant benutzen, als die
von Menant nnd Darcssy in Recueil de Trav. Vol. 9 und 11?
Auch im GlrPh. r^, 59 finde ich dartlber keine Andeutung, und
doi-h wäre eine Aufklärung des Sachverhalts dringend er-
wans(;bt, nicht zum wenigsten auch im Interesse der Heraus-
geber selbst,
97. jAw. a^ta- m., aHa- f., aitakmai/ac- Adj, :■
griecb. oItoc (nsw.j.
I) Zu Anfang des 5. Kap. des Frahang (WZKM. \
rj(j) lesen wir:
Arira XIV. 137
fkaeiö : frahuft ydd datastdn; ape ast ku datawar.
D. h. "ika€iö ))edeatet meist 'Richterspruch*, es gibt aber
auch Stelleu für die Bedeutung *^Richter"*. und nun wird
als Beleg für die seltenere Bedeutung zitiert:
kö asti fkaesö vivindätö (Var. vUdafö)? yö aeta pcUri
ar^dra frazanaiti.
Die Übersetzung dazu lautet:
katar 118t datatcar i akasdnt? ke [ha6]^) dn datastdn
hac srar ape frdc ddnef. (Es folgt eine längere Erläu-
terung, deren Wortlaut offenl)ar verderbt ist; vgl. West
SBE. 37, 64 No., Danncsteter ZA. 3, 23.)
Is ist klar und wird auch von der Tradition bestätigt, das»
^eta au dieser Stelle nicht als irgend eine Kasusfonn des farb-
losen Pronomens aeta- Mieser' genommen werden kann. Wie
Darmesteter a. a. 0. sich den Satz zurecht gelegt hat — er
übersetzt ''qui voit la deeision a rendre en tel cas" — , ist
mir nicht klar geworden.
2) In Y. «. 4 = N. 71 (Bombayer Ausg. 148a) steht:
yasca a&ta^mm mazdayasnanqm pifr^ndymiqm aitcLzü-
zuyanqm imq vafö nöit vlsaite (so N.) framrüite a^tqm
d ydtumanahe jasaitL D. i. "Wer von den mündigen
Mazdayasnvxw, wenn er dazu aufgernfen wird, sich wei-
gert-) diese Worte ^) aufzusagen^ . . ."
Die Pü. ist leider gerade an der entscheidenden Stelle undeut-
lich, , , ak^> i yätükih rasilt, erläutert: kus da.vsak e i fä.sttk
patas paötak havät. Das erste, für aetqm stehende Wort
zeigt sich in den Varianten: an n dd dn da 'bei Spiegel), an b
ddanda (X. 71 11.) und an b n d dan da (N. 71 T.). Sicher
scheint mir, dass das Wort auf -ih ausgeht, also ein Abstrak-
tuni ist, wahrscheinlich ein solches aus -isnih. Die Sü. hat
tarn sä röksasf prapniff/dt: was weder zum awestischen Text
noch zu dem der Pü. stinnnt. Wie ganz unmöglich es ist,
1) Zu streichen.
2) S. oben S. 115 zu \. /.V mit X. o.
3) Nainlich (tm.fsa sp.mfa usw., Y. «V. ^1
4^ Für ä, s. oben S. 114. Der Glossator und Sü. haben das
Wort für das Demonstrativ genommen. Mp. äk : jAw. äva (Y. 57.
3, 68. 9, Yt. 70. 5^ 77—78». V. S. 35; s. auch PW. 1, r)04. wozu jedoch
RV. /. 164. 31, Yt. S. ÖJ, 14. 47 zu ver<;leichen) = mp. fräk^ np.
farn : mp. /Vv7t', np. faräz oder = np. hä : bäz 'zu'.
1«38 Christian Bartholomae,
aßtqm als PronominalfoiiD zu fasseD, kann am besten Darme-
steters Erklärungsverssnch, ZA. 1, 77 verdeutlichen.
3) An zwei Stellen in V. 15 finden wir aitahmät/ui :
V. 15. 10 und 21 (= 25, 28, 31, 34, 37, 39, 42). Es wird beide
Male mit paiti und Akk. konstruiert. An ersterer Stelle steht:
yeziöa aSm yd kaine masyanqm parö fsar9mät '^rö
daxstam paraiti farö apamca urvarqmöa a^tdhnUlyus
paiti varnta syaodna. D. i. "Und wenn das Mädchen
aus Scham vor den Menschen heimlich die Regel (wieder)
hervorruft, heimlich durch Wasser und Kräuter, . . '*.
Die Ptt. g:ibt flir die letzten Worte: pa öi Jcuniin varz apar
vinäs, apar vinäs ist offenbar erläuternde Glosse. Dem a^-
tahmäyus paiti entspricht pa öi.
An der andern Stelle lesen wir:
yö he arahat nazdistdm nmandtn uzdasta (oder yö aitdm
uströ,standm uzdasta usw.) aetahmäyus paiti har9^am.
D. i. "Wer sein Haus am nächsten davon gebaut hat, . . ".
In der Pü. wird der Schluss so gegeben: a^s (oder Juiöai) pa
öi apar sardarih. Also auch hier scheint pa öi für aetah-
mäyus zu stehen.
Die auf Grund der Pü. für aetahmäyus von Spiegel vor-
geschlagene Erklärung lautet: "Die seltsame Foim a^f° kann
ich mir nicht anders erklären, als dass an den Dativ Mtah-
mai die Endung -us angetreten sei," Komm. 1, 250. Werg
versteht, mags glauben. Darmesteter übersetzt an erster Stelle:
"c'est un p^che qui vaut sa [premifere] faute", an zweiter:
"c'cst ä lui de Pentretenir". Geldner KZ. 25, 194 f.: "so ist
sie der Sünde schuldig" und "der ist zu ihrer Wartung ver-
pflichtet". Eine Erklärung haben beide nicht zugefügt.
Ich sehe in aeta-j das auch in aUä- enthalten ist, einer
haplologischen Kürzung aus aetata-, das genaue Gegenstück
des griech. oTto-c.
Das griech. oItoc 'Loos, Geschick* (bes. unglückliches)
wird gewöhnlich dem ai. eta- Adj. gleichgestellt, dem Grass-
mann die Bedeutung 'eilend, dahinschiessend' zugesprochen
hat. Der Letzte, der die Gleichung bringt, ist ßrugmano
Griech. Gramm.» 201. So auch Prellwitz Etym. Wb. 220 u.a.,
sowie Hirt Idg. Akz. 270, wo die Erklärung gegeben wird : "griech.
oItoc 'Geschick*, ai. ^tas 'eilend*, eigentlich wohl 'die Eile* ".
Aber die Grassmannsche Bedeutungsbestimmung des ai. ^ta-
Arica XIV. 13»
verdanken wir lediglich seinem Bestreben, eine Etymologie de»
Worts zn gewinnen. Dabei ist aber eine entscheidende That-
saehe ausser Acht geblieben: die Femininalbildnng des Ad-
jektivs. Nur solche Adjektiva auf -ta- haben das Feminin auf
-wl-,die eine Farbe bezeichnen; vgl. Pänini 4. 1. 39, Benfey
Vollst. Gramm. § 689. 4, Whitney Gramm. « § 1176 d; s. auch
jAw. spaStini' neben spaeitita-j GIrPh. 1, § 207. 2. Also muss
sich eben auch ^ta-j dessen Feminin enl- lautet, auf eine Farbe
beziehen, und die indischen Gelehrten waren ja auch nie im
Zweifel dartlber, dass dem so sei. Uhlenbeck EtWbAiSpr. 85
ist mit Recht zur alten auch im FW. vertretenen Bedeutung
'$>:ehimmernd, schillernd' zurückgekehrt. Dass aber von dieser
Bedeutung zu der des griech. oTxoc keine Brücke zu sehlagen
ist, unterliegt keinem Zweifel.
Der erste Gelehrte, der sich nach dem Erscheinen von
Grassmauns Wörterbuch über oItoc geäussert hat, ohne in des-
sen Kielwasser zu schwimmen, war Bezzenberger; er verbindet
BB. 4, .323 griech. oTxoc mit josk. aeteis. Ihm schlicsst sich
jetzt Osthoff an, BB. 24, 209. Ich halte diese Zusannucnstel-
lung für richtig und füge noch eben jenes jAw. aeta hinzu.
Die Grundbedeutung des idg. *oito- m. ist 'Teil, Antcir.
Die Bedeutungsentwicklung, die das Wort im Griechischen
genommen hat, bedarf keiner Erläuterung. An der oben unter
1) zitierten Awestastelle nehme ich aeta als Akk. des Dualis
und verstehe darunter 'die beiden Anteile', die auf den, dessen
That vor Gericht gezogen ist, auf Grund eben dieser That
entfallen, ihm gebühren, d. i. 'Schuld und Strafe'. Die Wie-
dergabe von aeta in Pü. mit ddtastän ist ja dann nicht ge-
nau, sie liegt aber auch nicht weit ab.
Ich übersetze danach jene Stelle so: "'Wer ist ein erle-
sener Richter?' 'Wer Schuld und Strafe aus der Verhandlung
zu ermitteln weiss.'" Die Pü. besagt: " 'Wer ist ein gesetzes-
kundiger Richter?' 'Wer das Urteil auf Grund des Verhörs
zu schöpfen vermag.' "
Das in Pü. durch akdsdat gegebene Epitheton von tjkaeso
ist in beiden Handschriften verderbt. In vivisdatö, beide
Male mit dem Anfangs-f , liegt offenbar nur eine versehent-
liche Doppelschreibung der ersten Silbe vor. Der Kodex,
auf dem sowohl M 6 als K 20 beruhen, hatte also viMatö.
Ich denke mir, dass dessen Schreiber vüatö vor sich hatte.
140 Christian Barthoiomae,
das mit dem ^--Zeichen Nu. 44 der Tabelle iu GlrPh. 1, 161
geschrieben war; vgl. iatö in Pt 4, J 2, K 5 zn Y. 60. 11
und in Pt 4, J 2 zu Y. 72. 29; s. dazu GlrPli. 1, § 90, 2.
Ich stelle visatö aus ar. "^ui-kiatö mit mp. viöltdky np. gu-
zlda aus ar. *^iUlt° zusammen; vgl. Httbschmann Arm. Gr.
1, 248^). Danach habe ich oben übersetzt*).
ar^^'a: ist als juristischer Ausdruck mit ara^&ahe F. 27b
(Ptt.: datastän sax^an), avddavanö ebd. (Pü.: datantan-
ömand), ara&yanqm Yt. JJ. 5 (Pü.: datastän) und ar9&a-
mat Yt. 12. 7 zusammenzuhalten. Unter srav, womit arddra
übersetzt wird, — bei West SBE. 37, 64 (und sonst) 'State-
ments' — , verstehe ich die vor Gericht gemachten Angaben
des Beschuldigten und der Zeugen oder auch der Parteien
und der Zeugen.
aetä' an der zweiten Stelle, nehme ich, wie schon er-
wähnt, für *aitata', das ich mit 'Strafbarkeit' übersetze. Zur
Bedeutungsentwicklung 'Teil* — 'Strafe' vgl. unter 'nun hat er
«ein Teil' usw., Heyne Wb. 3, 951. Dass das Wort ein A^
«traktuni ist, scheint auch der Pü. gesehen zu haben, s. oben.
Die Verbindung des Verbums gam- mit dem Akkusativ eines
Abstrakts ist vom Altindischen her hinreichend bekannt.
Sonach übersetze ich den Schluss von Y. 8. 4: ". . der
verfallt in die Strafe dessen, der sich mit Zauberei befasst".
Vgl. Pü.: "Zu . . . hin der Zauberei soll er kommen".
aetahmaym an den unter 3) aufgeführten Stellen zerlege
ich in aeta- + mayar- Adj., d. i. eigentlich 'seinen Anteil, sein
gebührend Teil abmessend, abzahlend' sva. 'schuldig' und zwar
-a) einer That, d. i. dafür 'verantwortlich', b) einer Leistung,
1) Es besteht ja freilich die formale Möglichkeit, das jAw.
vhsäta- dem ai. ?;2Ä:Äi/ä/«- 'berühmt' gleichzusetzen; die Wahrschein-
lichkeit dieser Gleichung deucht mir aber sehr gering in Anbetracht
dessen, dass das ai. Verbnle sonst im Iranischen ganz unbekannt
ist. Zu Spiegel Ar. Periode 97 vgl. Bthl. ZDMG. 42, 157, Wacker-
nagel AiGr. 1, 209.
2) Darmesteter ZA. 3, 23 schwankt, ob er vivusdätö für eine
lautliche Veränderung von *vivid-dätö oder für 'une faute de copiste
pour viduJi'dätö' nehmen soll. Letzteres stünde mit der Pü. treff-
lieh im Einklang, ist aber schwer mit der Überlieferung zu verein-
baren. Auch wird ja in der Antwort das Schwergewicht nicht in
die Kenntnis des Gesetzes ^^elegt, sondern in die Erkenntnis des
Sachverhalts. Die andere Annahme bei Darmesteter ist schauderhaft.
Arica XIV. Hl
d. i. dazu Verpflichtet*. Den Schluss von V. 15, 10 Uberset/e
ich sonach: ". . so ist es (das Mädchen) für die begangenen
Thaten verantwortlich" — hier ist aMahmaym NSf. — , den
von V. 15. 21: '\ . der ist znr Wartung verpflichtet". Den
Sinn der Stellen hat also schon Geldner wesentlich richtig
wiedergegeben.
Zu dem anscheinend unberechtigten h in aHahmäyus
verweise ich auf ai. askrta neben akrta, Bthl. GIrPh. 1, 3S
ZU 4 a; d. h. ich halte dafUr, dass h auf Nachbildung des
regelmässigen Wechsels von m- mit °Äm in jenen Fällen be-
Txxhij da idg. sm- zu Gründe liegt. Man könnte ja freilich zur
Umgehung dieser Annahme einen Stamm aetah- neben aeta-
ansetzen, aber die bequemere Erklärung ist keineswegs immer
die bessere. Und so meines Erachtens auch hier nicht.
98. Absolutivbildung im Awesta.
Bei der Besprechung der ersten beiden Bände von Del-
bnicks Vergl. Syntax im Literatnrbl. f. germ. u. roman. Philol.
1899 habe ich Sp. 334 darauf aufmerksam gemacht, dass die
altindische Absolutivbildung auf -am sich auch im Iranischen
nachweisen lasse, also höheres Alter beanspruchen dürfe, als
Delbrück ihr zubilligen wollte. Ich habe dort den vedisehen
Satz: red kapötam nudata pranödam RV. 10, 165.5 mit dem
awestischen: t/at . . ma^yäka . . vohunim vä tacayeinfi fra-
ia^k^m vä fraHncanti Yt. 14, 54 verglichen. Man wird zu-
gestehen, die Satzfügungen kapötam nudata pranödam und
vohunim frasaikam frasindanti stehen einander völlig gleich.
Da nun pranödam und frasaelcdm sich auch der Bildung noch
dnrchans decken, so wird notwendig, wer pranödam ein Ab-
solutiv nennt, diese Bezeichnung auch fllr frasaikdm gelten
lassen müssen.
Eine zweite derartige Bildung findet sichYt. 8. 42: kaöa
1) Im Jahresber. Genn. Philol. 21 (1899), 11 berichtet Bethge
darüber in einer Weise, dass ich zweifeln muss, ob er denn die
Besprechung auch wirklich sorgfältig gelesen hat. Wegen griech.
vuöc möge er jetzt Brugmann GrGr.^ 367 mit No. nachsehen, viel-
leicht vermag er sich dann zu überzeugen, dass auch ich schon
über das Verhältnis von vuöc zu ai. snvsä nachgedacht habe, wohl
noch eine Weile früher als er selbst.
143
Chri
xd a»p0.ntaojjehl4 apqm yiärqm aitciyiHr^m "wann «verdeii
die Wasaerquelleii stärker als eiü RosBleib IierKuiflieesendt
fliesBcnV". apqm ist von xd abhäupg zu maeheD, wie Yt.8.
5, Y. 42. I, V. 13. öl zeigt; selion ilarnni also ist z. B. GeW-
uer» ÜbeiHetznng KZ. 25, 473 falsfli. Uagef^eii hat Geldner
ebd. 476 ripbtin: yiurqi» fürs Verbum in Anspnidi genommen;
CB ist 3. ?iur. KcjiiJ. Akt. wie duhnm (filrPh. ]. § 303. 7i.
Die Stelle bat iiiHot'«rn mit den beidi'n zuvor zitierten grosse
Älmliclikeit, als auch bicr da» Ahäotutivum mit dein V<>rbum
finitiini des Satzes zor selben Basis gelifirt; s, dazu Pap.-!*. 4-46.
<ianz ebenso ist drittens upa.skanbam gebildet, V. 8.
lU: dva dim nara isOifte [vizOtAtqm vlzvar9ntqm] mayna
anaitci.vastra z-tmoistce vd zar&tse va apautkanbiia v%6i6asSva
dim paiti amhd zgmO nidai9yqn "zwei Männer [regssnie,
tUehtige] sollen nackt, unbekleidet, indem sie ihn (den Leich-
nani) an (mittelst) Lehiaziegeln oder Steinen fe»t machen, ihn
Ober einer Kalkunterluge aof der Erde tiinlugen".
Ich bemerke Folgendes zur Erläuterung der Stelle: Die
Neuausgabe setzt hinter Klcüa^iKa eine Interpunktion. Ab-
gesehen davon, doBS der Satzbaii dadurch zerrissen wird,
bekämen wir so als erstes Wort des Satzes hinter dem Kolon
ein Enklitikum dim: nas selbstverständlich nicht mßglieh
ist. Auf die traditionelle Abteilung darf man sich liier niu-
eoweniger berufen, als in Pü. das Wort clMfaeiva ausge-
lassen ist; die Ordner der Texte wussten eben dessbalh nicht,
uh sie das nach PU. Überschüssige viÖi^aAiiKa zum vorher-
gebenden oder zum folgenden Sätzchen zn ziehen hätten.
Die in [ ] eingeschlusseneu Worte halte ich für glosse-
nmtieuh. Pü. bat: zenavandtum^) (tuxiaktum) ape pdktum
{/rakajrtaktum pa an kar). Nach diesen Übcrsetzungeu und
Erläuterungen habe ich mich oben gerichtet. vizOieta- ist
danach Superlativ zum ai. Verbum hinöti, aus *yi-iha{i)ii-
tha- hervorgegangen und zusammengehörig mit zafniS, zai-
nibuih'avi, zaSn<mha (NS. aus "nhan-), za6naouhant»m, zai-
ma iV. 44. h\ zueinanfi, die alle entsprechend tibersetzt und
1) Sfi ist d.ih W<iri /u [fsfu und niflit eivAnd", wie Dnrttio-
steter, oder ilvhävand". wie Miüa GatliHG 190 will. Pi?sliiiraD Um-
schreibt zu Ilandans i anöiakravän X^anrav 2 (. inanz richtig Xinli-
vand; a. auch Salemann M4L Ab. 9, 343.
glossiert werden. Über visi-ar^ntqm weiss ich r
/.D sagen, dass es mir wegen Deines zv [s. GlrP
UberaiiB verdächtig crsebeint.
ttidai3i/qn ist Intinitiv, abbängig von iaOide., v %e
m« gaoidaitim \.8. HX) und fiirPii. 1, §255, 2. Be.-
tung der Leiube auf Kalk bat den Zweck, die Verunreinigung
der Erde durch absickerude Flüssigkeit zu vermeiden; ihre
'Fefttmacliung' mittelst Steinen usw. soll die Verschleppung
durch Hunde und Vögel verhindern, s. V. 6. 46,
Die Wiedergabe von upa.>fkanbr>m in Pü. dnreli apar ö
katak halte ich für ganz verfehlt und werllos.
Als viertes Beispiel reiht sich ana^tiinii an, V.
i6a tanüm iristahe ava.hUta anaemin manö anaei f
anaeiam iyaodmnn, d. i. "Ich hin da anf einen I i~
gestoBsen, ohne dass ich (danach gestrebt, sva.) etwoo ..-..t
gelhan hätte in Gedanken, in Wort und in Werk". Zur Kc
pfisition des Absolutivs mit der Negation verweise ich auf
änapek»am, äparivargam, antwünain u. a. —
Dazu stelle .ich endlich fünftens das nichtkom
Jum (d. i. *JlD3m, GIrPh. 1, § 26S, 25) Yt. d. i>^: y^.
frapayemi üni zqm ahiirnfititqin d. i. "ftiiusend ZaoUru^ .. ..»
ich dir bringen . .,) wenn ich lebend hingelange zur Ahura-
gescbaifenen Erde". Im Aiad. ist das euteprechende jivam
in der Komposition mit yävat — - yavajjtvam — häufig belegt;
vgl. Pan. -v. 4. 30>).
Die beiden letztangefuhrten Beispiele scheinen sich frei-
lich in Einern Stück von den entsprechenden indischen Formen
zu unterscheiden. Delbrück AiS. 401 schreibt nämlich: "Das
Absolutivnm auf am habe ich nur komponiert gel'unden. Das
vordere Glied des Kompositums bilden dabei gewöhnliche Prä-
positionen, bisweilen auch Nomina"; s. auch VglS. 1, 6U4,
In ajiaiiam aber ist das Absolutiv (bloss) mit der Negation
komponiert, während Jum ganz selbständig gebraucht erscheint.
Ist aber Delbrttcks Aufstellung richtig?
Allerdings ist vor den belegbarcu am - Absolutiven des
Aiod. — es gibt deren etwa hundert verschiedene — weitaus
1) Bei Whitney Wurzeln l'eblt die Form. Er hat sich durch
d«n Akzen (fehler im grossen PW. Cjlvdm) verleiten lassen, das
Wort unter die AvyayibhOva'n »u «teilen, Gr.* § 1313 c.
Chri
arthoh
,' I'r.
.ler We
koni-
der grössere Teil, melir als neunzig E'rozent i
ptiniert, wie Delbrück an^bt. Es bleibt aber doch ein ResI,
über den man sich nicht einfach liinaiissetzen k&nn. Wlntney
Gr." 995b drtl<'kt sich anders hiertlber aus: "No uncomponii-
ded examples are fonnd in the older langnage, and cxtreuiely
few in the later". Wenn man aber nnter "ältere Sprache"
die Sprache in Veda, Brähmatfci, Upanisad nnd Sütra ver-
steht, wie Whitney Wurzehi VI sie definiert, so ist jene An-
gabe auch nicht ganz richtig-
Bei Whitney Wurzeln werden folgende Absolutiva als
atisserUalb der ZuBammeDKetzung vorkommend ver/.eichuet:
öaam, dhytlt/nm, mökam, smaram, lekam, lopam;
die letzten beiden in den Nachträgen.
Ich bin leider nicht m der Lage für alle diese Beispiele
den Fnndort festzustellen. So nicht für mökam, das in den
linlkmana» enthalten sein t^oll, ich finde nur mmökam. Ferner
nicht für Uham, da*i ich nur in ksiraleham kenne. Wo dhya-
i/aiii und umarnm allein stehen, weiss ich auch nicht; aber
in Dopjielaet/.nng, als amre^Ua-, sind sie in den Wörterbüchern
naclige wiesen. Sie kommen also, weini schon komponiert, so
doch in andrer Weise komponiert vor, als Delbröck sie fnr
die Absolutivbildang als allein zulässig bezeichnet, und die
Art, wie sie komponiert sind, setzt doch eigentlich die Mög-
lichkeit ihres selbständigen Gebrauehs voraus. Das gleiche gilt
noch ftlr dar4am und 4ravam, die bei Whitney Gr.* g 996 c anf-
geführt werden. Pänini 3. 4. 23, 24 erlaubt bhojtimbhojam
crajati, aber auch agre bhojam prajati zu sagen.
Die Absolutiva, die ich in aelhsländiger Verwendung,
HUSBcrhalb jeder Komposition nachweisen kann, sind öiam,
i-opam nnd, was Whitney nicht anfuhrt, chedaut, iamsam. Die
letzte Form findet sich Sänkh. Sr. /«. 16.2(4,07). Für }opam
verweise ich auf Hoehllingks Wflrtcrbueh; nach Whitney Wur-
zeln 251 ist es auch in der Ä'ä/ralitteratnr belegt, ömm steht
:^Br. 2. 2. 4. ä, freilich in einem Zusammenhang, der uns
grosse Vorsicht anferlegt: liaarit dhayHi tätaJ» dsadhatfah sä-
mabhavams tdsmad öaadhayo Tidma. Mit ösam ttkat/a, uach
Sftyanas Konmientar »va. pakvam krtvo piba, soll das Wort
öaadhiifjuh etymologisch erklärt werden. Auf chedain endlich
hat Ludwig Higvcda 4, 6 verwiesen. LSS. 8. b. 4 steht io
der Ausgabe der Hibl. Ind.: yatra stamha vrkea va bahut/l
^ptfldA «yvg tilmii chednn denayajanam kurywh. Der Kom-
Bibentür erlüotert cheda» mit chitvo (chittptJj, iiort ich iiieine
^aiiz mit Recht, wenn schon es nicht gewöhnlich ist, cIhsb der
fSaiidlii -n für -m vor Deiilalen anch in der Schrift ■mm Ans-
«Irnck kommt: s. aber Bthi. BIJ. In, 5t), Wackcrnagel AiGr.
Aus dem an^'cfiihrten Material ergibt sich Jedenfalls fo-
riel, tiass die mn-Alisohitiva im IndiNcheu nhno xn^amnicn-
'esutzt zu sein zwar selten gcbranchl wurden, aber doch nicht
inrohans unüblich waren. Wir haben also kein Recht, dcn-
lelhen Gebrauch im Altiraniechen als von vorn herein unmöf^-
Hcii oder uiiwahrseheinlich zu bezeichnen, g&w/. abgesehen
^avon, dasK ja eine Erscheinung auf dem einen SpracLgehiet
'. geläufig iioin kann, die auf dem andern gänzlich nner-
ifirt ist.
Eine zweite Art awestiseher Absolutivbilduagen siellt
nch äusxerlich als maskuliner Akk. Sing, eines sei e» aktiven,
tti es medialen Präseitspartizips dar. Der Konst tiblicheti Ver-
ireiiduDg des Partizips entsprechend hat dann das Absolutivum
teils aktive teils niedio-passive Bedeutung. Solche Formen
Imle ich:
' V. 6. 26: yat atte yoi mazdafiaanti pada ayantim Pä
taiintsm ril bar3»in,im va viiz^ninsm cä iaii-apaya
tuuaum frajdsqn "wenn die Mazdnyatiner Bchrcitend otlci- lau-
fend oder reitend iider fahrend auf einen Leichnam in HiesRen-
Wasscr stossen". Ebenso V. 8. TA, nur mit anderem
Scblnsa: ■ . vasamn-tm vü atr^m nasupak<nn frajanqn "wenn . . .
r ein Feuer stossen, das zum Kochen von Leichenteilen ver-
wendet wird". In PU. zn V. 6. 26 erscheinen die Alisolutivn
4eni Verhnm tinitum koordiniert'): kii . . pa peid rawand aöüv
Utciind tiöäv baränd aöav cazand tacdk dp i nastlkoniand
firaf rasand, zu V, 8. 73 werden sie mit dem rt« - Partizip
gegeben*): ka . . pa päd raudn adar tacün tidtlv baran afMv
vaztXn o atai i na-nakpdk frtlc rasand.
1) Doch s. die folgeiidti Noto.
3) So nach Darab. Aber die Mehrzahl der Hds. hat: rawänd
latänd ■ . baran . . vazün. Ks isi »iso au unei Stellen AuEglfi-
>|hang mit deni Verbuin tin. e.itolgt. Da» u
itBs auch V. 8. 73 wie tiier -an zu lesen is
«ehrriliür viermal ausgeglichen haben.
Indoiwnnini flehe Fnncli'inKen XIT 1 ii. i.
14G Christian Bartholomae,
V. 6, 4(5 : yezi nöit sünö vd h^rafH.x^^arö vayö vd k^r»f^,-
x^'arö aetajahqm astqm avi apqmca urvaranqmöa har^ntdm
frajasqn, barfintam avi frajasaiti ist '"'er konimt unter Tra-
ncen (von . . hin) (zu . .)", (1. i. sva. "er verträgt, verschleppt
. . hin zu . .". Also; *"^sonst könnten fleischfressende Hunde
oder fleischfressende Vögel irgendwelche Knochen (Gen. part.
als Objekt) zu Wasser oder Pflanzen (Gen. part. statt Akk.)
verschleppen". Vgl. 6*. 47, wo die ganze Stelle mit gering-
fügigen Abänderungen wiederkehrt.
Yt. 19. HO: vaenamnam ahmat para daeva pafat/rtn
va^namnani mayd frdvöit vaenamnam apa[ra\ karmy^n
fainis haca maii/dka&ibi/ö dat td Hnaodantis garazdnd Tiazö
nwarazayan daeva "sichtbarlich trieben sich vordem die Da^va
herum, vor aller Augen geschahen ihre Begattungen, vor aller
Augen schleppten sie die Weiber den Menschen weg und dann
thaten ihnen, den schreienden, jammernden, Gewalt an die
DaBvo"*,
Y.19,?A: vaenamnam ahmat haöa x^'aranö marayahe
kahrpa framsat "sichtbarlich entfernte sich von ihm die Herr-
lichkeit in Gestalt eines Vogels".
vaenamnam ist ""unter Sichtbarsein', d. i. sva. 'so dass
es gesehen werden kann, sichtbarlich, vor aller Augen'. Zu
Yt. 19. 84 würde man ja vaenamnam allerdings als ASn. auf
x^aranö beziehen können, aber Yt. 19, 80 ist eine solche He-
ziehung nicht herzustellen, und es empfiehlt sieh doch w^ohl
nicht die Worte auseinanderzureissen.
Meine Übersetzung von Yt. 19, 80 bedarf einiger erläu-
ternder Bemerkungen gegenüber den Übersetzungen von
Geldner 3 Yasht 53 f. und Darmesteter ZA. 2, 636, wozu
man noch die mitteliranische Übersetzung Dk. 7. 4. 44 (SBE.
47, 59) nehme. Dass die Worte ahmat para da€va patayen
nicht anders genommen werden dürfen als da€va . . yöi
para ahmät . . apatayan Y. 9, 15, ist wohl unbestreitbar.
Also übersetzt Darmesteter an einer von beiden Stellen falsch.
vaenamnam gibt er mit 'k sa vue', wobei sich sa auf den
zuvor genannten Zaradtistra beziehen soll. Das kann es
sicher nicht bedeuten. Die Pahlaviübersetzung soll nach
West besagen "At bis appearance the demons haven fallen
beforc him". Wie der Text der Ptt. lautet, weiss ich nicht.
Arica XIV. 147
Ich vermute: pa vBndkih^) pes hac an devän patlt hend,
ich vermute es nach der Pti. zu Y. 9. 15: devan . . k^ p&S
hac an rlrarödinn patlt h€nd apar pa ßn zamtk, wofür
wieder Sü. : devdn . . ye präk tasmat riravikramah apa-
tan upari at^yäm jagatyäm bietet. Dann würde die Pü.
mit der oben von mir gegebenen Übersetzung durchaus im
Einklang stehen.
Für vaen^mnam mayä fravöit hat Geldncr die Über-
setzung "sichtbar flohen alle Freuden", wozu ich bemerken
möchte, dass für gewöhnlich 'Freuden* weder zu den kör-
perlichen noch zu den Lichterscheinungen gehören. Darme-
steter weiss sich überhaupt keinen Rat und lässt daher die
Worte unübersetzt. Ich zerlege fra-vöit, welche letzteres
nach GIrPh. 1, § 268, 37 für *wöit geschrieben steht, mit
w für b ans hh^, ebd. § 70, 3. Ausserhalb der Komposi-
tion würde die Form *bcöit lauten, d. i. *hu^6itj und es
verhält sich jenes *vöit zu diesem *bvOit wie lat. °bat in
sedibat zu lit. büvo\ s. Bthl. Stud. 2, 116. Zur Flexions-
form 8. GIrPh. 1, § 324 mit Literaturbl. f. germ. und rom.
Phil. 1899, 366. Wegen der Pü. s. unten.
mayd stelle ich, und insofern gebe ich Geldner Recht,
mit dem gleichlautenden A. S. 4 bezeugten Wort zusammen.
Es steht ferner F. 11; hier ist es in Pü. mit m adn t ge-
geben, ein Wort, das auch in der Übersetzung von anumaya-
nqm H. 1. 5*) und mayavaitihyaaca H. 2. 16, 34 wieder-
kehrt; s. ArtÄVirafGloss. 210, wo es mdyüd (mäyfit) gele-
sen wird. Dagegen bietet Pü. zu A. S, 4 m a d dan n und
das selbe Wort steht jedenfalls nach Wests Lesung mclya-
gdn auch an der I)k.-Stelle. Nach West soll diese besa-
gen: "At bis appearance (s. dazu oben) their semen also
1) West bemerkt a. a. O. zu *at Ins appearance*: "Reading-
vendi'dahakih, but the lirst letter is oniitted in all three occurrences
of the word". Das Wort v^ntJt'dahakih vorstehe ich nicht. Sollte
in der Handschrift nicht pnn dn dak da statt pnn ndn ak da, d. i.
eben pa vinäklh stehen? Ich verweise auf vSnäkThä (WZKM. 14,
^06, Zeile 4).
2) Hier unpassend; anumayanqm ninss doch wohl im Gegen-
satz zu g9Uft genommen und wie dieses von x^'ar9itinqm abhängig
§:emacht werden. Darmesteter hat freilich: "dix milles i)rieres dnns
Vaction conjugale"; s. auch Raup: ArtaV. 307.
148 Christian Bnrtlioh.iiiae,
drops"'). Venuutlich ist West zu dieser übersetziing: seines
mnifagüit — elicnao wie zuvor Spiegel Komm. 2, 689 und
Hang ArtaV. ^ii"!" — dnreli das iip. »»dyn 'Materie' be-
stimmt worden; aber dein entspricht nip. mrt/flA"; s. Hübseh-
luami Pers. Stnd. 11)4. Es bestellt meines Erachlen» nicht
der geringste (Jriind, die traditionelle FasKunj; von mof/d
nsw. bei Seile zu scliiebeu; danach aber bedeuten die Worte
'Beisehlftf od. ligl.; vgl.: Npll. zu A. ü. 4: va sahabat i
zan, Sil. ebdzu: strlmaitfiutniHi, NpOl. zu li.2. 16: ba zan
mujamalat. Und (las paBst auch an uni^rer Stelle ganz aus-
gezeichnet; es wird gescliildert, wie die JJaevas, bevor Za-
raduAfra sie bannte, vor aller Augen unter sich die Begat-
tung vollzogen und mit Menpehcmveibern ihre Schändliebkeilen
trieben, d. h. sie nutzitcbtigten. ni ad dann \e,t maifalcan zu
lesen, da« andre Wort ui adu t enthält jedenfalls auch mütf
und ist mit mni/ak eng verwandt, aber den Ausgang vei^
stehe ich nicht.
Statt des überlieferte» aparn kariiayaii lese ich apa
kariaysn, indem ich annehme, die Abschreiber haben sieb
von deui vorausgehenden para beeinflussen lassen, apara
als Adverb bedeutet nur 'postea'.
Unsicher sind die anscheinend ebenfalle als Abwlativa
gebrauchten Formen auf -^nt^m und -^mnun Yt. V.'t. 50 löl):
IA:i^a Ute viima zbayariia afimi . . yim sdsta daiähiU'i hamO.-
xnai^ro patiiitinn cd zhanntim va iruiantitm vä ratioi>'»mHi>m
tct^j . . Der ganze Vaiit muüs als ein recht spätes Machwerk
bezeichnet werden. Auch ift hervorzuheben, dass au der an-
geführten Stelle der Salz nicht zu Ende geführt ist : das Haupt-
verbum, etwa "(wenn . .) streitig macht" fehlt*). Ks ist ja
1) Kür fniröit Sclia-lc ilnsa West cIhb riri;.'iiinlwcirl iiiL-ht
mitgeteilt hal.
•2) Die Reihe paUiüjm Pä xbanntitm cä iriii^tl^m t'n ra96i-
K^mtuw Vii bnlB[irichl von (/a^cischeii Wchbii getiagt Am für ahun-
sehe gebrauchten Worlrcihe in V. ff. 26, S. 73; uyaniitm vä la^int*tn
pä barfmti»m rri raomn^m vS. Wegen ra&öiHimnam s. oben S. 134
za fraeAti)\ es bedeutet eigentlich 'sich rttBch im Wsgen bewegend".
ibannltm mass 'tnnfenil', irii»ntim 'reitend' bedeuten. Letztere!«
wiril [ni( nuserm reinen zuHammengehörea; nuch unser Wort Tür
reiten hatte ursprünglich rine nllgemeiner« Bedeutung.
a) Oder rielitiger vlpUclchl : au Stelle den H«u|ilvi-rbuiiiH t-
Arica XIV. 149
möglich) ja sogar wahrscheinlich, dass das Stück von pati^n-
im an aus einem grammatisch korrekten Text ausgezogen ist;
die Formen könnten aber freilich dort einfach Akkusative ge-
wesen sein.
Wie hat man sich die Entstehung der Formen zu den-
ken? Ich halte dafür, dass sie auf einer Verquickung der
Partizipien mit den am-Absolutiven beruhen, wobei die letzte-
ren den Ausgang, die ersteren das Übrige lieferten. Sie kam
dadurch zn Stande, dass Absolutiv und Partizip in wesentlich
gleichem Sinn und nebeneinander gebraucht wurden; vgl. die
bei Delbrück AiS. 402 angeführte Stelle MS. L 4. 12: yäm
abhikrämam juhöti . . yäm apakrämam juhöti . . yäm sa-
mändtra tisfhan juhöti. Yt. 5. 63 lesen wir: yezi Jum (d. i.
*ßvm) frapayemi. Ebenso gut könnte es natürlich yezi jrö
(d.i. *jivö) frap"" heissen. Nun aber hat im jüngeren Awesta
der Nom. Sing, der aw^Partizipien den selben Ausgang -ö wie
die a-Stämme. So konnte es leicht geschehen, dass sich neben
einem harö frajasaiti 'tragend kommt er hin* ein havtintf^m
fraf einstellte. Neben taiintam aber fand sich dann baram-
ndm, mzamnam ein, weil man eben neben facö baramnö, va-
z^mnö brauchte.
Bemerkenswert ist die Stelle Yt. o. 55, über die Hübsch-
mann Zur Casusl. 203, Spiegel Vgl. Gramm. 420, Delbrück
VglS. 1, 362 wegen ihrer auffälligen Akkusative gehandelt
haben: moiu tat äs nöit darayam yat frdyatayat dicaxsamno
aoi zam ahuradatqm aoi nmänam yim x'aepaißlm drfim
(ivant^m airi^tam hamada yai^a paracit '"''Alsbald geschah es
— es dauerte nicht lang — , dass er, emsig sich rührend, hin-
gelangte zur gottgeschaffenen Erde, zum eigenen Haus, gesund,
nicht krank, ohne Schaden genommen zu haben, ganz so wie
zuvor". Httbschmann hält die Setzung des Akkusativs {drum,
azantdnif airiHtam) in diesem Falle für "ungerechtfertigt". Spie-
gel dagegen *'kann es nicht für gerechtfertigt finden, wenn
man solche Konstruktionen für fehlerhaft erkljiren will", Del-
brück endlich sieht darin '^inzweifelhaft einen sog. Akkusativ
des Zustands". Ich bin der Meinung, der Verfasser des Stücks
ist zum Gebrauch der Akkusative durch den vorausgehenden
scheint paitis^fit9m, mit Angleichung di»s Aus<»angs au die vorher-
gehenden Formen patantam usw.
150 Karl Brugmann,
Satz yezi jum {= jivam) frapayemi veranlasst worden. Mit
Jvö Jcahe usw. (= Jlc"") in Beziehung gebracht verführte da»
Aböolutiv Jum (= jlvam) dazu, statt des streng korrekten
^(Irvö usw. die dem Absohitiv äusserlich gleiche Akkusiitiv-
lorin zu setzen.
(iiessen, I. Dezember 1900.
Christian Bartholomae.
Homerisch iiievoivduj und gotisch hriggan, zwei Fälle von
Wiirzelaiigleichnng.
Es sin<l schon öfters Beispiele zusannnengestcllt worden
für lautliche Umwandlung, die ein Wort im Bereich seiner
(Jrundclemente, seines sogenannten wurzelhaften Teiles, durch
Angleichung an die Lautung eines andern Wortes infolge vcm
Ähnlichkeit der Bedeutung erfährt. Siehe u. a. Meyer-Lübkc
(iranmiatik der roman. Sprachen 1,547 f. 2, 650 'unter 'Ver-
schränkung'), J5rugmann Indices zum Grundr. S. 170 (unter ^Vu-
gleichung v(m Wörtern infolge von Begriffsverwandtschaft') und
Fleckeiscns Jahrbb. 1880 S. 225 ff./ Bloomtield IF. 4, (56 ff.,
Meillct IF. 5, ^33 f., Lidcn Stud. zur altind. und vergleich.
Sprachgeschichte (Upsala 1897) S. :}6 f., Wundt Völkerpsych.
1 1, 451 f.
Die Art und Weise dieser Umbildung ist sehr verschie-
den, und demgcmäss kann die (Irui)pierung der sämtlichen
Fälle von sehr verschiedenen (lesichtspunkten aus vorgenom-
men werden.
Eine («attung von Fällen hat das gemeinsam, dass das
induzierte Wort durch den Verschmclzungsvorgang den Zu-
wachs von einer Silbe erfährt. So ist ai. jirdfu'^ Xeben*
durch Anlehnung von yt/ütu-j — av. (Jenit. jydfifUff Akkus.
jyötüm '"Leben''» an die Wov\^x\\\)\^(i jUii-H jiva-ti usw. ent-
sprungen, was dadurch bewiesen wird, dass es ein 'Suffix*
-atU' im Altindischen nicht gibt (J. Schmidt KZ. 32, 378,
Meillct De indoenrop. radice *///e?*- p. 51, Uhlenbeck Kurzget\
1) Arisch jyä' = griech. lr\' in Z.f\\/ 'leben', uridg. *gVji-.
lloim-risi'h jitvoivdm und t;oli.si'li liriyyiiii UhW. Inl
III. Wörlorb. der ai. Spracbe 102). Die Abutrakthildung
gabül F. 'das Nebnieu' kymr. gafuel Mus Halten, Fest-
halten', die zum ludik. Präs. ir. gabim gehikt und ein uriiieel-
keltiscbee *gabagla voraussetzt, ist eine VerscLmeI/.Qiig von
'kagla 'das Erlialten, Beknmnien' = kyuir. vael (zum Indik.
Präs. caf = *kagam) mit dem ^nannten Verliuni ir. yahhn
'ich iifhlue, ergreife, erhalte' 'Tlinriieyseti Festgruse an Osthoff,
xnui 14, Aug. ]894, S. 5 f.). Att. necuJM« 'Ötiir/' meciina?)
auf einer Vase (Kretschnier Vaseninsi-hr. .S. 1^2) war nTilina +
Ti€coÜMai TKCfiv Ti^coc Ti^oifja fVerl". liriech. Orainiu. ' S. .")70).
ibccTÖc 'gefressen, was zu essen ist', ibeciiov, ^btcxric, ^becöfi-
vai ans *icT6c d. i. *^&-to-, *^CTeov usw. + ^buj ftonai eturnlc
US«-,, (*^nö9ecca) ^iröeeca 'ich habe Verlangen getragen* ans
*rt€cca VÖEca {^eeccötiiiv, öecTiup, noXO-öecTOC, Wurzel g^hedh)
-{-noQiw iröGoc usw. (von derselben Wurzel g^'/ierfA-:. Spätlatein.
insehr. ticixit d. i. tüvij^t aus vixit. + rivo vlvun usw. i Wa-
ckernagel KZ. 33, 36ff.i. Adv. öbd£ 'mit den Zähnen beis-
»cnd* aus ööE 'beissend'') + 6&oüc 'Zahn*'], ötiüccaceai 'grol-
len' an» &UC- (ai. duäto-s 'büBe, grollend') + 6&- ilat. odium).
Zn dieser KlasBe von Angleichnngseraengnissen dürfte
4icb aus der grtechisehen Spraebe aueh das homerische und
Oberhaupt diehteriscbe mevoivölu 'ich habe im Sinne, gedenke,
dberdenke, habe vor, trachte, begehre' stelleu, dessen nächste
Verwandten ncvotvri 'Trieb, Verlangen' bei alcxanclriniBcheD
Dichtem >) und Mevoivnc ■ irpöeunoc . ippovTitTTic IrI Hesychius*)
sind. Obwohl Zugebflrigkeit zur Sippe von ^livoz auf der Hand
1) bäl zu bäxvm war eine Bildung wie XdE 'mit der Feriüe »los-
«end' (XdEuj, XciNTlZui), niiE 'mit der Fnuxt Hchlagend' (itüktiic), dvo-^iE
tischend, verniischl" (uiTflv«i) u. a. S. Ph. Wegeiier De eiisuuui
lonnullornin GruHtoruui Latinurumque hiätoria, Bärol. 1811, p. 2<i Bq<j.,
iWeisler t)ie Miinianibeu des HisrndaB S. 137 (f.
2t a(nt>^dt = aÜTo-büi oder 'lÜT-oftdEV D»ss Prellwilz Elvui.
tb. S. 31» mit Berufung nul vuibüc lür niö^liuh hült, dasB bbül iiue
itio-bgE entHtanden sei, beruht aul' VerkennUD^ d^ Ur^pruiigH von
S. über diesea Adjektiv Ber. der säcliti. Ges. d. Witts. 1897
B, 18S r., Grieih. Gramm.* 319.
3) Dieses ucvoiv^ brnucht nicht da« Gruudnoiueti von utvaiväm
gewesen zu st^in, sondern kann eine, retrograde Ableitung aus ihtu
[«eiu, wie -nXdvti aus iiXavilu), äc>| aus ätäatiai (= lat. xatiüTV), i\rta
att» ^TTilimai u. a, (Verf. tiriech. Gramm.s S. 302 ft 362 Anmj.
4) Meineke verrautei ntvoivtic =^ *]j«\'oii''i*ic oder iKvoivriTiic,
«vemuell wevoivfic ' iip68u(ioc. ^e vuivriTV)c ' ippiiVTiciftc,
<
ibi Knrl Brugiiiitiiri,
liegt, liut MEvoiväu] ducli weder a\n suffixalo Ableitnn^ aus der
Wurzi.'! n£v- im Griechischen ein Aiialogon'), noch ist es als
J^ni^nDiiut^neet/uiJ^' aus einem von dieser Wurzel kouiniendeii
Wort niid eineiri audcrii Nomen begreiflich. Ali« Ableitiin;; ant>
|iev- mit einem miftixalen Bestandteil -oin- wäre unser Wort
liöchstens mit AnsBergncchi»chen Formationen vergleichbar, mit
den litatiischen auf -ena- -^nja-, -ainja- (lett. auf -ina-, -ainja-).
den nUindi»clien auf -ena- fav, auf -aena-), über die von mir
firuudr. '2, 150 f. und von Leskien Bild, der Noni. im Lit.
:^62 tr. gehandelt ist (vgl. auch Ber. d. säclis. Öes, d. Wiss.
1900 S. 407 ff.). Doeh wäre es mehr als ktlhu, dahin(llK:r
eine Brllcke /.u schlagen. Man dürfte daher, ansser m^voc, die
Wörter ahd. meina F. 'Sinn, Absieht, Meinung' meinen 'seine
(iedauken auf etwas richten, bedenken, im .Sinne haben, beab-
sichtigen, sagen", as. menian 'meinen, erwähnen", aksl. po-men%
'memoria' m^njq mentti 'denken, gedenken, meinen, sagen,
erwähnen' in der Weise heranzuziehen Imben. diis.« man an-
nimmt, ein mit ahd. meina identisches *ptoim oder ein davon
ansgegaugenes "^oivauj ist an die Sippe \iivoc ^tvEaiviu nsw.
angebildet worden. Die Frage, ob und eTentuell in welcher
Weise meinen mit der 'Wurzel' men- in ahd. manöii got. mu-
nan grieeh. m^voc usw. zusammenhängt, braucht uns hier nieiil
zu beschäftigen. Denn meinen und meniti sind auf ein vor-
ciuxeUpracbliches *moin- zurückzufflhren (nach den germani-
schen und den slavisehen Lautgesetzen wäre auch *main- mög-
lich), Diid so inUsste die Vermittlung im Urindogermanisehcu
gesucht werden (s. Noreen Abriss d. urgerm. Laut). rJH, Fers-
son Sturt. /.ur Lehre von der Wuraelerw. "6. 12iii. Znr Fle-
xion von M^voiväu) (hum. ^€voivüJuj usw.) s. Schulze Quaei^t. eji.
367 sq., Danielsson Zur metrischen Dehnung im älteren jtriei
Epos (Upsala l«y7) S. 66 ff.»).
1) Att. dT^oiv" l»" dTKniiv) ist fei'H KU lialieii.
2) Enteren ZuBammeiihfing' von FiEvoivdui iiiU ahd.
wie ich hinterher fand, auch schon Prellwiiz Et.viii. Wtl>. lix;, S0^!
anj^enonniien. Aber unwahrscheinlich ist seini' Ansicht, dnas jrer-
niaiiisches 'main- aus 'rmnain- ^mnain- hervorpffranften wei. Zwar
viTweiit l'r«llwiiz inbeirelT dos Lautwnndels huI' ahd. mos 'Moos,
Hoor, Sunipr', dua mit ^vdoc uvmlc 'weicher t'lnum, äampf, Daunen'
zu verknüpfen und demnach aus "mnuso- hervoigeffangen aei. In-
dessen whou das von nvioc nicht zu trennende jiviov 'See^rras' Ix-
wvisl, dass diese ct.vmologlsche Vertilndung rnlsch ist: über üioVi^r-
1
hMl. I
Homerisch Mcvotvduj und gotiscli hriggan usw. 153
Zahlreicher als die Klasse von Wur/.elangleielmngeu, zu
der ^evoivdu) gehört^ sind die Fälle, in denen das Ergebnis
der Mischnng keinen Silbenznwachs aufweist. Unter diesen
kann man wieder als eine besondere Gattung diejenigen Fälle
reelmen, wo das induzierte Wort eine konsonantische Vernieh-
mng nu Anlaut des wurzelhaften Teiles erfahren hat. Be-
kannte I^ispiele dieser Art aus dem Germanischen sind: ahd.
htiikGn mhd. heischen 'heischen', das ans ahd. einkön mhd.
eiVÄew (= as. Bscön, zu ai. icchd-ti ''er sucht, sucht auf) durch
Anlehnung an heiggan 'heissen' (= got. haitan), und ahd. hiiti
'ich bin', das aus *hn (got. im aisl. em 'ich bin' = uridg.
*emi) durch Anlehnung an das durch ags. Mo air. hiu usw.
vertreteue Präsens der Wurzel bheu- (ahd. Plural hirum h-i-
rvt zu aisl. erom erod) entstanden ist. Beispiele aus dem
Bomanujchen, wie franz. lierre 'Epheu' aus ierre (hedera) +
lier^ italien. hruire 'kollern, knurren' (*brugire) aus rugire +
hradire, s. bei Meyer-Lttbke a. a. 0. 1, 356.
Einen für unsern spezielleren Zweck besonders bedeut-
samen Fall ans dem Griechischen habe ich in Fleckeisens
Jahrbb. 1880 S. 217 ff, eingehend erörtert. Es handelt sich
nin gewisse Unregelmässigkeiten des mit cp^peiv wurzelgleichcn
nnd seiner Bildung nach mit ai. bibharmi zusammengehörigen
Verbums -7riq)pavai 'etwas wohin bringen' (z. B. k-Triqppdvai
'hineinbringen, hineinlassen, hineinstecken'), von dem ausser
dem Präsens Aoristformen wie -qppfivai -cppeic und -^cpprica
-€(ppT]cav, Konj. -q)pricr] und das Futurum -q)pricu) belegt sind *).
wandten von ahd. mos sehe iiuin Kluge Et. Wtb. unter tnoos. Aksl.
mmüi erwähnt Prellwitz überhaupt nicht; auch dieses niüsste er
aus *mnoin- herleiten. Gesetzt aber auch, das germanische und
das slavische Wort könnten anstandslos mit dem griechischen aut
uridjj. *menoin- *mnoin- zurückgeführt werden, so wiire dieses Ge-
bilde unmöglich von *menoa (lu^voc) zu trennen, und mit welcher
Wortbildung der Ursprache könnte dann *7nenoin- *mnoir}- verglichen
werden? An die oben genannten Nomina mit den Suffixen lit. -ena-
usw. anzuknüpfen ginge nicht an. Denn diese Suffixe sind an o-
Stämmen entsprungen, und ein Nomen *iaeno- *mno- ist nicht nach-
weisbar. Auch ergeben sich funktionelle Schwierigkeiten.
1) Diese Stufe qppn- neben av. -hri-ra- 'tragend' (Bartholomae
Studien 2, 180) und ai. bharl-tram griech. qp^pe-Tpov (papi-rpä haben
Hirt IF. 7, 204, Ablaut S. 145 und Hübschmann IF. Anz. 11, 50 bei
der Bespreehung der Basis dieser Wortsippe nicht in Rechnung
gtzoij'en. Ks liegt aber kein ausreichender Grund vor anzunehmen,
154 Karl Brugmann^
Xeben diesen regelmässigen Formen treten einige Bildungen
auf, die dadurch entsprangen, dass -irniii (in Verbindung mit
Präfixen) infolge seiner begriflFlichen Verwandtschaft mit -m-
qppävai im Anlaut qpp- annahm. So erstlich die Aoristformeu
-eqppriKa -^qppevro, Imper. -q)p€c, Inf. -qpp^cBai. Sodann ist das
Präsens -qppiTiiLii durch Aristophanes Vesp. 125 belegt, wo zwar
d^eqppioiiev überliefert ist, eine Form, die mit den gleichfalls
handschriftlichen Formen ;]. Plur. güv-iov A 273, Präsens 3. Sg.
-lei B 752. K 121, Imper. Hüv-ie Theognis 1240 auf gleicher
Linie steht, aber höchst wahrscheinlich mit Nauck und Din-
dorf ebenso in dHeqppieiiiev zu korrigieren ist, wie man in A 273
mit Aristarch Huviev zu schreiben hat.
Ein »Seitenstlick zu -qppiTiiii -^qppriKa ist nun, wie mir
seheint, unser deutsches Verbum bringen : got. briggan^ ahd.
brlngan, as. bringan und brengian^ ags. brinjan und (kent.,
north., bisweilen auch altws.) brenj(e)any wozu als Präteritum
got. brähta ahd. as. brdhta ags. bröhte aus *brai9hta, als Part.
Perf. Pass. got. *brahts ahd. braht U8>v. Johanssons Etymo-
logie, wonach bringen aus Partikel bi- und einem mit ahd.
ringi Mevis* mhd. ge-nnge ''leicht, schnell, bereit, gering, wert-
los' und gricch. pi)Li(pa verwandten Verbum bestünde und ur-
sprünglich ''beschleunigen' bedeutet hätte (Paul u. Braunes Beitr.
15, 227 f.), kann aus mehr als einem Grunde nicht für gelun-
gen gelten und hat denn auch, so viel mir bekannt ist, nir-
gends Zustimmung gefunden. Unhaltbar ist auch, was Peter
Kheden in seiner an Missgriffen nicht armen Schrift Etymo-
logische Versuche auf dem Gebiete der idg. Sprachen (Brixeu
1896) S. 7 bietet : ihm ist bringen entstanden aus "der Schwund-
stufe von idg. *bherö ''ich trage' mit perfektivierendem Suffix
-enk^'y idg. *bhr'enk^6^\ Ein solches ^Suffix' hat es nie und
nirgends gegeben. Trotzdem ist Rheden, wie wir gleich sehen
werden, von dem, was ich für das Richtige halte, nicht weit
ab gewesen.
q)pn- sei erst auf griechischem Boden (Dach dem Muster von TrArj-
'füUen' u. dgl.) aufgekommen. Auch darf ^bkrätor- 'Bruder' (ai.
hhrätar- lat. fräter usw.), das mit Kücksicht auf ai. bharati 'er er-
halt, uuterhjllt, hegt, pflegt' als 'Pfleger, Ernährer, Beschützer* (näm-
lich der Schwester) mit diesem Verbum verbuuden wird {vgl. Del-
brück Die idg. Verwandtschaftsnamen S. 6. 84), nicht einfach bei-
seite gesetzt werden, wenn ja auch zuzugestehen ist, dass diese
Deutung von *bhräto7'' unsicher bleiben wird.
Homerisch ^cvoivdoi und gotisch hriyyan usw. 155
Ziitreffeiul ist dagegen der Verglcieli mit kyrar. he-hrwng
*^<leiliicere' he-bryngiad 'deductor', com. hem-bronk 'deducet*
u. a., die auf urkeltische Formen mit -?^Ä'- i*bro7ak') weisen
'Fick Wth.* 2, 186, Zupitza Die german. Gutturale 209).
Aber mit dem Xaehweis unseres bringen in dem unmit-
telbar benachbarten Sprachzweig ist nun nicht alles erledigt.
(»cht man nändich von einem uridg. *bhre}9k- ^bkroidk- aus,
so fallt zunächst die Präsensbildung briggan auf: man erwartet
von dieser uridg. Basis aus entweder *bruggan oder ^brihan
'Vgl. aisl. vega 'töten' : got. weihan 'kämpfen';. Als von Haus
aus morphologisch zusammengehörig kann man as. brengian
ags. brenj(e)an und as. brahta brilht ags. bröhte bröht be-
trachten, vgl. got. pagJcjan 'denken' dat. tongeoj und pähta
pdhts, Dass aber nun erst nach *braggjan ein briggan ge-
bildet worden sei, ist unglaublich. Wäre ein starkes Verbum
auf grund des schwachen aufgekommen, warum sollte n»an mit
briggan nicht gleichzeitig ein starkes Präteritum *bragg *brag-
gtim und ein starkes Partizip *bruggan8 geschaflfen habend,
und wie sollte man im (Gotischen dazu gekommen sein, diese
Neubildung briggan unter Ausscheidung von *braggjan mit
brähta und *brahts zu gruppieren? Die Gruppierung briggan :
brahta steht ja im Germanischen ganz isoliert da, und gerade
im Germanischen müsste man eher als anderwärts den Nach-
weis eines Musters verlangen, nach dem sie sich vollzogen
hätte. Viel leichter liesse sich umgekehrt verstehen, <lass es
im ürgermanischen einmal nur die got. briggan, brahta, ^hnihts
gab und das schwache Präsens des Altsächsischen und Angel-
sächsischen erst einzeldialektisch nach dem Verhältnis von as.
thenkian zu thähta usw. gebildet wurde. Die chronologischen
Verhältnisse sind dieser Auffassung günstig, die denn auch
von Kluge in Pauls Grundriss 1 -, »S. 439 vorbehaltlos vertreten
wird. Auffallend ist aber auch der umstand, dass keine alten
und verbreiteten Ableitungen aus briggan begegnen. Die An-
nahme eines eigenartigen Ursprungs ist also von vorn herein
nicht unwahrscheinlich.
1) Einzeldialektiseh in jüngerer Zeit Ivam es allerdings zu
bliesen Formen als Produkten des Systenizwangs: im Ahd. brunynn
neben bräht und hrany hrunyun neben brähta (Braune Ahd. (irainin.-
S. 241, Weinhold Mhd. Gramm. S. 438), im Ags. brun^jan nel>eii btujht
{Sievers Ags. Gramm. ^ S. 235).
tse
Kar[ 1
Zu gründe lag, denke ieb, ein Verbuni aiiB der Wiirxel
eneic- ei'ik- nek- 'erreichen, bringen', die in ihrer vollen (!e-
stalt am deutliefasten im Griechisehen in Fonnen wie ^n-evtx-
fltic ^Tt-evexöriconai, TTob-tiv€Kiic 'hiH auf die Fitaae rciehend'
entgegentritt, mit qualitativem Ablant l'erf. Kor-rivoKa bei
Hesych, mit Redu]ilikation und qualitativem Ablaut Perf. ^vri-
voxa. Die eine der beiden »chwäeliercn Formen tük- ist z, l(.
durch ai. <\ia-K 'Anteil, Erbteil, Teil', aind-ti av. ainaoiti 'er
erreicht' lu«'- = wi-i, redupl. Perfekt ai. anö^ia 'A.VX. anaiär.
4rr. rcdupt. Aoriat #veT«Tv 'bringen', niil o-Ablaui Ötko-c 'Traebt.
Last, Masse' ivgl. lit. jiitnzlt) 'Traebt, Last'), ir. -t-kini 'ieh
koitmie' (-(■- aus -wc-j, fi 'veniat' aus *'flo]-mc->i-l, redupl. Per-
fekt f-itnnic 'er kam' vertreten, die andere SchwäehungBfonu
nek- ■/.. B. dureh ai. nöüii-ti 'er erreicht, erlangt", lit. ntazä
aksl. ntMo 'ich trage", got. ga-nak abd. gi-vah 'es reicht bin,
genügt' Part. got. hi-naühtn, got. ga-nohs abd. gi-nuog 'ge-
nug'. Indem gewisse Tempusbildnngen aus dieser Wur7.e] und
zwar ans ihrer sehwäeheren Oestaltung eiik- durch Verechmel-
zung mit irgend weichen verbalen Bildungen, denen der Stamm
*bhri- (= griecb. tppii-; 'tragen, bringen' zn gi'unde lag, Im
Anlaut die Konsonantengruppe bhr- erhielten, kamen die Bil-
dungen zustande, als deren unmtttelliare oder mittelbare Fort-
setzung die historischen Formen di's Britannischen und des
Germanischen vorliegen. Die Vokal vcrb all nitu^e der kymriscben,
cornJscben und In-etoniseben Formen zu beurteilen niuss ich
den Keltologen Überlassen. Was hingegen das germanisebe
Wort betrifft, so siud wir nunmehr gegenüber den oben her-
vorgehobenen Schwierigkeilen, wie sie sich bei Zugrundelegung
einer uridg. Wurzel hhreKk- ergehen, in einer gllnstiRcn Po-
sition, hriggan stellt uns einen Aorisistanmi *erkkt- *eiik6- dar.
der sieb von griecb. ^ve-f«>v nur durch das Felden der Ki'-
dopHkation untcrscbcidet (vgl. Perf. griecli. icaT-tivoKa iiebm
tvnvoxa, ai. amtur neben an6m\^). Dieser Aorist war dio
einzige primäre Verbalbildung von enek-, die die Verbindung
mit "bhif einging. Daneben gab es, vorausgCBetzt daas a».
brengian ags. brenj(e)an keine weBtgeniianiscbc Neuscböpfung
war [S. 155;, ein sekundäres ^i'o-Präsens mit der Ablautstufe
1i Audi (las Altin diitclie hat nnredupliziei'ie Aohsil*ariiien, wie
Opt. aiima uiiil aiydt. Doi-It /«i^«-!! di<-sL- niclii die Stute *ni'ik;
BOudero die Stufo '{tÄ:-.
Homerlsi-Ii (jtvoivuiu uii'J gotisdi briggan usw. 157
ani- ivgl, g;riech. ö-ptoc-i. Oh alier diesen i'räsens ursprüiif;-
Uch iterfttiv-ziellose Heclputnng gehabt hat, die sich itpüler vcr-
»isclite, sodass es iiiii dem OruiidviTbnni gleichbeileuteiid
«nirde (vgl. Delbrück Grundr. 4, S. lUi) ff. und S. lL'4i, ndur
«b wir es mit der sogenannten KaiiHativbedeutung y.u tliiiii
haben ('hringen' = 'ein Ziel erreiclien lapseii'), lasse ifli lui-
ciitscliieden, um so mehr, da die Stufe {bkrjoük- au<'lj in di'ii
mir uieht hinlänglich deutliehen britannischen Bildniigen er-
sclieint. briihta, *braht» sind wohl wie pahta, pahtn zu bt--
nrleilen. Wie aber bei den letzteren Formen bezUglich de*
Wurzelablauls auf osk. ttingin-om 'sententiam' neben lat ton-
gto RQcküieht genommen werden innes (vgl. lat. candeo : ni.
tandrä- ans *qeiidr6- u, a., Wrf. Urundr, I - 8. 421 f. 2, I H!;^),
•0 bei hrohta, *brahiit daran!', dass im Lateinischen »nncineor
nanctug inactu«) mit a anf'tritt'). Kventnell sind al»" as.
hrtingütn and hrdhla braJit im Wnr/elvokaiismus von Anfang
an verschieden gewesen (vgl. wegen des Vokalablants auch
Osthoff IJB. 24, Irt«. 208 f., Hüb8chm»nn IF. Anx. 11, 44).
.Anf Lorenle' Koiobinationeii Über das Kchwaelie Präteritum
Äes (iermaniseheu iLeipz. 1894) S. 53 f., wonach got. 2. -Sg.
"^rahtis < = *bratiM^»j anf ein gi'undxprachlicheK *[^-]bke-bhr^i--
Httn Knrllckginge, mag wenigstens hingewiesen werden.
ZwisL'hen Germanisch und Keltisch sind schon genug
besondere alte Beziehungen im .Sinne der .1. Schmidtschen
ffelleiitheorie nachgewiesen, und fllr eine solche halte ich
ancli unsere Wnrxclmischung. Der Miscbungsvorgang ißt also in
eine jenseits der urgernianischen Tennisverschiebung liegende
Zeit hinauf zu setzen , da die beiden Völker in engerem
sprachlichen Verkehr standen. Ob man dann aber das Ver-
geh mel/.nngserzeugnis bei den Germanen aufgekoDimen und
linrch die Kelten entlehnt oder umgekehrt von den Kelten
;inf die Germanen (1 bergegangen, oder ob man — was elten-
fallB denkbar wäre — die Verschmelznng von den beiden
.StäDimen gemeinsam vollzogen sein lässt, darauf kommt mir
ftr jetzt wenig an. Vielleicht ergibt genauere Betraeliiuug
der britannischen Formen Fingerzeige, die in dieser Beziehung
eine Entscheidung ermöglichen *),
1) DieHcs Uteiniitche Verhtiin sulieint eine Verse hmel2uii{£ der
Wide» Wunselfonnen nek- and ffik- zu sein.
3) [Eine UhiilEche. i^lient'allB auf WurzeUn^rteichung bernfauida
158 M. H. Jellinek,
Schliesslich ma^ noch erwähnt sein, dass aneh schon
Leo Meyer Die goth. Sprache S. 404. 499 briggan zu bahan
gestellt hat, freilich ohne jede Andeutung davon, wie man
sich den Zusammenhang vorzustellen habe.
Leipzig. Karl Rrugniann.
Beitrage zur Geschichte der Sprachwissenschaft.
L
Die Erklärung der Persoualendungcn.
Delbrück lehrt noch in der dritten Auflage seiner Ein-
leitung in das Sprachstudium S. 11, dass Bopp erst in der
englischen Bearbeitung seines Konjugationssystems den Zu-
sammenhang der Personalendungen mit den Personalpronomina
behauptet habe. Das ist unrichtig; schon Lefmann hat gegen
Delbrück bemerkt, dass jene Erklärung der Pei*sonaIendnngen
bereits in Bopps Erstlingsschrift auftritt, Franz Bopp SS. 51.
374. Während Bopp in der englischen Bearbeitung ausdrück-
lich Scheidius als seinen Vorgänger namhaft macht, fehlt im
Konjugationssystem ein solcher Hinweis. Doch wird man wohl
in Bopps Worten, Konjugationssystem S. 147, ""^schon aus der
griechischen und lateinischen Sprache Hess sich dies (nämlich,
dass die Personalendungen Pronomina seien) mutniassen" eine
Beziehung auf die Theorie der holländischen Philologen er-
blicken dürfen.
Es dürfte jedoch nicht ohne Interesse sein zu sehen,
besondere Übereinstimmung zv.ischen Germanisch und Britannisch
weist K. F. Johansson Zeitschr. f. deutsche Philol. 31, 296 f. nach.
Nach seinen Ausführungen sind ags. cbled aisl. eldr Teuer' und
kymr. aelui/d corn. oiled 'Herd' durch Vermischung von *aidhl-
(ags. (tlan 'flammen' ir. nel 'lime', vgl. griech. atGuj aTGaXoc aiGdXii)
mit einem uridg. Nomen '^aleto- zustande gekommen, das durch ai.
aJätani Teuerbrand, Kohle' vertreten ist, und zu dessen Wurzel
auch lat. ad-oleo -olevi 'verbrennen' gehört. Auf S. 300 f. stellt Jo-
hansson Litteratur über derartige 'Konfusionsbildungen*, wie er sie
nennt, zusammen und charakterisiert den Vorgang nach seinen
verschiedenen Arten. — Korrekturnote.]
ßeiträg'e zur Geschichte der Sprachwissenschaft. loi>
Bopp noch andere Vorläufer hatte, die wie es scheint
von den Holländern unabhängig waren. Schon R. v. Räumer
hat darauf hingewiesen, dass J. Grimm vor Bopp den Zusam-
menhang der Endungen iiiai cai rai fiii mit den Pci-sonalpro-
nomina erkannt hat, Gesch. der germ. Philologie SS. 450. 465.
Doch weicht Grimms Auffassung insofern von der Bopps ab,
als er in den angehängten Pronominalformen nicht das Subjekt,
sondern ein reflexives Objekt des Verbs erblickt: 'elm ich
^ebe mich'. Früher als Grimm hat Adelung die Personal-
endungen für Pronomina erklärt. Auch darauf hat R. v. Rau-
mer aufmerksam gemacht, a. a. 0. S. 230. Adelung bemerkt
Dämlich in seinem umständlichen Lehrgebäude der Deutschen
Sprache (1782) I, 764: "Die ßiegungssylben der Personen
aber scheinen ursprüngliche alte Pronomina zu seyn; daher
s'fld auch die meisten Sprachen darin ähnlich". Es folgt zum
Enreis der Ind. Präs. von ich Ueh-e Am-o qpiX-uj; in zwei An-
merkungen wird auf die altdeutschen F^'ormen Uebemes, liehenf
hingewiesen. Adelungs Leser werden durch die Nebencinan-
derstcllung der drei Paradigmata kaum von der Richtigkeit
• • •
seiner These überzeugt worden sein; welche Ähnlichkeit be-
stellt zwischen am-at und qpiX-ei, am-ant und cpiX-ouci? Dass
Adelung hier so unklar ist, geht darauf zurück, dass er eine
fremde Theorie vorträgt, ohne ihre Begründung zu geben; er
i^t hier wie in njanchen andern Punkten abhängig von Carl
Friedrich Fulda,
Fuldas linguistische Ansichten sind systematisch dar«;e-
^tellt in seiner Preisschrift Über die beiden Hauptdialekte der
Teutscben Sprache von 177P). Nach Fuldas Meinung besteht
eine wahre deutsche Wurzel im allgemeinen aus zwei Konso-
nanten, mit einem Vokal in der Mitte. Bestimmend für die
Bedeutung ist der anlautende Konsonant, oder vielmehr die
Lautklassei der er angehört. (F. unterscheidet drei Klassen,
Vokale, 'Konsonanten' [fc, /, r, m, w, d, t, s) und Aspiranten
[A, ch, th, gh, g; w, b, p, ph, /*]). Ja sogar zwischen den
einzelnen Klassen kommen Berührungen vor, so zwischen s
und th. Selten ist ein Vokal ursprünglicher Anlaut der Wur-
zel: i, e bezeichnet 'Selbstheit, Neigung, gesellschaftliches
1) Abgedruckt im ersten Band von Adelungs N'ersuch eines
Wörterbuches der hochdeutschen Mundart 1774.
160 M, H. Jpllinek.
Band', daher ik (S. 14). "Der Artikel ist (Uk emph»tiMJiB
J! mit seinen Graden gb tk s. Er ist der .Selbstheit ik. ch
(d. ii. ick), i. entgegengesetzt." Vom Verbum lieiasi es iinii
S. 30: "Das Nomen, die Wantel, }png dnrcli Pci-souau; an-
fange zwo: die erste selileclitfain, mit dein Vocalabfall (d. i.
vnkalisebem Ausgang) oder tA-, i : i let; lev <; und die uii-
dere, zu oder von welcher die Hede war: th', »' : th' lec, /er'
th; «' lev, lev s; woraus eiidlieli eine dritte entstanden, welche
in ihrer festen Destimmang die eigentliche zweite Person wor-
den ist: Jecs, levsi .... Prima plur. iii ist im Norden noeh
in vollem Gang: lefeom, ähkom" . . . dann liiiiweis anf altd.
-mea . . . "Der Perser hat es aiieh. Seine prima sing, m,
em ist von me" und hier verweist Fulda auf eine frühere
Stelle (§ 12, S. 21). wo me als angebliehe ags. Form fflr ick
aufgeführt ist. Hier hat also Fulda so deutlich, als es setner
abgerissenuu Sehreibart möglich war, die Lehre von der ttieicü-
heit der Personalendungen mit den Pronomina ausgesproeheu.
S. 57 bemerkt er, dass die griech. Sprache in allen wesent-
lichen Stücken mit der deutsehen stimme. "Sie couiugirt
anf gleiche Wciae: ßatnu, eic, ei(-t), -ji-, -T-. -vt-." Tüer ist
die Vergieichung ganz klar, denn F. deutet an, dass die 3.
Person Sg. im Griech. ein ( verloren hat und gibt als Kndung
der Ü. Plur. vr, nicht wie Adelung das attische -ouci an. Da«
■m der 1. Sg. t;egenOber angcbl. deutschem -i darf nicht i>e-
irren, denn wie F. einmal sagt 'S. 14) "die Voeale grenzen oft
zn nahe, und die AuBSprat-be der alten Miluler war allzu un-
gewis, als dasB sich nicht i mit e: e mit ö; i. ä; ä, u; ö, o;
0, w alle .\ugeiiblik vermischen sollten." Schliesslich lie-
merkt F. S. .'i8, dass auch die semitischen Sprachen "priniam
pcrs. verhi mit einem i. alteram mit tk" bilden.
Eine nähere Beziehung zwischen Fulda und Bopp könnte
man darin tindeii, dass beide annehmen, die 2. und 3, Sg.
hatten eigenllieh dieselbe Endung. Denn Bopp sagt a. a. 0.
S. 151) "/ bezeichnet nn Zeilwr)rlern die zweyte und dritte
Person, und mehr durch znfsllige als wesenllicbe Cnlerschicde
gelingt es der Sprache, hier der Deutlichkeit nicht zu s<-ha-
den." Allein Fulda ging von dem Wechsel von s und tk im
got. und ags. Artikel ans, Bopp von der Gleichheit des f in
ai. tarn, lena einer- und tvam, tat. tu andererseits.
Anhangsweise bemerke ieh, dass im 18. Jh. auch eiiKr
BeitrAge siir Gk^schichte der SprachwiBsenschaft 161
Theorie anfgegtellt wurde, die mit der Lehre Bopps von der
Einverleibung des verbnm substantivnm in die Verbalwurzel
?iele Ähnliehkeit hat Bei Le Brigant, j^lemens de la langae
ies Geltes Gomerites on Bretous, Strassburg 1779 finde ich
folgende hieher gehörigen Äusserungen: (p. 11 f.) ''hat €ii, et
§t alle participe uniqne, et modele de tous les Participes passes
eomme l'expriment ees deux monosyllabes derives Tun de Tau-
tre a M^j et bit, ou bä cff, qui est alle, qui a 6ti, qui est
passe. L'on observe iei, que dans le Verbe Stre, eomme dans
tous les antresy le Verbe d il va, est sous-entendn, qnand il
n'est pas exprime. C'est ee qui ramine la Conjugaison k la
mSme simplicitä et qui fait que ee n'est toiyours que la raeine
jointe avec le Verbe aller, duquel on va mettre la suite sur
le niode personnel ou eomplet" ... (p. 14) ^Les deux (seil,
verbes, d 'ist* und ä 'geht') comme on peut 1 appercevoir, sont
rMproqnemcnt formes Tun de Tautre; ils sont, eonime on Ta
dit, le prototype de toutes les Conjugaisons de« autres langnes
connn^y et le Verbe aller seul est celui de cctte mSme Con-
jugaison ehez les Bretons. Elle se forme done de la maniire
la plns simple en igoutant au mot radieal quel qu'il soit, la
»yllabe i^eule, qui fait le Verbe aller dans los tenis, oA il n'en
a qn unC; et la deniiere syllabe dans ceux, oü il en a denx."
II.
Rudolf von Räumer.
Auf den ersten Blick mag es seltsam erseheinen, wenn
ich der Besprechung längst verschollener Theorien die Wür-
digung eines Mannes folgen lasse, dessen Name dem Gelehr-
ten, wie dem Schulmann, dem Germanisten wie dem Sprach-
forscher gleich vertraut ist. Allein mich dünkt, dass eine
Seite seiner Tbätigkeit nicht die gebührende Schätzung gefun-
den hat. Bei Delbrück sucht man Raumers Namen vergebens.
Paul hebt wohl hervor (Gmndr.^ 1, 119), dass er zuerst die
Resultate der Lautphysiologie für die vergleichende Sprachfor-
schung nutzbar gemacht und zwischen Schriftsprache und Mund-
art, geschriebener und gesprochener Sprache klar geschieden
habe. Aber diese Charakteristik sagt vielleicht dem genug, der
Raumers Werke schon kennt, dem femer stehenden gewährt
rie kein erschöpfendes Bild. In seiner eignen Geschichte der
Inflo^ermaniRche Forschunpren XII l ii. 2. U
U2 M. H. Jeliinek,
gerra. Philologie hat der vornehm empfindende Mann seinen
Namen gänzlich unterdrückt.
Und doch wäre er selbst am besten imstande gewesen
den Kern seiner wissenschaftlichen Art zu enthüllen. Rudolf
von Raumer gehört nicht zu jenen genialen Naturen, denen
auch ohne methodische Klarheit glänzende Entdeckungen in
Hülle und Fülle gelingen; es sind verhältnismässig wenige
Probleme, die ihn innner und immer wieder beschäftigen, was
ihn aber auszeichnet, das ist das volle Bewusstsein von den
Zielen und der Art der eigenen Forschung.
Als Raumer im Jahre 1863 den Ertrag eines Viertel--
jahrhuiiderts linguistischer Thätigkeit in seinen ""Gesammelteu
sprachwissenschaftlichen Schriften" zusammenfasste, da war
er sich vollkommen klar, dass ein Hand alle diese verschie-
denen Aufsätze zusammenhielt, von der frühreifen Erstlingj«-
schrift des zweiundzwanzigjährigen Jünglings bis zu der letzten
Rezension des angesehenen Gelehrten: das Streben nach der
Erkenntnis der realen Faktoren sprachlicher Veränderung. Die
Sprachwissenschaft ist w^ie jede Kulturwissenschaft vor die
Frage gestellt: wie kommen gleichartige Massenerscheinungen
zustande, da doch der wahre Träger jeder Entwicklung nur
das Individuum ist? Die vorherrschende Denkungsart des 16.
Jhs. war geneigt, diese Frage damit zu beantworten, dass sie
die Veränderung der bewussten, zweckmässigen Thätigkeit
einzelner Individuen zuschrieb, die ihren Willen den anderen
aufdrängten. Bekanntlich erfolgte um die Wende des Jhs.
der Rückschlag. Die traditionellen Mächte des Lebens, Reli-
gion, Sitte, Sprache, ei'schienen nicht mehr als träge Massen,
die dem zweckmässigen Handeln sich entgegensteramen, aber
von ihm besiegt werden können, sie werden mit dem (Horien-
schein des Ehrwürdigen umgeben und erscheinen zugleich als
unüberwindlich, der Ansturm des Einzelnen ebenso verwegen
wie nutzlos.
So förderlich diese Geistesrichtung für das Aufblühen
linguistischer, namentlich germanistischer*) Studien war, so
1) Die Geschichte der germ. Philologie bietet ein ganz anderem
Bild als die Entwicklung der vergleichenden Sprachforschung. Ein
epochemacheudeb äuböeres Ereigfnis, wie es die Einführung de^
Sanskrit in den Kreis abendländischer Gelehrsamkeit war, hat die
germ. Philologie nicht zu verzeichnen. Die Texte, die J. Grinnn
Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft. 163
musste sie doch im Laufe der Zeit den Fortschritt hemmen.
Aus allen spraelilichen Erscheinungen wurde das Individuum
vollständig elinoiiniert, jede Veränderung erschien als zauhe-
riselie Wirkung des persönlichen Sprachgeistes, die Hyposta-
sieruDg der Sprache hat lange vor Schleicher begonnen. Kau-
luers Hauptverdienst besteht nach meiner Überzeugung darin,
dass er hier Wandel geschaffen hat. Jakob Grimm hatte eine
Menge sprachlicher Veränderungen erkannt, sich aber nicht
damit beschäftigt, wie diese Veränderungen zustande kamen.
Räumers erste sprachwissenschaftliche Arbeit ist seine
Selirift ''Die Aspiration und die Lautverschiebung". Es ist
bekannt, dass er hier als der erste den Unterschied von Spi-
ranten und Aspiraten scharf formuliert hat, minder bekannt,
dass hier schon das Grassmannsche Gesetz im Vorübergehn
angedeutet^) und der Übergang alter Gutturale in aind. Pala-
tale in Parallele gesetzt ist zu der Veränderung des lat. c vor
€, i in den romanischen Sprachen. Doch davon habe ich hier
nicht zn sprechen. Mir kommt es darauf an, dass hier ganz
ernstlieh die Frage aufgeworfen wird: wie kommt es, dass
ein Laut an die Stelle des andern tritt, ist dies plötzlich ge-
sehehu oder allmählich, dem einzelnen Teilnehmer an der
Sprachfortbildung unbewusst, beruht es auf einem Unvermögen
der Sprachwerkzeuge einen Laut zu bilden oder auf andern
Ursachen. Freilich findet sich in dieser Erstlingsschrit^t noch
manches unfertige.
daa Material für seine Grammatik lieferten, waren zum ;;ross('n Teil
.»ichon vor ihm bekannt. Was Orimm auszeichnete, war nicht mir
die gewaltige Kraft der Kombination, sondern auch die Sorgfalt, die
er auf die Feststellung der einzelnen Thatsache verwendete. Man
vergleiche nur die Abschnitte, die vom Got. handeln, mit den Ar-
beiten seiner unmittelbaren Vorgänger Fulda und Zahn. Solche
Akribie erscheint uns leicht als etwas Selbstverständliches; allein
80 lange man Regel und Gesetz als Erzeugnis höherer Kultur an-
sah, so lange man glaubte, die Sprache der alten Germanen sei
roh und ungeschlacht und daher unregeimiissig gewesen^ fanden
sich die Forscher nicht bestimmt, peinliche Mühe an einen Gegen-
stand zu wenden, der ihrem Streben doch keine Belohnung ver-
sprach. Erst die Verehrung, die man der Vorzeit zollte, hat es
ermöglicht, dass der Erforschung der germ. Sprachen dieselbe Sorg-
falt gewidmet wurde, wie den Sprachen des klassischen Altertums.
1) Sprachw. Sehr. 75, §64,2. — Die griech. Grammatik hatte
schon früher Wurzeln mit zwei Aspiraten angenommen.
1()4 M. H. Jellinek,
Die näcbste sprachwissenschaftliche Abhandlung R.s "Über
deutsche Rechtschreibung" ist um 18 Jahre jünger, um die
Mitte des 19. Jahrhunderts erhob sich von verschiedenen Seiten
der Ruf nach Veränderung, Verbesserung unserer Orthographie.
Die vorherrschende Richtung war dabei die historische, die
neuhistorischc oder pseudohistorische, wie R. sie genannt hat.
Der radikalste und konsequenteste Vertreter dieser Richtung,.
Philipp Wackernagel, hat freilich nur auf engere Kreise Ein-
fluss geübt. Den grössten praktischen Erfolg erzielte Weinhold.
W. stellte die deutsche Schreibung als höchst schwankend
hin, den Grundsatz "schreib wie du sprichst", vci^warf er als
thöricht, da die Aussprache von Dorf zu Dorf wechsle, sein
Prinzip war: "Schreib wie es die geschichtliche Fortentwick-
lung des Nhd. verlangt". "Mögen sie", sagte W. von den
Anhängern der phonetischen Orthographie, "ihre Schreibweise
nach jedem Jahre und jedem Hause ändern. Ich aber glaube
noch an eine Geschichte und ein inneres fest und fein geglie-
dertes Leben der Sprache und habe Ehrfurcht vor ihr als der
Schöpfung des ewigen Geistes, an der nicht jeder nach sei-
nem zuftilligen Belieben und nach der Biegung seiner Zunge
ändern darf." Hier tritt uns zum Greifen deutlich die Vor-
stellung einer immanenten Sprachrichtigkeit entgegen, die Vor-
stellung von einem Leben und einer Geschichte der Sprache,
die ganz unabhängig sind von denen, die. die Sprache spre-
chen, und ebenso wird den einzelnen Lauten selbständige
Existenz zugemessen. Für die neuhistorische Schule waren
etwa "ä^" und "«2" dem Wesen nach verschiedene Laute^
mochten sie auch thatsächlich gleich gesprochen werden.
R. führte diese Theorie dadurch ad absurdum, dass er
den Zirkel aufdeckte, in dem sie sich bewegte. Man soll
schreiben, wie es die geschichtliche Entwicklung des Nhd.
verlangt. Aber woher kennt man diese Entwicklung? Etwa
aus der älteren Sprache? Nein; a priori lässt sich nie kon-
struieren, welche Veränderung ein Laut in der Zukunft erlei-
den werde. Also nur durch Vergleichung der älteren Sprache
mit der heutigen, d. h. durch Vergleichung mit dem heute
gesprochenen und geschriebenen Wort. Die Kenntnis der Ent-
wicklung des Nhd. beruht somit auf demselben schwankenden
Boden der geltenden Schrift und Sprache, der für unfähig
erklärt worden war, das Gebäude einer wissenschaftlichen
Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft. 165
Orthographie zu tragen ^). Im Wesentlichen war dies der selbe
Beweis, den im Altertum Sextus Enipirikus gegen die Ana-
iogiker geflihrt hatte, wie denn überhaupt die nenhistorischc
Bichtung der Sprachregelung sich von der älteren, noch im
1^- Jh. bestehenden, bloss dadurch unterscheidet, dass an die
Stelle der Regel des Nebeneinander die Kegel im Nacheinan-
der auf Biegen oder Brechen durchgeführt werden sollte.
Aber mit der Aufdeckung des logischen Zirkels war es
meht gethau; um Eindruck zu machen, musste R. auch zeigen,
warum sich im Nhd. keine durchgreifenden Lautregeln fest-
stellen lassen. Er that dies schon in der ersten gegen Wein-
iold gerichteten Abhandlung, indem er darauf hinwies, dass
die Schriftsprache Zuflüsse aus verschiedenen Mundarten cr-
/lalten hat. Sehr klar ist die Unterscheidung von ^'physiolo-
gischen" und "geschichtlichen" Wandlungen der Sprache, d. h.
lautgesetzlichen und auf Sprachmischung beruhenden, ausge-
sprochen in der Rezension des Grimmschen Wörterbuchs (1858)^).
Hier zeigt R. auch in voller Schärfe die Schwächen der
Orimmschen Sprachbetrachtung auf. Grimm hat festgestellt,
dass die Laute einer Sprache zu den Lauten der andern in
einem bestimmten gesetzmässigen Verhältnis stehen. Den That-
bestand hat er festgestellt, in den Vorgang, dessen Resultat
der Thatbestand ist, ist er nicht eingedrungen^).
Die Untersuchung über den Vorgang der sprachlichen
Verändemngen führt R. — von gelegentlichen Äusserungen
sei hier abgesehen — in zwei Abhandlungen ''Die sprachge-
schiehtliche Umwandlung und die naturgeschichtliche Bestim-
mung der Laute" und "der wirkliche Vorgang des Lautwan-
dels", die erste Abhandlung ist 1858, die zweite, einen Teil
der Besprechung von Rumpelts Deutscher Grammatik bildende,
1861 erschienen*). Charakteristisch ist in dem ersten Artikel
gleich die Bemerkung: "Wenn von der Umwandlung der Spra-
chen und insbesondere der Sprachlaute die Rede ist, wird
häufig sofort auf den 'Sprachgeist' und seine Wunder zurück-
gegriffen. Ich bin weit entfernt, dem Tiefsinn, durch den die
neuere Forschung sich auszeichnet, etwas abbrechen zu wollen.
1) Sprachw. Sehr. 135 flf.
2) A. a. 0. 356 ff.
3) A. a. 0. 352 f.
4) A. a. O. 368 ff. 432 ff.
166 M. H. Jellinek,
Aber ich halte es an der Zeit, dass wir uns zuvörderst mit
khiren und unbefangenen Sinnen an die Wirklichkeit und deren
Erscheinungen selbst wenden. Wir finden dann, dass der
'Sprachgreist' nichts für sich allein, abgetrennt von den Men-
schen thut, dass vielmehr alle Veränderungen der Sprache
durch die Menschen selbst hervorgebracht werden*'^). R. stellt
dann fest, dass der Mensch im Laufe seines Lebens die Sprache
ändert. Das Kind beherrscht sie noch nicht, der Greis bildet
wegen körperlicher Gebrechen die Laute anders als früher,^
nicht einmal in einer und derselben Familie, die verschiedene
Altersstufen vereinigt, wird ganz gleich gesprochen. Aber
auch nicht alle Altersgenossen sprechen gleich. Das folgt aus
dem verschiedenen Bau der menschlichen Sprach Werkzeuge.
Auch kommt es nicht selten vor, dass ein Mensch einem Laut
eine etwas andere Artikulationsstelle gibt als der andere. Wenn
ein Individuum wegen eines Gebrechens seiner Sprachwerk-
zeuge einen Laut verändert, so wird es dies liberall thun, wo
der Laut vorkommt. Denken wir, uns eine Sprachgenossen-
schaft, die aus lauter solchen Menschen besteht, so wird der
alte Laut notwendig aus der Sprache verschwinden. Denken
wir uns aber eine Familie, wo der Vater eine Eigentümlichkeit
der Aussprache hat, die Mutter nicht, so kann es geschehen,
dass die Kinder in einem Teil des Wortschatzes dem Vater
nachsprechen, in einem andern der Mutter. Beruht die Ver-
änderung des gehörten Lautes auf der Bequemlichkeit der
neuen Aussprache, so w^erden gewöhnlich andere Folgen ein-
treten. Es können zwar einzelne Glieder der Sprachgenossen-
schaft an der alten Aussprache festhalten, aber da die Ver-
änderung nicht durch individuelle Eigentümlichkeiten, sondern
durch den Bau der menschlichen Sprachorgane im allgemeinen
bedingt ist, so wird sich ihre Ausbreitung nicht nur durch
Nachahmung sondern auch spontan vollziehen. Hieher gehören
die meisten Fälle des kombinatorischen Lautwandels. Ausser-
dem gibt eine Klasse von Lautumwandlungen, die weder durch
Ungenauigkeit der Überlieferung zu erklären sind, noch durch
die Unfähigkeit den ursprünglichen Laut hervorzubringen, die
auch nicht dem kombinatorischen Lautwandel zugehören. Hie-
her ist die Lautverschiebung zu rechnen. Schliesslich wird
1) A. a. 0. 374
Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft. 1('»7
eine doppelte Art des Lautwandels festgestellt. Entweder voll-
zieht sieh die Veränderung sprungweise oder über eine kon-
tinuierliche Reibe von Zwiscbenlauten.
In der späteren Abbandlung stellt R. wieder den Gegen-
satz zu Grimm fest. Bei Grimms Arbeiten bekomnjt man den
Eindruck, ''dass die Völker grosse cinlieitliche Massen bilden,
die sich einer und derselben Sprache bedienen, so dass Ab-
weichungen von dieser geschlossenen Einheitlichkeit nur als
besondere mundartliche Abnormitäten erscheinen. Dass der
'Sprachgeist' so feste Gesetze einhält, das erfüllt uns mit dem
Staunen des Unbegreiflichen. Aber wie es bei dieser Um-
wandlung der Sprachlaute eigentlich zugeht, das bleibt uns
verborgen." Und doch ist gerade das Eindringen in diesen
V^organg das eigentliche Ziel der geschichtlichen Lautforsehung.
Dabei muss man nicht wie Grimm von der geschriebenen son-
dern von der gesprochenen Sprache ausgchn, d. h. von den
Mundarten. Diese bieten uns aber durchaus nicht das Bild
grosser einheitlicher Massen. Streng genommen spricht jeder
)[en8ch seine eigene Mundart, so dass schon die kleinste Ver-
einigung den Keim der Sprachtrennung in sich birgt. Die
Zersplitterung würde noch grösser sein, wenn nicht die indi-
viduellen Abweichungen meist zurückgedrängt würden durch
die grosse Masse derjenigen, die gerade in den betreflFonden
Fällen am überlieferten festhalten. Würde eine Sprache inmier
nur von einem Individuum auf das andere fortgepflanzt, so
würde die jedesmalige Umwandlung der Sprache in den Eigen-
tümlichkeiten jenes Individuums bcstehn. Ein Teil der Eigen-
tümlichkeiten, soweit sie Veränderung von Lauten betreffen,
kann in vereinzelten Ungenauigkciten in der Auffassung und
Widergabe des Gehörten bcstehn, ein anderer, viel wichtigerer
Teil liegt in den Gehör- und Sj)rachwerkzeugen des Indivi-
duums. ''Das sprechende Individuum hat die Absicht, das
Gehörte wiederzugeben ; aber statt mit seinen Lautwerkzeugen
wirklich dasselbe hervorzubringen, was ihm überliefert ist,
erzeugt es nur etwas dem Überlieferten Ähnliches. Indem
aber diese Abänderung entweder auf der Beschaffenheit oder
doch auf dem bestimmten Gebrauch seiner Organe beruht,
entsteht für die betreffenden Laute eine durchgreifende Um-
wandlung. In dem von uns angenommenen Fall einer Sprache,
die immer nur von einem einzigen Individuum auf ein anderes
1<>8 M. ü. Jellinek,
einziges Individuuin fortgepflanzt würde, mUssten also in der
angegebenen Weise die regelrechtesten Lautwechsel entstehen."
In Wahrheit ist aber die Sprache nicht auf ein einzelnes lu-
dividuuni beschränkt. Da aber die Individualsprachen ver-
schieden sind, so sind Mischungen möglich, indem bei einem
Wort die Sprache des einen, bei dem andern die Sprache
eines andern Individuums durchdringt "Wenn dagegen die
ganze Masse oder doch die überwiegende Mehrzahl der Spre
chendcn von einer und derselben Richtung des Umwandeln«
beherrscht wird, so tritt eine ähnliche Erscheinung ein, wie
wir sie oben für die durchgreifende Lautänderung des Indi-
viduums nachgewiesen haben. Ein und dieselbe Umgestaltung
der Laute trägt dann im ganzen Wortschatz oder doch in
dessen grösstem Teil den Sieg davon, und so entsteht das,
was man die regelmässige Lautvertretung nennt". In einer
Anmerkung hatte R. ursprünglich bemerkt, es sei ein glück-
licher Gedanke von Curtius gewesen, die regelmässige Laut-
vertretung von der unregelmässigen getrennt zu behandeln.
186^^ fügte er hinzu, man dürfe dabei nicht ausser Acht lassen,
dass auch die un regelmässige Lautvertretung daraus hervor-
gehen könne, dass der physiologisch regelrechte Lautwechsel
einzelner Individuen in der gesamten Sprache nur fftr einzelne
oder einige Wörter durchdringt.
Immer ist R. darauf bedacht, die Betrachtung des In-
dividuums in den Vordergrund zu rücken. In einem offenen
Brief an Frommann vom Jahre 1857^) stellt er die Forderung
auf, die wirkliche Sprache einzelner Menschen aus derselben
Gegend aufzuzeichnen. Die meisten mundartlichen Spracli-
proben gäben nur einen Durchschnitt. Die Mitteilung dialek-
tischer Texte, wie sie R. wünscht "würde sich zur bisher ge-
wr)hnlichen Weise verhalten wie ein Porträt zu einem histo-
rischen Gemälde. Und auch das Porträt wäre zu unsrem Zweck
nicht in der idealisierenden Weise des Künstlers, sondern in
der streng abspiegelnden des Daguerreotyps zu fassen. Hätten
wir einen Apparat, der das Gesprochene eben so treu auffasste
und auf dem Papier befestigte wie das Daguerreotyp das Ge-
sehene, so würden dessen Leistungen dem entsprechen, was
ich wünsche." R. weist des weitern auf die Bedeutung hin,
1) A. a. 0. 363 flf.
Beiträge zur Goschiclite der Sprachwissenschaft. IGi)
die derartige Aufzeichnungen für die Kenntnis des mundart-
licbeu Satzbaus haben würden. R.s Forderungen sind heute
noch nur zum geringsten Teil erfüllt. Wohl ist die Kunst
mundartlicher Darstellung gewachsen. Aber in den meisten
Fällen gibt der Berichterstatter seine eigene Sprache wieder,
yerhältnismässig selten findet mau Angaben über die Sprache
der Dialektgenossen.
Man hat vielfach als Kennzeichen der neueren Sprach-
forschung den Satz von der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze
hingestellt. Wir haben jiresehen, dass R. der Diskussion da-
rüber nicht ausgewichen ist. Aber was in Wahrheit der mo-
dernen Linguistik das Gepräge gibt, ist die Änderung in den
Grundaiischauungen, das Streben, sich von Abstraktionen los-
zureisseu und das wirkliche Gesehehen zu erfassen. Und ich
hoflFe gezeigt zu haben, dass R. mit seiner Betonung des In-
dividuellen, mit seiner Abkehr von der ehrfurchtsvollen Be-
s^tannuDg des Sprachgeistes ganz modern anmutet. Dass er
seine Lieblingsprobleme gelöst habe, fällt mir nicht ein zu be-
haupten. Aber wer kann sich dessen rühmen? Kennen wir
denn heute wirklich so genau den Vorgang des Lautwandels*? —
Unerwähnt will ich nicht lassen, dass auch das Problem der
Aualogiewirkung in R.s Gesichtskreis getreten ist, nur fand
er keine Veranlassung, sich eingehender damit zu befassen.
Gelegentlich bemei'kt er in seiner Abhandlung über die sprach-
geschiehtliche Umwandlung der Laute, er wolle keine ei-schö-
pfende Aufzählung der Arten des Lautwandels geben. '^Sou8t
müäste z. B. auch von der Lautumwandlung durch blosse Ana-
logie gesprochen werden. Aber ich verspare diese sowie manche
andre verwandte Frage lieber auf eine andere Gelegenheit" *).
Diese Gelegenheit ist, soviel ich weiss, für R. nie gekommen.
Nicht jeder, der in seiner Erkenntnis ein Stück vorwärts
gedrungen ist, hat auch die Wissenschaft weiter gebracht. Gar
manche Anregung ist unbeachtet geblieben. Von R.s Wirken
kann man dies nicht sagen. Wie mächtig seine Arbeiten auf
Scherer wirkten, ist jedem klar, der die Geschichte der deut-
schen Sprache oder die Kleinen Schriften angesehen hat. Und
dass wiederum die spätere Forschung durch Scherers Schriften
befruchtet wurde, ist niemals geleugnet worden. So scheint
1) A. a. O. 376 Fussnote.
170 C. C. Uhlenbeck,
es mir, dass Rudolf von Räumer einen nicht unbedeutenden
Platz in der Geschichte der Sprachwissenschaft verdient. Die
Anerkennung seiner Verdienste ist nicht ein blosses Gebot der
Pietät gegen den Lob und Tadel längst Entrückten, sie för-
dert uns selbst in unserem Wissen von der Entwicklung un-
serer Disziplin.
Wien. M, H. Jellinek.
Agens und Patiens im Kasussysteni der indogermanischen
Sprachen.
In den indogermanischen Sprachen sind im Neutrum der
Nominativ und Akkusativ mit einander identisch. Dies gilt
nicht nur vom Singular, sondern auch von den beiden andern
Numeri. Deshalb liegt es nahe zu vermnten, dass Formen
wie ,yugäm — Iutöv, inddhu — ^eöu einmal weder nominati-
vische noch akkusativische Geltung gehabt haben, sondern
eine allgemeinere, aus welcher sich die nominativische und
akkusativische Funktion entwickeln konnten. Diese Vermu-
tung wird verstärkt durch die Beobachtung, dass bei den o-
Stämraen der Nom. Akk. Neutr. nicht vom Akk. Mask. Fem.
verschieden ist. Das -m in vfkom — Xükov wird ursprünglich
kein AkkusativsuflBx gewesen sein, denn wie Hesse sich dann
die Übereinstimmung mit Nom. Akk. yugdm — Zu^öv begrei-
fen? Die Thatsachen erklären sich am besten, wenn wir an-
nehmen, dass es im Indogermanischen in einer weit zurück-
liegenden Periode keinen Nominativ und Akkusativ, sondern
einen Aktivus und einen Passivus gegeben habe, unter Ak-
tivus ist der Kasus der handelnden Person zu verstehen, der
Subjektskasus bei transitiven Verben: er war im Indogerma-
nischen charakterisiert durch ein suflSgiertes -s, das kaum von
dem demonstrativen Pronominalstamme so getrennt werden darf
und wahrscheinlich als postpositiver Artikel aufzufassen ist.
Der Passivus ist der Kasus der leidenden Person oder Sache,
oder allgemeiner der Person oder Sache, wovon etw^as ausge-
sagt wird ohne dass man ihr eine transitive Thätigkeit zu-
schreibt. Er ist also Objektskasus bei transitiven Verben und
Ag^Hs tmd Patiens im Kasussystem der indogerm. Sprachen. 171
^ühjektskasus bei passiven und intransitiven Verben. Im
Indogemianischeu fungierte der reine Stamm als Passivus, nur
W den o-Stämmen finden wir -m als Kennzeichen.
Warum hat sich bei den Maskulina und Feminina ein
Aktivus entwickelt, bei den Neutra aber nicht? Diese Frage
beantwortet sich von selbst, denn die Neutra bezeichnen im
.lllgemeinen leblose Dinge, denen kaum eine transitive Thä-
%keit zugeschrieben werden konnte. Aus eben demselben
Grunde sind die Baumnamen Maskulina oder Feminina, wäh-
rend ihre Frucht Neutrum ist. Konnte man sich den Baum
als belebt und thätig denken, die Frucht war nur ein leb-
loser Gegenstand, der nur als leidend gedacht wurde. Darum
konnte bei den Fruchtnamen kein «-Aktivus aufkommen, es
fehlte also die äussere Veranlassung zum Übergang in die
männliche oder weibliche Kategorie.
M. E. kann es nicht zweifelhaft sein, dass der indoger-
manische Sprachbau, wie wir ihn aus der Vergleicliung der
verschiedenen Sprachen rekonstruieren können, sich aus einem
polysynthetischen, suflSgierendcn und infigierenden Spraclitypus
entwickelt hat. Darauf deutet die Wurzelvariation mit ihrer
unendlichen Mannigfaltigkeit, welche sich nur durch die Zu-
sammenwirkung der verschiedenartigsten Faktoren erklären
lässt; darauf die nasalierten Präsensklassen, deren richtiges
Verständnis uns von de Saussure erschlossen ist; darauf das
Mediopassivum, das uns an die Verba mit inkorporiertem Dativ
und Objektskasus des Baskischen und der amerikanischen Spra-
chen erinnert. Auch in unserem Falle können wir uns auf
schlagende Parallelen in stammfremden polysynthetischen Spra-
chen berufen. Um von den Sprachen der Ureinwohner Ame-
rikas zu geschweigen, obwohl sich z. B. das Grönländische
und das Dakota heranziehen Hessen, so ist es doch allgemein
bekannt, dass die Basken nur den unterschied von Agente und
Patiente, nicht aber den von Nominativ und Akkusativ kennen.
Leiden. C. C. ühlenbeck.
172 W. Foy,
Zar Syntax ron ai. nama, av. nqmaj ap. namä usw.
In dieser Zeitschrift Bd. 11, 307 ff. glaubt L. H. Gray
nachgewiesen zu haben, dass in der indogermanischen Verbin-
dung: Eigenname + ai» nämaj av. nqrna, ap. ndmrf^), griecb.
^vo)Lia usw. das letztere Wort ursprünglich bloss als Apposition
'/um ei-steren fungiert hätte und dass es also keineswegs not-
wendig sei jenes als Akkusativ der Beziehung aufzufassen.
Das ist nicht ganz verständlich ausgedrückt, wie überhaupt
der Artikel etwas unklar gehalten ist. Wenn Gray sagen
will, dass sich ai. näma usw. ^namens, mit Namen' aus einem
ursprünglich ausgedehnten appositionellen Gebrauch erklärt,
dass es so auch noch in den historischen Sprachen vielfach
vorliegt und erst später zu derjenigen Verwendung gekommeo
ist, wo es nicht mehr als Apposition, sondern allein, wie wir
sagen, als ''^Akkusativ der Beziehung" aufgefasst werden kann,
80 verstehe ich seinen zweiten Satz nicht: denn kein Mensch
hat ja den '"'"Akkusativ der Beziehung" für ein von Haus aus
gegebenes syntaktisches Gebilde erklärt, sodass etwa Gray
nun derjenige wäre, der diese Annahme als unnötig erwiesen
hätte. Glaubt er aber, dass ai. nama usw. nirgends als Akk.
der Beziehung aufzufassen ist, so verstehe ich erstens sein
''ursprünglich" nicht, und zweitens sprechen dann die That-
1) l'ber die ap. Formen näma und näinä habe ich mich KZ.
35, 11 geäussert, halb im Anschluss an Thumb KZ. 32, 130 f., halb
Bartholomae AF. 1, 58 folgend. (Ich bemerke beiläufig, dass näma
bei mir Z. 2 v. u. Druckfehler für nämä ist.) Bartholomae Grdr.
Iran. Philol. I 228, § 403 (Bemerkungen II) macht gegen Thumb
denselben Einwand wie ich a. a. 0. Anm.; er vermutet ferner jetzt
in /loam«, das nach meinen Ausführungen KZ. 35, 2 ff. nur näma
gelesen werden kann, einen LS. Es ist nicht ausgeschlossen, dass
diese Deutung das Richtige trifft. [Da aber ap. xäapa Bh I 20 am
besten als AS. eines n-Stammes aufgefasst wird und im Ausgange
A'ollkommen ap. näma entspricht, so wird die von mir vertretene
Erklärung des letzteren das Richtige treffen.] Dass in den ap.
formelhaften Verbindungen mit nämä keine Bahuvrihi- Komposita
vorliegen, hat schon Thumb a. a. 0. 131 f. gegen Job. Schmidt Plu-
ralbildung der Neutra S. 82 gezeigt; trotz alledem ist diese Theorie
von Justi Iranisches Namenbuch S. IV Anm. 1 beibehalten worden.
Zur Syntax von ai. näma^ av. nqma^ ap. ?iämä usw. 17JJ
«ich^n gegen seine Theorie. Schon in den meisten seiner
eignen Beispiele lässt sich ai. näma usw. nicht als Api)ositi()n
ettXHren, wenn anders es sich noch um eine Sprache, nicht
nift eine sprachwissenschaftliche Konstruktion handeln soll. Wie
kaun z. B. mdm dhur indram näma RV. X 49, 2 oder havir
oifmi näma RV. III 26, 7 7iäma Apposition zu Indram bczw.
katir sein? Das ist absolut unmöglich. Ebenso steht es mit
avestischen Fällen wie taxmö nqma ahmi, taxmöUma nqma
ahmt yt. 15, 46, oder mit ap. Stellen wie [pasdva Vaum^isa]
näma Parsa . . . avam fraisayam Hh II 49 f., oder mit
griechischen wie d^uj b' övo^a kXutöc Aiöujv, ÖTiXörepoc T^veij
nsw. T 183 f. Nach Grays Ansicht müsste man doch z. B.
die ap. Stelle nicht so, wie er selbst thut, sondern folgend er-
massen übersetzen: 'darauf — (es war) der Name Vaumisa
ein Perser .... — den sandte ich . .'^); danach wären die
Menschen kurioserweise nichts anderes als herumwandernde
Namen. Aber selbst Gray brächte nicht, glaube ich, eine appo-
sitionelle Konstruktion in folgenden Fällen (die ich nur bei-
spielsweise anführe und den altarischen Sprachen entnehme^
weil sie mir hieraus gerade gegenwärtig sind) zu Wege: a^idu
namaham asmi 'der und der (N. N.) mit Namen bin ich' Man.
Dharmas. 2, 122, kö nämäsi 'wer mit Namen bist duV' VS.
7, 29 und vor allem ap. V*{i)sta8pahya näma pud''a 'eines^
(gewissen) Vistäfipa Sohn' Art. Tcrs. 18 f.*)
1) Ahnlich wären Stellen wie K"u»d^r^uA näma vardanam
Mädaiy Bh II 65 zu übersetzen: '(es war) der Name Kundnis eine
Stadt in Medien*.
2) Dass die ap. Artaxerxes-lnsehriften nicht etwa in verlotter-
ter Sprache abgetasst sind, habe ich KZ. 35, 53 ff. gezeigt, und an
dieser Thatsaclie ändert auch Hörn nichts trotz seiner Beinerkiing
(4rdr. Iran. Philol, I 2, S. 121, Anm. 3. Wieso sind die spaten ap.
Keilinschriften '*in archaisierender Schrift eingehauen"V Wenn es
sich bei dem von mir a. a. 0. S. 56 f. behandelten Auslautsgesetze
bezüglich -«w, -am nur um eine grammatische Unfähigkeit der spä-
ten Schreiber handelte, so müsste man dieselbe doch auch sonst
zahlreich im Auslaute oder Inlaute beobachten können, es müsste
sich z. B. auch ä für früheres -a finden: das ist aber (bis auf die
Besonderheit Artcudia&'^ä) nicht der P'all, ein Beweis dafür, dass
mein Gesetz richtig ist. Ich werde auch an anderm Orte [siehe jetzt
WZKM. 14, 277 ff.] zeigen, dass die elam. Version der Inschrift Art.
Sus. a gleichfalls nicht in einer Sprache des Verfalls geschrieben
ist, wie man bisher zumeist an<;enommen hat.
174 W. Foy,
Im letzteren Beispiele hat ap. nama deutlich den Sinn
von 'ein gewisser*, denn voran gehen in der Inschrift nur Wen-
<lungen wie Darayavaufi xmi/aßiya puß^a Mes Königs Da-
rius Sohn' (vgl. zur Erklärung der Form: Verf. KZ. 35, 55.
Ebenso ist Arsama näma pu&^'a 'eines gewissen Ai*§äma Sobn'
Art. Pers. 20 aufzufassen, nur bilden diese Worte wie die zitierte
Wendung Därayavaus xsayalHya puß^a ein Kompositum, wes-
hall) Arsama nicht im Genitiv steht. Ap. näma dient also
in den beiden genannten Fällen zur Charakterisierung eine*
noch unbekannten oder als unbekannt vorausgesetzten Eigen-
namens als solchen. Dafür gibt es noch eine Menge weiterer
Belege. Zunächst ist hier Bh IV 82 tf. zu erwähnen: adakaiy
imaiy marfiyä hamataxmta an^usiya manä VH^dafarnd näma
Vayaspärahya pu&^a Pärsa usw. 'damals wirkten diese Män-
ner als meine Anhänger: ein gewisser Vindafaniä, des Vaya-
spära Sohn, ein Perser usw.' Ferner gehört hierher: / Gau-
niäta näma Mag^uJi dha [hauv ad^u]r^ujiya 'ein gewisser*)
Gauniäta, ein Mager, war da, der log' Bh IV 7 f. Dass ich
dha in dieser Stelle richtig aufgefasst habe, beweist Bh 135 f.:
pa[sdva\ I martiya Magnus dha Gaumdta nöma hauv uda-
patata 'darauf — ein Mann, ein Mager, war da, Gaumäta mit
Namen — der erhob sich'. Dieselbe Konstruktion wie Bh IV
7 f., nur ohne dha^ liegt z.B. unmittelbar darauf (BhlVlOf.)
vor: / [Ä&''ina] ndina ''Urajiya hauv ad^ur^ujiya 'ein ge-
wisser Äö^'ina, ein Elamer, der log'. Ebenso ist zu verstehen:
Kw^hujiya ndma K^üraus puH'a amdxam taumdy[d hauv
2)a]r"uvam idd xsdyaMya dha 'ein gewisser Kambyses, des
Kyrus Sohn, aus unsrer Familie, der war früher hier König'
BhI28f.*) und Marg'^us ndmd dahydus hauvmaiy haMtiya
ahava 'ein gewisses Margiana, ein Land, das wurde mir ab-
trünnig' Bh III 11. Trat nun eine Verbindung wie Ka^hußya
ndma K"ürau^ putf^'a hauv, die ja von Haus aus den Satz
beginnen musste (abgesehen von Konjunktionen), in den Akku-
1) Das 'ein gewisser' wird hier sowohl durch näma wie durch
den senkrechten Keil vor Gautnäta (= /) ausgedrückt; vgl. zum
letzteren: Verf. ZDMG. 50, 181 Anni. 1.
2) [Desgl. avahyä Ka^bujiyahyä brä\fa\ BardHya näma äha
hamätä hamapitä 'jenes K. Bruder war ein gewisser Bardiya, von
gleicher Mutter und gleichem Vater (stammend)* Bh I 29 f.; vgl.
W^ZKM. 14, 287 f.]
Zur Syntai Vön ai. nämtif av. nijma, iip, iiamä usw. ^ ITü
' iirier einen andern Kaena, au wurde derselbe iiielit an
allen Wörtern jener Fonuel bezeichnet, sondern nur an dem
tetzten, dem ana)ihorigcheD Fronomen, indem sie ah eine Eiti-
lieit betrachtet wurde. Das ist echt altperaselier Gebrauch.
Deuti Gleichartiges habe ich in Darai/aeaiiii XShyii pulfa
'dc8 Königs Darins Sohn" Art, iSus. b nachgewiesen (vgl. Verf.
KZ. 35,54). 80 evklJlrt sich k. U. [pwsdva Vmim'mi] nüma
Pßrsa manu ha''daka nvnm udum fraiHayam 'darauf sandte
ich einen gewisse» Vaumisa, einen Perser, meinen Diener, fort'
Bh 1149'). NatUrlich konnte nun auch das anaphoriscbe Pro-
somen jener Fcirmel von einer Präposition regiert werden, und
4ic&e Konstruktion wurde »elbst beibehalten, wenn die Formel
fn dns Innere oder an das Ende des -Satzes rückte. .So linden
wir z. B. paeäca adnm fraiwayam DadarÜi ntima Paraa mana
ia"dfikn Baxtriya xsa&'apäva abiy avam 'darauf sandte ich
Sit einem gewissen DädarsiS, einem Perser, lueinem Diener,
Satrapen in Baktrien' Bb IH 12 ff", (vgl. dazu KZ. :)5, 4^ f.).
Giu die Konstruktion des A|i. in der deutschen Übersetzung
«migerniassen zu wahren, können wir es hier auch folgender-
en i.älinlich, wie ieli es a.a.O. gethau liabe) Ubersetzen:
'darauf sandte ich — (es war da) ein gewisser DädarSis, ein
ferser, mein Diener, Satrap in Bakirien — 7,u diesem'; aber
kr Perser selbst wird die Konstruktion sicherlich nicht so
(Mwa nach Fällen wie die oben angefithrtc Stelle Bh 1 .S.n i.)
lafgefasst haben. Nun sind auch Fälle wie die folgenden ver-
M&ndlich: Zäzdna nämn cardanam an"uri ''Ufrätnuea avadtl
. äiia hada kara 'les ist dai ein gewisses Zftzana, eine Stadt
1 Euphrat, dorthin zog er mit dem Heere' BhI92f., Tauravd*)
itutnia vardanam Yaatiyd nüma dakyauti Parsah/ arada ad(l-
raya '(es ist da) ein gewisses Tanravfl, eine Stadt, ein gewisses
.yantiy&, eine Landschaft in Persien, dort hatte er Besitzungen'
Bh III 22 f. und udapatata kaöa lHiiya''utadaya Arkadri«
Vma kaufa haia twadaia 'er erhob sieh von PiSiyähuvädä
Ebenso steht z. B. l marfiya FriUia niiina Mi'irgavn aravi
^ttaSiStam (üti*u.navaHä 'ein Mann. Frftda mit Namen, ein Margianer,
mMihten sie sich zum 01>crsteQ' Uli tu \i nebi^n 1 martiya
ina ttätHa Upadara»ma pu&'a /taur udapatatti ein Mhuii,
[na mit Namen, des U. Sohn, dpr erhöh sich' Bh I 74.
21 Vgl. dazu Verf. KZ. 3ö, 74; ZDMG. 52, 124.
176 ^ W. Foy,
auR — (es ist dort) ein gewisser Arkadri§; ein Berg — von
da aus' Bh I 36 f.
Eine besondere Behandlung erfordert noch die ap. Stelle
hacd Piräva ndma rauta Sz. c 9, wenngleich es von vorn-
herein klar ist, dass ndma hier denselben Sinn hat wie in
den bisher angeführten Fällen. Setzen wir zunächst einmal
X fttr den in Plrdva ausgedrückten Flussnanien, so sollte man
allerdings nach dem sonstigen ap. Gebrauche folgende Kon-
struktion erwarten: x ndma rauta hacd avadam. Möglich war
CS aber auch, dass, wie in unserm Beispiele, der als eine Ein-
heit geltende Wortkomplex ./• ndma rauta direkt (nicht nur
logisch) von einer Präposition abhängig gemacht wurde. Dann
musste der von der letzteren regierte Kasus an einem Worte
jenes Komplexes selbst bezeichnet werden. KZ. 35, 32 habe
ich nun angenommen, dass die Verbindung x ndma ratda,
die sich Sz. c 9 in einer solchen Lage betindet, als Kompo-
situm behandelt*) und der Ablativ an rauta, für das rauf4
zu lesen wäre, zum Ausdruck gekommen sei. Die hier vor-
auszusetzende Konjektur sowohl wie die Annahme einer Kom-
position sind aber nicht ohne Bedenken, letzteres deshalb, weil
doch X 'ndma rauta auf einer Stnfe steht z. B. mit Arkadrii
ndma kaufa Bh I 36 f., d. h. also rauta Apposition zu x
ndma ist. Wenn man nun die Fälle wie Ddrayavaushyd
VHstdspahya puiV'a 'des Darius (,der) des Vistäspa Sohn (ist)'
von Art. Sus. a und Art. Ham. heranzieht, die ich KZ. 30,
54 f. behandelt habe und in denen ein zusammengehöriger
Wortkomplex {Ddrayavaus . . . pud^ä) bei der Stellung nach
einem Regens durch Anfügung der Endung an das erste Wort
(D(2r«yai'«M,v + Gen. -Endung Ajyö) dekliniert erscheint*), so
könnte man an unsrer Stelle eine Konstruktion wie hacd
ic+Abl.-SufBx ndma rauta erwarten. Wäre es nun möglich,
in Pirdva einen Abi. zu sehen? Gewiss, wenn man als Nom.
1) Ich habe dabei nicht von Piräva nänia allein geredet, wie
mir Gray S. 311 zumutet.
2) Ein weiteres Beispiel dafür ist [vainä AURAMAZDÄha
An{ä)]h{i)ta [u\tä \Mi{i)]^a 'nach dem Willen Auramazd&s, Anfthitas
und Miöras' Art. Sus. a 4, erschlossen aus dem elamischen Texte
[vgl. darüber jetzt VVZKM. 14, 293]. — Vgl. auch hya mäm Artaxia-
&''ä xsäyadiya{\) ak^^unaus 'der mich, Artaxerxes, zum König«
machte' Art. Pers. 5 f.
Zur Syntax von ai. näma, av. nama, ap. nämä usw. 177
eine Form PlrauH voraussetzt. Denn wie zu dahyau>( der
Akk. dahyaum gebildet ist, so wäre dazu als Gen.-Abl. kaum
etwas andres als dahyava aus *dahyäva8 wahrscheinlieb (vgl.
auch jav. nasävöi Bartbolomae Grdr. Iran. Phiiol. I 228,
§ 407, and zur Dehnstufe dieser u- Stämme (tberhaupt: ebd.
8. 102 u. 103, 115). So hätten wir als Namen des Nils im
Ap. Mraui (nicht Piräval) nachgewiesen, und diese Form
scheint mir auch besser zu der koptischen Namensform iero
mit vorgesetztem Artikel p zu stimmen^).
Dieselbe Funktion wie ap. nämä 'ein gewisser' hat das
avestische nqma an zwei Stellen: ar^dvi nqma dpa Spitama
Zara&uHra ha mB dpö yaoidadä^ti . . . 'eine gewisse ArdvT,
ein Wasser, o Sp. Z., dies mein Wasser reinigt . . .' vd. 7,
16 ond vizar^sö daSvö nqma Spitama Zara^itra urvändm
hastam vädaye^ti 'ein gewisser Dämon Vlzarsa, o Sp.
Z., führt die Seele gebunden . . . .' vd. 19, 29. Aus dem
Ai. ist mir kein gleichartiger Fall zur Hand, aber es wäre
nicht nnmöglich, dass auch hier ndma in der Bedeutung 'ein
gewisser* nachgewiesen würde. Wie steht es im Griechischen
mit övo|bia?
Neben der irgendwie aus dem sogenannten Akkusativ
der Beziehung entwickelten Bedeutung 'ein gewisser' hat aber
das ap. nämä auch die ursprüngliche 'mit Namen' bewahrt,
so z. B. in der schon zitierten Stelle / martiya Mag'^us aha
Gaumata ndma 'ein Mann, ein Mager, war da, Gaumäta mit
Namen' Bh I 36 und in Fällen wie / martiya ÄiVina nama
rpadara^ma pu^^a haut ... Bh 1 74 usw. Ebenso ist es
im Ai. (z. B. RV. III 26, 3 und wohl auch X 28, 12, VS. 7,
1) [Fr. Maliers Erklärung von ap. J^räva WZKM. 3, 148 (Ver-
besserung von 1, 224) ist also ganz richtig, was ich Gray a. a. O.
S. 11 gegenüber bemerke; nur sind seine Austuhrungen über ein
altägyptisches PIEU falsch. Nach gütiger Mitteilung des Herrn
Prof. SteindorflF geht koptisch mcpo auf ein ägyptisches p-jetr-'o^
jünger p-jer-^o, p-jer-o zurück; ein altägyptisches pini hat es über-
haupt nicht gegeben. Die assyr. Keilinschriften geben ägypt. p-jer-o
mit pir*u wieder. — Gray schliesst sich in der Auffassung von hacä
Flräta nänia rauia an Bartholomae BB. 14, 249 an, der es für einen
Nominativ hält und Bh III 12 ff., I 36 f. vergleicht, aber das sind,
wie sich aus der bei Bartholomae nicht zitierten Fortsetzung des
Textes ergibt, falsche Parallelen.]
Indo^ermanisctae Forsohnngen XII i u. 2. \\*
178 J. Heinsius,
29, Man. Dharmas. 2, 122) i), im Av. (z. B. yt. 8, 51. 14, 55.
15, 46. 19, 56. vd. 18, 15), im Griechischen (z. B. t 183 f.*.
Ob sich unser (historisch in verschiedenen Sprachen vor-
liegender) •'''Akkusativ der Beziehung*' vorhistorisch aus einer
appositionellen Stellung entwickelt hat, ist eine andere Frage.
Es kämen da mit Delbrück Vergleichende Syntax 1, 388 vor
allem Sätze mit ""nennen' als Prädikat und mit einem Eigennamen
+ ai. nama usw. in Betracht, wie yt. 8, 51. 14, 55. vd. 13,
2. 18, 15. 6 273. Aristoph. Aves 814 usw. Weiterhin beachte
man auch Fälle wie Plaut. Aul. 164 und Beow. 78. Eine andre
Quelle für den Gebrauch von ai. ndma usw. im Sinne vod
'mit Namen' könnten solche Sätze wie Beow. 1457: vocßs
pckni Jiceft-mdce Hrunting nama 'es war ihm ein Heftschwert,
Hrunting (war) der Name' abgegeben haben. Doch sehe ich
nicht ein, welchen Vorteil die Sprachwissenschaft davon hätte,
hier zu einer sicheren Entscheidung zu kommen. Begnügen
wir uns damit, die Verhältnisse der Einzelsprachen genau
kennen zu lernen! Mein Artikel ist hoffentlich ein kleiner
Beitrag zur Erreichung dieses Zieles.
Dresden, den 29. Juni 1900. W. Foy.
Über die Repräsentation von indogermanisch sich im
Griechisclien.
Die Frage nach der Repräsentation der indogermanischen
Tenues aspiratae im Griechischen ist noch nicht gänzlich ge-
klärt. Ziemlich allgemein scheint man aber jetzt anzunehmen,
dass sie durch x> 9» ö vertreten sind, idg. sth aber, wie es
Zubaty (KZ. 31, 1 ff.) wahi-scheinlich gemacht, durch ct. Die
Theorie Moultons (American Journ. of PhiloL 8, 207 sqq.) :
'''original hard aspirates lose their aspiration in Greek except
1) In den Beispielen mit ai. ndma RV. II 27, 15 = V 37, 4
und I, 68, 4, die Gray anführt, ist näma 'Namen* = 'Rut^ Ruhm',
ebenso wie II 37, 2. subhdgo näma pü^yan RV. II 27, 15 = V 37,
4 heisst: 'reich, den (eignen) Ruhm fördernd*.
Über die Repräsentation von indogerm. skh im Griechischen. 179
where the accent immediately precedes" hat wenig Beachtung
gefunden; allerdings ist auch manches dagegen einzuwenden.
Es bleiben aber, wenn man obengenannte Repräsentation
annimmt, einige Schwierigkeiten übrig, darunter das Neben-
einander von CK und ex als Vertreter von (nicht labiovehirem)
sJch. Es sei mir erlaubt, folgende Hypothese zur Erklärung
aufzustellen: tautosyllabisches (nicht labiovelares) .vAA
wird im Griechischen durch ck, heterosyllabisches
durch ex vertreten. Von vornherein wird man diese Lö-
sung des Problems für nicht unmöglich halten : die urgriechische
Lautfolge Spirans c + explosiva k -f gehauchter Absatz (s. G.
Meyer Griech. Gr.^ § 204) in einer Silbe war gewiss nicht
leicht auszusprechen, kann also leicht ihren letzten Bestandteil
eingebüsst haben.
Ich möchte mich dabei auf folgende Zusammenstellungen
stflizeu :
a) tautosyllabisches ck
CKÖliX) 'hinke*, skr. Tchafkjati 'hinkt'.
CKia 'Schatten', ckoiöc 'schattig', skr. chäyä 'Schatten'.
kret. Kaxa-CK^vr) 'tötet', wenn es, wie nicht unwahrschein-
lich, mit skr. hhdnati 'gräbt' zusammenhängt. Das Altpcr-
siscbe aber hat kan- statt *yßn-y deutet also auf id«;. {s>k
(neben {8)kh),
CKoXiöc 'krumm, unredlich', skr. sklidlati 'strauchelt', cha-
lam 'betrug', arm. syalem, sxalim 'gehe fehl, irre, strauchle',
lat. «celtis 'Verbrechen', lit. skeliü 'bin schuldig'.
CKÜ21a 'Brunst, Geilheit', wenn es, wie G. Meyer annimmt,
mit skr, khuddti 'stösst hinein' verwandt ist.
CKÖTOc 'Haut', ckOXXuj 'schinde', skr. chavi 'Haut', lat.
scütum 'Schild', cutis 'Haut', ohscürus 'dunkel'. Das Skr.
hat aber auch skundti 'bedeckt', womit ckötoc ebenfalls ver-
wandt sein kann; in diesem Fall ist idg. sk (neben skh) an-
zusetzen.
CK€bävvü^i 'zerstreue', wenn es zur Sip])e von skr. skha-
date 'spaltet' gehört.
Anm. l.xibr\ und cxebia würden, wenn sie mit cK€6dvvö|Lii und
skhadate verwandt wären, meiner Regel widersprechen. Ix^^n aber
bedeutet nur 'tabeUa, s. potius Papyrus, Philyra, Tiiia, Charta, aliudve
in quo scribimus' (s. den Thesaurus Linguae Graecae), niemals 'Brett*,
ist also (wahrscheinlich) von CKeödvvOiiii und skhadate zu trennen.
Und weil dann also cxeMa Tloss* kein Wort in der Bedeutung *Brett'
ISO J. Heiiisius, Über di» Kcpriiscntation von in(lo;;:enn. «feA usw.
neben sich Iiat, wovon es abgeleitet sein könnte, fällt der Zusam-
menhang mit CK€bdvvü|Lii weg; cxcbia könnte sehr gut zu ^x«* gehö-
ren ('das Haltende, das Zusammenhängende').
CK6p(o)bov 'Knoblauch' wenn es, wie G. Meyer anDimmt,
zu skr. chrnatti 'speit aus', aksl. skarqdü gehört.
Noch seheinen die Inchoativa wie bibdcKOj, titviwckuj usw.
meiner Regel zu widersprechen ; ich nehme aber einen Wechsel
von sk und skh im idg. Inchoativsuflfix an (vgl. oben unter
KaracK^vr) und ckOtoc, und ausserdem z. B. skr. sthiräs neben
ütarls)'^ das skh hätte sich in griech. TtdcxuJ erhalten*).
b) heterosyllabisches ex
^cxdpa 'Ileerd', aksl. inkra 'Funken', poln. skra, lat.
Hcintüla (Kozlovskij A. f. slav. Phil. 11, 387 flf.).
TidcxuJ mit idg. InchoativsuflSx skh.
Hier erregen die beiden Wörter cxKoj 'spalte', skr. chi-
natu 'schneidet ab, spaltet', av. sid-, lit. skedHu, und cxd(21)ui
'schlitze auf, steche, ritze', skr. chyati 'schneidet ab' bedenken.
Es lässt sich aber sehr leicht denken, dass sie ihr ex den
augmentierten Formen &x^ov usw. entnommen haben. ZxUIa
'Scheit' und cxivbaX^oc 'Splitter' könnten dann unter dem Ein-
fluss von cxi21uj ihr ursprüngliches ck in ex verwandelt haben.
Die Etymologie von cxeXic neben CKeXic 'Schinken', ck€-
Xoc 'Schenkel', cx^pacpoc neben CKepacpoc 'Schmähung', cx^v-
buXa neben CKevbOXTi 'Zange, Zwinge', ist unbekannt; viel-
leicht enthalten sie idg. zgh. Sie können also ausser Betracht
bleiben -;>.
Gouda. J. H eins i US.
1) Gegen die Ansicht, Tidcxuj sei aus *.t{<//oxco entHtandcn,
sprechen die Wört<*r diro6ucK€iv * dTroTUTXttvciv, dvOucKci * ^vTUTX<iv€i
und KXiiicKUJv • ^ttikXiüGujv Hcs.
2) Meinem verehrten Lehrer Herrn Prot*. C. C. Uhlenbeck in
Leiden, dem ich in manchen Punkten Auskünfte verdanke, spreche
ich hiermit nocli meinen verbindlichsten Dank aus.
K. Bragmaiin, Lateinisch vicissim. 181
Lateinisch vicissim.
Neben vic- 'Wecbsel' (ckerny vicej vicis nsw.) erscheinen
in vorklassiscber oder seit vorklassiseber Zeit die Advcrbia
tkmim nnd rkisaatim und die Substantiva vkiasitaa und
ticisdtüdoy denen sieb wobl erst später die nur glossogra-
pbisch überlieferte Verbalforni vicissitur 'compeusatur* zuge-
sellt bat. S. Funck Wolfflins Arcbiv 7, 505 f. 8, 97. 101,
Landgraf ibid. 9, 440.
vkissim und vkissatim gebfiren in den Kreis der Ad-
verbia auf -tlm -sim wie statim, raptim, scissim, passim,
(mrsiiiij separatim, exqulslümj solütim^ in denen man mit
Recht den Akkusativus Singularis von fi-Abstrakta sieht (Del-
brück Grnndr. 3, 608 flf.). ckissafim neben vkissim wie ver-
gätim neben co7i-ver8im, minütütim neben minütim: es setzt
einen partizipialen Stamm *vkisso- {^tkissa-) voraus, vkisfti-tas
nnd ckissi'tado sind gleich gut auf den i- und den o-Stamm
beziehbar ^). rkksltur aber mag auf grund von tkissitn,
etwa nach dem Verhältnis von parfltur zu partim, ent-
sprangen sein.
Eine irgend diskutierbare Deutung der Siliie -iss- in
diesen augenscheinlich mit vkem aus gleicher Wurzel ent-
stammenden Bildungen ist mir nicht bekannt.
Zunächst denkt man vielleicht an einen von vk- ausge-
gangenen verbalen Stamm *iiikid- (oder *uikidh')j von dem
cicissi-, rkisso- als Verbalnomina mit den Suffixen -ti-, -to-
gebildet wären. Die nächsten morphologischen Verwandten
nnserer Wörter wären dann güvisuH zu gaudeo = *gävideö
(vgl. gr. TCtiuj aus *TaF-iiu), clausus con-düsio zu claudo (vgl.
ckmjy ausus zu atideo avidus (vgl. aveo), in-cüsus zu cüdo
(vgl. lit. kduju Ich schlage, schmiede, kämpfe') u. dgl. vkis-
Hm stünde dann mit ausini 'audacter' (Prokrowskij Wölfflins
Archiv 11, .356) auf einer Linie, dieses in ein urlateinisches
*avissim zurückübersetzt. Indessen verlautet von einer solchen
Dentalerweiterung von ck- sonst nichts, und sie vorauszusetzen
1) Meyer Lübke Wölfliins Archiv 8, 332 setzt für vkissitds ein
^viciifsis voraus.
Indogermanif^che Forschungen XII S u. 4. 13
182 K. Brugmann,
erscheint an sieh darum bedenklich, weil derartige d- oder
dA-Erweiterungen mit "Zwischenvokal** in den idg, Sprachen
fast nur da auftreten, wo die "Wurzel*' (nach alter Termino-
logie) auf i, ^, Nasal oder Liquida ausgeht (vgl. Verf. Grundr.
2, 1045 fr.).
Weiter könnte man auf den Gedanken kommen, di^
Grundlage sei ein mit capid- = umbr. kapif- capirs-, cassid-^
cuHpid- ^) gleichartiger Substantivstamm *vicid' mit einer von
der Bedeutung von vic- nicht wesentlich verschiedenen B^.
deutung gewesen. Von diesem Stamm mttsste mit -to- ein
Adjektiv ^vicisso- abgeleitet worden sein nach der Art wie
sceleS'tU'S von sceluSy onus-tu-s von onttSf über-tu-s von über
u. a. An *vicis80' könnte sich dann einerseits vicissatim (etwa
durch ein mit offensa, repulsa u. dgl. gleichartiges Substan-
tivum *vici88a oder durch ein Verbura *vici88are vermittelt),
anderseits vicüsim angeschlossen haben. Hiergegen ist aber
einzuwenden, dass die thatsächlich vorhandenen drei genannten
Substantiva auf -id- (mit uridg. i) ^) alle einen durchaus kon-
kreten Sinn haben, ferner dass es zu keinem Stamm auf den-
talen Verschlusslaut im Lateinischen eine mit sceles-tu-s usw.
zu vergleichende Adjektivformation gibt.
Ich ziehe unter diesen Umständen eine dritte mögliche
Auffassung vor. Man darf vici-ssi- (vicissim) und tdci-ssO'-
{vicissatim) teilen und darin Nominalkomposita sehen, vici-
war dann entweder eine Nebenform des Substantivstamms
vic-, oder es war von vic- der Lokativus Singularis, also iden-
tisch mit vice (vgl. ante neben anti-stes), -ssi- und -sso- aber
entsprachen etymologisch den Schlussgliedern der ai. Zusam-
mensetzungen bhäga-tti-ä 'Glticksgabe', dävä-tta-s 'gottgegeben',
punar-ttas 'wiedergegeben', zu Wurzel dö- 'dare'. War vici-
Lokativform, so vergleicht sich gr. dpi-cxov 'Frühstück' aus
*d€pi-bTO- 'in der Frühe gegessen', zu ed- 'essen' gehörig, ein
Kompositum, dessen Schlussglied ebenfalls die Wurzel in stärk-
ster Reduktion aufweist, ferner boupi-KXTiToc, Trupi-Kaucxoc n. a.
Die Grundbedeutung von vicissi- war hiemach etwa 'das in
1) Vgl. Verfasser Grundr. 2, 383, Stolz Hist. Gramm. 1, 564,
Skutsch Wölfflins Archiv 11,582, von Planta Osk.-umbr. Gramm. 2, 70,
Thomas Transact. of the Cambridge Philol. 8oc. 5, 126.
2) lapid' war wahrscheinlich ursprünglich Vaped-. S. von Planta
a. a. 0.
Lateinisch vicissim. 183
Wechsel (Abwechslung; Wechselseitigkeit) Bringen oder Setzen',
4iie von vicisso- 'in Wechsel gebracht, gesetzt*. Als eine Ver-
biDdong mit dem Lok. *vici Hesse sich das Verbalsubstautivum
vki-ifsi' mit den kompositioneilen Verbindungen wie domum itio,
domuitiOf hüc ventio, Römam adventus (Landgraf Wölfflins
Archiv 10, 401) in Parallele setzen.
Der zweite Teil von vicisso- vergleicht sich mit dem
zweiten Teil des Gottesnamens Cönstis, Denn nach Osthoifs
Ansfühnmgen Paul-Braunes Beitr. 13, 425 ff. ist dieser Name
mit conder€y conditus zu verbinden. Er war zunächst aus
^com-sso- oder aus *com-8Su- (vgl. Cönsualiä) hervorgegangen
und verhält sich bezüglich der Ablautstufe der Wur/el des
zweiten Glieds zur Form con-ditus wie ai. vy-d-tta-s 'ausein-
andergetan, geöffnet' zu vy-a-dita-s mit gleicher Bedeutimg.
Femer sehe ich das Substantivum *'d'ti'8 in dem -sis
des Adjektivausgangs -^nsis, z. B. in forensis 'sLut dem Markt
befindlich', hort^rms (hortensius) 'im Garten befindlich', Hispa-
niensis *in Spanien befindlich' (z. B. exercitus). Indem Prell-
witz BB. 22, 123 f. für foränsis, circensis die Grundformen
*forii-€n'9ti8y Hnrcei-en-stis voraussetzte, "deren erster Teil
dann wie in erißai-TCvrjc als Lokativ aufzufassen wäre", ist
er im wesentlichen auf dem richtigen Weg gewesen. Nur das
ist nicht gut zu heissen, dass er in dem Ausgang -sis die
Wurzel stä' 'stehen' annimmt. Denn es ist nicht enveislieh,
das8 die uridg. Lautgruppe -nst- vor Vokalen im Lateinischen
lantgesetzlich zu -ruf' geworden ist, wie PrcUwitz behauptet *).
Der vordere Teil von hortensis entspricht dem osk. h ü r t i n
'in horto' = horten aus *horte[i]'e7i mit nachgestelltem Rich-
tnngsadverbium; vermutlich war die Kontraktionsstufe horten
schon in uritalischer Zeit erreicht, vgl. lat. tres osk. tris aus
1) Prellwitz beruft sich auf c^nsus gegenüber osk. an-censto
'incensa' und auf v^{n)8lca gegenüber ai. vasti-. Aber ctnsum kann
mit hatisum (neben hau8tum\ fVcus, lapsias auf einer Linie stehen
(Verf. Gmndr. 1^ S. 666. 671). Und ve(n)sicn, zu dem auch ai. va-
nifthü-, ahd. wamst ivanast wanst und aus dem Lateinischen selbst
venter gehören, geht auf eine Wurzel '^end- zurück und muss nicht
Ton Haus aus ein t besessen haben. Es scheint, dass die Wörter
viin)8lca und venter von den beiden suffixalen Konsonanten » und
<, die in den indischen und den germanischen Formen vereinigt
auftreten, von Anfang jedes nur einen enthalten haben.
184 K. Brugmann,
*tre[i]€s = ai. frrfy-a*- (Verf. Grundr. 1 « S. 844. 910 f.). Aar- ^
ten.ns würde sieh hiernach dem gr. dT-X€ipi-6€T0c an die Seit^
stellen, nur dass hier das Richtnngsadverb seinem Kasus vom-^
ausging. Nach uritalischer Syntax kann indessen en in eineM*
Verbindung wie ^hortei-en-sso- wohl auch enger mit dem naeti«
folgenden Verbalnomen vereinigt gewesen sein als mit dein
vorausgegangenen Lokativ, so dass -en-sso- näher mit lat.
in-ditus (gr. fv^Oexoc) zusammengehören wtlrde. Auf dieseit
Unterschied kommt im letzten Grunde nichts an *).
Dass ich für die Endstücke von victssini, Cön-stis und
foren-sis dö- 'dare, bibövai' und nicht, wie man vielleicht er-
wartete, dhe- ''xiO^vai' als Wurzel angesetzt habe, hat folgen-
den Grund. Wie schon öfters bemerkt worden ist (vgl. z. B.
Osthoff Zur Gesch. des Perf. 236 ff.), erscheint dö- im Latei-
nischen gleichwie im Indischen in vielen Verbindungen, wo
man dem Sinne nach dA^- erwarten sollte, und es geht dieser
Synkretismus, wie man diese Erscheinung nennen darf, in
beiden Sprachgebieten offenbar in sehr alte Zeiten zurück;
Osthoff möchte ihn sogar in die Periode der idg. Urgemein-
schaft hinaufdatieren. In unscrm Falle empfiehlt es sich nnu
um so mehr, von *-d-fo-, *-(i-fi-, nicht von *-dÄ-fo-, *-rfA-^i-
auszugehen, als die Lautung *-dÄ^ (woraus zunächst, noch in
urindogemianischer Zeit, -ddh-, weiter -d^dh- entstehen mnsste)
in der historischen Latinität bei ungestörter Fortentwicklung
nicht als -ss- Oiinter Konsonanten -ü-)^ sondern als -gt- er-
scheint (s. Verf. Grundr. 1 2, S. 626). Dieser Umstand würde
freilich ein Zurückgehen auf Wurzel dhe- nicht gerade kate-
gorisch verbieten. Denn man könnte annehmen, dass die
Stämme -d-dho- und -d-dhi- im Italischen auf irgend einer
Entwicklungsstufe der Lautgruppe -d-dh- ebenso analogiseh
umgestaltet worden seien, wie z. B. das (durch ai, yuddhd-s
lautgesetzlich vertretene) uridg. *iud^dhö'S (d. i. *iudh'tO'S\
welches in der historischen Latinität als jusstis anstatt als
*ju,sfus auftritt (Verf. a. a. 0. 627). Diese analogische Ab-
1) Eine ähnliche Zusammensetzung mag das vielbesprochene
novensidesj norensiles (mars. nouesede) gewesen sein. Doch war
vielleicht der erste Teil die blosse Stammform noro- in adverbialer
Funktion, wie in gr. vco-^^ö^ 'neugeboren* = got. ntukl-ahs 'neu-
geboren, jung, kindisch' (aus *niwa-kna- mit dissimilatorischem
Übergang von n in l).
LatßlQiecli vicis»m, ■ Wk
andentrig mflsäte in einet- Zeit ^^ettclichcD stin, wo imwre Fof^
uieu anf -d'dho- und -d'dhi- nDcli alg gleichartig mit andei^
to- tujtl fi~Stänituen euipfniideu worden sind. Aber die andere
AufTassnrig, wonach wir do- zu gründe leffen, ist jedenfalls
die einlUL-lierc. Daran, das» (ftire in /orAi-n* nnd in oJct-Mim,
wenn man vk-i- als Lokalivus von rk- Dimmt, die Konstrok-
tion des Vcrbnms dM- und ül)eriiau(jt der Verba collocandi
aufwiese (vgl, Ti6evai ^v tivi), dnrf man dch nicht stoasen').
R. Bra^manB.
Irlsk E^nolegtes.
Adcuaid *he has related'.
Ib Kdt Zeittchr. III 378, Znpitaai expbuDed the appa^
«Bt Tootfiyliable -cöM of the perfeetire doeöid 'he haa gone*
u a oomponnd or the prep. co and the TerJial root feth-
'gcdien*^. In Kke Buuuier Strscban explaiiu the -chokI of
1) Möglicherweise iitt da» als lautgeGetzliche Fortsetzonj; von
•dh-ti; ■d'dhi- zu erwartende -kU- an anderer Stelle bis in die histo-
rische T^atlDilfit hinein am Leben geblieben, netnllcb In caele»tis,
agruitiii nnd in domeslieu», das wahrscheinlich Erweiterung einea
'domegtit nach dem Master Beines Oppositnms publicua war (Sommer
IF. II, 24). Schulze RZ. 39, STO hat angenommen, die Endung -stis
Ton caeUati» sei aus •-«(■K-s = ai. atiti-i gr. ardei-c (lat. statio) her-
vorgegangen, und der ursprüngliche Sinn diese» Nomens sei 'qui
gtationem habet in caelo' gewesen; so nach ihm anch andere, wie
«. B. Sommer a. a. O. und Verf. Grundr. 1*, S. 63G. Gegen diese
Deutung spricht nichts. Aber ebenso nnanstÖHsig wHre jene andere
AufTassung. Selbst wenn man den zweiten Teil von vici-txim und
foTin-ei» nicht anf do- xn beziehen, sondern als ein nnch Art von
jtiasu» jusaio n. dgl. durch Analogie Wirkung abgeändertes Ursprung-
liebes *-dh-H- zu betrachten hätte, Itrauchte caele-ntig nicht von (/Ab-
getrennt zu werdi»n. Denn die morphologische Konstitntion und
die nrsp rängliche Bedeutung von caelestis könnten sich frühzeitiger
verdunkelt haben als die von vicisgi- und forenti-; das Schtuss-
glied von eaelestiB wäre in diesem Fall damals, als die andern Kom-
posita mit uridg. -dhti- -d'dhi- in die Bahn der Formen mit uridg.
■tt- -t*t- hinttbergcfUhrt wurden, von dieser Analogieänderung nn-
berfihrt geblieben.
2) The dental tenuis appears in docoith Wb. 11> 22, feOäd
1B6
whit
ay Stake
the perfektives adcuaid (gl. explicavit, Wb. 21 "• 11) Tie h^»^
Said', incuaid (gl. indieavit) Ml, ISS"" 7, as a Compound tzzit
CO and the root tet 'to e&y'. Hence algo tfac Irieh nonu feith i.
foeiil, H. 3. 18, p. 6ö0», the verba asfenimm ("ex-itetnö) i^- J.
teslificor) Wh. 22' 20, t-aisßnim, perf. eg. 3 taUfeöin, LC::7.
101» 21, aiid the Irish, Welsh and Latin words eited in ü;»--
kelt. Spraehsch, 266, a. v. retö.
Even HO, forcuad Tur. 49, is explained bj- Strachaa
ae = for-co-fad, perfective pret, paas, of fnffenim l coniplete',
to niay, accordingly, be added to the list of perfective
particies in Saranw's Irahe Studier, pp. 27, 4.3 — 4(>.
blicfit ''radiance'.
ßa ha an commeid Hin do tsoilhi ocu» do blicht alatHn
ara corp d'eis baii d'[f]agbaü do gur'gahuna oca» na hea»pail
nioran gnlais ocuk aibneaea 'nar cridhtb tridsin, 'So great was
tlie bcantifnl light and mdianee on His Body after He died
tbat I and the aposttes i-e(:eived iu our hcarta much eonifort
and happiness thereby', H. 2. 17, p. 110".
Here blicht (ex *bhlegtu) ia cognatc with cpX^TUJ. «pXöt,
ftaijrore. bkriljnte, etc.
brutk 'weight', 'masa'.
There are thrce homonyme {\)brutk 'weight', 'mass' (brnlb
n-Ziir .i. raaisa n-oir, Rani. B. 512, fo. ll*" 2), cognate witb
ßapüc, ßäpoc, Skr. gurü, Goth. katirus: (2) bruth 'hent, ai^
dour', cogiiate with Lat. de-frutum: and (3) bruth .i. »ein»
gnc 'the rivet of a apear', O'Dav. 56, cognate with Lat. foro,
Gr. 9Upoc, Eng. to bore.
Compounded with damna 'tnaterial' wc have bruthdajnna
LU. 112" U = brudatnna LU. 95" 33.
diu 'body'.
mo chliu .1. mo cborp, Lü.ll9"25. Beir mo aclath . . .
cor-ratb nr diu Chormaic Cais 'carry iny but'kler that it may
be on the body of Corinae Cass', LL. 146'' 1,2. ..Vi boi doao
LL. 121" 31, dofettiet Ir. Texte 111 651, and dofaith, Fiacc's h. 39,47,
which should probably he dofaith, n perfeet with ä in the rooU
Byllalile, like gdid, räith, scdich, täieh. Far this rfatinu, and sW
becanse doctiaid rhymen with Duaid (Celc. Zettachr, 111 45&'<, and la,
Uivrefore, iriByllabic, it ib impoHHible to connect it wilh »kr. codayAmi
'treilie an*,
Irish Etymologies. 187
cUu cen scieth, no lamh ein laighin, no crios cen cloidem leo
'dow among them was no body withont a buckler; or hand
withoat a lance, or girdle without a glaive', Brnden DA Choca^
Ser. celt. XXI 318. g4 betk i sith mo diu chain. fuil mo
tnenma arna fianaibh, Acallam na Senörach, 1. 1583, 'though
my fair body is in the elfmoand (yet) my mind is (bent) on
the Fians'.
A8 b^ibiac is cognate with bö^oc, so diu is cognate with
An. hUf Mjj 'schütz', and (according to Uhlenbeck) Aksl. diUvü
'gtair, borrowed from some Germanic dialect. If Uhlenbeck
is right in bis conjecture that Goth. hlija 'zeit, hütte* is mis-
written for hlitoa, we have here another cognate.
Cli (with loss of the final u) occurs in Ac. na Senörach
11. 5662, 6755. O'Brien has di 'the body; also the ribs or
ehest of a man'; and di 'ribs' is still, I believe, current in the
Higblands. In dropping the u, diu may have been infiuenced
by its synonym cri from *kree, *krpe8 = Lat. corpus.
coli 'head', 'chief.
Coli .i. ceann O'CI. coli fine, SG. I. 18. The acc, sg.
occurs in the Acallam in da Snad: fetar mo choll creth 'I
know ray chief of wisdom', Rawl. B. 502, fo. 62^ 1. The gen.
8g. is cuilly but I omitted to note the place in which it oc-
cnrs. Coli occurs in Ml. 2** 12, as the first dement of a Com-
pound in the gloss oc coll(ch}andoracht doib (gl. ex quibus
.iiii. niros praeesse cantationibus constituit), literally 'at chief-
ehanting — hauptcantorschaft — by them*. Here coli, urkelt.
*kokO', is = Lat. Collum, Germ. haU, and candoracht is de-
rived from *candor ^) borrowed from Lat. cantor, with the
ehange, regulär in Latin loanwords, of nt to nd *).
kollr is one of the few words borrowed by the Norsemen
from the Irish.
cundrad 'bargain'.
The U' stem cundrad (gl. merxj Sg. 68*^ 5, gen. cun-
dartha, Rawl. B. 502, fo. 62, pl. dat. cundradaih (gl. merci-
1) In the late loanword cantar • chaptha 'choir-copes*, Bezz.
Beitr. XVIII 122, the t in kept. So in cantaic.
2) e. g. clandj cointinn^ talland from planta, contentio^ talen-
tum.
188 Whitley Stokes,
dibus) Ml. 122* 3, whence tlie verb cundradaigim ^) 'mercor'^
generally raeans 'a bargain' or 'contract' : see Laws I. 14, 146^
190. It occurs compounded with teg Miouse' in the gloss i cun-^
drathtig (gl. in macello) Wb. 11*^19, and is itself a conipoun<)^
of the prep. cmn-y 6. C.^ 873. The drath (urkelt. *dratfju^
seems cognate with Goth. ti'udan, An. troda, Eng. tread, Nh4,
treten, under whieh Kluge says "Ausserhalb des Germ, findet
sich keine idg. Wz. dre'f\ though he thinks that Gr. bpÖMOc
and Skr. drdmati Häuft' may be ultiniately connected witi
these Teutonic words.
The fundamental nieaning of cundrath would thus be
'a concurrence'; whence the meanings ''bargain', 'eheapened
commodity', ''nierchandise' uaturally flow.
deac 'ten*.
As the disyllabic öac 'young' comes from *iuvenko'8
(Lat. iuvencus, Cymr. iouenc), so the disyllabic deac 'ten'
(Fei. Oeng. July 15, Sep. 20), comes from *dvei-enTcO', where
dvei (cogn. with dvi-y bi-, hi-, twi-) nieans 'two', and enko-
comes from *penk(h, cognate with finger from idg. *peiikr6-
and fist from idg. *pnksti' (see Kluge s. v. Faust). De-ac would
then mean literally 'two fists*, 'two groups of (five) fingers',
For another conjecture as to the mcaning of d^ac see
Brugmann's Grundriss, § 175.
dochumtn 'to*, 'towards'.
This Word, treated by Zeuss, GG.* 660, 661, as a no-
minal preposition, meaning 'ad', is rcally a neuter noun govern-
ing the genitive ^), which has been reduced to a preposi-
tional function. It occurs as a noun with possessive pronouns:
a dochum-si 'to her' Wb, 9^5, far ndochum 'to you' Ml. 34*4,
a ndochum 'to them' Wb. 27*27: infixed : doluid im dochum
iarom 'he went to me then', YBL. 10*43, conaccai in fer n-ifh
galair dia dochum 'she saw the sick man (coming) to her',
Ir. Texte I. 126, cid dothaet innar ndochum 'what has come
to US?' LC. 122* 32, co cualatar ani 'na ndochum 'they
hcard this (coming) to them', Lü. 122* 28.
1) indus no cundradaiged (gl. quam niercari) Ml. 39» 6.
2) It is, in this respect, unlike leth, another neun used as s
preposition, for leth^ /e, pretonic /«, governs the aecusative.
Irish Etymologies. 189
Tbat dochumm is neuter appears from thc transported
n in dochum n-irisse 'ad fidem*, Wb. 11**22 = dochum n-irse
«Tar- 45, dochum n-Herenny dochum n-Isu, Fiacc's hymn,
11. 13, 66.
As to its etymology, I conjecture that the second Cle-
ment cummn (like ind in the synonymous nominal prep. cu ind)j
means 'vertex*, that it eomes from an Old-Celtic *Tcud8inen ^),
and that it is cognate with the reduplieated Lat. cacümen,
Skr. käkuty kaJcudman. The first element, do, is less easily
explained. If it were from fo, when aeeented, as it would be
-wben used as a nonn, wc shoald have had fochumm-n, But
it is always dochumm or, in Middle and Modern Irish and in
Scotch Gaelic, apocopated, chum ^). The do seems = the Old
Latin do, du in en-do, in-du, Or it may be from *dhuy
whence Goth. du 'zu*.
don 'ground*, 'place*.
In the Archiv f. celt. Lexicographie I 294, the Irish don,
dat. dun (gl. terra, gl. talniain), is connected with Skr. dhanus
'dürres, trocknes land\ It should also have been nientioned
that this Word is belegt four times in the Milan codex and
oncein that of Turin. Thus: co dufailced don (gl. incederet) .i.
conna con heth leu etir Ml. 35^ 1, literally 'that it should
yield ground, i. e. that it should not be with them at all';
gabit don magistir (gl. uice magistri) 'they take thc master's
place' Ml. 38* 8, da dudfailci don (gl. si cesserit) Ml. 111^ 23,
nad tairlaic don (gl. non cedenteni) MI. 131*' 2, dofarlaic
don (gl. cessit) Tur. 102. See Sarauw, Irske Studier, p. 87.
^881 'reiiis*.
I have not found this word in the nom. singular, which
may have been ^i88 or ^88e. In the plural it is frequent, e. g.
Lü. 79* 15: Ro gabastar 6ssi astnda a ech ina thuasri .i.
aradna a ech ina laim inchli, LL. 110*^ 20: Fosta latt essi
1) So fromm 'heavy' from *frudsmOf co<cnate with Goth. us-
Priutan, Strachan, BB.xk 18 (otherwise Zupitza, KZ. XXXVI 243 n.).
for ihe snfiBx -«men, cf. amm, hohniiiy seimm, ibid.
2) e. g. Do iarraid brocCj ol Cormac, chum fledi Taidg^ H.
^. 18, p. 42, chum neith [leg. neich] (ifaghail, LB. 246a 25, et v.
O'Don. Gr. 289. Atkinson P. & H. 622.
190 Whitley StokeH,
fostada tb'cchraidi. Ml. 84^ 10: hua cesib (gl. auenis —1
habenis).
Straehan (BB. 20, 34), misled by me (BB. 18, 63), comm-
nects M Astern *an8i') with Lat. an^a, Lith. qsa 'handle' 'kno*!:;.*
But tbe meanings do not suit well. I now propose to regav*<]
the stem as *ansia, and to conneet it with fivia, Dor. dvtcx^
ex *ansia cognate witb Skr. nasya 'der dem Zugvieh dnrf^h
die Nase gezogene Zügel', Brugmann, Grundr.*, § 455.
fda, föüy fael 'bad'.
This adjeetive oeeurs twice in the Brüden Da Dergam
u fail ni atdgethar innocht 'evil is what he dreads tonight'^
LU. 87*' 24; is f[a]il ni adage{thar) innocht, Lü. 92* 27-
corruptly: is fael madogdar indocht, H. 2. 17, p. 479^*^
Spelt föü it is found in the Täin B6 Cuainge: Ale afchiu n^
föil a niberai'siuy LL. 62** 38. The modern spelling faol i»-
in O'Mulconry's glossary 601 (Archiv f. celt. Lexieographie I,
262), where it is brought from the Greek "faolus .i. malam'V
leg. qpaOXoc .i. malus.
fdil (better /^iZ?) 'bad' seems cognate with Lat. vtlis.
"Die Gleichung vllis = mhd. feile ist unhaltbar," Brugmana
Grundr. « § 208. But vilis = Ir. föil is a parallel to natis =
Ir. möith.
fie = Lat. vires.
So far as I know, this word oeeurs only in the phrase
am fie (or ara fia) dorn, duitj dünn, düib '(it is) in my (thy,
our, your) power'. See KZ. XXXI 234 and Sarauw, Irske
Studier, p. 36. I cannot explain ara, except perhaps as the
preposition ar with a suffixed possessive pron. But the fie
may well eome from an urkelt. vtses, and thus be equal to the
Lat. aee. pl. vires, and cognate with Gr. ic. Skr. vayas.
folUntar 'suppletur'
sie follintar assa chanoin 'thus it is supplied from its text',.
Ml. 123* 10. Why have we here a double l? Because the
root of fo-llintar began with pl ^). Similar traces of a ra-
1) The double II in the nouns -fuillned 'supplementum' ML
26c 6 and {f)uillnedche 'ingluvies' Ml. 98 ^ 10, seems wrongly taken
over from the orthotonic verb. These words are rightly speit with
one l in Ml. 69b 6, 98b n.
^^■^^^ Irish Etymologies. 191
Boical p be^nning an aecented »ytlable are fonnd Jn do-ilecim,
mHo-llitid, revie-Uuid Ml. 132= 13, ad-ru-Uui and fo-Uüur.
TTbat II may come from tlie sound-gruup Ip in maintaincd bj
Zupitza, Knbn'sZeitscfar. XXXIII, 264; but liissolitary exaiuple,
tallaim, is unsatisfactory — eee Sarauw, IiRke Studier, p. 48,
— and cilorn» 'urceus', eognate with KäXmi, calpar, Beems
to prove tbat troni a poEttonic Ip the p disappeared withont
leavJDg a trace. So also perlmps col 'sttode' (Cymr. ctel), from
*kulpo-, cugnate with Lat. culpa, and inohid '|)i'eis' (Cyiiir.
toli) eognate with Gr. noXmi.
forc(E 'fenced'.
Tbis Word is, so far as I know, an. XtT- It occni-s in
^e Brüden Da Derga, YBL. 433, 1.22: Dognithte teach fithte,
Peg. üchte] forcjü leossnm di = Dogni[the] teacli fichti forehe
leosum di, YRL. 91, 1. 17 = Dogiii tech fithi foree iceom di,
Stowe ms. 992, fo. 85» 2. 'a honse woveii (i. e. of wieker-
work), fenced was biiilt by them for her'.
Cognate witli Cymr. gnrcfi 'fence'. Also, I venture to
tfaink, with Or. SpKOC, öpKävti, from *F€pKoc, *FopKdvri. For
the Spiritus asper et', itabv, fiXoc, Svvuni, Ecnepoc, iciia. For
the digamma, Cypr. KaT-eF6pKUJV 'sie belagerten' Collitz, 1.29,
As Brngmann, Gmndr.* 583, couiiecis ^pKoc with aksi. sraka
'vestis, tnnica', and Prellwitz with Uinbr. neritii beschütze,
and SB a digammated FepKOC has not yet been foiind, I nffer
tiis etymology with doubt and deference. But see Leo Meyer,
Handb. d. griech. Etymol., 457, ÖGB.
g)i 'eea*.
gö ,i. rauir, no fairrge, O'CI. eg. gen. a tigion goa .i. a
mbeol na fain-ge, O'CI. s. vv. cruinniuc, nim. sg. acc. Tön re
go, O'Don, Uy-Fiaehraüh, 273 n. Componpds: (/o-an; 'seafaring
people", O'R. s. v. am •), goibel [leg. göibel] .i. fteV iia fairrge,
lit.: 'the moath of the aea', O'CI. cf. cTopaXipvti 'estuary'.
Bngge, Kuhns Zeitschr. XXXII H4, saya that the Ar-
meuian coc 'meer', has uot hitherto been satisfactorily ex-
plaiued from the Indogermauic. 1 venture to think that it,
may be eognate with Ir. gö (from *gov . .), just as Arni. kov
'cow' is eognate with Ir. bö, Brugmami, Ornndr.* § 330.
1) leg. am = Lat. agmen.
I
I
]92 Whitley Stokes,
giir ''keeu', 'bitter'.
Uhlcnbeck, Etym. Wtb. d. nltind. Sjiraclie, p. (<7.
nects tlie Ir. aht^tract nouii güre 'achnierzliaftigkeit' wilL
Skr. adj. yhorä 'furchtbar, gransi^, heftig'. Tbe corresp*
ing Irisli adj. ie gür .i. ger, O'Cl.
ind 'Vertex', 'end'.
Tliis Word is oeuter, as wc sec from tbc uom. dual: co
comraicet a da n-ind, LU. 89» 29: its dat. sg. is ind (ota
m' ind gom band, GG.* 955), acc. ind Wiud, Wtb. pl. dal,
indaib YBL. 266' 25. Its urkelt. form is probalily indo-n.
wbich luay perbaps be cogoate witb tbc Grcek inountain-iiatiie
TTivöoc, It certaiidy is not cognatc witb Gdtb. andein = Skr.
'inti/a, whicli would be in Irieh *fite. Tlie »upposcd Irish '*t
ende, spitze', cited by Ubleiibeck s. vv. andeis, anti/a,
by Klnge &. v. Ende, doee uot exist.
For Ibe nonunat prepositiou cku ind, chu inn, synony
witli dochuiHm, sec Irisciie Texte, Vierte Serie, SS. XIV,
lia 'Uver', ae 'liver', tuckair 'spawn'.
A ciiriuus iutercbange of iiieanings seenis to bave
c'iiried betweeu tbe woi'ds originally signifyiug 'egg' or 'spamr
aud tbe word originally signifying 'liver', For tbere t-an be
no doubt that tbe Irish iuchair 'Bpawn' is borrowed from the
Latin jecur, and there caii be littte donbt that tbe IrisU da
'liver' (Cymr. a«}is = Lat, ovtint, and tbat tbe Ir. ae 'liver'
= Germ. Ei. urgerin. mjaz, Brugniann Grundr.' S. 283 d., 044.;
sail 'aecompanying'.
hl Ihe CoUoqiiy of tbc Two Sage», Rawl. H. 5i
60'' 1. Fcrchcrtuc asks N^de: Van dodechad su'f 'wbciiee hast
thou conie?' Aud Ncde ansevers: An-mil suad, wbich words
are glosscd by a comaitecht suad 'from aecompanying (Be-,
gleiten) sages'. The eorrespouding words in LL. 186''33
Can dodechadaig and A nail Mad ,i. a comaitecht iuad, Hi
probably O'Clery's mit .i. coimbideacbt.
8ail (nom. 8g. ««/? gnil'i) seeniB cognate witb Nhd. a^
OeteUe, Goth. atüjan and Aksl. selo.
>t I
Lsail {
Geselle, G(
teof 'tbief.
As tbe acc. dual of tbis word ia teiilaig (Wind. W\
Iriih Etymologies. 19S
81 8), we may assume a pre celtic steni *teüplak, an extension
of *i۟plO', cognate with Goth. piufs, Ags. theof, Nhd. dieb.
Had *teuph' been oxyton we sliould probably have liad *teoll
in Irisb : see above 8. v. foUintar, But tlie syllable -plo being
here posttonic, the p disappeared without leaving a trace.
toppj tob *flame'.
Of tbis rare word I have three examples: first, of a
coniet, mitigthir fri rigtech for lasad cech topp tened tkced
esti *as large as a palace ablaze (was) every flanie of fire tbat
used to come out of it', LB. 152*25. Secondly, dia ros-tarm-
chell tob tened di cach oenaird Svheii a flame of fire went
round them from every quarter', Saltair na rann 7388. Thirdly,
of the hnge wood-fire kindled for Conaire: intan doniscide
(.i. robertht) crand asa thöib ba 7net{ithir} daig nddirthaige
cach tob no thüged asa thäib for cach ndorus 'whcn a beam
was taken out of its side, every flanie that used to issue from
its side at every aperture was as large as an oratory on fire*
(literaliy: as a fire of an oratory), LU. 86^ 9. Compounded
with caindel Horch' it occurs in the Irish abridgment of the
iicDeid, Book of Ballimote 454^ 8, adhainter^) tobchaindeal
i hing Aigmemnon i comarc fri Sinon *a flaming torch is
kindled in Agamemnon's ship as a signal to Sinon', whicb
corresponds with 'flammas qnum regia puppig Extulerat', Aen.
II 256.
K. Meyer, Revue Celtique XI 495, rcgards topp as bor-
rowed from 0. N. toppr (Genn. zopf), But the nieanings of
topprj 'tuft or lock of hair', apex'. Eng. top^ do not suit the
contexts of the Irish word. I think topp may be regarded
as an iustance of the assimilation of pretonic n (IF. II 167,
KZ. XXXVI 202, 234), like capp 'chariot', crip *swift\ gopp
'mouth*. Topp may well descend from *topnöy cognate witb
Skr. tapati, Aksl. topiti 'wärmen, heizen', and in ablaut-rcla-
tion with Irish ten, tene, te, tes, and Lat. tepeo. Instead of
the normal pp or jp, we have b (certainly uninfeeted!) in the
form tobj just as we have in the Milan codex abelaichthiy
diubararj ebert for the usual apdaichti, diuparar, epert (Zu-
pitza, KZ. XXXVI 211) and in the Carlsruhe Priseian 63»^
1) Ml. aghainter
191 Whitley Slokes,
gibbne fnr the iigiial gipne. Or beside tep, top there may
have heen a root teb. tob (Brugniann, Grundr.* § 701), wlience
tob (froni *tobiio-, *tob-a<i} wuuitl regiilarly descend,
üar 'onter'.
BesJdcs the adj. liar 'cold', which Zupitza Iias lald
equated with Gr. üjxpöc, tliere is an üar- 'mitcr', 'external',
which occurs as a prefix in üar-chrdbttd 'externa] devotion',
^lypocrisy', liar-both "an outhouse' % and üar-mddon *), lile-
rally 'oulside the tniddle'.
I take this var to come froni *0ro- > '^udro-, a forma-
tion froni tlie prepoßition ttd, resemblin^ (thoagb not identical
with.i Eng. outer, Gemi, auazer froni otii, au», Goth. üt, Skr.
«rf. For tbe eonipeneatory lengthening cf. Ir. drain ex 'ad-rinia.
daran 'a spriugwell'.
Tliiiugh U Don o van and Winiliscb spell this word tiarctn,
tbe niss. bave alniost always, üai-dn, gen. tiar(fin% Native
etyniologistg derive it from liar 'cold'; bat coldnesB is not
tbe cbaraeteristic (juality wbicb has suggested the European
words for a well. Consider tbe etymologies of Kptivri, vom«,
mba£ (cugnate with K^pac, väui, mbüuj), fona (eognate with
X^uj), «oiirce, sorgente (eognate witb surgere), brunna (eognate
with briattan), quelU and keldn (eognate witb Skr. galati
'trickles'), icell (eognate witb OHG. ujallan 'boil, flow'), spring
(coguate with cntpxecflai, cirepxvöc).
üaran ia, 1 think, a prepositional Compound, and comes
1) licfat lucht an fkuarchrabuid, gebiit orra deathha De 'Ihe
extenially devout will tome; they will take upwn Ihem foriDS o(
God', Lisinore Lives II. 4579, 4580, Cf. the adj. fuathcraibdig pl.
n. 'formftlly devout', Ir. Texte I. 18«, I. 14.
31 fuar-chräbhadk 'hypocriiiy or indevotlon', O'Br., whertithe
f Itt proiheiic. In lf)iiur-bltaladh 'a üteucli', ü'Br., «nd uar-chrit '»
grcHt girdle', Lism. I.ives, 1. 3734, the üar- »ecms reduced to nn in-
tensive preltx.
3) ilnt. gg. a bitb in-uarboitk fri lens amuig, Kawl. B. 512, r'u.
48« 1; with prothetic f: Uc iarom Find don fuarboilh diod iai,
Corni. Ol. u. V. orc triith.
4) gen. ag. »Uhithir cuing u-üannedoin 'ks long as an outside
yoke', LU. 85'' 89, sithremithir cuing »■üamied<iin 'Ha long and
thick as iin ontside yoke*, LU. 9Ö» 1.
5) liuräii occura in LU. 9»''2I, liartin. i
Life, lOti.
J
Iriah Elymolo flies.
rom *ud-ranO; or ud-rono-, as «i
JÖere ud is = Skr. ud {Goth. üt),
B'0<»jrnate witb Ir. roitmim, Goth.
»-frs. ryne, aus •j-mwi-. Klage). V
■rliich riius out'.
Cowes.
'elioice' from vd-gusu'.
ind 'rano- or ro»o- is
root ren, rti?> (cf,
wouhl tlius mcaii 'that
Whitlev Stokes.
Kleine grammatische Beitrüge.
1. Die indügermani&elie Uaeis sthewä.
Ich habe Idg. Aiiiaut 8.106 §426 angedeutet, dass idg.
^fhit 'stehen' aus aihwa entstanden und die T. II zu der Uasis
athetca sein kfinnte. Auf den ersten Blick scheint das /.war
aüeuilicli kithn zu bviu, und es hat deshalb auch nicht Bnig-
L mauus Beifall Lit. CBI. 190ii, 112 gefunden. Als ich die be-
I'fceffeDde Bemerkung niederschrieh, llhei'sah ich noch nicht
F«lle9, was man zu Gunsten dieser Vermutung hätte anfuhren
kjiuncn, wollte aher auch im Rahmen meines Buches alle aus-
ftlbrlichcn etymologischen Erörterungen vermeiden. Da Bnig-
manu aber diese Erklärung sogar als "nahe aus Abenteuer-
li<'he heranstreifeud" bezeichnetj so will ich ausführlicher auf
ilicBe Basis eingehen, wobei ich zeigen zu können hotl'e, dass
bei der Annahme einer Basis sthewa diese mannigfache ver-
■zweigte Sippe llherraschend klar wird.
Von einer Basis athewd müssten wir folgende Ablauts-
forinen tindeu:
V. I. sth^K^, T. II. vtkwa, HS. sth^icff = stM, SS. =
»thiC'i oder uthu.
V. I. liegt zunächst vor im lud, in xthdvirag V. 'fest,
stark, gewaltig' und sthämras RV. 'dick'. Dass diese Worte
dem Sinne nach von stha 'stehen' abgeleitet werden können,
bedarf kaum einer Erörterung. In der That stellen auch die
meisten Etymologen diese Gleichung auf. ühlenbeck sagt
EWB. s, V. nthdviras: "Jedenlalls gehört nthdciras zu einer
L zweisilbigen Wz. sthewä, welche sich mit stha nahe berührt".
Ans den europäischen Sprachen kann man zunächst got. stiur
'Stierkalb', ahd. stior hierherstellen, der seinen Namen von
196
H. Hii
Bciner Kraft mhcI Stärke trägt, sfiur ans *«(eM;j-M. Die HS.
zn ai. atkavi irniss zweifellos sthß lauten, und diese Form ist
in iveiteni üiufaug belegt. Zunächst in ai. sthüräg ''stark,
dick, wnchtig, gross' im RV.; iils N. ist es nach Sfiy. 'Be-
zeichnnng des männlichen Gliedes'. Wir werden sehen, dass
die Beziehung anf gesehleehtliclie VerliältnisBe, die wir im
deutschen stehen gleichfalls haben, auch sonst noch wieder-
kehrt. Weiter ai. sthaläs AV., dasselbe wie stbäräit bedentend.
Im Griechischen cutspricht ctOXoc 'Sftule, Pfeiler' bei
Äesch., Enr. u. sonst belegt. cTü^oc hat im wesentlichen die
gleiche Bedeutung wie ciriXii) »"d wie man dies von atha
'stehen' ableitet, so wird auch hei ctüXoc die Bedeutung kei-
nen Anstoss eiTegeii. Das Verbum ctüuj mit langem 0 ist be-
schränkt anf den gesehlechtlichen Vorgang, und findet eich
besonders bei den Komikern. Wir finden Aor. fcxOca, CTöcai.
Pcrf. ^CTöK«, Pass. ctöom«!. Es ist charakteristisch, dnss we-
sentlich Formen de« -w-Aoristes und des Perfekts vorkommen,
wie man erwarten darf.
Ans dem Griecb. ditrfen wir weiter heranziehen cn'npuj
'/.usanimenzichcn, dicht, fest, hart machen', das auch Prellwitz
mit cTi'iu] in Zusammenhang briugt. Die Zugehörigkeit anderer
Worte zu sthewa — «(Ali wie cxümi 'Werg, Strick", ai. /ttupilg,
atäpan m, '.'Schopf mit nV., ctut^iv 'hassen* scheint mir nn-
sicher.
Reich ist weiter das Germanische an hierher gehürigen
Formen. Ahd. «/«rfa 'Staude' vergleicht Kluge EWB." mir gr.
ctOXoc, ctOw, doch scheint mir dies nicht ganz sicher, da es
auch 7.U gr. cruTTTi, ai. itäpaa gehören konnte.
Dagegen gehört wohl sicher hierher, mit kurzem « aller-
dings, das sich aber aus der Enklise herleiten lässt, nhd.
stützen, ahd. (unlar]nttttzen, aisl. stydja 'feststellen, stutzen',
womit weiter ags. stutfu, studa 'Pfosten', engl, etad, scbweiz.
Und f. 'Pfnsten' zn verbinden ist. Sievers hat Btr. 16, 235
allerdings das « dieser Worte aus ,» erklärt, aber diese Et-
klärung ist einerseits nicht notwendig, und andrerseits auch
lantgesetzlich bedenklich, weil in vollbetonten Silben die Glei-
chung gemi. tt = idg. b nicht zu belegen ist. In betonter
Silbe wird vielmehr idg. j zu n.
Ausser in got. gtiur finden wir nun aber V. I aueh sonst.
So in got. gtiurjan 'etwas feststellen"; es übersetzt K. 10, 3 das
Kleine grammatische Beiträge. 197
griecb. cificai. In Steuer (Ruder) iir6prüng:lich Mas feste' ist
die alte Bedeutung noch erhalten. Dazu ahd. stinren 'lenken,
leiten, sttltzen'.
Im Litauischen finden wir stügstu, atugau, stiigti 'steif
in die Höhe stehen' Kurschat LDWB., das dem Griechischen
CTuui in der Bedeutung ^enau entspricht. Schleicher hat Lese-
buch pastügü, stugaüj atügti 'steif werden'. Prellwitz stellt
anch gr. ctut^uj hierher.
Änf lit. stocefi 'stehen' mit seinem c möchte ich kein
Gewicht legen. Die Form wäre zu mannigfach umgewandelt.
Im Slavischen haftet die Bedeutung 'stehen' an den Formen
mit fi und ou nicht mehr; abg. studh 'Kälte', stydeti sq 'sieh
schämen' könnten zwar hierher gehören, brauchen es aber
nicht. Dies mag genügen, um den längst angenommenen Ab-
laut gthetctf — stha zu erweisen.
Zu der Basis sthewd muss es nun sicher eine V. II der
Form 4hwa gegeben haben, vgl. ahd. icat 'Kleidung' zu lit.
dudmij ai. hva : hdvitace, u. s. w., vgl. Verf. Ablaut S. 101 ff.
Diese könnte wie in so vielen anderen Fällen ganz verloren
gegangen sein. Aber wenn wir in allen Sprachen ein «thä
finden und zwar mit aoristiseher Bedeutung, die der
V. II zukam, so heisst es m. E. den Skeptizismus zu weit
treiben, wollte man hier nicht den idg. auch sonst belegten
Ausfall des w annehmen. Vor allem ist auf die Aktionsart
grosses Gewicht zu legen.
Im Indis(*hen tritt die Stufe athd vornehmlich im Aorist
auf. dsthat heisst 'er ist hingetreten, hat sich aufgestellt',
l^r. kvf\y entsprechend 'sich aufstellen, sich in die Höhe rich-
ten, stehen bleiben. Halt machen, sich feststellen, auftreten'.
Die Bedeutung ist punktuell. Auf tat. stare kann man nicht
viel geben, da stö sicher eine Neubildung ist.
Im Geruianischen ist die Stufe sfha auf das Präterivum
beschränkt, got. ffföp, ahd. arstuat, gbituaf 0. Ich habe dies
Btr. 23, 316 aus einer Medialtbrm sthilto erklären wollen,
wogegen schwerlich etwas einzuwenden ist. Aber sollte nicht
got. stop direkt gleich ai. aufhat, gr. kiri sein ?
Im Slavischen wird der Stamm stä wiederum nicht im
Präsens verwendet, dafür stanq. Der Aorist sta kann direkt
gleich astkaty fcinv, ahd. stuat sein, stafl heisst 'cTa0fivai,
CTTivai, consistere'.
ludof^ermaniscbe Forschungen XU 3 ii. 4. ]4
198 H. Hirt,
Im Litauischen sind die Verhältnisse nicht mehr ursprüng-
lich, aber stöti heisst 'sich stellen'.
Aus alle dem ergibt sich, dass es ein idg. stha mit der
Bedeutung 'stehen* nicht gibt, wir finden überall die punk-
tuelle, aoristische Aktionsart. Da nun die Präsensbildungen
durchaus verschieden sind, ai. tiithamif gr. Vcirmi, lat. *8tajöff
gut. Htandarij ahd. stin aus stajö, lit. stöjuj abg. stanq^ so
folgt daraus, dass es ein idg. Präsens zu stha nicht gegeben
hat, oder dass es verloren gegangen ist. Wie es lauten müsste,
ist ganz klar. Wir können nur *sthew9'miy ai. *sthavi'mij
gr. *CTeFa-)ni ansetzen. Man könnte versucht sein, eine Spur
dieser alten Bildung in lit. stövmi 'stehe' zu erblicken. Ich
kann aber diese Form aus verschiedenen Grfinden nicht für
alt halten.
Da die Formen sthewa, stha und sthü stark auseinander-
fallen, so können Neubildungen nicht weiter Wunder nehmen.
Indessen ist es nicht nötig, idg. stha als Neubildung zu fassen,
man kann es vielmehr aus sthtoa herleiten, und damit hätten
wir eine Ablautsstufe, die auch sonst belegt ist, vgl. lit. Jcväpas
neben küputi, got. gapioastjan neben püsundi, Verf. Idg. Ab-
laut 71 f.
Formen wie gr. kiainev, stetimuSy ai. taifhimu können
direkt gleich idg. ^sesthtoa-m^ sein; ebenso kann sthdtöSj ai.
sfhitdSj gr. ciaxöc, lat. Status usw. aus sthwdtös hergeleitet
werden. Die regelrechte Partizipialform würde in ahd. stüda
vorliegen. Wir haben ferner neben einander ai. sthürds und
sthi-rds 'fest, haltbar, stark, kräftig*, häufig in der Komposi-
tion, gdvi'ifhirasy jätä-sthirc^, rbhu-ifhiras; ai. sthitiäy got.
staps und ags. studu, studu.
In der Komposition müssen wir schliesslich den Typus
SS. = sthu finden. Auch der liegt im Indischen vor. Neben
su'jthänds 'schönen Standort habend* steht su-ifhui 'in gutem
Zustande befindlich', später nur als Adverb = su gebraucht,
also ein sehr gebräuchliches Wort; anuifhü- 'auf dem Fusse
folgend'. Auch vani-ifhui 'Mastdarm' könnte hierher gehören.
Nehmen wir die Voraussetzung an, dass w nach sth im
Idg. geschwunden ist, so erhalten wir eine vortrefiBiche Er-
klärung zahlreicher durch enge Bedeutung verbundener Formen.
Nunmehr bedürfen nur noch einige Worte der Erläute-
rung. Brugmann hat IF. 6, 98 gr. cxeöiai (ctcOto) 'er stellt
Kleine grammatibche Beiträge. 199
sich zu etwas an' mit Worten unserer Sippe verbunden, führt
es aber auf sUutai zurück. Dehnstufe ist indessen bei einer
zweisilbigen schweren Basis unmöglich, cxeöiai kann direkt
gleich idg. 8tew sein, das aus stetoa- in der Enklise entstan-
den ist, vgl. Bartholomae IF. 7, 68, Verf. Ablaut 169 f. Es
würde also dem vorausgesetzten Präsens steica-ml genau ent-
sprechen.
Grössere Schwierigkeiten bereitet aber gi*. ciaupöc 'der
Pfahl', lat. restaurärey aisl. staurr Tfahl'. Als regelrechte
Ablautsform der Basis sthewä weiss ich sie nicht zu erklären.
Will man die Worte nicht von sthetod trennen, so muss man
annehmen, dass ein steu durch ctö- in der Qualität beeinflusst
ist, oder man müsste sta-voro-s teilen. In wr könnte ja ein
selbständiges Wort stecken.
Exkurs.
Der oben angenommene Schwund eines w nach Konso-
nant in der indogermanischen Grundsprache kann billigerweise
nicht bezweifelt werden, wenn wir auch die nähereu Bedin-
gungen, unter denen er stattfand, nicht kennen. Eine lässt
sich allerdings angeben, er geschah in unbetonter Silbe.
Beispiele: ai. <e, gr. toi, lat. tibi^ ahd. dir, lit. fi, abg.
// neben ai. Lok. tvi. Der Stamm des Pronomens ist zwei-
fellos als tetoo anzusetzen. Dasselbe gilt von av. höi, lat. sibij
got. dsj lit. si, abg. si neben sewo.
ai. idSy lat. sex, got. saihs, lit. szeszt, abg. sesth neben
av. ijc^aif gr. F^E, nkymr. chwech.
lit. sesüj abg. sestra ^Schwester' gegenüber preuss. xice-
stro^ lat. soroTy ahd. swestar,
lit. sziszuras gegenüber abg. »vekrh usw. Auch lit.
säpnas gegenüber ai. svdpnas könnte hierher gehören.
lat. «, volsk. se-y gr. ai, el, t^ gegenüber osk. svai, umbr.
«?c, vgl. Solmsen KZ. 32, 278.
lat. serinus zu ai. nvar 'Glanz des Himmels', apers. harn-
'(Ucucsaiy 'ich wirkte' neben ai. tväkjas 'Thatkraft'.
Diesen Fällen schliesst sich sfha aus sthwa unbedenk-
lich an^.
1) [Korr.-Note. Vgl. jetzt Solmsen, Untersuchungen zur griech.
Laut- und Verslehre 197 ff.].
I
2. Die idjf. Komparative auf -fj'o«.
Die Erklärung der idg. primären KoiiijiaralivBDffixe, die
Thurneysen KZ.3/1, 5öl ff. vorgetrageu, bat, wie mir HcheineD
will, /.iemlieheii Beifall geruixlcii, und wh stelle nicht au, /.a
erklilren, dass sie mir eheusn wie Bnigmami Gr. Gr." 208
eingeleuchtet hat. Bei näherer Betraehtung freilich hin ich
von meiner Sobätzniig dieser Hypothese abgekommen, und ieh
mu»H Jetzt gextehen, dass «ie mir unhaltbar zu sein scheint.
Der bestechendste Punkt in ThurneyHens Erklärung sehien
uiir der zu sein, dass er ?|6iov- = got. sutizan- setzt, wobei
IVeilieh die im Griechischen vorhandene Länge unerklärt bleibt,
denn nur ■jo/i konnte mit -In ablauten und zn -Jon kannte
weiter nur -ijo3 gehören. Wollte man aber die griechische
Länge unbeachtet laoHen, m bliebe noch immer das Indische
lllirig, das ein, wie mir seheint, unüberwindlicheB Hindernis
f(lr ThunieyBeus Erklärung bietet Denn wir können doch \
iinmüglich f]Miuv von ai. Heädiyan und den weiteren Fomiea
mit langem l trennen. Und dann mnss fibituv doch wohl anf 1
flöijujv und nicht auf iibicov zurlR-kgelien. Tiinrncysen er-'l
klärt selbst, dasa ihm der Aut4gangs]iunkt des langen -r- ent> i
geht. Ohne diesen aufzuklären, bleibt seine ganze Hypothese
sehr unsicher. Diese Ltlcke sucht Brugmann Gr. (rr.'äftp aus-
senfilllen. Naeb dem Vorgang Wackernagel« Verm. Beitr. II
leitet er das Knmparativsuflix -lujv von den eigenltlnilieheD
Adjektivstämmen anf -i her, die aueb sonst in der KompoHi-
lion eine grosse Rolle spielen. >1ag dies für einige Fülle zu-
treffen, in der Hanptsaebe haben wir es mit etwas ganz anderem
zu thun. Es spricht in ei-ster Linie gegen Wackernagel und
Brugniann, dass die Komparative anf -jm primäre Bildungen
sind, die aus der Basis und nicht von Adjektiven gebildet
werden '). Hteht nun auf der einen Seite -ijox und auf der
anderen -jos, so ist es klar, dass das i zur Itasis gehurt, und
in diesem Falle kOnncn wir nichts anderes thun, als von zwei-
silbigen Basen auf -61 ausxugchcn. im letzten Grunde hat das {
1| Wie mir »cbi-int, isi auch diext^s ( ijer Adjektiv« In derl
Hnuptsnclit! HtHmnihall und nicht suffixal. Du» vnn Wack«ma{
antirel'ährte dpf- gehört doch lu dprnc. dpTfiToc weiss Kian»ad]|
Mil ai. scili- vcr^leii-he tnflii nbulg. ti-r./^tt, lil. »zriltli 'gUiii
Kleine grammatische Beitrage. 201
«•hon Streitberg Btr. 16, 266 gesehen, und icli habe dem Idg.
Akzent S. 242 zugestimmt. Freilich muss Streitbergs Ansieht
etwas modifiziert werden. Denn die slav. Komparative auf
-ejMf die er heranzieht, müssen vorläufig aus dem Spiel blei-
ben, weil sie im wesentlichen sekundäre Bildungen sind; iiove-
'jhH ist von einem Adverbium auf -e abgeleitet. Derartige Bil-
dungen finden wir sonst nur bei dem Sekundärsuflix des Kom-
parativs gr. -T€po-. Man braucht aber nur zu bedenken, dass
das Slavische das Sekundärsuffix ganz aufgegeben hat, und
dass überall -jis- dafür eingetreten ist, um das richtige zu sehen.
In novt usw. wird dieselbe Adverbialform vorliegen, die wir
in lat. bene und mit Ablaut in gr. KaXuic finden. Auch im
Griechischen ist ja dieses -u), wie ich annehme, im Kompa-
rativ verbreitet, vgl. auch ai. ucaU-taram usw., und es hin-
dert meines Erachtens nichts, die griechischen Formen auf
-wrepoc den slavischen auf -ejhs prinzipiell gleich zu setzen.
Mnss also das Slavische aus dem Spiel bleiben, so thun
wir, wollen wir die Natur des -i- in -ijos erkennen, am besten,
nns an das Indische zu wenden, das den Unterschied zwischen
'$it nnd -aniY-Basen am treuesten bewahrt hat.
Ich stelle nun zunächst eine Reihe von Fällen aus dem
Rigveda zusanmien, in denen der Zusammenhang des i mit
dem sonst auftretenden / und e unverkennbar ist.
ai. srüdhi/auj gr. f]biu)v ist doch unzweifelhaft mit lat.
suadt-re zu verbinden.
Bei yödhl-yan finden wir das e ebenfalls in lat. jnhere
und in ai. ayödhit, yödhUaf das l. Auch yüdhyati weist
wohl auf eine alte ^i-Basis.
Das / von öjl-yan vergleicht sich dem e von lat. augerey
gr. auErjcuj.
ai. täri-yan 'leicht durchdringend' stelle ich zu der Basis
ierei, die ich Ablaut § 222 behandelt habe, vgl. gr. xpißuj,
lat. trivL Man wird aber fdrlyön auch nicht von ai. Aor.
äant, tariiäniy -tarlta V. trennen können.
ai. vedlyän 'mehr erlangend' muss man ebenso offen-
kundig mit dem Stamm veid^ verbinden, der in abg. rideti,
got. wifan, lat. vid^re, gr. eibrjcuj, i\vhx\, ai. Konj. Aor. vidclt
vorliegt.
ai. skabhhyän gehört zur Basis skamhh 'stützen'. Diese
bildet zunächst ein Präsens nach der neunten Klasse skahhndtiy
202 H. Hirt,
das also zum mindesten auf eine zweisilbige schwere Basi»
weist, von der die ^-Qualität allerdings nicht zu erweisen ist.
Ebenso steht es mit panl-yauj dessen i ich nicht von
dem in Aor. pani-ifa^ Verb, pani-tds, Int. pani-pnat^ pani-td
usw. trennen kann. Hier dürfte wohl pandyya, pdnyas usw.,
dem i idg. i-Qualität sichern.
ai. vaniyan. Hier ist das i auch in anderen indischen
Formen belegt, so im Intensivum vanivan-. Gehört zu ai.
van, wie ühlenbeck EWB. wohl mit Recht annimmt^ got. ufh
wunands, aisl. una 'zufrieden sein', ahd. wonen^ so würde die
e-Qualität des letzten Vokals gesichert sein, und dass femer
ein Diphthong ei vorlag, lässt as. toini, as. wunnja im Verein
mit ai. vanin- (RV.) vani- V. B. erschliessen.
Etwas anders steht es mit kdniyan 'jünger'. Hier lässt
sich das t nicht von dem in kantna 'jung', kaninaJcds 'Jüng-
ling' trennen. Das Femininum kand 'Jungfrau' wird für kandi
stehen, und die ganze Sippe zu den wenigen Fällen gehören,
die in der griechischen -u)-Deklination vorliegen {jf(%tx} : IsL
vagl-re).
ai. variyän 'weiter' hängt mit vdri-ma 'Weite' zusam*
men, dagegen variyan 'vorzüglicher', das erst in dem Up. be-
legt ist, mit abg. veleti, got. wileis usw.
Das lange i, das wir in idvi-ydn finden, liegt auch in
taciti vor.
nedlyän 'näher' erklärt Uhlcnbeck EWB. aus *ne'Zd, wobei
zd zu sed 'sitzen' gehört. Ist diese Etymologie, deren Unsicher-
heit ich nicht verkenne, richtig, so würde das i von nsdiydn
allerdings vorzüglich erklärt werden, indem man lat. sederSf
ahd. sitzen, abg. sedeti, gr. Ka6i21r)cuj heranzieht.
dräghl-yän bringt ühlenbeck ferner mit lat. indulgere
zusammen. Auch hier bleibt die Etymologie unsicher, sie
würde aber zur Erklärung des l ausgezeichnet taugen.
In anderen Fällen linden wir, dass die indischen Kom-
parative auf 'tyan wenigstens zu ^^^Basen gehören, so yäm-
-ydn 'schneller* zu ja, junäti, davl-yän zu düras, hhavl-yän
zu hhü,
sdhl-yan gehört zu sah, das zweifellos eine leichte Basi»
ist, aber der Übertritt zu den schweren Basen hat auch in
gr. cxncuü, fcxn»^a stattgefunden. Daneben steht aber auch
sahyan, das das ältere sein wird.
Kleine grammatische Beiträge. 203
yajlydn gehört zu yaj. Hier macht aber gr. ölo\i(x\ mit
dem eigentümlichen &ti*oc wahrscheinlich, dass das i zum
Stamm gehört.
Bei rjiyan kann ich den alten ^t-Stamm nicht sicher
nachweisen, aber man vergleiche rjUds 'vorstürzend' usw.
teji-ydn lässt sich wiederum nicht von tigitäs RV. 'scharf,
spitz' trennen.
Mit üd-yamiyän 'mehr auseinandersperrend, mehr aus-
streckend' weiss ich nichts rechtes anzufangen, denn die Ver-
gleicbung des Stammes yami mit gr. lr][x\a ist zu unsicher,
um in Betracht zu kommen.
Neben nävlyan steht nävyän, wie neben dem Positiv
naryas auch ndvlyas vorhanden ist.
prdticyaviyän 'mehr sich herandrängend* gehört zu cyu,
das eine leichte Basis zu sein scheint. Vergleicht man aber
gr. TTOtetv, 4iToivica, so könnte auch dieser Komparativ alt sein,
er brauchte nicht auf Übertragung zu beruhen.
MMyan 'häufiger' erklärt Uhlenbeck als unorganische
Eomparativbildung zu sadvan. Um die Sache in Ordnung zu
bringen, braucht man nur Schwund des to anzunehmen, wor-
über ich oben gehandelt habe, sasvl aber vergleicht sich
dann dem savl-raSj und gr. dKiirica, KCKuriKa, und weiter kuickuü *).
ttakSiyän zu tvol'i muss auf Analogiebildung beruhen,
ebenso vdriiyan und vdhiydn.
Über mamhlyan 'reichlicher schenkend' wage ich kein
Urteil, weil ich die Formen mariih und mah nicht auseinan-
der wirren kann.
Überblickt man dieses Material des Rigveda im Zusam-
menhang, so scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen,
dass das alte i noch verhältnismässig gut in seinem Bestand
bewahrt ist. Dass es mit dem l der «^/-Basen und weiter mit
dem B der übrigen Sprachen zusammenhängt, ist nicht zu
verkennen.
Das Griechische bestätigt diese Annahme, wenn auch in
geringerem Umfang. Die Komparative auf -iuüv sind ja ver-
1) Die Zugehörigkeit der griech. Verben auf -(ckuj zu den ti-
Basen ist von mir schon IF. 10, 33 ausgesprochen und Idg. Ablaut
§ 827 bestimmter wiederholt worden. Ich bemerke dies, weil Joh.
Schmidt KZ. 37, 26 meine Aufstellung mit Stillschweigen über-
geht.
204 H. Hirt,
hältnisiuässig selten und oiTenbar auf dem Aussterbeetat, aber
in einigen Fällen schimmert das alte doch durch.
Ausser dein schon erwähnten nbiujv. das zu lat. suadere
stimmt, sind folgende Fälle bemerkenswert:
dXTiuiv gehört zu lat. alg^-rCy und ^itiujv zu lat. rigire
oder frigere.
ßpaxuc stellt man zu got. gamaurgjan. Ich habe schon
öfter bemerkt, dass das got. j oder i oft genug zum Stamm
gehört, und wegen ßpaxiujv ist das auch bei gamaurgjan
möglich, wenn auch nicht sicher.
gr. TTQxiujv entspricht zwar ai. hdhlyan (Mäitr. S%h. 1,
8, 3) ganz genau, nber weitere Anknüpfungspunkte fehlen.
Ausserdem ist es jung.
Was alcxiiwv betriflft, so wage ich nur zw^eifelnd an got.
aiwiski zu erinnern. Auch ist es möglich, dass zwischen t^u-
Kiuüv und dem e von lat. dulc^-do, dulcesco ein Zusammenhang
besteht.
Sonst sind die griechischen Komparative auf -iu)v ßpa-
biujv, Kubiujv (vgl. Kübi-dveipa und Köbido)), xaXXiujv, KaKiu)V,
ßeXTiuüv etymologisch unklar. dxOiuüV verbindet Prellwitz aller-
dings mit öxO^uj. Hier könnte das schon in der Ilias belegte
öxOrjcac herangezogen werden.
Obgleich also hier manches unklar bleibt, wird man
doch an dem Zusammenhang der Komparative auf -luiv mit
den ai. auf -///^?» nicht zweifeln dürfen, und dann ist für das
(Triechische dieselbe Erklärung geboten, wie sie für das In-
dische wahrscheinlich ist. So verlockend also Thurneysens
Herleitung von iibiov aus iibicov ist, sie muss an diesem Zu-
sammenhang scheitern, ganz abgesehen davon, dass ja die
Formen wie jli€Z!u)v usw. ganz unerklärt bleiben.
Wenn so Thurneysens Erklärung der griechischen For-
men unmöglich erscheint, so könnte er ja innnerhin doch noch
für die übrigen Sprachen Recht haben. Er legt vor allem
grosses Gewicht auf die -«-Flexion des germanischen Kompa-
rativs, die, "wie bekannt, nichts mit der schwachen Dekli-
nation anderer Adjektive zu thun hat, die an gewisse syn-
taktische Bedingungen geknüpft ist". Die von Thurneysen als
bekannt vorausgesetzte Anschauung war mir bisher noch nicht
geläufig und ich bezweifle auch, dass sie allgemein anerkannt
ist. Es spricht zunächst gegen sie, dass das Adverbium die
Kleine grammatische Beiträge. 205
»-Flexion nicht kennt. Das Adverbium ist aber wohl der
Nom. Sg. Neutrins, und wenn dieser das -w- nicht hat, so ist
dies für altertümlicher anzusehen. Denn das Adverbium als
isolierte Form pflegt im allgemeinen für die ^^prachgeschichte
von grösserem Wert zu sein als im Systemzwang stehende
Formen. Weshalb sich aber die «-Flexion nicht einfach aus
der Syntax erklären lassen soll, sehe ich nicht ein. Die ge-
wöhnliche Regel lautet ja, dass die Adjektiva schwach flektiert
werden, wenn sie substantiviert sind. Das trifft aber beim
Komparativ, wie wir gleich sehen werden, besonders häufig
zu. Und was dem Komparativ Recht ist, mttsste den anderen
Kategorieen, die nur schwach flektieren, billig sein. Wir
müssten also auch bei den Ordinalzahlen wie pridja idg. -n-
Flexion annehmen, ebenso wie beim Partizipium auf -nd- und
den superlativischen Bildungen auf -ma, fruma^ die doch
sicher auf -n-lose Stämme zurückgehen. Aber man braucht
ja nur ein paar Seiten im Ulfilas zu lesen, um zu erkennen,
dass die schwache Flexion syntaktisch als Substantivierung
des Komparativs sehr wohl zu verstehen ist. Ich führe eiuigo
Stellen an, indem ich vom Anfang beginne.
Matth. 3, 11 : ip sa afar mis gaggandoj ftvinpoza w/>
isfj 'aber der nach mir kommt, ist der stärkere im Vergleich
zu mir*. Matth. 5, 20: nibai managizo walrpip izwaraizos
garaihteina ist eine sehr instruktive Stelle, denn managizo ist
deutlich substantiviert, und izwaraizos garaihteins ist davon
abhängig. Es ist genau zu übersetzen: 'Wenn nicht ein grösseres
eurer Gerechtigkeit wird'. Matth. 5, 29: hatizo ist auk pus
'das bessere ist aber für dich'. Matth. 5, 37 : ip pafa mana-
gizo paim 'Das grössere im Vergleich zu dem'. Matth. 5, 47:
he managizo faujip 'wie thut ihr das grössere'.
Ich halte es wirklich für unnötig, die Beispiele zu häufen,
Die schwache Flexion des Komparativs lässt sich syntaktisch
durchaus rechtfertigen, und wir bedürfen dazu keiner idg. An-
sätze. Wer noch daran zweifeln sollte, den verweise ich,
worauf mich Leskien gütigst aufmerksam macht, auf das Sla-
vische. Auch im Altbulgarischen hat der Komparativ fast
stets die bestimmte Form, vgl. Leskien Handbuch S. 93 f.
Denmach ist auch die verlockende Gleichung got. *sütiz'*n'
mit lit. saldisnis sehr unsicher. Auch bei den litauischen
Formen setzt sich Thurneysen zu leicht über die vorhandenen
206 H. Hirt,
Schwierigkeiten hinweg. Zunächst miiss man das Litauische
mit dem nächst verwandten Preussischen vergleichen. Cnd
da finden sich diese Komparative bekanntlich nicht. Ist ancb
die Überlieferung in diesem Punkte nicht gerade reichhaltige
das eine zeigt sie doch^ dass das Preussische die alten 7)-losen
Formen aufweist, und da diese zum Slavischen durchaus stim-
men, so ist es zum mindesten sehr ktthn, das Litauische direkt
mit dem Germanischen zu vergleichen. Zur Erklärung des^
lit. -esnis kann ich allerdings nichts beitragen, und niusa
auf das hinweisen, was Joh. Schmidt KZ. 26, 399 flF. ausge-
filhrt hat.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die germa-
nische Komparativbildung auf -öz- zu sprechen kommen. Der
letzte Versuch, diese viel behandelte Kategorie zu erklären,,
stammt von Brugmann IF. 10, 84 ff., wo auch die früheren
Erklärungsversuche besprochen, und, wie mir scheinen will,,
mit Recht abgelehnt sind.
Brugmanns Erklärung ist in Kürze die folgende: E&
existierten im Germ, eine Anzahl Adverbien auf -t. Zu der
Zeit, als diese Adverbien auf -i ihren Vokal noch hatten,,
hätten sich nach dem Verhältnis von -i zu den Koraparations-
formen mit -iz- sich -ö2-Formen neben den Adverbia auf -<>
eingestellt. Wenn ich also Brugmann recht verstehe, so hätte
sich nach dem Verhältnis *furi : furiz zu ^sniumundö eia
sniumundös eingestellt. Ganz abgesehen davon, dass mir die
Adverbien auf 4 zu wenig zahlreich zu sein scheinen, un^
eine derartige Analogiebildung verursacht zu haben, bleiben
für mich chronologische Bedenken schwerster Art. Nämlich
die von Brugmann herangezogenen Bildungen enthielten gar
kein ursprüngliches -is, sondern sie sind auf -jas oder -je»
zurückzuführen. Das gilt von got. airisy und nBhis sicher.
Als das Adverbium *atri und nihi lautete, da hiessen diese
Fornien *airja8 und neh'jas. Hier konnte also gar keine
Parallele entstehen. Dass zu dem Adv. *furi aber in urgerm*
Zeit schon ein Komparativ gebildet wurde, ist sehr unwahr-
scheinlich, da er im Gotischen fehlt. Dafür steht faurpv^j
gewiss eine sehr alte Zusammensetzung. Ich glaube also, man
muss auch Brugmanns Versuch, die germanischen Komparative
auf 'öz als Analogiebildung zu betrachten, als gescheitert er-
klären, und unter solchen Umständen wird man unwillkürlich
Kleine grammatische Beiträge. 207
ZU dem Gedanken geführt, dass diese Bildungen doch laut-
gesetzlich sind.
Bekanntlich hat Streitberg eine ganxc Abhandhing ^'Zur
germanischen Sprachgeschichte" darauf verwendet, um nach-
zuweisen, dass die Mahlowsche Ansicht, nach der germ. öi zn
ö geworden wäre, falsch sei. An seinem Ergebnis, dass öi
zn ai verkürzt wurde, ist schlechterdings nicht zu rütteln,
aber das ist anch nicht nötig, um zu einer einwandfreien Er-
klärung zn kommen. Auf S. 107 f. bei Streitberg findet sich
eine interessante Bemerkung, in der ich schon seit Jahren die
Erklärung für die Komparative auf -öz- geahnt habe. Es
heisst dort: "IL Sekundäre ö-Diphthonge. Ein Beispiel
findet sich im Gotischen. Die Endung -ös der 1. Person Dualis
in bairös -ist die der Endung ai. -ävas in bhärävas. Die indo-
germanische Grundform hat *hheröy,e8 gelautet. Das Endungs-e
musste nach gotischem Lautgesetz synkopiert werden, wodurch
ein sekundärer ö-Diphthong entstand. Dieser verlor, im Wort-
innem vor Konsonanz stehend, sein w'\ Diese Erklärung
scheint mir tadellos zu sein, und sie hat nur den einzigen
Mangel, dass sie sich auf ein einziges Beispiel stützt. Es ist
aber möglich, diesem Mangel in gewissem Grade abzuhelfen.
Es lässt sich nämlich wahrscheinlich machen, dass auch die
urgermanische Verbindung -öjes und -öjis zu -ö geführt hat.
Schon Mahlow AEG. 42 ff. hat, um die Flexion der gotischen
Verben auf -ö zu erklären, salbös auf salböjisi zurückgeführt.
Streitberg hat dies zurückgewiesen (S. L-J), und zur Erklärung
der Doppelheit ags. sealfije und got. ftalb^ auf die gleiche
Verschiedenheit von lit. päsaköjame und dailgöme verwiesen,
worin ihm Bartholomae Stud. zur idg. Sprachgeschichte bei-
gestimmt hat. Dabei bleibt freilich die eigentümliche angel-
sächsische Flexion unerklärt. Hier heisst es nämlich:
L Sg. löc^e = urgerm. lököjö,
2. „ I6cas{t) = „ löTxöSj
3. „ löcad = „ löJcöpy
Plur. löciad = „ lököjanp.
Das Angelsächsische hätte also die beiden Paradigma ver-
einigt, aber warum hat es gerade die athematischen Formen
in die 2. und 3. Sg. eingeführt? Und nicht bloss dies. Kein
einziger germanischer Dialekt zeigt in der 2. und 3. Sing, j-
Formen. Die Flexion lököjöy lökös sieht aber entschieden
-208 H. Hirt.
altertümlicher ans als salbö, salbös ; dass sie aus zwei versehi&-
denen Paradigmen zusammengesetzt sei, ist wenig wahrechein-
lich. Fragen wir uns ausserdem nach der Art der -<>- Verben,
so sind darunter die denominativen entschieden in der Über-
zahl, man sehe nur die wenigen Fälle, die Streitberg Urgerm.
<Jram. S. 313 flir die primäre -^-Klasse anführt. Also liegt
der Schluss nahe, dass urgerm. salbös aus *salböjizi entstanden
ist Der Weg ist natürlich nicht sicher zu bestimmen. Aber
da das letzte i in vierter Silbe stand (sekundäre Personal-
endung käme auch in Betracht), wird es frühzeitig synkopiert
sein, und dann wurde salböjiz zu salböjz und dies zu salbös,
wie bairös aus berötos. Im Gotischen wären dann lautgesetz-
Jich 2. Sg. salbös, 3. Sg. salböp, 2. Plur. salböp, 2. Imp. salbö
aus *salböje, ags. löca aus *löcoje im Ags. ausserdem löcije
und löciad. Die Formen wie got 1 . Sg. salbö, 1 . Plur. salböm,
3. Plur. salbönd erklären sich als Analogiebildungen, z. T. unter
dem Einfluss der primären Verba wie as. tholon. Dieser Er-
klärung fUgt sieh weiter das Komparativsuffix -öza vortrefflich
ein. Wie oben für das Slavische -ejhs angenommen wurde, liegen
auch für das Germanische Adverbien auf -ö zu Grunde. War
die alte abstufende Flexion noch erhalten, so musste flektiert
werden *frödöjös, Gen. ^frödöiz- zu ^frödais- und Lok. */rö-
dojezi, das zu *frödojizi wurde. Wir können nun entweder
annehmen, dass -jes verallgemeinert wurde oder auch dass -m
durch -jis ersetzt wurde, vgl. harjis für haris und slav. nove-
'jhs. Die Stufe -jes liegt ja auch im Preussischen und Litaui-
schen vor. Beides führte zu den Formen ^frödöjiz-. Man
^ieht, dass diese Form mit dem angesetzten salböjiz- ganz auf
einer Linie steht, sie stützen sich gegenseitig. *frödöjiz' wurde
7U *frödöjz und weiter zu ^frödöz- rein lautgesetzlich.
Es kommt noch ein ähnlicher Fall hinzu. Auch die
Verba eausativa müssen ein i synkopiert haben, da die Her-
leitung des l in got. naseiris usw. aus idg. f nicht angeht.
Ich operierte PBrB. 18, 519 f., als ich diese Erklärung auf-
stellte, noch mit dem beliebigen Wechsel von t und f. Das
kann ich jetzt nicht mehr aufrecht erhalten. Das Suffix der
Kausativa ist ei, dessen Ablaut nur i sein kann, also wird
ahd. neris auf *nosijisi über *nosijs zurückgehen.
Kleine grammatische Beiträge. 20^
3. Indogermanischer Konsonantenschwund.
Um zu beweisen, dass zwischen /, u und r, Z, m, n in>
Idg. wesentliche Unterschiede der Funktion bestanden haben,
weist Joh. Schmidt Kritik der Sonantentlieorie S. 11 darauf
hin, dass die diphthongischen Nominalstämme den Akk. ^g.
gleich den o- und ß-Stänimen auf -m bilden, die r- und n-
Stamme dagegen wie die anderen konsonantischen Stämme
auf urspr. -ein = ai. -am, gr. -a, lat. -em. In der That scheint
ja der Unterschied zwischen ai. dydm, Zfjv, ai. gdnt, ßiüv, ai.
rdm, lat. rem, ai. pdntham, dor. äol. AaTiiiv und pitär-amy
TTttTepa, patrenij ähndnam, ÖK^ova fundamental zu sein. An-
drerseits behauptet Wackernagel Vermischte Btr. S. 45, dass
die Grundsprache am Wortschluss hinter Diphthongen konso-
nantischen Nasal nicht kannte. Letztere Annahme ist nun
entschieden falsch, wie die eben angeführten Formen beweisen.
Denn Wackernagel wird wohl kein Bedenken tragen idg. djem
auf djeum, rem auf rehuj ai. pantham auf panthaim zurück-
zuführen. Und weshalb ein konsonantischer Nasal nicht nach
kurzem Diphthong hätte stehen sollen, wenn er nach langen^
berechtigt war, wäre schwer zu sagen.
Auch die Richtigkeit des von Joh. Schmidt angeführten
Arguments muss bestritten werden. Ist auch die ganze Frage
nicht von besonderer Wichtigkeit, so ist es doch nötig aus-
führlicher auf sie zu sprechen zu kommen. Ich gehe von der
Voraussetzung aus, die ich hinreichend bewiesen zu haben
glaube, dass nach dem Ton ein kurzer Vokal völlig schwindet.
Der Akkusativ von idg. pede muss also pidm lauten. Hier
wurde nun m im absoluten Auslaut und vor folgendem kon-
sonantischen Anlaut silbisch, vor anlautendem Vokal dagegen
wurde es unsilbisch, und damit war notwendig Silbenverlust
und Dehnung des vorausgehenden Vokals verbunden, wir er-
halten also p4drj[i und pedm. Es ist ja klar, dass sich ein&
Form wie die letztere sehr viel weniger leicht halten konnte,
als die erstere. Aber erhalten sind derartige FoiTnen gar
eicht so selten.
Zunächst liegen sie in der That bei den diphthongischen
Stämmen in den oben angeführten Formen vor. Aber neben
gr. Znv, ai. dyam liegt lat. lovem, das schwer als Analogie-
bildung zu fassen ist. Denn die obliquen Kasus hiessen doch
210 H. Hirt,
*diwÖ8j *diwaif Lok. *djevoiy und der Nom. *djeti8. Woher soll
also die Stnfe djew stammen^ wenn nicht vom Akk. Sing.
Denn für das Lateinische auf die Vollstufe des Lokativs zu-
rückzugehen, scheint mir sehr gewagt zu sein. Ai. divam
mnss ja allerdings eine Neubildung sein, die aber sehr wohl
für "^dyavam eingetreten sein kann. Dasselbe gilt für lat.
boveniy obgleich hier eine Neubildung wenigstens verständlich
wäre. Heisst zu pantha im Aind. Aq\ k}sk, päntham, so fin-
den wir im Griechischen als regelrechte Form i^x^ ^«is ^X^ja,
und es ist nicht einzusehen, weshalb hom. At]tijj notgedrungen
jünger sein sollte als Aarubv. Beide sind als Satzsandhiformen
durchaus verständlich. Dass also bei den vokalisch auslau-
tenden Stämmen auch Formen mit silbischem m möglich waren,
scheint mir sicher zu sein. Weshalb grade hier die anteso-
nautischen Satzsandhiformen verallgemeinert würden, ist nicht
schwer zu sehen. Idg. r^n : rem, g*^ös : g^^'öm ordnete sich
eben dem allgemeinen Schema -is : -im, -us : -wm, -os : -om
auf das leichteste unter.
Etwas versteckter liegen die antesonantisehen Formen
der konsonantisch auslautenden Stämme, und zwar wahrschein-
lich aus dem Grunde, weil die in Verbindung mit nachfolgen-
dem -m entstehenden Konsonantengruppen -rm, -sm, -dm, -nm
den allgemeinen Aussprachregeln widersprachen, und daher
zur Vereinfachung führten.
Am sichersten wurde -s an dieser Stelle ausgedrängt.
Ein ganz sicheres Beispiel liegt in lat. v^r, aisl. vär vor,
neben dem gr. fap aus idg. *we8r steht, ver geht ja, wie schon
längst bemerkt ist, auf idg. *we8r zurück, es schwand also s
vor r. Aber auch 8 vor m ist wohl geschwunden. Idg. ausös
war sicher ein -«-Stamm, vgl. gr. i^iwc, lat. auröra usw. Dazu
heisst der Akk. im Veda uädsam. uidsam und zweimal ist
uiäm belegt. Unzweifelhaft lässt sich diese Form als Ana-
logiebildung erklären, aber sehr wahrscheinlich ist mir das
nicht, weil sie durch andere Fälle gestützt wird. Zunächst
ist das im Veda erscheinende jaräm herbeizuziehen, das neben
jardsam steht, und die einzige Form von einem andersartigen
Stamm wäre. Auch zu väya8 N. 'Speise* ist ein heterokliti-
scher rZ-Stamm in vaydm Akk. Sing, und vayOs N. Plur. be-
legt. Ebenso so neben mdnas ein manäm, Instr. mand. Dat.
manäye. Es kann doch kaum ein Zufall sein, dass zu allen
Kleine grammatische Beiträge. 211
diesen Formen ein Nominativ niclit belegt ist. Über die ganze
Frage vgl. Brugmann KZ. 24, 25 flf. ; dagegen J. Schmidt KZ.
26, 401 flf.
Aber auch in den anderen Sprachen gibt es wenigstens
•einen interessanten Fall, der mir hierher zu gehören scheiDt.
Ai. äyui Lebenskraft' usw. weist mit gr. aUc und Akk. aluj
^nf einen «-Stamm. Daneben steht nun im gr. aiuuv uud im
Germ, ist ebenfalls der n-Stamm belegt. Wäre es hiermit ab-
-gethan, so könnte man sich bei dem Nebeneinander von s- und
n-Stamm beruhigen. Aber lat. heisst es aevum, und wir
müssten daher noch einen dritten Stamm annehmen. Das ist
des guten etwas zu viel. Aber sollte sich nicht gr. aiiiv,
ahd. etoa, lat. aivum aus dem idg. Akk. aiicöm erklären.
Dass man einen solchen Akk. zum Nominativ umdeutete, wäre
doch kein unerhörter Vorgang.
Mit der Annahme, dass -s- vor Nasal geschwunden, könnte
man auch versuchen die Thurneysensche Erklärung des Koni-
parativsuffixes zu retten. Das Nebeneinanderstehen von gr.
-jdn und sonstigem -jos könnte auf -josn- weisen. Freilich ist
es schwer, diesen Fall mit den übrigen in Einklang zu brin-
gen, denn nach kurzem Vokal wäre 8 schwerlich geschwunden.
Auch n scheint vor m geschwunden oder assimiliert zu
sein. Denn der regelrechte Akk. zu ksam, gr. xöujv lautet
im Ved. ksäniy das man doch wohl aus kianm erklären muss.
Schliesslich möchte ich vermutungsweise noch eine eigen-
tümliche Form aus der Verbalflexion hinzuftlgen, nämlich gr.
fcßTiv. Man war bisher genötigt eine Basis zg^^e neben zg^'es
anzusetzen, so Brugmann Gr. Gr.^ 283, aber damit ist uns
wenig geholfen, da in allen Sprachen klar und deutlich nur
zg^es vorliegt, vgl. ai. jdsamäna, Aor. aßjasata, abg. gasiti
'löschen', lit. gesti 'erlöschen, ausgehen', got. qistjan 'verder-
ben'. Nun könnte aber die 2sg. &ßnc direkt auf idg. zg^^ess,
die 28g. eines regelrechten Imperfektums zurückgeführt werden.
Aber diese Form würde wohl nicht genügt haben, den Meta-
plasmns im Griechischen hervorzuinifen. Setzen wir aber in
-der 1 . Sg. idg. zg^^srp, und daneben zg*^'esm an, so hätte dies,
ivenn die oben angefühi*te Regel richtig ist, zu zg^^im geführt,
was in gr. feßriv regelrecht vorliegt.
Ich habe diese Fälle hier nur angeführt, um erneut auf
den Schwund von Konsonanten im Indogermanischen auf-
212 H. Hirt,
merksam zu machen. Wenn man bedenkt, welchen Verän-
derungen der Vokalismus in der Ursprache unterlag, so fällt
es auf, wie wenig wir von Veränderungen des Konsonantismus
wissen. Und doch steht es mit diesem ganz eigentümlich.
Doppelkonsonanten sind so gut wie unbekannt^ und auch
schwierigere Konsonantengruppen sind selten, obgleich durch
den Ausfall von Vokalen zu ihrer Entstehung genügender An-
lass geboten war. Wahrscheinlich hat der idg. Konsonantis-
mus nicht minder einschneidende Veränderungen erlitten, wie
der Vokalismus. Ich vermute auch, dass viele der soge-
nannten Wurzeldeterminative dadurch entstanden sind, dass
auslautende Konsonanten vor Konsonant schwanden, und so
konsonantisch und vokalisch auslautende Basen nebeneinander
traten.
4. Die Bildung des Injunktivs und Konjunktivs.
Da ich mich demnächst über die Bildung des Injunktivs
und Konjunktivs und deren Herkunft in einer Weise aasspre-
chen muss, die von der herkömmlichen Auffassung sehr ab-
weicht, so sei es mir gestattet, dies etwas ausführlicher zu
begründen, wenngleich ich damit Streitberg in die Wege trete,
der schon auf der Dresdener Philologenversamnüung über den
Injunktiv gesprochen hat und eine grössere Arbeit vorbereitet.
Im Folgenden soll es sich nur darum handeln, die Bildung
des Injunktivs und Konjunktivs in Beziehung auf mein Vokal-
und Ablautsystem zu betrachten, woraus sich die synta.ktischen
Folgerungen von selbst ergeben.
Die Fülle der idg. Modi muss gegenüber dem sonstigen
Charakter des Idg. billig in Erstaunen setzen. Dass dies neben
dem Konjunktiv noch einen Optativ hatte, scheint schon des
Guten etwas zu viel sein, was sich wenigstens daraus er-
schliessen lässt, dass sich die meisten Sprachen, wie es scheint,
beeilt haben, einen dieser Modi aufzugeben; in welchem Ver-
hältnis aber zu diesen beiden der Injunktiv stehen soll, ist
mir stets rätselhaft gewesen. Es kommt hinzu, dass man
einen rechten Bedeutungsunterschied zwischen Injunktiv und
Konjunktiv noch nie hat entdecken können. Das hat mich
an der Existenz des Injunktivs inmier ein bischen zweifeln
lassen.
Kleine grammatische Beitrüge. 213
Bei der Entwicklung der idg. Sprachen rechnet man im
Allgemeinen nur mit Verlusten, aber Neubildungen sind auch
nicht unerhört. Gab es doch, worauf erst jüngst Waekernagel
Verm. Btr. 44 aufmerksam gemacht hat, keinen Optativ des
sigmatischen Aoristes; er mnss daher im Griechischen als
Neubildung angesehen werden. Und auch sonst hat das Grie-
chische nicht minder wie das Indische seine Verbalformen be-
deutend vermehrt. Es wäre also wohl auch denkbar, dass
der ausgeprägte Konjunktiv neben dem Optativ im Griechi-
schen und Indischen jüngeren Ursprungs wäre. Denn dem
Germanischen, Litauischen und Slavischen fehlen alle Kon-
jnnktivformen — die angenommenen Reste sind unsicher — , und
neben sie treten Keltisch und Italisch, bei denen es an Stelle
des Optativs und Konjunktivs nur einen Modus gibt.
Ich will auf die bisherigen Versuche, den Injunktiv und
Konjunktiv zu erklären, nicht weiter eingehen — Delbrück gibt
über die ganze Injunktivfrage, Grd. 4, 352 ff., eine völlig
orientierende Übersicht — , sondern die Kritik Streitberg über-
lassen, und nur meine Auffassung darstellen. Sie beruht na-
türlich auf dem Grunde, den ich in meinem Idg. Ablaut ge-
legt habe, d. h. auf der Ansetzung zweisilbiger Basen. Zu
den dort entwickelten Annahmen gehört es auch, dass es im
Idg. ein Suffix -e, -o ebensowenig wie -«, -d, -ö gegeben hat^
dass vielmehr diese Elemente integrierende Bestandteile der
Basen sind, die gegen das Ende der idg. Urzeit und noch
mehr in den Einzelsprachen allerdings durch falsche Analogie
zu wirklichen formativen Elementen geworden sind.
Nun lautet aber die Lehre von den KonjunktivsufBxcn
SO: Bei athematischen, auf einen Konsonanten ausgehenden
Basen ist das Konjunktivsuffix -e, -o, bei den themavokalischen
dagegen -d, -e, vielleicht auch -ö, doch ist das letztere recht
unsicher, da ja Griechisch cp^pui^ev sehr gut eine Neubildung
sein kann.
Diese "Suffixe" erinnern uns sofort an die Ausgänge der
idg. Basen. Die auf Konsonant ausgehenden athematischen
Verben sind ja von sogenannten leichten Basen auf -e, -o ge-
bildet: griech. lo^ev verhält sich zu cT^i nicht anders wie ai.
cidmi zu viddm und die anderen Fälle, die ich IF. 8, 268 f.
und Idg. Ablaut angeführt habe.
Wenn wir beim Konjunktiv als weiteres Suffix -a, -e
lodo^ermanische Forschungen XII 3 u. -i. 15
211 » H. Hirt,
finden, so hat das schon Brugmann Grd. 2, 952 mit den Ele-
menten -a, -e, -ö identifiziert, die er noch Grd. 2, 951 als an
den Präsensstamm angefügt betrachtet, die aber in Wirklich-
keit die Auslaute zweisilbiger schwerer Basen sind. Wenn
ich ihm also auf diesem Wege folge, der jetzt viel sicherer
zu beschreiten ist als früher, so befinde ich mich in guter
Gesellschaft.
Die Elemente e — o, ä, e und eventuell ö konnten sich
im Idg. nur erhalten, wenn sie betont waren. Betonung der
zweiten Silbe war aber mit aoristischer, genauer gesagt punk-
tueller Bedeutung verbunden. Ich habe diesen Aorist-Präsens-
typus Idg. Ablaut § 810 ff. genauer dargestellt. Idg. 4pUij
ai. äpratj gr. ^avfjvai und bpaKcTv beruhen alle auf dem glei-
chen Prinzip.
Sehen wir uns nun im Indischen niach diesen Aoristen
um, so gehören zu ihnen der Wui-zelaorist (1), der a- Aorist (2)
und der reduplizierte Aorist (3), nicht aber der «-Aorist (4),
da dieser in seiner Betonungsweise und seinem Ablaut dem
Präsens gleicht. Alle diese drei Formationen bilden aber
keinen Konjunktiv, sondein gebrauchen dafür den In-
junktiv. Whitney sagt § 848^: "Augmentlose Formen mit
indikativischer oder konjunktivischer Bedeutung sind nicht
selten". Dagegen wird im folgenden § bemerkt: "Die Kon-
junktivformen dieses Aoristes sind selten". Delbrück Ai. Verb.
S. 194 führt in der That nur an riiathUj riMthana, vidäsi,
viddsy vidathas, vidatha. Der Stamm vida- scheint mir nun
ohne Zweifel identisch zu sein mit dem sonst vorliegenden
Stamm vid^-, abg. videti, got. witan^ lat. viderCj gr. elbri-cuj
usw., das heisst auch vidäs ist keine Konjunktiv-, sondern eine
Injunktivform gleich lat. vides^ gr. )x6,\x\c, die zu dem zweiten
Aorist in Beziehung gesetzt ist. Diese Verbindung kann schon
alt sein, da ja auch im Griechischen zu dem Perfektum oTba
der Plusquamperfektstamm eide gehört, vgl. Waekemagel Verm.
Beitr. 45. Was mit riSatha anzufangen ist, entzieht sich mei-
ner Erkenntnis. Die Form kann uns aber nicht abhalten, zu
sagen, dass es eine besondere Konjunktivform zu dem zweiten
Aorist nicht gibt, sondern dass diese Stelle augmentlose indi-
kativische Formen, die man Injunktive genannt hat, versehen.
Von dem reduplizierten Aorist heisst es bei Whitney
§ 869: "Wie in anderen präteritalen BildungCM werden die
Kleine grammatische Beiträge. 215
augmentlosen IndikatiypersoDen dieses Aoristes konjunktivisch
verwendet, nnd sie sind sehr viel zahlreicher als die wirk-
liehen Konjunktivformen*'. Dieser reduplizierte Aorist ist ja
aber niit dem vorhergehenden, abgesehen von der Reduplika-
tion, ganz identisch, und es kann uns daher nicht Wunder
nehmen, dass wir in Betreff des Injunktivs und Konjunktivs
hier genaa dasselbe antreffen. Whitney führt im ganzen fol-
gende Formen an: riradha 1. Sg., titapäsi, cikfpatiy siiadhati,
pisprgati. Bei diesen möchte ich bei titapa-si an lat. tepe-re
Varm sein' erinnern, cik/päti und siiadhäti sind wohl jung.
pisprgati ist ganz regelrecht.
Bei dem Wurzelaorist liegen die Verhältnisse nicht ganz
so einfach, weil im indischen Wuraelaorist verschiedenartige
Formen zusammengeflossen sind. Zunächst sagt auch hier
Whitney wieder § 835: "Im konjunktivischem Gebrauch fin-
den sich Formen, die mit dem augmentlosen Indikativ dieses
Aoristes identisch sind, viel häufiger als die eigentlichen Kon-
junktivformen". . . . "Von wirklichen Konjunktiven", heisst
es dann weiter, "sind die Formen mit primären Endungen
ganz selten. Im Aktiv ist gäni das einzige Beispiel der 1. Sg.;
in der 3. Sg. kommen vor sthati, däti und dhäfi, welche fast
indikativisch gebraucht werden." Diese Formen sind aber
ganz regelrecht, es sind ganz normale unaugmentierte For-
men mit primärer Personalendnng. Die übrigen Formen wie
ddr^amj tdrdaSj pdrcas, yämas, karat, garat, glaghatj yamat,
yödhatj «^ravat, spdrat, sdghatj ddrmn, garan, gaman sind
allerdings regelrechte Konjunktivfoimen, aber man beachte
wohl, fast durchweg von leichten Basen.
Sehen wir von der Vollstufe in der Wurzelsilbe ab, so
ist ddriam = gr. bpaKeiv, ai. driauj tdrdas gehört zu trndtti,
pdrcas : prndkti, ydmas : ydmsi, yächati, karat : kdrSi,
yödhat : yötsi, yuddhds, sravat : sröH, sparat : sprtds. In
der Hauptsache sind also auch diese Konjunktive regelrecht,
indem sie das bei den leichten Basen auftretende e—o zeigen.
Nur Akzent und Basisstufe sind unregelmässig.
Worin liegt nun der Grund, dass der starke Aorist kei-
nen Konjunktiv bildet, oder vielmehr die augmentlosen For-
men konjunktivisch verwendet. Er liegt einfach in der Be-
deutung. Mit der Betonung der zweiten Silbe der Basis war
aoristische oder besser gesagt punktuelle Bedeutung verbunden.
216 H. Hirt,
Daher bekam der Indikativ, sobald er nicht das Zeichen der
Vergangenheit hatte, wie Streitberg Delbrück gegenüber in
seinem oben zitierten Vortrag des weitem ausgeführt hat (vgl.
Bericht über die Verhandlungen der Dresdener Philologenver-
sammlung und IF. Anz. 9, 170), futurischen oder imperativi-
schen Sinn, aus dem sich der konjunktivische mit Leichtigkeit
entwickelte. Man kann sich das sehr leicht an modernen punk-
tuellen Verben klar machen. Wenn ich sage: 'Ich bringe dir
das', so liegt das in der Zukunft, es heisst eigentlich: Mch
werde dir das bringen' oder 'ich will dir das bringen'. 'Ihr
bringt mir das' liegt natürlich auch in der Zukunft, und ent-
hält je nach dem Satzton einen Befehl = 'dass ihr mir das
bringt', oder einen Wunsch 'Bringt mir doch das her, seid so
gut, thnt es'. Dass der sogenannte Injunktiv thatsächlich kon-
junktivische Bedeutung hat, ist ja längst nachgewiesen, es ist
also nicht auffallend, wenn sich aus dem Injunktiv ein Kon-
junktiv entwickelt. Das konnte geschehen, wenn sich neben
die regelrechten Formen Neubildungen stellten. Auszugehen
haben wir dabei von den «^/-Basen.
Ich habe in meinem Ablaut zu zeigen versucht, wie sehr
durch den Akzent die Basen differenziert wurden, und habe
darauf hingewiesen, dass diese Diflferenzierung notwendig zu
Neubildungen führen musste, die grössere Einfachheit boten.
So ist das Verhältnis von t^ra terd fast nirgends mehr im
lebendigen Gebrauch erhalten. Im Slavischen-Li tauischen ist
das Element -e, -a, -ö, das sich dem Sprachgefühl bot, für
die Ausbildung des Präteritums benutzt, vgl. Idg. Ablaut S. 180,
im Aind., Griech., Lat. ist daraus der Konjunktiv erwachsen.
Ist dies richtig, so erklärt es sich auf das einfachste, \veshalh
das Lit.-Slavische die idg. "Konjunktivformen" nicht kennt.
Es hatte diese Formen auch, aber in anderer Bedeutung. Die
Konjunktivbildung ist, glaube ich, ausgegangen von Verben,
wie sie in der indischen sechsten Klasse vorliegen. Diese
Präsentien beruhen zum guten Teil auf Neubildungen, weil
sie zu schweren Basen gehören. Ich ftihre eine Reihe von
Fällen an, wobei ich kurz andeute, dass wir es mit einer
^^/-Basis zu thun haben:
Muvdti (V. B. ü.) : sütdSf
dkuvati (AV. B.) : dhütäs,
kiräti (V.) : Jcirnäs,
Kleine grammatische Beitrage. 217
girdti (AV.) : girnds,
tirdti (V. B. S.) : Hnidsy
gurdti (V.) : gürtds,
jurdti (RV.) : ßrnds,
turdti (V. B.) : türtda,
bhurdntu (RV.) : bMrni-y
sphurdti (B.) : sphuritas, E.
Dass derartige Bildungen schon in die idg. Ursprache zurück-
reichen, scheint mir ganz sicher zu sein. Man vergleiche
girdmiy abg. ^reth und griechisch la^eiv, 8av€iv, KxaveTv usw.
Sobald derartige Formen gebildet waren, konnten die
älteren Formen wie tirdti j tirate modale Bedeutung erhalten,
und stand tirdti neben tirdti, so stellte sich neben tdrati, das
ja ebenfalls neu gebildet war, ein tdrati ein, das heisst das
/f wurde als ableitendes Element empfunden. Da aber die
zweiten Stämme, von denen dieses Element ausging, auf -a,
'i und eventuell auf -ö auslauteten, so kann es uns nicht
Wunder nehmen, dass die eine Sprache diesen, die andere
jenen Vokal verallgemeinert. Wir werden also kein Bedenken
tragen, lat. fuds mit lit. büvo zu identifizieren, lit. malia-u
jnit lat. molam, v^mia-u aus vem^ oder venia mit lat. vo-
mäm usw.
Die Entwicklung der Einzelspraehen ist natürlich nicht
im Einzelnen klarzulegen. Das Griechische dürfte nur e ver-
allgemeinert haben, da ö sehr gut als Neubildung nach dem
Indikativ zu fassen hat. Das Lateinische behält die kurz-
vokalischen Formen als Futura bei {er6)j und verwendet sonst
i und a. Im Keltischen ist nur a erhalten. Gerade diese
Verschiedenheit weist darauf hin, dass die schweren Basen
zu Grunde lagen.
Von diesem Standpunkt aus kommt man also zu einer
^uch syntaktisch brauchbaren Erklärung, die im Anschluss an
Streitberg so formuliert werden kann: Formen punktueller Be-
deutung können in zweierlei Weise verwendet werden, ent-
weder durch Bezeichnung der Vergangenheit als Aoriste, oder
als Futura. Mit dem futurischen Sinn ist der imperativische
und voluntative so eng verknüpft, dass die Injunktivformeu
leicht diesen Sinn annehmen.
Ganz anders liegen nun die Verhältnisse beim ^-Aorist.
Halten wir uns nun zunächst an das thatsächliche: Whitney
218 H. Hirt,
sagt § 892: Die Indikativformen ohne Augment werden in
konjunktivischem Sinne verwendet, besonders nach prohibi-
tivem mä und sind nicht ungewöhnlich. Dagegen sind auch
eigentliche Eonjunktivforraen im RV. nicht selten.
Dieser Stand der Dinge fällt nicht weiter auf. Der ^-
Aorist kann seinem ganzen Ablaut und seiner Betonung nach
nicht mit dem starken Aorist, sondern nur mit dem Präsens
auf eine Linie gestellt werden. Es ist mir daher auch wahr-
scheinlich, dass seine Aktionsart ursprünglich eine andere war,,
als die des starken Aorists, wenngleich sich ein Unterschied
nicht mehr nachweisen lässt. Jedenfalls steht es mit den
sonstigen Prinzipien im vollen Einklang, dass neben dem athe-
matischen Indikativ ein ''thematischer" Konjunktiv steht. Aller-
dings sind Akzent und Ablautsstufe der ersten Silbe nicht
normal, aber das kann auf Ausgleichung beruhen. Formen
wie matsatij vdkiatiy sakiati, vakiathas, yakäathas mflssen
sogar auf solchen mit Betonung der zweiten Silbe beruhen,
da sie keine Dehnstnfe zeigen. Dasselbe gilt von griech. fiSerc,
di|i€c8€, die futurische resp. imperativische Bedeutung haben.
Aber es sind im Indischen wenigstens ein paar regelrechte
Formen erhalten in dirkäass und prkSase. Diese Formen mussten
natnrgemäss futurische Bedeutung haben, da diese mit der
punktuellen Bedeutung auf das engste verknüpft ist, und
ich sehe keinen Grund, weshalb nicht in dem griechischen
Futurum diese Formen regelrecht erhalten sein sollen. Wir
müssen einerseits betonen, dass sich von dem j im Griechischen
keine Spur findet, und dass andrerseits das sja-Futurmw im
Rgveda noch sehr selten ist, es kommen im Ganzen nur 17
Formen vor. Die Formen nehmen zwar später sehr zu, aber
das weist doch darauf hin, dass wir es im Indischen mit einer
neuaufkommenden Formation zu thun haben. Ich kann zwar
den Ausgangspunkt nicht nachweisen, aber vielleicht entdecken
wir noch den Grund, durch den -;- in das «-System eingedrun-
gen ist. Jedenfalls könnte man die Formen ai. vakiydmi^
yak§yämana, asiSyänt, vidhäksydnt als ganz regelrechte For-
men betrachten ; da a hier gleich schwachem e sein kann und
der Akzent regelrecht auf dem thematischen Vokal liegt,,
so sehen diese Formen wie regelrechte Aoristpräsentien zu
-/yo-Stämmen aus.
Die Reste des alten «o-Aoristes, dessen unaugmentiert^
Kleine grammatische Beiträge. 219
Form fntnrisch verwendet werden musste, liegen noch im ai.
-«a-Aorist vor, der natürlich wieder keinen Konjunktiv bilden
kann. Ich halte von dem «a- Aorist nur die augmentierten
Formen für jung, während die unaugmentierten, injunktivi-
schen, sehr wohl alt sein können.
5. Gr. övivTiiLii.
Das griechische Yerbum övivriiii, das sonst den Stamm
ovo zeigt (dvric€i, övrica, dv€iap), ist von Wackemagel Das Deh-
nungsgesetz der griech. Komposita S. 50 behandelt, und in ö-,
»ehwache Form zu üb-, Wurzel vä in ved. na-thäm 'Hilfe*,
a-nä'thdm 'Schutzlosigkeit*, vgl. na-dhamanas 'um Hilfe fle-
hend', na-dhitäs 'hilfsbedürftig' zerlegt. Soviel ich sehe,
stimmt nur Solmsen KZ. 32, 289 dieser gewiss möglichen Kom-
bination bei. G. Meyer Gr. Gr.' 573 hält övivti|lii dagegen noch
für etymologisch unklar. Brugmann äussert sich, soviel ich
sehe, nirgends über das Wort und Prellwitz versieht es im
etymologischen Wörterbuch mit einem Fragezeichen. Meine
Erklärung deckt sich z. T. mit der Wackernagelschen, fasst
aber doch einiges anders auf.
Wackernagel sieht in övivtdlii ein redupliziertes Präsens,
was ja möglich ist, man kann aber in övivrim auch ein Prä-
sens mit Nasalinfix sehen nach der indischen neunten Klasse.
Einen ähnlichen Gedanken hatte schon J. Schmidt KZ. 25,
48 Anni.
Dann erhalten wir als Basis onicl^ und als volle Form,
falls das o ein Präfix ist, neja. Diese Basis liegt zweifellos
im Indischen vor in wf 'führen, leiten'. Die Formen sind
tadellos in Ordnung, und weisen mit Sicherheit auf eine sef-
Basis, Part, nitäs, nitU 'Führung, Handlungsweise'. Der Aorist
aneifa wird aus anayiifa kontrahiert sein, usw.
Die Bedeutungsentwickiung bereitet keine Schwierigkeiten.
Grassmann gibt an 1. jemand führen, leiten, häufig mit dem
Nebenbegriff' des Schutzes oder Heiles; 2. insbesondere
parallel mit tra; 3. jemand (A.) wozu (D.) führen, ihm dazu
verhelfen' usw. ati-nl heisst 'jemand fördern, vorwärts bringen'.
Die griechischen Bedeutungen von övivrim lassen sich
daraus vortrefflich entwickeln. Man vgl. z. B. ei iroTe br| ce
M€t' dGavÄTOiciv övrica, f| firei, f\ fpTU) 'wenn ich dich geför-
dert habe' und viele andere Stellen.
220 H. Hirt,
Was die aufgestellte Gleichung noch schlagender macht,
ist, dass im Indischen auch dieselbe Präsensbildung wie im
Griechischen vorliegt. Wir finden in RV. ninithds, und niniyOt
181,1, 604,2, 911,23. Grassmann fasst diese Formen als
Perfekte auf (2 Du. Konj. und Opt.), Whitney zieht sie da-
gegen zum Präsens der dritten Klasse, vereieht diese Deutung
allerdings mit einem Fragezeichen. Die Bedeutung ist aber
sicher präsentisch. 181, 1 heisst es: kdd u preifhäv Uäm
raylndm adhvarydnta ydd unninithö apdm. Grassmann
übersetzt: "Was ists, o Liebste, was ihr aus den Wassera an
Trunk und Reichtum dienstbeflissen herführt?** 604, 2: svär
ydd dSmann adhipd u dndhö 'hh( md vdpur dridyB niniyat,
das Grassmann ttbersetzt: "Was schön als Licht und dunkel
prangt am Himmel, das führe mir der Herrscher her zum
Schauen*'. 911,23: sdm aryamd sdm bhdgö nö ninlyat särii
jäspatydrh suydmam astu deväh, Grassmann: "Arjaman und
Bhaga mögen uns insgesammt geleiten, leicht zu verwalten sei
der Hausstand".
Wie man aus diesen Stellen ereehen kann, ist die Be-
deutung entschieden terminativ, jedenfalls nicht iterativ, wenn-
gleich es mir zweifelhaft ist, ob die Präsensbedeutung der
reduplizierten Verben iterativ war.
Ist unsere Vergleichung richtig, so haben wir in ninithas
und övivTijLii das bekannte Ablautsverhältnis, das sich auch
sonst findet. In 7iim- läge ausserdem eine sehr altertümliche
Form vor. Denn bekanntlich bilden die Stämme auf -f das
Nasalpräsens im Indischen mit langem l. Dass dies erst se-
kundär ist, scheint mir in Hinblick auf pundtij sU^ndti usw.
ganz unzweifelhaft zu sein.
Einige Bemerkungen erfordert noch der Stamm 6vä. Wir
könnten annehmen, dass hier ein oveja vorliegt, und dass das
daraus kontrahierte ovri, das wohl in äol. övriap und hom.
ßveiap vorliegt, vgl. Brugmann M. ü. 2, 325 Anm., durch övi-
vä)Lii zu övä umgestaltet wäre. Aber es ist auch denkbar,
dass wir in övä V. II zu sehen haben mit idg. Schwund des
j nach n. Dieser Schwund scheint mir ebenso unabweisbar
zu sein, wie der des Wj wenngleich auch hier die Bedingungen
nicht näher zu ermitteln sind. Ich erinnere vorläufig an x^ckuj
'gähne, klaff'e*: lat. hisco, hidrey also wohl aus gh(j)dy an lat.
suOf spuo, vgl. Brugmann Grd.* I, 250 und die dort zitierte
Kleine grammatische Beiträge. 221
Litterator. Mit dem bloBsen Skeptizismus kommt man hier
wie sonst natürlieh nicht weiter. Vielleicht gehört hierher gr.
mirpacKU) zu iTpiacOai, ai. krinämij aus Tr€TTp(j)äcKUJ. Die Be-
dentnngsentwicklnng 'kaufen — verkaufen' macht kaum eine
Schwierigkeit, da das Kaufen ursprünglich ein Tauschen ist,
und ans diesem Grundbegriff sich die Bedeutung nach beiden
Sichtungen entwickeln kann.
Darf man also na aus nja erklären, so können wir auch
Wackemagels Heranziehung von ai. natham usw. gelten lassen,
und es wäre dann diese Auffassung entschieden vorzuziehen.
6. Zur Behandlung der 8-Verb in düngen im
Griechischen.
Formen, die man lautgesetzlich nicht erklären kann, lässt
man gern durch Analogiebildung entstehen, oder man lässt
sie tlberhaupt laufen und hilft sich mit ''unbekannten" Bedin-
gungen. Zu solchen Dingen gehört auch der vielfach anor-
ganisch auftretende Spiritus asper im Attischen. Indessen hat
hier die Zeit in vielen Fällen die lautgesetzliche Ratio er-
kennen gelehrt. Sehr interessant ist es, dass iutervokalisches
8 noch als Spiritus asper erscheint: so in Upöc = ai. iiiraSy
zunächst aus iherösj ?uic ans ehös usw., vgl. Kretschmer KZ.
31, 421.
Auf ähnlichem Wege, d. h. aus Einwirkung eines im
Wortinnem vorhandenen Hauches, der aus s entstanden ist,
lassen sich noch mehrere sogenannte Ausnahmen erklären,
wobei ich den Spuren Kuhns KZ. 2, 260 und anderer folge,
vgl. Curtius Grd.* 689. Die Verbindungen am und sn wer-
den im Attischen bekanntlich zu m und n mit Dehnung des
vorausgehenden Vokals. Ich nehme an, dass zunächst Am, hn
entstanden sind, und dass dann dieses h auf vokalischen An-
laut übertragen wurde.
Meine Beispiele sind folgende:
att. fiiieic, lesb. Äji^ec, ai. asma- aus ahme. Gewöhnlich
erklärt man den Spiritus asper durch Anlehnung an ujiieic.
att. fi^al stellt man zu ai. aste. Der Spiritus wäre also
nicht berechtigt. Er erklärt sich aus i^hjuai. Lautgesetzlich
sind fijLiai, fijiicOa, i^aiai aus fihaiai, niiiTiv, fiineBa, fjaio, niuevoc.
Die übrigen Formen sind ausgeglichen vielleicht unter Einwir-
222 H. Hirt,
kuDg von SZo^ai. Dies soll nach gewöhnlicher Annahme die
alleinige Ursache des h sein, wobei aber i^aiai übersehen ist.
Diese beiden Beispiele sind, weil analogische Einflüsse
möglich sind, nicht ganz sicher.
Unzweifelhaft sind dagegen:
?vvu)ii aus Fchvum, €l)idTiov, €I^a aus ehma, aber dcBTJc
Kretsehnier setzt das Umspringen des h nach den Schwund
des Digamma, wegen iöc: lat. vlruSy ?ap : lit. vasarä. Doch
braucht dies hier nicht angewendet zu werden, weil sich h
vor r und n länger als zwischen Vokalen gehalten haben
kann.
Klicpoc 'Sehnsucht' zu ai. iSmds 'Sehnsucht', vgl. Solmsen
KZ. 29, 72 aus ihmeros.
Ist unsere Regel richtig, so muss sie auch auf etinapTai
Anwendung finden, da hehm- zu ehm durch Dissimilation ge-
worden wäre. Man kann vielleicht auch noch f|viö, dor. avid
'Zaun' hinzufligen, das de Saussure mit ai. näst/am, nasya
'der dem Zugvieh durch die Nase gezogene Zügel' verbunden
hat, unter Annahme von langer Nasalis sonans. Brngmann
Grd. I* 421 leitet demnach die Form aus dvciä her, wobei,,
von allem andeiii abgesehen, der Spiritus asper unerklärt bleibt.
Ich selbst habe Abi. S. 177 dvciä als regelrechte dehnstufige
Bildung gefasst, wogegen dasselbe spricht, wie gegen Brug-
manns Erklärung. Lautgesetzlich würde am besten urgr. dcviä
anzusetzen sein, das regelrecht zu f^viä führen musste. dcviä
können wir aber sehr einfach aus *n8nia erklären, entsprechend
dem Verhältnis ti|li€ic: Jat. nos usw. Unsicher bleibt dies, so
lange keine äolisshe Form mit vv belegt ist. Von Ausnahmen
wäre €l)ii zu verzeichnen, das natürlich seinen Lenis von
icfi herübergenommen haben kann. Auf das h€)ii auf Thera
will ich keinen Wert legen, obgleich es an und für sich richtig
sein könnte, vgl. Thumb, Spiritus asper S. 20.
Sonstige gegenteilige Instanzen kenne ich nicht, doch
bedürfen noch zwei Worte der Besprechung.
oT^a hat Bezzenberger BB. 4, 334 mit av. aesma- 'Zorn,
impetus' verglichen. An und für sich kann die Gleichung
richtig sein, aber sie hat doch Bedenken gegen sich, vgl.
Wackernagel KZ. 30, 296 f. Auch wer die nicht teilt, ranss
doch darauf hinweisen, dass oT)ia und oi^diw episch sind, und
nach den Ausführungen von Wackemagel Vermischte Beiträge
Kleine grammatische Beiträge. 223
zur grieeh. Gramm. 5 daher mit Recht Psilosis aufweisen, vgl.
f)^ap neben f]\iipa.
Bei livoc dagegen schwankt Solmsen KZ. 29, 82, oh er
es aus Fösnos oder ?önos herleiten soll. Denn man muss die&
Wort nebst lat. venum zu ai. vaanas stellen. Andrerseits wird
slav. veno allerdings auf idg. toi-no zurückgehen. Aber der
Ausweg, den Solmsen einschlägt, um die Worte doch zu ver-
einen — er nimmt Wechsel von Sufl&x -sno und -no an — ,
scheint mir wenig dienlich. Solche Doppelsuffixe bei sonst
übereinstimmenden Worte bleiben doch nur ein Notbehelf. Ich
denke daher an den idg. Schwund des s vor Nasal, den ich
oben behandelt habe, zu denen sich Jivoc als gutes Beispiel
stellen würde.
Femer fiel Solmsen a. a. 0. das lesb. J^uijiiaTa Alkaio»
15, 6 Bgk.* auf, für das er liijixiiara lesen will, da die Ge-
minata auch nach langem Vokal im Leshischcn bleibt. Es
läge aber, wenn unsere Annahme richtig wäre, keine Nötigung
vor, Idjvr] und I6j^a auf gr. libcvr] und Idjcixa zurückzuführen.
Es könnte schon im idg. Schwund des s eingetreten sein.
Man sollte nun erwarten, dass derselbe Prozcss des Um-
springens der Aspiration auch in den Verbindungen sr, «/, sw
eingetreten wäre. Aber es lassen sieh hier keine sicheren
Beispiele auftreiben. Von aöpiov, ÄTXowpoc und €upoc ist es
nicht sicher, dass sie s verloren haben, da dieser Schwund
schon in das Idg. verlegt werden könnte, vgl. oben. Dasselbe
gilt von Ipic, das bei Brugmann Gr. Gr.^ mit ai. vUaya- 'Be-
reich, Umgebung' verglichen wird.
Für 8l käme nur iXa0i aus svda- in Betracht, das natür-
Uch nichts beweist.
sto dagegen liegt in f\vbavov vor, das mau doch nicht
anders erklären wird als elirö^riv, elpirov usw.
Eine Ausnahme wäre *öc 'der Pfeil', das man auf inicösf
zurückführen muss. Am ehesten ist wohl bei diesem Wort
daran zu denken, dass wir es mit einem Worte der Diehter-
gprache zu thun haben, das daher regelrecht Psilosis hätte.
Ist das Gesetz, wie ich glaube, richtig, so lassen sich
daraus noch mancherlei Schlüsse ziehen.
Zu den mir stets unannehmbaren Voraussetzungen in
Bmgmanns Gr. Gr. gehört die Annahme, dass in den Gruppen
«r, «r, 8lj smy sn 8 hinter Vokalen im Urgriechischen stimm-
^4 H. Hirt,
haft geworden sein soll (Gr. Gr.* S. 124). Ein Beweis für
diese Annahme ist natürlich nicht zu führen, da zto, zr, zlj
zniy zn nirgends mehr vorliegen. Lantphysiologisch ist sie
wenig wahrscheinlich, da s sonst überall zu A wird — abge-
sehen von den bekannten Ausnahmen — und in einer Laut-
gruppe naswos s dieselbe Stellung einnahm wie in na-sos oder
wie im absoluten Anlaut. Wenn nun aber im Anlaut, woran
gar nicht zu zw^eifeln ist, diese Lautgruppen zunächst zu hwy
hjj hr, hl, hm, hn werden, so ist dasselbe für den Inlaut an-
zunehmen. Erhärtet und zur vollen Gewissheit erhoben wird
diese Annahme durch die Thatsache, dass sich der Lautwert
hvj hl, hm, hn selbst nach Konsonanten einstellt. Hierher
gehören die von de Saussure Mem. 7, 90 f. zuerst gedeuteten
Fälle wie Xuxvoc : av. raoxSna aus XuKhvoc ; vgl. dazu Walde
KZ. 34, 477 und Brugmann Gr. Gr.* 97. Im Gegensatz za
de Saussnre und Walde beschränkt Bmgmann die Regel, wie
ich aber glaube mit Unrecht, auf einige Fälle. Ich muss da-
her auf diesen Punkt noch einmal eingehen.
1. ksn zu xyf ist allgemein anerkannt. Es liegt vor in
Xuxvoc : lat. lärm usw., cuxvöc : ai. pratvakiänas 'sehr stark,
wirksam', dpdxvri : lat. aränea, Trdxvri 'Reif : pafc ; kuXixvti ;
KuXiE, TieXixvTi : TteXiKTi mit SuflSx -snä^ texvTi : ai. takian-,
lat. texere; zu irpöxvu vgl. Brugmann Gr. Gr.* 571. Neben
4er dort vorgeschlagenen Kombination kann man irpöxvu auch
mit lat. pvönus verbinden, das man gewöhnlich aus prödnos
erklärt, vgl. Brugmann Grd. 2, 137, Sommer IF. 11, 2; an-
ders Solnisen Stud. 97. Jedenfalls ist irpöxvu aus proksnu
entstanden.
Ich bin auch geneigt gr. Xdxvri 'wolliges, krauses Haar',
Xdxvoc 'Schaafwolle* mit lat. läna zu verbinden, wenngleich
man dieses gewöhnlich mit got. wulla, lat. vüna, abg. vhna,
ai. üryiä und gr. Xdvoc zusammenstellt. Das eine schliesst
aber das andere nicht aus. Man muss eben mit beiden Mög-
lichkeiten rechnen.
Für den Anlaut ist xvauuj : ai. kSnäuti 'schleift, wetzt'
ein ganz sicheres Beispiel.
2. ksm zu XM- Diesen Übergang lässt Brugmann a.a.O.
unentschieden, alle anderen Forscher sprechen sich dafür aus,
fio de Saussure, Walde, Kühner-Blass Gr.^ 1, 256, G. Meyer
Gr. Gr. ^ 2«4, Hofifmann Gr. D. 3, 604. Sie stützen sich dabei
Kleine grammatische Beiträge. 225-
auf Fälle wie irXoxiiöc neben ttX^kuj, Iujxmöc neben iiuKri, bpaxiiin
neben bpä£, ion. irpfixiia neben irpfiTna, ^ujxiliöc neben ^r|YVU|Liu
In allen diesen Fällen wird man doch lieber Suffix -smo al&
Analogiebildung annehmen. Walde fügt das ^insicbere' aixMiT
Xanzenspitze' : lit. eszmas, jeszmas 'Bratspiess' hinzu. Doch
ist dies eher auf aiksmos als auf aikhmos zurückzuführen.
Eine sichere Herleitung von dKaxinevoc weiss ich nicht anzu-
geben. Aber da wir sonst äKic^ dKri^ dKuiKrj, äKjLiri finden und
eine analogische Einführung des x nicht erkennbar ist, so wird
man auch hier an eine Grundform "^äKaKC^^voc denken dürfen.
Die durch s erweiterte Basis liegt doch wohl in öEuc vor. a
und o lassen sich entweder durch die Annahme von Ablaut
vereinigen, oder 6Ei5c ist aus *flfc«t^« erst im Griechischen ent-
standen.
Gegenüber allen diesen Beispielen stützt sich Brugmann
auf das einzige T^Kinap 'Zeichen, Merkmal', das er zu av.
cmmafni 'im Auge' und ai. cdkä-aU 'sie sehen' stellt. Aber
diese Vergleichung scheint mir nicht schlagend genug zu sein,,
um eine verschiedene Behandlung von Tcsm und ksn zu er-
weisen. Uhlenbeck EWB. stellte cäJciate zu cäife 'erscheint^
sieht, erblickt', und dann würde das s erweiternd sein, es
könnte also im Griechischen recht wohl die «-lose Form vor-
liegen. Aber die Vergleichung von gr. rex^ap und av, casma^ni
ist wegen der Flexion bedenklich. Man denkt bei dem -iiiap-
und -ma'w- zunächst an den Wechsel von r- und w-Flexion,
die wir sonst finden. Aber dieser W^echsel ist nur bei pri-
mären Bildungen belegt, während das m in TeKjiiap doch
ein ableitendes Element sein müsste. Ausserdem zeigt -^ap
Ablaut; homerisch heist es x^K^up und später steht daneben
noch T€K)iripiov, so dass es nahe liegt in r^Kiiiap ein Kompo-
situm zu sehen und den ersten Teil mit ai. takti 'stürzen^
laufen* zu verbinden. Jedenfalls scheint mir das Wort nicht
genügend beweiskräftig zu sein, um gegenüber den anderen
Instanzen in Betracht zu kommen.
3. ksl zu x^ wird auch von Brugmami anerkannt. Vgl.
^uxXöc : alb. munk 'Maulesel', lat. mülus. Man kann wohl
mit Prellwitz EWB. ^oxXöc 'Hebebaum, Hebel' hinzufügen, in-
dem man es zu |li6toc stellt. Auch könnte man dxXuc 'dunkel',
das zweifellos zu idg. nokt gehört, aus akslus herleiten, doch
treffen wir x auch in irawiixioc u. a., wo es noch unerklärt ist.
^6 H. Hirt,
4. 1c sr zn X9' Diesen Übergang lehnt Brugmann still-
schweigend ab. Aber die Verbindung von ßXtixpöc 'schwach*
mit iLiaXaKÖc und ßXdE, so wie die von \ixpic 'schräg', X^xP^oc
mit gr. Xo£öc, lat. luxus scheint mir unbedenklich zu sein.
Das eigentümliche XiKptcpic erklärt sich aus *Xtxpi<pic durch
Dissimilation der Hauchlaute. In diesem Fall gehört das s
zum Stamm, und daher ist das Beispiel ganz sicher.
Also wird s nach k vor allen 4 Sonorlauten zu A, wie
wir nicht anders zu erwarten haben, und dasselbe Ergebnis
ist auch für die ^«-Verbindungen vorauszusetzen.
5. ps 71 zu cpv. Brugmann stellt juöpcpvoc, aus ursprüng-
lichem *morky^8no8 : aisl. miqrkue 'Finsternis*, hierher. Er
scheint aber den Fall zu der ersten Kategorie zu rechnen,
weil der Labial aus dem velaren Guttural entstanden ist; das
hat aber hier nichts zu bedeuten, da der Übergang zum Labial
jedenfalls älter ist als der Übergang des s zu h.
Man kann daher weiter auch aTq)VTic, Öaiq)VTic hierher-
ziehen, indem man es, wiewohl allgemein geschieht, mit alipa
verbindet. Ist die weitere Heranziehung von ai. pra-yaki 'vor-
wärts eilen* richtig, vgl. Prellwitz GB. s. v., Brugmann Gr.
1 *, 492, so gehörte s hier wieder zum Stamm, und dann liegt
es weiter nahe, aTipa direkt aus aipsn oder aipsrii herzuleiten,
wobei ja allerdings d£aicpvr|c seiner Natur nach immer noch
nicht recht klar ist.
ßpcpvT] 'Finsternis*, öpcpvaioc, öpcpvöc 'finster* stellt Prell-
witz zu ^opcpvöc. Das hat aber seine lautlichen Schwierig-
keiten. Ich habe es Ablaut Nr. 571 nach Noreens Vorgang
mit aisl. iarpr 'braun*, ahd. erph verbunden, was indessen
auch nicht sicher ist. Untadlig ist jedenfalls die Herleitung
aus orpsnos und die Verbindung mit fpeßoc, got. riqis durch
Schwebeablaut.
6. Für psm giebt es keine Beispiele, weil vorauszu-
setzendes cp^ im Griechischen zu jiji assimiliert ist.
7. Auch die Behandlung der Lautgruppe psl lässt sich
nicht feststellen, weil kein einschlägiges Beispiel zur Ve^
ftlgung steht.
8. Sicher ist dagegen p8r zu cpp geworden, x^cppä
'Asche* verbindet v. Planta osk. umbr. Gr. mit nmbr. tefra
'carnes, quae cremantur*, osk. tefürum 'sacrificium*. Brug-
Kleine grammatische Beitrage. 227
mann Grd. V 174, 763, Gr. Gr.» 98 hält diese Gleichung nicht
für ganz sicher.
Wohl aber wird man criqppöc mit ciißapoc verbinden,
und jenes aus stipsros herleiten dürfen.
In den Verbindungen -ts + r, 7, m, 7i wurde bekanntlich
t an das s assimiliert, so dass wir hier keine Verhauchung
erwarten können.
Wenn nun auch für psm und psl keine Beispiele zur
Verfügung stehen, so wird man doch nicht anstehen, für alle
Fälle einen einheitlichen Lautwandel anzunehmen, da die Be-
schränkung auf Einzelübergänge keinen Wert hat. So leicht
auch sonst Irrtümer durch falsche Verallgemeinerung von Laut-
übergängen entstehen können, hier halte ich die Möglichkeit
hierfür für ausgeschlossen, da sich die Entwicklung von 8 in
diesem Fall ganz in den allgemeinen Rahmen fügt.
Brugmann ist zu seiner auf den ersten Blick ganz son-
derbaren Annahme offenbar durch das Äolische gekommen,
wo an Stelle der erwähnten «-Verbindungen überall Doppel-
konsonanz vorliegt. Diese Doppelkonsonanz soll in andern
Dialekten mit Ersatzdehnung vereinfacht sein. Aber diese
Annahme führt uns zu weiteren unübersteiglichen Hindernissen.
Denn eine ganze Anzahl von Doppelkonsonanten werden im
Attischen vereinfacht, ohne Ersatzdehnung ji^coc, andere blei-
ben bestehen (äXXoc), in welche Zeit soll man dann diese Er-
scheinung verlegen? Ich will hier auf die Unmöglichkeit eine
geeignete Chronologie zu finden, gar nicht eingehen, da es ja
absolut unerwiesen ist, dass die äolischen Formen die Vor-
stufen der attischen und der andern Dialekte sind. Man kommt
vielmehr weit besser aus, wenn man die äolischen Erschei-
nungen im Zusammenhang mit andern dieser Sprachgruppe
betrachtet. Zunächst ist aber nichts einfacher als anzuneh-
men, dass die Dialekte, die Ersatzdehnung für sn usw. haben,
dazu über kn, hm gelangt sind. Att. eijui erklärt sich aus
^mij wobei die Dehnung durch Verschiebung der Silbengrenze
£-ami zu eh-mi bewirkt sein kann. Diese Verschiebung der
Silbengrenze ist aber eine besondere Eigentümlichkeit des
äolischen Dialektes. Ich brauche nur an €Öib€ und andere
Formen, vgl. Hoffmann Gr. D. II, 435, zu erinnern. Hoffmann
hat die Sache schon ganz richtig gedeutet, indem er euabov
ans kFabov über dhFabov dFFabov zu euabov werden lässt.
228 H. Hirt,
Es ist dies derselbe Vorgang, durch den im Germ. ahd. aue
aus a-wia entsteht (über awwiä). Im Äolischen ist also ent-
sprechend der Psilosis das h auch hier geschwunden, und
dann Dehnung des Konsonanten eingetreten.
Derselbe lautliche Prozess liegt auch vor, wenn statt des
att. dpYiipiov im thess. dpipippoi erscheint. Auch hier werden
wir zunächst eine Silbentrennung dp-Yu-piov anzusetzen haben.
Durch Verschiebung der Silbengrenze entstand dpTup-piov,
worauf das j schwand. Zahlreiche andere Erscheinungen des
Äolischen erklären sich durch diese Verechiebung der Silben-
grenze. Auch lesb. kt^vvuj, qpOeppu) sind nicht die Vorstufen
von ion. att. ktcivu).
Und nun dürfen wir noch einen Schritt weiter gehen^
und die Frage aufwerfen, ob denn s zwischen anderen Kon-
sonanten in irgend einem Falle spurlos geschwunden ist. Brug-
mann formuliert Gr. Gr.^ 126 die Regel folgendermassen:
"Während in den Gruppen kck, kck, ttctt, ircq) dissimilatorisch
der erste Konsonant schwand und in der Gruppe tc-|- kons.T
dem c assimiliert wurde, ist sonst c zwischen Konsonanten,
wenn der erste Laut der Gruppe nicht ein Nasal und der
Schlusslaut der Gruppe nicht % oder '^ war, ausgedrängt wor-
den". Das ist nun in der That richtig für dcTrdpGai, dcxdXGai,
dp^evoc, TTT^pva, wenn wir das historische Ergebnis ansehen,
aber wir können zunächst nicht sagen, ob nicht auch hier der
Weg kTraphGai, TiTephva usw. gewesen ist. Ich bin geneigt,
dies zu bejahen, indem ich mich auf ^pxojiiai stütze, das Prell-
witz ohne weiteres gleich ai. rcchdti setzt. Dieser Ansicht
hat sich auch Delbrück Grd. 4, 61 angeschlossen, bewogen
durch semasiologische Rücksichten, und Walde ist KZ. 34, 478
der gleichen Ansicht ^). Nun hat aber das Suffix -sko im Grie-
chischen nur diese Gestalt, -skTio scheint mir unbelegt zu sein.
Tidcxuj findet seine Aufklärung durch das -& in 7rd0oc (Brug-
mann Gr. 1* 625, Gr. Gr.^ 96), und so bliebe einzig fpxoMoi
übrig. Nehmen wir aber an, dass ersko zu erhko geworden
1) Gr. Mej'er EWß. der alb. Sprache hat gr. ^pxofnai zu alb.
erda 'ich kam' gestellt, und H. Pedersen hat sich KZ. 36, 335 für
diese Gleichung ausgesprochen. Aber abgesehen von einer kleinen
lautlichen Unregelmässigkeit, stimmen die Bedeutungen nicht ganz,
erda ist Aorist zu vin 'kam', während ^pxo^iai in seiner Aktionsart
vortrefflich zu ai. fccTiati stimmt.
Kleine grammatische Beiträge. 229
isty so konnte der tonlose Hauch sehr leicht auf das k über-
gehen. Ein anderes Beispiel für diesen Lautwandel weiss ich
freilich nicht anzuführen, vielleicht gelingt es einem andern,
ein solches zu entdecken. (Ist das bei Aristoteles belegtes
dpxöc zu öppoc zu stellen, aus arskös?)
Die gegenteiligen Instanzen, namentlich das von Osthoff
IF. 8, 10 ff. behandelte Trapidbec sind sehr unsicher, da wir
es hier mit Zusammensetzung zu thun haben. 'AXeKTcup, das
Kretschner KZ. 33, 561 aus dX^E-imp herleitet, kann sein s
schon idg. verloren haben oder zur 6*-losen Basis gehören, was
im Grunde vielleicht dasselbe ist. Nun soll aber fi geschwun-
den sein in Formen TrdXio, dXxo, wo wir 7TdX0o usw. erwarten
müssten. Ich will hier nicht auf die Wirkung der Analogie
rekurrieren, ich glaube vielmehr, dass in €|li€ikto, bexio usw.
schon idg. ^-lose Formen vorliegen. Dass s zwischen zwei
Verschlusslauten im Idg. geschwunden ist, liat Osthoff M. ü.
4, 329' wegen ahd. sehto wohl mit Recht vermutet. Sehen
wir von diesen Formen ab, so erklären sich solche wie T^TpdcpOai
sehr einfach aus T€TPCi7rh0ai, Brugmanns öcp8aX|Liöc aus Ö7Th0aX-
Höc (Ber. d. sächs. Ges. d. W. 1897, 32 ff.), ^cp06c : gipo^ai
aus dTrhxöc; vgl. Walde KZ. 34, 478.
Man kann also für die Behandlung des griechischen s
die Kegel aufstellen: s ist in allen Stellungen ausser in der
Verbindung mit f, p. Je und im Auslaut zu h geworden, das
später vielfach schwand.
7. Gr. 'i'tiilii = lat. jacio.
Die Ansicht, dass gr. iTiiiii zu idg. se 'säen' gehört, scheint
heute ziemlich allgemein durchgedrungen zu sein. Sic wird
vertreten von Prellwitz EWB., von Brugmann Grd. u. v. a.
Ich glaube aber, dass in diesem Fall Curtius im Recht war,
der iT]Mi mit lat. jacio verbunden hat (Philologus 3, 5, KZ.
2,400, Grd. ^401). Wieder aufgenommen ist Curtius Ansicht
von Brial an einer Stelle, die ich nicht mehr auffinden kann,
and von Bartholomae KZ. 27, 355.
Meine Gründe, mich für Curtius auszusprechen, sind fol-
gende :
idg. s€ 'säen', lat. serOy stti, got. saian, ir. sil 'Same',
Ut. seju, abg. sejq hat in allen vier Sprachgruppen die Be-
deutung 'säen' und keine andere. Dass diese aus der von
Indogermanische Forschungen XII 3 u. 4. 16
230 H. Hirt
j
'werfen' hervorgegangen ist, wäre ja an und für sieh denkbar,
aber es ist nicht zu beweisen, und beruht im Grunde nur
darauf, dass man die Indogermanen nicht fUr Ackerbauer hielt.
Ist aber der Ackerbau, wie ich Geogr. Zeitschr. 4, 381 aus-
einandergesetzt habe, uralt, so fällt auch damit die Wahr-
scheinlichkeit des Bedeutungswandels unseres Wortes. Muss
bei dieser Annahme der Bedeutungswandel für vier grosse
Sprachgruppen erst erschlossen werden, so stimmen auf der
anderen Seite jacio und \x\\i\ morphologisch und semasiologiseh
ganz genau.
fJKe 'warf ist direkt gleich jecit. Man vgl. 11. 4, 498:
6 b' oux' fiXiov ß^Xoc f|K€v, wo man direkt mit j^cit übersetzen
kann. Aber auch in ttbertragener Bedeutung stimmen die
Worte. So heisst es öira xe lueTÖtXTiv dx ciriBeoc i€i kqi firea,
IL 3, 221, Od. 12, 192, Gpnvov ^x cTneeuiv f^cav Sept. 847,
KiüKUTÖv levai Soph. Ai. 838, )LiTib€|Liiav cpujvf|v \dvai Her. 2, 2
usw. Im lateinischen wird jacere ganz entsprechend verwen-
det : assiduaa querelas jacere Cic, Huspicionem jacere Cic,
quod jacis obscure usw.
Den stärksten Beweis aber für die Identität der Worte
sehe ich darin, dass sie beide mit den gleichen Präpositionen
verbunden werden. War auch die Verbindung von Präposition
imd Verbum im Idg. noch nicht ganz fest, so muss es immerhin
schon eine Anzahl von Verbindungen mit typischer Bedeutung
gegeben haben. Dass irmi und jacere mit den gleichen Prä-
positionen verbunden werden, spricht für ihre Identität und
dafür, dass diese Verbindungen voreinzelsprachlich waren.
dcpiri.ui heisst 'wegwerfen', öiiXa Plato Leg., lat. scutum
ahicere, ÖKOvia, ?tXOc, Kepauvov dcpi^vai Hom., lat. fela ex
vaUo ahicere\ t\\v ^^V\>f dcpi^vai Mie Seele aushauchen' Her.
4, 190, lat. vitam ahicere. dvirmi : Tröp vriuciv II. 12, 441,
lat. ignes (sc. in domum) inicere Cic, exhausths tecti*t ignen
Liv.; jLievoc tivi dvidvai, lat. alci metum inicere Caes., speni
inicere. dcpirmi und ahicere stimmen nicht ganz, aber es gibt
auch hier Berührungspunkte.
TTpoiTim : boXixöcKiov ?TX0C TTpoidvai, arma projicere, heisst
auch gr. 'Menschen hinaussenden', lat. 'hinauswerfen', didpouc
Tipoieiv, lat. aliqtiem foras projicere; wir finden ferner die
übertragene Bedeutung 'preisgeben' xp^mct^a Tipoi^vai, iamöv
itii Ti, eic Ti, lat. legiones projicere usw.
Kleine grammatische Beiträge. 231
Ganz merkwürdig ist die übereinstimmende Bedeutung
bei cuviimi und conicere, ersteres 'vernehmen, hören, wahr-
nehmen, bemerken, verstehen*, lat. '(aus dem Wahrnehmen)
erschliessen, erraten'.
Diese Übereinstimmungen seheinen mir so frappierend
zu sein, dass man an der Identität der Worte nicht zweifeln
kann.
Formell haben wir von je auszugehen. Davon wird ein
fJKe = lat. j^cit gebildet, und von dieser Form aus ist das c
im Lateinischen verallgemeinert, jacio : jeci wie facio : feci,
8. Beispiele zum griechischen Schwebelaut.
Ich führe im Folgenden eine Reihe von Etymologieen
an, die als Illustrationen für den Ablaut zweisilbiger Basen
dienen mögen.
Gr. Tipujiva : TteTpap.
TTpuiiva, ion. irpuiiVTi 'das Hinterende des Schiffes* wird
von Prellwitz EWB. s. v. zu gr. Tip^iiivov 'das dicke Ende' ge-
stellt, wie dies schon Curtius Grd.^ 715 gethan hat. Hierbei
bereitet indessen der Vokalismus Schwierigkeiten. Denn ti als
schwacher Vokal der e-Reihe und vor allem vor m ist mir
nicht erwiesen. Es ist indessen auch nicht nötig, zu dieser
Anomalie seine Zuflucht zu nehmen, u kann auch echtes u
sein, und dann würde pru SS. zu einer Kttm pereu sein. Als
V. I gehört dazu peru, und dies liegt deutlich in honi. Tieipap,
att. TT^pac, Grundform irepFap 'das Ende, das Äusserstc' vor.
Gr. fiXeupov : ahd. 7nelo,
Diese Gleichung ist ja im Prinzip längst anerkannt, aber
den regelrechten Ablaut, der in den beiden Worten steckt, hat
man noch nicht erkannt, ahd. meloj g. melwes ist V. I zur
Basis meleu, gr. äXeupov aus mleu-ron bildet dazu die zweite
V. Wie sich dazu lat. molo, ahd. malan usw. verhalten, lässt
sich nicht entscheiden. Möglich ist auch hier idg. Schwund
des w.
Gr. TioiF^uj, ai. cinömi und seine Sippe.
Die von Brugmann (Ber. der sächs. Ges. der Wiss. 1889
S. 36 if.) herrührende und ausführlich begründete tadellose
232 H. Hirt,
Gleichung gr. ttoi^id zu ai. cinömi ist mir leider bei der Ab-
fassung meines Ablauts entgangen. Wäre dies nicht geschehen,
so hätte ich das § 493 aufgestellte noch ganz anders sttltzen
können. Ich will dieses Versäumnis gut machen, indem ich
den Ablaut dieser ganzen Sippe darlege.
Betrachtet man ttoiF- und cin-ömi vorurteilsfrei, so liegt
hier ein sicherer Fall von Doppelablaut und Nasalinfigierung
vor. TioiF verhält sich zu ai. ci-ö, wie gr. yövu zu got. kniu usw.,
d. h. das F des griechischen Wortes gehört zur Basis. Die
idg. Grundform ist also k^ojeu. Hierzu wird man als Voll-
stufe II unbedingt ai. cyävaUy gr. ceüui stellen dürfen. Für
cyu setzt Grassmann als Bedeutung an "1. schwanken, in Be-
wegung geraten; 2. sich regen, sich rühren, geschäftig sein;
3. erschüttern; 4. ins Werk setzen, schaflFen". Ich brauche
kaum zu bemerken, wie nahe sich Bedeutung 2 und 3 mit
Tioieiü berührt. Gr. ceOuj scheint in der Bedeutung etwas ab-
seits zu liegen. Aber wir finden eine, wie es scheint, ursprüng-
lichere Bedeutung in att. TeuidJ^ui 'sich mit etwas eifrig be-
schäftigen*, T€u^do|Liai 'betreiben', wo die Ähnlichkeit mit iroieu)
zu Tage tritt.
9. Metathese von r im Griechischen und die
Vertretung von r.
Bekanntlich wechseln im Griechischen ap und pa als
Vertreter der sogenannten r. Diese doppelte Entsprechung
derselben indogerm. Lautgruppe zu erklären, hat Kretschuier
KZ. 31, 381 unteniommen. Er veraiutete, dass r zu ap ge-
worden sei, wenn es betont war. Aber mit dieser Ansicht ist
zweifellos nicht glatt durchzukommen. IF. 7, 156 habe ich
einen andern Versuch gemacht, der indessen auch nicht über-
zeugend war. Beim weitern Verfolg der Ablautsfragen und
bei einer erneuten Lektüre der gortynischen Inschrift kam es
mir aber zum Bewusstsein, dass wir es in einer Reihe von
Fällen bei diesem Wechsel mit einer rein griechischen Er-
scheinung zu thun haben, nämlich mit Metathesis. Jedermann
weiss, dass ags. hors gegenüber ahd. hros auf einer solchen
Metathesis beruht, und diese Erscheinung ist überhaupt in
keiner Sprache selten. Allerdings kann man bei diesem Vor-
gang, der auf einer Art Versprechen beruht, gewöhnlich nicht
von einem Lautgesetz reden, da die Bedingungen für einen
Kleine grammatische Beiträge. 233
solchen Wandel sehr individuell sind, aber immerhin ist auch
hier oft eine weite Verbreitung und eine gewisse Gesetzmässig-
keit nicht zu verkennen. Auf griechischem Boden ist indessen
die Annahme von Metathese^ seit Sigismund Curt. Stud. 5, 187 flF.
darüber gehandelt hat, in Miskredit gekommen, weil durch
die Annahme von r ganz andere Erklärungsmöglichkeiten ge-
boten wurden. Aber in den Dialekten sind doch allmählig
eine Keihe von Formen aufgetaucht, die uns zwingen zu dem
älteren, missachteten Erklärungsprinzip unsere Zuflucht zu
nehmen.
Die Metathese hat ihren Mittelpunkt auf Kreta; sie ist
hier vor allem reichlich belegt in der Inschrift von Gortyn,
und an dieses Zentrum, in dem ziemliche Regelmässigkeit zu
herrschen scheint, schliessen sich andere entferntere Glieder
mit weniger Beispielen an.
Zimächst ist TTopii fünfmal auf der Inschrift von Gortyn
belegt gegenüber sonstigem irpöii = ai. präti. Brugmann
meinte noch Gr. Gr. ^ S. 219: "Diese Form wird durch den
Hinweis auf gelegentliche Metathesen wie 'Aqpopbiia (Cauer
D.* Nr. 121 A. 27) neben 'Aqppobiia (auf der Bergmannschen
Inschr. Z. 79) nicht genügend erklärt". Diese Ansicht hat
er auch Grd. 1* 436^ noch festgehalten; Gr. Gr.^ S. 81 er-
kennt er aber die Metathese an. Auch pamphyl. TrepTi rechnet
er mit Kretschmer KZ. 33, 266 jetzt hierher, vgl. äol. Trpec,
was in Hinblick auf die in pamphylischen Inschriften belegten
Formen wie 'Aqpopbicuuc, 'Aqpopbicia durchaus wahrscheinlich
ist. Diese Form kehrt als 'Aqpopbiia auf Kreta in der Schwur-
inschrift von Deros s. o. wieder, und sie bietet demnach das
zweite Beispiel einer Metathesis von po zu op. Soweit ist
Kretschmer schon gegangen. Aber hier ist er wie Brugmann
stehen geblieben. Zwar sagt jener Forscher KZ. 33, 473, man
könne hinsichtlich der gort. Formen Kdpiujv, OiXöcxapTOC zwei-
feln, ob sie nicht erst durch Metathesis entstanden seien, aber
in Bezug auf xdpTOC : Kpaxuc, 0dpcoc : Gpacuc verweist er auf
i?eine Erklärung KZ. 31, 392, und Brugmann schliesst sich dem
Gr. Gr. 3 81 Anm. 2 an.
Es ist aber gar nicht einzusehen, warum ein pa nicht
zu ap werden konnte, wenn po und pe zu op und ep wurden.
Thatsächlich sind denn auch im gortyn. Dialekt fast nur
Formen mit ap, und kaum solche mit pa belegt.
234 H. Hirt,
Gesetz von Gortyn V 5 heisst es al0[a]XeücTapTOc gegen-
über gemeingr. cxparöc, das auch Kretschmer KZ. 31, 392
gleich ai. strtas setzt. Es lag bis jetzt ausserordentlich nahe,
hierin den bekannten Wechsel von ap und pa zu sehen. Ich
kann es aber nicht mehr thun, weil cipaiöc zu der zwei-
silbigen schweren Basis sterö gehört, vgl. ai. stfndti, stlrndsy
gr. CTpu)TÖc, lat. strattiSy daher muss cipaiöc = idg. strdtös
sein, vgl. Verf. Idg. Ablaut 69 f., 84 f. ciapToc ist denn auch
im wesentlichen auf Kreta oder in dorischen Dialekten belegt.
Hesychs Glosse cidpior a\ idEeic toö ttXiiGouc lässt sich nicht
lokalisieren, wir dürfen sie aber nunmehr dem oben genannten
Dialektgebiet zuweisen, ol ciapioi finden wir in Lyttos, Bull,
de corr. hell. 13, 61 ; feiner OiXöciapioc als kretischen Eigen-
namen, Zidpioqpoc (Cauer D. * 148 C. 20) in einer Inschrift aus
Thera, ZiapTÖveiKOc in einem Epigramm aus Galatien CI6.
4137, Kaibel Epigr. 4042. 4.
Auf der Inschrift von Gortyn lesen wir fenier I 15 xap-
Tovac *), II, 3 usw. Kapiei, IV 25 Kapiepöv, IV 36 Kapiafi]-
TToba. Niemals kommt Kpai vor. Und diese Form Kapx war
auch sonst auf Kreta beliebt: ZiuKapiric GIG. 1654, [Au]ciK(ip-
Tioc Mus. Ital. 2, 17, AajiiOKdpTioc Bull, de corr. hell. 22, 57
sind alle drei kretische Eigennamen. Dazu stellt sich Käprriv'
Tfiv ßoöv KpfjTec Hesych. Kapi finden wir ferner auf Thera
in dem oben erwähnten Testament der Epikteia, die auch
ZidpToqpoc hat: C. 17. 21. 23 KapTibdjiiac, und in KapiiviKOc
CI. 2465.
Über den homerischen Wechsel von Kpai- und Kapi- s. u.
Bei diesem Wort ist es fast ganz unmöglich anzunehmen,
dass KttpT- auf einer Analogiebildung beruht, denn die Voll-
stufe heisst Kp€T0c, und got. hardus kann uns wenig nützen.
In Gortyn findet sich ferner bapKvdv I 32, bapKvdvc II 9, nie-
mals bpaxMrj. Auf Knossos heisst es bapK^d Mitteil. d. Athen.
Inst. 11, S. 180 (1886). Ebenso ist die Form bapxiid elisch
und arkadisch. Da wir die kretische Form anstandslos durch
Metathesis erklären können, so wird man dies für die übrigen
auch annehmen dürfen.
Die Inschrift hat femer XI 54 irpOT^iapTov.
Wäre diese Form alt, so niüsste sie ♦r^TTapTOv lauten.
1) Zu KopTovac vgl. Lagercrantz Zur griech. Lautgeschichte 45.
Kleine grammatische Beiträge. 235
Nach Bmgmaun Gr. 6r.^ 212 hat T^iapioc sein einfaches t
von T^xpa bezogen, ebenso wie dor. und nordwestgr. T^iopec.
Das ist ja möglich, aber im Hinblick auf die übrigen Fälle
von Metathesis im Kretischen wenig wahrscheinlich. Hätte es
ein ♦x^rrapTOc gegeben, so wäre es wohl durch TeiTapec ge-
halten. Viel verständlicher ist die Umwandlung eines Teipaioc
in T^Topioc nach T^Tiapec. Ob i^iopec sein einfaches t nach
T€Tpa- bekommen hat und nicht vielmehr nach einem dorisch
zwar nicht mehr belegten, aber doch vorauszusetzenden le-
Tupac, hom. iricupec, ai. caturas nmss doch erwogen werden.
Jedenfalls müssen die, die ein T^iapioc für möglich hal-
ten, nachweisen, das r auch durch ap im Griechischen ver-
treten ist.
Schliesslich zeugt 'AcKaXirioc auf der gort. Tempelinschrift
Monom, anticbi IC 7 dafür, wie stark das Streben nach Meta-
these im Kretischen war.
Wenn auch nicht allen Beispielen gleiche Beweiskraft
zukommt, so ist doch festzustellen, dass auf der Inschrift von
Gortyn die Lautfolge ap die Regel ist. pa kommt nur vor in
VIII 51, 53 Tpd7T€c0ai, das zu Tp^qpu) gehört und von ihm be-
einflusst sein kann, und in dTpajii^va usw., das als technischer
Ausdruck auch schwerlich ins Gewicht fallt. Die Lautgruppe
po erscheint in irpö Trpöööa, irpÖKOOv, bpo|u^u)v, Kpövoc, die
uns, wenn sie nicht von aussen importiert sind, zeigen, dass
solche Metathesen selten ganz durchgehen.
Es ist nun höchst wahrscheinlich, dass ein solcher Laut-
wandel nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt war, son-
dern sich in Ausläufern auch weiterhin erstreckte. Wir fin-
den denn auch die Form bapxiiid im elischen und arkadischen.
Ich lasse auch diese Forai durch Metathese entstehen.
Weiter möchte ich auf korkyr. ßapvd^evov Coli. 3189,
3175 verweisen, das als ßapvd^xevov auch auf einer attischen
Inschrift gefunden ist (Kirchhoff Hermes 17, 626 ff*. = CIA.
IV p. 108, N. 446", 51). Brugmann Grd. P 361, Kretschmer
KZ. 31, 393, Job. Schmidt Kritik der Sonantentheorie 27
nehmen an, dass dies eine Kontaminationsbildung aus judpvajuai
und *ßpavdjLievoc sei. Dasselbe gilt von ßapbflv tö ßid2ec6ai
TuvaiKa. 'A|Li7TpaKiaiTai Hesych, das Pischel BB. 7, 334 mit ai
mrdndti 'heftig drücken' verbunden hat. Aber derartige Kon-
tamination sbildungen müssen doch immer unsere letzte Zuflucht
236 H. Hirt,
bleiben. Es liegt nach dem oben gesagten ausserordentlich
nahe, in ßapvdjiievoc und ßapbfiv einfache Metathese anzu-
nehmen.
Wenden wir uns nunmehr zu den homerischen Verhält-
nissen, so ergiebt sich auch hier manches interessante.
Wir finden hier nebeneinander Kpaiepöc und Kopiepöc.
Die überwiegende Anzahl der Belege zeigt Kpaiepöc, wie man
aus Geh rings Index ersieht. Die Form Kpaiepöc war aber im
Hexameter nicht an allen Stellen verwendbar, wir müssten
z. B. in einer Verbindung wie KparepöGu^ov metrische Dehnung
erwarten. Eine solche liegt aber nicht vor, sondern wir finden
KapTepö0u|uov. Weiter finden wir zwar 38 mal Kpaiepöc, aber
auch Kapiepöc 14 mal. In diesem Fall lag nun allerdings kein
Zwang zur metrischen Dehnung vor. Ich schliesse mich aber
in diesem Punkt der Auffassung von Danielsson Zur metrischen
Dehnung S. 14 an, vgl. dvepoc usw. So finden wir dann noch
9 mal Kapiepöv, aber 27 mal Kpaiepöv, Imal Kapiepoi, 2 mal
Kapiepd und 2 mal Kapiepai, wo, wenn die Form Kpai vorläge,
Dehnung eintreten mttsste oder könnte. Die Form des Super-
lativs Kpdiicioc war gar nicht zu verwenden, kein Wunder
also, dass wir hier stets Kdpiicioc treffen.
Bei dem Substantivum Kpdioc überwiegt diese Form mit
28 Belegen gegenüber 6 von Kdpioc. Dagegen Kdpiei ist 6 mal
zu finden, aber nur 2 mal Kpdiei. Ich vermute daher, dass
hier die "Metathese" zuerst eingetreten ist.
Kpaiuc ist 4 mal belegt, es heisst aber dKapiOvavio 3mal.
Es steht also fest, dass mit Ausnahme von Kdpioc die
Stufe Kapi nur da belegt ist, wo nach sonstiger Analogie
metrische Dehnung zu erwarten wäre, falls es keine meta-
thierten Formen gegeben hätte. Nun liegt ja die Vermutung
ausserordentlich nahe, dass Homer alte Doppelformen nach
Belieben verwendet hätte. Aber als Konsequenz müssten wir
annehmen, dass im homerischen Dialekt neben jedem pa ein
ap gelegen hätte. Dass das nicht wahrscheinlich ist, liegt
auf der Hand.
Ich kann hier gleich KapiraXiiuOuc usw. anschliessen. icpa-
7raXi)Liu)c war im Hexameter nur verwendbar mit metrischer
Dehnung, eine solche liegt aber nicht vor.
Ahnlich steht es mit 6pac- und 6apc-. Es heisst öpa(TuKdp-
bioc, 6pacu|u^)uvova, epacu|ur|bTic, ©pacujUTiXov, öpacuc, Gpaceidwv,
Kleine grammatische Beiträg-e. 237
aber OapcaX^oc, GapcaXeiüiepov, GapcaXeiuc, ödpcuvoc, Gapciiviuv.
Die sonstigen Formen mit ödpc-, Gdpcei, Gdpceuc, Gdpcoc könn-
ten durch Gdpcoc beeinflusst und hervorgerufen sein, vgl. öep-
dnic. KapbiTi (neben Kpabin) kommt nur 3 mal in derselben
Verbindimg am Versanfang vor: Kapbiij, fiXXriKTOv ... Es
könnte hier nach Schutzes Ausführungen Q. E. 374 fF. Kpabiij
eingesetzt werden. Höchst interessant ist das Kompositum
OpacuKdpbioc, weil hier die Form Kapb- sehr schön im Metrum
begründet ist.
Ich schliesse hier gleich TepiriK^pauvoc an, das G. Meyer
Curt. Stud. 7, 181 zu Tpeiru) gestellt hat. Da TpeiriK^pauvoc
metrische Dehnung erfordert hätte, so beruht TepiriK^pauvoc
vielleicht einfach auf einer Umstellung, und es ist nicht sicher
in T^pTTi eine andere Ablautsstufe (V. I) als in Tpeir- zu sehen.
Man vergleiche ferner dipaTTiTÖc und dTapiTiTÖc. Auch
hier sind die beiden Formen den metrischen Anforderungen
dienstbar gemacht. Für diapiröv gilt dasselbe. Formen wie
drpaTTÖv + kons, waren metrisch nicht verwendbar.
Während es stets ßpabüc heisst, steht ßdpbicioi V 310,
530 beidemal am Versanfang. Es gilt daher das oben über
xapbiri gesagte.
Was T^Tpaioc betrifft, so findet sich bei lauger Endsilbe
stets T€TapT-, also Terdpiiu, leidpriüv, leidpiri, Terdpiriv und
T^iapTOc nebst Teiapiov. Neben diesen beiden Formen steht
naturgemäss Teipaioc und TCTpaTOV. Auch reipdir] wäre mög-
lich, nicht aber leipdiric. Dass Teiapioc wahrscheinlich eine
alte Form ist, wurde schon oben bemerkt. Hätte es ein *t€c-
capTOc gegeben, so liegt kein Grund vor, weshalb sieh Homer
die Form hätte entgehen lassen sollen.
Also auch bei Homer liegt kein beliebiger Wechsel von
pa und ap vor, sondern ap findet sich da, wo wir metrische
Dehnung erwarten sollten. Wie dieser Wechsel entstanden,
ist damit freilich nicht erklärt. Aber der Erklärungsarten
bieten sich so viele, dass man jedenfalls nicht darauf zu re-
kurrieren braucht, in dem Wechsel von ap und pa eine dop-
pelte Vertretung der idg. r zu erblicken. Vor allem aber ist
Kretschmers Erklärung für die homerischen Formen völlig
unbrauchbar. Man kann annehmen, dass es auch in Jonien
einzelne metathierte Formen gab, oder dass man nach dem
Muster von Gdpcoc, das durch Gepcoc beeinflusst sein kann,
238 H. Hirt,
auch andere Formen gewagt hat, oder dass schliesslich die
metathierten Formen erst spät in den Text eingesetzt sind.
Jedenfalls liegt hier eine Frage des homerischen Textes, und
nicht eine der idg. Lautgeschichte vor. Dass damit freilich
noch nicht alle ap des Griechischen beseitigt sind, sehe ich
wohl, indess glaube ich doch annehmen zu können, dass pa
der alleinige Vertreter von r ist.
10. Zur Flexion des Duals und der Pronomina
im Griechischen.
Die Endung des Genitiv Dualis im Griechischen ist noch
immer ein unaufgeklärtes Rätsel. Die Litteratur findet man
bei Brugmann Gr. Gr.^ 232, so dass ich ihre Anführung hier
sparen kann. Dass der Dual ursprünglich nach der ou-Dekli-
nation flektierte, und dass diese Formen abgesehen vom Nom.
Dual, im Griechischen nicht erhalten sind, ist jetzt wohl all-
gemein angenommen. Von wo diese oi^-Deklination im Idg.
ausgegangen, ist unklar, jedenfalls spielen aber in den ein-
zelnen Sprachen die beiden Worte 'zwei' und 'beide', gr. büu>
und äjLiqpuj eine grosse Rolle, buu) entspricht genau ai. dvaü^
dväy av. dva, lat. duo, got. Ntr. tva, lit. du, abg. diva. Da-
neben stand nun eine neutrale Form idg. d{u)voi, wie sie in
ai. dve, got. twai (mask.), lit. dvl (fem.), abg. dve vorliegt.
Dieses idg. duwoi hat Binigmann früher in gr. biio gesehen.
Jetzt hat er freilich diese Ansicht aufgegeben, und glaubt,
dass biio aus buuj in der Stellung vor Vokal verkürzt sei.
Beide Annahmen sind lautlich möglich, aber ich sehe nicht,
was zu Gunsten der letzteren spricht. Das Griechische hat
zwei Geschlechter für das Zahlwort ererbt, es mttsste die eine
Form dann aufgegeben haben, um dann aus dem allein er-
haltenen Maskulinum wieder eine neue Fonn entstehen zu
lassen, die sehr rasch gesiegt hätte. Um diese Frage zu ent-
scheiden, sind die Thatsachen der homerischen Sprache heran-
zuziehen, die ja einzig biiuj und biio nebeneinander gebraucht.
Nun kann man mit Homer die Ansicht jedenfalls nicht
bekräftigen, dass biio vor Vokal entstanden sei, denn es steht
fast stets vor Konsonant, wie allerdings auch biiuj. Vor Vokal
wird vielmehr elidiert zu bv\ Dagegen besteht doch ein
kleiner Genusunterschied zwischen öijuj und biio. Ganz über-
wiegend steht biiu) beim Maskulinum, nämlich in 69 Fällen
Kleine grammatische Beiträge. 239
von 85. Mit dem Femininum ist buuj verbunden e 388, i 74
buui vuKTac, ?! 129 bOuj Kpf^vai, i 241 buu) Kai eiKOc' djuaSai^
V 109 buu) . . . GOpai, o 421 biiu) ttöXiec, B 748 biiuj Kai iei-
Koci vfjac, Z 490 buuü . . . ttöXic, Y 269 buuj Triuxac, X 450
buu) (bMUjai), also in 10 Fällen, mit dem Neutrum eigentlich
nur 2 mal. Der Vers x 125 = A 43 enthält die Verbindung
boCp€ büu) K€KopuG]Li^va x^^KUj, und dieser Versschluss kehrt
auch r 48 wieder, und dann finden wir Z 507, V 269, 614
buui XP^coio TdXavra, in letzteren beiden Fällen hat C. Syr.
bOo. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei buo. Zunächst
findet sich im Nom. Akk. Ntr. Dual, nur buo, mit Ausnahme
des oben angefahrten Falles boGpe buu) KCKopuG^eva. Um aber
den Gegensatz klar zu machen, ist es gewiesen die einzelnen
Fälle anzuführen. bOo boOpe heisst es stets a 257, jn 228, tt
295, c 377, X 101, K 76, M 298, 0 145, bOo t' fj^aia e 388,
i 74 und K 142, buo qpdcTava tt 295, buo qpdpe' Q 580, im
Ganzen also in 4 Verbindungen und 13 Fällen. Häufig ist
auch die Verbindung mit Femininen: 0 60 buo b' eiXiirobec
ßoOc, K 142 buo vuKiac, v 97 biio bfe 7TpoßXf\T& iv auitu dKiai,
A 250 buo |Litv Tcveai, K 253 buo jaoipdiüv, Y 271 buo (TTTUxac)
bis, 0 70, X 210 buo Knpe. Das sind also 8 Fälle, während
büu) beim Femininum 10 mal vorkommt. Das sieht sehr wenig
günstig aus, aber man muss die Gesammtzalil ins Auge fassen,
buo kommt im ganzen nur 42 mal vor (Z 157, bei Gehriug
unter buo angef&hrt, steht bu'). Es sind also die Zahlen 69 :
10 : 5 und 21 : 8 : 13, oder 81,2 «/^ : 1 1,8 <>/o : 5,9 «/^ und 50 ^/^ :
19 «/o : 30,9 «/o. Ich denke, der Unterschied von 30,9«/o : 5,9^70
beim Neutrum spricht doch stark zu Gunsten der früheren
Brugmannschen Ansicht, dass buo die alte neutrale und femininale
Form ist. Das maskuline biio kann ja ausserdem vor Vokal
entstanden sein und zum Siege des buo beigetragen haben.
Jedenfalls berechtigen uns diese Thatsachen eine Neutral-
form d{u)woi für das Griechische als einst vorhanden voraus-
zusetzen. Dieser Stamm auf -oi liegt nun aber auch in den
obliquen Formen des Zahlwortes vor. Der Gen. Lok. des In-
dischen lautet dvdy-öäy d. h. die Dualendung -oi ist an den
Stamm dvoi getreten. Dass die Form alt ist, beweist die
genaue Entsprechung, die sie in abulg. dvoju findet. Und
Bchliesslich liegt sie auch im gol. twaddje und im lit. dvejü
?or, nur dass hier die Endung des Gen. Plur. angetreten ist.
240 H. Hirt,
Man wird kein Bedenken tragen den Stamm gr. buoi-, wie
dies schon Wheeler gethan hat (IF. 6, 136), mit diesen For-
men zu identifizieren. Wir können aber noch weiter gehen.
Der Dat. Du. heisst im Ind. dvabhyanij wozu im wesentlichen
lat. duöbus stimmt, d. h. es ist hier der Stamm des Nom.
Mask. eingedrungen, da wir ja regelrecht sonst die schwache
Stammform erwarten mtissten. Ebenso wie die maskuline No-
minativform konnte aber auch die neutrale eindringen, und
wir finden daher im abulg. dvema, lit. dvSm und dvhn, got.
twaim. Diesen Formen, die bekanntlich, in dem was hinter
dem m gestanden hat, nicht übereinstimmen, vgl. Verf. IF.
5, 251 entspricht nun gr. buoTv Laut für Laut. Ebenso können
wir identifizieren ai. übhdy-ös, abg. oboju, *obemaf lit. abemy
abim, got. baim mit gr. djiiqpoTv, und die Artikelformen toT-v
mit ai. tay-öäy abg. temay lit. fem, flm, Ist diese Auffassung
richtig, so wäre das griech. -v identisch mit dem sonst im
Instrumental auftretenden Suffixe -m, wie ich dies bereits
früher vermutet habe.
Nun existiert aber bei Homer eine andere Form des
obliquen Kasus des Duals, nämlich eine Form auf -oiiv, aus
der die attische erst kontrahiert sein soll, unbedingt nötig
ist das nicht, aber wenn dies auch nötig wäre, so mttssten
wir auch hier vor* dem Stamm buoi ausgehen, an den eine
andere Endung getreten wäre. Ich glaube, das einfachste
wird es sein, hier den Ausfall eines s anzunehmen, buoTiv
stände für buoiciv. Dass die geläufige Lokativendung -ci(v)
in den Dual gedrungen wäre, oder eine Dualform eine plurale
Endung angenommen hätte, ist nicht weiter aufiallend. Ich
brauche nur an lit. dves^ zu erinnern, wo genau der gleiche
Vorgang auftritt. Allerdings ist das n im Dual fest, was es
im Plural nicht ist, doch dies findet seine Erklänmg durch
die Assoziationen, denen diese Endung ausgesetzt war. Zu-
nächst stand -oi-iv in Verbindimg mit vuiiv, cqpuiiv, in denen
wohl ebenso ein civ stecken dürfte wie in -oiiv. Dieses -iv
aber war assoziert mit dem -iv, das wir in lesb. fimniv, Ö|li|liiv,
ion. att. fj^xiv finden, und das zweifellos mit dem LokativsuflBx
ai. 'Smin in tasmin identlich ist. Diese Pronominalforraen
flektierten ursprünglich unzweifelhaft singularisch, wie Brug-
mann KZ. 27, 397 ff. richtig nachgewiesen hat. Wir müssten
auch im ai. *d8min finden. Diese Form ist aber ersetzt durch
Kleine grammatische Beiträge. 241
die Pluralform asmdsu. Neben nsmin stand aber auch nsmi
ohne », eine Form, die auch im Griechischen vorhanden war.
Diese Form ist ebenso in die übrigen Formen pluralisiert durch
Anfügung von -sin. i\\i\v usw. erklärt sich doch tadellos aus
^ILiiciv, und ich denke, gerade diese Form gewährt der Er-
klärung von iTTTTOiiv eine Stütze. Natürlich konnte diese Plu-
ralisierung nicht bei den singularischen d^iv usw. stattfinden.
Sie blieben kurz. In fiinTv aber wurde das v fest, weil es an
fifiiv eine Stütze hatte.
Auf das Vorhandensein des Stammes d{u)woi weisen
übrigens auch die eigentümlichen Formen boiii) usw., die bvju>
z. T. ersetzen. Wir können boi = bFoi setzen und mit dem
sonst auftretenden Stamm dwoi vergleichen. An diesen Stamm
boi sind dann die gewöhnlichen Endungen zu einer Zeit ge-
treten, als der intervokalische Schwund des % schon vorüber
war. So entstand boi-u), boi-d, boi-ai usw.
11. Lateinischer Vokalumlaut in haupttonigen Silben.
In seinem mit diesem Titel versehenen Aufsatz IF. 11, 325
hat F. Sommer einige zweifellose Fälle für derartige Erschei-
nungen nachgewiesen, aber er hat dem Gesetz namentlich, was
den Wandel von e zu o betrifft, m. E. eine zu weite Fassung
gegeben. Denn die Zahl der Fälle, in denen e vor folgendem
0 geblieben ist, scheinen mir zu gross zu sein, um allein durch
Analogiebildung erklärt werden zu können. So hätte z. B.
aus gemo, gemis *gomo, *gimis werden müssen, worauf wir
entweder durchgeführtes gom oder gim erwarten sollten.
Sehen wir uns aber Sommers Fälle genau an, so erhellt
aus ihnen, dass nicht nur der mittlere Konsonant, sondern
auch der dem assimilierten Vokal vorangehende eine Rolle
gespielt zu haben scheint. Hier kommen vor allem die Labiale
in Betracht, und zwar v in volo, dvenos, vomo\ m in molo,
modus und dann die Fälle, in denen der Vokal im absoluten
Anlaut oder nach h steht: holusj olovj onusj homo. Nach
glomus zu urteilen, spielt auch l eine Rolle. Ich sehe keinen
Grund das Gesetz weiter auszudehnen. Man kann dann gemOj
fremo, genus^ scelus, nemuSj cedoy celosj femuTj Semoniae
scalae, seduniy tenus als regelrechte Formen betrachten. Auch
nemol würde nicht das beweisen, was Sommer ihm zuschreibt.
Leipzig-Gohlis. H. Hirt.
242 R. M. Meyer,
Künstliche Sprachen.
(Schluss.)
Übersicht.
V. Sprachbildung aus dem lautsymbolischen Gefühl S. 242.
Allgemeines über Lautsymbolik und Schallnachahmungen.
1) Sprache der Verzückten S. 248.
a) die hl. Hildegard S. 248.
b) die Seherin von Prevorst S, 248.
c) "Mr. Le Baron" S. 250.
d) Irvingianer S. 252.
e) Miss Smith S. 253.
2) Dichterrufe S. 254.
a) R. Dehmel. b) A. Mombert.
c) der ''sinnlose Refrain".
3) Märchen- und Rätselworte S. 255.
4) Zaubersprache S. 256.
5) Individuelle Sprachschöpfung S. 258.
Allgemeines zur individuellen Sprachschöpfung.
a) Namengebung S. 259. b) erfundene Zahlen S. 261.
c) erfundene Worte und Sprachstücke S. 262.
u) Simplicissimus. ß) Holberg.
T) Asmus Claudius, b) Lichtenberg.
€) E. Th. A. Hoffmann, l) Börne, n) Glassbrenner.
Rückblick S. 265.
d) ganze Sprachen S. 267.
VL Sprachbildung aus der Abstraktion S. 270.
1) erste Reibe: reine Begriffsprachen S. 271.
a) Raymundus Lullus S. 272.
b) Cartesius, Mersenne, Leibniz S. 275.
c) Joh. Chr. Lange und Leonhard Euler S. 279.
d) Joh. Heinr. Lambert S. 279.
e) Gottfried Ploucquet S. 280. f) Adolf Stöhr S. 281.
2) zweite Reihe: Begriffszeichensprachen S. 283.
a) Trithemius S. 284.
b) Caramuel, Schwenter, Becher u. A. S. 285.
c) Dalgarno S. 286.
d) Athanasius Kircher S. 289.
e) John Wilkins S. 290.
f ) Kalmar, Schlabrendorf, Sicard, de Maimieux u. A. S. 293.
3) dritte Reihe: empirisch-philosophische Sprachen S. 295.
a) de Brosses S. 293. b) Court de Gobelin S. 301.
c) Monboddo S. 301.
VII. Sprachbildung aus reiner Willkür S. 302.
Chamissos Bericht von Taheiti S. 303.
VIII. Zeichensprachen S. 305.
Allgemeines über das Verhältnis der Zeichen- zu den Wort-
sprachen.
1) Normalisierte Artikulationen S. 307.
2) Normalisierte Musiklaute S. 309.
3) Normalisierte Gesten S. 310.
4) Normalisierte Vereinigung von Geste und Laut S. 312.
5) Normalisierte Signale S. 312.
()) Normalisierte Zeichenschrift S. 314.
7) Renliensprache S. 315.
Schhiss. Die Tiersprachen und die Menschensprachen; künstliche
und natürliche Sprachen überhaupt S. 316.
Künstliche Sprachen. 243
IL Teil.
V. KüDstliche Sprachen oder öprachteile wer-
den aus dem lautsymbolischen Gefühl heraus ge-
bildet
Über das lautsymbolische Gefühl fehlt es ims wieder
gänzlich an eindringenden Untersuchungen.
Einiges hat schon A. W. Schlegel sehr fein beobach-
tet, z. B. die nationale Eigenart des lautsymbolischen Gefühls
(Werke 7, 222 über das Wort "Donner"); wie er denn auch
der erste war, der für die Euphonisierung (S. 216. 219)
allgemeine Regeln des sprachlichen Wohlklangs aufzustellen
suchte (ebd. S. 168 f.; vgl. S. 176. 211 und die Hauptregel
S. 159). Es ist lehn-eich, diese euphonischen Regeln der
Romantiker mit denen zu vergleichen, die einer ihrer best-
gehassten Feinde, D. Jen i seh, in seiner Philosophisch-kri-
tischen Vergleichung und Würdigung von 19 älteren und
neueren Sprachen Europas, Berlin 1796, bes. S. 418 f., auf-
stellt — in einem Buch übrigens, das bis auf den heutigen
Tag der vollständigste und brauchbarste Versuch einer me-
thodischen "Sprachwürderimg", wie v. d. Gabelentz Sprach-
wissenschaft S. 371 f. sie verlangt, einer systematischen "Sprach-
vergleichung" vom ästhetischen Standpunkt aus, geblieben ist.
Auch Fr. Schlegel wandte der Lautcharakteristik seine Auf-
merksamkeit zu (Werke 8, 38 f.), wie das ja durchaus im Stil
der romantischen Denkweise lag. Der Sprachphilosoph der Ro-
mantik, Bernhard i, hat in seiner Sprachlehre (Berlin 1801)
die Übersetzung von Anschauung in Töne ganz auf die Laut-
symbolik begründet (S. 73 f.: das Wort Blitz ebd., fulgtir S. 77).
Und wie konnte er anders, da er (S. 63 f.) alle Sprache auf
Onomatopöie, also auf Nachahmung gründete? Nebenbei be-
merkt, versteht es sich von selbst, dass die Romantiker mit
ihrer Verehrung des ''Organischen" den philosophischen, ver-
standesmässig erfundenen Sprachen heftig widerstreben (Bern-
hardi a. a. 0. S. 127, A. W. Schlegel Werke 10, 152; vgl.
allgemein über dessen Sprachphilosophie Haym Romantische
Schule S. 847. 852 f.).
Dann stockt lange das Studium der Lautsymbolik.
Einiges hat v. d. Gabelentz zusammengestellt, in einem
eigenen kleinen Aufsatz und in seiner "Sprachwissenschaft"
(S. 217 f. n. ö.). Er giebt einige Vennutungen über die Art,
244 R. M. Meyer,
wie der Urmensch Laute nachahmte: "die Aussenwelt hat
ihn gelehrt, dass entferntere Geräusche dumpfer klingen als
nahe, Geräusche von grösseren Körpern dumpfer als solche
von kleinen; und so sind pifF — paflF — puff, bim — bam, ritsch
— ratsch, scharren — schurren usw. Gruppen, die ihresgleichen
schon in der Ursprache haben raussten" (S. 250). Er macht
auf die Beeinflussung der Sprache durch die Stimmung und
die lautsymbolische "Stimmungsmimik" (S. 363) aufmerksam.
Er betont — was auch Andere hervorheben — , dass die be-
ständige Kontrole durch die Wirklichkeit bei Naturlauten
Ausnahmen von den Lautgesetzen bewirkt (S. 209) und zu
übereinstimmenden Onomatopöien etwa bei Schweden und
Mandschu (S. 164) führt, die sogar für das Stillsein einen
lautsymbolischen Ausdruck finden.
All das genügt doch aber nicht. Nötig wäre eine
systematische Prüfung der lautsymbolischen Ausdrücke und
Gruppen — aller, die so empfunden werden, ob mit oder
ohne etymologische Berechtigung; eine Zusammenstellung über
Abweichungen und Übereinstimmungen in der Bezeichnung
von Gemütslagen, Empfindungen, Geistesrichtungen. Wenn die
Chinesen weiss trauern, wie wir schwarz, so werden wohl
auch in den Tonfarben solche Antinomien nicht fehlen. Schon
deshalb nicht^ weil die Grundlage aller Lautsymbolik, die
Vokalskala, so individuell aufgefasst wird. In einer Gesell-
schaft bei uns wurden einmal in Gegenwart von Julius Hoffory
und Andreas Heusler Fechners Versuche zur Tonpsychologie
im kleinen wiederholt — auch nicht bei Einem Vokalklang
herrschte allgemeine Übereinstimmung in Bezug auf die Auf-
fassung der Vokalfarbe! Was helfen da allgemeine Behaup-
tungen über die "audition color^e"? Ich könnte aus der Lit-
teratur manche merkwürdige Belege für ganz verschiedene
lautsymbolische Verwendung von Vokalen und Silben mitteilen;
doch würde das hier zu weit führen. Ich verweise deshalb
jetzt nur auf J. Minckwitz Lehrbuch der rhythmischen Ma-
lerei der deutschen Sprache Leipzig 1858 und J. G. Kohl
Über Klangmalerei in der Deutschen Sprache 1873, deren
Ausführungen allerdings grossenteils stark dilettantisch sind,
sowie auf H. v. Wolzogens manchmal geistreiche, öfter gänz-
lich verfehlte Lautinterpretationen (Poetische LautsymboUk
Leipzig^ bes. S. 50 f.; vgl. Burdach Deutsche Litteratur-Zeitung
Künötliche Sprachen. 245
1892, S. 1362 und besonders Nietzsche Werke 8, 24); endlieh
auf Erich Schmidt Charakteristiken B. II, Berlin 1901 S. 197
und auf die Beobachtungen, die H. Moser (Wandlungen der
Gedichte C. F. Meyers, Leipzig 1900) an C. F. Meyers Selbst-
verbesserungen angestellt hat (a. a. 0. S. XLIV, XCII).
Sehr lehrreich hat neuerdings Wund t (Völkerpsychologie
1, 309 f.) über die Lautnachahmungen gehandelt. Die direkte
Onomatopöie sieht er (S. 318) nicht als sprachschöpfend an;
wohl aber räumt er der "Lautmetapher" (S. 322 f.) einen be-
trächtlichen Raum ein, d. h. eben der lautsymbolischen Wie-
dergabe: der "Gefühlston" des Lautes gibt jenen Geftihlston
wieder, der durch den Gegenstand erregt wurde. Er führt
solche Lautmetaphern (S. 330 f.) selbst in Adverbien und Pro-
nominibus durch, und kommt so im Grund auf die Romantiker
zurück, auf Bernhardis "Umsetzung der Anschauung in Töne".
Eben dadurch tritt er in Gegensatz zu dem eigentlichen wis-
senschaftlichen Vater der Lehre vom "Naturlaut": zu Busch-
mann und der Theorie von der rein instinktiven Benennung
gewisser einfachster Dinge und wichtigster Personen.
Joh. Carl Ed. Buschmann, H. v. Humboldts Famulus,
der dessen Nachlass zum Teil dem Kaiser Napoleon III. demütig
zu Füssen legte, schrieb (1853) "über den Naturlaut". Er
meint, die weitverbreitete Übereinstimmung in der Benennung
besonders von Vater und Mutter habe ihren Grund in der
Adoption des kindlich lallenden "Naturlauts" (S. 2, vgl. dazu
Wundt Völkerpsychol. 1, 309 f.), und hierdurch schieden die
80 entstandenen Verwandtschaftsnamen aus den beiden benach-
barten Gebieten der Lautnachahmung und der symbolischen
Bezeichnung aus (S. 33). Er rechnet also solche Worte wie
amma, tatta u. dgl. in die Kategorie der von uns so genannten
Ammensprache. Mit unrecht, wie ich glaube, denn vielfältig
bestehen neben den betreffenden, zumeist mit p, m und t (bei
sehr stark wechselndem Vokal S. 11, doch bei überwiegendem
a: Prey er Seele des Kindes S. 321, Rzenitzeszk Psychologische
Entwickelung der Kindersprache S. 8 und 9 nach Lnbbock),
gebildeten Ausdrücken andere von noch kindlicherem Gepräge.
Aber allerdings geben diese "ürsylben" wohl die einfachste
Lautierung der Kinder wieder (vgl. Preyer a. a. 0. und über
die Reduplikation bei Verwandtschaftsnamen Weise Zs. f. d.
Wortforschung 2, 8 f., wo auch weitere Litteratur). — Weniger
Indogermanische Forschungen XII 3 u. 4. 17
246 R. M. Meyer,
wissenschaftlicb hat tastender Dilettantismus wiederholt die
"ürlaute" aller Sprachen herauszuholen versucht; so V. Jacobi
(Die blinden Hessen Leipzig* S. 65); so Falb in seinem "Inka-
Schlüssel" der Ursprache; so neuerdings ein Ungar Velics.
Wichtiger aber ist, dass überhaupt zwischen Lautnach-
ahmung und Lautsymbolik schwerlich eine feste Grenze zu
ziehen ist. W. Wackernagel fasste in seinen Voces variae
animantium die "Tierstimmen*' fast durchweg rein onomato-
poetisch auf; aber J. Winteler hat in seinen scharfsinnigen
Ausführungen zu diesem Buch ("Naturlaute und Sprache. Aus-
führungen zu W. Wackernagels Voces variae animantium" 1892)
vortrefflich nachgewiesen, welche Rolle die Umdeutung hierbei
spielt. "Wir wollen uns bei jedem Worte etwas denken und
wandeln es der untergelegten Bedeutung entsprechend um"
(S. 25). Daher denn auch hier neben den auffälligsten Über-
einstimmungen weitgehende DiflFerenzen, wie sie z. B. bei dem
berühmten Kampf Lichtenbergs gegen J. H. Voss "über die
Pronunciation der Schöpse des alten Griechenlands" (Schriften
4, 243 f.) zur Diskussion kamen. Zumal Töne, deren Urheber
naan nicht kennt, werden zunächst aus der erweckten Gemttts-
stimmung heraus lautsymbolisch gedeutet, wie die berüchtigte
"Teufelsstimme auf Ceylon" (vgl. M. Schieiden Studien S. 123).
Man mag den Einfluss der Lautnachahmung in recht weitem
Masse zugeben — und es ist ja z. B. von Th. Curti (Die Ent-
stehung der Sprache durch Nachahmung des Schalles 1885)
die gesamte menschliche Rede auf diesen Urquell zurückgefllhrt
worden, während G. Kissling (Festschrift der 45. Versamm-
lung deutscher Philologen, dargeboten von d. öffentl. höheren
Lehranstalten Bremens, Bremen 1899 S. 291 f. 348 f.) wenig-
stens einen guten Teil der idg. Wurzeln auf Lautmalerei zu-
rückzuführen sucht (doch vgl. die Rec. von Bartholomae Lit.-
Bl. f. germ. u. rom. Phil. Feb. 1901). Freilich wird dabei
auch oft seltsam mit dem Wort "Lautnachahmung" gewirt-
schaftet. Preyer (Die geistige Entwickelung in der ersten
Kindheit 1893 S. 91) versteht darunter "die Wiederholung ge-
hörter Laute", verwechselt also die Nachahmung vorgespro-
chener Worte mit der Nachahmung nicht formulierter Ge-
räusche! Dann ist es freilich bequem, gegen Max Müllers
(allerdings übertreibenden) Spott über die "Bauwautheorie" zu
polemisieren. Es lässt sich nur zu oft feststellen, dass die
Künstliche Sprachen. 247
Naturforscher bei ihrem Kampf gegen die "Geisteswissenschaf-
ten** ihrem Grundsatz untreu werden, erst auf Grund der Er-
fahrung Schlüsse zu bilden. Meint doch selbst der geistreiche
und vielbelesene W. Bölsche (Ernst Haeckel S. 127), Haeckels
Meinung, auch die Sprache habe sich erst entwickelt, hätte
für die Sprachforscher ein Gegenstand höchsten Erstaunens,
ja des "Wütens" sein müssen. Als wäre die Theorie von
ihrer 9UCIC nicht so alt wie die von der O^cic!
Aber je mehr man einräumt, desto notwendiger wird man
darauf geführt, in den onomatopoetischen Benennungen ein laut-
symbolisches Element als wirksam gelten zu lassen. Man bedenke
doch nur, wie mannigfaltig z. B. die Schläge eines Buchfinks
(Winteler S. 13) sind! Damit nun einer davon als charakteristisch
empfunden und zur Benennung benutzt wurde, musste bereits
eine Anschauung von dem ganzen Wesen des Vogels vorhan-
den sein. Und wie hätten in der That die in der Natur
lebenden Menschen älterer Sprachperioden sich Auge und Nase
zuhalten sollen, um ja alle Eindrücke nur durchs Ohr aufzu-
nehmen, umgekehrt wie Odysseus bei den Sirenen sich nur
die Ohren verstopfte? Man vergleiche doch nur die verschie-
denen "Dialekte" der Kindersprache, die Wundt (Völkerpsycbol.
1, 289) zQsammenstellt, oder die onomatopoetischen Ausdrücke
der japanischen Kinderstube (a. a. 0. S. 294 Anni.) mit deut-
schen: wie wären diese Verschiedenheiten möglich, wenn über-
all dieselben Naturlaute von Taube und Katze, Glockenklingen
und Schmalzen einfach nachgeahmt würden! Unsere Schwärmer
für Onomatopöie — es gibt Leute, die hierin nichts Gerin-
geres leisten als die Keltomanen in Ableitung aller germani-
schen Worte aus dem Keltischen! — scheinen von der An-
schauung auszugehen, auf die W. Jordan sein Lustspielchen
"Durchs Ohr** gebaut hat: "Der Kehlkopf nur verrät uns den
Charakter!** Wie viel Selbsttäuschung läuft dabei mit unter!
und wie oft kommt auch das vor, dass ein aus andern Ge-
sichtspunkten geschöpftes Wort erst nachträglich onomatopoe-
tische Geltung erhält, wie z. B. frz. foudroyer\
Eine Mischung von Lautnachahmung und Laut-
symbolik liegt auch in den folgenden Beispielen künst-
licher Rede oft vor, nur dass hier zumeist das Lautsvmbo-
Hache die Überhand hat. Wir geben eine bunte Auswahl aus
250 R. M. Meyer,
wahrscheiulicb auf solcher phantastisch entstellendeu ''iuuereD
Sprache". Wenn ein Missionär von Angehörigen verschiedener
Idiome gleichzeitig umstanden wird und Jeder ihn in seiner
eigenen Sprache versteht (ebd. S. 193), so ist wohl anzu-
nehmen, dass seine begeisterte Bede ebenfalls Anklänge an
all diese Sprachen enthielt, die dann einzeln aufgefasst wer-
den. Eine eigentliche Mischsprache ist solche Bede deshalb
doch nicht, weil für sie nicht diese Bestandteile, sondern das
neue, umformende Prinzip bezeichnend ist.
c) Die Kenntnis eines sehr interessanten und lehrreichen
modernen Falles verdanke ich Max Dessoir. Dieser machte
mich auf einen amerikanischen "case of psychic automatism'"
aufmerksam: ein Beispiel für das vom bewussten Wollen un-
abhängige Sprechen eines spiritistisch erregten Menschen. Der
Fall ist von amerikanischen Autoritäten genau beobachtet und
beschrieben worden (ausführlich in Proceedings of the Society
for Psychical Besearch. Vol. XII (1897) S. 277 f., summarisch
in Appletons Populär Science Monthly, August 1896, S. 508 f.).
Ein junger Mann, den die Berichterstatter Albert Le Baron
nennen, wurde durch gläubige Spiritisten allmählich in die
Überzeugung hypnotisiert, dass er der Pharao sei, unter dessen
Herrschaft die Juden aus Ägypten auswanderten. In aufge-
regten Zuständen stiess er dann lange Sätze und "Gedichte''^
in "unbekannter Sprache" aus, die er selbst übersetzte. Später-
hin suchte er in verschiedenen Wörterbüchern die Heimat
seiner Verzückungssprache aufzufinden; eine verhältnismässig
grosse Zahl stöberte er ("Proceedings" S. 294) in den Dravi-
dischcu Sprachen auf. Doch legte er selbst auf diese Über-
einstimmung wenig Gewicht. Mit Becht; denn diese überein-
stimnmng erklärt sich wohl einfach aus der häufig zu beob-
achtenden Begel, dass die Leistungen von Primitiven, Geistes-
kranken und Kindern sich berühren (Bicci L'arte dei bambini
S. 21 f.). Auch bei den Naturvölkern ist die Beduplikation
— gcwissermassen ein organisiertes Stottern — beliebt, wie
bei den Kindern und den Kranken (Pott Verdoppelung; Bzesni-
tzcck Entwickelung der Kindersprache S. 10. 19; Wölfflin Be-
duplikation in der Kindereprache Zs. f. d. Wortforschung 1^
2^*^ einfachsten Laute und Lautkombinationen werden
zuerst gebildet usw. Ich erinnere nochmals an
Künstliche Sprachen. 249
der Seele zu finden" (S. 250). Die Geister selbst sprechen
nie (ebd. 2, 13). Auch von andern Somnambulen teilt Kerner
Sprachproben mit: "ni nunarto" 'der Hund', ''na blamiria" 'die
Braut*, "ni blamioctor" 'der Bräutigam', "na clemos" 'die
Katze' (S. 250; auch die Wortwahl ist bezeichnend!) "Clemor
tona in diu aswinor" bedeutete: 'Weil ich dich liebe, zanke
ich mit dir*. Wir werden hier schwerlich an lat. clamor und
engl, answer denken dürfen. Es ist eine dunkel gefärbte
Reihe phantastischer Laute, die mit den partikelähnlichen
Wörtchen "in diu" immer noch den Zusammenhang mit der
deutschen Satzfügung verrät; in "aswinor" mag "Schwein" oder
doch eine dunkele Vorstellung davon stecken.
Die innere Sprache der Seherin hat Immer mann im
Mfinchhausen (4. Buch IV. Kap.) parodiert, indem er unmög-
liche Laute von annähernd schwäbischem Gepräge (Max Koch in
seiner Ausgabe, in Kürschners Nationallit., Immermanns Werke
2, 1, 357 Anm.) häuft: "Schuckli buckli koramsi quitsch . . ."
Tressannidum schlinglausibeest pimple timple simple perianke
meriankemu". Es ist sehr lehrreich, diese wirklich erfundene
Rede mit jenen Worten der Somnambule zu vergleichen. Ihr
schwebt ein unbestimmtes Ideal vor, eine Rede von orienta-
lischem oder lateinischem Klang, wie sie sie in der Kirche
gehört oder aus fremden Namen sich aufgebaut hat; diese
allgemeine Vorstellung sucht sie nun mit Gehalt zu füllen.
Immermann dagegen, der nur durch grobe Sprachklänge ko-
misch wirken will, gerät sofort in Reim und Rhythmus —
höchst charakteristisch, da wir ähnliche Erscheinungen bei der
Spracherfindung immer wieder treflFen. Daneben leicht ent-
stellte Schimpfwörter "schling lausi beest"!
Kerner (a. a. 0. S. 249) merkt an, dass auch J. Böhme
eine Reihe eigener Worte erfand — ebenso, setze ich hinzu,
der Philosoph Krause, dem auch seine seltsamen Termini wie
Or — und Orin — aus der Meditation aufgingen. Aber die
innere Sprache ist viel weiter verbreitet. Mindestens nach
selteneren Worten und Klängen hascht z. B. auch die ver-
zückte Adelheid Langmann, Klosterfrau zu Engelthal (gest.
1375), deren Offenbarungen Ph. Strauch herausgegeben hat
(vgl. ebd. S. XL). Aber auch jene "doppelte Sprachengabe",
die Görres (Christliche Mystik 2, 189 f.) als ein Kennzeichen
der Begnadeten aufzählt, beruht, soweit sie historisch ist,
250 R. M. Meyer,
wahrscheinlich auf solcher phantastisch entstellenden "inneren
Sprache". Wenn ein Missionär von Angehörigen verschiedener
Idiome gleichzeitig umstanden wird und Jeder ihn in seiner
eigenen Sprache versteht (ebd. S. 193), so ist wohl anzu-
nehmen, dass seine begeisterte Bede ebenfalls Anklänge an
all diese Sprachen enthielt, die dann einzeln aufgefasst wer-
den. Eine eigentliche Mischsprache ist solche Bede deshalb
doch nicht, weil für sie nicht diese Bestandteile, sondern das
neue, umformende Prinzip bezeichnend ist.
c) Die Kenntnis eines sehr interessanten und lehrreichen
modernen Falles verdanke ich Max Dessoir. Dieser machte
mich auf einen amerikanischen "case of psychic automatism'"
aufmerksam: ein Beispiel für das vom bewussten Wollen un-
abhängige Sprechen eines spiritistisch erregten Menschen. Der
Fall ist von amerikanischen Autoritäten genau beobachtet und
beschrieben worden (ausführlich in Proceedings of the Society
for Psychical Besearch. Vol. XII (1897) S. 277 f., summarisch
in Appletons Populär Science Monthly, Angust 1896, S. 508 f.).
Ein junger Mann, den die Berichterstatter Albert Le Baron
nennen, wurde durch gläubige Spiritisten allmählich in die
Überzeugung hypnotisiert, dass er der Pharao sei, unter dessen
Herrschaft die Juden aus Ägypten auswanderten. In aufge-
regten Zuständen stiess er dann lange Sätze und "Gedichte**
in "unbekannter Sprache" aus, die er selbst übersetzte. Später-
hin suchte er in verschiedenen Wörterbüchern die Heimat
seiner Verzückungssprache aufzufinden; eine verhältnismässig
grosse Zahl stöberte er ("Proceedings" S. 294) in den Dravi-
dischen Sprachen auf. Doch legte er selbst auf diese Über-
einstimmung wenig Gewicht. Mit Becht; denn diese Überein-
stimmung erklärt sich wohl einfach aus der häufig zu beob-
achtenden Begel, dass die Leistungen von Primitiven, Geistes-
kranken und Kindern sich berühren (Bicci L*arte dei bambini
S. 27 f.). Auch bei den Naturvölkern ist die Beduplikation
— gewissermassen ein organisiertes Stottern — beliebt, wie
bei den Kindern und den Kranken (Pott Verdoppelung; Bzesni-
tzcck Entwickelung der Kindersprache S. 10. 19; Wölfflin Be-
duplikation in der Kindersprache Zs. f. d. Wortforschung 1,
263); die einfachsten Laute und Lautkombinationen werden
wohl überall zuerst gebildet usw. Ich erinnere nochmals an
Künsiüthe Sprachi/ii,
»1
die "Nfttnrlftute" in der Kinderstube uud in den Negersprachen;
aacb sie kehren in der Sprache der Verzltcltten wieder.
Die Worte ötrüinten in ununterbrochener Fülle hervor
nnd "wenn es keine Prosa mehr gab, gab es Verse in 'an-
bekanuten .Sprachen"" lebd. S. 293). Von beidem werden reich-
Heh Proben mitgeteilt und (Appleton S. 522) durchaus zutref-
fend beurteilt: "Ein phonetisches Element scheint als Basis
för eine lange Reihe von Silben zu dienen". Das linden wir
ja auch ««onet.
So iS. 290): Te rnniete tan. Hee lete ieele luto seele.
Impe re Seele lee luto. Onko keere seele tere Inte. Ombo
te Seele te hcre te knre usw.
Das ist fast eine Art "Erbsensprache". Erst ein Vorspiel
mit te — te — tau. Dann als Thema lee mit Variationen: Hee
— lete Ieele 1 — — le nsw. Jeder Satz fängt zweisilbig an
(mit wenig Ansnahmen), dann folgt ein kurzes "Wftrtchen",
dann reimende oder ailitterierende .Silben. Periodisch tritt —
^ewilhnlicb am .Sehluss — ein /.wcisilbigea Wort mit u in der
ersten Silbe ein: luto — luto — lute — Jcure — kuru — ritte.
Otts rufe wird am Sehlnss in eni anagrammiert ; man denke
«n Zauberformeln wie sator arepo. Endlich läuft die ganze
Periode iu ein "Hallelujah" ans: "Singe, singe, singe, eru.
Imba, Imba, Iniba". Ganz offenbar schwebt ein Ideal von
feierlicher Hymnenspraehe vor, das mit den primitivsten For-
men der Wiederholung erreicht wird.
So immer. Ein andermal (S. 291): Intelett te mtelute
— ein Wortpaar von der Art formelhafter Verkoppelungeu wie
"orbi et urhi". Das häutige te bildet das "und" nach, schwer-
lich nach dem griechischen ts.
Nun kommt aber die erlernte Basis dieser verzückten
Bede zuweilen merkwürdig deutlich heraus. Einerseits fühlt
sich "Le Baron" als Pharao. Deshalb z. B. die SchluBH-Seqnenz
Amen Ha, Avten Ha, Amen Ra (S. 291) oder, indem die
Vorstelinng von dem alten zu dem nenen Ägypten irrt: "De
fiedeouins", die Beduinen (ebd.). Andererseits ist er Ameri-
luner, von Beruf Schriftsteller und Reporter. Deshalb be-
gegnen Etce ce Tera (S. 290) aus "etcaetera", rule nnd "Indo"
(8. 291) als Basen der Variation usw.
Hier der Anfang eines Gedichts (.S. 294):
252 ß. M. Meyer,
Ede pelule kondo nedode,
Igla tepete kompte pele,
Impe odode inguini lalele
Omdo resene okoro pododo.
Die Wirkung des Rhythmus auf die Lautbildung — ein wich-
tiger, noch ganz der Erforschung harrender Faktor im Sprach-
leben, den der originelle Schlabrendorf (s. u.) zur Grundlage
seiner Glottogonie machte — ist hier nicht zu verkennen.
Ebensowenig das Vorherrschen der Vokalharmonie. In der
Regel wird eine Zeile durch o mit einigen e gebildet; gewisse
Typen kehren immer wieder: kondo Jcompto omdo odkonde
pokonto pekondo. i findet sich fast nur vor e: impe igme,
impe igde (doch auch iglä); vor dunkelm Vokal nur wie in
einer Vorsilbe: ingmni (was, beiläufig bemerkt, in dem be-
rühmten "krimgotischen Lied", das ja leider kein gotisches
ist, beinah wiederkehrt: ingdolou Tomaschek Die Goten in
Taurien S. 66). w und a kommen meist gepaart vor : neftduy
kelalüf japale.
Der Charakter der dunkel empfundenen Idealsprache,
den wir bei den erfundenen Sprachstücken der Rabelais,
Morus, Holberg noch deutlicher treffen, tritt in diesen cha-
rakteristischen Proben ungemein deutlich hervor. Jenes Stre-
ben nach Gleichklang, Vokalharmonie, Allitteration usw., das
in allen Sprachen besteht (man denke nur an Erscheinungen
wie die Analogiebildungen von "Nachts" und "Tags", an den
Umlaut, an die Reduplikation), das aber durch die Rücksichten
der Deutlichkeit gehemmt wird, kann sich hier ganz unge-
stört entfalten.
d) "Appletons Populär Science Monthly" weist darauf hin,
dass das "mit Zungen reden" der Irvingianer und ähnlicher
Sekten (a. a. 0. S. 520 f.) ganz ähnlichen Prinzipien folge —
nur mit dem üntereehied, dass statt der sinnlosen Silben hier
bestimmte Lieblingsworte wie ''glory'\ ''heaven' usw. in fast
nur musikalischer Anordnung aneinander gereiht werden. Völlig
von dieser Art sind auch "Le Barons" sog. "Übersetzungen"
seiner Sprachpliantasmata ("Proceedings" S. 289 f.). Almlich
sollen auch die im Schlaf gesprochenen "Strange Sermons of
Rachel Baker" (ebd. S. 296) lauten. Die Verwandtschaft der
"sinnlosen" und "verständlichen" Glossolalie liegt jedenfalls auf
Künstliche Sprachen. 253
der Hand; wie die Hallucinationen der Pytliia auch noch in
der Sprache der Orakelverse nachklingen.
e) Anch einen andern höchst interessanten Fall verdanke
ich Max Dessoir. Der Genfer Psycholog Th. Flournoy hat in
einem starken Buch sehr ausführlich über ein merkwürdiges
Beispiel von "Glossolalie" gehandelt ("Des Indes ä la Pianöte
Mars. Etüde sur nn cas de somnambnlisme avec glossolalie.
Paris et Genfeve, 3 M. 1900). Eine Dame, die er Miss Smith
nennt; träumt sich in frühere Daseinsformen als Hinduprinzessin
und Königin Marie Autoinette zurück oder fühlt sich auf den
Mars versetzt. Aber wie ihre Zeichnungen (S. 154 f.) und
Erlebnisse (S. 198 f.), wie ihr Alphabet (S. 201; vgl. a) die
heilige Hildegard), so ist auch ihre Sprache, von der reich-
liche Proben (S. 158 f.) mitgeteilt und (S. 202 f.) eingehend
analysiert werden, nur willkürliche Veränderung ihrer franzö-
sischen Muttersprache. Ich gehe zwar nicht so weit, wie
Flournoy in einem Nachtrag (Observations psychologiques sur
le spiritisme. Extrait des Comptes Rendus du IV. Congres Inter-
national de Psychologie P. 1900), wo er ihre "Martier-Sprache"
als mit dem Französischen wesentlich identisch erklärt (S. 8).
Vielmehr zeigt die eingehende und sehr interessante Analyse
der Vokale — auf die es ja vor allem ankommt — charak-
teristische Verschiedenheiten vom Französischen (Des Indes
ä la plannte Mars S. 225). Die heimischen Nasallaute sind
fast ganz vermieden, offenbar als unvoniehm; die dunklen Vo-
kale sind fast ganz durch die hellen verdrängt (73,3 pCt.
helle Vokale in der Marticrsprache gegen 32,3 pCt. im Fran-
zösischen). Offenbar schwebt also der Sprecherin ein Ideal
der hellen, hochtönenden Planetensprache vor und es wird
dahin übersetzt. Dagegen sind die grammatischen Formen
{S. 232 f.) ganz treulich nachgeahmt. Fremde Sprachen spielen
(S. 235) keine grosse Rolle. Besonders bezeichnend ist aber,
dass die Wortstellung (S. 234) sklavisch der französischen nach-
gebildet ist. Flournoy sagt also sicher mit Recht (S. 237):
"Ce proc6de de creation du martien paratt consister simple-
ment ä prendre des phrases fran^aises telles quelles, et a y
remplacer chaque mot par un autre quelconque fabriquö au
petit bonheur". — Ebenso ist ihr "Hindu-Cyklus" (S. 257 f.)
von bestimmten indischen Namen und Worten dominiert, nach
deren Klangmuster sie (S. 296 f.) weitere formt, unter Bei-
254 R. M. Meyer,
mischnng arabischer Elemente (S. 286 f.). M. de Saussure ur-
teilt darüber (S. 303): "1) Que c'est un meli-melo de syllabes,
an milieu desquelles il y a ineontestablement de suites de huit
ä dix syllabes donnant un fragment de phrase ayant un sens
(phrases surtout exclamatives) ... 2) Que les autres syllabes^
d'aspect inintelligible n'ont jamais un caractfere anti-sanscrit^
e'est ä dire ne presentent pas des groupes materiellemeut con-
traires ou en Opposition avec la figure generale des mots sans-
crits ... 3) Enfin, que la valeur de cette d^mifere Observation
est d'autre part assez considerablement diminuee par le fait
([ue MUe. Smith ne se lance gufere dans les formes des syl-
labes compliquies et aflFectionne la voyelle a; or le sanscrit est
une langue ou la proportion des a par rapport aux autres
voyelles est k peu prfes de 4 ä 1, de sorte qu'on ne risque
gu^re, en prououQant trois ou quatre syllabes eu a, de ne
pas reneontrer vaguement un mot sanscrit". Also auch hier
ganz dasselbe: ein "Ideal-Sanskrit" wird durch Vokale und
ungefähre Fügung angestrebt, instinktiv, und doch mit einem
ähnlichen Resultat, wie bei dem gelehrten "Ideal-Ronianisch"^
der "Spracherfinder" Fuchs und Volk. Übrigens ziehen auch
die Kinder das a dem i vor (Lindner Naturgarten d. Kinder-
sprache S. 47). — Der Aufsatz von V. Henry (Le langage
Martien: Revue de ling. et de philol. comparee Mars-Avril 1901)
war mir nicht zugänglich.
2) Auch Dichter geraten in einen "schönen Wahnsinn"^
in dem das Material der gewöhnlichen Rede ihnen so wenig
genügt wie der Seherin von Prevorst. Selbst in Frankreich,
dem Land der festen Tradition, klagt man über die Neolo-
gismen der jüngsten Generation (Doumic Les Jeunes S. 50).
Bei uns gehen sie über „unmögliche Wortbildungen" weit hin-
aus und versuchen den Gipfel der Poesie in lautsymbolischem
Stammeln zu erreichen. So hat W. Schäfer (Zwanzig Deh-
melsche Gedichte) als besonders charakteristisch unter R. Deh-
mels Gedichten auch das "Trinklied" (a. a. 0. S. 73) ausge*
wählt, in dem es heisst:
Singt mir das Lied vom Tode und vom Leben,
dagloni gleia glühlala.
Das Lautsymbolische ist nicht genügend durchgearbeitet: in
"glühlala" tritt die Bedeutuugsunterlage zu deutlich hervor
(in der nächsten Strophe die Neubildung "ein Geglüh"); aber
Kliustliche Sprachen. 255>
die Absicht bleibt erkenntlich. * — Stärker noch operiert ein
Jüngster, Alfred Monibert, mit solchen Lautverbindungeo
phantastischer Art. "Aus dem Qualm der Sprache kehr ich
zurück", sagt er selbst einmal hochmütig. Er macht die ganze
Sprache zu einer Vorratskammer lautsymbolischer Vorstellun-
gen; die Worte bedeuten gar nichts mehr, die Klänge Alles,
Umgeformte "syllabische Melodien", wie sie sich Richard
Wagner formt, braucht er nicht; die üblichen Redestttcke selbst
werden zu phantastischer Wirkung ancinandergeschobcn und
gehäuft :
Versinken in den Nächten des schwarzverhangenen Ge-
machs ("Der Glühende" S. 49).
0 Sonnemittag, da ich im heiligen Seegewässer ruhe.
Aus fernster Zukunft tönt die goldne Harfe mir herüber.
Tritt ein, tritt ein, geöffnet ist das Thor, das Thor, das
Thor ("Die Schöpfung" S. 59).
Man mag das schlankweg "Unsinn" neuneu; wurzelverwandt
ist es doch mit jenen uralten Versuchen, Unaussprechliches zu
artikulieren, die dem "sinnlosen Refrain" der Urzeit seine
Bedeutung verliehen (vgl. darüber Zs. f. vgl. Lit.-Gesch. 1, 32 f.,
Euphorion 5, 1 f.). Und auf diese "juchheissa" und "o jerum"
greift ja auch Dehmels "dagloni gleia glühlala" zurück. Die
Neuerer selbst werden immer wieder in den Bann der Tradi-
tion gezwungen.
3) Auch die Märchenworte hängen damit aufs engste
zusammen. Wie eng gerade hier nachahmende Onomatopöie
und deutende Symbolik verschwistert sind, zeigt z. B. die
Mühlradsprache (J. Grimm Kl. Sehr. 7, 163 f.): dem Klappern
der Räder wird ein bestimmter Inhalt beigelegt. Wem hat
nicht schon die Eisenbahn bestimmte Melodien vorgesungen,.
80 deutlich im Schüttern der Wagen, dass er jedes Wort zu
hören glaubte? Erst wiederholt man sich den Klang, dann
werden Worte daraus. So gehen in den Märchen lautsymbo-
lische Namen wie Rumpelstilzchen (vgl. dazu Albr. Weber
Aphorismen B. 1901 S. 10) oder in den Rätseln Klangbilder
wie Hira Hara in die Rede über:
Rururunzeljahn,
Wo dick is di de Buuk ufgahn (Petsch a. a. 0. S. 75,
Vgl. für ähnliche volkstümliche Reduplikationen Corr.-Bl. des
Ter. f. niederdeutsche Sprachforschung XXI 3 S. 35 Anm.)
^56 R. M. Meyer,
Wird aber das Lautsymbolische allein festgehalten, so ent-
steht nicht, wie sonst (III, 1, d) eine Bätseisprache mit deut-
schen Worten, sondern eine Häufung willkürlicher Lautbilder:
Nik nak noschen nady^
Nik nak noschen nady,
Nusch nina qua (Ehrenfeld Schulmärchen S. 34),
wobei wieder die Hilfe der AUitteration zu beachten ist.
4) Auch bei der Zaubersprache schwebt ein allge-
meines Ideal des Märchenhaften, Rätselliaften vor, das aber
dennoch der individuellen Erfindung Raum lässt; auch die
Sprache ekstatischer Momente hat daran Anteil. Da haben
wir denn all die lautsymbolischen Hilfen wieder: die Redu-
plikation ("pu pu pu, num quam ego te videam per parietem
repere" R. Heim Incantamenta magica graeca latina S. 92,
N. 52); die ähnlich wirkende Anaphora und den Reim:
nee parit mula,
nee lapis fert lanam,
nee huic morbo caput crescat,
si creverit tabescat (ebd. S. 549).
Da sind aber auch die mystischen Klänge wilder, an die ver-
ständliche Sprache nur anklingender Laute: Trebio potnia
helapaho* (ebd, N. 198. — potnia aus dem Griechischen vgl.
J. Grimm a. a. 0. S. 140)-, gern mit Reim und Assonanz: 'Ar-
gidam margidam sturgidam' (ebd. N. 190; vgl. WölflFlins Deu-
tung in der Anmerkung und allgem. zur Reduplikation Wil-
manns Deutsche Grammatik 2, 21 f, (§ 13). Ich verweise nur
auf J. Grimms klassische Abhandlung über Marcel Ins Bur-
d i g a 1 e n s i s (Kl. Sehr. 2, 1 14 f.).
Sprachmischung fehlt auch hier nicht (S. 149). Ein "alsi
afna phereos" (S. 141) ist trotz aller Erklärungen wohl einfach
^'heiliger Unsinn" wie das berühmte "sator arepo tenet opera
rotas", das man wohl umdrehn — aber nicht verstehen kann;
-oder wie das pompös entstellte Latein der Zauberformel im
Puppenspiel "Docktor Fausts Leben" (Forschungen zur neueren
Lit.-Gesch. Festgabe für R. Heinzel S. 251): "Mephisto im-
pariat" statt "appareat" u. dgl. m. Ebenso machte eine Tiroler
Zauberformel (Zs. d. Ver. f. Volksk. 9, 379) den Schluss der
Messe unkenntlich : "Ito, ato, Massa — " für "Ite, ite, missa — ".
Wie noch heut solche dunklen Zauberklänge wirken, zeigt die
Künstliche Sprachen. 257
Oesehichte der berüchtigten "Mysterienformel" Köt5 ö|i7raE bi&
auf Lobeck (vgl. Köchly G. Herrmann S. 183 f.).
Auch abergläubische Rücksichten wie bei der Tabusprache
der Fischer und Jäger mögen mitwirken; aber die Spekulation
auf die Macht des Klanges spielt doch die Hauptrolle. Um-
gekehrt darf man aber bei euphemischen Umgestaltungen
insbesondere von heiligen Namen, wie sie beim Fluchen u. dgl.
gang und gäbe sind, die lautsymbolische Hilfe nicht gan:^
übersehen. Man steuert von einem bestimmten Wort weg —
aber meist zugleich einem bestimmten Klang zu. Wenn der
Italiener statt "corpo di Cristo" "corpo di Bacco!" flucht, so
wählt er gerade diesen Götzennamen, weil er so schön schallt,
"Hocus pocus" ist wirksamer als "hoc est corpus", schon weil
es reimt.
Lautsymbolisches Gefühl spielt bei den meisten unerklär-
lichen Wortbildungen mit. Die Gründer des grössten deutschen
Witzblattes suchten nach einem Namen für ihr Kind. Ein
Glas fiel herunter — "kladderadatsch!", rief unwillkürlich
W.Scholz. Man wählte den originellen Namen — aber sollte
nicht etwas von dem geheimnisvollen Klangzauber mitgespro-
chen haben, der später den Sozialisten Bebel von dem bevor-
stehenden "grossen Kladderadatsch" sprechen Hess? Das Wort
"filibre" scheint gar keinen Sinn zu haben (G. Paris Pen-
seurs et po^tes S. 94) ; es wurde wegen seines eigentümlichen
Klanges zum Titelwort der neuen provenzalischen Schrift-
sprache: "il etait neuf, il etait sonore, il fournissait de belies
rimes, il fut acclamö par les sept convives (vgl. aber auch
Jeanroy Romania XXXUI 463 f.).
Ein hübsches Beispiel für Entstehung und Wirkung sol-
cher lautsymbolischer Gebilde ist das Wort "Simulor" (aus
Simili und frz. or. ?), von dem Benno Küttenauer (Heilige,
Heidelberg 1895 S. 155) erzählt. Nicht anders wird es mit
dem neuerdings oft gebrauchten Wort "jingo" stehen, das aus
einem Tingeltangellied stammt:
We do'nt want a war, but — by Jingo! — if we do —
We have the ships, we have the nieu, we have the mo-
ney too!
Statt des üblichen Euphemismus "by Jove" — aus der
lateinischen Schulbildung von Oxford und Cambridge ! — ist ein
scharf and schneidig klingendes Phantasiewort gewählt, das
558 R. M. Meyer,
vortrefflich zum Inhalt der Verse passt. Ähnlichen Ursprung
«cheint das unerklärliche Wort "Rococo" zu haben; vielleicht
auch das trotz Diels (Elementum S. 99: 581 f.) und Reiter
(2. Jahresber. d. Staatsgymnasiums Kgl. Weinberge 1899/1900)
noch nicht sicher gedeutete "elementum".
Auch diese scheinbar ganz willkürlichen, gesetzlosen
Sprachschöpfungen, Zauberworte, Euphemismen u. dgl., haben
also an dem gemeinsamen lautsymboJischen Gefühl, das Spre-
cher und Hörer verbindet, ihren Rückhalt.
5) Wir kommen zu dem letzten und wichtigsten Fall:
zu der individuellen Sprachschöpfung aus dem laut-
symbolischen Gefühl heraus. Bei den Verzückten wirkt
ein idealer Sprachtypus, bei den Dichtern eine durch gewisse
Schlagworte ("glühen" bei Dehmel; "das Thor" bei Mombert)
beherrschte Stimmung; bei Märchen und Rätsel der bestimmte
Zweck. Jetzt haben wir Fälle zu besprechen, in denen die
Sprachschöpfung scheinbar völlig unbeengt und frei vorgelm
kann.
Jeder Mensch ist für den Klang dunkler unverständlicher
Laute empfilnglich. Auf die Wirkung des Latein bei der
Messe, des Hebräischen beim Gottesdienst (vgl. I, 2, c, a und
I, 3) ist oft hingewiesen worden. Ebenso hat man öfters Bei-
spiele angeführt für die Macht, mit der entstellte oder falsch
aufgefasste Worte auf die Vorstellung wirken. So erzählt
V. Kloeden in seinen Jugenderinnerungen (S. 73), dass er sich
aus dem Verse
Bis der Tod, der Alles raubt —
einen Beinamen für den Tod gebildet habe: "der Tod, der
Rallesraub", was ihm höchst fürchterlich klang. Am stärksten
wirken solche Klänge natürlich auf Naturen, die auch sonst
für Lautsymbolik besonders empfänglich sind. Bekannt ist
ein an Kloedens Fall erinnernder aus der Jugend von K. Ph.
Moritz: es hiess in einem Lied "hüll', o schöne Sonne" —
und daraus machte er sich einen romantischen Beinamen der
Sonne zurecht: "Hylo, schöne Sonne". Er war aber auch sonst
für Klangeindrttcke besonders empfanglich, bildete sich aus Höhe
und Tiefe der Vokale sofort Bilder ("Hannover" von hellem und
lichtem Ansehn, "Paris" voll heller weisslicher Häuser: Anton
Reiser Deutsche Lit. Denkm. d. 18. u. 19. Jhd. 23, S. 46),
hatte von Worten wie "Heben" (nd. fllr Himmel), "Höhen der
Künstliche Sprachen. 259
Vernunft", "Unterjochung" (ebd. S. 81 — 84) eine ganz körper-
liche Anschauung, und weil sein Lehrer "singulariter", *'|)lu-
raliter" auf der vorletzten Silbe betonte, wurden es ilim gleich
Völker wie die Amoriter und Jebusiter (S. 35). — G. Chr. Lich-
tenberg bemerkt: ''Despaviladera heisst eine Lichtputze auf Spa-
nisch. Man sollte glauben, es hiesse wenigstens ein Kaiser-
licher Generalf eldmarschalllieuteuant" (Schriften 1,326). Aber
er war auch sonst auf die Physiognomik der Laute sehr auf-
merksam, sammelte onomatopoetische Worte, die ihm "eine Art
Bilderschrift fttr das Ohr" ergraben (ebd. S. 318), bildete sich
aus Nachrichten über den General Lee und dem doppelten e
seines Namens ein eigentümlich zusammengesetztes Bild von
ihm und suchte sich einen Nachtwächter nach seinem Gesang
zu zeichnen. — Fr. Th. Vischer, der in "Auch Einer" das "tetem"
des Gesangbuchverses "wer mit verhärtetem Gemüte" zu hu-
moristischer Unsterblichkeit gebracht hat, achtet auch auf die
Symbolik der Tiersprache und vergleicht sie mit der mensch-
lichen Gebärdensprache (Auch Einer 2, 293). — Indess, die
Grundlage ist doch allgemein menschlich. Schon die Kinder
sind glücklich, wenn sie unverständliche Klänge von einem
gewissen symbolischen Reiz der Lautfarben und des Rhythmus
miaufhörlich wiederholen dürfen, "talillö, talilife, talill6" (Groos
Die Spiele der Menschen S. 42) oder, mit Reim (wie so oft
in künstlichen Sprachen): "Emma-Bemnia" (ebd. S. 46). Auch
hier entsteht, wie bei Mombert, Sinnlosigkeit durch Haften
am Klang:
Naseweis vom Wasser weg,
Welches da liegt noch mehr Dreck (ebd. S. 47).
Dass kein einfach verständlicher Sinn vorliegt, erhöht gerade
den Reiz: das ist eben etwas anderes als was wir alle Tage
reden !
a) Die allgemeinste und kaum irgendwo zu vermeidende
Art, Sprachstoff zu erfinden, ist die poetische Namen-
gebung. Das Allgemeinste ist auch hier bekannt: wie früher
aussagende Namen (besonders in Roman und Lustspiel) die
Person etikettieren: Herr v. Edelreich, Herr v. Mildheim; vrie
dann allmählich eine Emanzipation beginnt, indem man fremde
(französische oder englische) Namen übernimmt, zum Teil noch
bedeutungsvolle, die nun aber nur noch lautsymbolisch wirken
rWomshäter'' aus dem Englischen für Lessings "Misogyn");
260 R. M. Meyer,
bis sich allmählich der nur durch seine Klangwirkung diskret
auf die Natur der Person vorbereitende "bedeutungslose" Name
durchsetzt. Natürlich hat aber der lautsymbolische Name auch
viel früher nie ganz gefehlt. Ich erinnere hier nur an die
komischen Namen, die Weinhold (a. a. 0. S. 10 f.) aus alt-
deutschen Schauspielen zusammenstellt und von denen er aus-
drücklich bemerkt: "ein innerer Grund, weshalb manche Na-
men niedrig und lächerlich sein sollten, war nicht vorhanden ;
der Klang allein wirkte, weil bei dem Klange an die gewöhn-
lichen Inhaber der Namen gedacht ward'* (S. 12) und, setzen
wir hinzu, weil er an sich oft schon den Eindruck des Plum-
pen, Unbehilflichen macht: Gundelwein, Gumpolt, Gumprecht
gegenüber Gawein und Parsifal ! ist einmal ein bezeichnender
Name gefunden, so hält man ihn gern fest: "Wilhelm" bleibt
von Bürger über Goethe bis zu Heine der Name für einen
treuen Liebhaber, "Leonore" für die Geliebte (Euphorien 4,
488). Auch kehrt der gleiche Name bei demselben Autor
öfter wieder: das Paar Wilhelm und Marianne aus Goethes
"Geschwistern" in den "Lehrjahren" u. dgl. m. Dass die Na-
mengebung keine nebensächliche Angelegenheit ist, haben
Autoren wie Frey tag hervorgehoben (vgl. in meiner ''Gesch.
der deutschen Lit. im 19. Jhd." S. 431). Näheres Eingehen
muss ich mir aber für eine SpezialStudie versparen.
Dass die Namen aus der Vorstellung des Autors von
seiner Person genommen sind und sie in dem Hörer oder Leser
wieder erwecken wollen, ist klar; sie sind durchaus lautsym-
bolische Erfindungen.
Auch bei der "bürgerlichen" Namengebung spielt das
lautsymbolische Gefühl keine geringe KoUe; der vorschwebende
Typus des zukünftigen Mädchen oder der zukünftigen Frau
soll oft durch "Rosa" oder "Gretchen" oder "Irene" angedeutet
werden, auch wo die ursprüngliche Bedeutung des Namens
nicht mehr gekannt wird. Hier handelt es sich aber nur um
Wahl, nicht um Erfindung von Namen; oder wo doch Namen
erfunden werden, gelten einfach die Prinzipien der poetischen
Namengebung.
Besonders stark kommt die Bedeutung des lautsymbo-
lischen Gefühls für die Namengebung in der Namenveräu-
derung zum Ausdruck. Hans v. Kahlenberg führt in ihre
schrecklichen Koman "Die Sembritzkys" den Bildhauer Eein
Künstliche Sprachen. 261
hold Begas ein; da heisst er Arnold Wigand. Die Grundzüge
des Namens sind gewahrt, er ist aber zum Winkelried hin
gesteuert. Gabriele Reuter sieht ihre litterarische Mitschwester
Helene Böhlau vor allem in der Beleuchtung der unruhigen,
wühlenden Natur; deshalb entstellt sie (in "Frau ßürgelin und
ihre Söhne") den Namen zu Mia Wöhler. Ein "Aloys" der
Wirklichkeit wird zum poetischen Jüngling "Dionys" usw.
Auch bei der wissenschaftlichen Namengebung wirkt
übrigens das lautsymbolische Gefühl mit. Wenn Oken zum
Spott Goethes (Gedichte Hempel 3, 203) für das natürliche
System der Erze neue Worte von allen Seiten zusammenholte:
"Halde" aus Galizien, "Malme" aus Schweden, "Gelfe" aus Un-
garn zu dem alten deutschen "Flinz", so hat gewiss der Klang
dieser verschiedeneu einsilbigen oder erst einsilbig gemachten
Worte ihn mitbestimmt: "Gelfe" halbgcdiegeue Erze, "Malme"
(nach Goethes Vers) "gut durchgesotten". — Nicht minder wird
bei der geographischen Namenverleihung solch Gefühl mitge-
spielt haben.
b) Ein ähnlicher Fall ist der der Angabe erfundener
Zahlen, der in der Dichtung natürlicli recht oft begegnet.
Hier ist nun wichtig, dass durchweg ungerade Zahlen vor-
gezogen werden — eine Bemerkung, die schon Feuchtersieben
(Werke 3, 210) gemacht hat. Sic hat sich mir beim Aufmer-
ken durchaus bestätigt. Die Lieblingszahlen von Lindners
Sohn (Aus dem Naturgarten der Kindersprache S. 81) waren
3, 7, 9 oder 3, 7, 8 (vgl. ebd. S. 88). Und unser Mathematik-
lehrer in der Schule verwandte als beliebige bestimmte Zahl
ganz regelmässig 17. Überhaupt ist 7 besonders als Endzahl
beliebt; z.B. bei Gutzkow (Werke 1,251) 257, ein andermal
mit Hervorhebung des Typischen (9, 161) 37: "Fragt man den
grossen Mathematiker nach der Uhr, so antwortet er: 37, weil
er nämlich etwas ganz anderes verstanden hat". Auch Tieck
in der Novelle "Die Vogelscheuche" (Novellen 11, 194) lässt
eine Person, als eine Frist verabredet werden soll, ausrufen:
"Immer ungleiche Zahlen! drei oder fünf!" Das erinnert daran,
dass auch in der Poesie der Alten die ungleichen Zahlen, mit
Ausnahme der Zweizahl, überwiegen (vgl. meine "Altgerm.
Poesie" S. 82 f.) und dass die heiligen Zahlen fast durch-
weg ungerade sind: 3, 7, 9; die christliche Zwölfzahl hat
historische Begründung. — Ich kann mir auch das nur aus
Indogermanische Forschungen XII 3 u. 4. m
262 R. M. Meyer,
dem lautsymboliscben oder wenn man hier so sagen darf zabl-
symbolischen Gefühl erklären. Die ungerade Zahl scheint
freier, willkürlicher, während die gerade durch die Vorstellung
der Teilbarkeit in zwei gleiche Hälften sofort die Idee einer
gewissen Regelmässigkeit erweckt. Ferner aber sind im gewöhn-
lichen Leben gerade Zahlen häufiger als ungerade (ausser 5) —
weil man runde Zahlen anstrebt — und unter den ungeraden
ist die 7 verhältnismässig selten: 5 wird durch das Dezimal-
System, 3 durch seine Kleinheit öfter gebraucht; 9 aber wirkt
als 3 mal 3 wieder zu regelmässig. Das mag es bewirken, dass
gerade die 7 als "ungewöhnlichste Zahl" in erfundenen Zahl-
angaben gern an das Ende rückt, das ja die Zahl vor allem
charakterisiert. Die Siebenzahl der Woche ist ihr nicht hin-
derlich : teils trennen wir den Sonntag von den sechs Wochen-
tagen, teils sagen wir "in acht Tagen" u. dgl.
Bei grösseren Zahlen tritt eine andere merkwürdige Er-
scheinung ein. Gutzkow (a.a.O. S. 345) sagt (in dem ihm
eigenen wilden Stil): "Meine Zöglinge sollen nicht sagen: nos
numerus summus: wir sind der 3, 881, 221 im Volke . . ."
Hier fällt die Periodizität auf: die beiden letzten Gruppen
beginnen mit zwei gleichen Zahlen und enden mit 1. Es ist
ja 1)ekannt, wie schwer es ist, bei willkürlicher Erfindung von
Zahlen die periodische Wiederkehr der gleichen Ziffer nament-
lich an betonter Stelle zu vermeiden. Geht es doch bei andern
Lauten ähnlich. Immermann hat im "Münchbausen" auch
Humboldt parodiert und speziell im Anfang (wie ich Eupho-
rion 3, 431 f. gezeigt ha1)e) eine Stelle aus den "Reisen in die
Äquinoktialgegenden". Hier parodiert er nun auch die aben-
teuerlichen Indianernamen und erfindet in ihrer Art das Ge-
biet Apapurincasiquinitschchiquisaqua (in Kochs Ausgabe 1,7).
Man sieht, wie bald er hier in das Periodische fällt! Apa —
purin — casi wird (wie in Gutzkows Zahl die 3) vorangeschickt,
selbst schon mit Allitteration und Wiederkehr der gleichen
Vokale. Dann folgt quinitsch, daraus wird durch ungefähre
Umstellung chiqui gewonnen, und nun folgt mit Wiederkehr
des anlautenden qu der Schlusssilbe saqua. — Ebenso z. ß.
in dem Refrain des bekannten Liedchens Auf einem Baum ein
Finke — simsala dusala dasula dum — .
c) Doch damit sind wir schon bei den erfundenen
Worten oder Sprachstücken angelangt. Ich gebe
Ktinstliche Sprachen. 263
€ine kleine Blutenlese, wieder aas verseliiedenen Zeiten (Wohl
die reichhaltigste ""Sprachenparade" in wirklichen und erfun-
denen Sprachstücken bringt Rabelais im Pantagrnel Buch II
Kap. IX, in Gelbckes Übersetzung I S. 213 f.; ein Stückchen
^^Mezzofantiasis", das sogar zu einer biographischen Legende
geführt hat vgl. a. a. 0. S. 8. — Über das Englisch Panurgs
Lady Blennerhasset in der Deutschen Rundschau Mai 1900
S. 280 Anni. : es liegt wohl eine lautsymbolische Vergröberung
der schlecht verstandenen Nachbar- und Feindessprache vor).
a) 1669 Grimmeishausens Simplicissimus (Ausg. von
R. Kögel) S. 505. Baldanders schreibt dem Helden Worte auf,
die ihm ganz teuflisch vorkommen (S. 506): ''Manota, gilos,
tinad, isaser, sale, lacob, salet, cuni nacob idit dadele neuw
ide eges Eli neme" usw. Offenbare biblische Anklänge : der
Name Gilead ist in gil-os und tim-ad benutzt, isaser = Issachar,
lacob und nacob aus Jacob, EH aus der Bibel übernommen.
Nachher werden Gog und Magog benutzt: nego gag editor
goga. Dazwischen lateinische Worte: editor, elimitat, alijs,
assis, oder Anlehnungen an solche: ononer (zweimal) zu honor,
lamen zu solamen, retoran zu rhetorem. Endlich orientalische
Klänge: amu salif, und italienische: rimirsi. Starke Neigung
zur Reduplikation: ononor, ossosson, und zur Reduplikation:
isaser, negogag, naneg. Wenn mehrmals der gleiche Auslaut
folgt, schwebt wohl lat. Substantiv mit Adjekt. vor: agnot
regnot; und Formen wie eledid, sodaled, saladid oder tolos-
labas, timinitur, elimitat erwecken die deutliche Erinnenmg
an lateinische Yerbalformen.
Besonders charakteristisch ist aber, dass wieder eine Ai*t
Vokalharmonie besteht. Auf i folgt gern eine Silbe mit o: gi-
los, vlidon ; oder zwei mit a und einem kurzen Vokal : ritatan,
ilamen, elimitat; ähnlich diledi. a und o stehen gern bei ein-
ander: manota, lacob, nacob, emonalan, negagag, goga, so-
daled, retoran, ronodaw, agnot, celotat, tolostabas oronatat,
bagoge, hananor. Dies sind überhaupt die Lieblingsvokale.
e steht fast nur in der Nähe von i, und dann gern verdoppelt:
Eli, desi, editor, madeli esiolen, vilede. Kurz, eine gewisse
feste Verknüpfung bestimmter Laute mit andern hat sich un-
willkürlich auch hier eingestellt.
ß) 1780 Holbergs Niels Klim (deutsche Übersetzung) au
vielen Stellen. So (S. 60) Spik autri. Flak. Skak. mak. Talu
264 R. M. Meyer,
Mihalatri Silak — alles auf Keim. Oder (S. 132) Kaki ma-
nasea qui bonotn miriac Jachu mesimbria laphani Ornkia Ma-
naskar Quebriac krusundora (mit Übersetzung): wie das Vorige
besonders durch den Vokal a und den Konsonant k charak-
terisiert. (S. Iö3) Raki spalaki (du undankbarer Hund) ebenso,
mit Reim Hübsch Jeru Pickel Salim (S. 362 — 63), aus Jeru-
salem gebildet und deshalb auch so — missverstanden. Ein
lautsymbolischer Scherz S. 235: Kakidoran wird unter dem
Namen Kikidoran in den Adclstand erhoben : der höhere Vokal
vertritt den höheren Rang.
t) 1777 Asmus Claudius Nachricht von meiner Audienz
beim Kayser von Japan (Werke 3, 74 f., spec. S. 82 f.). Be-
ginnt: Lima Neli Haschum WaNschboh "Ich habe die Ehre
Ew. Majestät den Sieur Asmus aus Wandsbeck unterthänigst
zu präsentieren". So geht es weiter; z. B. Mui PiaNeti "Ich
habe von Natur einen besondern Respekt für die Potentaten,
die weit weg sind". Gern ablautende Wiederholung: Tamiba
Temibo; NipoNpi; oder andere Formen der Wiederholung:
SchemiNa— SchemiNto; Nipo— Nipel; Kipulxo. Daneben Ent-
stellungen: Haschmu soll Asmus, WaNschbok Wandsbeck be-
deuten. Anklänge an asiatische Sprachen; Bevorzugung von
6, i und p. Von allen erfundenen Sprachstücken, die ich
kenne, klingt dies am unwahrscheinlichsten, das heisst also
eigentlich: am wahrscheinlichsten.
b) ? G. Chr. Lichtenberg Lorenz Eschenheimers em
ptindsame Reise nach Lapula (Werke 2, 199 f.). Jedenfalls
die geistreichste Anwendung, die je von der Idee künstlicher
Sprachen gemacht ist. Lichtenberg legt Swifts Erfindung der
Insel Laputa zu Grunde und erinnert daran, dass in Gullivers
Reisen der Hof von Balnibarbi (Allitteration, Assonanz, Reim
und nochmals Stabreim !) auf der fliegenden Insel wohnt. Die
gleiche Sprache wird nun oben in Laputa und unten in Balni-
barbi verschieden angewandt; der Exponent ^ bedeutet die
"unfeine Meinung", z. B. molom "ein Gelehrter", molom ^ "ein
Schwätzer". Ebenso bedeutet ein Wurzelzeichen moralisie-
rende Anwendung: zomn "ein Bär" rzomn "ein Kritikus"...
Die von Lichtenberg erfundenen wenigen Worte sind alle direkt
lautsymbolisch : tzoc "sich mit Gewalt zum Brechen zwingen",
lull "Lebensart", molom "Gelehrter".
6) 1819 E. Th. A. Hoff mann Brief (Nachgelassene
Künstliche Sprachen. 265
Schriften 2, 331): "addio amico porichissimo tempo finito questo
di reni de ia bueca'\ "Abschiedsworte", bemerkt der Heraus-
geber, — "willkürlich zusammengestellte und korrupt (oft aus
den verschiedensten Sprachen, ja aus eigen geschaflFenen) zu-
sammengefügte — die wir in tibermüthiger Weinlaune bei
unserem Voneinandergehen Nachts uns zuzurufen pflegten. —
Hoffinann mystificierte durch solche an mich gerichtete kauder-
welsche Sprache gar zu gern diesen und jenen bornierten und
sprachnnkundigen Tischnachbar". Und Grisebach sagt in seiner
Ausgabe (I, LXXXI): "Das kauderwelsche Italienisch am
Schluss des Briefes ist eine Bamberger Reminiscenz". — Das
Beispiel ist sehr hübsch. Aus richtigem Italienisch geht es
in italienisch klingenden Unsinn über, und kehrt dann zu
sinnloser Verbindung italienischer Worte zurück. Also dreierlei:
italienische Worte in richtiger Verwendung — in falscher Ver-
wendung — italienisch klingende Worte (porichissimo).
l) Börne Pariser Briefe 5. Jan. 1832 (Ges. Schriften
Hamburg und Frankfurt a.M. 1862; X141): "Soli Branz, Resseo
riam vorum catibis, pressar littotas mussica plissos, vorissilo
oaruss ab itains. Os? pervens politan" usw. Lateinischer
Grundtypus: vorum wie vestrorum, catibis wie ibis u. dgl.;
Einmischung von Lieblingsworten: "Paria", "Presse". Dazu
Allitteration und gute Cadenzen, "pervens politan".
x]) 1846 Adolf Gassbrenner Neuer Reineke Fuchs
(S. 202):
Und als ihr Führer schrie: cki, cki!
Przskmovothmmin ssoo rinthf i— i! — ...
Groteske Wirkung durch Konsonautenhäufung erstrebt. Zwei-
malige Verdoppelung. Am Schluss (wie bei Immermann in der
Parodie der "inneni Sprache") ein Schimpfwort in entstellter
Form. —
Beispiele kindlicher Sprachschöpfung aus dem lautsyra-
fcolischen Gefühl gibt Rcsesnitzek Entwickelung der Kinder-
sprache S. 17.
Blicken wir zurück, so sehen wir, wie eng selbst hier
<lie Spracherfindung eingeschränkt ist. Sie wird eingeengt
1) von aussen her
a) durch Anlehnung an bestimmte gegebene Sprachformen,
vor allem die eigene Sprache, aber auch einflussreiche fremde
wie besonders das Latein;
266 R. M. Meyer,
b) durch die Tradition analoger Erfindungen selbst. Diese
zeigt sich besonders mächtig in den politischen Utopien, von
denen das Büchlein "Schlaraffia politica'* (1892) eine hübsche An-
zahl gesammelt hat. Zunächst ist schon das Tradition, dass die
"Staatsromane" ohne erfundene Sprache oder doch ohne phan-
tastische Namen gar nicht auskommen. Aber auch inhaltlich
zeigen diese lautsymbolischen Sprachen Verwandtschaft. In
Thomas M o r u s Utopie heisst es (a. a. 0. S. Ö4) : Utopos ha
loccas peula chamapolta chamaan. Allitteration mit p, Wieder-
holung (chama-), Anlehnung an Griechisch (gymnosopher; he als
Artikel) und Hebräisch (chamaan vgl. Kanaan; chamapolta wie
hebr. Verbalformen). Auch erfindet er ein verschnörkeltes AI-
phabet, wie die hl. Hildegard, das z. T. stark an unsere Runen
erinnert. Vairasse, der Verf. der Geschichte Sevarambiens
(S. 139 f.) gibt eine ganze Grammatik; ein Sprachstück dar-
aus, ein Gebet lautet (S. 143): Enodim bas Ospamonstas Sa-
motradas Eamedumas Earpanemphas usw. : Allitteration mit k,
Wiederholung (Käme-; auslautendes -bas), Anlehnung an La-
tein (Prostram prostamas zu prostra-verunt u. dgl. "Der Staat
von Felicien" (S. 221) hat Inschriften wie (S. 229) "Monarkol
frei durch seine Ketten": Anlehnung an griech. iiövapxoc. In
Cabets Reise nach Ikarien (S. 241 f.), in unsemi Jahrhundert,
Nameu wie Lix dox (S. 253) mit Wiederholung des Auslauts.
Sogar Campanella macht (S. 77) die drei Worte potestas,
sapientia, amor zu den Titeln Pon, Lin, Mor zurecht: gleicher
Endkonsonant von a und b, gleicher Vokal von a und c, was
leicht zu vermeiden war, wenn man es nicht erstrebte! — Morus
hat auf zahlreiche Nachfolger gewirkt, Swift auf Holberg (a.
a. 0. S. 192), auf Robert Pultock, der die genialen lautsym-
bolischen Namen der Reise Gullivers grotesk karikierte (Fürst
Die Vorläufer der deutschen Novelle S. 97). Sie haben auch
die Art der Lautsymbolik beeinflusst: eine feierliche, in langen
Worten schwelgende Sprache für Inschriften und Gebete, gern
eine knappe, eingewirkt mit Liquiden abschliessende für Titel;
Anlehnung an die gelehrten Sprachen, viel Wiederholung, kein
Endreim.
2) von innen her
a) durch einen fast überall mehr oder weniger bestimmt
vorschwebenden Idealtypus der Feierlichkeit, der Harmonie
(bei Morus) oder wie sonst;
Künstliche Sprachen. 267
b) dareh die natürliche Neigung des Menschen, es sich
bequem zu machen und die unwillkürliche Nachgiebigkeit
gegen bestimmte, im Anfang aufgetauchte Wortbilder, ja sogar
einzelne stark hervortretende Laute (die Vokale a und o, die
Konsonanten p und k bevorzugt).
Ho können wir uns nicht wundern^ wenn dieselben Klänge
über Jahrhunderte wiederkehren. Des Moi*us 'maglomi' (Ausg.
der Utopia von Michels u. Ziegler Lat. Litt. Denkmäler 11,2)
erinnert an R. Dehmels 'dagloni', auf das des Engländers
Schlusswort 'pagloni' sogar reimt (vgl. o. S. 252 zu ingdolon).
Wie gebunden der Mensch ist, zeigt sich gerade, wenn
er so recht ungebunden sein will. Die ersonnenen Sprachen
Hessen sich recht wohl zu psychologischen Ausmessungen der
menschlichen Lautphantasie benutzen, die vielleicht auf den
Spielraum der Phantasie überhaupt Schlüsse zulassen würden.
Zu beachten ist auch ein negativerFaktor. Fast
durchweg gehn die Spracherflnder der Versuchung aus dem Weg,
einheimisches Matei:ial zur Unverständliehkeit auseinanderzu-
zerren. Das geschieht fast nur in humoristischer Absicht mit
Schimpfworten (lausibeest* bei Immerraann, *rinthf— i— i' bei
Glassbrenner). Und doch liegt auch das auf dem Wege, wie
jene Beispiele von 'Hylo' und 'Rallesraub' zeigen oder die
sinnlose Volksetymologie" des Mädchens, das die Liedworte
nie kann ohne Wonne" Jahre hindurch als "nie kanone-
wonne" appercipirte (Groos Spiele der Menschen 8. 25). Aber
man fürchtete wohl, der Alltagsrede zu nahe zu kommen, viel-
leicht auch das Geheimnis zu verraten. (Ich erinnere auch
an die bekannten "Rätselhaften Inschriften" der "Fliegenden
Blätter", die aus deutschen Worten durch Akzentverrückung
und Verschiebung der Silbengrenzen unverständliche scheinbar
lateinische Rede herstellen : "Derana Irenas Plutarch" = "der
Anna ihre Nas blut't arg" oder "Ave ter aunis a quaestor sol
dat" = A Veteran is a gSvester Soldat".)
Nachdenkliche Geister haben das lautsymbolische Gefühl,
das zu all diesen Sprachstücken führte, auch zu ganzen Ge-
heimsprachen ausgesponnen. Schon das Spiel, das der
junge Mörike mit seinem Freund Ludwig Bauer trieb, streift
an solches Weiterbauen: der "heimliche Maluff" mit seinem
versunkenen Königreich lebte für sie und zog immer neue
phantastische Namenbildungen heraus. Es entstand so ein
«_•
«
268 R. M. Meyer,
ganzes mystisches Reich, dessen Charakter von dem der zu-
fällig empfangenen Lautbilder abhängig war. Im Kleinen
wird so ziemlich jeder Knabe Ähnliches gespielt haben. Ich
erinnere mich, wie ich alle OflSziere meiner Zinnsoldaten be-
nannte, Kardinalskollegien und brasilianische Senate ausammen-
schrieb, wobei immer zwischen der allgemeinen Vorstellung
und dem erfundenen Namen eine gewisse Wechselbeziehung
herrschte (vgl. o. V, 5, a), das Ganze aber wieder von den
Namen zusammengehalten wurde. Ein stolzer Name machte
mir besondere Freude, als ich nach Jahrzehnten seinen Ur-
sprung entdeckte. "Pamiakopejo" hiess ein brasilianischer Tri-
bun, und sein Name war zusammengebraut aus spanisch-portu-
giesischen Lauteindrücken und der damals in der Zeitung mehr-
fach erwähnten "Pharmacopoea Germanica!" Ebenso träumte
mir neulich der Name "Tallabich", der offenbar aus den Na-
men des Diplomaten Talleyrand und des Geographen Canna-
bich erwuchs.
Von solchen Namengruppen gingen gewiss auch die drei
berühmten Schriftsteller aus, die in ihrer Jugend
c) ganze Sprachen aus dem lautsymbolischen
Gefühl heraus erfanden. Wenigstens bezweifle ich nicht,
dass ihre kindlichen Geheimsprachen auf diesem Prinzip und
nicht auf dem der Erbsensprache beruht haben werden.
Just US Moser erzählt: "In seinem zwölften Jahre hätten
er und seine beiden Freunde mit Andern eine gelehrte Gesell-
schaft errichtet, worin sie sich einer eigenen von ihnen erfun-
deneu Sprache bedient. Sie hätten zu dieser Sprache ihre
besondere Grammatik gemacht ; Bertling hätte das Wörterbuch
geschrieben, er aber die gelehrte Zeitung in dieser Sprache
und die Kalender verfertigt, und das Siegel der Gesellschaft
gestochen. Sie hätten sich zusammen dieser Thorheit so sehr
überlassen, dass die Lehrer sie mit allen Schlägen nicht davon
zurückbringen können" (Werke 10,9). Ganz ebenso wird von
J. P. Hebel berichtet: "In Lönach wird zwischen Hebel und
vertrauten Freunden jener "Geheimbund" der Troteuser* ge-
schlossen, dieser absonderliche, kurios anmuthende Kreis mit
seinen eigenen Siegeln, seinen Zeichen, seinem Wörterbuch,
dem Hebel auch in Karlsnihe stets treu ergeben blieb, als
'Stabhalter' und Tannenides' (ADB. 11, 189).
Künstliche Sprachen. 269
Ebenso hat der Dichter Stefan George, wie er mir
erzählte, vom nennten bis zwölften Jahr aus dem lautsjinboli-
schen Gefühl heraus sich eine Sprache mit Grammatik und
Wörterbuch aufgebaut. Dagegen trägt die Geheimsprache der
Brüder Alfred und Wilhelm v. Berger ("Im Vaterhause**
Wien 1901 S. 63) mehr den Charakter einer einfachen Familien-
sprache metaphorischer Art (vgl. o I, 1, b, ß): "alpisch** (von
^'Alpen*') für grossartig, erhaben u. dgl., dazu "unalpisch**.
Schon stärker wirkt das lautsymbolische Gefühl mit in der
Familiensprache, die B. v. Suttner in ihrer "Monographie** Es
Löwos (Dresden u. L. 1899) schildert und feinsinnig psycholo-
gisch analysiert (S. 5. 15 f. 31. 34. 36 f. usw.) und bei der
man bis zu einer volapük-artigen Flexion (S. 36) gelangt. "Es
Löwos'* der Löwe, mit dem weichen Artikel und dem roman-
tischen hispanisierenden Schluss, der cinigermassen an Frie-
drichs d. Gr. Vorschläge (in der Schrift "de la litt, allemande*')
erinnert, die Infinitiv-Endungen durch -a zu euphonisieren :
"Mettez un a au bout de ces terminaisons et faites en sagena,
gebenUy nehmena, et ces sons flatteront Toreille** (Neudruck
her. V. L. Geiger S. 18). — Ich verdanke den Hinweis auf
das Büchlein der Fr. v. Suttner dem Herausgeber dieser Zeit-
schrift, die Erinnerung an den Vorschlag des Grossen Königs
Erich Schmidt. Er hat mich auch auf die -ania-Sprache in
Balzacs Pfere Goriot (grosse Pariser Ausgabe 1875, IV S. 43:
saute-rama, soup-eaurama, nach diorama) aufmerksam gemacht,
die ich hier zum Argot (II 3 c) nachtrage.
Leider sind meines Wissens von Mosers und Hebels Ge-
heimsprachen keine Spuren erhalten. Andererseits finden sich
in Lavaters "Geheimem Tagebuch von einem Beobachter sei-
ner selbst** (1773) wiederholt gänzlich unverständliche Stücke in
anderer (lat.) Schrift, von denen ich nicht beurteilen kann, ob
bloss Geheimschrift oder aber Geheinisprache vorliegt, und in
letzterem Fall, ob Lavater sie mit Andera teilte. Was mich
7M dieser Meinung neigen lässt, ist neben Lavaters und seiner
Freunde Geheimbündelei der Umstand, dass die von ihm (wie
von Morus und Campanella) ins Alphabet eingefügten astrono-
mischen Zeichen auch in Goethes Tagebuch (für den Herzog
Karl August, Frau v. Stein usw.) benutzt werden. Doch spricht
die Häufung der f (die wie in jener Mönchschrift den Vokal
e vertreten mögen) für eine ChiflFernschrift : "vesf kol wsa fst
p
2T0 K. M. Müver.
usf knf (J8t boe" usw, i^, 1:^1 vgl. z. B. S. 122. VA2. 134—38.
14^. löl n. Ö.]. Aacb Zahlen sind eingemischt, wohl kabba-
listisch fflr den Bncbstabeii, iler die betretTende Stelle im
Ali»habet hat {z. B, S. 138).
.Solche erfnndeneD Sprachen, die von der gewöfaiilii:beii
Rede ganz und, wie wir gesehen hsbea, absichtlich und mit
Erfolg ahgehu, gehören mit den blossen DifTereuKierungsspracheu
deshalb noch zusammen, weil fremdem Spi'acbmatcrial (Latein,
Hebrftisch nsw.) benutzt ist; aber auf der andern Seite grenzen
sie unmittelbar an die letzte Art eigentlicher KiinsCsprachen :
die "philosophischen". Ich nennen diese die letzte Art eigent-
licher Kunstsprachen, weil die Zeichen- und Signalsprachen
sowohl als auch die Chiffernsprachen aus dem Bereich der
gesprochenen Heile ja herausfallen; und "äprache" mt denn
doch eigentlich nur die gesprochene Rede.
^irt^B
VI. Sprachbildnng ans der Abstraktion.
Der Versuch, die "willkllrliche" Namengebnng der
eben durch eine "vernunftgemässe" zu ersetzen, musste sieb
fast notbwendig tlberall aufdrängen, wo man die SpracheD
eben filr willkürliche Satzungen hielt. Der biblische Bericht
von der babylonischen Sprachverwirrung musste diesem Be-
streben nncb Vorschub leisten: sind alle gesprochenen Spra-
chen nur verzerrte Abbilder der von Adam unter Gottes An-
leitung erfundenen Ursprache, so mnss die Aufgabe reizen, die
alte Wahrheit uud Schiiubeit der Sprache wieder herituslellen!
Selbst Thomas Abbt, der mit seiner Dissertation "Confusiooent
linguarum rjuae Babelica audil, non fuisse poenara generi hn-
mano a Deo inflictam" (1758) zuerst mit tapferer Entschie-
denheit den Lehren entgegentrat, die Pott gerade 1<hj Jabr
später in seinem "Anti-Kaulen, oder mythische VorsteUnnge»
vom Ursprung der Völker und Sprachen" {1863} andgiltig wider-
legte — selbst Th. Abbt nahm noch an, dass Eine Ursprache
durch die Zerstreuung der Menschen in verschiedene zersplit-
tert sei (Werke 6, 103) und spricht davon, wie die (Jriecheu
"ihre Sprachen so verbessert, sie so der Klarheit, Dentlichkeit
und Ordnung der Begriffe angepasst haben, das» diese Sprache
vor allen andern, lange Jahrhunderte hindurch, den Vorzug
behalten hat" (ebd. S. lOö). Wie die rationalistische Sprach-
antfassung eines Gottsched oder Adelung in allen Dialekten
Künstliche Sprachen. 27r
nur "verderbte Rede" sah und die ursprüngliche "Reinigkeit"
der Sprache wiederherzustellen suchte, so meisterte sie auch
an den Sprachen ohne Sinn für die historische Notwendigkeit
ihrer Manigfaltigkeit.
Von jenem Standpunkt aus hätte es nun scheinbar nahe
gelegen, auf empirischem Wege die göttliche Ursprache auf-
zusuchen. Die ältesten Anläufe zur Sprachvergleichung reichen»
ja weit hinauf und der BegriflF der Wurzel Wörter, die durch
alle Entwickelung hindurch geblieben seien, ist z. B. gerade
Job. Christoph Adelung (Über die Geschichte der Deutschea
Sprache Leipzig 1781 S. 10) vollkommen geläufig. Dasjenige
Mass empirischer Abstraktion, das ein W. v. Humboldt an-
wandte, um das allen Sprachen Gemeinsame herauszugraben,
wird Niemand vom 16. und 17. Jahrhundert fordern; aber der
Versuch, wenigstens ein allgemeines Wörterbuch durch
Vergleichung zu gewinnen, war in der That schon mit den
Anschauungen jener Epochen vereinbar und ist Ende des
vorigen Jahrhunderts bei bedeutenden Geistern wie de Brosses
fast schon gewagt worden.
Indessen — viel' näher als die Empirie lag diesem Zeit-
alter doch immer noch die Spekulation. Nicht einmal auf die
allgemeinen Voraussetzungen der Logik und Psychologie grün-
dete man die ältesten Versuche einer philosophischen Sprache^
sondern reine Willkür erhielt die Führung. Nie wollte eine
Sprache entschiedener reine G^cic sein; um so merkwürdiger
ist es, wie selbst hier die q)i3cic sich heimlich einschlich und
das alte Wort wahr machte : Naturam expellas f urca — tarnen
asque recurrit!
1) Wie wir uns hier überhaupt auf eine Auswahl be-
schränken müssen, so ist insbesondere für die erste Periode
der ''philosophischen Sprachen" eine eingehende Behandlung
eher der Geschichte der Philosophie als unserem linguistischen
Versuch zuzuweisen. Denn man arbeitet hier eben fast ganz
mit TBegriflfen" und wir haben es doch mit den Ausdrücken
zu thun!
a) Im Altertum bei Griechen und Hebräern, im Mittel-
alter bei Indern und Arabern wird es an waghalsigen Ver-
suchen nicht gefehlt haben, den "wahren Begriff", das "Ge-
heimnis" zu packen und durch seine Nennung das Ding selbst
zu ergreifen. Diels (S. 9) weist über Porphyrios auf Aristo-
-272 R. M. Meyer,
teles selbst zurück. Und von dem Runenzauber der alten Ger-
manen bis zur spätjüdiscben Eabbala deuten mancherlei Be-
mühungen abergläubischer Halbwissenschaft dahin. Aber ftir
die neuere Entwickelung setzt die Reihe dieser Bestrebungen (so
viel ich sehe) mit Raymundus Lullus ein (vgl. Diels S. 8).
Dieser höchst seltsame katalanische Doktor Faust war "ein Apo-
stel, der zugleich Dichter und des Interesses und der Bewun-
derung würdig ist, anderseits ein von fixer Idee Besessener, den
man, wenn er in all seinem merkwürdigen Dichten und Trachten
nicht uneigennützig gewesen wäre, beinahe geneigt sein könnte
einen Charlatan zu nennen" (A. Morel-Fatio in Groebers Grund-
riss d. rom. Phil. II 2, 105; vgl. für LuUs Einfluss auch Bo-
rinski Gracian und die Hofliteratur in Deutschland, Halle 1894,
S. 69 f.). Er "glaubt die Scholastik untergraben zu können,
indem er ihr ein extravagantes System entgegenstellt, von dem
man nicht versteht, wie hervorragende Geister es einer Unter-
suchung noch für würdig gehalten haben". Indess zeigt der
lichtvolle Bericht, den Gence in der Biographie Universelle
(25, 465 f.) über das System des Missionärs von Palma (geb.
um 1235 gest 1315) gibt, wie eng die "Ars generalis" Lulls
selbst mit der Scholastik zusammenhängt; und andererseits
zeigen Nachfolger wie Leibniz, dass ihre Grundanschauungen
nicht auf das Mittelalter beschränkt blieben.
Lull geht von der naiven Grundanschauung aus, die Aus-
drücke deckten sich mit den BegrifiFen, die BegriflFe mit den
Sachen. Um nun also zu einer allgemeinen Kenntniss der
Dinge zu kommen, versucht er ein systematisches Experimen-
tieren mit den BegrifiFen. Auf diese Weise wandelt sich die
Ars generalis sive magna in die Ars demonstrativa und die
Ars inventiva veritatis (1515), zu deren Kommentatoren Gior-
dano Bruno (1582) und Athanasius Kircher (1669) gehört
haben. Die Idee ist, wenn man (wie billig) von den AuflFas-
sungen jener Zeit ausgeht, keineswegs so absurd, wie sie uns
Modernen zunächst scheint. Dass Begriffe und Dinge sich
decken, dass die Kategorien der Grammatik mit denen der
Logik zusammenfallen, sind schwer zu überwindende und auch
hent noch nicht völlig überwundene, naheliegende Irrtümer.
Die Zurückftthrung der ungeheuren Menge von EinzelbegriflFen
aber auf eine beschränkte Zahl von Hauptbegriffen ist ein
unentbehrliches Hilfsmittel jeder Orientierung über die Welt.
Künstliche Sprachen. 2TS
Lullus bildet mm — von der Ideenlehre Piatons und der Ka-
tegorientafel des Aristoteles so gut wie von den Triaden der
Scholastik abhängig — zwei grosse Gruppen von je neun Be-
griffen. Drei fundamentale '"Attribute" — Sein, Einheit, Voll-
kommenheit — werden durch je drei Beziehungen in neun
gespalten; so die perfectio durch die drei Anwendungen auf
das ontologische, ethische und historische Gebiet in "veritas,
virtus, gloria". Drei fundamentale '^Subjekte" — aus dem
göttlichen, menschlich-tierischen und unbelebten Reich — wer-
den ebenso durch je drei Beziehungen in neun zerlegt; so das
erste in *"Gott, Geister, Himmer. Nun werden innerhalb eines
festen Rahmens auf Stangen Würfel befestigt und durch Um-
drehung der Stangen alle Permutationen zu Wege gebracht,^
in denen jene 18 Hauptbegriflfe überhaupt zu einander in Be-
ziehung stehen können. (Das Verfahren ist noch von Jonathan
Swift im Dritten Teil seines Gullivor, Übei*setzung von Kortten-
kamp Stuttgart 1843 12, 67, parodistisch geschildert worden,
nicht ganz zu seinem eignen Ruhme, worauf auch Diels S. 12
aufmerksam macht.) Die Würfelstücke zwischen den Haupt-
würfeln sind mit Prädikaten und Partikeln beschrieben; bei-
spielsweise hat der Franzose Grandville in seiner Illustration
Swifts (a.a.O.) als Zettel gewählt: "^Gloire — rieu — parceque
— oh — raison — mal — neant". Kommen diese Zettel alle
nebeneinander nach oben, so ergibt sich der Satz: La gloire
n'est rien, parceque malheureusement la raison op6re mal ; eile
est un neant" oder dgl. Bei einer Drehung verschieben sich
ein paar Würfelflächen und man erhält etwa statt "rien" '"tout^
statt ''oh*' ''ah !", statt "mal" "bien" — und die entgegengesetzte
Meinung wird abgelesen.
Im Prinzip beruht dies seltsame Spiel auf einer aber-
gläubischen Verehrung des zufälligen Zusammenflndens und
der gelehrte Mönch ist so weit von den Priestern des grauen
Heidentums nicht verschieden, die nach Tacitus' Bericht Stäb-
chen auf einem Tuch schütteln und aus den drei oben auf-
liegenden einen wahrsagenden Satz bilden (vgl. MüllenhoflF und
V. Liliencron Zur Runenlehre). Denn auch bei den alten Ger-
manen müssen die Stäbe irgend wie eine "Rune", einen Haupt-
bcgriflf enthalten — wie ich vermuthe, ward er durch die Form
des Stäbchens kenntlich (vgl. meinen Aufsatz in Paul und
Braunes Beitr. 21, 177 f.). Nur nahmen die gennanischeii
•274 R. M. Meyer,
Weisen die Hauptbegriffe naiv aus der Erfahrung, Lull zog sie
scholastisch aus der Spekulation.
Die Sache gewinnt aber doch ein anderes Ansehen, wenn
man ihren experimentellen Charakter in den Vordergrund stellt.
Als ars inventiva oder combinativa hat Lulls Maschine ihren
erstaunlichen Siegeslauf angetreten. Gence bemerkt mit vollem
Recht, dass die Betrachtung der Beziehungen, in die Attribute
and Subjekte zu bringen sind^ anregend wirken muss, und
dass es nicht die Schuld des Systems ist, wenn Nachtreter
mit dem Kahmen wie mit einer Geisterschreibemaschine ope-
rieren, die die Wahrheit ans Licht bringt, wenn man an einer
Kurbel dreht. Den Gedanken, experimentell den Umkreis aller
unserer Phantasie möglichen Kombinationen zu ermessen, haben
viel Grössere als Ramou Lull gehegt: Goethe, wenn er den
Zug der Ideen, den "Zirkel der sich in mir umdreht" studieren
wollte: ""Erfindung, Ausführung, Ordnung — Alles wechselt
und hält einen regelmässigen Kreis ; Heiterkeit, Trübe, Stärke,
Elastizität, Schwäche, Gelassenheit, Begier ebenso" (Tagebücher
Weim.-Ausg. 1, 112); oder Novalis, wenn er auf eine wissen-
schaftlich begründete Phantastik ausging. Gerade dieser tief-
sinnigste aller Romantiker nähert sich dem mechanisierenden
Scholastiker: ""Hätten wir auch eine Phantastik. wie eine Lo-
gik, so wäre die Erfindungskunst gefunden" (Schriften her. v.
Tieck u. Schlegel 2, 203) — ars inventiva! ""Vielleicht kann
man mittelst eines dem KSchachspiel ähnlichen Spiels Gedanken-
konstruktionen zustande bringen" (ebd. S. 143). — Lulls Ma-
schine! ""Es könnte wohl kommen, dass man die Kunst er-
hielte, Philosophien zu machen" (ebd. S. 113)!
Indess — es kommt hier nicht darauf an, nachzuweisen,
wie viel Sinn oder Unsinn in diesen träumerischen Experi-
menten oder experimentellen Träumereien steckt — sondern
was sie in der Geschichte der künstlichen Sprachen zu be-
deuten haben. Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein,
überhaupt zu bestreiten, dass Lulls ""Ars magna" in unsere
Untersuchung gehört ; aber nicht nur die nahe Verbindung der
von Lull mitbedingten Universalschriften Dalgamos und Kir-
chers mit den Universalsprachen widerlegt diesen Eindruck.
Lulls System ist vielmehr in gewissem Sinn das Ideal der
künstlichen Sprache, weil nämlich hier nicht (wie sonst) nur die
Worte oder die Flexionen künstlich sind, sondern das Sprechen
Künstliche Sprachen. 275
selbst. Jeder Satz, den wir von dem Rahmen ablesen, ist ein
Kunstprodukt; wie Kempelens Spreehmasehine oder wie eine
tibetanische Gebetratihle verrichtet der Würfelkasten mit Axen
und Kurbeln eine Arbeit^ die sonst nur dem mensehlichen In-
tellekt vorbehalten ist! Man mag sagen: es ist danach! Aber
man glaube nur nicht, dass eine so unüberbrückbare Kluft
aufgespannt sei zwischen dieser Gedankentabrikation und der
mancher Massenverfertiger von Paradoxien und Bonmots, die
in Wirklichkeit auch nur Worte hin- und herschieben. Als
Heuristik für die gequälte Witzkunst etwa eines Oskar Blu-
menthal Hesse die Lullische Methode sich am Ende auch heut
noch verwerten!
b) Die Philosophen, die auf die Methode des Gedanken-
findens und Verknüpfens besonderes Gewicht legten, haben
von dieser echt scholastischen Vorstellung einer mechanischen
Gedankenentwickelung nicht so bald wieder loskommen kön-
nen. So Cartesius, dessen getreuer Schüler Mersenne (1588
— 1668) auch unter den Erfindern von üni versalsprachen auf-
gezählt wird, obwohl ich in der über diese Fragen sonst aus-
gezeichnet unterrichteten Biogr. Univ. (28, 2 f.) nichts darüber
finden kann. Seine Ideographie wird von Mundt (Kunst der
deutschen Prosa S. 14 ""bei weitem klarer" als Leibnizens analoge
Bemühungen gefunden. So vor allem Leibniz (vgl. Diels Über
Leibniz und das Problem der Universalsprache, Sitzgsber. d. Berl.
Akad. 1899 29. Juni) "Artem Lullianam perficere conatus est
Leibnitius in dissertatione de arte combinatoria", sagt Ploucquet
(Methodus calculandi in logicis S. 17). Wie eng diese Idee
bei Leibniz mit der einer wissenschaftlichen Universalsprache
zusammenhing, und wie beide Tendenzen ihm von der Zeit
ent^egengetragen wurden, hat z. B. Windelband (Gesch. der
Philosophie T. IV Kap. 2 § 30 ; S. 397 der engl. Übersetzung,
iiie mir eben nur allein Hand ist) hervorgehoben. Christoph
Sturm in Altorf, der auf Leibniz wirkte, hatte ein '"Compen-
dium Universalium seu Metaphysicae Euclideae" verfasst usw.
Giordano Bruno, der Kommentator Lulls, hatte auf den grossen
philosophischen Polyhistor mächtigen Einfluss ausgeübt. Leibniz
hatte eine Rechenmaschine konstruiert; er konnte bei der engen
Verbindung, in die seine Zeit noch alle Formen der ""ratio-
cinatio" brachte, auch vor der Denkmaschine nicht zurück-
schenen.
276 R. M. Meyer,
Nun thut Leibniz aber gleich einen Sehritt über Lull
hinaus, der ihn der Reihe der Erfinder von Begriffszeichen-
sprachen nähert. Rayniundus Lullus hatte ganz naiv die be-
liebigen Ausdrücke des Latein oder der Volkssprachen benutzt.
Leibniz erkennt, dass eine Reinigung des sprachlichen Mate-
rials nötig ist, wenn dies selbstthätig als Hilfsmittel der For-
schung fungieren soll. Er sieht (nach Guhrauers knapper
aber lichtvoller Auseinandersetzung : Gottfried Wilhelm Frh. v.
Leibnitz 1, 323) in der Sprache selbst allerdings schon den
Grundbegriff einer "allgemeinen Charakteristik"; aber doch
eben unrein, unklar, unfertig. ''Die Volkssprachen, sagt er,
obschon vom grössten Nutzen für das Raisonnement, sind doch
unzähligen Zweideutigkeiten unterworfen, und können den
Dienst einer Rechnung nicht leisten : dass nämlich die Irrtümer
der Ratiocination aus der Bildung und Konstruktion der Vo-
kabeln selbst, gleichsam als Solcecismen und Barbarismen, ent-
deckt werden könnten; wie in der Arithmetik und Algebra
geschieht, wo die ganze Ratiocination im Gebrauche der Zei-
chen besteht, und wo ein Irrtum der Rechnung zugleich ein
Irrtum des Geistes ist", um also zu seiner sprachlichen Al-
gebra zu gelangen, muss er von den viel zu materiellen Zei-
chen der Sprache zu abstrakteren Marken gelangen (a. a. 0.
S. 322), d. h. Begriffszeichen eigener Prägung und rein sym-
bolischer Art an die Stelle der herkömmlichen Worte setzen.
Zwar verkannte Leibniz nicht, dass auch die Worte der Volks-
sprachen nicht rein willkürlich seien (a. a. 0. S. 334); aber
er stand doch immerhin so weit unter dem Bann der hen*-
schenden rationalistischen Gecic-Auffassung, dass er in seinen
TJnvorgreiflichen Gedanken" (§ 74) ausdrücklich ''Erdenkung
neuer Worte oder eines neuen Gebrauchs alter Worte" zu den
Mitteln der Sprachbereicherung rechnet, ganz wie der Gram-
matiker Schottelius, dem er den Hauptinhalt jenes wichtigen
Programms verdankt" (Schmarsow Leibniz u. Schottelius Strass-
burg 1877 S. 31). Dies ist nun aber besonders wichtig ge-
worden. Denn gerade Leibniz wäre geeignet gewesen, die
philosophische Sprache auf den Weg der Empirie zu lenken.
Er trieb mit Leidenschaft Etymologie und J. G. Eccard hat
einen dicken Doppelband der CoUectanea etymologica illustri»
viri G. G. Leibnitii (Hannover 1717) gesammelt, in dem sich
ganz nette Dinge finden, z. B. ein Fahnden auf wiederholte
Künstliche Sprachen. 277
(wir würden sagen: lautgesetzliehe) Ersetzung des k durch h,
oder die richtige Ableitung von ""hübsch" aus ""höfisch" (S. 305).
Man war überhaupt in den Prinzipien der Etymologie lange
nicht 80 weit zurück wie in der Praxis; so bemerkt D. G.
Morhof (Unterricht von der teutschen Sprache und Poesie Kiel
1682 S. 93) sehr gescheit: ""Die allzu grosse Gleichheit ist
viel verdächtiger als wenn einiger Unterschied in den Wörtern
ist: es wäre denn^ dass eine Gleichheit der Bedeutung da sei,
welches die erste und beste Art der Etymologie ist". Hätte
ein Mann von Leibniz' Scharfsinn solche Grundsätze ange-
wandt; um systematisch aus den verschiedenen Volkssprachen
die "'Grund-Wurzeln" wie er (für Schotteis ""Wurzeln": Schmar-
80W S. 90 zu § 78) sagt, durch Vergleichung herauszugraben —
aus den Versuchen eine Universalsprache zu erlangen hätte
8chon vor fast 300 Jahren ein Suchen nach der Ursprache
werden können und statt der Vorläufer von Schleyer hätten
wir Vorgänger von Schleicher seit Leibniz an der Arbeit
gesehn !
Statt dessen also blieb Leibniz beim Spracherfinden.
Wie Lullus suchte er den menschlichen Gedankenvorrat auf
eine geringe Zahl primitiver Gedanken zu bringen — nicht
anders, als das noch heut Max Müller in seinem Buch ""Das
Denken im Licht der Sprache" (1881) auch thut, indem er
(S. 566 f.) die Fundamentalbegriflfe mit den Wurzeln identifi-
ziert. Für diese primitiven Gedanken strebt Leibniz ChifFera
an, um nunmehr durch Rechnen mit den Begriflfszeichen einen
automatisch arbeitenden Sprachenapparat herzustellen. Es wird
noch heut die Möglichkeit eines solchen allgemein wissenschaft-
lichen Ideals (von F. Exner, bei Guhraner a. a. 0. Aum. zu
1 S. 78) behauptet; Leibniz selbst aber blieb (vgl. a. a. 0.
S. 331 f.) in enthusiastischen Träumereien stecken und kann
über die Prolegomena der ""Ars combinatoria" nicht hinaus,
die er, ""fast noch ein Knabe" (a. a. 0. S. 128), 1666 heraus-
gegeben hatte.
Leibniz' Versuch gab übrigens Lichtenberg Anlass zu
einer wichtigen Anmerkung. Zu dessen Zeit blühten wieder
4iie philosophischen Sprachen und die Schriften von Lambert
und Ploucquet brachten es zu hohen Ruhm. Da bemerkte nun
der geistreiche Psycholog : ""Eine Sprache, die allemal die Ver-
wandtschaft der Dinge zugleich ausdrückt, wäre für den Staat
Indof^ermaniBche Forschungen XII S u. 4. 19
278 R. M. Meyer.
nützlicher, als Leibnizens Charakteristik. Icli meine eine solche,
wo man z. B. Seelsorger statt Predifrer, Dmnmkopf statt Statiner,
Wassertrinker statt auakreontiscber Dicbter sagte" (Vermischte
Schritten Göttinnen 1844; 2, 151). Die satirische Spitze darf
Ulis nicht irre machen: wo Lichtenberg einen Witz macht,
sagte Goethe, da liegt ein Problem verborgen. So auch hier.
Die logische Katastriernng der Dinge kann sie immer nnr nach
zwei Dimensionen (Genus und Species) aufncbnien; der Name,
den die Sprache gibt, entwickelt sich dagegen zu voller Eun-
dtiug. Die philosophistthe Sprache bezeichnet etwa den Geist-
lieben nur als Prediger. Gebrauehen wir dies Wort, wir
nairen Menschen, .so denken wir gar nicht mehr an den prae-
dicator, sondern an die uns bekannten Geistlichen mit all ihren
Funktionen; Seelsorge. Spenden der Sakramente, Religions-
unterricht usw. Die scbemntisehe Benennung in der philoso-
phischen Sprache legt ein Herbarium an; die naive Rede fasst
die lebendigen Ptlanzen bald von der, tiald von jeuer Seite.
Deshalb kann jene immer nur eine einseitige Genealogie geben,
während diese den zahllosen "VerwandtscbaCteu" der Dinge
durch wechselnde Terminologie gerecht zu werden vermag.
"Qui a plus desprit que Mr. de Voltaire? Tout le monde!"
Wer charakterisiert besser als LeibnizV die gewöhnliche Rede!
c) Andere nahmen seine Bestrebungen auf, von der engen
Verwandtschaft der Logik und Mathematik ausgehend; denn
"das Logische und das Mathematische sind zusammen zu nennen,
wenn es gilt, den Rahmen und die Grundvoraussetzung alles
Übrigen Wissens und bestimmteren Seins anzuzeigen" (Dllhriug
Logik n.Wissenechaftstlieorie H.246). Ileinricb v. Kleists Freund,
der spätere General EUhle v, Lilienstern, ging nocb weiter;
in einem Buch, das ich nur aus Gaedertz Bei Goethe zn Gaste
(Leipzig 1900 S, 3(}3) kenne, fragte er gar: "Ist nicht jede
Sprache eine durchaus malhematische KonutruktioDsforni?"
Freilieh zog ihm diese Überschätzung der Mathematik von
Goethe, dem er (1809) seine Schrift zusandte, eine recht s))öt-
tische Abfertigung zu: "D&sa Sie das Wort Mathematik im
ausgedehntesten Sinne gebrauchen, gibt mir keinen Anstoss,
Um jedoch die Sache eiuigermassen ins Gleiehgewicbt zu
bringen, hoffe ich, es werde nächstens Jemand aufstehen und
versichern, daas mit der Poesie alles in der Welt zu thun sei,
und dftss sich besonders die Planeten- und KomctenbahoeQ am
Künstliche Sprachen. 279
^Uerbequemsten durch eine Ode darstellen lassen. Sobald
dieses einmal recht ausgeführt ist, so werden wir uns hoffent-
Mich völlig verstehen* (ebd.).
Ploucquet (a.a.O. S. 17f.) nennt Bilfinger, Chr. Wolf
und Job. Christian Lange in Giessen, Diels (S. 15) Solbrig
(Scriptura oeconomica 1727) und Trede (Vorschläge zu einer
notwendigen Sprachlehre 1811). Job. Christian Lange ging
(Inventum novum Quadrati Logici universalis 1714; vgl. Plouc-
quet S. 22) dazu über, statt der Begriffe die Begriffs-
verbindungen zur Grundlage der philosophischen
Sprache zu machen — der gleiche grosse Fortschritt, wie
da man in der Sprachwissenschaft erkannte, der Satz sei älter
als das Wort. (Diese Erkenntnis, dass ''alle Völker ihre Sprachen
mit Sätzen begannen", hat wohl H. Leo zuerst deutlich pro-
klamiert: Nominalistische Gedankenspäne, Reden imd Aufsätze
Halle 1869 S. 123. Vgl. jetzt Delbrück Grundfragen der
Sprachforschung S. 118 — 138 f.) Lange benutzte, wie später
Ploucquet, Quadrate als Satzzeichen, der grosse Leonhard
Eni er in seinen Lettres ä une princesse d'Allemagne (vgl. Biogr.
ün. 13, 183) Kreise. Von Eulers Verfahren gibt M. Müller (a.a.O.
S. 494 f.) Beispiele. Man würde hier in der BegrifFszeichen-
sprache schon mitten darin sein, wenn nicht zum Einzeichnen
der Einzelbegriffe in die syllogistischen geometrischen Figuren
doch wieder die Worte der Volkssprache selbst, oder willkür-
Uch dieselbe vertretende Ziffern gewählt würden.
d) Der eigentliche Fortsetzer von Leibniz' "Sp^cieuse
generale" ist aber Johann Heinrich Lambert (1728 — 1777),
der berühmte Mathematiker, Astronom und Philosoph, der für
Lichtenberg (Werke 1, 72) der typische Denker grossen Stils
war. In seinem "Neuen Organon" (1764) und einigen Aufsätzen
Aat er die von Leibniz direkt beeinflusste Lehre vom ^ogischen
Kalkül" vorgetragen (vgl. ADB. 17, 556). Über die Haupt-
stelle, den "Semiotik" benannten dritten Teil des "Organons",
berichtet sein Biograph Johannes Lepsius (Job. H. Lambert
München 1881 S. 87 f.). Danach geht auch Lambert von der Un-
bestimmtheit, Vieldeutigkeit und Lückenhaftigkeit der Sprache
AUS und sucht sie wissenschaftlich brauchbar zu machen durch
kritische Unterscheidung des Metaphysisch -Notwendigen und
des Willkürlichen in den vorhandenen Sprachen. Aus dieser
'^allgenieinen Sprachlehre" geht dann die '^allgemeine Charak-
280 R. M. Meyer,
teristik" hervor d. h. die Herstelluog charakteristischer Be-
zeichnungeu, durch die "die Theorie der Sache auf die Theorie
der Zeichen reduziert" werden kann. Er ^'durchmustert alle
bisher erfundenen Zeichen und findet^ dass das Zahlengebäude
und die Algebra die vollkommensten enthalten" (a. a. 0. S. 89).
Die Kombination dieser Zeichen ergibt sodann den logischen
Kalkül.
e) Den höchsten Ruhm auf diesem Gebiet erntete jedoch
Gottfried Ploucquet, Professor in Tübingen (1716— 1790).
Er war zunächst von Leibniz unabhängig, wie sein Biograph Carl
Philipp Conz, ühlands Jugendfreund, bezeugt (Kleinere pro-
saische Schriften Tübingen 1822 B. II 129). ""Er kam, so wie
er stets die Logik auf einfachere Grundsätze zurückzuführen
sich bemühte, im Jahre 1758 auf den Gedanken, ob, um die
anschaulichste Übersicht von jedem Schlüsse mit einmal zu
geben und so die Verrichtungen des logischen Denkens zu
erleichtem, Schlüsse nicht könnten gezeichnet und in Figuren
vorgestellt werden. Er rektifizierte und simplifizierte immer
mehr daran, so dass er einige Jahre nachher fand, man könne
alles auf eine einzige Regel zurückführen, auf den Grund der
Verschiedenheit und Identität" (ebd.). Dies ist wichtig. Bis
auf Ploucquet war der logische Kalkül wesentlich als ars in-
ventiva aufgefasst worden: Lull hatte Leibniz, dieser seinen
Nachfolgeiii diese Idee vererbt. Ploucquet aber, ein Todfeind
der gerade in seiner Zeit herrschenden Weitschweifigkeit (Conz
a. a. 0. S. 126) will die Methode nur zur Vereinfachung der
Darstellung benutzen. Wie Prantl (ADB. 26, 320) sich aus-
drückt: er lehnte, was Leibniz in der Characteristica univer-
salis, beabsichtigte, als zu weitgehend ab, knüpfte aber doch
im Grund an dessen Ars combinatoria an, wenigstens in den
späteren Ausarbeitungen, vor allem dem Methodus calculandi
in Logicis praemissa commentatione de arte characteristica
(1769). Ploucquet, den Dessoir (Gesch. d. neueren deutschen
Psychologie 1, 77) als ein "Symptom der geistigen Aufregung,
die kritischen Momenten in dem Geistesleben eines Volkes
voranzugehen pflegt, so zu sagen einen ersten Entwurf, den
die Geschichte öfters ihren vollendeten Gestalten vorausschickf^
charakterisiert, bedeutet auch hierin den Anbruch einer neuen
Reihe. Man beginnt leise, sich von der mystischen Vorstellung
loszulösen, als sei die Sprache an sich ein selbstthätig arbeiten-
Künstliche Sprachen. 281
der Mechanismus zum Finden oder Darstellen logischer Wahr-
heiten, während doch *Veder Sprache und Denken, noch auch
die Formen der Sprache mit denen des Denkens identisch
«ind* (H. Steinthal Einleitung in die Psychologie und Sprach-
wissenschaft S. 60. Über den Unterschied von Sprechen und
Rechnen Stöhr Algebra der Grammatik S. 135 f. Doch vgl.
V. d. Gabelentz in Techmers Internat. Zs. f. allg. Sprachwiss.
3, 100 tlber "Grammatik und Logik" im Chinesischen und
Rühle V. Lilienstern s. o.) Man beginnt einzusehen, dass
das willkürliche Kombinieren der fertigen "BegriflFe" zu nichts
führt. Statt dessen brach sich leise die Ahnung Bahn von der
Notwendigkeit einer internationalen Üniversal-Begriflfsschrift, wie
sie E. Mach in seinen glänzenden Populärwissenschaftlichen
Vorlesungen (Leipzig 1896 S. 214) mit Bestimmtheit von der
Zukunft erwartet, D i e 1 s in seiner Akademierede sie in den
Flaggenzeichen der Schiffe, dem telegraphischen Alphabet, den
internationalen Abkürzungen schon entstehen sieht.
Ploucquet selbst blieb freilich wieder in den Anfangen
stecken und Th. Abbt konnte in den Literaturbriefen (17, 61 f.)
ihn nicht nur (nach Conz S. 130) "etwas hämisch", sondern
auch recht treffend kritisieren; wobei man sich nur wundert,
dass er (a. a. 0. S. 61) den logischen Kalkül als etwas ""der
Erfindung nach Neues" ausgibt, während doch solche Bemü-
hungen damals in der Mode waren. Ploucquet kam mit
Lambert in Diskussion (Lepsius a. a. 0. S. 90 Anm. 229)
und rief eine ganze Literatur hervor. Und doch hatte er nur
ftr die termini univei'sales, particulares, aflfirmativi, negativi
beliebige Buchstaben eingeführt und mit ihnen ein paar lo-
gische Rechenexempel durchgenommen! Aber er mündete,
von der reinen philosophischen Sprache kommend, bei der
ßegriffszeichensprache ein und hierin liegt seine Be-
deutung für unser Thema.
f) Allmählich wurde man doch historischer. Dem von
Ooethe beftlrworteten Ruckstuhl ei-scheint es (1816) bereits
«Is selbstverständlich, dass der Schriftsteller nicht beliebige
Laute willkürlich zusammensetzen kann (Goethe-Ruckstuhl
Von der Ausbildung der deutschen Sprache Giessen 1890 S. 55),
wie es Leibniz noch zugelassen hätte. Wenn gar heut Adolf
St Öhr eine '"Algebra der Grammatik" (Wien 1899) unternimmt,
80 ist es ihm natürlich, empirisch vorzugehn, historisch die
282 R. M. Meyer,
Grundlagen des äpracbverständnisses in den "^Minima von
lautlichen Mitteln, an welche eine Bedeutung gebunden zu
sein scheint" aufzusuchen (Ref. von Wernicke DLZ. 1899
S. 1276) und deren thatsächlichen Permutationen und Differen-
zierungen nachzugehn. So soll ''eine philosophisch geklärte Dar-
stellung der Formenlehre und Syntax einer bestimmten Sprache^
schliesslich doch wohl aber der abstrakten ""Sprache" selbst
gewonnen werden. Das wäre dann eine ""kflnstliche Sprache",
die zugleich "natürlich" wäre. Erreichbar scheint sie nichts
weil eben das Wesentliche mit dem Unwesentlichen, das All-
gemeine mit dem Spezifischen in jeder Sprache eigenthümlich
und unlösbar verquickt ist Dass aber Stöhr wieder vom
Wort ausgeht, statt vom Satz, scheint uns ein bedenklicher
Rückschritt hinter Lambert und Ploucquet, hinter Euler
und Max Müller. Wohl urteilt er (S. 62 f.) zutreffend über
den Zweck der Sprache, wohl weiss er (S. 63) "Namen" und
"Wort" zu unterscheiden; wohl sucht er seine Hauptaufgabe
darin, sich und uns "von dem Druck der vorhandenen Sprach-
formen zu befreien" (S. 103 vgl. 66. 140). Dennoch bleibt er
im Bann der bekannten Sprachen und rechnet doch thatsäch-
lieh mit "Wörtern", d. h. mit veränderlichen Einzel begriffen
statt mit "Wortkreisen", wie eine philosophische Grammatik
thun müsste. Die Forschungen von Hugo Winckler zur
Sprachgeschichte könnten etwa zeigen, wohin eine wirklich
empirisch-philosophische Sprachbetrachtung leitet. Statt dessen
erklärt Stöhr z. B. zwar die Konjugation für entbehrlich^
aber die Deklination (S. 66), wenigstens als "stumme Deklina-
tion" (S. 69) für unvenneidlich, was vielleicht später einmal so
gut als Probe der falschen Apriori-Be weise für etwas thatsäch-
lich in der Einzelsprache Gegebenes gelten wird wie jetzt schon
Gottfried Hermanns "Beweis*^, es könne nur sechs Kasus
geben (vgl. Delbrück Idg. Syntax 1, 31). Selbst so "zu-
fällige" Formen wie der Konjunktiv werden (S. 117) in die
Algebra der allgemeinen Grammatik herein gezogen! — Dass
deshalb Stöhrs Schrift in allgemeinen Betrachtungen (Logik
und Grammatik S. 51. 58 f. u. ö. 70 f.) wie in einzelnen Beob-
achtungen (zum Satzbau S. 62 f., Satz— Ersetzung S. 109) Dan-
kenswertes leistet, bestreiten wir nicht; aber ein Modell der
"Sprache" an sich gibt sie nicht und die auf Grund ihres
Chiffresystems angelegten Lexica (S. 9. 89. 173) würden zu
Künstliche SpracheD. 288
einem genügenden Begriffßanstausch schwerlich auslaugen. Man
wird also mit Diels (S. 15) die psychologische Betrachtung
der konkreten Grammatik weit über diese philosophisch-logi-
schen Versuche stellen müssen.
Das ältere Buch von Langenschwarz Die Arithmetik
der Sprache S. 34 ("Der Menschheit gewidmet") bringt nur
eine künstlich nach Zahlen gegliederte Psychologie der Rede-
kunsf (vgl. über den Verf. Grillparzer im Grillparzer Jahr-
bach 10, 335).
Anders als Stöhr sucht C. Svedelius (L'analyse du
langage üpsala 1897) mit den ""nnit^s linguistiqnes'' (S. 139)
zu operieren : er strebt eine Art Mechanik der Spracheinheiten
(vgl. S. 18 f.) an, ohne doch zu allgemeineren Gesichtspunkten
zu gelangen.
2) Von Lull bis Stöhr haben wir die philosophische
Sprache, den logischen Kalkül, die Algebra der Grammatik in
direkter Abhängigkeit von dem sprachliehen Material der Ein-
zelsprache gefunden. Unser eigentliches thema probandum,
dass die sprachei'findende Gectc von der spraehschaiTenden
q>uctc überhaupt nicht fortkommen kann, war hier gar nicht erst
näher zu erörtern, da hier eben dies ganz offen zu Tage liegt.
Natürlich hat Cartesius mit seiner Ideographie oder Leibniz
mit seiner Analysis notionum in Alphabetum (ut appello) cogi-
tationum humanarum (vgl. Mundt Deutsche Prosa S. 14) über
den empirischen Begriffsvorrat, der in dem Wortschatz einer
einzelnen Nation vorliegt, hinauskommen wollen ; natürlich hat
schon Rayniundus Lullus selbst die Begriffe, nicht bloss
die Einer Sprache entnommenen Ausdrücke in die Hand be-
kommen wollen. Es bleibt deshalb doch dabei, dass sie bei
einem einfachen Übersetzen aus dem Latein oder den National-
sprachen stehen blieben. Selbst wenn etwa Ploucquet seine
Chiffem anwandte und schrieb (Methodus S. 43): "Universalitas
tennini signetur per literas maiores, A, B, C, D etc. Particu-
laritas termini signetur per litteras minores a, b, c, d etc.;
affirmationes denotentur per immediatam litterarum conjunctio-
nem" — selbst dann wurde ganz naiv die tagtägliche Über-
setzerpraxis nachgeahmt: man sucht die wichtigsten Worte,
ersetzt sie durch andere und stellt so ein Vokabular her.
Ein Fortschritt über diese Stufe ward erreicht, wenn
man statt der Begriffe Begriffszeichen wählte. Die grosse
284 R. M. Meyer,
Keuerniig heatelit darin, dass mau Rieh von dem thatsäch-
liclicn Vorrat an S3Tionjini8 nsw. frei macht. Es lieisst niclit
mehr: wie geben wir -"gut, schleclit, mitlelmässig" wiederV.
sondern: wie hezeielinen wir allgemein den Uegriff, der auf
moralisclicm Gebiet dem der Brauchbarkeit auf praktisclieni
Boden entspricht? Eine systematische Durchdringnug und
Darcharbcilnng des gesamten Begriffsvorrates wird nötig; er-
reicht wird sie allerdings erst hei Wilkins.
n) Denn die Anfänge sind hier noch roher als bei den
reinen Begriffsjirachen, Ein Charlatan steht auch hier im An-
fang, ein völlig sicher entlarvter, nicht wie im Fall des Cata-
loniers eine Paraeelsusnatur, in der geniale Ahnung und sehwin-
delhaftcr llokuspokns Msamraenwirken. Der Name des Jn-
hanncs Trithemins (1462 — 1516) begegnete uns schon hei
Grimmelshausen und Äthan. Kircher hat sich noch aus-
fdhrlich mit seiner "Steganographica" (unvollendet; 1Ö09 auf
den Index gesetzt) beschäftigt, Dass Tritheini als Histo-
riker ein FiUscher und Betröger ist. steht fest (ADB. 3H,629);
und wenn er den .SchlilsBcl seiner Geheimschrift durch Offen-
barung empfangen haben will (Kirch er Polygraphia S. H4:
Appendix H. 21), so wird es damit nicht viel besser stehen.
Über die grossprahlenden Vcrkttndigungen. iliirch die der Abt
seinem Gedächtnis geschadet hatte, beschwert sich Äthan.
Kircber mit Recht — objektiv; subjektiv hatte der Jesnit
dem Abt von Sponheini nicht allzuviel vorzuwerfen!
Tri t he im hat sowohl eine Polygraphia (zuerst 1Ö18
erschienen) als auch eine Steganograpbia (103!) verfasst. Die
letztere enthält nicht nur Schlllssel zu allerlei Geheim- nnd
Zeichensprachen, sondern auch Anweisungen, Abwesenden sc
zu sagen dnreh eine geistige Telcgraphie ohne Draht Mittei-
lungen zu machen. Sie brachte Tritheini in den Verdacht
der Zauberei und wurde deshalb (nach der Biogr. üniv. 42, 182)
von Bekänipfern und Verteidigern des Ilexenwahns wie Wierns
und Bodinus lebhaft erörtert. Kircher macht sieh darüber
lustig und teilt, um die Telegraphie Tritheims zu parodieren,
die lustige Geschichte von der kllnstlichen Nase mit, die nllc
.Schicksale ihres nrsprünglichen Fleisehhesiti^ers mitmachte (Ap-
pendix S. 19); eine Anekdote, die dann Edmond Abont zu seiner
grazißsen Geschichte "Ic nez d'uu notairc" gestaltet bat. Indes»
hing bei dem Aht von Sponbeim die Absicht ""sine nnncia, dttm
Künstliche Sprachen. 285
Tolo, voluntatem nieam indicare sedeuti in carcere, etiam longe
absenS; qnantnmcunque cnstodiatur, etiamsi tribus milliaribns
«üb terra sederet, et haee omnia universaliter" aufs Engste
mit dem in der Polygraphie gelehrten Kunst zusammen, ""omnia
ista docere in omnia lingua totius nmndi, quam umquam
audivi". Wir sind im Zeitalter der Chymie und eine Alchemie
der Rede wird angestrebt. ChiflFem- und andere Geheimspra-
chen kannte man längst und dass Tri t heim die seltenen
tironischen Noten ftlr sein künstliches Gemenge von 13 neuen
Alphabeten (Biogr. Univ. a. a. 0. S. 181) benutzte, machte
nicht den Reiz 'seiner Erfindung. Darin bestand er, dass er
die Ideen selbst, die Universalia losgelöst vom Wort zu geben
schien. Er löste die Übersetzung der Begriffe von der Iso-
lierung und gab einen fortlaufenden Schlüssel, der eine Über-
setzung in jede bekannte Sprache zu ermöglichen schien.
Noch Descartes sah den einzigen praktischen Nutzen einer
üniversalsprache (nicht einer philosophischen ars inventiva!)
darin, dass man aus ihrem Wörterbuch in jede Sprache über-
setzen könnte (An Mersenne; Brief vom 20. Nov. 1629: Dis-
conrs de la methode et choix de lettres Paris 1884 S. 201).
Für Tritheims Zeitgenossen, die obendrein seine faustischen
Verheissungen berauschten, musste es scheinen, als habe der
gelehrte Abt die Seele der Worte gefasst, so dass sie sich
nun lateinisch oder hebräisch oder deutsch nach Belieben incor-
porieren Hesse, und eben deshalb steigerte er sich auch selbst
zu der Idee, durch den blossen Besitz dieser Wortseelen C^Ru-
nen", hätte der germanische Priester gesagt) korrespondieren zu
können: es ist Runenzauber, wie wenn der altgerm. Medizin-
mann einen Spruch ritzt, so ""dass vom Stamm der Gestorbene
steigt und Worte wechselt mit mir" (Hdvamäl Str. 156; Edda
4lbs. von Gering S. 108).
b) Tritheim fand noch mehr Nachfolger als Lullus;
<larunter die berühmten Gelehrten Naude und Morhof (Biogr.
Un. a. a. 0. S. 182). Es waren recht seltsame Gesellen dabei,
fast alle mit einem Zug von der Charlatanerie des Meisters
aasgestattet. Da war Johann Caramuel y Lobkowitz
(geb. 1606 gest. 1682; ADB. 3, 778), ein Sprachgenie, das
seine Talente in den Missionsdienst der Gegenreformation stellte,
gerade so wie Rom im vorigen Jahrhundert die märchenhafte
Sprachbegabnng des Kardinals Mezzofanti für die Zwecke der
286 R. M. Meyer,
Propaganda ausuutzte. (Die Mission hat für die Universal-
sprachen so viel zu bedeuten, wie für die Linguistik; auch
Dalgarnos Druekprivileg empfiehlt seine Weltsprache als ein
Mittel zur Verbreitung des Evangeliums, setzt aber gut eng-
lisch sofort hinzu: und zur Vergrösserung von Handel und
Verkehr.) Caramuel war, wie Leibniz und Lambert^
Mathematiker von Bedeutung; und mit den Bemühungen um
das dyadische Zahlensystem (a. a. 0. S. 780) hingen wohl auch
seine weltsprachlichen Versuche, wie bei Leibniz mathema-
tische und grammatisch-logische, zusammen: ""er erfand eine
Weltschrift für alle Sprachen, eine Zeichensprache, eine mo-
derne Terminologie für Philosophie und Theologie usw., kon-
struierte Automaten u. dgl.". Natürlich steckte er in den Vor-
urteilen seiner Zeit und die "barbarischen Worte", durch die
er die Terminologie ''mehr verwirrte als aufhellte" (ßiogr. ün.
6, 652) Hessen seine Anstrengungen scheitern. — Da ist Da-
niel Schwenter (1585—1636; ADB. 33, 413), Orientalist
und ebenfalls Mathematiker, der ausserdem einen ''Peter Squenz"
vor Andreas Gryphius verfasst hat (vgl. F.Burg Zs. f.
d. A. 25, 130 f. 168) und eine "Steganologia et Steganographia"
drucken Hess. Da ist der Merkwürdigste von Allen: Johann
Joachim Becher (1635—1682; ADB. 2, 201; Biogr. Cn.
3, 450), Mitbegründer der chemischen Phlogistontheorie, "ein-
flussreich als Volkswirt", im Leben "erfinderisch, dünkelhaft
und unstet". 1661 gab er den Character pro noticia linguarum
universali heraus, für den er vergebens 100 Dukaten vom Kur-
fürsten von Mainz erwartete: ein Wörterbuch von mehr als
10000 Worten, später (1679) vereinfacht. Wie Kircher scheint
auch er (nach den Angaben der Biogr. ün.) eine Durchzählung
nach dem lat. Alphabet zu Grunde gelegt zu haben. Techmer
(Internat. Zs. f. Sprachwiss. 4, 339) sagt, er habe empfohlen^
die gleichbedeutenden Wörter in den Wörterbüchern der ver-
schiedenen Sprachen mit derselben Nummer zu versehen, da&
gleiche Verfahren, das heut wieder Stöhr (Algebra der Gram-
matik S. 9) vorschlägt.
c) In eine neue Phase tritt das Projekt mit George
Dalgarno, einem Schotten, dessen Ars signorum vulgo cha-
racter universalis et Hngua philosophica (ebenfalls 1661) von
AVilkins (nach der Biogr. ün. 10,42) stillschweigend benutzt
ist. Überhaupt spielt der geistige Diebstahl bei diesen ver-
Künstliche Sprachen. 287
wegenen 6edankei\jonglenr8 keine geringe Rolle: Trithemias'
Polygraphie wnrde von dem Friesen Hottinga gemütlieh als
ein eigenes Werk nachgedruckt (Biogr. Cn. 42, 181), fast 100
Jahre nach der Originalausgabe ! — Dalgarnos Büchlein (vgl.
dazu Diels a. a. 0. S. 5 f.) ist nicht uninteressant. Als seine
Eigentümlichkeiten hebt Pillet in der Biogr. Dn. hervor, dass
es von einer methodischen Klassifikation aller möglichen Ideea
aasgehe, und dass es die Charaktere dieser Klassifikation an-
zupassen suche, ''de maniöre que le mot represente Tidee elle-
m@me, et non les sons qui en expriment le nom, comme dan&
les langues usuelles". Aber den ersten Punkt teilt Dal gar na
mit Leibniz und Cartesius. Neu ist dagegen ein dritter
Gesichtspunkt, in dem ihm auch Wilkins nicht gefolgt ist
und auf den gerade der Schotte besonderes Gewicht legt: er
will nicht ''figuras mutas"* geben, sondern eine der Aussprache
fähige Rede (S. 12 f.). Er schlägt also die Brücke von der
üniversalschrift zu der Universalsprache, allerdings-
ohne Nachfolge, wie Ploucquet die von der reinen Begriffs-
zur Begriffszeichenschrift.
Dalgarno ist noch völlig in scholastisch- mystischen An-
schauungen und allegorischen Spielereien befangen : '"Res ipsae
sunt quasi [oder, wie er prinzipiell schreibt: qasi] Pater, gi-
gnens in mentibus nostris suam imaginem; Intellectus vero
est Mater, has imagines concipiens; et Memoria est Uterus, in
quo [sie] Rerum Imagines sie genitae gestantur" (S. 27). Die
für jene Zeit, in der Newton die Fallgesetze fand und Pro-
phezeiungen aus der Apokalypse ablas, charakteristische Mi-
schung von scharfer Beobachtung und träumerischer Spekula-
tion zeigt besonders sein Caput primum (de primis Signorum
elementis, speciatim vero de sonis simplicibus) — eine Laut-
lehre mit scharfen lautphysiologischen und phonetischen Be-
merkungen (eine Anlautregel S. 9), an deren Schluss eine
phantastische Umänderung des Anfangs von Vergils berühm-
tester Ekloge mitgeteilt wird (S. 12):
Pipite pu tapurae legudam sud pekmine thaki,
statt: Tityre tu patulae reeubans sub tegmine fagi!
Dalgarno geht systematisch in strenger Dichotomie
(S. 29) vor: die allgemeinsten Begriffe werden vorausgeschickt,
and nun folgt eine jedesmal wieder durch einen Buchstaben
ausgedrückte Spezialisierung. So heisst "Metall" nef: n con-
588 R. M. Meyer,
cretnm physicum, e accidens, f concretum artefactum; es heisst
dann weiter Gold neffis, Silber nefgoffisj Blei nefgofir usw.
Er ahnte es in seinem Stolz sicher nicht, dass er selbst hier-
bei nur tiefen Sinn ins kindische Spiel legte: gerade so be-
nannte Darwins Sohn im Alter von einem Jahre jede Nah-
rung mit 'munu', dann Zucker mit 'shu-munu' und noch später
Lakritze mit 'black-shu-munu' (Rzesznitzek Entwickelung der
Kindersprache S. 24). Das Kind besitzt freilich noch nicht
jene scharfe dichotomierende Logik, die Goethes Jünger
Carl Philipp Moritz voraussetzt, wenn er in seinem zu präch-
tigen Kupfern von Chodowiecki geschriebenem "Versuch einer
kleinen praktischen Kinderlogik" (Berlin 1786) gleich mit der
Scheidung von Lebendem und Leblosem (S. 11) anfängt —
als ob dem Kind nicht alles lebendig wäre! Aber wohl be-
sitzt das Kind schon die Ordnungsliebe, die gern gliedert und
ableitet. Jene Spezifikation — "Nahrung — süsse Nahrung —
schwarze süsse Nahrung" — ist der erste Schritt auf dem
Wege zu den systematischen Terminologien der Chemiker und
der Naturforseher überhaupt; denn auch bei diesen war natür-
lich ein blosses Zusammenrücken (P. Kretschmer Sprach-
reg^n f. d. Bildung und Betonung zoologischer und botanischer
Namen Berlin 1899 S. 6) älter als die echte Komposition
(ebd. S. 5).
Wo unsprechbare Complexe entstehn, werden bei Dal-
garno die literae serviles et expletivae ei und s eingeschoben:
meis für ms (S. 51). Polyonymie wird (S. 45) nicht vermie-
den ; so heisst abripere (S. 95) dos, don, bemdep, stekai. (Diese
Sprache mag wohl auf die wildesten Lautverbindungen in
Swifts Gulliver 1726 Einfluss geübt haben.) Der Anfang der
Genesis lautet (S. 118): Dan semu, Sava samesa Namtfn
Nom. Auch das Vorwort hat Dalgarno in seiner eigenen
Sprache an König Karl gerichtet.
Dieser kühne und konsequente Neuerer bleibt nun aber
doch völlig von dem Vorbild des allgemeinen Sprachbaus ab-
hängig. Zwar wenn die allgemeine Anordnung — vox gene-
rica praecedit (S. 56) — der der Sprachen entspricht, so liegt
hier wirklich eine Übereinstimmung von Logik und Sprach-
bau vor. Aber das ist bezeichnend, dass er Alles glaubet wie-
dergeben zu müssen, Flexion (S. 62), Syntax (S. 72), ja sogar^
Eigentümlichkeiten wie die verba Impersonalia (S. 77). Nicht
Künstliche Sprachen. 28^
ist für die logische ünbehilflichkeit der Sprachen bezeichnen-
der als die Notwendigkeit der Partikeln zur Verdeutlichung
der Beziehungen im Satz; Dalgarno aber (der S. 80 die
scharfsinnige wenn auch zu weit gehende Bemerkung macht
'"omnes particulas esse vero casus") glaubt auch sie für seine
logische üniversalsprache nicht entbehren zu können!
d) Athanasius Kircher (1602—1680) ist der Berühm-
teste unter den Förderern der Universalschrift; und an keinem
tritt die bedenkliche Seite dieser Unternehmungen greller her-
vor. Weiss (Biogr. Un. 21,642) suchte noch Kirchers bona
fides zu retten; Er man (ADB. 16, 1 f.) hat ihn unwiderleg-
lich als Charlatan entlarvt. Nur ist auch bei dem Jesuiten-
pater wie bei Tri t he im oder Becher der Betrug immer
zuerst als Selbstbetrug zu veretehn. Der grenzenlos eitle und
ehrgeizige Mann war nie zufrieden, die Dinge so aufzufassen,
wie der gesunde Menschenveretand sie nahm. Wenn er etwa
(Er man a. a. 0. S. 3) in seinem '"Oedipus Aegyptiacus" die
13 Zeichen Kasrs Tmitians (Caesar Domitianus) zu deuten
hat, so liegt es seinem von Kabbala und übergescheitheit ver-
drehtem Kopf ganz nah, den Titel im Sinn seiner eigenen
^Steganographia" zu deuten und den Namen '^Kaiser Domi-
tianus" wie folgt zu übersetzen: "Die wohlthätige Zeugungs-
kraft, die über das Obere und Untere herrscht, vermehrt das
Zuströmen der heiligen Feuchtigkeit, die von oben herab-
kommt. Saturn, der die flüchtige Zeit ordnet, der wohlthä-
tige Gott, fördert die Fruchtbarkeit der Äcker und hat Macht
über die feuchte Natur . . ." Sicher ist das, wie Erman
sagt, Tollheit; aber es hat vielleicht noch ebensoviel Methode
wie manche Lesungen etruskischer Inschriften.
Auch Kirch er vereinigte das Studium der Mathematik
und Musik mit dem der Sprachen. Seine koptischen Arbeiten
haben noch heut Bedeutung (Benfey Gesch. d. Sprachwiss.
S. 239) — "freilich nicht weil, sondern trotzdem Kirch er die
Lingua aegyptiaca restituta heraus gegeben hat", meint Er-
man. Überall versucl^te er, aus geringen Resten grosse Ge-
heimnisse herauszulesen und wieder in enge Symbole grosse
Geheimnisse hineinzupassen. Er schrieb einen Mundus sub-
terraneus, in quo universae naturae maiestas et divitiae demon-
atrantnr (1664 oder 1668): "bizarre Konjekturen und apokryphe
Berichte über die Riesen, die Drachen und andere im Erd-
2'JO
K. M. Mejer,
inuern wnlineiide Fsbelgeeehöpfe" (Biogr. üii. 21, 643); uud
eine TnrriB Babel, aive Arcbontologia qua priseorum poBt Ai-
luviuoi honiinuni vita, mores, rernmque gestaruni maguitado . ,,
confusio linguariim, gciitmiii traiiBiuigurationes cnm priDCipn-
lium iiule enatornm idioiiiatum liistoHa describuiitur et expli-
caiitur (1678).
Dieser Manu niiisste pelbstverBtfindlicb aucb eine Poly-
grapliia seil artificium Unguanim, quo cum omnibus totius
muudi popuÜB poterit qnis correspondere (Rom 1683) selireiben
(vgl. Diels a, a. 0. H. 7), Die PaBigrapIiie ist von Becher,
die Steganograpbie vou Tri t beim abhängig. Neu ist aber
'zweierlei : erstens die Euerp-ie der Durehfllhning, und zweitens
der ausgezeichnete Gedanke, nicht mehr die ganzen Worte,
sondern nur die Wurzeln zu übersetzen, die Flexion aber (wie
es Steiners Pasilingua s. o. thut) den Xntionatsprachen zn
llberiassen (Polygraphia S. 15).
Kircber erbaut (S. 45) ein Dictionarium pentaglossum.
In alpbabeliscber Folge nach dem Latciu ordnet er die wich-
tigsten Begrifle rein praktisch in 32 Gruppen von je 4l_i Worten.
Eh ist also etwa "radix" im Alphabet aufzusuchen und danach
durch XIX 10 auszudrucken. So erhält man die Wurzel. Die
Flexion wird sodann durch eine Cblffcr ausgedrückt, z. B. G
mit Kreis Gen. f>s., G mit Strich Gen. PI., oder ein Hufeisen
je uaeh der Lage Praes. oder Praet-, mit Punkt Plural usw.
Also XIX Kl A: radices; oder zu II 7 aniare II 7 11' amo-
bimini. — Das Verfahren ist ungemein einfach und bei der
einfach symbolischen Art d«r Flexionszeicben auch praktisch;
ähnliche Methoden werden (nach der Biogr. Univ.) noch beut
im internationalen Handelsverkehr vorgeschlagen. Auch die
verschiedenen Systeme einer arca steganographica (S. 130)
oder cysta glottologica (S. 85) sind scharfsinnig ausgedacht.
Daneben fehlt es wieder nicht an Spielereien wie der tabula
eryptologica per Signa membrorum (App. S. 16), wo die Ohren
Liebe oder Hass, der Bart Gltlck oder Unglück bedeutet, so
dass man plötzlich wieder in der Sphäre der Traamdenter und
Kartenleger gerät. — Kirclier gibt übrigens (S. 147) die Na-
men verschiedener Vorgänger au, damnter den berühmten
•L B. Porta (vgl. App. S. 20); dass er sich mit Tri
Ausführlich beschäftigt, envShnten wir schon.
e) John Wilkins (1614—1672), Bischof von C
Künstliche Sprachen. 291
bedeutet den Höhepunkt dieser Entwickelung und von ihm
würde ich am wenigsten mit Th. Mundt (Deutsche Prosa
S. 15) behaupten^ dass er '^nur Unsinn vorgebracht habe". Wir
halten es lieber mit Techmer^ der in seiner Internat. Zs. f.
Sprachwiss. (4, 339 f.) W i 1 k i n s mit höchster Anerkennung
bespricht und (S. 349 f.) den dritten Teil, die Natural Gram-
mar, zum Neudruck bringt.
Der Schwager Oliver Cromwells, der auch mit dem ge-
feierten Theologen Tillotson (den Lessings Vater übersetzt hat)
verwandt war, gehörte zu den Gründern der berühmten Royal
Society; er soll auf Cyrano de Bergerac mit seiner Reise in
den Mond, auf Swifts Gulliver und Voltaires Micromegas ge-
wirkt haben und Fontenelle hat seine ""Entd eckung einer neuen
Welt** (1690) in den Unterredungen über die Mehrheit der
Welten popularisiert (Biogr. ün. 44, 620). Wie Trithemius
und Porta hat dieser ungewöhnliche Mann sich mit der Ge-
dankenttbermittelung durch Telepathie befasst (Mercure 1641)
und von hier kam er zu dem Versuch einer überall verständ-
lichen Begriffszeichensprache. Er patronisieite Dalgarno und
benutzte, wie Gh. Nodier (a. a. 0.) zeigte, seine Ars signorum
vulgo character universalis (1661) für seinen eigenen Essay
towards a real character and a philosophical language (1668),
der aber doch noch Eigenes genug enthält. Wie Kircher
ond Dalgarno für die Drucklegung ihrer Schriften fürstliche
Oönner fanden, so sah Wilkins sein Buch von der Royal
Society gedruckt.
Der Bischof holt sehr weit aus und es sieht fast aus,
als nähere er sich der empirisch-philosophischen Methode von
de Brosses und Monboddo, wenn er mit dem Ursprung
der Sprachen, ihren Veränderungen und ihrem Verfall, den
Anfängen der Schrift und der Vergleichung der Alphabete
beginnt. Aber der zweite Teil ""containing Universal Philo-
-sophy" verrät sofort den Scholastiker. Der Mann, der einen
Abschnitt fiberschreibt ""that neither Letters nor Languages
have been regularly established by the rules of art", zeigt
schon in diesen Worten seinen Standpunkt: im Grund erkennt
er die qpuctc, die unwillkürliche Entwickelung an^ aber er
fasst sie doch als fehlerhafte Abweichung von dem Ideal der
O^cic, der vemunftgemässen Einsetzung, auf. — Er geht nun
io philosophischer Analyse von den allgemeinsten zu den spe-
292 R. M. Meyer,
ziellen Begriffen und bereitet so die Philosophische Grammatik
(S. 297) vor. In den Betrachtungen über Partikeln (S. 304),
Syntax (S. 354) u.dgl. steht er Dalgarno nahe, wie er denn
auch dessen lautphysiologischen Studien (S. 363 f.) nachahmt
und mit instruktiven Abbildungen der beim Sprechen thätigen
Organe (S. 379) begleitet. Aber Wilkins ist viel geistreicher
als der trockene Schotte, und vor allem macht er mit dem
Gedanken Ernst, dass die Zeichen eine gewisse Notwendigkeit
haben sollen, gerade im Gegensatz zu der '^Wilktlr" der einzel-
sprachlichen Benennungen. Er sucht deshalb nicht nur ein-
fache Zeichen etwa von der Art der stenographischen (S. 376)
zu geben, sondern er motiviert (S. 373) sogar die Reihenfolge
der Lautzeichen. Ebenso sind die Begriffszeichen rein sym-
bolischer Natur: "eine gerade Linie, als das Einfachste, wird
für den BegrifiF 'Gott' gesetzt. Ein Winkel an der linken Seite
bezeichnet die erste Person der Dreieinigkeit, Gott Vater'*
(S. 4U5). Die Anordnung der Zeichen sollte, wie im Chine-
sischen (auf das Wilkins, wie andere Universalschriftlehrer,
Bezug nimmt, S. 451) die Syntax tiberflüssig machen; aber
während die bewundernswerte mathematische Klarheit des Chi-
nesischen nach G. v. d. Gabelentz (in Techmers Inter-
nat. Zs. f. allgem. Sprachwiss. 3, 100 über die chinesische
Wortstellung) gerade in dieser konsequent durchgeführten An-
ordnung besteht, hat Wilkins doch die Präpositionen usw.
nötig (vgl. das Credo als Probe mit Erläuterung S. 427 f.).
Als Begrifl^szeichensprache erreicht Wilkins' Essay die
höchste Stufe. Der Versuch, ganz von dem Wortvorrat abzu-
sehen, eine logische Einteilung aller vorhandenen BegriflFe und
Dinge vorzunehmen und in einfachen symbolischen Linien wie-
derzugeben, verdient den höchsten Respekt und deutet mit
grosser Bestimmtheit jene von Mach imd Di eis erwartete
wissenschaftliche Kunstsprache der Zukunft voraus. Gerade
deshalb ist das mit grosser Konsequenz durchgeführte unter-
nehmen des Bischofs auch in seinen Schwächen so bezeichnend.
Zunächst lässt eine abgeschlossene Gliederung eine Er-
weiterung unserer Kenntnisse nicht zu ihrem Recht kommen.
Kirch ers geschlossene ''Cysta" oder Dalgarnos und Wil-
kins' lückenlos fortschreitende Systeme bieten der Aufnahme-^
neuer Termini, der Charakteristik neu entdeckter Tier- oder^
Pflanzengattungen die grössten Schwierigkeiten. — Wichtiger-
Künstliche Sprachen. 293
noch ist, dass fundameutale Anffassungen sich ändern, ohne
dass Dmgestaltangen im System möglieh wären. Das stört
bei Kircbers rein praktischer Methode nicht, wohl aber bei
der logischen der Engländer. Bei dem Bischof von ehester
werden z. B. noch die vier Elemente als Einteilungsprinzip
verwandt; eine Gliederung auf Grund anderer chemischer Er-
kenntnis müsste das ganze Vokabular umwerfen, die Beibehal-
tung desselben aber müsste die Quelle grundfalscher Vorstel-
lungen und Assoziationen werden! (Vgl. Benfey Gesch. d.
Sprachwissenschaft S. 249 Anm.)
Doch über den praktischen Wert der Uuiversalcharak-
teristik haben wir hier nicht zu sprechen. Auch Hesse Wil-
kins' System sich verbesserungsfähiger gestalten etwa durch
Nachahmung jenes Dezimalsystems, das von Amerika aus für
die internationale Bibliographie in Vorschlag gekommen ist.
Hier wird jede Gruppe in zehn Teile zerlegt und also jedes
Buch durch eine mehrstellige Zahl bezeichnet; also etwa:
Philosophie 1; Deutschland 1; Mittelalter 2; Cusanus 4; das
oder jenes Buch von ihm 11247. Diese Methode, die gewisser-
massen Kirchers Zahlenkasten und den ideographischen Ap-
parat der Engländer vereinigt, lässt wenigstens fortwährende
Neuteihingen zu, wenn auch die Grundlagen der Einteilung
unangerührt bleiben müssen.
Für uns aber ist vor allem von Bedeutung, wie mächtig
selbst bei diesen Triumphen der Gecic die cpucic bleibt, wie
gewaltig die natürliche Sprache auf die philosophische drückt.
Alles, was der character universalis entbehrlich machen sollte,
verdeutlichende Beziehungsworte so gut wie primitive Inter-
jektionen, kehrt in Wilkins' Essay wieder. Der Triumph der
^Spekulation über die Materie wird zu einem Sieg des Histo-
risch - Gewordenen über das Rein -Gedachte; die künstliche
Sprache ist immer wieder — ein Kind der natürlichen!
f ) Die üniversalschrift hat nicht wieder solche Höhe er-
Teieht. Aber das Problem ward immer wieder angegriflFen.
Lambert verschaffte (wie Wilkins dem Dalgarno) einem
wunderlichen ''ungarischen Edelmann und Geistlichen" Georg
Kalmar Subscribenten für seine Praecepta grammatica atque
specimina linguae pbilosoph. sive universalis ad omne vitae
genus accomodatae (1772). Es war ""eine Schriftsprache von
400 Grundzeichen, zu deren Bezeichnung er die Zeichen der
Iddogermanische Forsch angen XII S u. 4. 20
294 R. M. Meyer,
Mathematik, Astronomie, Heraldik usw. zu Hilfe ruft. Seine
Grundzeichen führt er durch alle Sprachabwandlnngen hindurch
und hat Mittel ihre Verbindung anzuzeigen. Die 400 Grund-
zeichen behielt er jedoch geheim und teilte nur einige Proben
mit"" (Lepsin 8 Lambert S. 91). Es scheinen hauptsächlich
Initialen gewesen zu sein : t (tempus) Zeit, b (beatitudo) Glück-
seligkeit u. dgl., und also so willktlrlich wie Ploucquets
Buchstaben. — Der merkwürdige Graf Gustav Seh labren-
dorf (1750 — 1824), dessen Leben Varnhagen v. Ense be-
schrieben hat, grübelte über allgemeine Sprachlehre und Wort-
abstammung (ADB. 31,322; vgl. Preussische Jahrbücher 1,80.
Über Schlabrendorf als Schriftsteller G. S c h w a b Die deutsche
Prosa Stuttg. 1843 I 275). Einen kurzen Abriss seiner geist-
reichen ""Bemerkungen über Sprache" findet man in C. G. Joch-
mann s Reliquien gesammelt v. H. Zschokke (Hechingen 1838)
1 148 f. Schlabrendorf s grundlegendes Apergu ist das von der
rhythmisch-melodischen Natur jeglicher Sprache. Auch er ging
vom *m6canisme vocal" aus (Biogr. ün. 38, 333) und wetteiferte
in der lautphysiologischen Begründung der allgemeinen Sprache
mit dem Abb6 Sicard (1742—1822), dem hochverdienten
Taubstummenlehrer, dessen Pasigraphie ou premiers element^
de Tart d'ecrire et d'imprimer dans une langue de manifere ä
fetre entendu en toute autre langue sans traduction (1796), wie
Schlabreudorfs Ideen, über die Ankündigung nicht heraus-
kam (Biogr. ün. 39, 288). Es ist merkwürdig, dass Sicard
fast auf demselben Wege wie W i 1 k i n s zur üniversalschrift
kam: durch das Problem, zu einem nicht Hörenden zu spre-
chen; bei dem Bischof handelte es sich um Abwesende, bei
dem Abbe um Taubstumme. Dies zeigt von neuem, wie üni-
versalschrift und üniversalsprache fast unlösbar verquickt sind.
— Sicard stand seineseits in Verbindung auch mit Joseph
de Maimieux (1753 — 1820), dessen Pasigraphie mit ganz dem-
selben Titel wie Sicards Ankündigung zitiert wird (Biogr. ün.
26, 131); später gab er noch eine "Carte generale pasigraphi-
que" (1808), ein Wörterbuch von 7—8000 Wörtern mit gram-
matischen Regeln ""von bewundernswerter Einfachheit"'. —
Moser (Gesch. der Weltsprache S. 15) nennt neben Andern
noch Bachmaier (1853), Soudre, de Mas (1863), Paic (1869)^
sowie besonders v. d. Gabelentz, "welcher mit Weltsprach-
Alphabet, Grammatik und Wörterbuch sowie einer grossen An-
Künstliche Sprachen. 295
2ahl von Schlüsseln zur Gablentzographia und Gablentzolalia an
die Öffentlichkeit trat". Doch mit dem Namen des grossen
Sprachkundigen, der von der universalen Sprachkenntnis '^zu
«iner allgemeinen Sprachlehre im wahren Sinne des Wortes"
(Leskien ADB. 8, 787) zu gelangen hoffte, haben wir den An-
«chluss an die empirisch-philosophische Sprachforschung erreicht.
Wir nennen deshalb nur noch (nach B e n f e y S. 800) zwei bei
Moser (a. a. 0.) fehlende Vertreter der Tiünstlichen AUer-
weltsprache": Abel Bürja (1809) und Lichtenstein (1853).
Mit der TPasigraphia sive scriptura universali" hat sich übri-
gens (1799) auch G. F. Grotefend, der erste Entzifferer der
Keilschrift, befasst (ADB. 9, 763).
3) Im Gegensatz zu den zweifelhaften Gestalten, die
uns zumeist als Erfinder der Begriffswort- und Begriffszeichen-
sprachen entgegentraten, begegnet nun sofort eine höchst wür-
dige Persönlichkeit, ein vornehmer Vertreter des ''Ancien R6-
^me" in Frankreich, den als solchen — wenn ich nicht irre
— auch Taine besonders gewürdigt hat — der Präsident
de Brosses.
a) Charles de Brosses (1709—1777), Parlamentsprä-
ddent in Dijon, war ein Mann von staunenswerter Vielseitig-
keit der Interessen: *^c'6tait sa nature d'6tre aux deux pöles
k la fois, d'aimer k mener de front des choses qui se repou.s-
sent, les plaisirs et les affaires, le droit et la nuisiqne, la po-
litique et le jeu, les recherches de Terudition la plus patiente
ou la plus ardue, et les saillies de la gaiete la plus piquante
€t la mieux inspir^e" (Biogr. ün. 5, 646. Vgl. über ihn noch
■<ien Essai sur la vie et les T^crits du President de Brosses vor
«einen Lettres faniiliferes S. 85 und Barbey d'Aurivilly Portraits
politiques et litteraires S. 94 f.). Freilich liegt in dieser Bunt-
heit der Interessen, in der Vereinigung von Sprach- und Musik-
studium insbesondere immer noch eine Verwandtschaft mit dem
pol jhistorischen Dilettantismus der Tri t heim und Kirch er;
und ein strenger Fachmann wie B e n f e y hat denn auch
(Gesch. d. Sprachwissensch. S. 281. 286 f.) über den "Traitc
de la foimation mechanique des langnes et des principes phy-
«iqnes de l'itymologie" (Paris 1765) sehr hart geurteilt. Ich
finde in dem Buch des merkwürdigen Manns, der sein Leben
der Ergänzung Sallusts gewidmet hat und durch seinen Xulte
-des dieux fetiches" (1760) der vergleichenden Mythologie und
296 R. M. Meyer,
der allgemeinen Religionswissenschaft einen unentbehrlich ge-
wordenen Terminus schenkte, doch nicht bloss "die eigentüm-
liche Divinationsgabe, mit der der französische Geist eine Idee
erfasst, welche erst später begründet wurde" (Benf ey S. 288),
sondern auch eine merkwürdig frühreife Richtung auf die
Kontrole der apriorischen Meinungen durch Beobachtung und
Vergleichung. Die beiden Bändchen — die ich aus unserer
Königlichen Bibliothek in dem mit Randstrichen versehenen
Exemplar Friedrichs des Grossen benutzen konnte — enthalten
sicherlich noch viel und allzuviel von der tastenden Pbantastik
des 18. Jahrhunderts und der Verf., der (1, 50) die Astrologie ver-
dammt, die Etymologie aber als eine hohe und sichere Kunst
preist, hat den Unterschied zwischen wissenschaftlicher und di-
lettantischer Methode noch so wenig erfasst, dass er sich (2, 44)
Wachlers köstliche Unterscheidung von Sprache und Dialekt
zu eigen macht: "Die Sprachen sind untereinander durch die
Konsonanten unterschieden und die Dialekte durch die Vokale!"
Wenn er (2, 103 f.) der Urbedeutung der Worte nachgeht, er-
klärt er etwa "hospites" als "houspetentes, ceux qui viennent
ä la maison" (2, 115). Oder Sprachverschiedenheiten wie
pempe und quenque werden (2, 167) aus verkehrten Lesungen
gedeutet; was an Max Müllers Methode erinnert, alle mytho-
logische Entwickelung von Sprachfehlern abzuleiten. Vor allem
geht de Brosses — wie Benfey hervorhebt — viel zu weit
in der unhistorischen Deutung junger Worte aus ursprünglicher
Lautnachahmung (1, 254 f. u. ö.).
Aber dem steht doch ein merkwürdig klares und an-
nähernd richtiges Bild der allgemeinen Sprachentwickelong
gegenüber. Mit dem Begriff der "'Wurzeln" macht im Abend-
land de Brosses zuerst ernst, wie er denn auch konsequent
dafür das Zeichen R (= radix) verwendet. Die Wurzeln
sind festzustellen durch Sprachvergleichung. Sie sind über-
wiegend selbständige ungebräuchliche Worte (2, 369) ; der Im-
perativ ist Verbalwurzel (2, 398). Formell sind sie kurz und
zumeist einsilbig (2, 387). Ihre Zahl ist gering (2, 230). Auch
die Endungen sind grossenteils ursprünglich autonome Worte
(2, 173 f.). Hier nimmt der Präsident also Bopps berühmte
Theorie voraus, aber er schränkt sie vorsichtig ein, wie er
auch die Einsilbigkeit der Wurzeln nicht unbedingt behauptel
— für seine spekulierende Zeit eine anerkennenswerte Selbst-
besebränkung.
Künstliche Sprachen. 297
Jede Wurzel entwickelt sieh nach bestimmten Regeln der
Ableitung (2, 55 f.). Neue Wurzelworte kommen nur ausnahms-
weise vor (2, 119). de Brosses versucht auch schon die
Gesamtgeschichte einzelner Wurzeln zu geben; die erste —
AC (2, 324 f.) ist merkwürdigerweise dieselbe, mit deren frei-
lich recht sehr anders fundierter Geschichte sich auf das Jahr
am ein Jahrhundert später in die Wissenschaft Johannes
Schmidt von August Schleicher geleiten Hess (DieWarael
AK im Indogermanischen Weimar 1865). Es ist aber auch
bezeichnend, dass Schleicher (a.a.O. S. V) erklärt, er habe
sich der Wahl seines Schülers deshalb gefreut, ""weil ich hoffen
durfte, dass gleich diese erste Arbeit den Verf. mit der ge-
hörigen Scheu vor der Etymologie erfüllen werde". Man war
in 100 Jahren von der fröhlichen Sicherheit etwas zurückge-
kommen, mit der der Franzose (1, 31) ausrief: ''L'etymologie
n'est pas un art incertain!" — Die zweite von deBrosses
benutzte Wurzel, ST (2, 335 f.), ist noch bei Steinthal ein
Lieblingsgegenstand glottogonisch-etymologischer Vermutungen.
Für die Veränderungen der Worte bringt de Brosses
sehr verständige üi*sachen, so die jetzt wieder so beliebte
*prononciation inexacte* (2, 137). Er beachtet sogar (2, 63 f.
71 f.) den Einfluss des Völkerverkehrs, unterscheidet (2, 74)
Verwandtschaftscentra wie den Norden ftlr Ausdrücke der Fi-
scherei, und achtet selbst (1, 165. 277 — 84) auf den Akzent,
über die Ableitung stellt er freilich (1, 289) nur ganz allge-
meine Sätze auf; ebenso über die historischen Veränderungen
(2, 164 f.).
Steht es nun fest, dass aus wenigen Wurzeln zahllose
TVorte entstanden sind, so kommt Alles darauf an, Alter-
Schichten für diese Worte festzustellen. Hierin liegt nun die
eigentliche Bedeutung von de Brosses. So phantastisch und
dilettantisch er auch vorgeht — der Gedanke selbst ist heut
-«och nicht überholt. Noch heut gelten prinzipiell alle Worte
-«iner Sprache als gleichartig, soweit sie sich nicht durch for-
melle Merkmale — altertümliche Flexion, junges Stammsuffix
m. dgl. — als bestimmten Epochen angehörig nachweisen lassen.
Ee muss aber auch inhaltlich eine Paläontologie der Ausdrücke
angestrebt werden, die erst vom Boden einer wissenschaft-
iiohen Bedeutungslehre möglich ist.
Diesen hat der Sohn des encyklopädischen Zeitalters na-
298 R. M. Meyer,
•
türlich noch nicht, um die "expressions natives" (1, 13) her-
ansznfischen, bedient er sich dreier Werkzeuge. Erstens der
Lautphysiologie (1^ 101 f.). Er sucht die einfachsten und na-
türlichsten Laute (1, 106) zu ermitteln, leiht ihnen dann frei-
lich vorschnell symbolische Bedeutung, z. B. (1, lö8) dem
Nasal negative, worin ihm neuerdings C. Abel gefolgt isL
Im Übrigen steht de Brosses hier trotz origineller Gedanken
— die Namen der Sprachorgane sollen nach den ihnen eigen-
tümlichen Lauten gebildet sein 1, 248, vgl. Benfey a. a. 0.
S. 288 Anm. — seineu Vorgängern sehr nahe, wie denn auch
sein Versuch eines *alphabet organique et universer (S. 177 f.)
dem des Wilkins sehr ähnlich sieht. — Das zweite Mitte)
ist die Kindersprache (1, 220 und besonders 2, 7). Aus ihr
liest er nicht ohne Geschick primitive Worte (1, 222 f.) ab^
erkennt das Alter der Interjektionen (ebd.) und antezipiert in
seinen Betrachtungen über die ""mots necessaircs" (S. 231)
Buschmanns Studien über die ''Naturlaute'' Papa und Mama
(S. 233. 244). Als zweite Stufe folgen den ''mots nöeessaires'*
die ''mots presque nöcessaires" (S. 297 f.), durch Onomatopöie
(S. 252) gewonnen; weiterhin dann Ausdrücke von nur sym-
bolischer Bedeutung (S. 260). — Das dritte Werkzeug endlich ist
die Sprachvergleichung. Hier liegt de Brosses' eigentlichste»
Verdienst um das Problem der Weltsprache. Wie Descartes
und L e i b n i z geht er von dem Apercu des gemeinsamen Gedan*
kenvorrats aus: ""Rien n'est donc plus possible que d'iutroduire
un caract^re universal, avec lequel toutes les nations, quoique
de langues difförentes, pourraient exprimer leurs idees com*
munes: je dis leurs id6es simples et communes, car d^s qu'elle»
seraient compliquees la difficultä de sc mettre au fait de tant
des syraboles et de variations de chaque Symbole Temporterait
beaucoup sur Tutilitd de cette generalisation" (2, 43; ganz-
ebenso Cartesius in der schon oben zitierten Stelle des Briefea
an Mersenne). Jeder ürbegriflF wird in einer Wurzel Platz.
finden; ohne dass sich übrigens de Brosses sehr um die Ur-
bedeutung bemühte: er nimmt nur an, dass "^le seus original
est pour l'ordinaire celui qui designe quelque 6tre simple et
physique, quelque usage des temps grossiers" (2, 103). So
bedeutet die Wurzel Dun, Tonn, Dan, Than, Din, Thin (2, 117)
ursprünglich "Berg", denn von den beiden Grundbedeutungen —
"mons" und "oppidum" muss die älter sein, die etwas Natur —
Künstliche Sprachen. 299
liebes bedeutet. Die Anschauung von der verbalen Bedeutung
der Wurzeln fehlt also noch völlig.
Von diesen Ideen ausgehend sucht der "Traite" für die
Wortfamilie capio (2, 194—230) einen vollständigen Stamm-
baum aufzustellen, etwa wie es neuerdings Bruno Liebich
(Die Wortfamilien der lebenden hd. Sprache Breslau 1899;
vgl. meine Rez. Zs. f. d. Phi). 31^ 413 f.) für den deutschen
Sprachschatz versucht hat. Auch über die ""noms des Stres
moraux" (2, 234) gibt er Bemerkungen, leitet zutreffend die
Abstracta prinzipiell aus Concretis her (S. 238 f.) und achtet
auch auf die Bildung der Eigennamen (S. 275 f.) und ihre
Altertümlichkeit (S. 308).
Als letzte Frucht soll nun aus diesen Studien die empi-
risch-philosophische Sprache hervorgehn: der '"Archöologue",
wie er es nennt (S. 489 f.), ein systematisch geordnetes Wörter-
buch auf Grundlage eines Wurzellexikons (S. 527), eine nonien-
clature universelle par racines" (S. 490).
Damit bat de Brosses, der noch tief genug in alten
Anschauungen steckte, um die Etymologie als eine Art von
ars inventiva zu verwenden (1, 60), den höchsten Standpunkt
erreicht, der sich vom Boden der alten SprachauflFassuugen
Oberhaupt erreichen lässt. Er weist bereits auf jene philoso-
phische Sprachlehre hin, die noch 18Ü3 A. W. Schlegel
(Werke 12, 143. 152) als pium desiderium ansah. Die empi-
risch-philosophische Methode lag freilich im Keim in der Ideo-
^aphie des Cartesius und dem Ideen- Alphabet des Leibniz;
aber diese gingen thatsächlich doch bald von dem Gedanken,
den ursprünglichen BegrifFsvorrat durch Vergleichung zu ermit-
teln, zu willkürlichen Festsetzungen über. Hätte de Brosses
mit den Mitteln seiner Zeit den "Arch^ologue" ausgeführt —
er liess es freilich wie Descartes und Leibniz vor ihm,
Sicard und Schlabrendorf nach ihm bei dem Programm
bewenden — , so wäre wohl auch er bald zu apriorischer Will-
kür geflüchtet, wie wir sie schon bei jener Entscheidung trafen,
"dun" müsse ''Berg" heissen, weil "Stadt" als künstliches Mach-
werk ein jüngerer Begriff sei. Aber heut Hesse sich in der
That der Plan des de Brosses annähernd verwirklichen; ja
für eine bestimmte Seite des Wort- und Begriflfsvorrats, für die
'^Kulturwörter", haben die '"linguistisch-paläontologischen" ün-
"^«rsuchungen von Adalbert Kuhn bis auf Otto Schrader
läDgst den '"Arcbeolfigue" aufgestellt und werden (trotz der
weitgehenden Skepsis in KrctscIinierH "Einleitung; zur Ge«eli.
der griecli. Sprache''; damit Hiclierlicli xu eiueni guten Teil die
überaeiigung des Franzosen von der knlturbistoriselien nnd
vOlkeqisyehologischen Bedeutnng der Etj-mologie (1, 67| ge-
recbtfertigt hstben.
Der Versuch, durch eiii|)iriBclie Vergleicbung und philo-
sopiiisctic Nachprüfung den Stammbatini der Begriffe anfzn-
Btellen, wird noch einmal nnternuinnien werden inllBsen. Dass
die logische Ableitung von Kardinalbegriffen wie "das Sein"
bei Dalgarno und Wilkins mit der historischen Reihenfolge,
ia der die BegritTe hei den Völkern auflauchen, sich in keiner
Weise deckt, ist heut Niemandem zweifelhaft. Dass ein Be-
griff wie etwa "Leidenschaft", mag er auch in allen Sprachen
vorkommen, mit "Hunger" oder "Wolf nicht gleichaltrig ist,
dürfen wir annehmen. Eine cnipirisch-philosopbische Sprache
mindestcnH für den Kniturkreis der indogermanischen und Be-
mitischen Sprachen Hesse sich auf Grund von de Grosses'
Programm schaffen. Man mtlsstc die ältesten Begriffe feststellen,
weiterhin die Mittel, durch die aus diesen Jüngere geschaffen
sind 'vgl. z. B. l'im Saggi d indici sistematiei per lo studio
della espressione nictaforica di concetti pstcoiogici Turin lt*96:
Referat von Kurt Hruchmann DLZ. 1K99 S. 1410) nud so
fort. Für die Urbegriffc nillssic man einfache Zeichen wählen,
die eine fortdauernde Differenzierung zu komplizierteren Be-
griffen /.uliessen. Eine Voralinung solcher Methode liegt auch iu
Liehtenbergfi (von uns schon oben besprochenem! ironischem
Spiel: zcf ein kühler Wind, Vzef ein Schmeichler (Werke 2, ifOl).
Die höchste .Stufe einer Weltsprache würde freilieh ailcb
so nicht erreicht. Denn so sehr sieb auch solche historieclie
Konstruktion über die Willkür der Begriffswort- und Begriffs-
iceichensprncben erheben wHrde — wiJlktlrlich bliebe sie immer
Boeb, weil sie von der "künstlichen" Abstraktion des "Worts"
anfinge, statt die "natürliche" Basis des Satzes zu wählen.
Aber eben in diesem Kleben am Wort und Haften am Buch-
staben neigt die gesamte Geschichte der Weltsprache ro« den
kümmerlichsten bis zu den kühnsten Vcrsncbeu die unvermeid-
liche Abliangigkeit von der gewordenen Sprache. Nor die
momentan aufblitzenden Fignren der Lange, Enler, Pia
quet nähern sich der höheren Konzeption.
Künstliche Sprachen. 301
b) Wie Dalgarno denWilkins, Sicard den Maimieux
tat de Brosses Court de Gebelin (1725-1784) als frei-
lich viel geringeren Zwilling zur Seite. Er ist von jenem in
seiner Histoire naturelle de la parole ou graraniaire universelle
(1774. 1775; neu her. von Lanjuinais 1816) abhängig, aber
(nach ßenfey S. 282) noch kritikloser, freilich auch lebhafter
und zuversichtlicher (S. 290). Auch er nimmt (nach der Biogr.
Cn. 9, 373) an, dass die Ursprache sich aus einer gewissen
Zahl von Lauten und Betonungen zusammensetzte, die sich bei
allen Völkern finden und aus denen die Worte der Sprachen
entstanden; auch er verbindet wie de Brosses Spekulationen
aber den Ursprung der Schrift mit denen über die Anfänge
der Sprache. Nebenbei erklärt er so — wie Falb mit seinem
famosen in der Inka-Höhle gefundenen Schlüssel — auch alle
Geheimnisse der Mythologie und Chronologie. Für dies Werk
erhielt er von der Academie franQ*aise zweimal den für die
nützlichste Arbeit bestimmten Preis . . . Die chinesischen und
lateinischen Grammatiken dienen ihm (Biogr, Un. 9, 373) als
Führerinnen. Übrigens versinkt er wieder ganz in symboli-
sierende Phantastik: die Vokale bedeuten die Empfindungen,
die Konsonanten die Ideen.
c) Die empirische Richtung, die de Brosses einschlug,
bat sich nicht lange behauptet. James Buniett Lord Mon-
boddo (1714—1799), den Benfey (a.a.O. S. 282. 291 f.)
trotz all seiner Bizarrerien — er lässt die Entdeckung der
Sprache durch die übermenschliche Hilfe der ägyptischen
Dämonenkönige vor sich gehn ! (a. a. 0. S. 293) — hoch über
die beiden Franzosen erhebt, hat in seinem berühmten sechs-
bändigen Werk Of the origin and progress of language (Edin-
burgh 1774) sich wieder ganz auf die Spekulation geworfen.
Auch er gibt zu (1, 574), dass es "Urworte" gibt und ent-
scheidet sich ähnlich wie de Brosses dafür, dass zuerst die-
jenigen Dinge benannt werden, mit denen die Naturmenschen
am meisten zu thun hatten. Aber er unterscheidet diese (S. 577)
ausdrücklich von den Wurzeln der Kultursprachen — ""artifi-
cial languages" nennt er diese mit einem durchgehenden Ge-
gensatz zu den "barbarous languages" der kulturlosen Völker — :
die "TVurzeln" sind unselbständige Stammteile abgeleiteter
Worte, die Urworte bedeuten die letzte Stufe der Sprachent-
Wickelung bei den Naturvölkern. Bei der durchgängigen Über-
302 R. M. Meyer,
Schätzung der Kunst und Kultur, die den schottischen Richter
kennzeichnet, wundert man sich nicht, ihn (2, 440 f.) von Wil-
kins' philosophischer Sprache höchlich entzückt zu sehn. Mehr
erstaunt man über das begeisterte Lob, das ihm Herder ge-
spendet. Gewiss war Monboddo ein geistreicher und origi-
neller Mann; in der Auffassung der Neugriechen als einer
herabgekommenen Bastardrasse (Biogr. Cn. 28, 596) nahm er
Fallmerayers vieldiskutierte Erklärung voraus, und die lo-
gisch-ästhetische Vergleichung der Sprachen (B. IV), obwohl
ganz im Bann blinder Antikenverehrung, ist jedenfalls neben
dem von Jenisch der gründlichste und vollständigste Ver-
such, das auszuführen, was v. d. Gabelentz (Sprachwissensch.
S. 371 f.) mit einem seltsamen Ausdruck "Sprach würderung'*
nennt. Aber für das Problem der Ursprache und der aus ihr
zu entwickelnden Idealsprache kann ich bei Monboddo nur
einen Rückschritt aus der Empirie in die Spekulation, au»
frischer Luft in Scholastik wahrnehmen.
VII. Sprachbildung aus reiner Willkür.
In allen bisher besprochenen Fällen der künstlichen Sprach-
bildung fanden wir zwei Prinzipien mächtig: entweder es wurde
aus gegebenen Proben und Einzelstücken heraus der ganze
(oder doch annähernd der ganze in Betracht kommende) Sprach-
stoff noi-malisiert, oder es wurde ein bestimmtes Prinzip allge-
mein durchgeführt. Das erste gilt z. B. tittr die Aramensprache,
aber auch für die Schrift- und Dichtersprache; das zweite fiir
die Verschwörereprache der Carbonari, aber auch für die ''phi-
losophischen Sprachen". In beiden Fällen schwebt, bewusst
oder unbewusst, ein Ideal vor, dem das Material angenähert
werden soll. Ich kenne Pei-sonen, die ohne Kenntnis des Eng-
lischen oder Italienischen den Tonfall dieser Sprachen so täu-
schend nachzuahmen wissen, dass selbst der Engländer oder
Italiener anfangs seine Muttersprache zu hören glaubt; wäh-
rend umgekehrt so mancher gelehrte und korrekte Lateiner
nie den "color latinus** heraus bekommt. Die Einen haben ein
sicheres Gefühl für das Eigenartige eines Idioms, die Andern
nicht. Je nach dem Mass wie ein Schriftsteller dies unfass-
bare, aber bestimmt empfundene Ideal seiner Sprache erreicht,,
bemessen wir seine Sprachgewalt. Luther und Lessing führen
die deutsche Sprache im Sinne des ihr eingeborenen Ideals
Künstliche Sprachen. 30$
weiter; Klopstock oder die Romantiker führen sie oft auf
Irrwege.
Solches Ideal also, solche geheime Vorzeichnnng fandeo
wir in irgend welcher Form bei allen Kunstsprachen mächtig^
die nicht überhaupt ganz nach einem bewusst gewählten Ideal-
bild geschaffen wurden. Völlig willkürliche Sprachsetzung war
nirgends nachzuweisen. (Für die ""angebliche Worterfindnng de»
. Kindes" verweise ich jetzt noch auf Wundt Völkerpsychologie
1, 273 f. vgl. 280.) Ich finde für sie nur Ein Zeugnis. Cha-
misso berichtet (Reise um die Welt, II; Werke 1836 II S. 77>
von den Sandwich-Inseln: ""Es ist bekannt, wie auf Otaheiti
beim Antritt eines neuen Regenten und ähnlichen Gelegen*
heiten Wörter aus der gemeinen Sprache gänzlich verbannt
und durch neue ersetzt werden. Solche willkürliche Verän-
derungen haben in neuerer Zeit die Sprache dieser Insel, die
sonst von der von Owaihi wenig abwich, sehr von ihr ent-
fremdet, und die Eingebomen beider Inseln verstehen einan-
der nicht mehr. Folgende Thatsache aus der Geschichte von
Owaihi, die wir der Mitteilung eines glaubwürdigen Zeugen^
eines denkenden und unterrichteten Mannes, des Herrn Ma-
lini, eines dort angesiedelten Spaniers, verdanken, und welche
uns die Eingebomen bestätigt haben, lässt uns unerwartet
diese befremdende Sitte auch auf den Sandwich-Inseln wie-
derfinden, und zwar auf die auffallendste Weise. Gegen das
Jahr 1800 ersaun Tameiameia bei Gelegenheit der Geburt
eines Sohnes eine ganz neue Sprache, und fing an, selbige
einzuführen. Die neuersonnenen Wörter waren mit keinen
Wurzeln der gangbaren Sprache verwandt, von keinen her-
geleitet, selbst die Partikeln, welche die Formen der Sprach-
lehre ersetzen und das Bindungsmittel der Rede sind, waren
auf gleiche Weise umgeschaffen. Es heisst, dass mächtige
Häupter, denen diese Umwälzung missfiel, das Kind, welche»
dazu Veranlassung gegeben, mit Gift aus dem Wege räumten.
Bei dessen Tode ward dann aufgegeben, was bei dessen Ge-
burt unternommen worden war. Die alte Sprache ward wie-
der angenommen, und die neue vergessen. Die Neuerung ging
Fon Hauwaruru auf 0-Waihu aus, wo sie kaum einzudringen
begann. Als wir Herrn Marini fragten, wie das eine oder
das andere Wort in der neuen Sprache geheissen habe, be-
sprach er sich deshalb mit anwesenden Eingebornen von Hanna-
304 R. M. Meyer,
ruru, denen allen die Sache wohlbekannt, die neu eingeführten
Wörter aber meist entfallen waren. Herr Marini wnsste kein
anderes Beispiel willkürlicher Sprachveränderung auf diesen
Inseln; Kadu hatte auf den Karolinen-Inseln keinen Begriff
von deren Möglichkeit geschöpft".
Ich habe in Ratzeis Völkerkunde vergeblich nach einer
Bestätigung dieser wunderbaren Erzählung gesucht und glaube^
man muss ihr volles Zutrauen versagen. Denn auch der erste
Teil scheint nicht ganz zutreffend. Ratze 1 (a. a. 0. S. 199)
sagt : ''Ebenso werden in Tahiti nach dem Pi genannten Brauch
durch die Namen von Häuptliiigen geheiligte Worte durch an-
dere ersetzt". Es ist also schwerlich richtig, dass die ver-
bannten Worte, wie Chamisso angibt, Murch neue ersetzt
werden": sie müssen nur vorhandenen Synonymis Platz machen.
Im ganzen Archipelagus herrschen Zeremonialsprachen, Hof-
spräche auf Hawaii, Rangsprache auf Sanioa. Aber gewiss sind
es wie die durch W. v. Humboldt berühmt gewordene Kavi-
spräche oder wie die Inka-Sprache (Heimol t Weltgeschichte
1, 329) einfach ältere Sprachen, die mit religiöser Sorgfalt
bewahrt wurden; für Neuerfindung von Sprachen dürfte sich
schwerlich bei alten Völkern ein Beispiel auftreiben lassen.
Mit den "neuen Worten" auf Otaheiti wird es nicht anders
stehen. Nannte sich ein Häuptling beim Antritt der Herrschaft
etwa ""Steinadler", so wurden beide Namensteile tabu und
man musste statt "Stein" "Fels" sagen und statt "Adler" "Aar";
taufte sich später ein König "Felsenaar", so wurden vermuth-
lich die alten Ausdrücke wieder frei.
Jedenfalls aber wird man auf die Geschichte von der
wurzelneuen Sprache Tameiameias mit ihren frisch erfundenen
Partikeln nur mit Einem Ohr hinhören dürfen. Es ist schon
erstaunlich genug, wenn ein Indianer und ein Neger (v. d.
Gabelentz Sprachwissenschaft S. 140) Silbenschriftsysteme
erfanden; willkürliche Sprachschöpfung wird es erlaubt sein,
weder dem Tameiameia noch einem andei*n König zuzutrauen,
sintemal eben Caesar non est supra grammaticos. Wäre der
Bericht dennoch zutreffend, so hätten wir allerdings einen
v(illig singulären Fall, der sich ja denn auch nicht behaupten
konnte. Immer wäre dann auch hier noch die bestimmende
Einwirkung sei es des lautsymbolischen Gefühls sei es irgend
einer Abstraktion denkbar, durch die dies Sprachwunder in
flie Reihe anderer ersonuener Sprachen zurücktreten würde.
Künstliche Sprachen. 305
VIII. Zeichensprachen.
Wir sind mit der blossen Möglichkeit einer ganz will-
kfirlich ausgedachten Sprache an die äussere Grenze unseres
Problems gelangt. Freilich stellt man sich die Sache meist zu-
nächst so vor, als seien ""künstliche Sprachen'^ überhaupt rein
ersonnene; wie wenig das zutriflFt, haben wir selbst bei den
phantastischen Lanterfindungen der Humoristen Grimmels-
hanseUy Holberg, Asnius Claudius darthun können.
Für die innere Notwendigkeit, mit der die Sprache überhaupt
nnd wieder jede einzelne Sprache für sich ihren Entwickelungs-
gang geht, lässt sich wohl kein stärkerer Beweis auftreiben
als der, der in der Wirkung der gegebenen, in dem Einfluss
der natürlichen Sprache auf die Sprachphantasie liegt.
Dennoch hat Baudouiu de Courtenay (Vermensch-
lichung der Sprache S. 21) mit vollem Recht bemerkt: "Die
bei weitem meisten Wörter der menschlichen Sprache sind nur
zufällig entstandene Symbole, die unter andern Umstän-
den sich ganz anders hätten gestalten können, in voller Un-
abhängigkeit von den durch sie hervorgerufenen sinnlichen
Eindrücken. Und es ist eben diese Zufälligkeit das
Charakteristische der Sprache. Selbstverständlich rede
ich hier von keiner absoluten Zufälligkeit — denn eine solche
anzunehmen verbietet uns die die Grundlage jedes wissenschaft-
liehen Denkens bildende Überzeugung von der Notwendigkeit
in der Verkettung von Ursachen und Wirkungen — nein, ich
rede von keiner absoluten Zufälligkeit, sondern von einer Zu-
fälligkeit in den Grenzen der sich auf die gegebene Frage
beziehenden BegriflFe".
Ich erinnere hier nochmals an Kenans glänzendes Wort^
<iie Sprache sei in all ihren Zeiten ""nie notwendig, nie will-
kürlich, immer motiviert". Und eben dies macht ihre Eigenart
aus. Nur dadurch kann die menschliche Sprache im Ganzen
und kann jede einzelne Nationalsprache das sein, als was de
Brosses und Herder sie zuerst erkannten: das grosse Archiv
der menschlichen Geistesgeschichte. Jede einzelne historische
Notwendigkeit, jede lokal bedingte oder zeitlich verursachte
Gedankenverknüpfung liegt angefangen und beschlossen in "der
Santa Casa heiligen Registern".
Eben deshalb ist eine philosophische 'Sprache, so voll-
kommen sie in der Durchführung ihres Grundgedankens an
306 R. M. Meyer,
sich sein mag^ niemals eigentlich ^Sprache" im vollen Sinn
des Worts: sie ist nur ein totes Ziffemsystem. Sie verhält
«ich zn der niedrigsten lebendigen Sprache wie ein künstliches
Heldengedicht vom Schlag der "Henriade* zn Volksepen wie
Ilias nnd Nibelungennot. Gerade was rationalistische Über-
klagheit an diesen als ""Unvollkommenheiten" rflgte, macht ihr
Wesen ans: die Widersprüche, die Wiederholungen, die Par-
lallelfälle. In ihnen bekundet sich der Pulsschlag des Lebens,
4er Niederschlag der Erlebnisse, der jenen toten Mechanismen
nnd E. Th. A. Hoffmannschen Sprechpnppen fehlt; wie C. F.
Meyer seinen Helden Ulrich v. Hütten von sich aussagen lässt:
Knrzum, ich bin kein ausgeklügelt Buch —
Ich bin ein Mensch mit seinem Widerspruch.
Je stäi^er dieser Charakter des Historischen, des Gewordenen,
des Erlebten einer "Sprache* abgeht, desto weiter entfernt sie
sieb von der Eigenart menschlicher Rede. Also gerade das,
v^as all die manigf altigen Spielarten ** künstlicher Sprache"
vom theoretischen Standpunkt aus mangelhaft macht, nähert
sie praktisch wirklichen Sprachen: der unwillkürliche, gar
nicht ganz zu vermeidende Anschluss an die Nationalsprache.
Und eben deshalb sind die verschiedenen Arten reiner Zeichen-
sprachen gar nicht mehr als eigentliche ""Sprachen* aufzufassen
und nur ein Anhang zu den vielen Bruchstücken und Systemen,
die wir gemustert haben.
Das Gleiche gilt noch unter einem andern Gesichtspunkt
Es ist freilich Fiktion, wenn wir die menschliche Sprache
bloss als Lautgebung anzusehen pflegen. Znm Redeverkehr
gehört auch heut noch vielerlei, was nicht in der Grammatik
steht: unwillkürliche Artikulationen, die noch unterhalb der
sprechbaren Interjektionen bleiben, halb tierische Laute, wie
ein vergnügtes Schnalzen mit der Zunge, Grunzen, Pfeifen;
vor allem in breitem Masse nachhelfende oder stellvertretende
Gesten und mimische Bewegungen. Früher nahm all dies
**unge8procheue Sprachmaterial* einen noch viel breiteren Kaum
ein; und auch heut noch dehnt sich sein Reich um so mehr
aus, je mehr wir uns natürlicher Redeweise nähern: das Volk
verwendet all diese Zeichen stärker als der Gebildete nnd
wieder die südlichen Völker stärker als die des Nordens. Bei
«einem neapolitaufschen Lazzarone ist die Sprache fast nur das
Künstliche Sprachen. 307
Libretto zn der aus Gestikulationen, unartikulierten Tönen und
musikalischen Lauten zusammengesetzten Spreehmusik. — Aber
immer bleibt doch für uns das gesprochene Wort mit vollem
Recht Kern und Seele der Sprache. Deshalb gehören all die
^'künstlichen Sprachen", die sich an das Wort halten, viel
enger mit der natürlichen Rede zusammen als die Systeme,
die jene Äushilfsmittel normalisieren — und das eben ist das
Charakteristische der Zeichensprachen.
Damit ist ihre Gliederung von selbst gegeben.
1) Normalisierte Artikulationen. ""Bei den Tieren",
sagt Bandouin de Courtenay (a. a. 0. S. 22), tragen die
Bedeutungen der Lautäusserungen in ihrer Beziehung zu eben
diesen letzteren immer den Charakter der Notwendigkeit, Un-
mittelbarkeit und verhältnismässigen Unveränderlichkeit an
sich — alles das Merkmale, welche der Natur menschlicher Rede
schnurstracks widersprechen'*. Ausführlich hat Ch. Darwin
in seinem grossen Werk über den Aasdruck der Gemütsbewe-
gungen bei dem Menschen und den Tieren diesen Zusammen-
hang zwischen Gemütsbewegung und Ausdruck erklärt. Frei-
lich ist selbst der tierische Gemütsausdruck ""historisch gewor-
den"; so erklärt der grosse englische Forscher etwa die An-
spannung aller Muskeln in der Wut bei einem Raubtier ""nach
dem Prinzipe assoziierter Gewohnheit: denn Zorn hat bestän-
dig zu heftigen Kämpfen und in Folge dessen dazu geführt,
dass alle Muskeln des Körpers heftig angestrengt wurden**
(a. a. 0. S. 117). Aber dies ist eine allgemeine, dem ganzen
Oenus gemeinsame Entwickelung, die so zu sagen keine Ein-
zelsprachen oder Dialekte, keine individuelle Nüanzierung zu-
lässt und eben dadurch von der individuell durchlebten Sprach-
:ge8chichte der Menschen sich prinzipiell unterscheidet, unsere
«Sprache verrät, dass wir mit Römern, mit Slaven, mit Ro-
manen in nahe Berührungen traten; welche Feinde es waren,
an denen der Tiger den Ausdruck seines Zorns lernte, verrät
kein Zug seiner Gebärden.
Die Tiersprache ist also durchaus symbolisch (vgl. des
Näheren Fr. Th. Vi sc her Auch Einer 2, 293). Allerdings hat
B. L. G a r n e r in seinem Buch über die Sprache der AflFen (übs.
n. her. von W. Marsh all Leipzig 1900) die von ihm beobach-
teten Laute der Aflfensprache (S. 117 f.; vgl. S. 6 ""Trinken",
12 f. "Speise", 42 ""Frucht", 42 f. ""Aflfe") und die Geberden der
308 R. M. Meyer,
Bejahung und Verneinung (S. 44 f. 71) sowie der Warnung
(S. 6. 66; vgl. 53), ja die ganze Sprechweise der Aflfen wie
überhaupt aller Säugetiere (S. 115 f.) und der Vögel (S. 131;
vgl. 177) fast völlig der menschlichen Rede gleichgestellt.
Aber auch wer den Feststellungen Garners Vertrauen schenkt,
wird aus seineu allgemeinen Betrachtungen über das Wesen
der Sprache (S. 99 f.) den Schluss ziehen müssen, dass für
diese Fragen der ""Entdecker der AflFensprache" keineswegs
kompetent ist. (Vgl. noch zur Tiersprache Masius Natur-
ßtudien Leipzig 1852, S. 122 f., mit reichen Literaturnachweisen;
Chamberlain Grundlagen des 19. Jhds. I 56 Anm. 3; über
die Sprache der Vögel Overberg in der "Woche' 1300 N. 30
S. 1329.) Die ursprüngliche Art, den unwillkürlichen Begleit-
laut einer Geste u. dgl. zu normalisieren, lebt denn auch vor-
zugsweise im Verkehr mit Tieren fort: im Hüh und Hott u.
dgl., wie es J.Grimm (Deutsche Grammatik, Neuer Abdruck
3, 304 f.) in blühender Fülle aufzählt.
Aber überall zeigt sich die Neigung, sie artikulierter
Rede zu nahem. Ungemein lehrreich ist dafür die Entwicke-
luug der Schweizerischen Schlittenrufe, über die Götzinger
(Altes und Neues S. 58 f.) in einem lebensvollen Aufsatz han-
delt. Besonders die aushallenden Schlussrufe längerer musi-
kalischer Perioden werden vokalisiert. Aus dem Hallelujab
der altlateinischen Hymnen erwächst die Sequenz, aus dem
Schlussruf des Wächters erst das Wort ""alba", dann das mittel-
alterliche Tagelied, aus dem Begleitruf des Nachtwächters, mit
dem er den Stundenruf ausklingen lies, ein Vers oder ein Lied
(J. W ichner Stundenrufe und Lieder der deutschen Nacht-
wächter Regensburg 1897). Zuweilen scheint der alte unarti-
kulierte Ruf noch herauszuklingen, so in dem "'Ehre Guta" von
Bregenz (a. a. 0. S. 161 f.), zu dem wohl erst später eine
ätiologische Legende erfunden wurde. — Die jüwezunge der
bäurischen Volkslieder verdichtet sich ebenso zum Schnada-
hüpfl usw.
Gerade hier zeigt sich sehr charakteristisch die Tendenz
aller "Sprache" zur "Rede". Baudouin de Courtenay setzt
(a. a. 0. S. 23) die morphologische Artikulation der mensch-
lichen Sprache, bestehend in Teilung des Satzes in Worte, der
Worte in bedeutsame Teile, den "tierischen unteilbaren Gebär-
den" gegenüber. Das ist nicht vollkommen zutreffend^ unteilbar
Küostlithe Sprachen. 309
Iniid die "Gebärden" oder, besser ansgedrückt, die Spiechstflckc
der Tiere nicht; aber sie sind nur lunsikalisch gegliedert.
Brebm 'Illustriertes Tierleben II S. XI) spricht von "Strophen"
des Vogelsangs; der Finkenschlag bat deutlichen Abgeeang
(vgl. meinen AufaatK über den Refrain Zs. f. vgl. Lit.-Gesch.
1, 38). Aber eben in der Verschiedenheit dieser rein niusika-
tieehen Gliedemng von einer durch Inhalt und Sinn bestimmten
Kegt die Entwitkelnng von tierischer zu menschlicher Rede.
werden also Signale durch unterlegen von Testen hnma-
Bisiert: Pfeifen und Trompeten im deutschen, Volksgesang und
Flötenspiel im französischen Refrain {a.a.O. S. 91): Gloeken-
tOne nnd Trommelklang in deutschen Volksvergen (0. Schütte
. d. Ver. f. Volksk. 9, 440). Welche Macht und Ausdeh-
nung dies SprechbaiTuachen von ursprünglich nur rhythmischen
Signalen hat, int neuerdings von K. Bücher (Arbeit und
Ehythmus; 2. Aufl. Leipzig 1899) ausführlich und eindringend
ilargethau worden.
Idi modernen Leben dürfte daher eine nur aus normali-
sierten Artikulationen besteiicnrlc Signalsprache kaum noch
IForkommeu. Allenfalls kann man die PFeifensignalc der Mauer-
polierer, der Hotelportiers u. dgl. hierher rechnen, soweit sie
mit dem Mund und nicht mit Zungenpfeifen hervorgebracht
irerden (die Feuerwehr bedient sich wenigstens in Berliu nur
kfinstlicher Pfeifensigna] e). Diese Pfeifsprache ist gar nicht
tinfach: von einem Wirtshaus der Hauptstadt aus drückt der
einfache Pfiff durch Zahl, Länge, Rhythmus der Absätze etwa
Becbs verschiedene Droschkenkategorien aus. So nähert sieh
flie raffinierte Zivilisation wieder der uralten Einfachheit der
Arbeitssignale bei ägyptischen Pyramidenbauem oder rudern-
clen Negersklaven!
2) Normalisierte Musiklante. Beim Pfeifen sehen
"wrir, wie nah die Sigualspracbe der Artikulationen der der In-
strumente steht. Diese letztere ist noch überall in mächtiger
Ausdehnung. Von der Trommelspraeiie afrikanischer Wilden
Cvgl. Schurtz Urgeachichtc der Kultur Leipzig 1901 S. 491) bis
An den militärischen Signalen unserer Soldaten, von den Dampf-
pfeifen der Riesenschiffe und den unheimlichen Tönen des
PKebelhorns bis zu der bei Geburt, Begräbnis, Brand und Sturm
■wechselnden Sprache der Kirehenglocken, von den verab-
redeten verschiedenen Nuancen des Anklopfens an die Thttr
Inilopermiiniaclie Forscliungen XII 3 u. i. 21
810 R. M. Meyer,
bis zu dem Viktoriaschiessen der Kanonen sehen wir überall
Einzeilaute oder rhythmisch gegliederte Lautreihen von Instru-
menten in den Dienst der gemeinverständlichen Ankündigung
gestellt. Zu einer durchgearbeiteten "Sprache" entwickelt sich
diese Methode in der "Programmusik" neuerer Komponisten,
die den ganzen Gedankeninhalt eines Dramas in gemeinver-
ständliche musikalische Zeichen umzusetzen strebt. Sie be-
rührt sich wieder mit der in der Sprachschöpfung und Sprach-
umbildung wirksamen Macht des lautsymbolischen Gefühls, das
freilich wohl schon bei den elementarsten Kundgebungen der
Stimm- oder Instrumentsignale bestimmend mitwirkt.
3) Normalisierte Gesten. Wie die unwillkürlichen
Begleitlaute einer Gebärde, wie die zunächst vielleicht nur
durch Freude am Lärm als solchem hervorgerufenen Klänge
der Trommel oder Pfeife, so können auch die Gebärden selbst
in den Dienst einer bestimmten Absicht gestellt, zu einem
System verschiedener Signale normalisiert werden. Die Ge-
bärden sind so verbreitet und natürlich, dass eine Gebärden-
sprache sich fast unvermeidlich einstellt (A. W. Schlegel
Werke 7, 115; Schurtz ürgesch. der Kultur S. 471 f.), viel-
leicht sogar eher als die hörbare Sprache systematisch aus-
gebildet wird (vgl. über das Verhältnis von Gebärde und
Sprache die tiefsinnigen Ausführungen von Nietzsche Werke
2, 195 und Wundt Völkerpsychol. 1, 131 f.). Über die typi-
schen Gebärden insbesondere auf der Bühne ist oft gehandelt
worden: von J.J.Engel ("Ideen an einer Mimik" 1785), von
Goethe in seinen Anweisungen für Schauspieler, von dem
von Fr. Ph. Vi seh er (Auch Einer 2, 293) gelobten Pi der it
("Wissenschaftliches System der Mimik und Physiognomik")
und vielen Andern. Die Gebärden der Griechen und Römer
hat K. Sittl (1889) nach Berichten und Darstellung wissen-
schaftlich festzustellen versucht. Aber immer handelt es sich
hier noch um eine "natürliche Gebärdensprache"; selbst die
Gesten des Schauspielers sind wesentlich noch die des naiven
Menschen, nur etwas strenger geregelt: sie stehen zu denen
des Zuschauers wie die Schriftsprache zur gewöhnlichen Rede.
"Konventionell" ist freilich auch die einfachste Gebärden-
sprache noch (S e 1 e n k a Schmuck des Menschen S. 2). und
überall können die natürlichen Ansätze konventionell ausge-
bildet und systematisiert werden wie etwa in der bösen "Fuss-
Künstliche Sprachen. 311
spräche" (Aug. Lewald Albnm der Boudoirs Stuttgart 1836
S. 89 f.) mit den "Neologismen des Ellenbogens und Augen-
blinzelns" (vgl. für die volksthamliche Grundlage Zb. f. d. A.
29, 234, für die raffinierten Fortbildungen A. v. Sternberg
Tutu Leipzig 1848 S. 181 f.).
Aber die künstliche Gebärdensprache ist wohl die ver-
breitetste und beliebteste aller Geheimsprachen. Wo das Spre-
chen irgendwie behindert ist, stellt sich die Geste ein. Die
Mönche erfinden sich ausgedehnte Systeme von Zeichen, vor-
zugsweise symbolischer Natur; ein angelsächsisches hat F.
Kluge (in Techmers Internat. Zs. f. allg. Sprach wiss. 2, 116 f.)
mitgeteilt und erläutert, ein niederdeutsches aus dem 16. Jhd.
(das auch Kluge erwähnt) L e i b n i z (Collectanea etymologica
S. 393 f.). Das letztere, ein lateinisches und deutsches Wörter-
buch der Zeichen, ist wenigstens in seinem ersten Teil rein
praktisch, alphabetisch geordnet; das englische aus dem 11.
Jhd. nach begrifflichen Gesichtspunkten (Kluge a. a. 0. S. 117).
Um etwa einen Bock zu bezeichnen, macht der Mönch von
Loccum ein Hörn; wenn der englische Binider Gemüse haben
will, so macht er mit der linken Hand nach unten ein Zeichen,
als wenn er schrappen wollte (Fr. W. Weber hat diese Finger-
sprache in seinem Gedicht "Dreizehnlindeu" S. 57 von den
Mönchen anwenden lassen). Über die vielfache Übereinstim-
mung dürfen wir uns bei der "Enge und Armut des mensch-
lichen Bewusstseins"(Vierkandt Naturvölkerund Kulturvölker
S. 95 f., bes. S. 97) nicht wundern. Die anthropologischen
Grundlagen der Mimik versuchte Mantegazza Fisonomia e
mimica (Mailand 1883; Referat bei Techmer 2, 339) zu geben,
eine allgemeine Klassifikation Mallery Sign language (bei
Techmer 1, 193 f.) und noch allgemeiner, unter Einbeziehung
der Sprachlaute, P. Marzolo Saggio sui segni (Ann. delle
imiv. Toscane P. I Science noologiche t. IX Pisa 1867 S. 52 —
129; vgl. bes. S. 69). Zahlreiche Belege gibt R. Kleinpaul
Sprache ohne Worte (Leipzig 1888).
Von der Gebärdensprache unterecheidet Selenka (Der
Schmuck des Menschen S. 2) eine besondere "Tastsprache", die
z.B. in den mannigfaltigen Grussformen (Fr. v. Hellwald Ethno-
graphische Rösselsprünge Leipzig 1891 S. 1 f.: "Vom Gruss und
«einen Formen"; 6. Steinhausen Kulturstudien Berlin 1893
S. If.: "Der Gruss und seine Geschichte"; R. Andree Ethno-
312 R. M. Meyer,
graph. Parallelen und Vergleiche N. F., Leipzig 1889 S.223L
"'Naseugrass'') zar Anwendung gelange. Man könnte auch an
jene verabredete Sprache erinnern, die der blinde und taube
Dichter Hieronymus Lorm sich konstruierte, um vermit-
telst eines um das Handgelenk gelegten Lederriemens mit der
Äussenwelt korrespondieren zu können. Aber ich vermag
dieser ''Tastsprache'' keine Selbständigkeit zuzugestehen: sie
bleibt ein Unterfall der Gebärdensprache. Es werden nur die
fühlbaren Gesten abgesondert; auch sonst schlägt man ja beim
lebhaften Gestikulieren den Angeredeten auf die Schulter usw.
Ein neues Prinzip tritt nicht hervor. Ebenso wenig darf man
wieder mit Selenka (a, a. 0. S. 3) eine eigene "Antlitz-
sprache" aus der Mimik ausschneiden, weil diese "Antlitz-
sprache" natürlich, die "Gebärdensprache" konventionell sei.
Die Grundlagen sind ja überall natürlich, animalisch ; die Aus-
gestaltung ist nirgends frei von Konvention.
Den einzigen Vei-such, eine nationale Gebärdensprache
vollständig (nach Monumenten) zu beschreiben, bildet jenes
Buch von Sittl Die Gebärden der Griechen und Römer.
4) Normalisierte Vereinigung von- Geste und
Laut. Zwei Hilfsmittel des Ausdrucks können vereinigt wer-
den z. B. in dem "Schnippchen", einem "Stückchen alter Fin-
gersprache, das, obschon wortlos, doch klingt: ein Schnalzen
mit dem Mittelfinger, den man mittels des Daumens auf die
Handfläche schnellen lässt, dass es eine Art knallenden Klang
gibt" (R. Hildebrand Beiträge zum deutschen Untemeht
S. 141). Auch beim "Rübchenschaben" fehlt selten ein ver-
deutlichendes "etsch etsch", das eigentlich nur eine Schall-
verstärkung des beim Reiben der Finger entstehenden Lautes
bedeuten mag.
5) Wie die Klänge der Instrumente zu den Artikula-
tionen der menschliehen Stimme, stehen andere Signale zu
menschlichen Gebärden. So etwa die australischen Rauch-
signale (Vierkandt a. a. 0. S. 97), die als Kriegs- und Freu-
denfeuer der Tiroler Bauern im Kampf Andreas Hofers wie-
der begegnen; oder die von Di eis erwähnte Flaggensprache
der Schiffe; oder die alte, halbsymbolische Sprache der ur-
sprünglichen vor - elektrischen " Telegraphen ". Normalisierte
Signale des Gemütsausdrucks sind unsere Trauerkleider so gut
wie die umgedrehte Trutzhahnfeder des bajuvarischen Raufers;
Künstliche Sprachen. 813
das Holzkrenz, das in Frankfurt am Main vom Dach solcher
Häuser; die in Reparatur befindlich sind, herabhängt, so gut
wie der mit einer Serviette umkleidete Stuhl vor dem Schlächter-
ladeu; der "^frische Wurst" bedeutet. Überall finden wir hier
die gleiche typische Entwickelung : ein symbolisierend nach-
bildender Einzelfall (z. B. die Verbannung von hellen Freuden-
kleidern) wird zum Ausgangspunkt eines ganzen Zeichensystems
gemacht; der Einzelfall selbst aber wurzelt (wie der Gebrauch
des Schlächters oder des Raufers) in Sitte, Herkommen, täg-
lichem Leben.
Übertreibend hat Selenka (a.a.O. S. 3 f.) die ''Beklei-
dungssprache" sogar als eine allgemein menschliche Sprache
den konventionellen Redeformen der lautierten Geberden- und
Tastsprache gegenübergestellt. Selbstverständlich benutzen die
Völker dieses Ausdrucksmittcl von Kleidung und Schmuck,
das allen zu Händen steht, zu einer Art andeutender Sprache;
dies hat Selenka hübsch, wenn auch etwas doktrinär-mecha-
nisierend, ausgeführt, und lange vor ihm hat es Emanuel
Herr mann (Naturgeschichte der Kleidung Wien 1878) viel
geistreicher und individueller gezeigt (bes. Kap. VI Gliederung
und Aufbau und Kap. XIII Symbolik der Kleidung). Der
eigentliche Bahnbrecher dieser Deutungsweise war aber kein
Oeringerer als Gottfried Semper (Über die formelle Gesetz-
mässigkeit des Schmucks und dessen Bedeutung als Kunst-
symbol Zürich 1856; wieder abgedruckt in seinen Kleinen
Schriften S. 304 f.). Doch diese Kleid- und Schmucksprache
bleibt wiederum ein Einzelfall der menschlichen Signal- und
Symbolsprache. Das Haus, in so vielen Dingen dem Kleid
parallel, dient ebenfalls als Zeichen: das Wirtshaus lädt ein, die
Mauer mit spanischen Reitern droht und schreckt ab, der Saal
fordert zum Tanz auf wie die Kirche zum Gebet. Die Ausstat-
tung erzählt von Aimut und Reichtum, Alter des Geschlechts,
Beruf. Bei streng geordneten Sitten wie im Mittelalter oder
heut noch in China entwickelt sich diese '"Haussprache" auch
wieder zu einem ganzen Zeichensystem.
Aus der einfachen Signalsprache entwickelt sich eine
feinere, die der "lautsymbolischen" Umgestaltung natürlicher
Rede entsprechend direkte Gebärden in symbolische umformt.
Ihr bester Typus ist die Blumensprache (vgl. z. B. das mit
fielen Beispielen ausgestattete Buch ""Sesam, oder die Sprache
314
R. M, Me:
der Blumen"', Berlin bei Chi'istiatii, d. J. Blnmensprache bei
NatTirvölkeni : Schürt/. Urgesch. der Kultur S. 487. Eine
mittelalterliebe Blumensprache bat Roethe in der Güttinger
Festschrift zur Begrüssung der Hansischen Gesehichtsvereine
S. 16.'} f. herausgegeben; eine moderne tindet man angewandt
bei Nansen Juliens Tagetmch S. 1.^5 f.). Ähnlich haben
anaere Kinder sogar eine Briefmarkensprache, wo Farbe
nnd Stellung der Freimarke symbolische Siguale vorstellen und
gleichsam eiue Antlitz^p räche des Briefumschlags geben.
6) Ein Niederechlag des Signalsystems iat die Schrift.
Über ihre engen Be/.iebuiigen zur Sprache hatten auch mr
vom Standpunkte unseres Spczialproblems oft genug zu han-
deln. Ihre Entwickelung läuft der der Sprache parallel: im
Anfang genauer Anschluss des Ansdrucksmittels an den Aus-
drucksinhalt iu den Symbolen der ideographischen Schrift,
allmählich eine immer weiter gehende Emanzipation des Zei-
chens von seinem Ursprung nnd gleichzeitig einer immer weiter-
gehende gegenseitige Beeinfltissung des ganzen Zeichenvorratfi.
Auch hier erleben wir die gleichen Phänomene wie in
der künstlichen Sprache. Die Ideogramme leben in der Blu-
mensprache, die ja auch Goethe zum Westflstlichen Divaa
behandelt hat, wieder auf: wenn die Primel, die erste Botin
des Lenzes, als Zeichen der Hoffnung gesandt wird (Sesam
S. 336), so ist das eine BUckkehr zu Jener ursprünglichsten
Art der "Schrift", die in der Übersendung symbolischer Gegen-
stände zwischen wilden Völkern gewechselt wird. Und wenn
eine künstlich ausgetiftelte "Briefmarkensprache" <len an eich
gleichgiltigen "ostenaibeln" Brief heimlich zum VerkUnder einer
versteckten Nachriebt macht, so erinnert dies seltsame Zeichen-
system an die Art, wie ßegleiteraebeimmgen der Sprache,
Gesten u. dgl. zu Trägem eines selbständigen Verständignngs-
mittels gemacht wurden.
Die kUnstlicbe Schrift ist uns wiederhidt neben der kcinst-
lichen Sprache begegnet; vor allem bei den Erüuderu philo-
sophischer Sprachen. Die höchste Stufe kilnstlieher Schrift
ist aber wieder nicht aus der Abstraktion, sondeiii aus dem
Gebrauch hervorgewachsen: es ist das wissenscbaftücbe
Zeichensystem der Mathematiker und der Chemiker.
Es ist abhängig von der Sprache; zunächst in der Wahl der
Cbiffern, wenn etwa die Chemie die Anfangsbuchstaben der
Künstliche Sprachen. 315
Elemente zu deren Bezeichnung wählt — wofür aber heut, nach
dem Mendelej ewschen Oesetz, Zahlen der Skala eintreten
könnten, so dass eine rein künstliche Terminologie an Stelle der
künstlichen Abkürzung einer natürlichen Terminologie träte.
Abhängig von der Sprache des täglichen Lebens ist die mathe-
matische und chemische Schrift aber auch in der Anordnung.
Schrieben die Inder wie die Hebräer von rechts nach links,
so würde '"ISOO" bei uns heut vermutlich ''neuntausend neun-
hundert und einundachtzig" bedeuten. Weil die Indogermanen
die Hauptsache voranstellen — erst die Wurzel, dann die En-
dung — , darum schrieben die luder die Hauptzahl zuerst;
und weil sie von links nach rechts schrieben, kam sie also
am weitesten links zu stehn.
Eine von solchen Abhängigkeiten völlig befreite Begriffs-
schrift wäre vielleicht denkbar. Sie müsste rein symbolisch
sein. Eine chemische Zusammensetzung würde z. B. abge-
bildet nicht durch ein paar sich nach den Regeln der gewöhn-
lichen Schrift in Einer Reihe folgende Buchstaben und Zahlen,
sondern durch eine Zeichnung, in der die Lagerung der Atome
im Molekül dargestellt wäre. Ein Vorteil wäre das aber keines-
wegs. Vielmehr müsste dann, wie bei Wilkins, jeder Fort-
schritt der Forschung zu einer Änderung oder aber zu ]\Iis-
verständnissen im Zeichensystem führen, während gerade die
Beibehaltung einigermassen willkürlicher Siglen deren fort-
dauernden Gebrauch gestattet.
7) Ganz vollkommen, in Bezug auf die Übereinstimmung
von Objekt und Zeichen ganz tadellos, wäre die Realien-
sprache, die der Verspotter Lulls und der Lullianer (Swift
a. a. 0. 2, 69) vorschlägt. "Da Worte allein in Zeichen der
Dinge bestehen, sei es passender, wenn alle Menschen solche
Auskunftsmittel bei sich herumtrügen, welche ein besonderes
Geschäft bezeichneten, worüber sie sich unterhalten wollten. . . .
Die Klügsten und Weisesten (in Laputa) befolgen die neue
Methode, sich durch Dinge auszudrücken; die einzige Unbe-
quemlichkeit, die sich daraus ergibt, besteht nur darin, dass
ein Mann, dessen Geschäft sehr gross und von verschiedener
Art ist, ein Bündel auf seinem Rücken mit sich herumtragen
muss, wenn er nicht im Stande ist, sich einen oder zwei starke
Bedienten als Begleiter zu halten. Zwei dieser Weisen habe
ich oft unter ihren Bündeln beinahe zusammensinken sehen,
316 R. M. Meyer,
wie dies bei Hausiereni io England wohl der Fall ist. Wenn
sie sich in den Strassen begegneten, legten sie ihre Last nie-
der, öffneten ihre Säcke, und hielten ein stnndeulanges Ge-
spräch; alsdann füllten sie ihren Behälter aufs neue, balteu
sich einander, wenn sie die Last wieder auf den Rücken
nahmen, und enipfaliien sich. Ffir ein kurzes Gespräch mag
Jeder seinen bedarf in der Tasche oder unter dem Arme
tragen, «eil ihm weniger genügt. Zu Hause aber kann Nie-
mand iu Verlegenheit kommen. Deshalb ist ein Zimmer, wn
eine in dieser Kunst gewandte Gesellschaft zusammenkommt,
mit allen Dingen angefüllt, welche Stoff itn diesem künstlichen
Gespräch darbieten. — Ein anderer Vorteil, welcher sich aus
dieser Erfindung ergeben muss, besteht darin, dass eine all-
gemeine Sprache erfunden würde, die man bei allen zivili-
sierten Nationen verstände, bei denen Güter und Gerät sieb
gleichen. . . ."
Ich Labe die Stelle ganz hierher gesetzt, weil sie de»
treffendsten Spott auf alle die enthält, die die Sprache wegen
ihrer "Dngenauigkeit" schelten. Sehen wir von den praktischen
ünmtiglichkeileu der "Sachsprache" ganz ab, so wäre sie doch
tlieorclisdi nicht durehzuführen. Auch hier müsste man bald
zu Symbolen seine Zuüucbt nehmen. Man spricht vom "Meer";
man kann es doch nicht im Sack haben wie einen Löffel!
Es ist also eine symbolische Probe nötig; aber die kann auch
"Wasser" bedeuten. Man braucht also ein differenzierendes
Kennzeichen — und ist bei der Not der Sprachen, willkürlich
ausgcwäldlc Zeichen zu gebrauchen, angelangt! Denn dem
erscheint für das Meer dies, dem jenes bezeichnend — und
die "innere Form" bringt individuell differenzierte "Sprachen"
hervor.
Die Realiensprachc würde zugleich die "iiatflrliehste" sein
— weil sie sich ja unmittelbar an die Objekte selimt hält —
und die "künstlichste" — weil sie allein Gegenstand und Be-
nennung zu voller Deckung brächte. Schade nur, dass sie
nicht niüglich ist!
S(» sehen wir hier znni letzten Mal und endgiltig, wie
uucntbehrlicli der Sprache all das ist, was die küustlicheo
Sprachen beseitigen wollen: eine gewisse Entfernung zwischen
Ding und Namen. Wir sehen nochmals und cutscheidend, wie
ohnmächtig die O^cic, die veruunftgemässc Einsetzung, gegen
Künstliche Sprachen. 317
die "Willkür" und — gegen die latente Vernunft der cpucic,
der natürlichen Entwickelung, ist.
Nicht nur Monboddo nannte die Kultursprachen ''arti-
ficial languages" — künstliehe Sprachen im höchsten Sinn muss
man selbst die niedrigste Sprache eines kulturlosen Volkes
nennen. Eingehend hat G. Gerber (1871) über ''die Sprache
als Kunst" gehandelt und P. Schwartzkopff hat (1875) den
Ursprung der Sprache aus dem poetischen Triebe behauptet,
allerdings in ziemlich abstrus deduzierender Weise; thatsäch-
lieh geht aber die Poesie überall auf den bereits von der
Sprache ihr vorgezeichneten Pfaden einher (vgl. meine
Altgerm. Poesie S. 486 f.). Eben dies künstliche, dies künst-
lerische und poetische Moment unterscheidet die menschliche
Sprache von der Tiersprache.
Die Tiersprache ist im Sinne der Theoretiker vollkom-
mener als die der Menschen; denn sie drückt immer genau
das aus, was sie ausdrücken will. Die Möwensprache, die
Wilbrandt C'Die Osterinsel" S. 106) so hübsch beschreibt,
wird von jeglicher Möwe jederzeit nur richtig aufgefasst wer-
den können. Dagegen ist nicht bloss jede Einzelsprache nur
für die Eingeweihten verständlich — weil sich eben die deut-
schen Worte mit den von dem Franzosen oder Russen wahr-
genommenen Objekten in keiner Weise decken — , sondern
selbst die auf Gemeinverständlichkeit angelegten symbolischen
Sprachen der Menschen scheitern. Hübsch drückt das jene
alte Anekdote von der missverstandeuen Disputation in Finger-
sprache (Pfeiffer Germania 4, 482 f., Hildebrand a. a. 0.
S. 141) aus, die vor allem durch Rabelais (Gargantua Buch II
Kap. 18 — 19) weltbekannt geworden ist und die in Immer-
manns Münchhausen, im Dialog zwischen Karl Buttervogel
und Emmerentia, einen lustigen Nachklang gefunden hat.
Für diesen Grunduntei-schied ist das Verhalten der "spre-
chenden Tiere" beim Erlernen menschlicher Sprache (vgl. o.
UI, 2 f.) sehr lehrreich. Zwar steht es nicht fest, wie weit
selbst die intelligentesten unter ihnen, die Papageien, eine Art
von Begriflf mit den eingelernten Worten und Sätzen verknüpfen
(K. Russ Sprechende Vögel I S. 8; 25 f.). Doch steht nach dem
Urteil eines Sachkenners wie K. Russ wenigstens das fest, dass
man die Sprachabrichtung so einrichten muss, dass der Vogel
Bich der Begriffe von Zeit, Raum und andern Verhältnissen und
318 R. M. Meyer, Künstliche Sprachen.
Dingen bewusst werde. Man sagt ihm früh "'guten Morgen", spät
''guten Abend" oder "gute Nacht" vor . . . ; man klopft an und
ruft '^herein"; man zählt ihm Leckerbissen zu: eins, zwei,
drei . . ." (a. a. 0. S. 354). Das heisst also : damit das Tier
sprechen lerne, muss in ihm die Vorstellung der festen Ver-
bindung bestimmter Ausdrücke mit bestimmten Gelegenheiten
erweckt werden. Es soll das TJerein" so mit dem Anklopfen
an die Thür assoziieren, wie ein angeborenes Zeichen der Wut
mit dem Anblick der Katze. Das Sprechen gerade dieser Laute
soll für den Papagei den Charakter der Notwendigkeit erhalten.
Gerade also dass unsere Sprachen nicht ''philosophisch",
nicht ''universal", nicht rein künstlich und nicht ganz von
Notwendigkeit beherrscht sind — gerade das macht sie
zu dem wundervollen Besitz und dem unvergleichlichen
Werkzeug, das sie trotz Mauthners scharfsinniger und ein-
dringender ''Beiträge zu einer Kritik der Sprache" (Stuttgart
I 1901) denn doch sind. Tee hm er hat an das Ende seiner
Übersicht der sprachwissenschaftlichen Tendenzen die Worte
gesetzt "Streben des Individuums zum Ganzen (Genus). Sprache
und Menschheit. Ideen einer Univcrsalsprache und — Schrift"
(Internat. Zs. f. Sprach wiss. I S. XV). Aber er hat das selbst
später im Sinn eines grossen Kreislaufs der menschlichen Ent-
Wickelung (ebd. II 141 f., IV 139) erklärt. Mit R^cht. Je
"natürlicher" die Sprache ist, desto "künstlicher" ist sie, je
höher sie ihren Standpunkt nehmen will, desto tiefer sinkt sie.
Gerade in der Vieldeutigkeit des si)rachlichen Ausdrucks, ge-
rade im "Nebensinn" und "Gefühlswert" der Worte weist K. 0.
Erdmanns hübsches Buch über "Die Bedeutung des Wortes"
(S. 1900) die Vorzüge der wirklichen Sprache nach; ja selbst
der "gedankenlose Wortgebrauch" hat seinen Nutzen (ebd,
S. 191 f.). "Auch die Sprache ist ein Produkt des organischen
Bildungstriebes", sagt Novalis. Sie ist es mit solcher Kraft
und Notwendigkeit, dass sie alle mechanisierenden Bestrebungen
herunterdrückt, dass das naive Beden der Unmündigen der
gelehrten Uberhebung seinen Stempel aufprägt; sie ist es mit
solcher Macht und Folgerichtigkeit, dass gerade auch die Ge-
schichte der künstlichen Sprachen ein beredtes Zeugnis wird
für jenen organischen Bildungstrieb, den die Griechen die
qpucic, wir die Natur einer Sache nennen.
Berlin. Richard M. Meyer.
HaDS Meltzer, Vermeintliche Perfektiviemng usw. 319*
Termeintliche Perfektiviernng dnrch präpositionale
ZusammensetzuiiK im Griechischen.
E. Purdie hat IF. 9 (1898), 61—163 eine Arbeit ver-
öffentlicht unter dem Titel "The Perfektive 'Aktionsart* iD
Polybius", deren Ergebnisse nicht bloss von Giles-Hertel VgL
Gramm, d. griech. und lat. Spr. Leipzig 1896, S. 366 z. T. vor-
weggenommen, sondern auch von Brugmann Gr. Gr. * 1900,
482 — 484 im wesentlichen anerkannt worden sind.
Den Kernpunkt von Purdies Aufstellungen finden wir in
dem Satze, dass sich in der Spanne zwischen Homer und Poly-
bius eine erhebliche Änderung in der Bedeutung des griech.
Aoristes vollzogen habe: während er dort tiberwiegend per-
fektiv gewesen sei, habe er hier immer mehr "konstativen"^
Sinn erhalten, dagegen habe man zum Ausdruck der perfek-
tiven bezw. ingressiven Färbung immer mehr zum Ersätze
durch Komposita bes. mit bid, cuv und Kaxd gegriffen, wobei diese
Präfixe ihre sinnliche Grundbedeutung ("the material meaning")
hätten aufgeben müssen.
Zur Nachprüfung ist es unbedingt notwendig, dass man
sich über die allen neueren Darstellungen zu Grunde gelegten
Kunstwörter verständige. Wir beginnen mit dem Worte "dura-
tiv" als Mittel zur Kennzeichnung der Aktion des Präsens-
stammes. Purdie hat wie die meisten anderen (z. B. Gerth
in seiner verdienstvollen Neubearbeitung von Kühners Ausf.
Gramm, d. gr. Spr. 2 (1898), 130 ff.) zu wenig das Urteil von
C. W. E. Miller beachtet, das dieser in einer ausführlichen
Kritik von Hultschs bekannten Untersuchungen über den Tempus-
gebranch bei Polybius Amer. Jour. of Philol. 16 (1895), 143 so for-
muliert: "The term 'dauerndes utterly inadaequate to ex-
press the various uses of the imperfect." Letzteres ist bekannt-
lich auch incohativ, inceptiv usw. und bezeichnet als solche»
das Anheben der Handlung. Damit schlägt es eine JQlrücke
zum aoristus ingressivus, nur dass es doch stets innerhalb der
actio infecta verbleibt, während dieser der perfectiva angehört
(vgl. Herbig IF. 6 (1895), 239). Es liegt auf der Hand, wie
320 Hans Meltzer,
irreführend eine Begriffsbestimmung sein muss, die so eng ist,
•dass sie gerade der im Idg. und Griechischen (s. E. Koch
Or. Schulgr. 13. Aufl. Vorrede und N. J. f. Phil. u. Päd. Bd.
146) überwiegenden Bedeutungsmasse nicht gerecht zu werden
vermag.
Was dagegen die Bezeichnung "perfektiv" anbelangt,
fio stehen wir hier insofern auf Seiten Purdies (S. 64 ff.), als
wir uns mit ihr (und W. Streitberg IF. Anz. 11 (1900), 57)
nicht entschliessen können, sie nach dem Vorgange Delbrücks
(V. S. 2, 146 f.) und Brugmanns (a. a. 0. 472, 6) auf den Fall
einzuschränken, dass ein Simplex durch Präfigierung einer
geeigneten Präposition (angeblich) perfektiv wird. Vielmehr
gebrauchen wir ihn auch von reinen Simplicibus, wie in der
flla vischen Grammatik, (s. Herbig IF. 6, 202); denn er ist hand-
lich und es steht für das, was die beiden Gelehrten im Auge
haben, das Wort "perfektivierend" zu Gebot. Wie man in der
Lautlehre mit völliger Sicherheit die Termini Aspirata, Affri-
kata und Spirans unterscheidet, so kann man in der Bedeu-
tungslehre doch auch die Ausdrücke "perfektiv" (ftlr den Ao-
rist), "perfektisch" (für das Perfektum) und "perfektivierend"
(für die Komposita) ziemlich leicht auseinander halten.
Entscheidend ist die Anwendung, die wir dem Begriffe
"perfektiv" verleihen und die Abgrenzung, die wir zwischen
ihm und dem verwandten Begriff "terminativ" treffen. Was
zunächst den letzteren angeht, so schliessen wir uns ohne Vor-
behalt an Delbrücks Bestimmung V. S. 2, 15 an: "terminativ
ist eine Aktion, wenn ausgesagt wird, dass eine Handlung
vor sich geht, doch so, dass ein Terminus ins Auge gefasst
wird, sei dieser nun der Ausgangs- oder der Endpunkt". So
auch Brugmann Gr. Gr. ^ S. 473, während dessen Ausdruck
S. 472, 3, dass ein Ausgangs- oder Endpunkt hervorgehoben
werde, weniger glücklich zu sein scheint, weil er, wie wir
sehen werden, in das Gebiet des Perfektiven übergreift; unserer-
seits schlagen wir vor, für die erstere Unterart der termina-
tiven Gattung den Namen "initiv", für die letztere aber "fini-
tiv" aufzunehmen. Versinnlichen wir das Vorsichgehen der
Handlung durch eine gestreckte Linie (TrapaiaTiKÖc) ,
den Anfangs- oder Endpunkt durch •, die Beziehung beider
durch einen Richtungspfeil, endlich den Umstand, dass der
Punkt nicht als erreicht, sondern nur als ins Auge gefasst
Vermeintliche Perfektivierung usw. 321
erscheinen soll, durch seine Einklamm er ung^ so erhalten wir
für die initive Unterart das Bild (•) ^ z. ß. "holen",
för die finitive dagegen p> (•), z. B. "bringen". Man
sieht: wie oben die incohative Unterart eine Vermittelung
bildet zwischen Imperfekt und aoristus ingressivus, so gewährt
die finitive eine Überleitung zwischen Imperfekt und aoristus
perfectivus.
Hiermit sind wir schliesslich bei der Aufgabe angelangt^
uns tlber das Wesen der perfektiven Aktionsart genaue Rechen-
schaft abzulegen.
Um ihre richtige Erfassung hat sich grosse Verdienste erwor-
ben vor allem W. Streitberg u. a. dadurch, dass er von neuem im
idg. und griechischen Aorist mit zwingender Bündigkeit das ur-
sprüngliche Mittel für den Ausdruck der Perfektivität
nachgewiesen hat. Andrerseits aber scheint es, dass eine ge-
wisse Weite der von ihm gegebenen Begriffsbestimmungen ein-
deutiger Schärfe der Erfassung hinderlich geworden ist. Er
äussert sich in der grundlegenden Abhandlung in Pauls und
Braunes Beitr. 15 (1891), S. 71: "Die perfektive Aktionsart
bezeichnet die Handlung des Verbums nicht schlechthin in
ihrem Fortgang, ihrer Continuität, sondern stets im Hinblick auf
den Moment der Vollendung, der Erzielung des Eesultats." Eben-
so IF. Anz. 5, 1895, 79: "ßaXeiv besagt eigentlich nichts anderes
als die Handlung des Werfens im Hinblick auf ihre Vollendung",
IF. 103 von got. hriggan: "es setzt die Handlung tragen in Be-
ziehung zu ihrem Ziel, enthält den Hinweis auf den Moment
des Abschlusses". Übereinstimmend damit IF. Anz. 11 (1901),
58: "Gerade der Hinweis auf den Moment der Vollendung
ist das, was wir perfektiv nennen". Weiter PBrB. 15, 71:
Die perfektive Aktion "fügt dem Bedeutungsinhalt, der dem
Verbum innewohnt, noch den Nebenbegriff des Vollendet-
werdens hinzu (so auch und zwar besonders ausdrücklich
Delbrück V. S. 2, 147 flf. und ferner Brugmann Gr. Gr.M72,
482). Femer S. 72: "auch die durativ perfektiven heben
den Moment der Vollendung hervor, setzen ihn aber in aus-
drücklichen Gegensatz zur voraufgehenden Dauer der
Bandlung". Endlich IF. Anz. 11, S. 57, A. 1: "Streng ge-
nommen lässt sich auch bei einem durch Komposition mit einer
'farblosen' Partikel entstandenen Perfektiv nicht vom 'Hinzu-
treten' eines Nebenbegriffes reden, denn die Sache liegt doch
:322 Hans Meltzer,
nicht SO; dass zu der im Simplex ausgedrückten durativen
Handlung der Nebenbegriff der Vollendung 'hinzugefügt* wird,
dass sich also die Bedeutung des Perfektivs in zwei verschie-
dene Elemente zerlegen Hesse, sondern es entsteht durch
•die Zusammensetzung ein ganz neuer, in sich voll-
kommen einheitlicher Aktionsbegriff. Um ein Bild zn
gebrauchen: das Produkt der Komposition ist eine chemische
Verbindung, kein Gemenge."
Überblicken wir diese verschiedenen Äusserungen, so
gewinnen wir den Eindruck, dass sie nicht sämtlich auf Einer
Ebene liegen, sondern dass sich ihnen eine, wenn auch nicht
«treng zeitliche, so doch inhaltliche Abstufung wiederspiegelt,
4ie wir durch die Anordnung der ausgehobenen Belegstellen
zu unmittelbarer Anschauung zu bringen vereucht haben. In
den vier erstaufgeftihrten ist nur die Rede von einem ''Hin-
weis" auf den Moment der Vollendung Die fünfte besagt
schon, dass dieser "hinzugefügt" wird, aber noch als "Neben-
begriff". Die sechste belehrt uns, er werde hervorge-
hoben und zwar näher im ausdrücklichen Gegensatz zu der
vorangehenden Dauer der Handlung. Die siebente zum Be-
schluss stellt die9 dahin richtig, dass vielmehr die Einheit-
lichkeit der Gesamtanschauung zu verfechten sei.
Hierzu stellen wir uns so: wir finden nirgends, dass ein
Oegensatz zwischen Endpunkt und Dauer nachweisbar wäre.
Ebenso halten wir für vollkommen sicher, dass es sich hier
nicht um Hinzufügung eines Nebenbegriffes handelt. Vor allem
aber bestreiten wir die Annahme, die perfektive Aktion ent-
halte nur einen "Hinweis" auf den Abschluss. Denn damit
würden wir die Möglichkeit aufgeben sie von der terminativ-
finitiven zu scheiden, m. a. W., wir würden darauf verzichten
perfektive und imperfektive Aktionsart sicher auseinanderzu-
halten. Der Gefahr einer Vennengung beider scheint u. a.
auch Delbrück V. S. 2, 152 nicht ganz entgangen zu sein,
wenn er schreibt: "Die erstere Gattung möchte ich linear-per-
fektiv nennen, ihr würden im Gebiete der einfachen Verba
•die terminativen entsprechen". Wir machen dagegen geltend,
dass wir oben für die erstere das Zeichenbild •, für
die letztere aber ^ (•) erhielten.
Auch gegen Streitberg ist m. E. etwas geltend zu machen.
IF. 5, 81 erklärt dieser Forscher von den 3 Sätzen 1) der
Vermeintliche Perfektivierung usw. 323
Tischler bohrt durch das Brett; 2) der Tischler bohrt das
das Brett durch; 3) der Soldat durchbohrt den Feind sei 1)
imperfektiv; 2) linear-perfektiv; 3) punktuell-perfektiv. Allein
dieses Urteil würde er wohl nur dann aufrecht erhalten kön-
nen, wenn er in 3) anstatt des Präsens ''bohrt" das Präteri-
tum "bohrte" gesetzt hätte. Denn er bekennt sich IF. Anz,
11, 59 zu der auch von Herbig IF. 6, 201, 203, 219, 224 A 1,
femer Delbrück V. S. 2, 120, endlich Brugmann Gr. Gr.», 474 f.
vertretenen, auf ihre unbedingte Geltung hier von uns nicht
nachzuprüfenden Annahme, dass der Indikativ eines wirklichen
gewöhnlichen Präsens und die punktuelle Aktion sich gegen-
seitig ausschliessen. Damit büsst, soviel ich sehe, sein 3ter
Satz in der von ihm gewählten Zeitform seine Venvendbarkeit
ein. Den 2ten aber wird man, so wie er dasteht (ähnlich
wie Herbig IF. 6, 194) vielmehr als terminativ-finitiv, also im-
perfektiv fassen müssen. Ja, wie mir scheint, thut dies Streit-
berg an anderer Stelle (IF. Anz. 11, 60) selbst mit den Worten:
"Wenn ich sage, der Tischler bohrt das Brett durch, so ....
fällt allerdings die Handlung des Bohrens in die Gegenwart,
der Augenblick des Abschlusses, der Moment, wo der Bohrer
durchdringt, wird aber erst erfolgen, er schwebt dem Bohren-
den nur als Ziel vor Augen, er ist noch nicht erreicht,
wenn der Sprechende seine Äusserung thut!" Auch die von
Streitberg IF. Anz. 5, 97 mitgeteilten Beispiele scheinen uns
das Gegenteil seiner Annahme zu erweisen, dass die Präfigie-
rung perfektiviere : in Schillers bekannter Strophe "Mit Göt-
tern erfüllt sich die irdische Halle" ergibt die Entsprechung
mit den ganz hervorragend schildernden, verweilenden, den
Vorgang in seinem Verlaufe vor unseren Augen entwickelnden
und in farbenvoller Kleiumalerei auseinanderlegenden sonstigen
Präsentien unseres Erachtens mit unbezweifelbarer Gewissheit,
dass auch das "erfüllt sich" kursiv-imperfektiv genommen wer-
den muss. Meinem Gefühle nach kann man hier nicht nur
nicht von einem linear-perfektiven, sondern kaum noch von
einer finitiven Aktion sprechen : der Abschluss tritt nicht auch
nur in die äusserste Peripherie des Blickfeldes, geschweige
^enn in den Blickpunkt selbst. Vielmehr schwelgt der Dichter
förmlich in dem Vorsichgehenlassen der Handlung, die nicht
^u)ristisch aufleuchtet, sondern in zeitlich unbegrenztem Durch-
einanderströmen ein buntwogendes Spiel der Szenen entwickelt.
324 Hans Melt/.er,
Nlk'hfern tlargeatellt siebt Jas so ans Atich ver-
fanfrt hier nicht etwa die Aiiefluclit, wir hätten es mit Ite-
ration zu tliun. Denn die Halle fllUt sieh nicht »vicdcrholt,
sondern einmal, aber allmählich. Wenn Htreittierg: sodaun
IF. Anz. 5, 103 ff. u.a. got. hrigyan, finpan, giban n. a. als
perfektiv in Ansprncb nimmt, so vermag er uns aucb damit
nicht KU ilbeiv.engen, denn briggan ist nicht = ^veTwIv oder
öfaTeiv, eondeni = Kpoctpepeiv oder, wie er selbst dnrchau»
richtig bemerkt, K0Mi2!(iv; finpan nicht notwendig = YvtJJvai,
sondern auch tiTVi|ic«iv. Wenn giban dem "perfektiTen"
hinreichen entsprechen soll, so scheint mir letzteres wie 6pE-
T€iv und porrigere imperfektiv zu sein. Für got. quam nnd
gab räumt Streitberg PBrB. 15, 171 selbst ein, dasB sie griech-
i^PXÖMIv und döibouv ebenso wiedergeben wie tiWov und fbiuKa
und auch die IF. Anz. 11, 61 angettlhrten nhA. geben, nehmen,
sagen dürften nicht völlig zutreffen, z. B. in ciuem Satze wie
"während er mir die Meinung gehürig sagte, schwieg ich ganz
still". Alles in allem habe ich doch den F^indruck, dass Streit-
bergs vorzügliche Arbeit durch die nicht genügend scharfe
Bestimmung des Begriffes perfektiv und dessen zn weitgehende
Annäherung an den Begriff finitiv in der Sicherheit der Er-
gebnisse fllhlbar beeinträchtigt wird und dass auch im Ger-
manischen die Präligicrnng eine eindeutig ausgeprägte Kate-
gorie des perfektiviercnden Ausdruckes von der Schärfe wie
sie der griechische Aorist zweifellos darstellt, nicht 7.u Bchaffen
imstande gewesen ist. (S. a. Herbig IF. 6, 225. Delbrück V.S.
2, 160 f.).
Schliesslich können wir uns in der Fassung des Worte»
"perfektiv" nur auf den Standpunkt stellen, auf den sich Streit-
berg seibat stellt PBrB. 15, 72; "auch die durativ-perfektiven
beben den iMoment der Vollendnug hervor" (ein Salz, der
Qbrigens eine willkommene Bestätigung erhält durch die Aus-
führungen von BlasH im Rh. Mus. 44 (1889), 424 f. über Aoriste
wie biaTpii);ai = "bis ans Ende verweilen " gegen Riemann in
den Melanges Granx Par. 1884 S. 585 ff.). Die Nachteile einer
laxeren Anwendung, wie »ic bei Purdie trotz ihrer Erklärung
(IF. 9, 64 unten) nur zu ot^ heraustritt, hatte Herbig bereits
IF. fi, 202 — 206 im ganzen treffend geschildert. Selbst wenn
er abweichend von Delbrück V, S. 2, 146 den Begriff zu stark
gepresst haben sollte, so wird doch soviel übrig bleiben, das»
Vermeintliche Perfektiviening usw. 325
perfektive Aktion nicht schon dann vorliegt, wenn der End-
punkt nur ins Auge gefasst wird oder seine Erreichung aus
dem Zusammenhang erhellt, sondern erst dann, wenn sie vom
Sedenden bezeichnet und ausgedrückt ist: dabei halte ich
es für untergeordnet, ob man, wie Leskien für das Slavische
thut, die Perfektivität für ein Nebenmomeht erklärt, oder ob
man sie, was m. E. für den idg. und griech. Aorist zutrifft,
als Vollmoment betrachtet. Vorgreifend möchte ich bemerken,
dass die vorliegende Untersuchung von dieser Verschiedenheit
der Auffassung nicht berührt wird, weil, wie sie zeigt, im
Griechischen die Präfigierung weder in dem einen noch in
dem anderen Sinne die Kraft wirklich zu perfekti vieren be-
sitzt. Zu Holger Pedersens "Vorschlag" (IF. Anz. 12, 152)
kann ich noch keine Stellung nehmen, weise aber darauf hin,
dass die Ausdrücke "perfektiv" und "imperfektiv" nicht erst
der slavischen Grammatik entstammen, sondern bis in die alt-
griechische zurückreichen (cuvtcXiköc, dxeXric u. ä., s. Hultsch
Abb. d. k. s. G. d. Wiss. 13, 203).
Bier scheint es am Platze mit zwei Worten Stellung zu
nehmen zu dem Begriffe des punktualisierenden Aorists,
den Delbrück in gedankenreicher Darlegung V. S. 2, 234 einge-
filhrt hat, und zu seinem Verhältnis gegenüber den Ausdrücken
konstatierender, komplexiver Aorist und ähnl. In Delbrücks und
Brugmanns (Gr. Gr.*, 476 ff.) Sinn bedeuten sie offenbar alle
dasselbe und sind beschränkt auf nicht-punktuelle Stämme: bei-
läufig sei hier angefügt, dass es mir dabei als eine leichte ün-
folgerichtigkeit vorkommt, wenn Delbrück V. S. 2, 237 TroXXd
Totp ItXtiv hierherzieht und ebenso ihm folgend Brugraann Gr.
6r. ^ 476, der S. 482 unten u. a. noch elbov hinzufügt. Die
Frage wird uns im einzelnen später noch beschäftigen. Ferner
ist mir zweifelhaft, ob die Einengung des Wortes "konstatie-
rend" in der angegebenen Weise berechtigt ist. Täusche ich
mich nicht, so gehört es zum Grundwesen des Indikativus
Aoristi zu konstatieren, d. h. festzustellen, im Unterschied vom
Imperfekt, das schildert und darstellt; in diesem Sinne wäre
auch der punktuelle Aorist, sei er nun ingressiv oder effektiv,
stets konstatierend, und man thäte vielleicht besser, auf den
Ausdruck als Bezeichnung einer Art zu verzichten, weil er
vielmehr eine Eigenschaft der Gattung angibt. So blieben
uns die Benennungen komplexiv und punktualisierend übrig;
Indojfcrmaniache Forschunfren XII 3 u. 4. 22
326
s Meltzi
ob sie wirklich so vollkomnien gleichwertig sind, wie sie offen-
bar biglan^ gehalten wurden, »chciiit mir niclit ganz aiisgc-
tiiacbt. Denn weuu man auch zugestehen wollte, dass ^ßaci-
Xeuccv 'ist KOnig gewesen' bIh punktnaüsierender Aorist inso-
fern noch gelten kUnne, ak die Linie beim Rückblick aue ge-
ntlgCDder Ferne am Ende vielleicht zum Pnnkte zusammen-
sclniimjtfen mag, BO wird mir dies bei einem £ßaci\£UCEv xpö-
vov iT\\ TioXXöv schon schwer und noch Bchwerer bei einem
^ßaciXEucEv ^ni TETrapÖKovra ^ti]. Immerhin dUrfte man hier
Docit die NachBtellnng des Ausdrucks der zeitlichen Eralreckang
rechtfertigend anfuhren und geltend machen, dass diese nur
eine Art Nachtrag sei ("er ist König gewesen — über 40
Jahre hin"). Allein es kommt aueh vor, dass sie vorangeht,
nnd falls man diesen Fall nicht als eine spätere Fortbildung
&ü» dem anderen heraus ansehen will, wird man kanm umhin
können, sieh C. W. E. Millers Worte a. a. 0. S. 145 aiinu-
etgncn: "W^lieve for cxample, Polybios says . . , lTr\ -nivit Kai
TpiÖKovra Tfiv iicuxiav fcxov . . ., it would seem prepostcrous.
iu view of the detinite expression of time, to say tliat he
conceived the action as having no duration''. FUr solche älelleu
wird ea sich empfehlen den alten Namen "komplesiver Ao-
rist" beizubehalteu. Die endgültige Bewährung des pmiktua-
lisierenden hängt m. E. u. a. auch ab von der Durchführbar-
keit der durch Delbrück V. S. 2, 238 und Ilrugmann Gr. Gr.»,
471) befürworteten Herleitung desselben aus dem punktuellen.
Auch mochte man gcnie wissen, wie sich die genannten Ge-
lehrten zur Einordnung des lineariierfektiven Aorists (biaipi-
ii;ai) in ihr System verhalten; ist er ursprünglich oder nichlV
Anhangsweise wollen wir nicht verfehlen hinzuweisen auf den
von den bisherigen Vorstellungskreisen weit abliegenden, aber
scharfsinnig erdachten und wohl durehgef'lihrten Vereucli eines
Mannes, der es nach unserem Dafürhalten verdient hätte mclir
Beachtung zu finden, als ihm thatsäcblieh zu teil geworden
ist, des über einer breit angelegten und auf ein umfängliches
und selbständig eraibeitetes Stelleumaterial gestützten Arbeit
Über den griechischen Aorist hinweggcstorbcnen Kobu in Clm.
Ein erster, grundlegender Teil ist noch zum Abdruck gelnugt
(in dem Korresp.-Bl. f. d. Gel. u. Realsch. Württemb. l(*8t*,
Heft 1 und 2). Der leitende Gedanke, an dessen Hand die
vielen Rätsel des "Proteus von Aorist" (Fr. Pfuhl Progr. des
Vermeintliche Perfektivierung usw. 327
Vitzthumschen Gymn. Dresden 1867, S. 9 unten) gelöst wer-
den sollen, ist der, dass dem Präseusstamm die Partialität
<eigentümlieb sei (wie ähnlich schon nach stoischer Lehre zu
lesen steht in Bekkers Anekd. 2, (1861), 891: 6 top \if{x)v
"dTTOlOUV", ÖTl TÖ TtX^OV ^TTOlTlCeV, d|Liq)aiV€l, OÖTTUJ hk. 7T€7TXr|-
pujK€v, angeführt bei Herbig IF. 6, 173), dagegen dem Ao-
rist nicht sowohl die Punktualität als yielmehr die Totalität
der Handlung. Etwas nicht weit hiervon Entferntes scheint
Purdie zu meinen, wenn sie S. 67 ihren "Constative" dahin
bestimmt, er gleiche "weder einer Linie noch einem Punkte,
sondern vielmehr dem Umfang einer Kreisfigur" und sei "zir-
kulär". Wenngleich wir diese Gedanken hier nicht weiter
verfolgen wollen, so müssen wir doch darauf hinweisen, dass
die Verfasserin dem "Constative" ein Gebiet zuweist, das
ein erheblich weiteres Gebiet umfasst als der "konstatierende"
Aorist im bisher üblichen Sprachgebrauch. Denn jener be-
greift augenscheinlich nicht nur, wie dieser den Indikativ
und seine Stellvertreter (partic, infin., opt. obliqn.) in sich
(beiläufig bemerkt, ein unverächtlicher Anhaltspunkt dafür,
dass die konstatierende Schattierung im engeren Sinn, die
den Modis an sich nicht innewohnt, unursprünglicher ist als
die perfektive), sondern erscheint bei ihr unzähligemal auch
im Imperativ, Konjunktiv, Optativ mit äv, beim nichthistorischen
Infinitiv und Partizip, kurzum fallt für sie mit dem zusammen,
was man sonst unter dem linear -perfektiven oder wohl auch
unter dem punktualisierenden Aorist unterbringt. Daraus scheint
uns aber zu folgen, dass auch die, welche Purdies Aufstellungen
über ihren "Constative" anerkennen, diese nicht ohne weiteres
auf den "konstatierenden" Aorist zu übertragen berechtigt sind,
weil sich beide Begriflfe eben nur für den Umfang des (nicht-
gnomischen) Indikativs und seiner Stellvertreter decken! Wenn
sie andrerseits hinsichtlich des perfektiven Aorists bemerkt:
"Der letztere betont Einen besonderen Punkt in einer Linie
von durativer Aktion", so fragen wir natürlich sofort welchen?,
und lassen nur den Endpunkt gelten, wissen auch mit der
"Linie von durativer Aktion" nichts anzufangen, machen viel-
mehr auf Bildungen wie elbov, fßriv von punktueller Wurzel
aufmerksam. Bei so verschiedenen Voraussetzungen können
wir der Verfasserin nicht soweit entgegenkommen wie Brug-
mann.
Haüh Meltzer,
II.
OffeDbar faabeu wir hei nuserer ünterencbung eines der
Gebiete Tor nns, auf denen eieb die von Brogwanii Gr. Gr.'
(l%90i, S. 3/4 6o angelegeDtlicIi befürwortete VerschraelzBii^
der spracbwissenschafllichen nnd philologiseben Betracbtniig»-
weiKc gut ansfolireu lässt, ja durirhaus notwendig ist; jene
liefert uns die allgemeinen Ornndbegriffe, diese wendet sie aof
den einzelnen Stoff an. Dabei haben wir nus folgende Leil-
Sätze gegenwärtig zn halten, die von Purdie nicbt streng ge-
mig bfifolgt wordeu sind: erstens, zu Grunde zu legen sind
die textkritisch gereioigten Ausgaben unserer Zeit, also die
von Ilultscb oder Btlttner-Wobst oder auch die von J. Beeker;
die Dindorfsehe bietet einen zu aebr nach holländischer Manier
gleicbniacheriecb zngestntzten Test, nnd .Schweigbänser ist
natürlich, so verdienstvoll er 8. Z. war, jetzt veraltet. ZweiteDs
(b. Streitberg PBrB. 15, 153); Wir haben ans-, nicht nnterzo-
legen, tn. a. W., wir mtlgsen geduldig nacbznfttblea snchen,
was der Schriftsteller hat ausdrücken wollen nud dtlrfen ihm
nicht die Meinung aufdrängen, die wir vielleicht erwarten oder
auch für notwendig halten; es klingt fast naiv, wenn n. a.
Pardie S. 115 sagt, dass der Schriftsteller irgendwo "praeli-
cally means". Vgl. auch Slreitberg PBrB. 15, 163. Dritten»
darf keine Form ohne weiteres aus ihrem Zusammenhang los-
gelöst fdr sich erklärt werden, da sehr bänüg nur dnrch die
Vergegenwärtigung der Situation die feinere Abtönung gefnn-
den werden kann, die eine Fügnng daraus erhält und die deren
.Sinn vielleicht merklieb becinflusst (s. u. a. Herbig IF. 6, 324:
Rodemeyer Praes. bist. Basel 1889, S. 7), Besonders wert-
volle Dienste leistet uns hier der von Purdie viel zu sotrr ver-
nachlässigte Paralleliemns der Satzglieder; wenn z. B. da» ipf.
eines Kompositums in völliger Entsprechung zum ipf. eine«
Simplex steht, so wird das erstere notwendig der actio infeeta
zuzurechnen sein, weil es das letztere ist. Dass. wie Ilultseb
a. a. 0. S. 17 und Delbrück Vgl. Synt. 2, 303 ausfdbreii. ein
jäher Wechsel zwischen aoristisclier und iraperfektischcr Zeil-
gflbung allerdings nichts seltenes ist, würde nur dann einge-
wendet werden künnen, wenn schon bewieseu wäre, was ja
eben erst zn beweisen ist, dass nämlich die Präfigierung per-
fektivierend wirke. Bei maneben Verben wie Xetuuj, (pcü-fui
Vermeintliche Perfektivierung usw. 329
n. ä., bei dcDcn, wie Blass im Eh. Mus. 44 (1889), 406 sehr
treffend bemerkt, das Vertrauen, rein auf Grund der Über-
lieferung ipf. und aor. sicher scheiden zu können, etwa soviel
Berechtigung hat als wenn man die Möglichkeiten an den
Knöpfen abzählen wollte, gibt uns jener Parallelismus über-
haupt oft das einzige Merkmal methodischer Entscheidung an
die Hand, während in anderen Fällen die Beobachtung des
Tempusgebrauches sinnverwandter Verben Hilfe bringt (Hultsch
a.a.O. S.157). Viertens ist nicht zu vergessen, dass eine Schluss-
folgerung auf eine Verschiedenheit nur dann bündig ist, wenn
die Voraussetzung des ceteris paribus zutrifft. Man kann auch
sagen, es gibt eine gewisse syntaktische Algebra, deren Sätze
man nicht, wie Purdie, ausser Acht lassen darf. Dies auf
unseren Fall angewandt, so kann man nur Verhältnisse her-
stellen einerseits zwischen Imperfekt (I) und Aorist (A) je des
Simplex (S) oder des Kompositums (K), andererseits zwischen
Imperfekt (I) und Imperfekt (I) bezw. zwischen Aorist (A) und
Aorist (A) von Simplex (S) und Kompositum (K), nicht jedoch
von Imperfekt (1) des Simplex (S) und Aorist (A) des Kom-
positums (K). Somit sind zulässig die Formeln IS : AS nebst
IK : AK; IS : IK nebst AS : AK, nicht aber IS : AK, also bei-
spielsweise : dXoYiCönTiv : ^XoTicd|UTiv; cuveXoTi2ö|üiriv : cuveXoTi-
cd|LiTiv und ^XoTi£ö|üiTiv : cuveXoTiW|Lir]v ; cuv€Xoti26|utiv : cuveXoTi-
cd|LiTiv, nicht aber (wie Purdie S. 112 bietet) dXoTi26|üiriv : cuve-
XoTicdjiTiv. Fünftens ist der stilistische Unterschied verschie-
dener Zeiten und Schriftsteller zu beachten, eine Wahrheit,
von der wir erst jüngst durch E. Nordens schönes Buch Die
antike Kunstprosa (Leipzig 1898) einen überraschend starken
Eindruck erhalten haben. So musste bei Homer der konsta-
tierende Aorist ganz von selbst zurücktreten, weil er als Epiker
das malende Imperfekt vorzieht, wo später prosaische Logik
den nüchternen Aorist bevorzugte (Stiebeling Beitr. z. Gebr. d.
Tempp. Praet. Siegen 1887, 21. Mutzbauer Grdl. 20). Ist dies
aber richtig, so haben wir nicht eine Änderung in der Be-
deutung beider Tempora anzunehmen, sondern in der von
einem Wechsel der ästhetischen Gefühlsrichtung beeiuflussten
Anwendung, was durchaus nicht dasselbe ist, wie Chr. Bar-
tholomae Das Altiran. Verbum (München 1878) S. 235 bemerkt.
Was ferner die hellenistische Zeit anbetrifft, so darf man nicht
vergessen, dass sie eine Epoche des sinkenden und verblassen-
330 H»i>s Meltzcr,
den Sprachgefühls ist. FQr diese gilt hinsichtlich anserer
Frage, was Ed. WiUfflin iii einem eheuso kui-zen, wie grund-
legenden Aufsatz über das Vulgärlatein iPhiloI. 34, (1876),
137—165) ausgeführt hat. Er sagt S. 15«, daes im Laufe der
Entwiekliing die Sprache immer abgeschliffener geworden sei
tind darnm zur Erzielung grösserer Fälle zur Zusammensetzung
gegriffen Labe. "Wo bei den Romanen die PrüpositioH zum
leeren, sinnlosen FflUstllck herabgesunken ist, da üETuet sich
die Wahrscheinlichkeit, das Kompositum werde auch schon
in der r{)mischen Volkssprache, wenigstens in den letzten Jalir-
hnnderten der Kaiserzeit entwertet gewesen sein." Was er
dann über einzelne Präpositionen ausführt, ist sehr lehiTeich;
im Hinblick auf die bedetitende Rolle, die Delbrück bei Be-
handlung unseres Gegenstandes dem lat. con- zugebilligt hat,
verweise ich bes. auf S. 158—161. iMit Wölfflins Satz stimmt
vortrefflich tiberein, was Bernhardy Gr. Littgcsch. 1*, 515
sagt: "es charakterisiert diese Zeiten sprachlicher Dürftigkeit,
dass das Gefühl für die kernhafte Bedeutung der Simplizia
schlummert. Nur in der dürren Weise des Zusammen-
setzens bcsassen die Autoren nach .Alexander einen Grad der
Erfindung, selbst der individuellen Färbung". Fr. SusemihI
Gesch. der griech. Litt, in der Alexandriuerzeit 1 (1891), S. 2
urteilt, kennzeichnend fltr diese Entwicklungsstufe sei vornelim-
lieh eine abstrakte und formelhafte Färbung, eine Masse neuer
Komposita und Dekoniposita (von letzteren gibt ein gutes
Verzeichnis 0. Glaser De ratioue, f|Uao intercedit int«r sermo-
nem Polybii et euni, qui in tituhs saecuti III, II, I, apparet
Gissae 1894 S. 41—44). Es liegt auf der Hand, dass damit
die Verwertbarkeit der Komposita in Purdies Sinn starke Ein-
busse erleidet. Übrigens reichen die Anfangserscheinungen
bis in die klassische Zeit zurück.
Das haben im einzelnen nachgewiesen Menge de praepos,
ap. .Vesch. Gott. 1863; Kriebilzsch de usu verhb. compp. ap,
Sophociem Halle 1881; Lesser Quaestt. Aesehyl. Halle 1H93;
A. Funek Zuv in d. Zusammensetzung tn Gurt. Stiuld. lU
(1878), 157—202; Curtius Erll.» (1870) S. 185 ff. Sie alle
sind einig darin, dass die Präposition intensiv wirkt oder auch
schon ganz au Stelle des Simplex tritt und etwa noch Zwecke
des Wohllauts oder der Wortflllle verfolgt: in den lat. Ab-
handhingen kehren Bezeichnungen wie augere, intetidere. am-
Vermeintliche Perfektivierung usw. 331
pUficarey exornare immer wieder und wenn gelegentlich (Menge
S. 36) gesagt wird, das Kompositum '""tanquam effectum
describit simplicis", so zeigt das Beispiel KaTacqxxZieiv, das
gleich unserem ''niedermetzeln" angeben soll "ut res mactata
humi iaceat", wie unsicher es damit steht. Denn diese Be-
stimmung klingt perfektisch, nicht aber perfektiv, und ferner
liegt ein Irrtum vor: das deutsche Zeitwort ist wie das grie-
chische kursiv-finitiv, nicht perfektiv, ganz abgesehen von der
grossen Anzahl von Fällen, wo Kaxd 'accurate, penitus' bedeuten
soll. Wenn Funck(S. 201) von Komposita "mit effektiv-ao-
ristischer Bedeutung" spricht oder sagt, ''sehr viele durative
verba simplicia wurden auf diese Weise zu effektiv-aoristischen
umgewandelt", so ist das von ihm S. 158 behandelte cu)üi-q)^pu)
natürlich in Wahrheit vielmehr ausgeprägt kursiv. Auch ist
zu bestreiten, "dass der Aorist im Griechischen oft schon aus-
reichte, um den Eintritt der vollen Verwirklichung einer Hand-
lung auszudrücken", denn dazu reicht er immer aus! Ganz
richtig äussert sich Curtius Erll.*, 185 ff.: "Aber freilich decken
sich beide Erscheinungen nicht vollständig . . . Das deutsche
Erwachen verhält sich zwar zu wachen ähnlich wie hora.
^Tp^cOai zu ^pTpriTop^vai, aber es gibt auch ein langsames
Erwachen (expergisci, ^T€ip€c9ai), während ^Tpexo immer nur
den Zeitpmikt bezeichnet, da der Schlaf verschwindet" (ebenso
Herbig IF. 6, 199).
Für Polybius im besonderen verfügen wir über eine statt-
liche Zahl tüchtiger Untersuchungen, die Purdie viel ausgiebiger
hätte heranziehen sollen. Schon Luettge De Polyb. eloc. (Nord-
hausen 1863) weist hin auf seine Vorliebe zur "moles verborum"
im aUgemeinen und seine Neigung zu Kompositis im beson-
deren: er nennt u. a. Ka9u7repexeiv, * ^HaTrocxeXXeiv, cumnexa-
TTiTrreiv. Dasselbe mag man ersehen aus J. Stich De Polyb.
gen. die. Erl. 1880, wo neben Kaxd, cuv und bid auch irapa
genannt wird, das vor dem Verdacht, in die Dienste der Aktions-
bezeichnung getreten zu sein, gewiss sicher ist! Wertvoll sind
vor allem die Forschungen von Mollenhauer. Aus der Disser-
tation De verbb. Compos. Polyb. Halle 1881 erfahren wir, dass
dvaTT^IiTTeiv, biair^iünTeiv, biaTiicxeTv ohne Unterschied vom Sim-
plex erscheinen. In der Abhandlung De verbb. a Polyb. novat.
Marburg 1888 findet man freilich auf jeder Seite den Aus-
druck "usurpatum cum vi effectiva et intensiva". Allein
332
^ Meltz.
schon die Beifügung des letzten Wortes zeigt, dasa Purdie irrt,
wenn eie (S. 86 oben) annimmt, ea sei daliei an die Aktion
im strengen Sinne gedaclit. Man braucht Übrigens nnr Mollen-
hauers ÜbcrsctzungSTersnche anzusehen, um zu erkennen, dass
daran nicht zu denken i)it: sollicite (esspectarej, aperte (con-
firmare), cum studio (elfieere), magaum (susurrom faeere).
valde (iraaci, dubium esse), audacter (pericHtari), ad verbum
(convertere), attle ommum oculos (in scaeuam producerc), multo
{superiorem esse).
Dann tritt geradezu ausschlaggebend ein stilkrtti^ches
Moment, das Purdie nirgends, soviel ich bemerkt habe, auch
nur erwähnt, gesehweige denn erwogen oder gar widerlegt
hat. Polybius, dessen erstaunliche um nicht -iu sagen un-
griechische Gleichgültigkeit gegen den Reiz der Form kUnc-
licb I:^. Norden d. ant. Kunstprosa S. 153 bes. gegenüber seinem
Antipoden leokrates so treffend hervorgehoben hat, zieht doch
in einem Punkte mit diesem an einem Strang, nitmlich in einer
weitgebenden Scheu vordem Hiatus; das hat Fr, Kaelker De eloc,
Polyb. (et hiatum ap. Diod. Sie.), Leipz. Studien 1 8H0 unwiderleg-
lich erhärtet. Nach ihm gilt: "Hiatum diligentissime evitat'* und
bes. S. 'Ji)0 "in compositis quoqne eligendis id egit Polybius,
nt vitaret hiatum". Darnacli schreibt er dviiiTtpov elitov, aber
dviuT^puj TTpoeinov; övaip^x^iv : npocavaipexeiv; ifnobcixvu^i :
cuvuTTobEiKVuiJi; ^(pe&peüoj : cuvetpetipeuuj ; ^Tri^**' '■ cuveTfi2u>;
(qiicTaiioi : cuvefpiciajiai ; ünrofiai : cuväitToiaai ; iTriTiöfjiai :
cuveirniötfiai : — livaXa^ißdvuj : TrpocavaXajißovuj : ^iiivoüi :
npoc£TTivoiij , — oiKijj ; KaTOiKÜi; a\poGjiai : npoaipo&^ai ; letz-
teres fuhrt auch Jemsalem D. lusehr. v. Sestos und Polyb. in
den Wiener Stud. ], 1870, S. 47 ff. unter verwandten Bei-
spielen auf. Selbst Krebs, von dem dies Purdie iS. 87,i aos-
drUcklicli verneint, bietet in seinen Abhandlungen Die Prftpp.
b. Polyb. Würzb, 1881 und Die präpos. Adv. b. Polyb. I, Regcnsb.
1882 einiges Verwertbare. Den Reigen besebliessc M. Thie-
mann Quaestt. Polyb. Halle 1882, nach dem cuvetiupiü = öetupii,
cuv9£ÜJMai = e€^il^lal, cutxPlümöi == xpi^MOi. cuvuiroKpivonai = Oiro-
Kpivonai, cuvujrdpxuj = ÜTiöpxuJ gebraucht wird, öpüj ist nach
ihm viel seltener als cuvopdi. Sein Ergebnis lautet: "üpöu>
igitur post coiisonantes modo repcnlur, post vocales nemp«
cuvopäuj". Mehr kann mim unni(>glich verlangen!
Vermeintliche Perfektivierung usw. 333
III.
Es wäre nun eigentlich unsere Aufgabe, sämtliche von
Purdie beigebrachte Beispiele nachzuprüfen. Dies habe ich
fttr mieh gethan, kann aber hier nur einige, besonders lehr-
reiche, herausgreifen^ wobei ich absichtlich gerade solche be-
vorzuge, die von meinem Standpunkte aus Schwierigkeiten
machen.
Zuerst werfen wir einige Vorfragen allgemeinerer Art auf:
nehmen Aoriste (elbov) von punktueller Wurzel (Fib), die mit
Präsentien von nichtpunktueller (öpiiu) zu Einem a verbo zu-
sammengeschlossen sind, neben ihrer ursprünglichen punktuellen
Bedeutung ("erblickte") abgeleiteterweise durch nachträgliche
proportionale Ausgleichung mit jenen Präsentien auch noch
^'punktualisierenden" (bezw. "konstativen") Sinn an ("habe ge-
sehen = vor Augen gehabt")? In einem grösseren Zu-
sammenhang ist die Frage zum letzten Male behandelt worden
von Osthoff Über das Suppletivwesen in den idg. Spr. Heidelb.
1900, S. 7 — 14; 44; 74. Weiter: nehmen die Aoriste (ffvujv)
von punktuellen Wurzeln (tvuj), deren von letzterer (tvuü) aus
gebildete Präsentia (fiTvihcKU)) neben dem incohativen Sinne
("erkenne allmählich") auch durativen ("kenne") erhalten
haben, neben ihrer punktuellen Grundbedeutung ("erkannte,
gelangte zur Erkenntnis") auch noch "puuktualisierende" (bezw.
"konstative") an (habe ge-kannt, Kenntnis gehabt)? Endlich:
zeigt der Aorist (fcpu^ov) "zweiseitiger" Präsentien (cpeuTUJ a)
incohativ "mache mich an die Flucht", b) durativ "bin auf
der Flucht") dieselbe Doppelheit a) Ingressiv oder resultativ:
(bin entflohen od. entkommen); b) "punktualisiereud" bezw. "kon-
stativ" "bin auf der Flucht gewesen"? unser Ergebnis sei
kurz vorweggenommen: eibov usw. sind stets punktuell, eTVujv
cisw. höchstwahrscheinlich ebenso, fq)UTov dagegen gemischt.
A. Der Aorist bei Homer (IF. 9, 70—82).
1) fq)UTOv : q)euYUj (S. 70 f.).
r 4 ist sicher resultativ "entflohen sind" und ebenso
kann auch N 436 gefasst werden "entkommen"; doch ist in-
gressive Deutung "die Flucht ergreifen" naheliegender und
diese scheint notwendig £80, während 81 irpocpuTri wieder resul-
tativ sein muss.
334 Hans Meltzer,
2) fßaXov : ßdXXiu (S. 71).
A 16 ist ßdXu))Li€v mit Matzbauer Grdl. 241 resultativ
zu geben: "wir wollen stiften, abschliessend.
3) fcxov : fxu) (IF. 9, 71 u. 72).
Der Ausdruck für cxeiv "to retain a hold upon" sol!
effektiv klingen, klingt jedoch unverkennbar durativ. TT 520
ist cx€iv ingressiv: nach M 389, worauf TT 511 ausdrücklich
zurückweist, hatte Teukros den Glaukos in den Arm getroffen
nach TT 510 presst er diesen mit der anderen Hand: folglich
hatte er keine Lanze mehr und war ferner nicht im stände
eine solche zu "ergreifen" (cxeTv). Zu 0 254 bietet Purdie^
welche die Stelle aufführt unter "The Constative", die Bemer-
kung: explained as "drove his horses in front of Tydeides".
Diese letztere halte ich fttr durchaus richtig gleichwie V 463
"er konnte sie nicht ums Ziel herumbekommen"; auf 0 653,
wo die Verfasserin Trepi &xe9ov mit "held them in their midst**
wiedergibt, wird (der überhaupt hier durchweg beizuziehende)
Mutzbauer (S. 80) Sieger bleiben, schon wegen ifiy/ovrOj und
man muss verstehen ''nahmen sie in die Mitte". N 520 setzen
wir an Stelle von "held on its way" besser "'nahm seinen
Weg"-, (kaum richtig Mutzbauer 78 unt.).
4) fjXeov : fpxo)iai (IF. 9, 72 u. 73).
Hier handelt es sich bes. darum, ob fjXOov auch heissen
kann "konstativ", punktualisierend: ''bin gegangen = bin auf
dem Wege gewesen". Sonderbar ist es, dass das Beispiel
0 55/57 beOpo KdXeccov 'Ipiv t' dXGeinevai, | 6cpp' f\ \x^w ^eTa
Xaöv 'Axaiujv fX0ij xai eiTrijci erklärt wird durch perfektiv/
"konstativ". Von letzterem jedenfalls kann natürlich auch hier
nicht die Eede sein. Wir verdeutschen: ''hieher berufe die
Iris sich aufzumachen, | damit sie sich aufmache hin unter
das Volk der A.", also beidemal ingressiv, oder aber gleicher-
massen effektiv: hieher berufe die I. einzutreffen, damit
sie eintreffe unter dem V. d. A., oder noch eher jenes
ingressiv, dieses effektiv: "sich aufzumachen, damit sie ein-
treffe."
Wunder genommen hat mich, dass Purdie nicht eine
Eeihe anderer Stellen ins Treffen geführt hat, die für unseren
Vermeintliche Perfektivierung usw. S&^
Standpunkt viel bedenklieber scbeinen als die von ibr ange-
ffibrten. Es sind die bei Mutzbauer Grdl. 277 veraeichneten^
wir lesen dort: "2) von Wurfgesebossen u. ä., bereinfliegen,
bindurebdringen''; diese Fassung klingt stark terminativ und
man muss ebrlieb zugesteben, dass es sebr scbarfer Auslegung^
bedarf; um die Aktion dennocb als punktuell zu erkennen.
Allein scbliesslicb ist dies doeb überall möglieb; und es fragt
sieb böebstenS; ob man mebr sozusagen der Basanz des Wurfe»
recbnungtragend sagen soll punktuell '^sauste, scboss, scbniet-
terte, scblug, fubr durcb", oder mebr resultativ "gelangte wo-
hin, traf, scblug dort ein, trat daselbst bervor" o. ä. Am
meisten Eopfzerbrecben baben mir die Beispiele gemacbt, bei
denen die durcbmessene Strecke angegeben ist wie f 357 bia
\xky dciriboc fjXGe cpaeivf]c dßpifiiov JtXoc Kai bid 9u)pT]Koc ttoXu-
baibdXou i^pTipciCTO. Das beisst jedocb nicht "durcb den Scbild
bindurcb legte die Lanze ibren Weg zurück", sondern ib»
"durchschlug** sie. Wenn es dann weitergeht "und durch
den Panzer bindurcb war sie (auch gleich) gewuchtet", sa
drückt das pisqpf. in unnachahmlicher Anschaulichkeit die Ver-
bindung der Schnelligkeit des Eintrittes der Handlung mit dem
darauf folgenden Hemmungszustande aus (Krüger Gr. SprchL
1. § 53, 3, A. 4); der letztere wird überdies noch onomato-
poetisch durch den spondiacus angedeutet. Lehrreich A 96 ff.
oubfe CTcqxivii böpu o\ cxeGe . . ., dXXct bi' auxfic fjXGe . . .j.
^TK^cpaXoc bfe TTCTrdXaKTO: "und nicht hemmte ihm der Helm-
kranz den Speer, sondern durch ihn gelangte er, fubr er^
durch, das Gehirn aber war (auch schon) besudelt" (vgl. Brug-
mann Gr. Gr.^ 478 f.). Noch deutlicher resultativ Y 473 f.
elGap bfe bf oöttToc fjXG' ijipoxo \ ttlxinrj: "stracks durchs andre
Ohr hindurch kam sie zum Vorschein, drang sie hervor.'^
Becht klar scheint mir diese Auffassung da, wo ävriKpuc dabei
steht, z. B. E 66: "sie aber gelangte, traf ein durch nach
vom direkt in die (in der) Gegend der Blase hin unter dem
Schambein". cp421 f. durch und durch gelangte (der Pfeil)
hinaus. TT 478 TTarpÖKXou b' uirfep iL)liov dpicrepöv f^XuG' dKOüKrj |
?TX€0C, oub' fßaX' auTÖv beisst nicht: "die Spitze der Lanze
ging über die linke Schulter bin", sondern, was ja auch
schon viel besser zu der Spitze als einem punktuellen Gegen-
stand passt, während dort eher der Schaft genannt sein würde:
sie traf ein (an einem Punkte) über der linken Schulter".
«_•
336 Hans Meltzer,
Nach all dem scheint mir kein Zweifel, dass fjXGov nicht
^'konstativ" bezw. "punktualisierend" zu f pxo^al gebraucht wird.
Über die Behandlung des Präsensstammes bei Purdie habe ich
nicht viel zu bemerken, ausser dass bei einem Verbum der
Bewegung die Versicherung, er sei "purely durative", ganz
besonders irreführend ist. Zwar A 839 stimmt allerdings ("I
am on my way), aber die anderen angeführten Stellen nicht.
Sie sind zu übersetzen wie fpx^o entweder (I, 43) mit *gehe
hin", "wolle dich aufmachen", "begib dich an den Gang"
{incohativ, inzeptiv) oder (I, 603) mit "mach dich an den Her-
weg" (finitiv). (S. a. Delbrück Vgl. Synt. 2, 61).
5) ^vönca : vo^uü (IF. 9, 73 u. 74).
Da das Präsens als Denominativum unzweifelhaft auch
"durativen Sinn hat ("Verstand haben"), so ist an sich für
^vönca die "konstative", "punktualisierende" Bedeutung nicht
zu bestreiten (''habe Verstand gehabt, gedacht, betrachtet,
^ewusst, vorgehab t") . Die Belege Purdies dagegen können
wir sämtlich perfektiv fassen ("habe bemerkt, wahrgenom-
men, einen Eindruck erhalten, er-dacht, beschlossen, mir
vorgenommen, allgemeiner: bin zu einem geistigen Vorgang
gelangt). An der Hand von Frohweins Verb, homer. Lpzg.
1881 S. 95 mtisste man den Rest der Stellen nachprüfen. Wir
wenden uns zu den uns vorgelegten. E (lies I), 537 : "Oineus
opferte der Artemis allein nicht; "entweder war ihm der Ge-
danke (wieder) entfallen oder gar nicht gekommen"; so
richtig Fäsi, während Purdies Übersetzung, "entweder durch
Vergessliehkeit oder aus überlegter Absicht" unmöglich ist,
weil sie das ouk vor dvöiicev unbeachtet lässt. K 550 soll
bedeuten : "ich habe solche Rosse bisher weder erblickt (ibov)
noch an sie gedacht". Das hat aber gar keinen Sinn;
natürlich heisst es: "noch wahrgenommen". Dies erhärtet
fichon der Parallelismus mit löov. A 549 wende: "doch was
für einen Gedanken, Entschluss ich fassen (voficai) will."
Ebenso A 543 "und noch nie hast du es freiwillig über dich
vermocht nur einen Gedanken mitzuteilen, welchen auch immer
du fassen magst (vor|cr]c)". Y 310 "du selber mach dir
klar, schöpfe eine Entscheidung (vöticov- nicht beratschlage
= halte Rat), ob du . . ." X 445 Andromache bereitete dem
Hektor ein Bad, denn noch nicht "wars zu ihrer Kenntnis
Vermeintliche Perfektivierung usw. 337
gelangt" (vöiice), dass er gefallen war, für uns zugleich plus-
quamperfektiseh, während Y 264 einfach aoristisch (vörice "nicht
kams ihm in den Sinn").
6) ßaivuj : fßnv (IF. 9, 74 u. 75).
Letzteres soll als "Constative" beissen "habe einen Yfeg
gemacht, bin gefahren, geschritten" Allein wir haben
hier eine punktuelle Wurzel (Delbrück V. S. 2, 37 ; Mutzbauer
Grdl. 173 flF.) und müssen zunächst zusehen, ob wir für den
Aorist nicht durchkommen mit den Bedeutungen 1) ingressiv:
"bin davongegangen". 2) resultativ: "bin eingetroffen".
Purdies Beispiele lassen sich sämtlich so erklären : E 284 f.
ist nach Mutzbauer Grdl. S. 175 zu geben: "sie verliessen das
Meer und traten aufs Land" (im x^pcou ßnxriv), nicht mit
Voss "dann auf der Veste schritten sie". TT 702 "dreimal
trat er auf den Mauerbug". T 47 hat Purdie gegen Mutz-
bauer Eecht zu übersetzen "sie trafen ein", dagegen Q 246
(ßaiTiv bö)Liov "Aiboc eicuj) ist natürlich so gut wie K 246 und
sonst zu geben: "möchf ich aufbrechen ins Haus des Hades
hinein". A 391 f. fßav . . . fifovrec | KO\jpT]v "machten sich
von danuen mit der Jungfrau". T 40 aurdp 6 ßfi irapd 9Tva
glaubt man wohl ganz notwendig sagen zu müssen "er aber
ging entlang dem Strande". Allein das Eichtige hat auch
hier Mutzbauer: "er setzte sich in Bewegung längs dem
Strande hin." T 418 f. "Helena erschrak und machte sich
fort, brach auf." P 392 ficpap bl le Ixindc fßn verwischt
Purdies "die Feuchtigkeit geht ihren Weg" die Feinheit, die
gerade das Punktuelle der Wurzel dem Aor. gnom. verleiht;
Delbrück (mit Voss und Minckwitz) V. S. 2, 294 : "wie die
Feuchtigkeit flugs verschwunden ist." Wie sich von
selbst versteht, schliessen wir uns A 494 ßfj bk biet irpoiiidxujv
an Mutzbauer und Delbrück an "er brach durch die Vor-
kämpfer", nicht "er machte seinen Weg durch die Vorderseite
der Schlacht".
Auch bei diesem Verbum ist das Präsens wieder nicht
nur als "durative" zu bezeichnen, vgl. E 364 i] b' k bicppov
Ißaivev "sie stieg (allmählich — ausmalend!) in den Wagen". —
IMutzbauer Grdl. 172 f.; Delbrück V. S. 2, 37.
7) (T\r\v (IF. 9, 75)
BoU z. t. "koiigtaliv" sein. Furdie köuute eich (s.o.) für dtew
Anualime auf Delbrück V. S. 2, 237 bemfeu, wo 9 182 unter
den "piinktnalisiereiiden" Aoristen aufgezählt oder ilmen docL
wcDigsteDs für "ähnlich" erklärt wird. Aber wie stimmt das
zu 8. 252 und bes. 82, wo wir erfahren, das» die Wuncel und
darnach TXr|CO)jai und ^xXrjv punktuell seien? T 14 "und keiner
gewann es über sieh"; ebenso * 608; H 48U; A 534; X 246;
Y 421; X 136; B 299 T\f\tt cpiXoi Koi ^eivcn' ^tiI xpövov
vollends ist ganz eindeutig: voraus geht das Zugeständnis des
Odysseus, mau könne den Aehäeru diu Sehnsucht heimzukeh-
ren nicht verübeln. Aber gerade, weil sie die Ausdauer be-
reits verloren haben, muss er ihnen xurufen: "fasset (wie-
der) Mut und verbleibet" (bis zu dem angegebenen Schluss-
punkt: 6q)pa badijjev). Wie dagegen bei Homer "to be of good
cheer" lautet, das zeigt E 382 iir\aQi und das allbekanute
t^tXo6i bfi KpabiT] Kci'i KuvTtpov fiXXo ttot' fxXtic d. h. "halt
aus! . . ., hast auf dich genommen"; ebenso sind E 383 und
Q 505 zu erklären zwischen denen ich keinen Unterschied
entdecken kann. Bedenklich für mich sieht £ 218 aus: ^ t'
öv Tpux6nev6c nsp eii iXaitiv ^viauxov. Die Pariser Ausg. bei
Didot 1837 Uberset7.t denn auch "saue, vexatus licet, adhnc
perduraveriin in annum". Genau aber: wenn ich jetzt er-
kunde, dass Ody&seus heimkehrt, "dann wahrlieh, obwohl ge-
peinigt, ni()cbt ich mich wohl noch entschlicsaen ein Jahr
laug" (denke hinzu ^p^Jx(>^l€voc, mich weiterpeinigen zu lassen).
Für sieh hätte Purdie auch mehrfach das Fut. T\r|coMai iuB
Feld führen können, zwar weniger t 222 und f 306, die sich
mir leicht fügen, wohl aber A 317 und T 308, wo ^tvcm da-
vorsteht und bes. e 361 f.: öipp' &v |j£v kev boüpai' . . dpi^pg,
TÖ(pp' aÜToG jiEveuj Kai rXiiconai äXTta niScxuuv ; Didot
wendet "tamdiu hie manebo et snstinebo dolores palicns".
Allein auch hier ist wie e218 zu geben "so lange die Dalkeu
. . . halten, so lange werd ieh bleiben und wills auf wich
nehmen .Schmerzen zu erdulden". Etwas Verwandtes, zaent
durative dann ingressive Aktion, ■/.. II. auch A 586 urXaBi . .
Kol iiväcx€0. (Beiläufig, i« dvcxiicopai auch resultativ "werde
überstehen", wie Brugmann Gr. Gr.* 480 will? Wie ist dann
II. Ö, 104 zu erklären '?) — "Constativ" zu tXiivai wäre ToX|iiJcai.
Vermeintliche Perfektivierung usw. 339
8) dcpdvTiv : cpaivo)Liai (IF. 9, 75 u. 76).
Auch hier ist die Wurzel wieder punktuell (Delbrück
V. 8.2,37; 255), darum sind alle Stellen, wo Purdie cpavfjvai
wiedergibt mit "to be seen, to be visible" anders aufzufassen,
«0 lange es irgend angeht, und wenn sie (S. 76) sich dahin
äussert, als effektiv müsse man es erklären, "wenn wir den
Punkt betonen, dass das Tagen, die Dämmerung in Sicht kam,
^konstativ" dagegen "wenn wir die Redensart als einen formel-
haften Ausdruck betrachten nur für die Ankunft der Dämme-
rung", so haben wir darauf folgendes zu erwidern: erstens
handelt es sich nicht im mindesten darum, wie wir die Sache
betrachten wollen, sondern wie sie der Dichter hingestellt hat;
zweitens bringen die Worte "Tagen, Dämmerung" von vorn-
herein einen unerlaubt durativen Nebeusinn mit sich und drit-
tens kommen wir überall durch, wenn wir (mit S. 75) "den
Nachdruck legen auf das plötzliche Emporleuchten des
Lichtes". So X 73 "alles ist schön für einen Gefallenen, was
immer zu Tag kommt, in die Erscheinung tritf\ A 64
<pdv€CK€v ''tauchte (immer wieder) auf". A 734 cpdvri ^ifa
i^yov nicht "waren", sondern "wurden" Zeugen eines mäch-
tigen Kampfes; A200: "er erkannte die Athene; denn schreck-
lich leuchtete vor ihm ihr Augenpaar auf".
Der Präsensstamm ist nicht so einseitig durativ, wie
Purdie meint (und anscheinend auch Delbrück V. S. 2, 37;
255 annimmt), z. B. M 416 iiifa be ccpici cpaiveio fp^ov =
A 734, nur TrapaTaTiKiwc : "gross that sich (nach und nach)
vor ihnen der Kampf auf". V 374 dpeifj . . . dcpaivei', da
vollends wurde (im Verlaufe des Eennens) ihre Leistungs-
fthigkeit offenbar" (cpdvn: "ward offenbar"). I 618 u. ö. &^a
b' ^01 cpaivo)Li^vTiq)iv "zugleich mit dem (allmählichen) Aufgang
der Morgenröte".
9) eibov : öpduü (IF. 9, 76 u. 77).
Der Aorist soll nicht selten "konstativ" gebraucht sein,
wo kein Nachdruck gelegt ist auf einen Moment und der Sinn
•eher ist "betrachten, staunen über, vor seinen Augen haben".
Allein die Wz. ist eindeutig punktuell (Mutzbauer Grdl. 290/1;
Delbrück V. S. 2, 178; 218; 276; womit man vornehmlich
a40 Hans Meltzer,
auch zusammenhalte das ebenda S. 82 über kXGOi nnd ^tXtiv
Bemerkte!).
r 169 ouTTUü löov "habe noch nie zu Gesieht bekom-
men"; K 275 ouK Tbov . . ., dXXd ÄKOucav "wurden nicht
mit den Augen, sondern mit den Ohren inne"; in ¥462 soll
Tbov "konstativ", in 463 Ib^eiv "klärlich perfektiv" sein. Ein
unbefangener Beurteiler wird eher umgekehrt veretehen: "sie
hab' ich erblickt, als ums Ziel sie schössen, nun kann ich
sie nimmer sehen." In Wahrheit beidemal gleich: "eben er-
blickte ich; jetzt aber kann mein Auge ihrer nicht mehr
habhaft werden, ich vermag sie nicht mehr in den Blick-
punkt zu bringen, aufs Korn zu kriegen" u. ä. A 223
OUK fiv iboic "es wäre dir wohl nicht der Anblick zu teil ge-
worden". Auch A 374 die cpdcav, oi jiiv Tbovro nicht "die
ihn sahen" sondern "denen er zu Gesicht gekommen ist",
r 194 "breiter aber an Schultern und Brust beim Erblicken",
nicht "beim Anschauen"; so E 725 und sonst GaöjLia lb^c6ai.
E 770 öccov b' T^epoeibk dvf^p ibev 6q)0aX|LioTciv | f^^€voc iv
CKOTTif], Xeuccuiv im oTvoira ttövtov scheint wohl manchem
unwiderleglich fttr Purdie zu sprechen: "Soweit eines Mannes
Gesichtskreis, Sehbereich sich hin dehnt".
Allein auch hier trügt der Schein. Wir haben zu tiber-
setzen: "soweit ein Mann in nebliger Ferne (noch etwas) er-
schaut, noch mit dem Auge erreicht, seiner noch habhaft
wird", also ausgesprochen resultativ, wie Fäsi z. d. St. richtig
darlegt unter Hinweis auf Diod. Sic. 5, 42 ; Mutzbauer a. a. 0.
S. 292 fasst die Aktion Ingressiv "soweit ein Mann den Blick
sendet", hätte aber dann unmissverständlicher wenigstens sagen
sollen "entsendet". V 143 ibibv im oivoira itövtov nicht "hin-
schauend über" (das vielmehr nach V 323 wäre öpötuv oder
noch besser nach N 4 Ka0opa))Li€voc dm Taiav), sondern "den
Blick werfend auf", ebenso B 384 "wohl soll jeder einen
prüfenden Blick werfen auf beide Seiten des Wagens". 0 4flF.
haben wir lauter punktuelle Handlungen : Zeus erwachte
(?Tp€To), trat hin aufspringend (cxfi b' dp' dvatEac), erblickte
die Troer und Achäer (Tbe), den Hektor aber erblickte er (xbe)
als einen Daliegenden (Keiinevov— durativ). Purdies Bemerkung:
"wo man an die Szene denkt, welche vor den Augen des Zeus
lag", enthält wieder eine willkürliche Unterschiebung dessen,
was wir vielleicht erwarten, der Text nun aber eben nicht
Venneintliche PerfektivieroDg usw. 341
bietet. Genau so steht es mit A 600: "ein Gelächter erhob
sich, als sie den Hephaistos umherschnanfend erblickten'*
(tbov). Was die Verfasserin hier zu finden vermeint ("ihr Auge
folgte der Gestalt des Hephaistos^ wie er sich durch die Halle
tummelte"), würde griechisch bis auf den heutigen Tag (mu-
tatis mntandis natürlich!) vielmehr diupuüv, fßXeTTOv, dOeuuvro,
Äeuccov 0. ä. heissen und der "konstative" Aorist hierzu würde
nicht Ibov lauten, sondern fßXeipav, dGeäcavro. Wenn Delbrück
V. S. 2, 253 und Brugmann Gr. Gr. ' 479 f. annehmen, dass
6^lo^al nachträglich von öpduü aus auch die imperfektive Be-
deutung "werde vor Augen haben", bezogen hätte, so wäre
zu erwägen, ob nicht E 119 f. oibi ^li qpriciv | bripöv fr'
öipecOai XajiiTpöv qpdoc ^eXioio zu wenden ist "er bestreitet,
dass ich noch lange das Sonnenlicht erblicken werde", mit
einer ungenauen Verkürzung anstatt "dass ich noch lange im-
stande sein werde einen Blick auf die Sonne zu werfen". Bei
Homer ist das die allereinzigste Stelle gegen 22, wo es punk-
tuell ist (Mutzb. 290). Dazu wird es bei Vulfila immer mit
ga-saihan gegeben (C. Recha Verbalpräf. Dorp. 1893, S. 110).
10) TcX^uj (oder reXeiuj) : dreXecca (IF. 9, 77 u. 78).
Der Aorist soll "konstativ" hier "bezeichnen das Bewerk-
gtelligen der Vollendung, d. b. er bezeichnet nur die Anstrengung,
das erstrebte Ziel zu erreichen, ohne zu betonen, dass dieses
jemals wirklich erreicht wurde". A 108 k6Xöv b\ ouie ti ttui
elirac Jttoc oub' di^Xeccac """Du hast weder gesprochen von noch
gearbeitet an irgend einem guten Ding". Nein, sondern : "und
da hast noch nie etwas Rechtes geäussert und fertig ge-
bracht": so gut eTirac perfektiv ist (Mutzbauer Grdl. 325;
Delbrück V. S. 2, 259), so gut ist es das parallele di^Xeccac.
T 22 übersetze: "Der Gott schuf Waffen, wie sie kein Sterb-
licher hingebracht hätte (leXeccai)". 0 228 nicht: "weil
der Streit nicht ohne Mühe geführt, betrieben (carried on),
Bondem zur Entscheidung gebracht worden wäre" (oö Kev . . .
TeX&eri).
Was sodann leXeiv betriflFt in der Bedeutung "zahlen",
80 braucht N 377 nicht notwendig hierher gezogen zu werden,
da man auch verstehen kann : "und wir würden dir, wenn wir
dies zugesagt hätten, es auch erfüllen". Damit reicht man
auch (t> 457 aus, doch ist es nicht zu bestreiten, dass viel-
ludogermanische Forschungen XII 3 u. 4. 23
L.
342 Hans Meltzer,
leicht die Recht haben, welche dieses reXeiv von dem anderen
trennen. Prellwitz Gr. Etym. (Gott. 1892) bringt es s.v. zwei-
felnd mit rXfivai in Zusamenhang, Fick B. B. 16, 290 ein-
leuchtender mit germ. geldan, got. güd, lit. geliüti, griecb.
(Hesych) t^XOoc. Dann hiesse reXkcai gleichfalls resnltativ
"erstatten, entrichten".
Über den Präsensstamm handelt Purdie gut, obschon er
statt durativ besser finitiv genannt würde. Wenn sie bemerkt,
dass er im Unterschiede vom Aorist nur ""a partial fulfilmen^
of the desired end^ bezeichne, so trifift sie hierin, natürlich ,
ohne ihn zu kennen, merkwürdig zusammen mit dem oben au-
geführten Eohn.
11) nKouca : dKOuu) (IF. 9, 78 u. 79).
flKOuca "konstativ" heisst nach Purdie "habe zugehört*'
Da das Verbum an sich nicht punktuell sein wird, so halte
ich diese Bedeutung für durchaus möglich. Andererseits be-
zweifle ich, ob sie gerade für die einzelnen mitgeteilten Bei-
spiele zutrifft. TT 531 heisst: "er merkte, dass sein Flehen
die Gottheit rasch erhört hatte" (natürlich nicht "rasch zu-
gehört hatte"). A 381 ebenso, B 98 '"die Herolde beschwich-
tigten sie, ob sie wohl innehielten d. h. Halt machten mit
dem Geschrei und die Könige erhörten". Z 334 cu bk cOvOeo
Kai iLieu Skoucov "du aber pass' auf (eigentl.: raflFe dich zu-
sammen, punktuell) und vernimm (ebenso) m. Worte". I 262:
"Du merk' auf, spitz' das Ohr"; K 276 entscheidet schon der
Parallelismus mit löov: ""sie wurden sein inne, nicht durchs
Auge, sondern durchs Ohr", O 98 ""unhold musst' er dessen
Autwort vernehmen" (fiKOucev). Q 767 "aber noch nie hab'
ich von dir ein böses oder schnödes Wort bekommen"
(ÄKOuca) : was hätte es dagegen für einen Sinn zu sagen '"noch
nie hab' ich ein böses Wort von dir angehört"? <t) 475
"dass mir nur nicht wieder zu Ohren dringe (dKOuciw), wie
du dich rühmst". Z 166 "den Herrscher erfasste Groll, wie
er solches erfuhr" (ÄKOucev); selbst A 396 versteht man leicht
"oft hab' ich vernommen, ward ich Ohrenzeuge, wie du
dich rühmtest", obschon auch "konstative" Auffassung möglich
ist: "oft hab' ich dir zugehört, bin ich Ohrenzeuge ge-
wesen".
Vermeintliche Perfektivierung usw. 343
12) &Tnv : kTttMai (IF. 9, 79—81).
Es ist ein Irrtum von Purdie u. a., dass kraiiai und
^darnach fcniv ohne weiteres 'Tconstativ" bedeuten könne ''stehe
(stand)"; beide heissen an sich *trete (trat)", jenes linear,
dieses punktuell (Mutzbauer Grdl. 184 ff., Delbrück V. S. 2,
78; 218; 338). T 210 cTdvriwv \ikv Mev^Xaoc UTieipexev eupeac
&IL10UC nicht '"wenn sie standen", sondern aufstanden" (Mutz-
bauer 186). X 273 ff. Achilleus jagt hinter Hektor drein, da
hemmt ihn Athene mit dem Zuruf crfiOi! ''halt ein!'' A 243
TicpG* ouTiuc &TTiT€ "was habt ihr euch so dahin gestellt",
wozu Monro A Gramm, of the hom. dial.^ (Oxford 1891), S. 65:
(vulg. ?cTTiTe ''an impossible form)". Über 0 6 s. ob. unter
€lbov. Q 360 CTfi bk Taq)u)v natürlich "machte entsetzt halt",
nicht "stand da." T 216 ff. "aber so oft Odysseus aufsprang,
trat er allemal hin (crdcKev), nieder warf er den Blick"
(Tb€CK€). Z157f. das einemal fuhr er auf (dvatEacxe), das andere-
mal machte er Halt (cidcKc). Ähnliches haben wir bei icra-
^lai zu bemerken. A 54 rduiv ou TrpöcG' icraiiiai nicht "I do
not stand (so auch irrig Mutzbauer 191) in front to protect
him", sondern "ich stelle mich nicht vor sie hin". Auch
die sprichwörtliche Redensart K 173 vOv . . . dirl EupoO icTaiai
dKjLific bedeutet nicht "es steht auf des Messers Schneide", son-
dern "es tritt, kommt jetzt darauf". Höchst lehrreich ist
dafür Simonid. fr. 97 (158) bei Bergk. Anthol. lyr.», 293: dK^äc
icraKuTav dm Eupoö 'EXXdba! N 263 "denn nicht ists meine
Art so allmählich fernwegtretend (kidinevoc) zu kämpfen
(vgl. damit v. 261 kiaöi' = stehend"!). TT 166 falsch Voss
"auch in der Schar stand Achilleus", vielmehr na<;h dem Zu-
sammenhang "unter sie trat (immer wieder) A., vgl. v. 155 f.:
Mup)Liibövac b' dp' diTOixö)Lievoc 0iüpTiEev 'AxiXXeiic | irdvxac dvd
kXiciqc: er ging somit der Reihe nach von Zelt zu Zelt. Z 496
"die Weiber aber hin tretend (icidiiievai : malt! Mutzb. Grdl.
184) an den Thorweg schauten bewundernd zu", feiner als
feniKuiai, weil es zugleich andeutet, wie sie auf das Getön
herauskommen aus dem Hause, dessen Geschäfte sie verlassen
haben: es liegt in dem Präsens noch ein Stück Bewegung,
die in kniKuTai erloschen wäre. Völlig zutreffend, abgesehen
von dem wunderlichen Namen '^semi-perfektive" kennzeichnet
Purdie (S. 80 u.) die Eigenart der Form mit den Worten: ""to
(gradually) take up one's stand".
«
«
344 Hans Meltzer,
13) ^Tvuüv : TiTViiiCKUJ (IF. 9, 81 u. 82).
Beachtenswert ist; dass die Verfasserin selbst bemerkt^
hier erseheinen keine Beispiele des Aorists, die notwendig in
konstativem'' Sinn gefasst werden müssen (*Vissen, aufmerksam
sein anP); das hängt damit zusammen, dass die Wurzel punk-
tuell ist (Delbrück V. S. 2, 61 vgl. mit 252).
Was das Präsens angeht, so liegt eine (auch von Del-
brück y. S. 2, 61 angedeutete) Schwierigkeit in der Thatsache^
dass es ebensowohl incohativ bedeutet "erkenne (allmählich)",
als durativ ""kenne"; es findet hierbei etwas Ähnliches statt
wie bei q)€ÜTU), über das man vgl. Delbrück V. S. 2, 83, wo
indes der Ausdruck "gemischte Aktion", den er sonst (S. 69)
auf die sowohl punktuell als nichtpunktuell gebrauchten Wurzeln
anwendet, besser etwa durch ""zweiseitige Aktion" ei-setzt würde.
Das Ergebnis unserer Nachprüfung der von Purdie her-
angezogenen Verben aus Homer geht dahin, dass die per-
fektive Bedeutung des Aorists vor der "konstativen"
noch viel stärker überwiegt, als die Verfasserin schon
an und für sich annimmt. Für die Entwickelungsgeschichte
der Bedeutung des griechischen Aoriste können wir freilich
weder ihrer noch unserer Aufstellung einen erheblichen Wert
beimessen. Denn dazu ist das Beobachtungsmaterial unendlich
viel zu beschränkt und ferner viel zu willkürlich herausge-
griffen. Wer bürgt uns daflir, dass nicht etwa ganz anderes
herauskäme, wenn wir sämtliche Verben in allen Aoristfornien
heranzögen? Eine klarere Einsicht in diese Dinge wird sich
nur gewinnen lassen durch die Ausführung der von Delbrück
V. S. 6, 238 gestellten Aufgabe, den "punktualisierenden" Aorist
bei Homer im Zusammenhange mit statistischer Vollständigkeit
zu behandeln ; freilich wird bei der Mehrdeutigkeit vieler Fälle
eine ganz reinliche Scheidung auch so nicht durchweg zu er-
reichen sein, uns muss vorerst der Nachweis genügen, dass
Purdies Voraussetzungen, soweit sie auf Homer fussen, einer
sicheren Grundlage durchaus entbehren.
IV.
Denselben Nachweis suchen wir nunmehr für den Kern-
punkt der Lehre Purdies zu erbringen. Wir bestreiten zu-
nächst die thatsächliche Möglichkeit stets mit der nötigen
Vermeintliche Perfektivierunsr usw. 345
e
Sicherheit festzustellen, wenn das, was Purdie "^material meaning"
nennt, d. h. die sinnliche Grundbedeutung, noch lebendig und
^ann es erloschen ist, worin doch die Verwendbarkeit zum
Zwecke der Perfektivierung begründet sein soll. Von "einem
scharfen Gegensatz*' kann hier m. E. gar nicht die Rede sein,
4arin wird Herbig gegen Purdie (S. 86 oben) durchaus im
Rechte bleiben. Femer sehe ich nicht, warum man sich auf
CUV, bid, KttTd beschränkt; S. 90 verweist Purdie selbst auf
Thuc. 3, 70, 4 d7ro-9UYU)v, und Brugmann Gr. Gr. *, 482 nimmt
die letztere Präposition ausdiUcklich auf; weshalb sollte man
nicht auch an ävd, eic, Ik denken? Ja, selbst iLierä darf nicht
bei Seite bleiben! Man beachte nur, wie oIkcTv "siedeln" stets
kursiv, dagegen )Li€T0iKeTv ''umsiedeln" stets terminativ ist! Fürs
Gotische gibt Streitberg PBrB. 15, 80 ff. sämtlichen Prä-
figierungen die in Rede stehende Kraft. Weiterhin war ein
Gesichtspunkt nicht zu übergehen, den die (von Purdie S. 87
angeführte, aber als für unseren Zweck wertlos bezeichnete)
Dissertation von D. H. Holmes Die ra. Präp. zusges. Verb. b.
Thuk. Berlin 1895 trefflich zur Geltung bringt, dass nämlich
verschiedene Verben sich zu verschiedenen Präpositionen ver-
schieden verhalten, wozu man noch hinzufügen mag, dass das-
selbe Verbum mit verschiedenen Präpositionen eine etwas an-
ders gefärbte Schattierung ergeben kann.
Sodann dürfte Purdies Einwurf, Herbig habe übersehen,
dass von Homer bis Polybius eine Verschiebung der Bedeutung
des Aoristes stattgefunden habe, die reinste petitio principii
sein: dass dies der Fall gewesen, steht ja eben erst zu be-
weisen, und Herbig hat ihm überdies in seiner vortrefflichen
Arbeit zum Voraus die Spitze abgebrochen (IF. 6, S. 233).
Schwer ins Gewicht fUllt schon der Umstand, dass nach der
übereinstimmenden Auffassung sämtlicher beachtenswerter For-
scher einschliesslich Brugmanns Gr. Gr.', 477 sich seit Anbe-
ginn der griechischen Überlieferung bis auf den heutigen Tag
das Sprachgefühl gerade auf dem Gebiete der Verbalaktionen
nicht geändert hat. B. Huebner z. B. spricht in einer Abhand-
lung über die Zeiten bei Aeschylus (Diss. Hai. 4, 1880, S. 112)
von einer "mirifica constantia", was Wecklein in Burs.
Jbb. 6 (1878), S. 257 kurz zuvor so ausgedrückt hatte: "der
Gebrauch der Tempora zeigt von den ältesten Stufen bis in
die jüngste Periode des Sprachlehcns und in allen dialektischen
Ha
« Meltz.
Verzweig^ungeu . . . eine dberraBchcnde Gleichmfiggjg-
keit". Eiiteprecheud lesen wir bei Goodwin Syntax of the
moods and tenses of the greek verb. London (1897), S. 17:
"It mnst not be tbougbt from these oceaBional examples, that
the Greeks of any period were not fully alüve to the distine-
tJon of the two tenses and could not use ig with skill au ni-
cety." Sehr gut "But the Greeks, like other workmeti, did
not eure to use their finest tools on eveiy occasiou and it is
often necessary to remeniber tbis of we woiUd avoid bair spüt-
' ting". Anch bei der Erforsebung des Spracbgebrauche der
späteren Schriftsteller ist man immer wieder zu denifielben
Ergebnis gelangt, über den dem 3. Jahrb. v. Chr. augehöri-
gen cyniachen Moralprediger schreibt H. v. Mllller De TeleÜB
eloc. Freib. 1891 S. 25 "In teinpornm usu fere convenit Te-
leti eum st'.riptoribus attieis". Für Polyhius braueben wir nur
auf Hultschs oft genannte Abbandlungen zu verweisen, ftlrDio-
dorus Siculus auf Tb. Hultsch De eioc. D. S, De usu aor. et
iniperf. I, Halle 1893, für Diouys v. Halikarnoss auf K. Rotb
D, erz. Ztf. bei Dionys v. H., Bayreuth 1897. Dem HeUenis-
muB und der KOivii stellt Hatitidakis in den Gott. Gel. \m.
1899, iilS das Zeugnis aus, dass zwischen Imperfekt und Ao-
rist keine Venvirrnng eingetreten sei, weil nocli das Neu-
griechische die beiden Aktionen scharf auseinanderhalte. Das
Ergebnis von J. Compernass De senn. graec. volg. I'isid, Pbryg.
merid, Bonn 189ü, S. 33 sehliesst sieh hier an. Wenn R.
Dietericb Unters, z. Gesch. tl. gr. Spr., Byzantin. Arcb. 1 (1898),
241 fUr die nach klassische Zeit eine vorllbergehende, Ortlieh
beschränkte Abscbwächung des Dnterscbeidungsvemiögeus an-
nimmt, so zwiugen die Thatsacben biezu nicht. Auch bei A.
Thnmb (D. gr. Spr. i. Ztalt. d. HellenismtiB, Strassbnrg 1901,
S. 15\ bedauern wir, dass er sich, wohl durch dieses urteil
Dieteriehs und die Stimme einiger bei Wilb. Schmidt a. a. 0.
genannter Gelehrter, hat bewegen lassen, zuzugeben, dass auf
unserem Gebiete eine sog. "übergangserscheinnng" vorliege;
in Wahrheit beruht diese .\nnabme z. T, auf nngentigendcr
Beobachtung, z. T, auf irrigen Voraussetzungen über das We-
sen der Verbalstämme, wie wir sie oben aufgedeckt haben.
Ist so der Aorist immer und Überall das eigentliche organische
Mittel gewesen, die Perfektivität ku benciehnen, so lag gar
keiD ersicbtiieher Grund vor, ihn durch ein so mechauiscbcs
Vermeintliche Perfektivierung usw. 347
und überdies so nndentliches zu verdrängen wie die Präfigie-
ning ist; selbst im Italischen und Germanischen; die insofern
ganz anders gestellt sind, als sie nach dem Verluste des ur-
sprünglichen Aoristes nach einem Ersätze suchten. ''Surrogate
sind keine Äquivalente'', wie 'der geistvolle Rümelin sagt,
und das Griechische hatte es nicht nötig auf solchen Krücken
einherznhumpeln; es vermochte allzeit auf selbstgewachsenen
Füssen zu gehen, ja auf federnden Sohlen zu schweben !
Weiterhin kann man nicht davon reden, dass Thukydides
und Xenophon geeignet seien "eine stufenmässige Abnahme
der perfektiven Kraft" des einfachen Aorists zu enthüllen.
Jedenfalls könnte eine so weitgehende Behauptung erst dann
den Anspruch auf Beachtung erheben, wenn sie sich auf eine
lückenlose Statistik beriefe, zu der tüchtige Ansätze vorliegen
in Hultschs Arbeit u. bei C. W. E. Miller a. a. 0. S. 142.
Vor allem ist wie bei letzterem Herodot zu berücksichtigen,
den Purdie unbegreiflicherweise völlig bei Seite lässt, obwohl
ihm als dem geborenen Vermittler zwischen Epik und Geschicht-
schreibung doch gewiss eine geradezu führende Rolle gebührt,
wie auch Streitberg bemerkt.
Endlich haben wir uns noch zu veranschaulichen, welche
Schlüsse für Purdie aus ihren Voraussetzungen entspringen
(s. bes. IF. 9, 82—86). Nach ihr wäre a) vom verbum Sim-
plex a) das imperf. "durativ" ß) der Aorist "konstativ" b)
vom verbum compositum a) das imperf. "durativ-perfektiv"
(linear-perfektiv), ß) der Aorist "momentan- perfektiv" (punk-
tuell) und zwar entweder aa) iugressiv oder bb) effektiv. Frei-
lich muss dann die Verfasserin sogleich selbst einzuräumen "es
scheint im besten Falle zweifelhaft, ob es möglich sein wird,
bei den Kompositis Ipf. u. Aorist nach diesem Gesichtspunkt
zu scheiden". Steht es so, so gesellt sich zu den bisherigen
Anstössen noch ein weiterer, nämlich der, dass zwei ganz ver-
schiedene Stämme ganz die gleiche Bedeutung hätten. Wir
werden das Unhaltbare alP dieser Annahmen am besten auf«-
decken, wenn wir nachweisen, dass a) bei den Simplizien a) das
Ipf. nicht bloss durativ, sondern auch incohativ usw. auftritt;
ß) der Aor. nicht nur "konstativ", sondern auch perfektiv
steht; b) bei den Kompositis a) das Ipf. nicht linear- (und
noch weniger punktuell-) perfektiv erscheint, sondern imperfektiv
(und zwar begreiflicherweise, da die Präpositon die Richtung
348 Hans Meltzer,
angibt, gern terminativ, bes. finitiv), ß) der Aorist nicht bloss
punktuell-, sondern auch linear-perfektiv f konstativ'* bei Pur-
die) gebraucht wird. Natürlich kann das nicht bei jedem Verb
geleistet werden, aber es genügt an sich schon je ein einziges
sicheres und eindeutiges Gegenbeispiel.
1) 9€ÜTU) (IF. 9, 87—90).
Dieses Zeitwort verdient ganz besonders hervorgehoben
zu werden. Denn von ihm geht eigentlich die Wiederauf-
nahme der ganzen Frage aus, die uns hier beschäftigt. K.
Brugmann hatte sich nämlich Gr. Gr.* § 154, Anm. so geäussert:
''Der Gegensatz der präsentischen und der aoristischen (imper-
fektiven und perfektiven) Aktionsart konnte, wie in anderen
Sprachen, so auch im Griechischen überdies dadurch zum Aus-
druck gebracht werden, dass man zur Dai*stellung der letzteren
Aktionsart eine Präposition zu Hülfe nahm (vgl. Xenoph. Hellen.
1, 6, 16 Kövujv b' f9€UT€ TaTc vauciv efl nXeoucaic Kai Kaxa-
q)€ux€i elc MuTXrivTiv xfic A^cßou "die SchiflFe, mit denen K. auf
der Flucht war, segelten gut, und er gelangte glücklich nach
M.). Während u. a. C. Recha a. a. 0. S. 60 (vermutlich in
Kenntnis dieser Stelle) bemerkt, KaTa9€UT€iv heisse so fliehen,
dass man das Resultat erreicht, also entkommen, so hat Brug-
mann selbst Gr. Gr.^ (1900) obige Stelle unterdrückt, wie wahr-
scheinlich ist, wegen des von Herbig IF. 6, 229 erhobenen
Einwandes, sie sei nicht beweiskräftig, weil das praes. histor.
(KaxaqpeuTCi) auch den Aor. vertreten könne. Allein es dürfte
Herbig entgangen sein, dass er in Widerspruch mit sich selbst ge-
raten ist, insofern er S. 257 die Erklärung des trefflichen Moller
billigt, der Philol. 8 (1853), 122 bestreitet, dass präs. bist, und
aor. aktiousgleich seien. Wie mir scheint, mit Recht, weun
anders Delbrück V. S. 2, 262 mit anderen das Wesen des
ersteren darin erkannt, dass es den Vorgang auf der Bühne
des Geschehens vor dem Auge des Zuschauers vorüberziehen
lässt. Auch Kohlmann De verb. graec. tempp. S. 6 setzt es
dem ipf. gleich, nur dass es nicht wie dieses die Zeitstufe be-
zeichne und eben nur die actio infecta zum Ausdruck bringe.
Auf dasselbe kommt Huebner hinaus a. a. 0. S. 133. Vgl.
Hultsch a. a. 0. S. 6. Nach Herbig a. a. 0. 191 ferner wird
im Slavischen das praes. bist, vom imperfektiven Stamm
gebildet, dagegen das den Aor. vertretende narrativum vom
Vermeintliche Perfektivierung usw. 349
perfektiven. Nach Musiß endlieh (bei Herbig a. a. 0. 259) er-
scheint in gnomischen Sätzen griech. (und kroatisch) bei im-
perfektiver Aktion das Präsens, bei perfektiver der Aorist.
Trotzdem, meine ich, hat Brugmann gut daran gethan,
auf das Beispiel zu verzichten, und zwar wegen des Zusammen-
hangs. Wie ich glaube, muss dieser so verstanden werden:
§ 15 Kallikratidas Hess dem Konon sagen, er werde ihm das
Handwerk auf dem Meere legen. '/Da er ihn nun (genau)
erblickt hatte (KaTibiiv), wie er in die See zu stechen sich
anschickte (dvaTÖjievovj, begann er ihn zu verfolgen (dbiuj-
K€v), indem er ihm die Fahrt nach Samos abzuschneiden
suchte (uT^OT€|Llvö^€voc), auf dass er nicht doii;hin entkäme
(cpÜTOis. u.!); trotzdem (bt) suchte Konon zu fliehen (f9€UT€)
mit seinen Schiffen, die gut segelten (nXeoucaic), weil von
vielen Mannschaften die besten Ruderer auserlesen worden
waren (dKXeX^x^ai), und zwar (koi) nimmt er seine Zuflucht
(noch: hinab von der hohen See? — KaTa9€UT€i) nach Myti-
lene auf Lesbos." Bei dieser Wiedergabe verliert KaTa9€UT€i
den Schein der Tautologie gegenüber f9€UT€ und hat seinen
guten, den Gedanken fortleitenden Sinn: Konon nimmt nun-
mehr seinen Kurs nicht, wie Kallikratidas vorher gedacht,
nach Samos, sondern nach Mytilene, vermutlich, weil letzteres
der von den Hekatonnesoi näher lag, auf der er nach Diod.
13, 77 übernachtet hatte. Geradezu entscheidend jedoch spricht
m. E. für unsere Deutung der weitere Zusammenhang: aus
diesem ergibt sich, dass Konous Versuch nicht ge-
lang! § 16: Kallikr. brachte es fertig mit ihm in den Hafen
einzudringen (cuveic^TrXeucev), was kein Wunder ist, da er
mit nicht weniger als 170 Schiffen hinter ihm her war (biub-
ku)v), während Konon nach Diod. 13,78 bloss 40 hatte. § 17:
Kövujv bt ibc ^9611 UTTÖ TUüv 7ToX€^lUJV KaTaKU)Xu0€ic, i^vax-
KdcBti vaujuaxficai (einzutreten in . . .) Kai dTTiiXece vauc
ipidKCVTa (von 40, also Rest 10!). Darnach dürfte es über
jeden Zweifel erhaben sein, dass KaraqpeuTei in § 16 nicht
effektiv-resultativ sein kann. Wie diese Bedeutung gegeben
wird, zeigt das Simplex § 16 9UT01 und § 23 f(puT€ (wo
beidemal "entkommen" nach der Umgebung besser entspricht
als das in sich nicht unmögliche ingressive "entfliehen") und
die Komposita §17 o\ bk ävbpec eic Tf|v yf]v d7Te9UTOv und
§ 22 f] b' im Toö 'EXXticttövtou 9UT0uca vauc bieqpuxe "das
350 Hans Meltzer,
Schiff, das die Flucht in der Richtung auf d. H. ergriffen
hatte, entkam/' Man sieht, in der Aktion sind Kompositum
und Simplex ganz gleich. Zum Ausdruck der Perfektivität
dient in beiden Fällen einzig der Aorist. Aber in diesem
durchaus feststehenden Rahmen bietet der Wechsel doch einen
kleinen Vorteil: er macht es möglich, da wo der Zusammen-
hang es wünschenswert erscheinen lässt wie in § 17, innerhalb
der actio perfectiva die beiden Abtönungen der ingressiva
(f9UT€) und der eflfectiva oder resultativa (dn-, bi-, dE-^q)irre)
zu klarer Anschauung zu bringen. Dem entspricht es, dass
bei der actio infecta das Simplex (f9€UT0v) deutlicher die
durative, das Kompositum (bi^qpeuTOv) die finitive Färbung
hervortreten lassen kann. Etwas anders dürfte es schon bei
xaTaqpeüxu) stehen. Wenigstens kommt der Aonist KaT^9UT€
oft genug Ingressiv vor "nahm seine Zuflucht zu*' (z. B. Thuc.
1, 62, 6; 4, 54, 2; 4, 68, 3; 4, 96, 4; 6, 100, 2 usw.); auch
wird es im Unterschiede von anderen Kompositis mit q)€uxu>
nicht wohl ohne Angabe der Richtung gefunden werden. Bei
Polyb. finden wir dies alles vollauf bestätigt: 1, 34, 8 sind
o\ cpuTÖviec "die sich auf die Flucht gemacht hatten", qui
in fugam sc coniecerant, folglich ist das Simplex gleich hier
ingressiv ebenso wie 1, 54, 6 9UTeiv "die Flucht ergreifen".
14, 8, 13 gibt Purdie selbst zu, dass öXitoi f9UT0v äv nur
heissen kann "wären entkommen", räumt also dem Simplex
gegen ihre eigene Voraussetzung eflfoktiven Sinn ein. Überdies
jedoch hätte sie dies nicht nötig gehabt, wenn sie das Hiatus-
gesetz beachtet hätte. Zweifellos hat Büttner -Wobst Recht,
wenn er (mit Dindorf) schreibt \bi)€(puTOV, was in Unzialschrift
OAirOIAIE0YrONAN so gut wie kein Hindernis und in 5, 23,
5 Ol bk XoiTTOi bi^qpuTOv einen positiven Halt findet.
Wenn Purdie 8. 88 unten vollends meint, das Präsens
des Kompositums sei so sehr Stellvertreter des Aoristes, dass
es deshalb "gnomisch" stehen könne, so ist dies ein entschie-
dener Irrtum; das sogenannte zeitlose Präsens hat auch beim
Simplex ganz gewöhnlich diesen Sinn, s. Krüger Gr. Sprach!.^
(1875), S. 167; Kühner-Gerth « (1898) 1, 132.
3, 105, 6 dvexwpouv Kai KaxeqpeuTOv beweist der Paral-
lelismus mit dem ersten Verb, dass auch das zweite imper-
fektiv (kursiv) genommen werden muss, ganz abgesehen, dass
der Hiatus mitwirkt. Ebenso 3, 15, 9 ^xP^to, KaT^q)€irr€; 1,
Vermeintliche Perfektivierung usw. 351
40, 8 TTpocTdEac . . . XPflcOai . . ., öxav b' iKmiliDwax, Kaxa-
q)euT€iv elc -rtiv Td9pov er befahl ihnen, wenn sie allemal so
nach und nach verdrängt würden, die Flucht zu versuchen
(konativ) hin (ab) zu dem Graben; KaTa9UT€Tv wäre nicht un-
möglich in der Bedeatung die Flucht zu ergreifen — ingressiv.
Dagegen ausgeschlossen wäre die effektiv-resultative Auf-
fassung "die Flucht zu vollbringen", weil dazu seine Befehls-
gewalt und ihr Gehorsam nicht ausreichen.
Ganz für Purdie und gegen mich scheint zu sein Thuc.
3, 40, 4 (lies 5): dEiiicaie dmivacOai Kai \xr\ dvaXTTiTÖTepoi ol
biaq)€UTOVT€c tOüv dTTißouXeucdvxuüv 9avfivai. Denn thatsächlich
sind die Athener den Anschlägen der Mytilenäer entronnen.
Allein Kleon redet hier wie bei Thukydides überhaupt als
rechter Demagog mit boshafter Schwarzfärberei, als ob sie so
lange immer noch nur auf dem Wege zum Ziele der Sicherung
wären, als sie die von ihm befürwortete barbarische Strafe
nicht vollzogen hätten. Diese Spitze stumpft Purdies Auffas-
sung ab, ebenso wie Cobets auf denselben Sinn hinauslaufende,
an sich natürlich ohne weiteres erlaubte Änderung biaqpuTÖvxec.
Thuc. 4, 124, 3 stehen lauter malende Imperfekta und 2,
40,1 übersetze: ''nicht zu versuchen die Armut zu fliehen**.
Xen. Anab. 7, 3, 43 und nicht anders an der (beanstandeten)
Stelle 5, 7, 2 scheinen die Handschriften vielmehr schon von
sich aus bia9UTiwv zu bieten und 6, 3, 4 wird ol biaqpuTÖvxec
gebieterisch durch das unmittelbar erklärend darauf folgende
bid9UT0v bk gefordert; auch ist es, zumal bei der sehr schlech-
ten Überlieferung der Anabasis, keine Änderung. Hell. 6, 5,
45 aber ist KaTa9ۆT0VTac parallel mit dbiKOUfi^vouc und qpo-
ßou)Li^vouc also imperfektiv "während sie eine Zuflucht such-
ten**. Hell. 7, 2, 6 scheint KaxaqpuTÖVTa hdschr. Lesart; Cyr.
1,6,40 Tou bfe iLiiib' ivTCÖOev bia9eÜT€iv ckottouc tou titvo-
\iiyo\) KttOicTTic: "dass er nicht hindurch (durch die biKxua bu-
cöpaxa) zu fliehen versuche, stelltest du Wächter des Vor-
sieh gehen den auf*. Überall ohne Ausnahme hätte da»
Simplex q)€UT€iv genau dieselbe Aktion und fast genau den-
selben Sinn.
2) biuüKU) (IF. 9, 90—92).
Polyb. 11, 14, 7 übersetze: "da die Furcht nicht im-
stande sei die Gewichenen nach und nach bis zu den Tho-
352 Hans Meltzer.
ren znsammenzadrängen" (cuvbiiüK€iv). 1, 34, 4 ''sie blieben
ihnen auf den Fersen (dn^KeivTo) und verfolgten sie bis hin(ab)
{Kai KaT€biu)KOv) an den Graben": schildernd; zugleich Hia-
tus. Zu 6, 42, 1 sagt Purdie selbst "Not perfective.*' Xen.
Hell. 4, 1, 32 bezeichnet xaTebiujKov nicht ''a pursuit which
succeeded in driving the ennemy down in the sea." Viel-
mehr konstatiert Pharnabazns zuerst zusammenfassend: ''ich
bin euch Spartanern Freund geworden (^tcvöilitiv)/' Dann
aber legt er kursiv schildernd die auf Grund dieser That-
sache von ihm befolgten Massregeln auseinander: "ich
machte eure Flotte stark (diroiouv) und verfolgte bis ans
Meer hinab (KaTcbiujKov) eure Feinde". Dass llias 22, 199
gar das Simplex biu)K€iv bedeuten solle "overtake" (einholen)
in perfektivem Sinne, davon kann natürlich sowieso keine Rede
«ein und dass Mutzbauers abgewiesene Erklärung (Grdl. d. gr.
Tempusl. S. 382) "im Schlafe fühlt man sich unfähig hinter
•einem Fliehenden dre inzusetzen", die einzig mögliebe
ist, hat in der neuesten Auflage inzwischen auch Hentze ao-
erkannt, der überdies eine geradezu schlagende Parallele bei-
bringt in Verg. Aen. 12, 908 — 912: "Ac velut in somuis . .
nequiquam .. extendere cursus velle videmur et in me-
diis conatibus aegri succidimus, non lingua valet,
non corpore notae sufficiunt vires", wahrlich ein klassischer
Ausdruck der Impcrfektivität!
3) dpTdroMai (IF. 9, 92—94).
Polyb. 5, 95. 3 wird der Aorist des Simplex effektiv
fiein ("zustande bringen") bezw. Ingressiv ("sich ans Werk
machen"); 3, 17, 11 ; 4, 22, 1 kommt der Hiat in Betracht,
ebenso 3, 73, 7, wo bieip^dZieTO als imperfektiv erwiesen wird
durch den vollkommenen Parallelismus mit nicht weniger als
13 Imperfekten! Wir haben hier eins der typischen Beispiele
der Schlachtenschilderung, die Hultsch a. a. 0. S. 34 gut dar-
gestellt hat. Auf die aus Thucydides und Xenophon gegebe-
nen Belege lassen sich unsere Einwände leicht übertragen;
Anab. 7, 3, 47 wird qpoßou^al, }ir\ dptdcujVTai perfektiv sein,
nicht "treiben", sondern "anstellen"; Anab. 1,9, 20 gibt ßoii-
AoiTO einen Fingerzeig für die konative Auffassung von
icaTepTd2!ec0ai.
Vermeintliche Perfektivierung usw. 353
4) öpdu) (IF. 9, 94—100).
Halten wir zunächst die Ansätze Purdies auf 8. 86 und
auf S. 94 zusammen, so fUUt uns auf, dass sie ein nicht ganz
einheitliches Bild ergeben. Das einemal soll kqB- oder cuv-
opäv [nicht -qiv!] durativ-perfektiv sein, das andremal eflfektiv
zu der Bedeutung ''Sehfähigkeit besitzen". Im ganzen erhalten
wir folgende Übersicht: fttr Homer (vgl. S. 76) duapujv sab
(durativ) elbov a) erblickte (ingressiv-perfektiv); b) habe ge-
sehen ("konstativ''), und ebenso, da bei diesem Dichter Sim-
plex und Kompositum in der Aktionsart noch nicht auseinan-
derfallen, bei KttO- und cuv-opdv; für Polybius dujpujv a) hatte
Sehfähigkeit b) hatte vor Augen, sah; elbov habe gesehen
(konstativ); Kar- oder cuv-eujpuüv erlangte Sehfähigkeit; Kax-
oder cuv-cTbov erblickte. Nach unserer Auffassung dagegen
stellt sich das Bild so dar: duOpujv besass Sehfähigkeit, sah;
etbov erblickte (punktuell-perfektiv — ergänzt durch dOeilipiica,
ieeacdiLHiv, f ßXeipa u. ä. "punktualisierend" "habe gesehen"). Die
Komposita femer kqO- oder cuv-opäv (zu denen sich u. a. auch
das von Herbig IF. 6, 257 richtig behandelte elc-opäv gesellt)
haben durchaus denselben Sinn, nur mit irgend welcher Ver-
stärkung nach der oben dargelegten Seite, es sei denn, dass
sie in Folge des Vertrocknens der hellenistischen Sprache oder
auch als blosses Mittel der Hiatusvermeidung inhaltlos gewor-
den wären.
Auch müssen wir scheiden zwischen den verschiedenen
Kompositis: biopuü "sehe hindurch" und Ka6opOü "sehe hinab
sind kursiv-finitiv, elcopo» "sehe an** wie ^qpopuj "beaufsichtige
kursiv, cuvopijj "tiberschaue'* scheint mir am ehesten der Be-
schreibung zu entsprechen, die Purdie m. E. irrig von ihrem
"^onstativen* Aorist gibt, wonach dieser eine zirkuläre Aktion
bezeichnet, dessen Bild etwa ein Kreis wäre.
II, 46, 3 nimmt töt€ cuvopuuv (Hiat!) das GeujpÄv von
§ 1 auf, wie es selbst sofort aufgenommen wird von elc laOia
ßX^TTUJV, ist also nicht perfektiv. 3, 18, 11 Xi)a^va . cuvopuüVTec
(Hiat!) bk räc vaOc . . . Kai KaxaqppovoövTec tou ttXiiGouc üjp-
fiTicav nicht "discerning the ships", sondern "weil sie die
Schiffe miteinander vor Augen hatten und Verachtung heg-
ten", (wo dem Kara- noch nie jemand perfektivierende Kraft
beigelegt hat!): das vor Augen haben und das Verachten
99
354 Hans Meltzer,
bildet die anhaltende Grundlage ihres Aufbrechens. 4, 71,
1 Trdvra cuvopÄv nicht "eame to see" und dann euKatptav 6pdiv
*'loked at, considered" sondern beidemal "da er sah*', dort
mit, hier ohne Hiat. Bei der späteren Entwertung der Prä-
position braucht man keinen sachlichen Unterschied mehr an-
zunehmen, wie er in der klassischen Zeit doch wohl, wenn
auch nur als schwache Färbung, gefQhlt worden sein wird.
Purdie hätte u. a. eine Stelle zu ihren Gunsten anfahren kön-
nen, 3, 82, 11: dnei . . . cuvciirTOvra KaOeiiapa . . ., töttouc V
€U9ueic cuveOeujpTice. Hier seheint ja das erste Imperfekt des
Kompositums dem folgenden Aorist ganz gleich zu stehen.
Allein auch dieser Fall entschlüpft ihr, denn er ist von Hultsch
Abb. d. k. Sachs. G. d. W. 13, 17 durchaus zutreffend in einen
anderen Zusammenhang eingereiht worden, nämlich in den des
bei Polybius ungemein beliebten raschen Wechsels beider er-
zählender Tempora, bei dem jedes seine Eigenart wahrt. Es
ist zu übersetzen: ''da er ihn sich bereits zum Kampf an-
schicken sah (= vor Augen hatte — imperfektiv) und sofort
eine Überschau über die Gunst der Gegend gewann" (aor.-
ingressiv); möglich ist auch für das letztere "schon vorher
überschaut hatte" (aor.-"punktuali8ierend"); beachte den Hiat!
Bei Thucydides finden wir dieselbe Lage der Dinge.
Nicht bloss da, wo Purdie es zugibt, sondern auch da, wo
sie ihn für "purely constative" hält, lässt sich der Aorist elbov
unschwer punktuell erklären. 2, 77, 4 "eine Flamme, wie sie
bisher niemand erblickt hat"; 2, 48, 3 "da ich persönlich
in die Krankheit verfallen bin und mir andere .Leidende
zu Gesicht gekommen sind; 7, 42, 3 "da er inne ge-
worden und zu der Überzeugung gelangt war" usw.
Wie es aber vollends zugehen soll, dass für das Prä-
sens das Simplex 6päv an gar nicht so wenigen Stellen ''a
perfective nieaning seems either possible or even inevitable",
das ist mir ganz erstaunlich, bes. in Erinnerung an die Dar-
legung von G. Curtius Erl. z. gr. Schulgr.» (1870) S. 132, wo-
nach es ''durchaus für die dauernde Handlung des Präsens-
Btammes geschaffen war'*. Was wir nicht selten bei Purdie
beobachten, widerfährt ihr auch hier: anstatt dem Schriftsteller
in geduldiger Auslegung die von ihm trotz aller Unbequem-
lichkeit für uns nun eben einmal gewählte Färbung abzulau-
schen und wo es Not thut, abzuringen, gibt sie einer Form
Vermeintliche Perfektivierung usw. 355
die Bedeatong, die sie gerade erwartet, verletzt damit alle
Kegeln methodiseher Auslegungskunst und zerstört die Mög-
lichkeit entwicklangsgeschichtlichen Erfassens. Dazu rächt
sich hier wie sonst die zu enge Begrenzung des Präsensstam-
mes auf den Begriff "durativ"; er ist eben auch initiv usw.
Es ist bei 6pav genau dieselbe Sache wie mit unserem "sehen",
das nicht bloss die Fähigkeit seine Augen zu gebrauchen oder
das vor Augen haben bezeichnet, sondern vielleicht in der
Mehrzahl der Fälle "eine Wahrnehmung (nach und nach)
machen", von IbeTv nur dadurch unterschieden, dass dieses
stets punktuell-perfektiv ist, jenes dagegen kursiv- oder auch
initiv -imperfektiv einen Ausgangspunkt mit einem sich daran
ansetzenden Stück verlaufender Thätigkeit darstellt.
Von hier aus lassen sich alle thukydideischen Beispiele
richtig erklären. Was Thuc. 1, 51, 1 dujpiüVTo besonderes an
sich haben soll, ist mir überhaupt nicht klar geworden; es ist
sogar durativ "für die Kerkyräer waren sie nicht sichtbar,
lagen sie nicht innerhalb des Gesichtskreises". 7, 70, 8 "so
oft sie einen rudern sahen" (nicht: ""erblickten"), wo das dabei
stehende part. praes. noch überdies auf eine gewisse Ausdeh-
nung hinweist; 7, 78, 1 haben wir dasselbe, wie die schil-
dernden Imperfekte zeigen. Entschieden schwierig dagegen
ist 6, 59, 2. Nach mannigfachem Hin- und Herüberlegen,
wobei die Kommentare, wie so gern, durch Schweigen auffielen,
halte ich folgende Auffassung für notwendig: "Hippias richtete
seine ganze (biecKOTreixo) Aufmerksamkeit auf die Verhält-
nisse draussen, ob er irgendwoher eine Sicherheit vor Augen
hätte" oder mit einer unserem Verständnis näherliegenden
Umformung ''ob unter dem, was er vor Augen hatte, sich eine
Sicherheit befinde".
Auch bei Xenophon bedeutet Ibeiv natürlich überall "er-
blicken"; cuvibeiv sodann ist ingressiv oder resultativ zu cu-
opäv und wenn dieses heisst "einen Überblick haben", so
heisst jenes ''einen Überblick gewinnen". Hell. 6. 2, 29 gibt
das Folgende selbst einen Anhalt dafür, dass Kard hier noch
örtlich zu verstehen sei: "viel weiter nun sahen diese herab
als die auf der Ebene (zuvor: er Hess sie in die Wanten
klettern. Ja, es steht sogar da: &q>' uipTiXoTepou Ka6opaivTec!).
Davon, dass KaOopdv Hell. 2, 3, 55 "Ingressiv" sei, ist doch
nicht die Rede ''sowohl Götter rief er an als Menschen, herab-
356 Hans Meltzer,
zusehen, berabzuschanen (bezw. genan anzusehen) (anf)
das, was sich da abspielte (xd TiTVÖineva — kursiv !), "ihr
Auge ruhen zu lassen" nicht "einen Blick herabzusendend
Viel Kopfzerbrechen hat mir Hellen. 1, 7, 7 gemacht.
Es wird genau heissen : ""denn es war spät und sie hätten die
Hände nicht vor Augen gehabt (ouk äv KaOeOapujv, vielleicht
noch "von oben herab", d. h. von dem jedenfalls erhöhten
Platze des Stimmenzählers aus) ; zu dem griech. Ipf. im Sinne
unseres Plusqpf. im irrealen Bedingungsgefüge vgl. u. a. Krü-
ger Gr. Sprl.*, 191 f. und Mutzbauer Grdl. 28 ff. — Eine von
Purdie nicht angeführte Stelle, die fast unwiderleglich für sie
zu sprechen scheint, trage ich selbst nach, Xen. Anab. 1, 8,
26 ciiv TOUTOic bfe a)v KaBopd ßaciX^a Kai tö d)Liq)' dKeivov
ctT90c* Kai €u8uc ouk i^v^cx€to, dXX' elirdiv töv dvbpa 6pa>
\'€T0 dir' aÖTÖv Kai naiei Kaxd tö CT^pvov. Hier meint man,,
es könne gar nicht anders lauten als: da "erblickt er den
König". Aber mit dei-selben Notwendigkeit müsste man dann
§27 auToc T€ diT^Gave Kai öktu) . . . fK€iVT0 dir' auruj über-
setzen '"er kam selbst zu Tode und acht . . . stürzten über
ihn hin", während es eben wider all unser Erwarten heisst
"lagen über ihm'* (wie man nämlich hintendrein gewahrte).
So ist 1 , 8, 26 zu geben : "unter diesen befindlich hat er (auch
schon) den König im Auge, und sofort hielt er nicht zurück,
sondern sprach "Ich habe meinen Mann im Auge" und sprengte
(ipf. schildernd) auf ihn los und stösst ihn auf die Brust".
5) Oedoinai (IF. 9, 100—102).
Da dieses Verbum zweifellos imperfektiven Stamm hat,
so kann d8eacd^1^v ebenso gut "konstativ" "habe geschaut" als
ingressiv "bin ins Schauen eingetreten" bezw. effektiv
"habe erschaut" bedeuten. Darum verzichte ich darauf Pur-
dies Beispiele dieses Tempus einer z. T. abweichenden Beur-
teilung zu unterziehen. Dagegen weise ich darauf hin, dass
Kara- und cuv-0eüj|aai sich als leicht verschieden abgetönt wer-
den ansehen lassen wie bei 6pdv sowie ferner, dass auch hier
der Hiat nicht übersehen werden darf. Polyb. 7, 4, 8 *da
sie so recht überschauten, vor Augen hatten" (imper-
fektiv, parallel voiniZiovTec). Bes. deutlich das von Purdie
nicht augeführte Beispiel Xen. Anab. 3, 1, 19 "ich hörte nie-
mals auf (^TrauoiaTiv ipf.) den König zu preisen duaKapiCiüv
Vermeintliche Perfektivierung usw. 357
präs.); wenn ich mir so recht nach Herzenslust oder eines
nach dem anderen ansah" (biaOeüüficvoc kursiv).
6) eeujp^uj (IF. 9, 102—105).
Hierfür gelten dieselben Bemerkungen wie ftlr das voran-
gehende Zeitwort.
Polyb. 1, 53, 5: während Purdie sonst dem Zusammen-
hang die ihm gebührende Berücksichtigung fast gar nicht
schenkt, lässt sie sich hier durch ihn zu einer ganz unmög-
lichen Auffassung des Simplex Oeuipuüv als eines Perfektivums
verführen. Hier haben wir vielmehr einmal in dessen Ent-
sprechung mit cuvvorjcac (nach Purdie müsste es doch wenig-
stens genau umgekehrt Oeiupiicac und cuvvooiv heissen!) etwas
Ähnliches wie den so überaus häufigen Wechsel zwischen Aorist
und Imperfekt in Erzählungen. Wir haben also ganz einfach
wiederzugeben, wobei der innere Grund des Wechsels ja ganz
klar ist: Himilko 'Vernahm das Geschrei (momentaner Akt)
und da eben der Tag allmählich aufging (uTTocpaivouciic — praes.
kursiv), so schaute er (kursiv) den Vorgang (tö titvö^icvov,
praes. kursiv)''. Dass auch das Simplex 6€u)pf)cai perfektiv
sein kann, gibt Purdie entgegen ihrem Grundsatz zu, bemerkt
aber nicht, wie 7, 15; 6; 7; 9 nach Büttner- Wobsts einleuch-
tender Lesung handgreiflich wieder zeigen, dass der Wechsel
zwischen Oeuipficai und cuv€0€iJüpTic€v im wesentlichen durch
das Hiatusgesetz bedingt wird! Ihre Feinfühligkeit, womit in
drei nicht stimmenden Fällen das Kompositum von der Erhal-
tung der örtlichen Bedeutung der Präposition hergeleitet wird,
übersteigt wohl aller Leser Nachempfindungsverraögen. Dass
Thukydides und Xenophon gar nichts beisteuern, spricht nicht
für die Voraussetzung.
7) cpuXdTTuj (IF. 9, 105—107).
a) Auch hier braucht der Aorist des Simplex nicht immer
"konstativ" zu sein, an manchen Stellen ist er es sicher nicht,
sondern ingressiv, z. B. Polyb. 11, 25, 2 "bevor körperliche
Schädlichkeitsursachen eintreten, ist es möglieh, Sichcrbeits-
massregeln zu ergreifen (cpuXdHacOai) und wenn sie entstanden
sind, leicht, Abhilfe zu schaffen" (ßoriOficai).
b) umgekehrt möchte ich glaubeu, dass bei Verben wie
biacpuXdTTeiv, biatripeTv, biaßioöv, biateXeiv, biaYiTvecGai usw.
Indogrermanische Forschungen XII 3 u. 4. 24
die Zosanimensetzuiig mit der Präpositinu stets "konstaÜv",
nicht aber perfektiv, in. a. W. stets liiiear-perfekÜT oder
hodisteus "puiiktualisiereud", nie aber punittuell-perfektiv ist;
""er hat die ganze Spanne hindurch bewahrt" (BIsss
Rhein. Mus. 44 (1889), 424). So würde aluo gCDaii um-
gekehrt als Fnrdie meint, einmal der Fall eintretea,
ä&6>j das Kompoeituni gegenllber dem 8imp]i>x cnl-
Hchiedeuer "durativ" ist. Bes. klar ist das z. B. Demostb.
Phil. 1,15 TIC . . . napocKeufi . . . biajieivai öuviicexai, fuicäv..
blaXucw^E6a töv näXcMov, wo im Nebensatz der Endpunkt ge-
genanut ist; ähnl. auch Ael. V. H. 7, 15 iv dtioucit;! kqI Ct^aäiiji
Kaiaßnlivcci sei das Sehlimniste, natürlich m^xP> Bavärou: "IIui-
leben bis zum Tode". Ührigens ist auch hier der Uiat zn
beachten /.. IS. Polyb. 7, 8, 7 fiii \ikv ^ßiiucev tveviiKovta, b\t-
(püXa££ be TÄc aicflriceic änäcac u. a. a. Stellen.
c) Der Prasensstamm des Koutpositame ist nicht (»erfek-
tiv, sondern ausgejirä^t kursiv-fiuitiv : 10, 16, 8: "weua die
eine Hälfte die Wendung zur Plitudernng vollführt bat (ipü-
TcwvTai punktucllpcrfektiv), die andere aber in Reib und Glied
verbleibend (biaq)uXdTTOVTec imperfokliv) diesen als Rückhalt
weiter dient" (^(ptttpeutuci imperfektiv). Höchst merkwUrdtg,
von Purdie aber leider nicht vollständig ausgesehriehen, ist 1«,
31, ti: napEKdXouv xoüc AitujXoüc biä nXeiöviuv fi€ivai ^iri riic t£
dpxiic alp^ceiuc Kol öiacpuXdTTeiv ifiv Trpöc 'Piujjaiouc eOvoiav,
direkt neivaxE Kai biatpuXdTrexe ! "sie oiunterteu die Aetoler
Husfnhrlieher auf bis ans Ende zu bleiben (linear-perfektiv
•) und die Ergebenheit gegen die Römer fortwäh-
rend zu bewahren [•] (kursiv-linitiv).
An Polyb. fllge ich eine Stelle ebenfalls aus einem späten
Schriftsteller an, die stark gegen Purdie spricht und die be-
sonders Gewicht hat, weil sie von einem der Begründer der
griechtscben Syntax selbst herrtlhrt, von Dionysins Tbms
'Jö'2, 2 Uhlig: "man muss bedenken, da«8 etwas Gewünschtes
sieh entweder auf die Erstreeknng in der Gegenwart iirapä-
taciv Toö ^vecTuJToc) bezieht, damit es in ihr dauerud
geschehe" (biaTiTV>lxai). Das ist Ja doch an<h fllr jeden
selbstverständlich, der sich erinnert, dass durch dieses und
verwandte Verben mit dem Partizip eines anderen ZeitWQi
die Handlung des letzteren als immer w&brend o. i
fuhrt werden i*oll. (Krilger Gr. Sprchl." ,S. 216).
Vermeintliche Perfektivierung usw. 359
Fttr Thukydides and Xenophon gilt natttriicb dasselbe;
den methodischen Fehler, den wir schon oben erwähnt haben,
den der petitio principii, begeht Pnrdie, wenn sie Xen. Cyr. 7,
2, 5 q)uXdTTOVTac und 7, 2, 7 biacpuXdHaci als Beweis daftlr
anfahrt, dass das Simplex ''durativ*', das Kompositum aber
perfektiv sei: das wäre nattlrlich nur möglich, wenn es auch
biaq)uXdTTOuci hiesse! Es ist höchst lehrreich Cyr. 5, 1, 2; 3;
4 "er befahl ihm die Frau bis ans Ende zu bewachen*' (bia-
<puXdEai linear-perfektiv); dann von derselben Handlung: ''diese
also hatte Kyros befohlen bis auf weiteres zu bewachen
(biacpuXdrrciv — kursiv-terminativ) dem Araspes — , nämlich,
bis er sie selber hole (?u)c fiv auxöc Xdßij). Letzterer Zusatz,
der den Endpunkt angibt, scheint ja daftlr zu sprechen, dass
das Kompositum doch mit Purdie perfektiv zu verstehen sei.
Allein diese Bestimmung ist erst hinterher sozusagen als nach-
trägliche Berichtigung angehängt und beim Aussprechen des
biaq)uXdTT€iv noch nicht als wesentlich empfunden gewesen,
wie schon die Stellung zeigt. Endlich kommt noch "hast du
die Frau gesehen, die du mich bewachen ((puXdxTeiv) heis-
sest": im wesentlichen genau dasselbe wie biacpuXdxTeiv.
So scheint es uns, dass bes. an dieser Gruppe Purdies
Satz in allen Punkten scheitert.
8) TTiptü (IF. 9, 107—110).
Das Verbum verhält sich wie (puXdTTiJü, weshalb wir kurz
darüber hinweggehen. An manchen Stellen kann Purdie selbst
keinen Unterschied von Simplex und Kompositum finden; bie-
TripTice wie bucpuXoHe nach Polyb. 7, 8, 4 linear-, nicht punk-
tuell-perfektiv; 1, 45, 14 und sonst wie 4, 60, 10 wirkt der Hiat.
9) vo^tü (IF. 9, 110—112).
Auch hier ist zu erwidern, a) voeiv heisst nicht bloss
durativ "im Sinne haben", sondern auch incohativ (allmählich
od. ä.) bemerken, z. B. Polyb. 4, 40, 6 voeicGuü (wo andernfalls
wohl dvvevorjcGiJü stände), b) Der Aorist des Simplex dvörjca
ist auch ingressiv, wie Purdie selbst einräumt, c) Das Kom-
positum ist im Präsensstamm imperfektiv, vgl. 3,92,10 Kata-
vodiv .... Ktti Oeuipoiv; die Stelle 9, 28, 8, die sich Pur-
dies Willen gar nicht ftlgen mag und der sie mit der Vermu-
tung beizukommen sucht, dass Kard hier regelwidrig seine
460 Hans Meltzer,
8tof9iche Bedeutung beibehalten habe, so dass KaTavo€tv hiesse
"genaue Kunde haben von", ziehe ich gleichfalls hierher
und übersetze : "Vie Alex. Theben zerstört hat, das, meine ich,
ttberlegt ihr euch, bedenkt ihr": hoc vos puto vobiscum
reputare o. ä. Thukydides und Xenophon bieten nichts Auf-
fallendes.
10) XoTiCoMtti (IF. 9, 112 u. 113).
Polyb. 3, 80, 5 soll l^icppövwc IXoifiCcTO imperfectiv, hin-
gegen § 4 TTpdTMaci cuveXoYiCeTO perfektiv sein ; allein erstens ist
der Hiat nicht zu tibersehen und sodann nimmt letzteres nach
Ausweis des dabeistehenden irdvTa . . raCTa jenes einfach auf ;
2, 26, 4 entspricht dem cuXXoTiMjLievoi ein dcpopOüvrec. Xen. Cyr.
8, 2, 18 ist XÖTicai selbstverständlich resultativ: ''zieh' das
Fazit!"
11) Mavedvtü (IF. 9, 114—116).
Dass der Aorist des Simplex nach Pnrdie sowohl per-
fektiv als ''konstativ" auftreten kann, ist schon eine Durch-
löcherung ihres Prinzips. In Wahrheit femer sieht es mit dem
letzteren Gebrauch etwas zweifelhaft aus, weil die Wurzel
punktuell ist (Delbrück V. S. 2, 106). Damach 3, 32, 10
"wie sich das Erlangen einer Kunde durch Einsicht unter-
scheidet von dem durch blosses mit den Ohren Vernehmen".
Da ist es natürlich kein Wunder, wenn KaTa^a8€Tv stets per-
fektiv ist und zwar, da Kaxd zunächst jedenfalls allerdings ver-
stärkt, in ausgesprochener Weise. Xen. Hell. 7, 5, 9 ist der
Wechsel zwischen KaTe^dv0av€ und fjcOeTO Ausdruck einer in-
haltlichen Verschiedenheit: "da er sich nun nach und nach
davon überzeugte", dann aber ""da er auf einmal gewahrte".
Der Abstand braucht kaum viel stärker zu sein als bei den
deutschen "Scheideformen" (s. darüber Paul Prinz ^ (1898),
239 f.): "da er sich darüber (immer) klar(er) wurde" und
'"da er inne ward".
12) teXai (IF. 9, 116—118).
Die Verba dieser Bedeutung sind ebenso interessant wie
die des Anfangens. In cuvieXecai mttsste nach Purdie die
Perfektivität eigentlich dreimal enthalten sein 1) im Verbal-
stamm (t^Xoc), 2) in der Präposition (ciiv), 3) im Aorist. In
Wahrheit ist sie wirklich ausgedrückt freilich bloss einmal,
Vermeintliche Perfektivierung usw. 361
nämlich nur durch den Aorist. Denn auch hier kann man
sich auf die Anfangsstadien des VoIIendens beschränken und
partem pro toto geben und zwar mit cuvct^Xci gerade so wie
mit dx^Xei. Das zeigt Polyb. 4, 81 sehr schön: Kiveiv direßdXeTO
("versuchte) xd KaGecTiöxa ... Ititvcto irpöc tö (ti|i?) cuvtc-
XeTv Tf)v Imvoiav (machte sich allmählich an den Versuch
seinen Anschlag zu bewerkstelligen). Zuerst — brachte er, wie
wir dann sehen, dies auch fertig — cuvreXecdjLievoc aor.! — aber
zum vollen Abschluss gelangte er nicht, drum d6ü^u)c
bl^K€lTO, d7T€XWp€l Xa9paiU)C, . . . dKTTeiTTUJKUJC! 20, 84 TOUC
Td^ouc cuvT€Xu)v . . . bUrpiipe töv x^iM^va ''damit, dass er
SO nach und nach die Hochzeitsfeierlichkeiten ins Werk
setzte, verbrachte er den ganzen Winter".
13) TTpdccu) (IF. 9, 118—121).
Hiermit steht es ähnlich wie bei reXu). Polyb. 32, 25,
10 ouWv bk 7TpdTT€iv buvdfi€voc dufipev soll selbst das Simplex
perfektiv sein ! Das ist eine Verwechslung, die auf dem Über-
sehen der Thatsache beruht, dass auch ein Zeitwort des einem
Zielezustrebens imperfektiv gebraucht sein kann. Diese Verben
sind eben alle (finitiv-) terminativ, weder perfektiv, noch ""pu-
rely durative."' irpdTTUj hängt zusammen mit Trepuj und heisst:
^'hinüberfahren, durchfahren, dem Ende zuführen, (be)treiben,
handeln, thun, sich befinden". So ist oben zu übersetzen: "da
er nichts vor sich zu bringen vermochte", cum nihil pro-
ficeret (TrpäHai etwa = ef-ficeret). Ebenso macht bei Thuk. 2,
101, 5 ^7T€ibf) oöbtv iTTpdcceTO wahrlich keine Schwierigkeiten;
68 bedeutet eben ''cum nihil procederet, cum res haesitaret,
als nichts vor sich gehen wollte", wie Purdie z.B. zu 7, 40,
2 richtig sagt "seek to accomplish" und zu Polyb. 3, 4, 7
biaTtpaTTO^idvujv ''were just completing".
Angefügt sei noch, dass nach dem Index verborum der
grossen kritischen Ausgabe der Hellenika Xenophons von Holder
dort nur der Aorist Kai^TTpaEa erscheint, nie aber KaxdiTpaTTOv,
auch ein Fingerzeig, welches Tempus damals perfektivierte
and welches nicht!
14) Kivbuv€uu) (IF. 9, 121—124).
Das Verb ist ebenfalls nicht so rein durativ wie Purdie
voraussetzt ("to be in danger, be engaged in confliet, to fight").
s«s
i Meltaer,
eondern auch incohativ, wie sie denn Thuk. 2, 65, 4 Qie» 1)
Kivöuveuovrac selbst gibt mit "iiiiperil". a) Der Aorist des
Simplex ^vivftüveuca heisst uiebt bloss "konstativ" "bin in Ge-
fahr gewesen", soudern auch ingressJv "habe mich in Gefahr
begehen" ■/.. 11. Polyb. 4, 12, 13 änavTec äv dKivbuveucav
omnes in penculnm luciilissent. b) Der Piäsensstjimm des
Kompositums ist nicht perfektiv, sondern kursiv-terrainaliv;
ich greife das von Furdie mit Unrecht nicht ganz ausgeschrie-
bene Beispiel 17, 3, 4 0". heraus: dort entsprecheu lauter inf.
aetionis infectac: fidxEcSai, dvaipeiv, KaracpSeipEiv, KExpn^^doii,
bioKivbuveutiv, növta Tioieiv cpeibecOai = diaäxovTo, ixi-
XptivTo, i)iEKivbiJVEUov USW.: fasst man dies nicht ebenfalls
als imperfektiv, so nimmt man ihm willkllrlich die Farbe seiner
Umgebung. 1, 84, 9 ist der Wechsel wohl begründet; "so dass
sie weder sich durchzukämpfen (als Linie gedacht - )
wagend, noch zu entlanfea (als Punkt gedacht •) vermögend"
nsw. Unmittelbar darauf: npöc iitw fäp töv Kivbuvov oOk
iröXnuiv tEi^vat wie eine Umschreibung des vorangehenden uniE
öiOKivbuveueiv ToXmJJvrac, d) An sich versteht es sich für uns
von selbst, dass auch der Aor. des Kompos. buKivbuveuca
"konstativ" d. h. linear-pcifektiv oder "punktualisierend" sein
kann "ich bin hindurch in Gefahr gewesen" o. ä.; doch habe
ich kein Beispiel autgefunden. Da dies reiner Zufall ist, so
erseheint auch an diesem Verbum Punlies Satz in allen Punkten
widerlegt.
lö) cipxoiioi IIF. 9, 124—126).
Die Sache liegt u. E. nicht so, wie Purdie meint, diua
äpxuj durativ wäre, dagegen KaidpxLU perfektiv, den "Moment
des Losbrechens" bezeichnend. Vielmehr giebt auch das letz-
tere ein linear -imperfektive Handlung, nur mit dem Unter-
schied, dass apxuj zweiseitig ist: a) kursiv: "bin der erste,
herrsche", b) incolmliv; "mache mich (allmäblicbj an den Anfang',
dagei;en KaiäpxuJ bloss das letztere. Demgemäss ist der Aorist
i^pEa a} "konstativ"; "bin Herrseber gewesen" b) perfektiv-
ingressiv: "bin znr Herrschaft gelangf bezw. "bin in den
Anfang eingetreten", dagegen KaTijpEo: nur perfektiv und zwar
mit Beschränkung auf die ingressive Abtönung. Giles' (Vgl.
Gr. d. Kl. Spr. übers, v. Hertel 1896, S. 368) Vermutung, fipxo-
fiai sei vielleicht ein sog. AoristprRsena zn ^pxofxai, ist zu uu-
Vermeintliche Perfektiviening usw. 863
sicher (vgl. nur Preliwitz Gr. Etym. S. 34), um irgenwie als
Ansgangspunkt für Schlüsse auf die BedeutuDg zu dicDen.
Überdies s. Herbig IF. 6, 238. Wir gehen zu einigen Bei-
spielen über:
a) Dass das Präsens des Simplex von Homer bis Poly-
bius fipxeiv "perfektiv" sein soll, ist wiederum eine Behauptung,
die als richtig zugegeben alle und jede wissenschaftliche Er-
fassung der griechischen Zeitenlehre völlig unmöglich machen
würde. Polyb. 2, 45, 6 öpfi/jcavTCc im tö TToXuTrpaTMOveTv Kai
X€ipujv Spxeiv äbiKUJv zeigt doch schon der Parallelismus, dass
wir es mit incohativer Bedeutung zu thun haben; ebenso wäre
es bei Kardpxeiv, das nach Vokal stehen würde, wegen des Hiats
wie in Frgm. 57 toO ^i\ Kaxdpxovrec cpaivecGai x^ipti^v dbiKUiv.
b) Dass das Präsens des Kompos. linear ist, zeigt u. a.
15, 19, 2: fi^XXovTÖc tivoc . . . dvxiX^TCiv ... Kai Kaiapxo-
^^vou.
c) Dass der Aorist auch des Simplex perfektiv ist, er-
giebt etwa 8, 13, 5: dpEdfievoc dirö jauxiic Kai Ttpoßdc "wobei
er den Anfang ergriff bei dieser und den Fortschritt er-
reichte".
16) Kax^TTauca (IF. 9, 127—128).
Hierzu habe ich bloss zu bemerken, dass es bei Homer nicht
so steht, dass zwischen Präsens- und Aoriststamm kein sicht-
barer unterschied wäre; vielmehr bezeichnet der erstere natür-
lich wie überall das Aufhören unter dem Bilde einer allmählich
verlaufenden, den Endpunkt thatsächlich nicht erreichenden
Linie, der andere entweder linear-perfektiv unter dem einer
Linie mit Endpunkt oder momentan-perfektiv eines Punktes
allein.
17) XriTUj (IF. 9, 128 u. 129).
Dieses Verb bietet etwas Eigenartiges, insofern es nach
A. Weiske Bem. z. Kochs gr. Schulgr. wie nach Prellwitz Gr.
Etym. s. V. mit unserem ''schlaff, schlafen" zusammenhängend
ein allmähliches Aufhören bezeichnet. Demnach muss Pur-
die zugegeben werden, dass fXriEa "konstativ" sein kann "habe
allmählich aufgehört". Andrerseits aber, so gut zu ßaciXeuu)
der Aor. ^ßaciXeuca auch bedeutet "gelangte auf den Thron",
so gut kann fXiiEa auch heissen gelangte zum Aufhören,
364 Hans Meltzer,
trat darin ein" o. a. M. E. sind nun die von Pnrdie beige-
zogenen Stellen sämtlich so aufzufassen, z. B. lö^ 21, 5 ou
buvavrai XflEai ific dvoiac = dTtaXXaTflvai **sie können nicht los-
kommen von". Feraer wird Kax^XiiHa mit seiner präpositio-
nalen Verstärkung (""emphasis" Purdie S. 125) eindeutig per-
fektiv sein wie KaraXriTU) finitiv, während XrJTU) allein mehr
kursiv ist.
18) KaxaM^XXu), |i^XXu) (IF. 9, 129 u. 130).
Letzteres soll durativ sein und heissen ""zögern, Zeit ver-
geuden" u. a.; ersteres ""das Ergebnis des Aufschiebens er-
reichen, d. h. versäumen, vernachlässigen, ablehnen" usw. Das
scheint mir nicht ganz richtig, insofern auch das Kompositum
z. B. Polyb. 4, 30, 2 cuTTViiiMnv ^X^iv uirepTiOefi^voic kqI Kaxa-
^^XXoucl KQi KaOöXou bebiöci u. sonst im Sinne des einfachen
Zögems, Zauderns, also ganz wie das Simplex gebraucht wird;
aber auch, wenn Purdies Begriffsbestimmung richtig wäre, so
würde doch daraus nur folgen, was wir schon lange wissen,
dass viele intransitive Verben durch Präfigierung transitiv
werden : hier wäre also ""effektiv" wie oben bei Funk im Sinne
von ""transitivierend" angewendet, womit über die Aktion noch
nichts gesagt ist.
19) KaTttTtüviZIoMai (IF. 9, 130—132).
Sehr klar tritt die soeben gemachte Bemerkung auch
an diesem Zeitwort hervor. Sie wird schon dadurch be-
leuchtet, dass man dYUJvi2[o^ai tivi oder irpöc Tiva, dagegen
KaTaYU)vi2[o^ai Tiva sagt: das Simplex ist kursiv, das Kom-
positum finitiv; dem entsprechend bedeutet 1) T^T^vicaro a)
puuktualisierend ""hat gestritten", b) ingressiv ""trat in den
Streit ein", 2) KairiTUJvicaTO perfektiv "wurde im Streite fertig
mit"; der Unterschied läuft etwa auf dasselbe hinaus bei un-
serem ""ringe mit einem" und ""ringe einen nieder*. Man sieht,
es bleibt stets "the füll material meaning of the Kard retained"
und auch letzteres kann leicht als verlaufende Handlung vorge-
stellt werden. Für Purdie nicht nur "difficult", sondern uner-
klärbar ist die schöne Stelle von der unbesieglichen Kraft der
Wahrheit 13, 5, 5 jrdvTUJV youv auTf|v KaTaTU)vi2Io)i^vuiv
KaTaYa)vi2[€Tai tö ipeOboc: hier liegt die Erfolglosigkeit des
ersten Verbs zu Tage und auch beim zweiten ist das Ziel
Vermeintliche Perfektivierung usw. 865
nicht als erreicht betont; sondern nur ins Auge gefasst. Für
das erreichte hätte sich dem Schriftsteller ganz von selbst der
Aor. gnom« Ka-nifuivicaTO dargeboten. S. a. Herbig § 46 Schi.
20) biopTiZofiai (IF. 9, 132 u. 133).
Es ist nicht die Rede davon, dass öpTiZiecOai nur hiesse
"dornig sein", biopiflCecOai Ingressiv -perfektiv" "in Zorn ge-
raten"; sondern jenes bedeutet a) allmählich zornig werden b)
zornig sein, und letzteres dasselbe, nur verstärkt, ''sehr, heftig"
o. ä., sofern nicht bloss Hiatusrücksichten obwalten. Ent-
gangen ist Purdie, dass Polybius sich gerade bei diesem Ver-
bum als ausgeprägter Freund der Präpositionen zeigt; so ist
zu 2, 8, 13 biopTic8^VT€c beizuziehen § 12 im tocoOtov Öujp-
TicOn und zu 4, 4, 4 biopTicOeic, § 7 irepiopTicOeic. Bei Thuk.,
soweit er angeftihrt wird, hat man öpTtc6f)vai überall zu ver-
stehen als 'In Zorn geraten", ingressiv, nicht "zornig gewesen
sein", "konstativ".
21) dcGiu) : ^cparov (IF. 9, 133 u. 134).
Wir treffen hier wieder einen recht einleuchtenden - Be-
leg für die Unhaltbarkeit von Purdies Annahme: ^cpaTOV soll
natürlich als Simplex "konstativ" sein "habe gegessen = bin
mit Essen beschäftigt gewesen". Dagegen KaTacpayeTv soll
bezeichnen ''actual consumption of the food". Damit halte man
zusammen Delbrück V. S. 2, 257 "fcparov den Akt der Speise-
aneignung bezeichnend". Xen. 2, 3, 16; 4, 8, 20 wie Polyb.
8| 12, 3 stimmen durchaus hierzu.
22) buu) (IF. 9, 134 u. 135).
Dass das Kompositum nicht perfektiv ist, zeigt z. B. der
Parallelismus 5, 47, 2 ßaTrriCöfievoi Kai KaxabuvovTec usw. Bei
Homer wird bCvai und KarabOvai kaum "konstativ"' gebraucht
sein, weil die Wurzel punktuell ist (vgl. Mutzbauer Grdl. S. 169).
23) KaeiCu) und mQiloixai (IF. 9, 135—138).
muss ich übergehen, weil diese Verben ganz besondere
Schwierigkeiten bieten, die man nur in einer ausgebreiteten
Einzelarbeit behandeln könnte.
EKe hier zu lösenden Schwierigkeiten liegen besonders
nach der Richtung, dass hier noch weniger leicht als sonst
oft zii begtimmen ist, ob eine Form imperfektiven oiler ao-
ristiscben Sinn bat, und das bangt wieder mit dem Umstände
KRgammen, dass die Präseusetämme bier in auffallendem Masse
tbeiluebnien an der Mebrseitigkeit, von der Delbrück V. S. 2,
69 bandelt. Äbnliehe Verhältniese treffen wir im Mhd., für
das G. Curtius (EH.* S. 186) anfübrt "von dem r<me stäa" i^
treten, absteigen), aber auch in oberdeutschen Mundarten; z. B.
Bagt man schwäbiscb sitz uf di Hül, hg ins hett, stand net
en da w^g = "setze dich, lege dicb, stelle dicb nicht". Selbst
Schriftdeutsch begegnen uns wirklich erstaunliche Fälle So
ist doch "haben" gewiss ein duratives Zeitwort; trotzdem wird
es perfektiv, wenn ich ausrufe: "haben Sie Dank!" (= em-
pfangen Sie!) oder frage: "Könnte ich vielleicht bei Ihnen ein
Pfund Kaffee haben?" {^ erhalten).
25) KaTonreüuj (IF. 9, 138).
Dass da» Kompositum nicht perfektiv ist, ersiebt i
ans dem NcbeneinanderBlehen von 15, II, 10 ^Xetteiv auTOäc
^K^Xeue Kai . . . KaiointOtiv. Wie 22, 9, 6 n€pir|ti KaTOTneOiuv
(zugleich Hiatvemieidung!) der Sinn soll perfektiv sein können,
ist mir ganz unverständlich. Ftlr uns bes. wertvoll ist nun
natitriich die gnr nicht kleine Liste von Ansnabnien, die Purdie
selbst aofgeptellt bat (IF. 9, 139—151) und die sich ihr im
Satze durchaus nicht fügen wollen : perfektiv, anstatt "konsla-
tiv", wie sie sollten, treten darnach ansschliesslich oder hün%
auf: ^cTtiv, fTVLuv, ?cxov, ^Kupieuca, ^KpArrtca; andrerseits sind
Komposita "durativ", die perfektiv sein mllssten, ?,. U. kot^xw,
und endlich sollen gar Präsentia von Simplizien (wie f||i«i,
eübuj, T'TvüiCKUj, KpoiTiIi ) perfektiv sein ! Angesichts solcher
Anarchie hört eigentlich doch alle und jede wissenschaftliche
Erkenntnis auf und fängt Wie Willkür an, von der ein alter
Spruch sagt t6 toi TOnäZeiv toO cdip' cibevai bixa ! Cm anf einige
Einzelheiten einzugehen, so zeigt Polyb. 3, Hl, 10 toxict' Ö.v
Tiliv öXujv KaTUKpaToiti verglichen mit § 11 TifveTai tcoXXükic
Kpaieiv TÜJv dvTixaTTOn^vujv zwar, dass Kompos. und Simplex
in der Aktion völlig gleich sind, nicht aber, dass dies die
perfektive sei: vielmehr wird durch den Präsensstamm das
die Oberhandgewinneu in seiner Erstreckung vorgematt, wäh-
rend KOTaKpaTTiceiev &v bezw. KpoTiicai den schliesscnden End-
punkt gäbe. Q 799 heisst eiaro ganz wie immer "sassen";
Vermeintliche Perfeblivierung nsw.
367
\
B200 fico und B 191 KäSnco "bleib sitzen!" Thuc. a, 97,
S übersetze; "subterfugiebant homines et desidebant (sosseii
thatenlos da) in collibus oppido itnminentibus". Q 10 kqtq-
KCifiEVoc "indem er das eiuemal so, das anderemal so dalag". —
Thuc. '2, 65, 5 npoöcrii " so lange er an der Spitze des
Staates gestanden bat", erklärt sieh ans dem besonderen
Umstand, das» bei diesem Verb eine Beziehmig nicht bloss
anfs Präsens icxanai, sondern aneb anfs Perfekt Scttikh m'lg-
lich war, und obendrein stellt der Fall eine solch' vereinzelte
Ausnahme dar, dass man gerne wissen müchte, ob er ancb
nur ein einzigesraal sonst in der gesamten griechischen Litte-
ratnr vorkommt. Die von Purdie dafür angeführten Belege
sind alle hinfällig. Polyb. 1, 31, 8 heisst ''der Rat trat so
mannhaft auf" (^ciri); 1, 44, 4 "sie gingen auf der hoben
See vor Anker" (fcnicav); 4, 71, 4 "da niemand in den Weg
trat" (cTÖVTOc). icraMai ist nicht durativ, sondern incohativ
I. B. 1, 19, 15 "da ihnen nichts in <leu Weg zu treten drohte,
Miene machte" o. ä. (kianevou). Xen. Anab. 4, 8, 19 "die
Feinde machten nicht mehr Halt" (fcxiicav); 1, 2, 15 "er
befahl den Griechen so Aufstellung zu nehmen (Toxeilvoi) nnd
80 Posto zu fassen" (cTfjvai)- "Freqnentativ - perfektiv" ist
fcTa^ni nirgends, auch nicht Tbue. 3, 23, 2, wo sonst lauter
Bebildernde, die Handlung in ihrem mittleren Verlauf TorfUh-
rende Imperfekta stehen. Wie man im Griechischen, aber
ancb da nur bei Homer, die perfektiv-iterative Handlung geben
mnsste, konnte die Verfasserin ersehen aus der lichtvollen Dar-
stellung bei Mutzbauer Grdl. S. 35 und 188 über ciä-cKt. —
Tvüjvai ist natürlich stets zu geben mit "erkennen", nicht "kon-
Blativ" mit "wissen, Kenntnis besitzen"; letzteres kann t^-
tvi^Keiv sein In durativem Sinn, neben dem jedoch der ineo-
iiative steht "allmählich erkennen". .So Polyb. I, 1, 5 "wer
ist so schlecht, dass er nicht zur Erkenntnis gelangen
möchte", fviivai, woueben 5, 21, 6 "wir wollen alle nicht das
fertig dastehende Ergebnis, sondern wie es znstande kam,
Schritt für Schritt kennen lernen" ( fiTV'i'CKeiv). Letz-
teren Gebrauch nennt Purdie wieder irrig "frequentativ ■ per-
fektiv" oder z. B. Thuc. 6. 8, 2 gar perfektiv, Wunderlich
ist auch ihre Terminologie bei Kait^uJ- "Dies soll (nach S, 148)
"purely constative" sein, wozu die Übersetzung stimmt "to
^Id in posession", nicht aber die andere "to oecupy"; jeden-
falls in der Ubeiwietcendeu Mebrzalil der Fälle bedeutet gegen
PurdieB Gmndlebre aiieb das Kompositiim xaitxuj eiue Daner
"im Besitz baben". Das Verbam ist Übrigens schwer in sei-
ner Aktion zu fassen. Es seheint, dass die Wurzel seg?i punk-
tuell war, wozu ^cxov gebort = "ergriff", dass sieb dann aber
die lineare Wurzel uegh (in öx^uj) damit verband, wober ^cxov
auch = "habe gehabt". Zu vergl. hieröber ist bes. Delbrück
V. S. 2, 1118; 113 u. Brugiuami Gr. Gr.^ 480 A. 1.
Hiermit sind wir zu Ende und fassen nnsere Hauptein-
wände nochmals kurz zusammen. Wir vermissen Strenge der
Methode. Sicherheit im Gebrauch der Termini, Selbstbescbrün-
kung auf das in den Texten wirklieh Gegebene unter Abwä-
gung des Zusammenhangs. Der Unterschied der Litteratur-
Gattuiigen (Epos und Geschichtschreibung) ist nicht beachtet
und darum heim Aorist eine aus stilistischen Gründen erklär-
bare Abweichung des Gebrauchs zu verschiedeuen Zeiten als
eine Änderung des Inhalts gefasst. Die Schliissfolgeruugen
entbehren der Unterlage statistiscber V<jllständigkeit und be-
rücksichtigen ausschlaggebende Vertreter wie Herodot gar nicht.
Ferner mussten die Aoriste der Komposita zur \'ermei-
«Jung der pefitio priucipÜ von Anfang ausscheiden i Herbig IF.
ö, '22b), und es durften vollends nicht Imperfekte von Simpli-
zien mit Aoristen von Eompoaitis verglichen werden. Formen
wie VcTaMöi usw. halten wir fllr nicht durativ, tTbov usw. nicht
für "konstaliv", fipxut, t'TViVcklü, tüöm (KaeeOftiol, eewpüi, Kivl»v
veOui, KpaTÜj, 6piü, reXtli, f\tia\, «dermal nicht fitr perfektiv. Die
Beschränkung auf biä, cuv, kotü erscheint uns zu eng, die
Möglichkeit verschiedener Resultanten bei Verschiedenheit der
Komponenten beachtenswert : övaßiüjvoii ist ingressiv-, koto-
ßiitivai kursiv-, biaßiiüvai tinitiv-perfektiv, ^Trißiüivai "punktnali-
öierend"; die Fähigkeit Perfektivitftt durch Präfigiemng auszu-
drucken ist mangelhaft, schon deshalb, weil das Erloschcnsein
der slofflicben Bedeutung der Präposition oft sehr schwer
festzustellen ist. Anstoss nehmen wir an der so entstehenden
Mehrdeutigkeit vieler Formen wie umgekehrt an dem Umstand,
dass die Imperfecta mancher Zusammensetzungen (Kaöcilipa)
perfektiv sein niUssten etwa inmitten lauter anderer Imperfecta,
also in einer Umgebung, wo sie selbst imperfektiv (schildei
usw.) wirken sollten. Auch würde in solchen Fällen ein i
siger Cberfluss entstehen, insofern Imperf. (Koöcufpujv), '
Vermeintliche Perfektivierung usw. 369
Aorist (KQTeTbov) zusammenfielen. Ferner heben die Präpo-
sitionen jenachdem viel mehr die darchmessene Strecke als
die Richtung aufs Ziel hervor und wirken teilweise gerade
umgekehrt; alsPurdie annimmt; z.B. bia-cpuXdHacOai ist linear-
perfektiv • "sich bis aus Ende hüten", cpuXdEacGai
daneben auch punktuell (Ingressiv) "die Vorsichtsmassregeln
ergreifen". Bei dTToBvqcxeiv, KaTabap6dv€iv, KaGeiibeiv, xa-
Oficeai teilen wir das Gefühl Herbigs (IF. 6, 230), dass hier
ein durativer Nebenton hereinklingt. Dazu wäre zu erwarten,
dass die Komposita im Präsens als Futura aufträten, was nie
geschieht.
Purdies vermeintliche Entdeckung scheint uns somit in
sich zu zerfallen. Wir teilen vollkommen die gewichtige Mei-
nung von Miklosich Vgl. Gr. d. Slav. Spr. 4, 291: ''Präfixe
haben im Griechischen auf die Zeitart der Verba keinen Ein-
fluss. Was im Slavischen durch Präfixierung und durch eigene
Verbalthemen erreicht wird, das erreicht das Griechische durch
eine Tempusform. Dieser Unterschied besteht nicht bloss im
Alt-, sondern auch im Neugriechischen und die Übereinstim-
mung von Homer bis auf unsere Zeit mit dem Slavischen'' usw.
Genau auf dasselbe kommt Herbig IF. 6, 230 hinaus, dass
nämlich eine Annäherung an die Perfektivierung im Keime
vorliege, von einer wirklich entwickelten grammatischen Kate-
gorie dagegen keine Rede sein könne. Wir haben dies oben
dahin formuliert, dass die Präfigierung die Aktion durch-
aus unverändert lässt, ianerhalb derselben jedoch ge-
wisse Schattierungen bewirken kann, im Präsens
bes. die finitive, im Aorist die ausgeprägt resul-
tative.
Wenn wir der Übersichtlichkeit halber noch einige sehe-
matische Beispiele für die beiderseitige Auffassung geben, so
schicken wir voraus, dass wir die Fälle, wo nach Purdie der
"stoffliche Sinn" noch erhalten ist, rund, und solche mit unwahr-
scheinlichen Bedeutungen eckig eingeklammert, ferner die Zu-
gehörigkeit Einer Form zu mehreren Aktionen mit einem Stern
und endlich ünfolgerichtigkeiten Purdies mit einem Kreuz be-
zeichnet haben. So erhalten wir folgendes Bild:
370
Hans Meltzer,
L q)€UTU)
A. Bei Purdie.
1. Imperfektiv.
a) lq>€vyov "durativ": war auf
^er Flucht, floh.
(b) *6i^q)€UTov nur wenn = war
auf der Hin durch -flucht).
2. '•Konstativ".
a) *?<puTov bin auf der Flucht
gewesen, geflohen.
(b) *öi^q)UTov bin auf der Hin-
dur ch -flucht gewesen).
3. Perfektiv: *öi^q)€UTov und
*öUq)UTov, beide gleich, oder, wenn
je unterschieden (TF. 9, 86):
a) *6i^q[)€UTov durativ-perfektiv :
gelangte auf der Flucht allmäh-
lich bis ans Ende.
b) *6i^q)utov momentan - per-
fektiv :
a) ingressiv: entfloh,
ß) effektiv: entkam.
Dazu c) t*^<pwTov:
a) ingressiv: entfloh.
ß) effektiv: entkam.
II. (puXdiTU)
A. Bei Purdie.
1. Imperfektiv.
a) iq)()\aTTov hütete )"j„ «
(b) *6i€q)0XaTTOv hütete [ . . ,>
hindurch). i
2. "Konstativ".
a) ^^q)OXaHa habe gehütet.
(b) *bi€q[)uXaEa habe hindurch
gehütet).
3. Perfektiv.
a) *öi€q[)0XaTTOv und
b) *bi€90XaEa, gleich, oder wenn
je unterschieden (IF. 9, 86) :
a) *öi€9uXaTTov durativ-perfek-
tiv hütete eine Strecke hindurch
bis an ein Ziel.
b) *5i€q[)0XaHa momentan - per-
fektiv :
floh.
biacpcÜYU).
B. Bei uns.
1. Imperfektiv.
a) ?q)€utov
a) incohativ: machte mich
(allmählich) an die Flucht.
ß) kursiv: war auf der
Flucht, in der Verbannung.
b) öi^(p€i)Tov mit finitivem Bei-
klang,
[a) incohativ: machte mich all-
mählich an die Hindurchflucht.]
ß) kursiv-finitiv: war im Hin-
durchfliehen begriffen.
2. Perfektiv.
a) ^q)UTOv
a) ingressiv: entfloh,
ß) effektiv: entkam.
T) punktualisierend : bin auf
der Flucht gewesen.
b) fci^cpuTov
[a) ingressiv: habe die Hin-
durchflucht ergriffen.]
ß) effektiv-resultativ: bin ent-
ronnen {effügi^ ^äsUy erüpW),
[t) linear - perfektiv : bin auf
der Hindurchflucht gewesen].
biacpuXÖTTUJ.
B. Bei uns.
1. Imperfektiv.
a) iq)uXaTTov kursiv: hütete.
b) 6i€9uXaTT0v kursiv - finitiv :
hütete hindurch.
2. Perfektiv,
a) ^(pOXaHa:
a) ingressiv: trat in die Hut ein.
ß) punktualisierend: habe ge-
hütet.
b) 6i€q)uXaHa linear - perfektiv :
habe hindurchbehütet.
Vermeintliche Perfektivierung usw.
371
a) ingressiv: trat in die Hut
ein.
ß) effektiv: vollbrachte die Hut.
c) t*dq)OXaEa.
a) Ingressiv \ s. IF. 9, 106
ß) effektiv 1 (Thuc. 6, 80, 2).
III. KaT-(cuv-)opuJ : KaT-(cuv-)€ibov.
B. Bei uns.
1. Imperfektiv.
a) kihpwv sah^)
b) Ka6€(i;pu)v sah (von oben,
genau).
2. Punktuell-perfektiv.
a) cTöov erblickte 1).
b) KaTCtbov:
a) erblickte von oben, genau.
ß) erblickte.
A. 1. Wir fassen hier "erblicken*
streng perfektiv, "sehen" streng
imperfektiv.
A. Bei Purdie.
1. Imperfektiv,
a) ^(iipurv durativ: sah.
(b) *Ka6€(i;pu)v nur wenn = sah
herab, sah genau).
2. Konstativ,
a) '^clöov habe gesehen,
(b) ♦xoTclfcov nur wenn = habe
von oben oder genau gesehen).
3. Perfektiv.
a) *Ka9€il;pu)v b) *KaT€töov ent-
weder gleich, oder wenn je ver-
schieden (IF. 9, 86) :
a) *Kae€i(ipiuv durativ-perfektiv:
habe bis zum Ende gesehen.
b) *KaTcl6ov momentan-perfek-
tiv:
a) Ingressiv: trat in eine Wahr-
nehmung mit den Augen ein.
ß) effektiv: erblickte oder aber
<IF. 9, 94):
a) *Ka9€iüpu)v effektiv: erblickte.
b) *KaT€t6ov :
a) Ingressiv: trat in eine Ge-
«ichtswabrnehmung ein.
(ß) erblickte von oben her oder
^enau).
c) t*€löov erblickte (IF. 9, 96).
Man beachte, wie verwickelt, verschwommen und viel-
Hieutig Pnrdies Tabellen sich auf den ersten Blick darstellen,
trotzdem ist ihre Arbeit nicht vergebens gethan worden : ihre
Bedeutung liegt u. £. besonders in der Schärfung des 6ef tlhls
für das am Aoiist, was sie das "konstative" Element heisst.
Wir schliessen mit einem Wunsche, den vor langen Jahren 6.
Oartius ausgesprochen hat (Erl. ' 186 f.), es möchte bei einem
kOnftigen Thesaurus linguae graecae auch der Ermittelung des
eigentümlichen Sinnes der Verbalstämme gedacht werden, der
872 Alois Walde,
im Griechischen von so hervorragender Bedentang ist; ebenso
wäre es wertvoll, wenn fortan bei jedem Zeitwort seine Kom-
posita angeführt würden.
Maulbronn (Württ.). Hans Meltzer.
Zar Entwickelang von germ. ai Im Friesischen.
In meinem Buche über die germ. Äuslautgesetze S. 110 ff.
hatte ich Veranlassung, die Behandlung des westgerm. ai und
a im Aofris. einer kurzen Betrachtung zu unterziehen, wobei
ich zum Ergebnisse gelangte, dass das in den Praeterita wie
warihj «tarfy sang, wan{n)y bant, fand noch erkennbare Ge-
setz, wonach a vor zwei tautosyllabischen Konsonanten un-
verändert blieb, sich auch in der Behandlung von westgerm.
ai widerspiegle: zunächst wurde ai nur in silbenschliessender
Stellung verändert (über (^i, $ zu a), während es vor einem
Konsonanten derselben Silbe vorerst unverändert blieb und erst
in einer spätem Periode (wohl wieder über die Mittelstufen
ceij ^) zu ö wurde. Wie ich nachträglich ersehe, ist mir bei
der Abfassung des in Rede stehenden Abschnittes leider van
Heltens Untersuchung "Zur Entwickelung von germ. ai im
Friesischen" im VII. Bande dieser Zeitschrift S. 339 ff. ent-
gangen, was ich um so mehr bedauere, als ich mit van Helten
in dem für meinen damaligen Zweck entscheidenden Punkte
zusammengetroffen bin, nämlich in der Ablehnung von Bremers
Eegel "B in offener, a in geschlossener Silbe", sowie in der
Aufstellung der Entsprechung e für ai vor einem Konsonanten
derselben Silbe. Darf diese Übereinstimmung auch vielleicht
als eine gewisse Bürgschaft für die Richtigkeit des von zwei
Seiten unabhängig erzielten Ergebnisses gelten, so muss ich
doch jene Punkte, in welchen ich mich im Widerspruche zu
van Heltens weiteren Aufstellungen befinde, einer erneuten
Betrachtung unterziehen, um die Frage ihrer Klärung näher
zu bringen.
van Helten a. a. 0. stellt folgende Regeln auf: "Altes
ai wird normal zu e; a entwickelt sich aber 1. in schwach-
tonigen Einsilblern, 2. vor unmittelbar folgendem oder nur
Zur Entwicklung von germ. ai im Friesischen. 373
durch Aspirata getrenntem d oder u, 3. vor tautosyllabischem
Labial; (durch folgendes w oder u) labial gefärbtem Konso-
nanten oder gutturalem Spirant, 4. vor tautosyllabischer oder
auf zwei Silben verteilter zwei- oder mehrfacher Konsonanz,
5. vor Geminata".
Im letztgenannten Punkte bin ich mit van Helten einig,
ebenso darin, dass a hier als Kürze aufzufassen sei, was
wenigstens nach der Äusserung a. a. 0. 343 Anm. 2 seine
Meinung zu sein scheint. Auch betreffs a vor gutturalem
Spiranten bin ich mit van Helten zusammengetroffen, und trete
auch seiner weiteren Aufstellung bei, dass auch vor Labial a
erscheint. Dies wird wenigstens durch rap gegenüber den
sonst durchaus ^ aufweisenden a-St. wie bin, del, ith, sten
usw. nahegelegt, und trifft auch zu für unelaf, nur dass dieses
wegen des danebenliegenden lawe usw. nicht beweiskräftig ist.
Für nicht erwiesen halten kann ich dagegen a vor labial ge-
färbtem Konsonanten. Denn gad, wrak = got. gaidWy wraiqsy
welche noch am ehesten für diese Regel sprechen würden,
müssen ausser Spiel bleiben ; hier wurde vielmehr durch Vokali-
sierung des tr im Wortauslaute {*gaido) offene Silbe geschaffen,
der a als Entsprechung von ai gebührt. Dass auch van Hel-
tens übrige Beispiele fräse, Idre, *spaJce, clath eine andere
Auffassung erheischen, wird sich unten ergeben.
Andererseits kann ich meine Vennutung, dass tauto-
syllabisches n nachträgliche Verwandlung von (in der zweiten
Periode aus ai entwickeltem) ♦$ zu a bewirkt habe, eben an-
gesichts des Gegensatzes rap : ben, sUn nicht mehr aufrecht
erhalten. Über fiamanda, welches Wort die Veranlassung dazu
gegeben hatte, s. u.
Für die beiden letztgenannten Fälle von a in geschlos-
sener Silbe, nämlich vor Labial und cÄ, und ebenso für a vor
Geminata und andern kürzenden Konsonantenverbindungen,
halte ich aber an der Ansicht fest, dass wir es mit einer erst
nachträglichen Verwandlung des in der 2. Periode entstan-
denen *$ zu thun haben. Denn nahm, wie Auslautges. 116
vermutet wurde, die Verwandlung des ai zu a in der ersten
Teriode ihren Anfang mit einer Verschiebung des ersten Kom-
ponenten, so musste es doch für diesen, da vom nächsten
Konsonanten durch i getrennt, phonetisch gleichgiltig sein,
welchem Organe jener Konsonant angehörte, da dessen Mund-
Indogrermanische Forschungen XII 8 u. 4. 25
874
Alois Walde,
BtcUuiig ja erst mit (iem Sctiliisse des i eiuset/,te. Dalier kann
die taiitosjllabiscbe labiale nsw. KoiiBoiianz die Klangfnrlie
des a in jener ersten Periode, in welelier es nur auf sübenin-
oder aiislauteude Stellung des ai ankam, in keiner Weise be-
cinfinsst haben, und ihre Wirktmn kann erst in jener zweiten
Periode eiiigcHetzt haben, als aueb das in geschlossener Silbe
stehende ai zu *^ vorgerückt war. Dieser aprioristiscben Be-
trachtung gesellt sich ein aus dem Sprachmaterial gewonnenes
Argument an; die Doppelformen saver : never "Feuchtigkeit"
setzen ein altes *saifer {*gaifr), "saifres usw. fort. Der N.
A. Sg. führte zu Mver; hätte tantosyllabigchcs ^scboa in jener
ersten Periode auf ai gewirkt, so hätten die Casus obli^ui
ebenfalle nur navres usw. ergeben können, und die ö-Fomien
unseres Wortes blieben daher rätselhaft. Sie erklären sieh
aber sehr einfach hei der Annahme, dass sich ai in *eaifre^
usw. ebenso wie iu andern geschlossenen Silben zunächst zu
p, entwickelte und dass erst, als das Paradigma *safer : *8^fres
zu *si;fef ; *s^fres ausgeglichen worden war {vgl, nuten Uken),
das tautosyllabische f der Casus obliqui den Wandel zu a ver-
anlasste : «öjw, Mvres, woraus sich dann ein Doppelparadigma
never, nerres : säver, savres herausbildete.
Die Beispiele femer, welche nach van Uelten a in
sehwacbtonigen Einsilblern (richtiger: schwacbtonigen Silbeni
erweisen sollen, sind nicht genügend beweiskräftig. K. A. (D.)
PI. 'An und N. A. Neutr. twa »eigen a = ai in offener Silbe,
erfordern also, da sich dies als die regelmässige Vertretung
in oSTcuer Silbe herausstellen wird, keine Aufstellung eines
Spezialfalles. D. PI. ihani, ticam könnte nach tha, tva ge-
fonnt sein, nei 'nein' (an, nei) zeigt ebenfalls a in offener
Silbe, dürfte zudem kaum Anspruch auf häufig unbetonten Ge-
brauch machen können. Beides pit ebenso von a 'immer'
und na 'nie', ans einer Vorstufe *(ni}aig. Über das Neben-
einander von (n)a : {n)e in Zusammensetzungen 8. n. Es l&sst
sich weiter auch nicht erweisen, dass an 'ein' in unbetonter,
die Nebenform en in betonter Stellung entstanden sei. Viel-
mehr wird durch die Thatsache, dass en im Fem. und Neutr.
alleinbeiTschend ist, Siebs' CGrdr. I* 1:*29) Meinung sehr wahr-
scheinlich, dass an nur nacli dem Akk. Sg. aane geformt sei.
»celtata 'Schulze' endlich hat wieder a in offener Silbe. Trotz
der Unzulänglichkeit der Beispiele ist es aber als sehr wohl
Zur EatwickluDg ^
1 Friesischen.
f mß^licb znzDgcbeu, dass uabetoiitcs ai anclt in geschloBsener
I Silbe scbon iu der ersten Periode zu ^, und daher weiter zu
I a, a fOhrte, da Monopbthongierung von Dipbtbongen im Germ.
I nbei'all früher in unbetonter, als iu betonter Stellung erfolgte').
Der von van Helten au zweiter Stelle aufgeführte Fall
' TOQ a tXlr ai, uämlicli vor unmittelbar folgeudem oder nur
[ durch Aspirata getrenntem &, u, bildet nur einen Teil der nnn
I XU erweisenden allgemeinen Regel, dass ai iu jeder otfenen
I Silbe, soweit nicht Umlaut oder Analogie gewirkt hat, als a
erscheint. Dass nämlich van Heltcns Ansatz von s als Ent-
sprechung von ai iu offener Silbe unriebtig ist, ergibt sich
aus folgenden Fällen:
ettkum. -om, -em 'Schwager' = ags. ädnm, ahd. eidum,
I «tdani 'ScbwiegerBohu' mit altem Mittelvokale «. ä kann hier
daher nur in offener Silbe entstanden sein. Denn in den syn-
kopierten Formen, wie N. PI. athmar — vorausgesetzt über-
haupt, dasB die Synkope hier älter sei, als die Veränderungen
des ai ^, hätte nur 6 entstehen kennen, da iu geschlossener
Silbe. Freilieb sieht van Hellen hier seinen vierten Ausnahnis-
fall für a wirksam. Aber dass er hierzu nicht berechtigt ist,
, ja dass mau mit den synkopicvtea Formen in unserem Worte
] ttberhaupt nicht zu rechnen haben wird, ergibt sic-b aus einem
1) Man könnte geneigt Hein; dns miniere a von fiavianda
8 Heiner unbeionten Slellunfr zu erklären und "inainida
ü Grundform anzuHetzen. l>enn vau Heltens Meinung, dass von
[ tantosy Ilabisch er oder ftut* zwei .Silben verteilter Doppelkousounnz
t erscheine, wodurch sii'h -mandti Allerdings als lautgeaetz-
I Bche EntWickelung uns *mainida i-rgeben würde, kann ich mir nur
für solche Konsonani<.'iif>:rup|)eii zu eigen machen, welche Kürzung
langer Vokale bewirken; zu diesen gehurt aber nd nicht, vgl. Siebs
a. O. psseim. Doch ist fiamanda für die Frage nach der Beband-
' Inn^ von ai überhaupt ausser Rechnung zu setzen. Denn Bofries.
I monda Vommunio' mit den Zusammen setzunj^en aft-, nid-, fiamonda
I und das genau entsprechende awfries. mandn 'Qemeinde' kSunen
I nur auf westgerm, -an- zurückgeführt werden, wie auch van Helten
k Gramm. lüO sich veranlasst gesehen hat, *ijimonda wenigstens als
I KompTomissforni des, wie er glaubt, noch in fiamanda erhaltenen
■ *ffimända, Adjektivabstraktums zu *gimene. mit 'gimonda ^ got.
tgaman 'commnnio' zu lieCrachten. Dies westgerm. -ati' müssen wir
Idaher auch in fiamaiuln sehen; dasti es nicht durchaus fiamonda
I beiESt, beruht entweder auf der unbetonten Stellung, oder — mir
lirahrsch ein lieber — auf gelegentlichen! F.indringen der awlnes. Form.
376 Alois Wnide,
Vergleiche nnseres Wortes mit jenen zweieilbigen Stämmen,
welche infolge gtnmmauglautender poetkonsonantischer Liquida
oder Nasalis auch im N. 8g. zweisilbig bleiben. Diese zeigen
nämlich e: teken 'Zeichen', apedeJ 'Speichel*, und wo Doppel-
formen bestehen (mdster '. mfster, sdver : sirer) haben ander-
weitige Einflüsse neben die e-Form erst nachträglich anch eine
Form mit ß treten lassen. Hätte man nun vor der Zeit der
ni-Wandlungeu schon eine Flexion *aithuin, *aithmar mit
Synkope gehabt, so wäre doch dieselbe Entwicklung des ai
zu envarten wie in ^taikev. [*taik^), Haiknes usw., nämlich
Ausgleichnng der Flexion zu *sthuvi, efhmetr. Daher können
in iinsereiii Worte synkopierte Formen damals entweder noch
gar nicht, oder doch nur in so geringer Ausdehnung vorhan-
den gewesen sein, dass sie fflr die lautliche Entwicklung ohne
Einfluss blieben, und das a unseres Wortes kann daher nur
ans der Offenheit der Silbe befriedigend erklärt werden. Auch
die Annahme, dasa in den Casus obliqui eiues Paradigmas
*ethum, *ethmar vor thni nach van ileltens Meinung (nach-
träglich) Verwandlung zu "ntJimar usw. eingetreten
möchte uicht zu befriedigen, da wir dann ähnlich wie bei stirer
serer Doppelfomieu mit a und e zu gewärtigen hätten,
Ebenso zeigt awfries. taker = ags. täcor, -ur, ahd.
her, -ur, -ir mit altem Mittelvokale el in offener Silbe.
Eine weitere beweiskräftige Gruppe bilden die fem.
Stämme ^ce 'Forderung, Bitte', /rase 'Gefahr' (ahd. freisa),
lare 'Lehre' und Idwe 'Hinterlassenschaft'. Nach van Helfen
soll hier das a ans dem alten endungslosen N. Sg. stummen:
*asc {a vor tantosyllabischcr Doppelkonsonanz), *fras, *lar,
*laf (a wegen der durch das einstige -m labial get^rliten Kon-
sonanz, bezw. bei *laf wegen des folgenden f), während das
Verbnm ascia durch Anlehnung zu erklären sei. Was aber
zunächst *fras, Hür betrifft, so ist entgegenzuhalten, das« die
Annahme von Einwirkung labial gefärbter Konsonanz nicht
aufrecht zu erhalten ist, nachdem die Terhältuismässig noch
wahrscheinlichsten Stützen f(lr sie, gad und wrak, oben eine
andere Erklärung erfahren haben. Fllr alle angefllhrten Noni.
Sg. Fem. aber ist es doch höchst fraglich, ob wir wirklich
mit dem alten N. Sg. auf -u = uigerm. -ö reclmen dürfe
denn bis auf paar von van Helfen Gramm. 138 verzeieboi
Formen zeigt das Aofries. in Übereinstimmung mit dem Ubrij
ver-
trer! |
-^
Ql. 6- I
Zur Entwicklung v
1 FrieHiBehen.
377
koutinentalen Westgerm, die Akkusati\fomi urg. -ö" an Stelle
des echten N. Sg. getreten. Und wenn aucL der fast voll-
ständige Sieg der Akk.-Forin vielleicht später (vgl, noch die
alte Nominativform cü = ags. cii gegenüber akknsativisehem
deutschen *k(i) erfolgt ist, als im Deutschen, so wird er doch
immerhin in so alte Zeit zurückreichen, dass es geraten ist,
anf eine verlorene Form wie *aisk keine Schllisse zu Itauen.
Ja selbst wenn mit *aisk usw. xu reclmen wäre, so bliebe es
doch recht bedenkliehj anzunehmen, dass nach diesem einen
Kasus, der schon seit westgenn. Zeit sich mit dem Akk. Sg.
im Gebrauehe zu vermischen begonnen hatte, um ihm auf
dem Koutiuente schliesslich zu weichen, alle übrigen Kasus
umgestaltet seien und dass dänisch sogar das alte a-Verbum
aacia (ahd, eisc07i) das ihm nach van Heltens Regel zukom-
mende ä spurlos aufgegeben haben sollte. Hat man aber den
verlornen N. Sg. ausser Rechnung zu setzen, dann beweisen
unsere Worte gerade, dass ai in offeuer Silbe durch a vertre-
ten n-ird: Silbeuteiluu^ *ai-si:e^). Bei fräse ist es nicht un-
interessant, dass in awfries. frees (und freeslik) gerade die
lanlgeaetzliehe Entwicklung von ai in geschlossener Silbe vor-
liegt, ohne dass von einer Wirkung des einst vorhandenen -m
etwas zu spüren wäre. Sollte dies awfries. fraaae : free« wirk-
lich bloss Zufall sein?
Ferner wßsanda, wOsenda 'Luftröhre', ags. icdsend; um
i als Entsprechung von ai in offener Silbe gegen den Einwand
2tt schützen, den dies Wort erheben würde, sieht sich van
Helten zur Annahme gezwungen, dass in der Stammsilbe gar
kein ai zu Grunde liege, und erklärt das Wort fftr ctj-molo-
1) So, und nicht *ai8-ke, inusa die Silbenteitung gewesen sein.
Ich bemerke dies gegen Siebs Grundr. I*, 12S9, der das e vou fi6»c
«US *flaig-ka, von mist aus *tnais-ta herleitet. Vielmehr konnten
die obliquen Kasus nur die Silbeuteihing *flai'iika, *mai-»fa sseigen,
mtiaateu also ü aue ai entwickeln. Wenn daneben auch flese, tneat
besteht, so ist die» falgendermaBKeii zu erklären : wie *iiffn, *atänea
U8W. ZU aten, iUne» ausgeglichen erscheint, ao wurde '/ififc, *ftäakes
zunftchst zu *fl^ik, *fl^skes ausgeglichen. Erst innerhalb dieser ein-
beitlich gestalteten Flexion bildete sich eine neuerliche Ungleichheit
heraus, indem — ein weil späterer Vorgang — das tautos.vl labische
-sfc, gf Kürzung von ^ zu <j im N. A. Sg. bewirkte: ftask, fliskes. Dies
wurde weiter zu einem Doppelparadigma ausgebaut, einerseits mit
durchgängigem a, andererseits mit durchgKugigem e.
378 Alois Walde,
gisch dunkel. Sieher mit Unrecht; denn es kann kaum eine
schlagendere Etymologie geben, als die Gleichsetznng des ags.-
fries. Wortes mit ahd. weisont, das Steinmeyer 61. III in fol-
genden Glossen belegt: 433, 3 Arterie uueisunty id uuei sunfy^
uueisont'^ 434, 25 arteri^ weisunt: 436, 10 Aceria uue*sant.
Also auch hier a aas ai in offener Silbe.
Diesen Beispielen gesellen sich zu fdd 'Falschmünzerei'
aus *faihoduZy tane 'Zehe* aus Haihon-y a 'immer*, na 'nie*
aus *{ni) aig = älterem *(wi) aiw. Lehrreich sind weiters die
Verhältnisse des Wortes clath, cUth 'Kleid*. Nach van Helten
wäre a aus dem N. A. PI. *klaithur (vgl. north, cedfur, lombur)
bezogen, der in historischer Zeit allerdings durch cldthar ver-
drängt erscheine, und a sei hier durch die labiale Färbung
bewirkt, die th durch das folgende -ur erhalten habe. Aber
auch hier kann ich mich nicht entschliessen, auf eine ver-
lorne Endung Schlüsse zu bauen, a ist vielmehr die Laut-
gestalt der offenen Silbe, die sich bei unserem Worte, wohl
veranlasst durch die kräftig gekennzeichnete Plnralbildung,
neben dem aus dem N. A. Sg. stammenden ^ erhielt. Ja, wenn
es nicht Zufall ist, dass van Helten Gr. § 151 ff. in nnserm
Worte ö nur in der endungslosen Form eUih (neben clath)
belegt, während er für die Casus obliqui nur Formen mit a
anführt, so haben wir noch die ursprüngliche Verteilung be-
wahrt: ä in offener, P. in geschlossener Silbe. Weniger beweis-
kräftig sind: PL agun, -en, wo Beeinflussung durch den Sg.
ach denkbar wäre; feiner Adawerth 'Insel des Ada* und wase
'Schlamm*, die nicht sicher ai enthalten (s. van Helten). Nicht
hieher gehört *ha8te 'vehemens* (N. Sg. nicht belegt), da hier
das einst vorhandene f (vgl. Subst. got. haifsts) an der Ent-
stehung des a beteiligt ist, vgl. das Subst. haety durch dessen
Einfluss sich auch der Mangel des Umlautes im adj. lo-St.
*ha8te begreifen Hesse, wenn vor fst Umlaut zu fordern wäre.
Wenn aber der Wandel von ^ zu a vor f ein späterer Vorgang
ist, als die Umlautwirkungen, so wäre auch haste als lautge-
setzlich zu betrachten.
Diesen Fällen mit regelrechtem a = ai in offener Silbe
steht nun allerdings eine grössere Zahl anderer gegenüber,
welche in derselben Stellung e = ai aufweisen. Sie bereiten
aber der Erklärung keine Schwierigkeiten. Ein grosser Teil
von ihnen zeigt "Umlaut" durch folgendes, in der Sprache
Znr Entwicklung von germ. ai im Friesischen. 379
noch vorhandenes (wenn auch in der Überlieferang schon zu
e abgeschwächtes) i, oder durch ein ebenso wie das i in ags.
riku ans *rikiü verhältnismässig spät synkopiertes antevoka-
lisches i^i^. Hierher gehören:
die uin- Verben geja 'büssen', wenn mit Siebs Beitr. 11;
228 aas ^gaigjany Eaas. zu got. -geigan 'gewinnen'; dsla
'teilen*, urdüa 'urteilen'; *etha (sthane) 'beeidigen* (übrigens
aach Subst. ^^A 'Eid* mit regelrechtem ä); Jcera 'kehren*; lera
'lehren* (sehr beachtenswert wegen des danebenstehenden subst.
^Stammes lare, wodurch es über jeden Zweifel erhoben wird,
dass B in Z^a nur durch das einst folgende 0^ bewirkt sein
kama); Uwa 'als Erbe nachlassen* (vgl. wieder das Subst. lawe);
*süa 'binden* (3. Sg. silt) ; ferner Una 'verleihen*, Uda 'leiten*,
rika 'reichen*, welche noch eine kurze Besprechung erheischen.
lina (= ags. lAnan) verdankt sein e nicht erst dem Umlaute
durch das verbalstammbildende i^i^, denn e eignet ja auch
dem Sahst. Un 'Lehen* (ags. Idkn^ an. län, ahd. lehin, -an).
Ziehen wir weiters fäd zum Vergleiche heran, so ersehen wir,
dass B in Un nicht etwa der geschlossenen Silbe in der vor-
liegenden Lautgestalt des Wortes zu verdanken ist, da wir ja
dann gleicherweise *ßd erwarten müssten, sondern dass es
vom Standpunkte der altem zweisilbigen Form aus beurteilt
sein will : *laihin wurde nach Erreichung der Mittelstufe *l(hin
nicht zu *lahin weiterentwickelt, wie f^hod zu *fahod, son-
dern behielt infolge des i der zweiten Silbe sein ^ (woraus in
der Überlieferung e), wie ich überhaupt die Cmlautwirkung
auf ein in offener Silbe stehendes ai nicht als einen Umlaut
des schon erreichten a auffassen möchte, sondern als ein Zu-
rückhalten der aus ai zunächst entstandenen Mittelstufe ^ von
der Weiterentwickelung zu a.
Bei rikay rit8{i)a 'reichen* ist das Prät. rächte^ Ptc.
(e)racJU bemerkenswert, da vor cht regelrechtes (kurzes) a er-
scheint; ebenso die 3. Sg. rakt, rächt 'erreicht* (2. Sg. ^räkst^
^rochst ist nicht belegt) mit analogisch (vgl. van Helten Beitr.
17, 556 f.) synkopiertem Endungsvokal und Kürzung vor fcf,
cht, kstf chst. Ebenso zeigt Uda 'leiten' das prät. latte (ana-
logisch auch Utte), Ptc. lat (analogisch auch Ut), 3. Sg. lat
2. Sg. tatst mit aus ^ gekürztem a, vgl. van Heltens und
Siebs' (Grundr. I^) Ausführungen. Gleicherweise zu Usta
'leisten* das Ptc. elast, 3. Sg. last, 2. Sg. *lastst mit ä vor
380 Alois Walde,
tantosyllabischem 8t(t), bezw. in den casas obliqai des Ptc
vor st'{ty.
Ferner Adjektive auf -in : Bwen^ -an 'ewig* (abd. itcin)
(ebenso €wig) ; itzen 'eichen* (abd. eihih) ; widen 'waidf arben,
blau* (abd. weüin) (daneben ebenfalls mit 6 das Subst. awfries.
w^d 'Waid*, aof ries. ti^^dnßZ^a, tu^dcnKnjr 'blutrünstige Wunde'
wieder mit Umlaut oder mit Anscbluss an toed); «tinen^ binen
'steinern, beinern* (Subst. sten, bin). Adjektive mit andern
i-Suffixen : 6gin, -en (vgl. got. aigin N. 'Eigentum, Vermögen*,
abd. eigin neben eigan, ags. ckgen neben dgen). Hier ist das
i der zweiten Silbe urgerm. aus a durch Assimilation an das
i der Stammsilbe entstanden, vgl. Auslautges. 94. Die Neben-
form aifiy ayn kann a der tautosyllabischen Spirans j ver-
danken, aber auch wie ags. dgen^ abd. eigan die wiederher-
gestellte Suffixform -an fortsetzen; Bin, eyn hat i nach igin.
Ähnlich setzt heiig, helg die Suffixform -ig fort. Dass daneben
kein *halig erscheint, ist leicht verständlich, da auch bei Vor-
aussetzung ehemaliger Doppelformen hilig : *halag erstere in
Folge des danebenliegenden Adj. hil vorgezogen werden musste.
Femer Abstrakta auf got. -ei : bride 'Fläche* in hond-
brede 'Handfläche* usw.; hete 'Hitze* (darnach und nach dem
Adj. het 'heiss* auch kette = *haitipö^^ für lautgesetzliches
*hätte), Abstrakta auf got. -eins : ledene zu Uda 'leiten*,
bredene zu *hreda 'breiten*, swSpene zu swepa 'fegen*. Auch
mene 'Vorsatz' gehörte ursprünglich hierher (zu awfries. meiian
'meinen*), ist aber in die Flexion der Adjektivabstrakta über-
gegangen.
Adjektivische io- St.: rede 'bereit, fertig*; m^ne 'gemein*;
nitigen-j tian-spetze 'neun-, zehnspeichig* (daneben auch niughen-
spdtze im Anschlüsse an das Fem. *8päke = ahd. speicha
'Speiche*); twede '^/j betragend*; Tclene 'klein*; *skene in sehe-
nien 'sichtbar zu machen*.
lö-Stämme: heme 'Haus, Dorf* (wäre auch als c)-Stamm
mit lautlicher Anlehnung an hem verständlich); ere 'Ehre* (das
ags. dr zeigt allerdings den reinen d-Stamm, aber im Ahd.
findet sich auch ein N. Sg. erl, geschrieben heri, der im Ver-
eine mit dem fries. Worte auf ein westgerm. "^aiziö- neben *aizö-
weist).
iöw-Stämme: wesa, -e M. F. 'Waise'; ewe 'Gesetz* (vgl.
Zur Entwicklung von germ. ai im Friesischen. 381
den s^hd. id- Stamm in ewa^ D. Sg. ewiu K, N. Sg. auch
^trf K).
ian-Stämme: fritha 'Geächteter' (= ahd. freideo; iaSU
in ahd. freidi 'profagus')^ ivinBtha 'Eideshelfer' kann eben-
falls mit van Helten Gramm. 22 als ian-Stamm anfgefasst wer-
den, aber auch als an-Stamm mit Vokalisierung der Stamm-
silbe nach eth 'Eid'.
Vereinzelte Fälle: bethe 'beide', von van Helten mit as.
bediey -u verglichen; tw6ne M. 'zwei'. Gerade diese Form
scheint für van Heltens Ansatz von e = ai in offener Silbe zn
sprechen; aber sie verliert jede Beweiskraft, wenn wir ags.
tuoSgeUj bSgen vergleichen (man beachte auch ahd. ztoei =
*ztDajjUj wie obd. dei = *pajjuj Auslautges. 50). Ferner die
Superlative Urest 'der kleinste', ^risty '{ß)st 'der erste' (ahd.
4risty ags. (trest), deren Sippen von van Helten richtig beur-
teilt sind: Ussa 'kleiner' trotz der Geminata mit e nach dem
Superlativ Ur{e)8t und Ust (letzteres hätte allerdings in spä-
terer Zeit bei ungestörter Entwicklung in der endungslosen
Form zu Hast geführt) und dem Adv. U8\ Adv. ßr = got.
airis, Komp. arra und mit Anlehnung erra. Weder bei erra
noch bei h^ra 'Herr' i^hairizon-), für welches wegen der Ge-
minata *harra zu erwarten wäre, darf man sich auf das i der
einstigen Mittelsilbe stützen: hera könnte allenfalls mit van
Helten aus dem Einflüsse des Adj. her erklärt werden; da
aber unser Wort im Ags. fehlt, ist es mir viel wahrscheinlicher,
dass fries. hera ebenso ein Lehnwort aus dem Deutschen ist,
wie dies für an. herra^ Jierre sichersteht. — Endlich Bnich,
^ng, anich, ang 'ullus'; nach Ausweis von ahd. einig 'uilus'
ist enich die lautgesetzliche Form, die auch nach van Helten
IF. 7, 345 im Awfries. die alleinherrschende geblieben ist; die
d-Formen sind dazu neugebildet in Nachahmung des Neben-
einanders von an : en.
Diesen durch Umlaut gerechtfertigten Fällen von e in
offener Silbe stehn als eine zweite Gruppe solche gegenüber,
in welchen zur Zeit der Monophthongierung des ai in offener
Silbe noch gar keine offene Silbe bestand, oder in welchen
Analogiewirkungen im Spiele sind.
eJce D. Sg. 'Eiche' gehört zum konsonantischen Stamme
N. Sg. *ek = ags. Kons.-St. de, an. eik; hier war ursprüng-
lich der ganze Sg. und der N. A. PL endungslos, daher e.
882 Alois Walde,
Verdunkelt wurde die ursprüngliche Geschlossenheit der
Silbe in der Verbindung -aiw- durch den Schwund des tu, der
aber, wie die Entsprechung e- lehrt, erst nach der Mono-
phthongiernng in offener Silbe stehender ai erfolgt sein kann.
Die lantgesetzliche Behandlung eines im Auslaute stehenden
-aiw kennen wir bereits von a 'immer*, na 'nie* her. Hier ist
w bereits vor dem ersten ai -Wandel vokalisiert gewesen, ai
also in offener Silbe gestanden. Dagegen in ^- 'Gesetz* (ags.
c§, St. aiwi') neben lautgesetzlichem a- (beides nur in Zusam-
mensetzungen) ist der ursprüngliche Zustand dadurch verwischt,
dass neben den N. Sg. *aig eine Nebenform *aiw mit Wieder-
auffrischung des w nach den Casus obliqui trat; diese musste
dann in der ersten Periode unverändert bleiben und später zu
*eWy e führen. Denselben Vorgang beobachten wir auch bei
awfries. reesraf 'Leichenraub*, in dessen erstem Bestandteile
ein Subst. *re aus *hraiw mit im Auslaute neu eingeführtem
tr vorliegt; auch ags. hrätOy hrdw neben hrd zeigt dieselbe
Neuerung. In gleicher Weise setzt awfries. si 'See* *8aiw
voraus, nicht *saig, das *8a ergeben hätte.
In diesem Zusammenhange ist auch ssle 'Seele* zu be-
sprechen, für welches van Helten den Entwicklungsgang *sai-
wul-, ^saitil'j und mit Synkope des Mittelvokales *8ailr an-
nimmt. Vergleichen wir aber die angenommene Mittelstufe
*8aiul' mit *fai{h)od-j *tai(h)on', *lai{Ji)in'j den Vorläufern von
fadj tane, len, so müssten wir Mangels eines ümlautbewirkers
auch Entwicklung von *8aiul- zu *8al- erwarten. Ganz andere
Bahnen weist uns das Ags. Während dreisilbige d-Stämme hier
sonst nur dann ihr Nominativ-w verlieren, wann sie kurze
Wurzelsilbe oder schwere Mittelsilbe haben, zeigt 8äwol trotz
der laugen Wurael- und kurzen Mittelsilbe geschwundenes -m.
Dies zwingt zur Annahme, dass 8dwol ein ursprünglich zwei-
silbiges *8aiwlö ist und dass der Mittelvokal in got. 8aiwala
auf Vokalentfaltung beruht. Dieser Schluss wird dadurch ge-
sichert, dass ein urgerm. *8aiwalö lautgesetzljch zu *8aiwüöf
got. *saiwila geworden wäre; eine Wiederherstellung des Suf-
fixes -alö wäre kaum glaublich zu machen, da das so häufige
Suffix 'il (vgl. z. B. Brugmann Grundr. 2, 196 f.) einer derar-
tigen Analogiebildung sicher entgegengewirkt hätte. Dies
*8aiwlö nmss ebenso wie ahd. fiola (urgerm. *fiwlo aus ^fijwlö)
w aus ^w gehabt haben; der Unterschied in der Behandlung
Zur Entwicklung von germ. ai im Friesischen. 383
Yon wl in ahd. fiola : sBla beruht natürlich auf der verschie-
denen Quantität.
Fflr das Fries, liegt nun die Sache klar: *8aiwlö hatte
ai in geschlossener Silbe, daher weiter zu *s^wle, sele^). Nun
wird es auch leicht verständlich, weshalb neben a-. na- 'immer,
nie' in Zusammensetzungen auch i-, ne- auftritt. In denjeni-
gen Fällen nämlich, in welchen *aiio, *ni aiw schon vor der
Vokalisierung von w im Auslaute eine feste Zusammenrückung
mit einem konsonantisch anlautenden Pronominale einging, blieb
das nun inlautend gewordene w ebenso wie in *saiwlö länger
erhalten, und *aiw führte daher zu ^-.
Femer begegnet 5 in offener Silbe in einigen N. A. Sg.
zweisilbiger Stämme mit wurzelauslautendem Kons.+Liqn. od.
Nas., wobei durch Silbischwerden letzterer auch der endungslos
gewordene N. A. Sg. seine Zweisilbigkeit bewahrte. Während
nun bei den im N. A. Sg. einsilbigen Stämmen wie sten, del
usw. die Foim des N. A. Sg. entscheidend für die Lautgestalt
des Wortes wurde (über flesc : flasc, gest : gast s.o.) zeigen
unsere Nomina im allgemeinen ^, also die Form, die ihren
Casus obliqui eigen war. Hieher gehören : teken 'Zeichen' (mit
dem Denominativ bit€knia); Haiknes usw. führte zu täknes.
Für den N. A. Sg. Haiken, Haikn ist mit Wahrscheinlichkeit
Entwicklung zu *taken anzunehmen: dass die hier entstandene
ö-Form gegenüber der e-Form unterlag, ganz im Gegensatze
zum Siege von z. B. sUn über *8tanes ist leicht verständlich :
der einsilbige N. A. Sg. sten stand seinen zweisilbigen Casus
obliqui viel schärfer gekennzeichnet gegenüber, als der N. A.
Sg. tsken seinen gleicherweise zweisilbigen Casus obliqui. Viel-
leicht aber ist doch auch der N. A. Sg. Uken lautgesetz-
1) Bezüglich der übrigen Fragen, die sieh an unser Wort
knüpfen, trete ich der Ansicht Kluges bei (IF. 4, 310), gegen van
Helten Beitr. 20, 508 ff. Dass ahd. s€ula gegenüber gewöhnlichem
ahd. sela nicht zum Ansätze von Doppelformen nötigt, geht ja da-
raus hervor, dass es nur die Form des Rheinfränkischen ist (Is., M.;
in letzterer Quelle daneben die bair. Formen G. Sg. sUa 27, 29, D.
Sg. selu 30, 20), so dass man es also nur mit verschiedener Ent-
wicklung von wl in den verschiedenen Dialekten zu thun hat. Die
Beurteilung der neben aofries. s^le auftretenden Form siel(e) muss
ich andern überlassen; ihre mit zweimaliger Formmischung arbei-
tende Erklärung durch van Helten hat mich nicht überzeugt, auch
abgesehen von ihren lautlichen Voraussetzungen.
384
s Walde,
lieh bereehtifit; nämlicb unter der allerdings nicht weiter zu
etUtzeudcD ADnahme, dass iils ein Überrest der einstigen Silben-
trennung *taik-nas, imd zugleieb iii Aulehnung an die Casus
obliqni *taik-nes nsw. aueb iu der späteren Form *faiiw zwar
nicht die Ljisung, wohl aber die Uildun^ des A'-Versehlusses
noch zur ersten Silbe gehörte, wobei dann ai in gesell losaeuer
Silbe gestanden wäre.
Ebenso spedel 'Speicher (ags, spddl) (daneben auch ein
schwacbes apüdla); hethin, -en, -on 'heidnisch', wenn aus
*haipna^j. Dagegen ist neben mester 'Meister' und sever
'Feuchtigkeit" durch sekundäre Vorgänge auch m4ster. saver
getreten; master ist icn mester hinzugebildef in Nachahmung
der Doppelheit ment : mänt^); Uber saver wurde schon ge-
handelt.
Ganz anders steht es mit dem e der Verba keta 'heissen'
(got, haita, kaikait) und sksfha 'scheiden' (got. akaida, »kai-
skaid), mit folgenden Formen (vgl. van Hellen Gramm. §274):
Prät. htt, fluten, Ptc. {g){e)heten, 3. Sg. Ind. Präs. hit und
hat; mit Übergang in die schwache Flexion auch Prät. Ind.
Aeie; 3. Sg. Ind. Prä», a(^at neben sehet, femer das schwache
Ptc. schat neben sketh. Die Erklärung des bis auf die For-
men vor Geniinata (bezw. vor tst in der nnbelegtcn 2, Sg. Ind.
Präs.) ausuabmslosen e kann natürlich weder von Geschlossen-
heit der Silbe ausgehu, die ja nur dem Imperativ zukommt,
noch von der Wirkung eines folgenden i, die ,ja nur fürs Ptc.
Prät. in Betracht käme (vgl. urnord. haitinoE, und Aiislautges.
94 f.). Viehuehr beruht das e unserer Verba ohne Zweifel
anf der Analogie der auf sie von altereher im Prät. reimen-
1) Hier sei auch das Fem. hUdere 'Leiter' mit durcliau* laut-
(Wieset zliclieni e erwUlmt, Stamm *htaipTo. Wanu keini' sekutidUre
Vokalen twicklung vor r eintrat, waren die Bedingungen für das
Entstehen der Nebentorm hladder in hladdeigotig gegeben: ur-
sprünglich *hladdra mit Gemination vor r, die im Fries, wohl eben-
so, wie es im Agn, der Fall iet, nach laiijifer Wuraelsilbe erst siiilt
eintrat.
2) In (iieser Sippe sind folgende Formen lautgesetzlich: Komp.
mära, Adv. mä, mter\ Sup. jnest (quasi lautgesetzlii'h wie die Casus
obiiqni von sten sind jedenfaUs aueti die casus obl. von tn&M\ d«r
N. Sg. mi»t : vianf ist zu beurteilen wie fiiec : fiaac. geat : gaat),
d&rnach durch Ausgleichung auch mee, mar. Dass der Kooip. mär<i
keine Form mit i neben sich hat, ist vielleicht nicht zufallig.
Zar Entwicklung von germ. ai im Friesischen. 38&
den, rednplizierenden Verben brBda 'braten' (ahd. bratan), Uta
Hassen' (got. letan, ags. Icetan, ahd. lazan\ reda Vaten' (got.
r^dany ags. rddan, ahd. ratan), deren e im Präs. wie im
Part. Prät. nrgerm. s ist. Den Vorgang werden wir uns ge-
nauer so vorzustellen haben, dass zur Zeit, als ai in offener
Silbe die Mittelstufe ^, die sonst zu a führte, erreicht hatte,
die Präsentien *A$fa, *8Jci^tha ihr $ durch den geschlossenem
Laut von Ista, r^da, brida ersetzten, da ja auch im Prät. von
jeher Vokalgleichheit vorhanden war. Die 3. Sg. hat und
schath dürfen noch als die lautgesetzlichen Formen vor 6e-
minata betrachtet werden, die durch die schützende Analogie
von Uday 3. Sg. Zaf, der entgegenwirkenden Analogie von
iMttj r^da, brBda entzogen wurden. Dass hat, schat erst auf
Grund der Analogie von Uda usw. neugebildet sein sollen, wie
van Helten will, ist mir deshalb weniger wahrscheinlich, weil
man dann wohl auch zu Uta, reda, breda derartige Formen
*lat, *rat, *brat erwarten dürfte, die es eben nicht gibt.
Damit sind die Fälle von e in offener Silbe im wesent-
lichen erschöpft; auf klärliche Analogiebildungen, wie gerade
'schmerzte' zu ser, w^lcande 'emarascens' zu "^wek einzugehn,
darf ich mir wohl ersparen. Kein Diphthong ai endlich, son-
dern zweisilbiges a-i liegt dem Fremdworte Uja 'laicus' zu
Grunde.
Schwierig sind die Verhältnisse des Wortes aofries. femne,
famne, awfries. famne. Wäre ßmne eine lautgesetzliche Form,
so könnte sie höchstens als ümlautsform in Betracht kommen.
Stamm *faimniOn-y wobei freilich Schwierigkeiten übrig blei-
ben. Da aber mn jedenfalls als ktirzungbewirkende Konso-
nantengruppe gelten muss, so ist famne und das daraus assi-
milierte famme, fanne jedenfalls das lautgesetzliche, f^mne
mit van Helten aus der Analogie des Adj. *femin = an. fei-
minn 'schamhaft' zu erklären, kann ich mich nicht entschlies-
sen, da dies Adj. auf westgerm. Gebiete noch nirgends belegt
ist. Eher möchte ich an Einfluss einer dem as. femea ent-
sprechenden Form, wenn nicht gar dieses as. Wortes selbst
glauben, zumal die ö-Foim nur aus dem Aofries. angeführt
wird. Das o der Formen *fovne, fömne, föne erklärt van
Helten (Gramm. 24 und Beitr. 14, 245) durch Verquickung mit
fröwe, was doch eine recht harte Annahme ist. Vielmehr gilt
mir mit Siebs Grundr. 1* 1229 fömne als Mischbildung zwi-
386 P. £. Sonnenbarg,
sehen famne und fovne\ letzteres als infolge der beiderseits
labialen Umgebung des a aus *fafne (älter *fifne) lautlich
entwickelt anzusehen^ hindert, so weit ich sehe, nichts.
Zusammenfassend lässt sich hiermit sagen : ai wurde zu-
erst in offener Silbe verändert, u. zw. zu $ (ß)^ welches aUr 6
in die Überlieferung hereinkam, wann ein *-ftf)- oder ein durch
die Auslautgesetze nicht getilgtes i folgte, sonst aber zu a
fortschritt. Später ist die Verwandlung von ai in geschlosse-
ner Silbe zu *^ ((e). Dieses blieb im allgemeinen als € erhal-
ten, wurde aber verhältnismässig spät vor ch oder Labial zu
ü und vor Geminata oder sonstigen kürzenden Konsonanten-
verbindungen zu ä gewandelt.
Innsbruck. Alois Walde.
Zur Ableitung von calefado und calebam.
Im laufenden (52.) Jahrgang der Zeitschr. f. d. östr. Gym-
nasien haben Stowasser und Skutsch unter gegenseitiger An-
erkennung den hübschen Gedanken veröffentlicht, dass in dem
ersten Teil von cale-facio wie von cale-bam das Partizipium
calens vorliege, und die lautliche und semasiologische Entwick-
lung dieser Formen wahi-scheinlich gemacht. So einleuchtend
die Sache scheint und so manches sich gewiss zu ihrer Be-
stätigung den kurzen Notizen der genannten Gelehrten zufügen
Hesse, so fehlts doch auch nicht an Thatsachen, die bedenk-
lich stimmen können. Einiges davon ist bereits von ihnen
selbst erledigt, andres vielleicht absichtlich als minder wesent-
lich übergangen, um in der in Aussicht gestellten ausführliche-
ren Behandlung des Gegenstands besprochen zu werden. Als
Beitrag dazu mögen die folgenden Bemerkungen gestattet sein.
Die in jeuer Weise mit facio zusammengesetzten Verba
fuhren meist auf e-Stämme zurück und gruppieren sich leicht
ihrer Bedeutung nach; so arefacio, lique facio, madefacio\ cale-
fado, {concale facio), fervefacio, frigefa^io, tepefacio; einzeln
Rtehn patefacio] stupefacio, {ohstupe facio). Hier sehn wir fast
überall die entsprechenden Adjektiva daneben: aridus, liqui-
du8, madidus, calidus, fervidus, frigidus, tepidus, stupidus]
Zur Ableitung von calefado und caleham. 387
TM gelidus fehlt ein entsprechendes Verbum, aber man bildete
doch gdefcictus. Etwas anders liegts bei Idbefacio ijtäbefacto),
aind expergefacio (vielleicht gehört auch fervefacio eher hier-
her); deueu Verba der sog. 3. Konjugation entsprechen, und
gerade hier bringt die auffallende Länge des e vor -facio eine
willkommene Bestätigung von Stowassers Auffassung. In dem-
selben Sinne lässt sich olfacio verwerten. Die Entstehung
der Bedeutung dieses Worts setzt voraus, wie es Stowasser
für all diese Bildungen annimmt, dass zuerst die Passiva oder
Media (mit fio) enstanden {calens fio), dann nachdem diese
fest geworden (calefio), eine entsprechende Aktivbildung {caie-
facio) erfolgte. Das Lukrezische facit are würde nur zeigen,
wie sehr die Entstehung damals schon vergessen war. Nnn
sieht man leicht, wie olens fio 'ich werde duftend', also 'riech-
bar' zu der Bedeutung 'ich werde (thatsächlich) gerochen'
kommt (vgl. das griechische Adjectivum verbale auf -toc).
Von da ergab sich dann von selbst olfacio 'ich nehme durch
•den Geruchsinn wahr', eine Bedeutung, die aus olentem facio
kaum abzuleiten ist. Da ists aber doch sehr auffallend, dass
sogar die volle Form oUfacio bei Plautus durch Skutsch nach-
■gewiesen, olfio dagegen so gut wie gar nicht belegt ist. Und
wenn man (gegen Stowasser) behaupten wollte, die Aktiv-
Bildungen mit fado seien das Ursprünglichere, so könnte man
dafür anführen, dass ja zum Ausdruck des passivischen oder
medialen Begriffs die Incohativa aresco, liquesco, madesco,
cxilesco, concalescOj fervesco, frigesco, tepesco, patesco, stu-
pescOy obstupesco, läbesco (Plaut, collabasco), expergiscor zur
Verfügung standen, die wenigstens zum grössten Teil schon
der ältesten bekannten Sprache angehören. Jedenfalls müsste
schon in sehr früher Zeit das Bewusstsein des von Stowasser
angenommenen Vorgangs geschwunden sein, wenn man nach
ihm auch die Verba assuefacioj consuefacio, desuefaciOj insue-
faeio neben den Incohativbildungen a^suesco, consuesco, desu-
esco, insuesco und erst recht die Verba condocefacio und com-
monefacio erklären will, die sich ja als einfache Dubletten
neben condoceo und commoneo stellen, wie der rheinische
Dialekt gern mit thun umschreibt, der englischen Umschreibungen
mit to efO'gar nicht zu gedenken. Hier reicht zur Erklärung
der Bedeutung die Ableitung vom Partizipium weder mit facio
noch mit fio ans, man müsste denn für diese Fälle passivische
388 P. £. Sonnenburg, Zur Ableitung von calefacio und caleham.
Bedeutung des Partizipiums neben fio annehmen. Dabei mag
nicht unerwähnt bleiben, dass es neben Bildungen wie am-
plifico und sacrifico entsprechende Incohativa nach Art von
duresco, vanesco nicht gibt.
Auch in den Bildungen calebam und calebo hat die
Zurückftihrung des ersten Teils auf calens ihre Schwierigkeiten,
von denen zwei, das kurze a in däbam, dabo und die Formen
audibam, audibo bereits von Skutsch behandelt sind. Letztere
fasst er sehr einleuchtend als einfache Analogiebildungen nach
amabam, monebam, und es will scheinen, als ob bei ursprüng-
lichem audibam eine Bildung wie audiebam gar keine Er-
klärung habe. Indessen würde diese Erscheinung, wenn wir
sie annehmen — und die einfachen Foroien auf -ibantj -ibo
erscheinen in der Litteratur wohl eher als archaisch denn die
volleren auf -iebam — zu verstehen sein infolge der vielfachen
gegenseitigen Beeinflussungen in den i- und ^Stämmen: man
denke an oreriSy orltur, orerentur, potUuVy daneben umge-
kehrt an cuplret'. anderseits vielleicht auch an Formen wie
evenat. Eine ganz gleiche Erscheinung läge thatsächlich vor
in ambiebamy das wohl sicher erst wieder Analogiebildung
nach audiebam ist. Die Möglichkeit der Annahme aber, dass
in audibam das Ursprünglichere erhalten sei, scheint gestützt
zu werden durch die Bildungen ibam und ibo von eo (ebenso
quibam, quibo, nequibam, nequibo), die auch sich nicht aufs
Partizipium zurückführen lassen und bei der Häufigkeit des
Verbums und seinen zahlreichen Singularitäten wohl als ur-
sprünglich aufzufassen sein dürften.
Wenn ich mit diesen gelegentlichen Einfällen das gewiss
allgemeine Interesse an der Darlegung der beiden Gelehrten
bekundet haben möchte, so liegt mir die Anmassung fem,
das Schlusswort des Tyrannen in der Bürgschaft zum meinigen
zu machen, aber vielleicht ists gestattet, die dort am Schluss
angeführte Stelle nach Pigres' Muster zu lesen:
CUV Te bu' ^pxo)Li€viü, Ktti Te TTpö 8 Toö ^vöncev*
ÖTTTTUJC Kepboqpopfii, Kai qpiXoc, 8c TpiTaroc.
Münster. P. E. Sonnenburg.
Karl Brugmann, Nochmals lat. ali&iits, laniena, . 389
Nochmals lat. aliinuSf laniena.
(Zu Wölfflins Archiv 12, 201 ff.)
Seine im J. 1890 (De nominibus Lat. suffixi -wo- ope for-
maÜB p. 15 sqq.) geäusserte Ansicht über die Entstehung des
Suffixes -ienus — dieses soll durch lautliche Dissimilation aus
'Ünos mit uridg. I hervorgegangen sein — hat Skutsch seit-
dem zweimal gegen diejenigen zu verteidigen gesucht, die von
ihm nicht tiberzeugt worden sind, in Vollmöllers Jahresber.
5, 60 und in Wölfflins Archiv 12, 201 flf. Die zweite Vertei-
digung ist eine Antwort auf Ber. der Sachs. Ges. der Wissensch.
1900 S. 407 flf., wo ich gezeigt habe, dass Skutsch die Mög-
lichkeit des Ursprungs des e von -iinus aus urital. ei, oi oder
ai, die sich jedem namentlich seit Solmsens Aufsatz IF. 4, 240 flT.
aufdrängen musste, mit Unrecht kurzer Hand abgelehnt hat.
Mit diesem Hinweis, durch den ich die weitere Diskussion
einer nicht ganz einfachen Frage in die richtige Bahn gelenkt
zu haben hoflfte, habe ich bei Sk. wenig Glück gehabt. Er-
reicht habe ich zwar, dass er sich nunmehr bewogen gefun-
den hat meine im Grundr. 1* p. XLV nur kurz angedeutete
und in den genannten Berichten etwas näher ausgeführte An-
sicht, dass alisnus aus *alieino8 oder -ioinos und entsprechend
laniena nebst räplna, porcina u. dgl. aus Formen auf -eina
oder 'Oina entstanden sein könnten, zum Gegenstand einer
Kritik und eines Beweisverfahrens zu machen. Aber eben
dieses Beweisverfahren hat nach Sk. (S. 205) jetzt die Sache
zu seinen Gunsten 'erledigt*: nur uridg. -ino- ist nach
Sk. im Lat. vertreten.
Ob das wahr ist?
Seit uridg. Zeit gab es im idg. Sprachbereich die beiden
adjektivbildenden und funktionell kaum zu scheidenden Suffixe
-fwo- und -eino' -oino- ^) nebeneinander. Die Form mit z liegt
vor im Indischen {-Ina-), Griechischen (-ivo-), Italischen (z. B.
1) -eino- und -oino- sind nur Ablautvarianten und haben als
dasselbe SuflSx zu gelten. Ob daneben überdies uridg. -aino- an-
zuerkennen ist (die Lautgesetze mehrerer Sprachen würden diese
Grundform zulassen, die auch morphologisch angeht), darauf kommt
für unsere Kontroverse nichts an. Ich lasse desshalb -aino- int
folgenden beiseite.
Indogermanische Forschungen XII 3 u 4. 26
390 Karl Brugmann,
o&k. deiviDais 'divinis'), Keltiscbea {•ino-) uud Litauiacheii
{-yna-)- Die diplithoiigiscbe Form im Indischen (.-ena-), Ira-
nischen (ar. -aena-). Baltischen (lit. -ena- und -ainis), Kelti-
schen (urkelt. *-eino- z. B. mir. cuilen kymr, colwyn com.,co/oiM
bret. co/eh 'Tierjnuges, catulus', vgl. Stokes ürkelt, Sprachscli.
94) ') und Germanischen (got. meins 'mein' aus *meinos zu
uridg. *mei "mot [Stamm me- mo-\, ahd. swein aiel. sueinn
'Knecht, Sohn, junger Mann*, ursprünglich 'der seinige*, zu
uridg. *8^oi gr. ol [Stamm syio- uffe-], Noreen Abriss 46. 218).
Wie weit in den germanischen Wörtern auf -Hia; wie got.
ataineins 'steinern' gumein 'Männleiu*, und ia den slavischea
auf -ino-, wie aksl. materim 'mlltteriich', uridg. -inn- und
anderBetta uridg. -eino- enthalten ist, läBst eich wegen des
vorhistorischen Zusammen fallens von i und ei in diesen Spra-
chen nii'ht mehr ausmachen. Immerhin sprechen die lit. tee-
rend 'Wildpref, vilkünä 'WolfsfelP, vii'nesena 'Mondschein'
dafür, dass der Ausgang der gleichbedeutenden aksl. zverina,
vhöina, vie^^Hna uud der denselben Bedeutungskategorieu
angehürigcn andern slav. Feminina die diphthongische Suffix-
form birgt.
■eino- -oino- ist demnach nicht, wie .Sk. (S, 202) meint
und gegen mich geltend macht, "nur in einem kleinen Ana-
Bchuitt der idg. Sprachen", im Arischen und Baltischen, vor-
handen*;. Es ist vielmehr so weit verbreitet, dass wir durch-
aus darauf gefasst sein inflssen, ihm neben undg. -ino- auch
auf italischem Boden zu begegnen.
1) Ich hatte zuerst daran gedacht, man könne das ganze ir.
Deminutivauffix -en {duinin 'hoiiiuncio' uhw., s. Zeuss* p. 274. 778)
aus uridg. *-eino- ableiten (vgl. die germ. Deminativa wie got. gumein
Ahd. geißln und den gleichartigen Gebrauch von -inus im Volks-
latein und im Romanischen, s Olcoft Stadiee iit the Word Form, of
ihe Lal. Inscr. p. XXVI. 134 sq. 200 sq., Meyer-Lübke Gramm. 9. 193).
Es ergeben sich dabei aber, worauf mich Oathoff kürzlich aufmerk-
sam machte, Schwierigkeiten. Über gnll, -enu« = •-etVtos in Car-
»utenus, Epenus n. a. sieh Me^'cr-Lübke in der Feelschrirt für Ab-
coli (Turin 1901) p. 416 aqq.
2) Nur für diese beiden Sprachzweigc ist diese SuCQxl'orm
allerdings in meinem Grundr. 2, 150 belegt, auf den sich Sk. mit
grosser Emphase beruft. Dieser Band ist aber schon 18tS9 erschie-
nen, und dasa ich mittlerweile auch das GennaniBche für -eino- hiu-
7.ugenommeu habe, hatte Sk. aus dem, was Icti S. 409 aber got. mtin»
bHi^e, ersehen müssen.
Nochmals lat. aliSnuSf laniSna. 391
Daes nun in der Zeit, da bei den Römern in den un-
betonten Silben das uridg. f und das ans t-Diphthongen her-
vorgegangene f (d. i. geschlossenes i) in der Schrift noch als
i und als e oder ei geschieden waren (Solmsen IF. 4, 244),
Namen auf -inus nnr mit t geschrieben begegnen (Sk. belegt
AiseminOj AquinOy CaiatinOy Ladinod, Loucina, Aninus S. 204),
und dass auch im Oskischen in demselben Kreise von Bil-
dungen nur Formen erscheinen, die auf altes f weisen, nimmt
Sk. zum untrüglichen Beweis, dass in Formen wie Aienus (von
Aiu8)y Avillisnus (von Avillius) ebenfalls altes -ino- stecke,
die Annahme einer Dissimilation von U zu U im Lateinischen
also unumgänglich sei.
So einfach liegen die Dinge aber leider nicht.
Zunächst haben die vier eratgenannten Belege, welche
Münzlegenden sind, und Aninus CIL. IX 3813 für das Latein,
für das sie direkt beweisen sollen, nur eine geringe oder auch
gar keine Beweiskraft. Denn es handelt sich nicht um echt
römische Namen. Aisemino (zu Aesemiä) und Caiatino (zu
Caiatia) können oskische, Ladinod (Larinor- ?, vgl. Conway
It. Dial. I p. 211) kann frentanische, Aquino volskische, Aninus
marsische Suffixgestaltung haben, ja bei den Belegen Aiser-
nino und Caiatino fragt es sich, ob wir es überhaupt mit
lateinischen und nicht vielmehr mit oskischen Aufschriften zu
thun haben (Conway a. 0. p. 144). Und weiter ist auch die
Inschrift aus dem Pisaurenser Hain CIL. I 171 luno. Loucina
kein einwandfreier Beleg. Wahrscheinlich ist lunone Loucina,
der Dativ, gemeint. Dann liegt auch hier, wegen -a statt -at,
eine Dialektform vor.
Wie kommt nun Sk. zu dem Ausspruch : ''Und so ist nur
das eine bedauerlich, dass das SC selbst keine Form auf -tno-
enthält", da dieses Denkmal doch nominus Latini bietet?
Das einzige sichere lateinische Beispiel für altes -ino-, das S.
hätte bringeq können und sollen, muss wohl von ihm über-
sehen worden sein!
Und doch beweist auch wiederum dieser sichere Beleg
nichts gegen altes -eino- -oino- im Latein. Denn es handelt
ßich, wie bei Aisemino, bei Ldnuvlnus (Lanuvium) usw., um
eine Ableitung von einem }o-Stamm: Latinus von Latium.
Wie umbr. Uoisiener 'Volsieni* den lat. Fonnen auf -ienus
gegenübersteht, so z. B. umbr. Fisouina von Fisouio-, osk.
392 Karl Brugmann,
Bantins von Bansa- 'Bantia' den lateiniBchen wie Latinus.
Zu den Namen auf -iusy -ia gehörten also Ableitungen auf
'ino' seit uritaliscber Zeit, und man wird kaum irre gehen,
wenn man den Bildungstypus Latinus Fisauina Bantins un-
mittelbar den litauischen Formationen wie kadag^nas und
Jcadaggne 'Wachholdergesträuch' von Jcadaggs -io, zemyna
'Erdgöttin' von ziime -es (Leskien Die Bild, der Nom. im Lit.
408 ff.) und dem ai. kantna-s 'jugendlich', das zu Jcanyä 'Jung-
frau' gr. Kttivöc = *Kavio-c gehört, an die Seite stellt und
hierin die ursprüngliche Weise der Erweiterung der jo-Stämme
mit dem n-Suffix sieht. Hier also haben wir wirklich greif-
bar -inO' mit altem l auf römischem Boden vor uns, was ich
auch nie geleugnet habe^).
1) Dieses -ino- kann im Italischen wie im Baltischen aus -itno-r
beziehungsweise iiLno- hervorgegangen sein. Aber eine andre Auf-
fassung scheint mir ebenso viel für sich zu haben. Wie ich Be-
richte S. 409 gesagt und auch oben S. 390 angedeutet habe, sehe ich
in uridg. -eino- -oino- das adjektivbildende Sekundärsuffix -no-, das
so oft hinter Kasusformen und adverbialen Gebilden erscheint (griech.
^api-vö-c, ai. ddkß-na-s purä-nd-s usw.). -ei -oi war der Lokativ-
ausgang von o-Stämmen (z. B. got. ineins=^*mei-nO'S auf Grund des
Lok. Gen. *mei, lit. känö 'wessen* Gen. eines ^k^-na-s 'wessen Eigen-
tum seiend*), wie dieser Kasus auch durch -jo- erweitert auftritt
(z. B. griech. irotoc kret. T€lov=:*g?foi-iO- *qUei'iO'y dXXoloc=*dXXoi-xo-c,
olK€toc=*FoiK€i-xo-c, osk. vereiiai = *?^er«-io-, s. Grundr. 2, 121, IF.
12, 1 flf.). Entsprechend zerlege ich nun uridg. -Ino- in -l-no- und
vermute in -i den Ausgang, den im Lateinischen der Gen. Sg. der
o-Stämme hatte. Denn bekanntlich haben wir kein Recht, lat. equl
auf älteres *equei (oder *equoi) zurückzuführen. Mit Sommer gehe
ich auch für das Keltische (ir. Og. maqi usw.) von ursprünglichem
-l aus. Hiernach wäre z. B. osk. deiulnO' = \a,t. Gen. dlrl+Suff.
-no". Nun wird dieses -i etymologisch mit dem Adjektivsuffix -/o-
'iio' identisch sein. Dann fragt sich aber, ob Genitive wie Latlf
fluvl — dies, nicht -ii ist ja die ältere Bildung — überhaupt von
Anfang an -^t (-iil) gehabt haben. Und die gleiche Frage er-
hebt sich dann bezüglich der zugehörigen Adjektivbildungen wie
Latinus.
Skutschs Meinung (De nom. Lat. p. 27 und Archiv S. 206 f.),
Latinus sei "von der kürzeren Stammform Lati" wie marlnus von
maH' hergeleitet, kann ich auf sich beruhen lassen. Weniger da-
gegen das, was er im Eingang seines Aufsatzes S. 201 sagt: "Und
ich muss allerdings ehrlich bekennen: worauf es Brugmann an-
kommt, das weiss ich jetzt sogar noch weniger als vorher. Denn
B. gibt jetzt für alienus zwei Erklärungen, die mit einander un-
Nochmals lat. alientiSy lanUna. 393
Wenn demnach lat. Namenformen wie Avilliänus und das
umbr. Uoisiener (auf das ich übrigens nicht viel Gewicht lege,
vgl. von Planta Gramm. 1, 153 f. 289. 300. 2, 35) nicht den
alten Typus der Weiterbildung von jo-Stämmen mittels des
nridg. -iwo- darstellen, warum soll die Annahme verwehrt sein,
dass sie die lautgesetzliche Fortsetzung von alten Formen auf
'ieinos -joinos, -iieinos -iiainos (vgl. lit. Pilkainis u. dgl. bei
Leskien a. 0. 415^)) bildeten?
Der Übersichtlichkeit wegen habe ich bisher nur von
den Eigennamen gesprochen. Von deren Ausgängen -inus,
'ienus können natürlich die gleichen Ausgänge der Appellativ-
wörter, wenn es auf Bestimmung des Ursprungs ankommt,
nicht getrennt werden. Wie nun für keinen einzigen Namen
auf 'imis, der von einem o-Stamm (nicht i'o-Stamm) kommt,
aus dem Lateinischen heraus von Sk. bewiesen ist, dass sein t
altes I und nicht ei oder oi war, so gilt dies auch für die
Appellativa. Man wird ja nun das nach den lat. Lautgesetzen
mehrdeutige lat. dlvinus, wie ich schon Ber. S. 408 bemerkte,
verträglich sind. Nämlich S. 408 wird vermutet, dass -eno- in jenen
Worten [alienus, lanienä\=^idg. -a^ino- [d. i. -eino- -oino-] sei. Da-
gegen wird S. 409 'die vermutete uritalische Form *alieinos oder
*alioino8' coniecturaliter ans einem Lokativ-Genetiv *aliei *<üioi-\-
Sufßx -no- hergeleitet. D. h. also einmal gibt B. -eno- als fertiges
idg. Suffix, das andere Mal lässt er es erst im Uritalischen durch
Ableitung aus dem Lokativ sich bilden." Indem ich *alieinos in
^aliei-no- zerlegte, habe ich natürlich nur meine Ansicht über den
Ursprung des 'Suffixes* -eino- -oino- überhaupt zum Ausdruck zu
bringen beabsichtigt. Das ist um so klarer, als ich hinzugefügt
habe: "Dabei ist gleichgiltig, ob man den Bildungsprozess gerade
an dem Wort alienus sich vollzogen haben lässt, oder ob man dieses
nur als typisches Beispiel nimmt, alienus kann ja jedenfalls durch
Nachahmung älterer Musterformen, die den uridg. Ausgang -einos
oder -oinos (auf irgend einer der älteren lautlichen Entwicklungs-
stufen) enthielten, zu seinem Ausgang gekommen sein." Man spricht
ja auch z. B. bei ^apivöc, x^tM^Pt^^^Cf i^nepivöc usw. von einem alter-
erbten 'Suffix' -ino- (vgl. lat. vemus aus *v^noSf hibemus usw.)
und zerlegt dabei ^apivöc in Lok. ^apt-f Suff, -vo-, ohne dass das
sich widerspräche. Dass Sk. eine so einfache Sache so gröblich
miszu verstehen in der Lage ist, das ist nicht meine Schuld. Nur
gut, dass er, wie er hinzufügt, "diesen Widerspruch nicht weiter
urgieren will". Dies ist ebenso vernünftig als nett.
1) Über die von Kurschat Gramm. S. 87 aufgeführten Ein-
wohnemamen wie TUz^nas s. Leskien a. 0. 388.
394 Karl Brugmann,
von osk. deivinais 'divinis' nicht treoDen wollen, so wenig*
wie etwa das zweideutige aksl. zverina 'Wildpret' von dem
gleichbedeutenden lit. zveränä mit ursprünglichem Diphthong.
Auch scheint das i des umbr. cabriner 'caprini' (V b 12. 17
in derselben Wendung) altes f zu sein, so dass dies als Stütze
für altes l in lat. caprinus verwendbar ist. Aber was soll
uns denn nun zwingen in sämtlichen -fno- des Latein uridg.
f zu sehen ? Und gar in aliintis, lanienaj für die dasselbe gilt
wie für AvüliBnus usw.? lanüna 'Fleischbank' geht sema-
siologisch mit piatnna 'Bäckerwerkstatt', moletnna 'Mühle',
lapicidlnae 'Steinbruch', salinae 'Salzgrube' u. dgl., und nun
habe ich Berichte S. 409 darauf hingewiesen, dass den lat.
Feminina rapina 'Rübenfeld', cipina 'Zwiebelfeld' u. dgl. im
Litauischen solche wie ropänä 'Rübenfeld', rug^nä 'Roggen*
feld' u. dgl., und den lateinischen porcfna 'Schweinefleisch"
{agninCy vüulina u. dgl.) im Litauischen parazSnä 'Ferkel-
fleisch', meszMnä 'Bärenfleisch' u. dgl. gegenüberstehen (vgL
auch zviränä 'Wildpret' : ferlnüy antänä 'Entenfleisch' : ana-
tlnä). Sk. bedauert, diese "anscheinend so frappante Überein-
stimmung für einen baren Zufall erklären zu müssen". Da
wird es denn wenig nützen, wenn ich etwa noch hinzufüge,
dass dem lat. fibrlnus im Avestischen batoraini- 'flbrinus'^
{-aini- = -aini-, Jackson Av. Gramm, p. 229) entspricht, -eino-
oder 'OinO' also auch im Iranischen in Stoflfadjektiva zu Tier-
namen zu Hause war').
Nein, so billig, wie Sk. sie vermeint liefern zu können,
sind stringente Beweise in der Wissenschaft nicht zu liefern t
Fest steht, so weit das Lateinische selbst Aufklärung bietet,
nur das, dass in Latlnus von Latium u. dgl. altes f zu Haus
war. Im Übrigen hängt Sk.s Beweis lediglich an den tiber-
lieferten Formen des Oskisch-Umbrischen. So gern man nun
dieses Dialektgebiet betritt, um sich von dort Aufklärung für
das Latein zu holen, wo dieses sich nicht aus sich selber er-
klärt, so ist doch für unsere Frage von dort her nur wenig
zu gewinnen. Nur ein kleiner Bruchteil der Formationen^ um
die es sich handelt, ist in diesen Mundarten belegt, und über-
haupt ist ja die Überlieferung von diesen eine so trümmer-
1) Ahd. bibirin 'fibrinus* ist leider phonetisch zweideutig
(vgl. S. 390).
Nochmals lat. ali^us, laniina. 395
hafte; dass esThorbeit wäre, zu behaupten, in ihnen habe es
-eifuh 'Oiruh neben -ino- nicht gegeben. Zum Beweise, dass
im Latein neben -fno- Oberhaupt kein 'eino- -oino- bestanden
habe, ist das Oskiseb-Umbrische somit nicht zu gebrauchen.
So gut wie im Litauischen, Indischen und Keltischen beide
Snffixformen nebeneinander hergehen — sie kommen im Li-
tauischen sogar einige Male bei demselben Wort vor, wie ml"
dgn4 und saldainis 'Honigkuchen' — , können jedenfalls im
Lateinischen gewisse von den ttberlieferten Wörtern mit ino-
und alle Wörter auf -iino- die diphthongische Form enthalten
haben. Schon die überall vorfindlichen Fälle wie dass lat.
-eUus teils älteres -erlös, teils älteres -enlos war, -ulus teils
urital. -elos teils urital. -Zo«, ion. att. 'r\p6c teils urgr. -npöc
teils urgr. -äpöc, ai. -ras teils uridg. -ro-s teils uridg. -Zo-«,
hätten Sk. zur Vorsicht mahnen sollen.
Den Wörtern auf -iintis dürften wir nach dem, was über
LatintM von Latium gesagt worden ist, mit höchster Wahrschein-
lichkeit SuiSx -eino- -oino- zusprechen, wenn man nicht sagen
könnte, sie seien italische Neubildungen von ähnlicher Art
gewesen, wie die späteren Singulargenitive wie fluvil, die
nach 'iö -ium usw. neu aufkamen. Es müsste dann in einer
yorhistorischen Periode der italischen Sprachgeschichte -iino-
oder -tino- für -fno- eingetreten und dissimilatorisch zu -iino-
'ieno- geworden sein. Hiergegen lässt sich, so viel ich sehe,
nur die Thatsach^ einwenden, dass die Annahme dieser Dis-
similation phonetisch weniger glatt ist als die Annahme, dass
^ aus ei oder oi entstanden war^).
1) Den Übergang von -il- zu -U- habe ich Berichte S. 408 als
phonetisch 'höchst unwahrscheinlich' bezeichnet, und dieser Ausdruck
mag zu stark sein. Freilich Sk. selber bringt nichts bei, was sein
'i€- aus -if- stützen könnte. Vielmehr verbittet er sich jede phone-
tische Kritik; er meint ja strikt bewiesen zu haben, dass das e, von
'ii^us altes i gewesen sei ! Ich gestatte mir aber denn doch auf folgen-
des aufmerksam zu machen, was ich nicht für ganz irrelevant be-
trachten kann. Lat. -i^i/5= urital. *-ieino8 *'ioinos neben -inus=:
urital. "^-einos *'Oinos {laniena neben pistrinä) hätte im Latein selbst
eine genaue Parallele an societäs, variegäre, hietäre, parietem neben
bonitäs, r€migäre usw. oder auch an mortuoSj equos^ parvolus, vi-
wmt neben lupuSf parculus usw.: hier sind e und o, die auf einer
gewissen Stufe der Sprachentwicklung hinter i- und u-Laut zu stehen
kamen, mit Rücksicht auf diese Laute selbst nicht wie sonst weiter
396 Karl Brugmann, Nochmals lat. aliinus, lani€na.
Wirklich bündige Beweise für -etno- -oino- auf lateinischem
Boden za geben bin ich hiernach heute so wenig imstande wie
vor einem Jahr. Aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht
doch wohl dafür, dass unsere nrjdg. Suffixdoppelheit durch
die Doppel hei t Latintis : cdiBnus (umbr. Fisouina : Uoisiener)
vertreten ist. Doch gebe ich hierauf nicht viel. Denn ich
wollte auch dieses Mal, wie in den Berichten 407 ff., keine
definitive Lösung unseres Problems vorlegen. Vielmehr kam
es mir im wesentlichen nur darauf an, für weitere Forschung
die Bahn frei zu halten, wo man durch ein thatsächlich
äusserst schwächliches Beweisverfahren, insonderheit durch
eine gänzlich unberechtigte Verallgemeinerung, mit einer er-
staunlichen Zuversichtlichkeit glaubt Abschluss und endgiltige
Erledigung gebracht zu haben ^).
Leipzig. K. Brugmann.
Lat. deierare, perierdre peiierare, ^ieräre und aerumna.
Seit ältester Zeit erscheinen in der Litteratur der Römer
die drei vielbesprochenen Verba deierare 'fest und feierlich
zu iund u geworden. (Für umbr. Uoisiener bedürfte es überhaupt
nicht der Annahme eines dissimilatorischen Vorgangs, weil im Umbr.
uritalisches ei hinter beliebigen Lauten als S erscheint.) Gegen die
andernfalls anzunehmende Dissimilation von il zu ie dürfte man
zwar nicht das später in derselben Sprache für fluvl aufgekommene
fliivil geltend machen, denn andre Zeiten, andre Lautgesetze. Wohl
aber ist ihr ungünstig, dass oft genug in verschiedenen idg. Sprachen
die Lautungen il, uü oder il, uü im Lauf ihrer Entwicklung auf-
gekommen sind und nirgends, meines Wissens wenigstens, die Art
von Wandel stattgefunden hat, die Sk. für alientis usw. annimmt.
Übrigens fehlt mir für das, was Sk. auf S. 206 darlegt, jedes Ver-
ständnis: die erst seit der klassischen Periode zu belegenden Formen
proprietäs^ ehrietäs u. a. sollen möglicherweise (mit "50% Wahr-
scheinlichkeit**) nicht im Anschluss an die schon vorklassisch zu
belegenden societäs u. a. aufgekommen sein, d. h. die letzteren wären
nicht als assoziativ bereit liegende Vorstellungen bei der Erzeu-
gung der jüngeren Formen beteiligt gewesen!
[1) Gegen Skutschs Ableugnung von uridg. -eino- im Altita-
lischen wendet sich jetzt auch v. Planta in dem Aufsatz "Die Bil-
dungen auf -enw«"in Wölfflins Archiv Bd. 12. — Korrekturnote.]
.arl Brugmaun, Lat. diierare, perieräre peneräre usw. 397
ersichern, heilig beschwören, sich heilig venuesseu", perieräre
\peiieräre d. i. perjerdre pSjjerare 'eine falsche VerBitiherung
geben, falsch aussagen, lügen, fuJscb schwören, meineidig sein',
iierare 'sich feierlich lossagen von etwas, abschwören'. Ausser-
dem fiudet sich -ierdre noch in dei' nur glossographisch ilber-
Jieferten Zusammeusetzung mit cum : conierat couiurat CGL.
.IV 322, 33, V 447, 23, coierat coniurat V 494, 72.
Bekanntlich hat man diese Komposita bisher teils von
rare hergeleitet, teils in der Weise von peior {peiior), dasB
.man eierare und deierdre im Änscliluss an peierare (peiierdre)
.«ufgekommen sein Hess, welches seinerseits von einer Staram-
•form *peiies' ausgegangen sein und sich zu peior wie maien-
t&8 zu mainr verhalten haben soll ')■ Aber keine von diesen
.Anffassuugeu ist irgend hei'riedigend, so dass nicht zu ver-
wundern ist, wenn kürzlich Sommer IF, 11, 56 erklärte: "Das
"Wort \peieraTe\ ist und bleibt eine crux".
Ob es eine crux bleibt, hängt freilich davon ab, ob
sieb nicht doch ein gangbarer AuBweg aus den vorhandenen
Schwierigkeiten findet. Ein solcher eröffnet sich, meine ich,
falls man -ierdre etymologisch sowohl von iürüre als auch
von peior losmacht. Die Trennung von peior wird heute nie-
mandem mehr schwer fallen: sie empfiehlt sieb, wie schon von
anderen gezeigt ist, aus mehr als einem Grunde. Aber auch
.4ie der äusseren Sprachform nacJi nun einmal nicht zu vcr-
iuigenden -iSräre und iürdre {alat. tourtire) etymologisch zu
^beiden wird man grundsätzlich fUr durchaus statthaft halten,
^eun man erwägt, wie häufig Wörter, die nach Lautung und
Bedeutung sehr ähnlich sind und die man in alter Zeit darum
vbne weiteres etymologisch identifizierte, sieh im Fortschreiten
äer Wissenschaft doch als wurzelhaft verschieden enviesen haben,
ich erinnere nur an griech. ive-pieiv und dveiKoi, die beute
;ein Nach verständiger mehr von dersellien Wurzel ableitet*).
1) S. CorsBen Ausapr. 11= 203. 423. 515, Osthoff Zur Gesch. d.
^f. 115, Havet M6m. de la Soc. de lingu. ß, 22, Gust. Meyer Ztschr.
JÜx österr. Gymu. 1885 S. 280, Keller LiU. Volkseiym. 148 f., Joh.
fichmidl Pluralb. 148, Wliarton Etyma Lat. 74, Stola Hist. Gramm, I,
170, Lat. Gramm. ^ 44, Lindsay-Kohl Die lat. Spr. 675.
2) So ist auch, wie ich heiläufig viigan A. Klotz Archiv 12,
fii bemerke, anffiilua 'Winkel, fiux^t" l»'olz Varro und wahrscheinlich
ach vieler anderer Römer von angustun zii trennen. Denn dieses
S98 Karl Bnigmann,
Das in nuBern Komposita enthaltene -ierare niues für
sich allein den Sinn einer energischen, mit Verve vorgebrachten
Behauptung oder Veraiehening gehabt haben. Somit lässt es
sieh zu der Wurzel Je«- 'fervere' stellen, die im grössten Teil
des idg;. Sprachgebiets, dabei in allen an den italischen nn-
mittelbar angrenzenden Sprachzweigen vertreten , auf itali-
schem Boden aber bis jetzt noch nicht angetroffen worden ist.
Die 'sinnliche Gnindbedeutiing' von jes-, 'heiss sein, sieh er-
hitzen, sieden, wallen, kochen, überkochen' n, dgl., liegt vor
im Altindiaehen {ydgya-ti ubw.), Grieehisehe« (Ce'uj usw.). Kel-
tischen (kymr. iäs 'fervor, ebnllitio' usw.), Gernianischen (ahd.
iesan m\xA. jenen jern nhd. gären usw.). Der Sinn 'ich knete
Brot", den das von Gust. Meyer Etym. Wtb. der alb. Spr. 139,
Alb. Stud. 3, 39, Pedersen KZ. 36, 327 hinzugezogene alb.
^ei hat, knUpft an die Verteilung des Gärmittel» iu der Ein-
teigmasac an, deren Zweck das Kneten ist. Nicht selten er-
scheint aber jes- auch in bildlicher Anwendung. Im Griechi-
Beben ging Ziu) auch auf die Erhitzung, die leidenschaftliche
Erregung des Gemüts. Ebenso im Hochdeutschen von seelischen
Vorgängen, wie Konr. v. Wlli-zburg 372, 19 mm gemüete girt
doch in argem willen. Ferner ist im Altindischen ganz ge-
wöhnlich der Sinn heisser Bemühung und Anstrengung, z. B.
haranäyaüa yasyati 'müht sich ab zu entführen' (Spr.* 3375),
anayositakarmuka- 'einer, der den Schiessbogen nicht an-
strengt* d. h. nicht häutig in Bewegung setzt, gebrancht (Spr.*
2289), pra-yOiiä-s a-yam-s 'Anstrengung, Bemühung, Mühe"'}.
Wie nun häufig Wörter, welche an und für sich die Bedeutung
mnss mit atigo auf Wurzel aJigh- 'beengen' (av. aeah-, arm. anjuk
ancuk, akal. qz:bkh, griech. Ötx*" ubw.) bezogen werden, während angih
lus ebenso kinr mit nmbr. atiglom-e 'i\A aDgulum* und ukel. qgl^
"Winkel" arm, ankiun artgiun 'Winkel, Ecke' zusammen gehört und
anglom-e und ankiun nicht auf eine mit Media aspirata achüessende
Wurzel zurückführbar sind, agh aber und ankiun auf eine mit
Velarlaut sehliessende weisen, Dass das umbr. und das ülavische
Wort ans dem Latein entlehnt seien, dafür spricht nichts und laut
dagegen spricht das arm, Wort, angtilun usw. zti ancus dTKOc tisw.
nach Qrundr. 1' g 701- Die Verknüpfung von angvlus mit angiislua
ist also eine Volksetymologie, keine wissenschaftliche.
11 Das» nperB.jastan 'springen, eilen' der Repr Ilsen taut tinserer
Wurzel im Iranischen sei, erklärt Hübschmann der Bedeutung wegen
für unsicher. Zu vergleichen wUre tat. canlendere, das speziell aui'h
von der auf die Zurückleguiig eines Wegs verwendeten Anstreu-
Lat düerärty perieräre peiieräre^ Heräre und aerumna. 899
einer sprachlichen Äossernng nicht gehabt habcD, sondern nur
die einer Eigenschaft oder Darstellungsform dieser Äusserung
oder die eines der Äusserung zu Grunde liegenden seelischen
Verhaltens, den Sinn des Sprechens in diesen ihren Bedeu-
tungsinhalt mit aufgenommen haben — z. B. lat. contendere^
affirmarej Mseverarey demonstrare, significarey nhd. behaupten^
versichern^ bemerkent bezweifeln^ meinen^ griech. icxupi2^€c6ai,
^€TaXuv€iv — , so dttrfte im Lateinischen -ierare ursprünglich
in Übereinstimmung mit ai. yas- etwa 'heisse Anstrengung
machen, fttr etwas mit Verve eintreten, sich ins Zeug legen*
bedeutet und von da aus den Sinn gewonnen haben, den es
in der historischen Periode in unsem Komposita aufweist. Für
das letzte Stück der Bedeutungsentwicklung vergleiche man
z. B. cantendere 'fest versichern, behaupten'.
Ob das S von -ierare uridg. e war, ist fraglich. Man
kann auch ein Abstraktum *jo8a = griech. I6r] ('Gischt, Schaum',
TÖ ^irdvui ToO jLi^XiToc Hesych) oder ein Nomen agentis *joso'S
(vgl. procus zu precan) zu gründe legen. Denn ö musste in
schwachtoniger oflfener Silbe zu ^ werden und weiterhin, vor r,
verbleiben ^).
Was die Funktion der Präpositionen de, per, ex in un-
sem Komposita anlangt, so vergleicht sich deierare mit de-
clarOj denuntio, despondeo, deprecor, demonstro, denoto, denego
n. &hnl.: de hatte in deierare die Wirkung, dass es den Be-
griff des Förmlichen und Entschiedenen der Versicherung ver-
stärkte. Fttr perieräre ist auf periurus periuro, perfidus^
perdOj pereo usw. zu verweisen (vgl. Joh. Schmidt Voc. 2, 101^
gnng häufig gebraucht wurde und in diesem Fall unserm 'sich be-
eilen' entspricht. Ich bin nicht in der Lage die Bedeutungsge-
schichte des iranischen Wortes zu verfolgen und muss mich daher
des Urteils enthalten. S. Hörn KZ. 32, 588, Grundr. der npers. Etym»
94, Hübschmann Pers. Stud. 50. — Beiläufig mag noch bemerkt sein,
dass man mit jea- auch griech. Ztupöc 'fervidus, feurig, kräftig', ^m-
tapiMi 'ich bedränge*, rfJXoc 'Eifer' und got.ja 'ja' jiai 'fürwahr* ahd.
ja ja 'ja, gewiss* zusammengebracht hat. Ein Hinderniss für diese
Verknüpfung besteht nicht, jes- würde dann zu den in meinem
Grundr. 2, 20. 1018 ff. angeführten Formationen (z. B. griech. S4u>
ßccca neben HOuj, ai. vds-ti neben lat. ex-uo^ ai. trasa-ti neben lat.
tremo) gehören.
1) Die scheinbar widersprechenden Formen wie tempöris sind
erst aufgekommen, nachdem dieser Übergang von 5 in e vollzogen
war. S. Grundr. I« S. 222.
400
I Brugffl
.Stolz Wölfflins Archiv 2, 501. 503, Lindsay-Nohl Die lat. Spr.
675, Delbrück Vergl. Synt. 1, 713). In eierare erzeugte die
Präposition deu Sinn der Wegschaftung, Abweisung, Tilgung,
Verneinung; vgl. ejcanlare 'weg-, fortzaubern', eluere 'durch
Auewaechea tilgen*, elidere 'durch Schlagen entfernen', exci-
dere 'durch Hauen enifemen, ausrotten' u. dgl. sowie das mit
eierare gleichbedeutende gtiech. ^Eonvüvai, Zu der Annahme,
dasa unaere Znaauimensetzungen erst im Anschluse an die ent-
sprechenden Komposita, von iurare zu ihren Präpositionen ge-
kommen seien, liegt keinerlei Nötigung vor. Ist doch eierare
frllber bezeugt als eiurare. Nur das der erhaltenen Litteratnr
fremde conierare bat als nach dem Muster von coniurare ge-
bildet zu gelten. Es kam auf, als das 'volksetymologisch* um
-ierare und iurare geschlungene Band diese beiden Wörter für
die Römer schon ganz hatte eins werden lassen. Bei der
Schöpfung von Lonierarti handelt es sich demnach in ähnlicher
Art nur um eine analogischc Änderung der Lautung von con-
iurare, wie att. inschriftl. tivtiTKO eine Mieehform zwischen ^veiK-
«nd ivitK- war (Meisterlmns-Scbwyzer Gramm, der att. Inschr. '
183 f.).
Einer Erläuterung bedarf die Gestalt, in der per vor
-ierare auftritt. Teils sprach ma.a perjerare (Plaut. Asin. 293,
Truc. 30 usw.), teils pejjerare, gleichwie auch pfjjürua pSjjü-
rare {z. B. peiiurius bei Plaut. Trin. 20I> neben perjürtis
perjüräre (s. Georges Lex. d. lat. Wortf. ."jU f.). Diese perj-
und pejj- verhalten sich zu einander wie z. B. exjürare und
ejärare, perlRcidua und peliüciduM. D. b. pejj- stellt die alte,
schon vorhistorisch vollzogene Assimilation des -r an j- dar,
während perj- auf Rekompusition beruht, wie sie bei der leben-
dig gebliebenen Assoziation mit den zahlreichen anderen Kom-
posita mit per, in deuen r lautgesetzlich bÜeb, sieb immer
wieder einstellen konnte. Während im Inlaut von Simplicia
-rj- vor Vokalen zu -ri- ward, z. B. in spurius, inferius (vgl.
medius aus *iiiedjoti usw.), konnte in ^er/ercj-e und perjüräre
die Sonantierung des _;' wegen dejeräre, ejerare and wegen
jürare usw. nicht Platz greifeu. Daher denn hier -jj- aus -rj-.
Wenn diese Assimilation bei perjerare häutiger war als bei
perjüräre, so mag das daher rllbren, dass pejjeräre leicUtet ,
als ein einfaches Wort empfunden werden konnte denn j— —
jürare, dem sein Simplex nie verloren ging.
Lat. dHerärt, perieräre peiieräre, Sieräre und aerumna, 401
Dass ein Wort als Simplex ausstirbt und nur in Präpo-
sitionalkomposition am Leben bleibt, kommt auch sonst nicht
selten vor, z. B. in-seque in-sectio (griech. ^v-^ttu) ^vi-cttoi),
operio aperio = *Ojp- *ap-veriö (lit. üz-veriu 'ich mache zu,,
schliesse', ät-veriu Mch mache auf, öflfne*).
Unserer Hypothese über den Ursprung von -ierare ge-
reicht nun ein anderes lat. Wort zur Stütze, das bisher eben-
falls noch keinen befriedigenden etymologischen Anschluss ge-
funden hat und sich zwanglos gleichfalls zu Wurzel jes- Ter-
vere* stellt. Zu dieser Wurzel gehörig, muss es in seiner Be-
deutungsentwicklung eine Strecke mit -ierare zusammenge-
gangen sein.
Scharfsinnig leitet Thumeysen KZ. 32, 566 aemulus *es
jemandem gleich zu thun strebend* von *ad-jemolo8 *ajjemolo8
her, indem er es mit ai. yamä- 'gepaart, Zwilling' vergleicht.
*aimolos aus *ajjemolos durch Synkope der zweiten Silbe. In
derselben Weise lässt sich aerumna 'Mühseligkeit, Plackerei^
Drangsal, Trübsal' auf *ad-jerumna zurückführen. Als Ab-
kömmling von Wurzel jes- stellt sich dies Wort bedeutungsge-
schichtlich dem ai. a-yas- an die Seite, das nicht nur 'anstrengen',
sondern öfters auch 'ermüden, schlaff machen* und 'quälen,
peinigen' ist (Pass. rt-yö^^yrtfö 'er quält sich, härmt sich ab*)^).
Mit lat. ira (s. Corssen Auspr. II* 172) hat aerumna nichts
zu thun. Da jes- als Simplex im Lateinischen verschollen war,
erfuhr die lautgesetzhche Behandlung dieser Zusammensetzung
mit ad- (vgl. peior d. i. pejjor aus *pediös) keine analogische
Störung. Dem aerumna lag ein mit alumnus, Vertumnus zu
vergleichendes Part. Praes. Med. ('sich anstrengend, sich mühend')
zu gründe, dessen Femininum als Abstraktum fungierte (vgl.
offinsa : offensus, noxia : noxius usw., Grundr. 2, 444 flf.,
Usener Götternamen 373 f., Leo Wölfflins Archiv 10, 438).
Jedoch kann auch der Vergleich mit columna (Stolz Hist.
Gramm. 497) richtig sein.
Schliesslich berücksichtige man noch folgende Bedeutungs-
verzweigung, die eine treffliche Parallele zu den besprochenen
Bedeutungen von jes- abgibt. Die Wurzelbasis omö- omd- (vgl.
1) Vgl. das zu TT^vonai gehörige irövoc 'anstrengende Ar-
beit', das nachhomerisch den Sinn 'Mühsal, Plage, Qual, Drangsal,
Leiden' hatte.
402 Karl Brugmann, Lat. dHeräre^ perieräre, peiUräre usw.
Noreen AbrisR 3, Hirt Ablaut 95) hat von Haus aus etwa
den Sinn ^energisch in etwas oder gegen etwas vorgehen' ge-
habt: vgl. ai. ämi-ti äma-ts "andringen, bedrängen', mit abJU
^gegen etwas andringen, mit Gewalt vorgehen', dma-s 'Andrang,
Wucht, Ungestüm', av. ama- und amavant- 'stark', griech. jliuiXoc
^Anstrengung, Mühe'. Nun hat sich hieraus 1) der Sinn des
Festmachens und der eidlichen Bekräftigung entwickelt: ai.
dmatra-s 'fest', am- im Med. mit sdm 'unter sich festsetzen,
eidlich festmachen, schwören, sich jemand verbinden', amliva
^schwöre', griech. öjiivuvai 6^öcal 'durch Schwur bekräftigen,
beschwören, schwören' (cuv-o^öcal wie ai. säm-amr). 2) Der
Sinn des Piagens und Schädigens: dmlva 'Leiden, Krank-
heit', arndya-ti 'er schädigt', dmati-S 'Mangel, Dürftigkeit*,
aisl. ama 'plagen, schädigen', got. af-mauips 'ermüdet' ahd.
mtioian 'beschweren, bekümmern' muodi 'müde', wozu wohl
auch hom. öjLioiioc (vielmehr ö^o(loc) 'plagend, schrecklich'
<von Krieg, Tod, Alter).
Leipzig. K. Brugmann.
Sachregister.
Ablaut €{i) -i 200 ff. Im Iran.
131. Schwebeablant 2dl.
Absolutivbildung im Av.
141 ff. Ind. Absolutiva 143 f.
Adjektiv a, ai. auf -ta- mit
dem Fem. auf -nl 139.
A d V e r b i a den Komparativen
zu Grunde liegend im Ind. 201,
im Griech. 201, im Germ. 206 f.,
im Slav. 201.
Agens und Patiens im Idg.
170.
Aktionsarten. Definition
der A. und Prüfung der Kunst-
wörter 319 ff. Durativ 319. Fini-
tiv320 Initiv320. Perfektiv 320.
Perfektivierend 320. Terminativ
320. Definition der perfektiven Ak-
tionsart 321 ff. Perfektivierung
im Griech. durch präpositionale
Zusammensetzung 319. Wirkung
der Präposition auf die Aktions-
art des Verbums 345. Kein Ab-
lassen der A. im Griech. 345 ff.
Perfektivierende Partikel co im
Ir. 186.
Allegro- und Lentoform
109.
Analogiebildung 169.
Indogermanische Forschungen XII 5.
Aorist. Die Vollstufe II hat
aoristische Bedeutung 197. Be-
tonung der 2. Silbe verbunden
mit aoristischer Bedeutung 214.
Nicht augnientierte Formen eines
Aorists bekommen konjunktivi-
schen Sinn 216. Ai. sa-A. 219.
Konjunktiv des «-Aoristes 218.
Das Indische bildet keinen Kon-
junktiv zu gewissen Aoristen 214.
Griech. A. bei Homer 333 ff. Be-
deutung des A.s 326 f. Ingres-
siver A. 319. Konstatierender,
komplexiver A. 325 f. Konsta-
tierender A. tritt bei Homer zu-
rück 329. Linearperfektiver A.
326. Punktualisierender A. 326.
Artikulationen, normali-
sierte 307.
Aussetzung im Iran. 122.
A v est a ausgäbe, Wert 113®.
Bedeutungsentwicklung
von 'Teil' zu 'Strafe' 140, 'sehen*
zu 'sagen' 28 f.
Begriffszeichen 283.
Beinamen 62.
D e h n u n g in der Komposition
32. Homerischer Wechsel von
27
404
Sachregister.
aq> und pa beruht auf metrischer
Dehnung 236 f.
Deklination der Zweizahl
im Idg. 239 f. Griech. -w- D. 202.
D. des Duals im Griech. 238. D.
des Duals im Griech. 238. D.
der Pronomina im Griech. 241.
Schwache Deklination der germ.
Komp. 204 f.
Dialekt. Sprache und D.
296.
Differenzierung, eupho-
nische 29 f.
Doppelwörter 63.
Femininbildungim Ai. Iff.,
im Avest. 1 ff.
Fremdwörterei 76.
Gesten, normalisierte 310.
Normalisierte Vereinigung von
Gesta und Laut 312.
Grassmanns Gesetz 163.
Hiatus, Scheu vor dem H.
bei Polybios 332.
Homophone Wörter, mit sol-
chen sucht die Sprache aufzu-
räumen 8.
Infinitiv, lat. auf -ier 23 f.,
lat. I. Fut. Akt. 23.
Injunktiv 212 ff.
Komparativ, idg. auf -Ijos
200 ff. Griech. K. auf -(wv 200 ff.
Got. K. auf -öz- 206 ff. Schwache
Flexion des germ. K. 204 f. Lit.
K. 205 f. Preuss. K. 206. Be-
stimmte Form des slav. K. 205.
Slav. K. auf -ijhs 201.
Komposita. In K. werden
unverständliche Teile durch ver-
ständliche ersetzt 9 f. Verdun-
kelte Nominalk. 182 f. u. 188. Nei-
gung des Polybios für K. 331.
Zusammenrückung im Lat. 23.
S. a. Dehnung.
Konjugation. Lat Imperf.
23. S. a. Aorist.
Konjunktiv 212. Entstehung
216 f. Das Ind. bildet keinen K.
zu gewissen Aoristen 214. K. des
Ä-Aoristes 218. Nicht augmen-
tierte Formen eines Aorists be-
kommen konjunktivischen Sinn
216.
Konsonantismus. Konso-
nantenschwund im Idg. 209 f. j
geschwunden 220. «geschwunden
210.221, idg. rmj sm, -dm, -nm
210. s vor Nasal, vor r geschwun-
den 223. SS- zwischen Vokalen
4 f. w nach sth geschwunden 198,
nach anderen Kons. 199.203. Iran
t geschwunden 106. Wechsel von
m- mit hm im Iran. 141. g vor
u im Apers. ausgefallen 130. Iran.
fi zu mp. Ir 107. Ir. di nicht zu
mp. j 108. Mpers. d und b vor
i geschwunden 107. Ausfall des
r im Mpers. 109. Wechsel von
y und i im Pers. 110. Npers. ^
zu Ä 107 1. Griech. -s- 4 f. -sm-,
'Sn- zu -Äw-, -An- 211. Die übri-
gen «-Verbindungen 224. Kons.
+ s~\- Sonorlaut 224. « zwischen
Konsonanten nicht spurlos ge-
schwunden 228. s -h Sonorlaut im
Äol. 227. Innere Aspiration geht
im Griech. auf den Anlaut über
221. Metathese von r im Griech.
252, im Kret. 253. Idg. skh im
Sachregister.
405
Griech. zu ck und ex 178 f. Idg.
sth im Gr. 178. Lat. -nst- vor
Vokalen nicht zu ns- 183. Idg.
-dhi- zu 1. -st' 184. Ir. pl zu, U
190, in nachtoniger Stellung zu
l 193. Ip zu U 191. Vortoniges
n an p assimiliert 193. Germ
tffl in den deutschen Dialekten
Terschieden entwickelt 383^.
Kosenamen 66.
Lautnachahmung 246.
Mischung von L. und Lautsym-
bolik 247.
Lautstottern 65.
Lautsymbolik 246.
LautsymbolischesGefühl
243 f. 247. Sprachen aus dem
lautsymbolischenGefühl erfunden
268.
Lautwandel, Ursachen des
L.S 163. 165.
Lehn Worte des Reit, aus dem
Skand. 198, des Skand. aus dem
Ir. 187. Aufnahme von L. 76.
Entlehnen von Redensarten 76 f.
Lullsche Maschine 274.
Metapher 47 if. 54. Laut-
metapher 245.
Metathese von r im Griech.
252, im Kret. 253.
Musiklaute, normalisierte
309.
Namengebung 34 f., poeti-
sche 259. Namen Veränderung 260.
Naturlaut 245.
Onomatopöie245f. 247.
Ortographie, deutsche 164.
Palatalgesetz 163.
Parias der Sprache 57.
Personalendungen, Er-
klärung 158 ff.
Polybios, Scheu vor dem
Hiatus 332, Neigung zu verbalen
Komposita 331. Aktionsarten bei
P. 319 ff.
Präpositionen, ihre Wir-
kung im Griech. 330. P. aus Sub-
stantiven entstanden 188 f.
R. V. Raumer 161 ff.
Refrain, sinnloser 255.
Rhythmus, Wirkung des R.
auf die Lautbildung 252.
Romanisch, Ideal-R. 90.
Runen 273 ff.
S a n d h i, Doppelformen imidg.
durch S. entstanden 209.
S c h r i f 1 314, künstliche S. 314.
Pasigraphie 290. üniversals. 293.
Geheimschriften 64.
Silbengrenze, äolische Ver-
schiebung der S. 227. S. im West-
germ. 377 1.
Silbenstolpern 65.
Sprachbildunng aus der
Abstraktion 270, aus reiner Will-
kür 302 f.
406
Sachregister.
Sprache. Aifens. 307f. Am-
mens. 245. Argot. 56. 70. Be-
griffss. 284. 292. Bekleidungss.
313. Benifss. 51. 68. Bibels. 53 f.
Biblisch-niederländische Mischs.
55. S. des Bierkomments 48. 53.
Blaue S. 91. Blumens. 313. Bör-
sens. 54. Briefmarkens. 314. Ind.
Dämonens. 51. Dichters. 55 f.
-CO S. 66. Erbsens. 63. 251. Fa-
miliens. 42. Fingers. 317. Shet-
ländische Fischers. 68. Flaggens.
der Schiffe 312. Gauners. 51. 55.
Gebärdens. 311. Geheims. 49 f.
63. 267, der Kinderstube 63. S.
der Geisteskranken 65. Gelegen-
heitss. 44. Gelehrt-archaische S.
41. Götters., griech. 51, germ. 51.
Gruppens., negative 50 f., verab-
redete 49. Handwerkers. 69. He-
bräisch 57. Höflichkeitss. 53. In-
dianers. 88. Jägers. 50 f. Langue
javanaise 64. Kanzels. 55 f. Ka-
wis. 57. Kinders. 38. 42. 68. 247.
288. 298. Kulturs. 317. Künst-
liche S. 33 ff. 63. Kurials. 53.
Latein57. Metaphers. 45fF. Mischs.
67. 71. Missingsch. 77. Lingua
papanesca 64. Pasillngua 89.
Rätsels. 73f. Realiens. 315. Rechtss.
51 f. Rotwelsch 52. 69 ff. Sans-
krit 57. Russische Schneiders.
52. Schrifts. 56, niederdeutsche
56. Skaldens. 55. 74. Soldatens.
48. 69. Sonders. 45. Sports. 54.
75. Studentens. 46 f. 69. Tabus.
257. Tasts. 311 f. Terminolo-
gische S. 51. Tiers. 307 f. 317.
Tote S. 57. Trommeis. 309. Uni Ver-
sals. 285. Verbrechers. 49 f. S.
der Verzückten 248 ff. Volapück
80 ff. 86 ff. Vulgärs. der Bühne
57. Welts. 80 ff. Zahlens. 90.
Zaubers. 256. Zeichens. 305 ff.
ZerentDnials. 53. 75. 304.
Sprachentstehung33f.Bau-
wautheorie 246. Neuschöpfong
der Sprache 36.
Sprachentwicklung 296.
Störung der natürlichen S. 37.
Spracherfindung 36 ff. 67.
Wie weit ist S. möglich 33.
Sprachfehler 41.
Sprachgeist 166.
Sprachgewohnheit 38.
Sprachmischung 75 ff.
Mischung von Tier- und Menschen-
rede 79. Künstliche Herstellung
von Mischsprachen 80. Biblisch-
niederländische Mischsprache 55.
Sprachschöpfung, indivi-
duelle aus dem lautsymbolischen
Gefühl 258.
Sprach Veränderung durch
Vermehrung und Unterscheidung
62.
Sprachvergleichung 296.
Sprachwürderung 243.
302.
Stellenverzeichnis.
Avestisch. Frahang Kap. 5.
S. 136.
Nirangastän 9. S. 118 f.
Nir. 10. S. 114 f.
N. 3. S. 103.
V. 5. 8. S. 135.
V. 6. 46. S. 146.
V. 15. S. 138.
Vd. 7. 16. S. 177.
Vd. 19. 29. S. 177.
Vaeea-Fragment. S. 101.
Viöarkart i Dinik 12, 11. S^ ^«
Sachregister.
407
23. 7. S. 94.
83. 11. S. 95.
89. 4. S. 95.
96. 16. S. 95.
97. 6. o. 96.
116. 10. S. 96.
125. 14. S. 97.
126. 15. S. 97.
136. 5. S. 98.
138. 7. S. 98.
146. 4. S. 99.
148. 3. S. 99.
155. 10. S. 100.
157. 14. S. 100.
160. 10. S. 100.
179. 6. S. 100.
180. 14. S 101.
184. 14. S. 101.
Y. 8. 4. S. 137.
Y. 19. 34. S. 146.
Y. 56. 3. S. 123.
Yt. 1. 27. S. 1261.
Yt. 1. 29. S. 126 f.
Yt. 5; 55. S. 149.
Yt. 8. 6 f. und 37 ff. S. 102.
Yt. 8. 42. S. 142.
Yt. 13. 95. S. 135.
Yt. 15. 50 (51). S. 148.
Yt. 19. 80. S. 146.
Altpersisch.
Bh. 1. a8 (86). S. 131.
Bh. 1. 35 f. S. 174.
Bh. 2. 11. (61 f.). S. 135.
Bh. 4. 7 f. S. 174.
Bh. 4. 10 (54). S. 136.
Bh. 4. 10 f. S. 174.
Bh. 4. 13 (65). S. 128.
Bh. 4. 16 (76). S. 132.
Bh. 4. 82 ff. S. 174.
D. 5. S. 127«.
D. 6 (NRa). S. 132.
Suez. c. 9. S. 176.
Suez. D. 17. S. 136.
Griechisch.
Thuc. 3. 40. 5. S. 351.
Xenoph.Helen.l. 6. 16.S.348f.
Xenoph. Helen. 1. 7. 7. S.356.
Polyb. 14. 8. 13. S. 315.
Oskisch.
Cipus Abellanus. S. 20.
Die ei^un^-Inschriften S. 13 ff.
Die iot;t7ae-Inschriften S. 13 ff.
Tabula Bantina S. 20.
Suffixe. Idg. Kein idg. -e,
-0, -e, -äj 'ö 213. -ino S89. -eino^
-oino 390. -sko- 228. Ai. -änl 1,
'äyya- 2, -^a- 152, -ras 395. gr.
-aioc 2, -ctoc 2; -r\p6c 395, -ivoc 3921.
Ital. 'äsio' 2. Lat. -ejus 2, -eUus
395, -ensis 183, -estis 185*, -iinus
389, 'ier 23 f., lnu$ 392 1, im Rom.
390. Gall. -enus 390. Ir. -en
3901; -«Wien 189. Germ. -öa des
Komp. 266. Balt.-lno-392i. Lit.
-^na- 152, -esnis 206. Suffixe an
Kasus antretend 2. 183. 392 1.
Syntax von ai. iiäma usw.
172. "
T a b u w 0 r t e 50 f . S.a.Sprache.
Übersetzen 75. Ü. fremder
Wortverbindungen 76. Rück-
deutschung 78.
Ursilben 245 f.
Verbum. Wechsel von sk
und skh im Inchoativsufßx 180.
Griech. Verben auf -(ckuj gehören
•^i-Basen 203. Verba Kausativa
im Germ. 208. Got. uud ags. ö-
Verben 207.
V er wan dschaf tsverhält-
n i s s e. Beziehungen zwischen
Germ, und Kelt. 157.
Vokalharmonie 252. 263,
Vokalismus. Idg. f im Gr.
252. Lat. Vokalumlaut in haupt-
tonigen Silben 241. Scheidung
von i und f im Lat. 391. Lat. Ü-
408
Sachregister.
zu U dissimiliert 391.395 K Germ.
t-Synkope 208. Behandlung sek.
d-DiphthongeimGerm.207. Germ.
u ans idg. 9 196. Germ, ai im
Fries. 372 ff., durch j zu € umge-
lautet 378 ff.
Volksetymologie 61.
Vriddhibildung im Avest.
130.
Wurzelangleichung 150f.
Wurzeldeterminativa^
Entstehung im Idg. 212.
Würz ein 296. Grundwurzeln
277.
Z a hl e n, erfundene 261 , heilige
261.
Zahlworte. Flexion der
Zweizahl im Idg. 239 f. öOo altes
Neutrum 238.
Zoroaster. Die altpersischen
Könige Zoroastrier 131.
Wortregister.
I. Indogermanische Sprachen.
Altindiscli.
qias 156.
akjrta 141.
agnäy-l 1. 3.
affnidh' 130^.
OQSjasata 211.
dtarlt 201.
aH-nl 219.
ddhi 110 f.
adhibhü' 110.
adhibhü- 110.
anäthdm 219.
dniY^ 106.
anu4t^U' 198.
flfjgfca- 117«.
an^a 219.
antya- 192.
aprd* 214.
abhiröc-ayati 111.
dmati$ 402.
ämate 402.
dmatras 402.
dmo^ 402.
dmi^f 402.
amivä 402.
amfit;a 402.
•
tiyunga- 113.
€2yödhU 201.
Gray 4 1.
€üätam 157«.
«dvo^* 103.
^gma 156 ^
<xin^ei 156.
Mmänam 209.
arfy<« 156 1.
asifydnt 218.
askfta 141.
ds^Äd^ 197.
a«ma* 221.
asmäsu 241.
änqSa 156.
ämdyati 402.
ä-yaS' 401.
ä-yäscLS 398.
d.vt«^ 211.
ö^^g 221.
icchäti 153.
iddhägnay- 130«.
i>Vd« 221.
t^wd« 222.
fic^- 31.
fia^e 134.
ucaif'taram 201.
ud 194 f.
ied-yaml.vdn 203.
ubkäy-öä 240.
tiädsam 210
i^dm 210.
u^äsam 210.
ü^dye 110.
wr/dnl 1.
ü/vid 224.
fcchdti 228.
rilydn 203
rjti^d« 203.
rbhu-Sfhiras 198.
e<a- 138.
^^a^rva- 130«.
gni- 139.
öjlyän 201.
öfadhayait 144.
d^am 144.
kakudmän 189.
ft;and 202.
kanina- 202. 392.
kanlnäkds 202.
kdnlyän 202.
Aranyd 392.
Asara^ 215.
fcdr^i 215.
fcdfcwe 189.
kä^hä- 30.
/rtVd^i 216.
fcrfndwii 221.
A;^am 211.
/c^dm 211.
Ar^fra^Aam 144.
k§näuti 224.
khanjati 179.
khdnati 179.
khuddti 179.
fcÄyd- 30
gaman 215.
gälati 194.
garat 215.
gar an 215.
gdvi'Hhiras 196.
^dm 215.
^rdm 209.
flrird^i 217.
^urd^g 217.
^Mrti- 186.
godügh 130«.
gnäS'pdtif 3.
glaghat 215.
ghördg 193.
eakias 30.
cäkfati 335.
caturas 335.
candrä- 157.
ctnöm» 231 f.
Okjpati 215.
cödaydmi 185^.
cy'i^a'^ 232.
cyu 903.
chalam 179.
cAavt 179.
chd.vd 179.
cAindfet 180.
chTTiatti 180.
chedam 144.
jardm 210.
yaüJ-yän 2CB.
j'dAamöna 311.
jahnAvl 1.
ja((i-)l(Ai>as 198.
jli-ort 150.
fivam 143.
jlt!(is 150.
j"i«(i(M-.* 150.
junäli 202.
jurnti 217.
jyä- 150'.
(afr(( 235.
(oJt^an- 324.
iapa(t 193.
tay-öi 240.
-iaröö 301.
<arj-^n/i 201.
tarlfdni 201.
tarda« 215.
(auHt 202.
(dt^-j/dn 202.
fosniin 340.
Hgitda 303.
(i>ä(i 317.
ti$(Mmi 198.
tUapäsi 215.
i«m(t 217.
(^"«5«« 215.
M 199.
t^lyän 203.
^rii^tu 183.
fräsati 398,
tvdk^as 199.
tvaAr^ydn 203.
tve 199.
ddfc^j-TMM 392 >.
dar San 21&.
darjom 144. 215.
davifä^i 127.
darfi/di» 202.
däiagva- 130*.
ddft 215.
dimm 310.
diS- 29.
drk$ase 218.
dfian 215.
dti^ffl« 151.
,?(-/i'((.« 20l'.
devälta-a 182.
dytim 209.
drdmati 188.
dräghl-yOn 202.
dväy-ö$ 239.
dü<i 238.
di-<i»i 238.
dvi- 188.
die 238.
dhanui 189.
dhdft 215.
dAurati 316.
dhyäna- 108.
dhyäyam 144.
■- 26».
130'.
nacf^as 203.
ndoEydn 203.
navyas 203.
ndvyän 203.
näiati 156.
n<i«t/u 190. 222.
nä-fAiim 219. 221.
nd'dAftmdno« 219.
nä-dhitds 219.
ntinä 117.
ndma 172 f. 178 '.
när-l 1.
näsyatn 232.
nidAdna- 135.
ninUhas 219.
nl 219.
n«d« 319.
nüif 219.
n£dlydn 203.
nefydti 102.
nr-asfAt 26 *.
pandyya 202.
panvfds 202.
p<int-«d 202.
pani-pnat 202.
pont-^fa 302.
panlyän 302.
pdnthdm 309 f.
pan.yas 202.
pdrcag 215.
pi(dram 209.
pUpfSati 215.
punarUas 182.
purd-yds 392'.
/,i«™tii/NäH! 1.
Pfk^aU 2ia
pj-ijäkti 215.
pra»ödam 141.
prd(i 333.
priiticyavlyän 203.
priiiidhäaaiha 111.
prätiyan 103.
pratriikidna» 224.
pra-yaki 236.
pra-yäsäs 398,
pra-sila- 37.
prd-siti- 27.
prdfe 99-.
bdhlyän 204.
bibharmi 153.
AraAmiinl 1- 3,
bhdga-UH 182.
fcAdrd« 153'.
6ftari-(rom 153».
6Aat!l-i/dn 202.
6Aütt 114.
IiAurdntu 217.
bAÜ 302.
bhramcUi 133*.
bhräjale 1«6.
bkrätar 153'.
bhrämyati IDIJ '.
mqhiyän 203,
vudaaÜ 218.
mdntM 210.
mondm 210.
mmUto-i 1. 8.
-nMi|/a' SS.
vmägalAM 1.
m^-^rndya- 32.
mfdn^ 286.
mökam 144:
I/^si 216.
yakiaihat 21&
yakfydmäna 318.
yqj 203.
y^^ydn 208.
I/dcAoft 215.
yamat 215.
tromif 1121.
yavyd- 108 >.
ydayati 398.
^diKW^vom 143.
yugmd- 112 1.
yucMAd« 184. 215.
yüdhyati äOl.
{/dt«i 215.
yödhat 215.
yödhl-yän 201.
yödhi$at 201
rtfm 209
nMä- 111.
rtsfUAd 214.
«i<MÄana 214.
rfrodAa 215.
I«Aam 144.
Jopam 144.
vdt^dM 218.
väk$athai 218.
Kowf- 202.
vakiyämi 218.
«OTiin- 202.
uanüfAti- 183».
vani-iihui 198.
tfanl}/dn 202.
vanlvan 202.
varlyan 203.
fH/-H(/<il(i 1.
txfrpj/dn 203.
vcudv-l 3.
vtf«u 8.
vditdu 8.
i«mM- 188 >.
vtM« 398.
vasnaa 233.
ofiAfydn 203.
vikhyäta- 140'.
eidiU 201.
DuUm 213.
viddiha 214.
vtd4tA<u 2U.
vidis 314.
vidfin 214.
vidhakfydrU 21B.
vinxiJcam 144.
vffäkapäyi 3.
vädltfän 201.
v^dmi 213.
vy&ttaa 183.
vy-ä-dilas 183.
tiKnn- 113».
vArxiet 113.
iqsam 144.
iofa^u^ 130 2.
rfdfasirfn- 130 *.
iaiü-ro« 203.
id4iyän 203.
A-ava* 21Ö.
iraväyya 2.
A-duam 144.
A-öj« 215.
iui«- 200».
^äf 199.
«afcjlafi 218.
ndghat 215.
«am-am 402.
vaptdgul). 130*.
savyd- 108*.
saA 202.
DäAlvän 202.
soAydn 202.
411
1
Jtdftdm 94*.
Hiitdhaii 215.
wüi-dd- 127". 216.
KU-mi'inci« 198.
^
gu-tthüf 198.
Mir« duAä4 8.
lind' 27.
«fcabM-tfdn 301.
«fco&An^' 901.
akhadate 179.
jfcun4M 179.
skhdiati 179.
<terf^ 180.
«flrna« 234.
gtrtfAH 234.
«fupdj 196.
ttäpaa 19G.
atlr^« 234.
«thdvtra« 195.
stlUUi 215.
alAdmra* 196.
alkürd» 196. 198.
aJAiJia« 196.
ithitds 198.
«Mthji 196.
«^lird« 180. 198.
epärat 215.
«pAt(ra(i 217.
.nndram 144.
svdpnas 199.
svar 199.
«uddivdn 200 f.
snufd 141 '.
hdiAtav€ 197.
Atn^ti 142.
Ard- 197.
HlttelfndlMih.
ajja 108.
AvcstlHh.
aeitna 222.
aUo- 136 ff.
aitava 130*.
aHdhmdyav- 136. 138.
412
Wortregister.
aUahmäffuS 138. 140 f.
a€tä' 186.
a&n 126.
aomna 104.
aidytiä 110.
aidyünqm 110.
aibl^bairUta 108.
aiwi.raoö-aydfite 111.
aiwyaidh9m 123.
aiwyästiä 107. 119.
atrindinejw 118.
a^tuyarahBfn 123.
o^i 110.
aötvad'' 120.
ASwadät 121.
adwadätay- 121 f.
adtcan- 121.
ana 119. 126.
ana^^am 143.
anisritay- 123.
anisritim 122.
anti9na^anqf7n 147 ^.
antarsöa 99*.
apara 148.
oparanamnät 116.
ama- 402.
amat^an^ 402.
ayant9m 145.
a.v^fn 3.
ar- 103.
ava 125.
at;aen 103.
avaenö 134*.
avaiti 103.
avafi 110.
avaidhe 110.
avayä 125.
ava-zat 128.
avazazq 128.
aväitdm 103.
aväiti 103.
aväm 103.
avämi 104.
arcfn 103. 105 f. 119.
2ar- 123.
ara&yanqm 140.
ard^amat 140.
ara^avanö 140.
ar9^ah€ 140.
ar9&ra 140.
arddiiS- 122.
.4Wrf 102.
ciänaoiti 156.
aSyasöa 117.
o^na- 119.
aAwränl- 1.
ä 114. 137*.
o^a 137*.
ä'Star 125.
öÄna- 119.
äsnaoiH 119.
3r9Xüa 102.
9r9dat'fddr% 95 1.
d99A(]pm 142.
qgoÄ 397».
mfe- 113.
irixta- 111 f.
iriä9nt9m 148.
ijteö 134.
frflrfw 106.
ti/>a.9Äca7tÖ9m 142 f.
t£6a- 125.
uva 125.
ut;a 125.
Mrvagd- 113.
urvaedqs 113.
urvidyeiti 113 f.
urvinyairUiS 113.
w- 110.
Arat-a 108 ».
gae^ä 104.
ajfara- 122.
awhJOÄ 199.
j'ZdrcfTn 142.
öa^aHii 225.
JiÄäf 113».
jMWi 143. 150.
Jyät^uä 150.
jyötüm 150.
^Araf 94*.
taöinidTn 145.
tat9rö.p° 121.
earö.p° 121.
ffcacio 137.
^wagai9h9m 123.
-^ayah' 123.
^tvayeiH 124.
^ti7y(|«foma^^a 124.
^wayatdfihcUqm 133.
&wyqm 124.
rfaüa- 127.
dahiän 126.
du- 127.
duySö.va 130 2.
dw.ve 126 f.
cfööii^a 119.
dva- 127. 238.
dr9gvant- 130.
drujim 130.
drvan^ 130.
drvAsöa 130«.
paitiidnt^m 148 ^
pairi-aojastarö 110.
po^n^dnt 149.
paran^i 116.
p^raen^e 116.
paranäi 116».
p9r9ndz^6 116.
parandne 116.
parane 116.
parana9nnäi 116.
p9r9nti 116.
pdvdsaeti 113 ^
6a(5i/<5 120.
baiHsta- 108.
bawraini 394.
bardntBm 146.
bafamnam 145.
-örf-ra 153».
/rae^^ö 134*.
fra^aek97n 141.
frazäbaodah sna^a-
122.
frä'Vöit 147.
/Vära 123.
naeSyaeti 102.
nana 116 f.
nasävo 177.
nazdiäta- 119.
nä«rl- 1.
nejwa 172. 177.
nt-yman^ 133*.
nijasaiti 135.
nidai'&yqn 148.
WorlregiBter.
4»
nirat 106.
zbärindm 148*.
agnin, ttjn!«. a^nnln
ttüritatf-lSB.
Aooffo- 106'.
94 >.
nüHMM ISS.
Oimwfafctln 117.
<i«da»v99».
fKMioe.
haoant. 116.
ayatlU.
AatxtniJ 116».
ayOr 107. 109.
tnayä 147.
Adt 199.
froe» 111.
»•ilWA»148.
kuiriast»m Hl.
iraag 118.
todtAa 127 ».
ffflyd 96 >.
ydta- 114.
ffi«.a96'.
jfima US >.
Alt^nlBoli.
ff«t«M96>.
ytueto US.
va- 12S.
aM»*»(«a 127».
J<ln. 106.
tNi«i»va ISC-
adAroyo» IM*.
Jume 112 >.
vatfo- 188.
ÄrUixia»'a 178 *.
oio- 180 1.
MlttelpMVlHh.
»«■al26.
ahifrattadiy UQ.
wOaäyö 125.
ä^ray- 180.
abib° 181.
iyamanam 186.
ad 114.
ea»Aäu8.
xiqpa 172 >.
odmd 118.
vayöeuito 126.
xMyamanam 186.
royA 126.
doAjpAti 177.
afufairfe 99».
OavaiHa 127».
ay&wOt 114.
vtadftfM 147.
dttruRiHf- 180.
(ip<ltl»lr 107. 109 f.
«tita^ 130 >.
ajwarlOB».
FlT&va 176 f.
dft 114. 187*.
rtVtJda/ö 140.
ntawi" 172».
i HO.
nämä 172. 174. 177.
Irdn 107.
vöcayo- 95'.
nikan 132.
irülnltan 111.
jS^i^a«i=a 142.
ni-yamana-m 135 f.
erö<F-W«a« 111.
i^ötifa 142.
maȟam 132.
arix« 113.
vizrarantqm 148.
mazana- 132.
IrixtdlAk 113.
roöfc- 113.
tn-fcdn- 132.
eriarffl« 111. 113.
ra&äa- 122.
8«ra 128.
iring in. 118.
raoxäna 224.
Aama(axj*aii/ 199.
«a<(lt.dn 111.
radöJiMnn»m 134. 148.
hyaii 127».
göwäk 95 '.
ranjatatpqm 130».
fflri( 107.
r<ii:a/.a«p(]m 130*.
Feklerl.
iü 94*.
räna- 112.
/Wifc 99». 114. 137«.
nd- 180.
dnö* 125.
früi 137*.
spoHtita- 139.
gökäslh 95 >.
/rMiafc 184 «.
spaätnl- 139.
dnkiW 95 1.
mayOn 107.
po/fcdr 116 >.
nwrw 131.
«wfwwAa 142.
Bdndiwndtom 142.
miWafc 148.
Kainibu»r»m 142.
m^nüfc 107.
«i«ntiC 142.
yäi 114.
Pazend.
t/dn 108.
Ea«inä 142.
iwarf 112-
zänaüe 118».
airöz" 111.
yvmäk 112 >.
4U
yumiv 113'.
veh 107.
vidltak 140.
rakhtö 111.
rjarf 111.
riftak 111.
Aamj/unüh IIS'.
höy 108'.
Ifenpersiseb.
ofcnün 94'.
afröt-ad 111.
ftat 108 ■.
läh 107'.
^äAa 112.
yirWf 97.
g\rad 107.
ywüä 96'.
ffuväh, guvä 95 '.
^ur&cfan 112.
gureßan 112.
juzlda 140.
xäya 108».
.<lz 94'.
/asfan 398.
jan 108.
JÖi 108'.
jud 117*.
/udd 117*.
i«/l 122.
taba 121.
dab 121.
Drug 130.
pgrös 110.
öarfür 109.
hä 137*.
fcdrg 112'.
bäTVar 109.
6ä« 137«.
iuzurjfl 12G.
farä 99 s. 137 '.
faräz 137».
fariäna 135.
;!i'ä(a 134*.
/(Vw/n 134.
mäj/d 14ö.
Wortregister.
mij/an 107.
aieoXoc 157».
mih 107'.
ateut 157».
}/äd 114.
ctcxtu^v 204.
yävar 109.
atqjvrjc 226.
ydr 107. 109. 114.
alXi^i\ 225.
yärvar 109.
atiija 226.
iör 107'.
alOi 211.
aaroar 109.
aliüv 211.
aör 128.
dKQXM^voc 225.
aür 128.
dKii 225.
hagirz 94*.
äKk 225.
äwA 225.
Knrdiscli.
dK^ova 209.
dKoiJui 342.
ffdn 108.
dKUJK/| 225.
dXTiiuv 204.
Armenlsck.
"AX^KTujp 229.
dXeupov 231.
ancuk 397'.
dJiloioc 2. 392».
a™fciu«597i.
dXTO 229.
anjnk 3?" '.
lesb. änixtc 221.
o,'Ht<m ]2:(-
leBb. dfimv 240.
Ärhamn xabeal 94.
d)j<poiv 240.
gailoc 4.
dMqjui 238.
COT) 191.
dvd 126. 345.
Äow 191.
my 108.
dvoTKoioc 2.
mnaip 4.
dvajjiE 151'.
sjta;«m 179.
dva^i^I^e^v 331.
s^a/tm 479.
dv&p(l^€oc 32.
dv-rivucTOC 32.
erieclilsGh.
dvepujiroc 25 ff.
dor. dvia 190.
äTioc 203.
att. dvutu 32.
ÖTKoc 397 1.
kret. dvTpnt»*! 32'.
ÖTKOivo 152'.
gort. dvTpiuirov 32*-
dfopaloc 2.
pamphyl. d{v)Tpiuiro«i
■ÜTP-DTIVOC 28 '.
32".
änavpoc 223.
ÖEexf 2ia
dTXW 397 '■
dnaUoT^^vai 364.
d■nClil^laXoc 32.
ditoeviJcKfiv 369.
äTiuvfroiiai 364.
ditoeOcKciv 180 '.
ätojiai 203.
diro<puTJiv 345.
al 199.
dpdxv)] 224.
aUc 211.
dpTflc 200 '.
aiedlin 15T*.
dpTi- 200'.
kret. alfinXcOcTapToc
thess. dpfOppoi 22S-
234.
äpiCTOv 182.
äpMcvoc SS8.
dpvutioi 128.
dpxoi>cti 862.
dpx«c 329.
dpxw sea
kret. 'AcKoXnloc 286.
hom. dTapmTÖc 287.
hom. ArapnAv 2S7.
hom. drpaitiTdc 237.
aüE/|CU> 201.
aOpiov 228.
a6ToU£ ]&!■.
dip(>|)ii 230.
p&mph^l. 'Atpopiida
388.
pamphyl. 'Aipopbkiiuc
233.
kret. 'Atpopbha 283.
äxMc 226.
ßaivtu S87.
ßoXcIv 321.
pdUu) 334.
ßapbflv 235.
hom. ßdpdcToi S37.
kork. ßdpvdMEvov 236.
ßdpoc 186.
ßapOc 186.
ßtXTidiv -J04.
ßXä= 3-26.
Wmxpöc 226.
ßpatilujv 204.
hom. ppaftüc 237.
ßpaxtJc 204.
Toliu 181.
TiTviiicKui 180. 344.
366 ff.
ßüiv 209.
TXauKdiitic 38.
■fiUKlujV 204.
fvüivai 367.
Tövu 232.
kret. AaMOKdpTioc 334.
bapK^d 234.
ÖapKvdv 234.
belKvupi 29.
Muoc 187.
bi- las.
bid 319. 345.
361.
Wortregister.
biofftoOv 357.
iwpiüivai .%8,
&iQTiTvf(9m 357.
biaKivbuvtiifiv 3fi3.
%IaII^^Tl£1v 331.
bianicrclv 331.
biaiipaTTOU^viu'
biOTcXElv 357.
biOTTipcTv 357.
biarptifai 324.
f)iacpu\iitTtiv ari7 f.
biotpuhdEacecii 369.
biMcKiu ISO.
bioptOlopai 8ß6.
biopd) 853.
biiiiKiu 351 f.
boiiii 241.
kret. bÖMr|v 8.
bÖMOC 187.
boup(-icTt|Toc 182,
bpoKclv 214 f.
bpdE 226.
el. bpaxMd 234 f.
fepcxy-^ -Jir). S34.
öpou^uiw "23x1.
&i;6)jüc 188.
bpOTf^ra 26'.
bptlKii 26.
büo 238 f.
buolv 240.
bvc- 151.
bUCTUx'lt 10.
bOiu 238 r. 365.
top 210. 322.
iapi-vüc 2 \ 392 '.
f ßoXov 334.
Cßitv 337.
«T€lpcceai 331.
tjpaniva 236.
«Tviuv 344. 366.
hom. ^Tpicflai 381.
hom. typt\iopt
clbov 838. 339. 368.
cTpa 222.
cTpoprai 222.
cliidTiov 22S.
ck 346.
cIc-opOv 368.
«K 846.
hom. iKQpnWavTO 286.
iKUTÖulill 130».
^KXstvic 119.
iKpü-mcQ
^T-XEipi-ö
: 183.
ibecTÖc 151.
KoMfli 222.
el 199.
EtoTO 366.
Übi\cw 201. 214.
j 'iQä.
timpituca 866.
Uiiiy 191.
ther. hc^i 222.
Ip(v 241.
«vcTKCtv 156. 397.
tvelKai 397.
tWvIitov 31.
tv-tww 28. 401.
tvfpioxo 156.
«vetToc 184.
tveuacEi 1801.
Mnui 230.
*v.m#| 31.
ivl-mw 31.
fviCTie 30'.
ivl-citoi 401.
tvkcui 31.
evvuui 191. 222.
iv6t\ca 336.
FJE 199.
aal(fivt\c 226.
«aTioCT;U€iv 331.
«OMvövai 400.
*ii-evexe«ic 156.
Iirißiiltvai 368.
fnilaplu) 398 '.
inilötcti 151
^PTiü^o^ai 351.
{pcßoc 226.
«PKOC 191.
fpXOMai 228. 334
icfir]v 211.
Ice/ic 222.
4cetui 366.
icitdpeai 228.
ecnEpoc 191.
416
«eii€Te 28.
icTittdai 228.
lCTr\y 197. 343. 3GG.
tCTio 191.
icü&pa 180.
«cxnKa 202.
fcxov 334. 3m. 368.
^■riXKca 341,
4ryr\y 338, 340.
Äol. eöabov 227.
tübiu 366. 36a
Aol. EÖiiiE 227.
«Opoc 223.
(ÖTUK^lC 10.
ftpafoy 365.
iipävtiv 339.
tipeöc 229.
^qiopiü 353.
dpufov 333.
txSiutv 201,
fxu> 334.
eujc 221.
Hu. 898.
li\loQ 396 >.
Zrm(a 203.
Ef|v 160'.
Zf\v 209.
löii 399.
ICnxa 223.
lesb. ZutMUTa 223.
Eilivn 223.
Eujpöc 398 1.
Vi 199.
Vibiov 200.
V|t.{ujv 200 f. 204.
Vidbn 201,
fpit 230.
itKOUca 342.
flMov 334 ff.
fi\oc 191.
fl(iai 221. 366. 368.
fJMQp 223.
flMfic 221 f.
Vm^pa 223.
V<P'vöc 392 1.
V|uiv 24 t.
att. fi^iiv 240.
flMici;c 4.
Wortregister.
flv&Qvov 223.
^VEITKQ 400.
^vln ]90. 222.
i^vinanov 31.
^co 367.
fiXiii 202. 210.
i>|ij(tt 210.
öavtlv 217.
hoin. dapcaXioc 237.
hom. eapcaX^iiJi: 237.
hom. eapcaXcittTEpov
237.
Oäpcoc 233. 237.
hom. ddpcuvoc 237.
Lom. Sapcijvufv 237.
ecdo^ai 256.
efpeixric 237.
hom. 64pcoc 237.
e^cKcXoc 30.
Becn^cioc SO.
e^cnioc 30.
e^cnic 30.
e^cipaioi: 30.
etujp^ui 357. 368.
e)ißaiTcvf|c 2. 183.
hom. 6paceidiuv a36.
hom.6pacuKÜpbioc2Stif.
hom. ejiucujiijivgvu 23(i.
hom. 0pacu^V|bt|<: 236.
hom. OpacÜMnXov 236.
OpatOc 233.
eplvol 27.
Ibtiv 31. 355.
Upöc 221.
YriMi 229 f.
TXaei 223.
V€poc 222.
toji€v 213.
töc 222 f.
Ipic 223.
k 190.
Xcra^at 343. 367 f.
VcTum 198.
(cxupUeceat 399.
[t|iao 31.
luiKi] 225.
Imxixöc 22&.
Kaeopüi 353.
KoMZo^m 365.
KOÖEÜbiu 368 f.
Kaeciüputv 368.
KäenM«! 368.
Kaef|c8ai 3ß9.
vdenco 3G7
Kuöil/iciju 202.
KaSiZu] ä&h.
KoSopäv äbS.
Koeunep^X^iv 331.
Koivöc 392.
KaNfuiv 204.
KaXoptZiKoc 11.
KaKÖTUx*>< 10.
KoUiiuv 2U4.
KOXätlOlpOC 11.
KOXÖruxoc 10 f.
KÄXirn 191.
hom. Kopbir) 237.
hom. Kap1IoX^^(I)c 236.
kret. KcipT(i[i]noba 234.
kret. KdpTti 234.
hom. KdpTEi 236.
hom. KapTspöeufiov 236.
kret. KapTEpöv 234.
hom. KapTEpäc 236.
krel. KdpTnv 234.
ther. KapTibd^ac 334.
KapT(viK(K 234,
kret. Koprovac 234.
hom. KdpricToc 236.
Kdpxoc 233.
kret. KdpTun> 233.
KUTd 319. 345.
KaTOÖ.wvo, 3ÖÖ.
KaTa7'UJvlZa^al 364.
KaTQbapBdvdv 369.
KaTobüvai 365,
KaTa^aeEW 360.
KaTQ^^XXui 364.
KOTavo^iu 359 f.
KttTdpxuJ 362.
lir€t. KOTa-CK^Vt] 179f.
KQTacipdCetv 331.
KQTinpeijfei 348,
KaTElbov 368.
kypr. KaT-tF6pKiuv 191.
M£vefipii 27.
IJUX^^dc 225.
KOT^Ticiuca 363.
ficvoivdtu 160 ff.
iiMX6c 397.
Kaxinpaifi 361.
fiCvoiv^ 151.
txCilac 402.
•«.Tixui 366 f.
>i€voivfic 151«.
va^a 194.
KOT-^VOKO 156.
ji^voc 152.
vdu. 194.
KOTOItTtOuj 866.
Wtä 345.
v€o--n'öc 184.
KCKäriKa 203.
HETOIKitv 345.
vflcoc 6.
KiXmp 26».
H^fwirov 2a
vofiu 336. 369.
K^pac 194.
kret. iir\Qtv 27.
vOxTUjp 3.
KivbuvEäui 361. 368.
att. Mnöefc 27.
vuöc 141 '.
xXiwo/e- 1131.
jivlov 152».
viuböc 151».
KXOei 340.
jjvöoc 1S2».
vtfjiv 240.
kXluckiiiv 180'.
MÖToc 225.
Uw 3981.
hom. KpabfT) 237.
lüviov 154.
Iiom. xpanpdc 236.
jioipoTpaqila 11.
lOu, 3981.
hom. KpdToc 236.
ö- 219.
tcpa-nJc 233. 286.
jiOipOTfHiqjoüuai 11.
öfKoc 156 f.
KpaTdj 366. 368.
^oipd-KpavToc 12.
6bdE 161.
KPDTOC 234.
fioipoXoXElv 12.
öböc 119.
Kp^ivri 194.
(loipoXöpina 12.
öbOccaceai 161.
Kpövoc 235.
MoipoXö-pov 6.
ot 390.
KTavtiv 217.
fjoipoXüfi'ov 12.
Fol, ot 2».
KOai-dveipo 204.
MOipoXöTOC 12.
OIK« 2 1.
■cO&idu) 201.
JiQlpoXOfOÖlJQl 10.
ot»t€lv 346.
Kubiurv 201.
poipoXofxfiv 12.
otKCloc 2. 3921.
KukKui 203.
HoipoXo-füJ 12.
oIm« 134. 222.
KuXixvi) 224.
HOipitibOt 7.
ok 8.
Xavoc 224.
VoXni^ 191.
otToc 136. 138 f.
XdE 151 >.
jiopqwöc 226.
ÖMViJvai 402.
dor. AoTibv 209 f.
poxXöt 225.
öjjolioc 402.
Xdxvn 224.
jjupqibel 6.
ÖMÖcoi 402.
Xdxvoc 224.
Mupaibd 6.
övtiap 219 r.
X^XP'OC 226.
HÜpei 7.
ilol. ßviiap 220.
X^XPK 226.
uiJpiö-Kapnoc 12.
övnco 219.
XfiTiu 363.
MupioXöfiov 6.
bvi\ci\ 219.
hom. Ahtoi 210.
^lupioXoTüi 32-f.
6v(vnfii 219.
XiKpiq>ic 226.
pupio-cpöpo-: 12.
övoiia 177.
XoTlZoMai 360.
HupoXÖTiov 6.
ÖEOc 2ffi.
Xoiöc 226-
MupoXoTüi 6 ff. 9.
ön-rneöuj 31.
lÖKOlVO 1.
nOpov 7.
öii-iiiTt6ut 31.
ifret. AuciKüprioc 234.
6mc 31.
iuxvoc 234.
MOpoc 8.
öiTiuira 31.
MoXaKäc 226.
Mupo<pöpoc 9. 12.
6pdui 339. 868 ff.
Hav9dvuj 860.
öp^Ttiv 324.
|.iovflvai 214.
Mup6-xpiCT0c 12.
öpKdvn 191.
lidvTic 214.
liiipui 7.
Öppoc 229.
Mupipb^w 6 f.
Apipvaloc 226.
,»UiXu, 364.
Öpqwn 226.
418
bp<pv6c 236.
6pit> 332. 368.
gort. Ö-Te(? 2.
oöbc^Eo 27.
höot. oöeiv 27.
gort, oüeetc 27.
öip9aXu6c 229.
öx^u» 368.
bxBiut 204,
äxBi^cac 204.
öi^Ecec 218.
ö<(jopai 341.
irdeoc 228.
TTdXTO 229.
nawux'oc 225.
irap9evoitfnr]c 81.
itQpTiitiec 239.
irdcxiu 180. 228.
iroT^pa 209.
iraxluuv 204.
tidxVT) 224.
ircipap 231.
neXlxvri 224.
tr^vOMQi 401.
alt. ir^pnc 231.
pamphyl. ntptl 233.
ntpuci-vöc 2 *.
Tttpiü 361.
att. ncciupo lf>l.
itlboE 194.
nibütu 194.
nivboc 192.
ninpdCKui 221.
ham nlcupcc 235.
uiippdvai 153,
nXäKui 225.
ttXoxhiSc 225.
nob-r|VCKi^c 156.
noKtv 203.
iroiF^w 231 f.
noioc 2, 392 1.
Trövoc 401.
itoprl 233.
npdcciu H61.
np^Mvov 231.
äol. Jiptc 233.
itpfiTl^a 225.
itpifCKOKoIXric 9.
Wortregister.
I iTpr|CKOX«Ui]c 9.
ioii. iipflxua 2Ä.
nptacSai 231.
I itpö 235.
I irpößaTov 8.
i itpöeea 235.
1 irpolnMi 230.
I irpÖKOov 235.
; irpoc 111.
j itpoceficfxe III.
kret. npoTixoprov 28'
I irpoTi 111.
irpÖTi 233.
irpoGcTi] 367.
npoipÜTq 333.
itpöxvu 224.
npi>Mva 231.
TiT^pvo 228.
mrroXaiiiifc 10.
nuE 151 1.
itup(-«caucToc 182.
^.Tliui' 204.
f>(^lpa 154.
^UJX^ÖC 225.
csicoitutIc 10.
C£i)uj 232.
cfl^a 30 >.
»d:iu 179.
CKtSdwum 179.
CK€Xic 180.
I CK^Xoc 180.
. cKcvbüXn 180.
I CKJpaipoc 180.
, CKia 179.
I CKOiöc 179.
j ckoXkIc 179.
I CKÖp(o}6ov 180.
j CKÜIo 179.
I otOXXm 179.
I CKÖTOC 179 f.
' cfr^pxccOai 194.
1 cwspxvöc 194.
I CTainv 5.
I cTdpToi 234.
I iTOpTÖVtCKOC 234.
j ther. iTdproqioc 234.
I CTdcM 367.
i CTUTÜC 198.
croupdc 199.
cttüxai 198.
crf^Xn 196.
CTf|0[l£V 5.
CTl'|CO^CV 5.
Tißapöc 227.
LTitppöc 227.
CTparöc 234.
CTpiuTÖc 234.
CTuTtlv 196.
T0T*UJ 197.
ctOXoc 196.
cTuofiai 196,
Ctüirri 196.
CTiiiu 196.
V 319. 345.
cuvc9((lipiiccv 357.
cuvltiMi 230.
cuvtbdv 355.
:uvoMÖC(ii 40J.
:uvopiii
331.
TEX^eai 360.
cuxvöc 224.
c<piliiv 240.
cxdCIju, 180.
cxrtn 179.
cx*Ma 179 f.
cx«Mc 180.
cx^vbuXa 180.
cx^paipoc 180.
cx^co. 202.
cxIEa 180.
cxiiuJ 180.
cxlv^KIX^dc 180.
kret. ZujKdpTTic 234.
ciupdc 32.
ropdv 217.
T^epinirov 27.
kret. Ttiov 2. 392 '.
T^K^iop 30. 225.
«KfiriP'ov 225.
T^K^Uip 225.
T^KTQIVa 1.
TtUu) 341.
T^xeoc 342.
TCXiii 360. 36H.
hom. TtpitiK^pouvocaS""
Wortregister.
41»
dor. Tlropcc 886.
hom. TlrpoTOC 287.
Teu^do^al 5^.
TCurdZui 282.
riippä 226.
T^Xvn 224.
TTiptb 859.
TX/|co^at 388.
^ort TvdTd»v 82 K
Tol 199.
Totv 240.
ToX^j)cal 888.
xpdTTcZa 27 ^
rpdirccOat 285.
Tp€|ioiröbi]c 9.
rpc^ox^pnc 9.
Tpißui 201.
Tp(irc2:av 27*.
ö^ctc 221.
lesb. O^^tv 240.
Oc 8.
qKKT^^o^oc 9.
9a{vo^ai 889.
qxxp^-Tpä 153*.
qxSipoc 186.
9aOXoc 190.
<p^p€iv 153.
9€p^TT0V0C 9.
q)^p€-Tpov 153*.
<p€UTUJ 333. 344. 348 ff.
kret. <t>iXöcTapToc 283 f.
q>\iyw 186.
<pX6l 186.
(poucKob^^pnc 9.
q>oucKo6€VTptd 9.
<poucKo6aXacctd 9.
•(ppiimi 154.
(ppoöboc 27.
9poupd 27.
9uXdEaceai 869.
9uXdTTUj 357.
xapOTTÖc 32.
xdcKU) 220.
X^uj 194.
xeOiv 211.
X€iM€pivöc 392*.
XvaOuj 224.
Xolpoc 8.
ilivoc 228.
ilixpöc 194.
i&Hi 28.
HevgriechUch.
KOTOXÖTl 10.
lcXa^K>^o{p1]c 9. 11.
KuiXocoOca 10.
KUiXo9urr{a 10.
^upio-€vxapicn& 13.
liuptoXdri 12.
MUpto-irapaicaXi& 18.
ccicovoOpa 10.
coucoupd6a 10.
AlbanesiMh.
erda 228.
^ei 398.
muik 225.
äoh 28 >.
Lateinisch.
abicere 230.
ad'Oleo 157*.
aemulus 401.
aer^mna 401.
Äesemia 391.
aevum 211.
affirmare 399.
agi 24.
agmen 191.
agnlna 394.
agrestis 185 *.
Ai^ua 391.
Aisemino 391.
alg^e 204.
ali^nus 2> 389. 392*.
394. 396.
alumnvs 401.
amarem 5.
amasso 5.
ambiebam 388.
amplificare 380. 388.
anatlna 394.
Indogermanische Forschungen XII 5.
ancus 897*.
ango 897*.
angulus 897.
animadvertere 81.
Aninus 891.
ansa 190.
ante 182.
onh'-«^ 182.
aperio 401.
aquarius 2.
.i^tno 891.
ordnea 224.
arefacio 24. 886.
aresco ö87.
aridus 886.
CLsaervare 899.
aseue- facto 24. 887.
aasuesco 887.
audeo 181.
oudidam 388.
audibo 888.
ou^^e 201. 380.
aurdra 210.
otmm 181.
au«u« 181.
aveo 181.
avidus 181.
AviUitnua 391. 393.
-öa< 147.
&ene 201.
öi- 188.
öiöer 24.
bonitas 395.
bovem 210.
cocümen 189.
caelestis 185 ^.
Caiatino 391.
calebam 386. 388.
co/e&o 388.
calefacio 24. 386.
co/c/Jo 387.
coZe^co 387.
calidus 386.
calpar 191.
candeo 157.
can^or 187.
Canül^jus 2.
caprinti« 394.
28
420
Wortregister.
cassid- 182.
cedo 241.
celos 241.
census 183.
ceplna 394.
clamor 249.
claudo 181.
clausus 181.
clävis 181.
dmd 1131.
coierat 397.
collabasco 387.
Collum 187.
columna 401.
comtnonefacio 387.
catnmoneo 387.
con 330.
concalefacio 386.
concalesco 387.
con-clüsio 181.
conder 24.
condere 183.
conditus 183.
condocefado 387.
condoceo 387.
conicere 231.
conierare 400.
conierat 397.
Cönsuälia 183.
consuefacio 387.
consuesco 387.
Consus 1 83 f.
contendere 398 f.
contentio 1 87 *.
con-rcrÄiw 181.
corpus 187.
ci^do 181.
cujus 2.
cu(pa 191.
cifplre^ 388.
cur s im 181.
cuspid 182.
cu^t^ 179.
declaro 399.
defrutum 186.
diieräre 396 f. 399 f.
delictum 112.
demon^^rare 399.
denego 399.
denoto 399.
denuntio 399.
deprecor 399.
despondeo 399.
desuefacio 387.
desuesco 387.
dfcere 29.
dft'tnu« 393.
diX6 24.
(io, dw 189.
dö- 184.
domesticus 185 ^.
domuitio 183.
dulcedo 204.
dulcesco 204.
duo 238.
duöbtbs 240.
duresco 388.
dvenos 241.
ebrietcts 395^.
a'erarc 397. 400.
gjöräre 400.
eZemen^um 258.
elidere 400.
eluere 400.
cn-cio 189.
equos 395.
ero 217.
ercna^ 388.
excantare 400.
excidere 400.
eayürärc 400.
exornare 331.
expergefacio 387.
expei^gisci 331. 387.
exquisit im, 181.
ean/o 398.
femur 241.
/"erlna 394.
fervefacio 386 f.
ftrvesco 387.
fervidus 386.
fibrinus 394.
/•laru« 1831.
•ßagrare 186.
/bws 194.
for^nsis 183 fF.
/bro 186.
/rä^er 153 1.
fremo 241.
frigefacio 386.
frig^e 204.
frigesco 387.
frigidus 386.
/ttö« 217.
/•w/flTwr 243.
gaudeo 181.
gävisus 181.
gelefactus 387.
gelidus 387.
^61710 241.
GemrOniae 241.
genus 241.
glomus 241.
hatisum 183 1.
Äiäre 220.
hibemus 392 1.
hietäre 395.
Afsco 220.
Hispaniensis 183.
Ao2u« 241.
Aomo 241.
horUnsis 183.
hori^nsius 183 f.
hospites 296.
i6am 388.
i&o 388.
iTZCü^u« 181.
inditus 184.
in-dtt 189.
indulg€re 202.
inferius 400.
inicere 230.
inquam 30 ^
inquio 30 1.
insece 28.
insectio 401.
inseque 28. 401.
insequis 28. 30 1.
in-stauro 18.
insuefacio 387.
iwsweÄCO 387.
intendere 330.
fra 401.
i^er 16.
itut 16.
jaeio 229 f.
jecit 230.
jecur 199.
iouräre 397.
lovem 209.
j'ubere 201,
juvettetts 188.
^uncfum 116.
labefacio 3i¥J.
labesco 387.
Ladinod 391.
Jüna 224.
Zanientt 389. 394.
Zrönucinus 391.
lo/jiJ- 182.
iapsuA 183 '.
lÄirinor- 391.
iaWnt 391 f.
Latlnvs 399 '. 394,
tSgidijus 2.
liquefacio 386.
liguesco 387.
Uquidus 386.
Loucina 391.
iüno 224.
lupas 395'.
{u;)icjiJI>iae 394.
iüXHS 226.
madefacio 386.
madeeco 387.
tnadidiis 386.
maieataa 397.
Marijus 2.
morlnus 392 '.
medtuji 400.
minuldtim 181.
ffitnOftm 181.
mUü 190.
modut 241.
molam 217.
moiefrtna 394.
wioio 231. 241.
monatrare 29.
fflOT-^uoJi 395.
mü'u« 325.
noc^JA 157.
nonciscw 157.
neniu« 341.
nequibam :i88.
ne^ui&o 388.
noriurnu« 3.
nd» 222.
notäre 31.
novenaiden 184'.
noven»t7es 184 •-
nozia 401.
noxiu« 401.
obacürus 179.
obatupef'acio 386.
obifupesco 387.
ocufuji 28.
odium 151.
öie/'acio 387.
offinaa 401.
offensus 401.
!. oZ/octo 387.
o//Jo 387.
oiop 241.
0»M8 241.
oniutu« 182.
operio 401.
(wcWa 388.
öinim 192.
parietem 395.
;>artiw* 181.
parttfur 181.
parvolua 395.
pasaim 181.
patefacio 386.
pateaco 387.
pn^T-em 209.
peiieräre 397.
peüurius 400.
peior 397. 401.
peUücidua 400.
perdö 399.
pereo 399.
perfidua 399.
perieedre 397. 399.
periuro 399 f.
periurus 399 f.
ptrlucidu» 400.
phlnna 394.
planta 1 87 '.
plibijua 2.
porflna 389. 394.
porctituH 395 '.
porrigere 324.
poHiur 388.
ppecrfrt 399.
proeu» 399.
projicwe 280.
pröfiua 224.
proprietaa 395'.
p«6Ztcu« 185'.
g»E&o 38».
guoiua 2.
i-«plna 389. 394.
rapWm 181.
PWM 209.
remif/äm 395,
reataurare 199.
j-ijfo-e 204.
aacrißco 388.
«nZlnae 394.
«ator arepo 251.
sceie»-fu-J( 182.
aceiiw 179. 182. 211.
swi^Ho 180.
setitjnm 181.
sc «(«7«. 179.
Mrfgre 202.
«effum 241,
semoi 241.
separätitn 181.
B*-ftius 199.
sro 229.
KC 199.
»I 199.
i 199.
aignificare 29 399.
Signum 28. 30.
sociefo« 395.
«olüfim 181.
spuo 220.
spuriu.li 400.
s(are 197.
«(a«m 181.
ata^iM 198.
«(0 198.
8(rü(its 234.
ffiS
Wortregister.
Stupe facto 366.
vtvKcif IBl.
defcfcwfl'Wm 21.
itupeaco 387.
iflvont 395.
dänüm 22.
ttupidus 386.
volo 241.
ehpreivid 22.
tuo 220.
vomant 217.
efhwM 15 f.
TOTffere IM.
vomo 241.
e2um 24.
matUre 201. 204.
/lief 19.
falenfum 187 >.
DmbrlBch.
riml22.
ieni« 241.
fmt 22.
templäre 14.
/■ud 17.
lepefacio 386.
cabriner 394.
herrina 20.
^eyjeo IM. 'JlS.
capirs- 182.
AumutiK 16
fepesco 387.
crom 24.
Atlrffn 183.
ttpidus 386,
J^ouina 391. 396.
idai 19.
(«cer« 224.
/Cflpir 182.
id nÜ 20.
ttfti 199.
nerf 26 1.
imbratr 15.
pruaiftwren( 28.
imftr/r 15.
(rajwr/er 24.
pufe 15.
inim 18.
tremo 398.
«en<u 191.
iiiA(7 18.
fris 183.
«u/fo/u 38.
{u>» 21.
tribünw 16.
Süe 199.
iüviaim 17.
(rlwi 201.
ie/-ra 226.
itJvtY 18.
über 182.
uerfaU 15.
lüvlüiüi 20.
über-tus 182.
wero/ 16.
fcajH' 17. 19.
vagire 202.
C^oisJencr 391. 393.
keenztur 13 >.
waneseo 388.
395 1. 396.
fcer«nai[i)a« 2.
«ari«j7.ire 395.
umatier 2.
kerimaiias 19.
«i(?i)slca 183'.
kersnavias 19.
veTtter 183.
Osklgcli.
A-erssnafs 17.
«enum 223,
iou^r 20.
vft- 210.
aet 19.
iKt:frlIK( 20.
tigmu« :i92i.
aeteis 139.
mavie 20.
oersd^im 181.
ahvdiu ni akun 21.
mameri 19.
VerlumntM 401.
ampf 13. 16.
mamerttiai» 18
wee 181 1".
<jmpfem(ni 13 *.
marmief« 2.
vicem 181.
amviannud 14.
medt'Hd 19.
«icis 181.
an-cmsfo 183'.
meertffciiefs 21.
vicUsätim 181 f.
angiiu 20.
messimass 17.
vicUsÜäs 181.
angitu? 20.
iniit 18.
vim^im 5. 181. 184.
an|(er] 15.
OS» 20.
vicixsitudo 181.
«ri 19.
oxilt? 20.
vicisiltur 181.
ac/ 13. 19.
pag 19.
tridire 31. 201. 214.
nuij 21.
paa 19.
vtdejc 314.
Snndns 392.
jwdti X 20.
vUis 190.
daiv 19.
j^t« id 17.
vires 190.
dof« 19.
puf 15.
virwt 222.
deiuatuns 15.
pumpe 19.
Vitruv 248.
deiwnais 390. 394.
M< 20.
detuino 392 >.
aakrafir 19.
Wortre^ster.
423
sakraiiir 19.
sakratür 19.
sakriss 18.
samnu 14.
scriftas 13*.
xiins 20.
Ä> 20.
Spuriieis 15.
ssimassta 17.
««noi^ 18.
staieffud 18.
stavjfvd 18.
iS'^ 20.
«u^c2 22.
suUum 22.
«voi 199.
taieffud 17.
tcmgin-om 157.
tavffud 17.
tefürum 226.
<Wä 183.
üiniveresim 18.
ültiuTnam 18.
[tip] 20.
tipiZ 17 f.
vereeias 18.
verehias 18.
vereiiai 2. 392 1.
t?€rM 15.
Fipivcic 21.
Marsisch.
n(m€«e(26 184.
Tolskiseh.
«6- 199.
Italienisch.
bicmchetto 70.
5rMir« 153.
cacafuoco 70.
fungo 71.
giaüetto 70.
polimma 69.
Borgente 194.
Französisch.
2a carosse 39.
/•eZifrre 257.
foudröyer 247.
afV. /bi;ne 386.
gratte-poux 70.
W^trrc 153.
«a&o< 70.
«ottrcc 194.
Gallisch.
Camutenus 390 1.
Epenus 390 1.
Altirisch.
adcuaid 185 f.
ad-rU'llui 191.
ae 192.
de« 157 2.
am 191.
amm 189 *.
ara 190.
dram 194.
asfenimm 186.
&m 153.
WicÄf 186.
6d 191.
boimm 189 ^.
ftrw^Ä 186.
hruthdatnna 186.
caindel 193.
candoracht 187.
can^aic 187.
cantar-chaptha 187.
capp 193.
nir. cAum 189.
cilomn 191.
ciand 187«.
c« 187.
cZiu 186.
cointinn 187*.
CO« 191.
COM 187.
co-ÄC 30.
cW 187.
cWp 193.
mir. cuilen 390.
cundrad 187 f.
cundraigim 188.
cundrathtig 188.
CO 185 f.
cZamna 186.
d^ac 188.
do 189.
dochumm 188 f. 192.
docoi^Ä 185«.
docüaid 185«.
do/aeYÄ 185«.
dofethet 185«.
do-U4cim 191.
don 189.
dra^Ä 188.
Z^iiaid 185 «.
duinen 390^.
^«e 189.
^^ 192.
/acZ 190.
/•di7 190.
/"ei^Ä 186.
/€^Ä 185.
/te 190.
/bii 190.
follintar 190. 193.
fO'llüur 191.
forccB 191.
forcuad 186.
(/yiar-bhaladh 194«.
fuarchrdbhadh 194«.
fuathcraihdig 194 ^.
fuillned 190».
/•c^Äid 185«.
gäbäl 151.
gabim 151.
<grdid 185«.
gibbne 194,
flfd 191.
go-am 191.
^roiWi 191.
flfopp 193.
flftir 192.
flfwrc 192.
inchosig 30.
tncuaid 186.
424
Wortregister.
ind 192.
inis 6.
in-sce 28. 30.
iuchair 192.
la 188 2.
le 188«.
leth 188«.
wi^gi 392 1.
möith 190.
molad 191.
nir. /"aoZ 190.
da 192.
dac 188.
rdith 185*.
reme-lluid 191.
rO'Charsam 5.
rodoos 5.
roinnim 195.
«aiZ 192.
scäich 185«.
«c^i 28.
«eimm 189 ^.
«iZ 229.
^dicA 185 2.
taisfeöin 186.
t-aisfenim 186.
taUaim 191.
talland 187«.
t-änaic 156.
^e 193.
^e^r 188.
<cn 193.
^c?ic 193.
<eoZ 192.
^e^ 193.
-« 156.
-<-tcm 156.
<o6 193 f.
<opp 193 f.
tromm 189 1.
(t)uillnedche 190 1.
tiar 194.
tiaran 194.
üarboth 194.
üar-chrdbud 194.
uar-chris 194«.
üar-medon 194.
wcM 195.
ve^ 186.
Ejinrisch.
aelwyd 157«.
au 192.
caeZ 151.
ca/" 151.
nkymr. chwech 199.
chweddl 28.
colwyn 390.
co^ 30.
cw?Z 191.
dechreuho 5.
dycko 5.
dywetto 5.
gafael 151.
gorch 191.
gwlypaf 5.
he-bryngiad 155.
he-brwng 155.
Äcpp 28.
id« 398.
iouenc 188.
moZt 191.
^cca/* 5.
Gaelisch.
chum 189.
Bretonisch.
coZen 390.
Kornisch.
coloin 390.
hem-bronk 155.
oz7cc« 157«.
Germanisch.
Ingvaeones 2.
Gotisch.
af-mauips 402.
ai^tn 380.
airw 206. 381.
aitviski 204.
andeis 192.
&aim 240.
bairös 207.
binaühts 156.
briggan 150. 154. 156.
321. 324.
brinnan 194.
dw 189.
faurpis 206.
/??i/)an 324.
frawtitan 31.
/ruma 205.
/wriz 206.
^a& 324.
gaman 375 ^.
ganiaurgjan 204,
ganah 156
ga-nöhs 156.
ga-saihan 341.
ga-teihan 29.
gapwastjan 198,
geigan 379.
giban 324.
^eW 342.
gumein 390^.
Äai7an 153. 384.
ÄaZ« 187.
hardus 234.
ÄZi/a 187.
^a 398 1.
jai 398 1.
kaürus 186.
fcnm 232.
Zefaw 385.
mein« 390. 392.
muTzan 152.
naseins 208.
ng/ües 206.
niu-klahs 184.
gaw 324.
quistjan 211.
redan 385.
rinnan 195.
rigw 226.
«atan 229.
aaihs 199.
eidam 375.
«^iRtcAa 380.
saOean 98. 30.
eidu?n 375.
stlji 198.
jfaiii-ala 38S.
efjran 380.
j((/o7- 195.
aaasa 207.
eigin 380.
stiuren 197.
-so^on 192.
ütftAfn 380.
•täda 196. 198.
«> 199.
wniff 381.
swein 2 ». 390.
«tww 28. 32.
eitkön 153. 377.
«CMtar 199.
^kaida 384.
ert 386.
twerg 130*.
anümundaf 306.
eritt 381.
«)a(ian 194.
«to'neim 390.
«rpÄ 226.
wanagt 183 <.
«tondan 198.
eiea 211. 381.
wantjf 1881.
*(o^» 198.
ftrt 381.
tooMi 18S>.
^ur 196.
itmg 380.
irai 197.
■stittTJan 1%,
Suln 380.
wetsonf 878.
stöp 197.
^n^ar 188.
wetMnSSO.
«utim» 20a
flola 382.
tt:(5an 81.
.<n«bm 188.
/Iru.-^an 81.
w^ 31.
tKa 288.
f¥eidi 381.
tconen 202.
«wadd/* 239.
/-reülM 381.
«eiffön 29.
itcaim 240.
je^ln 390».
««(ÄAtir 376.
(««.1238.
gi-nah 156.
swei 381.
iwi- 188.
ginuog 156.
PagHjan 1B6.
flw(wa* 197.
JbdAfa 155.
Amfcön 153.
^airA 99».
Aeyson 153.
eücAen 163.
piufs 193.
helid 2S ■
ge-ringe 164.
_^nd;(i 2(ß.
Aros 232.
AeiacAen 153.
fiümndi 198.
ja 398'.
^esen 398.
wnwunanii« 202.
jd 398 '.
jem 398.
us-priutan 189».
ieaan 398.
<M 194 f.
i^jan 385.
weihan 155.
lehin 379.
«.itejg 209.
maJan 231.
Ädjudant 49.
«rf(an 31. 201. 214.
nwnön 152.
«nH-ew«! 29.
te^illa 224.
meina 152.
aus 194.
meio 231.
ausier 194.
mennisco 26.
At^rägalinatafm 47
mo« 152».
6erfeu(en 29.
aM(uai 197.
mwodi 402.
Beuserchm 6a 78.
atie 228.
muoian 402.
bemerken 29.
6i6irtn 394.
muntor 27.
btmerkung 29.
bim 163.
rätan 586.
fciVum 153.
Wnjri 154
Bianfcert 70.
fcräA^a 154.
sn^en 28.
B;j(s 243.
brätan 385,
sehto 229.
Brille 48.
bringan 154.
»gto 383.
&runna 194.
slula 383'.
oberd. dei 381.
-dir 199.
n'tzen 202.
Dhd. dieb 193.
4S6
Wortregister.
Donner 243.
Pölj/p 69.
«*Ian 157»
ei 192.
jMite 194.
Aled 157».
tisheiss 46.
Aabe 63.
(«re«f 381.
Ende 192.
Äappe 63.
dgm 380.
Fahne 46.
EegentDurm 70.
dr 380.
Faust 188.
Äei(er 63.
&Ä. 15S.
Fickfack 73.
Äitter 63.
hegen 381.
Flim 261.
Äococo 25.
brinjan 154.
.f^tcA« 70.
Aöfcer 73.
ftrenj(«)<in 154. 156
fl^irew 398.
saal 192.
ftrunjan 155'.
Gauein 260.
cü 377.
die GeAe 38.
S'mecfcer 73.
Äoie 26».
Getfe 261.
Spitznase 71.
Aors 232.
Geseü« 192.
«(euer 197.
hrd 382.
Giggea gaggen 73.
ÄÖferg 73.
Arrfw 382.
Gauner. GrtJnspecWTO.
achweiz. ifud 196.
hrdw 382.
Guckerchen 68.
siötecn 196.
Wn 379.
GHtnpo« 2ftO.
jjM.m SWm 70. 73.
W(an 385.
Gumprecht 260.
treten 168.
öf-tion 29.
Gundelwein 260.
Trupptrapp 73.
rado» 385.
ifaWe 261.
HVj/a TT'a^d 78.
ryne 196.
^OTM 63.
der Wursier 38.
«awoi 382.
ffinü 66.
Zahuhimmd 38.
seaf/^e 207.
öifeert 70.
zerstreut 78.
seqfan 28.
Hitsgeber 73.
Z<>p/ 198.
apddi 384.
Aocw» poct« »7.
studu 196. 198.
hott 79.
AltsachBlBcta.
«ftwfu 196. 198.
ÄÜ 79.
swän 2».
Jea» 63.
a/--(iAan 29.
(dcor 376.
John 63.
ÖMie 381.
tivägen 381.
Kantelburg 61.
frren^tan 154. 156.
(Aeo;' 193.
kenengrad 46.
bringan 154.
«■daend 377.
kerzensaU 46.
escön 1&3.
kerzenvergnügt 46
fbmea 385.
Englisch.
kerxenvoU 46.
Ae^A 26 >.
ansuer 249.
(0 bore 186.
JinffO 257.
out 194.
Kleebeisaer 70.
Anoöe 63.
Knappe 63.
mftiian 152.
it-ini 202.
Krautmesser 48.
u-Uan 31.
oufer 194.
Äunz 66.
Lisegang 248.
wKt 31.
«.■un»ya 202.
spring 194.
stud 196.
JtfaiTand 61.
(op 193.
(read 188.
.Vnime 2r,l.
AngelBftehBlseh.
Afaunelrocken 46.
weU 194.
«c 381.
Parsifal 260.
ätfum 375.
Alt friesisch.
<t 382.
70.
rtjen 380.
d 374. 378. 382 f.
Wortregister.
427
<ich 378.
Adawerth 378.
agun 378.
äin 380.
an 374.
äng 381.
öfiicT^ 381.
cnne 374.
^rra 381.
äsce 376.
d«c«a 376 f.
äthum 375.
dyn 380.
öen 373.
benen 380.
/»e/^e 381.
bit&cnia 383.
^>retfa 385.
6rgc«e 380.
hr^dene 380.
cZä^A 373. 378.
cleth 378.
cü 377.
d^ 373. 383.
d€to 379.
€- 382 f.
€örm 380.
^n 380.
eite 381.
«Za«^ 379.
en 377.
eni7 381.
enich 381.
^ 381.
€re 380.
erist 381.
«rra 381.
€th 373. 379. 381.
^T^ane 379.
itzen 380.
«tt- e 380.
tuen 380.
^i/n 386.
/•äd 378 f. 382.
fanne 385.
famme 385.
aofr. famne 385.
awfr. /amn« 385 f.
aofr. femne 385.
fiamanda 373. 375 1.
/lasfc 377 1.
/Ze«c 377.
föntne 385.
/onc 385.
fräst 373. 377.
awfr. //»cc« 377.
awfr. freeslik 377.
/rg^Äa 381.
fröwe 385.
jgrad 373.
gäd 376.
^r^a 379.
Äo«^ 378.
?iat 384 f.
ÄeZ 380.
helg 380.
i^eZi^ 380.
;iem 380.
Mme 380
Aer 381.
h^a 381.
Äe^ 384.
Ä«a 384.
hSte 380.
Ae^en 384.
hethin 384.
Ä€«e 380,
hladdergong 384 1.
hledere 284 1.
hondbrede 380.
ivinetha 381.
fcgra 379.
W^ic 380.
idrc 373. 376. 379.
toÄ< 379.
ia< 379. 385.
latte 379.
Zätte 373. 376. 379.
leda 379 f. 385.
Udene 380.
Z^jfa 385.
Zön 379. 382.
lina 379.
iera 379.
lerest 381.
2^ 381.
lessa 381.
2&re 381.
Ze^to 379.
let 379.
Zg^a 385.
Utte 379.
Z«M7a 379.
mä 384 2.
awfr. manda 375*.'
mar 384^.
mära 384*.
ma«< 3842.
mäster 376. 384.
mce 384 «.
?neer 384*.
awfr. m^nan 380.
mene 380.
me«^ 377 K 384 *.
Tw&p^cr 376. 3842.
aotV. monda 375 *.
nä 374. 378. 382 f.
niughenspätze 380.
niugenspitze 380
rcfcī 379.
racÄ^e 379.
raÄ:^ 379.
röp 1373 f.
rMa 385.
rgci6 380.
awfr. reesraf 382*
r^/ca 370.
ret8(i)a 379.
«äver 374. 376. 384.
sceltata 374.
ÄCÄai 384 f.
schath 385.
ÄCÄcnien 380.
sch^t 384.
awfr. «g 382.
sele 382 f.
«e/< 379.
s^r 385.
serade 385.
Äcver 374. 376. 384 «.
siel{e) 3831.
«/ce^Ä 384.
j^Ar^ii^a 384.
spedel 376. 384.
428
Wortregister.
spedla 384.
8t&% 373. 383.
stenen 380.
sw^pa 380.
swepene 380.
täker 376.
täne 378. 382.
töA;en 374. 376. 388.
tha 374.
fAam 374.
tian-spStze 380.
<t(?a 374.
twam 374.
<M;cde 380.
^i«7gne 381.
undäf 373.
Mrdg/a 379.
wäsanda 377.
u;a5e 378.
tcö^encla 377.
awfr. wid 380.
t«?gdew 380.
aofr. wednelsa 380.
aofr. w€denling 380.
tt'£%:anc26 385.
tü&a 380.
wrak 373.
ttTäÄ; 376.
ürnordisch»
haitinaR 384.
Altisländisch.
ae«a 134.
ama 402.
rfjftip 51.
duergr 130*.
et'A; 381.
cWr 157 2.
erom 153.
Äair 26 2.
Äerra 381.
Äcrrc 381.
M^ 187.
Äf^^ 187.
Ä^icfr 26 «.
tarpr 226.
Aie^fifa 194.
kollr 187.
Wn 379.
miqrkue 226.
nci 374.
seggia 28.
staurr 199.
stydja 196.
«U6tnn 2*. 390.
topj^r 103.
<rorfa 188.
una 202.
vdr 210.
vega 155.
Prensslsch.
«monenat^nW 26.
smoy 26.
«mt^nem^Aru 26.
su'estro 199.
Lltanisch»
a&^ 240.
abSm 240.
aÄ:l^ 28.
an^^a 394.
qsa 190.
d^-vcWu 401.
dudmi 197.
&tit;o 147.
&ÖVO 217.
danguje-jis 2.
^u 238.
dv^jü 239.
dv^w 240.
dv^m 240.
dv^i 240.
dtH 238.
geliüH 342.
<7CÄ^i 211.
j^szmas 225.
kadagynas 392.
kadagyni 392.
kadagys 392.
i^du;u 181.
Är«hö 3921.
küpiiti 198.
kväpas 198.
moZiat^ 217.
m^es&ia 390.
meszk^d 394.
musü-jis 2.
nam^ 2.
nam^jis 2.
no^s^d 156.
ne^zu 156.
par^z^d 394.
pastügu 197.
Pilkainis 393.
Prüsaiczü-jia 2.
ropSnä 394.
rugänd 394.
sakyti 28.
saldainis 395.
sald^snis 205.
saldyne 395.
säpnas 199.
sekm^ 28.
^e^tl 199.
Ä^jM 229.
«£ 199.
sk^dziu 180.
skeliü 179.
«<4/^ 198.
«^o<e 197.
stovUi 197.
stövmi 198.
stügstu 197.
sze.9zi 199.
sziszuras 199.
j?zri#^<i 200 1.
^^m 240.
f^m 240.
<i 199.
Tüz^nas 393 »
uz-9a/ca« 28.
MZ-rcrtM 401.
valkas 26*.
vasarä 222.
vhniau 217.
vilMnä 390.
i;/ina 224.
zemijna 392.
imoffüa 28.
minjef 152.
« 190.
ivH-^d 390. 894.
m^*<;'*inci 890.
tHna 240.
ne;t<T Infi'
(<ipi(i 193.
LCfttiBCh.
obojti 240.
veUH 202.
ofco 2».
f^no 223.
eiltieks 2GS.
po-mfin 1&2.
Md^(i 201. 214.
«to 193.
vluHna 390.
AltbBlsariuh.
sesfra 199.
iiltna 234.
iiidm 202.
si^rin'nu H90. 394.
qgh 397 '.
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Btmrt 317.
qnkh 397 '.
st 199.
chiin 187.
skar^db 180.
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ehodUi 119.
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^iou^Ai 26».
söfc» 28. 32.
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gtati 197.
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na-kda 31.
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stydeti s{ 197.
fcoM« 30 f.
»oeftr» 199.
Polnisek.
mqdn 27.
avbUti 200».
mafenns 39ft
^«(t. 199.
gkra 180,
II. NIchHDdogerm&iiisehe Sprachen.
XwptiMh.
HebriUmh.
MasdUBeh
piV« 177'.
boaer 76.
adyäurä 109.
p.jcr-'o 177'.
pJStr--o 177 ».
KopttMk.
AssjriMli.
jero 177.
ttT€po 177'.
SriiBch.
pir'u 177".
gyänavaspär Iff-
III.
Kanstliebe Sprae
heu.
a^0f 263.
celotat 263.
tlimit^ 263.
aiijs 263.
cuni 263.
emonalan 263.
<ripi«cA 269.
dadeJe 263.
eMoIen 263.
-omma 245.
daglomi 267.
^aff 263.
amu 203.
(iesi 263.
giloa 263,
osMs 263.
«di(or 263.
ffo^ra 263.
bagoge 263.
tges
Tiananor 263^
B»(, « 248.
tUdid 263.
td« 263.
i;ii 263.
(di( 263.
430
Wortregister.
isaser 263.
Kakidoran 264.
Kottdrey 248.
lacoh 263.
lamen 263.
Lickehappe 248.
iwZi 264.
madeli 263.
maglomi 267.
molom 264.
Tia blamiria 249.
an clemos 249.
nac(7& 263.
naneg 263.
wcflfo 263.
Leipzig-Gohlis.
negogag 263.
neme 263.
net/t«? 263.
ni blamioctor 249,
Nidstriffio 248.
m nunarto 249.
ononer 263.
oronatat 263.
o«50$$07i 203.
pagloni 267.
Babbarlab 248.
regnot 263.
retoran 263.
rimirsi 263.
ronadaw 263.
saladid 263.
«ate 263.
«aZef 263.
«ait/" 263.
simulor 257.
Snickenanabel 248.
sodaled 263.
^a^/a 245.
timinitur 263.
^'na(2 263.
toloslobas 263.
^zoc 264.
n7cd6 261.
Herman Hirt.
Berichtignngen.
IF. XII S. 143, Z. 24 des Textes v. o. lies .v Ivajßvam.
S. 175 Z. 7 y. u. lies <zii statt äiia.
S. 177 Z. 2 der Anm. lies AJPh. XXI statt a. a. 0.
S. 189 Z. 11 V. 0. für 'when used' lies *when docAi/mm is used*.
S. 191 Z. 11 V. 0. für forcce lies forcthae.
S. 192 Z. 29 V. 0. für 'ansevers' lies 'answers*.
S. 194 Z. 8 V. 0. für -mMon lies medön.
Anzeiger XII S. 13 Z. 30 v. o. lies statt 'obwohl die Spauier
Fedrigo daraus gemacht haben' vielmehr 'die Romanen *Federico\
(Jnlversitäts-Bachdruckerei von Carl Oeorgi in Bonn.
ANZEIGER
FOB
lllDOdiEUIISCn 8FUCH- HD llTEtTDISKOm
BIIBUTT ZU DEN ffiDOeERViNMIII F0RSCBI1N6EN
HEBAUSOEOEBEN
WILHELM STKEITBERG
ZWÖLfTEB BAKD
STKASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1901
Inhalt.
Seite
Troels-Lund UininiülHbitd und Weltiiiischauutig' im Waudel
der Zeiten (ErDst Gi-ouse) 1
Roberteoii-Smith Die Religion der Semiten (Heckendorf) 6
WechBBler Giebt e» Lautgesetze? (H. Hirt) 6
Grammoiit La diSHiniitation coiisoiiantiquo dans leti langues
indo-europeeiiQ«^ et les langues romaneM (H. Meringer) . . 8
Flenaburg Studien auf dem Gebiete der indogermanischen
Würz elbil düng, seraaBiologiscIi-etymologiBclie BeitrSge {Per
Persaon) 14
Thumb und Marbe Experimentelle UnterMUChungen Über
die psychologiachen Grundlagen der sprachltdien Analogio-
bildungeo {W. Wuudt) 17
Lid^n Studien zur altindisclien und vergleichenden Sprach-
geschichte (Jakob Wackernagel) 20
Uhlenbeck Kurzgefasstes Etyniologisclies Wörterbuch der
altindischeu Sprache (Bariholomae) 22
Hillebrandl Vedisthe Mythologie (Willy Foy) 29
Karst Historische Grammatik des Kilikiseh- Armenischen (H.
Hübschraann) 46
Lagercrantz Zur griechischen Lauigeacliichte (A. Thumb) G3
Stratton History of Greek Noun-Foi-mation I (A. Thumb) . 65
Levi Dei suffissi uscenti in sigma (A. Thumb) 66
Thumb Die griechiat^he Sprache im Zeitalter des Hellenismus
fJohn Schmitt) 68
Bohde Psyche (E. Mogk) 81
Weise Charakteristik der lateiniaehen Sprache (Fr. Stolz) . . 85
Otto Nomina propria Latina oriuuda a partlcipiis perfecti
(Ferdinand Sommer) 86
Schwab Nomina propria Latina oriundn a participiis prac-
sentis activi. I'uturi passivt, futuri activi quae quando qtio-
modo ticta sint (Ferdinand Sommer) , . ■ 86
Horton-Smith The Establishment and Extension ol'the Law
of Thurneysen and Havet (Robert v. Planta) 87
Bheden Etymologische Beitrüge zum italienischen Wörter-
buch (J. Suhak) 88
Sandfeld-Jensen Rum»nske Studier 1 (Holger Pedersen) . 90
Bsraaw Ireke Studier (Eolger Pedersen) 94
IV
8eit€
Loewe Die ethnische und sprachliche Gliederung der Ger-
manen (Wilhelm Brückner) 98
Fr&n Filologiska Föreningen iLuud Spr&kliga Uppsatser
(W. Ranisch) 100
Nyare bidrag tili kännedom om de svenska landsm&len ock
svenskt folklif (B. Kahle) 101
Thoroddsen Geschichte der isländischen Geographie (H.
Hirt) 104
Wyld Contributions to the History of the English Gutturals
(Max Förster) 106
Chadwick Studies in Old English (K. D. Bülbring) .... 109
Borgeld De Oudoostnederfrankische Psalmen (J. Franck) . 111
D*Arbois de Jubainville Etudes sur la langue des Francs
ä r^poque m^rovingienne (Wilh. Brückner) 113
Fink Der deutsche Sprachbau als Ausdruck deutscher Welt-
anschauung (0. Dittrich) 113
L iebich Die Wortfamilien der lebenden hochdeutschen Sprache
als Grundlage für ein System der Bedeutungslehre (0.
Dittrich) 115
Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten (R. Michel). ... 123
Erdmann Grundzüge der deutschen Syntax nach ihrer ge-
schichtlichen Entwicklung (K. v. Bahder) 123
Bremer Zur Lautschrift (0. Brenner) 127
Heilig Grammatik der Ostfränkischen Mundart des Tauber-
grundes und der Nachbarmundarten (0. Brenner) .... 128
Schatz Die Mundart von Imst (Gustav Binz) 131
Soerensen Polnische Grammatik (Erich Berneker) .... 132
Lexicon Serbico-germanio-latinum, ediditVuk Stephan. Karad-
schitsch (H. Hirt) - 141
Mitteilungen :
Gustav Meyer f (Albert Thumb) . 141
Vorschlag (Holger Pedersen) 152
Personalien 153
Die 46. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner 154
Bibliographie des Jahres 1899 155
Autorenregister 324
Mitteilungen:
Die indogermanische Sektion auf der 46. Versammlung
deutscher Philologen und Schulmänner in Strassburg i. E.
vom 1.— 4. Oktober 1901 346
Vom Thesaurus linguae latinae 349
Personalien 350
Berichtigungen 350
ANZEIGER
FÜR INDOGEMUNISCHE SPRACH- UND ALTERTUMSKUNDE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
WILHELM STREITBERG.
ZWÖLFTER BAND. ERSTES HEFT.
Troels-Lund. Himmelsbild und Weltanschauung im Wandel der
Zeiten. Autorisierte, vom Verfasser durchgesehene Übersetzung
von Leo Bloch. Leipzig, Druck und Verlag von B. G. Teubner
1899. 286 S. Geb. 5 M.
Der Verfasser, der in einer Reihe früherer Schriften die mate-
rielle Kultur der Skandinavier im 16. Jahrhundert geschildert hat,
wagt sich hier an eine der schwierigsten Aufgaben, die sich ein
Kul tarforscher überhaupt stellen kann. Er behandelt dieses Mal
nicht eine besondere Gruppe von Kulturformen, eine einzelne Seite
des Lebens; sondern er "will suchon, darüber klar zu werden, in
welcher Beleuchtung sich den Menschen jener Zeit das Leben zeigte,
welcher Farbenton damals über allen Verhältnissen, über der Le-
bensthätigkeit selbst lag." (S. 1.) "In dem Unterschiede dieser Beleuch-
tung beruht der tiefste Inhalt der Geschichte. — Denn wir wissen
alle von uns selbst, dass die gegebenen Verhältnisse jedes Mal ge-
rade in der Beleuchtung ihre eigentliche, ihren inneren Werth be-
stimmende Erklärung finden." (S. 2.) Die Lebensstimmung eines Ge-
schlechtes hängt von seiner Weltanschauung ab; diese aber erwächst
aus den "beiden ursprünglichsten und tiefstliegenden Äusserungs-
formen der menschlichen Intelligenz": aus "der Empfänglichkeit
für Lichteindrücke und dem Ortsgefühle." "Von hier aus sind jeder-
zeit die 3 grossen Fragen beantwortet worden, welche das Dasein
selbst jedem von uns stellt: Wo bist du? — Was bist du? — Was
sollst du thun?" — (S. 5.) "Der innerste Nerv aller menschlichen Kul-
turentwickelung ist die fortschreitende Auffassung des Unterschiedes
von Tag und Nacht, Licht und Dunkel." (S.6.) "Und ein entschei-
dender Faktor in dieser Entwickelung sowohl, als auch ein richtiger
Weiser ihres Ganges ist das bei den Einzelnen verschiedene Gefühl
für den Ort" dessen "deutlichste Äusserung die Bestimmung des
AbStandes" ist. "Der weiteste Abstand aber, mit welchem der Mensch
zu rechnen hat, ist der zwischen Himmel und F.rde.** Und so gelangt
denn Lund zu seinem Grundsatze: "Jeder bedeutenden Änderung
der moralischen und religiösen Lebensanschauung liegt mehr oder
minder bewusst eine Änderung in der Bestimmung des Abstandes
zwischen Himmel und Erde zu Grunde." (S. 6.) Dieser Satz, auf dem
die ganze folgende Darstellung ruht, ist, wie man sieht, einfach aus
einigen anderen Sätzen deduziert worden, die der Verf. ebenfalls
nicht beweist offenbar deshalb, weil er sie für selbstverständlich
Anzei^r XU 1. 1
I 1
2 Troels-Luud Himineläbitd und Weltanacliauuiig Ubw ^^H
hält, Ks wird sich zeigen, ob die Er^ebnitee seiner Arbeit deiner
Voraussetzung Recht ffeben,
Wenu man die LelieDHantichauung des 16. Jahrhunderte ver-
stehen will, nu muss man ihren Wurzeln oachgrabeu: diese aber
reichen sehr lief in die Verg:aDgenheit hinunter und verbreiten sich
zuy;leich last um den ganzen Erdball. Die Untersuchung der "Ent-
stehung der Bestandteile der Weltanschauung;; des 16. Jahrhuuderts"
TTClche den ersten und grössten Teil dea Buches bildet, fUlirt uiu
in der That beinahe durch die jresamto Kultiirgeschichle. Der Verf.
findet den Ursprung dos Glaubens an die Beseeltheit und Schick-
snlsniacht der GeRlirne in Babylon und ÄBsyrien, wHbrend das W
nachbarte Iran die Heimat des Glaubens au einen Kampf zwischen
der lichten guten und der diuiklen bösen Macht ist; die loHclitige
und wolilthstige Sonne Ägyptens hat den monotheistischen Snnnea-
dieust erwuchsen lassen, der sieh in Judlla mit jenem iranischen
Glauben und der ebenfallB äg'vptischen Idee von einer erl&senden
Menschwerdung der Gottheit vereinigt. Sodann wird die schön-
gerundete, in ihrer Beschrltukung klare und harmonische Weltan-
echauung der Griechen geschildert, die Entstehung des Christeu-
tbumes und seine Ent Wickelung zur christlichen Kirche; eudtich die
Verbreitung der Sterndeutung durch die Kultur der Araber; —
Alles dies in einer ungemein klaren und farbigen, mit originellen
Bildern reich, auweilen fast überreich geschmückten Sprache, wel-
cher die Darstellung nicht den geringsten Teil ihres Reiees ver-
dankt. Die Ausführungen beruhen olTenbar auf tüchtigen Studien;
ob die Fundamente ülrerall breit und stark genug sind, um alle
Konstruktionen des Verfassers zu tragen, mögen die Spezialforscher
beurteilen. Mir erscheint Manche* mindestens zweifeihatt, — a. B,
die Auffassung der "uiedrigaten Form des Opfers" (S. U) — die Eth-
nologie hat uns viel rohere und einfachere Formen kennen gelehrt
— , oder der Versuch, den assyrisch-babylonischen Glauben an bSse
Geister hauptsächlich auf die'Kechnung der Akkader und Sumerer
zu schieben (S. 22). Weit verhängnisvoller aber als alle solche Ein-
zelheiten iut das durchgfingige Bestreben des Verfassers, die ver-
schiedenen Formen der Weltanschauung womöglich bis auf den
letzten Rest aus ihren klimatiNchen Bedingungen zu erklären. Ohne
Zweifel, Sonnenschein und Regen haben den grössten EinHuss auf
die Entwickelnng einer Pflanze; aber aller Sonnenschein und aller
Regen können aus dem fruchtbarsten Boden keine PflanKc erwach-
sen lassen, wenn kein Same vorhanden ist. Dieser Same, die ge-
gebene innere Anlage ist denn doch die Hauptsache, und alle
äusseren klimatischen Bedingungen vennöVeu nichts weiter als das
zu entwickeln was in ihm hegl. In dieser Darstellung aber erseheint
der innere Faktor der Entwickclung, wenn er auch durchaus nickt
ganz vernachlässigt wird, wie gesagt als Nebensache: sogar die
Weltanschauung Jesu wird aus der geographischen und klimatiäctien
Eigenart Galiläas abgeleitet, im Gegensatze zu der auf "den un-
fruchtbaren stellen Rälkfelsen Jerusalems" von der unbaruiherxieen
Sonnenglut erzeugten Anschauung der Pharisäer. Derartige Stellen
machen einen ähnlichen Eindruck wie gewisse Porträts, auf denen
das Kleid eine grössere Rolle spielt als der Mensch.
In dem zweiten Teile des Buches wird "die Mischung der Be-
standteile der Weltanschauung des 16. Jahrhunderts" geschildert. Als
der charakteristische Grundzugf der Zeit offenbart sich "ein eigentüm-
licher Lebensdrang und eine ebensolche Lebenskraft". (S. 1T8) "Es war
der Glautie an das Natürliche, seine Stärke und fein Recht, welcher
sich nun auf einmal so unwiderstehlich geltend machte." (S.I79) Die
Troelb-Lund Himmelsbild und WdtanBchauuD^ usw. 3
XDittel&ICerliche Kirche hatte den uubtlndigen Lebenstrieb der barba-
Tischen Völker znrückgedilmmt; jetzt, da die RenaiBSance dos Altertums
und die grossen Ealdeckungen die Welt iü Raum und Zeit no unend-
lich erweiterten, "strömten alle diese lau-j beherrschten Triebe mit
tltiaul'haltsamer Kraft Über." (S. 180) Im Süden wie im Norden von
Europa war diese neue Lebensfreude »-esentlich dieselbe; wenn auch
■"nach Norden zu die Äusdrucksl'oi-mcn vereinzelter und ffrobkbr-
niger wurden." (S. 181) — Ein aweites Hauptelement wurde durcb
diu Verbreitung der Bibel in die Lebensstimmung der nordischen
"Völker hineingetragen. Man entdeckte die Widersprüche zwischen
Äer biblischen und der kirchlichen Lehre: — und eine Angst Itam
tlher die junge Weltl'reude. die Angst um ihre ewige Seligkeit. Die
^Sriinduug der evangelischen StaaCskirchen beruhigte diese Sorge
■war einstweilen; aber alsbald senkte sich ein weit dunklerer und
«ehr eck lieberer Schatten auf die kaum befreite Menschheit herab, —
ider Teufe Isglnube. Auch im Mittelalter hatte mau an den Teufel
jreglaubt: aber man hatte auch geglaubt, ilass der Papst, als der
Stellvertreter Christi auf Erden, die Macht besitze, ihn zu bezwin-
^n; man hatte sich in den festen Kirchenmauern sicher gefühlt,
wfthrend der "dumme" Teufel ohnmächtigr drauHsen xass. Jetzt
[fahren aus der Bibel Legionen von Teufeln herauf, sie erfüllten
die ganze Lutt wie, Schwürme giftiger Fliegen, und die alten schüt-
«endeu Mauern waren aerbrochen,' Lund hat vollkommen richtig
«rkannt, dass und warum der Teufels- und Hesenwahn nni furcht-
barsten unter den Reformierten aufloderte. "Im Norden glaubte
i}(iemand, dass Luther und die fürstlichen Häupter der neuen Staats-
Urchen dem Teufel an Macht gleich wären." (S. 2i3> Und eine
vahuwitzige Verzweiflung ergriff die Masse». "Nicht ohne Grund
^bm das Leben zeitweise das Gepräge von jenen Bachanalien der
S^tzeit an, wo alle Bande gelöst waren und tieberhaft ein jeder
sieh beeilte, den Becher des Genusses zum Munde zu l'Uhren, ehe
jes zu spat wäre."' "Wie der Schatten von WindmühlenflUgeln jagte
äte Teufels furcht über die sonnen beschienenen Fenster des Sinnes,
Imrahig, unablässig, zum toll werden." (S. 196) — Aber "just als
[He Noth am httchtiten war, zeigte sich im Norden, wie in ganz Eu-
N>pa, ein himmlischer Versöhner. Das war die alte, ewig junge
kemdeutung." (S. 199. 200). Die Sterne regieren das Geschick der
Ifenschen, die Sterne aber werden von Gott bewegt und gelenkt:
lieht der Teufel, sondern Gott ist der Herr unseres Lebens. Des-
halb wurde uun die Astronomie "die höchste aller Wissenschaften."
^Ünd mit gründlicher Kenntnis dieser war es möglich, die einzelnen
rAIckorde in der himmlischen Musik zu sondern, die Tonsteilungen
["am erkennen, zu bestimmen, welche irdische Bewegung, welche Zu-
jcnminensetzung der elementaren Säfte und damit auch der irdischen
niebeuB formen jedesmal mit dem himmlischen Anschlage angeschla-
Bran war. Die Sterndeutung war die höchste, edelste, göttlichste
HKanst des Menschen." (S. 306) — Soviel ich sehen kann, ist diese
unfr^ssuug von der Rolle der Astrologie durchaus neu; und ich
Falaube, dass sie mindestens ebenso viele Berechtigung besitzt als
me gewöhnliche entgegengesetzte, welche in dem Sternenglauben
nur einen thöricbten und v er derb liehen Wahn sieht. Überhaupt ist
dieser ganze Teil in seiner Fülle und Klarheit wahrhaft bewunde-
rungswürdig. Aber gerade wei! wir diese Darstellung für so wohl-
^elungen haken, dürfen wir nicht vereessen zu fragen, wie sie zu
jenem Rxiomatiscben Grundsatze des \'erfB»Bers stimme, dass "jeder
bedeutenden Änderung der moralischen und religiösen Lebensan-
fichauung mehr oder minder bewiisst eine Änderung in der Bestim-
4 Troeb-Lund üimmelBbild uiid Weltausuhauung usw.
Diun;^ den Abstandes zwischen Himmel Tind Erde zu Grunde lie^'
In der Refonnationszeit hat sicherlich eine höchst bedeutende Ände-
rung der moralischen und religiösen Lebensanscliauung stattgefun-
den; aber wo ist die Änderung in der Bestimmung des Abstände»
zwischen Himmel und Erde, die ihr zu Gninde liegen soll? — Die
Reformatoreu hatten genau dieselbe astronomische Weltanschauung
wie die MUnner der alten Kirche. Der Verfasser selbst fülirt das
Urteil Luthers aber das neae System des Copernicus an: 'Der
Narr will die ganze Kunst Astron omia umkehren. Aber die heilige
Schrin sagt uns, dass Josua die Sonne stille stellen hiess und uicbt
die Erde." (S. 249) Die Reformation ist in der That wahrlich nicht
durch eine Veränderung des "'Himmelsbildes" hervorgebracht wor-
den, sondern durch ganz andere Motive, die teils viel mehr Susser-
licher, materieller teils vieJ mehr innerlicher, idealer Art gewesen
sind. — Die Zerstörung des allen Weltbildes hat erst nach und ganz-
lich unabhängig von der religiösen und moralisL-hen Keformation
stattgefunden, — und zwar, wie der Verf. mit Recht sagt, weniger
durch Copernicus als durch Giordano Bruno, "der zuerst den Ge-
dankeu aussprach, dass der Fissternhimmel, die achte Sphäre, nicht
die Grenze der Welt bildet." Damit war die Schale des Welteneiea
zerbrochen. "Und hinaus stürzte der gefangene Mensch engeist ver-
wirrt, begeistert; neugeboren in die grosse wunderbare Welt, wo
alles l'remd, eisig fremd war." (S 354) Die« ist nun in der That
eine gründliche Zerstörung der alten Wellanschauung, und, wenn
der Fundamentalsatz des Verf. richtig ist, ao muss sie eine ebenso
volIstHndigo Zerstörung der bisherigen moralischeu und religiösen
Lebensanschauung nach sieb ziehen. Lund versichert uhn denn
auch, dass diese Folge unvermeidlich sei. "Die alte Periode in der
Entwickelung des MeuNchengeistes ist abgeschlossen. Eine neue
und unbekannte hat angefangen. Wir stehen an ihrer Seil welle. —
Mit geblendetem Blicke starren wir vorwärts." Und mit bewegten
Worten verkündet der Verfasser, was er in der Zukunft gewahrt:
Die Lehre von der Welterlösung durch Gottes Sohn, der Glaube
an den Teufel und die HiiHet ^^^ Glaube an den alten Gott und
seinen Himmel, Alles dies findet in der neuen Welt keine StSIte
mehr, Alles dies ist unrettbar dem Untergange verfallen. Wir suchen
den alten liehen Gott vergebens in der unendlichen Welt; und "wen-
den wir uns dann zu Gottes Offenbarung in uns selbst, so erleben
wir eine neue Enttäubchung. Denn es wird sich schnell zeigen,
dass alles was der Mensch von Gott zu wissen glaubt, nur ein Spie-
gelbild des Menschen selbst" (S. 267) "nur eine wechselnde Bildung
seines eigenen Bewuastseins" ist (S. 268). "Es ist die grösste mensch-
liche NolTi, seinen Gott zu verlieren, gerade während man ihn am
bittersten nöthig hat." (S, 268) "Der Aufenthalt in der reinen Lntt
der Unendlichkeit ist fllr uns nur Leere, Schmerz, Tod. So erscheint
als das höchste und einzige Vorrecht des heutigen Menschen das
Recht zu vcrzweileln," (S, 268) — Und dies wäre die Zukuntt, die
unvermeidliche Zukunft? — Lund weist auf zwei Heilmittel hin:
"unser Bewtisstseln ist mit awei merkwürdigen Kräften ausgerastet,
der Kraft zu vergessen, und der Kraft zu glauben und zu hoffen."
(S. 369) Mit der Kraft zu glauben, gewiss! Und in diener Krafl
liegt nicht bloss die Gewähr dafür, dass sich die Menschheit aus
jenem Abgrunde der Gottverta^senheit erheben werde, sondern noch
mehr, dass sie niemals in ihn versinken wird. Glaube ist das innere
Gefühl, in dem sich uns das Dasein metaphysischer "Dinge" cbensc»
unmittelbar, ebenso unbeweisbar, und ebenso unwiderleglich offen-
bart wie in der äusseren Wahrnefimnng das Dasein der natürlichen
Rober[soii-Smitli Die Religion der Semiteii. 5
■ Erscheinungen. Wer in diesem Sinne an Gott glaubt, dem ist
^ott gegenwärtig, grleichviel, ob er den Himmel auf den Bergen
Tuhend wähnt oder hinter der Wölbung einer FixsternsphSre, oder
»oh er weiss, dass es keinen "Himmel" im unendlichen Bnunie gibt.
' Diese innerste Erfahrung ist die Leb«n3quelle des Wesentlichen in
der Religion, des GottesbewtisCKeins, das von jeder äusseren An-
«chauungsform unabhängig ist und deshalb durch eine Verfinderung
'des räumlichen Welthildes weder (^estSrt noch gar zerstört werden
kann,. Wir stossen immer wieder nnf den Grundfehler des Buches:
~ ! Überschfttzung des Äusseren und die Uuterechätaung des Inne-
1. — Alle jene bangen Fragen, die Lund am Schlüsse erhebt,
<ind in Wahrheit schon Hingst gelöst worden, durch die Antwort,
die Jesus der Samariterin gab: "Ooit ist Geist; und die ilm anlie-
4<^u, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."
Es wäre ungerecht, dieses Werk vom rein wissenschaftlichen
■Standpunkte aus zu beurtheilen. Dean es ist nicht sowohl die kühle
Arbeit eines streng objektiven Forscliers als vielmehr das Bekennt-
■iils eines tief und warm fühlenden Menacheu; es ist nicht bloss ge-
■«lacht, sondern erlebt. Jedes Wort glüht und bebt von lebendiger
Empfindung. Uud eben darin liegt der eigentliche Wert des Buches.
'"Wenn es etwas gibt, das der Verstand allein niemals ganz erfassen
'Und würdigen kann, so ist es die Weltanschauung in ihren ver-
»aciiiedenen Foi-men, Denn diese wurzeln eben nicht nur im Kopfe
«ondern in dem ganzen Mensehen; und sie können infolgedessen
niemals völlig im wissenschaftlichen Sinne "erkannt" sondern sie
inüssen gefühlt und erlebt werden. Die seltene Gabe, "sich in den
HSeist der Zeiten zu versetzen." eignet Lund im höchsten Maasse;
«nd wir wollen uub die Freude an Ihren Früchten wahrlich nicht
-durch einüelne Mlingel verkümmern lassen. Gerade weil ich meine
'Bedenken gegen die Ansichten des Verfassers — und sie sind nicht
>alle leicht ~ mit voller Deutlichkeit ausgesprochen habe, gerade
-deshalb bekenne ich hier zum Schlnsse, dasE mir sein Buch trotz
«lledem einen Genuss gewitlirt hat, den ich mögliehst Vielen wünsche.
Kreiburg i, B. Ernst Grosse.
Bobertson- Smith W. Die Keligion der Semiten. Autorisierte
deutsche Übersetzung aus dem Eufflischen nach der zweiten Auf-
lage der "Leetures oti the Religiou of the Semites" von Dr. R.
Stube. Mit 13 Abbildungen im Text, einem Vorwort von Prof
D. E. Kautüsch und einem Anhang. Freiburg i. B. Mohr [Paul
äiebeck) 1899. XX u. 373 S. 10 M.
Das Werk des 1894 verstorbenen Cambridger Semitisten Ro-
"be «so n- Smith ist nicht nur das einaige, das sich mit oben genanntem
lOegenstande befanst, sondern es ist auch ausgezeichnet durch seine
• Oeaiegenheit. Es erwarb sich, als es vor 11 Jahren erschien, sofort die
Bochsch Atzung der Fachleute, und mit Freude begrüssen wir es, dasH
jetzt eine deutsche Übersetzung erschienen ist, die zugleich dafür
Sorge trägt, dass das Buch auf der Höhe der Zeit steht, wie sie
denn auch mancherlei redaktionelle Vorbesseruiigeu aufweist. Der
Inhalt darf weit über den Kreis der Semitisten hinaus Beachtung
Ifeanspruchen sowohl wegen der zahlreichen allgemein- religions-
wisBeuBchattlichen Bemerkungen als wegen der Anregung, die das
fitndium der semit. Religionen an sieh schon bietet. Einem einlei-
■■tcnden Kapitel folget ein Kapitel über das Verhilltnis der Gottheit
6 Wechssler Giebt es Lautgesetze?
zu ihren Verehrern, ein weiteres über das Verhältnis der Gottheit
zu den Naturdingen, zwei Kapitel über das Verhältnis des Menschen
zu den heiligen Städten und sechs Kapitel über Opfer. Ein Anhang
behandelt das Schaf opfer im Kultus der ky prischen Aphrodite (Die
anderen 11 '^'additionel notes" des Originals sind jetzt in den Text
des Buches hineingearbeitet). Ferner ist ein Verzeichnis der Bibel-
stellen und ein sehr detailliertes Register beigegeben. Das Werk
kann als zuverlässiger und verständlicher Führer warm empfohlen
werden.
Freiburg i. B. Reckendorf.
Wechssler E. Giebt es Lautgesetze? S.-A. aus: Forschungen zur
romanischen Philologie. Festgabe für Hermann Suchier. Halle
Niemeyer 1900. 190 S. 80. 5 M.
Von dem Kampf um die Lautgesetze der einst so heiss ent-
brannt war, ist es still geworden. Mögen die Forscher auch in der
Theorie verschiedener Ansicht sein, in der Praxis befolgen sie alle
den gleichen Weg. Ausnahmen von den Lautgesetzen werden nur
dann anerkannt, wenn man sie zugleich zu erklären versucht. Dasa
aber gerade die Theorie einer erneuten Untersuchung bedarf, kann
keiner bezweifeln, der sich ernsthaft mit dem Problem der Laut-
fesetze beschäftigt hat. Es ist vielleicht von guter Vorbedeutung^
ass auf diesem Gebiet ein Forscher das Wort ergreift, dem die
ganze Frage bis dahin ferngelegen hat, der auch kein Indoger-
manist, sondern ein Romanist ist, da ja gerade die romanischen
Sprachen wertvolles Material ttir .unser Problem liefern. Kommt
dazu eine für dieses Problem unentbehrliche Schärfe des Denkens,
eine exakte Kenntnis der Psychologie des Sprechens und eine reiche
Kenntnis der Geschichte des Problems, so ist von vornherein manche
Förderung zu erwarten. In der That zeigt Wechssler in seiner
Schrift eine solche Reihe von Vorzügen, dass es ihm gelingt, das
Problem nicht etwa ein kleines Stück nach vorwärts zu bewegen,
sondern dass er gleich eine grosse Strecke zurücklegt. Ich habe
selten eine Schrift gefunden, die einerseits so oft das ausspricht,
wozu ich selbst gekommen war, andrerseits aber auch das,,,worüber
ich noch im Unklaren war, so elegant und sicher löst. Über eine
ganze Reihe von i setzt der Verfasser die richtigen Punkte. Frei-
lich sind auch für den Leser der Schrift eine Reihe von Vorbe-
dingungen nötig. Er darf sich nicht in solcher Unklarheit vom
Leben der Sprache bewegen, wie sie in den ersten Kapiteln von
Kretschmers Einleitung in die Geschichte der griechischen Sprache
zu Ta^e tritt.
Um allen Unklarheiten vorzubeugen schafft sich der Ver-
fasser durch eine Reihe allgemeiner, allerdings nicht wesentlich
neuer Auseinandersetzungen, die unentbehrliche Grundlage für das
folgende, er gibt dann eine Geschichte des Begriffes Lautgesetz,
um schliesslich zu seinem eigentlichen Problem zu gelangen. Dies
ist viel weiter als der Titel vermuten lässt. Er formuliert die fol-
gende Vorfrage: "Aus welchen Ursachen und in welcher Weise
haben die Bewohner des Imperium Romanum den Lautbestand des
ihnen von den römisch-italischen Kolonisten überlieferten Latein in
Raum und Zeit derart abweichend reproduziert, dass sich daran»
als schliessliches Resultat der Lautbestand der heutigen romanischen
Sprachen ergab? Gelangen wir hier ans Ziel, so lässt sich die Laut-
Wet'hssler Giebt es Lautgesetze? 7
reitetKfrnge beantworten; weDigstens rür diesen einen, der Prüfung
besonders gut zugUugliclieu Fnll und fUr die idg. Sprachen über-
fanupt". Aul' diese Frajre gibt er die Antwort, die ich l'ür die idg.
fiprnchcn schon IF. 4, 36 kurz skizziert habe, d. h. er erklärt die
verEChiedenen romanist-hen Sprachen aus Sprachmischung. Wenn
der Verfasser auch noch nicht im Stande i*>t, diese Ansicht in sllen
Punkten ätrenj; zu beweisen, so führt er doch den Nachweiü, dass
wir überall, wo wir die heute verschiedenen romanischen Sprachen
finden, in früherer Zeit verschiedene Völker antreffen. Ware es
dem Verfasser möglich gewesen, eine ethnologische Karte des alten
Europa seinem Buche mitzugeben, und eine Karte der modernen
rotnnnischen Dialekte, vielleicht auf durchsichtigem Papier, so würde
man recht deutlich sehen, wie sich die Gebiete der allen StUnime
Und der heutigen Dialekte im Grossen und Ganzen decken. Natür-
lich mues man darauf verzichten, einzelne Laut Veränderungen der
modernen Dialekte aus den Eigentümlichkeiten der alten Sprache
KU erklHren. Denn die einzelnen Lautübergänge sind nicht das
wesentliche, das sind vielmehr eine Eeihe von Faktoren, die sich
graphisch nicht darstellen lassen. Diese Faktoren hat der Verf.
ftusfübriich behandelt. Das erste isi die Artikulationsbnsis. Ver-
schiedene Sprachen können verschiedene Artikulationsbasis haben.
Wird bei der Sprach annähme die eigene ArtikulationshaKis beibe-
balten, so wird die Sprnchentwicklung im Laufe der Zeit eine
andere Richtung annehmen, die vielleicht erst nach Jahrhunderten
iUr in die Erscheinung tritt. Der zweite Faktor ist der Akzent.
Hier gibt der Verfasser zunächst eine neue Deflnition des Begriffes
'Akzent', die auf Fr. Saran zurückgeht. "Sprachakzent ist die Gliede-
irung des phonetischen Phänomens, soweit sie rein durch das Mittel
■der Artikulation vollzogen wird." Di*se Gliederung wirrt hergestellt
'durch das Zusammenwirken folgender Faktoren: 1. Tonhiihenab-
.atufung (^ musikalischer Akzent), 2. Abstufung der Zeiten {Quanti-
MtGUnterschiede), 3. Abstufung derStlLrkeu (exspiratorischer Akzent),
4- Heihenfolge der Laute [Anordnung der Laute nach der Schall-
fülle), 5. Die Silbenartikulation (dazu gehört die Silbentrennung),
& die wechselnde Stimm Verwendung;. Sobald sich einer dieser
Faktoren ändert, muss die Entwicklung' eines Dialektes in ganz
lauderen Bahnen verlaufen. Verf. fühn dies im einzelnen am Ko-
lanischen durch. Jede andere Sprnche hätte ihm auch Beispiele
f «liefert. Ich erinnere hier nur an das Germauische. Das Weaent-
che am germanischen Sprachcharakter ist wohl der Obergang
'der idg. wesentlich musikalischen Betonung in die ex splra torische.
iHaa kann versuchen darauf eine ganze Keihe von Erscheinungen
■nrück zuführen. Die Lautverschiebung dürfte veranlasst sein, durch
den Übergang von nngespannlen Lösungslauteu in gespannte Ex-
plosivlaute (vgl. Slevers Phonetik), der durch den neuen Akzent
veranlasst war. Die Abhängigkeit des Vokalismus von dem Akzent
1«C ganz klar. Aber selbst der Umlaut, die Brechungen könnten
mit dem Akzent in Zusammenhang ste-lien, was im ?:inzelnen hier
Auszuführen unmöglich ist. Auch im Slavischen zeigt sich ein all-
Semeines Gesetz, das man unter 4. stellen kann. Die Anordnung
er Laute nach der Schallfülle weicht im Slavischen von der der
:l)brigen Sprachen ab. Daher haben wir offene Silben, or, Ol, on,
ont werden durchgehends verändert usw. Die Folgerungen aus
Wechsslers Ausführungen zu ziehen, erfordert für jede einzelne
Sprache besondere Schriften, die erst einmal den allgemeinen pho-
inetischen Charakter jeder Sprache festslellen müssteu. Weitere all-
"imeine Faktoren der S prac heut wie klung, aber von uniergeord-
8 Wechssler Gißbc es Lautgesetze?
neter Bedeutan|2: sind die Assimilation, die Epenthese, Metathese,
Sprachsilben, Dissimilation. Sie hängen z. T. sicher von dem Ak-
zent ab.
Weiter behandelt Wechssler dann den Begriff der Kultur-
sprachen, die Privatsprachen, und schliesslich die Frage: "Gibt es
Mundarten?" Auch hier antwortet der Verf., worin ich ihm durch-
aus beistimme: Es gibt Mundarten und Mundartengrenzen. Frei-
lich mit Hülfe unserer Kartenwerke werden wir diese Grenzen nicht
immer festlegen können, aber man braucht nur einmal die Mund-
arten wirklich zu hören, um an Grenzen zu glauben. Dass sich in
den Grenzgebieten in verschiedenen Fällen Mischdialekte entwickeln
können, ist nicht wunderbar, aber nichts ursprüngliches.
Und aus alledem folgt dann fast ganz von selbst die Beant-
wortung der Frage: "Gibt es Lautgesetze?** Die Autwort kann
nicht anders wie: ja ausfallen, worin wir dem Verf vollständig bei-
stimmen. Überall wo wir Sprachübertragung finden, werden wir
auch allgemeine ausnahmslose Lautgesetze treffen. Und mit Sprach-
übertragung und Sprachmischung haben wir in viel höherem Masse
zu rechnen, als gemeiniglich geschieht. Denn selbst innerhalb
enger Grenzen finden Wanderungen und Mischungen statt.
Wer Wechssler gelesen hat, wird nun auch zum ersten Male
verstehen, wie sich Lautgesetze über ein grosses Gebiet ausdehnen
können. Bei der Panischen Anschauung, die vom Individuum aus-
geht, war mir das unverständlich. Der Verkehr, den man zur Er-
klärung herangezogen hat, hat das nicht zu Wege bringen können.
Jetzt sehen wir klar, dass gewisse Lautveränderungen, die auf einem
grossen Gebiet nach einander auftreten, wie etwa der germ. i-Um-
laut, der Übergang von e zu ä, bedingt sein können durch Ursachen,
die vielleicht Jahrhunderte zurückliegen. Alles in allem genommen,
so ist das Studium der Wechsslerschen Schrift für jeden, der in
die wichtigsten Probleme der Sprachwissenschaft tiefer eindringen
will, unentbehrlich.
Leipzig-Gohlis. H. Hirt.
Qrammont M. La dissimilatiou consonantique dans les langue^
indo-europeennes et les laugues romanes. Dijon, Imprimerie Da-
rantiere 1895. 216 S.i).
Gr. hat sein Buch seinen Lehrern: Br6al, de Saussure, d'Ar-
bois de Jubainville, Joh. Schmidt, Thurneysen gewidmet. Antoine
Meillets gedenkt der Verfasser S. 8 noch mit besonderer Dankbar-
keit als Altersgenossen und Freundes. 'Tour se faire une methode
personelle, le meilleur parait 6tre des lors de combiner par une
Sorte d'eclectisme celles des dilferents maitres.
Man besitze, sagt Gr. S. 9 "avec ces deux mots assimila-
tion et dissimilatiou un moyen infaillible d'ecarter quantite de
faits dont ue rend compte aucune loi connue. Mais un mot n'est
qu^une 6tiquette, ce n'est pas une explication*'. Gr. geht also darauf
aus, inbezug auf die Dissimilation statt eines Wortes, einer Auf-
schrift, eine Erklärung zu finden und die Gesetze, unter denen die
Erscheinung eintritt.
1) Vgl. die Anzeige von Meyer -Lübke im Literaturblatt für
germ. u. roman. Philologie 1896 Sp. 409.
Grammont La dissimilatiou consonantique etc. 9
Gr. erklärt, dass seine Gesetze (lois) bloss Möglichkeiten sind :
elles sont la formule suivant laquelle la dissimilation se fera, si eile
se fait (S. 15). Der Aufzählung seiner Gesetze schickt Gr. zur Er-
klärung folgende Schlüsse, zu denen er kam, voraus.
1. Damit ein Phonem ein anderes dissimilieren könne, ist not-
wendig, dass beide ein oder mehrere gemeinsame Elemente haben.
2. Dissimilation liegt dann vor, wenn eines der beiden Pho-
neme Ursache ist, dass das andere eines oder mehrere der gemein-
43amen Elemente verliert.
3. Die Dissimilation schaffe keine neuen Phoneme d. h. der
betreifenden Sprache unbekannte: wenn die Summe von Elementen,
"die von dein angegrriffenen Phonem übrig bleiben, nicht ein vor-
handenes Phonem ergeben, so tritt das nächst verwandte Phonem
der Sprache als Ersatz auf. Wenn die übrigbleibenden Elemente
nicht genügen um ein Phonem zu ermöglichen, so fallen sie mit
oder ohne Kompensation aus.
4. Die Dissimilation ist im allgemeinen eine teilweise, sie kann
nur dann eine gänzliche sein, wenn das dissimilierte Phonem zu
einer "kombinierten Gruppe** (groupc combin6) gehört oder im-
plosiv ist.
5. Die Dissimilation unterbleibt, wenn die Etymologie der ver-
schiedenen Teile des Wortes für den Sprechenden klar ist.
Die von Gr. gebrauchten termini erklärt er folgendermassen.
Groupe combine ist ihm jede Konsonantengruppe, die in einer
und derselben Silbe vokalischen Elementen vorausgeht oder folgt.
Wenn eine Konsonantengruppe nicht combine ist, so ist sie durch
den Silbeneinschnitt zertrennt.
Consonne combinee ist jeder in einer kombinierten Gruppe
befindliche Konsonant.
Ein implosiver Konsonant ist jeder, occhisiv oder nicht, der
«ine Silbe abschliesst (tennine) und dem Silbeneinschnitt vorausgeht.
Eine kombinierte Gruppe kann implosiv sein.
Ein explosiver Konsonant ist jeder, ob occlusiv oder nicht,
der eine Silbe beginnt; eine kombinierte Gruppe kann explosiv
«ein. — (Zu den beiden letzten Punkten erklärt Gr. in einer Anm.,
«s sei nicht unstatthaft die Ausdrücke implosif und expiosif aucii
auf die Dauerlaute (cousonnes continues) anzuwenden: Les pheno-
m^nes sont en somme les m^mes que pour les momentanees: aux
occlusions de ces dernieres correspond un resserrement buccal lors-
-qu'il s'agit des premi^res).
Ein angelehnter Konsonant (consonne appuy^e) ist jeder ex-
plosive Konsonant, der unmittelbar einem implosiven folgt. Eine
kombinierte Gruppe kann angelehnt sein.
Die Gesetze, welche Gr. für die Dissimilation aufstellt, sind
folgende.
I. Gesetze, die von dem exspiratorischen Akzent (accent d'in-
tensite) abhängig sind. Regressiv oder progressiv.
1. Gesetz. Betonter implosiver Konsonant dissimiliert unbe-
tonten implosiven Konsonanten. Vgl. ahd. turtiltüba zu lat. turtur,
frz. h&}erge zu ahd. heriberga.
2. Gesetz. Das zweite Element einer betonten kombinierten
Oruppe dissimiliert das zweite Element einer unbetonten kombinier-
ten Öruppe. Vgl. ital. propio zu lat. proprnus, — Att. öpOqpaKToc aus
*6pu<ppaKToc. — Lat. fratrem hat sein r erhalten wegen nom. frater.
3. Gesetz. Betonter angelehnter Konsonant dissimiliert un-
betonten angelehnten (S. 32). Gr. gibt als Beispiel bloss hom. ßXuu-
^pöc = *ßpu)epöc.
10 GrammoDt La dissimilation consonantique etc.
4. Gesetz. Betonter kombinierter Konsonant diffimiliert eineo
int er vokalischen Konsonanten. Span, peleqrino, ahd. püigrim. —
Griech. (pXaöpoc = *q)XauXoc. — Lit. Gr^galis = Gregorius.
5. Gesetz. Betonter kombinierter Konsonant dissimiliert nn-
betonten implosiven. Ital. albitrare,
6. Gesetz. Betonter implosiver Konsonant dissimiliert beton-
ten angelehnten Konsonanten. Fälle sind sehr selten. Frz. Scnrlin
= Satuminus.
7. Gesetz. Betonter implosiver Konsonant betonten kombi-
nierten. Ahd. bior 'Bier' = *breura.
IL Gesetze, die nicht vom eicspiratorischen Akzent abhängen.
Regressiv oder progressiv.
8. Gesetz. Angelehnter explosiver Konsonant, kombiniert oder
nicht, dissimiliert einen explosiven intervokalischen. Vul^. lat co*
liandru = coriandrum. Wenn Gr. vulg. lat. cinque = qutnqtie hie-
herstellt, so meint er wohl Stellung des Wortes im Satze nach Vokal^
bei vulg. lat. radu = ramm Stellung nach Konsonant. Griech. Xa-
Xdöpioi von Xapdbpa, att. *OXutt€0c ^ *ObuTT€0c.
9. Gesetz. Kombinierter angelehnter Konsonant dissimiliert
kombinierten nicht angelehnten. Frz. penre =» prendre.
10. Gesetz. Angelehnter nicht kombinierter Konsonant dissi-
miliert angelehnten, kombinierten. Griech. ^KiraTXoc aus *^KirXaTXoc
Gr. nimmt zwischen t und X Silbeneinschnitt an.
11. Gesetz. Von zwei Konsonanten, welche durch den Silben-
einschnitt getrennt sind, dissimiliert der explosive den implosiven.
Ital. cdma = animaj an. nafn got. namn-.
12. Gesetz. Von zwei durch einen occlusiven Konsonanten
geschiedenen Konsonanten dissimiliert der explosive den implosiven»
Vulg. lat. veltragus = gall. vertragus, span. BeUran = Bertrandy
prov. albre = frz. arbre^ lat. posco = ^prcscö, griech. btödcKui =
*bibaKCKUJ, lat. discö = di(d)cscö.
13. Gesetz. Angelehnter Konsonant dissimiliert implosiven
nicht betonten. Mhd. reigel von reiger 'Reiher'.
14. Gesetz. Implosiver Konsonant dissimiliert intervokalischen.
Vulg. lat. *armolacia = griech. dp^opaKfa, lit. erkelis 'Erker', ahd.
martolön = martorön.
15. Gesetz. Implosiver Konsonant dissimiliert unbetonten kom-
binierten. Frz. Flobert aus * Erobert = Frödbert, spätlat. frageUum
= flagellum.
16. Gesetz. Intervokalischer Konsonant dissimiliert kombi-
nierten unbetonten. Ital. Federico — Friedrich, frz. Frederic^ griech.
^idpaeov aus ^dpaöpov Tencher.
Iir. Gesetze, die nicht vom exspiratorischen Akzent abhängig
sind — immer regressiv.
17. Gesetz. Von zwei intervokalischen Phonemen wird das
erste dissimiliert. Altit. astrolomia = astronomia, mhd. enelende
von ahd. elÜendi, lat. caeruleus von caelum.
18. Gesetz. Von zwei angelehnten unbetonten Konsonanten
wird der erste dissimiliert. Keine Beispiele.
19. Gesetz. Von zwei kombinierten unbetonten Konsonanten
wird der erste dissimiliert. Griech. OiTiößpiuToc von OptirößpiuToc
'wurmstichig'.
20. Gesetz. Von zwei unbetonten implosiven Konsonanten wird
der erste dissimiliert. Frz. heberger.
Jedem dieser 20 'lois' folgt ein Kommentar, welcher die Be-
handlungsweise in übersichtlichen Formeln zusammenstellt. So sagt
z. B. Commentaire I (zu Gesetz 1):
Grammont La dissimilation consonantique etc. 11
r—r zu
l—r ou r—l
n—r ou r—n
O—r ou r—n
i-i zu ( ^-^, ^^ ^r''
l n— i ou l—n
n—n zu Z— n ou n—l
n—m zu (i— w ou) r—m
S. 88 bringt eine Observation arentirale. Wenn ein Wort den
Gesetzen der Dissimilation sich entziehe, so geschehe dies, weil eines
seiner verschiedenen Elemente für den Sprecher klar sei. Frz. Chri-
sioftty Christophe^ span. CristohaU ital. Cristofano = Christoforu habe
sein r bloss wegen Christ, Cristo erhalten, ital. Cristofano sei nach
Stefano gebildet. Ahd. mülberi widerspricht dem Gesetz XIV, das
r bleibt an zweiter Stelle erhalten wegen der Klarheit des allbe-
kannten Wortes beri. Für K€q>aXapTia erwartet Gr. *K€<papaXYia. Aber
K€q>aXi^ war zu sehr bekannt, als dass *K€(pap- hätte entstehen kön-
nen. Der Leser wird freilich fragen, ob aXY- etwa weniger bekannt
und klar war. Der Fall ist ein typischer bei den Deutungen Gr.s
Ich habe den Eindruck, dass Gr. mehr erklären will, als man eben
heute noch erklären kann.
Von S. 96—102 sind Tabellen zu finden, welche die Behand-
lungsarten der dissimilierten Laute darstellen.
Die Hauch dissimilation des Griechischen und Altindischen vergL
S. 103—107. Die Dissimilation ist regressiv: xierim, ^x^i Kdpxapoc,
ircvecpöc, Tpixöc. Aber ion. KuOpri, KuOpoc gegen att. x^Tpa, x^Tpoc.
Zx^cOai (ohne Dissimilation) erklärt Gr. so, dass es eben in seineu
Teilen klar war. Wieder muss man fragen, ob denn XuöriTi nicht
ebenso klar war? Ich denke, dass die lebendige griechische Ver-
kehrssprache weit mehr Erscheinungsformen hatte als uns die Über-
reste, die doch immer nach einem gewissen Schema niedergeschrie-
ben sind, zeigen. Schon die vorhandenen Unterschiede der schrift-
lichen Fixierung weisen darauf hin. Das 6 von XuOriTi soll erhalten
worden sein, weil alle Personen des passiven Aorists und Futurs
es hatten, während die Endung -6i auf die 2. Ps. Imp. beschränkt
war. Warum haben aber tcOi, t0i, CTfjei u. a. es nicht zu erhalten
vermocht? Kurz, die Rechnung ist keine so säuberliche, wie Gr.s
Darstellung glauben machen will. Auf S. 106 sucht Gr. die von
Osthoff aiSgeworfene und mit einem allzu künstlichen "Gesetze**
beantwortete Frage, was geschehe, wenn ein Wort drei oder mehr
Aspiratae enthalte, zu erledigen. La question n'existe pas, sagt Gr.,
weil diese Bedingungen niemals in einem einfachen Worte vorkom-
men. Bei zusammengesetzten Wörtern aber entscheide die Klar-
heit der einzelnen Teile.
Gr. bespricht dann (S. 111 ff.) Erscheinungen, welche so aus-
sehen, als ob sie aus Dissimilation hervorgegangen wären, aber
durch Volksetymologie, Kontamination, Analogie entstanden sind.
So ist irveufuiijuv aus irXeO^uuv nach irv^ui, irveOua gebildet. Lorsqu'un
mot präsente quelque ressemblance phonique ou semantique avec
un autre ou un groupe d*autres, il peut subir Tinfluence de cet
autre de differentes mani^res (S. 111). Das ist ein vollkommen zu-
treffender Satz und die Sprechfehler beweisen jeden lieben Tag
seine Richtigkeit^). Einige von Grammonts hier gegebenen Erklä-
rungen kann ich allerdings nicht akzeptieren. Griech. q>aTp{a für
«pparpia scheint mir eine wirkliche Dissimilation zu sein, und nicht
1) Vgl. Versprechen u. Verlesen S. 71.
12 Gramniout Ln. diüsimilatioii cousonantii^ue etc. ^^^|
■H-ie Gr, S. 123 will, eine von irarpta beeinflueste Form. Auch df»
Sulfisvertauschunpen, welche Gr. S. 127 ff. annimmi. befriedigen mlek
nicht immer; sie finden sich eben so ol't gerade dort, wo man du
wirkliches Dissimilationsbedürrnls voraUEsetzen lianu. Auch tdg.
''tisres ist für Ör. keine eigentliche Dissimilation = *lri'treg, er
braacht dazn ein anderes Gesetz S. 134.
Am wenigsten betHedigen kann Gr.s Ausfährung über die
Reduplikation, was natariich zum allergrösfiteD Teil nicht seine
Schiild ist, denn hier liegen Fra^n vor, die wahrscheinlich niemals
mehr zu beantworten sein werden. Er Iteschältigrt sich Euersi mit
dem Problem von ««Xcnvetpfic ans •KcXaivo-vtipuc, Ich bitte hier seine
Worte mit dem, was ich V, u. V. S. 182 fT, sagte, zu vergleichen.
Qr.s Arbeit Nei allen Fnchgenossen auf das würmste empfoh-
len. Ich halte, sie für eine der beachtenswertesten der letzten Jahre,
Widersprechen mass ich der Grundaaffassung Gr.s, dass nltmlich
seine Regeln — er nennt sie "Gesetze" — eintreten müssen, ich
denke, man kann im besten Falle zu Regeln kommen, die zeipeo,
was geschehen kann, aber nicht niuas. Wenn er S. 147 aagi, 'w-
Aaivo-vEcpT|c n'a jamaia exisli', so halte ich das für ganz unwahr.
Man wirrt lange genug gebraucht haben, bis man mit dem schwie-
rigen Worte fertig wurde, aber ihm seine Existenz abzusprechen
geht nur dann au, wenn man an Gr.s iois glanbl, was ich nicht
thnn kann. Gr. hat 20 Gesetze der Dissimilation nufgestellti nian
möchte sagen, zwanzig Ge.setze oder gar kein Geaett ist ganz das-
selbe, zumal man dort, wo Gr. nicht Dissimilation sondern andere
Gründe sucht, nicht immer seiiner Meinung sein muss. Gr. hat aller-
dings auch ein allgemeines Gesetz aufgestellt: La dissimilation c'esi
la loi du plus fort (S. 186). Das ist eine Redensart. Was macht
einen Laut zum EiHrkeren? Ein Laut der ton st Srkeren Silbe m stärlier
als ein anderer, ein angelehnter Rlürker als ein nicht angelehnter.
Ein Laut gegen das Ende des Wortes sei n-iderstandstUhiger ais
einer im Anfange (S. 184). Das letztere ist wiederum ganz falsch
Tind unwahr, und auch an das andere glaube ich nicht. Der Ele-
griff "stärkerer" Laut ist undefinierbar. Grammont nennt denLaVl.
welcher diBsimiliert. den stärkeren und sagt dann, es ist eben WeMB
des stärkeren Lautes su dissimilieren. Damit ist der schönste d^
culas vitiosuB tix und fertig.
Ich habe mir selbst V. u. V. 159 die Frage, vorgelegt, welche
Laute sich beeinflussen können, ohne nebeneinander zu stellen, ich
sprach von der Wei-tigkeit der Ijsute, und kam durch die Beob-
achtung der Momentänhildungen zum Schlüsse, dass nur anuK-
hernd gleichwertige Laute das imstande sind. Der psychische Omnd
ist, dass eben nur ein mit dem zu sprechenden Laute gleichwertiger
assoziiert wird und dann im Versprechen für jenen eintritt d. h.
eintreten kann.
Aber gerade bei r / m n ist es schwer zu sagen, wann äe
gleichwertig sind und wann nicht. Ich habe den Eindruck, data
sie unter Umstanden auf einander wirken kiintien, wo andere Laute
das nicht imstande sind.
Ich betinde mich mit Gr. in doppeltem harten Widerspruche:
1. Ich finde, dass sich gerade gleichwertige Lame befehden
und flnde den Grund darin, dasa gerade sie in assoziativen Ver-
bindungen stehen. Gr. meint, der "stflrkere' Laut überwinde den
schwächeren, d. h. ein Laut der betonten Silbe dissimiliere den
entsprechenden Laut der unltetonten Silbe. Vgl. seine Gesetse
1—7. Grammont seheint aber gar nicht an merken, dass seine
n. Reihe von Gesetzen (8—20), Gesetze, "die nicht vom exspira-
Gramniom La tlisaimilatioii consoiiautique elc.
15
lorJBchen AkzeDto abliän^en" dieser Aufra^sun^ gauA uud ^ar
den Boden entzieht. Denn: Wenn es 13 "Gesetze" gibt, wo die
Dissimilation tnüfrüch ist ohne die Wirkung des ex spira torischen
Akzents, wer biirgt dann dafür, daäs dieser die Ursache ist bei
den 7 anderen "Gesetzen"?? Gramniont sueht zwar auch ohne
Akzent nach den Merfemnlen des "stärlforn" Konsonanten, er lehrt,
ein "anpalehnter" sei stfti-lter als ein "nicht angelehnter". Das ist
aber wieder nur dann glaublich, wenn mau dem bildlichen Auf-
druck "augelehnt" eine Rcalitftt zuspricht, die ihm durchaus nicht
zukonimi. Wer kauu es glauben, dass das zweit« p von Xapdbpa
als "stärker" ein XaXclftpioi hervorgerufen hat? Freilich kann man
sagen, das zweite p von 'Xopübpioi rauss das siflrkere gewesen sein,
denn sonst hütte es ja eben das andere nicht zu differeuzieren ver-
mocht. Aber das sind nur Worte, nichts als Worte!
Was soll man weiter sagen, wenu nach Gesetz IT aus aatro-
nötnia altital. agtrolömia wird, zu lat. caeluTn caerüUtm, beides in
ecUagendem Gegensätze zu der Wichtigkeit, wi-.lche Gr. dem Ak-
zente zuweist? EbeuMO öinößpiuToc aus flpmbppujToc, wo beide p in
un akzentuierter Silbe stehen.
Wie kann man ferner Beispiele aus den verschiedensten indo-
germaniechen Sprachen und den verschiedensten zeitlichen Entwick-
lungss-tul'en alle unter dem Gesichtspunkte des exspira lorischen Ak-
zents Auit^ssen, wo es doch zweifellos ist, dass der Akzent grossen
nationalen und temporalen Schwankungen unterliegt?
2. Gr. spricht von "Gesetzen", nnch denen die Dissimilationen
sich also allenthalben vollziehen müssen. Ich glaube bis jetzt an
solche nicht, denn alle Sprachen enthalten Wörter, welche diEsimi-
lationsfAhig sind. Wir sagen noch immer "Friedrich", obwohl die
Spanier Fedrigo daraus gemacht haben. Dass -rieh noch et,vmolo-
gisch klar sei, oder "Heinrich" mitwirkt, wird wohl niemand ernst-
haft glauben. Zu solchen Annahmen muss sich aber Gr, verstehen,
weil er seine "Gesetze" retten will. So muss er S. 181 annehmen,
dass man in lat. purpura, carcer noch die Heduphkation fühlte!
Ich glaube nur, dass die psychologischen Voraussetzungen
aller Dissimilationen gesetzmtissige sind, und dass aus den lebenden
Spruchen sie mit Beatimmiheit durch den Sprechfehler nachgewiesen
werden können, dass aber trotz dieser Itegeimässigkeit der Antriebe
doch die Dissimilationen nicht eintreten cl. h. wenigstens nicht all-
gemein gültiger Sprachbrauch werden müssen.
Bei der Arbeit Gr.s macht mir das einen unangenehmen Ein-
druck, dass er zuviel Advokat ist, er gehört zu denjenigen die alles
erklären können. Ich war erstaunt, wie ich plötzlich las, dass er
niebl mehr imstande sei lois zu erlassen. Aber ich gestehe ihm
gerne zu, dass er sein Thema gewiss nach RrUften vertieft hat.
Am meisten bat es mich gefreut, dass auch er darauf kam, die
lebende Sprache zu befragen und dass er sowie ich auf die Beob-
achtung des Versprechens, der Sprechfehler kam. Ich halte daran
fest, dass uns dieses über die fVmwirkung der Laute, darunter
die Laut- und Silbendissimilationen, über Kontaminationen (Assozia-
tionen zwischen milgedachten Wörtern^, die unglücklich benannte
Volksetymologie, und auch über die Analogiebildungen aufklaren
kann. Als Gr., nachdem er nur ganz kurze Zeit auf diese Dinge
geachtet hatte, sein Manuskript mit den Worten versah; La questiou
^eniande des recherches plus approfondies war sein Wunsch schon
wiüllt, denn V. tind V. war schon gedruckt, wenn auch noch nicht
^wgegeben,
^L Ich hoffe, daas Gr. seine Forschungen anf diesem Gebiete
14 Fleusburi; Sludien auf dein Gebiete der idg. Wurselbilduiig.
foTtsetzeu wivd, wie ich die Eneiaigen. Auf derBüsis der Beohach*
tung der lebendigen Sprachen kann es nur ku Ubereiustimtneuilen
Besultalen und Ansit^lilen koiunieu. Gr.s Budi wird gewiss bei aUen
Arbeiten zu Uathe gezognen werden müssen und seine Regeln «raren
vielleicht noiwendi);, wenn ftuch nur um zu zeigen, dHss man avi
rein juristische Weise nidit zum Ziele kommen kann. Was Gr.
geben zu können glaubte, ein einbeitliches "Gesetz" für alle FSlte.
entspringt einer grotiseu Selb^itüuschung. So weit werden wir viel'
leicht in einem Menscbenalter sein, aber auch nur dann, wenn man
es sich angelegen sein lässt die notwendigen Vorbedingungen, Beol^
Achtungen an der lebenden Sprache, xu schnffen.
Wien, Mai 1897. R. Meringer. ^_
Flensburg N. Studien auf dem Qebiete der indogcrroanisobn
Wurzelbildung, nemasiologiBch - etymologische Beitrüge. I. Die
einfache Basis ter- im Indogermanischen. Lund Möller 1897. XI
u. 115 S. Lex. 8". 2,Ö0 M.
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die Wurzel ter- (in ai,
tdrati, griech. xtlptu. lat. tero usw.) nebst deren zahlreicheu Weiter-
bildungen in einer Heihe von Monographien zu behandeln. Jeui
liegt uns der erste Teil dieser Studien vor, worin die eiufacbf<
Wurzel ler- ausfuhrlieh besprochen wird. In den einleitenden Be-
merkungen hebt Verf. die Wichtigkeit derartiger Untersuchungen
besonderK für die bisher etwas yernachlHssigte indogeru. Beden-
tungtilehre herror. Hierin stimme ich ihm vollkommen bei.
Den Stoff hat Verf, in folgender Weise geordnet. Zun&chEl
verteilt er, vom Altindischen ausgehend, die Bedeutungen der Wursel
auf zwei Haaptkategorien: a.) die Grundbedeutung ist iuieusiv-ite-
rativ: (sieh) hin und her, eili^ oder unstät bewegen; h) die Grund-
bedeutung ist perfektiv: hintlber-, hindurch- oder hervor-drlngen
(■drängen). Über die besonders in den europUischen Sprachen her-
vortretenden Bedeutungen wird kurz bemerkt (S. 4): "Aus dem
Omndbegriffe des Hinundborbewegens entwickeln sich leicht die je
nacli verschiedeneu Objekten wechselnden Nuancen des Reibens,
Bohrens, Drehens, Stossens u. a. m." Dann geht Verf. zu einer
ausfährlichen Erörterung mehrerer einzelnen, der Wz. ter- aage-
hörigen Bildungen über, die ihm in morphologischer oder scma-
siologischer Hinsicht interessant erscheinen : u. a. ai. türa- und
turd-\ tärd- 'durchdringend', tdras 'Stei-ne' im Verhältnis zu griech.
Topöc, Tripo- (in xripiui), hom. xelpta usw.; «i. tirds, das mit griech.
T^pac verglichen wird, und lat. trans mit Verwandten, zu deneu
auch testi», osk. tristaamentud gehören sollen; griech. Tpd^ic, aisl.
ßartiir, ahd. daram 'Darm', die zu aisl. prmnr 'äussereter Band*.
griech. rdpiin, T^p^UlV, lat. temiinus, termo in, nächste Beziehung
gestellt werden (aucli Ttpipivöoc T^pßivBoc r^piiivöoc Tpffitvöoc sieht
Verf. hierher); griech. T^pöpo-v, ai. tirthit-, osk, (eeril7/i, air. tlr Im
Verhältnis zu lat, terra ; ai. tfna-, got. paürnus usw. Bisweiten wird
der Gang der Untersuchung durch lungere E^tkurse unterbrochen,
2. B. über die griechischen Adjektiva auf -v^c, wobei Tpnv^c als
Ausgangspunkt dient (-vtic soll auf die Wb. nes- in vtotiai zurück-
gehen). Zum Schlüsse (S. 90 ff.) stellt Verf. das einschlägige Sprach-
materiitl, insofern es nicht Im vorhergehenden Teil schon berück-
sichtig! worden ist. übersichtlich zusammen. Hieran knüpfen sich
einige Bemerkungen über den letzten Grund des in der fraglichen
r Flensburg Studieri auf di-m Gebieie diT idg. Wurzelbilduno;. Ifi
Wurael hervortretende« Wechsels zwischen perfektiver und imper-
fektiver Bedeutung. Verl', sucht wahrscheinlich äu machen, dass
die Wurzelform fem, sowie im allgemeinen die Äif-wunteln, ur-
sprünglich perfektii'e, dagegen die Wurxelforni tere, sowie im all-
gt^meineu die ^Tttf- wurzeln, nrsprünglich inipprfektive Aktionsart
beaeictinet hatten. Im Altinilischea sei ertt sekundär im Verbal-
system der Wz. tar- die perfektive Bedeutung verallgemeinert wor-
deu. Im ÄnBchlnsa hierau wird anch vermute), daaH der Typus frr^
oder t'ri (al. VI. Kl.), welcher formell der Ani('Veihe, liegritflicli
aller der Sef-reihe näher steht, in Anlehnung an ein betontes Ad-
verb entstanden »ei {"pro trreÜ ans •pro tereti); Quelle der perfek-
tiven Bedeutung sei das Prüverbium. — Den Schluss bildet ein
Wortregister.
Wie vielleicht z. T. schon aus dem eben gegebenen, kurzen
Referate zu ersehen ist, wären in der Disposition etwas grössere
Klarheit und strengere PlanmSssigkeit erwünscht gewesen. Was
den Inhalt des Buches betrifft, so ist tunlichst anituerkenuen, daas
Verf. bei seiner Untersurhung sorgflllcig die neuere Litteratur herau-
g exogen bat. Auch werden mehrere neue Komiiinatioueu geboten.
iesen gegenüber muss ich mich nhei- im allgemeinen ablehnend
oder zweifelnd verhalten. Die Beweisführung scheint an manchen
Stellen wenig überzeugend, da anch ziemlich nahe liegende Ein-
wände unberüclisichtigt gelassen werden. Es mögen einige kritische
Kinxelbenierkuugen folgen, hauptslichlich un) das Gesagte zu he-
leucbien.
S. 12 ff. sucht Verf. in ausführlicher Auseinandersptüuug zu
beweisen, dass ai. tärri- nicht mit griech. ropöc, aondern mit rrifio-
(in Trip^iu) zusammenzustellen sei. M. E. Usst sich in dieser Frage
nicht« entscheiden, wenn mau, wie et, Verf. thut, mit Brugmanu
annimmt, dass idg. o in oiTener Silbe zu ar. ä wurde. Denn warum
muss lärd- dieselbe Laut^tufe wie N. PI. lärag enthalten? Kann
nicht das Altin d. (er 0- neben (Ör- oder ier- ererbt haben? Übrigens
wäre SU erwiigeu gewesen, ob nicht das t in ttip^ui aus qV ent-
standen ist, vgl. aksl. iajq und s. .jetzt Brugmann Grundr.* I, 593. —
S. 3ij wird griech. x^pac 'Wunder' mit ai. tir/is 'durch' verknüpft
Grundbedeutung des griech, Wortes «ei etwa 'Ü her sc h reitung des
natürlichen Masses'. Diese Deutung, an die auch andere gedacht
haben, ist vielleicht möglich, obwohl keineswegs sicher. Wenn Verf.
aber in lat. mcmxtruni eine BedeutuugsparalleTe finden will und das
lat. Wort von vionei'e loszureissen wagt, um es zu eminere, mentum,
mona zn stellen {nwHVtrum a, "mont-trutn soll eigentlich 'etwas über
das gewöhnliche Mass sich erhebendes', monstrare 'hervorheben,
hervorragend machen" bedeutet haben), so geht er entschieden Irre.
Verf. scheiut sonderbarerweise die MöglichKeit der Bedeutungsent-
wicklung: 'Weisung, Zeichen, Wunderzelcheu, ungeheuer, wider-
natürliche Erscheinung' zu bezweifeln, tch möchte ihn darum an
lat. onlentuvt erinnern. Dies Wort kann sich auch auf das 'über
<tas gewöhnliche Mass sich erheb ende' ..beziehen, hängt aber dennoch
mit OKtendere 'zeigen' zusammen. Übrigens vgl. Ilt. rodyklf (zu
rOdyii 'zeigen') = 'Zeiger an der Uhr. Wegweiser', aber anch 'Mon-
strum, Ungeheuer'. Über das Sutbx -siro- im Lateinischen und
Germanischen vgl. Osthoff KZ. 23, 313 ff, — Das vielumstrittene lat.
irofti wird als Mischform von *träs a. *trs (vgl. ai. tirdg uew.) und
/rtim a. *//m gedeutet (S. 65 ff.). Wo findet sich aber eine PrSpos.
träm? Nach Verf. in trämes 'Querweg' (träm-it-). Mir ist jedoch
die alte Erklärung viel wahrscheinlicher, nach welcher trämit- a.
'tran»-mU entstanden ist: mit iHsst sich mit mi-ta in si-mita ver-
16 Fleusbiirg Studie
i Gebiete der idg. WurKelbildoi
bluden und weiterhiu zu tneare, s
eriech. Tpäiiic in der Bed. 'G*geüd z
träme» gewiss nichts zu thun, In tarmes 'Holzwarm' ^Inubi Verf.
ein tarm 'durch' erkennen sii tlürl'en {tarm-if- 'qui transii"). Offen-
bar beruht das Wort aber auf einem tar-mo- 'bohrend'. — Die
Wörter für 'Darm' : aisl. parmr, fthrt. liaram nsw. hat Verf. m. E.
nicht richtig beurteilt (S. 68 1'.)' Oewies ist die Orundbedeutun;
nicht 'das Ausserate', sondern 'Loch, Durchgang". Vgl. Tpdfiu ■ t6
Tpiiwa Tfjc gSpac (dann auf den Atter mit Umgegend übertragen
^= dppac und 'der enge Raum Kwischen After und Schatn*), l'emer
nkymr. cwther 'After, Mastdarm' : kuc9oc 'Höhlung', lat. Iilra 'Leer-
darm' xu hlmco [nach Danielssonj') und äpija 'Darm', das ich mit lit.
ilrfd 'Höhle' zuaamnien stellen möchte (vgl. noch üpü-ccwh — Da«
Suffix -meri' in tiptia, tipfswv, lat. terminii^, termo usw. sdU nach
Verf. mit dem Sapertativsaffis -fno- in nahem Ziiüammenhang sieben
(6. 70 f.). Aber wenn auch die genannten Wörter 'das Äusserst^
bezeichnen, so brancht doch im Suffixe nichts Superlativisches zu
liegen {vgl. z. B, ir^pac). Verf. glaubt aufh das Superlfltivsufflx
-tho- = fti. -tha- im Griecliiscli«n wiedergefunden au haben, nHmlich
in T^ptipov, das mit ai. llrihd- zusammengestellt wird, und ausser-
dem in XoicQoc 'der letzte'. Dem ai. Superlativsuffix -Iha- entspricht
aber sonst griech. -to- (ai. caturlhäif =^ griech. T^TOproc r^TpuToc, ai.
■iäfha- = griech. -icro-). Griech. XoTcÖoc (zu lit. Uidiu 'lasse', xgl.
letzt : lassen) kaim ans "loid-d/tos erklärt werden. Die Superlativ-
bedeutnng ist aus der Wurzel ohoe weiteres verständlich. Griech.
T^p6pov ist natürlich min dem Suffix -d/iro- gebildet. Man kann es
hinsichtlich der Ableitung mit M^Xa-öpov ('das Höchste') vergleichen.
Daas in diesem Wort 8 sniüxal ist, beweist das, wie ich meine, da-
mit zusammengehörige aksl. iz-moUti 'emiuere'; zugleich aber lehrt
ai. mürilhdn-, dass 6 aus dh, entstanden ist. Das -(Aa- in flrthä- ist
von dem in Hkthä-, nWtä- usw. nicht verschieden. — Verf. scheint
nicht beachtet zu haben, dass es neben der von ihm behandelten
Wz. ter- 'durchdringen, bohren, reiben' ein (er- = ster- 'starr sein;
starr, spitz hervor- oder emporragen' (crepeic, CTÖp-er), cröp-BuTE usw.)
gibt. Zu diesem können die S, 86 ff. behandelten Wörter gehören:
ai. tfffit- "Gras, Kraut, Halm', got. paümus 'Dorn" (eig. 'Spitae').
air. träinin 'kleiner Grashalm' usw. Zu vergleichen sind nflmlicli.
wie ich glaube: preuss. »tranibo 'Stoppeln' (Berneker Die prenss.
Sprache 824), aksl. stnnb 'Bnlm' neben lat. turio 'Trieb, Spross,
Zweig', vieil. «ir. tuirenn 'Weizen'; femer an. alor-d 'Gras, grnner
Stengel' und mit anderer Allleitung mhd. stui^z-el 'Strunk, Stengel'^
neben den Oewächsnamun griech. TÖp-b-uXov, norw. tor-t (vgl. Ehri»
mann PBrB. 20, 50, besonders aber Lidön in seiner jüngst erscbie-
iienen Abhandlung Studien znr ai. und vergl. Sprachgeschichte
S. 17); dazu noch ster-p- in lat, stirps, lit. stitpti 'etwas emporkom-
men, heranwachsen'. W. E. gibt es auch ein (er- = ster- 'ausbrei-
1) Lat. hlra ISsst sich (wie ich gegen Solmseu KZ 34. 2 f. be-
merken möchte) nicht mit harrt- in haruspex, griech. x<>ph4 ht. i&ma,
an. gqrn usw. unter einen Hut bringen, «oudem ist von Ai- in hUeo
entweder direkt abgeleitet oder wenigstens formell beoinüussl.
2) Eine nasalierte Form liegt vor in «chwed. glrunt 'knrzer
Halm', taU-»tr^nt 'Jahrschuss der Fichte', mhd. »trunte 'Stumpf.
Bemerkenswert ist, dass schw«d. strunl (vglndd. strunl) auch etwas
Geringfügiges, Wertloses bezeichnet, Ganz dasselbe gilt nilmlich
von ai. t^a-.
Flensburg Studien auf dem Gebiete der idg, Wurzelbildung. 17
ten' (lat. siemo, aksl. strana 'Seite, Gegend' usw.). Vgl. an. str-in-d
'Seite, Land' (oft in Ortsnamen), nnorw. strind 'langer Streifen,
Seite*, an. str-qn-d 'Rand, Strand' = ags. Strand, ndl. Strand, mhd.
strant, nhd. Strand und daneben lit. tr-^n-is 'Gegend', akk. tr-entq
dass. Dazu wohl das oft behandelte, vom Verf. S. 80 ff. besprochene
air. tir *Gebiet, Land' (ster- oder ter-). — Mit den Wortbedeutungen
hantiert Verf. hie und da etwas unvorsichtig. So nimmt er z. B.
an (S. 39 n.), dass in dem Ausdruck hostibus simul snisque mon-
strati Tac. Germ. 31 die vermeintlich ursprüngliche Bed. von mon-
strare 'hervorheben, hervorragend machen' noch erhalten sei, und
S. 84 heisst es von terrenus und terrestris : "In einigen Verbindun-
gen, z. B. wo terrenus und tei^estris im ausdrücklichen Gegensatz
zu caelestis verwendet werden, lässt sich etwa noch ein Anklang
an den ursprünglichen jenem .v-Stamm [d. h. dem vom Verf. aufge-
stellten Stamme teres- terss- 'finis*] anhaftenden Sinn erkennen
('endlich, mortalis')". — Dass Tpuüuj in dem Ausdruck oTvöc c€ TpuÜ€i
mit ai. türvati 'überwältigt' identisch sei (S. 94 n.), bezweifle ich.
Bei der Deutung dieses Ausdrucks sind Redensarten zu beachten
wie se perctitere flore Lihein = sich betrinken Plaut. Gas. 639, 640,
se sauciare flore Liberi dass. Laevius (?) bei Fulg. exp. serm. ant.
S. 563, 25 M., saticitis 'betrunken' Mart. III, 68, 6, ictum caput Hör.
8a t. IL 1, 24.
Es wäre noch Manches hinzuzufügen, aber aus Rücksicht auf
den Raum breche ich hier ab. Nur möchte ich zum Schlüsse Eini-
ges von dem, was mir in dem Buche richtig oder wenigstens be-
achtenswert scheint, ganz kurz hervorheben.
S. 2 wird ÖTpaX^oc ansprechend mit ai. tarald- zusammenge-
stellt; als unmöglich kann man jedoch nicht die gewöhnliche Er-
klärung aus der Wz. tuer- bezeichnen. — S. 11 verwirft Verf. mit
Recht die Gleichung ai. tlrtha- 'Furt' = lit. tUtas 'Brücke'. Die
Grundbed. des lit. Wortes ist offenbar 'Gerüst aus Brettern, Bretter-
boden* (vgl. üles 'Bodenbrettchen im Kahn', d. Diele usw.). Auch
das von Johansson IF. 8, 166 f. mit tUtas verglichene ai. tata- *Ab-
hang, Ufer' ist m. E. fern zu halten. Es kann mit tärä- 'Abstieg
zum Wasser, Ufer', tira-^ tlrtha- zusammengehören. -^ S. 50 N. hat
Verf. gleichzeitig mit Brugmann Grundr.^ 1,436 und Johansson IF.
8, 182 ff. den Gedanken ausgesprochen, dass fiveov von fiX6ov ety-
mologisch zu trennen sei. Freilich kann ich diese Annahme nicht als
sicher begründet ansehen. — Die S. 92 f. gegebene Erklärung von
dTcipi^c halte ich für wahrscheinlicher als die neuerdings von Wacker-
nagel (Vermischte Beitr. z. griech. Sprachkunde, Progr. zur Rekto-
ratsfeier d. Univ. Basel, S. 14 ff.) vorgeschlagene. Nur wäre auch
an griech. xepu- zu erinnern gewesen. — Lesenswert, wenn auch
sehr problematisch, sind die Schlussbemerkungen über die funktio-
nelle Verschiedenheit der Typen tere- und terd-, sowie über den
Ursprung des Typus trre-. Eine kritische Erörterung verbietet der
Baum.
Ich sehe mit Interesse der Behandlung der aus ter- abgelei-
teten Wurzelformen entgegen.
Upsala. Per Persson.
Thumb A. und Marbe K. Experimentelle Untersiichungen über
die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebil-
dungen. Leipzig Engelmann 1901.
Die vorliegende Schrift enthält einige auch für die Psycho-
Anzeiger XII 1. 2
1
iS Tliumb uud Miirbe Experimentelle üiitorBuchungen usw.
logte dvT Sprache beacbleuawertc sprach geschichtliche Bemcrlcungun,
unter denea ich uamoDtlicb zwei hervorhebeu möchte. Die eine
besteht in dem Hinweis auf das aussBrordcntlich vurbreitote Vor-
kommen von Analogiebildungen zwiathon korrelativen Begriffswiir-
lern im Neugriechiachen (S, ö9), die andere iu der gewiss sehr be-
rechtigten Hervorhebung des bis dahin vielleicht nicht zureichend
beachteten Satzes "andere Zeiten andere Analogiebildungen" (S.74fr.),
für den die neueren Sprachen, besonders auch das Deutsche, mannig-
fache Belege enthalten, leb muss demnach auch zugeben, dius,
wie Thumb im Gegensatz zu einer Ausführung meiner Völkerpsycho-
logie (I, 1,S, 468) hervorhebt, komplexe Analogiebildungen in älteren
Sprachformen, z. B. im Griechiflcheu, die scheinbar gleichzeitig nach
verschiedenen Richtungen gehen, möglicher Weise auf LautAnde-
rungen beruhen, die zu verschiedenen Zeiten stattgefunden haben:
ja mau darf wohl diese Entste hun^s weise als die wahrscheiulichere
ansehen (S. 77). Wenn aber die VeriF. hieraus schlieesen, das, was
icli bei diesen Laulassoziationen die Wirkung einer "Totalkraft"
genannt habe, existiere überhaupt nicht, und ebenso könne die von
H. Paul sogenannte "Gruppenbiidung" immer nur als ein Vor-
gang gedacht werden, bei dem eine Vorstellung zunächst eine
bestimmte andere, dann diese eventuell eine dritte attrahierc usw.,
so ist dieser Schluss, wie ich glaube, angesichts der sprachliehen
Thntsachen nicht berechtigt. Man wird z. B. beim Übergang von
lat. grasig in it. greoe gewiss zunächst an eine Wirknag von
leois zu denken haben; warum aber nicht ausserdem bravis als
Hilfsa-ssoziation mitwirken sollte, wie auch Meyor-Lübke annimmt,
ist nicht einzusehen. Ebenso ist der Übergang von nturben in
starben sehr wahrscheinlich zuniLchst durch den Sing, starb indu-
ziert; warum aber nicht nebenbei auch Relationen wie gab gaben,
that Ihaten u. a. einwirken. sollten, ist wiederum nicht einzusehen,
um so mehr da z. B, beim Übergang von buk in backte solche Asso-
ziationen mit den entsprechenden Flexionsfornieu anderer Verba
{mache viackte, lache lachte u^w.l sicherlich statlfitnden, bei diesen
aber von vornherein keine bestimmte einzelne Wortvorstellung, son-
dern eben nur eine ganze Uruppe von soluhen als induzierende
"Totalkral't" bezeichnet werden kann. Ich kann nicht umhin xa
glauben, dass in diesem Fall die von den Verff, ausgerührren Ässo-
ziationsexperimente nicht erleuchtend, sondern trübend auf ihre
Auffassung der sprachlichen Erscheinungen gewirkt haben. Dies
nötigt mich, auf diese Assoziations versuche etwas nHher einzugehen-
Dio Verff. legen Ihren Experimenten den alten Begriff der
Assoziation zu Grunde, nach welchem diese eiji Vorgang ist, bei
dem irgend eine fix und fertig gegebene Vorstellung a eine andere
b ins Bewusatsein ruit. Auch geben ihnen ihre Experimente keinen
Anlass, diese Vorstellunga weise zu verlassen. Denn sie bestehen
darin, dass einem Beobachter ein Wort zugerufen wird, worauf
dieser mit einem assoziierten Wort "zu reagieren hat. Damit ist von
Beibat gegeben, dass bei diesen Beobachtungen die Assoziation immer
nur von einer Vorstellung a zur andern b und allenfalls, wenn b
zuerst gegeben wird, auch von b nach a fortschreitet. Dagegen
ist die Möglichkeit, dass Elemente mehrerer Wort Vorstellungen
irgendwie hei einer Assoziation zusammenwirken, durch die Art
der Anstellung der Experimeote so gut wie ausgeschlossen. Das
möchte nun hingehen, wenn sonst eine Wahrs<^heinlichkeit vorUgei,
dass dii' bei den Versuchen stattQndenden Bedingungen deu bei
der Entstehung der sprachlichen Analogiebildungen gegi^benea
irgendwie ähnlich wären. Davon ist {aber gerade das Gegenteil
Thumb und Marbe Experimentelie Unlersuchuiiffen usw, 19
8er Fall. Die Verff. bemerken mit Hecht, aller Erfolg von Asso-
lationeu hünge von der jeweiligen "EoustellatioD äes Bewusslseins"
b. Ich möt:hte glauben, dass sie bei ihren Assoziationsexperi Dienten
Uie "Konatellatiou des Bewnsstaeins" hergestelll: haben, welche der
ef den Analogiebildungen stattfindenden Konstellation so unlibnlich
itie möglich war. Bei. ihren Experimenten wird der Beobachter
"äzwongcn, seine ganie Aufmerksamkeit dem eugerufenen Wort
■zuwenden und dann rasch sein Gedächtnis anzustrengen, damit
I ihm irg'end ein passendes anderes Wort zur Verfügung stelle.
''on allen diesen Einflüsiten der Aufmerksamkeit und der willkür-
Q Gedächtnisarbeit ist bei der natürlichen Sprachbildung keine
: wenn hier je einmal dem Sprechenden eine neue Analogie-
Udung eaischlüpft, so stellt sie unjrewolU sich ein; welche Asso-
lationen, und in welcher Richtung diese stattgefunden haben, dn-
cn gibt er sich selbst wahrscheinlich gar keine Rechenschaft.
hrum sind die Beobachtungen von Meringer und Mayer über das
"Versprechen" so lehrreich, weil hier die Bedingungen der indivi-
^Toellen Erscheinungen mit den generellen der Sprache, wie wir
Bnehmcn dürfen, sehr nahe übereinstimmen. Diese Cbereinstim-
hting würde aber natürlich nicht mehr vorhanden sein, wenn Me-
fager und Mayer, statt die unwillkürlich begangenen Versprechungen
;a sammeln, etwa Experimente angestellt hätten, in denen sie ihren
leobachtern Wörter vorsprachen, mit der Aufforderung, sie falsch
'^UKttsprechen. Da man nun die eigentümlichen Bedingungen, die bei
a Entsiahung der Analogiebildungen wirksam waren, in künst-
;hen Experimenten niemals nachahmen kann, da aber anderseits
tie sprachlichen AssoKiationen überhaupt ein Erschoinungsgebiet
Uden, auf dem sich die Wirkungen der Assoziationtiprasesse nach
toer natürlichen Entstehungs weise in einer besonders (günstigen,
ttvh die Spracbe fixierten Form darbieten, so ist, wie ich meine,
ir zweckentsprechendere Weg der, dnss man hier aus den sprach-
dken Eracheinungen auf die psychologiHchen Prozesse Rückschlüsse
«cht, statt umgekehrt auf die sprachlichen Vorgange aus Esperi-
enteu zu schhessen, die unter gänzlich abweichenden Bedingungen
Bsgeführt worden sind. In der That nehmen ja auch die VerfT.
Dinen Anstand, auf Grund sprachlicher Analogiebildungen zu be-
küpten, dass die Pronomina ich und du in doppelter Richtung
HDEiatir auf einander wirken können, obgleich sie in ihren Ver-
lieben nur die Assoziation icA— t/u beobachtet haben (S. tiO). Eben-
I wärden wir uns schwerlich abhalten lassen, bei den indoger-
'm&ni-ichen Verwandtschaftsnamon Vafei; Mutter usw. eine begriff-
liche Assoziation anzunehmen, auch wenn diese sich nicht in den
künstlichen AssoziationBeiperimenien ebenfalls als eine sehr häufige
her Ausgestellt hlttte. Wo so offenkundige Assoziationen in der Sprache
vorhanden sind, da bedarf es eben keiner besonderen Assoziations-
experimente, um sie zu verifizieren; und wo umgekehrt die sprach-
lichen Assoziationen nicht an und für sich feststehen, da können
sie auch durch AssoKiationaesperimente nicht wahrscheinlich gemacht
werden. Niemand wird z. B. annehmen, dass in allen den Sprachen,
in denen keine offenkundigen Analogiebtldungen zwischen dem Vater-
and MutCernamen stattfinden — und sie bilden bekanntlich die un-
geheure Majorität der Sprachen der Erde — döJialb doch irgend
«■ine heimliche Lautassoziation angenommen wöFden müsse. Die
Assoziationsexperimente der Verff. haben also, wie ich glaube, für
die verdienstvollen sprachlichen Bemerkungen der Schrift gar keinen
positiven Ertrag abgeworfen, — wohl «her den negativen, dass die
Verff. durch die ihren Experimenten zu ti runde liegende Voratol-
20 Thumb und Marbe Experimentelle Untersuchungen usw.
lung vom Wesen der Assoziation verhindert worden sind, die sprach-
lichen Erscheinungen selbst für die Analyse der Assoziationspro-
zesse zu verwerten. In der That bin ich der Meinung, dass es-
neben gewissen normalen optischen Täuschungen kein dankbareres
Gebiet für das Studium der elementaren Assoziationsvorgänge gibt
als gerade die sprachlichen Analogiebildungen. Die Verff. stellen
sich auf den entgegengesetzten Standpunkt. Sie sind der Meinung,
das psychologische Experiment erst müsse beweisen, dass die in der
Sprache gefundenen Assoziationswirkungen auch wirklich Assozia-
tionen seien (S. 9), obgleich sie, wie oben bemerkt, selbst keineswegs
an dieser Forderung festhalten. Ich kann, abgesehen von der totalen
Verschiedenheit der Bedingungen in beiden Fällen, diese Meinung
auch deshalb nicht teilen, weil der von Thumb ausgesprochene Satz
"neue Zeiten neue Analogiebildungen" doch schliesslich nichts anderes
bedeutet als "neue Zeiten neue Assoziationen". Darum kann aber
auch die Voraussetzung, dass bei den Experimentatoren von heute
noch die gleiche "Konstellation des Bewusstseins" vorhanden sei, die
zur Zeit bestand, als eine sprachliche Analogiebildung eintrat, nicht
als allgemeingültig zugestanden werden. Natürlich werden ja gewisse
Assoziationen vor Jahrtausenden gerade so gut wie noch heut zu
Tage eine gewisse Rolle gespielt haben, wie z. B. die von Vater
und Mutter, von gross und kleiUy von ich und du usw. Gleichwohl
würde es, auch wenn man iicich solchen allgemeinsten Richtungen
eine Konstanz der Bewusstseinsbedingungen für wahrscheinlich imd
derartige Experimente überhaupt für massgebend hielte, wohl kaum
zu billigen sein, dass die Verff. von vornherein bei ihren Versuchen
nicht der Assoziation einen freieren Spielraum gegönnt haben. Ihre
Versuche sind nUmlich ganz und gar auf die Bevorzugung be-
stimmter Assoziationen angelegt. Denn sie riefen jedem Beobachter
in jeder Sitzung 60 Worte in beliebiger Reihenfolge zu, die derart
verteilt waren, dass 10 Verwandtschaft^snaraen {Vater, Mutter usw.),
10 Adjektiva (gross, klein usw.), 10 Pronomina {ich, du usw.) vor-
kamen (S. 18), wobei sie dann allerdings noch gelegentlieh andere
Wörter einschalteten, die nicht zu diesem Versuchsmaterial gehörten
Immerhin war dadurch von vornherein die Assoziation korrelativer
Begriffe so sehr bevorzugt, dass nicht nur wiederum eine von den
sprachlichen Assoziationswirkungen möglicher Weise abweichende
Bedingung geschaffan war, sondern dass aus dem Resultat über-
haupt kaum auf die natürliche, ohne solche induzierende Einflüsse
stattfindende Affinität der Wort- oder Bedeutungsvorstellungen ge-
schlossen werden kann. W. Wundt.
Lidön E. Studien zur altiadischen und vergleichenden Sprachge-
schichte (= Skrifter utgifna af K. Humanistiska Vetenskapssam-
fundet i Upsala. VI, 1.] Upsala 1897 [erschienen März 1900]. ö«.
108 S.
Die von Gelehrsamkeit und Belesenheit in der sprachwissen-
schaftlichen Litteratur, wie von Scharfsinn zeugende Schrift behan-
delt in bunter Folge eine Anzahl indogermanischer Wortsippen,
bes. solche, die einen oder mehrere Vertreter im Altindischen haben.
Am meisten Beacjjtung scheinen mir etwa folgende Kombinationen
zu verdienen:
S. 1—20: ai. gunci- 'Schnur', dessen n Schwierigkeiten machte,
so lange man das Wort mit av. gaona- 'Farbe' zusammenstellte, be-
ruht, indem es auf älteres *gnid- zurückgeht, mit ai. jäla- 'Netz'
und ai. Jatä 'Haarflechte' (wo jedoch das J st. g Schwierigkeit macht,
Xiid^n Studien zur altind. und vergleichenden Sprachgeschichte. 21
auf einer in verbalem Gebrauch nirgends belegten Wz. ger- 'dre-
hen, flechten*. Aus ihr sind andere Wurzelformen von gleicher
Bedeutung weitergebildet, so ger{e)8 in griech. Y<ipcava 'Gestrüpp' :
an. kiarr *Gebüsch'; ger{e)bh' in ai. grapsa- glapsa- 'Büschel' und
<i. Krippe u. Verwandten; ger(e)g' in griech. y^PT^Ö^^c 'aus Weiden
g'eflochtener Korb*; grenth- in ai. grantha 'winden*, wovon L. griech.
Tpövöoc Taust' und d. Kranz abtrennt. Letzteres stellt er zu lit.
grandis 'Armband*. — S. 20—29: Aus Wz. neg- 'weben, flechten'
stammen ai. vägiirä 'Fangstrick*, lat. velum veddllum. — S. 31 — 37
ai. naga- 'Berg. Baum* : d. Nachen (eig. Baum) griech. ößaH 'Bret*. —
S. 37 ff. ai. säta- 'Schale' lit. semiü 'schöpfen*. — S. 39 ff. ai. fakra-
*Buttermilch' : neuisl. pel id. — S. 44. asida- 'Sichel* Präkritismus
bei Äpastamba von ig. ak- 'schärfen'. — S. 46 ai. laiiga- 'lahm' : lat.
ianqueo d. link, — S 50 ai. kalka- 'Koth* : ags. horh 'Schmutz*. —
S. 60 ff. ai. Isd 'Deichsel. : slav. oje usw. id. Ebendazu griech. olr^iov
otaH 'Steuerruder*, und auf n- und r-Bildungen beruhend lit. Bia
^Deichsel* an. dr 'Ruder*. — S. 66 lat. algor 'Frost* : nisl. elgur
^Schneegestöber'. — S. 69 ff. ai. ydksma- 'Krankheit' : &s\.j^dpa id. —
S. 71 ff. d. Imme eigtl. 'Bienenschwarm* zu air. imbed 'Menge' griech.
^<p€ioc 'Reichtum* lat. omnis. — Den Schluss von S. 79 an bildet
«ine Besprechung altindischer Wörter mit -nd-^ wie danda 'Stock*
ändd- 'Ei* m,anduka- 'Frosch' usw., in denen sämtlich -nd- im Sinne
Fortunatovs auf ig. Ind zurückgeführt wird, wobei l in der Regel
als wurzelhaft ist, das nd als suffixal gefasst wird. Der Verf. ver-
weist für dieses auf die inzwischen in der gleichen Sammlung er-
schienene Schrift Perssons "De origine vi primigenia gerundii et
gerundivi latini."
An verschiedenen Stellen sind hübsche semasiologische Ex-
kurse eingestreut (S. 33 über Ausdrücke für 'Berg* und 'Baum* und
für 'Kahn*, S. 68 und 85 über Tiernamen, S. 93 über Benennungen
von Körperteilen). S. 14—17 wird Bezzenbergers Regel bekämpft,
dass ig. th hinter Konsonanten urgermanisch zu t werde; S. 36 f.
ebenso die Annahme, dass u urgerm. zu kij werden könne: ahd.
quec usw. 'lebendig* beruhe auf gebrochener Reduplikation, ae.
tacor usw. 'Schwager* auf Kreuzung des ig. daivr- mit einem aus
lit. laigönas 'Bruder der Ehefrau* erschliessbaren laigr-,
Bei manchem, was der Verf bringt, namentlich unter dem
oben Verzeichneten, ist Ref. überzeugt. Aber S. 29 durfte bei ai.
rfi^a- die Bedeutung 'klebrig* nicht zur Grundlage des Etymolo-
gisierens gemacht werden; sie liegt bloss im Bhägavata Puräna
vor. kann demnach auf purem Missverständnis beruhen. — Weiter
ist S. 42 bei doraika)- 'Strick*, angeblich verwandt mit anord. tiöpr
'Strick', die Nebenform davaraika)-, worauf jenes anscheinend zu-
rückgeht (Zachariä Gott. Gel. Anz. 1898, 472), übersehen. — S. 48
u. 93 wird für Kä^haka ble^ka- 'Schlinge* mit nachträglicher Beru-
fung auf MS. 3, 6, 10 vle^ka- angesetzt, obwohl auch im letzteren
Text eine der drei Handschriften h bietet, also vorerst hle^ka- als
überliefert zu gelten hat: wogegen etymologische Möglichkeiten
nichts beweisen.
Auch die phonetischen Anschauungen des Verf. kann ich nicht
völlig teilen. S. 5 nimmt er ohne Begründung an, dass die Laut-
folge art{h) ai. zu at{h) werden könne mit einfachem Cerebral hinter
kurzen Vokal. S. 6 setzt er jüta- 'Haarflechte* mit jatä gleich, sta-
tuiert also beliebiges Eintreten von r oder f bei derselben Wurzel;
man kommt aber mit der alten Erklärung des Wortes, die bei BR.
vorliegt, durch, wenn man sie dahin modifiziert, dass jüta- eine
»uter dem Einfluss von jafä eingetretene Umgestaltung von cüda-
22 Ulileiiheck Kurzgefasstea etyinolog. Wörterbuch der «i. Spraeliix
"Willst" ist. Ferner heaiislande ich die Verbindung von ai. kilbifa-
'Stinde' mit karbu(ra)- 'bunt' S. 50, da it nud ar niL'ht tnit eiusnder
ablauten. — Aucb vom Standpunkt der griediischen Laotlehre habe
ich einige Einwendungen xu erbeben, f^ppov soll l'ür jipcov stehen
S. 7, alx ob nir Dorisch und Ionisch, in welchen Mnndarten das
Wort schon in alter Zeit vorkoinml, der Übergang von pc in pp
gesichert wäre. Und wer wie der Verl'. S. 51 cfimu mit ai. kyäku-
TPlIa" zusammen bringt, Hollte, doch erklRren, warum es dann altiscK
nicht *Ty|iruj heisst wie -rfiu^pov, TfjTec, ä--na usw.
Zum SchlusB sei auch hier hervorgehoben, was der Verf. S. 108
bemerkt, rtass die Seiten 1—87 seiner Schrift schon Mai 1897 ge-
druckt und in einigen wenig-en Exemplaren veröffentlicht wurden.
Er ergibt sich damit als Urheber einer Reihe scharfsinniger Deu-
tungen, die man ohne Namensnennung in Uhlenbecks Kurzgefast-
tem Etymologischem Wörterbuch der Altindischeii Sprache las (svv.
jäla- jihmtt- darditra- blsfka- langa- rägma- und vielleicht aucb
sonst), und die man geneigt war diesem Gelehrten zuzuschreiben.
Womit der bona tidps Uhlenbecks, der überhaupt seine Gewährs-
manner im Einzelnen nicht nennt, durchaus nicht zu nahe getreten
werden soll.
Basel, 10. April 1900. Jakob Wackernagel.
Tnilenbeck Dr. C. C. KurzgefasstesEtvmologiacheH Wörterbuch der
aicindischen Sprache. Amstertlam Joh. Müller 1898/9. XII und
367 S. 8«.
Im Vorwort meint der Verf., es sei die Zeit für ein etymolo-
gisches Wörterbuch der altindischen Sprache, das seinen Namen
mit Recht führen dürfe, bei weitem noch nicht gekommen. Sein»
"anspruchsloHe" Arbeit solle nur ein bequemes Handbuch für den
Forscher sein, daa ihn zu weitern Untersuchungen anrege. Mit der
in der Anlage ganz verschiedenen Leumannschen Arbeit trete er
"selbstverständlich" nicht in Konkurrenz. Ich bin der Ansicht, es
lag an sich kein Grund vor, dem Wettbewerb mit dem "Etymolo-
gischen Wörterbuch der San skrilsp räche" der Gebrüder Leümann
aus dem Wege zu gehen. Wird denn überhaupt daa Leumannsche
Buch, von dem bisner sieben Bogen, d.i. etwa der vierte Teil ge-
druckt sind, auch wirklich zu Ende kommen? Die Thatsache, dafjt
der Druck nun schon seit sechs Jahren stockt, erweckt keine gün-
stigen Hoffnungen. Und soviel scheint Tnir gewiss, dass bis Kum
Erscheinen des Buchs ein guter Teil des bereits Gedruckten ver-
altet sein wird. Würde der Verf. in der Anlage seines Werks sich
an das Leumaunsche angeschlossen haben, so wflro sicher stune
Gabe eine um vieles dankenswertere geworden. Der Verf. ver-
GChmHht jede LItteraturangabe. Wer nun freilich alles mit Auf-
merksamkeit verfolgt hat, was in den letzten zehn Jahren etwa über
Grammatik und Etymologie des Altindischen insbesondere in Deutsch-
land geschrieben worden ist, der wird es ja, für die meisten Falle
wenigstens, im Kopf haben oder doch leicht ausfindig machen kBn-
nen, wer die vom Verf. angenommene, gelegentlich aucb bekftmplte
Etymologie aufgebracht hat — von solchen natürlich abgesehen,
die langst Gemeingut geworden sind. Aber wie gross ist wohl die
Zahl der Gelehrten, die das von sich behaupten dürfen? Und das
lernende Geschlecht — wie soll das sich zurecht finden? Sii steht
es ja doch nicht, dass alle in dem Bach begutachteten Zusammen-
stellungen Jedem ohne weiteres einleuchten, und ebenso wenig sind
die darin abgelehnten ohne weiteres als thatsächlith verfehlt xa
Uhlenbeck Kurzgefasstes etymolog. Wörterbuch der ai. Sprache. 23
bezeichnen. Man muss die Gründe kennen, die den Urheber auf
seine Etymologie gebracht, mit denen er seine Etymologie gestützt
hat: erst dann wird der Leser in zahlreichen Fällen in der Lage
sein, sich für oder gegen die vom Verf. vorgetragene Ansicht ent-
scheiden zu können. So z. B. S. 101, wo zu dem mit Aw. hizvä- zu-
sammengestellten ai. jihvä' F. 'Zunge' bemerkt wird "Die Lautver-
haltnissc sind dunkel (ai. j : iran. h). Die Versuche jikvä- und
hizvä' mit lat. lingua . . zu vermitteln, sind insgesamt als verfehlt
zu betrachten.*' Ich gebe da dem Verf. ganz Recht. Aber wer hat
denn die verstreute Litteratur — seit dem Jahr 1891: Meringer
SWienAW. 125 II, 1; Johansson IF. 2, 1; Collitz Or. Studies of the
Or. Club of Philadelphia 167; Bloomfield AJPh. 16, 426; Wackernagel
AiGr. 1, 161, 163; Fay JAOS. 16, CCXXVIII — gleich so zur Hand?
Der Verf. muss ja doch die Litteratur zusammen gehabt haben, als
er jene angeführten Worte schrieb, es hätte ihm also ihre Mitteilung
so gut wie keine Mühe gekostet. Das Buch wäre so um ein Weni-
ges teuerer, aber um Vieles nützlicher und brauchbarer geworden.
Auf der andern Seite würde ich auch gar Manches gerne entbehren
von dem, was der Verf. bringt. Der Artikel dvdr z. B., S. 133 f.,
nimmt 20 Zeilen ein. Warum aber werden wir denn mit fast allen
verwandten Wörtern — aus dem Aw., Ap., Np., Arm., Alban., AksL,
Griech., Lat., Ir., Kymr., Got., Anord., Ags., Ahd. — bekannt ge-
macht? Das Buch will doch kein vergleichendes Wörterbuch der
indogermanischen Sprachen sein, sondern nur ein solches der alt-
indischen Sprache. Ist es da nötig, die germanischen Verwandten
gleich aus vier germanischen Dialekten anzuführen? Das eine got.
daur hätte vollauf genügt. Und war es nötig, neben griech. eOpä
auch noch ÖupaZc^), 6upäci, eOperpov, Gupubv, neben lat. fores auch
noch foräs und fo7n8 zu verzeichnen? War es nötig, unter dvd
'zwei' ebd. nicht nur got. hvai, fwöSj twa, sondern auch noch an.
tveir, tv€kr, tvau, ags. tuegen, ticä, tu und ahd. zuMe, zwöj zwei
einzustellen? S. noch beispielsweise die Artikel röhita- Aäj., vdnati
Praes. Durch Sparsamkeit in diesem Punkt hätte sich der grösste
Teil des für Litteraturangaben notwendigen Raumes beschafiTen
lassen.
Und noch in andrer Hinsicht hätte gespart werden können.
Der Verf. führt eine Menge von Wörtern auf, lediglich um von ihnen
mitzuteilen, dass sie unerklärt oder nicht genügend erklärt seien.
Ich frage mich vergeblich, wozu das? Vgl. z.B. S. 105 f. Die Ver-
zeichnung solcher Wörter, deren Erklärung überhaupt noch nicht
versucht worden ist^), konnte vollständig unterbleiben. Bei den
andern aber, für die schon irgend einmal eine Etymologie aufge-
stellt wurde, hätte — wie es ja auch wirklich ab und zu geschieht,
z. B. S. 48 zu kalakaSj kalevaras, s. u. — auf diese Thatsache hin-
gewiesen und bemerkt werden sollen, dass es damit nichts sei. Es
wäre da doch gar manches zu ergänzen. Zu kalaha- M. \Streit*
wird gesagt "Mit griech. tt6X€)hoc . . hat das Wort natürlich nichts
zu schaffen." Gewiss nicht. Aber zahlreiche andre Gleichungen,
die übergangen werden, sind auch nicht schlechter.
Warum nevia- Adj. 'halb*, das richtig mit Aw. naema-j np.
nim^ warum kanydpa- M. 'Schildkröte*, das richtig mit Aw. kasyapa-,
warum varähd- M. 'Eber*, das richtig mit Aw. varäza- verglichen
wird, für "unerklärt" oder "nicht genügend erklär:" ausgegeben
1) So! Im Buch fälschlich uilt ä.
2) Vielfach sieht man ja von vornherein klar, dass jeder Ver-
such der Erklärung aussichtslos ist.
24 Uhlenbeck Kurzgefasstes etymolog. Wörterbuch der ai. Sprache.
werden, verstehe ich nicht. Soll denn jedes beliebige Wort, auch
wenns ein Tiername ist, nur dann für "erklärt** gelten dürfen, wenn
man es glücklich mit einer Verbalwurzel in Zusammenhang gebracht
hat? ''luvencus iuvare qul iam ad agrum colendum posset*'? Zu
gardäbhd- M. 'Esel' wird bemerkt ''vielleicht eigl. 'der geile"*. Es
ist gewiss richtig "Der Esel ist ein geiles Tier und war als solches
den Indern bekannt" (Ved. Studien 1, 83). Aber ob er seinen Namen
davon bekommen hat, mag der Himmel wissen. Jedenfalls halte
ich die Zusammenstellung von ai. gardabhä- mit ags. coU 'junger
Esel, Fohlen'^) für wertvoller — wenn ich auch nicht weiss, was
das Wort "eigentlich'* besagt — •, als eine Deutung des Worts für
Esel auf Grund einer Eigenschaft, die doch auch noch bei recht
Aiel andern Kreaturen zu beobachten ist. Eine zweite hervor-
stechende Eigenschaft des Esels muss wohl die Härte sein. Denn
"kharas M. 'Esel', Av. x^^^y ^^P- X^'"* ist eine Substantivierung von
kharas 'hart, rauh* *'; s. S. 74. Für derartiges mangelt mir das Ver-
ständnis.
Die Zahl der übersehenen richtigen Wortgleichungen ist nicht
unerheblich. Insbesondere würde der Verf. bei genauerer Kenntnis
des Iranischen sein Buch um manche Etymologie bereichern haben
können. Z. H. wird käijLruhi als unerklärt bezeichnet, S. 41 ; s. aber
np. kahar, IFAnz. 4, 23, GlrPh. Ib, 95. Desgleichen menijj^, S. 232;
s. aber gAw. maenis^ Geldner Festgr. Boehtlingk 31. Ebenso heisst
es von tvafi 'der eine, mancher', es sei unerklärt, S. 119; s. aber
gAw. {>wat] Kaegi Rigveda« 198, KZ. 30, 537. Weitre solche Fälle
sind z. B.:
äghnyä' F. : gAw. ayBnyä* F. 'melke Kuh*; Bthl. AF. 3, 39.
[5] adhdJi Adv. : gAw. «rfä; Bthl. AF. 2, 159.
dpnas- N. : jAw. afnah'vant-; ZDMG. 43, 669.
aram Adv. : jAw. aram^ gAw. ardm.
irßyati Praes. : jAw. aritHyantam\ IF'Anz. 8, 13.
uksdti Praes. : jAw. uzuxsäne^ vax^a vaxsyente, uxsyeiti; KZ.
KZ. 2.5, 483, GIrPh. 1, 217, 230.
[10] udhar N. 'Kälte' (fehlt) : gAw. aod<fra,s; KZ. 30. 523.
i'ihati Praes. : gAw. paityaogat'i IF. 4, 123.
rjrd- Adj. (rjräsva- M., EN.) : jAw. drdzräspahe.
öhate Praes. : gAw. nzdmöhl\ BB. 14, 21.
kartdj käfä- M.: jAw. rouru.kasam, mp. fräx^kart] ZDMG. 48,512.
[15] karsti- F. : jAw. karmyd; IF. 9, 276.
kr^d- Adj. {kfMsra- m. EN.) : jAw. k^r^säspö.
ksäta- Adj., cak.'<e Perf. (fehlt) : jAw. xsäta-^ caxse\ WklassPh.
1897, 656.
k^dmate Praes. : gAw. xs(inm7me'^ Bthl. AF. 3, 57; Preuss. Jahrb.
88, 79.
gudhyati Praes. (fehlt) : afy. äyuatql^ ABayrAW. 20 1, 173.
[20] cakracäkd- M. : mp. caxrväk; GlrPh. Ib, 53; doch s. auch SBE.
24, 108.
carkarti Praes. : jAw. cardk^ramahl; GlrPh. 1, 71.
clra- N. : np., afy. c^lr; ABayrAW. 20 1, 174.
chidrd' N. : jAw. sidaranqm; IF. 8. 253.
jdvafe Praes. : jAw. {mosu 7ne) java [avaidhe).
[25] jögure Praes. : jAw. gaos'^ KZ. 30, 519.
1) Sie verhalten sich zu einander etwa wie griech. eXaqpoc und
lit. elnis. — Der Verf. stellt ags. colt mit ai. gaday- M. 'junger Stier
zusammen (S. 76) und erklärt die Verwandtschaft von gaday- mit
gardäbhd- M. für unwahrscheinlich.
XJhlenbeck Kurzgefasstes etyraolog. Wörterbuch der ai. Sprache. 25
jöhaviti Praes. : gAw. zaozaomJ; GIrPh. 1, 1J)2.
tuhina- Adj. : jAw. taozya\ Fick Wb.* 1, 222. Eine, wennschon
unsichere, so doch wenigstens mögliche Etymologie.
dddhjr^ay- Adj. (fehlt) : ap. dädarHH.
dramati Praes. : jAw. handramana (Yt. 11. 6).
[3o] dvitd Adv. : ap. duvitä^^ gAw. daihitä, daibitänä ; ZDMG. 50, 130,
KZ. 36, 135, Preuss. Jahrb. 88, 246.
dvlpä' M. : jAw. dvaep^; ZDMG. 46, 291 (,IF. 11, 135).
dhärä' F. 'Schneide' : jAw. dära, tizidärdm.
dhi- F. 'Gedanke' : jAw. b9r9zaüi,H^y, GIrPh. 1, 231.
nädhamäna' Adj., nädhitd- Adj. : gAw. nöidyäraham; ZDMG.
25, 230, KZ. 25, 554.
[35] nindati Praes. : gAw. nadanto] Bß. 15, 254.
pämän- M. : jAw. päma, pama^ äff. />am; ABayrAW. 20 I,^ 184.
[In der Münchener Hds. Im 4 findet sich np. päm als Über-
setzung von jAw. päma, Yt. 14. 48.]
pitrvya- M.:jAw. tütryö-, BB. 10, 271, ZDMG. 42, 156, GIrPh. 1,
33, 157 (Nu. 46).
püjd' F. : mp. apuxMyim^ np. bax.Hidan; ZDMG. 50, 701.
ptsant' Adj., auch in pr,^ad-asva- M. EN. : jAw. par^atg^u^ EN.;
"KZ. 29, 562 mit IF. 9, 261.
^40] pratlpä- Adj. : jAw. paitip^; ZDMG. 46, 291.
pratyänk- Adj. : jAw. paiti.yqä (GIrPh. 1, § 268. 11), paiHsa;
KZ. 29, 503, IF. 2, 267.
pravdt- F., bes. IS. pravätä : mp. fröt, np. furöd\ GIrPh. l b, 36.
hodhä' M. : jAw. baoöö^ baoddm.
hharata- Adj. : ap. ^u-baratam\ IF. 4, 127, KZ. 35, 46.
[45] bhäjana- N. : jAw. ^bajina^ arm. LW. bazak\ Hübschmann Arm.
Gramm. 1, 115.
bhiydS'y bes. IS. bhiydsä : jAw. byaraha.
bhisdkti Praes. : jAw. bisazäni^ bisazyät; ZDMG. 48, 521.
mcithnätiy mdnthati Praes. : jAw. amasta\ JAOS. 16, CLV (IF.
11, 115; 118).
manötar- M. : gAw. manao&rl^; Bthl. AF. 2, 161, Meillet MEN25.
[50] tnUrd- Adj. : gAw. hdmamyäsaite, mi&iva, misvänam\ IF. 3, 51,
GIrPh. 1, 71, § 129; 165 t., § 182.
mrtdy- F. : jAw. mdr^tö (LS., V. 8. 31); GIrPh. 1, 144, § 257 No.
yati Rel. 'quot' : jAw. yeiti\ GIrPh. 1, 237, § 416.
yahdV' Adj. : jAw. yazusj gAw. yezivt] KZ. 28, 195, BB. 15, 9,
SBE. 46, 15.^
yöktra- N. : jAw. ^yaoxdöra- '(kriegerische) Anspannung, Unter-
nehmung, Angriff'.
[55] rdna- M. 'Kampf : jAw. räna (V. 7. 52; Pü. : patkär).
rdnati Praes. (usw.) : gAw. ränyö.skaraitim; Bthl. AF. 2, 162,
IF. 1, 486.
lunäti Praes. : sbal. runag *ernten'; ABavrAW. 19 II, 409 (GIrPh,
1 b, 242).
vanitä- F. (fehlt) : jAw. vanta^ vantähva; IF. 7, 58.
vdndate Praes. : jAw. vandaita; IF. 3, 185.
leo] vijdte Praes., viktd- PPfP. : jAw. vaejö (Part., Yt. 19. 92, F. 8),
hunivixtö^, mp. vextan, sbal. ge)ag uam.; Hörn GrNpEt. 30.
vidhdti Praes. — gAw. vidäith vldäU KZ. 28. 197, BB. 13, 74.
t^r^td' Adj., PPfP. : jAw. aucivarsfanqm (V.o. 14); Darmesteter
ZA. 2, 71.
1) D. i. barazi- dis; s. GIrPh. 1, § 268. 9.
2) Falsch S. 287 unter vindkti.
26 Uhlenbeck Kurzgefasstes etymolog. Wörterbuch der ai. Sprache.
vratd' N. : gAw. urvatdmi Jackson A hvmn 27.
sdrira- N. : jAw. sairi (Du.); GIrPh. 1, 99, § 183 No. 3.
[65] .<örrt- Adj. : jAw. Ädi°, Äät/°; WklassPh. 1898, 1060.
siksaii, Praes. : jAw. asixäö; GIrPh. 1, 77, § 137.
iii-dh Adv. : süi*din (Yt. 10. 142 'mane'), asüiri, süirim; Hübsch-
mann ZC. 196, Geldner Stud. 1, 51, Darmesteter fitlr. 2, 161;
KZ. 25, 531; 27, 261, GIrPh. 1, 99, 222.
sajati Praes. : jAw. vohuna-zg9m\ GIrPh. 1, 97, § 178b.
{(T)sanna- Adj., PPfP. : jAw. äsnaiöüy asnät; IF. 5, 367.
[7o] sasvdh Adv. : jAw. haT9uhar9stät9m; IF. 5, 368, KZ. 35, 32.
sädhi^tha- Adj. (felilt) : jAw. häi6ist9m; GGN. 1878, 267.
suptd- Adj., PPfP. : äff. üdq; KZ. 33, 256.
sydti Praes., äsisäya Perf. (fehlt) : gAw. ähisäyä Perf., np. qu-
Mdan; KZ. 28,* 263, WZKM. 7, 378.
srdmsate Praes. : jAw. avardrasayät, ratahäs^a; KZ. 30, 515; 33,
4641).
[75] sraktdy- F. : jAw. sraxtim, draxHm\ KZ. 33, 463, GIrPh. 1, 166^
g 982
hdntva- Adj., PFP. : jAw. Jqdwa- GIrPh. 1, 111, § 209, 13.
hpiite Praes. : gAw. zaranatmä, jAw. zaranimnstn; Bthl. Stud.
2, 85, 88.
Die Liste, die nur bis zum Jahre 1898 veröffentlichte Zusam-
menstellungen enthält und auf Vollständigkeit keinerlei Anspruch
erhebt, ist nicht ganz klein. Mein altiranisches Wörterbuch wird
noch eine grosse Anzahl weitrer Gleichungen bringen. Ich kann
nicht umhin, dem bösen Verdacht Ausdruck zu geben, dass der
Verf. in allem, was das Iranische angeht, trotz meiner eindringlichen
und ausführlichst begründeten Warnung in ZDMG. 48, 504 ff. — s.
auch IF. 5, 222 ff. — sich stark auf die vierte Auflage von Ficks
Vergl. Wörterbuch, Band 1 gestützt hat. S. 288 f. führt er die sel-
ben fünf ai. Komposita m\t visva° samt ihren iranischen Äquivalen-
ten 2) auf wie Fick a. a. 0. 321. Aber die Gleichung visvajanä- :
P. mspazana- (unrichtig KZ. 35, 25) fehlt hier wie dort-^). Ander-
1) Geigers Etymologie, Ostir. Kultur 393 verstehe ich nicht,
da mir ein ai. Verbum las- 'hinken' unbekannt ist.
2) Darunter auch die Gleichung visvapatih 'Herr des Alls* :
gAw. ilspö.paitU Namen eines Wassers. Das Aw. Wort bedeutet
etwas ganz anderes, das ai darin ist nach GIrPh. 1, 155 Nu. 9 zu
erklären; vgl. Pü. : vlspöpit (in Aw.-Buchstaben). Würde der Verf.
die Neuausgabe des Awesta eingehend berücksichtigt haben, so
hätte er noch ein weitres Kompositum mit i'isi'a° aufführen können:
visvapis- Adj. : jA. vJspö.piga Yt. 5. 78 (und auch V. dl. 20, s. K5).
Mindestens bei irgendwie auffälligen und dabei nur einmal bezeuor-
ten Wörtern hätte er die Neuausgabe einsehen müssen. Dann wäre
es ihm nicht passiert, auf S. 352a ein jAw. maräcara- und auf S. 252b
jAw. nirätain (ardma zu verzeichnen. Westergaards marädar^m
Yt. i7. 12 ist eben in der Neuausgabe zu mrätdvi ca7'dma geyrordenl
Ähnliches gilt von hardnonti und brinifiiti, die S. 207 neben einander
angeführt werden, s. V. 17. 2. Auch vsta-^ angebl. 'gebraten* ist in
der Neuausgabe verschwunden.
3) Von welchen Grundsätzen ist der Verf. bei der Aufführung
von Zusammensetzungen und Ableitungen ausgegangen, die dem
Indischen mit einer andern indogermanischen Sprache, insbesondere
wieder dem Iranischen gemeinsam sind? Ich kann das nicht heraxis-
finden. Warum fehlen z. B. die Gleichungen: uttänähasta- Adj. i
ustänazasiö\ svardfs- Adj. : jAw. hvard.dai'9sö\ derayajnn- N., de-
Uhlenbeck Rurzgefasstes etyraolog. Wörterbuch der ai. Sprache 27
seits kehrt Ficks Erfindung" jAw. zyö 'gestern' (ZDMG. 48, 516) auf
S. 362 wieder. Auch die merkwürdigen Korrekturen awestischer
Wörter: änuHaö- (S. 21), himxti (S. 325), huMxä (S. 338) - alle mit
s statt des überlieferten s.h — stammen jedenfalls aus Ficks Buch^
8. ZDMG. 48, 505. Und eben daraus, S.312 ist wohl auch das S. 269 a
verzeichnete Aw. väSayeiti entnommen; überliefert ist vädäyöit
Überhaupt: wo immer der Verf. auf iranisches Gebiet gerät, da
bewegt er sich höchst unsicher. Unter dlrgha- (S. 127) wird uns
ein ap ers. dar^a- und ein apers. e/ranigra- vorgeführt. Es geht aber
doch nicht an, das zweimal an gleichlautenden Stellen bezeugte
dorogofn^ einmal so, das andre mal so wiederzugeben^). — Dasmp.
(Päz.) ^pöim (S. 167) in apöim bedeutet nicht 'Durst\ sondern 'Faul-
werden', es übersetzt das S. 172 unter püyati aufgeführte jAw. apu-
yant-; seine richtige Lesung ist apüyisn, — Wegen PDw. pöwam
(S. 167) s. GIrPh. Ib, 302. — Zu S. 82: godhüma- M. 'Weizen' sei
bemerkt, dass das altiran. Wort für Weizen gantuma- (so jAw.)
lautet. U. a. m.
Leider darf ich nicht sagen, dass damit meine Einwendungen
gegen das Buch erschöpft seien. Ich gebe auch im Folgenden nur
eine kleine Auswahl der Notate, die ich sonst noch mir bei der
Lektüre gemacht habe.
ähati 'IHigt, reiht, rüstet' (S. 19) ist schon im grossen PW.
selber, 7, 1706 wieder aufgegeben worden; vgl. ZDMG. 25, 234;
48, 510.
ahi' F. 'Kuh' (S. 19). Die Ächtheit des Worts und seine Gleich-
heit mit Aw. azl- ist doch unbestreitbar; vgl. Leumann Wb. 30 und
noch MSL. 10, 278. Im Awesta bedeutet das Wort 'tragend, träch-
tig' und wird auch von Stuten gebraucht: paurvö.azyä aspayä N.
85f wozu ai. pürvasu- Adj. zu vergleichen ist.
inak^ati Praes. (S. 24). Die Erklärung des Verf.s — aus idg.
*dnexs- oder *dnyiX-s- — ist mir unverständlich. Das Desiderativum
hat doch grundsätzlich Reduplikation. Ich bleibe bei dem stehen,
was ich AF. 2, 91, GIrPh. 1, 55 gelehrt habe.
kacchu' F. 'Krätze' (S. 39). Soll mind. Wort und aus kharjü-
hervorgegangen sein. Aber ai. rj wird doch sonst zu nii. jj (tö-
nend), vgl. z. B. pr. ajjava- : ai. ärjava-, vajjei : varjayati, Pä.
khajjati : kharjatL Umgekehrt kann nijd- Adj. 'eigen' (S. 148) nicht
als Prakritwort für ai. nitya- genommen werden, denn ai. ty wird
sonst zu mi. cc (tonlos), z. B sacca- : satyä-j amacca- : amätya-. Viel-
mehr gehört nijä' mit jAw. nizanhm^ mp. nizand zusammen, zu
dem es sich ungefähr verhält wie ai. prajäh zu jAw. frazaintisj mp.
frazand; vgl. Haug ZPGl. 74.
Überhaupt springt der Verf. mit dem Mittelindischen recht
willkürlich um. So soll
karanda- M., N. 'vielleicht' mind. aus kranta- entstanden sein
(S. 44).
vaydj' Adj. : jAw. daevayasnö^ daerayäzö (NP.); gopd- M. : afT.
jöpq\ abhicara- M. : griech. d)i(p(TToXoc, lat. ancidus (BB. 15, 316),
ferner: medhirä- Adj. : jAw. mqzdrö (IF. 7, 57), dütyä- N. : gAw.
dätxm (KZ. 28, 25^?, 263), äsuri- Fem. Adj. : jAw. ähüirim^ värtragkna-
Adj. : jAw. vära^rayti^^n f näbhänedistha- M. EN. : jAw. nabänazdis-
tanqm usw. Die sind doch sicher reichlich ebenso viel wert als die
aufgenommenen Gleichungen mätrghna' Adj. : griech. jutiTpocpövoc
oder mätrkä- F. : kymr. modryb.
1) f)as in Kluges Wörterb. unter lang verzeichnete ap. dränga-
ist völlig Ungetüm.
^8. Uhlenbeck Rurzgefasstes etymolog". Wörterbuch der ai. Sprache.
gandira- M., 'wahrscheinlich' auf mind. gandi- = granthäh
Ijeruhen *(S. 76) und
gandd- M., eigentlich mind., auf grantha- zurückgehen (S. 76).
Aber ai. nt, nth werden im Mind. (hinter r) zu nt, nfh^ aber nicht
zu 7id, das auf ai. (und idg.) nd weist Danach dürfte man nhd.
kränz mit ganda- vergleichen, wenn dem nicht die Bedeutung jener
Wörter entgegenstünde. Für den Verf. freilich, der kränz mit grantha-
zusammenbringt, was wegen z — th nicht angeht, würde dieses Be-
denken in Wegfall kommen. [S. jetzt Liden Stud. 19 in Skrifter
utg. ^af K. Hum. Vetenskaps-S. i Upsala VI. Korr.-N.] — Die Be-
merkung zu
apsards F. (S. 10): ''Das W^ort ist gewiss ap-saras- zu teilen
(darauf weist auch mind accharäy^ ist ohne Kritik aus Pischel-
Geldner "VSt. 1, 79 herübergenommen. S. aber jetzt ZDMG. 50, 722;
51, 590 f.
khadgd- M. 'Schwert' (S. 73). Eine einleuchtende Deutung
des Worts hat mir Jacobi mündlich mitgeteilt. Er stellt es mit griech.
q)dcTcivov zusammen; d statt d (für z vor g) ist dem Einfluss von
khandayitum 'zerstückeln' zuzuschreiben.
tüna- M. Tfeilköcher' (S. 115) soll "wohl mit n aus idg. In
zu der unter tulä besprochenen Wurzer gehören. "Aksl. tulü 'Pfeil-
köcher' ist unklar". Es liegt doch viel näher, die gleichbedeuten-
den Wörter tüna- und tidü zusammenzubringen; was sie 'eigentlich'
bedeuten, ist vorerst gleichgiltig. IF. 3, 187 f.
dadhfk Adv. (S. 120). Ich halte die gegebene Erklärung ("er-
starrter Nom. Sing. Mask., *dadhrk^ aus *dadhr8f^) für unrichtig
und stelle das Wort vielmehr mit drdhd- (S. 129) und dem nach
Wackernagel AlGr. 1, 180 zu etymologisierenden drdhrd' (S. 129)
zusammen. Wegen des dh in dadhfk, das mit Rücksicht auf die
Verwanten : bpdccoinai usw. für an alogisch anzusehen ist, verweise
ich auf pränadhrk. Die ursprachlichen Auslautssilben: Med. . .
Med. 4- zh und Med. asp. . . Med. + «ä waren urindisch im Satz vor
Klanglauten durch die Wirkung des Hauchentziehungsgesetzes in
Med. . . Med. -|- zh {zh) zusammen gefallen; folglich dessen wurden
sie auch im Satzauslaut ausgeglichen, wo für Med. -f zh schon ur-
sprachlich Tenuis 4- s eingetreten war.
dhisnya- Adj. (S. 137). Ich halte das Adjektiv nach wie vor
für eine Ableitung aus *dhi^tjia lat. fänum (BB. 17, 107) und bin
in dieser Auffassung des Worts durch die Bemerkungen Bloomfields
SBE. 42, 300 und Oldenbergs SBE. 46, 286 noch bestärkt worden.
Wegen der sonstigen Verwandten s. WklassPh. 19(X), 678. Was der
Verf. unter hhäsati (S. 2(X)) gibt, gilt mir für falsch.
bhära- M. 'Kampf (S. 196). Die Unzulässigkeit der Verbin-
dung des Worts mit ksl. horjq sehe ich nicht ein; IF. 10, 199.
lllä- F. 'Spiel* (S. 262). Besser als die hier vorgeschlagenen
Deutungen scheint mir von Bradkes Etymologie aus Hizdä^ wo-
durch das Wort mit dem gleichbedeutenden lat. lüdus (d aus zd)
in Verbindung tritt, KZ. 28, 198.
sundara- Adj. 'schön' (S. 337) soll jüngere dialektische Form
von Sandra- sein. Ich sehe nicht, wie das möglich wäre. Vgl. jetzt
IF. 11, 136.
stavdn (S. 343) wird nach Johansson Bidrag til Rigvedas Tolk-
ning 25 (Skrifter utg. afK. Hum. Vetenskaps-S. i Upsala V. 7) durch
Haplologie aus *stavavän gedeutet. Aber die raii^- Ableitung aus
stdva- M., worauf verwiesen wird, müsste den Wortton doch auf
der ersten Silbe haben (also *sfdvän).
Ich kann, alles in allem genommen, dem Buch kein besonderes
Hillebrandt Vedische Mythologie. 29
Lob spenden. Nach den bis dahin abgelegten Proben des Wissens
und Könnens hätte uns der Verf. Besseres bieten müssen.
Giessen, 28. Mai 1900. Bartholoma e.
Hillebrandt A. Vedische Mvtholoprie. II: Usas. Agni. Kudra. Bres-
lau Koebner 1899. IV und 255 S. gr. 8^.* 12 M.
Dem ersten Bande von Hillebrandts gelehrtem Werke "Vedi-
sche Mythologie", den ich hier in Bd. 8, S. 21 ff. besprechen durfte
und in dem "Soma und verwandte Götter" behandelt wurden, ist
nun der schon lange erwartete zweite gefolgt, dem sich der dritte
in kurzem anschliesen solP). Als der erste Band im Jahre 1891
erschien, da waren zusammenfassendere und ausführlichere Bear-
beitungen der vedischen Göttergestalten noch sehr vereinzelt: Muir,
Original Sanskrit Texts IV 1873, V 1872, ferner Kaegi, DerRigveda,
2. Aufl. 1881, und vor allem Bergaigne, La religiou v6dique 1— III
1878—83 (Tome IV: Index von Bloomfield 1897) sind hier zu nennen 2).
Inzwischen ist das Interesse für die Religion des Veda immer grösser
geworden, die Zahl seiner Bearbeiter hat glücklicherweise Schritt
gehalten mit der Zunahme der Indologen überhaupt, und so stehen
wir jetzt mitten in einer ausserordentlich rührigen Zeit. Nicht weni-
ger als vier umfangreichere 3) und brauchbare Gesamtdarstellungen
sind seit dem ersten Bande von H.s Werk veröffentlicht worden
(Hardv, Die vedisch-brahmanische Periode der Religion des alten
Indiens 1893, S. 23—125; Oldenberg, Religion des Veda 1894, S. 39—
301; Hopkins, The Religions of India 1896, S. 37—160; Macdonell,
Vedic Mythology, Grundr. d. Indo- arischen Philol. u. Altertumsk.
III lA, 1897), und in einem fünften Buche (H. S. Vodskov, Sjaele-
dyrkelse og Naturdyrkelse. I: Rig-Veda og Edda. Indledning og
ferste bog. Kjebenhavn 1890 und 1897) findet sich ein grosser Teil
des vedischen Pantheons in nicht minder gründlicher Weise be-
sprochen. Die Fülle dieser Werke, die fast «alle eigenartig sind,
zeigt nur, wie schwer zu ergründen der Veda ist und wie sich ihm
immer wieder neue Seiten abgewinnen lassen. Und so würden et-
waige weitere Bearbeitungen desselben Stoffes von Pischel und
Geldner, Max Müller, L. von Schroeder, Winternitz u. a. wiederum
einen vollständig anderen Charakter tragen, der nicht allein von
der Individualität eines jeden Gelehrten wie jeden Menschen, sondern
vor allem von dem Standpunkte abhängig ist, von dem aus man die
Poesien des Rgveda überblickt. Kaegis und Hopkins Darstellungen
sind popidär gehalten und zeigen keine bestimmte Färbung. Muir
und Macdonell stellen die meisten, wenn auch lange nicht alle Daten
der Texte über die einzelnen Gottheiten usw. zusammen, deren
Deutung dabei eine mehr untergeordnete Rolle spielt; bei Macdonell
findet man ausserdem reiche Litteraturangaben, wie überhaupt sein
Buch zur genaueren Orientierung sehr zu empfehlen ist. Bergaignes
Werk ist gleichfalls durch Materialsammlungen und auch durch
1) Ein Abschnitt daraus, "Mäyä", ist schon erschienen, vgl.
WZKM. 13 (1899) S. 316-320.
2) Die Schilderungen bei L. v. Schroeder, Indiens Literatur
und Kultur 1887, S. 49—82 und bei A. Barth, The Religions of India,
3. Ed. 1891, p. 1 — 38 sind im allgemeinen zu skizzenhaft, als dass
sie hier in Betracht kämen.
3) Eine knappe, aber nicht üble Skizze der vedischen Mytho-
logie entwirft E.Lehmann bei Chantepie de la Saussaye, Lehrbuch
der Religionsgeschichte, 2. Aufl. II 1897, S. 15—30.
30 Hillebrandt Vfdibcbe Mytliologio.
Kombinationen hervorraffend, aber z. T. von ungiüeklicheii Ideen
beeintlusst, die darin gipfeln, dass es sich in den vedischen Hvmnen
im allgemeinen nicht niu wirkliche Sehilderung'en der Phänomene.
sondern nur um das durch sie dargestellte himmlische, von den
Gi^ttern veranstaltete Opfer liandelt und dass das irdische Opfer
in jenem sein Prototyp bai.i) Vodakov überschaut den Veda von
der Perspektive des Gegensatzes Naturalisrnnit — Animismus.^ In
dem aufgeführten Werke Hardyfi wie in demjenigen Hülebrandts
überwiegen die naturmythologi sehen Deutungen, in Uillebrandls
Werk kommt dabei die Ritnallitteratur in glänzender, wenn auch
öfters — wie mir scheint — irreleitender Weise zor Sprache, Ein
späteres Buch Hardys, seine "Indische Religionsgeschichte" vom
Jahre 1898 (Sammlung Göschen), ist eine gute, wenn auch populär
wiBsenschaftlich gehaltene Ergänzung des früheren, weil in ihm die
kleinen Geister — fast unter zu starker Beeinflussung darch
ethnologische Gesichtspunkte (vgl. Oldenberg Areh. f. Religionsw.
2, 182 f.) — näher beleuchtet werden. Bei einex ev, Bearbeitung
der vedischen Mythologie seitens Wintemits würde, wie sich ans
«einen bisherigen Arbeiten und Bemerkungen scliliesson lässt, die
Ethnologie eine hervorragende Rolle spielen und dabei noch das
indische Epos zu besonderer Geltung kommen. Max Müller und
L. V. Schroeder würden denselben Stoff namentlich unter Verglei-
chung der verwandten idg. Mythologien behandeln"), und bei den
seit dem Erscheinen der "Vedischen Studien" nic^ht mehr zu trennen-
den beiden Gelehrten Pischel und Geldner würde das spätere Inder-
tum und die indische Tradition fili* die Zeichnung der vedischen
Mythologie ausschlaggebend sein. Oldonbergs Buch endlich, das
mit einer eleganten und für jeden Laien ebenso goniessbaren wie
genussreichen Form auch tiefen wisaeneuha »liehen Wert verbindet,
Eeichnet sich dadurch aus, dass es sowohl die allgemeinen Resultate
der Ethnologie (und zwar zum ersten Male) als nuch alle andern
bei der Erklärung des Veda und seiner Mythologie in Betracht
kommenden Hilfsquellen (die Mythologien der andern idg. Völker,
den indischen Kultus, das spätere Indertuni) verwertet. Die ge-
nannten Bearbeitungen der vedischen Mythologie können natürlich,
soweit siii deutend verfahren, nicht sämtliirh methodisch auf dein
richtigen Wege sein, ja mir scheint keine ein volles Anrecht auf
diese Bezeichnung zu haben, wenn mir auch Oldenbergs Buch — bis
auf die (übrigens auf die Schilderung der vedischen Göttergestalten
von unbedeutendem Einflüsse gebUebene) Verwertung der verglei-
chenden (idg.) Mythologie ala eines Mittels zur Erschliessung der
1) Von Regnaiid ist die Theorie, dass es sich im Veda nur
ums Opfer handelt, zur Absurdität ausgebildet worden, namentlich
in seinem Werke "Le Kig-Vtda et les origines de la mythologiu
indo-europeenne" 1 1892 (vgl. darüber z. B, die Rezension von Olden-
berg in diesem Ana. 4, 17 f.). Siehe auch seine neuesten Aufsätze
"Etudes vädique et jpost-vddiques" Ann. de l'Univ. de Lyon, fasc. 38
<1898) und "Le Rig-ViSda et la Religion Indo-Europienne" Bev, de
l'Ecole d'Anthr. de Paris 10 (1900). 1«! ff.
9) Vgl. zur Orientierung über sein Buch die vorzüglichen Be-
richte von R. O. Franke und Hardy in diesem Anz. 3, 111 ff- u, 10, 7 ff.
8) Max Müllers "Beiträge zu einer wissenBcbaftlichen Mytho-
logie" 1898 u. 1899 können füglich nicht als eine Mythologie des
Veda gelten, wenn man darunter eine ausführhche, geschlossene
Darstellung versteht. Aber sie bieten manche interessante Bemer-
kungen über die einzelnen Götter,
UlllobraiidC Vedischi' Mythologie
31
idg. GöttergestaltcQ — deshalb tleo Vorsiuf; zu venlienen scheint,
weil es im übrigen alles Bmuchbare zar ErkltLrung des Veda eben^
so massvoll wie einsichtsvoll heranzieht. Aber selbst die in einer
bestimmten Theorie befangenen Darstellungen der vedischen Mytho-
logie behalten einen hohen Wert, weil sich in ihnen am klarsten
UDd deutlichsten eine bestimmte Seite der Betrachtungsweise Bahn
bricht, die sonst /.u leicht übersehen werden könnte. Mögen sia
dabei auch über das Ziel hinausschiessen, die kommende Zeit wird
sichten, klilren und aul' Grund eines reichen, vielseitig betrachteten
Mat«ri nies leichter zu annfthcrnd aii-heren Schlüssen gelangen, ala
es ihr sonst möglich sein würde. Ich sage "annfthevnd", weil ich es
auf mythologi.4chem Gebiete nicht Für möglich halte in den meisten
Fitllen zu einer ganz sichern Entscheidung zu kommen. —
Auf die Melhodenfrage benüarlich der Vedaeaegeae, spe-
ziell der Vedamyihologie, die wir zuletzt berührt haTjen, kommt auch
H. in den einleitenden Bemerkungen zu Beginn des zweiten Bandes
seiner "VediKchen Mythologie" (S. 1—21) zu sprechen, und so sei
Od mir gestattet daran anznknüpfen, die verschiedenen, von ihm
nud anderen aufgestellten Prinzipien zu prüfen tind meinen eignen
Standpunkt etwas ausführlicher darzulegen. H. macht sich einen
Satz Mas Maliers zu eigen: "Our flrst duly is to try lo Interpret
the Veda from itself" (S. 1). und dem muss auch ich vollkommen
beistimmen. Die Spitze jenes Satzes richtet sich in H.s Sinne gegeu
drei Seiten: gegen die vergleichende Mythologie der indogerm.
Völker, gegen die Ethnologie und gegen das spHtere Indertum. Die
vergleichende Mythologie (vgl. darüber bei H. S. 13 u. 20 1'.)
komtnt auch meiner Ansicht nach l'iir die Exegese des Veda nur in
geringem Masse in Betracht. Die für dieselbe Ansicht bei Vodflkov
lEinleitung) angegebenen Gründe dnd allerdings nicht die meinen.
Nach jenem Gelehrten soll das idg. Urvolk (vor der Spaltung in ein-
zelne Völker) deshalb keine höhere Kultur (entwickelten Ackerbau
und — erst damit verbunden — eine bis zur Flexion vorge-
schrittene Sprache, sowie eine ausgebildete Mythologie) besessen
haben, weil eine solche an die -Scholle gebunden sei und, unver-
mittelt in andre NaturverhUllniase verpflanzt, zu Grunde gehen
müsse. Diesen Gedanken kann ioh nicht für richtig halten. Auf die
kaum je mit Sicherheit zu beantwortende Frage, ob und wie weit
der sogenannten idg, Urzeit Ackertian zuzu seil reiben sei, will ich
hier nicht näher eingehen. Soll aber wirklich ein Htndernngsgrund,
für jene Periode Ackerbau vorauszusetzen, in der Ausbreitung des
idg. Urvolkes liegen? Kann diese nicht trotz Ackerbau eine gani
allmähliche (selbst im Sinne Vodskovs) gewesen sein? Ich meine, jal
Dadurch ist aber andrerseits nicht etwA eine ausgebildete Flexion
und Naturmythologie bedingt: diii Polynesier haben Ackerbau, aber
nur einf Art agglutinierende Sprache; die Melanesier haben Acker-
|lwo. aber keine Naturmythologie.') Bei der Unsicherheit dieser gan-
K 1) Tch denke mir die idg. Ursprache als ein
J^glu Linierend und flektierend, da ja schon die
gen in den Flexionen der Einzels p rächen auf e
matertal hinweisen. Wie nun gewisse Lauterscheinungen fast i
allen idg. Sprachen auftreten und doch nicht uridg. Bind (so z. b.
der Übergang von t-^-l in st), sondern sich entweder unabhängig
•DO einander gleichartig entwickelt haben oder Infolge der gegen-
■Itigen Beeinflussung von Volk zu Volk gleichartig wurden, so
■nnen auch die gleichartigen Flesions formen unabhängig von ein-
Bder a. B. durch Zusammenwachsen ^'ou "Nominalstamm" und
32 Hillebrandt Vedische Mythologie.
zen Frage können wir also von hier aus keinen Schluss auf das Vor-
handensein oder Nichtvorhandensein einer Naturmythologie beim idg.
Urvolke ziehen. Dagegen sollte man, wenn diese Annahme richtig
wäre, eine grössere und allgemeinere Namensübereinstimmung zwi-
schen den gleichen mythologischen Gestalten der idg. Einzelvölker
erwarten, die sich trotz Max Müller nicht erweisen lässt .(wenigstens
nicht für eine exakte Sprachwissenschaft). Eine solche Übereinstim-
mung liegt z. B. in Polynesien vor, wo die gleiche Mythologie doch
ebensowenig wie die gleiche, auf gemeinsamen Ursprung hinweisende
Sprache nur auf Verkehrsbeziehungen der Inseln unter einander
beruhen kann (gegen Vodskov)i); und wenn auch die Trennung
dieser Völker gewiss nicht annähernd so weit zurückliegt wie die
der idg. Völkerschaften, so ist doch kaum anzunehmen, dass alte
mythologische Namen bei den letzteren fast durchgehends durch neue
ersetzt worden sein sollten: das ist auch in den historisch verfolg-
baren Perioden der idg. Völker nicht in irgendwie hier in Betracht
kommendem Massstabe der Fall. Was in der religiösen Vorstellunffs-
welt der idg. Völker am besten übereinstimmt, sind auch nicht die
Naturmythen, sondern die animistischen Elemente. Ich kann daher
auch nur letztere und von den ersteren höchstens Ansätze für die
Zeit des idg. Urvolkes voraussetzen; denn diejenigen Naturmythen
der idg. Einzelvölker, die scheinbar gleichartig sind, können eben-
so, wie die gleichartigen Laute und die gleichartige Flexion, auf
ganz unabhängiger Ausbildung, gegenseitiger Beeinflussung oder
folgerichtiger Weiterentwickelung von Keimen beruhen. 2) Jene Ur-
mythologie und Urreligion des idg. Volkes nun genau rekonstruieren
zu wollen (vgl» L. v. Schröder Mitth. Anthr. Ges. Wien 25, 4; Winter-
nitz Globus Bd. 77, 65a u. Bd. 78, 376b; Oldenberg ZDMG. 49, 174)3)
halte ich für ebenso verfehlt wie die Rekonstruktion der idg. Ur-
sprache (vgl. Foy IF. 10, Anz. S. 2).'*) Das, was wir günstigsten Falls
durch Vergleichung erschliessen, kann keinen Anspruch darauf erhe-
ben, je wirklich so bei einem Volke und zu 6iner Zeit existiert zu
haben. Begnügen wir uns mit der viel lohnenderen Aufgabe die
einzelnen idg. Völker in ihrer ältesten Kulturentwick-
luug verstehen und die historischen Verhältnisse auf
einer breiteren Basis würdigen zu lernen! Insofern kommt
Postposition, "Verbalstamm" und Personalpronomen usw., die noch
in der Ursprache getrennt waren, entstanden sein. Doch nicht in
allen Fällen braucht die "Flexion" erst in einzelsprachlicher Zeit
sich entwickelt zu haben, denn die agglutinierende Periode ver-
schwindet nicht mit einem Schlage, sondern nur allmählich. Schritt
für Schritt. Als ein Beispiel für eine solche Sprache, die sich auf
dem Übergänge vom Agglutinieren zum Flektieren befindet, möchte
ich das Elamische aufführen, das ich aus eigenem Studium näher
kenne und über das ich daher am besten urteilen kann (man ver-
gleiche meine grammatischen Bemerkungen ZDMG. 52, 122 ff., 565 ff.).
1) Welche Sprache hätten denn dann die einzelnen kleinen
Völker vor den Verkehrsbeziehungen gehabt?
2) Vgl. hierzu und über Namensübereinstimmung der idg.
Götter auch 0. Gruppe Arch. f. Religionsw. 2, 268 ff.
3) Sieckes Vortrag "Die Urreligion der Indogermanen" 1897
ist nichts weiter als das Kind einer Tendenz: neben der Sonne na-
mentlich den Mond als bedeutendste Gottheit der Urzeit nachzuweisen.
4) [Ganz unrichtig ist es, wenn Winternitz Globus 78, 376 direkt
als Aufgabe der idip. Sprachwissenschaft die Rekonstruktion der
idg. Ursprache hinstellt. Korr.-N.]
Hillebrandt Vedische Mvtholoffie. 33
15'
dann das Material der vergleichenden (idg*.) Mythologie ebenso wie
das der Ethnologie bei der Erklärung der vedischen Göttergestalten
nur als Parallele in Betracht, die vergleichende Mythologie ist nichts
andere« als ein Zweig der Ethnologie (vgl. auch Winternitz Globus
77, 65 b), und über deren Benutzung werde ich mir im Folgenden
Einiges zu sagen erlauben.
Sehr richtig urteilt H. S. 2 über den Wert der Ethnologie
für die Vedaexegese, wenn er sagt: "ihr entnehmen wir einen Mass-
stab, an dem wir die Ergebnisse unsrer Forschung in Bezug auf
ihre allgemeine Wahrscheinlichkeit in beschränktem Umfange prüfen
können . Ebenso treffend bemerkt L. v. Schroeder WZKM. 9, 109:
"(sie) rückt Vieles, was uns von diesem oder jenem Kulturvolk aus
alter Zeit überliefert ist, in ein ganz neues Licht, nimmt ihm den
Charakter des Singulären". In diesem Sinne angewandt ist die Eth-
nologie von unschätzbarem Werte für die Vedaforschung, und ein
deutliches Beispiel derartiger Förderung liegt uns in Oldenbergs
"Religion des Veda" vor. Namentlich wird dadurch auch die Be-
trachtungsweise des altindischen Rituals befruchtet, wie andrerseits
auch dieses, seiner hohen Ausbildung und genauen Fixierung wegen,
für die Ethnologie von Nutzen sein kauD, was ich schon in meiner
Rezension von H.s *'Ritual-Litteratur" (Arch. f. Religionsw. 1, 111 f.)
ausgesprochen habe. Dagegen wäre es sehr zu bedauern, wenn
die Vedaforschung aus gleichen mythologischen oder das Ritual
betreffenden Daten bei andern Völkern auf gleiche Ursache, gleiche
Entstehungsweise schliessen und sie' in diesem Sinne zur Erklärung
ihrer eignen Rätsel heranziehen wollte. Denn es ist ganz verkehrt,
wenn Winternitz Globus 77, 65 ^> von einer Notwendigkeit redet
gleiche Erscheinungen aus gleichen Ursachen zu erklären. Er über-
sieht dabei vollkommen die Erfahrungen der Sprachwissenschaft wie
auch der Völkerkunde selbst; gerade diese sollte durch sich selbst
vor einer derartigen falschen Anwendung der Parallelen warnen.
Wenn man z. B. sieht, wie bei den verschiedensten Völkern der
Erde und sogar bei nahverwandten dasselbe lineare Ornament aus
ganz verschiedenen naturalistischen Darstellungen entsteht, so ge-
hört — meine ich — eine grosse Kühnheit dazu mythologische Er-
scheinungen vergleichen und bei gewissen Übereinstimmungen auf
gleiche Ursachen schliessen zu wollen. Selbst wenn wir den Mythus
des einen Volkes seinem Entstehen, seiner Geschichte nach ganz zu
begreifen vermögen und wenn wir ferner den in seinen Resultaten
gleichen Mythus eines andern (auch verwandten) Volkes in gleicher
Weise entstehen lassen können, selbst dann haben wir keine Be-
rechtigung zu sagen, der letztere sei durch den ersteren in seiner
Geschichte aufgeklärt. Erst wenn sich noch mehrere Anhaltspunkte
für die Geschichte des noch dunklen Mvthus finden, die sich durch
die Parallele zu einer geschlossenen Ketto zusammenreihen lassen,
erst dann haben wir ein Recht auf die Parallele etwas zu geben,
ohne natürlich selbst da frei von Trugschlüssen zu sein. Ich glaube
also nicht mit Winternitz (Globus 77, 65»), dass die Ethnologie (und
damit allerdings auch die vergleichende Mythologie) ein Mittel ist
zur Erforschung der ältesten mythischen Vorstellungen der indo-
germanischen Völker; ich erkenne vielmehr Max Müller (Beitr. zu
einer wissensch. Mythologie, 2. Bd., S. 166) ein Recht zu zu sagen: "so-
lange wir die Vergangenheit oder die Gründe oder den Zweck eines
Gebrauches oder eines Glaubens nicht kennen, sind alle Verglei-
chungen [zu seiner Erklärung] .... vergeblich und können sogar
Unheil anrichten**.
Auch bezüglich des späteren Indertums stimme ich H.s
Anzeiger XII 1. 3
34 Hillebrandt Vedischi' Mjiliolögic,
Ansicht hei, daea es bei dt^r Vrdaexegcse uicht Führeriii, sondern
nur Gchillia sein kann (S. 7 fl'.). Uuzweifelhaft sind I'ischcl und
Geldner in der Identifizierung des späteren IndercumK mit den Ve^
hKItuiHsen deeVeda zu weit gugangcn; eheneo ist ihre Wertschätming
UDd Benutzung der indischen Kommentare und Wörierbüelier eowie,
damit zuBAmmcnhängend, ihre Worterklärung und Inierpreiation
ganz unhnllbsr. Die von ihnen angenommenen Bedemnnfja'iber-
g9ngo sind zumeist vo1lstäudi<; unbegreiflich (vgl. darüber z. B. Hille-
brandt, Vedaiiiterpretation S. G fl'.), und ihre neuen, auf die indischen
Erklärer zurückgehenden Deutungen Ussen sich, soviel ich sehe,
fKHt HKmtlich als unzutreffend erweisen. Dagegen verkenne ich nicht,
dasa erst durch die genannten beiden Gelehrten ein ausgeprägteres
indisches Kulturbild in den Veda hineingetragen worden ist, ala
man vorher darin gesehen hat, und dies ist, wie mich dünkt, nicht
zum Nachteile für das feinere Verständnis des Teda gescheheu-
Der Hftuplwert der späteren Litteratur für die Vedaexegese beruht
darin, dase nie uns ein klares und deutliches Bitd von di^r spezifisch
indischen Kultur entwirft, wonach das \'erschwommene^ das wir
sonst von der vedischeu Kultur erhielten, in krültlgeren Zügen und
frischeren Farben ausgeführt werden kann. — Bei dietjcr ganzen
Frage darf aber der Rgvedit [um ihn handelt es «ich doch haupl-
s&chlich) uicht als Ganzes betrachtet werden. Der 9gveda zerlJLllt
ja bekanntlich in verschiedene Teile, von denen die einen nament-
lich tnbeziig auf die Sprache, aber z. T. auch deutlich in kleineren
Punkten der Religionsanschauungen, der späteren Zeit näher stehen
als die andern. Von den meisten Vedarorschern ist dieser Unter-
schied zeitlich aufgefasst worden (vgl. besonders Hopkins, Prä^Athi-
k*ni I, JAOS. 17, 23 ff.) und hat sogar zu pedanlisch-mlnutiösen
Altersbestimmungen kleiner und kleinster Teile des Rg veda geführt
(Arnold, "Literary epochs in the Rigveda" KZ. 34, 297 ff.; "Hislorical
Vedlc Gramraar" JAOS. 18, 203ff.; ["Rigveda VII. 33" KZ. 37, 207 IT.]).')
Aber welche Berechtigung haben wir zu dieser Annahme? Es ist
doch in den meisten Fallen mindestens ebenso wahrscheinlich, dass
lokale Unterschiede vorliegen, und hier scheint mir H. in seinen geist-
reichen Auseinandersetzungen über das 6. und 7. Buch (Vedische
Mythologie I, 83 t^.) den einzig richtigen Weg für eine gesunde Veda-
exe^ese gezeigt zu haben (vgl. meine Rezension: IF. 8, Anz. S. 23).
Diejenigen Teile des flgveda, die sprachlich dem klassischen Sans-
krt näher stehen, sind jedenfalls in weiter Östlichen Gebieten, der
Wiege des späteren Indertums. entstanden, während die andern
Teile weiter westlich bis nach Iran hinein zu Hause sind, wo noch
sur selben Zeit ein entwicklungsgeschichtllch zumeist älteres Stadium
herschte. Aus dieser, wie ich glaube, wohlbegründeien Annahme
folgt des weiteren, dass die Kultur (inkl. Mythologie) der einzelnen
Teile des Rgvedn eine verschiedene sein wird: die in der Sprache
I) Die Zerstückelung der Veda in kleinere und kleinste Teile,
wie sie namentlich von Arnold auf Grund sprachlicher und metri-
scher Momente in fast mathematischer Weise vorgenommen worden
ist, sollte von vornherein als verkehrt abgewiesen werden. Denn
dies Verfahren berücksichtigt gar uicht die individuelle Sprechweise
einzelner Sänger und die Gewohnheiten der Sängerfamilien ; ferner
ist nicht bedacht worden, dass die Hymnen des Veda nicht von
unsern nur an Regeln gewohnten Gelehrten, sondern von freier
empündeuden Dichtern geschaffen sind, die sich au das Normal-
mecruni nicht sklavisch binden, sondern sich Abweichungen erlauben
(vgl. auch Uillebr.iudt, Vedainterpretaiion 1895, S. 14].
Hillcbrandt Vedische Mythologie,
35
,der klasRiBchen Litteratur näher stehenden werden ihr auch kul-
:ell (also auch mythologisch) mehr verwandt sein als die übrig'en.
£a gilt also jene Teile des $ßveda in der Weise, wie es H. s'ethnn hat,
zDaSchBl in grösseren ZUgen zu lUDgrenzen,') und dann besteht die
Aufgabe für jeden einzelnen eine Art Kulturgeschichte zu schreiben.
Ich glaube bestimmt, daas man erst dadurch zu einem besseren
VersiändniBse mancher Göttergestalten gelangen wird, wenn man
nicht mehr alles, was die verschiedenen Bücher über sie berichten,
was aber nicht organisch zusammen gehört, zu einem glatten Bilde
, des Gottes verarbeiten will.
Wenn wir, wie wir im Vorangehenden auseinandergesetzt
haben, weder der Ethnologie (inkl. der vergleichenden Mythologie)
.noch auch dem späteren Indertum eine führende Rolle bei der Er-
.lüUrung des Vcda zuerkennen können, so bleibt — abgesehen von
der Berücksichtigung der nicht besonders ergiebigen iranischen
Religion (Avesta) — nur übrig, die vedische Mythologie mit U. (S. I)
«ufzubftuen auf sorgfit Itiger Exegese der Texte und auf dem
~ultH8 (die Bituallitteratur ist jedoch m. E. nur mit aussersCer Vor-
sicht in gebrauchen!), ohne irgend welche Theorien aufkom-
men zu lassen (E. 5. 3). Ich glaube aber zu bemerken, das» H.
selbst von Theorien nicht frei ist — wer wflre dies auch? — , denn
er möchte für den Veda so wenig wi« möglich zugeben, dass eine
Göttergestall auch auf etwas Anderem als der Personifikation von
Naturmächten beruht. So bleibt er bei seiner Erklärung von Yama
Als Mond und Vivasvaut als Sonne (vhI.*) S. 13 f., 20, 47, 94 Anm. 3,
106 Anm. 3, 141 Anm. S, 311), und dabei scheint er meine Deutung
in diesem Anz. 8, 28 IT. für ctymologiseh beeinflusst zu halten. Das
ist sie nicht, denn ich sehe mitH. einen schweren Fehler darin, sich
bei mythologischen Deutungen von der Etymologie eines Goitcr-
namen's (abgesehen natürlich von solchen wie Särya und Agni)
leiten zu lassen, einen Fehler, von dem jedoch selbst Gelehrte wie
Oldenberg nicht frei sind (vgl. z. B. bezüglich Savitnr: ZDMG. 51,
475 ff.). Wenn aber die ungesuchte Etymologie^ übereinstimmt mit
den ßesultaten, die man sonst über den betr. Gott bzw. die ver-
meintliche Gottheit (wie z. B. VivasvÄUt) gewinnt, dann kann sie
gewiss nur zur ErhSrtnng dieser Resultate dienen. Eine vorurteils-
treie Exegese der vediachen Texte, namentlich der ülteren Teile,
scheint es mir nun auszuschliessen. dass Vivasvant und Yama von
Haus aus etwa« anderes nis erster (Soma-i'1 Opferer und erster Mensch
gewesen sind, wobei von dem NPr. Vivasvant ein atif beliebige Er-
scheinungen anwendbares adjektivisches rivanrant zu trennen ist.*)
1) Aus neuerer Zeit beachte maa: Weber Vedische Beiträge Ö:
Zu Mandala II der Rik-SamhitA. Sitzber. Preusa. Ak. Wiss. 14. Juni
1900, S'. '601 ff.
2) Die Indizes in H.s Buch versagen hier, wie öfters im ersten
[ £ande,
3) Meine Etymologie von Yama a. a. 0. S. 33 gebe ich durch-
Laus nicht als eine schlagende aus, aber die ülteren sind es aus sach-
(.Heben Gründen erst recht nicht.
4) In ähnlicher Weise, wie ich fgv. vivasvant behandelt habe,
tTerflihn H. inbezug auf viräj (H 50 f.): auch hier ist mit Recht nicht
Kaltes auf eine und dieselbe Persönlichkeit zu beziehen. Dass das
EjLppellativum vivasvant schon stellenweise im RV. zu einem NPr.
Fder Sonne geworden ist, will ich nicht leugnen. So wohl X IT,
~ wo ich jetzt im Hinblick auf II. S. 47 (vgl. auch S 13 f.)
36 Hillebrandt Vedische Mythologie.
Ich sehe auch mit Oldenberg ZDMG. 49, 172 f. nicht ein, warum
nicht bei den Indern Menschen zu Göttern geworden sein sollten.
Liefert doch H. selbst durch seine ebenso geistreichen, wie treflPenden
Untersuchungen über die Panis (vgl. dazu meine Rezension in diesem
Anz. 8, 22 sowie H. II 48) einen Beleg dafür, dass ein ganzer Stamm
zu einem Dämonengeschlecht geworden ist; ferner siehe H. zu An-
giras, Bhrgu, Atharvan (II 155 ff.). Ebenso verstehe ich nicht, wie
man sich an der Vergöttlichung hervorragender Rosse — von
einem Versetzen der Rosse an den Himmel ist nicht die Rede! —
stossen kann (H. S. 2, vgl. auch '*Vedainterpretation" S. 17); denn
wenn Dadhikrävan und Tärksya (zum letzteren vgl. vorläufig: Foy
KZ. 34, 266 ff.) nicht irdische Rosse gewesen wären, wie sind da die
Schilderungen der grossen Wettrennen zu erklären, an denen sie
nach den Texten hervorragenden Anteil genommen haben? An
dem Charakter des Rgveda als eines religiösen Liederbuchs wird
durch solche Deutungen nichts geändert, auch ist man deshalb noch
weit davon entfernt den Euhemerismus zu übertreiben, wie es H.
in seiner prächtigen Satire **Die Götter des Rgveda" (1894) gethan
hat. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass man in gleicher Weise eine
Satire über die naturmythologische Schule schreiben könnte. So
scheint mir H. (S. 2, 17 ff.) auch die Abstraktgötter mehr einer
Theorie zu Liebe abzulehnen (vgl. dagegen Oldenberg, Religion des
Veda 227 ff., ZDMG. 49, 172 f. u. 51, 473 ff.), obwohl auch ich manche
der Oldenbergschen Abstraktionen (wie Püsan, Brhas- oder Brahma-
naspati, Visnu, auch Tvastar) nicht akzeptieren kann und mir über
andre (wie Savitar) noch unklar bin. Wenn ich mich mit andern For-
schern gegen die übertriebeneNaturmythologie wende, wenn wir einige
Götter nicht immer und immer wieder als Sonne und Mond deuten,
so leugnen wir damit nicht, dass dieselbe Naturerscheinung als eine
Vielheit von Göttergestalten auftreten kann und im Veda wirklich
auftritt. Wir leugnen nur, dass nun alles als solche Naturgötter
aufgefasst werden miiss, was irgend die Züge eines solchen be-
kommen hat (wie Yama und die Rennpferde). Übrigens möchte ich
darauf hinweisen, dass ich H.s Ansicht, der vedische Polytheismus
verdanke einen Teil seiner Vielköptigkeit der Verschmelzung von
Göttern verschiedener Zeiten und Stämme, durchaus nicht IF. 8, Anz.
S. 25 entgegengetreten bin, wie H. S. 14 f. meint. Ich habe mich
nur dagegen gewandt dies Moment allein als Erklärung anzuführen.
folgendermassen übersetze: "'Tvastar veranstaltet für seine Tochter
[Süryä=Usas] die Hochzeit': so redend kommt hier die ganze Welt
zusammen; 'Yamas [des Mondes] Mutter [die Nacht], des grossen
Vivasvant [der Sonne] Gattin, ist bei ihrer Heimführung verschwun-
den'. — Sie [die Götter] verbargen (nämlich) die Unsterbliche [die
Nacht] vor den Sterblichen, schufen eine gleichfarbige [Süryä] und
gaben sie dem Vivasvant. Und sie [Süryä] gebar die Asvin, wie
das geschah, und.verlies die Zwillinge, die rasche." Das wesentlich
Neue in dieser Übersetzung ist, dass ich auch Ic— d von der er-
staunten Welt gesprochen sein lasse, — schon das Perfektum ver-
langt diese Auffassung. Unklar kann eigentlich nur noch la bleiben;
jedoch glaube ich, dass wir hier in Tvastar nur den göttlichen
"Schöpfer" aller möglichen Dinge sehen dürfen, der als solcher im
besonderen das ausführt, als dessen Urheber in V. 2b die Götter
im allgemeinen genannt werden. Sind von mir die beiden frag-
lichen Verse richtig erklärt, so ergiebt sich, dass die Asvin nicht
Sonne und Mond sein können, wie H. S. 42, 50 vermutet.
Hillebrandt Vedische Mvtholoffie. 37
O'
Ausserdem habe ich H.s Ausdruck "unbrahmanisch" nicht so ver-
stehen können, wie er ihn jetzt nach S. 15 f. verstanden wissen will.
Meine Bemerkungen a. a. 0. erledigen sich damit teilweise. Ich
halte aber daran fest, dass die Seite der vedischen Religion, die
im Rgveda als fremd oder nicht ausgebildet erscheint und die im
Atharvaveda zusammensrefasst ist, nicht nur auf unindische Völker
oder "unbrahmanische" Inder, auf die die vedischen Stämme stiessen,
zurückzuführen ist, sondern viel eher die niedere Volksreligion, den
Aberglauben und Animismus der vedischen Stämme selbst reprä-
sentiert.
Soll ich meine im Vorangehenden z. T. ausführlicher begrün-
dete Ansicht über die beim Veda zu befolgende Interpretationsweise
kurz zusammenfassen, so möchte ich es so thun: Man niuss den
Veda aus sich selbst (natürlich unter Benutzung der Errungen-
schaften der Sprachwissenschaft) und mit Hilfe des Kultus, nicht
mit Hilfe der indischen Erklärer zu verstehen suchen, aber man
muss an diese Aufgabe mit einer breiteren Kenntnis des späteren
Indertums, der indogermanischen Völker und der Ethnologie heran-
treten und muss sich vor Einseitigkeit bewahren. Mann muss den
Veda als poetische Schöpfung betrachten und sich in die Stimmung
-des einzelnen Sängers versetzen. Man darf nicht Alles nach einem
und demselben Massstabe messen oder auf eine Linie stellen wollen,
sondern muss bedenken, dass die Hymnen zu verschiedener Zeit,
namentlich aber auch an verschiedenem Orte, von verschiedenen
Menschen, unter verschiedenen Einflüssen gedichtet worden sind,
dass sie also — nicht nur infolge zeitlicher Unterschiede — äusser-
lich und innerlich ganz verschiedenes Gepräge tragen können, so-
wohl in der Sprache wie in der Mythologie, sowohl im Metrum wie
im Ausdrucke der Gedanken. So wird es bessere und schlechtere
Leistungen geben, aber man darf den vedischen Sängern nicht zu-
muten, dass sie ungereimtes Zeug verfassten (vgl. dazu schon Fov
KZ. 36, 126). —
Wir kommen nun zur Besprechung derjenigen Abschnitte des
H.schen Werkes, die sich auf die Göttergestalten selbst beziehen.
Der vorliegende Band beginnt (S. 23—53) mit einer Behandlung von
Problemen, die mit der Usas, "der anmutigsten Göttin, die den ve-
dischen Himmel schmückt", in Zusammenhang stehen. H. sieht in
den Usasliedern Neujahrslieder (S. 26 ff.), und zwar schliesst er dies
vor aiiem aus dem Ritual. Die Hymnen selbst bieten für diese
Annahme keinen Anhalt: VII 80 hat für mein Empfinden nichts von
einem Neujahrsliede an sich; auch aus prathamä äyatindm 1 113, 8
u. 124, 2 ist wegen des Zusammenhanges nichts zu schliessen;
jänäty dhnah prathamäsya näma 1 123, 9 bezieht sich auf den ersten
Erdeutag, den die Usas auch zuerst gekannt hat, weil sie stets
prathamä ist; dhnäm netri RV. VH 77, 2. TS. IV 3, 11. MS. II 13, 10
ist. Usas als diejenige, mit deren Erscheinen die Tage beginnen;
ftünäm patnl heisst sie MS. II 13, 10 (= TS. IV 3, 11), weil sie die
drei Jahreszeiten (vgl. dazu H. S. 33 ft*.)^) einleitet, ähnlich wie die
Neujahrsnacht (Ekästakä) samvatsarasya patnl genannt wird (TS
1) In der Beziehung des rgv. Dreiklangs gävafi^ äpaljL, svar
auf Frühling, Regenzeit, Sommer scheint mir jedoch H. zu weit zu
gehen. — Zu der S. 34 Anm. aufgeführten Stelle RV. VII 33, 7
möchte ich beiläufig bemerken, dass jyotiro in Pada b doch nur auf
u^asam in Päda c verweisen kann, dass also dieser Päda zum vor-
angehenden in logischer Gedankenfolgc steht.
38 Hillebrandt Vedische Mvtholos^ie.
o'
VII 4, 8, 1), und daher ist auch von drei Usas die Rede (v^I. H.
S. 33). Ich sage mit diesen meinen Bemerkungen zumeist nicht»
Neues, aber es ist doch wichtig die alten Deutungen nochmals zu
konstatieren, um zu zeigen, dass die Usaslieder keinen Zug eine»
Neujahrsliedes enthalten. Und deshalb ist, wenn sie auch an sich
für die Neujahrsfeier gedichtet sein könnten, diese Annahme höchst
unwahrscheinlich. Wir würden es dann mit bestimmter gefärbten
Liedern zu thun haben, wie bei dem an die Neujahrsnacht gerich-
teten (AV. III 10). Dazu kommt ein weiteres Moment. Wenn die
Usaslieder als Neujahrslieder gedichtet worden wären, so müsste
das in einem Lande geschehen sein, wo der kürzeste und längste
Tag bedeutend differieren, wo man Ursache hat die Wiederkehr de»
Lichtes zu feiern; dann Hessen aber auch die Vergleiche mit dem
Heraustreiben des Viehs den von H. S. 38 f. hineininterpretierten
Sinn deutlich erkennen, während in Wirklichkeit nichts von festen
Winterställen, aus dem das Vieh zur Frühlingszeit herausgetrieben
wird, zu spüren ist. Daher können jene Vergleiche nur so aufgefasst
werden: wie man vor Feinden das Vieh in sicheren Verstecken und
Ställen zu hüten sucht, so gelingt es den Dämonen der Finsternis
die Kühe der Morgenröte einzuschliessen ; aber die Mächte des Lichts
und des Opfers sprengen die Verschlüsse jeden Morgen und treiben
die Kühe heraus. Das Ritual darf, seinem sonstigen Aufbau ent-
sprechend, bezüglich des eigentlichen Wesens der Usaslieder nicht
ausjschlaggebend sein, und auch in den Beziehungen der Usas zu
den Manen kann ich keine Stütze für H.s Ansicht sehen. Wenn
die Manen das Licht, speziell die Usas finden, so geschieht es doch
nicht deshalb, weil die ihnen geweihte Zeit des Jahres am Ende
desselben, vor Beginn des neuen Jahres liegt und ihr programm-
mässiger Ablauf gcwissermassen das neue Jahr, das neue Licht be-
dingt (80 H. S. 29 f.). Ich verstehe nicht, wie H. zu dieser Annahme
kommen konnte, da doch im RV. die Are der Lichtgewinnung durch
die Manen oder mit ihrer Hilfe ganz anders geschildert wird und
H. selbst (S. 31 ff.) diese Stellen in besonderem Sinne, als ein An-
singen des neuen Jahres, als eine alte Kunde von Neujahrsliedern,
deutet. Ich kann ihm aber auch hierin nicht folgen. Die That der
Kavis der Vorzeit ist m. E. eine kosmogonische Sage; sie bezieht
sich auf ein einziges Begebnis, nicht auf einen wiederholten Brauch:
das Opfer der Väter hat den Berg (das Dunkel, die ewige Nacht)
gespalten und die Kühe der Morgenröte (das Licht) erscheinen
lassen, wie das Opfer sonst die Natur zwingt rtena zu walten. Dass
der RV. diese That der Väter gerade bei der Jahreswende (pari-
vatsare) geschehen sein lässt (nach X 62, 2), ist doch sehr begreif-
lich: die Usas kennt den Namen des ersten Tages (I 123, 9), sie hat
ja den Begriff "Tag" überhaupt erst ermöglicht, ist also am ersten
aller Tage erschienen, den sich der Sänger als ersten Tag eines
Jahres vorstellen niusste; so konnte sich ohne weiteres die Anschau-
ung entwickeln, dass gerade an einer Jahreswende erstmalig die
Scheidung in Tag und Nacht eingeführt worden sei. Etwa nun
schliessen zu wollen, dass die Usaslieder nur für Wiederholungen
des ersten mythischen Neujahrszaubers gedichtet worden seien, da-
für haben wir in den Liedern absolut keinen Anhalt. — S. 41 f.
deutet H. Sürya als Usas. Dem stimme ich bei (gegen IF. 8, Anz.
29), ohne mit H. einen bestimmten Zeitpunkt (den ersten Vollmonds-
tag des neuen Jahres oder des Frühlings) für die Hochzeit des
Mondes mit der Usas oder Sürvä annehmen zu können. — Saramä
mit Usas zu identifizieren, wozu H. S. 48 ff. neigt, leuchtet mir nicht
ein. Usas kann doch nicht selbst ihre Rinder, d. h. sich selbst, auf-
^^^g^ Hillebrnndl Vedische Mythologie. 39
flnden? Wenn aber J(>ne IdentitlkRtiati dasRichCig'e träfe, so wäre
es nur nntlirlkh. niil H. in den beiden SäraDievaü. den Kindern der
Sarainä, Sonne und Mond zu suchen {v^\. die Viräj mit ihren beiden
KHIbern). Müssen jedoeh Sarama und die Sflrameyas wirklich einen
naturmythologl sehen Hintergrund haben? — Ferner glaubt H. In
der Viräj Bin Synonymum dev Usas zu erkennen (S. öOtf.i. Wo
TOn einem Kalb der ViraJ pesprochen wird, bezieht er es auf die
Sonne; wo von zweien die Rede ist, auf Sonne und Mond. Ich ge-
stehe, dass diese Deutungen viel für sich haben. Der Schiuaa von
fi.s Kapitel "Usas" (S. 52 f.) bringt einige interessante Bemerkungen
' Aber die Legende von einem Inceste des Vaters Himmel (nach den
Brfthnmnaa; Prajftpati) und seiner Touhter Usas, der auch den vedi-
achen Dichtem bekannt war.
Das nSchste Kapitel ist A^ni gewidmet (S. 55— 154). Gerade
dieser Qotl, bzw. die an ihn gerichteten Hymnen hnbeu in jüngster
.£eit neben Rudra besonders zahlreiche Behandlungen erfahren. Ich
Senue ausser den zusammen fassen den vedischen Mythologien: M.
Müller, Phya. Religion 1892, S. 139-198, 246-268 n. sonst; v. Schroe-
4er WZKM. 9. 226 ff. (1895); Kerbaker, II Dio Agni nel Rigveda 1896
{Atti della reale aec. di archeol-, lett. e belle nrti 17, Parte I, Nr. 4);
Vodskov, Sjicledyrkelse og Natu rdvrk eise 1 1897, S. 74— 236 (vgl. da-
BU Hardv IF. 10, Anz, S. 9 f.); Oldenberg Hvmns tn Agni (Mandalas
1—5) = SBE. 46, 1897. H. geht den auf Agni bezüglichen Problemen
^nz selbständig zu Leibe und kommt dabei zu gnnis neuen Lösun-
gen. Nach einigen Vorbemerkungen, die dem Leser die Probleme
eniwickeln sollen und zugleich die mehr oder weniger ephemeren
Formen Agnls kurz abhandeln, folgen zunüchet der VolIstJLndigkeit
halber eine Darstellung der äusseren Hervorhringung des Feuers,
aowie Bemerkungen über die Zelt der Anlegung und die Pflege
desselben. H.s Annahme, dass sich diejenigen RV, -Stellen, wo vou
Agnis Wohnen im Dunkel gesprochen wird, auf die den Manen ge-
freihle Periode des Jahres(schlusses) beiiiehen und es Mch bei Agni»
Befreiung ans dem Dunkel usw. um die Erzeugung des Neufeuers
Un Neujahrsiago handelt IH. S. 61 ff.>, kann ich ebensowenig bei-
;pflichtea wie seiner Erklflrung der Usaslieder als Neujahrs Med er;
Wir haben in den Texten absolut keinen Anhalt dafür. — Des wei-
'teren kommt H. auf die drei Feuer im Ritual, G&rliafiaiya, Ähava-
Bvlya und Daksina, zu sprechen (S. HS ff.). Er sieht in diesen drei
JPeuern, von denen jedes einer der drei Welten (Himmel, Erde, Luft-
'mum) zugeschrieben wird und die d«r Sache nach auch schon im
^V. vorliegen, die drei Formen Agni« im FIV. und versteht folglich
Änter dem "Agni in den Wassern" dt^n Agni des Luftraumes. Der
Agni des Himmels ist die Sonne und der Agni der Erde das HaUR-
jfeuer; was ist nun der Agni des Luttranmesy Nach H. kann es
^ aicbt der Blitz Kein, weil dieser nie mit dem Daksinareuer in Be-
ziehung gesetzt wird, sondern zunächst nur Väyu, der Beherrscher
des Luftraumes, der auch als Agni in den Brähmanas bezeichnet
wird. Das Feuer des Luftraumes ist aber nun zu gleicher Zeit das
Bfanenfeuer, weil Wind- und Seelenkuli von altersher in naher Be-
siehung stehen. Da nun die binnen nach andrer Ansicht im Mond
Jökalisierl werden, so kann "Agni in den Wassern" auch der Mond
■ein. Diesem Gedankengange H.s kann ich gleichfalls nicht bei-
iftimnien (vgl. v. Schroeder in seiner Rezension von H.s Buch WZKM.
all, 288 ff.): es IHsSl sich durch nichts erweisen, dass die drei Formen
Agnis im RV, steh mit den drei Opferl'euern decken; würe "Agni
4h den Wassern" wirklich gleich V&yu oder Mond, den beiden Re-
brtsentanten des Daksinaleuers, so inüsste in den Hymnen doeh
40 Hillebrandt Vedische Mythologie.
eine nähere Beziehung zwischen beiden Teilen ausgesprochen sein,
wie z. B. zwischen Agni und der Sonne^ das ist aber nicht der Fall.
— H. spricht dann über die drei Opferfeuer im RV. (S. 96 ff.). Auf-
fallend ist, dass aus diesem Hymuenbuche bisher nur das Gärha-
patya-Feuer mit Namen bekannt ist, obwohl drei Feuerherde ver-
schiedentlich erwähnt werden, darunter deutlich ein Manenfeuer
(vgl. H. S. 107 ff., zu RV. X 16, 9 ff.). H. findet nun den Dak§i-
nägni, das Süd- oder Manenfeuer, in Naräsamsa (und Brhaspati)
wieder, worunter zugleich ein durch das Feuer repräsentierter
Todesgott zu verstehen sei. Ich muss jedoch Oldenberg ZDMG. 54,
49 ff. recht geben, dass für den RV. — im allgemeinen, wie ich hin-
zufüge — naräsamsa als "das von den Priestern vorgetragene Preis-
lied", als "der Genius, welcher dieses Preislied verkörpert" und —
was Oldenberg noch hätte hervorheben müssen — als "der von den
Priestern gepriesene Gegenstand (Person oder Sache)" zu erklären
ist. Von NaräSamsa, dem Genius des Preisliedes, ist närä^amsl
RV. X 85, 6 (vgl. das damit parallel stehende Wort raibhly von rebha
'Sänger') und wahrscheinlich auch der Name der N&räÄamsI- Verse
abgeleitet. Dagegen scheint mir Oldenberg die Materialien des
Rituals, die das Adjektiv naräsamsa und den Gott Naräsamsa zum
Südfeuer und den Manen in enge Beziehung setzen, nicht genügend
erklärt zu haben. Wenn die camaÄa-Becher, unter den südlichen
Havirdhäna-Wagen gestellt, naräsamsa^, genannt werden, so ge-
schieht es doch nur deshalb, weil sie mit jener Handlung einem
Gotte Naräsamsa geweiht sind, und nicht wegen des Bezugs zu den
näräsarnsäh pitaralt, die nach Oldenberg so heissen, weil sie ''einst
durch die Gnade des Gottes N. der Kunst und Macht des naräm
iamsa teilhaftig gewesen sind"; in gleichem Sinne ist RV. X 57, 3
von närä^amsena sömena, dem Naräsamsa geweihten Soma (das
sind die oben erwähnten gefüllten cama^a-Becher), die Rede. In
diesen Fällen kann doch nun unter Naräsamsa nicht mehr ein "Genius
des von den Priestern vorgetragenen Prcisliedes*' gefühlt sein, es
scheint hier vielmehr H.s "Totengott" vorzuliegen. Wie jener dazu
geworden ist, bleibt für mich eine noch ungelöste Frage. Ich gebe
jedoch zu erwägen, dass er .sich zunächst zum Beinamen Agnis
(vgl. die (Tlcichsetzung mit Brhaspati I 18. X 182 und zu letzterem
Foy IF. 8, Anz. 28) entwickelt haben und dann als das Südfeuer .spe-
zialisiert worden sein kann. Das die Sonne repräsentierende Äha-
vann-a-Feuer glaubt H. auf Grund des Rituals unter dem Namen
(Agni) Vaiövänara im RV. wiederzulinden, soweit damit nicht
die Sonne, das himmlische Opferfeuer, bezeiclmet wird. Da Narä-
samsa sich im RV. nicht als Name des Manenleuers (bis auf einen
besondern Fall) nachweisen lässt, so verliert auch diese Gleich-
setzung sehr an Wahrscheinlichkeit. Es scheint, die Namen des
Rituals gehören im allgemeinen einer späteren Zeit an. — Von zwei
weiteren Ritualfeuern, Sahhya und Ävasathya (vgl. darüber H.
S. 118 ff.), kennt der AV. das erstere. Es ist ein Praerogativ adliger
Geschlechter und speziell vom König in der Sabhä zu un<;erhalten.
H. siehi darin, wohl mit Recht, die Fortsetzung oder den Überrest
eines alten Gau- oder Stammesfeuers (für dessen Existenz im RV.
er manche beachtenswerte Momente beibringt), wie er auch in dem
Vaisvänarafeuer (hier übrigens, wie mir scheint, etymologisch be-
einHusst) ein ignis publicus erkennen will. Für den RV. fehlt dafür,
nach dem oben Bemerkten, jeder sichere Boden, und das Ritual
lässt uns hier ganz im Stich. — Die nächsten beiden Abschnitte in
H.s Buch (S. 126 ff.), "Agni und der Blitz" und "Die Götter und
Agni" überschrieben, erörtern in eingehenderer, aber mich nicht
HUlebrandt Vedische Mj-thologie. 41
überzeug'ender Weise die schon zuvor (S. 95) verwertete Ansicht
des Verfassers, dass "Agni in den Wassern" nicht der Blitz sei. Wo
es sich um Beziehungen zwischen Agni und den Wassern handelt,
muss man zunächst, wie v. Schroeder sehr richtig gethan hat (vgl.
WZKM. 9, 225 ff. u. 13, 288 ff.), zwischen der Geburt. Agnis in den
Wassern und seinem Verstecke (oder, füge ich hinzu, seinem Auf-
enthalte) in den Wassern, von wo aus er in die Pflanzen eingeht,
unterscheiden, wenngleich auch beide Ideenkreise sich vermischt
haben werden (Oldenberg Rel. d. Veda 107 f., 114),^) Unter Agnis
Geburt in den Wassern verstehe ich mit L. v. Schroeder den Blitz;
besonders scheint sich das aus HV. I 164, 1 trotz H. S. 128 f. zu er-
geben, denn (isna ist hier als "Stein" (i. e. Donnerkeil, Blitz) ^ äkman
aufzufasssen. Mit Oldenberg Rel. d. Veda 106 ff. unter diesen Was-
sern eventuell das wirkliche Wasser zu verstehen und sämtliche
Stellen von der Geburt Agnis in den Wassern auf eine Linie mit
denen von seinem Aufenthalte und Verstecke in den Wassern zu
rücken, scheinen mir diejenigen Stellen zu verbieten, wo von der
dreifachen Geburt Agnis im Himmel, auf Erden und in den Wassern
•die Rede ist: hier, meine ich, kann bei den Wassern nur an den
Luftraum gedacht werden. Wenn sich H. an der schon alten "ßlitz^*-
Auffassung deshalb stösst, weil sich für den Blitz sonst keine gött-
liche Verehrung nachweisen lasse, so muss ich gestehen, dass ich
in jenen Stellen von der Geburt Agnis in den Wassern die Ver-
ehrung eines Blitz -Agni (oder wie sonst noch diese Form des
Feuers gedeutet werden mag) überhaupt nicht entdecken kann:
die Erwähnung der verschiedenen Gestalten des im Opfer gegen-
wärtigen Gottes Agni ist doch noch keine weitverbreitete Verehrung!
Die meisten übrigen Stellen, wo von Agnis Aufenthalt in den Was-
sern, von seinem Sichverstecken darin usw. die Rede ist, erkläre
ich weder mit H. als Mvthus von der Sonne, die sich in den Woli'en
der tropischen Regenzeit verbirgt, noch auch mit Winteniitz IF.
8, Anz. 37 als Blitzmvthus (gleich den Stellen von Agnis Geburt in
den Wassern), sondern mit v. Schroeder WZKM. 9, 228 f. u. 13, 290
als eine Mythe, entwickelt durch das Phänomen, dass ein Feuer-
brand, ins Wasser gesteckt, zischend verlöscht: es scheint mir die
Erklärung nicht auszureichen, dass die Wasser in ihrer Eigenschaft
als Nahrung der Pflanzen diesen mich das aus ihnen herauszu-
lockende Feuer übeimittelt haben müssen (so Oldenberg Rel. d. Veda
113 f.). H. hebt mehrmals (namentlich S. 143) hervor, dass es sich
bei dem in den Wassern versteckten Agni nur um das Opferfeuer
der Götter handeln kann, als welches Sürya zu gelten hütte: ich
finde dagegen, dass es sich überall nur um das Opferfeuer der
Menschen handelt, das verschwunden ist, sodass den Göttern kein
Opfer mehr dargebracht wird (RV. X 51, 5). So auch VI 8, 4: Agni
Yaiävänara lässt sich durchaus nicht, wie H. S. 145 meint, überall
mit Sicherheit als "Sonne" oder das sie repräsentierende Ähavanlya-
Feuer deuten, da letzteres ganz unsicher ist (siehe oben); folglich
wird es sich auch in dÄa zitierten Verse nur um den Feuergott im
allgemeinen handeln (wie X 51—53), der den Menschen (Vivasvant)
vom Himmel gebracht wird, wie er auch als von den Göttern ein-
gesetzt bezeichnet wird. — Des weiteren deutet H. S. 149 ff. Mäta-
riövan im RV. als den Namen eines Windes (durch Stellen des
Rituals, des Yajur- und Atharvaveda) und ist versucht den unter
1) Vodskovs geistreichen Ausführungen über diese Fragen
kann ich nicht zustimmen.
42 Hillebrandt Vedische Mythologie.
diesem Namen spezialisierten Wind als eine Form des Feuers im
RV. anzusehen. Die ganze Beweisführung macht aber einen recht
künstlichen und unwahrscheinlichen Eindruck. Da für Mätaridvans
Fonernatur deutliche Anzeichen im RV. vorhanden sind, so ist ea
doch richtiger* davon auszugehen und den Windcharakter als einir
spHtere Umbildung aufzufassen. Ich kann Oldenbergs Anschauung
von Mätarisvan (Rel. d. Veda) nur beistimmen.
In einem Anhange zu "Agni" (S. 155—178), der "Über einige
Geschlechter des Feuerkultes" betitelt ist, zeigt sich wieder die
Meisterschaft H.s in der Behandlung historischer Elemente im Veda^
wie wir sie schon aus dem ersten Bande bezüglich der Panis usw.
kennen. In den Angiras sieht H. mit vielen andern und gewiss
mit Recht einen alten Stamm oder ein altes Geschlecht (ich möchte
schärfer sagen: Priestergeschlecht), das besondere Traditionen im
^Feuer-)Kult und Mythus hatte. Wenn sie zusammen mit Brhaspati
besonders zu Zauberkünsten in Beziehung stehen, so hat das wohl
darin seinen Grund, dass sie nach der Sage ja als erste mit Sprüchen
das Dunkel (damit zugleich die bösen Mächte) besiegt und das Licht
erschlossen, also einen Zauber ausgeübt haben (zu H. S. 162). Bhrgu
ist H. geneigt für den Namen eines alten Stammes und Atharvan
für eine Bezeichnung von dessen Priestern zu halten, um dadurch
ihre aus den Texten zu folgernde nahe Verwandtschaft erklären zu
können; ich möchte dagegen mit Bloomfield auch in den Bhrgu
ein mit den Atharvan auf gleicher Stufe stehendes und nur im Kult
mit ihnen verwandtes Priestergeschlecht sehen.
Es folgt der Abschnitt über Rudra (S. 179—208), über den
in den letzten Jahren viele Meinungen aufgestellt und manche Ab-
handlungen geschrieben worden sind. Ich mache, abgesehen von
den bekannten Gesamtmvthologien auf folgende wichtigere Litte-
ratur aufmerksam: Hopkins PAOS. 16, S. CXLVIII ff.; Winternitz
IF. 8, Anz. 38; L. v. Schroeder WZKM. 9, 233 ff.; Fausböll, Fire stu-
dier tili en fremstilling af den indiske mythologi efter Mahäbhärata
(Univ.-Progr. Kopenhagen 1897); Siecke Arch. f. Religionsw. 1, 113 ff.,
209 ff.; [Winternitz WZKM. 14, 244 ff.].i) H. sieht in Rudra einen
"Gott der Schrecken des tropischen Klimas vom Beginn der heissen
Zeit an bis zum Übergang zum Herbst** und im letzten Grunde
eine Form Agnis, vielleicht ein Sternbild (vgl. S. 207 f.), beides auf
Grund des Rituals. Mit L. v. Schroi^.der (WZKM. 13, 291) kann ich
jedoch den Folgerungen H.'s nicht beipflichten: wenn das Ritual
und die darauf bezügliche Litteratur Rudra zum Herbst in Beziehung
setzen, so kann das sehr gut auf einem sekundären Vorgange be-
ruhen, der seinen Ausgang von dem verderblichen Wirken des Gottea
unter Menschen und Vieh genommen hat und ihm nun die Jahres-
zeit zuweist, die als Abbild seiner Wirksamkeit gelten konnte; wenn
er aber in denselben Texten für eine Form Agnis erklärt wird, so
wird das nur in seinem Namen begründet sein, denn, wie wir aus
dem Veda sehen, ist rudra z. T. noch Appellativum (Bedeutung *rot*
fraglich), und da nun Agni schon im RV. öfters das Epitheton rudra
erhält, so lag es für die spekulierenden Ritualisten nahe, in dem
Gotte Rudra eine Form Agnis zu sehen. Auch keine der andern
Deutungen Rudras, die H. S. 198 f. streift, scheint mir einwandfrei,
am wenigsten diejenige Sieckes; andrerseits sehe ich keinen Weg^
wie wir bezüglich seines Ursprunges zu einer Bestimmung von grös-
serer Wahrscheinlichkeit gelangen könnten.
1) [Über äiva = "fushion of Agni with Rudra" siehe eine
Bemerkung Bloomfields, Atharvaveda S. 90. Korr.-N.]
Hillebrandt Veilische Mvthologi
4*
Der Schluss des zweitpii Bundes von H.s Ved[sclier Mythologie
führt un<: zum ersten zurück, dn er "Noch einmal Soßia" hehan-
; (S. 209—245). H. verteidigt hier Beine Aiiscbauutig. dnas im
tanzen RV. Soma, der OpferCrniili, gleichzeitig ein RepräHentiint
ts Mondes ist und nts ein Teil desselben betrnchtet wird; und
«war verteidigt er sich ira besondciren Regen Oldenberg, Hopkins
Qnd den Rezensenten, Oldenberg hat schon ablehnend geantwortet
(ZDMG. 54, 57 ft.), und wenn ich ihm auch jetzt wieder belBtiniine,
BO mÖc.hiB ich zugleich einem etwaigen Gedanken H.s vorbeugen.
8 ich seine Beweisrührung nicht selbständig geprüit hNtie (vgl.
H. S.312): das Kapitel Soma ist nun einmal einer der Falle, in denen
Ich Oidenbergs Änschaunngen rückhaltlos beitreten kann, Die all-
gemeineren und spezielleren Punkte, die schon der letztere erörtert
ai, brauche ich keiner neuen Besprechung zu unterziehen, ich
bsnn mich in der Hauptsache aui' dift Polemik H.s gegen mich be-
BchrAnken. Doch hat Oldenberg von den Einwänden, die H. gegen
Ihn erhebt, einen Punkt unberücksichtigt gelassen, den ich zunächst
nachholen möchte. H, bleibt S. 224 f. bei der Übersetzung von
I rucd^ IX 49, 5 als "Sierne", setzt es judlinifi in Stellen wie IX 86,
29. 91, G und rocanä in Stellen wie IX 42," 1 gleich, welche beiden
Worte er ebenfalls mit "Sterne" übersetzt, und schliessl aus der
Nichtnennung des Mondes, wohl aber der Sonne neben jyötlrn^i
lind roQonä, dass Sonia, der sie leuchten lässt, eben der Mond
selbst ist. Wer gibt aber U. ein Recht, frage ich mit Oldenberg
(Rel. d. Veda), jyöllmfi, rocand und ruedfy mit 'Sterne* statt mit
"Gestirne' wiederzugeben, wie es Pischel Ved, Stud, 2, 128 bezüg-
lich rocand thut? Darunter wftren dann nucli Soime und Mond
einbegriffen, die Sonne würde an einigen Stellen nur noch beson-
dere genannt sein: den Soma, der sie leuchten lüsst, als Mond auf-
satassen bleibt aber kein Anhalt übrig. — Ich komme nun zu den
Einwendungen H.s gegen mich, wobi-i ich sein Bnch (S, 230 ff.) zur
Hand zu nehmen bitte. Er vergleicht S, 232 RV. VI 39, 3 mit X
J5, 19, wo es sich sicher um Cnndranms. den Mond, handelt, und
Bchliesst daraus auch an ersterer Stelle auf den Mond. Aber stimmt
auch der Vergleich? Der Mond schafft nicht X 85, 19 die Morgen-
ifiten, wie es dort (VI 39, 8) von Sonia heiset, sondern wandelt nur
seitlich vor ihnen seine Bahn. Ganz anders ist das Verhältnis der
Üsas zur Sonne und ebenso das des Friihopfers zum Anbruch des
Täges: hier kann der Dichter wirklich sagen, dass sie die Sonne
beaw, die Morgenröten schaffen. Und so heisst es von dem Opfer-
tranke Soma, ebenso wie von Agni, mit Recht, dass er die Usas
aufleuchten lässt (IX 83, 3; 86, 19) oder sie anführt (IX 71, 7; 75,3)
oder die beiden Welten sichtbar wcTcien lässt am Morgen (1X75, 4>
eben durch das Herbeiführen der Sonne usw. — Ferner stosst sich
E. S. 234 an meiner Auffassung von IX 86, 42 c~d : aber Soma ist
doch SD gut ein Opt'ergott wie Agni; warum soll also von jenem
Sieht dvd jänä . . . arttär xyate gesagt sein, wie es dem Sinne nach
ganz ebenso von Agni IV 2, 2. 3 heisst? H.s Bezu^ von dvA jdnä
auf die Dcvas und Pitaras wird durch die auf tlva jänä yätdyarm
ontär lyate folgenden Worte ndrä ca iänisam daivyarn ca dhdrtari
Blchc gestützt; denn diese Worte lassen sich nicht' bo| wie H, S. 106
.Anm. 3 will, auffassen, weil erstens dazu jede Parallele im Veda
fcblt und zweitens Mmaa nicht 'Herr' bedeutet [vgl. Oldenberg
ZDMG. 54, 51 f.). — Ein weiterer Einwand H.s betrifft IX Ö6, 14,
an Verü, der sich, wie ich meine, in seinem genauen Sinne so
.lange nicht sicher bestimmen lässt, als Päda c unklar, bzw. mehr-
-deutig bleibt. Es könnte sich um die Wanderung des Somaopfer»
44 Hillebrandt Vedische Mythologie.
zum Himmel, um die Herabkunft Somas vom Himmel oder sogar
um das Fliessen Somas zur Seihe handeln. Je nachdem haben
divispfs und antarik^aprä einen verschiedenen Sinn. In den bei-
den ersten Fällen könnte divispH durch IX 100, 9 erläutert werden,
worauf H. S. 234 f. aufmerksam macht : Somas Gewand würde da-
nach zum Himmel reichen, weil Himmel und Erde zusammen ihm
als Gewand dienen, seine Grösse nicht fassen können usw. Wo ist
aber hier vom Monde die Rede? Kann der Dichter nicht vom
Opfergotte Soma dasselbe sagen, was er doch von Indra erzählt,
von Indra, der selbst erst durch Soma stark wird?^) antarikfaprd
bezieht sich entweder auf den Luftraum oder — bei andrer Ge-
samtauffassung des Verses — auf den Raum, den der gepresste
Somasaft bis zur Seihe durchläuft. Dies ist der Sinn von antarik^a
IX 63, 8. 27 (bei H. S. 235 Anm. falsch zitiert) und IX 65, 16, wo es
sich deutlich um das Opfer der Menschen handelt (beachte mandv
ddhi und die Fortsetzung von IX 63, Vers 9). Ebenso ist wohl IX
3, 7 von rdjämsi und IX 17, 5 von tri rocanä die Rede, wenn es
sich nicht etwa um die Wanderung Somas als Opfertrank zum
Himmel handelt. 2) Es gliedern sich diese Vorstellungen an die von
der Seihe als Himmel an. So ist auch IX 37, 3 unter den Licht-
räumen des Himmels, die Soma durchläuft, die Seihe zu verstehen.
Selbst wenn davon die Rede ist, dash Soma als himmlischer Vogel
herabschaut auf die Erde (IX 71, 9), so ist dies sicherlich nicht auf
den Mond zu beziehen, wie H. S. 235 will. Schon die folgenden
Worte desselben Verses zeigen, dass Soma nicht als Licht herab-
schaut; denn: pari krdtunä paiyafe jdfy (ebenso wie z. B. X 91, 3
von Agnis krätu und X 187, 4 von seinem Durchschauen aller
Wesen die Rede ist). Ausserdem ist vorher im ganzen Liede deut-
lich nur vom Opfertrank, seiner Bereitung, Vermischung mit Wasser,
Darbringung die Rede. Ich halte auch hier das Herabschauen auf
die Erde nur für ein Motiv, das sieh an die Schilderung seines
Wandeins am Himmel, i. e. auf der Seihe, in der Sonne Glanz ge-
kleidet, angeschlossen hat. Das wird direkt bestätigt durch IX 38,
5: e^d syä rtiadyo rdsö 'va caste diväh MMuh yd indur väram ävisat^
wo wiederum die ganze Umgebung des Verses nur von den Opfer-
vorgängen handelt, divydli supaimdh und divdh simJjL heisst Soma
aber wie Agni (letzterer divdh sUuh z. B. IV 15, 6). Soma und Agni
berühren sich in ihren Epitheta und in den Bildern, die auf sie
angewandt werden, ausserordentlich, weil sie beide Opfergötter
sind. Daher sollte man stets bei der Erklärung des einen den an-
1) IX 100, 9 soll nach H. im Zusammenhange besonders be-
weisend sein. Aber Vers 8 reisst er die Worte tämämsi jighnase
wieder, wie öfters, aus dem Satzzusammenhange heraus, wodurch
sie erst seiner Theorie günstig erscheinen: es gehört zu ihnen hin-
zu i'isväni däsii^afi grhe, also ''Soma vernichtet alle dunklen Mächte
im Hause des Frommen"! Wo ist da ein Bezug auf den Mond und
die Nacht?
2) IX 17, 5 ist im ersten Falle zu überseten: "Durch die drei
Lichträume, o Soma, gleichsam zum Himmel steigend strahlest du;
du setzt gleichsam die Sonne in Bewegung." Das Fliessen des Opfer-
trankes zur Seihe würde danach mit dem Emporsteigen der Sonne
am Himmel verglichen; daher ndl Das "gleichsam" in meiner Über-
setzung IF. 8, Anz. 26 soll sich übrigens auf den ganzen Satz
beziehen und nicht nur, wie H. annimmt, auf "strahlst du", daher
.ist auch seine Stellung im Indischen ganz korrekt.
Hillebrandt Vedische Mythologie. 4&-
dern zu Rate ziehen. So wird z. B. auch von Soma gesagt: mä-
tdrä vicdran IX 68, 4, wie es von Agni heisst: vicarat rodasi X
80, 1. — Des weiteren soll nach H. (S. 235 f.) dkam äk^i IX 9, 4
doch der Mond sein, weil in V. 3 und 5 (H. I*äl8chlich: 4) "nirgends
von der Sonne, wohl aber vom jungen Mond [sie!] gesprochen ist".
Wo ist aber in diesen Versen nur vom Mond die Rede? H. ist sa
in seiner Theorie befangen, dass er dort, wo er unter andern Be-
zeichnungen den Mond vermutet, dies Wort dafür stillschweigend,
wie eine gegebene Thatsache, einsetzt.^) Aber es soll ja erst er-
wiesen werden, dass vom Monde die Rede ist. Thatsache ist allein,
dass vom jungen Indu gesprochen wird. Bezöge sich nun 4kain
äk^i wirklich auf den jungen Indu und nicht auf die Sonne, so
wäre dadurch wohl für diesen Vers die Gleichsetzung Indus mit
dem Monde gesichert; aber wie Ulsst sich jenes mit irgend welcher
Wahrscheinlichkeit darthun? — Ferner sollte nach H. I3i0 pürväm
anu pradUam RV. IX 111, 3 ''nach Osten" bedeuten (es ist vom
Gehn Somas die Rede und würde sich dann um den Mond handeln);
ich habe dagegen die Übersetzung "nach uralter Vorschrift" vor-
geschlagen. H. macht nun darauf aufmerksam, dass der Sämaveda
für die Worte des RV. liest: präclm anu pradisam; hier, glaube ich,
vertreten diese Worte ihrem Sinne naeh (für die Auffassung der
Udgätars) ein präk 'vorwärts' und bedeuten nicht (den von H,
für die Worte des RV. angenommenen Sinn bestätigend) "nach
Osten". So haben sich alle ernstlicheren 2) Einwendungen H.s
gegen die Bekämpfer seiner Soma-Mond-Theorie als nicht stichhaltig
erwiesen, und ich fasse mein Urteil über die letztere mit Oldenberg
(ZDMG. 54, 61) dahin zusammen: Wäre für die vedischen Dichter
Soma der Mond, dann würden sie es deutlich, unter Anwendung
von candramaSy gesagt haben. Wo steht im IX. Mandala etwas
von Soma, der in der Nacht scheint, dessen Gefährten die Sterne
sind, der ab- und zunimmt usw.? Warum sind solche Bilder, wie
sie H. I 398 Anm. von den Sternen und dem Monde zusammenge-
stellt hat, nicht von den Sternen und Soma gebraucht worden?
Und wären die Somalieder als Mondlieder zum grossen Teil in der
Nacht vorgetragen worden, wie H. jetzt S. 233 annimmt, dann hätten
wir deutliche Schilderungen der Nacht und Somas als des sie er-
leuchtenden Mondes, aber nicht solche vagen Bilder, die H. auf den
Mond bezieht, die aber ebensogut und im Rahmen der übrigen
vedischen Ausdrucksweise viel besser auf den Opfer- Soma passen.
Zum Schlüsse (S. 241 ff.) verteidigt H. seine (nur ein wenig
modifizierte) Auffassung von naiccdäkhäm III 53, 14, wie er sie Ved.
Myth. I 14 ff. vorgetragen hatte, gegen Böhtlingk (Sitzb. Sachs. Ges.
1) Das passiert H. öfters. So sagt er S. 220: ''Es wäre doch
seltsam, dass in einer dem Veda vorausliegenden Zeit der Soma
[sie!] als Sitz des Ambrosia, als Lichtwesen [sie!] betrachtet worden,
derselbe Gedanke in späterer Zeit aufgelebt und zum Gemeingut
[der Inder] geworden sein soll und Soma gerade für die Sänger
des RV kein Mondgott . . . gewesen sei". Ja, das wäre selt-
sam! Aber von Soma als Sitz des Ambrosia in vorvedischer Zeit
ist ja bei keinem (auch nicht bei Oldenberg, gegen den H. an jener
Stelle polemisiert) die Rede gewesen, sondern nur vom Monde!
2) Ich sehe von solchen ab wie die, dass 11 40 Soma der
Mond sein müsse, weil er mit Püsan, dem Sonnengo tte, zusammen
angerufen werde (H. S. 18 f.). Zu welcher Auffassung kämen wir
da bei manchen der vedischen Götter!
1
46 Karst Historische GramniaCik dcb KilikiscIi'ÄrmenischeD-
WiBS. 12. Dez. 1891). o!ine meine Besprechnng IF. 8. Anz. 22 (die
gleichzeitig eine Verteidigung gegen Einwendungen Ludwigs ist)
beranzuzieheu. Ich kann H.s Ansicht auch jetzt noch nicht beitre-
ten, wenngleich ich Beineu B«nierkuDgcn gegen Böhtlingk zumeist
zUBtimoie. Falls er etwa an meiner Erklärung von Mkhä tLle'Sproee'
=^ 'Sohn' AnstoBü nimmt, weil dieee Bedeutung im RV. nicht be-
legt »ei, so frage ich ihn, wie oft denn Säkhä überhaupt vorkommt:
ausser in da^asäkha nur dreimal '. Darauf lässt sieb keine Begel
über den vedischen Sprachgehrauch aufbauen. Eher könnte er ao
der von mir nled- zuerteiller Bedeutung 'niedrig" ;= 'gewöhnlich,
gemciu' AnaloBH nehmen, für die sieb aber aus der spHteren Litte-
ratur so zahlreiche Beispiele beibringcin lassen, dass wir keinen
Grund haben sie im ßV, nicht vorauszasetzen.
Ich bin mit meinem Bericht über den zweiten Band von H.s
"Vedischer Mythologie" zu Ende. Neu, originell und anregend ist
auch hier fast alles wie im ersten Bande, aber auch diesmal kann
Ich den Resultaten des verehrten Verfassers in den Hauptzilgeo
nicht beistimmen. Im Einzelnen hätte ich gleichfalls noch Manches
BU bemerken, so z. B. ist von ihm (S. 46) RV. IV 13. 4c-d nicht
richtig übersetzt (vgl. Foy KZ. 36, 129). Aber auf alle solche Ein-
jtelheiten näher einzugehen wird ebenso, wie eine Würdigung der
vielen Feinheiten des Buches, durch den mir zugemessenen Raum
verboten.
Dresden, Sept. 1900. Willy Foy.
Sarat J. Historische Grammatik des Kilikisch-Ärmemschen. Strass-
bur^ Trubner 1901. 444 S. 15 M.
Nai'hdem ich bereits im Lit. Centralblatt Wert und Bedeutung
von Karats ausgezeichneter Arbeit hervorgehoben und mich im
Wesentlichen mit ihm einverstanden erklärt habe, sei es mir ge-
stattet, die e^elegentlich geUusserten Ansichten Karsts über altarme-
nische Dialekte und Wortformen, die ich nicht immer teile, an dieser
Stelle eingehender zu besprechen.
1. Über das VerhHltuis der modernen Dialekte zum Miltel-
und Altarmenischen liabe ich p. VIII— IX des Vorwortes zu meiner
Arm. Gramm, kurz gehandelt. Ich nahm an, dasB derselbe Dialekt,
der im 5. Jahrh. schriftlich fixiert und als Schrift Sprache im Gauzen
unverändert bis in die neueste Zeil gebraucht wurde, im Volks-
munde (als Vulgärsprache) weiter lebte und eich allmählich verfin-
(lerte, um sich spBter in Ost- und Westarmnnisch zu spalten und
schliesslich zu den verschiedenen modernen Dialekten zu entwickeln.
"Wohl mögen im 5. Jahrh. armenische Dialekte existiert haben, aber
«o brauchen nicht eebr verschieden gewesen zu sein und könneo
In der Schritlsprache oder der sie fortsetzenden Vulgärsprache auf-
fegangen sein wie die all griechischen Dialekte in der Koivf|" (a.a.O.).
srst dagegen nimmt S. 133 Hg. neben dem 'Hilassischen" Dialekt,
aus dem die "klassische" Scbriftsprache wie die vorausgesetzte
"klassische" Vnlgärspraehe hervorgingen, einen andern — sagen
wir "un klassischen" — Dialekt an, der bereits im 5. Jhd. ausgebildel
war und manchen alten Autoren dieser und der splilem Zeit (Faugtua,
Lnzar Pharpei,'i usw., den "uoreinen" Klassikern) verschiedene For-
men wie die Kollektive auf -ear, -ani usw. geliefert hat. Eine Tochter
I
Karat Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen. 47
dieses DiHlcktes sei auch das Kilikische, das hIso nicht vom Klaa-
«ifich- Armenischen ahsiamme. Die Mösliehki^it der einstigen Exi-
stenz eines solche» Dialektes ist natürlich nicht zu leug'neii, es muss
vielmehr nach allem, was wir vom Leben der Sprache wissen, aU
selbst verstand lieh an^renommen werden, dngs das Armenische in
der litCeraturlosen Zeil vor dem 5. JhJ. diiilektiiich gespalten war.
Dafür hegt ein Zeugnia aus dem 8. Jhd. vor. das ich Arm. Gramm.
S. 518—519 besprochen habe. Dannch gab es neben dem Dialekt
der Zentralprovinz und des Uol'es'} sieben Grenzdialekte, nHmlleh
diis Kori^ay (Provinz KorCaifc, Land der Kurden), das Taye^i (PrO'
vinz Tnik, Tdoxoi), das Xnt'ayin (Knnton Xoit' in Turnherati mit
unHrmenischer Bevölkerunj; und — noch im 10. Jhd. — unarmeniHcher
Sprache), die Sprache des "Vierten Armeniens" (Provinz mit aranitü-
scher Bevölkerung in Hlteror Zeiti, das Spera^i (Kanton Sper in Hoeh-
armenien, ZdcirEip«), das Sinnl (Provinz Siunik) und das Ar^asayin
{Provinz Är^ax). Freilich weisen diese Angaben nitch meinen Aus-
fährungen eher auf fremde Sprachen, die in den genannten Kan-
tonen und Provinzen einst gesprochen wurden, als auf ai'meniscbe
Dialekte hin und können jedenlalls nicht ohne Weiteres als Beweis
für die Existenz dieser Dialekte gelten. Andere Angaben über alt-
armenische Dialekte finden sich bei Cirhied Grammaire de la lan-
gue arm^nienne Paris \ii2'6, Präface p. XI flg:., wonach man "dans
3es temps d^jA trös-^loign^s de nouü" sechs Hauptdialekte ibarbarlt)
unterschied, den "Ararathischen", den "Gordischen", den von Atu-
auk. den von Ougark, den von Kleinarmenion und den von Pers-
armenien. Der eleganteste derselben war nach Cirbied der Dialekt
von Airarat, das Schrift armenische, die übrigen sind von ihm ab-
j^eleitet und nur beim Volk gebräuchlich. Das "Ararnthische" und
"Gordische" wurden einst auch zentrale Dialekte (mijerkreay bar-
bark) genannt, die vier andern dagegen Grenzdialekte {ezerakan
barbark). Das "Gordisuhe" unterschied sich nur wenig vom "Ara-
rathischen" (%. B, gord. Ikem ^^ arar. Ikanem; gord, juk =^ arar.
jukfi Tisch'), und seine Eigentümlichkeiten 'furent plus ou moins
re^us dans le dialecte ararathien; on les trouve aiijourd'hui dans
les ouvrages des anciens et dans les dlcllonnaires de In langue
litterale", während andere Idiotismen, wie der Gebrauch der Indi-
kativpartikel ku, ka "jetzt nur in der Volkssprache gebräuchlich
«:nd.' Dieses "gordischen" Dialektes bedienten sich die Völker, die
Iftngs den "gordischen" Bergen und an den südlichen Gestaden des
Van-Sees wohnten sowie viele Kolonisten im nördlichen Mesopota-
mien. Auch war er Hofsprache der Arsacidenkönige von Armenien
in Nisibis, Edessa usw., Verkehrssprache der Araber, Chaldaer und
£,vrer vnn Mesopotamien, Hofsprache der Arcrunischen Könige von
Vaspurakan usw. In neuster Zeit hahen sich in den Provinzen, wo
man "gordisch"' sprach, verschiedene Dialekte wie der von Van, von
Sasun, von Mokk, von Xoif, vom Vierten Armenien usw. gebildet, die
manche Unterschiede vom Seh ritt armenischen und selbst vom alten
"Gordischen" zeigen (a. «. 0. S. XVII). Fragt mau aber, worauf
sich die)ie Angaben stützen, so kann man in Ermangelung jeder
Ändern Quelle nur die oben erwähnte Stolle des Joh. Erznkftci und
die modernen Dialekte nennen, die Cirbied sehr gut kannte. Das
, sind aber keine hinreichenden Grundlagen für die Behauptungen
1) Wörtlich; "die grenzlii'hen iezerakan) Dialekte {bark 'Wör-
■ ter, Ausdrücke*) — die zentralen (mijerkreay) und das Ostanische"
> <(M^finitc(iR) Joh. Erznka^i bei In.tijeaa Altertl 3, S. T.
48 Karst Historische Grammatik des Rilikisch-Armenischen.
Cirbieds über Lautverhältnisse und Verbreitung des "gordischen"*
Dialektes in alter Zeit, und darum haben wir die^e so lange als
erdichtet abzulehnen, bis sie besser begründet sind. Karst ist daher
durchaus im Unrecht, wenn er S. 134—136 seiner Gramm, sich den
Angaben Cirbieds, die er "nicht zu kontrolieren vermag", anschliesst^
und das Kilikische für eine Tochtersprache eines klein armenischen
mit "gordischen" Elementen gemischten Dialektes erklärt. Was ist
denn eigentlich "Gordisch**?
Die Bemerkung Cirbieds a.a.O. S. XI: "gordien = fcordt/acr*
und die Angabe S. XVI, dass das Gordische im Süden vom Van-See
gesprochen wurde, lässt keinen Zweifel darüber, dass unter Gordisch
die Sprache des Landes Korduk (Corduena bei Ammian, griech.
Kopöourivfi, jetzt Bohtän) südlich vom Van-See zu verstehen ist.
Wir dürfen also gar nicht von einem gordischen sondern sollten
von einem kordu-ischen oder — nach neuerer westarmenischer Aus-
sprache — gortu-ischen Dialekt reden und darunter einen im alten
Kurdistan gesprochenen armenischen Dialekt, der dann von der
Sprache der im Lande Korduk einheimischen Bevölkerung (der Kap-
boOxoi Xenophons) zu unterscheiden wäre*), verstehn. Da nun aber
das Land Korduk nach der dem Moses Choren, zugeschriebenen
Geographie S. 608 ein Kanton der Provinz Korcaik war, so müssen
wir das "Gordische" Cirbieds als Sprache von Korduk mit dessen
"Gordje-ischen" (Grammaire de Denis de Thrace S. 29) = Koreay
bei Joh. Erznkaci (s. oben) = Sprache der Provinz Korcaik iden-
tifizieren, obwohl letzteres ausdrücklich — und mit Recht — als
Grenzsprache, das Gordische aber als zentraler Dialekt bezeichnet
wird. Aber vielleicht ist die Auffassung von Gordisch als Kurdisch-
armenisch nur ein Irrtum Cirbieds, und es gab doch ein von letz-
terem verschiedenes Gordisch. Darauf führt die Notiz in der arme-
nischen Übersetzung des Dionysius Thiax^ S. 30 "den Gordaik
(gen. Gordayic) selbst ist ein Typus eigentümlich wie z. B. Manaii"
statt des gewöhnlichen Manec^), Danach zu schliessen hätte es
einen Dialekt gegeben, das Gorday, in dem schriftarmenisches e
durch ai vertreten gewesen wäre. Dieser Dialekt wird nach dem
grossen Wb. (unter Gorday) noch zweimal, bei den Grammatikern
Erznkaci und Moses K'ert*ol oder Stephannos Siuneci erwähnt und
von erstereni mit dem Dorischen, das als entstelltes Attisch aufge-
fasst wird, verglichen, im Übrigen vom Wb. im Anschluss an Erzn-
kaci dem Koreay gleichgesetzt, wie aus dem Artikel korcalezu, kor-
iaxf erhellt: "dessen Sprache etwas entstellt und verdorben ist, wie
es die der Bewohner des Landes Korc^k (= Korcaik) in Armenien
war, die auch genannt werden Gorcjaik, Korduk, Kordua^ik, die
Nachbarn der Meder: wonach auch die jetzigen stammfremden (mu-
hammedanischen) Einwohner Kurden genannt werden und ihr Land
Kurdistan." Beleg: "goi'da nennt er das korcalezu" (wie das ent-
stellte Attisch Dorisch genannt wird) Erznkaci Gram. Hat dem
Grammatiker, der zuerst gorday neben koreay gebrauchte, der alte
aus griechischen Schriftstellern bekannte Unterschied (s. Nöldeke
1) Ich betone hier nochmals, dass das Volk der Korduk bei
Elise von den Armeniern unterschieden und zu den fremden Völ-
ken (wie Georgier, Albaner usw.) gerechnet wird, Arm. Gramm. S. 519.
2) Grammaire de Denis de Thrace ed. Cirbied, Paris 1830. —
Dieses Werk wird im Folgenden als Dionys. zitiert.
3) Ein aus dem Persischen entlehnter Name = mittelpers,
*Mane6, s. Arm. Gramm. S. 51.
Kartit Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen. 49
Festschrift f. Kiepert S. 73) zwischen fopöunvi^, fopöuaioi und Kop-
feouiiv/|, Kopöuaioi vorgeschwebt? Von einem Gorday als Name einer
Landschaft oder Stadt oder Völkerschaft n. dgl. weiss sonst, soviel
ich sehe, die ganze armenische Litteratur nicht«. Aber gesetzt, .es
gab einen alten Dialekt, das Gorday, in dem ai für klass. e stand,
so hatte er doch weder mit der klassischen Vulgärsprache noch
mit dem '*unklassischen*' Dialekt etwas zu thun, da klass. e in bei-
den nicht durch a«, sondern e vertreten war. Im Übrigen lässt
«ich über diesen Dialekt nichts weiter behaupten.
Lassen wir aber die Zeugnisse der Litteratur beiseite und
halten uns an die Sprache selbst, so zeigt dieselbe bei einem Teil
der alten Schriftsteller ') in der That Doppelformen, die auf dialek-
tischen Unterschieden beruhen können oder müssen, wie auch aus
dem Kilikischen alte Formen zu erschliessen sind, die sich mit den
entsprechenden klassischen Formen nicht decken. Vgl. die Kollek-
tiva auf -ear {vanear 'Klöster*) und er {Hayer 'Armenier') bei Faustus,
Pseudocallisthenes und Lazar Pharpe^i = kil. -er (als PluralsuflSx, z. B.
in faner, Bayer) neben klass. -k {vank 'Klöster', Haik 'Armenier*) bei
Faustus usw.; die Kollektiva auf -ani {avagani 'die Vornehmen' bei
Faustus, Lazar) = kil. -ni (als Plurale, z. B. o6l-ni 'Läuse') neben
klass. k {avagk bei Eznik, Eli§e usw.); ibru 'wie* (bei Agath., Pit.
usw., aber auch bei Elise) 2) neben klass. ibrev (auch bei Agath.,
Elisg); airuji 'Mann und Pferd = Kavallerie' (Maccab., Elise Vene-
dig 1859, S. 7) neben airevji (Maccab., Agath., Lazar, Etiäö S. 7);
uttUasn neben utevtasn 'achtzehn'; kil. und neuarm. u 'und' = klass.
er; kil. incu 'bis' neben klass. minöev (Karst S. 68); zer (Pit.), zera-
vor (Mos. GeogT.) neben zair 'Felszacke' (1 Kg. 14, 5), zaifavor 'ge-
zahnt' (Mos. Choren.), zaurat 'zahnlos' (Kateg. S. 144); ser (wo vor-
kommend?) neben sair 'Schneide des Schwertes' (Oskeb. Ebr., Mac-
cab.), (aramhn 'welke* (AT., Lazar, Leb. d. Väter usw.) neben tar-
samim (Bibel, Mos. Choren., Philo, Ephrem, Lampron.); hetel 'Flut,
Überschwemmung* (AT) neben oiof-em 'wasche, überschwemme'
(AT); lerk 'glatt, unbehaart' (Gegensatz tav. Gen. 27, 11, Gramma-
tiker) neben olork 'glatt, poliert, eben* (Gegensatz xoüor^ AT, Philo,
Elise, Mos. Choren, usw.); monk 'wir', donk"\\\T\ nonk 'sie'^) neben
altarm. mek, duk, noka\ kil. lapstak neben klass. napastak 'Hase';
kil. homan 'Vertrag, Termin' neben klass. paiman; kil. fak 'Mass"
neben klass. eap usw. Seltsam dass Karst, der diese Fälle S. 62, 68,
86, 132—135 usw. hervorhebt, das beste Beispiel übersehen hat, das
1) Im Folgenden ist AT = Altes Testament, NT = Neues
Testament in arm. Übersetzung; Philo = Philo About the contem-
plative lite ed. Conybeare, Oxford 1895; Kateg. = Kategorien des
Aristoteles in Anecdota Oxoniensia ed. Conybeare, Oxford 1892;
Def. = Definitiones philos. {sahmank iniastutean) des Philosophen
David in Koriun, Mambre, Davit', Venedig 1833 p. 120—216; Isag.
= Isagoge des Porphyrius ebenda p. 227—250.
2) Der gilt freilich nicht als "reiner" Klas.siker.
3) Bei Dionys. S. 52. Die Formen sind verdächtig, weil sie
Dualformen sein sollen und alle diese Duale wie Petru 34, aisu^
aidu 50, imen, kora, noron 52, nowr 'ihrer beider' 54 erfunden sind.
Befremdlich ist auch, dass der Plural von es. du, na als onk (statt
fnek\ duk, nokank (statt noka) S. 52 angt'gebeu wird. Auch noir
'sein', dat. nww, iustr. noo sind verdächtig, von dem wüsten Para-
digma des regelmässigen Verbums S. 70—86, wohl ein späterer Zu-
satz, ganz abgesehen.
Anzeiger XII i. 4
50 Karst Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen.
ich hier nachtrage : baut, drast, tastcüc (Pit., Philo, Plato usw.) neben
klass. haxt 'Glück', draxt 'Garten", taxfak 'Tafel' (Arm. Gramm.
S. 115—116, 145, 250). Aber nicht alle diese Doppelformen i) haben
die gleiche Beweiskraft. Denn Doppclformen wie faram- und far-
^am-, helei' und oloi-, lerk und oiork könnten trotz ihrer Verschie-
denheit demselben Dialekt angehören, wie z. B. im Armenischen
kar- Vier* und for-k 'vier* (idg. kHvr- und k^etvor-), in lat. detM und
divus (aus *deivos), oleum und oliva (griech. ^Xaiov und ^Xaia) usw.;
es kann zair neben zaur-at stehen wie nom. hair 'Vater* neben gen.
haur Ubw. (Kar.st p. 62), es kann lapstak volksetymologisch aus
*nap8tak = k\a.s8. napqstak entstanden sein; Formen" aber wie tnonk^
donk, nonk, die dem Übersetzer des Diony. Thrax statt der fehlen-
den Dualformen herhalten müssen, sind, wie bemerkt, verdächtig,
um so mehr als sie noch jünger als selbst die kilikischen Pronomi-
nalformen m^enk, duk, naka sind. Aber ich räume ein, dass ein
Teil dieser Doppeltormen nur durch Annahme eines alten Dialektes
neben dem klassischen eine befriedigende Erklärung findet. Von
diesem Dialekte lässt sich zunächst behaupten, dass, wenn ihm auch
alle Eigentümlichkeiten, auf welche die oben genannten, von der
klassischen Sprache abweichenden Formen etwa schliessen lassen
könnten, und noch einige andere mehr zukamen, er doch nach Aus-
weis des zu ihm gehörigen Kilikischen, das Karst fast vollständig
aus der klassischen Sprache erklären konnte, mit letzterer im Vo-
kalismus, Konsonantismus, DekÜnation, Konjugation und Syntax
derartig übereinstimmte, dass nicht von zwei Dialekten sondern
nur von zwei Mundarten desselben Dialektes die Rede sein kann^).
Ferner muss aber behauptet werden, dass alles, was als dialektisch
gelten kann, soweit es sich überhaupt etymologisch beurteilen lässt,
jünger ist als die entsprechenden klassischen Formen. So muss die
"Gorday"-Form Manaic (s. oben) jünger sein als altarm. Manec, weil
die arsacidische Form, die entlehnt wurde, Manec (nicht "^Manaic)
war; so ist kil. homnn, mag man es auf ein altdial. *potnan oder
*pama?i u.dgl. zurückführen, immer jünger hKs nUsirin, pah)M7i, da
die mp. Form paiinän (aus phl. patmäii) war und nichts darauf
hindeutet, dass boman ül)er *püman u. dgl. auf ein älteres *patvian
zurückzuführen wäre; so ist kil. bacxun aus *pafasxun schwerlich
älter als klass. patasxnni gegenüber phl. päsaxv aus älterem *päf-
fioxv neben *pätsax^'an; so ist altarn). bast, drast^ tastak jedenlalls
jünger als klass. baxt^ draxt, Uixtak = phl. boxt (zd. baxta-)^ draxt,
täxtak\ so ist auch kil. ranp 'wegen' aus */-a/?.s- (Karst S. 106) jünger
als klass. vasn = ap. vasnä^ zd. vasna. Kurzum, es ist bis jetzt kein
Dialektwort gefunden, das eine altertümlichere Grundform als die
klassische voraussetzen würde, so dass meine Behauptung im Vor-
wort S. IX zu meiner Arm. Gramm.: "ist doch bisher auch meines
Wissens kein einziges Wort nachgewiesen worden, das seinen Lauten
1) Solche sind noch: arhest neben arvest 'Knust, (t^x^h)» Wun-
der', beide nebeneinander bei Diony s. S. 4; teiij gen. teivoy 'Ort',
als 1. (liied von Komp. tel- neben etf^ gen. cfef, auch erstes {etei-)
und letztes (-<c^) Glied von Komp., beide klassisch; foin 'Gift' neben
iiun, beide bei Elise S. 7, Zeile 13 und 4 v. u.; ambarnam 'erhebe*
neben harnbartiam (Philo S. 157, 173); maurnk neben muruk 'Bart*,
beide bei Philo a. a. 0. S. 109. Andrer Art sind Fälle wie zamanak
'Zeit' neben amanak 'Zeit', vgl. Arm. Gramm. S. 156.
H) Dabei könnte natürlich die lexikalische Verschiedenheit
bedeutender gewesen sein.
Karst Historische Grammatik des Rilikiscb -Armenischen. 51
mach — und auf diese kommt es vor Allem an ! — auf eine andere
als die vorliegende altarmenische Form zurückgeführt werden müsste",
noch immer zu Recht besteht^). Somit komme ich zu dem Resultat,
dass das Altarmenische wohl in verschiedene aber nur wenig von
einander abweichende Mundarten zerfiel, von denen die altertüm-
lichste die klassisch-armenische war.
Freilich scheint auf den ersten Blick die Sprache einiger alten
Werke, insbesondere der Übersetzungen philosophischer und gram-
matischer Schriften mit einer starken Dosis eines stark vom Klassi-
schen abweichenden Dialektes versehen zu sein. Aber dieser Schein
zerrinnt bei näherer Betrachtung. Vor allem sind es doch die zahl-
reichen, dem Griechischen nachgebildeten und nur in dieser Litte-
raturgattung gebrauchten Kunstausdrücke, die der Sprache den
fremdartigen Charakter verleihen, wie die Nomina und Verba, die
mit den Präfixen art- (il)^ hat- (cuv-), hac- (diro-), ger- (OTrep-), der-
(dvTi-), enf- (OTTO-), hak- (dvTi-), hont- {6\xo- s. Arm. Gramm. 175), mak-
(^TTi-), yar- (irapa-), ner- (elc-, ^v-), sal- {kap) = cOv(b€CMOc), sar- (cuv-),
par-, par- (irepi-), sto7*- ((jtto), ver- (dva-), tram- (bia-), pal- (cuv), pox-
(ji€Ta-) zusammengesetzt sind^), ferner die Adverbien hizan, hihar,
orzan^ ork^n, orgon^ orgunak (Diony. S. 22, 26, 28), orpak 'wie' (olov)
für klass. orpe^'wie'^; das Zahlwort 625 'ein' (Diony. S. 20) für klass.
wii; das Präfix n=an für klass. i, das ich bisher für eine Entlehnung
aus dem Griechischen (^v) gehalten hatte*). Sieht man aber von
den Eigentümlichkeiten des Wortschatzes dieser Kunstsprache ab
und fasst nur die eigentliche Grammatik, Laut- und Formenlehre,
näher ins Auge, so zeigt dieselbe keine wesentlichen Abweichungen
von dem noinnalen Altarnienischen. So finde ich z. B. bei Dionys.
nur die folgenden: 1) ibru 'wie' S. 2, 36, 38 neben klass. ibrev S. 8,
26 usw., 2) mu 'ein' S. 18 {mu mu)^ 30, 40, 52 neben klass. mi, gen.
mioy S. 16, 30; 3) und (das nur hier einmal [S. 54] unter den Präpo-
sitionen aufgeführt, aber nirgends im Altarm. gebraucht wird), wenn
es zu kil. incu (klass. mincev 'bis') gehören sollte"); 4) den Genitiv
auf -oir nur einmal in and teivoir^) "par le lieu"? S. 50 (statt des
griech. ^k töttou) für klass. telvoy 'des Ortes', während korü 'genannt
1) Freilich, wenn man arm. ^^f *acht' aus *ovf = "^opt- (Bugge)
und kun 'Schlaf aus *kovn = *svopno- (Meillet) erklärt und den
Satz aufstellt: idg. op = arm. ov = Uy könnte man auch altarm. u
*und' = idg. *opi = lat. ob- setzen als Nebenform von altarm. 2v
*und' = idg. *ept, griech. ^ttC. Ist der Satz aber richtig? Vgl. kov
•Kuh' = idg. g^ov'.
2) Die oben genannten kommen sämtlich in der Bibel noch
nicht vor, andere — wie z. B. nax- (irpo-) nur in wenigen Wörtern.
3) Bedenklich ist das isolierte orcak und ordan (nur Dionys.
8. 38) als Interrog. neben oröapy orkan als Indefinitum.
4) Dagegen spricht, dass der Dialekt von Agulis ein Präfix
n- hat, das schon Patkenean Arm. Dial. S. 20 mit germ. ?7i, griech.
^v zusammengestellt hatte, vgl. Karst S. 409. — n- steht als Präfix
vor vokalisch anlautenden Worten im Dat. Lok. mit der Bedeutung
*in* oder im Ablativ mit der Bedeutung 'aus' ganz wie die Präpo-
sition i; vor konsonantisch anlautenden Wörtern steht 9n, z. B. aw-
tesakoje (von tesak), dn mardoj Kategorien 110, dnmardoj 114, an-
marm9noj 143.
5) Karst stellt es S. 54 und 135 zu klass. inv = agulisch unc
'etwas*.
6) Neben nerteivoj {iv TÖirt^i) imd i telvoj (cic töttov).
52 Karst Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen.
werden' S. 38 nur als jüngere aliarm. Form (für klass. ko6el im NT>
zu gelten hat. Der Dativ Astvacum S. 92 gehört einem späterea
Zusatz zur Übersetzung des Dionysius Thrax an. Denn diese Foria
auf -uni findet sich im NT nur beim Pronomen und pronominalea
Adjektiv 1) (ZDMG. 36, 124), bald auch bei andern Adjektiven wie
8urb {i srbum Exod. 29,31), hin (e hnumn Elise), aber erst viel später
bei Substantiven. Bei Philo finde ich nur 1) ibru S. 160, 163, 173,
176 neben ibrev 162, 163, 166, 175, 177 (und neben et;, evs, fetevr
jev); 2) bast in barebastikS. 161, barebasiutiun 159, 180 für klass. boxt
(bei Dionys. S. 18 bayf als spätere Form für altes baoct)\ 3) asi^eal
{y asiceluni 163) neben klass. asaceal 165, 176, 178; 4) den Lok. Dat..
auf -oj in i lusoj {iv cpuiTi) 158, nmanel kendanvoj (^oiK^vai l\\n^) Uly
die nur durch spätere Übertragungen der Endung oj von Lokativen
wie i telvoj und Gen. Dat. wie kiiojf mioj entstanden sein können;.
5) den Dativ auf -um vom Partizip asiceal nur S. 163: y asicelunt^
i miainanocsn {iv toic X€x6€ici ^ovacTripioic), übertragen von den pro-
nominalen Adjektiven, vgl. i 7nium 176, yeutnerordurn 163, 164;.
6) den Inf. pass. und med. auf ü in verambarjil (^€T€UJpi2l€ceal) 157,
kerakril (Tp^qpecöai) 165, cucanil 'sich erweisen' 166, tambril, 9nklmÜ
168, jgil^ korzil, haM, masil 172, ba.sxil 178 neben altklass. linel 156,
159, 172, 173, martdncel 156, cnanel 161, 174, bazmel 173, handipel
174, 177, patahel 171, nmanel 177, xausel 177, busanel 172, unel 173,.
hayel 173. In den Fällen 2—6 liegen sicher jüngere Formen als die
klassischen vor. Auffällig ist bei Philo nur das Pronomen se für
sa, weil es der klassischen Sprache vollkommen fremd ist und zur
Wiedergabe des griechischen Femininums dienen soll, vgl. *-e = t\
jLi^v 157, 174 und z «e = aÖTr|v 173. Das \Vb. belesrt auch den. Gen-
Sg. sara (für klass. sora) und pl. saca (für klass. soca) aus der Über-
setzung anderer Schriften Philos und den Pitoyic girk als weib-
lich. Geschlechtsunterschiede kennt aber das Armenische überhaupt
nicht. Die Grammatik der Def. scheint als besondere Eigenlüm-
liclikeit nur die Lokative auf -um, die Karst S. 239 aufführt (dazu
/ lacumn, i niijakwnn, i yoregumimn S. IGT) zu haben; die Form
ist hier au! Adjektiva überhaupt und Substantiva (^ SokraUim, i
P/aionuml) übertragen. Ähnlich findet sich der Kasus auf inn in
der Isag. als Lokativ (z. B. nentakayum S. 239) und Dativ {mar-
dum S. :23s, 1—4 v. u.; 250, 11; tesakum S. 248 neben gen. tesaki
259), aber weit häufiger (s. Karst S. 2.*38) ist hier der Genitiv auf
-oir, l)i*sonders von o-Stämnien (z. B. niardoir neben inardoy, ken-
danoir neben kejidanvoy, kendanoy, alloir neben ailoy S. 230, 231,
235, aber auch tesakoir 248 neben tesaki 259), den wir schon in
einem Falle bei Dionys. [dud ielvoir?) fanden, sonst aber weder im
Kommentar zur Isagoge a. a. O. S. 251—356 noch in den Katcg.
S. 359-408 noch in den Def. S. 120-216 usw. antreffen. Ich kann
in dieser — mir künstlich erscheinenden — Bildung 2) nicht mit
Karsr eine "Reminiszenz*' aus älterer Zeit sehen, eher eine jüngere
Neubildung nach Analogie des Fragepronomens gen. oir^), dat. U7n,
1) Vgl. bei Dionys. 48: yerkrorduinn 'in der zweiten', yerumn
'in der dritten*; bei Fau.stus 11: yarajnum 'in der ersten' (Nacht);
195: yajum 'auf dem rechten' (Flügel).
2) Vgl. die Gen. PI, socaicr und mardoer Isag. S 228,229,2^34.
3) Ein 7wi7' 'sein' nennt Dionys. S. 52 neben iin 'mein', koy
'dein'. Ausserdem kommt es nach Karst S. 135 in einem alten (un-
gedruckten) Glossar vor. Bei David kann ich es nicht finden, in
der Isag(»ge kommt es nicht vor, bei Aidyn. 2, 43 stehen nur ??i*or.
Karst Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen. 53
nach dem man zu mium : mioir (S. 229), zu mardum : mardoir
«chuf. Denn nur dem Pronomen kam im Armenischen ein Genitiv
«uf -r ursprünglich zu. In den Kateg. ist der Dativ -Lokativ auf
-um seltener (vgl. n-entakayum 108, sakavnm 116, pokum 123, an-
-dunakum 146 (Adjektiva), uneluin 144, hivandanalum 148 (Infinitive),
dafür aber der Dativ -Lokativ auf -oj häufiger, z. B. n-entakayoj
4imek, 9nmardoj 114, an mardoj 110, n-umek mardoj 113, wmeman
mardoj 115 (neben häufigem abl. mardoy), kendanvojn 115, t war-
wianoj neben anmannano/ 143 ^), sakavvoj 123, amenainvoj^ 9nduna-
.kanvoj 146, barvoj, darvoj 149 usw. Sonst ist aus der Kunstsprache
der Kateg. nur noch zu verzeichnen das Partizip asiceal {yasiceloc-s
110, Z. 4, 22, yasiceloc, asicealk 138, Z. 19—20 usw.), das wir schon
oben bei Philo fanden, neben klass. asaceal S. 138 Z. 1 usw. und
die Form ibru S. 109, 116 usw. neben ibrev; aus der Übersetzung
-der Schrift ircpl Ipiniiveiac : amerij am6n 'jeder, all' S. 159, 160, 161,
170 neben klass. amenain S. 159, 162 (aber auch klass. amen- in der
Komposition z. B. amenahnar)^ mu 'einer' S. 161, 162, 170, 171 (mit
gen. moir) neben klass mi 171, 180; ibrni 168 neben klass. ibrev 175
xind asiceal 173 (vgl. storogiceloc 172, tarorosiceloc 173).
Die angeführten, sehr "unreinen" Klassikern entnommenen
Formen sind zum Teil nur jüngere oder künstliche Neubildungen*)
-der nachklassischen Sprache, zum Teil aber (wie ibrti, mu^ bast)
wirkliche Dialektformen. Aber die Aufzählung derselben genügt,
um zu zeigen, dass wir es hier nur mit geringen mundartlichen
Unterschieden zu thun haben, die sich zum Klassisch-Armenischen
etwa so verhalten mögen wie das ältere Vulgärlatein zum klassi-
schen Latein. Im übrigen muss immer wieder betont werden, dass
•die Zeit, in der die genannten Werke übersetzt worden sind, nicht
feststeht, und dass die Datierung gerade der ältesten Werke rein
konventionell ist. Fest steht für mich, dass unser armenisches Al-
phabet im Anfang des 5. Jhd. durch Mcsrob erfunden ist, dass es
vor dieser Erfindung keine geschriebene armenische Litteratur gab®),
dass das älteste Denkmal der armenischen Litteratur die Übersetzung
dvor, üvor, die doch nicht auf noiV, doir, soir zurückgehen. Bleibt
Cirbieds (Gramm. S. 755) soir neben sdvor, sur, sor usw.
1) Neben dnmarmani 111. i marmani 108 und marmdnoy 119,
120. Das Subst. marmin *Leib' ist ein o-Stamm, Gen. Dat. marm-
jfioyx doch findet sich gelegentlich auch in der ältesten Zeit der
Dativ-Lokativ marmnij z. B. Brief an die Galater 6, 17: i viarmni
imum. Eli§e S. 8: i marmnin.
2) Eine solche jüngere Neubildung scheint mir auch der Konj.
Iraperfekti auf -icH usw. zu sein, den Sasse Prolegomena in Aphraa-
tis — sermones homileticos, Lipsiae 1878 p.25 aus der Übersetzung
des Aphraates belegt: dnicein^ prkicer^ lueal ic^r^ liniciur = linic6rj
gitaicein^ porjiciur^ der auch bei Faustus vorkommen soll. Vgl. Pe-
termann Brevis linguae Armeniacae grammatica p. 65.
3) Ebenso Joh. Thumajan Geschichte der klassisch-armenischen
Schriftsprache (Verhandl. d. 7. Orient. Kongresses, Arische Sektion)
Wien 1888 S. 70. Dagegen möchte Conybeare (Anecdota Oxoniensia
-Oxford 1892, Prolegomena XXI) die Übersetzung der Karntopiai und
iTcpl ^p|Liiiv€(ac dem Prohaeresius (276—368) zuschreiben, hält also
«ine armen. Litteratur schon im 4. Jhd. für möglich. Er datiert
sogar das ''goldene" Zeitalter der armenischen Übersetzer in seinem
Philo About the contemptative life p. 155 direkt von 350—500 A.D.
Ich kann mich damit nicht einverstanden erklären.
54 Karst Historische Grammatik des Kilikisch- Annenischen.
des grösseren Teiles der Bibel war, und dass das altertünilicbbte'
Armenisch das der ältesten Evangelienhandschriften ist, an dem
gemessen die oben genannten Werke jedenfalls jüngeren Datum»
sind 1).
2. Zu Karsts Erklärung einzelner altarm. Formen sei hier
Folgendes bemerkt.
Zu S. 17. Nach Karsts Ausführungen hier und S. 55 sowie
nach Meillets Bemerkungen MSL 11, 16 über bacces (fut.) : e6ac
(aor.), bac (ipt.) gegenüber gnasces (fut.): gtiac (aor.), gna (ipt) für
g9nasc€S usw., mit denen die Umschreibungen Niq)dTTic (Strabo) für
arm. Npat, riXdKioc für arm. *Glak (für überliefertes Dlak nach Mar-
quart), (KXiua) MouZIoupiIiv für arm. Mzur Geizer, Georg. Cypr. 184,
KiOapiJujv für arm. Kfric^ T2[i|hick?ic für arm. Cmskik^ HuMßdrioc für
arm. Smbat usw. (s. meine Abhandlung: Zur Chronologie der armen.
Vokalgesetze 8. 156 — 157) in Einklang stehen, ist das zweite arme-
nische Vokalgesetz (Arm. Gramm. S. 410) so zu formulieren:
i und u (vor Konsonanten) bleiben nur in der letzten Silbe^
ausserhalb dieser werden sie zu 9, das (nur im Anlaut geschrie*
ben) wird und nur in einer kurzen offenen Silbe, die auf eine eben
solche Silbe folgt, gänzlich schwindet: sirtisdrii^ geschrieben srti^%
sut : S9tel, geschrieben stel; Jtun : kdnoy, geschrieben knoy\ dustrt
ddster, geschrieben dster; inj : anju, geschrieben an/u; ump : am-
penif geschrieben 97npem (im Anlaut!); Rher patum : patmel geschrie-
ben und gesprochen (aus ^pa-td-mel für *pa-^M-m60; gluxc {=^ g^lua^
aus *glJtux) : glxoy (= gdlxoy aus *gdldxoy für gjiuxoy)'^ ptul (=
patul aus *pltui) : ptloy (= pdtloy^) aus ^pdtaloy für *plJtuloyy
Anlautende Konsonantengruppen können also immer und werden —
abgesehen von den Gruppen : Sibilant-f Verschlusslaut wie z. B. sierjy
stin^ sxal — fast immer ein 9 aus i, u (= idg. i, e, t*, ö usw.) verloren
haben, vgl. cnund = ma. pnund Karst S. 17 = urarm. *cinund =
vorarm. *g^en-unto- oder g^enönto- von der Wurzel g^en^'\ gnal =
ganaly mnal = 7ii^nal usw. Diese urarnienischen Vorgänge haben
sich im Mittelarmenischen bei dem Ausfall von mittlerem a (o, e)
in ähnlicher Weise wiederholt**): altarm. alacem = ma. aycem für
a'/ff-cem; altarm. "^datastanel = ma. iaddstanel (in langer Silbe) usw.^
Karst S. 16, 18, 42. — Zu S. 19. In ma. liyadon 'Vermächtnis' aus
1) Wie unsicher die konventionellen Daten sind, sieht man^
schon daraus, dass, während die Mechitharisten die Übersetzungen
der philosophischen Schriften ins 5. Jhd. setzen, Conybeare trotz
seiner Geneigtheit, ihnen zu folgen, die Übersetzung von irepl köc-
|iou und irepi dpcTiüv ins H. oder 9. Jhd., die der eicaTUJT»^ des Por-
phyrius ins 7. Jhd. (a. a. 0. S. XXXII und XXXVI) setzen möchte^
2) Im Armenischen erscheinen r, /, 7/1, n oft zwischen Vokalen,
aber nie als vokalische r, /, tjt, m sondern als ar, 9^, a/i, am = «r,
elj efl, em.
S) So wenigstens nach der Aussprache moderner Armenier.
Vgl. dagegen die Formen des Codex Ticinus (zwischen 1100 und
1300) bei Conybeare, Anecdota Oxoniensia: bazomacdn S. 170 von
bazum, patahjman S. 172 zweimal. patah^7nunk 172 von patahumn;
€,4inar<ftin 180 von csmarit.
4) Aus urarm. *apurank ist über '*aparank altarm. aprank
'Errettung, Entrinnen, Davonkommen mit dem Leben' geworden;
aus dessen Genitiv apranac sollte mittelarm. *abr9nac werden. Wa-
rum erscheint dafür äbarnac 'des Lebens' (Karst S. 16)?
Kai
; Hisi
^die Grf
.tik 'Ifs Kilikiacli-Ai
I
'ligaton = bvz. ^»iföTov (Knrsl schreiljt S. 19 W-fOTov, S. 27
r »tTÖTOv, S. 21, 31 , 34 UtotövI = lat legntum knnn doi-li «och Rrm. i für
bvE. n = i stehen, s. Thumb in Byz. Ztsch, 9. 430. - Zu S. 33 Anm. 1.
Pas Zeichen oic für ö Kndet sich ursprünglich nur in dpn Umschrei-
liungei) griechischer (nicht überhaupt fremder) Namen und
Wörter mit ui (Miywue» = griech. Muicf^O, da pers. und Bvr. au, ö
nrspv. durch oi oder o wiedergegeben wird, b. meine Arm! Gramm.
S- 290 Anm. und S.338, Chronologie der ni-m. VokalgeBCtze S. 158—
3S9, 166 flg., no— 171. Danach war ojt für grriech. lu nur gelehrte
Umschreibung und wurde als kurzes o gesprochen, also z, B, MösCe,
^Channf's*^]. — Wenn Im Ktliktschen einigemal ay für fremdes ü ge-
flehrieben wird (Karst S. 23 und ll(j), so braucht das kein Versuch
xo sein, arah.-pers. d genauer wieder« ugeben, »onderr nur auf einer
Verwechslung von a und ai zu beruhen, die spater im Kihkischen
beide wie a gesprochen wurden (Karst S. 33—24 und 60). Einen
Bolchen Versuch anzuuehmen lüge nilher, wenn sich ergäbe, dasB
fremdes ä ziemlich regelmHssig durch ay umtichrieben würde. Nach
8. 23 und 116 Anm. steht aber ay nur einigemal für arnb.-pers. ä
nnd nach S. 117 Anm. auch "öfter'' für fremde« ä. — Zu S. 26.
Anm. 2. Die richtigen Bemerkungen Karats über arm. -il und -if
«eigen, dass wie attarm. t (IF. Anz. B, -44) so auch f dunkles Timbre
lisite oder erhielt. Dem Material füge hin^u die Namen Kiurel Laz.
Küpa^ot und Bamei, gen. Barsti Joh. Mam. 8 = SacIXtioc. —
Zu S. 3S). Altarm. kriim 'der Streit' aas krir + Artikel n ist nicht =
1. 'krivnn zu setsEen, da nicht «u ei-weisen ist, dass die Urform
iJ«s -^ nachgenetKlen — Artikels an {aa, nd) war. Vgl. Arm. Gramm.
S. 437, 478, 487 und Meillet MSL. 10, 244-245 (ji, d, » aus k'e, le,
ne?). Wie arm. dttutm 'die Tochter", das nicht aus urarm *dvgti-
ran*) eniManden Bein kann, zeigt, tritt der fertige Artikel: n, s, d
(= an, as, id) an die fertige Nominnlform'), wie sie durch die Wir-
kung diT AuslHutftgeselze geworden fbt (2. B. dustr aus *du»lir ^
dhukter) an. Man kann also annehmen, dats urarm. 'ArrVroA 'Streit*
neben *kHi-oh ni [oder 'A-Wtoft e'n usw.) stsnd: daraus wurde durch
die AnRlauisgeselze kMr und Iti-iv r>i (oder kHv in usw.), schliess-
lich kriv 'Streit' und krifn 'der Streit'. Dabei bleibt unklar, wie und
«odurcli der Artikel tie oder en usw. mit Schwächung seines voka-
iischen Elenienles zu n=^ an usw. geworden ist. — Zn S. 31. In kil.
juian 'Panzer' Lampr. Brief an Levoii S. 239 befi'emdet u, da sonst
jatüiin äberliel'ert ist {e. Arm. Wh., meine Arm. Gramm. S. 270), dem
arab.-pers jauiiin (reimt bei Fird. auf röian KZ. 35, 189), georg.
Javiani Tchoubiuof S. 685 eniBpricht. — Zu. S. 34. Allarm. l (dunkles
l) ist in der Kegel spater lu y geworden und zwar, wie es scheint,
auf dem ganzen west- und ostarmentschcn Sprachgebiete. Auch
Karst scheint nichts davon zu wi.ssen, dass in irgend einem neueren
Dialekte altarm. l als l geblieben sei. Dann ist es aber auffällig,
dass die georgischen Lehnwörter stets arm. / durch ( wiedergeben:
tdiii 'bri<iue' "Tchoubinol S. 12 =^ arm. aliua\ georg. bivrili 'böryl*
" "" arm. Itiurtf; büci, pilci 'impur" S. 53 = ann. pifc; blarji
1) Geschrieben Jouhann&» neben Johannes Arm. Gramm. S.3H5.
I])ai> moderne Hovannes (Karst S.^fi) erweist keineswegs eine altarm.
P-^ussprache Jou:{h)anniii.
1 2) Daraus würe nach Wirkung des vokalischen Auslau tgesetzes
wfdvatirn, epitter *diitim geworden.
3) Vgl. das Pluralzeiehen k in wardk 'Menschen', fork 'vier*
[aeben ^orek- in Kompos.), beremk 'wir tragen', Meillet MSL. 11, 381.
56 Karst Historische Grammatik des Kiiikisch-Armenischen.
•pain azyme' S. 54 = arm. balarj; galatozi 'maQon 4 Reg. XII, 12*
S. 73 = arm. gafatos; fela 'orme, ormeau* S 221 = arm. teli; ko-
Icpi 'corbeille Exod. 26, 2' = arm. kofop] ptuli 'fruits frais' S. 404
= arm. ptui; s-pUenji 'cuivre rouge' S. 466 = arm. pfinj; kaläfti
Ville* S. 513 = arm. kalak usw. l)as lässt sich nur durch die An-
nahme erklären, dass alle armen. Lehnwörter, die Tchoubinofs ge-
orgisches Wb. aufführt, in altarmenischer Zeit (etwa vor dem 7. Jhd.)
aufgenommen sind. — Zu S. 40. Man sagt "die" Imäla (arab. fem.
imälat). — Zu S. 42. Wenn die R(»gel^): "der Vokal a in mittleren
Silben drei oder mehrsilbiger Wörter fällt (im Mittelarmenischen)
aus oder wird zu »" in dieser F'assung richtig ist, so wird mittleres
u davon nicht betroffen, und der Ausfall derselben in allen Kausa-
tiven {mercnem aus merucanem^ ainrcnem aus aniracucanem) konnte
nicht durch diese Kegel motiviert werden. Dass mittleres u (= ur-
arm. oi) sonst nicht ausfällt, zeigt »yortufün S. 59 usw. — Zu S. 46.
Ein (dialektischer?) Übergang von a in o scheint auch bei morex
'Heuschrecke* Matth. von Urha 2, 1 = altarm. marax vorzuliegen. —
Zu S. 47. Den von Karst konstatierten W^echsel von altarm. au und
a in taunk (Stamm taiini-) 'übermässige Feuchtigkeit der Luft, Re-
genmenge* und tanam (aor. fa-c i) 'befeuchte, benetze, tauche ein',
yaut 'abgeschnittene Wein ranke' und yat-anevi (aor. yat-i) 'den
Weinstock beschneiden', viaut 'nahe' und matcim aus *tnatidi7n. (aor.
mateay) kann ich nicht erklären. Man kann an Epenthese von u
denken und ariausr Thräne', pl. artasuk vergleichen (s. dagegen
Arm. Gramm. S. 426) oder au und a aus idg. äu erklären, aber
beides ist ganz unsicher. Vgl. auch zgaun 'zahm, sanft, verständig,
weise* und zga-m (aor. zga c-i) 'empfinden, wahrnehmen, fühlen,
merken', zgaataceal 'vernünftig geworden* Marc. 5, 15 und die be-
kannten Fälle : amauf 'Scham' : amaM 'sich schämen'; alauf-k
•Gebet' : alacem 'bitten': canaut 'bekannt' : 6ana6em 'kenne', aor.
caneay 'erkannte* (Wurzel g^ena, g^ne usw.). Ein sekundäres au
(aus all'') liegt vor in atauri 'Mühle* neben ahim 'mahle* und den
Genitiven haui\ maur^ efbaur usw. — Zu S. 47 Anm. 1. Die Be-
merkung über die alten Handschriften ist ungenau. Die Evange-
lienhandschriften des 9.— 11. Jhd. (die Moskauer vom Jahre 887, die
von St. Lazaro vom Jahre 1001 usw.) haben im Allgemeinen da c
oder e, wo auch die Drucke e oder e haben, nur die Partikel fe,
ete 'dass' der Drucke erscheint in diesen Handschriften stets als fe,
ete wie auch das Imperfekt akt. und pass. zu den Präsensstämmen
auf -e in der letzten Silbe stets -ei für -ei der Drucke hat, z. H. ein
'waren* Matth. 2, 16, 18; xndrein 'suchten' 2, 20; elanein 'kamen'
3, 5, mkrtein 'wurden getauft* 3, (>, xostovan linein 'bekannten' 3,
6 (aber ererer 'erschien' 2, 13, er 'war' oft, aser 'sagte', ase 'sagt',
ai'n^ 'macht' 3, 1, 10, 14 der Moskauer Hdschr.). Im Übrigen steht
Hreastan Matth. 2, 1, 5, Hreic 2, 2 neben Ureastan 2, 22; 3, 1, 5,
margareic 5, 18 neben margarei 2, 17, 23; 3, 3 usw. in der Moskauer
Hdschr. Weiter setzen diese Handschriften stets: t für griech. X
(z. B. Gali/ea{y) Matth. 3, 13; 4, 12, 15, 18, 23 = faXiXaia, Israyii
2, 6 = 'IcparjX tür Galilea, Israyel der Drucke); stets au für o(ö) der
Drucke (z. ß. haur 'des Vaters' Matth. 2, 22 für A^r); stets ail 'aber,
sondern, andert»r' für späteres ail\ gaif 'Wolf {gailk Matth. 7, 15;
qailoc 10, 16) für späteres qail-^ (oiftal 'lassen' Matth. 3, 15; 8, 22;
13, 30; 15, 14; 19, 14 für späteres toil tal-)\ parhem 'faste': Matth.
1) Wie ich sie schon Zur Chronologie der arm. Vokalgesetze
S. 130 formuliert habe.
2) Vgl. auch nsoif = nsoil 'Strahl'. Adjarian hat wohl mit
Karst Historische Grammatik des Kiiikisch-Armenischen. 57
4, 2 parhealj 6, 16 parhicek^ parhescin^ 6, 17 parhicis, 6, 18: parhoi
in der Moskauer Hd8chr.i) für späteres paAem ; cwfn^) 'sieben' Matth.
12, 45; 15, 35-37; 16, 10; 18, 22 für späteres egfn = kil. iofn^). — Zu
5, 51, § 45 Anm. Der Dialekt von Mu§ hat hrdMak = hrätak der Mos-
kauer Evang'elienhandschrift;. Aber beide stehen für urspr. hreMak.
— Zu S. 64, § 71 b. Von hasoitk müsste der Instr. altarm. hasufauk
lauten. Das Wort ist aber im Wh. nur einmal aus Mech. Rechtsbuch
(12. Jhd.), also als mitlelarmeniseh belegt. — Karst weist hier nach,
-dass das Verbalnomen auf -ol oder -qI nach den mittel- und neu-
armenischen Entsprechungen ursprünglich mit -aul anzusetzen ist,
obwohl die Drucke meistens -ol geben. Nur hat er leider unter-
lassen, sich mit der ältesten Überlieferung auseinanderzusetzen, die
mehr zu Gunsten von -ol spricht. Ich habe mir aus der Handschrift
von Moskau (M) und den beiden ältesten Evangelienhandschriften
von St. Lazaro (L) folgende Formen notiert: karol 'fähig, im Stande*
Matth. 3, 9 (M und L), 8, 2; 9, 28; 19, 12; 20, 22 (L); parÄo/ 'fastend*
6, 18 (M): yap&täkol-k 'räuberische' 7, 15 (L); ke7*oi 'Fresser*, arbecoi
'Säufer' 11, 19 iL), macol 'ehebrecherisch* 16, 4 (L), daneben aber
Jinjauis akk. 'Schnitter* 13, 30, hnjauik nom. 13, 39, Mnaulk 'Bau-
leute' 21, 42 (L), also in den ersten 21 Kapiteln des Matth. zehn
Formen mit of und drei mit aul. Das entscheidet noch nicht,
zeigt aber, dass eine Sammlung aller dieser Verbalnomina aus den
Ältesten Handschriften vielleicht doch die Formen mit of als alter-
tümlicher erweisen kann*). Man bedenke, dass dem durch Mittel-
und Neuarmenisch feststehenden ail 'aber, anderer* die ältesten
Handschriften aU entgegenstellen. Und wie aii später zu aü wurde,
könnte auch -of später zu gl geworden sein. — Zu S. 66. Karst
will nach den "Berichtigungen" S. XXII und nach S. 125 und 311
tesanoir bei Faustus S. 69 als pass. 'er wurde gesehn* übersetzen;
•ich sehe nicht, wie das möglich sein soll in dem Satze: yorzam
tesanoir zamenesean 'als er alle (auf demselben ersten Wort best-e-
hend) sah*. Warum sieht K. darin nicht das Imperf. eines Vesanum
Recht angenommen, das arm. f des 5. Jhd. nach ai, e, oi (= a, c, o
-f- y) später lautgesetzlich zu / geworden ist.
1) Vgl. parhetn 'halte' bei Ephrem 3, 17 und 117 und marh
"Tod' ebenda, s. Arm. Gramm. S. 217, 472.
2) Vgl. ardeuk Matth. 11, 21 für späteres ardegk.
3) Die Moskauer Handschrift hat auch hrUak 'Engel* Matth.
2, 13, 19; 4, 6, 11 für hreMak der andern Handschriften und Drucke;
mareax 'Heuschrecke' 3. 4 für sonstiges marax; howäkan 'ausrei-
chend' 3, 11 für bavakan usw. — Ein genauer Nachweis aller Eigen-
tümlichkeiten dieser Hnndschriften ist dringend erwünscht. — Auch
der Codex Ticinus der Kateg. (geschrieben zwischen 1100 und 1300
nach Conybeare AnecdotaOxon.XXVIII) hat noch meist efe, unein, cm,
«r, e für späteres cfe, un€in, ein, er, e und öfter yavet und ail für
späteres yavet und ail nach Conybeare a. a. 0., vgl. aii S. 107, 2,
4; 115, 20; 135, 9 usw., efe 108 usw. Und selbst die Philo-Handschrift
vom Jahr 1296 schreibt noch eutn 'sieben' S. 173 (dreimal) für das
spätere eofn, das in den gedruckten Bibeltexten statt des hand-
schriftlichen eutn steht; ebenso xausel 'reden', xausk 'Rede' für spä-
teres xosel, xosk.
4) Aus Philo (Handschrift vom Jahre 1296) verzeichne ich:
tesolauk 167, 180, cnolac 168, trpol-ac 172, gorcol-ac 173 neben
Jcaraul 174, cnauls 175; aus Ephrem 3. Bd. (Venedig) 1836) karol 11,
26, apoHxarolk 15, Isolac 19,
58 Karst Historisehe Grammatik des Kilikisch-ArmenischeD.
= kil. desnum (nach S. 290)? V^l. arjakoir 'sandte* Sebeos 48
neben arjakel S. 49. — Zu S. 71 Anm. Bei iend 'Fieber' könnte
man um so eher an Entstehung aus *teand denken, weil 6, wenn
es urspr. vor n -f Kons, stand, zu i werden musste, dagegen e
blieb, wenn es aus ea oder ett entstanden war (Arm. Gramm. S. 407
und 520). Vgl. aber auch tenc 'Verlangen'. — Zu S. 72. Das Suffix
'6eay in arhavatceay 'Draufgeld*^) findet sich auch in avetceay 2.
Kg. 4, 10 'Lohn iür gute Nachrii-ht' (= ^avet-id-eay), vgl. avet-a-vor
'gute Nachricht bringend*, avet-i-k 'gute Nachricht*. — aij^k (=
altarm. aiceaik) 'Kleider aus Ziegenhaar' steht bei Matth. von Urha
p. 7 (akk. aijes). — Ein Ipt. auf e findet sich schon in der Mos-
kauer Handschrift (a. 887) Matth. 6, 13: prke für prkea 'erlöse*. —
Da im Altarm. Advorbia auf -ev vorhanden sind, vgl. ardarev, orov
hetev, ainu hetev usw., yetev-axatac^ storev (neben storeav\ zarajev
bei Faustus (neben arajeav bei Laz. Pharp.), so kann doch kil. -<>27
(in arvev, hedev usw.) auch aus altarm. -ev (statt -eav) entstanden
und kil. nerkev, ma. verei- usw. nach Analogie dazu gebildet sein. —
Zu S. 73, § 83. Da in der Bibel schon men (z. B. mm mi 'je einer**)
Matth. 20, 10) neben miain 'allein' steht* so schliesse ich zunächst,
dass dieses mm des 5. Jhd. nicht aus 7/22am entstanden ist. Dann
braucht auch m^ 'allein' des 5. Jhd. nicht aus miain^ entstanden
zu sein. Aber selbst wenn mm eine alte Dialektform zu klass. miain
wäre, soll darum klass. ter 'Herr* eine alte Dialektform zu nicht
vorhandenem Hiair sein ? — Zu S. 82. Die Mediae 6, d, g, y, j bleiben
im Mittel- und Neuarm. nach n unverschoben. Aber mb wird zu
mp? Karst bemerkt nichts darüber, schreibt aber Smpad S. 3 (altarm.
JSmbat)^ hamperem S. 89 (altarm. hamberem) usw. Ebenso schreiben
die Mechitharisten: {Nierses) Lampronense mit p. Im Polnischarra.
finde ich zwar pambag = altarm. bambak, aber daneben hanipirefu
= altarm. hamberel und amp, pl. amp^er = altarm. amb und amp
(Hanusz WZKM. 1, 302— 303). — Zu S. 100 Anni.l. Karst führt kara-
bach. a7iam, aniim^ andm 'Name' (aus Patk. Dial. 66) auf aitarni.
*awa77j7j, *anumn^ *andmn zurück. Ich halte das so lange nicht für
richtig, als K. nicht das Verhältnis dieser Fonnen zu einander und
die Lautgesetze des karab. Dialektes dargelegt hat. Auch das alter-
tümlich aussehende ''anum- oder aiiuvin, gen. anman** des Dialektes
von Dshulfa (Patk. Dial. 86) = altarm. (muri, gen. anvan liisst sich
nicht ohne Kenntnis der Lautgesetze dieses Dialektes beurteilen.
Vorläufig halle ich das — un regelmässige — altarm. anun : an-
van (aus onmefi : onmenos) für altertünilicher und vermute bei
dshulf anumn : anman den Einfluss der — im Altarm. zahlreichen —
Nomina auf -umn : gen. man (nora. cayunin : gen. cagman usw.). —
Zu S. 106, Anm. 1. Was ist Mzur = Mdnjur (türk. Mtinznr da-p)?
Wohl dasselbe wie der Kanton von Hocharmenien, den Faustus S. 141
Mzur^ Moses Geogr. S. 607 aber Mdnjur (= rXim« MouCovpuiv Geizer
Georg. C^pr. 184) nennt. — Zu S. 1*22. Der Name ayprac aruin
'Brüder Blut* ist aus dem Arabischen übersetzt. Die Ptianze heisst
pers. arm. saiamriun {^avarmriun Wb. I s. v. drakontikon)^ vgl.
1) Wo steht die "spätkl." Form arhavafce? Wb. verzeichnet
nur arhavatceay (Gen. cei usw.).
2) Ebenso Faustus S. 16, 1. Vgl. dazu men- in Komp. und
Derivaten, z. B. menanam^ aor. menaceal 'vereinsamt' 1 Tim. 5, 5,
menasian usw. W'ohl aus *mean- = ^mian- entstanden.
*6) miain = mi-\-ai7i^ vgl. amenain (= *anieati-ain) und die
Adv. miangamain, valordain, Ireleain.
Kttrfit Hiatorische GruniinHtik des Killkisirb-Arini;!
5!>
I -Artu.Gnimiii.al3. L. ÄlUchAti Bububafutliitiu S. '>2, Airarat S. 29^
l 80. — Zu S. 124, Aus altarni. bain 'tivat,'. iaetr. bunov usw. Ist kil.
butn, instr. buinov imw. geworden. Iti Hllen diesen Füllen sind die
obliqupn Kasuä vom Nominativ beeinflusst worden. Ebenso bt^i kil.
cum 'Schute', instr. cuinov usw. (S. 125) für alWnn. jiun, Ken.jean,
insir. jeamb iww. — Zu S. 136. Navh dem ui der Foimu-n cuin 'Stlinee'
= kla^s. jiun; ajcuir 'Hörn' = kln«». eijiur usw. 2u urteilen, ist
von kil. euit 'Pech' auf klaes. jiut zu schlieaaen. So lese und »chreibo
ich .jplsit für jiel Arm. Gramm. S. Iö5. Vgl. euin (nicht evin) 'sieben'
= miltelarm. entn. — Zu S. 131, b. Die Zutiammenatellutig von kil,
h^rC'ec 'Unten, sulelzt'. klass. rerjin 'letztei' mit erjanik 'giüekiich,
'*g' ist uatiirlich fakch. — Zu 5. 162. Ich sehe nicht ein, warum
I Sicht klasB. hogvoy (gen. von hogi) spHCer regelrecht ku tiogoy =
kil. hoko geworden sein soll. Regel : allarin. vo '= idg. yu wird
BKch Konsonanten zu ma. o. Wo Formen wie hogoy in den ältcateu
Texten erscheinen, ist einfach hogvoy usw. zu korrigieren. — Zu
B. 154 Anm. Wie lauteten denn die ursprünglichen Formen de»
Worten gml 'Dorf? Nach Aidynean Gramm. S. 27: nom. akk. giul,
'geut oder yti. gen. dat. geij, abl, t gelje, instr. giuiiv; pl. iiom.
giutk, geik. akk. giuh, gen. dat. abl. giulif (getip), insti-, giuliutti
aftch der Bibelkoukordanü (Jerusalem 189&) und dem NT von Vene-
dig 1877: nnui. akk. genf, gen. dat. getj, abl. i getje, piur. nom.
•^Qlk, A'kV.. geoin (selten ^lu/«), gen. dat. ahl. ffiWi'p, ausserdem akk.
oe^ nur in t gel mi 'in einem Dorfe' Nehemia 6, 2 und t geld 'in das
Dorf da' Mark. U, 2; nach dem NT von Venedig 1805: akk. sff. gel,
akk. pl. gtls in den Evangelien, nnm. akk. Rg. geaut, pl. geaulk, geauls,
gen. dal. sg. yeaufj, gen. pl. sew^ic jn der Apostelgeschichte; nach den
EvangeHenhandfichrilten von Venedig: akk. pl. geaufg Matih. 9, 35,
akk. st^. geau/ 10, 11; 21. 2; 26, 36; nach FauelUB (Venedig 1832):
i geuln 144. 204, 265, yaintn gevt 252, aber i gtoln 15; uncli der
Philo-Haudichriit vom Jahr 139<!; geautk S. 16J (nom. pl.i; nach der
der Kateg. i geaul» S. 122 (akk. pl.) usw. Kil. k'f/ setzt nach Karst
§ 75 ein altarm. giiii ^^ geui voraus. Jedenfalls hat Karsts Behaup-
tnng, der Lok. getj sei erst dann auch als Genitiv gebraucht wor-
den, alit der Nom. gitil nu gel geworden war, an den Thataachen
keinen Halt. — ZnS. 1G2. Für klass. anjamb [hmU. von atijn) ist
Im Kil. anjom eingetreten.' Man sollte glauben, dass a vor mb zu
d verdunkelt und auel. b abgefallen sei. Aber a geht sonst nicht
(auch nicht vor mb = kil. mp) In o Über und nusi. mb wird — nacb
amp 'Wolke', famp 'SHliei', pl. tamp'er (Karst S. 170) au urieilen —
sin mp und nicht zu m. Kine genaue Parallele zu -amb im Auslaut
eines zweisilbigi-u Wortes fehlt allerdings. So wfire also vorläufig
kil. anjem auf ülterca *anjaum als dial. Nebenform zu kl. anjajM
BUräck SU führen ? Ich könnte in dem ausl. m dieses *anjaujn (vom
n-Siamme atijn 'Person') doch nur die Wirkung des abgefallenen
InstrumentalHurtixeu b =■ idg, bhi = griecli. <pi Heben. Jedenfalla
ist Karhts Erkilirung von klass. -amb -ans *amv ^ uraim. ano and
kil. -om ans *-aum = "arm =^ '-itinm — '-amv = urann. 'anv
-willkürlich und der Widerlegung nicht bedürftig. — Zn S. 185. Hier-
her auch kanani Frauen' z. B. Faustus S. 35-2, Z. 5 und (< v. u., a53,
3 usw. — Zu S. 191. Der Plural invi 'Hunde" soll sich nach Karst,
der Wb. S, 486 folgt, schon bei Eunub. Kirchengesch. 9, 8 üudeu.
Die angezogene Stelle steht in der Ausgabe (Venedig 1877) S. 691,
1 wo aber beide Texte, der Ultere wie der jüngere, x htm-n bieten
Lteicht z-invi-n). Wie lesen die Handschriften? Rarsis Erklärung
Her Plurale auf -vi ii\s Fortsetzer aller Duale auf u = idg. 0 (vgl.
IkAw 'zwei" = idy. dvö) ist ansprechend, aber kanin haltbar, da
€0 Karst Historische Grammatik des Kilikisch-Armenischen.
auslaut. ö = arm. u in allen zwei und mehrsilbig-en Wörtern nach
dem vokalischen Auslautsgesetz abfallen inusste (vgl. uf 'acht' =
idg. okHö. aber erku 'zwei' mit u, weil ursprünglich einsilbig^). Wäre
aber i (aus i-[-x) vor Wirkung des Auslautsgesetzes angetreten, 80 soll-
ten wir auch *\ifvi für ut, *erkri für erku haben. — Zu S. 195. Bei KiSft
S. 19, 15: naxararean. — Warum musste *jiean zu jian werden?
Aus lieal 'gewesen', der regelmässigen Form des Ptcp. im NT
ZDMG. 36, 125 (auch Euseb. Chronik 1,59) ist später ZcoZ geworden;
aus 'mi-\-evs : mius, das freilich mit mens wechselt. — Zu S. 210.
Der Zusatz zu pahs für pahk "vgl. np. päs, pl. päs Wache" ist
zwecklos und hier irreführend. Denn gerade das s von arm. pah9
hat mit dem .s von pers. päs nichts zu thun. — Zu iS. 234. Im Dia-
lekt von Agulis steht neben dem Pronomen so^ do, ng *hic. iste,
ille' (altarm. sa. da^ na, gen. so-ra. dora, no-ra) das Pronomen Ä^
dok, nok. Ist hok aus *8o-k entstanden (s. Karst S. 88), 8o darf es
weder mit griech. ö noch mit lat. htc (= *hoce) zusammengestellt
werden. Denn arm. so- ist = idg. fc^o-, griech. ö = idg. so, — Zu
S. 235. Die Erklärung von gen. nara usw. aus nora usw. durch
Einfluss des nom. akk. na scheint mir einfacher und natürlicher
als Karsts künstliche Hypothese. — Zu S. 252. Soll hima 'jetzt' (=
np. Irna 'jetzt') aus dem Np. entlehnt sein? Wenn nicht, aus welcher
Grundform sollen beide stammen? — Zu S. 266. Kil. lucem gespro-
chen lujem für altarm. lucanein) erscheint schon "in nachklassischer
Zeit" bei Ners. Lampr., Klimachos und Leb. d. Väter. Nerses von
Lampron war ein kilikischer Armenier des 12. Jhd., kein Wunder
also, dass in seinem Schriftarmenischen gelegentlich kilikische For-
men erscheinen. Die Zeit der Übersetzung der "Leiter" des 'luidv-
yy\c KX(|uiaE ist unbekannt. Leb. d. Väter fällt ins 5. — 12. Jhd. — Zu
S. 301 flg. Die Indikativpartikel westarm. gu = ostarm. ku lässt sich
zuerst im 12. Jhd. nachweisen und ist allen modernen Dialekten mit
Ausnahme desjenigen von Agulis eigen, während sie im Aitamie-
nischen fehlt. Ihre Entstehung fällt also in die Zeit vor dem Ein-
tritt der zweiten Lautverschiebung (9.— 10. Jhd.?). — Zu S. 311. Die
3. pers. imperf. med. und pass. der e- und ^-Präsentia lautet aus
auf -er oder -iur (z. B. kofer bei Faustus S. 14, 8 oder koriur 'wurde
genannt'). Karst hält die Form auf -er für eine jüngere Analogie-
bildung, weil er die Form auf -wr für die ältere und ursprüngliche
hält. Aber in der armen. Litteratur ist jedenfalls die Form auf -er
älter belegt, da sie allein — meines Wissens — in der Bibelüber-
setzung vorkommt (vgl. die überaus häufigen a:r/?/*'er 'redete, sprach',
korer 'wurde genannt'), während die Form auf -?wr hier — und nach
Aidvnean Gramm. S. 67 bei den "klassischen" Autoren fehlt 2). Was
nun die Ursprünglichkeit betrifft, so soll xaiisei, xauseir aus *j?aw-
^^iyl, ^xaitsiyir, xaiisiur aus *xausiyr lautoresetzlich entstanden und
darum xauser Analogiebildung zu xausei, xansHir sein. Für den
Übergang von -iyi in ei hat Karst sonst weiter keinen Beleg als
eben die Imperfektformen auf -^?, für -iur aus -iyr bezieht er sich
auf aliur 'Mehl', athiur 'Quelle', efjiur *Horn', ariun 'Blut', jhin
Schnee', die aus "^aliyr, *albiyr usw. entstanden sein sollen 3). Wo-
1) e-rku : idg. drn = e-W.v 'drei' : idg. frtns Meillet MSL 11,394.
2) Aber z. B. bei Mos. Choren. S. 17, 8 cariur 'wurde geredet',
bei Philo S. 179 ^ndarjakiur eupOvcro; bei Sebeos S. 125 tesaniur,
sau,^apiur, sksanhir, bei Dionys. S. 8 aiiiur 'wurde gesagt'.
3) Dagegen s. 3. Sg. Präs. xauiii aus *xausiy\ 2. PI. Präs.
xaiisik aus *xausiyk.
Karst Historische Grammatik des Kiiikisch-Armenischen. 61
her diese Grundformen kommen, sagt er nicht und widerlegt auch
die bisherigen Zusammenstellungen von aliur, aleur, gen. aler mit
dXcupov, albiur, alheur, gen. alher mit griech. (ppdap (aus *<ppriFap),
jiufif gen. jean mit x^^J^v (aus g^hiyöm), siun 'Säule* mit kiujv, um
derentwillen wir *aliur statt *aliyr voraussetzen, nicht. Ich stimme
daher Karst nicht bei. — Ich möchte darauf hinweisen, dass das
Medium und Passivum vom Präsensstamme auf a, i und -u mit
dem Aktivum^) identisch ist^(fl^a-m, xausim^ ioi-u-m), und ebenso
bei den Präsensstämmen auf -e das Imperfekt {kocei usw.), in der
ältesten Zeit der Infinitiv {koeel, ^en. koceloy^) usw.) und ursprüng-
lich auch der Konjunktiv {Jko^icim, eine Neubildung für *koöicem
als pass. = *koöe-iC'em zum Indik. ko6im nach dem Muster vom
Aktivum kodicevi : kocem)^). Es war also ursprünglich nur das
Passivum des Präsens der e-Stämme vom Aktivum formal unter-
schieden. Wie aber sind kocim und xausim (inf. koM, xansel) ent-
standen? Gehören xausim usw. zu Hirts ex^e-Basen (Ablaut S. 108flg.)?
— Zu S. 317. Die Gleichung dO'k'ay:&u = erk-0'kin:erku ist deshalb
falsch, weil k in erkokin, erkokean PJ uralzeichen ist, vgl. gen. e?'-
kocun, erkocuncj akk. erkosin, erkosean usw. — Zu S. 323. Die Ent-
wickelung von altarm. ekn *kam* über *6fc : *yeg : *e-yeg : eyeg zu
kil. erek ist wenig einleuchtend, da für den Übergang von inter-
vokalischem y zu y = r alle Analogien fehlen. — Zu S. 329. Warum
soll das auslaut. ay der l pers. aor. pass. {koöecay^ hanay) '*aus ein-
fachem a entstAnden" sein ? Die 1. pers. imperf. und abr. akt. und
med. hat doch als Personalendung immer i : kocei, xauseiy koceci,
xausecay, hani, hanay, eiel Und auch in der 2. pl. aor. pass. (fco-
cecaik) soll "ai für a" stehn wie in der 2. pl. präs. der öt- Stämme
{aiaik)? Das ist ein grosser Irrtum. Vgl. meine Armen. Stud.
S. 93. — Zu S. 332. Karst trifft in seinen — richtigen — Bemerkun-
gen über hangcim = *hangi6-im, aor. hangeay = ^hangi-ay^) mit
Meillet Notes sur la conjugaison armenienne (Banaser II, 2) S. 10,
wo auch hangi-st und die Aoriste ipt. hangi-r^ pl. hangeimk = *han'
gi-aruk und konj. hangices^) angezogen werden, zusammen. Ich
hatte inzwischen auch caneay aus *cani'ay, canaut aus ^cana-uf
erklärt und cani = idg. ghne, cana- für *cena = idg. g^e7i<f (Hirt
Ablaut § 321) gesetzt, also angenommen, dass in Fällen wie caneay^
1) Vgl. datini 'ich richte' und 'werde gerichtet' Matth. 7, 1,^
Luc. 6, 37; xauser 'redete* Matth. 9, 18 und xausesci 'wird geredet
werden* Matth. 2i), 13, hetu 'vergiesst* und 'wird vergossen' Matth.
26, 28, tolucu 'verlässt' Mark. 13, 34 und 'wird preisgegeben wer-
den' Matth.* 24, 20 usw.
2) Wäre ko6il die ursprüngliche Form gewesen, so hätte der
Genitiv *kocloy lauten müssen, vgl. totloy von total,
3) Danach auch folucum zu foium. Dagegen ist Pass. ima-
naici (Euseb. Chron. S. 26) neu gebildet zu Akt. imanaiceni nach
dem Muster von koricim : kocicem.
• • • •
4) Vgl. erdnma aus *erdunu7n : Aor. erdvay Arm. Gramm.
S. 443, IF. Anz. 10, 45.
5) Nach Meillet = *hangiices. Da i m nichtletzter Silbe sonst
immer — in Hunderten von Fällen — aus e = idg. ei, oi entstan-
den ist, liegt es nahe, auch hangices usw. auf *hangeces zurückzu-
führen. Ist das nun aus *hangi-ices oder ^hange-ices, ist dices =
*deces aus *diiceif oder *deices zu erklären oder Eintiuss von Con-
• • •
junctiven aoristi wie erfices (Präs. ertaices), luices (Präs. Isices), ke-
rices (Präs. utices), metices (Aor. 1. melay) usw. anzunehmen?
62 Karst Historische Grammatik des Rilikisch-Armenischon.
hangeay, tdkeay usw. das i der zweisilbig'en Wurzel auf idg. e zu-
rückgeht. Wenn nun hangt- st von einer Wurzel hangt- kam, musste
fakust von einer Wurzel falcu- kommen, die auf älteres faltö zu-
rückgeführt werden könnte. Also faJteay von taJce-^ fakust von
iakö'? Vgl. idg. g^ene : g^enö Hirt a. a. 0. — Wenn aber Karst
kil. hangav aus altarm. hangeav = *hangiav erklären will durch
Berufung auf kil. hoko = altarm. hogvoy aus *hogyoy = *hogi'Oy
(§ 183a), so ist das natürlich nicht zu billigen. Andere Erklärungen
hat K. § 84 und S. 126 (zu § 84) gegeben. Lautgesetzlich sollten
wir nach S. 70 flg. hange, hang^er, hang^ev usw. erwarten; da statt
dessen hangay^ hangar^ hangav erscheint, ist wohl anzunehmen, dass
dies Neubildungen nach den übrigen Aoristformen wie kdä-ay, iöay^
des-ay usw. sind. — Zu S. 335 Anm. Ich nehme an, dass erst zu gitaci
(aor. von gitem 'weiss') ein Präsens gitanam 'coeo' (vgl. Ivaci : Iva-
nam) hinzugebildet worden ist. Jedenfalls setzt gitaci so wenig ein
*gitanam voraus wie asaci ein *asanam — Zu S. 342. Die Präs. auf
-i bilden ihren Infinitiv im NT (abgesehen von der späteren Apoka-
lypse ZDMG. 36, 126) stets auf -el^ ebenso — meines Wissens — im AT
und überhaupt bei den ältesten Schriftstellern. Später wird das Passiv
berim : berel nach dem Muster von berem : berel ^alam : alalf folum :
folul zu berim : beril umgestaltet, aber die obliquen Kasus bewah-
ren auch später immer noch den alten Stamm auf -elo : {beril : gen.
bereloyy instr. berelov). Sogar im Kilikischen der Assises Ant. findet
sich noch abrel zu abrim^ linel zu linim usw. (Karst S. 343), und
nur die eigentlichen Passiva auf -vi bilden hier den Inf. ausschliess-
lich auf 'vil (vjarvil zu vjarvim). Dieser von der Chronologie ge-
stützten Auffassung setzt K. eine andere gegenüber: die i-Stämme
bildeten den Inf. ursprünglich auf il, das in den obliquen Kasus
zu el wurde [wider alle armen. Sprachgosetze, die -l statt -el erfor-
dern würden], die klassische d. i. älteste Litteratur ignoriert diesen
urspr. Inf. vollständig und setzt, nachdem im Ipf. die [jünger be-
zeugte] Form auf -iur durch die ''jüngere Analogiebildung" auf er
[in VVahrheit die älter bezeugte] verdrängt war, den Inf. auf -el an
seine Stelle [obwohl -il doch am Präsens auf -im usw. eine Stütze
gehabt hätte], aber der Inf. auf -il erscheint noch "vereinzelt" bei
bestimmten alten Autoren mit "mehr vulgärsprachlicher Diktion",
um später beim kil. Passiv auf -vi wieder zu neuer Geltung zu
kommen. Damit hat K. nach meiner Meinung alle Thatsachen auf
den Kopf gestellt, immer vorausgesetzt, dass meine Chronologie
richtig ist. — Zu S. 373 Anm. Der Satz: "wenn c ('nicht') sich ver-
einzelt bereits in frühklassischer ZeitM findet, so steht es immer in
vulgärer Diktion und ist nicht als echlklavssisch zu betrachten'* ist
eine kühne Behauptung. Das neue Testament ist doch gewiss "früh-
klassisch", und hier ist <} (neben oc) reichlich vorhanden: ich kann
es aus Matthäus allein zwanzigfach belegen. Oder hat auch die
Bibelübersetzung vulgäre Diktion? Djinn gäbe es aber überhaupt
keinen Unterschied zwischen klassischer und vulgärer Sprache, ein
Schluss, gegen den Niemand mehr als Karst Einspruch erheben
dürfte. — Zu S. 388. Ist im Klassisch-Armenischen das Präsens eia-
nini "nicht mehr recht" oder noch nicht gebräuchlich^ Die Evangelien
kennen nur Formen des Aoriststammes (wie e^e?* 'ward, geschah',
efici 'wird geschehen, sein'), ebenso das Kilikische. — Zu S. 401.
Die dem Kilikischen eigentümliche Relativkonstruktion: Relativpar-
1) Vgl. C'cage 'leuchtet nicht', cimanan 'wissen nicht*, c-zgan
'merken nicht* Elise S. 8.
Lagercrantz Zur g^riechischen Lautgeschichte. 68
tikel 4- Demonstrativ findet sich schon in altarmen. Werken, auch
solchen, die nicht aus dem Syrischen übersetzt sind, vgl. z. B. Faustus
S. 215: der Mann, "an welchem" {zorme) alle hingen {z-nmane *an
ihm*); S. 218: auch die, 'welche' {z-ors) er nicht kannte {z-nosa 'sie');
223: or — ail in6 kerakur 6er camkel noca = welche — nicht war
• • •
ihnen eine andere Speise zu kosten = welche keine andere Speise
gekostet hatten usw. Ich kann in diesen Fällen keinen "Semitismus"
finden, da Faustus nicht aus dem Syrischen übersetzt ist.
Strassburg i. E. H. Hübschmann.
liagercrantz 0. Zur griechischen Lautgeschichte. Upsala 1898.
156 S. (= Upsala Universitets Arsskrift 1898, Filosofi usw. II).
Die vorliegende Schrift behandelt die Entwicklung von idg.
Guttural und Dental + jf, sowie von t -\- s und ss im Griechischen,
also die Geschichte von tt, bb, cc und 2, wobei sowohl die ältere
Forschung rekapituliert wie ungelöste Fragen von neuem unter-
sucht werden. Der Verfasser rekonstruiert folgenden urgriechischen
Zustand: 1. k{h)i wird pp, 2. t{h)i wird sh. 3. ts zu ss. 4. ss bleibt
SS, 5. gi wird dd. 6. di wird zz^). Es ergeben sich demnach 5 ver-
schiedene urgriechische Laute, deren weitere Geschichte festzustellen
ist. Da der Verfasser für seine phonetische Umschrift der urgriech.
Laute nur ganz allgemeine Werte beansprucht und damit in erster
Linie nur die Verschiedenheit der Laute zum Ausdruck bringen will
<S. 151), so wird man seine Aufstellungen, was 1.— 4. betriflft, denen
Brugmanns im Grundriss - 274 f. am nächsten verwandt finden.
Wichtig ist aber der Versuch, für gi und di eine verschiedene Be-
handlung nachzuweisen, und obwohl das Material aus den Dialekten
recht dürftig ist, so glaubt L. doch aus dem Attischen und Äoli-
schen Beweise gefunden zu haben. Im Attischen sei nämlich ein
dem TT = Kjf xj >^'i^ dem 2 = Ti vorhergehender Vokal gedehnt wor-
den, während sonstige tt und Z eine solche Wirkung nicht ausübten
(vgl. jieCZuiv neben ireZöc). Es ist jedoch recht misslich für dieses
Lautgesetz, dass die dehnende Kraft von tt aus k{h)j nur in der
Kategorie der Komparative edccuuv, ficcuiv usw. festzustellen ist, wäh-
rend für die entgegenstehenden Fälle wenig befriedigende Erklä-
rungen gegeben werden: denn dass z. B. att. öttu Entlehnung sei,
dafür werden schlagende Gründe nicht angeführt; für 2 = TJ kommt
ausser |iei2ujv nur att. \xdX,a neben sonstigem jiaJ^a (*|LiaTia) in Be-
tracht; aber liegt es nicht viel näher, einen Deklinationsablaut (ä :
ä) anzunehmen, wie er ähnlich in Y^tücca — T^dcca (bei Herodas)
vorliegt? (Vgl! J. Schmidt KZ. 33, 453 ff.). Was sollen wir ferner
mit cqpdrruj, ctCZuj u. ä. anfangen, welche Verf. mit Schweigen über-
feht? Da das Lautgesetz auf so schwachen Füssen steht, so ist
rugmanns Erkläi'ung der Komparative ineiCiuv usw. (Ber. d. Sachs.
Ges. d. Wiss. 1897, 185 ff.) immer noch vorzuziehen. Dagegen scheint
mir die von L. aufgedeckte Divergenz von äol. ^pbuj aus *F^pbbuj
*F^pYiui und KdpJa aus *Kap6ia (46 ff.) sehr wohl geeignet, um eine
Verschiedenheit von Ti und 6j wahrscheinlich zu machen; in dji^pbuj
'dunkel machen' zu aisl. myrkr 'dunkel' hat Verf. einen ansprechen-
1) Durch Versehen werden beim Rückblick (S. 150) die Zeichen
>- und <1 inkonsequent verwendet. Wer diese Zeichen gebraucht,
muss bei der Korrektur doppelt vorsichtig sein!
64 Lagercrantz Zur griechischen Lautgeschichte.
den neuen Beleg für -pTi- aufgespürt. Dass ä\iipb\u auch im Grie-
chischen weitere Verwandte hat, ist L. entgangen: ich glaube än6pv\
*ÖIhefe, Bodensatz' damit verbinden zu dürfen (eigtl. 'das Trübe,
Dunkle im Öl'); es ist bemerkenswert, dass das Wort d^iöpTn später
wieder zur Farbenbezeichnung 'dunker gedient hat, s. G. Meyer
Alban. Wb. s. v. murk und Ref. IF. 2, 119.
Wie sich die urgriech. Laute in den einzelnen Dialekten ge-
stalteten, wird in umsichtiger Erörterung im 2. Abschnitte gezeigt;,
unser Dialektmaterial ist freilich immer noch zu dürftig, um über
alle Punkte Klarheit zu verschaffen. Mit der Aussprache der an-
gewandten Schriftzeichen beschäftigt sich besonders der vierte Ab-
schnitt (S. 90 ff.), wozu der sechste über "die angebliche Identität
von l und cb" (125 ff.) eine wichtige Ergänzung bildet. Was den
letzten Punkt, die Aussprache des Z, betrifft, so sucht Verf. alle
Gründe, welche bisher lür Z = cb angeführt wurden, als trügerisch
zu erweisen ; so wird z. B. bestritten, dass die Formen Ai62:otoc und
i^iöcboTOC identisch seien, dass älyu 'dörren* zu slov. ozditi 'Malz
dörren', ö2oc zu got. asts gehöre. Es ist zuzugeben, dass diese
Etymologien davon abhängen, oh Z = zd aus andern Gründen zu
halten sei; doch gewaltsam will es mir scheinen, wenn AiöJotgc und
AiöcboToc auseinandergerissen werden. Verf. muss natürlich auch
Fälle wie 'A8nva2€ anders erklären als es seither geschehen ist; aber
eine bessere Erklärung weiss er nicht an die Stelle zu setzen.
Dadurch dass L. auf Grund von Grammatikerangaben auch noch
für eine (übrigens nicht unwahrscheinliche) Aussprache z plädiert,
ist die Frage des Z noch verwickelter geworden, als sie bereits
schien. Alles weist darauf hin, dass das Zeichen nach Ort und Zeit
sehr verschiedeneu Wert hatte; aber ob es einmal gelingen wird,
eine reinliche Scheidung der lokalen und chronologischen Nuancen
des Z durchzuführen, wage ich nicht zu bejahen.
In die Urgeschichte des griechischen Alphabets führt uns
der Verf., wenn er die spirantische Aussprache von tt und bb aus
der Doppelnatur der phönizischen (semitischen) Dentale (als Explo-
siva und Spirans) erklärt und deingemiiss den Zeichen t, b, 6 des
griechischen Uralphabets ebenfalls doppelten Wert zuschreibt. Man
liest die scharfsinnigen Ausführungen des Verf.s mit sehr grossem
Interesse, kann sich aber doch nicht des Gefühls erwehren, dass die
Hypothesen auf zu spärlichen und vieklt»utigen Thatsachen aufge-
baut sind. Für altererbte spirantische Aussprache des tt z. B. im
Kretischen Avird die Schreibung 9(6) neben t(t) in edXaOGa, €uirXü>6ioi
als Beweis angeführt: das Nebeneinander und die Gleichwertigkeit
von 00 und tt sei ein Überbleibsel der ältesten griechischen Schreib-
weise, während sonst die Schreibung tt durchgedrungen sei. Xa-
türliclier und wahrscheinlicher ist aber zunächst die Schlussfolgerung
von Blass, dass die jüngere Schreibung 0(0) einem Übergang von
TT in 00 entspreche; wenn Verf. die Frage entgegenstellt "Womit
ist ein Übergang tt zu tth glaubhaft zu machen?" (S. 98), so möchte
ich daran t hinweisen, dass einige neugriechische Dialekte diese
Entwicklung allerdings glaublich machen: im Zakonischen sind
geminierte Tenues aspiriert worden, und so entstand aus altem tt
modernes th, vgl. kötha köttq, so^jitha caifiTTa, ethakai ^CTOcav, wozu
Deffner Zakon. Gramm. S. 60 lakon. ^ttucqv = ^CT^cav, iiiäv = ^c
Täv u. ä. mit Recht heranzieht. Diese Vorgänge (samt der Assimi-
lation von CT in tt u. ä., Deffner % ff.) erinnern ganz auffallend
an die kretischen Erscheinungen (vgl. kret. TTpü0Öa =^ 'iTpöc0a, |u^tt*
ic = \xicT k!). Was hier der einzige direkte Nachkomme eines do-
rischen Dialekts zeigt, ist jedoch nicht ganz vereinzelt: im heutigen
Stratton Historv of Greek Nouu-Formation I. 65
Dialekt der Insel Kalymnos ist aus alter Geroinata Affrieata ent-
standen, die natürlich ältere Aspirata voraussetzt; vgl. catrOa, (p^rOa
u. ä. statt sonstigem ca(T)(T(T)a, (p^T(T)a, Hatzidakis 'AOrivä 6, 45. Da-
mit ist ein Vorgang, wie ihn Blass annimmt, als thatsächlich erwie-
sen tür einen geographischen und sprachlichen Bereich, zu dem
auch Kreta gehört.
Mit den ** Ausnahmen von der regelmässigen Entwicklung"
beschäftigt sich L. im 3. Abschnitt (S. 63 ff.): zur Aufhellung der
Vorgänge, welche die Übertragung des Präsenssuffixes -ccuj (-ttuj)
oder des Femininsuffixes -cca (-Tra) auf Dentalstämme begünstigten,
tragen die Untersuchungen des Verf.s wesentlich bei, wenn mir auch
z. B. die Erörterung über lindccuj nicht überzeugend scheint. Sein
Thema veranlasst natürlich den Verf., auch auf andere Ursprungs-
gebiete der Laute cc, tt sein Augenmerk zu lenken, was besonders
im 5. Abschnitt (112 fif.) geschieht; die Probleme werden jedoch nur
angedeutet, so z. B. wenn es sich um den Wandel ti zu ci (121) oder
TU zu cu (123) handelt. Mit den neuen Etymologien, welche den
Wandel tT zu ci belegen sollen (civoc, ctXXoc), wird die Frage über
jenen Lautwandel wieder zur Diskussion gestellt. Das etymolo-
gische Geschick des Verfassers zeigt sich hier wie in den andern
durch das ganze Buch zerstreuten Etymologien, welche zur Stütze
der Beweisführung oder Erweiterung des Beweismaterials mitge-
teilt werden. Sind auch nicht alle gleich wahrscheinlich, so sind
sie doch alle der Berücksichtigung wert: und ebenso ist überhaupt
das ganze Buch eine anregende, in vielen Punkten fördernde Dar-
stellung eines interessanten Kapitels der griechischen Lautgeschichte.
Frei bürg i. B. A. Thumb.
Stratton A. W. Historv of Greek Noun-Formation I. Stems with
-u-. S.-A. aus den Stiidies in Classical Philologv 2, 115—223. Chi-
cago 1899.
Dije vorliegende Schrift behandelt auf Grund ausgedehnter
Materialsammlungen die mit den Suffixen -jjov- -luaT- und -|lio- gebil-
deten Nomina des Griechischen. Der Verfasser erstrebt offenbar
Vollständigkeit in der Aufzählung der Belege, doch unterlässt er
uns zu sagen, bis zu welchem Zeitpunkt nach unten dies gelten
soll : byzantinische Quellen werden zwar angeführt, doch nicht häufig
genug, dass wir für diesen Zeitraum die Sammlungen für annähernd
vollständig halten könnten. Auch für frühere Zeiten gilt dies nicht
in absoluter Weise : als Stichprobe bot sich mir zufällig das bei Po-
lybius begegnende bidvucina, das ich in den Listen des Verfassers
vermisse; endlich werden auch die Papyri noch manchen Zusatz
ergeben; z. B. aus den Indizes allein der von Kenyon herausgege-
benen Papyri des British Museum können bidJcuTMa, ^mXdXnMa, irXd-
Tu^a und KOlTac^öc hinzugefügt werden. Der Verfasser bespricht
die einzelnen Bildungen nach Bedeutung, Akzent und Form und
trägt jeweils dem Verhältnis zwischen Grundwort und Ableitung
gewissenhaft Rechnung; die mannigfachen, durch die Form des
Stammwortes bedingten Unterabteilungen werden klar und deutlich
geschieden. Jeder Abschnitt wird beschlossen durch eine (nach der
Endung) alphabetisch geordnete Liste der Belege, wobei deren Vor-
kommen in den verschiedenen Litteraturgattungen des Epos und
der Lyrik, der Tragödie und Komödie, der Historiker, Redner und
Anzeiger XII 1. ,5
66 Stratton History of Greek Noun-Formation I.
Philosophen übersichtlich markiert wird. So sind die fleissigen
Sammlungen des Verfassers wohl geeignet, uns ein ziemlich zuver-
lässiges Bild über die Ausdehnung der behandelten Suffixe zu
geben. Und doch würde ich von einer monographischen Ge-
schichte der griechischen Nominaibildung etwas mehr erwarten:
was der Verf. bietet, kann man nur als einen Teil der Aufgabe
betrachten. Die Geschichte eines produktiven Suffixes muss zei-
gen, wie es immer mehr wuchs; einen Einblick in diesen Vorgang
gibt aber vor allem eine streng chronologische Darstellnng. Es
genügt ein Blick auf die Listen des Verfassers um z. B. zu zeigen,
wie die Produktivität von -jia im Laufe der Jahrhunderte zu^pe-
nommen hat. Durch eine chronologische Ordnung der Belege wür-
den sich uns die Muster und Keime der einzelnen Formationen ohne
Schwierigkeit darbieten, und wir würden einen Einblick erhalten
in das organische Wachstum der Sprache. Das Suffix -cinaT- (151 f.)
würde wohl aus dem Buche verschwinden: denn da die grosse Mehr-
zahl der Belege jung ist, so liegt eine Wechselwirkung von Perfekt
und Aorist Passivi einerseits und Nominalbildung andererseits vor
(iT^TTciCTai : ^TTeicOnv : ir€TT€ic|i^voc : ircic^ia). Es ist mir unklar, warum
der Verf. von diesem Erklärungsprinzip nur bei den Nomina auf
-c^iöc (dXeciLiöc usw. S. 206) Gebrauch gemacht hat. Ebenso wird
sich das Sutfix -TMa in äpTiaTMO, vucxaTiiia und andern jüngeren Be-
legen (150) einfach erledigen, wenn wir uns der jüngeren Verbal-
fornien wie »IpiraEa, ^vucxaEa usw. erinnern (vgl. Hatzidakis Einl.
134 ff.); die Feststellung des ursprünglichen Stammkonsouanten führt
hier nicht zum Ziel, da in späterer Zeit nicht dieser, sondern die
Präsens- und Aoristbildung für das Sprachgefühl massgebend ge-
worden ist.
Man muss den Wunsch aussprechen, dass der Verf. bei der
beabsichtigten Fortsetzung seiner verdienstlichen Studien sein Ma-
terial in der angegebenen Richtung verwerte und so die Darstellung
vertiefe. Es lässt sich dabei nicht umgehen, dass man auch der
jüngeren und jüngsten griechischen Sprachgeschichte einige Auf-
merksamkeit widmet, wenn anders Erscheinungen der alten Koivrj
erklärt werden sollen; das wäre auch für Einzelheiten von Nutzen:
zu Hesychs ainiiüöiacfiöc z. B. ist das fehlende *al|uu»bidZiu aus neu-
griech. inoubidZluj zu ergänzen.
Freiburg i. B. A. Thunib.
Levi A. Dei suffissi uscenti in signia. Turin Loescher 1898. 56 S.
2 L.
Der Verf. verfolgt das Vorkommen der Suffixe -oc-, -€c-, -c-
im Griechischen nach folgenden Gesichtspunkten: I. das Nomen
(S. 4—15). a) Flexion (Kasussuffixe -oc, -ec, -c, -ci). b) Stammbild uug.
1. -oc, -€c, -C-. 2. -Foc-, -Fee-, -Fe- (= -uc-). 3. -loc-, -lec-, -ic-. II. Ver-
bum (S. 15— 5(>). a) Flexion (sigmat. Aorist und Futurum) b) Ab-
leitung. 1. -€c- (z. B. in Tp^tJ, veiK^iü). 2. -ac- (Trepduj). 3. -oc- (dpötu).
4. -c- (bpdiu, eOuj). 5. -IC- ducGuui). 6. -ic- (dtuj). 7. -t^c- (^-|av-r)c-eiiv). 8.
-UJC- (Ziiüvvuui). 9. Inchoativa. Diese Übersicht zeigt schon, dass grosse
Strecken der griechischen Grammatik durchmessen werden, da der
Verf. vom Bestreben geleitet war, alle -c-, die irgendwie etwas suffix-
artiges zu haben scliienen, in den Kreis seiner Erörterungen zu
ziehen. Im allgemeinen soll das Vorkommen des -c-Suffixes einfach
festgestellt werden, doch wurden d.al)ei glottogonische Spekulatio-
Levi Dei sufßssi uscenti in sigma. 67
neu nicht immer vermieden, und hierbei bewegt sich der Verf. ohne
rechten Erfolg auf dem etwas schlüpfVigen Boden. Dass z. B. dirö
aus ""diT-oc entstanden sei, dass dessen -oc ebenso wie das -c in &\^
das Genetivsuffix sei, wird zwar behauptet, aber nicht bewiesen.
Für den Verf. sind die Flexionsendungen -oc, -€c des Gen. Sing,
bezw. Nom. PL, -c des Gen. Sing, und Akk. PI., -c-i des Lok. PI. und
das tempusbildende -(e)c- offenbar gleichen Ursprungs: aber es ist
schliesslich nicht viel gewonnen, wenn man* aus allen möglichen
Formen einen Laut herausschält und als Suffix bezeichnet. Bei der
Wortbildung ist der suffixartige Charakter eines Sprachelementes
leichter zu erkennen; nur haben Auflösungen wie von 2[iiivvu|Lii in
die Wurzel j -f- Suffix -ös- (S. 48) oder von Kpouuj in die Wurzel Kp
<K€p) 4- Suffix -DU- -f c (S. 43) u. ä. keinen Sinn — wenigstens nicht
in einer Abhandlung, welche die Verhältnisse einer Einzelsprache
behandelt: Untersuchungen über Wurzelzerlegung dürfen sich nie
auf einer einzigen Sprache aufbauen.
Man kann nicht gerade behaupten, dass Verf. die einzelnen
grammatischen Probleme der griechischen Sprache besonders ge-
fördert habe. Was er z. B. über das Suffix-Foc- -Fot- (S. 12 f.) oder
(S. 15 f.) über den Aorist mit -€c- (fih^a) oder über das Komparativ-
suffix sagt (S. 13 f., wo jedoch die Darlegung Thurneysens KZ. 33,
531 flF. unberücksichtigt blieb), ist ohne ein greifbares Ergebnis.
Bemerkenswert ist die Hypothese von den Aorist- und Futurbilden-
deu Suffixen -ac- (^baiLi-ac(c)a), -cc- (ÜjX-ec(c)a), -oc- (üjjj-oc(c)a), un-
wahrscheinlich klingt aber die Erklärung der Aorist- und Futur-
bildung der Verba denominativr- (*^viKäc-ca mit stammhaftem -äc- aus
-a-|-€c-). Vollends unglaublich ist die Erklärung der Aoriste ^ludv^v,
4c^Y]y u. a. aus *^-|uid-v€C-a, *i-cß-€C-a usw., der Aoriste auf -6riv aus
Mustern wie *^cx^6-ri = *^-cx€e-€C-a. Der Verf. hat gar nicht den
Versuch gemacht, Spuren der angenommenen unkontrahierten For-
men mit -ea- nachzuweisen: gerade der Hinweis auf ^bca f)bn ge-
nügt um zu zeigen, wie haltlob die Hypothese ist.
In der Behandlung der verbalen Stammbildung leitet den
Verf. ebenfalls das Bestreben, möglichst viele -c-Stämme zu kon-
struieren und vokalische Stammformen als 'Pseudo- Stämme', d. h.
sekundäre Bildungen zu erklären: so sei z. B. dpo- (r^pööriv, dpoTr^p,
dpoTpov) von dpöciü aus *dpöc-cu), x«^«* (XöXapöc) aus ^xdXa(c)-ca ab-
strahiert worden. Selbst Dentalstämme wie oÖTdZiü, dydlw, czaXäZw^
-bar^oiLiai, dvuTUJ und sogar die Dentale von KXd^oc, indToc sollen von
sigmatischen Tempora der -c- Stämme ouT-ac-, dy-ac-, cToX-ac-, bac-,
dvuc-, kX-üc- ausgegangen sein : der Yerf. operiert dabei mit dem
von J. öchmidt autgestellten Lautgesetz, dass -ss- in der idg. Grund-
sprache zu 'ts' geworden sei. Wer dieses Lautgesetz in so umfas-
sender Weise verwertet, hätte wenigstens die Pflicht, zunächst über
Bedingungen und Geltungsbereich des Lautvorganges Untersuchun-
gen anzustellen, da ja J. Schmidt selbst (KZ. 26, 351. 27, 331. 334)
für sein Gesetz nur einen beschränkten Wirkungskreis voraussetzt;
Aber L. nimmt nicht einmal zur Litteratur über diese Frage (s.
Wackernagel Ai. Gramm. 179, Brugmann Grundr. 1 2, 734, 2, 410 ff.)
Stellung. Und da soll man glauben, dass z. B. die Wurzelform
kkab- in KXdöoc KXabeuiu KXa5ap6c aus einer "Dissimilation" von *KX-ac-cuj
zu *KXaT-ciw abstrahiert sei! Verf. lässt uns sogar darüber im Un-
klaren, ob die Dissimilation von ss zu Dental + s in die idg. Grund-
sprache oder in die griechische Sprachentwicklung gehört: an die-
sem Fehler, dem Mangel einer reinlichen chronologischen Scheidung,
scheint mir überhaupt die ganze Untersuchung zu leiden.
Um nun wenigstens nicht mit einer Ablehnung zu schlic\^sen,
68 Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
sei bemerkt, dass für die Erhaltung des -c- in Au-c-a, XO-c-ui, cnfi-c-uf
usw. (worin man Neueinführung des -c- aus öeiEuj, TrpdEui usw. zu
sehen pflegt) eine plausiblere Erklärung gegeben wird, dass nämlich
-c- in sehr vielen Fällen aus Vereinfachung eines -cc- entstanden
sei und dass solche Fälle das -c- auch in reinvokalischen Stämmen
schützten.
Freiburg i. B. A. Thumb.
Thumb Alb. Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
Beiträge zur Geschichte und Beurteilung der Koivi?|. Strassburg
Trübner 1901. VIII, 275 S. 7 M.
Mit Freuden begrüssen wir das Buch von Thumb über die
Koivfi, welches einem thatsächlichen Bedürfnis entgegenkommt. Die
neuesten Forschungen über die Sprache der Bibel, der Papyri und
Inschriften werden darin erörtert und in engen Zusammenhang ge-
bracht mit den von Hatzidakis in die richtige Bahn geleiteten neu-
griechischen Studien. So wird in einer übersichtlichen Behandlung
der umfangreiche und weitverstreute StofT zugänglich für Alle, die
über die Grenzen der Klassizität hinaus die ferneren Schicksale der
griech. Sprache verfolgen wollen. Es war ein glücklicher Gedanke^
dass ein so gründlicher Kenner des Neugriechischen die Sache in
die Hand nahm; denn wenn schon Hatzidakis in seiner Einleitung
gezeigt hat, wie tief die Erscheinungen des Mittel- und Neugrie-
chischen in der Sprache der ersten christlichen Jahrhunderte wur-
zeln, so hat jetzt Thumb die Frage im entgegengesetzten Sinne
behandelt nnd darauf hingewiesen, dass die Kenntnis des noch heute
gesprochenen Griechischen so gut wie unentbehrlich ist, um den
Charakter der nachklassischen Sprache richtig zu erfassen. Dadurch
gewinnt auch das Neugriechische an Ansehen, indem es in einen
höheren Zusammenhang mit der griech. Sprachgeschichte gebracht
wird. Die Vorzüge des vorliegenden Buches bestehen in der knappen
und übersichtlichen Darstellung, die dem Verfasser auch sonst eigen
ist; auch der Uneingeweihte kann sich die wichtigsten Ergebnisse
der Koivr)- Forschung zu Nutze machen, ohne sich mühsam durch
dicke Bände hindurcharbeiten zu müssen. Der Stoff ist nach streng
methodischen Gesichtspunkten geordnet, die Avichtigsten Probleme
treten deutlich hervor und werden klar und knapp formuliert; die
Sprache ist fliessend und gefällig. Eine ausführliche Inhaltsangabe
sowie ein vollständiges Wörterverzeichnis erhöhen die Brauchbar-
keit des Buches. Diese Vorzüge machen das Buch nutzbar für
weitere Kreise sowie für Alle, flie eine anregende Belehrung über
die Sprache der ersten christlichen Jahrhunderte suchen, und in
dieser Hinsicht dürfte es besonders den klassischen Philologen, den
Theologen und schliesslich auch den Romanisten empfohlen sein.
Die Meinungen der einzelnen Forscher über den Begriff koiv/|
gehen weit auseinander; Schweizer, dem sich Thumb im wesent-
lichen anschliesst, versteht darunter die gesamte schriftliche und
mündliche Entwicklung des Griechischen seit ungefähr 300 vor
Christus und schliesst somit auch das Romäische*) oder Neugrie-
1) Trotz aller erhobenen Einwände möchte ich die Bezeich-
nung 'romäisch' schon der Bequemlichkeit wegen beibehalten. Im
Romäer-reiche wurde von den Romäern ro maisch gesprochen
Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. 69
chische ein. Darauf entgeg-net Thumb mit Recht, dass sogut die
Romanisten Vulgärlatein und romanische Sprachen scheiden, so
müssen auch Koivi] und Neugriechisch auseinandergehalten werden
<S. 6), und so empfiehlt er für die Epoche von 300 vor Chr. bis rund
500 nach Chr. die praktische und deutliche Bezeichnung Koivr), und
dies aus Innern Gründen, denn schon damals hatte sich das grie-
chische Lautsystem (Itazismus, Monophthongisierung, Akzent- und
Quantitätsausgleichung) völlig umgestaltet. Dieser Prozess ist rund
500 abgeschlossen, und auf einer neuen Grundlage beginnt jetzt
die Entwicklung neuer Dialekte. Nicht die konventionelle Schrift-
sprache ist es, die Verf. unter Kowi] versteht, sondern die gespro-
chene Verkehrs- und Umgangssprache, aus der sich die Litteratur-
Koivn abzweigt. Verfolgen wir seine weiteren Darlegungen, so ge-
winnen wir an mehr als einer Stelle die Überzeugung, dass die Ver-
breitung des Griechischen in Ägypten, Syrien und Kleinasien nur
auf volkstümlichem Wege geschehen konnte. Die Koivf^ ist zwar
nicht einheitlich gestaltet, wie z. B. di6 lautlichen Divergenzen in
Kleinasien bezeugen, doch muss sie dennoch als ein Ganzes aufge-
fasst werden, welches sich in der grammatischen Form, der Syntax, der
Aussprache und im Wortschatz sowohl von der alten als der neueren
Sprache unterscheidet. Vieles findet sich in ihr entweder im Keime
vorhanden oder im ersten Stadium der Entwicklung, welches sich
im Romäischen (in der mittel- und neugriech. Volkssprache) erst
entfaltet und schliesslich zu einer ungeahnten Verbreitung gelangt.
Hierher gehört die Klasse der Maskulina auf -äc und der Feminina auf
-oO, die vom späteren Jonischen in die Koivi?| wandern und dann ins Neu-
griech. übergehen, wo sie den Anlass zur Entstehung der ungleich-
silbigen Deklination geben, wie Verf. S. 230 ff . treffend nachweist.
Auch das Neugriech. kann Koivi^-Formen beglaubigen, wie S. 19 an
Einern schlagenden Beispiel gezeigt wird: die Schreibung öiriüpa
(mit sp. asper) wird durch das vom Verf. belegte pon tische |uo6ö-
-iTtüpov (= |i€8ÖTTUjpov) 'Herbst* gestützt, wodurch ebenfalls das lako-
nische öiriüpfc bestätigt wird. Im zweiten Kapitel wird auf Grund
des inschriftlichen Materials von Rhodos der Prozess veranschaulicht,
der zu dem Untergang der alten Dialekte und dem allmähligen
Vordringen der Koivfi führt. Dabei wird auf einen ganz ähnlichen,
uns nahe liegenden Vorgang verwiesen: das Eindringen des Hoch-
deutschen in das niederdeutsche Sprachgebiet. Am hartnäckigsten
verhält sich der Pcloponnes mit seiner achaisch-dorischen Koivifj gegen
die Sprachneuerung; während Böotien und Thessalien ihren Dialekt
schon vor Chr. aufgaben, lebt das Zakonische noch heute fort.
— Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Dialektformen, die
nach dem Aussterben der alten Mundarten noch in der Koivfj er-
balten blieben. Auch im Neugriech. finden sich derartige Dialekt-
reste, die, selbst nach Hatzidakis' Widerlegunng der aeolisch-dori-
schen Theorie, als solche anerkannt wurden; doch bleiben nach einer
neuen sorgfältigen Prüfung (S. 81 ff.) kaum nennenswerte Dialekt-
iind nicht anders pflegt der Mann aus dem Volke auch heute noch
-seine Sprache zu nennen. Der Ausdruck romäisch bezeichnet die
Volkssprache im M. A. sowie in der heutigen Zeit; er ist kürzer
und präziser als die unbehülfliche Umschreibung: mittel- und neu-
griechische Volkssprache. Ein Missverständnis ist völlig ausge-
schlossen, denn es stehen sich gegenüber: römisch und romäisch,
und, im Griechischen: ptüjia'iKÖc und piü|Lia{iKoc (t6 piu^afiKa: die neu-
griech. Sprache).
70 Thumb Die gi'iechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
bestaudteile übrig. — Das vierte Kapitel behandelt den Einfluss
nicht griechischer Völker auf die Entwicklung der hellenistischen
Sprache. Kleinasien, das Hinterland der ionischen Kolonien, erweist
sich als das am gründlichsten hellenisierte Gebiet ; weniger tief war
die griechische Sprache in Ägypten und S}- rieu eingedrungen. Selbst-
redend war auch das Griechische den Einflüssen seiner fremden
Umgebung unterworfen, wie es sich bes. in den Lantverhftltnissen
äussert. In der ägyptischen Kotvn lässt sich die Einwirkung des
koptischen Lautsystems mit ziemlicher Sicherheit nachweisen ; ähn-
lich werden auch die kleinasiatischen Sprachen auf das Griechische
gewirkt haben, aber sie sind uns nicht erhalten. Der semitische
Einfluss in der Bibelsprache ist, wie Verf. mit Recht annimmt, be-
deutend überschätzt worden; viele vermeintliche Hebraismen er-
weisen sich als Zeugnisse der Koiv/) und werden als solche dtirch
Inschriften und Papyri bestätigt, während andere Dinge durch spon-
tane Entwicklung entstanden sein können. Sehr bedeutend ist die
Zahl der lateinischen Lehnwörter, die zum grossen Teil noch
heute fortleben; aber sie hatten nur eine äusserliche Wirkung, der
griech. Sprachgeist wurde durch sie nicht berührt. Mittels des
Griechischen drangen diese Lehnwörter auch in das Rabbinische
und, wie Thumb selbst nachwiess, in das Armenische. Die dialek-
tische Differenzierung fällt, wie im fünften Kapitel dargethan wird,
zusammen mit der Entwicklung der neugriech. Dialekte. Alexandria
darf nicht mehr als der Ausgangspunkt der sprachlichen Neuerungen
betrachtet werden, es ist nur ein Glied in der grossen Kette der Ent-
wicklung. Die neutestamentlichen Schriften wurden als eine uner-
hörte Neuerung empfunden und deswegen angefeindet; das Neue
lag aber in ihrem volkstümlichen und wohl kaum in ihrem nicht-
griechi sehen Charakter. Die Attizisten eiferten damals gegen
die als barbarisch bezeichnete Sprache in ganz ähnlicher Weise. wie
die iieutigen Puristen gegen die Volkssprache losdonnern. — Über
Ursprung und Wesen der Koivfi sind viele Ansichten verbreitet, die
im sechsten Kapitel erörtert werden. Sturz glaubt, sie sei aus
<»iner Mischung von Dialekten hervorgegangen, Steinthal hält sie
für verdorbenes Attisch; Hatzidakis, Krumbachcr und Schmid nehmen
einen attischen Grundcharakter an; von Wilamowitz und Schulze
führen sie anf ionischen Ursprung zurück. Eine noch mehr ab-
weichende Ansicht äussert Kretschmer, dem auch Deissmann im
Wesentlichen beistimmt: sie sei eine bunte Mischung von
Mundarten; und in seiner kurz nach dem Thumbschen Buche er-
schienenen Schrift geht Kretschmer sogar so weit, dass er den Ein-
fluss des Attischen nur in Fällen wie X"Jpa statt x^P^ gelten lässt
Thumb weist überzeugend nach, dass der attische Untergrund un-
verkennbar sei, aber auch das Ionische habe einen starken Anteil
an der Bildung der Koivr^, einen stärkeren als die Gesamtheit aller
übrigen Mundarten. Schon im 5. Jh. vor Chr. dringen lonismen in
das Attische ein; hieriier gehören die Wortbildungen auf -|ia, und
bes. die sogenannten poetischen Wörter, die alsdann in die helle-
nistische Sprache eindringen, wie ihr Vorkommen in der Bibel, den
Papyri und Inschriften und das Fortleben eines Teils derselben in
der heutigen Volkssprache bezeugt. In der Koiv/| zeigt sich das
deutliche Bestreben nach Verein lachunsr und Ausgleichung; sie
schläft darin denselben Weg ein wie alle unsere modernen Sprachen
und das bedeutet weder eine Verschlechterung der Sprache noch
eine Minderung in der litterarischen Ausdrucksfähigkeit. Selbst die
so geschmähti» Volkssprache ist, ebenso wohl wie jede andere euro-
päische Sprache, einer künstlerischen Gestaltung fähig; die neuesten
I Thutnb Die jfriechisehe Sprache im Zeitalter dos Helleuistn\is. 71
r Produktionen in dieser Art beweisen es mu Geuiige. Die Erklärung
fär die Art und Weise, in der siuh die Kaivr) in Ägypten und Klein-
msien nushildet (S. 345), ist sehr Rnsprechend. Zur vollen Eiitl'aicung
EelHng't dieser Bildungsprozesii erst In den ersten christlichen Jshr-
underten; danmls waren schon die wichtigsten gern ein neugriechi-
<8chen ErficheinuDgen (der Itazismus, die neugriech. Kontraktion, der
Waudel der Tennis zur Media unter Nasaleinnuss und zum Spiranten
vor l und k und dgl. mehr (S. 249] ausgebildet. Die schwerste
Schuld an der schon früh eingerissenen und sich immer steigerndeji
sprachlichen Verwirrung trifft gerade den Attiziamus, der es sieb
zur Aufgabe stellte, die Sprache im Sinne de^s Klasaiziflnius zu 'ver-
be>'sern'; er führte zur Abkehr vom Geiste der Zeit. Die Altizisteu
ergehen sich in unfruchtbaren Versuchen, einen loten Körper zu
beleben; au!< der lebendig aufblühenden Volkssprache ku schöpfen
lag ihnen fern und der von PolybioB eingeschlagene Weg wurde
bald wieder verlassen. Aus dieser richtigen Beurteilung des Übela,
^ an dem die gHechische Weit schon seit fast zwei Jahrtausenden leidet
I — hoffentlich ist das Übel nicht unheilbar! — ergibt sich, dass der
. Koivi^-Frage auch eine aktuelle Bedeutung innewohnt. Jedenfalls
ist dem Verfasser die gründliche Kenntnis des Neugriechischen sehr
zu statten gekommen. Die Anknüpfung an eine lebendige Sprache
bietet gerade in einem solchen Falle allerlei Vorteile; Nie schurft
das Urleil, bildet das Sprachgefühl und belebt die Darstellung. Die
anziehenden Darlegungen des Verfassers fähren den Leser zum
richtigen Versillndnis einer Sprschgestaltnng, die, an sich bemerkens-
wert, noch immer nicht zu dem ihr j,'ebührenden Ansehen gelaugt
.'ist. Wenn sich in neuerer Zeit das vdssen sc haftliche Interesse der
' iiellenistischen Sprache iind somit auch dem Neugriech, zuwendet,
SD geschieht dies trotz der Attlzlsten, die zu allen Zeiten die Sprach-
— leiung entwender ignorierten oder bekHmpften. In diesem Sinne
in die Wahrheit des Satzes: wo keine Entwicklung ist, ist auch
k<;in Leben (S. 251), ihre Anwendung auf die KoivVj finden, denn
.ans ihr geht das neue Lehen hervor, welches selbst noch heute nach
aeueu Formen ring
Wenn Ich in Hu mit dem Verfasser übereinstimme,
glaube ich doch n En elheiten hervorheben zu müssen,
I eine eingehenden p u erdienen, weil sie mit prinzipiellen
(fragen zusammen hä b. nn das Neugriech. in derGemina-
•tion eine Berichligun d Übe ferung ermöglichen? Dazu vgl.
.die Ausführungen 20 ff n d m von Thumb bezeichneteten Ge-
riete, in Cypern, Rhodos, Ikaros usw. werden altgriech. Geminata
^liemals vereinfacht, aber es kommt im Cyprischen noch etwas an-
deres hinzu: es besteht dort eine Neigung für spontane Verdop-
Seiung. Ähnliches lindet sich auch In der Sprache von Ikaros;
och müssen stets besondere Gründe für jede einzelne Form geltend
Seemacht werden. So erklärt Thumb im Anschluss an Hatzidakia
llF. 2. 389 fr. das Prasenssuflix -wuj beruhe auf agrlech. -wufii, in
Pliiiwui, crpdivvuj und sei von da analogisch verallgemeinert worden:
q)av(p<irvvu>. bjwui, itlwiu, wozu auch wohl das neutestamentliche
iKxiivvuj S. 23 üu zählen ist. Es ist aber, wie wir gleich sehen wer-
den, für die als analogisch bezeichneten Formen eine andere Er-
klärung zulNssig, wie uns der interessante Fall von Kpäßßnxoc 'Bett'
neben icpfßdTTiv, der heute auf Ikaros und Khodoä üblichen Form,
L.denilich genug zeigt. Ich glaube, wii- haben es hier mit einem bis-
Vlier noch nicht auf das apRterP Griechisch angewandten Lautge-
ueiK zu thun, weiches sich also formulieren lässt: Nach dem Schwund
72 Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
der alten Quantität, wodurch die langen und kurzen Vokale zu
isochronen wurden, erfuhr der exspiratorische Akzent eine gegen
früher bedeutende Verstärkung, die sich darin äussert, dass der
nach dem Wortakzeut lallende Konsonant eine Verdopplung erfährt.
"Der hochtonigc Vokal gewinnt ein lautliches Übergewicht zum
Nachteile der vorausgehenden und folgenden Vokale und Silben*),
gewährt jedoch dem folgenden, nachtonigen Konsonanten einen Vor-
teil, denn dieser empfängt das Übermass der vom Exspirationsstrom
ausgehenden Energie, die auf die Aussprache des betonten Vokales
verwendet wurde." (Vgl. Cesare de Lollis, Dei raddoppiamenti posto-
nici, Studii di tilologia romanza 1, 1885 S. 408). Ist der Iktus auf
irivtü, b^vtu stark genug, so gelangen wir von selbst zu ttW-vuj, b^v-vu>.
Dieser Vorgang ist allen geminierenden Sprachen eigen, lässt sich
aber am besten im Spanischen und Italienischen verfolgen,
wo die Aussprache der Hochtonsilbe mit ganz besonderer Energie
erfolgt. Die nachtonige Verdoppelung hat geradezu umgestaltend
auf die italienische Sprache gewirkt, sie ist dort die allgemeine Regel.
Schon Diez, Grammatik der rom. Sprachen ^ S. 489 weist auf die
Doppclkonsonanz im Inlaute hin und führt treffende Beispiele an:
brutto (brütus), femmina (f&mina), figgere (figere), legge (legem),
viddi (vidi) usw. und de Lollis verfolgt diese Erscheinung am it.
Wortschatz bis ins Einzelne und bemerkt, sie sei auf einem grossen
Gebiete der Halbinsel von einer viel allgemeineren Verbreitung als
aus den Wörterbüchern hervorgehe. In erster Linie kommt für
die Gestaltung des Italienischen das Toskanischein Betracht. Ich
glaube nun, dass auf griech. Boden die gleichen Bedingungen zur
Konsonantenverdopplung vorhanden waren wie in dem romanischen
Gebiete. Die Stärke des exspiratorischen Akzentes sowie seine Ein-
wirkung auf nachtonige Konsonanten konnten von Ort zu Ort diffe
rieren. In dem von Thumb bezeichneten griechischen Gebiete war
die Gemination gewiss fester eingewurzelt als anderswo, denn bie
hat sich dort bis auf den heutigen Tag erhalten. Auch in Italien
muHs in Bezug auf die Verdopplung ein Unterschied gemacht wer-
den zwischen dem Toskanischen und den übrigen Mundarten; und
stellen wir dem Toskanischen etwa die frankoprovenzalischen Mund-
arten gegenüber, welche mit ihrem musikalischen Akzent und ihrem
grundverschiedenen Lautsystem keine grosse Neigung zur Ver-
dopplung bekunden, so gewinnen wir eine Vorstellung davon, wie
dieser Vorgang sich je nach den Landschaften verschiedenartig ge-
stalten kann. In Griechenland konnte nach dem Siege des Akzentes
1) Eine solche Schwächung und Verkümmerung der vor- und
nachtonigen Vokale zeigt sich am deutlichsten in dem energisch
akzentuierten Nordgriechischen. Doch sind hier örtliche Uuterscniede
zu berücksichtigen, Hatzidakis. Einleitung S. 343; die Behandlung
die.»-er Vokale wird daher von der Stärke des Exspirationssiroines
abhängen. Unbetonte i- und «-Laute werden so stark reduziert,
dass sie an manchen Orten völlig schwinden und an andern nur
einen kaum hörbaren Laut zurücklassen: dem e- und o-Laut ent-
spricht ein i- und «-Laut. Immerhin scheint nach den von Hatzi-
dakis angeführten Beispielen keine Gemination vorzukommen, was
wohl daran liegt, dass die nachtonigen Vokale unter dem Einfiuss
des Wortakzentes zu schlecht wegkommen; das ausl. unbet(mte i
fällt ab: Xßd6 aus Xißdöi, oder neue Konsonantengruppen stehen einer
Verdopplung im Wege : TTouXiTKa aus TroXixiKa, pouboKva aus puibciKiva,
also nicht *piü&(iKKiva, wie es in Cyperii usw. zu erwarten wäre.
Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. 73
über die Quantität die Gemination ein noch viel weiteres Gebiet
als das heutige erfasst haben, ohne dass eine solche Neuerung in-
folge attizistischer Einwirkungen ans Licht getreten wäre. Auf die
relative Stärke des Akzentes können dann di« in doppelter Ge-
stalt überlieferten Fremdwörter Muidwnc und 'lu*<ivy)c, cdßifaTOv und
<dßaTov zurückgeführt werden. Die geminierenden neugriechischen
Dialekte erweisen sich demnach als höchst unsichere Ratgeber,
denn auch die eben angeführten Wörter fallen unter das allgemeine
Gesetz; dieses genügt vollauf um Formen wie; <ivd66€|üiav, cnMMCpa,
ouXXoc, 9ac6XXia, 9av€pi6wuj zu erklären, ohne dass wir für jede ein
zelne Verdopplung einen besonderen Grund suchen müssten. Ferner
kann itott^ von einem fragenden TrÖT(T)€ beeintiusst sein, x^poTTäc
von ^xiA'pdT(T)€ipa oder x^P<iT(T)€UMa. So ist auch im Italienischen
die Verdopplung zuerst in tollero entstanden und hat sich dann dem
Inf. tollerare mitgeteilt. Dagegen iroXXuc denke ich mir aus der
emphatischen Kede hervorgegangen; man hört auch sonst, z, ß.
auf Korfu, ein gedehntes iröX-Xd, KäX-Xd und dgl., wenn der Redende
besonderen Nachdruck darauf legen will. So erklären sieh alle S. 21
angeführten Beispiele bis auf vvai; aber wie kann man sich eine
echte Gemination im An- oder Auslaute vorstellen? Auch die von
Hatzidakis. IF. 2, 392 erwähnten Beispiele, bei denen die Verdopp-
lung weder durch Assimilation noch durch altgriech. Vorgänge er-
klärt werden konnte, fügen sich dem Gesetze der nachtonigen Ver-
dopplung: KpcßdxTiv, dir^cctu, xö x<iXXac|ua, ö ctöXXoc, ttöOOcv, fuetaX-
Xtüwui; irir^c€ ist im gleichen Falle wie wa(, doch kann auch ^TT(Tr)€ce
eingewirkt haben; für xouc xaXXoOc findet sich S. 391 auch die Be-
tonung ö x<^^oc. Die.se Erscheinung kann hier nicht bis in weitere
Einzelheiten verfolgt werden: aber die angeführten Beispiele zeigen
deutlich, dass sich die (Gemination nicht auf Liquide und Nasale
beschränkt, sondern auch Tenues und Spiranten erfassen kann. Die
Erscheinungen vor der Koivr), wie sie S. 50 berührt werden, konnten
hier keine Erörterung finden; ich wollte die Gemination nur im
Zusammenhang mit dem durch den Schwund der («Quantität zu neuer
Bedeutung gelangten Akzent betrachten.
IL Die in der Ko\vi\ übliche Prothese eines t vor s im purum
wird fast allgemein auf den Einfluss eines fremden Lautsystems
zurückgeführt, S. 144; Verf. denkt an die Einwirkung des Phry-
gischen. Selbst heute noch begegnet diese Erscheinung in Kleiu-
asien und Cypern. Dürfen wir in diesem Falle mit dem Verf. an-
nehmen, dass möglicherweise im cyprischen Icxpdxa u. ä. versprengte
Reste phrygischen Lautwandels vorliegen können? Das Osnmnisch-
Türkische hat fast überall dem .-? impurum ein i (a oder ü) vorgeschla-
gen. Nun entsteht die weitere Frage, ob diese türkische Lautneigung
durch die Berührung mit der phrygisch- griechischen Bevölkerung
•entstanden sei? Ich glaube, dass auch hier das Romanische zu
Rate gezogen werden darf. Bekanntlich ist auf diesem Gebiete
die Prothese eines i und e eine so allgemein verbreitete Erschei-
nung, dass wohl an eine spontane Entwicklung gedacht werden
kann; es ist anzunehmen, dass die einzelnen romanischen Länder
unabhängig von einander dazu gelangten, denn die italienische
Prothese hat nichts mit der französischen gemein. Im Italienischen
haben wir stets einen Vokal vor s impurum, daher die doppelte Ge-
stalt des Artikels il und lo; geht ein Konsonant voraus, so ent-
wickelt sich zwischen diesem und dem s impurum ein i: in istrada.
Im Frz. und Spanischen dagegen ist das prothetische e fest mit dem
Substantiv verschmolzen: AXtirz. estudiantj und im heutigen etudianf
bleibt es selbst nach dem Schwund des «; sp. estriga, lat. striga.
■
74 Thumti Die griethischc Sprat-h« im Zeiialter des Hellenisi
Der prothetiache Vokal knnti also beweglit-h oiiev nnheweKlii;
Hein. Hiei'mJt in enjr^tein Zni: Ammen hang: ätehi eine Erfn'beiunn^
im Neu^riech., die ebenfalls als ProthpMB gedacht werden kann, die
t-ii'li jedoch nicht auf den Anlnnt a impuVum beschrÄrkt, eondera
Ulicriiaupt vor jedem anlautenden Spiranten eintreten kann. Sie
niusH im weitesten Sinne jfefaBSt werden. Sie hat eine Ähnlichkcii
mit der Anapiysis und würde als eine Abart derselben geltiin
künnen, wenn eich ihr spontnner Ursprung' nachweisen Hesse. Wir
können im Neugrieeh. unterscheiden zwischen Prothese vor Verben
und vor Substantiven. Vor Verben kann sie mit Batxidakia Einl.
70 f. durch Übertragung des Augments auf die Präsensfarm, nnd
hei Substantiven durch me Verschmelzung des nulauteuden Spiranten
mit dem Artikel im Genitiv und Akkusativ erklart werden. Dieser
Vorgang niass in Einklang gebracht werden mit dem Gesetze, welches
die Aufeinanderfolge von drei Konsonanten verbietet, und fenier
mit jenem, weltheM das Zusammentrpffen von v + Spirana meidet;
und endlich kommt noch die Behandlnug des auslautenden v in
Betracht, welches entweder schwindet (Tuvaiitiü, kuvouI oder durch
einen spontan entwickelten Murmellaut gestützt wird (rwaiK^iv-c,
Kdvouv-c). Es sind also verschiedene Ursachen, die alle nach elneia
Punkte hindrängen und die gleiche Wirkung hervorbringen. So
haben wir von cr^Xviu 'sende* in Verbindung mit einem Pronomen
TovE cT^Xviu; streng lautlich luüsste tA ctcXvu) gesagt werden, doch
könnte das missveratändlich sein. Die Erklärung durch das Aug-
ment ist nicht abzuweisen, denn eine Anknüpfung an töv fcTciX« lag
nahe. Setnen wir aber ct^Xvui röve, sn kann nur der Murmellaut
den Vorgang erklären. Daraus ersehen wir. dass hier mehrere sich
kreuzende EiuHilsse im Spiele sind und es ist schwer eu bestimmen,
ob das neue nls tan dene e einen lautlicheu oder analogen Ur-
sprung habe. Ahnliches lässt sich bei Substantiven beobachten; so
haben wir Vi «id, aber \f\c i^ckiöc, ii^v Vicmd. und genau so verhalt
sieh: i\ *\fitpa, fl fiipa aber ttIc i^u^pac und t*|v t\\iipa, nur dass iia
ersten der t-Laut vom Artikel herühergenomtnen wird, im zweiieu
aber organisch ist und durch -die neugrieeh. Kontraktion (i-)-i^j) xu
einem Laute wird. So habe ich auch von i^ x^P' den Akk. Ti>tv ^x^P'
gehört. Streng lautlich müsste ti") cxid, ti'i »ipa gesagt werden, aber
as Lautliche kreuzt sich mit analogen Vorgängen ; ea kommt dar-
auf au, das v xu tchützen, was nur durch Angliederung eine»
Vokals geschehen kann, der hier in Übereinstimmung mit dem A
als ein t-Laut auftritt. Wir können im ZweJfel sein, ob -tV]v t\OpA
oder Ti^vi cKid oder ti'jv IcKid (mit neutralem t) zu schreiben sei; die
Erscheinung kann auch, wie beim Pronomen vor dem Verbum, als
Saragogiflch. oder, wie beim Subat., als prothetisch angesehen wer-
en, und dazu kommt noch, dass der Sprechende das Pronomen
uonjunctum mit seinem Verbum, sowie den ArtikeJ mit dem Sub-
stantiv als ^in Wort betrachtet, so dass diese Wandlung scheinbar
im lunenf des Wortes vor sich geht, und daher auch als Anaptj'iis
oder Epenthese gefasst werden konnte. Die Verquickung diese*
Vorganges mit der Frage bezüglich des auslautenden v bringt es
mit sich, dass niehl nur die Wörter mit s impurum, sondern auch
die spirantisch anlautenden Wörter In Betracht gezoge-n
werden müssen, wodurch das Problem eine neue, dem Komanischen
unbekannte Seile bietet. Man vgl. dazu: röve ßWirui, töv« ip^pui. T^re
t^pvn und tV|v t\ffi. Die Folge lanlet v-|-€li) + Spirant. Aus diesen
kurzen ..Andeutungen ersehen wir, dass diese Erscheinung eine
jcrusse Ahnhchkeit mit dem beweglichen italienischen p rot he tischen
1 aufweist, obschon sie kaum als spontan enisianden gedacht wei-
Thiimb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hdleiiigmus. 7&
-äen kann. Nichts hindert iiiik daran, die Prothese des c und i ah eine
'Keitlich und rAuniÜch weit viM'breititte Erscheinung in einem viel
allgemeineren Sinne als bisher zu fnsseci. So begegnet im GypriBclieii
tpXüipTiu, (crtttiu und tt., wenn ein v vorausgeht, wie Dietcrich
Untersuch S. 37ß xa den von ihm angeführten BeiEpielai ausdrück-
lich bemerkt. Das in C.vpem vorgeachlageiie i kann ehpufHlla alS'
Augment evkiftrt werden: ii slali e z. B. in ilipcpa, vgl. Einleitung
73 f., und verrichtet die gleiche Funktion wie das gemeingricch, e;.
wir dürfen daher das eine nicht van dem andern trennen. Zugleich
entsteht die weitere Frage, ob lüie f&r die gemeingriechische und
cvfirjsche Prothese geltende Erkläimng auch auf die meist aus der
kleinaaiati sehen Knivf) stammenden Formen bei Dieierith S. 84 aua-
f gedehnt werden dart? Es handelt sich hier um inschriniiche Be-
ege, mit g impurum im Anlaute: t^v icTi^Xr|v, Evekev (cropT^lc, xo'pc'v-
ckTEixEic. Ich sehe keinen triftigen Grund, weswegen sin von neu-
yricch. Erscheinungen wie Tif|vi-ciciii, Tfiv-i-cTid- Tfiv-i-culXa (Gustav
Meyer Zur neugriech. Gramm. S. 8 ff.) und schliesslich vom Typua-
Tftv-i-rn, TViv-i-x'ipi abgesoudert werden sollten. Bei den Belegen
Rus der Koivn kann das vorgeschlagene i allerdings auf anderft
ITi'sachen zurückgehen, als wi<* sie t'ür das Neugriecli. annahmen;,
die Möglichkeit einer spontanen Entwicklung ist in Füllen wie Icr^-
'^"ovov nicht ausEUGchliessen. Im Neugriech. spielt allerdings der
,, 'eibliche Artikel f\ eine Rolle, wie wir iu i^ ^lfpa, tV f[\x(pa geaehen
fcftben, er ist ein wichtiger Faktor bei diesen übrigens seltenen Bil-
dungen, aber nicht die alleinige Ursache. Fälle wie EkTpaTitlrrric,
icTa|IX(iipioc (stabulariua) denke ich mir was der Akkusnlivform töv-i-
(TpoTiuiTriv entstanden, von wo aus die Prothese auch auf den Nomi-
nativ Übergeht. Der prothetische Vokal kann sowohl ein i-Laut
sein, wie bei den gemeingriech. Substantiven, im Cyprischen über-
haupt und in den erwähnten Beispielen ans der Koiv^, oder er kann
auch ein e-Laut sein, wie bei den gemeingriech. Verben: -täv-e-
cT^Xvui. Auch im Romanischen flnden beide Vokale Verwendung;
t int Italienischen und e im Französischen und Spanischen. Wena
im heutigen Griechischen die Prothese des Substantivs selten vor-
kommt, so schein! es daran au liegen, dass auslautendes v vor Spi-
ranten einfach verstummt und nur in selteneren Fallen mit Hilfe
eines Stützvokales erhallen bleiben kann. Im Nominativ llisst sich
die Prothese bei den mit einem i-Laut beginnenden Substantiven
ohnehin nicht infolge der neugriech. Kontraktion nachw<-isen. Der
Vorgang verdient jedenfalls weiter verfolgt zu werden; aber soviel,
glaube ich, ist schon aus diesen kurzen Andeutungen klar gewor-
den, dasH alle diese Erscheinungen in ihrem Zusammenhange mit
einander behandelt werden müssen. Das häutige Vorkommen auf
Phrygischon Inschriften ist noch kein zwingender Grund, um die
rothese auf fremde Einflüsse zurückKUfÜhren. Der Kernpunkt
der Frage ist, ob wir alle angedetitelcci Erscheinungen im weitesten
Sinne fassen dürfen. Verf. betont Anm. I, S. 141) gegen Dieterich,
die von D. angeführten Fttlle, wie z. B. das cypr. IpXdipTiu (oder
flßXdtpTiu?) düi'fen nicht mit dem alten Vorgang zusammengeworfen
werden, Dieses Urteil scheint mir aber nur dann richtig, wenn
wir uns auf die tj-pische Verbindung töv ^ct^Xvei beschrdnken. der
in andern Idiomen ein väv ^qi^pvci und töv ^ßXdqiTti entspricht.
Ich stimme aber D. insofern bei, als er die Frage ganz allgemein
lellt und suche eine solche Auffassung zu begründen. Entsteht
Prothese spontan, dann kann sie im Griech. sowohl als im It.,
und seihst im Türkischen usw. vorkommen, ohne dass die eine
auf die andere einwirkt; ist sie aber aus den hier ange-
76 Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
-deuteten analogischen und lautlichen Ursachen hervorgegangen,
dann ist sie erst recht als eine echtgriech. Erscheinung zu fassen,
die zu ihrer Entstehung keines Anstosses von Aussen bedurfte.
III. Die dialektischen Formen 6 ßaciX^c, ö ßop^c, ö 90v^c statt
6 ßaciX^ac usw., altgriech. ö ßaciXeOq dürfen m. E. nicht mit den
jung -dorischen Typen ßaciXfl, fpafji}AaTf\ (Kontraktion von €a zu r\)
zusammengebracht werden, wie Verf. 95 fF. ausführt. Aus ßaciXf^-j-
flexivischen c kann allerdings ebenso leicht ♦ßaciXt^c werden, wie
ßaciX^ac aus ßaciX^a + c; aber es ist noch ein weiter Schritt von
*ßaciXf\c bis ßaciX^c. Ein y], gleichviel ob offen oder geschlossen, setzt
sich im Neugriech,, wenn wir vom Pontischen absehen, nicht als
«-Laut fort, wenigstens kann ich mich nicht von den Gründen S. 98 f..
die dies wahrscheinlich machen sollen, überzeugen; ich glaube auch
nicht, dass vripöv | v§p6v gegenüber Hripöc cxXripöc eine Sonderstellung
einnimmt. Ein aus "^ßaciXfJc entstandenes ßaciX^c ist ohnehin äusserst
problematisch, und auch hier dürfen wir die Erscheinung in weiterem
Sinne fassen. Die Frage scheint mir schon von Hatzidakis gelöst,
der sie mit dem Fall von ^Y]\i aus pLr\\ia in Verbindung bringt, wie
auch vom Verf. bemerkt wird. Januaris § 272 erklärt t\ \ir\ki aus
der Kontraktion der Plural form fiTiX^ec, und diese Erklärung lässt
auch Verf. gelten. Damit müssen wiT nun verbinden, was Hatzi-
dakis für Mop^ac anführt, 'Aenvä, To^. E' und BZ. II S. 235 ff., wo
sich zahlreiche Beispiele finden. H. weist nach, dass die Formver-
ünderung auf -^a eintritt, wenn der Baum oder die Pflanze unter-
schieden werden soll von der Frucht, der Blume, oder von Teilen
derselben: irniX^a-innXov ; |uop^a-|Liöpov. Diesen Feminbildungen stehen
die Maskulina ö iiiop^ac, d |UTiX^ac gegenüber, die einen Sammelort
bezeichnen, also der Ort wo Maulbcer- resp. Apfelbäume stehen.
Die Endung -^ac ist daher hervorgegangen: I. aus den obigen
Femininbilduugen mit flexivischem c, und II. aus dem Casus obli-
quus der männlichen Substantiva, die im altgriech. auf -eOc aus-
lauten : ßaciX^a + c, ßop^a + c. Den Formen auf -^a und ^ac entsprechen
im westl. Kreta. Cliios, Ikaros und Kyzikos jene auf -i und -€c: r)
|unX^, i] yiopi; ö .ur|^^<^? ö |uop^c und ferner: ö ßaciX^c, 6 ßop^c, ö q)ovk;
d. h. in dem Gebiete, wo |ir|X^a zu \xr]\i wird, da wird auch jedes
auslautende -^a zu -i, und aus dem Typus töv ßaciXe ergibt sich
dann ganz von selbst der Nominativ ö ßaciX^c. Wir dürfen daher
ö \xr{\ic nicht von ö ßaciX^c trennen; auch Hatzidakis BZ. II 280 be-
handelt beide Typen gemeinschaftlich. Denn wie lässt sich bei dem
Mangel an Belegen nachweisen, dass ö ßaoX^c auf einem älteren Vor-
gange fusst als ö i^nX^c? — Nur als Kuriosum führe ich die nach
TÖV Traxfip usw. gebildete Verballhornung: töv ßaciXeu an, Chronik
von Morea 1786 (nach meiner Kollation); sie wird wohl keine Ver-
anlassung zu einem töv ßaciX^, etwa nach töv xaq)^, (töv kövte) usw.
gegeben haben.
IV. Der Verf. ist geneigt, eine starke Einwirkung des La-
teinischen innerhalb der Nominalbildung anzunehmen (S. 154); sie
äussert sich in den zahlreichen Endungen auf -ic, -iv, statt -loc,
-lov. Die Erklärung fusst auf den Darlegungen von Hatzidakis Ein-
leitung 314 ft'.: MouXic, AuprjXic, Mdpic ergeben sich aus der Vokativ-
form Juli. Aureli. Mari. Selbst heute, kann ich hinzufügen, kann
der Vokativ das Paradigma umgestalten: ö b^ciroTac, 'der Priester*,
weil er mit b^cTroTa angeredet wird, aber ö öecTrÖTrjc, der Bischof,
Jannaris § 282. Ein ungebildeter Grieche, der in der Anrede immer
KOpi€ KaOnT^TO sagte, wendet sich z. B. an einen Dritten mit der
Bemerkung: ö Kupioc Ka6r|Yr|Täc Xe^ei toüto, und Ähnliches lässt sich
manchmal wahrnehmen. Es ist aber zu bemerken I. dass es sich
Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. 77
in Fällen wie 'louXic um eine Übertragung von einer lateinischen
Kasusform auf eine griechische handelt und II. zunächst nur um
Eigennamen. Konnten unter solchen Umständen die Formen auf
-IC auf Kosten derer auf -loc zu einer so ausserordentlich weiten
Verbreitung gelangen? Für das Ncugiiech. möchte ich im Anschluss-
an die schon erwähnte Erklärung: Plur. m1^^€c, \xr\\ic — Sing. )litiX^
auch hier an einen ähnlichen Vorgang denken, nämlich: Plur. oi
KaßaXXdpioi, xaßaXXdpoi — Sing, ö KaßaXXdpic. Zwei e-Laute unterliegen
der Synizpse: Xdoc, x»oc und im mittelgriech. diroiriKa, ^iroiKa. Es-
entsteht so eine Mi schk lasse, die nicht mit 6 Xötoc, ol Xöyoi zu-
sammenfällt, sondern sich im Sing, an den Typus 6 KX^q)TTic anglie-
dert und im Plur. den Ausgang -oi beibehält, also im Sing, und Plur.
den i-Laut bewahrt. Für das Mittel- und Neugriech. bieten die Laut-
verhältnisse keine Schwierigkeiten, aber es fragt sich, ob schon in
den ersten christlichen Jahrhunderten -oi gleich i lautete. Dafür
sprechen schon die Kontraktionen, 4iriT€ioi kqI d^pioi, welche zu dirlYoi
Ktti d^poi verschliffen werden, Leemans Papyri graeci 2, 15, nach
Jannaris § 148^, wo sich noch Ähnliches ündet. Aus Jannaris § 44
sind aus vorchristl. Zeit die iuschriftlichen Belege AOtouctoIvoc und
'AkuXoivoc zu erwähnen, und zahlreiche Beispiele aus den ersten
Christi. Jahrhunderten. Auch Thumb S. 248 äussert sich in einer
zusammenfassenden Bemerkung dahin, dass schon in den ersten
Jahrhunderten unserer Zeitrechnung die meisten Neuerungen der
Koivr), wie Itazismus, neugriech. Kontraktion und dgl. vorkommen^
In Kieinasien bestanden verschiedene Aussprachen des u neben ein-
ander, es war je nach den Orten = ö, L u und wahrscheinl. auch
iu S. 194; das aus oi hervorgegangene u war auf asiatischem Boden
schon verhältnismässig früh zum a-Laut geworden, S. 142. Eine
Sonderstellung vom Gemeinneugriech. nehmen die Dialekte ein,
welche, wie das von Thumb ('Aerivä 3, 95 ff.) behandelte Ägine ti-
sche, den Lautwandel oi, u zu ou aufweisen: TcouXoirovdtü = koiXo-
iTOvtü und dxioupo; es ist dort das auslautende -oi nie zu einem u-
Laut geworden. Dieses -oi, welches kurz ist und einer totalen
Elision unterliegt, scheint schon früher monophthongisiert zu sein
«als das innerhalb des Wortkörpers vorkommende; darauf scheint
auch die oben erwähnte Kontraktion von i und ei mit -oi hinzu-
weisen. Und so glaube ich, um zur Sache zurückzukehren, dass
ein Ol KoßaXXdpoi statt -dpioi um die Wende unserer Zeitrechnung
nicht auffallen darf.
V. Eigentümlich berührt es uns, wenn wir in dem sonst so-
konservativen Griechenland auf Vorgänge stossen, wie wir sie in
dem stets nach neuer lautlicher Entfaltung drängenden Frankreich
verfolgen können; ich meine den Wandel des k vor hellen Vokalen,
welches über ts zu einem ^-Laut wird: centum — cent. Bekannt-
lich wird im Gemeinneugriechischen das k beibehalten, auch in la-
teinischen Lehnwörtern: Xaic^pöa 'Thunfisch' lacerta, öq^pUiov^ offi-
cium. In dem von Thumb S. 190 bezeichneten Gebiete tritt die Pa-
latalisicrung des k ein. Aber der Schwund des dentalen Elementes
in dem aus k entstandenen fSy wie er sich schon sehr früh im frz.
verfolgen lässt, schien dem griech. Gebiete fremd zu sein. Thuml>
S. 190 Anm. 5 kennt nur jiiaceXXeiö statt |yiaK€XXei6, Syra. Dazu kommen
aber ähnliche Formen, welche die Existenz dieses lautlichen Vor-
ganges zu beweisen scheinen; so finden wir im Pentateuch, ed.
Hesseling, Introd. 37 f. currdZtü, cuTraTiiia, dTnrXiceuuj, dtrirXic^iuaTa,.
xe9aXaTici und diese Formen entstammen der Sprache von Konstan-
tinopel, wo der Pentateuch im J. 1547 für den Gebrauch der jüdischen
Gemeinde gedruckt wurde. Im unedierten cod. Taurinensis der
78 Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
-Chronik von Morea, V. 734 finde ich: dKcTce dir^cui diTXV)c€i|ie, 'dort
drinnen schlug er sein Quartier auf. Vielleicht lässt sich dieser
lautl. Vorgang noch durch andere Beispiele feststellen. Für dirXii-
c€uuj könnte jedoch vielleicht an eine Anlehnung an irXiiciov, TrXiicic^u)
gedacht werden; die andern Formen scheinen keine analogische
Einwirkung aufzuweisen.
VI. Einer besoudern Erklärung bedarf die Erweiterung des
Aoristi Passivi in -xa, £q>oßi^6r)-Ka. Jannaris § 801 denkt sich die
Sache so: as recent N(eohellenic) does not well admit of a closiug -v,
the aorist passive ending -Oriv has been changed to -6nKa (App. III,
^), where -xa has been borrowed from the perfect (78i6) as: A(ttic)
^XuÖTiv, N ^XOÖTiKa, usw. Thumb S. 199 f. nähert sich der Lösung
dieses Rätsels, indem er an die x-Aoriste föuiKa, ^Bi^Ka und äqtfiKa
anknüpft; Doppelformen wie ^ötuKa neben ^ötüca haben vermutlich
auf i^Hiujca : y|E(uiKa bestimmend eingewirkt. — Damit wird aber nur
die Verbreitung des k im Aorist, nicht aber die Erweiterung des
Schemas um eine ganze Silbe erklärt. Die von Jannaris § 786 und
Thumb betonte Funktionsgleichheit des Aorist und des Perfekt ist
ein wichtiger Faktor, doch geht der Anstoss zu diesen Erweite-
rungen von bestimmten Typen aus, die sich, der Form nach, als
Perfe-ta, aber mit der Bedeutung von Aoristen erhalten haben.
Wir haben es hier ferner mit einer Ausgleichung zwischen dem
Aorist activi und dem Aorist Passivi zu thun. So erklärte ich mir
zuerst den Vorgang durch die Übertragung der Aoristendung der
dritten Person Pluralis auf die andern Zeiten der Vergangenheit.
Nach dem Muster von ^Ypo^vciv haben wir: ein Imperf. ^fpatpnw,
.^iroToöcgv (statt ^TidTouv. vgl. Jannaris § 789) und sogar im Perfek-
tum, wo die Endung -aci(v) der Aoristendung -(c)av weichen musste:
Tr€Troir|Kav, ö^biüKav und ähnliches bei Jannaris § 786. Also im Ak-
tivum der Vergangenheit gehen sämtliche Tempora in der 3. Pers.
Plur. auf -av aus und nach diesem Muster richtet sich dann auch
das Imperfektum Passivi: dq)oßoövTgv (st. ^q)oßoövTo ib. 790). So
konnte dann auch, im Anschluss an diesen Vorgang, das Aktive
-KQv das passive -cav verdrängen; von den alten k- Aoristen aus-
gehend konnten wir von ^buuKav zu dbö9r|Kav gelangen. Aus dieser
dritten Person Pluralis konnte ein neues Aoristschema entstehen: dbö-
örjKav, erste Pers. Sing. ^böGiina, welches genau dieselben Endungen
wie der Aor. activi hatte: ^böenna, 4fcö9nK€C, ^bö9nK€ — Plur. iboön-
Ka|U£v, ^boÖnKOTe, ^böGr^Kav, wie ^buuKa, ^buüK€c. ^bu)K€, ^5ujKa)Li€v, ^btuKare
^biüKav und auch mit dem Imperfekt: lfpa(pa^ -€C, -€, ^Tpdqpa^ev, -aT€
od. -€T€, iyf)a<pav übereinstimmte. Nur das Imperf. Passivi nimmt
eine Sonderstellung ein, aber in der 3. Pers. Plur. hat auch dieses
-av: r|Tav (st. rjTov). Nun wucherte die Form -0r|Ka weiter, wie wir
aus den Beispielen im Handbuch von Thumb S. 90 ersehen können;
die Erweiterung wurde allgemein, nur in Trapezunt besteht noch
die unerweiterte Form: icKÜjÖriv für gemeingriech. kr|Kiüer|-K€.
Ein Vorgang, wie der eben geschilderte, ist sehr wohl mög-
lich, denn die Endung -av ist in allen Zeiten der Vergangenheit
üblich geworden und hat die ursprünglichen Ausgänge in der 3.
Pers Plur. verdrängt. Der Einfluss des Aorists konnte dann noch
weiter gehen, indem er auch sein k vom Aktivum auf das Passi^nim
übertrug. Wie dem auch sei, es erschien mir nicht zwecklos die Frage
auch von die>em Gesichtspunkte aus zu b(?trachten. Doch ist eine
auf blosser Kombination beruhende Schlussfolgerung nicht ausrei-
chend um ein sicheres Resultat zu ergeben, wie wir gerade au
diesem Beispiel auf das deutlichste verfolgen können. Es muss auch
-die historische Entwicklung der einzelner Formen zu Rate
Tbuiiib Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. 79
gezogen werden. Alsdann wird sich aber das Problem von einer
^anz andern Seite zeigen.
Thatsache ist, dass die ältesten Denkmäler des Romäisehen die
Erweiterung in -Ka entweder gar nicht oder nur im Singular
kennen; sie kann also nicht aus der 3. Pers. Pluralis hervorgegangen
«ein. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkte die einzelnen
mittelgriech. Dichtungen aus der Mitte des XII. Jh., so können wir
das allmählige Entstehen und Werden dieser Neubildungen verfol-
gen. Im Spane as I lassen sich keine Aoristerweiterungen nach-
weisen; wir finden dort nur unerweiterte Formen ohne k: 4T€vvr|8iiu€v
71, icuvnxericav200, direRpienv 205. Ebenso verhält sich Glykas; doch
halten wir zunächst fest an Formen, die mit dieser Erscheinung in
Zusammenhang stehen: bi^ßriKev 357, fti^9TiK€v 387; über die Behand-
lung der gewöhnlichen Passiv-aoriste belehrt uns V. 199: Kai ibcci
CKiä öi^ß^KCc, ^xdönc» 4Kpußr|9nc. • Der Plural lautet nicht auf -xav aus:
€ic^ßncav 182. Prodromos I: clc^ßrixa 130, dv^ßrixa 131, 261, daneben
der Aorist irpoc^ÖTiKac 45 und das Pf. €iipnKa 250, welches in diesem
Zusammenhang keine Neubildung sein kann. Prodromos II bietet
kein Beispiel. Prodr. III xaT^ßnKCv 182; Prodr. IV ^KaT6ßr|K€v 182
neben bi^ßn 597/8, statt zu erwartendem öi^ßnKCv; döi^Kaciv 438;
Prodr. V. ib\ifi^y 86; Prodr. VI ^c^ßnKa 181, c^ßnKCv 333; «eiiK€v
348 u. passim, ^0€k€v 363. Wollten die gelehrten Autoren dieser
Stücke die Erweiterung in -xa vermeiden? Ein Grund dazu scheint
in Schriften, die von Vulgarismen aller Art wimmeln, nicht vorzu-
liegen. Im Belthandros ist die Erweiterung schon überall, ausser
im Plural, wahrzunehmen; neben ^c^ßnKa 433, ^E^ßrjKa 513; icij^r\^ec
500; ^c^ßnxev 229, dv^ßnKC (iKax^ßn) 1144, ^öidßnKC 6l^5, ^napeEeßnKev
473 finden wir bereits zahlreiche Passivaoriste mit -xa: ^EeviüöriKCv
13, icxp&q>r\Kt 111, icnKiüenKCv 504, ^CTd0r|X€v 660, iirvitrixc 1106, ^Öpn-
v/ienK€v »278, und andere: 316, 722, 724, 763, 781, 792, 821. 858, 925,
927, 1116, 1290. Der Plural bleibt aber stets ohne x: dE^ßncav 120,
1016, k^ßncav 234, ixiwpic8ncav 1119, cOp^Gncav 1122; dTrcTUMvuüen.uev
1245. Daneben finden sich auch unerweiterte Formen: iöidßr|v 399,
^bi^ßn 722, 851, ^E^ßnv 900, 1254, cuv^ßn 934, und im Halbverse 1139:
dv^ßr|v, ^xai^ßnxev. Charakteristisch für diesen Übergang sind: dirn-
XoTfiÖTiv 1010, dirTrXoTnÖn»<€v 986; dTrnXoTriencav 963. Auch Digenis II.
steht auf demselben Punkte: diT€xpier|x€ 952, 1057, i*ip|uaTiu6r|x€ aber
'^TropcOeri 1215, Oirecx^enKCv 275 aber uTrecx^Gric 324, cOXori^ ^rjxev 1489,
dvTairexpienxc 304, aber dir€xpier|cav 688, dTr€xXir|8r|xe 828. Der Plural
bleibt uner weiten: dTr€xu)p(c0Ti|nev 2581, i^cirdcermev 2580 usw. ^q)uXdx-
Oricav 2464, statt d7r€xujpicef|xa|Liev ; ^qpuXdxörjxav. So auch Q u a d r u p. :
iE^ßnxev 265, aber ^E^ßnv 315, ^cxderixcv 180, ^(poßf|9nK€v 194. ^xauxnc-
Tr.xa 472, aber im PI. stets -cav: ^cidörjcav 658, dTrexpi6Ticav 523. Die
Formen mit und ohne x sind durcheinantler gen)ischt : dv^ßr|v,
^xar^ßrixev, ^CTdönv, ^Xu^könv 661. In die Periode der Singular-
erweiterungen gehört auch die kurz nach 1310 verfasste Kopen-
hagener Version der Chronik von Morea; wir finden hier: 1.
Pi-rs. Sing. ujq)€Xr)eTiKa 4317, ic(p&^r\Ka 4233, ^cuMßißdcTr|xa 4390, Ottoc-
X^enxa 4392; 2. Pers. Sing. ^Traife€uenK€C 5616, ^ßapiPienx€c 5695; 3. Pers.
Sing. dTTpocTixiü6r|K€v 4154, aber PI. dTrpocTixtuencav 7563, lodcrnxcv
1.738, 6636, aber PI. lcidc0ricav 7703, ^cuTxar^ßnKC 200 Prol., aber
^cuTKai^ßricav Prol. 967, d^Kpdcriixcv 5023, 5672, aber PI. dq)xpdc6ncav
41*60; ^cu!ußißdcTTix€v 7520, aber ^cu.ußißdcGncav 526 Prol., 7491, 7531.
Weitere Beispiele für die 3. Pers. Sing, mit -xa sind: 3853, 4117,
4448, 4578, 4580, 4686 und viele andere. Mit x im PI. finde ich nur
€t'p^0nKav 7024, wohl wegen ciiprixav; doch könnte auch cup^e^Kev
gelesen werden. Erst in späteren Denkmälern tritt im Plur.al regel-
80 Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des HellenismuB.
massig -Kttv für -cav ein; so in der aus dem 15. oder Anfang' de«
16. Jh. stammenden Pariser Version der eben genannten Chronik:
4cuMßißcicTr|Kav S. 34, I, Z. 14; ^TrapaööOTiKav S. 51, 11, Z. 1; ^CTpd9T)Kav
S. 51. II, 15; ^HeßnKaci S. 60, II, 12. In der Kopenhagener Version
sind dagegen alle diese Formen mit -cav, und für die letztere finden
wir die Variante dTrocKdXuücav. Im Gcorgillas Rh od., um 1499
entstanden: ^KTicxfjKav 66, ^ircvTiacxfiKav 67 usw.; in der "AXuicic
KttöXciüc, wenige Jahre nach 1453: ^Htupicef^Kav 56, SujXo6p€u6riKav 57,
^EiüpiCTrjKaciv 58, ^HeppiZtüöf^Kav 104.
Den Ausgangspunkt zu diesen Erweiterungen bilden die schon
öfters zitierten Formen iöi^ßr|K€, dv^ßr|K6, denen sich dann neue k-
Bildungen wie ^CTpdq)n-K€ anschliessen. Bekanntlich haben sicli ver-
einzelte Perfekta erhalten, die später zu Aoristen umgebildet
wurden: ^TToiKa, ^TtoiKa aus TrcTroiTiKa, ^0vr|K€v Chron. Mor. 6091 aus
T^evTiK€ Digenis 79, 2025, cöprjKcTb. 1053 und andere bei Jannaris
i? 1875. Jannaris hält diese neugriech. K-Aoriste eher für Reste des
allen Porfektums als für Neubildungen nach Analogie von IbwKa
und <!(q>r)Ka, denn selbst diese Formen können auf b^buixa und dq>€tKa
zurückgehen. — Zu solchen Umbildungen hatten die Verba auf -mi
eine besondere Neigung; tOthlii behält seinen Aorist ^Gi^Ka, so im
Digenis 2674, 3000, 3003, Glykas 387; die jüngere Form ist ^Bckcv
Chron. Mor. 4286. Auch das Perf. von ictthlii wird als Aorist ver-
wandt: lcTr|K€v Quadrup. 266, ^cxriKav Chron. Mor. 2992, ^cri^Kaciv ib.
Prol. 863. Die Singularformen auf -kg Hessen sich nicht ohne wei-
teres auf den Plural übertragen; es entstanden daher Schwankun-
gen: ^0nKa hatte im PI. des 2. Aoristes ^9€M€v, ^Gexc, ^Oecav, aber
später auch die Erweiterungen i9/|Ka)Li€v usw. Moeris, nach Jannaris
<^ 952^, stellt die litterarischen Formen den volkstümlichen seiner
Zeit gegenüber, wenn er bemerkt: dTr^&0M€v, d7r^Ö0T€, dir^öocav *Am-
Kiuc • (i7r€6iüKf(|U€v, d7r€&ujKaTe, dTr^&ujKav *EXXnviKU)c. Schon etwa im
2. Jh. nach Christus hatte also das Akt. Plur. eine erweiternde Um-
gestaltung erfahren; aber das Passivum gelangt erst im 15. Jh. zu
einer vollständigen Erweiterung des Aoristes, denn noch im 14. Jh.
sagte man ^Y6vvr)0r|Ka — PI. ^T€vvri9r||n€v, ^f€vvri9r|cav und noch nicht
^*f€vvr|9r|Ka.u€v, dYevvr]9r|Kav, geschweige denn ^f€WTi9nKav(€).
Die Aoriste ^9iiKa, ^öuuKa, dqprjKa sowie die aus dem Pf. her-
vorgegangenen Aoriste ^CTrjKa, ^TToiKa, ^q)9aKa, ۆpr|Ka u. a. waren
nicht im Stande das Schema zu ändern; ^TroTKa, ^btüKa konnten die
Erweiterungen ^bö9n-Ka, ^cpoßn9r|-Ka nicht rechtfertigen. Wir müssen
daher aut ein Verb um zurückgreifen, welches neben seinem Aorist
noch eine Form erhalten hatte, die als ein deutliches Perfekt noch
in der Sprache lebendig war. Diese seltene Eigenschaft finden wir
nur in ßaiviu: Aor. ^ßr|v, Pf. ß^ßrjKa, dann -^ßriKa. Im Digenis 1679
finden wir zwar cu)Liß^ßnK€v, doch liegt darin für uns nur eine An-
deutung, dass dem ursprünglichen Texte die Vulgärform auv^ßr|K€v
zu Grunde lag; beide verhalten sich zu einander wie 7r€iroir|Ka zu
Es ist hier nicht hinderlich, wenn im Mittelgriech. dieses Ver-
bum stets mit öid, dvd, xard, eic (^c), iv (^liTraiviu), ^k (^Kßaiviu = 4ß-
Taiviju) verbunden ist: im Gegenteil, die zfihlreichen Zusammen-
setzungen verhelfen diesem Verbum zu einer Ungeheuern Verbrei-
tung und erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines von ihnen ausge-
henden analogischen Einflusses auf andere Verba. Von grosser
Wichtigkeit für diesen Neubildungsprozess war es auch, dass die
ungewöhnliche Aoristendung ^ßr|v mit dem Futurum vd ßOü (vgl.
auch ^9r|Ka, 9u)) den Übergang vom Aktivum zum Medium und von
da zum Passivum vermitteln konnte. Nach-tßnv, -^ßnKa, vd-ßdi gingen
Thumb Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus. 81
dann i9oßi?jeT)v, iq>o^r\Qr\'Ka, vd ^oßneu;. So erklärt es sich auch^ wess-
wcgen der neue Passivaorist die Endungen des Aktivums annahm.
In mittelgriech. Schritten sind neben dem Futurum die Typen
icif^T] und ^dßT)K€v, also Aorist und Perfektum, in solcher Gestalt
erhalten, dass sie als gleichberechtigt neben einander bestehen, wie
wir aus weiteren Beispielen ersehen. Der Einheitlichkeit wegen
wähle ich sie aus der Chronik von Morea und zitiere nach Buchon,
jedoch so, dass ich stillschweigend meine eigenen Kollationen
verwerte, wie ich es auch sonst mit meinen Zitaten aus diesem
Werke gehalten habe. Nur in vereinzelten Fällen ziehe ich auch
andere ältere Denkmäler zu Rathe. Futurum: 1. Pers. Sing, vd
biaßuj 4504, — 2. P.S. vd dt^ßijc (so!) 2988, vd ^ßyric 2987, — 3. P. S.
vd ^ßrri (= vd ^Kßij) 2970, 2985 — 1. Pers. Pluralis vd öiaßoö)Li€v 3899,
vd ^H€ßoO|üi€v 5662, — 3. Pers. Plur. de öiaßoöv 5645, vd ceßoöv 5652.
Aorist Activi: 1. Pers. Sing. (dv€Tpdq)r|v Belthandros 886), — 2. P.
S. ^öi^ßnc 4214, 4219, — 3. P. S. ^öidßn 1955, 5106, ibxi^r] 1918 — 1.
P. Plur. dbidßniuav 5405, ^E^ßniugv 3940 (mit -mqv, nach der 3. P. Plur.
-cav, ein Beweis für die Volkstümlichkeit dieser Form), — 3. P. Plur.
^bidßncav 3920 und mit andern Präpositionen: 3969, 4073, 1993, 967
Prol. Perfectum Activi: 1. Pers, Sing. dv^ßr^KO Prodromos I,
131, — 2. P. Sing. 6i^ßTiK€c Glykas 199, — 3. P.Sing. 4öUßnK€v 1998,
iöidßTiK€v 5105 und mit andern Präpositionen: 2049, 3921, 4028, 5863.
Plural. Nach ^öiuKa — PI. döiÜKa|i€v (st. ^Ö0|li€v) könnten wir auch
im Passivum dv^ßrjKa — PI. dv€ßriKa|Li€v erwarten, doch lassen sich,
wie gesagt, die Pluralerweiterungen in den neuen Passivaoristen
noch nicht nachweisen. — In der Chronik bestehen Aoriste und
Peri'ektformen nebeneinander, so 4375/6: Kai dftidßnKCv ö xaxd elc . . .
Kai ^Kcivoc ^bidßT]. Dem entsprechend bestanden noch lange uner-
weiterte Formen neben erweiterten; durch Verwendung? beider hatten
die Dichter ein Kunstmittelchen zur Hand, welches ihnen gestattete,
ihre politischen Verse noch bequemer als bisher zu bauen; neben
iöUßri — ^öi^ßTiKe konnten sie jetzt auch nach Belieben die Typen
^CTpdqpr) — i.cTpdq>r\-K€ verwenden.
Es ergibt sich aus dieser Erörterung: I. Dass in der Mitte
des 12. Jh. nur der Typus ^öidßev — dbi^ßnKCv nachweisbar ist; II.
dass Anfang des 14. Jh. auch andere Verba die Endung -Ka im
Sincrular annehmen. III. Dass erst im 15. Jh. die Pluralforraen mit
-KQ sich verallgemeinern. Diese verschiedenen Ubergangsforinen
haben für uns noch eine besondere Bedeutung: sie erleichtern es
uns, die Chronologie unserer zahlreichen undatierten Vulgärtexte
festzustellen.
Leipzig-Connewitz. John Schmitt.
Rohde E. Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Grie-
chen. 2. verbesserte Auflage. 2 Bde. Freiburg i. Br. 1898. VII,
329 +.436 S. 80.
Über den Inhalt und die Bedeutung von Rohdes Psyche habe
ich mich Anz. 1, 11 ff. und 7, 232 f. geäussert. Wenn ein streng
wissenschaftliches Buch, wie das vorliegende, kurz nach seinem Er-
scheinen vergriffen ist, so bürgt schon diese Thatsache für seine
Trefflichkeit. Die strenge Wissenschaftlichkeit, die feste Methode
der Forschung und daneben die* gewinnende Form haben das Buch
zu einem klassischen Werke gemacht, das mit Useners Götternamen
der Wegweiser für jeden sein sollte, der sich mit mythologischen
und religionswissensehaftlichen Dingen beschäftigt.
Anzeiger XII 1. (3
82 Itoliile Psyche,
In der ueucn Auflac'e ist die Aiiiage und der Aufbau der
alte geblieben. Und Rohdc hm rucht rfaran gethan. Nur einij^e
besonders umfnn^eiche Anmerkungen tiind uucer dem Texte aus-
ge§chiuden und an den Schluss der einzelnen Bände gestellt. Hier
Hind sie aber niclit geblieben, was sie urspränglich waren, DKratIch
Belege für Beliauptungeo im Texte, sondern sind zu kleinen inhalts-
reichen Aufsätzen geworden. Sa enthält I Aam. 3 (S. 326 ff.) die
Geschiehte der Danaidensage, 11 2—3 [S. 407 ff.) eingehende Dar
stellHii'fen von der Uekate und ihrem Schwärm, II 5 (S. 4U ff.) Un-
tI:r^ul.-)lUllgell Über die grosse Orphische Theogonle u. dgl. Auch »oust
8iiid dii' Anmerkungen mehr g^ewachsen als der Test. Neuere Litte-
ratur, die nach der ersten Auflage erschienen ist. hat Rohde bald
neue» Beweismnterial seiner Behauptungen zugeführt, bald aber
auch genöligt, gegen andere Auffassung die eigene Ansicht ener-
gischer KU verteiaigen. Wie in der ersten Auflage hat auch bui
dieser R. seine Blicke weit über das Gebiet des klassischen Alter-
tums hinauBsch weifen lassen, um an Parallele rsc hei nungeu bei frem-
den Völkern den psychologischen Hintergrand reLigionsgeachicht-
lieher Thatsachen der alten Griechen zu beleuchten oder sie alt
Erbgut der indogermanischen Völker zu erhärten. So ist neben
Dietrichs Nckyia, Denekens "Heros" in BoBchera Mythot. Lexikon,
Roschers Kynanthropie, Stengels Chthonischen und Totenkult, Schn-
chardt "Suhliemanns Ausgrabungen", Kretschmers Einleitung in die
Gejtchichte der griech. Sprache, namentlich Oldenburgs Religion des
Veda ausgiebig benutzt; daneben aber auch Robinsohus Psycholo-
gie der Naturvölker, Prescotts Eroberung von Peru und andere
neuere Werke Über die Religion von Naturvölkern. So kann jeder,
der sich mit vergleichender Religions- und Sagengeschichte beschäf-
tigt, ans der neuen Auflage Neues lernen. Ein Punkt sei heraus-
gegriffen, auf den ich wiederholt schon unabhängig von R. die
Blicke gelenkt hatte. Die Sage von dem im Berge ruhenden Kaiser,
der oioöt wiederkommen und nenes Leben mit sich bringen werde,
glaubt mau bei uns jelat in ihrer ganzen Entwicklung entdeckt au
haben; sie sei, meint man, keltischen Ursprungs und nach Deutsch-
land eingewandert. Schon in der ersten Auflage (S. 116 Anm. 2)
hatte R. durch einen Hinweis auf Müllers Gescb. der amerikanischen
Urroligion gezeigt, wie leicht eich ohne jede Übertragung von einem
Volke zum andern bei verschiedenen Völkern gleiche Sagen bilden;
jetzt macht er noch darauf aufmerksam, wie auch bei den muham-
medanischen Völkern des Orients Sagen von "vert^chwmidenen, aber
in tiefen Berghöhlen weilerlobenden, dereinst zu neuem Lehen aar
Erden erwartenden heiligen Mttnneru" bestehen CI, S. 124' vgl. v.
Kremer Kulturgesch. Streifaüge aus d. Geb, d. lalara).
Eine weitere Aufl'assun;^ R.s möchte iuh berühren, die in der
neuen Auflage namentlich gegen Deneken verteidigt wird, eine
Auffassung, die von weittragender Bedeutung ist und durch deren
Klärung m. E. in der antiken und deutschen Sagen geachichte vieler
Wirrwarr beseitigt wird. In seinem Artikel "Heros" hat Denekcn iu
Roschers Mythotog. Lexikon van neuem die noch vielfach herrschende
Ansicht verfochten, dass der Heroenglaube ans abgeschwächtem
Götterglanben entstanden, der Heros also eine verblasste alt« Gott-
heit sei. Dieae Auffassung — ich habe mich bisher vergeblich be-
müht xa erfahren, wer sie zuerst . ausgesprochen hat — ist durch
nichts begründet, weder in der griechischen noch iu der deuUehen
Haldensage, und hat auch bei anderen Völkern kein Analogon; sie Iial
%u gnnx unberechtigten Kombinationen geführt, viel Wirrwarr nngc-
richlel uud vielfach da^ Verständnis der Heldendichtung nicht nur
^^^^^^^^P^ Rohdc Psydie. 83
[ erschwert, nondeni BOgar verschlotiseii. Dieser Auffassung; gegen-
[ -fiber hatte R. schon in der ersten Auflas entschieden Stellung ge-
r Bommen. "Die Heroen, heisat es dort [S. 142), sind Geister Vprstor*
I bener, nicht etwa einp Art Untergatter oder Halbgötter, ganz ver-
I schieden von den DAmonen, wie sie spHtere Spekulation und dann
I anch wohl der Volksglaube kennt. Diese sind göttliche Wesen niederer
Ordnung, aber von jeher des Todes überiioben, weil sie nie in das
endliche Leben des Menei;hen eingeschlossen waren. Die Heroen
[ dagegen haben ein»t als Menschen gelebt, aus Menschen sind sie
I Beroen geworden, erat nach ihrem Tode." Mit vollem Rechte
' und treffenden Worten verteidigt jelzt K. diese Erklärung gegen
Deneken. "Die Heroen sind durchaus gesteigerte Menschenscelen,
nicht depotenzierte Göttergestalten." Wenn sich Götter und Heroen
mehrfach berühren, so ist die Ursache wo anders zu suchen, als in
einem direkten Abhängigkeitsverhältnis. Es ist Hoffnung vorhan-
den, dass diese Erkenntnis endlich bei den Forschern klassischer wie
deutscher Sagen durchbricht. Heroen sind bei allen Völkern Men-
schen von Fleisch und Blut gewesen. Sie sind nach ihrem Tode
■durch die mündliche Überlieferung gleichsam geheiligt, durch die
Dichtang idealisiert worden. Infolge dieses Hebeprozesses durch
die Phantasie wurden aber gerade an sie mit besonderer Vorliehe
Märchen und Sagenmotive geknüpft, Dasselbe (hat aber die Dich-
tung anch bei den Göttergestalten; auch an diese krystallisierte
sich besonders gern das Märchen- und Sagenmotiv. Indem sieh
aber gleiche Motive bald an eine Gottheil, bald an einen Heros
knüpften, entstand zwischen dem Gott und dem Heros eine gewisse
Ähnlichkeit. Nur so erklären sich die Übereinstimmungen zwischen
Ooltheit und Heldengestalt; sie sind rein äusaerlich wie bei zwei
ganz verschiedenen Menschen, die gleichen Anzug tragen. Wir
müssen endlich aufhören, bei Heldengestalten nach der in ihnen
fortlebenden Gottheit auszuspähen, da» ist ein unnützeB Grübeln,
dns selbst Jiriczek in seiner trefflichen Heldensage) mehrfach den
Blick getrübt hat.
Noch konservativer als in den Anmerkungen ist Hohde im
Texte gewesen. Nur selten ist die Form geändert, hier und da Ist
der Text schärfer get'asst, an mehreren Stellen sind neu begriin-
dende Sätze eingeschoben. So wird die Ursache des Leichenpom-
Ees, gegen den Snlon gesetzlich vorgeben musste, aus den Gewohn-
eicen des altatCischen Eupatridenstaates erklärt (IS.231), das Stre-
ben einzelner Geschlechter, ihre Ahnenreilie an einen Heros anzu-
knüpfen, nachdrücklichst hervorgehoben und belegt (I. 170) u. dgl.
Solche Erweiterungen verändern den Charakter des Werkes nicht
im geringsten. Eine wesentliclie Erweiterung hat nur das 1, Ka-
pitel über die Ursprünge des Unsterblichkeitsglaubens (Über den
thrakischen Dionysosdienst 11. 1 ff.) erhalten und zwar sowohl im
Eingang, wie am Schlüsse (II. S. 3S—37J. Dort wird i-or allem nach-
gre.wiesen, dass sich der Gedanke an die Unsterblir.hkeit der Seele
aus der griechischen Religion, wie sie zu Homers Zelten im Volke
lebendig war, nimmer hätte entwickeln kCnnen, da in dem ganiten
Ideonkreise dieser Religion "Gott" und "Unsterblichkeit" unzertrenn-
bare Begriffe sind und die Auffassung' von der Unsterblichkeit der
Seele alle Satzungen der Religion ^frtec bischer Volksgemeinden
Ufflgestossen haben würde. Diese AulTassung, die R. ja schon bei
der ersten Auflage gehabt, aber zweifellos nicht scharf genug aus-
girsprochen und ungenütrend begründet hatte, hat zur Frage ge-
führt; "Woher kam der t'nsterblichkeitsglanbe?" Er Ist eingewan-
dert mit dem Dionyakult, dieser alier ist fremden, ist ihrakisehen
84 Rhode Psyche.
Ursprunj^s und weicht in allen Punkten vom griechischen Götter-
kulte ab. In der Ekstasis nun, in die die Feiernden beim Dionys-
feste verfielen, liegt die Wurzel des Unsterblichkeitsglaubeus, da
in ihr die Seele dem Leib entflogen und sich gleichsam mit der
Gottheit vereinigt fühlte. Die Thatsarhe, dass noch heute unter
christlichen Völkern die gedämpfte Glut uralten Aufregungskulte»
wieder aufschlägt und die zu ihr Entzündeten zu der Ahnung gött-
licher Lebensfülle emporreisst, hat R. in der neuen Auflage durch
den Bericht einer in Russland verbreiteten Sekte zu stützen gesucht
Wir brauchen nicht nach Russland zu gehen, Deutschland selbst
bietet uns Beispiele. So habe ich einst als junger Gymnasiast mit
eigenen Augen dem Treiben einer solchen Sekte zugesehen; sie
nannte sich die "Heilige Geige" und soll im mittleren Sachsen ziem-
lich verbreitet gewesen sein. In nur schwach erleuchtetem Zimmer
einer kleinen Stadt waren die Mitglieder der Sekte versammelt,
sangen und beteten. Da öffnete sich die Decke und herab kam
eine Geige. Alles geriet alsbald in Ekstase; Gesang, Gebet, eine
Art Reigen, alles ging bunt durcheinander, dass ich in einer Ge-
sellschaft von Wahnsinnigen zu sein wähnte. Mir sind diese Leute^
von denen ich mehrere als durchaus nüchterne und vernünftige
Menschen kannte, immer ein Rätsel gewesen. In der Erinnerung
an jenen Abend, der einen unauslöschlichen Eindruck auf mich
gemacht hat, habe ich bei Rohde den Abschnitt über den thraki-
schen Dionyskult gelesen und so aus eigner Anschauung nach-
gefühlt, was er aus den Zeugnissen der Alten zu begründen ge-
sucht hat.
Zum richtigen Verständnis, wie sich aus diesen ekstatischen
Tanzorgien des Dionyskultus der Unsterblichkeitsglaube entwickeln
konnte, uiusste vor allem festgestellt werden, wo dies geschehen
ist. Schon in der ersten Auflage hatte R. gezeigt, dass das nur
auf griechischem Boden hat vor sich gehen können. Allein hier
klaffte eine Lücke, weshalb ich z. Z. mich nicht von dem thraki-
schen Ursprünge des Unsterblichkeitsglaubens überzeugen mochte
(vgl. Anz. 7, 282). R. scheint dies sclbsl gefühlt zu haben, und so
hat er denn in der neuen Auflage den §5 (S. ^f)— 37) eingeschoben,
in dem er feststellt, bis zu welchem Umfange sich bei den Thrakern
aus jenen Tanzorgien eine mystische Religiosität ausbilden konnte.
"Über die Grenze ungewisser Ahnung, ein unstätes Aufleuchten wild-
erregter Empfindung einer nahe herandrängenden ühergewaltigcu
(Toistermacht werden wir hei dem aus halber Dumpfheit des Geistes
niemals ganz erwachten Volke der Thraker kaum hinausgeführt".
Ist so einerseits festgestellt, was von den Thrakern zu den Griechen
gekommen ist, und fassen wir andererseits griechischen Kult und
hellenisches Geistesleben ins Auge, so versteht man die Befruchtung
des thrakischen Keimes, die den Unsterblichkeitsglauben gezeitigt
hat. So ist durch das erweiterte Eingangskai)itel des 2. Bande>
Rohdes Entwicklung des griechischen Unsterblichkeitsglaubens auf
festerer Basis aufgeführt, als in der ersten Aullage.
Kb ist nicht zu zweifeln, dass in der neuen Gestalt Rohdes
Psvche auch neue Freunde erwerben wird. Das* Buch verdient sie,
wie wenige. Möchten es doch vor allem Leute lesen, bei denen
mythologische Arbeiten in Misskredit gekommen sind, aber auch
solche, die sich berechtigt wähnen, über mythologische Dinge zu
schreiben, ohne auch nur zu ahnen, was methodische, historische-
und j)hilulogische Forschung ist.
Leii)zig, E. Mogk.
Weise Charakteristik der lateinischen Sprache. 85
TVeise F. 0. Charakteristik der lateinischen Sprache. 2. Auflage.
Leipzig? Teubner 1899. IV und 172 S. 2,40 M.
Die erste Auflage .dieser Schrift, von welcher im Jahr 1896
^uch eine französische Übersetzung unter dem Titel "Les Carac-
t^res de la Langue Latine par F. Oscar Weise traduit de TAllemand
par Ferd. An^oine" (Paris, C. Klincksieck) erschienen ist, habe ich
im ersten Jahrgang dieses Anzeigers S. 120 f. einer Besprechung
unterzogen, welche über Plan und Anlage des Werkcliens entspre-
<:henden Aufschluss gibt. Die neue Auflage unterscheidet sich von
der ersten vornehmlich dadurch, dass zu den vier Kapiteln (Sprache
•und Volkscharakter, Sprache und Kulturentwicklung, die Sprache
der Dichter, die Sprache des Volkes) noch ein fünftes hinzugekommen
ist, welches "die klassische Sprache Cäsars und Ciceros" behandelt.
Die Charakteristik der Sprache dieser beiden Hauptvertreter des
Klassizismus erscheint mir im Ganzen zutreffend, und es muss der
dieses neue Kapitel als eine recht dankenswerte Zuthat bezeichnet
werden. Auch in den übrigen Kapiteln merkt man die bessernde
Hand des Verfassers an nicht wenigen Stellen, indem einerseits
insbesondere im 2. und 4. Kapitel eine zweckmässigere Gruppierung
^es Stoffes Platz gegriffen hat, andererseits manche seltsamen und
unhaltbaren Ansichten, die in der ersten Auflage ausgesprochen
waren, verschwunden und durch richtigere Ausführungen ersetzt
sind. Auch durch Vermehrung der sprachlichen Belege ist das Büch-
lein an manchen Stellen (man vgl. beispielsweise S. 98 die für "ty-
pisch gewordene, fest ausgeprägte Wendungen" angeführten
Beispiele mit S. 89 der ersten Auflage) entschieden verbessert wor-
den. Dagegen wäre dringend wünschenswert eine genauere Be-
rücksichtigung des Verhältnisses des Lateinischen zum Indogerma-
nischen, so besonders bei Besprechung der Verwandtschaftsnamen
-(S. 9) und der Personennamen (S. 22). Auch in etymologischer Hin-
sicht bedarf die Schrift noch einer gründlichen Revision. Dann
werden Ableitungen, wie sedtUus von sedere (S. 153 Anm. 1), iubere
= Mus Gclvai' (S. 155), inanis von 'in' und 'acna* (S. 14), adoria von
•"ador' (S. 14) und andere verschwinden. Auch Aussprüche, wie der
über die "Handhabung des Satztones" (S. 35) geben zu gerechten
Bedenken Anlass.
Innsbruck. Fr. Stolz.
Otto W. Nomina propria Latina oriunda a participiis perfecti. (Com-
mentatio ex supplemento vicesimo quarto annalium philologicorum
seorsum expressa, p. 745—932). 8^ Leipzig Teubner 1898. 5,60 M.
Nach einigen Vorbemerkungen über die Beschaffenheit der
partizipiellen Eigennamen geht der Verfasser zum eigentlichen
Zweck seines Buches, der Materialsammlung der in Frage kommen-
den Nomina propria, über. Dieselbe zerfällt in zwei Teile: 1. Par-
ticipia perfecti simplicia. 2. Nomina derivata, d. h. solche, in denen
Partizipialformen durch ein Suffix erweitert erscheinen, wie Accep-
iius neben Acceptus usw. Das Material ist fieissig und, wie es
scheint, vollständig zusammengetragen und bildet dadurch einen sehr
wertvollen Beitrag zur Kenntnis der lateinischen Namengebung.
Auf Vollständigkeit der Belegstellen ist dabei keine Rücksicht ge-
nommen. Leider hat der Verfasser die Namen rein alphabetisch
Angeordnet. Für die Methodik und Wissenschaftlichkeit des Werkes
Otio Noi
L {ii'opria Liktiuu oriunda a parüdpiix perfet
1
wUre es von erheblich ^'rÜBHerem Werttr gewesen, wenn das Mal«-
rial sowohl bei den einfach pArtixipialen wie bei deu abgeleiteten
Fovmen nach der Gestalt der Suffixe gegeben worden wUre (ätu»,
-ilu« UEW. cinerBeils, ■iW, -ianu^ usw. andererseits). Soweit möglich,
hat sich der Verfatiser bemiilit, der räumlichen und zeillicben Ver-
breitung der einzelnen Eigennamen naebzugehen. Wtin sehenswert
wäre wiederum gewesen, solche Untersuchungen auch bei den ein-
zelnen Suffisklnssen aazuatellen; man würde dadurch über die
sum Teil rein aualogiticbe Ausdehnung dieser Eigennameubildungeii
orientiert werden. — Die erklHrendeu Bemerkungen xa den einzel-
nen Beispielen sind von verBcbiedenem Wert. — Bei der Sammlung
ist der ^''erlaBser öfters Über das Ziel hinnusgeschosHen. So zählt
er unter den "partizipi eilen" Eigennamen, abgesehen von vielem
Unsicheren, auch Formen wie JFacelus, Forlvttus, Lihertus, Ctunttr-
tiuB, Lucritius usw. auf. Wenn schon einmal überhaupt alle ad-
jeküvischen <o-Bildungen herangezogen werden sollten, warum fehlt
dann die Sippe von iustus (luslinun usw.), FautdVH, FauKtalu», Mo-
desiinun usw.? — Den Hauptuutzen aus dem Buche wird naturgc-
mäss die Stanimbildungalehre ziehen. Von lautlich bemerkeni-
werteu Formen seien erwähnt Extericnlus S. 767, Sedlatn» 843 und
die verschiedenen Dissimilationsprodukte von Restitatus nnd des«en
Sippe, S. 836 ff., 917 f. — Daas der Verfasser sp räch wissen sc haftl ich
nicht immer auf ganz sicheren Füssen steht, zeigt sich z. ß, gele-
gentlich der Besprechung der Eigennamen Cemiliun, Ceiretantit,
Ceasilius |S. 872 f,).
Leipzig. Ferdinand So
Schwab J, Nomina propria Latlna oriunda a participiis praes«
uri passivi, t^turi actjvi quae quando qtioniodo
. supplemento vicesimo quarto »nniiUaDt
aciiv
(C.
expressn. S. 637— 742). 8». Leipzig Teub-
sint.
philologicoruni
ner 189«. .H,20 M,
Auch diese Arbeit enthält, gleich der vorigen, eine Heissige
Material Sammlung; sie eählt vier Kapitel: L Participia praesentis ac-
tivi. A. Nomina in -enn, -enliuK. B. Nomina in -atu, -antius. IL
pan. fut. paas. III. part. ful. act. IV. Weiterbildungen: A. Deminu-
liva. B. Suff, -io, -ioniii. C. -iamts. D. -inus. E. -osuk. F. -inianus. G.
-ilianus. fl. -ilio. — Man sieht aus dieser Disposition, dass der gegen
das oben besprochene Werk erhobene Vorwurf der unniethodiscben
Anordnung der vorliegenden Abhandlung gegenüber nicht geltend
gemacht werden kann. Nur wäre es angebracht gewesen, dass^
auch die Nomina auf -entiu«, -atiUus in Kapitel IV aufgenommen
worden würeu. Dass dies nicht geschehen ist, beruht wohl auf der
Anschauung des Verfassers, ditös Formen vie JFlorentia die Feniiuina
der Partizipia seien (S. 640), und dass erst von diesen Feminiuen
wiederum die Maskulina auf ■eittiiui, -atttiux geschaffen worden seieu.
Der erste Punkt erledigt sieh von seihst: Flortntia. PoUeniia usw.
sind nicht die Feminina zu Maskulinen auf -ens, sondern Weiter-
bildungen mit Sufßx iä- ebensogut wie fiagrantia "Glut" usw.
Wenn später vielleicht wirklich in Personennamen Fornten wie Crw
centia als Feminina zu Crescews empfanden wurden, so beweist
nichts für diii ürsprüiigllchkeit eines solchen Verhältnisses.
die aweite Annahme erscheint mir unnötig: So gut wie %u Aa
1
Schwab Nomina propria. — Horton- Shmith The Etablishment. 87
ein Acceptius gebildet werden konnte, war auch Amantius neben
Amans möglich, die Herleitung des letzteren Namens von der Stadt
Atnantia (S. 641) halte ich für verfehlt; das Verhältnis von Crescens,
CrescentiuSf Crescentia S. 653 ff. auf afrikanischen Inschriften kann
ich nicht als zwingenden Beweis ftir Schwabs Annahme ansehen.
Übrigens ist die erwähnte falsche Einreihung der Weiterbildungen
mit -|o-, -jä- durch die übersichtlichen Tabellen S. 734 ff. wieder gut
gemacht. — Der Verfasser gibt in den einzelnen Kapiteln zum Teil
recht gute Vorbemerkungen über Heimat, Ursprung und Geschichte
der verschiedenen Eigennamenklassen. Hervorhebung verdient z. B.
die analo^ische Ausbreitung des Suffixes -entius in Formen wie
Ilerctäentuis, Magnentius^ Niceniivs (S. 644). — Auf S. 645 f. wird
von der passiven Bedeutung präsentischer Partizipien wie amans
gebandelt und gerade aus den Eigennamen Material zusammenge-
bracht, wobei interessante Parallelformen von entsprechenden part.
Praet. und bedeutungsverwandte griechische Eigennamen mit Glück
benutzt werden. Hier hätte Brugmann IF. 5, 117 nicht unerwähnt
bleiben dürfen. — Ungenügend erscheint mir, was auf S. 703 von
der aktivischen Bedeutung der participia necessitatis ge-
sagt wird, worüber bei andrer Gelegenheit. Bei den Eigennamen
wurde -ndo- vielleicht zum teil ganz sinnlos von andern Eigen-
namen aus übertragen und ging so seiner .speziellen Bedeutung
verlustig; vgl. Schwab S. 644 f. über -eniius. In Adolenda usw.
(Schwab S. 699) war der ursprüngliche Sinn jedenfalls nicht akti-
visch. (Vgl. Stolz A. L. L. 10, 158 ff.). — Von beachtenswerten Ein-
zelheiten seien noch die Formen Ceresces = Crescens S. 653 und
Proficentius S. 676 erwähnt.
Leipzig. Ferdinand Sommer.
Horton -Smith Lionel The Establishment and F^xtension of the
Law of Thurneysen and Havet. Cambridge Macmillan and Bowes
1899. VTI u. 108 S.
Die Schrift besteht aus dem Abdruck eines gleichbetitelten
AulVatzes im Amer. Journ. of Philol. 16, 444-467, 17, 172—196 und
eines Aufsalzes über lat. Juni haud haut griech. ou ebd. 18, 43—61.
Dazu kommen 10 Seiten Addenda et Corrigenda und 2 Seiten Tm-
portant Postscript (Bericht über Büchelers fove = /Vire, Rh. M. 52,
391 f.), endlich ein auslührliches Wortverzeichnis. Der fleissig pub-
lizierende Verf. sucht in dieser Schrift unter eingehender Bespre-
chung aller Beispiele folgende Fassung des Thurneysen-Havetschen
Gesetzes zu erweisen: lat. ov öv wurde in Rom um 'iOOv. Chr. (etwas
später in den unteren Klassen) zu av äv. Die zeitliche Fixierung
um 200 entnimmt H. mit Lindsay dem span. cveva port. cora (anders
darüber Meyer-Lübke 1, 231) und findet sie bestätigt durch das von
Bücheier vor den 2. punischen Krieg gesetzte inschriftliche fove.
Durch die Annahme, die osk.-umbr. Dialekte hätten den Lautwandel
nicht mitgemacht, gewinnt H. die Möglichkeit, ovis bovis als sabi-
nisch oder latinisch vom "platten Lande" (wie bos schon wegen b)
zu erklären (mit King and Cookson). Jedenfalls ist aber die An-
nahme, dass lat. avis auf *oin8, osk.-umbr. avi- hingegen auf urit.
atn- zurückgehe, unwahrscheinlich. Jenes urlat. *ovts soll durch
vulgärl. Ovum 'Ei' erwiesen werden. Auf dies angebliche övum
kommt H. immer von Neuem zu sprechen und knüpft allerlei Sub-
tilitäten daran, ohne, wie es scheint, die viel näherliegende Erklä-
88 Rheden Etymologische Beiträg^e zum italienischen Wörterbuch.
rung" von span. huevo usw. boi Meyer -Lübkc 1, 132 zu kennen.
Dass Ovum nicht zu ävum wurde, ist aus einer älteren Stufe öfDom
= öviqm vollkommen erklärlich. — S. 28 ff. ist H. geneigt, Über-
gang von vo- zu va- anzuerkennen in canis (*cii07iis\ sardare (**|f-
ord')t suäsum {^suors) und vallia. vacare wird trotzdem nicht aas
vocare erklärt, sondern umgekehrt. — S. 34 ist eine hübsehe Ver-
muthung von Lindsay erwähnt: der Untergang der ö-Konjugation
(aegi^ötus) sei durch den Übergang des Perf. -övi in -ävi herbeige-
führt worden. — ■ S. 41 ff. dehnt H. den Wandel zu a auch auf diph-
thongisches ou aus, das zu ati und teilweise weiter zu ü, ö geworden
sei. Woher aber diese Verschiedenheit {fraus usw., aber nüduSj
rüdus usw.) rühre, lässt H. unerörtert.
Die Schrift ist mit Fleiss und Sachkenntnis geschrieben, er-
müdet aber manchmal durch Wiederholungen und Weitschweifigkeit.
Fürstenau i. d. Schweiz. Robert v. Planta.
Rheden P. Etymologische Ueiträge zum italienischen Wörterbuch.
(XXni. Jahresbericht des fürstbischötlichen Privat -Gymnasiums
am Seminarium Vicentinum in Brixen). Brixen, Verl. des fürst-
bischöfl. Vicentinums 1898. 39 S. 8^ 50 h.
T. Germanisch ai = it. a würde genau zur Entwickelung von
roman. ai zu it. a stimmen (vgl. Meyer-Lübke Rom. Gr. 1, § 295):
afro = ahd. eivaVy dstio, aschio = got. haifst-Sy biacca = bleih,
gala = geily guado = iveit^ guari = weigiro, rada = Rhede, razza
= reiza^ zana = zeina^).
II. Ital. 6- soll aus germanischem Dental entstanden sein und
zw. a) aus got. pw-, b) got. ]}{r), c) got. rfwr-, d) viel!, aus germ. /)m-,
schliesslich e) aus got. iic-. Fälle: a) hagno II; barare, baraonda,
barullare, hrülare I u. II, brogliare, hroUo, bindlo^ burare (?), burat-
tare {?), (frullare)\ basire\ bastir {prov.); berciare^bircio. — h)birba,
bricconcy briga, -are^ brio. — c) ubbagliare, bagliore, barlume, bar-
luzzo. — d) buco{?)\ burare {?). — e) tibbia. Bei allen diesen Fällen
soll b das Resultat sein, bei p in a), b), d) Übergang von /) in f
zu &, sonst in c) und d) w zu b wegen des vorhergehenden Den-
tals, die Fälle sind der Mehrzahl nach nicht sehr durchsichtig, für
b' neben gu- ist bhidolo [neben guindolo] nicht zu brauchen, da es
1) Doch sind Ärrigo, sfavibecco^ sfatnberga als vortonig ge-
sondert aufzuführen; inasfro aus maestro entspricht den it. Laut-
gesetzen ganz wohl, es erklärt sich wie monna, sor usw. (Meyer-L.
1, § 634); guadagnare von ga-alginön ist zu einem bestimmten Falle
von ga- zu gua- zu stellen, -inön zu -gnare ist nicht erklärt, denn
was ist das "Normalmass" eines Wortes (S. 30)? guinzaglio doch
wohl eher zu xcinden mit -sal (umgedeutet -aglio) als zu *ivint-8eü,
wenn es nicht doch vinciglio mit verändertem Suffix und germ. An-
laut nach winden ist. Schliesslich pazzo aus paidion ist lautlich
nicht erklärt, zz ist nur aus ty möglich, paiiens als Euphemismus
denkbar, lautlich genau als Nominativ, also zu Arch. yrlott. it. 13,
280 ff.; paggio ist lautgesetzlich aus *padium, frz. ist es nicht mög-
lich, gage ist ein viel späteres Wort des German., in dem dg ganz
anders behandelt wurde (zu S. '>4).
Rheden Etymologische Beiträge zum italienischen Wörterbuch. 89
aus abbinff' gewonnen ist, welches einem südl. Dialekt angehört.
Einzelnheiten wären viele zu besprechen M.
III. Ital. b- aus f- gegen Meyer-Lübke It. Gr. § 169. Der Fälle
«ind wenige und diese wenigen sind sehr fragliche Belege. 1. berza
(es ist veraltet und heisst nach Petrocchi nur 'Unterschenkel') soll
-zu ahd. fersana gehören. 2. bidccolo nicht zu fiocco wie Petrocchi
und Verf. nach Flechia meinen, es ist Metathese aus dem Grund-
worte für bozzolo^ welches selbst wieder mit bozza zusammengehört.
3. börro, borrone neben welchem burrone soll zu förra gehören (?).
h, brano 'Fetzen' hat mit frana 'Bergsturz' von voragine keinen
Zusammenhang. 5. brivido zu frigidu zu stellen (also neben freddo,
No. 32) ist schwer; ist onomatopoietische Bildung ganz ausgeschlos-
sen? 6. buio neben fuio (das übrigens bei Petrocchi zuerst 'ladro*
heisst) ist gänzlich unklar; buro (veraltet) steht daneben, furo wird
auch angeführt und fusctis kann im Anlaut beeinflusst haben. [(7.)
broiizo von fundium mit rätselhaftem -r- gibt der Verfasser selbst
auf, No. 35]. (8.) bravo (No. 24) von freidi abzuleiten, ist sehr ge-
wagt. Was liegt gegen barbaru vor? Übrigens Absatz 3 brado
als ältere, südl. Formen auszugeben ist der Sachverhalt, wenn die
Wörter zusammengehören, gerade auf den Kopf gestellt, die d-For-
men {padiglione usw.) sind jünger, die ir-Formen gehören dem Süden
(Neapel).
IV. Einzelne Etymologien. Bambino zu bimus, der Bedeu-
tungswandel ist nicht erklärt; bisca postverbal zu biscazzare aus
*biscazzön (zu scaz), -azzare ist keine so häufige Bildung und in-
tensiv; der Bedeutungsübergang nebst dem frz. bisque sind unbe-
rücksichtigt : bramare aus per-amare^ br wie in brivilegio, dazu noch
brustolare^ bru[s]ciare, brugna, brina (Meyer-Lübke It. Gr., § 163),
brob[br]io von opprobriuni zeigen ebenso wie sbruffare die Möglich-
1) a) bagno von twanc^ -ango wäre durch gewöhnlicheres (?>
-agno ersetzt w^orden, [wenn es, frz. bannir gleich, von germ. bann-
kommt, so i^t es -iare-Ableitung, aus der ein postverbales Subst.
gebildet worden wäre; das Verb bei Petrocchi (veraltet)] doch ist
agnolo aus anyelu ganz anders geartet, figno erklärt sich aus
figniamo; brillare I kann auch ohne "geistreiche Spielerei" von ebrio-
lare lautgesetzlich sein, wie quietäre frz. zu quitter, woraus quitte
postverbal; brillare II von briculare mit Zambaldi abzuleiten, hin-
dert nichts, vgl. briccicaj briciola nsw. zubrechen', weirum brogliarCf
frz. brouiller nicht auf brodeln zurückgeht? Abgesehen davon, ob
brull[are] von brut (Kluge, sv. Brosam) oder von blaut- herkommt,
ist S. 27, "das ja schon in it. bidfto vorlag", im Widerspruch mit
No. 31 beispielsweise, wo Doubletten angenommen werden. Allge-
mein ist zu a) zu bemerken, dass wir Svarabhakti bei tw- erwarten
würden, b) birbante (S. 16) kann erst räch brigante gebildet sein,
wodurch jeder Schluss fällt, brio aus ebrioso zu abstrahieren (D'O-
vidio in Gröbers Grundriss 1, 508, §*) ist so übel nicht, im Span, ist
es dann genau so. c) abbagliare kann zu altfrz baillier gehören,
"^in die Gewalt bekommen", (wegen ad- vgl. asservivj asseoir, assu-
jettir usw.), barlume hat das r nicht genug erklärt, die Bemerkung
No. 12, um der Silbe ba- mehr Selbständigkeit und Halt zu geben,
versteht man nicht, ebenso barluzzo. d) Die Bedeutung von ubbia
<No. 52) steht von germ. ttü¥ho weit ab, die Bemerkung (ibid.), w-
dient dazu, "das Wort voller zu machen, ihm den Normalumfang
zu geben**, usw. widerspricht via, zia, rio, frz. i?i«, pie usw. Zu
baleno ist Nigras Ableitung von albus (Arch. glott. it.) zu halten.
90 Sandfeld-Jensen Rumsenske Studier I.
keit einer solchen Ableitung:; brenna von urenna neben regelrech-
tem guaragno; gualdana aus '*cavallitanay dessen Ableitung von
einem Subst. m\i -Xto auffällt, der Anlaut ist auch schwer zu erklä-
ren; guidare aus co-itare^ was Entlehnung des frz. guider voraus-
setzt; rihadire = re-pavire, frz. river ist dabei entfernt; shaire zu
pavere, eher doch ^ frz. eshahir, vgl. Littr^, zu bad-are*^ sguaiata
= frz. degag^ zu got. wadi.
Brunn (Mähren). J. Subak.
Sandfeld-Jensen Kr. Ruma^nske Studier I. Infinitiv og Udtrykkene
derfor i Rumiensk og Balkansprogene. Kopenhagen, Siegfr. Mi-
chaeisens Nachfolger 1900. 8» 136 S.
Eine historisch - vergleichende Untersuchung der speziellen
Übereinstimmungen der verschiedenen nicht mit einander verwandten
Sprachen der Baikanhalbinsel ist das Endziel des Verfassers. Vor-
läufig fängt er mit einer Untersuchung über den Verlust des In-
finitivs an, was deshalb eine glückliche Wahl ist, weil man hier
noch am ehesten historische Anhalte zu finden hoffen kann. Es ist
ferner durchaus methodisch, dass der Verfasser nicht auf die blosse
Thatsache des Verlustes, sondern auf die Art und Weise, wie der
Infinitiv verdrängt worden ist, das Hauptgewicht legt. Das Buch
behandelt daher im wesentlichen die verschiedenen Ausdruckswei-
sen, die den Infinitiv verdrängt haben; vom Verfasser wird dies
im Haupttitel und in den Überschriften der einzelnen Abschnitte
wenig glücklich durch "Ausdrücke für den Infinitiv*' bezeichnet^,
was ihn glücklicherweise nur in geringem Umfange dazu verführt,
statt des historischen Begriffes des Infinitivs der verschiedeneu
Stammsprachen mit einem blassen sprachphilosophischen Begriff
des Infinitivs im allgemeinen zu rechnen. Dem historischen Ge-
sichtspunkte wird dadurch Genüge gethan, dass der Verfasser immer
zuerst den thatsächlichen Gebrauch des Infinitivs im heutigen Ru-
mänisch darstellt und dann erst die damit gleichwertigen Ausdrucks-
weisen behandelt; lür diese letzteren werden dann Parallelen aus^
dem Albanesischen, Bulgarischen, Serbischen und Griechischen bei-
gebracht. Dies Verfahren scheint den gewühlten Titel "Rumänische
Studien" zu rechtfertigen; in der That ist er jedoch nur subjektiv,
nicht objektiv richtig; subjektiv richtig ist er, weil der Verfasser
thatsächlich dem Rumänischen das meiste Interesse entgegenbringt;
objektiv falsch ist der Titel aber, weil die ganze Frage ebenso sehr
die übrigen Sprachen angeht, die daher aiit ebenso viel Interesse
hätten Anspruch machen können. Namentlich würe überall nicht
nur nachzuweisen gewesen, dass das Albanesische, Bulgari."-che, Ser-
bische, Griechische Ausdrucksweisen besitzen, die mit denjenigen
parallel sind, welche im Rumänischen den Infinitiv verdrängt haben,
sondern zugleich hätte untersucht werden sollen, in welchem Um-
fange diese Ausdrucksweisen auch in diesen Sprachen einen ur-
sprünglichen Infinitiv verdrängt haben.
Es muss dem Verf. zu besonderem Verdienste gerechnet wer-
den, dass er immer selbst sein ganzes Material auf Grund volks-
tümlicher Texte herbeigeschafft hat, so dass schon der in seinem
Buche enthaltene Beitrag zur deskriptiven Syntax der Balkanspra-
chen, besonders des Rumänischen eine bedeutende Leistung ist.
Die deskriptive Sprachuntersuchuiig ist aber immer nur eine Vor-
Satidfeld-.leiiecu Kuniä'Uat<c ScuiHei' I.
ru
arbeit für die Sprach wisse lisch alt, und wenn man auch einen Sprach-
forscher ficharf raffen müsste, wenn er iinlUhi); oder zu l'aul wKre,
sich dieser unschätzbaren Vorarbeit, wn sie nüli<; ist, zu unterziehen,
80 bekommt er jedoch nur dadurch Anspruch auf den Namen eines
Sprachforschers, wenn er einem höheren Ziele zustrebt. Dies hfihere
ziel ist für den Verf. der Nachweis der Sprache, von der der Ver-
lust des Inflnitivs auspeifaugen ist. Mit dieser Ftagß beschftrtigt
sich der Schlussabschnitt des Ruches. Der Verf. verwirft die An-
sichten einiger Gelehrten, wonach der Verlust des Inflnitivs von
einer jetzt ansäest orbenen Sprache oder vom Albanesischen oder
(f»r vom Slaviechen ausjfepangen wäre, und schliesst sich der An-
sicht an, wonach der Ausgangspunkt vielmehr im Griechischen zu
Bachen ist. Als Urheber dieser Ansicht nennt er G. Meyer Neu-
Sriechische Studien 3, 2(1894). Weshalb er aber ganz verschweigt,
Hss dieselbe Ansicht von mir (MSns 189D) in einer gegen den Verf.
gerichteten Erörterung (Nordisl; Tidsskrift for Filologi, 3. rffikke, 4,
&6 und 60) vertreten wurde., bleibt mir unklar. Als Beweis für die,se
Ansicht benutzt er (wie auch Ref. a. m. O.) die Thatsache, dass die
Ausdrucks weise, die den Inßnitiv verdrHngt hat. Im QriechischeD
in eine sehr alle Zeit zurückgeht: er erwähnt auch in etwas un-
Idareu Worten (S. 109 unten), dasa im Griechischen sekundär ge-
wisse lautliche Eigentümlichkeiten mit zum Abkommen der Inflnitiv-
konstruktionon haben beitragen können. Er beruft sich weiterhin
«uf die Verwendung von grieeh. t'* vd für vd, womit alb. AV le,
bulg. za da und rum. ca sä (für li, da, gä) verglichen wird; der
etwas verdunkelte Parallelismus der verschiedenen Sprachen wird
klar gemacht und das relativ hohe Alter der Erscheinung im Grie-
chischen historisch festgestellt. Was die darauf folgende Erörterung
aber die Gebrauchssphliren des Indikativs und Konjunktivs in den
Balh ansprachen zur Entijcheiduug der Frage nach dem Auxgan^-
pankt des VerluKta des Infinitivs beiirw;;en soll, ist mir unklar. Von
S. 118 an sucht der Verf. seine Ansiclil durch den Nachweis zu
stützen, dass das Griechische überhaupt iiuf die Nachbarsprachen
einen sehr grossen Einfluss ausgeübt hat. Die Beispiele, die er
dafür beibringt, sind aber auin grosse« Teile sehr wenig schlagend;
er weist olt nur die Übereinsiimmung der verschiedenen Sprachen
nach ohne die Priorität des Griechischen evident zn macheu; der
Verf. gesteht die« selbst H^4S. I2S. Aber nur die evidenteu Fälle,
wo das Griechische der Ausgangspunkt einer jetzt tür mehrere Bal-
kanspracheu geineinHamc Eigenlümliclikeit gewesen ist, waren hier
zu benutzen ■gewesen; das übrige wSj'e in die Einleitung zu ver-
weisen gewesen, wii der Verf. eiue Übersicht über gemeinsame
Eigentümlichkeiten der Balkansprachen gibt. Wäre der Verfasser
seinem eigenen Plan ireugeblieben, wonach die deskriptive Vor-
führung des .Materials in der Einleitung und im Uauptteile de»
Buches ihren Platz hätte, während der Schlussabschnitt nur den
Scblnssfol gerungen gewidmet sein sollte, so wäre dieser Abschnitt
nicht nur viel kürzer, sondern auch viel klarer und überzeugender
SewordeL. Neben dem vom Verfasser benutzten chronologischen
eweise tür die Priorität dea Griechischen in der Verdrängung Aq»
Infinitivs und neben dem Analügiebeweis, der sich aus der Priorität
des Griechischen in anderen Fallen ergeben soll, hätte er noch auf
den indirekten Beweis mehr Gewicht legen sollen: der Ausgangs-
punkt kann nicht anderewo gesucht werden. Denn da die Ansicht
Gasters, wonach hier F.influss der nichtindogermanischen Bulgaren
vorliegen sollte, ebenso wie dei' Verweis Fallmerayers auf das Sla-
Tieche, einlach alleu sprachgeschichilichen Thatsachen ins Gesicht
92 Sandfeld-Jensen Rumaeusko Studier L
schlägt, so bleibt nur die Wahl zwischen dem Albanesischen und
dem Griechischen. Dass aber sehr gewichtige Gründe gegen das
Albanesische sprechen, hätte der Verfasser nachweisen können.
Denn während die Verdrängung des Infinitivs sich auf alle grie-
chischen Dialekte erstreckt (vgl. Sandfeld-Jensen S. 104—105), ist
der Infinitiv in der einen Hälfte des Albanesischen noch immer in
voller Verwendung. Ich habe dies Nordisk Tidsskrift for Filologi,
S. raekke, IV S. 56 ausgesprochen, und Sandfeld-Jensen stimmt mir
offenbar bei, indem er S. 78 bemerkt, dass Infinitive wie gegisch
me pdftune 'zu haben' ganz ebenso wie die Infinitive anderer Spra-
chen fungieren, wozu er S. 132 noch hinzufügt, dass seiner Ansicht
nach das Albanesische niemals einen anderen Infinitiv gehabt hat
Aber die Sache wäre viel ausführlicher zu besprechen gewesen,
denn sonst wird die alte unbegründete Ansicht, dem Albanesischen
fehle der Infinitiv, immer wiederkehren. Der äussere Anlass zu
dieser Ansicht ist der Umstand, dass der Infinitiv formell mit dem
Part. Perf. Pass. (päsune 'gehabt') identisch ist. Aber wenn man
deshalb den Infinitiv nicht als echten Infinitiv bezeichnen will, so
muss man sich vor allem klar machen, wie man sich die Entwick-
lung denkt. Hat das Albanesische ursprünglich einen echten Infi-
nitiv gehabt und dann später denselben durch ein aus dem Part.
Perf. Pass. entstandenes Verbalsubstantiv (vgl. etwa lat. factum)
ersetzt? Dass hiesse doch nur den einen Infinitiv durch einen an-
dern ersetzen, das eine Verbalsubstantiv in der infinitivischen Ver-
wendung mit einem anderen vertauschen, und hätte mit einem Ver-
lust des Infinitivs nicht mehr zu thun als etwa der Wechsel zwischen
d|Liuv^)Li€vai und dfiiuvciv im Griechischen. Mehr oder weniger bewusst
denkt man sich aber gewöhnlich offenbar, dass der alb. Infinitiv
zunächst völlig verloren gegangen und erst später durch das Par-
tizipium ersetzt worden sei. Was soll dann aber zwischen dem
ursprünglichen und dein jetzigen Zustande gelegen haben? Etwa
eine Umschreibung wie im Südalbanesischen {mund te ketf, 'er kann,
dass er habe' statt 'er kann haben')? Diese sonderbare Ansicht
könnte man etwa dadurch stützen wollen, dass der g;e^. Infinitiv
eine weitere Verwendung hat als die Infinitive mancher anderen
Sprachen, und zwar so, dass er immer da verwendet wird, wo das
Südalbanesische eine Umschreibung mit te verwendet, wie Sandfeld-
Jensen S. 78 nachweist; so ersetzt er z. B. einen Bedingungssatz
und kommt in Absicht.ssätzen und anderen Sätzen, die etwas nur
Vorgestelltes ausdrücken, nach der Konjunktion vi 'dass' vor. Aber
Sandfeld-Jensen bemerkt treffend, dass der Infinitiv auch im Slavi-
schen einen Bedingungssatz ersetzt, und diese Spur lässt sich weiter
verfolgen; die Verwunderung über die weitgehende Verwendung:
des gegischen Infinitivs lässt sich durch slnvische Parallelen voll-
kommen beschwichtigen (vgl. z. B. russ. ctoby hytb statt abg. da
hl hi/lh^ russ. jezeli skazath und andere Beispiele für den Infinitiv
nach Konjunktionen). Ein Grund, das ehemalige Vorhandensein
der südalbanesischen Umschreibung mit ie für das Nord albanesische
vorauszusetzen, liegt also nicht vor. Dagegen wird der nordalb.
Infinitiv auch im Südalbanesischen existiert haben, wie aus Resten
wie pa pdsurF 'ohne zu haben' hervorgeht; ob aber diesem Infinitiv
die Präposition ine im Südalbanesischen vorausging, ist zweifelhalt.
Zwar sagt man südalb. do me. Oftif 'das heisst' (Sandt'eld-J. S. 78);
wenn das ebenso wie deutsch icill sagen, dänisch det vil mige 'das
heisst', altgriech. ^8^\€i Xcreiv Herodot 4, 131 aufzufassen ist, was
doch wohl das wahrscheinlichste ist (kaum etwa 'Mas will (= d. h.)
mit Sagen"), so ist die Redensart aus dem jetzigen Südalb. nicht
Sandfeld-Jensen Rumseuske Studier I. 93
erklärbar. Mit Unrecht sieht Sandfeld-J. S. 78 hierin den Keim
des nordalb. Infinitivs; die Redensart Hesse sich vielmehr als Rest
eines Zustandes auffassen, wo der Iniinitiv mit me im Südalb. ganz
ebenso wie im Nordalb. verwendet wurde. Sicher ist das aber nicht,
weil die Redensart do me ^sne im Südalb. auf Entlehnung aus dem
Nordalb. beruhen kann. Die formelle Identität des nach diesen
Erörterungen als gemeinalbanesisch anzuerkennenden Infinitivs mit
dem Part. Perf. Pass. kann sehr gut sekundär sein. Denn Suffixe,
deren wesentlichster Bestandteil ein -n- oder -m- ist, werden be-
kanntlich in den idg. Sprachen ebenso gut zur Bildung von Infini-
tiven wie von Partizipien verwendet. Die Identität des Infinitivs
mit dem Partizipium war deshalb im Alb. ursprünglich vielleicht
nicht inniger als die Identität von d. Infin. geschehen und Part.
geschehen. Für diese Auffassung spricht wohl auch der Umstand,
dass die Nachbarsprache des Albanesischen, das Griechische, gleich-
falls im Infinitiv -n- und -m-Suffixe verwendet.
Ich hätte demnach in dem Schlussabschuitt des Buches stren-
gere Ordnung und schärfere Beweisführung gewünscht. Eine stren-
gere Ordnung wäre auch für die Einleitung zu wünschen gewesen.
Die dort aufgezählten Übereinstimmungen der verschiedenen Bal-
kansprachen werden in so bunter Unordnung durcheinander ge-
worfen, dass die Paragrapheneinteilung überhaupt keinen Sinn hat.
Der Verf. hätte sich bemühen sollen uns zu zeigen, nicht wie ahn-
lich die Sprachen unter sich sind, sondern wie ähnlich sie gewor-
den sind; dann hätte sich ein Einteilungsprinzip von selbst geboten.
Sogar im Hauptteil des Buches fehlt bisweilen die strenge Ordnung.
Der Verf. liebt es, nach der Aufzählung einer Reihe von stark be-
legten Kategorien in einem abschliessenden Paragraphen ganz hete-
rogene Sachen zusammenzuwerfen ohne irgend einen Versuch, sie
ordentlich zu rubrizieren (so in § 46, 61, 92, 93; auch in § 57 wer-
den zwei ganz verschiedene Sachen zusammengeworfen). In § 44
S. 59 wird die Frage aufgeworfen, ob serb. gde in einem bestimm-
ten Falle als Pronomen ('welcher*) oder Adverbium fwo') aufzu-
fas.sen ist; das entscheidende Argument wird aber nicht hier oder
in einem Nachtrage hierzu angegeben, sondern wird § 123 S. 128 in
einem ganz anderen Zusammenhang versteckt. Zweimal zitiert der
Verf. das sonst nicht berücksichtigte Slo venisch, einmal S. 119^ um
zu konstatieren, dass es nichts vergleichbares bietet, was ziemlich
überflüssig sein dürfte, und ferner S. 44, wo er als slovenische
Eigentümlichkeit etwas anführt, was in der That gemeinsiavisch
ist, vgl. Miklosich Vergl. Gramm. 4, 858: ''Der finale Infinitiv ist
dort, wo er nicht an die Stelle des Supinum getreten, unslavisch".
Einige, übrigens nicht zahlreiche Versehen habe ich im Buche be-
merkt, namentlich im alb. Teil; da sie aber für den Gang der Un-
tersuchung unwesentlich sind, übergehe ich sie. Vielleicht muss
aber der Leser ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht werden,
dass S. 26 das letzte bulgarische Beispiel zu streichen ist.
Erst durch das von Sandfeld-Jensen zuwegegebrachte Mate-
rial ist die wissenschaftliche Untersuchung des Infinitivproblems
der Balkansprachen in vollem Umfange ermöglicht worden; zugleich
dürfte die von ihm gebilligte Lösung die endgültige sein.
Kopenhagen. Holger Pedersen.
"94 Sarauw Irske Studier.
Sarauw Chr. Irske Studier. Kopenhagen Schubothe 1900. 144 S.
Das Buch enthält 1) eine Abhandlung über lateinische Lehn-
wörter im TrLschen; 2) eine in mehrere Abteilungen zerfallende Unter-
suchung über Verbalwurzeln und ihre Komposition mit Präpo-
sitionen; 3) ''Emendationes explicationes glossaruni aliquot Hibemi-
carum." Der unter 3) genannte Anhang ist lateinisch, sonst ist das
Buch als Habilitationsschrift dänisch geschrieben.
Die ganze Arbeit zeugt gleichmässig von Scharfsinn und
sicherer Methode; die Abteilungen 1) und 3) können aber an Be-
deutung und Interesse mit 2) nicht wetteifern.
Die erste Abhandlung hat als Ausgangspunkt das irische c
und s für lat. p und f genommen. Was Sarauw lehrt, ist unend-
lich viel besser als die hierauf bezüglichen Erörterungen von Güter-
bock; dass Sarauws Ansicht über c zum Teil nur als eine zeitge-
mässere Fassung der von Güterbock Lehnwörter S. 91 mit Unrecht
bekämpften Ansicht von Windisch ist, gerät ihr natürlich nur zur Em-
pfehlung. Mit grosser Feinheit wird eine Reihe von Merkmalen für
die Chronologie der Lehnwörter ausfindig gemacht. Ich bemerke
zu S. 10, dass es nicht möglich ist, dem im Wb. viermal vorkom-
menden pennit ein aus nd entstandenes nn zuzuschreiben, wie es
Sarauw thut; denn ursprüngliches nd ])leibt im Wb. (vgl. Ref. As-
pirationen i Irsk S. 108 und 110); pennit ist mit cymr. penyd direkt
zu identifizieren, wenn auch der Grund dor Doppelung unsicher
bleibt. Das irische s für f erklärt S. mit Hilfe der Mutationsregehi;
mit einer kleinen von Vilh. Thomsen herrührenden Änderung lautet
seine Ansicht so : die Iren haben das fremde f mit hw (wie p mit q)
gegeben; dies hiv wurde als lenierte Form aufgefasst und dazu
ausserhalb der Lenierung ein sw geschaffen; hw und sw wurde
später zu f und s. Diese Vermutung ist sehr ansprechend, wenn
auch S. bei den betreffenden Wörtern {süist usw.) keine lenierte
Form mit f (wie fiur neben siur) nachweisen kann; zu tadeln ist
S. aber, weil er S. 19 behauptet, die Mutation s : / sei schon zur Zeit
der ältesten Quellen im Absterben. Das ist im allerhöchsten Grade
unwahrscheinlich; nur wurde f wie h mit .v bezeichnet; tostm im
Ml. kann natürlich nur als fofiinn gelesen werden (so ist Asp.i Irsk
S. 00 zu korrigieren, wo ich ausserdem das Fut. sec. dusesdinn nicht
hätte anführen sollen). Die, ich besinne mich nicht wo, vorgetra-
gene Vermutung, altn. pitstr sei aus ir. sttist entlehnt, verträgt sich
mit S.s Ansicht ebenso wenig wie mit der Schuchardtschen.
Die zweite Abhandlung ist aus einer mehrjährigen Bestrebung
des Verfs., sämtliche altirischc Verba paradigmatisch anzuordnen,
hervorgegangen. Durch diese Bestrebung hat Sarauw nicht nur
ein Verzeichnis der "Radices linguae Hibernicae" im Manuskript
hergestellt (hoffentlich wird er es bald herausgeben), sondern er ist
zugleich darauf geführt worden, die Bedeutung der Partikel ro,
den Parallelismus zwischen ro und co7«-, ad-^ ess-, den Parallelismus
der ro-Formen mit docoid, incuaidj ddcuaid usw. zu erkennen. Hier-
mit betreten wir ein Gebiet, das neuerdings von Zimmer und Thum-
-eysen berührt worden ist. Nachdem Zimmer KZ. 36, 463 ff. die Funk-
tion von ro beim Präteritum schlagend nachgewiesen hatte, er-
schien, von Zimmer angeregt und auf den Sammlungen Strachans
fussend, eine Untersuchung von Thurneysen, worin eine ganze Reihe
der auch von Sarauw gefundenen Resultate dargestellt waren. Ich
stelle daher zunächst die chronologischen Thatsachen fest. Zimmers
Aufsatz war S. bei der Einlieferung seiner Habilitationsschrift noch
nicht zugänglich; Thurneysens Untersuchung ging mir als Separat-
abzug erst dann zu, als S.s Buch schon so gut wie fertig gedruckt
^^^^^^ Stirauw Irske Studier- %
war; erst bedeutend später knm mir das botreffende Heft von KZ.
Auf bnchhftndleriBchem Wege zu. — S. und Tlnirneysen haben, wie
man aus dem angeführten leicht er^iieht, dieselben Resultate nnf
verscliiodeiiem Wege gefunden. Sehon »us dem Wege, den Sarauv
jregangen ist, folgt, dnss ei* eine vollstAudIgere und übarfli cht liebere
Darstellung der Thatsachen giebt; nait der Frage naeh der Ent-
«tehun<^ der gescliildercen Verh<tiisse beschnfiigt er sich wenig;
Beine Ansicht aber stimmt mit ThurneyBen (der sieh besonders mit
der sprachgeschichtljehen Frage beschäftigt) im Ganzen überein;
beide nehmen perfektive Verba für eine vorhistorische Periode an.
S. nennt auch in der historischen Zeit die ro-Formon perfektiv, was
die schon in Verwirrung geratene Terminologie der perfektiven
Erscheinungen noch verworreni-.r macht. Ich schlage vor, rtass man
die ro-Formen nach einer Ihrer thataftchlichen Gebrauchsweisen per-
fektiech nennt. Dos wäre auch, wenn sie wirklich, wie S. und
Tburne,vsen annehmen, aus perfektiven Formen entstanden wären,
tfne berechtigte Benennung. Meiner Ansicht nach haben aber S.
»nd Thurnevsen mit der Annahme perfektiver Verba für eine vor-
Itistorlache Perlode schwerlich Recht (vgl. jetzt KZ. 37, 210— -2ftO.
Korrekturnote]. — Sarauw hat sich aber, wie es sich schon aus dem
oben gesagten ergibt, keineswegs auf die ro-Ersch einungen be-
schränkt. Er gibt überhaupt eine Reihe von prinzipiellen Erörte-
rungen über Analyse von Verbalfornien und Aufstellung- der Para-
digmata; er hebt u, a. die Bedeutung des Infinitivs als etymolo-
gischer Lei tfadeu hervor und gibt bei dieser Gelegenheit eine Reihe
Ton schönen Etymologien. Seine gan:£e Abhandlung ist so reich
im feinen Beobachtungen, dass sein Buch für jeden Keltologen un-
entbehrlich ist.
Der Haupteinwand gegen S.s Buch trifft seine systematische
Weglassuug alter Citate; weder die Forscher, auf die er sich stützt,
noch diejenigen, gegen die er polemisiert, werden genannt. Diese
Weglaasung isi offenbar grundslEtzlich, aber beruht dann jedenfalls
auf einem g&nzlich zu verwerfenden Qrundsaize. Dass er nicht er-
wähnt, dass die von ihm gegebene Analyse von iarfaigid und cuind-
gid schon bei Strachan Revue celtbiue 19, 177 und Trans. Phil. Soc.
1895—96 S. 131* zu finden ist (was ich nur beispielsweise heraus-
f reife], siebt schon sehr sonderbar aus. Noch sonderbarer ist seine
otemik gegen Strachans Etymologie von tallaim S. 49, da diese
!:JStymologie von ihrem Urheber selbst wieder zurückgenommen wor-
■'-- ■ ■ (Revue celtique 21, 176-178). S.a falscher Grundsatz hat
1 Bchon diese leicht zu vermehrenden Beispiele zeigen, mit
der einschlägigen Litteratur nicht hinlsnglieh vertraut werden lassen.
Am alEergi'e listen zeigt sich dies im Verzeichnis der Emendationen
und Deutungen; wenigstens ein Drittel des hier gebotenen war schon
voa anderen Forschern vermutet worden. Verwandt mit diesem
Verfahren ist ein weiterer Übelstand. Wo in dem Raieonnement
^n Lautgesetz eine Rolle spielt, wird dies Gesetz gewöhnlich nicht
jugedeutet: es wird dem Leiter überlassen, die für den Verfasser
'massgebenden Gründe zu erraten. Stillschweigend schreibt er S. SS
In einer Wb.-Stelle deidblendn für deidbleän, offenbar wegen Ml.
127b 3. Das sonst übliche Sternchen vor erschlossenen Formen
findet sich bei S. tilcht; er schreibt S. 40 und öfters ctsorc statt
aiorc; als ob dies eine Inflnitivform wäre usw. Wo S, vorwärts
oder rückwärts in seiner eigenen ITnCersucbang verweist, gibt er
niemals die bestimmte Stelle an. Kurz, eine ganee Reihe von üb-
lichen orientierenden Fingerzeigen ist von S. (mit oder ohne Ab-
eicht} vernachinssigt worden.
»
gre
FOm,
96 Sarauw Irske Studier.
Das Bestreben S.s, die irischen Verbalkonglomerate zu ent-
wirren, hat auch für die Lehre von den Kelativsätzeu Frucht ge-
tragen. Ich stelle hier diejenigen Bemerkungen S.s zusammen, die
meine Darstellung in KZ. 35 supplieren können. Ich hatte in 3. Sing.
beres ein suffigiertes Pronomen zu finden geglaubt und weiter an-
genommen, dass in as-biur dasselbe Pronomen inti giert sei. Laut-
lich war natürlich nichts dagegen einzuwenden; was Strachan Zeit-
schrift f. celt. Phil. 2, 406 vorbringt, ist ganz verfehlt; ad-sligim mit
d im Auslaut des einen selbständigen Wortes und 8 im Anlaut des.
folgenden hat mit heres, as-biur keine Ähnlichkeit. Dagegen hatte
ich selbst nachgewiesen, das as-biur der faktischen Verwendung
nach nicht mit den Regeln über relative Konstruktion stimmt. Trotz-
dem haben mich die Bemerkungen von Thurneysen IF. Anz. 9, 191
nicht von meiner Hypothese abgebracht, weil er mit einer ganz
imaginären Präposition ed (gegen die sich auch Sarauw S. 66 Fuss-
note wendet) operiert. Jetzt zeigt aber Sarauw, dass der Wechsel von
friss-, fri-t- ausgegangen ist und zunächst die Präposition ess^ dann
auch aith, ad und in angegriffen hat. friss- enthält wie uad- und
occu- ein suffigiertes neutrahis Pronomen. [Ich vermute, dass diese
Sachlage daraus zu erklären ist, das /W, 6 und oc entweder wegen
jüngeren Ursprungs (/r«, oc) oder aus anderen Gründen ursprünglich
als Verbalpräfixe nicht gebräuchlich waren; in frisgart usw. hatte
friss eigentlich dieselbe Funktion wie später in asbert friss'^ von
der Nominalkomposition waren diese Wörter (wenigstens fri) natür-
lich nickt ausgeschlossen; nach den Infinitiven wie frecre und Par-
tizipien wie frithorte haben sich die finiten Formen des echt zu-
sammengesetzten Verbums {na frithorcaid usw.) gerichtet. In fri-
tamni-orcatsa usw. war das Pronomen der dritten Person wegge-
blieben, weil es mit dem noch folgenden weiteren Pronomen nicht
vereinbar zu sein schien. Mit fritho?&un : frissorcar war wohl iar-
faigid : iarmi-foacht ursprünglich analog (wenn auch iarvü- ebeuso
wie remi- eigentlich dem Femininum ähnlicher sieht als dem Mask.-
Neutr.), aber hier drang die suffigierte Form zum Teil auch in das
echte Kompositum (bei remi-^ rem- immerj. Der Unterschied zwischen
iarmi- und lann- ist wohl rein phonetisch. Mechanisch nach iarmi-
gebildet ist trerai- (wie tris- nach friss-), sechini-\ nach diesem
Xluster wurde cen ma thd zu cenmithä. Auch in ceta- mag ein per-
sönliches Pronomen stecken. Mit allen diesen Fällen, in denen die
Funktion der Präposition als Verbalpräfix wahrscheinlich verhält-
nissmässig Jung ist, hat das nur relativ fungierende ara- imme- neben
den uralten Verbalpräfixen ar und Imin keine ÄhnlichkeitJ. Über
beres neben 3. Plur. beizte nimmt Sarauw S. 95 an, dass es nach der
Proportion as : ata analogisch gebildet ist; und das ist selbstver-
ständlich richtig; die älteste Analogiebildung wird bias, bes usw.
sein. Dadurch gewinnen wir ein sehr einfaches Bild. Das relative
Pronomen lautet -e {berte, imme-, file, tote, vielleicht auch luide vgl.
Sarauw S. 105), -a {ata, ara-), Null [^dochoid\ suffigiert in as KZ.
35, 3UJ, ropo KZ. 35, 352). Dies Pronomen hatte ich KZ. 35, 362 mit
cynir. a verglichen. Strachan ist an der oben zitierten Stelle über
dies Pronomen sehr emi)ört. Dass aber die Lenierung in relativer
Konstruktion in der That durch ein Pronomen hervorgerufen ist,
lässt sich jetzt klar nachweisen. Sarauw gibt S. 55 eine Regel über
die V^erwendung von no\ no begleitet die "imperfektiven'* Formen
des orthotonen nicht zusammengesetzten Verbums, aber von den
sekundären Zeiten abgesehen nur mit Infigieriing eines Pronomens
nach no. Diese Regel ist unter einer Bedingung in der That er-
schöpfend (und diese Bedingung hätte S. hervorheben sollen, da
Sarauw Irske Studier. 97
mau sonst die Pointe seiner Erörterung leicht übersieht). Die Be-
dingung ist die Annahme eines infigierten Relativpronomens in
Fällen wie ished nochairigur, ished noadamrugur Wh. 16c 3, opus
nobertis Wb. 16 d 4. Eine kleine Weiterwucherung findet sich beim
vevbum substantivum ; cenotad^ cenutad, danuhedWb. 33b 8, 4a 10;
12b 2 erinnert sehr an KZ. 35, 408 f. (über -d- nach da); noch
weiter ab liegt issamlid inso nobiad chäch Wb. 9d 25 (vgl. ni fris
rucket KZ. 35, 354 nach^der mittelirischen Regel über das Relati-
vura). Weitere AbweichAgen finden sich in Wb. nicht, Ml. habe ich
daraufhin nicht durchge^hen. Strachan wird daher seine Empö-
rung bezwingen und das ihm so teure '^Relativpronomen" n fallen
lassen müssen. Dies n ist und bleibt die Endung des Nom. und
Akk. Neutr.; wenigstens ist bis jetzt eine andere vernünftige Deu-
tung nicht gefunden. Es ist mir eine Freude mitteilen zu können,
dass Sarauw mir (ebenso wie Thurneysen IF. Anz. 9, 192 f.) in diesem
Punkte beistimmt; das Beispiel cach ngäd Wb. 31c 14, wogegen
Strachan ohne Erfolg polemisiert, wird allerdings von Sarauw S. 106
durch eine einleuchtende Konjektur beseitigt; aber dadurch kann
meine Deutung natürlich nicht gefährdet werden. Das relative n
wird von den KZ. 35, 391 § 69 erwähnten Fällen ausgegangen sein.
Strachan hat sich aber in das ''Relativpronomen" n so sehr verliebt,
dass er es Zs. f. celt. Phil. 2, 404 als eine Erfüllung der Regel väq)€
Kai ju^iuvac' diricTctv betrachtet, wenn er ein gut beglaubigtes dina-
dricthe in ein sonst in Wb. niemals vorkommendes *dianadricthe
korrigiert (vgl. dunaructhae Tir., dinaconbi Ml. 85 b 7, wozu Sarauw
ISS mit Recht fomaitmestar sovi stellt; über nait = nad vgl. Aspi-
rationen i Irsk 166; die "simple (?) emendation" von Strachan Revue
celtique 18, 217 ist ganz überflüssig).
Noch eine weitere wichtige Konsequenz von Sarauws Arbeit
muss hervorgehoben werden. Sarauw S. 1(X) behandelt gabthe und
brethae mit Recht als altirische Form des Prät. Passiv; ebenso
Thurneysen KZ. 37, 53 und 57. Diese stillschweigende Anerkennung
wird aber nicht genügen, um die ältere Vorstellung, diese Formen
seien mittelirische Neubildungen, zu beseitigen. Es muss ausdrück-
lich hervorgehoben werden, dass diese Formen ganz unverdächtig
sind, weil überhaupt keine andere absolute Form des Prät. Pass.
im Altirischen vorkommt.
Ich muss darauf verzichten, noch ausführlicher auf den inter-
essanten Inhalt von Sarauws Untersuchung einzugehen. Ich gebe
jetzt nur noch ein Verzeichnis kleiner mit untergelaufener Versehen.
S. 137 Wb. 29d 9: accur darf nicht korrigiert werden, vgl. Ml. 92a 16
dufailti 7 duaccur und Stokes Revue celtique 9, 108 (O'Reilly an-
acar 'affliction*) ; Wb. 30 c 20: passt in den Zusammenhang nicht,
vgl. Ref. Aspirationen i Irsk 104, KZ. 35, 357, Strachan KZ. 33, 306
Fussnote, Zs. f. celt. Phil. 2, 210, Thurneysen IF. Anz. 9, 47; Wb.
31 d 5: falsch, vgl. Ref. Aspirationen i Irsk 153, Strachan Zs. f. celt.
Phil. 1, 14, Revue celtique 18, 226, Quiggin Die lautliche Geltung
der vortonigen Wörter und Silben S. 9fr. — S. 138 Ml. 53c 14: falsch,
richtig bei Ascoli, Glossar 37. — S. 136 Wb. 3d 24: falsch, da fodite
cesto eine sonst nicht vorkommende Tautologie ist. — S. 137 Wb.
32a 19: überflüssig, vgl. Wb. 18a 11. — S. 138 indossa ist selbst-
verständlich aus indorsa Wb. 12c 35; 14 d 28 entstanden; eine Da-
tivform *ind fhoss, *ind fhois von dem Mask. foss ist unmöglich.
— S. 139. Ml. 101b 1: vorzüglich; man kann aber einfach co lena-
main dib lesen; co = 'mit*. — S. 34. as mo de focialtar darf nicht
korrigiert werden, vgl. asmaam roiechestar arsidetaid Sg. 208b 15
usw. — S. 99. Die Annahme, dass die Glossen Bruchstücke eines
Anzeiger XII i. 7
Sti Loewc Die clhiiiBdiE; u, eprai'liliclie Gliedoruag' d. German«
grösseren Werkes sind, ist überflüssig'; mau boI! nur Vth. 10b 19
mit 10b 20 Kusamineuleöen : herir dano andädesin trtKinteKliminno :
.1, aarochoili innachridia buid dondingin inögi I, diacholin fonUul
toisech. Dasfi die Glossen nur StUcke eines zusauimenhanjfendeo
Gedankeiigan^es Rind, ist wahr, aber schon bokannt, — S. 64 iif-
secht, estecht 'Tod' ist es-techt 'Ausgang". — S. 78. dethiden eher zu
didiiad^ cyror. dyddan, ymddyddan. — S. afi. Diese Deutuns von
barafie ist unmöglich wegen Wb. 4a 3; bar- far- ist "Euer", ar- Wh.
iibc 9 'unser'. ^ S. 42. Dhbs in cmnarncaiged kein od sterko, ist
eine ganz unbügriindete Ausicht. — S. 46, immacomsinUar vgl.
immoHiiinselar LL. 116b I, immaninithar doib LU. 60)i 3. — S. 63
dorigeni : niclit riuhtig, da r im Neuirischen (Arran) nicht niouillierl
ist. — Druckfehler: S. 26 Z. 19. lies tr. 9; S. 36 Z. 22, lies 11 * 9;
Z. 23, lies 32) 24; S. 37 Z. 4 von unteD, lies (>2v 2; S. 66 Fussnote
Z, 1 höB 43a 2; S. llfi Z. 12, lies 24d 30; S. 136 Z. 17, lies 130d 12;
Z. 23, füge hinxu 25a 5; Z. 1 von nnlen, lies 24 t II.
Kopenhagen. Hoiger Ped'
"^^n
Loe^e n. Die ethnische und sprachliehe Gliederung der Gi
nen. Halle Niemejer 1H99. 59 S, 1,60 M.
Eine zusammen fasse nde DarBlellun« der vielen schwiei _
auf die Gliederung der Germanen bezüglichen Fragen ir«t gewiss
uine sehr erwünschte Schritt. Die vorliegende Arbeit enihUlt manche
treffende Bemerkung, vermag aber nicht völlig siu befriedigen. Im
Allgemeinen scheint mir der Verf. nicht Kelten mit Beispielen miii
Li tteraturnach weisen etwas au Hparsam au sein. Er geht bei seiner
Untersuchung von den sprnchhcheu Eigentümlichkeiten au« und
sucht dann die so gei'undencn Beobachtungen durch Berücksichti-
gung der geographischen Verschiebungen zu erklären, bezw. ihre
Bichtigkeit zu erhürten, wobei er vielfach griechische Statnmi's- und
Dialektverhitltnisse zum Vergleiche heranzieht. Seinen Stoff teilt
L. in 3 Kap.: 1. Goten, Nord- und Westgerraanen, 2. Ost-, 3. West-
srermanen. Im 1. Kap. werden zunächst die einzelnen sprachlichen
Neuerungen zusammengestellt, die je zweien unter den drei Grup-
pen gern einsam sind. Dabei erscheint neben wlchllgeQ sicheren
Momenten auch allerhand problematisches aufgelührt, ohne dass et
aber als unsicher gekennzeichnet würde. So erwAhnt er unter Hin-
weis auf Kock Bcitr. 21, 429 als Kennzeichen des Nord - Wesigerui.
einerseits und des Got. anderseits, dass gcrtn. u nord- und west-
germ. nach langer Stammsilbe verloren geht, got. jedoch erhalten
bleibt. Ein l'ür die VerwandtBchaftsverhültnisse bedeutsamer Unter-
schied liegt aber hier gewiss nicht vor. sind doch die Formen tnil
erhaltenem u auch nach Unver Silbe, die schon durch altu. vgnär
vorausgesetzt werden, im Ags. noch durch Inscliviften bexeugt;
der von L. angeführte Unterschied beruht also lediglich auf einer
jüngeren Entwicklung der Itingi'r erhaltenen Sprachen. AndereK
dagegen vermisst man. Da er auch die Erscheinungen zusammen-
stellt, die das Nord, nur mit einem Teile des Westgerm, gcmeirsam
bat, hlttte doch auch die pronominal gebildete Form des Nir. Sgl.
der Adj. eine Erwühnung verdient, die das Hd. mit dem Goto-nord,
(diese Bezeichnung wird von L. nicht ungeschickt vorgcschlajrnil
teilt, die Aber de.ii SSchs, und Anglo-Fries. fremd ist. Zar ^K-
rung dessen, dass das Got. zahlreiche Erscheinungen tnit demNi
Locwe Die ethnische ii. sprachliche Gliederung d. Germanen. 1)9
■wenige mit dem Weslgerro. gemein hat, und dass eine dritte Klasse
von Nenerung'en nur das Nord, und Westgerm, betroffen hat, macht
L. gewlBS mit Recht die Verschiebung der Wohnsitze der Goten
felteud, deren Heimat er in Übereinstimmung mit Kossinna in Skan-
inavien sucht. Für die Chronologie der Sprachgeschichte ergibt
Sich vor Allem eine wichtige Beobachtung, dass nAmÜch die Neue-
rungen auf dem Gebiete der nominalen Wortbildung jüngeren Ur-
sprungs sind. Insbesondere fehlt dem Got. die sufOxnle Verwendung
ursprlinglich selbständiger Substantiv» ; sie kana also erst KU einer
Zeit gebrffuchlich geworden sein, da die Goten am schwarzen Meere
des engern Zusammenhangt! mit den übrigen germ. SlHmmeii ver
lustig gegangen waren.
fin 2. Kap. wird die Frage untersucht, welche Völkerschaften
■den Goten naher verwandt sind. Bei der Dürftigkeit des erhnlie-
uen Materials ist es nicht zu erwarten, dass hier wesentlich neue,
sichere Ergebnisse zu Tage gefördert werden. L. selbst ist dabei
im Allgemeinen mit den Schlüssen aus sprachlichen Kriterien sehr
»urückhaltend, um ho mehr muss es befremden, wenn er S. 28 auf
Grund eines einzigen bei Jordanes belegten wandtl. Winiviar ge-
genüber späteren Namen auf -riih und -mir auch für das Wandal.
einen Übergang von £ in ä und dann wieder in i erschtiesst. Diese
Annahme wird dadurch nicht wahrscheinlicher, dass das auffallende
e der spanischen Sueben darauf zurückgeführt wird (S. 51), dass
diese schon in Ungarn Nachbarn der Wandalen gewesen seien. Auf
Grund mehr allgemeiner Erwägungen archäologischer und cthnn-
Jogischer Art glaubt L. immerhin daran festhalten su können, dass
Burgunder, Rugier und Wandalen einst mit den Goten eine engere
Einheil gebildet haben, von Plinius unter dem Namen Wandilier
«usammeugefasst. Der Verf. schliessc hier eine Erörterung über
die Genealogie der Germanen hei letzterem an, die freilich wenig
«ichere Resultate ergibt; die Annahme, dass Plinius oder vielmehr
Bein Gewährsmann ein wandilisches Lied benutzt habe, wird man
nicht dahin rechnen wollen.
Das 3. Kap. handelt von den Weetgermanen. F^ ist zu bc-
dituern. daae der Verf., wenn doch die Schritt einen vollständigen
Oberblick über die sprachliche Gliederung der Ge.rmiuien geben
sollte, nirgends Anlas» gefunden hat, diejenigen Kriterien, die spe-
ziell für die Zusammengehörigkeit der Westgermanen zeugen, auf-
suführen. Und doch wäre ehw neue zusammen fassende UntPr-
suchung derselben gewiss nicht wertlos gewesen. Allein schon die
iVage, wie sich die gewöhnliche Annahme, wonach diu westgerm,
Konsonantengeniinaiion vor der Auswanderung der Angelsachsen
stattgefunden hat, zu der Thatsache verhält, dass die Gemination
vor r und l nach Ausweis von Doppelformen wie ahd. ahbar und
aeehnr erst nach der Synkope des Endungs-n eingetreten ist und
dass dieses letztere in den malbergischen Glossen noch erhalten ist,
wäre eingehender Prüfung wert. Mit besonderer Ausführlichkeit
bespricht L. die Entstehung oder besser Zusammensetzung der deut'
achen Sachsen. Dem Resultat der etwas unklaren Auseinander-
H>utzung, die relative Einheitlichkeit der sächs. Mundart sei am leich-
■" "1 tVL erklären, wenn man annehme, dass überall bis zu ihren
zen nordalhingischc Kolonisten gekommen seien, d. h. also eine
nilich einheitliche Sprache sei durch Mischung ganz verschiede'
r Elemente entstanden, wird man schwerlich beistimmen. Zum
khluBse folgen noch einige Bemerkungen über die Abdämmung
r Langobarden, die L. zu den Erminonen rechnen möchte. Auf
1 niihere Begründung meiner früheren, vielleicht etwas nllzu
100 Fr&n Filologiska Föreningen i Lund Spräkliga Uppsatser.
zuversichtlich ausgesprochenen Ansicht von ihrem ingväonischen
Ursprung kann ich hier nicht eintreten; nur soviel sei bemerkt, das»
sich unter den deutschen Elementen im Italienischen, die aus dem
Langob. stammen, eine Anzahl Wörter linden, die sonst nur im
Ags. nachzuweisen sind; vgl. caleffare 'verspotten*, staffa 'Stegreif*
und vielleicht romire 'lärmen', Charakteristik der germ. Elemente
im Ital. S. 19, ZfrPh. 24, 66.
Basel. Wilhelm Brückner.
Frän Filologiska Föreningen i Lund. Spräkliga Uppsatser. Lund
1897. E. Malraströms Bogtryckeri.
Der philologische Verein an der Universität Lund blickt auf
das erste Jahrzehnt seines Bestehens zurück; er ist in dieser Zeit
stetig gewachsen, einige der ehemaligen Mitglieder nehmen in der
Gelehrtenwelt einen hervorragenden Platz ein; man feiert das zehnte
Geburtsfest durch eine Festschrift.
Da der Verein gebildet wird von Philologen aller Fächer, sind
die Beiträge recht vielseitig. Nur nennen kann ich die Arbeiten
der klassischen Philologen: J. Paulson, In Lucretium adversaria;
A. Ahlberg, Adnotationes in accentum Plautinum; M. P:n Nilsson,
De republica Atheniensium a Clisthene constituta; Cl. Lindskog, De
usu pronominum personalium, quae subiecti uice funguntur, apud
elegiacos poetas latinos obseruationes. A. Kock eröffnet die Reihe
der germanistischen Beiträge und zugleich die ganze Schrift mit
der etymologischen Untersuchung einiger schwedischer Wörter: Dal-
kidla, fatt in illa fatt^ huru är det fatt und in taga fatt nägon.
fyr *en lustig kurre', fyrhussa^ y aller ^ glättig, ofant{e)lig und väln,
väl(l)e. P. Rhode will in seinem Aufsatz "Transitivity in Modem
English" absehen von der rein formalen Scheidung in transitive
und intransitive Verben und weist den Begriff der Transitivität
na^i in englischen Verben, Substantiven, Adjektiven, Adverbien,
Präpositionen und zusammengesetzten Ausdrücken. Th. Hjelmqvist
löst aus einem grösseren Aufsatz über die schwedischen l*ersonen-
namen in übertragener Bedeutung reichhaltige Sammlungen zu den
Namen Petter^ Per und Pelle aus. E. Sommarin weiss es wahr-
scheinlich zu machen, dass die Unterscheidung von einvigi und
hölmganga im 10. Kapitel der Kormakssaga auf missverständlicher
Auffassung der verdorbenen Visa 28 durch den Sagaschreiber be-
ruht. Sven Berg kritisiert die früheren Versuche, für die Stellung
des französischen Adjektivs eine Regel zu finden, um dann zu einer
eignen Formulierung zu gelangen: Diejenigen Eigenschaften, die
gleichzeitig mit dem Substantivbegriff, mit ihm untrennbar verbun-
den, im individuellen Bewusstsein auftauchen, werden durch voran-
gestellte Adjektive ausgedrückt; diejenigen Eigenschaften, die den
Substantivbegriff näher charakterisieren und von andern Begriffen
scheiden, werden durch nachgestellte Adjektive ausgedrückt. An
diese — gekürzt wiedergegebene — Formulierung schliesst der Verf.
Beispiele für die chiastische Stellung der Adjektiva (anciens amis
et amis nouveaux) und Bemerkungen darüber. H. Söderbergh ver-
öffentlicht "Rimstudier pä basis af rimmets användning hos mo-
därna svenska skalder". Auf Grund einer Stoffsammlung aus den
Gedichten Snoilskys, Rydbergs, Heidenstams u. a. handelt er sorg-
fältig und behutsam in 3 Kapiteln über den Reim vom Standpunkt
Nyare bidrag tili känDedom om de svenska laudsmälen usw. 101
der Betonung, über den nachvokalischen und den vokalischen Teil
des Reims. Im letzten Kapitel erklärt er sich ausführlicher gegen
den unreinen Reim (den "Stockholmer Reim": e : ä)j den Heiden-
stam mit Hinweis auf Ibsen und Goethe für das Schwedische ver-
teidigt und mit andern thatsächlich angewandt hat.
Osnabrück. \V. Rani seh.
Nyare bidrag tili kännedom om de svenska landsmälen ock svenskt
folklif. Tidskrift utgifven af landm&Isföreningarna i Uppsala, Hel-
singfors ock Lund genom J. A. Lundell. Stockholm Samson &
Wallin 1896. 97. Heft 57-60. 8». 9 Kronen.
Die beiden Jahrgänge 1896 und 97 der Zeitschrift der schwe-
dischen Gesellschaften zur Erforschung der schwedischen Dialekte
und des schwedischen Volkslebens bieten eine ganze Reihe inter-
essanter Aufsätze, interessant allerdings, wie es ja in der Natur
der Sache liegt, zunächst nur für den engeren Kreis, der sich mit
schwedischer Sprache und schwedischem Volksleben beschäftigt,
wenngleich natürlich manches, wie z. B. die bei der Dialekt-
beschreibung angewendete Methode auch darüber hinaus Interesse
zu erregen vermag, ebenso wie die dabei gebrauchte Lautschrift,
beide jedoch seit Jahren in der Zeitschrift geübt und daher wobl
bekannt. Es ist nicht zu verschweigen, dass demjenigen, welcher
der schwedischen Dialektforschung fremder gegenüber steht — und
das werden, wie ich glaube sagen zu können, ausserhalb der nor-
dischen Lande die meisten Germanisten sein, auch die, die sich spe-
zieller mit nordischer Philologie beschäftigen, — es oft recht schwer
fällt, die in diesem Alphabet geschriebenen Sprachproben und Wör-
terverzeichnisse zu lesen und sich eine wirkliche Vorstellung von
den Lauten zu bilden, welche durch die oft wunderlich verzerrten
Buchstaben bezeichnet werden. Ist es für einen, der nicht Schwede
ist, schon schwer genug, sich die gesprochene Reichssprache wirk-
lich gut anzueignen, so erscheint es noch weit schwieriger sich eine
fenaue Kenntnis der zahllosen Dialekte zu erwerben. Von einer
ontroUe über die gemachten Angaben einer Dialektbeschreibung
kann erst recht gar keine Rede sein. Aus den hier entwickelten
Gründen doppelter Art muss ich mich bei den meisten zu bespre-
chenden Arbeiten mit einem kurzen Hinweis auf den Inhalt be-
gnügen.
Heft 56 enthält die Fortsetzung der von Lundgren im 45. Heft
<= X. 6), im Jahrgang 1892 begonnenen Abhandlung über "Per-
sonennamen aus dem Mittelalter", von Getar-Libtert. Benutzt wor-
den sind teils gedruckte, teils handschriftliche Quellen, teils alter-
tümliche Namen, die im Volke fortleben ohne dass sie direkt aus
früherer Zeit nachgewiesen werden können. Die Namen aus Scho-
nen, Halland und Blekingen sind nicht vollständig angeführt, da
ihre Sprachform einerseits nicht rein schwedisch ist, sie andrerseits
bereits von 0. Nielsen in seinen "Altdänische Personennamen" be-
handelt sind. Herangezogen worden sind auch Ortsnamen, deren
erster Teil aus Personennamen besteht. Leider hat sich der Ver-
fasser auf die Namen rein nordischen Ursprungs beschränkt. Für
die Kulturgeschichte Schwedens wäre es von Interesse gewesen,
das Eindringen fremder Namen beobachten zu können.
Heft 57 enthält 7 Arbeiten und beendet den Jahrgang 1896.
I
102 Nyare bidrag tili kannedom om de svenska landsinllen U8i
Lind (XI. 2) gibt eine Saininiung vHnn ländisch er Sprichwörter, sprich-
wörtlicher und anderer Redeuearleu in der Dialpktlorm und auf
reichsfichwedisuh.
Bjorkniann (XI. 5) liefert eine Lautlehre des sin&ll>.ndi sehen
Gesetzes auf Grund des Knpit«l3 über das Christenrecht. Ein wich-
tiges Beeultat ist. daHS sich ihm die vollständige ZuverlAssi^keit der
Ansgabe von Schlyter ergeben hat. Hier seien ein paar Anmer-
kungen gestattet, S. 9, üass aiet. leilcr in direkter Anlehnung an
lat. laicus geschaffen sei, habe ieh bereits Acta germ. 1, 330 her-
vorgehoben; die Zusammensetzung leikmatlr wird dann nach mndd.
lekman (vgl. auch ahd. laihmann) geschaffen worden sein, das Bj.
in den Berichtigungen S. 65 als Quelle des schwed. lekman wohl
mit Recht annimmt S. 10, Da das sl^s. scrift, skript 'Beichte' %iel-
fach als ein germ. Wort anfgefasst worden ist, so hAtte der Aufsatz
von Zimmer "Ans der Bedeutungsgeschichte von Schreiben und
Schrift" ZfdA. 36. 145 angefülirt werden können, in dem er die
Kntlehnung ans dem Lat., resp. fürs Westnord. aus dem Ags., das
j» dem Norden so viele kirchliche Wörter (vgl, meine AuMlihrungen
AG. 1, 316 f.) lieferte, bewieaen hat. Ebenso kann das isl. klawter,
S. 13 Anm. 2, auf das aga. cltmster zurückgehen. S. 20 ft. gibt Bj.
eine, wie mir scheint, ganz annehmbare ErkIHrung der Pronominal-
fonncn hgn Nom. Fem. Sg., uiid hena Akk. Sg. F<-m. im Gegensatz
zu Kock und Norcen. Er weial auf die hftufige Verbindung dieses
Wortes mit dem Pronon, pcen hin. Bei beiden Wörtern hiess das
Neutr. bat, der PI ur. /*«(»■), Pa{.r\ pmi. Er stellt die Proportion auf
Pan : pcef ; /»»» = kam i ptel : a;; j; = Ä»n. Oder, da in dem Dia-
lekt der Handschrift es wahrscheinlich Pan helssen mUi^B, würde
auch schon genügen pan (: pat) :pim = hon (; peet) ; x und x =
hen. Zu diesem Nom, konnte dann nach der Analogie von hon :
hona ^ han : x ein Akk. Fern, kena entstehen, S. 36. Entsteht in
den Füllen wie skiatra wirklich i zwischen dem k und dem folgen-
gen pnlatalen Vokal, oder wird durch das i nicht vielmehr nur die
Palatale Aussjirache des fc angedeutet? S. 43 fF. Zur Bildung der
VVÖrier auf -ilae vgl. jetzt noch Tainm Om aviedningsttndelser hos
üvenska Substantiv S.44ff., der an dieser Stelle anch starke Einfuhr
ans dem Dan. annimmt. Die Ausführungen Bj.s, dass auch anl
nordischem Boden die Eudung: -ilse entstanden sein könne, schei-
nen mir wenig übei7.engend.
Es folgt (XI. 6} ein Aufeaiz Wadsleins "Sprichwörter des Mit-
telalters", hervorgegangen aus einer urgpr. für die IF. bestimmten
Anzeige von Kocks und af Petersens 'Üstnordiska och latinska me-
deltldsordspräk". W. sucht teils eine Reihe unerklärt gebliebener
Sprichwörter zu erklaren, teils bringt er andere Erklärungen
bei als die früheren Ausleger, Besonders zieht er zur .lufbcllung
dunkler Sprichwörter die lat. Versionen in nusge dehnte rem Masse
heran, als dies früher geschehen ist, indem er zeigt, dass grade
die Im. Sprüche vielfach das ursprüngliche zeigen, dasR also viele
Sprichwörter nicht auf nordischem Boden entstanden sind. W.«
AuBlührungen sind scharfsinnig, und in vielen Fallen ist es ihm
geglückt, das Verstflndnis der Sprichwörter zu fördern. Von sprach-
lichen Ausführungen hebe Ich hervor, dass er die Annahme Bugges
vnn der polnischen Horkuntl des Wortes plnndz 'Tan«' durch den
Hinweis auf das aus dem Ahuig. stammende got, plinsjan 'tanzen'
stützt (S, 9 f,), ferner seine Erklfirung von arende als 'Exkremente",
die mir sehr gelungen zu sein scheint (S. 31]. Spassig ist die mittel-
alterliche Etymologie von lat. comes als 'der, der in Gemeinschaft
mit andern isst', aus covi- und esse 'essen' (S, 501.
Nyare bidrag tili künnedom om de avcnska landsmAlen t
103
Stille (IX. T) Ttntereucbt eine Valkss&ge vom nördlichen Sehu-
nen. Wahrscheinlich exietterte «chon in kntholischer Zeit in Skan-
diniivien eine sage von einer böeen, ihre Bauern tii'hludenden Guts-
herrGchaft, die vom Tenfel gepeinigt oder fortgeführt wurde. Sie
vurde dann unter gegebenen Umständen hie und da lokalisiert.
In der Sage, von der Stille ausgeht, wird ein eigentündieher Zug
erzählt, der vielleicht weiter verfolgt zu werden verdient. Die Burg-
herrin, so heisat es, die noch böser war als ihr Mann, zwang die
Frauen, die soeben erst geboren hatten, ihre Kinder zu verlassen,
Ante SchIo^;B zu kommen und dort die jungen Jagdhunde zu sHugen.
Ist dies Motiv sonst noch bekannt? Es folgen (XI. 8) Studien zur
schwedischen Grammatik von A. Kni^k, in denen folgendes behan-
delt wird: die Angleichung im Altschwed.; die Adjektivbeugung im
dtem Neaschwed.; die Behandlung des alischwed. r-Lautes ("in ^^"^
Bchwed. ReichRKprache schwindet r = urnord. R nach Voknl lau^
gesetzlich in Silben mit levissiraus" S. 19); ein Eakurs über die alt-
Bchwed. Adjektivbeugung; der WecliBel von isl. altsehwed, «Aal,
Mkulu, Altgutn. al utti (schon In urgerm. Zeit halte man Formen des
'Verbnins ohne fc, wie in deutsch sollen; solche finden sich auch im
Bchwed.; gingen ihnen Pronomina nuf *e endigend voraus, wie
. 'uTZ 'wir', so entstand, in achwach akzentuierter Stellung, aus
*Kixsulu7n ein *irU-zulum, 'nizulum, woraus dann die Form ulum
Abelrahiert wurde) ; eine Dissimilation im Schwedischen des 16, Jahrhs.
("wenn in einem mehrsilbigen Wort die Ultima mit t beginnt und
«chJiesst, so wird jin Per Brahes Chronik der Jahre 1592—411 das
Auslautende ( zu d , S. 38). Eine Qua mit ata frage Im Schwed. (in
der Verbindung ä-\-m wird "in offner Silbe mit zweigipüiger Fortis
Im Neuschwed., d. h. im .Stockholm, der Vokal gelängt; der Kon-
sonant dagegen wird gelltngt in geecidossner Silbe und in offner
Silbe mit eingipHiger Fortis im t^uschwed., d. h. im Stockholm.
S, 43); Über die Diphthonge in der ostnord. Sprache (1. "Wenn
auch das Allgutn. in der Regel ai entsprechend isl. ei anwendet,
so hat der Dialekt doch eine Tendenz ei zu brauchen a) unmittelbar
tiftch w, b) in relativ un akzentuierter Silbe. 3. Dialektisch wurde
fn der ostnord. Sprache der Diphthong ei früher monophthongiert
«Ifl der Diphthong an". Anders Noreen in Aschwcd. Gramm. ^ 124
.Anm. 1).
Smedberg (XI. 9) betrachtet den Wnrtvorrat der schwedischen
Bftnemsprache und weist die Behauptung, die sich in einer Zeitung
Jknd. dasB eine ungebildete, den niedern Schichten der Gesellschaft
«Mge hü reu de Person, sich mit einem Wort verrat von etwa 500 Wör-
tern begnüge. surUek. Hierzu genilgt allein schon eine Betrachtung
idtB büuerlichen Lebens mit seinen BShlreldien Hantierungen und
Beschfiftigungen, die jode eine ganze Anzahl von Kunstausdriicken
^HinfaKeen, .\uf Grund einer Probe, die er an einigen Seiten von
Xundells Wortliste gemacht hat, berechnet er den Wortschatz der
■^Bauern auf 5fiOOO resp. 40-45000 Wörter').
Der inzwischen verstorbene KuUsnder schildert (XI. 10) Leben
^d Gebrauche der Waldbewohner der grossen Willder des Eds-
^deii genannten Distrikts, die vieles Altertümliche in Sitten und
fiebräuchen bewahrt haben.
; In Heft 58 setzt Saxen seine in Heft 54 (XI. 3) begonnene
pntersuchuug über die finnischen Lebnwone in den altschwedischen
^_^ 1) [Vgl. dazu meine Ausführungren in der Zeitschr. d. Allgei
[»entsch. .Sprachvereins In, Sp. 2i«) f. Korrekturu.J
104 Tboroddsen Geschichte der isländischen Geographie.
Dialekten, d. h. den in Finnland g-esprochenen, fort. Er schliesst
die systematische Übersicht über die schwed. Entsprechungen der
finnischen Laute. In zwei alphabetischen Wortlisten, von denen die
erste nach den finn. (resp. esthn.) Wörtern geprdnet ist, die zweite
nach den ins Schwedische aufgenommenen, führt uns S. das Material
vor, das den bedeutenden Einfluss des Finn. auf diese Dialekt zeigt.
Dabei kann es denn vorkommen, dass ein in früher Zeit vom Finn.
aus dem Germ, entlehntes Wort, wieder eine Rückwanderung ins
Schwed. antritt. Unkenntnis des Finn. hindert mich, näher auf diese
Arbeit einzugehen.
Heft 59 enthält ein Alphabet für die Dialekte in Jämtland
und Härjedal von Westin (XV. 3). Der Verfasser will ungeübten
Phonetikern Anweisung zur Aufnahme der Dialekte geben, deshalb
sind wissenschaftliche Auseinandersetzungen nach Möglichkeit ver-
mieden. Eine Karte veranschaulicht das Gebiet der einzelnen
Dialekte.
Anna Hjelmström schildert (XI. 4) Sitten, Gebräuche, Volks-
glauben und Sagen der Ortschaft Delsbo. Zum Verständnis einiger
Dialektworte und der zum Teil im Dialekt wiedergegebenen Sagen
sind der flott geschriebenen und interessant zu lesenden Abhandlung
einige grammatische Anmerkungen und ein kleines Wörterverzeich-
nis hinzugefügt.
Heft 60 (XVIII. 2), das den Jahrgang 1897 schliesst, enthält
einen Aufsatz von Leflfler über die in einigen Punkten von der
Reichssprache abweichende Akzentuierung des im Bezirk von Upp-
sala belegenen Kirchspiels Suttunge.
Heidelberg. B. Kahle.
Thoroddsen Th. Geschichte der isländischen Geographie. Auto-
risierte Übersetzung von August Gebhardt. I. Die isländische
Geographie bis zum Schlüsse des 16. Jahrhunderts. Leipzig Teuh-
ner 1897. XVI u. 238 S. 8^ 8 M.'
Wir können Dr. A. Gebhardt nur sehr dankbar sein, dass er
uns durch eine gelungene Übersetzung das Buch des isländischen
Geographen zugänglich gemacht hat. Es ist ein eigenartiges Werk,
das nicht nur den Geographen, sondern auch den Historiker, Eth-
nographen und Folkloristen interessiren soll und wird. Der Sprach-
forscher freilich kann nichts daraus entnehmen, wohl aber hat es
für eine indogermanische Altertumskunde eine gewisse Bedeutung.
In Kürze gesagt, dieser erste Band ist eine Geschichte des Bekannt-
werdens Islands und seiner Bewohner in behäbiger, gemütlicher
Darstellung. Er enthält alle Nachrichten, die bis zum Beginn der
neueren Zeit über Island vorhanden sind, im ersten Kapitel S. 1—18
Berichte ül)er Island vor seiner Besiedelung, im zweiten S. 19—132
Vorstellungen über Island vor der Reformationszeit; im dritten
S. 133—218 wird die Reformationszeit nebst den Schmähschriften
auf Island und dem Selbsterwachen der Isländer geschildert. Wer
dem ganzen StofFe, wie Referent zwar ferner steht, aber ihm doch
ein grosses Interesse entgegenbringt, der wird sich durch die Lek-
türe belohnt und belehrt finden.
Es ist ein Stück menschlicher (teistesgeschichte diese Ent-
deckung Islands, die auch durch Nacht zum Licht führt. Am An-
fang steht wie billig die Frage, ob Thule Island war. Der Verfasser
Wyld Contributions to the History of the English Gutturals. 105
-verneint dies. Unsere Blicke werden dabei wieder auf jenem küh-
nen Mann haften bleiben, den man den Kolumbus der Griechen
nennen kann, Pytheas von Massilia. Ob Pytheas unter Thule Island
verstanden bat, d. h. ob sich in jener fernen Zeit die Schifffahrt
schon so kühn in das Meer wagte, dass er in Brittanien Nachrichten
über Island erhalten konnte, das ist eine Frage von eminenter Wich-
tigkeit für die alte Zeit. Mir teilte Prof. Sieglin mit, dass er Thule
entschieden für Island halte. Und in der That, wenn man die Nach-
richten des Pytheas unbefangen prüft, so leuchtet einem die Wahr-
heit dieser Behauptung ein. Aber es ist nicht meine Aufgabe, diese
Frage zu entscheiden, und ebensowenig ist es mir möglich auf an-
dere Punkte dieses Buches einzugehen. Ich hoffe, dass der zweite^)
Band bald nachfolgen, und dieser erste viele Leser finden möge.
Leipzig-Gohlis. H. Hirt.
IVyld H. C. Contributions to the History of the English Gutturals.
[Read at the Meeting of the Philological Societv on Fridav, April 14,
1899]. Printed by Stephen Austin & Sons, Hertford 1899. 132 S.
Ausgehend von der Doppelentwicklung, welche ae. palatales
^ und j in der späteren Entwicklung aufweisen, hat Verf. es unter-
nommen, die Schicksale der englischen Gaumenlaute im In- und
Auslaute näher zu betrachten. Die Resultate dieser Untersuchung
führt er uns in vorliegender Abhandlung vor, die einem Vortrage
vor der Londoner Philological Society'' entsprungen, leider mehr
«ine dogmatische Statuierung seiner Ansichten als eine induktive
Ableitung und streng-geschlossene Beweisführung darstellt.
Eine vorausgesandte knappe Übersicht über die Aussprache
und Schreibung der ae. Gutturalen sowie ihre Weiterentwicklung
im Mittelengliscfien ist uns wertvoll wegen ihrer reichen, wenn auch
keineswegs vollständigen Zusammenstellungen über das frühste Vor-
kommen von Schreibungen, die uns bestimmte Lautwandel verra-
ten. Die schwierige Frage, was für Laute wir unter der krausen
Orthographie der im 12. und 13. Jh. hergestellten Kopien alteng-
lischer Texte suchen dürfen, scheint mir freilich nicht so im Vorbei-
gehen zu beurteilen, wie es hier geschieht. Sehr anerkennenswert
ist dagegen das überall hervorgekehrte Bestreben, den Buchstaben
Ehonetische Begriffe unterzulegen, wenn Vf. dabei auch nicht über
ülbring hinauskommt, gegen den er S. 12 polemisiert, ohne ihn
richtig verstanden zu haben. Im Einzelnen Hlutt auch sonst man-
ches Anfechtbare oder Ungenaue mit unter, so die unklare Aus-
einandersetzung über das ae. Hartgaumen-c auf S. 8, wo der Laut
dem russischen th in math, also "mouilliertem" t, gleichgesetzt wird,
die phonetische Beschreibung aber vielmehr auf russisches "mouil-
liertes" k passt. Oder man nehme die höchst komplizierte, ganz
unwahrscheinliche Erklärung von Formen wie me. dreinte aus ae.
■drenöte^ wo es sich doch nur um eine Übertragung (Vorwegnahme)
des mouillierten Gaumenverschlusses auf 79 (— ^ dann geschrieben
als in — ) und ein Unhörbarwerden des c durch lautloses Cbergleiten
1) [Der zweite Band ist unterdessen erschienen (1898) und
[kann ebenfalls nur auf das Beste empfohlen werden. Korrekturn.]
106 Wyld Coiuributions lo Ihe Hisiory of the Enplish Guitar«!
von der Gaumen- zur Alveolar-Artiknlation handelt. (Vgl. ne. [ätff
aus atkeä). Völlig unhalihar eiheint mir die Annahme eine« Wan-
dels von ae. -et XU me. -ght : Vf. kann ihn nur durch f-Prüteriten
siiltüen, wo sieh indes die ght-Farraen leicht alx Analogiebildungen
an allererblen Formenpaaren wie ae, weccan — we{a]hte usw. erklä-
ren, um so leichter als sogar ein franzSsiseheB Lehnwort (oe. catett
— caiu/kt) vor dieser Neubildung nicht zurückgeschreckt ist; die
Formen Mreighte und reighte durften zudem hier nicht angeführt
werden, da «e die regelmllBSigen Fortsetzungen von «e. glre[a]Me,
relaJA^e sind.
Eh folgen dann, über 5 Druckbogen lullend, allerhand Liates
iiher die Veriretung der ae. Gaumenlaute in m ittelengli sehen Denk-
tnälem und neuenglischen Dialekten, wobei Vf. durch Heranziehen
deutscher Doktordissertationen sich viel Mühe erspai't und e. T-
jrrössere Vollstltndigkeit erhielt haben würde. So dankenswert diese
Zuf^ammenstellnngen sind und so sehr die ungemein grosse aufge-
wandte Mühe zu bewundern ist, wird man doch in ihnen, eo wie
sie uns hier geboten sind, wohl kaum mehr als uubehauenes Roh-
material erblicken können, das, ohne kritische Sichtuug und ohne
Eingehen auf die Individaaliiat der Einzelfalle benutzt, leicht zu
falschen Vorstellungen führen wird. Am meisten scheint mir da»
von den ne, Dialekt- Listen zu gelten. Schon in der Quelle für diese
diirlte sich Vf. vergrlfl'en haben, indem er nicht das von Ellis zu-
sammengebrachte Material, das sich für seine Zwecke treMicb ge-
eignet hätte, ausgeschöpft hat, sondern eine grosse Reihe Dialekt-
Glossare, deren Verfasser nicht die gewöhnliche Alltagssprnche,
sondern nur die seltenen, der Schriftsprache unbekannten Wörter
zu sammeln bestrebt waren. Daher kommt e», dune gegen IQ"!^
seiner Dialekt' Beispiele gai-nichts beweitieu, weil wir ihre etymolo-
gische Grundlage nicht kennen und also nicht wissen, ob es sich
um Velare oder Palatale oder überhaupt um ursprüngliche Gau-
menlaute handelt. Ein weiterer Teil pflegt sich mit schrillöp rach-
lichen Wörtern zu decken, wie a. B. im Dialekte von Somerset aleek
(ne. alike), Heeked, dick (ne. dike), pick (ne. pike), bicker, prick die
natürlich fftr den Lautstand des Dialektes nicht als Zeugen auftre-
ten kiinuen. Vf. sieht sich denn auch genötigt die beim Me. ange-
wandte Einteilung nach dem zu Grunde liegenden ae. Laute iu dem
niuudanliehen Teile fallen zu lassen und einfach alle Wörter mit
k, g usw. zusammenzustellen. Schon dies hätte ihn über die Brancli-
barkeit seines Dialek^MateriaIes stutzig machen sollen.
Erst gegen Schluss erhniten wir dann, auf verhSltnibimäesig
sehr knappem Räume (6 Seiten!), den eigentlichen Kernpunkt der
Abhandlung, nKmÜch einen neuen "Vorschlag für die Erklärung
einiger Anomalien in der Entwicklung von ae. i; e^ und h." Vf.
stellt hier das Lautgesetz auf, dass ae. palatnles c und ^g vor
einem 'open consonanl' (/", «, p, w, l usw.) d. h. vor eiueni Enge-
Laute, "nnfronUd" oder, mit anderen Worten, zur velaren Artiku-
lation zurückgekehrt seien'), und dass iu gleicher Stellung die ae.
1) Bttibring hat Beiblatt zur Anglia 9, 74 betont, dass ^s «ich
hier nicht um eine rückläufige Bewegung, sondern nur um ein Ver-
harren bei dem palatalen Verschlusse handei;. Entschieden stimme
ich ihm darin hei, dass nicht von einem 'xmfronthig' , einem Zurück-
kehren zur velaren oder niedi opalatalen Artikulation die Rede sein
darf, sondern dass auch in Formen wie ae. pytiM ein Hortgaumen-
verschtusa und zwar vermutlich noch ein sehr weit vorgeschobener
I
Wyld Coiiiribuiions in the History ot tha Englieh Gullurals. lOT
S^ibelanre j und A an Verschlusslanten geworden seien. Slalt nun
aber diese» LAulgesels dnrc^h amfnn^reicheABelegmaterinl zu stlitnen,
gebe er zur Dxüerung des Lautwandels über. Versuchen wjr nun
An ih-T Hand des serslreut vorgebrachten Macerinles die Uerecliti-
gung obigen OeHetzes zu prüfen, so ergibt sich, dsss es sich uro
zwei ganz heterogene Vorgänge handelt, die wir darum getrennt
betrachten wallen. Was zunKchst den Übergang von h (und j ülier
A] vor "/', s, p, l, w UKW.~ in k angeht, so iat es falsch, doss dieser
Lautwandel auch vor w und l eintrete. Vf. führt kein Beispiel dafür
an. und auch ich kenne keines, da bekanntlich A vor tönender Kon-
sonanz lautgesetdich im Ae. schwindet. Dass vor tonlosem Belbe-
lauie A die Neigung hat in k überaugehen, hat schon Kluge (Grdr.
1 *, 1006) erkannt. Vf. hat indes das verdienst, eine Anüahl weiterer
Beispiele aus me. Texten beigebracht zu haben. Wenn wir sie uns
nur nicht erst selber zusammensuchen mUssten! Nach der anderen
Seite ist aber die obige Regel auch äu eng gefasst: denn es han-
delt sich dabei nui jene weitverbreiCeite Neigung, beim Zusammen-
treffen zweier Reibelaute (tönender sowohl wie tonloser) den relativ
grossen Exspiracions-Aufwand dadurch zu reduzieren, dnsK man nn
stelle eines der beiden Spiranten den entsprechenden VerschluHS-
Uut eintreten Iftsst (s. Kluge im Grdr. 1^ lOOGff.: Mayhews Synopsi»
S768f.). Diea braucht aber nicht der t-rste Laut zu sein, auch der
Kweice kann zum Verschlusslaut werden, so dass z. B. ae. -h/> so-
wohl als -cp wie als ht erscheint; letzteres x. B. in ne. height aus
~ ~ hibtto, htehdu (neben ne. -dial. ekp) u, a. m.
Der ae. Reibelaut j soll vor 'f, d, p, ic, l uaw." sowohl zu k
zu g (Verse hluBsl au t) werden können. Einen direkten Übergang
Ton ae. j in ft vor «, p usw. gibt es aller nicht, da j vor stimmlosen
Reibelauten schon im Ae. zu h geworden ist, und somit in Dillen
wie me. likp (zu ae. Hegau) der cbcnbcsprochune Wandel von hp
xn kp vorliegt. Bei der Behauptung, dnss auch tönenden g in die-
sem Falle erscheinen könnte, dachte Vf. vermutlich an die beiden
8. ISl aufgeführten Dialektformen hagthom und hagicortn. Doch
beide Wörter beweisen \vieder gamichts: da« für Cumberland und
Lancashire belegte hagu-oi-m ist ein epeziflsch nördliches Wort fUr
•Natter' und zwar aus dem an. hqggormr 'Natter' entlehnt, so dass
hier einfach altes g bewahrt ist; das einzige hagthom kann nim-
mermehr sein tönendes g (statt k) dem folgenden stimmlosen (A
verdanken, zumal auch das Simplex als hag im Süden vorkommt.
Die andere Regel, dass palatale.a i und fg vor f, p, », le, t
Bew. als k bzw. g erscheinen, ist eine Einengung des allgemein
»ngenommenen Lautgesetzes, dass pnlatHlee {■ und ('■(/ vor Konso-
nanz die Dentalisntion und Assibillernng zu ti bzw. di nicht mit-
gemachr habe. Vf. meint dagegen, (lie Formulierung "vor Kouso-
nanz" sei zu weit, da vor Vernchlusslauien regelrecht der Übergang
f in ti eintrete. Beweis: die ma. Praierita cicenckfe, btenchte,
^Saw. aus ae, ctcenile, bleni^le usw. Doch er vergisst, dass daneben
•nch die Formen quninte, hieinte usw. vorkommen, und zwar in
allen Dialektgebieten, withrend die cA^Präterita nur in der sog. Ka-
fterinen - Gruppe belegt schelnnn; eine von beiden Entwicklungen
nindestens noch am mittleren, wenn nicht sogar vorderen Hart-
Kumen) gilt. Dagegen glaube ich, diiss man dennoch von einer
_LTt rückläufiger Bewegung insofern sprechen kann, als das ursprüng-
lich mouillierte c vor folgender Konsimanz uichtmonillirt absetzte
id spSter auch schon beim Ant>niz die Mouillierung aufgab.
108 Wyld Coutribuiious to tlie Historv of llie English Guttun
kann doe\i uur lautgesetzlieli sein. Die Reihe cwemte ubw. ist nun
entschieden di^ NonuAleuttricklnng: denu einerseits Isasl sie eich
ja ungezwungen aus mouilliertem c erklären {s. oben); andrerseits
wüsste ich kein Formenpaar, Tiach dessen Analogie sie ueugebildet
sein könnte. Formen wie cuenctife «u dem lautgeHetzIichen Iiitini-
tjve cwenchen aus ae. cwencan usw. erklären sieh aber teit-'ht als
Analogiebildungen nach dem Muster von ae. eSpan — dpte usw.,
das ja überhaupt in so grossem Umfange neuliildend gewirkt hat.
Damit füllt die einzipat« Stüt>Le für des Veifas-sers Hegel, und wai-
terhiu seine gnwAn Hypothewe von dem allesbe wirkenden CInfluss
der 'open consonimts', die wohl nur der Symmetrie wegen diese
Formulierung erbalten.
leb möchte noeh hinzufügen, dass ich auch laut physiologisch
keinen Grund wüsste, warum vor ( ae. c Kur mouillierten Afi'rikata
ti werden sollte, dagegen vor s, p uaw. nicht. Denn m. A. n. ent-
steht beim mouillierten Qaumen verschluss die AfFrikata tä nur da-
durch, das» der Verschluss auf der ganzen Berührungsfläche gleich-
aeitig und zwar allmählich iruit Durchgang durch eine Engenhiulungl
gelöst wird. Zu einer solchen Lösung liegt aber beim S^usammen-
treffen von -et kein Grund vor. da Formen wie Ueinte uns ja zei-
fen, dass auch ira EngllBcben die. Verbindung rt als Hartgaumrn-
pplnsiva + Alveolar- Explosiva gesprochen wurde. Freilich auf
die .Möglichkeit verschiedener Ein- und Absatz-Stellen, oder mouil-
lierter und nicht- mouillierter Bildung, sowie verschiedener Artikula-
tionsstelleu am Uartgaumen nimmt Vf. nirgendwo Kücksicht; er
begnügt sich niil der für die Gutturaifrage entschieden nicht aus-
reichenden Scheidung zwischen front und back. Demgegenüber
darf ich vielleicht, auf die Gefahr hin zu irren, kurz andeuten, wie
ich mir den ganzen Prozess der sog. Palatalisierung denke: der
schon im Geraeingerm, vor i/e am hinteren Hartgaumen gespro-
chene Verschlusslaut wird gemein-ingwSonisch vorgetrieben bis zum
mittleren Uartgaumen. Darauf tritt, wohl ebenfalls noch in kon-
tinuntalur Zeit, Mouillierung d«s Verschlusmis ein, indem das Berüb-
rungsgebiet zwischen Zunge und Hartgaumen vergrössert, der i'/e-
Artikulation angeglichen wird. Die Unbequemlichkeit, klar moui%
lierte Laute am mittleren Hartgaumen zu bilden, mag dann die
Artikulationsstelle noch weitv^r vorgedrängt haben und zwar zn-
nüchst zum vorderen Uart^aumeu. In diesem Stadium konnte
sehr leicht für mouilliertes alveolares ' ein ae. c geschrieben wer-
den, ohne dass darum, wie m^ist angenommen wird, die Laute in
Wirklichkeit völlig gleich gesprochen wurden, weil mottitliertee
alveolares ( und mouilliertes Vorder-Hartganmen-k akustisch einen
sehr ahnlichen Eindruck machen, was bei ihrem teilweise gemein-
sameu Versehlussgebiete nicht zu verwundem isL In Formen vor
Konsonanz ist vermutlich c nicht soweit vorgeschoben worden, son-
dern bei der mittleren Hartgaumen-Artlkulation stehen geblieben,
worauf dann zunächst beim Absetzen des Verschlusses die Mouil-
lierung aufgegeben wurde und schliesslich reiner Hartgaumen-Ver-
flChlURs übrig blieb. Wann die Artikulation noch weiter vorrückte
Kum mouillierten Alveolar-Verschluss, wissen wir nicht; einen siche-
ren Beweis, dass dies schon im 9, Jh. geschehen, vermag ich, —
darin stimme ich Sweet und Wyld gern bei — , in Schreibungen
wie oiceard für ortgeard nicht zu erkennen. Nachweislich ist diese
Artikulaliousstelle erreicht im Anfang des 13. Jh., vermutlich aber
schon ein bis drei Jahrhunderte früher, da wir um die Mitte des
13. Jh. schon den weiteren Schritt, die Entwicklung der mouillierten
alveolaren Affrikata {ii), in Schreibungen mit Icn völlig gesichert
Wyld Contributions to the History of the English Gutturals. 109*
sehen. Auch ob die Entstehung- einer Affrikata^) schon auf palata-
lem Gebiete stattfand (also kx)i wie z. B. Bülbring annimmt, oder
erst auf alveolarem, wie mir wahrscheinlicher ist, lässt sich nicht
entscheiden. Dagegen möchte ich noch einmal betonen, dass die
Lösung des Verschlusses das entscheidende Moment für die Ent-
stehung von ts ist, dass also einmal der Verschluss mouilliert, d. h.
gleichzeitig auf der ganzen BerührungsflKche, gelöst werden muss
und dass zweitens die Artikulationsstelle im Augenblick der Explo-
sion den Ausschlag gibt, daher Formen wie ae. prica oder stictan
aus *stic6janf mit palatal eingesetztem, aber velar abgesetztem k,
nicht den Wandel zur Alfrikata aufweisen.
Zum Schluss bietet uns Wyld nochmals Tabellen, darunter
eine vielversprechende über anomales k und g in der ne. Schrift-
sprache. Aber auch diese zerrinnt bei näherem Zuschauen. Be-
trachten wir nur die 16 Wörter, in denen k statt ch stehen soll?
vier davon {duck, shriekf snacky tweak) sind etymologisch un-
durchsichtige Schallnachahmungen; bei weiteren 6 liegt nachweis-
lich velar es c im Ae. zu Grunde, nämlich ne. ache aus ae. acan,
prick aus prictan, bezw. prica, reek aus riocaUj smack aus svicecy
stick aus stictan (neben stitch aus ^^idc), wäke b.vls wactan\ dasVer-
bum tcork (gegen ae. wyrcan) ist längst als Herübernahme des
Substantivs (ae. w[e\orc) erkannt. Es bleiben also überhaupt nur 5
Wörter übrig, in denen wir wirklich ch statt k erwarten sollten:
von diesen ist das Substantiv link 'Feld' klärlich ein nördliches Dia-
lektwort, das höchstens in der Verbindung golf-link Bürgerrecht in
der Gemeinsprache erworben hat. Bei dem offenbar nicht volks-
tümlichen Worte bishoprick ist ck erst im 16. Jh., vermutlich unter
gelehrtem Einflüsse, eingeführt an Stelle des im Me. geltenden ch.
Und die drei Verba reck, seek, think erklären sich ungezwungen
nach der bisherigen Annahme als Übertragungen aus den synko-
pierten Formen der 3. Pers. Sing. Präs., die ja auch in zahlreichen
anderen Fällen im Me. verallgemeinert erscheint.
Mein Urteil fasse ich dahin zusammen, dass wir dem Vf. für
das reiche, wertvolle Material dankbar sein, jedoch seine neuen
Erklärungsversuche ablehnen müssen.
Würzburg. Max Förster.
Chad^ck H. M. Studies in Cid English. Separatabdruck aus den
Transactions of the Cambridge Philological Society, vol. IV. Lon-
don C. J. Clay and Sons 1899. 173 S. 6 Sh.
Der Verfasser bietet im vorliegenden Hefte eine Reihe von
Untersuchungen zur urenglischen und frühaltenglischen Lautge-
schichte. Hauptsächlich ist dafür das in H. Sweets "Oldest English
Text6"..(London 1885) enthaltene Material benutzt.
Über ein Drittel des Raumes (66 Seiten) ist ausschliesslich den
ältesten Glossaren gewidmet. Auf Grund von vollständigen Listen
der dialektisch oder zeitlich verschiedenen Formen im Epinaler,.
1) Der Versuch Hempls (Anglia 12, 375—383), die Entstehung
der dentalen Affrikata bis vor das Jahr 700 zurückzudatieren, hat
für mich nichts überzeugendes.
110 CliAdwick Studies iu Old EiigtUh.
Erl'urter und Corpus -Glossar,., sowfe der zuffehfirig'en Übt'reiiislim-
monden, wird die Treue der Überlieferung, das Alter und die Mund-
art der Texte und ihrer Vorlagen behutsam uud umsichtiff erorten.
Dieser Abschnitt bildet eine wertvolle ErgHnzuiig zu F. Dieters
Dissertation (Göttinnen 1885).
Ein Teil der übrigen Äbsi;huitte beschiittigt n'mh hauptsächlich
mit den ältesten nordhumbrisehen Texten und dem Vespasiansclu'ii
Psalter, wAhrend andere Kapitel allgemeinere Fragen behandeln.
Meist ist die Abeicht des Verfassers auf eine genauere Feststellung
der Reilienl'olge, womöglich auch der Zeit der lautlichen Übergänge
ferichlet. Ausserdem werden mundartliche Unterschiede sorgsam
eransge arbeitet. Seine gründliche Kenntnis der übrigen altger-
manischen Dialekte kommt ilim dabei vortrefflich zu statten. An-
derseits macht sich zuweilen seine Unerfahren he it in der spHtereii
«nglischen Sp räch gedieh ichte filhlhar.
Wie das Vorwort erklärt, waren die Abb&ndiungen bereits
im Api'il 189S vollendet, mehrere Monate vor dem Erscheiuen der
dritten Auflage vim E. Sievers' Angelsachsischer Grammatik. Daher
werden noch mehrere in der »weiten Auflage enthaltenen Erklä-
rungen angefochten, die iu der neuen verbessert sind. Immerhin
ist die Erörterung der Gründe nicht ganz überdässlg. In nachtrüg-
lich zugefügten Fussnoten wird übrigens in solchen Füllen hervor-
vorgehoben, dass Sievers inzwischen selber die richtige ErkUmng
fegebeu hat. In ein paar andern lehnt der Verfasser Sieverü' neue
heorien ab; wie mir scheint ohne stichhaltige Gründe. Z. B, wird
Sievers' Erklärung von ws, leoht nordhumbr. lehl 'lelchf (S8i, 2 n.
165 Anm. 2) doch auch durch nordhumbr. biticin Li. '«wiachen' he*
verfehlt erscheinenden Ansichten in dem Buche, zumal I
meine abweichenden Autfassungen vieler Dinge bereits vor dem
Erscheinen desselben an andern Stellen ausgesprochen und begrOn-
-det habe. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass der Ver-
fasser meine Artikel nicht gekaunt hat, obgleich der älteste bereits
im Jabre ]896 erschienen ist. und dase wir anderseits manchmal zu
denselben oder ähnliehen Rnsultaten gekommen sind. Man sehe
AngÜa Beiblatt 7, 71-74; 9, ti6-78 und 89-111; auch die späteren
Artikel iu derselben Zeitschrift 9, 289— :»0 und 10, 1—12; sowie
einen erst im nächsten Heft der Englischen Studien (27, 1) erschei-
nenden Aufsatz.
Auch L. Morsbachs Artikel Angüa Beibi. 7, 323-332, ist ihm
unbekannt gehlieben.
Für die Leser dieses Anieigers hat vielleicht das meiste In-
teresse ein Kapitel über din Konsonantendehnung vor j und die
Flexion der jo-Stämme (12 Seiten), und eine kui-ze Fussnole (auf
Seite 62). In der letzteren wird darauf hingewieseu, dass der ne.
Ausgang -an {-en) der starken Fartizipia Praeteriti nicht dem ahd.
■an gieichgestetlt werden könne, sondern ein idg. -e- enthalten müsse;
ursprünglich habe das Englische wohl zwischen -ana- (aus -ena-)
und -i»u- geschwankt, da^s x. B. in fomleginavi (Ep. 7441 erhalten
sei. Dass wir einen urgerm. a-Umiaut des -e- auch in Ableitungit-
silben annehmen müssen, ist mir aus dem Ae. (uud An.) schon ge-
raume Zeit klar, namentlich wegen dieser Partizipion auf -an. Er
kann feiner vorliegen im Gen. Sg. der o-Stämme -tE« {-es) und in
verschiedenen anderen ae., aber ebenfalls zweifelhaften Formen.
Sirherer sind die as. frünk. Formen des Gen. Dat. Sg. hauen namen
und der ahd. Gen. Sg. lagen usw., wofür W. Streilberg bereits (L"r-
Borgeld Ue Oudooslnederfraiikiscbe Psnlmen. 111
^ermsiiiBChe Grammatik, g 65 Anmerkutifr] EHinltiui^ des e unter
dem EinllUBH des ursprüuglich l'olgcndeu o {'kanenon ''dhoghtHo)
-vermutet hat. Für dus Ae. ist bemerkeuswert, daiss das naehtoiiige
t in der älteutea historistheii Zeit nouh seine sehr otfeiie Aussprache
bewahrlc, wie deutlich aus der hlkuligeii Schreibung ae hervorgeht;
■wohingegen das hatipttonige S (in tre^ usw.) bereits im Frühureii";-
lischen zu geechlossenem « verengt war (wie a zu « usw.). Beach-
tenswert is[ ferner, was Sievers " ä BGü Aum. '2, andeutet; nämlich
datia im frühesten Ae. dem Austrank -an in öen unflektierten For-
man des Part. Pit. -in- in den flektierten gegenüber steht igibaen,
Aber forUginum). Dies scheint teilweise daran ku liegen, dass daa
ursprüngliche e in den letzteren Formen schwHclier betont war als
im Nominativausgang -eiiaz usw. Nur durch einen folgenden minder
betonten Vokal kann e Umlaut erfahren (z, B. in -tTtas); folgte da-
^egen eine schwere Endung, bo ging e in » über (daher fwleginvm).
Leider ist dem Buche kein Indei beigegeben. Einen Index
zu meinen Aufsiltzeii will ich in meinem "Altengl Ischen Elemeniar-
buch" oder an anderer Stelle nachliefern.
Groningen (Niederlande). K. D. Bülbring,
Sorgeid A. De Oudooslnederfrankisehe Psalmen. Klank- en vorm-
teer. (Gi'oninger Doktordissertation). Groningen Wollers 1899.
VllI und U> S. H".
Die Einleitung dieser Schrift unterrichtet kurz über die Ge-
«ehichte der in einzelnen fragmentarischen, frühestens aus ilem
17. Jh. stammenden Abschriften aus einer alten, jetzt verschollenen
Hs- auf uns gekommenen interlinearen Psalmen glossierun^ sowie
der aus derselben alten Hs. geflossenen Glossen des Justus Lipsius.
Borgeld schliesst sich mit Reclit der von Cosijn begründeten Au-
flebt au, dass die Hs. im fistlichen Niederfranken zu Hause gewe-
«nn sei, und welter van Heltena Ausicht, dass sie eine Umschrirt
aus einer mittelfrlink. Glossiemng darstelle, deren Spruche sie in
4lcn ersten Psalmen getreuer bewahrt hatte. Jedenfalls stammen
' ilie ersten Psalmen aus derselben verschollenen Hs. wie die in
afrnk. Sprachformen gehaltene Hauptmasse, und bei der grossen
Übereinstimmung in beiden Teilen, die sich iroia dem dialektischen
Unterschiede selbst auf die Sprachformen erstreckt, müssen sie auch
1 ivarber in der engsten Beziehung untereinander gestanden haben,
Dia kann ich miraber nur so vorstellen, dass der letzte Bearbeiter
BUnächsl die mfrnk. Gloi.sen wöitlicher eintrug, dann aber, entweder
I «-Ibst aufmerksam geworden oder von autoritativer Seile darauf
I hingewiesen, dasB es so für den Zweck nicht gut sei, sich zu einer
llmachrift in die eigene Mundart enischloss. Diese wird, wie ich
' xueine, in einem Teile des östlichen ntrnk. Gebietes zu suchen sein,
wo das Fränkische noch mit einer mehr anglofries. Mundart zu
kitmpfen hatte. Auch die Psalmen scheinen mir ein Beweis dalür
KU sein, datis das Anglofries. urtiprünglich einen grossen Teil Nie-
derdeutschland!« einnwbm und erst sehr allmählich von (VHnkischen
«der sächsischen Mundarten verdrängt wurde.
Inbelreff van Heltens, von seinem Schüler B. vertretener An-
I.^Cht über die Sprache der beiden Teile der Psahnen, wie sie sich
änch einer Polemik mit Cosijn schliesslich gestaltet hatte, hat sich
112 Borgeld De Oudoostnederfraiikische Psalmen.
nachträglich, im Anschluss an B.s Schrift, eine neue Polemik zwi-
schen Gombault und van Hellen erhoben in Taal en Letteren 9,
451 ff.; 521 ff.; 10, 113 ff.; 118 ff.; 209 ff\; 212 ff. Gombault beabsich-
tigt eine sehr wünschenswerte Neuausgabe der Psalmen. Die Punkte
seiner Polemik bedürfen einer nochmaligen gründlichen Prüfung,
und nach dem oben gesagten kann ich dem in Aussicht gestellten
Nachweis ''dass nichts uns anzunehmen berechtige, die Ps. 1—9 der
Wachtendonkschen Hs. seien in einer südlicheren Mundart als die
andern geschrieben" grade nicht mit Vertrauen entgegensehu.
Als eigentliche Aufgabe setzt B. sich eine genaue statistische
Darstellung der Laut- und FlexionsverhHltnisse. Er zeigt sich gut
unterrichtet und hat, so weit ich sehe, eine lückenlose Arbeit ge-
liefert, deren Brauchbarkeit erhöht wäre, wenn er sich hätte ent-
schliessen wollen, wenigstens ein ausführliches Register als schwa-
chen Ersatz für eine lexikalische Bearbeitung hinzuzufügen. In der
Auffassung der Einzelheiten wagt er kaum die leiseste Abweichung
von van Helten, so dass wir eigentlich nicht von B., sondern von
van Helten-Borgeld zu sprechen haben und neben manchem guten
auch all die Unrichtigkeiten der van Heltenschen Methode, .die vor
allem in der willkürlichen Annahme in sich unglaublicher Übertra-
gungen gradezu schwelgt, mitbekommen. Wir haben es bei diesen
Texten mit Abschriften zu thun, die von Fehlern und Missverständ-
nissen wimmeln, und denen gegenüber noch viel mehr Misstrauen
geboten ist als es so wie so schon angewandt wird. So sind m. A. nach
z. B. nicht nur gequahlit und gequalhit für 'coagulatum* sondern
auch das gleichbedeutende ^cwwaZii^ zu vereinigen ; sie gehören, al&
gequahlit^ zu dem bei Diefenbach (s. v. coagulum) und mnd. be-
zeugten quagel aus coaguluin; so ist es doch richtig die verschie-
denen irrot und rod (Gl. 621; 624; 626; 773) in irruart zu verbes-
sern; so ändere ich farschiton GL 300 in farscltton usw. So ist es
auch nicht gerechtfertigt, wenn die von Heyne vorgenommene und
von mir Zs. f. deutsches Altert. 40, 9 begründete Änderung des Nom.
Sg. Mask. thia in thie nicht weiter beachtet wird. Ist bei einem
solchen Text eine ins einzelne gehende Laut- und Flexionslehre
überhaupt schon misslich, so ist es noch viel misslicher, die Dinge
nun auch noch mit einer Methode die willkürlich einmal die Er-
scheinungen als Schreibfehler das andere Mal als bedeutungsvoll
nimmt zu erklären. Wenn diese Methode mit Bestimmtheit eine
grosse Anzahl der Formen als Rückstände aus der mundartlich ab-
weichenden Vorlage erklärt, so mag sie damit unter den obwalten-
den Umständen öfter das richtige treffen; aber noch öfter dürfte
sie ins blaue gehn. In dem Schreibfehler farutiirp will B. (S. 112)
eine spätere mnl. Präteritumsform tvierp erkennen und überträgt
die Erklärung auch auf 4 Fälle wie uuirpon (statt nuurpofi), in
denen allen es sich doch um die Lautfolge umi handelt, und also
gewiss nur ein Strich vergessen ist.
Auf Einzelheiten einzugehen fehlt hier der Raum. Doch sei
bemerkt, dass B. sich in Bezug auf gethuuing § 31, 3 selbst wider-
spricht und § 84 f. bei hec^hnot^ teignon^ beceignedo übersieht, dass
auch durch mnl. teechenen ein germ. Haign- (neben taikn-) voraus-
gesetzt wird. Es ergibt sich dass die Schrift als zuverlässige Ma-
terialsammlung gute Dienste leisten kann, während weitere Schlüsse
die sie zieht stets der Nachprüfung bedürfen.
Bonn. J. Franck.
D^Arbois de Jubainville Etudes sur la langue des Francs usw. 113
D'Arbois de Jubainville H. Etudes sur la langue des Francs k
I'epoque m^rovingienne. Paris 1900. 232* und 110 S. 6 frs.
Im Vorwort teilt uns der bejahrte Verf. mit, dass er schon
vor Jahrzehnten den Plan gefasst habe, ein Wörterbuch der frän-
kischen Sprache zur Merovingerzeit zu schreiben, und dass der
erste Entwurf dazu schon 1869 fast vollendet gewesen sei. Aller-
hand Umstände wirkten zusammen, dass die Arbeit damals liegen
blieb. Nach fast 30 Jahren hat dann der Verf. die Arbeit wieder
vorgenommen und auf den heutigen Stand der Wissenschaft zu
bringen gesucht. Allein er überzeugte sich bald, dass es ihm nicht
mehr möglich sei dieses Werk zu vollenden, und so erschienen diese
"Studien" durchaus nicht mit dem Anspruch etwas Fertiges zu bie-
ten, sondern nur als Anregung für Jüngere, ein Werk über die tränk.
Sprache zu schreiben, wie es ihm vorgeschwebt. In einem Nach-
wort nimmt sodann der Verf. in bewegten Worten Abschied von
seinem, ihm lieb gewordenen germanistischen Bücherschatze. Diese
persönlichen Angaben charakterisieren wohl das ganze Werk zur
Genüge und überheben den Rezensenten der Pflicht, der Masse von
unrichtigen und ungenauen Einzelheiten entgegenzutreten.
In den ersten Kap. werden die verschiedenen Formen der
Königsnamen, ihre Bedeutung und endlich die Bildung der Kurz-
namen umständlich besprochen. Letzteres Kap. lehnt sich fast ganz
an Starck an; was sich von neuen Vorschlägen findet, ist verfehlt.
So soll z. B. DodOf das als Zuname eines Gundegisilus belegt ist,
aus dem letztern durch Reduplikation der zweiten Silbe des ersten
Bestandteils über *Dedo entstanden sein! Durch dasselbe Verfahren
soll Dado aus Audoenus gewonnen sein. Nicht minder verwunder
lieh klingt es, wenn Pippinus als Doublet von Pöpo (aus Böbo) er-
klärt wird, woraus er sich durch Umlaut entwickelt hätte, u. dgl. m.
Dass das 4. Kap., das eine Reihe grammatischer Beobachtungen ent-
hält, zumal bei der höchst mangelhaften Kenntnis der neueren Lit-
teratur, wertlos ist, wird angesichts solcher Behauptungen keiner
nähern Ausführung bedürfen. Der zweite Teil des Werkes gibt
Bruchstücke eines fränkischen Namenbuches: es umfasst die Namen
Abo — Berctho und Kompp. An Material ist nicht viel Neues bei-
gebracht. Manche Namen sind falsch erklärt und unrichtig einge-
ordnet, z.T. in Anlehnung an Förstemann; so wird z.B. Echarigus
unter die mit Agi- komponierten Namen gestellt. Demgemäss sind
auch die regelmässig beigegebenen Übersetzungen nicht selten
weder glücklich noch richtig: An so verfehlten Übersetzungen, wie
Beracharius 'celui qui a itne trotip de cochons\ oder Ancebercthus
'brillant par les jmnbes* ist in dem Buche kein Mangel.
Basel. Wilh. Brückner..
Finck F. N. Der deutsche Sprachbau als Ausdruck deutscher Welt-
anschauung. Acht Vorträge. Marburg Elwert 1899. Vlll u. 123 S.
80. 2 M.
In frischer, unmittelbar wirkender Schreibweise — die Schrift
ist aus einer Reihe von Universitäts- und Ferienkursvorträgen er-
wachsen — bietet uns der Vf. eine trotz gewisser Mängel immerhin
sehr lesenswerte, anregende Untersuchung über den Teil der geisti-
gen Eigenart des deutschen Volkes, welcher sich in dessen Sprach-
bau offenbart. — Ausgehend von einer etwas modifizierten Darstel-
Anzeiger XII 1. 8
114 Finck Der deutsclii^ Sprai'hhau usw.
lung der BvTneächen Theorie, derzufol^t^ ein und daKKclbe Ohjekt
bei verauhiedenen Subjekten .je nach deren Reizbarkeil einen ver-
schiedenen VorstelluDgs- und Gefühlsverlauf hervorruft, behauptet
der Vf. lür die Traget der idg, Sprachen bei durch sc liiiitl lieh mitt-
lerer bis grosser Reizbarkeit anullherud gleiche Stürke vou Vnr-
Btellungen and Gefühlen, und engt nach einem kunteu {Iherblick
über die andern Snrachslltmme, deren TrUgeru durchschnittlieh ge-
ringe oder grosse Keizbarkeit zukomme, und einer gedrängten Cha-
rakterlatik der bekannteren idg. Sprachen den Umfang der Unti-r-
suehung zunächst anf das Germanische, sodann auf das Deuit>che
ein, mit folgendem Ergebnis (S. 48): "Innerhalb des Germanischen
scheinen sich keine graduellen Unterschiede der Reizbarkeit nacli-
veisen zu lassen, wohl aber ein solcher der Art, insofern, als das
Deutsche mehr Gefühl sum Ausdruck bringt als das Knglische,
Schwedische. Dänische und Niederlitndischc." Von hier aus kehrt
sich die Methode um, denn (S. 49]; 'unabhängig von der [notwen-
digen] Einwirkung des Temperamentes macht sich noch eine Fülle
von andern, unberechenbaren Einflüssen geltend . . ,; es empfiehlt
sich daher auch für unsre weitem Betrachtungen nicht mehr, zu
fragen : wie wirkt dies, wie wirkt das auf den deutschen Sprach-
bau? . . . wir werden [vielmehr] . . . fragen müssen: was verrXt
uns diese, was verrät uns jene grammatische Eigentümlichkeit?"
DemgemUss entwirft der Vf., nachdem er (S- 49 f.) betont hat, dass
sich auch dabei die Rücksichtnahme auf die Getlihte nfchl werde
vermeiden lassen, welche mit den xuni Ausdruck zu bringenden
Vorstellungen verbunden seien und um ileren Äusserung es dern
Sprecher oft gerade zu thun sei, auf S. Sl den Plan der weitem
ünterauchimg : "Im 1. Abschnitt soll zunllchst uulersuclil werden,
wie weit die der formellen Einteilung des Wortschatzes zu Grunde
liegende Klassifikation der VoTstellungen als eine dem Deutschen
eigenartige anzusehen ist, und wie sich dieses eigenartig Deutsche
erklart. Dann soll festgestellt werden, welche von den Mitteln, die
zur nlihern Bestimmung einer einzelnen Vorstellung dienende Be-
ziehungen und Modifikalioneu bezeichnen, besonderer Beachtung
wert sind. Im 2. Abschnitt werde ich festzustellen versuchen, in
welcher Reihenfolge die einzelnen Glieder des deutschen Satzes
zusammengefügt werden, und was sich aus dieser Wortstellung auf
Grund allgemeiner ErwHgungen sowie im Hinblick auf die andeni
uns bekannten Sprachen erschliessen Isssl. Im 3. Abschnitte end-
lich soll klargelegt werden, welche Beziehungen zwischen den ein-
zelnen Vorstellungen einerseita, sowie zwischen der Rede und dem
Redenden anderseits erfasst werden, wie man sie «um Ausdnick
bringt, und was beides von deutscher Weltanschauung mid im be-
sondern von deutscher Geisteskraft verrät." Auf die Einzelheiten,
diu in diesem Rahmen xur Besprechung kommen (Zusammenfall
des prKdikativen Adj, mit dem von ihm abgeleiteten Adv., Schicksal
des grammatischen Geschlechtb, Stellung des attributiven Adj. und
des nominalen Subjekts. Art der Satzverbindung, SubjcktiviiAt des
Verbs) kann ich hier nicht eingehen. — An der Methode des Vf.
ist jedenfalls zu loben, dass er sich bemüht hat, die Erscheinungen
niemals vom engen einzelsprachlichcn, sondern stets vom verglei-
chenden Standpunkt tu behandeln und so in einen grösseren Zn-
sammenliang zu stellen; auch dass er im letzten Teile »e.iner Unter-
suchung die kulturelle Stellung der Tdg. und Semiten gegeui"
den scheinbar auf gleicher HBhe stehenden Chinesen, Ägjrpf
Mexikaneni für die Überlegenheit der idg. und semitifrcheii S
ehen ins Tretfcn führt und dabei Anschauungen vorlrÄjl, dtej
Finck Der deutsche Sprachbau usw. 115
kürüüch auch von Vit-rkandt im 3. Bande der Heltiierecheu Gnogr.
Za. verteidig! worden sind, nimmt für ihn ein; noch mehr die durch-
»un freudig zu hegrüssende, auf der Experimentalpsychologie fus-
Bende Einleitung Über dns Wesen der Sprache. Um so unbegreif-
licher ist es, dass der Vf. den verBweifelt an die alte VeruiJigens-
theorie gemahnenden Theoremen Byrnes eine so gn-osse Bedeutung
beimisst und, wohl hauptsächlich unter dereu EinHuss, auf eine Cha-
rakteristik der deutschen Sprache hiuHuskommt, die den gänstigeu
Eindruck, welchen da« Buch sonst macht, zum groBsen Teile wieder
verwischt: sie sei eine nichts weniger als zierliche, aber starke Sub-
JeklititSl, daher Sinn für Kausalität verratende und durch Neigung
BUm Einschachteln der SAtze den Beweis lür vollbrachte Gedankeu-
■ «rbeit liefernde und zu solcher anregende Sprache. Das ist eine
[jener PseudochiirakteriBtlken. gegen die «ich mangels auf der Höhe
i'der Zeit stehender völkerpäychologischer Spezialuntersuchungen —
I diimalii, als der Vf. sein Buch schrieb, beRassen wir ja noch nicht
l«lnmal den Anfang von solchen, wie «r jetzt in einzelnen Kapiteln
Ivou WundtB Völkerpsychologie vorliegt — zwar nichts Bestimmtes
l«lnwenden lässt. die aber, davon bin ich fem überzeugt, verschwin-
' den werden, sobald die für eine wirkliche Sprachencharakteristik
nötigen Vorfragen {vgl. Zs. f. roman. Philol. 23, 652 f.) gelöst sind.
Um so mehr sollte man sich solcher Pseudochnrakleristiken enthal-
ten, besonders wenn man wie der Vf. (S. II) diese Sachlage kennt;
täe gehen notwendigerweise ein schiefes Bild und den Schein einer
Lösung, von der wir noch hininielweil enttemt sind.
i'ipzig, 0. nittrich.
Iitebicli B. Die Woi'thimilien der lebenden hochdeutschen .Sprache
als Grundlage für ein System der Bedeutungslehre. Nach Heynes
deutschem Wörterbuch bearbeitet. 1. Band. Breslau Preuss u.
Jünger 1899. VlII u. 522 S. 8". 10 M.
Wer mit dem laiiciläufigen Begriff von Wortfamilie oder -sipiie
0ti dieses Buch herantritt, wird nicht ohne Verwunderung Zusnm-
ioenstellungen lesen wie «6 (mit her-, kw-e-, baeh- usw. -ab), aber,
"* T-, von (mit da-, hier-, wovon); acltten (mit Ac/U, Achtung, ac/tf-
t, usw.), Auge (mit Gi-osn- nsw, -aune, augiy, tiugfn, usw.], Bake
(mit Feuerhake); Ähre (mit Derivaten], Eck (m. Der.); A}aen, Zun-
sehen-, SchluB»akt, Pilgrim (m. Der.); ireiw (m. Der.), reiKcAe»),
FeHeisen; Mansarde, Manete, MUme (m. Der.], Mutter (ni. Der.);
nobel (m. Der.), Note (m. Der.), »ackerlot; Zieche (m. Der.), Apotheke
(m. Der.}, Hypothek; er wird vielmehr nur geneigt sein, Sippen an-
zuerkennen wie die unten S. 120 Z. 23 ff. angeführten. Aber des Vf.
Be^ifT von Wortfamilie ist eben nicht der landlfiuHgB, sondern
weicht von diesem in einer Weise ab, die es ihm ermöglicht, "alle
Worte {zu einer Familie] zu vereinigen, die wir auf Grund unsres
Sprachgefühls, unterstützt durch Sprachgeschichte und Etymologie,
als verwandt ansehen." Unter "Wortfamilie im weitesten Sinne'
versteht der Vf. nHmlich (S. ß| "alle uns bekannten Worte des«elbeu
Sprachstammes, die aus derselben Wurzel hervorgegangen sind",
unter Wurzel "einen LautkomplcK mit einem Bedeutungszeutrum,
die beide, i^'enn auch noch so umgewandelt, in sHmilichcn Ablei-
tungen nachweisbar sein müssen." Gestützt auf diese beiden De-
finitionen und nul' Krwligungen allgemeiner Art nnternimiiit er es
116 Liebich Die Wortfamilien der lebenden hochdeutsch. Sprache.
(S. VI:) ''einen Leitfaden durch das Labyrinth zu schaffen, als wel-
ches das alphabetische Wörterbuch von einem höheren Standpunkt
aus erscheint" ein Wortfamilienbuch, das (S. V:) "in noch so vielen
Einzelheiten verbessert werden kann, aber als Ganzes bleiben wird^
da es thatsftchlich vorhandene Beziehungen zum Ausdruck bringt,
die bei der alphabetischen Anordnung zu Gunsten einer raschen
und sicheren Benutzung geopfert werden müssen." Als geeignetes
alphabetisches Wörterbuch könne dabei nur der Dreibänder von
Heyne in Betracht kommen, denn nur in diesem seien (S. 10:) "Stre-
ben nach Vollständigkeit und Würdi^ng der besten Schriftsteller
unsrer eignen Zeit miteinander vereinigt", und infolge planmässiger
Quellenbenutzung (S. 504:) "die zum Begriffe der hochdeutschen
Gemeinsprache zu rechnenden Stammworte und Ableitungen nahezu
vollständig, von den Zusammensetzungen die wichtigsten und ge-
bräuchlichsten aufgeführt", wodurch es "dem Ideal eines Abbildes
der wirklichen Sprache in den richtigen Proportionen am nächsten
komme." Dem gegenüber fällt allerdings auf, dass es L. trotzdem
noch für nötig gehalten hat, Zusätze zu machen, welche — es han-
delt sich vor allem um Komposita — (S. II:) "besonders empfind-
liehe Lücken ausfüllen sollen, wie sie bei der Zusammenstellung
unter dem regierenden Gliede sichtbar wurden"^). Auf dieser Grund-
lage werden nun als 1. Teil (S. 17—501) des vorliegenden I.Bandes
die Worte der lebenden nhd. Sprache zunächst so zu Familien zu-
sammengestellt, dass (S. 12:) "die über den einzelnen Sprachzweig
[d. h. das Germ., Lat.-Rom., Griech., usw.] hinausreichende Urver-
wandtschaft noch nicht berücksichtigt, also der Begriff Wortfam.
noch nicht im weitesten Sinne genommen" wird; einige Proben des
Ergebnisses habe ich eingangs mitgeteilt. Von dem 2., ursprüng-
lich ganz für den Schlussband bestimmten Teil wird uns anhangs-
weise (S. 504—21) der Anfang geboten: eine Zusammenfassung der
Familien des ersten Teiles zu folgenden Kategorien: 1. Idg. Fami-
lien, 2. Germ. F., 3. Hochd. P\, 4. Entlehnungen aus dem Lat.-Roman.,
5. aus dem Griech., 6. aus andern idg. Spr., 7. aus nichtidg. Spr.,
gefolgt von einer statistischen Übersicht der (2680) Familien und
(47531) Worte, in welcher der Anteil der Idg., germ. usw. Familien
an dem Gesamtwortschatz in Prozenten ausgedrückt wird; auch
dabei kann man sich eines gewissen Staunens nicht erwehren, wenn
1) Die Art, wie der Vf. bei der Ausfüllung solcher Lücken
zu Werke gegangen ist, muss ich leider als ganz unsystematisch
bezeichnen: die Zusätze fehlen fast durchweg gerade an den Stellen,
wo sie am nötigsten gewesen wären: bei gewissen Familien, die
nur ein oder ein paar Worte enthalten, während doch (mehr) Ab-
leitungen und Zusammensetzungen dazu allgemein üblich sind ; vgl.
Farn. 25 AhlCy 19 Ada7nf 33 Alkohol, 29 Akademie, 64 Apostel, usw.
Dadurch, dass all diese Wörter als isoliert oder fast isoliert hinge-
stellt und so denen gleichgestellt werden, welche wirklich isoliert
geblieben sind (vgl. Andorn, au, usw.), mehr aber noch dadurch,
dass bei solchen Wörtern, die als scheinbare oder wirkliche End-
glieder von unzähligen Kompositis vorkommen, launenhaft bisweilen
nur wenige, bisweilen aber auch ziemlich viele aufgenommen wer-
den (vgl. -ähnlich mit 3, lei mit 21, *'artiy mit 41, -voll mit 85 De-
rivaten), erleidet die Statistik am Schlüsse des Bandes einen argen
Stoss. Hier hätte der in den Augen L.s sprachwissenschaftlich wert-
lose Sanders mit seinen "reichen, aber unverdauten und unüber-
sichtlichen Stoffmassen" recht gute Dienste leisten können.
Liiebich Die Wortfamilien der lebenden hochdeutsch. Sprache. 117
man erfährt, dass z. B. Ahnanach, Barke^ Bibeln Ebenist usw. Lehn-
MTorte aus dem Ägypt. sein sollen, dass wir den Esel aus dem Su-
merischen oder den Smaragd aus dem Skythischen bezogen haben
sollen. Der noch ausstehende Rest des 2. Teils soll (vielleicht unter
anderm? vgl. die S. 503 angedeutete Anwendung der "synonymi-
schen Methode als sekundäres Einteilungsprinzip") nach §. 13* ein
weiteres Verzeichnis bringen, in dem die Vertreter der einzelnen
Sprachzweige im Nhd. nicht, wie in den eben erwähnten Katego-
rien, unter dem im 1. Teil gebrauchten Stichwort (z. B. Frett^ fak-
tisch, Staat, Interesse), sondern unter dem einheimischen Stammwort
(ferre, facere, stare, esse) aufgezählt werden. — Was ist nun der
Zweck dieser Zusammenstellungen? L. spricht sich darüber S. 503
so aus: "Grundlage für jedes wissenschaftliche System ist die zweck-
mässige Anordnung des betreffenden Materials. Das Material für
■eine deutsche Bedeutungslehre ist der Wortschatz, in erster Linie
der Wortschatz der jetzt lebenden Sprache; eine übersichtliche und
■sachgemässe Gruppierung desselben war daher das Ziel dieses Ban-
des . , . Eine auf die Verwandtschaft der Worte gestützte Eintei-
lung der Worte, wie sie schon Pott in seinem Wurzelwörterbuch
der idg. Spr. versuchte, darf gegenüber der äusserlichen alphabe-
tischen und der schwankenden synonymischen als das natürliche
System der Worte einer Sprache bezeichnet werden.*' Nur geht
der Vf. nicht wie Pott von der idg. Grundsprache aus, sondern
wählt die rückwärts blickende Betrachtungsweise, aus wissenschaft-
lichen (S. 503 f.) und praktischen Gründen; imter letztern schlägt
er (S. 7) besonders den hoch an, dass man bei Voranstelluug der
hypothetischen Urform und Unterordnung der thatsächlich vorhan-
denen Bildungen unter diese mehr als nötig von der wechselnden
Tagesmeinung abhängig werde*). Auf diese Weise glaubt der Vf.
wenigstens fürs Deutsche die Grundlage für ein System der Bedeu-
tungslehre geschaffen zu haben (S. I:) "der Bedeutungswandel des
wurzelhaften Bestandteils der Worte ist der bisher am wenigsten
studierte, aber nicht der einzige Teil der Bedeutungslehre. Es wird
später zu zeigen sein, wie auch die bisher unter Formenlehre, Syn-
tax und Stilistik, aber ungleichmässig und ohne Innern Zusammen-
hang behandelten Gebiete: Zusammensetzung, Wortbildung, Wort-
blegiing, Satzbildung, Satzfügung sich sozusagen organisch an den
hier gemachten Anfang anschliessen lassen (vgl. dazu vorläufig Zwei
Kap. der Kä^ika S. XXXII fT.), so dass die Bezeichnung: Grundlage
für ein System der Bedeutungslehre in der That berechtigt ist."
^Zunächst, wie gesagt, fürs Deutsche, denn auch in der Bedeutungs-
lehre müsse man (S. 7:) "von der eignen Muttersprache ausgehen,
alle Probleme regelmässig zuerst an ihr studieren und die hier ge-
wonnenen Gesichtspunkte sodann auf entferntere Objekte übertra-
gen"; (S. 5:) "wir müssen erst eine deutsche, englische, italienische,
«rabische usw. Bedeutungslehre haben, ehe wir erwarten können,
zu einer Bedeutungslehre an sich zu gelangen, die wirklich diesen
Namen verdient." Der wissenschaftliche Gewinn der von L.
befolgten Methode könne (S. I:) "erst dann recht hervortreten, wenn
eine Reihe ähnlicher Arbeiten für die verwandten Spr. vorliegt, in
denen die identischen Familien durch Kreuzverweise miteinander
verbunden werden, da ein einziger Querschnitt eines einzelnen
1) Dass auch der Vf. von dieser nicht unabhängig bleibt, be-
weise die "provisorischen" oder jetzt schon unhaltbaren Familien,
von denen unten S. 118 Z. 25 f. u. Anm. 1 die Rede ist.
118 Liebich Die Wortfamilien der lebenden bochdeuisch. Sprache.
Zweiges noch nicht hinreicht, um eine anachauliuhi; VorGiellung von
einem ganzen Baume zix gewUhren." Dagegen habe man von dem
Buche schon jetzt auch praktischen Gt^wlnn zu erhoffen, insofern
sich dessen auch die Pädagogen als Hilfsmittels für den Sprach-
unterricht bedienen künnien, und auch weiteren Kreiae von Gebil-
deten Oelegenheil geboten wHre, an der Hand dieses PiihreTs die
Artikel bei Heyne so zu studieren, dass ihnen ein tieferes Verständnis
für die sprachwissenschaftlichen Probleme erschlos«en wUrde. — Dies
in kurzem Inhalt und Tendenz des L.schen Unternehmens. Soll
ich nun mein Urteil Aber den vorliegenden 1. Band abgeben, so
tVeue ich mich einerseits, dem Vf. rückhaltlose Anerkennung tür
die von tiefer lauigeschlchtlicher Kenntnis und grosser .'Sorgfalt
zeugende Art zollen zu können, mit der er sich der keineswegs
leichten Aufgabe unterzogen hat, seine Wortfamilien aus Heyne
herauszuschalen: die Verweise bei Heyne sind gewissenhaft benntst;
wo diese nicht ausreichen, ttitt Klu^e helfend ein; Abweichungen
von diesen werden in der Regel (nicht immer) durch Verweisung
auf Franck motiviert; auch an der Heranziehung der andern neuem
und neuesten sprach historischen Litteratur fehlt es nicht, wobei es
allerdings z. B. begegnet, doss fürs Roman. Kifrting eine meines
Erachtens etwas zu hervorragende Rolle üpielt'); dass der Vf. e$
sich ferner (S. H) zum Grundsatz gemacht hat, "keine Verwandt-
schaft anzuerkennen, die er nicht aus lautlichen und semasiologi-
schen Gründen lür möglich hielt", und dass er unumwunden (S. 15
Q. Fam. 1414) zugibt, "manche Familien seien einfach als proviso-
risch zu betrachten"*], ist ebenfalls nur zn loben; anderaefts aber
kann ich leider nicht umhin, es mit ebenso rückhaltloser Offenheit
aiiSKUSprcchen, dass mir all die viele Muhe und Sorgfalt an einen
Gegenstand gewendet scheint, der sie bei weitem nicht lohnt. Ich
treile, um den Beweis dafür zu erbringen, znnüchst 1. auf die oben
.115 Z. 44— 47 angezogene Stelle und auf die ebenda Z. 47 H. mit-
geteilten Detinitionen der BegrifTe Wortfamilie und Wurzel zurück.
Ich glaube nicht, dass mnu mit dieser Methode und mir diesen Be-
griffen in einer nhd. oder überhaupt in einer Bedeutungslehre, be-
züglich deren NichtbeschrHnkung auf die Lehre vom Bedt>utung»-
Wandel ich dem Vf. übrigens vollkommen beipüichie, operieren kaun,
und zwar aus folgenden Gründen; a) wenn irgend eine eprach-
psychologische Thatsache, so ist doch die als unumstösslich sicher
anzuerkennen, dass es in allen Sprach pcrioden Worte gibt, deren
Zurück l'Uhrung auf ihr Etymon den Sprechenden entweder dadurch
unmöglich gemacht wird, dass dieses nicht mehr in der Sprache
vorhanden ist (vgl. Hagextols usw.), oder dadurch, dasH das Wort
bereits fertig und isoliert aus einer andern Sprache h er ü bergen nm-
1) Sckaffot z. B. hat mit Balken nichts zu ihun. s. Dnrniesteter-
Hatzleld- Thomas, Dtct. gäneral (dessen Etymologien die K9rting-
HChen oft überholt haben) s. v. chafaud; die Etym. von Flambirg
(Fam. 155;, die Kört, nach Diez gibt, ist mehr als unsicher, s.D.-H.-T.
s. v. flambfrge u. Darmesleter Mots composes 2. Aut1. S. 155; usw.;
Benutzung von D,.H,-T. hätte den Vf. auch z. B. davor bewahrt,
Allee mit halalt oder (Fam. 213:) Posse mit Ämbosn
Btellen u. a. m.
2) So wird z. B. die Fam. 413 Ei-be, Arbeit, arm, di
nur durch eine Vermutung e. v. nrtn zusammenhing.
Kluge ^ hinfällig; vgl. auch diu Selbstkorrektur der
Fam. 2370, der Fam. ai9 in Fam, 2452,
»
I
I
Liebich Die Wortl'amiüen der kbendeii hochtieutsi^h. Sprache. 119
meu wurde, i» der es biBweilen ftuvh Cur die Einheimischen äehon
etymologisch unklnr geworden war (vgl. Felleisen usw.). Tritt aber
eiiier dieser beiden Fälle ein, und lehnt der Sprechende ein solches
Wort infolge lautlicher und andrer AsKO»iationen an Wörter der
lebenden Sprache an. mit denen es ursprünglich nicht« zu Ihun
halle, so ist es doch klar, dass rür ihn gar keine Möglichkeit be-
steht, diese nach dem Urteil sprachhislorisch gebildeter GrHmniatiker
"fRlMcbe" Etymologie zu "korrigieren", es Bei denn, er studierte
Sprachgeschichte und nÄhme auf Grand seiner so erworbenen Kennt-
nis absichtliche Korrekturen vor, mit denen er aber in der Itegel
wenig Erfolg haben dürlle. Aber auch derartige Ausnahmsfälle,
die dann als solche ku behandeln sind, bestätigen doch nur die
fandamentale Wahrheit, das» In weitaus den meisten Fallen beim
Sprechen keine Korrektur des a.ngeblichen Irrtums stattitndet.
Findet aber keine statt, so ist es auch dem Sprachpaychologen nicht
erlaubt, eine solche Korrektur aus seiner sprachhtstorlschen Kennt-
nis an das von ihm zu beobachtende Objekt, nHmlich den psychi-
schen Voi^fang, in dem eine solche "Volksetymologie" besteht, heran-
zubringen, will er nicht die za untersuchende Thatsache von vorn-
herein tUlschen. Dieser methodischen Forderitng ist der Vf. nicht
nachgekommen, nnd die Zuordnung von Hagestolz zu still, von
J-'ellevsen zi\ Wein wäre demzufolgts auch dann falsch, wenn die
Zurück llihrung dieser Worte auf ein und dieBclbe "Wurzel" da»
Bichtige Irjll'e, was nicht ausser Zweifel ist. Hagestolz gehört für
den Deutschen am Ende deH 19. Jh. ku »tole, felleisen zu Fell und
£Men'), wfthrend velis fQr den Mhd. vielleicht (?) an vSt anklang,
und valise, valigia für den Franzosen nnd Italiener vollkommen
boliert dastehen. Hagestolz und Felleisen führen uns also nur auf
nhd. Wörter atolt, FeU, Eisen zurück, von einer "Wurzel" im Sinne
Liebichs kann somit gar keine Rede sein'). Nicht anders nteht es
V) um Familien wie Artikel, Armee. Für den Xhd. besteht zwischen
diesen Wörtern gar kein etymolog'ischer Zusammenhang, da sie
fenig mit ihren ganz und gar unvarmittelbaren Bedeutungen aus
Fremdsprachen heriibergenoranien wurden; aber anch für die Bil-
dung dieser Wörter ist es ganz unmöglich anzunehmen, dass ihre
Bildijer irgend welches Bewusstsein von ihrer Rftckleiibarkeit auf
dieselbe "Wurzel" besessen hütten: art-iculus aus art-ug, ann-^ aus
arm-er aus arm-are aus arm-a; artwn wurde also bei der Bildung
von articulus nicht in ar-tus /erleget, ebenso wenig wie arma bei
der Bildung von armare in ar-ma; der etymologische Zusammen-
hang, der zur Zeit der Bildung von ar-tits nnd ar-ma zwischen
diesen zwei Worten bestanden hat, war also schon für die Bildner
von arlictdtis und armare nicht mehr vorhanden, wie viel weniger
erst für den Schöpfer von armee (14. Jh.), zu dessen Zeit articulua
ein für ihn uueivm o legi si erbares W«rt einer fremden .Sprache, und
ariicle (seit la. Jh.) ein ebenso un etymologisier bares Lehnwort war.
1) So schon Adelung in der Anm. zu Felleisen : "Viele haben
geglaubt, dass dies Wort aus FelC und Eisen zusam menge setzet
sey, well diese Art des Sackes jetzt nicht nur aus Fellen bereitet,
sondern auch wirklich mit Eisen verwahret wird."
3) Dass hagestoli schon im Hhd. vorkommt, hat hier natürlich
nichts zu sagen, denn davon wissen die nhd. Sprechenden in der
Begel nichts; es beweist nur, dass schon in mhd. Zeit die Anlehnug
an utolz existierte, und dnss sii-h seitdem nichts geändert hat; für
den Nhd, ist das nhd. stolz das Etymon, nicht das mhd.
120 Liebich Die Wortfamilien der lebenden hochdentBch. Sprache.
Der Vf. hat hier den wichtigen, von Bruginann T^, 37 ff. mit so
grosser Klarheit erörterten Unterschied zwischen psychologischen
und morphologischen Suffixen übersehen, und es musste ihm daher
auch verborgen bleiben, dass das psychologische Etymon von ar-
ticulus : artiui, das von arm^e : armer ist, und dass wir also in dem
einen Falle auf ein lat., in dem andern Falle auf ein frz. Wort, zu-
rückgelangen, niemals aber auf eine idg. Wurzel *ar, c) Über
Familien wie ab, aber, after-, von^ oder achten, Auge, Bake ist eigent-
lich kein Wort mehr zu verlieren; diese Worte mögen in grauer
Vorzeit, als die phonetischen Verhältnisse dem noch günstig waren,
vielleicht einmal als verwandt angesehen worden sein, für den heu-
tigen Deutschen aber fallen sie vollkommen auseinander. — Aus
allem vorstehend Gesagten aber geht zugleich 2. hervor, was es mit
den "thatsächlich vorhandenen Beziehungen" auf sich hat, welche
Liebichs Wortfamilienbuch, soweit "Wurzeln" in seinem Sinne in
Frage kommen, angeblich (vgl. oben S. 116 Z. 5 ff.) zum Ausdruck
bringt: psychologisch sind sie allesamt fürs Nhd. thatsächlich nicht
vorhanden, und wer sie als vorhanden annimmt, der gelaugt not-
wendigerweise zu einer vollkommen falschen Vorstellung von den
Wortgruppieruugsverhältnissen im Bewusstsein der nhd. Sprechen-
den. Thatsächlich vorhanden sind, um zu den eingangs erwähnten
Beispielen zurückzukehren, nur etymologische Beziehungen zwischen
Wörtern wie ab, her-^ kurz-, back- usw. -ab; von, da-, hier-, wovon;
achten, Acht (haben), Achtung, achtsam, beachtlich usw.; Auge. Gross-
usw. -äuge, augig, äugen usw.; Bake, Feuerbake; Akten, Prozess-
akten; nobel, hochnobel; Note, Fussnote, notieren; sackerlot, kreuz-
sackerlot; Zieche, Bettzieche; Apotheke, Hofapotheke, Apotheker,
apothekern; kurzum: der landläufige Begriff von Wortfamilie, wo-
nach in jeder bestimmten Sprachepoche nur diejenigen Wörter als
etymologisch zusammengehörig betrachtet werden, die lautlich und
der Bedeutung nach (noch) aneinander anklingen, ist zugleich auch
der psychologisch richtige. Und somit 3. der sprachhistorisch und
kulturhistorisch allein brauchbare. Das Bild, welches der Vf. auf
Grund seines Begriffes von Wortfamilie von dem Zustandekommen
des nhd. Wortschatzes (S. 504—21) entwirft, kann gar keinen Ver-
gleich mit der von Mentz in Kluges 5. u. 6. Aufl. gegebenen chro-
nologischen Darstellung des nhd. Wortschatzes aushalten. Während
sich Mentz nämlich auf die Anführung von Stammwörtern beschränkt,
die sich aus idg., europ., urdeutscher, altdeutscher, neuhd. Zeit bis
auf unsre Tage herauf erhalten haben, und die Lehnwörter in diese
Epochen derart einreiht, dass ihre nächsten Quellen (also z. B.
für Almanach das Frz., für Barkp das Koman., für Bibel das Griech.-
Lat.) aufgedeckt werden, gerät L. a) mit der Chronologie in argen
Konflikt, indem er z. B., um nur einiges Wenige anzuführen, in sei-
ner "idg. Fam." ab die Komposita hügelab und trepp-, bachab mit-
zählt, deren erster Bestandteil nach S. 507, 510 u. 508 erst in euro-
päischer bezw. gemeingerm. Zeit gebildet ist, oder strassäb, kurzab,
die vorahd. Lehnwörter enthalten; oder in seiner "europ. Fam."
ernten, Ernte auch Reisernte {Reis in mhd. Zeit aus dem Ital. ent-
lehnt) und Kartoffelernte {Kartoffel im 17. Jh. aus dem Ital.), wobei
noch zu bemerken, da.ss nach Liebichs etymologischen Prinzipien
Reis auf ai. vrlhi zurückzuführen wäre; die in der "genn.-kelt.
Fam." reiten untergebrachten Worte Reiterei, Reederei haben ein
franz. Sutlix, ebenso wie Kinderei, das in der "idg." Fam. Kind
steht, ChriHtkindel ebenda ist spezifisch oberdeutsch (wegen -el),
enthält übrigens ein griech.-lat. Lehnwort, usw. usw. Was der Vf.
in seinem Verzeichnis darzustellen sich vorgesetzt hat (S. 7:) "wel-
Liiebich Die Wortfamilien der lebenden hochdeutsch. Sprache. 121
eher Prozentsatz des jetzt von uns gebrauchten Wortschatzes spe-
•zifisch hochdeutsch, welcher gemeingerni., welcher schon idg. sei",
das hat er in diesem Verzeichnis gründlich verwischt: Komposita
und Ableitungen können doch nicht von dem Zeitpunkt an datiert
werden, wo ihre Stammworte in die Sprache eingetreten sind, und
bei Kompositis müssen doch alle Glieder in Betracht gezogen wer-
den, nicht nur das oft imaginäre "Grundwort**; auch das chronolo-
gische Auftreten der Suffixe und ihre regionale Verteilung ergeben
wichtige Kriterien, die L. nicht ausgenutzt hat. b) Bedeutende Ver-
schiebungen muss sich auch die Darstellung des Anteils gefallen
lassen, welcher nach des Vfs. Zusammenstellungen den aussergerm.
Sprachen beim Zustandekommen des nhd. Wortschatzes zuzuschrei-
ben ist: über die angeblichen ägypt. Lehnworte wurde schon oben
S. 117 Z. 1 f . u. S. 120 Z. 42 f. gesprochen, und nicht anders ergeht es
den iber.-bask., skyth., vielen semit. usw. Lehnworten, die alle durch
das Medium anderer Sprachen zu uns gedrungen sind; ob sie ins
liRt., Franz., Ital., Niederländ. usw., direkt oder wieder auf Umwe-
gen gelangt sind, geht uns fürs Deutsche nichts an, sondern ist
eine Frage der lat., franz. usw. Sprach- und Kulturgeschichte; zwi-
«chen dem Nhd. und dem Ägypt. usw. Beziehungen anzunehmen,
wo nicht direkte Entlehnung in nhd. Zeit vorliegt, ist sprach- und
kulturgeschichtlich unstatthaft. Auch das ist unstatthaft, z. B. na-
türlich als Lehnwort (in der Fam. Genie) mitzuzählen, was sich der
Vf. auch bezüglich karten^ skaten unter Karte, bezüglich käsen
unten Käse, und sonst sehr häufig gestattet; wir haben es hier mit
«pezifisch deutschen Ableitungen von eingedeutschten Lehnwörtern
-zu thun, und selbst genialisch kann nur als spezifisch deutsche Fort-
bildung des Lehnwortes genial gelten. 4. Eine weitere Beihe von
Fällen, in denen ich mit der Behandlung, die der Vf. seinem Mate-
rial hat angedeihen lassen, nicht einverstanden bin*), will ich hier
nicht zum Beweise heranziehen, da ich nicht mit Sicherheit zu be-
haupten wage, ob sie nicht als blosse Inkonsequenzen in der Durch-
führung an sich richtiger Grundsätze anzusehen sind; das unter
1)— 3) Geltendgemachte*) scheint mir ausreichend, meine Cberzeu-
1) Ich meine a) die Fälle, wo die einzelnen Bedeutungen eines
Lautkomplexes als selbständige Worte aufgezählt werden (vgl. die
Fam. Abend, Abenteuer^ Ami, Art, usw. usw.) gegenüber andern
Fällen, wo sämtliche Bedeutungen eines Lautkomplexes zusammen-
gezogen werden (Fam. 17 achten, 167 bieten, usw. usw.); b) die Fälle,
wo phonetische, bisweilen auch nur graphische Varianten, an denen
gar kein Bedeutungsunterschied haftet, als besondere Worte auf-
geführt und entweder zu selbständigen Familien zusammengestellt
<Fam. 68 Arak, Arrak, Back, 88 Aue, Au, 34 Alkove, Alkoven, usw.)
oder (sehr häufig) in grössere Familien eingeschoben werden (Fam.
"20 adelich, adlich, 756 Häring, Hering, usw.); dadurch, dass diese
Inkonsequenzen auch in den Anhang verschleppt worden sind, er-
leidet die Statistik am Schluss wiederum (vgl. oben S. 116 Anm. 1
lind S. 120 Nr. 3) einen Stoss.
2) Übrigens nur eine sprachpsychologische Begründung und
Bestätigung dessen, was auf Grund sprachhistorischer Erwägungen
auch schon von andrer Seite hervorgehoben worden ist; vgl. Dict.
g^n^ral, p. XI: *Donner l'^tymologie d'un mot de notre laugue,
■c'est . . . indiquer le mot latin, grec, etranger, franpais m^me, qui
lui a donne naissance . . ."; Kluge 6. A. S. Vllf.: "Etymologische
Forschung zielt nicht überall auf die Ermittlung von Urwurzeln . . .
i22 LitbJi-h Die Wortlauiilien der lebemlen hochdeutsch. Sprache.
gun^ zu erhärten; Die Zusammenstellungeii des Vfn. können nicht
Aie iiee'igüHe Grundlage llir eine nhd. B eil eutunps lehre g'elten. Sie
/gewähren durchaus kein zutreffendeH Bild von den otvmologlachen
GruppiernngsverhältnisBen ioi Bewusstsein der nhd. Sprechenden i
niii-h von den sprach- und kulturhiatorischen Vei-hftitn lasen des nhd.
Wnrisphatiees nicht. Und wHre dies selbst der Fall, so könnten sie
noch immer höchstens für den Teil nhd. Bedeutungslehre als Grund-
lage dienen, dessen Material der Wortschatz ist. Denn man darr
nicht vergessen, dass man sich einer, wenn auch im Hinblick auf
gewisse Zwecke berechtigten Abstraktion bedient, wenn man von
einem solchen spricht. In ihm geht keine Sprache auf, und du
Material für eine nhd. Bedeutungslehre ist daher nicht, wie I^iebicb
S. 503 meint, der Wortschatz, sondern die Gesamtheit der in be-
stimmten Situationen gesprochenen und geschriebeneu Rede, soweit
sie von den nhd. Sprechenden und Schreibenden unsrer Zeil her-
rührt. Nicht eine semasiologi sehe Erscheinung kann ohne Berück-
sichtigung nicht nur des Satz-, sondern anch des Rede- und Situa-
lionszusammenhanges verstanden werden, weil nur dieser gestattet,
alle in Bütracht kommenden Faktoren zu überblicken. Eine rein
synthetische Darstellung der Spree hthHtigkeit, wie sie der Vf. nach
dfm Vorbilde Paninis auch heute noch für möglich hMIt'), ver-
bietet sich schon aus dem einfachen Grunde, weil die Sprache
keine synthetische, sondern eine analvtisch-synllietische Funktion ist
Aber damit gerate ich schon aufs Gebiet allgemeiner prinzipieller
Erörterungen, und diese muss ich mir für heute versagen. Denn
die eben angezogene Stelle von S. 503 des L. sehen Buches, die
man oben S. 117Z. ISfT. in extenso nachlesen wolle, tritt, wenigsten»
für mich, in auffallenden Widerspruch mit der S. B aufgestellten
Behaupinng, die Bedeutungslehre besitze das erforderliche System
achon, "wenigstens al.s Rohmaterial; das System der Lautlehre ist
das Alphabet'), das der Bedeutungslehre der Wortschatz", wogegen
8. 7 der Vei-sucb gefordert wird, "diesen Wortachatz nach einheit-
lichen Gesichtspunliten in Familien aufzuteilen; es fehlt nur an den
nötigen Zusammenstellungen ; Zusammenstellung aber heisst eben
auf griechisch System"; dadurch erhalten aber die allgemeinen Atis-
Iiihrnngen auf S. 1 ff. des Buches, ebenfalls vielleicht nur fSr mich,
ein BD undeutliches Geprttge. dass ich es für besser halte, eine et-
waige Auseinandersetzung dnmit solange hinauszuschieben, bis sich
der Vf. über jene anscheinenden Widersprüche geftussert hat. Auch
mit meinem Urteil über den praktischen Wert des Buches will ich
zurückhalten, bis der 2. Band vorliegt; wenn ich im Vorstehenden
meine Meinung über den wissenschaftlichen Wert des 1. Bandes be-
reits deßnitiv abgeben zu können glaubte, so möge man dies
nicht voreilig linden: es geschah in der Ueberzeugung, dass auch
das Erscheinen des 2. Bandes daran nichts Wesentliches zu ändern
vermag.
Leipzig, n. Diltrii
keine Sprachwurzehi suchen wir, wir suchen die Wurzeln
Worte in unsrer Sprachgeschichte, und diese deckt uns auch die
geographischen Ausgangspunkte der Einzelerscheinungen auf."
1) Zwai Kap. der Kftgikil S. XXXVIL
2) Der Vf. meint wohl das nach laulphysiologiselien Gesidi
punkten geordnet« iniiische.
Zejischriil für hotlideatsijlie Mundat
]>3
Zeitschrift für hochdenCEche Mundarten. Hernusg. von Uito Uoilig
und Philipp Lenz. Heidelberg "Winters UniversilÄtBbuchhHnd-
lung 1900.
Ohnti die niederd. Hbr ganz auszuechliexsen, will eich die
Zeitschrift liauptafichlich der etymologischen, gramniat.. leKtkaliächeii
und litteratiirgeschich [liehen Erforschung der ober- und mitceldeut-
- Bchea Mundarten widmen ntid zur Behandlung einzelner, bisher
nicht genügend berück sie htigter Zweige der Dialektforschung an-
regen. Die von Ph. Lenz vorgeschlftRene Lnutschrift ist einfach
und schiieBst sich mi^glichHt eng an die Orthographie des Latein»
an, z. B. bei Bezeichnung der auitlrierten VurKchluHslnuIe. Wo
eich das BedürFniR nach weiterer LatiCunterscheidung zeigt, werden
Bich die nötigen Zeichen leicht einfUg'en lassen. Billigung verdient,
dass Lenz an dem uralten und inlernntionnlen Werte der d. b, q
rIs stimmhafter Verschlnsslaute festhalten will, obgleich sich bei
diesen Lauten in einem grossen Teile des hochd. Sprachgebiets die
Stimmbänder weniger stark beteiligen als im Niederd. und in an-
dern Sprachen. Leider weichen schon die ersten beiden Mitarbeiter
" bei ihrer Transkription der Verbnlformen von Grossen-Buseck von
den vernünftigen Grundsätzen des Herausgebers ab und schreiben
beispielsweise sraibd. Schade, rtaas man nicht auch sgribdum füi*
Mrriphim schreiben kann! Lenz selbst behandelt die Flexion des-
Verbnins im Handschuhsheimer Dialekt, der im Gegensatz zum
G rossen -Bu Beck er das einfache Präteritum bis auf Bpürliche Keste
verloren hat. W. Hörn sucht einig'e anlTAItigB Lau [Vertretungen
durch Dissimilation zu erklären. O. Weise spricht über die Zahlen
im Thüringer Volksmunde und über Theekeimd = T'6lpc\ und Ver-
wandtes. E. GSpfert bringt eine reichhaltige Zusammenstellung
mundartl. Ausdrücke aus Chr. Lehmanns 16Ü9 erschienenem "Schau-
platz derer natürlichen MerkwÜi-digk Fiten in dem Meissnischen Ober-
Erzgebirge". An sonstigen Beitrügen enlhHlt das Heft noch: Die
Berechtigung der Stammeslltteroturgesehichte, besonders auch der
votksmundartlichen. nach schwäbisciien Beobachtungen von A. Hol-
der. Mystischer Traktat aus dem Kloster Unterlinden xa Colmar
f. E. (K. Rieder). Sprachproben aua dem MaikgrU Herland |K. Rie-
der); Teste in alemannischer Mundart (O. Heilig); Schwäbische
Sprichwörter nud Redensarten (W. Unseld) Besprochen werden:
Grosse Zwei Arnstädter Heilige- Christ -Komödien (Hertel); Menge»
Mundart in der Volksschule (Hörn); Horu Beltrjige zur deutschen
Lautlehre (Franck); BHhmens denlsche Poesie und Kunst (Wilhelm);
Volk, Snnndag und Werdag (Hörn).
Die Sprachwisaenschaft hat alle Ursache, dem neuen Unter-
nehmen den besten Erfolg zu wünschen; aus der scharten, kritischen
Beobachtung de« natürlichen Spracblebens in den Mundarten kann
auch ihr reicher Gewinn zutliessen. Hoffentlich gelingt es den Her-
ausgehern, den erfahrungsgemäsB leicht eindringenden Dilettantis-
mus von der Zeitschrift fernzuhalten und ihr in Wissenschaft lieber
Hinsicht das wünschenswerte GeprS^e zu geben und zu bewahren.
Riesa. R. Michel.
Erdmann 0. Grundzüge der deutschen Syntax nach ihrer freschicht-
lichen Entwicklung. Zweite Abteilung. Die Formationen des No-
mens (Genus, Numerus, Kasus) von Otto Mensing. Stuttgart
J898. XVI. 276 S. 8".
imer-
124 Erdtnann Gruitdzüge der dcuischt-n Syntax uaw.
Wohl für maDchen uuerwartet, ist mehr als zwei Jabre
Erdinnun^ Tode noch eine Fortsetzung' seiner unrollendpt hinter-
lassenen Syntax erschienen. Die vorliegende 9. Abteilung- ist aher
in der Hauptsache ein Werk seines Schülers Meneingr, dem Erdinauii
schon bei Lebzeiten die Fortführung der Syntax übertrag'en baiie.
In den Grundansehauung'en, die Auch für die Abgrenzung und An-
ordnung des Stoffes in diesem Bande bestimmend waren, steht Men-
aing natürlich auf den Schultern Erdmanna: Bedenken, dit gegea
sie erhoben worden sind, machen sich auch hier geltend, nameutlich
in den Abschnitten über die Genera und Numeri, wo vieles herein-
gezogen wird, was eigentlich der Worilehre xufUlIt. In der Dar-
stellung hat aber Mensing Manches vor Erdmann voraus und es
ist anzuerkennen, dass er Mängeln, die man diesem Werke mit Recht
vorgeworfen hat, übzuhelfen bemüht gewesen ist. Er ist ausführ-
licher und schöpft aus einem weit reicheren (^e-llenmaterial. Neben
dem Got. und Hochd. ist auch, das Altaftchs. I)erück8icbtigt und na-
mentlich hat sich M. bemüht aucii den von Erdmann vernachlässigten
Übergangsperioden ihr Ri'Cht angedeihen zu lassen, so dass man
besser als bei diesem ein Bild vom Entwicklungsgang der syntak-
tischen Bildungen erhalt. Wünscht man auch manchen Zeitraum
noch eingehender berücksichtigt, x. B. das syntaktisch so viel Inter-
essantes bietende 16. Jahrhuitderl, so genügt doch das Gegebene
billigen Anforderungen durchttus. Der Verf. ist aach klar in den
Definitionen und belehrt in anschaulicher Weise Über die Verwen-
dung der syntaktischen Formen, wobei der Blick natürlich haupi-
stichlich auf die in unsrer Schrift Np räche ausmündende Entwicklung
ferichtet ist. Wenn ich somit anerkenne, dass das Werk uls ein
urchauä geeignetes Hilfsmittel erscheint die Vprwendung der lie-
nera und Numeri des Nomena nnd namentlich den Kasusgebrauch
in seinen Grundzügen kennen zu lernen, dass es die bisherigen
Forschungen geschickt Kusammenfasst und dadurch auch erkennen
IHBSt, wo weitere Untersuchung einzusetzen hat, so ist damit das
dem Buche au spendende Lob erschiipll. Denn eine energische
Förderung der einschlägigen svntaktisehen I'robleme oder auch nur
erheblichere Bereicherung der Forschung in Einzelheiten ist mir
darin nicht entgegengetreten. Die Kasaslehre scheint bisher in
geringerem Grade als andere syntaktische Gebiete der Gegenstand
der eigenen Forschung Mensings gewesen ku sein ; darum vermissen
wir hier in vielen Fallen die feinere Ausführung, Auch zeigt M.
bei Beurteilung mancher Einzelheiten nicht gerade einen glücklichen
Blick; er neigt im Allgemeinen zu sehr zur Konsti'uktiou und müht
sich B. B. öfter Verschiebungen im Kasusgebrauch in Anknünl'ung
an die Grundbedeutung der Kaitus zu erklliren, wo die Beachtung
formaler Veründeningen oder des Einflusses verwandter Konstruk-
tionen viel weiter geführt hatte. Um dergleichen richtig in An-
schlag bringen zu können, bedarf es allerdings gründlicher, viel-
seitiger Sprachkenntnisse und Mensings grammatisches Wissen ver-
breitet sich offenbar nicht gleichmässig über alle von ihm darge-
stellten Sprachperloden. TrotEdcm es also an Lücken und Versehen
im Einzelnen nicht fehlt, erfüllt doch das Werk im Ganzen seinen
Zweck. Es mögen noch folgeude Einzelheiten berührt werden. Im
§ 14 wird auf "Abneigung gegen die Pluralbildang" hingewiesen,
die M, besonders bei Körperteilen wahrgenommen zu haben glaube.
Es liegen meist feste Verbindungen vor; Otfrids n» babfnt sit Ü
in henll ist nicht anders zu beurteilen als etwa unser 'die Reisen-
den grifi'en zum Wanderstab'. Deshalb ist uns Heines 'da liessen
die Köpfe sie hangen' auffallend, wUhrend sonst dem Plnr. 'die
Erdmiti
I Gi'undziifre der dtatschen Syniax usw.
125
^ÜptV' nii^his Auffalleiidea anhaftet. Davou zu tremieii siud Won-
duugen wie 'bie hat eine schöne Hand'. <4 20 die Wehen, von M. al»
ile lantiiin aufgeführt, ifit eigt-atlicli PI. von da« Weh und kommt
n die neutwie Zeit iu ailgemeiner Bedeutung vor; das siugula-
rtofhß die Wehe ist naitirlich Neubildung. Ob l§ äl] Olfrids zin
houhiton uhd. n* HHiiplen (auch mhd. ee houbeten) wirklich eigent-
Ucfa zu nehmen ist »1» 'aih Haupte und seiner Umgebung'? Eher
«inl ea sich in der Endung iiauh sie Fassen, mit dem es ja fast
imtner verbunden ist, gerichtet liaben. !j 2i die unterlassene Plural-
Bildung bei Zahl-, Mass- und GewivhtübestlmmnngeD x. B. 'drei Pfund
Zocker erkittrt sich weniger darauu, das» "die Eriuneruno; daran
schwand, dass sie lür aich bestellende und zählbare Dinge bezeich-
neten" (nachher spricht M. sogar von "formelhaften Erweiterungen"),
mlB daraus dass die Plural bese ich nung wegen der vorausgp.h enden
Zahl unnötig sehien, darum auch Weudungren wie "drei Mann", die
nicht nur "im Volksmund" vorkommen. §62 in ahd. heil iiih doh-
'. heil meüttirl findet M. den Noni. des Subst. heil; offenbar aber
>en wir es mit dem Adj. zu thun wie im goi. Itails piudans Ju-
ii'. % 79 Waithers da waH ich enpfangen kii-e (fouue erkiftrt
mit Lachmaun 'da wurde ich wie eine vornehme Dame empfan-
den': nach meiner Ansicht könnte es nur =i 'als eine vornehme
Pame (was ich wirklich bin)' genommen werden. Auch die voraus-
gehende Parziva Ist eile stützt M.s Antfassuog nicht. S SO in 'Wache
Mehen' vermag ich keinen alten Nom. zu sehen, schon deshalb
ijtucht, weit Wache ja ursprünglich abstrakte Bedeutung hat; es ist
fUicb 'Wai'he halten' u. dgl. an Stelle eines itlteren 'in der Wache
Mehun' gebildet. Die anderen hier angeführten Wendungen sind
Üutich zu beurteilen. % 117 in deoi aus Spee angeführten teer
JCfiastLer müchtg erdenken \et Künstler nicbt attributiver Nominativ,
ifonderu teer ist ganz adjektivisch gebraucht; Spee sagt auch z. B.
"Vai iSchatz Aan tcir gefunden, ices ist uns in diesem Gebrauch in
Wendungen wie ices Glaubens, ivea Geistes Kind ja ganz geläufig.
I 136 in ich singe dir intt Herz und Mtmd ist Herz doch gewiss
kein Nominativ; ee hat sich in dieser \'erbindung die früher häutige
•Mi'ke Flexion von herze erhalten. § 148 warum winken unter den
lYerbeu erscheint, nach denen Dat. durch Akk. verdrttngt worden
Ist, verstehe ich nicht, einen zu sich winken gehört nicht hierher,
^ndern unter § 174, und das angeführte er winkle mich ist mir
;y5Uig unbekannt. Unrichtig ist auch (§ ISO), dass wir für e.i hilft
:nicA 'in der Schriftsprache nur mehr (warum nicht: nur noch?) den
i3[)ativ' setzen. Goethes lieber Pappe, ich helfe dich ist Nachahmung
der Kin de rsp räche. Bei mich kostet (g löt) hätte angeführt werden
müssen, dass der Dat. nach mihi conatat alt berechtigt, aber durch
Mich s/estiU usw. zumckgedrBugt worden ist. § 17(i mit dem Akk.
'des durchmessenen Baumes ist der Akk. des Zieles (z. B. in heim
guemanl zusammengeworfen, ohne dass auf diesen besonders auf-
merksam gemacht worden wäre; erst bei den Prftpositioueu (S 181)
erfahren wir, dass der Akk. auch das durch eine Bewegung erreichte
Kiel bezeichnen kann. Empfehlenswert scheint es mir auch mit
Faul den Akk. des Terrains auszusondern, weg in weggehen usw.
geht nicht unmittelbar auf diesen Akk. zurück, sondern ist aus en-
'vec gekürzt. Ebenso hat sich weti- in Wettlaufen {% 179) nicht aus
tfnem Akk,, sondern aus emcette entwickelt. Für den mass- und
'Weribeelimm enden Akk. bei Adjektiven (g I7tt) waren verbale Ver-
'biiidungen massgebend: es wiegt einen Zentner — es ist einen Zent-
ler schwer; es kostet vier Thaler — es ist vier Tha 1er wert. Wenn
I 182 bemerkt wird, dass got. faura nur mit dem Dat. vorkommt.
126 Erdtnami Gruiidzüge der deutsdien Syr
1
Ko hätte au(^h gesagt werden müssen, dastt dünebeu das
Akk. verbundene fnur steht, bei mit demAkk, (9183) ist bekannt-
liyh eine weil verbreitete md. Erscheiimnjr, die sich auch scbrill-
sprai^hlich bis in die neueste Zeit nachweisen lüsst. Bei gegen ist
niübt einl'ach der Dativ durch den Akk. verdrängt worden, sondern
die Präp. nahm zunllchst lieide KnHUs zu sii-h; bei der Bedeutung
■gegenüber" haftete der Dat. sehr lange. § 200 im altsächs. fand
that bam gigund konstatiert M. das Eimreteu der uutlektierlen Form
beim Adjektiv; was für eine Heklierte Form erwartet er zu finden,
etwa gisundat? S 208 der Gen. bei den Verben der Gemütsbewe-
gung' kann kaum "als AbschwHchung des bei denselben Verben
ge bläu ir blichen Akk.' genommen werden; wo Gen. neben Akk. steht
-wie z. B. bei mhd. u-einefi tritt die kausale Bedeutung des Gen. klar
hervor. S 230 in Verblndnnfren wie leichten Kaufe» sollte nieht vom
Eintreten der schwachen Form geredet werden ; die Fem, bewnliren
ja die regelrechte Form auf 'er und bei den Mask. und Neuir. der
Adj. ist überhaupt die alte Forin auf -es durch die auf -en, die aller'
dings aus der schwachen Dekl. stammt, ersetzt; es kommt dies, wie
ich gegen Jeltteles a.a.O. bemerke, auch schon im 16. Jahrh. nicht
selten vor. § 231 in Fischarta da tcar ein solch handgebens Biehl
M. einen Fall des "|mrHliven Subjekts". Der Gen. des Inf. musn
aber itunUchst von ein Holck abhängig sein und es reihen sich dann
nhd. Wendungen wie ein Aufhebens, Wesens usw. an, die nach dem
Muster von viel Aufhebens, n-as für Aufhebens gebildet sind. Vgl.
Äuch Wunderlich im DW. u. Gethuns. Erwähnung hStte vielleicht
auch der merkwürdige, im 16. Jahrh. häufige vokaiiviache Gen. wie
aller (allers, alles, als) narren', verdient, der sich In der Volk8si)rarho
ISngcr erhalten zu haben scheint (Gryphiua, Dornrose 4. A. alles
lügnersl). Dass eine Wenduitg wie aller narren narr zu Grunde
liegt, ist wohl nicht zweifelliaft vgl. Murner Narrenbe^chw. 80, 20
ein narr in aller narren orden. Beim Dativ (S 256 ff.) hftit Mensing
mit Mourek Anz. f. d. Alt. 23, 315 f. gegen Wiakler, der den pr»-
Sositionsioson Dat. des GermaTi. fast ausschliesslich als Kasus der
eteili^ng glaubte auffassen zu dürfen, daran fest, dass uns itn
germ. Dativ nicht nur Reu exe des idg. Lokativ, Ablativ und Inslru-
mentnlie erlialten sind, soiideru dasa auch der Dativ da, wo er dem
idg. Dativ entspricht, seine ursprüngliche örtliche Grundbedeutung
(er bezeichnet 'einen Gegenstand, dem ein anderer ruhig gegenüber
steht') noch hie und da erkennen liUst. Für die letztere Annahme
ISsBt sich ja allerdings manche« geltend machen, obgleich sie schwer
KU erweisen ist; für das Got. durften, abgesehen von der Verbin-
dung mit (Iw, am schwersten ins Gewicht fallen der Dativ nach
tfkan, atlSkan und nach dem von M. nicht aufgeführten tvitan 'noch
etwas scheu'; dagegen könnte der Dativ nach kukjan 'kusseu'. auf
das Mourek S. 31B hinweist — hei Mensing erscheint es fälschlich
unter den Verben der freundlichen Gesinnung — auch alter Lok.
»ein [kukida fötum is 'drückte einen Kuss auf seine Füsse"). IS 273
nach den Verben des Herrschens glaubt M. den eigentlichen Dat.
zu finden, auch nach u-aldan, aber in Fällen wie waidiiib iztearaitn
ann6n6m ist doch nur instrumentale Auffassung möglich, die auch
durch das Ags. (dcni pi iconge wealdan) gestützt wird. Warum
erscheinen beim eigentlichen Dativ die Verba der Wahrnehmung,
wie got. gaumjan, «lilan usw. nicht als besondere Gruppe? Mhd.
loisen 'vorwerfen' ist unter den Verben der Bede aufgel'ührt, gehört
aber eigentlich in diese Kategorie, ebenso das gar nicht erwähnte
warten, das in der südd. Umgangssprache ja noch jetzt mit dem
Dativ verbunden wird. Audi bei gol. hausjan, das unter den Ver-
Bremer Zur Lautschrift.
127
I
t>eu des Dicnens erscheint, itit siclier von der Grundbedeutung nnit'
augehett; mhd, kann einem hoereii noch = zuhoron 8eiii. § SäT
■das» der Dat. hei galeiks auf eiuen ComitÄtiv zurückgehe, ist doeli
nicht zweifelhaft, da das Adj. in Verbindung: mit dem ]nslr. /o#
vorkommt, w'w auch ahd, Ihiu gilth. Bei nudereii Verbinduii;reu,
i z. B. qinö litii/ada anbaramma (§ 311) hat M, an der Äuutihnie
CoHiitativK festgehalten, obgleich t
jp-ündet erscheint.
iiiger be-
Sremer 0. Zur Lautschiitt. (Graminatiken deutscher Mundarten.
Anhang z. Band 1). Leipzig: Breitkopf u. HSrtet 189». 21 S.
Bremer hat »eit dem F.i-scheiueii »einer Phonetik an seiner
Lautschrirt einige MNogel entdeckt und ^ucht diese in dem Schrirt-
then "Zur Lautachr." abzustellen. Das führt nuu wieder ku dem
Übelhiand, dass Bd. I der Grammatikvn eine etwa» andere Laut'
ttchrift 2cigt als der zweite. Der Leser hat mit dem Bremersclien
System »ehon ohnedies seine Mühe; so ist ein Umdenken Ton einem
Band zum anderen nicht eben angenehm. Von Anfang an war auf
dadul
-wurde der Grundcharakter der Schrift bedingt (Mischung lateinincfier
und RTiechJHoher Typen, Verwendung der eckigen "ZirkumHese" niit
liesonderer Bedeutung); aber die Rücksicht schwand mehr und mehr
und so sind nun eine Keihe eigens geschnittener Typen neben den
überlieferten g^^hraucht. Bremer legte Gewicht darauf, für jede
LautfArbung ein eigenes Zeichen, nicht nur ein über* oder unter-
gesetztes Unterscheidungsmerkmal zu haben. In der That ist es
aber gleich, ob ein Strich durch den Buchstaben gezogen oder oben
oder unten ange.^etzt ist. So musstc Bremer auf jeder« optische
System, auf jede Symbolik verzichten; die Weite eines Vokales wird
auf die verschiedenste Art bezeichnet. In seiner neuen Arbeit hat
Bremer nun das Zeichen der Enge ■~', das allerdings symbolisch
-eher als Merkmal der Weite aufgel'asKt worden könnte, beseitigt.
Dadurch sind die Reihen aber verschoben worden (altet; e jetzt e,
«Ites e jetzt te) und sind neue Zeichen nötif: geworden, die ein eehv
HU^uerksames Auj^e verlangoD, ja z. T. dem Auge wehe thun. Alt»
Forlschritt möchte ich die Vertauschung der griechischen Zeichen
für "sanfte Reibegeräusche" gegen die altenglischen bezeichnen.
Sprachgeschichtlich zu beachten sind die Bemerkungen Über das 9.
Bi-emer erklärt, dass in unbetonten Silben der Vokal ebenso be-
stimmt artikuliert sei als in betonten, dass also » für den Enduiigs-
vokal zu farblos sei. In der That wird z. B. die Verkleinerungssilbe
U in Oherdeutschland, ja innerhalb Schwabens recht verschieden
ausgesprochen; aber man hat dem auch schon st. B. in "Bayerns
Mundarten" vielfach Rechnung getragen. Andererseits kommt ge-
rade in den unbetonten Silben eine Färbung des e vor, die dem
K Gleitlaut 'm gdnade und dem zweiten Teil von Diphthongen wie
, ti, 09 gleich ist, die bei a, o, u, il. ö auch vorkommt und
pherMll mit einer Senkung des Kehlkopfes verbunden ist, ja viet-
Hicht gerade dui-ch sie veranlasst ist, so dass a nur ein Glied einer
esonderen Reihe Ist, die ich in der Lautschrift von "Bayerns Mund-
mil einem gemeinsamen Symbol (<!, i usw.) versah; sie durch
inhehrung zusammenzufassen geht wegen » (i, ü) nicht an.
Weniger bedeutsam ist, das« Bremer jetzt die Unterscheiduug
128 Heilig Grammatik der Ostfränkischen Mundart usw.
vorderer und hinterer Ä:-Laute nicht mehr fordert, wo der Charakter
sich aus der Umgebung von selbst ergibt. Ich bin s. Z. wegen
solcher . Ketzerei schlimm kritisiert worden.
Überblicken wir Bremers Lautschrift in ihrer jüngsten Gestalt^
so müssen wir fragen, warum er nicht gleich die der Association
Phonetique angenommen hat. Ich wäre immer noch der Meinung,
dass eine absolute, alle Zwischenstufen berücksichtigende Weltschrift
als Generalnenner notwendig ist, dass für einzelne Sprachgebiete
aber eine leicht lesbare, nicht allzu bunte, möglichst symbolische
und symmetrische Schrift sich empfiehlt. Unter allen Umständen
sollten Sprünge vermieden sein, wie Bremer zeigt, wo die Quanti-
tätszeichen bald über, bald unter den Lauten stehen, bei Konso-
nanten anders sind als bei Vokalen. Ich habe gefunden, dass
mein System: alle Qualitätszeichen über, alle Quantität»- (und Ton-)-
zeichen unter den Buchstaben, leicht verstanden worden ist, keine
Missverständnisse hervorrief und auch bei Texten verwendbar bleibt,
so zwar, dass der Lesende, dem es nicht um genaues phonetisches
Erfassen der Einzellaute zu thun ist, zwischen den diakritischen
Zeichen hindurch fast ganz mühelos lesen kann.
Der Besitzer der "Phonetik" Bremers kann den "Anhang**
nicht entbehren; für die gleichzeitige Benutzung hat der Verfasser
auf S. 20 und 21 besondere Fingerzeige gegeben.
Würzburg. 0. Brenner.
Heilig 0. Grammatik der Ostfränkischen Mundart des Tauber-
«^.Tundes und der Nachbarmundarten. Lautlehre. Leipzig ßreit-
kopf u. Härtel 1898 (Grammatiken deutscher Mundarten Bd. V).
239 S., mit Karte.
Die Mitteilungen über das Fortschreiten des Sprachatlasses
des deutschen Reiches haben gezeigt, dass neben dem Atlas einge-
hende Darstellungen von Einzelmundarten unentbehrlich sind. Bre-
mers Sammlung von Mundartgrammatiken ist daher gewiss ein zeit-
gemässes Unternehmen. Leider erscheinen die angekündigten Bände
nur allzulangsara und bieten die bisher erschienenen (von Maur-
mann und Heilig) fast nur Lautlehre. Ferner wäre es gerade für
Bremers Anschauungen über Mundartgrenzen angezeigter gewesen^
zur Stütze der Annahme von abgegrenzten Mundarten Arbeiten
über Gebiete mit reinen Typen aus der Mitte der Mundartbezirke
an die Spitze zu stellen, um an ihnen die Bandmundarten zu messen.
So aber bewegen sich die beiden bisher erschienenen Grammatiken
hart am Rande und erfordern sofort zu ihrer Beleuchtung Material
aus benachbarten Gauen. Heilig hat denn auch, wie schon der
Titel zeigt, über den Taubergrund hinausgegriffen. Dadurch ist
für den Darsteller grössere Sicherheit gewonnen, der Leser aber
bekommt ein stetes Flimmern vor den Augen; er wird im Stoff nicht
heimisch. Bremer hat zwar in seiner Weise durch Zusammenstellungen
in kaleidoskopischen Bildern die geschichtliche Würdigung zu er-
leichtern versucht, und der Verfasser hat gleichfalls statistische Listen
von erheblichem Umfang beigegeben. Aber ich halte dies Alles
für verfrühte und fast vergebliche Arbeit. Früher hat man ohne
genügende Tiefe gearbeitet, jetzt wird die Sprachgeschichte auf zu
wenig breitem Boden aufgebaut. Man lasse Ausnahmen und Rätsel
ruhig liegen, bis wir mehr Einzeldarstellungen aus demselben Mund-
Heilig Grammatik der Ostfränkischen Mundart usw. 129
artgebiet haben und beschränke sich in den geschichtlichen Zuthaten
darauf, das unzweifelhaft Klare, Gesetzmässige hervortreten zu
lassen und die ungelösten Rätsel als solche zusammenzustellen.
Misslich ist in unserem Fall schon der Umstand, dass mit dem Ter-
minus "ostfränkisch" gearbeitet werden musste, ohne dass Jemand
sagen kann, was eigentlich ostfränkisch ist. Was ist z. B. unter
Vokalismus des Ostfränkischen zu verstehen? Man braucht nur die
Linien des Sprachatlasses anzusehen, um zu finden, dass es keinen
solchen gibt. Man mag weiter über die Abgrenzung des Mittel-
deutschen denken wie man will — am besten wäre vorläufig von
Mitteldeutsch nicht zu sprechen und die Gau- und Stammbezeich-
nnngen hessisch, thüringisch, schlesisch oder noch engere zu brau-
chen — aber den ostfränkischen Vokalismus z. B. von Würzburg
iguad miiad) kann man nicht als md. bezeichnen; höre für Hörn,
dass doch auch schwäbisch ist, kann ebenfalls nicht als Beweis für
md. Art verwertet werden. Also weniger Voraussetzungen — oder
gleich viel weiter gesteckte Grenzen für Vergleiche wären für
künftige Grammatiken sehr zu empfehlen.
Kann so der Gesammtanlage — für die wohl Bremers wohl-
gemeinte Vorschriften massgebend waren — nicht unbedingtes Lob
gespendet werden, so ist von der Durchführung im Einzelnen um
.so mehr Gutes zu sagen. Über die Aussprache der Laute, über
Wort- und Satzbetonung, Quantitäten ist natürlich sorgsam gehan-
delt. Werden einmal phonographischc Aufnahmen leichter als bis-
her dem Auge vermittelt werden können, wird dies Kapitel wohl
auch ausführlicher ausfallen^). In der Geschichte der Laute wird
mit Recht zuerst vom Mhd. herabgegangen, dabei nicht das ale-
mannische Mhd. der Ausgaben, sondern ein dem Ort entsprechend
gefärbtes (mitteldeutsches sagt der Verf. mit zweifelhafter Berechti-
gung) zu Grunde gelegt. Ein besonderes Kapitel fasst dann die
wichtigsten Lautwandlungen in Gruppen zusammen (Dehnungen,
Kürzungen, zuerst im Allgemeinen, dann bei den einzelnen Vokalen,
Diphthongierung, Veränderungen der Vokale vor ;•, Nasalierung,
Labialisierung, Kontraktion, unbetonte Silben-Vereinfachung alter
Geininatas, Konsonantenassimilation, Dissimilation, Fremdwörter).
Bremer gibt dann eine Chronologie der Veränderungen. Endlich
folgen die oben erwähnten Zusammenstellungen (Übersicht der
Entsprechungen vom heutigen Bestände aus, dies eine nötige Er-
gänzung zum Vorausgehenden, Übersicht über die mundartlichen
Unterschiede gegenüber den Nachbarmundarten und innerhalb der
Taubergrundmundart, endlich eine Liste erschlossener mhd.-md.
Grundformen. Als Anhang sind Proben der Sprache um 14(X) und
eine Übertragung einer mhd. Stelle aus Bertholds Predigten in die
Mundart und moderne Textproben gegeben. Ein Wortverzeichnis
bildet den Schluss. Ein Sachverzeichnis fehlt leider.) Gegenüber
den thatsächlichen Mitteilungen muss die Kritik eines Fremden natür-
lich schweigen. In Bezug auf Erklärungen bin ich jedoch nicht
immer mit Heilig einverstanden. So glaube ich, dass mit Analogie-
bildung nicht durchweg glücklich hantiert ist. Wie soll z. B. bleuen
(schlagen) durch Blei, Stäucherle durch steigern, leuem (Nach wein
keltern) durch leiern in der Form beeinflusst sein? Wozu soll läfe
'laufen' Analogiebildung sein (§ 191. 2)? Auch bei der Gruppen-
1) Ich benütze die Gelegenheit, um die Fachgenossen zu fra-
gen, ob ihnen eine einfache Übertragung der Walzenkurven auf
eine ebene Fläche behufs Abdruck und Vergrösserung bekannt ist ?
Anzeiger XII i. 9
Ueilig' Gramnia.tik der OsIlräDkischcD Mundart l
bildung kann ich nicht imnier mit 1
G(.-schichtu hie und da Zwaii}^- an; s
der Kürze auf ein altes 'kwmjan
n«Tne 'nebmen' hlttte doch za geniei
'riemjan wird auch H. Dicbt
übereinstimmen; i-r thut der
wenn kume 'kotniiien' wegen
iirütkgeführt wird; der F»il
Erklürung rühren »ollen,
, bürge darf nivlit KU den
Wörlern mit -rj- genommen werden (S 104); hafer gehört kaum sn
den Beispielen l'ür grammatischen Wei:hsel: &r ia auch sonst ilurcU
■fer vertreten (vgl. alem. nüfei-), wie Ja auch vor ( spir. lorl. und
len. wechseln (echu-ebel—Kchu-efel); grap 'Krähe' zu Liebe darl' niuiit
ahd. hr =^ gr der Ma. gesetzt werden, grap gehört zu Krähe, niciii
zu hraban; das « statt nl in disl [Distel) rnuHS von n slAIt tid in
gädane [gestanden! getrennt werden, denn liier iat kaum nl su »n
asHimiliert worden, sondern t ist zwischen Konsonanten g^erallen.
Zur Assimilation kann ich nuch den Fall hyaele 'Huhn' i.iehl im
Sinne Heiligs rechnen (n vor /, r zu w); wenn hier nicht w au» no
enstand {a. rUhrt selbst als Grundform ahd. huoninehüin an], to
möchte ich diesen Fall, wie den in jiiciwi 'Schwindel" {hyrttr 'Hühner"
wolil von hytiü alihftugig!) erklüren wie nhd. schlingen aus achtin<Un.
während Hcklund erhalten blieb, d. h. der palntale Vokal hat, den
Obergang dos dent. n{d) in das palat. » veranlasst. — Die Cbe^
gUnge von i zu y stehen jetzt nicht mehr so in der Lnlt, wo uiau
darauf anl'merksam geworden ist, dags vor» usgeh ende Labiale den
Wechsel bewirken, bei allen Beisjjielen Heiligs steht ein l^bijil
vor I,
Angesichts der zahlreichen Belege hätte B. wohl bestimmter
als CS ä 180 Anm. S geschehen, Zuhamenhang der VokalUnge nn'l
nihd. Einsilbigkeit, der Lange mit Mehrsilbigkeit behaupten diirren.
Er scheint zn sehr abbänKig von dem an und llir sieh einleuchtenden
Satz : vor 'Oemtuata' Verkürzung oder Erhaltung der Kürze. Auch
vor zwei verschiedenen Konsonanten, die im Auslaut ein^ilhiger
Formen bleiben, ist der Wechsel der QuantitiU zu beobachten: brxtl
"brachte", erü 'e.r8l(e)" aber r^^t, gnext, diarM.
Wenn S 158 ausgelühr» wii-d; alle mhd. 6 und jüngere Ui-h-
nungs-£ könnten nur in der Quantität verschieden gewesen seiu.
da sie sieh verschieden weitvr entwickelt haben, und dies dann als
Analogie für den Unterschied von mhd. t und i beigezogen wird,
so möchte ich bemerken, dnss ich ho9e, einmal ausführlich nach-
weisen zu können, dass weder Akzent noch Quantität an der uhd.
Diphthongierung schuld sind, sondern einzig die extreme Artiku-
lation, die nur von einer gemässigteren aus, gewissermosaen durch
ein Hinaufficimelten, durch einen Anlauf zu gewinnen ist.
Von mancherlei Kleinigkeiten, die mir einer Besprechung wirl
Bcbeincn, will ich, um nicht den Schein zu erwecken, als sei vM
An dem Buch auszusetzeu, nur eines noch herausgreifen, ä 107
wundert sich H. dass statt des zu erwartenden 'fräp {raiuioe lu
m-ouw zu vräic zu frnp) es frä heisst. Hier ist docli übereeheD.
dass in der Stellung als Attribut das Wort gewöhnlich itou, nicht
»rouu'e lautete; auch tür nioive ist t-uo mhd. belegt, daher ma. rä
auch nicht aufmilig.
Bei jeder Mundangrammatik, die nicht bloss das Bestehend«
darstellen, sondern erklären und geschichtlich ordneu will, vciid
Vieles zweifelhalt sein und seine Erklärung aus anden-n Darstel-
lungen erwarten müssen. Ich möchte deshalb es als Verdienst Im-*
trachten, wenn eine Mundartgrammatik zu Zweifeln annfgi. weiiu
nur das ThatHäeliliche gehörig überwiegt. Dies ist aber bei Heilig
der Fall, und ho dürfen wir fUr seine Gabe recltt d&nkbar seiii.
Schatz Die Mundart von Imst. 131
iremer enlworfene Sprachkarte ist originell; ich zielie
W'tiie An von Wiigners ßeuilinger Karte vor.
Würzbnrg. 0. Breunfr.
Ichatz J. Die Mundart von Imst. Laut- und Plexlonslehre. Mit
Unterstützung der kaiserlichen Akademie der Wiiisenschafien in
Wien. Sirassburg Trübner 1897. 8". XIIl, 179 S.
Die Mundart von Imst im Oberinnthal verdient eine wissen-
schaftliche Dsrstellunp aus verschiedenen Gründen. Binmal bietet
sie als konsequent und ungestört entwickeltes, von der hochdeut-
«cben Subriftspraehe ebensoweni»: als von dem städtischen Misch-
dialekt Innsbrucks beeinHusstes Idiom ein besonders zuverlüssiees
Beobachtungsmaterial, zumal für den germanistisch geschulten Ein-
geborenen, und dann errefft sie das Interesse des Sprachhistorikers
durch ihre eigenartige Stellung an der Grenze zwischen Alemannisch
and Bairisch.
Die meisten Forscher haben bisher die Mundarten des oberen
Inntlials bis TelfR hinunter zum Alemannischen gerechnet, Schatz
«rklärt sie dagegen für unzweifelhaft bairisch auf Grund tier Ent-
wickelung der Vokale der betonten Silben; er hilU fest an der von
ihm in der Deutsch. Lit.'Zeitg. tä95 Sp. IH gegebenen Darstellung
4ler Grenze zwischen Alemannisch und Bairisch : "Graubündten,
Vorarlberg und das AllsHu sprei'hen nleroannisch. Nur der Weiler
Lechleiten im obersten Lechthnl, der noch zu Tirol gehört, hat die
Alemannische Mundart wie das eine Viertelstunde entfernte vorarl-
ber^che Wart: das nüchste tirolische Dorf Steg im Lechthal ist
I. 4ftvon 14 km entfernt. Die bairischen. Grenzorte gegen das SchwK-
nliische sind Forchach. Rinnen, Nassreid; schwäbisch sind Weisseik-
t)ach, Berwang, Biberwier." (S. VI.|
Ausserhalb des Vnkniisnius der betonten Silben lassen sich
weniger leicht Kriterien für die Zugehörigkeit der Imster Mda. zum
Bairischen nachweisen; ich rechne dnhin in erster Linie die Ver-
drAngung des Pronomens der 2. Person Plur. durch en, enfr; sonst
^winnt wenigstens der ferner stehende eher den Eindruck, man
habe einen alemannischen Dialekt vor sich, linden wir doch in Imst
die sonst nur für das Alemannische in grösserem Umfange belegte
Verschiebung des anlautenden und auf Nasal« folgenden k zur
Affrikata kx (doch vgl. auch Jetlinek Zs. f. d. A. 36. 79), alemannisch
«cbeint auch die durchweg gutturale Natur des /, der Abfall des
auslautenden -n im Infinitiv und Partizip gegenüber der gewöhn-
lichen Erhaltung desselben im Bairischen (so auch scbon wenig östl.
Ton Imst) die Deminutiven düng -l» gegenüber bairisch-/, ferner aus-
•erordentlich zahlreiche Übereinstimmun<;en mit alemanischen Mund-
L Arten in der Flexion der Nomina und Verba, Diese Abweichungen
[ Ton der Schriftsprache sind allerdings so weit über Ober-Deutsch-
bind verbreitet, dass man sie wohl in ziemlich alte Zeit zurückver-
legen muss; man wird sich dem Schluss nicht entziehen können,
dus eine Reihe von Übergllngen aus einer Flexion sk lasse in eine
andere schon in mhd. Zeit in der gesprochenen Sprache sich voll-
zogen hatten, wfthrend die Li ttcral Ursprache den Hlteren Stand treuer
bewahrte. So viel scheint mir Mcher,. dass auch durch die Arbeit
von Schatz wieder die alte Erfahrang brstHtlgt wird, dass die Grenzen
«iner Mundart gegen die Umgebung für verschiedene Unterschei-
dungszeichen selten oder nie identisch sind und dass desshallj die
132 Schatz Die Mundart von Imst.
Zutciliin<i: einer Mundart zu einem bestimmten Sprachgebiet in vielen
Fällen eine mehr oder weniger willkürliche sein muss: auch der
musikalische Akzent, der so deutlich zwei verschiedene Mundarten
von einander trennt, aber leider einer genauen und verwendbaren
Fixierung so grosse Schwierigkeiten entgegensetzt^ kann kaum als
absolut entscheidend angeschen werden, da auch in dieser Hinsicht
vieli'ache Übergangsstufen zwischen grösseren Gebieten existieren.
Die Darstellung der lautlichen und flexionellen Verhältnisse
der Mda. darf wohl, soweit hier einem Nichteinheimischen überhaupt
ein Urteil zusteht, eine zuverlässige genannt werden, jedenfalls zeigt
sich Verf. mit den Resultaten der neueren Mundartforschung und
mit den Fragen, die sich für die Geschichte der deutschen Sprache
daran knüpfen, vertraut. Die phonetischen Erörterungen ^eilich
werden den Spezialisten vielleicht nicht ganz befriedigen, doch sind
die wichtigsten Erscheinungen, die für die Lautlehre in Betracht
kommen, überall hervorgehoben; auch die Akzentverhältnisse werden
einer kurzen Besprechung unterzogen, die freilich durchaus nicht
als erschöpfend bezeichnet werden kann. Das Hauptgewicht ist
gelegt auf die Darstellung der heutigen Laute und Formen auf
Grund der historischen Entwickelung, woraus manche Winke und
Anregungen für die AufPassung von Streitfragen der ahd. und mhd.
Grammatik sich ergeben. Wenn man dabei auch nicht allen Aus-
führungen des Verf. unbedingt beipflichten kann, — Einwände des
näheren zu begründen, ist hier nicht der Ort — so wird man ihm
doch die Anerkennung für sein aufrichtiges Bemühen, zur Klärung
allgemeiner Fragen von seinem durch ein verständnisvolles Studium
der Mundart gewonnenen Standpunkt aus beizutragen, nicht ver-
sagen wollen, sondern ihm für seine erfreuliche Gabe danken.
Basel. Gustav Binz.
Soerensen Asm. Polnische Grammatik. Erste Hälfte. Leipzig, Druck
und Verlag von E. Haberland 1809. IV, 256 S.
Das Polnische ist zweifellos eine der bestbearbeiteten slavi-
schen Sprachen. Ausser zahlreichen Abhandlungen zur Geschichte
der Sprache und zur Dialektologie, vornehmlich in den Rozprawy
und den Sprawozdania komisyi jc^zykowej der Krakauer Akademie,
liegen uns auch treffliche Darstellungen der modernen Schriftsprache
mit historischen Rückblicken vor: die für ihre Zeit hochbedeutende
Grammatik von Antoni Malecki (Gramatyka jezyka polskiego wieksza,
Lw()w 1863), die leider in ihrer erweiterten Gestalt (Gramatyka histo-
ryczno-poröwnawcza jezyka polskiego, Lwöw 1879) entschieden ver-
schlechtert ist, und aus neuester Zeit das sehr zu lobende, lichtvolle
Werk von Krynski (Gramatyka jezyka polskiego, Warszawa 1897).
Dem gegenüber müssen die polnischen Grammatiken in deutscher
Sprache, die sich freilich auch durchweg das bescheidenere Ziel der
praktischen Spracherlernung stecken, als minderwertig bezeichnet
werden. So wird das Werk Soerensens gerade in den Kreisen der
deutschen Sprachwissenschaft ganz besonders freudig begrüsst wer-
den, umsomehr, als es sofort durch manche grosse Vorzüee für
sich einnimmt. Indem der Verfasser überall vom deutschen Sprach-
fefühl ausgeht, erscheinen die Eigentümlichkeiten der polnischen
prache für uns in plastischerer Gestalt, als es gemeiniglich in
den Werken der Nationalgrammatiker der Fall ist; gewisse Teile
Sgerem
1 Polnische Gra
mntik-
133
Kger Grainmstik koinmeD liei ihm zum ersten Ma[ xu ihrem vollem
■itecht; ich nenne vor sllem die Lehre vou deu Aktionnarton des
V polnischen Verb», die in den einheimischen Grnmmnlikeii so ^ut
K^Ie ganz zu fehlen pHegt, und doch von so einechueidender Bedeu-
Ftang für das Verstkiiduis der Sprache ist. Sodann verleiht der
■ '.Orammatik Soerensens schon un sich der Umstand einen bleibenden
* Wert, dsss sie durchweg auf eigenen Sammlungen beruht, die mit
erstaunliehem Fleiss und muslerhafler Sorgfalt zum Aufljau der
Sprachlehre verwandt sind; die Darstellung ist klar und Hiessend.
und sucht auch dem Lernenden die Wege des Verst&udnitises sa
«buen; Übersieh! und Klarheit sind auch durch weise Anwendung
lypograp bischer Mittel erstrebt und erreicKt. Hoffentlieh bringt der
noch ausstehende zweite Teil einen ausführliehen Index. Die vor-
liegende erste HSifte enthalt nach einem kurzen Überblick über die
Lautlehre, der nur mehr zur Orientierung dienen soll, die Formen-
lehre und S,vnCax zusammen behandelt; die zweite HSlfle soll eiu
Verbal Verzeichnis bringen, in dem die Verba nach Verbalklassan
and innerhalb derseiben alphabetisch geordnet erscheinen, ausser-
dem soll sie eine Übersicht der rein syntaktischen Erscheinungen
geben. Das Hauptgewicht des ersten "Teils liegt also auf der For-
menlehre, und dass der Verfasser hier gleich die einschlägigen syn-
taktischen Verhilltnlsse erörtert hat, kann nur beifällig aufgenom-
men werden. Mit Itecht wird dazu ii] der Vorrede bemerkt, das»
in höherem Grade ais anderswo in den slnvisehen Sprachen die
Formenbildung vou syntaktischen lOiiiHüssen bestimmt wird So
erlAhrt man hier z. B. beim Pronomen wie beim Zahlenwort gleich
die Hauptsachen ihrer syntaktischen Verwendung und lernt, welch
ein Gebrauch von der bunten formemnenge gemacht wird; und
«ine klare Darstellung der verwickelten Verhältnisse im Bereich des
filavischen (und polnischen) Verbums ohne Erörterung der syntak-
tischen Unterschiede Hesse sich vollends kaum denken.
Es wird nicht leicht eine Frage aus der polnischen Formen-
lehre ÄU finden sein, die man bei Soercnsen vergeblich suchte. Der
erste Abschnitt behandelt das Substs-ntiv : reichliche Paradigmen
illustrieren die Flexion, worauf dann eine erschöpfende Besprechung
«Her Sonderheiten und Anomalien folgt. Der zweite Abschnitt bietet
die Formen und Syntax der Pronomina; im dritten Abschnitt, vom
Ad^ktiv, hat in einem besonderen Kitpitel auch die Stammbildung
desselben eine Besprechung gefunden. Der fünfte Abschnitt, von
den PrSpositionen, zeichnet sich durch eine Kelchfaaltigkeit des Stoffs
und eine derartig erschöpfende Darstellung des Sprachgebrauchs
AUS, wie ich sie in keiner andern Grammatik einer slnvischen Sprache
gefunden habe. Die sechste und letzte Abteilung, vom Verbum,
bildet den Höhepunkt des Werks, Bei jeder Klasse folgt eine aus-
führliche Behandlung der Perfektiva und Imperfektlva mit nahezu
vollständiger Belspielsummlung; was man sich bisher mühsam aus
den Lexiken heraussuchen musste, um oft genug zu finden, dass
»ach diese versagten, das liegt nun Übersichtlich und systematisch
geordnet vor uns. Soerensen hat durch diese erschöpfende Samm-
lungen zur Lehre von den Abtionsarten des polnischen Verbs auch
der vergleichenden Orammatik der slavtschen Sprachen einen
grossen Dienst erwiesen, und unwillkürlich regt sich der Wunsch,
ftuch für noch andere slavische Sprachen eine so bequeme und zu-
verlässige Übersicht über den schier unermess liehen Stoff zu be-
sitnen.
Leider bin ich jedoch nicht in der glücklichen Lage, dem
Werke Soerensens uneingeschrHnkt Lob spenden zu können. Den
134 Soereiiseii Polnische Gramniaiik.
j^'p ruh inten Voi'KÜ^ren hallen gewisse Mängel die Wage, die Mch
rnded ziemlich alle aus einem Orundquell herleiten Ittssen. Wer
ganz selbständig: von Grund rus neu baut, der wird nur zu leicht
dem Fehler auugesetzt sein, das, was seine Vorgüiiger geleistet
haben, nicht genUgend zu beachten und ftir die eigene Darstellung
heranzuziehen. Soereneen ist in diesen Fehler ebenfalls verfallev
er zeigt sich entschiedeu nicht genügend vertraut mit den histori-
schen und vergleichenden Forschungen auf dem Gebiet der alavl'
Hchen Sprachen überhaupt und der polnischen ini besondem. So
Itomnit ee, dasK sein« Kunst, da wn es gilt die Erscheinungen der
heutigen Sprache zu erklären, leider nur zu oft versagt; eio Blick
in Miklosichs vergleichende Grammatik, in Leskiens Handbuch oder
in KryAskis Grammatik hfttte ihn vor manchem Irrtum bewahren
können. Besonders hat so die Lautlehre gelitten, die recht schwach
attsgetallen ist, selbst wenn man die ErklArung des VerfaExers be-
rücksichtigt, "dass die knappe Lautlehre nichts weiter sein will, als
eine Grundlage für die Darstellung der Formenbildnng." Es wäre
entschieden besser gewesen, wenn der Verfasser viele Erklffrungen
fortgelassen hätte. Für eine "praktische" Grammatik der polnischen
Schrirtsprache würde mir, um ein Beippiel zu geben, durchaus
die Angabe genügen: nue hat im Prilteritum marl, im Inßnitir
mrzecl Soll aber eine Erkillrung für diese Verschiedenheit gegeben
werden, so ninss man unbedingt fordern, dass sie auch richtig isL
Eine Erklärung, dass "in einer Anzahl Worter und Wortformea
ri und li auf »r und i.; zurückgehl" {S 29 Bern. 3 und B 245) forde»
nicht, weil sie unrichtig iül. Und so hat man an vielen Stellen das
Gefühl, die Erklärung hatte Heber fortbleiben sollen; auch in die-
sem Falle wHre weniger mehr gewesen.
An und für sich hatte die Lautlehre wohl ausführlicher sein
müssen, gerade weil sie die Grundlage für die Foi'menlehre bildet
und bilden muss. Dann könnten bei der Formenlehre die Erörte-
rungen über rein lautliche Vorgänge, wie g 67—59 "Konsonanten-
erweichung vor weichen Endungen", § 60 — 64 "der wandelbare Vo-
kal, die gepressten Vokale und der Umlaut" beim Maskulinum, die
sich dann wieder § 71 — 74 heim Femininum, S 86 — 89 beim Neutrum
und mulatis mutaudis S 12f!— läfl beim Adjektiv wiederholen, weg-
fallen oder doch durch kurze Hinweise ersetzt werden, wodurch
grössere Einheitlichkeit und durch den Znaammeuhang der gleich-
artigen Erscheinungen bedingtes leichteres Verständnis erreicht
worden wäre. Als ein Muster solcher Art der Darstellung ist mir
immer Leskiens Handbuch erschienen. Auch die Verbnlflexion wltre
noch übersichtlicher geworden, wenn die vorkommenden Lautüber-
gflnge bereits in der Lautlehre behandelt worden waren.
Ich gehe nun auf die Kinzeiheiten ein (wobei natürlich alles,
was mir ntifgerallen ist, zu behandeln nicht meine Absicht isit nicht
aus Lust am Kritisieren, sondern in der HofTaung, dem einen oder
andern Benutzer der Grammatik damit zu dicueo, vielleicht auch
dem verehrten Verfasser für eine zu erhoffende neue Auflage nützen
zu kiiimen.
Zu bedauern ist, dass so ganz auf die Darstellung der Aus-
sprache, die doch eine ganz besondere Schwierigkeit der polnischen
Sprache bildet, verzichtet wird. So lieisst es g 13 vom poln. t nur,
dflBS es ein Laut ist, "den nur dos Ohr aufzufassen und die Zunge
schwer nachzubilden vermag"; die Aussprache der erweichten Kon-
sonanten hleihi so pul wie unerörterl; die Bemerkung, das« sie
"schwer für uns zu erfassen sind", (§ 18 Ben». 4) das* die "Ün-
teracheidung der Laute s' z' c' ds' einerseits und *e i c« rfi ando-
Soert
i Polnische Grammatik.
135
^ terwils dem Deutsclien sehr schwer TtÜ\t" k«nn eine Beschreibung
ihrer Aussprache, liic doih bei dem h«uti^en Stande der Wiasen-
fichart der Phonetik niohl so sehr schiwer gewesen wäre, nicht er-
Betzea. Auch das Gebotene ist nicht immer richtig: y Ul durchaus
nicht a-ahnllch (g 5), da es nii'hl gerundet ist; g 13 Bern. 3 heisst
es "poln. ck klingt im Silbenanlaut vor Vokalen fUr unser Ohr viel-
fach wie A (= Media zur Tenuis cA, x. B, i-hodzi er geht)". Das ist
irreführend; die Media zur Tenui» ch wird z. B. in dem g des nord-
. deutschen "icagen, sai/en" gesprocher ; so klingt aber das ch in
I ebodzi nie. Der Verfasser meint wolih fast mit reinem A, mit ch
I Biit Verlast des R ei bungsge rausch es.
I In dem ganzen Abschnitt von den Lauten, S 4—20, bemerkt
[ lD»n überhaupt eine gewisse Unsicherheit und damit Unklarheit. So
F kann ich nicht recht verstehen, wie S- 7 gemeint ist^ "die Lautver-
1 bindungen qj ej ij oj iij {6,i) yj entsprechen den mit t gebilde-
rten Diphthongen anderer Sprachen, gellen aber im Polnischen
laicht als solche, sondern als mit dem Konsonanten J geschlossene
ISilben"; § 9 wird kein Unterschied jfemacht in der Aussprache der
l'^Hjntierten Vokale, ob sie frei oder nach Konsonant stehen: ziemia
I wird als zjemja transskrihiert, nllhrend es doch liem'a gesprochen
Wird; unglücklich ausgedrückt sind auch g 10 und § U "nach den
Gutturalen k und g wird für elymolojfisch gegebenes y i geöchrio-
ben, und "nach den Palatalen ns t cz wird statt etymologisch ge-
gebenem {, um das Fehlen der Präjotation zu kennzeichnen (1), y
tgvechrieben". Das ist doch nun durchaus kein Schreibegebrauch,
•ondern beruht auf der thatsllchlichen Aussprache, indem altes ky
wmä tfy in ki gi, ii M vi aber in zy szy czy übergegangen sind.
t)ieses müsste also eigentlich in der dritten Abteilung "die Ent^
Mehung der Laute" behandelt werden.
ä IT Bem. werden irztqe' und obiad als Ausnahmen einem
lodjeeftac' usw. gegenübergestellt, wo j auf den Auslaut des vorher-
j^henden Prätixes nicht einwirkt. Da vennisst man ei» Wort der
Erklärung: trziqc' und obiad sind schon uralte Z n sam men rück un gen:
•bg. ttz^ti und obid*. während odjfcAac' einem otijachati zu ver-
^ eichen ist.
S 20 Bem, 1 werden einige La-utübergAngu als "Anomalien"
«ufgefühn, die es nicht sind. Der schon urslaviache Schwund des
kulaotenden v nach dem b des PrSüxes ob-, der Ausfall von t und
p vor n ist doch ebenso elu lautgesetzlicher Vorgang, wie etwa
der Schwand von i und b im AusIhuE des Polnischen. Unter dem
Schlagwort "Konsonantenverlanschunsren" sind heterogene Erschei-
■.vuugen zusammengeworfen: c'teierc' für *cBwierc: ist «ine Ässinii-
llition, Maifforzafa das Beispiel einer Dissimilation, ulygntfc' hat
It ntydnqc kaum etwas zu tliun, sondern vergleicht sich lit. ntükstu,
tiigau, »tükti 'steif stehen', hat also ursprüngliches y. Das gleiche
"' "'ou der Anmerkung über "Konsananteneinschub": bardzo für
I, zdrada für irada beruhen auf einem lautlichen Vorgang;
' aber für y«c' ist eine ADitlogicbildnng, indem es sein d von
(C' odjqc' bezogen hat. itowiek ist nicht aus feloi-'ikt entstan-
I, snudern beruht auf einer anderen Stufe, vgl. abg. ilovfkb.
Auch der Abschnitt über "die Entstehung der Laute" lUsst
utuches zn wünschen übrig.
i 22 heisst es "Nach l und den Palatalen trilt für ie (= alt-
. ei wieder der harte Laut e ein." Das sind aber zwei ganz
r«rschiedfne Dinge. Ein altes e'e z'e ist hart geworden und wird
hher heute rze ie (nicht nie, iie) geschrieben; le aber ist noch
»Ute weich und steht für Ve. Ih roiu graphisch, indem eben ( l'
136 Soerensen Polnische Grammatik.
bedeutet, da man für das harte / das Zeichen i hat; auch §24 wird
die Natur des l verkannt, wenn es heisst "nach l tritt für ia ie der
harte Laut a, e ein". Nicht der Laut, das Zeichen!
§ 23. Nicht ''in zahlreichen Fällen, besonders vor Gutturalen
und Labialen, bleibt ie auch von harten Konsonanten unverändert",
•ondern immer hindert lautgesetzlich Guttural und Labial den
Übergan tf von ie in fo; ebenso (Bern. 3) bewirken diese Laute
immer, dass 4 durch ie vor ihnen vertreten ist.
§ 26.. "Altslov. q entspricht polnisch in offener Silbe' f » in
geschlossener Silbe q" usw. Diese Regel ist keine Regel, da sie
soviel Ausnahmen zeigen würde wie befolgte Fälle. Wie Lorentz
(im Arch. f. sl. Phil. 16) dargethan hat, kommt es nicht nur auf die
Natur der Silbe, sondern ausserdem auf den ursprünglichen Akzent
an; demgemäss ist der Vergleich mit dem Übergang von o zu d
fallen zu lassen.
Bem. 4 und 5. Die Entsprechung altslov. e poln. ie (e) z. B.
Akk. PI. dtisq : dusze^ ebenso § 41 Bem. 2, ist keine lautliche; ic
ist anlautendem ^ nie vorgeschoben, sondern nur q. Nachdem dieser
Lautwandel eingetreten war, erfolgte erst der Übergang von q zu q.
§ 27 wird gesagt: "die Halbvokale kommen in der Regel im
Auslaut, sowie inlautend in offener Silbe zum Wegfall". Nicht in
der Regel, sondern regelmässig, immer.
Bem. 2. "Aus euphonischen Gründen kommt oft . . . die Er-
weichung im Wortinlaut in Wegfall". Besser wäre gesagt, aus pho-
netischen Gründen, und es wäre mehr gesichtetes Material beige-
bracht worden. Einen Ansatz dazu macht die treffliche Studie von
Olaf Broch über diesen Punkt in Xapicxfipia, Sammelband zu Ehren
Korschs, Moskau 1897, S. 277.
Bem. 2 bringt viel Disparates zusammen und hätte eine bes-
sere Ordnung verdient.
§ 29 wird für hl hl nur die Vertretung hi angegeben, in der
Bem. nur ivilk^ milczec\ zölty und zölc' angeführt. Es fehlt also
ganz ef ief in be/kot^ che^hac\ chefpic\ gieik, kielb, kiefbasa, pelk,
pefny^ ebenso mönic' aus rnolwic'.
Bern. 5 enthält zwei schlimme Unrichtigkeiten: nireti 'sterben*
geht doch auf *me7'fi zurück und nicht auf *vibrfi. Und in br^za :
brzoza u. a. ist doch nicht "e bisweilen in o übergangen*', sondern
abg. r^ aus er entspricht poln. re, in welcher Verbindung dann t
die gewöhnlichen lautlichen Wandlungen erlitt.
Und was soll man vollends zu § 30 sagen, wo das j der jo-
Verba wie volati — i-olajerm usw. als "nur zur Vermeidung des
Hiatus" dienend betrachtet wird, eine Auffassung die in aller Breite
nochmals S 199 wiederholt wird! Dass unter dieser Rubrik auch
das zusammengesetzte Adjektiv wie dobraja, sowie der Akk. Instr.
desselben aufgeführt, möchte ich am Ende doch nur als einen lapsus
calanii betrachten.
§ 35. Die Regel über die Verwandlung der Gutturale vor ?,
e wäre deutlicher ausgefallen, wenn der Verfasser diese nach ihrer
Provenienz in der bekannten Weise geschieden hätte. Die Impe-
rative piecz pomoz usw sind nicht lautlich entstanden, sondern
haben ihr rz, z (für c, dz) aus dem Präsens jneczesz pornozesz usw.
durch Analogiewirkung erhalten.
§ 37. sfbdza ist nicht germanisches Lehnwort, sondern ist
mit steig, steigen urverwandt; § 38 werden i und sz versehentlich
als Gutturale bezeichnet.
In der Formenlehre und Syntax finden sich, wie schon er-
wähnt, solche Mängel nur selten; ich erwähne Folgendes:
Soereusen Polnische Grammatik. 137
§ 39. könnte etwas über den Gebrauch der dem Deutschen
abgehenden Kasus, Lokativ und Instrumental, gesagt sein.
§ 43. im Dat. Plur. der weichauslautenden Maskulinen ist
'Om nicht unumgelautet geblieben gegen altslov. -errny sondern -iorti
ist unter der Einwirkung der harten Stämme aufgekommen : bis ins
15. Jahrhundert ist -iem noch im Gebrauch.
§ 45. Unter den Maskulinen mit Gen. auf -a werden nur zwei
Monatsnamen, paidziemik und listopad, angeführt. Es haben aber
alle -a, mit Ausnahme natürlich des Adjektivs luty Februar.
§ 47. Unter den Wörtern mit -u im Dativ vermisst man sicat.
§ 51, S. 44 unten, wäre zu erwähnen, dass neben dem Fl. auf
-a auch -y vorkommt: hilety und bileta, elementy und elemenfa u. a.
§ 53 Bem. 3 wird die Endung -y in pi^c' razy fünfmal usw.
als anorganisch bezeichnet. Dies ist aber keine Genetivendung,
sondern der Nominativ, der sich von dica, irzy, cztery razy auch
auf pi^c\ szea'c' razy ausgedehnt hat. Ebenso kam im Russ. die
Endung -a, als alte Dualform von Haus aus nur bei dwa berechtigt,
auch nach tn, öetyre in Gebrauch.
§ 62 ist zu ändern. Die Regel (§ 26) über den Wechsel von
^ und e ist falsch, somit ist ihr Auftreten in den angeführten Fällen
Dicht ais unregehnässig zu bezeichnen. Es hätte erwähnt werden
können, dass die Dehnung des o zu. ö unterbleibt in der Regel vor
tonlosem Konsonanten: daher bok, Mop, gios, gos'c\ kot, kosz,
-mlot, mroky nos, pot, post^ rok^ snop^ sok usw.
§ 101 stellt der Verfasser acht Möglichkeiten auf, die Dat.
und Akk. des persönlichen Pronomens unter einander zu stellen;
er fügt schon selbst hinzu, dass dies ''wenigstens in der Theorie"
Oeltung habe. In der That lassen sich daraus wohl mit Recht die
Fälle: on mi^ ci pokazai und on go 7nu piiaedstawil streichen, denn
wenn zwei Enklitiken zusammentreffen, steht in der erdrückenden
Mehrzahl der Fälle der Akkusativ hinter dem Dativ. Auch für Stel-
lungen, wie on mnie tobie pokazaly on jego jemu przedstaicil dürf-
ten sich nicht gerade viele Beispiele finden lassen.
§ 113 ist nicht recht ersichtlich, warum die alte Genetivform
'^hso als ''unregelmässig" bezeichnet wird. Sie liegt doch schon abg.
als chso neben ceso vor, und die Endung -sOj die sich mit der der
verwandten Sprachen vergleichen Uisst, ist eher als "regelmässig**
zu bezeichnen, als die noch unerklärte Neubildung -go.
§ 128. In den Verbalsubstantiven lecetiie, vndzenie zu leciec'y
tvidziec' ist keine "anorganische Verhärtung" eingetreten, sondern
das sind Analogiebildungen nach den entsprechenden Formen der
Verba auf -ic : placenie^ rodzenie^ ausgegangen von dem bei bei-
den gleichlautendem Präsens. Überhaupt schwanken ja die Verba
auf -iec' vielfach in solche auf -ic' über : mys'lec\ aber wytnys'lic',
zamys'lic' sie; pafrzec' aber rozpatrzyc'; wiedziec' aber zwiedzic'.
§ 135 Bem. 1. icyzszy ist nicht durch Dissimilation aus tcyszHzy
2XL erklären, sondern ist nur durch nizszy hervorgerufene Schrei-
bung, mitgewirkt hat dabei das Adverb icyzej, das § 143 Bem. 2
falsch erklärt wird. Dieses lautete altpolnisch noch uyszej und
<»rhielt sein z von seinem Gegenteil nizej.
§ 158—187 werden die Präpositionen behandelt; auf die grosse
Reichhaltigkeit dieses Abschnitts war schon vorher gebührend hin-
gewiesen. Nur muss ich gestehen, dass mir die vom Verfasser ge-
wählt« Anordnung des Stoffs nicht glücklich erscheint. In einem
Paragraphen steht die Präposition mit kurzer Angabe ihrer Haupt-
bedeutungen, beispielsweise § 162: "do zu (örtlich, zeitlich . . . .,
das Ziel oder Ende einer Bewegung, einer Thätigkeit, eines Stre-
1S8
PoliiischK Grai
bell», eines ZiisiAude« aitj;ebend)", l'oigpn Bfinpiele. Aledaiin Tn\gt
n'mo mehr ab) zwei Seiten lange, eng gedratkte Bemcrktiiig': "mit
anderen PrftposilionBn wiederzugeben", wo wir erfahreo, dBhs <io
liberBetzt werden knnn mit; {alphahetifich geordnet) an c. Akk., au
die. an c. Dal., auf c. Akk„ bei, für, gegen, in e. Akk., in c. Dai.,
mit, nach, über, vor; ausserdein mit einfachen Kasus: Akk. und
Dal. Alte diese Unterabteilungen sind mit reichen Beispielaamm-
Jungen ausgestattet. Und so geht ea Auch bei jeder anderen Prä-
position in Ahnlicher Weise. Ich kann mir kaum denken, das»
irgend einem Benutzer der Grammatik mit dieser rein äUKserlicheii
AnordnunfT des Stoffs, lediglich nach der deutschen Wiedergabe,
gedient sein wird. Auf dies(< Weise wird Zusammengehöriges zer-
rissen, und Ungleichartiges zusammengebracht; von der eigentlichen
BedeutungssphKre einer Prliposition gewinnt man kein klares Bild.
So wird mit keinem Wort erwähnt, dass u- mit dem Akk. zur Zeit-
bestimmung dient; das muss man sich mühsam unter "an" («■ wie-
«or, w äeten'), "bei" [we dnie i w nocy), "in" {<r ijodzine s'miera)
"um" (w potudnie) und "zu" (w Bote Narodzenie) zusammensuchen;
andererseits sind z. B. unter o c. Lok. untt-r "an" zusammenfre-
bracht; mys'lec' o czent und o kiju chodeic' am Stab gehen, was
doch auf ganz verschiedenen Bedeutungen des o beruht. Und der-
artige Beispiele liessen sich noch in grüsserer Zahl anftthren. Bis-
weilen ist auch die Grundbedeutung nicht erschöpfend angegeben,
ao bei o c. Lok. g 173: "um bei Zeitangaben". Ist denn dni; die
wichtigste Gebrauchsweise, so dass die Bedeutung lat. de bei den
Verben senliendi und declarandi, sowie die Bedeutung etwa "ver-
sehen mit" (z. B. chata o matutkich okienkach eine Hütte mit klei-
nen Fensterchenl in die Anmerkungen verwiesen werden mässen?
Der Abschnitt Über die Präpusitionen liHtte entschieden ge-
wonnen, wenn der Verfasser den Stoff bei den einzelnen Präposi-
tionen nach grösseren Kategorien eingeteilt hlitte, dabei nach Mög-
lichkeit die Einzelheiten des Gebrauchs ans den Qrundbedcuiungen
erklärend. Um nur ein Beispiel zu geben sei po c. Lok. gwwfthlL
Es bedeutet 1) die Bewegung über (durch) einen Raum hin: Jechac'
po s'n-iecie, zles'c' po drabinie, krew kr^xy po iy/ach usw. D&raos
entwickeil sich die Bedeutung des Orts, an dem etwas vorgeht nder
sich befindet: miec' rany po ca/em ciele, po prawfj xtrouie, po
s'rodku, po drodze. 2) es bedeutet zeitlich nach: po »'mierei, po
de.vzczM; naslqpic' po kirn, nastar' po czem, ei»kac' yrom po gromie
(einen nach dum andern); dazu gehört auch: plakae' po ktm Qemitn-
dem nach weinen); deiedticayc' eo po khn etwaii von Jemandem
erben (d. h. nach ihm der Besitzer werden); co mi po wyjazdaeh
was nützen mir die It«isen (d. h. was habe ich (Gutes) nach den
Reiseu); spodeietvac' si'f vMyo po kirn etwas von jemand erwarten
(ttie Erwartung kann sich erst in der Zukunft, alito nach dem jetei-
gen Zustand erfüllen). 3) auch mit dem Dat., drückt es den Um-
stand, die Art und Weise, aus: po staranu, po eirhu, po poluka-,
po iiazicüku, po nigki^ cettie; po iciektt^ a:<;g'ci; so auch poenac
kogo po cxem; po prawdzie möwic', tcgpöibracia po piorze.
Der Verfasser hKtte die» natiirlich bei seiner retchen ßeleeen-
heit und seinem feineu Sprachgefühl weit besser gemacht, als e»
mir in diesem groben, eiligen Versuuli gelingt und er liUtte der
Sachd damit entschieden mehr gedient. Wenn jemand dieGebrauchs-
ephltren einer PrHposiiiou kennt, wird er keinen Augenblick im
Zweifel sein, wie er sie in der eigenen Sprache |>ASBend a "
fetzen hat.
Mit § 188 betreten wir nunmehr das Gebiet des A
r
Soerensen Polnigi^he <^rflinii)aUk.
§ 193 Bern, 1 (S. 168). Der Gubrauch des Iiifiiiitiva in Pftllcn
■wip icidac' es ist zu sehen, Jak okiem dojrzec', cöi pic' prty jedzenia
beruht nicht auf dem WefrfaU von moina orfer trzeba. Die Filhiir-
keic iiutiKudriiulfen, dass eine Handlung (refchehen kann oder »ollr
liegt vielmehr xchau seit uralter Zeit im Intiiiitiv Gelbst; Bmpiele
aus dem Aitindischen iu Delbrücks Vergleichender Syntax 2, S 1Ö2.
S 200. "Personalflexionselement" fitr das ftbliehe 'Tersonal-
endun};" zu gebrauchen, iuC nicht gerade eine glückliche Neueninjf.
S an. 203. Die Erklärung, dass das auslautende * der l.und
8. Klasse von der Endung der 1. Sg. und 3. PI. sowie vor der Par-
tizip iaten düng -eny in j übergehe, ma^ ja praktisch ihre Vorzüge
haben, ist aber sprach historisch unrichtig. Die Bildung geschah
mit einem lO-je-SnBix.
§ 207. Gegen die Kegel § 2G bleibt p im Iraner, stets unver-
ändert: kr^c', pf,dz'. Gewiss, aber nur weil die Kegel falsch ge-
fafist ist.
§ 213. Vorbemerkung. "Vor der Aufgabe stehend, zum ersten
Mal bei der Darstellung der Grammatik einer alavischen Sprache
diesen Sprac h ersehe in unjren (gemeint ist die Perfekt! vierung imper-
fektiver und die Iraperlektiviening perfektiver Verba) die denselben
gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden . . .", Ohne Soerenseus
grosses Verdienst schmtlleru zu wollen, möchte ich doch darauf auf-
merki^am machen, daas Vostokov in seiner russischen Grammatik
(die erste Auflage erschien 1831 iu Petersburg), di« lür ihre Zeit
eine Husterle istung war und auch heute noeh wertvoll ist, diese
Erscheinungen durchaus gebührend berücksichtigt und sehr ein-
gehend und klar, auch mit einer voUstHndigen THhelle. dargestellt
hat, §63 und g84-HG [S. 111-199). Natürlich trifft vieles Einzelne
für die heutige inisitische Sprache nicht mehr zu.
S 228, Bei chicycic' — chwi/lac', skocs]/c' ~ xkakiic' , »licpic' —
ttqpac' kann man nicht von Abwerfung des sianimhaften iVeden^
SDudem hier lagen von Maus aus zwei Stumme neben einander,
wie wideiee' neben iridac'. Aus dem Russischen ivjtre hier ehvatat'
neben choatit', akakat' neben skocit' bosser zu vergleichen gewesen,
als pu»tit' — puakat' , dessen ;l- doch eine Komplikation darstellt.
§ 294 ist richtig. Nur kann man nicht poni<;ttqli direkt mit
Kgpomionac' vergleichen. p/>m<;nali ist gleich russ. ii-pom'atiut',
Joh. Schmidt handelt über diese Wörter Sonantentheorie 141 und
leitet sehr einleuchtend das i; aus dein Aor. her. 3. PI. pom^i^, d&
"in *pomtnnq beide n in eins verschmelzen niussten, welches dann
aar folgenden Silbe gezogen wurde." Die von dchmidt postulierte
""Tm *pomi,nnq liegt nun eben in poln. pomnf, ^omnq vor; tetpo-
ionqe', €. vgpamenauti geht auf ein *pomennqli zurück.
i 22h (und schon % 190 Bern. 1) spricht Soerensen von der
_. jleitendenBezeichnung"iterativeB Verb" fllr die iniperfektivischen
Terbalkomposita; und noch deutlicher heisst enß. 196: "Das imper-
fBktivierte Verb ... ist in gar nichcs verschieden von dem von
Haus ans imperfektiven Verb (aber doch in der Bildung! !) Auf kei-
nen Fall ist es zulttssig, dafür die Bezeichnung iteratives Verb sa
gebrauchen." Man kann dem Verfafser vielleicht uinrüuraen, dass
man bei der Betrachtung der heutigen Sprache die Bezeichnung
"iterativ" den speziellen Icerativa, die § 304— .107 behandelt werden,
reserviert. Aber sprach historisch genommen int der Name "Itera-
tiva" für die im perfekt! vi sehen Vcrbalkoniposiia doch durchaus
'echtigt. Der Verfasser scheint sich hier leider in einer verhäng-
ivollen Unkenntnis des wahren Sachverhalts zu befinden, wie aus
ScblUBsbemerkung S. 256 hervorgeht, wo er sagt; "Die miss-
140 Soerensen Polnische Grammatik.
bräuchliche Bezeichnung' iterativ für das imperfekti vierte Verb . . .
ist ofifenbar durch die Übereinstimmung zwischen der Bildung der
Form des imperfektivierteu und des iterativen Verbs, zumal durch
die Verwendung der vielgebrauchten Iterative chodzic', nosic\ rod-
zic' usw. zur Bildung der Imperfektiva der Komposita von i8'c\
nies'c'. wies'c' usw. entstanden/*
Demnach sieht es fast so aus, als ob die Übereinstimmung
der Bildungsweise bei den Iterativen und Imperfektiven (die der
Verfasser auch § 304 hervorhebt) auf einer Laune der Sprache be-
ruht, als ob zwischen beiden Erscheinungen jedes "geistige Band**
fehlt. Und doch ist der allbekannte Sachverhalt der, dass die Im-
perfektiva nichts anders als die Iterativa sind. Ich brauche nicht
näher darauf einzugehen, da ja schon oft über diese Frage gehan-
delt ist. pisac' heisst 'schreiben*, pisywac' *oft, wiederholentHch
schreiben*. Tritt nun ein Präfix, etwa przy-, vor piitac\ so ver-
ändert es nicht nur seine Bedeutung, sondern macht es auch gleich-
^eitiv perfektiv; przypisac' "zuschreiben, im Hinblick auf die Vol-
lendung**, perfektiv. Ein przypisywac' bedeutet zunächst 'wieder-
holentHch die Handlung des Zuschreibens vornehmen". Aus der
^Nebenbedeutung des Wiederholentlichen entwickelt sich dann der
Sinn von etwas Dauerndem; geschieht die Handlung mehrmals, so
kann sie nicht mit einem Mal vollendet sein; so kommt die imper-
fektive, durative Bedeutung zustande, und das präfigierte Iterativ
kann als Imperfektiv das perfektiv gewordene präfigierte Grund-
rerbum ergänzen. Es ist sehr zu bedauern, dass der Verfasser
nicht von diesem historischen Standpunkte aus die schwierigen Ver-
hältnisse erläutert hat. Vieles wäre, zumal dem Lernenden, klarer
geworden, und er hätte gleich eine sichere Grundlage gehabt. Der
Ausdruck "iterativ** für das imperfektivierte Verb ist also durchaus
nicht unangebracht, um so weniger, als dieses die Fähigkeit, die
wiederholte Handlung auszudrücken, nie aufgegeben hat. So heisst
doch wysilam si^ nicht ausschliesslich "ich strenge mich an, diesen
Augenblick, so dass die Handlung noch fortdauert", sondern es
kann doch auch die wiederholte Handlung ausdrücken, iterativ
gebraucht werden. Wenn Leon (bei Sienkiewicz, Bez dogmatu)
in sein Tagebuch schreibt: nieraz nawysüam sie. nad sohq, jak sie
wysila dla whisnego ratunku czloiciek ionqcy^ so bedeutet das doch:
oft mache ich Anstrengungen über mich, wie sich ein Ertrinkender
um die eigene Rettung anzustrengen pflegt, d. h. ivysilac sie ist
hier unzweifelhaft in iterativischem Sinne gebraucht, unbeschadet,
dass es in anderen Füllen auch als einfaches Imperfektivum zu
wysilic' sie fungieren kann. Und so Hessen sich zahllose Beispiele
finden!
Dies mag genug sein. Ich wiederhole es: die hervorgehobe-
nen Mängel sind, wenn man sie natürHch auch Heber misste, keines-
falls im Stande, den Wert von Soerensens Leistung wesentHch herab-
zusetzen. Der Forscher wird dankbar das Gebotene hinnehmen
und sich die Thatsachen da, wo er mit dem Verfasser nicht über-
einstimmen kann, nach eigenem Wissen und Können erklären; der
Anfänger, der das Werk zur Hand nimmt, um daraus zu lernen,
wird bei der FüHe des Guten und Richtigen durch das Unzuläng-
liche auch nicht wesentlich irre geleitet werden. Soerensen darf
des Dankes, den sein Werk trotz allem in hohem Grade verdient
bei allen Fachgenosson wahrlich sicher sein.
Berlin. Erich Berneker.
Lexicon Serbico-germanico-latinum. 141
Lexicon Serbico-g-erinanio-latinuni, edidit Vuk Stephan. Karad-
schitsch. Editio tertia, emendata et aucta. Belgrad 1898. XLII u^
880 S. Lex. 8». 16 Fr.
Das serbische Wörterbuch von Vuk Karadschitsch, das zu
Lebzeiten des Verfassers zwei Auflagen erlebte, war eine Leistung
allerersten Ranges, indem es den Wortschatz der Volkssprache
ganz aus dem Gedächtnis wiedergab und ausserdem fast jedes Wort
akzentuierte. Seitdem der serbische Akzent auch für das Indoger-
manische Bedeutung gewonnen hat, da das Serbische die einzige
slavische Sprache ist, die in weiterem Umfang die schweren und
leichten Basen unterscheidet, wird vielleicht auch mancher Sprach-
forscher das Bedürfnis empfinden, das Serbische zu Rate zu ziehen.
Dieses Bedürfnis konnte aber, da Vuks Lexikon vollständig ver-
grififen war, nicht befriedigt werden. Auch wir Sprachforscher sind
daher den beiden slavischen Gelehrten, P. Gjorgjevic und Ljub.
Stojanovid, die eine neue Ausgabe von Vuks Werk veranstaltet
haben, zu lebhaftem Danke verpflichtet. Sie haben ihre Aufgabe
mit Takt, Umsicht und Sorgfalt gelöst. Das neue Werk ist zwar
der alte Vuk, aber doch in verbesserter Gestalt. Alle die vielen
kleinen Versehen, nicht eingelöste Verweisungen, unterlassene Deu-
tungen, die sich bei Vuk fanden, sind berichtigt. Ausserdem ist
auch alles aufgenommen, was in der ersten Autiage stand, in der
zweiten aber ausgelassen war. Hierzu gehören die zwar eigentlich
nicht in ein Lexikon passenden, aber doch so interessanten Exkurse
über einzelne Sitten und Gebräuche im serbischen Volksleben, z. B.
über die Heirat. Nur zu einer Wiederaufnahme haben sich die Re-
dakteure nicht entschliessen können. Vuk hatte in vollständiger
Naivität auch die ihm bekanten Verba obscoena, an denen das Ser-
bische ebenso reich ist, wie jede andere Sprache, verzeichnet. Später
hat er sie gestrichen. Wenn Vuk damals dem Andringen seiner Zeit-
genossen nachgegeben hat, so lag doch jetzt kein Grund mehr vor,
einem Vorurteil die Wissenschaft zu opfern. Das ist das einzige,
was man in der neuen Ausgabe als fehlend bedauern muös. Sonst
erweist sie sich überall als sorgfältig und zuverlässig, und bietet
uns den Vuk der ersten und zweiten Auflage. Freilich ist es kein
vollständiges serbisches Wörterbuch. Selbst in Vuks Schriften finden
sich viele Worte, die er als Stichworte anzugeben vergessen hat,
und in der heutigen Umgangssprache gibt es natürlich viele, die
man hier vergebens sucht, aber alles das thut dem unvergesslichen
Werke keinen Abbruch. Mit Bewunderung neigen wir uns auch
heute noch vor diesem grössten Serben, der für sein Volk die gleiche
Bedeutung hatte, wie für uns die Brüder Grimm.
Leipzig-Gohlis. H. Hirt.
Mitteilungen.
Gustav Meyer f-
Wie diese Zeitschrift bereits gemeldet hat, ist Gustav Meyer,
der Vertreter der vergleichenden Sprachwissenschaft an der Grazer
Universität, am 29. August des vorigen Jahres in der Irrenanstalt
zu Feldhof bei Graz von einem schweren und unheilbaren Gehirn-
143
MitleilungeD.
leiden durch den Tod erlöst worden. Der WiHsenschafi liegt e« ob,
in dankbarem Rückblicke der Thätigkeit eines Mannes zu gedenken,
der wahrend einea Viorteljahrhunderts nicht nur die verschiedensten
Gebiete indogermanischer Sprachforschung- durch ausgezei ebnete
Arbeiten gefordert hat, sondern auch, über jene hinausgreirend und
mit weitem Blick das Leben der Volksseele erfassend, seine reichen
sprachlichen Kenntnisse in den Dienst der Völkerkunde and Knlinr-
geschichte gestellt hat. Denn der Verstorbene gehört zu denjeiügen
Sprachforschern, denen in ganz ausgesprochener Weise die Sprache
als Äusserung eines Volkes Objekt der Forschung ist und denen
darum in erster Linie diejenigen Probleme am Herzen liegen, welche
den Beziehungen zwischen Bpraclie und Kultur gellen.
So mannigfaltigdie Arbeitegebiete undlnteressenGnstaTMeyers
waren, so geschlossen sind sie doch nicht nur durch das Ziel, dem'
-die Thätigkeit des Mannes üuetrebte, sondern noch mehr durch den
Entwickelungsgaug seiner Studien, der die ttasseren realen Zusam-
menliange der studierten Objekte gewissermassen wlederapiegelte.
Der Aasgangspunkt seiner Studien war die klassische Philo-
logie und innerhalb dieser rlie griechische Sprache. Geboren
am 25. November 1850 zu GrOHB-Strehlitz in Oberschiesten, besuchte
-Gustav Meyer IBM— 1867 das Gymnasium in Oppeln und widmete
sich hierauf in Breslau dem Studium der klassischen Philologie,
am meisten von M. Uerts ftng«regt, dessen er nicht nur in der seiner
Dissertation angehängten Vita in besonderer Weise gedenkt, son-
dern dem er auch 20 Jnlire spllter durch Beteiligung an einer
Festschrift schuldif^en Dankeatribut stollt^). Unter den sechs Thesen,
die Gustav Meyer bei seiner Promotion verteidigte, sind 5 test-
kritischer Art, nur eine aus der Sprachgeschichte: die Behauptung,
dass dem Griechischen Dvandvakoraposita völlig abgingen, nat er
freilich bald richtig gestellt durch einen Aufsatz'), worin »ein BUck
bereits auf das SpHt- und Nengriechische gerichtet ist. Dem Gebiet
der NonünalkompositioD ent^tlammeu die ersten Arbeiten des jungen
Gelehrten; seine Dissertation") ist nur ein Ausschnitt aus einer
grösseren Arlieit "Beitrüge üur Stammbildungs lehre des Griecbischen
und Lateinischen", die 1872 in Curlius' Studieu («,1—116, 333—338)
erschienen Ist und an welche sich teilü ergänzend teils fortführend
«inige weitere Aufsätsce*) ausc hll essen : es sind Arbeiten ganz in dem
Sinne, wie sie Georg Curtiua mit Vorliebe bei seinen Schülern an-
regte; und wie sehr unser Forscher die Tfaltiigkeit jenes Mannes
und dessen Persönlichkeit scliärzte, sehen wir aus dem wsnnen und
herzlichen Ton, der im Nekrolog aiif G. Curtins angeschlagen wird'').
Der EinflusB von Curtius zeigt sich in den Vorzügen, die wir schon
in den ersten Arbeiten Meyers tinden: durchsichtige Gruppierung
des Stoffes und klare Darlegung des Zusammenhanges der eiozelnett
grammatischen Bildungen; in der Erklärung der Thatsachen «eigi
«ich ein deutlicher Fortschritt, indem der AnfTasanng eines "Binde-
vokals" als eines besonderen morphologischen Hilfsmittels ein Ende
1) Das Verbum subslantivum im Albanesibchen. In den Philul,
Abhandl. für Herta (1888) 81 ff.
'2) DvandvazusammensetzuDg im Griech. u. Latein. KZ.23(1STS)
1—31, 477 f.
!i) De nominibus graecis compositis (Breslau 1871).
4) Zur griech. Nominalkomposition. Cunius' Stud. 6, Sil!
372. — Das Nominalsuffix -lo-. KZ. 32(1874), 481— &01.
r.) EssnvB und Studien 2. 13—22.
MitWiluDgei
143
t^emacht und daiait die heute Douh niaBJK^^ebendt! Auffassung be-
V^ründel wird. Doch selbst dn, wo sich G. Me.ver, den Nei^ung'en
f ^er Zeit etilsprechend, In gloitognnische Hypothesen einlüiist'i oder
Tiente veraltete Theorien vortrügt'), zeichnet ihn iminerhiu ein aus-
(Bprilgtei- Sinn für dus "Reale" aus, der ihn verhinderte, sich völlig
In das Nebelgehiet von Hypothesen zu verlieren: er zeigte vielmehr
P^'tttne gewisse Zurücklinitung: gegenüber gewagten Konatruktfoneii
und bewegte bich lielier innerhalb d«s sicheren Kreises der That-
sachen. Dnniil hängt es zusammen, das» er schon in der unteu')
genannten Schritt jenen Hvpotliesen entgegentritt, durch die man
«lle möglichen Siitfixe auf wenige Grundformen reduzierte und die
. indogermanische Ursprache auf eine möglichst einfache Form brachte :
eo hat G. Meyer schon im Jahre 1875 zuerst (wenn ich mich nicht
tausche) die IdeniitHt der Kasussufüxe mit -bh- und -?>i- bestritten.
Inzwischen hatte G. Meyer seine Stellung als Gymnasiallehrer,
die er am Ernestinum in Gotha innegehabt hatte, aufgegeben und
sich, von G. CnrtiuH warm empfohlen, 1876 als Frivatdozent in Prng
habilitiert; von dort wurde er schon 1877 als ausserordentlicher
Professor nach Graz berufen und daselbst einige <lahre spHIer (18811
SBum ordentlichen Professor befördert. Die reiche wissenschaftliche
Thatigkeit, die er in Graz entfaltete, war nur durch grössere Reisen
unterbrochen, die er seiner Studien wegen nach Italien und der
Balkan halbinsel unternahm: wie sich diese Reisen im EinKelneii ge-
stalteten, tiann man wenigstens teilweise aus seinen Reiseschilde-
ruogeii entnehmen; von Herrn Professor Schuchardt erfahre ich,
das« Cypern der entfernteste Punkt seiner Fahrten gewesen ist.
Obwohl Vertreter der indogermanischen Sprachwissenschaft,
<liat sich G. Meyer dennoch in Fragen der nllgemeiuindogerm. Gramma-
tik nur rezeptiv-kritisch rerlialten; ich wüsste wenigstens kein indo-
grermaniaches Lautgesetz, das seinen Namen trügt; zu Problemen
«pckulfttiver Art, die er anfangs behandelt hat, ii.t er nicht mehr
xurUckgekehrt. Aber durch seine äusserst fruchtbare Resensenten-
thätigkeit hat er stets gezeigt, das:^ ihn nicht nur die Probleme
«eines speziellen Arbeitsgebietes interessierten, dass er vielmehr die
gesamte Entwickelung der Sprachwissenschaft aufmerksam und
kritisch verfolgte: in einer Reihe von Zeitschrillen, vornehmlich in
der Zeitschrift für die Österreich. Gymnasien und im Literar. Ceutral-
blatt^), war er unermüdlich thfttig; die wichtigsten Werke seiner
Zelt, von J. Schmidts Vokalismus und Miklosichs Vergl. Grammatik
der slav. Sprachen bis zu Brugmanns Grundriss, aber auch zahl-
reiche Monographien und kleine Schriften sind von ihm Im Laufe der
lahre gewürdigt worden. Gerade die jüngere Generalion hat Grund,
I Verstorbenen Tür diese seine kritische ThStigkeit dankbar 2U
win: denn wo er ernstes wissenschaftliches Streben erkannte, war
r immer bereit, durch wohlwollende Kritik zu ermuntern; unange-
Bcbaif wurde er nur da, wo sieh eitles, diietiantenhaftes Ge-
ahreii und Ignoranz breit nini-hten, und darum hat er t>esoiider« im
ri-sse der beiden jungen von ihm gepflegten Disziplinen des Nen-
. Stannnbildung und De-
1) Vgl. Zur Geschichte der indagcr
ftlinatlon. Leipzig 1875.
S) Die mit Nasalen gebildeten PrJlscnssIlimme des Griechischen.
Icna 1873.
3) Ferner: Riviäta di filologia. Zeiischr. f. ronian. Philol., Ro-
ia, Archiv I. slav. Philol., Berl. phil. Wochenschr., Byzantin. Zeil-
■chr., Anzeiger der IF.
144 Mitteilunjreh.
o"
griechischen und Albanesi«chen öfter seine Autorität in die Wag-
schale geworfen, damit nicht die wenigen zugängliche Wahrheit
durch die Verkehrtheiten Unfähiger diskreditiert werde.
Die Probleme der indogermanischen Grammatik hat G. Meyer
vom Standpunkt der Einzelsprache aus gefördert. Während er noch
im Jahre 1877 die Spaltung des indog. a in griech. €, o aus Beto-
nungsverhältnissen zu erklären versuchte^), sehen wir schon aus
ein paar ''Miscellen" des Jahres 1879*), dass er sich die neue Lehre
vom indog. Vokalismus zu eigen gemacht hat, indem er sie durch
den Nachweis des Ablautes e-o im Albanesischen stützt und indem
er n in ai. f-sahha feststellt. In ähnlicher Weise hat er später noch
einmal in eine schwebende indogerm. Frage eingegriffen, indem er
auch für das indog. e-Perfektum albanesische Belege beibrachte^).
So hat sich also G. Meyer von vornherein auf den Boden der "Jung-
grammatiker" gestellt und hat die Zugehörigkeit zu diesen in seinem
Nekrolog auf G. Curtius ausdrücklich ausgesprochen*), wenn er
auch nicht durch "zornige Schlachtrufe" an dem Streit der Mei-
nungen teilnahm. Dagegen ist er den Hypothesen der "jüngsten"^
Grammatiker zurückhaltend, ja selbst ablehnend entgegengetreten^):
nicht als ob er für deren Probleme, also für Akzentfragen, kein
Verständnis gehabt hätte, sondern weil er noch keine klaren siche-
ren Resultate sah und weil er, wie er sich ausdrükte, sich nicht zu
den Leuten rechnen konnte "die hier das Gras wachsen hören wollen**.
Dasjenige Werk, welches den Namen des Gelehrten jedenfalls am
weitesten bekannt gemacht hat, seine Griechische Grammatik, fällt
in den beiden ersten Auflagen (1880 und 1886) ganz in die Zeit, wo
die neugewonnenen Anschauungen eine durchgreifende Revision
der einzelsprachlichen Grammatik nötig machten; dieser Aufgabe
ist G. Meyer in ausgezeichneter Weise gerecht geworden, ohne das&
er von seinem Hauptziel abirrte, einer umfassenden und zuver-
lässigen Darstellung der griechischen Laut- und Flexionslehre in
ihrer geschichtlichen und lokalen Entwicklung: und indem der Ver-
fasser dieser Grammatik den Schwerpunkt durchaus in die grie-
chische Sprache selbst und auf die gegebenen Thatsachen verlegte,
hat er ein Werk geschaffen, das sowohl für seinen philologischen
Sammelfleiss wie für seinen sprachgeschichtlichen Sinn ein gleich
glänzendes Zeugnis ablegt und das darum dem klassischen Philo-
logen wie dem Sprachforscher ein unentbehrliches Hilfsmittel ge-
worden ist. Die letzte (dritte) Auflage — eines der letzten Zeichen
unermüdlichen Schaffens kurz bevor die Kraft des Geistes versagte
— hat das Buch in seinem Charakter so gut wie unverändert ge-
lassen: wenn man auch hätte wünschen mögen, dass einige ver-
altete Anschauungen getilgt worden wären, so ist doch dem kon-
servativen Standpunkt des Verfassers nicht die Berechtigung abzu-
sprechen, da es sich um ein Buch von der beschriebenen Eigenart
und Anlage handelt: denn so lange die neueren Hypothesen über
die indog. Grundsprache nicht ein festeres Fundament bieten als es
die alten Theorien waren, so lange dürfen sie nicht als Basis für
eine einzelsprachliche (Trammatik dienen.
1) Über den Einfluss des Hochtons auf den griech. Vokalis-
mus. KZ. i>4. 226-255.
2) Bezz. Beitr. 5, 184.
3) IF. 5, 180—182.
4) s. Essays 2, 11. 20.
5) s. Essays 2, 10 und Griech. Gramm. 3. Aufl. Vorrede S. X.
Mitteilungen. 145
G. Meyers Griechische Grammatik hat, besonders so lange sie
die einzige auf der Höhe befindliche Zusammenfassung war, auf
die reiche Thätigkeit im Gebiet der griechischen Sprache fördernd
und belebend gewirkt; an der Detailforschung hat ihr Verfasser
ausserdem nur durch die schon genannten Schriften und durch
einige kleinere Aufsätze*) sowie Miszellen etymologischen Inhalts*)
teilgenommen; seine Stellung zu einzelnen Fragen hat er in Rezen-
sionen gekennzeichnet'). Aber zu produktiver Arbeit lockten unsern
Gelehrten schon früh solche Gebiete, welche brach lagen und darum
dem geschalten Forscher um so reichere Früchte verhiessen: es sind
die neugriechische und die albanesische Philologie, von denen die
erste Gustav Meyer reiche Förderung, die zweite bahnbrechende
Ergebnisse verdankt. Teils innerer Kausalzusammenhang, teils zu-
fällige Anlässe führten ihn auf das Arbeitsfeld, dessen einzelne Teile
er in einer Weise zu überschauen vermochte, wie es bisher viel-
leicht nur bei Miklosich der Fall gewesen ist: es ist die Philologie
der Balkanvölker, die ihm nach allen Seiten und Zeiten vertraut war.
Auf das Neugriechische hat G. Meyer schon in seinen
frühsten Arbeiten (s. oben) Bezug genommen. Der herrschenden
Meinung entsprechend sieht er zunächst in neugriechischen Formen
hohe Altertum lichk ei ten und rechnet dazu in seiner A.bhandlung
über die nasalen Präsentia z. B. die neugriech. Präsensbildung auf
-ibvuü. Dennoch zeigen gleich seine ersten Arbeiten über die neu-
griechische Sprache*) eine bemerkenswerte Selbständigkeit gegen
die herrschende Richtung, die besonders durch Deffher vertreten
wurde. Auch hier war ihm die Gewinnung neuer Thatsachen viel
wichtiger als die phantastischen Spekulationen der Archäomanen:
durch die Untersuchung der Sprache einzelner mittelgriechischer
Texte beginnt er ernsthaft den Aufbau einer historischen Gramma-
tik des Mittel- und Neugriechischen: denn als Ziel schwebt ihm eine
Geschichte der gesamten griechischen Sprache vor, die er als ein
Ganzes von den Tagen Homers bis heute erfasst*). Dass mit der
wissenschaftlichen Feststellung und Gruppierung des Stoffes auch
der Weg zur Erklärung gegeben sei, merkt man besonders an der
Abhandlung über die Sprache der cyprischen Chroniken. Hier findet
sich nicht« von dem Unfug, den man im Neugriechischen z. B. mit
dem Digamma trieb; auch da, wo er noch in den damals üblichen
Bahnen wandelte^), äussert er sich doch mit grosser Vorsicht; wenn
er einen neugriechischen Lautwandel erörtert oder bei der Umge-
staltung der Flexion die "falsche Analogie*' zu Hilfe zieht, so liest
man unwillkürlich die heutige Anschauung hinein, wonach das Neu-
griechische als natürliche Fortentwicklung der alten Koivr^ zu be-
trachten ist: warnt doch G. Meyer gelegentlich davor, dass man eine
1) Über die neugefundene elische Inschrift aus Olympia. Zeit-
schr. f. d. österr. Gymn. 27 (1876) 417—425. — Über den Übergang
von €1 in i im Griech. BB. 1 (1876) 81—83. — Die Präsentia auf
-OiwuiLii ib. 222—227.
2) Curtius' Stud. 7, 173-183. 8, 120-125. BB. 5, 240 f.
3) So z. B. gegen Ficks Homerhypothese in einer Rezension
Hinrichs Zschr. f. d. österr. Gymn. 36 (1885) 365—367.
4) Über die sprachlichen Eigentümlichkeiten des Syntipas.
Zschr. f. d. Ost. Gymn. 1875, 321—345. — II dialetto delle cronache
di Cipro. Riv. di filol. 4 (1876) 255-283.
5) s. die Einleitung zum Aufsatz über Syntipas.
6) 8. z. B. Riv. di filol. 4, 257. 265. 280.
Anzeiger XII 1. 10
146 Mitteilungen.
neucyprische Lauterscheinung mit einer solchen des alteyprischen
Dialekts in Beziehung setze ^). Daher kommt uns die Arbeit über
den mittelcyprischen I)ialekt auch heute noch keineswegs sehr ver-
altet vor — was von andern Arbeiten jener und späterer Zeit ge-
wiss nicht gesagt werden kann. Auch der fesselnd geschriebene
Aufsatz über "die linguistische Stellung des modernen Griechisch"-)
klingt schon ganz modern, wenngleich die Kernpunkte der neueren
Auffassung nicht ausdrücklich hervorgehoben worden. So über-
rascht es uns nicht, dass G. Meyer die Thorheiten der Archäomanen
frühzeitig erkannt und in einzelnen Punkten durch Richtigeres er-
setzt hat: dem geradezu sprichwörtlichen "Äolismus" Y^^ccaic (d. h.
tXtijcccc) hat er z. B. schon 1877 den Garaus gemacht. Doch hat er
den gewonnenen prinzipiellen Standpiinkt nicht benutzt, um einmal
alle Hypothesen der Archäomanen durchzuprüfen; das Interesse
Gustav Meyers war schon wieder auf einen andern Punkt gelenkt,
und so ist er mehr Vorläufer als Begründer der neuen, von Hatzi-
dakis inaugurierten Periode neugriechischer Sprachforschung ge-
worden. Denn G. Meyer hat erst in den 90er Jahren wieder Fragen
der neugriechischen Sprache behandelt. Doch sehen wir aus den
Rezensionen der Zwischenzeit^), dass er die Weiterentwicklung dieser
jungen Disziplin verfolgt und gebilligt hat: die Ergebnisse, zu denen
Hatzidakis gelangt ist, scheinen ihm etwas selbstverständliches, wei^-
halb er diesem gegen Deftner rückhaltlos Recht gab. Als sich
G. Meyer nach langer Unterbrechung wieder aktiv dem Neugrie-
chischen zuwandte, da sind es fast nur'*) etymologisch -lexikalische
Probleme, die er nun in einem grossen Zusammenhang behandelt.
Denn inzwischen hatte er mit glänzendem Erfolg auf einem Gebiet
gearbeitet, wo er zum Pfadfinder und Bahnbrecher geworden ist.
Es ist dasjVerdienst Schuchardts, die Aufmerksamkeit G. Meyers auf
das Albanesischc gelenkt zu haben.
Die zwei Arbeiten, mit denen G. Meyer seine Untersuchungen
über das Albanesischc eröffnete, sind wieder ein Zeugnis für
ebenso gründlichen philologischen Fleiss wie für methodisch sicheres
und scharfsinniges Urteil. In dem ersten Heft seiner ''Albanesischen
Studien"®) behandelt er aufgrund eines Materials, von dessen Reich-
haltigkeit die vorangeschickte Bibliographie der Sprachquellen einen
Begriff gibt, die albanesischc Pluralbildung, deren Darstellung als
Muster für eine aufbauende deskriptive Grammatik bezeichnet werden
kann; und indem sich so G. Meyer in die Bildungsgesetze dieser
1) a. a. 0. 282.
2) Deutsche Rundschau 1877(1) 470 ff. (neu bearbeitet in den
Essays 1, 91-116).
3) Analogiebildungen der neugriech. Deklination. BB. 1, 227
-231.
4) Vgl. die Rezensionen von Foys Lautsystem im Lit. Centralbl.
1880, 089, Hatzidakis TTcpi ^eoproXoTiKijüv vömwv Phil. Wochenschr.
1883, 1038, Krumbachers Beiträgen zur Gesch. d. griech. Spr., Berl.
phil. Wschr. 1884, 998. — Die Besprechung des AeXTiov rnc kro-
piKfjc Kttl ^BvoX. ^xaipeiac 1, Heft 3 u. 4 (Berl. phil. Wschr. 1885, 942-
947) ist ein wichtiger Beitrag zur neugriech. Dialektologie und Gram-
matik.
5) Der Aufsatz "Zur neugriech. Gramm." (Analecta Graecensi.i
1893) und die "Bibliographie der neugriech. Mundarten" (Neugriech.
Stud. I., Wien 1894) sind die einzigen Ausnahmen.
6) Sitzungsber. d. Wiener Akademie 104. Bd. S. 257—362 (1883).
Mitteilungen. 147
Sprache vertiefte, gewinnt er zuß^leich den richtig:en Massstab für
die g>eschichtliche Beurteilung derselben: mit einem zweiten Auf-
satz über "die Stellung: des Albanesischen im Kreise der indogerm.
Sprachen**^) hat er diejenige Auffassung begründet, welche dem Al-
banesischen endgiltig die richtige Stelle anweist. Mit dem Alba-
nesischen war es ähnlich gegangen wie eine Zeitlang mit dem Kel-
tischen: statt nüchterner Forschung hatten sich verwegene Hypo-
thesen breit gemacht. Zwar war der indogermanische Charakter der
Sprache schon von Bopp (1855) erwiesen worden; aber man be-
gnügte sich nicht mit diesem Ergebnis, sondern wollte — ganz ent-
sprechend den Neigungen sonstiger Archäomanen — im Albane-
sischen etwas besonders merkwürdiges sehen und stempelte es zu
einer "neupelasgischen" Sprache, wodurch es gemäss der Vorstel-
lung, die man sich vom Verhältnis der Pelasger und Griechen ge-
bildet hatte, zu einem älteren Bruder des Griechischen wurde. Solche
Hypothesengespinnste, die sich in den Kreisen der Albanologen wie
V. Hahn und Camarda grosser Beliebtheit erfreuten, zerstörte G.
Meyer mit dem klaren und scharfen Urteil des modern denkenden
Forschers; er erkannte das Albanesische nicht nur als einen selb-
ständigen Zweig des indog. Sprachstammes, sondern musste es über-
dies wegen seiner nordindogermanischen Züge vom Griechischen
völlig trennen — zum g'rossen Schmerz derer, die die brüderliche
Verwandtschaft beider Völker gern zu politischen Aspirationen und
Plänen auf der BalkanhalbinseJ ausnützten. Dass das gewonnene
Ergebnis auch geschichtlich deutbar ist, hat G. Meyer in zwei Essays*)
näher ausgeführt: die Albanesen sind die Nachkommen der alten
Illyrier.
Durch die Untersuchungen unseres Gelehrten sind die Alba-
nesen in der indogerm. Sprachwissenschaft "hoffähig" geworden.
Wenn der alte Pott nicht unbedingt glauben will und die Albanesen
noch 1887 unter die Nicht-Indogrermanen einordnet^, so hat dieser
Widerspruch G. Meyers Feststellung nicht weiter geschadet. Auch
die in jüngster Zeit versuchte Modifizierung der geschichtlich-ethno-
graphischen Grundlagen des Albanesischen — dass die Albanesen nicht
Nachkommen der Illyrier, sondern der Thraker seien — scheint mir
keineswegs bewiesen zu sein.
Gustav Meyer fuhr fort, im Sinne seiner Anschauungen den
indogerm. Grundcharakter des Albanesischen noch genauer festzu-
stellen und die albanesische Grammatik weiter auszubauen, indem
er die Zahlwörter*) und das Verbum substantivum ^) untersuchte
und diesen Teil seiner Forschung schliesslich durch eine "Lautlehre
der indogerm. Bestandteile des Albanesischen" ö) krönte. Nur bei-
läufig sei erwähnt, dass er auch das Quellenmaterial für die alba-
nesische Sprache ansehnlich vermehrte, indem er auf seinen Reisen
unmittelbar Sprachgut sammelte '') oder Sammlungen anderer kritisch
1) Bezz. Beitr. 8 (1884) 185—195.
2) Über Sprache und Litteratur der Albanesen. Nord und
Süd 24 (1883)211-226. Zur älteren Geschichte der Albanesen. Zschr.
f. allg. Geschichte 1884, 067 fT. Beide Aufsätze sind abgedruckt in
den Essavs 1, 49—90.
3) Vgl. Techmers Zeitschr. Suppl. 1, 28 fT.
4) Albanes. Studien 11. Wiener Akad. 107. Bd. 1884.
5) Philol. Abhandlungen für Hertz (1888).
6) Alb. Stud. ITI. Wiener Akad. 125. Bd. (1892).
7) Die Früchte solcher Sammlungen stecken natürlich in den
148 Mitteilungen.
herausgab^), und dass er ferner das Studium der Sprache in ihren
Hauptmundarten durch eine ''Kurzgefasste albanesische Grammatik*
(Leipzig 1888) erleichterte.
Wenn die Stellung des Albanesischen so lange in der Wissen-
schaft unklar geblieben war, so war dies zum Teil durch die eigen-
artige Zwitternatur jener Sprache bedingt: der starke grammatische
Einfluss des Latein und die Aufnahme zahlreicher fremder Elemente
aus dem Griechischen, Slavischen, Italienischen und Türkischen
haben so sehr den ursprünglichen Kern überwuchert, dass es be-
sonders scharfsinniger Forschung bedurfte, um diesen Kern zu finden
und herauszuschälen: und gerade in der Entwirrung der verschie-
denen Bestandteile des Albanesischen bewies G. Meyer seine Meister-
schaft. So hat er das Verständnis der albanesischen Laut- und
Formenlehre gefördert, indem er die tiefgehenvie Einwirkung des
Latein untersuchte. Wie nahe das Albanesische daran war, eine roma-
nische Sprache zu werden, zeigte er in dem Aufsatz über den "Ein-
fluss des Latein auf die albanesische Formenlehre**^; parallel seiner
Lautlehre der indog. Elemente läuft die Laut- und Formenlehre der
lateinischen Bestandteile, die von ihm schon vor jenen untersucht
worden sind^ — denn durch sie hindurch musste der Weg zu der
indogermanischen Grundlage gewonnen werden. Vielleicht noch
verwickelter ist das Lexikon des Albanesischen: es giebt innerhalb
Europas kaum eine Sprache, in der sich so verschiedenartige Ele-
mente so reichlich angesammelt und so vielfach und innig ver-
flochten haben. In der etymologischen Forschung und besonders
in den Problemen der Lehn- und Fremdwörter erreicht G. Meyers
Meisterschaft ihre höchste Stufe: das "Etymologische Wörterbuch
der albanesischen Sprache*' (Strassburg 1891) kann als der Höhe-
punkt seines Schaffens bezeichnet werden. Schon als albanesischer
Sprachschatz ist das Werk ein wertvoller Besitz für die Wissen-
schaft; aber seine Bedeutung ist eine noch höhere: es ist ein Denk-
mal der Philologie der Balkanvölker. Wer mit irgend einer d(»r
Balkansprachen sich beschäftigt, findet in dem Buche eine reiche
Quelle der Belehrung, und darum ziehen der Semitist, der Erforscher
des Türkischen und Persischen, der Slavist, der Romanist und der
Gräzist Nutzen aus dieser monumentalen Leistung des Verstorbenen.
Ihn zeichnete eine souveräne Beherrschung all der Fähigkeiten aus,
die zu solcher Aufgabe unerlässlich waren : sicheres Urteil in >prach-
und kulturgeschichtlichen Fragen, Kenntnis der verschiedensten Spra-
chen und Dialekte alter und neuer Zeit, Findigkeit und glückliche Kom-
binationsgabe. Wichtigen Kulturbegriffen — etwa des Ackerbaus, des
Handels — schenkt G. Meyer eine besondere Aufmerksamkeit: in-
dem er die Wanderungen der Wörter bespricht, verfolgt er die
Wandelungen und Verschiebungen der Kultur und gelangt so über
die Grenzen seines Faches in das grosse Gebiet der Kulturgeschichte.
Das Thema "Lehnwörter" hat ihn auch wieder zum Neugriechischen
zurückgeführt; nachdem er sich schon zu Beginn dieser Studien
mit den romanischen Entlehnungen des cyprischen Dialektes be-
schäftigt^) und auch sonst gelegentlich auf fremdes Sprachgut des
verschiedenen lexikalischen und grammatischen Arbeiten; doch vgl.
man etwa die Romania 1890, 546—549.
1) Alban. Studien IV (1895), V (1896), VI (1897).
2) Miscellanea Caix-Canello (1886) S. 103-111.
3) 8. Gröbers Grundriss d. ronian. Philol. 1 (1888) 804 ff.
4) Romanische Wörter im ky prischen Mittelgriechisch. Jahrb.
f. rom. u. engl. Liter. NF. 3 (1876) 33 ff.
Mitteilungen. 149
Neujrrieehischen aufmerksam gemacht hatte ^), widmet er 1894 — 1895
drei Hefte seiner "Neu^rriechischen Studien" den slavischen (alba-
nesischen, rumänischen), lateinischen und romanischen Lehnwörtern
des Neugriechischen*): die Vorzüge, welche das Albanesische Wörter-
buch aufweist, zeigen sich auch hier (die Lückenhaftigkeit des Ma-
terials darf man ihm nicht zum Vorwurf machen). Diese und andere
etymologische Arbeiten, von denen solche wie über die Wörter
Tornister^) oder Samstag*) 'europäische Bedeutung* haben, sind ge-
wissermassen Nebenprodukte jener intensiven auf das Albnnesischc
gerichteten Thätigkeit; sie zeigen eine innere Einheit, die durch die
kulturgeschichtliche Einheit des Balkangebietes und seiner Nachbar-
sphären bedingt ist. Denn ob nun G. Meyer albanesische, rumänische,
siavische«'») oder makedonische, thrakische, karische und lydische^)
Etymologien aus dem reichen Quell seines Wissens ausschüttet, —
immer haben wir trotz der scheinbaren Zersplitterung die Empfin-
dung, dass ein grosses wissenschaftliches Ziel, die Erforschung der
Kulturwelt des Balkan in alter und neuer Zeit, diese Studien her-
vorruft und konzentriert. Aber dieses Ziel führte zu immer neuen
Aufgaben. Als Gustav Meyer das vierte Heft seiner Neugriechischen
Studien abgeschlossen hatte, schrieb er mir (Juli 1894), dass er sich
nunmehr definitiv von diesem Gebiet zurückziehen werde. Nach
dieser Zeit hat er allerdings neugriechische Dinge nur noch in zwei
Rezensionen behandelt: es sind überhaupt die letzten, die er ge-
schrieben hat'). Inzwischen ist er jedoch schon wieder in eine neue
Wildnis eingedrungen; denn 1893 war das erste fleider einzig ge-
bliebene) Heft der "Türkischen Studien"®) erschienen, worin die
romanischen und griechischen Elemente des Osmanisch-Türkischen
behandelt, also die Untersuchungen über das Fremdwort in den Bal-
kansprachen fortgesetzt werden.
Die sprachwissenschaftlichen Arbeiten G. Meyers haben ein
hervorragend kulturgeschichtliches Gepräjre. Wie sehr ihn über-
haupt die Philologie der von ihm studierten Völker anzog, das
zeigen Aufsätze über die neugi'iechische und albanesische Litteratur^);
ferner seien besonders die Versuche hervorgehoben, einijrc ver-
zweifelt schwierige Texte herzustellen ^<^). Es ist daher begreiflich,
1) s. z. B. die Rezension von Fovs Lautsvstem. Lit. Centralbl.
1880, Sp. 689. ferner IF. 2, 370. 3, r>3 ff."; Zschr. f. rom. Phil. 16, 52 ff.
Byz. Zschr. 3, 156 fl'. BB. 19, 150 ff. — Über griech. Elemente in
Unteritalien. Dialekten handelt Archivio glottol. 12, 137 ff.
2) Neugriech. Studien TI— IV. Sitzungsber. d. Wiener Akad.
130. Bd. nr. 5 (1894). 132. Bd. nr. 3 und 6 (1895). Über I. s. oben.
3) IF. 2, 441 fr.
4) IF. 4, 326 flr.
5) Etymologisches aus den Balkansprachen. IF. 6, 104 ff.
6) IF. 1, 319 ff. BB. 20, 116 ff.
7) s. die Rez. meines Handbuches der neugriech. Volksspr.
IF. (Anz.) 6, 189 ff. und Körtings Neugriech. u. Roman, ib. 7, 65 ff.
8) Sitzungsber. d. Wiener Akad. 128. Bd. nr. 5.
9) Vgl. das Programm über Imberios und Magarona, Prag
1876, die Arbeit "Zu den mittelgriechischen Sprichwörtern" Byz.
Zschr. 3 (1892) 396 ff. und die in den Essays gesammelten litteratur-
geschichtlichen Aufsätze.
10) Die griechischen Verse im RabAbnAma, Byz. Zschr. 4 (1894)
401—411. Die alban. Tanzlieder in Byrons Child Harold, Anglia 15
(1893) 1—8.
150 Mitteilungen.
dass er das Aufblühen der byzantinischen Philologe mit lebhaftem
Interesse verfolgte und Krumbachers Byzantinische Litteraturjre-
schichte sowie die Byzantisclio Zeitschrift freudig begrüsste^). Be-
sonders zo^ ihn alles volkskundliche und volkstümliche an;
seinen Aufsätzen über neugriechische Volkspoesie und albanesische
Volkslitteratur, über neugriechische HochzeitsgebrHuche und über
das Räuberwesen in der Balkanhalbinsel*) merkt man an, mit welch
warmem Verständnis er die Regungen der Volksseele studierte. Am
meisten lockt es ihn wieder, den Beziehungen von Volk zu Volk
nachzuspüren, und er ist auch hierin wie in den etymologischen
Fragen von einem Finderglück begünstigt, das durch ein treues
Gedächtnis und reichste Belesenheit in volkskundlicher Litteratur
unterstützt wird: G. Meyer berührt sich mit Reinhold Köhler, mit
dem zusammen er einmal albanesische Märchen veröflTentlichte') und
dem er in der "Grazer Festschrift" einen Beitrag widmete^). Für
sein poetisches Empfinden und das Verstehen fremder Volksindividu-
alität zeugen vielleicht am meisten die Übersetzungen von Volks-
liedern; in dem zierlichen Bändchen "Griechische Volkslieder in
deutscher Nachbildung" (Stuttgart 1890) wird der Ton und Charakter
der Originale so treu und doch auch so graziös und so deutsch
wiedergegeben, dass jene kleine Sammlung als ein Juwel unserer
eigenen Litteratur bezeichnet werden darf. Studien über die Poesie
der verschiedensten Völker haben ihm die Tiefe der Volksseele er-
schlossen, die sich ihm in den "Indischen Vierzeilen'**) sogut wie
im "Schnaderhüpfel"^) und in den "Marterln"') offenbarte. Und wie
die etymologischen Untersuchungen G. Meyers einen Blick in die
Weite verraten, so haben auch seine volkskundlichen Studien einen
Zug ins Weite und Grosse: dafür findet man der Proben genug in
seinen Essays, besonders in den zehn Aufsätzen, welche unter dem
Titel "Zur vergleichenden Märchenkunde" (I 145—288) zusammen-
gefasst sind. Unter der Führung des feinsinnigen Gelehrten die
Wanderungen und Schicksale eines Märchens zu verfolgen, ist ebenso
anziehend wie belehrend; das unscheinbare Kindermärchen wird in
dessen Händen zu einem wichtigen Glied kulturhistorischer For-
schung, das selbst einer so vornehmen Dame wie der klassischen
Philologie Belehrung zu geben vermag: unsichtbare Fäden führen
uns vom Reiche des Märchens in das der Antike®).
Wer so wie Gustav Meyer das Wesen der Volksseele nach
allen Seiten — Sprache, Mythus und Sitte — durchforscht hat, der
ist auch wie kein anderer berechtigt, über fremder Völker Eigen-
art ein Urteil zu fällen. Was der Forscher über den Volkscharakter
der Albanesen^) und heutigen Griechen ^<^) sagt, ergab sich sowohl
1) s. Essays 2, 208 ff. und Beil. d. Allg. Zeitung 1893, 4. No-
vember.
2) In den Essavs Bd. 1 und 2.
3) Arch. f. Literaturgesch. 12 (1883) 92—148.
4) Ungedrucktes Volkslied aus Berat. (Grazer Festschrift für
R. Köhler).
5) Kssavs 1, 289 ff.
G) Essavs 1, 332 ff.
7) Essays 2, 145 ff.
8) Vgl. besonders "Märchenforschung und Altertumswissen-
schaft" Essavs 1, 163 ff., "Amor und Psvclie" 195 ff., "Südslavisclic
Märchen" 218 ff.
9) Essavs 1, 68 ff., 2, 345 ff.
10) Essays 2, 236 ff.
Mitteilungen. 151
aus eindringendem Studium wie nus peTsünlicheu Eindrücken, dip
aal' wiederholten ßpisen int Verkehr niil Ängelicirigen jeiiei* Vülker
gewonnen wurden: solche Urteile sind wertvoll und gerecht, weil
(sie Liclit- und ScIiaitenHeiten in ihrer richtigen Verteilung hervor-
heben. Die Griechen und Albancsen sahen daher in G. Meyer nicht
den teindHeligf n T.tdler. sondern den ohjektiv denkenden For.sciier;
und wie dankbiir vor allem die gebildeten Albanesen für Keine
Tbfttigkeit waren, das zeigen die teilnahmsvollen Nachrichten, welche
ijie Zeitschrift "Albnaia" über Krankheit und Tori de» Gelehrten
i)rachte.
Die Persönlichkeit des Hingeschiedenen würe unvollatündlg
geschildert, wenn mau ihn nicht auch als Schriftsteller würdigte.
Seine Essays Bind schon wiederholt crwilhnt worden') ebenso seine
Nachdichtung griechischer Volkslieder, Derselbe Mann, der die
mUhaamaie grammatische Arbeit mit peinlicher Gewissenhaftigkeit
auf sich genommen hat, wusste in geistreichem Piaaderton Über
^^•eine Forschungen und Studien zu unterhalten. Es hing daa mit
Hi^nem wichtigen Zug meines Wesens zusammen, "Meyer achwärmte
Ä— so schreibt mir H. Schuchardt — in seiner Jugend »o sehr für
r Utteratur und in einer fast krankhaften Weise fürs Theater, dann
auch (besonders durch seinen Umgang mit Weltmann in Prag an-
Seregt] für Kunst überhaupt, er hatte so starke journalistische
eigungen und Befähigungen, dass ich Jetzt weniger als je be-
ureife, wie ans ihm ein Sprachforscher geworden ist." Die Gabe
der Causerie ist selten unter den Deutschen — aber G. Meyer be
BOSS sie wie selten einer, und seine Essays gehören zum Besten,
was hierin die deutsche Litteratur aufweist. Wie anziehend wusste
er seine Erlebnisse im fremden Lande, fremde Landschaft und
fremdes Volk zu schildernl^) Er hatte das Zeus zum Novellisten;
das seigen die Worte, mit denen der weltfrohe Mann uns von der
dunkeläugigen Cesaria erzählt'); gelirgt es ihm doch mit liebens-
würdigem Scherz, selbst in einen Anfsatz wie den über "Weltsprache
und Weltsprachen"') einen lyrischen Zug hineinzubringen.
Die Essais sind der Spiegel eines feinaituiigcn und hochge-
bildeten Geistes. Selbst da wo man nur das leichte Geplauder des
Weltmannes vernimmt, liegt eindringende Arbeit zu gründe, die
auch das Kleinste in der Wissenschaft beachtet und untersucht.
Wenn auch das engere Arbeitsgebiet des Forschers vor allem ver-
treten ist, so legen doch eine grosse Reihe der Essays beredtes
Zeugnis ab für die vielseitigen und wei tau sge breiteten Interessen
ihres Verfassers. Ausser den schon berührten Aufsätzen seien solche
wie "Uas Indogermanische Urvolk", "die etruskiache Sprachfrage",
"Zigeuuerphilologio", "Volkslieder au» Piemont", "Finnische Volks-
Illteratur" als Zeugen genannt"). Manches ist zwar nur vom Augen-
blick hervorgerufen und für den Augenblick bestimmt; doch die
meisten der Aufsätze sind ein ebeuHo wertvoller Besitz unserer
, populärwissenschaftlichen Litteratur, wie die gelehrten Arbeiten
1) Der genaue Titel : Essays und Studien zur Sprachgeschichte
^lud Volkskunde. 2 Bde. Strassburg mH5 und 1893.
2) Essays 2, 270 fl., 34;i K.
3) Essays 2, 332 S.
4) Essays 2, 23 R.
5) Die Aufsütze, welche zeratveat In der Nuova Autologla, im
I Archlvio delle tradizioni popolari und in der "Aula" erschienen
sind mir nicht zngUnglich.
152 Mitteilunf^eti.
Gustav Me^'ers zum wertvollsten Besitz der indogermanischen Sprach-
wissenschaft gehören.
Ein Bild von der persönlichen Eigenart des Hingeschiedenen
zu zeichnen, ist mir nicht möglich : eine flüchtige Begegnung zu der
Zeit, als ich selbst noch Student war, hat mir das Bild eines heiteren
und weltgewandten Mannes eingeprägt; aber dieser flüchtig gewon-
nene Eindruck und einige Briefe, welche mir sein wohlwollendes Inter-
esse an meinen eigenen Studien bezeugten, geben mir nicht den Mut,
mich über das rein Menschliche in O. Meyers Persönlichkeit aus-
zusprechen. Dieses reiche geistige Leben ist jäh, vor der Zeit ab-
gebrochen worden, als eine schwere Gehimerkrankung im Jahre 1897
den Geist des Gelehrten umnachtete. In seinem Nachruf auf Georg
Curtius konnte Gustav Meyer die Wissenschaft trösten durch den
Gedanken: 'Mass ihm das, was seines Lebens Ziel und Aufgabe war,
ganz und voll zu erreichen und auszugestalten beschieden war. Da
ist kein jäher Abbruch eines viel versprechenden Wirkens, keine
zerstörte Hoffnung auf begonnene oder noch zu erwartend^ Lei-
stungen**. Dieser Trost versagt bei dem Verlust, den unsere Wissen-
Kchatt^in G. Meyer erlitten hat. Manches hat er uns noch in Aus-
sicht gestellt, was uns sicherer Gewinn geworden wäre; vielleicht
schenkt uns pietätvolles Gedenken noch das und jenes aus seinem
Nachlass. Zwar ist das, was G. Meyer geleistet hat, ho reichlich
und so ausgezeichnet, dass die Sprachwissenschaft seinen Namen
dankbar in das Buch ihrer Geschichte aufnehmen wird — aber da
wo einem Menschenleben in der Fülle und auf der Höhe des' Schaf-
fens ein Ende gesetzt wird, sind wir immerhin berechtigt, von "zer-
störten Hoffnungen" zu reden.
Freiburg i. B., 9. März 1901. Albert Thumb.
Vorschlag.
Brugmann hat in der .*J. Ausgabe seiner griechischen Gram-
matik die von Delbrück in der Aktionsarten-Frage aufgebrachte Ter-
minologie angenommen und spricht die Hoffnung aus, dass sie nie-
mand ohne Not fortan verlasse. Ohne Not wird wohl niemand Lust
haben, davon abzuweichen; aber eine Nötigung, sie zu verlassen,
scheint in der That vorzuliegen. Wenigstens haben fast gleichzeitig
Streitberg (IF. Anz. 11, 57) und ich (KZ. 37, 220) dagegen Einspruch
erhoben. Streitberg ist auch in der Praxis bei seiner früheren Ter-
minologie geblieben; ich bin gehorsamer gewesen und habe mich
Delbrücks Benennungen angeschlossen, indem ich es nur für nötig
hielt, die alten, von Delbrück umgedeuteten Ausdrücke 'perfektiv'
und 'imperfektiv' gänzlich zu vermeiden. Da Delbrück beispiels-
weise eine Klasse von gotischen Verben als 'terminativ* bezeichnete,
so habe ich also diese Verba gleichfalls terminativ genannt, habe
aber deutlich genug (namentlich S. 222) ausgesprochen, dass ich
Delbrücks Definition des terminativen Begriffes als falsch betrachte,
ich bereue aber jetzt meinen Gehorsam und befürchte, dass mancher
von der neuen Terminologie verhindert werden wird, meine Stellung-
nahme Delbrück und Streitberg gegenüber richtig aufzufassen. Ich
stimme in der That (vgl. a. a. O. S, 222) darin mit Streitberg über-
cin, dass die 'terminativen' Verba des Gotischen 'punktuell' fungieren
können, und sehe mit Streitberg den Unterschied des Slavischen
Mitteilungen. 163
und des Gotischen hauptsächlich darin, dass die gotischen Her-
minativen* Verba zugleich die Iteration der 'punktuellen' Aktion
bezeichnen können. Der von mir S. 220 betonte Gegensatz zwischen
Streitberg und mir besteht also darin, dass ich für diejenige Klasse
von gotischen Verben, welche gewöhnlich eine 'punktuelle* Aktion
oder die Wiederholung der 'punktuellen' Aktion bezeichnen, in einigen
Fällen auch durative Aktionsart annehme (ausona gahausjandona,
augona hahandans ni gasaiJvip S. 221), während Streitber^ eine solche
Verwendung ableugnet (vgl. IP. Anz. 11, 63 über gasaihis).
Da es wohl als ausgemacht zu gelten hat, dass Delbrücks
Terminologie aufgegeben werden wird, so erlaube ich mir, den folgen-
den Vorschlag zur näheren Erwägung zu empfehlen :
1) Die Benennungen 'perfektiv' und 'imperfektiv' bleiben der
slavischen Grammatik überlassen.
2) Die Benennung 'punktuell' scheidet aus. Ich habe sie in
meinem oben zitierten Aufsatz nur aus Gehorsam benutzt; sie ist
aber für das Slavische ebenso unpassend, wie für jede andere
Sprache. Die Eigentümlichkeit der von Delbrück 'punktuell' ge-
tauften Verba ist keineswegs, dass ihre Handlung ''mit ihrem Ein-
tritt zugleich vollendet ist" (Delbrück 2, 14; vgl. dagegen meine
Bemerkungen über russ. slijichalisb, soslish a. a. 0. ^3), sondern
ihre Eigentümlichkeit besteht darin, dass sie eine Handlung '4 terme
fixe' bezeichnen (KZ. 37, 228). Deshalb schlage ich vor:
3) Statt 'punktuell' ist die (in der früheren Verwendung [KZ. 37,
222] entbehrliche) Benennung 'terminativ* zu gebrauchen. Man hat
zu unterscheiden zwischen 'einmalig-terminativ* und 'iterativ-ter-
minativ'. Die slavischen perfektiven Verba sind einmalig-terminativ
(von den speziellen Fällen abgesehen, die ich in dem genannten
Aufsatz S. 230— 233 beleuchtet habe); die 'iterativ -terminative' Ak-
tion wird im Slavischen durch imperfektive Verba (Iterativa) aus-
gedrückt. In den meisten Sprachen aber haben die einmalig -ter-
minative und die iterativ-terminative Aktion den gleichen Ausdruck.
4) Meinetwegen kann man noch von 'durativ -terminativen'
Verben reden (z. S. der Tischler bohrt das Brett durch Streitberg
IF. Anz. 5, 81). Das ist aber meiner Ansicht nach keine logische
Kategorie, sondern nur das Resultat einer wenigstens im Deutschen
stattfindenden unlogischen Ausdrucksweise (statt der Tischler ist im
Begriff, das Brett durchzubohren, dän. Snedkeren er ved at gennem-
bore Brcettet)» Sprachen, die eine ausgebildete Iterativkategorie
besitzen, verwenden hier das Iterativum: lat. adventäre 'im Heran-
rücken sein, sich nähern'; russ. umirätb 'im Sterben liegen'.
Kopenhagen. Holger Pedersen.
Persoüalieii.
Die an der Universität Berlin neuerrichtete Professur für kel-
tische Philologie ist Prof. H. Zimmer in Greifswald übertragen
worden. — Prof. K. Brugmann ist zum auswärtigen Mitglied der
kgl. dänischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen er-
nannt worden, Professor H. Osthoff in Heidelberg zum auswär-
tigen Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften zu
Budapest. — Am 16. Juni beging Prof. J. Schmidt in Berlin das fünf-
undzwanzigjährige Jubiläum seiner Wirksamkeit an der dortigen
154 Mitteilung^en.
Universität, am 21. Juni Prof. A. Leskien da»; gleiche Jubiläum als
ordentlicher Professor der slav. Philologie in Leipzig. — Prof. J.
Wright in Oxford wurde zum Nachfolger F. Max Müllers ernannt.
Die 46. Yersammlang deutscher Philologen and
Schulmänner
wird vom 1. bis 4. Oktober 1901 zu Strassburg i. E. stattfinden. Die
Obmänner der orientalischen und indogermanischen Sektion sind
Prof. Dr. Nöldeke und Prof. Dr. Leumann.
ANZEIGER
FÜR INDOGERMANISCHE SPRACH- UND ALTERTUMSKUNDE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
WILHELM STREITBERG.
ZWÖLFTER BAXD, ZWEITES UND DRITTES HEFT.
Bibliographie des Jahres 1800.
Yorbemerknngr« Bei der Bearbeitung der Bibliographie haben
mich die folgenden Herren in gewohnter Liebenswürdigkeit unter-
stützt: Dr. D. Andersen in Kopenhagen (Skandinavische P>8chei-
nuugen), Prof. Dr. A. V.W. Jackson in New-York (Amerikanische
Erscheinungen), Prof. Dr. J. Zubaty in Prag (Slavische Erschei-
nungen).
Der vorliegende Jahrgang der Bibliographie unterscheidet
sich von seinen Vorgängern dadurch, dass die zweite Abteilung
(Idg. Altertumskunde und Mythologie) weggefallen ist. Die viertel-
jährliche Bibliographie im Zentralblatt für Anthropologie, Ethnolo-
gie und Urgeschichte Hess sie als überflüssig erscheinen. Einiges,
was aus dem oder jenem Grunde erwähnenswert schien, ist in die
erste Abteilung übernommen worden.
Wie bisher benutze ich auch heute die Gelegenheit,
meine Bitte um Unterstützung zu wiederholen. Nur wenn
sich die Herren Autoren durch Sendung von Disserta-
tionen, Programmen, Gelegenheitsschriften, Sonderab-
zügen aus schwerer zugänglichen Zeitschriften auch
fernerhin am Ausbau der Bibliographie beteiligen, kann
die erstrebte Vollständigkeit, Genauigkeit und Schnel-
ligkeit der Berichterstattung erreicht werden.
Münster (Westfalen), August 1901.
Wilhelm Streitberg.
I. Allgemeine indogermanische Sprachwissenschaft nnd
Altertumskunde.
Sprachpgychologrie. Ursprung nnd Entwicklnng der Sprache.
Kindersprache.
1. Oltuszewski W. Psychologia oraz filozofla mowy (Die Psycho-
logie oder Philosophie der Sprache). Warschau.
Anzeiger XII 2 u. 8. 11
156 I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde.
Eine abweisende Anzeige von K. Appel, PrzegL filozof. 2, 3
98-113.
2. Keller Denken u. Sprechen. Progr. des grossherzogl. Gymna-
siums zu Lörrach. 1898/99.
3. Beckmann N. Spräkpsykologi och modersm&lsundervisning.
Dissertation. Lund Lindstedt. 152 S. 1,25 Kr.
4. Gehmlich E. Der Gefühlsgehalt der Sprache. Pädagogisches
Magazin Heft 120. Langensalza Beyer. 84 S. IM.
5. Nyrop K. Eufemisme. Dania 6, 195—224.
Allgemeine Untersuchungen über den Gebrauch euphemisti-
scher Wendungen in der Sprache. 1) Die Mittel, durch welche man
solche Wendungen bildet, sind besonders Fremdwörter, Synekdoche,
Litotes, Antiplirasis oder Aposiopesis. 2) Untersuchungen über einige
der Gebiete, wo Euphemismen l)esonders zur Verwendung kommen:
Gott, Teufel, Hölle, Sterben (Leichname, Grab, Friedhof u. dgl.),
Krankheiten, Strafen, Verbrechen und Laster (Diebstahl, Mord, Lug
und Trug, Trunk, "Venus"), der Verdauungsprozess, Körperteile,
Kleidung und verschiedene Schimpfwörter.
6. Geiger L. Ursprung und Entwicklung der menschlichen Sprache
u. Vernunft. 2. Bd. 2. Aufl. Stuttgart Cotta Nachf. 10 M.
7. Lobsien M. Über den Ursprung der Sprache. Sonderabdruck
aus der Zeitschr. f. Philosophie u. Pädagogik. Langensalza Beyer.
86 S. 1 M.
8. Regnaud P. La question de Torigine du langage et la linguisti-
que evolutionniste. Revue de Ling. 32, 201 — 29.
9. Ribot Th. The origin of speech. Open Court 13, 202—10.
10. Baudouin de Courtenay J. Über die feste beständige Kich-
tung der Sprachumwandlungeu im Zusammenhang mit der Anthro-
pologie (poln.). S.-A. aus Kosmos Heft 4/5. Lemberg. S. 155 — 173.
In der idg. Lautgeschichte lässt sich nachweisen, dass die
Phonationsthätigkeit aus der Kehle in die Mundhöhle, und in dieser
vom hintern Teile der Zunge in der Richtung zu deren vorderem
Teil und zu den Lippen übertragen wird. Hierher gehört einerseits
der vielfache Schwund von Ä, der Wandel von ursp. Aspiraten zu
nicht aspirierten Explosiven bzw. zu Lauten, deren ursp. Aspiration
zu einer andern Lautmodifikation wurde, das Aufgeben der ursp.
Tonhaftigkeit der Kons. z. B. im Deutschen, das Entstehen von ö-
und i/-Lauten und sonstige Vokalveränderungen; anderseits der
vielfach sich wiederholende Wandel von Hinter- und Vordergaumen-
lauten, von j zu allerhand Zischlauten, die Labialisation ursp. Hin-
tergaumenlaute in den Sprachen der idg. Westgruppe, der Wandel
von labialisierten Velaren zu Labialen usw. So auch in den semit.,
ugro-finn., ural-alt. u. a. Sprachen. Dieser Art Phonationswandel
involviert eine Arbeitsersparnis für die gesamte Sprechthätigkeit (1.
Phonation, 2. Addition u. Perception, 3. Gehirnthätigkeit). Vom an-
thropol. Standpunkt aus haben wir es da mit allmählicher Entfernung
vom tierischen Standpunkte (die Tierlaute kommen in der Larynx
und Pharynx zu Stande), mit Vermenschlichung der Sprache zu
thun (anatomische Folgen des ganzen Prozesses in der Ausgestal-
tung der vorderen Sprachorgane). Diese Hauptrichtung der Laut-
I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertrumskunde. 157
Umwandlungen steht im Einklang mit der Hauptrichtung der an-
thropol. Entwickeln ng, mit dem Verlängern seiner eigenen Indivi-
dualität in die Aussen weit hinein. (Zubaty.)
11. Alferov A. 06erki iz 2izni jazyka (Aus dem Leben der Sprache.
Einleitung zur Methodik der Muttersprache). Moskau. IV u. 81 S.
40 Kop.
Anz. von Poriezinskij 2ur. Min. 323, 494—508.
12. Kristensen M. Samlende Krsefter i Sprogudviklingen. Studier
fra Sprog- og Oldtidsforskning, udg. af det philologisk-historiske
Samfund. Nr. 41. (Vol. IX.) Kopenhagen Klein. 59 S. 1,00 Kr.
13. Kristensen M. Nogle hovedtrsek af sprogets udvikling. Grund-
linier af foredrag. Kolding. 15 S.
14. Ljungstedt K. Spräkets lif. Inledning tili den jämförande
spräkvetenskapen. Populär framställning. Stockholm Seligmann.
155 S. 2,50 Kr.
15. Merguet H. Bemerkungen über die Entwicklung der Sprache.
Programm des Kgl. Gymn. u. Realgymn. zu Insterburg. 10 S. 4^.
16. Ribot Th. The evolution of speech. Open Court 13, 267—78.
17. Ament W. Die Entwicklung von Sprechen und Denken beim
Kinde. Mit 5 Kurven u. 4 Kinderzeichnungen. Leipzig Wunder-
lich. 2,40 M. geb. 2,80 M.
18. Toischer W. Die Sprache der Kinder. Sammlung gemein-
nütziger Vorträge, hrsg. vom Deutschen Vereine zur Verbreitung
gemeinnütziger Kenntnisse in Prag Nr. 248.
19. Roussey Gh. Notes sur l'apprentissage de la parole chez une
enfant. La Parole 1, 791—99. 870—80.
20. Ziehen Th. Die Ideenassoziation des Kindes. Berlin Reuter u.
Reichard 1898. 1,50 M. (Sammlung von Abhandlungen aus dem
Gebiete der pädagog. Psychologie und Physiologie hrsg. von H.
Schiller u. Th. Ziehen. Bd. 1 Heft 9).
21. Cederschiöld G. Gm kvinnospräk. Nord. Tidskr. utg. af Let-
terstedtska Toren. 1899. S. 417—434.
Über die Sprache der Frauen, besonders in psychologischer
Beziehung.
Sprachphysiologie«
22. Sweet H. The practical study of languages. With tables and
ill. quotations. London Dent. XIV u. 280 S.
23. Jespersen G. Fonetik. £n systematisk Fremstilling af Lieren
om Sproglyd. 3. H. Den specielle Dels Slutning. Kopenhagen
Schubothe. 314 S. u. 1 Taf. 6,50 Kr.
24. Rousselot La phon^tique exp^rimentale. Son objet, appareils
et perfectionnements nouveaux. La Parole N. S. 1, 1 — 10.
Auch als Sonderdruck Clairmont Daix 1899 erschienen.
158 I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde.
25. Rousselot Historique des applications pratiques de la phon^ti-
que exp^rimentale. La Parole 1, 401—17.
26. Zünd-Burgruet A. La Phon6tique exp^rimentale appliqu<!5e k
renseignement des langues Vivantes. M^con Protat 1898. 36 S.
27. Zünd-Burguet A. Applications pratiques de la phon^tique ex-
perimentale. La Parole 1, 11—19. 138—152.
28. Roudet L. Methode exp^rimentale pour Tetude de Taccent.
La Parole 1, 321—44.
29. Rousselot Recherches de phon<^tique exp^rimentale sur la m^rche
des evolutions phon^tiques d'apr^s quelques dialectes bas-allemands.
La Parole 1, 769—90.
Wiederabdruck der Auz. 7 Abt. 1 Nr. 15 erwähnten Arbeit.
30. Laclotte, Fauste. L'harnionie vocalique. La Parole 1, 177—88.
Le problöme se pose ainsi: 1® Quelle est l'influence d'une
articulation subsequente sur Tarticulation qui la pr6c(jde; 2^ Dans
le cas oü le groupe renferme deux voyelles l'influence de la seconde
peut-elle s'^tendre jusqu'Ä la premi6re?
31. östberg H. 0. Les voyelles velaires accentuees. Upsala.
32. Gall6e J. H. Verslag van de voordracht over de vocaalklanken,
uitgedrukt door graphiek der articulatie, in verband met Dr.
Boeke's phonographische glyphiek. 32 S.
33. Zünd-Burguet A. De la prononciation de Vs et du ch (d. i. s).
La Parole 1, 281-88.
34. Meyer E. A. Die Silbe. Die Neuem Sprachen 6, 494—503.
35. Olivier P. De la voix chuchotee. La Parole 1, 20—31.
1. Dans les conditions ordinaires, le larynx prend toujours
part au chuchotement. 2. Les vibrations de cet organe, pendant
le chuchotement fort, sout toujours nettement indiquoes par la me-
thode graphique. 3. Dans la voix chuchotee, la glotte est toujours
r6trecie presentant une Image distincte de celle qu'elle montre pen-
dant la voix parlee ordinaire ... II ne semble pas y avoir une
Position de glotte caracteristique du chuchotement.
36. Gr6goire A. Note sur Taction du thorax dans la phonation.
La Parole 1, 718-20.
37. KiesOTvF. Zur Psychophysiologie der Mundhöhle. Philos. Studien
14. Bd. Heft 4.
Allgemeine Sprachwissenschaft. Idg« Grammatik.
38. Steinschneider Ph. Über Sprachkenntnis und Sprachkunde.
[Virchows Sammlung gemeinverständl. wissenschaftl, Vorträge.
Heft 322.] Hamburg Verlagsanstalt. 28 S. 0,75 M.
39. Pedersen H. Sprogvidenskaben. Sonderdruck aus "^'Sonder-
jydske Aarbeger". Flensborg. 64 S.
Verf. hat durch diese gemeinverständliche Übersicht über die
Sprachen und über die Methode und Ergebnisse der Sprachforschung
beabsichtigt, den Laien, bei denen si(ih thatsächlich vielfach Inter-
esse für sprachliche Verhältnisse vorfindet, eine Anleitung zu geben.
Gewöhnlich ist die sprachliche Beobachtung der Laien oberflächlich
1. AUgeraeiue iodog. Spraehwisscnschatt u. Altertuinsktintle. 159
I oder gan^lkh verfehlt; eiu sohlngendes Beispiel zieht Verf. in der
I Einleitung hi-raw, in der er mit scharfer Kritik die AuisSlze J. P.
Filskows tiber die Mundnrten Schleswigs (Grensboten, 48. Jahr^.
Nr. 33 Tl. 36] bespricht. Poch tindot man bisweilen hei Laien audi
e^te Beobachtunspen, und von solchen bieten die Unlersuchnngen
N. Andersens über die Suudewltter Mundart dag glänzendste Bei-
spiel dar {Vf<l. IF. Ana. 10, 32ö Nr. 67),
40. Huller H. C. Über die Gründung einer Zeitschrit^ f. allgemeine
Sprachwissenschaft. Zeilachr. f. Etlinologie 31, 497—500.
41. Stöbr A. Algebra der Grammatik, Kin Beitrag zur Philosophie
der Formenlehre und Syntax. Wien Deuticke 1898, 1« S. 2,50 M.
12, Temple R, C. A Theory of Universal GramQiar aa applied to
a Group of Srtva^'e Languages, JEAS. July 18W S. 1—40.
43. de la QraBserie R, Ktudes de gramniaire comparec. De la
calegorie des vois. Paris Maisonneuve. 273 R. 12 Frs.
44. de la Grasserie li. De ta conjugaison negative ainsi que de
l'inierrogative et de la dubitative. Muafion 17, 255— S8. 18, 59—
73. 123-42, 309-31.
45. de la Orasserie R, Lcs diverses fonütiou!« des verbes abstraits,
MSL. 11, 27-51.
I. Fonetion lexicoioifique du verbe auxiliaire. — 2. Fonctiou
I grammaticale. A, F, gr, d'expresslou des coucepts verbaux. a) £x-
Jrcssioii de la voix. b) Espressfon du temps. 1) Temps absolu. —
) T. relatif. Auxiliaire suffix^: Langues in d o-e uro p Fennes. Lan-
gaes Chamitiques; L. du Cancase. L. altaYques. L. oceaniennea.
Nuba, Singalais. Siamois. Auxtliaires prefixäs, Auxiliaire präposi
«nalytiqueiiient. — 3) Temps doublement lelatifs. — 4) Le futur.
Auxiliaire latent. A. apparent, — 5] Temps indetermlne. — Expres-
rion des raodes. — B. Fonetion granmaticale consistant k porter
Texpression du concept de la personiie et de ceux du temps, de la
voix, du modf!, du conjugaison periphrastique. a) 0. p^riph. indl-
quant la surdi^iermlnaCion. c) C. p, indiquant rinterrogation ou la
B^gation. c) C, p. dans le but de renforcer j'afßrmalion, coexistant
»vec la conjugaison normale, d) C. p. Sans but döterminö, e) C, p,
I AU nioyen de rauxiliaire u^gatif.
|46, Reckendorfs. Zur allgemeinen Syntax, IF. 10, IfiT— 89,
1. Nichtverbales Prädikat, — 2, Stellung des Prädikats. — 3.
I Medium. — 4. Tempora. — 5. Perfekt, — G. Imperfekt. — 7. Impe-
I rativ. — 8. Apokopatus. - 9. Dual. — 10. Geschlecht. — 11. Ka-
I BUB. — 12, Akkusativ. — 13. Genitiv. — 14. Partizip u. Infinitiv. —
T 15. Zahlwaner. — 16. Attribut. — IT. Präpositionen. — 18. Prono-
l men. — 19. Artikel. — 20. Neuordnung. — 21. RelativsStze. — 22.
I AbMchtsätze. — 23. Bedingungssätze.
[ 47. Reckendorf H. Über syntaktische Forschung. Beilage zur
Allg. Zeitung 1899 Nr. 165—167.
b48. Haag K. Die direkte Methode der Mundarteu-Kartngraphie,
ihre sprachwissenschaftliche Bedeutung und praktische Notwen-
digkeit. Beilage zur Allg. Zeitung 1899 Nr. 230.
160 I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft n. Altertumskunde.
49. Meringer H. Idg. Sprachwissenschaft. 2. Auflage (Sammlung
Göschen Nr. 59). Leipzig Göschen. 0,80 M.
50. Thomsen V. Indoeuropa^iske Sprog. Salmonsens Konversations-
leksikon. 9. Bd. 1899.
51. Bogorodiokij V. A. Kurs der vergl. Grammatik der indoeur.
Sprachen (russ.). Zap. Univ. Kazan 66, 4, 65—80.
Vgl. Anz. 2, 139. Schluss der Einl. Auch als S.-A. (H. 1, 60 Kop.).
52. Müller G. H. Beiträge zur Sprachwissenschaft. Programm des
Gymnasiums zu Saargemünd 1899/1900. Saargemünd 1900. 21 S. 4».
1. Zum Genus der Indogermanen. (Zu IF. 8, 304 ff.)
Über -s im Nom. Sg. der r- n- «-Stämme. Antwort auf die Frage,
wie es komme, dass der Stamm als Genus neutrum nicht bloss das
Abstrakte, sondern auch als Vokativ das AUerkonkreteste bezeichne.
(Der Nom. sei ursprüngl. zur Anrede verwandt worden. Durch Zu-
rückziehung des Akzents sei die Endung geschwunden.) Versuch,
den ältesten Entwicklungsgang der Sprache zu rekonstruieren. —
2. Der Lokalismus. Gegen 0. Hoffmann BB. 1899 S. 167 f. wird
die lokale Grundbedeutung der Kasus geleugnet. — 3. Die Bil-
dung der 1. Sg. Ind. Präs. Aktiv, -mt sei durchweg die Endung
gewesen.
53. Wheeler B. I. The origin of grammatical gender. Journ. Germ.
Pliil. 2, 528-45.
Vgl. das Referat des Verfassers in den Proceedings Am. Phil.
Association 30 S. XIX— XXIII u. den altern Aufsatz Class. Rev. 1889^
390 ff. — Brugmanns Theorie befriedigt in negativer, jedoch nicht
in positiver Hinsicht. Sie lässt sich nur auf die ä- und j[6-Klasse
anwenden. Bei den sog. Wurzelstämmen versagt sie; warum ist
yöqs Fem., pöds Mask.? Weder suäsör noch mäter haben eine
Gruppenbildung veranlasst wie jene der fem. ä-Stämme. Wie kommen
Stämme verschiedener Bildung wie z. B. qnnä nlql, gmtis dazu
eine Gruppe zu bilden? In allen Fällen von Genusassimilation
spielt ein äusserliches Zeichen wie Artikel, Pronomen, Adj. die
führende Rolle, vgl. le sort (M. statt F.) nach le bonheur, malheur
destin^ hasard usw. Jede Gruppenbildung gleich fungierender
Formen (z. B. der Nom. PI. -oi -ai -€c) hat eine formal geschlossene
Kategorie als Vorbild zur Voraussetzung (hier den Plur. des Ver-
bums). [Bei dieser Gelegenheit stellt der Verf. den wichtigen Satz
auf: "The psychological grouping from uhich the phenomena of
analogy residt is never a grouping on the hasis solely of ineaningy
nor on the hasis solely of form; hoth are involved in every case\
Pauls Scheidung in formale und stoffliche Gruppen ist für den psy-
cholog. Prozess bedeutungslos.] Auf Grund dieses Prinzips ist es
durchaus unwahrscheinlich, dass die Genuskategorien von den Wörtern
mit natürlichem Geschlecht wie Vater, Mutter usw. entsprangen. —
Wohl aber ist das Pron. der 3. Pers. er — sie— es als Ausgangspunkt
für die Entstehung des gramm. Geschlechts vorzüglich geeignet,
vgl. Verf. Class. Rev. a. a. O. Sein Pri-nzip haben nachher sowohl
Henning KZ. 32, 402 ff. (1893) als auch besonders Jacobi Kom-
positum 115 ff. (1897) aufgestellt. Die verschiedenen Stadien der
Entwicklung, die Wh. annimmt, weichen freilich von denen Jacobis
mitunter ab.
Da das gramm. Geschlecht im Idg. weder durch das Nomen
noch durch das Verbum ausgedrückt war, müssen wir seinen Ur-
sprung beim Pron. und Adj. suchen. Das bestätigen auch die nicht-
I. Äll{rer
'. Sprnch"
'halt i
Altertumskunde.
Ildg. Sprachen. Sehr deutlich lehrt das Englische die Äbhänjripkeit
der GeschtecbtHbezeicImuiig' vom Prrtn. Im Engl, existiert kein
pHmm. Nominftltircschtecht. Die Unterscheidung »wischen wirklichem
und metaphnrischpm Sexus betrtfTt die Objekte, nicht ihre Namen.
Fälle wie he-goai ahe-wolf sind Objektbezeichntingen so gut wie
Vattr, Mutier: nhe-icolf ist spezieller als ivalf ebeuito wie im Griech.
V| 9edc spezieller ist aIs ö 9eöc (ot Beol=Göner und GHitinnen). i] Bföc
fKtlt sowenig unter den Begritf des grftmin. Geschlechts ivie ^ |!iobo-
bdKTuloc ^_dTpoiKoc. Das gleiche gilt von tt öböc, i^ vf^coc usw. Sie
Bind alte Überbleibsel einer Zeit, bevor das Pronomen seinen Ein-
fluss gellend gemacht hat, Anch die Komposita stammen ans einer
»Zeit, wo Kaausendungen und Konkordanz nicht vorhanden waren. Die
älteste Schicht der idg. Neutra (die ni cht-o-Stämme) haben im N. A.
den reinen Stamm. Die Neutra auf -om sind sekundflr entwickelt,
iie sind Formen individualisierter o-Stilmme und bezeichnen "the
{»Esive recipient. the goal or complement of the action named in
the verb, In distinction from the bearer and exponent of the aclioa
represented in the s-forms." Durch Verlust des ihenmt. Vokals nach
StreitbergsGeaetz erschienon^u.m-FormeD auch bei kons. Stummen.
Erst dann drang -m bei den Neutris in den Nom. Wir haben hier
die älteste KlasBifikation der idg. Nomina vor uns: auf der einen
Seite die aiten Neutra der 3. Deklination, auf der andern die in-
dividualisierten o- i- u-Stämme. Diese Klnasifikatlon entspricht etwa
der Scheidung zwischen definit und indetlnit bei andern Sprachen.
Die Verbindung zwischen Pron. und Nom. stellten die Adjekliva
her: das bezeugt ihre 'Konkordanz' [-os -ä -om). Das Pronomen
aber hatte eine eigne Femininl'orm: ntl («i). Hierin bat Jacobi S. 1^1
mit Recht die Quelle der femin. d-Endung erkannt. Das Nominativ-s
hat nichts mit dem Femininum zu Ihun; daH beweist seine Erhal-
tung bei den Femininen der 8. Dekl., in den Epikoina auf -oa-, im
Fem. der Adjektiva zweier Endungen und in den Nominibus wie
6b6c. Zuerst drangen die ä-Formen ins Adj. ein: gd leukä» ivird
(sd) leukd; von da gingen sie aufs Substantiv über; es entstanden
Gruppen von li-Femininen. Infolge dessen ward -<i- «um Feminin-
BUftix. Der Parallelismus des Konirasta zwischen Kollektirabstrakten
nnf -ä und Verbalsubstantiven auf -os {b/tord : bhörox) und zwischen
Femininen auf -li und Maskulinen auf-os Hess die Kollektivabslrnkta
als Feminina emptiiiden. Dies war der entscheidende Schritt dazu,
dass das Geschlecht aufhörte eine Eigenlumliebke.it der Objekte au
aein und zum gramm. Geuus wurde. Das Idg. grammat. Geschlecht
blieb, was es von Anfang an war: eine unvollkommene Vermischung
Bweier verschiedenen KJassifikationssj-Bieme. Das eine Estreni war
die auf der Bedeutung beruhende Klassifikation, das andere die
anf der Form beruhende. Die alten Formklassen prädominierten
■war stets, aber mehr oder weniger von einem fremden System be-
einflnsat, das ihnen ein neues Leben einflüssie.
Angefügt ist ein vollständiges Verzeichnis der Litteratur über
die Entstehung des gramm. Geschlechts.
64. Osthoff H. Vom Suppletivwesen der idg. Sprachen. Erweiterte
akademische Uedc. Heidelberg Hörning. Si S. 4°. 4 M.
55. Brial M. Les commencementa du verbe. MSL. 3, ä86— 84. (1»00).
Abdruck aus der Revue de Paris vom 15, Dez. läS9. 1. Das
Uteste am Verbnm Ist das zeitlose 'Präsens'. Personenbezeichnung
unil Tempus fehlten ursprünglich. — II. Zwei Formen existierten
nTSpriingllch 1 a) Befehlsforiii. b) Form, die angibt, dass die befohlene
Handlang geschehen ist. Dem Verb ist es eigentümlich, dass es
IG2 1. Allgi-in
.' Inilo^'. Sprachwisseimoliaft u. Altcrluinstundf
der MilteilunfT einer Thaisaeh* ein subjektives Element zufügt. —
III, Die Antwortformen haben ü!c Tempora getieferC. So ist dag
Perfekt niciits nln ein inienBives Präsenz. Die walire Bedeutung des
Aorists "qui diff^ro seulement du present pai* un surcroit d'afftr-
tnallou" zei^t der gncini. Anr~ Das Augment ist mit dem liomer.
fj 'Bssuremenc, oui, vraiment" ideiitiBch. Die Tempora" im eigent-
liclien Sinn sind also ziemlich Jungen Datums. — IV. Entstehung
der Personnicndungen aus Pronominibus.
56. Hirt H. Der idg. Ahlaul, vornehmlich in seinem Vorhillmis zur
Betonung. Sl.rasshurg Trütiiicr. VIII u. 224 S. 5,60 M.
57. Hirt H. Akzen (Studien. IF. 10, 20—69.
Vgl. Anz. 9, 139 Nr. 18. — 11) Die Stämme auf ei. Ergänaung
zu IF. 7, las ff. 185 if. Vgl. »luch Vprf. Idg. Akzent 192 Fuasnote.
Abweichend von Bavtliolomae Stud, 2, 61 t-rkenni der Verf. nur e
und ei nicht ä und äi im BasenÄUslaut an. Ablaut a) cxeit) : exl —
Sing. Prs. u. s-Aor. — b) {e)xi(i). Dies wird durch Slav. Lit. Griech.
bestätigt, widirend Lac. und Germ, kein festes Verhältnis mehr haben.
Im Oriech. ist der Stamm auf -e im Passivaorist auf -tyv erhalten,
neben dem sich io- und seltner o-Präsenticn finden. (Material hei
Homer und im Att.) Da» Material lehrt, dass das 6 des 2. Stammes
ein integrierender Bestandteil der Wurzel ist. Sowohl -H' in iiiAvjjv
at» auch -io- in ^a(vo|Jal sind Ahlautsformen den Wurzel ausgangs.
Beispiele für iß aus dem Perfekt, der Nominalbildung, dem ai.
PasBivaoriMt. — Anhang: ai. äJiif au lat. eräs7 Die t:rkinnmg
BartholomaCB wird abgelehnt.
12) Zur Betonung des Prsussisehen. ErgUuisungeu zu Bemekers
Preuss. Sprache.
13) Zur lit.-siav. Betonung. A. Die Natur des lit. Akzents a.
die QunntilHten. — B. Die lit, Akzemversuhiehung. — C. Die Be-
tonung der o-StHmme im Lit.-Slav. Resultat: 1) Die alten idg. L&ngen
vor dem Ton (lit. ö £ ^ ü ä) ziehen den Ton von der fl^. Silbe
auf sich.
2] Es entsteht der HekUDdftrc geütosscne Ton.
3) Der gestossene Tou zieht den Ton der llg. Silbe auf sich,
wenn diene gestossen hetont war.
4) Der Akzent geht von einer Kürze auf die flg. stoeseud be-
tonte Silbe über.
5) Unter dem Ton werden alle Gilben mit Ausnahme der Knd-
ülben gedehnt.
6) Der Akzent geht von einer Hchleifenden LAnge auf die
Dg. Silbe über (in dem Dialekt der üniversiias u. z. T. in Ostlitauen
noch nicht durchgeführt).
14) Der idg. Ablaut e-o. o entsteht im Satzton. In (icppuiv usw.
sind die zweiten Glieder der Komposita lieftimig geworden, lialicn
aber ihren alten Akzent als Tielton bewahrt.. Dieser hat dann e in
o gewandelt. Für alle o reicht dieses Gesetz jedoch nicht aus.
58. Qauthiot R. A propos de 1a loi de Verner et des effets du
Ion indo-europöen. MSL. II, 193—97.
Alle Wirkungen des idg'. Akzents lassen sich auf eine Ein'
heit zuriicklUhrun und aus der Natur desselben erklären. Der idg.
Akzent hat auf das Unnsiin. Klenient, das ihm unmittelbar folgt, Ein-
flusB ausgeübt im Germ. (Veruers Gesetz), im Griech. (pc, vgl. Wacker-
nagel KZ. 29, 127), im Awest. (j- in rp wird tonlos, Grundnss der
Iran, Phil. 1. 168): in allen dr*i hat der Akzent die Stimmlosigkeit
der Kons, begünstigt (sie erhalten oder erzeugt). Gehn wir voai
. I, Allgemi'im- indoiT. SprachwisseuMi- hilft u. AI Kartwni »künde, IfiS
Skr. aus. eo lindt'ii wir, dass die Tonuilbe tilt\a, die posltonische
^p€lo ist. Nim existiert kein Unterschied zwischen der Muxkelan-
lAtren^n;^, die den Stimmtou und der, die die Tonhöhe bewirkt;
Gtimmtot) und Tonhöhe siud das Ergebma der KontrftktioD derselben
Uuskeln. Die hoihetbetonte Silbe ihI die, für die die Stimm bHnder
AID stärksten gespannt sind. In einer Sprache wie dein Skr-, das
^u Svfirita besitzt, finden wir allmähliche Lockerung der Muakel-
f. Spannung d. h. einen langsamen Überarung von der hohen zur tiefen
Silbe. Im Griech. dage;;en ist die Ahupannung plötKÜch; es findet
kein Allmählicher t^bergang von AEcta zu ßopcia statt, sondern ein
Kontrast: Die Abspannung ist so stark, dass sie in günstigen F&llea
die ßahelago erreicht d. h. den Verlust des Stimintonfl, Da der
Inten Sit ütsakzent diese Thaisauhe nicht erklären kann, so ist di^r id^.
.Akzent vorwiegend musikalisch gewesen.
ta. Hflillet A. D'un eHet de l'accent d'intensitä. MSL. li, 165—172.
Die Veränderungen der Vokale in nicht intensiven Silben unter
dem Einfluss des Intensitätsakzcnts, der eine mittelbar oder unmittel-
^bar benachbarte Silbe trifft, zeigen 3 Typen: 1) Reduktion der
»ichtintensiven Vokale, die bis zum Verlust ^ehn kann. — 9) Die
nfchtinteasiven Vokale verlieren ihre eigentümUche Artikulation und
werden zu einem neutralen Vokal. — 3) In bestimmten Sprachen
"werden sie geschlossen. Der Intensitfitsakzcnt beruht auf einer be-
sonders raschen Bewegung der Luft-tAule des Expirationsslroms.
Die artikulatorischen Bewegungen, die dieser Expiration korrelativ
H «Ind, werden infolge der Reaktion gegen den intensiven Luftdruck
K-tnit grösserer Energie ausgeführt als sonst. Wenn nun der Sprechende
Haeine Aufmerksamkeit ganz auf die ItitensitStHsilbe richtet, vermin-
B.dert er die SUlrke des Luftdrucks für die schwachen Vokale; hier-
Hjdurch aber werden sie naturgomäss geschlossener (vgl. Bourdon
■ Annäe psychologique 1898 S.,.373). Die ThaUache, dass ein Vokal
K^nrch eine Art instinktiver Ökonomie geschlossener wird, tritt uns
rauch ausserhalb der schwachen Silben entgegen: 1) Ein nasalierter
^ Vokal hat die Neigung geschlossen zu werden: die grüssere Enge
des Mundraums kompensiert dieÖffnung desNasenraums, — 2) Lange
Vokale neigen ebenfalls zu geschlossener Aussprache.
60. Zubat^ J. Die idg. Velar- und Pnlatallaute (cecli., referierend).
Listy HI. 26, 26-30, 96-102.
«1. HelUet A. A propos du groupe -tu)-. IF. 10, 61-70,
La modificalion de Tun des mouvemenis constituants d'un
pbonOme entraine diverses altörations coniplexes et tr^s divergen-
tes. — Toute l'histoire phon^tique d'une laugue se rednit k la de-
scriplion de quelques changemeuts diins la manif're d'articuler et
de« r6actiona auxquelles ces changenients oni donn6 lieu; les röac-
dons sont la consequcnce imm^diate du systf-me phoni4ique de la
langue etudi^e.
62, UailletA. Notes sur quelques faits de morphologie. MSL. II,
6-21.
1. Le vocalisme du superlntif indo-europ^en. Im ludo-iran,
haben Komp. und Superlativ gleicherweise e-stußge Wurzel (von
wenigen Ausnahmen abgesehen). Daher ist es unwahrscheinlich,
(lass die Doppelheit gr. ülke(i:ujv : äXi-fLcroc das Uraprüngliche zeige.
öXifitToc, KpdTicToc iXox'^tot haben den Vokal des Positivs. Der
Komparativ wird nur beetnflusst, wenn er Suffix -lov niclit -jov bat.
Im Ind. Wurz€lbotonung im Superl. Die wenigen Ausnahmen sind
164 I. Allg'emeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde.
Neuhildungen. Germ. Doppelformen wie ae. UJbssa, Idbresta u. wyrsa,
toyrresta sind seit Thurnej'sens Gesetz nicht mehr beweiskräftig.
2. abg. sich vbsh. Das i von sicimi sicSrm erklärt sich durch
die ErwSgung: En temps oü ei (d'oü plus tard ^) issu de oi trans-
formait k en c, ou, plus exactement, en ci. il est clair, que cJ pro-
voqu6 par une autre cause [par Taction de la voyelle palatale pr6c6-
dente] nc pouvait transformer ce m^me ei en i" Dasselbe gilt von
vhSh, 8 aus ch durch den Einüuss des vorausgehenden Palatals ist
idg. s vgl. iit. vlsas.
3. ai. abhimätiß und üpamäti? haben mil aus mnä. n hat über
p gesiegt aus rhythmischen Gründen.
4. Les accusatifs skr. asmänam, sväsäram etc. Die idg. Doppel-
heit des Paradigmas N. -es -ös
N. PI. -es-es -os-es
G. Sg. -es-e/os -es-e/os
wird im Indoiran. zu -äs -äs
-ds-ds -äs-äs
'ds-as 'ds-as.
Das d des Suffixes im N. PI. war durch das Timbre des Suffixvokals
im Gen. Sg. geschützt, das ä von -äs-ds nicht; es stimmte nur zu
dem ä des Nom. Sg. im Timbre. So kam es, dass es sich auch in
der Quantität danach richtete. Ebenso hat bei den n-Stämmen
das 'ä des Nöm. Sg. auf das suffixale d des Nom. Plur. wirken
können, da dieses durch das ä der andern Kasus schutzlos blieb.
Die Thatsache, dass indoiran. ä einem europ. ö entspricht, beruht
also nicht auf einem Lautgesetz, sondern auf Analogiebildung.
5. slav. zelitif piteti bereiten eine doppelte Schwierigkeit, a)
Sie haben die Nebenformen zelati^ pitati; b) Die einzigen Nomina,
aus denen diese Verba hervorgehen können sind zalja und pista,
von denen man Bildungen wie *zeljati *pitjati erwarten müsste. Die
Erklärung ist die gleiche wie für zijq neben Iit. ziöju (MSL. 9, 137 f.);
zelje-je- pitjeje- haben durch Dissimilation das erste j verloren.
0. De quelques aoristes monosyllabiques en arm^nien.
7. Le g{'nitif singulier des themes pronominaux en armenien.
8. Le g(''nitif en -oj des noms de parente en armenien mo-
derne.
9. Sur quelques formes anomales de themes zends en -a-. Die
Genitive auf -am statt -anam im jungem Avesta sind zufällige In-
korrektheiten.
63. Meillet A. Une anomalie indo-europ^enne, gree äXXo. MSL. 11,
389 (1900).
D'aprt\s le temoignage de Tindo-iranien, du slave, de Tarme-
nien et du latin, les themes en -o- indo-europeens signifiant 'un,
entier, tout' 6taient flechis comme les d^monstratifs, sauf au nom.-
acc.-sing. n. ou, ii en juger par Tindo-iranien et le latin . . . ils
avaient la forme nominale Dans Tadjectif 'autre' a suffixe
-ye/o au contraire — et daiis celui-ci seul — la flexion dem. s'etend
au neutre: skr. anyät zd. anyat v. perse an yaS;-{ciy), lat. aHud^
grcc dWo.
64. Reichelt H. Die /e-Stämme. BB. 25, 234-38.
Die Zusammengehörigkeit und ursprüngliche Identität der /e-
StJimme mit den i-Stämm<ni wird durch flg. bewiesen: 1) Die jf-Ste.
haben im Femininum frühzeitig jf^z-Formen aufgenommen, z. ß. ai.
hhtnnyäh, fpepoOcrjc an. heidar usw., dann wurden diese auch auf
Stämme auf -o/- übertragen: kanäyäi usw. Von hier aus begann
I
I. Allgremeine indog. SprachwisBenschnft u. Altertumskunde. 1S5
die Beeinflussung der d-Ste. Im Gripch. wnrd der regelrechte Akk.
der j-Stnmiiie -ja d. i, im »u -lav umgestaltet und zog id-Formen tu
den ob). Kasus nach sich. ~ 3) Die sog. i£-SCämme haben in den
Einzel sprachen noch vielfach die nrapr. jf-Formen, z. B. aw. daäv-
ay-ö, tfitpoMcav, faciem, facil, heiilr, heide, heidi, iolS, iol\ (Du.) usw.
zoli hat -i aus -ei, vgl. Ar|Ti(j. Abg. zetni ist L. Sg. eines i'-Stamraefl.
Die KasuB des Du. u. Plur. sind, soweit die i-Dcbl. niclit fortbesteht,
der i'fi-Plexion entnommen.
fö. RaicheltH. Die abgeleiteten j- uud it-Stänime. BB. 25, 238-62.
Zwei Klassen im Idg.: 1) Nom. -eu« -öu-s und -öi -6i. 2) -i-a
-u-v. Mit Meringer BB. 16. 229 ist der Nom. auf -eu-c aus -nu-c als
die Slteste Form der u-StBmme auzusehen und mit aäkhä Akk.
aäkhäyam gäus gäm zu parallelisieren. Mit Ausnahme des N. A. V,
Sg. und Akk. PI. sind die Kasus von Kl. I u. 2 unter sich uod mit den ab-
geleiteten r- u. u-Sten. identiscfa. — Betrachtung der Kusus beider
Klassen. — Im Nom. Akk. Sg. haben sich in der Komposition die
schwundstuflgen Formen entwickelt; dies beweist I) dass neben
den Formen auf -i's -us noch die alten Bildungen auf -£(()g -£(u)ji ■ö(t)
stehn; das Nom.-a ist unnrsprünglich. 3) In der Komp. und bei
einsilbigen Würze Istämmen ist neben der Schwundstufe die Normal-
BtutV noch erhalten: vi^ und vift pathS-f^hä- TToMi-tidiiJv u, a. 3) Im
Komp. mUEste bei Anfangsbetonung die letzte Silbe am meisten
reduziert werden z. B. aw. afavaxin-uii : x^äui. Umgekehrt bei
Endbetonung Reduktion des ersten Gliedes.
66. Meillst A. Sur les HUfßxes verbaux secondaires en indoeuro-
peeii. MSL. 11, 297-323 (1900).
Toutes les fois, qu'un thf^me nominal se compose d'une racine
et d'un suffixe qni, dans une partie au moiua de sea emplois. est
notoiremeut secondaire. il n'est pas li^s^itime d'affinner ijue ce Lhöme
aolr prijoaire, on peut — on doit peut£tre — tcujours tenirce th^me
poUT d^riv^ d'nn ancien nom racine. Ce qui est vrai des noms
peut r&tre aussi des verbes: plus d'une formation qui passe ponr
primaire est saus dorne secondaire cn r^alit^. L'indo-europ6en
'^dait aux moins deux sufflxes verbanx ttervant il former des
es secoudaires: -ye- ... et -jtlce-; il y a lieu de rechercher . .
US les verbes formes k l'aide de ces snffixes ne acraient pas
«econdaires. — Beispiele. — Notes; 1, Sur le sufüxe -amo-. — 2. Sur
ta place du ton daua les verbes grecs: On' s'est deniande si la raffle
~' ' ' qut d^ünlt la place du ton dans les formes personnelles
es grecs est due A la gen^raüsation des formes atones ou
k une combinaison des formes atones et des formes loniqiies (Hirt
Akxent 170 f), Le fait. que. dan$ tous les d^nominatils tels que
tiiifli (Tifidiul . . . la place du ton historiquement attesl^e s'explique
ögalemeni bien en partant de formes toniquex et des formes atones
parle en faveur de la seconde Hypothese, celle de la combinaison,
ear ces verbes sont nombreux et tres employes et surtout ils con-
B^ltituent en grec le type normal par excellence. Les presents cnmme
B'J^puf . . . tHvuj, . . . Ti9£^al, des fature comme oCciu . . ., des aorietes
V^mme fßqv . . . itwa . . . s'expliquent parfaitement par des for-
i toniques; «iiii fl (Tci, o?6ii okfla oTbe ne peuvent s'expliquer au-
nent." — 3. grcc irtupoiioi. — 4. Le fuEur indoiranien en -gya-
t )e fatUT lituanien. Le futur est presque une raretä en vädique,
B n'est repr^sent^ en slave quo par un participe; en lituanien comme
hnn les autres langues, il consiste en tnrme« nouvelles et d^ve-
nppäes isoli'ment pour la pliipart, L<^ mieux est donc de ne lirer
'""1 formes de futur aucun parti dana l'ßtude du sufüse -yejo-, —
I
16G [. Allgemeine iudog. S]>rAchn'isäeniiahat'[ u. Altcrtuiuskundn
&. VocuJisine de l'aorisle vödique en -z;-: 1} d in gBBchloesiier Silbe
bleibt ä im Aktiv u. Medium. — 2) J in offener Silbe bleibt n im
Medium, wird n im Aktiv. Die Wurzelthein^n sind dadurch lieuu^
lieh, dns sie ä liaben, wo der (j-Aorist ö fordert. — 6. Lat. iacect,
amidre : amicire hat i wie got. mikiteip usw. Vgl. parere : repe-
rlrt. — 7. Abg. viditi, velitt, sidiit: durch gemeinslav. Übergang
aus der athem. Konjugation entatandeu.
67. Sandield-Jenaen Kr. Denominative verher. Nordisk Tidssltr.
f. Filol. 7, 113-120.
Behandelt besonders solche Dcnominativa, die mit Präpp. zti-
«ammongeselKt siud, ohne dass jedoch denselben ein Verhuni Sim-
plex entsprieht, z, B. franz. art-iver (aus ad+ripam . . .), ritin. over-
vintre usw. Verschieden davon sind Wörter wie ddplumer ditoKou-
kitui, wo das Stammwort nicht von der l'rftp. regiert gedacht wird.
Verba der letztgenannten Art kommen in allen Sprachen h&utig
vor, sowohl mit als ohni* Präp. gebildet, und der Verf. teilt zum
Schluss eine bedeutende Reihe derselben mit, nach den Stammwör-
tern geordnet.
66. V. Rozwadowski J, Quaeslionum grammaticarum atquu etymo-
logicanim series altera. Krakau 15 S, (aus den Rozprawy der
Akad-, 23, 2il--2Sl). 0,30 Kr.
I. Do verbis denomin. in -läiö cadentibus. Nachträge zur
früheren Aijh. (Ana. 3, 71, ersch. ebd. 21): ursprachl. Belege (lit.
ulalaS g. -statön, lal. itare grieuh. Itiit^ov u. A.); parallele Denomi-
nativhihlungen -(e-je- -U-ij) -ti- (■«-) -tie-. (Weiteres s. Abt. X B).
69. Fumi F. Gh. II psrcicipio Attivo del perfeito nelle lingue ariane.
Mem R. Accnd. delle seien. Torino Ser. II T. 48, Sc. nior., slor. e
filol. S. 239-Sl.
70. Orajaiiiko-EuHkovskij D. I. Syntaktische Studien III (russ.).
Äuc Min. 323 Juni S. 398—445.
Vgl- Ana. II, 143. Gebrauch des Part. Pfti. und Aor. als Prä-
dikat (ohne und mit Kopula) und Attribut (Apposition) im Yeda
und im Griech.
Wortknud«.
71. Baly J. European- Aryan roots with their Englislt derivative»
and iheir eorresponding words in the cognate lunguages, compft-
red and systematicaliy arranged. 1. Bd. London 1897. XSVIII
u. 781 S. *50 Sh.
72. Br6aJ M. Deus raols grecs d'origine s^mitique. MSL. 11, 117— 19.
1. coqjöc. — 2. dufipoToc, gincerus.
73. Bröal M, Varia. MSL. II, 120—25.
1. Boutures verbales. "11 arrivo que des tonjugaisons entiftr«
8ont tirpes par l'usage d'uno forme quelconque du verbe; c'ost qu'on
peut appeler des boutures verbales. — 2. odi odisse. — 3. Le rf de
fundere. — 4. arcera. — 5. stanUs misai. — f- Patois norraand:
hasse 'ßlle". — 7. Un ic analogii[ue. — 8. sckumpfentmre. — 9. Ion-
gUH — largv».
74. Bräal M. foymologies. MSL. II, 187-93.
1. affatim (: xoiwiu). — 2. Xeiupröc (: Wiu 'woUfn'i. — 3. kotti-
%iuj (: i\xoc 'bruit' vgl. deutsch 'einpauken'), — 4. Forinee tanagt^-
I
I- Allgemeine iiidog. S(iraehwiäfienm;hiLft u, Allertuinskuude. 167
annes, — 5) deBXoc. — 6) Aor. pussif grec. (Ausgangspunkt sind
Substantiva wie tOuti, ßXdßri : l'aoriste ixüirriv pi't'senie comme ai'tivf.
Ift situHlion d'un liomme qui re^oit dea coupa. Wenu nebeu cTpotp^
U61V. fcTpitpriv sieht, so atammt das a aus dem Aor. «ct.).
75. Br6al M. Etymologies. MSL. 11, 354-61.
1, Quelques di^rives de la racine mcn 'penaer". (uiXXuj stehe
für litvJM usw.). — 2. kuvtbha — K.((ffakr\. — 'A. Un Vera d'Homöre
(&01T0 gebraut'hl. wie dipdXoiTo). — 4. ivreX^x*"» (wie neben cuvsx^c
ein cuvixeia, so steht neben tvrei^c ein ivreXixtia). — 5. üTtp [Kom-
parativ von d- dv-). — 6. TfixecmXfiTiic (: niXonai 'versari'). — 7. fHntis
(für *terstis : lerror). — 8. üula Augusti. — 9. prüfatted et tee for-
mes Dsques en -alted {-atted beruht auf (kriech. Einfluss: Umformung
der Verl)» anl' -iLai).
76. Proudenberger M. Der Ele.phant ein idg. Tier? HB. Sä, 277 f.
ai. arälri- päÜ alära könnte aus *aläla- dm-eli Dissiniilntiou
entstanden sein uud mit i\t-<fiac zusammenhängen, das 'tX^'-Sager
bedeutttte. ebur : ai. ibha- 'Elephant'. hebr. kamöth- berulit auf at.
kariniui 'Kiephant'. Pehievt hanbarbUa wohl au« *bar-bar-biia zu
barrun aus barito-.
11. Halövy J. Me langes i
\
■mologiqaes. MSL. 11, 73—91.
1. Hsayr, vrtfu. — 2. armen, aspastä. — 3. syr. känün. — 4.
^Ud, ftulda. — 5. Scythe, Scythopolia (griech. ciciiqtoc Hol. cki^Soc
'Becher' vg'l. Herodot), — fi. Hystaspe (die grieeh. Legende Über die
Kbnigswahl des Darius beruht ant' der volksetymologischen Um-
deutuDg des Namens hyst-aspa 'matrice de la jument^. — 7. lAQ.
IAO. — 8. arab. rauda. — 9. h^Xra, biKroc 'lettre, billet' Tg-i. hebv.
dalt dalet "Thüre und Buchseite, Blatl". — 10. assyr. sibu, »amanü. ~
'.1. hebr. sSmöni. — 12. La formation des dizaines eu langue tur-
— i:). tiirk. jigirmi. — 14. türk. on uon en hongrois. — 15.
ingu. — 16. tiirk. qalai 'Zinn'. — 17. hehr, dlbaä 'Houig'. —
'J8. skr. ntaiti aus aramSIsch PI. mäne entlehnt, das genau dieselben
Bedeutungen wie ma^i hat, — 19. ved. bali 'Tribut' ana aram. bctu. —
20. akr, vaidürya, prakr, vehirya ana ßr)püXXiov. — 21. tiirk. oküz.—
22. lürk. qaU. — 13. skr. rcdanä 'sangle' aus aram. Wann 'bride'. —
24. gabra. — 25. arab. sär. ~ 26. apharsatkäyv. — 27. osnapar. —
*" barai. — 29. Zando, Andeg. — SO. boudä. — 31. skr. nifka'Qeld-
niska 'Gold- oder Silberslück, ohne Legende, aber
j,. jn Geldwert'. — 32. gimidjä. — 33. tänikä. — a4. tanürä. ~ 35.
Palmj/ra (Korruption von Tadmor, nicht zu 1IdX^la). — 36. pife.da. —
37. Sam'. — 38. agür. - 39. abginos. — 40. abfalion. — 41.' cüpnoc
aus seniit. aarp. — 42. Zdnai. ^ 42. qanUqln. — 43. arab. zand. —
44. damqu.
78. Hempl G. The Semasiology of dtrlcTOfiaT, eersfehn, undemland,
urUerntehen, gesteheii, mtlemehmen, underlake etc. M'id. Langu.
Notes 14, 465-468.
79. Hofi^ann O. Etymologien. BB. 25, 106—109.
1) copKiiliu 'höhnisch lächeln' : eot. pwairhs 'zoniig'. — 2>
äXcoc (aus flXKiot) : alhs üt. elkaa 'Hain . — 3) gerra. rausa- 'Rohr' :
Spoipoc "Hohr" (vgl. Hirt PBrB. 22, 234) Grundform rogh^o. — 4) abg.
nora 'Leiche' : vev€UKivoi ■ reavriKivoi Hesych {näv- :
- 6} änait 'Lastwagen' ; onus 'Last' : got. ansa-
. — 6) hom. »«IpMI 'Kampfeslust" ; got gramjan 'aufreizen'
hw. granta- •--'■•
— doli
24.
BKWl
Wn
Xäac : I
Trag- ^^
168 I. Allgemeine indog. Sprachwissenscbafc u. Altertamskiinde.
SO. Johansson K. F. Anlautendes idg. b . KZ. 36, 342—390.
Vgl. Noreen Urg. Lautl. 121, Zupitza Gutturale 18 flf., wo etwa
44 inlautende, Uhlenbeck PBrB. 17, 439 f. 18, 236 flf. 20, 325 flf. Ma-
nual 57 f., wo 10 anl. b angeführt sind. Verzeichnis der bisher gefun-
denen Etymologien. Neu hinzugefügt werden: 1) bdlbaja- 'Grasart
mit breiten Büscheln* : ßoXßöc 'Knolle* bulbus usw. — 2) bat 'für-
wahr' : ßcXTiujv. — 3) barhafi und bfihhati 'barrire* : ^ßpaxc 'krachte*.
— 4) bilma 'Spahn' : germ. pint- 'membrum virile*. — 5) busta 'Kruste,
Schale* aus *butfo- : bud-buda- 'Wasserblase', ßuCöv schwed. ptUa
'Kissen' usw. {pfütze hierzu, nicht von puteus stammend). Neben
bÜ'd auch bÜ-s^ bü-l. Parallelwurzel mit bh- in ufbauljan, — 6)
bastd' 'Bock' aus bnd-fo- : bindu- 'Tropfen*, ir. bainne 'Tropfen'. —
7) bakd 'Reiherart, Heuchler' usw. : bakura- puggs 'Beutel*. — 8)
bärsva- 'Wulst' : apr. balsinis 'Kissen*. — 9) basta-, ba^kaya- ba^kiha-
banda- gehn auf beld zurück : schwed. paÜ 'Blutkloss' g. plats
Tetzen'. Exkurs über die Benennungen von Kindern und Tierjungen,
die von toten Gegenständen genommen sind, die für die äussere
Anschauung entweder als runde klumpige oder als abgestutzte Figu-
ren hervortreten. — 10) idg. beik- urgerm. plkk- aus 7??jn- idg. bVcn'i
a) pikk' aisl. pik 'Stachel* usw. b) plgg : norw. dän. jngg 'Stachel*.
Dazu peika-bagms 'Palmbaum', blja 'Same, Keim*, 'ein Ausläufer
des ind. Feigenbaums'. — 11) pfuhl germ. pöla- : -bära 'Öffnung',
jam-bäla- 'Schlamm', bila- ijbdlo-) "Höhle, Loch*. Mit Erweiterung:
blato dazu mare balticum, — 12) schwed. plugg 'Pflock*, Wurzel-
variation zu beled beld (s. o.). Dazu pflücken. — Ein grosser TeU
der mit b- anlautenden Wörter scheint der niedrigen Sprache an-
zugehören; deshalb wohl auch so wenige Wörter aus altern Perio-
den belegt.
81. EisslingG. Lautmalende Wurzeln der indogermanischen Sprache.
Sonderabdruck aus der Festschrift der 45. Versammlung deutscher
Philologen und Schulmänner. Bremen Winter. 65 S. 0,80 M.
"Bei den idg. Wörtern, die den Begriff blasen bezeichnen,
steht der Anlaut in deutlicher Beziehung zur Bedeutung. Besonders
unterliegt es keinem Zweifel, dass derjenige Anlaut, den die Grund-
sprache als bh bezeichnet, lautmalenden Charakter besessen hat.
Seine ursi)rüngliche Beschaffenheit lässt sich zwar nicht genau er-
mitteln; doch darf als völlig sicher gelten, dass er aus der unmit-
telbaren Nachahmung des Blasens hervorgegangen ist. Es ist zwar
an sich sehr wahrscheinlich, dass diese onomatopoetische Wort-
scliöpfiing mehrfach stattgefunden habe; aber innerhalb der ÖÄ-Sippe
lässt der ältere Sprachstoff eine derartige Verschiedenheit des Ur-
sprungs nicht mehr erkennen.
82. Kretschmer P. Etymologisches. KZ. 36, 265—70.
Vgl. KZ. 33, 272 ff. 559 ff. 1. teinpuSj temperare Verteidigung
seiner Deutung Einleitung 411 gegen Brugmann Sitzungsberichte
1897 S. 25 tempus ist 'Zeitabschnitt*. Vgl. auch Usener Göttemamen
S. 191. tempus 'Schläfe*, wie templa 'Dachbalken' wahrscheinlich
macht, aus tenp-. — templu7n: wie extemplo 'sogleich* lehrt, lag neben
tempus ein gleichbedeutendes teniplum. Mit diesem ist templum
'Bezirk' identisch, das räumlich statt zeitlich gefasst ist. — 2. dcx^
biupoc. Komp. -bujpoc dorisch = -öopFoc : ööpu, Bedeutung 'Trotze-
speer'. — 3. "OHuXoc zu Hes. öEuXov * ö|aoiov [HOXiu], tcöHuXov ö- = so-
lit. sa- (Schulze Quaest. ep. 495). Oxylos ist Baumdämon.
83. Lid^n E. Studien zur altindischen und vgl. Sprachgeschichte.
I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde. 169
Skrifter utgifna af K. Humanistiska Vetenskapssamfundet 1 Upsala
VI, 1. Upsala 1897 [erschienen 1899]. 108 S. 2 M.
^. Prell'witz W. Lat. flagitium lit. blögas, BB. 25, 280-86.
Wie servitium auf servos so kann flagitiuin auf *flägo8 'schänd-
lich* zurückgehn, das zu dem lit. blögas 'mager, elend* und 'schlecht,
böse* gehört. — flagitare urspr. soviel wie 'mürbe machen, quälen*. —
In diesen Wörtern, zu denen griech. ßXrixpöc ßXdE lit. mülkis 'Tropf
gehören, ist ml- zu lat. fl- geworden. Vgl. noch floccus : inaXXöc
*Zotte* lit. milas 'Tuch'; flävus : mulvas 'rötlich, gelblich*.
85. Rolland £. Flore populaire ou histoire naturelle des plantes
dans leur rapports avec la linguistique et le folk-lore. Tome 2.
267 S. Paris Rolland. 6 Frs.
86. Thumb A. Etymologien. KZ. 36, 179—201.
1) i\ia 'Spreu' u. Verwandte. Zu Wz. as "werfen, schleudern*,
fjia entweder substantiviertes Verbaladj. wie cq)dT»ov oder Weiter-
bildung eines Subst. *e8os. Bedeutung 'Auswurf, Ausschuss'. Vgl.
ai. äsa 'Asche. Staub*. — 2) rpicpw 'gerinnen machen*, Tpöq)ic 'feist' :
dröbjan 'trüben*, vgl. an. draf ahd. trebir Treber, Hefe* d. i. 'dicker
Bodensatz*, xp^cpui 'nähren* kann zur selben Wz. gezogen werden. —
3) q)dXoc 'Bügel* (pdXapa *Helmbucker : phana- M. F. phafa- M. 'sog.
Haube oder Schild einer bestimmten Schlange* ai. phara- 'Schild'.
Weiter dazu phäla- 'Pflugschar' phala- 'Pflugschar, Pfeilspitze' zu
Wz. phal 'bersten' griech. (paXXöc. — 4) Alb. Hinz 'Ftinken*. entlehnt
aus ^CTia. — 5) Alb. .^aktisem 'bin ausser mir* aus ngriech. cacTiZui,
<^)cdcTiHa. — 6) got. alhs "Tempel' Grdf. olq, mit Mikkola BB. 22,241
zu aikas 'h. Hain*, ferner zu griech. "AXtic, dem Namen des Tempel-
bezirks von Olympia, got. h aus h vor Konsonanz entstanden. —
7) hnupö : .^nath 'durchstossen*. — 8) fvopan KößäXoc 'Possenreisser,
Gauner', anl. qy,, — 9) qainön : gäyati. — 10) pairh^ durch : tirds,
Ordf. HerqUe.
87. Zupitza E. Etymologien. BB. 25, 89—105.
1. abg. tegnafi : awest. ^anj- 'ziehen* (idg. th) griech. Tdccui
<aus *edxjuj). — 2. ir. loss 'Schwanz, Spitze*, Grdf. *lxistä : aisl. liösta
"mit einem Speer treffen*. — 3. ir. folongim 'ferre, perferre usw.*;
brit. *dalg- = longus : dirghd-, — 4. ir. dge 'Glied* : pägus russ.
pazh 'Fuge*. — 5. ir. gobtl 'Verlegenheit, Klemme* aus *gobetlO' :
lett. fchabeklis 'Knebel'. — 6. ky. cyfludd 'Hindernis* : rödha- 'Hem-
mung'. — 7. ky. llyvi 'scharf* aus lembo- : X^imßoc 'kleiner Nachen
mit spitzem Vorderteil*. — 8. d\i:\x} : szüpti 'faulen* Anlaut ksv (vgl.
caOXoc 'geziert' : abg. siiUj *Ko^niÖT€poc'. cavic 'Thürflügel' : szönas
'Seite des Körpers'. cöpiT^ : sziüres *Schaclitelhalm'. EuXov : got.
satäs. k^ipdti : abg. oHbq st* * wende mich ab*, k^ubh- : poln. chy-
bac'. ir. sei 'Weg* : ch^t-, ky. chicant 'Begierde' : chotHi. — kit-\-
Kons. : vgl. k^ipati. ksn : szniaukti {ksneu) : me. snSsen. k^näuti
Vetzt' : novaciUa snaudr. — interkonson. s ist unterdrückt in ae.
huistlian 'pfeifen' : k^vedafi 'saust*, kvathati 'siedet* : lit. szuntü,
ae. hwilpe : cdXTriY^, szwÜpiü. hneggr : sneggr 'klärlich*; hniösa :
to sneeze. ai. kvan- 'tönen : svdnah. sveda- 'Schweiss' : kfvidate). —
9. ir. traig 'Fuss* : nsl. trag 'Spur' serb. trag 'Fusstapfe*. — 10. ky.
chwarddaf 'lachen' : capbdvioc 'HohngeUlchter*. — 11. ky. gtcyw 'ver-
welkt* (aus *visvos) : aisl. visenn. — ky. llith 'Köder' : ir. adslig
'lockt an*, sligiu 'locke' = sligim 'schmiere*, vgl. ae. sUc 'schlau,
glatt', deutsch schlicht. — ky. nithio 'worfeln' griech. vetKXov •
Xdcvov, lit. n&cöti, — 14. ir. tarr 'Hinterteil* : lit. tursöti 'mit ausge-
170 I. Allgemuiiic indog, Sp rat li wissen schalt ti. Altertmuskuntle,
streckteni Htnlcrtell daatehn*, [mit rts) ae. uteort. — 15. ir. m4itk
*fett' : mititit misti 's. nähreu'. — IS. aisl. meida 'verstüiameln". iill-
biJhm. mitili. — 17. ausculto : -kalla "neigen", vgl. ae. üh}/td wie pin
iare. — 18. stürzen : ky. tarddu 'enlap ringen'. — 19. ir. dergnat
'Floh' t cepipoc 'Insekt', zujeri/. — 20. alav, ikra 'Fischrogen' : ir.
iuckair 'spawu'. — 21. ai. taandd- 'das Oberste, fette Schicht' (ans
l^mranda) ; blandiis 'bündig, gehaltvol!'. — 22. drohen : breL gour-
drowi lit, draudiiü. — 23. elav. Huiiti 'trösten" ; töfdyali 'bescbwich-
tigt'. — 24. rnss. {s)müryj 'dunkelgrau' : aisl, meyrr 'inürb' griech.
(d)^aupöc, — 25. ky. cem "Kinnbacken" : ahg. irenovbnh 'Backuhn',
— 26, ai. kärna- 'Obr' aiicb 'Handhabe' : abg. erim ky. cam, —
27. ai. kürma- 'Seliildkröte' : lit. kürmis 'Maulwurf. — 28. füg
'scharf" : abg. striib 'frisch". — 29. ky. ffwden 'Eile' : CTroubi^ und
arm, poit 'Eifer' {ky. »iiil. sp ini. (A). — 30. ky. dera 'Schwindel,
Koller' : whd. turc, nM. torkeln. — 31. ahd. serojcÄi 'vertrocknen';
sergaim. — 32. itpiliE 'Tropfen* : ir. arg 'Tropfen'. — 33, conquintKO :
aisl. huika 's. ducken', eeenqü. — 34. lat. rtc« 'Schleier' : irrevn 'ver-
hüllen'. — 35. ae. ätne 'Kostbarkeit' : ir. ait = ahd, sinka -. aisl.
Hndr.
SemitlBck. Lybtsch. Etrneklsch. LIgnrIsch.
66, Nöldeke TL. Die semitischen Sprachen, 1':ini' Skizze. 2. AuH.
Leipzig Trtuehnitz. 2 M.
8.'^, ThomsenV. Etudes Lyciennes. T, (Extrait du Bulletin de l'Aca-
d^mie Royale des Rcieneee et des Lettre» de Danemark. 1899).
Over»igter over det kgl. danske Vid. Sclsk. Forhandl. Iö99. S. 1—77.
Beitrüge aur Deutung der Ij-kischon Inschi-iften. Mehrere
wichtige Äbschuiite der lykischen Grammatik werden durch diese
Untersuchungen klar beleuchtet: Der Gebrauch des Pron. relai. ti,
das immer nach dem Verbuiii steht; die zum Verbum gehörige Paf
tikel me, die früher ala Pronomen aufgefasst wurde, die aber ihrer
Bedeutung nach am nächste» mit »e 'und' verwandt ist; die Verbal-
formen auf te und t^, das enklitische Pronomen -iie, die Suffixe -t
and -»ye, verschiedene Kasusformen usw. — Die Abhandlung ist
mit zwei Indices versehen: I. Index dee mots et des snfflxes. IL
Index des texiea. Vgl. das Referat von H. Pedersen, Nord. Tids-
Bkr. f. Philol. .t. R. 8, 20.
90. Pedersen H. Mere oni Lykisk. Nord. Tidsskr. f. Philol, 3. H.
8, 17-30.
Referat über Torp, Lykische Beitrage 11, und Villi, Thom-
Ben, Etudes lyciennes I. Danach wird die Frage nach der Ver-
wandtschaft des Lykiscben noch einmal gepi'üft; einige indoger-
manische Etymologien von (nach Form und Bedeutung) gesieliNteD
lykischen Wörtern werden zusammen gestellt.
91. Bugge S. Einige Zablwiirter im Lykischen. IF. 10, 69—
Sucht den idg, Charakter der Zahlwörter zu erweiset).
92. TbomHBn Vilh. Remarques snr la parentä de la langue i
que. Estrail du Bulletin de l'Auadfemie royale des Sciences et
des Lettres de Danemark 1899 Nr. 4. Kopenhagen Biaaco Luno.
S. 373-98.
Vergleicht die etruskiscfaeu Zahlwörter mit solchen der nord'
kaukasischen Sprachen. Das Resultat dieser Vergleichung ist que
Tätrusque se rattache !i In singnliiVre famille dee langaex qai nest
1. Allgemeiuo in'iog', Sprat'hwi^senschfift ii. Alti?rtum9kundi'. 171
repräseul^e aujourd'hui que par les laogues indig-^nes du CaucaBe
et, dans cette famillo, surtout k la branche qui est reprüsenC^e par
' ! groupe orlencal des languoB du Cauuase du Nord ou aionta^uar-
es. Si tel est le caa, il laut donc »dnieitre qu'a une ^poque trfn
reculäe lY'trusque, du la langne tn^re de r^trusque, s'est s6par6 de
sea pr^Inndaes langnes soeure. et cela dane un temps oü, et pour
strukture i^rammaticale et pour la voc&bulaire, il y avait maina de
diffi'reiice qu 'aujourd'hui entry ces tdioineg continucs soit duns len
langues Budcancnttieanes actuellt-.s, soit dans cellea du Caucase du
Nord (supposS toujours quo ces langues appartiennent A une seule
famille).
V^l. die Besprechung: des Aufsatzes durch P. H orn BB. 25, 288 ff.
93. Pauli C. Die etruskischon Familiennamen auf -Sura. BB. Sfi,
194-227.
Rellg'foiiHn'isseiDichaft. Mjtholog'le.
%. Jastrow M, jr, The historicol ntniiy of religinns in universities
ind Colleges. Jourii. Am. Or. Society 20, 317-^,
97. Labia F. UiMoire de la relijfion, depuis l'origiue. du moude
jusqn'JL J^sus-Christ. Tournai CasCcnnaDn. 488 8. 3,50 Frs,
98. HOIler P. M. Intrnduction to the adenee of religlon: Four lee-
ture» at the royal Institution, Fe.br. and May 1870. Re-issne.
London LcngnianR. 352 S. 5 Sh.
99. Halter F, M. Beiträge zu einer wißBenschalllichoii Mythologie,
Auj: dem Pngl. übertietzt von H. Luders. Autoris. Ausgabe.
1. Band. LeipziiC Engelniann 1898. XXXII u. 408 S. 11 M. -
I 2- Band 1899. IV n. 435 S. UM.
■pO. Tiels C. P. Einleitung in die Religtouswiss Bus ehalt. Oifford-
B Torlesungen. Deutsch v. G. (lehrich. 1. Tb. Morphologie. Gotha
K Perthes. XI n. 359 S. 4 M.
■Ol. nsener H. ReligionsgoBchichtlicbe Untersuchungen. 3. Teil:
f Die Sintliutsagen. Bonn Cohen. X u. 279 S. 8 M.
f Vgl. Beilage üur AUgem. Zeitung 1899 Nr. 942.
102. Lang A. Myih, ritual and religion. New revised ediiion. 2 Be.
London Longmans. XXIX u. 339; VI u, 380. 7 Sh.
IM. Wa^er C. Die heidni.ichen Rulturreligionen u. der Fetiscliis-
niua. Ein Beitrag zur vgl. Religionsgeechichte. Heidelberg Winter.
VII u. 127 S. 2,40 M.
104. De Kay C. Bird (lods in ancient Europe. London Alleiisou.
250 S. 7 Sh. 6 d.
^OC. Hopkins \V. EcouomicP of primitif religion. Journ. Am. Or.
K Society 20, 30;i— 8.
p Die Religion hat ursprünglich ein »Utrk u tili taris lisch es Ge-
'jirage: man verehrt die segen- und die schadeubriugenden Mächte.
Der gröBste Nutzen wird überall den Lolinlgoltheiten zugeschrieben;
die grosBeu Götter gehen über den Horizont des kleineu Mannes
Anielper Sil S u S. V2
172 I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde.
hinaus. Ein solcher Lokalkultus setzt aber feste Wohnsitze voraus.
Wandervölker können keine ständigen Lokalgötter haben. Sie
können nur Götter verehren, die sie beständig bei sich haben. Der
Himmel, Himmelsgott ist überall derselbe; er ist nicht lokal. Auch
das Feuer begleitet den Wanderer überall hin; ihm folgen die Geister
der Verstorbenen, die erst bei fester Siedelung lokalisiert werden.
Alle andern Götter dagegen sind lokaler Natur. Völker, die einst
sesKhaft waren, dann nomadisch wurden, werden alle ihre Götter
verlieren ausser Himmel, Ahnen, Feuer. In tropischen Ländern
werden sie den Sonnengott hinzunehmen, in nördlichen Ländern
wird die Sonne nur als Auge des Himmelsgottes betrachtet werden.
Auch ein Sturmgott kann die Wanderer begleiten. — Wenn diese
aprioristischen Erwägungen richtig sind — welche Art von Göttern
dürfen wir bei den ältesten Indogermanen erwarten? Wir finden
einzig und allein den Himmelsgott bei einer Reihe von idg. Stämmen
wieder: Zeus, mit anderm Namen Uranus. Wir finden ferner die
Manen und endlich den Feuerkultus in Indien, Persien, Griechen-
land und Italien. Den lange zusammenlebenden Indo-Iraniem ist
der Kult des Soma-haoma und der Mitra-Mithra Sonnenkult gemein-
sam ; in slavischer und vedischer Form finden wir den alten Sturm-
gott — sonst nichts. — Die altern Forscher haben aus der Stellung
des Himmelsgottes auf ursprünglichen Monotheismus bei den Indo-
germanen geschlossen; in Wirklichkeit repräsentiert er eine 'Wan-
dergottheit*. Mit der Sesshaftigkeit kommen dann die an bestimmte
Lokalitäten gebundenen Götter wie Indra usw. usw. Sie alle sind
lokal, nicht aus der Urzeit ererbt. So zeigt der Kigveda 3 Schichten
von Gottheiten: 1) die modernen Lokalgötter. 2) Die Götter der
letzten, mit den Iraniern gemeinsam innegehabten Heimat: Soma,
Trita, wohl auch Parjanya. 3) Die alten Götter der Wanderzeit:
Himmel, Feuer, Ahnengeister. Sie treten mehr und mehr zurück.
Endlich: Sesshaftigkeit bedeutet Ackerbau; dieser ruft eine grosse
Menge indischer Gottheiten hervor. Im RV. zeigt sich deutlich das
Übergangsstadium von einer Wirtschaftsform zur andern, ebenso
der damit verbundene Wandel der religiösen Anschauungen.
106. Tay Cr. H. The relation between magic and rcligiou. Journ.
Am. Or. Society 20, 327—31.
Es herrschen 3 Ansichten : 1) Magie ist eine herabgekommene
Form der Religion. 2) Sie ist die Vorstufe der Religion. 3) Beide
sind von einander unabhäng. Alle drei Auffassungen sind unhalt-
bar: "The earliest beliefs and practices known to us contain the
germs of both religiou and magic, and these havc grown .side by
side, thc one or the other getfing the advantage in a given society
aecording to the progress made in social Organization".
107. Hardy E. Glaube und Brauch oder Brauch und Glaube? Ar-
chiv f. Religionswissenschaft 2, 177—81.
Der Glaube entwickelt sich aus der Deutung der Bräuche.
Zar Anthropologie und Ethnographie« Idg. Altertamsknnde«
208. Buchner M. Völkerkunde und Schädelmessung. Beilage zur
Allgem. Zeitung 1899 Nr. 282—84.
Der Aufsatz ist durch die "Anthropologischen Studien über
die Urbewohner Brasiliens" von Paul Ehrenreich (Braunschweig 1897)
angeregt, deren Hauptergebnis ihm die Einsicht des grossen Irrtums
der Schildelmessung ist. Die Unfruchtbarkeit der Schädelmessung
I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde. 173
llir die Einteilung der Rassen behandelt der 1. Aufsatz; der 2. kriti-
siert ablehnend Kollmanns Versuch, die Völker auf die Schädeltypen
zu verteilen anstatt wie bisher mit Retzius die Schädel auf die
Völker. Trotzdem lässt sich die Konstanz der Schädelformen nicht
ohne weiters ableugnen; unter günstigen Bedingungen scheint sie
-dennoch vorzukommen. Freilich führt die bisherige Art der Messung
nicht weiter; es gilt eine Typologie der Schädel aufzustellen, wie
Sergi (Archiv f. A. 1892/93 S. 339) versucht hat. Der 3. Artikel pro-
klamiert die Sprache, das Grundelement des Begriffes Volk, als von
-entscheidender Bedeutung für die Völkerkunde. "Auch die Sprache
... ist nichts untrügliches. Wir wissen sehr wohl, dass sie fremd
sein kann, von aussen her nachgiebig aufgenommen oder gewalt-
sam aufoktroyiert und deshalb für weitere Schlüsse rückwärts oft
nur mit Vorsicht zu verwerten. Aber sie ist doch viel leichter fass-
bar als die Menschecvarietät. Ihre Merkmale sind viel zahlreicher
und die verschiedenen Arten und Gattungen, die sie geschaffen hat,
sind viel deutlicher unterscheidbar als die ähnlich gebliebenen Men-
schen. Niemals wird eine Sprachenart zwei Geburtsorte haben
können . . . ."
109. Bahnson K. Etnografien fremstillet i dens Hovedtraek Lev. 24. 25.
Kopenhagen, Nord. Fori, je 1 Kr.
110. Ammon 0. Anthropologie. Umschau 3 Nr. 42.
111. Achelis Th. Soziologie. Sammlung Göschen. 0,80 M.
112. Beck G. Der Urmensch. Kritische Studie. Basel Geering.
62 S. 1 M.
113. Flosa H. Das Weib in Natur- und Völkerkunde. Anthrop.
Studien. 6. Aufl. v. M. Bartels. Leipzig Grieben. 2 Bände. XVI
u. 767; VIII u. 763 S. 26 M.
114. Deniker J. The races of man. A sketch of ethnography and
anthropology. New York Scribner. § 1,50.
115. Wilser L. Rassen und Völker. Umschau 3, Nr. 41.
116. Ripley W. Z. The races of Europe: a sociological study accom-
panied by a supplementary bibliography of the anthropology and
ethnology of Europe. New York Appleton. 2 Bände. XXXII u.
624; VII u. 160 S. $ 6.
117. Driesmans H. Das Keltentum in der europäischen Blut-
mischung. Eine Kulturgeschichte der Rasseninstinkte. Leipzig.
118. Westberg F. Beiträge zur Klärung orientalischer Quellen über
Osteuropa. Bull. Acad. St. P6tersbourg. 11, 211—246, 275—314.
1. Die älteste orientalische Nachriclit über die Rüs, Petschenegen,
Magyaren, Russen. 2. Ibn-Fadlans Wisu. 3. Ibn-Fadlans Bitw&r.
4. Masudis Russenzug vom J. 913/914. 5. Ibn-Haukals Rüssenzug vom
J. 969. 6. Jakubis und Masudis Russen. 7. Die Ostsee bei Masudi.
5. Der Pontus und die Maeotis bei Masudi. 9. Masudis Slawen-
stämme. 10. Die Haurischen Tempel bei Masudi. 11. Die Rüs bei
Ibn-Chordadbeh. 12. Stadt und Volk Saksin. 13. Buzkend und
Idschkend. 14. Die Lage von Tarku, Belendscher Semender. 15.
Ibn-el-Athirs und Ibn-el-Wardis Russen. 16. Bemerkungen zu Chas-
dajs nnd Josephs Schreiben. 17. Bemerkungen zur Geographie des
Moses von Chorene. Thracien. Das europäische Sarmatien. (Z.)
174 I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u. Altertumskunde.
119. Brückner A. Die Anfänge der Slaven und der Deutsehen (poln.).
Vortr.; Ref. im Kwart. hist. 923.
Die Bedeutung der Sprachwissenschaft in dgl. Fragen. Die
beiderseitigen Lehnwörter erweisen die angestammten Unterschiede
zwischen Slaven und Germanen : die letzteren erscheinen als Angreifer
(ksl. kbnqzh, mhdh, Mirm), die Slaven als tributpflichtige Hirten und
Ackersleute (der Pflug ^ das gehopfte Bier); auf ähnliche Unter-
schiede weisen auch die Stammesbenennungen hin, im Slav. vom
Lande, topographisch (poln. -amey -icy), bei den Deutschen nach der
Bewaffnung {Sachs, IVanke) und Tapferkeit. Der letzte von dieser
Art Angriffen ereignete sich in Russland und führte zur Ausbildung
des Kernes des späteren Kijewischen Adels (Ruriks Geschlecht). —
Der Name L^cJvb-Ljaclvb stammt von den Russen, und charakterisiert
die Polen nach ihren Nasalvokalen, ohne eine weitere geschichtliche
Bedeutung beanspruchen zu dürfen. (Zubaty.)
120. Bücher K. Arbeit und Rhythmus. 2. Aufl. Leipzig Teub-
ner. 6 M.
121. Montelius 0. Typologien eller utvecklingsläran tillämpad p&
det menskliga arbetet. Med 76 flg. Svenska formninnesföreuin-
gens tidskrift 10, 237—268.
122. Ziber (Sieber) N. L Oöerki pervobytnoj ekonomiöeskoj Kul'-
tury (Abriss der primitiven ökonomischeu Kultur). 2. Aufl. St.
Petersburg.
123. Vierkandt A. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Natur-
völker. Zeitschr. f. Sozialwissenschaft 2, 81—97, 175—85.
124. Groos K. Die Spiele der Menschen. Jena Fischer. VIT u.
538 S. 10 M.
125. Schrader 0. Prehistoric antiquities of the Aryan peoples: a
manual of comparative philology and the earliest culture. Trans-
lated by F. V. Jevons. New York Scribner. 486 S. S 6,75.
126. Pogodin A, Neuere Arbeiten über die Sprache und Kultur
der Indogermanen (russ). ^ur Min. 321, 2, 493—512.
Das Zentrum der idg. Wanderungen ist das Karpathengebirge.
Hier ist der Ursitz der Idg. zu suchen (auch hier waren Gletscher
in der Diluvialzeit, das Meer und Salz hat man durch Handel können
kennen lernen, der Löwe war noch in hist. Zeit in Thrakien). Die
Nordfinnen weisen anthropologisch denselben Tvpus auf wie die
Idg.; die Idg. sind eine Abzweigung des Ann. Stammes. Sprach-
liche Analoga im Idg. zu flnn. Erscheinungen: der urspr. lockere
Zusammenhang von stammbild. Suffixen mit der Wurzel (daher so
oft ein Wechsel von Suffixen), Schwächung von tkp zm d g h, der
Ablaut. (Zubaty.)
127. Boughton W. The Aryan question. Am. Anth. and Gr. Journ.
22, 71-3-
128. Lefövre A. La th^orie indo-europeenne. Hevue mens, de
r^cole d'anthropologie. 9, 84 flP.
129. Brunnhofer H. Die Herkunft der Sanskritarier aus Armenien
und Medien. Zeitschr. f. Ethnologie. 31, 478—83.
I. Allgemeine indog. Sprachwissenschaft u Altertumskunde. 175
130. V. Hohentann Die Urheimat der Arier. Zeitschr. f. Schul-
geographie. 20 Nr. 1.
181. Ratzel F. Der Ursprung der Arier in geographischem Licht.
Umschau 3, 825-27. 838—41.
Vgl. das Referat über den Vortrag Ratzeis auf dem 7. inter-
nationalen Geographen-Kongress in Berlin, das G. Stampfer in
Nr. 240 der Beilage zur Allg. Zeitung 1899 gegeben hat.
Nach Ratzel zerfällt die Frage 1) in das Rassen-, 2) das Kul-
tur- und 3) das Sprachproblem. Die Rassenfrage führt zur Geologie,
sie ist völlig anders geartet als die beiden andern. Die Unterrassen
der weissen Rasse können sich nicht am Hindukusch, noch in Skan-
dinavien oder Rleinasien entwickelt haben; sie müssen einen weiten
Kaum zur Entwicklung gehabt haben. Sie entstand, von Mongo-
loiden und Negern umgeben, als Europa noch mit Afrika verbunden,
von Asien abgeschlossen war. — Kulturpflanzen, Haustiere, Ge-
brauch der Metalle, Ackerbau, Viehzucht, Bergbau sind durch Wan-
derung und Verkehr nach Europa gekommen. Der Donauweg über-
trifft die Mittelmeerstrasse an Bedeutung für Europa, das nur im
Norden und Südosten freigeblieben war. Die Frage nach dem Ur-
sprung der Idg. ist erst zu lösen, wenn wir von der Paläontologie
des quartären Europas ausreichend Kunde haben.
132. Super Ch. W. The original homc of the Aryans. Amer. Anth.
and Gr. Journ. 20, 353-57.
133. Symons B. Het stamland der Indogermanen. Overgedrukt
uit de Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der
Nederlandsche Letterkunde te Leiden 1898—99. Leiden Brill.
Übersicht über die Entwicklung der idg. Sprach- und Alter-
tumskunde. Krit. Referat über die Ansichten in betreff der Urhei-
mat. — Überblick über die vorhistorischen Wohnsitze der idg. Völ-
ker; Resultat: Nord- und Mitteleuropa war in der ältesten prähisto-
rischen Zeit schon von Indogermanen bewohnt.
134. Wilser L. Herkanft und Urgeschichte der Arier (Vortrag).
Heidelberg J. Hörning.
Anz. von J. Schmidt DLZ. 1900, 68—69.
Znr Geschichte der Sprach wiggenschaft« Varia.
135. Stolz Fr. Über die Entwicklung der idg. Sprachwissenschaft.
Vortrag. Innsbruck Wagner. 24 S. 0,80 M.
136. Ziemer Zur deutscheu Sprachwissenschaft. (Programmschau).
Gvmnasium 17 Nr. 12.
137. Thumeysen R. Peter v. ßradke. Jahresbericht über die Fort-
schritte der klass. Altertumswissenschaft 103, 54—62.
Vgl. auch die Nekrologe L. v. Schröders in der Nordländ.
Zeitung vom 8. (20.) März 1897 (Or. Bibl. 13 Nr. 119).
138. In memoriam Georg Bühler. Indian Antiquary 27, 337—86.
Mit Porträt.
Nekrologe von Winternitz, F. Max Müller, C. H. Tawney, C.
Bendall, A. A. Macdonell, A. Kägi, F. Knauer, E. Senart. Notizen
von H. Jacobi, E. Leumann u. a.
139. PauU C. Wilhelm Deecke f. BB. 25, 296-311.
176 II. Arisch. A. Indo-iranisch.
140. Murko M. Miklosischs Jugend- und Lehrjahre. Forschungen
zur neuen Litteraturgeschichte. Festgabe f. R. Heinzel. (Weimar
Felber). S. 493 fF.
141. 0[ust] R. N. Hofrat Friedrich MüUer. JRAS. 1899. S. 473-5.
142. Müller F. M. Auld lang syne. Ist series; 2nd series: My In-
dian fnends. London Longmans. XII u. 301 S. 10 Sh. 6 d.
143. Achelis Th. H. Steinthal f. Beilage zur Allg. Zeitung 1899
Nr. 67.
144. To Breve fra Karl Verner. Meddelte ah Edvard Brandes.
Tilsküeren 1899. S. 332—40.
145. Schröder £. Joh. Kaspar Zeuss. Allg. deutsche Biographie 45,
132-36.
Etwas dürftige Charakteristik des genialen Sprachforschers
und Ethnographen.
146. V. Patrubäny L. Sprachwissenschaftliche Abhandlungen. Bd. 1,.
Heft 11—12. Budapest Franklin-Verein. S. 241—320.
147. Studier i modern spräkvetenskap utgifna af Nyfilologiska säU-
skapet i Stockholm I. Uppsala Almqvist. 235 S. 5 Kr.
W. Str.
II. Aris<^h.
Jahrgang 1898.
A. Indo-iranlsch.
*1. Schermann Luc. Orientalische Bibliographie, bearbeitet und
herausgegeben von Dr. Lucian Schermann. XII. Jg. (für 1898).
Berlin Reuther und Reichard 1899. VI, 326 S. 10 M.
Allgemeines: S. 60—63. 212-13. Indien: S. 62—83. 213—33.
Iran.: S. 84-87. 233—36.
*2. Gasartelli L. C. L*id6e du p6ch6 chez les Indo-firaniens de
Tantiquite. CR. du IV. Congr. sc. int. des Cathol., Sect. I, S. 134—47.
B. Indisch.
*3. Hal6vy J. Considerations eritiques sur quelques points de This-
toire ancienne de l'Inde. Rev. sem. 6, 348—55.
Beginnt mit I: Les Indiens vediques.
*4. Hopkins Ed. W. Notes from India. JAOS. 19, 2, 29—41.
1. Bridles in sculpture and painting. — 2. Buddha's wooly hair
(ge^en Fer^ussons Hypothese von Buddhas mongol. Herkunft). —
3. The veiied Jain at Bädämi. — 4. Wooden fences in India. —
5. The Anandasram.
*5. Weber A. Indische Studien. Beiträge für die Kunde des in-
dischen Altertums. Im Vereine mit mehreren Gelehrten herausg.
von A. Weber. Mit Unterstützung der deutschen morgenländischea
Gesellschaft. Bd. 18. Leipzig Brockhaus. V, 544 S. 15 M.
Inhalt: 4. Buch der Atharva-Samhitä (S. 1—153). — 5. Buch
der Atharv.-S. (S. 154—288; beide Bücher von A. Weber übersetzt). —
II. B. Indisch. 177
Zu Kshemendra's lokaprakä^a (S. 289—412; von A. Weber; mit In-
dex verborum zu den ko<ja-artigen Teilen des Werkes von E. Sieg). —
Litterarisch-kritische Streifen (S. 413—25: Zusammenstellung der von
A. Weber während der Jahre 1880—96 in der Deutsch. Lit.-Zeit.
und dem Lit. Centr.-Bl. veröffentlichten kritischen Berichte). — Index
(S. 526—43; von A. Weber). — Druckfehler und Zusätze (S. 544).
*6. BOhtlingk 0. Kritische Beiträge. Ber. Verh. Sachs. Ges. Wiss.,
Philol.-hist. KI. 50, 76-86.
Fortsetzung zu Bd. 49, S. 138; Nr. 15-24 enthaltend.
15. Zu Rhvs Davids* Besprechung von angana (so im Päli ge-
schrieben) in JRAS. 98, 191—94. — Syn. zu ajirä. Böhtl. schlägt
folgende 2 Bedeutungsfassungen vor: 1) ein Platz, auf dem man
sich frei ergehen kann, Tummelplatz; 2) ein Tummelplatz für die
Sinne, Sinnesobjekt.
16. tathägata (Beiname eines Buddha): Beibehaltung der im
P. W. gegebenen Erklärung gegenüber der von Rob. Chalmers
(JRAS. 98, 103 — 15) versuchten Zerlegung: taha'\-ägata (<aÄa^ wahr,
Wahrheit).
17. Besprechung einiger Corruptelen im Mantrapäfha (Gebet-
buch der Äpastambiva; hg. von Winternitz 1897).
21. Zu Oldenbergs Artikel "Savitar" in ZDMG. 51, 473 ff.: nicht
von Anfang an ein wirklicher Name der Sonne.
. 22. Zu A. Hillebrandts Bemerkungen über Deussens "Sechzig
Upanisbads des Veda".
23. Zu M. A. Steins Übersetzung von Kalhanas Räjataraiigin!
(vgl. Luzacs Or. List 9, 8).
♦7. Böhtlingk 0. Miscellen. ZDMG. 52, 247-253; 409-15; 606-12.
Umfasst die Nr. 1—15: 1) RV. 10, 95, 8 {hhujyojf, für hhujyuhL)\
2) AV. 6, 118, 2 (Beitrag zur Beseitigung der im 3. päda dieser
Strophe vorhandenen Schwierigkeiten); 3) Kafhopanishad 6, 9 (gibt
der Lesart enam statt etad den Vorzug); 4) Kath&saritsägara 3, 37
(über die Bedeutung von anubhäva an dieser Stelle; vgl. hierzu
Lanman in JAOS. 16, 31 f.); 5) Gegenbemerkungen zu Th. Aufrechts
Bemerkungen auf S. 255 fr. desselben Bds. dieser Zeitschrift; 6) über
die von Aufrecht aus 5 Stellen eines unedierten Puränas für ca er-
schlossene Bedeutung von iva oder yathä, s. S. 273 fT. dess. Bds.
dieser Zeitschrift; 7) über einen Vexiersloka in Subhäshita-Ratna-
Bhändägäram auf S. 253, Nr. 168; 8) über eine metrische Licenz in
M. Bh. 11, 26, 5 (betrifirt 'dhattd statt dhatte); 9) kurze Bemerkung
zu Brhaddevatä 8, 28 u. 30 (veranlasst durch die von H. Oertel in
JAOS. 19, 97 fr. mitgeteilte Besprechung der Legende von der Sa-
rama und den Panis); 10) über eine Variante des unter Nr. 7 schon
erwähnten Vexier^lokas. 11) wendet sich gegen die von Jacobi
(KZ. 35, 584) vertretene Ansicht, dass das bei Pänini 3, 1, 42 über-
lieferte vedische cikayämakafi eine auf einen Perfektstamm zurück-
gehende Bildung sei. Im Anschluss hieran eine Kritik von Jacobis
Artikel: "über das periphrastische Perfekt im Sanskrit" (ebd. S.584 flF.).
Böhtl. sieht hiernach im periphr. P. eine verhältnismässig junge
Form, die zuerst im AV. (und zwar nur einmal) auftritt. Im Gegen-
satz zu Jac. behält Böhtl. die Auffassung des aut am ausgehenden
ersten Teiles des per. P. als Nom. act. bei, indem er das von Jac.
füi" seine Behauptung herbeigezogene Argument des Fehlens jeg-
licher sonstiger Spur des betreffenden Verbalnomens durch Anführung
einer Anzahl vom Desiderat, ebenso gebildeter oder doch bildungs-
möglicher Nom. act. auf ä widerlegt (z. B. xkshä, jägarä usw.). Die
in der Verbindung des akk. mit as und hhü liegende Schwierigkeit
178 11. B. Indisch.
knnn auch Böhll. nicht änd^ciUlig Bsuu. ÄulYällig iat ihm, dam dl»
Verwendung von an KUuüchBt bei knns. ohne bis jetzt nnchzuweisen'
dem Nom, act. eich seifet. Die Möglichkeit einer Erkltirua? ^bt
Böhtl. am Schills« durch den Hinwels auf einen eventuellen WechMl
der Bedeutung von tu (Bezeichnung: der Daner), resp. nuf die so
häufige Verwechselung der Hilfszeitwörter "haben" uud "sein"; 12)
zu Hir. Grhv. 1, 5, 8; 13) zu Pftr. Grhy. 3, 7, 1; 14) zu Pär. Grhv.
3, lä, 22; 15) zu E. W, HdpkinB; Ävnrta (S. 462); Wtderlfsune der
von Hopkins vorjfe brachten Einwendungen gegen die von Böhll
(S. 89 f.) vorgeschlagene Deulung von Brahmjtvn.rla.
•8. Uhlenbeok C. C. Kurzgefasates etymologisches Wörterbuch der
altindiEchen Sprache. I. Bd. Amsterdam Müller. XII, 160 S. 2 F.
•9. Lodere Heinr. Zwei indische Etymologien. Gott. Nachr., I'hilol.-
hlst. Kl. S. 1-5.
Ober das Verhältnis von Pali luddo zu Skr. Itibdka und über
Skr. (lohada, nach Susrula aus ^dvi/ifd abzuleiten.
*10. Fortunatov F. Die indogermanischen Liquiden im AliindisL-ht-n.
KZ. 36, 1-37,
Der Verfasser nimmt liier für die Indogerman. Uriiprache 3
Li(|uiden an: r, l und Kihen 3. Laut, der eine bestirnmte Art dtt- 1
oder r darstellt. Diese 3. Liquida hat sich in den europäischen
Sprachen und dem .armenischen zu l, in den indo-iran. ku r weiter
gebildet. Auf dii-se Aunahrae von 3 Liquiden gründet Fortunatov
seine Theorie der Entstehung der all-indiscben Cerobralen aus '7+
dental" und zwar aus der Bt^obachtnng heraus, das» im Vedischen
wie im Sanskrit die Lautgruppei "i + dental" — abgesehen von
einem einzigen Beispiele — nicht vorkommt, |DieHe-B GesetR, obwohl
von sehr vielen Gulelirlen anerkannt, hat doch auch Widerspruch
erfahren nach der Richtung hin, dass deeEen Gegner die altind. Cere-
bral, aus "r-|- dental" gebildet sein lassen; und Bartholomae (IF. 3,
167—177) sieht die von Forlunatovin BB. 6, 215 ff. für seine Theorie
aufgestellten Beispiele ab blosse Entlehnungen des Ved. und Skr,
aus einem prakrit. Dialekt (d. Ii. aua einer Vorstufe des uus bekauntea
Prakrit) an.] Des weiteren wendet sich Fortunatov den von Bar-
tholomae gegen seine Lehre von der Existenz einiger aus "Vokal -f-
cerebral" entstandenen Verbindungen geltend gemachten RtnwKnden
zu, um schliesslich kurz die gleichfalls von ihm schon früher ange-
nommenen Verbindungen von irrationalem, nicht Silbe bildendem
Vokale und Silbe bildendem sonorem Konsonanten (liquidae und
nasales) 2u streifen, welch' letzlere er ohne Vokal nicht anerkennt,
wobei er in dem irrationalen Vokale einen nicht voll artikuliertet!
Laut (Miii-melvokal?) sieht, Crossen Qantität noch geringer war als
die der kurzen Vokale.
*ll. Jacobi Henii. Über das periphrastiache Perfekt im Sanskrit
KZ. 35, 578-87.
Wahrend das perlphr. Perf. des Sanskrit gewöhnlich als die
Verbindung eines Kas. auf dm mit cakära, äaa, babhüva (von Whitncv
Ältind. Gramm. 9 1070 und Delbrück Altiud. Sviit. S. 246 ff. ais"akkn8.'^
von Brngmann Grundriss 2, § 89« und Hirt I F. 1, 20 als "iostrnmenl.")
erkWrt wird, sieht Jac, darunter nicht sowohl den Kasus eines Ve^
bnlnomens als vielmehr eine eigentliche Verhalform, aber uicht, wie
Jolly und Brunnenhofer, einen Infinitiv, sondern eine Art AbsolUIi'
vuni, und zwar im Einblick auf die ähnliche Verbindung der ge-
wöhnlichen Absolut, auf tili, hezw. -ya mit dem als eine Art Hilf*-
11. Ü. lncli^Cl^. 179
fiwrb. gebrauchten fthä- Duixli Belege sucht er das periphrasi. Perf.
kIh die Eiuschrünkung: eiuer früher auch auf audere Tempora (z. ß.
Aor. und Präs.) sich erstreckenden Umschreibung z\x beweisen. Des-
gleichen stützt Jacobi diese Annahme eines Absolut. In der Geiitalt
ktfnes unflektierten Verbalstanimes für das einstig'« Indogerin. auch
■ Tom Standpunkl der vergleichenden Lingnisiik aus durch die Hin-
w^eatang auf andere, mit dem Indogerm. nicht verwandte Sjiraclien,
tn denen Absolaliva als Gerundia oder Verbniparticipta direkt aus
dem Vorbai-, resp. Praesensstamm hervorgehen, ohne durch Kasus-
endung erst dazu befähigt worden zu sein. Die Herüberziehung
Auf die nominale Seite erfolgte nach Jacobi wahrscheinlich erst bei
der Herausbildung der Einzelsprachen.
^•12. Aufrecht Theod. Über einen eigentümlichen Gebrauch von
"ca". ZDMG. 52, 273 f.
Aufzählung und Übersetzung der im Nandipuräna (Osford
Nnm, 137^A) und im Auszug daraus (Keriärakalpa, Leipzig^^B)
vorhandenen Stellen (A 2, 21 ; 3, 27; 7, 43. B 6, 40, 98, 168), wo ca die
ungewöhnliche Bedeutung von "wie" (lua, yathä) hat, wobei Auf-
recht die Bemerkungen macht, dass zwar der Text in beiden Mss.
I nachlässig verfas^t. dass jedoch diese vergleichende Bedeutung von
L(Ca durch weitere sichere Beispiele zu begründen ist.
•^IS. Buck C. D. Brugmanns law aad the Sanskrit vfddhi. Am.
J. of Philol. 17, 445-7i>.
K^]4. Flensburg N. Zur Slanimabstufung der mit Niisalsuffix ge-
bildeten Präsentia im Arischen und Griechischen. Lund Möller. 18SI7.
72 S.
^15. Richter O. Die unechten Noniiaalkomposita des Altindischen
und Alliranischen, IF. 9, 1— G2; 183-252.
In der indogermanischen Urspraclie sind 3 verschiedene Klassen
fVoii Nominalkouiposita zu unterscheiden: 1) eine scheinbar ältere
Schicht, die "echten" Komposira, deren Vorderglied die Stammform
des Worte« aufweist; 2) eine sicherlicii jüngere Schicht, die soge-
nannten "unechten" Komposita, deren Vorderglied eine Kaausform
des Wortes bildet. Die Inder besassen überhaupt eine besondere
Vorliebe für Kompositionsbildungen. Die frühesten unechten Nomi-
nalkomp. dürften aus Sgliedrigen Wörterverbindungen hervorge-
S&ngen sein, deren erster Teil ein Kasus, deren zweiter Teil das
lesen regierende Substantiv war. l'm aus diesen Aneinander-
fUgungen eine einheitUche syntaktische Wortgruppe zu schaffen,
mussten 3 Momente zusammenwirken: 1) traditionelle und formel-
hafte Stellung der Bestandteile, 2) Zusammenfassung unter einem
Akzente, 3) Isolierung des Ganzen gegenüber seinen Teilen. In
dem sich anschliessenden speziellen Teile werden die verschiedenen
Arten der unechten Komposita in der Reihenfolge der Kasus be-
handelt. Beim Nominativ trennt der Verf. die kopulativen Kom-
SDsita von den übrigen altind. Nominativkomp., deren erstere er auf
ie uralte elliptische Sprechweise suriickfUhrt, wonach ein in deu
Ihial gesetztes Wort nicht allein die Einheit zweier zusammenge-
"^ifiriger Wesen bezeichnet, sondern die Dualform auch auf eiu
'' i KU jenem ersten in gelüufl^er Beziehung stehendes (Im
zu ergänzendes) Wort hinweist (z. B, miträ, Mitra und Va-
•una, dyävü, Himme! und Erde), Eine beigefügte Tabelle mit an-
jehXugten Erläuterungen bringt die ganze Kntwieklung des hopulat.
BompoB. schenmiisch zur Parslellung, Ein weilerer Absclmilt über
180
II. B, Indisch,
den awestischen Kompositionsvokal — Ö" beschlicBst i^ieses Kspltri.—
Im Akkusativ an Stelle der sonst Üblichen Stammlorm steht «uweilen
im Att'Ind. bei Nomina ngentiB auf -a- als 2. Glied das erste Glied
im Anschlusa an die KonsCi-uktion des zQgehurigeD Verb. Finil. Im
Awesiisclien kommen nur wenige Fälle dieser Art vor. Die in
mehreren B ah uvvlhibil düngen aultretenden Akk. Sing. (RV. ttäiar
käma- und TS. 1, 5, 10, 2 ivirn-ähüH-) denkt sich der Verfasser
durub willkürliche AbUnderungen der Reda.ktoren oder Schreiber
oder auch durch Versehen entstanden. — Bei lokativ. Besiehun^
de« Vordergliedes zum Schlusegliede steht manchmal das erstere stsit
in Gestalt der hergebrachten Stammform im Lokat., und zwar äo-
wohl Sing, tmd Plur, was wahrscheinlich gleichfalls unter der Be-
einfluBsuD^ durch verbale Ausdrucksformen vor sich gegang'en ist.—
In Anlehnung an entsprechende verbale Aus drucks weisen erscheinen
hin und wieder auch Inst runien talformen, wenn das 2- Glied ein
Verbalnomen ist (Wurzelnomen oder auch Adjektiv; hei letzterem
nach der Lehre der indischen Grammatiker aber nnr, wenn das vod
deni Adjektiv beseichnete diireh das von dem im Instrument, stehende
Nomen bezeichnete verursacht wird). — Der Dativ xcjgt sich nur
ganz vereinzelt (z. B. d&nyavi vfkä-, ein Wolf, i, e. ein RScher. ein
Verderber für den Dasyu: RV. 8, 55, 1; B6. 1, 2). — Auch die Geni-
tivkompos. sind nicht sehr zahlreich, h aap teil chlicli stehen sie in
Verbindung mit -pati- (Herr) und werden in verschiedener Auswahl
ata einfache, ZuHammen rückungen der betr. Gen, Sing, und des Nom.
pati erklart, was für einige der Verfasser auch zugabt. Die naeh-
vedischen Genitivkompos. lUsst Richter im nilgem. unabhMngi^ vno
denen der vedischen Periode entstanden sein. — In 2 weiteren
Kapiteln bespricht Richter die Komposita mit unklaren pronominalen
Vorderjfliederu, resp. die Kasusbomnosita auf Grund adverbieller
Wendungen, von denen erstere in aer Alteren Litteratur spttrllcb
vertreten sind, von den Krähmanas an h&ufiger werden, im Irani-
schen hingegen gtlnzlicb fehlen, wcssbalb sie von Richter für eine
einzelsprachliche Nenbildung des Alt-Ind. gehalten werden. Die
letateren sind Znsammenrückitngen einer au« 3 Wörtern besiehen-
den, zum Adverb erstarrten Ausdrucks weise, wobei entweder beide
Teile verschieden sind [z. B, rätriin-divam und "elivä, bei Tag und
bei Nacht oder saniain-bhümi, dem Boden gleich) oder dieselbe Kasua-
form desselben Wortes wiederholt wird (sog. Um rfdit »-Bildungen, a. B.
paraip-pnram, in steter Folge, eig. einer nach dem andern). —
Alle anderen noch nicht behandelten Falle rubriziert Richter unter
die "Kasuskomposita auf Grund von Redensarten" (z.B. etham-p&r-
vd-, begierig, der erste zu sein; mama-salgd-. Streit um Mein und
Dein, um den Besitz), unter die "Analogiebildungen" (s. B. äpö-
mäträ-, der feine Urstoff des Wassers; apsu-voffä; die bindenden
Kräfte im Wasser (?) und unter die "unklaren Formen". — I« einem
Rückblick (in dem Richter als die uralte Art der Komposition das
Erscheinen des ersten Gliedes in seiner Stammform bezeichnet)
werden die Gründe zusaninten gestellt, welche 7.u einer Bildung
von unechten Komposita geführt haben können: Neben dem Mangel
aller Synkope und ausser dem präpositionsfreien Gebrauch der Kasus
vor allem das Bedürfbis nach Deutlichkeit sowie das instinktive
Vermeiden von sonst niclit vorkommenden, ungelfiufigcn Lautver-
bindmigen, von phonetisch unbequemen Lantfolgen. Den grösseren
Teil der unechten Komposita aber schiebt er nicht auf RechnnnfT
des unbewuBst schaifenden Sprachgeistes, sondern der üb erlegen den
und kombinierenden ThJitiglteiC der Geieiirien und Poeten. Thaten
es jene zur Vermeidung von MissverstJlndnisseu und Undeutlich-
IL B. Indisch. 181
lichkeiten wegen der prägnanteren Beschreibung eines Objekts iD
seinem Namen, so diese hinsichtlich des malerischen und anschau-
lichen im Ausdruck und zur Bereicherung der Sprache durch wirk-
same Neubildungen.
*16. von Negelein Jul. Zur Sprachgeschichte des Veda. Das Ver-
balsystem des Atharva-Veda, sprachwissenschaftlich geordnet und
dargestellt. Gekrönte Preisschrift. Berlin Mayer und Müller. VII^
104 S. 3 M.
*17. Hynins from the R ig veda, ed. with Säyana's comment., notes,
and a transl. by Peter Peterson (= Bo. Skr. Ser. XXXVI.) Bom-
bay Government. 304 S. 4 Rs.
M8. krshna Yajus SaiphitÄ [Taittirlya Samhitä.] Part. III. £d.
by Vaidyanäda Sästri a. Co. Kumbakonam, publ. by the editors,
124 S. 11 a.
*19. The Atharva Veda. Madras Christ. Lit. Soc. 1897. 80 S.
2 a. 6 p.
*20. The Taittinya Brahmapa of the Black Yajurveda with a
commentary by S&yanächärya ed. by Näräyana Godabole. 3 Parts.
(= Änandädraraa Skr. Ser. Nr. 37.) Poona Änandä^rama Pres»
[Leipzig Harassowitz]. 1447 S. 14 Rs. 8 a [Part I— II 20 M.].
♦21. The TaittirlyOra^yaka of the Black Yajur Veda with a comm.
by Säyanachärya ed. by Bäbä Shästri Phadake. Parts I—II. (=
A'nandäärama Skr. Ser. No. 36.) Poona, A'nandäärama Press.
[Leipzig Harrassowitz] 1897/98. 909 S. 4 Rs. 8 a.; 4 Rs. 9 a. [17 M.].
*22. The Aitareya Brähmana of the Rig-Veda, with the commen-
tary of Säyana A'chArya. Ed. by Pandit Satyavrata Sämaärami.
Vol. IV. Fase. 4. (= Bibl. Ind. No. 926). Calcutta, As. Soc. [Leipzig
Harrassowitz]. 6 a. [M. 1].
*23. Aitarey&ranyakam ed. by Bäbääastri Phadake. (= Änandä-
ärama Skr. Ser. No. 38.) Poona, Änandasrama Press. [Leipzig
Harrassowitz]. 2 BL, 296 S. Rs. 3 [M. 6].
'*'24. The üpanishads with the text in Sanskrit Devanagari, an EngL
translation of it and of Sankara's commentary by S. SItäräma
Sästri. Vol. I, tsä, Kena and Munddka, Madras Seshachariar.
174 S. 1 Rs. 8 a. [Subscr. cpl. 4 Rs. 8 a. incl. post.].
*25. Amalänanda Vedänta Kalpataru ed. by RAma SAstri Tailanga.
(= Vizianagram Sanskrit Series, Vol. XII, No. 14, Part. III.) Be-
nares Lazarus a. Co. 254 S. 2 Rs. 12 a.
*26. Aufirecht Theod. Über Ugra als Kommentator zum Nirukta,
ZDMG. 52, 762 f.
Im Gegensatz zu der Cat. Cat. S. 297 fixierten Ansicht ist Aufr.
auf Grund der Zeugnisse von Vindhyesvariprasädaöarman, Libra-
rian Sanskrit College Benares und von Mons. L. Pinot (briefl. Mit-
teilung über ein Ms. der Bibl. Nation., cot6 Devanagari 136 A) zu
der Überzeugung gekommen, dass Ugra irgendwie bloss für Durga
verschrieben ist, dass es sonach nicht einen Ugra, sondern nur einen
Durga als Kommentator zum Nirukta gegeben hat.
*27. Baunack Theod. RV. X, 40, 3 prätdr jarethe jaraneva kÄpayä.
IF. 8, 278-88.
189 II. B- Indisch.
Unter Verwerfung der bisherigen Deutuugen von käpaya ftuist
B. es uh ein Fragewort attr; "was liir AuBdehnuno: habend, über
waa fär Raum sich erstreckend", identisch mit katpaya in RV. V,
32, G [zur Wz, 3 pä gestellt; vgl. Trdoijoi].
"28. Böhtlingk O. Nach tr Jl gl i dies ku RV. 10, 95, 8. ZDMO. 52.
257— 5S.
Vgl. ZDMG. 52, 947 ff.
"29. Böhtlingk 0. Kritischi' Bemerkungen zu HiranyakeSins Grhya-
sütra. ZDMG. 52, 81-88.
Beschäftigt sich mit der Erklärung noch nicht genügend ge-
deuteter Stellen und mit der Beseitigung lehlerhnfter, durch schlechte
Überlieferung usw, verursachter Lesarten. Ge.w isser maesen eine
Fortaetsung und Ergänzung tm ZDMG, 43, 598 ff.: "Über die söge-
nannten Unregelniftssigkeiten in der Sprache des Grhvasütra de«
Hiranyake(;in". gleichlBlls von 0 Böbtüngk.
*30, Coland W. Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. ZDMG.
52, 455-:i5.
X. Zum Upnuaynna: Die bei HirnnyakeMn grhs. I, 5, 8 sicli
findenden Worte .... daki^inam bähum abhyätmann upanayats
will Cul. entweder in dak.^inaiü b'ähum-abhy filuiann npanayate odur
in daksiuain b&ham abhy abhy&tmam upanayate umgeändert wit-
Ren, wodurch die ganze Auffassung über den Hergang dieser Cere-
monie eine andere als bisher wird (vgl. hierzu Hillebrandt, Ritual-
Litteraiur S. 53 und Oldenbergs Übersetzung in den Sacred Book»
of Ihe Eost 30, 151).
Sl. ZuPftraskaragrha.iri,7, 1: Ca I. schlägt vor, für die Wort«
im 1. päda des sieh an dieser Steile flndeuden Spruches: pari tri
firer nham . , , au lesen: pari tv& girer amiham, auf diese Weise
as zu pari vermisste Verb ergänzend.
Xll. Zu Paraskarn III, 15, 22: wendet sieh gegen eine von
Bähtlingk an ihn brieflich mitgeteilte Konjektur hinsichtlich des
Wortes säsya, indem er als passende Ergänzung zu sä : daksbi^
Torschlflgt.
Xin. Zu Lä(yayana Ars. HI, 10. 16; V, 6. 7: für viirambhayati
(dem in diesen beiden Fällen im PW. die von der gewöhnlicheD
ganz abweichende Bedeutung: "auflösen, aufknüpfen" beig^ICjlt
wird) liest Cal. ii'sramuayati (obige Bedeutung von i'i-iran&h ist
demnach aus dem. Wörlerbuche zu streichen).
XTV. Zum Äpastamblya-Srftutasütra : kritisiert und konjiiiert
eine Anzahl Stellen in Garbes Ausgabe dieses Textes, indem er
teils Änderungen des Herausgebers für unnötig hält, teils für schwie-
rige Stellen seinerseits Verbesserungen vorschlägt.
XV. Zum BaudbAyunapitrmedbasütra: behandelt eine Äniahl
abweichender Lesarten, die sich in einem in Benares entdeckten,
in Devanilgarl gem-hriebeneii Ms. befinden, katalogisiert «üb "Num-
ber 1229 of ihe Government Collection" in Caicutta. Es entliKll
gfhyasütra, grhyaparibhilHä. gfhyapaddhati ("prayoga) und ptlrme-
dha^üt LB.
XVL Zum Äpastambapi trmedhasütra : nHhere Mitteilungen Über
diesen dem Verfasser bei der Herstellung dee Hirnnyakeäipitrmc'
dhasütra-Textes nur fragmentarisch in Gopnlayajvans pit^mcdhani-
bandhana zugängig gewesenen Äpas tarn ba-T ext auf Grand der Te-
lugukopie einer in Südindieii noch vollständig überlieferten Band-
sehrift dieses Werkes (vgl. Report on Sanskrit Mss. in Southern
India I»95, No. 152). In Verbindung damit Berichtigung der Ein-
II. B. liKlIst^h. 169
teilung der 3 Sätrn-Textu lÄpastaiiibf«, Uirnuyake^in, Bhäradväja;
vgl. die aliind. Todleii- und Bestuttungsge brauche S. 6) und Bnsei-
tigung einer Anxnbl von Testt'ehlern in der von ihm besorgten
XYII. Zum Hiranyskeäipitrmcdhasütra: spricht von einer für
die Herstellung den Textes leider unbedeatenden, vollstAndigen
Haudschrift dieGes tiütra nach der Rezension der Uairanyfilveäa.
Cal. erhielt eine Absthrilt hiervon aus der in Benaree verfertigten
tind im Besitse des Prof. Hillebrandt beQndlii^hen Kopie eioi-a völlig
erbaltenenHiranyakeHJIialpasütra.
•31. Foy W. VediBche Beitrage. KZ. 36, 123-43.
VII. kenipd. VIII. cdyamäna, nicäyya, cäyti. IX. Zu RV. III,
38. X. mithü. XI. dvita.
•32. Geldner K. F. Vedisch 'rirfd/fta-, ZDMG. 52, 730-61.
Erklärung des Wortes r.idalha. Nach einer teilwuiseu Über-
sicht der bisher hierüber vorliegenden Litteratur (des weiteren ver-
weist Geldner hierbei auf Foy KZ, 34, ä26) werden zunächst die
verschiedenen Deutungen Säyanas (der das Wort zuweilen auch
etymologisch zu erläutern sucht) und von Scholiasten nufgetübrt.
fleldnor seinerseits geht bei der Erklärung von der schon von
Bloomfield (JAOS. 19, 3, M ff.) gemachten, von Geldner aber noch
schärfer gefasHten Beobachtung aus, A&&» das Wort gern in foimel-
haften Wendungen igewöhulich im Lok. Sing, oder Plur.) und zwar
meist an vorletzter Stelle im Pada gebraucht wird. Da dieselbe
Formel auf ganz verschiedene VerhältnitiBe angewendet werden
konnte (s. ItV. 1, «4. 1. ö), so sieht Goldner iu dem Worte einen
"gleitenden BegrilT" und läset es demj^emäBS folgende vier Bedeu-
tungen annehmen: I) Allgemein sozialer Art jede Gruppe zusammen-
gehöriger oder gleichartiger Personen, Korporation, Genossenschaft,
Bund, Brüderscbaft ; insbes. Standesgenossenschaft, Zunft, Gilde,
dann auch Paitei, Anhang (syn. mit pak^a, »vapakfa, gana; das
oidathatti ist nach Gelduer ein Produkt des stark entwickelten Kor-
porationsgelBtes der Inder). 3) Spez. die gelehrte Oenossenschafl:
wahrscheinlich seiner Etymologie nach in der Wz. vid seinen Ur-
^mng habend. S. RV. 'l, 164, 20— a2 (vgl. hierzu Grassmann und
Detiseen Allgemeine Geschichte der Philosophie 1, 113); 3, 1, 16; 7,
36, 8; 7, 21, 2; 7, 18, 3 usw. — Analog der Einteilung der Menschen
werden auch die Götter u. zwar in 3 Gilden rubriziert, was natür-
lich in der bekannten Dreiteilung der Welt in Himmol, Erde und
Wasser begründet ist; vgl. RV. 3, 4, 5; 6, 51, 2: «, 39, 9; 2, 27, 8;
3, 38, 5: 5, G3, 2 usw. 3) Einen besonderen Beinamen der Maruts
[viddltuifu dhträ^: RV. 3, 3(>, 6), welches Epitheton ornuns aus dem Cha-
rakter der Marut« als gelehrter Herren (als Lobs&uger des Indra
?V. b, 29, 1 und als Beistande» der Kavis 5, 61 [vgl. zu letzterem
ed. Stud. 2, 253]) verständlich wird. 41 Das zum Zwecke eines
■ Opfers zusammengetretene Konsortium von Priestern, den Konvent,
'"" 'les. das vollzählige Priesterkollegium, wie es für die grossen
laopfer notwendig war: ä. RV. 1, 40, 6; 10, 100, 6; 7, 93, 3—4 usw.
r für das Opfer selbst wird das Wort metonymisch angewendet,
i es zuweilen parallel zu yqjna (RV. 3, 3, 3; 8, 11, 1. 3) oder
1 ?uting (B.V. (), 52, 17), die beide öfters in der Nähe von mddtha
tscheinen, zuweilen auch in vei'schiedenem Kasus (RV. 7,84,3; 10,
~~', 6) steht. — Ein Wort- u. Stellenindex beschllesst diesen Exkurs.
i Regnaad P. Un paradoxe vMique. Kev. de liiig. 31, 344 f.
Betrifft RV. VI, 13, 2 und VI, 2, 8.
ISl II. B. Iiidiscli.
*34, von Schröder L. Die Tübinger Kattia-HnudschrifteB und tiiM
Be^ieliung zum Täittirtja-Arnnvalfa. Hrii°p. in. o. Nachtrag« ro&
G. Bühler. (= Sitzb. Ak. VViss.'w., Phii.-hist. Kl., Bd. 137, Äbh.41
Wien Gerollis Solin in Komm. 126 S. 2,80 M.
*35. Weber A. Vedische Beitrage. 7. Aus alter Zeit. Sitzb. Alt.
WisB. Berlin. S. 658-81.
VerBUch, Ort und Zf.it der Ursitze der Indo<,'ermaiien näher
2U bestimmen, hierbei au»};ehend von der Etymologie des Wortes
Sommer. Der Name Sommer: skr. säma, griech. Önoc, s. v. n. die
dem Winter gleiche zweite Hallte des Jahrea, weist dem Wiuter die
1. Stelle zu, deutet also auf eine Gebend hin, In der dieser vor-
herrschend war. ludem Weber Hodann an die Zeitberechnnu": der
Indogermanei) nach Mondjahren und an die Ausgleichung: des Untei^
flchiedes mit dem Sonnenjahre durch Anl'ügnng von 13 Tagen |=
die prophetisch bedeutsamen, 12 heiligen Nächte der Germnnenl
anknüpft, schliesat er aus dieser astronomischen Korrektur aof eine
Nachbarschart von Semiten, da die Indog. bei der Höhe ihrer da-
maligen Kultur selber nicht dazu befllhigt waren, und zwar speziell
vonBnbyloniem: beides (rauhes Klima u. sentit. Nachbarschaft) findet
«r in Armenien vereinigt. Hierzu kommt als 3. Beweismittel At.i
allen Indogermaneu gemeinsame Zwillingspaar der Oioskuren; skr.
Ofoin, 8. V. w. 'Reiter'. Dieses Wort lllsst auf eine Gegend schlies-
sen, wo das Reiten unter dem betreffenden Volke in voller Cbung
war, was wiederum bei Armenien zutrifft. — Hinsichtlicb der chro-
no lop sehen Fixierung der Urheimat der Indogermanen hält sieb
Weber an die Identifizierung der Dioslcuren niil dem Gestirne der
Gemini und zwar denkt er (da die Diosknreu im Veda vielfach mit
der Morgenröte in Verbindung gebracht werden) an eine Zeit, wo
dieses Gestirn kurz vor Tagesanbruch zn sehen war, wobei man
tüi Armenien anf das Jahr 6000 kommt, um welche Zeit das Oestim
der Gemini beim Fiühlingsflijuinox etwa '/* Stunde vor Sonnenauf-
gang sich zeigte. Da nun Weber hinsichtlich der an die Sonne sidi
knüpfenden Mvthenbildung das Wintersolstitiuu für viel wichtiger
halt, so würde' man zu noch viel früherem Ansätze {c. 13000—14000
Sk. C.) gelangen. — Aus dem Worte Basä (ein mythischer Strom im
Teda] als ev. Beinamen der Wolga, resp. des kaspischen Meeres
gleichfalls auf Armenien zu Bchliesaen, ist bei der Unsicherheit dieser
Etymologie nicht gut möglich. — Diesen Untersuchungen fügt Weber
eine Übersicht einiger Resultate der "vergleichenden Mythologie für
die indog. Urzeit" an, ohne sich hierbei streng an die Lautgesetze
«u binden, sondern in erster Linie nur die Wesensgleichheit der
betreRenden m3~thologischen Verkörperungen berücksichtigend. Von
diesem Staudpunkte aus kommt er unter anderen zu folgenden Pa-
rallelen, zunttchst aus dem Ki'eise der solaren Mythen: 'AxUXeuc,
Siegfried, Rarna. die Sonnenheldcn, die die Kühe des Sonnengt>lles
<HelioB, Apollön, Indra), d. h. die Segnungen des HimmeJsliehtes
oder Regens, umgeformt von der späteren, weiterentwickelten Sage
zu Jungfrauen, Königstöchtern usw. (vgl. Helena, Draupndl, SilA,
Bmnhilde) den Räubern (Ungetümen, Riesen, Drachen) entrelsseu.
Das weissagende Pferdehaupt, das dem Dadhyailc von den A^vio
aufgesetzt wird, erinnert an Mimirs Pftrdekopf und au den FaladA
des Märchens. Weitere solcher Nelaeneinaoderstellungen sind: Tri-
tonen, ved. Traitana, Kinder des (Äptya) Trita, ursprünglich wohl
Bewohner des oberstcti (8.) Himmels, den man sich als Äathendes
Licht- und Wassermeer vorstellte; parjanya [als spargenn und nicht
als blitzend zu deuten; daher ein Regengoil), lil. Perkunas, prenss.
IL B. Indisch. 185
•
Perun; ved. Saranyü (die dahin eilende Wolke), gr. Erinnys\ (apftm)
naptar: Neptunus; *Ep|LX€iac HiuxoiroiixTröc: Särameya (Silramä die Göt-
terhündin, die den Aufenthalt der Kuhräuber auskundschaftet);
Todtenhund Cabala: K^pßepoc; Gandharva: Kentauren; manu: Minos,
Mannus der Germanen (trotz teilweise lautlicher Schwierigkeiten).
*36. The Wealth of India. Monthly Magazine solely devoted to
the English translation of the best Sanskrit works ed. and publ.
byManmathaNäth Datta. Vol. V, Parts 3—12. Vol. VI,
Parts 1—3. Calcutta 1897. 158 S. j. Rs. 6 [Luzac, 10 s.].
Enthält die Fortsetzung von Kämandakiya Nitisdra, Mdrkan-
deva-Puräna und Harivamsa.
"^37. The Mäfkandeya - PurÄna transL byManmatha Näth
Datta. Calcutta, publ. by the translator. 502 S. 8 Rs.
♦38. The Vishnu-PurÄna transl. bv Manmatha Ndth Datta. Cal-
cutta, publ. by the translator. 464 S. 6 Rs.
*39. The Upanishads. An attempt to Interpret the (11) Upanishads.
With the preface, translation and notes in Man\thi and English.
The Aitareya Upanishad. (Ist of the series.) By Rdjarum Räm-
krishna Bhdgvat. Bombay Tukanlm Javji. 52 S. 8 a. [Leipzig
Harrassowitz. 1,50 M.].
*40. The Upanishads transl. by LÄla Dalpat RAi. Vol. I. (= The
Sacred Books of India. I). Labore Aror Bans Press. 118 S. 6 a.
*41. Translation of Sankara's commentarv on the Chaudogva
Upanishad. Brahmavädin 3, 440—51.
*42. The sacred laws of the Aryas . . . transl. by G. Bühl er.
Part I: Äpastamba and Gautama. 2d ed. rev. Part II: Vä-
sishtha and Baudhäyana. (= Sacred Books of the East. Ame-
rican ed. Vol. II.). New York Christian Lit. Co. LXII, 360 S. 3 S.
'*'43. The Dhammapada. Transl. by F. Max Müller. 2nd ed. re-
vised. (= Sacred Books of the East. Vol. X. Part I). Oxford. Cla-
rendon Press. (Lo., Frowde). 10 s. 6 d. [Leipzig Harrassowitz.
8,50 M.l.
*44. [Majjhima-Nikäya, Sutta 123.] The canonical account of the
birth of Gotama the Buddha. By Alb. J. Edmunds. Open Court
12, 495-90.
Übersetzung nach dem von Rob. Chalmers in JRAS. 1895,
S. 751—71 (The nativity of the Buddha) veröifentlichten Texte.
*45. Hardy E. Der Grhya- Ritus Pratyavarohana im Päfl- Kanon.
ZDMG. 52, 149—51.
Vergleichung der im Anguttara-Nikäya (und zwar im Janus-
«oni-Vagga, so genannt nach dem Brahmanen Janussoni, mit dem
das Gespräch über die verschiedenen Arten der paccorohani geführt
wird) enthaltenen Schilderung dieses Brauches mit den entsprechen-
den brahmanischen Normen. Pratyavarohana (vgl. hierzu Alfr. HiUe-
brandt Ritual-Litteratur S. 78) ist die Zuriickverlegung des Lagers
auf den Erdboden nach Ablauf der durch die Schlangen gefähr-
lichen Zeit, meistens am Voilmondstag des Monats Märgasirsa, ver-
bunden mit folgenden Vorbereitungen: 1) Baden; 2) Anlegen eines
neuen (noch nicht gewaschenen) Gewandes; 3) Bedecken des Bodens
186
ri. B. hi.iiHch.
mit KuhduQg: 4) GobrAuch ejnev Handvoll &nfret'eucht«t»r Kvio-
OrlUer (vgl. über den Zweck Säiikhy. 4, 17, 3—5) und Ansstreneii
von grünen Ku^n-Gräsern zur Lagersttltte. Nacbdem sich die ein-
aelnen Personen niedergelegt haben, folgt die eigenlliche Feier, die
in einem 3m»lig:en Erheben vom Lager wuhrend der betreffenden
Nacht und FnUen der Hunde nach der Richtung de» Feuers hiu
unter Hersflgung einer bestimmten Formel beKtehr.
•4G. Jaoobi H. Der Akaent im Mittel indischen. KZ. 35, 563—78.
Handelt von der Entstehung dieses Akzentes und der von
ihm ausgehenden BeeintluHsang der Vokaiisation, wobei Jacobi im
Gegensatze au den von Prof. Piachel als Erwiderung auf ZDMG.47,
674 ff. verfaHsten und ebenfalls in KZ. (34. 568 ff. u, 35, 140 1f.) er-
schienenen Abhandlungen die von letzterem aufgestellten "RegeUi
Über die Wirkungen des vedi^chen Akzentes im Mittelindischen "
entschieden hekämpfl, indem Jacobi den mittelindischen Akzeni
nicht auf den alten vedischen zurückgehen Idssi, sondern indem er
neben dem mehr musikalischen Charakter zeigE^ndon vedischen mit
der Zeil einen wortrhythmischen exspiralorischer Art aufkommen
lüBBt, die beide zunHclitit wolil eine Zelt lang neben einander be-
standen haben dürften, bis der vedische schliesslich von dem ande-
ren verdrHngt wurde.
•47. Piachel Sich. Hävanavaho 7,62. ZDMG. 62, 93-9(i.
Berichtigung der Goldschmidt'schen Übersetzung diener Strophe
und Beseitigung der in detn ersten "samaccharehim" liegenden Haupt-
Schwierigkeit dieser Textstelle durch Auflösang des betreffendeo
Wortes, nicht wie bisher in sam + accharekiiii, sondern iu sama +
eeharehim, d. i. gleiche Gestalt habend [chara im Panhavägaranaim
6.287 f. (Ardamägadhi-Dialekt^ von Abhayndevn durch rüpa erkiNrIj,
*48. Lingutstic Survey of India. [First, rough, lisl of langnngeH.j
Bengal (Lower Provinces). The North -Western Provinues and
Oudh. The Central l'roviuces. The Panjftb and its feudntoriee.
Berar, oi- Hvtli^rahad Assigned Districts, Assum, 6 voIh. Calcutia
Government' Piinting, IV, 144; VI, 92, VH; VI, 106; VI, I(fö, VII;
V, 36; V, 110 S. Fol.
'49. Ifvara-kaula. The Kai;mlra(;abdämrta. A E&qinlri grammar
written in the Sanskrit language. Ed. wlth notes and addltlons
by G. A. Grierson. P. U. Conjugation. Calcutla Asiatio Society.
1 Bl , 3 u. 2 S., S. 109—379, 3 S.
•60. Essays on Kasmirl granirnnr. By the Ute K. Friedr. Bi
hard. TransInted and editöd, with notes and nUditiona, by
Grierwon. JA. 27, 179-93; 215—21; 238-33; 309—17.
•51. Grierson G. A. On the KiH;nilri noun. JASB. H7, 1,
*Ö2. RämpraiÄp Sharmä.. English-Hindi dictionary. Bombay K he K'
räj Shrikrishnfidiis. ^96 S. 1 ßs.
•53. Thoburn W. L. TheEuglish-Urdudictiouarv, Luckni
dist Public House. 384 S. 1 Rs.
•54. MunsliI Jawahir Singh. The Urdu tencher. Umballa Em]
Press. 346 S. 3 Rs.
'55. Bhagu P. Kärbhiri. The sludenfs Gujarati-English
nary. Ahmedabad, pttbl. hy the author. 652 S. 3 Ra. 8 a.
ciety. I
•59. 1
lt. H, Indisch. 1B7
. Oeigflr Wilh. Etymologie des Singhaleeischeu. Abh. Akad.
d. Wissenseh. München, Phil.-hisl. Kl. 21, 175—273.
t auch separat erBcliienen: München, G. Frunzscher Verlag
in Komm. 1897. tf9 S. 4". 3,60 M.
*57. von Sowa Rud. Wörterbuch des Dinlekts der deutschen Zigeu-
ner (= Abh. Für die Kunde iles Morgeiil. 11, 1.) Leipzig BrotU-
h;ius in Komm. XIV, 128 S. 4,50 M.
. "68. Alviella Cte. Gebiet d'. Ce que l'Inde doit 4 la Grfece. Des
inUuences classiqnes dans la ciTÜisation de rinde. Paris Leroux.
' 1897. VI, 200 S.
RezenBinnen von V. Henrv, Rev. er. 5. S. 77; F. Aloin, Bev.
beige de num. 9B. S. 239 f.; F. Juati, Berl. philol. Wochenschr. 98,
S. 912 f. und in JRAS. 98, S. 188 f.
•B9. Karaten Paula. Sahade va'sWahrsageliuch. Globus 74, 281-87.
Bringt Angaben Über eia unter den Tamilen (aber auch sonst
f Indien weil) verbreitetes Wahrsagebnch, deasen Kenntnisnahme
er Verfasserin von einem Mitgliede der seiner Zeit in Berlin aul-
"liUtlich gewesenen Tamilkarawane zu Teil geworden ist. Das Bnch
beginnt mit einer Finleitung, in der die Wahreagekunnt im Allge-
meinen auf KHühnn selbst zurückgeführt und die Autorachaft des
vorliegenden Werkes unter Assistenz der Vani (s. v, a. Rede, Be-
redtsamkeit und die Göttin derselben, i.e. Sarasvati) dem Sahadeva,
dem vornehmsten der fünf Pftndavns zugeschrieben, sowie die Ge-
schichte der Pändavas erzillilt wird, wonach diese mit Hilfe des
Wahrsage buch es den Nach Stellungen und Zaubereien eines heim-
tüeki.'icht'n Verwandten entgehen, um sodann ihr ganzes Vermögen
und sich selbst im Würfelspiel an den nämlichen zu verlieren, beides
jedoch, ihre persönliche Freiheil und ihr Gut, später vom Glück be-
günstigt wiedergewinnend. Tnteressani sind die Bemerkungen über
den Inhalt und die Art und Weise des Vovhersagens. Danach hat
der Beireffende an etwas zu denken und eine der 64 Nr. (die, von
111,' 112, 113 ... bis .. . 443,444 aufsteigend, in quadratischer An-
ordnung vorausgeschickt sind) zu berühren, wodurch er den Aus-
gang seines Vorhabens usw. erfahren wird. An jede Nr. schliesst
sich ein Vers mit erinuternder Prosa an. Nach der mitgeteilten
Probe heeiehen sich die einzelnen Prophezeiungen auf die Wünsche
und Bedürfnisse des tftglichen Lebens (Reichtum, Gesundheit, Glück
usw.). Zur Erhärtung der Wahrheit des Gesagten sind hier und
da besondere Wahrzeichen (Träume, Körpermale usw.) eingestreut.
Nach Bedarf kann die Verfasserin sämtliche fi4 Nr. der Tabelle ver-
öffentlichen.
•60. Kennedy J. The early commerce of Babylon with India —
700-300 B. C. JRAS. 241-88.
l^ Unter Berücksichtigung von Schrift, Münzen und Kunst.
B*fil. Winternitz M. Folk-medicine in Ancient India. Nature 58,
^ 333-35.
H*62. Hopkins E, W. Land-Iennre in Ancient India. Poüt. Science
H Quarterly (N. Y.), Dec.
Bf, Zugleich eine Besprechung von B. H, Baden-Powells Buche:
^The Indian village Community, examined with reference tö the physi-
t&l, ethnogfaphical, and historical eonditions of the provinces, chieüy
on ihe basisof the revenue-settlement records and district raanuals.
Lo, (N. Y.), Longmanns 1896. XVI, 456 S. 8". 16 s; 4 §■
AnielKcr XII f a. s. ]3
188 II. B. Indisch.
*63. Johansson K. F. Till frägan om det indiska kastväsendets
Ursprung. Nord. Tidskr. utg. af Letterst. fören. S. 538—60.
""64. Jacob! Herrn. Über das Verhältnis der buddhistischen Philoso-
phie zum Sänkhya-Yoga und die Bedeutung der Nidänas. ZDMG.
52, 1-15.
Antwort Jacobis auf die von Oldenberg (Buddha, 3. Aufl.,
S. 448 ff.) und Senart (Mölanges Charles de Harlez, S. 281 ff,) gegen
seine in den N. G. G. W. phil. Kl. 1896. S. 43 fif. niedergelegte An-
sicht von dem Hervorgehen des Buddhismus aus dem Sftnkhya-Yoga
geltend gemachten Einwände, hauptsächlich eine Bedeutungsent-
wicklung der einzelnen Glieder der Nidäna-Kette (der evidentesten
Berührungspunkte beider philosophischer Systeme) als des Ausgangs-
Eunktes der buddhistischen Philosophie. Jacobi lässt die S&nkhya-
rchre geistiges Gemeingut jener Zeit sein: zu finden in den brah-
manischen Quellen in Verbindung mit bestimmten Vedänta-ldeen
(vgl. zahlreiche itihäsa-purätanas des 12. Buches des Mahäbhärata),
in dem Systeme des Manu, in den Hauptzügen der Philosophie der
Puränas und als theoretische Grundlage in der Yoga-Praxis. Dess-
halb ist auch eine vom Sänkhya ausgehende Beeinflussung des
Buddhismus sehr naheliegend, welch letzterem er überhaupt die
schöpferische Kraft zu Neubildungen abspricht, indem er ihn nur
"Gemeingut indischen Denkens anders gruppieren, im besten Falle
anders formulieren" lässt. Nach einer längeren Polemik über die
Möglichkeit der Schülerschaft Buddhas zu Aräda und über die Frage
hinsichtlich des psychologischen, nicht kosmogonischen Charakters
beider Systeme wendet sich Jacobi den Nidänas (= Darstellung der
Verkettung von Ursachen und Wirkungen des weltlichen Daseins
eines Individuums) zu. In den ersten Nidänas findet er völlige Über-
einstimmung beider Lehren (avidyäj samskära, vijnäna)^ die aller-
dings in den folgenden Gliedern einiger Divergenz Platz macht, um
jedoch am Schlüsse in abermaligen engsten Parallelismus auszu-
laufen. Die Schwierigkeit in der Deutung von nämarüpa (nicht
"Name und Körperlichkeit" zu übersetzen) löst er dadurch, das& er
von dem parallelen Jaina-Begriff nämagotra ausgeht, der wiederum
mit ahamkära, dem Wort für Individualität in der Sänkhya-Philoso-
phie, auf einer Linie steht. Er sieht in nämarüpa einen volkstüm-
lichen Ausdruck, der von Alters her Geltung hatte und in dem vor-
liegenden Falle einfach an Stelle des philosophischen Terminus:
ahamkära trat, mit dem er in seiner Grundbedeutung zusammenhing.
*65. Alviella Cte. Goblet d'. Des ^^changes philosophiques et reli-
gieux entre l'Inde et l'antiquit^ classique. Bull. Ac. roy de Belg.
34, ()93-744.
Rezensiert von J. van den Ghevn ("Indianisme et Christia-
nisme"), Musöon 17, 57—68.
"^m. Baunack Theod. Bhujyu, ein Schützling der A<jvin. KZ. 35,
485-563.
Behandelt in ausführlicher Weise unter Heranziehung aller
einschlägigen Stellen, verbunden mit mancherlei grammatischen Ex-
kursen und neuer Interpretation der bis jetzt noch nicht genügend
erklärten, hierher gehörigen Rg-Veda- Verse die Legende von der
Errettung des Bhujyu (=""Genussbringer" mit Bezug auf die Vor-
stellung von dem Verdienste fürs jenseitige Leben durch die Geburt
eines Sohnes), in der Baunack symbolisch die Verjüngung des Sonnen-
gottes behandelt tindet. Nach seiner Darstellung gestaltet sich der
II. B. Indisch. 189
Terlauf dieser Sage folgendermassen: Bhujyu wird gelegentlich einer
Fahrt auf dem Meere von seinem Vater Tugra mit Gewalt in das
Wasser gestossen, aus welchem Grunde, wird nicht ausdrücklich
■angegeben. Anstatt aber den Tod in den Wellen zu finden, wird
-er von den auf sein Rufen und Jammern herbeieilenden A<jvins,
die er sich durch seine Frömmigkeit und reiche Opferspenden ge-
neigt gemacht hat, errettet und auf 3 Fahrzeugen (bald Wagen,
bald Schiffen), jedes mit 6 windschnellen Rossen, (die ebenso wie
die Fahrzeuge geflügelt genannt werden) je 3 Tage und 3 Nächte lang
durch die Luft getragen. Auf diese Weise schwebt er 9 Tage und
Nächte dahin, während dieser Zeit vom Soma der A<jvins sich näh-
rend. Am 10. Tage bringen ihn die A^vins.in seine Heimat zurück.
-(Hinsichtlich der Zahl der Wagen geht die Überlieferung etwas aus-
•einander. An einigen Stellen wird auch von 4 Fahrzeugen ge-
sprochen. Die hieraus resultierenden 12 Tage und Nächte setzt
Baunack in Beziehung zu den heiligen 12 Nächten des Wintersol-
stitiums. Die den Fahrzeugen beigelegten Epitheta "hundertteilig",
^'hundertrudrig** erklärt Baunack durch die Hindeutung auf die
«Ite Einteilung einer Tages- und Nachzeit in 30 Stunden, sodass die
Fahrzeuge gewissermassen die Zeit repräsentieren würden). In seiner
Heimat angelangt, kommt Bhujyu gerade zur rechten Zeit, um, von
der göttlichen Speise der A<jvins wunderbar gestärkt, an d«m ge-
waltigen Kampfe teilzunehmen, der seinetwegen zwischen seinen
Anhängern und denen seines inzwischen gleichfalls zurückgekehrten
Vaters ausbricht, und der durch der A^vins Hilfe, sowie unter dem
Beistande des Indra — den als höchsten Gott und als eigentlichen
Schlachtenlenker der Dichter nicht übergehen zu können glaubte —
zu seinen Gunsten endet, indem zugleich der Vater fällt, worauf
Bhujyu das Erbe dieses antritt. — Im Anschluss hieran giebt Bau-
nack in aller Kürze eine neue Erklärung des Wesens und der Be-
deutung des Zwillingspaares der A^vins, die er nach den beiden
wunderbaren Pferden (den Symbolen der hellen und dunklen Zeit-
Mlfte) benannt sein lässt, und die so Personifikationen der als Jahr,
Monat, Tag stets aus einer hellen und dunklen Hälfte bestehenden
und zu einem untrennbaren Ganzen vereinigten Zeit repräsentieren.
*67. Carus P. Karma: story of early buddhism. London Paul.
3 s. 6 d.
*68. Falke Roh. Buddha, Mohammed, Christus, ein Vergleich der
drei Persönlichkeiten und ihrer Religionen. I. darstell. Tl.: Ver-
gleich der 3 Persönlichkeiten. 2. Aufl. Gütersloh Bertelsmann. VIII,
216 S. 3 M.
*69. HardyEdm. Indische Religionsgeschichte (= Sammlung Göschen
Bd. 83). Leipzig Göschen. 152 S. Geb. 0,80 M.
*70. Lövi Sylv. La doctrine du sacrifice dans les Brähmanas.
(= Bibl. de T^cole des hautes et. Sc. relig. Vol. XI.) 4 BL, 183 S.
*71. Magoun H. Will. Early religion of the Hindus. Bibl. sacr.
55, 92-113; 296-321.
*T2. Müller F. M. Lectures on the origin and growth of religion,
as illustrated by the religions of India. The Hibbert lectures
dellvered in the Chapter Hotise, Westminster Abbey, in April,
May and June. New impr. London Longmans. 424 S. 5 s.
*73. Roussel A. Cosmologie hindoue d'apres le BhÄgavata Purftna.
Paris Maisonneuve. 401 S. 6 Fr.
190 IL B. Indisch.
*74. Sieoke E. Der Gott Rudra im Rig-Veda. Arch. f. ReHgions-
wiss. 1, 113—151; 209-259.
Mit Übersetzung von RV. 1, 43; 114. II, 33. VII, 46.
♦75. Wintemitz M. Witchcraft in Ancient India. New World 7,
523-43.
*76. Boyer A. M. Sur quelques inscriptions de l'Iude. Journ. Asiat.
s6r. IX, 12, 463-503.
♦77. Bloch Theod. Buddha worshipped by Indra: a favorite subject
of aucient Indian art. Proc. ASB. S. 186—89.
*78. Bühler Geo. On the origin of the Indian Brahma aiphabet.
2. ed. of Indian Studies, Nr. III. Together with two appendices
on the origin of the Kharo.^thI- aiphabet and of the so called
letter-numerals of the Brähml. With 3 plates. Strassburg Trübner.
XIII, 124 S. 5 M.
♦79. Oarus Paul. Buddha pictures and statues. Open Court 12,
337-52.
*80. La Mazeliöre Mis. de. Moines et asc^tes indiens. Essais sur
les caves d'Ajantä et les couvents bouddhistes des Indes. Paris
Plön, Nourrit et Co. II, 311 S. 4 Fr.
♦81. Müller F. M. Buddha's birthplace. Blackwood's Edinb. Mag.
164, 787-91.
Der eigentliche Ruhm, Kapilavästu entdeckt zu haben, wird
hierin von Müller für Major Waddell in Anspruch genommen, der
in dem "Journal of the As. Soc. of Bengal" 1896, S. 275 überzeugend
dargethan habe, dass Kapilavästu nicht weit von der im J. 1893 im
Nepal Terai von einem unbekannten Nepalesischen Offizier gefun-
denen Säule zu suchen sei, während Dr. Führer das allerdings nicht
zu unterschätzende Verdienst habe, die Örtlichkeit weiter durchforscht
und durch Auffindung einer gleichfalls von Asoka errichteten bäule
den in der buddhist. Tradition eine grosse Rolle spielenden Lunibini-
Park festgestellt zu haben, auf welcher Säule speziell ihr Standort
als Geburtsstätte des Verehrungswürdigen bezeichnet wird. Irgend
welchen Skeptizismus hinsichtlich der Identifizierung dieses Platzes
als des historischen Geburtsortes Buddhas hält Müller gegenüber
den durch die Ausgrabungen erlangten Resultaten und den durch
sie bestätigten buddhist. Berichten für unangebracht.
♦82. Smith Vinc. A. Kauäärabi und Srävasti. JRAS. S. 503—31.
Mit 2 Tafeln; bildet Nr. III der "Prolegomcna to Ancient In-
dian history". — Von weiteren Spezialabhandlungen sind bereits
erschienen und zwar von demselben Verfasser: 1) The iron pillar
of Delhi (Mihrauli) and the emperor Candra (Chandra): ebd. 1897,
S. 1—18. — 2) Samudra Gupta (A specimen chapter of the projected
history of Northern India from the monuments): JRAS. 1897. S. 19—
33 (vgl. hierzu B. Sewell Pistäpura, ebd. S. 420). — 3) The conquests
of Samudra Gupta: ebd. 1897, S. 859—910.
Der vorliegende Aufsatz handelt von der Fixierung der beiden
altindischen Orte "Kausämbi" und "Srävasti'*. Das erstere, der
Schauplatz des Ratnävali Dramas, identifiziert Smith nicht mit Kosam
an der Jumna, sondern setzt es in die Nähe der Eisenbahnstation
Satnä (Sutna) an der Linie Allahabad-Jabalpur, und zwar glaubt er
seine geographische Lage durch die berülimten Ruinen zu Bharhut
II. A. Indo-
19t
P
iBharaut) ziemlich g'cnnu beHtimmt zu linben. SrAvasIl, bei dessun
Determinieruiig Smith von de» 2 fixierten Punkten Kanauj und
Kapilavaetn ausg'eht, sueht er in Nepal, nicht weit von der NepAl-
gsiij-Eiseubalmstatioii, an der Bengal- und Nordwetit'Liuie.
•83. WalteraT. Kapüavastu in ihe Buddhist books. JRAS.S,633— 71.
Walters gibt hier eine Übersicht der aus den eiuheimi sehen
Quellen zu erlanß^enden InfoTmatioDcn über die Stadt und den
Dietrikt von Kapilavantu, sowie über die Beziehungen Qautama
Buddhas KU jenen. Diese Inrornmtion«n Bind allerdings meist sehi'
wenig befriedigender Natur, da sie sich hauptsächlich in Legenden
nnd romanhalten Krztthlungen finden, sowie in daraus goschöpften,
im Vinaya und anderen kanonischen W«rken Überlieferten Bericbteu.
Manches hat Walters auch chiuesischen Übersetzungen biiddhist
Werke entlehnt. Doch ist es schwer, etwas authentisches heraus-
zubekommen, da alle diese (Quellen sehr ungleich sind und olt be-
deutend variieren. Walters gliedert seiuen StolT in folgende Ab-
schnitte: "Ürigin and supposed Bite of KapUftvaatu"; "Kapüavastu
aa Seen and deecribed hv Aituka and tht^. Chinese pilgrims"; "Various
Flact's in the Sakya CÖunIry"; "the t^ities of tho Buddhas Kraku-
■andliH and Konakamuni"; "the destruction of Kapilavastn"; "Con-
cluBJon" (worin er die 3, in den buddhi&t. Schritten als Geburtsort
des Sakya Buddha genannten Kapilav aRtu's, nXml. das Kapilavastn
der Legenden und ßoninne, das von Aäoka und den späteren ehinea.
Pilgern besuchte uud das wirklich für Buddhas Geburtsort und
Jugend Aufenthalt anzusehende Kapilavastn noch einmal einander
«egenäbers teilt, und worin er aus verschiedenen Gründen mit einiger
rahrscheinlichkeit die Heimat des Buddha im Territorium der
Vrijjians, nicht weit von Rajagriha suchen zu dürfen glaubt).
*84. Monier -W llliamB M. Vedic accent and intouation — on some
remarks by R. N. Cu8t, As. Qu. Rev. 5, 172 f.
S. hierzu R. N. Cust, the Interuational Congresses of Orien-
talists: As. Qu. Rev. 4 |IÖ97), S. 79-98. — Eine Übersicht der Orien-
**üsten- Kongresse vor dem Jahru 1897.
Jahrgang 1899.
A. Indo-Iranlach.
ScbermBnn Luc. Orientalische Bibliographie, bearbeitet und
heraus^fegeben von Dr. Lucian Schermaun. XIII. Jg. (fUr 1899],
Berlin Reuther und Reiehard 1900. 345 S. 10 M.
Allgemeines: S. 60-63. 223^^24. Indien: S. 62-85. 234—42,
Iran: S. 85-88. 242-46.
2. Btudl It&liani di Filologia Indo-Iranica direlti da Francesco L.
I'ull6. Pisa Spürri. je 15 L.
Studi. — In memoriam: Giorgio Bühler per Ä. de Guber-
natis, e Giuseppe Turrini per F. L. Pull6 V— XIV. — Novellierl
ö'aiuici: Antarakathilsaihgraha XV'— XVI, I— 32. — GH scritti di So-
maprabha E. P. Pavolini. :«— 72. — F. L. Pullö. Un canitolo fioren-
tino di Indologia del sec. XVII, 73. — Bibliografia e Notizie
Äppendici. G. Flechia II Meghadüta 65-112. — C. I'uini
n Saddhannapundarlka. 26—41. — V. Betlei Velälapailöavirnvatikd
41—112.
4. Jackson A. V. W. Indo-Irauian Contributions. JAOS. 20, 54— 47.
Inhaltsangabc: 1. Sanukrit vähiyaiis-. — 3. Sanskrit karfa, a
light, in Ancient Peraian. — 3. Sanskrit chala in Ancient Persian. —
192 II. B. Indisch.
4. Avestan aoSa^ Sanskrit uda-j udan-, — 5. Avestan vltäp9m, Yt. 19.
82. — 6. Avestan spdivtö- frasnä, Vd. 22. 19. — 7. The curse of a.
cow brings childlessness. — 8. The höm-plant and the birds in the
Dinkart. — 9. The national emblem of Persia. — 10. Ancient Persian
TUKTd in Hdt. IX, 10.
4. Oldenberg Herrn. Ans Indien nnd Iran. Gesatnmelte Aufsätze.
Berlin Besser. III, 195 S. 4 M.
Enthält die bereits früher veröffentlichten, z. T. erweiterten
Aufsätze: 1) "Über Sanskritforschnng"; 2) "Die Religion des Veda
und der Buddhismus. Eine religionsgeschichtliche Studie"; 3) "Der
Satan des Buddhismus*'; 4) "Zarathustra**; 5) ''Buddhistische Kunst
in Indien** (ausgehend von Grün wedeis bekanntem Handbuche); 6>
"Taine*s Essav über den Buddhismus*'.
B. Indisch.
5. Brunnhofer Herm. Die Herkunft der Sanskrit-Arier aus Arme-
nien und Medien. Z. f. Ethnol. 31, 478—83 (vgl. Abt. I Nr. 129).
Wenn die alten Überlieferungen und Berichte richtig sind,
wonach die Perser aus dem Stromgebiete der Kur- und Araxes-
Mündung gekommen, die Skythen aus Armenien und Medien aus-
gewandert sind, die Sanskrit-Arier nach Nordwesten als dem Lande
mrer Herkunft weisen, die Griechen nach Nordosten, wohin ihre
ältesten Erinnerungen, Kolchis und Kaukasus führen, so kann doch
nur Armenien als der ehemalige gemeinsame Ursitz angesehen
werden. Ebendahin gelangt Brunnhofer noch auf verschiedenen
anderen Wegen, z. B. aus dem Vorkommen der Flussnamen "Kur
und Araxes' bei verschiedenen indogerman. Völkern (das ihm hier
zu Gebote stehende Material verarbeitet der Verfasser zu einem
neuen Werke: "Die Flussnamen Kaukasiens auf ihrer Wanderung
nach den Ländern des Ostens und Westens, Nordens und Südens'^.
Die Gleichstellung von Agastya, einem ved. Helden und Heiligen^
mit den Sagartiern, einem in IrAn weit verbreiteten Stamm (beiden
Worten liegt das sanskr. hasta^ Hand zu Grunde, von der Wz. har.
greifen, vgl. griech. x^ip), der Name des Stammes der Sagaraukai
(etymol. Meeresanwohner; sagara^ Meer-\-okas, Wohnung) stellen
gleichfalls di»j Verbindung mit den Ländern am Kaspi-See her, be-
sonders aber die Bezeichnung des Stammes der Ka<jyapa oder
Kaspier, auf deren einstigen Aufenthalt am Alburz der Stadtname
Kasbin hindeutet. Im Bundehesch wird der Atrek "Kasprud, Kasp-
fluss" genannt, und im Pendschäb erinnert sowohl Kaschmir, wie
auch Kabul an das KacTraiTupoc der Griechen, nach Kiepert verkürzt
aus sanskr. Kagyapapura, Einen weiteren Beweis für den früheren
Aufenthalt der ved. Arier am Südufer des Kaspi-Sees sieht Brunn-
hofer in der häufigen Erwähnung der Wassersucht, die in dem halb-
tropischen GllAn und MazanderA,n besonders ort auftritt. Den Feuer-
gott Agni, apäm napdt (i. e. Sohn der Gewässer) erklärt sich
Brunnhofer am leichtesten aus der am Kaspi-See vorkommenden
Naphta. Den im Avesta häufig erwähnten Namen Vöurukasha (das
kaspische Meer) bringt Brunnhofer mit Urukaksha (RV. VI, 45, 31)
zusammen. Auf eine innigere Verbindung der ved. Arier mit Ba-
bylon deutet er das schon von Weber mit Babylon identifizierte
Bribu, sowie er in dem nämlichen Sinne in dem RV. X, 121, 2 ^re-
nannten Baladä (Weltschöpfer, eigentlich Kraftspender) nur einen
volksetymologischen Anklang an den assyr.-babyl. Merodach-Bala-
dan findet.
Hinsichtlich der Chronologie verweist Brunnhofer auf den
n.
Iiidiituh.
ISS
I
■Weberschen Aufsatz in den Sitzb. Ak. Wiss, Berlin 1808: "Vediauho
Beitrage" (vgl. Bibliogr. Anst. für 189»),
6. Duff C. M. The chroiiologj- of India from ihe eavliesl limes to
ihc begiiining of the sixteenth centurv. London Conslable. XI,
409 S. 15 s.
7. Halövy J. ConsidämtiouR critüjueH nur quelques potnia de l'lii-
stoire ancienne de l'Inde. Rev. s^m. 7, 20 — 48.
Fortsetzung. — d) Mant[Tie d'ecriture. — e) Pr^tendu habiWt
des prfüres vödiauea. — II. Le Croupe des Adityas; len Anshas-
£anaB. — Aditi, Aiiahitn. — Le di'luge. — Les fleüves. — Triia. —
es Dnsas on Dasyus.
8. Oldeaberg H. Die Literatur des a,lten Indien. I. Die Poesie des
Vedn. Deutsclie Ruudsthau 101, 138-52; 318—49.
Trotz iler vorhandenen Spuren einatmalig:er Gemeinsamkeit
ist doch die Kultur der Inder von der der europäischen Arier sehr
verschieden und weist einen ziemlich fremdartigen Typus auf. Es
Üegi dfts ebensowohl in der schwer zu übersteigenden Gebirga-
Bchranke des Himalaya und Hindukusch, wie auch in dem südlichen
Klima und den dadurch bedingten verandeiten Lebens verhülinissen
und der auf die Dauer nicht zu vermeiden gewesenen Vermischung
mit den dunkelfarbigen Urbewohneru. Alle diese Momente haben
den ehemaligen krAftigen Berg' und Hirtenvölkern die gesunde
ThHtkrnft entnogen, was sich in der despotischen RegiemngBfoim,
in dem Kastenwesen, in den Extremen der Sinnlichkeit und Ent-
sagung, in dem Aufbauen spitzlindiger Systeme ohne irrosse Kea-
litflt offenbart. Natürlich hat sich im Laufe der Jahrhunderte dieser
Charakter immer scharfer zugespitzt. Fängt im Veda die Umwand-
lang des Ariers zum Hindu erst an, so tritt uns am Ende der ved.
Litteratnr in den Upanishads die voll ausgeprägte Physiognomie
de« indischen Geistes bereits entgegen. Nicht zum wenigsten zeigt
die Poesie die Folgen dieser Veränderung. Vielfach macht sich
Mangel an Mass und plastischer Forni fühlbar, und die Formlosig-
keit und das Wirre des indischen Geintes zeigt sieh ebenso im Epos
<MahAbhärata). wie im Drama, welches selten da« ist, was es sein
soll, ein Spiegelbild menschlichen Handelns und Leidens. Ein Hau p^
Charakteristik um der ind. Litteraiur i^it das Fehlen einer ausge-
prägten Individualität.
Was dem ind. Leben ein ganz besonderes Gepräge gibt, nflm-
llch die bevorzugte Slelluug des Priesters, das tritt auch in der Poesie
äer ved. Periode zu Tage; der BrahmftDe ist nicht nur Opferer, Traum-
deuter, Rechtskundiger und Arzt, sondern auch Dicliter. Die ved.
Poesie hat daher meist etwas nandwerksmIissigeH und nüchternes an
sich. Nicht allzu oft finden sich Perlen wirklicher Dichtkunst unter
den Hymnen des Rigveda, der nicht den Ausdi-uck des indischen
Volkegemüles, sondern die Anschauungen und Gefühle der Brah-
.Wftnen repräsentiert. Allerdings haben sich Spuren der Volkspoesie
•erhalten (Spott- und Neckverse, ßHtsel in poet. Gewände), aber doch
,'BDch wieder nur in der ihr von den Brahmnnen gegebenen Gestalt.
L-^ie meisten Lieder des Veda machen einen eintönigen und ermü-
"Menden Eindruck, ein sehr grosser Teil von ihnen bezieht sich auf
le Bereitung und Darbriogung des Soma, eine der HauptheschHf-
[fiTOngen der Priester, Da die Anzahl der Götter zwar eine grosse,
iber ein wirklicher höchnier Gott nicht vorhanden ist, vielmehr das
'Opferritual jeden Augenblick die Anrufung eines anderen Qolles
"Verlangen kann, so kommt im Grossen und Ganzen die Verehrung
191 II. B. IiidiBi^'li,
der Gällpr über tfewisse Klei nliclik eilen und Äusserlichkeh«» irfeht
hinaus. Überhaupt geht den ved. Göttern die siiiliche Erhnbenheii
und Heiligkeit in unserem Sinne ab. Wie der Voratcllungskreb
de-n Rii^veiln üin engbe^renüter ist, so igt auch die Skala derSeeJpti'
EUEtäude bald durchlauteti: von Leid und Not, von Schuld und
Schuldbewusstsein, von Seelenpein, von Sehnsucht nach Goit ist
wenig die Rede; vorherrschend ist die Stiuiuiung' rnhigrcr Zufrie-
denheit. Nicht tiefe Leideuechnfilichkelt, dichterische Phantasie,
Bonderu spitzfindiger Veratand waltet vor. Neben deu rein religi&-
«en Hjmnen finden sich im Rigveda vereinzelt aach schon Zauber-
lieder, zuerst kurze, prosaische Sprüche, später aber ebenso Üppig
emporwuchprnde Poesie, wie die Upl'erlieder welbat. Die eiifcnlliche
Quelle dieser Zauberlieder ist aber der Atharvaveda. Weiterhin
enthalt der Rigveda auch die Hlteslen Deni^mitler der erzithleudi^D
Poesie, allerdings unvollständig, da von dem Gemisch aus Prosa
und Versen, woraus jene bestand, nur die letzteren erbnlten Kind,
wodurch der Zusammenhang unterbrochen ist und die ErklKrnng
diesei- Lieder sehr erschwert wird. Gegeu das Ende des ved. Zeil-
alters kommt dann eine neue Dtchtutigsgattuiig hinzu, und zwar
die philosophische Dichtung, deren Hussere Form die nllmliclii.' ist
wie die der Opferhymnen, deren Inhalt aber zu dem jener iu ge-
waltigem Ge;;cns8tze steht: hiessen in den Phantasien der Träherfn
Zeiten die WellmSchte Indrn oder Varuna oder Agni, so jetBt Sein
und Nichtsein, Tod und Unsierblichkeil, Finsiernia und Liebe. Aber
auch diese philosophische Poesie bringt gleich bei ihrer Entslebnng
die Bchon beschriebenen Hauptcharnkier^uge des indischen Geisten
roi[ auf die Welt, und trägt so bereits ihr Jugendalter die Anxcigren
rascher Erschöpfung an sich.
9. Bartholomae Chr. Arica XI. XII. IP. 10, 1-90; 189-204.
XI. lii. AI. paripanlMnö yd äKidanli und ,jAw. üyändaaä. —
66. .jAw, tadardvi und 6antu.dräjö. — G6. Aw, Nir. 45, — fi(, Np.
gird 'rund' und jAw. zginsna-. — 68, gAw. öasming ffiCMn-ö Y, 81.
13. — 69, Ai. ndnä, gAw, nant^, griech. Öveu, — 70, Aw. Nir. 80, -
71. jAw. aifi 'so viel" V. 13, 44 f, - 72. jAw, gaodana- Ntr. — 73.
x^artsHia 'schmackhaft est' nnd arm. Raf.pr 'süsf*. — 74. Ai. rapialt
und kubfäp.
XII. 75. Ar, 'bhatj -ali mit Infinitiv zur Umachreibung desVur-
bums. - 76. Zu ZDMG 46, 30S, IF, 5. 355: ai. ddga- M. - 77. jAw,
Jaidj/aniai äjiij/amndi Yt. 8. 49. — 78. Aw. (d)n- geg. ai. m- als
"Primär"» Ullis. — 79. jAw. iälä, tätö- — 80. jAw. aaiayamna- Und
axhfamna-. — 81. jAw. skartna- Adj. 'rund', griech. cqralpa. — 82.
jAw. böiwra- M. 'Kampf, Streit'. — 83. Ai. idriyalt- jAw. lidan]/-
eite; jÄw. dans-cn.
10, BÖhtliiigk 0, Kritische Beitrüge. 25-32. Ber. Verh. SSchs. Gea.
VViBS., Pliil.-hist. Kl. 51. 31—40,
Fortsetzung zu Bd. 50, S. 86 ff. — 25—39: wendet »ich gegi-n
die von nillebrandt im 2. Baude der vedischeii Mythologie an der
von Böhtlliigk s. Z. vorgeschlagenen Auffassung einiger Vedaven>e
teüble Kritik. ~ 30. Ait. Br. 8, 08: prajigkatu und prajighaii, von
öhtiingk in prajigätu, °ti konjiziert. — 31. F^rklärung des Änfan^res
von Kaush. Up. 3 (Bibl. Ind.). — 32. g'vet&vv. Up. 4, 18: yadüta-
maataTina divä na rätri^ : yad älamns , , . = was an die Finsieruis
grenzt, d. h. die Zeit vor Sonnenaufgang (vgl. T. Br. 1. 6, 7, b u.id
1, 1, 4, 3), dieselbe Zeit, in der PrajApati die Geschöpfe erschuf und
Indra die Dilmoiien Vrtrn und Nauiuci erschlug.
II. B. rndis<;h. 196
11. BOhUingk O. Miszellen. ZDMG. 63, 902-4.
lii. RV. 5, 74, 2 (FortBetKuiiff au 52, 613). Der vorliegende
Artikel wendet sich speziell gegen Baunnck.s Erklärung dieser Stelle
in KZ. 3ß, 24n ff, Die abweichende Übersetzung B^hlTingks beruht
erstens in der iedeBmal verschiedenen Erklärung den 3 mal im Verse
vorhomniende Wortes paura, dae Böhtlingk als Akkus, auf den
Soma (safii'eich), al»i Vok. auf die Asvtns (Besitzer vieler Güter},
als Dat. auf Pattra (den Dichter der Hymne) bezieht, zweitens in
dpr ÄuffAssung von grbhltafätaye als einer Art Inf. mit aktiver Be-
deutung (Nnmen patientis), von dem das in diesem Falle als itna-
phoristner Akkus, zu nehmende und auf paurarn (^ Soma) zurück-
gehende im (und in Verbindung damit nimham'-iva) abhängt
12. BOhtlingk O. Verzeichnis der in diesen Berichten von mir
hesproehenen 1) Wörter, 2| Sachen und 3) Stellen, bes. ganzer
Schrillen. Ber. Verb. Sachs. Ges. Wiss.. Phil.-hist. Kl. 61, löfi— 71.
13. Aufrecht Th. Über S-efa. ZDMG, &3, 644.
Bringt eine Erklärung de« besonders in Südindien in Eigen-
namen sich häullg findenden Wortes ^e^a, die Aufrecht von S'efa-
tfiri, einem Gelehrten in Madras, erhniten hat. Demnach ist S'efa
Name des Tirupati- Hügels (in Nord Avcot). auf welchem ein Visnu-
Slandbild verehrt wird. Der Berg soll Sefa repräsentieren, den
lOOOkiJpflgen St'hlangendänion, der der indischen Vorstellung nach
die Lagerstätte des schlafenden Visnu bildet.
14. Böhtlingk 0. Über die mit "Erde" und "tragend" zusanimen-
geaelzten Wörter für "Berg" im Sanskrit. ZDMG. 53. Ii68.
Da eine mythische Überlieferung: von einem die Erde tragen-
den Berge, resp. von Beraen sich nirgends ausgesprochen findet,
«o sieht Böhtlingk die Erklärung der in Frage kommenden lalpha-
betisch angeführten) Wörter in der Vor.-itellung, dass ein Berg ge-
vissermassen der Träger des ihn überdeckenden Erdreichs ist, ein
kahler Felsen also ursprünglich nicht so benannt werden konnte.
Bezeichnet das beireifende Kompositum einen Fürsten, dann ist
natürlich das Land damit gemeint, deaaen Beherrscher jener ist.
15. Garbe Rieh. Rk«. äkäia und ö^sac 'Äther' bi-,i Philolaus.
Nähere Begründung der schon von L. v. Schröder mehrfach
ausgesprochenen Vermutung einer I de.nl iHziening von öXnac mit
atcäia durch die bei dem altgriet-hischen Alphabet (HOAKAI; dk. ist
im Sanskr. Maak.) sehr leicht denkbare Corruptele ÖXxdc fUr 6 äK&c
"Die hiergegen cv. geltend zu machenden Einwände, dass vor Phi-
lolaus keine pythagoräischen Lehrbücher existiert haben sollen, utid
dass an einer anderen Phil. -Stelle das Zentralfeuer und nicht der
Äther als 5 Element erwähnt wird, werden von Garbe gleich vor-
■weggi'nommen, indem er den ersteren durch die Unwahrscheinlich-
^fceil dieser Tradition, den 2. durch den Hinweis auf die schon in
^Fder alCpythagor. Schule als 5. Element den Äther angebende Anf-
BAuBung widerlegt. Zugleich benutzt Garbe diese Gelegenheit, um
■ 4ie von Ed. Zeller (Philosophie der Griechen 1, 1', 4fil) vertretene
Aosicht eines einheimisch griechischen Ursprungs der pythagor,
Lehren anzuzweifeln, indem er eiueu schon vor Alexander (wohl
durch Vermittelung des persischen Hofes) bestehenden religiösen
nnd wissfnschaftlichen Verkehr der Griechen mit den Indem für
I wahrscheinlich hält, wie denn auch A. Furtwängier (Orienlal.Kongr-
In Rom, Bullet. 9, S. 2ö) bei Besprechung von griechischen Gem-
inenfnnden aus dem 7. Jahrh. Im Pendschab die Müglichkeit einer
196 IL B. Indisch.
Entlehnung der pythagor. Seelenwanderungstheorie von Indien her
offen lässt.
16. Jolly Jul. Sanskrit "dohada, dvaihrdayya*\ IF. 10, 213—15.
Herleitung des schwierigen Wortes dohada, Schwangerschafts-
gelüste durch H. Lüders (s. Gott. Nachr. 1898 1. Heft) aus der Pali-
form "*duhafV% die zu '^dohala'* (skr. ^dvaihpda) und schliesslich zu
"dohada** geworden ist. Die etymologische Grnndbedeutuns: "dop-
pelherzig" erklärt sich aus der Vorstellung, dass man sich die Wünsche
der Schwangeren als aus den beiden Herzen der Mutter und des
Kindes kommend dachte.
17. Uhlenbeck C. C. Kurzgefasstes etymologisches Wörterbuch der
altindischen Sprache. Amsterdam Müller. 2 BL, S. 161—367. kpL
4,50 F.
Schluss des Werkes.
18. Pumi F. Gh. II participio attivo del perfetto nelle lingue ariaoe.
Mem. R. Acc. delle sc. Torino, Ser. II. T. 48. Sc. mor., stör, e filoL
S. 239-61.
19. Känhäiya Läl Sästrf. Vyäkarana Bodh. Knowledge of gram-
mar. Calcutta Adhya a. Co. 288 S. 1 R. 2 a.
A ti-eatise on Sanskrit grammar in Bengali and English.
20. Räjkumär Tarkaratna. Students Sanskrit grammar. A new
editiou. Calcutta Datta. 268 S. 1 Rs.
21. Väman Shivräm Apte. The studenfs guide to Sanskrit com-
Position. A treatise on Sanskrit syntax with a glossary. 4. ed.
Poona 1898. 12, 446 S. (Leipzig Harrassowitz, geb. 4 M.).
22. A second selection of hymns from the Rigveda ed. by Peter
Peterson. (= Bombay Sanskrit Series 58.) Bombay, Education
Society's Press. 2 Bl., 287 S., 2 Bl. 4 Rs.
23. The [Taittirlya] Sanhita of the Black Yajur Veda, with the
commentary of Madhava A'chArya. Ed. by Satyavrata SAmasraml.
Fase. 43 — 45. (= Bibl. Ind. 937. 942. 953.) Calcutta Asiatic So-
ciety. Je 6 a. (Leipzig Harrassowitz je 1 M.).
24. Krishna Yajus Samhita [Taittirlya Samhitä]. Ed. by Vai-
dyanada SAstri. Part IV —V. Kumbakonam, publ. by the editor.
166; 207 S. 1 Rs.; 1 Rs. 2 a.
25. Atharvaveda Samhita, with the commentary of Sayanächärya
ed. by the late Rao Bahadur Shankar Pandurang Pandit. Vol. IIL
IV. Bombay Government Central Book Depot. 852; 856 S. 4<>.
Je 10 Rs.
26. The Aitareya Brähmana of the Rig-Veda, with the commen-
tary of Sayaiia A'charya. Ed. by Pandit Satyavrata Samasrami»
Vol. IV. Fase. 5. (= Bibl. Ind. No. 930.) Calcutta Asiatic Society
1898. 6 a. (Leipzig Harrassowitz. 1 M.).
27. Taittirlya Brähmana ed. by A. Lakshmi Narasimha SomayAji.
Madras Lawrence Asylum Press. 677 (lithogr.). 4 Rs.
28. Sänkhäyana. Srauta Sütra ed. by A. Hillebrandt. Vol. iV.
Adh. 17. 18. The comnientarv of Go vinda. (= Bibl. Ind. No. 938.)
Calcutta Asiatic Society. 72 S. Leipzig Harrassowitz. 1 M.
II. B. Inflisch.
IST
29. The Upanishads wiih the lest in Snn.skril-DevanägHri, an Eng-
Hsh Irauslatioa of it and of Sankara's cominentary by S. SitdrAina
SAslri and Ganganath 1ha. Vol. II. Kalha and Praäaa. Vol. 11 1. IV.
Chando.,'yH. Madras Seshachariar 1898/99. 193; 311; 374S. Leipzig
Harrassowiiz, 4 Vob, 16 M.
30. Baunack Th. I. Über das vedische Wo« "paura". II. Zu RV.
X, 40, 3. III. Nachlrägliches zu bhujyu. KZ. 36, 245-5ti.
I. Erklärung von RV. V, 74, 4, verbunden mit einer Anfüh-
rung aller Stellen, an denen paura vorkommt, und einer Verglei-
chung der bia jetzt von Roth, Granmann, Bergaisne, Ludwig ge-
gebenen Deutungen. Baunack h< es ftir eine SekundUrbildung
Ton 1 pur. die Fiille {paura = Fülle habend und g'ebend, der Fülle-
Epender; Ahnlii-h wie von pura, die Stadt: paura, der Stüdter ge-
bildet ist). Der Füllespender, so schliesst Bauuack, ist entweder
"göttlicher" oder "mens c blieb er" Natur: unter dem ersteren ist z.B.
Vlll, 61, 6 Indra, IX, 91, 5 Soma gemeint; unter dem letzteren Vft-
lakh. 6, 1, der den Göttern Opfer, besondera Soma, die Kraft und
SiBrke spendende Speise darbringt. Auf Grund dieses sieht er in
dem Akkus, den Soma, eben die Opferspeise, im Dativ den Opferer
seibist and im Vok. wiederum den Soma und zwar als göttüehe
Personifikation, indem er diesen Zuruf den Agvins in den Mund
legt. — IL Nathtrag zu dem von demselbi-n Verf. in IF. 8, 278 ff.
erBchieoenen Aufsatze: RV. X, 40, 3 prätiir jarelhe jaraneva kd-
£ayä. — TU. Ergänzung der Abhandlung desselben Verfassers in
Z. 35, 48&fr., Bhujyu, ein Schützling der A<;vin. Indem Baunack
Eöhtlingks Verwerfung (s. ZDMG. 62, 247 ff., 257 ff.) Beiner Erklärung
des vedisclien Wortes bhujyu in KZ, billigi, weist er Beinergelts die
von Böhtliugk vorgeschlagene Texlkanjektur als unnötig zurück,
Ifisst vielmehr den Text so, wie er ist, und bringt beide strittige
Worte lj)hujyüa und rathaspi-Qo) mit der Schnelligkeit in Verbindung,
indem er bhujyu, es zu 1 bhuj 'biegen' ziehend, die Bedeutung von
'gelenk, leicht, beweglich, hurtig, behend' fribt, und "aprf nicht den
Sinn von 'berülirend = sieh stossend au', sondern den von 'errei-
chend, erlangend, gewinnend' haben Ijlsst.
81. BloomSeld M. The Atharvaveda (Grundriss der iudo-arlschen
Philologie und Altertumskunde: Begründet von Geo. Bühler, fort-
gesetzt von F. Kielhorn. II 1 B.). Strasshurg Trübner. 128 S.
Subskr. 6 M.; Einzetpr. (i M.
S. Oaland W. Zur Exegese und Kritik der rituellen Sülras. ZDMG.
53, 205-30; 388; 696-703.
Fortsetzung zu ZDMG. 83, 425 ff. — 18: Zum Kauäikasütra:
litische Besprechung von Bloouifields Ausgabe des Kauäikasütra,
Ue Caland an 26 Stellen teils emendiert, teils exegetisch beleuchtet
mkte» öfteren glaubt Caland dem Herausgeber falsche Trennung der
^Dzeluen Sütras des in sämtlichen Handschriflen nur durchlaufend
md nngetrennt, also in Sandhiform gegebenen Textes nachweisen
u können). Besonders tadelt er au Bloonßelds Texte die Nichts
benutzung der Haugkschen Handschrift. — 19. Das Palaäablatt im
Kitual: erklärt von Caland als das mitlere Blatt von den 3 an einem
Stiele sitzenden Blättern des Falä^a-Baumes, das zu Opferzwecken
als Opferlötfel Verwendung findet, und zwar einmal, weil es daa
-frösate und darum hierfür praktischste der 3 Blätter ist, zweitens,
^«eU man es vermied, in reoua faustie eines der an das Ende (sc.
1 Tod) erinuernden ''Seiten'*=BlatI«r zu gebrauchen. — 20—26:
198 IL B. Imliscli.
Testkritischu BemerkuDgeu zu r^rnchit^ denen Sütras. — 27. Du
Terkiirzte Agnihotr«: fügt der bis jetzt nur beiUiranvake<;in-Bh&rsd-
vBja (Piti'medhB-sütra II, 9, [S. 56, 'Z. 11—16]) au belegen gewesenen
Scfailderuug der einnmligen Darbringung dieses Opfers für einen
EalbmoDat nn Stelle der sonst täf^lich 2 mal notwendigen Opferung
noch HUe 3 anderen rituellen Sütras Beweisstellen hinzu, nämlich:
Baudhäniya KarmAnta T. 31; Baudh. PrAj'aec. 11. 12; Anugrähiki-
sütra. ~ 38—30 und (13: beschältigt sich mit der Beseitigung un-
richtiger oder zweifelhafter Lesarten im Kaulikasfltra, Baudhft.vana-
pitrmedhasütra, Äpastainblyakalpasiltra, sowie mit der Deniung des
beim Tryambaka-Ritual verwendeten Spruches: HV. VII, 59, 12. —
31 ist betitelt: "Das Rad im Ritual" und erklärt die Benutzung dee
(symbolisch die Sonne repräsentierenden) Rades zu ritaalen Zwe«kea
So wurde z. B, das Rad nicht, am Boden liegend, herumgedreht,
sondern aufrecht stehend fortgerollt; liess man es hierbei zivrttck-
Tollen, SD konnte man seinem Feinde Schaden zufügen. Suetiell
iHSHt Caland mit dem Herumdrehen des Rades eine Art "Regeu-
xauber" verbunden sein, woliei er auf in Indien heutzutage noch
übliche, ähnliche Gebräuche, sowie auf ein in Italien früher allge-
mein verbreitetes Verbot hinweist, nach dem es den Weibern aul
dem Lande untersagt war, mit einem Spinnrocken, falls sie ihn
drehen, über die Strasse zu gehen, weil dieses einen schädliclien
Einfiuss auf die UoCTntiogen, besonders hinsichtlich der Ernt« aus-
üben sollte. Verglichen wird hiermit die sich in Deutschland hier
und da im Volke noch vorfindende abergläubische Reniiniacenx,
dasK es nach langer Trockenheit bald regnen müsse, wenn der
Seheerenschleifpr seinen Ruf e
33. OollitJi Herrn. The Vedi« word "nävedas": JAOS. 20, 225-S8.
Diesem nar im ^V. und zwar bloss 7mal vorkommenden
"Worte, gewöhnlich mit der Wurzel vid, wissen zusammengebracht,
hat Ludwig die völlig abweichende Bedeutung "Sftnger, singender
Terkündiger" gegeben, welche- Interpretation Collitz völligbeipflichte«,
nur mit dem Unterschiede, dasa er das Wort nicht aktiv, sondern
pnssiv wendet (Yet it does noi . . . refer to one person, who sing«
but to one, who is sung). Das Wort, synonym mit t^ya-, lifenya-,
setzt sich uHch ihm zusammen aus na + vedoH : vedas zu der Wurzel
vid, finden (vgl. vifvavedas, sa-vedas), na, verkürzt aus naea^, xar
Wurzel nu-, preisen, gehörig. Die Kontraktion setzt er auf Rech-
nung des gleichen konsonantischen Aus- und Anlautes (f) beider
Komp osi tion Sgl i oder und verweist wegen analoger Ffille auf Pro-
oeedinga of the Am. Or. Soc. 16. 84—:«, Am. Journ. of Philol. 17,
415—22, Waekemagels Altind. Gramm., 279—80 und Brugmanns
Grundr, der vergl. Gramm, P, 859—60.
34. Pay Kdw. W. The Kig-Veda Mantras in ihe Grhya Sütras. (Diss.
ace. by the Johns Hopkins Univ. May 1890.) Roanoke, Va., Stone
Printing a. Mauuf. Co, 40 5.
35. Oertel H, The Jaimiulya Br&hmana version of the Dirghajihvl
legend, Actes XI. Congres des Orient-, Sect. 1, 225—39,
36. von Schröder L. Wurzel du "geken" im Rigveda. WZKM. 13,
119-33.
Erklärung des ditaE keyöixtvov "davishäni" (HV. 10, 34) durch
Zurückführung auf eine sonst nicht zu belegende Wz, du: laufen,
gehen, die von Schröder auch in dura, daviyas, davishtha und
namentlich data "der Bote" suchl, somit die früheren Annahmen
^^^^ 11. B. Indisch. 199
elnor Konjektur decishdffi (Wz. diu, spielen), resp, einer mit div,
fielen nynonymen Wz. du zurückweisend.
37. Charaka-Samhitä. TraDslaCed bv AbiuAsh Cbundra KAviratna.
Pari XVIÜ— XX, Cnlnuita, puhl. hy the traüslfttor.
38. The texts of the White Yajurvfcdn translated with a popnlar
comnuinlrtry by Ralph T, H, (iriffith. BenareB E. J. Lazarus a Co.
SX. 344 S. a Rs. 12 it. (Leipzig Hfirrassowitz 8,50 M.).
39. The S'atapatha Brfthmana accordiu^ tu the lest of tiie Mfldh-
yaDdioH school iransl. by J. Eggeling. Part V. Book XI— XIV
(=.Sacreri Books o\ the East, Vol, 44.) Oxford Ciareudon Press.
lilOO. LJ, 5ü5 S. 18 8. li d.
40. The Härkandeya Puräca translated by F. E. Pargiter. Faac.
VI. [=Bibl. Ind. Nr. 947.) Calcutla Asiatic "Sodeiy. MS. Leipzig
HarrassowitK 2 M.
41. Amrita Bindu and Eaivalya Upanishad with comroentarie»
translateii inlo Englisih by A. Miihiideva .S;V.itri, Madras Miunrva
FniHS. 140 S. 10 a.
42. [Dlgha and Majjhinia NikAya.] Dialogues of the Buddha. Transl.
from the PAIi by T. W. Rhys Davids. (=Sacred Books of the
BuddhisiM. Vol. II.) London Frowdc, XXVIl, 334 S.
43. Die Lieder der HOnche und Nonnen Gotamo Buddhos. Aus
den TheragäthÄ und Therigäthä zum I. Mal übersetzt von Karl
Eugon Nemnaun. Berlin E. Hofmimn ti. Ko, VIII, 392S. lOM.
44. Gray L. H, Certain parallel developmenU in Pftli and New
Pcrsian phonology. JAOS. 20, 229-43.
Die iu der Linguistik nicht gernde seltene Erscheinung, dass
rKuiniich weit von einander getrennte und keinen unmittelbaren
EinRus« anf einander besitzende Sprachen dennoch in ihrer Ent-
wicklung frappante Ähnlichkeiten zeigen, wird für das Indoger-
mauiache an der Lautlehre des PAii und Neu- Persischen (A bei
Vokalen, B Konsonanten, C zusammengesetzten Konsonanten) unter
Vorhringung zahlreicher Beispiele nachgewieHen.
4&. HardyE. Eine buddhistische Bearbeitung der E|^na-Sage. ZDMG.
53, 2S-W.
Enthalten in dem wichtigen Päli-Texte: Ghatajätaka (Ghata,
der Lieblingsbruder des Eanha-Krsna), Hardy weist nach, dass der
betreffende Abschnitt keine freie und willkürliche Erfindnng ist,
Bonderu im engen Anschlüsse au die epische Litieratur der Brah-
manen entstanden ist. Er vergleicht zu diesem Zwecke die im Ghaia-
JKtaka enthaltene Kr.sna-Sage mit der im Harivaip^a (in Bezug auf
&f8nas Herkunft und 'thaten) einerseite und mit der im Mausalapar-
Tan (in Bezug auf den Tod Kr^nas und den Untergang seines Oc-
«chlechtes) andererseits. Hieraus gewinnt Hardy als Resultat, dass
beide Sanskrittexte von dem buddhistischen Überarbeiter benutzt
»Orden sind und zwar im Grossen und Ganzen unter möglichster
Wahrung des in beiden überlieferten Ganges der Sage, wenn natür-
lich auch im Einzelnen Abweichungen und Änderungen zu ver-
Ceichnen sind. — Aus den iu 3. Abschnitte gezogenen Schlussfolge-
ningen sei hier nur auf zweierlei hingewiesen; L auf die Annahme
Hardys, dass hinsichtlich der Frage, ob die Geburt und Jugendzelt
200 II. B. Indisch.
Ersnas oder sein und seines Geschlechtes Untergangs eher von den
professionellen Erzählern behandelt worden sei, die Thatsachen mehr
für die Priorität der Sage vom Untergänge Krsnas als umgekehrt
zn sprechen scheinen; und 2. auf das Vorhandensein einiger mytho-
logischer Reminiscenzen, von denen er den Diskus (cakka),* den
Krsna auf Kamsa schleudert und mit dem er ihn tötet, die Ver-
wundung Krsnas am Fasse durch den Pfeil des Jägers Jaras [sym-
hol. Name für ''Alter' n, sowie den auf den Haarwuchs zu deuten-
den Beinamen Kesava ilir Ki'sna auf den Sonnenmythos zu beziehen
geneigt ist, während er in Baladeva, dem Bruder Krsnas, einem leiden-
schaftlichen Ringkänipfer, der von seinem Gegner Mu^i^hika, einem
menschenfressenden Dämonen, mit Haut und Haaren verschlungen
wird, eine Anspielung auf den Mondmythos findet.
46. Tha Do Oung. A Grammar of the Pali language (after KaccA-
yana). in 4 volumes. Vol. I. II. Akyab R^ Paw U. 220 S. 40
zus. 4 Rs. 8 a. (London Luzac 9 s.)
Vol. I. containing Sandhi, Näma and Käraka, and Sam&sa.
Vol. II. containing Taddhita, Kita Unädi, äkhyät^, Upasagga and
Nipäta particles.
47. Essays on Kasmiri Grammar. By the late Karl Frederick
Burkhard. Translated and edited, with notes and additions, by
Ge. A. Grierson. Ind. Antiq. 28. Bd.
Fortsetzung zu Vol. 27, S. 317.
S. 6—13: 1. Deklination (Maskulinum und Femininum, a- und
i-Stamm: zusammengesetzte Substantiva). — S. 85—93: Adjektiva
(Geschlecht, Deklination, Steigerung). — S. 169—79, 219—23: Prono-
mina. — S. 247—52: Numeralia. — S. 269 f.: Appendix (Erklärung
von Lukas I, 1—4, mit wörtlicher Analysis).
48. Grierson G A. Essays on Kä^miri grammar. Calcutta Thacker,
Spink a. Co. XVI, 257", XCIII S.
Sammelausgabe der Abhandlungen in JASB. 65, P. I, 280—305:
on the KäQmirl vowelsystem; 66, P. I, 180—4: on the Kä<jmiri con-
sonantal System; 67, P. I, 29—98: on the Kä<;mlrl noun; 68, P. I,
1—92: on the KäQmirl verb; ebd. 93—95: on indeclinable particles
in Kä(;miri; 65, P. I, 306—89: a list of Kägmiri verbs.
49. Wilson J. Grammar and dictionary of Western Panjabi, as
spoken in the Shahpar district with proverbs, sayings and verses.
Labore Punjab Government Press. 3 Rs. 4 a.; 5 s.
50. Jaykrishna Qangädäs Bhakta. Correct form of Sanskrit,
Persian, Arabic, English, Portuguese etc. words adopted in Guja-
rati. Ahmedabad, publ. by the author. 107 S. 6 a.
51. Wilson J. On the Gurezi dialect of Shina. Ind. Antiq. 28,
93-102.
Kurze grammatikal. Notizen von Wilson über diese bis jetzt
wenig bekannte Sprache, mit Einleitung von Grierson. Sie wird
von ca. 1500—2000 Seeleu gesprochen, die sich selbst Dards nennen
und in einem dem Hindukush benachbarten Thale wohnen, das bei
den Engländern Gurais, bei den Persern Gurßz, bei den Einwoh-
nern Goräl heisst. Obgleich dieses Thal mitten in Kashuiir liegt,
ist die Sprache vom Kashmiri dennoch völlig verschieden. — Den
Schkiss bildet die bibl. Erzählung vom "verlorenen Sohne** mit
untergcscliriebeiier engl. Übersetzung.
II. B. Indisch. 201
$2. Grierson G. A. On the East- Central group of Indo-Aryan
vernaculars. Ind. Antiq. 28, 262—8.
Die einheimischen Indo-Arisch. Sprachen Nordindiens wurden
bis jetzt eingeteilt in 2 Hanptgruppen, eine östliche (entspricht
dem alten Sauras&nt Prakrit und umfasst Assamesisch, Bengalisch,
■Oriyft und Bih&ri) und eine westliche (entspricht dem Mägadhi Pra-
krit, wozu unter andern gehört Western Hindi, Panjftbt und Guja-
rfttl). Die Existenz einer 3. Gruppe, einer Centralsprache (=dem
alten Ardha-MAgadht Prakrit) definitiv räumlich nachzuweisen ist
erst dem Verfasser dieser Abhandlung gelungen. Er nennt sie
"Eastern HindT oder "East-Central Group of the Indo-
Aryan vernaculars". Sie besteht nicht aus eigentlichen Sprachen,
«ondern aus nur wenig von einander verschiedenen Dialekten:
Awadhl, Baghöll und Chattisgarht, die in Oudh, den Nord-
West- Provinzen, Baghelkand usw. von ca. 24 Va Million Einwohnern
gesprochen werden. Als Hauptcharaktcristikum Itir die Ost-Central-
Uruppe (oder Ost-Hindi) ist anzumerken die Übereinstimmung hin-
4sichtlich des Nomens und Pronomens mit der West-Gruppe (=Mft-
gadhi), während sie bezüglich des Verbums eine Mittelstellung zwischen
Ost- und Westgruppe einnimmt. In seinem ganzen Habitus ist das
-Ost-Hindt der moderne Repräsentant des alten Ardha - Mägadht
Prakrit.
53. Vinson Julien. Manuel de la langue Hindustani (Urdü et Hindi).
Grammaire, textes, vocabulaires. Paris Maisonneuve. XXXIX,
232 S. 10 Fr.
Rez. P. Reynaud, Rev. de ling. 33, S. 100—3.
54. Djam Sunde Dai The Hindi literature. Actes XI. Congr6s
des Orient., Sect. I. S. 45—67.
-55. Murray J. W. A dictionary of the Pathan tribes on the Nord-
West frontier of India, compiled under the Orders of the Quarter
Master General in India. (^alcutta Government Printing Office.
VIII, 239, II; 1 K. (Leipzig Harrasowitz) 4 M.
56. Prabodh Prakäs Sen Qupta. A dictionary of proverbs, Ben-
gali and English. Calcutta A. T. Mukherji. 245 S. 1 R.
57. Groome Fr. H. Gipsy folk tales. New York New Amsterd.
Book Co. 212 S. 4 S-
58. Brissaud J. Les coutumes des Aryens de l'Hindou-Kouch. Rev.
g6n. du droit. 1898. S. 24—40.
Nach Charles de Ujfalvy, Les Aryens au nord et au sud de
rHindou-Kouch. Paris Masson 1896. XV, 490 S.
59. Brunnhofer Herm. Feuerwaffen im Rigveda. Voss. Ztg. Sonn-
tagsbeil. 29. 1899.
€0. Davids T. W. Rhys. Early commerce between India and Baby-
lon. JRAS. 1899. S. 432.
Weist auf eine Stelle des Khevaddha-Sutta hin als die früheste
in Indischen Büchern sich findende Erwähnung von Seeschiffen,
die nicht bloss Küstenschiffahrt betrieben, sondern sich wirklich auf
das hohe Meer hinauswagten.
^1. Dubois J. A. Hindu manners, customs and ceremonies. Transl.
from the author's later French manuscript and ed. with notes,
iil biogr. by Heiirj- K. Beuuchamp. Pref. ty T.
M. Müller, änd ed. Londou rVowde. XXXVI, 730 8.; 1 PÖrtr.
62. HUlebrandt Alr'r. Alt -Indien. KulturgeBchtchtliche Skizzen.
Breslan Marcus. V, litä S, Geb. h M.
Sammlung der teilweisu erwi-iterteii und ergünzlen AoTsBiKe:
"Zur Charakteriatik des indischen Dramaa"; Allg. Zig., Beil. 1888,
38-2, S. 4889-91. - "König A<;oka vou Magadlia": Frankl'. Zig. 925
(15. VIII. 1893). — "DaB heutige Indien": Schleeische Ztg. 1894, No-496.
1898. — "Über den Bizverta": AUg. Ztg., Beil. 1«1, S. 1—4. — "Binifü-
Litteratur. Vedischo Opfer und Zauber". (Einleitung; vgl. "Die Be-
dehunjf des Brahma nisniua zur Indlachen Volksreligion": Mitt. d.
Schles. Ges. f. Volkskunde 1, 37-&4), = Grundr. d. iiido-ar. PhiIoL
u. Alterturask. 3, 2. ~ "Unterricht in Altindien": Allg. Ztg., Beil. 35,
B. 1—4. — "ChineRifiche Reisende in Indien": Suhiesiscbe Ztg. 1898,
2S./IX. — "BoddhisniuB": Zukunft 24, 54-61. — Neu hinzugrkoni-
men ist iler Autsatz: "Sanskrit", S, 34—52. ~ Rdzens. liegen vor
von H. Brunnholer, National-Zlg. 1899, 3,/XIl, und in Luasacs Or.
Lisi 10, 307.
€3. Fick Biuh. Unehrliche Leute im alten Indien. Zukunit 27, 1899
11, S, 563-74.
Bekanntlich ist iu Indien das ganze Fühlen und Denkeu luil
der Lehre von der Wiedergeburt und der dadurch bedingten Kasten-
theorie Rnis engste verknüpft, auch die äussere Leb eniiBtel long eiues
Menschen ist dadurch im Voraus bestimmt, da sie ja nur eine Folge
seiner Hniidiuugeu in einer früheren Existenz ist. EnteprecliGiid
der dreifachen Qualitüt von Handlungen (Dunkelheit, ThKtigkeit,
Güte) werden die Menschen in 3 Abteilungen geschieden, die jede
wieder in 3 Stufen zertltUt. Die 3. Stufe der 2. Abteilung bildet
die bunte Schaiu des fahrenden Volkes (Gaukler, Seiltänzer, Akro-
baten, Musiker, Sänger, Tänzer, Stockk Ampfer, Ringer, Schlangen-
beachwSrer usw.), die Kusamuen mit Schiaclitem, Jagern, Fischent,
Benkern und Gassenkehrern die Gi'Kellschaft der eogeuannten "un-
ehrlichen Leute" in Indien repräsentieren, aber trotz dieses Odiums
keineswegs eine moralische Schuld an sich tragen. Sogar in den
Dieben und Spielern sieht dar Inder gewissermassen eine Kaste,
da eben ein Mensch, den seine früheren Thaten zum Dieb oder Spieler
prädestiniert hutten, diese Rolle für die gegenwärtige Existenz aus-
füllen muss. Ist doch sogiir Buddha selbst iu einer seiner Wieder-
geburten als Dieb auf die Erde gekommen. In der Praxis natür-
lich war die Stellung eines DiebeSi zu dem übrigens auch der
Hehler, sowie alle, die mit jenem im Verkehre Blanden, gerechnet
wurden, eine etwas andere und mnsste es ja auch sein, denn Manns
Gesetzbuch macht es dem Könige ausdrücklich zur Pflicht, die Diebe
behufs Bestrafung aufzuspüren und überwachen zu lassen, wostU
nach demselben Gesetzbuche namentlich frühere Diebsgenossen ver-
wendet werden sollen.
Was spezieli den Stand der fahrenden Leute belritTt, so war
dieser gesellschaftlich wie materiell sehr schlecht gestellt, was schon
daraus erhellt, dass dessen Angehörige ihren Lebensunterhalt me.ist
durch Betteln erwerben rauBst«n. Die einzige Möglichkeit für einen
Gaukler, sich ans seiner Niedrigkeit emporzuarbeite», bestand darin.
dass er die Aufmerksamkeit eines Fürsten auf sich lenkte, der Um
unter sein Gesinde aufnahm. Was an Scbaustiiüungen von diesen
Gauklern usw. erwShnt wird, geht über das Niveau dessen, wa»
noch heut zu Tage derartige Leute bieien, nicht hinnus: Verschlucken
IL B. Indist^^li. SOS
t Messern und Schwertern, Essen von Feuer, S;)rtngen über auf-
lit in dtin Boden gesteckte Lanzen usw.
Üen niedrigen Stand der Gauklerkaste deuten «uch die ver-
LBciiiedenen gesetidichen Beatimmungen Über sie an: a. B, w«ron sie
[ von den Gesellschaften der ehrlichen Leute ausgeBchloHHen, muBsten
[vor den Thoren der Stadt in elchtbAr gokennzpiclinelen Häueem
■ 'Wohnen, konnten nieht als Zeugen auftreten, nn keinem Totenopfer
f Milne-hmen, desgleichen durftun die Brahuianen von der von jenen
nsngebotenen Opferspei»e nichts nehmen. Im übelsten Gerüche, nber
{■bindeu von jeher in Indien die Säniferinnen und Tänzerinnen, so
II jeder fahrende Mann, der etwsH auf sich hielt, seine Frau
Loder Töchter nicht dazu hergab, soitdern sich zu diesem Zwecke
I äer weiblichen Angehörigen der unterworfenen, gar nicht als Kaste
Bferechneteu VolksstJtmme bediente.
Bietet so Indien manche Parallele zu der Nichtaehtung ge-
;r Gewerbe und Dienste im deutschen Mittelalter, so ist doch
Ewischen beiden ein gewaltiger Unterschied, indem es hier blosse
Vorurteile waren, die der Aufklärung' weichen mussten, während
die betreffenden Anschauungen in Indien tief auf der Volksreligion
basieren, deshalb auch nur mit dieser beseitigt werden können.
64. Kastevaesenet i Indien. Nord og Syd 2, G6S— 71.
I 65. Hillebrandt AÜV. Hnterrieht in Altiudien. Beil. Allg. Ztg. No. 35
I R. 1-4.
Die Erteilung des frühesten Unterrichtes erfolgte von Soit«a
der Brahmanen, wie ja überall die Kirche die erste Lehrmeisierin
ist, wo sie in den Vordergrund tritt. Dia ältesten indischen Berichte
über ind. Schulwesen sind in den Gfhyasütras enthalten. Dem Un-
terrichte gingen je nach der Kaste verschiedene Aufti ahm efonn ali-
täten voraus. Elementarschulen zum Erlernen der Grunddiszipllnen,
wie Schreiben und Rechnen, scheint «s in Indien schon sehr frühe
gegeben zu haben. Darüber hinaus muss man untei-scheiden Kwi-
sehen der Durehschnittsbildung des juDgen Inders der oberen Stände
und der des späteren Brahuianen. Für den Bralimanen begann der
Unterricht gewfihnlich im 8. Jahre, für den Kshatviya und Vaiijya
meist im 11,/ISi., konnte aber auch hinausgeschoben werden, aber
auf keinen Fall länger als bis zum 34,, wenn der Jüngling nicht
alles Anrecht auf den Verkehr mit der guten Gesellsi-hafi verlieren
wollte. Den Hauptbestandteil des Unterrichtes bildete natürlich das
Vedastudium, das schon in der Frühe des Tages begann und sich
auf 51/^— 6'/x Monate des Jahres erstreckte. Für den Kesl war der
Schüler frei. Angenehme Unterbrechungen der Schule, eine Art
Ferien waren die Neu- und VollmondRtage, die Ankunft vornehmer
i.flder gelehrter Gäste usw. Wie Dauer des Studiums betrug bis zu
'12 Jahren, je nach der Anzahl der Texte, die man zu erlernen
-wünschte. Neben dem Studium der heiligen Texte lief noch eine
Art "Anstandstehre" her. Da der ganze Unterricht nur mündlich
erteilt wurde, so wurde das Gedächtnis ausserordentlich geschärft.
Geschlossen wurde die Schulzeit durch ein religiöses Bad, weshalb
snätaka unserem "Abiturienten" entspricht. Wer Brahmane werden
wollte, musste weiterhin die Geheimletaren erlernen, was mit schwe-
ren Gelübden und wunderlichen Vorschriften verbunden war. Na-
tfirlich konnte nicht jeder Brahmane werden, was ja, abgesehen
Ton den durch die Pflichten des lilglichen Lebens auferlegten Be-
«ehränkungen, schon durch das indische Kastenwesen verboten war,
Sin wichtiges Element der Erziehung, und zwar nicht bloss bei den
^rahmanen, bildete Grammatik und Philosophie, erstere haupisädi-
Anxelser XII 1 a. 3. 14
SM U. B. Iiidiscli.
lieh ioi Intercttse einer <reD(Luen Überlieferung: des Veda ]ieg«ii4,
Eia Hauptgewicht wurde, tiiiiii entlich in den höheren Kreiaen, ant
körperliche Erziehung gelegt. Als Kuriosuui sei erwähnt, da«, wie
ana dem Anfang' des Uitopade(;a ersichtlich, auch eine "Cberbördnn^
fra^e" bereits existierte.
Besondere St-Htten dei' Gelelirsanikeit gab es ursprünglich
nicht: der Wohnsitz der Brahmnneii war zugleich die Schule. SpSIcr
bildeten nieh aber doch Brennpuukte des iud. Geisteslebens heraus,
von denen der berühmteste Sitz buddhist. Gelehrsamkeit NälamlA
war, wo zwischen 3—5000 Priester studierten.
66. Barth A. Bulletin des religions de l'Inde. I. Vedisme et nncicTi
Brahmnnisme. II. Brahmanisme. Rev, de riiist. des religions SS,
Ö0-97; 40, 26— r)9.
Kino nicht streng chronologisch geordnete Besprechung der
In den letzten Jahren erscliicnenen Ausgaben und sonstigen Arbeiten
auf dem Gebiete des Vedismus, Brahmanismus, Buddhismus, Jalms-
mus, Hinduismus und der modernen Sektenbewegung, welche Zo-
Bammenstellnng nnch den eigenen Worten des Verfassers keinen An-
spruch auf erschöpfende Vollständigkeit machen will.
67. Davids C. A. F. Rhys. Der Buddhismus. Eine Darslellnng von
dem Lehen und den Lehren Oautamas, des Buddhas. Nach der
17. Aullage aus deni Englischen ins Deuittclie überiragen von
Arthur Pftingsf. (= Universal - Bibliothek. No. 3941 f.) Leipidjr
Reclam, 264 S. 0,40 M.
Rezens. in Beil. Allg. Ztg. 114, S. 6.
68. Davids T. W. Rhvs. The (heory of ■soul" in the Upanishads,
JRAS. 1899 S. 71-87.
Der Verfasser bedauert i^unHchat den Mangel eines Werke»
über die Seelenlehre, wie sie in den Upnnishads dargestellt i>t-
Nach einigen Bemerkungen über Alter und Reihenfolge der Upaii..
Bowie speziell Über das weite Zurückreichen gerade der Seelen-
tbeorie, wohl das älteste aller philosophischen Probienie, kommt et
weiterhin kurz auf die vedischen und hrahmanischen Vorstellungeo
zu sprechen, die besonders iu den Vedas ziemlich einfach und über
einstimmend sind. Hierbei nischt Davids auf einen Haupiunter-
schied aufmerksam, nämlich den, Hasa, während in den Brätimanw
und in den Upan. die Seligkeit, das Aufgehen im höchsten Wea«D,
von der gehörigen Darbrliigung der Opfer, resp. von der richttgru
Kenntnis der von den Bralimanen gelehrten Wissenschaften ali-
hängt, im Veda kein henonderes rituelles oder Iheologische.s Wissen
benötigt wird, sondern rinfach die moralische Tllchtigkeit entscheidet.
Über Wesen und eigentliche Beschaffenheit der Seele briueen
die Upan., wie auch nicht anders zu erwarten, geringe Details. Für
gowönnlicb hat die Seele ihren Sitz im Inneren des Herzens. Di«
älteren Upan. denken sie sich von der Grösse eines Gersten- oder
Reiskornes, oder auch eines Daumens. Von der Gestnlt eines Men-
schen gleicht sie in ihrem Erscheinen bald einem gelben oder mueh-
farbenen Gewände, bald einem weiKsen Lotus, einem Lichte, einer
Flamme oder einem Blitze. Die Stoffe, aus denen die Seele besteht,
sind ein Gemisch von geistigen Eigenschaften und irdischen Sub-
stanzen. An Zuständen von Leben sä usserung der Seele kennen die
Inder 4: den wachenden, träumenden, schlafenden und einen Turlya
genannten. Im Zustande der Traumlosigkeit dtirchdringt die ^cle
vermittelst der 72000 Arterien den ganzen Körper, während des
^^^^F II. B. Indisch. «»
PTrfiumens hingegen geht die Seele auf eigene Faust ausserhalb den
^Slirpers sptizieren. Wann die Reele den Körper betritt, ob im
^Augenblicke der Einplängnis oder während des Aufenthalles im
' 'Hutlerleibe oder bei der Geburt, iasseu die UpHn. ziemlich uneul-
schieden, ebenso, wie die Seele in den Körper gelangt. Es gibt
aber einige Stellen, die die Seele vor der Geburt in einem nnderen
Körper exiHtieren und dad Herz des Mensuhen, dessen Lebcinsdauer
Übrigens nach der Chandog.va und Brhndüranyalia ITpan. im voraus
bestimmt ist, entweder ilureh den Kopf uiederw&rta oder durch die
Fussspitzen und den Bauch aufwarls betri'Ien lassen. Grosse Man-
nigraltigkeit bieten die Upaa. hinsichtlivh der Wandlungen der
Seele nach dem Tode, was auf eine lange Entwicklung^ reihe von
den Vedas an schhessen lässt. Im Brtiadaranjaka wird unterschie-
den zwisi/heu solchen, die die Auslegung der Opfervorschriften ken-
nen, solchen, die sie nicht kennen, aber gutes thun und drittens
solchen, die böse Mensehen sind: die Seelen der ersteren gehen
nach dem Tode durch das Licht und <liB Welt der Gatter ein 2ur
Sonne und schliesslich zur Welt des Brahman, die «weiten gelan-
gen durch die Nacht und die Well des Todes zum Mond und von
hier durch Wiedergeburt zur Erde, und Kwar so oft, bis sie gerei-
nigt und gelHulert sind. Die dritten werden ohne weiteres Wüi-mer,
Motten und sonstige Insekten, welch letztere Verwandlung die Chän-
dogya Up. verwirft. In der Kaushltakl Up. kommen alle Seelen
Tiach dem Monde, dessen Zu- und Abnehmen mit ihnen in Verbin-
dung gebracht wird. I« der Taittirlya IJp. gelangen die Seelen zu
Agni, V&yn, Äditya und schliesslich s^um Brahmau. Die Mnndaka
Up. betont ausdrücklich, dass nicht das Opfer, sondern das Wissen
-und der Glaube die Hauptsache ist; die Wissenden gehen durch das
Sonnenthor zur ewigen Seligkeit ein. Ein Passus der Pra^na Up.
besagt, dass, mit welchen Gedanken ein Mensch stirbt, mit diesen
seine Seele die Welt seiner Wünsche nls Jenseits erlangt.
Diese und noch andere mehr oder weniger abweichende
Theorien sieht der indi.sche Fandit durchaus nicht als Diskrepanaien
' m. Wer diese Verschiedenheiten nicht zu vereinigen versieht, dem
jeht eben die Einsicht in die Einheit der Upanisbads ab. In allen
Biesen Lehren aber glaubt der Verfasser das Auflehnen des erstar-
wenden. moralischen Vulksgefühls gegrenüber den noch illteren, in
Sen Vedas enthaltenen Hypothesen erkennen zu müssen.
». Di« Upaniahads. Grenzhoten 1H98, 111, 548-.f>8.
Die Upsnishads, oder der Vedänia, sind eines der lür den
hidiGChen Priester notwendigen Handbücher, die Anweisnugen und
Erklärungen der Veden enthatten, von denen die Upan. speziell
geologische und philosophische Betrachtungen über das Wesen der
tNnge lehren. Bei der Beurteilung der Veden und Upan. kommen
li*Wr den Nichlfachmann folgende 4 Fragen in Betracht: 1) Zeichnet
sich der indische Pantheismus vor dem der europäischen Schulen
durch philosophische Tiefe oder poetische Scnönhclt und Kraft der
Darstellung in dem Masse aus, dass die Verbreitung seiner Kennt-
nis über die Gelehrtenkrr.iae hinaus wünschenswert erscheinen müsste?
Kh Wie verhält sich die indische Philosophie zur Volksreligiou der
■uderl* 3) Wie verhält sie sich zum Christentum? 4) Wie hat sie auf
Bhb Leben gewirkt? Der Verfasser iat der Überzeugung, dass für
Kien gebildeten Laien eine tiefere, etwn gar auf ein Quellenstudium
Bntrückgebeude Kenntnis der iud. Philosophie durchaus unnötig sei.
BBei Besprechung der übrigen Fragen kommen die Upan., in denen
Hier Verfasser einen Mischmasch von Philosophie, Mythologie und
so$
II. B. InrtiBch,
4
Volk sab erglauben siebt, ziemlich sclilecht weg, wie denn der Auf-
satz im Grunde auf eine Polemik gegen die modemo. aucb ron
Deussea — wenii von ihm auch nicht so schroff — vertretene An-
sicht hinausläuft, die Upnnishadslehre alu eine ErgAucun}! der Bibel
resp. als eine Vollendung der christlicheu ku betrachten und das
Christentum gegeo Brahuianismua oder Buddhismus einzutanachen.
Der ungenannte Verfasser schlieest mit dem Hinweis, dass den Sani-
kritgelehrlen die Uberschfttziinz ihres Gegenstandes um ihres nn-
Btrengeiideu und aufopfernden Studiums willen nicht übelBun*»hiueD
sei, dass aber ihre Autrordenuig. uns zu Brahm'i oder zu Buddha zu
bekehren, abgelehnt werden müsse.
70. DeuBBsn P. Allgemeine Geschichte der Philosophie mit beson-
derer BerückBichtigung der Ketigionen. l. Bd. 2. Abilg.: Die
Philosophie der Upanlshads. Leipzig Brockhans. XII, 36U
Rec. Döring, LC. 26, S. 885 f.
71. de Gubernatia A. Brahman et Sil%-itri, ou l'origine de la
Actes XI. ooiigri'S des Orient., Sect. 1. S. 9—44.
72. Handt Werner Jahreeliericht über indische Philosophit«
97. Arch. f. Gesch, d. PhiloH. 12, 211—25.
Bespricht die neueren rellgionegescblchtlichen und pliilos(K
f bischen Arbeiten von H. Oldonberg, Religion des Veda. Be-rlia
S96; A. Hillebrandt, Rituallltteratur, vedisehe Opfer und Zauber.
Grnndr. der indo-nr. Philol. uud Altertumsk. Bd. 3, 2. 1S9T: A. Mnc-
donell, VedicMythology. Gruudr. der indo-ar. Philol. III, 1<>. Sirxss*
bürg 1697; P. Deusseu, Allgemeine Geschichte der Philosophie.
1. Bd. 1. Abt. Leipzig, 1894^ ders.. Sechzig Upanishads des Vedu.
Leipzig 1897; Garbe, Die Sflinkhya philo Sophie, eine Darstellung
des indischen Rational Ismus, Leipzig 1894; Martinelti, 111 sistema
SAmkhya. studia sulta fliosofia indlana, Torina 1897, 130 S.; Dahl-
mann, NirvAna, eine Studie über die Vorgeschichte des Buddhistnn«.
Berlin l»!f7: C, Wnrren, Buddhism in trauslatiooB (eine reichhal-
tige Anthologie aus buddhist. Paliwerken in engliaoher Üheraeteungl;
L. Ä. Waddel, the Buddhism of Tibet or Lamaism, London 1805.
73. La VallÄe Poussin L. de. Uue pratiiiue des Tantras. Acic«
XL Cougris des Orient., Sect, L 241—4.
74. Orterer G. Zur neueren LiUeratur über Buddha. Hist-Polil.
BI. f. d. kath, DeulKchl. 123, 667—81.
Als treffliche, zur Orientierung geeignete Werke bejieichitec
Orterer: 1) H, Kerns "Manual of Indian Buddhism"; 2) Oldonbergi
"Buddha"; 3) E. Hardys "Buddhismus nach indischen Pflü-Werken"
und "Indische Religionageschichte". Ein Hauptverdienst ron E.
Uardys "Buddhismus", nach dessen Darlegungen äbrigens der süA-
lichen, also der Pflli-Tradition der Vorrang eingeiHumt werden muis,
sieht Orterer darin, dass er bereits Front macht gegen die "neo-
buddhistische" Strömung in LItteratur und Kunst, die auf eine Gleich-
stellung Buddhas mit Christus und der kanonischen Schriften der
Buddhisten mit den Evangelien ausgeht und den Buddhismus auf
Kosten des Christentums zu verbreiten sucht. Da» gleiche Thema
beleuchtet auch J, Dahlmanus "Buddha, ein Eulturbild des Oi^lens",
eine Sammlung von Vortragen über Buddha, denen eine knrxe Ein-
leitung, das wenige sichere über Buddhas Leben enthaltend,
ausgeht. Diese Vorträge betiteln sich: "Keim und Wursel", "TJ
und Wachstum" und "Blüthe und Zerfall". Das Schlussarb
manns über den Buddhismus Ist ein höchst ungüustige«.
II. B. Indisch. 207
«Is seinen Grundgedanken eine tiefe religiöse und soziale Unsittlich-
keit hinstellt, weshalb er auch das inner-indische Geistesleben nicht
:zu höherer Blüthe habe entfalten können. Wenn auch Dahlmauus
Buch nicht überall vollständigen Beifall und Anerkennung gefunden
habe, so sei es doch zum Studium angelegentlichst zu empfehlen,
weil es die unklaren Vorstellungen über Wesen und Wert des Bud-
•dhismus gründlich zerstöre.
75. Regnaud P. Les mythes hiudous des Vighnas et des Raksas.
Actes XI. Congr^s des Oriental., Sect. I. S. 181 — 5.
76. Weber Albr. Zur indischen Religionsgeschichte. Eine kur-
sorische Übersicht. Stuttgart Deutsche Verlags-Anstalt. 32 S.
0,75 M.
Separat-Abdruck aus "Deutsch. Revue'*, XXIV.
77. Hillebrandt Alfr. Mäyä. WZKiM. 13. 316—20.
Fixierung der mäyä genannten und mit den Asuras in Ver-
bindung gebrachten Zauberkunst, die im Gegensatz zu ghora, Be-
schwörung die wirkliche Hexerei, d. h. alle über das menschliche
Können und BegriflTsvermögen hinausgehenden Praktiken und Künste
bezeichnet, z. B. den Gestaltenwandel, der wohl bei fast allen Völkern
eine grosse Rolle spielt (vgl. Kathäsaritsägara). Sogar die Schöpfung
selbst ist nach der Vorstellung der Inder eine mäyä, ein Zauber-
werk der Götter: so stützt Indra mäyiivä die Sonne vor dem Her-
■abfallen, schafft Aditya durch sie Tag und Nacht, verhindert Varuna
mit ihrer Hilfe ein Ausfüllen des Meeres durch die Flüsse usw.
78. Winternitz M. Witchcraft in ancient India. Ind. Antiq. 28,
71-83.
Nach einem Hinweis auf die Wichtigkeit des Aberglaubens
und des Zauberwesens für das Studium der Psychologie betont der
Verfasser zunächst die enge Zusammengehörigkeit von Aberglauben
und Religion, was namentlich bei den Indern recht deutlich und
drastisch zur Erscheinung kommt, von denen den Göttern Rudra
und Varuna medizinische Zauberkräfte zugeschrieben werden.
Vielfach findet sich das Prinzip: siniilia simüibus curantur^
4iuch eine Art primitiver Homoeopathie wird angewendet. Farbe
und Gestalt als Zaubermittel spielen hierbei eine grosse Rolle. So-
gar das Handauflegen wird schon im Rigveda zu Heilzwecken be-
nutzt. Am beliebtesten waren bei den alten Indern Zauberformeln
und Beschwörungen, unter deren Rezitation irgend welche Amulette
und Talismane mit dem Kranken — um solclien handelt es sich ja
zumeist — in Berührung gebracht werden. Die älteste Sammlung
dieser Sprüche, von denen der Aufsatz verschiedene in Übersetzung
anführt, ist im AtharvaVeda enthalten. Die meisten Krankheiten
entstanden nach der indischen Vorstellung durch Dämonen oder
4iuch Naturerscheinungen: so wurde z. B. das Fieber mit dem Blitze
in Verbindung gebracht. Auch das Hineiuzaubern einer Krankheit
in Tiere kannten die Inder. Eine grosse Rolle spielte ferner das
Wasser, vielleicht kann man bei den alten Indern die Kenntnis und
Verwertung heilkräftiger Quellen voraussetzen. Unter den Dämonen,
•die Krankheitserreger sind, sind besonders zu nennen die Rakshas
xind Pi^ächas, als deren grösster Gegner Agni gilt: das Licht als
Feind der Dunkelheit und der in ihr hausenden bösen Geister. Prof.
Müller glaubt deshalb den alten Indern die Kenntnis der reinigen-
den Kraft des Feuers zuschreiben zu dürfen. Unseren Elfen und
Nachtmaren entsprachen die Apsaras und Gandharvas, die in Ge-
208 II. B. Indisch.
wässern and Bflnmeii wohnten und gleichtalls Miufk und Tanz
lichten, wodurch sie die Menschen anlockten. Ein weiteres Millei
zum Vertreiben tViadlich gesinnter Uäniouen wareu Isute Geranechf.
Wie TrointneUon, Glot^benklniig, wie denn Auch Waffen za (gleichem
Zwecke dienten, z. B. Preile. die in die Luft nach den DSmoneD
geschossen wurden, Stähe (so von Oleander), die man stets bei sich
rührte. An letzter Stelle seien die Splitter von FingernHgeln, Haam
und Staub von der Fussspur der betrefTenden Person genannt, die
verliest werden sollte. Einen besonders breiten Raum in der in-
dischen Zauberlitteratur nimmt der Lieheszauber ein, der durch ver-
schiedene Beispiele illustriert wird.
Die Gleichheit und Übereinstimmung in den abe r fr I Bubis dien
Vorstellung'en und Gebräuchen der verschiedensten Völker erltlHn
Wintcruitx durch die Gemeinsamkeit des menschlichen Geistes, der
überall auf der Erde durch ein und dasselbe Gesets geleitel iinit
gelenkt wird.
Der Aufsatz schüesst mit dem Bemerken, dass Religion und
Aberglauben der Vorfahren vereint die Grundlagen sind, auf denen
sich Moral, Recht und soziale Einrichtungen der Nschkoi
bauen.
79. Hillebrandt Allr. Vedische Mythologie. 2. Bd. Usas.
Rudra. Breslau Marcus
HO. Bartb. L'ne inscriptic
relitjuiftire de Buddha.
iv.
S. 12 M.
caraclfres mau
ple rendu de I
Agni.
U6-9; 231-4.
81. Oranwedel Alb. Zur buddhistischen Ikonographie. Glo]
sur (in
baäw I
Enthält verschiedene Berichtigungen zu seinem Uandbat
"Buddhistische Kunst in Indi«n", = Nr. 4 der Handbücher der könig-
lichen Museen zu Bertin. Unter besonderer Hervorhebung der archSu-
logischen Behandlung der sogenannten graeeo buddhistischen Knust
weist er auf mehrfache Parallelen in der Komposition buddhist. und
griech. Darstellungs weise hin. So z. B. erinnert ihn der dem Boddha
stets beigegebene Donnerkeiltrüger [identiüziert mit Vajrapäni] so
Zeus mit dem den Donnerkeil in den Klauen tragenden Adler. In
den Darstellungen der Rat,'^apa-Legende (Bekehrung eines Brsh-
manen Kft^yapa) erscheint dem Verfasser Buddha (wiederum von
dem dieses Mal bärtigen Donncrkeiltrilger gefolgt) in der Altltnds
des opfernden antiken Feldherrn: die patera (Opferschale) ist ent-
sprechend der Übertragung -des fremden Typus in einen Almosen-
napf verwandelt. Bei einer der Figuren auf einem die Geburt
Buddhas versinnbildlichenden Relief denkt Grünwedel an den Tribut-
träger der späteren Antike (wobei er, da die nilmliche Figur fOr
ihn auch Ähnlichkeit mit dem "guten Hirten von Lateran" hal, kura
auf die Beeinflussung christlicher Kunst durch indische hinweist;
andere Parallelen hiersn sind: die gefalteten Hände, das indische
ai\jali; die Löwen beim heiligen Barlaam, das siiuhflsana des Bnd-
dhaj der Kelch mit der Schlange des bl. Johanties, die Almosen-
schale mit dem Näga in Buddhas Hand). Die auf dem Relief eines
(einem indo-skyt bischen Fürsten ähnelnden,) von GrUuwedel mit
Knbu'a, einem der 4 lokapälns identifizierten Königs diesen leUEtereii
umgebenden kleinen Gestalten bringt er in Zusammenhang mil einer
Eigentümlichkeit der ausgehenden Antike, die Hauptfigur von kleine-
ren, dienenden Figuren umyeben sein zu lassen. Der auf dem
Haupte eine Elefantenhaut tragende Virtidhaka (ein anderer loka-
^^^^ 11. B. Iiidiiich. 209
päla) hat sein Vorbild in dem gleichfalls mit einer solchen Kopf-
bndeuknng versehenen Demetrios, Sohn des Euthydemos I., wie er
Ähnlich anch den mit dem Dreizack dargestellten ^iva (hinter ihm
der Stier) aus dem griechischen Poseidon-typus (letztere zwei Fftlle
sind MüDzprItguagen) entwickelt sein lässt.
82. Hoey W. The Suva nia, or original gold toin of Ancient Iiidio.
Proc. ASB. 1899. S. 56 f.
83. HopkinB E. W. Greek art in India. Nation {N. Y.), S. 280f.
84. Hopkins E. W. Ancient Rionnments of the Deccan. Nation
(N. V.) 64, 240 f,
85. Haindron M. L'art indien. (Bibl. de l'enseignement des beanx
arts.) PariH Mny. 1898. IX, 315. (ill.)
86. Senort E, Notes d'epigraphie indienne. VII. Deux epigraphes
du Svät. Journ. aaiat. Sör. IX. 13, 526-537; 55S. 1 T.
67. Speyer J. S. Buddhas Todesjahr nach dem AvadAnaÄataka.
ZDMG. 53. 120-4.
Burnouf hat in seiner "Introduetion i\ l'histoire du bouddhisme
Indien" unter Berufung anf das Avadänafiataka das Zeitalter des
A^oka entgegen den sonstigen Quellen (die diesen König 100 Jahre
nach Buddha leben lassen) auf ^00 Jahre nach dem NirvAna des
Buddha angesetzt, trotzdem der bekannte Upagupta auch im Avk-
dAnaiataka als Zeitgenosse des SAkhyamuni und Aioka zugleich an-
geführt wird. Speyer weist nun nach, dass, wie hinsichtlich des
Textes mit der übrigen Überlieferung das eehfinste Einverstilndnis
hen'scht, so auch in Bezug auf die zeitliche Entfernung zwischen
Buddhas Todesjahr und Aäokas Regierung keine sich widersprechen-
den .Angaben zu verzeichnen sind, indem Burnoufs Ansicht bloss
aof einem Versehen beruht, dadurch entstanden, dass er die Worte
"varfaiata . . . ." mit dem allerdings nicht durch den sonst üb-
lichen danda getrennten Schluss der letzten Gftthil des betreffenden
Abschnltttes: ". . . dvitXyam." verbindet, ohne sich über die gram-
matiscbe Unmöglichkeit des Ausdruckes dviHyam var^aHapla" ^^
SOO Jahre genügend Rechenschaft gegeben zu haben, womit zugjeich
die auf Burnouf zurückgehende Hypothese einer zweifachen Über-
lieferung in den Angaben der nördlichen Buddhisten über die er-
wähnten zwei geschichtlichen Ereignisse hinfällig wird.
I, Stein M A. Notes on the monetary System ot Ancient Kaämir.
Numümat. Chronicle. JII. aer. Bd. 19. 1899. 126—74. 1 T.
Dieser Aufsatz ist ein Separatabdruck aus des Verfassers
lentar zu dessen Übersetzung von Kalhanas RAJatarangiiil, der
[testen der noch vorhandenen Kaämirer Chroniken. Diese Chronik
enthalt zahlreiche Bemerkungen ülier den Preis von allerhand Wa-
ren, über die Höhe von Löhnen und dergleichen, die einen wert-
vollen Beitrag zur numismatischen und .ökonomischen Geschichte Kas-
mirs liefern, jedoch ohne Kenntnis des Geldsystems, auf das sie
iirich beziehen, nicht zu verwenden sind. Stein gibt nun in dem
orliegenden Beitrag eine Zusammenstellung und Erklärung aller
I der Bfljatarai'iginl vorkommenden Notizen, betreffend System und
'.MTK des Geldes in Ka^mlr withrend der Hinduherrschalt, indem er
le Bezeichnungen der einzelnen Geldstücke erläutert, sowie ihren
'ert und das Metall, aus denen sie geprägt sind, feststellt.
Waddell A. On some newiy fonnd Indo-Orecian Buddhislic
210 IT. C. Iranisch.
sculptures from the Swät Valley (Udyäna). Actes XI. Congr^s
des Orient., Sect. I. S. 245—7
90. Kielhorn F. Ein unbekanntes indisches Metrum. Götting. Nachr.,
Philol.-hist. Kl. 1899. S. 182-4.
Dieses Metrum findet sich in den ersten 24 Versen einer noch
nicht veröfTent lichten Inschrift des Kadamba Königs Käkusthavar-
man. Aus dem von Kielhorn aufgestellten Schema ergibt sich, dass
mau es mit einem Mäträsamaka zu thun hat, indem jeder der 4
Pädas des Verses 15 Mätras enthält. Während nun in Päda 2 und
4 dieses Schema strikte befolgt wird, kommen im 1. und 3. Päda
an 18 (von 48) Fällen Nebenformen mit 16 und 17 Mäträs vor. Das-
selbe Metrum findet sich in noch anderen Inschriften und auch im
Bower Ms. (Part I, S. 4). Trotz dieses Gebrauches in den verschie-
densten Gegenden Indiens ist in keiner indischen Metrik oder sonst
wo davon Notiz genommen worden.
Leipzig. Erich Schröter.
€• Iranisch«
Allgemeines.
1. Achelis Th. Zoroasters Persönlichkeit und Lehre. Deutsches
Protestantenblatt 32, Nr. 29, Juli 15, S. 235—36.
Mit besonderer Rücksicht auf das Buch von Jackson, Zoro-
aster the Prophet of Ancient Iran.
1. Blochet E. Le livre intitule i'Oulamä-i Islam. Rev. de i'hist. des
rel. 36, 23-49.
Important as contributing to our knowledge of this treatise
which contains so niuch interesting information regarding Zoro-
astrianism.
3. Gumont F. Textes et monuments figurös relatifs aux mysteres
de Mithra. I. Introd. Bruxelles. 377 S. 4».
1. Mithra und Kult desselben seit der ar.'Zeit. seine Verbrei-
tung in Asien ))is zum 1. Jh. v. Chr. 2—6. Der Mithraismus des
römischen Reichs. II (ebd. 1896): Abbildungen.
4. Qasquet A. Essai sur le culte et les mystercs de Mithra. Paris.
143 S.
5. Geiger und Kuhn Grundriss der iranischen Philologie 1, 2. Ab-
teilung, 3. Lieferung, S. 321 — 424. (Kleinere Dialekte und Dia-
iektgruppen. Von W. Geiger.)
Vgl. unten.
6. Jackson A. V. W. Indo-Iranian Contributions. JAOS. 22, 54—57.
Comprises the foHowing points: 1) Skt. vähiyaitSy cf. Av. ra-
zi/äatra. — 2) Skt. karsa a weight, in Anc. Pers. Inscr. 'II kaHa. —
Skt. chala is suggested for explaining Anc. P. *'rtr (...). — 4) Av.
ao^a^ cf. Skt. uda^ udan. — 5) Av. vltäpam 'out of reach'. — 6) Av.
s]h)ntö frasnä as a dual. — 7) The curse of a cow brings childless-
ness. — 8) The /löm-plant and the birds in the Dlnkart. — 9) The
national embleni of Persia. — 10) Anc. Pers. ruKxd in Herod. 9. 10,
is tuktä.
7. Lehmann E. Zarathustra, en bog om Persernes gamle tro. I.dcl.
IL C. Iranisch. 211
Kjebenhavn, det Schubotheske Forlag (Lybecker og Hirschsprung).
XI, 192 S. 3,50 Fr.
Anz. von F. Justi Arch. f. Religionsw. 3, 194—207. Treats of
the Avesta, ancient Persian history and religion. To be continucd.
S, Menant D. Les Parsis: Histoire des communaut6s zoroastrien-
nes de Finde. Premiere Partie. Paris Leroux 1898. XIV, 480 S.
(Annales du Mus^e Guimet. Biblioth6que d'6tudes. Tome septiöme.)
The present part gives a history of the civil life of the Parsis
down to to-day and especial attention is paid to the development
of education among the Parsi Community. The volume is adorned
by a number of illustrations and photographs of prominent Parsis.
The second part, which is expected soon to appear, will contain an
exposition of the religious System of the Parsis.
9. Pizzi I. Gli Studi Iranici in Italia. Studi Italiani di Filologia
Indo-Iranica (diretti da F. L. Pull6). Firenze 1897. S. 57—72.
A brief account of the work of Italian scholars in the field
of Irauian philology, treating of Garzoni and Zanolini, pioneers of
the last Century, Ascoli, Giussani, Lignana, De Vicentiis, Cimmino,
Guidi, Bonelli, Moratti, Pizzi, Rugarli, and Giannini.
10. Söderblom N. Les Fravashis: Ätude sur les traces dans le
Mazdeisme d*une ancienne conception sui; la survivance des morts.
Paris Leroux. 79 S. (Extrait de la Revue de l'Histoire des
Religions.)
As the sub title unplies, this monograph treats espicially of
the Fravashis in their relation to the dead and with referonce to
the funeral rites, ceremonies, and festivals in honor of the decea-
sed. A special chapter, ashaonäm fravashayo, contains among
other things a discussion of the etymological meaning of the word
fravashi.
11. Stackeiberg R. V. Bemerkungen zur persischen Sagengeschichte.
WZKM. 12, 1898 S. 230—248.
The first note is 1) Der Berg Sabalän, and several passages
are given from Persian and Arabic writers who connect Zoroaster's
uame with this mountain. — 2) Farsidhward, this and the similar
form in the Yätkär-iZarerän are again connected with Frashämva-
reta of the Avesta. — 3) Behäfirld of FirdausI has the same name
as Vanhufedri of the Avesta and Vch Bad of the Parsi and tradi-
tion. — 4) Die AXdahäksage bei den Armeniern — the Armenian
form of this legend shows certain traits which seem to be borrowed
from notions regarding the heretical sect oC Mazdak. — 5) Zur Geo-
graphie des Bundehes — the mountain 'Köndrasp* should rather be
understood as 'Gandaraw', and the sea of 'Sovbar' associated with
the name of the dragon Sruvara of the Avesta. — 6) Afräsiyäb, a
note on the scene of his capture in Adharbaijan. — 7) Karsövaz. —
8) Härüt und Märüt. — 9) Mähyär. — 10) Spityura, this demon was
a false brother ofYima. — U) Der Kamakvogel, its relation to the
Simürgh. — 12) Barzapharnes. — 13) Firedhün, his statue keeps
guard over the demon A2dahäk according to the Armenian Moses
of Chorene and an Arabic writer.
12. Thornton D. M. The Parsi, Jaina, and Sikh. Being the Maid-
land Prize Essav for 1897. 1898.
212 IL C. Iranisch.
Avestisch.
13. Bartholomae Chr. Arica XI, XII. IF. 10, 1-19 und 189—203.
These articies contain so much valnable material for Avestan
lexico^raphy that mention is made especially of them here besides
including them above under III A.
14. Kanga Navroji Mänekji NasarvÄnji The VendidÄd translated
into English from Pahlavi (Dastur Darab Peshotan Saiyana's edi-
tion), with a transliteration in Roman characters, explanatory and
philological notes, and introduction. Bombay. 32 S.
15. Kirste J. Zwei Zendalphabete des Britischen Museums (mit
einer Tafel). WZKM. 20, 1898 S. 261-266.
Comments are made upon certain characteristics of two alpha-
bets in Avestan manuscripts of the Hyde collection. Attention is
called to a note in one of the colophons where the scribe renders
Av. e, id by Skt. th, gh.
16. Mills L. H. The Sanskrit equivalents of Yasna XLIV. Actes XI.
Congrfes des Or., Sect. I. S. 317—326.
17. Mills L. H. Asha as The Law in the Gäthas. JAOS. 20, 31—53.
A discussion of the various shades of meaning of a^a in all
the passages in the Gäthas.
18. Mills L. H. The personified Asha. Journal Amer. Or. Soc. 20,
277 -302.
Thifl article forms a sequel to the author's 'Asha as the Law
in the GAthas'. It discusses the character of Asha personified as
the archangcl and then the nature of Asha as incorporate in the
Holy Community, or the Zoroastrian congregation.
19. Mills L. H. God has no Opposite (a Sermonette from the Per-
sian). Asiatic Quarterly Review 7, No. 13, January.
20. Mseriantz Levon S. K Bosporskoi Onomastikye, Sobstrennoye
imya lujpaxoc (On the vocabulary of the Bosporus, the proper
name lujpaKoc. Extract from the collection of Memoirs of the
Ethnographical Section). Napecatano iz Sbornika Trudov Etno-
graficeskowa 14, 1—6.
A study of the proper nanie lÖPAKOI which is found in a
catacomb of Kertch in the Crimea, and the Suggestion is made to
explain this name as of Iranian origin, from *Sauraka-y cf. Av. saora.
21. Remy A. F. J. Sanskrit Jana, Avestan zana. JAOS. 20, 70.
The Skt. Word Jana is called in to explain the Avestan air.
X€Y. srvözana 'of the horned race*.
22. Richter 0. Der Plural von gAw. mazdäh- ahura-, KZ. 34,
584—589.
The employment of the plurai of Ahura Mazda is perhaps to
be regarded as including also his Iloly Spirit (Spenta Mainyu) and
the Fire (Ätar).
23. Wilhelm E. ErAnica. Actes XI. Congres des Or., Sect. I. S. 261
-274.
The following subjects are treated: 1. Zu Vend. IV. 24 und
JX. 161 Spieg. = Westerg. Geldner IV. 5 und IX. 41. - 2. Afrigän
IL C. Iranisch. 2ia
Gahambar 3— 6 übersetzt und erklärt — 3. Bemerkungen zum Vlsh-
tftsp-Yasht. — 4. Der Genius Sraosha im Avesta und Serosch im
SchahnAmeh. — 5. Zu Firdausl.
Altpersisch.
24. Poy W. Beiträge zur Erklärung der susischen Achaemeniden-
inschritten. ZDMG. 52, 564-605.
An elaborate investigation of the Susian cuneiform inscription
with reference constantly to the Ancient Persian; there are discus-
sions of morphology and syntax and various translations of Susian
passages in connection with the Persian. The article contains also
an index of the Susian words discussed.
25. Hüsing H. Altiranische Mundarten. KZ. 36, 556—567.
The various forms under which Mithra appears in proper
names, together with other reasons, leads to the assumption of the
presence of several dialects in the Old Persian Inscriptions.
26. Jueti F. Zur Inschrift von Behistan I. 63. ZDMG. 53, 89—92.
In answer to Foy's objections to his explanation of several
Att. X€t. in this difficult passage.
27. Oppert J. Le calendrier perse. Actes XI. Congr^s des Or.,
Sect. I. S. 327—348.
28. Tolman C. H. and Stevenson J. H. Herodotus and the Em-
pires of the East. Based on NikeFs Herodot und die Keilschrift-
forschung. New York American Book Co. 102 S.
This book forms part of the Vanderbilt Oriental Series. It is
based throughout directly on Nikefs treatise as stated in the title.
But a brief sketch of the customs, religion and language of the Per-
sians, with some chronological material, is added at the end.
Pahlavi und Mittelpersisch.
29. Blochet E. Catalogue des manuscrits mazd^ens (Zends, Pehlvi,
Parsi et Persans) de la Biblioth^que Nationale de Paris: Biblio-
thfeque moderne II, No. 9; 11; 13. Paris. [Cf. OB. XIII. 1612].
30. Casartelli L. C. Note on a Pehlevi inscription in the Dublin
Museum. Actes 9. Congr^s des Or., Sect. I. S. 353—356.
With a reproduction of the inscription.
31. Casartelli L. C. Pehlevi Notes VIT — An Inscribed Sassanian
Gem. Babylonian and Oriental Record.
"The inscription is read as Atürdükhtl apagtän val Yazdän
Atrödükhti [has] recourse to God".
32. Harlez C. de L'iuscription pehlevie de la croix de S.-Tome.
Actes XI. Congr6s des Or., Sect. I. S. 249—252.
With a reproduction.
33. Irani Khudävär Dastür Shaharvär The Pahlavi Texts contai-
ning Andarz-I Ädarbäd Märaspandän, Andarz-i V^hzäd Farkho
Flrüz, Andarz-I Khüsrüi Kavädän, Mädigän-i chatrang and Kär-
nämak-I Artakshatar-I Päpakän. With transliteration in Avesta
Character and translation in Persian. Bombay Fort Printing Presss.
24-f 102+67 S. large 8«.
214 II. C. Iranisch.
The. aim of this hook is to inake some of thc Pahlavi texts
more easily accessible to the PerKian Zoroastrians.
34. Modi Jivanji Jamshedji Aiyädgär-i-Zarirän, Shatröihä-i-Airftn,
and Afdiya va Sahigiya-i-Sistan. Translated with Notes. (Guze-
rati and English). Bombay (Education Society*s Steani Press).
180 S.
A translation of three important short Pahlavi treatise«, with
nnmbrous not<3s. The first had previously been rendered into Ger-
man by Geiger (Das Yä^kär-i-Zarirän) ; the latter two relating to
the 'Cities of Iran' and 'The Wonder and the Greatness of Sistän*
have been published in translation for the first time. A map ac-
companies the voIume.
35. Pahlavi texts. Ed. by Jamaspji Dastur Minocheherji Jamasp-
Asana. 1: AvibätkAr-i Zarirän — ShatunIhA-i AOrAn — Awadih
u sahihih i Sigastän — Khüsrü-i KavAtän n ritak-I — AndarzihA-i
Peshinikän — Chltak andarz-i Poryotakeskän. Bombay 1897. gr.S*».
48 S. (Leipzig Harrassowitz. 8 M.).
3(). Sanjana Peshotän Dastur Behramjee The Dinkard : The ori-
ginal Pahlavi text; the same transliterated in Zend characters;
translations of the text in Gnjarati and English langaages; a
conimentary and a glossary of selcct terms. Vol. VIII. Published
under the patronage of the Sir Jamshedji Jeejeebhai Translation
Fund. Bombav 1897.
A continuation of this work which has been appearing for
some vears.
37. The Pahlvi Zand-i-Vöhüman Yasht, text with transliteration
and translation into Gujräti, and Gujräti translation of the Pahlvi
Minö-i-Kliirad with notes bv Kaikobäd Adarbäd Dastur Nosher-
wän. Poona. A^\ '21, 28, 152 S. (Leipzig Harrassowitz. 9 M.).
Neiipersisch und andere iran. Sprachen.
38. Arnold Sir Edwin The Gulistan: Being the Rose -Garden of
Shaikli Sa'di; the first four Brbs or Gateways. Translated in
prose and versc. London Burleigh. 3 s. 6 d.
Kezens., Spectator 1899, S. 378 f.; Lit. World 30, 275 f.
39. Bacher W. Der Dichter Jüsuf Jehüdi und sein Lob Moses.
ZDMG. 53, 389—427.
This poet bc^longs to a circle of Judaeo-Persian poets of Bok-
härä whosc works are known through a collection in two manuscript
volumc's brought froni Bokliärä to Europe in 1897. The poems of
Jüsuf Jehüdi are tlie niost nunierous in the collection. The article
treats first (1) of hini; and second (2) of Ins poem in praise of Moses,
which is given in füll in Hebrew and Persian characters and then
translated; and finally (3), some other Hebraeo -Persian verses on
Moses and Elijah are added with comments on the Bokhärä school.
40. Brcwne E. G. The Sources of Dawlatshäh, with some Remarks
on the Materials available for a literarv Historv of Persia, and
an Excursus on Barbad and Rüdagi. JRAS. Gt. Br. and Ire-
land Jan. 1899
IL C. Iranisch. * 215
41. Browne Edward G. Yet more Light on 'ümar-i-Khayyäm. JRAS»
Gt. Brlt. and Ireland April 1899.
On p. 414 a passage is cited, the misunderstanding of which
gave rine to the Rose-tree cult of the 'Umar Khayyäm Society.
42. Browne Edward G. The Chahar Maqäla (Tour Discourses")
of NidbAmi-i-'Arüdi-i-Samarqandi. Translated into English. Re-
printed from the Journal ot* the Royal Asiatic Society. JRAS.
July and October 1899.
This interesting work translated from the Persian contains
four discourses on the callings of secretaries, poets, astrologers,
and physicians, and it adds some new and voluable Information to
our knowledge of Persian authors. An index is appended.
43. Cinmüno Francesso. Dal Poema Persiano Jusuf e Zuleicha di
Mevlana Abderrahman Giami. Accademia di Acheologia, Letter
e Belle Arti 20, 1-107, Napoli.
44. Doctor Sorab.shaw Byramji. A Compendium of Persian Grammar
and General Literature for the Use of High Schools and Colleges»
Surat The Mission Press 1897. VIII, 328 S. IG^o. i Rupee and 4
Annas.
45. Geiger W. Grundriss der iranischen Philologie. Erster Ab-
schnitt VIII. Kleinere Dialekte und Dialektgruppen. 1, 2 Ab.^
3 Lief., S. 321-424. Strassburg Trübner.
This number contains: 1. Die Pämir-Dialekte (Fortsetzung und
Schluss); 2. Die kaspischen Dialekte; 3. Zentrale Dialekte^ Anhang
I. Bemerkungen über das Tadschik!, II. Bemerkungen über das
Judenpersisch; 4. Allgemeine Übersicht über die Dialekte und ihre
Gruppierung.
46. Gray L. H. Certain parallel developments in Pali and New
Persian Phonology. Journal Amer. Or. Soc. 20, 229—243.
Discusses certain points of resemblance in the phonology of
the Päli as compared with that of the New Persian. It is especially
uoted that the coincidences between the two languages are due
solely to the Operation in both dialects of the laws of development
which govern the Indo-Iranian languages in geueral. The compa-
rison serves to throw further light on Iranian phonology.
47. Hörn P. Ein Persische Kulinarischer Dichter. Beilage zur All-
gem. Zeitung No. 21, 22. Jan. 26, 27, 1890.
A notice of the life and literary work of the poet At'ima (i.
e. 'VictualsO of Shiraz and Ispahan, who died about A. D. 1427.
48. Hübschmann H. Zur persischen Lautlehre. KZ. 36, 153—178.
The following subjects are treated: 1) Np. bäzü oder bäzä
'arm'? — decision is given in favor of the w-form, Np. bäzü and
Phl. bäzük as the older. — 2) Np. panlr oder paner 'Käse*? — the
former is preferable on account ot the Armenian. — 3) Arm. mtir
^ np. neätar 'Lanzette', a discussion of the etymology of these kin-
dred words. — 4) Np. xirs 'Bär' com es from an orig. Iran. *rsa- =
Idg. *fk^o-y as a collateral form of Iran. '*r,^a' = Idg. '^rk^p-o. —
5) vokalisches f im Persischen, further material on the representa-
tion of Aryan ar as ar^ and r as ar (= wr, ir) in Middle and New
Persian. — 6) Ap. *märagna, cf. Gk. ndpayva 'scourge' in Aeschylus
and Euripides; the Greek is to be regarded as a Persian loan-word.
'216 III. Aimeniscb.
Ap. *märagna 'Schlangen tödtend'. — 7) Skr. mudrä, cf. Np. muhr
and Arm. 1. w. muhrak, Chald. muhraq\ all these presuppose a Phl.
*muhrak and Ap. *mudrä or mudra. The Indian word, moreorer,
probably goes back through the Ap. to an Assyrian. — 8) Does not
accept the explanation of Ap. Vaumisa as Vaumi^^a wbich Hüsing
Supports.
49. Jami and Farld uddln Attar Salaman and Absal, an Alle-
gory translated from the Persian of Jami. Together with Farrid-
uddin Attar's Bird-Parliament. Bv Edward Fitz Gerald Edited bv
Nathan Haskell Dole. Boston (U.S. A.), Page and Co. S. 1—187.
18mo.
^0. Kapadia Jamshedjee Pallonjee Firdüäi an accurate Historian:
the Parthians, Magians from the time of the Vedas. As. Qu. Rev.
7, 390-399.
b\. Nicholson R. A. A Persian Manuscript attributed to Fakhru'd-
din RazI. JRAS. Gt. Br. and Ireland. Jan. 1899.
New York. A. V. W. Jackson.
III. Armenisch.
1. Lehmann C. F. Reiigionsgeschichtliches aus Kaukasien und Ar-
menien. Archiv für Religionswissenschaft 3. 1900. S. 1—17.
Contains an account of numerous religious rites and super-
lititious practices still to be observed in Armenia and the Caucasus
as a survival of the ancient custom of tree worship and the adora-
tion of rivers, wells, and Springs.
2. Marr N. Zur Frage über die Probleme der armenischen Philo-
logie (russ.). 2ur. Min. 324, Juli, S. 250-251.
3. Adjarian H. Les explosives de l'ancieu Armenien. La Parole
1, 119—127 (mit Abbildungen).
Dazu: Rousselot Notes sur les evolutions phonetiques 127—
36 und Meillet Notes historiques sur les changemcnts de quelques
explosives en arm^nien 136—37.
4. Meillet A. De quelque aoristes monosyllabiques en armenien.
MSL. 11, 16.
5. Meillet A. Le g^nitif singulier des themes pronominaux en ar-
menien. MSL. 11, 17 f.
6. Meillet A. Le genitit en -oj des noms de parente eu armenien
moderne. MSL. 11, 18 f.
7. Meillet A. Recherches sur la sn ntaxe compar^e de Tarm^nien
(suite). MSL. 11, 369—89 (1900).
II. Les regles d'accord de l'adjectif (vgl. MSL. 10, 241 Fuss-
note). A. Les r6gles. 1. Adjectits qualificatifs. — 2. Adjectifs pos-
sessifs, relatifs et intcrrogatits. — B. Essai d'explication historique.
-8. Karst J. Aussprache und Vokalismus des Kilikisch-Armenischen.
Förster Teil einer histor.-gramm. Darstellung des Kilikisch-Arme-
nischen (Dissertation). Strassburg Trübner. 74 S.
III. Armenisch. 217
9. Margoliouth D. S. The Syro-Armenian dialect. JRAS. 1898.
S. 839-61.
10. Msöriantz L. Notice sur la phon^tique du dialecte arm^nien
de Mouch. Actes du XI. Congr^s des Orient., Sect. I, S. 299—316.
11. von Patrub&ny L. Lautlehre der MuSer Mundart. Sprach-
wissensch. Abhandlungen 1, 271—88.
— Lautlehre der neuarmenischen Mundart von Tiflis. ebd. S. 289
-302.
— Armenisch-deutsches Wörterverzeichnis, ebd. S. 307.
— Kleine Mitteilungen, ebd. 309-14.
12. Tomson A. I. Zur Phonetik des polni8ch-(gaIizi6ch-)armenischen
Dialekts (russ.). Zap. d. Univ. Odessa 77, 205—222.
Wandel von bet. o zu vb (Anl.) und * (Inl.); ähnlich von bet.
« zu je.
13. Voith A. Siebenbürgisch-Armenisch. Sprachwissensch. Abhand-
lungen, hrsg. von L. v. Patrubany 1, 306 f.
14. AdjarianH. Armenische Etymologien. Sprachwissensch. Abhand-
lungen, hrsg. von L. v. Patrubany 1, 302 — 4.
15. Bittner M. Armen, x'^or 'Sauerteig'. WZKM. 13, 296.
16. Brockelmann C. Ein assyrisches Lehnwort im Armenischen.
Zeitschr. f. Assyriologie 13, 327 f.
Arm. Kmdtikh *Leiche, Skelett'=assyr. kimahhu 'Sarg".
17. MeiUet A. :fetymologies armeniennes. MSL. 11, 390-401 (1900).
1. In vielen zusammengesetzten Adjektiven erscheinen i-
Stämme an Stelle der o-Stämme beim Simplex. Das erinnert au lat.
somnus-exsomniSy air. adhur-saidhir, awest. ahura-ähuiri^. — 2. arm.
bor 'bourdon* : Tr€^-<ppn-&ui)v. — 3. geljkh 'glande*; das anl. g erklärt
sich daraus, dass die gutturale Aspirata ihren eignen Weg gegangen
ist (vgl. das Keltische IF. 4, 264 if.). — 4. erku entspricht lautlich
idg. dwö. — 5. matn 'doigt': m. bret. ment (V. Henrjr). Die Behand-
lung des t ist gleich der des k in akn. — 6. idg. ni- im Arm. — 7.
indoiran. f in armen. Lehnwörtern. — 8. Redoublement. — 9, Verba
auf -ntp- —- 10. 8ui 'court* : särt-toh, xXduj. — 11. theruthiwn hat e
(nicht e), statt t : der Einfiuss des flg. u ist die Ursache davon. —
12. melr 'miel' : ^i\\ (Lagarde) durch Kontamination von melit- mit
medhu' entstanden.
18. Thumb A. Die griechischen Lehnwörter im Armenischen. Bei-
träge zur Geschichte der Koivf| und des Mittelgriechischen. Byzan-
tinische Zeitschrift 9, 388—452.
Verwertet die ins Armen, eingedrungenen griech. Lehnwörter
zur Aufhellung der griechischen Lautgeschichte.
19. Sandalgian I. L'idiome des inscriptions cunöiformes urartiques.
Rom Loe^cher & C. 1,25 Frs.
Ein Versuch, die Sprache der armen. Keilinschriftea als eine
indogermanische zu erweisen.
20. Abeghian M. Der armenische Volksglaube. Jenaer Diss. Leip-
zig. 127 S.
Angez. von J. v. Negelein, Globus 78, 288—293.
218 IV. Griechisch.
IV. Griechisch.
1, Prozorov P. Systematickij ukazatel' knig usw. (Systemat. Ver-
zeichnis von in Russland gedruckten russischen und anderspra-
chigen Büchern und Aufsätzen zur griecli. Philologie.) Petersburg
Akademie. XVI, 375 S.
2! Brug^ann K. Griechische Grammatik (Lautlehre, Stammbil-
dungs- und Fiexionsiehre und Syntax). Mit einem Anhang über
gpriechische Lexikographie von L. Cohn. 3. Aufl. Handbuch der
klass. Altertumswiss. II, 1. Abteil. München Beck 1900. XIX,
632 S. 12 M.
3. Bocquet A. J. Principes de phonetique grecque.
4. Deissmann A. Hellenistisches Griechisch (mit besonderer Be-
rücksichtigung der griechischen Bibel). Artikel in der Realen-
cyklopädie für Protestant. Theologie. 3. Aufl. VII. S. 627—639.
5. Fick A. Anzeige von Kretschmers Einleitung in die Geschichte
der griech. Sprache. BB. 24, 292—305.
F. bespricht eingehend Kap. VII— XI des Werkes.
6. Zacher K. Kritisch -grcimmatische Parerga zu Aristophanes.
Phiiologus. Suppl. 7, 4.37—530. . .
Darin II. das ny ephelkystikon bei Aristophaues. III. Die
Endung der 2. Person Sing. Indio. Medii: Die alte Form ist -rm
welche von den Tragikern beibehalten wurde; in der Umgangs-
sprache der Athener wurde daraus in der 2. Hälfte des 5. Jahrh
€1, was von den Komikern und Rednern akzeptiert wurde, IV. Zur
Worterklärung. 1. ^TriTracxa. 2. KAacrdZuj. 3. KÖXaE. 4. KoXÖKuna. 5. dire-
TTubdpica und TrepiCKÖKKaca.
7. Xar^IibdKic f. N. TTcpi toO xP^^vou Tf|c Tpoirf^c toö Maxpou a €ic
n. ^Aenvä ii, 393 f.
Ein chronologisches Zeugnis für den vollständigen Zusammen-
fall von altem und sekundärem y\ ist das Auftreten gegenseitiger
fiexivischer Beeinflussung der a-Stämme und der c-Stämme auf -nc,
wie sie bei Herodot in Akk. ^ApicTayöpea u. dgl., auf attischen In-
schriften in KXcocppdönv u. dgl. seit Ende des 5. Jahrh. vorliegt.
8. Hatzidakis G. N. Über die Lautgruppe vr\ im Attischen. KZ.
36, 589-59«.
Nicht uä sondern dy] ist die lautgesetzliche Form des Attischen,
d. h. ä ist nach u nicht wie nach € i p behandelt worden. Die Aus-
nahmen sind entweder als Entlehnungen der nicht-jonischen Dia-
lektgnippe zuzuschreiben oder sind durch jüngere Analogiebildung
veranlasst (z. B. €Öq)uä u. ä. nach uYiä).
9. Kretschmer P. Aphaerese im Griechischen. KZ. 36, 270—273.
Inschriftliche Belege für die Aphärese in agr. Personennamen.
10. XttT^IiödKic r. N. TTepl xfjc irpotpopdc xai ^KTTTdjceujc tou f iv t^
ipXOLiq. 'EXXriviKrj. 'A0r|vd 11, 162.
In dY^ioxa, öXiov, böot. iuüv und OidXeia ist der Ausfall des t
kein spontan lautlicher Vorgang, sondern in dx^ioxa durch Dissimi-
lation, bei den übrigen durch Analogie (nach irXcIov, böot. tjou =
TU, bezw. qpidXn) veranlasst.
IV. Griechisch. 219
11. XarriödKic f. N. PHori oder Hpof]? Aeriva 11, 472.
P ist kein tonloses, sondern aspiriertes r (rh),
12. Schmidt J. Die elischen Verba auf -euu und der urgriechische
Deklinationsablaut der Nomina auf -euc. Sitzungsber. d. Berl.
Akad. 1899 S. 302-315.
Den Verben auf -€i;iu im Attischen entsprechen elische Formen
auf -€(u', vgl. q>uTaÖ€(oi und q)UTa6€(Tiv auf einer jüngst gefundenen
elischen Inschrift (Meister Ber. d. sächs. Ges. d. W. 1898, 218 ff.), fer-
ner XaTpciö^evov ; Kariapaduv (ibidem) = xaOicpeOujv enthält das be-
kannte elische ä = ggr. € und ist ebenfalls ein Zeuge für die eliische
Bildung auf -€(u); das Verhältnis zum Aorist auf -cuca (vgl. q)irra-
beOavTi, KaTtapaOc€i€) entspricht dem von xaCuj : ^koucq u. ä. Die
Verba auf -ciiw können nur aus cFiuj (nicht aus -nP^l'J") erklärt werden
und beweisen somit einen Ablaut ßaciXcu : ßaciX^u. Der Nom. auf
-€uc (der übrigens zusammen mit dem Aorist auf -€uca im Attischen
das Präsens auf -€(uj zu -cuu) umgestaltete) ist nicht lautlich aus -nOc
entstanden, sondern aus Dat. PI. -cOct (mit schwacher Stufe) über-
tragen. Verf. bekämpft das Kürzungsgesetz für langen Vokal -f U
-f Konsonant (S. 8—12 über das Pronomen oötoc).
13. Fennell C. A. M. Greek stems ending in -i- and -cu- and^Apnc
The ClasB. Rev. 13, 306.
Für ßaciXcuc wird von Stammformen -€\\j- und -€i€F-, für "Apnc
von 'Ap€cu- ausgegangen.
14. Schmidt J. Das Zahlwort ^ia, \a. KZ. 36, 391—399.
Der Verf. weist die älteren Erklärungen zurück, besonder^
auch diejenige, welche die Verschränkung zweier Wortstämme an-
nimmt. Die homerischen Gedichte lassen noch die ältere Flexion
m(u Gen. iöc Dat. 1$ Akk. M^av erkennen: idg. *smia wurde jbiia, idg.
*smjds schon in indog. Zeit *sjä8f woraus griech. Hsjäs (vgl. ic6i
= idg. *zdhi), läc.
15. Richter W. Das griechische Verbum in seinen wichtigsten Er-
scheinungen erläutert und in Tabellen zusammengestellt. Gymn.-
Progr. Küstrin.
16. LauteDsaoh 0. Grammatische Studien zu den griechischen
Tragikern und Komikern. Augment und Reduplikation. Hanno-
ver und Leipzig Hahn. VIII, 192 S. 6 M.
17. Parodi E. G. Intorno alla formazione dell' aoristo sigmatico e
del futuro greco. Studi ital. di filol. class. 6, 417—457.
Der "Bindevokal" -a- ist hervorgegangen aus einer Vermischung
der Typen -c- und -ac- (= ai. -i^-); der 3. Typus -€c- liegt in fjbca
usw. unmittelbar, sowie in weiterer Umgestaltung in €KÖp€c(c)a u. ä.
(statt *^K^p6ca usw.) vor.
18. SoImBen F. Dorisch dtci 'auf, wohlan*. Rhein. Mus. NF. 54,
343—350. 495.
Das in Cramers Anecd. Oxon. I 71 bezeugte df€i ist wie ii(€i
ein Imperativ ätc (wie) + Interjektionspartikel €i; das gleiche -ci
steckt vielleicht auch in oOvci * öcOpo Hesych (zu einem Verbum
*oövui).
19. Stratton A. W. History of Greek Noun- Formation. I. Stems
with -j*-. Studies in Class. Philol. (Chicago) 2, 115—243.
(Ist im Anz. 12, 65 f. besprochen worden.)
Anseiger XII t a. S. 15
220 IV. Griechisch.
20. Brugmann K. Der Ursprung der Barytona auf -coc. Ein Bei-
trag zur Entwicklungsgeschichte der sogen. Kurzformen des Grie-
chischen. Ber. d. k. Sachs. Ges. d. Wiss. 1899, S. 177—218.
Das Sufüx coc kommt in Eigennamen (Kurznamen) wie Ad-
ILiacoc und in Appellativen wie KÖfiiracoc, fi^Oucoc, K^pacoc, it^xacoc
usw. vor: auch im letztem Falle handelt es sich um Kurznameii;
nachdem -coc einmal in Appellativen aufgekommen war, konnte eiu
solches Nomen auch ohne vorangegangene Vollform gebildet werden.
Die BildunjjT mit -coc ist von Komposita ausgegangen, deren erstes
Glied ein Stamm mit -t- (vor Vokalen) oder -ti- (vor Konsonanten)
war; diesen Komposita entsprechen Kurzformen auf -tos und -tu:
als aber ti- zu -ci- wurde, wurde c auch auf die Formen mit t-os
übertragen, woraus das Suf¥ix -coc resultierte. Bei manchen Wör-
tern auf -coc (wie z. B. iruHoc, vf^coc, bpöcoc u. a ) iMsst sich die Zuge-
hörigkeit zu dieser Bildung nicht sicher ausmachen.
21. XarTiödKic f. N. TTepl tovikuiv dvuj^aXiuiv ^v toic cüvO^toic dvap-
pön Ob.-.oppön Kaxdpa. 'AGnva 11, 378— 3a3.
Komposita mit femininen, oxytonierten Abstraktis auf -f| und
-d im 2. Glied behalten ihre Endbetonung nur, wenn das erste Glied
eine Präposition oder eine analoge Partikel ist und das Kompositum
ein Abstraktum bleibt. Kardpa ist nicht Zu.sammensetzung von xaTd
und dpd, sondern eine a-verbo-Bildung zu KaTapuijLuzi (wie fJTTa zu
f|TTlJJ|Hai).
22. Dönvald P. Zur griechischen Tempuslehre. Gymnasium 5.
145-152.
23. Stahl J. M. Zum Gebrauch des prädikativen Partizipiums im
Griecliischen. Rhein. Mus. NF. 54, 494 f.
Nachträge zu Rh. Mus. 54, 150 f. und Gildersleeve im Am.
Journ. of Phil. 19, 4G3 f. Vgl. ferner den Nachtrag von Stein Rh.
Mus. 54, 496.
24. Stahl J. M. Zum Sprachgebrauch des Thukydides. Rhein. Mus.
NF. 54, 150-151.
Beispiele für den Gebrauch des Partizips statt eines Verbal
Substantivs.
25. TTavrd^Tic M. Tö thc ^Wi^viboc qpiuvfjc biacaq)TiTiKÖv. *A9nvä 11,
443—458.
Verf. stellt aus Homer alle Fälle zusammen, welche 'Prolepsis'
irgend welcher Art darstellen.
2f). Lawton W. C. 'Fouith Class Conditions'. The Class. Rev. 13,
100-109.
Verf. bekämpft die Anschauung Goodwins (Griech. Gramm.
§ 1408), dass die Form des Konditionalsatzes "el c. opt., opt. -f dv"
futurischen Sinn habe: der griech. Potcntiaiis gehört der Bedeutung
nach meist der Gegenwart, seltener der Zukunft, bisweilen auch
der Vergangenheit an oder ist in manchen Fällen überhaupt zeitlos.
27. Schöne H. Verschränkung von Redegliedern im wiedererzählten
Dialog. Rhein. Mus. 54, 633—638.
Die n)annigfache Stellung des parenthetischen l(^r\ ö . . . .
innerhalb der direkten Rede wird durch Belege aus Plato u. a.
Schriftstellern erläutert.
IV. Griechisch. 221
:28. Grönert W. Zur griechischen Satzrhythinik. Rhein. Mus. 54, 593.
Das Thema wird untersucht in Bezuj»: auf die grosse philo
«ophische Inschrift von Oinoanda aus dem 2. Jahrh. n. Chr. (im Bull.
•de corr. hell. 21, 343 flf.).
29. Allen T. W. The Text of the Iliad. The Class. Rev. 18, 110—116.
Übersicht über die handschr. Überlieferung und ihre Klassi-
fizierung.
-30. Allen T. W. The ancient and modern Vulgate ot Homer. The
Class. Rev. 13, 334—339.
Nachdem der Verf. Kriterien für die Feststellung der antiken
Homervulgata aus der Art der Zitate in den Schollen gewonnen
hat, vergleicht er die Lesarten dieser altcMi Vulgata mit derjenigen,
welche in unsern Hschr. vorlitgt. Von 502 Füllen stimmen 308 =
€0% überein, 116 = 24% sind unbestimmt, 83 = 16»/o der hand-
.srhrilthclen Lesarien widersprechen der antiken Vulgata: durch
diese letzteren ist ein neues Element in den Homertext gekommen,
-dessen Ursprung zu untersuchen wäre.
-31. Allen T. W. Aristarchus and the modern Vulgate of Homer.
The Class. Rev. 13, 429 -432.
Auf Grund statistischer Zusammenstellung kommt Verf. zu
dem Ergebnis, dass von 664 Lesarten «les Aristarch «Vii gar nicht,
•*/u nur in einem Teil der Handschriften, ^/^ in allen Handschriften
■Spuren hinterlassen haben.
-32. Börard V. Les Ph^niciens et les poemes hom^riques. Rev. de
l'Hist. des R^ligions 39, 173—22«, 419-460.
(I.) Die Phönizier waren in den Zeiten der homerischen Kultur
Herren des ftgftischen Meeres; bewiesen wird dies durch diejenigen
Namen von Inseln und Örtlichkeiten, welche uns in doppelter Form
bekannt sind: Kdcoc — "Axvii, T/|v€ia — KcXdöoucca, 'Jiuißpacoc — Ku-
irapiccia, 'Aiui^pucoc — Kuirdpiccoc, Goupia — Aiireia, GoOpiov — *0p6ö-
woTOC, id|LiDC — *T\puoc, Id|Liii — Keq)aXXT]v(a, Mcpoiria — "Akic, TTdEoc —
TTXdTCia, löXoi — Atircia : die zweite, griechische Bezeichnung ist
jeweils eine Übersetzung der ersten, welche sich aus semitischem
Sprachmaterial erklären lässt. Vgl. auch S. 368, wo über einen Auf-
satz desselben Verlassers in den Annales de Geographie no. XXXIV
referiert wird, der sich mit semitischen Ortsnamen in Megara be-
schäftigt. (II.) 1. Der Handelsverkehr der Phönizier im ägäischen
Meer vollzog sich ähnlich wie derjenige der 'Tranken" im 17. Jahr-
hundert. — 2. Spuren semitischer Zeiteinteilung (Siebenzahl, Woche)
bei Homer. Weitere Beispiele semitisch-griechischer Namendoubletten
(IxOXXa — ircTpadi, Xdpußftic — ÖXoi^ u. a.). — 3. Weitere geogra-
phische Doppelnamen, z. B. Gfjpa — KaXXCcrii, von denen der eine
«emitischen Ursprungs ist.
^. Hess A. de Quaestiones de epigrammate Attico et tragoedia
antiquiore dialecticae. Diss. Bonn 1898. 45 8.
34. Reitzenstein K. Zwei neue Fragmente der Epoden des Archi-
lochos. Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1899, S. 857—864.
Veröffentlichung von 2 Bruchstücken einer Buchrolle des
:2. Jahrh. n. Chr.
222 IV. Griechisch.
35. Gercke A. Zwoi neue Fragmente der Epoden des Archilochos.
Wschr. f. klass. Phil. 1900, S. 28 f.
Textkritisehes und Exegetisches zur vor. Publikation.
36. Sammlung der g^iech. Dialektinschriften herausgegeben von
H. Collitz. II. 6. Heft (die delphischen Inschriften, 4. Teil, Schluss).
Göttingen Vandenhoeck n. Rupreclit. S. 643—963. 9,40 M.
37. Sammlung der griechischen Dialektinschritten. III, 5. (Schluss-
der 1. Hälfte des 3. Bandes). Die rhodi.schen Inschriften, bearb,
von H. van Gelder. Göttingen Vandenhoeck u. Ruprecht. S. 411—
688. 7,80 M.
38. Die antiken Münzen Nord-Griechenlands unter Leitung voi>
F. Irnhoof-Blunier, herausgeg. von der Kgl. Akademie der Wis-
sensch. Bd. I. Daeien und Moesien, bearb. von B. Pick. l. Halb-
band. Berlin Reimer. XV. 521 S. 4«. 54 M.
39. Viereck P. Die Papyruslitteratur von den 70er Jahren bi*
1898. Bursians Jahresber. 102, 244—311.
A. Bericht über die Publikation von Papyrussammlungen und
einzelnen Papyri. B. Die sich an die Papyri anschliessende Litte-
ratur.
40. Flinders Petrie. Recent investigations into the sources of the
Alphabet. The Journ. of the Anthropol. Instit. N. S. 2, 204-206.
Neuere Funde,., besonders auch diejenigen von Evans auf
Kreta und ähnliche Ägypten«, zeigen das sehr hohe Alter eines-
gemeinsamen miitelineerländischen Alphabets.
41. Widemann F. Die Anfjlnge des griechischen Alphabets. Journ,
des russ. Minist, d. Volksautklärung. Abteil, f. klass. Phil. ISi^J)-
S. 57-96.
42. Meister R. Beiträge zur griechischen Epigraph ik und Dialek-
tologie. I. Verb. d. K. Sachs. Ges. d. Wiss. phil.-hist. Kl. 51, 141 -160,
1. Wiesenverpachtung in Thespiai: Interpretation derlnschrilt
Bull. 21, 553-568 (3. Jahrh.). 2. Tempelgesetz aus dem Tempel der
Despoina in Lykosura (*E(priin. dpx. 1*S98, 249—272; 3. Jahrb.). 3.
Opferinschrift aus dem epidaurischen Asklepiosheiligtum *E(pim. dpx.
1«99, 1 ff. (Anfang des 4. Jahrb.). 4. Zum Kolonialrechte von Nau-
paktos. In der Stelle hoiTiv^c xa irCarec ^vn^ioi EZ erklärt M. das-
letzte Wort fjc aus *fj€c *^^F€c zu ivc 'rührig, wacker*.
43. Kaßßabiac TT. *ETnTpacy)al il 'ETriöaOpou cx€TiKal irpöc Ti\v iv Td^
Icpiü Xarpeiav. *Eq)r|^- dpxaioX. 1899 S. 1 — 24.
Im Dialekt (mit wenigen Ausnahmen); darunter eine Inschrift
aus dem 5. Jahrh.
44. Halbherr F. Addenda to the Cretan Inscriptions. Amer. Journ.
of Archaeol. 2, 79—94.
Meist kleinere Fragmente archaischer und jüngerer Inschriften
aus verschiedenen Städten.
45. Xanthoudidis A. Inscriptions from Gortyna, Lyttos and Lat6
pros Kamara. Amer. Journ. of Archaeol. 2, 71—78.
Jüngere Inschriften ohne besondere Bedeutung.
IV. Griechisch. 228
46. Ziebarth £. Zur Überlieferung-sgeschichte kretischer Inschrif-
ten. Rhein. Mus. NF. 54, 488-494.
Behandelt die handschriftlich überlieferten Inschriften.
47. Schmidt J. Die kreti.schen Piuralnominative auf -€v und Ver-
wandtes. KZ. 36, 400-416.
Mit dem Eindringen der Koivriformen q)^po)ui€v usw. st. kret.
<pdpoviec wurde zu &)Jiic q)^povi€c zunächst ein ä^iiv qi^po^iev, dann
weiter tiv^v, dKoOcavTcv und dgl. gebildet. Verf. vermutet in if\h
-8t. ^^Y^v (ai. aham) und lat. egö eine ähnliche Umbildung {*iyöy
^q>€pov : if\h q>^puj); idg. *eyhom war vielleicht ursprünglich ein neu-
trales Nomen wie z. B. mhd. min llp, afranz. mon corp« ='ich*.
48. Hiller von Gärtringen F. Inschriften aus Rhodos. Mitteil. 23
390-403.
Kurze Üu"ffe) Inschriften ohne besondere sprachliche Bedeu-
tung.
49. Kretschmer P. Eine theraeische Feisinschrift. Phllologus 58,
407—469.
Inscr. Graecae Insul. Ill nr. 553 wird gedeutet: Tab' Cbq)€ olctüv
<€ 'hie futuit te postquam adduxit.
50. Herzog R. Reisebericht aus Kos. Mitteil. 23, 441—461.
Darin S. 447 flf. 3 Inschriften im Dialekt.
51. Pomtow H. Delphische Inschriften. Philologus 58, 52—76.
Stellt die Inschriften der Ostmauer ssusammen.
-52. Vysok^ H. Zu den dodonaeischen Orakelinschriften. Philol.
58, 501 f.
Zu nr. 1596 von CoUitz* Sammlung: unter Aujöiuvaloi sind
^'Götter von Dodona" (nicht Priester) gemeint.
53. Keil B. Zur thessaiischen Sotairosinschrift. Mit einem Anhang
über dYopavo^€lv und iTpox€JpoTovelv. Hermes 34, 183 — 202.
Zur Interpretation der Inschrift Mitteil. 21, 110 und 248 ff.
b4t. Reinach Tb. Un temple 61ev<!$ par les femmes de Tanagra.
Rev. des Etudes gr. 11, 53—115.
Ausführlicher sachlicher und spruchlicher Kommentar einer neu-
gefundenen grösseren Inschrift des 3. Jahrhunderts. Ausser voll-
ständig neuen Wörtern und Namen enthält dieselbe neue Dialekt-
formen: aÖTl Adv. = aÖT€i, vioOv = vöv, öaKKuXioc = öaKTOXioc, ftcftiutücii
= 6€6wKulai; bemerke auch laövTuc = ^aövToic, )ui€Taq)€pövTUC = -övtoic,
^cc€i|Li€v=€c€ceai, trd'iXXoc Deminutiv zu Trdic.
hb. Perdrizet P. Inscriptions d'Acraephiae. Bull. 23, 91—96.
Im Dialekt (jüngere Inschriften).
56. Beohtel F. Zur Kenntnis des Eleischen. BB. 25, 159-163.
1. Die Zeugnisse für die Psilosis K& = Kal 6 u. ä. beweisen
•ebensowenig für Psilose wie lokr. kö und TTCvropKiav [? vgl. Ref.
Unters, über den Spir. asper 32, 37 t.]. 2. Die Präpositionen Kard
und TTOTi verlieren vor Wortformen, die mit Dentalis anlauten, ihr
t: KaTdv=KaTTÖv u. ä. ist nicht ein graphischer sondern ein sprach-
licher Vorgang. 3. 'AXacuf^c weist gegenüber ßaciXdcc auf älteres
•^F€C 4. X€o(Ta-v, nicht XnoiTav : ein Verbum X€iw (vgl. auch Xcioc usw.
im Gesetz von Gortyn) wird durch eine kretische Inschrift des 4.
Jahrb. (Amer. Joum. of archaeol. sec. ser. 1, 192 nr. 19) erwiesen.
224 IV. Griechisch.
57. Bröal M. Deux nouvelies formes ^l^ennes. Rev. des Et. gr. 11^
99-11^).
1. br)X6)Liiip aus byiX6|Li€vc=br|^<^M€voc. 2. dbcoXTubhaie zu dbcXr^
'efifacer' mit parasitischem a. (Beide Formen auf der neugefonde-
nen elischen Inschrift in den Jahresheften des österr. arch. Inst.).
58. Wilamowitz-Moellendorff U. v. Grammatisches zu Benndorfs-
Urkunde von Ephesos. Hermes 34, 209—212.
59. Haussoullier B. Notes d'^pigraphie Mil6sienne. Oucpio, Q^wpiOr
ecopia. Rev. de philo). 23, 313—320.
Das Wort, welches sich öfters auf (späten) Inschriften findet,,
bedeutet soviel wie cöujxCa (Festschmaus, Bankett), vgl. BuuipdcOat
und öuujpöv bei Hesych; 6uu)p(a ist die iirsprüngliche Form.
60. MdTcac M. *ETnTpa<pa( EijßoCac. 'Aenvö 11, 265-300.
Darunter eine kurze archaische Inschrift aus Chalkis (nr. 22).
61. KoupouviuÜTiic K. *EinTpaq>al XoXKfboc Kai *Ep€Tp(ac. *E(pr|fji. dpxaioX.
1899 S. 133- 147.
Nr. 10 kurze archaische Inschrift; die sonstigen Inschriftea
ohne sprachliche Bedeutung.
62. Wilhelm A. Altattische Schriftdenkmäler. Mitteil. 23, 1898,,
S. 466—492.
Erörtert die ältesten attischen Inschriften mit Bezug auf ihren
Schriftcharakter.
63. Jahn A. Glossarium sive Vocabularium ad Oracula chaldaicn^
a Clerico post Patricium et Stanleium sub falso nomine Oracu-
lorum Zoroastris mendose edita, nunc vero fontium ope correcta.
Rev. de philol. 23, 193-225.
64. Heine G. Synonymik des neutestamentlichen Griechisch. Leip
zig Haberland. XXIV, 222 S. 4 M.
65. Enmann A. Zur altgriechiscben geographischen Onomatologie.
II. Grai, Graeci. Journal des russ. Ministeriums der Volksauf-
klärung. Abt. für klass. Phil. 1899. S. 33—47.
Über den Inhalt s. Wschr. für klass. Phil. 1899, 1069.
6Q. L6vy J. ncXacroC Rev. de philol. 23, 332 f.
Eigentlich bedeutet TT. die "Grauen", dann die "Alten", die
"Vorfahren".
67. Pick A. Altgriechische Ortsnamen VII. (Schluss.) BB. 25-,
109- 127.
Berichtigungen und Zusätze zu I— VI. Schlussbemerkungen r
Ablehnung semitischer Ortsnamen auf griechischem Boden. Über den
Wert der Namenforschung.
68. Bechtel F. Neue griechische Personcnnamen. Hermes 34, 395
-411.
Behandelt die neuen im 3. Bd. der Inscr. Graecae insularum
sich findenden Namen.
69. Bechtel F. Der Frauenname ^Airdni. Hermes 34, 480.
70. Meister R. Der lakonische Name OißäXoc. KZ. 36, 458 f.
Zu *oiFä aus *öFiä = Kuj|LiT], q)uXf|, vgl. olai bei Hesych; auch
IV. Griechisch. 225
djßd aus *d)?iä gehört hierher. Das Wort bedeutete ursprünglich
'Schalweide'.
71. Wilamowitz-Moellendorff U. v. TTdcv^c und Mdcviic. Hermes
34, 222 f.
72. Kretschmer P. Etymologisches. KZ. 36, 264—270.
Darin 6. dcx^buipoc (Name des wilden Ebers in Sizilien) aus
dv-cx€- und bopFo- (böpu) 'Trotzespeer'. 7. 'OHuXoc zu ÖEuXov • olcöEuXov
Hesych, ursprünglich ein Baumdämon.
73. Prellwitz W. Etymologische Miszellen. BB. 24, 215-218.
17. 'Air^XXiuv (kypr. 'AirciXiuv) 'AiröXXwv "AttXouv zu einer Wz.
diTcX- 'kräftig sein', ion. dvr)ir€X(Ti dcO^vcia [dazu Nachtrag S. 291 f.].
18. Tr€piTm€KT€iv 'unwillig sein* von *ä-|n€KToc zu lit. m^gstu u. verw.
'jemandem Wohlgefallen'. 21. öppu)bif)c öppuub^w, ion. dppuub^w : d priv.
-f '^f>(uboc 'Kraft', letzteres zu lat. röbur (aus *ürödhös),
74. Thumb A. Etymologien. KZ. 36, 179—201.
Darin: 1. f\ia 'Spreu* und Verwandte, zu ai. Wz. as-, 2. rpdqxu
Verinnen machen', zu got. dröbjan usw. 3. q>dXoc q)dXapa, zu ai.
phana und phafa 'sogen. Haube oder Schild einer bestimmten
Schlange'. 8. xößäXoc zu got. höpan; das Wort scheint ins Attische
aus einem andern (nichtjonischen) Dialekt eingedrungen zu sein.
75. Mulvany C. M. Colours in grcek : HavGöc . TTopq)up€oc . XXuupiitc.
The Journ. of Philol. 27, 51-69.
Feststellung der Bedeutungen.
76. Adam J. Ox\ the word ßXocupöc. The Class. Rev. 13, 10 f.
Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist 'horridus*.
77. XarribdKic f. N. "Avneov koI dvicov. 'AGnvä 11, 262—264.
Bezeichnen verschiedene Beirriflfe seit alter Zeit und sind ver-
schiedene Wörter, die vermutlich aus Asien oder Ägypten ent-
lehnt sind.
78. Mommsen A. TdKoc auf attischen Inschriften. Philologus 58,
343-347.
Unter den Namen von meist weiblichen Kleidungsstücken,
welche in den Inventaren der Artemis Brauronia verzeichnet sind,
bezeichnet pdKoc ursprünglich 'ein Stück Zeug, das Menstrua auf-
genommen', dann überhaupt 'Dankesgabe für Erreichung der jung-
fräulichen Altersstufe'.
79. Osthoff H. alvoc. dva(vo)uia!, got. aipSj mir. oeth. BB. 24, 199
—213.
Der Begriffskern der Wurzel ist 'bedeutsame Rede'.
80. Stengel P. irtdplacQai bcirdccciv. Hermes 34, 469—478.
Sakrale Redensart: 'mit den Bechern die Weihegabe aus dem
Mischkrug schöpfen'.
81. Ziehen L. €öctöv. Mitt. d. arch. Inst. 24, 267—274.
Das Wort cöctöv, welches in einem Sakralgesetz aus Attika
(CIA II, 631) und Miiet (Bechtel Ion. Inschr. nr. 100) vorkommt,
bedeut<*t ein "Opfertier, dessen Fell gesengt wurde und deshalb für
den Priester nicht zur Verfügung stand".
82. Gruppe 0. Bericht über die Liiteratur zur antiken Mythologie
und Religionsgeschichte. Bursiaus Jahresberichte 102, 133 ff.
226 V. Albanisch.
83. Brown R. Semitic influence in Hellenic mythology. London
Williams u. Nor^ate 1898. XVI, 22« S. 80.
84. Tsountas, Manatt and Dörpfeld. The Mycenaean Age. By
Dr. Chr(\stos Tsountas, Ephor of Antiquities and Direktor of Ex-
eavations at Mycenae, and J. Irving Manatt, Ph. D., LL. D., Pro-
fessor in Brown University. With an Introduction by Dr. Wilhelm
Dörpfeld, a Map, Plans, and Tables, and over 150 Illustrations,
including niany full-page plates. I vol. H^o. 6 $. Boston (U. S. A.)
Houghton Mifiin u. Ko. 1897.
This work on the monuments and culture of pre-Homeric
Greece is bascd on Dr. Tsountas' MuKf^vai Kai MuKi^valoc TToXiticmöc
(Athens, 1893). To bring the subject up to date, and adapt it to a
new and larger audience, a nieasurably new work has been pro-
duced by collaboration. To this collaboration Dr. Tsountas has
eontributed the material oft bis Mykenai, enriched by uumerous
MS. annotations, as well as a füll discussion of Mycenaean writing
and copious notes on the latest Mycenaean finds in Attica and eise-
where. All this material Professor Manatt has fully utilized, and ic
forms the substantial bodv of the book. The Introduction is from
the band of Dr. Dörpfeld.
85. Ejellberg L. Über den Ursprung des Asklepioskultos. Eine
Erwiderung. Kranos. Acta philologica Suecana. Vol. IL 1897.
S. 125-30.
Gegen Steudings Kritik (Wochenschrift für klass. Phil. 1897.
Nr. 33—34, Sp. 905 ff.) von des Verfassers Studien über den Ursprung
des Asklepioskultes (Spräkvetenskaplige Sällskapets Förhandliugar
1894-97. S. 12).
86. Kjellberg L. Über die Heimat des Asklepioskultes. Eine Anti-
kritik. Kranos. Acta philologica Suecana. Vol. III. 1898—99.
S. 115-1-28.
Gegen Thraemers Kritik von des Verfassers mythologischen
Untersuchungen znr Heiniatfrage dos Asklepios. (Berliner Philol.
Wochenschrilt 1899, Nr. 8, Sp. 23G ff.)
87. XarZiibdKic f. N. N^ai dnobeiEeic On^p toö 'EWiivicjaoö tuiv Mqkc-
böviüv. *A0nvä 11, 129-157.
Als Beweise für das Griechentum der Makedonier werden her-
vorgehoben: 1. die Verwandlung der Mediae as))iratae in tenuP8
aspiratae, die sich aus der HaucluUssimilation in Kۧ\d, ir^xop^ ^^^^'
0OC ergibt; 2. die Zugehörigkeit zu den cew^i/m-Sprachen. Das
Makedonische ist ein Dialekt der griechischen Sprache.
88. Oberhummer K. Makedonien und die Makedonier nach M. G.
Demitsas und G. N. Hatzidakis. S.-A. a. d. Berl. Phil. Woch. 1898,
18, 19. Berlin Calvary u. Ko.
Freiburs' i. B. A. Thumb.
e
V. Albanisch.
1. Pedersen H. Albanesisch und Armenisch. KZ. 36, 340—41
Im Alb. und Arm. stimmen ausser den schon früher bekannten
auch folirende Wörter überein: 1. ar($i 'Weinstock' : arm. orf BB.
■e>
V. Albanisch. 227
20, 231. — 2. zog 'junger Vogel* : jag, — 3. hüte 'weich' : but, —
4. s 'nicht' : 6 'nicht*. — 5. Nom. ngcnt. auf -es : -U. — 6. Noni. act.
auf 'U 'je (urspr. 4jä) : Infiu. auf -/, KZ. 33, 540. — 8. arm. linim
* werde* alb. kle 'war'? — 9. arm. utem 'esse' eker 'ass' : alb. ha
he-ngra 'ass*.
2. Pedersen H. Die Gutturale im Albanesischen. KZ. 36, 277-840.
1. 8- im Alb an. Will man die Entwicklung der idg. Guttu-
rale im Alb. verfolgen, so muss man auch auf die Geschichte des
jfLnuts achten. Der hUufigste Vertreter von idg. h ist ä, von dem
auch die abweichenden Entwicklungen ausgehn. Neben rf- erschei-
nen h- und g . Pedersen hat IF. 5, 64 überhaupt geleugnet, das«
idg. .V als alb. h auftreten könne, es sprechen aber dafür ül {hüi)
*Stern' aus sulno-y helk *ziehe* (aus sojkejö) ^Xkiw sulcus,
1) h aus ^ vor urspr. hintern Vokalen (Brugmann Grundriss
1*, 756). Die Doppelheit h : ä gilt auch für den Inlaut (trotz Mever
Alb. Stud. 3, 62), vgl. kohe 'Zeit* aus *kesä. Sonst S. s ist vor der
Berührung der Römer und Albanesen zu h geworden, die lat. Lehn-
wörter nehmen nicht daran teil sondern haben .«f aus s. In echt
alb. Wörtern erscheint kein s vor hintern Vokalen, sure und ml
sprechen nicht dagegen. Nur scheinbar widerspricht Ai 'Regen' :
ö€i, denn ausl. ü üs ist zu i geworden (ausl. alb. ü geht auf o zu-
rück). Mta hat s analogisch nach *.vi 'Schwein', ioh *sehe' geht
auf aekf^skö oder Aor. sek^^'s- zurück (: got. saifva).
2) In 3 Wörtern durch Dissimilation die Laute, die sonst k
vertreten.
3) g für anl. si g aus .«;, das zu 2, weiterhin zu j ward, wenn
es vor betontem Vokal stand. (Die aus idg. palat. Tenues ent-
i^tandenen Spiranten müssen damals noch Affrikaten gewesen sein,
da sie nie stimmhaft erscheinen).
A) d = s (BB. 20, 238) wegen dief (aus svel-) 'Sonne', dergem
'bin bettlägerig' (: sergü)^ dirse 'Schweiss' (: svedas) und derd 'giesse
aus' (unsicher). Der stimmhafte Vertreter z des s hat sich also in
g : d gespalten, und zwar erscheint d vor v.
b) ts nicht U (IF. 5, 38), sondern ^, vgl. per-po.^ 'unten* (pidsu)
— fc-f-.v, s-^k wird stets Ä; Schwierigkeit macht nur dja&te 'dexter*.
IL Die idg. Gutturale. Gegen Hirts Versuch (BB. 24, 2 18 ff.)
die Palatale aus reinen Velaren herzuleiten, der zu Gewaltsamkeiten
führt. Die Scheidung der idg. Sprachen in zwei scharf gesonderte
Dialektgruppen: satdm- und ccn^i/m- Sprachen wird abgelehnt; es
besteht überall ein Übergang, nirgends eine Kluft. Eingehende
Auseinandersetzung mit Hirt (IF. 9, 203) über das Verhältnis des
Germ, zum Slav.
III. Die Wohnsitze der alten Illvrier. Auch die Theorie
Hirts über die Herkunft der Albanesen (Festschrift f. Kiepert S. 181 ff.),
die sich mit der Paulis (Vorgriech. Inschr. v. Lemnos 2, 2(X)) deckt,
wird abgelehnt. Allerdings ist der l'nterschied zwischen 'Nord'-
und 'Südillyr.* sehr gross; es handelt sich um 2 ganz verschiedne
Sprachen: das sog. Nordillyr. ist keine illyr. Sprache. — Die ety-
mologisierende Deutung der Wörter einer unbekannten Sprache ist
überhaupt unerlaubt.
IV. Die Entwicklung der idg. Gutturale im Alban.
1) Das Alban. ist die einzige idg. Sprache, die alle drei Gut-
turalreihen unterscheidet. Idg. k^ erscheint im Alb. vor e, i als
8, während k stets durch k vertreten wird. Vgl. pese '5' (s nicht durch
Erweiterung mit -tiä zu erklären), sa 'wieviel* usw. (Neutr. eines
Stammes k^ijo-) sil 'Auge' : ak\8. zjarm 'Hitze' : gharmds. Weniger
228
V. AlbAnisch.
sicher sind 8 'nicht' : arm. f 06 'nicht*, sjei 'bringe' : ^vt^XXui. Suffix
'S z. B. mbjeies 'SÄmann* -es : arm. i( idg. -ik^jo-. Wechsel von s
und k : vdes 'ich sterbe' : vdikure 'gestorben' usw. Der labiovelare
Charakter des k nicht zu erweisen, zoru 'Herrin' : iena \*gHniß)
oder Kompositum zot = g^ijä-pti (: ai. gdya 'Haus, Hof* und paii-).
Neben s iind z treten 0, d 6 nicht auf.
2) Über k g im Alban. 5 Klassen sind zu unterschieden: 1} g
aus idg. H oder j. — 2) k g aus W, gl, — 3) Lat. und jüngere Lehn-
wörter. — 4) Die Fälle, wo der mouillierende Vokal erst aus einem
hintern Vokal entstanden ist. — ^) k g neben k q durch analog.
Ausgleichung. — Von Bedeutung sind dagegen: ^er^ : xavbdvui . der-
gern 'bin krank' : sergü . ergU 'kleine Laus' : erk^ . n§if kir 'mache
heisser* : K^pxvoc 'Heiserkeit*, helk 'ziehe' : ^Xkui, kek, koke 'Zeit' :
6afih. kei 'bringe': x^Xo^ai. ks^ 'schere* : kertu, kep 'nähe' : capio?
kij 'futuo*. — Alles also reine Velare.
3) Die idg. Palatale im Alb. a) k § §h erscheinen zunächst als
6 b; 6 wird ani. zu d, kann aber durch Sandhi erhalten werden.
Belege: d^tte 'herb* : asztriis 'scharr, hads 'Saubohne' : <paKf| . ^am
'Kornelkirschenbaum' :cornti«? t^arp^ 'sauer' : occrötw. ^ei«' Franse*:
&äkhä 'Ast, Zweip'. deU 'tief : koiXoc »Üna- 'Leere*, ^r 'schlachte* :
ifndti . dtri denl 'Niss' : Koviöcc . ^om 'sage' : ^qsämi, &ua 'Finger-
nagel* : aw. späma . pu& 'küsse', puMs 'ttige ein* : iruicvöc . td "hin-
ter* : isz . darde 'Birne* dx€pboc 'wilder Birnbaum', ddsenu 'Hochzeit' :
tAmoc . der 'Schwein' : xo^poc- dena 'ich liebte* : aw. zaoAa- 'Wunsch*.
dinur : x^t^ubv . dje 'gestern' : hyan. djebe 'Wiege* . dore 'Hand* :
X€(p. düh 'Wachs* : xüXöc *Saft' . daif 'saure Milch' : y6ka. dtmb
'Zahn' : zqb^, dembt 'schmerzt' : jambhdyati. de 'Erde' : xö^> zemlja.
Sender 'Schwiegersohn' : z^th . dl 'Ziege* : ozys . djes 'scheis.se* : ha-
dati . barde 'weiss' : bertszta . erda 'kam* : ^pxo^ai. herSe 'Hode* : aw.
9r9zi. lid 'binde' : ligäre, maS 'gross' : m^TOC. mard 'fröstle* : ab<r.
mraz^ . mb leS 'sammle' : X^yiu. möduie 'Erbse' : mözis 'Kleinigkeit**?
1/(5« 'Weg* : veho. viS 'Ulme* : russ. vjazh. vjeA 'stehle* : veho? zrjerd
'entwöhne' : verziii? keö 'Zicklein'.
4) s z aus idg. I^alatalen: tsap 'Ziegenbock* : caper? Wohl
slav. Lehnwort, pdtsds 'berste* : pVeszin 'reisse*. Das alb. Wort
wohl lautmalend, aofs 'Krähe* : abg. soraka 'Elster' szdrka. Gnif.
kvarkä . fnimbule . sup 'Schuller* : süpti^ . sulem 'stürze mich' ;
s^lati? vis 'Ort* : o!koc . käs 'nähere* : kasati se^ . Zf. 'Stimme' : zvom.
Idg.
kv
Alb. I ku c« k
Alb. II
fcw S**
Alb. III k s
k
Tabelle.
k \gv{k) g{h) I g{h)
tu
tt tjöj
tH ' tj dj
s tj dj
tj dj
8 i
VI. Italisch. 229
zet '20' : vlgintl . zog 'Vo^'el' : arm. jag . zors 'Darm' : zdrna . ndes
ist neiiorriech.
Die Vorstufe für 9 var s Warum ward dies gelegentlich zu
4f"? Das benachbarte v war daran schuld.
Inlautendes kr wird Jir: vjehePe 'Schwiegermutter'; anl. gn
wird n : noh 'kenne' : knäew^ Ig wird l' : injel 'melke*.
W. Str.
VI. Italisch,
a) Allgemein Bibliographisches« Taria.
1. Bibllotheoa Philologica Clnssica. Index librorum, periodicorum,
dissertationum, comnientationum vel seorsum vel in periodicis
expressarum» recensiouum. Appendix ad Annales de studiorum
quae ad scientiam antiquarum reruni pertinent progressibuss. VoL
2B. Lipsiae apud 0. R. Reisland.
Stellt bes. in den Abschnitten : II 2. Scriptores Lntini. III Ars
grammatica. 1. Grammatica generalis et comparativa. 2. Prosodia,
metrica. 4. Grammatica et lexicographica Latina. X Epigraphica.
hierhergehörige Littera'ur zusammen.
2. Pauly-Wisso^ra Realcncyklopaedie der klassischen Altertums-
wissenschalt. Stuttgart Metzler.
Der <i. Halbband erschien 1899 und umfasst die Artikel Cam-
panuH ager-Claudius.
b) Geschichte der Grammatik, c) Grammatiken.
Sp**achge8chicliten.
3. Antonibon G. Supplemeuto di lezioni varianti ai libri de lingua
latina di Marco Terenzio Varrone. Bassano. 187 S.
Inhaltsangabe s. WtklPh. 16, Sp. 841-842 (M. Rothstein i.
4. Mackensen L. De Verrii Flacci libris orthographicis. Commen-
tatioiies philol. Jenenses VI 2, 1 — 62. Leipzig Teubner.
I. Commentariolus isagogicus. (Geschichte der studia ortho-
Eraphiea im Altertum ) II. De ratione quae interest inter Scaurum,
ongum, Quintilianum, Victorinum. III. De Mario Victorino. IV.
De ratione quae intersit inter Quintilianum et Verrium. V. De
Terentio Scauro et Velio Longo. VI. De reliquiis Verrii de ortho-
graphia librornm apud Fe.stum et Paulum inventis (Zusammen-
stellung dieser Reste S. f)0 — 59, grammatischer Index zu denselben
5. 59-61).
5. Gauer P. Grammatica militans. Berlin Weidmann 1898. 16S S.
Das Buch bringt zwar nach seinem Untertitel nur Erfahrungen
und Wünsche im Gebiete des lateinischen und griechischen Unter-
richtes. Aber die Notwendigkeit grammatische Probleme für den
Schüler kurz und klar zu formulieren, sie ihm induktiv oder deduk-
tiv nahe zu bringen, führt hUufig dazu, in diese Probleme tiefer
einzudringen. Ich verweise besonders auf die Kapitel VI. Zur
Kasuslehre S. 7H— 86 (Abi., Abi. abs. schon S. 42 ff., Acc. graecus
interest, Dativ beim Passivum). — VII. Tempora S. 87—99 (Vor-
zeitigkeit schon S. 46fif.). — VIII. Modi S. 100-110 (Potential und
230 VI. Italisch.
irreal). — IX. Hauptsatz und Nebensatz S. 111— 1?8 (Ursprung
d«*r Relativsätze, relativischor Anschluss, konjunktivische Relativ-
sätze, indirekte FragesHtze. Kntstehung; von Konjunktionen, inner-
lich abhängige Sätze). — X. Bedingungssätze S. 129—144. Im
5. Kap. Historische G a ni rn a t i k äussert sich der Verfa.<iser aber
das Verhältnis von Schule und vergleich. Sprachwissenschatt.
6. Lane G. M. A Latin Gramniar for School and Colleges. New
York and London Harper u. Brothers 1898. XV, 572 S.
Vgl. Ain. Journ. Phil. 20, 320-328 die ausführliche Besprechung
von E. P. Morris.
7. Mohl F. G. Introduction i\ la Chronologie du latin vulgaire.
6tude de philologie historique. (=Bibliothfeque de rficole de»
Hautes fctudes. Sciences philologiques et historiques. 122™«
Fascicule). Paris Bouillon. XII, 335 S. 10 f.
I. Le Probleme du latin vulgaire. § 1 Apercu historique
sur la question du latin vulgaire. — § 2—5. Les fonnules chrouo-
logiques de Gröber; la 'prisca latinitas'; le latin des proviuces. —
§ G. Le vieux latin dialectal d'Italie. — § 7—8. Le principe de Tunite
du latin vulgaire. — § 10—12. La methode des reconstructions. dis-
tinction entre le roman et le latin vulgaire proprement dit: analyses
de quelques exeuiples.
II. Coup d'oeil gen^ral sur les origines et le. deve-
loppement du latin vulgaire. § 13—18. Kxamen critique des
theories modernes; Pott et la 'lingua franca*; Fuchs et le 'Volks-
latein*; Jordan et le 'latin municipal'; le latin des inscriptions; la
theorie de Max Bounet et les rapports du latin vulgaire avec la
langue litt6raire. — § 19 — 21. Le vieux latin dialectal de Tltalie et
des langues italiques; la 'peregrinitas italica'; influences des dialectes
itnliques sur le latin litteraire. — § 22—23. Le latin dans les pro-
vinces; les pretendues langues mixtes. — § 24—26. Persistance des
idiornes barbares; exeniples de l'Espagne, de TEtrurie, de la Mcs&a-
pie. — § 27 La ronianisation des provinces. — § 28—30. Influences
des idioines barbares non italiques sur le latin des provinces; influ-
ences ccltiques; vocabiilaire, niorpliologie. syntaxe. — §31. Caractere
artitieiel de la latinisation des provinces: l'unite lingiiistique de
rEnipire.
ITI. Constitution du latin d'Italie. § 32-34. L'unifica-
tion de la langue vulgaire et la disparition des anciens patois latino-
italiques; les patois conibattus par la langue ot'ficielie. — § 35. La
Guerre Sociale, dato critique dans riiistoire d'Italie. — § 36. Les
ancit'ns dialectes du Latiuni. — § 37. Etat des Italiotes avant la
Guerre Sociale; la latinisation de ritalie. — § 38. Le latin chez les
peuples sabelliques. — § 39—40. L'onibrien; les TabUts cngubines
et leur Chronologie. — § 41—42. Persistance des dialectes osques;
öurvivances modernes. — § 38—44. Caracteres du laiin dialectal de
ritalie avant la Guerre Sociale; TOmbrie; Ic Picenum, le latin de
ritalie du Nord. — § 45—49. Les anciens patois locaux chez le^
Peiigniens, les Marses, les Vestins, dans l'ltalie du Sud; preniieies
contaminations de l'osque par le latin. — § 50 — 52. La Guerre Soci-
ale et Res resultats en Campanie, dans le Samnium et la Lucanie;
Chronologie de la Table de Bantia. — § 53—54. Peuplement de
ritali(^ du Sud et ses consequences lingnistiques. — § 55 — 56. Con-
stitution de la nationalite italique et unification du latin vulgaire
d'Italie.
IV. Uestaurations et influences litteraires. § 57—08.
Hp
VI. IlHliBL-h.
281
L'ltrtlli- et BCB proi-i
S r.9-60. Car«ciörc§
iiccb; uiiiticiiiion
dti Inliii d'Itnlii';
progri'i
cffacüii
naive de rEmpirt!. —
ifiit des Unit» dinlpu-
laux sohs 1
'iiitlupni'ü
ßVRiHliHsi.nrc lic
In Inniniu ofHvielli'; liist
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ilii iniisciilin. — S SO. An
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Ijjii- rinna l.-i
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ili-(:liiini§DiiH. — g
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Noiiiiii. pliiv. lV<ii:
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. Hihioiru dfH uoniiii- phir.
Witoi 'Im' tlu'z li's populiiiioiia celUqufH, en Onibric et K'!"''''"l'^i"*"'t
; IfM rKiiiliiiiiit i'ii '<!«»'. — i 'JO— m. ExHnieii dcH t'aiiM diina
V$H biliii viilgniri' t-t In HiUhii'; r^Hunic des dnnnäi'» liiiguiHtiques. —
m% 9ä— !>H. Rest iiurnil Oll ik-s iioniin. plur. uii T ilanti In Tmiiiinlpiiie;
E'Mwti de res tnu rat in 11 ilu j^^iüt. plur. et du cnniparatll'.
'^ V. La lalinite des province», S 94— 95, Cftractirea et
origfiH'H dn liujii Aes prtiviin-i-K. — § M— 99. FornmlcH cbroiiolngi-
que^; Ic laiiii (rAtriqiu-; lu latiii d'KHpnjjfiic; ft|ipnurriitsenieiit pro-
■creeiiit' du svtttj.'in<; vcrbnl. — ^ liXI— 101. AruiiaTHiiii-a dniis lu Intin
di-ü Ganli-K. ~ i lOJ-103. SiirvivaiiupK diaU'cliiic» cii llalje. - § 104
— 106. SitiiiUioii piii'ticiili^ru de la Daclc: iiiij'orlHlioiix provinciiiles
et Schangi'M r^tiproqui'H,
VI.&tnblUHHUient d'unechroiiolo^ie, §109-114. Cnrac-
tftre cotnplcxe du Isliii vul^nire; dil'ficuli^s et häsilntlnns de la chrnno-
lOKii«; enSHi d'uni! detcrnilnation clironologiqutt ot (opograpliique
du groupe 'r\f\ le groupt) 'al-\ etü. — g 115—116. Etahlissoini'nt
d'uiie inelliodi'; thi-oiioloKic gfnöralo du latin vulfraire. — § 117.
Tremifei-e periode': Fonimtlon den dialecteg latiuoitallques. —
I 118— 130. 'Üeuxiämc pfiriode': Constitution du Intin g^neral
Ä'italie; Iriomptips du vncalisme itnliquo sur le vocaliäine laiin.
jBJBtoir« dos guttiiralee en latiii vulgaire; nrigiiie et chrotiDlogie de
V (S 118—119): groupes 'W vfcV {§ liO-121); timoignagea hietori-
quea et (;|ilsraphiqu«it (ä 152—124); histoirc de 'ff, j"; de 'nif; te
proiiom "UffO^CS I:S— l-27l; le« groupes Vr, H, d' (S l:iM-13ü). — § 131
— 133. 'Troisieme periiide": Unillcntion du laiin imperial. —
S 133. 'Quatri£;niu p^riode': D^coinpoaitioii du latln vulgaire
imperial. — Index.
Vgl. die Uesprechmig W. Mev.iT-Lühkes im ALL. 11, 598—
G02 nnd die von M. Bieitl im JS. 19«) Mars S. 137-147.
d) Schrift. Aoi^prachp. Akzent, v) Lanllflirp,
8. Back C. D. Notes on Latin Orthography. Cl. U. 13,
-119;
The Spellin«^ aputn», optineo, etc. Vgl, auch urps, Irape; da-
gegen lob«?», acrtbn. (S. 117— llö). — The Spiilling »eruit» (seriw*),
vuUtui {voUm) - eeus sei-untur, fXii. (S. 118—119). — Assimilation
in PrepOHicional Cnmpoundg. 'We muBt uot fall lo rui:ognixe
whnt the graniinnriaiis did not suspet-t, uamely that thu prcaence
or ab^ence ol assiiDÜalion in prcpoaitionnl conipouiidH is not mereiy
a niatirr ot' phonetic law, bui tlial tlie psych ologii^til elemcnt, tlie
Intiuence of the normal lorm oi' ilie prepoBitioii is a inoät Imporianl
252 VI. Itiilisth.
fRptor'. Es folge« Beispiele für die Suhrelbuiigeti ad-f-, ads-, ad-n-,
ad-l-, ad-r-, eon-l-, eon-r-, in-l-, in-r- auT Tnschrilteii, in Handschrinen,
bei Grflmiimtikern. Jedü LnutvRrbinduiiK, ja jedes KnmpoEitTun hM
seine eig'tie Geschichte, vor Verallgemeinerungen wird gewurnt;
nie ist die Mn^^liclikeit eines ITnterschiedes zwisclien AuBspravIie ond
«tymo logisch er Orthographie ausser Acht ku lassen. Unter dem
Titel Sundry nllier Combinalians werden noch ein par weitere Ver-
bindungen mehr provisorisch behandelt; subrn-, ob^m-, eon- und i'n-
vor Labialen; ad-q-, ad-i)-\ ad-c-, ad-t-, ad-p-\ ad-gp-, ad-sc-, ad-et-.
ad-gn-.
9. Fasterding G. Zur Aussprache des Lateiniechen. N. Jahrb. f.
kl. Alt. 4, 396-397.
Wirkung mehrl'acher Konsonanz auf vorhergehende kurze
SchlusBsilhe im lat. Vers. — Proklitika wie sie sich aus Zeilen-
schlÜBSon z. B. in den vntikaiiischeii Fragmenten von Sali. hisi. 111
ergeben: contra n- pectatam rem, quo-m oraret. — 'Eine Folge voa
dieser jiroklitischen Anlehnung ist die Verkürzung der mir fnds.
ve und ^e zuflammen gesetzten Konjunktionen (feinde, proindt,
exinde. mue. neve, atque und neque ia dein, proin, exin {oder ftrim),
seu, neu, ac und nee; und zwar ist diese Verilnderung eingetTeien
vor konsonantischem Anlaut', sonst wlire der vorausgehende Kon-
sonant geschützt geblieben.
10. Por9bowicz E. Znaczenie synkopy dla usiroju form romans-
kieh. Ems 5, 39-48.
11. Hör ton- Smith L. Establishment and Extension of the Law of
Thurneyseu and Havet, with an Appendix on Lat. hau, haud,
haut and Qk. oli 'not'. Cambridge Mar.millan and Bowes.
Der Verf. hat hier seine Aufsfttze aus dem Am. Journ. PhiL
<16, 444-1G7, 17, 172-196, IS. 43-69), mit Index und Nachnchriß
versehen, als Buch herausgegeben. Vgl. Anz. 8 Bibliogr. \1I A
Nr. 34, 10, I 7G und VII A 46.
13. Oeci L. Studl latini I. Nome dl 'Roma' e le sorti del ditlongo
ou. Arch. glott. itaUSuppl.period. Sesta D!spen«a 1S9H. S. 19-ä»,
Gegen Solmsen, Stud, z. lat. Lautgesch. S. HS ff. 'Qunndo sari
inconiinciato il monotCongainento di oa? 11 dittongo sccondario (id
isterogeno, che h della etk della sincope, sorse al tempo doli' accen-
tuazione arcaica, prima cio6 del trisillabismo e della kgge dellx
penultima (r.fr. nüntius^=nöuentios). Ma al sorgere dtilla nuov«
nuceiitunziOne si avcva eerto ancora ou. E qujndi: Rdutnä e 'Üoti-
mänos', Oeci nimmt dann an, dass betontes oa zu ü, vortoniges ou
zu ö wurde (S. Sl). Der ganse weitere Aufsatz ist der Erklärung
der vielen Ausnahmen dieses Lautwandels gewidmet. Die lautK«-
eetzlichen Formen *Rfimä, 'Nülä, *glüriä, 'üHtim. •««««» sollen
das Überlieferle ö durch Analogie von liömAni, NStdni, ylöriitui,
ötiösus, nöH/lffinla und nöna^ti erhallen haben. Die nicht lauigo-
gesetzlichen f( in NücMa, Lücänus gehen auf volkstümliche An-
knüpfung an nüx, nücis und lücus zurück. Bei cöntio, cöntiönU
hat das lautgesc tauche ö dec Casus obliqui, bei nätrix, nütrlcü
das ü des Nominativs gesiejrt, In Ähnlicher Weise werden noch
besprochen: Ufenn Oufens; Piinilla Pöaitta, üpilio öjtüia, pömiiio
pümUio, bSstar büsiar, röbigo rübux rühigo rübnr; rärarii, Omen-
tum, tömejttum, latus; rttövierttum mötua, fömentwn fSlun; m&lo
WmtUlSnis. Änderte Erkllirunf;eii ah Solmufin verenuht Cfl'j seiner
KTh(?orie smiiebe auch luv nüntiare, lötun, die Adjekiiv« iiul' ■onus,
■Äi' Omen, prönus und ölim.
1 18. Muellei" Julius. De lilteris Je.l V latinis quomodr) a Granis in
I transcriptis Bomanorum noniinlbua expresfiae sint tapita trin. Disa.
I Marburff 1898. 59 S
Caput I. Dd i vocali. Behandele namentlich griech. t ffir
lal. r in FRIlPn wie KO>iiTiov, Afittboc, KaixeXioc, *\a(i^ioc, 'AvTicnoc,
Tepipiot, Altlnt. klang ( wie i', diese Ausspracho hat sich in der
priei'h. Traiisukriplion (besondei-s vor t d l n s) länger ei'balten.
Caput 11. D u vocftli. Lnt. p7 = griech. o, ou, u. Für di« beiden
ersten Umschreibungen wird auf Ditti-iiberger Uermes 6, 30S ff. und
auf Eckinper Die Orthographie lat. Wörter in griech. Inschr. ver-
wiesen; lut.i! = griech. u wird In verschiedenen Gruppen zn erklKren
versucht: Wflrter auf -«/uä ('PuJ^OXoc, Oauc-rijXoc nach AicxilXoc u.a.),
Superlative und Ordinalzahlen auf -umtts, -imug und Zusammen-
setzungen wie Pontu-ficiua und Ponti-ßciu», einstetne Falle, in denen
griech. u die lat. Auesprache ü* bezeugt {-uliun, -urius), Caput III.
De u cnnaona. Gegen Eckinger: nicht ou, sondern o ist im Wort-
anlaut die Jlltesle griech, Transskription; dagegen achreibt man ou
fär u mich anderen Konsonanten, u für u KwiscTien betontem Vokal
und t; jünger ist die Wiedergabe dtirch ß (gesprochen (0. Lat, qrti,
-jw(-=^ griech. Koin, icoi, xm, ku.
14. Birt Th. Beiträge zur lateinischen Grammatik. IV Über den
Lautwert des Spirilus H. Uii. M,, N, F. 64, 40—92 u, 201—247.
Birt wendet sich gegen die Ansicht, dass das Schriftaeichen
H im Latein und schon im Altlatein nichts als den Spiritus oder
den Hauch bedeute, der vor- oder nachstürzend das Sprechen eines
Vokales oder Konsonanten begleitet, ohne selbständigen lautlichen
oder proeodisehen Wert zu haben. Die lat, Grammatiker, welche
diese Ansicht teilen, übertrugen einfach diu Natur des griechischen
Spiritus asper auf den lateinischen Spiritus. Wir haben zwei Mittel
der Kontrolle, die Orthographie der ältesten Zeit und IhreVers-
kunst. Frikativlaut tcA) war inlautendes h allem Anschein nach
in FUlen wie osk, ehtrad 'extra', saahtüm 'sanctuni', iu Mahils
neben Magiium. in lat. fraho neben tragiüa. Wie im Osk. immer,
IM zeigt sich auch im Lat, konstantes h im Anlaut bis zur Mitte
:4ee I. Jahrh. (Erstes datierbares Beispiel für die Wegtassung erceis-
■amda CIL. 1. 205, 49 v. Chr.) Mit dicHem und ähnlichem ist au-
näcbst die ZulSssigkeit des Ansatzes eines festeren A-Lautes
für das Latein des 3. — 2. Jahrh. erwiesen. Wie steht es nun mit
dem metrischen Wert des A? Ohne Swelfel ISsst Flautus an zahl-
losen Stellen über anlautendes h hinwog Elision eintreten, betrachtet
^ also als Spiritus asper. Aber seine Sprache ist eine Sprache des
Vberganges; es gibt hflufige Fttlle, in denen A erstlich den Hiat
'erhindert, zweitens nicht selten auch Position macht. Beispiele
', 55— «5, daraus etwa
Truc. 541 A'ccipe hoc; ahdiice | AAsce | Äinc e conspectu Suras.
Bacch. 428 I'bi euren luctAndo | /tasta dfsco pugilaiVt pila.
Bei Flautus kommt auf je Tt Verse ei n Beispiel dieser A conaonans
«der A fortis. Dieser Laut des Ältlateins ist im Verl'allslatein wieder
Aufgelebt, aber auch die Elisionen bleiben möglich. Also: 'h quo-
tiens iuvat vocalem, consonans est: quotiens non luvat. nola ad-
apirationis est". S. 201 (f. werden orthographische Varianten in den
Sandsebriften zur Stütze der h foriis, der gutturalen Spirans ge-
■
VI. Ilalis.
Hnmniell. S. 208 wirft Birt ilic Frngf niif: win Intign bratniifl tue*
(jofiMonnns iii rtpr lilteimi Poi-tiie RoniH? In ilmi SnluriiierrPHttMi
findet Bkh noch kein Beispiel dpi- Vei-schleifunjr dee A; eie führtp»
Bin ziiiLüclist zuv Anselzung riner h lonis. (S. 54, S. 30S— 3t2).
Bei Terenz eniffillt aul' jv 3hO Vcree ein soklii-A h. Bei Ennias aiid
allen FnrtsetKern der griechisch bei'lnflussten Buchpocttie findet es
sich nicht mehr (S. 21B-219. 221). S. 222-223 folgen inschriftiiche
Beispiele, die doH Weilerlehen oder Wieder au lieben Ai-r h ennsannti»
verdeutlichen. S. 233—225 wird tliu Frage über diis Problem de« A
als Spiritus nspcr unil als gutturaler Spirans in den roinnni&i'heu
Sprachen gestreift.
Für folgcntte Wörter ergibt pich nach Birt (S. 225 ff.l eine
fvNiero AusBpvucliii diu h im Anlaut: hie haee hoc, hadie, habert,
habitare, homo. honteum, hospe», heri (Aere), haereo, haedus, hario
luv, hirquinu», kUlrio, haxta, holus. heus, hem, honor, haud; ferner
für die Lehnwörter hilar^it, Jierculen, hercle. Hegia, Hector, hyint-
tiaeua, Hanno. Dies« Autisprache erklUrt sich k. T. au» der Etymo-
logie des h: hie haec hoc zu idg. gho-, glie-, kodit falish. foied, homo
got. guma, hordeum neben fordenm, hoxpex {'hosti-potis) au hotlit,
fonliii, heri v.u x^^'i haedux sAhin. faeduK, harinlus neben fariolw,
höht» neben f'olun. Hanno mit phönixisehein eh. S. 238'~247 werden
nachträgliche l'laatuslieiBplele angelugt. "
IB. Petr V. J. Ober den Wechsel der Laute d und l im Lateinisclien.
BB. 2ä, Hell 1. 2, S. 127— Ifiö.
Uaupiresnlinre (S. 150): 1. der Übergang von / zu d, drn
manche Forscher annehmen, hat nie stattgefunden: 3. unter den
F&llen, in denen d za l wurde, sind mindestens IT sabinische; 3. in
den ungefUhr 16 lateinischen FSIien findet der Übergang des d lu
t ohne Ausnahme nur vor den pnlatalen Vokalen t und e statt, wo-
gegen er in den subiniechen Beispielen auch, obgleich sehr seilen,
vor a, o (m) vorkommt; 4. in vielen von den Ist. Beispielen wurde
der Übergang von d in l durch voiksetvmologlache Beeinflussung
ermöglicht.
Verf. weist über 60 F.lymologien. die einen Übergang von d
zu l vorausseizen, ab, Es bleiben 17 sabinische {NovensiUii, oon-
tvles aus ^conaodes 'Milsilzer', conitilivin, praesilium, soUno, soUuih,
soliar, süicemitim, giliqitaiitrum, Licemii aua Digentia, iarix, lau-
ruH, lepeala, Talus, Capitolitim, Cutiliae, famüia, Popitiiis Pompi-
litM) und IG lateinische Beispiele {alipen, baliolus, impeliwientum,
Uvir, lignum, Ujigua, melicae, meliponlus, midier, olere, pollinger*,
remellgo, gulea, Teletia, Thelia Ttba, ullgo). Von allen werden die
Etymologien besprochen. Am wichtigsten erscheint dem Verf. dM
Dritt« der genannten Hanptresultate. Er sucht es zu bekräftigen
durch den Nachweis eines paiatalen tf und eines palalalen l' im
Lat.-, das erstere IMast sich erschliessen aus dem späteren Sibi-
lanten dz und dem Zischlaut di, das letztere aus den F^rklllrungeu
der antiken Grammatiker überdie verHchiedene Klangfarbe des i.
Auch lautphyslologiscli ist der Übergang von d zu. l zu bcgrUnden.
Die vielen sabinischen Fülle linden in der Urgeschichte Homs eine
Bestütigung.
16. Weisabrodt E. De li et L uonsonaniium latinarutn mutua n-
tionc praccipuc e glosiariis. latinis iilnstranda. Inaug.-Diss. Com-
mcntaiiones pliilul. Jenenses 6, 2 S. 14ö-l!)3.
1. Exempla e glossnrüs Latinis desnmpla enumerantur (S. 145—
159). 2. De excmplis quae vel in scriptorum codicibus vel in tiluti*
VI. IWli^cl
285
170). 4. De
ordine at-
inoribiis singula
sermoni'
ml (S. 159—165). 3. De teBliiiiouiis vetcrum [S.
Wudiis lecentiormu (S. 170-173|. ö. Exempla glos
qae vatinne digeruntur [8. 173—181). 6. CJuibut "
fouaequ« exempln »int tribueiida (S. IHl— 184).
atque plubeio (S. 185-lUT). tj. ExuinplaLatina e Unguis Indo-
UfermanidH, praecipue e Graeea, illuslrnotur (S. lH7-lSt3).
Den Hauptnachdruck K'^t dir VerfasBcr auf die Beiapiele aus
ilen GloHsi-n. Einige mögen Tolgcnt Aeorus pro Aeolus, albor ~
arbor, atea — nrea, altus ~ artaH, ardol — ardor, aurtiea — avlaea,
prumaria — brumalia, coro calo, ctreber — cvleber, crepo — depo,
trura — dura, ehyo — trigo, eredux — elerius, fiamea - ftamta,
frayro — fraylo — flayro, limo — rimo, olea — orea, oscuror —
oeciilor, plttraria — pluraUs, purehra — pulchra, xaltum — snrtum,
^tvere — aorbere, verleblum — verleörum.
17. Diehl E. De «i tinali epigraphiea. (= Jahrbb. f, blass. I'liilol.
26. 8uppl.-Bd.) Leipzig T.-nbiier. 32fi S. Einzelpreis 12 M.
Capite primo prai-pnsilionum fata destripsiuius. ut pluresi
•CcUNBlivum regunt praepositionex, iia buius casus niulati cxülanC
{»Iura exeuipla. (ab aedeui, a cnput Afrli'ac, eum quein, de nomeii,
ex decrptu, in hoc Signum vint^es. pro eo et huos. sub die quarttim,
kd occidentc, contra voLu, ivit in puce. in Heteruo, üb meriiis, pOBt
teniplu, post toiisulalo). — Capite altei-o treu tractatae sunt reB,
iünamni quaeque ul initio per se Stare, ila diligtuter peraurutanti
■ dunbuH celens nullo modo Bpccrni poese videbaiur: dico quaestio-
^Oem metrii-am de M, S, hiatu. {-mst In lapidibux not) invenitur, de-
l^euB lere IspidPH praebent st. tertia omnium syualoeplies perseriptaa
^^«[cnipiorum pars (in libris Plauli) cum titulis consenlil, etiam in
codice Ambrosinao. ~ Hiatus: de M tln. ante H non eüsa, de M.
elisa, hiutus inter duns vocales et inter voca-
ilem + H, hintno inter vocaleni et H, liiatus inter duaa vocales. —
H (S) Hnalifl metro negle.'ta; M (S) Hnnlis inetro urgente omissa). —
Caput lertium bipartilione diviseria: proui M exciderit es arte
inddendi et grammatica. Adtractio, ("ea pecunia in ai
populi roinani inferri iubemus" quasi ea pecunia infertur).
ei a (septe, nove. i*-"- "-.ir.-.i . "„.«n,.^..™ ■,.ii.fn»„n.'-
*rf<.'
I salutarem ' Nomin.,
"collegiui
"debltuni commuiieni"* Äcc.) Voeabnlorum genus mucaium.
(monumentiis, latus; litulum. locum; castra, sasaGen. fem,). Decli-
nationum permutatio (ex decretu, ex iusu; ladibos, dibus). Ca-
suum Qiutatio (i;arere, frui, conlentus cnm Acc.; licere, invidere
eum Acc; i^pqui cutii Dat.). Caeuum periiiiuaiinnes in nieditv
aententia (quem cnslam binii =: quaf ciisia vixit, sc vivuin, bove
aurata vovpo, bovem nurato Ynveniux psse Tuturuni) Hypostasis
el conpofiita. (aninia adveriere, qne admoduni, duoviru). Cou-
pendia (voi-ct* in -ornni in Gernianiii). Margo «rgi-ns. Error
quadraiarii. Interpretatio dubia. Lapidis mniilatio, Vo-
' ealium 0 et V permutatio thonuro, amure, annus = snnns). —
KTribus CHpIlibus piioribus qnaccuuque non ad M iiilirniiiiii spectiiie
ff yid(;baiiiur txempla GeduiiinitiH, qunr to ipsam ri*ni iigtinssi Mimus;
l.jl tinnlem nniisFam et adlieinni (Mcmnria, ura (Vtit; iht.-iitiH ])08uil,
" ula dal; fcnlul('(ni); ilono, donn; iliulo, tiinlu; annnro, auaoru;
piuni, t'ccenin, leicru, icti-runii; oiiitortini,
nt Gen. PI. — Asinia ninriinm feeit, donstlnuia ciiutaui, ab L.
lin fclici ni — ton, cun, qiin nnd com. im .
Ter H'i-e niillrcns M tliiHlfin in liiuiis Intinis dcsiricmnius vcl
idiectam lidi'mus: milie dntenta tnniiim exeiiipln M iiitinnae adlri-
Wpre lii'Uit, nä hiKc qnideni uninin.
236 VI. Italisch.
Vorstehende Skizze ist aus dein Prooemium, Epilogus und
Arg'umentum zusammengestellt; die Beispiele sind z. T. aus der
grossen Sammlung ergänzt, die von S. 12—306 reicht und die dau-
ernde Grundlage älmlicher Studien bleiben wird.
f) Etymoloj^ien. Wortblldoiigs1f*liro.
18. Niedermann M. Etymologische Miszellen. DP*. 25, Hett 1. 2,
S. 76-88.
1. Zur altitalischen Ortsnamenkunde. Cal{l)ifae (Ort in
Samniuni) ist die osk. Variante von lat. Calidae sc. aquae, -do- in
calidos ginge also auf die Wurzel *dhe nicht *dö zurück. Dagegen
kann callidus 'weiss = gefleckt, weissstirnig, schlau* (zu caUum
'Schwiele'), umhr. tref buf kalehif (Tab. Ig. la 20) = trest bove^
calUdas nur ein Sullix -do- zur Wz. *dö 'geben' enthalten. — Fa-
gifulae (heute Santa Maria a Faifoli) wäre, lat. *Fagidula€, Ein
genaues Pendant zu einem lat. *fagidula ist ficiditla von *ficidus
'Feigenbaum*, ficu.s. Fac/ifulae ist nach der Buche benannt, der
scheinbare Plural kann, wie in A6Xq)oi *A8f|vai, ein Lok. Sg. sein. —
Fonniae, dialektisch Hormiae (vgl. filum — hilum ii. ä.) zu formus
Öepiicc, also Formiae sc. aquae, der Bedeutung nach, = Cal(l)ifae
sc. aquae. — 2. alienus ist nicht durch Dissimilation aus' ültereni
*ali-lnus (Skutsch) hervorgegangen, es ist auch keine Ableitung von
einem Lok. auf -ei oder oi (Brugmann), sondern es zerlegt sich in
*ali-ieS'nos; zum Komparativstamm *ali'ieS', *alie8- tritt das Suffix
-no- wie etwa in extemus. — 3. büfo 'Kröte', Dialektwort wegen de«
/*, zu ahpreuss. gabawo 'Kröte', nhd. Quappe, idg. *<y*ööÄo- und
*g^öbho-, im Lat. zu einem n-Stamm erweitert; reiulateinisch hiesse
das Wort *vöbo. — 4. inuleus 'Hirschkalb* mit 0. Keller zu griech.
CveXoc, Grundform *en(e)lo,s\ dazu auch armen, ul 'einjHhrige Ziege',
Grundform *onlos. — 5. perfica zu lit. kdrtis 'Stange', air. celfair
'Speer, Lanze', Grundform '^q'^ertri-^ *q^ortri-', pertica muss also dia-
lektisches Lehnwort sein. Der Schwund des zweiten r in pertica
aus *pertrica und in kdrtis aus "^kartHs erfolgte durch Dissimila-
tion. — 6. sibilus, sibilare, dialektisch sifilus, sifilare\ s scheint aus
SH entstanden zu sein, vgl. suiflum sifiltim (gloss. Hildebraudi p.279,
369). — 7. ienebrae. Idg. tami.srä setzt idg. Hemasrä voraus, diesem}
musste sich italisch zu ^teniasrä^ Vernafra, *temefra^ *temebra ent-
wickeln; auf einer dieser Stufen trat durch Dissimilation n für m
ein (vgl. franz. nappe gegen lat. inappa). — 8. vafer (echtlateinisch
vaber) 'schlau, verschmitzt' zum gleichbedeutenden lit. güdras, Grund-
form '^g^adhros.
19. Zupitza E. Etymologien. BB. 25, Heft 1. 2, S. 89—105.
Darunter lateinisch: ausculto. aus- das Wort für Ohr, culto
zu aisl. halla 'neige', vgl. ae. ähyld rne pin eare 'inclina aurem
tuam ad nie*. — conquinisco. Perf. conquexi 'sich niederbücken*
zu aisl. huika^ Prät. huak 'sich ducken, zusammenfahren*. — rlca
'Schleier* *vreikä zu ae. wr^on ahd. {w)riha7i 'verhüllen*.
20. Osthoff H. Allerhand Zauber etymologisch behandelt. BB. 24,
109-173. 177—213.
Beachte S. 131 fl'. lat. forma, *forg-mä oder urital. *forxmä,
idg. bhr^h-mä^ zu ai. brähmay air. bricht, aisl. bragr, urspr. 'Zauber-
Forinel, feste P^assung des Ausdrucks* (Polemik gegen Solmsens
Gleichung forma, '^mrgh-mä zu /iopqpi^, lit. m\rgu 'flimmern*, Grund-
bedeutung 'buntes Äusseres*); sehr ausführliche semasiologische Er-
wägungen. S. 169 Anm. 1 lat. via und osk.-umbr. Verwandte. S.189—
VI. Italisch. 237
191 lat. havere {hav^) steht in Wurzelverwandtschatt mit Ri.hävaie
*rutV; Grundbedeutung von havere 'anjrerufen werden, Gruss em-
pfangen'; havere und av^re 'begierig sein' stehen in keiner Beziehung
2U einander.
21. Br6al M. Varia. Mem. Soc. Ling. 11, 120-125.
Boutures verbales. Ganze Konjugationen können durch
den Gebrauch aus irgend einer Form des Verbums entstehen: griech.
^X^Kuu (ÖXXumO» öwüku) (b^6uj|ii), bfboiKiw, öok^uj Int. facio^ iacio^ fldere
aus *f%di (TT^TToiGa), delere aus del^vi neben delinere, averruncassere
von averruncassis. — Odi, odisse. In odio esse alicui *6tre A mau-
vaise odeur, k d^goüt k quelqu'un'. Wie kam man von solchen
Ausdrücken zum Verbnm or/i? Wahrscheinlich nmsste man zuerst
sagen: hie mihi odit, Persici apparahis mihi oderiint (^ mihi in
odio stmt). — Celebrare, c et eh er ^ celebritas. Celebrare von
calare (KaXtiv) ürspr. 'annoncier, prociamer'; zum Vokalwechsel vgl.
ßdpaOpov und ß^p€9pov; celeher slanunt erst von celebrare. — Le d
de fundere, Funde zu x^^ V"^ x^''vvu.;i aus *x^v6u)lii. — Arcera
"gedeckter Wagen* zu arca mit dem Sutfix -er-, wie in pulvis, pul-
veris^ und dem Femininsuffix -a — tStarites missi inschriftlich
überliefert, sich auf Gladiatorenkämpfe beziehend, im Sinne von
Aux vainqueurs la liberte {stare Gegensatz von cadere, occumbere). —
LonguSf largus zu \0T\äX.^\v und largiri, also urspr. moralische
Eigenschaften, erst später lokale Dinjensionen bezeichnend.
52. Skutsch Fr. Em. Praedo. Almen. ALL. 11, Heft 3, S. 429.
Em ist Imperativ von emere wie die, duc, fac, fer, vgl. Sto-
wasser ZöG. 41, 1087. Neue Beweise lür diese Annahme: 1) cw
wird im alten Latein nie elidiert, was sich nur aus Vokalverlust am
Schluss erklären kann, 2) em verbindet sich in alter Zeit, wo ein
Imperativ oder ein Dativ darauf folgt, immer nur mit Singularen. —
Praedo 'Jäger* (wie praeda 'Jagdbeute') bei Claudian. fescenn. I
12. — Almen = alimentwniy sonst unbelegt, richtig im Salmasianus
Poet. lat. min. 4, 394 B. = Anthol « S. -255 f. R.
23. Fay E. W. Latin fäs^ fänum. et leurs congenferes. Mem. Soc.
Ling. 11, 22-26.
G^^ic geht zurück auf *dhdms {^dhems) wie e^cq)aTov auf e^inc-
<paTov; aus diesen Formen dürfen wir auf eine Wurzel *dh^m' und
dhis- schliessen (ai. dhäm^an, 8^|i€9Xa, fa^nulus — dhäsi, 0€C|uöc, ne-
fastus). Fänum kann von *dhdsnO' (umbr. fesna-) kommen oder
die Klangfarbe seines Vokals ist beeinfiusst durch fäs von *dh9ms.
24. Kretschmer P. Etymologisches. 5. Lat. tempusy temperare.
KZ. 36, 2. Heft, S. 264-267.
Gegen Brugmanns Etymologie von tempus und templum (Ber.
ü. d. Verhandl. d. sächs. Ges. d. W. z. Leipzig. Phil.-hist. Kl. 1897
4S. 25. Vgl. Auz. 8 Bibliogr. I No. 79 und 10 Bibliogr. VII No. 30).
B. stellt tempus zu lit. tempiti 'spanne, dehne aus', lat. temptäre mit
der Grundbedeutung 'Erstreckung, Strecke, Spatium'; K. stellt es
zu thess. T^iunrii (*T£jutT€c-a) 'Gebirgseinschnitt', Usener Götternamen
^. 191 ff. gibt ihm die Grundbedeutung 'Himmelsabschnitt, Tages-
zeit', beide bringen es nach andern mit t^jlxvuü zusammen. K. hat
gegen B.s Deutung semasiologische Bedenken, da tempus nicht die
^ich endlos dehnende Zeil, sondern einen begrenzten Zeitraum, einen
Zeitabschnitt bedeute; wie generäre genusfacere^ müsse temperare
iempus fcLcere 'einen Einschnitt machen, ein Ziel setzen' bedeuten.
Tempus 'Schläfe' gehört wohl zu tempiü 'spanne'. Templum dage-
238 VI- halisth.
gim — vpl, extemplo = ex tempore — jrehfirt bu trttipnn, Ttßnr]. >rii»
p isr der gleichen Herkunft; daher die Grundbeileuiuiig Mus an»
Himmel abgegrenzte BeobachtungsFeld, der »treiig nbgi'greiiale Tpiu-
pelbeJiirk'.
-25. Diels H. Elemenium. Eine Vornrbeit «um griccliiiii-heii luirt
lateidiscluin Tliesanriis, Leipzig Teubiier. XVI, 93 S. 3 M,
"Die Untersuvliiing will die Eiitliiltung des BegrifleB lätvien-
tum (cTöixnov) iiiuerlialb der gric(.'bi»i.'b-i-Öiiiis('hen Kultur kur Aii-
Bebauung bringen. Die vier ersten Knpitel viifolgt'n die mnnnig-
Tnehe Prägung, die croixtSov von Aiilsn^ des vierien JHhrhmidertf-
nn in den PliilopophenBchulen erhalten lint. Zwei ivpilere legen ilie
Hierkn-iirdigen Umilnderuiiici-n rttir, die das spätere Grie.elieiiiuiii,
besnnderti 'Ihb Chrixteniuni mit dein überknniiiieneii Begriffe vorge-
nummeii hnt, bis BclilieBslicIi die neugriechische Bedeutung 'LUtnim
"iixfi IV
LVilcllNt. Zk
I Verhftiti
riei
■.■hifioLe
vird.
(lullm
keil
BedfulimgeM aulgeprflgi
alfi Lehnwort aita dem Gi
Buchstabe, wie solche
wurdenl etwa im drillen Jnlirliunderl xuiiHclist In di
gang fand, bia der Einflu»s von Cii-ei'o und Li
druck" in der philoaoplilseh
Schlnss wird die Ci\tiiflhed«-i
i» KU {TOiXOt llnrer-in-li' Un K Kn-
tlementum in '1 n'--' ■ ■ n l.ni'--
dHMS da« Wort ■ ■■ ■ /■••li
■ulung'ßuclisi^ii.: .■■ \; . iii<c-
'IXfiOV linhlll'lelirlr _. . ■ -ilifii
Es wird vermutet, diisr^" rliis Wort
seilen ietepantin» == elfeiibeiuernir
L'lien Elementarunterricht verwendet
Schule Ein-
1 "SebnUus-
Litlei'iitur allinflhlivh eiiinUrgerle.
26, Wendland P. Element. Pieuss. Jalirhb. 9H, !l'3-
W, miiebt hier dii' Ergebniaae von Diels Elemenium wel
Kreisen itugAiiglich.
27. Sommer F. Lateinisch mllle. IE. 10, 316—220.
Mille geht zurück auf *mlxll (vgl. auUa, archaisch t1lr atibi,
aua *aux/a wegen des Dvminativa auxilla); -xl-kann hIh die Schwund
stufe -^x/il- xur arisch -griei;h. Basis fitr 1000. ghe.fl- betrncbti-l wer*
den; "emi §thll ist eine alte l'eniiniuiHchti Zusunnnenrückung 'eine
Tausend heil', vgl. daneben da« ind. Neutrum sahäsram aus 'k^-
§hvslom.
2S, StowaBBer J. M. FoHmge. Z. f. d. 6sE. Gjmn. 50. 193— 19B,
FoHasne ist die unter einemHochtou KUaanimengesprocheue
Wortgrnppe fort'anse 'viellriclit (um) eiueii As* "etwa einen Deal",
4
vielh
'viellricln
Hnraz Sat. I 3, 30 nullan' kabes vitta? Unmc
•ines EigL'nschnli
demens
alia et fort'asne
I Positiv
lu Verbindung mit d
ein Abi. pretii:
Horaz Sal. I 6. de
iudicio volgi, ganu
'nach deinem Urteil um
agsia ist ein Gen, preiii.
<e(ni) sein.
29. Postgato J. P. Operativ B.ad operari. J. ol' Philol.26,3U— :m
Stellensummlung. Operatu» iit filter als operari, welches emt
bei dem älteren Plinius erschüint. Operaliu hat urspr. gar niclil»
'.a fort'a.
einen Heller gescheit'. Fortanais := fort''
FartaHae kann gelegentlich »uch foft'ün-
r
VI. IlHlisi
(li-rn Teiiipufi zn iliuii; es ist v(
-Toii mo». dntatu» von das. Audi a
jäiiffer a!"! ihre fojr. Fa«. perl", pass.
ao Plasberg 0. Mantiscimr und mantisa. Rh M. N. F. 54, 638-fi40,
Diu bt?i(len Wfirier sind ie ziveiiiial überlieferl: maniiscmor
Plaiitiih Capl. 89« und in de.Ji DoiiniSL-htdion y.w Ter. Eun. 2, 2.27;
■mantisa I'aulus epii. Festi S. 103 Thirwr. «iid Pctronius Kap. G.'i, P.
mjtTBi'lst vuintiaa mit 'Brüllte, Snuce', mantincinan init 'l'ür die
Saiii-Pii sor|;f!ii'. Die Wörter Kchüiuii Kugniiiiiieii. die Bildung man-
Üscinor aus mantiaa blt-iht in'tes uukitir. Anui. 1 S, 640 bringt die
bniidnihrittl. Vnriauteii ku maniiifcinor \mantissinor).
ai. Stolz F. Gloria. IF. 10. 70-76.
Diu alle Uuhnst^lie Gleiuhnnir glöria : nl. iravaH-ya-m 'Rutim'
JlsGt sich nur hniti-n, wenn man den Übergang des v.v\ erwartenden
tonlosen c |*dör/a) in d)is tönende ^ Auf Rechnung des Snlüsandhis
8cliri-ibt. Melir euipHe-ldr sicli eine andere Dentunp: glöria : *glö-
rare ^ adöria : aäör/ire; kii glöria nucli glarin 'nueoJiÖToc' und
vielluidii nbg. glan 'Ton, Stimme' (also glöria aus *glöaia); hin-
.sti'litliuh dos Vo)<nli»miis rtutit glöria zu glärin wie gnöacere au
gnärus.
.32 PreUwitz W, Et.vmolomisch.t Miazellen. BB. 24. 214-218,
S. ilG Turnus KU lit. tafnas 'Diener', Aus Jä-Iurna und jü-
£lans iA:öc pdXavot) läast sich ein Vollnarne *Jä himus zu der kür-
»eren Fftrm tumu» erseli Hessen. S. 217 forma, farfm mit Fti-U ku
ftrlre, Slammwnrt bhere, bhera 'durcliaclineiden', engl, brim 'Rand'
ahd. verbrämen. Die Grundbedeutung vnn forma wAre also 'Sclinitt',
rie zeigt sioh in forfex 'Schere' aus *form-fac-s 'Schnitt inacheud",
<Vgl, KU forma fJo, :;0).
.83. PreUwitz W. Ltit. fiägitium, lit. blögas. Ein Beitrag zur Wort-
heileutung und Lautlehre des Lateinischen, BB, 25. 280-286,
Fiägitium 'die Schündlichkeil' (moralisch und körperlich, wie
sie Homer an Thersites Schilden) von "fiägos, lett. bläi/» 'achwach
in Krankheiten, schlecht', lit, hlSgas "kralilos, elend'. Dazu fiägi-
läre 'heilig mit Fragen, Forc!eru:igeu in jemanden dringen': *fi3gär%
'schwach machen', also flögiiäre 'häufig schwach machen, durch
Fragen u. &. mürbe maelieii'. Anlautendes ml- im Lateinischen,
M. PreUwitz W, Äclütum. BB, 25, 287-288,
Actütum 'alsbald, soglidch' : aetü (Instr. eines u-Stammes)+fum
(Instr. des Pronnminalstammes lo- ans idg. 'lötn oder *tön\\ zu sol-
■cben Zusammensetzungen vgl. ved. ärdt 'von fenid': ärättnt 'von
fern her' u. ».; ftlinliche Funktion wie lat. tum in actütum und ved.
-tat in ärAttät hat auch Wt.tü 'sofort, sogleich, actütum'. Vgl. Anz.
11 Bibliogr, VII No. 25 und nächste Nuumier.
^. Beck J. W. Quisquiliae I. II, Mnem, N.S. 417,337—340, 451-452.
Latenter = lale. Actütum (aus dge tu dum veni. Vgl, No, 34).
CaptivitaH -— vatcitaa. Porro =^ anlea, supra, prius. Dislentare vel
4Ütennare.
Sä. Lindsa^ W, M. Lucuns. Lucuntulus. ALL. II, Heft 3, S. 332.
LHctutx, -unti^ ist ein Lehnwort : griecb. Xuicöeic Im Sinne von
AuKocibf|c Aus Unndschrifieu des Nonius und Festus werden die
, formen lueuentulun und lucutntaster beigebraclil. Mithin wäre
Mvaens (mit -ueng für -oFdc wie dentio aus de novo) die ältere Form
äVon lucuna, Ivcuenlulu» die von lucuntulus.
240 VI. Italisch.
37. WölflFlin E. Laetodorus ? ALL. 1 1 , Heft 3. S. 423.
Keine vox hyhrida, sondern Letodorus wie Äpollodorus und
Ärtemidonis.
38. Otto W. SimuUer. ALL. 11, Heft 3, S. 430.
Simulier schrieb nach Nonius 170 Plaiitus im Pseudolus 362,.
die gleiche Form wird aus dem Italacodex Taurinensis, olim Bobi-
ensis (K) (5. Jahrh.) Marc. 12, 22 erschlossen.
39. Bröal M. Affatim. Mem. Soc. Ling. 11, 187.
"Affatim signifiait d'abord 'jusqu'ä crever*. Le verbe grec^
correspondant est xö^vid, x^^ckuj".
40. R(einach) T. Duracinum. Rev. des Et. Grecques 12, 48—52.
41. Brtol M. Lettre h M. Alexandre Bertrand sur le mot gaulois^
'bratoude\ Rev. arch. 31, 1897, S. 104—108.
Über osk. brateis, ßpaxuj^ und das auf gall. Inschriften vier-
mal vorkommende bratoude.
42. Niedermann M. Studien zur Geschichte der lateinischen Wort-
bildung. IF. 10, 221-258.
Das Suffix -dO'. Gegen OsthoflTs Hypothese, das« -do- sei-
nem Ursprung nach ein Nomen agentis von der Wz. dö 'geben'
oder dhe 'setzen' sei. Grundstock sind vielmehr diejenig-en Bildnn-
gen auf do-, welche auf einfachere Adjektiva zurückgeführt werden
können {lucidus von Houcos griech. X€uk6c; albidus von albfut); in-
folge falscher Ableitung des lucidus von lux oder lucire, des albi-
dus von albere fanden zahlreiche Neubildungen statt; in iat. -do-
sind zwei idg. Suffixe dho- und -do- zusammengeflossen. V<rl. auch
die gelegentlichen Bemerkungen zu fordus, viridis und den Nom.
gentil. auf -idius und -edius. Das Suffix -edula in fic-edula
Teigendrosser mon edula 'Dohle* aus *moni-edula 'Edelsteinfresse-
rin* enthält die Wz. ed^- ed-. Analogiebildun<»:en sind querquedula,
acredulüy coredulus, nlf edula; vgl. auch alcedo. Das Suffix -e/o-
iii römischen Gentilnanien 'w\q ServeiuSy Pompeianus osk. Pümpaii-
ans kann zweierlei Ursprung hnben, entw(»der sind jene Namen Me-
tronyinica oder Patronymica. Im ersten Fall werden sie vom Lok.
S^*. weiblicher ä-Stämme mittelst des Suffixes -io- gebildet -ät/o-
(Buck), im zweiten Fall von einem -erf-Ahlativ männlicher o-Stämme
[Serveius aus *Served-ios wie peior aus *pediös). Im Osk. bleiben
das Patronymikon Viriiis und Metronymikou VesuUiais lautlich
geschieden. Im Ai. steht bei Verben des Geboren- resp. Erzeugt-
werdens der Name der Mutter im Lok., der Name des Vaters im
Abi. Die Gentilicia auf -aeus sind Diaiektwörter im Lat. und zwar
osk. sabell. Metronymika. Die Suffixe -ulento' {ilento-) und
-ÖSO-. Wie die griech. Adjektiva auf wbr]c von einzelnen Bildun-
gen wie eutübric, 6vjctü6r|c 'so und so riechend* (ö2€iv) ausgehen, so
darf wohl auch das lat. olento- mit olere erklärt werden { ol-ent o-).
Wackernagel bringt auch die Adjektiva auf -ösus mit der Wurzel
für 'riechen' zusammen z. B. vinösus aus *vino-odsos, wobei *ods
die Schwundstufe von *odoses- 'Geruch' wäre. Formonsus ist dann
zu beurteilen wie thefisaurus, Chersonensus. Das Präfix ve- kann,
weil vecors und vesanus einen abnormen Zustand bezeichneten,
allmählich die Funktion erlangt haben für sich allein die.sen Begriff
zu markieren; daher vegrandis 'abnorm in Bezug auf die Grös^se'
d. h. entweder 'ungewöhnlich klein' oder 'ungewöhnlich gross'; r^
VI. Italisch. 241
pallidus 'abnorm blass, totenbleich*. — Vescus und vescor. — Ve-
diovis, vestibulum, vestigium. — Das ve- von vecors usw. sclieint
durch eine falsche Abtrennung von ve-mens entstanden zu sein und
sich weiter verbreitet zu haben. Bucltum^ bucetum. Gegen Solm-
sen KZ 34, 14 f.
43. Skutsch F. Zur Wortzusammensetzung im Lateinischen. (Vor-
trag auf der Bremer Philologenversainmlung.) [Ist inzwischen ge-
druckt erschienen als Festschrift für C. F. W. Müller". Suppl.
der Jahrb. f. klass. Philol. 27, 82-110. Leipzig 1900.]
Inhaltsangabe siehe Anz. 10 S. 3()7— 368.
44. Greenough J. B. Some Questions in Latin Stern Formation.
Harvard Stud. 10, 1—17. Boston.
G. behandelt einen Teil der lat, Stammbildungslehre nach den
4 Grundsätzen: 1) Stem formation by successive addition of suffixes
2) The l'using together of two or more of these suffixes so as to
make a new available one 3) The specialization of the meanings of
the words at any stage of their development 4) Derivation proceeds
by stems and antedates inflexion and parts of speech. Er betrachtet
unter diesen Gesichtspunkten, bes. unter dem 1. und 2., hauptsäch-
lich die Wörter auf : -liSy -ris, -lus, -rus; -biliSj -bris^ -bulum, -bnim;
— , criff, 'Culum, crum; -tilis^ -iriSf — , -trum. Dabei weicht er iu
3 Hauptpunkten von bisherigen Erklärungsversuchen ab: 1) Die
Gleichsetzunsr von griech. 8Xo- mit lat. -bulo- (neben -hlo-) scheint
ihm ganz willkürlich; er setzt zwei aneinandergehängte Suffixe -bo
-f lo- an (vgl. clagegen z. B. griech. ^fte-GXo-v 'Sitz* : sedi ctUii-in^
Brugmann GrHr. 2, 115und 202). Auch die Gleichungen wie cerebrum
aus *ceras to- oder *ceres ro- : ai. siras- 'Haupt* und tenebrae aus
*tema.srä : ai. fämisrä Mas Dunkel' (Brugmann Grdr. 1-, 3G7, 763)
müssen fallen vor dem Suffix -bo-Vro-. Am wichtigsten erscheint
ihm die Erschliessung eines -&o-, -6a-Suffixes als eines noch lebenden
Bildnngselementes im Lat.; dieses liegt einfach vor in morbus^ turba,
herba^ manubiae^ zusammengesetzt mit andern ausser in boro-^ -bolo.,
in ber (-5W.v), ber (-&r/), -bilis, -bundus^ -bo {bonis vgl. longabOy
apexabo). 2) Die Theorie, dass urital. inlautendes -kl- aus 'Ü- ent-
standen sein soll (Brugmann Grdr. 1*, §584,2 und 595, 1), i.st über-
flüssig; auch hier sind zwei aneinandergetretene Suffixe 'C.o~\-lo- und
'to-\-lO' anzusetzen G. bringt auf Grund ähnlicher Theorien auch
eine neue Erklärung des Gerundivs und der verwandten Formen
auf -bundus und -cundus. Gerundus^ ludibundus, rubicundus gehen
zurück auf ger-^o-]-on-\-do-}-s, lud-i-o-\-bo-{-on do-{-s^ rw/>-fo-fco-f
on + do-s; zum 1. und 2. Suffix von ger\-o-\-on dos vgl. mori-ger-o-s
und gero^ ger-on-is. G. meint zum Schluss "a theory which agrees
with all the facts in Latin (!) and is not contradicted by compara-
tive grammar(!!) must be ihe right one.**
45. Zimmermann A. Spuren indogermanisclicr Namengebung im
Lateinischen. BB. 25, 1—73.
Vgl. Anz. 10 Bibliogr. VII A No. 64 (und 11 No. 39). Schluss
von Teil III. Als Ergebnisse seiner Untersuchung führt Z. an: "Es
ist mir gelungen in Teil I zu zeigen, dass im Latein bezw. Italischen
doch nocli eine kleine Anzahl von Vollnameu sich erhalten hat, in
Teil 11, dass Veränderungen im Vnkalisnius, analogische Bildungen
bei den spMter entstandenen sog Spitznamen (den cognomina) Rück-
schlüsse auf urspr. Vorhandensein von Vollnameu gestatten und in
Teil III, dass das Latein bezw. Italische eine grosse Anzahl von
242 VI. Iialisrh.
NainoiisiHmuu'n verwendet hat. die aucli in ander« idpr« Sprachen
lind zwar meist auch zur Bildung von Vollnamen verwandt wor-
den sind/*
46. Prancken C. M. De nomine lulo. Mnem. N. S. 27, 151-154.
Julus . 'IovjXXoc. Julius . MoOXioc.
g-) Flexioiisiclire.
47. Cinquini Ad. Morlologia latina. Livorno Giusti. VI, 138 S. l l.
48. Cinquini Ad. Studi di iingua e di grammatica latina. Fase. I.
Plrenze Landi. 65 S.
49. Merguet H. Bemcrkuniren über die Entwickehing der Sprache.
Pr^. Insterburg. 4®. 10 S.
Einiges über die Nominative auf -o.v : -or {arbos, arbor); über
den Nominativ des Komparativs; die Adjektiva auf -r, -ri», -re; ama-
mini amabimini usw.; die Flexion von ipse\ die Bedeutungserwei-
terung des Infinitivs, Supinums, Gerundiums und Gerundivs.
50. Bechtel Fr. Latina. Nachrichten v. d. Ges. d. W. zu Göttingen.
Phil.-hist. Kl. 1899 S. 185-196.
1. lien wird gewöhnlieh nn't langem e angesetzt (LindsavLL.
349, 377, Stolz Hist Gr. 1, 490, Streitberg IF. 2, 418). Bei Plänius
kommt das Wort 4 Mal vor, immer mit kurzem c, doch könnte die
Kürze ülx^rall durch das Jambenverkürzuugsgesetz entstanden sein.
Die antiken Grammatiker nehmen e an, ohne Begründung; sie stell-
ten es. rein theoretisch, zu 7*en, spien und den griech. Nomina auf
-r|v. Ähnliche verkcHirte Analogieschlüsse: für nach När^ pär statt
fär über farr aus fars, coinpös : compotis nach bös : bÖvis^ pes :
pedis statt cornpöSj compotis. Lien- zu skr. plihän-^ liene skr pli-
hdni\ lienis neben pectinis wie ebrietas neben aequitas. — 2. Sind
die Pertekta quii, sciiy cii, sii iilter als quivi^ sei vi, civi,
sivi? Gegen Osthoff Perf. 225, der die Frage bejaht. Die Statistik
lehrt: Piautus hat last durchaus ii, dagegen Xtur quivi uud civi und
wahrsclieinlich nur scivi und sivi. Wer trotzdem an OsthofTs An-
sicht festhält, iiiuss die Frage beantworten: warum liegt die Umbil-
diing von iei zu ivi bei PI. erst i»i den Anlangen, während die von
qttiei zu quivi u. ä. schon völlig vollzogen ist? Terenz dagegen
hat scii und sii. Das ist bei ihn« so wenig altertümlich wie die häu-
iig'ere Verwendung der Formen audierit, audierat und die Zurück-
setzung der Endung ris gegen die Kndung -re (Leo Plautin. Forsch.
261 ff.). Stimmen die alten Perfekta von eo und qneo nicht übereiu,
so fällt Osthoffs Ktymologie queo aus Instr. que-\-eo (IF. 6, 20 ff.). —
3. Dis pater. Gegen Thurnevsen KZ. 32. 559. Dls gehört zu dives,
nicht zu Jovis, deus, denn Dis pater ist wie TTXoOrav der 'Keicli-
tumspender'.
51. Reichelt II. Die abgeleiteten f und 7«-Siilmme. BB. 25, 23S
—252.
Bringt manches zur Deklination der lat. diphthongischen, so-
M'ie der ?7-, l, ü-, I-Stänime. Vgl. oben Bibliogr. I Nr. <i5.
52. Reichelt H. Die je Stämme. BB. 25, 234-238.
Die Zusammengehörigkeit der sog. /e Stämme mit den abge-
leiteten /Stämmen: vgl. qpepoücnc au> *-ontiäs neben qp^poucav aus
*'0nt-im, lat. facie Inst. Sg. und faciem. I>azu Weiten^ über die
sog. 5.° lat. Deklination und Verhältnis.«-e wie materies : maieria.
Vgl. o. Bibliogr. I Nr. 6(1
VI. Italisch. 243
63. Reichelt H. Das InstrumontMlsuffix im Singular. BB. 25, 232
—234.
Die konsonantischen Siäninie hatten je nach der Betonung
die Endung -im, -S oder m, indess die vokalischen Stämme nur die
Endung rn kannten. Die c,o-Släninie bildeten den Instr. Sg. durch
Dehnung des Stammvokals; die Instr. der j- und n Stdmme auf -i
und ü sind Neubildungen nach den c/o Stämmen. Auf w gehen
zurück lat. peren-die (griech. ir^pa), ölim aus *ölem^ enim neben osk.
in im, umbr. enem\ die lat. Ablativ-Adverbien auf -e sind gleichfalls
Instr. und lautgesetzlich aus -ö, -^m abzuleiten.
54. Wölfflin £. Diploma fem. ALL. 11, Heft 3, S. 418.
Abi. diploma im CIL 8, 1027. Siehe auch Bticheler Carm.
lat. epigr. Nr. 484. Zu ähnlichen Beispielen anderer urspr. Neutra
auf-Twa bei Neue-Wagener wird auch cafap/a^wa als Femin. belegt.
55. Wagener C. Lac, lad, lade. N. ph. R. 1899. S. 73—81.
Grammatikerzeugnisse und andere Belege für diese 3 Nomina-
tivjormen. Der Akk. ladem.
56. Wagener C. Über den Genetiv pluralis von mensis. N. ph. R.
1899. S. 241—246.
Ausführliche Nachweise für die Formen: mensum (mesum);
menshim; misoro, mesorOy mesorum, mesoru, misorw, inensunm\
tnenserium), meserum, misirum.
57. Sommer F. Die Komparationssuffixe im Lateinischen. Leip-
ziger Habilitationsschrift 1899 (=IF. 11 (1900), S. 1-98 und S. 205
—266.
Sommer behandelt im Zusammenhang das ganze Gebiet der
lal. (und ital.) Komparationssuffixe nach Form und Funktion, wobei
namentlich auch das Vorhanden.sein dieser Suffixe ausserhalb der
eigentlichen Komparation zur Erörterung kommt.
58. Civitelli G. II sutfisso del superlativo latino. Contributo alla
morfologia latina. Napoli 1898. Stab. Tipogr. d. Regia Univer-
sitA. 51 S.
Bekämpfung älterer Erklärungen. Das Suffix isshnus ist aus
'ipsimu^ entstanden, vgl. ipfe=^ipse, ipsus = issus und Petron Cap.
63 ipsimi nostri. Das -issimo- des Superlativs ist im letzten Grund
die Häufung oder Verbindung der uralten demonstrativen Elemente
pa ta ma{\\ S. WfklPh. 16. Sp., 1178-118'^ (Ziemer).
59. Nazari 0. Di una forma perifrastica del perfetto umbro. Boll.
di filol. cl. 5, 231-235.
Nazari knüpft mit seiner Erkliirung von Formen wie com-
hifianHuat 'niintiaverit' an v. Planta Granmi. II 352 an: v. Planta
zerlegt die Form in einen Infinitiv ^combifiäm -}- Aiust aus *kiuHt
'ierit' von der Wurzel *ki, wie sie in griech. kiuj vorliegt; er ver-
wirft aber die Erklärung wieder, da er es für zu gewagt hJilt an-
zunehmen, dass da? lat cio iaccio, concio\ cieo im Urnmbr. dieselbe
Bedeutung 'gehen* hatte, wie das damit identische kCuj. Nazari nimmt
den Erklärungsversuch wieder auf und er>chliesst ein vulgärlat.
*ciere 'andare' aus italien. gire. *Le forme in questione', schliesst
er, *sarebbero perfetti perifrastici formati da una forma intinitiva
del verbo piü una forma del perfetto forte della radice ci 'ire' e si
potrebbero meglio tiadurre: comhifianH perf. cong. 'nuntiatum ierit*
244 VI. Italisch.
Combi fiant^iu st combifiansiust combifiansust tut. 11 •niiiitiatuni ierif
purtinsus *porrectuin ienn* purclinüiust purdin^us 'porrectum ierit\
disleralinsust 'diremptum(?) ierit*, coine ueW umbro stesso da altra
forma infinit iva, ii supino, abbiamo altro forme perifrasticbc col
verbo i 'Wo' quali: anzeriatu otu *obscrvatum ite* aseriato est
•observatum ibit' anseriato iust 'observatum ierit* vaöetum ise
*vitiatum issit?' uasetom efust 'vitiatuni ierit*.
(10. Böhtlingk 0. Zum lateinischen Gerundium und Gerundivum.
Ber. ü. d. Verh. d. Leipziger Ges. d. W. Philol.-hist. Gl. 51, 219—220.
Eundum est hat, wie itur und itum est, passive Bedeutung;
warum nicht auch eu7idi in tempiLS est eimdi? Böhtlingk ]egt weiter
zwei Erklärungsversuche zu mei, nostri videndi est copia vor. Der
Römer sagte nicht mei videndae oder nostri videndorum oder viden-
darum, weil diese Pronomina ftusserlich weder das Genus noch den
Numerus unterscheiden, vielmehr alle als Gen. sg. mask. od. neutr.
erscheinen; man entsagte der logischen Kongruenz zu Gunsten der
lautlichen. Oder man fasste m.ei videndi est copia ursprünglich ro
auf *es ist eine Gelegenheit für mein Gesehenwerdenmüssen* d. h.
mei als Pron. poss. und videndi als Gerundium, vgl. auch exem-
plorum eligendi postestas
61. Lebreton J. L*adjectif verbal latin en -ndus^ etnde morpho-
logique et s6mantique. Mem. Soc. Ling. 11, 145 — 164.
I. Kurze Überblicke über die Ansichten früherer Forscher.
II. Das -ndo' der lat Verbaladjektiva entspricht einem griech. -ab-,
idg. -nd'. Das Suffix ist also das gleiche wie in griech. (pu^dc, -dboc;
0udc, -döoc; CTpoq)dc, -dboc u jl., nur dass im griech. fast nur Dental-,
im lat. Dental -}- o-Stihnmc vorliegen, wie auch sonst öfters o-, ä- und
konsonantische St.lmme nebeneinander bestehen (z. B. damnatm-
damnas). In leg-endus neben leg imdus ist wohl die alte Vokalab-
stuCung -€71- od. // und -an wiederzuerkennen (vgl. flexenies-flexuntex).
III. Die Formen auf ndiis waren urspr. weder Aktiva noch Pa>siva,
weder Präsentia noch Futnra (mit <lem Nebenbegriff* der Xotwendi;:-
keit), sondern einlache Adjektiva, deren Verhältnis zu diesen Verbal-
kategnrien lediglich von ihrer Grundbedeutung und dem Zu.samni«Mi-
hang der Rede abhing. Die si'kundäre Kntstehung des Gerundivmns
aus diesen Adjektiven hat schon Weisweiler Das lateinische Part,
fut. pass. Paderborn 1890, S. 64- 95 richtig erkannt.
62. Fay E. VV. The Locution infitias it, and the nf Suffixes. Am.
Journ. Phil. 20, 149-168.
^§ 1 — 6 Kensons for dissatisfaction with the current explana-
tions (exsequms ire, suppefias adve?ii, [in)ma1am crucein, pessum).
§ 7. riiesis: In the locution infitias it *goes protesting' inpfias is a
pres. ptc. to infitior. ^^ 8—20 Syntnctieal probability of this thesis
debated (Exaniples of the locution). § 21—45 Discussion of the form
of infitias'. (Significance of its isolation. — What was the inherited
nom. sg. pres. ptc. in Italic? — Praegnas — Pre[>onderance of
nom. sg. over other cases. — Significance of this, illustrated by pf
ptc. act. etc. — New theory of pf. pt. : the primitive pf. act. ptc.
sut'fix was wänt-, itself the result of a contamination of a partici-
pial like -?/-stem with the pres. ptc. suffix -änt-. Euphonie doublets
in the prim. period. — Nou). sg. masc. pres. ptc, and other -nt-
Sterns. — Three forms of nom. sg. : 1) ans, 2) äs, 'S) an. — Is in-
fitias an exemple of 2)? — Ose staieftud; ose. pomtis. umbr.
nuvis. — Is -n- reintroduced in Ital. nom. sg. pres. ptc.? — Deciens
quotiens : triens. — Diacritical orthography or accent. — Fem. en-
VI. ItJiliseh. 245
ding" -ens; neut. -ens. — Hns -s been atldc»(l to a iioni. s^. in dn? —
Verdicx as to the form of infitias a iion liquet. — Trans.
Ii) Syntax (FonkfioiiHlehro« Satzlehre).
63. Lease E. B. Corrections of Schmalz's Lateinische Syntax and
Lateinische Stilistik. Am. Jouni. Phil. 20, 59—64.
64. Landgraf G. Beiträge zur historischen Syntax der iat. Sprache.
Pgin. München 34 S.
Inhalt der beiden ersten Abschnitte: I Der Dativ der be-
teiligten Person beim Passiv (Dativus auctoris). II. Der Dativ nach
den Ausdrücken des Zusammenseins und Zusammenkommens, (i'reund-
lich und feindlich), Vermischens und Trennens. Ergebnis für I u. II:
beide Strukturen sind auf heimatlichem römischen Boden erwachsen,
ihre Anwendung hat jedoch unter der Einwirkung des ähnlichen
griechischen schon weiter ausgebildeten Sprachgebrauchs, besonders
auf die augusteischen Dichter, eine nicht geringe Erweiterung er-
fahren. Abschnitt III bringt einige Proben für eine methodisch-
historische Behandlung der mit dem Dativ verbundenen Verba com-
posita.
65 Bonnet M. Domi habeo, etc. Cl. R. 13, 35.
Gegen Owen Cl. R. 12, 407 für So::nenschein Cl. R. 12, 360.
66. Kunze A. Mea refert Leipzig. 20 S.
Mea refert = [res] mea re fert = 'Die Sache bringt es in meiner
Angeleo enheit niit sich'; mea re als Ablativus limitationis = in meare.
67. Rolfe J. C On the Construction satius ab, Cl. Rev. 13, 303—305.
68. Conway R. S. The Singular Usc of 7ios. Transactions of the
Cambridge Philological Society. Vol. V, part. 1, S. 1—79.
Vgl. die Besprechung von Konnard Rand in ALL. 11, 595—596.
69. Pervov P. D. Consecutio temi)orum v latinskom jazykö srav-
nitel'no s ru.sskim jazykom. (C. t. in der Iat. Sprache verglichen
mit der in der russ. Sprache). 2urn. Minist. Narodn. Prosvescenija
326 Nov. Dez. 1899. Otdöl klass. filol. S. 57-82.
70. Watson E. W. Velle as an Auxiliarv. Cl. R. 13, 183.
Volo m. Inf. zur Umschreibung des Futurs.
71. Nutting H. C. Obligation as expressed by the Subjunctive.
' Cl. R. 13, 32-34.
Gegen KIniers 'Subjunctive of Obligation' Cl. R. 12, Mai-Nummer.
Vgl. Anz. 11, ßibliogr. VllA Nr. 59.
72. Antoine F. De la parataxe et de Thypotaxe dans la langue
latine. Annales de la Faculte des Lettres de Bordeaux et des
Universites du Midi. 4nie Serie. 21»"« Ann^e: Rev. des etud. an-
ciennes 1, 27—46.
Observations generales. 1. De la parataxe dans les propo-
sitions subordonnees completives (A suivre).
73. Ehart K. Die Behandlung der lateinischen Syntax auf Grund-
lage der deutschen Satzlehre II. Pgm. Wien. 13 S.
74. Geddes W. I). On the Sequence after ne prohibitive. Cl. R. 13,
22 -32.
246 VI. Italixh.
V^l. Anz. n Bil>lingT. VII Nr. ßO. Im 3. Abschnitt wird die
Z;il 1 der Konj. Praos. und IVrf. nach prohibitivem ne für jedes
Stärk des Plantus und Teronz statistisch lest^^esiellt. Das PrÄs.
steit bei Plautus 119, bei Terenz "24, das Perf. bei jenem 33, bei
die>em 5 Mal.
7o. Bottek Ed. Die ursprüngh'che Bedeutuuo; des Conjuiiktivs in
lateinischen Neben.siitzen. I. Teil: Ut-, Ne-y Quo-, Quominuif,,
Quin-, Relativ- und Cwin-Sätze. Wien Holder. 94 S. 1,80 M.
Z. T. gegen Dittniar Studien zur lateini.schen Moduslehro
gerichtet. Vgl. BphW. 1899, Sp. 1037- J044 und Blütter f. d. bayr.
Gyninasialschuhv. 1900, S. 80—81.
76. Schmalz J. H. Donec und Dum (bis zu den augu.»»t. Dichtern
< inschliesslich). ALL. 11, Heft 3, S. 333 350.
Vorarbeiten zur grossen historischen Grammatik, die bei Teub-
ner erscheint. \, Donec. Die Formen : doiiicum^ donec cum, donec,
duueqne, doneque cum, donique {du7ic?). Referat üb«'r die ver>chie-
den^Mi Erklärungen. Vorkommen der einzelnen Formen. Bedeutung.
Modus. S}>rachgebrauch von Cato bis Ovid. II. Dum. Etymologie.
Zusammensetzungen mit dum. Adverb und Konjunktion. Modus.
Dum bei den älteren, bei den augusteischen Dichtern, auf Inschriften
(nach Büchelers Anthologie). Verhältnis zu dtinc, zu donec und quoad.
Z)i/7/?='so lange als'. /)um = 'während*. Z>M7n = *bis\
77. Bennet Ch. E. Die mit iamquam und quasi eingeleiteten Sub-
stantivsätze. ALL. 11, Heft 3, S. 405-417.
Es handelt sich um Sätze wie Suet. Aug. 6 tenet vincinitatem
opinioj tamquam et natus ibi sit. Die Beispiele aus der silbernen
Latinität für tamquam, sind möglichst vollständig gesammelt, die
für quafii machen diesen Anspruch nicht. Die Ergebnisse für tam-
quam finden sirh S. 412—413, die für qiiasi S. 416— 417. Der Verl.
lässt diese Substanlivsatze nicht aus Kausalsätzen, sondern aus Ver-
glcichungssät'/eii mit tamquam, (quasi) hervorgehen; vgl. etwa Quint.
decl. 307 nondum invado tamquam. proditorem und Tac bist. 3, 77
Triarium incesserent, tamquam . . . egisset.
78. Long (}, F. Quotiens, quotienscunque, quotiensque. ALL. II,
Heft 3, S. 395-404.
^Manuskript einer Doktordissertation der Universität Baltimore,
vom Herausgeber des Archivs im Exzerpte vorgelegt und durch
<Mnige Zusätze erweitert. — Die junge Orthographie quociens. Der
Nasal nach Inschriften und alten Grammatikern. Quam saepe ITir
quofien.s. Quotiens in verschiedenen Satzarten. Nescio quotieus.
Qu otietLs mit Konjunktiv. Quotien.scuriquc. Quotiensqtie:= quotiens-
cunque odvi' = et quotiens. Quotienslibet.
79. Methner R. J*osteaquam, po.stquam, ubi, ut, simulatque. Ein
Beitrag zur Berichtigung und Vereinfachung der lateinischen Syn-
tax. Z. f. d. Gymn. 53, 625-634.
80. Notolla U. La funzione stilisiica delle consonanze in latino.
Bergamo tip. frat. Bolis. 12 S.
i) Semasiologie, k) Loxiko^r»phie.
81. Thomas R. Neues zur Bedeutungslehre. Blätter f. d. bayr. Gymn.
35, 593—602.
VI. Italisch. 247
Besprethung'en neuen» r Schriften: Reissinger Obund proprer^
Landau 1.897, und Stöcklein Bedeutungswandel der Wörter, Mün-
chen 1898.
82. Meader C. L. Zur Geschichte der Pronomina demonstrativa.
ALL. 11, Heft 3, 369-393.
Der Herausgeber des Archivs legt eine Arbeit Meaders im
Kxzerpt mit einigen Zusiitzen vor; die Arbeit soll in Ann-Arbor al»
Doktordissertation eingereicht und veröffentlicht werden, /.v, ea, id.
Vgl. für das arcli«ische Latein Bach De usu prononiinnni demon-
strativorum in Studemunds Studien Bd. 2. Statistische Untersuchun-
gen über die Häufigkeit des Gc^hrauehs. Fehlen des Noni. plur. eiy
ii, eae in der goldnen, silbernen und spätlateinischen Poesie wegen
der Kollision mit dem Dat. sing, und der schwankenden Aussprache
von ei, ii, hi, hiix ähnliches Verhältnis beim Dat.-Abl. eis neben iis^
hiSy hiis. Unsicherheit in der Messung von eius^ bei Virgil fehlt
es ganz. 2. Konkurrenz von hie und is. Vgl. R.Kühner Aus-
führl Gramm. § 1 18, 2 Anm. 7, S. 455. 1) eo = id€0 und hoc nn't oder
ohne folgendes qtiod, quia^ uU fie usw .2) eo mit Komparativ, hoc
mit Konjparativ. 3) id est (erklärend) und hoc est. 4) ad id und
ad hoc. 5) ob id und ob hoc. 3. Iste. Zunächst Pronomen, das
sich auf die angeredete Person bezieht. Dann AbschwHchung der
Pedeutung. Zuerst von Valerius Maximus von der 2. Person losge-
löst. Iste übernimmt die Funktion von hic^ Gegensatz von isteUle.
4. Ipse. Urspr. Pronomen des Gegensatzes, dann ebenfalls Abschwä-
chung der Bedeutung. lp.se=^idem als Identitätspronomen. Ipse ais-
bestimmter Artikel. [Schluss folgt.]
83. Denk J. Lesefrüchte. ALL. 11, Heft 3, S. 428.
Äbditai'e — devotiosus — latino und latinizo — 7nedica=^ob'
stetinx — bestiosus und serpentiosus. (S. auch ALL. 11, 112.)
84. Hirschfeld 0. Der Name Gemiani bei Tacitus und sein Auf-
kommen bei den Römern. In 'Beiträge zur alten Geschichte und
Geographie. Festschrift f. H. Kiepert'. S. 259—274. Berlin Reimer
1898. 40.
Hirsehfeld geht, wie unten Nr. 85 Gudemann, vom 2. Kapitel
der Germania aus. Da Tacitus seinen römischen Lesern gar keine
Erklärung des Namens Germani gibt, muss er voraussetzen, dass-
sie über die Bedeutung nicht im Unklaren sein konnten, d. h. er
hat den Namen für gleichbedeutend mit dem lateinischen Wort ger-
mani gehalten, ohne Rücksicht darauf, dass nach seiner eignea
Annahme der Name von den Kelten ihren rechtsrheinischen Nach-
barn beigelegt worden ist (S. 2H5 — 266). Caesar ist der Germanen-
name erst in Gallien und durch die Gallier zu Ohren gekommen^
80 wird über seine Deutung nicht die germanische, sondern die
kelti.sche Sprache Aufschlu-ss zu bieten haben (S. 274).
85. Gudeman A. Zur Germania des Tacitus. Philol. 58, 25—44.
Sucht im Anschluss an c. 2, 14 ff. die Germani wieder aus-
dem Lateinischen als fratres^ db€Xq)o(, yvi^cioi zu erklären. Vgl. o.
Nr. 84.
86. Ellis Rob. (Egnes = eqrnis). Journ. of Philol. 26, 197.
Minucius Felix, Octav. VIII 3 Halm. Vgl ALL. 10, 286, 452;
11, 275 und nächste Nummer.
87. Haverfield F. On Eques for Equus. Cl. Rev. 13, 305-306.
248 VI. Italisch.
?8. Ascoli G. J. Talentum 'propensione; attitudine dello spirito*.
Arch. glott. ital. Suppl. period. Sesta dispensa 1898. S..31— 36.
Zur Bedeutungsentwicklung des Wortes, bes. auch im Irischen,
Romanischen (und Griechischen).
89. Helm R. {Jentaculum — lentaculum^ iactatio — lactatio bei
Fulgentius und Nonius). Philol. 58, 474—476.
90. Nestle Eb. Velum. ALL. 11, Heft 3, 417.
Velum als Lehnwort im Syrischen und Jüdisch-aramäischen.
91. Hesselmeyer. Securtis. Korrespondenzbl. f. d. Gel.- u. Realsch.
Württ. 6, 44-55.
Semasiologische Studie.
92. Thompson E. S. Quidem in Augustan Verse. Cl. Rev. 13, 395.
93. Piasberg 0. {Discere = docere und Analogien aus andern
Sprachen). Rh. M. N. F. 54, 148 Anni. 1.
94. Blümner H. Was bedeutet replumbare? ALL. 11, Heft 3, 8.424
-426.
Replumbare 'aus der Lötung herausnehmen'; Verteidigung
dieser Bedeutung gegen Erich Pernice (*die Bleifällung in den hohl-
getriebenen Emblemata der Silbergefttsse herausnehmen*)«
95. BrugpEnann K. Über den Thesaurus linguae Latinae. IF. Anz.
10, 368-373.
96. Diels H. Jahresbericht über den Thesaurus linguae latinae.
Sitz.-Ber. d. Berliner Ak. d. W. 1899 I S. 77—78.
97. Leo F. Bericht über den Thesaurus linguae latinae. Nachr. d.
Gott. Ges. d. W. 1899 S. 26—30.
98. Thesaurus linguae latinae. Beilage z. Münchener Allg. Zeitung
No. 208.
99. Leeper A. Notes on Lewis and Short's Latin-English Lexicon.
Am. Journ. Phil. 20, 169—185.
100. Schlutter 0. Addenda Lexicis Latinis. ALL. 11, Heft 3, S.426
-428.
U. a. capituluvi 'Vertrag', praetersinSj raribarbius, tantillitas.
101. Corpus glossariorum latinorum a Gustavo Loewe incohatum
fiuspieiis Societatis Litterarum Regiao Saxonicae composuit, recen-
suit, edidit Georgius Goetz. Vol. VI: Thesaurus glossarum emeu-
datarum, confecit Georgius Goetz. Pars prior. Fase. 1 (1899) 2
(1900). Leipzig Teubner. (jeder Fase. 18 M.).
G. macht durch diesen Thesaurus die vier erschienenen Bände
(II— V) des Corpus erst recht zugänglich und erschliesst eine neue
reiche Fundgrube liir Latinisten. Aus der Praefatio: 1. Collegi et
recepi quidquid glossarum quattuor quae edita sunt voluminibus
continetur, nisi quod e colloquiis, fabulis, tractatibus tertii voluminis
notabiliora tantum excerpsi tritis vocabulis omnino abiectis. His
addidi siipplementa quaedam ... 2. Glossas non modo collegi aut
collectas exhibui, sed pro virili parte eiiiendavi . . . eam mihi nor-
mani esse volui. ut meras sordes erroresque librariorem abicerem,
VI. Italisch. 249
formas vero latinas sive vetustas sive recentiores sive vulgares et
TOUiHnenses praeter tritissimas vilissimasque, quas ubique recoquere
taedium esset, ne obscurarem ... 3. Lemmata latina quibus graeca
non ita pauca interposita sunt per litteras digessi. Ex interpreta-
inentis quae ad illa lemmata pertinent potiora excerpsi, excerpta
litterarum ordini tamquam lemmata inserui, ne nimis delitiscerent . . .
4. Locos scriptorum ad quos lemmata vel interpretamenta redire
videantur ubi indagaveram indicavi . . . Vgl. Buecheler Deutsche
Littz. 1900 S. 40-42.
102. Pokrowsk^ M. Glossographisches und Linguistisches zum
Thesaurus glossarum emendatarum von G. Goetz. ALL. 11, Heft 3,
S, 351—360.
Zu einzelnen Glossen (von abruptus bis direptus). Beachte
u. a. : das Verhältnis von aculeus, acula, actis — equuleus, equulus,
equuH — laureGy laurus — caprea, capra u. Ä. — Adimttio (nicht
adimltio) ademptio, vgl. die Bildungeu auf -X-tio {exspultio) -X-tor
{colXtor)y X-tum^ -Xtus^ -Xiurus {gignXtum^ imptdittis nach Perf. impüli,
fefellXtus nach Perf. fefelli, arguXturus^ consequXturus). — AI eh rem
pulchnirrij dazu andere Bildungen auf -hri-, -bro- wie fellebris, salü-
ber aus ^saloue-bri-^ salvos aus *salövÖs (ähnlich salütis aus ^salöue-
t'is) — -4 ma WS = Trpoc(piXi*|c. Passivischer Sinn solcher aktivischer
Partizipien durch vollständigje Adjektivierung veranlasst. — Anas:
Part, anatus = satiäs zu satiatus. — ArmifeSy arquites, iugites wie
cUites (ala), equites {equus). — Bivium^ Schwanken zwischen bi-,
di'f du-, — Dapet und die anderen nicht zahlreichen Verba auf
-erc, die von Substantiven gebildet sind.
103. Heraeus G. Varia. Rh. M., N. F. 54, 305-311.
S. 305. Zu campsaria, -ae 'Trödelmarkt* vgl. CGL. III, 306. 17
€l|LiaToq)vjXdKiov capsarium, 338, 14 KafLiirTpoiroiöc campsaritLs^ 571, 4
camsa : data [s. jetzt auch CGL. VI s. v. capsa u. tf.]. — CIL. VI
7882 faber lectasius (unrhotaziert!) neben sonstigem lectarius und
lectuarius. — S. 306. Verbesserungen zu den Anecdota Helvetica
meist auf Grund von Glossen: S. 185, 15 choicus (xoiköc) st. chol-
cus — 95, 10 collybista (KoXXußicTT]c) st. colossita und colosista unter
den Mask. auf -a nach der 1. Dekl. -r- 113, 32 ivbar und instar st.
inuar und infar unter den Neutr. auf -ar. — CLXXVI biothanati
st. bianati. — 117, 23 neutra nomina in is tria sunt indecliuabilia,
ut hoc tresis sexis dec[us]is, nicht mit Hagen tressis sexessis
decussis. — CCXIII Vincila lentiarius (=ltntearius), nicht mit Hagen
lancearius, — CCLX 26 hominem exivit st. mit Hagen hominem
exuit. — S. 307. Gellius noct. Att. 10, 25, 5 bei einer Aufzählung von
Schiifsnamen für vetutiae vielleicht venetiae, zu moedia vgl. /iubia
{= mtiscelli), — S. 308—309. Zu den Sortes Sangallenses: soniariy
sonium {sotgner^ soin) ; acre = acriter. — S* 309. Cistifer pro cistiber
vulgaris etymologiae vestigia prodit. Langon Xqtt^v zu XaTTdZuj
'Drückeberger'.
104. Smith G. 0. Moore. Fragment of a Latin-German Glossary in
the Library of University College, Sheffield. Journ. of Philol. 26,
238—242.
105. Heraeus W. Zur Kritik und Erklärung der Serviusscholien.
Hermes 34, 1617-173.
Beachte: rabies-räbia u. ä. S. 162—3; die neucrschlossenen
Substantiva acutus 'Nagel* und cicur 'sus domesticus' S. 167 u. 173.
250 VI. ItaliBch.
106. Havet L. Moraclum. ALL. 11, Hett 3, S. 860.
Erschliesst aus Paul. Festi 139 Mmoradttm und setzt es Plaut.
Trin. 1108 in den Text: Nihil est inor(u:li; [abis] ambuia . . .
107. Hassels J. H. Memoranda on Mediaeval Latin. Nr. 1 On the
Need of a new Mediaeval Latin Dictionary. Transactions of the
PhUol. Sog. 1895-98. London 1898. S. 419—483.
Hesseis gibt nach einer Einleitung über sein Thema zwei
Wörterlisten : eine aus der Lex Salica und eine aus Henr. de Brac-
ton's De Legibus Angliae. Sie wollen als Vorarbeiten zu einem
Lexikon der mittelalterlichen Latinität gelten.
1) Grammatisches zu einzelnen Texten, Litteratargttttniigen,
Sprachkr eisen.
108. (Berichte über die Litterutur zu lateinischen Schrittstellcru.)
BurHians Jahresb. 101.
Berichtet wird über Catull f. d J. 1887—1896 von H. Mag-
nus S. 84—141. über Phaedrus und Avianus f. d. J. 1895—1808
von H. Draheim 8. 142—147, über Ciceros philosophische Schriften
f. d. Jahre 1894-1897 von H. Deiter, S. 148—164, über Sailust f.
d. J. 1878—1898 von B. Maurenbrecher S. 16.1-248.
109. Jahresberichte des philol. Vereins zu Berlin. Zeit^chr. f. d.
Gymn. 53.
Livius von H. J. Müller S. 1—27. — Horatius von H. Röhl
S. 36-65. — Curtius von M. P. Schmidt S. 72—95. - Nepos von
G Gemss S. 96-108. — Vergil von P. Deuticke S. 168-213. -
Caesar von H. Meusel S. 214—262. — Tacitus mit Ausschluss
der Germania von G. Andresen S. 267—312. — Ciceros Briefe
von Th. Schiebe S. 313—385.
110. Brtol M. Mots d'origine greque dans la loi des XII tables.
Rcv. des Et. grecques 12, 300—304.
111. Sonnenschein £. A. The Codex Turnebi ofPlautus. Cl. Rev.
13, :>22-224, 264-265.
112. Lindsay W. M. The Codex Turnebi of Plautus and the Bod-
leian Marginnlia. Cl. Rev. 13, 254—264.
113. Lindsay W. M. Plauti Codicis Senonensis Lectiones. Philol
Suppl. 7, 117-131.
Zur Orientierung verweist Linsay auf sein Buch 'The Codex
TuriiObi of Plautus. Oxford 1898' [vgl. Anz. 10, Bibliogr. VII A NY
157] ^Hic . . . placet, quod a maioris operis proposito alienum erat,
universas lectiones codicis illius praestantissimi, sive ex Turnebi
sive ex Lambini testiinonio, sive ex exemplaiis Bodleiani marginibus
cognitas, in unum coHigere*.
114. Lindsay W. M. Some Plautinc Emendations. Joum. of Philol.
26, 279—299.
Bringt auch ein par allgemeine Erwägungen zur Plautusüber-
lieferung. Einer konservativen Behandlung des Textes wird ener-
gisch das Wort geredet.
115. MüUer C. F. W. Zu Plautus, Rh. M. N. F. 54, 381-403 und
526—543.
Textkritisches und Metrisches. Verteidigung ftrüherer Aufstel-
VI. Italisch. 251
lungcn des Verfassers ß:egen die neuen Plautusherausgeber (Scholl,
Götz, Leo), besonders in der Hiatusfrage. Über die allgemeine
Stellung Müllers zu der modernen Plautuskritik vgl. S. 541 Anm. 1.
Von sprachlichen Dingen beachte: die Verbindungen iam inde a,
iam inde abhinCj iam inde usque a, iam inde, iam a, iam hinc a,
iam hinCf iam usque q, iam. tum a in der lateinischen Litteratur
S. 381. — curare mit blossem Konjunktiv S. 388—389. — Versuch
die Länge des e (i) im Abi. der 3. Dekl. milit?.^ ardin^^ Pseud. 616
und 761, zu beseitigen S. 530. — Plnutus kennt durchaus keine
griechisch** Deklination, vgl. auch das Hannihälis uud Hectöris des
Ennius. — hac aetate und hoc aetatis im Anschluss an Trin. 1090
(gegen Leo Forschungen S. 276 ff.).
116. Müller C. F. W. Zu Plautus Truculentus. Hermes 34, 321—344.
Textkritisches und Metrisches.
117. Weber H. Plautina. Philol. 58, 617-620.
Textkritik und Erklärung einzelner Stellen.
118. Skutsch F. Plautinum. Rh. M.. N. F. 54, 183-184.
Gas. 239 ff. sind nicht mit Leo trochäisch, sondern anapästisch
zu lesen.
119. Marx F. Ein Stück unabhängiger Poesie des Plautus. Sitz.-
Ber. d. philos.-hist. Kl. d. Wiener Ak. d. W. 140, VIIL Abhandlung.
S. 1-34.
Sucht u. a. mit Hülfe der Prüfung des sprachlichen Aus-
drucks die Priorität des Rudens vor dem Mercator festzustellen; im
Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Traumerzählungen Kudens
593 ff. uud Mercator 225 ff.
120. Thulin C. De coniunctivo Plautino. Diss. inang. Lund. X,
200 S.
Vgl. die kurze Inhaltsangabe ALL. 11, 603.
121. Audouin E. De Plautinis anapaestis. Th^se. Paris Klinck-
sieck 1898. XIT, 298 S.
S. die Besprechung von O.S(eyffert) BphW. 19, Sp. 1064-1072.
122. Waltzing J. P. Lexique de Piaute. Mus. Beige 3, 50-96.
Specimen. Ä—accedo.
123. Waltzing P. Lexique de Piaute. Fase. I. Ä—Äccipio. Lou-
vain Peeters 1900. 100 S. 3 fr.
124. Spengel A. Zu den Fragmenten der lateinischen Tragiker.
Blätter f. d. bayr. Gymn. 35, 385—416.
Zur 3. Auti. der Tragikerfragmente Kibbecks (Leipzig 1897).
Sprengel verlangt für einzelne Stellen mehr Kück^cht aut die Eigen-
art der dramatischen Sprache, bes. in der Wortstellung. Auch me-
trische Verbesserungen werden vorgeschlagen.
125. Valmaggi L. Un nuovo frammeuto di Ennio? Atti della R.
Acc. d. scienze di Torino. Vol. 34, S. 554—559.
126. Vahlen J. Bemerkungen zum Ennius. Sitz.-Ber. d. Berliner
Ak. d. VV. 1899 I. S. 26«) -279.
Spricht u. a. über die Enniuszitate in der Ars grammatica des
Diomedes.
127. Pascal C. Quaestiouum Ennianarum particuia IV. Kiv. di P'il.
27, 1-10.
Aiizei»ccr XII 3! u. 3. 17
252 VI. Italisch.
128. Valmaggi L. Eniiia e Ausonio. Riv. di Fil. 27, 95—%.
Populea fruns {frus^ fron).
129. Lucretius. T. Lucreti Cari de reriun natura libri VII. Ed. A.
B rieger. Ed. ster. (emendatior). Leipzig Toubner. LXXXIV,
230 S. 2,10 M.
Unterscheidet sich nur durch die Appendix S. 207—230 von
der ersten Ausgabe 1894.
130. Hid6n C. J. De casuum syntaxi Lucretiana II. Helsingforsiae.
Berlin Mayer u. Müller. VIII, 152 S. 2,50 M
Teil I ist Anz. 8, Bibliogr. f. 1896 VII A Nr. 137 notiert: er
handelte vom Noni., Akk., Vok. und Dat.; in Teil 11 wird der Abi.
besprochen und ein Teil III über den Gen. in Aussicht gestellt.
131. Hid6n K. J. Miniuiae Lucretianao. Nord. Tidsnkr. f. Pilol.
3. Reilie, 8 S. 46-48.
1. Ad casus ponendi rationem. 2. De praepositionum collo-
catione.
132. Hid6n K. J. Öfver tvänne nybildningar hos Lucretius. Nord.
Tidsskr. f. Filol. 3. Reihe 8 S. 42-45.
Utraque, — interutrasque.
133. Woltjer J. Studia Lucretiana. (Continuantur e Vol. 25, p. 331.)
Mnemosvne 27, 47 — 72.
Enim, nam^ namque bei Lukrez und andern didaktischen und
epischen Dichtern S. 49—66.
134. Braungarten F. Ein Beitrag zur Formen- und Wortfügungs-
lehre Caesars in den Comment. de belle Gallico. II. Wortfügungji-
lehre (Accusativ). Hierzu die varietas Caesars in der militärischen
Terminologie und Phraseologie. Pgm. Smichov 1898. 19 S.
Vgl. Anzeiger 11, Bibliogr. Vll Nr. 156.
135. Blase H. Syntaktische Beiträge zur Kritik der Überlieferung
in Caesars Bellum Gallicum. Blätter f. d. bayr. Gymn. 35, 249-269.
Zu Meusels Jahresbericht über Caesar (Jahresb. des phil. Ver-
eins 1894, S. 214 if.). B. bringt ein par syntaktische Untersuchungen
zur Bestimmung des Verhältnisses der Handschriftenklassen a und ß
zu einander. Er behandelt: 1) das Plusquamperfektum, 2) Perfekt
oder Praesens historicum? 3) den sog. Konjunktivus Iterativus, 4)
den Konjunktiv des Perfekts in Folgesätzen nach einem Präteritum,
5) das Tempus in sonstigen Konjunktivsätzen.
136. Walker A. T. The Sequence of Tenses in Latin. A Study
based on Caesar's Gallic War. Chicagoer Inaug. Diss. (S.-A. aus
dem Kansas University Quarterly. Vol. VII Nr. 4) Lawrence Kan-
sas. 52 S.
Vgl. D. Litt. Zeitung 1900, Sp. 1764.
137. Reinhardt. Die oratio obliqua bei Caesar. Pgm. Aschersleben.
23 S. 40.
138. Pascal C. Dizionario dell* uso Ciceroniano ovvero Repertorio
di locuzioni e costrutti tratti dalle opere in prosa di M. Tullio
Cicerone. Torino Loescher. XV, 777 S. 8 1.
VI. Italisch. 253
139. Gurlitt L. Die Interjektion 'st* in Ciceros Briefen. NphR. 1899.
S. 433-435.
Kommt blos 3 mal vor und ist aus dem Text zu beseitigen.
140. Haie W. 6. Der Codex Romanus des Catullus. Hermes 34,
S. 133-144.
Vgl. Am. Journ. of Arch. Second Series 1897, Vol. I Nr. 1,
.S. 36 ff. Wendet sich namentlich gegen K. P. Schulze Hermes 33,
611 — 512. Haie will, falls seine neuen Vermutungen über das Verhältnis
•der Catullhand.««chrit'ten sich bewähren, einen zusammenhängenden
wiederhergestellten Text der verlorenen Veroneser Handschrift ver-
-öfPeutlichen.
141. Schulze K. P. Zum Codex E des Cutull. BphW. 19, Sp. 442'
—445.
142. Postgate J. P. On certain Manuscripts of Propertius. Trans-
actions Cambridge Philol. Soc. Vol. IV, S. 1—83.
143. Horatius Q. Horali Flacci opera. Recensuerunt 0. Keller
et A. Holder Vol. 1. Carminum libri IV, epodon lieber, Carmen
saeculare. Iterum recensuit 0. Keller. Leipzig Teubiier. CVII,
453 S. 12 iM.
144. Sabbadini R. Virgilius — Vergilius, Riv. di Fil. 27, 93—94.
145. Pokrovskij M. Citaty iz Vergilija v latiuskich glossarijach.
(Zitate aus Vergil in lat. Glossaren). 2urn. Minist. Narodu. Prosv^»-
ceuija 324 Juli 1899 Otdßl klass. filol. S. 15-32.
146. VitruviuB. Vitruvii de architectura libri decem. Iterum edi-
dit V. Rose. Leipzig Teubner. XXX, 317 S. 5 M.
147. Plinius. C. Plinii Caecilii secundi epistularum Über primus.
Edited with Introduction, Notes, Vocabulary by C. J. Phillips.
London Macmillan. 76 S. 1 sh. 6 d.
148. Lease E. B. Contracted Forms of the Perfect in Quintilian.
Cl. Rev. 13, 251-253.
Statistische Zusammenstellung.
149. Lease E B. Notes on Quintilian Cl. R. 13, 130.
Eist, dummodo^ igitur, itaque. Ergänzungen und Berich-
tigungen zu Neue, Formenlehre und Schmalz, Syntax.
150. Howard A. A. Metrical Passages in Suetonius. Harvard Stu-
dies 10, 23-28. Boston.
151. Winstedt E. 0. A Bodlelan Ms. of Juvenal. Cl. R. 13, 201-205
Die Hsch. bringt nach Sat. VI 365 noch 34 bisher unbekannte
Verse. Die reiche Litt, über dieselben s. in der BPhC. 1899.
152. Olement W. K. The Use of the Infinitive in Silius Italiens.
Am. Journ. Philol. 20, 195-197.
Berichtigungen und Ergänzungen zu Joh. Schmidt De usu in-
£nitivi apud Lucanum, Valerium Flaccum, Silium Italicum. Halle
1881 und zu Jul. Schinkel Quaestiones Silianae. Leipzig 1884.
153. Die Appendix Probi. Hgg. von W. Heraeus. ALL. 11,
Heft 3, S. 301-331 und 451-452.
Nach der grundlegenden kritischen Ausgabe von Wendelin
254 VI. Italisch.
Förster in deu Wiener Studien 14, 294 ff. bietet H. hier an der
Zentralstelle tlir lat. Lexikoj^raphie einen Neudruck. Von einer
Neuvergleichung der Hschr. wurde dabei abgesehen, dagegen wird
eine solche von G. Gundermann in Aussicht gestellt, (vgl. auch
Gundermanns Nachträge zu Försters Arbeit in der Zeitschr. f. franz.
Spr. u. Litt. 15, 181 ff.) Bei unsicheren Lesungen sind die verschie*
denen Möglichkeiten von Vulgärformen im weitesten Mass berücksich-
tigt. Der Kommentar stellt in Kürze zusammen, was bisher zur Erklä-
rung geleistet worden ist; H. selbst steuert, besond(*rs aus den Glossen,,
viel Neues bei. Für weitere Bedürfnisse wird auf die Untersu-
chungen von Karl Uli mann in Volhnöllers Roman. Forseh. 7, 145—
225 verwiesen. S. 451 — 452 folj^t ein Index der getadelten Vulgär-
formen.
154. Heraeos W. Die Sprache des Petronius und die Glossen. Prg:.
Offenbach a. M. Leipzig Teubner. 50 S. 4^ 2 M.
Nicht blos die Glossen, sondern auch die Tironischen Noten^
Inschriften, Schollen zu Int. Schriftstellern, andere vulgäre TextCr
Grammati kerzeugnisse werden zur Erklärung der Sprache des P,
beigebracht. Vgl. ähnliehe Arbeiten des Verfassers zum Maximal-
tanf des Diokletian (N. Jahrb. f. Phil. 1897, 353-360) und zur Ap-
pendix Probi (ALL. 11, 61 -70). Der lexikalische Teil zerfällt
in 2 Abschnitte, a) seltene, meist vulgäre Wörter und Wortbedeu-
tungen (S. 2—31), b) Redensarten, Formelhaftes, Sprichwörtlichem
(S. 31-38). Der 2. Teil hat die Formen- und Lautlehre zum
Gegenstand. Ich notiere daraus: Die Verwechslung der Genera verbi.
Die Formen defraudit, vetuo^ fefeüitus sunt, vinciturutn. Zu veiuo-
nach dem Perfekt vetui vgl aus Glosaarlen vacuo, censuOf diriguOr
conticuoy oh- und commutuo; complacuo, opstipuo^ micuo, «itfscuo;
beachte auch consuleo nach conardui^ prostrare von prostravi aus,
sprevo, perculo, pepero = pario u. ä. An Nominalformen sind aua
Glossen zu belegen: intesthiae, striga = strix 'Ohreule', fatus =
fatum, vasum st. t'a.v, Ifbrum Noni. st. Über; Jovis st. Jupiter^ hox'is
st. hoSy volpis s>U volpes, stips =: stipes 'K\otz'. Vulgäre Lauterschei-
nungeii aus Petroii und den Glossen: percolopare = percolaphare
mit progressiver Assimilation, peduclus = pediculus u ä., nomen-
culafor, susvm f. sursvm, tulum und -culum. Den Beschluss bilden
ein Index verborum und locorum.
155. Corssen P. Bericht über die lateinischen Bibelübersetzungen,
Bursians Jahresber. 101, 1—83.
Wichtig zur Orieniierung auch für solche, die der Frage nur
ein rein grammatisches Interesse entgegenbringen.
156. Ehrlich £. Quae sit Italae, quae dicitur, verborum tenacitas.
Dis.s. Leipzig 1898. 108 S
E. untersucht die Italafragmente auf die Worte des Augustinus
hin: '*\w ipsis autein interpretationibus Itala ceteris praeferatur:
nam est verborum tenacior cum perspicuitate sententiae" (de doctr.
ehr. II 16). Im 1. und 2. Kapitel (S. 5 — 54) wird gezeigt, in welcher
Weise die Itala sehr häufig griechische Wörter, einfache und zu-
sammengesetzte, genauer wiedergibt als die Vulgata; das 3. Kap.
handelt vom a privativnm, das 4. von den aus dem Griech. üher-
nommenen Wörtern, da.s 5. vom Artikel, das 6. vom Part. Aor. Act.,,
das 7. von den abhängigen Fragesätzen, das 8. von qu4>d, quiay
quonimn\ in einem 9. Kap. werden endlich noch die Fälle zusani-
mengehtellt, in denen die Vulgata den griechischen Text genauer
übersetzt als die Itala.
VI. Italisch. 255
157. Corpus scriptorum ecclesiasticoruni latinorum. Viiidobonae
F. Tenipsky.
Vgl. Anz. 11 Bibliogr. VII A No 208 Im Jahre 1899 erschien:
Augustini operum sect. V pars 1: De c-ivitate Doi libri XXII ex
rec. Einauuel Hoffmann. Pars 1 Libri I-Xlll (2 Bl. XIX, 660 S.).
i58. Fulgentius. Fabii Planciadin Fulgentii opera. Accedunt Fabü
Claudii Govdiaiii Fulgentii de aetatibus niundi et hominis et S.
Fulgentii episcopi super Thebaiden. Recensuit H. Helm, Leipzig
Teubner 1898. XVI, 216 S. 4M.
Bringt in der Praefatio S. V if. und in dem angehiingten Index
Sermonis BeitrH;re zur Kenntnis der Sprache des Fulgentius. Vgl.
z. B. S. 197 adverbia in itrr pro e, coniugatio S. 199—200, declinalio
S. 201, in c. abl. pro in c. acc. S 2ü4, praepositio cum casu non
.suo S. 209 u. V. a.
159. Fulgentius Fabii Planciadis Fulgentii expositio sermonum
antiquorum von Paul Wessner. Conimentationes philol. Jenenses
VI 2, 63-144.
Dem Tfxte der Expositio sermonum antiquorum (S. 88-102)
AToraufgeschickt ist je ein Abschnitt über die Handschritteu und
Ausgaben; an den Kommentar reihen sich an Bemerkungen über
Titel und Adressat der Schrift, über die Lemmata und die Zitate,
.sowie über Fulgentiusglossen; den Beschluss bilden ein Verzeichnis
der von Fulgentius erklärten (62) Wörter und eine Übersicht über
die als Gewährsmänner angeführten Autoren. Die Arbeit ist gele-
gentlich der Vorarbeiten zum Generalindex des CGL. entstanden;
iei(U»r mu8.<^te der Verfasser seine Fulgentiusstudien vor dem Ab-
.schluHS abbrechen.
160. Eugippius. Eugippii vita Severini. Denuo recognovit Th.
Mommsen. (In Scriptores rerum germanicarum in usum schola-
rum ex Monnmentis Germaniae Historicis recudi fecit G. H. Pertz..)
Berolini apud Weidmannos 1898. XXXII, 60 S.
S. XXXII "Orthographica in commentario, cuius Codices vix ad
«aec. X adscendunt, recte spernentur; nam soloecismi in iis reperti
librariorum fere sunt, non auctoris. Ceterum poterit qui volet, eorum
inutilium amplam messem reperire in apparatuKnoelliano". Mommsen
fügt aus dem Kodex K hinzu: hi.s f. is^ hostium f. ostium, aut f.
Jiaud^ exortari, nichil, michi, inqtnd f. inquit, spiritualis f. spiri-
talLsy languor f. langor^ ammodo, ammirari, adversantum^ memtuum^
■ossuumj uenibolus f. benevolus.
161. Dümmler E. Jahresbericht über die Herausgabe der Monu-
menta Germaniae Historica. Sitz.-Ber. d. Berliner Ak. d. W. 1899
I, S. 365-370.
162. Wölfflln Ed. Zur Latinität des Jordanes. ALL. 11, Heft 3,
S. 361-368.
Abhängigkeit seiner Sprache von Vergil und andern Autoren
<ies Schulunterrichtes. Kasusauflösung vermittelst der Präpositionen
S. 365. Die Darstellung der Latinität des Jord. im Index von
Mommsens Ausgabe (1882). Einiges über die abundantia inanis des
Jordanes.
163. Haag 0. Die Latinität Fredegars. Inaug.-Diss. Freiburg i. B.
1898. In den Roman. Forsch. 10, 835—932.
256 VI. Imliücli,
Die Sprnthe Gregors von Tnurs nncL Bonnet Le Uttn i»
Grigoire de Tours PnriB ISSO wurde hei der Durstellutig iter
Spruche der Fredegar Chronisten (7. u. 8. Jalirh.) überull zum Ver-
ffieich herangeiogen, Eb werden iiai-hoinamler Lautlehre, FlPiioD.
Syntax und in einem Anliaiig auch die Worthildunf; liehnndeU.
DcrVerr. legt sein Mtiterial, wo es nfilig scheint, vollstündiK rar. er
bemüht sich nher anch in d^n ineieti-n Fällen einen Erklärungs-
versuch beizufügen. Zur KeiiuKeichnung seiner Methode and vnr
allem des Sprachgebrauchs Her FredegarchronisteD wallte ich ein
par BeiKpipli^ aus dem Kapitel über die Flexion,
VerhHitnis vnn Lnnt- nnd Flexionslehre: hKufi^ bahnt die
TUlgftre Aussprache der Endungen (der Fall von -m, die Identität
von I, e; o, it) die romanische Flexion an. Die n-Deklination
hielt slrh am besten, vgl. ind«R Gen. PI. litlemm, aqufriim, aquat-
mm, fpi-ner nepta f. neptU und romanisilie ErBehetnun>ren wie
Ulms nate sunt (= upae natae sunt), Bi^i den a-Stüminen kommen
in Betracht die mnssenhat'ten lautlichen Veränderungen Nom. Sg.
■US zu OH, Ahk, PL -os zw -w«, Akk. Sg. -um zu -o und umgekehrt
1, ferner die seltenen Verftnderunpeii von
ii zu -iae (imperiae, palaciae, attoe) «nirt
Uiea, fi/ies); beachtenswert sind unt {=^ uniiay
ei den in der 3. Deklination vereinigten
Nom. Sg. -in üu -M (^prineipes) und.
Dat. Abi. Sg.
Gen. Sg, und Nom.
Dat, Abi. PI, -IIS zu it
und folus (— totiug).
Rt&mmen sind xn. en
umgekehrt (et
! {Ercole f. HercuUi. Akk, i
, m) (cacumine, patri), Abi. Sg, -e zu t (profttetidi,
nomeni); Nom. Akk. PI. -es ku -ts [revülis = rebelte«, princepinh
Dat. Ahl, PI. -iltus zu -ebiis (oinmeftus ^ hominibus, exertettbm),
Ersetzung der Endung -ibus durch -is {ceterü gcntin), urbi» und
orbis = urbg, meruig SepU.mbris, Übergang der u-Stanime in o-
Stamme. Sulistantiva der sog:. 5, Deklination ganz selten, dogvia
Gen. dogmae.
Genus. Bei den o-Slftmmpn Übertritt vorn Neutr, zum Maik.
(.conxiliits, hunc caxtrum., ad caxtro qui\. Neutr. PI. der oSiftmme
wird Fem, Sg. der a-StHnime tarmnm), Rcai^hle: Akk. Sg. tempor«,
flumene und Nom. Sg finmenix: ea panore (ia peiir) parva dolore
(la äouleur), mare traäucia (ta mer); »ancti Kulatiae, plurtme !',
plurimi, donios quoa.
Pronomen huius f. hi« huic, hoc, kaa oder hanc, hatc t. hie,
kac, hoc; qui verallgemeinert für den Noiii, linculne qui), quem für
den Abi. Sg. [rigma quem, regnam quem, a quemV, quod tür den
Abi, Sg. und PI. {exercitum quod, ftdem »wtm quod, homines quod,
munera quod).
Verhuni. Durch laullit-he Vorgänge veranlasst sind die zahl-
reichen -it, -int, -erit, -erinl f, -et, -evt. -eret, -erent \,oporlit, nolitl,
movint; proderil, inlerficerini, regnarit. haberil, fundasnif, M*itl;
ferner et, -etur, -emvs, ettti f. -it, -itur, -imua, -itig [genuet, morttiir,
eacplecuemua, solvett»); doch mögen Formen wie proderit f. proderet
vom Eonj. Perf., Formen wie naacetur, occidetur T. 7iaaeilur, oeci-
ditur von der 2. Konj. beeinflussi sein. — Beachte ent f. -unf ti^
der 3, Konj. Icadent, dieenf, aient, auch facint f. *factnt, iiischr
faatnt, faciunt).
Für das b Futur und r-Perfekt wird verhängnisvoll der laut-
liche Zusammenfall von b und v [Futura: auperavimus, vindecavit,
Perfekla: reparabit, slabüibit). — Perfekt - Kurzformen des Mm9-
vingerlaleins [iiidicat, «peramusi, — ui-Perfekla (conatruit, i
— Dedit-Pcrfi'kta (die Rnniposita von rfore, osiendedit, i
— io-Verba (praeHpant recibebanl, adgredebal].
VI. Italisch. 257
Das Passiv ist im allgemeinen ganz gut erhalten, sein Fehlen
in der Volkssprache tritt jedoch zu Tage in: Verwechslung zwischen
Aktiv und Passiv, Verwendung der Deponentia als Aktiva; Ver-
wendung des iJiIfzeitworts. Lautlich könnte sein: -l zu -e und -e
zu -i im Inf. Praes. Pass. {urguere f. urgerij vastare f. vastarij ape-
rire f. aperiri, deverte f. deverti, fiere f. fieriy dagegen gubemari
1. gubeniare, pqssi f. posse). — Konjugationswechsel: venerit f. ve-
niret^ circuebat f. circumibat; habitur^ censiret. regibat^ delitus;
ftigire; perdomati, ambavit f. ambivit, inianH\\inienH\ fietuVy fiaetur
f. fitur mit aktivem Sinn. — Einzelne Verba: posso, potebas; vellere
(wie essere) f. velle, vellit f. vult, volestis entstanden in der Glei-
chung
sumus —potümiis — volümiut
estis — pofestis — volestis.
nonlint, nollens; feris f. fers^ trnnsferit, transferrit f. transferty
äbstulta f. ablata. — Akzent- und Staminausgleichung der Komposita.
Aus der Svntax sind kurz hervorzuheben die Abschnitte
über: Kasusvermischung, Kasus nach Präpositionen, Verschiebung
der Tempora, Infinitivsatz.
164. Epistolae Karolini aevi. Tomus ITI. (Monumenta Germaniae
Historica. Epistolarum tomus V. Berolini apud Weidmannos.
P'ür sprachliche Studien beachte den Index verborum et rerum
von E. Dümmler S. C66— 674.
m) Inschriften. Papyri.
165. LeBlantE. Paleographie des inscriptions latines du III^ si^cle
ä la fin du VIR Rev. archeol. 29 (1896) S. 177— 197, 345-355; 30
(1897) S. 30—40, 171-184; 31 (1897) S. 172-184.
166. Patroni G. Di una nuova orientazione dell' archeologia uel
piü recente movimento scientifico. Rendiconti d. R. Acc. dei Lin-
cei. Gl. di Sc. raor. Serie V V. 8 S. 221-240.
Behandelt S. 226—227 das Verhältnis der Epigraphik zur Ar-
chäologie.
167. Mommsen Th. und Hirschfeld 0. Jahresbericht über die
Sammlung der lateinischen Inschriften- i^itz.-Ber. d. Berliner Ak.
d. W. 1899 I, S. 72-73.
168. Corpus inscriptionum latinarum. Vol. XIII Inscriptiones
triuni Galliarum et Germaniarum latinae. Kdd. 0. Hirschfeld
et C. Zangemeister. Partis I fasc. 1. Inscriptiones Aquitaniae
et Lugudunensis. Berlin Reimer. 2^. 38 u. 519 S. 58 M. — Vol. XV
Partis II fasc. 1. H. Dressel. Inscriptiones urbis Romae latinae.
Instrumentum domesticum. Berlin Reimer. 2®. S. 491 — 996. 56 M.
169. Ephemeris epigraphica, Corporis inscriptionum latinarum
supplementum, edita iussu Instituti Archaeologici Romani. Vol. VIII
1899. Berolini apud G. Reimerum. 620 S. 25 M.
Der 1. Fasc. des 8. Bandes der Ephemeris erschien schon 1891,
der abgeschlossene und mit wertvollen Indiens versehene Band trägt
die Jahreszahl 1899. Er enthält: M. I h m Additamenta ad corporis vol.
lXetX(S. 221). Th. Mommsen Cnmnientaria ludorum saeculariura
quintorum et septimorum (S. 225-309). H. Dressel Nummi Augusti
vi Domitiani ad ludos saeculares pertinentes (S. 310—315). Chr.
Huelsen Additamenta ad Acta fratrum Arvalium (S. 316—350).
258 V!, lUliädi,
K. Uiioliiier Additiiinent« nova nt\ t-oiporls vol. 11 (S. 3M-5Sm.
A. Ko{,'ling liirliceB (S. S-29-6J|). Bios Huc1iih-ih iicik- Ri-ilie spa-
niüi^lier lusclinftuli und Ri-glinga liidices sind hii BiTicIilHJAlii-e er-
pcliieni'ii; <I>i j^tie in diesu «clioii iiiitviTHrltcilüt itiiid, brgnfl^'c ich
mich ftim (ten Indices eiiiiK^B zu nolit^i'en.
Für Spr*c lifo rech er hesondcrB in Bctrnoht Icominen die Ab-
Buhiiitte: noiiiinn privatoram, coffiiominn priintoriiiti, viiria dp no-
minlbus, g^ramniatioii (.S. 579— 5yU), iiotiio i-t i'ninpi-udia Hrripturop,
provinda tivitatcs gcogTapliica alia. Von neuen »drr neubezi'Ugten
nk'hlkinssisulien Schreibungen und Formen beachte ütwn; Oeaar,
prenes, que f. qu,a%\ opservari, Qaisam f. Bieam, karux, Viktoria,
aput-, at aram, adiacla. carcar. manrenti f. jnerenti, piaentimiimu*,
nalutarae f. nalufare, miliB {. miUs, elart» f. hilarti»\ Enitper f. H«»ptr,
Aac r ac ; Deana, lebertui f. libeHu», leilitrtux, Papeirttin, sei, Kibei,
tibei; alupendium, Coriiielio, niginifer, Irianfafor; m nmissum in
fine; coiitx, adulescesi restttuerum t -nl, poxueru f. -wn^\ Jue f. Jaei;
uxo t. uxar, milex I. milen; s in fiiiH ninJHsnin; beUistas, bixil f,
V'xit, eurabit f. euravii, probincia, vibo t. viuo; Folviiu, tn//enui)>:
coero f. curo, loedi f. Itidi (». a u. c. üTOi, cuiro, loidi {a. n. u. u. Ii4<i|;
Saeclaria, vivos und tiiuH f. vt'uu»; utcKifund vixidt; Staalia, Äurü-
liun. cauima, Felixx, Apoloniux, anug r. annu». aborescile, nuectiii;
adupamil, invialare, inpero; Agatim, Antuna, Cormtux. Areknitiu*,
Phsvche, EidhicianuH 1. EÜTUxiavdi;, tetrastutun, Aprodima. Stepanwi,
Lmäitaeus. — Verlioruni flexi»: a) Dui^ilmKinnfiM 1. Gen. i't D«i.
e pro ae fiiejiifisiinf, Gen. -eic Hordioiiien, Dat. 'iit Scafvai, Aeiliai,
Noni. Hermes. Dat. Hermae, Heraclen Dal. Heradae. '2. Nnin. Si-
colavot (a. n. u. c 670), Gen. -i pro -ii in vocihiL« iii-i'iu vßl ium ler-
ininantiuni (/*i = Pii), Nom. PI. soci, i = ii, Gen, I'l. XV virum,
ptibticum. Dat. P\. Flarin, manubien (n.a. ii. c. 019). 3. Gen. Venerut.
Dat. rentitulri, Vou. Dite f. Di», A1)I, maiori, equeslre. Dat. I'l. Cftu-
W^M, Al<k. PI. dulcis 4. Dnc domo, litdibim vnu *ludtu, -um. h. di-
bus f. diebus, cum plehei. ~ quoi und qouaei = eui. — Declinatin
Grneco excmplo : Gen. Ecleeten, Quarten, Feines, Occiaeit, Juliau
SecundiUa», Dorini», Dat. hierofante, Helpidi, CtMiathn. Oteumvni.
ß) Compariitioni-H, t) Coniu;;alianfH: isitt, auxis, faxl* i. fecerit. in-
litciscet, posit, poiivit, xeeaoit. — cum quem; curantt Mojämiun;
macte als Ailvi-rb.
VIelluicht darrhiei* diu Aul'inerkfiuinknit noch einmnl siericUtei
werden auf eine merkwürdijfu. Bchon 1H8T veröffunlliclite, Kph, VIII
S.bH von neuem in Pnkslmila wledergDjfebeno InBchrifi auf cinciii
Goldblech aus einem Orab liei HipeSan Qinusin, die Zangeiii eistcr
folfrendi'.rmassen liest: ad oc{u]lorum) dolorem aul nn'Horem?
-inam?) eli <?) ligavi pafri et miUri meo (?) toginamamarem nam-
faltuni tolof {g? «?} famon exatan malemargon iNanicn Italiachur
Dßmonen?).
170. Notizie de-fli Si-Avi (= Atti della IL Aci-. dei UnCQJ. Serie V.
Classe di Sc. Mor. uti-. Vol. VII Parte 2. Januar -Deaemliirr tSt»),
Jauuiir. Roma. Re^fione VIII S. 10-14. LAngerii lopo-
gTaphi:ichn Imtchrift, beim ^levI>^uabo^en gefunden, mit r<>gelmtl$»i
gern ei für \. Aus Grabinschriften von der via Ostii-nse: Mo»eif
(Mocxic). Vales. aaliena, mimimentum. — Boscoreale. Reg. I
Latiiim et Campania. S. 15: if. Sllab Nymp. und and(-res. —
Pompei. Reg. T. S. 24 Lnm^ntitm fion ex lade - Anininu Ulietnte.
Februar. Roiria. Rßg. VIII S. 51 -61. FünfÄlg Ür«l>iii-
Hchrlften von der via Salarin aus den leIxCttn Jahren iler Re|>iiMik
und dem Anfang der KiiiHerÄch. Daninier: No, K4 D - M' Ammaeut
VI. Italisch. 259
Amoebe Sex • Ammaeus ■ Sfepamis • patrone • benemerenti • fecit.
No. 43 Appul(ei). Ostia Reg. 1. S. 61. Cretttus (xpn^JTÖc). Reiiio.
Reg:. II Apuiia. S. 65 DM- Plantiae • Modestille • que ■ vixit ■ ann.
XXVI ....
März. Roma. Re^*. VIII S. 77—87. Grabinschriften von
der via Salaria No. 51 — 100. Darunter No. 52 ... ann ■ vicensumum
txsigtns . . . vixlt. No. 76 Ephyre ■ Ceafiliaes • vestispica • Pini • lib.
mit zwei Distichen. No. 82 vlx, plentissimo et Infeliclssimo. No. 91
Eppuleius.
April. Roma. Reg. VIII. S. 131-139. Grabinschriften von
der via Salaria No. 101 — l.iO. Beachte No. 105 meses, No. 108 He-
lenai • sororei • meai • Antistianai • ossa heic cubant, No. 111 anorum,
osa, No. 121 LaberiaeSy No. 124 que iquae), No. 138 Nea ■ politanus,
No. 141 Livineia Nyphe^ No. 14:» Ypatultis ■ Probus • se • vivo \ do
navit • soleum • virginem I matri ■ sue legitimae et \ Q • Ma^?no • 17c-
torino - et • Juniae \ Longine • parentibus ■ suis • et j Magrie • Victo-
rine • filie ' eorum • et 1 Hb lib rtabusq post - eorum. Päd ul i. Rv^. II
Apuiia. S. 149 . . . obobsequium omnem erga ipsam qua acvixit . . .
Mai. Archaische Forumsinschrift s u. No. 177. (Vgl. auch
Notizie S. 386- 387.)
Juni. Sinalunga. Rq^. VII Etruria. S. 218-219 bringt
17 neue etruskische Graburneninschrirten. Roma Reg. VIII S. 221
A. Couri (s. auch S. 292 der Notizie). Pomp ei. Reg I S. 229-234
A. Sogiiano veröffentlicht hier 119 pompeianische Graffiti. Vgl. No. 4,
lOü (u. No.46) M. Terntius, No. 59 M. Trntius und No. 17 M. Teren-
Uns, No. 43 omullus (ohne Ä), No. 44 Tr. Celadus Reti Cresces (vgl.
S. 462 KprjaKHc) puparru domnus^ No. 88 invetus (inventus), No. 107
und 108 Alphabete.
Juli. Roma. Reg. VIII Sacra via. S. 267— 268. Zwei neue
Bruchhtücke der Arvalakten. Via Ostiense S. 271 qua Neutr. PI.
Sulniona. Reg. IV Samnium et Sabina. A. De Nino veröffentlicht
eine neue pälignische Inschrift, deren einzelne Wörter alle bekannt
sind: brata ■ polf - sa \ anacta • ceri
August. Roma. Reg. VIII S. 293. Via Ostiense: se vibo.
September Oktober. Roma. Reg. XIV^ Via Tiburtina:
Dis ■ Manibus Corneliaes Nymphenis v. a. XII.
November. Roma. R^^. VIII auf dem Forum. S. 431 se
bibo, S 432 qui bixity viro praefectissimo (perfectissimo?}. Brin-
disi. Reg. II Apuiia. S. 451 conserbus uxui conserba.
DezeiViber. Me^s- VII Etruria. S. 476-486 Etruskische Me-
tropole und römische Stadt mit 2 grösseren lateinischen Basenin-
schriiten. Roma. Reg. VIII S. 486 ff. Neues vom niyer lapis. Wür-
felfunde.
171. Oagnat R. L'annee epigraphique. Paris Leroux
Eigener Titel des S.-A. 'Revue des publications öpigraphiques
relatives a Tantiquite romaine* aus der Revue archeol. Bd. 34 u. 35.
Beachte: aus No. 1 Tuflenius (Tunis); 5 Mesa Quinias, ficerunt (Oran);
37 quaes'tori (Tunis); 41 Gen. PI; 4> coiu^ (Carthago); 48 Gen.
Deane Caszoriae (Kleinasien); 59 protomacus (1. Jahrh. vor Chr.),
10b bims irivxs quadrivis (JSchweiz); WU fecientem {f) (tlenchir Ain-
Bez); Gen. Amozcuars für -is (?) (Henchir-Medded); 124 sententis
(Dougga); 128 Mirqurio A^kuoc, Acukioc, MdapKOc (Delos); 175 AgOkiov
260 VI. Italisch.
(Rifinasien); 171 MdpKov (Rleinasien); 142 BitebioB TVofimeni »aroriy.
Salustiae, aeorum f. eorum (Rom); 160 J/eiii(orüi) Itobbe, sacrtDti,
germana Hot[at%\ [A]qu€ iSiren(sis) ep(t)«(cop)i, cede tradiiiarum]
v\e]xata\ meruU digiiitate martiri . . . (Mauretanien); 161 optif, in-
ploranH (Syrien); 169 reposita sunt in arckia pubUca (KleinnKien);.
195 u. 196 fece{runt\ fecer(unt); 208 [h. n. No. 194); 218 menseleu
= mavsolaeum^ , . vixitit ani» . . (Afrika); 220 'AicöXXtoc Aquillius
(1. Jahrh. v. Chr. Teira).
172. Qraeven H. Italische Funde 1898. Jahrb. d. Deutsch. Arcli.
Inst. 14, S. 59-66.
173. Qustafsson F. Romersk Inskriftspoesi. Akademisk Inbjud-
ningbskrift. Helsingfors 1899. 46 S. 40.
174. Oholodnjak J. 0 nßkotorych tipach rimskich metridesklcb
nadgrobij. (Über einige Typen lateinischer metrischer Grab-
inschrifteu.) 2uru. Minist. Narodn. ProsveS^Eenija 323 Juni 1899
Otd^l klass. filol. S. 102—141.
III. Elogium autobiographum. Vgl Anz. 11 Bibliogr. VII A
No. 234.
175. Torelli P. Saggi su Teplgrafia sepolcrale latina della cittä dl
Roma. Arona 1898. Brusa e Mncchi. IX, 53 S.
176. Oolonna F. Scoperte di autiehitä in Napoli dal 1876 a tutto
11 1897 con notlzie delle scoperte auteriori e ricordl storico-artistico-
topografici. Napoli 1898. F. Gianniui & Figli. 40.
Die Seiten 529 und 530 geben einen statistischen Überblick über
die in dem Band enthaltenen Inschrilten nach örtlichen, Keitlii'heu
und sprachlichen Gesichtspunkten; Zahl der latein. Inschriften 401.
177—206. Forumsinschrift, die neiigefundene archaische:
177. Stele con iscrixionc latina nrcalca »coperta nel Foro Romano.
Estratto dalle 'Notizie dej»li Scavi* del mese di inajrgio 1899.
Roma. R. Acc. dei Lincei. 4^.
Der Fundbericht über die schon berühmt gewordene «r-
cliaische Forumsinschrift enthalt: Relazione sopra la seoperta (mit
einem Fak.simile) S. 1—10 von G. Boni. — Paleografia del mo-
nnmeiito S. 11—21 von G. F. Gamurrini. — Osservazioni S. 22
von G. Cortese. — Saggio d'interpretaziono deir iscrizione S. 23
—49 von L. Ceci
17S. Fedele P. Archivio della K. Soc. Rom. di storia patria
No. 85-86, S. 301-305.
179. Qatti G. Bulletino della Commissione Arch. comunale di
Roma. Anno XXVII fasc. 2 (Apnle-Giugno). S. 126-140.
180. Borsari L. II foro romano e le recentl scoperte. Riv. d'Italia
II 1 8. 103-121.
181. Ceci L. LMscrizione antichissima del Fnro e la storia di
Roma. Rivista d'Italia II 2 S. 432-453.
182. Huelsen Chr. Neue Funde auf dem Forum Romanum (und
Neues vom Forum Romanum). ßphW. S. 1001-1007, 1499-1501,
1531-1535.
183. AufflnduDg einer uralten Inschrift auf dem Coniitium. WklPh.
16 Sp. 782—783 und
VI. Italisch. 261
Die auf dem Forum Uomanutn ^pfmuiciK^ Stfle mit arclini-
scher Inteinischer Inschrift. WivIPh. 16, Sp. 965-966.
184. Ceci L. L'iscrizione atitichissima dvi Foro e io chauvinisma
italiano. Roma. Tip. Forzani.
Gesammelte Aufsätze aus dem 'Popolo Romnno*. In dieser
politischen Zeitschrift ist unter dem 18. Aug*. auch ein offener
Brief an Ceci veröffentlicht von Feiice Ramorino.
185. Skutsch F. (Besprechung der offiziellen Veröffentlichung'
der Forumsinsehrift.) LC. No.32 (12. Aug. 1809), Sp. 1103-1105,
No. 38 (23. Sept. 1899), Sp. 1310.
Vgl. dazu den Popolo Rom^tno vom 6. Sept., den Don Chi-
sciotte vom 9. Okt. imd die Fanfulla della Domenica vom 15. Okt.
1899. S. auch Skutsehs Ausführungen auf dem Bremer Philologen-
tag. Anz. 10, S. 367.
186. Ramorino F. De Inscriptione in Foro Romano repertn, Vox
Urbis 2 No. 17.
187. Oomparetti J. D. Sulla iscrizione arcaica scoperta nelP antica
Comizio Romano. Atene e Roma 2, Sp. 145 — 164.
188. Mariani L. Nnove scoperte nel Foro romano. Ilhistraziono
italiana 26, n. 28.
189. Oostanzi V. Riv. di fil. e d'istruz. class. 27 S. 612.
190. Pais K. La stela arcaica del foro romano. Nuova Antologia
I) 1. Nov. 1899; II) 16. Januar 1900.
191. Oeci L. II cippo antiehissimo del Foro romano. Riv. d'Italia
II 3 S. 498-521.
192. Dieulafoy M. Note sur les monuments archaYques du Forum.
Ac. d. Inscr. et Beiles - I.ettres. Conjptes rendus. 4"^c S6rie.
T. 27, S. 753 -768.
Mit 3 SituationspiMiien. Beachte auch die Notizen über diese
Ausgrahunoren in der Ac. des Inscr. S. 113, 134, 173, 199, 325, 339,
341, 459, 751.
193. Lanciani R und Baddeley St. Clair. (Über die Ausgra-
bnngen auf dem Forum Romanum.) Athenaeum 3739 S. 391,
3743 S. 136-137. 3751 S. 394.
194. Cagnat R. L'annee epigraphique No. 208.
Faksimile und Cecis Lesung.
195. Gatti G. e Oomparetti D. Su recenti scoperte fatte nel Fora
romano. Rendiconti d. R. Acc. dei Lincei. Gl. di Sc. mor. . . .
Serie V Vol. 8 S. 39-45.
196. Allard P. Le forum romain. Rev. d. questions historiques
66 S. 185-194.
Bespricht in der Hauptsache das Werk von H. Thedenat Le
forum romain et les forums imp^riaux Paris 1898.
197. Ashby Th. Excavations in Rome. Ci. R. 13 S. 232-233*,
321—322, 464—465. Vgl. auch S. 87-88.
198. Duhn F. v. Fundumstilnde und Fundort der ältesten latei-
nischen Steininschrift am Forum Romanum. Neue Heidelberger
Jahrbücher S. 107—120 (und Anz. 10 S. 367).
262 VI. Italiscli.
199. Enmann A. Die iieucntdoekto archaiHche Inschrift des rö-
iiiiKcheii Forums. Bulletin dii rAend6niie Imperiale des Sciences
de St. Petersbourff. Serie V vol. 11 S. 263^274.
200. Halkin L. l/inscription archnYque decouverto au forum rc
niain. Mus^e Beige 3, 301 < 303.
201. Iscrizione nrcaica de! Foro Romano. Bulletino dell' Istituto
dl diritto romano. Anno 11, S. 211 ff.
202: Schmidt 0 E. Die neuen Ausgrabungen auf dem Forum
in Rom. Die Grenzboten 1899, 4 S. 458—46'*.
203. Ceci L. Nuovo contributo alla interpretazione delf isci izione
antichissima del Foro Romano. Rcudiconti della R. Acc. dei
Lincei. Serie V, vol. 8 CK d. sc. mor. S. 549—576.
204. Coxnparetti D. Iscrizione arcaica del Foro Romano. Fireuze-
Roma 1900. 20. (24 S. 1 Tafel).
205. Tropea G. La stele arcaica del Foro Romano. Cronaca
della scoperta e della discussione. Estratto dalla 'Riv. Stör. Ant*
I Anno 4 p. 469—509, Messina 1899; II Anno 5 p. 101—136,
Messina 1900.
206. Otto W. (Besprechung der Litteratur über die Forum»in-
Schrift.) ALL. 11 (1900) 431-436; 12 (1901) 102—113.
Über die Er Ivl Ar ungs versuche unserer Inschritt unterrichten
vorzüglich die beiden vorhergehenden Nummern (z. T. ülier unHi*r
Berichtsjahr hinaus). Ich beschränke mich hier darauf, den Text
folgen zu lassen; das Bruchstück lautet:
1. quoi hoi .... j ... . sakros es | edsor ....
2 iasias | recei lo .... | ... . euam | quos ri . . . .
3 ni kalato I rem hap . . . | . . . . ciod iouxmen |
ta kapia dotau ....
4. m itü ri . . . . I . . . . m quoi ha'uelod nequ .... j ... .
od iouestod
5. . . oiuouioil
207. Monumentum Ancyranum. The deeds of Augu.stus edited by
W. Fairley. Philadelphia. King and Sons 1898, 91 S.
Mit Bibliographie. Vgl. WkIPh. 16, 75-76.
208. Oleott G. N. Some unpublished Inscriptions from Rome. Am.
Journ. Arch. 3, 229—239.
Beachte: dtsiderantinsimae f. de.sideratiasimae, Terebonia,vixt.
209. Hellems F. B. R. Tlio Pupus Torquatianus Inscription. Am.
Journ. of Arch. 3, 202-211.
Faksimile. Beobachtungen über die Schiift.
210. Manteyer G. de. LMnscription de Lanuvium k Rome. Mel.
d'arch. et d'hist. 18 (1898), 271—280
Neue Lesarten zu CIL. XIV S. 19i)-7 No 2112 = Hübner
Exempla Script, epigraph. lat. S. 377 No. 1076. Ein (bisher noch
nicht veröffentlichtes) Faksimile folgt Tafel VII-VIIL
VI. Italisch. 26a
211. DennisonW. Some new Inscriptions from Puteoli, Baiae, Mi-
senum and Cunme. Am. Journ. of Arch. 2, 373 — 398.
212. WaltzinfiT J. P. A propos d*une inscription latine du Dieu
Entarabus. Reponse k M. Schuermans. Musee Beige 3, 298— 30K
213. Böhtlingk 0. Über eine lateinische Inschrift auf einem in
Paris ausgegrabenen kürbisförniigen Gefässe. Ber. ü. d. Verli.
d. Leipziger Ges. d. W. Philol.hist. Cl. 5', 173—175.
B. berichtet zunächst über eine Kontroverse zwischen Br^al
und Th^denat über eine Insciiritt auf einem im Jahre 1867 in Pari*
ausgegrabenen ivürbisförmigen Thongefjiss (im Bulletin, Mars-Avril,
der Comptes rendus des seances de l'aimee 1899 der Academie des
Sciences et Belles-Lettres). Auf der einen Seite heisst es: ospi-
tarepleiagonacervesa, auf der anderen Seile: copocnodituabesestre-
pleda.
Mommsen umschrieb: Hospita, reple lagonam cervesia und
Copo, coiiditum habes, est replenda.
Breal übersetzt: "Hötesse, remplis ma gourde de cervoise. —
La cabaretiere: Entendu! La voilÄ! Elle est remplie" Er liest die
zweite Inschrift: Copocna (?): auditum! habes! «st repleta.
Thedenat liest und erklärt die zweite Inschritt: Copo, con-
ditum (sc. vinum) habes? Est. Keple, da "Cabaretier, as-tu du con-
dUu7?r? "II y en a". "Remplis et donne".
Böiitlingk übersetzt die Inschrift: "Wirtin, fülle die Flasche
(d. i. mich) mit Bier. Wirt, du hast gewürzten Wein, so ist es (d. i.
du kannst es nicht in Abrede stellen; fülle (mich damit und) gib
(dem Gast zu trinken)."
214. Weisshäupl R. Funde in Pola und Umgebung. Jahreshefte
d. Ost. Arch. Inst. 2 Beiblatt Sp. 77-82.
Bringt u. a. eine Übersicht über die Dative auf -aij die in
Aquileja, Triest, Pola, Istrien auf Inschriften gefunden wurden.
215. Hübner E. Nouvelle inscription m^trique du Vllle si^cle^
trouv^e k Oviedo. Annales de la Facult6 des Lettres de Bordeaux
et des Universites du Midi. 4^6 Serie. 21»ne Annee: Rev. den
6t. anciennes 1, 321-324.
Vier Hexameter, welche die Elision nicht mehr kennen und
den Hiatus überall zulassen. Aula neben haxda.
216. Babelon, Oagnat et Saladin. Musee Lavigerie de SaintLouis
de Carthage. Paris T. II, 87, Tafel 21 u. 22.
Hochinteressante tabella devotionis gegen Maurusses quem
pepeint Felicitas. Sprachlich bemerke u. a. Gen. Italie Campanie,
Äcerushium locum, Ispanianiy omnem remedium et omnem filacte-
rium et omnem tutamentum et omnem oleum libutorium, hec no-^
mina^ isphntum, exiat.
217. Delattre A.-L. Les cimeti^res romains superpos^s de Carthage
(1896). Rev. arch^ol. 33 (1898), 82—101, 215—239, 337—349; 34
(1899), 240-255, 382- 396.
16 alte Grabinschriften, z. T. aus der Zeit vor Chr. (beachte
Vcrgilius und Vergilia, Tryphaenis Proclaes, Masclus) — Lampen-
und Münzinschriften. - Über 150 (jüngere) Grabinschriften, dar-
unter 2 grössere metrische (beachte die Schlussverse der beiden
sie tibi ab aetherias /ux m,ulta superfluat auras und me Styga (f.
tStyx) quod rapuit tarn cito enim a superos\ weiter Gen. Caesaeris [?)^
264 VI. Italisch.
HÜarus, Elix zweimal f. Felix (?), Magnia, Julia Tertuüa . , . hie
Mtus est).
218. Schulten A. Das römische Afrika. Leipzig Dieterich. 116 S.
Behandelt auch die Inschriften, insbesondere die lex Maneiana
von HenchirMettich 44fr., 108-109.
Vgl. die Monographie Schultens über diese lex Anz. 10, Bib-
liogr. VII A No. 253, ferner Anz. 11, VII No. 246, 246 und die unten
folgenden No. 219-223.
219. Pernot M. A propos de Tinscription d*Henchir-Mettich. Rev.
arch. 33, 1898, 350-351.
Pernot und Cagnat geben eine neue Lesung der Inschrift,
•die von der Schultens auch in orthographischen Dingen mehrfach
abweicht.
220. Seeck 0. Die Pachtbestimmungen eines römischen Gutes in
Afrika. Zeitschr. f. Sozial- u. Wirtschaftsgesch. VI, 1898, 305—368.
S. 308-310 Überlieferung und Latein, S. 310-315 neue Le-
4sung der Inschrift von Henchir - Mettich. Silbenteilung {u-t). Fast
regelmässig e für ae. Seorsum dursum f. stirsum deorsum. Falsche
Kasus nach Präpositionen {ex aream^ per eo tempore u. s. f.).
221. Seeok 0. Zur Lex Maneiana. N. Jahrbb. f. d. kl. Altert. 3,
295-297.
Verteidigung der Zuverlässigkeit seiner Lesung der Inschrift
gegen Cagnat. (N. Jahrbb. f. d. klass. Altert. 1, 628—634. — Comptes
rendus de 1' Acad6mie des inscr. et belies lettres. VI ser. tom. 26, 682).
222. Toutain J. Nouvelles observations sur Tinscription d'Henchir-
Mettich. Nouv. Revue de droit fran<jais et 6tranger. T. 23, S. 137
-1G9, 284-312, 401-414.
223. Beaudoin E. Les grands domaines de TEmpire romain, d*apr^8
des travaux r^cents. Paris.
In Buchform gebrachte Aufsätze aus der Revue historique
<iu droit francjais et ^tranger; behandelt besonders auch die
Inschrift von Henchir-Mettich. Beachte die gen. Revue 23 (1899).
137 Anm. 2.
224. Berger Ph. et Oagnat R. L'iuscription trilingue d'Henchir
Alaouin. Ac. d. Inscr. et Belles-Lettres. Comptes rendus. 4"»e
Serie. T. 27, S. 48-54.
Faksimile der lat., griech., punischen Inschrift. Alteste lat.
Inschrift aus Afrika (l. Jahrg. v. Chr.)!
225. Besnier M. Inscriptious et monuments de Lamb^se et des
environs. Mel. d'arch. et d'hist. 18. 1898. S. 451—489.
U. a. pro pietati, Hortesius Auculus (f. Hortensius Avunculus)^
Q Papi Optatu (Nominativ), fecerut.
226. Oonway R. S. Dialectorum Italicarum exempla selecta in
usum academicum Latine reddita brevi adnotatione iliustrare stu-
duit R. S. C. Cantabrigiae preli academici. 2 sh. 6 d.
VI. Italisch. 265
Zum Handgebrauch für Studenten nach dem grösseren Work
-des Verfassers zusammengestellt.
227. Bröal M. Sur Torigine et la date de la loi osque de Bantia.
(Lu au Congr^s des Orientalistes, ä Paris, 1897.) M6m. Soc. Ling.
11, 1-5.
Die lat. Inschrift auf der einen Seite der Bronzetafel ist älter
als die oskische. Diese enthält eine Reihe wenig zusammenhängen-
der Bestimmungen aus der Verfassung von Bantia, wahrscheinlich
«trittige Punkte, die von Rom aus entschieden, in Rom formuliert,
übersetzt und eingraviert wurden. Dafür sprechen das reinlatei-
nische Alphabet der osk. Inschrift, die Fehler des Graveurs, der
nicht einmal den Namen der Stadt Bantia richtig schreiben konnte,
der rein römische cursus bonorum u. ä. Die Bestimmungen sind
flüchtig auf die Rückseite einer ßronzetafel notiert; das römische
Gesetz auf ihrer Vorderseite war veraltet und so die Tafel zu an-
derer Benutzung frei geworden. Mommsen setzte die lat. Inschrift
zwischen die Jahre 132—117 v. Chr., Breal nimmt ungefähr das Jahr
100 für die Redaktion der osk. lex in Anspruch. An den Stellen:
dat castrid loufet en eituas 'de fundo aut in pecunias* und castrous
■auti eituas 'fundi aut pecuniae' erwartet man den bekannten Gegen-
satz der röm. Kriminal- und Civilprozesse caput und pecunia; Br^al
glaubt, hier habe sich der Übersetzer durch eine Klangähnlichkeit
verleiten lassen castrum an die Stelle von caput zu setzen.
228. Mau A. Die oskischen Wegweiserinschriften in Pompeji. Mitt.
d. Deutschen Arch. Inst. Röm. Abt. 14, 105—113.
Vgl. Anz. 11, Bibliogr. VIT Nr. 247. 248. Mau sieht bei der
Besprechung dieser Inschriften von sprachlichen Erörterungen ab,
■*die Unhaltbarkeit der Degeringschen Hypothese kann aus topo-
graphischen und sachlichen Erwägungen zu voller Evidenz gebracht
werden*. Wenn er auch Nissens Erklärung gegen Degering ver-
teidigt, so bleibt ihm doch auch diese nur eine Hypothese. S. 112 —
113 wird zögernd der Versuch gemacht das ampt der jüngstgefun-
-denen Inschrift als falsche Schreibung für ant (wie temptare) zu er-
klären.
229. Moratti C. LMscrizione osca di Agnone e gli indigitamenta.
Riv. di Fil. 27, 587-606.
Zur Erztafel von Agnone (v. Planta Nr. 200) gibt Moratti fol-
gende neue Übersetzung, die er S. 594 ff sachlich und sprachlich
zu rechtfertigen sucht:
A. stati- [locij, qui sunt in (heredio-) praecincto | Cereali: Tel-
lur! status-locus, I Caelo status-locus, Cereri status-locus— Consivae
Cereali status-locus, | *Interstitiae status-locus, | Nutrici Cereali status-
locus, | LymphisCerealibus status-locus, | Germinationis-Praesidi inter-
nae status-locus, | Imbribus Cerealibus status-locus, | Serenitatibus
•Cerealibus status-locus, | Jovi *saeptorio status-locus, | Jovi gromatico
«tatus-locus, I *Divisori (Herculo) Cereali status-locus, | Patelanae Per-
tundae status-locus, | Divae Genitali status-locus, j Arae Ignis [status-
locus]. Sanctus foculus in-altero | utroque iugere { clauditur. | Flora-
iibus [feriis] ultra (heredium) praecinctum | Sacra- Delibatio-datur. |
Primigeniae Cereali [est] status-locus, | Nutrici Cereali [est] status-
locus, I Florae Cereali [est] status-locus, | Caelo patri [est] status-
locus. I
B. aras hasce habet (arae haec sunt) | heredium-praecinctum : |
Telluri, | Caelo, | Consivae, | *Interstitiae, | Cereri, | Nutrici, | Lym-
26G VI Italisch.
phis, I Germinationis-Praesidi interna«» I Cercali, ] Imbribus, | Serciii-
tntibus, I Jovi *saeptorio, | Jovi pio Gromatico, i Divisori (Herculo)
Cereali, | Patelanae Pertiindae, | Divae Genitali, I Arae 1*^1118. | Sanc-
tus foiiilus I in-altero iitroque | iugero | (heredii) praecincti in-tleci-
maiiis stat. j
230. Dennieon W. On sonie Oscan Inscripiions. - On commentarium
Actoriim Saecularium Quintorum I, 64. Am. Journ. of Arch. 2
(1898) S. 399-402.
231. Pay E. W. Some Italic Etymologies and Interprelatious. Cl.
Rcv. 13, 350-355, 396-400.
Deiituiig.sversuchc zu einzelnen Wörtern der I^ruvinischen
Tal ein: 1) mefa 'niensa, sacrificinl table*. 2) spefa *pensa. pensilis,
spread out, propped up.'. 3 a) persuntru *pemitro 'footstool, stool,
bencir. 3b) rempersuntro 'wicker .stool*. 4. erus 'erus, nia;;isi(*r\
5) ruseme^ 7'ubiniame Mn rudere, on a pilc of earth or shartls*. 6)
skalQeta 'caU((')ata, cuicita, niat for treadin;r on*. 7) surum 'sudeni,
stake, or *sodo (cf. soiiun»), selia, chair*. 8a) vestis 'vestiens*. 8b.
vestigia 'vestimentuni, mantele, ricinium, cioth.' 8c) vesticatu **vesti-
cato, ai ränge the cloth*. 9) pelsa- 'covers with skins' (: pellis 'skiii*. —
If^nis in the Italic Dialects. Latin annus 'year*. Oscan amnüd
'causa*. Oscan regvinum^ Umbrian ekvine, Umbrian amperia. Latin
infula 'band*.
232. Tambroni F. Note Falische. Bologna Zanichelli 1898. 33 S.
Versucht neue Etvmologien für foied und Fescennium. S.
Riv. di Fil. 27 (1899), 166-167 (Carlo Pa.scal).
233. Pauli C. Die etruskischen Familiennamen auf -^ra usw. B.
B. 25, 194-227.
Wichtigkeit der etruskischen Namenforschung: 90% der er-
haltenen Inschriften sind Grabinschriften, deren grös.ster Teil rein
aus Namen besteht. Bei dieser Häufigkeit der Namen lässt sich oit
ihre Funktion (nach Analogie latein. Grabinschriften) erkennen.
Nehmen wir die Inschriften
vel . petru . lelus und velia . petrui . veluH,
so wissen wir, vel ist ein männlicher Vorname im Nom., velus ist der
Gen., velia der weibliche Nom dazu, während petru ein Gentiinanie
im männlichen Nom., petrui dazu der weibliche Nom. ist. S 19()—
20() stellt Pauli in 74 Nummern alphabetisch eine Gruppe etr. Faniilien-
namen zusammen, die ein Element -diira^ -ihiri, -dum oder ähnlich
enthalten, z. B. anei^ura^ ceiOurna^ veWuria^ veladri. Eine Be-
sprechung der Gentilsultixe -a, -?, m; -ana^ -ina, -una\ -ani, -ini,
-uni; ±na^ sni wird für später aufgespart. Fast alle etrusk. Gentil-
namen sind von Vornamen abgeleitet, von Vornamen auf -i9ur kennen
wir velOur, lardiir^ arnOur, tinOur-^ dur niuss ähnlich wie dura 'Nach-
komme* etwa (jejiitus bedeuten. Für Tin-dur wird auf kombina-
torischem Wege, der für die Methode von Wichtigkeit ist, die Be-
deutung Aio-Y^vr|c sicher gestellt und darauf in allen Namen mit
dura u. ä. ein Göttername als erster Bestandteil zu erweisen ge-
sucht. 'Als völlig sicher Götternamen enthaltend können gelten die
Formen, die gebildet sind mit tin-^ selva, fala-^ lar-^ vel-. ar-, tamia-
und veiielia\ als wahrscheinlich die, welche gebildet sind mit vel-
tuvina-^ mu-y mim- und anei., als bloss möglich und etwas unsicher
die Formen mit cei-, de- und e-. Ausser diesem Hauptergebnis fallt
aber auch noch einiger Gewinn für die Lautlehre ab.' S. 225—2*27.
234 a. Lattes E. 1 documenti epigrafici della signoria etrusca in Cani-
VI. Italisch. 267
pania e i nomi delle maschere atellane. Riv. di stör. ant. Anno 2
11896X fasc. 2, S. 5-26.
234 b. Lattes E. Di due antichissime iscrizioni etrusche test^ sco-
perte a Barbarano di Sutri. R. Ist. Lomb. Rend. Ser. 2 Vol. 32
Milano S. 693-708.
Behandelt die beiden Anz. 11 Bibliogr. VIT No. 217 S. 190 unter
Oktober schon erwähnten Inschriften aus Barbarano. L. liest:
eO avai Oizu suzai limuna atiuz naO, a karai sinia serin laman,
aizaruva alqu mazbava naiah
und mi atiia.
234c. Lattes E. LMscrizione anteromana di Poggio Sommavilla.
R. Ist. Lomb. Rend. Ser. 2. Vol. 32 Milano S. 823-831.
L. liest die Inschrift (Pasqui, Not. d. Scavi 1896 S. 476):
aletneupoOeOik: feuos | Geruseh | skerfs. Der Dialekt wird fa-
lisco—et7*u8cheggiante bezeichnet.
235. Bormann E. Denkmäler etruskischer Schriftsteller. Jahres-
hefte d. Ost. Arch. Inst. 2, 129-136.
Inschriften, die sich vielleicht auf den Etrusker Tarquitius
Priscus beziehen, der nach Plinius de Etrusca discipiina schrieb.
236. Bröal M. Inscription ^trusque trouv^e k Carthage. Journ. des
Sav. 1899. S. 63-67.
Etruskische Inschrift eines punischen Grabes : mi pui melkarO
avieke k q) . . . na. Vgl. E. Lattes R. Ist. Lomb. Rend. Ser. 2
Vol. 32 Milano S. 659-670.
237. Ihm M. Lateinische Papyri. Centralbl. f. Bibliotheksw. 16,
341—357.
Verzeichnis der ägyptischen, Hcrculanensischen und mittelalter-
lichen Papyri in lat. Sprache nebst der Litteratur über dieselben.
An grammatischen, fast nur orthographischen Dingen notiert Ihm
unter Nr. 6 quatuor, sexs (2. Jhd.), 7 prepositis horioruvi f. kor-
reorum, debotis f. devotis (4. Jhd.), 13 hibematur f. hibemat (156 n.
Chr.), 19 transfluminianus (166 n. Chr.), 20 iriarchxis (167 n. Chr.),
32c humilia f. homilia, rignat f. regnat^ seconda, ortatur f. hortatur,
sermo divinos usw. (7. Jhd.), 32^* fistivitas, ambolatur, deffecultas,
itenerum, nominebus, viriutebuSj fidis ricta^ anni sucriscu7ity fluruit^
Hisrahilita usw. (6. Jhd.). Bemerke auch die unter Nr. 25 aufge-
zählten lat.-griech. Glossare auf ägypt. Papyri.
n) Zur italischeii Mythologie und Altertumskunde«
(Weiteres s. Hauptabschnitt II.)
238. Koscher W. H. Ausführliches Lexikon der Griechischen und
Römischen Mythologie im Verein mit (vielen) herausgegeben von
W. H. R. Leipzig Teubner.
Das Jahr 1899 brachte die Lieferungen 39—42 (NikeOino-
trophoi).
239. Gruppe 0. Bericht über die Litteratur zur antiken Mythologie
und Religionsgeschichte aus den Jahren 1893—1897. Bursians
Jahrb. 102, 133—243.
Der 2. besondere Teil bringt die Namen in alphabetischer
Reihe, er darf in Anlage und Ausführung als eine fortlaufende Er-
gänzung zu Roschers Mythol. Lexikon gelten.
Anzei^r XII 2 u. 8. 18
268 VI. Italisch.
240. Aust K. Die Relif^ion der Römer. (^ Darstellungen a. d. Ge-
biete d. nichtchristl. Keligionsgesch. Bd. 13). Münster Aschendorff.
VIII. 2G8 S. 4,50 M.
lu dieser zusainmenfassenden Darsreliung, die 6. Wissowa
gewidmet ist, interessieren uns besonders die Abschnitte über die
nationale Epoche der römischen Religion, die etruskischen Einflüsse,
die nationalrömischen und italischen Götter, die ältesten Feste und
Priesterkollegien.
241. Bullettino di Paletnologia Italiana . . . diretto da L. Pigorini.
Parma. Anno 25 (1899)= Serie III. Tome V.
S. Anz. 11, Bibiiogr. VII Nr. 258.
242. Rivista di storia antica e scienze afflni, diretta da G. Tropea.
Messina. Tip. d'Amico 1895 flP.
Enthält manches zur archäologischen und ethnographischen
Vorgeschichte und ältesten Geschichte Italiens, bes. Siziliens und
Süd-Italiens. Auch in der Bibliographie, der Rivista werden hier-
hergehörige Schriften, namentlich von C. de Cara und G. Caruselli,
angeführt, die dem Ref. augenblicklich nicht zugänglich sind.
24.-). Mommsen Th. Die italischen Regionen. In 'Beiträge zur alten
Geschichte und Geographie. Festschrift f. H. Kiepert' S. 93 — 110.
Berlin Reimer 1898. 4«.
Trotz der politischen Auflösung der auf den Volksstämmen
beruhenden Konföderationen (Italiens) blieben die davon entnomme-
nen Bezeichnungen nicht bloss für die notwendig auf dieselben an-
gewiesene Geschichtsschreibung massgebend, sondern sie behaup-
teten sich im wesentlichen bei den Geographen und in gewissen
Schranken selbst in der gewöhnlichen Rede. Stämme- und Regionen-
tafeln nach Strabon und Ptolemaeus S. 97—98, nach Plinius (die
augustischen Regionen) S. 104, die Vollendnng der Provinzialisicrung
Italiens durch Diocletian S. 109.
244. Qroutars J. de. Les Italo-Grecs, leur langue et leur origine
(Suite et fin). Musee Beige 3, 23(5—245.
Vgl. Anz. 11 Bibiiogr. VII Nr. 259.
215. Tropea G. II nome fltalia'. Riv. di stör. ant. Anno I (1896)
fasc. 4. S. 120—148.
Geschichte der Frage. Bibliograi)hie. Neue Studien.
246. Puglisi-Marino S. Sul nome Italia. Riv. bimestr. di antichitA
Greehe e Roujane. Anno I fasc. 4/B. Anno II fasc. 1/2 S. 67—87.
S. BphW 19 S. 1200-1201 (Holm),
246a. Malgeri E. Sul nome 'Italia'. Nuove Osscrvazioni. (Estratto
degli Atti della R. Acc. Peloritana) Messina 1899 (di pagg. 75).
247. Heisterbergk B. ^Solum Ifalicum. Piniol. 58, 321—342.
Zur Terminologie staatsrechtlicher Begriffe {solum italicum^
praedia itaiica, sohim prorincialey ager roinamis u. a.).
248. Petersen Yj. Funde und Forschung. Mitt. d. Deutschen Arch.
Inst. Rom. Abt. 14, 163—192.
Derieht über die älteste (z. T. vorhistorische) Archäologie von
Sizilien und Unteritalien.
249. Modestov V. J. De Siculorum origine, quatenus ex veteium
VI. Italisch. 269
testiinoniis et ex archaeolog'icis atque anthropologicis documentis
apparet. St. Petersburg Wolff 1898. 93 S.
Russisch; Abdruck aus dem 2urn. Min. 1897 Nov. 176—330
Dez. 330—364 mit lat. Re8um6; über den Inhalt vgl. Anz. 10 Biblio-
graphie II 34.
250. L6vy J. Dieux siciliens. Rev. archeol. 34, 256—281.
I. Les A^XXoi et les TTaXiKoi. IL Hadranos. III. Pediakrates.
251. Orsi P. Pantalica. Cassibile. Mon. ant. Vol. IX Sp. 33-115 u.
117—146.
Sikulische Nekropolen.
252. Duhn F. v. Delineazione di una storia delia Campania prero-
niana secondo i resultati delle piu reccnti seoperte arclioologiche.
Riv. di stör. ant. Anno I (1895) fasc. 3 S. 31—59.
253. Montelius 0. Roma prima di Romolo e Remo. Rendic. d. R.
Acc. dei Lincei. Cl. di sc. mor. Ser. V Vol. 8 S. 196.
M. behauptet die Existenz eines vorhistorischen Roms im 12.
Jahrlmndert.
254. Pinza G. Sülle mura romane attribuito all' epoca dei Re. Bul-
leltino d. Commiss. Arch. Comun. d. Roma 25, 228— 261; Le civiltA
primitive dei Lazio. 26, 101—291.
255. Wilser L. Die Etrusker. Die Umschau 3, 769—770.
*'Die Etrusker sind, wenn sie auch ihre Kasse nicht ganz rein
bewahrt hatten, ein arisches Volk, die nächsten Verwandten der
Hellenen .... Dass aber ein Volk von europäischer Rasse und
Kultur eine nicht arische Sprache gehabt haben sollte, wäre mehr
als wunderbar . . ."(!)
256. Petersen E. Caeles Vibenna und Maslarna. Jahrb. d. Deutsch.
Arch. Inst. 14, 43-49.
Vgl. die Aufsätze von Körte und Münzer. Anz. 10 Bibliogr.
VII A No. 272 und Anz. 11 x\o. 264. 265.
257. Milani L. A. Sepolcreto con vasi antropoidi di Cancelli suUa
montagna di Cetona. Mon. ant. Vol IX Sp. 149—192.
Paläoetruskische Grabstätte.
258. Mehlis C. Die Ligurerfrage. 1. Abt. S. A. aus dem Arch. f.
Anthr. 26, Heft 1. 24 S.
259. Pemioe A. Sui Celti e la ioro immigrazione in Italia. Riv.
bimestr. di antich. Greche e Romane. Anno I fasc. 4/6 (50 S.). Anno II
fasc. 1/2 S. 207-208.
S. BphW. 19 S. 1267-1268 (Holm).
260. Hirt H. Die sprachliche Stellung des Illyrischen. In "Beiträge
zur alten Geschichte und Geographie, Festschrift f. H. Kiepert".
S. 179-188. Berlin Reimer 1898. 4«.
Die Sprachwissenschaft kann bis heute keute keinen Beweis
dafür liefern, dass das Albanesische die jüngste Phase des Altilly-
rischen sei. (Gegen Kretschmer Einleitung S. 262 f.) Die VeneteV,
die Bewohner der eigentlichen *l\Xup(c, und die Messapier gehören
einem Sprachstamm an, der zu den ce;^/Mm■ Sprachen gehört und
zwischen Griechisch und Italokeltisch ein Mittelglied bildet. Das
270 VI. Italisch.
Makedonische schliesst sich wohl dem Illyrischen, das Albanesische
aber, als «a^em-Sprache, dem alten Thrakischen an.
Dagegen Holger Pedersen in Die Gutturale im Albanesischen
KZ. 36, 299 ff. Er kommt zu dem Resultat, dass wir bis auf weiteres-
vier nichtgriechische Völker des Altertums auf der Balkanhalbinsel
zu unterscheiden haben: die Makedonier, die Südillyrier (die heu-
tigen Albanesen und die Messapier), die Nordillyrier mit den Ve-
ne tern, die Thrakier.
261. Qhirardini G. Di un nuovo gruppo di tombe deila necropoli
atestina. Rendiconti d. R. Acc. dei Lincei. Cl. di Soc. mor. . . .
Serie V Vol. 8 S. 102—113.
Vorhistorische Venetergräber.
o) Metrik u. ä.
262. Qleditsch H. Bericht über die Erscheinungen der griechischen
und römischen Metrik. Bursians Jahresber. 102, 1—64.
Umfasst die Jahre 1892—1897. Für uns kommen besonders
in Betracht die Kapitel VI Der saturnische Vers der Römer und VII
Metrische Schriften über das römische Drama.
263. Bornecque H. Le vers saturnien Rev. de philol. 23, 68—79.
B. macht, ohne die Bemühungen der Rhythmiker auch nur
zu erwähnen, wieder einmal den Versuch den Saturnier rein quan-
titierend zu messen. Seine Conclusions S. 78 — 79 sind:
1) Le saturnien se compose de six pieds, plus une syllabe lon-
gue; c'est un sept6naire Yambique catalectique. Le pied pur est
le cinquifeme pied. L'lambe peut se trouver ä toutes les autres
places, ainsi que le spoiidee. L'anapeste n'est pas re^u aux qua-
tri^me et cinquieiiie pieds, le tribraque aux deuxi^me, quatrieme
et cinqui^me, le dactyle au premier, deuxifeme et cinqui^me; le
pyrrhique ne se trouve qu'au troisieme et au sixi^me pied. Natu-
rellement le trochee et exclu. En d'autres ternies, on peut trouver
au premier pied: Yambe et tribraque, spond^e et anapeste; le dac-
tyle ne s'y trouve pas, parce que la derni6re syllabe courrait chance
d'ötre allongee par la coupe. Au deuxi^me: Yambe, spond^e et
anapeste, le tribraque et le dactyle etant 6cast^s pour la raison
que je viens de donner; au troisieme: pyrrhique, Yambe, tribra-
que, spondee et ses Substituts; au quatrieme: Yambe, spond^e,
dactyle; au cinquieme Yambe; au sixieme comme au troisieme.
2) Des söparations de niots coupent le vers en quatre parties
distinetes comprenant respectivement: premier et deuxi^me pied,
troisieme pied et septieme demi-pied, huiti^me demi-pied et cin-
quieme pied, fin du vers. En outre, autant que possible, les pre-
mier et deuxieme pieds sont formes chacun par un mot. Entre ces
differents menibres l'hiatus est 1 leite: la svllabe ünale de chacun
d'eux est, par suite, consid^ree comme indifferente. La coupe prin-
cipale et invariable est la coupe hepthemim^re: la coupe tetrath^-
Diiniere et la coupe decath^mimere peuvent, au b esoin, ^tre de-
placees d'un demi-pied, surtout lorsqu'il y a des noms propres dans
le vers ou qu'il se tennine par un mot de deux longues.
4) Les 3me et 4"^« demi-pieds, comme les 8me et 9^»^^ c'est-A-dire
ceux qui terniinent les premier et troisieme membres peuvent dtre
remplaces par une lon«^ue prolongee; une br^ve finale, assimil^e k
une loi)«;ue, peut jouer le röle de longue prolongee. Quand il est
necessaire de placer j\ la fiu du vers un mot de deux longues, et
VI, Iwlist^h.
an
I
i
■daiis ce c«B seulement, U ititme facullö est donn^e pour leä
demi-pieds 12 el 13. (Vifl, zur Saturn ierlVfifre die Referate von F.
Skulach in Vollmöllers Jshresb. 4 I S. ö5-ri7, H. Oledilsch in Bur-
«ans Jnhresb. 102, S. 4L'-47 und Ref. ebenda 106, 67—62].
264. Maurenbrecher B, Forschungen zur lateiniscben Sprnchge-
schichte und Metrik. 1. Heft: Hintus und VerBclileifung im alten
Lalein. Leipzig Teubner. VIII. 'XS S, 7 M.
Inhalti Einleitung- Hiatus und Vcischlttifung. Gescbiclite
Jer Hiatuafrah^e (S- 1—16). Erstes Kapitf.l. Auslautendes m
und s in der Poesie (S. 16-lOS). Einleiiunfr. Abfall von m in
der Sprache. Hiatus und Verschiffung von m bis PlaulUB. Vor-
inmerkuiiafn und Grundstitze zur Statistik der VerBchleilung. Der
HiatuB einsllbiKei' Worte bei Plautus und in der archaischen Poesie.
Hiaius mehrKitbi»rer Worte in Senkung. Der Hiatu" In Hebung.
Erklärung de» Uiatus durch Erhaltung: des Auslauts. Der Nasal-
■voka! und der Hiatus. G«8chichtP des NasalvokalB {des auslauten-
den m) in der V Hrschieifung bis 600 ti. Chr. Der Auslaut « in der
'£prachp und in der Poesie. Zweitee Kapitel. Das abtati vische
^ in der Litteratur (S. 107—146). Einleitung. Inaehriftliche Ab-
lativforniun. Hiatus und Verse h 1 ei tun g der Ablative in der archai-
schen Litieratur. Die d-Forincn und der Hiatus der Personalpro-
nondna bei Plautus. Der Hiatus der Ablative auf -ö bei Plautus.
Diu Ablative auf -i, -u, -ü und -S bei Plautus. Geschichte der Ent-
wicklung der dFoimen bei Planlus. DrilleB Kapitel. Der Hia-
tus bei Plautus und iin Altiatein. Allgemeine ErwAgungeu
gegen und luv den Hiatus. Der Hiatiis einsilbiger Worte bei Plau-
4US. Die einsilbigen Wirte in der aruhtischen Poesie. Der Uiatus
in Diärese und Personenwechsel. Der Hiatuis nach -ae bei Plautus
und in der alten Poesie. Der Hiatus in Senkung nach -n und -i
bei Plauiu». Die piautinischen Hiaie in Senkung nach -o, -a, -e. Die
Hiate in Hebung bei Pisutus... Der Hiatus in der übrigen archai-
.schen Poesie. Geflchichtliche Übersicht über Hiatus und Verachlei-
rung im alten Latein. Der Hiatus in Cäsur. Zusanimeni'assung der
Besultatc für Plautus. Anhang xur Statistik. Die unsicheren
iTei-schleifungen. Zur Beurteilung der Hllnfigkeil der Verschleifung
nud ihrer Gattungen. Nachträge. Namen- and Sachregister. Stelleu-
Teraeichniä.
Die kritische Frage nach der Berechtigung dos Hiatus in der
plftütinistheu Überlieferung kann nur gelöst .werden durch ver-
fleichende statistische Analyse dieser Überlieferung, wobei
latus und Verschleifung in gleicher Weise zu berücksichtigen
und alle Konjekturen znnltchsi ausser Auge zu lasaen sind.
Resultate (S. 231-232, 2351: berechtigte Hiate der plautinl-
Bchen Überlieferung sind 1) einsilbige Wörter in aufgelöster Hebung;
'S) in allen Senkungen; 3) mehrsilbige Wörter aul' ae, i, u, o, ä, m
In Senkung; 4) mehrsilbige Wörter auf i, w, m in Hebung ohne
Kürzung; B) einige elnsilbiee Wörter in ungekürzter Hebung, näm-
üeh giioi. hat, rim, r« und die Worje auf i; 6) Hiate in Diärese
-und 71 im Personenwechsel; wahrscheinlich ist die Echtheit des
ÜEintuB der Endsilbe mehrsilbiger Worte in aufgelöster Hebung,
neben diesen allen bleibt ein liest solcher Hiate. die mit Sicherheit
als Korruptelen erklärt werden kSnnen; wann sie in unsere C her lie-
ferung eingedrungen sind, bleibt unklar; sie verdanken ihre Ent-
«tehuug zweifellos der falschen Analogie nach den echten Hiaton.
~ ■ ' ' ' ' * 1 PIflutinischen Texte; in Betracht
Hebung oder Senkung nach kur-
272 VII. Keltisch.
zem Auslaut (e, ä), 2) Hiate in Senkung* nfich e, 3) einsilbig^e und
mehrsilbige Worte in ungekürzter Hebung ausser den oben ge-
nannten. Ihre Erledigung ist der niederen Textkritik zuzuweisen.
In 100 Versen kommt jener legitime Hiatus Hnsilbiger Worte 1,3 mal,
die anderen (nach M. berechtigten) 4 mal, die Verschleil^ung 147,5 mal
vor. Vgl. LC. 1899 Sp. 967-969 und 1085-1086 (F. Skutsch und
Entgegnung B. Maurenbrechers).
265. Bennett C. E. Rhythmic Accent in Ancient Verse. Am. Journ.
Phil. 20, 412-428.
B. verteidigt seinen Aufsatz: What was Ictus in Latin Pro-
sody? Am. Journ. Phil. 19, 361 ff. [Anz. 11 Bibliogr. VII No. 15]
gegen G. L. Hendricksons Angriff Am. Journ. Phil. 20, 198—210.
Hendrickson erwidert mit einem Comment on Professor Bennett'»
Reply, ebenda S. 429-434.
266. Mari G. I trattati medievali di ritmica latina. Milano Hoepli.
124 S. 5 1.
267. Mari G. Ritmo latino e terminologia ritmica medievale. Studi
di filol. romanza 8.
268. D(e8cheemaecker) St. H. Tablcaux synoptiques de la quaiitit^
latine. Grammont Van Nieuwenhove. 20 S. 4®.
München. Gustav Herbig.
YII. Keltisch.
1. Sommer F. Der keltische Sprachstamm. Beilage zur Münchener
Allgemeinen Zeitung 18. u. 19. XII. 1899.
2. d'Arbois de Jubainville H. Cours de litt6rature celtique. Tome VI.
lia civilisation des Geltes et celle de r^,pop6e hom6rique. Paris.
3. Holder A. Altceitischer Sprachschatz. 11. Lieferung: Mediola-
num — Norici.
4. Thumeysen R. Der Kalender von Coligny. Ztschr. f. celt. Phil.
2, 523 fr.
5. Espörandieu E. Calendrier de Coligny (Ain). Keconstitutioiu
Vgl. R. C. 20, 100.
6. Rousselot Les articulations irlandaises ^tudi^es k Taide du pa-
lais artificiel. La Parole 1, 241—62.
Cette etude tres restreinte des articulations d'un seul Irlandais
nous permet de reconnaltre : l® L'infiuence reciproque des voyelles
sur les consonnes, des consonnes sur les voyelles, ou des voyelles
et des consonnes entre elles; 2® L'intluence des groupements syu-
tactiques ou de la morphologie sur les articulations; 3® L'etendue
des variantes dans la place d'articiilution que peut presenter un
meme son sans perdre son identite acoustique; 4" La diff^rence de
force qui existe entre les consonnes initiales et les finales, entre
les consonnes finales elles mömes suivant qu'elles sont aprös unc
voyelle ou iine autre consonne; 5^ La possibilit^ de pr6voir d'äpr^s
un trace la marche future d'une Evolution; 6® La röalite des mouil-
16es k' g' t' iV s'; 7^ Enfin la necessite d'une Chronologie en pho-
netique, si Ton veut ramener k la regle les irr^gularit^s apparentes.
7. Pedersen H. Irsk Literatur. Dansk Tidsskrift 1899, S. 709-726,
Behandelt hauptsächlich die alten irischen Heldensagen.
VII. Keltisch. 273
8. Stokes Wh. Hibernica (Fortsotzung). KZ. 3G, 273 ff.
18. A sandhi — nile. Beispiele von Wandel auslautender Te-
nnis zur Media vor stimmhaftem Laut. 19. The sound-groups apn,
epn^ ipn, opn, upn: in apn, epw, ipn schwindet p ohne Ersatzdeh-
nung. 20. Vowel-flanked p. Weitere Beispiele. 21. Enclisis after
interrogative particles: auch nach interrog. co. 22. Two prepositio-
nal prefixes. am- in amigim aus *{p)ar{ä)n-; eh- in eb-ltm aus
*eb alim zu skr. abhi, 23. merbligim 'wimmele* zu moirb 'Ameise*.
9. d'Arbois de Jubainville H. kt indo-europ^en = cht celtique.
R. C. 20, 116.
Wird von den Galliern mit XT, von den Römern mit CT oder
T wiedergegeben.
10. Strachan J. Final Vowels in the F6Iire Oenguso. R. C. 20,
191 ff., 295 ff.
Untersuchung über die Reimverhältnisse.
11. Zupitza E. Über Doppelkonsonanz im Irischen. KZ. 36, 202 ff.
Untersuchungen über die orthographischen Verhältnisse in
den air. Glossen, im Mittelirischen und ihre Entsprechungen im Neu-
irischen.
12. Dotün G. foudes de phon^tique irlandaise. I. dk^gh. R. C.
20, 306 ff.
13. Ernault E. Sur la chute de V er final en breton. R. C. 20, 199 ff.
14. Loth J. Remarques sur le Wortschatz der keltischen Sprach-
einheit de M. Whitley Stokes. (Suite). R. C. 20, 344 ff.
15. Zimmer Keltische Studien 17. KZ. 36, 416 ff.
1) Bret. mar, arvar, körn. mar. In hep mar 'zweifellos' usw.
ist mar = 'wenn*. 2) Ir. eneclanriy kymr. givynebwerth , breton.
enepuuerih. Erläuterung der Bedeutungsentwicklung an der Hand
litter arisch er Belege. 3) Kornisch arluit, kymr. arlwydd^ arglwydd.
Übersetzung des ags. hläfveard. 4) Ir. cirdub^ kymr. purdu. Ir. cir-
ist eine Entlehnung aus lat. pürus durch britannischen Mund. 5)
Seis, Saesonx aus Saxöj Saxönes. 6) Ir. cäm, kymr. ceiniog, ir.
cianog. cäin durch brit. Vermittlung aus lat. canön entlehnt, ebenso
cianog aus kymr. *ceinöc. 7) Air. bagim^ bdg = kymr. beio^ bai.
8) Das angebliche keltische Verbum skartö 'ich sondere ab*. Existiert
nicht, vielmehr ess-cart, verwandt mit ir. fo-chiurt usw.
16. Zupitza E. Etymologien. BB. 25, 89 ff.
Darunter keltische: Ir. Iosh. Ir. folongim. Ir. äge. Ir. gobäl.
Kymr. cyfludd. Kymr. llyin. Ir. traig. Kymr. chwarddaf. Kymr.
gwyu\ Kymr. Uith. Kymr. nithio. Ir. tarr. Ir. meith. Ir. dergnat.
Kymr. cem. Ir. füg. Kymr. ffwdan. Kymr. dera.
17. Loth J. Additions et remarques au Dictionary of the Welsh
Language du Rev. D. Sil van Evans (A— D). ACL. 1, 400 ff.
bah baille: ACL. 1, 396 f.; abar daü 397 f.; alam gall. a/a/'398;
coscath 399.
18. Meyer K. Contributions to Irish Lexicography {Alp — arba),
ACL. 1, suppl. 81 ff.
19. Stokes Wh. Fifty Irish Etymologie«. BB. 25, 252 ff.
20. Straohan J. Old Irish Toglenomon, R. C. 20, 445.
Zu doglenim.
274 VII. Keltiiich.
21. Strachan J. 0. Ir. dil AOL. 1, 471 f.
22. Loth J. Affwf/8 — ^rvoas. RC. 20, 206 f. dryw RC. 20, 842 f.
23. Ernault E. ^tymologies bretonnes 11—30. M8L.11, H.2, aSSIT.
24. Thomas A. De quelques noms de lieux ArAn^is d*origine gau-
loise. RC. 20, 1 ff. 438 ff.
25. Strachan J. The Nominative Plural of Neuter uatems in Celtic.
IF. 10, 76 f.
Zu air. cUtr 'Thränen*, kymr. deiffr aus *dakrü noch darus pI.
'Thor' aus *d^ore8tü.
26. Zimmer H. Keltische Studien 18. Beiträge zur altirischen Gram-
matik. KZ. 36, 461 ff.
1) Der ursprüngl. N. Akk. Du. der u-Stämm«^ im Altirischen.
giun 'Mund' au» *genüt N. Du. zu gen 'Kinnbacke*. 2) Altiriüch
cisbert und asrubart in ihrer Bedeutung für die altirische Tempos-
lehre. Die Vcrbalfonnen mit und ohne ro- sind syntaktisch ver-
schieden. Durch ro- bekommt ein Praet die Bedeutung des Plus-
quam per f. od. eigtl. Perfekts, ein Conj. praes. die eines Conj. per f.
oder des Fnt. exact., ein Imperf. wird zum Plusquamperf. Ferner
steht ro- beim Conj. praes. zum Ausdruck eines Befehls oder Wun-
sches. — Besprechung der britannischen Verhältnisse. — Die Ver-
balpartikel ro- ist formal und in ihrer Grundbedeutung mit der No-
minalpartikel ro- identisch. — Entwicklung im Neuirischen.
27. Zimmer H. Grammatische Beiträge. 2. Über verbale Neubil-
dungen im Neuirischen. Ztschr. f. celt. Phil. 3, 61 ff.
28. Strachan J. The Substantive Verb in the Old Irish Glossen.
Transactions of the London Philological Society 1899.
Materialsammlung aus den altirischen Glossen und Unter-
suchung über die Anwendung der verschiedenen Formen. — Vgl.
RC. 20, 81 ff.
29. Strachan J. Grammatical Notes. Ztschr. f. celt. Phil. 2, 480 fr.
Formtm aus dem Lebor na h-Uidre: 1) 1. 3. sg. pres. ind. in
-nd. 2) prct. pass. in -it 3) 3. sg. pret. pass. in -<a, -tha. 4) 3. sg.
pret. act. in -ta^ -tha^ -th. 5) 3. sg. pret. pass. in -as. 6) Affixed pro-
nouns 7) Absolute forms in the present and future of Compound
verbs. 8) no- with Compound verbs. 9) 3. sg. pret. in -is in Com-
pound verbs. 10) 2. pl. in -hair.
30. Stern L. Chr. tec, tegach, teckaf^ tecket. Ztschr. f. celt. Phil. 3,
135 ff.
Im Mittelkyinrischen zeigt der Komparativ noch keine Ver-
härtung einer Media vor -ach; erst in der neueren Sprache nach
Analogie des Superl. u. Aequalis. — Untersuchungen über verschie-
dene phonetische Verhältnisse der britischen Verschlusslaute usw.
Das Suff, ach = ir. -acc, -ac. (Gebrauch bei Substantiven, wie
poblach 'Pöbel* usw.). Das für den "Aequalis" anzusetzende Suflf.
'het ist = ir. sditk 'Genüge, Fülle*.
31. Loth J. Brodyr, broder, brodorion. ACL. 1, 394 ff.
Der neben brodyr existierende PI. broder (zu braicd) findet
sich fast nur bei Zahlwörtern. Der Wandel zu e beruht auf schwä-
cherer Betonung in dieser Stellung.
32. Loth J. Un subjonctif aoriste gallois. R. C. 20, 79 f.
duch aus *douk-8e-t 'er möge führen*.
VIII. Genniini^ich. A. AI Ige Qi ei lies. 275
33. Brnault E. Les formes do i'ii Hniiif brelon (FortseUung:). Ztsohr.
f. ceit. Phil. 2, 494 ft'.
Leipzig'. Ferdinand Sominer.
VIII. (>eriiiaiiiscli.
A. Allgremelnes.
Gei-niauische Grttinmalik,
1. GrundriSB der gernrnn. Philologie, lierHusgg. von Hermann Pnul.
Zweite verbesseite und vermelirto Auflage. I.Band, Lieferung 5
(S. 993— 1232) (enthaltend den SchluRs der Geschithte der engl.
Sprache u. den Beginu der Geschichte der fries. Sprache) und
Band ü, Schlusslieferunif (S. 734— 9&5) (enthaltend die'Elhnogra-
(ihie der gerinan. Stämme). Stinssbur^ Trübner, ie 4 M.
2. Abhandlungen zur german, Fhilolo-gie. Festgabe f. Rich.HeinKel
von F. Dctler. M. H. .lellinek, C. Kraus, R. Meringer,
R. Mueh. J. Seemüllf.r. S.Ringer, K. Zwierzin«. Halle
Niemever 18SH. VIII u. 534 S. 14 M.
A LuboviuB L. First introduction to Gernian Philnlngy, London
";iHckwood. 96 S. 1 Sh. Öd.
4. WiimannB W. Deutsche Grammatik. Gotisch, Alt-, Mittel- »nd
NeuhochdeiilBch. 2. Abteilung: Wortbildung, 2. Aufl. XVI u,
G71 S. Sirassburg Trübner. 12,50 M.
fi, Loire K. Die ethnische und spruchliche Gliederung der Ger-
innen, Halle Nieineyer. 59 S, 1,60 M.
>€. Bugge S. BuitrAge zur vorgennanischen Lautgeschichte, I. Zur
Erläuterung des germaniachen ai. PBB. 24, 426-68.
Behandelt das VerhHItnis von Wörtern wie feili-.fäli an. fälr.
"Daa Vorgeiniauische hat ein reduziertes, vielleicht gemurmellea i
" (einen Schwa-Laut mit i-Timbre) gehabt", der "regelintiasig aus »
entstandcir ist "Nicht selten setzt germ. dt . , eine zweisilbige Form
des Vorgerm, mit zwei Vokalen voraus, die durch einen Konsonanten
getrennt waren. Der erste war ein kurzes idg, o oder a\ der zweite
_ war das aus a entstandene reduzierte i, dem in mehreren Wörtern
l^i. i, grioch- ö entspricht." Beispiele: 1. goi.*hraiw:kravlf-, hraiw-
Hans krotei' ßcrow»: ~ 2. ae. tir 'Ruder' xaritram. — 3, ainu 'Si*nd-
B^ote', dazu dan Noiii. act. ahd. ärundi usw. Der Stamm des Nom.
r Ag. wohl urspr. airund. Piirt. zu air- 'rudern'. — 4. feilt neben /(Üi,
fMr vuUui ptinatl, kell. (;j)«into 'verdiene", lii. pe^na« 'Erwerb', Grdr.
pohyo« poUyoD. — 6. got. *vtaä ■ mdlarft, malinä», piXac. Dazu ahd.
mal 'Fleck', miljan, tit. mSly» 'blauer Farbstoff, — 6, hreinn 'Ren'
: Klpac Idg. kenno» 'gehörnt' ; Grdl', kormos, dazu ablautend k^nnot,
rusB. «erna 'Reh'. Weil in kormos n nach i folgte, entstand hrainan,
nicht 'hairtuK. — 7. fraisan : iittpdiu expenor, Grdf. ponao-. —
8, neanorw, tim 'unschmaikhafi' neben amen : amlä» 'sauer', amxH
■plagt". — 9, maitan : tt\i.yf.\v ipriTÖt rifioxoc. Grdf. Vomsdö ; tmoido
u ; *pmaitä : 'mailo. — 10. 'aylaite st. nghakd. — 11, aratveic 'Erbse"
mfi 6po0oc, ert-iim, Grdf. oroivid. — 12, arbaip» aus arabit-. — 13, öheim,
Barg, aunhaimaz aus aivonk^mos. — 14. meinen : (livoc, ji^vui, nevtTÖc,
276 VIIL A. AllgeincSnes.
Wz. mom j mam-, — 15. eimi, eimr 'Dampf, Pener' nicht ans *eidmi
wegen der Bedeutung; dnza ablautend aisl. ima 'Dampf? usw. :
schwed. dial. dm. Grdf. *animo8^ vgl. animus usw. — 16. Hridgotan
'die Sieg-goten*, zu hrößeigs, das zu XrlrM- gehört; daneben Gen.
Hrdkäa, anorw. Hreidgotun, germ. hraipi- aus koriH-. — 17. lains.
Stamm dond : dön- in bdivaS, lett. döni- = b^iüiac : 6d> h^y^. — 18.
ahd. (alem ) neiman 'loqui* aus nomtniyeti, vgl. 6vQfia(vui. — 19. ahd.
ch^en 'vertere*; an. kßwra (aus *kaurjan)\ ae. cierr€m {a,\iB*karsjan)
gehören zusammen. Das ae. Verb stammt aus vorg. "^qarsijö^ dag
ahd. aus urg. *kairijö, *katrrijo, "^kairzijö^ vorg. ^ganniyö, das sn.
aus vorg. *garu8iyö. — 20. aih : änd^'a, ivcTKClv. 3. Plnr. vorf?.
^anmknt, das aeihün oder 3. Plur. amk^i (vgl. änäs'a). — 21. ae.
wdsena 'throat', Part. Praes. aw98^- zu Aimi. — 22. gotl. vajlunde
'Speiseröhre* aus *au•^?|l^ zu cy. awell 'conduit, pipe*, äiXKa usw. —
23. ahd. treno 'Drohne', daneben ae. drän. Letiiterea hat wohl
dhrönd- als Basis. — 24. lerche^ Grdf. laiivrakön-, daneben anorw.
löj lt. vorg. law-, Basis laiL'9 (zu laus). — 25. ahd. reihherit daneben
rak^an; Basis vorg. ong- ordg-, vgl. 6p^ttu, tjyant-. — 26. anorw.
reik 'Scheitellinie', daneben neuisl. rdk 'Streifen . Zu diesem gehört
ai. r^ji- 'Streifen', ferner rc^ji- 'Richtung'. Basen r^tffi- : ragt ra^»-.
— 27. breit aus *bkor9dho8y vgl. beriü, bMi 'streuen'. — 28. heimo
'Hausgrille' neben kammelmaus, von hamme abgeleitet, ahd. hamma
'Hinterschenker : Kvf||uiii. Jiaiman aus hainman aus vorg. kanunoih
— 29. an. feigr usw. aus poqdwyo- zu pakväs. — 80. isl. smart
'Klee' aus ^smäirkon-, vorg. *smardkon : ir. seamar. — 81. anorw.
hreistr 'Schuppen' aus ^karsdira- : abg. krasta 'Scabies'. — 32. ahd.
gameit 'vanus* : griech. |L|dTT)v 'umsonst', air. in- mad(B 'sine eausa',
Basis mat9'. — 3*^. fraiw- aus paritva- zu pario. — 34. kleidj
Grdf. golito- : ßdXXu). — 35. bein neben neunorw. buna F. 'Knochen-
röhre', Basis bon9'.
Der behandelte Lautwandel soll sehr alt sein und jedenfalls
der Lautverschiebung vorausgehen.
7. Löipve R. Relative Chronologie der germanischen Tenuisverechie-
bungen. IF 10, 77-84.
ahd. finko : mlat. pincio ist nach der Verschiebung des idg.
k, vor jener des idg. p ins Gernmn. eingedrungen. Vgl. an. karfe
= Wallis, fcerp, lit. kdrpa usw. Westg. ahd. karpo usw. zeigt, dass
dieses p früher verschoben hatte als das Nordg.; denn das Wort
wird wohl aus dem Kelt. zuerst ins Westg. gelangt sein. — ae. paP
usw., wahrscheinlich eine frühe mittelbare Entlehnung aus dem
Griechischen, zeigt, dass p früher als t verschoben ist.
8. Regnaud P. Sur le jot initial dans les principaux dialectes ger-
maniques et la loi phon^tique qui le concerne. Acte, du XL Con-
gr^,s Orient. Sect. I S. 285—97.
9. Ludwig A. 1) Das Verhältnis der m-Formen der german. Dekli-
nation zu denen des Lettischen und Sla vischen. 2) Die 1. Plur.
auf rnees im Ahd. Sonderabdruck aus den Sitzungsberichten
der kgl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. Prag ftivnac.
8 S. 0.20 Mk.
1) m soll willkürlich aus bh hervorgegangen sein. — 2) -mis
aus -mais soll alte Nebenform von weis usw. sein, die an die fertige
Verbalform antrete.
10. Brugmann K. Der Ursprung der germanischen Romparations-
suffixe auf -özan-^ -östa. IF. 10, 84—90.
VIII. A. AlIffiMueines. 277
'n
Gt»ht von Adverbien auf -i wie /uri, air, frtio rwh; nach dein
VerhHltnis derselben zu den Koniparationsformeu auf -iz- sollen
sieb -öz-Fornien neben den Adverbien auf ö eiii«restellt baben.
11. Gosijn P. J. Die substantivierten I'arlizipia Präs. des Urger-
manischen. IF. 10, 112.
Trotz Kluge IF. 6, 341 sind die rf-losen Formen der Nomina
agentis auch ausserhalb des Kentischen wohl beglaubigt. Sie sind
im Vokativ lautgesetzlich, desgleichen im Ä-losen Nom., den wir
nach zan ansetzen dürfen.
12. Kluge Fr. Nominale Stammbildungslehre der altgermanischen
Dialekte. 2. Aufl. (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer
Dialekte. B. Ergänsungsreihe I.) Halle Niemeyer. X u. 119 S. 3 M,
13. Hadady G. Die germanische Derivation, mit besonderer Be-
rücksichtigung der gotischen und der neuhochdeutschen Sprache
(magyar.). Progr. SArosalja U'jhely.
14. Hinsdale E. C. 1) The Verbum perfeetivum as a Substitute for
the Future Tense. 2) werdan and wesan. Mod. Lang. Notes 13,
(1898) 265-71.
Sucht zu zeigen, dass die ahd. Verhältnisse den got. nicht
entsprechen.
15. Rittershaus Adele. Die Ausdrücke für Gesichtsempflndungen
in den altgermanischen Dialekten. Erster Teil. (Abhandlungen
hrsg. von der Gesellschaft f. deutsche Sprache in Zürich, No. 3.)
XIV u. 81 S. Zürich Seidel. 2 M.
Wort künde.
16. Kluge Fr. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.
6. Aufl. XXVI u. 510 S. Strassburg Trübner. 8 M. geb. 10 M.
17. d'Arbois de Jubainville U. Fragments d'un dictionnaire des
noms propres francs des }iersonnes A l'epoque m6rovingienne. Le
moyen Age. 12 No. 3.
18. Berger H. Die Lehnwörter in der französischen Sprache ältester
Zeit. Leipzig Keisland. III u. 347 S. 8 M.
Darin Lehnwörter aus dem Germanischen (S. 309— 19); jedoch
behandelt der Verf. die Mehrzahl der german. Lehnwörter als Erb-
wörter, die schon im gallischen Vulgärlatein eingebürgert gewesen
seien.
19. Brückner W. Charakteristik der germanischen Elemente im
Italienischen. Progr. des Gymn. zu Basel. 32 S. 4®.
20. Johansson K. F. Über aisl. eldr, fie. celed'F euer* usw. ZZ. 31,
285 -302.
Urgerm. ail- ist Kontamination von aidh- und al-, Germ.
Grundform ailida- ; SuflS.x idg. -eto-. Neben der ^i-Bildung fahips
kommen die Partizipia auf -Sto- in Betracht. Für diese darf man
wechselnde Betonung und daher gerni. -epa- -edä- voraussetzen,
das zu '-edä-j '-Pda werden muss. Das nebentonige € wird wie
haupttoniges behandelt, daher hafat, trvadr^ trüat sagat, lifat
pagat, vakat usw. ailedä- musste synkopieren: pagt, lifdr, spart
S78
Vm. A. Allgenii-iuch
Fomidtr. — GleipniM
Loki. — Loplr, — "
- Sigyn. — Sön. —
in. HZ. 43, I58-6S
usw. t \'^l. Incitux, veifefiis, habittis geg'iniüliei' del6luK, obaoJitut 0
elilr (liirth VtrailgreMieiiierung der K,viikopk-rteii Form entstnitl
21, Kaufflnann Fr. hexe. ZZ. 31, 497.
Vyneidifft seine Di'Utuiig von hagazusxa {PBrB. Itt, lfi5) gegfe
R. Rie/ler, der haga nithl nui' den Wnlil, sondern Huf die iimhegi
Flur bezielit; denn hagunlall könne mir 'Wuldlicaitzcr' lieiRstn.
39. Kock A. Elvniologievh-inj-lholo^isclie Uniersuchungcn. IF. Ift
90-111.
Bopn. — Byleipir. — Färbauti. —
Gorr. - Helblindi — Hier. - Laufey. -
nir. — Ndl. — Nari. — Norr. — Ran. -
Vingpörr.
23. Meyer K. M. Kopulntive Kigennain.
Bei den german. Eigennauien ist prinzipiell
Blllndlicher Sinn annunelimen. Namen wie Hildegund, Fredtgi
Sigefrid, Wolfram dürfen jedoch nicht als unterordnfude, i^ondern
inüüHen als beiordneude Komposita gefiinsi werdi^n. Wiii etwa
in moderner Zeit der Doppelname Peter-PHul gegebe.n wird, an
konnte ein Verehrer Wodans seinen Sohn nach den beiden heiligen
Tieren des Gottes nennen. Sigefrid 'der Sieg' und gefeHtigten Frieden
besilzl". Ea gibt 2 Hauptklassen der Üvandranamen; i) rechte
Wnppennamen wie porstein, Ulfkeftl 'der, dem Thor und der
Opfersrein heilig sind', 'der den Wolf nnd den Kessel im Wttppon
führt" nnd 2) die Segensnamen wie Gundfrid. Hruadlaug u. a.
24. Möller H. Chstti und Hessen. HZ. 43, 172-80.
Gegen Braune. IF. 4, 341 ff. Die Ckatti der Römer werden
von dem Heasengau als ihrem Uraitz ausgegangen i>ein, gradeso wie
dii! Balavi ein gröaseres Gebiet inne hahün als die heutige Betuat.
Chatti aoll genn. pp haben, während in Chattuarii (ae. Hetxare),
obwohl sie mit den Chatten verwandt sind, urgerm. tt anxuneliuieii
Mi; die Stammsilben beider Namen sollen nicht verwandt sein.
Sn-abos Xd-rroi. das Braune für die Existenz eines germ. tt in Chatti
heranzieht, gehe aut die rüm. Namenaform zurUirk, beweiee also
nichts. Der Einwand BraiinoH, dasa Chatti yon 400—706 cr^chciue,
erst c. liQ Uassi auftrete, der Prozess des Übergangs von '/ au H
also sehr jung sein müsse, obwohl sthon im Gnt. um 400 im für
altes tt aultrete, sei unzutreffend, da das tt von Chatti nur für die
Aussprache in der Zeit der ersten Entlehnung (im leisten Drirtt-1
dea 1. Jhs. V, Chr., spätestens unter Drusus) Üültigkeit habe,
phonetischen Einwendungen Braunes gegen den Übergang
urgcrm. pp in x» sind sSrntlich nicht stichliahig.
25. ÜhlenbBck C. C. Eber. PBrB. 24, 239-44.
Gegen Berneker IF. 8, :J83 f. Meillels Erklärung von
veprb aus Kontamination von *vopr% (aus *Qpn) und 'jejirh
"eprb), vgl. IF. f). 7331'., ist unslatthalt, da die aalav. v-Prathese
nicht vor o eintritt. Im Gegenteil beweist alig. serb. ruas. poln. oxa
'Wespe', dnsa im Uralav. n vor o sogar verloren gehen konnte, c
in vtpn also idg. vielleiclit veprb : ^bttr = vrfabhä- : r-fabhä-. — Dm
VerhMlInis von aper: zu ebur ist rein laullieli. Beziehung x\x pabh-
Mbzuweiaen : yäbhati i ZIfqjupoc = yngäm : Zu-ri^v,
26. Wilbrand J. Über die Namen Teutonen-aaä Teuluburg. Zwo]
Jahresbericht des bisior. Vtireins lür die Grafschaft Haveni
1898,
>ritltl
Die I
m
(an I
VIIL A. Allgemeines. 27^
27. Wood Fr. A. Germanic etymologies. Mod. Lang. Notes IS
(185^8), 81-88.
Vgl. Anz. 11, Abt. IX A Nr. 27. Behandelt werden au.«Jser
den a. a. 0. genannten Wörtern aha und airus noch 3) brunjö.
4) dtdps. 5) fastan. 6) dauhts. 7) jah. 8) kuna-wida. 9) ganip-
nan. 10) gatarnjan. 11) gup. 12) hlaiw, kleipra. 13) ih-dalja^
ibxiks. \\)füöpan. 15) an. Ärc/pr. 16) «n-ar^s. \1) bisavljan, \%)swaran.
19) hausjan.
28. Wood Fr. A. Etymologisches. PBrB. 24, 529-33.
1. ^atii : xOXoc 'Saft'. — 2. kauz : gaudziü 'heulen'. — 3. ge-hiure
: mhd. hüren 'kauern', vgl. hold 'gnädig, herablassend*. — 4. aisl.
küra 'unthätig sein', engl, cower 'kauern' : yöpöc 'rund, gekrümmt'.
— 5. hnasquH aus *qnodsqo- : kandu *beis8e'. — 6. neh aus nekuo t
näsati 'erreicht'. — 7. ahd. glsal mit air. giall zu haereo. — 8. mahr
'Alp'. : russ. kikimora 'Gespenst', poln. mora *Alp'. — 9. sels se-la-
fWz. se 'säen') 'das Säen, Säezeit, Jahreszeit, Zeit' vgl. satio : saison.
Das AdJ. bedeutet 'zeitgemäss, passend'. Vgl. ae. scbl 'Zeit, günstige
Zeit, Glück'. — 10. schraube : scrüpus 'spitzer Stein', cKopTriöc 'stach-
lig*. — 11. ae. strldan 'schreiten', ahd. strltan 'streiten'; Grund-
Bedeutung wohl 'ausstrecken, wonach trachten, s. anstrengen'. —
12. engl, throe 'Schmerz' : präwan^ dräen, vgl torqueo 'drehe, pei-
nige*. — 13. strafe: 9.^, prafian 'antreiben; tadeln, züchtigen'. —
14. ahd. zidalärij Basis vorg. di-tlo Wz dl- dÜ-; dazu lett. dejums
'gehöhlter Bienenstock', d^ele 'Baum, worin ein Bienenstock aus-
gehöhlt ist'.
Zur Altertumskunde und Ethnographie.
29. Müllenhoff K. Deutsche Altertumskunde. 4. Band. 2. Hälfte.
XXIV u. S. 385-751. Berlin, Weidmann. 1900. 10 M.
30. Heyne M. Das deutsche Wohnungswesen von den ältesten
geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jh. Mit 104 Abb. (Fünf Bücher
deutscher Hausaltertümer Bd. 1.) Leipzig Hirzel. 12 M.
31. Hempl G. The origin of the runes. Journ. Germ. Phil. 2^
370—74.
The runes are based on a Western Greek aiphabet differing
but little from the Formello aiphabet and that in the direction of
certain other Western alphabets, for example, the Venetic, the East
Italic (or 'Sabellic') and the Gallic, and the adoption of this aiphabet
by the Germanic people took place about 600 B. C, at which time
the Chief changes that differentiate Germanic speech from the remai-
ning Indo-European languages had taken place.
32. Kauffinann Fr. Germani. Eine Erläuterung zu Tacitus Ger-
mania. Kap. 2. ZZ. 31, 1—4.
Die belgischen Germani, die später Tungri hiessen. haben
mit ihren Verbündeten, ehe sie das rechtsrheinische Land vor den
Germanen räumten, politisch unter germanischer Oberhoheit ge-
standen, bildeten also damals eine nafio Germanonim. Ebenso
werden die pannonischen Osi als Germanorum natio bezeichnete
Beidemal wird durch natio die politische Abhängigkeit Iremd-
sprachiger Stämme bezeichnet. Später räumten die unterworfenen
Keltenstämme den Siegern das Feld. So kamen politisch zu den
Transrhenanen gehörende Völkerscharen unter dem Namen Ger-
mani. Alle Eindringlinge wurden in Gallien so benannt; von ihnen
280 VIII. B. Gotisch.
wurde der Name auf uas ganze Volk übertragen, zu dem sie poli-
tisch gehörten und von dem sie ausgegangen waren. So bürgerte
sich in Gallien der Name Germani für alle Transrhenanen ein.
Hier fanden diese ihn später vor und adoptierten ihn selbst.
33. Hedinger A. Die Urheimat der Germanen. Mit einem Nach-
wort von H. Hirt. Neue Jahrbücher. 2. Jhg. 3. Bd. 8. Heft.
34. Stein F. Die Stammsage der Germanen und die älteste Ge-
schichte der deutschen Stämme. Erlangen, Junge. 80 S.
35. Wilbrand J. Zur Keltenfrage. Beilage zur Allg. Zeitung 1899
Nr. 258.
Macht auf die Widersprüche zwischen Müllenhoffs und Meitzens
Keltengrenzen in Deutschland aufmerksam. "Hat es in Deutschland
vormals auch Kelten gegeben, so müssen sie Spuren hinterlassen
haben. Gegenwärtig aber steht die Sache ungefähr so, dass jene
wohl für den Sprachforscher und Historiker existieren, für die An-
thropologen und Archäologen aber nicht.'
36. Muller S. Zur Heimat der Volcae. PBrB. 24, 537—44.
Gegen Müllenhofif, dass die Heimat der Volcae 'an der Weser
abwärts* und dann im Mainthaie gewesen sei und gegen Much, der
als Urheimat der Volcae Mähren annimmt. Vielmehr liegt die Ur-
heimat zwischen Leine und Rhein, woraus sie etwa um 300 von
den Istaevonen vertrieben worden sind. An der Weser, Aller, Leine
lag Jahrhunderte lang die Grenze zwischen Kelten und Westger-
manen; dort muss die Benennung 'Walxöz = KG\ten* entstanden sein.
B. Gotisch.
37. Wright J. A primer of the Gothic language. Containing the
Gospel of St. Mark, Selections from the other Gospels and the
second Epistle to Timothy. With Grammar, Notes and Glossary.
Oxford. Clarendon Press. 4 Sh. 6 d.
38. Heiderich A. Einführun«i: in das Studium der gotischen Sprache.
Zehn praktische Lektionen. München, Ackermann. 1 M.
39. Kock A. Zur «erotischen Lautlehre. KZ. 36, 571-83.
1. Zur Frage nach dem Wechsel zwischen stimmlosen
und stimmhaften Fricativae. Verteidigt die in HZ. 25, 226 ff.
ausgesprochene Ansicht, sieht jedoch in den Formen mit stimmhaften
Spiranten keine alten Formen mehr, sondern junge auf ital. Boden
entstandene Dialektformen. Beispiele dalür, dass der Wechsel r:? : />,
b : f un wesentlichen auf der Akzentuierung beruht: 1) wenn gibid
lautgesetzl. d hat, kann auch d in haubid nicht bloss graphisch
sein. 2) Hench hat konstatiert, dass in den V^erbal formen d nach
langem Vokal oder Diphthong häufiger ist als nach kurzem. Dazu
stimmt das Vorkommen des Nominativausgangs -ds. 3) Ebenso
steht es in der 1. 3. Sg. Prät. und in der 2. Sg. Imperat. 4) Dass
der IJborgang p : d sich häufiger beim Verb als beim Nomen findet,
beruht auf der vorwiegenden relativen Akzentlosigkeit der Verhal-
formen im Satzzusammenhang, vgl. z. B. das moderne Schw^edisch.
Unklar ist der Wechsel s : z.
2. Der Wechsel rs:r im Nom. Sg. Gegen Hirt PBrB. 23.
329 f Die ältesten nord. Huneninschriften sprechen dagegen, dass
das Got. in der Behandlung des -.v die idg. Akzentuation wider-
spiegle. Da sich die verschiedene Behandlung des -s aufs Got. be-
VIII. B. Gotisch. 281
schränkt, muss sie aus dem Got. erklärt werden. Nach Kock ist
der Wechsel nicht lange vor Wulfila durch die gotische Akzen-
tuierung hervorgerufen worden. In vorwulfil. Zeit endigte der
Noin. Sg. überall auf -z; daraus entstand -rs in Silben init.Fortis
(Hauptton), -r in Silben ohne Fortis (also in Silben mit Intortis oder
Semiiortis). Also hors, gdurSy akrs, figgrs^ fadrs : unsar^ fvapar,
unpar usw. Auch stiur hierher, da iu unechter Diphthong ist, der
sehr leicht zweisilbig gesprochen wird. In frumahaur ist -r nach
Semifortis entstanden. Auch ivair muss aus der Komp. erklärt
werden. Vgl. das fürs älteste Isländische bestehende Lautgesetz,
wonach -nr (aus -nR) nach kurzem Fortisvokal bleibt, nach Infortis-
oder Semifortisvokal zu nn wird.
Hinweis auf Arkiv N. F. 2 (1889), 26 Anm.: Wenn ki [kj] auf
e folgtp, neigte dies zu I. Hirt PBrB. 21, 159 f. hat nicht auf den
Einüuss des Konsonanten geachtet.
40. Luft W. Wulfila oder ülfila? KZ. 36, 257-64.
Der Kosename ist die Abkürzung eines Vollnamens, der als
2. Glied wulfa- gehabt hat. Hier erscheint, wie schon Fick gesehn
hat, für -icu- ein blosses -u-. Folglich ist die lautgesetzliche Form
Ulfila.
41. Ehrismann G. hiri. ZZ. 31, 384.
Vor Luft und Mikkola hat schon der Verf. e^ auf jfe zurück-
zuführen versucht, vgl. Literaturbl. 1895 Sp 217 ff. — he^ri=h^
-f i (Adv. he^r -f Partikel f) wird bei nachdrücklicher Betonung des
2. Elements zu he^ri und dies zu hiri.
42. Pipping H. Über den got. Dat. PI. nahtam. PBrB. 24, 534—36.
Das adverbiale nahtam nach dagam. Ob der substanti-
vische Dat. PI. ebenso geheissen habe, ist unsicher. Vgl. adver-
bial ahd. nahtes neben naht.
43. Kauffmann Fr. Ein gotischer Göttername? ZZ. 31, 138.
Gegen Müllenhoff HZ. 23, 43 ff. höre steht für höre = honore.
44. JeUinek M. H. Zu Wulfila Luc. 1, 10. ZZ. 31, 138 f.
Gegen Warnatsch ZZ. 30, 247. beidandans übersetzt irpocbc-
XÖ^i€vov verschiedener Hss.
45. Kauffmann Fr. Beiträge zur Quellenkritik der got. Bibelüber-
setzung. ZZ. 31, 178—94.
3. Das got. Matthäusevangelium und die Itala. Es
ist durchaus unwahrscheinlich, dass Wulfila neben seinem griechi-
schen Kodex eine oder mehrere lateinische Hss. bei der Über-
setzung zu Kate gezogen habe.
4. Die griech. Vorlage des got. Johannesevangeliums.
Die Hss. EFGHSUV und die Bibelzitate des Chrysostomos beweisen,
dass für das Johannesevangelium den Goten keine andere Text-
rezension vorgelegen haben kann wie für das Matthäusevangelium.
46. Erbiceanu C. Ulfila, via(a s^i doctrina lul etc. Bukarest (S.-A.
aus Biserica Ortodoxä Romäna).
Behandelt hauptsächlich die Geschichte des Christentums im
trajanischen und aurelianischen Dakien. Bis zum Ende des 3. Jhs.
n. Chr. sasseu am linken Donauufer weder Slaven noch Hunnen.
Erst Anfang des 4. Jhts. kamen hier die Goten an, welche von den
dortigen römischen Kolonisten, teilweise durch Vermittlung ihrer
unterwegs gefangenen phrygischen und kappadokischen Sklaven,
das Christentum annahmen." Wiedergabe griechischer Berichte über
282 Vin. C. NordgerniaiiiBL-h.
die Goten, Ulfila und die Donnuländer (nach L. I. J«clinfrskI]V
Bericht in Niederle's VeBtn. 4, 4(i7).
47. Braun W. Die Mailänder Bltttter dec Skßirein». ZZ. 31, 4^9-Ül.
Die zahl reich Oll VerbesB-erungen rühren a. T. von einer zweiten
Hand her. Für yalcaljandin In ist gahiotjandin z\x leseu.
48. MöUer H, Zum gol. Epigriimm. HZ. Ann, 43, 103 f.
Gegen Luft HZ. Anz. 41, 399.
49. Kaufitaiann Fr. Zur deutschen Akeriumskunde aus Aulass dea
sogen. OiiuH imperfeutum. ZZ. ai, 45l-t;3.
1. Uas Ivöuij^ätum. (Gcrntaniairhe Ansi^hauuiig vom König-
tum aeigt sieh im Op imp.)
50. Braun Tb. Raxyskanijn v oblasti Goto-Blavianskieh oluoJenlj
(Untersuchungen auf dem Gebiete der gotisch-6la\i8cbRn Bezie-
hungen). 1 Diu Goten unrt ihre Nachbarn vor dem 5. Jh. Erste
Periode: Die Goten an der Weichsel. Mit '2 Karten. .Sboruik
otd. rUBSk. jiiz. Akad. 64 N. 12. Audi als S.A. (S. Petersburg,
Akademie). XX, 392 S.
Die geogrnphJBChc Lage. Die Westnachbarn der Goten. Die
Südweslnachbarn. Sarmatien. Exkurs 1. Ethnologie des KarpaUien-
gebietes vor der Ankunit d«r Slavcn. Wann und woher kamen
die Goten in die Weiehselebene? 2 Das Motiv deb skandinavi-
Beben Urslammes und anderer Urgermanen, Die Weneden am
baltiKChen Meer. EinfliiBS der slavisch-bal tischen Sprachen auf die
wandallschen. Schluse. — Anz. von Sobolevskij Niederle's V^to.
4, 22-H3, NlederlB ebd. 23--8, Brückner AslPh. 22, 237ff,
Veseiovskij Izv, II. otd. Akad. 5, 1-36, Kulakovskij ÖH ""
V Islor. ObSÜ. Nestora let. 14. 47—51.
W, St
[M^^l
C. Noi-d^enuanlsch,
B. Allgemeines. ~ Altnordisch (altislSndiseh
1. Jensen 0. S. Bibtiogrart for 1897. Arkiv f. nord. fli. 15, 278—319,
2. JÖDBSOn F. Island (Spro^» og Litteratur). Satmonsens Konver-
sation.ijeksikon 9. Bd,
3. HellquistE. Om fornuordiska sammiineltttningar med korlstafvigt
Verb tili fßrstA sammans<niDgsled. Arkiv f. nord, fil. lä, 230-%).
Vgl. Falk Ark. 4, 361 ff. An. bardagi (und barätta, «mrd,
•vidri), gpurdagi, avardagi, skilda^i haben als erstes Glied ur«jir.
Prü Ben »stammen bari-, spurt-, tvan-, nkili- aus den kurzsilbigen ja-
Verba berja, apyrja, sverja, »kUJa. DcBgieichen wabrscheiulich auch
Zusammensetitungen uiii hrak- (vgl. Falk Arkiv 13, SOS) tsu hrd^ja,
und isl. gkapker (Schöpfkrug] zu *skepja (ahd, «cAep/en}; satnsmadr,
iamsvqndr zu sr.mja, temja (vgl, uenschwed. KpörvmM fpltrja);
hrunhti,da, schon von Noreen mit hrynja (vgl. hrynjandx hältr)
in Verbindung gesetzt, Exkurs: Oni uppkomsten al' n&gra
svenskaord med betydelflen"stryk"o. rf. (8,236— 39). Belegstel-
len für die folgenden Wörter: badd zu badda, bas zu baga, batk tu
baska (aus basa od. = d. batschen), dalj zu daUa (vgl. nhd. dial.
dalgen, litt, gttdalzti), dask zu daska, dllntj zu Hänga. kld eu kll,
pigk zu piska, smisk zu smiska, smiirj zu smörja. utrt/k zu gtrj/k<',
hy{d) zu hy{d]a.
VIII. C. Nordgermanisch. 283
4. Kock A. Studier över fornnordisk vokalisation. Arkiv f. nord.
filol. 16, 323-360.
Inhalt: I. Bchandlingen av u vid nasalförlust med er-
sättningsförlängning (S. 323-36). II. Behandlingen av i
vid nasalförlust med ersättningst'örlängning. Exkurs.
Behandlingen av Ijudförbindelsen mf (S. 336-47). III. Till
fr&gan om inflytande av R p& föreg&ende vokal (S. 347—58).
In Bezug auf die zwei ersten Abschnitte vgl. die abweichende Auf-
fassung: Noreens Aisl. Gr » § 82—83 und Aschwed. Gr. § 83—84. Als
Resultat seiner Untersuchungen gibt der Verf. S. 359 an: 1) In For-
tis-Silben wird bei Verlust des folgenden Nasals und Ersatzverlänge-
rung u zu ü, wenn nicht in der folgenden Silbe a mit infortis steht,
in welchem Falle das ti zu ö wird: *fun8R zu isl. füss, "^ünwitr zu
isl. üvitr, *wun8k zu aitschw. üsk^ dagegen *wunskaR zu altschw.
öska^ isl. öskar. 2) In relativ unakzentuierter Silbe wird iz-f Nasal
zu ö: ^framfunsR zu altschw. framfös, *unuHtr zu isl. övitr. 3. Das-
selbe trifft auch für i und f in gleicher Stellung zu: *InuzaiRaR zu
*Inu'äR zu isl. Ivarr, *sinwalR zu isl. sivalVy aber *min{n)la (Nora.
Sg. und Gen.-Plur.) zu isl. m€la. — Hinript zu isl. llript. — 4. Da-
gegen in relativ unakzentuierter Silbe: i (f) 4- Nasal zu e (altschw.
ä), z. B. *8inwintr zu altschw. scevinter. Hinript zu isl. lerept^ alt-
schw. Iceript. — 5) In Fortis-Silben bleibt u vor R (Wörter wie ker,
Wahl usw. haben gewöhnlich a-Umlaut), wird aber in Infortis-Silben
zu o: HuRkannidaR zu isl. torkendr. — 6) In Fortis-Silben bleibt
auch i vor R (z. B. altgutn. ir="est"\ wird aber in Infortis-Silben
zu e: Dat. Sg. miR zu meR (Opedal), isl. mer. — 7) ä- Umlaut von
a kann nicht eintreten, wenn in der nächsten Silbe ein a folgt. —
8) Die Lautverbindung 7n/'( 4- Konsonant) wird zu/*, in den übrigen
Fällen bleibt das mf vorläufig, entwickelt sich aber später zu mm.
5. Akerblom A. Bidrag tili tolkningen af skaldekvad. Arkiv f.
nord. fil. 15, 269—74.
Beiträge zur Erklärung von Hmcstli^ng 14, 1— 4(B^w<fw), Hä-
leygja-tal Ib {WisM, H^fudlausn 5, 1—4 {Wisen).
6. Bugge S. Det oldislandske elliptiske Udtryk sölsetra, sölsetrum,
Ark. f. nord. fil. 16, 200—202.
Die Ausdrücke milli sölsetra und med sölsetrum sind von
Möbius richtig mit "zwischen Sonnen TAuf- und) Niedergang" wieder-
fegeben. Im Sing, findet man im Altnord, sölarsetr^ niemals sölsetr,
s ist also wahrscheinlich, dass diese Formen aus einer Zeit stammen,
wo man im Germanischen noch den alten elliptischen Dualis be-
wahrt hatte, und das altnord. doegr aus einer mit dem altind. ahani
(Tag und Nacht) parallelen Dualisform hervorgegangen ist.
7. Fridriksson H. K. Volundarkvida 8, 1-2. Arkiv f. nord. filol.
16, 95 — 96.
Das Wort vegreygr ist bekanntlich als oepreygr zu lesen. Die
Bedeutung des Wortes ist bisher noch nicht richtig aufgefasst worden;
man darf es am besten als "vedurbarinnj vedurtekinriy oder tekinn
tu augnanna** übersetzen.
8. Jönsson J. A vid og dreif. Smä athugasemdir vid fornan kved-
skap. Arkiv f. nord. filol. 15, 376—90.
Enthält Deutungen verschiedener isl. Skaldenverse 1) Jöms-
vikingadrdpa Biama hiskups, 2) Gisla saga Sürssonar, 3) Kor-
mdkS'saga,
Anzeiger XII 2 u. 3. I9
284 VIII. C. Nordgermanisch.
9. Magnüsson E. Vilmogum or vllmogum? Arkiv f. nord. fil. 15,
319-320.
Gegen F. Jönsson Ark. f. nord. fil. N. F. 10, 197. Die Lesart
vilmQgum, Hqvamql 133, 10—12 ist zu behalten.
10. Thorkelsson J. Bemaerkninger til adskillige Oldtidsdlgte. ArkiT
f. nord. fil. 15, 219— 2J0.
Inhalt: Bemerkungen zu I. Snorri Sturluson, Hättatal. II. Rek-
stefja. III. Vellekla. V. BjarkamAl en fomu. VI. EiriksdrApa. VII.
Jömsvikingadr»^pa. VIII. Gei»!!.
11. Jakobson J. Fseröske Folkesagn og ^Eventyr, udg. for Sam-
fund til Udgivelse af gammel nordisk Litteratur. 2. H. S. 161—
320. Kopenhagen Gyldendal. 8vo. 4,00 Kr.
12. Smasangir og Sälmar givnir üt av Föroyinga-felag in Keyp-
mannahavn. Kopenhagen. S^o. 2, 154 S.
b) Runeninschriften.
13. Burg Fr. Held Vilin. Arkiv f. nord. filol. 16, 135-146.
'Das uüinispat der Höker Runeninschrift ist, wie üblich, zu
das ein regelrecht zu *wüpjan^ anord. villa "irreführen", gebildetes
nomen actionis wäre. Seine Grundbedeutung ist also "Irreführung",
"Vexierung**."
14. Frioson 0. von. Till tolkningen af Tune-stenen. Ark. f. nord.
fil. 16, 191-200.
Das wita[n\dah(a)laiban der Inschrift erklärt der V^erf. als
"den som sörger für, anvisar, gifver (nägon hans) tröd (uppehälle)"=
"husbonde". Das Wort ist in derselben Weise wie sl0ngvan{d)baugi,
sve'iflan{d)'kiapti gebildet. Für die Bedeutung vgl. a^s. hläford
(lord, mastcr, husband). Bemerkungen ^^g^n Falk PBB. 14, 42 ff.
Der Verf. hegt keinen Zweifel, in derartigen Bildungen Beispiele
der alten idg. Komposition hharadväjas zu sehen.
15. Wadstein E. Runinskriften p& Forsaringen. Värt äldsta la«,^-
stadgande. (=Skrifter, utg. af Kgl. Humanist. Vctensk. Samf. i
Upsala 6, 3.) Upsala. 8vo. 20 S.
c. Schwedisch.
16. Plygare N. An en g&ng det nyfunna fragmentet av Söder-
mannalagen. Arkiv f. nord. filol. 15, 390—400.
Diplomatischer Abdruck mit Variantenverzeichnis.
17. Pleijel H. En bild af svonska bibelspräkets utveckling. Säm-
ling af numera för/lldrade eller annars egendomliga ord och ut-
tryck i de kända delarna af Nya testamentet pä fornsvenska.
Stockholm (Lund, Gleerup). II, 80 S. Svo. 0,80 Kr.
18. Pleijel H. Om Nya testamentet pä fornsvenska. Stockholm
(Lund, Gleerup). 11,*^ 23 S. 8^. 0,20 Kr.
19. Söderbergh H. N/igra ord om svenskt riksspr&k. Pedagogisk
Tidskr. 1899 S. 130-35.
Bemerkungen zu Fr. Wulff "Svenska rim och svensk uttal".
VIII. C. Nordfirermanisch. 285
'O
120. Sazen R. Nägra spräkliga fornmiunen. Fiuskt Museum 1899
S. 6-9. 60-62.
^1. Akerblom A. Till öfverg&ng-en fsv. ö > y, nsv. ä, Arkiv f.
nord. fil. 15, 246-255.
Auf Grund der Berichte der älteren schwedischen Gramma-
tiker muss man annehmen, dass altschwed. Ö vor r, ^, w — dhy gh^
Vf 8 unter Einfluss dieser Konsonanten auch in der Reichssprache
•die alte offene Aussprache lange bewahrten, dieselbe Aussprache,
die wir noch in der zweiten Hälfte des 17. und in dem Beginne des
18. Jahrhunderts bei dem aus Ö in solchen Verbindungen eutstan-
•denen ö vorfinden.
22. Noreen A. Inleduing tili modersmälets formlära. Grundlinier
tili föreläsningar. üpsala Almqvist ä Wiksell. 15 S. 8vo.
53. Kraomer R. von. Om trestatViga ords användning i vers. Peda-
gogisk Tidskrift 1899 S. 235—298, 365-449.
24. Ordbok Ötvcr svenska spr&ket, utgifven af Svenska Akademien.
H. 12-13. Anmana — Ansikte, Baldrian — Barhufvud. Lund,
Gleerup. 4to. ^ 1,50 Kr.
25. Brate E. Gubbe ock gumma. Ark. f. nord. fil. 16, 162-172.
Das neuschwed. gubbe ist, wie schon von Norelius (Ark. 1, 220)
Angenommen^ aus goper bonde entstanden. Dementsprechend i.st
auch gösse aus goper son und gumfna aus gop moper zu erklären.
-26. Brate E. Medelpad, Ark. f. nord. fil. 16, 172—177.
Der schwedische Ortsname Medelpad, altschw. Mcepalpapa,
ist wahrscheinlich aus einer Verbindung wie mcepal ok up at ä
hervorgegangen.
27. Hjelmqvist Th. Gös säsom förklenande personbeteckning i
svenskan. Ark. f. nord. fil. 16, 177 — 191.
Das schwedische Wort gös (ein dummer Tölpel) ist urspr. aus
gös, pl. gösar entstanden, das in der Bergbau-Terminologie gebraucht
wird und durch französ. gueuse aus dem deutschen GusSj 'der im
Stückofen geschmolzne Eisenklumpen*. Das Wort hatte also urspr.
«inen ähnlichen Sinn wie schwed. klumpj klunSy wurde aber später
mit dem gleichlautenden Fischnamen gös (Lucioperca) vermischt.
28. Kock A. N&gra svenska ety mologier. N^'are Bidrag tili känne-
dom om de svenska landsmälen 15, 8. Stockholm 1899 (a: 1898).
8vo. 31 S.
Inhalt : Bläkula, bläktdla ; evinnerlig ; faddra ; gossflygga ;
aubbe\ kurra-gömma] lemna, remna; maske-seck *^ fsv. nl *nej'; red-
Tiampne; rist; skorsten, päskeskär {pä8keskor)\ slickepott; vipa
(undirvipa, aldinvipa)\ vcewildrcet; örngätt.
29. Nordlander J. Jämtländska ortnamn. Tolkade. Nyare Bidrag
tili kännedom om de svenska landsm&len 15, 2. Stockholm. 8^0.
28 8.
30. Tamm Fr. Anmärkningar tili "Valda stycken af svenska för-
fattare 1526—1732", utg. af Ad. Noreen och E. Meyer, Uppsala
1893. Arkiv f. nord. filol. 16, 146—162.
Enthält zahlreiche Zusätze und Berichtigungen zum Glossar
der schwedischen Anthologie, hrsg. von Noreen und Meyer.
286 VIII. C. Nordgpermanisch.
hl. Tamm F. Om avledningsändelser hos sveiiska adjektiv, dera»
historia och nutida förekomst. (Skrifter utg. af K. Hamanistiska
Vetenskapssamfundet i Upsala 6, 8). Upsala Akad. bokh. 1899.
69 S. 8vo. 1,15 Kr.
32. Tamm F. Om ändelser hos adverb och arkaiskt bildade pre-
positionsuttryck i svenskan. (Skrifter utg. af K. Humanistiska
Vetenskapsamfundet i Upsala 6, 9). Upsala Akad. bokh. 8^0. 41 S.
0,65 Kr.
33. Berg R. G. Ärots valspr&k. Nord. Tidskr. utg. af Letterstedtska
fören. 1899 S. 609—627.
Nach Bemerkungfin über die Ausdrücke 'slang', 'argot', 'Jar-
gon' u. dgl. gibt der Verf Beiträge aus der heutigen schwedischea
' Wahlsprache' j besonders wie sie in den Zeitungen hervortritt
34. Cederschiöld G. Undersökning af folkspr&k och lolktraditioner
i Göteborgs och Bohus län under äret 1897. Bidrag tili känne-
doin om Göteborgs och Bohusläns fornmiunen och historia. 1899.
25. h. (VI. 4.) S. 259—274.
Bericht über die Untersuchung der Volkssprache und -Tradi-
ditionen in Göteborg- und Bohus-Län, die im Jahre 1897 unternom-
men wurde. Als Sprachproben wird eine Reihe von Volkssagen
mitgeteilt.
35. Erdmann A. Redogörelse för undersökningen af Upplands folk-
m&l under &r 1898. Upplands fornminnesförenings tidskrift 20,
127-137.
Bericht über die im Jahre 1898 unternommene Untersuchung
der Volkssprache in Uppiand.
36. Spar af värmländskt inflytande i Tegnfers spr&k. (Von L. Z.).
Pedagogisk Tidskr. 1899 8.74-85.
Spuren von P^infiuss der wärmländischen Dialekte auf die
Sprache Tegners (Wärnilandismen) begegnet man besonders in sei-
nen älteren Dichtungen.
d. Norwegisch.
37. Aasen J. Norsk Grammatik. 2. Opiag af omarbejdet Udgave
af ''Det norske Folkesprogs Grammatik". Kristiania Cammermeyer.
1899. XVIII, 391 S. 8vo. 4,50 Kr.
38. Falk Hj. «!t Torp A. Dansk-norskens syntax i historisk freni-
stilling. 1.-3. Heft. Kristiania Aschehoug. 48 S. 8vo. ä 0,75 Kr.
39. Steffen R. Norske stev. Samlade og utgivna. Nyare Bidrag
tili kännedom om de svenska landsmälen 15, 1. Stockholm. 8^^-
205 S.
40. Sproget paa vore Proedi kestole og ved vore Altere. Luthersk
Kirketidende 25, 297—9. 401-4; 26, 1-8.
41. Aall A. Det norske filosofiske Sprog. (Christiania Videnskabs-
Selskabs Forhandlinger 1899 No. 2.) Kristiania Dybvad. 8^0. 15 S.
0,25 Kr.
42. Koht H. Framande folkenamn paa norsk. Syn og Segn. 5. aarg..
Oslo 1899 S. 7-22.
Über die Bildung der Völkernamen im Norwegischen.
VIII. C. Nordgermanisch. 287
43. Aasen F. Praver af Landsmaalet i Norge. 2. üdgave. Med et
Tillajg af Dr. Amund B. Larsen. Kristiania Cammermeyer. 4 u.
136 u. 35 S. 8vo. 2,00 Kr.
44. Falk Hj. Landsm&Iets betingelser som skriftsprog. Ringeren
2, 70-93.
Unter welchen Bedingungen wird das norwegische ''Lands-
ni&r* Schrittsprache werden können?
45. Haogstad M. Upphavet til det norske folkemaal. Syn og Segn.
5. aarg. Oslo. S. 257-271.
Über den Ursprung der norwegischen Volkssprache.
46. Haogstad M. Ganialt trendermaal. Upplysningar uin maalet
i Trendelag tyrr 1350 og ei utgreiding um vokalverket. (Viden-
skabsselskabets Skrifter II. Hist.-filoa. Kl. 1899 No. 3. Udgivet for
H. 0. Benneckes Fond.) Kristiania Dybvad. 8vo. 4, 98 S. 2,40 Kr.
47. Belsheixn J. Ivar Aasen. Folkevennen 47, 5—16, 65—75, 129
-141.
e. Dänisch.
48. Blandinger. I-X. — Dania 6, 111-115, 184-188, 228-235.
Enthält u.a. I. Pröve paa en dansk skolelvdskrift von 0. Jes-
persen (S. 111—13). — VII. K. Nyrop: Kantusse (S. 228-30). —
VIII. J. M. Jensen: Lidt mere om dekorerede fornavne o. dsl. (S.
230—33, vjrl. Dania 2, 289; 3, 42). — X. H. Schuchardt: Dansks
indfiydelse paa tysk (S. 235).
49. Dahlerup V. Hovedpunkter i det danske Sprogs Historie. (Grund-
rids ved folkelig Universitetsundervising. Nr. 1.) Udgivet af Uni-
versitetsudvalget. Kopenhagen Erslev. 16 S. 8vo. 0,20 Kr.
50. Kaikar 0. Ordbog til det aeldre danske Sprog (1300—1700).
Trykt paa Carlsbergfondets Bekostning ifölge Foranledning at Uni-
versitets-Jubilfeets danske Samfund. 28—29 H. (Erobere- R&d.)
Kopenhagen Gad. 8vo. 4 2 Kr.
51. Brandes G. Danskheden i Senderjylland. Kopenhagen Nord.
Forlag. 32 S. 8vo. o,50 Kr.
52. Jespersen 0. Er dansk virkelig saa grimt? Dania 6, 77—91.
Sammlung einiger Urteile verschiedener Schriftsteller über
-die dänische Sprache nebst Bemerkungen zu K. Nyrop Fremmede
Domme om Dansk (Dania 4, 1897, S. 247) und zu V i s i n g Om spräk-
rskönhet (Göteborgs högskolas ärsskrift 1897, 9).
53. Brix H. Om stavelserimet i dansk. II. Dania 6, 30—76.
Vgl. Idg. Anz. 11, 217.
JbA, Jessen E. Tilföielser og Berigtigelser til dansk etymologisk
Ordbog. Nord. Tidsskr. f. Filol. 3. R. 8, 31-41.
Zusätze und Berichtigungen zu dem von Verf. im Jahre
1893 herausgegebenen etymologischen Wörterbuche der dänischen
Sprache.
55. Serensen A. Dansk Rim-Ordbog. Udgivet med Understettelse
af Ministeriet f Kirke- og Undervisningvcesenet. 1.— 7. Hefte. Ko-
penhagen Gad. 48 S. 8vo. ä 0,80 Kr.
56. Kock A. Om prepositionen ihlandt Arkiv f. nord. fil. 15, 321—22.
288 VIII. C. Nordgermaniseh.
Die dänische Präp. iblandt^ blandt (ftchwed. ibland, blandr
isl. i bland) ist aus einem älteren H bland ai entwickelt, vgl. medens^
aus nuBpan es,
57. LauridBen P. Den gamle danske Landsby. Aarbog for dansk
Kulturhistorie 1899, S. 76—185.
Der erste Abschnitt dieser Abhandlung enthält xl a. Unter*
suchungen über die Bildung der dänischen Dorfkuunen.
58. Dansk Navneskik. Betcenkning afgiven af den af Justitsmini-
steriet den 4. Maj 1898 nedsatte Kommission ved F. Nielsen, A
Olrik, J. C.H.B.Steenstrup. Kopenhagen Qad. 170S. S^o. iKr.
59. Jensen J. M. Et Vendelbom&ls Lyd- og Formiere. Udgivet af
Universitets-Jubilseets danske Samfund. 2. H. Kopenhagen Gad.
8vo. 2 Kr.
60. Feilberg H. F. Bidrag til en Ordbog over jyske Almuesm&I.
Udgivet af Universitets-Jubilieets danske Samfund. 17. Hefte.
(Lettroende-Lurendrejer.). Kopenhagen Gad. 8^0. 2 Kr.
f. Altertumskunde und Mythologie
(inkl. Folklore).
61. MCdler 8. Notice sur les fouilles faites pour le Mus^e National de
Copenhague, pendant les annöes 1893—96, traduite par £ug. Beau-
vois. M6m. de la soc. roy. des antiquaires du Nord. 1899, 8. 2:^
—296.
62. Olsson P. Minnen fr&n Herje&dalens forntid. Svenska fom-
minnesföreningens tidskrift 10, 205—215.
63. Foreningen til Norske Fortidsmindesmerkerb Bevaring. Aars-
beretning for 1898. Kristiania. XX, 166 S. 8vo.
Enthält u. a. Archäologische Untersuchungen in Nordlands
Amt 1897 von 0. Nicolais 8en(S. 1 — 10). Altertümer aus Sendhord-
land, von B. E. Bendixen (S. 16—61). Berichte über Ausgrabun-
gen 1898, von N. Nicolaysen (S. 62—66). Verzeichnis der im Jahre
1898 zu den öffentlichen Sammlungen eingelieferten Altertümer
(S. 67-142).
64. Ett märkligt brons&ldersfynd. Af A. H-n. Finskt Museum 1899.
S. 1-3.
65. Almg^en 0. Ur Herje&dalens folktro. I. En sen kvarlefva af
en forntida tro. U. Tvänne folksägner fr&n Funftsdalen. Sveuska
fern minnesföreningens tidskrift 10, 229-^236.
66. Bugge S. Mythiske Sagn om Halvdan Svarte og Harald Haar-
fagre. Arkiv f. nord. fil. 16, 1—37.
67. Jönsson F. Sagnet om Harald b&rfagre som ''Dovrefostre".
Arkiv f. nord. filol. 15, 262—67.
68. Jönsson J. Liserus—Beöw, Arkiv f. nord. fil. 15, 255—261.
I. Liseru8=L^8ir=^Lytir. II. Beaw—Beöw^^Bjarr - Bjarlä.
(Der Aufsatz ist in isländischer Sprache geschrieben.)
69. Klockhoff 0. Folkvisan om konung Didrik och hans kämpar.
Arkiv f. nord. filol. 16, 37—95. 103—135.
70. Modin E. Öfvertro om de döde i Herjedalen. Svenska fom-
minnesföreningens tidskrift 10, 812—19.
VIII. D. Westgermanisch. 289
^1. Olrik A. Danske Hilldtr Visen Efter Forarbejder alSv. G^und^
vig. Trvkt tyg udgivet paa CarlBbergfondens Bekostning'. 2. Bd.
Kopenhagen Wroblewski. 19S S. S-^o. 2 Er.
72. Wigström K. Varsel och f5rcbud. Svenska fomminneäföre-
uitigens lidskrift 10. 320—28.
73. WigBtröm E. Folktro og sftgner. 8. 86—212. Njare Bidrap
tili Künnedoin om de evenska landsnifilen. (ib. b. (=Bd. 8. 3.)
Stockholm. Hvo.
Kopenhagen. D. Andersen.
D. WeatifermaiilHch.
Kngliseh.
I. Bierbaum F. J. Uistory nf [ho t^nglish langunge and lite-
rature from ihe earlient limes until Ihe presenC day, isuluding
the Aineriean literaiure. 4. ed. Sehool-Ed. With 24 portr. Leipzig
Roflsberg. VI, 189 S. Geb. in Leinw. 2,60 M.
S. Ealusa Max, Historisehe Grammatik der enplisclien Sprache,
1. Tl. Geschichte der engl, Sprache. Orundzüge der Phonetik.
Laut- u. Formenlehre des Ali.eiiglischeu. Berlin E. Felber, XVI
u. 300 S. 6 M.
^ Kluge F. GeBchichte der engliseheu Sprache. Mit Beitragen
V. D. Behrens u. E. Einenkel. 2. Aufl. {Aus: "PruIs Grundr. der
german. Philologie, 2. Aufl.") S[rBii^burg Trtibner. IV u. S. 925
-U66. 5,50 M.
4. Chadniok H. M. Sludies in old EDglisli. TraiisnciionH of the
Cainhridge, Pliiloi, Soe. IV 2. London Clay. B s.
^5. Schröder E, Steigerung und Häul'ung der Allitlerftiion in der
westgermanischen Dichtung. ZfdA. 43, 361—385,
Behandelt die Anwendung allitterierender Noniinalkoniposila
bi der agb. Dichtung und im Heliand. (Die ahd. AlliterationEpoesie
weist kein Beispiel dafi^r aut]. Es bestand im Ganzen eine Abnei-
gnog dsgegQn. Die Ergebnisse der Unleraucliung wind: 1) Allite-
rierende NniiiinalkompOHiUt finden nur ioi ersten Ualbvers Verwen-
dung, mit AuMiahme der Adjekliva mit un- und auf -fir. 3) Es tritt
ihnen bei guten Dichtern nur vereinzelt eine dritte HaupthebuDg
cur Seite, 3) Weit vorwiegend .>>ind diese Kouipoeita die alleinigen
Trfiger des Stabreimes. Sie sind in der Mehrzahl der Falle MomenN
bildnngen,
► Grammatik.
6. BOlbring K. D. Zur alt- und miitelenglischen Grammatik. Engl.
Studien 27, 73-89.
1. Zur Entstehung von ae. /e«an und me, fof£he. Ur-
engÜBch 'feljim ist, durch Pnlalalierung (Mouillierung) des f. zu (
und daran anschliessenden Übergang von J »u jf, zu feffan ge-
worduu. Durch das j ist auch die Dehnung des t zu erklären, die
Tou der urwestgerm, KonHonnntcndehnnng seitlich zu trennen ist.
Zwischen ( und j htand bei 'fetjan urspr. noch ein Vokal. Die
Weiterentwicklung von fetljmi kann urp.t eingetreten sein, als in
Worten wie *st(fjan das j schon verloren war, also niiiht vor dem
290 Vlir, D. Weslgeniijuiiseh.
7. JnlirhunderC. Die Konsonnntendehnung wiederholt sich in der
ae. Form *fotUg)a ciesaelben Worten, die durch 'foiSJo. -e 11. 'foftje
XM ine. fofihe fo6/i6he wurde. Diiati die Dehnung vor j sich nur in
feiäan Äiidut, lAsst aiuli ao itrkläreii, dass nur die Dentale l u. d
von der-sellien betroffen wurden; dns Fehlen der Dehnung bei bt-
witian knun man durch Übergang in die o-Klatise oder durtb An-
lehnung an beivitan erklllran. Für das Me. iat zwisehen deo nördl.
und tiUdl. Dialekten zu si^heiden. In ersCeren. wn »ilbiges i\j/i in
Ycrbeo der o-Klasse schwindet, nmss 'fotia bereits zu fottfe ge-
worden sein, ehe in den anderen Verben dieser Kinase da& i sc'iwaiid.
In den südl. ist fefihe wenigstens z. T. aus früh-ao. ftöfan eni-
etandpn. EinflusH von Formen wie atre/San u. ü. (tuf die Bildung
von feäian ist nicht wahrscheinlich. "3. Über die Aussprachv
von BS. 66 and ig, und Verwandtes. Aqh dem ÜI>ergHnge von
e in i in Worten wie ine. fliehe», rychche (iiuh «e. reecati), UTte-
elteäe (aus tcrecca) läset sich s*!hlie3aen, dasH die palatnie Aussprache
ttf, 4<fi bis ins Me, liinnln Tor tb es tan den hat. 3. Über eiuiK«
dorso-alveolarpräpaUtale Artikulationen urspriingli-
eher Dentale im Alt- und M ittelenglischnn. Rs ixt die
Existenz von dorsO'Hlveolnrein oder dorso-alveolar-palHtaleni p u. if.
z. B. in / iOftinfr, anzunehmoti. Verschiedene Belege für pularnlns
(mouilliertes 1 r und für [lalatale Nasale. Dorso-alveolure odi-r Horsto-
alvpolar-pulatale Artikulation des U. Dorsale und mehr o<lpr we-
niger pnlatHle Artikulation u.r!-i>rün<rl Icher "Dt-ntale". 4. Palatale«
(mouilliertes) m im Ae. Bei:<piele für diese:« k iy) im AulnuL ^"
ist veranlasst durch das folg:ende e oder t.
7. Penner K. Entwickelung der Hltenglischen Tonvokale.
Progr. (No. li>I.) Berlin Gaevlner. S. 31-54, 4«. 1 Mk.
8. Luick K, Über die Enlwiekluug von ae. ü-, i- und die Dehoniii;
in ofTenPF Silbe überhaupt. Herrigs Archiv 102, 43—84; 104,
Gegen Morsliachs und Sarrazins AusrUhrungen (Archiv
53 fF., 2r>7ff. u. 101, B5ff.).
9. Luick K. Über die Diphthongierung von me. ö, i und verwd
deutsche Erscheinungen. Herrigs Archiv IM, 267—276.
I. Die von Sarrazin (Archiv 101, 81 ff.] gegebene ErklüniOg
der Diphthongierung von me. m, i zu ne. \au, at] als Folge von
Abfall des End-e ist "nicht im stände, den Thatsachcnbcatand zu er-
klären. Gegen sie spricht 1) die Diphthongierung in isnliertnn ein-
silbigen Wörtern wie 1, titou; 2) die Diphth. in zweisilbigen Wor[em,
deren nachtonige Silben noch heute erhallen sind . . .; 3} das chro-
nologische Verhältnis zwi^tchea Diphth. und Abfall dus End «; 4) die
Bewahrung des me. ü auf nordhumbrischem Boden." Me. ü »ird
vielmehr "diphthongiert, weil me. ^ zu |ü] vorrückt", ebenso I. weil
I zu [ij wird. II. Die Diphthongierung des I ist ein gemein engli-
scher Vorgang; entgegenstehende FAUe In einzelnen Mundarten sind
nur scbeinhiir.
10. Baibring R. D. Altenglischer Palatal unilaui vor hi, ks und hp.
Anglia, Beiblatt X 1—12,
Der von Cosi.jn zur Erklärung von Formen wie iile)x 'Bechs',
ctn(e)ht 'Knecht' im UntcrHchii'de vnn cneohtas 'Knechte* Angenom-
mene Palatal Umlaut, den Verf. bereits frühr'i- auch fürs NordhUtn-
brische nachgewiesen hat, läütit sich auch für das Alimercische er-
weisen. Verf. führt dies im Einzelnen aus und sucht dann über-
IDWIg I
; 104,
M
I
VlII. Ü. Westgenuaiiiach. 291
finupt die BedinKunsen des Paln ml am lautes erscliöurf^nd dar/ust eilen.
Zur Erklärung knüpft or an die von ihm in den Engl. Studien (vgl.
Nr. 6) nachgewieseoe mouilliirte ipaintalc) Artikulation ursprüng-
licher "Dentale" im Ae. an. Diuae Katze Allere liorso-nlvyolare Ar-
tikulation der "De.utale" voraus, und kiztem habe allgeiiieini-r im
Ae. gegolten, als aus den in dem erw. Aufsats« angefülirn-n Bei-
apieleii ersiclillifh sei. Verf. legt nun genauer und ati viii/i'hie.ii
Worten dar, wie man sich den Vorgang der Palatatisation phone-
tisch RU denken habe.
11. Wyld H. C. Apparent Irregularities in Engiish r-uitural Sounds.
Notes and Queries 1B99. 14. Jan.
12. Wyld H. C. Contribution to tlie historj- of tlie guttural bounds
in Englisli. Tranhactions of the Fhiiol. Soc. 1899—1901, 129-2ti0.
Verf. behandelt 1. Ait. c (guttural u. paiaial, 2. Ae. j (desgl.).
3. Ae. cj. 4. Ae. /(„(guttural u. palatnl], aber alle 4 nur lin In-
und Ansiaal. Die Überschriften der einzelnen Abschnitte Kind:
0. E. c. Pronuncialion, Graphical Distinttion betwenn O. E. [gutt.)
c and c jpal]. c and c in the ms. O. E. c and e in M. E Distri-
bution Ol' c(it) and cA in M. E The fnrnis in -einte, etc. M. E. -ght,
etc. = 0. E. ct. Pronunciaiion of M, E. eft. ceh, etc. II. 0. E. j. Pro-
utmcialion of 0. E. j and j and eg. Graphic Dislinction between
J. J. *^J. JJ- Ji CJ. «tv. in M E. PronuncUtion of M. E. g, j. Dislri-
buiion of fronted and unfrouted cj iii M. E. III. H in O. E. Pro-
nundation of A in O.E. H in M. E. iV. Word-Iists (S. lHO-246).
Daran Rchliesst sich: "A proposed Explanation of many apparent
Anomalies in the Development nf O. E. -c, -cj, -j, and -ft" Verf.
sucht hier Ersuheinuntten zu erklären, wie ne. «eek •= ae. seeeatt,
B^. Dial. bri</ ^= ae. bryej, desgl. hag, to lig = ae fuQU, licjan,
ne. AocA: = ae. höh, und stellt folgendes Gesetz auf: ae. c + f.s, b, w, l
elc = fr, ae, ('j + dieselben Laute — k. g, ae. j -f die.selben Laute
=• kff, ne. Ä + dieselben Laute = k. "That ia to eny, ihat before
^|Ul Open Consonant O. E. c and i'j are unfronted, and that in the
MOie posiiion 0. E. j and h are stopped". Dies Gesetz ßndet auch
^Anwendung beiZusammeuseCxungen, vgl haejporn = ae.haU'thom.
:AaI. kagthom. Im folgenden Abschnitte "Date of above Changes"
flacht Verf. diese Veränderungen zeitlich zu bestimmen und geht
auf einxelne Fälle ein. Es folgen "Notes on some Doublfut or
Diflicult Words". Behnndelt wird an.britae, to lig, elk. Den Schluss
bildet eine "List showing Ditttribution nf Sixtj-three Word» in the
Modern Dialecla", an deren Ende Verf noch ein Verzeichnis der
iiaupt.'«}lchliclisten ne. "anonmlous words" mit fr und ^ anschliesat.
'18. Ho Knight G. H. Initial ft- in Midrtle Rngllsh. Anglia 21,
300-311.
Verf untersucht das haoflge Auftreten von etj-ino logisch un-
berechtigtem anl. h im Me. und das Fehlen von etymol. berechtigtem
asl. A and kommt zu folgendem Ergebnis. Dass A als etymol. Ele-
ment in irgend einem Dialekt vollständig geschwunden ist, lAsst
dcb nicht nachweisen. Die schwankende Schreibung in ver-
whiedenen Texten Itksst sich auf nachlHssige Aussprnchegewohn-
zurückführen und geht Hand in Hund mit schwankender
ihreibung bei s{g) und (\v). h war im Me. ein Hauchlaut gewor-
" , der iu allen Dialekten vor (, n. r und in einigen vor it ver-
o ging. In einigen vielleicht auch vor Vokalen als etymol. Ele-
lt. Jedenfalls war es in einigen Dialekten so unmerklich ge-
rorden, dass es unter ungünstigen UmntlLnden verschwinden, unter
4
299 VIII. D. WpstgeiiiLrtiiiseh.
Ktinsligeii wieder HUftreten konnle. Ungünstige UtufitUnde wnwn
Akzent Verlust, Eiiklisix und Elision, günstige besondere Bs-tonunt;,
HinlUH zwischen gleichen Voknle.n, Satzanfang und die Schnüchun^
einer Silbe vor einer hochbeEonten, e. ß. in hifunde.
14. Einenkel E. Daslndeflnituni. Anglin Sl, 289-299 u. 509— &2a
PortHelKUng des in Bibl, 1898 verzeichnct«n Aufnatzes. Dos
Indeßnittim oOer Das Indel', mim- Dan Indef. certain.
\h. QrienbergarTli, V. Die angelstlchsischi>n Runenreihen und <lio
8. g. Hrnhanischen Alphnbfte. Arkiv f. Nord. Filol. XV, 1—40.
Fili' die Beurteilung der ags. Runen und Kanennamen stehen
4 britisuhe und 3 kontinentale l^parke zur Verfügung. Verf. gil>I
zunöthst eine Beschreibung dieser 7 Puparkte, dann eine KrUute-
rung der Namen. Darauf folg-t eine Beschreibung der Haudschrifieu,
in denen sich die s. g. hrahanischen Alphabete linden, sowie eine
Erläuterung der ßuneunamen dieser.
Wortkunde.
16. Grieb eil. F. Engl, Wiinerbuth. 10. Aufl. 29.— 31. Lfg.
gart Neff. k 0,50 M.
IT. Murray J. A. H. New Euglish Dictlonary on histnrical prln-
ciples. Vol. IV. Germano-Graded. Vol. V. Heel-ITywe. Ausser-
dem: Vol. I. Ke-issuo in monthly numbers at 3 s. 6d. each; No. I.
A-Äcriou». No. 4. afnate-aut. London Frowde, Oxford Clarendon
Press. 4".
ia Skeat [W. W.] Notes on Euglish Etj-mology. Transnetions of
tbe Piniol. Soc. 1899-1901, 261-290.
Ananas: aus dem Dialekt von La Plata, ^ Soatmeain : a».
bät-swegen. — Bore: isi. bära. — Break: deutsth bruch. tigi. bräc.
KU brecan. — Bulk : vgl. initteldanisch bulk 'balk' in Bulldog : Brlog
aus dem 15. jHhrh. dafür, dass der Name davon herGliinimi, dass
die betr. Hunde die Bullen angreifen. — Bump: vgl. mitte Manisch
bumpe. — Cack: Originalverb ku dem Freiguentativuin cackle. —
Ca//' (Wade) ! vgl. gallolat. Galba "pfaepingui«'. — Vat-in-thepan:
Beleg dafür aus wjiclif. — Cloves: lat. clavus. — Cog in to eog
dice: skand. Ursprungs, vgl. scliwed. kugga 'betrügen. — Cotlop:
vgl. asthned. kolhuppad und dt, hippe 'Waffel'; colhoppt eigenti,
'that which dancea on the coals'. — Vorbei 1. 'o eircular hollow
among mountains'; S. 'kettle'. Hinweis aul die gleiche doppelte Be-
deuiun^ von keiisel im Deutschen und auf die Verwand tscJiaft von
cal. coire mit w. pair und htrer. — Oreel : afrz. ereil, lat. 'cratiru-
tum. - Ci^imb. Das ü in as. crüma führt auf die Etymologie von
engl, dial. creem 'to crunible"; dies geht nHmlich auf as. •crj/man
zurück. — Cudgel: vgl. schwed, kugge, woher engl. eog. — Dank:
vgl. Hchwed. dinl. dönka, dän. dial. dSnke. dynke, also verwandt mit
einem verschwundenen sknnd. Verbum "dinka, ^dank, 'dvtikitm.—
— Dam : zu gedyman 'verbergen' tind 'austopfen'. — Damel 'lolium
temulentum': zusammengesetzt aus dar- und nefif«:. Ersteres beitieht
sieh, wie Verf. an venvandten WtJrtem zeigt, auf die berauschende
Wirkung der Pflanze, letzteres ist lat. nigetlft. -- Dale ('Dattel"):
natürlich aus bdKTuAoc, das jedoch selbst volkseivmologihch uuge-
slalietes aram diqlä, arab. daqal ist. — Debut.'Vie von Hntxfeld
für lalsch erklärte alte Sehreibung desbuter für deliuter ist richtig
Entwickdung der Bedeutungen. — Dog. Belege i.doggeneford und
VIII. D. Westger
293
rdoggtneberne) nxia Keniblo, Cod. Dipl. VI, 231, 1. 1 u. {dogyi-pom)
luBs Bireh. A. S. Chflrters 111, 113. — Brown: vgl. däii. drttkkm,
[■ drukne. — Eayer, eagre t nl'tz. aiguere. — Eyot, ait : und] N. li. D.
I %a «K"- ».W^. igeod. Die Zwischenfo rm yget csistiert aber aufh;
Bi4Ie Kndung et iat nuf nfrx. (noniianniBirhe) Aussprache BUrückzu-
Tlühren. — Fad: Abküiauntr \ün fadaiac. — Fib: au ndd. foppen.
"— Flimsy : vgl. ostfrieti. flnn, film, utid d»n, dial. fiems, fiimn. —
Flirt: v^l. oBttries, flirr, fiiri, fiirlje. und ndd. flirre. — Fond: nus
^nned. welclies wiederum von /on 'Narr* Brairimt. Zu diesem gibt
Vevl. Entsprechungen aus anderen jferm. DiiiieUtrn. die vieil'ach auch
TMÄdchen' Bedeuten, fonrf vieüciclit =^'jU8t like a fdrl'. — Frampold:
(vgl. ostfries- franfe-pot, wraräe-pot. — Frill ; frz. vrille. — Gallop :
vgl. an. *wall-htipp 'lleld-bounil'. — Game: nfra. gambi (Mllteiluug
von Miiybew). — Oawky: Weiterbildung von gaurk 'llukiiich'; die»
■ras gallok, gauliek. ick und ock ist Suffix, gaU eiitupriutit fra. dial.
gOle 'betHubt* das HeincrseitH hur dem Skan'd. stammt. -- Geicgaw:
m BltBkand. *gvfa, mit Redupllkiition, — Glaive: Beleg für afrz.
gtaive = glndlUH. — Gioom: ku hA-z, gromme, grom. — Hamper:
vgl. scliwed. disi. happa. — Kill: Es verhüll sich zu ^uei/ wie dvll
■a du'ejon; ^uell = *cU'aI;aR, fct'j ^= 'cicu/jnn. — Ltnni aus dem
Keltlsi'lien. — Manilrü: wahrscheinlich man-dnl\ drill vielleicht zu
holl. drillen 'drehpn'. — Mug: vgl, fnes.mukke. — Mutchkin (Plüssig-
keilsmnss) : aus mndl. mutaeken. — News : die Entstehung dieser
Form iet nicht klar. Vielleicht ist ein Genetiv Sing, zu einem Nom.
Plur. geworden. — Pnndours: frz. Pandoxir, nach Fandur, eine
Ungar. tStadt — Foy, In piti.'h : vgl. nordlrx. peier 'to cuver as with
M plaster'. — Peep: die eip'entiimlk-he Bedeutung dieses Wortes
[= hervorjruikfn) erklttrt sieh vielleieht vom Verstetkspiel der Kin-
der auB). — Peter aee-me (Wein) : aus Pedro- Ximenea. — Pomander:
nicht aus nfrz. pomme d'amhre, sondern vgl. pomum atiibre in einem
Harl. Ms. dea 14. Jahrh. — Poinet: vgl. airz. pofonei. — Punt (beim
KaKenspiel] : aus span. punlo. — Sanap : dausetbe wie avmappe
'overcioth*. — Serif, «ertph, ceriph: vgl ndl. schreef. — Slockaäe:
vgl. Span, estacada, das deutai'hcn Ursprungs ist. — Stook (Garbe) i
vgl. ndd. Kivke — Stop : iig«. Belee dalfir. — Tankard : vgl. schwed.
»tdnka. — Tare : vp:\. ndl. tarwe. Verhültnia zu uheat and anderen
Worten Ähnlicher Bedeutung. — Terrier (Bohrer): aus alrz. tariire.
Thief in a candle: vpl. wallon. larron in derselben Bedeutung.
- Tortiado: nicht von span. tomar^ sondern von span. tronada
Jj&ewiller'. — Vade (to lade) : vgl. nindl. vadden, das von alrz. fader
iCammt. — Valance: wohl nnch Valence in Frankreich beniinot, —
fFeak: von to weaken. — Wheedle: wahrscheinlich besser u-eadle
1 schreiben, entspr. ags. wädlian 'to bey'.
^J9. HortJ. M. Schlatter's Old-English Etymologies. MLN. 14.22-31.
Gegen Schis ErklHrungen ae. Wortlorm.'n in MLN, 1896 u.
^_. und in Anglia XIX, 101-116, Schlutters Antwort s. MLN. 14.
1^817-819.
I. Gay L. M. Auglo-French Words in Eiiglish. MLN. 14, 80-85.
Verf. unterBUcht, welche Worte in Sweels Oldest English Texls,
die Bur Zeit der normannischen Eroberung noch in Gehrauch waren,
später durch anglo-franzcisische Worte ganz oder teilweise ersetzt
worden sind. 1. Die ganz vcrdrüngten ae Worte. Verf. findet 45
und gibt ein jedes zunHehst in seiner ältesten nachweisbaren Form,
Ittno In der, die es zur Zeit der norni. Ernbening hatte, dann das
E. engl. Ersatzwort. 3. Ae. Worte, die durch den Iremdcn Ersatz
r nicht verdrtingt, aber doch spezialisiert, seilen oder poelisch
291
Vill. D. Wei
geworden Biiirt (28). a. Ac Worte, die nn dpr Si-ito Ihrer fVz.-eiigl.
Sjiioiiynien noch im iillgi-nn-iiien Gfbrauche lortli'brn, »bfr doch
eine von denselben mehr otici- wfni^er verschiedeim BüdouiunK ?*■
woiiuen haben (16j.
21. Napier A. S. On some old en^lisli ghost ■ words. Jouni. of
germ. philol. 11, 359-362.
Berichtig't oinig'c in den WiirtrHiüchi'rii Hpiikpodc fiilKcliP an.
Won form eil, nSnilicti toste u. laxe (siatt la»ca oder toxa), fornrfa
(entslanden durch MissTurBtilndnia der HIosm! Pronepotum-fornefena,
wo for nef'ena xn Icsi-n ist). Ein veriuciiitlichos läc 'niediciiie' iat
Abkiimunn' lür lacnwige, ebenso red TerocitHb* für rednjfii das
Neuiriiui ffe<lof der Wörterbücher «xiHtiert ukhl (das gedofu der
Ginesen ist Abkürzung für gfdofunga); «tatt lautomiae = tenys (Hpt.
£)13) ist KU lesen lautomiae cwearteneg. Auf l'nlscher Uindbchriitcn-
Ics'ing beruhen die Worte welle 'wetiensclilageud' (an der beir.
Stelle IHpi, 4?>->) ist statt in welicum zu lesen niwelicum), orirtlig
'pure, chaste* (entstanden durch die Lesung orwelges stntt des rieh-
ligrun iintcelffeK) und ceä oder cad (stntt ceol).
22. Mead W. E. Colnr in Old Eng'lish Foetry. Publivntions of Ihe
Mod. Lang. Abs, of America U, 169—206.
I. In der ap. Poesie finden sieh verhaitnisniHssig wenig eipeni-
lithe Farhwfirte. 'Biau' fehlt last ganz. Am hüufigsien findet Mch
'frriin', dann rot' und 'gelb'. Zusammensetzungen wie blödfäg,
heofonbat'ffht u. a. kommen FnrbH'orte.n nahe. Mß^l ich er weise ent-
wickelte sich bei den engl. Dichtem er»t durch die Berähmng mit
frz. Lilt. mehr Sinn lür die Farben. IT. Sehr mannigfMltig sind
dagegen im Ae. die Aasdrücke für Licht und Dunkelheil, besondei'a
In den religiösen Dichtungen, und viellaeh symbolisch zu vereiehen.
III. Die eigentlichen Farbworte. Verl', untersucht ihr Vorkoinmen
nach Farbengrnppeu. I. Weiss {hwtt, bläc, btanc^ auch f&mig und
(fimighei^s). Alle Wörter hierfür bedeuten etwas GIrtnaendes.
■niersuchung der einzelnen Fftlle. 2. Schwarz (ftfaeo, meeart, swear-
tian, {t/e)iiweot\:an, gf/meorc, wann, salowigp&d, earp). Die Worte
bcKeii-hnen eine völlige Abweaenheil jeglichen Lichtes. Das charsk-
t<■risli^che Wort ist atceart; UniersuchuDg im Einzelnen. 3. Gran
Irjrttf/. flödgreeg, fiintgrAg, här, hago, blondenfeax, gamolfeax).
'Zwischen weiss nnd schwnr«'. Untersuchung der einzelnen Falle.
4. Brnuu {hrünfäg, brünwann. HeaLohrün, hrünecg). 5. Rot Iriad,
riadfah, bcLsa, in aweiter Reihe blöd, blödig. Uödfäg, mvätig). G. Gelb
{geolQ, geolorand; eine unbestimmte Farbe wird bezeichnet durch
fealo). 7. Grün IV. Im Ahd, und As. sind die Farben bezeich-
nungen noch splirlicher vertreten, in den cellischen und isifindischeu
Poesien finden sieh dagegen weit mehr.
23. Padelford Freder. Morgan. Old English musical terms. Bonnei
Beitrüge zur Anglistik, Hrsg. v. M. Truutuiann. 4. Hfl. gr.8*.
Bonn, P. Hanstein. XII, 112 S. 3,20 M.
24. Klug« P. Orms awicermod (Archiv CI., 890). Herrigs Archl»
102, 361.
Nicht, wie Bjüikman n-ill, mit a<;». äwyTdan auhammeiizu-
bringen, sondern^ an. 'aarmddr.
25. Sksat W W., Athinaon E. G., Rye W.. Hall A., StevenBOa
W. H., Harriaon H., To;nbee P. The origine of the surnamo
Chawer. Athcnaeum lö99, 1, 145 f., 210 f., 274, 338, 435, 468.
VIII. D. Westgermanisch. 295
Debatte über die Frage, ob Chaucer = Chaufecire (calefactor
cirae).
26. Napier A. S. Aengl. jetcßl, jetel 'zahl'. PBrB. 24, 246—24«.
Neben jetml muss ein jetel bestanden haben (Belege für beide
Formen), dessen Wurzelvokal, wie sicli aus dem Nom. Acc. PI. jetel
ergibt, zu Älfrics Zeit lang war. Diese Länge ist nur durch An-
nahme einer ae. Dehnung zu erklären.
27. Sievers E. Ags. hnesce, PBrB. 24, 388.
Ist "Mischtbrm von hnäsc und ^hnisce zu einem mit got.
hnazqus im Ablaut stehenden St. *hn^squ-*\
28. Skeat W. W. The etymology of'noggin'. Athenaeum 1899 2, 865.
Die Herleitung aus dem Keltischen ist zu verwerfen, da die
keltischen Worte selbst aus dem Englischen stammen. Es ist viel-
mehr = ÄTio^r^rm und dies eine Ableitung von knog (Nebenlorm
von knag). Das Sulffx -in ist, wie bei piggin, Vertreter des Ad-
jektiv-Suffixes -en, das so gebildete Adjektiv wird nun substanti-
visch gebraucht.
29. Heznpl G. Pepper, picker, and kipper, Publ. of the Mod. Lang.
Assoc. of America 14, 449—458.
Verf. sucht auf Grund einer eingehenden Behandlung der
drei Worte nachzuweisen, dass picker (vgl. deutsch pökel) und
kipper durch Dissimilation aus pepper entstanden sind.
30 Björkman E. Zur englischen Wortkunde. Herrigs Arch. 103^
347-349.
Me. raimen^ reimen^ CR-reimen ist Lehnwort aus dem Franzö-
sischen, afrz. raembre etc. (aus lat. redimere).
Bearbeitungen ae. Texte.
31. Beo'wulf. IIa. Berichtigter Text m. knappem Apparat u. Wörter-
buch. 2. Aufl. Germanischer Bücherschatz. Hrsg. v. Alfr. Holder.
12a. Freiburg i/B. Mohr. VIII, 189 S. 80. 2,50 M.
32. Cynewulf 8 Elene. Mit e. Glossar hrsg. v. Jul. Zupitza. 4. Aufl.
Berlin Weidmann. IX, 89 S. 2 M.
33. Simons R. Worte und Wortverbindungen in den echten Schrif-
ten Cvnewulfs. Diss. Bonn. 32 S. 8®.
34. Simons Rieh. Cynewulfs Wortschatz od. voUständ. Wörterbuch
zu den Schriften Cynewulfs. (Bonner Beiträge zur Anglistik.
Hrsg. v. M. Trautmann. H. 3.) Bonn Hanstein. IV, 163 S. 8». 6 M.
35. Trautmann M. Zu Cynewulfs Runenstellen. Bonner Beiträge
zur Anglistik. Hrsg. v.M. Trautm ann. 2. Hft. Bonn Hanstein. 8^.
36. Harris M. A. A Glossary of the West Saxon Gospels: Latin-
West Saxon and West Saxon-Latin. Yale Studies in English. Ed. by
A.S.Cook. Bd. 6. Boston, New- York u. London, Lamson, Wolflfe
& Co. 2 BL, 111 S. 1,50 M.
37. Bülbring K. D. Was lässt sich aus dem gebrauch der buch>
Stäben k und c im Matthäus-Evangelium des Rushworth-Manuscripts
folgern? Anglia, Beiblatt 9, 289—300.
Gibt zunächst eine Liste aller in der Rushworthglosse zum
Matthäusevangelium vorkommenden Wörter und Stellen mit k. Aus
dieser ergibt sich als wichtigste Thatsache, dass k in keinem Falle
steht, wo in einem südhumbr. Ma. c erscheinen könnte oder müsste^
296 VIII. D. Westgermanisch.
Verf. führt dies weiter aus. Eine genaue Betrachtung der Fälle
mit c ergibt dann weiter folgendes: Im Anlaut wird vor i, e, <b der
^-Laut durch den Buchstaben k ausgedrückt. Vor a, o, u, y wird
c für den /c-Laut gebraucht. Im Inlaut wird vor velaren Vokalen
meist c, vor palatalen Vok. häufiger k gebraucht. Auf diese Weise
wird für das c in den zahlreichen Ableitungen auf -llce und noch
in vielen anderen Fällen der d-Laut gesichert Im Auslaut wird
für den palatalen wie für den velaren ^-Laut c geschrieben (Aus-
nahmen nur ek und monsek). Aus der Thatsache, dass Farman.
der Schreiber der Glosse, seinen Gebrauch des c und k im Anlaut
nach dem Lateinischen geregelt hat, folgt, dass er das ae. 6 dental
sprach, d. h. ganz oder ungefähr wie ne. [tf\.
38. Die altenglischen Waldere-Bruchstücke. Neu hrsg. v. F.
Holthausen. Mit 4 Autotypien. Göteborgs Högskolas Ärsskrift.
Göteborg Zachrisson. 17 S. [Eig. Seitenzählung.]
Genauer Abdruck und autotypische Wiedergabe der Hand-
schrift, mit Anmerkungen; dann hergestellter Text, ebenfalls und
Anmerkungen.
Friesisch.
^9. Dijkstra W., en Buitenrust Hettema F. Friesch Woorden-
boek (Lexicon Frisicum). Afl. 7—12. Leeuwarden Meyer &
Schaafsma. 8^ 1,20 Fl.
40. van Helten W. De westfriesche eigennamen Jouke en Sjauke.
Tijdschr. voor ndl. taal- en letterk. 18, 192.
Aus *Gibuko (= ahd. Gibichö) u. *Sibuko (= ahd. Sibicho).
Niederländisch.
Grammatik.
41. Kern H. Nederlandsch aar uit ouder ar en er. Tijdschr. v.
ndl. taal- en letterk. 18, 126—132.
Aus ar und er vor d, 5, t oder z entstand im Niederl., z. T.
schon im Mndl., aar. Die Fälle, in denen sich ar erhielt, erklärt
Verf. durch urspr. Verdoppelung des folgenden Konsonanten (so
bei hardf zwart). Das zu aar gedehnte er entspricht einem ur-
sprünglichen (idg.) betonten er. Vor anderen Konsonanten als d.
t, Sj z entstand aus diesem er ndl. ar^ während aus nicht betontem
er sich oor entwickelte.
42. Kern H. Ontwikkeling van ar uit er in*t Nederlandsch. Tijd-
schr. voor nedl. taal- en letterk. 18, 119 — 126.
Es hat sich in den Worten entwickelt, deren er vor Konsonant
auf betontes r zurückgeht.
43. [N.] Heeft-i. Noord en Zuid 22, 83.
Betrifft den Gebrauch des Pronomens i im Ndl., er im Frie-
sischen (beide = urgerm. iz) in der Inversion.
44. Winkel J. te Bijdragen tot de kennis der noordnederlandsche
tongvallen. Tijdschr. voor ndl. taal- en letterk. 18, 1—32, 161—181.
I. De Oudgermaansche lange ÄE. 1. Oudere en jongere Um-
laut der Ogerm. ae of daaruit ontstane klanken. 2. De ä gevolgd
door {u)w. 3. De ä van het Praeteritum Pluralis bij Sterke werk-
woorden. 4. De d van Maandag. 5. De ä van Zaterdag en Pa
sehen. G. De ä van vragen^ hij vraagt, v^raagde, gevraagd. 7. De
Vlll. D. Weaigermanisth. 297
«; van praten. 8. De a van baard. — II. De tonpval van DelHnnd
bij Huygena. 1. De lange klinkers. 2, De körte klihkera. 3. De iwee-
Iclnnken. 4. De toonloze klinkers. 5. De medeklinkers. 6. De vei'voe-
finir. 7. Da verkleineringsuitgan;;en. 8. Eenipfe vreenidn woorrtpn. —
gl. dazu W. van Holten ubd. S. 138-145 und L. L. Got-mans
S. 160.
Wortknnde.
4&. Beer Taco H. de on Laurillard F.. Woordenschaat, verklnrln);
van woorden en uJtdrHkkina:en. ondor redaktie van T. H, de B,
enE. L, ■g-Graveiiliage. Haagsche boekhan.lel. 1277 S. S« -22,50(1.
für Nicht-Subskr., sonst 20 Lfg. k 0,80 fl.
46. Verwijs E. eil Terdam J. Middelnederlandacb woordenboek.
DI. IV, aH. 20. 'e-Graveuhage Mart. Nijhoff. Kol. 2465—2580. 8».
per aH. 1 H. Kpi. in 7 Teilen.
47. Moleaaar A. M. Bloemlezing uit hat Woordenboek der Nodor-
Inndsclie t;iitl. II, 8. 9; III, 7; V, 11. Noord en Zuid 22, 99-lCB;
IG4-1M0.
48. Koenen M. J. Woordverklaring. Aanteekeningun en beschou-
wingen, verklariugen en toelichtingen, in twanlf hoordstukken.
Een boek voor studeerende onderwijzera. 3«, herslene, en veel
vt^rmeerderdo druk. Tiel D. Mijs. 277 S. S*. 1,50 fl.
49. Leeiidertz Jr P. Da naaraen der tnaanden, Noord en Zuid 22,
321 -337.
Nach geBehichtliclifn Erörterungen über die Vnrexistenz der
«inhei mischen und die allmähliche Ausbreitung der fremden Monats-
namen gibt Verf, eine Aufziiblung aller ihm in den Niederlanden
aufgestOBsenen einheimischen Mou»t»inaaiea, u. z. zunächst für jeden
der heutigen IS (fremden) Namen alle einheimischen Bezeichnungen,
alsdann ein Verzeichais der letzteren, nach ihrer Bedeutung (Namen,
die von der Jahreszeit, dem Wetter usw. hergenommen Bind) ge-
ordnet, BehllBBslIth. so weil möglich, eine Erklärung jedes einzelnen
einheimischen Namens.
GD. Verdam J. Diatsche verscheidenheden. Tijdsdir. v. ndl. tnal-
en letterk. 18, 49—63.
195. swatr; 126. wreoei; 1S7. vervleten; 128. [fälschlich als 138
bezeichnet] warme; 129. onstuimig; 1.30; muulatoter.
61. Muller .). W. BHjn. Tijdachr. v. ndl. Ual- en letterk. 18,70-81,
Aus *mrino; d. h. der achwächaten Stammform von meW +
Suflix -tno, entstanden.
62. van Helten W. Hpt adjectif gut. Tijdachr. 18. 283-289.
Auf Orund der von Kluge (Beitr. 8, 524) nachgewiesenen Ent-
-Wicklung von urgerm. II aus zl kann mau für gut eine Entstehung
aus 'ffueiii- annehmen, das zur Wurzel guB 'flieaaen, strömen* gehö-
ren und 'fliessend, atrümend' bedeuten würde. Ana dieser Grund-
bedeutung leitet Verf, die weiteren Bedeutungen des Wortas ab. —
Zu scheiden ist jedoch dann das gul, welcheG 'inflatus, cavus, insl-
f Idua' und 'confraginosus' bedeutet. Doch lässt sich dies auf eine
aus dem an. gusta 'blasen' zu erscidi essende Wurzel gu», somit wie-
der auf eine Form ^guxlü- zurückführen.
BS. Kern H. Eaars. Tijdsdir. voor nederl. taal- en letlurk. 18,
298 VIII. D. Westgermanisch.
Ndl. kaars ist, wie hochdeutsch kerze, aus lat. cerafa entstan-
den. Den Nachweis lür die Bedeutung von ceratus = 'wächsern*
liefert das Alt- und Mittelirische, wo cainle ciartha 'Wachskerzen*
bedeutet.
54. van Helten W. Een en ander over en naar aanleiding van
het subst. sim^ snoer. Tijdschr. v. ndl. taal- en letterk. 18, 290
-292.
Der Beweis für die von jeher angenommene Entlehnung des
Wortes sivi aus dem Friesischen ist nicht, wie bisher geschehen^
zu suchen in dem anlautenden s, da dieses sich auch sonst im Ndl.
vor kurzem Vokal + kk^ pp oder mm findet. Er liegt vielmehr in
der aus der Verküi-zung des Wurzelvokals zu erschliessenden Ver-
doppelung des m, die im Friesischen vor dumpfem Endvokal (o
oder ti) ohne Rücksicht auf die Art des vorausgehenden Wurzel-
vokals eintrat, während sie sich im Ndl. nur bei dumpfem Endvokal
und dumpfem Wurzelvokal findet.
Deutsch.
Grammatik.
55. Finck F. N. Der deutsche Sprachbau als Ausdruck deutscher
Weltanschauung. 8 Vorträge. Marburg Elwerts Verl. VII, 123 S.
2 xM.
56. Wedekind W. Sprachfehler oder Sprachentwirklung? Versuch
einer historischen Grammatik der deutschen Sprache für gebildete
Laien mit besonderer Rücksicht auf schwankenden Sprachgebrauch
nebst Ausblicken in die Zukunft. 1. Bdchn: Das Hauptwort iu
der Einzahl. Berlin Wedekind. 56 S. 0,50 M.
57. Holthausen F. Altsächsisches Eleraentarbuch. Sammlung von
Elementarbüchern der altgerman. Dialekte. Hrsg. v. W. Streit-
berg. V. Heidelberg Winter. XIX, 283 S. 5 M., geb. 6 M.
58. Michels V. Mittelhochdeutsches Eiementarbuch. (Sammlung von
Elementarbüchern der altgerni. Dialekte. Hrsg. v. W. Streit ber^.
VII). V. Heidelberg Winter. XI, 272 S. 5 M. geb. 6 M.
59. Nagl J. W. Zu den zwei Stufen des Umlautes von ahd. mhd. a.
Deutsche Maa. 1, 210—217.
Verf. sucht unter Beiziehung reichen dialektischen Materials
den Beweis zu erbringen, dass der bisher als jünger betrachtete
Umlaut ie) das a, der vor umlauthindernden Konsonanten anzu-
setzen ist, älter ist als der intensivere Umlaut (c), und dass nament-
lich in den umgelauteten Genetiven henin^ nemin, forasegin, scedin
einlacher Umlaut anzunehmen ist.
60. Bernhardt J. u. Pfaflf F. Anlautendes fr = tcr. Zs. f. d. dt.
Unterricht 13, 207—208; 512.
B. gibt Beispiele für den Übergang von fr zu wr aus ver-
schiedenen nd. Mundarten und erklärt sie durch Verlust des Stimm-
tons des norddeutschen (labiodentalen) u\ Mitunter gehe wr auch
in br über, vgl. Vratslaw = Breslau. — Pf. bemerkt dazu, dass es
sich dabei um aus nd. nach obd. Sprachgebiet vordringende Lehn-
wörter handle, in altaufgenommenen scheine wr zu br die Kegel
zu sein (vgl. Breslau)^ in neuerlich aufgenommenen ur = fr. Der
Oberdeutsche ersetzt das nd. labiodentale w zunächst durch sein
^^PIP
Vm. D. West^ei
299
"bllabtale» w uixl dies dann, lia es oberdcutsdi vor Konsonanten
nicht vorkouinit, durch den niichstl legenden Spiranten, f.
61. HaUBCfaüd 0 Die verstllrkende Zusammensetzung bei Eif^en-
HuhaftB Wörtern im Deulsclien. Prng-r, !Nr. 77il). Hamburg Hprold.
39 S. 4". 1,50 M.
63. Bebaghel 0. Der Gebrauch der Zeitformen im konjunkiivitichen
Nebensatz des Deulsclien. Mit Bemerken, zur tat. Zeitfolge und
zur griech. Modu^iversuliiebung. Paderborn Schöningh. IX, 21G S.
MU M.
Wortkunde.
63. Grimm J. u. W. Deutsches Wörterbuth 4. Bd. I. Abt. 3. Tl.
2. Llg., ;i, Bd. 15. Lfg. u, 10. Bd. 2. Lfg. Leipzig Hirzel. k 2 M.
64. Oombert A. Bemerkungen zum deutschen Wörtcrbutlie. Prg.
(Nr. 188.1 Bieslau, Druck v. Otto Gutsm«no. 26 .S. 4".
K. WUke E. Deutsche Wortkunde. Ein Hilfabuch für Lehrer und
Freunde der Muttersprache, 2. Aufl. Leipzig Brundstetter. SV,
368 S. 4 M., geb. 4,40 M.
6ti. Siaum T. Die Fremdwörter itn Ahd. Der prikktlsehe Schul-
mann 4». 4.
67. Palaoder H. Die ahd. Tiernamen. 1. Diu Namen der Sauge-
tiere. OisM. Helsingfors (Berlin Mayer u. Müller). XV, 171 S. 4M.
68. EhrUmami G. Beträge zum mhd. Wortschatz. PBrB. 24, 392
—402.
Aus der 'Minneburg'. Wörter, die im Mhd. Wb. und bei Lexev
nicht belegt sind.
69. RitteraH. Etymologische Streifzüge auf dem Gebiete des Nieder-
deutschen unter besonderer Berücksichtigung der Dithmarscher
Mundart. I'rg, (Nr. 782). Hamburg Lätcke u. Wulff. 1 Bl. 24 S. 4»,
70. Damköhler E, Beiträge zur Etymologie unserer I'flanzen-
nameu. Zs. f. d. dt. Unterricht 13, 66-61.
Berichtigungen zu Söhns "Unsere Pflanzen hintiichtlich ihrer
Haroenserklärung'^wsw. (Ztschr. 11, 97—187, vgl. Bibl. 1897 Nr. 226).
1, Ktilkenhaum (Flieder) nicht aus lat. colica; Ursprung jedoch
ichwer zu bestimmen. Vielleicht mundarti. Nebenform für fteisefce,
der sich nd. in derselben Bedeutung wie keiikt häufig findet. 3.
tVe^A:e ist nicht aus dem Niederdeutschen entlehnt, sondern md. Ur-
sprungs. Die Deminativendung -jce kommt auch in rein md. Ge-
bieten vor, ist übrigens vielleicht nit-iit aus -ken verstümmelt, son-
dern entspricht aa. lAra, iko, ahd. icho. 3. Tauxengiüdenkraut. Wo
kommt die von H. angenommene Beizeichnuug hUTiderlyiÜdeiücraut
vor? 4. Wermut hängt doch wohl mit Wurm zusammen (vgl. aga.
vyrmvyrt).
71. HABer M. Deutsches Krau kheitunamen buch. München Piloty
u. Loehle. VI, 922 S.
72. Qötza A. Zur Geschichte der Adjektiva auf tuch. [Leipziger]
DisB. Halle a. S., Druck v. E. Karras. 1. Bl., 52 S. [Aus: PBrB.
24, 464—522.]
'73. Schmidt F. Zur geschichte des Wortes 'gut'. Ein beitrag zur
Anielser SU X u. X 20
VIII. D, Westgermaniscli.
74. EauffmaDn ¥. Hexe. ZZ. 31, 497—49»,
KaufTmHQti hMlt getreu KieKlcr (Gesch. der Hexen prozfisee in
BtiyiTii) daran fest, dass haga iu hagaeussa 'Wuld' (nichl 'uiobegieü
Feld') bedeute und verweist auf haguataU Waldbesitser und reix-
burffiun [so zu Idsen Hliitt herburgiu») 'Wttidler' in Titel 64 der Lei
Sali ca.
75. Miedet J. HiltwoeJi = Wodanstag. Alt-mannia 27, M-t^b.
Sucht deu von Kluge (Beihefte nur Zischr. dp.s «M^. dt.
Spracbver. 8, S, 95) geleugneten ZuBumtueiihang ewisclien M'odan»-
iag und dem Bcliwäliisch-aleni. GuoteTiiag, nd. Gwdenxtag ^^ MiUHOch
durch Hinweis aul' häufigen Wechijel xwisdien W und G in uleman-
niBchen und anderen Ortsnamen zu erw.-iaen.
76. Hörn W. Zur Geschichte von odtr. PBrB, 24, 403—106 u. 5*4.
Die im Oberdeutsuheu des 13. — 15. Jahrh. begegnenden For-
men lüder, lüde für oder diirften durdi Uissiniilatioii aus ahd. erder,
erdo entstanden sein, erdo durch Diesimilation aus aippau? Uiisu
oder hat sein Schluss ^ r von über, mit denk ob in verschie<
M&a. die Bedeutung vertauueht hat.
77. AndresenK. G. Über deutsche Volkset.jmologio. G. Aufl.,
V. Hugo Andresen. Leipzig Reisland. VIII, 493 S. 6,40'|
Nam euforschung.
a) PemouetinamBTi.
78. Borries E. v. Über die Alteren Strassburger Familie
(Vorlrag). Jb, f. Gei^ch. Ela.-Lothr.'a 15, 185-204.
Verf. teilt die Namen ein naeh dem Motiv der Namengebung.
4 Gruppen; 1, Zum Eigennamen einer Person wird der Name ihres
Vaters entweder ohne Veränderung, oder in der V erklein erungs-
oder Koseform, oder im Genetiv (mit oder ohne "Sohn') gesetil.
2. Ein geborener Strasuburger wird nach aeiuer Wohnung, ein Aus-
wilrligei' nach seinem Heimnisort bezeichnet. 3. Der Familienname
bezeichnet das Amt, die Thätigkeit des BeDnunton. 4. Der Nnme
verdankt einer nufTallenden Eigenschaft des Betr. seine Enlslehung,
— Uns interessiert hier bpsonders die erste Gruppe wegen der
Verkürzung (Beispiele) und Verkleinerungen, In StraNsburg koni'
men drei VerkleineruugBenduugen in Betraeht, die uritprfinglicli
wo, -üo, -In lauten und sich bisweilen mit einander verbinden.
Beispiele; Vole (aus Volkixo), dazu VöUsche, Manx (aus Magime'f
oder von Hermann?) u, a. Die mit -ttn {-«itn, -ütn) gebildeten
Namen sind nicht immer leicht au erkennen (Bidspiele). Zu den
Koseformen gehören auch die Bildungen auf -mann. Aach durcli
Anfügung von -er werden Vornamen zu Familiennamen weiterge-
bildet: Joerger zu Georg, Hanser und Hanseler zu Hanx, Darnmerer
zu Dankmar u. a. In den Namen Betsdtolt und Gozpreekt schllessen
sich an Koseformen die vollwichtigen Silben -olt und precM an.
79. Burckas V. Die Ohrdrufer Familiennamen nach Herkanft und
Bedeutung. T. 4. Pn.gr, iNr. 750). Ohrdruf Lucas, S.3— IG. 4".
80. HälBcher L. Un.sero Tnufnamen. Eine Erklärung über deren
Sinn und Bedeutung. Minden Bruns, 44 S, —,50 M,
81. OadrUBcb K. Die Familiennamen in Neustadt O.-S.
Erörterungen. Progr. {Nr. S14). Sagan Koeppel.
den ror-
id. erder,
11 '? Uusu .
VIII. D. Westgei
301
nwe^e des deutschen Spracfa-
eiiiä. Nr. 2. Hildburgbanseu
0,bO M, Erschien auth als
b) OrUnaineii.
' 42. Efitting G. Etymologische Studien über Deutsche Flu ssDamen.
Progr. (Nr." 477). Kreuznach Voigtiöndec. 24 S. 4".
-83. Sohns F. Zur niederdeutBi^hen Namen forsch ung. Zs. f. d. dt.
Unterricht 13, 83&.
BeM'eine tili' die Betonung den ersten Beülandteils nd. Orts-
namen,
-84. Hertel L. Die Uennsteige und Ken
gebietes. Schrillen des Rennsteigvci
fiadow a Sohn in Komm. 44 S 4",
HildbiirghHUaer Progr. (Nr. 751).
£6. Clausa M. B. UihinriHch-topogrnphischeR Wörterbuch des Elsass.
;. Llg. Zabern Fuchs. S. 257—384. k 1 M.
•86. Witte H, Neuere Beiträge des Reii'hslandes zur Ortsnamen-
tbrschung. Eorreapondenzblatt des Gesamt verein» der deutschen
Geschichts- u. Altert. -Vereins 47, 139-144.
Überblick über den g-egenwarilgen Stand der Ortenanien-
forschang im Uelchaland, Ablehnung der Hypothesen Arnoldx und
fchibers. Verfasfler sucht statt dieser eine Reihe neuer methodischer
fiegeln nicht nur für die leichslttndlüch», sondern lür die deutsche
Namenforschung überhaupt, zu geben und lormuUeit sie in 21
Thesen ,
47. Heilig 0. Die Ortsnamen des Kaiuerstuhls. Sonderabdruck
aus der Festschrift zur Feier der Kröffnung des Real- und Volka-
suhulgeb Sudes in Kenzingen. 13 S. Ü".
«8. Klug© F. Ahd. Meildn und Paoeia. ZZ. 31, 499-500.
Das ei in MeÜan ist nicht, wie Wrade (HZ. 41, 295) annimmt,
s t diphthongiert, sondern bereits ahd. iiegt Meilan vor (Schletts^
Glossen). Auch Faveia ist schon ahd. (Notker), doch ist die Fonn
I^rota älter. Jedoch ist auch hier kaum Diphthonf.'-ierutig von i zu et
ADzunehmen, eher Anlehnung an ahd. Ägeleia ^= Aquii^ja. Auch
bi ahd. abbaleia = mlat. abbatia hnmcht keine Diphthongierung im
Hiatus eingetreten zu sein: vgl. buier. vagefate, mhd. tegneie. Auch
4>ei natbeta kann Anlehnung un Namen wie agaleia, »clareia vor-
Üegen. "obeihaupt ist der eJ-Dip)ithong In lut. Lfhnworton des Ahd.
geläufig und es könnte an gegenseitige Beeinflussung wohl ge-
•oacht werden."
Ahd. Texte.
.49. Schatz J. Die Sprache der Namen des ältesten Salzbur^er
jrbrüderungBbuches. HZ. 43, 1 — 45.
Nach der Ausgabe von Herzberg-Fränkel in den Mon. Gurm.
Vokalismus der Stammsilben beim ersten Schreiber: Bewusstes
festhalten am unumgelauteten a; ahd. i (aus ai) in gir m\A ir- be-
legt, sonst ae geschrieben; 6 (aus au) erscheint viermal als au, sonst
jiis ao, im zweiten Wortgliede einige Male als o, die Neuerung zeigt
«ich also bereits. Alles ai erscheint einmal als et, sonst ata ai.
Altes Ö ist regelmassig ö, daneben o», ö, u, uo, im 2. Gliede nur o.
Tokaiismus der nebentonigen Silben: i und j der Ableitung
iSlnd erhalten, nebentoniyeB u ixt geblieben. — In den späteren
Eintragungen dringen die Neuerungen durch; Umlaut den a, e an-
jBtatt ae (für ^), ai verschwindet, nur o für ö bleibt. — Aus einer
Vergleicbung der Namen in den baier. Klüstem Montee, Chiemsee,
302 VIII. D, Westgermanisch.
MatUee, Metteii, (NiedertAIIaich im Reichenauer VerbrütlemngvbTich
(Piper) ergibt sich, dasB im Salüburger Vor brüderungs buch eine
speziell salzburgincbe OrthogrAphie bel'nIgC Ut, — Konsonaniis-
mUB. Germ, d ist durcli t und durch d vertreten; für germ./i er-
scheint d und th. In den späteren ZusittEen ist tf fast MUBDKhiPHln^
durch t vertreten, für p ersclieint einige Male t, nt[mlii;h in Uiiini-
tharitu, PlUheri, Guntkert, wohl durch das folgendK h verniiinssc
Im Inlaut kommt nur d vor. Für die Aussprache de» iilthsir. d
ergibt sich, dase es atimmloäe ilenis war, die nach stimmlosen Laui«n
fortisHi'tig wurde. Germ, k erscheint im Anlaut zweimal als k,
flonht als cA; germ, nk wird sc geschrieben. Snnst ertcbeint ch nnd
A lür k, auch in den ZusHtzen. Besprechung der einzelnen Fülle.
cA wurde sicher als (einheill.) Bcibclaut geHprochen. Für germ. y
wird im Anlaut k, c, g geschrieben, im Inl. g. Im inlautenden An-
laut irschelni k und c nach stinmiloHcn, g nach stimmhalten Lnuti'n.
wie in bnir. Duni^nifilern in der Regel. Vor u nnd o steht c, vor
e und ) k, vor a beide. Die Unterscheidung zwischen k und g
mus.s auf der Aussprache beruhen. Salzburg stellt sich hierin den
Freisinper Uri;unden gegeuüiier, Germ, h erscheint fast durchweg
als A Germ, p erscheint als p und f, was beides als Bezeichnung
der AtTricHtn zu fassen ist; germ. b ist durch p vertreten, auch iu
den ZnsHtzen. Germ, f erüch'i'int als f, in den Zusätzen schon frtih
als u. Anlautendes ic ist uu. inlautendes auch u. — Verf. behandelt
dann die Namen mit Bcheiubarem n-Schwund: ein solcher ist nicht
anzunebmen. Die Mebriahl der einstämmigen, mit Sullix gebil*
deten Namen und Rurznnmen haben den Nominativ der n-Stftmme:
mSnnl. -o, weibl. -a (Beispiele). Zahlreiche niäiinl. Namen enden
auf -uni (vgl. alem. -mi). darin int wohl der urgerm. NominatiT
auf -i'e der j'o-Stftmmt zu jchen, ihnen stehen weibliche auf-ni gegen*
über (apHter un, weiiergcbildet nna), das trotz der scheinl>ar ent-
gegenstehenden Lautgesetze tut das idg. Feminina bildende Suffli
-nr zurücitzutühren int.
90. Pacbalr Paul. Die Variation im Heiland und in der aluitcl
siachen Genesis. Schriften zur gernianjschen Philologie, hrsg.,
Prof. Dr. Max Roediger. 9. Hft Berlin Weidmann. VII, Ilf
4,- M.
91. PrisBO 0, Der Wortschatz des Holland, ein deutschaliniedi
deutsches Wörterbuch. Progr. (Nr, -109), Saarbrücken. (Leipzig
Vogtiftnder). IV, 44 S. 1,80 M.
92. Saftien H. Die Schwellfom)en des Verstjpus A in der attsftch-
siechen Bibeldichtung. Dias. Bonn. {Leipzig Fock.) 54 S. 1,20 M.
93. Borgeld A. De oudonstiiederfranki:iche psalmen. Rlank- en
voniileer. Proefschrifl. Groningen Woltere, 5 Bll.. VIII, 152 S.
94 Baatmaa C. W. Die Syntax des Dativs bei Notker.
Leipzig Fock, «M S,
Slrassburg i. F.. F. Menti
IX. Baltisch-Slavisch.
A. Allgemeines.
I. MaiUet A, Lettoslavica. MSL. 11, 1T2-1R6.
A. Sur l'ndapiiLiion de (luelques mots ^trangers. I. Ksl. (
vimija; fremdes /', p, antepalaiales fc 9 im Ksl, 2. Ksl. JHvn, ."
IX Bnlttscli-Slfii
A. Alljr«
■fnüss aus einem Dial. stammen, in welchem ry zu ri wurde (Kai.
nud nsl. Anato)fieii); geriii. ii wurden sl. i/, in KpJiteren F:ntlelinungeu
11. [Vß:l. VnndrAk Aksl. Gramm. 3Gt^ I.] 3. Ksl. Lazon (unbet. griecli.
u 0 wie in gratnoia. Krovalb); Laxarjh (Anietmung' an das Suff.
-arjh). B, 1. Pr. gerbt: ai. Jdrati (-b-P^rwcilerung auch sonst in
Wurzeln ähnl Bedputun^r). 2. Scheidung von 11. aiu uz im Alt-Oat-
(äu Anz, 7 164 10); ui lisl i für z (m) iiÄch ii ist. H. KbI. golh
"Stouk": »rm, kolr. 4 KbI. jastr<;}n [*akro- oder -Oicro- mit Sek.-
Suflix): la. accipiter.
. Hirt H. Zur litauisoli-slaviscben Betonung. IP. 10, 38- 5S.
a. Die Naiur .les lit. AkKentiB und die (juantitilien. b. Die
t. Akzentvernchicbunp. c. Die Betonung der o-SiÄmme im Lit.-Sl.
S. Bsrneker E. Von der Vertretung des idy, Su im baltisch-sla-
iSL-hen Sprach itweig. IF, 10, 145-I6G.
"Idg. Su ist im Balt. durt-h 'au liau), im Slav, dun-h 'u (j'u)
vertreten . . . Idg. ev liinge^en ist im Lii. durcli av, im Slav. durch
4>v vertreten . . ; fürs Le. hingegen tnuas man wolil oder übel auch
■ die Vertretung ev aulassen".
4. Liddn E. Ein hallisch -slHVieches Anlautsgeset». Göteborgs hSgs-
koiar Ärsskr. 4. Göteboff,' Wetterpri-n u. Kerber. 31 S. 1 Er.
25 Öre.
Anl. ^r- )fl- wird im Baliiselien (z. B, 11. rj>tl rfcaiil rltu rai-
low.- ae. uTijtan u a.; 1). litig lytis entl. aus «rerm. v:lHi- g. wUt*)
und Slav. (k. B. sl. rota 'Eid': ai. vr^tdm, sl. linka "HaHel*: air. fitse
"'Gerte') au r- t-; der l.Butwandel ist wohl schon balt.sl. Anz. v.
Znbftty Lisly fil. 27, SS-fiÖ, Bulif Izv. II. otd. 4, 1496-1499.
5. Ltid^g A. Das Vcrhititniti der in*Formen der Germanischen
Deklination 7U denen des Lettisfhen und Slavischen. (Sitzh. d.
Böhm. Ges. d. W. I a). l'rag ftivnAc. 8 S. 0.20 M.
Das -m- in den -m-SuffiÄHn der Deklination ist im Gevm. einer-,
im B.-SI. anderseits, von einander unabhängig aus urspr. -bh- ent-
standen, weil oft- in PlexioHselementen weniger üblich war als -wt-.
Ebenso ist -m- {.mit Ausn. dun got. 'mm-, preuss. -sm-) in der bsi.
Frononiinaideklination an Stelle von urspr. am- gelreten. Das ad-
verb. Suffix ba im Got. gehört z. Wz, bhü- (harduba 'hart seiend');
Jlhulichen Uraprungs ist wohl sl. -^na in vtlbma, mit derselben Laut-
veränderung wie in den -m'Kasussufhxen.
<. BrÜGkner A. Beiträge zur Hitesten Geschichte der Slaven und
Litauer. Asl. Ph. 21, 10-27.
1. Misaca, res Licicavicornm. S. Die Galindensage,
B. Slavlscb.
1. Allgemeines.
I. V. Rozwadowski J. Quaestionum grammaticarum atque etvmo-
logicaruni series altera. Krakau. 15S. (aus RoKpr. Ak. 23). O.s'OKr.
I, S. Abt. I. II. De instrumentalis casus usu praedicativo;
kelt. und ai. Parallelen. III. Ani. vr- wurde im Sl. zu r- (vgl. Lid^n
IXÄ, 4), IV. Etj-mniogica: 1. gall. Drventia : poln. Druwa 'der
Teiasende Fluss'. 2. poln. B(r)zura : gall. Brigulos ds. 3. sl. iurili
{"geur-) : go. gaurjan. 4. sl. lelijq -. ai, Uläydtt. 5. sl. krinica 'Quelle',
Jcrim krina 'Krug' : a. d. Griech. entlehnt. 6. si. moiHH 'sehen',
Ji. mat^ : arm. matn 'Finger'. 7. sl. *porpon 'Fahne' : arm. phoi-
'2. Leskien A. Uiitersuchung-eii tiber Betonun^s- und Quantitäts-
verhHlInisse in den Blaviacben Spraclien. AsIPh. 21, 391—399.
I. Das Verhältnis der serbisclien und slovenischen Betonung.
II. Verkürzungen ursprünglich tftngPr Silben vor gewissen Suftixeu
im Serbischen. ITI Betonung: und Quantität der serbischen Noniiniil-
Itompoaita. 1. Die i-Stäintne. Ä. Zusammen Setzungen aus Nomen
und Nomen, B. aus Prftp. und Nomen. 2. Die Mas);., -o-Slfimme.
(Bei Präpositionalkomp. ergibt Fich für Serb., Sioven., Russ. lür -i-
St. und fiir Maak. das nrspr. Gesetz: der Hochton ruht aiif dem
Nomen, wenn diesea steigend betont war, er geht auf die Präp. über,
wenn das Nom. lallend betont war.) 3. Die Fem. -a-StSrnme, (Bei
jeder Art von Betonung musa die Wurzelsilbe de.s nom. Bestand-
teils Icurz sein.) Anh.: Die sog. Imperativkomposita. IV- Die Be-
tonung der Verbindungen von Prftp. und Kanus.
3. Leskien A. Die alftvisehe Lautverbindung ji. IF. 10, 259—263.
Gegen Vondnlk (Nr. 4.).
4. Vondräk W. Zur Erklärung des aksl. Dat. Sg. pcfti, kosti.
10, 113-llG.
Sitxh. I
Ein ji exisl
5. Hohl F. G. Le couplo roman lui Ui (5ech. mit frx. R«s.}.
d. Böhm. Gen. d. W. V. Prag. Komm. F. ftivnAC, VI, 124 S.
§ 44, S. 72: SI. Gsg. kogo aus urspr. *qo-ghios oder qo§hm
(=lat. quöiua aus "quohios. wie mäior aus mahiöi). D«s Suff.
■ghips (urspr. viell. -ghio) war parallel mit Suff. -«[o (sl. i^^so), -fAtiM,
-bhiom, -miu [sl, kamo, lamo, aemo] -miai {gai. pamma) u.a.; -j/Ajo
kann in ved. md-hya vorliegen (parallel mit -fiÄjt'o in ved. tii-bhya],
6. Melllet A. Vieax slave stet, vbsb. MSL. 11, 8~9.
Sidi, vbsb durch zweite PaUtalieation aus 'tikt *i'i>ckh |IJt.
flAas); aicichh l)^,tfch^ verbürgt ein nach ki-ajichh zu *Kbj-dheiel»
umgewandeltes älteres *shrdbtSchb {vbi- In einigen we^Iäl. Formen
vor e- t-Lnnten durch erste Falatalisation aus *vbch'). Zu *vbehi
zu vergleichen -si'O- -sw- in av. 9riiva- caffruiva- paialankva-, griech.
fluiccoc FicFoq ai. vifu-r^a- vifvaüc. Dunkel bleibt das Verhttllnia
zu ai. Pliva-.
7. Meület A. Slave ieliti. piMti. MSL. 11, 14-15.
Ans '-ßjn *ßti (Denom. von ieija *pitja; ji aus je oder jä-y
vgl. Anz. 7, Iti4. 12) wurde durch DiseimilnCion -ijn (-JÄI) -jfl**; ^"'
aus durch Fornienassociation teils ■ij<^ -Ui, teils -ajfi -ati.
8. JagicV. Beitrage zur slavischen Syntax, Zur Analyse des ein-
fai'hen Satzes. 1. Hallte. Denksch. d. 4k. Wien Bd. 46 C. Gerolds
Sohn. 88 S. 4». 6,20 M.
L Kritisch-bibliographische Übersicht der Arbeiten a«r sUv.
Svniai. Der .Sata, nicht das Wort, als das Hauptproblem der wissen-
schaftlichen Syntax. Subjektlose Sätee. Das Subjekt des SulBes
iGenus, Numerus des Subsi., Adjektivum, Numerale). Vokativ statt
des Nom. als Subjehtskasus (aus metrischem Bestreben, ein zwei-
oder mehrsilbiges Won zu gewinnen). II. Das Prädikat. Kongru-
enz (Dual; Plural bei Kollektiven; das Adjektiv In Nominalforin)-
Der prädikative Instrumental (mit modaler Grundbedeutung), Kopula.
]X. B. SlHvisch.
806
Pftrtidpia im Prttdikat (periphrastiaiihe Bildungen). III. Verbales
Prädikat. Handlung-garceD des Zeitworts (iklhnahiige Vermehrung
einzelner Galtunjfen nach urspr. nicht Knhlreichen Mnstern).
9. Hüeti6 L. Syntaktische Fragen (hulg.). Aus ITüiliSe. Prögl. i.
Sofia. 53 S.
1. Der Salz ist eine mittelB eines (ausjiedrflcliten oder gedach-
ten} Zeitwort« nustfodrUckte Vurätelluii^. 2. Das Zeitwort ist ein
Wort, au welchem ein Zustand und ein Gegenstand (Person, äache}
xum Ausdruck kommt. Subjekt ist ein Gegenstand, von welchem
Iro SMxet die Rede i«t; rabtjektlose Sätxe in rein ^rammatiacher Hin-
geht gibt es nicht. Das Zeitwort kann nie Subjekt sein, wie dies
bes. im Bulg., welches keinen Inf. besitzt, zu sehen ist.
10. Potebcga A. A. Ix zapisok ]io vUKskoj fframmatikC'. (Zur rus-
sischen Grammatik). III. Bedeutungswandel und Vertretungen
des Subslantiva. Hsg. von M. V. Pote.hnja. Charköv Silherberg.
VIII, S63 S. 6 Rbl.
Derurspr. konkreteCharakter der Abstrnkta (als Bezeichnungen
der Eigenschaft, der Handlung). 3. In Substantiven mit kopulativer
und abstrakter Bedeutung ist die letztere (Bezeichnung der Eigen
flchaft) die ältere. 3. Der urspr. Zusammenhang »w. dem Hpäteren
Subst. und Adj. Substantl visierte Adjektivs (und adjektivische
Pronomina). Der urupr. substantivische Charakter der Adjektiva.
4. Kongruenz zw. adjektivischem und substantivischem Attribut und
Nomen. 5. Das urspr. Nomen war Pin Nomen ngentis; erst später
' entwickelten sieh Nomina tnstrumenti, nctionis, ncti, loci, leinpnri«.
' 6. Das Snhst. als Attribut. 7. Inkongruenz der Apposition tm Kasus.
8. Bindewort zwischen ntlributlvisch verbundenen Wörtern, Hen-
diadys. 9, Übergang der Apposition in einen Satz. 10. Die Stelle
der relativen Attribut! vaätze dem Hauptsatz gegenüber. 11. Das
Substantivurn als Prädikat. 12. Subjektlose Sätze. - Beil.: I. For-
melle (synlaktische) Merkmale des konkreten Charakters der Sub-
stantiva: verHcbiedene Arten von Nr>niinalverbindungen (u. A. ab-
geleiletes Adjektiv statt eines Gen. u. dg!., Dvandva u. A.). 2. Tau-
tologie, Verbindung von Synonymen. 3. Das grammatische Geschlecht.
Bezeichnung genereller und vei-wandlschafllicher Zusammengehörig
keit, Patronymika u. dgl. Motion und analoge Bildung vou Bezeich-
nung nicht belebter Gegenstände. Notizen zu Brugmanns Abb. in
Techmers Za. 4. 100 ff. Über E. Wolters "Untersuchungen zum Pro
bleni des gramm. Geschleehls". — Die vielfach fragmentarischen Auf-
Eelchnungen bringen haupts. slav. Beispiele, daneben auch solche
aus den verwandten Sprachen. I. IL Bd. in 2. Aufl. Charkov 1U99
(4,00 Rbl.): I. Einl. über das Wort uiid dessen Geschichte Im Allg.
11. SatMeile: Prädikat, Atlrihut, Die "zweiten" Kasus obl. {prädik.
Akk., Gen., Dat. abs.). Der Infinitiv, Der Instrumental. — Anz,
A. Vetuchov RFV. 42, 129-15D, E. Wolter DLzt. 1900, B4B S.
" 11. HoIthauBen F. Engl, culver — russ. g<!>lubh •Taube*. IF. 10, 112.
["12. Horäk.F. Zur Etymologie des Komparativstammes wii^'bs- Cech.),
Listy fil. 26. 116-12.^.
Belege für Wurzelhaftigwerden konsonantiaclier Wnrzeldeter-
B.Piinalive und Ableitungssnftixe So ist auch sl. mhiijhs- (la. tninia-ter
■ SNw.) eine auf urspr. Präsensbildnnfren mit -n-Sufflxen, deren n
Birurzelhaft geworden, zurückgehende primäre Komparativbildung.
"'. Bainzevi6 N. K. Die richtige Alili-itung des Wortes Mnvfkt
(rOBS.). Filol. Znuifitki (Worone2).
aoG
IX. B. Slavi
("Durcliauti UDwis»iin8t;ha.f[lid>": K. Brandt).
14, Fllevlö J. P. 0 razrnboCk.^ a^ograficeskoj iiom^nklHtnry (Be-
nrbi'itun^ der geograph. Noine.nklntur). S.-A. aas Abb. der Mos-
kauer Arch. Ges. 13 S. 4".
Dus betrefTende Material sollte entlialten: 1. Namen der Ge-
wässer mit Aiiduutung ihrer NaturbcschalTeiilieit, 2. Namen sonstiger
uatiirlitrlien und durcb Menschenhand zu stnnde gebrachten ürtlichen
Erscheinungetj mit Angabe ibres topischeii Charakters und ihrer
Eiscntüjnliclike.iten, 3. volIntändEges Orlsnamenverüeivhnis mit An-
gabe der Lokaleigeiiscliatten.
I&. BogualawBki E. Hlittor,va&lowian(Geschiehlcder SUven), Kra-
kHU-Warschau VI, B16 S.
"Mit merkwürdigem Geschick hat der Verf. alle kursii-rend^ii
Tnlschen Etvmologien »ul'g'eklaubt und dartiuf seine Phantasien ge-
stützt". Brückner AslPh. 22, 243.
hi. Helicb J. G. Voll's slavische Forschungen im Auslande (magy.).
Ethnugraphiii IQ, 5.
Kin Versuch, Volf {Anz. lU, 274) wider die ihm xuleü gewor-
denen Vurwürle einer TendenziositHt zu verteidigen.
17- Munkdcsi B. Die Anfänge der nngariach-ülnvigchen ethnischen
Berührung. Die Donaulttndür I, 249-259, 329-340, 409-421.
S. Ana. 10, 271. "In der üaupttaehe, dasa nflml. die
sl. Lehnwörter im Magy, aus einer früheren Periode s
vor der Landname entlehnt wurden, hat Munkilcsi das Richtig«
getroffen". Anz. v. Vondrdk Vfisln, b1. atar. 3, 71—74. [Vgl. A'sbäth
AslPh. 22. 433 -487.]
le. Niederle L. Zur Frage nath dem Ursprung der Slaven. Ein
Nachwort zu meiner Arbeit "0 pilvodu Siovanü" (An«. 8, 310, 13),
Beil, zum Vöstnlk alov. Star, 3.
19, Niederle L. Die Wiege den Slavenstammes (cech.). Prag. 15 S.
S, A. aus Slov. Prehl. 2,
Die nüdüsti, Grenze des ursl. Gebiets waren die Karpalhen,
im Westen die Weichsel. Im Norden bildete die Abgrenzung gegen
die ball. StKmiiie etwa das Prlpät und Beresin.ithnl (eig. titsst sich
die Grenze nicht bestimmen und ist viehnehr ein Übergangsgebiet
anzunehmen); die östl. Grenze lässt sich dentelt nicht genau ho-
Btimmen, ehenxowenig die südliche (dem schwarzen Meen- zu), —
Anz. V. Pogndin Izv, II, otd. 4, 1503-1511, P. weist insliiw. diiranf
hin, dass die Avaren (russ. obr usw.; Ortsnamen) den SUveii bekanut
waren; der Name Donan {Dana, Don usw.) weist auf ein sariiiai.
don Idan dun) 'Fluss'; die slav, Urheimat war ein gebirgiges, sumpf-
reiches Land, etwa wie Wolynien (gemeinslav. Wörter wie cAtJmi
gora Um u, 9..). Die Urheimnt der Slaven war das Karpatheiiland
(nach FileviC, Sulek der nordöHtl. Abhang der Karpatheni. Schwer
ist heule zu sagen, wohin die erste Verbreitung der Slaven gerichtet
war. Wahrscheinlich haben sie frühzeitig die baltische Küste koloui-
eien. Auch westlich von der Weichsel waren Slaven ansHssig. Du
lit. Gebiet zog sich auch tistlich von den Slaven hin (iranische, bei
den Finnen fehlende Wörter im Balt). Es ist fraglich, ob die Ent
lehnungen aus dem Germ, im Slav. gotischen Ursprungs ^lud (}/ in
bvky u. dgl. weist nicht darauf hin). Der Volkaiiame Xpuißd oi (hon-
Blaut.) erweint eine Entlehnung aus dem genii. Namen des Kar-
IX. B. Slaviri
807
»
palLeiigebir^es (jrerm. Harhapa-, nach Braun, vgl. Abt. II) noch vor
drr Liquideiimetatliesia sowie, da,-.» hii^lii'i jener weeUlav. Zweig be-
teiligt war, in dessen Spraclin am zu roa wurde.
20. Niederle L, StarovSkii zprAvy o zemöpisu vychodni Evjopy
sc zh'teleii) na zem€ slovaiiKli^ (Descriptio Europae rfgionutn quae
ad Orienten] spectant vetenim scriptoruni locis illusirata). Pra^.
Hor-pravy der Böhm. Ak-, I. Kl., H 1, 128 S. lex. S",
Sl. Westberg F. IbTAhlma-ibn-Ja'ktlbs Reisebericht über die Sla-
wenlande a. d. J. 965. M^m. Acad. St. Petersburg. VIII Sfir. III
I, IV, 1«3 S, 4 M.
22, Leger L. Etudes de m.vthologie sUve. Rev. de Thist. de reli^.
38, 123-136, 39, 1-17.
Les divInit^H inlerieurea: I- Leo divinit^iS du deslin. 2. Les
Vilas. 3. Les Eusalkas (3s). SvaroR, Svarojicsch, Svarasici, Slribog.
Triglav. Jula. Radigast. Podaga. Pripegala (39|.
23. Abramovlä D, 1. Abbandlungen zur slaiiavhen und russischen
Philologie iu den russisclieu wltiseuschaftliclien Journalen I. J. 1898
(russ.). Izv. 11. otd. 4, 113H— 1152.
94. Brückner A, Slavische Volkskunde. Übersicht periodischer
PubiiWiitioncn bei Böhnieu, Bulgaren, Kleinrussen, Polen, Serbo-
kroaten, Slovaken, Sloveneu. Zatli. d. Ver. i. Volksk. 9, 213—219.
25. Florinskij T. D. Kritisch-bibliDuraphische Uberäicbt der neue-
sten Arbeiten und Publikationen zur Slaristik (rusB.I. Izv. Kiew
3a, März 111-^1&2. Sept. 241-976.
2(i. Jastrebov N. V. Die .Slavislik in slavisehen Zeitschriften des
J. 189b. A. Polnische, B. böhmische Zeitsehriften (russ.). Izv. II.
Otd. 4, 752-779.
27. S'wiatowit Hsg. v. E. Majewski. 1. Bd. Warschau. VI, 210 8.
n Tai*. 1,80 Rbl.
Ein Jalirhuch für poln, und blav. prühistorisclie ArcbHologie
und Kutturgesi-hicbte.
2, Südslavisch.
2tl. Baudouin de Courtenay J. Süll' apparienenna linguistica ed
etiiograüt-a degli SJavi del Friuii. Vortrag vom bist, Kongi-ease
in Cividale (5. Sept.). Deutsche Übs, in Politik (Prag). 15. und
:g. dcü.
Vier versch, StSmnie: 1, Die Resiancr, ein sowohl von den
Slovenen, als von den Serben zu uuicrticheidender, mit iremden
Elementen vermengter Stanmi (im Resiathale), 2. Serbo-Kroaten in
den Distrikten Gemonn und Tarceuto, (eine Fortsetsning der Serbo-
Kroaten iu iHtrieii und Quarnero). 3. Die Slaven des Difilr. von
San Pieiro (ebenfalls im Grunde serbo-kroat., unter immer wachsen-
dem sloven. EinHuBs). 4. Sloveneo in der Umg. von Castello del
Honte, Prepotto und Albana (Distr. Cividnie). — Der Name Ulavi
wurde von den Römern aus den zahlreichen sl. Personennamen auf
•alata gebildet. — Vgl. auch: S, Hutar BeneSka Slovenija (Vene-
zianisches Slovenenland), Laibach Mat. Slov., 188 S.; A. Öernv Im
Resi&thal (C-ech.), Slov. Ff-ehl. 2, 16-22, 79-85, 118-119.
308
IX. B. SlaviBth.
29. Troilo E. Gli SUvl nell' Abruxzo ChietiDo. LiincianD It 8. (eSIr.
li. Atti di Soc. Rom. di Anthropol. 6, 2).
Kurzer Berieht über die Geachichle der bIhy. Ansicdetung
(au(^h der alban. Kolonien in, Itftlieii).
30. Jagic V. Vorläufige Berichte der Bnlkan-Komntissioii 11. Am.
der Phil.-hist. Kl. d. Wien. Ak. No. 2, S. 7—46.
VorberichtB über dialeklol. Forschuugren von L. Miletii) in
" " ■ , J. Aranza in Dalmatien nnd H. Hirt in
31. Smirnov I. Kurzgefasste Kulturgeschichte der Südslaven Iruss.i.
Uc. Zap. Kaann 7/8. 113-144, 12, 411-78.
Einleitung; Übersichl. der geogr. Grandlagen. Die Vorge-
BchicIiCe der Balkan ha Ibinsel. Die Thrako-Illyrier. Die röin. Koio-
Gen. lAf. *
Kirchenslavisch.
32. B61orussov I, Der abHolute Dativ in kirchenelaviEchei
altrusBiscIien LUteraturdenkinflle.rn (russ,). RFV, 41, 70—
Der Dat. abs. ist keine sklavische Nachahmung des Gen. *
der griech. Originale: 1. man hHlle da eher einen Gen. abfi. ge«abll,
2. es steht nicht Immer im griech. Urtexte ein Gen. abs., wo der
kchol. Text einen Dat. abs. bietet. I. Gebrauchsweise des Dat. aba.
als Vertreter des Nebensatzes. II. Der Dat. abs. als Vertreter des
Hauptsatzes (aitnbcu ombrbkiiu tnovlcdi] 6 f^Xioc Luk. 23, 45 OsIt.
n. dgl.j, eine eig. pramm. unrichtige Sprechweise in altruas. Denk-
mSlern. dir dadurdi ermöglicht wurde, dase der Dat. abs. überhaupt
nur ksl., nicht russ. ist, ferner dadurch, dass im Altrusa. das Ver-
bnm tinitum auch sonst durch Partizipialformen ersetzt wurde (wie
junoAa vzdochnuvi i rede, mladency sritachuti, i fftagofjuiit, das
-h-Part. u. S.): es gibt Belepe mit Fan. (für Verb, tin,), in Nomi-
nativform mit dativiBchem Subj. — Belege; I. Dat. abs. als Vertreter
von temporalen, kausalen, hypotliet,, konzessiven Sützen; Dal. abx.
mit temp., kaus., byputh, Konjunktionen, mit jako; Dal. aba. tiW
HauptsatÄ. 11. Partizipien iu Vertretung des Verb. tin.
33. Eul'bakiD S. M. Das Svnodikon aus Sofia in neuer Beraiu-
gabe und Charakterisierung (russ.). Izv. II. Ad. 4, 1014—1030.
Im Anschluss an Tb. I. Uspenskijs Ausgabe in den lüvSsiija
des russ. arch. Inst, in Eonstanlinopel (II, IB^l) und Popru2enkos
Sinodik carja Borisa (Odessa 1839) untersucht K. die Sprache de»
Denkmals (Endo des 14. Jhts.), insbes. dessen Laute.
34. Kul'bakin S. M. Materialien zur Charakteristik der mitielbul-
garischen Sprache I. (russ.). Izv. II. otd. 4, 800-8fi8.
Sprachanalvse (insbes. der lautlichen Seite) den BoJanischHU
Evangeliums (Hasch, aus dem 12.— !*-<. Jh. im MuB. Rumjancev ia
Hoskau),
36. RoBeofeld A. Die Sprache des Lektionars des Svjatoslav s. d.
J. 1073 (russ). RFV, 41, 152-108.
Mehr Russismen als Ev. Ostr.
36. äöepkin V. N. Kazsu2denije o jazykö SavvinnJ Knigi. St.-lV-
lersburg. Akademie. XXI. 349 S. S».
S. Am. XI. 237. Anz, von Sobolevskij im: Min. 337 Febr.
IX. B. Slavisch. 30»
399-404, mit §6epkins Replik ebd. 328 Apr. 392—397; PoHvka Nie-
derles Vßstn. 4, 44-45; VondrAk AslPii. 22, 247-255, mit Ss. Replik
BB. 26, 161-166.
37. Leger L. L' J^vangöliaire siavon du Reims, dit: Text du Sacre.
Ed. facs. en h^liogravure, publ.^sous les auspices de TAc. Nat. de
Reims, pr6c. d' une Introduction historique. Paris— Prague (Reims,
Michaud). Fol. frcs. 100,— (aquarell6 300,—). — Introduction ä V
Ev., Reims, Michaud. Frcs. 4,—.
Vgl. Francev Zur Geschichte der Ausgaben des Evang. von
Reims (russ.), 2ur. Min. 330 Juli 126 — 155. Le^er Notes compl6-
mentaires sur le Texte du Sacre, Reims 1901, 16 S. — Anz.: Jagiö
AslPh. 21, 635—636 (der cyrill. Teil erst a. d. 2. H. d. 12. Jhts., eine
sw.-ru89., auf einer bulg. Vorlage mit Serbismen beruhende Abschrift),
Pastrnek LFil. 27, 153—154.
38. Jirecek K. und Jagiö V. Die cyrillische Inschrift vom J. 993.
AslPh. 21, 543—557.
Besprechung der durch Th. I. Uspenskij, T. D. Florinskij
und L. Miletic in Izv. Russk. Arch. Instit. (in Konstantinopel) IV
(S.-A. in Sofia, 20 S., ersch.) edierten und behandelten Inschrift und
der an sie sich knü])fenden histor. und paläogr. Fragen. Dieselbe
lautet (mit Karskijs Ergänzungen): vh imq Qthca i Syna i s{v^y
tago Ducha az^ SamoiVb rab^ b{o)z{i)[i]polagaq pam^th [(othc]u i
brat[u n]a kr^stech^ sich[b. si] imena U8^p^s[ich^ : Ni\kola räbh 6(o)-
«(i)«, [Natali]i, Dav{y)di. napisam s^ rrb] leto ot% 8htvo\renie mir]u
,SA0 imdi[kta S]. Vgl. noch Milo^tiö Big. Prßgl. V 9/10, 274-278,
E. Karskij RFV. 42, 231—236, V. N. Zlatarski Sborn. za nar.
umotv. 15, 20—40, T. D. Florinskij Ötenija v Istor. ObS6. Nestora
XIV 2, 73—84.
89. Jagiö V. Slavica der Laibacher Lycealbibliothek. Sitzb. d.
Wiener Ak. 20, 122-134.
40. Jevs6jev I. Zur altslavischen Bibelübersetzung (russ.). Bull.
d. Petersb. Ak. V 10, 355-374.
3. Reste der verschollenen ursprünglichen vollst. Übersetzung
der Propheten.
41. Kahiiniacki E. Zur älteren Paraskevalitteratur der Griechen,
Slaven und Rumänen. Sitzb. d. Ak. Wien 141, 8. 93 S.
42 Sobolevskij A. I. Wo sind die Kijewer glagolischen Fragmente
geschrieben worden? (russ.). Vßst. Arch. i Istor. 10, 29—32.
Die Fragmente hat ein Pole in Polen geschrieben (: nach Ver-
mengung von q ^, nach richtigem Gebrauch von h t, nach der 2.
Ps. Sg. podash zu urteilen).
43. Speranskij M. Zur Geschichte der slavischen Evangelienüber-
setzung (russ.). RFV. 41, 198-21Ö.
Durch A. Vozkresenskijs Schrift Evangelije ot Marka po
osnovnym spiskam öetyrech redakcij, Serg. Posad i894, veranlasst.
1. Das gegens. Verhältnis der Tetraevangelien und Lektionarien.
44. Zivier E. Studien über den Kodex Suprasliensis. II. Kattowitz
Gebr. Böhm. III, 45 S. 8». 1,50 M.
Bulgarisch.
45 Soepkin V. N. Besprechung von Lavrovs Obzor (Anz. 5, 266)
(russ.). Sborn. otd. russk. jaz. Akad. 64, 10, 20—64.
310
IX. B. Slfi\
it-li.
ein 8. i|
46. Leaklen A. Die Belonungatypen des Verlmme im Bulgaiiscben.
AslPh. 2], 1-10.
Üuratellnu^ von 5 DiulekttypPii, hu welche sich viell.
Misi'htypus anreibt.
47. Stoilov A. P. Rettexir der »Itbul garischen AusspiKche
in neubulg. Dialekten (big.). Period. Hpis. XI 4 (58), 506-
Serbiücii-KroatiBch.
48. Uaretic T. Grauiatika i etilisiika hrvaiskofta ili erpskogn kaji-
äevnog jezika (Gramm, und Stilisiik der kroat. oder serh. Scliritl-
apraclie). Agram Kugli u. Deutsub. VI. 700 S. R Kr.
Ana. V. A. Bell»; Let. Mai. Srp, L'OO, !70-l«6, 201. 1T4-IS6;
P. A. Syrku Izv. II. otd. 4, I5II-1{)15, Jagid AslPh. 22,263-27«.
4a. Boraniä D. Über die reflexiven Zeitwörter im KroatiBchen
(kroftl.), Rad Jug. Ak. HO, 131-244.
Objektives Reflexivum: Reli. bei Zeitwörtern der BewpgntiK'
(klatiti se 'vagari^. der Beeienzustände {gnjeviti se "Bich «rm-nj'l,
de» Werdens {arbiti se 'Serbe werden"), des Benehmeuc Ibaniti $e
'wie ein Banua sich gpbKrden) u. A.; se bei Zeitwörtei-n, die all
nicbireflexiv andere Kasus als den Akk. regieren; bei neutralea
Zpitwövlern, ohne Unterschied der Bedeutung {ciiasti [se) 'blübpiOi
Retlesivum der Rezipro/.ität ; lieflsxivum in zueainnienjcesetzteii Zeit-
wörtern; in Lehnwörtern.
50. Huaiä A. Sätze mit dein ^rtiz. Prilt. Akt. II. im Kroatischen
(kroat.). iiad Jug Ak. 140, 59—130.
Verechicdene GebraUflieweisen den -is-PartizipB (auch, des Ad-
jektivs) als Prädikat. lu der Entwicklung derselben unterscheidet
M. 3 Phasen: 1. Das Partizip stand im Hauptsätze als prädikatives
Attribut (in kouzess, oder hypoth. Sinne), k. B. lai cuo lai kaxvjtm
'Unwahres gehört habend Unwahres rede ich*. 2. Dgl. Satze wurden
zu DoppelKttizen. wobei das -Ifi-Partizip zum Prädikat des Neben-
satzes wurde; begünstigt wurde der Proxess dadurch, dass (wie da«
Adjektiinini) das -fvPart, im Hauptsätze seit jeher als Prädikat aur-
ireien konnte. 3, Schliesslich wird das Part, auch mit Furmen de«
Verbi subst. verbunden {eü(a{sam'\ lai cuo, lako i kaeujtm 'wie ich
Unwahres gehört habü, rede ich auch').
bl. Miuid A. Reiativstltze im Kroatischen (kroat.). Bad 138,70—117.
Zwei Kategorien der Relatirslitz: 1. das Rel. bezieht steh auf
«in Subst., 2. auf ein korrelatives UeuionstrativpranDinrii de» Haupt-
satzes. Untersehied der individuellen und generellen Iiideliniti
{neko 'Jemand', aber ein einziges Individuum, ohne ne- 'irgend Je-
mand'). Verschiedene Arten der Relativsiltze je nach dem Piono-
men, nach der Satzbedeuiung (hyiiothelische, kauBale u a. Belaiiir-
sAtze, nach dur Verbatlorm (: Kniiditionaliit in RelativcAtzeti)
62. Syrku P. Der Krasaowa-er Dialekt (rusB,). lav. 11. otd. 4, MO
-060.
Gesprochen in 6 Dörfern des Komitats Krnssö SzSr^y in
Ungarn ('mehr kroatisch denn bulgarisch", Pastrnek L. ßl- 27. 400).
58. Bje£nik hrvatskoga ili ärpskoga jezika (Auz. 10, 276), V 2 Ll9>
S. iei-2öö (— konokradica). 4 Kr.
54. Pajk M. Ein serbokroat. Worlrrverzcichuis a. d. E, des \
ÄsiPh. 21. 639—640.
IX. B. Slavisch. 311
55. Zore L. Lexikalische Nachlese (kroat.). Rad 138, 54- 69.
56. Sremao St. Ivkova Slava. Novelle. Belgrad (Srpska kdii. za-
dniga 55). 1^9 S.
Novelle mii Dialogren im Nisevac-Moraver Dial., einer Über-
g-angsmundart zum westbulg Schoper Dialekt. Mit gramm. Einlei-
tung und Glossar.
57. Jirecek K. Beiträge zur ragusanischeu Litteraturgeschichte.
AslPh. 21, 398-54>.
U. A.: Slavische Texte des 15. und 16. Jh. aus Ragusa und
Stagno (Nachtr. zu ebd. 19, 52 fF.), mit Proben und sprachl. Charak-
teristiken.
58. Smidiklas T. Kultus- und Kulturanfänge der Kroaten. Die
Donauländer S. 169—189.
Slovenisch.
59. Ileöid F. Slovenica. AslPh. 21, 199-212.
1. Zwei Fälle von Vokalharmonie a. d. Dial. von St. Georgen
a. d. Stainz: a. Assimilationen wie bläze aus bliziiu. ä.; b. progressiv
in bujti aus ubiti u. dgl. 2. Einiges zum Wortanlaut: Abfall von
aus Präf. u- entstandenen v-; ar- aus anl. /•-. 3. Ein Geschlechts-
wechsel im Plural (einige, Getreidearten bezeichnende Fem. werden
Neutr.) 4. Dobr^ — dobryj im Dial. von St. Georgen.
60. Perusek R. Bravec oder bralec? Eine sprachwissenschaftliche
Untersuchung (sin.). Laibach. 44 S. 0,60 Kr. (S.-A. aus Dom in
Svet).
61. K. F. Slo venische Monatsnamen aus dem J. 1466 (sloven.). Izv.
Muz. dru§. 8, 104—105.
Prosynicz, setsczan^ susecz, mäly trawen, weliky traiven, bo-
bouczwetj maly serpan, weliky serpan, poberuch^ Ustognoy, kozow-
perschky gruden.
62. dadelj I. Aus dem weisskrainischen Wortschatz (slov.; Anz. 10,
275). Dom in svet. 12, 158-9, 511—2, 544, 575-6, 640.
63. ätrekelj K. Slovenske narodne pesmi. 4. Laibach Matica 1898.
XXIV, 593-820 S.
Anz. 10, 275. Schluss des I. Bds. (Erzählende Lieder).
64. Zbornik. Hsg. von der Slovenska Matica in Laibach. Red. L.
Pintar. 1. 259 S.
U. A.: I. Kunäic Beiträge zur Gesch. der litter. Beziehungen
zwischen Cechen und Slovenen (Korrespondenzen); Sloven. Biblio-
graphie für 1898 von R. Perusek.
3. Ostslavisch (Russisch).
65. Budde E. Musterprogramm zur Geschichte der russischen Sprache
(russ.). Uc. Zap. Kazan 66, 5/6, 177—183.
Mit einem Verzeichnis der wichtigsten Litteratur.
66. Sachmatov A. A. Zur Entstehung der russischen Dialekte und
Stämme (russ.). 2m. 322 Apr. 324—384.
§. kombiniert die Ergebnisse der Dialektologie mit historischen
Nachrichten. Die heutigen Dialektverhältnisse sind das Resultat
312
IX, B. Slavisch.
«iner langen ßntwlckelimji; und gegenseitigen Darchdrinfrun? der
«InKelnen Stämme. lu der Vorzeit zerflel das Riu». in 3 Gruppen:
die nördliche, mittlere (hier die weatl. und östl. Hälfte) und sGahcbe
(mit einer nördl. und einer KÜdl. Unlernbteilung), Der westliche
Teil der Mitlelgruppe löste sich infolge hiHior. Eni Wickelung vom
ästl. los und bildete das heutige Weissruaa.; der öhU. Teil entwickeile
sich im Verein mit der Nord^ruppe zum heut. GroHsrufis, {doch hat
sich auch im Westen der nordruss. Einfluss auf einige weissruss.
Dialekte geltend gemacht, während im Südwesten wiederum ein
Durchdringen weiss- und kleinr, Dialekte au sehen ist). In der
Südgruppe (= Kleinruss.) hat eine Miflchung zwischen Elementen
Ihrer uärdlicberen und siidticheren Hälfte stattgefunden. Eis macht
sich hier eine Spaltung sichtbar, indem einige ungar. Dialekte uord-
kleinruHS. Uerkmale aufweisen. Im ftussersten Westen ist aach poln.
EinliUBü wahrzunehmen. Das altruss. Kulturzentrum, Rijew, wurde
nicht bloss durch die südruss. Poljanen, sondern auch durch die
von den Varügern unterstützte Kriegs- und Handelsbewegung (dem
Dniepr entlang) ausgebildet. ["Geistreiche und kühne Kombinatio-
nen, wie bei S. immer": Pollvkas Anz, Vf-st. sl star. 3, 10). — Im
Anschluss daran: E. Th. Budde Entgegnung an S. und eine Ana-
lyse seiner neuesten Ansicht über die Bildung der rus«. Dialekte,
ebd. Sept. 163—177, mit Sachraatovs Replik ebd. 178-1Ö0, der Ko-
lonisation des Räsaner Kreises und der Bedeutung des grosBroas.
"a-kan'je" in der ganzen Frage gewidmet.
ö7. Spioyn A. A. Die Verbreitung der alt-russ. StÄmme uaeh Aus-
weis der arcb Hol ogis eben Daten (rusa.). 2m. Aug. ftOl— 340. Auch
Se p.- Abdruck -
Den Begräbnistypen gemiLss zerfielen die Russen im 10. Jh.
in 2 Gruppen, die nördl. und südl., im 11. Jh. in 3: die südwestt.,
nördl. und östl.
€8. OhalaaBkij M. G. Aus Studien zur russ. Sprachgeschichte (russ.).
Izv. 4, 265-27«.
1. Die Anhängsel -slani -sta -ste -su (-s). Belege, -sta aus pa-
renthet. titeüo, stalo byt', bxw. vom verstärkenden Impt. atanH^xtati).
-Ute In einigen Fällen aus je»te, anderswo aus j^stb.
'€9. Karskü E. Th. Eigentümlichkeiten der Schrift und Sprache
der handschriftlichen Avraarakas Chronik ans dem 18. Jht, (russ-).
Univ. Izv. VarS. 3, 1 -44.
Merkmale des Smolensker Dialekts des Schreibers, sowie an-
derer Dialekte (Einfluss der Vorlagen).
70. LjapunoT B. M. Izsl^dovanije o JazykS sinDdal'aagD spfdu
1-nj novgorodskoj l^topisi (Untersuchungen über die Sprache da
Synodathandachrift der 1. Nowgoroder Chronik). 1. H. S. Pe/Hut-
bürg Akademie. VI. 289 S. lex 8". (Leipssig Harraasowitz. a,«M.
A. Einleitung. Paläograpliischea, Textkritisches. B. L I. Die
irrationalen Vokale ^ h. 3. Flllie von » statt y und h statt i. 3. Ge.
genseltige Abwechslung zwischen b und s. 4. Verbindungen Kon-
sonant + » (oder (.) -f Liqu. -!- Eons. — Anz. v. Sobolevsklj Zur.
Min. 327 Jan. 185-192, Jagic AslPh. 22, 25ß -263.
71. NikorekiJ A, Die Sprache der Ipatischen Chronik (mss.). RFV
41, 2;W-275, 42, 23-110.
72. aiovar russkago jazyka (Anz. 11, 379). II. H. 3 (6). za - m-
graHt. S. G33— 952. 60 Koi).
IX. B. Siavisch. 313
73. Sobolevsk^j A. I. Über Duvernois' Materialien (Anz. 7, 170).
Sborn. otd. russk. jaz. Akad. 64 N. 10, 65—72.
74. Enauer Th. Über den Namen Russe^ Russland (Vortr. am Ar-
chäol. Kongr. in Kijew, laut Ber.).
K. verbindet i?oi, Rossija mit ai. Rasa (= Wolga), in Rui
(: r. mslo) soll ein *ronS' (av. Rar^ha) stecken. An der Wolga ist
auch die Wiege der Slaven zu suchen.
75. Ramzeviö N. K. Zum Worte Rush (russ.). Filol. ZamStki, Wo-
ronöä.
V
76. Sejn P. V. Zur Frage der Kunstsprachen (russ.). Izv. II. otd.
4, 277-300.
Verschiedene Arten der absichtlichen Sprachenumbildung.
77. öistoviö I. A. Istorija perevoda Bibliji na russkij jazyk (Gesch.
der russ. Bibelübersetzung). 2. Aufl. S. Petersburg. 347 S. 2 Rbl.
78. Weismann A. D. Zur Geschichte der russischen Grammatik
(russ.). £jm\ Min. 324 Juli 106—127.
Zur gramm. Terminologie: Diathesis, Zeitform, syntakt. Ter-
minologie.
79. J. K. Grots Werke (russ.). IL St. Petersburg Akademie. XV,
939 S. 3 Rbl.
V. Anz. 10, 272. Philologische Aufsätze (1852—1892): I. Zum
russ. Wörterbuch, zur russ. Grammatik und Sprachgeschichte. II.
Streitfragen der russ. Orthographie (russ. Laute und russ. Schrift).
Indices.
Grossrussisch.
80. Oussof N. ^tudes exp^rimentales d'une prononciation russe.
La Parole 1, 676—687, 705-718.
1. Action du volle du palais. 2. Action du thorax. 3. Action
des Cordes vocales.
81. äachmatov A. A. Materialien zur Erforschung der grossruss.
Dialekte. VI. (Anz. 11, 242). Beil. zu Izv. IV 1, 1—17.
82. Pokrovskij Th, Die Volksmundart des Bez. Tschuchloma, Gouv.
Kostroma (russ.). 2iv. Star. 9, 330—349.
83. Sejn P. Zur grossrussischen Dialektologie (russ.). RFV. 41,
29—70.
Lautliches, Morphologisches, Lexikales aus Sadovnikovs Mär-
chensammlung aus dem Gouv. Samarsk (1884).
84. Kulikovskij G. I. Zum Wörterbuch der oloneckischen Lokal-
mundart (russ.). Etnogr. Obozr. 40/41, 346—351.
Nachträge zu Anz. 11, 243 No. 62.
85. Nilolajev. Mundartliches Wörterverzeichnis aus der Provinz
Tobolsk (russ.). 2iv. Star 9, 487—518.
86. Smirnov N. A. Wörter und Redensarten der Diebsprache aus
Vs. Krestevskijs Roman "Peterburgskija truSdoby" (russ.). Izv. II
otd. 4, 1065—1087.
87. Sobolevskij A. Velikorusskija narodnyja* pösni (Anz. 10, 282).
V. Liebeslieder, 2. H. 1899. 3 Rbl.
314 IX. B. Slavisch.
Weissrussisch.
88. Karskij E. Materialien zur Durchforschung der weissruss. Dia-
lekte. III russ.). Beil. zu Izv. IL otd. 4, H. 3 u. 4. 69 S.
Rleinrussisch.
89. Plorinskij T. D. Einige Worte über die kleinmss. Sprache
(Mundart) und die neuesten Versuche ihr die Rolle eines Organs
der Wissenschaft und höheren Bildung zu erobern (rus».; Abdr.
a. d. Kijevijanin). Kijew.
Geharnischte Verteidigung der sprachlichen und ethnischen
Einheit der Gross- und Kleinrussen (vgl. auch Vöstn. Evr. 35 1,
406—416; überhaupt hat die Frage mehrere Kundgebungen hervor-
gerufen).
90. Micharöuk K. Was ist Kleinrussisch oder Südrussisch? (russ.).
Kijev. Starina Aug. 135—195. (Forts, f.). Auch als S.-A. Kiev.
61 S.
Eine linguistische und historische Beweisführung, dass das
Klr. eine selbständige slav. Sprache, keine russische Mundart ist.
91. Broch 0. ügorskoje narßcije sela übli (Der ugroruss. DiaL des
Dorfes Ublya im Zempi^ner Komitate). S. Petersburg. 117 S.
1 Rbl. (Leipzig Harrassowitz 1,90 M.).
92. Broch 0. Aus der ungarischen Slavenwelt. AslPh. 21, 49—61.
Eine Besprechung von Hnatjuks Etnogr. Materyjaly, in denen
eine genauere Lautwidergabe vermisst wird, und Ruski oselji v
Baccji (Anz. 11, 245): dis ugroruss. Kolonisten, die aus Zemplin und
Saros nach Bacs-Bodrog im vor. Jh. übergesiedelt sind, müssen aus
einem slovakisch-russischen Grenzgebiet stammen.
93. Dikarev M. Klr. pal'anyöa (Art Backwerk) und griech. ir^Xavoc
(russ.). Kijev. Starina Okt. .'31—49.
Der griech. ir^avoc als Opfergabe für chthonische Gottheiten,
pal'anyöa (auch russ. blin, knys) als Totenspende. Griechisches in
russ. Volkstraditionen (insbes. Bylinen), nam. Umwandlungen griech.
Götiernamen (u. A. Svarog : lauijüpoxoc, Iid Auübpoxoc). a in pal'a-
nyca für griech. € teils durch Assimilation, teils durch Einfluss de^
/, wie klr. Paldga aus TTeXaYia, lat. oliva^ JSiculus aus 4Xaia, ZikeXöc u. A.
4. Westslavisch.
94. Mikkola J. J. Betonung und Quantität in den westslavischen
Sprachen. 1. H. Helsingfors Hagelstam. 99 S.
l. Einiges aus der wsl. Lautlehre, ürsl. q (lach, q) =
plb. unbet. (f, hei. q (seit. q). Urs). (^ (lach. (iQ = kasch. iq (poln.
e>), IQ (= poln. iq), aber auch, vor weichen Silben, l als Länge, e
als Kürze (im Anl. ji-^ hinter Labialen i\ wie ßech. ie {i), t. (Abnl.
war es einmal auch im Altpoln.). — Ilrsl. h = plb. (ä {i) vor harten,
ä vor ursp. weichen Konsonanten; z.B. jins *pbshj dän *dhnh (Aus-
nahmen durch Assoziation). Dieses plb. iü/a stimmt, vielleicht nur
zufälligerweise, mit Sloven. e/a überein (sloven. a unter dehnender
Betonung aus h). Auch im Slk., U.-Sorb. verschiedene Behandlungs-
weise von ursl. fe, jedoch von der plb. verschieden. — Ursl. hrt.
Urpoln. war hier a?* (vor harten) ir (vor weichen Kons.) = poln.
ar, ir, irz (npoln. ier ierz), kasch. ar (die Kürze) ör (die Länge),
IX. B. Slavisch. 315
ir ir. Durch Kontamination (in FHllen wie zamo zimisty) ist auch
poln. (selten) iar, kasch. (häufiger) iar iör entstanden Ähnl. zu-
weilen osorb. d'r durch Kontamination aus or (usorb. ar) und j^r.
[In 08. Mvörty us. stvörty = kasch. övjörti (aus ursl. Öetvbrtbjh) ist
ör wie im Kasch. die Länge.] — Ursl. tbrt: Belege der Länge im
Poln. (wr, neben sonst, ar)^ Usorb. {ör, zuw. yr i/r), Plb. (ör). —
Ursl. thlt wird durch das Kasch. etwas vom Poln. abweichend und
nicht einheitlich wiedergegeben. In dem urpoln. Wandel von thU
(mit ol, el u. A.), hat die Hauptrolle wohl der alte Akzentwechsel,
bzw. Verschiedenheit der Tonqualitäten gespielt: die Gesetze sind
durch zahlreiche Formenassociationen verdunkelt worden. — Ursl.
fort tolt telt im Poln. Kasch. Plb. Für tort hatte ursp. sowohl das
Poln., als auch das Kasch. und Plb. iart (kasch. polab. tart als Kürze,
tört als Länge ; im Poln. nur mehr als Archaismus, haupts. in Eigen-
namen) neben trot (im Poln. verallgemeinert; auch plb. brödOj ksch.
broda u. s.). Ebenso war aus tolt ursp. talt (erhalten in plb. ksch.
Eigennamen) neben später verallgemeinertem tiot. Auch hier spiel-
ten Tonqualitäts- und Akzentverschiedenheiten sowie Ausgleichun-
gen die Hauptrolle. Spuren noch anderer Behandlung ähnlicher
Lautgruppen. — Das Kaschubische ist ein integrierender Teil
des Poln.; die poln. Dialekte sind in 2 Gruppen (1. kasch., 2. eigent-
lich poln.) zu teilen. Das Kasch. bildet zugleich einen Übergang
zum Polab., welches mit dem Poln. ein einheitliches Sprachgebiet
(das Lachische) bildet.
II. Die Betonung der wsl. Sprachen, deren Quantitäts-
verhältnisse, die (soweit sie nicht mit Kontraktion in Zusammenhang
stehen) von Betonungsverhältnissen abhängen und viele gemeinsame
Züge aufweisen. A. Cechisch. B. Sorbisch; Wörter, in welchen
der Ausfall einer Silbe die urspr. Akzentstelle erkennen lässt. C.
Polnisch-Polabisch: 1. Polnisch. 2. Kaschubisch. In den
südl. Dialekten liegt der Akz. auf der ersten Silbe, in den nördl.
ist er bew^eglich. p]s gibt zwei Akzentqualitäten: die ''scharfe" (etwa
dem lit. fallenden Ton entsprechend) und die "leichte". Jeder ursl.
Vokal ist im Kasch. entweder ''gesteigert" (in einigen Dial. diph-
thongisiert) oder "indifferent" (oft reduziert, oder anceps). Die scharfe
Betonung steht auf den gesteigerten, die leichte auf indiffer. Vo-
kalen (z. B. r^'ba leicht, indiff., Gpl. rXb scharf, gesteig., ursl. ryba
rybb). Beschreibung des Heisternester Akzentes. I. Simplicia. a.
Die Ultimabetonung nur, wenn der Vokal gesteigert ist. b. Endet
das Wort auf einen gesteig. Vokal, so kann der Akz. nicht weiter
vom Ende als auf der Penult. stehen. Ebenso ist die Penult. betont,
wenn die urspr. Penultima oder Ultima ihren Vokal verloren hat.
c. Ist die Endung zweisilbig, ist die Antepenult. betont. II. Verbum
mit Präfix. III. Nomen mit Präfix. IV. Präposition und Nomen.
V. Nomen mit Nom. komponiert. VI. Enklise. 3. Polabisch. Der
Akzent teils bezeichnet, teils an den gesteigerten Vokalen zu er-
kennen. Polab. und Kasch., dem ursp. Zustand der wsl. Betonung
am nächsten stehend, ergänzen einander hinsichtlich der Betonung
und Qualität. I. Bei steig. Ton ist der Akz. von der Ult. um zwei
Silben gegen den Wortanfang verschoben; bei steig. Anfangsbeto-
nung bleibt die Stelle unverändert. II. Ist ein Wort ursp. fallend
oder dehnend betont, so steht der Akz. auf einer der beiden letzten
Silben: bei fallend betonter 3. oder 4. Silbe vom Ende rückt der
Akzent auf die Penult. vor; fallend bet. Penult. behält den Akz.,
ebenso eine auf Vokal ausgehende Ult. in zweisilb. Wörtern im
Kasch., während das Plb. in zweisilb. Wörtern den Akzent von der
Penult. auf die Ult. verschoben hat. Eine dehnend betonte Ultima
Anzeiger XII 2 u. 3. 21
316 IX. B. Slavisch.
behält den Akz. in zweisilbigen Wörtern, während er in roehrsilb.
auf die Penult. zurückgezognen wird. Auch eine dehnend betonte
Silbe, die nach dem jetzigen Stand der Sprache die vorletzte ist,
bewahrt den Akzent. — Die ursp. steigend betonten Wörter haben
also, falls keine Analogiewirkung stattgefunden, den Akz. auf der
Anfangssilbe, die fallend und dehnend betonten auf der PenuU.
oder Ult. Durch Analogiewh'kungen entwickelte sich (z. T. im
Kascli., dann im Poln., Sorb., Cech.) teils vor dem eigentlichen Hoch-
ton ein Gegenton, teils wurden die Betonungsverschiedenheiten aus-
geglichen; und so gelangte das Öech. zur Anfangsbetonung, das
Foln. zur Penultimabetonung, während (Jas Sorb. beide Betonungen
kombiniert und somit eine Brücke zw. Cech. und Poln. bildet.
95. Brückner A. Neuere Arbeiten über das Slaventum jenseits der
Oder (poln.). Kwart. list. 13, 87—93.
Über onomastische und historische Beiträge für sorbische und
polabische Länder.
96. K^trzynski W. 0 Slowianach mieszkaj^cych niegdyä mi^dzy
Renem a Lab^^, Sala i czesk^ granic^ (Sur les plus anciennes de-
meures des Slaves entre le Rhin, l'Elbe, la Saale et les front ieses
de la Boheme). Krakau Akademie. 142 S., 7 Karten. 3 Kr. (=
Rozpr. bist. 40 [II 15) 1—142).
1. Zwischen dem Rhein und den späteren Grenzen des Slaven-
tums gibt es gegen 800 Ortsnamen unzweifelhaft slav. Unsprungs
(vornehml. Namen auf -ifz, -gastf Winden Wenden u. dgl.), die von
einer vorgerm. slav. Bevölkerung zeugen. Historische Zeugnisse
dafür. Slav. Dörfer. Bauart. Cäsars Suevi = Slaven {u ist i). 2.
Traditionen der Germanen von ihrem skandinavischen Ursprung.
3. Geschichte, 4. Kultur der alten Westslaven. Resumes: poln.
Sprawozd. d. Ak. April 6—14, deutsch Bullet. Juli 327—337 (vgl.
Brückner AslPh. 22, 237 ff.).
97. MajeiT^ski E. Starozytni Slowianie na ziemiach dzisiejszej Ger-
manii (Alte Slaven auf heutigem deutschen Gebiete). Warschau
Wende u. K. 58 S. kl. 8«. 0,40 Rbl.
V
Cechisch (und Slovakisch).
98. Dolansky L. Zur Aussprache des c. / und y (cech.). Cas. Mus.
73, 285-322.
99. Noväk K. Beiträge zur altcechischen Stammbildungslehre aus
Hus' Schriften (cech.). LF. 26, 248-61, 365—70, 449—59.
A. Xominalsuffixe. 1. -c-, 2. -c-, 3. -/t-, 4. -^, 5. -n-Suftixe.
100. Hodura Q. Die Mundart der Leitomyschler Gegend (cech.:.
Beil. zu Vestn. okr. litom,
101. LoridJ. Rozbor podfecl hornoostravskeho ve Slezsku (Analyse
der Ober-Ostrawicer Mundart in Schlesien). Rozpravv der B. Akad.
III Kl. VJI 1. Prag. 89 S. lex 8».
In Teschener-Schlesien wohnen 1. Lachen in der Nord-Ebene
um Freistadt und Oderberg, 2. polnische Walachen um Teschen
und Skotschau, 3. Horalen an der ob. Olsa und Weichsel, 4. mäh-
rische Walachen im Süd- Westen (gegen Osten bis nach Jablankau
und Lomml, gegen Süden am MoravkaFl. bis an die ung. Grenze).
Loris beschreibt die 4. Mundart, welche die Hauptmerkmale des
IX. B. Slavisch. 317
Lach. (poln. Akzent, Verlust der Quantitätsunterschiede, Erweichung
von ne de te, Gleichheit des Lok. u. Inst. Sg. Masc. N. in der Pro-
nominaldekl.) aufweist, aber für d ein o hat (=lach. a). — Anz. v. Poii v
ka AslPh. 22, 114-116.
102. Malovany J. Syntax der Mundart von Cisarov (in Mähren;
cech.). Cas. Mat. Mor, 23, 33-49, 150-64, 220—30, 360—7.
103. Hauer V. Terminologie der schlesischen Volksbauten (cech.).
Ö. Lid 9, 99—104.
104. Kraus A. Fafmoch [aus d. wdfenroc]. Vßstn. c. prof. 7, 1—8.
105. Noväk K. Der Ursprung des Wortes bdsnik 'Dichter' (öech).
Vestn. c. profess. 6, 74—75.
Ein Beleg bei Joh. Hus. — Im Anschluss daran I. Ho Sek '*Zur
Bildung von Wörtern auf -ik ebd 7, 35—41: Nomina auf -ik (un-
richtige Kunstbildungen abgerechnet) sind nur Denominativa, nicht
Deverbativa {bdsnik bei Hus ein Schreib- oder Druckfehler für
bäsennik). — Weitere Bemerkungen von NovAk ebd. 7, 94—98.
106. Syrku P. Zur Geschichte des Glagolismus in Böhmen. AslPh.
21, 169—198.
107. Väolavek M. Der Ursprung und Name der Walachen (cech.).
Sbor. Mus. Spol. ve Val. Meziriöi 2.
Vaclavek sieht in den Walachen echte Slaven, unter Zustim-
mung FlorinskiJH Univ. Zap. Kijew 3, 121. Dazu Pluskai ebd. 3, 1 ff.
(mit einer unmöglichen Etymologie), Vaclavek ebd. 4, 45 ff. (Über-
setzung eines rum. Referats von G. Nether, worin die urspr. Wala-
chen für dakische und slav. Hirten erklärt werden).
108. Pospeoh J. K. Terminologie aus Sebes. 1. Gemeinde, 2. Klei-
dung. Cas. Mus. Spol. 1, 66—69.
109. Spusta St. Zur Terminologie der Volkstracht und der slovakischen
Stickereien (slk.). Cas. Mus. Spol. 1, 53—55.
110. Holuby J. L. Über Personennamen im Bossdczer Thal (slk.).
Slov. Pohl'. 19, 190—204.
111. Podtatransky. Slovakische Ortsnamen (aiphabet., Forts, f.).
Sborn. Mus. Spol. 3, 1—16.
112. Fiesne Tudu slovensköho. (Slovakische Volkslieder). Hsg.
von der Slk. Mus.-Ges. I. Lieder aus Zips., hsg. von St. Misik.
Turcz. St. Märten 1898. 143 S.
Ober- und Nieder-Lausitzserbisch (Sorbisch).
113. Muka E. Lexikalische Nachträge. 1. Wörter aus den Grenz-
mundarten, 2. aus den oberlaus. Mundarten. Öas. Mac. LH 2 (101),
114—125.
114. Radyserb-Wjela J. Ein Kinderglossar. Öas. Mad. LH 2 (101),
128-130, LIII 1 (102), 41-42.
115. Kühnel P. Slavische Orts- und Flurnamen der Oberlausitz. N.
Laus. Mag. 66, 209-261, 67, 43-126, 69, 1—48, 257—283, 70, 67—
99, 71, 241—288, 73, 125—179, 74, 193—271, 75, 169— 223 (Schluss). —
Als S.-A. (5 Hefte). Leipzig Harrassowitz. 8,50 M.
818 IX. B. Slavisch.
116. Parczewski A. J. Die Serben io Preossen nach der Volks-
zählung V. J. 1890 (laus.). Öas. Mad. LII 2 (101), 65—88.
117. Hoffinann L. Die Sprache und Litteratur der Wenden. SammL
gerneinverst. Vorträge 14, 818. Hamburg Verlagsanstalt. 89 S
0,80 M.
Polabiscb.
118. ParczeiT^ski A. J. Nachkommen der Slaven in Hannover (poln.)
Wisla 13, 408-16.
Parczewski sieht in den 585 Personen mit "wendischer** Mutter-
sprache im Bez. Lüchow Reste der Drewänen und fordert zur Durch-
forschung ihrer Sprache auf. — Vgl. Hirt und v. d. Knesebeck
AslPh. 22, 318/9, wonach die Lüchower "Wenden" vollständig ger-
manisiert sind und ihre frühere Sprache nunmehr in vereinzelten
wend. Bezeichnungen und einigen Familiennamen Spuren hinter-
lassen hat. S. a. K. Andree Zur Frage nach den hannoverschen
Wenden, Zs. f. Volkskunde 10.
Polnisch (und Kaschubisch.
119. Soerensen A. Polnische Grammatik I. Leipzig Haberland.
256 S. (Als Ergänzung: Grammatisch-alphabetisches Verzeichnis,
der poln. Verba mit Bedeutungsangabe, Beispielen und Nominal-
ableitungen, ebd. 1900, 206 S.).
Neue KoQJugationeneinteilung: I. Abgeleitete Verba: 1. 1-, 2. a-.
3. u-, 4. ^-Stämme. IL 5. Wurzel- Verba. III. Doppelstämme: G.nq-f
-n-Stämme, 7. Stämme mit -a- im Infin., 8. -t-/-^-St. IV. 9. Reste der
athomat. Flexion. Im Verz : 1. Kosonantisch und 2. vokalisch ausl.
Wurzelstärame (V. KL), 3. nq-l-n St. (VI), 4. St. mit -a- im Inf. (VII).
5. -i-l-i-St. (VIII), 6. -i-St. (I), 7. -a- (II), 8. -w- (III), 9. -e-StHinme (IV),
120. Krasnowolski. Systematyczna skladnia (Syntax) jezyka pols-
kiego. Warschau 1897.
121. Bystroii J. Przyczynki do skladni polskiej (Beitr. zur poln.
Syntax). II. Krakau Selbstverl. 44 S.
(S. Aiiz. 3, 105). Subjektlose Sätze, Adverbien, Wiederholung
eines Ausdrucks oder der ganzen Phrase in der Volkssprache, Attrak-
tion u. A.
122. Loris J. S. ob. Nr. 101.
123. Zawiliiiski K. Über den Einfiuss des Slovakiscben auf die
poln. Bergdialekte. Poln. Res.: Sprawozd. Ak. Krak., 1899.
Apr. 3-4.
124. Bystroii J. Orthographie und Sprache der poln. Gesetzbücher.
Krakau Akad. 110 S. 1,50 Kr. (aus Kozpr. II, 13, 111—220).
Über 4 von Piekosi^ski 1895 im 3. Bd. des Arch. Kom. praw.
hsg. Handschriften a. d. 15 Jh. R^s.: Bullet, d. Ak. 162—65.
125. Nitsch K. Die Orthographie und Sprache der "Kazania Pa-
terka" (poln.). Prace fil. 5, 521—585.
126. EapuäciÜBki M. Wörterverzeichnis aus der Krakauer Volks-
mundart (poln.). Lud. 5, 63—4.
127. Lopaciiiski H. Lexikalische Nachträge a. d. 16. Jh. (poln.).
Prace fil. 5. 516-520.
IX. B. Slavisch. 319
1^. Lopacinski H. Ein lat.-polnisches Glossar a. d. J. 1471. R68.
Sprawozd. Ak. Krakau Juli 5—6.
129. Karlowicz J. Zbrodnin 'Verbrechen* (poln.). Prace fil. 5,
633-ß34.
Zu brody z brodu (Verirrung von der Fahrt, vom rechten Weg),
130. Malinowski L. Sprachliche Miszellen (poln.). Prace fil. 5,
606-632.
P. uzdrojoivisko (Volksetymologisches), cicioro-czworo (aus
Tirpoln. cfvero). Eine Spur des altp. verengten d (in piosnka pio-
senka aus '^pis^n^ka), Ap. stoUgwa 'onocraculus'. Dial. nks zgn aus
ns zn. P. topian Hopem : lit. läpas. P. nica 'linke Kleidseite' :
ßl. nith. P. macocha aus macecha durch andere Bildungen Ruf ocha
hervorgerufen. P. piejcny aus *piejcry {upi^krzyd upie^kszyc). P.
dübiely eig. döbiel : ksi. dobeH. In sl. kosuta 'Hirschkuh', wenn mit
rum. 6jute^ verwandt, das Präf. ko-. — Ein Denkmal des Schles.-Poln.
a. d. 17. Jh. P. skovycec (zum Präf. ko-). Frequentative Neubil-
dungen zginäm zginaö, vyrynam vyrynaö. P. szupienie aus lit.
sziupinys. Sonstige lexikal. (und etym.) Beiträge.
131. KurkaA. Slownikmowy zlodziejskiej (Wörterbuch der Gauner-
sprache). Lemberg, Druck. Slowo polskie. 55 S. 16. 0,60 Kr.
13*2. Malinowski L. Powieäci ludu polskiejo na SM^sku (Polnische
Volkssagen aus Schlesien). Krakau Akademie. 78 S.
Von Malinowski 1869 in Teschener Schlesien aufgezeichnet, hsg.
von Bvstron. Die Mundart im Wes. mit der von Pastrnek (Anz. 11,
247) beschriebenen identisch (LF. 26, 306).
133. Saloni A. Das Volk in Przeworsk (poln.). Wisla 13, 97—112,
223-248.
Schluss einer grösseren Sammlung Volkstexte in Mundart u.
dgl., auch ein Glossar.
134. Malinowski L. Ein Denkmal der poln. Sprache a. d. Anf. d.
16. Jh. (poln.). Rozprawy d. Krakauer Ak. II. Ser. 13, 1- 32.
Text des Denkmals (ein Beichtbuch), mit sprachlicher Analyse.
135. Ptasickij S. L. Polnische Bibliographie für 1899. Poln. Pub
likationen zur Geschichte, Sprachwissenschaft und Litteraturge-
schichte. Izv. II. otd. 4, 1516—1537.
136. Brückner A. Randglossen zur kaszubischen Frage. AslPh. 21,
62-78.
Kaschubisch ist ein poln. Dialekt. "Alles, was das Polnische
eben zum Polnischen gemacht hat, wiederholt sich genau ebenso
im Kasch." Prüfung einzelner Einwendungen. Ungleichmässige
Behandlung von ursi. tort thrt thrt thlt im Poln.-Kasch. Sonstige
Doppelformen im Poln. Die erheblichsten Verschiedenheiten des
Kasch. vom Poln. sind evident spät (wie der Wandel von ki gi zu
4i dzi). Bis zum 15. Jh. war das Kasch. im engsten Zusammenhang
mit dem Poln. ^Ethnographisch und linguistisch gab es seiner Zeit
«inen einheitlichen Volksstamm, die Lachen; einzelne dieser Lachen
nannten sich Polanen (und Wislanen), andere Luticer, andere Mazo-
wier, andere Pomorjaner; von ihren sw. Nachbarn schied sie vor
«Hern die Erhaltung der Nasalvokale. Aus der Kontinuität des lach.
Sprachgebietes schied am vollständigsten und frühesten das sog.
320 IX. C. Baltisch.
Polabische aus; doch zerbröckelte seit d. 12. Jh. die lachische Basis
durch deutsche Einwanderung immer weiter; auch die Kaschubcn
sind etwa seit dem 14. Jh. isoliert. Lexikalische Übereinstimmungea
des Kasch. und Altpoln.
137. Gol^biow^ski H. Kaschubische Fischer- und Seglerausdrücke
(poln.). Roczn. Towarz. nauk. in Thom 6, 173—178.
138. L^gow^ski I. Die Slovinzen im Kreise Stolp, ihre Litteratur
und Sprache. Balt. Stud. 3, 139—158.
139. Nadmorski. Die Slovincen und Reste ihrer Sprache (poln.).
Lud. 5, 320-37.
Das Kasch. hat sich nach Untergang der baltischen Slaven
an das Poln. angelehnt und bildet heute einen seiner Dialekte, was
umso leichter war, als die Sprache der balt. Slaven dem Poln. ganz
nahe stand. Die Sprache der Slovincen (am Garden- und Leba-See)
steht vom Poln. weiter ab als das Kaschubische in West-Preussen.
Lexikalische, lautliche, morphologische Unterschiede (Dual; Lokal
ohne Präp. snieze^ kolberie\ selbständiges Zahlwörtersystem. Da»
Gebiet des Slov. war das Zentrum des kasch. Gebiets, ihre Sprache
ist ''das klassische Kasch.'* Sprachdenkmäler (Proben).
140. RamuH St. Statystyka ludnoöci kaszubskiej (Statistik der
kaschub. Bevölkerung). Krakau Akademie. 290 S. M. e. Karte.
(Anz. 10, 290.)
141. Tetzner F. Die Slowinzen und Lebakaschuben. (Beiträge zur
Volks- und Völkerk. 8.) Berlin Felber. 272 S. 6 M.
1. Die Kaschubei. 2. Die Bewohner der Kaschubei. Aus der
Gesch. und Kulturgesch. der Kasch. 4. Slowinzisches und leba-kaschu-
bisches Schrifttum (auch über die Sprache und Dialekte). Anz. v.
W. V. S. Lit. Cbl. 1900 Nr. 34.
142. N. Übersicht auf die Kaschuben und ihre Sprache bezüglicher
Arbeiten a. d. J. 1887—99 (poln.). Roczn. Towarz. nauk. in Thorn
<;, 179—196.
C. Baltisch.
1. Allgemeines.
1. Mikkola J. Baltische Etymologien II. BB. 25, 73—6.
8. Lit. al-v^nas 'ein jeder' U.A.: d. all. 9. Lit. dalgis 'Sense*:
lat. falx (aisl. dälkr 'Mantelnadel*, lit. dilge 'Nessel'?). 10. Lit. dimstis
(aus *dimpstis) 'Hof : griech. ödTrebov, aisl. topt. 11. Lit. laiao 'tanzt*:
got. laikan (le. llgo?). Daneben lit. lingüti lingoti^ r. Ijagcit y p. ligaö
(viell. schon urspr. jf-Verlust vor 7i-Intix).
2. Johansson K. F. Anlautendes idg. b-. KZ. 36, 342 ff.
S. 385: mare halticum, Baltia, Belt (urspr. wohl die Fluss-
mündungen und sumpfigen HaflPe) : ksl. blato 'Sumpf.
3. Eurschat A. Die Verbreitung des litauisch-lettischen Volk-
Stammes. Mitt. d. Lit. Ges. 24, 534—548.
Die jetzigen und früheren Wohnsitze desselben.
4. Jakuikin E. I. Das Gewohnheitsrecht der russischen anders-
sprachigen Völker. Material zu dessen Bibliographie (russ.). Ctenija
Mosk. Univ. 190. IV, 366 S.
U. A. Bibliographie des lit. und lett. Folklors. Anz. v. A.
Maxim ov Etnogr. Obozr. 46, 145.
IX. C. Baltisch. 321
2. Litauisch.
5. BaranovBkij £. A. Bemerkungen über die lit. Sprache und das
lit. Wörterbuch (russ., Anz. 11, 249). Sborn. otd. russk. jaz. Akad.
65 Nr. 9.. III, 80 S.
1. Das Bedürfnis eines womöglich alle Mundarten umfassen-
den Wörterbuchs. Die grossen lexikalen Unterschiede zw. einzelnen
Mundarten; metaphorischer Bedeutungswandel. 2. Die lit. Ortho-
graphie. Der Ablaut und mit ihm zusammenhängender Bedeutungs-
wandel im Zeitwort. 3. Die Akzent- und Intonationsverhältnisse
(vgl. Baranowski und Weber, Ostlitauische Texte 1. Weimar 1882).
4. Silbenzahl und die möglichen Akzent-, Silbenquantitäts- und -quali-
tätsverhältnisse in Wörtern versch. Grösse. 5. Durch Akzcntwechsel
bedingte Veränderungen der Silbenquantität. 6. Einzelne Züge der
lit. Lautlehre. 7. 11 Mundarten des Gouv. Kowno (in 4 Gruppen);
deren Charakteristik. 8. Unzulänglichkeit der russ. Schrift für das
Litauische.
6. Jaunys. Beschreibung der litauischen Mundarten von Ponevßä
(russ.): in Gukovskijs Poneve2skij ujßzd, Kowno 1898, S. 87 fF.
S. BB. 25, 261 2, 266, 268. Für Anz. 10, 292 Nr. 10 ebd. 264.
"In äemaitischen Dialekten hat man einen dreifachen (fallenden,
steigend-fallenden» steigenden) Silbenakzent, mit dem der dreifache
Akzent vom südöstlichen Livland seinem Wesen nach ziemlich genau
übereinzustimmen scheint". Endzelin BB. 25, 268*.
7. Radziukinas J. Der Dusia-See (poln.). Wisla 13, 89—96.
Beschreibung mit vielen lit. Lokalnamen.
8. Brenaztein M. E. Einige 2emait. Sagen (poln. ühs.). Wisla 13,
348-52.
9. Dre^wrinska A. (Biruta). An der preussischen Grenze. Ethno-
graphische Skizze (poln.). Wisla 13, 621—630.
10. Str. Brautwerbung und Hochzeit bei den Litauern im Bez. Sessiki,
Kr. Wilkomir, Gouv. Kowno (lett.). Balss 22 Nr. 29.
11. Tetzner F. Quer durch Preussisch-Littauen. Aus allen Welten
32, 196 fF., 237.
12. Tetzner F. Verbreitung der litauischen Sprache und Tracht in
Deutschland. Beil. z. Allg. Ztg. 1898 14.
13. Tetzner F. Neue Donalitiana. Altpreuss. Monatsschr. 36, 305 — 10.
14. Witort J. Spuren des matriarchalischen Systems in Litauen
(poln.). Wisla 13, 505-511.
15. Wolter E. Die Erdengöttin der Tschuwaschen und Litauer.
Arch. für Religionsw. 2, H. 4.
16. Mitteilungen der Litauischen litterarischen Gesellschaft 24 (IV
6). Heidelberg Winter. S. 498—584.
U. A.: Volkslieder und Märchen (publ. von A. Janulaitis u.
J. Koncewicz); Re2at Etwas über AUitteration in der litauischen
Sprache (Belege aus Donaleitis und Spruch Wörtern); A. Kurschat
Die Verbreitung des litauisch-lettischen Volkstammes; Prellwitz* Be-
richt über Bezzenbergers Vortrag über prähistorische Kultur in
Litauen; Bibliographie.
17. Zanavikutis A. J. Statistika lietuviszkii knygt^ (Statistique des
322 IX. C. Baltisch.
livres lithuaniens imprimes en Prusse de J*an 1864 jusqu^Ä la fin
de Tan 1896 et appel de la nation lith. adress^ k tout le monde
civilis^). Tilsit 1898. Druck v. Mauderode. 96 S. Kl. 8«.
Auz. V. Wolter 2iv. Stat. 9, 398-399.
3. Lettische.
18. Schmidt- Wartenberg H. Phonetische Untersuchungen zum
lettischen Akzent. IF. 10, 117-145.
"In einem Dialektgebiet des Lett., dessen Mittelpunkt wohl in
Wolmar zu suchen ist, existiert neben dem gedehnten und gestosse-
nen Ton eine dritte Akzentuation, die fallende, die sich zumeist
aus der gestossenen entwickelt hat, viell. auch original ist". Be-
schreibung vergeh. Tonqualitäten mit Abb.
19. Auning R. Giebt es im Lettischen einen Artikel? Protokoll
d. 70. Jahresvers. d. Lett. Litt. Ges. S. 78—80.
1. Artikel der Relation (z. B. dod man io naudu 'gib mir das
[in Rede stehende] Geld*. 2. Der individualisierende Art. {tas Kungs
'Gott*). 3. Der generelle Art. {tahdi un jau ir tee kungi 'so sind
ja die grossen Herrn*). 4. Der pleonastische Art. (las fcheligäis
Divs 'der barmherzige Gott*).
20. Walodas druskas un jautajumi (vgl. 10 X C 41). Austr. 15,
1, 495, 2, 75-6, 394.
jelonS'kaiminsch .
21. Mühlenbach K. Bada gabals (lett.). Austr. 15, 2, 277—8.
Verschiedene Bedeutungen und Verbindungen v'on rads (a.
d. Russ. rod 'Geschlecht*), krtfns, krits (wie rätns^ räts 'tüchtig*,
eig. 'von oben abgeschöpft {krit).
22. Widfemneek R. Über einige Wörter unserer Schriftsprache
(lett.). Austr. 15, 1, 144— <S.
(iegen überflüssige Fremdwörter und Neubildungen.
23. Endzelin J. Lettische Entlehnungen aus den slavischen Si)ra-
cheu (russ.). Ziv. Star. 9, 285—312.
Historisches über die lett. alten Beziehungen zu den Russen
{Krevi 'Russen' : r. Krivici), auch zu den Weissrussen, und die viel
geringeren zu den Polen. E. unterscheidet 1. allg. übliche, 2. eben-
solche, aber in der Schriftsprache vermiedene, 3. mundartliche, 4.
grenzenmundartliehe Entlehnungen (besonders viele im Oppel-
kalncr Kirchspiel, Livl , und im Gouv. Witebsk). Verzeichnis der
Entlehnungen (nach den slav. Wurzelvokalen geordnet). Es gibt
deren bedeutend weniger als im Lit. (nach Brückners Schrift zu
urteilen). Morphologische und syntaktische Beeinflussung (für das
Lit. s. Brückner 159 tf.) ist im Lett. nicht nachzuweisen. Nur im
Inflantischen findet man Spuren einer innigeren Beeinflussung: pala-
tale Aussprache vor i e (vgl. Brückner CA) u. A. Syntaktische Beein-
flussung (abgesehen von Infl.: Bezzenberger Lett. Dial.-Stud. 75 f.)
äussert sich erst in der neuesten Zeit infolge des russ. Schulunter-
richtes.
24. Behrfin L. Christophorus Füreccerus (lett.). Austr. 15, 2,253—9,
334—9.
Auch über seine Sprache und grammat. Wirksamkeit.
IX. C. Baltisch. 323
25. Teodors. 100 Jahre der lettischen Jonrnalistik. Mag. f. Litter.
1898 No. 1.
26. Mühlenbach K. Über Einsammlung und Deutung lettischer
Sprichwörter (lett). Austr. 15, 1, 64—7.
27. Winter A. C. Die Birke im Volksliede der Letten. Arch. f.
Religionswiss. II 1/2.
28. Winter A. C. Waisenlieder der Letten und Esthen (übs.). Glo-
bus 76, 31—5.
29. Protokoll der 70. Jahresversammlung der lettisch-litterarischen
Gesellschaft, Riga den 8. Dez. 1898. Mitau. 109 S.
U. A. bibliogr. Bericht von A. Bernewitz, G. Hillner.
4. Preussisch.
30. Hirt H. Zur Betonung des Preussischen. IF. 10, 36-38.
Ergänzungen zu Berneker.
31. Mikkola J. J. Betonung usw. (IX B N. 94).
S. 26 f. werden einige Entlehnungen a. d. Poln. besprochen.
32. Mayer W. Altpreussische Bibliographie f. d. Jahr 1898. Altpr.
Monatssch. 36, 5/6. Ds. f. d. Jahr 1899. Ebd. 37, 5/6.
Smichov bei Prag. Josef Zubaty.
Autorenregister.
Aall A. Det norske filosofiske
Sprog. VIII C 41.
A a s e n F. Pr 0 ver af Landsmaalet
i Norge? VIII C 43.
— J.Norsk Grammatik. VIII C 37.
Abeghian M. Der armenische
Volksglaube. IH 20.
AbramovicD. I. Abhandlungen
zur slav. u. russ. Philologie in
den russischen wissenschaftl.
Journalen. IX B 23.
Achelis Th. Soziologie. I 111.
— Nekrolog H. Steinthals 1 143.
— Zoroasters Persönlichkeit
und Lehre. II C 1.
Adjarian H. Les explosives de
l'ancien Armenien. III 3. — Ar-
men. Etymologien. III 14.
Adam J. On thc word ßXocupöc.
IV 76.
Äkerblom A. Bidrag tili tolk-
ningen af skaldekvad. VIII C 5.
— Till öf vergangen fsv. o^y.
nsv. ä. VIII C 21.
AlferovA. Aus dem Leben der
Sprache. I 11.
Allard P. Le forum romain.
VI 196.
Alien T. W. The text of the
Iliad. IV 29. — The ancient and
modern Vulgate of Homer. IV
30. — Aristarchus and the mo-
dern Vulgate of Homer IV 31.
Almgren 0. Ur Herjeädalens
folktro. VIII C 65.
d'Alviella. Ce que Tlnde doit
k la Grtce. II B *58. — Des
echanges philosophiques etreli-
gieux entre l'Inde et l'antiquite
classique. II B *6ö.
Ament W. Entwicklung von
Sprechen u.Denken beim Kinde.
I 17.
Ammon 0. Anthropologie 1 110.
AndresenG. Bericht über Taci-
tus (excl... Germania). VI 109.
— K. G. Über deutsche Volks-
etymologie«. VIII D 77.
Antoine F. De la parataxe et
de rhypotaxe dann la langue
lat. VI 72.
AntonibonG. Supplemento dl
lezioni varianti ai libri de lingua
latina di Marco Terenzio Var-
rone. VI 3.
d'Arbois de JubainviUe H.
La civilisation des Geltes et
Celle de r6pop6e homerique.
VII 2. — kt indoeurop(''en = cÄ^
celtique. VII 9. — Fragments
d'un dictionnaire des noms pro-
pres francs des personnes. VIII
A 17.
A r n o 1 d E. The Gulistan. II C 38.
A s h b v Th. Excavations in Rome.
VI 197.
Ascoli G. J. talejüum 'propen-
sione, attitudine dello spirito*.
VI 88.
Audouin E. De Plautinis ana-
paestis. VI 121.
Auf recht Th. Über einen eigen-
tüml. Gebrauch von ca. II B
*12. — Über Ugra als Kommen-
tator zum Nirukta. II B *26.
- Über S'e^a, II B 13.
A u n i n g R. Gibt es im Lettischen
einen Artikel ? IX C 19.
A u st E. Die Religion der Römer.
VI 240.
Autorenregister.
325-
Bäba Shästri Phadake. Tait-
tirlyäranyaka. II B *21. — Altä-
re väranyakani. XI B *23.
Babelon, Cagnat et Saladin
Mus6eLavigerie deSaint-Louis.
VI 216.
Bacher W. Der Dichter Jüsuf
Jchüdi u. sein Lob Moses. 11
C 39.
BahnsonK. Etnograficn frem-
stillet. I 109.
Baly J. European-Aryan roots
with their English derivatives.
I 71.
Baranovskij E. A. Bemer-
kungen über die lit. Sprache
u. das lit. Wörterbuch. IX C 5.
Barth A. Bulletin des religions
de rinde. II B 66. — Une in-
scription en caract^res maurya.
II B 80.
Barth oloraae Chr. Arica XI
n. XII. II A 9. II C 13.
Baudouin deCourtenay J.Die
feste beständige Richtung der
Sprachumwandlungen im Zu-
sammenhang mit der Anthropo-
logie. 1 10. — Suir appartenenza
liuguistica ed etnografica degli
Slavi del Friuli. IX B 28.
BaunackTh. RV. 10, 40, 3. II
B *27. — Bhiuyu, ein Schütz-
ling.^ der Asvin. II B *66. —
1) Über das ved, Wort paura,
2) RV. 10, 40, 3. 3) Nachträg-
liches zu bhujyu. II B 30. !
Beaudoin £. Les grands do- I
maines de l'Empire romain. VI |
223.
Bechtel F. Zur Kenntnis des
Eleischen. IV 56. — Neue griech.
Personennamen. IV 68. — - Der
Frauenname 'Airdrii. IV 69. —
Latina. VI 50.
Beck G. Der Urmensch. I 112.
— J. W. Quisquiliae. VI 35.
Beckmann N. Spr&kpsykologi
och modersm&lsundervisning.
13.
de Beer T. H. en Laurillard
E. Woordenschaat, verklaring
van woorden en uitdrukkingen.
VIII D 45.
Behaghel 0. Der Gebrauch der
Zeitn)rmen im konjunktivischen
Nebensatz des Deutschen. VIII
D 62.
BehrfinL. Christophorus Fürec-
cerus. IX C 24.
Bölorussov I. Der absolute
Dativ in ksi. und aruss. Denk-
mälern. IX B 32.
Belsheim J. Ivar Aasen. VIII
C 47.
Bendall C. Nekrolog G. Büh-
lers. I 138.
BendixenB. E. Altertümer aus
Sendhordland. VIII C 63.
BennetCh.E. Die mit tamquam
u. quasi eingeleiteten Substan-
tivsätze. VI 77. — Rhvthmic
Acceut in Ancient [Latin] Verse.
VI 265.
B6rard V. Les Pheniciens et
les pofemes homeriques. IV 32.
B er <i* R. G. Ärets valspr&k. VIII
C 33.
Berger H. Die Lehnwörter der
französ. Sprache ältester Zeit.
VIII A 18.
Berg er Ph. et Cagnat R. L'in-
scription trilingue d'Henchir
Alaouin. VI 224.
Berneker PI Von der Vertre-
tung des idg. ^u im balt.-slav.
Sprachzweig. IX A 3.
Bernewitz A. Lettische Biblio-
graphie. IX C 29.
Bernhard .1. u. Pfaff F. An-
lautendes fr- = wr'. VIII D 60.
Besnier M. Inscriptionsetmonu-
ments de Lamb^se et des envi-
rons. VI 225.
Bezzenbergor A. Prähisto-
rische Kultur in Litauen. IX
C 16.
BhaguF. KarbhÄri. GujarAti-
English dictionary. II B *55.
Bier bäum F. J. History of the
English language. VIII D 1.
BirtTh; Beiträge zur lat. Gramm.
IV. Über den Lautwert dea
Spiritus H, VI 14.
BittnerM. Armen. /mor 'Sauer-
teig*. III 15.
BjörkmannE. Zur engl. Wort-
kunde. VIII D 30.
B I a s e H. Syntaktische Beiträge
zur Kritik der Überlieferung
in Caesars Bellum Gallicum. VI
135.
Bloch Th. Buddha worshipped
by Indra: a favorite subject of
ancient Indian art. II B *77.
826
Autorenregister.
Bloch et E. Le livre intitul6
rOulamä-i IsIäm. II C 2. — Cata-
logue desMss. mazdeens. 2C29.
Bloomfield M. The Atharva-
veda. II B 31.
B 1 ü m n e r H. Was bedeutet re-
plumhare? VI 94.
BocquetA. J. Principes de pho-
netique g'recque. IV 3.
Bogorodickij V. A. Kurs der
vgl. Grammatik der indoeurop.
Sprachen. I 51.
BoguslawskiE. Geschichte der
Slaven. IX B 15.
B ö h 1 1 i n g k 0. Kritische Beiträge.
II B *6. — Miszellen. II B *7.
— Nachträchiiches zu RV. 10,
95, 8. 11 B *28. — Kritische Be-
merkungen zu Hiranvakeäins
Grhvasütra. II B *29r— Kri-
tische Beitrage 25-32. II BIO.
— Miszellen. II B 11. — Ver-
zeichnis der in den Berichten
<ier Sachs. Gesellschaft der
Wissensch. besprochenen 1)
Wörter, 2) Sachen, 3) Stellen.
II B 12. — Über die mit 'Erde'
und 'tragend' zusammengesetz-
ten Wörter f. Berg im Skr. II
B 14. — Zum lat. Gerundium
und Gcrundivuni. VIGO. — Über
eine lat. Inschrift auf einem in
Paris ausgegrabenen kürbis-
förmigen Gefässe. VI 213.
BoniG. Relazione sopra la sco-
perta [der Forumsinschrifl] VI
177.
Bonnet M. domi habeo VI 65.
B 0 r a n i ö D. Über die reflexiven
Zeitwörter im Kroatischen. IX
B 49.
Borgeld A. De outoostneder-
frankische psalmen. Klank- en
vormleer. VIII D 93.
Bormann E. Denkmäler etrus-
kischer Schriftsteller. VI 235.
Bornecque H. Le vers satur-
nien. VI 2r,3.
V. Borries E. Über die ältesten
Strassburger ^Familiennamen.
VIII D 78.
Borsari L. Zur Forumsinschrift.
VI 180.
Boir-k K. Die ursprüngl. Be-
de ut ';"::• des Konjunktivs in
lat. Nebensätzen. 1. Teil. VI
75.
Boughton W. The Aryan ques-
tion. I 127.
Boy er A. M. Sur quelques in-
scriptions de ITnde. II B *76.
Brandes E. To Bre ve f ra Karl
Verner. I 144.
— G. Danskheden i Senderjvl-
land. VIII C 51.
Brate E. Gubbe ock gumma.
VIII C25. — Medelpad. " VIII 26.
Braun Th. Die Goten u. ihre
Nachbarn vor dem 5. Jh. VIII
B 50.
— W. Die Mailänder Blätter der
Skeireins. VIII B 47.
Braun garten F. Wortfügungs-
lehre (nach Caesar Bellum galli-
cum). VI 134.
Br^al M. Les commencements
du verbe. I 55. — Deux mots
grecs d'origine s^mitique. I 72.
- Varia. I 73. VI 21. — Ety-
mologies, I 74. 75. — Deux
nouvelles formes el^ennes. IV
57. — affatim, VI 39. — Lettre
sur le mot gaulois bratoude.
VI 41. — Mots d'origine grec-
que dans la loi des XII tables.
VI 110. — Sur Torigine et la
date de la loi osque de Bantia.
VI 227. — Inscription etrusque
trouv6e a Carthage. VI 236.
Brensztein M. E. Einige ze-
mait. Sagen. IX C 8.
Brieger A. Lucrez- Ausgabe. VI
129.
Brissaud J. Les coutumes des
Arvens de THindou-Kouch. II
B 58.
B r i X H. Om stavelserimet i
dansk. VIII C 53.
Broch 0. Die ugroruss. Dialekte
des Dorfes Ublva im Zemplener
Komitat. IX B 91. — Aus der
Ungar. Slaven weit. IX B 92.
Brockelmann C. Ein assyr.
Lehnwort im Armen. III 16.
Brown R. Semitic influence in
Hellenic mythology. IV 83.
Browne E. G. The .source of
Dawlatshäh. II C 40. — Yet
more Light on'Umari-Khavväm.
HC 41. — The Chahär Maqäla.
II C 42.
Brückner W. Charakteristik
der german. Elemente im Italie-
nischen. VIII A 19.
Autorenregister.
327
Brückner A. Die Anfänge, der
Shiven und der Deutschen. 1
119. — Beitr. zur ältesten Ge-
schichte der Slaven u. Litauer.
IX A 6. — Slavische Volkskunde.
IX B 24. — Neue Arbeiten über
das SlaAcntumjenseits der Oder.
IX B 95. — Randglossen zur
kassubischen Frage. IX B 136.
Brugniann K. Griech. Gram-
matik 8. IV 2. — Der Ursprung
der Barvtona auf -coc. IV 20.
— Über den Thesaurus iinguae
latinae. VI 95. — Der Ursprung
der gerinan. Komparationssuf-
fixe auf -özan-, -östa-. VIII A
10.
Brunnhof er H. Die Herkunft
der Sanskritarier aus Armenien
und Medien. I 129. II B 5.
Bücher K. Arbeit und Rhyth-
mus 2. I 120.
Buchner M. Völkerkunde und
Schädelmessung. I 208.
Bück C. D. Brugmann's law and
the skr. vrddhi. II B *13. —
Notes on Latin Ortho^aphv.
VI 8.
B u d d e E. Musterprogramm zur
Geschichte der russ. Sprache.
IX B 65.
Bux'ge S. Einige Zahlwörter
im Lykischen. I 91. — Beiträge
zur vorgerm. Lautgeschichte.
VIII A 6. — Det oldislandske
elliptiske Udtrvk sölsetra^ söl-
setrum. VIII C 6. — Mvthiske
Sagn om Halvdan Swarte og
Harald Haarfagre. VIII C 66.
BühlerG. The sacred laws of
the Aryas, translated. II B *42
— On the origin of the Indian
Brahma aiphabet. II B *78.
Bülbring IC. D. Zur alt- und
mengl. Grammatik. VIII D 6.
— Altengl. Palatahi miaut vor
ht hs u. hp. VIII D 10. - Was
lässt sich aus dem Gebrauch
der Buchstaben k und c im
Matthäusevangelium des Rush-
wortb-Ms. folgern? VIII D 37.
Burckas V. Ohrdrufer Familien-
namen. VIII D 79.
Burg Fr. Held Vilin. VIII C 13.
Burkhard K. F. Essays on Ras-
mirl grammar. II B *50. II B
47.
Bystron J. Beiträge zur poln»
Syntax. IX B 121. — Orthogra-
phie u. Sprache der poln. Ge-
setzbücher. IX B 124.
Cagnat R. L'ann^c epigraphi-
que. VI 171. — Zur Forunis-
inschrift. VI 194.
Caland W. Zur Exegese und
Kritik der rituellen Sütras. II
B *30. II B 32.
Carus P. Karma: storv of early
buddhism. II B *67. — Buddha
pictures and statues. II B *79.
Casartelli L. C. L'jdee du
p6che chez les Indo-Eraniens.
II A *2. — On a Pehlevi in-
scription in the Dublin Museum.
II C 30 — Pehlevi Notes VH.
II C 31.
Cauer P. Grammatica militans
VI 5.
Ceci L. Studi latini I. Nome dt
•Roma* 0 le sorti del dittongo
ou. VI 12. — Zur Forumsin-
schrift. VI 181. 184. 191. 203.
Cederschiöld G. Om K vinno-
sprÄk. I 21. — Undersökning
af folkspr&k och folkstraditio-
ner i Göteborgs och Bohus län
under Äret 1897. VIII C 34.
Chadwick H.M. Studies in Old
English. VIII D 4.
C h a I a n s k i j M. G. Aus Studien
zur russ. Sprachgeschichte. IX
B 68.
Chandra Kaviratna. Über-
setzung der Charaka Samhitä.
II B 37.
CholodnjakJ. Über einige Ty-
pen metrischer Grabinschriften.
VI 174.
Cimmino Fr. Dal Poema Per-
siano Jusuf e Zuleicha di Mev-
lana Abderrahman Giami. HC
43.
C i n q u i n 1 A. Morfologia latina.
VI 47. — Studi di lingua e di
grammatica latina, VI 48.
Öistovic I. A. Geschichte der
russ. Bibelübersetzung*. IX B
77.
CivitelliG. II suffisso del super-
lativo latino. VI 58.
Clauss M. B. Histor. - topogr.
528
Autorenregistcr.
Wörterbuch des Elsass. VIII D
85.
Clement W. K. The Use of
the Infinitive in Silius Italicus.
VI 152.
OollitzH. The vedic Word nfl-
vedas. II B 33. — Sammlung d.
griech. Dialektinschr. IV 36.
Colon na F. Scoperte di anti-
chitä in Napoli dal 1876 a tutto
il 1897. VI 176.
C o m p a r e 1 1 i J. D. Zur Forums-
inschrift. VI 187. 204.
Conway R. S. The singuIar use
of nos. VI 68. — Dialectorum
italicarum exempla selecta. VI
226.
Corssen P. Berichte über die
latein. Bibelübersetzungen. VI
155.
Cortese G. Bemerkungen zur
Forumsinschrift. VI 177.
Cosijn P. J. Die substanti vier-
teln Partizipia Präs. des Urger-
manischen. VIII A 11.
CostanziV. Zur Forumsinschrift.
VI 189.
Crönort W. Zur griech. Satz-
rhythmik. IV 28.
C u m 0 n t F. Textes et monuments
figures relatifs aux mvsteres
de Mithra. II C 3.
Cust K. N. Nekrolog Fried.
Müllers. 1 141.
van Daale J. H. Groot woor-
denboek der ndl. taal. XIII D
48a.
Dahlerup V. Hovedpunkter i
det daiiske Sprogs Historie. VIII
C 49.
Dam kühler E. Beiträge zur
Etymolo":ie unserer Pflanzen-
namen. VIII D 70.
Deissmann A. Hellenistisches
Griechisch. IV 4.
Deiterll. Bericht über Ciceros
philos. Schriften. VI 108.
Delattre A.-L. Leo cimetieres
romains superpos^s de Cartha-
ge. VI 217.
Denikcr J. The races of man.
I 114.
Denk J. Lesefrüchte (abditare
usw.). VI 83.
Dennison W. Some new in-
scriptions from Puteoli, Baiae,
Misenum and Cumae. VI 211
— On some Oscan inscriptions
VI 230.
Descheemaecker St. H. Tab
leaux synoptiques de la quan
tit6 latine. VI 268.
Deussen P. Allgemeine Ge
schichte der Philosophie 1. Bd
2. Abt. II B 70.
DeutickeP. Bericht über Ver
gil. VI 109.
Djam Sunde Dai. The Hindi
literature. II 54.
D i e h 1 E. De m finali epigra
phica. VI 17.
Diels H. Elementum. VI 25.
Dieulafoy iM. Zu den Forums-
ausgrabungen. VI 192.
Dijkstra W. en Buitenrust
H e tt em a F. Friesch Woorden-
boek. VIII D 39.
Dikarev M. Klruss. pal'anyöa
u. griech. ir^Xavoc. IX B 93.
Dolansky L. Zur Aussprache
des cech. i und y. IX B 98.
Dörwald P. Zur griech. Tem-
puslehre. IV 22.
D ottin G. fitudes de phoneti-
que irlandaise. I. dh—gh. VII
12.
DraheimH. Bericht über Phae-
drus und Avianus. VI 108.
D r e s 8 e 1 H. Corp. luscr. Lat.
Vol. XV. VI 168. — Numini
Augusti et Domitiani ad ludos
saeculares pertinentes. VI 169.
Drewihska A. An der preuss.
Grenze. IX C 9.
Driesmans H. Das Keltentum
in der europ. Blutmischung. I
117.
D u b o i s J. A. Hindu manners.
customs and ceremonies. II B
61.
Du ff C. M. The chronologv of
India. II B 6.
v. D u h n F. Fundumstände u.
Fundort der Forumsinschrift.
VI 198. — Delineazione di una
storia della Campania prero-
mana. VI 252.
DümmlerE. Jahresbericht über
die Herausgabe der Mon. Germ.
Hist. VI 161. — Index verbo-
rum et rerum zu den Epistolae
Karolini aevi. VI 164.
Autorenregister.
329
Eastman C.W. Die Syntax des
Dativs bei Notker. VIII D
94.
Edmunds A. J. Majjhima-Ni-
käya Sutta 123. II B *44.
Eggelin^ J. Übersetzung des
S'atapatha ßrahmana. II B 39.
Ehart K. Behandlung der lat.
Syntax auf Grundlage der deut-
schen Satzlehre VI 73.
Ehrismann G. hiri VIII B 41.
— Beitrüge zum mhd. Wort-
schatz. VIII D 68.
E h r 1 i c h E. Quae sit Italae, quae
dicitur, verborum tenacitas. VI
156.
Einenkel E. Das Indefinitum.
VIII D 14.
Ellis R. eques = equos. VI 86.
Endzelin J. Lettische Entleh-
nungen aus den slav. Sprachen.
IX C 23.
E n m a n n n A. Zur altgriech.
Onomatologie. IV 65. — Zur
Forumsinschrift. VI 199.
Erbiceanu C. Ullila via^a i^i
doctrina lul etc. VIII B 46.
Erdniann A. Redogörelse för
undersökningen af Upplands
folkmäl under är 1898. VIII C
35.
E r n a u 1 1 E. Sur la chute de
V-er final en breton. VII 13. —
Etymologies bretonnes. VII 23.
— Les formes de l'infinitif hfe-
ton. VII 33.
Esperandieu E. Calendrier de
Coligny (Ain). VII 5.
Fairley W. Monumentum An-
cyranum. VI 207.
Falk Hj. u. Torp A. Dansk-
norskens syntax. VIII C 38. —
Landsm&lets betingelser som
skriftsprog. VIII 44.
Falke K. Buddha, Moharaed,
Christus. II B *68.
FasterdingG. Zur Aussprache
des Lateinischen. VI 9.
Fay E. W. The Rig-Veda Man-
tras in the Grhva Sütras. II B
34. — Lat. fäs fäfium et leurs
congen{»re8. VI 23. — The locu-
tion infitias it and the -nt suf-
fixe.s. VI 62. — Some Italic
etymologies. VI 231.
Fedele P. Über die Forumsin-
schrift. VI 178.
Feilberg H. F. Bidrag til en
Ordbog over jvske Almuesmäl.
VIII C 60.
Fenn eil C. A. M. Greek stems
ending in i- and -€u- aud "Apric.
IV 13.
F i c k A. Anzeige von Kret^ch-
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der griech. Sprache. IV 5. —
Altgriech. Ortsnamen. IV 67.
— R. Unehrliche Leute im alten
Indien. II B 63.
Filevic J. B. Bearbeitung der
geogr. Nomenclatur. IX B 14.
FinckF.N. Der deutsche Sprach-
bau als Ausdruck deutscher
Weltanschauung. VIII D 55.
Flensburg N. Zur Stammab-
stufung der mit Nasalsuftix ge-
bildeten Präsentia im Arischen
u. Griechischen. II B *14.
Flinders Petrie. Recent in-
vestigations into the sources
of the greek Alphabet. IV 40.
Florinskij T. D. Kritisch-bib-
liogr. Übersicht der neuesten
Arbeiten zur Slavistik. IX B 25.
— Über die kleiuruss. Sprache.
IX B 89.
F 1 y g a r e N. An en gäng det
nyfunna fragmentet av Söder-
mannalagen. VIII C 16.
FortunatovPh. Die idg. Liqui-
den im Aind. II B *10.
Fov W. Vedische Beiträge. II
B*31. — Beiträge zur Erklärung
der susischen Ächaemenidenin-
schriften. II C 24.
France v. Zur Geschichte der
Ausgaben des Evangeliars von
Reims. IX B 37.
Francken C. M. De nomine
lulo. VI 46.
Freudenberger M. Der Ele-
phant ein idg. Tier? I 76.
Fridriksson H. K. Volundar-
kvida 8, 1--2. VIII C 7.
V. Friesen V. Till tolkningen
af Tune-stenen. VIII C 14.
Fumi F. Gh. II participio attivo
del perfetto nelle lingue ariane.
I 69. II B 18.
G a 1 1 ^ e J. H. Verslag van de
330
Autorenregister.
voordracht over de vocaalklan-
kcn, uitgedrukt door graphiek
der articulatie. I 32.
G a ni u r r i n i G. F. Paläographie
der Forumsinschrift. VI 177.
Garbe R. Skr. äkäsa und öXkqc
'Äther' bei Philolaus. II B 15.
Gasquet A. Essai sur le c.ulte
et les mvsteres de Mithra. II
C 4.
G a 1 1 i G. Zur Forumsinschrift.
VI 179.
Gatti G.u.Comparetti D. Zur
Forumsinschrift. VI 195.
Gauthiot R. A propos de la
loi de Verner et des effets du
ton indoeuropeen. I 58.
Gav L. M. Anglo French Words
in English. VIII D 20.
G e d d e 8 \V. D. On the Sequence
after ne prohibitive. VI 74.
GehmlichE. Gefühlsgehalt der
Sprache. I 4.
Geiger L. Ursprung u. Ent-
wicklung d. menschl. Sprache
u. Vernunft Bd. 2». I 6.
— W. Etymologie des Singha-
lesischen. II B *56. — Kleinere
[iran.] Dialekte und Dialekt-
gruppen. II C 45.
Geiger W. und Kuhn E. Grund-
riss der iran. Philologie. II C 5.
van Gelder H. Die rhodischen
Inschriften. IV 37.
G e 1 d n e r K. F. Vedisch viddtha,
II B *32.
Gern SS G. Bericht über Nepos.
VI 109.
G e r c k e A. Zwei neue Frag-
mente der Epoden des Archi-
I och 03. IV 35.
Ghirardini G. Die un nuovo
gruppo die tombe della necro-
poli atestina. VI 261.
G 1 e d i t s c h H. Bericht über die
Erscheinungen der griech. u.
röm. Metrik. VI 262.
Golebiowski H. Kassubische
Fischer- u. Seglerausdrücke.
IX B 137.
GombertA. Bemerkungen zum
deutschen Wörterbuch. VIII
1) 64.
Götz G. Corpus glossariorum
latinorum. 6. Bd. VI 101.
Götze A. Zur Geschichte der
Adjektiva auf isch. VIII D 72.
de la Grasserie R. £tudes de
grammaire compar^e. I 43. —
De la conjugaison negative
ainsi que de Tinterrogative et
de la dubitative. I 44. — Les
diverses fonctions des verbes
abstraits. I 45.
GrävenH. Italische Funde 1898.
VI 172.
Gray L. H. Certain parallel
developments in Päli and New
Persian phonologv. II B 44. II
C 46.
Green GUgh J. B. Sonie ques-
tions in Latin stem formation.
VI 44.
Gr6goire A. Sur Taction du
thorax dans la phonation. 136.
G r i e b Ch. F. Engl. Wörterbuch !<>.
VIII D 16.
V. Grienberg er Th. Die ags.
Runenreihen und die sog. Hra-
ban. Alphabete. VIII D 15.
Grierson G. A. ISvara-Kaula.
II B *49. — On the Käsrairi
noun. II B *51. — Essays on
Käämirl grammar. II 48. — On
the East-Central group of Indo-
Aryan vernacujars. II B 52.
G ri f fi th T. H. Übersetzung des
weissen Yajurveda. II B 38.
Grimm J. und W. Dt»utsches
Wörterbuch. VIII D 63.
G r o 0 m e Fr. H. Gipsv folk tales.
II B 57.
Groos K. Die Spiele der Men-
sehen. I 124.
Grot J. K. Werke. IX B 79.
deGroutarsJ. Les Italo-Grecs.
VI 244.
Grünwedel A. Zur buddhisti-
schen Ikonographie. II B 81.
Gruppe O. Bericht über die
Litteratur zur antiken Mytholo-
gie. IV 239.
d e G u b e r n a t i s A. Brahmau et
Savitri ou l'origine de la priere.
II B 71.
Gudeman A. Zur Germania
des Tacitus. VI 85.
Gurlitt L. Die Interjektion 'st*
in Ciceros Briefen. VI 139.
Gustaf sson F. Romersk in-
skriftspoesi. VI 173.
Haag K. Die direkte Methode
Autorenregister.
331
der Mundarten - Kartographie.
I 48.
— 0. Die Latinität Fredegars.
VI 163.
Hadady G. Die gerraan. Deri-
vation. VIII A 13.
HsegstadtM. Upphavet til det
norske folkemaal. VIII C 45. —
Gamalt trendermaal. VIII C46.
Halbherr F. Addenda to the
Cretan Iiiscriptions. IV 44.
H a 1 e W. G. Der Codex Romanus
des Catull. VI 140.
Hal6vy J. Melanges etymolo-
giques. I 77. — Sur quelques
points de Thistoire ancienne de
rinde. II B *3. II B 7.
H a I k i n L. Zur Forumsinschrift.
VI 200.
Hall A. The origin of the sur-
name Chaucer. VIII D 25.
Han d t W. Jahresbericht über
indische Philosophie. (1894-97).
II B 72.
Hardy E. Glaube und Brauch
oder Brauch und Glaube? I
107. — Der Grhya-Ritus Pratya-
varohana im Päli-Kanon. II B
*45. — Indische Religionsge-
schichte. II B *69. - Eine bud-
dhistische Bearbeitung der
Krsna-Sage. II B 45.
de Harlez C. L'inscription
pehlevie de la croix deS.-Tomö.
II C 32,
Harris M.A. A Glossary of the
West Saxon Gospels. VIII D
36.
Harrison H. The origin of
the surname Chaucer. VIII
D 25.
Hart J. M. Schlutter's Old-Engl.
Etymologies. VIII D 19.
Hatzidakis G. N. TTepl toö
Xpövou Tf)c Tpoirnc TOÖ lüiaKpoO a
€lc Y]. IV 7. — Über die Laut-
gruppe UT) im Attischen. IV 8.
— Tfcpl Tf)c Trpoq)opäc xal ^ktttcü-
C€iüc TOÖ T ^v T^ <ipxa{(;t 'EXXt)-
viKfl. IV 10. — PHon oder HpoiJ?
IV 11. — TTcpl TOviKOJv dviju)üiaXiu)v
iv Totc cuvG^TOic dvappÖTi üöpop-
pÖT), KQTdpa. IV 21. — "AvTiGov
Kai ävicov. IV 77. — N^ai Ano-
beiEcic imip toö *EXXtivic|liou tuiv
MoKcftöviüv. IV 87.
Hauer V. Terminologie der
Anzeiger XII 2 u. 3.
schlesischen Volksbauten. IX
B 103.
HauschildO. Die verstärkende
Zusammensetzung bei Eigen-
schaftswörtern im Deutschen.
VIII D 61.
Haussoullier B. Notes d'epi-
graphie Mil6sienne. IV 59.
H a V e r f i e 1 d F. On eques for
equos. VI 87.
Havet L. moradum. VI 106.
HedingerA. Die Urheimat der
Germanen. VIII A 33.
Heiderich A. Einführung in
das Studium der got. Sprache.
VIII B 38.
H e i 1 i g 0. Die Ortsnamen des
Kaiserstuhls. VIII D 87.
Heine G. Synonymik des neu-
testamentlichen Griechisch. IV
64.
Heisterbergk B. Solum Itali-
cum. VI 247.
Hellems F. B. R. The Pupus
Torquatianus Inscription. VI
209.
HcllquistE. Om fornnordiska
sammansättningar med kort-
stafvigt verb tillförsta samman-
sättningsled. VIII C 3.
Helm R. jentaculum usw. VI
89. — Fulgentius-Ausgabe. VI
158.
van HeltenW. De westfriesche
eigennamen Jouke en Sjouke,
VIII D 40. — Het adjectif gut,
VIII 52. — Een en ander dver
en naar aanleiding van het
subst. sim 'snoer*. VIII D 54.
Hempl G. The semasiology of
^Tr(cTa|üiai, verstehn, understand
usw. 1 78. — - The origin of the
runes. VIII A 31. — pepper,
picker, and kipper. VIII D
29.
Heraus W. Varia. VI 103. —
Zur Kritik und Erklärung der
Serviusscholien. VI 105. — Aus-
gabe der Appendix Probi. VI
153. — Die Sprache des Petro-
nius und die Glossen. VI 154.
H e r t e 1 L. Die Rennsteige
und Rennwege des deutschen
Sprachgebiets. VIII D 84.
Herzog R. Reisebericht aus Kos.
IV 50.
Hesselmeyer securus, VI 91.
22
332
Autorenregister.
H e s s e 1 s J. H. Memoranda on
Mediaeval Latin. VI 107.
Heyne M. Das deutsche Woh-
nungswesen. VIII A 29.
H i d e n C. J. De casuum syn-
taxi Lucretiaua II. VI 130. —
Minutiae Lucretianae. VI 131.
— Ofver tvänne nybildningar
hos Lucretius VI 132.
Hillebrandt A. Ausgabe des
S'Ankhdyana S'rauta Sütra. II
B 28. — Alt-Indien. II B 62. —
Unterricht in Altindien. II B
65. — Mävä. II B 77. — Ved.
Mythologie. 2. Bd. II B 79.
Hilier v. Gärtringen F. In-
schriften aus Rhodos. YI 48.
Hillner G. Lett. Bibliographie.
IX C 29.
Hinsdale E. C. 1) The Verbum
perfectivum as a Substitute for
the Future Tense. 2) werdan
and wesan. VIII A 14.
Hirschfeld 0. Der Name Ger-
mani. VI 84.
Hirsch feld 0. und Lange-
meister C. Corpus Inscr.
Lat. Vol. XIII. VI 168.
Hirt H. Der idg. Ablaut. I 56.
— Akzentstudien Nr. 11—14. I
57. — Die sprachliche Stellung
des Illyrischen. VI 260. — Nach-
wort zu Hedingers Urheimat
der Germanen VIII A 33. —
Zur litauisch-slav. Betonung.
IX A 2. — Zur Betonung des
Preussischen. IX C 30.
H j e 1 m q V i s t Th. Gös s&som
förklenandc personbeteckning
i svenskan. VIII C 27.
H 0 d u r a A. Die Mundart der
Leitomyschler Gegend. IX B
100.
Hoev W. The Suvarna. II B
82.
Hoffmann Em. Augustin-Aus-
gabe. VI 157.
— L. Die Sprache und Litteratur
der Wenden. IX B 117.
— 0. Etymologien. I 79.
H ö f l e r M. Deutsches Krank-
heitsnamenbuch. VIII D 71.
V. Hohentann. Die Urheimat
der Arier. 1 130.
Holder A. Altceltischer Sprach-
schatz. VII 3. — ■ Beowulf-Aus-
gabe2. VIII D 31.
HölscherL. Unsere Taufnamen.
VIII D 80.
Holt hausen F. Die ae. Waldere
Bruchstücke. VIII D 38. -
Asächs. Elementarbuch. VIII D
57. — Engl. ciUver — russ. gölubh,
IX B 11.
Hol üb V J. L. Über Personen-
namen im BossÄczer Thal. IX
B 110.
Hopkins W. Econoroics of
primitif religion. 1105. — Notes
from India. II B *4. — Land-
tenure in Ancient India. H B
*62. — Greek art in India. II
B 83. — Ancient monuments
of the Deccan, II B 84.
Hordk J. Zur Etymologie des
Komparativstammes mhnjbs-.
IX B 12.
Hörn P. Ein persischer kulina-
rischer Dichter. II C 47.
— W. Zur Geschichte von oder,
VIII D 76.
Horton-Smith L. Establish-
ment and Extension of the Law
of Thurneysen and Havet. VI
11.
H o § e k I. Zur Bildung von
Wörtern auf -ik. IX B 105.
HowardA.A. Metrical Passage«
in Suetonius, VI 150.
Hübner E. Additamenta nova
ad corporis Vol. II. VI 169. -
Nouvelle inscription metrique
du VIII e siecle trouvee 4 Ovie-
do. VI 215.
Hübschmann H. Zur persischen
Lautlehre. II C 48.
Hülsen Chr. Additamenta ad
Acta fratrum Arvalium. VI U\d.
— Zur Forumsinschrift. VI 182.
Hü sing H. Altiranische Mund-
arten. II C 25.
Ihm M. Additamenta ad corpo-
ris vol. IX et X. VI 169. -
Lateinische Papyri. VII 237.
Ilesic F. Slovenica. IX B 59.
Imhoof-Blumer F. Die antiken
Münzen Nordgriechenlands. IV
38.
Irani Pahlavi Texts. II C 33.
Jackson A.V.W. Indo-Iranian
Contributions. II A 3. II C 6.
Jacobi H. Über das periphrast.
Autorenregister.
333
Perfekt im Sanskrit. IIB*11.—
Der Akzent im Mittelindischen.
II B »46. — Über das Verhält-
nis der bnddbist. Philosophie
zum Sänkhva-Yoga. II B *64,
Jagic V. Beiträge zur slav.
Syntax. IX B 8. — Vorläufige
Berichte derBalkankomroission.
IX B 30. — Slavica der Lai-
bacher Lycealbibliothek. IX B
39.
Jahn A. Glossarium sive Voca-
bularium ad Oracula chaldaica.
IV 63.
Jakobsen J. Faeröske Folke-
sagn og ^ventyr. VIII C 11.
Jakuhikin E. I. Das Gewohn-
heitsrecht der russische anders,
sprachigen Völker. IX B 4.
Jama$pji PahUvi texts. II C
35.
Janulaitis A. u. Koncewicz
J. Lit. Volkslieder u. Märchen.
IX C 16.
Jastrebov N. V. Die Slavistik
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1898. IX B 26.
Jastrow M. jr. The historical
study of religions in universi-
ties.'l 96.
Jaunvs Lit. Mundarten von Po-
nevh. IX C 6.
Jaykrishna GangÄd4s
Bh a k t a Correct form of Sans-
krit etc. words adopted in Gu-
jar4ti. II 50.
JellinekM. H. ZuWulfilaLuc.
1, 10. VIII B 44.
J e n s e n J. M. Lidt mere om
dekorerede fornavne. VIII C 48.
— Et VendelbomÄls Lyd- og
Formisere. VIII C 56.
— O. S. Bibliografi for 1897. VIII
C 1.
Jespersen O. Fonetik. I 2J. —
Pröve paa en dansk skolelyd-
skrift. VIII C 48. — Er dansk
virkeligsaa grimt? VIII C 52.
Jessen E. Tilföielser ogBerig-
tigelser til dansk etymologisk
Ordbog. VIII C 54.
Jevsßjev I. Zur altslav. Bibel-
tibersetzung. IX B 40.
JiTecekK. Beiträge zur ragu-
sanischen Litteraturgeschichte.
IX B 57.
Jirecek K. u. Jagic V. Die cy-
rill. Inschrift vom J. 993. IX B
38.
Johansson K. F. Anlautendes
idg. b, I 80. IX C 2. - TUl
frägan om det indiska kast-
väsend ets Ursprung. II B *63. —
Über aisl. elar usw. VIII A 20.
J o 1 1 y J. Skr. döhada, dvai-
hfdayya. II B 16.
Jönsson F. Island (Sprog og
Litteratur). VIII C 2. — Sagnet
om Harald h&rfagre som 'Do-
vrefostre'. VIII C 67.
— J. A' vid og dreif. VIII C 8. —
Lüerus-Beöw. VIII C 68.
Justi F. Zur Inschrift von Be-
histan. II C 26.
Kaßßabiac TT. 'ETrirpaqpal iE 'Em-
6a0pou cx€TiKal irpöc ti^v iv T^i
iep^) Xaxpclav. IV 43.
Kägi A. Nekrolog G. Bühlers.
I 138.
Eaikobäd Adarbäd Dastür
NosherwänThe Pahl vi Zand-
i-Vöhüman Yasht. II C 37.
Kaikar 0. Ordbog til det aeldre
danske Sprog. VIII C 50.
Kaluza M. Histor. Grammatik
der englischen Sprache I. VIlI
D 2.
Ratu2niacki E. Zur altern Pa-
raskevaiitteratur der Griechen,
Slaven u. Rumänen. IX B 41.
Kanga The Vendiddd transla-
ted. II C 14.
Kdnhäiya L&l Sästri Vydka-
rana Bodh. II 19.
Käpadid Firdusi an accurate
Historian. II C 50.
Eapuscifiski M. Wörterver-
zeichnis aus d. Krakauer Volks-
mundart. IX B 126.
Karlowicz J. Zbrodnie 'Ver-
brechen*. IX B 129.
Karskij E.Th. Schrift u. Sprache
der handschriftl. Avraamkas
Chronik. IX B 69. — Zur Durch-
forschung der weissruss. Dia-
lekte. IX B 88.
Karsten P. Sahade vas Wahr-
sagebuch. II B *59.
Kauffmann Fr. Hexe. VIII A
21. VIII D 74. — Germani. Eine
Erläuterung zu Tacitus Ger-
mania Kap. 2. VIII A 32. —
334
Autorenreg^ster.
Ein got. Göttername? VIII B
43. — Zur Quellenkritik der
got. Bibelübersetzung. VIII B
45. — Zur deutschen Altertums-
kunde aus Anlass des sog. Opus
imperfectum. VIII B 49.
De Kay C. Bird Gods in Ancient
Europe. I 104.
Keil B. Zur thessalischen Sotai-
rosiuHchrift. IV 53.
Keller Denken u. Sprechen. 12.
Keller 0. u. Holder A. Q. Ho-
rati Flacci opera. VI 143.
Kennedy J. The early com-
merce of Babylon with India
700-300 B. C. II B *60.
Kern H. Nederlandsch aar uit
ouder ar en er, VIII D 41. —
Ontwikkeling van ar uit er in't
Nederlandsch, VIII D 42. —
Kaars, VIII D 53.
K^trzyÄski W. Sur les plus
ancie'nnes demeures des Slaves
entre le Rhin, FEIbe, la Saale
et les fronti^res de la Boheme.
IX B 96.
Kiel hörn F. Ein unbekanntes
indisches Metrum. II B 90.
Kjellberg L. Über den Ur-
sprung des Asklepioskultus. IV
85. — Über die Heimat des
Asklepioskultus. IV 86.
Kiesow F. Zur Psychophysiolo-
gie der Mundhöhle. I 37.
Kirste J. Zwei Zendalphabete
des Britischen Museums. II C
15.
Kissling G. Lautmalende Wur-
zeln der idg. Sprachen. I 81.
Kluge Fr. Nominale Stammbil-
dungslehre der agerm. Dia-
lekte 2. VIII A 12. — Etvm.
Wörterbuch d. deutschen Spr. ^.
Vi II A 16. — Geschichte der
engl. Sprache. VIII D 3. — Orms
awicermod. VIII D 24. — Ahd.
Meüän u. Paveia. VIII D 88.
Knauer Fr. Nekrolog G. Btih-
lers. I..138.
— Th. Über den Namen Busse,
liussland. IX B 74.
K o c k A. Zur got. Lautlehre. VIII I
B 39. — Studier över fornnor-
disk vokalisation. VIII C 4. —
Nägra svenska etymologier.
VI 11 C 28. — Om prepositionen
iblandt. VIII C 56.
Koht H. Framande folkenama
paa norsk. VIII C 42.
K 0 e n e n M. J. Woordverklaring.
VIII D 48.
K ö 1 1 1 n g G. Etymol. Stadien ober
deutsdie Flussnamen. VIU D
82.
KoupouviuiTiic K. 'ETriTpa<pal XaX-
Kiboc Kai 'Ep€Tp(ac. IV 61.
V. Kraemer R. Om trestafviga
ords användniug i vers. VUI
C 23.
Krasnowolski Systematyczna
sktadnia j^zyka polskiego. IX
B 120.
Kraus A. Fafrnoch (aus wäfen-
roc). IX B 104.
KretschmerP. Etymologisches.
1 82. IV 72. VI 24. — Aphärese
im Griechischen. IV 9. — Eine
theracische Felsinschrift. IV 49,
Kristensen M. Samlende Kraef-
ter i Sprogudviklingen. 1 12. —
Nogle hovedtraek af sprogets
udvikling. I 13.
Kühnel P. Slav. Orts- u. Flur-
namen der Oberlausitz. IX B
115.
Kul'bakin S. M. Das Svnodikon
aus Sofia. IX B 33. — Materia-
lien zur Charakteristik der mit-
telbulg. Sprache. IX B 34.
Kulikovskij G. I. Zum Wör-
terbuch der oloneckischen Lo-
kalmundart. IX B 84.
Kunsic I. Beiträsre zur Gesch.
*f^'
der litterar. Beziehung zwischen
Cechen u. Slovenen. IX B 64.
Kunze A. mea refert. VI 66.
Kurka A. Wörterbuch der Gau-
nersprache. IX B 131.
Kurs Chat A. Die Verbreitung
des lit.-lett. Volksstammes. IX
C 3. IX C 16.
Labis F. Histoire de la religion.
I 97.
Lad Otto F. L'harmonie vocali-
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Lakshml Narasimha Soma-
yäji Ausgabe des Taittiriya
Brähmana. II B 27.
Läla Daipat Räi The Upani-
shads. II B *40.
Lanciani R. u. Baddeley St.
Gl. Über die Ausgrabungen
Autorenregist^r.
335
auf dem Forum Romanum. VI
193.
Landgraf G. Beiträge zur
histor. Svntax der lat. Sprache.
VI 64.
Lane G. M. A Latiu gramraar
for School and Colleges. VI 6.
Lang A. Mvth, ritual and reli-
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L a 1 1 e s E. Di due iscrizioni
etrusche. VI 234 b. — L*iscri-
zione anteromana di Poggio
Sommavilla. VI 235.
LauridsenP. Den gamle danske
Landsby. VIII C 57.
Lautensach V. Gramm. Studien
zu den griech. Tragikern und
Komikern. IV 16.
Law ton W. C. 'Fourth Class
Condiiions.* IV 26.
L e a s e E. B. Correctious of
Schmalzes Latein. Svntax. VI.
63. — Contracted forma of the
Perfect in Quintilian. VI 148. —
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Le Biant E. PaI6ographie des
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Lebreton J. L'adjectif verbal
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Leendertz jr. P. De naamen
der maanden. VII D 49.
Lee per A. Notes on Lewis and
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Lefevre A. La th6orie indo-
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Leger L. 6tudes de mythologie
slave. IX B 22. — Evang61iaire
slavon du Reims. IX B 37.
L^gowski I. Die Slovinzen im
Kreise Stolp. IX B 138.
Lehmann E. Zarathustra. II C 7.
— C. F. Rtdigionsgeschichtliches
aus Kaukasien und Armenien.
III 1.
Leo F. Bericht über den The-
saurus. VI 97.
L e s k i e n A. Untersuchungen
über Betonungs- u. Quantitäts-
verhältnisse in den slav. Spra-
chen. IX B 2. — Die slav. Laüt-
verbindung ji. IX B 3. — Die
Betonnngstypen des Verbums
im Bulgar. IX B 46.
L6 vy J. TTeXacToi. IV 66. — Dieux
ßiciliens. VI 250.
I
L6vy S. La doctrine du sacrifice
dans les Brähmanas. II B *70.
Ljapunov B. M. Die Sprache
der Synodalhs. der 1. Nowgo-
roder Chronik. IX B 70.
Lid^n E. Studien zur aind. u.
vgl. Sprachgeschichte. I 83. —
Ein halt. -slav. Anlautsgesetz.
IX A 4.
Lindsay W. M. Lucuns, Lucu-
lentus! VI 36. — The codex Tur-
nebi of Plautus. VI 112. — Plauti
codicis Senonensis lectiones. VI
113. — Some Plautine Emen-
dations. VI 114.
Ljungstedt K. Sprägets lif. I
14.
L 0 b s i e n M. Ursprung der
Sprache. I 7.
Long 0. F. quotienSj quotiens-
cumque^ quotiens que, VI 78.
LopaciÄski H. Lexikal. Nach-
träge (zum Polnischen) aus dem
16. Jh. IX B 127. — Ein lat.-
poln. Glossar a. d. J. 1471. IX
B 128.
L 0 ris J. Analvse der Ober-Ostra-
wicer Mundart in Schlesien. IX
B 101. IX B 122
Loth J. Remarques sur le Wort-
schatz der kelt. Spracheinheit
de M. Wh. Stokes. VII 14. —
Additions et remarques au Die-
tionary of the Welsh Language
du Rev. D. Silvan Evans. VII
17. — affwys — irvoas. VII 22. —
Brodyr, broder, hrodorion. VII
31. — Un subjonctif aoriste
gallois. VII 32.
L ö w e R. Die ethnische u. sprach-
liche Gliederung der Germa-
nen. VIII A 5. — Relative Chro-
nologie der german. Tenuisver-
schiebungen. VIII A 7.
Lubovius L. First introduction
to German Philology. VIII A 3.
Lüders H. Zwei ind. Etvmolo-
gien. II B *9.
Ludwig A. 1) Das Verhältnis
der TW-Formen der german. De-
klination zu denen des Letti-
schen u. Slav. 2) Die 1. Plur.
auf -mees im Ahd. VIII A 9.
IX A 5.
LuftW. Wulfila oder Ulfila? VIII
B 40.
Luick K. Über die Entwicklung
336
Autorenregister.
von ae. ü- X- n. die Dehnung
in offener Silbe. VIII D 8. —
Über die Diphthonßrierung von
me ö, l XL. verwandte deutsche
Erscheinungen. VIII D 9.
Macdon eil A. A. Nekrolog G.
Bühlers. I 138.
Mackensen L. De Verri Flacci
libris orthographicis. VI 4.
Magnus H. Bericht über Catull.
VI 108.
Magnüsson E. Vilmqgum or
vümqgum? VIII C 9.
Magoun H. W. Earlj- religion
of the Hindus. II B *71.
MahAdeva Sästri Übersetzung
von Amrita Biudu u. Kaivalya
Upanishad. II B 41.
Majewski E. Swiatowit. IX B
27. — Alte Slaven auf heuti-
gem deutschen Gebiet. IX B 97.
Maindron M. L*art indien. II
B 85.
Malgeri E. Sul nome 'Italia\
VI 246 a.
MalinowskiL. Sprachliche Mis-
Zellen (zur poln. Gramm.). IX
B 130. — Poln. Volkssagen aus
Schlesien. IX B 132. — Ein
Denkmal der poln. Sprache aus
dem Anf. d. 16. Jhs. IX B 134.
M a 1 0 V a n y J. Syntax der Mund-
art von Cisarov (in Mähren).
IX B 102.
Manmatha Nath Datta The
Wealth of India. II B *36. —
Märkandeva-Purana. II B +37.
— Vishnu-Pui-ana. II B *38.
de Manteyer G. L'inscription
de Lanuvium k Rome. VI 210.
Mareti6 T. Grammatik u. Sti-
listik der kroat. u. serb. Schrift-
sprache. IX B 48.
Margoliouth D. S. The Syro-
Armeniaii dialect. III 9.
Mari G. I trattati medievali di
ritraica latina. VI 26G. — Kitmo
latino e terminologia ritmica
medievalo. VI 267.
Mari an iL. Zur Forumsinschrift.
VI 188. ..
Marr N. Über die Probleme der
armen. Philologie. III 2.
Marx F. Ein Stück unabhängi-
ger Poesie des Plautus. VI 119.
Mdrcac *l. 'EwiTpacpal Eößoiac. IV
60.
Mau A. Die oskischen Wegwei-
serinschriften in Pompeji. VI
228.
MaurenbrecherB.Berichtüber
Sallust. VI 108. - Hiatus und
Verschleifung im alten Latein.
VI 264.
Mayer W. Altpreuss. Bibliogra-
phie f. d. J. 1898. IX C 32.
de la Mazeli^re M. Moines et
asc^tes Indiens. II B *80.
Mc Knight G. H. Initial h- in
Middle English. VIII D 13.
Mead W. E. Colour in Cid Eng-
lish Poetry. VHI D 22.
Mead er C. L. Zur Geschichte
der (lat.) Pronomina demonstra-
tiva. VI 82.
Mehlis C. Die Ligurer frage. I
94. VI 258.
Meillet A. D'un eflTet de Tac-
cent d'intensit^. 1 59. — A pro-
pos du groupe -ns-, 1 61. — Sur
quelques faits de morphologie.
I 62. — Une anomalie indo-
europ^enne, grec dXXo. 1 63. —
Sur les Suffixes verbaux secon-
daires. I 66. — Notes histori-
ques sur les changements de
quelques explosives eu arme-
nien. III 3. — De quelques ao-
ristes monosjilabiques en ar-
menien. III 4. — Le genitii Sg.
des th^mes pronominaux en
armenien. III 5. — Le genitif
en 'Oj des noms de parent6 en
arm. moderne. III 6. — Recher-
ches sur la syntaxe comparee
de Tarni. III 7. — Etymologies
armeniennes. III 17. — Letto-
slavica. IX AI. — Vieux slave
sichy vhsh. IX B 6. — Slave 26-
mi, piUti. IX B 7.
Meister R. Zur griech. Epigra-
Ehik u. Dialektologie. IV 42. —
>er lakon. Name OißäXoc. IV
70.
M e 1 i c h J. G. Volfs slav. For-
schungen im Ausland. IX B 16.
Menant D. Les Parsis. II C 8.
Merguet H. Über die Entwick-
lung der Sprache. I 15. VI 49.
MeringerR. Idg. Sprachwissen-
schaft». I 49.
de Mess A. Quaestiones de epi-
Autorenregister.
337
grammate Attico et tragoedia
antiquiore dialecticae. IV 33.
Methner R. Posteaquam, post-
?uam^ ubif ut, stmidatque. VI
Meusel H. Bericht über Caesar.
VI 109.
Meyer E. A. Die Silbe. I 34.
— K. Contributions to Irish Lexi-
cography. VII 18.
— R. M. Kopulative Eigennamen.
VIII A 23.
Michal'öuk K. Was ist Klein-
russisch? IX B 90.
Michels V. Mhd. Elementarbuch.
VIII D 58.
Miedel J. Mittwoch ^ Wodans-
tag. VIII D 75.
M i k k o 1 a J. J. Betonung und
Quantität der westslav. Spra-
chen. IX B 94. IX C 31. — Balt.
Etymologien. IX C 1.
Milani L. A. Sepolcreto con vasi
antropoidi di Cancelli suUa mon-
tagna di Cetona. VI 257.
Miletiö L. Svntaktische Fragen.
IX B 9.
Mills L. H. The Skr. equivalents
of Yasna XLIV. II C 16. —
Asha HS The Law in the Gä-
thäs. II C 17. — The personi-
fied Asha. II C 18. — God has
no Opposite. II C 19.
Misik St. Slovak. Volkslie'der.
IX B 112.
Modestov V. J. De Siculorum
origine. VI 249.
Modi Aiy adgär-i-Zarirän. II C 34.
Modin E. Öfvertro om de döde
i Herjedalen. VIII C 70.
M o h 1 F. G. Introduction k la
Chronologie du latin vulgaire.
VI 7. — Le couple roman lui
lei IX B 5.
Molenaar A. M. Bloemlezing
uit het Woordenboek der Ne-
derlandsche taal. VIII D 47.
Möller H. Chatti und Hessen.
VIII A 24. — Zum got. Epi-
gramm. VIII B 48.
Momniseu A. TdKoc auf att. In-
schriften. IV 78.
— Th. Eugippi vita Severini. VI
160. — Commentaria ludorum
saecularium quintorum et sep-
timorum. VI 109. — Die ital.
Regionen. VI 243.
Mommsen Th. u. Hirschfeld
0. Jahresbericht über d. Samm-
lung der lat. Inschriften. VI
167.
Monnier-Williams M. Vedic
accent and Intonation. IIB*84.
Montelius O. Tj'pologien eller
utvecklingsläran tillämpad pä
det menskliga arbetet. 1 121. —
Roma prima di Romolo e Remo.
VI 253.
Moratti C. LMscrizione osca di
Agnone e gli indigitaraenta. VI
229.
Ms6riantz L. S. On the voca-
bulary of the Bosporus, the
proper name ZiupaKoc. II C 20.
— Sur la phonetique du dia-
lecte arm^nien de Mouch. III
10.
MühlenbachK. Eada gabals,
IXC21. — Über Einsammlung
und Deutung lett. Sprichwörter.
IX C 26.
Muka E. Wörter aus den Grenz-
mundarten und den Oberlaus.
Mundarten. IX B 113.
Müllen ho ff K. Deutsche Alter-
tumskunde. 4. Bd. 2. Hälfte.
VIII A 29.
Muller H.C. Über die Gründung
einer Zeitschrift f. allgemeine
Sprachwissenschaft. I 40.
— J. W. Brijn. VIII D 51.
— S. Zur Heimat der Volcae.
VIII A 36.
Müller C. F. W. Zu Plautus. VI
115. — Zu Plautus' Truculen-
tus. VI 116.
— F. M. Introduction to the sci-
ence of religion. Re-issue. I
98 — Beiträge zu einer wis-
senschaftl. Mythologie. 199. —
Nekrolog G. "^Bühlers. I 138. —
Auld lang syne. 1. 2. Band. I
142. — Dhammapada, transla-
ted. II B *43. — Lectures on
the origin and growth of reli-
gion. II B »72. — Buddha's
birthplace. II B *81.
— G. H. Beiträge zur Sprach-
wissenschaft. I 52.
— H. J. Bericht über Livius. VI
109.
— J. De litteris J et V latinis
quomodo a Graecis in trans-
scriptis Romanorum nominibua
338
Autoreoregister.
expressae sint capita tria. VI
13.
— S. Notice sur les fouilles fai-
tes pour le Mus^e National de
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n6e8 1893-96. VIII C 61.
M u l V a n y C. M. Colours in Greek.
IV 75.
Munkäcsi B. Die Anfänge der
ungarisch-slav. ethnischen Be-
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Munshi Jawähir Singh The
Urdu teacher. II B *54.
Murko M. Miklosichs Jugend-
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Murray J. A. H. New English
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— J. W. Dictionary of the Pa-
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Musid A. Sätze mit dem Part.
Präs. Akt. II im Kroat. IX B
50. — Relativsätze im Kroat.
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Nagl J. W. Zu den zwei Stufen
des Umlautes von ahd. mhd. a.
VIII D 59.
Napier A. S. On some old eng-
lish ghost-words. VIII D 21. —
ae. jotcBl, jetel 'Zahl'. VIII D
26.
Näräyana Go da hole Taitti-
riva Brahmnna. II B *20.
Nazari 0. Di una forma peri-
frastica del pertetto umbro. VI
59.
V. Nog olein J. Zur Sprachge-
schichte des Veda. Verbalsvstem
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Nestle E. veliim. VI 90.
Neumann K. E. Die Lieder der
Mönche und Nonnen Gotamo
Buddhos. II 43.
Nicholson R. A. A Porsian Ms.
attributed to Fakhru'ddln Räzi.
II C 51.
Nicolais sen 0. Archiiolog. Un-
tersuchungen in Nordhmds Amt
1897. VIII C 63.
Nicolavsen N. Berichte über
Ausgrabungen 189H. VIII C 63.
Nieder le L. Zur Frage nach
dem Ursprung der Slaven. IX
B 18. — Die Wiege desSlaven-
stammes. IX B 19. — Descrip-
tio Europae regionum quae
ad orientem spectant vetemm
scriptorum locis illnstrata. IX
B 20.
Niedermann M. Etymol. Mis-
Zellen. VI 18. — Zur Geschichte
der lat. Wortbildung. VI 42.
Nielsen F., Olrik A., Steen-
strup J. C. H. R. Dansk Nav-
neskik. VIII C 58.
N i k 0 1 a j e V Wörterverzeichnis
aus der Provinz Tobolsk. IX
B 85.
NikoTskij A. Die Sprache der
Ipatischen Chronik. IX B 71.
Nitsch K. Die Orthographie u.
Sprache der 'Kazania Paterka\
IX B 125.
Nöldeke Th. Die semitischen
Sprachen. I 88.
Nordlander J. Jämtländska
ortnamn. Tolkade. VIII C 29.
Noreen A. Inledning tili mo-
dersm&lets formlära. VIII C 22.
N 0 1 o 1 1 a U. La funzione stilistica
delle consonanze in latino. VI
80.
Noväk K. Beiträge zur adech.
Stammbildungslehre. IXB99.—
Der Ursprung des Wortes bäs-
nik 'Dichter\ IX B 105.
N u 1 1 i n g H. C. Obligation as
expressed bv the Subjunctive.
VI 71.
N V r 0 p K. Eufemisme. 15.—
Kantusse. VIII C 48.
Oberhummer E. Makedonien
u. die Makedonien IV 88
Oleott G. N. Some uupublished
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Iran. II 4. — Die Litteratur des
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Olrik A. Danske Ridderviser.
VIII C 71.
Olsson P. Minnen fr&n Herjeä-
dalens forntid. VIII C 62.
Oltuszewski W. Psychologie
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Ondrusch K. Die Familienna-
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81.
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II C 27.
Autoren register.
339
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251.
Örtel H. The Jaiminlya ßrah-
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jihvl legend. II 35.
Orterer G. Zur neuern Littera-
^ tur über Buddha. II 74.
Östberg H. 0. Les voyelles v6-
iaires kccentu^es. I 31.
Osthoff H. Vom Suppletiv wesen
deridg. Sprachen. I 54. — aTvoc,
dvaivojLiai. IV 79. — Allerhand
Zauber etymol. beleuchtet. VI
20.
Otto W. simuUer, VI 38. — Be-
sprechung der Litteratur über
die Forumsinschrift. VI 206.
Oussof N. Etudes exp6rimen-
tales d'une prononciation russe.
IX B 80.
O vsjaniko-Kulikovskij D.I.
Syntaktische Studien Nr. 3. I
70.
Pachalv P. Die Variation im
Heliand u. in der as. Genesis.
VIII D 90.
Padelford F. M. Old English
musical terms. VIII D 23.
Pajk M. Ein serbokroat. Wörter-
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15. Jhs. IX B 54.
Pais E Zur Forumsinschrift. VI.
190.
Pal an der H. Die ahd. Tierna-
men. VIII D 67.
T\avT&lr\c N\, Tö tt^c ^XXnvCöoc
qpuivf^c biacoq)nTiKÖv. IV 25.
Parczewski A. J, Die Serben
in Preusseri nach der Volks
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Pargiter F. E. Ausgabe des
MÄrkandeya Pur4na. II B 40.
Parodi E. G. Intorno alla for-
mazione deir aoristo sigmatico
e del futuro greco. IV 17.
Pascal C. Quaestionum Ennia-
narum particula IV. VI 127. —
Dizionario deir uso Ciceronia-
no. VI 138.
Patron i G. Di una nuova orien-
tazione deir archeologia nel
piü recente movimento scientifi-
co. VI 166.
v. Patrubdny Sprachwissen-
schaftl. Abhandlungen. I 146.
— Lautlehre der Muser Mund-
art; der Mundart von Tiflis.
Armen. -deutsches Wörterver-
zeichnis. Kleine Mitteilungen.
III 11.
Paul H. Grundriss der german.
Philologie 2. VIII A 1.
Pauli C. Die etruskischen Fa-
miliennamen auf -^ra. 1 93. VI
233. — Nekrolog W. Deeckes.
I 139.
Pauly-Wissowa Realencyklo-
pädie der klass. Altertumswis-
senschaft. VI 2.
PedersenH. Sprogvidenskaben.
I 39. — Mere om Lykisk. I 90.
— Albanesisch u. Armen. V 1.
— Die Gutturale im Albau. V
2. — Irsk Literatur. VII 7.
P e n n e r E. Entwicklung der
aengl. Tonvokale. VIII D 7.
Perdrizet P. Inscriptions d'A-
craephiae. IV 55.
Pernice A. Sui Celti e la loro
immigrazione in Italia. VI 259.
Pernot M. A propos de l'inscrip-
tion d'Henchir-Mettich. VI 219.
P e r u 5 e k R. Bravec oder bralec.
IX B 60.
Pervov P. D. Consecutio tem-
porum im Latein verglichen
mit der des Russischen. VI
69.
Petersen E. Funde U.Forschung
[zur Archäologie von Sizilien
u. Unteritalienj! VI 248. — Cae-
les Vibenna und Mastarna. VI
256.
Peterson P. Rigveda - Über-
setzung. II B *17. II B 22.
Petr V. J. Über den Wechsel
der Laute d und l im Latein.
VI 15.
Phillips C. J. C. Plinii CaeciUi
secundi epistularum Über pri-
mus. VI 147.
Pick B. Die antiken Münzen
Dakiens u. Mösiens. IV 38.
Pigorini L. Bullettino di Palet-
nologia Italiana. VI 241.
Pinza G. Sülle mura romane
attribute all' epoca dei Re. VI
254.
P i p p i n g H. Über den got. Dat.
Plur. nahtam, VIII 42.
340
Autorenregister.
Fische l R. Rävanavaho 7, 62.
II B *47.
Pizzi I. Gli Studi Iranici in Ita-
lia. II C 9.
Piasberg O. mantiscinor und
mantisa, VI 30. — discere =
docere. VI 93.
Pleijel H. £n bild af svenska
bibülspr&kets utveckling. VIII
C 17. — Om Nya testamentet
p& fornsvenska. VIII C 18.
Ploss H. Das Weib in Natur-
und Völkerkunde. I 113.
Podtatransky Siovak. Orts-
namen. IX B 111.
Pogodin A. Neuere Arbeiten
über die Sprache und Kultur
der Idg. I 126.
Pokrovskij M. Glossographi-
sches und Linguistisches zum
Thesaurus glossarura emenda-
tarum. VI 102. — Zitate aus
Vergil in lat. Glossaren. VI 145.
— Th. Die Volksmundart des
Bez. Tschuchloma. IX B 82.
Pomtow H. Delphische Inschrif-
ten. IV 51.
PorQbowiczE. Bedeutung der
Synkope für d. Bildung roman.
Formen. VI 10.
P 0 s p e c h J. K. Terminologie
aus Sebes. IX B 108.
Prabodh Prakas Sen Gupta
Dictionarv of proverbs, Ben-
gali and Knglish. II B 56.
Postgate J. P. operatus and
operari. VI 29. — On certain
Mss. of Propertius. VI 142.
PotebnjaA. A. Zur russ. Gram-
matik. 111. Bedeutungswandel
u. Vertretungen des Substan-
tivs. IX 10.
Prellwitz W. Lat. flagitiuvi, I
84. VI 33. — Etvmol. Miszellen.
IV 73. VI 32. — ^actütum. VI 34.
Priese 0. Der Wortschatz des
Heliand. VIII D 91.
Prozorov P. Svstem. Verzeich-
nis der in Russland gedruckten
Bücher u. Aufsätze zur griech.
Philologie. IV 1.
Ptasickij S. L. Pohl. Bibliogra-
phie f. 1899. IX B 135.
Puglisi-Marino S. Sul nome
Italia. VI 246.
Pulle L. Studi Italiani di Filo-
logia Indo-lranica. II A 2.
Radyserb-Wjela J. Ein Kin-
derglossar. IX B 114.
Radziukinas J. Der Dusia-See»
IX C 7,
RÄjÄrÄm Rämkrishna BhAs"-
vat The Upanishads. II B m
Räjkumär Tarkaratna Stu-
dentis skr. grammar. II B 20.
Rama S4stri Tailanga Ama-
Unanda Vedänta Kalpataru. II
B *25.
Ramorino F. De inscriptione in
Foro Romano reperta. VI 186.
RÄmpratÄp Sharm^ English-
Hindi dictionary. II B *52.
Ramult St. Statistik der kassub.
Bevölkerung. IX B 140.
Ramzevit^. N. K. Die richtige
Ableitung des Wortes Mov&cb.
IX B 13. — Zum Worte Rwsh,
IX B 75.
Rao Bahadur Shankar Pän-
durang Ausgabe der Atharva-
Veda Samhitä. II B 25.
R a t z e 1 F. Der Ursprung der
Arier in geographischem Licht.
I 131.
Reckendorf S. Zur allgemei-
nen Syntax. 1 46. — Über syn-
taktische Forschung. I 47.
Regung A. Indices zur Ephe-
meris epigraphica Vol. VTII.
VI 169.
Regnaud P. Origine du lan-
gage et la linguistique evolu-
tionniste. 18. — Un paradoxe
v^dique. II B *33. — Les my-
thes hindous des Vighnas et
des Raksas. II B 75. — Sur le
jot initial dans les principaux
dialectes germaniques. VIII
A 8.
Reich elt H. Die i'e-Stämme. I
64. VI 52. — Die abgeleiteten
i- und w Stämme. I 65. VI 51.
— Das Instrumentalsuffix im
Sing. VI 53.
Rein ach Th. Un temple eleve
par les temmes de Tanagra.
IV 54. — Duracinwin. VI 40.
Reinhardt Die oratio obliqua
bei Caesar. VI 137.
Reitzenstein R. Zwei neue
Fragmente der Epoden des Ar-
chilochos. IV 34
R e m v A. F. J. Skr. Jana aw.
zana. II C 21.
Autorenregister.
341
Ke2at Etwas über Allitteration
in der lit. Sprache. IX C 16.
Rhys Davids T.W. Dialogues
ofthe Buddha. II B 42. — Early
commerce between India and
Babylon. II B 60. — Der Bud-
dhismus. II B 67. — The theory
of 'sour in the Upanishads. II
B 68.
Ribot Th. Origin of speech. I
9. — Evolution of speech. I
16.
Richter 0. Die unechten Nomi-
nalkomposita des Aind. II B
*15. — Der Plural von gAw.
mazdäh' ahura-. II C 22.
— W. Das griech. Verbum in
seinen wichtigsten Erscheinun-
gen. IV 15.
Ripley W. Z. The races of Eu-
rope. I 116.
Ritters H. Etymol. Streifzüge
auf dem Gebiete des Nieder-
deutschen. VIII D 69.
Rittershaus A. Die Ausdrücke
für Gesichtsempfindungen in
den agerm. Dialekten. VIII A
15.
Röhl H. Bericht über Horatius.
VI 109.
Rolfe J. C. On the construction
sanus ab. VI 67.
Rolland E. Flore populaire. I
85.
Röscher W. H. Lexikon der
griech. u. röm. Mvthologie. VI
238.
Rose V. Vitruv-Ausgabe. VI 146.
Rosenfeld A. Die Sprache des
Lektionars des Svjatoslav. IX
B 35.
Roudet L. Methode exp^rimen-
tale pour Tötude de Taccent.
I 28.
Rons sei A. Cosmologie hindoue
d'apr^s le Bhägavata Puräna.
II B *73.
Rousselot Phon^tique exp^ri-
mentale. 1 24. — Historique des
applications pratiques de la
phon^tique exp6rimentale. 125.
— Sur la marche des 6volu-
tions phon^tiques d'aprfes quel-
ques dialectes bas-allemands.
1 29. — Notes sur les 6volu-
tions phon^tiques [de Tarm^-
nien]. III 3. — Les articulations
irlandaises ^tudi^es k Taide du
palais artificiel. VII 6.
R 0 u s s e y Ch. Sur Tapprentis-
sage de la parole chez une
enfant. I 19.
v. Rozwadowski J. Quaestio-
num grammaticarum atque ety-
mologicarum series altera. I
68. IX B 1.
Rye W. The origine of the sur-
name Chaucer. VIII D 25.
Sabbadini R. Virgilius — Ver-
gillus. VI 144.
§achmatov A. A. Zur Entste-
hung der russ. Dialekte. IX R
66. — Materialien zur Erfor-
schung der grossruss. Dialekte.
IX B 81.
Saftien H. Die Schwellformen
des Verstypus A in der as.
Bibeldichtung. VIII D 92.
S a 1 0 n i A. Das Volk in Prze-
worsk. IX B 133.
Sandalgian I. L*idiome des in-
scriptions cun6iformes urarti-
ques. III 19.
Sandfeld-Jeusen Kr. Deno-
minative verber. I 67.
Sanjana The Dinkard. I1C36.
Satvavrata SÄmaäramI Aita-
reya Brähmana. II B *22. II R
26. — The Taittiriya Safihitd.
B II 23.
Saselj I. Aus dem weisskrain»
Wortschatz. IX B 62.
Saxen R. Nägra spräkliga forn-
minnen. VIII C 20.
S6epkin V. N. Razsu^denije o
jazykÖ Savvinoj Knigi. IX B
36. — Besprechung von La-
vrovs Obzor. IX B 45.
Schatz J. Die Sprache der Na-
men dos ältesten Salzburger
Verbrüderungsbuches. VIII D
89.
Schermann L. Oriental. Biblio-
graphie. II A *1. II A 1.
Schiebe Th. Bericht über Cice-
ros Briefe. VI 109.
Schlutter 0. Addenda Lexicia
Latinis. VI 100.
Schmidt F. Zur Geschichte dea
Wortes gut VIII D 73.
— J. Die elischen Verba auf -€(ui
und der urgriech. Deklinations-
M2
Autorenregister.
ablaut der Nomina auf -cOc. IV
12. — Das Zahlwort jiia, ta. IV
14. — Die kretischen Plural-
nominative auf -ev u. Verwand-
tes. IV 47.
JS c h m i d t M. P. Bericht über
Curtius. VI 109.
— 0. E. Die neuen Ausgrabun-
gen auf dem Forum in Rom.
VI 202.
Schmidt-Wartenberg H. Pho-
netische Untersuchungen zum
lett. Akzent. IX C 18.
Schöne H. Verschränkung von
Redegliedern im wiedererzähl-
ten Dialog. IV 27.
Schrader O. Prehistoric anti-
quities of the Aryan peoples.
I 125.
Schröder E. Joh. Kaspar Zeuss.
I 145. — Steigerung und Häu-
fung der Allitteration in der
westgerm. Dichtung. VIII D 5.
v. Schröder L. Peter v. Bradke.
I 137. — Die Tübinger Katha-
Handschriften. II B *34. — Wz.
du 'gehu' im RV. II B 36.
Schuchardt H. Dansks iufly-
delse paa tysk. VIII C 48.
Schulten A. Das römische
Afrika. VI 218.
Schulze K. P. Zum Codex B
des Catull. VI 141.
Seeck 0. Die Pachtbestimmun-
gen eines röm. Gutes in Afrika.
VI 220. — Zur Lex Manciana.
VI 221.
Sejn P. V. Zur Frage der Kunst-
sprachen. IX B 76. — Zur gross-
russ. Dialektologie. IX ß 83.
Senart E. Nekrolog G. Bühlers.
I 138. — Notes d'^pigraphie
indienne. II B 86.
Sieckr» E. Der Gott Rudra im
RV. II B *74.
Sievers E. ags. hnesce. VIII D
27.
Simons R. Worte und Wort-
verbindungen in den echten
Schriften Cvnewulfs. VIII D
33. — Cvnewulfs Wortschatz.
VIII D 34.
Sisuni T. Die Fremdwörter im
Ali'l. VIII D 66.
Sitäi .1 iji .1 '>Astri The Upani-
shads. li li *24. II B 29.
Skeat W. W. Notes on English
Etymology. VIII D 18. — Ori-
gin of the Surname Chaucer
VIII D 25. — The etymology
of noggin. VIII D 28.
SkutschF. Em, Praedo. Almen,
VI 22. — Zur Wortzusammen-
setzung im Latein. VI 43. —
Plautinum. VI 118. — Zur Fo-
rumsinschrift. VI 185.
Smi^iklas T. Kultus- u. Kultur-
anfänge der Kroaten. IXB58.
Smirnov I. Kurzgefasste Kul-
turgeschichte der Südslaven.
IX B 31.
— N. A. Wörter u. Redensarten
der Diebssprache aus Vs. Kres-
tevskijs Roman Teterburgskija
truSdoby'. IX B 86.
Smith G. C. M. Fragment of a
Latin - German Glossarv. VI
^04.
— - V. A. KausambI and Srävasti.
II B *82.
Sobolevskij A. I. Wo sind die
Kiewer glagol. Fragmente ge-
schrieben worden? IX B 42. —
Über Duvernois' Materialien.
IX B 73. — Velikorusskija na-
rodnyja p^sni. IX B 87.
Söderbergh H. N&gra ord om
svenskt riksspr&k. VIII C 19.
Söderblom N. Les Fravashis.
II C 10.
Solmsen F. Dorisch d^ei 'auf,
wohlan'. IV 18.
Sommer F. lat. mille. VI 27. —
Die Komparationssuffixe im
Lateinischen. VI 57. — Der kelt.
Sprachstamm. VII 1.
Sonnenschein E. A. The co-
dex Turnebi of Plautus. VI
111.
Seren sen A. Dansk Rim-Ord-
bog. VIII C 55.
Sörensen A. Polnische Gram-
matik I. IX B 119.
V. S o w a R. Wörterbuch des Dia-
lekts der deutschen Zigeuner.
II B *57.
Spengel A. Zu den Fragmenten
der lat. Tragiker. VI 124.
Speranskij M. Zur Geschichte
der slavischen Evangelienüber-
setzung. IX B 43.
Speyer J. S. Buddhas Todes-
jahr nach dem Avadänasataka.
II B 87.
Spicvn A. A. Die Verbreitnng-
der altrusit. Stamme. IX B 67.
S p u ^ t a St. Zur Termiuologie
der Volkstracht u. der slovak.
Stickereien. IX B 109.
Sreman St. Ivkova Slnva. IX
B 56.
V. Stackelberg R. Zur persi-
schen Sagengeschicht«. 11 C
11.
Stahl J. M. Zum Gebrauch des
prädikat. PHrtizlpinms imOrie- I
chischen. IV 23. — Zum Sprach- i
febrauch des Thukvdides. IV
i.
Steffen R. Norske stev. VIII i
Steinschneider Ph. Über
Sprnchkenmnis und Sprach-
kunde. 1 38.
Stengel P. tnApiacOai bciriiecciv.
IV SO.
Stern L. Chr. tec, tegach. teckaf,
lecket. VII 30.
Stevenson W. H. The origin
ot' the surnanie Chaucer. VIII
D 2r>.
Stohr A. Algebra der Gramma-
tik. I 41.
Stokes Wh. Hibernica. VII 8.—
Fiftv Irish Etvmologies. VII 19.
Stoilov A. P. Reflexe der abg.
Aussprache des ij im neubnlg.
Dialekten. IX B 47.
Stolz Fr. Ül)er die Euiwickluns'
der idg. Sprachwissen.-ichafi. I
135. — glOria. VI 31.
Stowasser J. M. Fortatte. VI
28.
StrachanJ. Final Vowels in the
F«ire Oenguso. VII 10. — Old
Irish Togfenouio.i VII 20. —
0. Ir. äU. VII L'I. - TheNom.
PI. of Nenter u-stenis in Celtic.
VII 25. — The Substantive Verb
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29.
S tratton A. W. History of
Greek Noun-Formation. IV 19.
Strekelj K. Slovenske narodne
pesni. IX B 63.
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of the Aryans. I 132.
egister. 3tö
Sweet H. Practica! aiudv of lan-
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Symons B. Het stamland der
Indogermanen. I 133.
Svrkn P. Der Krassowaer Dia-
lekt. IX B 52. — Zur Geschichte
des Glagolismas in Böhm cd.
IX B 106.
232.
i F. Note Fnlische. VI
Fr. AnmArkninsrar tili
'Valda slvcken »f sve<iska för-
fattarc r536-I732'. VIII C 30.
— Om avledniiigsÄndelsei' hos
»venska adjektiv. VIII C 31. —
Um ilndelser hos adverb och
arkaiskt bildade prepositioDS-
uttrvck i Bvenskan. VIII C 32.
Tawney C. H. Nekrolog Büh-
Icrs. I 138.
Tay Cr. H. Therelatlon betweea
niagic and religion. [ 106.
Temple R, C, A Theorie ol'Uni-
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I 42.
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Tetzuer F. Die Sloi'inzeo und
Lebakaac hüben. IX B 141. —
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IX C 11. — Neue Donalitiana.
IX C 13.
Tha Do Onng A grammar of
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Thoburn W. L. The F.nglish-
Urdu diutionary. II B '5a
Thomas A. De quelques ooms
de leuK framaia d'origine gau-
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— H.NeneHzur[lat.]BedentungH-
lehre. VI 81.
Thompson E. S. quidem in
Augustan Versü. VI 92.
Thomsen V. liidoeuropaiske
Sprog. I 60. — Etudes Lycien-
nes. I 89. — Remarques sur la
rarentä de la langue ätrosque.
92.
ThorkeUson J. Bemicrkninger
til adskillige Oldtidadigte. VIII
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Thornton D. M. The Parsi,
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344
Autorenregister.
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IV 74. — Die griech. Lehn-
wörter im Armen. III 18.
T h u r n e y 8 e n R. Peter v. Bradke.
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Toischer W. Die Sprache der
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pires of the East. II C 28.
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polnisch - (galizisch-) armenisch.
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Trautmann M. Zu Cynewulfs
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terbuch der aind. Sprache. II
B *8. II B 17. — Eber. VIIIA
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Usener H. Die Sintflutsagen. I
101.
Vaclavek M. Der Ursprung u.
der Name der Walachen. IX
B 107.
Vahlen J. Bemerkungen zum
Ennius. VI 126.
Vaidyanada Sästri Ausgabe
der Krishna Yajus Samhita. II
B 24.
de la Vallee Poussin L. Une
pratique des Tantras. II B 73.
Valmag'gi L. Un nuovo fram-
mento di Ennio? VI 125. —
Ennia e Ausonio. VI 128.
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Verwijs E. en Verdam J. Mid-
delnederlandsch Woordenboek.
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Vinson J. Manuel de la langue
Hindustani. II B 53.
Voith A: Siebenbürgisch- Arme-
nisch. III 13.
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des aksl. Dat. Sg. pqtiy kosti,
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Vysoky H. Zu den dodonaei-
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W a 1 1 z i n g J. P. Lexique de
Piaute. VI 122. 123. — A pro-
pos d'une inscription latine du
Dieu Entarabus. VI 212.
Watson E. W. velle as an Auxi-
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Weber A. Indische Studien.
18. Bd. II B *5. — Vedische
Beiträge 7. Aus alter Zeit. 11
B *35. — Zur ind. Religions-
geschichte. II B 76.
— H. Plautina. VI 117.
W e d e k i n d W. Sprachfehler
oder Sprachentwicklung? VIII
D 56.
Weismann A.D. Zur Geschichte
der russ. Grammatik. IX B 78.
Wcissbrodt E. De Ä et Z/ con-
Autorenregister.
345
sonantium latinarum mutua ra-
tione. VI 16.
Weisshäupl R. Funde in Pola
und Umgebung:. VI 214.
Wen dl and P. Element. VI 26.
We 8 s n e r P. Ausgabe von des Ful-
gentius Expositio »einnonum
antiquorum. VI 159.
We s t b e r g F. Zur Klärung Orient.
Quellen über Osteuropa. I 118.
— IbrähIms-ibn-Ja*kübs Reise-
bericht über die Slavenlande.
IX ß 21.
Wheeler B. I. Origin of gram-
matical geuder. I 53.
Wide mann F. Die Anfänge des
griech. Alphabets. IV 41.
Widfenineek R. Über einige
Wörter der iett. Schriftsprache.
IX C 22.
Wigström E. Varsel och före-
bud. VIII C 72. — Folktro og
sägner. VIII C 73.
V. Wilamowitz-Moellendorff
U. Grammatisches zu Benn-
dorl's Urkunde von Ephesos.
IV 58. — TTdcvnc und Mdcvnc
IV 71.
Wilbrand J. Über die Namen
Teutonen und Teutoburg. VIII
A 26. — Zur Keltenfrage. VIII
A 35.
Wilhelm A. Altattische Schrift-
denkmäler. IV 62.
— E. Eränica. II C 23.
Wilke E. Deutsche Wortkunde.
VIII D 65.
Wilmanns W. Deutsche Gram-
matik II 2. VIII A 4.
Wilser L. Rassen und Völker.
I 115. — Herkunft und Urge-
schichte der Arier. I 134. —
Die Etrusker. VI 255.
Wilson J. Grammar and dictio-
nary of Western Panjabi. IIB
49. — On the Gurezi dialect of
Shina. II B 51.
te Winkel J. Bijdragen tot de
Kennis dernoordnederlandsche
tongvallen. VIII D 44.
Winstedt E. O. A Bodleiau Ms.
of Juvenal. VI 151.
Winter A.C. Die Birke im Volks-
lied der Letten. IX C 27. —
Waisenlieder der Letten und
Esthen. IX C 28.
Winternitz M. Nekrolog G.
Bühlers. I 138. — Folk-medi-
cine in Aneient India. II B *61.
— Witchcraft in Aneient In-
dia. II B *75. II B 78.
W i t o r t J. Spuren des matri-
archalischen Svstems in Li-
tauen. IX C 14."^
Witte H. Neuere Beiträge des
Reichslandes zur Ortsnamen-
forschung. VIII D 86.
Wölfflin E. laetodonis? VI 37.
— Diploma fem. VI 54. — Zur
Latinität des Jordanes. VI 162.
Wolter E. Die Erdengöttin der
Tschuwaschen u. Litauer. IX
C 15.
Woltjer J. Studia Lucretiana.
VI 133.
Wood Fr. A. Germanic etymo-
logies. VIII A 27. — Etymolo-
gisches. VIII A 28.
Wright J. A primer of the Go-
thic language «. VIII B 37.
WyldH. C. Apparent Irregu-
lär ities in English Guttural
Sounds. VIII D 11. - Contri-
butions to the History of the
Guttural Sounds in " English.
VIII D 12.
Xanthoudidis A. Inscriptions
Irom Gortyna, Lyttos usw. IV
45.
Zacher K. Kritisch-gramm. Par-
erga zu Aristophanes. IV 6.
Zanavikutis A. J. Statistique
des livres lithuaniens imprim^
en Prusse de Tan 1864 jusqu'ä,
la fin de l'an 1896. IX C 17.
Zawiliiiski R. Über den Ein-
fluss des Slovakischen auf die
poln. Bergdialekte. IX B 123.
Ziber (Sieber) N. I. Abriss der
primitiven Ökonom. Kultur. I
122.
ZiebarthE. Zur Überlieferungs-
geschichte kretischer Inschrif-
ten. IV 46.
Ziehen Th. Ideenassoziation des
Kindes. I 20.
— L. eöcTÖv. IV 81.
Ziemer Zur deutschen Sprach-
wissenschaft. I 136.
Zimmer EL Keltische Studien
346
Autorenregister.
'Ä
17. VII 15. — Kelt. Stud. 18:
Zur air. Grammatik. VII 26. —
Gramm. Beiträge. VII 27.
Zimmermann A. Spuren id
Namengebung im Latein.
45.
Zivi er £. Studien über den Ko-
dex Suprasliensis. II. IX B 44.
Zore L. Lexikalische Nachlese.
IX B 55.
Zubatv J. Die idg. Velar- und
Palatallaute. I 60.
Zünd-Burguet A. La phon6-
tique exp6rimentale appliqu6e
k l'enseignement des langues
Vivantes. I 26. — Applications
pratiques de la phon^tique ex-
p^rimentale. 1 27. — De la pro-
nonciation de Vs et du ch (d. i.
S), I 33.
Zupitza E. Etymologien. 187.
VI 19. VII 16. — Über Dop-
pelkonsonanz im Irischen. VII
11.
— J. Cynewulfs Elene *. VTII D
32.
Mitteilungen.
Die indogermanische Sektion anf der 46. Yersammlong
deutscher Philologen and Schnlmänner in Strassbarg i. £.
Tom 1.— 4. Oktober 1901.
In der ersten (konstituierenden) Sitzung vom 1. Oktober
wurden zu Vorsitzenden gewählt die Herren Proff. Osthof f-Heidel-
berg und Hübsch man n-Strassburg, zu Schriftführern Prof. Horn-
Strassburg und der Unterzeichnete. Ausserdem wurde die Vor-
tragsordnung für die folgenden Sitzungen bestimmt.
In der zweiten Sitzung vom 2. Oktober sprach als erster
Herr Prof. Osthof f-Heidelberg über den Hund im Indoger-
manischen. Nach einer Erörterung der Ablautsverhältnisse beim
idg. Stamm *kuuon- und einer Kritik der bisherigen Etymologien
begründet der Redner seine eigene Ansicht: Der Umstand, dass
der Hund bei den verschiedensten idg. Völkern seit alter Zeit in
erster Linie als Viehhüter diente, berechtigt zu der Annahme, dass
*kuuon- = *pkuiion- ist und eine Ableitung vom Stamme^ *peku-
'Vieh' darstellt. — Unser deutsches hund ist wohl = idg. '^kun-tö-s
(Suffix to-). — Auch die einheimischen slavischen Bezeichnungen
gehören zu *pekU' : suka 'Hündin* aus *pk€u-kä, phs% ist vermutlich
Kurzform eines Kompositums, etwa *pbso-strazh 'Viehhüter'; das h
von phsh ist derselbe Laut, wie er z. B. im Imperativ phci zu pekq
'ich backe' vorliegt.
An der Diskussion, in der es sich namentlich um den Voka-
lismus des lat. canis drehte, den 0. durch Einfluss von catvlus zu
deuten sucht, beteiligte sich ausser dem Vortragenden noch Dr.
Meltzer.
Es folgte ein Vortrag von Prof. Thumb-Marburg: über grie-
chische Elemente in den alten Barbarensprachen und
im Aibanesischen:
Mitteilungen. 34T
So gering die Reste der alten kleinas. Sprachen, sowie des-
Thrak., Maked., Illyr. sind, so genügen sie doch gerade, um das-
Yorhandensein griech. Elemente in denselben festzustellen, so z. B.
im Alt- und Jung-Phrygischen und im Thrak. Im Maked. scheinen
mehrere chronologische Schichten von griech. Lehnwörtern vorzu-
kommen, wobei freilich die Unsicherheit in der Frage nach
der ethnograph. Stellung des Makedonischen dem Zweifel Raum»
lässt, ob es sich um Entlehnung oder Urverwandtschaft handelt.
Für das Illyrische beweisen die messapischen Inschriften mit einigen
^iech. Wörtern die Thatsache des griech. Einflusses, während das^
Yenetische keinen positiven Ertrag gibt. Da nun aber das Alba-
nesische die Fortsetzung einer illyrischen Mundart ist, so kann auch
die Frage aufgeworfen werden, "ob das heutige Alb. altgriech. Ele-
mente enthält. Eine genauere Prüfung der griechischen Bestand-
teile des Alb. führte zum Ergebnis, dass unter denselben Worte
stecken, die in Folge ihrer lautlichen Form mindestens so alt wie
die lat. Elemente, z. T. sogar älter sind, also in altgriech. Zeit zu-
rückweisen. Es kommen etwa 25 Wörter in Betracht, von denen
etwa 10 Nutzpflanzen, die anderen verschiedene Kulturbogriife oder
religiöse Vorstellungen bezeichnen. Bei einigen Wörtern, die man
bisher als idg. Erbgut betrachtete (z. B. drapsn^ djarru), ist es nicht
ausgeschlossen, dass es sich um ganz alte griech. Entlehnungen
handelt. Die ganze Frage wird vom Vortragenden in einer beson-
deren Monographie behandelt werden.
Zu Bemerkungen nach dem Vortrag ergriffen die ProflF. Su-
chier und Kuhn das Wort.
An dritter Stelle sprach Prof. Hoops-Heidelberg über prä-
historischen Getreidebau in Nordeuropa; er verbreitete sich
hauptsächlich über das Alter der verschiedenen Getreidearten. Für
Einzelheiten verweist H. auf sein Werk "Botanik der Angel-
sachsen". Eine Diskussion über den letzten Vortrag war der vor-
gerückten Zeit wegen unmöglich.
In de!* 3. Sitzung (4. Oktober) behandelte zunächst der Re-
ferent das Thema "Zur italischen Flexion des Ind. praes.
von esse": Für die vom idg. Paradigma abweichenden Forme»
sum — sumus — sunt muss von vornherein eine solche Erklärung
den meisten Anspruch auf Wahrscheinlichkeit haben, die sie aLs-
einzelsprachliche Neuschöpfungen zu deuten versteht und zugleich
mit den oskischen Formen (1. Sg. som^ 3. PI. sent) fertig sind. Das-
ist auf folgendem Wege möglich: Zu der 3. PI. urital. *sent{i) wurde-
eine 1. PL *semo8 analogisch geschaffen, woraus lautgesetzlich *«o-
mo8 wie hemo — homo (lat. unbetont sumus). In der 1. Sg. wird
uritalisch aus idg. *esmi mit Apokope des Schluss-i etwa ein "^esTfi^
*e8em entstanden gewesen sein, dessen Ausgang -m natürlich der
Sekundärendung -m gleich empfunden wurde. Infolgedessen konnte
nach Proportionen wie Imperf. *esäm — *e8ämos (= lat. eram, erä-
mus) usw. die 1. Sg. nach *sa7nos aualogisch zu '*sam umgestaltet
werden. Im Uritalischcn lauteten also die drei Personen nunmehr:
*80in — somos — sentit), und damit stimmt das oskische som — sent
überein. Im Lateinischen, wo überhaupt die uuthematische En-
dung -entii) untergegangen ist, wurde der o -Vokalismus sekundär
auch auf die 3. PI. übertragen, also sont = sunt. — An der Diskus-
sion nahmen Teil die Herren Proflf. Hillebrandt, Osthoff und Dr.
Meltzer.
Des weiteren sprach Professor Horn-Strassburg über Ab-
laut undVrddhi. Die Analogie von Fällen wie aw. särah- : sarah- r
ai. iiraS' (statt *HrdS' idg. *kf'r4s-) 'Kopf, ai. sthämrä- : sthdvira- ^
Anzeiger XII 2 a. 3. 23
348 Mitteilungen.
sthürä' 'stark', ai. (RV.) dyäutnä- : aw. äyao&na-y ai. (RV.) märdVcä' :
mfdlkd' aw. mdr^zdika-y griech. f|eoc : löoc, griech. T^pac : ai. jaräs-
u. a., ferner ai. (RV.) sähd- : sahd- 'gewaltig', vähd- : vakä- 'ziehend',
(RV.) svänd' : svand- 'Schall', tärd- 'überwindend' : tard- 'übersetzend'
und andere Nomina agentis; sowie ai. (RV.) nähuäa- : ndhu^a- (von
ndhu,j-\ ai. (RV.) väpu^d- : vdpu^a- (von vdpu$'\ ai. (Br.) fnänasd- :
(RV.) Manasd' (von mdnas-), wo Ablaut vorliegt, legt den Schluss
nahe, dass Fälle, wo keine Doppelformen überliefert sind, wie ai.
<RV.) äyasd' 'ehern* (zu dyas'\ Säradd- 'herbstlich* {Sardd-), oder
(RV.) väsd' 'gehorsam* (Adj.) neben vdSa- 'Wille* aw. usah-, (RV.)
pär^vd' 'Rippengegend' neben pdriu- aw. par»«w- 'Rippe, Seite*, ai.
ärjavd- 'Geradheit* g. aw. är^zva- 'Gutthat' neben fjü- bezw. 9r*zu-
gleichartig zu beurteilen seien. Ärjavd- är^zva- zeigen Dehnstufe
in erster Silbe der zweisilbigen Basis neben solcher in der zweiten
in aw. räz-ar- (Hirt), wie auch ai. avif g. aw. ävis "offenbar* (Bildung
wie griech. x^P^c u. a. nach Barth olomae Grundr. iran. Philol. I, 1,
143 § 254. 2 gegen Johansson KZ. 23, 508 Anm. 1) zu ksljave griech.
<xlc96vo^ai usw. und andere. Die charakteristische Bedeutungsver-
änderung der ai. Vrddhi ist aber gewiss ursprünglich auch in formell
genau analogen litauischen Bildungen anzunehmen, wie sziaurys
*Nord', d. i. idg. *keurio- eigentlich 'auf den Nord (lat. Cawnis idg.
*kdurO' ahd. skür) bezüglich' oder in kiduras 'durchlöchert' gegen
kiürti griech. cüpiY£, wennschon sie hier nicht mehr empfunden
wird. So ist auch ai. (AV.) väira- 'feindlich, Feindschaft' sichtlich
eine sehr alte Bildung, da von der Beziehung zu vird- 'Mann' keine
Spur mehr durchschimmert (ähnlich RV. säktä- 'Lehrer' zu idkti-
•Kraft' u. a.).
Eine Durchsicht des altiranischen Materials hat noch einige
Vrddhibildungen mehr ergeben, als man bisher zusammengestellt
hatte. Aber auch im Griechischen findet sich Vrddhi. Dass hier
die Dehnungen in riv€MÖ6ic, i^inaGöeic usw. (Brugmann Grundr. 2. 107
Anm. 1, Schulze Quaest. ep. 147/8) nicht etwa als altererbt in Be-
tracht kommen werden, hat Wackernagel in seinem "Dehnungsge-
setz" (1889) gezeigt. Mit demselben Gelehrten wird man ferner
i?lvopdTi (der Nachbildung aus -i^vuup stark verdächtig trotz der. dvöp-
€oc, Schulze a. a. 0. 147 Anm. 3) u. a. als sekundär erklären müs-
sen. Aber Vrddhi zeigen griech. rrmeXiic (nur lexikographisch, doch
TTmeX^u) u.a. sind belegt) neben TäiLiiac; CTtu^uXcc zu ctömoi; rjXcKTpov
f|X^KTUjp (zu ai. drcatiy also '^ärktram *ärkta7'-) — dX^KTUjp 'Hahn'
mag ganz davon zu trennen sein; T*|p^^a zu aw. ah'-iyna- usw. (Bar-
tholomae IF. 7, 60/1) — sind in diesen Fällen Anaptyxen anzuneh-
men, die das Kürzungsgesetz paralysierten? — ; fjXioc aus *caF€Xioc
vergl. ai. Savitär--^ rjt6eoc 'unverheirateter junger Mann', aus *]'|Fie-
-cFoc, vergl. idg. *euid.heyä 'Wittwe' (etwa auch i^XaKdrn neben lit.
lanktis usw. nach Bezzenberger; Basis elenq?)\ fiiT€ipoc äol. atreppoc
zu ai. dpara- ( Prell witz) ; riTdöeoc neben dYo6öc got. göds usw. (nach
Johansson BB. 13, 115/7 'Gleichgewichts- oder Schwebeablaut'). Fer-
ner Xaiov (dor. tö Xaiov) genau = ai. lavyam 'was geschnitten wer-
den muss'; hr\ioc = ai. dävyd- (zu dunöti); fjiov 'Speise, Reisekost*
nach Baunack KZ. 27, 562 aus *Friciov zu Wz. ves- 'essen', nach L.
Meyer Handbuch d. griech. Etymologie 1, 603 aus *iPiF€Ciov; ujä 'als
Badegürtel dienendes Schaffell' (L. Meyer; sonst gewöhnlich 'Schaf-
rolz' — L. Meyers strenge Kontrolle der bisher gänge und gäben
B cd ("U Tineen ist höchst dankenswert) zu öic 'Schaf, ai. äi-ia- 'zum
Schalgist hlcfht gehörig'; f^vic etwa 'jährig' zu ^voc 'alt* €voc 'Jahr'.
Griech. iböv .ugiv. üjFeov 'Ei' (nach Benfey 'vom Vogel herkommend',
vgl. oiiuvöc) lat. ömim np. xäya ist, wenn man die Deutung annimmt.
Mitteilungen. 349
indogermanisch. Der Vrddhi sind noch manche Worte verdächtig,
wie ciTifiXoiov (ciTifiXuYE lat. spUuncä) : cir^oc, \ir\K€hav6c : imaKebvöc, /jircb-
avöc : dKibvöc (Fick BB. 18,138) usw. usw.; t^uc ist dagegen Ablaut
56U Wc (idg. Noni. Sing. *ev98-us griech. /|uc; Akk. 4v9S'Um in griech.
ivc got. ius-iza Hirt Nr. 670; Gen. Sing, ^veseüs in ai. vd«-tt-usw.;
eine völlige Schwundstufe vielleicht in ai. s-ü aw. h-u- ap. (ä)-m-
f riech, ö-th^c [Brugmann], etwa ursprünglich Neutr. Sing.). Zu
retschmers (KZ. 31, 454 ff.) lateinischen Vrddhibildungen vergl.
Solmsens Studien zur lat. Lautgesch. 82 ff. (aw. näuma- steht sicher
nur graphisch neben n<ioma-y s. Bartholomae Grundr. iran, Phil. I,
1, 157 Nr. 33). Auf Kretschmers Aufsatz war der Vortragende übri-
gens erst wieder gestossen, als er sich schon selbst seine griechi-
schen Vrddhifälle gesammelt hatte. Jedenfalls ist Vrddhi auch in
anderen indogermanischen Sprachen zu finden, nur wird das Kür-
zungsgesetz, das in einem gewissen Umfange doch allgemein aner-
kannt ist, viel Material heute unkenntlich gemacht haben.
Einzelne Bemerkungen zum Vortrag machten die Herren ProfF.
Osthoft*, Nöldeke, Thumb und Bartholomae.
Darauf berichtete Prof. Bartholomae-Giessen über sein Alt-
iranisches Wörterbuch: Redner setzte die von ihm bei Verwer-
tung und Anordnung des Materials befolgten Prinzipien auseinander
und teilte verschiedene neue Einzelheiten mit {azdya 'Fett* aus
*mzd' zu deutsch inast usw., ein Absolutiv asrut9m usw.). Nach
dem Vortrag spricht Prof. Hübschmann im Namen der Sektion seine
Freude darüber aus, dass die Wissenschaft bald mit dem Altirani-
schen Wörterbuch, als einem neuen Markstein in der Geschichte der
arischen Philologie beschenkt werde. Weitere Bemerkungen über
Einzelnes machen Profif. Leumann und Nöldeke.
Als Vierter sprach Prof. Leumann-Strassburg über die.
vierte Prilsensklasse im Sanskrit: Nach Behandlung der spe-
ziellen Bedeutung dieser Verbalstämme und Konstatierung der That-
sache, dass zu der weitaus grössten Anzahl derselben Participia
praet. pass. auf 'ita- vorliegen, kommt der Vortragende zu dem
Ergebnis, dass das Praes.-Suf fix -ya- in i-\-a aufzulösen ist und dem-
nach eine Denominativ -Ableitung von i- Stämmen darstellt. — An
der Diskussion beteiligen sich Proff. Hübschmann, Bartholomae,
Osthoff, Kuhn und der Referent.
Der Leiter der Sitzung, Prof. OsthoflF-Heidelberg, dankt den
Mitgliedern der Sektion und speziell den Vortragenden für ihre
Mitarbeit. — Zum Schlüsse dankt Prof. Bartholomae den Vorsitzen-
den für ihre Mühewaltung.
Sämtliche Sitzungen der idg. Sektion waren gut besucht, so-
wohl von Indogermanisten als auch von selten der Orientalisten,
klassischen Philologen, Romanisten und Germanisten.
Leipzig. Ferdinand Sommer.
Tom Thesaurus llngnae latinae
«ind folgende Lieferungen erschienen:
Vol. I Fase. II: absurdiuf — acuo.
Vol. II Fase, l: an — aplüda, adplüda.
Vol. II Fase. II: aplüdus — Ardahur.
8(0 Mitteihmgen.
PerBonaUen.
Am 4. Juli d. J. starb zu Berlin der ordentUche Professor der
vgl. Sprachwissenschaft Geh. Beffiemngsrat Dr. Johannes Schmidt
iSne ausführliche Würdigung der Verdienste Schmidts um die Ent-
wicklung der idg. Grammatik wird später im Anzeiger erscheinen.
Prof. A. Tnumb an der Universität Freiburg im Breisgau ist
als ausserordentlicher Professor der vgl. Sprachwissenschaft an die
Universität Marburg berufen worden. — Prof. Ali^d Ludwig an
der deutschen Universität in Prag ist mit vollendetem siebzigiiten
Jahr in den Ruhestand getreten.
Prof. K. Brugmann an der Universität Leipzig wurde zum
Ehrenmitglied der ''Sudapester Philologischen Geseluchaft" ernannt
Berlehtigniigeii ^).
Dr. Zupitza hat sich in Berlin für idg., nicht für allge-
meine Sprachwissenschaft habilitiert, wie auf Grund der Zeitungs-
nachrichten Anz. 11, 274 mitgeteilt war. — Nicht Prof. Friedrich
Stolz, sondern der Mathematiker Prof. Otto Stolz wurde zum
korrespondierenden Mitglied der KgL Akademie zu München ernannt
(IF. Anz. 11, 274).
Anz. 12 AbteUung U A*l und 1 (S.176 und 191) Ues L. Scher-
man statt Schermann.
1) Durch Versehn beim Formieren des letzten Anzeigerheftes
weggefallen.
ben erschien: Lex. 8^ XL, 1048 S. 1901. Broschirt ^M 27.—,
in Halbfranz gebunden tM 30. — :
REALLEXIKON
DER
[DOGERMAlSriSCHEir ALTERTUMSKUOE.
GRUNDZÜGE
EINER
KULTUR- UND VÖLKERGESCHICHTE
ALTEUROPAS
VON
O. SOHRADER.
STRASSBÜRG,
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1901.
Inhalt.
I. Vorrede p. VII— XL
II. Reallexikoü S. 1—1006
III. Anhang S. 1007—1048
1. Nachträge und Berichtigungen . . S. 1008—1026
2. Litteraturnachweise S. 1027—1046
3. Sprachennachweise (Abkürzungen) . S. 1047 — 1048
Dureil Franz Bopp und die von ihm begründete Vergleicbende
GrammaHk ist festgestellt worden, dnss die meisten Sprachen Europas,
Eiämlicb das Griecbiscbe, das Lateinische mit seiner romanischen Naeh-
1(0111 menecbaft, das Keltische, Germanische, Litauische^ Slarische und!
^Ibanesiache zusammen mit verschiedenen asiatischen Sprachen, dem
Indischen, Iraniseben und Armenifichen, eine Spracbeinheit in hiato*'
Tischem Sinne bilden. Die Verwand taebaft aller dieser Spraebeu kann
algo nur unter der Annahme verstanden werden, dass sie von einer
ihnen allen ku Grunde liegenden (indogermanischen) Ursprache ab-
stammen, die von einem (indogerraaniscben) ü r v o 1 k gesprochen
Worden sein niuss. Diese Forderung eines indogermanischen Ürvoika
aber eröffnet zugleich für die gesehicbtliebe und kultnrgescbicht-
liche Forschung einen weiten Ausblick. Denn es ist klar, dass, wie
etwa die griechische oder lateinische oder deutsche Grammatik uicht
ohne Kenntnis ihrer indogermanischen Vorgesebicbte veretanden werden
kann, so auch die Geschichte der materiellen und geistigen Kultur
^er indogermanischen Völker nns erat dann vollkommen deutlich werden
"vird, wenn es gelingt, ihre Wurzeln in der indogermanischen Urzeit
aufzuspüren.
Für diejenigen wissenschaftlichen Bemühungen, welche auf dift>
Lösung dieser Aufgabe gerichtet siad, bat sich mehr und mehr
die Bezeichnung Indogermanische Altertumskunde festgesetzt,
deren Forschungsgebiet also dieZeitrilume von deu erslen nachweisbaren
Znsanioienhängeu der ludogcrmanen bis zum Anheben der ältesten
hifitorischen Nachrichten bei den Einzelvölkem umfasst, und es fragt
aicb zunächst, welche Mittel der Wiesenschaft zur Verfügung siebn,
lim in Epochen einzudringen, aus denen nalurgeniäss jede ecbriftliche
Kande fehlt. Diese Mittel sind teils sprachliche, teils sachliche,
oder, wenn man lieber will, teils sachliche, teils sprachliche. Da-
ea aber zweifellos die Spracbwissenschaft gewesen ist, die sich'
zuerst deu hier gestellten Aufgaben widmete, so wird es gcslattei
sein, mit der Cbarakterisiernug ihres Anteils an den Bestrebungen der
ladogermaniscbeu Altertumskunde zu beginnen.
k Indem die Vergleiebende Sprachwisaenschaft den Wortschatz d«
inttanisohen Ursprache erscldiessl, geWßgl ta Wvt iia^^vä«. \söä
4
I
I
•stellen, welche Kaltarbegriffe schon damals ihre Bpracbliche Ansbildong
gefnnden hatten. Aus zwei nrt'erwandten Gleichungen wie scrt. dn-,
griech. oT^, lat. ovis, ahd. ou, lit. awls, altst. ovica imd ecrt. ü'rnd, lat.
•läna, got. tvulla, lit. tcilna, altsl. vlüna lernen wir, dass das Schaf
nnd seine Wolle dem ürvolk beieita bekannt waren, ans scrt. däma-,
griecb. bö^o^, lat, domug, altsl. domü und scrt. dvä'rätt, griech. 6üpo,
lat. fores, got. datir, Ht. ditrys, altsl. dvlrl, dass mau schon damals
Htttten mit Thüren besaas, aus einer Spracbreihe wie scrt. ruiJAird-,
griech. ^puOpö?, lat. ruher, got. rauds, ir. rüad, altsl. r&dru ersehen
ivjr, dass der Begriff des Rots, aus einer solchen wie sert. ^cä^ra-,
griecb. ix.\ip6^, lat. socer, kom. hvigeren, got. swaihra, lit. szesziürtu,
altsl. yceArü, daBS der des Schwiegerrerhältuisses, aus einer
solchen wie scrt. devä-, altlat. deitos, altu. tivar, lit, di&waa, dass die
Vorstellung von himmlischen Wesen sprachliche Ausbildung ge-
funden und also in den Gedanken- und Kulturkreis der Uraeit bereits
eingetreten war u. s. w.
In der That sollte man meinen, dass Scblussfolgerungeo wie die
hier angeführten so klar und unmittelbar aberzengend seien, dass
ein vernOnftiger Zweifel an ihnen Dicht gestattet wäre. GleicbwobI
sind in jüngster Zeit zwei Gelehrte, G. Kossinnn (Z. dea Vereim
für Volkskunde VI, 1 ff.) und P. Kretschmer (Einleitung in die
Geschichte der griechischen Sprache 1896, Cap. 2 und 3) ziemlich
gleicbzeiüg mit der zwar im Grunde auf der Verallgemeinerung eiues
V. Hehnseheu Gedankenganges (vgl. Vf. V. Hehn Ein Bild seinei
Lebens und seiner Werke 1891 S. 56 ff.) beruhenden, aber in dieser
Verallgemeinerung neuen Behauptung hervorgetreten, dass alle der-
artigen Schlüsse, wie sie von A. Euhn (Zur ältesten Geschiebte der
indogermanischen Völker. Berlin 1845) bis auf die Gegenwart an-
standslos gezogen wurden, Trugschlüsse seien, und der vergleichenden
Sprachforschung für die Ermittlnng der ursprünglichen Kulturzuslände
der Indogermancn nahezu jeglicher Wert abzusprechen sei. Da es sich
hierbei um Einwendungen zweier ebenso gelehrter wie scharf sinnigier
Forscher handelt, wird es nötig sein, sich ausführlicher mit ibuea ab-
zntinden. „^'^ ^"^ Spraeherscheiuungeu", so lässt sieb etwa der
Gedankengang P. Kretscbmers zusammenfassen, „haben sich auch die
sogenannten Knlturwürter über das idg. Sprachgebiet wellenförmig und
allmählich ausgebreitet. Eine „gemeiniudogermanteche" Gleichung wie
scrt yugäm, griech, tvtöv, lat. itigum a. s. w. ,Joch' ist in dieser
Beziehung prinzipiell nicht anders zu beurteilen, wie die Überein-
stimmung von scrt. pippaW, griech. ir^Trepi, lat. piper u. 8. w. , Pfeffer',
die nachweislich erst in historischer Zeit und durch historische Vi
gänge zu Stande gekommen ist. Da nun derartige KulturwörtM
ganz verschiedenen Zeilen, "m ^wn. iftWÄVve.dawat Auadehni
von ganz verschiedencin k«%g&o?,?.\»'Q.tiY^«tt. «as- «vÄi^- '
uiisioriticue t ur-
KulturwörtAT sb
^aadehQ|^^^^■
Vorrede.
80 ist es unmöglich, durch Addition solcher Knlturwüiteneiheu eiik
einheitliches Bild „urindogermanischer^ Kultur za erhalten. Man ist
also nicht imstande, die Euttnrverhältnisse einer bestimmten fernen
Periode der Urzeit ta ermitteln. Man muss daher damit aufhüren>
„aus den blossen Wortglcichnngen KulturgeBchicbte herausdesÜllieren
zu wollen", nnd kanu dies nmsomehr, „als uns die Eeste attindoger-
manischer Kultur selbst durch die Prähistorie in reicher Fülle vor die
Augen gerückt sind". Ganz ähnlich äussert sich Kossinnn a. a. 0. S. 5i
„Hier (d. h. bei Fällen wie got. ulbandas aus lat. elepkantttg) wiaaeB'
wir nun, dasa wir es mit Lehnworten zu thun haben. Sobald wir aber
za älteren Zeiträumen hinaufsteigen, für das Germanische etwa zu
dem Beginn des ersten Jahrtausends v. Chr., einer Zeit, deren Kultnr-
znstaud durch die Archäologie völlig klar gelegt worden ist, so fehlt
ans bis jetzt jede Möglichkeit, Lebnworte dieser Zeit mit den Mitteln
der Sprachforschung als solche zn erkennen. Wir kommen so zu der
(zweiten) Frage: Ist ein scheinbar urindogermaniseliea Wort nicht viel-
mehr ein Eigentum nur einer der idg. Einzcigprachen nnd in den
andern ein späteres, wenn auch immer noch vorhistoriscfaeB Lehn-
wort? In solchem Falle entfällt natürlich die Berechtigung, es der Ur-
zeit zuzuschreiben."
Beide Gelehrte stimmen also darin Uberein, dass sie gewisM'
Sprachreihen , die man bisher „urverwandt" nannte , als „Lebn-
worte" bezeichnen, und da selbstverständlich eine knlturhistoriach
wichtige Gleichung, wie das oben genannte sert. ytigd- = grieeh. ^irföv
nicht anders beurteilt werden kann als eine solcher Bedeutung ent-
behrende Reihe (z. B. sert. üjämi, armen, acem, grieeh. äfio, lat. ago,
ir. agat ,agaut', altn. aka), da ferner (nach Kretschmer S. 33) auch
die Verbreitung lautlicher, formaler und syntaktischer Neuerungen nur
graduell verschieden von derjenigen lesikaligcher Übereinstimmungen.
war, 80 kann man sagen, dass für Krctschmer und Kossinna sich die
ganze idg. Sprachverwandtschaft in eine unendliche Kette von Ent-
lehnungen auflöst. In der That läset sich gegen eine derartige Anschauung
theoretisch nicht viel einwenden, ja, sie muss bis zu einem gewissen.
Grade als selbstverständlich bezeichnet werdeu. Denn wie sollte mau sich
die Entstehung einer Gleichung wie sert. ]}ac, grieeh. tt^oöuj, lat.
ct)quo, slav. pekq für .kochen' oder acrt. sie, griecli. koctöuiu, lat. sua,.
got. siuja, lil. niuicü fllr ,nähen' anders vorstellen als so, dass solch«
Wörter an einer bestimmten Stelle des vorhiatorischen Sprachgebiete
zuerst aufkamen und sich von da Über das übrige Sprachgebiet durch
Entlehnung von Individuum zu Inilividuum, von Stiimm zu Stamm
breiteten? Die Hauptfrage für die idg. Altertumskunde scheint niiE
dabei, worauf ich schon vor längerer Zeit (vgl. a. a. 0. S. 59) hingewiesen
habe, „nicht die zu sein, ob hier Urverwandtschaft oder Eutlehnnn
vorliegt — zwei in der That in jenen alten Zeiten in &itLa.Q.dat ö.h«
ts
i
{
gebande Begriffe — , soiideiti nb wir uns die Entstehnng solcher
Gleicbnngeii uocli in einer Zeit denken dürfen, in welcher die idj..
Vjilker bereits in ibreu histonEcheD Wotinsitzen angekommen waren,
oder ob wir sie in eine Epoche verlegen müssen, io welcher die iilg.
Völker wie Bpracblich so räumlich einander näher standen nnd keine
allopbjlen Elemente sieh zwischen sie geschoben hatten". Da niu
P. Kretsehmer S. 'A'2 ausdrücklich Gleiebnngen wie die oben <renannteD;
als npräfaistorisehc Termini" bezeichnet, und mit unzweidentigea
Worten zugiebt, das» zu der Zeit, da sie sich verbreiteten, ^anders'
sprachliehe und ethnische Zustände, eine andere geographische Ver-
teilung der idg. Stämme bestand, als sie ans im Beginn der Geschichte
entgegentritt", da ferner auch Kossinna lediglieh von vorhiatoriscbco
Lehnwörtern spricht, bo scheiot mir der ganze Gegensatz zwischen
der bisher nbliehen Autfassung und derjenigen Kretachmerd nnd Kussinnaa
lediglich anf ein Spiel mit Worten oder hüehstens anf eine Verschieden-'
heit des Standpunkts der Beobachter hinanaznlanfen, insofern man mit
dem Ausdrock ^Entlehnung" mehr den Prozess der Entstehung der-
artiger Gleichungen, mit dem Ausdruck „ürverwandtscbart" aber mehr'
das B c h 1 i es« liehe Ergebnis, wie es sich von den historisch be- 1
zeugten Epochen ans darstellt, ins Auge fasst. In jedem Falle aber '
bleibt, worauf alles ankommt, der ans solchen Gleichungen »ich er- 1
gebende Schlnss, dass die von ihnen bezeichneten Gegenstände oder 1
Begriffe schon in vorhistorischer Zeit bekannt oder lebendig gewesen '
sein müssen, in seiner Bedeutung unangetastet. Ob ich z. B. mit H. Hirt <
(Gcogr. Z. herausg. von A. Hettner IV, 1898 S. 381) so sage: „Aii8|
den historischeit Zeiten führt uns die Sprachwissenschaft in die prä-
historischen zurück. Zu dem wenig(?) sicheren, was sie nns lehrt,
gehört, dass die Indogermanen im Besitz des Wagens waren.
Die Bezeichnungen fUr seine einzelnen Teile stimmen bis ine kleinste
aberein", oder ob ich mich mit Kretsehmer S. 49 über deuselbes
<3egenstand so ausdrücke: „Ähnlich zeugen die gemeinindogemnanisebea
Wörter, als Lehnwörter betrachtet, für alte Knlturbeziehungen zwiscbeit
den idg. Stämmen. Wenn sich die Bezeichnungen des Wagens nnd
seiner einzelneu Teile, das Wort für ,fahren' u. s. w. in fast allen idg,
Sprachen decken, so wird es eefar wahrscheinlich, dasa sieb die Er-
findung des Wagens von einem Punkte aus (wohlgemerkt m
einer Zeit, „da andere sprachliche nnd ethnische Zustände, eine andere
geographische Verteilang der idg. Stämme bestand, als sie uns im
Beginn der Geschichte entgegentritt" s. o.) über das ganze idg,
Gebiet verbreitet hat", — das, sollte ich meinen, läuft im Wesen
der Sache auf ein und dasselbe hinaus.
Allein im Grunde folgert Kretsehmer die angebliche Unf&bigki
-der SpiachvergleicUung Ittr k\iV\,wc\\\fttfli:ische Zwecke weniger
Charakter der eiti7.6\ue\i Cj\wc\i'a\\^«&, ?!«. w», isa&Xi'
he Unf&bigkeit.
»liger mJiJ
r
\^orrede. xr '
es nicht möglicli sei, durch AdditioD derselben die Kullurver-
hültnisse einer bestimmteu fernen Periode der Urzeit zu er*
mittelo. Hierbei ist nun zuvörderst zu bemerken, dass genau dii^elbe,
was hier von der Ersoiiüc^sung einer »rindo^ermaniseben Kultur durch
sprach venvandle Gleichungen gesagt wird, von der Erschliesaung
einer urindogermaniscben G-rnndsp räche überhaupt gilt. „Be-
Bondera ist dabei zu betonen", sagt K. ßruguiann Grundrisa I', 24,
^dass die von uns liou^itrnierten Grundformen zusammengenommen
keine Sprache ergehen, die von einer einzelneu gesehlossenen Sprach-
genossensehaft in einem bestimmten Zeilpnnkt gesprochen worden ist.
Diese Formen haben vielmehr verschiedenen Gegenden und verschiedenen
Zeitaltern augehört. Blan kauu sie zusammcu nur in dem Sinn die
idg, Ürepracbe nennen, wie man etwa von der „deutsehen Sprache"
anch dann redet, nenn man ihre ganze Entwicklung in christlicher
Zeit bis beute mit allen dialektischen Verzweigungen meint. In dieser, im
Liebte der Geschichte siebenden Entwickluug können wir für bestimmte
Zeitpunkte und bestimmte Gegenden die Sprache fixieren, z. B. für
ea. 1000 n. Chr. die Sprache des eüdwesllichen Gebietes der Alemannen.
Für die uridg, Periode ist das unmöglich." Trotz dieser ohne
Zweifel richtigen Erwägungen nimmt Brugaiaun bekauntlich keinen An-
ßtoBS, nicht nur einzelne urindogernianiecbe Grundformen, sondern auch
ganze Paradigmata derselben zu ei-sehliessen. Welche Logik würde es nun
sein, ein derartiges in Wirklichkeit ja allgemein geübtes Verfahren zwar
zu billigen, es aber auf der anderen Seite zu tadeln, wenn etwa
B. Delbrück am Schlüsse seiner Abhandlung über die idg. Ver-
wand tsebaftsitamen eine „Übersicht über die Verwandtschaftsnamen
der idg. Urzeit" giebt, oder J, Schmidt in seiner Arbeit über die
m Urheimat der Indogermanen (S. 22) die idg. Bezeichnungen der einzelnen
^■Jahreszeiten zusammenstellt, um so ein Bild der Jahreseinteiliing des
V jjindogermanisehen ürvolks" oder „unserer Urväter" zu gewinnen?
'- Mögen immerhin derartige Zusammenstellungen, deren hypothetischen
Charakter ja niemand verkennen wird, manches chronologisch nneben-
mässige enthalten, gegenüber der Bedeutung solcher prähistorischer
Hilfskonstruktionen für das Verständnis der historischen Zustünde
werden wir über diese Mängel unserer Methode hinwegsehen, und wir
werden dies um so leichter können, als wir allen Grund zu der An-
nahme haben, dass die vorhistorische Kultur- wie Spraehentwicklung
der Indogermanen eine im ganzen gleiehmässige, stätige und langsame
gewesen sei. Um ein konkretes Beispiel zn gebrauchen; Ich gebe
ohne weiteres zu, dass die idg. Gleichungen für ,Rind', ,Wagen',
,Schwiegertochter', ,Schwiegervater' sich zu verschiedenen Zeiten bei
den Indogermanen festgesetzt baheu können, verstehe aber erstens .
v^noht, inwiefern hierdurch etwas an der Erkenntnis geändert werd^^^H
^BlKdlte, djiss Sind und Wagen ein schon pi<)et.UatQiihev Be9<itt dec Iiy^^^|
germanen siud, sowie dass in der idg. Familie das SchwiegerverhäUnis
aehon in vorhistorischer Zeit aiiBgebildet war, und wftrde zweitens
denjenigen nicht einer tlbermä&sigen Kühnheit beschuldigen, der (etwa
bei Besprechnng urzeitlieher Hoehzeitsbräuche) mit der Möglicbkeii
rechnete, daes schon die idg. Schwiegertochter auf rinderbespanntem
Wagen in das Haus des Schwiegervaters gefahren sei, also das gleich-
zeitige Vorhandensein von Rind und Wagen, Schwiegertochter und
Schwiegervater in der Urzeit annähme.
Wenn demnach die Bedenken gegen die knUnrgesehicfatliche ,
Verwertbarkeit der Sprachvergleichung, die aus der Möglichkeit zeit-
licher Verschiedenheit der idg. Gleichungen abgreleitet werden könnteo,
za denjenigen Überkritischen Einwänden gerechnet werden können, die
Kretschmer S. 99 als „in der Theorie unwiderleglich", „im gegebenen
Fall aber ganz und gar unwahrscheinlich" bezeichnet, so ist hier da-
gegen noch kurz die unleugbare Thatsache der räumlichen Vfr-
achiedenheit, d. h. der verschiedenen geographischen Verbreitnng
eben dieser Gleichungen zu erörtern. Man spricht von gemeinindo-
^ermanischen Gleichungen, an denen alle idg. Einzelsprachen teil
haben, und von partiellen Gleichungeo, bei denen dies nicht der
Fall ist, die also auf 2, 3, 4, ö a. a. w. Sprachen beschränkt sind. Bei
näherem Zusehen zeigt sich aber, dass im Grunde eigentlich nur von
partiellen Gleichungen gesprochen werden kann, da die übereinstimmende *
Benennnng eines KulturbegrifTs in wirklich allen idg. Sprachen iu
den grüssten Seltenheiten gehört. Durch solche partiellen Übereiii'
Stimmungen werden nun die idg. Einzelsprachen in al.'-T- nur denk-
baren Gruppiernngen und Verhältnissen mit einander verbanclcn, Sie
sind häufig zwischen benachbarten Sprachen, z. B. zwischen Slaviscb
und Germanisch, and zwischen wahrscheinlich ursprünglich be-
nachbarten Sprachen, z. B. zwischen Litn-Slavisch und Iranisch, sie
kehren aber in grosser Anzahl auch zwischen weit von einander ge-
trennten Vfilkern wie Kelten und Indern, Litauern und Italikem {vgl
Kretschmer Cap. V) wieder. Die uns interessierende Frage ist nun:
Haben an solchen partiellen Gleichungen auch die llbri^n idg. Sprachen
einstmals teil gehabt und das betreffende Wort im Laufe der Zeil ver-
loren, oder war die Bezeichnung eines bestimmten Kulturbegriffs von
Anfang an auf einen grösseren oder geringeren Teil des vorhistorischen
Sprachgebiets beschränkt? Offenbar ist beides möglich und hat beides
stattgefuniteu. Was aber im einzelnen Falle anzunehmen ist, wird sieb
zwar zuweilen mit einiger Wahrscheinlichkeit, niemals mit unfehlbarer
Sicherheit entscheiden lassen. Die Sache läge anders, wenn wir über
die Art der Anflösung der idg. Sprach- und Völkergemeinschaft nnd
die anfs engste damit zusammenhängende Frage der engeren Ver-
wand tsehaftsverbälltüaift 4e.t \ii6.N'£)VV.«t btsaec unterrichtot
«ir es in der Thal sind. So *'ow "vA ?^«a esKiK^ ■äöosa».,
i:
Vorrede. XHI
dieser Beziehung wissen, immer noch lediglich die Thatsache einer
näheren Verwandtschaft zwischen Indern und Iraniern {Ariern), Litaoern
nnd Slaven. Speziell arische und litu-slavische Gleichungen (z. B. sert.
aö'ma- = aw. haoma-) wird man daher nicht zur Erschliessung der idg.
Urzeit verwenden können. Aber auch wo zwei nicht näher verwandte
Völker, wie Slaven und Germanen, oder Germanen und Kelten nach-
weisbar durch Jahrtausende lange Nachbarschaft mit einander ver-
banden sind, wird man bei ausschlicBslich auf diese Völker beschränkten
Gleichungen (z. B. bei got. gulp = altftl. zlato oder got. eisarn- = ir. iarii),
wenigstens zunächst, an einen relativ späten Kulturaustausch lediglich
zwischen diesen beiden Vtllkern zu denken haben. Alle übrigen Glei-
chtmgen, gemeinindogermanische wie partielle, wird mau nach Lage der
Dinge in gleicher Weise als „indogermanisch" bezeichnen müssen und
ans ihnen schliessen dürfen, dass der von ihnen bezeichnete Kultur-
begriff innerhalb des vorhistorischen Sprachgebiets der Indogennanen
in grösserer oder geringerer Ausdehnung seine sprachliche
Ausbildung gefunden hatte. Es wird dabei für die Kulturgeschichte
darauf ankommen, alle etymologisch übereinstimmenden Bezeichnungen
eines bestimmten Kulturbegriös zusammenzustellen. Finde ich z. B.,
dass die Milch (s. d.) einerseits übereinstimmend im Indischen und
Altpreussischeu, andererseits im Griechischen und Lateinischen, drittens
im Keltischen und Gei-manischen u. a. w. benannt wird, oder dass ftlr
den Begriff des Eides (s. d.) urverwandte Ausdrücke erstens im
Indischen, Griechischen, und Italischen, zweitens im Slavischen nnd
Armenischen, drittens im Keltischen und Germanisehen bestehn, so
werden derartige partielle Gleichungen zusammengenommeu dem
Vorhandensein einer gemeinindogermanischen Sprachreihe gleich-
kommen (s. auch die methodologische Erörterung der idg. Ziegennamen
u. Kupfer und Ziege). Einer besonderen Erwägung wird es dabei
bedürfen, wenn man ganze und grosse Gruppen bedeutungsverwandter
ÜbereinstimmungcQ (s. z. B. u. Ackerhau und tt, Wald, Waldbäume)
auf bestimmte Sprachen beschränkt findet.
Wenn ans dem bishengen hervorgebt, dass Glieder einzelner
Wortgleichungen im Laufe der Zeit verloren gegangen sein können,
so ist ein solcher Verlust natUrlicli ancb bei ganzen Gleichungen
möglich. Es geht also nicht an, obne weiteres aus dem Fehlen der-
selben für bestimmte Begriffe negative Schlüsse auf die Kultur der
Urzeit zu ziehen. Eine so grosse Binsenweisheit dies ist, so schiessen
doch andererseits kategorische Bclianptungen wie die Kretschmers
S. 68: „Damit ist dieses (nämlich dass man aus dem Fehlen des west-
idg. Namens des Salzes bei den ladoirauiern nicht schliessen dürfe,
dass diese das Salz nicht gekannt hätten) nnd Jedes lexikalische
argumentum ex silentioad absurdum geführt" oder die Hirts (Beils
rr AUg. Z. 1898 Nr. 51 S. 3): „Cnd dann iftt am dem Fehlen i
I
XIV Vorrede.
Worten überhaupt niemals etwas zu eracbliessen" Uber das Ziel
hinaus. ZuDäcbst wird ein Unterschied zq machen sein, ob es sich nm das
Fehlen von Gleichungeu für einen einzelnen Begriff oder für gauie
Begriffskategorien bandelt, wie ein solches it. B. auf dem Gebiet
des Fischfangs (s. d.) gegeoüber dem der Jagdtiere (s. n. Jagd),
auf dem der Schiffahrt (s. d.) gegenüber dem des Wagenbana
(s. u. Wagen), auf dem der Blumenzucht gegenüber dem Acker-
bau (g. s. d. dO n. B. w. beobachtet werden kann. In allen diesen
Fällen würde es unmethodisch sein, wenn mau das Fehlen oder die
Armut der Terminologie auf dem einen Gebiet gegenüber dem
auf dem andern herrschenden Reichtum lediglich aus dem Aus-
sterben einst vorhandener urverwandter Gleichungen erklären wollte.
Aber auch bei dem Fehlen urverwandter Ausdrücke für einzelne
Begriffe wird man immer die begleitenden Umstände in Erwägung
ziebn müssen. So nimmt z. B. Delbrück in seinen Verwandtschafts-
namen au, dass es ein idg. Wort für den Begriff der Ehe und ein
solches für den des Witwers noch nicht gegeben habe nnd folgert
dies, ansser aus dem Fehlen urverwandter Gleichungen, in dem einen
Fall auch daraus „daas in den Eiuzelsprachen, welche sich auf einer
altertümlichen Stufe gehalten haben, kein derartiges Wort (wie „Ehe")
vorhanden sei", nnd in dem anderen auch daraus, „dass wir in den
meisten Einzelspracben beobachten, wie neben das alte Wort ftlr Witwe
ein jüngeres Wort für Witwer tritt". Ähnlich wird man das Fehlen
eines idg. Wortes für Fenster (s. d.) gegenüber dem Vorhandensein
eines solchen für Thür {s. d.) auch deshalb nicht für Zufall halten
dürfen, weil die sprachliche Ausbildung dieses Begriffes iu den Einzel-
spraehen Erscheinungen wie Entlehnung (z. B, lat. fenestra) und Kom-
position (z. B. got. augadaÜTÖ) aufweist, die jüngeren Kulturbegriffeu
eigen zu sein päegcn. Nun wird man zwar theoretisch auch jetit noch
einwenden können: ^Es ist aber dennoch möglich, dass Wörter für
Ehe, Witwer, Fenster in der Grundsprache vorbanden waren, ^nte^
gingen und durch andere ersetzt wurden", aber iu praxi wird der
Sprachforscher, der weiss, dass es sich in allen diesen Dingen nicht
nm Schlüsse tou matbematiscbcr Sicherheit, sondern nur um Wabt-
scheiulichkeijtsrechnuugen bandeln kann, über solche akademische
Einwendungen zur Tagesordnung Ubergehn, Für mich wenigstens liegt
bei diesem Punkte die Sache so, dass wenn ich für einen altertOni-
liehen Kulturbegriff auf dem gesamten idg. Sprachgebiet nirgends
eine etymologische Übereinstimmung entdecken kann, ich es zunächst
für der Mühe wert halte zu fragen, welches der Grund dieser Er-
scheinung sein könne.
Die eigentlichen Schwierigkeiten in der Benutzung der Ergebuiase
der vergleichenden SviaiiWotactoata^ V'ü.t \a%ssÄ.\ÄnUtUche Zw*
demnach niebt aul dem BoAea 4eT \(wätt«.t (stXsAw'waltoig&.'äÄ
WfiCkftjMHMJ
V Vorrede. XV
■ nnd vielmehr ganz vorwiegend auf semasiologiBcliem Gebiet v.a
Kmebei], d. h. in dem Umstand, dass die Feststellung der ursprUnglicben
HBedeutnng einer urverwandten Spracbreihe nicht immer mit rein
W »praehlichen Mitteln möglicb ist. Auf diese Schwierigkeit hat bereits
V. Hehn in den EnlturpHanzen und Haustieren mit aller Deutlichkeit
hingewiesen und auch das Mittel zu ihrer Beseitigung, nämlich die
Notwendigkeit der Verbindung von Sprach- und Sacbforschiing,
angegeben. Da Über diesen Pnnkt unten auglllbrlicher zu handeln
sein wird, genüge hier die Bemerkung, dass es doch auch in scheinbar
verzweifelten Fällen oft nicht an rein sprachlichen Kriterien fehlt,
welche eine Entscheidung in diesem oder jenem Sinne nahe legen. So
folgt aus der Gleichung sert, ä^va- = lat. equus n. a. w. natürlich nicht,
»dasB das zahme Pferd bereits den Indogermanen bekannt gewesen
■ein mOsse. Bedenkt man aber, dass neben dieser Gleichung ein be-
eonderer urverwandter Ausdruck für das Fohlen, das Junge des
Pferdes (griecb. tiüjXo? = got. fula) liegt, so wird, da eine solche Er-
scheinung bei ivilden Tieren kaum nachweisbar ist, der Ansatz, dass
das Pferd schon in der Urzeit in ein gewisses Verhältnis zum Menschen
getreten war, näher als das Gegenteil liegen.
Es ist daher eine starke tJbertreibnug des Richtigen, wenn
Eossinna, um seine Abneigung gegen die „linguistische Paläontologie"
(ein etwas anspruchsvoller Ausdruck, über dessen Berechtiguug man
streiten kann) des weiteren zu begründen, a. a. 0. behauptet, dass
wir „nie mit einiger Sicherheit" feststellen konnten, was
ein Wort in der Urzeit bedeutet habe. Ein Beispiel sei die Uu-
sicherheit des eigentlichen Sinnes der Metallnamen (z. B. scrt. üyas
oder griech. xa^>(oc) sogar noch in den ältesten Litteraturdenkmätern.
Denn gesetzt auch den Fall, es liesae sich die ursprüngliche Bedeutung
einer Gleichung wie scrt. di/as = lat. aes, got. aiz (ob , Kupfer', ,Erz'
oder jEisen') nicht ermitteln, so würde doch auch dann die für die
Indogermanische Altertumskunde höchst bedeutsame Thatsacbe übrig
bleiben, dass die Indogermanen schon vor ihrer Trennung wenigstens
über ein Nutzmetall verfUglen.
Es handelte sich bis jetzt um Kulturbegriffe, für die eine Be-
nennung sich nachweislich schon in vorhistorischer Zeit festgesetzt hat,
und um die Schlüsse, die sich bieraas ziehen oder nicht ziehen lassen.
Bei näherer Betiachtung zeigt sich aber, dass die Namengebung
der kulturhistorischen Begriffe überhaupt, auch wenn diese sieb
nicht über den Bereich der Einzel vülker hinaus verfolgen lässt, von
ansserordentlicber Bedeutung für die kulturhistorische Erkenntnis ist.
Wenn die Sprache vor die Aufgabe gestellt ist, einen neuen Be-
griff zu bezeichnen, verfährt sie uod ist, seit Menschen sprechen, in
der grossen Mehrheit der Fälle so verfahren, dass sie eine nn dit
Begriffe haftende, dem Sprechenden besonders ckarakteriatUch.
XVI Vorrede.
acheinende Vorsfeliting lierauegreift nnd nach dieser den ganzen B^
griff bczeicbnet. Das idg. Wort für Mond (s. d.) bedeutet höchst
wahrgcbeiutich der „Messer", weil mau Bchou iu grauer Vorzeit die
Bedeutung der wechselnden Phasen dieses Gestirns als Zeitmass er-
kannte. Als sieb bei den Germauen die neue Scbreibknnst verbreitete,
bezeichnete man das Schreiben als „Ritzen" (engl, write), weil man
die ältesten Buchstaben in Holztäfelchen einritzte. Mit Recht hebt
dabei Whitney Leben und Wachstum der Spraebe S. 144 heiTor, dass
bei der hier in Frage stehenden Namengebung immer und überall der
Begriff dem Ausdruck vorangehe, und es ist von kulturhistorischer
Wichtigkeit hinzuzufügen, dass nicht schon das Vorhandensein üoer
Erscheinung, sondern erst die Vorstellung von diesem Vorhandensein,
d. h. eben ihr lebendig gewordener Begriff zur Auspräguug einer Be-
zeichnung führt. Wenn es in der idg. Ursprache ein Wort für die
Witwe (b. d.), nicht aber für den Witwer gab, so liegt der Grand
dieser Tbatsache natürlich nicht darin, dass damals nur Frauen, die
ihre Männer, aber nicht Männer, die ihre Frauen verloren hatten, vor-
handen waren, sondern vielmehr darin, dass das Witwentum dnrcb
gesellschaftliche Einrichtungen wie das Gesetz des Ledigbleibens der
Witwe oder das ihres Sterbens am Grabe des Mannes zu lebendiger
Vorstellung gelangt war, während der Mann, dem seine Frau gestorben
war, nach den damals herrschenden Begriffen noch auf gleicher Stufe
mit dem stand, der ein Kind oder auch ein Pferd oder eine Knh
verloren hatte. Erst als in gefUlilvolleren Zeiten auch der BegriCf des
Witwers in der Vorstellung der SIenschen lebendig geworden war, und
sieh gegenüber anderen verwandten Erscheinungen deutlicher ab^grenst
hatte, drängte er nach einer sprachlichen Bezeichnung, die diesmal
meist durch Masktilinisicrung des Femininums (lat. viduus : tidaa)
gewonnen wurde. „Jedes neuervvorbene Teilchen von Erkenntnis nud
Kraft", sagt Whitney a. a. 0. treffend, „legt der Geist vermittels der
Sprache als sicheren Besitz an, fährt immer fort nach neuer Erkenntnis
zn streben und grössere Herrschaft über »eine Kräfte zu gewinnen, nnd
sichert den Gewinn iu derselben Weise. Er arbeitet beständig unter
der Oberfläche der Sprache, ändert nnd verbessert die in den Worten
ausgedrückte Einteilung der Din^c, lernt Begriffe, die einst nur an-
näbemd gefasst und ungeschickt gchaudhabt wurden, besser beherrscbeu,
presst neue Erkenntnis in alte Ausdrücke — alles, im ganzen be-
trachtet, mit nillfe der Sprache, nnd doch in jedem einzelnen Punkte
unabhängig von der Sprache". Es ist dasselbe, was ein andere
Sprachforscher, Fr. EUckert, in seinem schönen Gedicht an die Sprache
so ausgedruckt hat:
„Da ich aus dem Schlaf erwachte,
Noch uicVvV ytttsalft, ĻSi% \t\\ dachte,
Gäbest Du tow^i ^eVüet wt.
LicBsest mich die Welt erbeuten,
Lehrtest mich die Rätsei deuten,
Und mich spielen selbst mit Dir."
Was hier von dem einzelnen gesagt wird, gilt auch v(
ganzen Volk in seiner kulturgcschicLtlieheu Entwicklung.
Indem der Sprachforscher diesem vielverachlungencu Weg der
Sprache im Hinbliclc auf ihren kulturhistorisch bedeutsamen Worlschalz
prüfend nachgeht, gelangt er dazu, die Voretellungen zu ermitteln;
welche der sprachliehen Ausbildung der Begriffe zu Grunde gelegt
worden sind und durch die Zusamineustelliing und Vergleichung der
Ideen, die (ür ein und dasselbe Objekt den Benennungsgrund hergaben,
sieb der Erkenntnis des Objekts selbst zu nähern (vgl. anch Pott
Quinare und vigesimale Zäblmethode S. 226 ff.). Auf diesem Wege
lernen wir, dass der Eid (s. d.) teils als ,SeIbstverfluohung', teils als
jBerährdng' (sc. des Verderben bringen oder verderben sollenden
Gegenstands) aufgefaast wurde, oder dass der Begriff des Geldes
,8. d.) in den einen Sprachen durch Wörter für ,Vieb', iu den anderen
ch solche ftlr ,PcIzwerk', ,Zeug', ,Sehmuck n. dergl. ausgedrückt
Wurde. Auf diesem Wege ermitteln wir, dass die Kunst des Lesens
(8, u. Schreiben und Lesen) als ein ,feierliches Verkündigen', als
jErraten' oder als ,Sammeln' (der Buchstaben) gedacht wurde, Vor-
stellungen, die sich ans dem Lesen der geheimnisvollen Zeichen des
Losorakels (a. u. Los) ohne weiteres erklären. Auf diesem Wege
ergiebt sich, dass der Gedanke der Keuschheit (s. d.) auf sakralem
Gebiete wuraelt {geschlechtlich rein für Kultuszwecke), oder dass der
der Freiheit (s, u. Staude) aus dem der Stammeszugehörigkeit hervor-
gegangen ist. Das Mittel der Namengebung beruht in allen diesen
Fallen auf den gewöhnlichsten Erscheinungen des Bedeutungß-
Wandels der Sprache. Wenn das Schreiben (engl, tcrite) als ,Ein-
^tzen' bezeichnet wird, so findet hier zunächst eine Einschränkung
der ursprünglichen Wortbedeutung durch das Hinzutreten näher be-
stimmender Elemente (Einritzen zum Zwecke der Mitteilung an andere)
statt, wenn aber dann dasselbe Zeitwort für jede Art der schriftlichen
Mitteilung (nicht bloss für das durch Einritzen) gebraucht wird, geht
die Einschränkung dtirch das Ausscheiden detenninierender Elemente
iu eine Erweiterung der Wortbedeutung über. Eine andere Form
des BedentungswandelB als dieser auf Determination beruhende ist der
durch Association in der Weise erfolgende, dass neue Begriffe an
bereits vorhandene angelehnt werden, sowie der auf einfache Be-
deutungsü her tragung hinauslaufende, bei der ein neuer KuIturbegrifF
einfach nach der Ähnlichkeit benannt wird, die nach irgend einer
Seite zwischen ihm und schon bekannten Dingcu stattfiudet, Eiu Bei-
spiel für den ersleren Sprachvorgang ist die Ausbildung der indisc]
MetaUnanieB, die durch Association mit d«m schon idg, Namen des Kupl
I
XVUl Voired*.
(Bcrt. dtias = \&t. acs) entstanden sind: scrt. Mranjja- ,GoId', eig^ntl.
jgeibgiänzendea', rajatd- .Silber', eigenfl. .weissglänzemles', t;yämd-
jEiseD', eigentl. .bläuliches' 8C. dyas, Beispiele für die letztere Sprach-
erBcbeinnng sind es, wenn auf germaniscbem Boden daa spätere Glas
(8. d.) nach dem früheren Bernstein, oder bei den Grieehen die spätere
Zitrone (s. d.} nach dem Holz der Zeder oder des Wachholders be-
nannt wird. Es liegt anf der Hand, von welcher Eedentnng. namentlich
in chronologischer Beziehung, anch derartige Beobachtungen für die
Enltargeschichte werden können.. Und so erweist eich denn das ge-
samte Gebiet des Bedeutungswandels der Sprache, soweit es sich nm
kultnrhiEtoTiscbe Begriffe handelt, als eine noch lange nicht erschöpfte
Fundgrube sachlicher und historischer Erkenntnis. Welch ein Stück
geschichtlicher Entwicklung liegt vor uns ausgebreitet, wenn wir sehen,
wie zahlreiche Benennungen der Mitgift (a. d.) eines Mädchens aiu
alten Wörtern für den Kaufpreis desselben hervorgehu, oder wie die
ältesten Bezeichnungen des Gastfreunds (s. u. Gastfreundschaft)
nrsprllDglich den ,Feind' nnd .Fremden' benannten, oder wie Wörter
für Schltlssel (s. d.) eigentlich ,Nager, oder solche für Brocke
(s. d.) eigentlich .Furt' oder solcbe für Bogen (s.n. Pfeil und Bogen)
eigentlich ,Eibe' ti. s. w. bedeuteten. Derartige Einzel beobachtangen
liegen in ungezählten Würterbüchern und anderen etymologischen A^
heiten in Hulle und Fülle zerstreut vor. Auf dem Boden der Idg.
Altertumskunde allein künnen sie zu frnehtbareu Erkenut-
nisseu znaammengefasst und verarbeitet werden.
Nicht selten geschieht es nun aber, dasg die Sprache zur Be-
zeichnnng eines neuen Kulturbegriffs nicht den im Bisherigen ge-
schilderten Weg beschreitet, sondern dafür einen fix und fertig aos
der Fremde entlehnten Ausdruck sich aneignet. Wir kommen damit
zn dem Fremdwort nnd seiner kulturhistorischen Bedeutung, Über dir
wir uns kurz fassen können, da sie im allgemeinen (auch von Kretschmer
S. 49} anerkannt jvird. Nur Kossinna erhebt auch hier wieder Ein-
wendungen : ji'ViiT mllesen uns", sagt er S. 5, „ebensowohl hüten, zu
viel Worte in die Urzeit hinaiirzurücken, als zu wenig, nnd damit
kommen wir zu dem dritten sprachgeschichtlichen Bedenken, das sieb
darauf gründet, dass wir keine Ahnung von dem Umfange des zweifel-
los sehr grossen Verlustes haben, den der urzeitliche Sprachschatz
innerhalb jeder EiuKelsprache erlitten hat. Jede ans der Fremde ein-
geführte, vielleicht recht nnwesentliebe Veränderung eines Gegeuslandi
konnte ein Urwort zum Aussterben bringen und ein Fremdwort daAlr
einführen. Dieses Fremdwort nimmt dann der „linguistische Paläon-
tologe" znm Beweise einer Lücke im voraufliegenden Knlturleben,
während es thatsächlich nicht in eine Lücke getreten ist, sondern
/leimisclies Gut verdt&ngl \\a.t. So sind die Worte „Kupft
-Pferd" spätrömiscVie Vic^nvämV^. YUtie, ^ä\i «& ■äw« ■?!«,
Vorrede.
bei den Germanen nachweislich Bchon in der jüngeren Steinzeit,
das Enpfer wurde ihnen bereits am Ende der Steinzeit bekannt'
Wenn man dies liest, sollte man glanben, dass derartige Erwägungen, wie
sie hier angestellt werden, dem tipraehvergleicher bis auf G. Kossinna un-
bekannt gewesen seien. Und doch habe ich aelbst lange vor ihm zu wieder-
holten Malen (vgl. besonders Sprachvergleichung und Urgeschichte*
S. 20.3 Pf. und meine Vorrede zur VI. Auflage von V. Hehns Kulturpflanzen
p. XIV ff.) ausführlich über die methodische Verwertung der Fremdwörter
gehandelt und dabei aitsdrllcklich gerade auch auf die von Kossinna
angeführten Schwierigkeiten hingewiesen. An ebendenselben Stellen
habe ich aber auch gezeigt, dass „nicht alles aus der Sprache schliesaen
können" nicht beisst „nichts aus der Sprache sehliesscQ können", und
wenn Kossinna doch selbst stipt, dass „die Veränderung" eines Gegen-
stands die Eintllhi'ung eines Fremdworts bedinge, so finde ich wiederum,
dass er dasselbe sagt wie ich auch, Denn was ist Geschichte und
geschichtliches Leben anders als nVerändemng"? Über eben diese
Veränderung der Knlturbegriffe aber erbalten wir durch das Fremd* ,
wort Anfschluss. Es ist zweifellos sicher, dass die Entlehnung des
deutschen Wortes „Pferd" ans lat. paraver^dus (gerade dieses Beispiel
habe ich a. a. 0. gebraucht) nicht beweist, dass die Deutschen ihre
Pferde von den Römern erhielten. Es ist aber ebenso sicher, dass sie
auf die Übernahme einer besonderen Verwendung des Pferdes,
nämlich der des Postpferdes (s. q. Post) aus rümisch-romanischem
Kulturgebiet hinweist. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, was
besonders gegen die Schlussfolgerungen V. Hehns (s. u.) bemerkt werden
mnsste, dass die Entlehnung von lat. vmrtus aus griech. (lüpro? nicht
beweist, dass die Myrte selbst aus Griechenland in Italien einwanderte,
wohl aber dass sie unter griechischem Eiufluss daselbst angepflanzt,
verbreitet, verehrt wurde. Es ist selbstverständlich, dass die Deutschen
schon ehe sie ihr „kaufen" aus lat, caupo bildeten, kauften und ver-
kauften, und doch eröffnet ans gerade diese Entlehnung (s. n. Kauf-
mann) ein so lebensvolles Bild des römisch-germanischen Handelsver-
kehrs, wie keine Ausgrabung und kein Bericht eines antiken Schrift-
stellers es uns darbietet.
Und so steht es denn mit diesem Einwand gegen die Benutzung^'
der Sprachwissenschaft für kulturhistorische Zwecke wie mit allen'
anderen. Sie haben ihre Berechtigung dem Forscher gegenüber, der
pingui Minerva das eprachllche Material handhabt und etwa ans Ficka
Vergleichendem Wörterbuch ein Bild der Urzeit oder aus Saalfelds
Teusaurus Italo-graecus ein Bild der griecbiBch-römiscbeD Beziehungen
rekonstruieren wollte. Sie verlieren ihre Bedeutung demjenigen gegen-
über, der sich wohl bewnsst ist, dass jede sprachliche Gleichung, die
auf Urverwandtschaft ebenso wie die auf Entlehnung beruhende,
sie als Bausfein benutzt werden kann, einer Borgfältii:en Prüfung hl
nnd 4
Bichtlich ihrer Tra^ifäliigkeit bedarf. All^emetne auf jede einzelne
Thatsache passende Regeln laaaeu sich hierfür bei der Maunigfaltigkcit
der zn bedenkenden Gesichlsputikte allerdings schwerlich anfatellen.
Jeder Fall hat gewisse imassen Beine eigene Methode. Über die Fria-
zipien der Sprachbenntzung ftlr die Kultnrgeachichte wird man daher
immer streiten können, wie man seit lange mit Vorliebe darüber ge-
Btritten hat. In concreto zeigt sich glücklicher Weise, wie schon aas
dem obigen hervorgeht, dass eine Übereinstimmung, sobald man wenigstens
nm Sachen, nicht nm Worte streitet, in der Mehrzahl der Fälle nicht
allzn schwer zu erzielen ist. Und so stehen wir denn, trotz der ge-
machten Einwendungen, noch immer auf dem „veralteten" Standpunkt,
den J.Grimm einnahm, dass wir in der Geschichte der Sprache eine
der reichsten und lebendigsten Quellen kulturhistorischer Erkenntnis
erblicken und trösten uns über die Versuche, auch an dieser Wahr
heit zn rütteln, mit den restgnationsvollen Worten Goethes:
„Wenn sie den Stein der Weisen hätten,
der Weise mangelte dem Stein". —
Über eins aber kann in methodologischer Beziehung kein Zweil«!
sein — und auf diesen Punkt habe ich, seitdem ich tlberhaupt auf
dem Gebiete der !dg. Altertumskunde arbeite, mit aller mir zu Gebote
stehenden Deutlichkeit hingewiesen') — , nämlich darüber, dasß diese
Prüfung der sprachlichen Thatsaehen in engster Fühlung mit den aaf
idg. Boden uns entgegentretenden Realien gescheboa muss.
Die Sprachhetrachtung muas von Sae hbetrachtnng be-
begleitet sein. Diese führt uns zunächst zu derjenigen Wissenschaft, j
I
1) Vgl. K. Brugmaon über Sprachvergleichung nnd UrgeacWchte' In
LU. CentralblAtt 1883 Nr. 39: „Der Vf. koniniC zu (iem Resultat, dau die
Sp räch wi Säen Hchan, auf ihre eigenen Mitlei angewiesen, nicht im stände sei,
ein zaverläsaigefi Bild der vorhistorischen Kultarzuatände zn entwerfen; sie
müsse mehr nla es bisher gescheiten sei, die archäologische Paläontologie
und Geschichtsforschung zu Hülfe nehmen. Darin wird Jeder dem Vf. bei'
stimmen können", und Curt Wachsinuth Einleitung in das Stadium der allen
Gesctiichte Leipzig 1895 S. 320; ,Äuf die prinzipiellen Bedenken, die einer
einseitigen Verwendung der Sprachwissenschaft in derartigen kulturgeschichl-
licben Bückschlüssen entgegen stehu, machte dann aber mit gutem Grunde
0. Schrader aufmerksam: besonders hob er verschiedene, die ganze Be-
trachtungsweise empfindlich stCrende Möglichkeiten hervor, die im einzelnen
zu nmschriinken schwer thüt So riet Schrader, mit der sprachlictieD
Paläontologie die archSologische zu verbinden und glaubte durch diese
kombinierte Methode, die sowohl den iudog'ermaniscbeu Urschatz als die
iprähistorisclien' Funde verwertet, die Kultur der Urzeit erscbliessen iit
können, die er als die , steinzeitliche' der Schweizer Pfahlbauten deünierte*.
Ich erlaube mir auf diese beiden, leicht zu vermehrenden Zeugnisse, ein
filtcres und ein jüngeres, über den wirklichen Charakter meiuer Methode
hinzuweisen, da man ea neu.«Tdin.g8 bequem findet, mich als
BÜuguistUchen PaläoatoVogCQ" \i\Ti'Las\.e\\e.a, ^s^l^^»^ ••ftfid« das
richtig ist,
I
welche mit Hacke und Spaten in die Tiefe der Erde steigt, um die
Zeagen vor^schiebtlicher Jahrhunderte, weun nicht Jahrtausende, leib-
haftig dem Auge blossznlegen, der archäologischen Fräbistorie.
£b ifit eine erfreilhche Thatsache, dass dieser Forechungszweig aus
der Bolle des Ascbenbrödels, die er den philologisch - historischen
Disziplinen gegenüber lauge Zeit gespielt hat, sich durch die auf-
opfemngsvolle Thätigkeit hervorragender Miinner zu einer selbständigen
und geachteten Stellung mit eigener Methode und einer Reihe ge-
sicherter Resultate emporgeschwungen hat. Wie aollte da nicht auch
die Indogermanische Altertumskunde zur Aufhellung der vorhistoiischeu
Knlturvcrhältnisse der idg. Völker von ihren Ergebnissen Nutzen ziehn,
die in der That geeignet sind, wie es Kossiiina gut ausdruckt, den oft
„blassen" sprachlichen Konstruktionen die „blühende Farbe der archäo-
logischen Keahtäten" zu verleihn? Dass die Indogermanen schon in
der Urzeit sieh darauf verstanden, Gefässe (s. d.) zu formen, könnten
wir allein aus der Sprache lernen. Wie aber diese Gefasse beBchaffeu,
mit welchen Verzierungen sie geschmückt waren, ob man sie aus freier
Hand gestaltete, oder schon die Drehscheibe (s. u. Töpferscheibe) an-
zuwenden verstand u. s. w., kann aus nur die Präbistorie lehren. Ja
00 hoch ist die Schätzung eben dieser Wissenschaft in neuster Zeit
^gestiegen, daxa es eher notwendig erscheint, vor einer Überschätzung
ihres Wertes fitr die Iiidogennanisebe Alteitaiiiskmide zu warnen, als
ihre von keinem Kundigen mehr bezweifelte Bedeutung aosfilhrlicher
darzulegen. Wir meinen hierbei nicht, dass die wisaenschafthehe Be-
Btimmnng und Ausbeutung eines archäologischeu Fundes kaum einer
geringeren Zahl von natürlich andersartigen Fehlerquellen wie irgend
eine sprachliehe Gleichung ausgesetzt ist, wir wollen hier nur auf zwei,
der archäologischen Präbiatorie ihrer Natur nach anhaftende Miinge'
Imuttnerksam machen.
P. Kretschmer sagte, wie wir oben sahen, wir sollten der Sprach-
wissenschaft den Laufpass geben, da „nns die Keate alttndogcrmaniscber
Kultur selbst durch die Fräbistorie in reicher FlUle vor die Augen
gerückt seien", und dasselbe ist dio Meinung G. Kossinnas. Es fragt
sich dabei nur, was wir unter „alttndogermanischer Kultur" verstehen.
Nach Boeckh ist die „Kulturentwiekluug der Völker" gleichbedeutend
mit der „geschichtlichen Betbätigung des Geistes der Völker", und
fast scheint es, als ob die neueren diese „Bethätiguug des Geistes der
Völker" nur in Töpfen und Krügen, in Dolchen und Schwertern u. s. w.
Buchten. Denn wie hoch man auch immer den Wert der Prähistorie
anschlagen möge, zweifellos ist doch, was auch H. Hirt zu wieder-
holten Malen riebtig hervorgehoben hat, dass ihre Erkenntnisse sich
auf verhältuismässig beschränkte Teile der urzcitlicheu Kuliurwelt be-
<iehn. Wenn auch gewisse Ansiedelungen, wie namentlich die Schweizer
iViablbauten, ein ziemlieh vollständiges Bild wenigstens dermateriellen
I
I
XZn Vorrede.
Kaltnr ihrer Bewohner gestatten, so baDdclt es sich doch in der Mehrheit
der Fälle nni vereinzelte nnd versprengte Fandstücke oder um Gräber-
funde, d. h. um die Gaben, welche der unverbrannten oder verbrannten
Leiche bei der Beisetznng mitgegeben wurden, und die der Natur der
Sache nach einem beschränkten Kreis von Gegenständen entstammen.
Vor allem aber werden wir von der Prühistorie nie etwas über dag
Familien-, Staats- nnd Rechtaleben und nur weniges über die religiösen
Anschanungen der Uizeit erfahren oder zu erwarten haben, bo dasa
also die gesamte geistige und sittliche Entwieklung des vor-
historischen Menechen anf diesem Wege für nna in Dunkel gehftllt
bleibt. Gerade hier greift die Sprachvergleichung ergänzend ein, die
mit ihrem Lieht alle Seiten der vorhistorischen Kultur beleuchtet, nnd
nur in diesem, nicht in einem die sachliche Forschung ansschliessendea
oder besch rankenden Sinne habe ich „Über den Gedanken einer KIllt^^
geschichte der Indogerniancn auf sprachwissenechaftlicher Grundlage"
(Jena 1887) gesprochen, den Kretschmer {S. 50) als ein „Unding",
V. Hehn freilich, dem Kretschmer wohl ein Stimmrecht in diesen
Fragen gestatten wird, als einen „schönen Entwurf, der der Erfüllung
harrt"') bezeichnete. In der That sind Gleichungen wie scrt. pdti- =
griech. nötiiq für den Haus- und Familienvater, scrt. rä'j- = lat. rex
für den Häuptling des Stammes, aw. kaenä- = griech. Tioivr] fllr die
Rache und ihre Loskaufung dnreh die Busse, scrt. d^ed- = lat. detit,
lit. diSicas für gewisse himmelentstammte Wesen prähistorische Funde,
denen die archäologische Prähistorie selbst nichts ähnliches an die
Seite zn setzen hat.
und noch ein zweiter Nachteil dieser letzteren Disziplin dem
sprachlichen Material gegenüber niuss hier angeschlossen werden. Man
mag Gleichungen wie die eben genannten für urverwandt oder als
uralte Lehnwörter ansehn, eines ist doch sicher, daas sie auf kultuN
historische Zusammenhänge zwischen indogermanischen Völkern
hinweisen. Der archäologische Fund an und für sich aber steht, in
je ältere Zeit er zurückgeht, nmso mehr jenseits aller ethniscbeo Ver-
bältnisse, und, falls es nicht gelingt, eine Beziehung zu diesen hena-
stellen, auch jenseits alles wirklich historischen Interesses.
Eine solche Beziehung habe ich anzubahnen versacht, indem ich
schon in der ersten Auflage von Sprachvergleichung und Urgeschichte
(1663) den Nachweis zu fuhren unternahm, dass die in den ältesten
1) V. Hehn an den VerfasBcr am 29. März 1S87: „Sie haben mir durch
Ihre akademische Rede wiederum ein angenehmes und wertvolles Geschenk
gemacht. Sie eatwerfen darin den Grundriss, das Fachwerk einer künltigea
apvachwisaenschaftlicben Kulturgeschichte und halten dem Forscher alleGe-
äjchCspankte vor, die er bei diesem Geschäft sich stellen kann oder
Ein Bcfaüner Entwurf, der dfct trtVi.WMLtig \iMXti, Einzelne Partien
schon mehr oder minder ausgctöhrt, TvitW.Mfi-flcm^sVHi.&MöB^*»«!«
jcber allere-
3 oder '«IJP'^I
Ttiea ^Mj|yi
Vorrede. XXm
Pfahlbauten der Schweiz zu Tage getretene Kultur der jüngeren Stein-
zeit sich im Grossen und Ganzen mit derjenigen Kulturstnfe deckt,
welche wir auf linguiBtisch-historicchem Weg als die der ältesten
europäiBchen Indogermanea erBchiiessen kennen. Es zeigt sich, dass
die wichtigsten Bestandteile jener ältesten Pfahlbautenkultur, also z, B.
die daselbst nachgewiesenen Hanstiore oder Knltnrpflanzen oder die
von den Pfahlbauern geübten Künste des Käheus, Spinnens, Webens
n. 8. w. sieh durch urverwandte Gleichungen belegen lassen, während
für Enlturgegenstände, die bisher in der ältesten Pfahlbautenzcit nicht
nachgewiesen werden konnten, also z. B. fllr Esel, Manltier nnd Katze
oder filr den Koggen nnd Hanf auch die sprachlichen Belege in dem
Wßrterschatz der europiüsch-indogcrmanischen Urzeit m der Regel
vermisst werden (s. auch u. Kupfer und Steinzeit), Dasselbe wie
Ton der Knltnr der ältesten Schweizer Pfahlhauten gilt aber von den
neolitbiselien Ansiedlungen Europas Überhaupt, und so gelangen wir
auf diesem Wege, auf dem ich unter den Archäologen z. B. bei
M. Much (Die Kupferzeit in Europa und ihr Verhältnis zur Kultur der
Indogermanen II. Auflage, Jena 1893), nnter den Sprachforsehern z. B.
bei W. Streitherg") und IL Hirt*) Zustimmung gefunden habe, zu
einem doppelten Ergebnis: einmal zu dem, dass die proethnischen Zu-
eammenhänge der Indogermanen in die neolitbische Zeit fallen, und
zweitens zu dem, dass der auch von allgenieiaereu Gesichtspunkten
ans nächstliegenden Annahme nichts im Wege steht, schon das neo-
litbische Europa sei in weiter Ausdehnung von Indogermanen bevölkert
gewesen^). Damit aber ist für den Linguisten uud Prähistoriker eine
1) ,Eine Thatsache von groaser Tr&gweite, auf die vor allem O, Sclirader
hingewiesen hat, ist, daaa die Kultur der jUngeren Steinzeit üherra sehende
Ähnlichkeit mit derjenigen zeigt, die wir aus sprachlichen Momenten für die
idg. Urzeit erschüesBen können", W. Streitberg Die Urheimat der Indoger-
manen Feuilleton d. Frankf. Zeitung vom 15. März 1893.
2] ,Die gleiche Kulturstufe wie sie in den Schweizer Pfahlbauten vor-
ließ, müssen nach Ausweis der Sprach« die Indogermauen, zum mindesten
die Europäer, erreicht haben", H.Hirt Geogr. Z. herausg. von A. Hettner IV,
1898 S. 374 (a. auch n. Kupfer und vgl. die Amn. auf S. XVIII).
3) Zu dem gleichen Resultat kommt auf Grund allgemeinerer Er-
wAgnngen auch P. Eretachmer 6. 57; doch tadelt er den Weg, auf dem,
wie ich glaube, dasselbe altein beweisbar ist. Seine Einwendungen lassen
sich an folgenden zwei Fäilou zugleich deutlich machen und — widerlegen.
Der neoÜLhischen Kultur war die Ziege als Hanstier bekannt, die Gans als
solches unbekannt. Nun, meint Kretschmer, fehle gerade für die Ziege
ein gemeinindogermanischea Wort, während umgekehrt für die Gans (acrt.
hamsd- = griech. xuv u. a. w.) ein solches vorhanden sei. Was nun aber
das erstere Beispiel anbetrifft, so sind für den Ziegenbock so viele partielle
Üb ereio Stimmungen in den idg. Sprachen vorhanden (s. u. Ziege), dass
uns auch Uhlenbeck Beiträge XIX, 330 und Hirt in Hettnera Geogr. Z. IV,
Vorhandensein von Ausdrücken für dieses Tier in der idg. Urapri
im (s. oben S. XI über die Verwertung partieller Gleichungen).
äälV Vorrede. I
gemeinsame ethnographische Basis gegeben, ron welcher sie zur En
klärang der weiteren knltnrgeschichtlicheD Entwicklung nuBereB Erd-
IcÜB zusammen ihren Ausgangspunkt nehmca ktimien.
Die Notwendigkeit eines Zusammengehens von Sprach- ood
Sachforscbang auf dem Boden der Idg. Altertumskunde tritt mit be-
sonderer Dentüchkeit ferner bei den Versuchen hervor, über die Geoesii
nnaerer Flora und Fauna Liclit zu verbreiten, Versuche, die die
Sprachforschung zu engen Bertlhrangcn mit der botanischen und
zou logt sehen Paläontologie führen inussten. Ich kann hieran Aaa
korz sehoD oben genannte Buch V. Hchüs Kulturpflanzen und Haus-
tiere iD ihrem Übergang aus Asien nach Griechenland und Italien so-
wie in das übrige Europa (I. Auflage, Berlin 1S70) ankoOpfen. Wie
der Titel dieses Werkes andeutet, sollte in demselben der Nachweig
geführt werden, dass die wichtigsten Charakterpflauzen des SUdetu
zusammen mit einer Heihe von Haustieren erst in historischer Zeit
durch die Hand des Menschen aus dem Orient, gewöhnlich wie Helm
annafam, aus Syrien oder den Pontusländem, nach Europa verpflanzt
und hier weiter verbreitet worden seien- Was den Verfasser zu dieser
Annahme einer grossartigen Orientalisierung der europaischen Flora,
von der ich hier allein spiecTien will, führte, war, abgesehen von
historischen Erwägungen, die Beobachtung, dass die sprachliche Ent
lehnnng auf dem Gebiet der Kulturpflanzen eine sehr umfangreiche ist.
Griecb. KÜwr] „das Hohr" ist aus dem Semitischen entlehnt, lat. murtui
,die Myrte' aus dem Griechischen. Beweist dies nicht, dass auch von
den beiden Pflanzen die eine von den Semiten zu den Griechen, die
andere von den Griechen zn den Römern kam? Die philologigcho
Argumentation Hehns fand eiustimmigen Beifall bei den Philologen.
Seitens der Naturforscher wurden Bedenken laut. So machte 0. Heer,
der bekannte Bearbeiter der Pflanzen der Schweizer Pfahlbauten, darauf
aufmerksam, dass Myrten-, Lorbeer* und Mastixblätter schon in den
ältesten Tuffen am Fuss des Aetna entdeckt worden seien, und das
daher diese Pflanzen nicht in historischer Zeit in Italien eingeführt
worden sein könnten. V. Ilehn antwortete in dem Vorwort zur ü.
Auflage sehr kühl: „Ich habe Italien genommen wie es war, als io
historischer Zeit sich hier die erste höhere Kultur entwickelte; welche
Pflanzen es in einer früheren Erd-Epoche trug, ist mir gleichgiltig,...
Erst hätte Herr Professor Heer aufzeigen müssen, dass von den älteslen
Tuffen des Aetna oder den diluvialen Travcrtinen Toskanas in der
aweiten Falle aber Übersieht Kretschmer, dasa wir den archSoIogltcheD
Funden nicht allein die linjulatischen, sondern die lingnistiach-historiscbeg
Ergebnisse gegenüber slellen, und diese iehren una eben, dass die Ontii
(s. d.) in der Idg. Urzeit noch kein Haustier gewesen sein kann, dft ato
auch in historischcv Zeil ia 4c^ laxesvct ^-^nttv^n der Eiuzelvül
Dicbi ist.
Vor rede.
That ein ununterbrochener vegetativer Zusammenhang bia anf die Zeit
geht, wo die geschichtlichen Zeugnisse beginnen. Kann er diesen
Nachweis fuhren, so will ich gern einräumen, dass mich meine
historischen Mittel an diesem Punkte falsch beraten
haben." Naturforecher nnd Philologe hatten sich nicht überzeugt,
and doch gab und giebt es für beide keine besondere Wahrheit.
Als es sich daher darum handelte, nach dem Tode V. Hehns eine
Neubearbeitung des berühmten Bucheg zu veranstalten, schien es nütij
um diese und andere Streitfragen, welche sich an dasselbe knUpfti
wenn müglich su schlichten, die Arbeit gemeinsam cineoi Naturfursclisr
und Philologen zu llbertragen. Ftlr den botanischen Teil wurde Prof,^'
A. Eugler, der Direktor des Berliner Botanischen Gartens, gewonnen.'
Indem ich auf die Ausfllhrungen dieses Gelehrten in dem Vorwort m
der Neubearbeitung des Hehnschen Werkes') venveise, hebe ich nnp
hervor, dass es der heutigen Botanik allerdings möglich ist, deq.
von Hehn vermiesten Nachweis der vegetativen Kontinuität zwischen'
früheren und der jetzigen Erdpoche im westlichen und südlichen Etl-
ropa zn fuhren. Engler sehliesst: „Wir sind daher berechtigt, von
allen Pflanzen, welche am Ende der Terliärperiode oder in der
Interglacialperiode oder auch bald nach der Glacialperiode in SUd-
europa existierten, anzunehmen, dass sie ohne Zutbun des Menschen
dabin gelangt sind". Dem Philologen blieb es übrig zu zeigen, dass
in der That V. Hehn aus sprachlicheD Kriterien nicht selten zu viel
geschlossen habe, dass z. B. lat. mnrtua auch deswegen aus dem
Griechisehen entlehnt sein künne, weil die Römer von den Griechen
die Verehrung der Myrte als des Baumes der Aphrodite übemahmeo
Das Gesamtresnltat Hehns bleibt trotzdem bestehen, nur dass man in
recht vielen Fällen nicht eine Übertragung der Pflanze selbst aus dem
Orient nach Griechenland oder aus Griechenland nach Italien, soadem.j
nur die ihrer Kultur annehmen muBS.
Wenn so bei den im Hehnschen Buch behandelten Pflanzen durch
die gemeinsamen Überlegungen des Botanikers und Philologen, wie
ich hoffe, zuverlässigere Ergebnisse gewonnen worden sind, so steht die
gleiche Aufgabe auf zahlreichen anderen Gebieten des Pflanzemeiehes,
soweit CS in den Dienst der idg. Volker getreten ist oder Beziehungea-
zn ihrer Kultur gewonnen hat, noch bevor. So werden von Hehn die
Getreidearten, die Pflanzen des Gemflsegartens (mit Ausnahme der
Cucnrbitaceen, Hülsenfrüchte und Zwitlielgewäehse), die technisch ver-
wertbaren Pflanzen (mit Ausnahme des Flachses und Hanfes), die Heil-
und Zauberkräuter n, s. w. entweder gar nicht oder mir im Vorüber-
1
4
4
I) V. Hehn Kulturpflanzen und Haustiere, VI. Aufl., neu herausge-
geben von 0. Schrader, mit botanischen Beitrilgen von A. Engler. Berlin -
1894. Eine IL Auflage dieser Neubearbeitung, die VII. des Buuhee,
Vorbereitung-.
ÄXVr Vorrede.
gehen behandelt. Über die Ursprünge und Verbreitungsgeschichte aller
dieser Pflanzen aber sind wir noch sehr wenig nnterriebtet. Hier iu
also (ebenso wie anf dem Gebiete des Tierreichs) noch ein weites
Feld gemeinsamer Tbätigkeit für Nalurforscher nnd Philologen ge-
öffnet.
Es erübrigt, ein Wort über die Beziehungen der indogemianischen
Sprachwissenschaft zu derjenigen Wissenschaft zu sagen, welche den
Menschen selbst, nicht als Zäiov ttoXitiköv, als Kulturträger, sondem
als I({Jov in naturwissenschaftlichem Sinne zu erforschen bestrebt ist,
zu der Anthropologie. Ich kann mich über diesen Punkt omso
kürzer fassen, als er von P. Kretschmer in seiner oft genannten Eia-
leitang in die Geschichte der griechischen Sprache 1896 Cap. II mit
ansgezeiehneter anthropologischen Sachkenntnis und in dem gleieben
Sinne wie vorher von mir (Sprachvergleichung und Urgeschichte'
Zur Methodik und Kritik der linguistisch- bistonschcn Forschung Cap.!:
Die idg. Sprach- und Völkerverwandtschaft, nnd in der Anla 1S95
S. 364 ff.) erschöpfend nnd richtig behandelt worden ist. Als die An-
thropologie sich der indogermanischen Frage zuzuwcuden begann,
schien es einen Augenblick, als ob der ganze Begriff des ludogemia-
nentnms vor ihren Rassenkonstruktionen, in die er sich in keinet
Weise einfügen liess, in sich zusammcnbiecben werde. Indessen isl
das Gegenteil der Fall gewesen. Der Gedanke einer idg. Spracb-
und Völkereinheit ist siegreich ans allen Anfechtungen hervorgegangen.
Keine der anthropologischen Hypothesen, auch nicht die auf die Ver-
schiedenheit des Baues des menschlichen Schädels gegründeten, habea
oin fHr die genealogischen Verhältnisse der Völker eutseheideudes und
allgemein anerkanntes Merkmal ergeben. „Ein so sicheres Faktma",
sagt Kretschmer a. a. 0. mit Recht, „wie die idg. Spracheinbeit, eine
so scharfe ethnische Abgrenzung wie dieselbe gegen die Nachbarvölker
erlaubt, hat keine der anthropologischen Theorien, die sich mit der
idg. Sprache beschäftigen, aufzuweisen vermocht." So nützlich and
fruehtbringend daher auch die anthropologischen Untersuchungeu für
die Naturgeschichte des Menschen sein mügen, fUr die Vtllkerknnde
im allgemeinen und für die Indogermanische Altertumskunde im be-
sonderen haben sie bis jetzt nur einen sekundären Wert erlangt (e.
näheres u. Körperbesehaffcnheit und u. Urheimat der
Indogermanen).
Wir haben bis jetzt gesehen, dass die für das Verständnis der
indogermani sehen Sprachverwandtschaft notwendige Voraussetzung eines
indogermanischen UiTolks zu der Frage führte, oh es nicht möglich sei,
wie die Sprachentwieklung, so auch die Kulturentwicklung der Indogci-
mnuen bis in die Epoche dieies Urvolks zurückzuverfolgen. Wir hai^,
ferner ge8ehü,we\c\ia'Mvlld4\&S\i^a&V'ä)^s»R.\i«.c,haft8elb8t für die
dieser Aufgabe darbietet, U\XV&\, ö.V'i ^fti^tV --i^tM^tV -wa '
1. Wir iuimt
die^||J
achtune ^H
anfechtbaren Ergebniseen führen können, wenn die Spracbbetrachtung
eich mit sorgfältiger Sacbbetracfatung verbindet. Diese Sachbetraehtung
leitete uns zunächst zu eine Reibe unter einander uabverwandter Dis-
ziplinen, welche den Vorzug mit einander gemein haben, durch prä-
historische und paläontologische Funde inebr oder weniger direkt in
die Urzeit hinüberzufahren, andererseits aber auch deu gemeinsamea
Nachteil besitzen, sich auf verhältnismässig besehränkte Teile der ur-
zeitlichen Kulturwclt zu beziebn. Die Indogermanische Altertumskunde
wUrde daher bei der Rekonstruktion ihres Bildes der Urzeit Aber ein
sehr lückenhaftes Material yerfUgen, wenn ihr nicht noch ein anderes
Mittel für ihre Zwecke zur Verfügung- stände, das der Vergieicbung
der bei den idg. Völkern historisch bezeugten oder noch jetzt lebenden
Realien und Institutionen.
Diesen Weg zu wandeln hat uns V. Hehn gelehrt. Sein Aus-
gangspunkt dabei ist ein doppelter. Einmal werden auf das sorgfältigste
alle Nachrichten gesammelt, welche die Sehriltsteller des Altertums
und Mittelalters uns über die Sitten and Gebräuehe der europäischen
Nordvölker, vor allem der Kelten, Germanen und Slaven hinterlassen
haben. Das andre Mal wird dieses tote Material belebt und veryoll-
Etändigt durch die Erfahrungen, welche Hehn selbst, durch ein für
ihn selbst widerwärtiges, aber fUi* die Wissenschaft heilsames Lebens-
Bcbicksal in das Innere Russlauds verschlagen (vgl. Vf. V. Hehn, eia
Bild seines Lebens und seiner Werke Berlin 1891 S. 23 ff.), bei diesem
ruckständigen Zweige der idg. Vülkerwelt gesammelt hatte. Diese Be-
deutung der Slaven fUr die Urgeschichte der Indogermanen wird Uehn
nicht müde, immer aufs neue hervorzuheben. Vgl. De moribus Ru-
theuorum S. 118: „Sie (die Bussen) sind sehr alt, uralt und haben
das älteste konservativ bewahrt und geben es nicht auf. An ihrer
Sprache, ihrer Familienverfassung, ihrer Religion,
ihren Sitten, ihrem Aberglauben, ihrem Erbrecht
u. fi. w. lässt sich das frühste Altertum studieren", Italien U. Aufl.
3. 336: „Die Slaven bilden für den Kulturbistoriker eine
reiche, bisher noch so gut wie unberührte Fuudgrnbe von Altertümern.
Selbst in den Gegenden um Moskau, also im Herzen Russlands, sowie
in Kleinrussland kann der aufmerksatue, mit der Sprache bekannte
Beobachter tausendmal an Homer und das bei Homer
geschilderte Leben erinnert werden", Baltische Monats-
schrift Januar 1864: „Die Baltische Monatsschrift verdient es wohl
(viele Abonnenten) ; denn hat sie nicht auch in ihrer Art ein
wichtiges Amt zu verwalten, ist sie nicht auch, gleich ihrer be
rühmten Paiiser Kollegin, eine Warte beider Welten? Der kleinen
baltischen nämlich und jener auswäils liegenden, ganz anders ge-
arteten, ungeheuer ausgedehnten byzantinisch-slaviscben Welt, die mit
eig-nen Schrilizeichen sehreibt, mit eigenea K.tt.^ftk\i.e,^i. a&t U^:*!
i
Bü- I
4
I
XXVin Vorrede.
etäbeD rechnet, ihre Grfitze eo körnig iset, wie der Pereer eeinen Keia,
ond sich mit dorn Vor- und Vaternaraen nennt, wie <Iio Völker des
Altertums, der Welt nran f ä ngli che r Do rf gemeinsc h aft,
stammartig wachsender, durch kein Prinzip der Per-
s nlichkeit sich auflösender Familie." Erst nachdem so
dem Kultuihistoriker auf dem scliwankenden Boden der Urgescbieble
ein h6z noi noö utöj gegeben ist, wagt es Helm, sieh der glänzenderen
Eulturwelt des klassischen Altertums zu nähern und die beiden Fragen
anfzuwerfcn: Wie sind einerseits Griechen und Kümer aus den in jenen
Zengnissen noch vorliegenden Anfängen idg. Kultur zu den viel-
bewnnderten Völkern des Altertums geworden, und andererseits, welche
Überreste der Urzeit lassen sich auch bei ihnen noch nachweisen?
Die hier gescliilderte Methode V. Helms, über die Greuzen der
Überlieferuug vorzudringen, kann man zugleich als neu und als —
uralt bezeichnen. Neu ist sie gegenüber den bis auf ihn üblichen
rein sprachlichen Kckonstruktioncn der Urzeit, deren umfangreicbeite
in dem grossen Werk des Genfer Gelehrten A. Pietet Les origine»
Indoenropdcnues (1859 — 63) vorliegt. Uralt ist sie, wenn man bedenkt^
dass schon Thukydides in der Einleitung zu seinem Gescbichtswerk,
in der er ein Bild der griccliiscben Urzeit zn entwerfen unter-
nahm, diesen Weg einschlug. Besonders charakteristisch ist in dieser
Beziehung das V. Kapitel des ersten Baches, in dem der Geschichts-
schreiber zeigt, dass im ältesten Hellas fortwährende Raubzdge zwischen
den einzelnen Stämmen staltfanden, nud dass diese Quelle des Erwerb«
damals fUr die Beteiligten noch nichts ehrenrühriges hatte. Den Be>
weis für diese Anschauung findet er einmal darin, dass der geschilderte
Zustand noch zu seinerzeit bei zurückgebliebenen Stämmen wie den
Ozolisclien Lokrern, den Ätolem und Akarnanen herrsche, das andr«
Mal darin, dass man noch im ältesten Epos den angekommenen Fremd-
ling unbedenklich frage, ob er vielleicht ein Räuber sei, der über da».
Meer gekommen wäre. TToXXä 6' Sv, fügt er Cap. VI hinzu, Kai öXX»
T15 ÖJioliei£ei€ tö naXaiöv 'EXXrjviKÖv öiioiÖTpoira Tili vOv ßapßapiKij*
bmtTibpevov. „Auf viele andere Züge könnte man noch hinweisen, ia
denen sich altgriechischer Brauch mit dem moderner Barbarenvölker
deckt.«
Einiges bleibt zur näheren Charakterisierung der Quellen und
Methoden dieser Kenlien- und Institntiooenvergleichang zu be-
merken übrig. Bei der Benutzung der Nachrichten, welche uns Griechen
und ROmer über die Nordvölker Eiiropas hinterlassen haben, vergesse man
nicht eine Erscheinung in Rechnung zu steilen, auf die Alexander Riese
in einem feinsinnigen Programm Die Idealisierung der Naturvölker des
Nordens in der griechischen und römischen Litteratur (Frankfurt a. M.
1670} zuerst znsammeBia6seniV\\vc\gevj'\ft%caWVdift Erscheinung u&mlicb,
dass die klassischen \uIotct m %c\\to««a\ ^it?,tM.%Äi m viNaiRsa.\a.%t«.,
Vorrede. XXJ* ■
:'iefe der Dinge Bteigenden Forscher -wie Thnkydides vielfach der
leinnng waren, die nns auch in neueren Litteratnrepochcn gelegentlich
u begegnen pflegt, dass Tugend, GlUck, Wohifabrt aHein in den ein-
acheren Verhältnissen der Barbaren zu finden seien, deren Zustände
i© daher nicht seifen in rosiger VerklHrang schauten nnd schilderten.
Neben den antiken Nachrichten über die Nordvölker sind natürlich
uch, was von V. Hehn nicht immer geachehcn ist, ihre einheimischen
tnellen zu Rate zu ziehn, die so relativ spater Zeit sie angehören,
jid Bo sehr sie schon unter südlichen Einflüssen stehen mögen, doch
eiche Fundgruben vorhiatorischer Altertümer enthalten. Man denke
a dieser Beziehung etwa an Oesetzgebangen wie die irischen Brehon-
resetze nnd die ältesten slavischen Pravdaa, oder an Dichtungen wie
leo angelsächsischen Beownlf und den alts&chsischen Heliand u. a. vr.
unter den Völkern der Gegenwart erweisen sieh neben den
Inssen, die Hehn bei seinen obigen Ausführungen besonders im Auge
latle, für die Rekonstruktion der Urzeit, namentlich auf dem Gebiete
ler Familie, der Sippe nnd des Slamnies, auch die BÜdslavischen
/■erhäitnisse von hervorragender Wichtigkeit, die daher sowohl Delbrück
D seiner Untersnehung Ober die Verwandtsehaftsnamen wie auch der
Unterzeichnete in der zweiten Anflage von Sprachvergleichung und
Jrgescbichte (1890) vielfach zur Vergleieliung herangezogen hat. Dieser
Lneicht schliesst sich auch H. Hirt an, der in neuerer Zeit Bosnien
,nd die Herzegowina selbst bereist hat. „Bei den Südslaveu ist bis
um heutigen Tage eine Familien- und Wirtschaftsform, die zadruga,
ebeudig geblieben, die sieher in sehr alten Zeiten wurzelt" (Jahrb. f.
lationalök. n. Stat. III. Folge, XV, 458), und „Hier lebt vor allem
:och die Familien- und Wirtschaftsform, die wir für die Urzeit voraua-
etzen dürfen. Mir ist in diesen Ländern das Bild jener Epoche, das
eh durch Studium gewonnen hatte, erst lebendig geworden" (Hcttners
ieogr. Z. IV Jahrg. 1898 S. 387). Ea ist zn wünschen, dass Hirt
«ine Reiseheohachtnngen auf diesem Gebiet bald der öfTentiichkeit
Ibergeben möge. In religionsgeschichtlieher Beziehung haben sich,
»ie ds3 hervorragende Buch H. üseners Götternamen, Versuch einer
>hre von der reiigiösen Begriffs hüdiing: Bonn 1896 zeigt, vor allem
lie litauischen Gutternamen nud Gottesvorstellungen als wichtig
ür das Verständnis des ältesten idg. Glaubens erwiesen (s. u. Reli-
rion).
Der charakteristischste Funkt der Hehnscheu Sachvergleichung
Bt immer das Bestreben, von den primitiven Kullurverhältnissen der
■Jord-Indogcrmanen aus einen Aus- und Einblick in die Knltarentwick-
nng des klassischen Altertums zu erhallen. Gerade umgekehrt ist der
rVeg, den B. W. L e i s t in seinen Büchern Graeco-itaüsche Rechts-
schichte (1884), Altarisches Jus gentium (1889), Altarisches Jas
dvile I (1892), Altarisches Jos civile II (1896) einschlägt, um die'l
vorhistorische Rechtsordnnng der Grieclieu und Rümer zu ennitleln
und auf dieser Grundlage das historische Recht der Griechen and
vor allem das der Römer zu versteheu. Aus dem Erei&e der idg.
Völker greift er in dem ersten Werk die Griechen und Römer, in dem
zweiten die Inder, Griechen uud Römer, also beliebige, d. b. nicht
durch nälicre Verwandtschaft mit einander verbundene, aber
sämtlich Boiion bei Anheben der Überlieferung auf rerbäUmsmäeeig {
hoher Kulturstufe stehende Völker heraus, um durch eine Vergleichnng
ihrer Rechtsordnungen bis zu ihrem „Stammrecht" vonudringen. Erst
in dem letzten der genannten Werke werden auch die RecblsbildnngeD
der Nordvülker vergleichend herangezogen, ohne auf die längst vorher
festet eben den Grnndanscbauungen des VerfnsBera noch einen mass-
gebenden EinfluBS ausüben zu können. Meine Bedenken gegen diese
Forschungsweise des Verfassers, die um so sicherer zn übertriebcneti
Vorstellungen von dem religiösen, sittlieben und rechtlicben Lebea
der Indogermnnen führen musste, als auch von den Ergebnissen der
.Sprachforschung nicht selten ein nnhistorischer Gebranch gemacht
wird, habe ich zu verschiedeneu Malen dargelegt (vgl. SprachvergL
und Urgeschichte» S. 202, 353 ff., Deutsche Litz. 1893 Nr. 19), nnd
sehe jetzt, dass ähnliche Einwendungen auch von anderen gemacht
werden. So äussert vom juristischen Standpnnkt R. Lßning in der
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtsw, V, 553 ff.: „Meist beseite
gelassen hat der Vf. dagegen die rechtlichen Anfänge der Übrigen
idg. Völker, insbesondere der Germanen, welche ibui durch ihre weniger
gefesteten sakralen Ordnungen in einem wesentlichen Gegensatz nt
Griechen und Italem stehend erscheinen. Dagegen lässt sich zwar
an sich nichts cinweDdcD(?}; doch ist andererseits zu beachten, dass
uns für kein Volk gerade die Urzustände so gnt bezeugt sind, wie für
die Germanen, uud dass gerade von hier aus die relativ
sichersten Schlüsse auf die idg. Bechtsanfäuge über-
haupt und damit indirekt auch auf die der Graeco*
Italikcr gezogen werden können." So bemerkt E. Meyer
Geschichte des Altertums 11,45 von historischem Standpunkt, dass
die Untersuchungen Leists zwar im einzelnen sehr viel richtiges und
wertvolles enthielten (womit auch wir durchaus übereiustimmen), ihre
Grundgedanken aber sehr problematisch seien; denn die nachge-
wiesenen Übereinstimmungen beruhten weit mehr
auf Gleichheit derKulturbcdinguugenal.'! auf ver-
erbtem Gnt. So glaubt Oldjcnberg Die Religion des Veda S. 464'
vom Standpunkt der Religionsgeschichte, dass Leist bei der Erklä-
rung gewisser indischer Hergänge viel zu weit in demReatrebeD
gehe, dieselben nach scharfen juristischen Begriffen
zü konstruicrcau-s. w. Gänzlich ablehnend gegen die Gei
gänge Leisla verliäU &ie\i oStii^at S..x.WM\^i%v«, «iwÄsaW«
r
geachichte der Indoeuropäcr') (Leipzig 1894), in dem er, so oft sich
auch die Gelegenheit dazu bietet, die Leiatschen ForschnDgen — üflera
za seinem Schaden — völlig ignoriert.
So glanben wir also, dass die Hchnsche nnd Leisteche Kfetliode
sich feindlich einander gegen llbevstehen wie Feuer and Wasser, und
eine prinzipielle Vermittlung zwischen ihnen nicht denkbar ist.
Anderer Meinung ist freilich P. v. Bradkc in einer Besprechnrg
des Leistschen Jus civile I in dem Anzeiger fUr Indogerm. Sprach-
und Altertumskunde VI, 6 ff. „Mit Viktor Hehns .Kulturpflanzen',"
heisst es am Schluss, „bilden die Leistischcn Arbeiten die Grundlage
fQr die wissenschaftliche Erforschung des arischen (indogermanischen)
Altertuma. Scheinbar sind die beiden Männer entgegengesetzte Wege
gegangen Doch widerspricht sich nichts, beides
zusammen ergiebt erst das rechte Bil d". Ich glaube, dass
eine irreführendere Darstellung des vorliegenden Verhältnisses sich nicht
wohl denken lässt. Man erwäge ans vielen nur folgende Punkte! Nach
V. Hebn hatten die Naturgewalten in der Urzeit noch keine menschlich-
peraönliche Gestalt angenommen, und der Name Gottes bedeutete noch
Himmel. Nach Lciet war schon in proetbniecher Zeit Dydus der
„schützende und strafende Leiter der Weltordnnng", die „regierende
Persönlichkeit", die „einerseits vorsorgende, ernährende, andererseits die
animadTerticrcnde, strafende Macht". Nach Hebn beruht die idg.
Familienorganisation auf ausgesprochenem Patriarchentum. Leist, der
jeden patriarchalcn Charakter der ältesten Familienordnung ausdrllcklicb
leugnet, geht von der sakralen Gleichstellung des Weibes mit dem
Manne (der pdtnt mit dem päti-) im idg. Hauswesen aus. Nach Hebn
gehen die greisen Eltern in der Urzeit freiwillig in den Tod oder
werden gewaltsam erschlagen. Nach Leist gehörte schon in vorge-
Bchichtlichcr Zeit die Ehrung der Eltern zu den neun „der Gottheit
entstammenden, von weisen Männern gesehenen" Geboten, durch die
das sittliche Leben des Urvolks geregelt war. Ich darf es dem
Leser überlassen, zu ermessen, welcher Art das aus derartigen Wider-
sprachen zusammengesetzte Bild der idg, Drzeit sein wdrdo*).
Gleichwohl ist auch so den Leistschen Werken ein bleibejider
Wert auf dem Gebiete der Indogermanischen Altertumskunde gesichert.
Dieser liegt einmal in dem llberans reichen rechtsgeschichtliehcu
Materia), das Leist mit grosser Gelehrsamkeit zusammengetragen hat,
das andre Mal darin, dass es Leist gewesen ist, der die vergleichende
• 1) Vgl. im Ubrigrea meine Ansicht Über dieses Buch in der Deutschen
Lits. 1895 Nr. 6.
2) Ganz leise glebt übrigens auch t. Bradke S. 11 zu, dass sich .mit
der kräftigeren Einwirkung besonders der nordeuropäischen Tradition" auch
die (Leistscbe) AuffasEung des altarlschen Kulirechts „mutmasslich rer-
ecblebeB' werde.
XXXn Vorrede.
BeohtswiBseoBcbaft zuerst auf dcu fegten Boden des IndogermauentumB
begcbränkt hat.
Dieser zweite Pnnkt fuhrt uns schliesslich zn dem VcrbUtnia
der Indogermaniscben Altertumakunde zu derjenigen Wissenschaft,
welche man als Vergleichende Völkerkunde zu bezeichnen
pflegt, und als deren Tochter auch die Vergleichende Rechtswissenschaft
zu betrachten ist. Indem diese die Recbtainstittitiouen aller möglicher
Völker des Erdbodens, namentlich auch die der Bogenannten Natur-
völker, zum Gegenstand ihrer Betrachtung macht, hofft sie auf dem
Wege der Analogie Belebrnng über das Wesen und die Geschichte
des Eecbta auch bei den idg. Völkern zu erlangen. Ob dieser Weg
zu dem gewünschten Ziele führen wird, wage ich nicht zn entscheiden.
Herrorbeben aber möchte ich, dasa die Indogermanische .Altertums-
kunde ihm mit einem gewissen Misstranen gegenüber zu stehn alle Ursache
hat. Einen interessanten Beleg für die Gefahren, welche ihr von dort
drohen können, bietet die Geschichte der Theorie des sogenannten
Mutterrechts. Die Vergleiclende EechtswiBsenscbaft beübachtete,
dass bei zahlreichen nnziviliaierten, aber auch bei zlTilisierteren Völkern
dcB Erdballs die Verwandtschaft und der Erbgang des Kindes nach
der Mutter, nicht nach dem Vater bestimmt werde, und da dieser Zu-
stand eine passende Mittebtufe zu bilden schien zwischen der als Ur-
zustand der MenBchheit angenommenen Fromiscnität der Geschlechter,
bei der denn la recherche de paterniUe zwar nicht „untersagt" aber
unmöglich war, und der historischen Vaterfamilie, bo verfiel man aaf
den Gedanken, nach Spuren einer mutterrechtlichen Epoche auch bei
dan idg. Völkern zn suchen. In der That glaubte man solche oammt
lieh bei den Germanen, z. B. in der vielbesprochenen Stelle von TacJtlu
Germania: sororum filiis idem apud avunculntn qui apud patrem
fionor, gefunden zu haben; denn wo die Mutter der Ausgangspunkt
der Verwandtschaft für das Kind ist, steht demselben der Multerbrnder
nnter den männlichen Verwandten am nächBten.
Dem gegenüber habe ich schon im Jahre 1886 in einer Be-
sprechung der AntiquariBchen Briefe J. Bachofens, des entschiedenste
Vertreters jener Mutterrechtstbeoric (Deutsche Litz. Nr, 27), hervor
gehoben, dass die in der idg. Ursprache ausgebildeten Verwandt-
schaftsuamen auf das unzweideutigste Protost gegen die Annahme ein-
legen, dass die Indogermanen im Zustand des Mutterrechts gelebt
hätten. Seitdem ist durch eine Reihe von Untersnchungea, fUr welche
ich ausser auf B. Delbrllcks Idg, Verwandtdcbaftsnamen (Leipzig
1869] auch auf den betreffenden Abschnitt der II. Auflage meines
Baches „Spraehvergleiehnng und Urgeschichte" (Jena 1890 S. 533 ff.)
verweisen darf, die altindogernianische Familienordnung dcrartijf kkt
g^eatellt worden, dass \oii U\).teTEftt\A wsX xd^. Boden sdileeW
teine Rede mebr aetn tai\n. Baas &wft, -«»a 'ßs.«s.Vt\\^.^i''
dcrartijf klu ,
yeehdgjM
Vorrsde. XXXIU
Spnren jenes Znstands in Anspruch genommen hal, in heirieiligeuder
Weise anders erklärt werden kann, bat Delbrück in einem besonderen
Aufsatz (Das Mutterrecht bei den Indog:ernianeD, Pieuss. JahrbUeber
LXXIX Heft 1) gczeist (näbcrcs s. u. Mo 1 1 er rec h t). Derartigen
Bestrebungen gegenüber ist ea, wie schon hervorgehoben wurde, ein
nicht zu nnterschatzendes Verdienst B. W. Leists, die Diskussion auf
„ historisch- eohaerenten" Boden, d. b. eben auf idg, Gebiet beschränkt
zu haben, wie er denn auch mit uns die Herrscbart des sog. Mutter-
rechfs in indogermaniseber Vorzeit leugnet. Bemerkt musa Übrigens
werden, dass die ethnologische Forschung (vgl. namentlich Grosse
Die Formen der Familie und d. F. der Wirtsebaft Freiburg i. B.
und Leipzig 1896 S. 9 ff.) in neuster Zeit zu wesentlich anderen Vor-
stellungen über Ursache und Geschichte des MutteiTechts wie frDher
gekommen ist.
Grosse Vorteile auf anderen Gebieten erliofft H. Hirt ans
einer engen Verbindung von Indogermanischer Altertumskunde und
Vergleichender Ethnologie. „Bei unserer Aufgabe", sagt er in der
41. Sonntagsbeilage der Vossischen Zeitung 1896, „können wir die
Ethnologie oder Völkerkunde nicht mehr entbehren. Sie bat die mo-
dernen primitiven Völker untersucht und bei ihnen Zustände gefunden,
die mau als allgemeine Entwicklungsstufen der Menschheit
ansehn darf. Das Ziel der Völkerkunde geht dahin, die noch jetzt
vorhandenen Kulturstufen der Menschheit in ein Entwicklungsystem zu
bringen, dadurch die Geschichte der Menschheit zu ergründen ....
Soviel steht fest, dass uns die Volkerkunde oft genug ein Verständnis
der Zustände im eignen Hause ermöglicht hat. Für die Erschliessung
der Urzeit ist sie geradezu unentbehrlich." Und in den
Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik III. Folge, XV, 463
heisst es: „Die Anschauungen über die wirtschaftlichen Zustände
der Indogermanen haben sehr geschwankt. Die ältere Wissenacbaft sah in
ihnen ein ideales Naturvolk, das den Ackerbau und die Viehzuclit kannte.
V. Hehn hat dieser Ansicht den Todesstoss versetzt. Er, der russische Zu-
stände lange vor Augen gehabt hatte, suchte das kulturelle Niveau der
Indogermanen herabzudrücken In der neueren Zeit ist aber
die Ethnologie auf den Kampfplatz der Geister getreten, und ihre
Forschungen mussten auch die Ansichten über unsere Vorzeit ändern."
Auch -wir sind der Meinung, dass die Vergleichende Ethnologie über
manche Institution, vorausgesetzt, dass dieselbe durch die im
obigen geschilderten, auf idg. Boden sieh darbietenden
Mittel als indogermanisch erkannt worden ist, believes Licht ver-
breiten kann, sind aber andererseits der Meinung, dass U. Hirt in der
Uereintragung wirklicher oder vermeintlicher, von modernen Natur-
I ttikem abstrahierter Entwicklungsschemata in die Kulturgeschichte i
K Scbr.i)er-, Re.IleilkOD. \U
I
iDdogermanen öftere zu weit geht^} (nähereB s. u. Ackerbau nnd be-
Bouders u. Viebzueht). Die Hauptsache wird immer die ErschliefiBDOg
des indogermaoiacbeu Altertnme mit indogermauiscbeu Mitteln sein.
Was auf diesem, wie wir gesehn haben, an Ergebnissen tmd
Streitfragen reichen Arbeitsgebiet bis jetzt geleistet worden ist, soH das
vorliegende Reallexikon der indogermanischen Altertams-
kiHide zusammenfagsen und weiter ausbauen.
Der feste Boden für die Anlage eines Reallexikona ist, wenn es
sich um die Altertumskunde eines einzelnen Volkes handelt, in den
historisch bezeugten Altertümern eben dieses Volkes gegeben. Nickt
80 einfach lagen die Dioge bei dem gegenwärtigen Werk. Denn es
ging natürlich nicht an, bloss solche Gegenstände und BegrifTe dem
Würterbuche einzuverleiben, für welche die Herkunft aus der idg. Ur-
zeit dem Verfasser feststand oder festzustehen schien. Hatte doch
alsdann häutig dasjenige als schon bekannt oder erwiesen vorausgesetzt
werden müssen, was erst ennittelt und erwiesen werden sollte. Gleich-
wohl war auch hier für die Auswahl der zu behandelnden Eultnr-
erscheinungen nach einem schon gegebenen Anagangsponkt sn
t) Ein Beispiel dafür, wie dieser Gelehrte aaf dem genannten Wege
zuweilen in Widerspruch mit seineu eigcueD, aas rein idg. Vcrhältnisaen ab-
geleiteten Thesen gerät, ist Aas folgende. Die Vergleichende Ethnologie
lehrt nach Grosse a. a. 0. S. 36, daes mit dem Ackerbau, den Hirt im Gegen-
satz zu Hehn als die Sltesl erreichbare Wirtschaftsform der Indogermanea
erweisen möchte (vgl. I. F. V. 395 ff.), der wirtschaftliche Schiverpunkt von
der männlichen auf die weibliche Seite verlegt werde. Thats&chUch gletR
es altidg. Völker, z. B. die Oermanen, bei denen der Frau ein Anteil an
diesem Erwerbszwoig zugeschrieben wird (vgl. Tac Germ. Cap. 15). flo-
folge dessen", lehrt nach Hirt die Ethnologie weiler, .Enden wir bei allen
primitiven Gesell schalten, die sich vorwiegend auf den Ackerbau stUtzen,
eine matriarchalische Familienform oder doch die Spuren einer solchen."
Auch das Ecbeinl für die Oermanea zuzntreffeD, da Hirt die schon oben ge-
nannte Stelle aus Tacitus Germania: nororum fitiis etc. trotz Delbrück nur
als „Spur einstigen Mutterrechts' auffassen au dnri'eu glaubt (a. a. 0. S. 400).
Demgegenüber spricht nun Hirt an einem anderen Orte (Hettners Geogr. Z.
IV, 383) ganz in Einverständnis mit uns die Ansicht aus, dass die Indoger-
manen „zweirelios* Matterrecht nnd Matterfolge nicht gekannt hatten,
sondern vielmehr die Vaterfolge bei ihnen geherrscht habe. Demnach ralissiea
also die Germanen erst nach der Völkertrennung mutterrecbt liebe Gewöhn-
heilttn angenommen, nnd da Mutterrecht und Ackerbau nach Hirt aut diu
engste ursächlich zusammenhängen, auch erst nach dur Völkertrennung zam
Ackerbau übergegangen sein. So scheint mir also auf diesem We^ge
das Gegenteil von dem tewlesfew tm. ^axieo, -va.* bewiesen
nSmlich dass der Ackeibau ■a\\n4os'Mtfi».TOaÄi %i^\.
■ «ocfaen. Dieser Hess sieb in der Gesamtheit der auf alteuropä-
■ ischem Boden hiBtorisch bezeugten Kulturznstände anschwer
W finden. Anf diesem liegt, wenn uicht die Wurzeln, so doch der
I Schwerpunkt der idg. Völker, uud schon von vorhistorisclier Zeit an
tritt aus die Gesittung der europäischen Indogermanen als eine im
Laufe der Zeit sich immer einheitlicher gestaltende Kulturgemeinschaft
«ntgegen, an der die Inder und Iranier, unter dem Druck der sie um-
^benden Kulturen des Orients in ihrer idg. Eigenart frühzeitig unter-
^gangen, keinen Teil mehr haben. Auf diesen festen Boden der
historisch bezeugten Kultur Alteuropas stellt sich also
das vorliegende Werk, löst dieselbe unter geeigneten Schlagwürtern
in ihre Grundhegriffe auf und sucht bei jedem derselben zu erniittelu,
oh und in wie weit die betreffenden Kulturersclieinungen indogermanisch
oder unindogermanisch sind, ob und in wie weit sie ein gemeinsames
£rbe der idg. Vorzeit oder einen Neuerwerb der einzelnen Völker,
feinen selbstäudigeD oder von aussen entlehnten u. s. w., darstellen. Es
soll somit die Gesamtheit des alteuropäischen Kulturguts auf seine idg.
f rovenienz hin geprüft werden. Neben der Geschichte des Rindes
and des Hundes, die, wie gezeigt wird, iu die Urzeit zurUekFUhrt,
wird z. B. auch die des Esels und Maultiers gegeben, bei der
«olches nicht der Fall ist. Keben Wolle und Flachs werden auch
Baumwolle und Seide, neben Gerste und Hirse auch Roggen
und Reis, neben Axt und Spiess auch Helm und Panzer u. s. w.
behandelt. Indische und iranische Sprache und Kultur werden zur
Erklärung der europäischen Zustände überall herangezogen. Speziell
arische Kulturbegriffe aber, wie etwa unter den FSanzen der Soma
oder nnter den Getränken die Surä, sind, dem Plane des Buches ent-
J sprechend, nicht als selbständige Artikel in das Wörterbuch aufge-
■ nommen worden. Das Ganze ist ein Versuch, einerseits von europä-
I ischer Seite iu das idg. AUertam vorzudringen, und andererseits von
'' diesem letzteren aus Lieht über die älteste Kulturentwicklung unseres
Erdteils zu verbreiten. So verstellt und rechtfertigt sich der Unter-
titel des vorliegenden Werkes; Grundzüge einer Kultur- und
Jk Völkergesehichte Alteuropas.
■, Es entspricht dem Grundgedanken eines Rcallexikons, eine mög-
Vjichste Zergliederung der kulturhistorischen Begriffe
BrTorzunehmen, die dann wieder unter höhere Einheiten zusammengefasst
V^rd. So werden z. B. die einzelnen Getreidearten und Ackerbau-
H^äanzen in besonderen Artikeln behandelt, die ihrerseits wieder iu
einen Gesamtartikel Ackerbau zusammenlaufen. Ebenso verhält sich
die gesonderte Behandlung der einzelnen Waffen zu dem Gesamtartikel
Waffen, der einzelnen Werkzeuge zu dem Gesamtartikel Wer.k-
■ ieuge, der einzelnen Verwandt&chaftsverbfiltniase zu dem Artikel
■^ a m i I i e , die gesonderte Behandlung der einzelnen Verbrechen wie
Vorrede. XXXV
XX3CVI Vorrede. '
Diebstabl, Ehebruch, Kßrperverletznug, Mord, Notzneht^
Raub zn dem Gesamtartikel Verbrecben ii. s. w. |
Doch ist dieses Prinzip der Zergliederung nicht auf die Spitt» |
g;etriebeD worden. Vielmehr ist in einer Anzahl von Fällen aus prak- 1
tiseben Gründen, nämlich dann, wenn die einzelne Erscheinung erst
im Znsammenhang mit anderen ein giösseree Interesse erwecken tu
können schien, eine ganze Reihe von Gegenständen unter einem
Gattungsnamen oder in einem Gesamtartikel behandelt worden. So i
finden sich z.B. die einzelnen Edelsteine u. Edelsteine, die einzelnen
Singvögel n. Singvögel, die einzelnen Garlenbaupflanzen n. Garten-
bau, die einzelnen Wochentage a. Wochen, s.w. besprochen. Aaf
diesem Wege ist das Buch zwar an Verweisungen, aber auch a»
lesbaren Artikeln reicher und an sonst unvermeidbaren Wiederholungen
ärmer geworden.
In dca allgemeineren Artikeln des Werkes wird natürlich die
Rekonstruktion eines einheitlicben Zustands auf dem betreffenden
Gebiete der vorhistorischen Kulturentwicklung angestrebt, und —
wenigstens in der Theorie — wird die Zusammensetzung der in eolebe»
allgemeineren Artikeln erzielten Ergebnisse ein einheitliches Bild der
indogermanischen Urzeit ergeben. Doch soll bemerkt werden, das»
die Rekonstruktion rorgeschichtlicber Zustände, die bei dem debo-
baren Charakter von Ausdrücken wie Urvolk, Urzeit, Ursprache immer
etwas fiktives behalten wird, in dem vorliegenden Werk weniger Selbst-
zweck als Hilfsmittel zur Erklärung der geBchichtlicbeo Ver-
hältnisse sein soll, von denen ea ausgebt. Wie auf dem Gebiete der
Grammatik die Erschliessung der idg. Ursprache nicht dazu dienen
soll, idg. Fabeln oder Zaubersprüche in ihrer uridg. Sprachform la
ermitteln, sondern das Verständnis der geschichtlich überlieferten Sprach-
formen zu ermöglichen, so erhält auch die Indogermanische Allerttinis-
kunde ihren eigentlichen Wert nicht dadurch, dass sie die Gesittung
eines im Inneren Asiens oder Europas gedachten Urvolks erscbliesst,
sondern dadurch, dass sie die Basis bildet, auf der das Verständnis
der historischen Kulturen der idg. Einzelvölker möglich wird.
Im allgemeinen begnügt sieh das Werk damit, das erste Auf-
treten einer Kulturerscheinung festzustellen und ihre weitere Ge-
schichte den Altertumskunden der idg. Einzelvölker zu überlassen, fflr
die das Reallexikon eine Einleitung und Ergänzung sein möchte.
Diesen Einzelwissenschaften fiilU also eine doppelte Aufgabe zu, indem
sie der Idg. Altertumskunde einmal einen wichtigen Teil des Stoffes
(s. o.) zur Zueanimenstelluug des Bildes der idg. Urzeit zuzuführen,
das andre Mal auf der so geschaffenen Grundlage die kulturgeschieUlUcbft
Weiterentwicklung der einzelnen idg. Völker darzustellea haben,
viel bleibt hier freiUA notib va. ftraa 'i^it\%, ■ttaA mir wenigstens
nur eine solche vom GeiaV 4et U^. &A'iftrta^'ät.^s»&a -«Äwfs«
schieUlUcbft
abcn.^ figfaji
r
fr^
L
Vorrede. XXXVII
mhte DarstelluDg der SonderentwicklDDg eines idg. Volkes bekannt
geworden. Es sind Iwau t. Mallers in 2. Auflage vorliegende Grie-
chische PrivataltertUnier.
Der Charakter der in einem Reallexikon der Idg. Altertumskunde
cn behandelnden Fragen bi-ingt eß mit eich, dass in dasselbe ausser den
eigentlichen Kultnrgegenständen nnd -begriffen auch solche Erschei-
imngen aufgenommen werden mussten, welche, ohne selbst Kultur-
crscbeinuDgen zn sein, doch für die Kultnrentwicklung, die ursprüng-
liche Verbreitung, die Wanderungen der idg. Völker unseres Erdteils
o. 8. w. irgendwie von Bedeutung Bind oder zu sein scheinen. Dies
gilt besondere von den Tieren und Pflanzen, also auch den wilden,
bezüglich nicht domestizierten oder nicht kultivierten, die in ihren
hervorstechenderen Erscheinungen vollständig behandelt worden sind.
Aber auch für die Frage der Urheimat wichtige läegriffe wie Meer,
Scbnec und Eis u. a. oder ftlr die Zeitteiinng und die Keligions-
Anschauungen wesentliche Erscheinungen wie Sonne und Mond,
TVind und Sterne haben Aufnahme gefunden. Endlich ist unter
geeigneten Schlagwörtern auch über die auf die idg. Völker bezQg-
licben anthropologischen üntersuchnngen (s. n. Körperbeschaffen-
Leit der ludogermauen) und über die Frage der Urheimat selbst
berichtet \vorden, über die man sich nach allem, was in den letzten
Jahren daiUher gesagt worden ist, gegenwärtig wohl mit einiger Zu-
versicht äussern darf.
Für die Auswahl der in diesem Beallexikon behandelten
kulturhistorischen Begriffe selbst iRsst sich eine auf alle ein-
zelnen FäUe passende Regel nicht aufstellen. Im Grossen und Gänsen
kann man sagen, dass als selbständige Artikel solche Kultnrerscheimmgcn
aufgenommen worden sind, welche für das historische Alteuropa, dieses
etwa bis zu seiner Christianisierung gerechnet, eine Über das einzelne
Volk hinausgehende, allgemeinere Bedeutung erlangt haben. An manche
Kategorien, z. B. an die auch kulturhistorisch hoch bedeutsame sprach-
liche Ansbildung der ethischen Begriffe habe ich mich nach Mass-
gäbe der vorhandenen Vorarbeiten noch nicht oder nur ausnahmsweis
(a. z.B. u. Keuschheit} herangewagt*).
' 1) Bemerkenswert ist, dass die Budeutuny der Sprachwissenschaft für
derartige Untersuchungen auch Fr. Nietzsches Bcharfes Auge erkannte.
In einer Anmerkung znr ersten Abha.ndlung der Genealogie der Moral
(Leipzig 1695 S. 888) sagt er; „Ich nehme die Gelegenheit wahr, welche
diese Abhandlung mir giebt, um einen Wunsch öffuntlich nnd förmlich aus-
zudrücken, der von mir bisher nur in g'elcgcntlicbem Gespräche mit Gelehrten
goänssert worden ist; dass nämlich irgend eine philosophische Fakultfit sich
durch eine Reibe akademischer Prei snusschreibungen um die Förderung
alhistorischer Studien verdient machen möge; — vielleicht dient
dieses Buch dazUj einen kräftigen Anstoss gerade in solcher Richtung eu
geben. In Hinsicht anf eine Möglichkeit äleatT f^rt «t\ 4\ft w».'!.V«Rfc«"MiÄ.
I
I
über die Methode, die diesen Unterencbnngen zn Gründe liegt,
brauche ich nach den obigen Ansführnng^en nicfats mehr 2 n sagen. Sie
liegt in der Vereinigung von Sprach- und Sachvergleiehung, und e»'
iBt eine müssige Frage, ob dieser oder jener der Hanptanteil zufallt.
Die Sachlage ist eben ganz einfach die, das» auf den einen Gebieten
mehr sprachliche, auf den anderen mehr sachliche Kriterien nuti-
bringend und entscheidend sein werden. Nach jeder von beiden Seiten
dürfte aber noch eine Bemerkung am Platze sein.
In sprachwissenschaftlicher Hinsicht soll hier zum erstes
Mal der kulturhistoriscbe Wortschatz der altidg. Sprachen als
Ganzes sachlich und übersichtlich geordnet und sprachlich erklärt
werden. Dabei wird sich zeigen, dass die Snmme unseres Wisaen»
trotz der mehr als 60jährigen Arbeit, die seit Potts Etymologischen
Forschungen geleistet worden ist, noch immer eine verbältnismässig
nicht allzu grosse ist. Indessen dürfte die Hoffnung nicht nnbegrOndet
sein, dass gerade der hier eingeschlagene Weg, die Terminologie der
einzelnen Kulturerscbeinnngen als Ganzes und unter sachlichen Gesichts-
punkten zu betrachten, zur Aufhellung manches bisher dunklen Be-
standteils derselben führen wird; denn je besser wir die Dinge nnd
Begriffe, um die es sich handelt, verstehen lernen, umso besser werden
wir auch die Wörter verstehn, die sie bezeichnen. Es sind daher
vielfach auch noch gänzlich unerklärte Benennangen der einzelnoi
Knlturerscheinungen als Material für die zukünftige Forschung ge-
geben worden. Dass dabei eine Vollständigkeit nicht eiTeicht werden
konnte, wird derjenige zu entschuldigen wissen, der sich vergegen-
wärtigt, wie mühevoll die Zusammenbringung einer solchen kultur-
historischen Synonymik der idg. Sprachen ist, für die es fast völlig m>
zusammenfassenden Vorarbeiten fehlt.
Grössere Schwierigkeiten aber noch als die sprachwissenschaftliche
Seite des Buches hat mir auf dem Gebiete der Sachvergleichnng die
Ausbeutung der archäologisch-prähistorischen Forschung ge-
macht. Zwar darf ich sagen, dass ich mich redlich bemüht habe,
meine Anschaungen und Kenntnisse auf diesem Gebiete dnrch Beiden
und Lektüre, soweit es Mittel und Zeit gestalteten, zu vertiefen
nnd auszudehnen. Allein ich verkenne doch nicht, dass die selb-
ständige Verwertung der Funde, namentlich in kaustgesehichtlicher
Beziehung, einen Grad von Begabung und Schulung fordert, über den
ich leider nicht verfüge. Indessen kam es für mich glücklicher Weise
auf diese mehr knnstgescbichtliche Seite der Prähistorie weniger an.
Frage in Vorschlag gebracht; sie verdient ebenso die Aafmerksanikejt der
Pbiiologen und Historiker ala die der eigenlliiiliBn Philosophie -Gelehrten
I Beruf: „Welche Fingeizeigfc is\«bl die Sprachwlasens
■ besondere die et3rmo\ogiac\v6 'Sot8tV"a-tt%, ^^t i\.«i ■^t\\-w Icl
le"«schichte der mota.\\ac\\et\ "Bfe-EtXUft «.'«'.
Vorrede. XXXIX
Die im Mittelpunkt meiner Betrachtung stehende Frage war vielmeür
die: In welcher der von den Präliistorikern nntersebiedenen Epochen
tritt dieser oder jener Eulturbcgriff zuerst in unserem Erdteil auf?
Diese Frage habe ich bei der Durcbmusternug unserer Museen und
Sammlungen voruebmlicb im Auge gehabt und ihre Beantwortung
noter der sachkundigen und liebenswürdigen Leitung von Mäoueru wie
M. Mueh in Wien, S. Müller in Kopenhagen, A. Goetze in Berlin,
Herrn Heier li in Zfliicli Yielfacb gefunden.
Es ist ein grosses und weitverzweigtes Arbeitsgebiet mit einer
kaum übersehbaren Fülle sprachlicher und saehlicber Litteratur, auf
dem sich die yorliegenden Üntersachungen bewegen, und ich bin in unserer
spezialisierenden Zeit auf den Einwand gefasst, dass der Plan des Buches
die Vereinigung mehrerer Arbeiter empfohlen hätte. Thatsäcblieh habe
ich diesen Gedanken längere Zeit erwogen, ihn aber aufgegeben, je
mehr ich sah, wie derartige gegenwärtig auf der Tagesordnung stehende
genoaseusehaftliche Duternehmungen, bei hervorragendem Wert im
einzelnen, doch allzu oft an deo stärksten Widersprachen in den
grundlegenden Änschaunngen leiden und leiden müssen. Ich habe daher
selbst auf die Gefahr häutigerer Irrtümer im einzelnen hin an dem Vor-
teil einheitlicher Durchfuhrung des Werkes festgehalten. Dass ich mir
dabei bewusst bin, zuweilen noch kaum mehr als Kubriken geboten
zu haben, die erst vou der zukünftigen Forschung aus/ufUllen sein
iverden, brauche ich nicht zu versichern. Die auf unserem Forschungs-
gebiete bisher geleistete Arbeit kann man mit einem grossen Neubau
Tergleicben, dessen Fundamente gelegt sind, dessen Plan entworfen ist-
An zahlreichen Stellen ist das Werk rüstig emporgediehen. Oft aber
stockt die Arbeit; denn der Bau gehört nicht zu den olBziellen Bauten.
So ist es vielfach noch Stückwerk, das hier geboten wird.
Auf der anderen Seite sind es aber nun bald 25 Jahre, dass ich
mich, durch V. Hehns Kulturpflanzen dazu angeregt, zuerst den hier
behandelten Fragen zugewandt habe (Sprachwissenschaft und Kultur-
geschichte Im neuen Reich 1877 S. 361 ff.). Seitdem habe ich durch
eigene Arbeiten und durch die Keuhcrausgsbe der linguistiscb-bisto-
fischen Schriften V. Hehns in fortdauernder Fühlung mit den Pro-
blemen der Idg. Altertumskunde geetanden. Als daher von dem um äii
idg. Sprachwissenschaft so hoch verdienten Herrn Verleger der Wunsch
nach einem zusammenfassenden Werk über die Idg. Altertumskunde
ausgesprochen wurde, glaubte ich das Recht und die Pflicht zu haben,
mich dieser Aufgabe zu unten;iebc und lege ihre Erfüllung in diesem
seit lange von mir geplanten Reallexikon der Indogermanischen Alter-
tumskunde der Öffentlichkeit hiermit vor.
Zu wärmstem Dank bin ich Herrn Prof. F. Kluge in Freiburg i. B,
verpflichtet, der das Unternehmea von Anfang bis zu Ende durch Rat
nnd That unterstützt bat. Wie dieser, hat auch Herr Prof. Cappeller
XL Vorrede:
in Jena die grosse Güte gehabt, eine Korrektur des Werkes zn Ici
und mich durch eine Reihe Ton Winken, namentlich auf indischf
und litauischem Gebiet, zu fördern« Herr Kollege Dr. Hilgenf eld
Jena hat freundlichst die einheitliche Umschreibung des semitisch
Wortschatzes im Auge gehabt.
Der Druck des Buches hat nahezu zwei Jahre in Anspruch {
nommen, so dass eine Reihe von Nachträgen notwendig o ^
wünschenswert geworden ist, die ich nicht zu übersehen bitte«
Jena^ den 18. Januar 1901.
O. Sohrader.
[NDOGEEMANiSCflE FORSCHUNGEN
ZEITSCHRIFT
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INDOSEEHANISl'HE srKACII' ll.'D ALTEKTIIMSKCNDI!
BEIUUSSEG'EBEN
VON
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MIT DEM BEIBLATT;
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WILHELM STRKITßERQ
~^a. jMJn» — ANZEIGER: BR8TE8 11X11 ZWEITES HEFT
(AB0EBCHL0!^£I1 am K. JUNI 1901)
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STRASSBüRG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1901
1«
[uhalt. XU. Band. Anzeiger: 1. und 2. Heft- JjJP
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FluMShurg X. Studira nnf dum Gehiittr der iniliiKBnnJiuiBeiit'n
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Tlnimb A. Mtid Marljo K. KKiJorioienlollo Untersuct»iii««a
^\>vt dinpflvcliolnsrwcbi'i) Gräiidlft£rBi' ^^^ Kpradilluben
Ai»Jilo^pl>il(lHi]gen <VV. W«adi.r '.. . . . . . ' 17
I.idi'n E. Studie» nur Rltiiwilrtdieii uu"! verglolcheJidon SpTBc.h-
g<<£cliii'Ute (Jnkob Wnckerua^el) . . . , : 20
Ulili'ubi-i'.k III-. O. C. K urx^efmtsiBB Elvmologiaches Wtirt«-
liiidi der iillindis4:iiiiti Biiriiche (Barlii'nloiuite) ..... 22
Hillel.r«nat A. Vedisthe M.vlholopie {Willj- Fovt . ; . . ÄS
Karst J, HistoriBi^h» Gruinniiitik «ich Ktlikiscb-AruieiiucheD
IH. Wüh^clLitiwin) . . . \ . 4fi
Luxeri-raiit:« O. Zur «:n'odii>4clioii LAUiüreocIiicMc (A. Tlnimb) 6.1
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Levl A. DeT sulfiasi uscunti in-iigma (A. Tfauinbl .... «6
Thunib Alb. Die grit'i^hische Sprnche im Zritnlmr duBÜnlle-
nismus (Jrtliii SchtuitK .......... ^ :." , 581
KuImTc E. PsvftH! IE. Mogki 8l
Weist- F. n. Chiirnkti-riätik dt-r iHtiunisdi«» Hpradie (Fr Stolz) 85 .
■ Otio W. Nomliin lirOpriH Lntlna oriuudit 'I piii-Ucljitia pecfecti
- (Ffrdittaiid Sommpr) , ■ • ■ '®
Seil wai> J. \oüiiiia jiropiia I.Hiina oriuiida a pariiriyiii« prao- -
scntia HCtivi, r^iluri paMsixi. l'uiuri netivi r|iiHe quaudo iju»-
in«do< fii;la stnt (Ferdiiiainl Sommer) . _, 88
Uo.i't Oii-SniHb Lionel. Tlie CniabliitluDont and Extenaion «f
tliu Law oi' Tlmnicvarn uti<[ Havi-t <ttob«rt v. Plant») . 87 ;
Ubeih'n V. Elvomlogiiit-lio B^itragu KUmilalittni.ictiun Wiirter- ■
buiili iJ. Subak) - "8»
San d Icl d ■ J ü (i h .■ n Kr. llBiiiwuskeStudiw I (Holxür Podec*«i) M
SarJiuw Clir. Irske Studier (Holgor Pttdureoii) ...... 9J
Iioewe H. Did (itlHiiHr.'lii> und upraetillcbu Olied«rimg dar
(icrinancn OVilbelm Rruckuer) .■ 1«
Frfta Filolugioka Frireninggii i Lunä. SprAklign Uiip- ,'
aatser (VV. Ranisdi) ...,.,.., .190
Nyarc bidrag tili kännvclani om ilv avtiustui landstn&t&n ock
srpn.^kr, rolklif (B. Kahle) . lOt
Tlioroddsaii tfa. Oeitdiiubtc dur isIttuilischAn Qeognvphie
{H. Uirtl l«
Wyld H. C. CoutribaUons" lo the Histor.v of th« Eujflish
tiuuurald iMxx Fürstnr) . . . . lOB
Chadwick H. M. Studie« in Oid Kagllsb (K. D. HUlbrlng) . 11»
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U'Afbois do Juhaiii Villa H. E^^d<^s aur la Hngue dpa F*«iie«
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Siirnchu alä Orundlage für ein System der Bedeuiun£»lebr«
(O, Ditlriirli) , . .- . . llS
Z«itBi.brift Jür hodideutsdift . Mundarten (K. Michel) ., . - m
Rrdmann 0. Gruiidtiigo dur doutsdien Syntax nao^ Ehrer
peschichtliL-hen Kntwickluu^ iK. v. Bahderj ..... 133
Bremer G. Zur Lautschrift ( U. Brcum^ri .127
HeilijrO. Grammatik der OstfrUnkisihen Mundart dea Tauber-
jrnindcii und diir Nachbavimindartvu 1,0. Brennor) , - . ISM
ScbatJE J. Dif Mundart von Ini»t-(GuMUiv Binü) .... . l$L
SocrunHeu Asm, Po\ti\&iAvp. &«MK»vR.«e. IS-iVth Becnpkcr) . y
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