Toronto
Snöoorrmnnjßör iforftöuiiorn
ZEITSCHRIFT
FÜR
INDOGERMANISCHE SPRACH- UND ALTERTÜMSKUNDE
HERAUSGEGEBEN
VON
KARL BRUGMANN und WILHELM STREITBERG
NEUNZEHNTER BAND
MIT 31 ABBILDUNGEN IM TEXT.
STRASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1906.
T
501
3l\°i
M. DuMoiit Schauberg, Straßburg.
Inhalt.
Seite
W. Havers Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen ... 1
A. Walde Aspiratendissimilation im Latein 98
K. F. Johansson Arische Beiträge 112
von Grienberger Das Carmen aruale 140
van Hellen Zum altfriesischen Vokalismus 171
A. Leskien Das Slavische in dem Etymologischen Wörterbuch der
griechischen Sprache von Prellwitz 202
A. Leskien Litauisches mozöti, mästegüti 209
Truman Michelson The Indic ' xooV khyä in Päli and Präkrit . . 210
A. Zimmermann Zur Etymologie von September, -bris 210
K. Brugmann Griechische Miszellen 212
W. Streitberg Zur Flexion des gotischen Adjektivs 214
K. Brugmann Der Genus der Deminutivbildungen 215
H. Osthoff Griechische und lateinische Wortdeutungen 217
E. Hermann Zur kyprischen Silbenschrift 240
G. Neckel Exozentrische Komposition 249
E. Rodenbusch Bemerkungen zur Satzlehre 254
M. H. Jellinek Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien
und Begriffe 272
E. Li den Zur iranischen Etymologie 316
E. Li den ^ur germanischen Wortgeschichte 335
E. Liddn Neue altenglische Miszellen 359
J. Zubaty Ai. titht, tithih 'lunarer Tag' 370
K. Brugmann Zu den Benennungen der Personen des dienenden
Standes in den indogermanischen Sprachen 377
W. Streitberg Got. sunnin 391
N. van Wijk Ags. cu, an. kyr 393
A. Leskien Altkirchenslavisches oßmim 398
K. Brugmann Griech. öcxpOc 399
K.' Brugmann Die lit. Verbalabstrakta auf -imas 400
R. Meringer Wörter und Sachen IV. Mit 31 Abbildungen im Text . 401
H. Hübschmann Armeniaca 457
L. Sütterlin Die Denominativverba im Altindischen 480
Sachregister von H. Hirt 578
Wortregister von H. Hirt 582
Nachträge und Berichtigungen 636
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen.
I. Vorbemerkungen.
1. Vorliegende Arbeit will ein einzelsprachlicher Beitrag
sein zu dem Thema, das in Briigmauns unlängst erschienener
Schrift: "Die Demonstrativpronomina der indogermanischen
Sprachen". Leipz. 1904. (Abhandl. d. K. S. Gesellsch. d. Wissensch.,
phil.-hist. Kl. 22, 6) behandelt ist.
Das Pronomen der Jener-Deixis hat bisher unter den
griechischen Demonstrativen am wenigsten Beachtung gefunden ;
eine alle Bedeutungsschattierungen dieses Pronomens berück-
sichtigende Arbeit gibt es meines Wissens nicht; nur einzelne
Gebrauchsweisen sind erörtert worden, so die Verwendung von
^Keivoc in reflexivischem Sinne, worüber gehandelt haben Funk-
haenel: Jahrb. f. class. Ph. 77, S. 316 ff., Alex. Buttmann: Theol.
Studien und Kritiken, 1860, 2, S. 507 ff. ; in der letztgenannten
Schrift werden auch einige andere Gebrauchsweisen des Pro-
nomens CKeivoc kurz berührt. Andere einschlägige Abhandlungen
werde ich bei Gelegenheit nennen.
Folgende Literaturwerke wurden der Untersuchung über
die Anwendung unseres Pronomens zu Grunde gelegt: Homer,
Pindar, Bacchylides, die Pi-agmente der Lyriker, Aeschylus,
Sophocles, Euripides, Aristophaues , Herodot, Thucydides,
Xenophon, Plato (teilweise), Lysias, Isocrates (teilweise), Aeschines,
Lycurgus, Demosthenes .(teilweise), die hauptsächlichsten In-
schriftensammlimgen, die Bukoliker, Herodas, Polybius, die vier
Evangelien (mit Berücksichtigung der gotischen und der altbulga-
rischen Übersetzung), Lucian (teilweise).
2. Es läßt sich folgendes Schema aufstellen für die Ge-
brauchsweise unseres Pronomens:
eKeivoc ist
I. rein Jener-deiktisch :
1. lokal,
2. temporal.
Indogermanische Forschungen XIX. 1
2 W. Havers,
II. anderseits-deiktisch.
ni. d6r-deiktisch :
1. anaphorisch (vgl. die verschiedenen Unterabteilungen in
cap. 5 a),
2. praeparativ,
3. korrelativ,
4. epanaleptisch.
lY. ein Pronomen der 3. Person:
1. in den Nominativformen,
2. in den obliquen Casus.
V. Besonderheiten:
1. cKeTvou, CKeiviDV vertreten ein Possessivpronomen der
3. Person,
2. dKcTvoc bezieht sich in indirekter Rede auf den Ange-
redeten,
3. eiceivoc steht in reflexivem Sinne,
4. eKeivoc berührt sich mit toioötoc,
.5. eKeivoc in Verbindung mit sich selbst, oder mit anderen
Demonstrativen drückt den Begriff der Mannigfaltig-
keit aus.
3. Reine Jener-Deixis liegt vor, wo ekovoc das im Raum
oder in der Zeit Entfernte bezeichnet; vgl. Bergk Carm. Popul.
46, 12: ö|uoiov, ujCTrep oi qpiXoi |uev dcxepec | f\k\oc ö'eKtivoc.
Einigemal findet sich eKeivoc neben outoc gebraucht beim Hin-
weis auf dasselbe "Wahrnehmuugsbild, vgl. Gebet. Pin. 27, 1 :
Tivec eiciv outoi oi ÖOKouvrec CKeTGev dnö xoö ßouvoO TrapaYivecGai ;
Luc. Char. 13 : Küpov he auxöv utt' eKeivnci ific Maccayetiöoc
dTToeaveiv. opac niv XKu6iba Tr]V erri toü ittttou toutou toö XeuKOÖ
eSeXauvoucav ; Herod. 4, 23 : Tic ripa n'-jv \i0ov rauTiiv | leKToiv
^TTo[i]ei, Kai TIC ecTiv 6 cTi^cac; | KY. oi TTpnHiTeXeu) iraibec" ou[k]
opfiic K[e]Tva | ev xf^i ßdci tu Ypd|upaT'; In solchen Fällen wird
durch outoc das bezeichnet, was entweder dem subjektiven Inter-
esse des Redenden näher steht, wie in dem ersten Beispiele,
wo der Fragesteller über die Personen unterrichtet werden will,
die von dem Hügel kommen, während ihm der Ort selbst, au
dem sie sich befinden, gleichgültiger ist, oder das, was objektiv
betrachtet mehr in die Augen fällt, wie in den beiden letzten
Beispielen; so wird in der Stelle aus Lucian mit outoc das
durch seine weiße Farbe allgemein hervorstechende Pferd ge-
kennzeichnet im Gegensatz zu der nicht so leicht erkennbaren
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 3
Person, die auf ihm sitzt, und Herodas drückt durch den Wechsel
der Pronomina aus, daß das Bildwerk als Ganzes genommen
leicht auffällt, während die an der Basis angebrachte Inschrift
nicht so rasch in die Augen sticht. Beim Hinweis auf Bestand-
teile der Rede bezieht sich eKtivoc manchmal auf das zuletzt,
ouTOC auf das zuerst Erwähnte, vgl. Plut. v. Alex. M. c. 8 : 'Api-
CTGTeXn be 0au|udZ[uuv ev äpxr\ Kai (XYaTTÜJV oux ^ttov . . . tou
Trarpöc, ujc öi' eKeivov |uev ZliDv, öid toOtov he KaXiJuc Zwv. In
solchen Pällen bezeichnet eKeivoc stets das, was au Interesse und
Wichtigkeit zurücksteht hinter dem Bezugwort von outoc, so
daß der Satzteil, in dem eKeivoc steht, in deutscher Übersetzung
meist mit 'während' eingeleitet werden könnte.
In Fällen, wo wir in der Erzählung bei Angabe von Ört-
lichkeiten zur sogen, dramatischen Gebrauchsweise der De-
monstrativa neigen (s. Brugmann a. a. 0. S. 6 und 41), findet
man im Griechischen oft das wirkliche Ortsverhältnis berück-
sichtigt, vgl. Poljb. 5, 51, 11: otTTeqpaive öiaKXeicöncojuevov töv
MoXuuva TTic eic xriv Mr^öiav eTravööou Km ific eH CKeiviuv xujv
TÖTTuuv feTiapKeiac "und von der Zufuhr aus diesen Gegenden";
anders Arrian An. 3, 30, 7 : evöev öe erri töv Tdvaiv iroTaiuov
7Tpoi|)ei. TUJ bk Tavdibi toutlu . . .; Her. 4, 109, 3: luoövoi tuuv
TauTV) 'in jener (dieser) Gegend'; ebenso ib. 106, 5: toutuuv;
vgl. auch Stein zu 7, 89, 7. Es finden sich ferner Stellen, an
denen eine abwesende Person oder Sache mit öbe statt mit
CKeTvoc bezeichnet wird, z. B. y 352: toöö' dvöpöc 'Oöuccfioc,
TT 364, uj 426; dagegen wird sonst von Odysseus, als dem in
der Ferne weilenden, eKeivoc gebraucht (s. Kühner-Gerth Griech.
Gr. 1, S. 644); es kann eben, wie Heutze: Philol. 27, S. 511
sagt, "alles, was den Redenden gegenwärtig lebhaft beschäftigt,
mit öbe bezeichnet werden". Bekannt ist der Gebrauch des Pro-
nomens CKeTvoc zur Bezeichnung des Übersinnlichen (vgl. unter
Plato cap. 16) und des im Jenseits Befindlichen. Man kann
aber nicht behaupten, wie das z. B. Kühner-Gerth a. a. 0. tun,
wenn von einem Verstorbenen die Rede wäre, würde stets
eKeivoc gebraucht; dies geschieht nur dann, wenn der Tod des
Betreffenden kurz zuvor ausdrücklich erwähnt ist, oder wemi
die Situation eine solche Auffassung zuläßt; so darf man z. B.
nicht an allen Stelleu, wo Xenophon in den Memorabilien von
Socrates als von einem eKeivoc spricht, dies damit erklären, daß
Socrates nicht mehr am Leben ist, es sind vielmehr oft andere
1*
■4 W. Havers,
Gründe, die den Schriftsteller zur Wahl dieses Pronomens ver-
anlaßt haben (s. cap. 5); andererseits ist z. B. bei Bestimmungen
über Testamentsangelegeuheiten CKeTvoc mit Beziehung auf den
Yerstorbenen durch die Situation und den Zusammenhang ge-
rechtfertigt, wie in dem Papyr. UBM. 861 Col. 3, 5: Ei öe Tic
ßauXerai irpö ific Xuceuuc npöc iriv [öia8riKnv] [X]eYeiv, x^jpav o\jk
Ixei, ouK eTTicTdiuevoc, ti eKeivoc ev auTf) eir. [ . . .] "will jemand
vor der Öffnung etwas gegen das Testament einwenden, so geht
das nicht an, da er nicht weiß, was der Verstorbene darin ver-
ordnet hat". SchließHch ist liier noch eKei au solchen Stellen, wo
man übersetzen könnte 'zu Hause, in der Heimat', zu erwähnen.
Schon in der Odyssee finden sich hierfür mehrere unzweifel-
hafte Beispiele, z. B. 0 550: eiTi' övo)li', ötti ce küQx KdXeov
inrirrip xe iraTrip le, sagt Alkinous zu dem bei ihm als Gast
weilenden Odysseus. Dem Ke;9i geht hier kein Bezugwort vorher.
Man könnte versucht sein, diese Bedeutung von eKei als einen
Rest der ursprünglichen Ich-deiktischen Verwendung des *ko-
*ki- {*kio-) Stammes anzusehen, vgl. att. Tii^epov, ion. crmepov
aus *Kiä|uepov. Hiergegen spricht aber die Tatsache, daß sich
diese Gebrauchsweise von eKei (bezw. KeiGi, Keice usw.) fast aus-
schließlich an solchen Stellen findet, wo derjenige, dessen Heimat
gemeint ist, sich in der Fremde befindet. Wie so eKei unter Um-
ständen zu Ich-deiktischer Bedeutung kommen konnte, so ist
auch vielleicht für ai. amä 'daheim' ursprüngliche Jener-Deixis
anzunehmen. Man hätte dann auszugehen von Stellen wie Rgv. 2,
38, 6: samävavarti vtßthito jigißilr vicvesäm Kdmac cdratäm
amäbhüt. „Es kehrt zurück, wer zu erwerben ausging ; die Sehn-
sucht aller Wanderer strebte heimwärts". Graßmaun. (Von
Ludwig wird die Stelle allerdings anders aufgefaßt.) Auf diese
Weise dürfte vielleicht etwas Licht fallen auf das Verhältnis
des gewöhnlich als Ich-deiktisch bezeichneten Namens ama- zu
den Jener-deiktischen amw-m und am« (vgl. Brugmann a. a.O. S. 111.)
Was vom Raum gilt, gilt auch von der Zeit: eKeivoc be-
zeichnet daher das, was der fernen Vergangenheit oder Zukunft
des Redenden angehört. So werden bei den attischen Rednern
die Vorfahren der Zuhörer oft geradezu CKeivoi genannt, meistens
nicht ohne Gegensatz zur Gegenwart. Aus der Beziehung auf
die Vergangenheit ist eKeivoc in der Bedeutung : 'der Bekannte'
zu erklären. Der Redende setzt voraus, daß der Zuhörer schon
bei früherer Gelegenheit mehr oder weniger oft in gutem oder
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 5
in schlechtem Sinne von der betreffenden Person gehört hat.
Hierher ist auch die der Umgangssprache angehörige Wendung
toöt' eKeivo 'da haben wir's !' zu stellen, über die Schanz: Xovae
commentationes Platonicae pg. 16 sq. gehandelt hat. Nimmt ferner
exeivoc ein in der Rede entferntes Bezugwort wieder auf, so
entsteht die Bedeutung 'oben erwähnt'; (ich bezeichne diesen
Fall bei der Behandlung der einzelnen Beispiele mit 'Fernanaphora'.)
Oft ist es nicht so sehr die große Entfernung des Bezugwortes,
welche die Wahl des Pronomens eKeivoc veranlaßt, als vielmehr
der Umstand, daß infolge des Dazwischentretens anderer Wörter
eine Wiederaufnahme durch ein einfaches Pronomen der 3. Person
zu Mißverständnissen führen könnte, vgl. Sintenis zu Plut.
Themist. 23.
Hierher stelle ich auch den Fall, daß mit eKeivoc auf den
erstgenannten von zwei vorher erwähnten Gegenständen verwiesen
wird ; es findet sich dies verhältnismäßig selten, da der Grieche
meist 6 ,uev — 6 öe für 'jener— dieser' oder 'dieser— jener' verwendet.
Die Bedeutung von eKei =^ 'damals' ist zwar nicht besonders
verbreitet, aber doch häufiger zu belegen, als Wayte zu Demosth.
geg. Androt. § 38 meint. eKeiöev in temporaler Bedeutung findet
sich erst bei späteren Schriftstellern, z. B. Cass. Dio 54, 25, 5.
Zum Schlüsse dieses Teiles ist noch darauf aufmerksam zu
machen, daß der Grieche, in der Erzählung seine Ausdrucks-
weise dem Standpunkte der Vergangenheit anpassend, manchmal
^Keivoc setzt, wo wir, der sogen, dramatischen Ausdrucksweise
uns bedienend, 'dieser' sagen; z. B. Demosth. 16, 22: uTrep toO
K0|uicac6ai tnv TipoTepav 5uva|uiv iLv ö' öt' eKeivriv eixov dipe-
YOVTO . . . "wonach sie aber strebten, als sie diese besaßen, das
wißt ihr" ; hierzu Fox (Demosthenes Rede für die Megalopoüten.
Freib. 1890): eKeivriv "die in der Rede eben erst erwähnte (in-
sofern Tttutriv) aber an sich in jene frühere (also weiter abge-
legene) Zeit fallende". Demosth. 18, 195 : dWd OiXiTnruj Trpoce0evTO
uTtep DU tot' eKeivoc Ttdcac dqpfiKe cpuuvdc; mit eKeivoc ist Aeschines
gemeint, der sonst stets mit outoc bezeichnet wird ; hier hat ge-
wissermaßen eine Assimilation an das Vorhergehende TÖTe statt-
gefunden. Dagegen heißt es z. B. Her. I 1, 13 und YI 90, 7:
TOUTOV TÖV XPOVOV.
4. Ferner bezeichnet eKeivoc das auf emer anderen Seite
Befmdliche. Hierher gehört das adv. eireKeiva 'jenseits' (aus eir'
eKeiva, wie nhd. derjenige aus älterem der jenige; ebenso eTiiTaöe
6 W. Havers,
'diesseits' aus ^m rdbe); es findet sich in lokalem und temporalem
Sinne, vgl. Arr. An. II 20, 10; lY 6, 6; VII 16, 4. Isoer. IX 6, 2.
Seltener, und erst bei späteren Schriftstellern zu belegen, ist
das Synonymum urrepeKeiva. Auch ion. att, lvr\ Mer übermorgende
Tag' ist hierher zu stellen (vgl. Brugmann a. a. 0. S. S6). Es
bezeichnet eigentlich den jenseits vom morgigen liegenden Tag,
während der diesseits liegende criiuepov aus *Kiä)uepov (vgl. as.
lündiga VieuteW'dt. eis, citra) hieß. Ebenso verhält sich nhd. 'heute'
zu dial.Jenntak 'vorgestern', nur daß hier der gesti'ige Tag als
Scheidewand angesehen wird. Mit der Verschiedenheit des
Standortes hängt oft enge zusammen eine Verschiedenheit der
gegenseitigen Interessen, weshalb eKeivoc oft verwendet wird zur
Bezeichnung des persönlichen oder politischen Gegners i), vgl,C188 :
7TU)c t' dp' i'uu luetd |uuj\ov; exouci öe leuxe' CKeTvoi. Ein Bezug-
wort gellt hier dem Pronomen nicht vorher. Ebenso heißt eKcT
manchmal 'im feindlichen Lager, bei der Gegenpartei', und wenn
Demosthenes von Philipp so oft mit cKeivoc spricht, wenn auf
den attischen Fluchtafeln der zu Verfluchende und jeder, der
mit ihm in Verbindung steht, eKeivoc heißt, wenn endlich in den
Augen Julians die Christen nur 'eKeivoi' sind (vgl. z. B. Epist. X p. 14.
Heyl), so beweist das, daß unserem Pronomen oft eine gehässige
und verächtliche Färbung anhaften konnte.
5. Weitaus am häufigsten bezieht sich eKeivoc auf ein in
der Rede kurz vorangehendes oder folgendes Wort. Bei dieser
Der-deictischen Verwendung liegt aber stets ein Nachdruck auf
dem Pronomen, durch den es von anderem unterschieden werden
soll (vgl. Brugmann a. a. 0. S. 23); man kann also von einer
Gegenüberstellung im weiteren Sinne des Wortes reden, und
im Deutschen entspricht dem eKeTvoc dann meist ein betontes
der oder er. Die Der-deiktische Verwendung unseres Pronomens
ist nun eine vierfache, und zwar:
a) eine anaphorische. Je nach dem spezielleren Grunde,
aus dem der Xachdrucksakzent auf dem Pronomen ruht, sind
hier verschiedene Fälle zu unterscheiden:
a) eKeivoc steht zu einem anderen Worte in gegensätz-
lichem Verhältnis (Ggs.)-) vgl. Plat. Lach. 188 A: ei b' eKeivouc
eXeXr'iGei, dXX" ou toütouc fe touc öiöacKdXouc auTOÜ XeXnOev
1) Vgl. apers. anii/a- 'ein anderer, Feind, Teufel'.
2) Der in Klammern beigefügten Abkürzungen werde ich mich bei
Anführung der einzelnen Beispiele bedienen.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 7
auTÖ TOÖTO. Ceb. Pin. XXVI 3: KaGdTrep oi exio^eiKTai. id
Tctp SriPitt önrrou id ndviac touc dXXouc KaKOTToiouvia |uexpi
GavaTou eKeivouc ou Xuirei öid tö Ix^w dvTicpdp^aKOV duxoüc
ß) Eine Gegenüberstellung im engeren Sinne des Wortes
(Ggst.) liegt z. B. vor Plat. Lach. 119 B. tö iiiev y^P ittttiköv tö
CKeivuuv ouTuu )Lidx£Tai, tö öe öttXitiköv tö fe tüjv 'EXXrivuuv, die tf^h
XcT'Ju. Plut. Artax. 2 : töv fäp döeXcpöv auTfic dTioKTeivac 6 ßaciXeuc
eßouXeTo KUKeiviiv dveXeiv. Bei Kai 'auch', oube 'auch-uicht' ist
CKeivoc neben outoc ganz gewöhnlich.
t) Manchmal ist der Gegensatz oder die Gegenüberstellung
nicht klar ausgesprochen, und es bleibt dann dem Leser über-
lassen, sich das fehlende Glied dem Zusammenhange nach hinzu-
zudenken (Ged. Ggs. bzw. Ggst.), vgl. Epikt. Euch. XLII : ei KaKÜJC
auTLu qpaivexau eKtivoc ßXdiTTeTai . . . . , "so hat er den Schaden"
(nicht du); ib. LL 1: ttoiov . .. Iti öiödcKaXov TTpocöoKdc, 'iva de
eKeivov UTTepör] xi'iv enavöpGujciv TTOirjcai xrjv ceauxoö; Sinn: "damit
dessen Lehre dich bessere, und nicht die meinige". ib. XII 2:
dXX" oux ouTuuc ecTiv auTUJ KaXüJc, iva err' eKeivuj rj tö ce firi
TttpaxGnvai "so daß es von ihm abhängt, in seine Willkür gestellt
ist, ob du ... , d. h. nicht du bist Herr über deine Gemüts-
verfassung, sondern er"; man beachte den Unterschied des be-
tonten Dativs eKeivLu von dem unbetonten auTiu. Sehr gebräuchlich
ist auch folgende z. B. bei Aen. Com. Pol. Xu 2 vorliegende
Wendung : XP^I uTiepexav nXriBei Kai buvd|Liei touc eTra-foiuevouc
TToXiTac TuJv Hevuuv ei öe |uri, £tt' eKeivoic -fiTVOVTai auToi Te Kai
r\ TTÖXic "sonst geraten sie unter die Herrschaft dieser (der
Söldner)", während sie vorher ihre eigenen Herren waren.
b) Ein Beispiel für den Ausdruck eines auf Gegenseitigkeit
beruhenden Verhältnisses (Ggstigk.) bietet Luc. Dial. Deor. XH 2:
f\ GeXeic cu, iL iniiTep, auTri juriKeTi epdv lui^Te ce tou "Apeuuc ^^Te
eKeivov coü; vgl. auch Ceb. Pin. XXII 2.
e) Ein Xachdrucksakzent liegt ferner in all den Fällen auf
eKeivoc. wo sein Bezugwort mit einem anderen Worte verghchen
wird, z. B. Epikt. Euch. XXV 3: luii oi'ou eXaTTOv exeiv toü
XaßovToc- iLc T«P ckcivoc e'xei OpiöaKac, outuu cij töv ößoXöv.
So auch bei Ausdrücken der Gleichheit, Ähnlichkeit, bei Kom-
parativen, Superlativen, bei irpö vor, laövoc allein, usw. z. B.
Plat. Theaet. 154 B: TTpujTaYÖpac tc Kai Tide ö xd auTd eKeivuj
eTTixeipujv XeTeiv. IL A 266: KdpTicTOi hv, Keivoi emxOoviujv Tpd-
qpev dvbpüjv.
8 W. Havers,
l) Die Betonung des Pronomens ist oft schon durch dessen
emphatische Stellung im Satze und durch den engen Anschluß
von Enklitica oder sogen, postpositiven Partikeln wie ör|, bnia,
)ir|v, CUV, iLievToi, xoi'vuv, jap nach außen gekennzeichnet vgl. £
208; T 318: dW de )uev MeveXaov ifd) Ke\o)Liai Kai dvuuYa [ e\6eTv
KeTvoc Totp veov dtWoGev ei\r|Xou6ev. Yon diesem Gebrauch der
Partikel yap in reinen Begründungssätzen ist zu unterscheiden
die der griechischen Sprache eigentümliche Verwendung dieses
Wörtchens im Anfang von Erzählungen, Schilderungen, Nach-
richten usw., wo es nach unserer Auffassung überflüssig zu sein
scheint, vgl. Aesch. Ag. 279 (ed. Wecklein): ireuo^ be xapMct laeiZiov
dXTTiöoc KXueiv I TTpid|aou fäp fipriKaciv ÄpYtToi ttoXiv. Andere
Beispiele bei Bäumlein : 'Untersuchungen über griech. Partikeln'
S. 87. Nicht selten findet sich nun yctp in dieser Yerwendung
auch hinter Formen von eKeivoc; das Bezugwort geht entweder
unmittelbar voran, oder ist aus dem Zusammenhange leicht zu
ergänzen; vgl. Polyb. XXI 19, 3: ^'va be töttov dYujvidv töv Kaxd
Touc Poöiouc .... eKeivouc ydp . . . .; Isoer. lY 149 : KeqpdXaiov bk
TÜJV eiptinevujv • CKeTvoi ydp ouk em Xeiav eXGöviec . . . : Soph. El.
681 : KdTTe|UTrö)Liriv irpöc raOia Kai tö Tidv qppdcuu. | Keivoc ydp eXGuuv
de TÖ KXeivöv 'EXXdöoc | TTpöcxn^' dTUJVoc....: es beginnt die
berühmte Schilderung des Wagenrennens. Ich glaube, ydp hatte
in solcher Stellung ursprünglich nur den Zweck, das voran-
gehende Wort her\'orzuheben, um dadurch die Aufmerksamkeit
des Zuhörers auf den Beginn der Erzählung zu leiten. In ähnlicher
Weise finden wir übrigens im Altiudischen die Partikel ha im
erzählenden Stil verwendet, vgl. Delbrück: Altind. Syntax S. 499.
r\) Eine verwandte Erscheinung ist folgende : es finden sich
zahlreiche Fälle, wo eine mit ^lev verbundene Form von eKetvoc
einem mit bi verbundenen Worte des folgenden Satzes gegenüber-
gestellt wird, ohne daß der zugrunde liegende Gedanke adversativer
Natur ist; vgl. Lys. 117: xaÖTa eirroOca . . . eKeivri |aev d-rrriXXdTn,
eYÜJ be euGcujc erapaTTOiuriv "nach diesen Worten entfernte sie
sich; mich brachte die Nachricht sofort in Aufregung". Luc.
Philopseud. 31: "als wir ungefähr ein Klafter tief gegraben hatten,
kam ein Totengerippe zum Vorschein . . ., eKeivov laev ouv e9dv|;a)uev
dvopuEaviec, n oiKia be tö drr' eKeivou eiraucaTO evoxXoujaevri uttö
Tüüv cpaciadTuuv "wir gruben es aus und bestatteten es; seitdem
ist das Haus von Spuk verschont geblieben". Wir lassen also
im Deutschen solche Sätze asyndetisch, oder doch nur mit
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 9
schwacher kopulativer Partikel verbunden, auf einander folgen;
der Grieche aber liebt es, dadurch, daß er ein Wort des vorher-
gehenden Satzes und eins des folgenden durch |uev-6e einander
gegenüberstellt, eine enge Verbindung der Sätze herzustellen.
(|uev-be Verbindung). Die Entstehung dieses Sprachgebrauches
haben wir uns wohl so zu denken, daß ursprünglich nur im
zweiten Satze öe hinter das erste Wort gesetzt wurde, um den
Anschluß zu markieren; bei der weiteren Ausbildung der Kunst-
sprache setzte man dann, um einen gewissen rhetorischen
Parallelismus hervorzurufen, auch hinter ein entsprechendes
Wort des ersten Satzes die Partikel |aev, die ja von Hause aus
auch nur der Verstärkung gedient hat (s. Delbrück Vergi. Synt.
d. idg. Spr. II S. 507 ff.). Gute Bemerkungen hierüber finden
sich bei Vogrinz 'Grammatik des homerischen Dialektes', S. 233
und 237.
6) Ähnlich verhält es sich mit den Verbindungen xe-xe
und xe-Ktti (xe- Kai Verbind.); vgl. Thuc. 1 137, 3: Kai 6 0e|uicxoKXfic
CKeivov xe eGepaTieuce xPnMcixujv ööcei . . . Kai |nexd xüuv kcüxu)
TTepcujv xivoc -rropeuOeic avai ecTteiuTTei Tpd|a|Liaxa ec ßaciXea . . .
'Themistokles erwies sich ihm erkenntlich durch ein Geldgeschenk
und reiste darauf . . ." Isoer. V 104 : ei öe cu öiaßairic eic xriv
rjTTeipov, eKeivöc x' äv dc|uevoc i'öoi ßoriOöv f^Keiv auxüj ce vo|niZ;iuv,
xüjv x' d'XXujv caxpaTTuuv ttoWouc dtrocxriceic. In solchen Fällen
genügt nach unserem Sprachgefühl die einfache Anknüpfung
des zweiten Satzes mit Kai, der Grieche aber sucht durch die
Hervorhebung des Pronomens mittelst der Partikel xe eine größere
Korrespondenz und Parallelität zwischen den beiden Sätzen
herzustellen. Wie in dem aus Isocrates augeführten Beispiele
ist die Betonung des Pronomens oft schon daran zu erkennen,
daß es die Enklitika xe vom Verbum weg zu sich heranzieht.
i) xe-Kai tritt übrigens nicht nur satzverbindend auf, sondern
dient auch der Verknüpfung einzelner Wörter, z. B. in einem
Palle wie: eKeivoc xe Kai oi dXXoi (Parallele), wo wir im Deutschen
meistens nur durch die Betonung das erste Glied gegen das
zweite abheben.
k) Endlich ist noch eine Art der anaphorischen Verwendung
von eKeivoc zu erwähnen, die zwar nicht besonders häufig, aber
eigentümlich ist ; es handelt sich um die Fälle, wo scharftoniges
eKeivoc ein unmittelbar vorangehendes Bezugwort aufnimmt, das
zu einem vorhergehenden und zu einem folgenden Nomen bezw.
10 W. Havers,
Pronomen sich etwa so verhält, wie ein Glied einer Kette zu
den sich beiderseits anschließenden Gliedern. (Aneinanderreihung.)
vgl. Thuc. V 66, 3 : toic )aev rroXeindpxoic auTÖc qppd^ei tö beov,
Ol öe Toic XoxaToTc, eKeivoi bk toTc TreviriKovTfjpciv^ au6ic b' outoi
ToTc ^vuj)iioTdpxoic, Kai ouxoi Tf] evuuinoTia, es wird hier geschildert,
welchen Weg die Kommandos im Heere der Lacedaeuionier
nahmen. Aen. Comm. Pol. XXII 9 : eS eKdcrou Tdp cpuXaKeiou KaG'
^KdcTr|v cpuXaKHV TrpoqpuXaccovTuuv tic dvnp em xö exöjuevov qpuXa-
Keiov, Kai dir' CKeivou dXXoc erri tö exö)nevov, Kai änö tujv dXXuuv
aXXoi em xd aXXa. Luc. Navig. 1. cu ]uev, oijuai, Xd)aiTTTre, irpoijeic,
laexd ce be ö 'Aöei|uavxoc i^v, eix i'fd) juex' eKeivov exo^evoc auxoö
d|Li(poxepaic . . . Daß eKeivoc in solchen Fällen die Geltung eines
Der-deiktischen Pronomens hat, geht klar aus den Stelleu her-
vor, wo betontes o sich in derselben Verwendung findet, vgl.
außer der oben aus Thucydides angeführten Stelle, wo das oi
wolil zu akzentuieren sein dürfte, H 163 ff. oipxo ttoXu Trpjjxoc
)uev dvag dvöpuuv 'AYa|ue)avtjuv, | xuj b' em Tubeibric uüpxo Kpa-
xepöc Aio)Linöric, | toici b' ett' Aiavxec . . . xoici b' eir' 'IÖ0|uev6uc . . .,
ähnlich 0 261 ff. oder Her. 5, 92 Yi 18 (ed. Stein): KaxoiKxeipac
öe rrapabiöoT xuJ öeuxepuj, 6 öe xuj xpixuj. ouxuu örj öieSfiXOe öid
irdvxuuv xüjv öeKa 7Tapabiöö|uevov. Die Betonung der Der-deik-
tischen Pronomina in solchen Verbindungen ist erforderlich, um
die emzelnen Glieder der Kette scharf hervortreten zu lassen.
b) In Der-deiktischem Sinne findet sich betontes CKeivoc
zweitens beim Hinweis auf etwas gleich zu Erwähnendes: Epict.
Euch. XXXI 1 : xfjc irepi xouc Geouc euceßeiac i'cGi öxi xö Kupiujxaxov
eKeivö ecxiv, öpOdc uiroXrivi^eic Ttepi auxüjv exeiv. Dieser sogen.
präparative Gebrauch ist namentlich in der Attischen Prosa
beliebt.
c) Beispiele für die Verbindung unseres Pronomens mit
folgendem Relativum bieten die verschiedensten Schriftsteller.
d) D6r-deiktisch steht eKeivoc endlich auch da, wo es mit
rhetorischem Nachdruck ein kurz vorhergehendes Bezugwort
wieder aufnimmt. Ein Beispiel für diesen sogen, ep an alep ti-
schen Gebrauch bietet Epict. Euch. V: an sich ist der Tod
nichts Schreckliches, xö bÖYi^a, xö rrepi xoö Oavdxou biöxi beivöv,
^Keivo xö beivöv ecxiv.
Bevor ich zu einem neuen Teile übergehe, mag hier kurz
auf die Berüiirungspunkte hingewiesen werden, die zwischen
eKeivoc und ouxoc bestehen. Letzteres teilt mit eKeivoc nicht
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 11
nur die Fähigkeit, auf allgemein Bekanntes hinzuweisen und ge-
hässige Gesinnung gegen eine Person zum Ausdruck zu bringen
(vgl. Kühner-Gerth a. a. 0. § 467, 4 und 5), sondern es wird
auch mit Nachdrucksakzent in Der-deiktischem Sinne verwendet,
vgl. Plat. Men. 80 A. boKac |uoi TravteXtuc . . . ö|LioiÖTaTOC eivai . . .
TttUTr] Ti] TrXaTeia vdpKfi Tr) OaXatiia. Kai y^P aüiri töv dei TrXri-
cidZiovra . . . vapKdv TToiei. Phaed. 108 E; Grat. 430 A; Luc.
Dial. Mort. XII 7 : xpiToc 'Avvißac, oüöe outoc euKaiacppöviiTOC
ujv. Plat. Apol. 21 D: evieöGev ouv toutoi xe diTnxöoiiiilv Kai
TToWoTc tJjv TrapövTuuv. Luc. Dial. Meretr. lU '6 : "wovon hätten
wir im vorigen Winter leben woUen, ei |uri toötov imiv n
'AqppobiTri £TTe)LH|je; für die präparative und epanaleptische Ver-
wendung von ouToc verweise ich auf Schneider zu Isoer. I 45, 7,
Stein zu Her. III 14, 4. Es ist daher begreif Kch, wenn anderer-
seits EKeTvoc in die Gebrauchssphäre von outoc eindringt, d. h. die
Bedeutung eines schwach betonten 'dieser' hat; bei den Klassikern
der attischen Prosa dürften sich allerdings hierfür nicht viel
Beispiele finden, am ehesten noch bei Lj'^sias, aber bei Herodot,
Polybius und namentlich im Griechischen des NT. ist dieser
Gebrauch gar nicht selten.
6. eKeivoc kann auch die Rolle eines sogen. Pronomens
der 3. Person übernehmen, und zwar vertreten die Noniinativ-
formen ganz gewöhnlich die der griecliischen Sprache fehlenden
Nominative des Pronomens auiöc in schlicht anaphorischem Sinne,
vgl. Xen. Cyrop. 11 4, 12: |ue)Livi-mai cou aKoücac ujc 6 'Ap^evioc
KaTaqppovoir) cou vuv, öti dKOuei ToiJc rroXeiuiouc TTpociövrac f]-
|uTv . . . TToiei ydp xauTa, lcpr|, üu Küpe, ckeTvoc. "Ja, Cyriis, das
tut er". Im Griechischen des N. T. dagegen hat auxoc die Be-
deutung 'er' (s. Brugmann a. a. 0. S. 124 Fußnote 1), und es findet
sich daher eKeivoc in dieser Verwendung hier verhältnismäßig selten.
In den casus obliqui ist eKeivoc nicht ohne weiteres gleich-
bedeutend mit den entsprechenden Formen des anaphorischen
Pronomens auiöc, sondern es ist entweder der Nachdrucksakzent
das unterscheidende Merkmal, wie wir oben gesehen haben, oder
es sind stilistische, bzw. bei den Dichtern metrische. Gründe,
welche die Wahl des Pronomens eKeivoc veranlassen. So wird
man z. B. unschwer erkennen, daß in folgenden Beispielen eKeivoc
lediglich der Abwechslung wegen gesetzt ist: Thuc. I 132, 5:
dvrip 'ApTiXioc, naiöiKd TTOxe ujv auToO Kai mcTOTaToc eKeivuj. Luc.
Navig. 10: irdvu r|br-| caq)uL)C opüj Kai Goiiadiiov auroü Kai tö
12 W. Havers,
ßdbic)ia ^Keivou, Kai ^v XPMJ H Koupd. Dies hat schon Alex. Butt-
mann (a. a. 0. S. 511) richtig erkannt, und er hat auch die irrige
Ansicht Kühners, daß in solchen Fällen durch eKeivoc immer
auf nachdrückliche Weise ein Gegensatz bezeichnet werde, mit
treffenden Worten zurückgewiesen (S. 512 Anm.); aber trotzdem
begegnet man bei Gerth in der neuen Bearbeitung der Kühuerschen
Grammatik § 467, 12 noch der alten, falschen Auffassung. Da
die Abhandlung von Buttmann nicht jedem zugänglich sein
dürfte, erlaube ich mir, die betreffende Stelle anzuführen : "Die
Worte Kühners zu d. St. (Xen. Mem. I 2, 3) : Probe tenenduni
est hanc pronominum permutationem non admitti, nisi ubi oppo-
sitio graviter efferenda sit: quae vis inesse non potest in pron.
auTÖc, quod nihil significat nisi pronomen tertiae personae, nuUa
adiuncta vi oppositionis, sind, wenn auch im Prinzip richtig,
doch viel zu stark für den Fall, daß eKeivoc bloß als Fortsetzung
oder Wiederaufnahme eines vorangegangeneu aüiöv usw. dient.
Wiederholung eines und desselben Wortes in demselben Satze
(wenn nicht gerade dadurch ein rhetorischer Effekt bezweckt
wird) ist einem griechischen Schriftsteller immer unangenehm
und für ihn Grund genug, um, wenn keine IJndeutlichkeit ent-
steht, mit anderen begriffsverwandten Wörtern abzuwechseln.
In vielen der hierher gehörigen Stellen ruht durchaus kein
größerer Nachdruck auf dem Pronomen ... Es würde zu vielen
Fehlern Yeranlassuug geben, wollte man die Resultate der
wissenschaftlichen Deduktion, welche vom allgemeinen logischen
Standpunkt aus vollkonmien richtig sind, überall auf jeden
einzelnen konkreten Fall mit starrer Konsequenz anwenden,
ohne zu bedenken, wie oft in allen Sprachen rein formale
Gründe den Redner zu Abweichungen von dem sprachlich wolil
begründeten Usus nötigen. Vgl. meine neutestamentliche Gramm.
S. 88. Note". Selbstverständlich gilt dieses Prinzip der Abwechs-
lung z\\'ischen Formen von auTÖc und eKeivoc zur Vermeidung
des Gleichklangs nur für die Kunstsprache; die naive Sprache
des Alltagslebens ist der Häufung von Formen des Pronomens
aÜTÖc nicht so ängstlich aus dem Wege gegangen, vgl. z. B. f]
copöc . . . ev|i)j KiTÖeuBriceTai aÜTÖc Kai f] fvvr] auToö Kai xeKva
auTOÖ Kai ö(v) dv aÜTÖ(c) ßou\ri9]nc[e]Tai [eTJi Trep[i]ö[v = Nr. 3023
in 'Altertümer von Hierapolis' = Jahrbuch des Kaiserl. deutschen
Archaeol. Instit. Ergänzungsheft IV. Man lese ferner nur einige
Kapitel aus dem Griechischen der Evangelisten, und man erkennt
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 13
sofort an den zahlreichen oft kurz hinter einander folgenden
obliquen Casus von auiöc, daß die Verfasser der kunstmäßigen
Literatur ziemlich ferne standen. Hin und wieder begegnen uns
aber auch im klassischen Griechischen Stelleu, an denen dem
Schriftsteller verschiedene Formen von auTÖc in kurzer Auf-
einanderfolge entschlüpft sind, vgl. z. B. Xen. An. I S, 27 : Köpoc
öe auTÖc xe d-rreGave Kai öktuu oi dpicTOi tujv rrepi auiöv eKeivto
in' auTLu. Dies ist hier um so auffälliger, weil sonst mit Vorliebe
in der Wendung 'er (selbst) und seine Begleiter' an zweiter
Stelle eKeivoc zu stehen pflegt, vgl. Plat. Prot. 815 B eTreibn
aÜTÖc dvacrpeqpoi Kai oi laer' ckcivou. Aus solchen Yerbindungen
wurde der Ausdruck oi inei' CKeivou 'seine Leute, seine Begleiter'
abstrahiert und nun auch da augewandt, wo an erster Stelle
kein auioc stand, z. B. Xen, An. IV 3, 20 : Kai Xeipicocpoc |uev
eveßaive Kai oi cuv €Kdvuj. Dasselbe gilt für die nicht seltene
Wendung "er (selbst) und seine Habe' z. B. Xen. Hell. IH 1, 26:
Eine |lioi, ecpt], Mavia be xivoc ^v; oi be TTdvxec einov, öxi OapvaßdZiou.
ouKoOv Kai xd eKeivrjc, lcp^^ Oapaßd^ou; MdXicxa, eqpacav. Zum
Teil mögen zur Entstehung dieser Wendung auch Stellen bei-
getragen haben wie Isoer. XII 70: auxoi xdKCivuuv exouci 'sie
selbst besitzen deren Eigentum'. Bei Berücksichtigung dieses
Prinzips der Abwechslung erklären sich auch die meisten der
von Strange: Neue Jahrb. f. Phil. (Jahns Annal.) Supplem. 4. S. 350
angeführten Stellen. Analogiebildungen liegen vor, wo sich die
obliquen Casus von eKeivoc in der Bedeutung eines unbetonten
Pronomens der 3. Person finden, ohne daß einer der vorhin
angeführten Gründe zur Erklärung herangezogen werden kann.
In der attischen Kunstsprache der klassischen Zeit finden sich
solche Fälle selten, abgesehen von den Rednern, die sich, wie
Lysias, einer volkstümlicheren Ausdrucksweise befleißigen;
häufiger sind sie bei Herodot, Polybius und Lucian.
7. Zum Schluß seien noch einige Besonderheiten der Ge-
brauchsweise unseres Pronomens erwähnt. Bekanntlich haben
im Griechischen der klassischen Zeit die Genitive auxoö, auxujv
bei der Vertretung eines Possessivpronomens der 3. Person die
partitive Stellung, d. h. sie stehen entweder vor oder nach dem
mit dem Artikel versehenen Substantiv (vgl. Kühner-Gerth a. a. 0.
I § 464, 4). Bei einem Zusammentreffen mehrerer Formen von
auxöc stellte sich nun in der Literatursprache das Bedürfnis
nach Abwechslung heraus; in diesen Fällen griff man zu den
U W. Havers,
Genitiven von cKeivoc, die dann attributive Stellung bekamen,
vgl. Xen Ag. III 1: tüjv eKtivou epTUJV, bald darauf: ev Ti) ipuxfj
auTOÖ. Dem. XX 86: |uri laövouc auTOuc touc euepYeiac Tifictv
dWd Kai TOUC eKeivLuv qpiXouc Daß die Volkssprache diese Fein-
heiten nicht kannte, beweist z. B. die in den Inschriften von
Hierapolis so häufige Wendung: auTÖc Kai f] fvvx] aÜToö — Kai
Tci TTaibia aiiTüuv. Die Genitive von eKeivoc in attiibutiver Stellung
finden sich nun aber auch ganz gewöhnlich bei Yerti-etung
eines Possessivpronomens der 3. Person, wo keine Form von
auTÖc in der Umgebung steht; vgl. Xen. Cyrop. VI 4,2: Taüia
b' eTTOuicaro Xd9pa tou dvöpöc eK|LieTprica)Lievri rd CKeivou ÖTiXa.
Da die Beispiele der letzten Art bedeutend überwiegen, habe
ich diese zusammen mit den zuerst genannten Fällen, wo ^Ktivou,
^Keiviuv der Abwechslung wegen stehen, in einer besonderen
Kubrik (V 1 s. cap. 2) angeführt, obwohl ein Teil der Beispiele
eigentlich zu IV 2 gehört.
Wie das lat. ille bezieht sich auch eKeivoc in indirekter
Eede manchmal auf den Angeredeten; aus den aufgeführten
Beispielen ist leicht ersichtlich, daß auch hier in den meisten
Fällen auf dem Pronomen ein Nachdrucksakzent liegt.
Was die Verwendung von eKeivoc in reflexivem Sinne be-
trifft, so kann man meiner Ansicht nach die Regel aufstellen,
daß eKeivoc unter denselben Bedingungen für das Reflexivpro-
nomen eintreten kann, unter denen es für einfaches aÜTÖc steht;
es ist daher entweder der auf dem Reflexivum ruhende Nach-
drucksakzent, der die Wahl des eKeivoc veranlaßt, oder die Rück-
sicht auf den Wohllaut; vgl. Xen. An. VII 3, 4: r]V be Kpani-
cavtec TOUTOu eKeice eXBaujuev, ouxe TTuuXi'iceiv eii u]udc cpriciv . . .
ouToc )aev laöia XeYer XeuGric be cpiTciv, dv irpöc eKeivov ir|Te,
€u TToniceiv u^dc. Die Aussagen des Aristarch und des Seuthes
werden einander gegenübergestellt. Thuc.VIII45: dviiXeTUJV . . . die
Ol |nev XToi dvaicxuvToi eiev . . ., dSioöci . . . dXXouc urrep tfic
eKeivuuv eXeu6epiac Kivöuveueiv. Andoc. I 39 : Kai TrpaiTov )nev, d)
avbpec, T0Ü9' uTTe6eT0 öeivöraTOV TrpdYiua, oifiai, öttuuc ev eKeivuj
£ir|, övTiva ßouXoiTO 'A0rivaiujv qpdvai tüuv dvöpOüv toutuuv eivai,
övTiva öe |Liri ßouXoiTO, Xeyeiv öti ouk iq v. 'Damit es bei ihm stünde . . .'
Dem. XIII 6 : dXXd ti u,uiv Y^vriTai ; irpuüTOv |uev oi cu|U|uaxoi |uii
qppoupaic, dXXd tüj raurd cu,ucpepeiv u|liiv KdKeivoic ujciv oiKeloi.
Der Abwechslung wegen steht z. B. eKeivoc Xen. Hell. I 6, 14:
OUK eqpri ^auioö ye dpxovToc oubev' dv 'EXXrjvuuv eic tö eKCivou
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 15
buvaxöv dvöpaTro6ic9fivai, hierzu Dindorf: DLxit autem scriptor
eKcivoU; ne bis diceret eauioö. Allgemein verbreitet ist nun die
Ansicht, eKeivoc stehe in diesen Fällen nicht in rein reflexivem
Sinne, sondern im Sinne des Schriftstellers. Ich glaube aber,
daß man da, "\vo scharf betontes eKcTvoc für ein Reflexivpro-
nomen eintritt, i"uhig- annehmen kann, daß es in rein reflexivem
Sinne steht; denn ein betontes er ist semantisch dasselbe wie
auToc "i^m (vgl. Brugraanu a. a. 0. S. 124. Fußn.) Hierzu kommt,
daß auch autoc mit Vorliebe in reflexivem Sinne gebraucht
wird, wo eine betonte Gregenüberstellung vorliegt, vgl. z. B.
Her. V 87, 4 und Stein z. d. St., Lys. XXY 11: eXTriZioviac rriv
ILieTaßoXrjv ibcpeXeidv riva auToic tcec9ai. Hierzu Frohberger : "nicht
auToic. weil der Begriff 'selbst' zu urgieren ist; vgl. XH 100.
Plat. Staat I 345e. Gedanke : Sie hoffen, die (für andere verderb-
liche) Umwälzung werde ihnen selbst wesentlichen Nutzen
bringen." Es finden sich überhaupt verschiedentlich Berührungs-
punkte zwischen betontem eKeivoc und aüxoc 'selbst' vgl. z. B.
Her. IX 37. 22 : opeoviac xö fiuiioucv tou ttoööc Ke(|uevov, Kd-
KeTvov ou öuvttjuevoL'C eupeiv : sie verwunderten sich über den
Wagemut des Menschen, da sie zwar seinen halben Fuß da
liegen sahen, Ihn (selbst) aber nicht finden konnten. Die Ansicht
von Arndt: De pronominum reflexivorum usu apud Graecos
observationes. Neubrandenburg 1836. H S.46ff., wird vonDyroff:
Geschichte des Pronomen reflexivum II S. 172 folgendermaßen
formuliert: "Manchmal erscheint eKeivoc statt des Reflexivs im
Interesse der Deutlichkeit gesetzt a) im Gegensatze zu outoc,
eyilj, iiiueic, cu, ujueTc von Dingen und Personen, die dem Orte
nach, ß) von Dingen, die der Zeit nach (Xenoph. Hell. 1, 1, 27),
t) von Dingen, die der momentanen Wichtigkeit nach, b) von
Dingen, die der Reihenfolge der Worte nach entfernter sind,
indem mehrere Verba, Nomina oder Pronomina dazwischen ge-
treten sind". Diese Erklärung, die von der Anschauung aus-
geht, in eKeivoc sei stets der Begriff des Fernseins ausgedrückt,
paßt kaum für ein Beispiel. An der zitierten Stelle aus Xenophon:
eXecBai öe eKeXeuov dpxovxac, inexpi dv dcpiKiJuviai oi r]pri|uevoi
dvt' eKeivuüv, erklärt sich eKeivoc aus dem Wesen der Präposition
dvTi, die stets eine Gegenüberstellung in sich schließt.
Scharf Der-deiktisches eKeivoc berührt sich in seiner Be-
deutung oft mit ToioÖToc, wenn die Eigenschaften des Bezug-
wortes entweder als bekannt vorausgesetzt werden, oder vorher
16 W. Havers,
geschildert sind; vgl. Dem. XIX 280 : ujueTc iE eKeivuuv tuuv dvöpujv
öviec "ihr als Nachkommen solcher, so gerechter Vorfahren".
Luc. Dial. Deor. V 4 : oük, dXXd töv "HqpaicTov eöei töv cöv uiöv
oivoxoeiv fmiv x^^c'JOvra, ek xfic Kajuivou iiKovia, eii tüuv cttiv-
Gi'ipujv dvdTrXeuuv, dpii Trjv TTupdYpav drroTeBeiiaevov, Kai an' eKeivujv
auTou TÜUV baKTuXujv Xa|ußdveiv fmdc Trjv kuXikü. Über eine ähn-
liche Verwendung von outoc s. Stein zu Her. 11 135, 13. Lehr-
reich ist, was Wunderlich: Der deutsche Satzbau 2, S. 254 über
verwandte Erscheinungen im Germanischen sagt : "Solche Sätze
geben dem Demonstrativ leicht eine verallgemeinernde Bedeutung,
sobald an der Eigenschaft oder Situation, die durch das Pronomen
mit einer bestimmten Person in Beziehung gesetzt wird, nicht
das Individuelle, sondern das Typische erfaßt ist: Dieser Mensch
schläft uns allen Schlaf weg. Wie ein starker Fresser eine ganze
Wirtschaft auszehren kann, so wird uns der Schnarcher an
Schlummer bankerott machen . . . Sankt Ursel mit den elftausend
Jungfrauen sänge d^n nicht auf. Immermann, Münchhausen
6. Buch, 4. Cap. (Hier könnte es auch heißen : solch' einen Menschen
sänge . . .)." Verwandt hiermit ist, daß im Ahd. sulih verschie-
denthch ziu* Übersetzung des lat. hie, ille^ is verwendet wird,
vgl. Graff : Ahd. Sprachsch. 6, 20, Wunderlich a. a. 0. S. 275. Die-
selbe ßedeutungsschattierung findet sich auch im Avesta beim
Stamme to-, vgl. tern vdo ahüm dregvantö daend naesat (y. 31. 20):
in ein solches (wie vorher gemalt ist) Leben wird auch eure
Daena führen, ihr Ketzer !" (Valand : 'Zur Syntax der Pronomina
im Avesta' S. 7) vgl. auch Windisch : Eelativpronomen in C. St.
2, S. 269 über av. avat = tantum.
Es finden sich ferner FäUe, avo eKeivoc, um mich eines
von Wolff zu Soph. OR. 1528 geprägten Ausdruckes zu bedienen,
*mit Affekt' gesagt ist; vgl. Soph. OR. 1240: 7Teucj;i rd Keivr|C
deXiac 7ra9ri|LiaTa 'der armen Frau'. Luc. Deor. concil. 5: Kai
TÖV Kvjva . . . dvr|YaT€V, ujc ]xf\ dviujxo ri TtaTc, ei |iiri eEei ev tiIj
oupavo) TÖ SuvnOec eKeivo Kai ÖTtep riYdira Kuviöiov: das traute,
liebe Hündchen.
Schließhch ist noch zu erwähnen, daß Formen von keTvoc,
entweder doppelt gesetzt, oder mit anderen Demonsti-ativen ver-
bunden, gebraucht werden können, um den Begriff der Mannig-
faltigkeit und des Verschiedenseins auszudrücken (vgl. Brug-
mann a. a. 0. S. 130 ff.). Diese Kategorie ist namentlich bei
Euripides und Aristophanes vertreten.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 17
n. Die syntaktische Verwendung unseres Pronomens
in den einzelnen Literaturwerken.
Ich gehe nunmehr dazu über, die nach dem in cap. 2
aufgestellten Schema angeordneten Beispiele aus den einzelnen
Schriftstellern anzuführen; beim Aufsuchen der Stellen wurde
nach möglichster Vollständigkeit gestrebt. Bei Gruppe I ver-
zeichne ich der Kürze halber nur die interessanteren Fälle, über-
gehe also z. B. alle Stellen, wo eKei die gewöhnliche Bedeutung
'dort' hat.
8. Homer (Ausg. von A. Lud wich.)
A. Ilias.
L 1. r 391: 'AXe^avbpöc ce KaXei okov he veecOai. KeTvoc ö y'
ev ea\d|Liuj-, E 604 ; K 126 ; T 344 ; X 390 : KeTei "im Hades*;
V 145: KtTce 'nach Hause', ergänzt durch den Zusatz:
(piXriv ec Traipiöa Totiav, 404 ; Q 90 : KtTvoc = lueYctc 6eöc,
244, 412, 766: KeTGev: *von Hause weg'.
2. A 271: Ggst. von Vergangenheit und Gegenwart; B 37,
330: Keivoc tujc dYÖpeue 'so sprach er einst' eigtl. 'als
damaliger'), 482; A 409, 543. E 648: Fernanaphora;
H 48 vgl. B 330, Z 250: Der bekannte; I 324. O 517.
n. Z 188: eKeivoi absolut 'der Feind'.
IIL 1. (Die Unterabteilungen nach cap. 5 a)
a) Ggs. 0 430, I 678 : Keivöc y' oük e0e\ei cßeccai xoXov
'obwohl du zur Versöhnung geneigt bist'. Q 490.
ß) T 408. Z 200: Kai kcivoc; 0 179; TT 648: Kai Kavov
Q 488.
y) E 894: ged. Ggst.
b) r 440 : vöv )nev Ydp Meve\aoc eviKricev cuv 'A9r|vr), | Keivov
ö' auTic eYiJÜ: Die Gegenseitigkeit ist nicht vollständig
ausgedrückt, eigentlich müßte es heißen: wie mich
jetzt Menelaus besiegt hat, so werde ich umgekehrt ihn
besiegen. H 77: ei |uev Kev iixe KeTvoc e\ri xavariKei
XaXKUj, ... ei he k tfdj töv eXuu . . . Dies Beispiel
zeigt zugleich, daß hier eKeivoc gleichbedeutend ist mit
Der-deict. Pron.
e) A 266; Y 106: Compar., ebenso W 858.
Z;) E 790. Z 284: ei KeTvöv fe löoim KaieXGövT' "Aiöoc
eicu), I tpairiv Ke cppev' dxepTrou oi2uoc eK\e\a9ec0ai "wenn
ich sähe, daß der in den Hades versinkt . . .," V. 282
Indogermanische Forschungen XIX. 2
18 W. Havers,
wird dasselbe Bezugwort durch \jl\v aufgenommen, weil
hier keine Betonung voiiiegt: ineYa ydip )niv 'OXu)aTTioc
^Tpecpe TTfjiaa. I 701 : dX\' iiioi kcTvov \xev edco|uev. Sinn:
"auf seine Hilfe wollen wir verzichten, wir selbst
wollen uns helfen"; im vorhergehenden Verse unbe-
tontes |niv bei schlichter Anaphora. K 57 : Keivou YCtp
Ke ladXicTa TTiGoiaro : Begründung und Superlativ ; =. 208 ;
368 vgl. I 701.
r|) P708: kcTvov |uev öt] vnuciv eTTirrpoeriKa 6orjciv, sagt
Menelaus zu Aias, der ihm V. 652 aufgetragen hat,
den Antilochus zu Achill zu senden. Aber nicht des-
halb, weil schon einige Zeit seit diesem Auftrage ver-
strichen ist. steht hier meiner Ansicht nach KeTvoc, da
ja Menelaus, ohne daß ihn Aias mißverstanden hätte,
zu ihm sagen konnte: eiriiTpoeriKa aÜTOv oder )aiv, ich
glaube vielmehr, daß wir es mit dem Anfang der in
der späteren Kunstsprache so häufigen ^ev-be -Ver-
bindung zu tun haben; das entsprechende Glied mit
öe folgt Y. 712: fmeic ö' auioi irep cppaZiiLjueGa lufJTiv
dpictriv.
3. E 636; I 63, 312, 646; N 232.
IV. 1. A 653, event. zu III, 1, ebenso 0 94 u. X 262; 0 148.
2. N 109: Keivo) für aÜTiu vielleicht zur Vermeidung des
Hiatus, ebenso 0 45.
V. 4. r 411: V6|U€caiTÖv öe Kev d'n — | Keivou iropcaveouca
Xexoc 'eines solchen Feiglings'. N 318.
B. Odyssee.
I. 1. a 209: Keivuj dem in der Ferne weilenden Odjsseus; ebenso
233, hier geht aber kein Bezugwort vorher, 243; ß 351;
Y 93 == ö 323; y 113: Tic Kev eKeiva Ttdvxd y^ |uu0ricaiTO
vgl. V. 116 öca Kei6i irdGov KaKd öioi 'Ax«ioi; y 241: vgl.
a 283, ö 90, 149, 262, 819 toö bn eYÜj Kai ludXXov öbu-
pO|Liai ri TOP eKeivou: kann auch zu I, 2 oder III, 1 ge-
stellt werden. 9 467 = o 181 : KeTBi 'zu Hause', ebenso
6 550: ei'TT' övo|li', ötti ce KeiGi KdXeov juriirip te Train p xe.
H 69, 76: lokal zu fassen; E 90: Odysseus, absolut, 122,
150; o 281: KeiBi 'daheim'; tt 151, 350; p 593; c 181,
239; t216: KeiGi 'zu Hause', 223: KeiOev 'von Hause
weg', 257, 354; x 165; w 115, 310: KeT9ev 'von Hause
weg', 321 : Keivoc iiiev xoi öö' aOiöc eYiu, irdiep, bv cu
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 19
luexaWac "der in der Ferne geglaubte, steht hier leib-
haftig vor dir".
2. T 185 : Fernanaphora, ebenso 224, e 24 = uj 480; 1 321, 352 ;
0 346 : Fernanaphora; c 27 1 vgl. B 330 ; uj 288 : Fernanaphora.
n. \i 221 : TOUTOu |uev Kam/GO Kai Kuiaaroc cktöc eepTe | vna,
cu öe cKoneXou emiuaieo, |uri ce XdGrici | KeTc' eHopinricaca
Kai ec KttKÖv dju^e ßdXricea: "halte dich an den Felsen
(d. Scylla), damit das Schiff nicht unvermerkt auf die
andere Seite, d. h. nach dem gegenüberliegenden Felsen
der Charybdis hin gezogen wird", tt 103 : Keivoici und t 322 :
CKeivujv zur Bezeichnung der Freier; im letzten Beispiele
geht kein Bezugwort voran.
in. 1. a) a 163: ei Keivöv t 'lOdKriv 5e iöoiaro vocrricavTa . . ,
Sinn : 'um mich und meine Mutter kümmern sich die
Freier wenig, sähen sie aber meinen Yater nach Hause
kommen, dann würden sie davon laufen', y 88 : dWouc
Mtv . . . Kcivou ö' aO . . .; ö 693; 836; \ 528; 2 42;
TT 153: Keivri ydp kcv dTraTTeiXeie Y^povii 'nicht du
brauchst hinauszuschlendern zum Laertes, sie (die Magd)
kann es ihm melden';
ß) a 46 : Kai Xi'nv KeTvoc ye eoiKori Keirai öXeGpin • [ ...
dXXd faoi djuqp' 'Oöucfii ödicppovi öaieiai ifrop. 'Here
KeTvoc marks the conti-ast with which the Speaker
turns to a new case' (Monro: A Grammar of the
Homeric Dialect § 250). 177 : Kai KeTvoc; ß 174: Kai —
Keivuj; y 197: Kai KeTvoc; 203, 286; ö 109, ev. zu I, 1 ;
ö 832 : Kai kcTvov, ev. zu I, 1 ; z: 166 ; k 18 : ouöe . . .
KeTvoc 'auch er nicht'; 437; X 175: eiTre öe ^oi Trarpöc
re Kai uieoc, öv KaieXemov, | ti exi Trdp Keivoiciv e)aöv
Tepac, ne Tic nöri | dvöpojv d'XXoc exei; v 418; l 70;
183 vgl. a 46; 0 361; T 370: Kai Keivuj; u205; uj 313;
t) ß 274: ged. Ggst, ebenso t 123; ö 7.39: ged. Ggs. 'ich
selbst weiß keinen Rat' ;
ö) a 212: eK tou ö' out' 'Oöucfia e^oüv löov out' e^e
KeTvoc; X 451 ;
e) ß 183: cuv eKeivuj; 272: Vergleich; ebenso t 222;
318: Begründung; ö 182: KeTvov . . . oiov 'ihn allein';
ö 340 = p 131 : Vergleich; e 211 : Komparativ; k 414:
Vergleich; X 418: KeTva ludXicTa; 429: Vergleich; 522:
Superlativ; ebenso |ii 258; p 521; uj 90; KeTva )adXicTa;
20 W. Havers,
Z) T 195: dXX' nioi Keivoc jatv eTTicjLXUTepoic dneTicev: em-
phatische Versicherung; ebenso b 157: Keivou inevToi
ob' uiöc eTiiTU)iov: vorher war Menelaus noch im
Zweifel, ob Telemach wirklich des Odysseus Sohn sei;
b 152, event. zu IV, 1; t] 75; k 21 : Begründung;
X 118; V 421; o 155: Kai Xiriv Keivuj ye • • •; 212;
TT 37 ; 267 : c 254 = t 127 : auf Betonung weisen Satz-
stellung und Ye-
r\) a 235 : vöv b' erepuuc eßoXovTO eeoi kuku juriTioujVTec, |
o'i KeTvov |uev dicrov enoincav . . ., auch hier haben wir
wohl den Ausatz zu einer |uev-be-Verbiudung ; Telemach
will sagen : Die Götter haben mir nicht nur den Vater
entrissen, sondern mir auch noch die Freier ins Haus
geschickt (V. 244 ff.), aber die Digression in den V.
336 — 343 unterbricht die Konstruktion, und es wird
daher der ganze Gedanke 243 ff. in anderer Form aus-
gesprochen.
i) c 150.
3. 2 158; e 209; E 156; o 21.
4, 0 338: auidp inY]v e\9r)civ 'Obuccfioc cpiXoc uiöc, | Keivoc
c€ x^oiTvdv xe xi^'J^'^oi xe e'ijuaxa eccei.
IV. 1. ßl24; b731; n69; i 457 ; k379; X 390, 615; H 153, 491;
0 368; p 110; x 573; u 265; i(j 76.
2. a 199: xc^^^ttoI be |uiv dvbpec exo'JCiv | d'Ypioi, o'i ttou
KcTvov epuKavduuc' deKOVxa, |uiv und Ktivov sind hier syn-
taktisch ganz gleichwertig, und letzteres scheint wohl
zur Vermeidung des Hiatus für unbetontes aüxöv gesetzt
zu sein; X 503: o'i KeTvov ßiöuuvxai eepYouciv x' dTTÖ xi|ufic:
hier wäre der Hiatus schon eher zu entschuldigen, da
o'i in der Arsis steht; dies Beispiel kann aber auch, je
nach der Auffassung, zu III, 1 oder I, 1 gestellt werden;
H 163: vgl. Bekker: Homer. Blätter, I S. 154, H 501;
o330: ou xoi xoioib' eiclv uTTobpr|cxfipec eKeivuuv, vgl. zu
E 163, ev. zu III, 1 gehörig, dann wäre der Sinn: "an-
deren bist du vielleicht gut genug als Diener, die aber
macheu andere Ansprüche", tt 386 : Keivou für auxoO
vielleicht zur Vermeidung des Gleichklangs mit dem un-
mittelbar voraufgehenden auxe. c 147 : 'metri causa';
uj 19, 312, 437.
V. 4. X 614: Ktivov xeXamJiJva 'ein solches Wehrgehenk'.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griecliischen. 21
5. 5 145: Keivoc dvrip 'der Arme, der Unglückliche'; p 243;
cp 201.
Es fragt sich mm, woher es kommt, daß sich in der Odyssee
rund 100 zum Pronomen der Jener-Deixis gehörige Formen mehr
finden als in der Ilias. Man könnte glauben, daß die Bezeich-
nung des in der Ferne weilenden Haupthelden eine häufigere
Anwendung unseres Pronomens in der Odyssee veranlaßt habe;
aber es sind höchstens 15 Stellen, an denen Keivoc lediglich mit
Eücksicht auf die Abwesenheit des Odysseus gesetzt ist; der
Grund muß also ein anderer sein. Es finden sich zahlreiche
Stellen in den Homerischen Gedichten, au denen Formen des
*to-/*so-Demonstrativs in derselben syntaktischen Verwendung
stehen, in der wir (e)KeTvoc angetroffen haben; vgl. z. B. für
Gruppe I, 2 : r 380 : Fernanaphora, ebenso E 585 : 'AvxiXoxoc ö'
dp' eTTaiHac Eiqpei nXace KÖpciiv | aurdp ö y' dc9|uaivajv euepTeoc
^KTtece bi9pou: nicht Antilochos, sondern Medon ist gemeint.
K 350: Fernanaphora; A 378; N 373, 386, 609, 618; E 477;
0 434, 638 ; Y 480 ff. : letzteres Beispiel, in dem der Nominativ o
viermal kurz hintereinander vorkommt, zeigt besonders deutlich,
daß es der Aufmerksamkeit des Hörers überlassen blieb, sich
die Bezugwörter der einzelnen Pronomina aus dem Zusammen-
hange heraus aufzusuchen; über dieselbe Verwendung des ai.
Stammes ta s. Delbrück, Ain. Synt. § 139. 0 26, 64; 9. 50, 100;
t 20; |u 118; v 113; o 297. Besonders häufig begegnet uns
der Stamm *to-/*so- in scharf Der-deiktischer Verwendung, vgl.
für Gruppe III, 1 A 581 == B 769: 6 y^P ttoXu cpeptaTÖc eciiv:
Begründung und Superlativ. (Bei Ludwich sind die Nominative
6, 11 usw. in dieser Bedeutung sonderbarerweise unakzentuiert).
E 304: Ggs. ebenso M 449, Y 287; Z 185: Kapticrriv hx\ t\\v Y£
ILidxriv qpdTO öu|aevai dvöpouv, 473: |Liev-be-Verbindung; H 7 (vgl,
0 365): Vergleich, 155: Superlativ; 0 533 : Ggst. 1 16: Vergleich,
25: Begründung und Superlativ, 210: )aev-öe-Verbindung, 335:
Ggs.; N 11: Kai Ydp 6 Gaujud^wv x\cxo. P 363: oub' oi Ydp • . .
T96: Kai xöv; Y493: Vergleich, O 226: x\ Kev \x^ ba)udcc£Tai,
f[ Kev eYiii TÖv. ö 388: töv y' ^'i ttujc cu buvaio . . . \eXaßec9ai
(vgl. Z 284); e 218: r\ |uev Ydp ßpoxöc ecii, cu ö' dBdvaroc Kai
dYnpujc; p 153: Ggs., x 244: Begründung; uu 452: Begründung
und Superlativ. Für Gruppe III, 3 finden sich zahlreiche Beispiele
bei Ebeling: Lex. Hom. Vol. H S. 12ff. Für IH, 4 vgl. E 132:
dtdp €1 Ke Aiöc ÖUYdiriP Äcppobiiri | ^Xörjc' ec TTÖXe)Liov, xriv y' oüidiLiev
22 W. Havers,
6£ei xaXKiij ; Y 182. Auch das mit dem Nominativzeichen -c ver-
sehene Demonstrativ 6 (s. Brugmann: Griech. Gr. ^ § 277) ist
manchmal in seiner Bedeutung identisch mit eKtivoc, vgl. zu III, 1
0 198: Kai 6c; X 201 oüb' öc; zu III, 3 Z 59. Diese energisch-
deiktische Verwendung des *to-/*so- Demonstrativs ist ein Erbteil
aus uridg. Zeit, wie Brugmann a. a. 0. S. 24 ff. mit Recht betont.
Bekanntlich hat nun aber das Griechische diesen Pronominal-
stamm auch zur Bildung des Artikels verwandt; dieser begegnet
uns in den Homerischen Gedichten zwar noch nicht in dem
ausgedehnten Maße, wie in der späteren Sprache, aber es läßt
sich doch schon an vielen Stellen eine Abschwächung der ur-
sprünglichen demonstrativen Kraft des *to-/*so- Stammes nach-
weisen. Es mußte sich also schon damals bei nachdrücklicher
Deixis manchmal das Bedürfnis nach Ersatz durch einen volleren
Lautkörper herausstellen. Diesem Bedürfnis half neben outoc
in erster Linie das Pronomen eKavoc ab, die beide nicht proeth-
nische, sondern einzelsprachliche Bildungen sind. Die Tatsache
nun, daß (e)Keivoc in der Odyssee ungleich häufiger auftritt als
in der Ilias, erklärt sich meiner Ansicht nach leicht bei der
Annahme, der *to-/*so- Stamm habe in der Ilias noch weit mehr
deiktische Kraft gehabt als in der Odyssee, so daß er an vielen
Stellen verwendet werden konnte, wo nachher (e)Keivoc dafür
einti'eten miißte.
9. Pindar. (Ausg. v. Christ).
I. 1. Ol. VI, 102; Pv. II 8: irübXouc Keivac dixit, quod illic vic-
toriam reportaverant. (Christ). Py. IV 48.
2. Ol. I 104 : Fernanaphora, VII 49 : Beziehung auf die Ver-
gangenheit, IX 58 : Py. 161: ay' eTreix' Aiivac ßaciXei | qpiXiov
€H£upuj|uev u|uvov. | tuj TTÖXiv Keivav öeobiLidTUj cuv IXeu9epia . . .
'lepuuv . . . eKTicc' Keivav 'die berühmte', vgl. Christ : non rem
remotam, sed sublimem et carmine illustrandam siguificat.
Nach Ansicht der meisten Forscher wurde das Lied in
Aetna gesungen. IV 144, 289; IS 68; Ne. I 68; III 11,
X 14 : hier schließe ich mich nicht der Erklärung von
Christ an, sondern beziehe Keivou auf Jupiter,
ni. L a) Py. IV 210.
ß) Ol. III 31: Kai Ktivav xööva, ev. zu I 1 ; X 30, 41;
Py. III 55 ; Is. VII (VIU) 65.
T) fr. 243 : ged. Ggs.
e) Ol. VIII 62 XIII 87: cuv be Keivuj 'mit dessen Hülfe',
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 23
ev. zu I, 2, wofür ttotc spricht; Py. IV 134; Is. Y (VI) 31,
ev. zu I, 2.
l) Ol. VI 25 : Begründung und Superlativ, 80 : Keivoc . . .
Kpaivei ceGev euxuxiav Mer ist es, der dein Glück
vollendet'; IX 28; Py. IV 69, 125, 243, 281; V 57;
IX 95; ^G. VI 19: VIII 10, 23; X 62: Keivou rap
emxöoviujv TrdvTuuv Tevex' öHuTaiov | ö|H|Lia ; ebenso Is.
I 17, IV (V) 47.
3. Py. IV 19.
IV. 1. Py. IX 123.
V. 2. Ol. XIII 76.
4. Ol. VI, 7; VIII 62; Py. V 107; Is. III 61.
6. Py. II 89; XPH öe irpöc Oeöv ouk ipiliiv, \ 6c dvex^i ttote
|U£V xd KCl I vuiv, tot' au9' eTepoic Iöuj | Kev lueya KOboc.
Anm. Py. IV 105 lese ich mit v. Wilamowitz (Hermes XIV, 171)
£€ivoici für Keivoici.
10. Bacchylides (Ausg. v. Blaß, Lips. 1899).
I. 1. VIII (IX), 10.
2. Vm (IX), 21, X (XI), 23.
in. 1. XIV (XV), 62 : Keiva Kai uirepqjidXouc | fdc iraiöac oiXeccev
fiTcxvTac 'die war es auch, welche . . .' vgl. VIII (IX), 19:
eXmc dvGpoumjuv u(paip[eTTai vörnua* | d Kai tot' "AöpacTOV
. . . Tre|U7Tev ec Onßac . . .
3. V, 164: xpn Keivo Xeyeiv ö, ti Kai | )ne\Xei TeXeiv.
V. 4. V 90: ri Tdxa KaXXiZ;uuvoc"Hpa | keTvov eqp djueTepäi | jxi^\\fei
KecpaXdi, hierzu Kenyon : If there is a man alive who could
slay such a hero as Meleager, Hera will assuredly make
use of so forniidable a champion, to assail Heracles.
Die übrigen Lyriker nach Bergk P. L. Gr. * (1882). Es
finden sich nur wenige sichere Stellen, da die Überlieferung
meist zu lückenhaft ist, um einen genauen Einblick in den
Zusammenhang zu gestatten.
I. 1. Theogn. 711: KeTGev 'aus der Unterwelt'. Philox. fr. 2, 21;
Carm. popul. 46, 12.
m. 1. Theogn. 1090: ei TTOTe ßouXeucaim qpiXuj KaKÖv, auTÖc
eXoi|Lii- I ei öe ti kcTvoc einoi, öic töcov auTÖc exoi- 1205.
Archil. fr. 6 (51), 3: Ggst. ev. zu 1, 1. Simonid. fr. 7 (8), 51
imd 84: Begründung. Stesich. fr. 26 (74): Simonid. fr. 39
(54): eTTiKpejuaTai OdvaTOC | Keivou ydp i'cov Xdxov juepoc . . .;
Philox. fr. 2, 39: ÖTe ö' ribri | ßpuüTuoc r]bk TroTdToc, ec
34 W. Havers,
Kopov rjiLiev ^raipoi | rfiva |uev eEaTtdeipov ö|nüüec, eTreita öe
TTttiöec I viTTTp' ebocav Katd x^ipujv: |uev-be- Verbindung.
3. Sapph. fr. 2.
4. Theogn. 223, 479; Jon. fr. 2, 10; Sapph. fr. 12 (87).
V. 4. Theogn. 47 : eXtreo lufj bripöv K£ivr|v rroXiv dxpeiaieTcGai.
11. Die Tragiker.
A. Aeschylus (Ausg. v. Wecklein. Berl. 1885).
I. 1. Pers. 263: Travia . . . eKeiva = -rrdvia xd eKei, ebenso 395,
693; Suppl. 236; Ch. 178: ttojc eKeivoc öeOp' eTÖ\|Lir|cev
|Lio\eiv: der in der Ferne gedachte Orest. 354: toTc eK€i:
den im Jenseits Befindlichen, ebenso 358; Eum. 81, 99, 225.
2. Pers. 768, 831: Fernanaphora; Sept. 250: toOt' dvr'
EKeiviuv TouTTOc aipou)Liai ceBev, 538; Ag. 1092; Ch. 738:
Fernanaphora.
IL Sept. 40: fJKUj cacpfi laxeTBev eK CTpaioö qpepuuv; "ich komme
mit sicherer Kunde von dem Heere drüben", sagt der von
Eteocles ins feindliche Lager ausgesandte Späher. 650:
epYoic eneivou Kai cppeciv ev. zu lY, 2.
m. 1. a) Pers. 794; Sept. 1055; Ch. 147, 736; Eum. 607, ev. zu L
ß) Sept. 636 : roiaöi' eKeiVLuv ecii rdHeuprijuaTa. | cu ö' auxöc
riöri yvüjGi xiva ireiaTTeiv boKCic : ev. zu II gehörig : "so
hat man drüben sich den Plan zurechtgelegt". Ch. 570:
KdKfeivov ev Gpövoiciv eupricuu Tiaxpöc, vgl. Tucker (Ausg.
d. Choeph. Cambridge 1901) z. d. St.
5) Ag. 676: Kai vüv CKeivujv ei xic ecxiv ejUTrveuuv, | XeYouciv
niudc üjc öXuuXöxac, xi |uri; | i^iaeTc x' eKeivouc xaijx' ex^iv
boEaZoiiev. Sinn: Wir halten uns gegenseitig für tot.
Z;) Suppl. 217: Keivou GeXovxoc eu xeXeuxricei xdbe "wenn
d6r (Zeus) will, nimmt's ein gutes Ende", ev. zu I, 1.
2. Pers. 233 : Keiva b' eK|iiaGeTv GeXuu, | . . . ttoö xdc 'AGr|vac
qpaciv iöpücGai x9ovöc.
lY. 1. Pr. 980.
Y. 2. Ag. 613.
Anm. Ag. 1329 hat bisher noch keine überzeugende Erklärung
gefunden.
In den uns erhaltenen sieben Tragödien des Aeschylus
mit zusammen ca. 8100 Yersen finden sich nun nur rund 35
Formen vom Pronomen der Jener-Deixis ; die sieben Tragödien
des Sophocles, der gleich zu behandeln sein wird, bieten da-
gegen rund 230 zu unserem Pronominalstamm gehörige Formen.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 25
Allerdings sind seine Tragödien umfangreicher als die des
Aeschylus (er hat ungefähr 2000 Yerse mehr), aber trotzdem
bleibt obiges Zahlenverhältnis auffallend, und auch das dürfte
zur Erklärung nicht genügen, wenn man einwendet, ein Schrift-
steller könne gegenüber einem anderen größere Vorliebe für die
Verwendung eines solchen Pronomens zeigen, wie ja z. B.
Treitschke sich des Pronomens 'jener' ungleich häufiger bedient,
als irgend ein neuerer deutscher SchriftsteUer. Ich glaube, daß
der Grund hauptsächlich darin liegt, daß zur Zeit des Aechylus
der *to-/*so- Stamm noch mehr von seiner deiktischen Kraft
bewahrt hatte, vgl, Wecklein : Studien zu Aeschylus (Berl. 1872),
S. 165 "der Artikel . . . hat bei Aeschylus, welcher auch sonst
der epischen Sprache und deren Fonnen größeren Einfluß auf
seine Diktion gestattet, in ausgedehnterer Weise die demonstrative
Bedeutung beibehalten als bei den übrigen Tragikern". Es ist
hier nicht der Ort, alle Stellen zu verzeichnen, an denen bei
Aeschylus der sog. Artikel mit eKeivoc in der syntaktischen
Verwendung übereinstimmt, ich beschränke mich auf einige
Beispiele, aus denen die Identität beider Pronomina in scharf
Der-deiktischem Sinne ersichtlich ist: Suppl. 362: tüuv y«P ou
öeirai ttoXic, 981: toö yctp Trpoxepa | lufiTic . . ., 1065: tö |uev
äv ßeXiaTov ei'ri; Ag. 1479: eK toO Yotp tpujc . . .; Eum. 2: TTpoiiov
|Liev eüxr] rf[be rrpecßeüuj OeuJv | rriv TTpujTÖ|uavTiv faiav eK öe irjc
0e)Liiv, I . . . ev öe Tuj ipiTuu . . . 'Aneinanderreihung', 174.
B. Sophocles (Ausg. v. W. Dindorf).
I. 1. Ai. 271: dvrjp eKeivoc: Tecmessa zeigt aufs Zelt; ev. zu
V, 5 = Mer amie Mann'; 567, 769: Beziehung auf die
überirdischen Götter, 795 ; eKeivov ist wohl mit dem in
der folgenden Zeile stehenden cKevfic ÜTrauXov zu verbinden,
Sinn: "dort unter dem Zelte sollt ihr ihn halten"; 855:
KttKcT 'auch im Jenseits', 991: wohl öeTHic rnc öipeuuc.
Ant. 76, 287, 525 : Keivouc 'die Toten', 777 ; El. 356, 1222:
r\ Yap cu Keivoc ; 'den ich mir so ^weit weg gedacht habe' ;
1345; Trach. 29: Keivou : der in der Ferne weilende Gatte,
so noch oft in diesem Stücke; 342: TTÖiepov eKeivouc öfita
beöp' au6ic . . . KaXüü|uev: Deianira weist auf den Palast,
in deu Lichas und die Gefangenen hineingegangen sind;
479: vgl. zu 29, 544, 579, 603: eKeivuj rdvbpi: Es ist kein
Grund vorhanden, mit Herwerden (Exercitatt. er. in poet.
et pros. Attic. monumenta. Hag. 1862. S. 125) die Richtig-
26 W. Havers,
keit des Wortes ^Keivuj za bezweifeln ; man darf allerdings
eKeivuj Tctvbpi nicht als zusammenhängenden Ausdruck
betrachten, sondern rdvöpi ist nur erklärender Zusatz zu
dem substantivischen eKeivuj, mit dem der abwesende Gatte
gemeint ist; 614; Ph. 123, 360: kcTvov : den toten Achül,
415, 1143, 1200; 0. C. 389: xoic kei . . . dvepujTroic 'den
Leuten in der Heimat' d. i. den Thebanern (absolut), 392,
402, 585: evtaöGa y^P l^oi KeTva cuYKO|aiZ;eTai : xd . . . ev
^ecLu, worauf sich Keiva bezieht, steht zwar grammatisch
näher, ist aber für Ödipus nicht von so großem Interesse,
wie das in der Rede ferner stehende xd Xoicöia (sei. xoO
ßiou), worauf evxaOGa geht; 589: KeTce 'in die Heimat',
787, 910: rrpiv dv | Kefvac evapYeic öeöpo jlioi cxncric aYoiv :
mit hinweisender Geste gesprochen zu denken, 1206, 1584:
KeTvov: den soeben verschiedenen Ödipus, ebenso 1760,
1763, 1768, vgl. 1775: tw Kaxd ff\Q.
2. Ai. 762, 1035, 1303; Ant. 71: Fernanaphora, 168, 384:
i\b' ecx' eKeivn xoupYOv f] 'HeipYotciaevri : vgl. Brugmann
a. a. 0. S. 90; 408, 1312: aixiav y^ xiivöe KdKeivujv ex^v;
El. 2, 665 : i^öe coi Keivii Tidpa "hier ist die, nach der du
vorher gefragt hast", ähnlich 1115: xoux' eKeiv und 1178:
xöö' ecx' eKeivo, 1351, 1355; OK 259, 599, 1054, 1145,
1233, 1528; Tr. 281, 1091; Ph. 193, 261, 268, 365,
423, 720, 850; OC. 87, 138: öö' keivoc eYw 661, 798,
1195: cu ö' eic eKeiva, |uri xd vOv, dTTOCKÖTrei.
n. Ai. 454: keTvoi b' eTreYYeXüuciv "meine Feinde aber spotten
meiner", 1039 : öxai bk }xr] xdb' ecxiv ev yvuj|uji cpiXa, |
KeTvoc x' eKeiva cxepYexuu KaYiij xdöe. Das eKeiva wird hier
in der Regel reflexivisch aufgefaßt; vielleicht läßt sich
aber auch die Bedeutung 'anders, entgegengesetzt' recht-
fertigen. Sinn : wem das, was ich da gesagt habe, nicht
annehmbar erscheint, der mag anders, oder das Gegen-
teil davon denken, ich aber halte mich an dem, was ich
soeben gesagt habe. Vgl. Eur. Suppl. 466: coi iuev öo-
Keixuu xaux' e)noi be xdvavxia (s. auch S. 30). Ph. 431,
622: rf KeTvoc, f] Trdca ßXdßri, 770: eKeivoi absolut:
'meine Feinde', vgl. Blaydes z. d. St. OC. 505: xouKeT9ev:
der auf der anderen Seite befindliche, der jenseitige
Teil des Haines.
m. 1. a) El. 342; OR. 785; Tr. 381.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 27
ß) Ai. 20: KeTvov Tap, oubev' dXXov; 1032; Ant. 170;
489, 986; El. 344: Keivric öiöaKTOi, koüÖ£V ek cauxfic
\ije\c; 459: KotKeiviu; 539, eKeivoc berührt sich hier
mit aÜToc 'selbst'; 543, 577, 703; OR. 139, 141, 720,
1020: out' eKeivoc out' 6tuj; 1168: r\ boOXoc r\ Keivou
TIC eTT^vric y^Tuuc; Keivoc berührt sich hier mit auToc
'selbst, eigen'; 1253: üqp' ou | oük f\v tö Keivric eKGed-
cacGai KaKÖv vgl. den folgd. V. 1254: ötW eic eKeivov
rrepiTToXouvT' eXeuccojaev d. h. sie blickten nur noch
auf Ödipus und nicht mehr auf sie (Jokaste); Tr. 85:
Keivou ßiov cuücavToc . . . 'wenn er sein Leben rettet,
sind auch wir gerettet', 449; 719 vgl. Y. 85, 1272;
Ph. 838, 373, 376; 642: KotKeivoici, ev. zu II; OC. 344:
c(püj ö' dvT' eKeivujv; 1343: cTrjcuj b' eiuauTÖv, Keivov
eKßaXujv ßia.
T) Ai. 28: Tr|vö' ouv eKeivuj Tide Tic aiTiav veiuei, Sinn:
das kann kein anderer getan haben, als er; 113:
KeTvoc öe Ticei ir]vbe kouk dXXriv öiKrjv, Sinn : wenn
es ein anderer wäre, würde ich schon willfahren und
mit einer weniger bitteren Rache vorlieb nehmen,
d6r aber . . .; 472: -rreipd Tic ZiriTriTea | Toidö' dqp' fjc
TepovTi ön^^cuu TTttTpi I \xr\ toi qpuciv t' dcrrXaTXVOC eK
Keivou T^Tuuc, Sinn: Der inneren Natur nach will ich
ganz sein Sohn sein, wenn auch der Mangel äußerer
Ehrenbezeugungen den Anschein erwecken kann, als
wäre ich der Sohn eines anderen, minder berühmten
Vaters ; vgl. Wunders Erklärung der Worte 9UCIV ye ;
Ant. 514, 960, ev. zu I, 2; El. 924: TaKeivou öe coi (
cuuTripi' eppei: Rettung von seiner Seite ist ausge-
schlossen, daher mußt Du selbst Hand anlegen ; den-
selben Sinn hat Y. 925; OR. 261: ei Keivoi yevoc )nr|
'öucTuxricev "wenn er nicht kinderlos geblieben wäre",
ged. Ggs. 'ich selbst bin ja mit vier blühenden Kindern
gesegnet'; 263: auch hier liegt ged. Ggs. vor, der
dieselbe tragische Ironie hervorruft, wie in V. 261 ;
Tr. 31; 00.336: Sinn: Die haben jetzt keine Zeit
für solche Geschäfte, daher müssen wir uns dieser
Mühe unterziehen.
ö) El. 321: Kai lariv eYuuT £cujc' eKeivov ouk ökvuj: Ich
habe ihn (den Orest) ohne Bedenken gerettet, daher
28 W. Havers,
darf er auch nicht zaudern, wo es meine Rettung
gilt. Ph. 115: out' äv cu Keivuuv x^J^pic out' eKeiva coö:
583, 1028; OC. 1191;
e) Ai. 275: keivoc Te . . . niaelc 6' ö)aoiuuc; Ant. 570: Ver-
gleich; El. 269, 862, 908: \xr\ tou . . . ttXviv keivou;
Oß. 579; Tr. 605, 608, 1068; Ph. 385: kouk aiTiüu|Liai
KeTvov ujc Touc ev TeXei "ihn beschuldige ich nicht so
sehr wie die Heerführer";
l) Ai. 285: KeTvoc Tap . . . Beginn der Erzählung; 1198,
1199, 748: 6 youv \6yoc coi rrac uirep Keivnc obe
"alle diese Worte sprichst du nur deretwegen"; auf
dasselbe Bezugwort (Antigene) beziehen sich touttiv
(V. 750) und r\be (V. 751), beide ebenfalls identisch
mit betontem Der-Demonstrativ; El. 565, 681, 698,
720; OR. 855: ou kcTvoc t' «W auTÖc . . .; 923, ev.
zu I, 2, 959, 1171 : Keivou ^i toi bx] ttuTc ekXriZ^eB' "Sein
(eigener) Sohn wurde er genannt"; man beachte die
Stellung des Pronomens im Anfang des Satzes und
die dreifache Hervorhebung; 1440; Tr. 244, ev. zu I, 1;
Ph. 37: Keivou tö Gricaüpic|Lia cr||uaiveic TÖÖe: es liegt
kein Grund vor, Keivou in Kevoö, kXeivöv ye oder
öeivöv fe zu ändern ; der Sinn ist : Dieses einfache
Gerät kann nur ihm gehören, vgl. die Erklärung von
G. Hermann: Ipse ordo verborum docet hoc dicere
ülyssem: ipsius has dicis divitias i. e. ipse est, quem
quaerimus Philoctetes, ut ex hac eins supeUectile
inteUego. Mox, ubi de pannis accepit, idem etiam con-
fidentius dicit, ut omni dubitatione exempta; vgl.
V. 40; 413: Iüjvtöc t' eKeivou "wäre der noch am
Leben, so. . ."; 424,570,772; OC. 1197, ev. zu I, 1373.
ri) Ph. 359 : ^ev — be Verbdg. beim Übergang zu neuem
Punkte der Erzählung.
i) Ai. 513; El. 783; OR. 714; Tr. 485, 618, 942; OC.
606, 986.
2. Ai. 94; Ph. 310.
3. Ai. 1195; Ant. 1025; OR. 1454.
4. Ai. 1108; Ant. 468: eiTÖv eS eiafjc | |uriTpöc Oavovr' olGaTtrov
rivcx6)iiriv vckuv, | Keivoic äv i'iXyouv.
IV. 1. Ai. 798; El. 427, 519; OR. 718; Tr. 38, 198, 252, 353,
488, 577, 581, 759, 777; OC. 337, 589, 1656.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 29
2. Ai. 755: ei rüuvT' eKcTvov eiciöeiv eeXoi: vielleicht nietri
causa, vgl. V. 756: e\a rdp aÜTÖv . . ., ebenso Ant. 1039;
1043: ediTTeiv irapricuj KeTvov : wohl zur Vermeidung des
ffiatus; El. 270, 389, 573, 882, 1118; Tr. 286: ttictöc
uüv Keivuj : Keivuu für auTuj möglicherweise um den Gleich-
klang mit dem unmittelbar folgenden auxov zu ver-
meiden, ev. zu I, 1 ; 287 : auröv ö' CKeTvov: Der Ton liegt
auf dem aÜTÖv, daher hier CKeivov für unbetontes aürov
der Abwechslung wegen; vgl. Trag, adesp. fr. 363 (Nauck):
ou TTttTc 'AxiXXeujc, äW eKcivoc auröc ei. Ph. 415: metri
causa, 633.
V. 1. Ai. 6; El. 664; Oß. 928; Ph. 511: wegen der gehässigen
Färbung, die hier dem Keivuuv anhaftet, kann der Vers
auch zu II gestellt werden; die Häufung der K-Laute
(TTiKpujc, dva£, exOec, ^Keivuuv, küköv, Kepöoc) ist Avohl auch
nicht unbeabsichtigt,' 625.
4. Ai. 437 : e-fd) ö' 6 Keivou iraTc 'ich, eines solchen, so be-
rühmten Vaters Sohn'. OR. 930. Ph. 106.
5. Ai. 220, 783; EI. 1218: eKcivou toö laXamiupou xctqpoc;
OR. 1240.
C. Euripides (Ausg. v. Prinz-Wecklein).
I. 1. Med. 1073 : eKei Mm Jenseits' ; Ale. 363, 866 : kcivujv = touv
CKeT, 867, 1056: Keivric: Der hingeschiedenen Gattin,
ebenso 1092: Keivnv, 1096; Hec. 418; El. 237 : keivou:
Der abwesend geglaubte Bruder, vgl. 245: dTrujv eKeivoc
QU Trapwv rmiv (piXoc, 335, 557, 581: vgl. Soph. El. 1222;
Jon 1008; Hei. 150: tfic eKet xdpiv Trarpac 'in der Heimat',
972, 1683; Iph. Taur. 358: tnv evBdö' AuXiv ävTiBeTca
Tfic keT 'in Griechenland, in der Heimat, 666; ecriv x]
Hevn xevoc | eKeTGevÄpTeia Tic "sie stammt aus der Heimat,
aus Argos", 771, 772; Bacch. 657; Heracl. 594, 736,
948: Keivov: Den verstorbenen Heracles, 1000; Herc. 263;
Or. 877; Phoen. 159, 180, 583; fragm. 578, 5 (^^auck):
TdKeT: Die Vorgänge in der Heimat, erklärt durch das
folgende Kar' oikouc.
2. Med. 98: tob' cKeivo "da haben wir's", 908: keiva im
Ggs. zu Tdbe, ebenso El. 1096. Jon. 384, 541, 547: kei:
temporal, d. h. -rrpiv KÖppv XaßeTv 'EpexÖeuuc (v. 546), 554,
1370: EKeTce töv voüv öouc, 69' . . . "wenn ich an die
Zeit denke, wo . . ." vgl. unten zu Herc. 1221. Hei. 622,
30 W. Havers.
788, 1082, 1651: Fernanaphora; Cycl. 10,105; Iph.T. 256;
Suppl. 839; Heracl. 268: Fernanaphora, 945: eKeivoc €i
cu . . . "bist du der (berüchtigte) Schurke, der . . ." Herc.
1221: EKeTc' dvoicreov, | öt' eEecuucdc |a' ec qpdoc veKpOüv
Trdpa : "eKcTce — öre ist wirklich reciprok, denn die Sprache
hat die Bezeichnungen von Eaum und Zeit ursprünglich
nirgend gesondert, und wo sie keine sekundären rein
zeitlichen Bezeichnungen geschaffen hat, da bleibt die
alte weitere Geltung der Ortsbezeichnungen in Kraft"
(v. Wilamowitz z. d. St.); 1411; Andr. 454, 866; Hipp. 343;
Or. 528: eKei: temporal, 804; Phoen. 1418: Fernanaphora,
1675; Troad. 61, 624: tout' eKeiv' ö |uoi irdXai | TaXOüßioc
aiviYiu' oü cacpüijc eiirev caqpec.
n. Med. 157. Cycl. 686: irepidTou, KeTce, Trpöc rdpicTepd :
"Anders herum ! Linker Hand !", vgl. V. 682, wo der Chor
auf die Frage des Cyklopen iroTfpac thc x^poc; antwortet:
ev beha cou ; die Interpunktion hinter irepidTou halte ich
für überflüssig. Iph.T. 526. Suppl. 706: eKXiveYdpKepac | tö
Xaiöv fiiuujv • öeHioö ö' riccdj|Lievov | cpeuYei tö Ktiviuv "denn
der linke Flügel auf unserer Seite begann zu weichen,
aber von dem rechten zurückgedrängt, wandte sich zur
Flucht der (entsprechende) Flügel auf der anderen (feind-
lichen) Seite. 758: AA. 6 b'dXXoc ttou KeKfirixoTuuv öxXoc;
Arr. xdqpuj öeöovrai upöc KiGaipüuvoc iTTuxaic. AA. TOÜKeiGev
rj ToüvGevbe; Tic f eGaipe viv; Äff. Griceuc, CKiüuöric evG'
'EXeuOepic TieTpa. Das Stück spielt in Eleusis, Adrast
will also erfahren, ob die Toten auf attischem Gebiet
(diesseits vom Cithaeron), oder auf böotischem (jenseits
dieses Gebirgszuges) begraben sind; der Bote antwortet,
daß sie diesseits, bei Eleutherae in Attika ihr Grab ge-
funden hätten. Phoen. 98: CTTOvbdc öt' nXGov cu» KaciYvriTUJ
q)epa)v | evBevb' eKeice beöpo t' au Keivou Trdpa: mit eKeice
ist gemeint das feindliche Lager des Polyneices und der
argivischen Führer vor Theben; 360: dvaYKaiujc ex^i I
TTttTpiöoc epdv dTTavTac öc b' dXXuJC XeYei, | XoYOici X^tipe',
TÖv be voüv CKeTc' lxe\ : man vgl. Androm. 452 : ou XeYOvrec
dXXa )uev | yXuüccii, cppovoüvTec b' d'XX' eqpeupicKCcB' ä^i;
Theogn. 87 : |uri }ji' erreciv )aev CTepYe, voov b' exe Kai cppevac
dXXr). Der Sinn obiger Worte ist also wohl : der spielt mit
Worten, im Herzen aber denkt er anders, oder entgegen-
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 31
gesetzt. 709: \ifei öe öri ti tüjv CKeT veuurepov; Eteocles
fragt, ob der Gefangene etwas Neues über das feindliche
Lager aussage; 716, 733: KdKeT "auch auf der Seite des
Feindes", 1103: iraidv he Kai cd\7TiTT€C eKeXdöouv 6|aoö |
CKeiöev eK le reixeujv fmüuv rrdpa "von beiden Seiten
wurde zum Angiiff geblasen"; 1462: ev. zu I, 2: Troad.
285 : das Lager der Griechen steht gegenüber dem Lager
der Trojaner; fragm. 495, 13: der Text ist hier nicht
sicher, aber eins der beiden eKei6ev kann dem Zusammen-
hange nach (s. Blaß Rhein. Mus. 35, S. 295 ff.) nur heißen
"von der anderen Seite" fragm. 781, 56: CKeice 'anders' (?).
ni. 1. a) El. 1020; 1045: eixa xöv |uev ou Öavtiv | Kreivovra
Xpfiv rdia', e|ue öe rrpöc Keivou iraGeTv; Jon. 774; Hei.
1011, ev. zu I, 1; 1402; Bacch. 762; Troad. 950:
Tuuv|uev dWuuv öaijuövuuv exeiKpdroc, KeivricöeöoöXöcecTi;
ß) Med. 347 : Toü)Lioü jap oü )lioi cppoviic . . . Keivouc öe
KXaiuj; 1302: Keivriv luev . . . ejuüjv 5e Traibujv; Ale. 44:
ouö' CKeTvov; 517: KaKeTvoc; El. 303, 646, 1114;
Hei. 120: dWou Xöyou |ue|uvrico, )ufi Keivnc eti; 912, ev.
zu I, 2; 979; eX0eiv öid |udxric ctu cuytovuj • | KaKeTvov
IT '|u^ öeT 9aveiv; 1216: vgl. Od. a 46, ev. zu I, 1;
Iph. T. 536 : Die Schicksale der einzelnen Helden, die
vor Troja gekämpft haben, werden einander gegenüber-
gestellt; Iph. T. 1041; Bacch. 321, 518, 1256; Heracl.
554; Andr. 391: Kar' e|Lx', oü KtTvov KteveTc; 713, 1251;
Hipp, 666 ; Or. 596 : CKeTvoc i\\jiapr\ ouk exw ; Plioen.
418; Troad. 867, vgl. Od. a 46; Rhes. 975; fragm. 723:
Zirdpiriv eXaxec, Keivr|v KÖC)aer | xdc he MuKiivac r)|ueic
löiqt;
Y) Med. 966: ev. zu I 1, Avenn man annimmt, daß Medea
zum Palaste hinweist, 973: xoübe ydp ludXicia öeT, | ec
XeTp' eKeivr|v bujpa be2ac9ai idöe : Sie (selbst) muß mit
eigener Hand die Geschenke in Empfang nehmen;
Jon. 71; Hei. 79, 1020: euepYeTuJ ydp keTvov ou öo-
KoOc' ö)Liujc, Sinn: Dem Anscheine nach unterstütze ich
euch (Menelaus und Helena), in Wirklichkeit aber
handele ich in seinem (KaciTvi'iTou Y. 1019) Interesse.
Bacch. 927 : aurdc eKeivac eicopdv öokuu c' öpüüv ant-
wortet Dionysos auf die Frage des Pentheus, ob er
in seinem neuen Kostüm nicht gerade so aussehe,
32 W. Havers,
wie Ino und Agaue; Betonung des iKeivac ist anzu-
nehmen, wenn der Sinn ist: Eben die (und keinen
anderen) glaube ich zu sehen, wenn ich dich betrachte,
übersetzt man dagegen: "sie selbst, sie leibliaftig,
glaube ich zu sehen", so gehört das Beispiel zu IV, 2 ;
Or. 595;
b) El. 929 : d|Liqpuu rrovripd) h' övt' dcpeipeicöov Tuxnv, |
Keivr) Te Tr]v cnv Kai cu TouKeivric kuköv ; Jon. 846 : Du
mußt auf irgend eine Weise den Sohn und den Gatten
aus der Welt schaffen Trpiv coi Bdvaiov ek kciviüv
poXeiv; Andr. 3741375: öoüXuuv ö' eKeTvov tujv e|uüjv
dpxeiv xpeuuv | Kai tüüv CKeivou touc e|uouc r]\iäc re rrpoc :
Das Bezugwort (Neoptolemus) ist aus dem Zusammen-
hange leicht zu entnehmen ; 585 : oukouv eKeivou Td|ud
TdKeivou t' epd; Hipp. 321: jurj bpiüc' l^wY eKeivov
öqpGeinv KaKÜjc "möchte es sich nie zeigen, daß ich
mich schmachvoll gegen Ihn benommen habe", ant-
wortet Phaedra auf die Frage der Amme, ob der
Gratte sich gegen sie vergangen habe; 648; Or. 742:
ouK ^KeTvoc, äW CKeivr) KeTvov evGdö' ii\yafev "nicht
er (sei. hat sie, die Gattin, hergebracht), sondern sie
hat Ihn hierhergeführt". Troad. 487 : kout' eH eKcivuiv
eXtric ibc 6cp9rico)nai , | aurr] t' eKeivac ouket' önJ0|uai
TTOie; 656;
€) Ale. 825: ou Keivri )Li6vri; Hecab. 765: ti Tdp tiv' dXXov
eieKec f] Keivouc Tuvai; Jon. 812: Comparativ; Hei. 829:
Koivr) y' eKeivr) ; Iph. T. 1015: iKereu' eKeivov TrpüJia
"bitt Ihn zuerst", ebenso 1353; Or. 615, 1123; Troad. 641.
l) Ale. 809, ev. zu lY, 1; Hecab. 266: Keivr) ydp uiXecev
viv "denn die war es, welche ihn zugrunde richtete";
989: ToÜKeivou ^ev euTuxeic juepoc: "was den betrifft,
so steht es gut mit dir". El. 1119; Jon. 21; 1594;
Hei. 103; Andr. 78: Keivou Tiapövroc "wäre der zu-
gegen"; 80, 605; Or. 586: öid tö ydp Keivr|C Opdcoc . . .
"denn Ihre Frechheit war es, die"; 1148; Troad. 479,
ev. zu V, 4; Rhes. 492;
n) Iph. T. 229 ; Herc. 69 ;
0) Hecab. 1230;
i) Jon. 302; Hei. 1199: 0EOK. . . . püuv coi Geovön Xerei
xdöe ; EA. Keivrj xe cpr|civ 6 le Trapujv öt' oiXXuto. Iph. T.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 33
565, 1367: KeTvoi xe yäp ciöripov ouk eixov xepoiv | riineTc
xe; Andr. 912, 1005; ffipp. 1259, 1320;
k) Hecab. 587; 830: i'i xujv ev eüvr) cpiXxdxuiv dcTracjLid-
xuuv I xapiv xiv' e'Hei iraTc e^ri, Keivnc ö' efiw ; Heracl. 211 ;
Or. 510. fragm. 953, 32 : fiv ouxoc auGic dTToßdXri xnv
ouciav, I exepuj ixe öuuceic dvöpi; Kax' edv TtdXiv | eKCi-
voc, ^xepuj;
2. Hei. 581: ekci vocoO|uev, öxibdiaapx' dXXrjvex^; Siipp]. 438;
Bacch. 771; Iph. A. 516; Andr. 251: eKeivo XeHov, ourrep
e'i'veK' ecxdXnv; Or. 790, 926; Phoen. 585, 886, 904, 1663.
3. Hec. 627; El. 913, 933; Iph. T. 904, ev. zu III, 2; Or. 944;
fragm. 890, 2.
4. Bacch. 445: de ö' au cu BdKxac efpHac (V. 443) . . . cppoö-
bai t' eKeivai . . .; fragm. 506, 6.
lY. 1. Med. 77; Jon.: 1359, ev. zu I, 1; Hei. 126.
2. Ale. 358; Hec. 799, ev. zu I, 1; 894; El. 13, 319, 1047.
Heracl. 470, 923, 991. Iph. A. 1455. Andr. 35, 72. Or. 593.
V. 1. El. 251 ; Heracl. 10.
3. Ale. 18; Hec. 892; Iph. A. 130.
4. Heracl. 509, 651; Or. 483: Keivou ydp ööe ireqpuKe, xoioö-
xoc TeTiJuc;
5. Jon. 364: xi ö' ouk eKeivr) xf] xaXamuüpai vocei;
6. Ale. 529; Phoen. 266, 315; Bacch. 625: fjcc' eKeice Kdx'
EKeTce "er lief hin und her"; Jon. 1504; Hei. 713, 1141: öeupo
Kai au0ic eKeice; Troad. 333: eXicce xdö' eKetce; Or. 1262:
CKeTGevevGdöe, 1450; Andr. 1131. ßhes. 216: eKeice Kai iraXiv.
12. Aristophanes, (Ausg. v. Aug. Meineke.)
I. 1. Ach. 653, 899 : )] qpopxi' exep' evGevö' eKeic' dSeic; "oder willst
Du andere AVaren (dafür) von hier nach Hause mit-
nehmen?", 902: AIK. 'Aqpuac dp' aHeic TTpid|uevoc OaXti-
piaKdc I r) Kepa|uov. BO. Acpuac f\ Kepa|uov; dXX' evx' eKei:
"Das haben wir zu Hause auch". Equ. 1196: eKeivoii
Tdp ujc e|Li' epxovxai. Yesp. 67: öecTioxric eKeivoci, 1500;
Pax 105: eKeivov : den Zeus, 313: euXaßeicöe vöv eKeivov
xöv KdxuuGev Kepßepov, 545, 547, 649, 650, 651; Av. 167:
eKei Ttap' rnnTv "bei uns zu Hause", vgl. 758; 340: eni
xt xdp |u' eKeiGev nxec; 'weshalb hast Du mich von Hause
weggeführt?" Lys. 903: dTTel^' eKeice: "Dann werd ich
auch nach Hause kommen", vgl. V. 899 die Frage des
Kinesias: ou ßaöiei fidXiv; "wirst Du nicht mehr heim-
indogermanische Forschungen XIX. 3
34 W. Havers,
kehren?" Eccl. 167, 315: keivo — touti (318); Ran. 69,
77 : ^KcTGev "aus der Unterwelt", 421, 1461 : Ikex "auf der
Oberwelt" — evöabi "hier in der Unterwelt"; Plut. 770.
2. Ach. 41 : toOt' ^keTv' ouyüj 'XeTov • "da haben wir's !",
677, 708, 821: toOt' keiv'; Equ. 73, 393, 530, 786,
894; Nub. 180: ^KeTvov töv GaXfjv, 342: Fernanaphora,
ebenso 391, 534, 882: ev. zu III, 2; 985, 1052: raOr'
ecTiv aur' exeTva "das ist genau dieselbe Leier, die man
so oft hören muß" (Kock.), 1149, 1167: öö' cKeTvoc dvrip,
vgl. Soph. OC. 138; Vesp. 236, 356, 405, 1182, 1200,
1403, 1479; Fax: 289, 516, 574, 741, 1304. Av. 354:
toOt' eK6ivo, 485, 489: otTTÖ rfic piJujuTic xfic tot' cKeivnc,
507, 1312: Feruanaphora ; Lys. 240, 281, 1038; Thesm.
161: "IßuKoc eKeivoc, 770: vgl. v. Leeuwen z. d. St., 775,
806; Eccl. 671, 814, 815, 1053, 1080; Ran. 279, 318:
toOt' Ict' keiv', ebenso 1342; Plut. 82, 778, 957.
n. Ach. 236 : ßdWuuv CKeTvov oük dv eiaiiXi^iuriv XiOoic : 'diesen
Schuft', mit derselben verächtlichen Bedeutung V. 234 :
ZriTcTv TÖV divöpa 'den KerF, vgl. 479: dvrip üßpiZlei: "der
Kerl will mich zum Besten halten", 707 : utt' ctvbpöc toHotou.
Equ. 1405, 1407 ; Nub. 840; Fax 272; Thesm. 470: mcoi töv
avöp' tKcTvov; Eccl. 817: tö kÖ|li)li' . . . eKcTvo : "das ver-
fluchte Kupfermünzendekret".
m. 1. a) Fax 211, 645; Lys. 764; Thesm. 861;
ß) Ach. 314 ; Equ. 657 : cTieveucev eic keivov f) ßouXf) TrctXiv :
nachdem sie vorher mir beigestimmt hatten ; Nub. 796:
ei coi TIC uioc ecTiv . . . irejUTreiv cKeivov dvTi cauToO
inavedveiv; Fax 981; Ran. 769; Flut. 520: KdKeTvoc,
ebenso 580;
y) Av. 1558: r\ \ ^üuvt' eKeivov irpoiüXiTre: während sonst
die Seele erst beim Tode den Menschen verläßt; Thesm.
1219: auTri . . . dKeivn "eben die"; Ran. 552: eKeivoc
aOröc bfiTa "eben der ist es" 788: }xä Ai' ouk ^KeTvöc;
1144;
b) Eccl. 199: Kopiveioic rixOecGe, KaKcTvoi fe coi; Flut.
979: ÜTTavT' €7T0iei koc)liiujc |uoi Kai KaXüjc | ifd) ö'
iKeivuj y' öö Td ndve' uTtripeTOuv.
e) Ach. 663: Vergleich; ebenso Equ. 718; 761: irpiv
eKCivov . . . irpÖTepoc cu . . .; Nub. 1429 : ti öiaqpepouciv|
rmil'v ^KcTvoi . . .; Yesp. 1470;
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 35
l) Nub. 1189 ; 1378; Fax 618; ouca cuYTtvric CKeivou "weil
sie eine Verwandte von dem ist"; Lys. 59: dW oüöe
TTapdXaiv ouöejuia fvvr] irdpa, | ou6' ek ZaXajuivoc. KAA.
dW eKeivai y' (Die Frauen von Salamis) oiö' öti | eni
Tüuv KeXrjTUJv öiaßeßriKac' öpGpiai; Plut. 918; 929.
2. Ach. 1195; Nub. 657; Yesp. 47, 784; Fax 146; Thesm.
477, 498; Eccl. 258, 263, 422, 465; Ran. 7; Flut. 357,
921.
3. Nub. 1408; Yesp. 403, 745, 946, 996; Fax 240, 1097.
IV. 1. Equ. 1331 ;Nub. 159, 680; Fax 1174; Lys. 521; Eccl. 328:
auTÖc öfix' eKeivoc; Ran. 1457; Flut. 83: eKeivoc autoc,
92, 587, 704.
2. Equ. 713: vielleicht metri causa, ev. zu II, 879; Av, 47,
660, 1543; Lys. 347, 413, 852; Thesm. 378; Eccl. 856;
Flut. 122: ev. zu I, 1, 1203.
T. 1. Eccl. 319: touti t6 ttic xuvaiKÖc fmibiTrXoiöiov, | Kai rdc
^Keivnc TTepciKdc ucpeXKO|Liai.
6. Fax 611: üjcie tuj Kanviu | ndvTac "EXXrivac öaKpOcai,
Touc t' eKei touc t' ^veabi. Lys. 568, 570; Thesm. 784
ßdcKei', feTreiYeie Ttdcac KaB' ööouc, | Keivot, lauTot; Eccl. 487 ;
Ran. 1076: iiXeT öeupi Kauöic eKcTce.
13. Herodot. (Aus^. v. Stein, mit deutschem Komm.).
L 1. I 182, 5; 209, 23: eKeT = eKeke; V 49, 19; 68, 11: Kai
im KXeicBeveoc dpxovioc Kai ^Keivou leöveOuTOc; VII 5, 2;
11, 17; 34, 6; 43, 7; 102, 9; 129, 27; VIII 102, 11:
ceo xe TTepieovToc Kai eKeivujv tüuv TtpriYMdTuuv "wenn du
(Xerxes) nur gerettet bist und die Macht in der Heimat".
(Absolut.)
2. I 32, 34: o öe loiciöe rrpoexei eKeivou, 35: ouk Ö|lioiujc
öuvaröc eKeivuj : Beide Beispiele ev. zu III, 1 ; ib. 38 : outoc
eKeivoc Töv cO ^riTeeic; 45, 6; 86, 29; 91, 27; 207, 20;
115, 6; 121 e, 24; 127, 5; 181, 14: nv oi utt' eKeivnv
Trjv vuKTa fiixSri 6 "Ajuacic, wir: 'in dieser Nacht'; III 1,
26; 51, 4: CKeivou be toO eireoc . . . ouk e)iie|avnTo; 140,
19, 20; IV 124, 10; 196, 15; V 13, 6; 50, 6; 82, 12;
91, 22; VI 13, 3; 65, 15, 21; 137,27; 138, 11; Vni3,
7; 17, 7; 50, 16: cKeTvoi oi Trpö e|ueö Tevojievoi ßaciXeec;
59, 5; 185, 13: eKeivrici 'den oben aufgezählten'; 186,
7; 189, 15; 235,21; VIII 9, 3; 60, 3; 79, 8: eKeivuuv:
superiora obliviscens (Stein); IX 39, 2; 51, 2: eKeivnv
3*
36 W. Havers,
Tr)v nMepnv, vgl. oben zu 11 181, 14; 52, 1; 58, 21; 88,
9; 108, 1; 111, 26.
IL 182, 30: töv be cqpexepov TrapaiueivavTa Kai CKuXeucavia
Touc CKeivujv veKpouc "der Ihrige aber sei geblieben und
habe die auf der anderen (feindlichen) Seite gefallenen ihrer
Rüstung beraubt"; 120, 25: eiirav rrpöc xaÖTa oi MdYoi
"iL ßaciXeO, Kai auxoTci r\^xv Trepi ttoXXoö ecxi KaxopGoöcöai
dpxnv xriv ci'iv. Keivuuc )Liev yctp dXXoxpiouxai ec xöv Tralöa
xoOxov . . .," Keivujc kann hier nur heißen: "andrenfalls",
d. h. wenn die Dynastie des Astyages nicht erhalten bleibt;
gegen die Übersetzung Steins : 'in jenem von uns früher
vorausgesetzten Falle, daß der Knabe dereinst König würde*
spricht der Zusammenhang ; 207, 19, kann auch zu in,
1 gestellt werden, ebenso ib. 25: CKeivojv TrepiTevecöai ;
IV 139, 16: biZ;r|c9ai eKeivouc "den Feind aufzusuchen",
ein Bezugwort geht hier nicht vorher; A^II 103, 19; VIII 60,
23 : xö Yotp ev cxeiVLu vau|uaxeeiv irpöc fmeuuv ecxi, ev eüpu-
Xujpir) öe TTpöc eKeivuuv "zugunsten des Feindes".
in. 1. a)'l 124, 18; HI 36, 32; VII 11, 12; 136, 13; IX 37, 22;
53, 12 : xö )nr) ireiGecGai eKeivov ccpici : während die übrigen
Hauptleute sich dem Befehle gefügt hatten, vgl. ib. 6;
ß) I 3, 5: ouöe . . . eKeivouc; 11, 13; 108, 11: öxi ineXXoi
6 xfjc GuYaxpöc auxoö yovoc ßaciXeuceiv dvxi eKeivou;
II 120, 19 : ouöe x] ßaciXriiri ec ÄXeEavöpov Trepinie,
ujcxe ... eir' eKeivuj xd irpriTiuaxa eivai "so daß der zu
schalten gehabt hätte, sondern Hektor sollte das Reich
bekommen". 121 ö, 21: Kai eKcTvov; ib. 2, 10; 11134,
22; 53, 25; 65, 23: Kai Xjaepbiv xöv Kupou )nr)Kexi
u|uTv eövxa XoTiZiecGe • oi he Ü)liiv Mdyoi Kpaxeouci xuuv
ßaciXriiuuv, xöv xe eXmov emxpoiTov xüljv oikiuuv Kai ö
eKeivou dbeXcpeöc Zjuepöic. Cambyses hatte auf
ein trügerisches Traumgesicht hin seinen eigenen
Bruder Smerdis umbringen lassen, obwohl in Wirk-
lichkeit nicht dieser, sondern der gleichnamige Bruder
des Magiers, den Cambyses als Reichsverweser zurück-
gelassen hatte, nach der Herrschaft strebte; 74, 15;
IV 133, 11; 140, 11: Kai eKeivouc; VI 52, 30; ib. 31:
oüöe eKeivn; 67, 7: TeYovuuc rjörj auxöc ßaciXeuc dvx'
eKeivou; 68, 10; 111, 1: luc be ec eKeivov TtepiriXGe "als
die Reihe an ihn kam"; VH 103, 8; 136, 15; 164,
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 37
15: Kai eKeivoc; 236, 19: eKeivoi ye • . . niaeic öe . . .;
VIII 3, 11: djcd|U6voi töv TTepcnv Trepi xfic eKeivou fiöri
TÖv dTiiJva erroieOvio : während sie vorher in Griechen-
land noch um ihre eigene Existenz gekämpft hatten;
29, 5: ev toTci "EWrici, öcov xpdvov eneiva njuTv fivöave,
vgl. 6: vOv xe irapd tuj ßapßdpuj; 74, 10: ec Trjv
TTeXoTTÖvvricov xpedv ei'n drroTTXeeiv Kai uepi eKeivnc Kivbu-
veueiv: während andere rieten, man solle um Attika
kämpfen; 144, 30; IX 79, 8;
T) I 100, 4; II 77, 14: dpToqpaTeouci he eK tüjv öXupeoiv
TTOieövrec aprouc, touc keTvoi KuXXricric 6vo)ad2ouci : sei.
'bei uns heißt es anders'; 162, 27: oi eti id eKeivou
ecppöveov "die noch auf seiner Seite waren", und nicht
bereits zu Amasis hielten; IV 5, 17: was die beiden
andern Brüder vergebens versucht hatten, gelang dem
jüngsten: V 23, 15; VIII 6, 11; 90, 3: öießaXXov
TOUC "liuvac, djc öi' eKeivouc dTroXoiaxo ai veec : sie wären
Schuld daran, daß . . ."; IX 110, 4: triv }Jir\Tepa amr\c
eivai aiTiriv Kai laöia eKeivriv Tipricceiv;
b) in 39, 9; 59, 15: jaeydXa KaKd etroiricav AiTivrirac Kai
eTTaOov utt' eKeivoiv; 133, 8; IV 119, 11 u. 13: u|aeTc le
ec T»iv eKeivaiv ecßaXöviec yf[V . . . CTreKpaTecTe ... Kai
eKcTvoi . . . xriv 6|uoir]v u)aiv d-rroöiöoGci, d. h. "sie fallen
jetzt in euer Land ein'; V 111, 16; VI 62, 11; VII
236, 16: ooTC cu Iceai CKeivoici xpnci|uoc ouxe eKeivoi coi;
e) I 8, 18: Superlativ; 99, 10: eovxec cuvxpocpoi xe eKeivtu
"die zusammen erzogen worden waren mit ihm"; 133,
2; II 120, 20; 136, 7: Superlativ, auch zu I, 2 ge-
hörig; III 119, 6; IV 111, 10; 114, 12: ou . . . xd
auxd vö,uaia f)nTv xe Kai Keivrici ecxi; V 21, 5: Be-
rührung mit auxöc 'selbst'. 82, 11; 93, 3: xouc auxouc
emKaXecac Geouc eKeivLu; VI 125, 25, ev. zu I, 2; dasselbe
gilt von 137, 22; VII 48, 6; 50, 22: Vergleich, ev.
zu I, 2, weil CKeivoi = die Vorfahren. IX 27, 12;
Z:) I 119, 7; III 62, 12, ebenso ib. 17: ou ^n xi xoi €k
Te eKeivou veujxepov [KaKÖv] dvaßXdcxri; IV 111, 12;
VII 104, 21: eTiecxi Ydp cqpi öecTiöxric vöjuoc . . . ttoi-
eOci YUJV xd dv ckcTvoc äv[b-fr\ "was immer der ihnen
befiehlt, das tun sie";
9) I 22, 5; 207, 34: Kelvoi iöö^evoi dyaOa iroXXd TpeipovTai
38 W. Havers,
xe TTpöc aüid Kai niiiTv . . . XeiTreiai "re sollte hinter
eKcTvoc stehen, oder das zweite Glied lauten : Kai f]|LiTv-
Xemouci dTTÖöeHiv €. |a." (Stein); III 158, 11; IV 3, 12
VI 73, 6: oute oi AiTivfiTai . . . cKeTvoi re; IX 111, 1
i) I 89, 14; m 34, 17; VI 88, 8; 125, 24; VII 8 ß, 8
vnip xe eKCivou Kai xüuv dXXuuv ITepceiJuv; 191, 12
CKeivric xe Kai xüuv dXXeuuv Nripniöujv; VIII 58, 6;
k) I 31, 3; 196, 11; II 148, 16: oiKn^axa h' evecxi ömXct,
xd i^ev uTTÖyaia, xd be luexeoupa ett' eKeivoici; VII 188,
5 : ai )aev br] rrpüuxai xoiv veüuv op|ueov irpöc v% d'XXai
b' tTi' eKeivr]ci err' dyKupeujv, "die anderen aber lagen
hinter diesen vor Anker";
2. IV 162, 15.
3. I 32, 24; 207, 10;
4. I 204, 11.
IV. 1. I 11, 24; 129, 5; 132, 15; 164, 11; 207, 24; II 115, 25:
dXX' auxd efd) xuj "EXXiivi Seivuj qpuXdHuu, ec ö dv auxöc
eX0ujv EKeTvoc dTiaTaTecöai eQeh}. "bis er selbst kcänie, um
sie wegzubringen"; 177, 11; III 21, 11; 52, 5: oube aüxöc
eKeivoc ebiKaiou: "er selbst aber hielt es auch nicht für
Eecht"; 75, 4; V 23, 19; 92t, 10; ib. ö, 11; VH 69, 25;
VIII 143, 11; 144, 29; IX 116, 15; 122, 3;
2. I 17, 15: auxöc öe CKeivouv epyaZloiuievujv . . .; 127, 6;
164, 9; II 107, 12: auxouc ö' e-rr' eKeivouv emßaivovxac-;
136, 15; III 14, 32: ticav b' dpa auxoO qpuXaKOi, di xö
7roie0)aevov irdv eS' eKeivou . . . eaiiaaivov; IV 139, 17:
uTtep xe fiiaeujv Kai ujueouv auxujv xicacGai ouxuu die Keivouc
Ttpeixei; V 17, 4: |aex' auxöv eKeivov "nach ihm selbst";
VII 104, 6; 119, 14: xaöxa }xkv auxuj xe ßaciXei Kai xoTci
6)aocixeouci |uex' eKeivou erreTTOirixo "für den König selbst
und seine Tischgenossen"; VIII 106, 7; 137, 29: dnaX-
Xdccexo auxocxe Kai oi |aex' eKeivou; IX 38, 6: oüxe auxoTci
TTepcrici ouxe xoTci juex' eKeivuuv eouci 'EXXrivuuv; 63, 7:
Mapbövioc d-nreeave Kai xö Tiepi eKeivov xexaY|ievov; 113,
13: KaxeKxeive auxov xe eKeivov Kai xouc iraTöac auxoö;
119, 3;
V. 1. I 129, 6; II 30, 27; IH 63, 7: auxöc xoi I)aep5ic . . .
evexeXXexo xaöxa r\ xuov xic eKeivou uTiripexeuuv ; 160, 10:
xriv BaßuXüJvd oi ebuuKe dxeXea ve|aec0ai )aexpi xrjc eKeivou
lör]c; IV 140, 3; V 90, 7: öxi xe dvbpac Seivouc ccpici
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 39
iövTac eHeXriXdKecav ^k rfic eKeivujv (sei. thc); YII 54 9-
181, 7; 197, 6; Vni 97, 13; IX 2, 10; 90, 21; 107^
17 . . . Kai .=.epSTi, eKCLÜruuv töv döeXqpeöv töv eKeivou; 113, 14.
2. 12, 14, 16: Touc be uTroKpivacGai die ouöe eKeivoi ...
eöocdv cqpi biKac • ouöe luv auroi öuuceiv eKeivoici; II 110
10: lecujcTpiv faev Totp dUa le KaTacTpei|»aceai ^Gvea ouk
eXdccuj eKeivou Kai . . . direkt : Sesostris hat nicht weniger
Völker bezwungen, als Du. 121a, 14: toutoici öe dTrri-
■fncaceai ibc eKeivuuv rrpoopeujv, vgl. ib. 16: auToTci, dem in
direkter Rede kein Pronomen der 2. Person entspricht
ebenso wenig, wie dem toutoici; 121 ß, 16: ökuuc |Lin . . .
TTpocaTToXecri KaKeTvov; 133, 14: Kai touc )Liev öuo touc
TTpö eKeivou revojaevouc ßaciXeac |ua9eTv toOto, eKcTvov be
oü; III 32, 12: ibc eKeivuj oük eui 6 Tijuuupricujv: direkt:
Dir wird kein Helfer kommen, wenn Du bedrängt bist,
während dem Hunde sein Bruder zu Hülfe kommt; 156,
6: ö öe ccpi nTÖpeue ujc eiV) Te ZuÜTTupoc Kai auToiuoXeoi
ec eKetvouc; lY 43, 11: qpdcd oi aÜTn [xelw lr]}jiir[v im-
Giiceiv r] irep eKeivov; Y 13, 8: ti KeTvoi eOeXovrec eXBoiev;
ib. 9; 67, 12: "AbpncTov Mev . . . eKeivov ö^; YI 62, 5:
TÖ dv aÜTÖc eKeivoc eXrjTai; 67, 10: Ggs.; 69, 9: ujc öe
lie eiöe exoucav cTecpdvouc, eipiJuTa Tic ein Moi 6 bouc • eyuj
öe ecpd^nv eKeivov "er selbst sei es, der sie mir gegeben
habe"; YII 136, 16; IX 90, 19.
4. II 110, 12: ouKUJV öiKaiov eivai iCTdvai ejunpocGe tuiv eKei-
vou dvaermdTUJv lurj ouk uTrepßaXXöjuevov toTci epyoici "es
wäre daher nicht recht, daß er stände vor dem Weih-
geschenk eines solchen Mannes, sofern er ihn nicht durch
seine Taten übertreffe". lY 114, 18: oOk dv iJuv öuvaiiueGa
eKeivrici cujucpepecGai "mit solchen können wir uns daher
nicht vertragen" (eigtl. "mit denen, da sie solche sind,
solche Lebensweise haben"). YII 103, 7.
Besonderheiten im Gebrauch des Pronomens keivoc bei
Herodot.
1. keivoc ist bei Herodot identisch mit sogen. Pron. der
3. Pers. abgesehen von den unter lY 1 und 2 besprochenen
Fällen; vgl. 18, 12: Tuth, ou ydp ce öokcuü TreieecOai |lioi
XeTovTi Tiepi toO eiöeoc Tfic Tuvamoc (uuTa ydp TUYxdvei
avSpiiiTToici eovTa dmcTOTepa öqpöaXiiiajv), Troi'ee ökuuc CKeivriv
Gericeai Tu^vr|v • Man müßte denn annehmen, ^Keivnv hätte
40 W. Havers,
hier die Geltung von betontem aürriv bezw. auxfiv cKeivriv,
so daß der Sinn wäre : Du mußt sie selbst sehen, da das
Bild, welches ich Dir durch meine Worte entwerfe, Dir
keine genügende Vorstellung gibt von ihrer Schönheit.
24, 31; 27, 11; 117, 21; 209, 21; III 51, 6; VII 136,
11; Vin 68 a, 13: o'i 5e xoi dviectricav, dirriWaHav outuü
ujc Keivouc eTTperre; 114, 5, 14: TOiYcip cqpi Mapöövioc öbe
biKac ödjcei Toiauiac o'i'ac eKeivoici upeTTei; 140a, 3:
'AOrivaioici idc d)aapTdöac xdc ec ejue eE eKeivuuv Y£V0|uevac
TTdcac inexiniui; IX 53, 13; 55, 12; 57, 13; 93, 26; 109,
9; 113, 11.
2. Hierher stelle ich drei Beispiele, wo (e)Keivoc bei einem
Substantivum steht, während nach dem gewöhnlichen
griechischen Sprachgebrauch der einfache Artikel genügt
hätte; eine ähnliche Verwendung unseres Pronomens ist
mir nur noch im Griechischen des NT. begegnet; II 39, 7 :
dYayövxec xö cecri)aacjuevov Kxfivoc irpöc xöv ßuujuöv . . . cqpd-
Z;ouci, cqpdSavxec be drroxdiuvouci xriv KeqpaXrjv. ca)|ua |aev
bx] xoö Kxrjveoc öeipouci, KeqpaXfj öe Keivi] TioWd Kaxapii-
cdjuevoi 9epouci . . .; 40, 5: eiredv dTTobeipuuci xöv ßoöv,
Kaxeu5d|uevoi koiAiiiv |U£v Keivriv irdcav eH luv eiXov; VI 91,
12 : dTTOKÖipavxec aüxoö xdc x^^pctc iY(ov oüxo), ai X^iP^c
öe eKeTvai ejUTrecpuKuTai r\cav xoTci emcTTdcxpoici.
Anm. VI 40, 9 gebe ich der Lesart: Kai |niv oi AöXo-fKOi KaxriYaYOV
den Vorzug vor der von Stein aufgenommenen Kai eKeivov k. t. \.
14. Thucydides. (Ausg. v. Stahl.)
I. 1. I 51, 2; n 81, 4: uttö xojv tKeiv»] iiTreipuuxüJv; III 71, 2;
88, 3: oi CKeivri dv6pujTroi, ebenso 109, 2; IV 7; 77, 2:
xö Hu|Li|uaxiKÖv xö eKeivri rrdv; 95, 2; VI 18, 4; 76, 2:
xdc )aev eKei ttöXeic dvacxdxouc rroieiv, xdc öe evGdöe Kaxoi-
KiZieiv : eKei (absolut) — 'in der Heimat, in Griechen-
land', €v9döe 'in Sizilien'; ähnlich 76, 3; 83, 4: eKeT 'in
der Heimat'; 84, 3; 85, 2: xoic eKei Hu)Li)Lidxoic 'den
Bundesgenossen in der Heimat' (absolut), ebenso 87, 2:
dpxeiv |Liev xdiv ei<eT . . . eXeuGepoöv öe xd ev9döe; VII 16,
1 : auxoO eKei 'ebendaselbst' ; 64, 1 : xouc xe evödöe
TToXeiuiouc eu6uc eii' eKeiva nXeucoiiievouc : 'ctt' ^Keiva i. e.
eiri xd eKei sive xd oikoi u|uTv' (Stahl.); Vm 86, 7 : f) xö ev
Zd)Liuj f\ 'kcTvoi 'die Leute in der Heimat', der Redner be-
findet sich in Samos.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen, 4:1
2. 143,2: YVÖvxecToOTOveKeTvoveivaiTÖvKaipöv, eviLÖTeuTToup-
Yüüv cpiXoc )Lid\icTa Kai 6 avTicidc ^xQpöc "jene Gelegenheit,
von der es notorisch ist, daß in ihr . . ." (Krüger.); 144,
2; n 15, 2 u. 5; 18, 3: Fernanaphora; 49, 1: ev. zu DI,
1; 92, 2 : Fernanaphora ; III 22, 3 : ev. zu IV, 1 ; IV 21, 3;
25, 5; 69, 2; V 30, 3: Geüuv yctp Tticxeic öfiöcaviec eKeivoic
ouK dv euopKeiv TTpobibovrec aurouc : pronomina ck. et aux.
de iisdem accipienda sunt, sagt Stahl z. d. St. und ver-
weist auf I 132, 5; die beiden Beispiele sind aber wesent-
lich von einander verschieden; an unserer Stelle steht ek.
in fernanaphorischer Geltung (Bezugwort : touc em OpdKric),
und auTOuc ist regelrechte Vertretung des unbetonten Pro-
nomens der 3. Person; die Stelle I 132, 5 gehört dagegen
zu IV, 2, da es sich hier um reine Abwechslung han-
delt. VI 80, 1 : eKtivriv Tt]v Trpo|ari0iav "jene vielgerühmte
Vorsicht' (Classen.); VIII 46, 3: Fernanaphora.
n. I 77, 3: dX\d toO evöeoöc xot^c^iJUTcpov qpepouciv f\ ei dirö
rrpuüTnc dTToBeiuevoi xöv vö)iov 9avepa)ceTrX60veKT0U|uev. eKeivujc
ö' ouö' dv auToi ävTeXefov . . ., eKeivuuc 'sonst, andrenfalls'
mit Bezugs auf den aus dem Irrealis ei . . . eiiXeoveKToOiLiev
sich ergebenden Gedanken : 'Dies haben wir aber nicht ge-
tan'; 121, 5; utt' exeivaiv; 126, 11 : evaYeic Kai dXiTipioi ific
Geou eKeivoi re eKaXoüvro Kai xö x^voc xö dir' eKeivuuv; 143,
2 : xriv xe auxoö cpeuYeiv Kai . . . eKeivoic suvaYuuviZlecöai
'seinem Vaterland den Bücken zu drehen, um auf selten
des Feindes zu kämpfen'. 11 86, 5 : vo)ai^ovxec irpöc eKeivuuv
eivai xi^v ev öXiyuj vau|uaxiav 'sei der Vorteil auf selten des
Feindes'; III 12, 2: ev. zu V, 1; 42, 2: eKeivwc 'andernfalls':
IV 9, 2 : eKeivouc 'die Feinde', ebenso 12, 3 : d^üvecGai eKeivouc
emirXeovxac ; 36, 2; 38, l: laexd 5e xaOxa Yevo)ievric xfjc
dvaKUJxnc HuvfiXOov ec Xoyouc ö xe KXeujv Kai 6 Armocöevnc
Kai eKeivujv üxuqpuuv 6 OdpaKoc : Kleon und Demosthenes (auf
der einen Seite), und Styphon, des Pharax Sohn, von der
anderen Seite, traten zur Unterhandlung zusammen. VI 11,
3: eKeivuuc 'andrenfalls'; 22: rrpöc xö eKeivuuv ittttikov: ev.
zu V, 1 ; 63, 2 : rrXeovxec xd xe eix' eKeiva xfic liKeXiac 'jenseits
von S.' vgl. 62, 2 : -rrapaTrXeovxec ö' ev dpicxepd xqv ZtKeXiav,
x6 ]uepoc xö Tipöc xöv TupcnviKÖv köXttov; 77, 1: xüuv CKeT
'EXXrivuuv "der überseeischen Hellenen"; VII 13, 1: irapa
xr|v eKeivuuv iroXiv "an der feindlichen Stadt vorbei"; 31, 4;
■42 W. Havers,
49, 2: 6peipovTai TTopGoOviec xd tüüv TroXeiiiiujv Kai cKeivouc
ßXctvpouci; 58, 1: ev TuJ 6tt' eK€iva ibpu)Lievoi ZeXivouvtioi : Die
jenseits des Grenzgebietes von Agrigent wohnenden Seli-
nuntier ; 62, 1 : irpöc Trjv eKeiviuv . . . TrapacKeur|v "gegen die
feindlichen Veranstaltungen"; 65, 3: TrapeKeXeOcavTo tKeivoic
"auf der Seite des (regners ermunterte zum Kampfe . . .";
vorher geht die Rede des Nikias an die Athener. Vm
21 : Kai toTc Teuu|Liöpoic laeiebibocav oute dXXou oüöevoc,
ouie eKÖoövai oub' dTaYecOai irap' tKeiviuv oü6' ec eKcivouc,
oubevi ^Ti ToO br||Liou feSfjv. Die Volkspartei hatte sich auf
Samos erhoben und ein Verbot erlassen gegen die wechsel-
seitigen Heiraten zwischen Angehörigen der Gamoren und
der Volkspartei; mit eKeivoi werden also hier die Mitglieder
der Gegenpartei bezeichnet; 104, 5: xoO x^piou xoö uepi
xö Kuvöc cfi)ua oHeiav Kai Yuuviuubn xr|v TrepißoXriv exovxoc,
üjcxe xd ev xlu err' eKCiva aüxoO yiTvöiaeva inr) KdxoTixa eivai
"so daß man das, was jenseits desselben vor sich ging, nicht
sehen konnte".
in. 1. a) I 95, 6; 121, 4: ö ydp HM^ic exojLiev cpOcei dYaööv,
eKeivoic ouk dv Tevoixo öiöaxfi; 137, 4; 143, 3; II 65,
8 : Ggs. mit Beziehung auf die Staatsmänner, die das
gerade Gegenteil von Perikles waren (ev. zu y); III
10, 2: dTToXiTTOvxujv |uev ujuaiv . . . Trapajieivdvxuuv öe.
eK€ivuuv; 12, 3: en' eKeivoic bk övxoc dei xoO eirixeipeTv
Kai eq)' f]|iiv eivai öei xö TrpoajuuvacBai; IV 60, 2; V46,
1: ev |aev xuj cqpexepuj KaXuJ, ev be xuj ckciviuv dirpeTrei;
ib. cqpici juev Ydp . . • eKeivoic be; VI 49, 4, ev. zu I, 2;
79, 2; 99, 2; VHI 2, 4; 86, 5;
ß) I 35, 4; 69, 1: vgl. Classen-Steup : "xouc utt' eKeiviuv
bebouXiu^evouc ist auf die att. £u)u|uaxoi zu beziehen . . .,
denen mit dem hervorhebenden fibrj (jetzt auch) die
u|Liex6poi Hujujuaxoi gegenübertreten; 83, 2: Kai eKeivoic;
84, 4; 90, 1; 121, 4: ö b' cKeTvoi eTTicxrmri TTpouxouci
KaGaipexeov ri|uTv ecxi iiieXexri; 127, 2; 142, 3; 144, 2;
n34, 5; 62, 1; 92, 4, ev. zu II; III 16,4; 36,5; 44,1:
ou Ydp Tiepi xf)C eKeivujv dbiKiac . . . dXXd irepi xnc
rjiuexepac eüßouXiac; ib. 4; 56, 3 : vgl. Stahl z. d. St.; 60
Kai eKeivoic; 65, 2: oux' eKeivoi . . . ou9' imeTc ; 77, 1
IV 28, 2 : OUK ^qpri aüxöc dXX' eKeivov cxpaxriYcTv ; 38, 2
73, 4; 78, 4; 99; VI 17, 5; 61, 2; 88, 8: Kai eKeivouc
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 43
VII 6, 1; 12, 3: KoiKeivoi; ib. 5; 21, 3: oube CKeivouc;
56, 2; 62, 4: |ur|Te auxouc . . . jurit' exeivouc; YIII 75, 3 :
0UT6 eKeivoic . . . oüxe cqpiciv; 76, 6;
t) I 13, 5 : ged. Ggst. ; 93, 4: Tf) exeivou Tvui|ni;i "so wie
er es für gut hielt"; 145; II 7, 2: ged. Grgs. zur
anderen Partei; 13, 1 : eveKa eKeivou "nur seinetwegen";
20, 1 : Kai ec tö irebiov eKeivi] rr) ecßoXf] ou Kaiaßnvai :
hierzu bemerkt Stahl richtig: "respicitur ad posteriores
incursiones, in quibus revera Archidamus in planitiem
descendit, cf. 55, 1; III 1, 1"; vgl. 11 57, 2: tt) ecPoXf^
TttUTr]: wo kein Ggs. vorliegt; 20, 4; 59, 2; 72, 2:
ged. Ggs.; HI 52, 2: ged. Ggst; lY 29, 4: €tt' 6K€ivoic
Totp av eivai Tfjv emxeipriciv: Dasselbe Bezugwort ist
kurz vorher durch unbetontes auiouc aufgenommen;
37, 2: ei ßoüXoivTo xd ÖTtXa TiapaboOvai Kai cqpdc aii-
Touc 'ABrivaioic oicxe ßouXeOcai ö ti dv €K6ivoic boKfj:
Durch den Nachdrucksakzent des Pronomens wird
die vollständige Abhängigkeit vom Willen der Athener
hervorgehoben ; Y 57 , 2 : ev. zu l ; ebenso 67, 2 ;
116, 3: Suvexuupricav ToTc A9rivaioic iüct' eKeivouc Tiepi
auTojv ßouXeöcai, vgl. zu lY 37, 2; YI 56, 2: öi'
eKeivov "seinetwegen"; 61, 1; ib. 5: öi' eKeivou; 89, 2:
ged. Ggs.;
b) I 142, 4, ev. zu II; 143, 4; II 60, 4: noXic |nev xdc
i&iac Hupqjopdc oia xe cpepeiv, eic be eKacxoc xdc eKeivric
dbuvaxoc; 89, 5; III 12, 1; 23, 4; 55, 3; IV 29, 3;
V 17, 2: ecTreicavxo Trpöc xouc ÄGrivaiouc Kai uj|Liocav,
eKeivoi xe Trpöc xouc AaKebai|Lioviouc, xdbe; YI 18, 1:
wir müssen ihnen helfen und dürfen nicht einwenden
öxi oube CKeTvoi fiiniv (sei. geholfen haben); 36, 4: eirei
eyaiTe dYarrdv oi'o)iiai auxouc oxi oux f)|ueTc err' eKeivouc
epx6)ue9a : Sinn : ich glaube nicht, daß die Athener es
wagen werden, eine Expedition hierher nach Sizilien
zu unternehmen, sie werden vielmehr froh sein, wenn
wir nicht gegen sie ziehen; eKeivouc unterscheidet sich
also durch den Nachdrucksakzent von dem vorhergehen-
den auxouc; Classen bemerkt z. d, St. "auxouc-eKeivouc
beides auf die Athener zu beziehen; letzteres gewählt
im Sinne des Syracusaners von dem Zuge über die
See"; richtiger sagt Krüger: "eKeivouc, ein betontes sie";
44 W. Havers,
63, 1 : Triv eqpoöov oi AOrivaToi km ZupaKoucac irape-
CKeudZ[ovTO, oi be XupaKÖcioi Kai auxoi ujc err eKeivouc
ioviec; ähnlich ib. 2; 82, o: oubev TrpocfJKov )ud\Xöv ti
eKeivouc f)|nTv fi Kai niuiäc eKeivoic eTTiidcceiv; VII 44, 5;
VIII 43, 1: em |uev tö . . . vauxiKÖv oux öpiurjcavTec,
ovh' eKEivoi ett' eKeivouc . . . dTreTrXeucav; 76, 5: ujcie
auToi öuvaiiJÜTepoi eivai eipxeiv eKeivouc . . ., f) utt' eKeivuuv
ei'pTecGai; 82, 3: tuj )Liev Ticcacpepvei touc 'A6r|vaiouc
qpoßeiv, eKeivoic he töv Ticcaqpepvri;
e) I 55, 1 : riv öe koivov KepKupaiuuv Kai eKeivuuv "es gehörte
den K. und ihnen gemeinschaftlich" ; 142, 5 ; ib. 9 ;
II 65, 5; III 13, 1 : drro Te'AOr|vaiuuv |U)i auroi öiaqpBapfivai
utt' eKeivuüv ev uciepiu, dWd rrpoTTOificai, sed hoc (tö
biaqpGeipai) ante faceremus, sed eos hoc faciendo prae-
veniremus (Stahl); IV 80, 1; V 83, 3; VII 21, 3:
Vergleich; 73, 2; 81, 5: oü TTpöc eKeivuuv ladWov fjv
eil f] rrpöc tujv 'Aörivaiuuv; VIII 82, 3; 91, 3;
Z;) V 16, 1 : "Dessen Rückkehr sei Schuld daran, daß . . .";
21, 2: ßia eKeivuuv, 'wenn die dagegen sind'; 66, 3:
ßaciXeuuc yotp axovToc utt' CKeivou irdvia dpxerai "so
steht alles unter dessen Kommando", ev. zu y; VI 28;
29, 3 : öl' eKeivov "nur seinetwegen", (ev. zu f) ; 89, 4 :
Kai dtr' CKeivou . . . "und das ist der Grund, weshalb . . ." ;
VIII 47, 1, vgl. Classen z. d. St.; 48, 6: tö fxev kn
eKeivoic eivai "wenn es auf die ankäme";
r\) in 34, 3 : eKeivov )aev ev cpuXaKi] döec|ULu eixev, auxöc
öe TTpocßaXujv tuj TeixicjaaTi . . . aipei "er ließ ihn be-
wachen und machte dann einen Sturm auf die Festung".
V 22, 2 ; VIII 9, 1 ;
9) I 126, 6; 137, 3; IH 30, 2 ; IV 9, 3 : ouTe yap otmol . . .
eKeivoic Te . . .; 30, 4; 36, 3; V 65, 5; VI 76, 3;
VII 6,4;
i) n 36, 2; IV 76, 2, ev. zu I, 2; VI 19, 1; 61, 4;
93, 2; 103, 4; VII 85, 1; VIII 97, 3;
k) n 67, 3; IV 89, 1; V 66,3;
2. VII 63, 3.
3. I 81, 6.
IV. 1. I 99, 3; II 58, 1; 90, 3; III 75, 3; IV 38, 1 ev. zu I 2;
VI 99,2; VII 42,3;
2. I 45, 3; 53, 4; 62, 6: tö toO 'ApiCTeuuc Kepac Kai öcoi
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 45
Tiepi eKeivov i^cav KopivGiuuv; 102, 4; 132, 5; 138, 6: rd
bi öcid qpaci KOiuicGrivai aÜToO oi irpocriKovTec oiKaöe KeXeu-
cavTOC eKeivou; VI 34, 4: öriXov iroificai auToTc . . . f] toö
exeivouc Trepaiuuöfivai töv 'löviov, judXicT' av auTouc ...
VII 1, 1; 44, 5; VIU 56, 3.
V. 1. I 95, 4; 121, 5; III 37, 2; 64, 4; IV 114, 4; V 7, 1;
38, 3; 116, 1.
2. I 28, 3 ; ib. 5 : Kai eKeivoi ; 91,5: dveu eKeivu)V-|ueT' eKeivuuv
136,4; 11 67, 2; 72, 2; IV 65, 2: KaKeivoic; 78,4; 98,4
8; 99; 114, 5: ou c(pfeic döiKefcGai, dW eKeivouc; V 49, 5
Ggst. ; VI 6, 2: Kai triv CKeivoiv öuvaiuiv; 64, 3; 88, 7
Kai EKeivoic; VII 5, 3: Ggst; VIII 27, 1; 46, 3: Ggs.
50, 5: öl' eKdvouc "um ihretwillen"; 92, 10: Kai CKeivoic
3. n 11, 6 : Ggst. IV 56, 2; VI 78, 1 : Ggst. ; VIII 12, 2 ; 45, 5.
15. Xenophon (Ausg. von Sauppe).
I. 1. Cyrop. I 3, 15: eKeivouc touc djaGouc: adverbial; 16: xnv
öe öiKaiocuvriv, iJu TraT, ttujc laaGricei evGdöe, eKei övtuuv coi
Toiv öiöacKdXuuv "während deine Lehrer zu Hause sind" ;
4, 19; ni 1, 38; IV 5, 11; 6, 2, 6 ; VII 1, 17; 3, 29;
An. III 3, 17 : eKeivai fäp ... oi öe Poöioi . . . "denn
während diese nur auf kurze Strecken treffen, verstehen
die Rhodier . . .", ebenso Mem. I 3, 13 : toüto tö Gripiov
ö KaXoüci KaXöv Kai djpaiov, tocoutuj öeivöiepov ecii töjv
cpaXaYTiuuv, öcuj eKeiva )Liev dnjd)Lieva, toüto öe ouö' diTTÖ-
fievov . . . evi'nci ti . . . : das Gespräch dreht sich um das
KaXöv Kai ujpaTov und dieses wird daher, obwohl es
grammatisch ferner steht, mit toüto bezeichnet, während
die qpaXdYTict trotz der grammatischen Nähe mit eKeiva
aufgenommen werden, weil sie eben nur zur Veranschau-
lichung herangezogen sind; 4, 10: oütoi ... uTrepopüJ tö
öai)Liöviov, dXX' eKeivo jueTaXoTTpeTrecTepov fiYoüf.iai f\ ujc :
transzendentaler Begriff; vgl. hierüber Alex. Buttmann
a. a. 0. S. 513 ; III 7, 8 : vgl. oben zu I 3, 13; dem Sokrates
kommt es in erster Linie darauf an, den Charmides zu
einem öffentlichen Auftreten in der Volksversammlung zu
bewegen ; IV 1, 1 ; 3, 10 : TpeqpovTai yoüv Kai xPHI^otTiZlovTai
oubev fJTTov üTTÖ ToÜTLuv f\ dii' eKeivüuv : vgl. zu Mem. I
3, 13 ; Sokrates will beweisen, daß die Tiere dem Menschen
mehr Nutzen bringen, als die Pflanzen ; Hell. 13, 10 ; VI 1,
19; 4, 33: dTToGavövxoc luevToi eKeivou; 5, 1; Conv. 4, 62.
46 W. Havers,
2. Cjrop. VI 2, 14 : ttoXu TiXeiouc cuv6i\eT|ue6a vOv f\ öxe
eviKuJ)nev eKeivouc: keine Fernanaphora; eKeivouc für aurouc
mit Beziehung auf die Vergangenheit, um den Gegensatz
zur Gegenwart schärfer hervortreten zu lassen; VII 5, 20;
VIII 1, 7; An. V 6, 31; VII 1, 28: 'AGrivaiuuv be Kai o'i
eKcivoic TÖTE ncav cu)a|uaxoi : tKeivoic für toutoic oder
auToic durch den Einfluß des folgenden xore; Mem. II
7, 9; 9, 8; III 5, 10, ib. eKcivoi Wie Vorfahren'; IV 2, 7 :
laOra eKeivuuv öucKatepTacTOTepa qpaiverai; 5, 4: CKeiva:
das zuletzt Erwähnte, ähnlich 7; HeU. I 1, 30; 6, 11;
n 2, 23 : vo|ui2ovTec eKeivtiv Trjv f])uepav . . . dpxeiv Tf\c
eXeuOepiac: wir: "dies sei der erste Tag der Freiheit".
3, 23 : TTOJC ou laöia . . . CKeiviuv döiKUJTepa; III 1, 17; V 4,
5 : Fernanaphora ; VII 2, 2 : OXidcioi toivuv qpiXoi |aev
exevovTO AaKeöaijiiovioic, öx' eKeivoi ineYicxoi i^cav • cqpa-
Xevxuuv ö' auxuuv ev rr\ ev AeuKxpoic ladxT) . . ., eKeivoi be-
zieht sich auf die unmittelbar vorher genannten Lace-
daemonier; (vgl. oben Cyrop. VI 2, 14) 5, 20; Oec. IV 19;
XIV, 7; Ag. Vm, 7; KL. XV, 7; Ven. VI, 18; VII 11:
xouxou judXXov f] CKeivou cppovxiJIeiv.
IL Cyrop. III 2, 1 : dei ckottoi eiciv eKeivujv : es sind immer
feindliche Kundschafter da; 3, 17: eKei "im Lande des
Feindes" (Ggs. evBdbe) ; ib. eKeivoi "der Feind" ; ib. eic xrjv
eKeivuuv "in Feindesland", (Ggs. evGdöe) ; ib. eir' eKeivouc ;
3, 18 : ev. zu III, 1 ; dasselbe gilt von der ebendaselbst
stehenden Stelle : ouk dvainevoiaev, euuc dv r\ r^exepa x^jpa
KttKiIixai, dXXd cpOdvovxec nör| brioOiuev xrjv eKeivuuv Tfjv ; ebenso
3, 19: eKeivouc |aev 9oßepuuxepouc TToirjCoiaev, r])ndc b' auxouc
OappaXeiuxepouc; ib. 30: hier finden sich kurz hintereinander
drei Bezeichnungen für "Feind": irpöc xö epu|ia xüuv dv-
bpüuv . . . edv jur] dvxeTieEiuuciv eKeivoi . . . oi TToXe|uioi ; über
Ol dvbpec = Ol TroXe)Liioi bei Xenophon, vgl. Hertlein z. d. St. ;
VI 1, 10: Kai xaux' eirpaxxov xd oiKeia barravojv. vOv b' exuu
|Liev xd eKeivuuv cppoupia, ou qpoßoOiLiai be eKeivouc, euuuxoö|iai
be xd eKeivuuv Kai Trivuu xd xüuv iroXeiaiuuv : hier stehen xd
eKeivuuv und xd rroXeiaiuuv ganz gleichwertig neben einander;
ib. 15 : xüuv )iev ^Keivuuv öxupuüv "von den feindlichen
Festungen"; ib. 42: iva KdKeivoic mcxoxepoc fjc, Sinn: Hier
in unserem Lager glaubt man schon, daß du wirklich aus
Furcht vor meiner Strafe ein Überläufer geworden bist.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 47
nun sorge auch, daß du drüben beim Feinde Glauben findest
(vgl. § 39); 43: Ttap' CKeivoic; An. III 2, 17: ^qpuTov yoOv
Trpöc eK€ivouc KataXiTTÖviec fifidc "sie ließen uns im Stich
lind flohen zum Feinde" ; V 4, 3 : oi ck toO erreKeiva : die
jenseits des Gebirges "Wohnenden; ib. KaXecai eKeivouc; Hell.
I 6, 11; II 2, 10; in 5, 17; IV 8, 32; Y 2, 24; hierher ge-
hört auch wohl das in RL. so oft vorkommende eKei "in
Sparta'; es ist hier nicht einfache Ortsbezeichnung, sondern
drückt den Gegensatz aus, der zwischen den Yerhältnissen
in Athen und in Sparta besteht, so daß man es mit Mrüben'
übersetzen kann. (Ggs. 'bei uns").
in. 1. a) Cyrop. I 5, 36 : qpavepouc coi övrac dqpavrjc auToc ojv
eKeivoic; II 2, 15; IV 5, 21, ev. zu ß; 47; 52; V 3,
12: ei 7tpocßdXoi)ai )Liev ejd) . . . diroiudxoiTO bk eKeivoc
14 : rd |uev evöov eKeivou . . . xd ö' eSuuBev coO ; 5, 1
An. III 1, 35: fiiiiiv . . . rrdvia TToirirea, ujc juriiroT' em
ToTc ßapßdpoic Y£vuj|ue0a, dWd indWov . . . eKeivoi eqp'
f]|Liw; V 5, 18; VII 7, 21; Mem. I 2, 60: ^iiKpd |uepti
irap' CKeivou rrpoiKa Xaßoviec ttoXXoO toTc dXXoic eTTUj-
Xouv; III 14, 5 bis; IV 4, 4; Hell. 12, 15: ujc auioi
|uev övtec drixiriToi, eKcTvoi he f)TTrmevoi rJKoiev; 4, 13;
7, 9; II 1, 26: auiol ydp vöv crparriYeTv, ouk eKeivov;
3, 35; ni 2, 18; IV 1, 8; VI 5, 16; VII 4, 34: öttujc
}xf] auToi err' eKeivoic, dXX' eKeivoi em ccpiciv eiev; Oec.
VH 7; Conv. IV 30; Vect. III 8;
ß) Cyrop. I 4, 8: KdKeTvov; 19: KdKeTvoi, ebenso 5, 8; 6, 42;
n 4, 7: KdKeivou; 8: e|uo0 juev . . . eKeivou 6'; III 1, 41:
TiTpdvqc errnpero inv YuvaTKa, 'H Kai coi, eqpr), iL 'Ap|uevia,
KttXöc eöOKei 6 Köpoc eivai; AXXd |nd Ai', eqpn, ouk
Ikcivov e9euj)uriv. 'AXXd riva fir|v; eqpr) 6 TiTpdvric Töv
eiTTOVia vri Aia, ujc . . .; 2, 27: Kai xd eKeivujv 'auch
ihre Angelegenheiten'; 3, 6; 12; ib. eitrev auroTc . . .
bibdcKeiv l'KacTov xouc eautoö dtrep autöc eKeivouc; 15;
IV 2, 1; 12; V 2, 17: outuj KdKeivoi, ebenso 25 u. 28;
3, 8: eTuiye KaKeivoc; ebenso 12; VI 1, 16: ouöev öiaqpe-
pojuiev Tüjv ev tuj TreXdYei irXeövTUJV • Kai ydp eKeivoi . . . ;
so wird stets in Vergleichen das unmittelbar vorher-
gehende Bezugwort durch betontes eKeivoc aufgenommen ;
Beispiele dieser Art finden sich besonders zahlreich
bei Polybius; VII 3, 15; 5, 79; An. I 1, 4; 3, 9: oute
4S W. Havers,
Yttp ni^eic CKeivou eii cTpaxiüJxai, enei ye ou cuverroiLieGa
auTLu, ouie eKeivoc eri fjiLiTv mcGobotric; II 3, 24; 6, 5;
III i, 21; lY 5, 33; VI 3, 12; 4, 11; VII 2, 30: Kai
keivouc; 6, 5; 9: eKcTvov |uev . . . f)|idc be; 7, 39; 40;
Mem. I 1, 3: KaKtivoc; 7, 2 bis; II 3, 14; 17; 10, 5:
ouie coi . . . out' eKeivuj; IH 11, 6, vgl. ib. 7: Kai e)iioi
ouv; 13, 6; Hell. I 1, 18; 29; 3, 10; 11 : KaKtTvov; ib.
KttKeivoc; II 3, 22; 30; 35; 46; 4, 23; lü 1, 3: dvi'
eK€ivou; 14; 27; 5, 14; IV 1, 10; 11; 37; 2, 15; 4, 2;
5, 19, ev. zu I, 2; 6, 14; 7, 2; 8, 5: ouö' eKeivouc; 23;
V 2, 27 ; 3, 20: dvi' eKeivou; 4, 13; 24: be sollte eigentlich
hinter Iqpoöpiav stehen; 45; 50; 66; VII, 14; 5, 51
VU 1, 7; 13; 3, 8: ufidc dvx' eKeivuuv; 4, 3; 5, 18
Conv. n 25; VIII 34; Ag. I 8; IE 2; V 7; XI 15
EL. X 5; Hipp. I 16; VI 4 (auch Komparativ); REq.
IX 11;
y) Cyrop. III 2, 30: eKeivou eveKev 'seinetwegen', kurz
vorher unbetontes auTuJ; 3, 56: eTiei eKeivuj öoKeT, d'Hiü
f|öri : ged. Ggs. : "ich halte es noch nicht für ratsam" ;
IV 1, 13; 6, 2: ged. Ggs.; ebenso 6; VIII 2, 25: ged.
Ggst.; An. 13, 18; epuuTdv eKeivov ihn (selbst) zu fragen,
nachdem wir uns bisher nur auf Vermutungen ge-
stützt haben; ev. zu I, 2; 8, 27: ged. Ggst, (sei. ich,
der ich mich im Heere des Cjrus befand, berichte
wie viele um den fielen), V 5, 7 : ged. Ggst., d. h. die
Kotyoriten waren nicht ihre eigenen Herren, sondern
abhängig von Sinope; Mem. 12, 60: ged. Ggs. zu
anderen sogen. Philosophen ; III 9 , 11: ged. Ggst. ;
IV 2, 2 : ujcie Tipöc eKeivov dTroßXeTieiv iriv ttöXiv "nur
auf ihn', vgl. oben HI 5, 12; HeU. IV 1, 40; 8, 12:
ged. Ggst; V 2, 14; 17 ; 3, 27 : üjcre . . . TTavidTraciv eTT
CKeivoic eivai: Durch den Nachdrucksakzent des Pro-
nomens wird der Gegensatz zwischen Autonomie und
Abhängigkeit bezeichnet; VI 1, 6: ged. Ggst; 3, 11:
vuv ToOv, ibc ecTTGuödcaie auTov6|uouc rdc ttoXcic Tevec9at,
TTOtcai TTdXiv, eTTei i'ibiKriGricav oi ©nßaToi, in' eKeivoic
TeTtvnvTai; VII 1, 6: errel b' 6 9eöc eöuuKe noTe auToTc
Kaxd BdXaTTav eiriKpaTficai, euGuc uir' eKeivoic TravieXiiJC
eTevecGe; VII 1, 24: ouctivac eKeivoc KeXeuoi d. h. sie
richteten sich ganz nach seinem Willen, Ven. 116; XH 21.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 49
ö) Cyrop. I 3, 17 ; IV 4, 13 : em toutouc f))ndc dfeie, öttiuc
uiLieic €K6ivuuv , ixf] uueTc utt' eKeivuuv dpxncOe ; 6, 6 :
qpiXiKd erraGov utt' eKCivou Kai urrnpexrica eKeivuj, ev.
zu I, 1 ; VI 1, 11 ; VIII 3, 38; An. I 2, 27 ; II 6, 19 ;
in 5, 16 ; IV 8, 7 : oi MciKpujvec . . . toTc "EWriciv, oi
bk "EWrivec eKeivoic; Mem. II 3, 11: Kardpxoiiu' dv toö
auToc . . . KaXeTv eKeivov, bevor ich verlange, daß 6v
mich einladet; ebenso 12, 13; 7, 9: oure cu eKtivac
(piKexc out' keTvai d; 10, 5; III 8, 1; Hell. III 4, 6;
IV 1, 4 ; Conv. IV 63 : AicxuXov . . . irpöc eine enaivuuv
Ktti iixe Trpöc eKeivov; Ven. XII 19 : oicirep auxoic eKeivr)
e|Li9avric ecxiv, outuu Kai auroi utt' eKeivj"|c öpüjvrai;
e) Cyrop. 14, 24: laövoc rOuv dWoiv eKeivoc; 6, 20 : Ver-
gleich; 112, 9: 6 dWoc öe rrdc Xöxoc ibujv eKeivov
cuvexpexe 'als der ganze übrige Lochos sah, daß der
lief, liefen auch sie'; III 1, 27; IV 1, 7: cuvriceeic
eKeivuj Koivri; 17: ou cu ludWov . . . Xaßeiv eTTi9u)iieTc f|
eKeivoi cuucai; V 1, 8 : Komparativ; 2, 35; VI 1, 47: TTeipUü-
iLievoc öjaoioc eivai TTepi eKeivov, oiöcTrep eKeivoc TTepi ce ;
VII 2, 28: Vergleich; VIII 3, 14: TTapiuxeiTo öeauTUJ
fjvioxoc lue^ac |aev, laeiuuv b'eKeivou; 4, 29: eTTeTpeqjev
auToic öiaveiaeiv uucTTcp auiöc eKeivoic 5ievei|iiev; An. I
3, 9: id )aev bx] Kupou . . . ouiuuc exei TTpöc fi)udc äiCTrep
td rmeiepa TTpöc eKeivov; 4, 8: KaKiouc eici TTepi fi|udc
fi fmeic rrepi eKeivouc; 114, 9; VI 3, 13: cuv eKeivoic
(Ggs. laövoi); 18; Mem. I 2, 60; 62: Superlativ; II 6,
3: Komparativ, ev. zu I, 2: 7, 14; III 5, 14 bis:
Komparativ; IV 1, 1; 8, 11 ; HeU. I 7, 21; IUI, 11;
3, 2 ; 9 : eqp' eva eKeivov "daß es einzig auf ihn ab-
gesehen wäre; IV 1, 8: |nr| eKeivov . . . juövov . . . dXXd
Kai efae; VI 1, 11 ; 3, 12; VII 1, 9 bis: Vergleich; 24;
Conv. II 22; IV 12: "Sein Anblick geht mir über
alles"; ähnlich 14; 23; Hipp. IH 13; REq. I 1 bis;
Ven. I 12: Komparativ; 15: i^övo» eKeivuj; X 23;
l) Cyrop V 1, 8 : i'cuuc dv d|ueXricac div |ue bei rrpdTTeiv
Kaet]nr|v eKeivrjv 9ed»^evoc, Sinn : Die Zeit, die ich
meinen Geschäften widmen sollte, würde ich dann ihr
widmen; VII 2, 15, ev. zu t; VHI 2, 13 : eKeivoc Toivuv ;
4, 2 ev. zu t; 8, 16: cacprjvicai be ßouXo|aai Kai rriv 6puiiJiv
aÜTuijv. eKeivoic jap . . ., Beginn der Erzählung; An.
Indogermanische Forschungen XIX. *
60 W. Havers,
n 6, 6 ; Mera. I 1, 10: dWct inriv keivoc ye • • • 2, 15 :
€1 ö)mXiicaiTriv eKeivuj "durch Umgang mit ihm", ev.
zu t; ebenso 24; III 5, 12 ev. zu y; IV 2, 6: eveKa
ToO lan^^v dfveu ttic ^Keivcuv yvüu)jtic Troieiv ; Hell. III 1, 1 :
KttKeTvoc ^evTOi; ö, 9: Begründung; ib. tö faev eir' eKeivoic
€ivai "so viel an ihnen lag", V 1, 20: Beginn der
Begründung; 4, 20, ev. zu lY, 1; 4, 32: eKeivöc ye;
YI 1, 3: KdKeivoc nevTOi; 18; 3, 4; YII 1, 29; 33;
5, 25 : enei fe }if\\ eKtivoc eirecev; Oec. lY 4; Conv. I 9;
Ag. lY 5: eKeivoc xoivuv, ähnlich YII 5; YIII 3: Be-
ginn der Erzählang; XI 2: CKeTvöc xe M^v . . . ebenso
14; KL. I 2; III 5; IX 3; Yen. XII 20.
n) Cyrop. YI 3, 6 Hell. II 3, 48; III 4, 26; lY 5, 2; 8, 8;
Y 1, 3; 2, 10; 36; 3, 19: eHou toO iepoö eTeXeuTnce.
Kai eKeivoc \xkv ev lueXm xeGeic . . . eiuxe rrjc ßaciXiKf^c
Taqpfjc. AYriciXaoc öe touto dKoOcac oux . . . eqpricBri . , . "Sein
Leichnam wurde in Honig gelegt und mit königlichen
Ehren begraben ; als Agesilaus die Todesnachricht erhielt,
freute er sich nicht...", 4, 6; 58; YI 2, 26; 39:
KÖtKeTvoc laev öf] . . . oi be 'ABrivaToi: Übergang zu
neuem Punkte; 4, 3; 5, 17; YH 2, 18; 23; 4, 29 : oi
öe 'ApKdöec eKeivouc ixev ouk dv iroxe ujovto eXGeiv eiri
ccpdc, auToi öe cuv TTicdraic öiexiOecav ti]v iravriTupiv :
Der einfache Gedanke ist hier beinahe allzu künstlich
durch piiv-bi periodisiert ; 39; 5, 14; Conv. I 11;
0) Cyrop. Y 1, 24 : 6 . . . tüjv lueXixaiv iiTeiuujv eKeivuj
xe ydp . . . Kai irpöc ce . . . ; YHI 8, 1 ev. zu 5 ; An.
YII 6, 32 ;
i) Cjrop. II 1, 7; III 1, 6: KaKeTvov Kai xd dXXa; 3, 27;
An. I 5, 13: r|Xauvev erri xouc Mevuuvoc, uicx' eKeivouc
eKireTTXfixOai Kai auxöv Mevuuva; Mem. II 7, 10; lY 4, 3 ;
Hell. 17, 18: utt' eKeivuuv xe Kai xivuuv dXXuuv; III 2, 9;
Y3, 5;
k) Cjrop. II 1, 22; YIH 3, 19: ei xic xi auxoö öeoixo,
bibdcKeiv xiJüv mTTdpxujv xivd . . . eKeivouc 5e eqpri irpöc
aüxöv epeiv; Hell. HI 1, 6;
2. Dieser präparative Gebrauch des Pronomens eKeivoc ist
charakteristisch für den Xenophonteischen Stil. Cjrop. I
5, 14; n 1, 3, 21; 3, 6; 4, 25; III 1, 28; lY 2, 26; 3, 8;
13 ; Y 2, 35 ; 3, 30 ; 5, 29 : eKeivo Kaxav6r|Cov • ei Tic . . .,
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 51
"bedenke Folgendes . . ."; YII 5, 80; 83; VIII 8, 11;
Mem. II 6, 27 ; IH 3, 9 ; 4, 11 ; 5, 26 ; 6, 13 ; IV 3, 9, 15 ;
5, 9; 6, 14; Hell. II 3, 56; UI 4, 18; Oec. I 16; XV 1;
Conv. II 18; IH 6; IV 40, 49; V 7; Hi. II 2; VHI 2;
Ag. I 27; Vm 4, 5bis; IX 6; KL. VI 4; X 5; vect.
IV 10, 22, 25; Hipp. VI; VII 10; VIII 9, 15.
3. Cyrop. IV 2, 44; V 2, 8; Hell. VI 3, 16; 5, 51; Oec.V
17; XII 2; Hi. VI 1; Ag. X 4; EL. XI 8; vect. V 9;
4. Cyrop. I 4, 19; 6, 9; VI 1, 17; 2, 33; Mem. I 2, 24 ;
Hell II 4, 41 ; RL. X 4 :
IV. 1. Cyrop. II 2, 4; 4, 12; HI 1, 38; IV 5, 1 ; V 3, 4; 4, 36;
VI 1,7; 3, 10, 19, 36; An.I 2,7; II 5,27; 6, 8; III 1,29;
IV 6, 3; 7, 20; Mem. 12, 15; 4,1; IV 2, 40: ev. zuIII, 1;
7, 6; Hell. I 1, 32: 6, 12; II 3, 54; IH 1, 10, 12; 5, 1:
V 1, 26; VI 3, 12; Oec. VII 32; X 6; Conv. VII 4.
2. Cyrop. IV 5, 21; V 1, 24; 2, 29, 37; VIII 1, 39: ttoXu
)aev aÜTÖc öieqpepev . . . ttoXu öe oi uepi CKeTvov; An. I 2,
15: KXeapxoc Kai Ol eKeivou; 3, 1: aüröv te eßaWov Kai rd
uTToZiuYia Tot eKsivou; 4: 'iva . . . ibqpeXoinv auiöv dv9' ujv eu
eTTaöov utt' eKeivou; 7: oi be crpaTiüjTai o'i le auToO eKeivou
Kai oi dWoi; 8, 26: ßaciXea Kai tö d|ucp' eKeivov crTcpoc;
II 4, 1 : TTpöc ÄpiaTov . . . Kai irpöc touc cuv eKeiviu ; IV 3,
20; V 1, 9 : exojuev fäp rd eKeivuuv "denn Avir besitzen
ihr Eigentum"; Mem. III 11, 1: eicievai rrpöc auiriv . . .
oic eKeivriv eiriöeiKVueiv ; IV 1, 1; Hell. I 5, 19: qpuTdöa . . .
uTTÖ 'A9i-ivaiujv KaTei|iri<piCMevuuv auToö 6dvaTov Kai tüjv
eKeivou cuYT^vüuv ; 7, 25 : ou cuinTroXeiuriceTe AaKeöaijuovioic
TOUC eKeivouc eßöo|uriKOVTa vaOc dcpeXojaevouc . . . toutouc
dTToXXuvtec dKpiTOuc : durch touc toutouc wäre hier Kako-
phonie entstanden; IH 1, 26; V 2, 10; 4, 25: töv öe
'ATnciXaov Kai touc eKeivou cpiXouc; VI 4, 35.
V. 1. Cyrop. IV 1, 17; 5, 20; 6, 2 ; VI 1, 42; 4, 2; VIII 8, 7
udciv eHecTiv ev Tf) X^JP« auTÜuv dvacTpeqpecöai ... öid
THV eKeivLuv . . . dceßeiav; An. I 4, 8; II 2, 8; III 2, 5
ev. zu I, 1 ; VI 1, 28 ; Mem. II 1, 2 ; HeU. I 6, 10 ; IV 8
24, 33 ; V 2, 40 : Aepbav Kai toijc eKeivou iTTireac; Ag. III 1
TÜJV eKeivou epYUJV, bald darauf: ev Tf) h^uxti auToO. VI, 4;
Ven. X 12;
2. Cyrop. I 4, 10; III 2, 12; V 3, 5; 4, 24: KaKeTvoc; VIII 3, 1;
An. Vn 2, 33 ; 4, 10 : eTiripeTO 6 Zeuönc töv iraiba ei Ttaiceiev
4*
52 W. Havers.
auTÖv dvT' EKeivou: dir. "an deiner statt"; Hell. I 1, 28
Ggst; II 1, 13; 2, 18: Ggst., III 1, 15: cuv auTUJ eKeivuj
V 2, 35: eKcTvöc re Kai 'AvöpoKXeibac; VI 2, 4: Kai eKeivtu
4,22: Ggst; VII 4, 2: Ggs.
3. Cyrop. V 2, 33; 3, 30: ewoeiiai ... ei oi luev irpoc n^ac
dqpicTd|aevoi juriöev ütt' eKeivou KaKÖv -rreicovrai, oi be cuv
dKeivuj ÖVTCC uqp' fjiaüjv dTToXoüviai; 5, 29: ckeivou judXXov
f| coO; VI 1, 7: fiiuTv expuJVTO ibc eKeivoic r\v rj^icTov,
f)|LiTv fe yif\v djc x^^^^'J^TaTov; An. II 5, 38; VII 3, 4;
Mem. I 2. 3 : ehixileiv erroiei toüc cuvbiatpißovTac eauTUJ
|ui|uou|uevouc eKeivov . . .; Hell. I 1, 27; 4, 13: utto tOuv
^XaiTov eKeivou öuvajuevuuv; 6, 14; III 4, 2: KaracTaGeicac
utt' EKeivou . . . eKTTeTTTuuKuiac be biä touc eqpöpouc; V 2, 13;
VI 4, 25,27; VII 5,2: Ggst.
4. Cyrop. IV 1, 10; An. III 1, 18; Ag. XI, 13.
16. Plato. (Ausg. von C. Fr. Hermann.)
I. 1. Euthyphr. 6 D : Me|uvricai ouv, öxi ou toöto coi öieKeXeuojuriv,
ev Ti r| buo |ue öibdEai tojv ttoXXujv ociuuv, dXX' eKcivo autö
TÖ eiboc, tL irdvTa id öcia öcid ecxiv; "sondern jenen Begriff
selbst", ib. E: Taurriv roivuv |ue auTr)V öiöaSov xriv ibeav,
TIC TTOxe ecTiv, 'iva eic eKeivov dTToßXeirujv . . .; Phaed. 58 E:
EKeice, vgl. 61 E ; 62 D : TÖ Geöv Te eivai töv eTTi)ueXou|uevov
f)|aujv Kai niudc eKeivou KTrunaTa eivai; 69 A: Fernanaphora;
75 A, B, E; 76 E; 79 D: eKeice oi'xexai eic tö KaBapöv Te
Kai dei öv Kai dödvaTOV Kai ibcauTuuc exov . . . Kai . . . dei
f^eT' eKeivou . . . TiTvexai; ib. irepi eKeiva "in bezug auf
die Ideen"; 84 A: Xuoucnc be eKeivric; mit Bezug auf die
qpiXococpia; ib. tö dXrjGec Kai tö GeTov Kai tö dööSacTOV
6euü)uievri Kai utt' eKeivou Tpe(po)aevri ; 100 C: cpaiverai ydp |aoi,
ei' Ti ecTiv dXXo KaXöv irXrjv auTÖ tö KaXöv, oübe 5i' ev
dXXo KaXöv eivai f\ öioti |U6Texei eKeivou tou KaXou; 100 D;
103 B: Trepi eKeivuuv auTuüv "über die Begriffe selbst"; C;
Symp. 211 B: Td be dXXa irdvTa KaXd eKeivou j^eTexovTa
"hat Teil an der Idee des Schönen"; ib. eKeivo und eKeivo
TÖ KaXöv; 211 C: dpxö|Lievov dnö Tüuvöe tüuv KaXoiv (von
dem Schönen der Erscheinungswelt) eKeivou evcKa tou KaXou;
ib. eTi' eKeivo tö juderma, und auTOu eKeivou tou KaXou;
212 A; 213 A; Phaedr. 229 A; 232 D: ouk dv toic cuvoOci
cpBovoTev, dXXd touc |uri eOeXovrac juicoiev, fiTOU)Lievoi utt'
dKeivujv ^ev uTrepopdcGai, unö tüjv cuvövtujv öe diqpeXeiceai :
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 53
eKCivoi mit Bezug auf die unmittelbar vorher genannten
'oi ixf\ cuveTvai eeeXovTec' weil das Hauptinteresse 'oi cuvoviec'
beanspruchen, um die sich das Gespräch dreht; ähnlich
231 A und 233 A; 250 A: dva)Lii|LivricKec6ai ö' k Tüuvöe keiva
ou pdbiov dTtdcr) "sich beim Anblick der Erscheinungswelt
an die Ideen zu erinnern, ist nicht leicht für jede (Seele)".
Gorg. 467 C, D; 482 B: keivriv = xiiv cpiXococpiav; 527 B.
2. Euthyphr. 5 B: Apol. 18 E: dEiuücaTe ouv Kai u|neic . . .
biTTouc |uou Toüc KOTriTOpouc TeTovevai, eiepouc |lx6V touc
dpii KaxTiTopricavTac, exepouc öe touc TtdXai, . . . Kai
oiriGriTe öeiv Tipöc eKeivouc TrpüjTÖv |ue dTToXofr|cac9ai,
wir : "daß ich mich gegen diese zuerst verteidigen muß",
dem Griechen aber ist das Zeitverhältnis maßgebend;
22 D : Fernanaphora, ebenso E ; 32 C : eKeivoi = oi xpidKovia,
ev. zu II; 32D; 38E; Grit. 47B; 49A; Phaed. 86 A;
92 C; 100 B; 116 B: eneibr] he . . . ai oiKcTai YuvaiKcc
dqpiKovTO, eKeiva:c evaviiov toO KpiTUJvoc öiaXexOeic . . .
eKcivaic, weil Erzählung eines vergangenen Ereignisses;
jedoch ist die Lesart nicht sicher, C. Fr. Hermann klammert
EKeivaic ein; 116 C: Fernanaphora; Symp. 173 B, E: dXXd
öiriincai, Tivec ^cav oi Xöyoi. ATTOA. 'Hcav roivuv eKeivoi
Toioiöe Tivec, wir: Das waren ungefähr folgende"; 183 D;
185B; 192B; 195 C; 209D; 210 E: touto eKeivo; 213 A;
215 B, C: 223 A: raOia eKeiva . . . rd eiuueÖTa. Phaedr.
241 B: iva iir] TTpdTToiv rauid tuj irpöcGev Ojuoiöc te eKeiVLu
Kai 6 auTÖc rrdXiv Tevriiai, wir "damit er nicht . . . diesem
ähnlich wird"; 243 B; 249 C: ev. zu I, 1; 267 C; Charm.
164C : ei'Ti cu oi'ei ek tüjv £)LiTrpoc9ev utt" efnoO uj|uoXoTnMevuuv
eic TOÖTO dvaTKaiov eivai cu)aßaiveiv, eKeivuuv dv ti exuJTe
ladXXov dvaGeijuriv "dann möchte ich lieber etwas davon
zurücknehmen"; Protag. 317 B; 323 B: eKei "in jenem
Falle" — evraOea "in diesem Falle"; 333 A; 339 C;
350 C : EKei "bei dem vorigen Punkte der Erörterung",
vgl. 351 A; 355 C; Gorg. 448 B; 452 D; 493 E; 494 A;
499B; 500C; 508B; 517B; 518 D,E; Meno 82E;
89 B; 92 A.
II. Euthyphr. 15 E: Sokrates spricht von seinem Ankläger
Meletos; Phaed. 102 E: dXXd öuoTv tö eiepov, f\ tpeuTeiv . . .
öiav auTuJ TTpocir) tö evavriov, tö c)aiKpöv, f\ TrpoceXGovTOC
eK€ivou dTToXuuXevai, ev. zu I, 1, da es sich um einen philos.
54 W. Havers,
Begriff handelt; 112 B: örav eic tö eir' eKeiva irjc yh^ opiarjcrj
Kai ÖTttv eic tö erri xdbe;
III. 1. a) Apol. 19E; Phaed. 64C; 108B; 116A; Symp. 179C;
Phaedr. 240 D, Berührung mit auxöc "selbst"; Charm.
171 E; Lach. 183 A; 185 A; 187 A; Gorg. 499E;
ß) Euthyphr. 4D: ujc qpaciv eKeivoi: ich aber behaupte,
daß er ihn wohl umgebracht hat; Apol. 21 A, Berühr-
ung mit auTÖc "selbst"; 25 A: KotKeivoi; 28 E; Phaed.
68E: qpoßou|uevoi ycip eiepoiv rjbovuuv crepTiörivai Kai
emeu)LioövTec eKeivuuv, dWujv diTexovTai; 73 C; 88E:
KoiKeTvoc, ebenso 91 A; 99E: eöoEe öri )lioi XP^vai eic
Touc XoYouc KttTaqpuYÖVTa ev eKeivoic CKoneiv tuuv övtuüv
iriv d\r|0eiav "um darin (in den Begriffen) das wahre
Wesen der Dinge zu erkennen", vgl. vorher ßXeTrujv
TTpöc rd TTpaYiaata (die Erscheiuungswelt); 106 B: dTro-
Xo)Lievou öe auToö dvr' eKeivou dpxiov YfeYovevai; auToO
und eKeivou gehen auf dasselbe Bezug wort (tö TiepiTTÖv),
nur ist aÜTou unbetont, eKeivou aber betont, wie stets
in der Verbindung mit dvTi "an Stelle von"; 117 D
bis; Symp. 178 A; 190 B: irepi eKeivuuv XeYeTai, Mas
ist von ihnen zu verstehen'; 223 D, ev. zu I, 2; Phaedr.
252C; 259D; 275D: dXriBojc öjuoiov laiYpaqpia. Kai Yap
Td CKeivric eKYOva . . .; 276 D; Charm. 162 D: ßouXö|uevoc
far) auTÖc ÜTiexeiv Xoyov, dXX' eKeivov . . .; Lach. 183 A;
191 B; Protag. 311 B: Trapd TTpuuTaYÖpav vOv eTiixeipeic
ievai dpYupiov TeXuuv eKeivoi . . ., ei eirevöeic napa töv
cauTOÜ ö)Lidivu)aov eX9ujv 'iTnioKpdtri töv Kujov, . . .
dpYupiov leXeiv urrep cauToO |uic9öv eKeivuj . . ., C: ei be
Trapd TToXuKXeiTov . . . n Oeiöiav . . . eirevöeic dcpiKÖ)Lievoc
)Liic9öv uTiep cauToü TeXeiv eKeivoic . . ., D: Tiapd öe ör)
TTpuuTaYÖpav vüv dcpiKÖ|uevoi . . . dpYupiov eKeivuj mc0öv
eToi|aoi ecö|ue9a TeXeiv ÜTrep cou . . ., die vier Sätze
stehen also im Verhältnis der Ggst. zu einander: 318 C;
333 C; 346 C; 347 D: öid Tfic eKeivuuv qpuuvfjc ... bid
Tfic auTÜuv cpuuvnc: Gorg. 455D; 471C; 524E: erreiöav
oijv dqpiKuuvTtti irapa töv biKacTr|V, oi juev eK ttic 'Aciac
Tiapd TÖv 'Pabd)nav0uv, 6 Pabd|uav9uc eKeivouc eTTicTncac
6edTai ^KdcTOu Triv ipuxriv "wenn sie (Die Seelen der
Verstorbenen) nun vor den Richter kommen, und zwar
die aus Asien vor den Rhadamanthys, so hält Rh. die
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 55
an und betrachtet eines jeden Seele" : Ggst. d. h. die
Seelen der in Europa Verstorbenen unterstehen dem
Richterspruche des Aeacus, vgl. 524 A: touc luev ek
Tnc Aciac 'Paöd|uav9uc Kpivei, touc be eK Tf^c EüpdjTtric
AittKÖc, ferner ib. 526 C; Meno 71 D;
t) Euthyphr. 14 C, ev. zu l: Phaed. 58 E: Ged. Ggs. sei.
während dies bei anderen Menschen kaum vorkommt,
vgl. das hervorhebende: etirep Tic TtuuTTOTe Kai aWoc;
82 D : TttUTr] TpeTiovTai, eKeivr] e7TÖ)Lievoi, rj eKeivr) ucpriYciTai :
während andere dem Leibe folgen, folgen sie der Philo-
sophie; HIB: Tdc öe aipac auToTc Kpdciv ex^^v ToiauTriv,
ujCTe eKeivouc dvöcouc eivai Kai xpovov Te l\\v ttoXu
uXeiiJu Tüuv evOdöe: ged. Ggs. die gewöhnlichen Sterb-
lichen bleiben von Krankheiten nicht verschont; Symp.
174 A : eqpn Ydp oi XuuKpdTii evTuxeiv Xe\ou|uevov Te Kai Tdc
ßXaÜTttc orroöeöeiLievov, d eKeivoc oXi^dKic enoiei: während
sich das bei anderen von selbst verstand; E; Phaedr.
253 A; Protag. 309 B bis: ged. Ggst; Gorg. 481 E;
b) Euthyphr. 14 D: uiv beoineöa irap' eKeivuuv, vgl. E: div
eKEivoi TUTX«vouci öeö|aevoi nap' iijuüuv; ib. TaÖTa eKeivoic
au dvTibuupeTcBai, ev. zu ß; 15 A; Phaedr. 245 D;
Gorg. 512 C;
e) Euthyphr. 5 B : Komparativ, ebenso C ; HD; Apol. 21 D ;
22 B; Phaed. 72 C: Ausdruck der Gleichheit; 86 B;
91 A; Symp. 209 C: cuveKTpecpei Koivf) juet' eKeivou:
starker Ausdruck der Gemeinsamkeit; 215 C: Super-
lativ, ib. Yergleich; Phaedr. 232 D; 235 B; 241 D;
255 D: KaTd TauTd eKeivoi, vgl. E; Lach. 183 A; Protag.
318C; Gorg. 465D; 48'5E; 510D: toic auToTc xaipeiv
Kai dx6ec9ai tlu öecttöti^, Kai irapacKeudZleiv öttuuc oti
ludXiCTa ö)aoioc ecTai eKeivai; Meno 71 D; 73 C.
l) Euthyphr. 2 0; 9 B : eKeivoic ye ; Apol. 33 E : ouk dv
eKeivöc Ye; Phaed. 59 B: eKeivoc Te toivuv; 101 E;
Symp. 184 C; Phaedr. 228 A: dgiujc eKeivou °so daß es
dessen, d. h. eines so großen Meisters würdig wäre;
ib. eu oiba, on Auciou Xöyov dKouoiv eKeivoc ou |liövov
diraS riKOucev : daß, wenn der eine Rede des Lysias
hörte, er sie nicht bloß einmal hörte"; obwohl das
Gespräch nur zwischen Sokrates und Phaedrus geführt
wird, spricht hier Sokrates in scherzhafter Wendung
56 W. Havers,
von Phaedrus mit CKeTvoc wie von einem Dritten,
vgl. vorher: 'Q Oaiöpe, ei eyai Oaiöpov dYVOÜu, Kai
ejLiauToö eTTiXeKric^ai. aXKä fäp ouöeTepd ecri toutujv;
231 C; 233 E: Begrimdung; 264 B: ich (der Schüler)
soll dessen (des Lehrers) Ai'beit richtig beurteilen
können?; Lach. 184E: eKeivuj eiKoc fe... "selbstver-
ständlich diesem", er. zu y; 186 B; Protag. 309 B:
TTapovTOc yäp eKeivou : "obwohl er, der doch sonst
wegen seiner Schönheit alle meine Sinne gefesselt
hält, anwesend war . . ."; 309 D: Kai dpti dpa eKeivuj
cuYTeTOVujc fiKeic ; "und Du kommst eben von d6m her
(von dessen Kuhm ich schon so viel gehört habe)"?;
355 C: €Keivuj bn . . .; Oorg. 457 B: 502 A; 503 B;
516 B bis;
ri) Phaed. 60 A;
9) Phaed. 116 E; Meno 71 C;
i) Euthvphr. 4 C; Apol. 21 E; Svmp. 213 A; Protag. 309 C;
k) Euthyphr. 6 A: töv Aia . . . ojuoXotoöci töv auToö Tratepa
bfjcai, ÖTi Touc uieic KaxeTTivtv ouk ev öiKrj, KaKeTvov fe
au TÖV auTou Traxepa eKTe|ueTv öi' exepa roiaOia "und
der andrerseits habe seinen Vater entmannt"; Phaed.
100 C; 101 D, E;
2. Euthyphr. 2 B; 8 D; Apol. 39 D; Phaed. 88 A; 90 B;
Phaedr. 234 B, E; 236 C; Meno 72 C;
3. Euthyphr. 8 B; Grit. 47 B; Phaed. 65 E; 82 D; Symp.
200 A; 204 D; Phaedr. 255 C; Charm. 164 B; Lach. 184 E;
185 D; 189 E; Gorg. 468 G; Meno 75 D; 77 D. E.
4. Euthyphr. 8 B; Phaedr. 231 G; 233 B; 252 D; 278 G;
Gorg. 468 G.
lY. 1. Euthyphr. 5 A; Phaed. 59 A; 89 A; 102 A; Symp. 179 G;
Phaedr. 255 D; 264 B; Gharm. 158 A; Protag. 319 G;
Gorg. 486 D: . . . rivd tuiv XiGujv, | rj ßacavi^ouci töv xpucöv,
Tf|V dpicTiiv, I Trpöc fjvTiva efieWov TipocaTaYibv auTr)V, | ei
|aoi ö|aoXoYriceiev eKeivr) | KaXuuc TtBepaTreOcBai Trjv vjjuxriv:
Der IS^ominativ cKcivri ist wohl nur der Symmetrie wegen
hinzugefügt; ähnlich Meno 71 G: dXX' icujc eKeivoc Te
oibe, I Kai cu d eKeivoc eXeYev.
2. Eutyphr. 14 D: aiTeiv Te qpfic auTouc Kai öibovai CKeivoic;
Phaed. 101 D: eKeivnc aÜTfic; Phaedr. 252 D: auTÖv eKeivov;
263 E: aÜToü eKeivou; Gharm. 162 D: auTÖv eKeivov; Lach.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 57
189 E; Protag. 310 D: äv auxtu öiöuJc dpTupiov Kai 7rei0r|C
eKeivov; 315 B.
V. 1. Euthyphr. HC; Apol. 33 D; Phaed. 82 D; 103 B; Symp.
203 C; Phaedr. 236 B; 246 C; Gorg. 512 C;
4. Phaed. 60 D.
17. Lysias (Ausg. von Thalheim. Leipzig 1901).
I. 1. VIll : KaraTreqppovriKe tüjv Geüjv Kai ujv eKeivoic öeTTijLiiJupeiv;
Xm 2, 57, 73, 94, 95; XIX 18: ö ye 'ApiCTOcpdvnc . . .
ÖTi TToWoTc äv jLiäXXov expfiTO ri tuj ejULu iraTpi, pdbiov
Yvüüvai . . . eKeivuj \xkv y^P <!dpKoOv> tiv rd eauxoö TipdiTeiv,
'ApicTocpavi^c be . . . "denn während dieser sich nur mit
seinen eigenen Angelegenheiten zu beschäftigen pflegte,
wollte Aristophanes . . ."; dem Redner kommt es in erster
Linie darauf an, die Eigenart des Letzteren zu schildern;
XXXII 7: dTToBavövTOc öe eKeivou; 15.
2. II 2 : ihre Tapferkeit war so hervorragend oicxe KaXd |aev
TToWd ToTc TTpoiepoic irepi auxdiv eipf]c0ai, iroWd öe Kai
EKeivoic TiapaXeXeicpOai, wir: "vieles aber auch von diesen
übergangen worden ist", 20, 42: eKeivoi "die Vorfahren";
52: Pernanaphora, ebenso 68; VI 20: xouc eE eKeivujv
"ihre Xachkommen"; VIII 9; X 24: dva|uvric9rixe be öxi
laeYdXriv Kai KaX)]v eKeivnv buupeidv auxuj bebuuKaxe, "daß
ihr ihm schon früher einmal ein großes, schönes Geschenk
gemacht habt". XII 17, 74, 85, 88: ouxoi )uev . . . eKeivoi
öe; XIII 18, 20, 33: öxi ... änif pa\\)e.v . . . xüjv dvöpüuv
eKeivuuv xd 6vö|uaxa . . . Kai ecxi cpoveuc eKeivuuv "und
daß er deren Mörder ist"; 61, 92, 93: ev. zu I 1 ;
XVIII 10; XXI 17; XXV 31 : oubev öiacpepovxec xiLv
xpidKOvxa TiXriv öxi eKeivoi |uev . . . ouxoi öe; XXVI 15;
XXIX 13: eKei "damals"; XXX 4, 25; XXXII 8.
IL Xn 50: eKeiva: das Treiben der dreißig Tyrannen; 54,57:
eKeivoi = Ol xpidKOVxa; 64 : eKeivuj und eKeivov mit Be-
ziehung auf Theramenes; XIV 37;' XXV 2, 5; XXVIH 4:
eKeivov : den Thrasybulos.
IIL 1. a) VI 17; VIII 9: eKeivoc . . . e^oi xapiZ]ö)aevoc dTrriYYeiXe
xoTc eiuoTc dvaYKaioic, u)aeic öe ßXdirxeiv e'|ue ßouXö|uevoi
TTpöc eKeivov eXeYexe; XIE 61; 96; XVIII 15; XIX 33;
37; XXV 33; XXXIV 9.
ß) I 29; 31; 42: KdKeTvoc; II 3: KdKeivuuv; 6; 13: eKeivoc
berührt sich hier mit auxoc 'selbst'; 15; 45; 51; 56:
58 W. Havers,
KttKeivouc; 64: ific |uev aÜTiiv eXeuGepiac Kai toic ßouXo-
laevoic öouXeueiv ineTCÖocav , rfic b' tKeivujv bouXeiac
auToi iLietexeiv ouk riHiuucav ; 66; III 5; 13; X 28 :
Kai fcKeivou; XII 4; 12; 60; 66; 69; 72: ufieic xe |ar|
xd xr] TTÖXei cujucpepovxa eXoic9e, dXXd xdKeivoic bo-
KoOvxa ijjriqpicaicBe : vorher unbetontes auxoTc; 77: ouk
i\xo\ bei mcxeöcai, dXXd eKeivLu; XIII 53; 57; XIV 30;
XVI 5, ev. zu I, 2 oder II; XVin 4; XXIV 20:
KttKeivoiv; XXXI 9: ßouXnöeic Tiap' eKeivoic laexoiKeTv
lndXXov n l^tö' rifiujv noXixric eivai; 18; XXXII 5;
t) I 6: mixe Xiav ctt' eKeivr] eivai "daß es nicht zu sehr
in ihr Belieben gestellt war"; ib. rrdvxa xd ejuauxoO
eKeivr) TtapebuuKa : ich behielt mir nichts mehr vor,
sondern überließ alles ihr; 33: irdcav eir' eKeivoic xqv
oiKiav YeYovevai "ganz in ihre Hand"; III 42: xö y'
eKeivuuv "so viel an ihnen lag", kurz vorher geht un-
betontes auxoTc; (ev. zu £); XIII 46 : ei err' eKeivoic y^voixo :
wenn es von ihrem Gutdünken abhinge. XXV 6: bi'
eKeivouc "ihretwegen"; XXXI 14: ei juevxoi xi laepoc
irepiecxi xiliv ttoXixujv . . . )aex' eKeivuuv . . . ßouXeueiv
dHiouxuj : sei. an die zwei vorhandenen Parteien braucht
er sich nicht zu wenden.
e) II 40: Superlativ; 75: Ausdruck der Gleichheit; VIII 9:
KaKÖc dv ei'riv, ei xauxd TT0iricai|ui aüxöv dnep eKeivoc
u|udc. ou fäp em xoTc aüxoTc eKeivoc fi)uiv dirriYYe^^ev,
ecp' olcTiep ufieic eXeYexe irpöc eKeivov. XII 31: Kom-
parativ; XIII 21: Ausdruck der Gleichheit; 28: Kom-
parativ; XVI 10; XVIII 15: Komparativ: XIX 52:
ömXdcia eKeivuj iiHiouv ai iroXeic öiöovai f) dXXuj xivi
xujv cxpaxHYuuv; nachher unbetontes auxtu; 62; XXI 10:
Vergleich;
l) VIT 16 : eü» Ydp dv rjöeiv, öxi eTt' eKeivoic riv "daß es nur
von ihnen abhing", kurz vorher unbetontes Tiap' auxüJv;
XIII 18: OL) Yoip br\-nov CKeivoi; 58: x6 ye eir' eKeivov
eivai "so viel an ihm lag"; XIA'' 16: die eKeivov ttoXXuiv
dYaOÜJV . . . ai'xiov fe^evr]\xevov "als ob der euch viel
Gutes erwiesen hätte"; XVIII 2: Beginn der Erzählung;
ebenso XIX 14; 49; XXXI 21.
r\) I 13; 17; 22: ^KeTvoc |Liev dmdjv ujx^to, eYuu b' eKd-
eeubov; II 7; 10; XHI 11; 12; Xl'x 50;
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 59
e) 14; II 69; III 37; VIII 3;
i) 14; II 22 : ei }xiv irpÖTepov ^tt' dXXnv ttöXiv i'aciv,
EKeivoic Ktti 'AGrjvaioic TroXeiaricoua "so würden sie mit
der und den Athenern zu kämpfen haben"; XIII 27;
59; XVm 10; XXI 24;
2. Xni 52; XVI 6: eKcivoc ö' ecxiv eXeTXOc ineYicroc "Fol-
gendes ist die beste Widerlegung" ; XIX 28 ; XXVI 9.
3. II 61; Xn79; XIII 10;
4. Vn 18; XXXII 22.
IV. 1. 114, 15, 19, 20, 25, 27,40; Xm 40, 61; XIV 35; XIX 19,
35; XXIII 6; XXIX 2.
2. XII 62, 70 ; XEI 26; XIV 28 : iEe■n€^^^^ rnv auToO Tuvaka,
cpdcKuuv TOÜTOV oux ujc ctbeXcpöv auTfjc dXX' ujc dvöpa
CKeivric eic rnv oiKiav eicievai ty]V auxoö ; XIX 44 : utt'
auTOÖ eKeivou "von ihm selbst"; XXV 9: Opuvixoc \ikv
Kai Tleicavöpoc Kai oi laet' eKCivuuv örmaTouToi; XXVIII 5.
V, 1. 120; II 48, 49, 68: xck t^P AaKeöaijuoviujv cumudxoic
Trepi Trjc eKcivuuv eXeu9epiac ejLidxovxo; VII 4; X 27 ; XII 18 :
eic xriv eKeivou raqprjv : daß hier eKeivoc nicht deshalb
steht, weil von einem Verstorbenen die Rede ist, beweist
das vorhergehende npouBevxo au x6 v ; XII 55 : ev. zu IV 2 ;
dasselbe gilt von XVII 1; XIX 34; XXI 19.
3. XV 11: TTepi d)V oi vöjuoi . . . ouöeva KUpiuixepov eKeivuuv
dixoöeiKVuouG, nepi xouxujv . . .; XXI 12: Ggs.
Anm. An folgenden Stellen sind die obliquen Kasus von ^Ketvoc
identisch mit denen des Pronomens aürcJc, abgesehen von den unter IV, 2
erwähnten Fällen : I 23 : KäYiii eiTtdiv ^Keivri ^miueXeicöai xfic Oüpac, Kaxaßdc
ciuuTTfj eH^pxo,uai: "ich sagte ihr, sie solle auf die Tür achtgeben . . ."
38: ei fxev y^P ■ • • inexeXBeiv ^K^Xeuov ^keTvov . . . vgl. im folgenden Satze:
eib^- .. . d\d|aßavov auxöv; 40: elxa boKiiJ dv li|uTv töv cuvbeiTrvoövTa dqpeic
luiövoc KaTaXeicp6f|vai . . . fj KeXeüeiv ^kcvvov in^veiv . . . ; III 17 : biöxi . . .
ToiauTa TTapr]v6|aouv eic ^Keivov, oük ri6^Xri<^ctv eiireiv lpwri-\Qlv-:ec, vgl. im
vorhergehenden Satze: 6-tn\a|aßdvo|ixai aOxoö; VIII 12 : ö TTo\uK\fic elirev
ÖTi Kai xoTc ^|noTc ^-rrixribeioic dbiKcTv boKoiiiv, die -rrpöc ^Keivov Xe^oiev ; XII 16 :
dcpiKüiaevoc bd eic 'Apxeveuu roö vauKXfjpou eKeivov ireinTra) eic dcxu ;
XIII 91 : xöv re TTOir|TÖv Tiarepa dqpeiXexo ä r\v UTrdpxovra eKeivLU dYciSd.
XIX 7: ctKpiToi diT^eavov, irpiv irapaTevecOai xivd aüroTc ^\eYXO>^^voic
üjc fibiKouv. oübeic ydp oüb' elbev ^Keivouc inerd Trjv cüXXriiiJiv. XXIII 6;
XXXII 10.
18. Isocrates (Ausg. von Benseler-Blaß. Leipzig 1882).
I. 1. V 51 : TToXe)Lioöci |Liev Yap • • • "Tpöc xouc 6|uöpouc, aicrrep AaKe-
bai|u6vioi, xocoOxov öe biacpepouciv öcov eKeivoi }xkv rrpöc
60 W. Havers,
fJTTOuc auTüuv, ouToi 06 Ttpöc KpeiTTOuc : Die Lacedae-
monier werden nur zum Vergleich herangezogen, das
Hauptinteresse bleibt bei den mit ouxoi bezeichneten Ar-
givern; vgl. V97; ebenso VI 11; 24: Trjv 6|LioXoYou)aevriv
fnueiepav eivai x^J^pciv ouöev biaqpepovTiuc K€KTrmevoi tutx«-
vojxev r\ rriv d)Li(picßnTou)Lievriv. xauTriv xe Tap oiKoO)Liev . . .
^Keivriv x' e\dßo|aev . . ., xauxriv Mieses Land hier, unser
Heimatland', eKeivnv 'jenes ferner liegende Land' (das
umstrittene Messenien); ähnlich 92: eKei — evSdöe; VIH 55;
Xn 193: ecp' l-mroXuxriv . . . xrjv xouc xe v6|uouc Tiapaßdcav
xouc rrap' auxaic Kei|uevouc, epacBeicdv xe Gncemc Kai
cuvaKoXouBncacav eKeiGev Kai cuvoiKrjcacav auxu> "und die
ihm aus ihrer Heimat folgte und mit ihm lebte".
2. IS, 38; IV 164, 178: V 33, 65, 132; VI 71; VII 49:
vöv — eKeivoi; 64: xaTc cu)acpopaTc eKeivaic: die allgemein
in trauriger Erinnerung sind; VIH 47, 54, 91: XTT 42:
Fernanaphora; 55, 74, 91, 92: Fernanaphora; 126: oi
Yevö)aevoi iier tKeivov ; 159, 176;
n. IV 7 : ei |uev iuriöa|uuuc dWuuc oiov x' r\v öriXoöv xdc auxdc
TrpdEeic dXX' r) bid |uidc iöeac, eixev dv xic uTToXaßeTv ujc
irepiepTÖv ecxi xöv auxöv xpoirov eKeivoic Xeyovxa TrdXiy evoxXeiv
xoic dKououciv: "in derselben Weise wie andere zu reden",
vgl. ib. 5: ujcxe )Liribe)uiav XeXeiqpBai xoTc dXXoic UTrepßoXi'iv,
wegen der großen Entfernung kann aber keine anaphorische
Beziehung des eKeivoic auf xoTc dXXoic angenommen werden.
66: Ttepi xfic riYCMoviac xfic eir' CKeivouc "über die Oberan-
führung gegen die Barbaren", zu deren Bekriegung der
Eedner auffordert; ebenso V 137: bid xrjv cxpaxeiav xrjv eir'
eKeivouc; IV 69, VII 52: TtapeTxov y^P ccpäc aüxouc xoTc )Liev
"EXXrici TTicxouc, xoTc öe ßapßdpoic cpoßepouc. xouc |uev (die
Griechen) Ydp cecoiKoxec ricav, Trapd 5e xiJuv (den Barbaren)
biKriv xriXiKauxiiv eiXriqpoxec üjcx' dYairdv eKeivouc, ei )ur|öev exi
KttKÖv Trdcxoiev: Hierzu bemerkt Schneider: "auf xujv geht
auch eKeivouc, das sich also hier auf das zunächst vorher-
gehende bezieht im Sinne von auxouc"; in Wirklichkeit
steht hier eKeivouc nur um das feindliche Verhältnis zu be-
zeichnen, in dem die Barbaren zu den Griechen standen.
XII 54, 93: ou |uövov iiXeu0epujca|uev xüuv 'EXXi'ivuiv xouc
)Lie9' f))Liüjv övxac, dXXd Kai xoijc dvaYKac6evxac YCvecGai |uex'
eKeivuuv, "nicht nur die, welche auf imserer Seite standen,
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 61
sondern auch die, welche gezwungen waren, mit dem Feinde
zu halten"; 98: ev toTc eireKeiva xpövoic toTc dvapi9|ar|Toic :
in den jenseits der historischen Überlieferung liegenden
Zeiten; vgl, VI 41; IX 6: touc |uev irepi rd TpiuiKd Kai touc
eTTCKeiva Yevojaevouc; X 68.
in. 1. a) V 54; 129: eKeivriv ixev ei'aca, ttic öe npaTluaTeiac ouk
dTTecTTiv; ebenso 144; VII 73; VIII 44; 45; 60; 85;
XII 43: die Kärer werden vertrieben — sie ziehen ein;
200; 215; XIV 47;
ß) IV 84: Kai . . . eKeivuuv; 137; 145: Kai ydp tKeivoi;
V 38: Kai . . . eKeivouc; 61; 125; 148: Kai . . . eKeivuiv;
VI 53: ZupaKOcioic ßonöricac ou |li6vov CKeivouc öiecuucev,
dUd Kai ...; VII 32; 56: KÖKeTva; VIII 42; 102:
KttKeivtic; XII 18: oüöev -rrap' auTÜuv XeYOViec, xd ö'
eKdvujv paqjujboövTec . . .; 41; 70; 99; 101; 123; 214;
225: Kai . . . fcKeivai, ebenso 226; XIV 59.
y) IV 120: vOv h' eKEivoc ecxiv 6 öioiKoiv xd xiüv 'EWrivuiv:
während früher wir dies besorgten; 121: ev CKeiviu
xdc iXmbac ixo\i^v; ev. zu l; 142: xö |Liev err' eKeivuj
"soweit es auf ihn ankam"; 154: ged. Ggst.; 178:
uTrep eKeivou "seinetwegen" ; V 7 : biKaiuuc dv eKeivoi
xriv aixiav exoiev "sie selbst und nicht ich" ; 22 : ouöev
dWo irepi auxoO irXriv o xi dv tKeivoic öoHyi ; XII 65 :
uTTep eKeivuuv "ihretwillen"; 233: ßouXeucacGai |iiex'
auxüuv . . . OTTOxepa b' dv eKeivoic böEr), xaüxa iroieiv
"was aber immer sie für gut halten, das zu tun";
b) VI 20; VIII 59: cumudxouc eKeivoi nev rmiv ttoioOciv,
f]|ieic ö' eKeivoic ; XIV 40 ;
e) IV 8: Komparativ; ebenso 18; 121: Vergleich; V 36:
Komparativ; 58: ou xriv auxriv YVUJ|unv ecxev eKeivoic;
129 : eKeivnv . . . irpüuxriv "sie eben an erster Stelle",
nachher unbetontes auxriv ; VI 46 : Vergleich; VII 28:
Ausdruck der Grleichheit; 67: Komparativ; VIII 38:
Ausdruck der Verschiedenheit; ebenso 41: ouöev öe
xüuv auxüüv eKeivoic irpdxxonev; XII 11; 66; 82: xil»
ÖOKeTv eKeivov djueivov uirep xf^c xüuv dWuuv ßouXeuec9ai
CLUxripiac fi xouc dXXouc irepi cqpüuv auxiijv; 93, 112;
125; 189; 199; 263; XIV 30; 53; 57;
l) IV 75 : eKeivoi Tdp ncav "denn die waren es, welche . . .",
93 : xOjv b' dXXuuv iröXeuuv uirö xoTc ßapßdpoic xeTevrmeviuv
62 W. Havers,
Kai cucTpaT£\jo|ueviJuv ^Keivoic : sie schlössen sich den
Barbaren und nicht den Griechen an; ev. zu y od. II;
149: Beginn der Erörterung; 175; V 58: cKeTvoc
TÖip . . . : Beginn der Erzählung; 90 ; 111 : tKeivoc YOtp • • • ;
ebenso 119; VII 51 : eKeivoi y^P »icav . . . "denn die
waren es, welche . . ."; VIII 143 : Begründung; XII 211 :
Beginn der Erzählung;
n) IV 140;
e) I 29; V34; 104; XII 85;
i) V 35: kurz vorher unbetontes auTctc;
k) III 15 : ai bi juovapxiai TTXeTcTOV )aev vefiouci tuj ßeXxicTUj,
öeuxepuj be tlu iner' eKeTvov, xpiTtu öe Kai TeiapTLu Kai toTc
dWoic KttTCt TÖv auTÖv \6yov; vgl. IX 18: 'AxiXXeuc |Liev
dTTdvTuuv öirjveYKev, Arne be fier' eKeivov iipicieuce;
2. I 22; IV 12, 40: bfjXov ö' eKeiBev "aus folgendem"; 179:
CKeivouc; V 5, 153; VI 60; XII 2, 136, 141, 170, 184.
3. V 127, XII 119, 150.
4. XII 92.
IV. 1. VII 47 ; XII 130, 143.
2. Vm 79: TdKCivujv "ihre Habe"; XII 70, 164: ouk auroc
eupujv, dXX' £K Tujv eKeivoic TTerrpaYinevuuv cuXXoYicd)aevoc;
184; XIV 41; ev. zu IL
V. 1. IV 2, 137, 161: uttö tujv exöpüjv tüüv eKcivou; V 33 : toTc
bi TTOici TOic keivou; 114; VI 100; Vin 67, 95; Xü 4,
127, 130, 194, 254;
3. XII 160;
4. XII 71: dpeidc exo"VTac ou )tiövov xdc Toiauiac iLv ttoXXoi
Kai TuJv qpauXujv koivujvoöciv, dXXd KaKeivac iLv oubeic äv
TTOvripöc a)v buvtiGeir) fieiacxeiv.
19. Aeschines.
I. 2. I 6 : löXuuv eKeivoc; 25: oi dpxaioi eKCivoi pniopec; 26;
II 33.
ni. 1. a) I 41; 49 : ifd) juev ... ex^ • • • o-W ouk cKeivoc; 138;
ß) I 75: Kai ^nbev eKiivr) autöc, dXX' exepoc urrep eKeivou,
vgl. Lycurg 141; 172: toioutiüv eicTiYnfric auxuj Kai
bibdcKaXoc epYUJV eYevexo, ii. ujv eKeivoc )Liev qpeuYei xr|V
Traxpiba, ouxoc b' ... II 66 ; 123 ; III 228 : dqpo^oioT
Ydp |aou xnv qpuciv xaic Zeipfjciv. Kai y^P eKeivujv . . .;
y) I 67 : YeYpaqpa b' auxuJ laapxupiav Kocjiiiuuxepav |iev f\ Kax'
CKelvov, iLiiKpuj be caroecxepav p xuj MicYÖXa: "ich habe
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 63
ihm ein Zeugnis ausgestellt, das für ihn zwar immer
noch zu gelinde ausgefallen ist, aber . . ." III 133;
b) in 201 : £dv öe |uri irpocTTOifiTai u|uujv otKOueiv, |ur|b' ujaeic
eKeivou.
e) II 152 : ixpobouvai OiXittttuj, Kai irepi nXeiovoc rriv ^Keivou
qpiXiav Tnc toutujv cuuiripiac rroiricacGai;
Z:) I 142 : Begründung;
2. In dieser Verwendung findet sich CKeTvoc bei Aeschines
verhältnismäßig oft; ich verzeichne nicht alle Stellen;
I 18, 153; UI 59: CKeivouc "auf folgende Weise"; 164,
195: ^Kei0ev.
IV. 1. n 63.
V. 1. I 56; III 152.
2. I 61, 146: ovbk ^KeTvoc: dir. "auch du nicht".
Anm. III 162: töv 'AX^Savbpov xmoTpix^i Kai uXricidZci ^Keiviu:
identisch mit unbetontem aÜTiu.
20. Lycurg.
I. 1. 45: CKeivujvTÜuv dvbpüüV==^TU)vevXaipujv6iaTeXeuTricdvTU}v;
109 : eKeivoic |iev . . . toTc be u)LieTepoic Trpofovoic . . ., CKei-
voic bezieht sich auf die zuletzt genannten AaKebai|aövioi,
deren Vorfahren aber für den Redner von geringerem Inter-
esse sind, als die der Athener; 136 : enei "im Jenseits".
2. 69 : eKeivuuv tüuv dvbpüjv "der Vorfahren", und so noch
oft bei diesem Redner, vgl. z. B. 111, 115, 121,123; 129:
[LieYicTov be tüüv eKei YeTtvimevuuv TeK|uiripiöv ecxiv . . . "der
beste Beweis für das, was damals geschehen" ; 140, 142 :
Fernanaphora.
III. 1. a) 60, die Der-Deixis wird bewiesen durch die stellver-
tretenden Touc |Liev und oi |Liev;
ß) 23: ei |aev oviv lAv etuYxavev 6 'A|uuvTac, eKeivov dv
auTÖv napeixoiuriv. vuvi be u)aTv KaXuj touc cuveiboiac:
ev. zu IV, 2; 98; 130: ou |li6vov cKeivoic, dXXd Kai
Toic dXXoic dvBpüuTToic: das Bezugwort (die Lacedae-
monier) ist aus dem Zusammenhange leicht zu ent-
nehmen; 136; 141: eneibri ... dvaTKaiov u|udc UTtep
eKeivuuv biKdZieiv "ihr in Ihrem Namen";
T) 49 : ei be bei Kai uapaboHoTaTov }xkv eirreiv dXriÖec be,
eKeivoi viKüuvTec dTteOavov: während für gewöhnlich
der in der Schlacht aufgeriebene Teil für besiegt gilt;
eKeivoi = die bei Chäronea Gefallenen ; ev. zu I, 1 ;
64 W. Havers,
e) 143: 'Pobiouc iKeitutTuu. xrjv y«P dcqpdXemv ev xf]
EKeivuuv TToXei inaXXov r\ ev xr] eauxoö -rraxpiöi ev6|aicev
eivai ;
l) 47: feKeivoi y^P • • •; 65: Begründung; 111;
V. 3. 50 121 : ttOüc ouv böEexe diroYOvoi eivai eKeivuuv xujv
dvbpüüv;
21. Demosthenes (Ausg. von Blaß. Leipzig 1888).
I. 1. I 2: xüuv TTpaYiLidxLUV . . . eKeivuuv: absolut; infolge der
Situation versteht der Hörer, daß Olynth gemeint ist; 10:
xfic irap' eKeivuüV euvoiac euepYexrm' dv eYuuYe Geiqv : das Ttap'
eKeivuüv haben wir uns wohl mit einer zum Himmel wei-
senden Geste gesprochen zu denken, wie bei dem vorher-
gehenden xfic fmexepac djuieXeiac dv xic 9eni öiKaiu)C der
Kedner auf die Zuhörer hingewiesen haben wird; II 28:
evxaüöa |Liev . . . exei hi: evxauGa mit Bezug auf das ferner
stehende xoOxov . . . xöv TioXeiiov "den Krieg mit Phüipp",
der aber den Hauptpunkt der Erörterung bildet, eKei
mit Beziehung auf das näherstehende ibiouc . . . TToXe)Liouc
"die Kriege auf eigene Faust", die an Interesse bei den
Feld herrn zurückstehen sollten hinter dem Kampfe gegen
Philipp; Vni 72; IX 72; XV 27; XVIH 287, 288, 314;
XIX 152; ev eKeivoic xoTc iToppuu ... irepi xüjvbe tujv
eYYuc; 260; XX 16 vgl. H 28 u. VIII 72, ebenso 27:
evGdb' . . . eKei: es handelt sich um die Abschaffung
oder Beibehaltung der Atelie; 104; XXI 175: Das mit
CKeivoc bezeichnete Mysteriengesetz wird gegenüber dem
vofioc uepi xiijv Aiovuciuuv nur beiläufig erwähnt; XXIII
119, 165; XXIV 159.
2. I 9: XUJV TTpoxepuuv eKeivuuv; II 6, 7, 19: KaXXiav eKeivov
"den berüchtigten"; IH 21; V 18; VI 11, 16; VII 25,
28; Vin 74; IX 21, 25, 41, 72; X 63; XIV 1 bis; XV 27,
35; XVI 5: |nri TTpoxepov xoucbe . . . f\ 'Keivoi, vgl. Fox
a. a. 0. zu d. St.; 22, 26 bis; XVIH 66: eKeic' eiravep-
Xo^ai, ebenso 163; 188, 195, 210, 219, 224, 238, 317,
318; XIX 65, 90: ou Ydp Taux' dvx' eKeivuuv YtTOvev:
hier bezieht sich xaöx' nicht auf das zuletzt genannte
dv6' u)V drreöovxo, sondern bezeichnet das, was die Athener
augenblicklich (infolge des Friedens) besitzen, CKeiviuv
dagegen das, was sie verloren haben; 111, 115, 137:
eTTOincev dv xauxö xil» ßaciXei . xi b' rjv ö Keivoc eTTOincev ;
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 65
wir: "was aber ist es, das dieser tat?"; ib. ä 'kciviu
Toe' uTTkxeTo; 191, 197, 234, 242, 251, 254, 268, 269,
277, 278: Touxoic-eKeivuuv; 282: junre Tauxa inrix' eKeiva,
285, 311, 312, 313: Touc eg eKeivuuv "ihre Nachkommen",
315; XX 5, 11, 29, 63: ejuj |aev eKeivo oi|Liai "ich denke
das Erstere"; 73: Xe^exai xoivuv eKeivoc "es heißt nämlich,
daß dieser (Themistokles)"; 81; 89: Xuuuv eKeivov (sei.
vö^ov) "das vorher bestehende aufhebend", vgl. XXIV 34:
edv [iX] Xucri xöv Trpoxepov Keinevov; 111, 156; XXI 20,
35, 37, 62, 78: ev. zu III 1; 104, 134, 143, 147: eKeivoc-
ouxoc vöv; 156,181,185,215: xoöx' eKeivo "die alte Ge-
schichte"; XXII 13, 14, 16, 18, 38: eKei "damals"; 76;
XXIII 11, 12, 15, 30, 31: oi eec^oOexai xouc em cpoviu
qpeuyovxac Kupioi Oavdxuj ZiriiLiiuücai [eici], Kai xöv ck xqc
eKKXrjciac Tiepuciv irdvxec euupdxe utt' eKeivuuv duaxOevxa:
wir: "und ihr alle habt gesehen wie im vorigen Jahre
durch diese einer aus der Volksversammlung hinweg-
geführt wurde"; 98, 111, 136, 141, 143, 171, 190, 192,
199: öl' eKeiva-bid xaöxa; XXIV 3, 14, 15, 44, 57, 74,
122, 170, 175; dir' eKeivou "seitdem"; 193, 200, 201, 209;
XXV 33; XXVII 22, 32, 54, 56, 63; XXX 1, 30, 33;
XXXI 1, 3, 9, 12; LVII 18, 26, 32, 49.
n. Hierher gehören in erster Linie alle die Fälle, wo Philipp
mit eKeivoc bezeichnet wird; wegen der großen Menge dieser
Beispiele mag hier von einer Aufzählung abgesehen werden ;
es bleiben dann noch folgende Stellen IV 3; XIV: eKeivoc
"der Perserkönig", z. B. 4, 28, 32, 36; ebenso XV 6: xriv trpöc
eKeivov exOpav; XVIII 323: eKeice: nach Macedonieu, ins
Läger der Gegenpartei; XIX 15: 'Keivuj, vgl. das vorher-
gehende KaxdTTXucxoc; XXIII 17 : oux' dTTOKxeivac eKeivov
ouxe iLiri : den Räuberhauptmann Charidemus, der dem Vater-
land Verderben bringt; 54: eKeivoc: "der Gegner im "Wett-
kampf"; 78: eKeiviu "dem Angeklagten", ev. zuI2; 89, 134:
d|Lieivov eKeivou: wo der eine Freund mehr Einsicht hat, als
der andere; 186, 189; LIV35: cKeivouc: die Gegner, Ariston
und Genossen; ev. zu III 1, weil Komparativ.
in. 1. a) I 24: xrjv dKaipiav xriv eKeivou Kaipöv u|uexepov vo|ai-
cavxec; 25; II 3; IV 4: xüuv |aex' eKeivou vöv övxujv
eGvuJv waren fi-üher viele selbständig; 41; V7; VI 4;
VIII 36; 46; 52; IX 9; X 3; XIV 39; XV 26;
Indogermanische Forschungen XIX. ^
66 W. Havers,
XYin 72; 178; 194: oure xfic xuxnc Kupioc nv, dW
eKcivri riJuv navTiuv; 211; XIX 149; 158 bis; 338;
XX 63; 81; 87; 106; 109; 110; XXII 39; 63: oübek
CKeivoj TToXeiLie'i: während sie mit Androtioii Avohl im
Streit liegen; XXIII 17: tujv b' rmexepuuv |Liev cpiXuuv,
eKeivou ö' . . . exOpuJv; 126; 127: oüb' otioOv ujhujv
qppovticac TÖtKeivou cppovei; 151; 169: den mit Kephi-
sodotus geschlossenen Yertrag erklärtet ihr für un-
vereinbar mit euerer Würde, aber den mit Charidemus
geschlossenen haltet ihr für ehrenvoll. XXVII 43;
XXVIII 7; LVII2;
ß) I 25; 114: eKeivoc |a£v-u|aiv hi; 22 bis; III 27; 33:
Kai Yap eKeiv'; IV 36; 39; 40: ihr betreibet den Krieg
mit Philipp geradeso, wie der Barbar den Faustkampf . . .
Kai Yctp eKeivuuv 6 TrXiiffeic • . • ; VI 12; ev. zu I 2; ib.
eKeivouc dv9' u|uüjv . . . aipeirai; 20; VII 12; 31; 43:
€i6' ujaexepa eciiv eiV eKeiviuv f] x^J^P«'. 45; VIII 33;
53; 64: xi ttgx' ouv CKdvuuc xoTc dWoic Kai ou xöv
auxöv xpÖTTOv ujuiv TTpocqpepexai: eKeivuuc "in der so-
eben geschilderten Weise"; X 16: )irix' eKeivuj inrix' dWuj;
33; 48; 56: äv yap eKeivoc TreicGf), xd y' äcp' ^|nu)V
uTTdpxei "wenn der sich bereden läßt"; ev. zu Zi; 59;
66; vgl. VIII 64; XIV 6; 11: KdKeTvov; 31: 82: ouö'
eKeivuj; 34: xdKeivou qppovouvxuuv-xd xOuv 'EXXrivuuv
cppoveTv; XV 6: KdKeTvov; 22; XVI 18; 23; XVIII 19;
117; XIX 37; 88; 70; 71; 87; 90 bis; 96; 185:
oub' dxpncxoxepouc vojuicac Grißaiuuv, e'Keivouc eiXex'
dv6' umjjv "nicht schätzte er euch geringer als die
Thebaner, als er die euch vorzog"; 185; 214: Phi-
lipp würde es sich nicht gefallen lassen ei nap' eKeivuj
Touc eKeivou xic euepYexac KttKÜuc XeYei, und da wollt
ihr hinter Philipp zurückstehn?; 227; 236; 252; 275;
290; 291: rjviK' CKpivev 'Apicxoqpüuv OiXövikov Kai öi'
eKeivou xdiv coi TreirpaYinevuuv KaxnYopei; XX 69; 83;
84; 105: Kai Tiap' eKeivoic; 111; XXI 122: jaex' eKeivou
Kd)Lie; XXII 26; 35: eKeivuuv dYUJV, ouk eVöc; 63; 73:
dvx' eKeivuuv; XXIII 24: oub' fi)aiv — oub' eKeivuj; 128:
ouG' HMiv oux' eKeivuj; 130; 132 bis; 133; 169: xöv |aev
uiöv direccpaEav, eKeivov b' ^iribovxa [xöv uiöv] diro-
cqpaxxonevov Kaxenövxicav "ihn selbst aber , . . ertränkten
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 67
sie", Berührung mit auToc "selbst", vgl. vorher Xaßöviec
KauTÖv Ktti TÖv uiov; XXIY 79: eivai auTiu f\ dXXuj
uTcep eKeivou effuriTdc KaracTflcai "es soll ihm, oder
einem anderen an seiner Statt erlaubt sein, Bürgen zu
stellen"; 124: Sie gleichen den Sklaven, Kai jap
feKcivuuv . . . XXYII 5; 19; 20: out' eKeivuj . . . out'
e|HOi . . .; 65: KaKeivoic; LIY8: elc |Liev ... OavocTpdTUJ
rrpocTTiTTTei Kai KaTeixev eKeivov, Kövuuv b' . . . e|iAOi
TTpocTTecövTec . . .; LYII 55.
t) YII 26: ou luevToi t' eKeivou eivai 'AjucpirroXiv, vgl. 27:
Tfiv A. u^eTepav eivai; XIY 10 : Ged. Ggst; XYHI 224:
Ged. Ggs.; XIX 103: tö }xiv eKeivou luepoc "so viel
es auf ihn ankam"; 226: qpiXouc Te vo|LiiZ:eiv oüc dv
eKeivLu boKf} Kai |ar] qpiXouc ujcauTuuc; XX 78; 82: öi'
eKeivov "durch seine Schuld": 86: öi' eKtivov "ihm
zu Liebe"; XXIU 12; 131: bi' keivou; XXIY 84:
eTt' eKeivuj TreiToiriKe "es steht bei Ihm"; vorher unbe-
tontes aÜTLJj; 135: err' eKeivuj "seinetwegen"; XXYII 22:
Ged. Ggst; ebenso 25: KeKXriKaci KaT' eKeivou indpTUpac,
vgl. 26; LIY 1 : bi eKeivouc "auf ihre Veranlassung
hin"; 28: irap' eKeivoic dv riv f) biKr] : wälu^end sie jetzt
bei einem anderen Gerichtshof verhandelt wird;
•b) lY 24 : )ue9' ujuuuv eviKuuv [outoi] oi Eevoi Kai u|ueTc luer'
eKeivujv: YII 13: XY 26; XIX 189: OiXoKpdTnc coi
cu|U7TeTTpecßeuKe, KdKeivuj cu Kai (t>puvujv; LIY 23;
e) lY 4: |ndXXov f]\MV . . . f\ 'Keivuj; 8: Yergleich; YIII 19:
cuveunopouvTac eKeivuj: ihr müßt vereint mit ihm
Mittel herbeischaffen; IX 8; 52: Komparativ; XIY 1;
3; 9; 32; 39: Yergleich; XY 12; XYUl 162; 178;
213; XIX 244; XX 110 bis: Komparativ; XXIII 56:
liiovov dvepujTTUJV eKeivov; 162: ouk em töv Kötuv, dXX'
ecp' fi|udc laer' eKeivou e-rropeueTO "im Bunde mit dem
zog er gegen uns"; ib. Ausdruck der Identität; 196:
Komparativ; ib. TrpouKpivov eKeivouc: ident. mit Super-
lativ; XXYII 56: ixer eKeivnc; XXX 31; XXXI 11.
Z) in 24: eKeivoi Toivuv; YIII 31; 43: ö-rtou Tic eKeivov
d|auveTai, evTauö' urrep riMUJV dj.iuveTTai, ev. zu ß; 59:
eKeivoc |Liev fäp . . .; IX 14: eKeivöc y'; X 61; XYIII
43:'rTdvT' eKeivoc rjv auToic "der war ihnen alles" ; 175:
Beginn der Erzählung; 213; XIX 61 : eKeivoc t' 198; 263:
5*
68 W. Havers,
Ixoixe b' av eHerdcai KaGapuJc ck toOv cujußeßriKOTuuv
aÜToTc EKeTvoi t^P •••; vgl. 278; 832: öcov riv in'
eKeivLu — bid touc b' . . . Xu|aaivo|Li6VOuc . . .; ev. zu ß;
XX 32: Beginn der Erzählung; ebenso XXI 144;
XXIII 141 : ü|LieTc eiroincace' . . . 'ApioßapZidvnv ttoXittiv
Kai bi' eKtivov OiXickov; ev. zu ß; 154: Beginn der Er-
zählung; 199; XXIV 127: cKeTvoc Te;
n) XXI 179: Taut' gXetev \xev eKewoc, ex^^PO'i'ovilcaTe b'
(iMeic; XXIII 179;
e) XIX 125; XX 34;
i) Y 16; Vni 45; X 17; XIX 222 bis; 261; XX 36;
78; XXIII 17; 134; 159; 183; 199 : tKeivoi re KaXwc ...
Kai fiiuieic ouK öp9üjc;
k) XIX 22; XXm 28; XXIV 13: u^dc \iiv eicTTpaiTeiv
TOUC Tpiripdpxouc, eKdvoic b' eivai irepi auidiv eic touc
eXOVTttc dvacpopdv.
2. Wie bei Xenophon, findet sich auch bei Demosthenes^
unser Pronomen in ausgedehntem präparativem Gebrauch :
n 24; III 3, 14; IV 50; V 22; VII 5, 37; VIU 16;
1X30, 68; X50: eKeivmc "auf folgende Weise": 72;
XIV 8, 34; XV 17; XVI 5, 30; XVIII 142, 150: eKeTeev
"aus Folgendem" 195, 277, 316; XIX 29, 89, 154:
keiOev; 182, 214, 221, 239, 282, 283, 294: CKeivuuc,
ebenso 335; XX 2, 6, 7, 15, 18, 25, 49, 56, 61: eKtivoic,
72, 81, 82: Kai kut' CKeTvo . . . "auch insofern, als", 99,
109, 111, 143, 148; XXI 25, 173, 196; XXII 12, 17,
22, 23, 42, 62, 64, 75, 76; XXIII 144; XXIV 61, 88
eKeieev, ebenso XXVII 32; XXX 12; LIV 6; LVII 57
3. XIV 1; XVI 6; XVHI 204, XXI 186; XXIII 89, 116;
XXIV 109, 144, 187, 213; LVII 27.
4. VII 38: öc . . . ckcTvoc; vgl. die aus Xenophon ange-
führten Stellen und Sintenis zu Plut. Pericl. c. 15; IX 14:
Kai "fdp otv dßeXTepOuTttToc eiri TidvTuuv dvBpdiTruuv ei . . .
eKeivoc . . . TTpoeirroi : hierzu Rehdantz : Das Subjekt wird,
um den vielen ujliüüv das Gleichgewicht zu halten, wieder
aufgenommen, und zwar durch eKeivoc 'der draußen',
weil das aindcGai . . . eben hier in der Volksversammlung
geschieht". Daß man doch in dem eKeivoc immer den
Begriff der Ferne ausgedrückt sehen will ! XXII 29 ;
IV. 1. VII 3, 5: auTÖc keivoc; XV 9; XVI 16; XVIII 103, 153,
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 69
170; XIX 54, 58, 139; XX 31, 35, 39, 82; XXI 182;
XXIII 38, 130, 163, 164, 169, 190; XXIV 1, 135: auTÖc
emvoc; XXV 56, 88; XXX 27;
2. Vn 9 : ouöev eTKaXeixe auTuJ . . . dXXot ßeßaioOre öiKaiujc
auT^v CKeTvov Kai Xaßeiv Kai KCKTficOai. XV 11; 23: oure
TuJv öouXuuv Tijuv ßaciXeuuc out' auToü Keivou; XVIII 18,
41: rd Veivuuv "ihren Landbesitz"; 94: TToXXd Kai biKai'
ctv CKeivoic eiKOTuuc. Die K-Laute soUen hier wolü ein
rhetorisches Effektmittel bilden; XIX 116: KaO' auTÖv
eKeivov; XX 68: d'Kupov xi TToiiicai tojv eKeivoi öoGevxojv;
hier steht wohl eKeivuj, nicht aÜTUj, um die Dentale nicht
allzusehr anzuhäufen; wenn es aber trotzdem im folgenden
Paragraphen heißt: Kai fotp toi laövuj tüjv -rrdvTuuv auTUj||
toüt' ev xrj cxrjXri Y£TpaTrxai, so ist hier die Häufung der
x-Laute wegen der Sprechpaase hinter dem starktonigen
aöxLu nicht so unangenehm; was ferner die Stelle in
XVIII 50 anbetrifft: oi Kai Tipiv e^' emav oxioüv eiböxec xriv
xouxou xoxe juicOapviav, so dienen hier die Dentale dazu,
den zornigen und gehässigen Ton der Worte zu steigern.
Dasselbe haben auch wohl Westermann-Rosenberg sagen
wollen, wenn sie zu der letzten Stelle bemerken: "Das
griech. Ohr hatte Freude an dieser Wiederholung des x",
obwohl der Satz, in dieser Form ausgesprochen, leicht
zu der Ansicht führen kann^ als sei das griech. Ohr an
und für sich ein Fi'eund von Dentalen gewesen; 86:
auxöv eKeivov "ihn selbst"; ib. |uii |liövouc auxouc xoijc
euepTexac xi|udv aXXd Kai xouc eKeivuuv qjiXouc; XXIII 62:
öc dv . . . aixioc f\ . . . dxijaoc ecxuu Kai oi Traiöec Kai xd
eKeivou. ev. zu II, vgl. § 22, II; 109 : Kai xouc eKeivou 9iXouc
Kai auxöv xöv OiXittttov dTtOKxeivavxec; 131: rjHiou fiev
auxöv cujUTToXiopKeiv . . . ouk' eBeXovxoc 6' eKeivou, Xaßujv
auxöc . . .; XXTV 127 : utt' auxoO dv eKeivou, ebenso 138;
XXVII 55; XXX 12: )aexd öe xfic TuvaiKÖc xdKeivnc
dTToöouc . . .; ebenso 31 u. 35; LIV 5: XoiöopnÖevxoc ö'
aüxoTc eKeivou Kai KaKicavxoc auxouc . . . ; LVII 29.
V. 1. VI 16 ... Giißaiouc, xoic eKeivuuv exOpoic; XII 10:
EuaYÖpa ... Kai Aiovucilu . . . Kai xoic eKTÖvoic xoTc
eKeivuuv. XVIII 136, 218: Die Annahme Dissens (Dem.
or. d. cor. ed. p. 319), daß hier eKeivou stände, weil ein
Gegensatz vorliege, wird mit Recht zurückgewiesen von
70 W. Havers,
Fnnkhaenel a. a. 0. S. 816 ff. XXII 31; XXIH 103, 181,
138: XXV 97; XXVII 13, 59.
2. IX 11: €i7T6 (sei. ToTc '0\uv9ioic) f\ keivouc ev 'OXuvGuj )Lir|
oiKeTv f) auTÖv ev MaKeöovia . . .; XVIII 178: Ggs.;
3. VII 26: qpnci ö' 'AiucpiiroXiv eauTOu eivar u|uäc Ydp ipricpi-
cac0ai eKeivou eivai. XVI 17 ; XX 106 : Die Lacedaemonier
dürfen nieht die in Athen oder in einem anderen Staate
herrschenden Gesetze loben, oXK' ä rr\ uap' eKdvoic
TToXiteia cujuqpepei, Taui' eiraiveiv dvöTKri : "sondern sie
müssen loben, was Ihrer (eigenen) Staatsform zuträglich
ist".
4. XIX 280; XXII 32, 57.
22. Die Inschriften.
Sie bieten trotz ihrer großen Menge nur äußerst wenig-
Material für unsere Untersuchung. Der Grund hierfür liegt teils
in der fragmentarischen Überlieferung, teils darin, daß sehr
viele Inschriften den gleichen oder ähnlichen Inhalt haben.
I. 1. Inscr. Gr. I, IB 29/30: eKei; II, 266, 4: KaTacTa0ei[c
em TTivTJoöEupiTTOu qpuXttKriv iJ7TÖTToXe|aa[iouTeXeuT]ricavTOC
eKeivou . . .; 271, 12: OaXepoT KotKeTOev iraXiv . . .; ib. 30:
KttKeT; III, 49, 9: toö töttou eKeivou, öc Ttepiexei . . .; VII,
2225 BII, 28, 29, 30: eKei; XII fascicul. 3, 1188, 5:
eKei "im Jenseits"; fascicul. 5, 1: 2A, 7: ä eKeic' e[i]xe;
445 AI, 15: eKeiBev aux ...; 588, 2: [Mrj TT]oi[e]i E[u]-
ß[iov (?) KUKÖv] I KeTvov öv ßXe[7Teic Tacpevta] • (3. Jahrh. n.Chr.);
XIV, 830, 24: eKei; 1290, 46; 1545, 4: Keivuuv "der
Verstorbenen"; Collitz-Bechtel : SGDJ. 2561 C, 37: ...
}xr\b' ÖTOTuZlövTuuv e[x]Oöc rdc Forniac, irpix k' em t6 cd|Lia
BiKuuvTi. TtiveT b' ev dtoc ^cxuu, wir: hier aber dürfen
sie sich satt klagen, (Delphi; um 400 v. Chr.); vgl. Cap.
23 B. 5165, 6: KeT[ce "nach Teos"; Kaibel: Epigr. Gr.
397, 4; 640, 2; 815, 6; Ancient Greek Inscr. Part. IL
181, 8: Triv dTrajXdv Keu9ei |nopqpdv T[d(p]oc, dXX' d|ad-
[pavTov!7rveu)Li]a iiievei Keivac ec qpdoc d9dvaT[ov. (1. Jahrh.
V. Chr.) Part. III, 404, 4, 7. Kern: "Die Inschriften von
Magnesia am ]\Iäander", Nr. 92 b, 3: eTreira eYXmövToc
auTOu TÖ|Li ßiov Kai laeid Trjv eKeivou reXeurriv |neTaXXdH[av |
Toc Kttl Maiavbpiou, . . .
2. Inscr. Gr. III, 52, 32ff. : eKeivoc verschiedentlich gebraucht
mit Beziehung auf Theseus; 1382, 11: aüiöc eiaauTÖv
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 71
[riYov TTpoqppov]fciJuc, eqp' äirep äv Kai CiJuvrec ii^ov ^Keivoi:
ev. zu I, 1 od. III, 1 ; IV, 682, 1 : ich lese mit Boeckh :
ei|ui 5e KeTv[oc|nueo]K\eric . . .; XIV, 1284, 9: inv vukt'
eKeivnv; 1368, 9:"A\KncTic eKeivn; 1942,8: uiXeo, MoOca,
exotKri ö' ö|U|aaTa €KeTva ceo, | Kai cröfia TrecppaKtai xö xpuceov.
(n.— III. Jahrli. n. Chr.). SGDJ. 321, 19: khvujv ck xtveac
(Balbilla; 130 n. Chr.); 1671, 1: Trivuu toi (T)öbe cajLia
TÖ Xdivov, Ol (5)ev' Eu9uöd|Li[(ju], öc ttok' ev djaqpidXuji
TTpdToc e(T)e[v]T' 'IGdKai . . .; (Alexandrinerzeit); 3342,58:
ey Keivoici xpovoic; 3758, 126: Kai dTiö ky]vov toö xpövou
(Rhodos.); 4629, I 137: rrivuui: Feruanaphora (Herakleia.);
Epigr. Gr. 633: Bdccoc i-fdiv ob' eKeivoc öv eKtave Auc-
[qpjopoc dvnp; 919a,4:Keie6v = deinde(?)(4. Jalirh.n.Chr.);
Anc. Gr. Inscr. IL 231, 3 : eTreiör) 'ApaiÖKpiToc 'ApicTia
öiabeHdjuevoc xdv 7Tapdx[a)V lYOveujveuvoiavavexovxec biexc-
Xecav TTOxi xouc TroXixac ev xe xoTc Xomoic Kaipoic [dKo | Xou9ujc
xa Keivuüv aipecei irdvxa Trpdccuuv xd xpnciina biaxexeXriKe
xa Tiaxpiöi . . .; (Calymna) ev. zu III, 1; Part. III. 403,
126: dTTÖKiivouxoöxpövou(Priene);Insclir. V.Magnesia: 203,
2 : 'EpiLiiic eipLi Tuxujv, eK XaXKiboc ouxoc eKeivoc, | AvxiXoxöc
1^' eTTOirice TioXixaic Ttdci xopniöv. (3. Jalirb. v. Chr.); 53,
53; 100b, 14: ev eKeiv»] xf^i rnuepai ; 105, 24: KaKeivri r\
TTpecßeia: "die oben erwälmte"; Fränkel: Die Inschriften
von Pergamon: II Nr. 613 A, 3: Trpüjxoc e7Tpux[d | veuev
'ApxijacKtti iE eKeivou laexpi vövTTpuxd|veic eivaijbiaxeXouciv.
Patan-Hicks: The Inscript. of Cos. Nr. 325, 13: Trdvx'
eKei[v]ov xöv xpovov. Herzog: Koische Forschungen und
Funde: Nr 190, 5: xouc ev eKeivuurxuJi exei cxpaxriTOuc;
IL Inscr. Gr. I, 9, 33: edv be xic [d]Xa)[i irpobijbouc xo[i]c
xupdvvoic xniaTTÖXiv [x]u)V 'Epu9pai[uj]v Kai. . . xe6vdxuu [K]a[i]
Ttaibec Ol e5 eKeivou. Diese Stelle wird bei Meisterhans-
Schwyzer Granmi. ^ 236 als Beispiel dafür angeführt, daß
eKeivoc manchmal als Pron. der 3. Person sich fmdet, wo ein
eventueller Fall gesetzt wird und keine bestimmte Person
gemeint ist, so daß man es übersetzen könnte "der Be-
treffende, der NN.", während es dagegen bei Nennung des
Namens z. B. hieße eivai be 'AcxuKp[dxriv *A9r|vaiov Ka]i
eKYÖvouc auxou = Inscr. Gr. II, 54, b, 11; (vgl. auch Brug-
mann a. a. 0. S. 132, Fußnote). Ich glaube nicht, daß diese
Erklärung richtig ist, mir ist wenigstens kein Beispiel be-
W. Havers,
gegnet, wo eKeivoc diese Bedeutung haben muß. Zudem
findet sich sowohl bei eventuellen Fällen aÜToc in obiger
Verwendung, vgl. z. B. bc av rriv cii'iXriv dcpavic[r)] xct f\ tv
auTTJ YeY^u)Li(|a)eva, f\ ineTapr] auTri[v], avjTÖv dHüüXri Kai yivoc
auToO (= Le Bas-Waddington: Yoyage Arch. Vol. Ill, 2
Nr. 1764a.), als auch umgekehrt bei Namennennung eKeivoc,
z. B. [ejireibr] öe 0op[|Li]iujva xöv OopjLiiuuvoc Kai Kap[0]iv[a]
[irdTTTToJv eTTOiricaTO 'AGrivaTov 6 öfiiuoc 6 'ABrivaiujv K[ai
t]o[uc] eKeivou [eKYÖjvouc . . . {=^ Inscr. Gr. II, 121, 17).
Inscr. Grr. 1, 31, A, 23 : [diiinGv] eivai auröv KaiTraibacTOuc eH
[eKeivou]. (444 i 440 v. Chr.) Def. tab. = Append. zu Inscr. Gr.III :
die meisten der nun folgenden Inschriften gehören dem 3. Jahrh.
v.Chr. an; 56: qjuxnv Kai irpdHeic rdc eKei[vou] Kai rjrjv eKe[i]-
vou Kai ipuxnv (der Name ist vorher genannt). 59: Kaia(u)TÖ(c)
Kai rd e|<e>Keivou d-rravTa. 67: 'Ovriropibric E[ur|](6)iöricj. . .
'ApxebiKOC NauKpiTOC | OiXoHevibric | AtiinnTpioc AiTUTriia | OiXo-
öriMOC TTpoKXeiöric I 'ApicTuXXa I Kai touc luex' eKeivuuv | üucTiep
xaÖTa ipuxpd Kai eTiapicxepa | ouxujc xd Kpdxrixoc xd pri|uaxa
i|;uxpd [Kai | enapijcxepa Tev[oi]xo Ka[i] xüuv pter^ eK[eivuj]v
jLiri I vuxujjv Kai xüjv öiKa[cxüJv . . . ; 74, 6 : OeöSevov Kaöbiöri)Lii
K]ri |auxöv KT] [v|j]uxdv Kai xd eKe[ivou | iidvxa. 80, 8: öcxic]
ßor|0e(i)v eKeivoic |aeXXe(i), [eJKcivujv [ßi]ov Kai qppevac Kai
TTOÖac. 102: Tißixiöa | xr)v Xoipivr|c | xriv e|u(e) dbiKo(ö)cavl
6uTax(epa)|dvöpa | Kaixpia(7T)aibia | eKeivric. lO7:0]epev[iKo]c
TTpöc xöv 'EpiLiriv xöv xöoviov Kai [xrjv 'E | KdxrjV xöoviav
KaxabebecBuj • faXrivriv, fjxic 0epev[i | kuui, Kaxabeuu Tipöc
'Epjuf]v xöoviKÖv Kai 'EKdxnv x^oviav Kaxa[b | euu ■ Kai mc
ouxoc 6 ßoXußboc dxi|uoc Kai lyuxpöc, oüxm eKe(T)voc Kai xd
eKe(i)vuj dxi|ua [k | ai Uiuxpd ecxuj Kai xoTc inex' eKe(i)vo(u)
d Tiepi e)Lio(ö) XeToiev Kai ßo(u)Xeuoiaxo; die letzte Wendung
wird auf derselben Inschrift in ähnlicher Fassung noch
einmal wiederholt. 108: Ancuu efd) XouciKXeiav Ka[i K]xri|aaxa
Kai |LieYa Kuboc | Kai irpaHiv Kai voöv, exOpd be 9iXoici T^-
voixo • I Ai'icuj eYÜJ Keivriv uttö Tapxdpov dep6evx[a | becfioic
dpTaXeioic . . .; 142, 158, 159, 160.
"Neue attische Fluchtafeln" hrsg. v. Erich Ziebarth, Nachr.
d. (iött. GeseUsch. d. Wiss. 1899, S. 106—135. Nr. 11:
KaxaTpdcpuj EuaYopav x^ipac TTÖbac HJUxnv | Y^iAJx(x)av ^pY«
epYac[i]ac Kai xd eKeivric d[TTavxa • | KjaxaYpdqpuj Bi6x)iv xeTpac
TTÖbac vjjuxnv I YXOüx(x)av epYaciav xeKva Kai xd CKeivac dTrav[xa.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 73
14 vs 3 u. 7; 16 b vs 11. SGDJ. 281 A, 23: KaT[dpa]Tov
€)U|uevai Kai auröv Kai Yevoc tö Kr|vuj. (Eresos.) Dittenberger :
Sylloge Inscr. Gr. 2. 523, 49: [6 öe eiJTrac n [irpriHJac ti
irapd TÖvöe töv vÖ|uov r\ |ur) rroiricac ti toiv TrpocTeraYiuevujv
€v TLui vö)ua)i Tüijiöe eHuuXric d'r|<i> KauTÖc Kai Yevoc tö eKdvou.
ib. 64: öctic . . . |uri cuvTeXoir] toi cuvTeTaY|ueva TuJi v6|liuji,
eHuüXric eiTi<i> Kai auTÖc Kai ycvoc tö eKdvou. 95, 15: ei be
TIC TaÖTa TTapaßaivoi, eEuuXri YivecGai Kai auTÖv Kai touc CKeivou
irdvTac: dieselbe Formel vs. 30 u. 49; Bechtel: Jon. Inschr.
156a: öctic cpdp^aKa öriXriTnpia ttoioT im Triioiciv tö Huvöv r]
ctt' iöiuÜTrii KeTvov dTr6XXuc0ai auTÖv Kai Yevoc tö keivou: die-
selbe Wendung noch dreimal in dieser Inschrift. EQerher
kann man auch stellen Aeschin. III, 111: YeYpaTrTai Ydp oütujc
ev Tf) dpa, "ei Tic Tdöe" qprici "irapaßaivoi r\ ttöXic . . . Kai ctt-
euxerai aüroTc jui^Te yhv Kapirouc qpepeiv, lui'iTe Yuvakac TCKva . . .,
Kai eHiüXeic eivai Kai aÜTOuc Kai oiKiac Kai y^voc tö eKeivoiv".
in. 1. a) Epigr. Gr. 1046, 88: oü Gejuic djacpi veKucci ßaXeiv ipö-
xOova ßuJXov, I ■n:\r\v ö Kev djuaroc rjici Kai eKY[o]voc
ecca^evo[io • Keivoic 5' oük döe^iicTov • (Rom 2. Jahrh.
n. Chr.)
ß) Inscr. Gr. I, 47 c, 5: uTiep eKeivou (-ouv)?; IV 940, 6: K]ai
öl' [eKJeivou Kai tujv 'AXiujv (?); VII, 2870, I: öi]Kaiov . . .
KdKeivouc (6)ic TÖ |ur| Trep[iJopdv ujudc ve|uovTac TpeTtecGai;
SGDJ. 1537, 2 : Tdcöe y' 'A9avaiai öpaFeouc (?) . . . dpicToc
eGriKe | Hripai tc Hujc Kai Keivoc exoi kXcFoc dirGiTov
aiFd. (Phocis. 6. Jahrh. v. Chr.); 3636, 26: eird öe Ka
ev Tdi dYopdi euj[vT]i, dYopeuei ou Ka m 6 ßoöc, f) dXXoc
uirep Ki^vou evbeHioc "oder ein anderer an Stelle von
ihm". (Kos); Epigr. Gr. 1034, 13 : (pövuj[v . . . ujvjrd |uev
Keivou v[ö]oc I TejXoT, [T]d ö'a[u . . . (?), ev. zu V, 1 ; Anc.
Gr. Inscr. III, 491, 9: T]nv qpiXoTijuiav r\v q)iXoTi|u[eTTai|
TTpöc u|u]dc 0[uriöioc] 'AvTuuveTvoc e,ua9ov oux outuu[c e]K
TuJv u)ueTepuj[v YPaMJMdTuuv u)C eK töjv [cKJeivou " (Brief
des Antoninus Pius an die Ephesier). Inschr. von
Pergamon : I, XIII, 33 : edv Te Tiva aic6dvüU|uai eTTi[ß]ou-
XeuovTa Eujuevei tüui 0iXeTaipo[u f\ dX]Xo ti TrpdccovTa
evavTiov eKeivuui f] toTc TtpdYiuaciv auTOÜ . . . (Bald nach
263 V. Chr.): Berührung mit auTÖc "selbst",
ö) SGDJ. 4998 I, 4 : [eiri tlu]i döi[Kri]0evTi iiiunv, [ai'JKa Xf|i,
TÖ[Föv] auTuj öö|uriv, tö öe Krivuu exev. (Gortyn);
74 W. Havers,
e) Inscr. Gr. III, 38, 5 : inöva yotp CKeTva ;
Z) Inscr. Gr. IX, 256, 11: [K]e[T]voc av e[ij]öai)aa)V ei'17
jLidXXov Trapaßdxac | [toö] ciuTepoö YnpiJuc ouk eciödiv
ßiovTov. ("inferioris aetatis"); 878, 3: ei cu t' öv ii'iGeuJV
AfiXoc ecpepße edXoc; ] Keivoc, eop' uj Kai ireTpoc uXiEdviai
irapd TU)aßuj | öaKpuei ToepoO Bpfjvov ieic croiaaToc; der
Tote antwortet auf die Frage mit Keivoc "der bin ich".
k) "Altertümer von Hierapolis" Nr. 51, 7 : <t>Xaoüioc ZeuHic
epYcxcTric irXeucac üirep MaXeav eic 'IxaXiav TiXöac eßbo-
ILiriKOVia I bvo KatecKeuacev tö |Livri|aeT|ov eauTuJ Kai toTc
TCKVoic <J>Xa|ouiuj Geobuupuj Kai OXaouiuj [ Oeuba Kai iL
dv eKeivoi [ cuvxujpncuuciv (2. — 3. Jahrh. n. Chr.) ev. zu ß.
4. Epigr. Gr. 440, 4.
IV. 2. Inscr. Gr. II, 271, 82: irpoipeipdiLievoc auxouc eiri xe TröXeiuc
cu|i(pepovxi K[ai xuj aujxüjv eKeivuuv eu[cxnMov]i 6epaTT[eiicav-
xac . . . XIV, 889, 6: metri causa;
V. 1. Inscr. Gr. II, 121, 17; 1675, 3; IV, 556, 15; VII, 2870 I:
eic xiiv eKeivuuv xuupa[v] ; XII, fascicul. III, 330, 26 : Kaxd
xdc eKeivuuv evxoXdc (Thera; Anfang des 2. Jahrh. v. Chr.).
SGDJ. 3409, 3 : Hoc xöö' dYctXjLi' dveOriKe OiXöcxpaxöc : ecx'
6vv}x auxüiji I Ttaxpi öe xüui xrivou Aaiaoqpöuuv övu|ua. (Aegina.)
Epigr. Gr. 824 a, 4; Inschr. von Pergamon: I, 248, 40;
Bull, de corr. Hell. 25 (1901) S. 356 vs. 3: ^[exd toO
auxoKpjdxopoc Kai uexd xüuv eKeivou Ttpecßeuxuuv. (Delphi;
48—44 V. Chr.)
4. Epigr. Gr. 203, 1 : "Hßac bx] Keivac, [o'iac xuttov ecxiv iöec-
0ai, I )avd|ua TTaxpö[c x^ipec KaXöv eSevxo xoöe" (Knidos
3.-2. Jahrh. v. Chr.)
23. Die Bukoliker (Ausg. v. Ahrens. Leipz. 1899.)
A. Prüfung der einzelnen Stellen.
I. 1. Theoer. I 1: d mxuc . . . xi'iva; 7, 23, 106: xnveT; 11 17:
'IuyH, eXKe xu xfjvov eiaöv rroxi bu),ua xöv dvöpa: den ab-
wesenden Geliebten, nachdem sich die verlassene Si-
maetha zurücksehnt; derselbe Vers 22, 27, 32, 37, 42,
47, 52, 57, 63 ; 60 : xdc xrjvuu (pXidc ; 84 : iroinTTdc | xrjvac
"des Gepränges dort"; 98: xrjvei: bis; III 10: xrivüu9e,
25: xr|vüij "von dort"; IV 15, 35; V 15, 45: oux epipil)
xnveT • xouxei bpuec ; vielleicht zu II gehörig , vgl. 65 :
öc xdc epeiKac 1 xrivac xdc irapd xiv SuXoxiZ^exai : "drüben
bei dir"; 97: xrjveT -fap eqpicöei "dort oben brütet es im
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 75
Nest"; 117; Vm 26, 44: invöe«, 51 bis, 86; XI 45;
XII 34; Epigr. I 1 : d KaidTTUKVoc CKeiva | epiTuWoc; YI 5;
Incert. Id. I (Mosch. III) 20 : KeTvoc Mer verstorbene Bion'.
2. Theoer. I 120 : Adqpvic tfwv obe ttivoc 'hinc iisqiie ad
sidera notus' (Virg. Ecl. V 43). 126: cd|ua | Tfjvo AuKa-
oviöao; II 153; IV 59; Y 43 ; VH 63: xnvo Kai' d,uap;
98, 151, XI 29: ek irivui "seit jeuer Zeit"; XIY 26: töv
KXu^evov... Tfivov IpujTa; XV 15; XVI 42; XVII 118;
Incert. Id. I 71; VII (Theoer. XXVII) 39: ouvo|aa cöv
Xeye tfivo 'deinen (berühmten) Namen, der solchen Ein-
fluß haben soll'; IX (Theoer. XXV) 172;
II. Theoer. V 1: Aitcc e|Liai, rfjvov töv iroiiueva Tovöe rißupxa (
q)euTeTe töv AdKuuva. XV 8 ;
in. 1. a) Theoer. V 63 : ouöev eYub Ttivuu TTOTibeuo|uai ' dWd töv
dvöpa • • • "nach dem verlangt mich nicht, aber den
da . . ."; Incert. Id. VIII (Mosch. IV) 124: eKeivuj "an
ihm (d. Eurystheus) möge mein böser Traum sich er-
füllen, nicht an unserem Hause" ; IX (Theoer. XXV) 215.
ß) Theoer. I 4: ineTandva tö öeuTepov dGXov dTTOiqi. | aka
TTIVOC eXr) Kepaöv Tpdyov, aiya tu Xavjjfj. 5 : aiKa ö' affa
Xdßr] Tfjvoc Tepac, eic Te KttTappeT | d xi^ctpoc; ähnliche
Ggst. Vers 11 ; IX 25 ; XIV 7 : Kai Ttivoc (wie du); Incert.
Id. I 80; 128: Kai Keiva; Bion I 16: KeTvov nev . . . d
ö' 'AcppoöiTa;
T) Incert. Id. lU (Theoer. XXI) 16: Ged. Ggs.: was andere
Menschen für notwendig halten, schien ihnen überflüssig ;
ö) Theoer. I 144/145 : kouts ti ttivoc e)aiv eTTe(a€|uijjaTO . . .
out' eyuj au Tr|VLU. Mosch. I 25.
e) Theoer. II 31; XIV 41: Komparativ;
Z;) Theoer. 171: Tfjvov ^dv . . . , ev. zu I, 1 ; IV 7 : Kai
TTÖKtt Tfivoc eXaiov en' öqp9aX|uoiciv ÖKuOTrei; "wann hat
der denn je Salböl vor seinen Augen gesehen?"; 29:
ou Trjva y', ou Nuiucpac . . . Sinn: die Kühe allerdings
sind jetzt vernachlässigt, aber nicht die Syrinx, da er
mir die hinterlassen hat; XIV 38: Trjvuj Td cd ödKpuci
jLidXa peovTi ""apage! alium quaere araasium, me enim
ludibrio habes; illi tuae fluunt lacrimae, non mihi*^
(Friztsche); XVII 16; Bion I 69; Mosch. II 24.
3. Theoer. n 40: em Trivtu ... öc; Epigr. XXHI (XVIE) 3 :
dvTi Tnvouv, I iLv; Incert. Id. IX (Theoer. XXV) 179.
76 W. Havers,
4. Bion VIII (IV) 4, 6;
IV. 1. Theoer. XVII 46; Bion X (XVI) 5;
2. Theoer. VII 104 ; Bion 111; Incert. Id. IX (Theoer. XXV)
36: rie ti AuYeiriv rj Kai öiauuuuv Tivd kcivou | bileax; ib. 121:
eTTri\u9e voücoc eKeivou | ßouKoXioic: wohl metri eausa.
V. 6. Theoer. I 86 : aW ÖKa jaev rfjvov TTOTiöepKeiai dvbpa feXäca,!
dXXoKa ö' aij ttoti töv piirreT vöov.
Anm. An folgenden Stellen sind die obliquen Casus von xfivoc
identisch mit unbetontem Pronomen der 3. Person : Bion XIII (XVII) 7
buvai|ne9a xfjvov dXOSai; vgl. Vers 6 : ^c ti bi viv iTTavöv ; Mosch. II 13
|iiiKKi)\a |aev TrjvLU rd x^pübpia, vgl. Vers 7 : ö|H|LiaTa b' auTiü u. Vers 15
vöoc be Ol eu -rreTTÜKacTai; IV (VI) 5 ; Incert. Id. VI (Bion XV) 23 : koI iroTe
|uev Trjvac ^cpiXei x^P«, iroWäKi b' aüxäc | CTd|Liova köXöv äeipe.
B. Kritik der von Ahrens über das Verhältnis von invoc zu eKeivoc
aufgestellten Hypothese.
Der Gebrauch des Pronomens ttivoc bei den Bukoükern
unterscheidet sieh also durch nichts von dem Gebrauch des
Pronomens eKeivoc bei anderen Schriftstellern. Nun hat aber
Ahrens (De dial. Dor. S. 267 ff.), anknüpfend an die Bemerkung
des Et. M. 321, 31, ktivoc, welches im Dorischen neben xiivoc
vorkommt, werde bei Ferndeixis gebraucht, rfivoc aber bei Xah-
deixis, nachzuweisen versucht, xfivoc sei in seiner Verwendung
grundverschieden von eKeivoc, es stehe vielmehr dem outoc ziem-
lich nahe. Die von Ahrens angeführten Gründe für diese Be-
hauptung sind aber nicht beweiskräftig. Wenn er zu Epich. 124:
TÖKtt |uev ev Trjvoic eyujv fjv, xÖKa öe irdp xr|voic eTiibv, und
Theoer. I 36: dXX' ÖKa |Liev xiivov TTOXibepKexai dvbpa TeXdca, |
dXXoKa b' au ttoxi xöv piTTxeT voov bemerkt (S. 268): Attici eodem
sensu articulum geminant ut Xen. d. rep. Ath. 2, 8 : xoöxo |uev eK
xfic, xoOxo be CK xfjc et ibid. 2, 12: xö |Liev xf), xö be xi] sei. iroXei,
so ist darauf zu erwidern, daß sich auch eKeivoc, entweder doppelt
gesetzt, oder in Verbindung mit anderen Demonstrativen, so
gebraucht findet, vgl. die bei Euripides und Aristophanes unter
V, 6 angeführten Stellen ; unrichtig ist es, wenn Ahrens behauptet.
Theoer. II, 8, 23; V 15, 117; VIII 86 sei xfivoc gleichbedeutend
mit öbe ; an keiner von diesen Stellen ist irgend ein Grund vor-
handen, von der rein jener-deiktischen Bedeutung abzugehen.
Die Beispiele, die für die Beziehung des xnvoc auf die 2. Person
angeführt werden, Theoer. V 65; XXVII 39 (= Incert. Id. VE);
V 45, lassen sich alle anders erklären : V 45 und 65 kann man
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 77
ZU n stellen, wenn man keine Jener-Deixis annehmen will,
XXVII 39 habe ich unter I, 2 behandelt. Theoer. VII 97 ist
kein Grund vorhanden, für das gut überlieferte epa die 1. Pers.
epuj einzusetzen, und damit erweist sich die von Ahrens für das
im folgenden Vers stehende dvepi irivLU angenommene Beziehung
auf die 1. Pers. als hinfällig. Daß im Attischen nicht nur outoc
eine verächtliche Bedeutung haben kann, wie Ahrens mit Bezug
auf Theoer. V, 1 behauptet, sondern auch eKeivoc, brauche ich
nach dem Bisherigen hier wohl nicht mehr auszuführen. Auf
S. 269 werden dann einige Fälle zusammengestellt, in denen sich
TTivoc auf kurz zuvor Erwähntes bezieht; aber keine dieser
Stellen zeigt eine Verwendung des Pron. ttivoc, die uns nicht
auch schon bei CKeTvoc begegnet wäre, und wenn Ahrens meint,
der anaphorische Gebrauch von betontem outoc sei häufiger als
der von eKeivoc, so glaube ich schon jetzt zur Genüge nachge-
wiesen zu haben, daß gerade eKeivoc ein vorhergehendes Bezug-
wort mit Nachdruck aufnimmt; weiter heißt es dann: eadem
ratio est adverbii xriveT in hislocis: Epich. 19, Theoer. 11 98;
IV 35 ; V 97 ; XI 45 ; Epigr. 4, 13, ubi interpreteris 'ibi'. Postremo
rrivüuGev Acharn. 720 est Mnde'. Vulgo Graeci adverbiis ev6a et
evGev in eam rationem utuntur. Aber an den angeführten Stellen
handelt es sich entweder um reine Ferndeixis, wie z. B. Theoer.
V 97 : KrjTiJu ^ev öaicüu xa TrapOevuj aütiKa cpdccav | ek xdc dpKeuGuu
Ka9eXdiv Trjvei ydp ecpicbei "dort oben brütet es ja im Neste",
oder um solche Fälle, wo der Grieche das wirkliche Ortsver-
hältnis berücksichtigt, während wir zur sogen, dramatischen Aus-
drucksweise hinneigen, z. B. Theoer. II 98 : dXXd ^oXoTca | iripricov
TTori xdv Ti|uaYrixoio TiaXaicxpav. | x^veT jap qpoixf), xr|veT öe oi dbu
Kaöficear, (vgl. auch die Kap. 22 unter I, 1 aus Delphi ange-
führte Stelle). Was endlich die wenigen Fälle betrifft, an denen
xfjvoc mit folgendem Relativum verbunden ist, so kann man
Ahrens zugeben, daß für gewöhnlich ouxoc so gebraucht wird,
aber ich glaube doch auch schon genug Beispiele angeführt zu
haben, wo eKeivoc sich auf ein folgendes Relativum bezieht. Es
ist also daran festzuhalten, daß xfivoc sich seiner Bedeutung nach
vollständig mit eKeivoc deckt. Die Tatsache nun, daß sich im
Dorischen xfivoc und ktivoc neben einander finden, kann nicht
gut erörtert werden, ohne auf die einschlägigen etymologischen
Fragen einzugehen; ich werde daher diesen Punkt am Schlüsse
behandeln (Kap. 32).
78 W. Havers,
24. Herodas (Ausg. v. Meister).
I. 1. 142: KeTvoc: Der in der Ferne weilende Mandris; 26:
K[e]i 'in Ägypten'. II 20: K[e]ivriv: reine Deixis, vgl. Vers
65: beupo MupTdXn; IV 28: vgl. S. 2; 27, 30;
2. II SO: epdic |uev i'cuu[c] MuprdXric; oubev öeivöv | efd) öe
TTupe[LuJv — TaÖTa bouc eK[e]iv' eE[e]ic. V 61 : tdc 'Axdindc
K[e]ivac, | de rrpiuv e6r|Kac, toic cqpupoici Tpißovra: Für
den Fall, daß irpüüv hier "vorgestern" und nicht "kürzlich"
bedeutet, wird man doch wohl kaum für Keivac die an-
derseits-deiktische Bedeutung "vorgestrig" annehmen
können (vgl. Kap. 4); durch das Pronomen wird hier
nur ausgedrückt, daß der Sklave schon bittere Bekannt-
schaft mit den Fesseln gemacht hat.
in. 1. IV 38: ei jiiri Tic autriv [ejiöe BaiaXiiv, ßXen^ac | ec toöto
TÖ [e]iK6vic)na, jlui e[Keiv]ric Ö[e]ic9uu: Berührung mit auTÖc
'selbst'; ib. 76: öc öe K[ejivov . . . fir) TrajacpaXricac eK öikhc
öpubpriKev . . . "wer den nicht bewundert . . ."; leise Be-
rührung mit toioOtoc; VI 20: Metro fragt die Koritto,
Aver ihr den scharlachroten Baubon genäht habe, darauf
diese ganz erstaunt: koö b" öpuupriKac, | MriipoT, cuK[e]Tvov;
"wo hast du denn den gesehen?"
2. VI 42 : eKeivo 6' ou coi Kai ludXici', eireiLivricGriv- | Tic ec[T]
6 pdijjac aÜTÖv;
3. V22; VII 64, 111;
4. IV 77;
IV. 2. IV 73: wohl metri causa; oder ist die Stelle verderbt?
vgl. Meister S. 726.
V. 1. IV 76.
25. Polybins (Ausg. v. Büttner-Wobst, Leipz. 1882).
I. 1. I 86, 6: eKeivoc mit Bezug auf den zuletzt genannten
Spendios, weil das Hauptinteresse Hannibal beansprucht;
III 49, 7 : Die sogen. Insel, zu der Hannibal kam, ist
dem ägyptischen Delta ähnlich, irXriv eKeivou luev
edXuTTtt Triv )Liiav TrXeupdv . . . emlevfvvci , TauTnc 5'
öpri . . ., das Delta wird eben nur zum Vergleich heran-
gezogen; IV 3, 3: euuc 'Avti'yovoc llr] . . . eTreibn ö' eKcTvoc
laeTnXXaHe töv ßi'ov . . .; V 35, 2; 51, 11; XV 20, 2 ebenso
25, 26 : ^uuc iiiev 6 ßaciXeuc elr\ . . . ä|ua be tlu jueTaXXdEai
'KeTvov . . .; XVIII 35, 9: Als Scipio Carthago erobert
hatte . . . dTrXüuc tüuv eS eKeivnc oubev eic tö ibiov ßiov
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 79
jaetriTaTtv : im Deutschen ist auch dramatische Ausdrucks-
weise möglich; 53, 3: tto\u küWiouc d9op)Lidc eixe ZKÖTtac
KXeofievouc irpöc tö TrapaßdXXecGai Kai xoXiudv. eKeivoc fiev
TÖtp . . . iKÖTTttc öe . . . "denn während der Letzere . . .
wurde Skopas . . .;
2. 17, 12: Fernauaphora; 68, 3; 114, 3; 22, 4; 45, 6;
71, 6: TTapaTrXriciov tdp &n ti cuveßr) toutoic Kai toTc
TTpujToic . . . keivoi le Tctp Tidviec . . . outoi xe . . .; in 7,
3, 6; 9, 1: wolil Beziehung auf die Vergangenheit ; 87, 6;
Die Römer ernannten zum Diktator den Fabius Maximus
noch heute heißen die Mitglieder dieser Familie Maximi
öid xdc eKdvou xdvöpöc exrixuxiac Kai TrpdHeic, vgl. zu XVIII
35, 9; 87, 8; lY 81, 4; VI 52, 5; YII 5, 1 : wenn sie
zurückgäben ö irap' 'lepujvoc eXaßov xoö TrdTTTTOu . . . Kai
xdc dXXac bojpedc, de eixov rrap' eKeivou "die sie von
diesem bekommen hätten; VIII 16, 10; X 3, 2; XII 13,
9; 21, 6; XY 11, 11; XYIE 13, 9; 23, 5; XX 4, 6.-
ouxujc dveirecov xaic ijJuxaTc ujcx' utt' eKeivrjc xfjc xpei«c
dTTXujc oööevöc exi ... exöX|uncav. "ihr Mut wui'de so
sehr gebrochen, daß sie seit diesem Vorfall . . ."; XXI 26,
16: xoxe ö' eKei'vuj Kai xauxofjaxov cuviip-pice : eKeivuj für
auxu) vielleicht wegen des vorhergehenden xöxe; doch
sind auch andere Erklärungen möglich; 31, 15; 38, 5;
XXIX 3, 4; 12, 7; 19, 7: CKeTvov oiKeiöxepov eivai xöv
Kaipov, öxe...; 8; XXX 8, 7; XXXI 27, 9; XXXLV .5,
1 : TToXußioc öe xrjv EupuuTTriv xujpoTpaqpuuv xouc juev dpxaiouc
edv qprici, xoijc ö' eKeivouc eXefXOvxac eSexdZleiv.
n. III 70, 4; V 81, 3 : öid xö TToiKiXTiv eivai KaKeivujv xjiv öuvamv
"weil auch die feindliche Streitmacht sich aus bunten Ele-
menten zusammensetzte". VIII 28, 10: errei xö Ttap' eKeivujv
TTup TTdXiv eujpuuv dTTocßevvuiLievov "als sie sahen, daß das Feuer
drüben bei Hannibal erlosch", dieser steht vor den Mauern
von Tarent und gibt dem in der Stadt befindlichen Nikon
und seinen Genossen ein verabredetes Feuerzeichen. XVI 15,
5 : ^TTi xf) 'keivoiv cxpaxoireöeia "auf dem feindlichen Lager-
platze"; XXIV 9, 7: edv öe Ttapopdxai xoöxo xö )uepoc
ctTTavxac diroveuceiv ett' eKeivr|v xnv UTröBeciv "zur Gegen-
partei", vgl. den Anfang des Kapitels, wo von zwei Par-
teien gesprochen wird.
in. 1. a) I 79, 12; II 60, 10: cu|Li)Liaxiav eGevxo . . . irpöc xouc
80 W. Havers,
'IWupiouc, Ka9' r]v eKeivoic )aev . . . cuvripYouv, toTc b^
'AxaioTc . . . avTCTTpaTTov; 68, 2, auch zu V 2 gehörig;
X 49, 12; XI la, 5: ich hielt es für gut, das ganze
Werk so einzurichten, irXriv et iiJuv TrpüuTuuv ßußXiuuv,
ev eKeivoic (öe) npoTpacpac erroiricdiaeOa . . .; 16, 6;
XII 14, 7; XXVII 8, 4; XXXI 23, 10: Ti öai . . .
rdc dTTOCpdceic iroieT rrpöc eKcivov, e)ae öe TtapaTTeiiiTTeic :
Publius Scipio fragt den Polybius, weshalb er sich
bei Tisch immer mit seinem (d. Scipio) Bruder unter-
halte ohne ihn zu beachten; XXXII 9, 4; XXXYIH
8, 11;
ß) I 43, 4; II 48, 1 : öid tö KdKeivouc "weil auch die . . /';
III 15, 12: KdKeivouc; 29, 4: KaKeTvoi; 48, 8; 57, 8:
TTXriciöv Ti Trdcxovxec xoTc Xixvoic tüjv öemvriTojv. Kai
Ydp eKeivoi . . .; 58, 4: KdKeivoi; 63, 9; 103, 4:
KdKeTvov; IV 23, 3; 49, 4; 80, 1: Kai rrap' eKeivuüv;
V 2, 8; VI 44, 4: dei ydp Trore xöv xüuv 'A0r|vaiujv
örjinov TTapaTiXriciov eivai cu)Lißaivei xoTc döecTTÖxoic
CKdqpeci. Kai ydp err' eKeiVuuv...; VII 4, 6; 14, 4;
VIII 24, 10 : ßouX6)Lievoc auxuj )aev dvacxpoqpriv boövai
TTpöc xö TToXuTTpaYiuovficai xd Kaxd xouc veaviCKOUc,
CKeivoic öe kicxiv irapacKeudZieiv . . .; IX 28, 4; 32, 4;
X4, 3: KdKeTvov; 25, 2; XII 3, 8; 25c, 3; 25h, 3;
XV 20, 5; XXI 4, 8: KaKeivuuv; XXII 14, 12; XXVII
9, 3; XXIX 11, 5: KOKeivouc; XXX 9, 2: KdKeivou:
Berührung mit auxoc "selbst"; XXXI 2, 2; 17, 6:
KdKeTvov; 27, 5; XXXIII 17, 2; XXXIX 8, 5: KdKeTvoc,
auch zu I, 2 gehörig.
f) I 4, 8 ; 68, 5 : baipiXeTc eirüuXouv, KaGujc eKeTvoi ßouXoivxo
sie selbst verzichteten auf jede Preisbestimmung ; 12
oux nxicxa öl' eKeTvov "durch seine Schuld namentlich"
79, 5: cxacidcavxec Ttpöc xouc Xapöoviouc eSeirecov utt
eKeiviuv: während sie sich bisher allen Völkern ge-
wachsen gezeigt hatten; II 7, 6; 40, 4: ged. Ggs.;
ni 9, 8: öcov eir' eKeivuj "so viel an ihm lag", ev.
zu 2; 75, 3: xouc KeXxouc Tidvxac drroveveuKevai irpöc
xfjv eKeivuüv qpiXiav: seien alle auf deren Seite getreten;
106, 9: ndvxa... exeipi^ov Kaxd xrjv eKeiviuv TVubMnv;
IV 86, 6: xdc ö' eXtriöac exovxa xfic cuuxripiac . . . ev
CKeivu; "auf ihm beruhe seine Hoffnung auf Rettung",
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 81
er. zu l: V 11, 8: t6 ye xai' eKeivouc inepoc; 35, 1:
bi CKeivou "durch Ihn", ev. zu Zi; YIII 27, 8: iräv tö
TTpaTTOiLievov dn' eKeivou Xriv^eiai Tr\v dpxnv ; X 5, 3 :
bi' CKeivov "ihm zu Liebe"; XI 10, 7; XIV 6, 10: ujc
|uidc eil KaxaXeiTToiuevric eXiriboc ific ev eKeivuj tlu cTpaxriTuJ
Kai Tttic luei' eKeivou öuvd|iieciv ; ev. zu l ; XX 6, 7 :
auTic direveucav irpöc touc 'Axaiouc Kai t^v eKeivujv
a'ipeciv; XXIII 10, 2; XXXI 24, 3: tlu TrpecßuTepov
eivai TÖv d5e\9Öv ev le xaTc 6)uiXiaic apxo)Liai (t') dir'
eKeivou Kai Xe^uu iraXiv eic eKeivov ev (re) raic dTToqpdceci
Kai cujaßouXiaic Tipöc eKeivov dTTepeiöoinai : Antwort des
Polybius auf die Frage des Pnbl. Scipio, weshalb er sich
bei Tisch stets mit seinem Bruder und nicht mit ihm
(d. Scipio) unterhalte ; vgl. unter a ; XXXVIII 20, 8 : toj
CTpairiYUj ineYdXac dTieveiue idc xdpitac, öiori tö |uev ^Keivou
ILiepoc . . . "so viel an ihm lag"; XXXIX 1, 3 : öi' eKeivov
"seinetwegen"; 7, 4: öi' eKeivov "durch ihn";
ö) VIII 25, 1 : auToi Te toTc Trepi töv 'Avvißav ebocav
mcTeic Kai Trap' eKeivuJV eXaßov ; XV 20, 6 : dKeivoi
KaTd TÜLJV TTeXac eßouXeucavTO Trapavoiixuuc, TauTa Kax'
eKeivuuv biKaiuuc eKupuuce; XXX 8, 1: tüjv fpa\x]x6.ni)V
eaXuuKOTuuv Kai necpuuTiciaevujv Kai tujv rrapa toO TTepceuuc
TTpöc eKeivouc biaTreiaTToiiievuuv Kai tüjv irpöc töv TTepcea
Tiap' eKeivuuv ; XXXVI 9, 8 ;
e) 11199, 2: Ausdruck der Gemeinsamkeit; V 11, 2:
Ausdruck der Gleichheit; 9: ouöev eiXeTO tüuv Ö|lioiuuv
eKeivoic eiriTribeueiv; YI 50, 3: Komparativ; VII 7, 2;
Vni 9, 10; XII 6b, 7; XVI 14, 4; 9: Vergleich;
XVIII 4, 7: Ausdruck der Gemeinsamkeit; XXI 13,
9: Superlativ; 20, 3; 7; XXVIII 4, 7: Vergleich;
XXXI 24, 3 : öokuiv Kai ce Tfic auTfic jueTexeiv YVUJ)aric
eKeivuj ; 12 : ouKeTi tö laeipdKiov exwpicOn tou TToXußiou,
rrdvTa ö' r\v aÜTuJ öeuTepa Tvic eKeivou cujunepicpopdc ;
XXXn 3, 9; XXXVI 9, 5; XXXVIK 7, 9;
l) I 80, 2; II 42, 4; 60, 4: Beginn der Erzählung; III 7,
2: Begründung; ebenso 8, 2; ferner 9, 7; 111, 3:
Begründung; IV 35, 6; 38, 2; 74, 5; 85, 1; V 26,
5 : OeTTaXiac eTTicTdrai Kai x^ipiCTai Trjv dvaqpopdv
eTToioOvTO TTpöc eKeivov "nur an ihn", (d. Apelles) vgl.
nachher: tö b' öXov auToic f\v Kai tö Tiäv 'ArreXXiic;
Indogermanisclie Forschungen XIX. "
82 W. Havers,
VIII 7, 8: €Keivoi fovv: Beginn der Auseinauder-
setzimi;-; IX 34,4: Begründung; ebenso X 1, 6; 3, 1:
Beginn der Erzählung; 47, 7; XI 6, 3; XII 4 d, 6;
12b, 2; 25f, 1; 27, 10; XVI, 11; 21, 6: KaGdTrep
Ivxa. TÜüV dXoYUJV Ziiüuuv. CKeiva Ydp . . .; 35, 2: Be-
ginn der Erzählung; XVI 9, 3 : Mn yotp eKeivou To\|Lir|-
cavTOc "denn wenn er nicht den Mut gehabt hätte"; 4;
39, 4; 41, 2; XXI 19, 3; XXIX 21, 2: Beginn der
Erzählung, bezw. Begründung; XXXIII 5, 4;
)-\) II 68, 4 : TTpocTTiTTTOVTac ToTc TToXeiaioic rd |aev eKeivuuv
CTiqpn cuvrapdTTeiv . . . auxouc h' uiroxujpeiv; III 15, 7,
auch zu I, 2 gehörig; 50, 3; VII 4, 9; XXI 35, 3;
XXIII 8, 2; XXXI 8, 3;
0) I 58, 8: xd be itoXiTeuiaaT' riv diacpotepujv napaTTWicia
ToTc vpuxo^axoüci tüuv euYevüuv öpviBiuv. CKeTvoi xe ydp
TToXXdKic.oi Te'Puu|LiaioiKai Kapxn^ovioi ...; V 26, 13;
i) II 43, 9; XII 28, 12; XXXI 10, 9; 26, 4;
2. X30, 5; XXXI 22, 8.
3. IV 86, 6.
4. V 67, 6.
rV. 1. IX 34, 3; XII 6 a, 2 ev. zu I, 2; ebenso 25, 5.
2. 182, 10: Touc fuev ydp rrapaßeßoriOriKOTac auioTc -rrap'
eKeivoiv . . . ; II 4, 4 ; III 68, 6 : töv Teßepiov Kai xdc |U€t'
€Keivou öuvd)aeic ; V 51, 11 : dvaYKac6»icec9ai biaKivbuveueiv
auTÖv, f\ ixi] 6eXovToc toöto ttoiciv eKeivou . . .; VIII 10,
3: irepi XapbavarrdXXou . . . ri tujv eKtivou cujußiuuTiJuv ; 5:
TTepi öe 0iXiiTTTOu Kai tüuv eKeivou qpiXuuv; 1X38, 2; XII5,
11; 6, 2; XII 13, 8: oü jliovov aÜTÖv 'AvTiTrarpov, dXXd
Kai TOUC ^Keivou öiaboxouc Kai cpiXouc; XV 29, 14: aurriv
CKeivnv "sie selbst"; XVIII 15, 12; 51, 10; XXI 38, 6;
XXVII 7, 8; XXVm 1, 5; XXX 9, 6; XXXVIII 12, 3.
V. 1. II 16, 13: id Ttepi OaeBovia Kai Trjv eKeivou tttujciv; 25,
7: rjKoXouOouv xoic iTTTreOci Kaid xi^v eKeivuuv dTTOxuupnciv;
58, 2; III 8, 5; 9, 3; 44, 10; 87, 9; 102, 9; IV 35, 6:
xnc eKeivou Ttapouciac; 49, 2; V 50, 11; VIII 10, 7;
X 38, 1; XI 84, 2; XII 6a, 2; 12b, 2; XV 34, 6; XXI 10,
9; XXII 17, 10; XXVm 2, 4; XXX 9, 21 : bis; XXXVI
16, 9.
2. III 77, 4: Ggst; V 110, 10: oubevi KaGiiKeiv ^dXXov fi
'KeivLu; VU 3, 4: Superlativ; ib. 7; 4, 5: \Ji^bev\ Kaer|Keiv
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 83
ladXXov T11V dTTdvTuuv ZiKeXiiuTUJV dpxnv ujc eKeivuj; VIII 19,
4; 31, 2: uuep eKeiviuv "ihretwegen"; X 4, 6; 38, 1;
Xni 7, 4; XY 1, 6; 17, 3: Ggst.; 5: Kdmvoic; XVHI 1,
11: ouK Icpri TÖv Xöyov auTUJ KaBriKeiv, dXX' eKeivuj; 7, 1;
XX 9, 8; XXI 18, 9: Komparativ: 19, 1; XXXVI 6, 6:
Ggst; XXXVIII 8, 3: Ggst;
3. XII 16, 5 : TTap' auTOÜ cpdcKOVioc x^Tovevai iriv dToupiv
— eK Yttp Tfic oiKiac Tf\c exeivou tö cu)|aa . . . fiKeiv dTiaYÖ-
Mevov; XVIII 36, 4; XXXIH 6, 5.
Besoiiderlieiten.
1. Mit oüToc scheint eKeivoc an folgenden Stellen identisch
zu sein: V 50, 11: YpaM^otc ujc Trapd MöXuuvoc dTTecTaX|aevnv
emcToXr)V TtpöcTÖv 'EiTiYevriv 7T£i6ei iiva tojv eKeivou Traiöuuv ...;
XV 25, 29 : iruvGavöiaevoc . . . Kai idc buvd^elc . . . eir' eKeivLu xdc
eXiTiöac Ix^iv: "er erfuhr, daß auch die Truppen darauf ihre
Hoffnung setzten"; XVIII 9, 5: TTpecßeueiv eqpti rrpöc rriv cuykXh-
Tov, KdKeivnv ireiceiv . ..; XXIV 11, 4: üjcie Tidv xö rrpocopopov
*Puu|aaioic eE eToi|uou ttoicTv, evia be Kai irplv f) TTpocxdEai 'Ktivouc;
XXVI 1, 13, ev. zuL 2: ebenso XXXI 27, 7: irpocTTopeuoiaevuuv
rrpöc xöv Tpanelnr\v . . . KaKeivou KeXeuovxoc.
2. Identisch mit imbetontem auxöc sind die obliquen Kasus
von eKeivoc: X 37, 7, 8; XXXVIII 8, 15; 11, 8: KaxriYOpiav
TTOiouiaevoc 'Puj|Liaiujv Kai Tidv xö XeYÖ|Lievov utt' eKeivujv em xö
XeTpov ^K5exö|Lievoc ; 18, 3.
26. Die Evangelisten (Ausg. v. Tischendorf. Für das Alt-
bulgarische: Jagic: Quattuor Evangeliorum codex Marianus).
Der Gebrauch des Pron. eKeivoc bei den Synoptikern ist
zu unterscheiden von dem bei Johannes.
A. Die Synoptiker.
Ziemlich verbreitet ist die Verwendmig von eKeivoc zur
Bezeichnung des räumlich und zeitlich Entfernten. Dem griech.
€Kei entspricht abg. durchweg tu, got. jainar ; Mt. XIII, 42 ent-
spricht abg. hgda, Mt. VI 21, Mk. XVI 7 got. ßaruh; griech.
CKeT = eKeice wird abg. übersetzt durch tamo z. B. Mt. II 22 ;
dem eKeiGev entsprechen abg. fünf Formen: oh tqdu (Mt IV 21),
otb tqde (Mt. V 26), oh tudq (Mt IX 9), oh tqdq (Mt XI 1), oh
tude (Mt XIV 13, XV 21, 29; XIX 15); got wird jainßro ge-
b'-aucht Vgl. außerdem folgende Stellen : Mt VIII 28 : üjcxe }if\
icxOetv xivd -rrapeXGeTv bid xfjc oöoö eKeivoc — minqti pqtetm temb
6*
84 W. Havers,
— mleißan ßairh ßana mg jainana ; IX 26 : eic ö\r|V xnv rnv
CKeivriv — po visei zemi toi — and alla jaina airpa. XIV 1)5;
XY 22; XXVII 8 : 6 dYPÖc eKeivoc — • selo to — akrsjmns; Lk. X 31.
Die häufigen Wendungen ev eKeivi;) ir] ninepa, ev eKeivaic laic
fiiuepaic, ev tri üjpoi eKeivr) werden wiedergegeben durch abg. vi,
h denh^ Vb tyje dinii oder ti> dhni ty^ m> tb casb, got. in jainamma
daga^ in jainaim dagam, in jainai heilai. Das abg. irb Uj dhni
wird übrigens auch zur Übersetzung des griech. kv xaTc riMepaic
TauTttic verwendet, vgl. Lk. I 39, VI 12; Mt. XIV 1 wird ev
eKeivuj tlu Kaipuj übersetzt mit m vreme ono. Ferner mögen hier
erwähnt werden Mt. XXIII 23: Tauia eöei rroificai KaKCiva |nr)
dqpeivai — si ze podobaase Sbivoriti i tecki ne ostaviti; XXVII 19:
TLU öiKaiuj eKeivLU — pravedhniku tomii^ wo eKeivoc = "der be-
kannte"; Lk. XI 42: tauia eöei iroificai KctKeiva )uri Tiapeivai —
si ie . . . i oneckb ne ostavieti ; XIII 4 : eKeivoi oi beKaoKTuj — oni
osme na desete\ XVIIl 14: Kaießri outoc öebiKaiuj|uevoc eic töv
oiKOV auToö f\ Toip eKeivoc — Sbnide sh opramdam m dorm svoi,
pace onogo — atiddja sa garaihtoza gataihans du garda seinamma
pan raihtis jains. Für die Anderseitsdeixis findet sich ein Bei-
spiel bei Lk. XVI 26 : jueraSu f]mijv Kai u|auuv xac)aa ^ija eciri-
piKiai, ÖTTuuc oi öeXovtec biaßfivai evBev rrpöc u)adc }xr] bOvaivrai,
|Lir|be oi eKeiGev Trpöc f])ndc öiaTrepuüciv — oti tqdq. Die Ver-
wendung unseres Pronomens im Sinne eines betonten Der-De-
monstrativs ist ziemlich selten; vgl. Mt. XIII 11 : ui^iv öeboiai . . .
eKeivoic öe oü beboiai — vam^ dano estb . . . onem^ ze ne dano
esh: ähnlich Mk. IV 11, hier auch got. izwis atgiban ist . . . iß
jainaim . . . ; Mk. XII 4 : KdKeivov — i togo — j ah ßana \ 5: KdKeivov
— i togo — jah jainana \ XVI 13: oube eKeivoic — ni tema\ 20:
eKeivoi be : Ggst., — oni ze : Lk. VIII 32 : eic CKeivouc eiceXBeiv
— Vb tii vbniti — in ßö galeißan ; XX 1 1 : KdKeivov — i togo —
jah jainana. Beispiele für praeparative Verwendung finden sich
Mt. XXIV 43 : eKeivo be YivuucKeTe, öti . . . se ze vedite, eko . . . ;
Lk. XII 47: eKeivoc be ö boöXoc 6 tvouc . . . th ze rahi vedevy;
korrelativ steht eKeivoc Mt. XXIV 46 : 6 boüXoc eKeivoc öv . . . —
rahi tb, egoze: XXVI 24: tuj dvBpuiTToi eKeivuj bi' oij — cloveku
tomu imhze\ Mk. IV 20 : eKeivoi . . . o'irivec — si . . . ize, ßai . . .
ßaiei; in cpanaleptischer Verwendung findet es sich Mk. VII 20:
TÖ eK Toö dv9pd»TT0u eKTTOpeuö|aevov, eKeivo KOivoi töv dvOpiuTTOV.
— fo — ßata. Im übrigen ist der Gebrauch des Pronomens
eKeivoc bei den Synoptikern ein ganz eigenartiger; ich führe
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 85
zunächst die betreffenden Stellen an : Mt. VII 25 : 6|uoiuu9r|ceTai
dvöpi qjpovifiuj, octic ujKoö6|uricev auTou inv oiKiav em triv ire-
xpav . . . Kai £TTveucav oi dve)iioi Kai -n-poceTTecav Ty\ oiKia eKeivr], Kai
ouK eirecev — napadq na chraminq tq — bistugqun bi pamma
razna jainamma\ ebenso 27; XII 45 : KaioiKeT eKti, Kai Yiverai
TOI Icxata ToO dvGpuuTTOu eKeivou xeipova TuJv TrpuuTuuv — cloveka
togo: XIII 44: 6|uoia ecTiv r\ ßaciXeia tujv oupavüuv öricaupuj Ke-
Kpu|H|aevLu ev tuj dTpuJ, öv eupujv dvGpuuTTOC . . . TTuuXeT iravTa öca
€xei Kai dTOpdZiei töv dTpöv CKewov — kupueU selo fo; XVII 27:
eupnceic cTarfipa • eKeivov Xaßdiv ... — ü ubzenn . . . ; XVIII 26 :
TTecujv ouv 6 öoöXoc eKelvoc TrpoceKUvei auiuj (der Schuldner, von
dem unmittelbar vorher die Rede gewesen ist). — pad^ uho rahotb
(^ rah^ tb)\ 27: cirXaTXVicGeic öe 6 Kupioc tou öouXou eKeivou —
raba togo; 28: eHeXöujv be ö boöXoc eKeivoc — isbdd ze rahotb\
32 : Ttdcav i\\v öqpeiXrjv eKeiv^v dqpfiKd coi "die ganze Schuld habe
ich dir erlassen" — visb dhg^ tvoi otvpusUcln tebe. XX 4 : eibev
dXXouc ecTÜüTac ev if) dYopa dpYOuc, Kai eKeivoic eiTrev "und er
sprach zu ihnen" — i tenn rede : vgl. 6 u. 7 : Xexei auxoTc —
irm. XXI 40 : ötav ouv eXGr) 6 Kupioc xoö djUTreXaivoc, ti uoiricei
Toic •ft'J^PToic eKeivoic; "was wird er dann mit diesen Arbeitern
anfangen?" c^to sbtvoritb delatelenn tenn: XXII 7: diriJuXecev toijc
qpoveic eKeivouc "er ließ die Mörder umbringen" — p)oguhi ubice
ty\ 10: Xeyei toTc öouXoic auTOu . . . Kai eHeXGövxec oi boöXoi eKeivoi
eic rdc ööouc ... — i iseddse rabi ti na pqti\ XXIV 50: fjSei
6 Kiipioc TOU bouXou eKeivou "der Herr dieses Knechtes" — raba
togo: XXV 7: TÖTe rifepGricav Trdcai ai TrapGevoi eKCivai "aUe
(diese) Jungfrauen" — devy ty vtse; 19: epxeTai 6 Kupioc tüjv
öouXujv eKeivuüv "der Herr dieser Knechte" — rab^ techi-, XXVI
24 : KaXöv fjv auTUJ ei ouk eYevvriGri 6 dvGpuuiroc eKeivoc — clovekb
ti ; Mk. III 24 ; edv ßaciXeia £9' eauTrjv iiiepicGfi ou öüvaTai cTaGfivai
f) ßaciXeia eKeivri — cesanstvo to — so piudangardi jaina ; ebenso
25: f} oiKia eKeivn — domotb — sa gards ja ins: XIV 21 == Mt.
XXVI 24; XVI 10: eKeivr) "diese" — owa — soh: 11: KdKeivoi
"und diese" — oni — jah eis: ebenso 13: Dual — to; Lk. VI
48: Tri oiKia eKeivrj (vgl. Mt. VII 25, 27) — chramine toi — bi
jainamma razna ; 49 : i^c oiKiac eKeivnc — cliraminy toje — pis
raznis; XI 26 = Mt. XII 45; Lk. XII 45: edv be emri 6 öoOXoc
eKeivoc — rabi fe; 46 = Mt. XXIV 50; XIV 24: tujv dvbpoiv
€Keivuuv TiiJv KeKXrjfievujv — mqzh tecJn — manne jainaize; XX 18:
XiGov öv direboKiiittcav oi oiKGÖofiouvTec outoc efewr\Qr\ eic KcqpaXnv
86 W. Havers,
fuuviac; ttöc 6 Trecdiv ctt' eKcivov töv Xi9ov cuvGXacGricetai — na
Jx-amene tomh — ana pana stain. Au den meisten der hier an-
geführten Stellen entspricht CKeivoc unserem schwach betonten
"dieser", was für Mt. XVII 27 auch von Winer-Schraiedel (Gram,
des neutestamentlichen Sprachidioms 8. Aufl. Gott. 1898. S. 217)
zugestanden wird, während Blass (Gram, des neutestamentlichen
Griechisch S. 167) meint, daß eine Vertauschung mit outoc
selten anginge. Auf die Ausbreitung dieser uns schon von Polybius
her bekannten Erscheinung wird wohl der Umstand nicht ohne
Einfluß gewesen sein, daß im Griechischen des NT. outoc auch
die Funktion von ööe übernommen hat, vgl. Brugmann a. a. 0.
S. 57, Fußnote; eKcTvoc konnte daher zur Entlastung von outoc
verwendet werden. An einigen der oben angeführten Stellen
scheint cKeTvoc vollständig überflüssig zu stehen, z. B. Mt. XVIII
26, 27, 28, wo es denn auch tatsächlich in der von Tischendorf
mit B bezeichneten Handschrift fehlt (vgl. die ähnliche Ver-
wendung bei Herodot, Kap. 13: Besonderheiten).
B. Der Gebrauch unseres Pronomens im vierten Evangelium.
Er unterscheidet sich kaum von dem klassischen.
I. 1. III 28: ouK ei)Lii t^(x} 6 XpicToc, dW öti d-rrecTaXiaevoc ei)ni
e^TTpocGev eKeivou: Rücksicht auf die Gottheit Christi —
predi nimh\ ähnlich IV 25 — fo, VI 29 — om> — jains;
XVI 8 — om> — is\ 13: örav öe eXöii cKeTvoC; xö irveöua
Tfic dXrjöcictc, om — jains\ ebenso 14.
2: IV 39: eK öe ■xr\Q TToXeuuc eKeivnc; Fernanaphora — otb
grada ze togo\ V 35 : eKBVoc — om — jains-^ 46: eKeivoc:
Moses, h — jains; XVIII 15: 6 öe ^aBriTnc eKeivoc: Be-
ziehung auf die Vergangenheit — ucenikb ze tb — sah\
XXI 23 : 6 )Lia9riTric eKeivoc : Fernanaphora — tb.
II. VII 11: TToO ecTiv eKeivoc; verächtliche Frage der Juden
nach Jesus, — om — jains. 45 : eKeivoi : die Hohenpriester
und Pharisäer, — ti — jainai\ 44: eKeivoc: der Teufel,
otvb — jains: XIII 27: eic eKeTvov: Judas — vo nh — in
jainana.
m. 1. I 8: OUK T^v eKeivoc TÖ cpüuc "nicht der war das Licht", —
ne beh svetb\ II 21 : eKeivoc öe eXeyev "er aber sprach von
dem Tempel seines Leibes", während die Juden an den
Tempel von Jerusalem dachten, — om ze\ III 30: eKeTvov
bei auHdveiv, e^e öe eXarToucOai — onomu podohaah rasti
— jains skal ivahsjan; V 19: ä y«P «v eKeivoc TTOiri, tauia
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 87
Kai 6 uiöc iroiei 6)lioiujc — eze ho om tvoritb\ 39: ^Keivai
eiciv — tbi sqtb; 47 : ei be toic eKeivou Ypctmaaciv ou mcTeuexe,
TTUJC ToTc eiaoTc prjfiaciv TTicTeuceTe; — togo kbnigarm — jainis
melam\ VIII 42: tKeivoc )ne dTrecieiXev "d§r ist es, der
mich gesandt hat", — ti tue posüa — is mik insandida]
IX 9 : dWoi IXeYov . . . eKeivoc eXefev "er selbst aber sprach",
also Berührung mit auiöc; — om ze — ip is qaß; 28:
cu |Lia9nTr]c ei eKeivou, f\\xe\c be toö Muuüceujc: vorher un-
betontes auToO, — togo — ßu is siponeis pamma ; X 6 :
eKeivoi be ouk eYVuucav oni ze — ip jainai\ 16: KoiKeTva
"auch die" — i ty — jah po; XI 13: vgl. II 21 : oni ze
— ip jainai\ XIV 12 : KciKeivoc — i h — jah is; XVII 24:
KctKeTvoi — i ti — jah pai ;
3. IV 53 ; X 35 : ei CKeivouc eiTrev öeouc . . . irpöc oüc . . . ony
— jainans; XIII 26: CKeivöc ecriv iL eTub . . . tb — sa;
XXI 7.
4. I 18: 6 liOvoTevric uiöc . . . CKeTvoc — fe; 33: 6 7Te|iVi;ac
)ae . . . cKeTvöc )lioi . . . fe; V 11 : 6 rroincac . . . eKeivoc |iOi . . .
ti; 43 : edv dWoc eXÖr] . . . eKeivov — togo; VI 57 : 6 TpiuTiuv
iue KÜKeTvoc Z:ricei — jah sa\ IX 37: 6 XaXdjv . . . eKeivoc
ecTiv — tb estb — saist-^ XI: 6 \xt[ eicepxö|aevoc . . . eKeivoc
tb — sah ; XII 48 : 6 Xoyoc . . . eKeivoc — to — Pata ;
XIV 21 : 6 Ix^AJv . . . eKeivoc — tb — sa\ 26: ö be irapoi-
kXhtoc . . . eKeivoc — ty — sa\ ebenso XV 26.
IV. 1. V 38 : keivoc — tb — jains\ VII 29 : KUKeivoc — itb — jah
is\ IX 11 : om —jains; 12: tb — sa; 25 =^ 11, ebenso 36
XI 29 : eKeivn — ona — jaina; XIII 25 : tb — jains] 30
ony — jains, ev. zu II.; XVIII 17 : om — is, ebenso 25
XIX 15: eKeivoi — oni\ 21 : eKeivoc — satm (auröc); 35
KdKeivoc — itb] XX 13 : eKeivoi — ona (Dual); 15 : iKeivri
— ona, ebenso 16.
27. Lnkian (Ausg. v. Jakobitz).
I. 1. Tim. 16: out' ouv ^Keivouc oüxe toijc iravu Tipoxeipouc eic
d|ae TouTouc eTraivüu : ck. bezieht sich auf die unmittelbai;
vorher genannten Geizigen, sie stehen aber dem Interesse
des Sprechenden nicht so nahe, wie die Verschwender
von der Sorte des Timon, um die sich das Gespräch dreht,
und die daher mit toutouc bezeichnet werden; 31 : reine
Deixis, und so oft bei Lukian; Deor. Dial. V 2; XX 6:
beupo r)X9ov utt' ^Keivou KaxaTreiiqpöeic ; Charon 3, 6, 9, 11:
88 W. Havers,
Tivac eKeivouc ö Kpoicoc eK-rreiuTTei ; ib. eKcTvo Yotp ^ctiv 6
Xpucoc, t6 Xaiairpöv ö drrocTiXßei . . . ; EPM. 'EkeTvo, oi Xdpuuv,
*Ma, lieber Charon" ; 22 : rrpö tuüv TroXeuuv €Keiva tu xiAJ^otia
opac . . .; eKeTva Trdvxa veKpoboxeTct Kai cuj)iiaToqpu\dKid
€ici: wir: "Das sind alles Gräber"; 23, 24; Piscat. 25;
Catapl. 22: oux ö)aoia xoTc eKei rd ev6dbe: das Gespräch
wird in der Unterwelt geführt: Somn. s. GaU. 18; Philo-
pseiid. 15: tö evaviiov toTc cpdc|iaci TteTTOvGev. eK€iva |iiev
Ydp . . . avTt] öe . . ., vgl. oben Tim. 16; 20: irdvia eKtiva;
Dial. meretr. VI 1 : öie öe eKcTvoc llx].
2. Somn. 11: ujcre tujv öpuuvTuuv eKacxoc töv irXriciov Kivrjcac
öeiSei ce xiu öaKiuXtu "outoc eKeivoc" XeTuuv ; vgl.Harmonid. 1 ;
NigT. 7, 12, 13 Fernanaphora, ebenso 23; Prometh. s.
Caucas. 10, 13: tö ütt' eKeivou "von jener Zeit an"; Deor.
Dial. IV 1: ttüjc ouv id luiev TiTepd coi tKeiva eHeppOriKe;:
"wo sind denn die Flügel, die du vorher hattest, hin-
gekommen ?" ; Dial. Marin. II 2 ; Dial. Mort. II 2 ; V 1 :
Fernanaphora; VIII 1; IX 4; XI 1 ; XIII 5; XV 2;
XVI 2 ; 3 ; XXV 2 ; XXIX 2 ; Charon 3 ; Piscat. 9 ; 42 ;
Jup. Confut. 7; 9; 18; Somn. s. Gall. 1, 2, 4, 6, ib. eKeivoc
"Homer"; 8, 12, 24: cu be ÖTröre ßaciXeüc iicGa . . . ttoiou
tot' erreipdGric toö ßiou eKtivov; "wie hat dir denn da-
mals diese Lebensweise gefallen?"; Icarom. 5, 21, 29;
Anachars. 15: Fernanaphora; 16: bis; 22: dpeTdc Te dv-
öpüjv TTaXaiujv Kai KaKiac Seuuiuevouc, ujc tüljv )aev diro-
TperroiVTO, ctt' eKeTva hk cTreüöoiev; 23, 32; Philopseud. 2;
Dial. meretr. VI 3: Fernanaphora; XII.
n. Dial. Mort. V 1 : ti ydp eKeivoi iraGovTec euxovxai . . . "was
für eine Ursache hat dies Gelichter?"; Charon 5: dirö öe
TüüV dpKTUJUuv Td em Tdbe tou "Icxpou |li6vov (sei. qpaiverai),
KdKeT9ev f] Kpiirr) ou irdvu caqpJjc "gegen Norden ist nur das,
was diesseits der Donau liegt, sichtbar, und auf der gegen-
überliegenden Seite (gegen Süden) kann man kaum bis Kreta
sehen"; Anachars. 33; Dial. meretr. VII 3: töv epYdTnv eKeivov
Kivdßpac d-TToZiovTa "diesen stinkigen Bauernjungen" ; X2:
Ti iraGujv be eKeivoc . . . "was fiel dem Menschen ein, daß
er...?"; 3: 6 Xfipoc eKeivoc.
ni. 1. a) Tim. 10 : keivou |aev biniuaprov, — uirepecxe Tdp auToO thv
xeTpa TTepiKXfic — 6 be Kepauvöc eic tö 'AvaKeiov irapa-
CKr|i}jac . . . ; 22 ; Deor. Dial. XIX 1 : luövnc be d^iex»;!
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 89
Tfjc Ä9rivdc Ktti err' eKeivr|c otTTupoc |Liev coi n öde ; Dial.
Mort VI; XIV 6; XV 2; XXn 3 ; Piscat. 32; Jup.
Confut. 12: em töv cOv dqpeic triv Xoyxnv, eKeivou uev
djuapTricerai, qpoveucei he töv toO Kpoicou iraiöa ; Somn.
s. Gall. 17 : feKeiviu |Liev oubev cuvnvexönv . . . töv juevToi
eTttipov auToO . . . ou x^XeTTojc drreKTeiva: Berührung-
mit auTÖc "selbst"; Anachars. 23; Navig. 22; Dial.
meretr. II 3 ; IV 4 ; VE 3 ; XV 2 : buo TdXavTa aitri-
caca . . . enei }xi] eöiöou 6 Aeivojuaxoc, eKeivov |aev dTte-
KXeicev . . . TÖV föpYov öe . . . Tipocie^Aevri • • • ; Deor.
Concil. 18.
ß) Deor. Dial. III 1 ; V 2: oüb' CKcTva ^ev . . .; 4; XVI 2;
XIX 1; XXV 3; Dial. Marin. VII 2; Dial. Mort. I 3:
eipnceTai Kai TaÖTa irpöc eKeivouc : vorher geht ein Auf-
trag an die Philosophen ; II 1 : ou qpepojuev, uj TTXoutujv,
MeviTTTTOv TOUTOvi TÖV Kuvtt TTttpoiKouvTa * ujcTe n tKeivöv
TTGi KaTdcTHCov r| fiiuieic )LieToiKrico)aev ec eTepov töttov :
Der reinen Deixis dient nur toutovi; das betonte cKeTvov
steht lediglich der Gegenüberstellung wegen, weshalb
es nicht richtig ist, wenn Jakobitz in der Anm. z, D.
St. übersetzt "setze oder bringe jenen irgend wohin
zur Ruhe"; VI 3; VII 2: etüj • • • ävr' keivou veKpoc:
VIII: KdKeivoc; ib. ti ouv örj CKeTvoc; "was tat er nun?"
(nachdem du so gehandelt hattest); XVI 1: ou fäp
CKeTvoc TeOvr|K6V, dXX' eTou n eiKubv aÜTOÖ ; 2 : cu toivuv
dvr cKeivou veKpöc ei; XVII 1; XIX 1; Charon 9:
KttKeTvoc; 10; 16; Piscat. 3: 6 |Liev "Ojuripoc f)|uTv dirpaK-
toc, f) laeYiCTri eXmc. im töv Eupiiriöriv br| |aoi KOTa-
<peuKTeov • Tdxa fäp dv eKeivoc cuuceie )ae; 25; 27:
Kai rrpöc eKei'vouc; Catapl. 4; Jup. Confut. 6; 11; 15:
cu öe |uoi Kai uirep tKeivric diTÖKpivai "auch in ihrem
Xamen"; ebenso 18; Somn. s. Gall. 9: cu dvT' eKeivou
fJKe; 19; 22; 24: ö|uoiov ovTa toTc . . . KoXoccoTc . . . •
KdKeivouv yäp eKacToc...; 26; Icarom. 16: KdKeivouc;
Anarchars. 16; 31 ; Philopseud. 18: |uujv töv biCKeuovTa,
Tiv ö' eTuu, cpric töv . . .; ouk eKeivov, n ö' öc . . ., cu öe
ei Tiva TTapd tö üöuup tö emppeov ciöec -rrpoTacTopa . . .
eKeivov XeTuu "den meine ich"; 39; Dial. meretr. XI 3;
Deor. Concil. 6;
Y) Mgr. 27 : sie sollten sofort mit der Besserung be-
90 W. Havers,
ginnen; Prometh. s. Caucas. 10: ged. Ggs.; Dial. Marin.
XV 1 : NOT' Nai • töv Tf)c Eupubmic itaTepa. xi |uriv; ZEO*
TTepi auTvic CKeiviic buiYt'icoiuai coi "von eben dieser
Europa habe ich dir etwas zu erzählen"; Dial. Mort.
VII 1 : KAA. oicGa ^äp Kai cu ttou TTToioöuupov töv
TepovTtt ZHN. Töv dieKVov, töv ttXouciov . . . : KAA.
eKeivov auTÖv dei eBepd-rreuov "eben der ist es, den ich
immer pflegte" ; XXIX 2 : ged. Ggs. ; Charon 4 : aÜTÖv
GKeTvov TÖV 'ATXavTa; 21: oukoöv CKtivoic jov\ e|ußoii-
cu))Liev; "wollen Avir denn nicht denen wenigstens zu-
rufen?" ev. zu Z;; Piscat. 3: eKeivoc auTÖc "eben der";
10; 11; irap' auTfjc eKeivr|c fiKeiv "sie kämen gerade
von ihr her"; Demon. 12: dpHacOai bk drrö OaßLupivou
KttXöv Kai ujv TTpöc tKtivov eiTtev : um nachher zu er-
zählen, was er zu änderen gesagt hat; Jup. Confut. 9,
ev. zu ZI; Somn. s. Gall. 4: CKeivoc auTOC "d6r eben";
20; 27: ged. Ggs.; 28: rrap' auTÖv eKeivov töv !Ei)Liujva
"zu eben diesem Simon" ; Icarom. 3 : ged. Ggs. ; Dial.
meretr. II 1 : oi|uai ydp eKeivov Xeyeiv ce "denn den
meinst du doch wohl" ; VI 2 : KOP. KaGdfrep i-\ Aacpviöoc
öuTttTrip Aupa; KPQB. Nai. KOP. dXX' eKeivr) eTaipa ecTiv:
ged. Ggs.; XI 2: TPYO. 'OiroTepav Xijexc; öuo ydp
eici • Tiiv CK TTeipaiuJc . . . r\ tvjv eTepav, »iv TTaYiöa em-
KaXoöciv; XAPM* 'EKeivr|v, Kai 4dXuuKa ö KaKoöai|Liujv Kai
cuveiXri|Li)aai irpöc aÜTfjc "welche (Philemation) meinst
du ? Denn es gibt ihrer zwei, die aus dem Peiraeus . . .,
oder die andere, die man auch die "Schlinge" zu
nennen pflegt ? Charm. "die letztere, und ich Ärmster
sitze ganz in der Schlinge drinn"; hier wird also nur
durch den Zusatz : Kai edXuuKa ktX • verständlich, welche
gemeint ist; ib. hi eKeivov "doretwegen";
ö) Deor. Dial. XII 2. Dial. meretr. XI 1.
e) Nigr. 32; Deor. Dial. IV 1 : luövov Tdp eKeivov vfff) Geov;
Dial. Mort. VI 3 : Komparativ ; VIII : eKeivoi . . . ndvTa :
identisch mit Superlativ ; IX 4 : Komparativ ; Charon 1 :
Vergleich; Demon. 2: Superlativ; Icarom. 29; Ana-
chars. 17; Philopseud. 23; 27: Vergleich; 44: dveu
eKeivuuv )li6vuuv; Dial. meretr. IV 4: eKeivov |Li6vnv; VI 2
Kai cu Ydp trXouTriceic ujc eKeivr) . . .; VII 3; Komparativ
X 3 : TTpocßXerreiv a.\\\jj oüöevl eSecriv öti \xi-] eKeivuj
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 91
l) Tim. 18: Begründung; Deor. Dial. lY 2: ttoO TÖtp enei-
voc öiperai ce "wie soll der dich sehen?"; YII 4;
XX 3 : ouK dv eKeTvoc öiKdceie KaKÜJC "der wird gewiß
keinen falschen Spruch fällen" ; 5 : opüu vOv, et ye eKeivöc
ecTiv EPM. dW eKeTvoc. "Ich sehe ihn, wenn der es
ist". Herrn. "Ja, der ist es" ; ev. zu y ; 13 : Begründung ;
Dial. Marin. V 2 ; ib. diriTe öe ec Tr)v "löriv ixapd töv
TTpid|Liou TTaTöa . . . ouk dv eKeTvoc Kpivai KaKUJC : auf
dessen Urteil könnt ihr euch verlassen. Dial. Mort.
IX 4: eKeTvoc toivuv; XX 4; Charon 7 : rröGev cu exeic
Ti Tüüv eKeivou eiöevai; "wie kannst du (als Schiffer)
etwas von dem (Homer) wissen?"; ähnüch 8; 12:
eKeTvoc Te; 19: eKeivuuv xoivuv; 22 : 'EKeivouc eti Ttiveiv
r\ ecGieiv . . . "Die sollten noch trinken oder essen ?" ;
Jup. Conf ut. 6 : eKeTvoi yovv . . . "Die sind es, die . . ." ;
Somn. s. Gall. 6 ; 17 ; Icarom. 5 : eKeivouc Te; Anachars. 15 :
Begründung; 27: eKeivou toivuv ; Philopseud. 5 ; Xavig. 26 :
f]v eKeivri dTroppaYf) TtdvTa oi'xerai ; Dial. meretr. lY 3 :
TTou 5'dv i'öoic eKeTvov; "wo willst du den zu sehen
bekommen?" nachher unbetontes auiov; X 1 : |ur| ti
TÖV rraiboTpißriv AiOTiiaov Xeyeic; eirei eKeTvoc yc cpi\oc
ecTiv; ib. CKeTvöv cpriiui "eben den meine ich"; 2;
XIY3: bis;
Ti) Somn. s. Gall. 10; 24; Philopseud. 31 ; 36 ; Dial. meretr.
XH 1;
9) Tim. 10: 6 . . . Kepauvöc eic tö 'AvaKeTov TTapacKnvjiac
CKeTvö Te KaTeqpXeHe Kai auTÖc öXiyou öeTv cuveTpißr];
Deor. Dial. XXY 2 ; Demon. 2 ;
i) Dial. meretr. lY 5 ;
k) Charon 16; Xavig. 1;
2. Xigr. 8; 9; 10; 33: KaKcivouc . . . toüc TTOiou|uevouc ;
Tim. 12; Prometh. 20; Charon 1; 17 bis; Jup. Confut. 5;
9: eKeivuuv... tüuv dvaipouvtouv ; 15; Somn. s. GaUus 7 ;
18; Icarom. 18; 24; 28; Anachars. 18; 23.
3. Somn. s. Gall. 9 ; Philopseud. 24 : auTd CKeTva eTi djUTrexö-
ILievov, ev oic auTov KaTeBdipaiuev.
4. Deor. Dial. XXYI 1 ; Dial. Marin. lY 3 ; Dial. Mort. IX 3;
X 12: Kai Td iraiöia . . . KdKeTva: Charon 1; Piscat. 46;
Catapl. 11; Xavig. 43; Dial. meretr. lY 4.
lY. 1. Deor. Dial. HI 1; XI 1; Dial. Mort. III; YIU: schwach
92 W. Havers,
betont; IX 4; XII 5; Charon 21; Jup. Confut. 14;
Philopseud. 13; Navig. 1, 2; DiaJ. meretr. I 1 ; II 1 ; VI 3;
VII 3, 4: IX 3; XI 4.
2. Nigr. 13 : uicrrep ou irpöc auxöv cKtTvov dTroTeiviuv *'gleich
als ziele er nicht auf ihn selbst" ; Deor. Dial. XVIII 1 :
dßpÖTepoc auTüüv eKtivujv "weichlicher als diese selbst";
Dial. Marin. XII 1 : pufivai öid tou öpöcpou eir' aurriv, be-
Ha|Liev)iv bk eKeivnv ec töv köXttov . . . ; Dial. Mort. I 2 :
TTpoc auTouc eKeivouc; Jup. Confut. 10: auiuiv eKeivujv;
Icarom. 2 : Trap' auroö eKeivou "von ihm selbst" ; Anachars.
15: Kai auToTc eKeivoic; 22: auiiJuv xe eKeivuuv x^tpiv;
Philopseud. 27 : r) Arnnaivetri auir) eKeivn "die leibhaftige
D."; Navig. 10; Dial. meretr. III 1.
V. 4. Dial. Deor. V 4.
5. Dial. Deor. XIV 1 : tö KaXöv eKeivo laeipdKiov ; Dial. Mort.
XXIII 3 : xf] KaXf] cou eKeivri vu)Liq)ri. Somn. s. Gall. 5 : xöv
Tiaveubaipova öveipov CKeivov; Deor. Concil. 5.
Anm. Identisch mit den obliquen Kasus von aüxöc ist unbetontes
tKeivoc: Dial. Deor. V 2: ev. zu I 2; XIX 2; Philopseud. 19; Navig. 4:
uape\r|\u6dvai ^KeTvov, vorher KapaboKeiv aÜTÖv; Dial. meretr. III 1: oube
.... cuveKdOeubec ^er' auroO .... XuiroOca eKeivov.
III. FolgeruDgen aus dem Bisherigen für die Semasio-
logie und Etymologie unseres Pronomens.
28. Ich hoffe, durch die angeführten Beispiele die Rich-
tigkeit der in Kap. 1 — 8 aufgestellten allgemeinen Gesichts-
punkte nachgev^^iesen zu haben.
Es fragt sich nun, welche von den Zeigarteu des Pro-
nomens eKeivoc als die ursprünglichste zu gelten hat, und zwar
kann es sich nur handeln um die Priorität einer von den mit
L 11 und in bezeichneten Demonstrationsarten; denn daß eKeivoc
von Hause aus ein einfaches Pronomen der 3. Person gewesen
sein sollte (vgl. die unter IV angeführten Beispiele), daß sich all-
mählich zum Demonstrativnm entwickelt hätte, ist ausgeschlossen,
weil es für einen solchen Bedeutungswandel kein Analogen in
den indogerm. Sprachen gibt; über die scheinbare Ausnahme,
daß "Wörter mit der ursprünglichen Bedeutung 'ipse' sich zu
Demonsti'ativen entwickeln, vgl. Brugmann a. a. 0. S. 121 ff.
umgekehrt ist es eine ganz gewöhnliche Erscheinung, daß sich
bei hinweisenden Pronomina das Bedeutungselement der Deixis
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 93
im Laufe der Zeit mehr oder weniger verflüchtigt, vgl. z. B. ai.
die von den unbetonten Stämmen a und ena gebildeten Kasus
wie asmai^ asijai u. s. w. (Delbrück, Altind. Synt. S. 28), arm,
na "jeuer" und "er", roman. «7, el aus lat. ille, aisl. Mnn, kann
"er", hön "sie", preuß. täns "er", lit. ans, ana für jis, ß in
der Gegend von Memel (s. Kurschat: Gramm, d. lit. Spr. § 896),
slav. ond "jener" und "er"; (mehr Beispiele s. bei Brugmann
a. a. 0. S. 128 ff.). Auf Grund der Tatsache nun, daß eKeivoc in
weitaus den meisten Fällen bei einer Gegenüberstellung im
weiteren Sinne des Wortes (s. Kap. 5) gebraucht wird, kann
man wohl mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die mit II
bezeichnete Demonstrationsart, d. h. die Andererseits-Deixis bei
CKCivoc die ursprüngliche gewesen ist, und Brugmann dürfte
Recht haben, wenn er a. a. 0. S. 12 sagt: "Der Hinweis auf
das anderseitig Befindliche ist vermutlich die Grundbedeutung
der Pronomina der Jener-Deixis gewesen und das Bedeutungs-
element der größeren Entferntheit durch die Gruppierung mit
Pronomina der Ich- und der Der-Deixis entsprungen". Was
das Verhältnis von eKeivoc zu ööe und outoc betrifft, so haben
wir uns dies demnach so zu denken, daß eKeivoc die dem
Redenden (ööe) und dem Angeredeten (outoc) gegenüberstehende,
gewissermaßen auf der anderen Seite befindliche dritte Person
bezeichnete. In ähnlicher Weise wird ja auch im Armenischen
und im Bulgarischen die Beziehung auf die drei Personen aus-
gedrückt durch die Elemente -s, -d, -n bezw. -s, -t, -n, von
denen das n-Element in engstem etymologischem Zusammen-
hang steht mit unserem eKeivoc, ebenso wie das im Serbischen
bei Beziehung auf die 3. Person gebrauchte onaj (vgl. Brug-
mann a. a. 0. S. 43 ff.). Daß auch lat. ille von Hause aus nicht
die Entfernung im Raum oder in der Zeit bezeichnete, sondern
die dem Redenden und Angeredeten gegenüberstehende dritte
Person hat Jos. Bach nachgewiesen in seiner Untersuchung:
De usu Pronominum Demonstrativorum apud priscos Latinos,
in Studem. Stud. II 147 ff. Wenn nun eKeivoc seiner ursprüng-
lichen Bedeutung nach ein Pronomen der Anderseits -Deixis
war, wodurch wurde dann urgriech. die Jener- und die Der-
Deixis ausgedrückt? Was die letztere Zeigart betrifft, so kann
es nach den Ausführungen von Windisch (a. a. 0. S. 376) und
Brugmann (a. a. 0. S. 24 ff.) nicht zweifelhaft sein, daß ihrem
Ausdruck seit uridg. Zeit der Stamm *to- diente, der erst in
94 W. Havers,
den Einzelsprachen infolge des Verblassens seines Bedeutungs-
inhaltes durch lautuugsvollere Neuschöpfungen verdrängt wurde,
etwa in der Weise, wie nhd. "diese)'" dem "der" Konkurrenz
macht. Ich habe oben bei Besprechung des Homer und des
Aeschylus darauf hingewiesen, wie sich in deren Gedichten die
Verbreitung des ckcivoc auf Kosten des *to- Demonstrativs noch
verfolgen läßt; ebendaselbst habe ich auch gezeigt, daß in den
homer. Gedichten der Stamm *to- noch ganz gewöhnlich bei
Fernanaphora verwendet wird, indem es dem Hörer überlassen
wurde, sich die Beziehung selbst zurechtzulegen. Wir dürfen
daher annehmen, daß im Urgriech. auch auf entfernte Gegen-
stände des äußeren Wahrnehmungsbildes mit ^to- hingewiesen
Averden konnte. Dem fürs urgriech. vorauszusetzenden Zustande
entsprechen meiner Ansicht nach die im Altbulgarischeu vor-
liegenden Yerhältnisse. Hier wird, wie wir gesehen haben,
das eKeivoc der griech. Vorlage fast durchweg durch zum *to-
Stamme gehörige Formen übersetzt, und otn wird — abgesehen
von den Nominativformen, vgl. Leskien: Handbuch der Alt-
bulgarischen Sprache 3, § 78 — meistens nur da gebraucht, wo
es sich um Anderseits-Deixis handelt, vgl. ob om poh = Ttepav,
dvTiTTepav, Mat. XIX 1; Job. I 28; IH 26; VI 22; Lk. VIII 26;
na ompoh: Mat. XVI 5; Mk. IV 35; V 21; VIH 13; Lk. Vin22;
sb onogo polu "von der anderen Seite her"; po onomu polu,
u. s. w. (Der got. Bibeltext macht im Gegensatz zum Abg. viel
mehr den Eindruck einer wörtlichen Übersetzung.)
29. Es erübrigt noch, auf die Etymologie von eKeivoc ein-
zugehen. Prellwitz setzt BB. XV 155 als Grdf. für eKeivoc an
*e-Kei-evoc. Dieses aus -ev- erweiterte Suffix -evo- soll im Ablaut
stehen mit dem ebenfalls zur Bezeiclmung von Lokalitäten ver-
wendeten Suff, -uuv- in dXaiuuv 'Olivenhain', TTap6evübv 'Jung-
frauengeraach' usw. Im Lettischen sei das Suff, in der Form
-ene- bewahrt und dor. xfivoc aus *Tei-evoc entspreche vollständig
dem lett. Uij-en-e (aus *tei-en- iä). Johansson: Nord. Tidskr. f.
Filol. N. R. Vin 372 ff. sieht in aeol. k^voc eine Ableitung von
Kf) ; ion.-att. KeTvoc = *Kenevoc denkt er sich aus dem ursprüng-
lich zweisilbigen (zusammengesetzten) pron. Stamm *keio-^ *keie-
gebildet, dessen kürzeste Form vorliege in lat. cis^ lit. szis. Solmsen
KZ. XXXI 475 nimmt für (e)Keivoc und rfivoc Zusammen-
rückung aus den lok. (e)KeT rei und *^voc an, so daß die Grund-
bedeutung gewesen wäre "jener dort", "jener hier". Dieser
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 95
letzteren Erklärung schließt sich Brugmann a. a. 0. S. 54 an, be-
merkt aber ausdrücklich: "ob . . . das für KeTvoc Kfjvoc voraus-
zusetzende *Keevoc aus *Ke\ (vgl. e-xeT) evoc hervorgegangen war,
wie Solmsen annimmt, oder aus *Ke evoc (vgl. raöeiva aus *Tdbe
Iva § 37,a) muß meines Ermessens unentschieden bleiben". Auch
ich stimme mit Solmsen insofern überein, als ich in dem zweiten
Teil unserer Pronomina nicht ein Sekundärsuffix -evo- oder -vo-
erblicke, sondern das Pronomen *evoc, wie es in dem bekannten
evri "der dritte Tag" vorliegt; ich halte es aber für verfehlt, in
dem ersten Teile von cKeTvoc den loc. eKcT sehen zu wollen.
Denn bei dieser Erklärung muß man von der Ansicht ausgehen,
cKeTvoc sei von Hause aus ein Pronomen der Jener-Deixis; es
ist aber auch prinzipiell verwerflich, ein Wort durch ein in
seinem Verhältnis zu verwandten Bildungen selbst noch dunkeles
Wort erklären zu wollen; denn wie verhält sich das Jener-
Deiktische eKei zu dem ich-deiktischen *ko- *ki- (*4«'o-)Stamme,
wie er vorliegt in dem suffigierten arm. -s, in griech. crmepov
att. Triiuepov aus *Kiö)Liepov, alb. sivjet "heuer", lat. cedo^ cis^ ir.
c#, got. himma daga, as. hiu-du^ lit. szis "dieser", abg. sh.?
Meiner Ansicht nach kann KeTvoc nur aus *Ke-evoc abgeleitet
werden. Die Partikel ce- ist besonders im ital. Sprachzweig ver-
breitet, und zwar hat sie lüer teils ich-deiktische Bedeutung,
wie in lat. cedo, ose. ce-hmst^ teils ist sie allgemein-deiktisch wie
in hi-c, isti-c, illi-c (vgl. Brugmann a. a. 0. S. 56, 51). Es hindert
uns nichts, diese allgeraein-deiktische Bedeutung der Partikel
ce auch für's Griechische anzunehmen, so daß *Ke-evoc "der auf
der anderen Seite befindliche" sich vergleichen ließe mit lat.
ceteri aus *ce-ete7'oi "die anderen", wo das Präfix ce- dem bestimmten
Artikel gleichkommt; vgl. Brugmann IF. YI, 87, Fußn. 2. Wie
übrigens bei KeTvoc aus *Ke-evoc die von Hause aus ich-deik-
tische Partikel in der Komposition mit dem Jener-Deiktischen
*evoc allgemein-deiktisch geworden ist, so sind umgekehrt bei
thess. To-ve 'xöbe', ark. loi-vi 'xoubi' und kypr. ö-vu '6be' die
ursprünglich jener-deiktischen w-Partikeln in Zusammensetzung
mit dem ich-deiktischen to- allgemein-deiktisch geworden (vgl.
Brugmann a. a. 0. S. 61). Anders verhält es sich mit dem ai. svds
"morgen", wenn die ansprechende Etymologie Brugmanns a. a. 0.
S. 72 richtig ist; hier haben wir zwar auch die Verschmelzung
eines ich- und eines jener-deiktischen Elementes, aber der Stamm
*ko- dient hier nicht lediglich der Verstärkung des folgenden
96 W. Havers,
Stammes *«o-, sondern beide stehen gleichberechtigt nebenein-
ander. Für die Ableitimg von keTvoc aus *Ke-evoc spricht be-
sonders die Bildungsweise der entsprechenden Pronomina in
anderen indogerm. Sprachen, vgl. ai. a-säü, av. Jiäu, "jener",
Grdf. *so-n; ai. tva-, av. &wa-, eine Verschmelzung von *to- und
*M0-; \a,t. ille ans *is-le; ir. t-all; got. jams mit Der-deiktischem /,
das z. B. in \it. jts vorliegt (Brugmann a. a. 0. S. 91 ff.), got. swa^
ags. swä^ aisl. sud "so", aus *so-{-uo-; aisl. hinn "jener", das
eine gute Parallele bildet zu Keivoc; Schweiz, däna "jener" und
dain, also Verbindung des w-Demonstrativs mit dem *to-St.
wie griech. Tfjvoc aus *Te-evoc. Es ergibt sich aus diesen Beispielen
für die zum n-, Z-, und M-Demonstrativum gehörigen Pronomina
als allgemein geltender Bildungstypus: Verstärkung des eigent-
lichen Ti'ägers des Bedeutungsinhaltes durch ein vorgesetztes,
allgemein-deiktisches Pronomen oder Präfix. Schon deshalb sind
also, abgesehen von semasiologischen Schwierigkeiten, alle von
exei ausgehenden Erklärungsversuche des cKeTvoc abzuweisen, i)
30. "Was nun die Adverbia eKei, KeTGi, eKeice, eKeiGev, be-
trifft, so ist, die Richtigkeit der von KeTvoc gegebenen Deutung
vorausgesetzt, klar, daß sie erst auf sekundärem Wege zu ihrer
Jener-Deixis gekommen sein müssen, da der Stamm *^o-, *ki
{*kio-) in allen übrigen indogerm. Sprachen ich-deiktisch ist.
Das Problem dürfte sich nun wohl am einfachsten folgender-
maßen lösen. Im Dorischen gab es Adverbia wie xiivei, trivöBi,
Trivüu. Hesvch bezeugt für die Kreter ein K)i(v)ouei d. h. Krjvui, und
ein Krivu) im Sinne von eKei; für das Aeohsche haben wir ein
KrivoGev = eKcTGev bei Alcaeus Fr. 86; wir dürfen daher auch für
das Jon. Att. die entsprechenden Adv. mit dem charakteristischen
v-Element voraussetzen (att. exeivri "dort" ist junge Bildung);
daß dieses der eigentliche Träger des Bedeutungselementes war,
wurde im Laufe der Zeit nicht mehr gefühlt, und man betrachtete
das -vo- in eKeivoc als suffixartigen Bestandteil ; es ist daher be-
greiflich, daß man nach Lok. wie oiKei, dei ein eKei bildete, woran
sich dann die Adv. wie KeTGi, Keice usw. anschlössen (vgl. aber
S. 97 Fußn.). Ähnlich urteilte schon Windisch a. a. 0. S. 276;
vgl. auch Brugmann a. a. 0. S. 122. Daß sich übrigens im Aeoli-
schen ein ähnlicher Vorgang abgespielt haben muß, darf man
1) Dasselbe gilt für die von Liden (Ark. f. n. fil. III S. 242) für got.
jains gegebene Etymologie, wonach dieses Pron. eine Ableitung aus dem
loc. *ioi durch suff. no- sein soll.
Das Pronomen der Jener-Deixis im Griechischen. 97
wohl aus dem im neuen Berliner Sapphofi'agm. Col. II 18 über-
lieferten KfjGu = CKeice neben dem oben erwähnten Kfivo6ev =
kKexQev schließen.
31. Das Nebeneinander von KeTvoc und eKeivoc im lon.-
Att. vergleicht sich mit den Doppelformen xOec : e-xöec; ai. a-säü:
ao. hau, apers. hauv, osk. ekü-, päl. eco- "hie": lat. cedo, ce-ve usw.
32. Was die dialektischen ^Nebenformen von lon.-Att.
(e)KeTvoc betrifft, so kann aeol. k^voc lautgesetzlich aus *Ke-^voc
hergeleitet werden, vgl. lesb. rpfic = att. ipeTc aus *Tpeec. Im Do-
rischen haben wir nebeneinander: tfivoc, Kfivoc und (ekeivoc,
vgl. Ahrens: De Dialecto Dorica S. 270 ff. Da im sogen. Mild-
dorischen ee zu ei d. i. e, im sogen. Strengdorischen aber zu x]
kontrahiert wurde, können auch diese Formen auf *Te-evoc bezw.
*Ke-evoc zurückgeführt werden; über xe als Nebenform von xfj
"da! nimm!" vgl. Brugmann, Griech. Gr. ^ § 279, 2 Aum. Wie
ist nun das Nebeneinander von tfivoc und Kfivoc zu erklären? Ich
habe bereits oben (Kap. 23 B.) erwähnt, daß die alten Gramma-
tiker dem TTivoc Nahdeixis, dem Kfivoc aber Ferndeixis zu-
schrieben; ich glaube aber nachgewiesen zu haben, daß ifivoc
sich in seiner Bedeutung ganz mit eKeivoc deckt. Wir sind daher
berechtigt, anzunehmen, daß die syntaktische Verwendung der
Fron. Tfivoc und k^voc die gleiche war, und daß man im Alter-
tum obigen Unterschied nur konstruiert hat, um eben die Tat-
sache zu erklären, daß sich tfivoc und Kfivoc im Dorischen neben-
einander finden, wie denn auch schon Westphal (Griech. Gramm. I,
S. 405) in dieser Angabe der Grammatiker "eine den wirldichen
Sprachgebrauch allzusehr utrierende Spitzfindigkeit der gram-
matischen Theorie" vermutet hat. Der im Et. M. angegebene
Unterschied zwischen tfivoc und ktivoc verträgt sich auch nicht
mit unserer Ansicht über die Grundbedeutung dieser Pronomina,
die nicht so sehr eine Jener-Deixis als vielmehr eine Anderseits-
Deixis war. Es wird daher ursprünglich entweder bloß *Te-evoc
"der Anderseitige", oder bloß *Ke-evoc in derselben Bedeutung
bestanden haben ^); beide Formen von Anfang an nebeneinander
sind wohl nicht gut denkbar, vielmehr muß eine von ihnen
sekundären Ursprunges sein. Dafür, daß tfjvoc die ursprüng-
1) Setzt man dagegen sowohl *T6-gvoc wie *Ke-gvoc als urgriech.
an, so kann man sich die Entstehung von ^Kei folgendermaßen denken :
Neben *Te-gvoc stand *Tei (dor. rei-be "hier"), daher entstand *KeT (cf.
Kei-0i usw.) zu *Ke-gvoc. Im Anschluß an eKeivoc und *Kei wurde dann
^Kei gebildet.
Indogermanische Forschungen XIX. •
98 A. Walde,
lichere Form war, scheint besonders ihr häufigeres Vorkommen
zu sprechen; die Form Kfjvoc könnte man dann ansehen als eine
Umbildung der aus dem Milddorischen eingedrungenen Form
Keivoc nach dem vorhandenen xfivoc. Andererseits legt die Tat-
sache, daß wir in allen übrigen griechischen Dialekten die Form
*Ke-?voc finden, die Vermutung nahe, daß auch im Dorischen
Kfivoc die von Hause aus allein berechtigte Form war; die Form
xfivoc müßte man sich dann durch Anlehnung an das *^o-De-
monstrativ entstanden denken infolge der häufigen Verwendung
des Pron. Kfivoc in betont derdeiktischem Sinne. Auch Brug-
mann (a. a. 0. S. 91) ist der Ansicht, daß *Teevoc eine Neu-
bildung des Dorischen ist, aber er denkt sich dessen Entstehung
anders; "*Keevoc Kfivoc", sagt er, "war ferndeiktisch schlechthin,
und wenn nun auf zwei Gegenstände hingewiesen wurde, die
beide in der Ferne, aber in verschiedener Entfernung waren,
wurde für den näheren *Teevoc xfivoc gesagt: neben dem Gegen-
satz "der da" (ouxoc): "der dort" (Kfivoc) stellte sich der pa-
rallele Gegensatz "jener da" (xfivoc): "jener dort" (ktivoc) ein".
Aber es wäre doch sehr sonderbar, wenn gerade die Dorer
diesen feinen Unterschied in der Sprache zum Ausdruck gebracht
haben sollten, während den Joniern und Attikern das eine
feKeivoc genügte für den Ausdruck "jener dort" und "jener da";
Beispiele für letztere Bedeutung finden sich z. B. zahlreich in
Geb. Pin., vgl. auch Herod. 11 20; IV 27, 30.
Leipzig-Andernach. Wilhelm Havers.
Aspiratendissimilation im Latein.
Die Frage nach der Behandlung der Lautgruppeu ghr-^ ghl-
im Lat. wird von der Mehrzahl der Forscher heute dahin be-
antwortet, daß gr-, gl- als Entsprechung zu gelten habe, und tat-
sächlich müssen mindestens gradior und glaber als unverdächtige
Zeugen dieses Lautwandels anerkannt werden. Andererseits hat
aber Hoffmann BB. 26, 140 ff. (vgl. auch Pedersen KZ. 38, 394)
wesentlich im Anschlüsse an Fi'öhde KZ. 22, 250 mit gutem Rechte
hervorgehoben, daß auch Worte von nicht geringerer etymo-
logischer Durchsichtigkeit mit r-, l- aus ghr-^ ghl- vorhanden
sind und Anspruch haben, in der Sache gehört zu werden.
Aspiratendissimilation im Latein. 99
Beide Teile haben Recht. In der Anlautgruppe
Media aspirata + Konsonant tritt Wandel zu Media +
Konsonant ein, wenn die nächste Silbe mit Aspirata
anlautet; andernfalls bleibt die Grruppe unverändert
und ghr-^ ghl- geht dann über x*'-, X^-i ^ir-, hl- in r-, l-
über. Ich lege das Material vor.
ghr- : gr'adior 'schreite', got. grips 'Schritt, Stufe', ab.
gredq 'komme', ir. ingrennim 'verfolge', aw. garad- 'gradi'. Wurzel
*Qh{e)redh- 'schreiten', dissimiliert zu ital. *gredh-. Daß lat. g-
dem Einflüsse der Zusammensetzungen con-, in-, ex-gredior zu
verdanken sein könne (Pedersen KZ. 38, 394) ist an sich un-
wahrscheinlich, da es ruo trotz con-, in-gruo heißt, und erledigt
sich von selbst, wenn sich andere Fälle derselben Anlautbehand-
lung als gesichert ergeben. Ein solcher ist:
grunda 'cxeTl'? suggrunda 'das auf den Wänden des
Hauses liegende und die Dachdeckung tragende Sparrenwerk,
Dachstuhl', auch 'die an sumpfigen Orten nötige Pfählung des
Grundes, die Grundpfähle', nach Lagercrantz KZ. 37, 182 ff. aus
*gronda und zu aisl. grind 'Tür, Gatter, Pferch', ags. grindel 'bar,
holt', ahd. grintil 'Riegel, Balken, Deichsel', ab. gred^ 'Balken',
apr. grandico 'Bohle', lit. grandä 'Latten, Reiser, die auf den
Deckenbalken des Stalles liegen', grindls 'gedielter Fußboden,
Zimmerdecke' ; idg. *Qhrendh-, *Qhrondh-. Die vollständige Beweis-
kraft dieses Beispieles ist durch Pedersens a. a. 0. Eventual-
vorschläge nicht erschüttert.
Andererseits :
ruo 'stürze' (zu scheiden von ruo 'renne, eile Avohin, stürme',
ir. rüathar 'Ansturm' usw., sowie von ruo 'reiße auf, wülile,
scharre', lit. rduti 'ausreißen, jäten' usw., s. mein Lat. et. Wtb.),
ingruo 'stürze mit Heftigkeit herein, breche herein', congruo 'falle
zusammen, ti-effe zusammen', zu lit. griüvti, griüti 'zusammen-
fallen, in Trümmer fallen', griduju, griöviau, griäuti 'niederbrechen,
donnern', griech. hom. expcov 'überfiel, bedrängte', Z^axpneic 'heftig
andrängende, ungestüme'. Gegen die Versuche, ruo 'stürze' von
con-, ingruo zu trennen und mit einem der beiden andern ruo
gleichzusetzen, wendet Hoffmann zutreffend die dabei nicht zu
Rechte kommende Bedeutimg 'stürzen, fallen' ein.
rävus 'grau, graugelb' = aisl. gi'dr, ahd. gräo, gräwer 'grau' ;
ags. jroyj ds. weist nicht auf urgerm. *;z^re^waz (vgl. Jellinek
PBrB. 14, 584), sodaß sich idg. *ghre-uo-s {gh wegen ab. zhreti
7*
100 A. Walde,
USW., s. über die Sippe z. B. Hirt Abi. 80, Wiedemann BB. 27,
239) als Grundform ergibt. Ich halte an der vollkommenen Gleich-
heit der lat. und germ. Worte fest wegen des genau entsprechenden
Falles lat. gnävus 'tätig, rührig', aisl. kndr 'tüchtig, kräftig' und
vermute wegen des ab. Stammes zire-, daß der Vokalwandel auf
Seite des Lateinischen zu suchen ist. Den vollen Beweis dafür
würde flävus erbringen, wenn es nach Lettner KZ. 7, 183, Bremer
PBrB. 11, 285, Fick Wtb. 1\ 498, 2^ 187 zu ahd. bläo, aisl. bldr
*blau' (mhd. blä auch 'gelb') gehörte, indem letztere Worte nach
Much ZfdA. 42, 163 mit ahd. blio, aisl. bly 'Blei' als Lehnwörtern
aus einem kelt. *blivo- zu verbinden sind. Leider ist aber flävus
mehrdeutig, und ir. bld 'gelb' (Fick 2'^, 187) doch nicht sicher
als germ. Lehnwort in Anspruch zu nehmen. An der Zusammen-
gehörigkeit von lat. rävus und germ. *;^rewa- ändert dies aber nichts.
rüdus (rödus). -eris 'zerbröckeltes Gestein, Geröll, Schutt,
Mörtel, Estrichmasse', zu as. griot, ahd. griog 'Sand, Kies', nhd.
Griess, ags. grht 'Sand', aisl, grjöt 'Gestein', lett. grauds 'Korn',
ab. gruda 'Scholle' usw., s. Fick 1*, 418, Prellwitz Wtb. ^ s. v.
Xpöcöc (das aber semitischen Urspnmgs), Johansson Beitr. z. gr.
Sprachk. 132, Hoffmann a. a. 0.; idg. *ßhreud-. Die abweichende
Verbindung von rüdus mit aisl. rnst 'Trümmer', ai. losfd-s 'Scholle*
(Persson BB. 19, 268 ; idg. *reus-, wohl nicht nach ühlenbeck
Ai. Wtb. s. V. aus *reud-s- herzuleiten) kann auch vom Stand-
punkte der Bedeutung aus nicht den Vergleich mit der erst-
genannten aufnehmen.
Nicht hier zu nenaen ist lat. reus 'schuldig, Beteiligter am
Prozesse', da es nicht nach Fröhde KZ. 22, 251 f. zu griech.
XpficGai gehört, zu dem Petr BB. 21, 214 noch ab. greckb 'Sünde'
usw. fügt, sondern gewiß richtig von Thurneysen IF. 14, 131
an res in der Bedeutung 'Prozeß' angeschlossen wird.
WidersprechendeFäUe fehlen. Lat. /"rewr^o 'zerreibe, knirsche
die Zähne' gehört zwar zu ags. grindan^ engl, to grind 'zerreiben,
zermalmen, schärfen', to grind on&s teetit'die Zähne knirschen', nhd.
(eigentlich nd.) Grand 'Sand', lit. grmdu, gresti 'reiben', griech.
Xpaivuj 'streife, bestreiche' (Fröhde KZ. 18, 313 f, s. auch Persson
Wzerw. 721); aber es wird nicht den Auslaut dh dieser germ.
und halt. Worte enthalten, sondern d, wie das von Prellwitz Wtb.
überzeugend aus *xpovöp6c erklärte griech. xovöpoc 'Graupe,
Korn'. Lat. fr statt {x)r durch alten Einfluß von f^'iäre, fricäre.
Daß grando 'Hagel' nicht zu ai. hrädtinis^ Ärä<^M«f 'Schloßen,
Aspiratendissimilation im Latein. 101
Hagel' gehört, darf heute als ausgemacht gelten, vgl. bes. Wiedemann
BB. 27, 247 f., Pedersen KZ. 38, 394 (vielmehr mit Ah.grad^ 'Hagel',
lit. grödas 'frischer, steifgefrorener Sfraßenschmutz' zu arm. karkut
"Hager, idg. *ßräd-).
Füi' grämen 'Gras' ist zwar der Vergleich mit got. ahd. usw.
gras 'Gfras', mhd. gruose 'junger Trieb', ahd. usw. gruoan 'grünen,
wachsen', gruoni 'grün' (J. Schmidt KZ. 25, 133 a, Brugmann
Mü. 1, 50 f.. Kluge AYtb.6 s. v., Uhlenbeck Got. Wtb. s. v. gras)
von Seite der Bedeutung tadellos, und selbst mit der hier zu
erweisenden Anlautsbehandluug vereinbar, wenn wir grämen aus
*ghrädh{s)men, gras, gruose aus *ghrädhs- herzuleiten berechtigt
sein sollten; aber ebensogut kann es als altes *grasmen mit
griech. YpacTic 'Grünfutter', ypctuu 'nage', ai. grdsati 'verschlingt,
frißt', aisl. kräs 'Leckerbissen', air. greim {*gresmen) 'Bissen' ver-
bunden werden als 'Futter' (Vanicek Lat. Wtb.^ 80, Curtius Gdz.^
478, Fick Wtb. 2\ 118); selbst Verwandtschaft mit ahd. krüt
"Kraut' (s. Persson Wzerw. 123) liegt wenigstens im Bereiche
der Möglichkeit.
grundio 'grunze' gehört zu griech. YPÜZ^uu ds., aisl. krytia
"grunzen' ; ahd. grunzian^ engl, to grünt ds. erweisen nicht ghr-^
da vielmehr durch Stocken der Lautverschiebung im SchaUworte
zu erklären.
Endlich frag rare 'duften'. Die Deutung als *^hrä-^hrä-iö
(Intensivreduplikation) unter Verbindung mit griech. öc-qppaivo|Liai
(oc- = *obc- zu lat. odor^ Wackernagel KZ. 33, 43) 'wittere, rieche',
fut. öccpprico|uai, ai. jighrati 'sie riechen', ghrdti 'er riecht', ptc.
ghrätd-s, ghräna-m 'Geruch' (Pott Wzwb. 1, 641; Brugmann IF. 6,
100 ff.) ist zwar begrifflich unanfechtbar; auch daß frägro bei
dieser Auffassung der einzige lat. Fall einer derartigen Intensiv-
reduplikation von einer mit Doppelkonsouanz anlautenden Wurzel
wäre, vermag keinen ernstlichen Einwand zu begründen. Ja selbst
mit unserem Dissimilationsgesetze brauchte die Form nicht in
unlöslichem Widerspruche zu stehn, da die Annahme, daß die
Dissimilation im Sfreben nach Deutlichhaltung der Reduplikation
nicht eingeü'eten oder wieder rückgängig gemacht worden sei,
mindestens erwägenswert wäre. Aber ich besfreite die Möglichkeit,
das inlautende gr aus *g¥hr herzuleiten. Was man zugunsten
dieser Lautentsprechung angeführt hat, hält bei näherer Prü-
fung nicht stand. Es handelt sich außer frägräre wohl nur um
die Beurteilung des Verhältnisses von mufrins zu muger^ die man
102 A. Walde,
als osk.-umbr. und echt lat. Entwicklungen aus einer gemein-
samen Grundform *mitgvhrio-, bczw. *mug^hro- betrachtet hat (A^gL
Stolz HG. 1, 291; Brugmann 12,604). Nun ist aber muger 'qui
talis male ludif (Fest. 154 PhdP.) von Zupitza Gutt. 216 evident
richtig mit spätahd. mühhiläri^ nhd. Meuchler, mhd. miuchel 'heim-
lich', ahd. mühhäri, mühJio, mühheo 'Wegelagerer, Straßenräuber',
mühlien, -ön 'heimlich lauernd anfallen', mhd. vermachen 'heimlich
auf die Seite schaffen, verbergen', mhd. mocken 'versteckt liegen',
mengl. micher 'Dieb', engl. dial. to mitch 'versteckt sein' (Gdbed.
'in tückischer Absicht verbergen'), ir. formüigthe Verborgen' ver-
knüpft worden, während das bei Petronius belegte dialektische
Schimpfwort mufrius entweder als 'Schwätzer' zu griech. |uu6eo|Liai
(Bücheier Rh. Mus. 39, 426), oder allenfalls als *mömrios 'Narr*
zu momar 'Siculi stultum appellant' (Paul. Fest. 117 ThdP.) zu
stellen sein Avird. aeger 'verstimmt, krank' endlich gehört nicht
zu griech. aicxoc, got. aiwiski 'Schande', sondern hat -gr- aus
idg. -gr- oder -gAr-, s. mein lat. et. Wtb. s. v.
Ist es demnach um die Beweiskraft der angeführten Worte
schlecht bestellt, so sprechen zwei andere Worte entschieden für
die Entwicklung auch eines inlautenden *gw/jr zu */r, hr. Zu-
nächst praen. nefrönes^ lanuvin. nebrundines 'Nieren, Hoden', zu
gr. veqppoc, ahd. nioro usw. Daß diesen ein echt lat. *negrimdines
oder *negrones entsprechen würde, ist ganz unglaublich, wenn
man die enge Verwandtschaft dieser ebenfalls auf dem Boden
Latiums heimischen Dialekte mit dem Lateinischen, sowie die
Tatsache berücksichtigt, daß das Lanuvinische im Gegensatze
zu allen andern italischen Dialekten mit dem Lat. sogar die Yer-
wandlung inlautender Spiranten in Medien teilt. Man hätte sich
ohne das L.Tlicht, das fragrare und muger verbreitet haben, auch
kaum zu einer solchen Annahme verführen lassen. Ebenso wie
nebrundines zeigt aber endlich auch febris 'Fieber' br aus *guhr.
Denn von allen Deutungsversuchen, die das Wort erfahren hat,
ist die Verbindung mit ai. ddhati 'brennt', griech. Teq)pa 'Asche',
Isitfavilla usw. (Collitz BB. 3, 321; Fröhde BB. 21, 327 ff.; Pedersen
KZ. 36, 324) als 'Hitze' (vgl. z. B. nhd. dial. 'die Hitzen haben'
für 'fiebern') weitaus die einleuchtendste; Gdf. *dheߥ}iris. Durch
das Gesagte erledigt sich auch Nazaris Riv. di fil. 29, 265 ff.
Meinung, daß die Entwicklung letzterer Gdf. zu febris auf dia-
lektischen Ursprung des Wortes weise.
Somit ist -br- die regelrechte lat. Vertretung von -gvhr-.
Ich schließe mich daher wie Wiedemann BB. 27, 242 a 2 der
Aspiratendissimilation im Latein. 103
Auffassung Ficks 1», 697; 2 3, 175; 3 3, 215, Yaniceks Lat. Wtb.«
189 und Kluges Wtb.^' s. v. Bracke an, wonach frägräre als
Denominativ eines *fräg-ro-s 'riechend, duftend' oder eines *fräg-rä
'Geruch' zu mhd. hrcehen 'riechen', ahd. hracko, nhd. Bracke 'Spür-
hund' und vielleicht — nach Stokes IF. 2, 168 — zu ags. hrk^ engl.
breech 'Steiß', ahd. bruoh, ags. bröc, aisl. brök 'Hose' (gall. bräca aus
dem Grm., Kluge Wtb.^ 59) zu stellen ist, wozu nach Schrader
Z. f. dt. Wortforsch. 1, 239 auch lat. suffrägines 'Hinterbug der
Tiere'; idg. *bhräg- 'riechen'.
ghl- : glaber, -bra, -brum 'glatt, unbehaart, kahl', aus
*ghladhros zu ahd. glat 'glänzend, glatt', ags. glcßd^ aisl. gladr
'glänzend, fröhlich', mhd. glatz, nhd. Glatze {*gMadhnä), ab. gladtkd,
russ. gladkij 'glatt', ab. gladüi 'glätten', lit. glodks 'glatt anliegend',
galästi 'wetzen' (= glätten), lett. galüds 'Wetzstein', apr. glosto ds.
(s. z. B. Johansson PBrB. 14, 325; Zupitza Gutt. 174; Hirt Abi. 88,
Prellwitz Wtb. s. v. xXapöv fekdv). Abzulehnen ist die abweichende
Verbindung von^^aJer mit griech.Y\aq)up6c (z.B. Yaniceklat.Wtb.^
83; Curtius Gdz.s 178; Fick Wtb. 1^405; Prellwitz Gr. Wtb. 61,
aber nicht mehr Wtb. 2), dessen Bedeutung 'geglättet, fein' sekundär
ist gegenüber seinen sonstigen Bedeutungen 'behauen, gewölbt,
hohl', vgl. xXdcpuu 'höhle aus'.
Nicht in Beti'acht kommt laena, da aus griech. xKaiva
entlehnt. Andererseits :
lens^ -dls 'Lausei, Nisse', lit. glinda ds. (z. B. Vanicek Lat.
Wtb.2 98). Idg. *gJdend-; zwar läßt sich der Ansatz von idg. c?,
nicht dh^ nicht unmittelbar beweisen, hat aber doch eine gewisse
Stütze am Stammauslaute der gleichbedeutenden, wenn auch
etymologisch femstehenden Sippe griech. kovic, -boc, ags. hnitu,
ahd. {}i)nig^ air. sned^ cymr. nedd. Unannehmbar über diese Worte
Liden Stud. z. ai. und vgl. Sprachg. 84 f.
lüridus 'blaßgelb, fahl, leichenblaß', griech. x^.ujp6c, x^o-
(F)ep6c 'grünlich, gelblich', zu helnos, ahd. gelo 'gelb' usw. (Fröhde
KZ. 22, 250 ff.). Gegen die abweichende Verbindung mit griech.
Xeipoc s. Hoffmann BB. 26, 139.
Nicht ins Feld führen will ich Hoffmanns a. a. 0. Ver-
bindung von lud US mit lit. glaudas 'Kurzweil', griech. xkevr]
'Scherz, Spott', ags. gUo, gliowes 'Scherz, Spaß', da ich von der
Unrichtigkeit der arch. Schreibung loidos nicht überzeugt bin und
die Zugrundelegung letzterer Form auch lautlich unanstößig ist,
indem loi- nur vor Labialen (oder Labiovelareu) zu li- entwickelt
ist; das Gegenbeispiel lira 'Furche' ist nicht beweisend, da es
104 A. Walde,
niclit die Yokalstufe von ahd. waganleisa 'Wagenspur', nhd. geleise,
ab. lecha 'Ackerbeet' zu enthalten braucht, sondern im Vokale
dem lit. li/se 'Gartenbeet', apr. lyso gleichzusetzen sein wird.
Ein nur unsicheres Beispiel ist laetus 'fett, üppig, frucht-
bar, freudig, fröhlich, heiter', das nach Fick 2 3, 84; 3 3, 112; Ost-
hoff Mü. 4, 145 als *QJilaitos zu ahd. gli^gan 'gleißen', as. glitan,
got. glitmunjan^ ai. glita^ glitra 'glänzen' usw. gehören kann, wozu
nach Prellwitz Wtb. s. v. xXiuu auch lett. glaima 'Scherz, Schmei-
chelei', lit. glitiis 'glatt' (= glänzend), lett. glits 'glatt, nett, hübsch'
u. dgl. Doch s. auch die abweichende Auffassung Osthoffs
PBrB. 13, 401 ff.
Widersprechende Fälle habe ich nicht gefunden, glacies
'Eis' gehört nicht zu glaber usw. {Prellwitz Wtb. s. v. x^«pov,
aber nicht mehr Wtb. 2), sondern zu ig. *ge?ä- in gelidus usw. (Pictet
Orig. 1, 113;Hirt Abi. 87); ^^aeswm, besser ^^eswm 'Bernstein' ist
entlehnt aus der germ. Sippe von ags. glmre 'Baumharz', ahd. nhd.
glas usw.; glärea 'Kies' stellt sich nicht nach Wharton Et. lat. zu
griech. x^fiöoc 'Schlamm, Schutt', sondern ist aus ^grärea dissi-
miliert, das ich zu idg. *gerä- 'zermalmen' in lat. gränum, got. usw.
kaum, lit. Firnis usw. stelle, oder zu '*Q¥€rä- in got. qairnus, ahd.
usw. quirn 'Mühle', lit. girnos, ab. znny 'Mühle', ir. hrö 'Mühlstein,
Handmühle', ai. grävan- 'Stein zum Somapressen', wenn letztere
Bedeutungen aus dem Begriffe 'zerreiben, malmen', nicht — wie
Fick 1^, 411; Hirt Abi. 79 gewiß möglich annehmen — aus dem
Begriffe 'schwer' entwickelt sind; endlich ist gliscere 'unver-
merkt zunehmen, an Stärke gewinnen; vom Feuer: entglimmen'
nicht nach Yanicek^ 91 f. und andern mit griech. xKm 'bin warm',
nhd. glimmen usw. zu verbinden, da die Anwendung auf das
Anwachsen des Feuers nicht im ursprünglichen Wortsinne be-
gründet ist (vgl. Paul Fest. 70 ThdP.: "gliscere crescere est. Glis-
cerae, mensae gliscentes, id est crescentes, jper instructionem epularum
scilicef), sondern mit idg. *glei- in ai. jrayati 'stürmt an, läuft
an' usw. (Bersu Gutt. 186).
bhr-: Beispiele mit Dissimilation gegen inlautende Med.
asp. sind nicht vorhanden.
Sonst regelrecht /r-, z. B. frango : got. hrikan, f räter :
ai. hhrätar-, frigo 'quietsche' : griech. qppuYiXoc 'ein Vogel', ai.
hhftdgas 'eine Bienenart', frigo 'röste' : griech. cppuTUJ ds., friior:
got. hrükjan usw.
hhl-: Der Regel widerspricht nur scheinbar fligo 'schlage,
Aspiratendissimilation im Latein. 105
schlage an, schlage zu Boden' : got. bliggwan 'bläuen, schlagen', ahd.
hliuivan^ nhd. {durch)bläuen^ wozu, wenn die gerra. Worte -w- aus
-ghu- (MO-Präs., wie allenfalls auch lat. -ßigo mit sekundärem «-Ver-
lust nach fiixi usw.? doch s. über die germ. Worte auch den Nach-
trag zu ^ä^o in meinem etyra. Wtb.) aufweisen, auch wohl ab. hlizna
'JSTarbe', hlizb Mkb 'offensus fui', lett. hlaißt 'schlagen, quetschen,
zusammendrücken' (Lettner KZ. 11, 200; Hoffmann BB. 26, 131).
Um der Schwierigkeit zu entgehen, braucht man auch nicht zu
einem ohne Not nicht anzunehmenden Anlaut idg. ml- seine Zu-
flucht zu suchen; denn ziehn wir griech. cpXißuj 'drücke, quetsche'
— 0\ißuj kann auf Vermischung von cpXl'ßu) mit GXduu beruhn, erfor-
dert also mchiguh- als Anlaut — und cymr. öZe/'catapult, ballista'
(Fick 2*, 188) in Rechnung, so ergibt sich eine zweite Wurzel-
form idg. %}ileißy- {*bhleig-u-?\ auf die auch fligo zu beziehen ist.
Nicht sicher gedeutet ist flägito 'fordere mit Ungestüm',
wovon flägitium ursprgl. 'öffentliche Ausscheltung', dann deren
Ursache 'Schande, Schändlichkeit' (vgl. zur Bedeutung Usener
Rh. Mus. 56, 5 ff.) nicht zu trennen ist. Die Verbindung mit lett.
blägs 'schwach', wonach flägifäre "durch Fragen und Fordern
schwach, mürbe machen", flägitium "die Schwächlichkeit und
daher Schlechtigkeit" bedeuten würde (Prellwitz BB. 25, 282)
genügt der ältesten Bedeutung von flägitium nicht; aus demselben
Grunde ist Ficks 1* 94 Anknüpfung an ab. blagd 'gut, erwünscht'
(ursl. *bolg^). av. bdVdxda- 'erwünscht' (?) unwahrscheinlich; Ver-
bindung mit air. dliged 'Pflicht, Gesetz, Recht', cymr. dleu 'schul-
dig sein', got. usw. dulgs 'Schuld' (Schrader R.-L. 907), wornach
flägitäre eigentlich "die Schuld eines anderen gegen den Spre-
chenden geltend machen'^flägitium die 'öffentliche Beschuldigung'
bedeuten würde, ist schon des Vokalismus halber verdächtig; am
ehesten trifft Usener a. a. 0. das richtige mit seiner Anknüpfung
Sin flagrum, flagellum 'Geißel'; ich halte dann einen Mittelbegriff
"durch körperliche Mißhandlung, dann durch bloße Drohung er-
pressen" für den wahrscheinlichsten Weg, um zur Bedeutung
von flägitäre^ flägitium zu gelangen. Da flagrum bekanntlich mit
aisl. blaka 'schlagen' zu verbinden ist, entspricht bei dieser Ety-
mologie auch flägitäre^ flägitium unserer Regel.
fistula 'hohles Rohr; Rohrpfeife' kann, wenn überhaupt
von letzterer erst bei Lucrez belegten Bedeutung auszugehn ist,
entweder aus *flistula dissimiliert sein und nach Bugge BB. 3, 97 f
zu aisl. blistra "mit dem Munde pfeifen oder flöten" gehören
106 A. Walde,
oder nach Petr BB. 21, 214 zu ab. zvizdati^ cech. hvizdati^ poln.
givizdac {\\x^\üx. *gvizdaii) 'pfeifen'; auch in letzterem Falle wieder-
spricht es nicht der Re^el, da, abgesehn von dem möglichen
Ansätze *ghuizd-tlä^ auch eine Grundform *Qhuizdh-tlä ihr-zdht-
schon in frühester Zeit zu zt. st umgestaltet haben müßte.
Bei nicht mit Aspirata anlautender zweiter Silbe begegnet
regelrecht /?-, zb. flagriim (s. o.), flagro 'brenne': aisl. blakra
'blinken', flämen: got. hlotan 'verehren' usw.
dhr- : Ein sehr wahrscheinliches Beispiel der Dissimilation
ist traho 'ziehe, schleppe, schleife', das weitaus am natürlichsten
mit aisl. draga^ ags. dragan 'ziehen', aisl. drög 'Streifen', aschw.
drjffgh 'Schlitten', lett. dragät 'reißen' (mit Auslautsvariation dazu
ai. dhrdjati 'gleitet dahin, streicht, zieht', dhräji$ 'das Streichen,
Zug', aisl. drdk 'Streifen') verbunden wird, vgl. Zupitza KZ. 37,388,
der allerdings nur an Anlautsdoppelheiten denkt, wofür wir jetzt
berechtigt sind, eine Entwicklung *dhraghö, *draghö^ traho einzu-
setzen. Wir dürfen nun auch um so eher darauf verzichten, den
lat. Anlaut mit Meillet JS'otes d'etymologie grecque (1896), S. 5,
und Niedermann Berl. phil. Wochenschr. 1902, 1302 durch eine
Kreuzung der Wurzeln *dher{ä)Q{^)h- und *dergji- (nhd. usw.
zergen, russ. dergath 'zerren') zu erklären.
Freilich ganz zwingend ist diese Auffassung von traho nicht,
da auch eine Wz. Hrägh- in ir. traig 'Fuß', gall. vertragus 'Wind-
hund', cymr. usw. troed 'Fuß', nslov. trag 'Spur', traziti 'suchen,
spüren', aserb. trag^ 'Nachkomme', ir. trog 'Nachkommenschaft',
träig 'Strand', abret. guotroit Vous trayez' u. dgl. (s. Fick 2* 136,
Zupitza BB. 25, 96) belegt ist, die die Begriffe "am Boden hin-
schleifen, schleppen, ziehen ; großziehen, erziehen ; sich bewegen,
laufen" vereinigt.
Andererseits regelrechtes fr- z. B. in frans, -dis 'Betrug' (ai.
druhyati "sucht zu schaden", as. bidriogan^ ahd. triogan 'trügen'
mit anderer Wurzelerweiterung), /"r^<s^^<m 'Brocken, Bissen, Stück-
chen' (wahrscheinlich zu gr. Bpauuj 'zerbreche', ptc. Gpaucrröc).
Auch für frons^ -dis 'Laub' wird die Annahme eines alten, nicht
aus dh entstandenen d gestützt durch das ähnliche Suffixverhältnis
zwischen glan-di- : ßdXavoc usw., da wohl nach Solmsen KZ. 35,
474 ff. zu ab. dhrhm 'Rasen', gr. öpova "Kräuter, Blumen, wie sie
in kunstvolle Kleider eingestickt Avurden."
dhl-: Beispiele fehlen.
dhu-: Während f- (zunächst aus *fu-) als Entsprechung
Aspiratendissimilation im Latein. 107
dieser Anlautsgruppe allgemein ist, bot bestia eine bisher un-
begreifliche Ausnahme. Seine Zugehörigkeit zu got. dius 'wildes
Tier', ahd. tior usw. Tier', lit. dvesiü, dvesti 'keuchen', ab. dichnqti
'atmen', mhd. getiväs 'Gespenst' usw., Wz. '*dheuese- 'atmen' (vgl. zur
Bedeutung animal : ai. aniti 'atmet') ist über jeden Zweifel erhaben.
Die Versuche W. Meyers KZ. 28, 1 73 und AViedemanus Lit. Prät. 128,
dem lat. hestia zuliebe die ganze Sippe in zwei Gruppen zu zerreißen
— einerseits *dheuese-, andererseits *deuese- — müssen als hoff-
nungslos gescheitert gelten, da kein einziger ihrer Angehörigen
einen Anlaut d- fordert. Die Schwierigkeit findet ihre Lösung viel-
mehr auf lat. (ital.) Boden : Gdf. *dhuezdhiä, woraus *duezdhiä, bestia.
Das von bestia nicht zu trennende bellua kann *dhuezdhlouä, allen-
falls auch im Anlaute nach *duezdhiä umgestaltetes *dhueslouä sein.
Die Beweiskraft von bestia wird auch durch Brugmanns,
KG. 148 a 1, Annahme nicht geschmälert, daß hier ein Wechsel
d : dh vorliege, wie er sich im Bereiche der Gutturalreihen in
lat. gena^ griech. Y£vuc, arm. cnaut 'Kinnbacke, Wange', got. kinnus
'Wange, Backe' : ai. hdnus 'Kinnbacke', in ego^ eyiJu, got. ik : ai.
ahäm^ aw. azam, in magnus^ M^Tac, got. tnikils, arm. mec : ai. mahdn
(vor Kons, j, majmän- 'Größe'), in griech. (xyoctöc 'flache Hand':
ai. hastas 'Hand' finde. Denn daß in diesen Fällen nicht Wechsel
zwischen Media und Media aspirata vorliegt, sondern die Ent-
sprechung eines Lautes, der keines von beiden war, gleichviel
wie er lautphj^siologisch genauer zu bestimmen sei, halte ich
heute für ebenso sicher, wie KZ. 34, 504 f.; die Entsprechung
ist eben für jede einzelne Sprache fest, ai. //- (außer vor Kon-
sonant), griech. y usw. Darin einen Zufall zu sehen und auf noch
zu findende Beispiele zu hoffen, die diese Ordnung stören würden,
wie Foy KZ. 35, 19 tut, verbietet meines Erachtens die doch
nicht so geringe Zahl der Beispiele. Und ein Gegenbeispiel steht
aus; denn daß die von Brugmann Grdr. 1^, 634 (2, 816, 818),
Dem. 71 ff. in diesem Sinne besprochenen mit Guttural anlautenden
Partikeln hervorhebender Bedeutung es liefern, davon habe ich
mich nicht zu überzeugen vermocht. Was zunächst e|ue-T€, got.
mik anlangt, so ist sein g palatal, denn arm. z is ist wohl nur
aus *inc = i^i-ye zu erklären (gegenüber dem Dativ inj 'mihi'
mit _;■ = echtem gh). Allerdings hat die 2. Pers. /cez für Akk. und
Dat. ; dennoch erweist dies nicht gh auch für z is^ da wir dem
Gegensatze is : inj — gleichsam der 'lectio difficilior' — größere
Beweiskraft zuzuerkennen haben werden, als der Gleichheit des
108 A. Walde,
Dat. und Akk. Icez. Anders freilich Torp auf S. 114 der Be-
merkungen zu Knudtzon Die zwei Arzawa-Brief e : zis mit anderer
Stellung der Präp. = arzawisch as-za (Akk. oder Dat.), d. h. eigentlich
Nominativform (wäre aber arm. es !) + Postpos., bezw. Präp. za {z) ;
ich bin von dem Indogermanismus der Arzawabriefe nicht über-
zeugt. — Hieher auch ai. Ai, aw. 2^, hervorhebend nach dem
Fragepronomen, dann allgemein "denn', ab. zi^ und — wie Delbrück
Grdr. 4, 505 ansprechend vermutet, mit Übernahme des ab-
weichenden Guttiu'als von der folgenden Gruppe — lit. gi^
vgl. negi^ negü : ai. nahi 'nicht'. Dieselbe Übernahme auch für
griech. ouxi, inrixu vai'xi (über ouki s. Brugmann Gr. Gr.^ 117)
anzunehmen hindert nichts, da wir wegen lit. gl (Zweifel gegen
seine Zugehörigkeit allerdings bei Solmsen KZ. 39, 227) ohnehin
auch mit einem Ausätze von idg. ^ghi für diese Partikel mit
i-Yokalismus nicht ohne Annahme analogischer Umgestaltungen
auskommen. Dazu gesellt sich noch *gi in lat. negotium, nego.
Von dieser Gruppe scheidet sich schon durch ihren Yelar
folgende : ai. gha, ha, ab. -go, ze (griech. öe ist sicher fernzu-
halten), ai. hänta 'wohlan, auf, da nimm, sieh da', lat. Mc, u. hont
Pronominalpartikel (Persson IF. 2, 238), die demnach echte Media
aspirata zeigen (über lit. g\, gü, griech. -xi s. 0.). AUerdiugs neigt
Brugmann Dem. 69 mehr zur Yerbindung von lat. hie, u. hont
mit dem zweiten Teile von ahdm, ego usw. unter Berufung auf
die Media asp. von ai. mahtjam, lat. mihi, arm. inj, womit er auch
ai. hi, aw. zi, gTiech. vaixi,oüxi zusammenbringt. Über den zweiten
Teil dieser Annahme s. 0.; aber auch von der Gleichsetzung
des Gutturals von mihi usw. mit dem von ego usw. kann ich
mich ebensowenig überzeugt erklären, wie Kretschmer Einl. 138.
Daß *e-ghom 'meine Hierheit', *me-gh . . . (Dat.) 'zu mir her'
bedeutet habe, ist eine bloße Möglichkeit, die wir unbedenklich
aufgeben dürfen, wenn sie lautlichen Schwierigkeiten begegnet.
Yielleicht aber ist sie offen zu halten, indem — wohl bereits
uridg. — die Artikulationsart als wirkliche Media aspirata vom
Dativ der zweiten Person (ai. tubhyam usw.) herübergekommen
sein und die ursprünglichere verdrängt haben kann ; dafür spricht
vielleicht bis zu einem gewissen Grade, daß ein idg. pronominales
Element mit dem Anlaut gh- (echte Media asp.) nach dem oben
auseinandergesetzten nicht nachzuweisen ist. Wir haben also
einerseits eine Partikel-(Pronominal-)Gruppe mit Anl. europ. g,
ar. gh (also nicht idg. gh) und eine andere mit Anl. gJi. Nach-
Aspiratendissimilation im Latein. 109
trägliche Yerquickungen beider können bei ihrer wohl ganz sich
deckenden Bedeutung nicht befremden. Ich halte daher daran
fest, daß hier Artikulationsverhältnisse vorliegen, die mit dem
anderwärtig zu beobachtenden Wechsel zwischen Media und
Media aspirata nichts gemein haben.
Gegen Herleitung von lat. fimhria aus *dhuendhriä ver-
weise ich auf mein Et. lat. Wtb. 224.
Für den Inlaut ist mir kein Beispiel von Aspiratendissimila-
tion zur Hand. Man könnte zwar daran denken, arduus 'steil'
mit aisl. grdugr 'steil' unter idg. ^^ardhugvhos zu vereinen. Aber
abgesehen davon, daß dh hier den zweiten Teil der Konsonanten-
gruppe bildete, bleibt der entscheidende Einwurf, daß das aisl.
Suffix zweifellos ein idg. -uqo- fortsetzt, und es ist daher lat.
arduus nach wie vor auf eine Wurzelform *ard- neben ardh-
zurückzuführen, vgl. von der mit u anlautenden Parallelwz. lat.
rädix, got. waurts gegenüber ai. vardhate, griech. öp9öc.
Ich habe im Vorstehenden stets von Aspiraten-, nicht Spi-
rantendissimilation gesprochen und glaube an dieser Auffassung
des Vorganges festhalten zu sollen; der Lautwandel gehört hier-
mit der uritalischen Zeit an, bevor noch (tonlose) Spiranten ent-
standen waren. Allerdings hat Ceci Rendic. d. R. Acc. d. Lincei
Ser. 5, tomo 3 (1894), 469 ff in einer Reihe von Wörtern mund-
artlichen Übergang von /r-, fl- in br-, hl- angenommen, und es
würde, wenn seine Beispiele Stich hielten, die Frage wenigstens
zu erwägen sein, ob die in Rede stehende Aspiratendissimilation
nicht vielleicht erst nach dem Übergang der Aspiraten in Spi-
ranten, aber allerdings noch vor dem Wandel von p- zu f- erfolgt
sei und so die ersten Stadien eines Vorganges vorstelle, der sich
später mundartlich auch unter anderen Bedingungen wiederholt
habe. Aber abgesehn davon, daß nur drei der von Ceci beige-
brachten Fälle zur Not als Dissimilation einer Spirans gegen
eine folgende aufgefaßt werden könnten — was übrigens Ceci
auch nicht denkt — , kann ich sein Material nicht anerkennen:
hlatta 'Schabe, Kakerlack, Motte', lett. blakts 'Wanze', lit.
5ZäÄ:e 'Wanze' (Vanicek ^ 1 79). Es hindert nichts, idg. h anzunehmen.
hlandus 'schmeichelnd, liebkosend': gegen die von Ceci
angenommene Vergleichung mit lit. paglöstyti 'streicheln, schmei-
cheln', lit. galdndu, gländu 'wetze' usw. (Bezzenberger BB. 5, 168)
110 A. Walde,
spricht, daß die letzteren Worten zugrundeliegende Wz. *ghladh-
'glatt, glätten' (s. o. wniQr glaher) idg. gÄ, nicht qvIi zeigt; *Qhlandhos
hätte nur zu lat. *glandus führen können. Vielmehr hat Prell-
witz BB. 25, 284 Recht, wenn er hlandus als "freundlich schwaz-
zend, auf jemanden einschwatzend" an lett. blädu, bläst 'schwatzen',
lit. balandis 'Taube' anknüpft, die auch entferntere Beziehungeu
zu den Sippen von babidus^ balbiis (idg. b) haben. Ebenso :
blateräre, blatire 'plappern, schwatzen', die trotz Ceci
nicht mit lat. fiäre^ nhd. blähen usw. zu verbinden sind. Aisl. bladra,
mhd. bladeren^ ahd. blabbizön, nhd. plappern (vgl. auch lit. blebenti
'schwatzen') können ebenfalls idg. b- enthalten mit Stocken der
Lautverschiebung, wie infolge stets nebenher wandelnder Neu-
schöpfung nicht selten in Schallworten, sind aber auch anderer
Auffassung zugänglich, vgl. Prellwitz Wb. s. v. cpXuaH. Für enge
Zusammengehörigkeit von bladra, bladeren und blaferäre spricht
freilich kräftig die weitgehende Übereinstimmung der Bildung;
haben die ersteren idg. M, so wird man sich damit bescheiden
müssen, anzuerkennen, daß zur Bezeichnung des Plapperns im Idg.
Worte mit Anlaut *bh{e)l- und *b(e)l- nebeneinander standen, die
einzelsprachlich mit einander in Austausch getreten sind. Wer es
demnach vorzieht, für die grm. Worte idg. bhl- anzunehmen, kann
lat. bl- sehr wohl als bereits idg. Nebenform, oder als einen erst
lat. (ital.) Ersatz für fl- nach balbus u. dgl. betrachten.
blatea: wenn die Erklärung als 'bulla luti' (Paul. Fest.
24 ThdP, 34 M.) zutrifft, ist Cecis Anknüpfung an aisl. bladra^
ahd. blättara 'Blatter' nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ;
aber wie beim vorher besprochenen Worte ti-effen wir auch hier
neben idg. Formen mit Anlaut bli- solche mit Anlaut i-, vgl.
lat. bid.la 'Blase', arm. palar 'Blase, Pustel', lat. bulbus 'Zwiebel,
Knolle', gr. ßoXßoc 'Zwiebel' usw. (s. ühlenbeck PBrB. 20, 326 f,
Johansson KZ. 36, 344, IF. 14, 318 f). Damit erledigt sich auch
Cecis schon an sich ganz rätselhafte Herleitung von
bulla 'Blase, Buckel, Knospe, Kapsel' aus *fluva{l) und
Verbindung mit gr. qpXuuu "sprudle auf, walle über, schwatze"
und (?) ab. bljuvati 'speien'. Ebenso haltlos ist seine Erklärung von
bilis 'Galle' aus *flislis als einer auch morphologisch unglaub-
würdigen Weiterbildung von fei usw.; vielmehr nach Fick 2* 175
als *bislis zu cymr. bustl^ corn. bistel, bret. bestl 'Galle', oder —
mir allerdings nicht wahrscheinlicher — nach W. Meyer KZ. 28,
169 zu lit. dvylas 'schwarz'.
Aspiratendissimilation im Latein. 111
hrassica 'Kohl' gehöre als 'Weißkohl' zu lat. /raaymMs, lit.
herzas^ ahd. hirihha usw., got. bazrhts 'gläuzeud', griech. qpopKÖc
"weiß, weißgrau" u. dgl. Die Verbindung ist schon aus Gründen
der Bedeutung ganz problematisch. Ihre Richtigkeit vorausgesetzt,
würde auch ss aus /s ks auf dialektischen Ursprung weisen, wie
auch tt aus /t kt in dem von Ceci zur selben Wurzel gestellten
hrattea "dünnes Metall- oder Holzblättchen, Flitterstaat", das
urspr. "leuchtendes Blättchen" bedeutet habe — das Wort harrt
trotz Ceci noch der Erklärung — , sowie in dem obengenannten
blatta; hier wäre eine junge Folge zweier Spiranten allerdings
vorhanden, die aber eben für alle andern Fälle mangelt.
hroccns 'mit hervorstehenden Zähnen, raffzähnig' verbindet
Ceci unrichtig mit lat. frango, nhd. brechen, statt mit griech.
ßpuKuu 'beiße', ßpouKoc 'eine Heuschreckenart' (Fick 1"^, 409); es
weist mit diesem auf idg. b (kaum als o.-u. Dialektwort auf idg.
gw, da ahd. krouwil 'dreizinkige Gabel, Kralle, Klaue', nhd. krauen
wohl vielmehr zu lat. grumus zu stellen sind).
Ebensowenig überzeugt seine Anknüpfung von bria 'Wein-
gefäß, Becher' an ahd. brio 'Brei' oder (richtiger : und) lat. friäre
'zerreiben', frivola 'vasa fictilia quassa'. Mit aller gebotenen
Zurückhaltung möchte ich eher an Entstehung aus *QWiä (lat.
vordre, lit. geriü 'trinke' usw.) denken, mit o.-u. b aus g¥.
brigantes 'kleine, in den Augenhöhlen sich einnistende
Würmer', trotz Ceci nicht aus fricantes.
Endlich bruscum 'der Schwamm am Ahornbaume', von
Ceci mit frutex 'Gesträuch, Busch', mhd. briezen 'schwellen,
knospen' verbunden. Aber ebensogut kann bruscum als o.-u. Lehn-
wort zu ahd. krüt 'Kraut' gehören, über dessen z. T. zweifelhafte
weitere Verwandtschaft ich auf mein lat. et. Wtb. s. v. frutex,
grämen, veru verweise.
Am ehesten könnte im Sinne Cecis das Nebeneinander von
italien. bioccolo neben fiocco aus lat. floccus und von bricia, briciolo
neben fregolo, fregare aus lat. fricare bestechen; doch scheint
das letzte Wort darüber den Romanisten zu gebühren. Firr
unsere Frage sind sie nicht auszubeuten.
Man wird nach dem im Vorstehenden Bemerkten die be-
sprochene Erscheinung als Aspiraten-, nicht Spirantendissimilation
zu bezeichnen haben.
Innsbruck. Alois Walde.
112 K. F. Johansson,
Arische Beiträge.
2. Über die indogermanische Verbindung
Dental + s(;2) + Dentali).
Hier wird untersucht werden, wie indogermanisches
Dent. 4- s{z) + Dent. behandelt worden ist. Im allgemeinen
bemerke ich vorerst nur, daß ich gegen Osthoff MU. 4, 3291
und mit Brugmann Grdr.^ 1, 448. ^ 1^ 733. Wackernagel Aind.
Gr. 1, 269 u. a. der Ansicht bin, daß iuterexplosivisches s{z)
nicht schon indogermanisch geschwunden sei. Ein Spezialfall
ist der hier zu erörternde, und da ist hingegen schon indo-
germanisch die erste Explosiva (der Dental) reduziert
worden. Fröhde BB. 17, 312 ff. Persson BB. 19, 271 ff. und
Brugmann IR 6, 102 ff. haben dies^) für das Lateinische,
Germanische und Litu-Slavische nachgewiesen, ich selbst
außerdem für das Indische (IF. 8, 162 ff.). Ich führe hier —
zum Teil als Referat — die mir zufällig bekannt gewordenen
Beispiele an.
Es wird hier Aufgabe sein, die Fälle mit 'interdentalem'
s{z) von denen abzugrenzen, wo Dental -j- Dental anzunehmen
sind. Und zwar geschieht dies durch folgende Kriterien. 1. Wenn
eine Wortgruppe nur in den europäischen Sprachen vorkommt
oder jedenfalls nicht einen f- ü- r- (oder Ä:-)Laut vor der Dental-
verbindung hat, hat man zu untersuchen, ob das etymologische
Resultat einer Dentalverbindung mit den für jeden Zweig der-
selben geltenden Gesetzen für die Behandlung von Dental
4- Dental stimmt oder nicht. Im letzteren Falle wird in den meisten
Fällen Annahme von Dent. -f- Sib. + Dent. Genüge leisten. Wenn
z. B. im Lateinischen und Germanischen, wo -tt- zu -ss- Avird,
dennoch -st- vorliegt, kann man a priori vermuten und etymo-
logisch den Nachweis führen, daß (entweder urspr. idg. -st-^
worauf es hier nicht ankommt, oder) idg. -tst- zugrunde zu legen
ist. 2. Wenn in den arischen Sprachen als Resultat einer Dental-
verbindimg -st- -zd{h)- nach t- ü- r- (und Ä:-)Lauten erscheint,
1) Vgl. IF. 14, 265 ff.
2) Vgl. schon Kluge PBrB. 9, 195 f. und s. Noreen Urg. Lautl. 174 f.
und daselbst zit. Lit.
Arische Beiträge. 113
dann können wir darauf sicher sein, daß diese nicht Dent.
+ Dent., sondern Dent. + Sib. -)- Dent. gewesen.
Wir beginnen demnach mit
1. Fällen, wo vor der Dentalverbindung entweder kein
f- u- r- (oder Ä;-)Laut vorhergeht, infolgedessen die arischen
Sprachen keinen Beweis abgeben für das einmalige Vorhanden-
sein eines s-Lautes zwischen den Dentalen, in denen aber etymo-
logische Zeugnisse mehrerer (besonders europäischer) Sprachen
dazu hinreichen, einen Sibilanten zu bezeugen, oder von denen
keine Verwandten auf arischem Gebiet aitfzutreiben sind.
S. gasta- N. *eine Art Gürtel' Harsac. (ed. Bomb.) 143, 4.
436, 11. Eine Wurzel gas-, wovon es abgeleitet sein möchte,
kenne ich nicht. Der nächste Gedanke dürfte der sein, daß es
zu lat. catena gehört. Dann könnte man es gemäß uusrer oben
(14, 26.5 ff. 336) erörterten Regel aus *kaJ-to- erklären. Aber
a priori ebenso möglich ist, von dem s-Stamm in catena Sius*cates-nä
auszugehen, folglich als Grundform *kaJ-s-to- anzusetzen. Dieses
gewinnt an Wahrscheinlichkeit, Avenn, wie ich glaube, man mit
Recht noch ein lateinisches Wort als verAvaudt heranzieht: ich
meine castula 'Mieder, Schnürleib der Frauen' (Varro b. Non,
S. 548). Vermutlich ist dies eine Deminutivbildung auf Grund
eines *casto- N., das dann mit s. casia- N. auf ein idg. ^kaj-s-to-
zurückgeht. Von einem pedus castigatum (Ovid. Am. 1, 5, 21)
zu schließen, daß castula zu einem lat. *casti- s. cästi- 'Züchtigung,
Belehr gehöre (Fröhde KZ. 23, 3101), geht nicht an. Denn ent-
weder ist der Ovidische Ausdruck nur ein kühn poetisches
Bild, oder es hat noch ein Wort casti-gäre oder desgleichen
{*castäre, *castire) gegeben, das 'einschnüren, einbinden' hat be-
deuten können, dessen homonyme Beschaffenheit mit (resp.
Anklang an) dem andren casti-gare der poetischen Diktion eine
spezielle Färbung gab, ohne daß der Dichter der tatsächlichen
Existenz zweier Verba bewußt sein brauchte.
Daß wir bei der Erklärung von casta-, lat. castula von
einem *kaj-s- auszugehen haben, wird erhärtet, falls noch aus
dem Griechischen Kacdc (Xen. Cyrop. VIII, 3, 7. 8) M. Tferde-
schabracke' oder 'Reitrock' i) heranzuziehen sein sollte. Es er-
1) So nach Phot. Mb Bkk. Kac(c)äc ' (i|uq)iTdTTr|C. Kai TTiXuiTd, Koiccov '
ilucxTiov, uaxi) Kai rpaxu irepißöXaiov Hes. Döderlein Hom. Gl. 3, 322 führt
u. a. ein schwäb. h^ss 'Kleidung' an; dies hat indessen eine ganz andere
Verwandtschaft (vgl. Zupitza Gutt. 112).
Indogermanische Forschungen XIX. 8
114 K. F. Johansson,
klärt sieh dies unzweifelhaft am besten aus einem *kat-s-ä^
d. h. wohl ein außerjonisches *Kaca-FevT- als Grundform.
Nach alledem scheint man berechtigt zu sein, ein idg. *kat-
*schnüren, binden' aufzustellen. Letzter Hand kann dies mit
dem idg. *ket- *kat- identisch sein, das ich in ags. headorian
'einschließen, einengen' finden will. Wie d. hegen eig. 'mit hag
versehen' bedeutet, und hag 'Domgesträuch, Gebüsch, Umfrie-
digung' eigentlich soviel als 'Flechtwerk' ist (vgl. g. waddjus
: lat. viere usav.), so ist das dem ags. headorian zugrunde liegende
heaöor eigentlich wohl 'Umfriedigung', dann 'receptaculum'.
Meines Erachtens liegt das in s. catant- 'sich versteckend',
cätayati 'verscheuchen' steckende *qet- begrifflich ferner. —
Lat. cassis 'Helm', wenn zu gasta oder etwa zu catati, setzt da-
gegen -tt- voraus.
Für das afries. höst 'eheliche Verbindung' setzt v. Helten
Verh. d. koninkl. Ak. v. Wetensch. Afdeel. Letterk. 1896, S. 9 ein
*banstuz an. Eine Ableitung *banstilön- dazu ergab das aisl. Bestla
(s. Siebs ZfdPh. 29 [1896], 897 n. 2). Es kann keinem Zweifel
unterliegen, daß die vorauszusetzende Grundform idg. *bhondh-s-tu-
gewesen ist und zur Wz. *bhendh- 'binden' gehört. Zur selben
Wurzel wird man vielleicht noch folgendes ziehen wollen.
Gall. bemia 'Wagenkasten' stellt man mit Recht zu griech.
TTOtBvri, qpdivri 'Krippe' (s. z. B. Kluge Wtb. s. benne\ und Lideu
Spräkv. sällskapets förhandliugar 1891—94 S. 77 = BB. 21, 109 f.
118 (vgl. Stokes BB. 21, 129) zog sie ansprechend zur Wz. ^'bhendh-
unter Annahme von Grundformen resp. *bhendhnä und *bhndhnä.
Es scheint mir nicht unangemessen, in diesem Zusammenhang
des g. batists M. 'Scheuer' Erwähnung zu tun. Es kann ein zu
i-Stamm umgewandelter «/-Stamm sein, somit eigentlich mit afries.
böst formell identisch. Ein urgerm. *ba7istuz^ eig. 'Bindung, Ge-
bundenheit', hat sich sehr wohl in so verschiedenen Speziali-
sierungen der Bedeutung teilen können wie afries. böst, g. bansts.
Ich setze voraus, was eben bekannte ethnologische Parallelen
hat, daß die 'Scheuer' uj-sprünglich durch Flechtwerk hervor-
gebracht werden konnte. Mit g. *banstuz identisch ist nun air.
bes{s) M. 'Gewohnheit Sitte' (Windisch IF. 3, 76 ff. Foy IF. 6, 331).
Ob die Bedeutungsentwickluug mit der von afiies. böst oder der
von g. bansts (s. Windisch a. a. 0.) parallel gegangen, mag vor-
läufig dahingestellt bleiben. Dabei leugne ich freilich nicht, daß
die von Strachan BB. 14, 312 ff. 20, 35. Fick 2^ 174. Stokes
Arische Beiträge. 115
BB. 23, 49 angenommene Grundform, d. h. kelt. *bend-tu-,
auch zum Ziel führt. Dabei hat man nämlich auch das alb.
bess F. 'Glaube, Vertrag, Waffenstillstand, freies Gebiet' (G. Meyer
EW. 33. AS. 3, 25. 4, 45) in Betracht zu ziehen. G. Meyer setzt
eine Grundform *bend-ti- oder, mit Übergang in die Klasse der
Fem. auf -ä, *bend-tiä (AS. 2, 50), während Pedersen KZ. 36, 308
die erstere Form vorzieht. Oben (14, 267 f.) habe ich zu zeigen
gesucht, daß idg. -tt- im Alban. als st erscheint. Dem wider-
spricht jetzt Pedersen KZ. 39, 429 f. unter Hinweis auf das von
ihm KZ. 36, 308 aus *püt-to- gedeutete alb. ;pass 'gehabt'. Ich
lasse mich gern in albanesischen wie in andren Dingen be-
lehren. Vielleicht bin ich im Unrecht, und idg. ~tt- wird im
Alban. -s{s)-^ wie in den westeuropäischen Sprachen. Ich be-
streite aber, daß der Beweis dafür in pass 'gehabt' Liegen soll.
Weder Pedersen noch jemand anders wird so genau wissen,
was pass eigentlich ist. Es ist sogar nicht eben wahrscheinlich,
daß pasf aus *pot-to- sei, zunächst, weil die verbale Verwendung
von pot- in s. pati-, ttöcic, lat. potis aUem Anschein nach eine
spezifische Neuerung des Albanesischen ist, aber die part-
Kategorie auf -to- sichtlich im Aussterben begriffen ist, also
seit jeher nicht eine lebende Kategorie gewesen ist. Es könnte
pas£ z. B. aus *potio- sein. Und bess könnte z. B. zum s-Stamm
gehören, also etwa aus *bend-s-iä oder *band-s-iä. Der idg.
s-Stamm ist auch sonst reichlich belegt : z. B. ahd. bant, PI. bentir,
in TTeTc^a. Das von G. Meyer EW. 467. AS. 4, 45 aus *suoid-U-
resp. *suoid-Uä gedeutete vess F. 'Tau' wird von Pedersen
KZ. 36, 308 aus *vend-ti- oder *vöd-ti- hergeleitet. JVIindestens
ebenso möglich wäre eine Grundform *vend-s-iä oder vielleicht
*vand-s-iä ^), wobei man sich zu vorhandenen Stammesmöglich-
1) Man könnte hiergegen einwenden, daß man ^ zu erwarten hätte
(Brugmann Grdr. 1, 759. Pedersen Alb. texte 180. KZ. 26, 290; anders
IF. 5,38). Ich halte diesen Einwand nicht für stichhaltig: dent. +s kann
zunächst ss geworden, und dies ist nicht palatalisiert. Wenn man ein
pase 'ich hatte', l'ase 'ich hieß' oder per-pos 'unten' entgegenhält, so hat
man zu bedenken, daß diese Formen eigentlich nichts beweisen: sie stehen
unter Einfluß von Kategorien, wo sonst nur oder fast nur ä zu stehen
hatte, nämlich vom -s-Aor. wie cTaie 'gab', rase 'fiel', ^eäe 'war', dase.
'sagte' usw. (G. Meyer KAG. 38 f.), wie denn auch Pedersen selbst genötigt
ist, pase 'er sah' nach base 'er gab' usw. zu erklären. Weiter vom Abi.
PI. (eig. wohl oder wenigstens zum Teil Lok.) auf -s (aus -*su). — Meiner
Meinung nach wäre es also möglich vese. aus *suoid-s-iä zum s-Stamm in
1. südor, kymr. chwys, körn, whijs 'Schweiß' (aus *suid-s-o-) usw. herzuleiten.
8*
116 K. F. Johansson,
keiten hält, was bei den ersteien Konstruktionen nicht der Fall
ist : der s-Stamm ist vorhanden in ion. uöei, s. utsa-^ wohl arm.
get^ aisl. vass 'Schilf usw. — Mit dem nackten Hinweis auf
prese 'schneide' ist nichts gewonnen, wenn nicht gar eine Grund-
form *pret-iä anzunehmen wäre.
Mit g. bansts zu verbinden sind natürlich ags. bös, aisl.
bds, mhd. banse 'Scheune'. Diesen Wörtern liegt ein germ.
*bansa- N. zugrunde; dies aber erkläre ich aus einem idg.
"^bhondh-s-o-, das sich zu dem s-Stamm verhält wie z. B. lat.
saxum ahd. sahs zu saces- (in lat. sacena), lat. e-lixum zu Uquör,
s. sam-vatsa-ra- zu Feioc, aisl. hrös N. 'Kuhm' zu aisl. hröör. ags.
hrödor, hrid u. a. mehr') (s. z. B. J. Schmidt Plb. 144. ;J79.
Persson BB. 19, 269 ff. u. a.). Den s-Stamm sehe ich auch in
der Weiterbildung griech. rreiciua aus *7T6v0-c-)Lia, wie z. B. ahd.
rosamo aus *rudh-s-men- (neben rotamo- aus *rud/i-men-), vgl.
lett. esma 'Lockspeise für AVölfe' aus *ed-s-ma (: lit. edes-is^ ahd.
äs, aisl. dSj ags. ^s, lat. es-ca aus '"ed-s-cä, abg. jas-li aus *ed-s-li-
J. Schmidt Plb. 252. 279), abg. cisme aus *cit-s-men-^ öc|Liri (: lat.
odor^ 6b-c- in öcqppaivoiuai) usw. (vgl. z. B. noch J. Schmidt KSB. 7,
243. KZ. 27, 314. Solmsen KZ. 29, 90 f. 117 ff. TR S, Anz. 64.
Kretschmer KZ. 29, 429 f. Gr. Vaseninschr. 148 f. Bartholomae
AF. 2, 86. IF. 4, 124). Zu den Weiterbildungen von s-Stämmen s.
noch Bugge AfnF. 1, 7. Brugmann MU. 1, 81. Grdr. 2, 351. GG.^
185 ff. J. Schmidt Plb. 148. KZ. 32, 388. Persson BB. 19, 271.
Ahd. {h)last, ags. hlcest erklären sich aus germ. ^'hlasti-
*hlasta- und gehen auf idg. *Mat-s-U-, *-to- (oder *Mad{h)-s-ti-, *-<o-;
A^gl. Noreen Urg. Lautl. 175. Brugmann IF. 6, 103) zurück. Sie
gehören zu g. af-hlapan 'überbürden', ahd. {h)ladan (Prät. ki-hlatan\
aisl. hlada mit /, ags. as. hladan, afr. hlada mit d : mit ß noch
ags. hlöd 'Beute'; anfränk. hlötha 'Beute' (: mhd. luot^ md. lüt
'Last, Masse, Rotte, Schar, Menge')^). Wie Persson Wurzelerw. 46
1) Sowohl die Zusammenstelking mit s. bharhsas- (worüber s. Verf.
BB. 18, 22 f.) wie die zu cu-cpe(i)öc (Schrader KZ. 80, 4-83 f. Sprachvergl.
u. Urgesch. 501) muß aufgegeben werden (vgl. auch Feist PBrB. 15, 5'iß f.).
2) Osthoff IF, 5, 301 identifiziert damit das ags. hlöd 'Haufe, Schar,
Menge", spezieller: 'eine zum gemeinsamen Stehlen vereinte Gesellschaft
oder Bande von 7 bis 25 Dieben' (Schmid Gesetze der Angelsachsen S. 17).
Hierzu afr. hlöth 'Herd' (Kern Taalk. Bijdr. 2, 191. Jaekel ZfdPh. 23, 140.
Bremer PBrB. 17, 319). Wie Sievers (b. Bremer a. a. 0. N. 1) und Kauff-
mann PBrB. 18, lil) erkannt, gehen hUd und hUdere 'praedo' mit ahd.
landeri 'lalro' (Tatian 199, 8. Sievers '^ S. XXXVI f.), aisl. hlenni 'Räuber'
{hlenni-madr) auf ein germ. Wurzelelemenl *hlanp- zurück.
Arische Beiträge. 117
und Osthoff IT. 5, 300 f. annehmen, liegt hier eine mit -t- er-
weiterte Wurzel *klä-t- vor (gegen Kluge ^ 224. Brugmann Grund-
riß 2, 1047. 1051 f. IF. 6, 103 u. a.). Daneben steht mit -d-
(oder -(^/»-)Erweiterung abg. Madq klasti 'legen, stellen', r. kladü
*last' usw. zu lit. klö-ju klö-ti 'zudecken' (aber mit -d- oder
-c?Ä-Erweiterung : iiz-klodas 'Bettdecke', paklöde 'Bettlaken' usw.
s. Leskien Abi. 114-376).
G. beist 'Sauerteig' {ga-heistjan 'durchsäuern', un-heistei
*das Nichtgesäuertsein', un-heistjöps 'nicht gesäuert') aus einem
%heid-s-to- zu beitan usw. (Brugmann IF. 6, 103, anders Kluge
PBrB. 8, 524).
Ahd. quist F. 'Yerderben, Vernichtung', g. qistjan 'ver-
derben' (trans.), aisl. kvista 'verstümmeln' aus *ged}i-s-ti- (Brugmann
IF. 6, 103) zu lit. ge-n-dü gesti 'entzweigehen, verderben' (intr.),
gadmti 'verderben' (trans.), pagadas 'verderben' (weiteres Material
aus dem Lit. s. Leskien Ablaut 64 = 326, vgl. Verf. KZ. 32, 484 f.),
s. Schade 2 2, 696. Brugmann IF. 5, 375. 6, 103. Zupitza Die
germ. Gutt. 87.
Nhd. rist, mhd. rist, riste 'Hand- oder Fußgelenk', ags.
wyrst^ wrisf, aisl. rist 'Fußgelenk', aschwed. wrist usw. ist lange
her zusammengestellt mit ags. wridan 'torquere', ahd. ridan
'winden', aisl. rida 'winden, flechten, knüpfen', schw^ed. vrida
: '^uri-t-s-t-. Die ursprüngliche Flexion ist nicht zu bestimmen.
Der zugrunde liegende -s-Stamm findet sich in ags. wrdsen,
ahd. reisan 'Knoten', sowie schwed. (d.) vres M. 'Drüse', vgl. vresa
'drehen, krümmen; (übertr.) störrisch sein', vres-ig 'knorrig,
knotig (voll Bäumen) ; (übertr.) mürrisch, störrisch', vresalm 'ulmus
effusa'. — Vielleicht wird man hierzu s. bleskd- 'Schlinge zum
Erwürgen' stellen, falls aus *ureid-s-qo-, worauf ich hier nicht
näher eingehe.
Sehr schwierig ist das germ. Wort für brüst. G. brusts
ist bekanntlich ein F. PI. taut, eines Kons.-Stammes als Über-
setzung der griech. Vorlage tö cifiBoc, id cirXdYXva. Auch ahd.
N. A. PI. brüst (Fem.), D. brustum gehört zu der konsonantischen.
Stammesflexion; aber schon im 9. Jahrh. erscheint es als
-z-Stamm flektiert (Braune Ahd. Gr. § 243. Bugge PBrB. 13, 320).
Ln Alts, ist breost Neutr. Plur. tan tum. Ags. breost^ aisl. brjöst,
ursprünglich dieselbe Form, ist Sing, geworden ; aber Plur. dazu
wird als Sing, verwendet. Kluge PBrB. 8, 510 nimmt für die
as. ags. aisl. Form urspr. Nom. Dual. *breustö an, das als Neutr.
118 K. F. Johansson,
Pliir. aufgefaßt worden sei. Dual. *breustö und (got.) Plur.
*brustum usw. setzen ein urgerm. Paradigma mit wechselndem
Akzent und wechselndem Ablaut (etwa wie s. Du. pddä{u) : PI.
padbhis) voraus. War aber noch urgermanisch ein solches Para-
digma vorhanden, als fester Typus konnte natürlich zu einem
*brustum, wie auch immer entstanden, analogisch ein *breustö
erwachsen. Das hat auch Bugge PBrB. 13, 320 ff. bei seiner
Etymologie annehmen müssen. Man könnte nun, unter Ab-
lehnung von Bugges Zusammenstellung, die erwähnte Annahme
verwenden und brusts zu abg. brüdo (-s-Stamra) 'Erhebung, HügeF
stellen : *bru{dh)-s-t- \ dazu wäre dann *breu{dh)-s-tö neugebildet.
Abg. brüdo ist aus *bhrdhos (resp. *mfdhos^ vgl. r. berdo 'Weber-
kamm', pol. bardo^ cech. brdo usw. aus *birdo, J. Schmidt Vok. 2, 18;
von Diefenbach KZ. 16, 221 zu got. fötu-baurd usw. gestellt,
anders Yerf. KZ. 30, 449). Xun ist aber auch die Annahme, daß
in germanischer Zeit in einem Nominal-Paradigma durch
Analogie bedingte Ablautsentgleisung stattgefunden habe, etwas
bedenklich. Dies setzt nämlich voraus, daß in der Nominalflexion
noch in germanischer Zeit der Ablautswechsel ein lebendiger
Wortbildungsfaktor gewesen sei. Das ist aber in weiterer Aus-
dehnung kaum annehmbar. Man kann aber meines Erachtens
aisl. brjöst usw. : g. brusts usw. aus idg. *bhreu-dh-s-t- : *bhru-dh-s-t-
erklären, ohne sie dennoch ganz von abg. brüdo zu trennen.
Man hat nur eine Wechselform idg. *bhreiidhos- : *bhrudhs- an-
zunehmen. Die Wurzelformen *bh{e)r{e)-dh- : *bhreu-dh- verhalten
sich zueinander wie *bh{e)r{e)-^ *bher-io- : *bhreu- in lat. ferio^ aisl.
berja, abg. borjq, qpap-öuu, wozu nsl. brana^ r. boronä^ pol. brona
*Egge'^), alb. brane (aus dem Serb. entlehnt G. Meyer Wtb. 44f.)
usw. : s. bharv-ati 'zernagt' usw., s. Persson Wurzelerw. 18. 125,
oder mit andrer Bedeutungsentwicklung: von 'scharf, spitzig
sein' zu 'emporragend, hevortretend, sich erhebend' in lit. bridujü-s
briduti-s 'sich andrängen', akt. 'zwängen', briaunä 'stumpfe Kante'
usw. (s. Leskien Ablaut 3 = 293); wie *bli(e)r{e)-s- : *bhreu-s- (air.
berraim 'tondeo', cpdpc-oc 'Stück', ahd. bres-tan, s. bhr?-ti- 'Spitze,
Zacke, Ecke', aisl. burs-t : ags. brysan 'brechen', air. brtiim 'zer-
schlage' usw.). Die Bedeutungen wechseln in dieser Wortfamilie
zwischen 'stechen, stoßen, nagen, kauen, spalten' und 'spitzig,
hervorstechend, empoiTagend, hervortretend sein'. Zu *bher-dh-
1) Sicher nicht aus *bhorsnä wie Pedersen IF. 5, 72 annimmt. Ein
np. bern 'Egge' ist nach Hörn XIX. il unsicher.
Arische Beiträge. 119
in TTepöuj 'zerstöre', aisl. harda^ ahd. harta 'Beil', g. fötu-haurd
'Fußbank', ahd. hord^ hört 'Rand, Saum, Seite des Schiffes, Schiffs-
rand', as. bord 'Rand, Tafel, Tisch, Haus', ags. hord 'Rand, Schiffs-
bord, Tisch, Haus', aisl. bord 'Randlänge, Stange, Schiffsbord,
Tisch' mit sowohl ahd. pret 'Tafel, dicke Stange', mhd. nhd. hret^
ags. bred 'Tafel' wie ahd. prot^ prat 'Rand, Borte, Schiffsvorder-
teil, Mund, Lippe' usw., sowie schließlich abg. brüdo 'Hügel'
(weiteres Material bei Walde KZ. 34, 506 f.). Zu einem damit
wechselnden *bhreu-dh- imd daraus gebildetem *bhreudJios- könnte
nun aisl. brjöst : g. briists usw. gehören i). Eine andere Weiter-
bildung vielleicht in abg. brüzda 'frenum'. Sollte das Yorgetragene
zu verwickelt erscheinen, so ließe sich auch noch die alte Zu-
sammenstellung mit aisl. brjöta, ags. breotan 'brechen', mhd.
hriegen 'hervorbrechen, aufschwellen, knospen', as. brustjan
'knospen' hören. Auch dann hätten wir Wegfall von einem
Dental anzunehmen: *bhreu-d-s-t- : *bhru-d-s-t-. Die Bedeutungs-
entwicklung wäre dann von 'Hervorbrechung, Anschwellung'
zu brüst. Zur Bedeutung vgl. dann aisl. bringet : lit. brlnkti 'quellen,
schwellen' (Zupitza Die germ. Gutt. 129). Fi'eilich auch dann
entlegene Wurzelverwandtschaft mit den genannten Wörtern.
Ich habe das Vorstehende, vor acht Jahren über brusts
Niedergeschriebene, stehen lassen, obwohl seitdem mehrere Ver-
suche, das Wort zu erklären, erschienen sind. Ich nenne z. B.
die von v. Grienberger Unters, z. got. Wortk. 53 mit einer von
V, Helfen Fünfzig Bemerk, z. Grimmschen AVörterb. 16 ff. ge-
äußerten identische Zusammenstellung mit s. bhrü-s griech.
öcppO-c, und die ausfühi'liche Behandlung von Wiedemann BB. 27,
226 ff. Trotz der etAvas verwirrenden Darstellung ist dieser Auf-
satz scharfsinnig und lehrreich. Wie man finden wird, sind
einige unserer Aufstellungen identisch; namentlich suchen wir
das verwandte Material in demselben etymologischen Kreis. Nur
glaube ich nicht an die von W. angenommenen Bedeutungs-
entwicklungen. Vielmehr wird man in den meisten Fällen von
ähnlichen Zusammenstellungen die Bed. 'Rand ; Saum ; erhöhter
1) Zum Bedeutungswechsel vgl. air. bruinne aus *brondhio-, akymr.
bronn nkymr. bron 'putus, mamma', bret. bron{n) 'mamelle', aber in Orts-
namen 'runder Hügel' wie kymr. bri/nn M. 'collis'. Ev. zu abg. grqdi 'Brust',
slovak. hrud 'Erhöhung' usw. (b. Fick * 2, 184; ein anderer Vorschlag
bei Zupitza Die germ. Gutt. 129; bruinne könnte auch *bhrudhnio- sein.
Es läge dann ein mit dem -s-Stamm wechselnder -n-Stamm zugrunde).
120 K. F. Johansson,
Kaiid, Erhebung' als die zentrale anzusetzen haben. Weiter
zurück lieg-en Bedeutungen wie 'Bruch: durch Brechen, Bersten
entstandene Kante, Rand' usw.
Lit. l^ste 'Ackerbeet' (Bezzenberger LF. s. v. Leskien Bild,
d. Nom. 396 = 546), ahd. liista 'Rand, Saum, Borte, Sti-eifen',
aisl. Usta 'Rand, Streifen', ags. Ust, alles aus Hit-s-tä- vom -s-Stamm
in lat. lltus^ wohl auch lit. lyse 'Ackerbeet'. Lit. lyse : hjste = lett.
rüsa : rusta^ rüste (aus *rud-s-a : ^rud-s-tä, s. unten). Indessen
kann ja lyse vielleicht direkt zu lat. llra^ ahd. ivagan-leisa, abg,
lecha 'area', r. lecha 'Furche' gestellt werden (Fick KZ. 18, 412 ff.
Pedersen IF. 5, 40. 78 u. a.). Sollte nun Pedersens an der letzt-
erwähnten Stelle behauptete Regel richtig sein, sollte das aus
idg. -s- nach -f-, -ü-, -r-, -^--Lauten im Litauischen zu erwartende
-sz- nach 'gestoßen' betontem -i- und -u- bewahrt sein, so
würden wir natürlich *lysze erwarten. Nun sind aber freilich
die Regeln Pedersens fürs Litauische weit davon entfernt, als
gesichert gelten zu können i).
Lat. frustum wird gewöhnlich und kann zu griech. 9paucTÖc
gestellt werden (vgl. z. B. Walter KZ. 12, 412. Fröhde BB. 1,
193. Solmsen KZ. 29, 95). Indessen scheint mir der alternative
Vorschlag von Stokes KZ. 31, 235. Persson Wurzelerw. 126 N. 2.
KZ. 33, 292. Stolz Hist. Gr. 1, 150, daß es zu abg. brüs-nq-ti,
brysati gehöre, in formaler Hinsicht den Vorzug zu verdienen;
vgl. weiter ags. brysan 'zerbrechen', air. {brosne. brosnu) briiim
'zerschlage' usw. (s. noch Fick^ 2, 187. Thurneysen Keltor. 94 f.
Strachan Bß. 20, 15). Zu ags. brysan, alb. bresen 'Hagel' (G. Meyer
Wtb. 47. Alb. St. 3, 90; vgl. indessen Wiedemann BB. 27, 248 f.),
mhd. brüsen 'brausen' usw. kann unter Annahme einer 'Wurzel'-
fonn *bhreu-s-, die übrigens auch durch air. briiim 'zerschlage,
zerschmettere' usw. bezeugt sein kann, gezogen werden; um
es aber zu abg. brysati 'abreiben', brüsnqti 'rädere, corrumpere',
brüselü 'Scherbe' direkt zu stellen, brauchen wir eine 'Wurzel'-
f orm *bhreu-d-s- : in diesem Fall *bhrtid-s-to-{ygl Pedersen IF. 5, 38) ;
*bhreu-d- (in aisl. brjöta usw.) : *bhreii-d-s- (abg. brysati usw.)
1) Mit 1. lltus eig. 'gebogene Rand', so 'Ufer, Strand' ist identisch
der als ursprüngUcher -s-Stamm von Liden Spräkv. sällskapets förhandlingar
1891—94, 74 = BB. 21, 106 dem ahd. lid N. und M., ags. lid N., aisl. lidr
M., aschwed. liper M. und N. (daneben -«-Stamm im got. lißus usw.) zu-
grunde gelegte *li-tos, -tes-. Der -«-Stamm in lißus läßt sich mit dem
-M-o-Stamm in 1. lituus vergleichen.
Arische Beiträge. 121
= *dh{u)r9u-d- (lat. fraud-) ') : *dh{u)rau-d-s- (in umbr. frosetom 'frau-
datum'2); lat. frustra entweder *dh{u)ru-s-trä oder *dh{u)ru-
d-{s-)trä). —
Lat. mustum — wovon ahd. most, wie die meisten den
Weinbau betreffenden Wörter vom Lateinischen entlehnt sind —
erkläre ich aus *mud-s-to- und beziehe es auf den -s-Stamm in
juucoc aus *)u^ö-c-oc eig. 'Nässe', so 'Befleckung-, Makel', so 'Ver-
brechen' u. dgl. ; der -s-Stamm auch in ir. mosach 'immundus,
spurcus' (aus *mut-s-äko-), kymr. mws 'spurcus' (vgl. Fick* 2, 206);
wurzelverwandt mit jivhoc 'Nässe' usw., mhd. smm, lit. mäud-au
maud-yti 'baden', lett. maud-ät 'schwemmen', lit. mdus-tau,
mäus-tyti 'schwemmen', sowie abg. miizga 'Lake, AVeiher' aus
*maud-z-gä (Miklosich Asl. Lautl.^ 286. Et. Wtb. 207 s. müzg-,
vgl. Walde KZ. 34, 514) und weitere Formen der Wurzel ohne
die c?-Erweiterung bei Leskien Abi. 41 = 303). Hierzu s. mödate
'lustig, fi'öhlich sein, sich freuen' von RY. an; ursprüngliche
Bedeutung, wohl etwa 'naß, feucht sein', noch vorhanden in
schwed. dial. muta 'staubregnen' und andres mehr, s. unten. Die
ursprüngliche Allgemeiubedeutung dürfte noch in s. mudira- M.
'Wolke', lexikalisch auch mit der Bedeutung 'Frosch', durch-
schimmern. Hierzu auch air. micad 'Wolke' aus *moiido-, muad-
rosc 'lippus': weiteres bei Fick^ 2, 206. Persson Wurzelerw. 24.
155. 183 u. a.
Das bei Hes. vorkommende Wort ßacxd • uTToörDnaxa.
'ItaXiOuTai ist wohl am ehesten ein messapisches Wort. Als solches
könnte es mit mhd. hast buost, engl. ndl. an. bast^ ags. bcBst zu-
sammengestellt werden, mit dem alb. basks 'zugleich' usw. auf
ein *bhadh-s-tu-, -to- zurückgehen.
Daß die Wurzel, die in s. nahyati^ naddha-, natsijati usw.
erscheint, idg. *nedh- war, ist jetzt anerkannt (Hübschmann
KZ. 23, 393 mit N. 1 f. v. Bradke ZDMG. 40, 666. Stokes BB. 21,
130 u. a.)3) und von Brugmann BSGW. 1890, 236 weiter er-
härtet. Ob das lat. necto nexui nexi nexum auch mit der Glosse
1) Hierher ziehe ich lit. draudzu draüsti 'drohen', lett. draudi m.
PI. 'Drohungen', lit. nu-draud-us 'tadelnswert', lett. draudet 'drohen'. Lett.
drausma 'Drohung', lit. drausme 'Zucht', drausmüs 'strafbar' setzen ent-
weder *dhr3u-s- oder *dhr9u-d-s- voraus.
2) Anders z. B. v. Planta Gr. d. osk.-umbr. Dial. 1, 4^21 f. —
3) Früher z. B. Fick^ 3, 159. * 1, 501. 506. Windisch KZ. 21, 427
setzte man allgemein *negh- als Wurzelform an.
122 K. F. Johansson,
noxcB colligatso (Löwe Prodr. 371) hinreicLt, um aucli eine idg.
Wurzel *negh- anzusetzen, ist sehr zweifelhaft Osthoff b. Brugmann
a. a. 0. ist der Meinung, daß nedo usw. duich Umbildung nach
plecto plexui plexi plexum entstanden ist^). Sicher ist, daß außer
dem Indischen das Germanisehe und Keltis(;he (sowie selbst das
Italische) die Wurzel *nedh- bezeugen. Das Air. hat ein naidm N.
'nexum' belegt durch Gen. nadma, Akk. PI. nadman (in ecoir
nadma 'impos contrahendi', for nadmand 'super obligationes', Zeuss-
Ebel 269 f.), fo-naidm 'Binden, Vertrag', nir. an-naid (Stokes
BB. 21, 130). Hierzu gesellt sich air. Superl. nessam (Kompar,
nessa\ körn, nessa 'proximus, proxime', nes 'propius', kymr. Superl.
nesaf, Kompar. nes aus *nedh-s-7iinio- (resp. '^nedh-s-os-). Hier-
nach ist es offenbar, daß von den vielen Deutungsversuchen
über 0. nessimo-^ die v. Planta 1, 377 f. verzeichnet, nur der
von Brugmann BSGW. 1890, 236 zu halten ist. Es ist aus
*ned,h-s-rp,mo-. Der hier zu Tage tretende -s-Stamm^) erscheint
nun auch außer in den unten zu behandelnden Formen mit
-^-Erweiterung (wie s. nißka-, ahd. nuska 'fibula', air. nasc 'Ring'
nsw., vielleicht auch av. naska- 'Buch, Textsammlung', eigentlich
'Bündel' Bartholomae Ai. Wtb. 1060) in folgenden Fällen, die
Osthoff MU. 0, 6 und J. Schmidt Krit. d. Son.-Theor. 85 in ähn-
lichem Zusammenhang erwähnt haben. Zunächst ahd. nusta
*nexa', nustun 'ansulas', das wohl nicht aus *nuskta (zu nuskjan,
nusken 'nectere, vincire') herzuleiten ist; eher aus *n^dh-sto-,
in welchem Fall es sich direkt zu aisl. nis-t, niste 'Heftnadel,
Mantelschnalle', nista 'zusammenheften', ahd. nestilo M. nestila F.
'Bandschleife' stellen läßt, denen ein *nedh-s-to- zugrunde liegt,
agutn. nast nestli (aus *nodh-s-to- oder *nddh-s-to-). Mit lat. nödus
(vgl. Kluge KZ. 25, 313. Noreen Urg. Lautl. 139) können diese
Wörter direkt nur vereinigt werden, wenn man für beide Sprach-
gruppen ein *n^dh-z-do-, *nddh-z-do-^ *nodh-z-do-^ *nedh-z-do- an-
nähme. Dazu liegt kaum hinreichender Anlaß vor. Die Wörter
sind wohl nur wurzelverwandt : lat. nödus ist idg. *nödho- (anders
Persson Wurzelerw. 881). — Um hier noch eine unsichere Ver-
mutung vorzuführen, möchte ich den Vorschlag machen, vocciöec
uTTÖbriiaa YuvaiKeTov aus *voec-ib- zu deuten und darin den -s-Stamm
in aisl. nis-t, agutn. nas-t zu sehen.
1) Ganz anders Bloomfield IF. 4-, 69.
2) Vgl. noch ir. im-ni-se (bei Stokes BB. 21, 130) wohl aus *-nedh-s-io-.
Arische Beiträge. 123
Ahd. rüsten, ndl. rüsten, ags. hyrstan (aus *hrystan) 'aus-
statten, schmücken', ahd. rust 'Rüstung', ags. hyrst, setzen im
Verhältnis zu ags. hrSodan 'schmücken', aisl. hrjöda 'säubern'^)
usw. (s. Kluge ^ 308) ein idg. *krut-s-to- voraus. Richtig stellt
Zupitza Die germ. Gutt. 125 hierher aisl. hraustr 'rüstig, tapfer,
gesund' : lit. krutü kruteti 'sich regen', krutüs 'rührig' (Leskien
Abi, 54 = 316). Ursprüngliche Allgeraeinbedeutung 'schaben,
schröpfen', die sich einerseits zu 'sich bewegen, regen', andrer-
seits zu 'reinigen, säubern, schmücken' usw. entwickelt hat.
Ahd. mhd. hörst, hurst 'Gesträuch, Gebüsch', me. hurst, mnd.
hörst, hurst 'niedriges Gestrüpp, abgeholzte Stelle im Walde, wo
junge Schößlinge nachwachsen; wüster, "wilder Ort' im Ver-
hältnis zu ahd. hart 'Wald' (und andern Wörtern bei Noreen
Urg. Lautl. 87, vgl. Much PBrB. 17, 104 und Kögel AfdA. 19, 6 f.
Osthoff Par. 1, 47 ff.) setzt theoretisch ein vorgerm. *krt-s-to-,
resp. *kfd{h)-s-to-, voraus. Ein idg. *krtto- (s. krttd- statt *krsta-,
lit. kifstas), wie Zupitza Die germ. Gutt. 121 als Grundform an-
nimmt, sollte germ. '*hurs{s) *hors{s) werden. Das -t wäre dann
jüngeren Ursprungs, wie in obst u. dgl., was aber schwerlich
geht2j. S. jedoch jetzt Osthoff Par. 1, 53 ff.
Dem got. hröt, aisl. hröt 'Dach' entsprechen ags. hrösf Schlaf-
stange der Hühner', as. hröst 'Dachgespen-e' % Ein ursprünglicher
-s-Stamm ist zu *kröd-s-to- *kröd-s-tiio- (*kroud-s-to-, *kroud-s-tiio-)
erweitert worden (weiteres Liden ISTordiska studier 432 f.).
Unsicher ist, ob ahd. harsta 'frixura', ga-harstit 'frixus',
ags. hierstan 'rösten', hierstepanne 'Bratpfanne', mnd. hörst 'Rost',
mit lit. kdrsztas, lett. karsts 'heiß', lit. karsztis 'Hitze', sowie aisl.
Äers^r 'barsch' (Bezzenberger Lit. u. lett. Drucke des 16. Jahrhs. 1,
1) Hierher gehören auch mit Anlauts-; a.gs. screadian 'schneiden',
ahd. scrötan 'hauen, schneiden', aisl. skrjödr 'etwas Zerfetztes', skrüd Hhe
shrouds of a ship', ags. scrtid Tuch' und weitere bei Zupitza Die germ.
Gutt. 157 genannten Wörter.
2) Um soviel weniger als das Wort auch in den nordischen Sprachen
bezeugt ist : schwed. dial. röst F. 'Waldung', norw. dial. rust 'kleine Waldung,
Land, Sammlung von Bäumen, Waldrücken' usw. (auch in der Form ryst).
3) Verwandt schwed. röste 'Dach-, Giebelgestell, Gerüst', norw.
dial. rost, rest, raste, reyste, raust mit ähnlichen Bedeutungen, wo aber
die vokalischen Verhältnisse etwas verwickelt. Die Zusammenstellungen
bei Wiedemann IF. 1, 124:. Zupitza Die germ. Gutt. 127 sind zweifelhaft. —
Man hat Wechselformen *krö-d- und *krou-d- anzunehmen, sei es daß
*krö-d- aus *kröu-d- ist oder verschiedene Wurzelerweiterung vorliegt.
124 K. F. Johansson,
Xn Anm. 2, anders KZ. 22, 479) mit lit. kersztas 'Zorn' (weiteres
s. Leskien Abi. 70 - 322. Verf. KZ. 32, 481. 487 f. Zupitza Die
germ. Glitt. 114) in ähnlichem Yerhältnis zu ahd. herd, ags. heord^
as. herth (vsl. abg. krada 'iTupd, Kd)aivoc') stehen. Nehmen wir
hier *kert-s-to- *koH-s-to- *kft-s-to- an, so haben wir wohl den
-s-Stamm (resp. den -s-Aor.-Stamm) in lett. karset 'erhitzen', lit.
klrszti 'zornig werden', pa-klrszti 'entbrennen', klrszinti 'zum
Zorne reizen', kerszingas 'zornig', kerszüs 'zornvoll', kerszyti
*zornen' usw. (d. h. *kert-s- *kort-s- *krt-s-). Ein hierzu gehöriges
*krötsä oder *krätsä möchte ich in abg. krasa 'Schönheit' sehen.
Ich nehme als Bedeutungsentwicklung au : 'Brand, Flamme' —
*rote Farbe' (vgl. r. kräsnyj 'rot') — 'Farbe' (vgl. r. krdska^ lit.
krasas 'Farbe, Farbestoff, Farbekraut', le. krasa 'Schönheit') und
'Schönheit' (vgl, abg. krasiti 'ornare', krasiti se 'Isetari, superbire').
Ganz andere Anknüpfung, zum Teil umgekehrte Bedeutungs-
entwickluug, befürworten Bezzenberger KZ. 22, 478 f. Bechtel
Hpr. 209. Zupitza Gutt. 147. Pedersen IF. 5, 58.
2. Hiernach komme ich zu AVörtern, die (auch) in den
arischen Sprachen vorkommen und zugleich f- ü- {r- oder Ä:-)Laut
vor der Lautverbindung haben.
Lit. rustas 'lila, bräunlich', lett. rusta, rüste 'braune Farbe'
(Bezzenberger Lit. Forsch. 165. Geitler Lit. St. 107. Leskien
Abi. 44 = 306. Bild. d. Nom. 398 = 548), lett. rüstet 'rotfärben',
ahd. as. rost, ags. ri'ist 'Rost' und mit andrer Ablautsstufe ahd.
röst 'Rost, Scheiterhaufen, Glut, Feuer' aus *rüdh-s-to- {*roudh-
s-to-), von dem -s-Stamm aus weitergebildet, der in lett. rüsa
'Rost', lit. rüsvas, raüsvas 'rotbraun', lat. rubor, epeuGoc, lat. russus,
lett. rusla 'Art rotbrauner Farbe', lit. ruslis 'Bratrost', ruseti
'glimmen, brennen' (Geitler Lit. St. 107), ahd. ros-amo 'Rost'
(vgl. Bugge Ark. 1, 7 f.) usw. zutage tritt. Zu diesem spricht
nun vollständig s. lö?ta- N. 'Eisenrost'. Es ist freilich nur durch
^KDr. bezeugt, aber dort vom älteren medizinischen Wb.
Räjanirghanta, und an der Richtigkeit des Wortes wie der Be-
deutung kann kein Zweifel bestehen. Ebenso unzweifelhaft ist
es, daß es nicht mit lö$ta- 'Scholle' identisch sein kann (s. so-
gleich unten). Es ist zunächst aus ar. *rausta- und dies aus
idg. *rousto- aus noch älterem *roudh-s-to- (s. Yerf. IF. 8, 162).
S. lö?tä- 'Scholle', aisl. rtist F. 'Sammlung, Reihe nieder-
gefallener Steine', d. h. mit annähernd derselben Bedeutung wie
lat. rüdus rüdera, aus *reud-s-to- *rüd-s-ti- mit dem -s-Stamm in
Arische Beiträge. 125
lat. rüdus {rödus) rudera 'zerbröckeltes Gestein, Stückchen Kalk,
Erde, Schutt', wie auch nach meinem Dafürhalten s. rödas-.
rödasi 'Welt' (vgl. rödasi-prä 'die Welt erfüllend'), eigentlich
'Erde', du. rödasi 'die beiden Welten', soviel als 'Himmel und
Erde', eigentlich 'die beiden Erden' (anders, unwahrscheinlich,
Pischel Yed. St. 1, 60) ; weiter lit. pelen-rüsis, -e, -rüsa 'Aschen-
brödel' usw. (s. Persson BB. 19, 268. Yerf. IF. 8, 162 ff.)').
S. kü^thä bedeutet a) 'das hervorragende Ende eines Dinges,
Schnabel, Spitze', und zwar 'die Schnauze eines Korbes' Pär.
Grhy. 1, 7, b) vielleicht 'Afterklaue und als solche wohl Bez.
eines Zwölftels' MS. III, 7, 7. In der letzten Bedeutung viel-
leicht auch küsthikä AV. 10, 9, 23. 9, 4, 16. 7, 10. Äit. Br. 2, 11
(wo es von Säyana als 'der Inhalt der Gedärme' gedeutet wird)^),
jedenfalls, wie es scheint, 'ein best, für das Opfer wertloser
Teil am Fuße des Opfertieres', hustha- M. in der Bedeutung
'Lendenhöhle' ist natürlich hiervon zu trennen; dagegen kann
küßtha- (Un. 2, 2) M. N. 'ein best, heilkräftiges Kraut, Costus
speciosus od. arabicus' (auch 'Saussurea auriculata') zu küsthä
'Spitze' gehören. Wohin kiißtha- N. 'Aussatz' (kusthaka- id. in
angära-ku^thaka-^ vgl. kusthaghna- 'ein best, gegen den Aussatz
angewandtes lyiittel', kusthaja- 'im Aussatz entstehend') gehört,
kann zweifelhaft sein. In Anbetracht aber der Beziehung, die
zwischen Namen von Aussatzkrankheiten und Verbalbegriffe wie
'schaben' (vgl. lat. Scabies : scabo\ 'stoßen' (vgl. g. ßrtdsfill : lat.
tt'üdo), 'schlagen' (vgl. 'ausschlag') usw. besteht, möchte ich
kustha- 'Aussatz' direkt zu küsthä 'Spitze' stellen ; denn, wie
sich ergeben wird, gehört dies zu einer Sippe mit der Allgemein-
bedeutung 'scharf sein, stechen, stoßen, bohren' usav. Es gab
1) Die von Ahrens Beitr. z. griech. u. lat. Etymologie 1, 186 her-
rührende von Fröhde BB. 17, 313 befürwortete Zusammenstellung von lat.
7-üdera und holt, gruis, schwed. grus, ndd. grüs, weiterhin xpöcöc, as,
griot, ahd. crioz, nisl. grautr usw. (vgl. Fick* 1, 418. Verf. Beitr. z. griech.
Sprachk. 132) muß aus lautlichen Gründen fallen. — Der soeben genannte
-s-Stamm ist übrigens noch weiter vorhanden in lett. grüslis 'Sonnen-
stäubchen', lit. grausmas 'Donner', grausme 'Warnung', grausvingas 'schreck-
lich, drohend'. Dagegen ist wohl grüstüvas 'stampfe' eher aus *ghrüd-tuo-
als aus *Qhrüd-s-tuo- zu erklären, obwohl letzteres auch möglich ist. Idg.
-s-Stamm *Qhreudo-s-, *ghrüd-s-. Wurzelverwandte bei Leskien Abi. 35 =
297. Danielsson Gramm, u. et. St. 1, 54f, N. 1. Persson Wurzelerw. 124 —
Eine Grundform *ghreud-dho- liegt dem abg. gruzdije 'Scholle' zugrunde.
2) Vgl. sakusthika- Äpast. 1, 5, 22 nach dem Komm. = sagulpha-
oder sängu^tha ('samt mit dem Fußknöchel oder der großen Zehe').
126 K. F. Johansson,
eine indogermanische einfache Wurzel {*s)keue- mit dieser ap-
proximativen Allgemeinbedeutung; vorhanden ist sie in abg.
kujq^ kovq kovati 'hauen, schlagen", lit. Jcduju MuH 'schlagen,
schmieden', lett. kauju kaut usw. (s. Leskien Abi. 38 f. = 300 f.),
ahd. houuuan, as. hauwan, ags. liedwan, aisl. lipggva 'hauen' usw. ;
mit s- (vgl. lit. skutü 'schaben, scheren' usw. unten sowie)
s. sku-nötU sku-näti (Dhätup.), skätdi in der Bed. 'stören, stöbern,
stochern' [skutvä Äpast. Qr. 1, 31, 24, skuyämäna- MS. 2, 1, 11,
vgl. danta-skavana-) ^), ev. k§u-^ Hu- usw. ; cKupoc, CKUpoc 'Abhaii
beim Behauen der Steine, Gips, Mörtel', cKöpwTdv (oböv Find.
Pyth. 5, 93), mhd. schiel 'abgesprungenes oder abgerissenes Stück,
Splitter' (s. Persson Wurzelerw. 1331). Mit -t- erweitert: lit.
skutü, lett. skütu (aus *sku-n-tu) sküsti 'schaben, scheren', skütas
'kleines Stück', skutä 'Staub', skütos 'Abschabsel', skutnä 'Kahl-
kopf, skuste id., skutineti dem. iter. ; lett. skütite-s 'sich schubben'
(aus '^skö{ii)-t-\ lit. skidute 'Hahneukamm, Flick', lett. schk'aute
'scharfe Kante' (usw. s. Leskien Abi. 46 = 308 ; wohl aus *skeu-t-)^).
Für uns wichtiger sind die Erweiterungen mit Wurzeldetermi-
nativ -d- : *{s)keue-d- ( *{s)keu-d-, *{s)kue-d-^ *{s)ku-d-). So lat. cüdo
'schlage, schmiede' (wohl *keudö), s. cödati 'treibt an'; mit -s-\
ahd. sciozan 'schießen, werfen', as. skeotan 'schießen', ags. scSotan
'werfen, schießen, schlagen, stoßen', aisl. skjöta 'schießen, stoßen,
schleudern' avozu got. aisl. skaut 'Saum des Kleides' usw. 3);
1) Vgl. speziell ä-sküuti, a-skunöti 1. 'durch Stochern zei'kleinern'
(^.at. Br. 1, 2, 1, 5 (an entsprechender Stelle Käty. Q,r. 2, 4, 27: ä-hrti/a);
2. 'Einschnitte machen' (in den Ohren von Tieren) AV. 12, 4, 6 (etwa —
aksitöti).
2) Hierher gehören auch s. gcötati (kl. Qcyötati nach cyöt- Wacker-
nagel Aind. Gr. 1, § 188, S. 208) 'träufeln', ags. scüdan 'eilen', sowie as.
skuddian, ahd. scutian, scuttan, mhd. schütten usw. (S. z. B. Fick^ 1. 244.
817 f. 2, 272. 490. 681. 3, 338. * 1, 142. 566), abg. skytati sf 'vagari'. Ohne
S-: lit. kustu und kit-n-tü, kusti 'sich aufrütteln', kutü, küteti 'aufrütteln',
lett. kut{d). kutet 'kitzeln', kittä 'Quaste, Franse', kutrus 'hurtig' (Leskien
Ahl. 55 = 317); violleicht aisl. hossa 'to toss' und lat. quatio : kv- wird
im lat. qu- (nicht v, wie mehrmals angenommen worden ist, zuletzt z. B.
Wiedemann IF. 1, 255 ff. J. Schmidt KZ. 32, 404 ff. Zupitza Germ. Gutt.
56 u. sonst. Keins der in Anspruch genommenen Beispiele ist stichhaltig,
wie schon Danielsson Gramm, anm. 1, 16 u. 2, vgl. Verf. GGA. 1890, 763,
768. Zubaty SFUW. 1892: Zur Elym. einiger lat. Wörter 1 ff. IF. 5, 155 f.
Liden Uppsala Studier 95 mit N. 3 und das. zit. Litt, gezeigt haben).
3) Diese pflegt man auch zu lit. szäuju 'schieße', abg. sujq 'ent-
sende, schieße' (Leskien Abi. 50 = 312), was auch angeht, zu stellen (vgl.
Fick^ 1, 243 f. 817 f. u. a.); doch ist dies weniger wahrscheinlich.
Arische Beiträge. 127
alb. he» 'werfe' (für *heS) G. Meyer BB. 14, 56. Wtb. 150. Alb.
St. 3, 90. Die 'Wurzer-Form *kue-d- : g. höta^ fvötjan, ga-hatjan^
hassaba 'scharf, hassei^ ags. hwces^ aisl. huass^ ahd. {h)was] aisl.
huatTj ags. hwcet, ahd. {h)waz\ aisl. hvMa 'durchbohren', aschwed.
hMa 'den Boden durchlöchern' ('nedslä gärdsgärdsstörar'), ahd.
far-hwäzan, nihd. ver-wäzen^ as. for-huätan 'verfluchen', wo ur-
sprüngliche und auf das moralische Gebiet übertragene Bedeu-
tungen durcheinander gehen. Dies ist im hohen Grad der Fall
bei mehreren Wörtern, die schwache Wurzelstufe haben. So
mit S-: s. sku-n-d-ate 'vorspringen' i^äpravane^ äplavane')^ vgl.
pra-skunda- vielleicht 'Stütze' MBh. 5, 2700, eigentlich 'stoßen,
werfen, eilen' usw. Von körperlichen und seelischen Leiden:
lit. pra-sku-n-dü sküsti 'anfangen zu schmerzen', lett. skundu
skundet 'mißgönnen, murren' zu lit. skundä 'Anklage' (vgl. g. Ivöta
und KuödZiiu unten) usw., skudurStis 'Geschwür', skudrus 'scharf,
flink', skaust skaudeti 'Schmerzen', skaudulys 'Geschwür', lett.
skaudrs 'scharf, skaudre 'scharfe Kante' (Leskien Abi. 46 = 308),
CKubjaaivuu 'zürne', cKÜZioiuai (weitere Belege s. z. B. Fick^ 1, 453.
2, 491. * 1, 566. Prellwitz 291), alb. (geg.) hu» (für hud ; G. Meyer
Alb. St. 3, 90. Wtb. 150) i). Ohne s-: Ku-v-ö-aXoc Tfahf (Bugge
Nord, tidskr. f. fil. 3, 264); weiter abg. kydati 'werfen' Kuöiac •
rd dv0ri tüjv öbövTuuv, nhd. dial. hiitzen 'hetzen, antreiben' (Zupitza
Germ, Gutt. 127), sowie nhd. dial. hutzen 'stoßen', hotzen id.,
hossen hotzen 'schnell laufen'^). Hierzu kommen nun Wörter
mit (meist) übertrageneu Bedeutungen (vgl. Fick ^ 1, 50) : 6 kuöoc •
Xoiöopia, KaKoXoYicx, von Hes. zusammengeworfen mit tö kuöoc
(vgl. Lobeck Rhem. 298), Kvbälvj 'beschimpfe', Kubdyxotc • ludxac.
Xoiöopiac, KuöaY xo|Lieva • Xoiöopou|ueva, Kubdccei • rapdccei. XoibopeT
(Tarent), KubaiteTv e-mcpoiveiv (KubdZiecBai • XoibopeicOai usw.),
Kuboijiioc • TTÖXeiLioc, |udxri (bekanntlich auch homerisch), vgl. Curtius
est. 3, 195 f. Richtig sind diese Wörter von Fick u. A. zu
abg. kuditi 'schimpfen, tadeln' (mhd. hiuzen 'sich erfrechen',
1) Hierher ziehe ich auch s. khudati RV. 10, 101, 12 'stoße hinein'
(kapftham), indem ich glaube, daß kh aus sk- (sq-) unter gewissen Sandhi-
bedingungen schon vorsanskritisch (nicht bloß prakritisch) entstehen konnte;
ohne s- nhd. dial. hiäzen, hotzen s. Zupitza Die germ. Gutt. 127.
2) Aisl. hossa 'to toss' wird von Zupitza Germ. Gutt. 56, 121 zu
nhd. dial. hottein, hotzeln 'schütteln', mhd. hotze 'Wiege' sowie zu lit. kuteli
'aufrütteln' gezogen. Das ist natürlich möglich. Es gehört sonach zu *kut-,
wovon oben die Rede war, folglich zur selben Sippe. Es kann natürlich
auch zu *kud- gehören (vgl. unten und Ehrismann PBrB. 18, 232).
128 K. F. Johansson,
hiuze 'munter, frech' werden daselbst genannt, aber zur Interj.
hui gezogen; Zupitza Germ. Gutt. 117, der auch ahd. as. hose
'Schmähung, Spott' heranzieht, zieht sie mit Eecht hierher);
weiterhin gehört hierlier s. kutmyati 'schmäht, tadelt', das schon
Wackernagel Aind. Gr. 1, § 125 S. 145 zu cödati gestellt hat;
ködayati, kiindrayati (lex. "anrtabhäsane' Dhätup.), letzteres ein
Denom. von einem kundra-, wozu KUVÖaXoc zu stellen ist.
Zu kutsayati stimmt phlv. n{i)kühitan^ np. nikühidan
'schimpfen' (statt nigühidan\ s. Hörn KZ. .'}3, 434. 443, vgl.
Bartholomae GiPh. 1, ^ 5 S. 7. F. Müller WZ. 9, 82). Der in
kutsayati'^) erscheinende -.s'-Stamm liegt nun vor — außer in
ahd. as. hosc^ ags. hüsc, norw. dial. husk 'stoßen', ags. hosp
'Hohn', lat. mispis, wovon später — im Namen Kutsa- (vgl. FtToc
: s. vatsa-^ vboc : s. utsa- usw.). Dies läßt sich vermuten auf
Grund von der Bedeutung, die einem homonymen Appellativum
kutsa- Näigh. 2, 20. ISTir. 3, 11 beigegeben wird, nämlich 'Blitz,
Donnerkeil'. Eben das Wort 'Donnerkeil' weist auf die anzu-
nehmende Bedeutungsentwicklung hin, vgl. z. B. schwed. äsk-
vigge 'Donnerkeil' (zu ahd. weggi, ivekki 'Keil', lit. vdgis 'Pflock',
lett. wadfis 'Keil'; übrigens s. Verf. BB. 18. 36 f. und daselbst
zit. Lit).
Derselbe -s-Stamm findet sich nun in dem oben genannten
s. küsthä 'Spitze'. Es ist aus idg. *kud-s-tho-, das schon indogerm.
zu *kustho- ward und deshalb im Sanskrit mit -s- auftritt.
Ein andres kustha- M. bedeutet 'Lendenhöhle' VS. 25, 6. So
nach Komm. Mahidh., der es mit kakundara- wiedergibt. BR. und
Böhtl. weisen auf Identität mit küsthikä hin. Dies aber gehört
zum Teil zum vorigen kustha- 'Spitze'. Wenn aber Säyana zu
Äit. Br. 2, 11 küsthikä mit 'Inhalt der Gedärme' deutet, so gibt
dies an der Hand, die Erklärung mag an der Stelle richtig sein
oder nicht, daß es ein ku$tha- resp. küsthikä gegeben hat mit
Bedeutungen, die zu Körperkavitäten in Beziehung stehen.
Zudem wird die angenommene Bedeutung bestätigt durch
kößtha- M. 'Eingeweide, die Behälter von Speise, Flüssigkeiten usw.,
Unterleib'; (M.) N. 'Vorratskammer; Ringmauer; eine um-
schlossene Fläche, Feld'; M. 'eine Art Gefäß, Tiegel, Topf und
andre bei Lexikogr. angegebene Bedeutungen.
Die hier in Betracht kommenden etymologischen Möglich-
1) Auch hierzu kann aisl. hossa gezogen werden.
Arische Beiträge. 129
keiten siüd so manni^altig, daß es schwierig ist, eine Ent-
scheidung zu treffen. In bezug ani die einfache Wurzel gehören
die Wörter zum Kreise folgender Erweiterungen einer Wurzel
*{s)keu- 'umgeben, -hüllen, bedecken; sich krümmen, wölben' u. dgl.
So *keu-q- (s. Icuca-, g. hauhs usw.), *keu-g- (lit. kügis, mhd. schoc\
vielleicht auch *keu-gh-\ *keu-p- (s. küjM-, kuttki), *keii-h- (Kußoc,
g. hups^ lat. cubitum), *keu-hh- (vielleicht Kuqpoc, Kücpöc), *keu-t-
( (c)kutoc, lat. scütum, cutis), *keu-dh- (s. kuhara- Keuöou, ags. hydan\
^keu-8- (s. kö^a-, lit. kiäusze^dSA. hauss)*keu-k- {s.köga-, ev. kuksi)usw.
Etwas ausführlicher bespreche ich folgende Erweiterungen. Zu-
nächst *keu-t-. Dies erscheint z. B. in s. cuti- 'After' (statt *kuti~
nach '^cöt- aus *keut-). kutoc 'Höhlung, Wölbung', kutic 'kleiner
Kasten', Kuccapoc 'anus'. KÜTiapoc 'Höhlung, Wölbung, Bienen-
zelle', Kucoc • TTUYn {^^^ *KUT-]oc odcr *KUT-co-, *Ku0-co- s. untcu).
Lat. cunnus (aus ^kut-no-), cut-ur-nium 'vas quo in sacrificiis
vinum fundebatur' (Paul Fest. 51), ir. cuthe^) 'Grube', kymr.
cwd 'Hodensack', ahd. hodo, afrs. hotha 'Hode', lit. kutys 'Beutel',
apr. keuto 'Haut', lit. kiautas 'Hülse' (vgl. Fi-öhde BB. 14, 100.
16, 196. Verf. IF. 2, 19 N. 1. Zupitza Germ. Gutt. 127 f. u. a.).
Zu *{s)keu-dh- gehören beispielsweise s. kuhara- 'Höhle' usw.
(s. Hübschmann KZ. 24, 412. v. Bradke ZDMG. 40, 667. Verf.
IF. 2, 54 N. 1 und daselbst zit. Lit), ev. aw^ xaoSa- 'Helm' (ob-
wohl dies eine Wz. *kheu-dh- vorauszusetzen scheint; kh- w^ohl
sekundär), Keuöuu, KeöBoc, KeuGjuujv, lat. cüdo 'Helm', corn. cuthe,
akymr. cuddio 'celare' (s. Windisch b. Curtius Et.^ 259. Ebel
KSB. 2, 160. Zimmer b. J. Schmidt KZ. 25, 1661, wozu Sti-achan
KZ. 33, 306 K 2); ags. hydan, ahd. hutta 'Hütte', schwed. dial.
hudda 'Schauer' (Hellquist Ark. f. n. fil. 7, 167. Verf. Beitr. z.
gl'. Sprk. 132), ags. hodma 'Versteck, verborgener Ort', g. skauda-
raip 'Schuhriemen', aisl. skaudir 'Scheide', mhd. schote 'Schote',
weiteres Material Persson Wurzelerw. 44 f. Zupitza Germ. Gutt.
127 f. 153.
Eine Wurzelvariation *keu-s-^chQmi man genötigt anzusetzen
für s. (sp.) kösa-'^\ eventuell lit. kiäusze 'Hiruschädel', käuszas
'Schöpfgefäß, Trinkgeschirr', kiäuszas 'jede Schale, Nuß-, Eich-
schale', kiaüszis 'Ei', lett. kauss M. 'Napf, Schale' (vgl. Leskien
1) Oder ist es cute zu lesen (vgl. mörchute Fiaccs Hymn. 37 Stokes
Goedelica 127, cuithech laquear' Z.-E. 811), so ist es aus *kuzd-.
2) Absolut sicher ist es nicht: l-üsa- kann eine sekundäre Schreibung
statt köga sein. Av. kusra- 'Höhle' ist eben *kukro- (Bartholomae IF. 1, 491 f.).
Indogermanisclie Forschungeu XIX. 9
130 K. F. Johansson,
Bildung der Nom. 44 = 194. 129 =^ 279); diese können doch
zu *keu-k- gehören, die Regel Pedersens IF. 5, 78 f. scheint,
auch wenn sie richtig wäre, nicht anwendbar zu sein, denn
wenigstens kiaüszis hat schleifende Betonung. Dagegen wohl
aisl. hauss 'Hirnschädel', obgleich auch dies anders gedeutet
werden kann, z. ß. aus *koudh-so-. Got. hüs kann auch (wie
Fröhde BB. 17, 313 annimmt) aus *küdh-so- sein, eine Erklärung,
die freilich kaum auf lat. curia verwendbar ist, das auch nicht
unbedingt zu hüs gestellt werden muß '). Lit. kuszijs Vulva' ist
wohl aus *kuk-s-i- und gehört direkt zu s. kuksi- (Fröhde
BB. 16, 196. Verf. IF. 2, 20). Als Resultat dürfte feststehen,
daß es möglicherweise ein *keu-s-, sicher aber *keu-k- gegeben
hat, von denen die letztere Yariation uns hier nicht näher angeht.
Daß köstha- kußtha- zunächst idg. {*keustho-) *koustho- und
*kustho- voraussetzt, ist nämlich sicher. Denn richtig wird abg.
cista F. 'Unterleib' verglichen. Dies kann nur ursl. *k'eustä
(resp. *k'eustä) sein. Somit könnten wir von *ken-s- ausgehen
(wie auch z. B. Fick^ 3, 79. ^ 1, 27. 181. Uhlenbeck Kurzgef.
et. AVtb. 63. 80). Ist aber die Existenz dieser Yariation nicht
sicher bezeugt, ist es in methodologischer Hinsicht ratsamer,
eine andere Anknüpfung zu suchen, und zwar bietet sich die
Möglichkeit, daß ein Dental vor -s-iho- schon indogerm. reduziert
worden ist. Dann aber kann man sowohl von *keid-s-tho- *kout-s-tho-
*kut-s-tho- wie von *keudh-s-tho- *koudh-s-tJw- *kudh-s-tho- aus-
gehen. Im ersteren FaUe stände es in Beziehung zu dem -s-Stamm
in KUToc 'Höhlung, Wölbung' (eventuell kucoc falls aus *kutco-),
im zweiten zu Keö9oc, ku9oc, ev. g. hüs.
Ist dies der Fall, kann kuc9oc 'cunnus' ebensowohl oder
lieber aus *ku{t)-s-tho-^ resp. ^■^ku{dh)-s-tho-^ wie aus *kut-tho-^
*kudh-tho- erklärt werden, vgl. noch kuctic 'Harnblase, Beutel',
Kuciri • apxoc CTTOYTiTnc^). Der -s-Stamm^) liegt in der Wortbildung
1) Vgl. L. Meyer Vgl. Gr. 1 «, 561. Schracler Sprachvgl. 496. 572.
H. Webster Zur Gutt.-Frage im Got. 30 f. Bartholomae IF. 2, 492. Stolz
Hist. Gr. 1, 254 u. a.
2) Die von Aufrecht KZ. 9, 232, von J. Schmidt KZ. 25, 126. 28,
180 N. 1 gebilligte Zusammenstellung von s. gn^i-, lil. küszys und kücOoc
unter Annahme einer Wurzel *keu-s- ist aufzugeben, denn keins der ge-
nannten Wörter ist mit einem der übrigen verwandt.
8) In Anbetracht des Glossems konnte man vermuten, daß Kuca-
|uevr| • Kuqcaca • cxKueov ^dp tö droKiov aus *Ku9ca-iui^vri sei. Sonst natür-
lich zu KUUU.
Arische Beiträge. 131
im Griechischen noch sonst vor : so in Kucepr) • Tru9|ar|v. x«c|ua
Hes. (vgl. Lobeck Proll. 262, 20), Kuctepoi • dYTCiot tujv lueXiccuJv.
Kai TupicKoi Hes. (s. M. Schmidt z. St.).
Bis dahin scheinen die Verhältnisse nicht allzu verwickelt.
Zieht man aber lat. custöd-, g. huzd usw. hinein, knüpfen sich
die Rätsel. Lat. custöd- ist schon seiner Bildung nach unklar.
Es liegt wohl am nächsten, es als eine Bildung auf -d- von
einem {nom.-)verbalen Stamm custö- zu fassen (wie z. B. here-d-
zu Äere-, vgl. Curtius Kl. Sehr. 2, 146. Skutsch Forsch. 1, 25 f.),
obwohl die Spuren der abgeleiteten Verbalstämme auf -o des
Typus bouXouu öouXuj-cuu im Lat. sehr gering sind. Ein Verbum
*custo{i)ö hat wohl auf dem einen oder andern Weg die Be-
deutung 'bewachen' angenommen und custöd- kann dazu als
Abstr. 'Wacht, Bewachung', als Konkr. "Bewacher, Aufseher'
aufgefaßt werden. Ein dem abgeleiteten Verbum zugrunde
liegendes custo- (Nora. *cudos^ -us) hat wohl 'Wölbung, Gewölbe,
Loch, Aufbewahrungsort' bedeutet. Und von dieser Voraus-
setzung aus, die mir übrigens richtig erscheint, hat man all-
gemein *custo- mit g. huzd^ kucOoc — in der einen oder andern
Weise — zusammengestellt. Unter Annahme einer 'Wurzel'
*keu-s- z. B. Grimm Mythol. 2 3, 922. J. Schmidt KZ. 25, 1661
28, 180 K If. Fick^ 1, 51 f. 503 f. 537. 2, 316. 529. 3, 79.
* 1, 28. ISl u. a. Dies dürfte am w'enigsten annehmbar sein,
zumal die 'Wurzel' *keu-s- nicht eben sicher bezeugt ist. Eine
andere Ableitung nimmt vorzugSAveise darauf Rücksicht, daß
es custöd- mit langem -ü- zu heißen scheint, was aber gegen
keine der vorgeschlagenen Erklärungen als Instanz erhoben
werden kann. Jedenfalls hat man *coistöd- vorgeschlagen und
es zu curare coiraverimt, couraverunt, pälign. coisatens (worüber
s. z. B. Corssen 1^, 668. 7031 Bücheier Rh. M. 32, 1877, 640.
Bugge Ait. St. 81. Lindsay Lat. lang. 246 ff. Osthoff Perl 369 u. a.)
gezogen (vgl. Corssen 1^, 3541 Stolz Hist. Gr. 1, 316 u. a.).
Am häufigsten aber bezieht man die genannten Wörter, und
zwar zunächst lat. custöd-^ g. huzd auf die Wz. *{s)keudh- (in
KeuGuu usw., vgl. schon Bühler KZ. 8, 149 und Hübsclmiann
KZ. 24, 412), und zwar zunächst als Primärbildungen davon.
Li diesem Faü hat man entweder eine Ableitung mit -c^A-Suffix
vorgeschlagen (Brugmann Grdr. 1 § 469 S. 347. § 507 S. 373.
§ 509 S. 375. § 536 S. 394. § 538 S. 396. § 552 S. 406, vgl.
IF. 6, 104. Persson Wurzel erw. 45 N. Noreen Urg. Lautl. 189 1 u. a.),
9*
132 K. F. Johansson,
(1. h. idg. *hidh-dho-. Oder man hat eine Bildung *kudh-to- vor-
geschlagen unter Voraussetzung der Richtigkeit des Bartholomae-
schen Gesetzes, wonach die Entwicklung ganz mit einem *kudh-dho-
konform geworden sei (Bartholomae AF. 1, 176. BB. 10, 290.
Kluge PBrB. 9, 153. Pauls Grdr. 1, 329. W. Meyer KZ. 28, 166.
V. Planta 1, 423 f. u. a.). Meiner Überzeugung nach wurde aus
obigen Verbindungen griech. -cG-, lat. -st-, air. -t-, germ. -zd-
(g. -zd-, ahd. -rt-, aisl. -dd-)^). Lat. *custo- — sowie wenn man
überhaupt, was aber gar nicht nötig ist, kucGoc damit identi-
fiziert — und g. huzd können auf idg. *kudh-dho-, resp.
*kudh-to- zurückgeführt werden. Für lat. *custo- notwendig ist
auch dies nicht, wenn man nach einem alternativen Vorschlag
von Brugmann IF. 6, 104 *custo- aus *kudh-s-fo- herleitet; in
welchem Falle es eventuell kucBoc, sowie s. kusfha- näher
rücken würde. G. huzd usw. könnte auch auf idg. *kust{h)o-
aus *kudh-s-t{h)o- beruhen, falls die Annahme von Bechtel Z. f.
d. A. 21, 214 und Meringer Z. f. d. ö. G. 1888, 145. 147 ff., vgl.
Verf. IF. 3, 245 N. 2 (dagegen Kögel PBrB. 7, 192. Kluge Pauls
Grdr. 1, 328 N. 1. Walde KZ. 34, 496 f.) richtig sein sollte, daß
idg. -st-, nach dem Vemerschen Gesetz, im Germ, auch als -zd-
erscheinen kann. Ist dies aber nicht möglich — es würde zu
weit führen, hier diese Frage zu erörtern — , hätte man wenig-
stens das germ. Wort dem Keltischen näher zu rücken. Das kymr.
cw^Är'anus, intestinum rectum', ursprünglich wohl nur 'Loch, Höhle,
Kavität',geht auf *kuzdhro-{*kuzdh-r-)znviick{Stra.c\\SLnKZ. 33, 306)
und es stellt sich wohl hierher auch air. ciite 'Grube', alles zu *keu-dh-
(KeuGuj usw., kymr. kudd 'gloom, hiding ; hidden, coucealed' usw.
s. Fick^ 2, 89). Dies kann aber auch idg. -'kudh-s-dho- sein.
Nach dem Vorgebrachten scheint mir vorläufig folgendes
das Wahrscheinlichste. Es lagen nebeneinander indogermanische
Weiterbildungen eines -s-Stammes vor, nämlich : 1. *keid-s-t{h)o-
oder *keudh-s-t{h)o-, *kut-s-t{h)o- oder *kudh-s-t{h)o- m s. köstha-,
kußtha-, abg. cista. Hier kann man einordnen kücöoc (was auch
1) Ich kann, was das Lat. angeht, weder mit Osthoff Perf. 522 ff.
Persson BB. 19, 270, vgl. Meringer ZfdöG. 1888, 1-il ff. u. a. glauben, daß
idg. -dht- in ungestörter Entwicklung -ss-{-s-) geworden isl, noch — viel
weniger — mit Bartholomae BB. 12, 90 f. anerkennen, daß die Entwickkmg
der von idg. -zd-{-dd-) analog sei. Ich stimme folglich mit W. Meyer KZ.
28, 166 ff. und Brugmann Grdr. 1, § 507, S. 373 f. § 509, S. 375. § 522,
S. 406. § 594, S. 452 überein. Die Ausführungen Waldes KZ. 34, 487 f.,
496 ff. haben meine Ansicht nicht zu erscliüttern vermocht.
Arische Beiträge. 133
*kut-t{h)o- *kudh-t{h)o- oder *kudh-dho- sein kann), sowie lat.
*custo-, eventuell g. huzd; 2. *kudh-z-dho- (ev. *kut-s-dho- zu
*kud-z-dho) in kymr. cwthr, ev. kucöoc, lat. *ctisto-^ g. huzd
{welche letztere auch *kiidh-to-, resp. *hidh-dho- sein können).
Es ist sogar möglich, daß die im Sanski'it erscheinende Suffix-
form -tha- (ev. -9o-) eben nur durch frühzeitige Konfusion von -to-
und -dho- entstanden ist. Solche Parallelbildungen z. B. in air. gat
'Weidenrute' (zu g. gazds, ahd. gart, gerta, aisl. gaddr) : air. gas
'Schoß, Sproß, Reis' aus *ghadh-z-dho-, *-dhä : *g}iadh-s-to-, *-tä
(zu beiden kann lat. hasta gehören), vgl. Fick* 2, 108^); viel-
leicht gäl. fad 'lang' : ir. gäl. fds (wozu lat. västus, ahd. wuosti)
aus *uäs-dho- : *uäs-to- ; aisl. oddr, ahd. ort 'Spitze' : alb. ust 'Ähre'
aus *uz-dho- : *us-to- (wenn nicht *uesto- : *uste-); abg. uzda
'Zügel' : usta 'Mund' aus *ous-dho- : *ous-t{h)o- -, inacSöc : luacTÖc
(: jLiaZ;öc) aus *mad-dho : *mad-to- (: *mad-do-)\ abg. mizda 'Lohn'
(s. midha-, aw. mizda-, ^iicGoc, g. mizdö) : abg. wiis^i 'Vergeltung'^);
KicGoc, KicGapoc : kictoc, nhd. hess. heister 'Buche' aus *kis-dho:
*kis-to- ; vielleicht g. brusts usw. : abg. hrüzda 'frenum' aus
*bhrudh-s-t- : *bhrudh-z-dh- (s. oben) usw.
Über die mit -k- erweiterten Formen des -s-Stammes wie
engl, husk 'Hülse, Schote', norw. dial. husk 'Hülse' wird später
die Rede sein.
S. ve?fd- 'Schlinge, Binde; Zahnhöhle (Su9r. I, 304, 1. 6.
n, 126, 8 (danta-v.) ; Terpentin, Gummiharz' (nach den Lexikogr.)
ist seiner Bildung nach unklar. Man kann es als deverbatives
Nomen zu vest- (worüber s. Yerf. KZ. 32, 469) fassen; in An-
betracht aber von veßkä- 'Schlinge zum Erwürgen' (aus *ueit-s-ko-
s. unten) könnte man ve$ta- aus *ueit-s-to- erklären und zu vetas-
{vant-), vetasa- stellen. Dies ist mir jedenfalls das wahrschein-
1) Ob abg. gvozdt 'nagel' (Nehring IF. 4, 398) hierher gehört, bleibt
zweifelhaft.
2) Ich hatte IF. 2, 33, N. 1 diese Wörter aus *midh-dho- resp.
*tnidk-to- erklärt. In Anbetracht der noch bestehenden Schwierigkeit, die
Lingualisation des daraus entstandenen -s-Lautes zu erklären, die mir
Bartholomae GiPh. 1, § 37 s. 14 vorgehalten hat, ziehe ich jetzt vor, diese
Wörter mit derselben etymologischen Anknüpfung im übrigen aus *midh-
z-dho- zu erklären. So dürften z. B. abg. gruzdije igrudije) 'schollen' auf
* ghreu-d-zdho- (vgl. holl. gruis, schwed. dän. grus, nnd. grüs; anders
Nehring IF. 4, 399. Walde KZ. 34, 499. 509), lit. barzdä 'Bart', abg. brazda
Turche' (abg. brada 'hart' usw.) aus *bhordh-z-dha (vgl. Pedersen IF. 5,
73. Walde KZ. 34, 505 ff.) usw. — S. jetzt auch Brugmann Grdr. ' 1, 626 N.
134 K. F. Johansson,
lichste. ^lau kann meiner Meinung nach nicht vestati vesMyati
direkt mit lit. vystau vydijü 'windeln' vergleichen (wie Pedersen
IF. 5, 18 es tut): vijstyti ist eine spezifisch lettische Bildung
derselben Art wie die übrigen abgeleiteten Yerba auf -sta-Uy
-sty-ti (s. Verf. KZ. 32, 502 und das. zitierte Literatur) ; sie sind
deutlich denominativer Natur, wie z. B. Leskien Abi. 180 ff. = 442 ff.
gezeigt hat; und zwar sind solche Nomina auf -sta- (ausgegangen
von ursprünglichen mit -^o-Suffix erweiterten -s-Stämmen, Yerf.
KZ. 32, 502), wo -sta- deutlich produktives Suffix ist, reichlich
vorhanden (Leskien a. a. 0. und Bild, der Nom. 382 = 532 ff.
395 = 544). Wie z. B. lankshjti Denominativ zu lankstas ist, so
ist mjstyti zu einem vystas. Wenn nun wirklich ein vystas vor-
liegt, aber in einer zur Ableitung anscheinend nicht stimmenden
Bedeutung 'Schnürbrust', so kann vystyti entweder doch zu
diesem in einer ursprünglicheren Bedeutimg gebildet worden
sein, oder es ist schlechterdings zu vijti als Iterativum gebildet,
wie sonst nebeneinander Verba auf -styti (als Iterativa) und
primäre Verba lagen ; vystas wiederum kann entweder im litauischen
Sprachgebiet entstanden sein (gebildet mit dem produktiven Suffix
-sta-). oder es kann dem s. vesta- ziemlich genau entsprechen.
Dann aber ist vesta- eben nicht deverbatives Nomen zu vestati^
sondern wahrscheinlich aus *ueit-s-to- : *mt-s-to-^ woraus ev. vystas.
— Sollte man nun sagen, daß vesta- Nom. und vestati Vb. eine
Parallele durch wurzeldeterminativen -s- und -t- von der Wurzel
*uei{d)- aus gebildete Stämme sind (vgl. Persson Wurzelerw. 35. 78),
so wüßte ich nichts Entscheidendes dagegen vorzubringen;
nur wäre es befremdend, daß diese Bildung nur als sanskritisch
sicher bezeugt ist, wie man denn auch dann den von mir
KZ. 32, 409 hervorgehobenen Tatsachen, daß vest- eben nur
mediale Bedeutung zeigt und vest- (nicht vist-) die ältest be-
zeugte AVurzelstufe zu sein scheint, nicht genügend Rechnung
trägt ^).
Oben (14, 321) habe ich s. mustu- M. F. 'Faust' (lex.) aus
*mut-tu- erklären zu müssen geglaubt. Im Verhältnis dazu schien
es mir notwendig, mußti- 'die geschlossene, geballte Hand, Faust*,
auch 'penis', aus *mut-s-ti- herzuleiten. Diese Kombinationen
machte ich mit besonderer Rücksicht auf lat. müto 'das männliche
1) Genannt sei schließlich noch, daß ein vistä 'Schlinge' Divyävad.
274', 22 vorkommt.
Arische Beiträge. 135
Glied', mütönium 'peuis' usw., wohl auch mir. moth (Fick* 2, 210),
das wohl weniger sicher zu s. manihati 'rühren, drehen, quirlen'
von Brugmann Grdr. 1^, 522 geführt wird. Daß freilich ein
Wort mit dieser Bedeutung von der Wurzel *menth- vorkommt,
sehe ich als durch lat. mentula gesichert an. Beachtenswert ist
freilich die Bemerkung von Uhlenbeck KZ. 39, 260 f., obwohl
er keineswegs damit mustii- erledigt hat.
Sehr belehrend sind, betreffend das Indische, Zusammen-
setzungen von ud + sthä-. Wir erwarten idg. *ud-sthä- zu *u-sthä-,
woraus ar. *u-sthä- s. *u-sthä-. Diese ungestörte Entwicklung
liegt meiner Meinung vor in s. pröstha- 'Bank, Schemel ; Stier'.
Die erste Bed. kommt TBr. II, 7, 17, 1 vor, die zweite Schol.
zu Pän. V, 4, 120 1), lexikalisch kommt es auch als Name 'einer
Karpfenart' vor. Es mit BR. u. a. aus *pra-ava-stha- herzuleiten,
geht kaum an. Ursprüngliche Bedeutung ist etwa 'vorn auf-
gerichtet stehend'. Von dieser ursprünglichen Behandlungsweise
haben wir auch sichere Spuren in der prakritischen Sprach-
periode. In den A(,'öka-Inschriften kommt das sanskritische Wort
utthäna- in folgenden Formen vor: in den meisten Versionen
Ed. 6 liest man uthäna-^ sogar Mansehra 6, 29. 30 : u[thanasi]^
uthane und Shähbäzgarhi 6, 15 uthanas{i) neben uthimam; nur
Girnär 6, 9. 10 hat ustäna-. Wie ich Shähbäzgarhi 1, 165. 168.
186. 2, 17 f. ausgeführt, können diese Formen — außer möglicher-
weise Sh. uthanam^ was doch wohl für uthanam steht — nur
auf ein gemeinprakr. *ußthä7ia- zurückgeführt werden. Dort hob
ich als die nächste Erklärungsmöglichkeit hervor, daß diese Form
durch Rekomposition mit ud- und *stJiäna-^) (resp. thäna- im
Pali imd Prakrit, das *sthäna- voraussetzt) entstanden sein könne.
Aber hiergegen ist doch einzuwenden, daß die Behandlung nach
der Rekomposition *ud-ßthäna- (resp. *ud-sthäna-) kaum anders
gestaltet worden sei wie im Sanskrit, wo die rekomponierte Form
*ud-sthäna- utthäna- geworden ist. Es hat folglich daraus nur
utthäna- (utthäna-) entstehen können. Dies kann freilich in uthana-
{uthana-, uthana-) der meisten Versionen stecken, nicht aber
Girnär ustäna-^ das nur ußthäna- sein kann. Ist dem so, dann
1) Da steht: prösthö gäuh und das Bahuvrlhi-Komp. prOsthapada-
wird erklärt: prösthasyeva pädäu yasya.
2) Dies aus tisthati, und Zusammensetzungen wie adhi-^ßä-, pari-
ftha- usw. S. Whitney § 185, Verf. Schähbcäzgarhi 1, 169. Wackernagel
Aind. Gr. 1, 235 f. 8 205 f.
136 K. F. Johansson,
wächst die Wahrscheinlichkeit, daß auch die Formen der übrigen
Versionen auf tißthäna- zu beziehen sind. Dies aber kann nur
vorsanskritisches *iisthäna- idg. *iistlmno- (aus *tid-sthäno-) sein ;
d. h. es steht auf demselben Standpunkt wie i^rößtha-. Diese
Schlußfolgerung wird erhärtet, wenn, wie ich (nach andren) tue,
mit dem sauskritischen utthäna-^ d. h. eig. *usthäna-, das av.
ustätia- 'leben' identifiziere (WZKM. 19, 236).
Fröhde BB. 17, 3. 12 erklärte lat. cestas cestus aus *aidh-s-tät-
*aidh-s-tu- und Brugmann IF. 6, 102 f. fügte unter Beistimmung
im übrigen ahd. gan-eista, -o hinzu ^). Der -s-Stamm in s. edhas-^
ai9oc, sowie in av. aesma 'Brennholz' (viell. im Namen aezaxa-
Bartholomae IF. 4, 124), aisl. eisa 'glühende Asche' (J. Schmidt
Plb. 379) usw., vgl. noch Walde KZ. 34, 488. 492. 498. Hierzu
hat man nun zunächst einige slavische Wörter zu stellen, die
Prusik KZ. 33, 159 f. verzeichnet und zur idg. Wz. *aidh- 'brennen'
gezogen, im übrigen nicht morphologisch richtig gedeutet. Acech.
niesteja 'Herd, Feuerstätte, Ofenmündung, Ofen, Backofen' ist
(mit Vorschlag von n-) aus -est-eja^ dies aber aus idg. "^aidh-s-to-
(wie lat. astus cestas usw.). Daneben auch sloven. isteja istje, steja
'Ofenmündung', das ein idg. Hdh-s-to- voraussetzt. Hiermit hat
man nun unbedenklich zu verbinden s. istakä F. 'Ziegel, insbes.
gebrannter Backstein'; insbes. der zum Aufbauen eines Opfer-
herdes verwendete, V. +; sowie aw. j. istya- N. 'Ziegel, Back-
stein', mp. ist xist^ np. xist (vgl. Bartholomae Ai. Wtb. 378.
Salemann GiPh. I, 1, 262. 265. 270. Hörn GiPh. I, 2, 67. 87.
NE. 108), woraus afgh. Lehnw. xasta 'Ziegel' (Geiger ELdA. 31);
dagegen bei. ist 'Ziegel' urverwandt (Geiger EdB. 129. LdB. 407).
Zugrunde liegt auch hier ein Hdh-s-to-. Ob auch aw. j. iskata- N.
'Fels' — dessen sowohl Bed. und Etymologie wie zum Teil
1) Dies Wort ist wohl noch nicht lange klargelegt: vgl. Verf. PBrB.
14, 355. Fick * 1, 391, N. 1. Wadstein IF. 5, 25. Osthoff ib. 303. Zupitza
Germ. Gutt. 120. Es müssen wohl apr. knaistis 'Brand', ahd. gatieheista
in Betracht zu ziehen sein, ev. auch das schwed. (dial.) snaikstä F. Tunke'.
Brugmann wird wohl recht haben. Wahrscheinlich haben wir Zusammen-
setzungen, deren letztes Glied dasselbe ist, das erste aber wechselt. In
kn-aistis, isl. {h)n-eiste und schwed. sn-aikstä sehe ich ein Verbalnomen
*{s)k{e)n- 'reiben'; ebenso in gan-eista, isl. gn-eiste\xsw. ein *g}i{e)n- 'reiben'
(s. Qhanä-ghana-, ghanä-, ghani-ghn-at-, han-ti usw.). Die Wörter bedeuten
somit wörtlich 'Reibfeuer' d. h. Tunke', vgl. schwed. nSd-eld, norw. nöd-eld,
d. nothfeuer, eig. 'Reibfeuer' zu ahd. nüan, aisl. mia 'reiben, drücken',
usw. Ein ^ra-Präfix liegt hier jedenfalls nicht vor.
Arische Beiträge. 137
Schreibung von Bartholomae Ai. Wtb. 376 als unsicher angegeben
wird — lasse ich hier unerörtert (vgl. noch WZKM. 19, 236).
Av. g. yaosti- F. 'Rührigkeit, Emsigkeit' gehört natürlich
zu aw. j. yaozaiti yaozayeiti^ ap. yaudatiy 'in unruhige Bewegung
geraten' (Bartholomae Ai. Wtb. 1231 f.), und man würde dann
auf eine Wz. '^ieug- oder dgl. schließen. Aber es liegt aitf der
Hand, daß die Wörter doch mit idg. *ieudh- in s. yödhati yudhyati^
-te, aw. j. yüidyeiti 'kämpfen' gehören. Daß diese Wurzel ursprüng-
lich eine und dieselbe Bed. wie die aw. yaoz- gehabt, geht zur
Genüge hervor schon aus s. ud-ijödhati 'wallt auf u. dgl., wie
aus Yerwandten in andern Sprachen, wie lit. ju-n-dü jüsti 'an-
fangen sich zu regen', judü judeti 'sich regen', pa-juda 'Än-
Teg\mg\jüdra '"Wirbelwind'^ judüs 'zanksüchtig', jwc^m^e 'rütteln',
judüti 'sich bewegen', su-jaudmti jaudrinti 'in Bewegung setzen',
\e. jauda 'Kraft', Jai<c?ä^ 'Vermögen' (bei Leskien Abi. 36 = 298),
lat. jubeo eig. 'ti'eibe an' usw. Xur haben wir von *ieudh-s- (dem
'Aor.'-St.) auszugehen, wovon wir übrigens noch einen Rest er-
halten haben in uciaiv»-) aus *iudh-s-minä. Idg. *ieudhsö ward idg.
*ieiidzhö ar. *yaudhzä^ was die iranischen Formen ohne weiteres
ergaben. Hierzu idg. *ieudh-s-ti- zu idg. *ieusti- und direkt aw.
yaosti- (vgl. noch WZKM. 19, 237).
Vorliegender Aufsatz war — abgesehen von einigen jetzt
hinzugekommenen Bemerkungen — schon 1896 fertiggestellt;
nun nach dem Erscheinen von dem in zweiter Bearbeitung vor-
liegenden 1. Band des Bragmannschen Grundrisses muß ich, da
ich in einigen Funkten andere Ansichten geäußert habe, als die
daselbst zum Vorschein gekommenen, zu diesen Stellung nehmen.
Es handelt sich vornehmlich um die Behandlung von idg. -dh-j-s-
und -dh-\-st-. Brugmann Grdr.^ 1, 628. 637. 640. 647. 656 f.
659 f. 660 f. 664 f. 669 f. 670 f. 674 f. 692. 704 f. 721. 724.
730. 731. 733. 737. 756. 759. 769. 775. 781. 789 f. KVG. 186 ff.
nimmt unter strikter Anerkennung des 'Bartholomaeschen Ge-
setzes' Wandlung von -dhs- zu -dzh- und -dhst- zuerst zu -dzdh-,
und zwar in gemeinspraclilicher Zeit, an. Aus -dzh- sei dann
in den meisten indogermanischen Sprachen tatsächlich -fe-, resp.
weiter -ss-, geworden. Für das Indische ist die angenommene
Entwicklung ohne weiteres mit übrigen Tatsachen als überein-
stimmend zu beti-achten. Im Griechischen und Lateinischen
soUten auch — wenn man streng analogisch nach der Entwick-
lung von dh bh gh ßh zu Q cp X (p Q als ursprünglichen Aspi-
138 K. F. Johansson,
raten resp. tonlosen Fi^ikativen — zunächst -dsh- und weiter
wohl Tc c(c) ts s{s) werden. Im Germanisehen aber — um uns
darauf zu beschränken — und ich betone nochmals, daß wir
auch hier nach der Analogie andrer verwandter Vorgänge ur-
teilen müssen — kann die Entwicklung bestimmt nur zu-
nächst dz gewesen sein, was entweder zz und durch Lautver-
schiebung ss^ oder zunächst mit Lautverschiebung ts, schließlich
SS gegeben hat. Idg. -dhst- soll nun nach denselben Analogien
-dzdh- geworden sein. Daraus griech. -c9, lat. -st-^ wogegen an
sich nichts einzuwenden wäre. Im Germanischen soll -st- ent-
standen sein, während man meines Erachtens nur -zd- zu er-
warten hat.
Ist es nun aber zunächst so selbstverständlich, daß — um
Bartholomaes Gesetz im übrigen gelten zu lassen — idg. -dhs-
und -dhst- sich in derselben Weise entwickelt haben wie z. B.
-hhs- und -hhst- usw. ? Die physiologische Yerwandtschaft zwischen
dh und s[t) ist ja weit größer als zwischen hh und s(^), und
das hat sehr wohl eine verschiedene Behandlung bedingen können,
wie eben idg. -dht- anders behandelt worden ist als -hht-. Das
Gesetz Bartholomaes, das eben, z. B. in bezug auf -Ms-, nur
im Iranischen seine Stütze hat (AR 1, 3 ff. 18 ff. 2, 54 ff.), scheint
in bezug auf dieselbe Wandlung von -dhs- nur schwache Stützen
zu erhalten. Für die Wandlung von -dhst- zu -dzdh- ist sogar
kein einziges Beispiel in Anspruch genommen i); für die von
-dhs- zu -dzh- hat Bartholomae IR 4, 181 GiPh. 1 § 53 S. 21 f.
zwei Beispiele, von welchen das eine nämlich aezaxa-, Name
eines der im 19 yt aufgezählten Berges, freilich unsicher ist,
das andre, jungaw, aesma- "Brennholz"-), mp. hezm, up. hezum^
g. izma usw. (s. Hörn Grdr. 249). Aber auch wenn aesma aus
*aizhma stichhaltig ist, ist es nur für -dhs- zu -dzh- beweisend.
Ein weiteres Beispiel ist das oben im Zusammenhang mit aw.
yaosti erörterte av. yaozaiii yaozayeiti^ ap. yaudatiy 'in unruhige
Bewegung geraten'.
Positiv gegen die Brugmannsche Fassung spricht der Um-
stand, daß der Sibilant, nach den oben vorgeführten Beispielen
zu urteilen, lingualisiert vorkommt. Ist der Anfang dieses Pro-
1) Vgl. Hübschmann Pers. St. 223. Brugmann Grdr. '^ 1, 626. 647. 737.
2) Es könnte nach Brugmann wohl nur als av. -zd-{-dd-) erscheinen,
denn wenn das erste explosive d nicht schon in idg. Zeit geschwunden
sei, würde es erst urariscli geschehen können (vgl. Grdr. ^ 1, S. 647).
Arische Beiträge. 139
zesses in indogermanische Zeit zu verlegen, dann muß der
Dental auch schon indogermanisch geschwunden sein oder soweit
assimiliert, daß der Lingualisierungsprozeß auf den eventuell
langen Sibilanten wirken konnte. Die sanskritischen Beispiele,
die ich als beweisend ansehe, sind oben ausführlich behandelt
und ich nenne sie hier noch einmal im Zusammenhang: lösta-
'Eisenrost', lößtd- 'Scholle', küßthä Mas hervorragende Ende
eines Dinges, Schnabel, Spitze", kußtha- M. K 'ein best, heil-
kräftiges Kraut, Costus speciosus od. arabicus', kustha- N. 'Aus-
satz'; kustha- M. 'Lendenhöhle', köstha- M. 'Eingeweide, die
Behälter von Speise, Flüssigkeiten usw., Unterleib ; Vorrats-
kammer' usw. (die beiden letzten eventuell), vestd- 'Schlinge,
Binde', vißtä 'Schlinge' : pröstha- 'Bank, Schemel, Stier' ; "^usthäna-
= s. utthäna-, s. istaka- 'Herd', av. yaosti- 'Kührigkeif. Yon diesen
sind für idg. -dhst- direkt beweisend lösta- 'Eisenkraut', istaka-^
yaosti- und (ev.) kustha- 'Lendenhöhle', kößtha- M. 'Eingeweide'
usw. Es hat somit nie eine Verbindung -dzdh- aus -dhst- ge-
geben, auch wenn -dhs- soweit sein dh bewahrt, daß es zuerst
idg. -dzh-^ ar. -dzh- und av. -z- werden konnte. Die Gegenprobe
bilden solche Wörter, wo nach i ü und r ein -s- vorkommt, das
im Sanskrit nicht lingualisiert ist, und wo mit großer Wahr-
scheinlichkeit -st- aus der idg. Verbindung -tt- stannnt: niustu-
'Faust', musta- M. IS", 'ein Gras, Cyperus, rotundus'; tusta- und
tüsta- N. 'Staub', busfa- M. N. 'Kruste bei gebratenem Fleische,
Schale bei Früchten', kistd- 'Lobsänger, Dichter'.
Ein Beispiel von -dzdh- aus -dhst- konnte es überhaupt
nicht geben; denn -dhst- wurde gemeinindogermanisch zu -st-.
Wenn aber ein schon idg. -dh-z-dh- vorhanden war, ergab dies
idg. -z-dh-^ das eventuell nach -t- {-ü- -r-) ar. -z-dh^ av. -i«?-,
s. -zdh- ward. Als Beispiel möchte ich av. mizda-, s. midha-,
^icGöc, g. tnizdö, abg. mizda hinstellen, wenn es aus *midh-z-dho-
(vgl. medhas- usw.) und nicht *miz-dho- ist.
Der Hauptinhalt der vorstehenden Erörterungen wurde auf
dem Xin. Orientalisten-Kongreß in Hamburg 1902 mitgeteilt,
s. Verh. S. 8.
üpsala. K. F. Johansson.
140 von Grienberger,
Das Carmen aruale\).
1. Einleitung.
Die Auffassung des Gebetes der römischen Feldbruder-
schaft, die Th. Bergk in der Z. f. die Altertumswissenschaft Jg. 14
(1856) Col. 142 ablehnend mit den Worten entwirft: "Man
hat bisher dieses Lied in der Regel als ein Gebet für das Ge-
deihen der Feldfrüchte angesehen : statt von einer unbefangenen
strengen Prüfung des Gebetes selbst auszugehen, hielt man sich
an Äußerlichkeiten: Die Genossenschaft der Fratres arvales
spricht dieses Gebet ... im Monat Mai, wo die reifende Saat
mannichfachen Gefahren ausgesetzt ist ... es kann sich also nur
auf eine Lustration der Äcker beziehen; und dies, daß neben
Mars, unter dessen Obhut Feldflur wie Waid und Trift ... ge-
stellt sind, die Lares (agrestes) und die Semones . . . angerufen
werden, scheint zur erwünschten Bestätigung zu dienen . . .",
diese Auffassung wird durch die umsichtige Darstellung, die
Wissowa 1896 im 2. Bande von Pauljs Real-Encyclopaedie
Col. 1463 ff. sowie in seinem Buche Religion und Kultus der
Römer, München 1902 von dem Wesen und den Handlungen
dieses Priesterkollegiums gegeben, wieder recht greifbar in den
Bereich des Erkennbaren gerückt, und ich könnte nicht finden,
daß der Grad der Befangenheit, der sich darin aussprechen soll,
daß man den textlichen Bestand des Gebetes in diesem Sinne
zu erklären sucht, ein höherer sei, als der ist, daß man mit
Bergk a. a. 0. Col. 143 von der in den Arvalakten keineswegs
irgendwie angedeuteten Tatsache der fiebererzeugenden Sonmier-
hitze Roms ausgehend in dem Gebete ein solches um Abwehr
des Fiebers erblickt; ja wohl ein geringerer, denn die Meinung
Bergk's, das Carmen aruale sei ein Fiebersegen, an die auch
neuerdings die Übersetzung Fay's von Urnen sali^ sta berber mit
*skip (our) threshold; halt, fever' (Bursians Jahresb. 106, 47)
in anderer Form anknüpft, hat ja doch ihre wesentlichste Stütze
1) (Literatur bis 1885: Pauli Altital. Studien, Heft 4, Hannover 1885,
S. 1 — 13; bis 1886: Schneider Dialector. Italicar. exempla pars 1, Lips.
1886, S. 103; für die Jahre 1894—97 und später: G. Herbig in Bursians
Jahresbericht üb. die Fortschritte der klass. Altertumswiss., Bd. 106, Leipz.
1901, S. 46—49.)
Das Carmen aruale. 141
in der sehr problematischen Erklärung des Complexes uerue im
2. LangA^erse als 'febrem', der zuliebe dann nicht minder be-
denklich der Passus Urnen sali, sta herber des 3. Langverses auf
Sonnenglut bezogen und als 'lumen solis sta fervere' zu recht-
fertigen gesucht wird.
Das Urteil, das seine Gesichtspunkte für die Erklärung
des Gebetes aus der religiösen Bedeutimg des Arvalkollegiuras
zu gewinnen sucht, aus seinen Handlungen bei Gelegenheit des
dreitägigen Maifestes zu Ehren der dea Dia^) und i. b. denen
des Festes Ende Mai des Jahres 21S, zu dessen 2. Tage, dem 29.,
das Gebet als gesprochen bezeugt ist, ist gut begründet und
kann durch des Yarro oftzitierte Erklärung Fratres Aruales dicti
qui Sacra publica faciunt propterea ut fruges ferant arua (De
lingua lat. ed. Spengel Berol. 1885 1. Y, 85), auf die sich z. B.
schon Klausen De carmine fratrum arualium Über, Bonnae 1886
S. 3 beruft, und mit der auch Henzen die Einleitung zu seiner
Ausgabe eröffnet, am allerwenigsten Abbruch erfahren, denn
die bei dem röm. Grammatiker sogleich folgende falsche Etymo-
logie a ferenda et aruis fratres aruales dicti stellt den Wert der
Nachricht als einer tatsächlichen nicht in Frage. Es wäre ja
vöUig unglaublich, Yan'O habe das Yerbum ferre aus frater ge-
schlossen und aus dem erschlossenen Yerbum seine Erklärung
formuliert, und nicht vielmehr umgekehrt der ihm geläufigen
Kenntnis von dem AYesen der Feldbrüder gemäß das Substan-
tivum frater ad hoc aus dem Yerbum ferre abgeleitet.
Im Sinne der von Bergk bekämpften Auffassung bewegt
sich wieder die ausführliche Abhandlung Th. Birts 'das Arval-
lied' im 11. Bande des Archivs f. latein. Lexicographie u. Gram-
matik Leipz. 1900 S. 149—96, nur daß ihr Yerfasser die Bitte
an die Laren, an Mars und die Semonen nicht bloß auf die
Feldfrüchte beschränkt sein läßt, sondern nach Analogie des
bei Cato De agii cultura ed. Keil Lips. 1895 Kap. 141 mitge-
teilten Gebetes an Mars zu Gelegenheit der Ackerlustration
auch Nutzvieh und selbst die Menschen in üiren Bereich zieht.
Schon Jordan Kritische Beiträge zur Geschichte der latein.
Sprache, Berlin 1879 S. 203 hatte auf dieses Gebet sowie auf
die iguvinischen Lustrationsformeln verwiesen.
Birts neue Erklärungen des Textes : neuel . . . sinas wie caue
sinas S. 190, incurrere in plures wie abire ad plures bei Petronius
1) Henzen Acta fratrum arualium quae supersunt. Berolini 1874, S. 3.
142 von Grienberger,
gleich 'sterben, zugrunde gehen' S. 167, ferner Urnen sali vom Rie-
seln des Quellwassers S. 181 ff. haben viel bestechendes, weniger
allerdings die Gleichsetzung von uerue und herber als Ertrag des
Frühlings 'omnia quae uere naia sunt' S. 169. Unannehmbar
scheint seine Auflösung von semunis alternei in *semu'nes sali ternei
S. 186, die in sali das Subjekt für das folgende Futurum aduocapit
gewähren soll, und man kann wohl sagen, daß die Auslegung des
3. Langverses die wenigst gelungene Partie der ganzen Arbeit
darstellt.
Ich brauche mich nicht dauiit aufzuhalten, daß ein Noni. Sing.
*sali für salius durch die inschrifthchen s-losen Nominative von
Personennamen : Clodi^ Corneli neben Clodis, Caecilis für Clodios,
Cornelius, Caecilios nicht bewiesen w^erden kann, da diese Formen,
falls sie nicht, wie F. Neue wollte, überhaupt nur graphische
Kürzungen sind (Bücheier Grundriß der latein. Deklination S.
24 — 25 und Note 6), sehr wohl als Vokative erklärt werden
können, die wie schon früh im Germ, an die Stelle der Nomi-
nativformen der bezüglichen Namen getreten sind, denn die
fratres aruales sind ja überhaupt eine andere priesterliche Körper-
schaft als die salii (s. Pauli S. 15) und das tripodare der Feld-
brüder im Tempel ist ohne Zweifel ein Aufmarsch und spätere
verfeinerte Form eines ursprünglichen Ackerbeganges, der im
Wesen mit den bei Strabo geschilderten Ambarvalien sowie
mit der von Marini aus den Acta martyrum Anaunensium
(Raetien) zum 28. Mai nachgewiesenen Bauernlustration (Jordan
mit Berufung auf Marini und Mommsen S. 200 ff., Birt 160)
identisch sein muß^); sicherlich kein gesprungener Tanz, aus
dem man die Berechtigung herleiten dürfte, auch die Fi'atres
aruales als salii, d. i. salientes^), aufzufassen. Endlich ist auch
der Übergang von der ersten Person enos 'uns', in der die
Brüder von sich selbst sprechen, zur vermeintlichen dritten
*salius aduocahit stilistisch wenig empfohlen.
Es werden sich im Verlaufe meiner Beti-achtung des Textes
noch andere Bedenken ergeben, die gegen Birts Aufstellungen
sprechen.
Das Zeremoniell des Maifestes der römischen Feldbrüder
ist an der Hand des Textes der Akten schon oft beschrieben, so
1) Zu Ende des Mai fallen auch die katholisch-süddeutschen Bitt-
gänge um Erntesegen.
2) salius gleichbedeutend mit saliens wie scius gleich sciens.
Das Carmen aruale. 143
z. B. bei Klausen S. 7 ff., ausführlich von Wissowa in Realen-
cyclop. Col. 1475 ff. nach Henzens Kommentar der Stelle in
Acta fratrum arvalium S. 18 ff., es mag jedoch zweckdienlich
erscheinen, den Bericht des Marmorprotokolles vom Jahre 218
unter Elagabalus CIL 6, 568 — 9 zum zweiten Tage des Mai-
festes, insoweit er die Handlungen vor der tripodatio betrifft,
in deutscher Übersetzung noch einmal zu übersehen. Der Be-
richt lautet: "Desgleichen am vierten Tage vor den Kaienden
des Juni weihte {jmmol.) der Promagister Alfenius Auitianus im
Haine der Göttin Dia {in luco deae Diae) beim Altare {ad aram)
zwei Ferkel zur Sühne {porcil. piacul.) für die Beschneidung des
Haines und die zu vollziehenden Arbeiten {lud coinq. et operis
faciimd.). Daselbst weihte er eine Ehrenkuh {uacc. honor.) und
setzte sich von dort in das Viersäuleuhaus {in tetrastylo) zurück-
gekehrt auf den Bänken {subsellis) nieder. Hierauf zum Altare
zurückgekehrt, brachte er die Eingeweide der Ferkel dar {extas
reddidit). Ebenso brachte er im Cirkus {in circo) auf dem sil-
bernen mit Rasen geschmückten Herde {in focido arg. cespiti
ornatö) die Eingeweide der Kuh dar und kehrte in das Vier-
säulenhaus zurück und trug es in das Buch ein {in codice cauit)
und legte die Praetexta ab und begab sich zurück in sein Zelt
{in papiUione suo).
Vor Mittag {pro meridie) aber nahmen die Feldbrüder die
Praetexten und kamen im Viersäulenhause zusammen und setzten
sich auf den Bänken nieder und bezeugten {cacerunt richtig
*cauerunt)^ daß sie zugegen gewesen und die heilige Handlung
vollzogen hätten und verzehrten die Sühnferkel und das Blut
darnach. Hierauf stiegen sie in der Praetexta mit bedecktem
Haupte {capite uelato) und mit den Ährenbinden bekränzt {uittas
spiceis coronati) zum Harn hinauf {adscenderunt) und weihten
durch den Promagister Alfenius Auitianus ein feistes Lamm
(agnam opimam) und besichtigten die Darbringung des Opfers.
Nach Beendigung desselben opferten sie alle mit Weihrauch
und Wein. Dann in das Haus {in aedem) zurückgekehrt, voll-
zogen sie auf dem Tische {in mensa) die heilige Handlang mit
den Töpfen {otiis richtig *ollis), und vor dem Hause auf dem Rasen
vollzog sie der Promagister und der Flamen. Desgleichen brachten
sie, hinaus zum Altare zurückgekehrt, Geldspenden dar. Ebenso
opferten der Flamen und der Promagister Weihi-auch und Wein,
silberne Becher mit weingefüllten Gefäßen < und > Weihrauch-
144 von Grienberger,
kästchen vor die Türe < tragend >, und <( sie > stellten sich vor
der Türe auf, und zwei von ihnen gingen zugleich mit den
Dienern hinab {cum puhlicos desciderunt), um Ähren zu holen
{ad fruges petendas) und reichten sie, zurückgekehrt, mit der
Rechten und empfingen sie mit der Linken: darauf reichten
sie sie einer dem anderen {ah richtig ad alterutrum) herum und
übergaben den Dienern die Ähren {frug.). Hierauf traten sie
ins Haus ein und sprachen ein Gebet über die Töpfe {ollas
precati sunt) und warfen sie bei den offenen Türen über den
Abhang {per cliuum) hinunter; hierauf setzten sie sich auf den
marmornen Bänken und verteilten belorberte Brote {panes lau-
reat.) unter die Diener {per public). Daselbst erhielten sie alle
die 'lumemulia' mit Rübchen {cum rapinis) und salbten die
Göttinnen, und das Haus wurde geschlossen; alle gingen hinaus.
Dort eingeschlossen bewegten sich die Priester {sacerdotes), auf-
gegürtet, nachdem sie die Textbüchlein in Empfang genommen
{Ubellis acceptis), ein Gebet hersagend {carmen descindentes) im
Schritte {tripodauerunt) nach folgenden Worten : . . . Nach dem
Reigen {post tripodationem) gingen dann auf ein gegebenes Zeichen
die Diener {publici) hinein und nahmen die Textbüchlein zurück . . /'
Zur Erläuterung dieser Stelle seien einige Bemerkungen
beigefügt.
Der Hain der Göttin lag auf einer Anhöhe ^), denn er wird
erstiegen, wie z. B. im vorliegenden Abschnitte fratres aruales . . .
inde . . . lucum adscenderunt^ und es wird als Ausgangspunkt der
Ersteigung das Tetrastylum angegeben, das nach Henzen 23 ein
mit 4 Säulen an der Front gezierter Bau war. Ebenso lassen
die Akten zum 19. Mai 87 (Henzen S. CXIX) von den 6 mit
Namen genannten Brüdern berichtend: in tetrastijlo consederunt
et ex sacrificio epidati sunt, sumptisq. praetextis . . . lucum deae Diae
ad summotum escenderunt., oder die zum 19. Mai 183 (Henzen
CLXXXVn) sacerdotes in tetrastulo consederunt et ex sacrificio
epulati sunt, sumtisque praetextis ... lucum deae Diae summoto^)
ascenderunt . . . darüber keinen Zweifel, daß das Ersteigen vom
Tetrastylum aus zu verstehen ist. Daß sich auf der Anhöhe des
1) Belegen beim 5. Meilensteine an dem von Rom nach la Magliana
führenden Wege im Weinberge der Gebrüder Cecarelli, Henzen S. XII.
2) Den Ausdruck ad summotum oder summoto versteht Henzen 28,
vom 'Platz schaffen' submouere, hier vielleicht der voranschreitenden cala-
tores für den Zug der Würdenträger.
Das Carmen aruale. 145
Haines auch das Haus {aedes) der Gröttin befunden haben müsse,
wenn auch nicht gerade auf der Spitze, wo sich heute keinerlei
Baureste finden (Henzen XXH), erhellt aus dem weiteren Texte
der zweitgenannten Stelle et . . . agna. opima. immolauerunt . . .
deinde coronis inlatis signisque unctis Petronium Priscum . . . mag.
fecerunt, ähnlich auch in den Akten vom 27. Mai 90 (Henzen
XXVIl) sowie in denen vom 19. Mai 87, denn die signa dieser
3 Stellen entsprechen den Göttinnenbildern des Berichtes vom
29. Mai 218 1), und die Brüder haben während aller mitgeteilten
Handlungen den Hain nicht verlassen. Das geschieht erst nach
der vollzogenen Wahl des Magisters und des Flamen. Die Akten
zum 19. Mai 87 fahren sogleich fort deinde in Ketryastylum
desciderunt ibiq. in triclinio discumbentes epulati sunt ad magi-
strum..., ebenso die zum 27. Mai 90 -(.deinde in tetrastylum
desciyderunt^ während der bei Henzen CLXXXVII hergestellte
Text der Akten zum 19. Mai 183, der an nominaueruinf} an-
schließt : <Jbique in tetrastulo . . .> epulati sunt . . . entweder eine
Auslassung enthält, oder statt ibique vielleicht deinde hätte
setzen sollen.
Dem Ersteigen des Haines vom Tetrastylum aus steht also
das Hinabsteigen zu diesem gegenüber, und es ist klar, daß
dieses Gebäude an einem tieferen Punkte des Hügels, am Fuße
vielleicht, belegen gewesen sein mußte. An Stelle desselben
wird aber in den Akten zum 27. Mai 81 (Henzen CIX), wo vom
Promagister und den Brüdern berichtet wird : inde cum in aedem
Caesarei consedissent et ex sacrificio gustarunt ; inde ad summotum
in aede sacrificio facto immolauit deae Diae agnam opimam ein
anderes Gebäude, eine aedes Caesarei genannt. Beide Bezeich-
nungen zugleich erscheinen nur einmal, in den Akten zum Jahre
183 (Henzen CLXXXVÜ) und zwar das Caesareum zum 13.,
das tetrastidum zum 19. Mai. Die Frage, ob beide Namen auf
ein und dasselbe Gebäude zu beziehen seien, oder ob das Tetra-
stylum der jüngere Bau sei, der den älteren zu ersetzen hatte,
muß offen gelassen werden, wenn auch die Wahrscheinlichkeit
mehr für die zweite Auffassung spricht.
Der Altar {ara) der Göttin stand vor dem Haine, d. h.
doch wohl dem Tetrastylum näher gelegen, als die Aedes. Das
ergibt sich aus den Akten zum 19. Mai 87 (Henzen a. a. 0.),
1) Ob deren zwei, etwa das der dea Dia und der Juno, oder mehrere
waren, ist nicht zu entscheiden, Henzen 32.
Indogermanische Forschungen XIX. 1^
146 von Grienberger,
die mit den "Worten beginnen . . . in luco deae Diae . . . fratres
artiales deae Diae sacrificium fecerunt. C. Saluius^ Liberalis . . .
ante lucum in arani porcas piaculares duas . . . immolauit.
Vor dem Haine aufgestellt erscheint auch der foculus zum
27. Mai 90 (Henzeu a. a. 0.) <(deinde uaccam . . . immolauity ante
lucum in foculo P. Sallustius Blaesus mag. II, während im Be-
richte zum 29. Mai 218 der Foculus im Circus der Arvalen
genannt wird. Aber der Foculus war, wie Henzen 23 behauptet,
beweglich, konnte also nach Belieben aufgestellt werden und
fällt daher überhaupt nicht mehr unter den Gesichtspunkt der
festen Orte des liturgischen Schauplatzes.
Die Imniolatio zweier Ferkel, die nach Henzen am frühen
Morgen vorgenommen wurde, geschah zur Sühne für die Be-
nutzung eiserner AVerkzeuge bei der Beschneidung des Haines
(coinquere = coercere Henzen 22), da es verboten war, am ge-
heiligten Orte mit Eisen zu hantieren.
Unter dem opus faciundum versteht Henzen die gesamte
gärtnerische Arbeit an den Bäumen des Haines, die im Yerlaufe
eines Jahres notwendig ist.
Das Verbum immolare bezeichnet nicht eigentlich die
Tötung des Opfers, sondern das dieser vorausgehende Bestreuen
desselben mit einer Mischung von Melil und Salz (Henzen 93 — 94).
Ich habe das Verbum daher mit "weihen' übersetzt.
In dem Passus in foculo argenteo cespiti ornato ist nach
Henzen 23 nicht mit Marini das Adj. zu cespes, sondern zu foculus
zu ziehen. Der Herd war aus Silber und mit Rasen belegt.
Extas reddere erklärt Henzen ebenda als Aufstellen eines
Teiles der in einem Topf gekochten Eingeweide auf der Ära,
beziehungsweise dem Foculus. Das Zelt papilio dient dem Pro-
magister zum Aufenthalt in der vormittägigen Pause der religiösen
Handlungen. Es ergibt sich daraus, daß das Tetrastylum, obschon
es ein triclinium besaß, erwähnt in den Akten zum 19. Mai 87
und 27. Mai 90, keinen Raum gewährte für den Aufenthalt der
einzelnen Priester, und es ist demnach wohl zu glauben (Henzen
23), daß auch diese ihre eigenen Zelte hatten.
Der besondere Kopfschmuck der Feldbrüder, mit dem sie
zum zweiten male den Hain hinaufgehen uittas spiceis coronati
wird auch in den Akten zum 19. Mai 87 erwähnt smnptisque
praetextis et coronis spiceis uittatis, ebenso zum 27. Mai 90, zum
19. Mai 105 (Henzen CXLVII) und zum 19. Mai 183 (bittatis)
Das Carmen aruale. 147
und zwar mit einem Ausdrucke, der die Sache 'mit Binden um-
wundene Ährenkränze' klarer hervortreten läßt als der an unserer
Stelle gewählte. Schon Gellius und Plinius heben diesen priester-
lichen Schmuck als besonderes Abzeichen der Feldbrüder hervor
(Pauü S. 14).
Worin die heilige Handlung mit den Töpfen besteht, ist
nicht ersichtlich. Den später folgenden Satz et ollas precati sunt
versteht Henzen 30 als Gebet an die Töpfe. Es scheint mir
näher zu liegen, ein Gebet über die Töpfe, d. i. eine Art Segen
oder Benedizierung anzunehmen. Die Stelle selbst ist sonst
nicht zweifelhaft, da Gefäße von sehr primitiver Form im Haine
der dea Dia ausgegraben wurden, Pauli S. 14.
Die thesauri dati sind wohl mit Henzen 31 als freiwillige Geld-
beiträge der Priester zum Tempelschatze der Göttin zu verstehen.
Der Satz item flam. et promag. sci/fos^) arg. cum sumpuis
uino repletis ante osteum acerras ture et uino fecer. ist unver-
ständlich, wenn nicht acerras mit einer Konjunktion 'und' ge-
bunden und ein Verbum, von dem die beiden Akkusative abhängen,
ergänzt wird. Henzen ergänzt <e^ acerras Kferentesy., man könnte
allerdings auch *ac acerras oder *acerrasque vorschlagen.
Sümpüium ist vulgäre Nebenform zu simpüuium., von dem-
selben Stamme wie simpulum 'Schöpfkelle'.
Die fruges sind nach Henzen 32 und Jordan S. 201 grüne
Ähren, die die Priester auf den umliegenden Äckern brechen.
Auch am ersten Festtage des Maifestes vom Jahre 218, der auf
den 27. Mai fällt — der 28. ist Pause — und am dritten, dem 30.,
spielen fruges eine symbolische EoUe. Es heißt hiezu Henzen
S. CCII — III V • • • ^^^ Palatio . . . > ... fratr{es) Aru{ales) prima
■Cluce . . .> frug{es) arid(as) et nirid(es) contiger{unt) etpanes laureatos
et deam Diam <^ungiientauerunty . . . und Henzen CCVI . . . frug.
lihat. cum calat. et public, ad aram <jetuleruni>. Diese beiden
Handlungen fiijden in Koni statt.
Desciderunt versteht Henzen 32 als descenderunt, was mit
Eücksicht auf die Akten zum 19. Mai 87 Henzen CXIX, wo
die Formen escenderunt., desciderunt., escidit mit der einheitlichen
Bedeutung des 'Steigens' nebeneinander vorkommen, wohl ein-
leuchtet.
1) Nach Rosenstock Die Akten der Arval-Brüderschaft. Jahresber.
der k. Gymn. zu Strasburg W.-Pr. 1895, S. 13, die ältest bezeugte lat.
f-Schreibung für ph.
10*
liS von Grienberger,
Dann ist es aber auch nicht nötig, für das folgende Parti-
zipium Carmen desclndentes mit Hcnzen 33 von discindere, Kara-
cxi^eiv auszugehen und dahinter eine besondere Bezeichnung
des Rezitativs 'dictum . . . pro recitando et quasi dividendo Carmen
ex numero et rhythrao' zu suchen, da wir das Part, als de-
scendentes nach scandere uersus verstehen dürfen. Zur Form in
statt en M'äre u. a. der Dativ Herclinti neben Herdenti Brambach
CIEh. 315 u. 666 zu vergleichen.
Die lumemulia^ Sing. *himemidium, bei Henzen 32 nur
flüchtig gestreift, erklärt Bücheier Archiv f. lat. Lex. 1, 110 als
Compos. aus luma eine Pflanze, nach der Philoxenusglosse gleich
7T0Ta|U0TeiTUJV oder KaXa|uiv9ric und möla 'Mehl', dessen o im
zweiten Teile als u erscheine, wie in adulescens, sedido, emule
(hsl. var. zu Persius 6, 26), mit ^-Erweiterung wie aedificium,
auciipium, ferriterium^ wozu wir auch tripudium neben tripodare
fügen können. Die Bedeutung des Wortes sei 'luma molita',
sachlich gleich mit der in jüngerer Zeit genannten menta trita.
Es könne aber auch eine mit derartigem Mehle zubereitete
Brühe oder Tunke gemeint sein. Die rapinae hält Bücheier
a. a. 0. für Deminutivform zu räpa, also 'Rübchen', sachlich
vielleicht 'Radieschen'.
Ich möchte dagegen erinnern, daß es nicht nötig ist, in
lumemtdium e- Schreibung für i wie in ibe und sonst in den
Akten anzunehmen, da man wohl auch genitivische Zusammen-
rückung wie in aquaeductus annehmen und hinsichtlich der io~
Erweiterung auf vulgärlat. terrimotium für terrae motus verweisen
kann. Lumemulium ist also im allgemeinen das aus der mola
lumae bereitete. Für die mögliche Bedeutung des Comp, könnte
vielleicht auch möla als 'Opferschrot' in Betracht zu ziehen sein.
2. Das Lied.
Ich gehe zur Erklärung des Liedes über. Der Text des-
selben ist nach Bormanns Lesung in CIL. 6, 2104 mit Wort-
treunung und einzelnen Interpunktionen dargestellt, während
Pauli S. 3, der sich auf Bormanns Abschrift beruft, zwar keine
Interpunktion und keine Worttrennung, sondern scriptura con-
tinua darbietet, doch so, daß vom dritten neiieluerue an einzelne
Einschnitte, im ganzen 11, dieselbe durchbrechen; doch nicht
durchweg derart, daß diese Einschnitte an Wortgrenzen stünden,
denn einmal, beim dritten marmarsersin currere, werden die zu-
Das Carmen aruale. 149
sammengehörigen Teile eines "Wortes : in currere von dieser
Trennung betroffen. S. 86 behauptet Pauli auf Grund eines ihm
zur Verfügung gestellten Papierabklatsches, daß er im Texte weder
Interpunktion noch irgendwelche Worttrennung entdecken könne,
ohne sich doch über die 11 einzelne Komplexe formierenden
Einschnitte seiner ersten Darstellung zu äußern. Grotefend, der
S. 289 die Inschrift nach Marini i) darbot, gab 7 Distanzen zu-
gleich mit Interpunktionen, mit denen die des CIL 6 nur zum
Teil zusammenfallen. Birt, dessen Abdruck S. 150 auf Ritschi
fußt, zeigt 5 Punkte und eine sehr viel weiter reichende Kom-
plextrennung als Pauli gegeben hatte.
Ich rücke im folgenden die Worttrennung des CIL 6 wieder
zusammen, behalte aber die Interpuugierungen desselben bei,
da es wahrscheinlich ist, daß dieselben zum mindesten an Stellen
graphischer Distanzen stehen, ohne jedoch dieser Interpunktion
bei meiner Erklärung des Liedes irgendwelche Bedeutung einzu-
räumen. Zugleich markiere ich die Zeilenenden in üblicher "Weise.
. . . ENOSLASESIVYATE || (Verlust) NOSLASESiVVATEENOS
LASESIVVATENEVELVAERVEMARMASINSINCVRREREI
NPLEORESNEVELVERVEMARMAR || (Verlust) NSI NC VRRE
REINPLEORISNEVELVERVEMARMAR • SERSINCVRRER
EINPLEORISSATVR • FVREREMARSLIMEN || (Verlust) I •
STA • BERBERSATVR • FVFEREMARSLIMENSALI STABER
BER • SATVRFVFEREMARSLIMENSAIISIABERBERll(Verlust)
VNISALTERNEIADVOCAPITCONCTOSSEMVNISALTERNEI
ADVOCAPITCONCTOSSIMVNISALTERNIEADVOCAPIT ||
(Verlust) OSENOSMARMORIVVATOENOSMARMORIVVATO
ENOSMAMOR • IVVATOTRIVMPETRIVMPETRIVMPETRI
VM II (Verlust) VMPE . . .
Indem ich in die Erläuterung des Textes eintrete, verzichte
ich zunächst darauf, die "Worttrennung noch besonders ersichtlich
zu machen, da sich dieselbe aus dem je 3 mal gesprochenen und
fixierten Texte der einzelnen Verse von selbst ergibt und nur
die Zäsur in den 3 mittleren Langversen der Erwägung bedarf.
Im ersten Kurzverse enös LäsSs iüuäte, wozu Birt S. 159
in dem Ausruf Lares uiales, ut me bene iuuetis bei Plautus
Merc. 866 eine schöne Parallele beibringt, bedarf die Form enos
für nos einer Erklärung.
1) Gli atti e monumenti dei fratelli Arvali. Roma 1795.
150 von Grienberger,
Für eine mit nos mehr oder weniger verschmolzene Inter-
jektion e nach dem Vorbilde von ecastor, eiuno^ equirine^ edepol
haben sich Klausen S. 23, Corssen Origines poesis Romanae,
Berolini 1846 S. 93, Bergk Col. 131, Pauli S. 24 ausgesprochen,
für Analogie zu griech. eiaoi neben )iioi nebenher schon Klausen
a. a. 0., der auch noch em'm, eheu, ehern neben warn, heu^ hem
vergleicht, und nach ihm Mommsen CIL 1 Berolini 1863 S. 10,
Bttcheler Inscriptiones Saturniis nuraeris conceptae') S. 3, Birt
S. .159. An eine archaische Form für nos nach alat. esum zu
späterem siim dachte Lanzi (Saggio di lingua Etrusca zit. bei
Bergk a. a. 0.) sowie nebenher auch Grotefend Grrössere latein.
Gramm. 2^ Frankfurt a. M. 1824 S. 289, dessen Hauptmeinung
sich aber in der Konstruktion en\ nos ausdrückt.
Der ersten dieser Vermutungen steht die ganz anders geartete
Bildung der Ausrufe mit einem folgenden Gottnamen im Vokativ
entgegen; man dürfte nicht e mit wos, sondern müßte vielmehr e
mitLases verbinden. Da aber innerhalb dieser Kategorie von Inter-
jektionen, deren Anlaut Mommsen a. a. 0. nach mecastor neben ecastor
als einen Rest von me verständlich machen wollte, neben dem
vollen edepol auch gekürztes epol (Forcellini) auftritt, so scheint
es weitaus glaublicher, die ecastor, eiüno, eqiärine, ecere, eccere
— das letztere mit dem Vokativ des alat. Wortes cerus 'creator'
— deren Messung mit anlautendem lang -e bei Forcellini oder
Georges wohl keinem Bedenken unterliegt, gleichfalls als Syn-
kopen von *edecastor usw., oder zum Teil vielleicht auch als
Analogiebildungen nach dem vollzogenen Kürzungsergebnis epol,
zu fassen, edepol erklärt sich unschwer als Imperativ zu edo,
edere im Sinne von do, dare, sinngemäß dem deutschen, nur mit
dem Optativ statt des Imperativs gebundenen "gebe Gott' oder
bair. *Gott geh' entsprechend, das nach Schmeller-Frommann 1,
960 sowohl in ein Wort zusanmiengezogen, als auch interjektional
verwandt wird. Beruht demgemäß eccere auf *edecere, so ist es klar,
daß die Geminata cc auf Rechnung einer Assimilation de zu setzen
ist, während sie bei bloßem e weniger verständlich bliebe.
Ist diese Entwicklung richtig, so ist die Gruppe dieser mit
e anlautenden Beteuerungen formell für enos umsomehr ausge-
schlossen, aber auch eine an sich denkbare Konstruktion e .. . Lases
im Zusammenhange mit ihr unmöglich, da, abgesehen von anderem,
1) Index scholarum quae in univers. Rhenana per menses aest. habe-
buntur. Bonnae 1876.
Das Carmen aruale. 151
jedesfalls beide Teile nicht durch ein zwischengeschobenes nos
getrennt werden könnten.
Der zweiten Annahme steht entgegen, daß griech. ejue-,
i\xo- nach Brugmann griech. Glraram. S. 65 ^) ihr anlautendes e
der Analogie zu eTuu verdanken. Da es unmöglich ist, daß die
griech. Übertragung aus i^üj: e\xov^ €|uoi, ifie neben )Lioi, p.i auf
lat. nos eingewirkt haben könne, müßte man vielmehr lat. enös
aus lat. ego^ herleiten, beziehungsweise eine erweiterte Stamm-
bildung *enö- nach *egö in vorlatein. Zeit hinaufrücken ; d. h. man
wäre im wesentlichen bei Lanzis Meinung angelangt, denn wenn
es ein urlat. enö- gab, wäre es eigentlich nur mehr für die Ab-
stammung von nös von Bedeutung, ob die urlat. Form eine ana-
logische sei, oder ob der vokalische Anlaut gleich dem alten e
von esum oder dem den Vokal der nasalis sonans vertretenden e
von centum^ decem zum ursprünglichen Stamme gehöre, nicht
aber für die Beurteilung des mos im Carmen, das eben direkte
Fortsetzung der hypothetischen archaischen Form wäre. Ich kann
mich nun der Erkenntnis allerdings nicht entziehen, daß nos mit
ego in der lebendigen Rede gepaart eine formelle Einwirkung
von dem letzteren hätte erfahren können, so wie der got. Dat.
Plur. unsis seine Flexion dem Dat. Sing, mis verdankt, aber das
Beispiel des griech. e|uoi, e|ue, das auf paradigmatischer Fort-
führung des Anlautes beruht, müßte uns eher lat. *emihi, *eme
erwarten lassen, die es doch nicht gibt, und die Annahme eines
Stammablautes *enö-, *9nö neben nö- scheint mir ebenso pro-
blematisch.
Grotefends Auffassung, an sich nicht immöglich, da man
en . . . iutiate immerhin verbinden dürfte, wird durch die 6 malige
Schreibung mit einfachem n zwar nicht ausgeschlossen, aber
doch auch nicht gestützt.
Unter diesen Umständen tritt mir der Gedanke nahe, daß
doch vielleicht Schuchardt das Richtige gesehen habe, der in
Vokalismus des Vulgärlateins Leipzig 1866 — 68 Bd. 2, 361 die
Form enös seiner großen Sammlung von prothetischem e und i
anreiht.
Ich lege kein übermäßiges Gewicht auf die aus Rossi
Inscriptiones Christianae urbis Romae, Romae 1857 — 61, 1 S. 281 f.
bezogene, dem Jahre 426 u. Z. angehörige angebliche Parallele
*inm, da Rossi selbst daran zweifelte, daß aus dem Eingang der
1) Handbuch der klass. Altertumswiss., Bd. 2.
152 von Grienberger,
Inschrift cöstatinos emis \ se . . . locum . . . eine dem enos des
Carmen arnale entsprechende Form *inös auszuscheiden sei und
die mögliche e-hasta lieber als Trennungszeichen erklären wollte,
aber die dem Wiener Livius (6 Jh.) entnommenen Beispiele
Schuchhardts enegotium, enecessitatis nebst den zahlreichen anderen
Prothesen vor n, w, / und namentlich vor s scheinen mir den
Verdacht von bloßer e-Prothese für mos zu einem dringenden
zu steigern. Ich stelle auch nicht die Behauptung auf, daß die
Vokalprothese im Latein, nur einen und einen einheitlichen
Grund habe, aber, insoweit sie vor nasalis und liquida auftritt
inares, imerito, ilociis, ireddere^ ist sie doch wohl aus dem voka-
lischen Eigentone des anlautenden Konsonanten zu erklären, und
man kann sich vorstellen, daß sie aus ihm als eine Art Wort-
auftakt abgespalten sei. Man vergleiche hierzu die gelängte
Aussprache des anlautenden n in dem nhd. ungeduldig ablehnen-
den nnein oder in dem gleichfalls gereizt betonten nnu Ja, neben
dem eine, glaublich prothetisch aufgelöste Form mw Ja tatsächlich
vorkommt. In dem Falle des metrischen Bedürfnisses einer
anlautenden Senkung, das bei nös Lases iüuäte nicht geläugnet
werden kann, wird man gegen die prothetische Herkunft des e um
so weniger etwas einwenden können und die Form mos demnach
als eine vulgäre und eine gelegentliche, nicht als eine archaische
und grundsätzliche zu betrachten haben.
Über die auch bei latein. Grammatikern noch bekannte
ältere sigmatische Form des Laren-Namens ist nichts zu be-
merken. Daß die Lares Ortsgottheiten, die des Carmen aruale
i. b. die der römischen Gemeindeflur seien, hat Wissowa Relig.
d. Rom. S. 150 in überzeugender Weise dargetan.
Am Eingange des folgenden Langverses haben schon Bergk
Col. 142 und Bücheier Inscriptiones S. 4 die gewöhnliche Wort-
teilung neue luerve, bei der wir uns Corssens Betonung luerve
S. 92 anmerken wollen, verlassen, das l zum vorhergehenden
Abschnitt gezogen und in neuel, wobei wir wieder Büchelers
Betonung ne uü behalten wollen, im wesentlichen eine andere
Form der negativen Konjunktion neue erblickt, die den Satz neue . . .
Marmar sinas an den vorhergehenden Lases iuuate anknüpfte.
Auf dieser Einteilung des Komplexes beruht Birts inter-
essanter Verweis S. 190 f. auf den Gebrauch von neuel mit
folgendem Konjunktiv im Sinne von einfachem ne in der
Augustinusstelle siquis tibi intulerit mala, neuel irascaris sed dole
Das Carmen aruale. 153
potins . . ., wonach er, der an der Konjektur *sinas für die beiden
Lesarten des drittnächsten Wortes sers und sins festhält, netiel . . .
*sinas incurrere mit caue . . . manare . . . sinas eines Orakels bei
Livius V, 16, 8 hinsichtlich der Konstruktion gleichsetzt.
Aber diese Auffassung wäre nur möglich, wenn sowohl
*sinas zurechtbestünde, als auch in uet'ue das zu incurrere ge-
hörige Objekt steckte; ich werde sogleich entwickeln, was es
mit diesen beiden Annahmen auf sich habe.
Die Lesarten sins und sers stehen ausgeschrieben nur je
einmal an erster und dritter Stelle, während an der zweiten
sich bloß der Auslaut des Wortes . . . ns darbietet. Es ist be-
greiflich, daß der Wortrest an der zweiten Stelle gewöhnlich
aus der Lesart der ersten ergänzt wird, so daß man den Ein-
druck empfängt, als ob zwei sins einem sers gegenüberstünden,
aber ich bin nicht völlig darüber beruhigt, daß nicht ein Vor-
urteil auf die Lesung des nur- fragmentarisch vorhandenen ersten
Buchstaben n in dem Komplexe . . . ns eingewirkt habe. Sei
dem wie immer, so haben wir die Aufgabe, uns füi' sins oder
sers zu entscheiden und die eine Eorm als einen Lesefehler der
andern verständlich zu machen, wenn wir, was ich mit Bezug
auf den Mangel eines zweiten Beispieles im Carmen aruale
allerdings tue, an Wortvariation nicht glaaben wollen.
Für die Durchführung der Lesart sins und die Auflösung
zu sinas haben sich Grotefend, Klausen, Bergk, Mommsen, Birt
entschieden, für sers oder *seirs gleich sonstigem szris aus siueris
Hermann (zit. bei Pauli S. 4 — 5) u. Corssen, während Bücheier
Inscript. an Wortwechsel *sinas und *seiris zu denken scheint.
Gegen sins aus sinäs erhebt sich nun das Bedenken, daß
nicht nur ein langer Vokal synkopiert sein müßte, sondern daß
diese Synkope auch den Modalcharakter des angenommenen
Verbums völlig verwischte ; denn sins^ falls es überhaupt von
sinere stammen könnte, würde man wohl eher für sinis als sinas
halten müssen.
Das ist ja bei inschriftlichem lubs für lubens^ das Birt
188 — 9 vergleicht 1), ganz anders; die Kontraktionen luhs^ lihs
und serps bei Venant. Fort., vermittelt durch luhes usw. wie plebs
aus plebes^ saeps neben saepes (Bücheier Grundriß S. 12, Stolz
1) Sein zweites Beispiel facs aus facies ist hinfällig; die Appendix
Probi Archiv f. lat. Lexikographie 11, 315 weist vielmehr facis als Vulgär-
form auf.
löi von Grienberger,
Histor. Gramm, d. lat. Sprache Leipz. 1894 — 5 1, 208), fallen,
insoweit sie überhaupt sprachliche und nicht bloß graphische
Kürzungen sind, in eine Kategorie von typischen Auslaut-
kürzungen, so daß ihre Durchsichtigkeit dem Sprachbewußtsein
niemals abhanden kommen konnte, und sie verlieren durch die
Kürzung nichts an ihrer grammatischen Qualität, denn der Nom.
Sing, ist an der gekürzten Form set'ps z. B. ebenso unzweifelhaft,
wie an der vollen serpens. Aber an sins wäre der Konjunktiv
nicht zu erkennen und eine vorhergehende Kürzung der ver-
balen Flexion -äs zu -äs durch keinerlei analoge Vorgänge gestützt.
Ich bin auch nicht der Ansicht, daß das System ne . . . sinäs
so stark wirkte, um auch noch in einem gekürzten ne . . . sins
die konjunktivische Funktion des Verbums selbstverständlich er-
scheinen zu lassen.
Gegen die Geltung von sers als siris spricht die graphische
Darstellung. Der Wechsel von i und e in pleoris^ pleores ist nicht
vergleichbar, da es sich hier um paradigmatischen Wechsel in
nachtoniger Silbe handelt, der von simunis neben semunis eben-
sowenig, da hier, wenn nicht überhaupt nur ein Lesefehler vor-
liegt, umgekehrt langes e der Hauptforra zugebilligt werden muß,
das an dritter Stelle einmal mit t gegeben ist.
Es scheint mir daher des Versuches wert, von sers aus-
zugehen, so wie es dasteht, und sins als einen Kopierfehler
des Steinmetzen zu erklären. Angesichts der unter diesen Ge-
sichtspunkt fallenden Verstöße innerhalb des Textes der Tafel
zum Jahre 218 (CIL 6, 2164): traetextati, tost (p), epulap^ luniap
(s), dlvisa^ Avltianus («'), otiis {11)^ extn (as), cathedivs (n), cacerunt {v)
wird dies nicht allzu gewagt sein. Diese Art Unrichtigkeiten
sind, insoweit sie in den Buchstabenformen der Steintafel selbst
begründete Lesefehler sind, schon von Edon Restitution et
nouveUe Interpretation du chant dit des freres arvales 1882 und
nach ihm von Pauli S. 18 ff. als Lesefehler aus einer Vorlage
in Kursive und zwar von dem ersteren auf Grund der der
pompeianischen Wandschriften, von dem zweiten nach der
Wachstafelkursive CIL III, 2 S. 921 ff. erklärt worden. Das
letztere gewiß mit höherem Rechte, denn daß die gleichzeitig
mit den festlichen Handlungen angefertigten Protokolle und für
das Lied die Libelli der Feldbrüder notwendig die Vorlage des
Steinmetzen gewesen sein müssen, ist klar, und daß sie Wachs-
tafeln waren, ist zum mindesten sehr wahrscheinlich.
Das Carmen aruale. 155-
In der Tat erklärt die eine Form desPder dacischen Urkunden
mit geradlinig abdachender oberer Hasta ohne weiters die Ver-
wechslung von t für p während iu für ri, cer für uer aus den
Ligierungen dieser Schrift begriffen werden könnten, doch sollte
man für das s der Vorlage allerdings eine etwas abweichende,
d. i. weniger nach unten ausgeschwungene Form, als die der
dacischen Urkunden ist, voraussetzen.
Das e dieser Kursive hat durchgängig die alte Form von
2 parallelen aufrechten Hasten, die aber im Ductus zumeist von
links oben nach rechts unten schief abfallend einsetzen ; es werden
Hasten ligiert, so daß z. B. in dem Komplexe um oder en die
erste Haste des m oder n mit der zweiten des ti beziehungsweise
e zu einem graphischen Gebilde verschmolzen ist. Die Buchstaben-
folge er wird auch bei zwischenliegender Worttrennung so aus-
gedrückt, daß die erste aufrechte Hasta des r als rückgewendeter
Abstrich unten an die zweite des e gehängt ist, so daß die Ligatur
statt 4 nur 3 Hasten auf der Zeile enthält. Da nun der An-
strich des N sich iu Form und Stellung ganz ähnlich dieser an-
gehängten ersten r- Hasta verhält, so treten sich innerhalb dieser
Majuskelkursive die Komplexe er und in graphisch so nahe,
daß sie bei allen grundsätzlichen Unterschieden doch gelegent-
lich für einander verlesen werden können. Ich will nicht so
weit gehen, zu behaupten, daß die Verlesung von er zu in wahr-
scheinlicher sei, als die umgekehrte, obwohl ich diesen Eindruck
habe, aber daß sers die richtige Lesung sei, ist möglich und
nur die Frage, ob die Erklärung des Textes, die sich aus ihr
ergibt, diese Annahme zu rechtfertigen vermöge.
Ich fasse sers nicht als Verbalform, sondern als attributives
zu Marmar gehöriges Adjektiv lat. serus mit jener Synkope des
Elexionsvokales u (o), die im Oskischen und Umbrischen Regel,
vgl. osk. hürz 'hortus', Bantins 'ßantinus', umbr. pihaz 'piatus',
termnas 'terminatus' Planta Gramm, der osk. umbr. Dial. Straßburg
1897, 2, 100, lat. zum mindesten in der alten Rechtsformel dare
damnäs esto, sowie in epigraph. termins neben terminus CIL, 1,
199, 15, Bücheier Grundriß S. 24 behauptet werden darf, wenn
auch Stolz 1, 207 die Form termins nur als graphische Kürzung
gelten lassen wollte und in jüngster Zeit von Vetter für damnäs
eine Erklärung als Infinitiv gleich fäs vorgeschlagen wurde.
Ich wende mich zu neuil zurück, das ich nicht mehr als
negative Konjunktion, wozu es in dem von Birt S. 190 zitierten
156 von Grienberger,
Yers neu desis operae neuel immoderatus abundes Horaz Sat. 2,
5, 89 allerdings geworden, sondern als Verbalform und zwar
als alten Imperativ von neuelle, nolle im Sinne von noli betrachte.
Ich verbinde demgemäß neuM . . . incurrere gleich noli . . . in-
currere mit der intransitiven Bedeutung dieses Verbums 'herein-
brechen, einh erstürmen', die ganze Phrase *noli . . . serus in-
currere 'wolle nicht verspätet einherstürmen', gerichtet an Marmar
oder Mars als physikalischen Wettergott, veie der vorhergehende
Imperativ iuuate an die Lases, gesagt mit Rücksicht auf die
Jahreszeit Ende Mai und das bevorstehende Reifen der Saaten.
*Serus incurrere erläutert sich aus den bei Georges verzeichneten
Beispielen mit adverbialer AVirkung: uenis serus, serus abi Ov.,
sera assurgis Verg., serus uersare boues Prep. 3, 5, 35, die Syn-
kope des u in sers kann man, wenn man die angeführten Ana-
logien nicht gelten lassen wollte, ohne Schwierigkeit auch als
eine dem metrischen Bedürfnis genügende ad hoc erklären.
Das zwischen neud und Marmar stehende Wort mit aus-
lautendem e ist notwendig ein attributives, zum Vokativ des
Gottnamens gehöriges Adjektiv. Doch beginnt es keineswegs
mit u, sondern schon deshalb mit dem haplographischen l des
Komplexes neueluerue^\ weil die metrische Betonung neuel Po-
sitionslänge erfordert und mit konsonantisch anlautendem *iierue{s\
so nach Birts Meinung S. 173, ein gerundeter und einfacher
Sinn des Verses nicht zu erzielen ist. Ich behaupte demnach
*lüerüe sei Vokativ eines Adj. ^lüerüiis. Schon Bücheier Index
schol. S. 4 dachte an die Möglichkeit eines Vokativs: 'facilius
equidem rue uocatiuum esse crediderim cum dei nomine coniun-
gendum, etiamsi enim ruus fluus similia per analogiam non
admitti solent nisi in compositis, usurparunt tamen antiqui
scius . . .', nur daß er nicht an die eines Compositums mit
-rüus dachte, dessen erster Teil nichts anderes als das schon
von Lanzi (zit. bei Pauli S. 3) in dem vermeintlichen Komplexe
luerve gesuchte Wort lües ist, das ja auch aus den Erklärungen der
Grotefend, Klausen, Corssen, Mommsen nicht mehr verschwunden
ist. Da bei den Kompositionen mit einem Worte der e-Dekli-
nation im ersten Teile wie jedesfalls fide-didor, -iussor und viel-
leicht auch bei den Temporaladverbien die-pristitie, die-pristini u. a.
1) Vgl. die von Birt S. 190 zitierte Haplographie uelineis d. i. *uel
lineis aus dem Pentateuch cod. Lugdun. ed Robert, S. 223, 12.
Das Carmen aruale. 157
das thematische e als Fugenvokal erscheint, so wie das thematische
a in capredginus Plaut, fabäginus Cato, ist gegen Hüerüus formell
nichts einzuwenden. Wir werden das Wort, da rüere zuweilen
transitiv gebraucht wird, vorwiegend aber allerdings intransitiv
ist, weniger wahrscheinlich als luem ruens, sicherer als cum lue
ruens verstehen und mit 'verderblich einherstürzend, herein-
brechend' oder abgeschwächt bloß 'verderblich' übersetzen dürfen.
Das Verbaladjektiv verhält sich wie congruus, mellifluus, influus
zu congruo und /?mo, deren Wert sich mit dem der partizipialen
Bildungen congruens^ mellifluens, influens deckt. Die Tonstelle
des Wortes kann, auch metrisch, nur auf dem Kompositionsvokal
ruhen •^j.^'^^ und es ergibt sich demnach für das Ganze: neuel
lüerüe Märmär, d. i. genau die Messung, die Birt S. 162 Note,
allerdings mit abweichender AVorttrennung *neue Im rue er-
schlossen, jedoch verworfen hat.
Es kann nicht entgehen, daß luerue Marmar nur eine
andere Fassung von fere Mars des folgenden Langverses ist,
aber es ist denkbar, daß in dem zusanunengesetzten Adjektiv
die erste Bedeutung des ursprünglichen Nomen actionis Ines
'sich ausbreitende unreine Flüssigkeit, geschmolzener Schnee'
noch voll verstanden, in ihm also der meteorologische, Sturm
und Regen bringende Mars mit einem Bilde von lebendiger
Anschaulichkeit geschildert ist. Das ae für e der ersten Stelle
luaerue ist rein orthographisch: der Wechsel von ae und e tritt
in den Inschriften seit dem 2. Jahrh. u. Z. als dauernde Er-
scheinung auf, Rosenstock Die Akten der Arval-Brüderschaft
S. 23 ; ae für e weist derselbe in dem Worte saenatus schon zum
Jahre 89 in diesen Akten nach.
Es erübrigt noch eine Erklärung von in pleores, worin
man im Zusammenhange der gewonnenen Einsicht ein Rich-
tungsobjekt mit der Bedeutung 'Saaten, stehende Feldfrucht'
vermuten könnte, sodaß die Konstruktion sich wie etwa incurrere
in Romanos, in Macedoniam u. dgl. verhielte. Aber ein Subst.
*pleor, das zu com- im- pleo, plenus gehörte und wie fluor, cruor,
ador, calor abgeleitet wäre, gibt es nicht, und es ist der näher
liegenden, schon von Marini, Klausen, Bergk, Mommsen, Lindsaj
berücksichtigten Möglichkeit gegenüber, die Form pleores mit
alat. ploeres gleichzusetzen nicht angebracht, ein Substantiv
*pIeor, Plural *pleores, das etwa 'Erntefülle, copiae' bedeuten
könnte, zu verteidigen. Es muß wohl beim Komparativ sein
158 von Grienberger,
Beweaden haben, nur daß die Bedeutung, die Birt S. 167 aus
der Redensart abire ad plures bei Petronius gleich 'sterben' und
ähnlichem abgezogen hat, innerhalb meiner Erklärung nicht
Platz finden kann.
Die formelle Seite des Komparativs ist mir von geringem
Belange, doch glaube ich freilich nicht an die auf Schleicher
und Corssen zurückgehende Erklärung, eines 3 silbigen pleores
aus *ple-iöses^ gegen die schon Jordan S. 194 ff. Stellung nahm,
während Stolz S. 165 und, etv^'as anders abgetönt, Birt S. 191
sich neuerlich dafür einsetzen. Ich vertrete vielmehr die An-
sicht, daß pleores nichts anderes als verkehrte Schreibung für
ploeres sei, entsprechend der archaistischen Form inploera Cic.
De leg. 3, 3, 6.
Vielleicht nicht unbelehrend für den Fall lat. eo für oe,
gesprochen 5, ist die vollkommen einstimmende gelegentliche
ags. Darstellung des Monophthongs oe mit eo wie urkundl.
meodren, feo, beoc an Stelle von möedren, föe, böec Siev. ags.
Gramm. § 27 und wie diese ags. verkehrte Schreibung damit zu-
sammenhängen kann, daß in der Aussprache gar nicht mehr oe,
sondern der entrundete Laut e gehört wurde, so kann sich das
auch bei pleores verhalten. Es ist also pleores keine archaische,
sondern eine archaisierende Schreibung für gesprochenes *pleres,
die in den Mitteln der wahren archaischen Schreibung fehl-
gegriffen hat.
Grammatisch ist *in plüres nichts anderes als ein elliptischer
adverbialer Ausdruck, der etwa auf *in plures uices beruht und
hinsichtlich seiner Form und Vereinfachung durch die bekannten
Adverbia insemel 'auf einmal', paulis, imprimis, plerumque, alternä,
alternis (die letzteren wohl a. uice, a. uicibus) oder durch nhd.
Bildungen des weiteren, ohne weiters, des mehreren, des längern,
im kurzen erläutert werden darf. Und keine andere Bedeutung
als 'des weiteren, noch weiter, noch' schreibe ich dem Adv. in
plures zu, so daß der ganze Vers mit dem ebenso einfachen
als genügenden Satze 'wolle nicht verderbenbringender Marmar
verspätet noch einherstürmen' wiedergegeben werden kann.
Das setzt voraus, daß der Gott der Frühlings wetter vorher her-
einbrechend Schaden gebracht habe und der am Ende des Mai
ausgesprochene Wunsch, er möge das nunmehr zum Heile der
Saaten unterlassen, ist vollkommen am Platze.
Deshalb kann ich es auch keineswegs für gesichert halten,
Das Carmen aruale. 159
daß der Satz satur fu fere Mars^ der den ersten Teil des fol-
genden Langverses darstellt, sich, wie Birt S. 178 meint, entweder
auf die selbstgeholten oder besser auf dargebrachte Opfer be-
ziehe, wenn man gleich versucht wäre, diese Anrede mit der
des Marsgebetes zu Gelegenheit der Ackerlustration bei Cato : Mars
pater . . . macte hisce suovitaurilibus . . . esto, insbesondere mit
Hinblick auf den daselbst folgenden Passus Mars pater^ siquid
tibi in illisce suovitaurilibus ladentibus neque satisfactum est^ te
hisce suovitaurilibus piaculo, in Beziehung zu bringen ; denn der
Umstand, daß beim Fest der dea Dia keines Marsopfers gedacht
wird, bewiese nichts dagegen, daß das Cannen ursprünglich
mit einem solchen verbunden gewesen wäre. Der Unterschied
ist nur der, daß das Gebet bei Cato das Opfer eben ausdrücklich
namhaft macht, während das kahle satur fu auch als satur in-
currendi verstanden werden, ja, da nun einmal Mars hier wie
bei Cato als Gott der Fruchtbarkeit funktioniert, der die Semones,
die Saatgenien herbeizurufen gebeten wird, selbst nach den von
Corssen S. 95 zusammengetragenen Parallelen saturum rtis, prae-
sepia satura, saturae messes^ satur auctumnus^ lanx satura^ d.i. 'frucht-
beladene Schüssel', als 'sei fruchtbar' erklärt werden kann, ob-
schon Corssen, der fufere noch für einen Infinitiv hielt, das
Adj. nicht auf Mars bezog, sondern zu satur ein sachliches Sub-
stantiv hinzugedacht wissen wollte. Satur fu, 'sei fruchtreich',
enthält meiner Meinung nach die positive Aufforderung zu einer
Leistung an Mars, die sich der vorhergehenden Aufforderung
zu einer Unterlassung als naturgemäße Steigerung anschließt.
Der Imperativ fu ist zuerst von Bergk nach einer Idee Hermanns,
der fufere als fueris gedeutet hatte, zit. bei Pauli S. 4 — 5, richtig
verstanden und auf Grund von osk. fufans 'eraut', umbr. futu
'esto' bestimmt worden. jS'ach lat. füam, före Birt S. 176 wird
es angemessen sein, den Yokal des Imperativs, zu dem Bücheier
Index schol. S. 4 griech. öeiKvu verglichen hat, als kurz, also
/m, anzusetzen.
An der unmittelbaren Verbindung des Attributes ferus zu
Mars, mit der angenommenen Aufforderung an ihn, fruchtbar
zu sein, nehme ich keinen Anstoß, da ja dieses Beiwort ein
herkömmliches ist, wie denn schon Bergk auf fero Marti Ov.
Fast. 4, 25, Mars ferus Herold. 7, 160 verwiesen hat. Bezieht
man das Adj. hier auf die meteorologische Seite des Gottes, so
ist von einem Widerspruche nicht die Rede.
160 von Grienberger,
Die Form furere an erster Stelle des Textes wollte Jordan
S. 208 als 'unwillkürliche Konjektur' betrachtet wissen. In Wirk-
lichkeit ist sie ein barer Lesefehler des völlig unkritisch über-
tragenden Steinmetzen, der an Stelle des kursiven f ein r ge-
sehen hat. Kursive Formen des f mit nur einer und zwar rechts
abdachenden Seitenhasta statt den zwei des gewöhnlichen Buch-
staben alat. p , die also mit r, verwechselt werden können, sind in
der Kursive der Pompeianischen Wandschriften hinreichend be-
glaubigt.
Die beiden dem ersten koordinierten Imperativsätze des Verses
Urnen sali, sta berber müssen sich, da wir salire wie stare, der nächsten
Wahrscheinlichkeit folgend, als Intransitiva zu erwarten haben,
wohl an neue Subjekte, d. i. Urnen und berber wenden. Was das
zweite Wort betrifft, kann ich nicht zweifeln, daß es mit dem be-
kannten Neutrum uerber gleich sei, nur daß sein Anlaut mit ortho-
graphischem b statt u dargestellt ist. Diese vulgäre Schreibung,
die aus den Formen berbeces^ uerbeces für tierueces 'Hammel' der
Arvalakten, oder biclus CIL. 10, 1589 neben uidus, uitulus
Append. Probi Archiv für lat. Lexikogi-. 11, 303 bekamit ist,
tritt nach Rosenstock S. 14 zusammen mit der selteneren um-
gekehrten Schreibung m füi' b in diesen Akten seit dem Jahre
164 — 69 auf, so daß man die Anfertigung der Vorlage des
Steinmetzen v. J. 218, der Libelli, keineswegs in sehr alte Zeit
hinaufzurücken berechtigt ist. Der Schlüssel zum Verständnis
des Wortes im Carmen, das Mommsen CIL. 1 S. 9 für einen
apokopierten Imperativ *uerbere statt uerbera gehalten hat, während
es Bücheier Ind. schol. S. 4 allerdings als Subst. erkannte, aber
wenig glücklich mit 'flagellum' übersetzen wollte, ist doch
wohl schon bei Fick 2 3, 247 gefunden, der lat. uerber mit litt.
icifbas m. 'Reis eines Strauches, Gerte', mrbalas m.'dünnes Stäbchen,
Strichnadel, Prickel' (Kurschat), aksl. vrüba f., nsl., s., c. vrba,
klr., wr., r. verba 'salix' Miklos. 383 zusammenstellt und die
Bedeutung 'Schlag', Plur. uerbera 'Prügel' ebenso vom Instrumente
ausgehen läßt, wie dies bei dem nhd. Prügel der FaU ist. Die
bedeutungsgeschichtliche Analogie des Verbums uerberare zu
deutschem prügeln, geißeln, peitschen^ die Rute geben, sämtlich
vom Werkzeuge ausgehend, ist überzeugend. Daß lat. uerber
ursprünglich s-Stamm sein und sich wie ueter neben uetus,
Bücheier G-rundr. S. 17, verhalten müsse, ergibt sich ebensowohl
aus dem von Bücheier Index, schol. S. 4 verglichenen Worte
Das Carmen aruale. 161
subuerbustus^}, als auch aus uerhenae: uerhenas uocamus omnes
frondes sacratos ut est laiirus, oUiia tiel myrtus Serv., sonst als
'Maien, junge belaubte Baumzweige' erklärt, da uerhena augen-
scheinlich auf *uerbesna zurückgeht, wie uenenum auf *uenesnom.
In unsemi Falle ist uerber entweder 'Reis' eines Baumes oder
'Schößling' einer Kulturpflanze, ja es Wcäre w^ohl denkbar, daß
es im besonderen auf den 'Halm' der stehenden Feldfrucht sich
bezöge. Die Meinung des Satzes sta uerber 'steh, Reis, Schößling,
Halm!' ist klar, sta ist gleich 'bleib stehen', d. h. werde nicht
vom Sturm und Unwetter gebrochen oder niedergelegt.
In Urnen, das er gewiß mit Recht als Vokativ faßt, hat
Birt S. 182 sehr ansprechend ein zu liqueo, lixa 'Wasser' ge-
höriges, verschollenes "Wort für diesen Begriff gesucht, nur daß
seine Konstruktion nicht zutrifft, da wir nach dem von ihm
verglichenen lümen, das nicht auf *lucmen, sondern gleich lüna
aus *louxna, praenestin. losna Archiv f. lat. Lex. 11, 436, apr.
lauxnos 'Sterne' auf Houcsmen beruht, richtiger Hiqsmen als
Grundform aufzustellen hätten. Nach der vorzitierten Stelle ist
ja die Ursache für den Schwund der Gutturalis in einem fol-
genden s gelegen. Um so ansprechender wäre diese Erklärung
als Birt S. 181 zeigt, daß salire ein verbreiteter technischer
Ausdruck für das Entspringen von Quellen ist. Dazu kommt,
daß Paarung und Kontrast der Sätze 'entströme Quell, bleib
stehen Reis!' stilistisch wie inhaltlich empfohlen, ein schönes
Bild für das im reifen Lenze zum Gedeihen der Früchte Not-
wendige böte. Aber der Zweifel an dem Bestände eines alten
Wortes Urnen 'Wasser, Quelle' ist doch nicht zu bannen, und
aus dem Umstände, daß saUre vom Aufspringen der Quellen
gebraucht wird, folgt so wenig wie etwa für das ähnliche surgere,
daß es notwendig auf diese besondere Beziehung eingeschränkt
sein müsse. Man kann saUre auch in dem Sinne von engl.
*to spring forth', d. i. 'hervor wachsen, entsprießen, sprossen',
also wie 'procrescere' verstehen und für Urnen 'Schwelle', dessen
begriffliche Entwickelung zu 'Grenze, Grenzgebiet' bekannt ist,
nach ahd. marcha auch eine Bedeutung 'Land, Flur, Feld-
mark' geltend machen, so daß in den Sätzen 'entsprieße Feld-
mark, bleib stehen Reis!' oder 'Halm' eine zeitliche Folge der
1) Dieses Plautische Wort ist bei Forcellini gleich uerbero 'Schlingel,
Schurke' erklärt, gleichsam ein Kerl, der Prügel verdient. Ähnlich wohl
das nhd. dial. 'ein gehauter Kerl' für einen Spitzbuben.
Indogermanische Forschungen XIX. H
162 von Grienberger,
Vorgänge des Wachsturas sieh spiegelt, deren erster Teil auch
im Mai, wenigstens rückblickend und zusammenfassend noch
gesagt werden kann, abgesehen davon, daß ja die verschiedenen
Feldfrüchte verschiedene Wachstumsperioden und Reifezeit haben
und daß salire nicht notwendig gerade ein erstes Aufkeimen
bezeichnen muß. Sachlich scheint der Vers einen Ausschnitt
des Gebetes bei Cato Mars pater te precor . . . uti sies uolens
propitius . . . quoius rei ergo agrum terram^ fundumque meiim
movitaurilia circiimagi iussl . . . utique tu fruges, frumenta^ uineta^
uirguUaque grandire beneque euenire siris ... zu enthalten, wobei
Urnen an ager, terra fundusque^ salire an grandire, uerher an
fruges frumenta, uineta uirgidtaque gemahnt.
Das wichtigste in dem folgenden mit Semunis eingeleiteten
Langverse ist die Sicherstellung der Verbalform, die, das ist ja
deutlich, in aduocapit gelegen sein muß. Diese Form aber könnte
als solche genommen, nur die 3 Sing. Futuri von aduocare sein,
wobei sich gegen das p für b schwerwiegende Bedenken nicht
erhöben; denn, wenn man schon dem falisk, cupat oder dem
Sabin, alpus keine Beweiskraft beimäße, so müßte doch das lat.
propom der Münze von Beneventum CIL 1, 19 neben probom
einer Münze von Suessa ebda 1, 16 und neben argentum probum
bei Liv. 32, 2, 1 (Schneider S. 1) sowie der Torso hap ... zu
habere auf dem Cippus vom Forum Romanum Archiv f. lat. Lex.
11, 432 genügen, eine lat. Schreibung mit p für b zu stützen.
Aber affirmatives aduocabit 'er wird herbeirufen' entbehrt
des Subjektes, affirmatives aduocabitis ist wegen des beispiellosen
Endungsabfalles formell nicht zulässig; beide wären außerdem
in dem durchaus auf Imperative gegründeten Texte des Liedes
stilwidrig. Dagegen gewinnt das ganze Gefüge Anschaulichkeit,
wenn wir in unsere SteUe zwar keinen Imperativ Futuri *aduo-
cabite, den es nicht gibt und für den, wie schon Bergk urgierte,
einfaches adiiocate völlig genügt hätte, hineinkünsteln, wohl
aber aus dem gegebenen Komplexe einen Imperativ aduoca,
der materiell an Marmar-Mars gerichtet ist, abschneiden und
semunis . . . aduoca . . . conctos 'ruf alle Saatgeister herbei' inter-
pretieren. Dann erklärt sich alternei leicht mit Jordan S. 209 — 10
als temporales Adverbium auf -f wie die nöni, diepristmi, die-
crastini, diequarti 'am neunten, ersten, morgigen, vierten Tage'
und wäre im Sinne dieser als die alterno 'an jedem der auf-
einanderfolgenden Tage* zu verstehen, d. h. sein Wert deckte
Das Carmen aruale. 163
sich mit 'quotidie', oder es ist trotz seiner besonderen, außer
den vorzitierten temporalen nur bei lokalen Adverbien, wie
ibi{ei), ubi{ei), Uli, istt, In falisk. hei^ begegnenden Form gleich
'alternatim, alternis', deutsch etwa 'in wechselnder Folge' zu
verstehen. Und diese Auffassung, die auf die verschiedenen
zeitlich aufeinanderfolgenden Wachstumsvorgänge, oder vielleicht
auch auf die verschiedene Keifezeit der Früchte abzielte, könnte
man vielleicht für besonders empfohlen halten. Das ei für i des
Adverbiums ist ein verspäteter Rest früherer Orthographie, eidus
für idus findet sich in den Akten zum Jahre 14 Henzen S. XXIX,
und nach den Aufklärungen bei Bücheier Grundriß 38 gleich i
zu sprechen, die Lesart aUernie an dritter Stelle erklärt sich
leicht aus der vorausgesetzten Majuskelkursive der Libelli, in
der ei wie ie als 3 aufrechte parallele Hasten, nur mit ver-
schiedenen Hauptdistanzen, nach der zweiten in dem einen III,
nach der ersten in dem andern Falle III, erschemen mußten.
Pit aber ist meiner Meinung nach eine Kurzform aus Mas-
piter^ beziehungsweise einem aus diesem abgelösten *piter als Anrede
an Mars. Es ist dabei weniger von Bedeutung, auf die vokalische
Kürzung patr CIL 1, 130, oder auf die konsonantische falisk.
mafe Schneider 105 Bezug zu nehmen, obwohl die gesprochene
Vorstufe von pit ein gekürztes *2^itr oder *pite gewesen sein
könnte, es genügt vielmehr auf die bekannte vokativische Kürzung
lat. pol für Pollux zu verweisen, die uns jnt aus *piter, Maspiter
hinreichend glaublich erscheinen läßt. Damit haben wir das
Subjekt für adiioca gewonnen und die Erklärung des Yerses,
dessen Yerbum nicht als 'inuocare', das paßt nicht für den Gott,
sondern eher als 'conuocare' zu verstehen ist, läßt keine Lücke offen.
Das ü in Semunis besonders zu rechtfertigen, könnte fast
überflüssig erscheinen. Es findet sich nicht nur in demselben
"Worte in paelign. samracma; Semunu des Gebetes von Corfinium^),
sondern auch sonst für ö in der gleichen Stellung vor n : falisk.
Nom. Petrimes, praenestin. Terebuni Schneider S. 106, 19, wozu
vulgärlateinische Beispiele bei Schuchhardt 2, 105 — 6 ebensowenig
fehlen als romanische ün ausö«. Die Lesung simunis an dritter Stelle
1) Mit Abzug der Sekundärvokale ergibt sich für das paelign. Wort
Triesterin' die Form *sacracrix, die denselben Übergang von t zn c vor
Liquida zeigt, der in vulgärlat. cracli, capidum, ueclus, uiclus für glatri.
capitulum, uetulus, iiitulus App. Probi in Archiv f. lat. Lexikogr. 11,
301 — 31 eingetreten ist.
11*
164 von Grienberger,
kann als Lesefehler: Übersehen einer der beiden e-Hasten, aber nach
cinsum für censum Schneider S. 88 auch lautlich erklärt werden.
Das Vei'hältnis von semo^ semönis zu dem Neutrum seme»? (hier-
über Jordan S. 206, Pauli S. 64) ist dasselbe wie das von mask.
termo, termönis bei Ennius Ann. 470 — 71 zu dem neutralen termm
CIL 1, 199. 2, 59, oder gewöhnlicher terminus, d. h. das alat. Wort
ist mit ahd. sämo buchstäblich gleich. Daß aber die semüms,
*semönes überhaupt als Dämonen des Pflanzenwuchses oder der
Fruchtreife, nicht etwa als bloßes Sachwort gleich 'semina' zu
verstehen seien, ergibt sich nicht nur aus der paelignischen
Priesterin dieser Dämonen, sondern auch aus der späteren mytho-
logischen Literatur der Römer (hierüber Jordan S. 205), in der die
Semones mit den Lares gepaart erwähntwerden — nachdem zweiten
Buche des Martianus Capella De nuptiis philologiae et Mercurii
(recens. Eyssenhardt Lips. 1866) 155 ff. wohnen die Laren
als nach dem leiblichen Tode verklärte Geister am Sonnenkreise,
die Semonen im oberen Teile des Raumes zwischen dem Mond-
kreise und der Erde sed superior portio eos sie ut conspicis claiidit
quos f]|uii9eouc dicunt quosque latine Semones aut Semideos conuenit
memorare — ferner aus dem Beinamen semo sancus^ mit dem
der von Juppiter losgelöste Dius FidinSj der auf dem Quirinal
eine Kultstätte besaß, ähnlich wie Janus als duonus cerus be-
zeichnet wurde (Wissowa Religion d. Rom. S. 120).
Das Adj. cimctus wird in der Regel aus *couinctus hergeleitet.
Ich bin nicht sicher, ob nicht eine Ableitung aus cön-citiis zu concio,
concXeo 'zusammenbringen' vorzuziehen wäre ^) Der Wortsinn,
wie er bei Forcellini definiert ist: 'cuncti cu)UTTavTec, omnes simul,
omnes coniuncti. et congregrati' spricht nicht dagegen, und eine
Redensart wie totam urhem conciere, *die ganze Stadt auf die Beine
bringen', scheint den Sinn des Wortes trefflich zu beleuchten.
Der letzte Halbvers bietet in seinem Verbum iuuato
einen Imperativ, nicht der 3., sondern der 2. Pers. Sing.; alle
Anreden des Grebetes sind direkt: iuuate^ neuel^ fu, sali,, sta,
aduoca^ es muß also auch der eine Imperativ auf -töd: iuuato
in diesem Sinne gefaßt werden; nur daß nach dem von Lindsay
516 aus Plautus zitierten und nicht ganz zutreffend als futurisch
angesprochenen Beispiel cras petito^ dabitur, nunc abi 'morgen
sollst du bitten . . . jetzt geh!' dieser Form vielmehr obligatorische
Bedeutung 'Marmor, du sollst uns helfen' beizumessen ist.
1) So jetzt auch Walde Latein, etymol. Wtb. Heidelberg 1905, S. 158.
Das Carmen aruale. 165
Eine besondere innere Beziehung des fünfmaligen Aus-
rufes triumpe am Ende des Liedes zu diesem anzunehmen, ist
Jordan S. 210 und Pauli S. 37 so bedenklich erschienen, daß
sie sich der Meinung zuneigten, der Ausruf gehöre ursprünglich
überhaupt nicht dazu. Ich kann natürlich nicht wissen, welche
Vorgeschichte der Text des Liedes hat; so, wie das fünfmal ge-
setzte Wort triumpe aber dasteht, das Jordan S. 204 abenteuer-
lich mit 'tanze' übersetzt, gehört es zum Liede und ist ein zu
Marmor konstruierter Vokativ.
Wenn triumpus, wie auch Jordan S. 210 annimmt, eine Ent-
lehnung aus griech. 9pia|ußoc ist, wofür man nicht einmal mit Prell-
witz eine Nebenform *Tpia)ucpoc als unmittelbare Vorlage zu
fordern nötig hätte, da sich lat.j^für griech. ß auch in carpatinus
aus KapßdTivbc 'rohledern' und lat. u für a in aplustrum aus
dqpXacTOv Lindsay 96 findet, so liegt es doch nahe für das griech.
Wort, das ein Beiname des Dionysos ist, ursprünglich adjek-
tivischen Charakter zu behaupten imd in demselben ein Epi-
theton ornans zu erkennen, das in gleicher Weise, wie an
Dionysos, so auch an Mars, oder an den im Tiiumphe ein-
ziehenden Sieger gerichtet werden konnte. Von diesem Stand-
punkte ist also auch der lat. Zuruf iö triumpe Hör. Carm. 4, 2, 49 ff.,
Epod. 9, 21 u. 23 ein Vokativ, etwa wie der Zuruf macte, und
das Nomen actionis triumpus ist gleich dem Verbuni triumphare^
griech. 6pia|Lißeueiv als sekundäre Entwicklung etwa aus triumphum
agere alicuius oder de^ ex aliqua re zu fassen.
Gehen wir nach Prellwitz von einer Eorm *tri-ambhos
aus, so läßt sich dieselbe sehr wohl als Steigerung eines zu ai.
amhhns n. 'Gewalt, Furchtbarkeit' Fick 2, 19 gehörigen Adj.
*ambhos, *d)Licpoc 'gewaltig', vertreten vielleicht in dem kelt.
Personennamen Cisi-ambos Holder 1030, verstehen, deren Präfix
mit dem altkeit. Intensivpräfixe tri- 'trans, per' Holder 1940, air.
tri-^ tre-, tar-, lat. in tra7is^ ai. tirds^ Fick 1, 66 u. 2, 101, got. in
ßairh identisch ist. Die Steigerung verhält sich dann gleich
den lat. mit per- und den ahd. mit duruh- und kann mit dem
bei Ammianus belegten lat. Adj. perualidus übersetzt werden,
Perualide ist aber ein schicklicher Zuruf ebenso an den Trium-
phierenden wie an einen Gott. Und nur eine andere Formierung
der Steigerung wird das zweite, gleichfalls als Beiname des
Dionysos bekannte im Anlaute öFi = lat. bi-^ Fick 2, 131, ent-
haltende griech. öiGupaiixßoc darstellen, das mit dem ersteren auch
166 von Grienberger,
ZU einer, äußerlich an Reduplikation gemahnenden Bildung
GpiaiaßobTeupaiaßoc verschmolzen wird. Gehen wir bei diesem
Adjektiv von einem älteren *Tupa|aqpoc aus, so ist es sogar mög-
lich *Tup mit *Tpi als Ablautformen ein und desselben Wortes
zu erklären und das erstere, dem u aus o in ursprünglich un-
betonter Silbe zuzuerkennen wäre, in griech. ropoc durchdringend,
von den Sinnen oder der Stimme gesagt, metonym. auch 'stark,
kräftig* widerzufinden, so daß sich für Öi0upafißoc etwa die Be-
deutung 'zweimal großmächtiger' ergäbe.
Hat aber auch das Beiwort triumpe etymologisch nichts
mit der tripodatio zu tun, wie Birt meinte, der S. 195 ganz
unkritisch auf lat. Hri- un(tis) -pes verfallen ist, so ist mir
doch etwas anderes zweifellos, nämlich daß die metrische Be-
tonung des Liedes mit der Tripodatio im engsten Zusammen-
hange stehen müsse, was sich ja wohl schon aus der Angabe
des Protokolls tripodauerunt in uerba haec,_ zu deutsch 'nach
diesen Worten', abnehmen läßt.
Das Yerbiun tripodare, griech. Tpmobileiv, gilt von der als
Ti'ott' oder 'Trab' bezeichneten Gangart des Pferdes. Bei dieser
Gangart wechselt das Pferd mit dem Ausschreiten je eines
Vorder- und Hinterbeines der ungleichnamigen Seiten, sodaß
bei jedem dritten Schritt die gleiche Auslage erzielt wird, je
zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Schritte aber notwendig
ungleich sind. Die griech.-lat. Bezeichnung der Gangart TpiTToöov,
tripodum, in der ja wohl rrouc nicht als Fuß, sondern als Schritt
zu verstehen ist, dient also vermutlich zur Scheidung von dem
auf dem Sprung beruhenden Galopp, bei dem je die Vorder-
und Hinterbeine zugleich auf den Boden gestellt werden. Da
das Merkmal des tripodare auch auf den menschlichen Schritt
oder Lauf Anwendung hat, so kann ich umso weniger daran
zweifeln, daß die tripodatio der Priester ein, nur rhythmisch
geregelter, aber sonst ganz gewöhnlicher Aufmarsch gewesen sei,
den wir mit 'Tanz' gar nicht zutreffend bezeichneten, da wir
dabei an die Tanzschritte der modernen gehüpften Tänze oder
an die verwickelten Figuren der geschrittenen Quadrille zu
denken verleitet würden.
Um so weniger kann die Tripodatio etwas anderes als ein
Aufmarsch gewesen sein, als sie an Stelle des alten Flurbeganges
getreten ist und Avie dieser im wörtlichen Sinne ein Umgang,
ein Umschreiten der Peripherie der Feldmark gewesen sein
Das Carmen aruale. 167
wird, so ist wohl die Tripodatio der Priester gleichfalls als ein, nur
im Tempel ausgeführter Umgang zu verstehen, wie denn auch
in den Gloss. Labb. tripudatio xopeia iepeuuv irepl töv ßuu^öv er-
läutert ist. War nun der Rhythmus dieses Aufmarsches durch
den der Verse bestimmt, so mußten die Hochtöne derselben
mit den markantesten Phasen des Schreitens, mit dem jeweiligen
Ausschritte, genauer mit dem Aufstellen des ausschreitenden
Beines zusammenfallen, und die rhythmische Zusammenfassung
des Textes zu einzelnen Yersen mit je 3 Hebungen mußte sich
in der Bewegung der Schreitenden so ausdrücken, daß jeder
Vers mit einem gleichnamigen Ausschritte eröffnet wurde,
während der notwendig dazwischen liegende ungleichnamige
Ausschritt in die Zäsur oder Verspause fiel. Wir hätten uns also die
r, l, r, r. l. r.
Sache etwa so vorzustellen : enös loses iüiiäte \\ enös loses iüuäte . . .
ein Schema, das ohne Anstand auf das ganze Carmen ausgedehnt
Averden kann.
Für den letzten Vers, der nur ein zweimaliges triumpe
bietet, ergibt sich hieraus keineswegs die Notwendigkeit, ein
drittes zu ergänzen, sondern nur die, die beiden triumpe gelängt
gesprochen auf 3 Schritte zu verteilen, so daß dadurch erst das
Carmen mit verlangsamtem Tempo zum stilgerechten Abschluß
gebracht wird.
Wie die Priester geordnet waren, wird aus der Wahrschein-
lichkeit abgeleitet werden können, daß der Umgang im Tempel
auch in diesem Punkte so ziemlich die Form des ursprünglichen
Beganges am Raine der Felder bewahrt haben dürfte. Demnach
ist von mehrstelligen Reihen wohl abzusehen und am ehesten ein
Aufmarsch zu Paaren anzunehmen. Auch hinsichtlich der Vortrags-
weise meine ich, es sei am sichersten eine Unisono-Rezitation vor-
auszusetzen, wenn es auch denkbar wäre, daß je der erste der 3 Mal
wiederholten Verse von einem Vorsänger angegeben worden sei.
Das meti'ische Bild des ganzen Carmen stellt sich mir in
folgender Weise heraus:
1. enös loses iüuäte; 3 m.
f) ( neuM luerüe mdrmär strs ) 3 ,y.
\ incürrere in plöerh; J
q ( sätür fü f^re märs^ ] o
\ Urnen sali, stä uSrber, J
\ aa
semünis altirnei \
äduöcä pif cönctös; I
168 von Grienberger,
5. e7iÖs mdrmor iüuätö; 3 ro.
P { trithnpe, triümpe^ trnimpe^ 1 m.
\ trimipe^ triimipe ! 1 m.
Ich habe noch das Verhältnis der Formen Marmar, von
Pauli S. 26 mit Unrecht aus griech. ^dpiuapoc 'schimmernd,
leucliteud' erklärt, und Marmor untereinander, sowie zu Mars
zu erläutern. Das Fehlen des auslautenden r in Marma sins,
richtiger sers, an erster Stelle möchte ich als assimilatorischen
Ausfall betrachten, und da dieser Vorgang unmittelbaren An-
schluß von Auslaut und Anlaut erheischt, der bei zwischen-
liegender Verszäsur nicht gegeben wäre, darin eben einen Grund
für die von mir gewählte Teilung mit sers am Ende des ersten
und nicht zu Beginn des zweiten Halbverses finden. Ebenso
wird die an dritter Stelle stehende Form Mamor Ausfall des r
erlitten haben, der in natürlicher nachvokalischer Schwäche
dieses Lautes begründet ist und sich den r- Synkopen Maio
Tutia, Maio Anicia^ Mino Meclonia, ant. die XI k. Mati.^ falisk.
mate^ Maci Äcacelini uxo Schneider S. 20, 22, 106 anreiht.
Diese beiden Formen Marmar und Marmor werden durch
die Variante Mamor mit osk. Mamers^ Mamertis Varro 11. 5, 73,
Fest. 131, 12, möge das nun alt oder auch nur in alter Zeit
aus den Namen Mamercus u. Mämertini (Messana in Sizilien)
erschlossen sein, unverkennbar in dem Sinne verknüpft, daß
sich für Marmar und Mamers ein und dieselbe Grundform
*Marmerts ergibt, der gegenüber die osk. Form *Mamert-
r-AusfaU wie Mamor^ die alat. *Jfan«ar^-vokalharmonischen Aus-
gleich oder Lautübergang von e zu a vor r wie in vulgärlat.
carcar, ansar, passar^ nouarca Appendix Probi im Archiv f. lat.
Lex. 11 S. 308, 324, 325 erfahren hat. Fügen wir hierzu die aus
den Dativen Mavortei u. Maurte CIL 6, 473 u. 14, 2578 und aus
der seit Ennius auftretenden, auch CIL 14, 4178 bezeugten Ab-
leitung Maiiortius sich ergebende ältere Form *Mauort-, *Mawt-
für späteres *Märt-, so erhellt, daß Marmor^ Mamor sein o dem
zweiten Kompositionsteile *-uort verdanke, daß auch lat. *Mäuort-
Ausfall des r erlitten habe und auf *Maruorf- beruhe, daß end-
lich alle Formen mit inlautendem m assimilatorischen Ausgleich
des zweiten Silbenanlautes u zum ersten m durchgeführt haben.
Wir halten demnach vor der Grundform *Maruert- oder mit Über-
gang von ue zu uo: *Maruort-, die in den Vokativen Marmar und
Marmor des Carmen unmittelbar fortgepflanzt sind, worden aber
Das Carmen aruale. 169
zugeben, daß, falls das auslautende r des ersten "Wortes auf s be-
ruht, die Synkope desselben in Mäuors und Mämers auch auf der
Stufe 0, also in *Mazuors^ "^Maziiers^ *Mazmers eingetreten sein
kann und wie in di-uello aus *diz-uellö Länge hinterlassen hat.
Der asigmatische Ausgang der beiden vokativischen Formen
Marmar und Marmor charakterisiert sie als ursprüngliche, er-
starrte Vokative, und ihr ^-Verlust ist nach dem ti?- Verluste im
Neutrum cor aus cörd zu beurteilen. Sie sind Umbildungen
des alten vollen Kompos. und keineswegs mit Corssen S. 92 u.
Birt S. 171 — 2 als Reduplikationen des einfachen Mars anzu-
sehen. Das 0 von Marmor^ Mamor scheint auch in dem Gottnamen
Mämürms Vehirius {= Feroc 'annus') zugrunde zu liegen. Anders
als in der ausgeführten Weise wäre es nicht zu erklären, da
es einen selbständigen Übergang von a zu o nicht gibt und in
Quorta Tondia Schneider S. 20 z. B. gleichfalls die verdunkelnde
Wirkung des u den Wandel bewirkt. Die Kontraktion von
*Mauort- durch *Maurt- zu *Märt- verhält sich wie archaist.
auoncidus, gewöhnlich auunculus zu aimcidus Plautus und änculus
CIL 8, 3936. 9, 998 und direkt aus der konti^ahierten latein.
Form Mars ist die etruskische Maris abzuleiten, die nur eine
sekundäre Vokalisierung derselben, keineswegs eine alte Form
von grundsätzlicher Bedeutung sein kann.
Die Form Maspiter^ neben Marspiter bei Varro kann nur
auf Grund von assimilatorischem Ausfall des r wie in controuosias^
susum Schneider S. 42, nicht etwa als altes zu möglichem
*Masuors paralleles Kompositum verstanden Averden. Sie leistet
also nichts für die Erkenntnis der Etymologie des Namens, die
ja allerdings für das, was zum Carmen aruale zu sagen war,
nicht gerade wesentlich ist.
Soviel ist klar, daß -u€7'ts ein konsonantisches Nomen und
zwar am ehesten ein nomen agentis zu iiertere (litt, wercziii,
wersti^ got. wairpan) ist, das sich in der Komposition wie iüdex^
coniux, princeps^ aiiceps^ artifex, ffdicen zu dicere, lungere, cäpere,
fäcere, cänere verhält, weniger wahrscheinKch ein Nomen actionis
wie incüs zu cüdere, ja auch das Verhältnis der vokalischen zur
konsonantischen Ableitung, das uns iüridicus und urhicäpus Plaut,
gewährt, scheint in der Form MdpjuepToc und Md|uepToc bei
Lycophron V. 938 wiederholt zu sein.
Mit lat. mas ist der Gottname schon bei Varro V, 73 in
Beziehung gebracht Mars ah eo quod maribus in hello praeest,
170 von Grienberger,
mit qiiod Sabinis acceptiis ihi est Mamers, nur daß der röm.
Grammatiker zweifelt, ob nicht Mars eine umgestaltete Ent-
lehnung aus niclit weiter gedeutetem Mamers sei.
Entschieden für mas im ersten Teile spricht sich Pauli
S. 57 aus, der -uers als TpOTraToc erklärt und mas auf die feind-
liche Schlachtreihe bezieht. Daß aber tnas gleich acies sein kömie,
leuchtet mir ebensowenig ein, als ich überliaupt einen derartigen
Terminus für den Kriegsgott hinreichend charakteristisch finden
könnte. Die Sache wird sich anders verhalten. Für -uers ist
die besondere Bedeutung des Verbums uertere 'umstürzen, ver-
nichten, verderben' zugrunde zu legen, die i. b. im Kompos.
suhuertere zutage tritt, und dann ist mas Objekt im Kompositum,
nicht anders wie iüs in iüdex^ und die Meinung des Gottnamens
wird sich nicht allzuweit von ags. tnansla^a^ ahd. manslecho,
mhd. manslege entfernen. Nicht das praeesse in bello^ noch die
Überwindung der Gegner als Gesamtheit liegt in demselben,
sondern die für den einzelnen Krieger gefahrdrohende Seite
des Gottes 'qui marem subuertit, prosternit', und dazu gehören
die Adjektiva ferus und lüerüus des Carmen aruale in genauer
begrifflicher Einstimmung. Daß dieser Gott, der auch nach
dieser Entwicklung ursprünglicher Kriegsgott oder Todes-
gott im Kampfe ist, als Frülüingsgott verehrt w^erden konnte,
das rührt wohl zunächst daher, daß der nach ihm benannte
mensis Martins zugleich der Frühlingsmond ist, in zweiter Linie
vielleicht aber auch daher, daß Stürme und Unwetter des Fi'üh-
jahrs in tropischer Weise als Äußerungen eines meteorologischen
Kriegsgottes gedeutet werden konnten.
Kein zufällig ist die etymologische Beziehung der germ.
Göttin ahd. uurt f. 'fatum, fortuna, euentus' Graff 1, 992, as.
murd., aisl. urär, ags. iinjrd, deren Name zu dem mit lat. uertere
identischen got. ivairpan gehört. Diese mythologische Abstraktion
ist offenbar nichts anderes, als das 'schicksalsmäßige Geschehen',
und ihr sprachlicher Ausdruck, ursprünglich wohl konsonantisch,
dann aber zum Teil in die Klasse der ^-Stämme eingetreten, ist
unkomponiert wie lat. düx^ rex^ lex, dkis causa zu dücere, regere,
legere, dicere, während es ein unkomponiertes Wort Hierts eben-
sowenig wie jemals unkomponierte ceps, cen, fex gegeben hat.
Die übertriebenen Vorstellungen von dem außerordentlich
hohen Alter des Liedes wird man zurückdrehen müssen. Jedes-
falls den überlieferten Text wird man nicht als alat. bezeichnen
van Hellen, Zum altfriesischen Vokalismus. 171
dürfen, in dem nichts wirklich alt ist als das s von Lases und
das durch die verkehrte Schreibung eo geforderte ploeres. Aber
Namen in älteren Formen sind für die Annahme, daß sie als
Reste wirklicher älterer Fassungen eines Textes stehen geblieben,
nicht unbedingt beweiskräftig, und oe aus altem oi reicht zwar im
allgemeinen nur bis ins 2. Jh. v. u. Z. herauf, ist aber doch auch
in einigen Wörtern der Amtssprache foedus^ moenia, poena über-
haupt stehen geblieben (Lindsay S. 246). Ich äußere keine Ver-
mutung darüber, wann das Carmen verfaßt sei, ob unter Augustus,
dem "Wiederhersteller der Feldbruderschaft oder früher, oder
später, aber ich fasse meine Überzeugung dahin zusammen:
das Carmen, so wie es uns vorliegt, ist gleichzeitiges Latein
aus dem Anfang des 3. Jh. mit deutlichen vulgären Formen
und einigen archaistischen Anklängen. Ein Produkt kunst-
mäßiger Poesie ist es nicht; die Sprache weist auf bäuerliche
Herkunft; vermutlich ist es von eben jenen Landleuten entlehnt,
von denen das Fest der Ackerlustration durch die aus vor-
nehmen Kreisen stammenden römischen fratres aruales einmal
abgeborgt wurde.
Czernowitz. von Grienberger.
Zum altfriesischen Tokalismus.
L Zur Palatalisierung von tonsilbigem a in
geschlossener Silbe.
Die Palatalisierung von tonsilbigem a in geschlossener Silbe
(aofries. awfries. bec dorsum, berd 'Bart', dei 'Tag') ist jüngeren
Datums als die Umlautswirkung : durch einfache Konsonanz ge-
schlossene Silbe entstand (abgesehen von den Präteritalformen
*nam, *gaf usw. = afries. nam, ief usw. und den Imperativen
Sing. *far^ *slah usw.) erst durch sekundäre Vokalapokope (vgl.
PBrB. 28, 522 ff.), der Umlaut aber wirkte vorfries. (wie vorengl.)
bereits vor Einti-itt besagter Apokope^). Dieser Chronologie wider-
1) Berücksichtigung dieser durch die Tatsachen auch für das Ur-
englische gebotenen, chronologischen Fixierung verbietet die übliche
Annahme von urengl. in geschlossener Silbe aus a entwickeltem a« (ce),
das durch Umlaut zu e« (e) geworden wäre.
172 van Hellen,
spricht eben nicht das a von aofries. laster (av^^fries. durch Dehnung
vor s-t laester) 'Schmach': Nichtaffizierung des a in *lahstf oder -at\
Hahstr- (wie in *wahs, *wahsan usw., woraus wax, waxa usw.)
durch Einwirkung der Verbindung äs, die in der Stellung vor
Konson. bekanntlich erst nach der sekundären Yokalapokope ihr
h (x) einbüßte (vgl. PBrB. 8, 149).
Außerdem ist zu der in Rede stehenden Vokalentwickelung
u. a. noch Folgendes zu bemerken.
a) Während das Ags. in geschlossener Tonsilbe aus a ent-
standenes ce aufweist, das mengl. wieder zu a wird, ist für das
Ofries. ein durch intensivere Palatalisierung entwickelter Laut
anzusetzen, dessen Reflex sich in den neufries. Mundarten als
€", unter Umständen auch als e' findet.
ß) Zu den gedehnten Konsonanzen, die in der Palatalisierungs-
periode konservierend auf voranstehendes a einwirkten, rechnet
Siebs (Pauls Grdr. 1^, 1188) außer bb, pp (s. Aofries. Gr. § la)
auch ff sowie die dentalen und gutturalen gedehnten Mutae,
und zwar unter Hervorhebung von nwfries. saterl. taka 'Ast',
afries. katte 'Katze', wanger. snak 'schnacken', saterl. lata 'Latte',
ßagd 'Soden' (= mnd. plagge\ hlafjd 'bellen'. Doch sind diese
Konsonanzen nicht als absolut die Palatalisierung verhindernde
Faktoren zu fassen : vor e" (nicht vor i) der Folgesilbe entwickelte
sich hier e". Man beachte (ich verwende hier o. = aofries., w.
= awfries. ; wegen anderer Siglen s. unten S. 177, Anm. 1): o.
ahba 'Abt', snabba 'Mund', o. w. lappa 'Lappen', w. knappa 'Knabe,
Jüngling' 1), 0. gabbath 'Tumult', o. gabbia 'einen Tumult machen',
bidappia 'beschuldigen' (s. PBrß. 14, 257), straffia 'schelten',
saterl. blafjd^ wanger. snak (aus *snakkia = mnd. snacken), w.
hlackia 'lachen' (s. PBrB. 30, 231), passia 'gehen', w. kynbacke
(aus -backa) W, kenbacka Hett. 191, o. stac (flekt. stacke) 'eine
Art Mantel' B 161, 12. 15 (vgl. aisl. stakkr 'kurzer Mantel'),
saterl. nwfries. latd (aus altem *latta oder Happe^ vgl. die PBrB.
30, 223 zitierten Formen ags. Icetta^ mnl. latte oder mengl.
läppe, ahd. ladda, latta; für den Fall, daß unser Nomen fem.
wäre, ist das a des Nom. Sing, auf -e als aus den flektierten
1) In der Doppelform kneppa J 2, 19. 3, 6. 11, 5. 15, 2. 60, 20. 21.
62, 6 usw. geht das e als Umlautsvokal zurück auf alten Dat. *kneppi,
vielleicht auch auf alten Gen. *kneppis (wenn die PBrB. 30, 227 erörterte
Flexionsverschiebung erst nach der Entstehung von suffixalem -i- aus -e-
erfolgte).
Zum altfriesischen Vokalismiis. 173
Kasus herrührend zu fassen), o. w. Icatte (fem. ; das a des Nom.
Sing, "wie im ev. fem. latd\ o. platte 'Tonsur' (ahd. blatta tonsura),
nwfries. saterl. takd 'Ast' (M. oder F. ? = mnl. mnd. tacke\ nwfries.
Maddd 'Fleck' (= nnd. mnl. kladde F.), saterl. plagd {= mnl.
mnd. plagge 'Scholle'), o. appel F 66, w. aeghappel (ob der
Vokal auf nach der alten w-Deklination gehendem appla Gen.
Dat. Sing, und den Pluralbildungen beruht oder, indem zur
Zeit der e^-Entwickelung hier bereits Endungen der a-Klasse
in Schwang waren, nur aus dem Plur. stammt, ist nicht zu
entscheiden ; aus ajjples, -e wäre epjjel = ags. ceppel, s. unten
S. 174, Anm. 3, hervorgegangen; daß übrigens durch l hervor-
gerufene Eonsonantendehnung älteren Datums als die Palata-
lisierung von a, ist zu erschließen aus appel^ denn ap-l- hätte
bei anderer Chronologie, wie aus o. skep 'Gefäß' = as. scap zu
ersehen, über ep-l- nur eppl- ergeben können), o. habbane, -ath
(Gr. § 287, Anm.), w. habba^ hob 1. Sing. Ind., habben^ -eth {-9-
für -a-) mit habb- aus durch Einwirkung des alten a der 2.
3. Sing. Präs. Ind., des Imper. Sing, und der Präteri talformen
für regelrechtes *hebbj- eingetretenem *habbj- [ob o. hebba, -ath
usw. auf *hebbj- zurückgeht oder dem ags. ce von hcebbe usw. zu
vergleichen ? In letzterem Fall müßte, weil der ags. "Wechsel von
a und CB, ersteres in habban^ -ath vor a, letzteres in hcebbe^ -ende
vor e" der Folgesilbe, auf unmittelbaren Einfluß des Endungs-
vokals hinweist, auch für das Friesische Ausfall von postkon-
sonantischem j als der Palatalisierung von a vorangegangene
Erscheinung gelten].
Dagegen o. w. ecker mit e" aus *ekkres^ -e, o. sket, w.
sehet 'Geld, Vieh' mit e" aus den Formen des Singulars auf
-es. -e neben o. scat 'Geld' F 11 6 m. (im Druck steht stat), w. schat
•Geld' W, Hett. 43, 163, Seh 771 mit a aus *skatt, *skattar, -a
oder -or^ -o), -wm, w. secke sacco J. 2, 31 (nwfries. sek\ wanger.
wrcek 'beschädigt' mit in ^wrakkes, -e, -ere usw. entwickeltem e",
woneben auf altes a hinweisender Vokal von saterl. wrdk^)\
0. ebbete 'Abt' H aus '^abbete oder -i mit nicht durchsichtigem ^ 2)
1) Wegen der Etymologie des Adjektivs (= mnd. wrack, flekt. wracke
usw.) s. PBrB. 14, 278.
2) Ob man hier vielleicht an eine auf *abbäte zurückgehende Ent-
lehnung zu denken hat, die vor der fries. Palatalisierung von ü eingeführt
wurde und in der Folge in nebentoniger (wie in haupttoniger) Silbe ihr
ö in a« usw. umwandelte ?
l?^ van Hellen,
[hiernebeu abbet R^ R^ ') mit a durch Anlehnung an abha^
s. oben] 2) 3).
y) Mit Recht beanstandet Siebs in Pauls Grdr. 1^, 1187 die
Annahme von durch vorangehendes p erhaltenem a in o. wain-
path, w. paed ; die Form stammt aus den flektierten Kasus mit a
in offener Silbe (vgl. w. neben iet überliefertes gat^ dem nwfries.
gat, saterl. wanger. gat entsprechen), weist w. sogar die in offener
Silbe entstandene Tonlänge auf.
b) Auf die Erhaltung von ofries. a in der Verbindung war
wurde Gr. § 1 ß hingewiesen : swart niger, nefarius, sward{e) "Kopf-
haut', wardia 'hüten', warte^ -tha 'Warze' (ags. wearte, aisl. warta\
Liüdward, Thiädward^ warm^ achta warve^ sex hwarven^ warf
'Gerichtssitzung', warth 3. Sing. Prät. Die Erscheinung ist
auch w. zu beobachten, wo der Yokal Dehnung erlitt: swärt,
nyöghen himra., ivärf^ waerf 'Gerichtssitzung', wärth, wärd^ waerd
Prät., nwfries. wärm. Indessen gibt es auch Ausnahmen : o. (s. Gr.
§ Iß) swert, achte werf slms hüswerdrar "HsiUshüteT' (Gr. § 159)
zu erschließendes altes *hüswerdere^ werve 'Sitzung' (Gr. § 7, Anm.),
w. swert[h\ achte werve., niögen iverva^ gretwerdere 'Grieswärtel', werf
were 'Sitzung', deren affizierter Vokal offenbar auf Einwirkung
von e der Folgesilbe beruht {sivert aus *swerte^ -ere usw., werf
nsw. aus *hwerves., -e). Trotz des -e begegnet aber a in dem ahd.
antwarta praesentia entsprechendem o. ondwarde (Dat.) 'Gegen-
wart' R2 544, 20, -a (Dat.; -a durch Übertritt in die schwache
1) Die Form ist belegt durch aöÄeifesR« 539,1, a&iefe (Dat.) R»126,27;
einmal begegnendes abbit R*133, 3 hat als Schreibfehler zu gelten: -i- wäre
hier, sogar wenn sich ein Prototyp ahbit plausibel machen ließe, nach dem
von Kock in PBrB. 29, 178 ff. für die Rüstringer Mundart ermittelten Aus-
lautsgesetz nicht am Platze.
2) In 0. leckte 'ich lehne (als Zeugen) ab' E. Sgr. 255, 16 liegt an das
Nomen *lek (^ w. leck, mnd. mnl. lak vituperium) angelehnte Neubildung
vor ; die regelrechte Form müßte lakia = meng, lakien, mnd. mnl. laken
vituperare (aus *lakdn) lauten; über w. leckia und lackia mit laeckinge s.
PBrB. 19, 348 f.
3) Auch urengl. scheint die nämliche Regel geherrscht zu haben.
Vgl. die in Sievers' Ags. Gr. aufgeführten Formen habban, -ad (neben hcebbe,
-ende, beachte das S. 173 hierzu Bemerkte), crabba, hnappian (auffällig ist
das ce von spälws., nach Sievers' Gr. § 416, Anm. 10 auch einmal in der
Gura past. begegnendem hnceppian), lappa (daneben selten Iceppa mit ce
aus dem Gen. PI. auf -ena; vgl. auch Icetfa 'Latte'), appla PI. zu ceppel,
daccian, mattuc, assa, cassuc, hassuc, abbud, sacc (a aus *sacc und den
Flexionsformen mit kein e« enthaltender Endung).
Zum altfriesischen Vokalismus. 175
Flexion nach Ur. § 168 t oder als Schreibung für -d nach Gr. § 60,
Anm. 3) R2 544, 16 ; man beachte die nebentonige Stellung der
betreffenden Silbe. Die Formen o. w. ütawerdes usw. neben üta-
wardes usw. bieten zweideutigen Vokal (Gr. § Iß).
e. Für das a von o. flarde 'Lungenlappen', Uöd-, liüdgarda^
'Dorf mark', carda 'Werkzeug zum Rauhen der Wolle' F 130,
w. litcedgärda, nwfries. flarre 'Lappen' ist nicht r -\- d (Gr. § If),
sondern r -\- da verantwortlich zu machen {flarde mit a aus den
flektierten Formen mit -a).
n. Zum Umlaut des a im Vorfriesischen.
Bekanntlich gewähren die altost- und altwestfries. Denk-
mäler a und e zur Darstellung von Lauten, die zurückgehen auf
altes, vor w, vor langem Nasal (ww, mm), vor Nasal + Muta,
vor II, Id^ U oder cht stehendes a mit i bez. i, i der Folge-
silbe. Zur Deutung der aus diesen a, e zu folgernden, auch aus
neufries. Mundarten (vgl. IF. 7, 313 f. und Pauls Grdr. 1^, 1183 f.)
nachzuweisenden Verschiedenheit der Entwickelung glaubte ich
in der Altostfries. Gr. § 27 und in IF. 7, 314 ff. die Existenz
zweier vorfries. Perioden des a-Umlauts annehmen zu müssen :
zur Zeit des allgemeinen Umlauts Affizierung von a,
insofern dasselbe nicht vor einer der besagten Konsonanzen stand;
nach der Wirkung von Sievers' Synkopegesetz (also auch
nach der sekundären Vokalapokope) und dem Vokalschwund
in den Endungen für die 2. 3. Sing. Präs. Ind. (vgl. PBrB. 17,
5561) Umlautung des zuvor nicht affizierten a durch noch er-
haltenes j bez. e, i der Folgesilbe. Die Berechtigung bez. die
Notwendigkeit solcher Annahme wird von Bremer (in PBrB. 17,
329. 346), Morsbach (Anglia 7, Beibl. 3241) und Siebs (Pauls
Grdr. P, 1183 ff.) geleugnet, von Morsb. unter Berufung von
aengl. vor gewissen Konsonanten oder Konsonantverbindungen
als a* und e" erscheinenden (durch ce bez. e dargestellten) Umlauts-
vokalen, wofür mengl. a (aus cb) und e", e (== bez. aus altem e") ;
als eine Parallele dieses mengl. neben e«, e auftretenden a wäre
nach besagtem Forscher fries. neben e", e stehendes a zu beur-
teilen 1). Daß in dieser Bemerkung ein nicht zu unterschätzender
1) Wegen Siebs' Bemerkung, daß die These zweier Umlautsperioden
bedenklich sei, weil sie zweierlei Umlaute mit ganz verschiedener Wirkung
(zuerst mit Nichtaffizierung, dann mit Affizierung des a vor nd usw.) postuliere,
sei darauf hingewiesen, daß sich eben eine solche Verschiedenheit der
176 van Hellen,
Fingerzeig für die Lösung der in Rede stehenden Frage zu er-
blicken, liegt auf der Hand. Anknüpfung an dieselbe dürfte die
richtige Basis bilden zu einer behufs Ermittelung der ehemals
für die Entwickelung von fries. a und e" bez. e geltenden Be-
dingungen vorzunehmenden Materialmusterung. Einen Versuch
in dieser Richtung machte schon Siebs, indem er (a. a. 0.) den
Satz aufstellte: aus a vor besagten Konsonanzen zu a* umge-
lauteter Vokal wurde nach Synkope kurzer Endsilbenvokale zu
e", wenn auf der Konsonanz ein Vokal folgte; sonst entstand a.
Doch führt diese These nicht zum Ziel : sie versagt für Bildungen,
wie neben engel^ menteU hemethe, prelleng usw. begegnende angel^
mantel^ hamede, pralling usw., die nach besagter Regel nur e" bez.
e aufweisen konnten (alte Formen *a^ngil und '^a^ngles usw.) und
für deren a sich schwerlich ein die Regel durchbrechender Faktor
nachweisen ließe. Vielleicht aber könnte man durchkommen bei
folgender Fassung (die sich, mutato mutando, z. T. an meine frühere
Deutung der e", e anlehnt):
Zur Zeit der allgemeinen Umlautung vor den oben
erwähnten Konsonanzen zu a* umgelauteter Vokal wurde
in der (ebenfalls schon) oben beschriebenen Periode zu e'*
(woraus später in offener Silbe tonlanges e), Avenn die schwach-
tonige Folgesilbe ein (nicht durch Apo- oder Synkope ver-
klungenes) j oder i ev. i enthielt (durch dem llj folgenden
dunklen Vokal wurde jedoch die Wirkung des j ver-
hindert); sonst entstand a aus a* (also auch vor nebentonigem
i ev. i der Mittelsilbe und vor llj + dunklem Vok.).
Die Belege für das zur Beleuchtung dieser Regeln anzu-
führende Material werden im folgenden meistens ohne direkte
oder indirekte Quellenangabe erwähnt; ich verweise dafür nach
V. Richthof ens Wb., Aofries. Gr. § 27 und IF. 7, 315 ff.i) (statt e
erscheinen unter Umständen wfi-ies. e\ ei oder ie^ s. PBrB. 19,
407. 867, IF. 7, 317. 334 ff. ; für a ist unter bestimmten Be-
dingungen wfries. ä eingetreten, vgl. wegen vor Nasal stattge-
fundener Dehnung IF. 7, 324 ff. und beachte die aus awfries.
Behandlung beobachten läßt in der obd. älteren NichtafRzierung und
jüngeren Umlautung des vor bestimmten Konsonanten stehenden a (vgl.
Braunes Ahd. Gr. § 27 mit Anm. 2 und Kauffmann Gesch. der schwäb.
Mundart, 50 ff.). Wegen Bremers Hypothese s. IF. 7, 312 ff.
1) Wegen der auszuschließenden Präteritalformen bant, sang usw.
s. aber PBrB. 28, 524, Anm.
Zum altfriesischen Vokalismus. 177
Belegen öngefael 'Unfall', faele^ faelle Opt. Präs., to fälen Ger.,
faelt cadit, waell vallo, aeld 'alt', ivaelde 'walten', aechte octo, aechta
octavus u. dgl. hervorgehende Yokaldehnung, die vor l (aus ZZ),
Id, It^ ch-t entstand und ev. durch Ausgleichung auch in Formen
des Paradigmas eindringen konnte, denen die Dehnung regelrecht
nicht zukam; auch hier o. = aofries., w. = awfries.)^).
Mask. ev. auch ntr. ja-Stämme: o. mask. fenne 'Weide'
aus *fa^nni (vgl. PBrB. 21, 475 , 16, 278; o. fene^ w. feen mite
für altes e" aus a), saterl. fän 'Moor' für o. *fan{n) (wegen saterl.
ä aus a vgl. Siebs in Pauls Grrdr. 1^, 1184), w. mask. ntr. faett
(mit angelehntem Gen. fänis, faens, und mit fannes) aus *fa^nn ;
0. hemme (Dat.) 'für einen Zweikampf eingehegtem Raum' aus
*ha^mmje (zu *hemme oder *hem M. oder Xeutr. ?).
Substantive und Adjektive mit «a-Stamm (hier kein
a, indem neben dem Kasus mit _;-haItigem Suffix ein Nom. Akk.
Sing, auf -i stand): o. ende^\ ililende 'Elend', hende 'Fessel' (Gr.
§ 160 und 165, Anm. 2), eivenpende 'ein gleiches Wertobjekt dar-
bietend', unlende 'bodenlos', inlendes, -is 'ins Vaterland', ütlendes
'ins Ausland' (Gr. § 230), fidfensze 'genügenden Ertrag liefernd'
(bahuvrihi- Kompositum mit *fang =^ nmd. vanc 'Kornertrag')
ß 167, 2, fulfensze 'zur Genüge vermögend' (mit an aisl. fqng
'Yermögen' erinnerndem *fatig) B 162, 18. 19, omhecht{e) (Gr. § 162),
fensze" kollektives Erbe' (aus *gifa^ngi, Kollektivbildung zu *fang
'Erbportion'), w. end(e\ ein[d){e\ el{l)ende^ inlende arva, ämbecht^ heynd
'nahe' (vgl. ahd. kehente 'zugehörig') ; [der Vokal des ahdeutschen
gislahti entsprechenden o. al slachte (Akk.), det slacht, w. dat slächte
muß demnach auf Analogiebildung beruhen ; vgl. w. fem. slächte
genus = ahd. slahta].
Fem. f-, iö- bez. Jö-Stämme: o. bende 'Fessel' (Gr. § 165ß
mit Anm. 2), scemie 'Schenkkanne' H 328, 8 [schansa F 156
mit a durch Anlehnung an das Verb skansa, s. unten], {et)fenne
'Weideland' (Gr. § 165ß), helle aus Via'llje, w. fenne, -a, fyn{ne\ -a
'Grasland' aus *fa^nnj- (vgl. ahd. fenna\ *klemme bez. '^klimme (=
nwfries. klimme 'Klemme'), helle.
Abstrakta auf -i bez. -i (mit a nur, wenn Anlehnung im
Spiel war): o.ee/c?e'Alter'(Gr.§44), /?en(7e 'Gefangenschaft' (Gr. §195,
1) Wegen der im folgenden bei Quellenangabe verwandten Siglen
s. Aofries. Gr. S. VI und PBrB. 19, 345; nur tritt beim Zitieren aus awfries.
Quellen Hett. an die Stelle von H (weil diese Sigle bereits zur Bezeichnung
der Hunsigoer Rechtsquellen dient).
2) Über die o. Quantität des e vor nd s. IF. 7, 312, Anm.
Indogermanische Forschungen XIX. 12
178 van Hellen,
Auni. 2), helde 'Fessel, Gewahrsam' (Gr. a. a. 0.), strumphelte 'Ge-
brechlichkeit durch ein verstümmeltes Glied (strump\ kelde [avo-
neben halde durch Anlehnung], frlhelse [woneben frihalse], lentze
*Länge', skeme 'Scham' (Gr. § 27 H), oflethegenze PBrB. 14, 260),
rende Mas Zerreissen' F 92, weywend (Gr. § 195, Anm. 2), w.jelde
'Alter', helde, hilde, Melde 'Fessel, Obhut' usw., hihelde, bihield
Tormundschaft' (IF. 7, 335. 337), hilde, Melde 'Deichhalde' (IF.
a. a. 0.), kelde, kielde 'Kälte' (a. a. 0.) [daneben kälde Hett. 148],
hirlenze, -Uns 'Aussteuer' und hendedich 'durch Erbschaft erworben
habend' (zur Lexikol. des Awfries. 8. 31).
Mask. langsilbige i-Stämme: o. hanck, (nach Pauls
Grdr. 1^, 1179 und Zs. f. d. Wortforschung 7, 281 zu fagia 'Land
benutzen' stehendes) facht 'Feldfrucht', {-)fal, {-)fang, swang, aus
Sing. *ba^nk, -es usw. und benc, fech(t\ {-)fel, {-)feng, sweng, höldhreng,
hend, Ihem, rend 'Kiß', wend (Gr. § 170) aus den Pluralbildungen
mit alten -i oder -i, -io oder -ia, -im (wegen Verwendung der
Abstrakta in Plurali vgl. R.'s Wtb.) und aus dem Instrum.-Dat.
auf -?, w. -fäl, fang und fei, -feng, -sweng, -swing, bend, beynd,
reijnd, wend, iveind; für w. oenbreng, -bring{h) 'eidlich erhärtete
Klage' (PBrB. 19, 408), das nur im Sing, begegnet, ist außer
Einwirkung des Instrumentals auch Anlehnung an das Verb
oenbrenga, -bringa 'die Klage eidlich erhärten' und das Adjekt.
oenbrensze, -brinsche usw. (s. unten) in Betracht zu ziehen.
Fem. langsilbige «-Stämme: o. macM{e), toald aus *ma^cht
usw. des Nom. Akk. Sing, und mecht{e\ weld, offlech(t) 'Enthäutung'
(Gr. § 176) aus ma^chti usw. Gen. Dat. Sing., av. mächt, wäld und
wyeld^ oen-, onflecht 'Enthäutung'. [Durch Synkope seines -i- ver-
lustig gewordenes and- (= aisl. fem. ^- Stamm pnd 'Atem'), in
andern 'Fenster' eig. 'Atemtürchen' (PBrB. 14, 232)],
Schwache Maskulina mit Jim Suffix: o.walla '"Bru.nnen'
(vgl. ags. wwlle, ws. wiell) aus *ivaHlja, -a{n) ^), o. av. kempa 'Kämpe'
aus *ka^mpja, -a{n) [daneben o. kampa durch Anlehnung an das
Verb kampa, s. unten], av. enka, inka 'Ackerknecht' (= ahd. anchio,
encho); [in o. letslachf{a) 'zur Klasse der Liten gehörig(er)', w. letslächt
steckt ein Adjekt. = ahd. gislaht congener].
Der Nom. Akk. PI. des Konsonantstammes mon,o.man,
w. man aus *ma^mi für *ma^nni{z) [daneben o. auch men, s. Gr.
1) Wegen wang. nwfries. tvel 'Brunnen', dessen e auf altes e zurück-
zuführen, vgl. das übereinsliinmende, in Bülbrings Ags. Gr. § 175, Anm.
hervorgehobene welle.
Zum altfi'iesischen Vokalismus. 179
§ 196, durch aualogische Neubildung nach dem Muster suffix-
loser Pluralia mit Umlautsvokal wie fet., teth, *dec zu föt^ töth^ döc\.^)
Adjektive mit i-Stamm: o.genzie, gens (F 56), ^Y. ghinse
■'gänge' aus*3a*^^j- und durch genzie beeinflußtes aus*^«*^^ des Nom.
Sing, stammendes o. ganse, unwelde und mw-, ürwalde 'unbeab-
sichtigt' (Gr. § 201, S. 161), 0. gersfaUe Mus Gras, auf den Boden
gefallen', stalle 'fest' mit a aus *-faHl^ *staHl des Nom. Sing, sowie
aus -*faHlj-^ *sfaHlj- mit dunklem Suffixvokal und gres-^ gersfelle
mit e" aus -*faHlj- mit hellem Suifixvokal, o. stefgenze^ -a 'am
Stab gehend' aus *;^a"'ngj-, henszehen, -sine os, nervus dependens
aus *ha^ngj-, w. oenbrensze^ -brensze^ -brinsze, -hrinscJie^ -brins 'zum
oenbreng^ -bring{h)^ zur eidlichen Erhärtung der Klage berechtigend',
strengh J 50, 21. 22. und aus nwfries. s^raw^ zu folgerndes '*strang{e\
aus nwfries. klim amplecteus zu folgernde ^klemme^ "^klimme so-
wie durch Erweiterung aus {-ff alle gebildete fällich, gers-^ balck-,
speerfällich.
Komparativ- und Superlativbildungeu: o. ^aw^ Adv.
[woneben als Neubildungen langor, -ere, -er, s. Gr. § 232], w. langh
Hett. 94 [o. durch Anlehnung an die Adjektivformen mit
*lengir- entstandene leng^ lenger\ o. lengra Adv. und w. len-
g{e)ra, ling{e)raAdi.AdY. [woneben langera Adv. durch Anlehnung],
lenghist Hett. 161, linghest Hett. 241, doch langist, -{e)st mit a
aus ^la^nglst- (z. T. auch wohl durch Anlehnung), o. eld[e)ra und
aldra [aldera als Mischbildung aus eldera und aldra oder etwa
durch Anlehnung an den Positiv für eldera], w. iädera [und äldera],
o. (h)eldest. Beachte auch die Substantive o. eider und aus den
synkopierten Formen stammendes alder parens, w. iMd{e)ra, -en
und aldera PI. (IF. 7, 316. 334. 336). Spezielle Berücksichtigung
aber erfordert aldirmon 'Amtszeuge' R^R^ (vgl. Hecks Afries.
Gerichtsverfassung, 96 f.), w. äldermän 'Vorsitzender der Schöffen'
usw. (s. a. a. 0. 190. 345. 372. 385) mit vor nebentonigem -i- aus
a^ entstandenem Yokal (auf Nebenton ist zu schließen aus Rüstring.
-«■-: nach der von Kock in PBrB. 29, 178 ff. für besagte Mundart
eruierten Regel wurde nichtschwachtonigesEndungs-«(-) eben durch
seinen Nebenton vor Schwächung zu -e(-) geschützt)^).
1) Für den Nom. Akk. Sg. men B und den Nom, Sg. man R^ (Aofries.
Gr. § 196) ist wohl eher Einwirkung von Seiten der Pluralform, als An-
lehnung an einen alten Dat. Sg. men, man anzunehmen (vgl. als Gegenstück
durch mon des Sg. beeinflußten Nom. Akk. PI. mon).
2) Kocks Vorschlag (PBrB. 29, 182), diesen Beamtennamen als Ent-
lehnung gelten zu lassen, käme somit in Wegfall.
12*
180 van Hellen,
Starke Konjugation. Formen wie o.falt^ fald [fallit mit
-it für älteres -t) cadit, haUt^ halt{h) 2. 3. Sg. Präs. Ind. dürften
an sich nicht beweiskräftig erscheinen; wohl aber bei Yergleichung
derselben mit daneben überlieferten felt^ helt (Gr. § 274), die
auf neben normal synkopierten *faHt{h\ *haHs[t\ *haHt{h) stehende
Prototypen hinweisen, die ausnahmsweise (durch Einwirkung der
zu kurzsilbigen Verben gehörenden Flexionsbildungen) die volle
Endung noch nicht aufgegeben oder wieder angenommen hatten.
Beachte auch o. stant^ stand 3. Sg. (zu stonda) aus *sta^?d{h) und
Stent aus *sta^ndit(h).
Als Partizipien Prt. begegnen neben o. fengen^ {ejfenszeriy
-{d)sen, {e)gengen^ egendzin, -zen, -sin^ kwendzen 'gehangen', [e)sten-
den^ w. fens{z)en, -zen^ finsen, -zen^ gensen, -z{i)en. gvnsen, -zen,
hwensen, -{t)zen, hwinsen, hinsen auch o. {e)fangen, egangen^ für
deren Vokal außer den eventuell synkopierten Flexionsformen
auch eine Vorstufe mit altem -en {— ags. -en der keinen Um-
laut aufweisenden Partizipialbildungen) verantwortlich zu machen
(wegen solcher urfries, Endung -ew beachte die Partizipien (^)-
bunden, ütekwnken^ ivunnen^ bürsten, ürholna, {e)komen, (e)slagen
usw.). Zweideutig sind o. {e)f allin, -en (Grr. § 274a), {e)haldin, -en,
w. fällen, holden; -w. bannen kann dem o. bonnen entsprechen
(w. a für 0. 0 vor Nasal).
Schwache kurzsilbige Verba I.Klasse. Als Bildungen
mit regelrechtem Tonvokal erscheinen : o. lemith 3. Sg. Präs. Ind.^
lemi Opt. (mit unurspr. m für mm), lemid, -ed, -et Part., fremme
Opt., efremid, wlemma, ivlema 'zum zweiten Male vor Gericht
bringen' (eig. 'schelten'^), unewlemeth 'unverletzt' F 44, w.freme
Opt. W 69, 20. Für das Präter. und das flektierte Part. Prt. gibt
es leider keine Belege, doch sind Formen wie lamlde, -ede, lamld-,
lamed- zu erschließen 1. aus neben lemid usw. begegnenden,
durch Ausgleichung entstandenen Partizipien o. lamed, {e)lameth,
1) Die Infinitive begegnen an den Parallelstellen H 829, 30 ff. und
F 160 : Hwasa enne dorn and enne enda due (eine gerichtliche Entscheidung
zum endgültigen Urteil werden läßt, d. h. indem er dieselbe nicht schilt)
ende thes letera ieres (im folgenden Jahr, worin andere Richter im Amte
sind) welle wlemma and thet berethet (erwiesen) iverthe, thettere emmer
redgevum geve ene hävdlesne. — - Hwasa änne dorn and änne enda dwe and
thes letera ieris welle wlema and thet biiecht (erwiesen) iverthe, thetter
ämmer tha reddium ieive ene hävdlesene. Das Verb vergleicht sich als
Denominativ zu *wlame (= mnd. wlame vitium) dem oben S. 174, Anm. 2
erläuterten leckia 'ablehnen', eig. 'schelten' (zu *leck vituperium).
Zum altfriesischen Vokalismus. 181
2. aus 0. Part, lammefh^ dessen mm auf die Existenz hinweist
Ton durch Einwirkung eines Präteritums mit a neben regel-
rechtem *lemma entstandenem *lamma\ eine Parallele der letzten
Form bietet in F 44 und Hett. 93 belegtes o. w. framma.
Schwache langsilbige Verba 1. Klasse. Regelrechte
Bildungen : o. berna, -ane usw. (trans. und intr.) mit harnt 3. Sg.,
barnde, (g){e)berned^ -et und auf *gibra^nd- zurückgehendes barnd,
harnt [daneben durch Ausgleichung barna^ -e usw., ghe-^ [e]-
barned, -et^) und bernt 3. Sg., bernde\ brenga, -dza usw. mit
brangth, branch 3. Sg. [daneben branga^ -ande^ -ath, -e^) und
breng, brenck, brench{t) 3. Sg., brengest^ -et{h\ Gr. § 289], blenda
(dan. blend 3. Sg.), demma 'eindämmen' mit tödampt 3. Sg. [und
demjJt], *enda 'enden' (=-= aisl. endi^ -da, -de) mit anth 3. Sg. E.
Sgr. 256, 15, echta 'Urteil sprechen', 'taxieren' usw.^) mit acht
3. Sg., acht Part, [daneben achfa, -e, -ene, echt 3. Sg., ech{t) Part],
falla 'fällen', -ath PL (aus *faUja bez. -jan, -jath für *fa^Uja oder
-an usw.), falt 3. Sg., aus dem flekt. Kasus stammendes Part.
{e)fald, feile Opt. (aus '^fellje bezw. -en für *faHlje usw. (e)felled
Part, [daneben durch Ausgleichung efalled, fallit 'gefällt']'^),
ehemmed mutilatus [dan. hammed, -eth, Gr. S. 224], henda 'fangen'
undhenda 'empfangen' mit haut 3. Sg., undhanfe{n) Prät. PI.,
un{t)hant Part, [woneben hent 3. Sg., undhente Prät. Opt., {ge)hent,
undhent Part.], henzia 'zulassen' F 4, ekalt 'erkältet' F 100, \kelt
'nennt' H 335, 6 ist regelwidrige Bildung zu *kelta = mhd.
kelzen 'schreiend sprechen', ahd. aus chelzuntun orantis zu fol-
1) Zur Entstehung der Formen mit a wirkte hier indessen noch ein
jüngerer, nach dem Verklingen von postkonsonantischem j tätiger Faktor
mit, näml. die Entwickelung von a aus e vor r -\- a der Folgesilbe (vgl.
Gr. § 26, Anm. 2).
2) Wegen dieser auf die Einwirkung von *brangs{t), brangth zurück-
zuführenden Neubildungen beachte gleich unten zu erwähnende bithanka,
thantse, -ze sowie aus *wiüchs{t), iviücht 2. 3. Sg. Präs. Ind. (für *ivfcks{t),
*wfcht aus *'wiks{t)^ *ivTkth) entstandenes tviäka 'weichen' (PBrB. 14, 277)
und fä{n), worüber unten V.
3) Die Begründung der hier und im folgenden für echta, achta und
dazu gehörige Verbalia angesetzten Bedeutungen bringt Zs. f. d. Wort-
forschung 7, 271 ff. (das Verb"^ wurde PBrB. 14,241, Gr. § 42, 176 und Pauls
Grdr. 1^, 1183 irrtümlich als echta, ächta 'ächten' gefaßt).
4) Fella 'büßen', das Gr. § 288 ß (S. 224) als Denominativ zu *fal
= mhd. ral 'Geldbuße' gedeutet wurde, ist wegen seines konstanten e nicht
auf fa«llj- zurückzuführen. Ich ziehe jetzt mnd. vorvullen 'ersetzen' (mit
g^breck, schaden als Objekt) heran imd identifiziere das Verb mit durch
to feilen 'zu füllen' E'' 210, 26 belegtem fella ~ as. fullian.
182 van Hellen,
gerndem chelzen]^), kempa, -e mit kemped |dan. campa mit a aus
*kamps{t), *kampth, kampte\ hikenna usw., untkenna F 12 mit
bikant 3. Sing., hikande Prät. Opt., tmtkande (Gr. § 27 F), hikand
Part. [won. bikatina, hikan^ hikent 3. Sing.], lenda 'zu Ende bringen'
(Gr. § 288 ß, S. 224), [mengde Prät. als regelwidrige Form], pendan
'pfänden' F 152 mit pant 3. Sing. F 130, untpant, -tis Part. F 130.
124 [dan. pent 3. Sing, und Part.], terende 'zerreiße' (vgl. ags.
rendan scindere) mit herant 3. Sing., te-^ torant Part. [dan. (in)rent
3. Sing., erent, terent Part, und tvärent H 335, 5], rennande intr.
[dan. rent 3. Sing.] (s. Gr. § 270 ß), senda usw. mit sant 3. Sing.,
sanie, -on Prät., {e)sant^ sante Part., saw^r/t 'sengt', [sannath, -e
'streiten, -e', Gr. S. 225], ürsanc 'versenkt' [dan. te sansane mit a aus
*sankte usw.], scenzie 'schenke' mit scanc^ schanch^ schanght 'schenkt'
und scandim schenkte ihnen' [(\a,n.skenc 3.Sing.und skanse Opt.Fl 08],
sprensze'hGs^veü.ge\swense 'gieße' mits«mw^(^), svangh{t) 3. Sing. [dan.
sveng,swencd.Sing.,s.(}r.%i^9\{be)thenziausw. '(be)denken' [dan. bi-
thanka, thantse, -zemita wie in branga iiiiw. ],nwnda usw. mitwant 3. Sg.
und Part, j dan. went 3. Sg. u.Part.], wense 'wackle' ( vgl.Pßrß.l4, 27 6)^) ;
w. berne mit baernt^ bärnt, bärnde, baernd \baerna, bärnane,
-ene usw.], brenga, bringa usw. [brinkt^ brincht], enda^ einda^
bifälla 'schlichten' Hett. 50, lienzia, hinzia 'gutheißen' (PBrB. 19,
408), kempa J 60, 22, &j-, {be)kenna mit bikänt^ bicaent 3. Sing.^
caend^ bicänt, -känd, bekänth Part, [be-, bikänna, -et usw., bikäna^
s. IF. 7, 319], bykrinsa^ -zen 'kränken, schaden' J 76, 4. 78, 1
mit bykrinst Part. J 46, 17 für *biknnset, [lenth 'zum Landbe-
sitz gehört', PBrB. 19, 411], lynsa 'verlängern' J 2, 38. 8, 2,
menzia 'vermengen', naemt 3. Sing., naemde 'nannte', binaemd^
{Ön)naemd. foernaemd [nämna^ naemna, -ane^ naemmen, s. IF. 7,
321. 318. 319], penda^ peynda 'pfänden', ränth 'zerreißt', biränt
'zerbrochen' Hett. 108, [renth^ raint 3. Sg., rind, reint Part,
PBrB. 19, 367], renna^ rinna (IF. 7, 318 f.), senda, seinda mit sänt
3. Sing., sänte [sent, seint 3. Sing., seinte\ [sengt^ singt 'sengt'], sänd
'gestritten', Ön{be)saend, 'unbestritten' [sänna, -e, -et^ sänet{h),
1) In Gr. § 288 ß (S. 224) herangezogene ahd. challit, -int (Bib. 5) sind an-
gesichts normaler cliallön, ags. cealUan, mnl. kalten als junge Neubildungen
zu fassen.
2) Die zu beachtende Tatsache, daß sieb neben den Präsensbildungen
mit end {Jienda, penda, renda usw.) keine Neubildung mit a findet, erklärt
sich hieraus, daß die nach Gr. § 122 t statt d{d) ein t{t) aufweisenden
Präteritalformen und die 2. 3. Sing. Präs. Ind. mit für d eingetretenem t,
indem sie formell aus dem normalen Rahmen herausgetreten waren, die
übrigen Präsensformen nicht beeinflußten.
Zum altfriesischen Vokalismus. 183
s. IR 7, 318, 319], scenda (PBrB. 19, 367), truchstrinzede (s. Zur
Lexikol. des Awfries. 62), tynsa, hitensa^ -t{h)inzia '(be)denkeii'
(PBrB. 19, 408), *wemmid (Hs. ivemnid) 'geschädigt' Hett. 33,
oeneivemmid (bei Hett. 115 falsch -ed) 'unbeschädigt', weemd,
önweemd (mit vor md gedehntem Vok.) und ömvemed (als Kom-
promißbüdung), [swengli{e% sivengh^ sivingtS. Sing.], \tveinten Prät.Pl.].
Erstarrte Lokativbildungen und Partikeln mit -t
(aus *-f): 0. hilikepende 'vermittelst equivalenter Pfandnehmung'
B 167, 3, a lende 'zu Land' (IF. 7, 315, Anm. 3), eile mit elle-
machtig und elmetha (auch w., s. Zur Lexikol. des Awfries. 20 ff.),
ondlenge 'entlang' (zum Reflex von as. andlang, ags. ondlong 'sich
in der Länge ausstreckend'), {h)ivenne, -de, -te, thenne, w. den
(IF. 7, 315 und PBrB. 28, 564f).
Derivata mit i oder i enthaltendem Suffix:
0. pennig [indem aus der von Heuser, Altfi'ies. Leseb. § 33
für die Rüstr. Mundart hervorgehobenen Erscheinung, -ig vor-
zugsweise bei unflektierter, -ing meist nur bei flektierter Ver-
wendung des Wortes, zu schließen, daß in vorostfries. Periode
*pa^nnig dem '^pa^nnmg- gegenüberstand, ist das a von o. pannig,
pannig- auf Anlehnung an panning- zurückzuführen] ;
o.hendsegch, henzeg (Gr. S. 33 oben) 'unterworfen', w.hensich,
hinsich 'dienstbar' und o. hanzoch (Substituierung von -og oder
-ug für -ig vor der Entwickelung von a* zu e" und a), o. weidig,
w.iveldig, uyeldig,el{l)endich, o. elmechtig, vi.overlendichHQti. 132 [wo-
neben 0. machtich, w. mächtich, o. ellemachtich, w. ovirländich durch
Anlehnung, wie o. en-, tivifaldech, monslachtich, w. mänsläcJdich,
fällich 'zu Geldstrafe (*/a^=- mhd. val 'Geldstrafe') verpflichtet' J. 3,
13]; [o. menichfald und menie 'Zahl' haben alten Umlautvokal];
0. mentel 'Mantel' und mantel angel 'Engel' sprangel 'Sprengel',
mit a aus ^ma^ntl- etc., w. mentel, engel (vgl. auch nwfries. ingel,
hingel 'bengel') [o. hemilinge, -elenge 'Verstümmelung' mit regel-
widrigem e durch Anlehnung an *hemil] ;
0. luitelamelsa 'Verunstaltung des Äußern durch Verwun-
dung' mit regelrechtem a aus ^-tvla^mUs- oder *-ivla^mlsl- [dan.
wliti-, wlite{w)lemmelsa durch Anlehnung an wlem[m)a, s. oben
S. 180], w. wlitetdmmelsa mit gleicher Bedeutung S, Hett. 230.
248 (zu wenima, s. diese S. oben);
0. semin [mit daran angelehntem semine] und samene aus
*sa^mine [mit angelehntem samin], w. lenden, o. lendern (vgl.
aonfrk. lendin);
184 van Hellen,
0. wedskemmene 'Kleidimgsbeschädigung' (Gr. § 176, S. 144],
thempene 'Erstickung' (a. a. 0.), stempene 'das Verstopfen, Hemraea',
echfene 'Rechtsweisuugspflicht, Anpfändung' usw., londechtene
'Landabschätzuug' (s. oben S. 181, Anm. 3), blendene, ütrendene'^dsLS
Herausreißen' F 94, wendene 'Verletzung', tveiivendene 'Belästigung
auf dem Wege', w. hendene 'Gefängnis' aus *-ska^mmfn usw. und
0. *netskammene (Gr. § 176, S. 144), thampene, achfene 'Anpfändung'
usw. aus *-ska^mmfn- usw. der flektierten Kasus mit neben-
toniger Pänultima;
0. blendinge, -enge. w. kenninghe Seh 657, töhinsinge 'Ge-
nehmigung' mit aus dem alten Nom. Sing, auf -ing stammendem
Vokal und o. hekannynghe^ w. [hi)känninge Seh 334, S, J 9, 1 mit
a aus *{-)ka^nnmg- (natürlich ist hier sowie für die Verbalia auf
-ene außerdem gelegentliche Beeinflussung von selten des Verbs
nicht auszuschließen; vgl. auch w. saeninghe 'Streit' Ag 139 für
*sanninghe durch Anlehnung an sän{n)a^ s. oben S. 182);
0. w. pennmg^ o. prelling 'Hode' mit Vorstufe *pa^nnig,
*praHUg (vgl. oben zu pannig) und o. w. panning, o. pralUng aus
*pa^nnmg-, *praHüng- ;
0. frem{m)(e)the, frem(e)de, w. fremed{e) S 480, 1.15, freemd{e)
J 72, 4, 0. hemethe, -ede (im Wurst. Vokab. hemmin, PBrB. 13, 542,
bei Cad.-MüUer 46 hembde\ w. aus nwfries. himhd zu erschließen-
des *hemde, *himde mit aus dem alten Nora, ^fra^mip^ -id (für
*framip% -idi\ *ha^miß (für *hamißi) stammendem Vokal und o.
fram[e)de (saterl. främd^ wanger. frammit), w. fraemd{e)^ främd{e)
(s. Wb. und IF. 7, 313 ; nwfries. freamd mit ea aus gedehntem a\
0. hamed{e) (wanger. hammin\ die auf *fra^mtd-, *ha^mld- zu-
rückgehen ;
0. lemithe^ -ethe aus altem Nom. Ha^miß {lemmethe e 220, 29
mit mm nach dem Verb) und o. lamethe, -athe {-a- als Schreibung
für -3-), w. lam{e)the aus *la^mld- (für die w. Form wäre aber
auch gelegentliche Anlehnung an das Adjektiv denkbar); [o.benethe
'Klage wegen Mord' hat alten Umlautsvokal; für w. {daed)bante,
-bannethe, -ede W, Hett. 89. 136. 304 ist demnach Anlehnung
an *bannia = o. bonia 'für den Mörder erklären' bez. *banna = o.
bona 'Mörder' geltend zu machen (wegen ann der av. Formen
vgl. IF. 7, 330)] ;
der 0. Völkername Am{e)sga aus ^A^mh{i)ga oder -o, wo-
neben Emsga aus *Ä^msiga mit regelwidrig nicht synkopiertem
-i- (wegen einer alten neben Amisia verwandten kurzen Form
Zum altfriesischen Vokalismus. 185
des Flußnamens beachte Äm{p)sivar{i)i) ; der o. Flußname Emese
aus dem Nom. *A^mis (für *Amisi bez. -i) und Ämese aus "^Ä^mlssja
Gen. Akk., -je"" Dat. ;
0. englisk^ -esk, w. engelsch aus *amgUsk und o. anglisk^ -elesk
aus *a^nglisk- [auf Anlehnung an anglisk beruht Ängelond^ wofür
nach ags. Ongel Anglia die Form Onge{l)lond zu erwarten wäre],
0. engleska angelica, ütlendesca B 162, 27 mit e aus der unflekt.
Form, 0. man{ni)ska [woneben men{ne)ska^ w. menscha, mynscha
mit regelwidrigem, aus dem Adjekt. *mennisk entlehntem Vokal];
0. hengst, saterl. wanger. hingst^ w. *hengst, *hingst (— nwfries.
hinxt) aus *ha^ngist und o. hängst^ saterl. hängst aus *ha^ng\st-\
0. hangnese "Genehmigung' F 58 aus *hangnlssia [dagegen
w. henghnese^ -tiisse, hinghnisse durch Anlehnung an *hengja{n\
woraus henzia, hinzia^ s. oben S. 182], w. onderstannisse J 1, 1,
5y-, becannisse J, 1, 1. 13, 46.
Anmerkung 1. Mit Rücksicht auf die aus Gr. § 1 a und S. 244
(Nachtr. zu § 39) sowie aus Pauls Grdr. 1'^, 1198 sich ergebende velare
Qualität von altem hs ist für die vor i usw. der Folgesilbe stehende alte
Verbindung ahs die nämliche Behandlung zu erwarten {a«hs woraus ahs
und ehs, wie aeht, woraus aht und eht); doch läßt sich leider keine der
überlieferten, einschlägigen Formen, Sexena und Saxinna, -ina usw. (Gr.
§ 193, Anm.), {e)wexet ceratus, tvext und waxt 3. Sing. Präs. Ind., als sicherer
Beweis verwerten.
Anmerkung 2. Aus der Partizipialendung -ande (in jüngeren o.
Quellen und den w. Denkmälern begegnendes -ende hat aus -a- geschwächtes
-a-) geht hervor, daß in mit schwachem Nebenton gesprochener Silbe das
a« trotz des folgenden i bez. j zu a wurde.
III. Zu altfries. ä (a) und e{e) aus germ. nicht in schwach-
toniger Silbe stehendem ai (aus idg. a?, äi, oi).
Im Jahrb. des Yereins für niederd. Sprachforschung (1890),
163 beanstandet Bremer mit Recht meinen in § 22 der Aofries.
Gr. gemachten Versuch, afries. ä und e aus ai mit ags. ä und m
in eine Linie zu stellen; es ist hier unbedingt für das Fries,
alte direkte Kontraktion zu ä und durch einen Umlautsfaktor
veranlaßte Entwickelung des ä zu e in Abrede zu stellen.
Zur Deutung der fries. ä und e stellt Bremer a. a. 0. den
Satz auf : "germ. ai (wurde) in offener Silbe zu e, in geschlossener
zu ä oder a {eth: aththa, hem: hamreke, reka: rächte)". Doch
führt diese Fassung, wenn schon derselben, wie sich später heraus-
stellen dürfte, ein richtiges Prinzip zugrunde liegt, in der ge-
gebenen Formulierung nicht zum Ziel. Sie scheitert an Formen
186 van Hellen,
wie fäd 'Falschmünzerei' (aus *faihöduz\ sceltata 'Schulze', an
den Präteritalbildungen mit e der 1. 3. Sing. Ind. nach 1. starker
Klasse, an ä 'immer', nä 'nie' usw. (s. IF. 7, 339 f.).
Aber auch die von mir in IF. 7, 340 ff. erschlossenen Regeln
"altes ai wird normal zu e, doch ä entwickelt sich 1. in schwach-
tonigen Einsilblern (1. in schwachtoniger Silbe), 2. vor immittelbar
folgendem oder nur durch Aspirata getrenntem o oder m, 3. vor
tautosyllabischem Labial, durch folgendes w oder u labial gefärbtem
Konson. oder gutturalem Spirant, 4. vor tautos3dlabischer oder
über zwei Silben verteilter zwei- oder mehrfacher Konsonanz,
5. vor Geminata" haben zum Teil ihren Haken. Von den für
1. zitierten Belegen (IF. 1, 341. 344) sind einige (ä 'immer', nä
'nimmer' und 'nein') nicht zu den unter Umständen schwach
betonten Formen zu zählen ; thä^ dae^ da Nom. Akk. PI. M. begreift
sich als Entlehnung aus dem F. und N., fM, dae^ da Dat. Plur.
(= aind. täis und toic) und (durch Analogiebildung auch) Dat.
Sing. ]\I. Ntr. als die Folge von Anlehnung an für die nämlichen
Kasus verwandtes thäm^ däm, daem; die letzte Form und üväm
Dat. hat vor tautosyllabischem Labial stehenden Yokallaut; daß
twä Nom. Akk. N. nicht auf hvai zurückzuführen, wurde IF.
18, 90 f. betont; wegen der übrigen Belege, an 'ein' und sceltata,
s. weiter unten. Auch die 2. Regel für ä muß in Wegfall kommen:
es spricht dagegen neben aofries. awfries. fäd 'Falschmünzerei"
(IF. 7, 341. 344) in Hett. 165 und (nach Pauls Grdr. 1^, 1228)
öfters im Cod. Unia überliefertes awfries. fed. Die 4. Regel aber
ist einzuschränken. Von den hierfür (IF. 7, 342. 345) angezogenen
Formen sind haest 'Eile, Böswilligkeit' (aus *hä^fst), haste, haeste
'heftig' (aus *hafsti), rächt 3. Sing. Präs. Ind., rächte Prt., rächt
Part, (zu reka, retsia 'reichen'), säver 'Seifer' (aus *sä^vres usw.),
fämne puella (vgl. ags. foemne\ äyn 'eigen' (aus *ä^g-nes usw.),
wäynia 'weinen* (aus *wä^ß;-nia\ äthum, -om 'Schwager' und täker
'Mannsbruder' (ags. täcor) (aus "^ä^ßmes usw., Hä^kres usw.) nach
Regel 3, hlädder 'Leiter', ällewene'^eW usw. nach 5 zu beurteilen;
nicht zugunsten der Regel sprechen Präteritalbildungen wie delde,
lerde, kerde, lende, -on, {e)deld, hikerd, Und u. a., deren konstantes
e, mit Rücksicht auf rächte usw. zu reka^ lätte 'leitete', lät, laet
'geleitet' zu leda, schälte, schaet usw. zu schetha 'scheiden', wohl
kaum auf Rechnung von Analogiebildung zu stellen sein dürfte;
wegen des durch -a beeinflußten Vokals in fiämända und wegen
anich (?), äeng ullus, ängne ullum s. unten. Es bleiben also nur
Zum altfriesischen Vokalismus. 187
die neben f,eesc^ ffßst-^ geest animus, geest 'hohes, trockenes Land',
Usta 'leisten', mest^ mester überlieferten Formen ftäsc^ flaesch, gäst^
gaest animus, gaest 'hohes, trockenes Land', last 'leistet', laesta,
mäst, niäster, maester als Zeugnisse für qualitative Yertiefung von
ä* vor sk^ st und zwar, wie aus den Doppelformen mit e hervor-
geht, vor tautosyllabischem sk, st {mäster aus *mä^st-res usw.;
wegen äskia, aeskia und äsche^ aesk s. unten).
Nach Siebs (in Pauls Grdr. 1^, 1228 ff.) sollte sich ä bez. a
entwickelt haben 1. in offener Silbe, wenn die Folgesilbe dunklen
Yokal oder w enthielt (ägon, -un 'sie haben', äthom, -um^ täker
'Mannsbruder' = ahd. zeihhur, usw.), 2. unter Einfluß eines w,
insofern nicht ^-Umlaut wirkte {^mch 'Wand', tim 'zwei' F.
N., *wäk 'weich'), 3 ^ vor kürzender Doppelkonsonanz {flask caro,
mast 'meist', latfe 'leitete', skatte 'schied', usw.), 3^ in minder-
betonten Einsilbern {thä 'die', 'den' Dat. PL, usw.), wäre aber 4.
in geschlossener Silbe vor einfachem Konson. sowie in allen
Fällen, worin die Folgesilbe «, j enthielt, zu e geworden {bred, ben,
dela 'teilen' aus dailjan, weden 'blau' = ahd. weitin, bet 'biß', grep
'griff' usw.).
Gegen Satz 1 sprechen indessen ewe 'Ewigkeit' H 337, 1,
neben fäd 'Falschmünzerei' stehendes fed (Grundf . *faihöduz ; was
S. hier meint mit "fed aus Formeln mit *-Suffix?" ist mir nicht
ersichtlich) und in reräf reesraef 'Leichenraub', hrelic 'Leichnam'
belegtes hre aus *hrä^u, *hräetves usw.
Wegen der 2. Regel sind das Numerale tivene, tween (vgl.
IF. 18, 91), sii^et, swes, aus nwfries. we 'weh' zu folgerndes afries.
*we und wet novi, -it, zu beachten.
Regel 3 a trifft, was die qualitative Entv\äcklung angeht,
das Richtige (Vertiefung der Klangfarbe vor tautosyllabischen sky
st und vor Geminata); bezüglich der Quantität aber sei bemerkt:
erstens daß das Yorhandensein in den nfries. Dialekten von
vor tautosyllabischen sk, st und vor Geminata gekürztem Yokal
(wanger. flask, fat 'fett', saterl. ftäsk, fat, nwfries. mast 'meist' u.
dgl.) keineswegs als Beweis für afries. Kürzung gelten kann;
zAveitens daß aus den afries. Quellen die Existenz von altem,
vor tautosyllabischen sk, st gekürzten Yokal nicht zu ermitteln,
dagegen aus wanger. ask, saterl. askja 'heischen', deren a nur auf
Anlehnung an das F. ask beruhen kann, erst nach Yollzug
der Apokope von altem -a, d. h. nach Eintritt von äsk für afries.
äsche F 154, sich entwickelnde Kürzung zu erschließen ist;
188 van Helten,
drittens daß für die Vokalkürzung vor Greminata eine so junge
Entwicklungszeit zwar nicht zu erweisen und die Möglichkeit
von afries. latte 'leitete', schatte 'schied' u. dgl. mithin nicht zu
leugnen (vgl. auch IF. 7, 343, Anm. 2), daneben aber, wenigstens
für das Westfriesische, auf Grund von Präteriten wie schaete^
schaet {-e apokopiert), läten 'Ihr leitetet', laet (für täte) (s. IF.
7, 3451 und PBrB. 19, 4081), auch als Tatsache Erhaltung der
Länge zu gelten hat (Dehnung von gekürztem a ist hier natürlich
ausgeschlossen), die, insofern den überlieferten Dialekten bereits
Kürzung zukäme, so zu deuten wäre, daß vor alten tt^ thth ent-
standenes ä im unflektierten Partizip, worin auslautende Greminata
in der Folge Kürzung erlitt, regelrecht, im flektierten Part, und
im Prät. durch Anlehnung die alte Quantität bewahrte (umge-
kehrt wäre hier auch lautgesetzwidriges, durch latte, schatte beein-
flußtes Part, lat, schat für möglich zu halten); viertens, daß dem
Erörterten zufolge ein direkter Zusammenhang zwischen einer
quantitativen und der qualitativen Entwicklimg des in Kode
stehenden Lautes in Abrede zu stellen.
Gegen Siebs' Regel 3 b wäre an sich nichts einzuwenden,
doch lassen sich die hierfür angezogenen Formen thä, da, dae
'die' und an unus (beachte in awfries. Quellen begegnendes aen)
auch anders deuten: wegen thä usw. 's. oben S. 186; f ür a« ist
nach Siebs' dankenswerter Bemerkung (Grdr. 1 ^^ 1229) der Akk,
Sing. M. änne (aus *ä^7ine, also mit vor Geminata entstandenem
Yok.) verantwortlich zu machen (in der Tat ist die Form mit ä
oder a nicht nur auf das M. beschränkt, sondern begegnet auch
vorzugsweise im Akk. Sing, änne, ännen).
Unzulässig ist aber die unter 4. erwähnte Regel, e vor
tautosvllabischem einfachen Konson.; es widersprechen derselben
räp 'Seil', uneläf 'ohne Nachkommenschaft', äch 'ich habe', 'er
hat' (das nach dem bereits oben Bemerkten nicht auf Anlehnung
an ägun beruhen kann), Math 'Kleid', fach reus u. a. Und daß
i bezw. j der Folgesilbe die Entstehung von e bedingt hätte,
leuchtet kaum ein, wenn man we 'weh', twene duo, sele anima
und auf die flektierten Formen Vireives, -e (für *hrä^wes, -e)
zurückgehende {h)re und rees (in hrelic, reräf, reesraef) berück-
sichtigt, die auf in offener Silbe ohne Mithilfe eines Umlauts-
faktors entwickeltes e hinweisen.
Gänzlich verfehlt ist derIF. 12, 372fl von Walde gemachte
Versuch, den fries. e und ä beizukommen durch Aufstellung der
Zum altfriesischen Vokalismns. 189
Sätze: ai Avurde zuerst in offener Silbe zu ä*, woraus e vor i
oder j der Folgesilbe, sonst ä ; später erfolgte in geschlossener
Silbe Kontraktion von ai zu ä*, woraus ä vor cÄ, Labial und
Geminata, sonst e. Die für die These, ä in offener Silbe bei
nicht folgendem i oder j, ins Feld geführten Belege aber sind
alles eher als beweiskräftig: die Annahme eines Prototyps mit
ai ist für den Nom. Akk. PI. M. thä nicht geboten, für den Nom.
Akk. Nti\ twä ausgeschlossen (s. oben) ; der Dat. PI. comm. Gen.
und der Dat. Sing. M. N. thä kann durch Anlehnung an thäm
entstanden sein (s. oben); für ä 'immer', nä 'nie', äthum^ -om und
täJcer, gäd 'Bedürfnis', wräk 'gekrümmt' (nach W. mit ä aus ä* in
offener Silbe von gä^do, wrä^ko^ vgl. got. gaidiv^ wraiqs) ist der
Umstand zu berücksichtigen, daß hier Beeinflussung des ä* durch
tautosyllabisch gewordenen Labial bez. durch labial gefärbten,
silbenschließenden Konson. im Spiel sein konnte; für /äwa 'Nachlaß'
(Flur, taut.), fräse 'Gefahr', läre 'Lehre' ist mit dem Umstand zu
rechnen, daß diese starken Feminina im ISTom. Akk. und Gen. PL
(man beachte die aus der Überlieferung hervorgehende Tat-
sache, daß diese Abstrakta ausnahmslos bez. vorzugsweise
im PI. verwandt wurden) Suffix -a aufwiesen, das für die qualitative
Änderung des vorangehenden ä*" in gleicher Weise verantwortlich
zu machen wäre, wie das -a(-) in *scelt{h)äta (woraus sceltata
'Schultheiß') mit -a{n) im Gen. Dat. Akk. Sing, und Nom. Akk. PL,
*fäJiad (woraus fäd 'Falschmünzerei'), Häha[n) Gen. Dat. Akk. Sing,
und Nom. Akk. PL (woraus *tä, die Basis von neugebildetem
täne 'Zehe'*)), äskas{t)^ -ath, -ad (woraus äskia, das wieder auf
den Vokal von dazu stehendem starkem Fem. einwirken konnte),
wäsanda 'Luftröhre' (Zusammenhang des Nomens mit ahd. weisont^
-ant arteria wurde von Walde S. 377 f. hervorgehoben), cläthar
Nom. Akk. Flur., mära major (vgl. auch aus niüghenspätze 'neun-
speichig' zu folgerndes *späke mit aus den Pluralkasus auf -a
stammendem ä). Nur aofries. nä 'nein' könnte beim ersten Blick
für Waldes Ansatz zu sprechen scheinen ; doch steht dieser Form
awfries. ne (= aisl. nei) gegenüber, dessen Vok. mit Rücksicht
auf die entschieden für e-Entwickelung in offener, nicht durch
1) Durch Ausfall von h entstand ein Sing, tä Nom. (aus *tähe), Gen.
Dat. Akk. tä (aus *täha bez. -an), einPlur. tä Nom. Akk. (aus *täha bez. -a^i),
Gen. tana (aus Hähona) ; die Gleichförmigkeit des Nom. Akk. Sing, und des
Nom. Akk. Plur. veranlaßte gelegentlich die Fassung von täna als Gen. Sing.,
was hinfort die Neubildung eines Nom. Sing, täne zur Folge haben konnte.
190 van Hellen,
i oder J beeinflußter Silbe zeugenden *we, twene ^), sele, {h)re{s. oben)
als der regelrecht entwickelte zu gelten hat (wegen aofries. nä
mit aus 'nie' entstandener Bedeutung 'keines\yegs' vgl. mhd. und
nhd. im DAYb. 7, 740 hervorgehobenes, als emphatische Negation
verwandtes nie). Aus der Unzulässigkeit aber von W.'s erstem
Satz geht das Unzulässige hervor der von ihm aus dieser Prämisse
gezogenen Konsequenzen (jüngere Entstehung von ä% woraus e,
in geschlossener Silbe, usw.), auf die also nicht weiter einzugehen.
Das Ungenügende bezw. Unbefriedigende der bis jetzt be-
treffs unserer Frage erzielten Resultate ladet ein zum neuen
Versuch, einer Lösung näher zukommen. Und die Ergebnisse
einer zu dem Zweck widerholten Musterung und Prüfung des
zur Verfügung stehenden Materials möchte ich hier dem Urteil
der Fachgenossen unterbreiten.
Aus ai kontrahiertes ä^ wird in einer nach der "Wirkung
von Sievers' Synkopegesetz und dem Vokalschwund in
den Endungen für die 2. 3. Sing. Präs. Ind. (vgl. PBrB. 17,
556 f.) und vor dem Verklingen von postkousonantischem
Endungp-J liegenden Periode zu ä
1. vor tautosyllabischera Labial bezw. Labio-velar
oder gutturalen Spiranten, vor durch ehemals folgen-
des u labialisiertem und infolge von Syn- oder Apo-
kope dieses i< in den Auslaut der voranstehenden Silbe
getretenen Konsonanten, sowie vor m (aus altem -m oder
-ui), das. mit dem ä^ tautosyllabisch verbunden, zum
Element eines Langdiphthongs geworden war (voran-
gehendes i aber oder f der Folgesilbe hebt die Wirkung
des u auf);
2. vor a enthaltender End- oder Mittelsilbe (außer
wenn vor diesem a ein j steht);
3. vor Geminata, dreifacher Konsonanz und vor
tautosyllabischeni sk, st, ts.
In allen andren Fällen sowie in den unter 1 und 2 er-
wähnten Ausnahmefällen wird das ä^ erhöht (ob zur Zeit der
ö-Entwickelung oder erst nachher, läßt sich nicht ermitteln).
1) Was W. (S. 381) meint mit den Worten "aber sie (d. h. die Form
twene) verliert jede Beweiskraft, werm wir ags. twejen, be^en vergleichen",
ist mir und auch wohl Anderen nicht ersichtlich.
2) Ob famme H SS^, n. 9 Schreibfehler ist, wie fatine E. Sgr. 254, 23,
oder die Entsprechung von nwfries. faem repräsentiert, ist kaum zu
entscheiden.
Zum altfriesischen Vokalismus. 191
Belege für das ä erster Kategorie (o. = aofries., w.
= awfries.) : o. süräp "Geschirrseil' (Gr. § 8a), o. uneläf 'ohne Nach-
kommenschaff, 0. säver 'Seif er' mit ä aus *sä^v-7'es, -re [daneben
0. w. sever als die regelrecht dem Nom. Akk. zukommende
Form], 0. tlmm, w. daem Dat. Sing. M. Ntr. und Dat. Plur. comm.
Gen. (= ags. dcem) [hieran angelehntes o. w. thä^ dae^ da des
Dat. Sing, und Plur., s. oben], o. w. twäm duobus, duabus, o. w.
fämne puella (wegen des ä vg]. IF. 7, 345) aus *fä''mnje oder
-ie für ""faiminiä [die nach Job. Schmidts Kritik der Sonanten-
theorie, 104 f. zu einem noch iw ü\)diis.iv. paeman- 'Weibermilch'
erhaltenen w-Stamm stehenden, durch -f, -iö bezw. -w- gebildeten
Derivata erscheinen wgerm. als in die schwache Flexion über-
getretene Nomina: as,. femea^ aisl. feima (Prototyp '^faimf, -iöz
usw. der Schmidtschen Regel gemäß mit m aus mn nach langem
Vokallaut), ags. fcemne^ afries. fämne (Prototyp *faimem); aus
den flektierten Kasus dieses *fai7nem, denen durch frühzeitige Kon-
sonanteudehnung(vgl.PBrB.28,530)-«m(5(-) aus -mö(-)zukam, mußte
als Nebenform zu ^faiminiä ein *faiminniä hervorgehen, das
bei regelrechter Entwickelung eine afries. Form mit e und
nicht synkopiertem Pänultimavokal ergab, infolge von Ein-
wirkung des synkopierten fämne aber auch durch femne fort-
gesetzt werden konnte, das o. in der Tat als femne erscheint],
[w. foerfeemd 'verurteilt' mit e aus *-femid], o. wräk 'krumm'
{= got. wraiqs^ s. PBrB. 14, 278^), o. \x. äch habeo, -et, ächte
Prät. [auch ägon, -e«, -e, -a, durch Ausgleichung statt regel-
rechter egon usw.], o. w. t^ächt 'er reicht', rächte^} Prät, rächt
Part, zu reka [auch o. recht 3. Sing. (Gr. § 289, Anm. 1) und
räkt 3. Sing, durch Anlehnung], o. w. äin^) 'eigen', aus flektierten
*ä3nes -e, -a usw. stammend [daneben o. w. ein^) aus *egin\
1) Nach Siebs (Pauls Grdr- l^ 1252) wäre das Adj. als 'beschädigt'
= saterl. wrak, wang. wrcek (vgl. oben I ß) zu fassen. Doch müßte solche
allgemeine Bedeutung an der Belegstelle unpassend erscheinen: (fingera)
stivande . . . fiüwer skillinga tvichtgoldis ; helpande and haldanäe (noch fähig
zur Arbeit und zum Anfassen), twira skillinga tvichtgoldis öni Otherhalva
pannig tvichtgoldis; sendse ivräk, audio fta half pannig tvichtgoldis.
2) Daß cht aus kt der 3. Sing, verhältnismäßig alte Entwickelung reprä-
sentiert, ist aus der PBrB. 14, 277 hervorgehobenen Entstehung von tvtäka
'weichen' zu ersehen.
3) Statt der in IF. 7 und auch anderswo von mir zur Darstellung
von Langdiphthong verwandten Schreibungen ai, ei usw. verwende ich
hier und im folgenden die Zeichen äi, ei, äu, öu.
192 van Hellen,
0. Z>/-, [he)iimnia 'beweinen' (Belege s. PBrB. 14, 2741) für
*wäsn'ta[n) aus *ivä^gnejan, das auf aus *wai 'weh' und mit got.
gaunön 'klagen' im Ablautsverhältnis stehendem *gunöjan- ge-
bildetes Kompositum zurückgeht, das bereits frühzeitig nicht
mehr als solches empfunden wurde und so zur Zeit der Wirkung
von Sievers' Synkopegesetz sein u verklingen ließ ^) [daneben
0. biweinia (IF. 7, 343, Anm. 1), w. weinia aus durch "^'we be-
einflußtem *ivesnia{n)\ o. waech, w. waegh 'Wand' (^ as. weg^
mnl. weech, ags. traj^), o. fach 'straffällig' bez. 'der Privat-
fehde ausgesetzt' (== ags. fäh 'verfehmt') [beachte auch o. feithe
aus *fä^gith- (= ags. fcegd mors imminens), das durch Ver-
mischung mit zu *fä^ch gehörendem ^fä^hiili- (= ags. fSid, ahd.
fehida) für 'Fehde, Blutschuld' verwandt wurde ^) ; durch Ein-
wirkung von semantisch zu diesem feitJie stehendem fach ent-
stand als jS'eubildung o. fäijthe 'Fehde', dem gleichbedeutendes
w. fäite entspricht, woraus durch Abstraktion fäy faedosus für
regelrechtes fäcK\\
0. äthum, -om 'Schwager' und w. täker 'Mannsbruder',
(= ahd. zeihhu7\ ags. täcor) mit ä aus den flektierten, synkopierten
Formen *äthmes usw., Häkres usw. für *ä^pmes^ Hä^kres usw., o. gäd
'Bedürfnis' (vgl. PBrB. 14, 2491) aus ^gä^d für dem got gaidw
entsprechendes *gä^du^):
0. w. ä 'immer', o. wä 'nie' und 'keineswegs' (s. obenS. 1891),
w. nae 'nie' aus *ä^u, *nä^u (für *ne aiua\ ä 'Gesetz' (in o. nfte^
w. aefte 'gesetzlich, ehelich', o. äsega^ äsiga, w. aesga 'Richter',
0. äfretho oder -e 'Rechts-, Sonderfrieden') aus *äHt = ags. ce
[daneben aus flektiertem *ä^wt Gen. Dat. Sing. = ags. cewe stam-
mendes % dessen Existenz aus den durch das Simplex beein-
flußten Kompositen o. efte legitimus, w. ehera 'Richter' (eig. 'der
die Rechtsverhandlung anhört'), eeher{e) 'das Anhören der Rechts-
1) Der PBrB. 14, 274 und IF. 7. 343 f. vorgeschlagenen Deutung dieses
Verbs liegt die Annahme einer problematischen Metathesis von n-j zu fn
zugrunde.
2) Wegen des Nomens vgl. PBrB. 30, 241, Anm. 2 und beachte noch
aind. vivyakti 'umfaßt, umschließt' sowie lat. vincire.
3) Die gegenseitige Berührung der erwähnten Wörter wurde bereits
in PBrB. 14, 244 f. hervorgehoben.
4) Dieser nach Vollzug dar sekundären Vokalapokope (Prototyp
*^aidua) erfolgte Schwund begreift sich als das Resultat der Einwirkung
von regelrecht aus *^aid{u)u entstandenem Nom. Akk. PI. *^aid bez. *^äed
(wegen Verwendung des Nomens in Plurali vgl. as. metiged{e)ono Hel. 4331).
Zum altfriesischen Vokalismus. 193
Verhandlungen' (s. Heck, Altfriesische Gerichtsverfassung, 335) zu
folgern].
[Die Ausnahmen o. left{h) 3. Sing. Präs. Ind., lefde Prät,
lefde^ -a Part, (zu leva 'zurücklassen'), hem in o. hemsecninge, -sekinge
'Heimsuchung', w. heemstede, -steed 'Domizil', hemweghum 'Dorf-
wegen' S 491, 22, hem, Um 'Dorf' (IR 7, 356), o. hrelic 'Leich-
nam', reräf 'Leichenraub', o. w. se 'see' (Nom. Akk.) begreifen
sich als die Folgen von Ausgleichung (vgl. o. hemes 'Hauses,
Dorfs' F 124. 138, rees über *hrewes aus ViräHves in w. reesraef.,
w. sees Gen., o. w. se Dat. aus *sä^wes, -e) ; die Präterita o. grep,
skref, *hneg, steg, Heck, w. screef, *grep, *kneep (nwfries. griep^
kniep) usw. beruhen auf Systemzwang (die starken Yerba 1. Kl.
mit wurzelauslautendem Dental und k bilden eben die Majorität)].
Belege für e aus durch i oder i beeinflußtem *äHi:
o. iewehjc 'jeglich' E. SgT. 256, 20, w. mv{e)Uck aus o. giä^u{h)tvelfk,
Neubildung mit gi- aus altem *ä^u{h)welik = ahd. iowelih [daneben
0. (h)iähwel{i)k, j{h)äweUk (Gr. § 254), aus w. iä{u)welik, iöu{we)lick
nach PBrB. 19, 421 f. zu erscliiießendes *iätvelfk mit ä durch
Einwirkung von aus *ä^u{h)welfk entstandenem *ä{h)welfk; vgl.
auch 0. iähweder uterque H 88, 9, e' 89, 9. 17 neben ähwedder
alteruter]; o. eider uterque aus *äHigi{h)wedar [daneben o. äider,
w. äyder mit ä durch Anlehnung an ä] ; o. #fc, w. eelc, elk, ellik
(IF. 7, 344) aus *ä^ulfk (vgl. ags. die mit durch Anlehnung an
dghwelc, ceghiüä, dghivader oder irgendwelche Vorstufe derselben
für regelrecht aus *am- von *aiultk entstandenes *d- einge-
tretenem ög-; wegen des ce- von wghwelc usw. s. unten S. 200,
Anm. ; aus einem dem ahd. iogilih entsprechenden Prototyp aiugilik
wäre ags. ceglic, fries. eilk hervorgegangen).
Belege für das ä zweiter Kategorie: die bereits
S. 189 erwähnten sceltata, o. w. fäd [woneben fed (s. S, 187) aus
*fehodes, -e für *fä^hodes, -e mit in nebentoniger Pänultima noch
nicht zu a geschwächtem o], o. w. täne, o. äskia, -ie und -ast,
-ath, w. aeschia, -ie und -at [aus *ä'skia{n), -ie oder -iu, -iath,
-ode usw. stammende Doppelform mit e begegnet nicht, war also
zur Zeit unserer Überlieferung wohl nicht in Schwang; umge-
kehrt finden sich nur o. wekande emarcescens mit -ande für
-iande (beachte Gr. § 304 und vgl. ahd. weichen, ags. wdcian 'welk
sein'), serade 'schmerzte' (PBrB. 14, 260), w. hitecnia Hett. 71,
0. hiteknath, schenien 'sichtbar werden lassen' (Gr. S. 232) und
vielleicht nur o. w. ma, -ie, -ade (in W 410, 3 stehendes ärade
ludogermanische Forschungen XIX. 13
194 van Hellen,
dürfte, wenn hier kein Schreibfehler vorliegt, gegenüber erade
Hett. 114, F 44 die regelrechte Form repräsentieren); beachte
auch an äskia angelehntes Subst. o. äsche F 154, w. äsche Hett. 82,
aesk\ 0. iväsanda^ cläthar Plur. mit clätha, -thra Gen. [hierneben
durch Ausgleichung o. kläth^ -e, -on usw., doch auch mit regel-
rechtem e kleth], w. klaen aus *klädan mit -an für älteres -ar
[auch kläd, -em, klänem]^ o. w. mära major [durch Anlehnung
auch 0. mä und war, w. maer neben regelrechten o. me. meer
(Gr. § 224, Aum. und 232), w. meer] ;
die S. 189 angezogenen o. läioa (wegen w. läuiva s. PBrB. 19,
354), 0. fräse^ w. fräse (Sing, oder Plur.), fraes [w. auch frees
mit aus dem Sing, und dem Dat. Plur. stammendem Yok.], o. läre^
aus 0. niiighenspätze zu folgerndes *späke [doch begegnen auch
regelrechte niügen-^ tiänspetz{i)e usw.], sowie w. läda Plur. 'Eides-
leistungen' [woneben Sing, lede^ led\ wegen der Zusammen-
gehörigkeit des Subst. mit leda 'leiten, den Beweis erbringen'
vgl. Richth.'s Wtb.] ;
außerdem o. läivia 'Erblasser sein' F 138 (überliefert ist
lawiane) mit ä wie in äskia sowie unter Mithülfe von läwa,
0. fiämända consortium mit -mända aus *gimä^nda (Suffix -ßan^
vgl. Gr. § 184, S. 150 und Kluges Nom. Stammbild. § 118 1) und
0. iväse 'Schlamm', w. *wäse (woraus nwfries. iveaze 'Schlamm')
SL\is*wä^se{vg\.üis\.weisa palus) [hierzu mit regelwidrigem Tonvok.
wäsich, -ech 'schlammig'], sowie vielleicht auch Ädaiverth^ wenn
der erste Teil dem ahd. Eito und nicht dem ahd. Ato entspricht.
0. spedla 'Speichel' hat e durch Anlehnung an gleich u. zu be-
sprechendes spedel. Für w. leka laicus ist wegen seines e Ent-
lehnung aus dem Nd. anzunehmen; e als der fries. Lautent-
wickelung entsprechenden Laut gewährt o. w. leia = ahd. leijo].
Von den adjektivischen a-Stämmen mit einfachem Dental,
k, einfacher Liquida oder einfachem n im Auslaut, denen in dem
Kasus auf -a, -a{n) ein ä zukam, erscheinen nur zwei mit solchem
durch Ausgleichung festgewordenen Yokal, näml. aus wanger.
wö"k saterl. tvök (Pauls Grdr. 1^, 1228), nwfries. iveack (bei G. Jap.)
zu folgerndes o. w. "^wäk [doch begegnet in nwfries. Mundarten
auch auf altes *ivek hinweisendes wiak] und aus nwfries. wrea(d)
'grausam, feindlich' zu erschließendes w. *wräth {= as. wred,
1) Wegen o. monda, fiämonda, s. Gr. § 184 am Schluß. Doppeldeutig
ist w. mända 'Gemeinschaft' entweder = o. -mända oder nach IF. 7, 328 ff.
= 0. monda.
Zum altfriesischen Vokalismus. 195
ags. tvrdd iratiis, infensus) [doch auch w. ivreet{h) mit wreedheet
H 84. 145, J 64, 21; sonst erscheinen mit aus den andren flek-
tierten Kasus und der unflekierten Form stammendem Vokal
0. hred, w. hreed, o. w. hei het, o. leth H 6, 8, E^ 6, 9, B^ 246,
15, R^ 122, 1, w. leed^ o. men^ w. meen 'falsch', o. swes Verwandt'].
Yon solchen substantivischen mask. a-Stämmen bietet nur neben
o. eth, w. eeth auftretendes äth (in Cod. IJnia nach Pauls Grdr. 1^,
1230, § 57) in dem [N'om. Akk. Plur. auf -ar und dem Gen. Plur.
auf -a entstandenen Vokal [sonst ger in o. etger, w. etker, o. gergeve,
w. fyüchtleeck 'Kampf(spiel)' (s. PBrB. 19, 373), o. w. sten^ slek
'Schlag', w. hermscheed 'auferlegte kircMiche Buße' (vgl. ahd. sceü
disciscio, ags. gescead 'Entscheidung'), w. wed sandix].
[Bei den neutr. a-Substantiven konnte der isolierte Gen.
Plur. auf -a sein ä der Stammsilbe nicht behaupten gegenüber dem
erhöhten Laut der anderen Kasus ; daher ausnahmslos o. w. ben,
del^ 0. windsei 'Seil zum winden'; für o. leth^ w. leed^ o. swet
(das übrigens auch M. sein könnte) käme überhaupt kein Gen.
Plur. in Beti'acht. Beachte auch o. spedel 'Speichel' (= ags.
spddl)^ 0. w. len {= ahd. lehan\ o. teken^ w. teken J 13, 4, Hett. 24.
69. 167. 173 (= as. teccm), mit aus flektierten *spä^d-les usw.,
Hä^-hnes usw., *tä^k-nes usw. stammendem e\ ein Prototyp mit
anorganischem -a- hätte eine Form mit ä ergeben. Beim o. w.
Verb heta ist das eigentlich dem Plur. Ind. (auf -ath\ dem Infin.
und dem Gerundium zukommende ä durch das e der I. Sing.
Präs. Ind., des Opt. Präs., Imperat. Sing, und Part. Prt. verdrängt^)
{in der 3. und 2. Sing. Präs. Ind. ä vor tt, ts, s. unten und wegen
o. Belege Gr. § 274, Anm. 3)].
Belege für e vor Ja der Folgesilbe: o. w. Uia 'Laie'
(s. oben), o.fretha 'Geächteter' (vgl. ahd. freideo profugus), o. sketha,
w. scheda mit auf *skäHhj- zurückgehendem Stamm (vgl. unten),
o. w. dela, o. -ande, o. w. -ane, o. -atJi Plur. Präs. Ind., w. -et (für
*-ath\ w. to helane, o. w. kera 'kehren', o. w. leda, o. -ane, o. w. -at{h),
o. w. lena, -ande^ w. mena, o. leiva 'zurücklassen', -ath^ o. w. lera,
0. reka^ -ane, ritsa, -ande, w. reka usw. aus *däHja{n) usw. Für
0. w. wesa, -e, orphanus, -a ist demnach eine Vorstufe mit j im
Suffix anzusetzen, [Auch für o. w. eive 'Gesetz', das im Gegensatz
zu ahd. ewa, -a, -u lex nach der schwachen Flexion geht (vgl.
1) Ob dem Part. Präs. regelrechtes ä oder e zukam, ist nicht zu ent-
scheiden, weil nicht zu ermitteln, ob zur Zeit der Affizierung von s« in be-
sagtem Modus -andi usw. oder -amdi usw. (vgl. oben S. 185) gesprochen wurde-
13*
196 van Hellen,
durchstehendes -a der flektierten Formen) wäre mit Rücksicht
auf ahd. em (vgl. PBrB. 21, 474, Anm.) die Möglichkeit von j-
hal tigern Suffix denkbar; doch könnte hier das e auch aus dem
Nom. Sing, herrühren].
Belege für das ä {a) dritter Kategorie: zu o. w. leda^
*hireda 'bereiten' und schwachstämmigem o. sketha^ w. scheda
gehörende Präteriten o. lätte, w. lät{te), laet, lät, lätten^ läten^ o. birät,
'bereitet' F 40, w. sc1iaet{e) und Partizipien o. lät^ schätz w. lät^
scJiaet, byscliätte, -a, önbescätte (Belege s. IF. 7, 345 f. und PBrB. 19^
408 f.; wegen der Quantität des Vokals vgl. oben S. 188), nebst
der 3. Sing. Präs. Ind. o. sMt{h) (Bei. Gr. § 274, Anm. 3. 289,
Anm. 1), w. laet, lät{h\ scliaet (Bei. IF. 7, 345 f.; vor gekürztem i,
ih stehender Vokal erlitt von Rechts wegen keine Kürzung, konnte
aber durch event. regelrecht gekürztes a der 2. Sing. Hatst, *schatst
beeinflußt werden, während umgekehrt auch läf, skät auf die
Quantität des Vokals der 2. Sing, einzuwirken vermochte) [als Ana-
logiebildungen erscheinen o. let 3. Sing., litte, {e)let, w. bereet Part.,
0. scheet 3. Sing. E. Sgr. 249, 29, skelh Part.], o. Mt{h), w. hae,
'heißt' und *Jiätst 2. Sing. [Analogiebildung o. het H, heeth E.
Sgl". 248, 14], w. fät pinguis und o. aus wang. saterl. fat zu
folgerndes *fät aus flekt. *fäHt- für *faitit- (aus unflekt. Form
wäre fet hervorgegangen), [o. w. hette 'Hitze' E ^ 247, 8 (aus *haitiß-)
durch Anlehnung], äththa, w. ätt{h)a 'Geschworener' aus *§iaißido
(vgl. Siebs in Heck, Die altfries. Gerichtsverfassung, 93), o. hlädder
in hläddergong 'Leitergang' [daneben o. Jdedere], o. änne, -a, ännen,
w. änne^ ännen^ o. äne^ -a, w. äwe, änen (mit n als Schreibung
für nn\ an Akk. Sing. M. [hierneben durch Ausgleichung seltenes
an Nom. Sing. M., vgl. oben S. 188*); umgekehrt auch enne\
0. w. hämmerk{e) 'Dorfsgebiet' [auch o. hemmertse^ w. Jiemmerket
hem{me)rike, him{me)rik^ mit i für e, wie in den PBrB. 19, 369
erwähnten Belegen; das e durch Anlehnung an hem^ s. oben
S. 193], o. {n)ämmon, *ämman (Gr. i^ 107 y, Fußn. 1), o. {n)ämmer
aus *{n)ä^mmonj *(w)ä*mmäV mit mm durch Assimilierung des
1) Durch Anlehnung an änne entstand der o. Akk. Sing. M. ängne (zu
enig) E* 145, 8 (wo ange als Schreibfehler steht), H 34-8, n. 7, P 355, 10.
In B öfters, in E' E* mitunter stehendes aetig, -e (bei. in R.'s Wtb.) kann
kein ä darstellendes ae enthalten {ae als Schreibung für S ist in B ' B *
völlig unbekannt, vgl. Gr. § 14); es ist hier an aus ä 'immerhin' und en{i)g
zusammengerücktes äeng zu denken. In dem einmal (R'^ 542, 1) begegnen-
den anich repräsentiert das a offenbar einen der in ms. R * nicht seltenen
Schreibfehler.
Zum altfriesischen Vokalismus. 197
ti von *{n)ä^u^) [hierneben o. nemman, nemmer, w. nemmen^ nemmer
(und nach PBrB. 19, 369 zu beurteilende nimmen^ nimmer) sowie
0. nemen{t\ erstere durch teilweise, letzteres durch gänzliche An-
lehnung an die Negation ne\ sodann auch o. emmen^ emmer^ w.
emmen^ emmer (und immen^ immer) durch Einwirkung von nemman
usw.], 0. ällewene^ -wa usw., äl{le)fta^ w. äl{li)fta [woneben o. elleva^
-en usw., ellefta, eleva, elefta niit teilweiser bez. gänzlicher An-
lehnung der ersten Silbe an twelef, üveJefta\ o. ärra^ w. ära [r
als Schreibung für rr) 'frühere' J 46, 62. 50, 40. 41. 87, 1 [durch
Anlehnung o. neben erost, -est überliefertes ärist und w. aerst\
neben ärra auch durch er und erost., -est beeinflußtes o. erra\\
0. (in R'K^) ändlova, -lofta 'elf, elfter' aus *ä^ndl- (für
*ä^nl-) mit epenthetischem c?;
S. 187 erwähnte o. fläsc, w. flaesch [woneben o. fleesc^
w. *flesk = nwfiies. flesJc\ o. gästlik, w. gaest animus [woneben o.
iestlic]^ w. gaest 'hohes, trockenes Land' (wegen der Etymologie
s. Nederl. Wtb. 4, 735) [w owehen geest, s.IR7,345], o.läst 'leistet',
eläst, w. last Part, [aus den Präsensformen mit *lä^stj- stammende
e-Bildungen bieten o. w. lesta, -e, -ande^ woneben o. lästa^ -ane usw.,
w. lästa^ laesta usw. (IF. 7, 345) als Analogiebildungen; beachte
auch 0. lestene 'Zahlpflicht'], o. mäst, w. maest [woneben o. mest],
0. mäster, w. maester [woueben o. mester] ;
[o. lesta 'geringste' H 334, 13, woneben o. w. lessa Kompar.
durch Anlehnung an lest- und les H 334, 17 = ags. Ices Adv.;
0. w. hera dominus ist wohl mit Walde (IF. 12, 381) als Lehn-
wort zu fassen = as. herro, mnd. here^) (vgl. außer an. herra auch
ags. auf Entlehnung beruhendes hearra)].
Belege für e bez. e (außer den bereits oben verzeichneten):
benen Adj., bethe 'beide', brede 'Fläche', mülabredene 'Erweiterung
1) Vgl. Gr. § 88. Die IF. 7, 359 vorgeschlagene Gleichung des in
mhd., mnd., mnl. {n)immer (aus niemer) vorliegenden tntn = mm der fries.
Bildungen empfiehlt sich nicht : neben {n)immer steht {n)ieman{t), neben
(n)ämmer jedoch {n)ämmon; für das mm von besagtem {n)immer ist
demnach ein nicht bei {n)ieman tätiger^Faktor geltend zu machen; für das
mm der beiderlei fries. Formen ist ein und derselbe Lautprozeß in Anspruch
zu nehmen. Die Annahme von in schwachtoniger Pänultima erfolgter
Kürzung wäre übrigens für diese Formen kaum zulässig.
2) Die IF. 7, S^S für dies Nomen vermutete Anlehnung an her
empfiehlt sich nicht, weil solches Adjektiv aus unseren Quellen nicht zu
belegen ; in W 438, 22 (bei Hett. 28) begegnendes herahoerna {heerehdrna)
hluud hat hera- {heere-) als Gen. Plur. zu here exercitus, nicht als zu hoerna
stehendes Adjektiv.
198 van Hellen,
des Mundes (durch Verletzung)' F 70. 72, del mask. i- Stamm
(Gr. § 170), eke quercui, etszen quernus, ere honor, ewe 'Ewigkeit'
H 337, 1, ewen 'ewig' (Gr. § 86 ß), eivig, -elic 'ewig', geia 'Buße
zahlen' (aus *gä^gjan eig. 'einen durch Bußgeld des erlittenen
Schadens erledigen', vgl. aisl. geigr 'Schaden'), -hed{e) in wished,
kerstenede usw., helig^ hethin, -ew, -on paganus, heme 'Haus' E ^
22, 7. 70, 26 (entweder = mhd. mnd. heime 'Heimat' oder Neu-
bildung nach Gr. § 177 = got. fem. ^-Stamm), üthemede 'aus-
ländisch* (Gr. § 288. Anra. 2), hemelic, hefe 'Hitze', klene, ofledene
(Gr. § 176), leia laicus, ler{e)st minimus, mene 'Vorsatz', mene
'gemein', mente 'Gemeinde', rede 'zur Hand', rethe 'vorhanden'
F 152 (vgl. mhd. reite paratus und s. wegen th als Schreibung
für d Gr. § 124, 4°), sele anima (aus *säHe für *sai-u-l- aus *saiuul-^
vgl. PBrB. 20, 509. 21, 462 ff.), sere Adv., serilsa 'Wunde', stenen,
twede 'zwei Drittel betragend', Uvene duo, -os, weden 'Waidfarben',
wednelsa und wedling 'blaufärbige Wunde', die Verbalformen
delU -e, -den^ {e)deled^ kert, -e, lendon^ len[e)d^ lerde, seit:
Av. bede ambo. del mask. «-Stamm, drewe (s. Zur Lexik, d.
Awfries. 12), eek^ eive, -ig, -elik^ ere mit eerlick, -sam, felich 'sicher'
Seh 732, -heed, helig, helg, hilg und hellig (das II durch junge
Dehnung) sanctus, cleen^ leedlik W imd leellick J 77, 9 [11 durch
junge Assirailierung), ledene, leia laicus, mene 'gemein', mensingheed
'Beteiligungseid' (s. Zur Lexik, d. Awfries. 36), meente 'Gemeinde',
neen 'nein' J 28, 3, mrethe 'in einen Körperteil eingerissene
Wunde' (Z. Lexik. 34), sele^ seer Adv., ermskethe 'Armscheide',
scheed 'Scheide', steente, stens^ stins 'steinernes Haus' (s. PBrB.
19, 369), twede^ tween, die Verbalformen delt, lent^ lende. Und, lerty
-e, lerde, meent^ (hi)serd Part.
IV. Zu altfries. äi (ev. ä) und ei (ev. e) aus *a vor ""jj.
Ein ganz anderes Bild als die Behandlung von altem ai
gewährt die Entwickelungsgeschichte von ^ai aus *a vor *;}'. Be-
lege (s. Zur Lexikologie des Altwestfries. 54) : w. ka{e)y Schlüssel'
(= ags. c%), laeyda 'schiefern' (vgl. as. leia 'Fels'), scräija 'schreien*
(ahd. screiön\ nwfries. kaei^ laei, skraeie, klaei 'Lehm' (ags. clces\
aei 'Ei' (ags. ce^), Häye {= ahd. Haio, as. Heio, vgl. PBrB. 30, 242);
0. c/äy, saterl. äe, wanger. m, im Wursten. Vokab. (PBrB. 13, 540)
und bei Cad.-Müller 44 käy^ bei C.-M. 40 öye 'Ei'. Daneben o.
(oft in H, aber auch nur in dieser Quelle überliefertes) kei
mit keia, -em als Gen. Dat. PI.
Zum altfriesischen Vokalismus, 199
Aus dem oben in III Erörterten ergibt sich, daß den ä-
haltigen Formen keinesfalls ein Prototyp zugrunde liegen kann,
das vor der Kontraktion von altem ai zu ä* ein aus a + dem
ersten Teil von jj entstandenes ai enthielt: beim Zusammenfall
der beiden ai wäre die nämliche Behandlung zu gewärtigen,
hätten kaij^ skrai-jan usw. über käej\ sh'ä*ja{n) usw. kej^ screija
usw. ergeben müssen. An durch Dehnung direkt aus jungem ai
entstandenes äi ist nicht zu denken, weil sich solche Annahme
meines Wissens durch keinen parallelen phonetischen Vorgang
stützen ließe. Eher empfiehlt sich hier Anknüpfung an die nach
PBrB. 19, 376 ff. durch Doppelformen wie däu ros, thäu mos,
häuiven und höuwen 'gehauen', scäwiane (d. h. scäuwiane) und
scöuwia usw. sich für das Vorwestfries. ergebenden Lautent-
wickelungen: aus *aiv-iv- entstandenes *au-w- wird zu *ä-w-^)
bez. (unter bestimmter Bedingung) *ö-w-^ woraus äu-iv- und öu-w-;
auf auslautendes '*aww zurückgehendes *auw wird zu *äu\ wo-
für durch Einwirkung von äu-io flektierter Bildungen äu (Ab-
sorption von w durch u). Als Gegenstücke hierzu begreifen sich
im Vorwestfries.: aus *aj-j- entstandenes *ai-j-^ woraus *ä-j-,
woraus äi-j-^ und aus *ajj entstandenes *ay, woraus *äj. wofür
äi. Aus diesen vorwestfries. Lautprozessen aber sind hiermit
übereinstimmende vorostfries. zu folgern, welche die Entstehung
veranlaßten von überlieferten o. däwe rori, häuwen, häwen Part.,
häwa, -e, häut{h\ biskäuiviath, -skäiviath (hier indessen kein auf
ö zurückgehendes öu) und cläi/., käyde^ *äi (s. oben); (nur für
die Mundarten, näml. R^HFP, wofür wegen in den betreffenden
Quellen fehlender Schreibungen auw usw., s. Gr. § 38 y, die
Existenz zur Zeit der Überlieferung nicht feststeht von post-
vokalisch vor heterosyllabischem iv entstandenem homor-
ganen Vokallaut, folglich auch gleichartiges vor
heterosyllabischem j entwickeltes * fraglich sein könnte,
wäre die Möglichkeit von noch nicht zu äii-iv-, äu, äi-j-, äi
entwickelten ä-w-, äw, ä-j-^ äj in Betracht zu ziehen). Die aus
dem voranstehenden hervorgehende chronologische Konsequenz,
d. h. relativ späte Entstehung von *ai aus *aj von *ajj (mithin
1) Ob diese Kontraktion jüngeren Datums als die vor anderen Kon-
sonanten erfolgte Monophthongierung des au und die Umlautung von
hierdurch entstandenem ä, bleibt eine offene Frage. Möglich wäre ja auch
folgendes: zunächst Erhaltung von au, woraus durch Umlaut ei/ (d. h. c«ä);
dann gleichzeitige Kontraktion von au vor w, von au vor anderer Kon-
sonanz, von ey (zu e«, woraus e).
200 van Helten,
auch von *au aus *aw von *aww\ kann nicht befremdlich er-
scheinen bei Berücksichtigung von aus Rüstring. tre{u)we, as.
üthleuiian usw. (s. PBrB. HO, 248) zu folgernder, verhältnismäßig
junger Genesis von eu aus *ew^).
Gegenüber den Bildungen mit äi[-) bez. ev. äj{-) nimmt
0. Mi H eine isolierte Stellung ein, die auf eine unter besonderen
Umständen erfolgte Entstehung des abnormalen Lautes hinv^eist.
Neben altem Subst. *kajja, -es usw. stand ein aus o. käyde 'unter
Verschluß, Verwahr hielt' F 120 zu folgerndes Denominativ mit
*kajji-. Durch jj wurde, wie das oben Ausgeführte lehrt, das a
nicht umgelautet; für ""kajjf (Instrum. des Subst.) und *kajji- des
Verbs ist dagegen Umlautung des Wurzelvokals durch -f, -i- an-
zunehmen. So entstanden neben *kajjes usw. *kaijes usw. *käjes
usw. und *kajj^ *kaij, *käj ein Instrumental *kejj^ "^keijf, *keji
und Verbalformen mit *kejji-^ *keij{i)-, *kej{i)-, woraus durch gegen-
seitige Beeinflussung neben *käjes usw., *käj auch "^kejes usw.,
*kej, neben *keji und *kej{i)- auch *käji, käj{i)- (weil für den
Hunsigoer Dialekt nach Gr. § 38 t Entstehung von Langdiphthong
aus langem Vok. vor heterosyllabischem _;' nicht absolut feststeht,
lasse ich hier Bildungen mit äi-j^ äi und event. ei-j^ ei beiseite).
Daß in unseren Quellen nur kei und käyde begegnen, kann nur
auf Zufall beruhen ; man beachte übrigens im Wursten. Vokab.
und bei Cadov.-Müller verzeichnetes käy.
V. Zu den Reflexen von altem aw vor stimmloser Spirans.
Die PBrB. 14, 241 aus ächta für die Entwicklung des Ton-
vokals von 0. {bi)netha periclitando petere, acquirere, evest 'Neid',
seftechhed gezogene Konsequenz wird hinfällig durch das in Zs. f. d.
Wortforsch. 7, 271 ff. über die Nichtexistenz eines ächta, echta
'ächten' Bemerkte; war haben uns deshalb nach einer anderen
1) Auf eine ältere, in die der Umlautung vorangehende Periode zu
verlegende vorengl. Entstehung von in Rede stehendem ai (und au) könnte
man beim ersten Blick schließen aus dem ce von ags. ccBg, cldg, wg. Doch
ist für die Beurteilung dieses Lautes der Umstand zu berücksichtigen,
daß aus ags. ceghwelc, wghwä, ceghwceder sich eine junge, durch folgendes
5 hervorgerufene Affizierung von d zu ce ergibt : im Hinblick auf für die
Umlautung feststehende Chronologie (zuerst Umlaut, dann sekundäre Vokal-
apokope) ist eben die Entwickelung von ce in ceghwelc usw. nicht auf
Rechnung des i von -^i- zu stellen ; denn erstens dürfte es fraglich sein,
ob zur Zeit der Umlautung die beiden Teile besagter Pronomina bereits
zusammengerückt waren, zweitens aber hätte solche Zusammenrückung
Formen wie aiua- oder äuagihwelTka usw. ergeben müssen.
Zum altfriesischen Vokalismus. 201
Deutung des besagten Lautes umzusehen (wegen des hier nicht
in Betracht kommenden, in § 42 der aoMes. Gr. auf fanhti zu-
rückgeführten fech{t) s. oben S. 178). {Bi)neiha^ w. binetten Prät.
W 440, 19 usw. könnten an sich die Annahme gestatten von zu-
nächst auch vor ?*, f, i der Folgesilbe für an eingetretenem ö, das
hinfort zur Zeit der ümlautswirkung zu d wurde, woraus über-
liefertes e (Pauls Grdr. P, 1183. 1209); vgl. auch o. te'th Nom.
Plur. neben töth und brockte, {e)brÖcht, thögte 'dachte', tögta
*Gedanke', öther, w. brockte, tockte, öder. Doch widersetzt sich
solcher Fassung das ä von o. /a(«), w. faen 'fangen', o. fätk, w.
faetk Plur. Präs. Ind. bez. Imper.: bei allgemeiner Entwicklung
von ö wären für das Yerb als historische Reflexe der alten Formen
nur solche mit uä aus ö vor a (wie in o. to kwände 'zu hangen'
und hiernach anzusetzenden *hwä{n), *kwätk, vgl. Gr. § 20 y) und
e (vor i-haltigem Suffix) zu gewärtigen. Das ä von fä{n\ fätk
weist unbedingt darauf hin, daß aus altem an beim Yerklingen
des Nasals außer ö auch ä entstand i). Als Faktor aber solcher
Nichtverdumpfung ist natürlich ein i- bez. ^-Laut der Folge-
silbe in Anspruch zu nehmen. VorderUralautung nun konnte
dieses der 2. und der 3. Sing. Präs. Lid. zukonunende ä durch
Ausgleichung in die anderen Präsensfoimen eindringen. Daher
dem überlieferten ä zugrunde liegendes ä, woneben durch Um-
laut enstandenes e in der Analogiebildung *^ifekin (woraus o.
neben {e)fenszen, -äsen, -sen, -gen überlieferte gefen, {e)fen^) und
der 2. 3. Sing. Präs. Ind. *fe/is{t), ""fe/itk (woraus nach Gr. § 276ß
*fechs{t), *feckt{k\ die in der Folge durch Anlehnung an die Ä-lose
Form der anderen Flexionsbildungen o. */'es<, feth ergaben^);
wegen o. w. /e, w. kive Opt. als Analogiebildungen nach o. ie, sie,
skie, w. sie, sckie s. PBrB. 14, 142; dem Part, fm entspräche *ken,
das durch Anlehnung an *kwd{n) usw. zu o. w. kwen wurde).
Also auch (bi)netka usw. mit e bezw. e aus ä.
Groningen. W. van Helfen.
1) Zurückführung von fü auf fwö (Pauls Grdr. 1^ 1210) ist abzuweisen :
lautgesetzlicher Schwund von u ließe sich schwerlich plausibel machen
und für die Annahme analogischer Entwickelung von fä nach *fest, feth
spricht eben nicht duä mit *dest, deth.
2) Die w. Quellen gewähren faen mit aus dem Präs. entnommenem
Vokal oder als Fortsetzung von *;^ifähen.
3) W. waren die Analogiebildungen *fuchst, *fochst, fücJit, focht
(s PBrB. 19, 384) in Schwang.
202 A. Leskien,
Das Slavische in dem Etymologischen Wörterbuch der
griechischen Sprache von Prellwitz.
Beim Gebrauch der zweiten Auflage von Prellwitz' Werk
habe ich einige Bemerkungen gemacht, die ich zu Nutz und
Frommen andrer Benutzer zusammenstellen will.
In der vergleichenden Lauttabelle (gleich nach der Ein-
leitung) werden als Vertreter von idg. r und / angegeben slav.
n und il. Das ist unmöglich, entweder man muß schreiben fr,
il, denn so kann man die urslavisclien Formen ansetzen, oder
man braucht n, li als Transkription des Kirchenslavischen pi p&.
Es ist einerlei, ob man das abg. r (in der Schrift p» oder pa)
mit rti oder ri wiedergibt, wenn man nun einmal buchstäblich
umschreiben will. In dem ganzen Buche wird aber ri außer in
einigen vereinzelten Fcällen {srtdice unter Kfip, vrichü unter piov,
skvrma unter cKUjp) nicht angewendet, sondern das meist von den
Sprachforschern gebrauchte rw; ir bei mirknqti (u. luöpqpvoc),
mit dem Beisatz kirchenslavisch ; eine solche Lautgestalt ist aber
gerade nicht kirchenslavisch. Wer einige Kenntnis des Slavischen
hat, kann wissen, daß mit dem rü nichts anderes gemeint ist
als r. Ich glaube aber, man kann ruliig annehmen, daß von den
Benutzern des Buches kaum der zehnte Teil diese Kenntnis hat.
Was mögen sich nun die übrigen bei Schreibungen wie vrüzq,
vlükü usw. denken, wenn sie sich das n der Lauttabelle gemerkt
haben? Wenn manche Etymologen etwas mehr Slavisch und
ihren Vorteil verstünden, würden sie die Schreiberei r«, lü über-
haupt aufgeben, die an sich ganz unberechtigt ist und nur irre
führt, und würden die altrussische Form der Worte einführen^
denn da heißt es wirklich mirknqti^ virzq und zum Unterschiede
davon gürdü^ während in der kirchenslavischen Lautform es
m'^knqti g^dü ohne Unterschied heißt. Bei il versagt für den
Unterschied auch das Altrussische, da hier altes ü ül in ül zu-
sammengefallen sind: pülnü (= *pilm) gülkü, allein das böte
immer noch den Vorteil, daß wenigstens die alte Stellung von
Vokal und Konsonant daran zu sehen ist, und somit kenntlich
gemacht würde, daß diese Silben von rü in krüvi plüti ver-
schieden sind (im heutigen Russisch potnyj goik; krov ptot').
Wer ohne weitere Kenntnis bei Prellwitz liest plünü krüm, wie
Das Slavische in dem Etym. Wörterb. der griech. Sprache v. Prellwitz. 205
soll der auf den Gedanken kommen, daß es sich um ganz Ver-
schiedenes handelt? Wie irreführend das ganze Verfahren wirken
muß, kann man an dem Artikel piov beobachten : "piov n. Berg-
spitze, Vorgebirge (Hom.), *vrisom^ vgl. ksl. vrkhü Höhe, Gipfel,
vgl. as. wrisi-ltk riesengleich, an. herg-risar, ahd. riso^ nhd. Riese^
ai. vfßan hervorragend, gewaltig, vris- aus vrs- : vers-, s. öpoc".
Die Art der Zusammenstellung muß den Leser notwendig zu
dem Glauben bringen, das slav. vrich- sei = vris-^ während es
== *vbrch- ist; umsomehr als unter öpoc, wenn er das zur weiteren
Belehrung nachschlägt, zwar lit. virszüs (das dem slav. vbrchü
entspricht) steht, aber das slavische Wort fehlt. Zum Irrtum muß
auch veranlassen russ. perdet' u. irepöo^ai; Aver soll raten, daß
dies = pirdeti ist, namentlich wenn er lit. perdHu daneben sieht.
Dazu kommen noch Druckfehler oder Verschreibungen : u. d|ue\YUj
mluzq 1. mlüzq, u. ßXdßri mluciti 1. mlüciti^ u. eKdepioc vrugq
1. vrügq^ u. Kpeac kruin st. krüvi.
Wo im Kirchenslavischen ^ [ü] h (f) stehen außerhalb der
Verbindung mit r, /, ist nicht mit der nötigen Genauigkeit ver-
fahren; öfter begegnen u statt m, i statt f: u. d'YX^Ju qziiku 1. qzükü-^
u. Geiviu zinjq (schneide) 1. Hnjq, u. Kav9öc kqtu 1. -tü^ u. K\eic
kljuci 1. -et, u. kujXov cUnu 1. -nü^ u. judxeicai minq meti 1. minq^
umgekehrt inü u. oivr) st. inü^ u. efxc^^c und u. i)Lißripic qgoristi
st. qgoristi^ u. eE zweimal izü st. izü^ u. ituc viti 'drehen' st. viti ;
u. bepr) grivina st. grivina\ u. 7Teii9o|uai hudeti 1. büdeti^ u. Tricca
^"Hm ]. -Zm, u. ttXivOoc pUnuta 1. plinüta, u. ttövtoc ^(?h' 1. ^^^i",
u. xöXoc zluci 1. i^fjY. Es sind das freilich Kleinigkeiten, aber
gerade durch die Nachlässigkeiten etymologischer Wörterbücher
verbreiten sich falsche Formen immer weiter. Welcher des
Sla vischen unkundige Leser kann auch wissen, daß es eine
Präsensform zinjq, minq, eine Wortform qgoristi nicht gibt?
Etwas mehr Sorgfalt wäre auch geboten gewesen in der
Scheidung von älteren und späteren Formen, wenn sie sich
unterscheiden durch Festhalten oder Weglassen des m, i; die
altkirchenslavischen Formen sind nicht zreti (u. fepiuv) zvati (u.
Tooc), dva (u. öuo), gnati (u. 9dvuu) prati (u. rrepa), sondern zbrefi,
züvati, düva, pirati, günati\ u. x^^ic stehen neben einander zelim
und zelvi, beide sind ganz dasselbe, in dem zweiten ist ü aus-
gefallen. Einen alten, immer wiederkehrenden Irrtum, für den
ich Prellwitz nicht verantwortlich mache, will ich bei der Ge-
legenheit hervorheben, die slavische Form für YaXouuc ist nicht
20 i A. Leskien,
zlüva, sondern zülüva^ das geht, von anderm abgesehen, aus dem
serbischen zaova hervor, denn wenn lü ursprünglich wäre, müßte
es dort *zuva heißen.
Yon Einzelheiten sind mir noch aufgefallen: u. afxu^J qzq
1. azq (Pi'äs. zu qziti) ; u. (xkic, osütü heißt nicht 'scharf, sondern
bedeutet eine dornige Pflanze; u. aWd: das dazu gestellte slav.
aU (aber) besteht aus den beiden Partikeln a (= lit. ö) und Ze,
daneben a-li, und lit. alh ist ganz sicher ein Lehnwort aus dem
Slavischen. Unter d)LieißiJU ist ein ksl. miglivü 'beweglich', unter
Berufung auf Fick^ 510 herangezogen. Es heißt nicht 'beweg-
lich', sondern 'blinzelnd'; in Mklosich LP steht sogar das Zitat
oko malo i miglivo (ein kleines und blinzelndes [zwinkerndes]
Auge), also gehört es zu mignqti migati lit. rriigti (einschlafen),
megöti; bei Fick ist hinzugefügt 'russ. wi^d^i" blinzeln, ausschlagen'.
Tatsächlich wird russ. -dialektisch migdf vom Ausschlagen der
Pferde gebraucht, natürlich ist es ein bildlicher Ausdruck. Wenn
Fick migdf 'blinzeln' mit d)aeißuj vergleicht, so ist das seine
Sache, aber Prellwitz nimmt das unter seinem djueißuu nicht auf,
dagegen steht bei ihm slav. mignqti mizati, lit. megöti unter ö|LiixXr|.
Unter d|ucpi obü 'überhinaus', das Wort heißt nur 'um' und 'an';
u. ßöeuj neus\^\. pesdeti \. pezdeti-, u. ßoperjc : *^on, bei dem ich
mir nichts denken kann, wahrscheinlich ist der russ. Plur. gory
zu gora gemeint, das Kreuz überflüssig; u. ßpOxioc grezq, das
Yerbum heißt greznqti, Fräs, greznq; u. ßpuxuj gryzq, muß heißen
gryzq (Präs. zu grysti). Unter beXroc polu. dton (flache Hand);
warum hier nicht ksl. dlani:, man wird überhaupt zuweilen durch
heutige slavische Sprachformen überrascht, wo man sie nach
der ganzen Anlage des Buches nicht erwartet: so steht unter
äp-rrn ksl. srüpü^ poln. sierp., russ. serpüx die russischen und pol-
nischen Formen sind hier ganz nützlich zur Aufklärung des
Lesers, daß die altkirchenslavische Form für srtrpü steht, aber
dann hätte das auch sonst bei gleichartigem Lautverhältnis ge-
schehen müssen. Unter GficGai, dojq (Präs. zu dojiti) heißt nicht
'saugen', sondern 'säugen'; u. 'icTr||ui stati 'stehen', es heißt 'sich
stellen'; u. icxvoc seknati 'fließen', bedeutet 'sickern, versiegen'.
Unter KeKacpriöia und u. Kriqpriv steht ein capü; das Wort kommt
allerdings bei Miklosich LP vor, aus einer späten kirchen-
slavischen Quelle, aber mit dem Zusatz forma et genus dubia
sunt. Ich meine, die Etymologen haben genug mit zweifelhaften
Dingen zu tun und brauchen nicht ihnen ausdrücklich als
Das Slavische in dem Etym. Wörterb. der griech. Sprache v. Prellwitz. 205
zweifelhaft bezeichnete Wörter zu verwerten. Ein gleicher Pall
findet sich u. juapaivuj zamarinü 'eitel, nichtig'; es steht Mikl.
LP 'f Litilis', in seinem Etym. Wtb. schon zweifelnd (unter marinü)
'wohl futilis'. Das Wort kommt, so viel ich habe nachkommen
können, an einer einzigen Stelle einer altrussischen Schrift vor
(zitiert von Sreznevskij Materialy dlja slovarja drevne-russkago
jazyka): ovy gusUnyja glasy ispuscajusce^ drugijja ie orüganmyja
glasy pojuäce^ inemü zamarmyja pisky glasjascemü. diese ließen
Gusli-Töne los, andere sangen Organ-Töne und andere ließen . . .
Pfiffe (schrillende Töne) erschallen. Da die Adjektiva gushnyj
und orgamnyj von Namen musikalischer Instrumente abgeleitet
sind [gusU^ organü), liegt es nahe, dasselbe bei zamarbnyj anzu-
nehmen; Sreznevskij führt auch wirklich ein zamüra 'musikali-
sches Instrument' an, aber ohne Beleg. Es fällt mir natürlich nicht
ein zu verlangen, daß Prellwitz diese Dinge wissen soll, aber
man darf wohl fragen: wenn Miklosich ein Warnungszeichen
aufpflanzt, warum läßt sich der Etymolog nicht warnen?
Da ich mehrmals Miklosich' Lexicon palaeosloveuiciun
(1862 — 65) erwähnt habe, möchte ich eine allgemeine Bemerkung
einschalten. Die in etymologischen Schriften gebrauchten kirchen-
slavischen Wörter stammen fast alle aus diesem Buche ; seit dem
Erscheinen von Miklosich' Etym. AVtb. d. sl. Spr. (1886) wohl
auch aus diesem. Das Lex. pal. ist ein bewundernswertes Werk,
aber richtig gebrauchen kann es nur, wer eine ordentliche
Kenntnis der altkircheuslavischen Grammatik hat und den Wort-
gebrauch wenigstens der ältesten Quellen kennt, denn erstens
steht bei Miklosich manches, was überhaupt nicht kirchenslavisch
ist; zweitens sind Wörter aus Handschriften aufgenommen, deren
Form oder Bedeutung unsicher ist; drittens werden kirchen-
slavische Wörter in einer jüngeren, späteren Lautgestalt aufgeführt;
viertens ist die unmittelbar nach dem Stichwort stehende latei-
nische oder griechische Yersion oft sehr unbestimmt, gibt nicht
die eigentliche Bedeutung des slavischen Wortes wieder, sondern
ein griechisches Wort, das aus dem griechischen Grundtext des
slavischen Übersetzers von diesem übel und böse durch ein
slavisches übertragen ist. Wenn nun einer die Stichworte mit
dem Finger herunterfährt und dabei die nächste Bedeutungs-
angabe aufrafft, gerät er in allerlei Fallstricke. Ich erinnere mich
vor Jahren einmal — ich weiß nicht mehr wo — bei einem
Etymologen die Vergleichung von xoinqpoc oder YaiLKpn^ai n^it
206 A. Leskien,
«iner angeblichen slavischen Wurzel zah- in einem angenommenen
'zab-iW gelesen zu haben. Im Lex. Pal. steht zufällig als erste
Bedeutung unter zabiti n\oOv clavo figere, die Versuchung lag
also ualie, das slav. AVort mit Wörtern für Nagel oder Pflock
(lit. ghnbe) in Verbindung zu setzen. Wer ein wenig Slavisch
verstand, hätte der Versuch img widerstanden und richtig za-biti
{za Präposition, hiti schlagen) geteilt und gewußt, daß dies 'zu-
schlagen, einschlagen' bedeutet. Prellwitz ist auch vor solchen
Dingen nicht bewahrt geblieben : unter cpdoc steht 'ksl. obaviti
zeigen', er hat also geteilt o- (als Präposition) baviti. Das Wort
obaviti ist richtig, bei Miklosich steht es so, 'öeiKVuvai monstrare\
aber man muß den Artikel ein bischen weiter lesen, da steht
*pro obüjaviW; das Wort ist zu trennen ob-aviti und enthält das
Verbum javiti (aviti) kund, offenbar machen, anzeigen.
Unter Koeuu stehen als möglicher Weise verwandt lat. caveo,
lit. kavöti, lett. kavdt verwahren, behüten ; ich erwähne es hier
mit, weil es sich um ein slavisches Wort handelt, kavöti ist ent-
lehntes poln.-weißruss. cliovat'. Es scheint trotz Brückners 'Die
slav. Fremdwörter im Litauischen' (1877) unmöglich zu sein, diese
Lehnwörter als echt litauisch aus den etymologischen Wörter-
büchern auszurotten ; auch bei Prellwitz kommen wieder magöti
{\\. lufixoc) aus sisiy.-magati, mllt/ti 'verfehlen' (u. |ue\eoc) aus poln.-
weißruss. mylic\ eine andere Form des Wortes, wo y durch w«,
wie oft im Lit, wiedergegeben ist, steht bei Kurschat Ld. Wtb.
unter mmlyju : ap-si-mmhjju 'sich betrügen, sich versehen', fälsch-
lich zu mmlyti "seifen' bezogen; stäine (u. ctia) ist weißruss.
stajna ; lett. studins Sülze (u. CTuqpuu) aus russ. stiideni dss., u. a.
Unter KÖWa serb. klja Leim 1. klija] u. KÖpcri srachükü 1. srüchükü;
u. KocKivov cediti 1. cediti] u. Xa)u6c bulg. laynja 'Art Schlange',
es ist aus dem NeugTiechischen \a|aia entlehnt, das in mehrere
Sprachen der ßalkanhalbinsel übergegangen ist. Unter laöpqpvoc
marka als kirchenslavisch 'Verfinsterung', existiert nicht ; u. vairn
steht hinter 'ags. neowol' in Klammern 'ksl. niklü\ was mag das
hier besagen sollen ? niklü ist das sogen, l- Part. Prät. zu nik-nq-ü.
Unter veioc '= ksl. niva (aus '*neivä) Acker; serb. njiviti pflegen';
das serbische Wort hat mit njiva nichts zu tun, sondern ist
eine dialektische Nebenform zu njihati {od-njihnti\ gebraucht
vom Wiegen, Hätscheln der Kinder; nebenbei bemerke ich, daß
das serb. njiva {niva) mit seinem n die Etymologie erschwert.
Unter ößpi|uoc ksl. ja^a Beere, das Wort heißt ^'a^oc?a ; u. öktüu,
Das Slavische in dem Etym. Worte rb. der griech. Sprache v. Prellwitz. 207
osmi heißt nicht Mer achte', sondern 'acht', die Ordinalzahl ist
osmü; u. TidWaH, das nach Bezzenberger mit clovekü Mensch zu-
sammengestellt ist, hat Prellwitz noch clovecica ''Magd' hinzu-
gefügt, wie es scheint, um zu der Bedeutung 'Kebsweib' über-
zuleiten; das Wort stammt aus einer serbischen Urkunde des
15. Jahrhs. und wird dort nach Analogie von clovekü^ das manch-
mal in den Urkunden im Sinne des mhd. 'man' (Abhängiger, zum
Hause Gehöriger) gebraucht wird, so angewendet; u. Treidwuiuii
'neuslov. pleste Schulter', es ist das allgemein slav. "Wort, und
die Anführung als JSTeuslovenisch (wo es plece heißt) kommt
nur durch den Druckfehler nsl. für asl. (= altslovenisch, d. h.
nach seiner Terminologie kirchenslavisch) in Miklosich Et. Wtb.
Unter meZiuu pihati\ warum ist hier h geschrieben (auch sonst
gelegentlich, z. B. duhü unter 0u|a6c), die von Miklosich befolgte
Schreibung nachgeahmt, während Prellwitz sonst ch schreibt;
ich denke dabei immer an die Verwirrung, die solche Ungleich-
heiten bei einem des Slavischen unkundigen Leser hervorrufen
müssen. Unter poödvri ; niss.^rowrw ist kein Adjektiv, sondern Sub-
stantiv. Unter poGoc figuriert ein ksl. strada tö uYpov, bei Miklosich
mit dem Zusatz vocabulum dubium. Die dort zitierte Stelle stammt
aus dem Sestodnev des Exarchen Johannes (Bodjanskij's Aus-
gabe Bl. 178b): da ne tezestiju strüdi ta ispadetü vonü, d. h.
'damit nicht durch die Schwere der Honigseim herausfalle'
(nämlich aus den Waben, von deren Bau dort die Rede ist);
strüdi ist das richtige slav. Wort und strada eine falsche Lesart.
Das kann Prellwitz freilich nicht wissen, aber was hat er mit
solchem vocabulum dubium zu schaffen und damit seine Leser
irre zu führen? Unter cKd-rrTou 'ksl. skopati^ grabe'; gibt es nicht,
ich vermute, es ist russ. skoimt' (abgraben) gemeint, dies aber
ist = sb- (Präposition) kopati-^ u. ckcWuj neuslov. skeleti skleti
'brennen', das Wort wird nur gebraucht von beißenden, brennen-
den Schmerzen, von ßaucli, der in die Augen beißt; u. CKepacpoc
neuslov. scrba 1. scrba\ u. cKeuoc ksl. scuti^ soll heißen neuslov.;
u. CKu\a2 poln. skolic skidic^ 1. c statt c (derselbe Fehler unter
Taxuc dqzt/c, u. x^ctpov gtodzic^ 1. -c). Unter laXic: 'lat. talea f.
Reis, SetzKng = ksl. talija f. ramus virens'; bei Miklosich steht
zu dem gleichbedeutenden talij beigeschrieben: de slavicitate hujus
vocabuU dubitari potest ; an der dort zitierten Stelle wird es noch
mit & geschrieben und ist das spätgriechische ins Slavische über-
gegangene eaWiov = 6aX\6c. Unter Te\|aa steht neben dem ksl.
208 A. Leskien, Das Slav. in dem Et, Wlb. d. griech. Sprache v. Prellwitz.
ttleti corrumpi noch bulg. tleja, russ. tleti; zu welchem Zweck?
beides sind nur jüngere Lautformen für ttleti; u. re^viu ein ksl.
timeti spalten, ein solches Wort gibt es nicht ; u. tiuj : cena heißt
nicht 'Ehre', sondern 'Preis' (Wert eines Dinges), und das ti|liii
bei Mikl. LP. ist im Sinn von Preis zu verstehen; u. töttoc: der
Inf. zu tepq heißt nicht tepti^ sondern teti. Unter TuXri steht lett.
tiize {z = ts) Regenwolke, es ist entlehntes russ. tuca und dies
ist = ^^m; u. qpaiöpöc 'ksl. po-zeti schauen', ist nicht kirchen-
slavisch, sondern russisch - dialektisches j^ozef {z, nicht i); u.
qpepiu: sü-berq sammeln, warum das Kompositum? berq ist ein
allgemein slavisches Wort. Nebenbei bemerke ich : das unter
qpGdvuj mit lett. spiics u. a. verbundene englische spite ist romanisch,
aus despite entstanden. Unter xapoTiöc ztreti 1. zhreti] u. -xi steht
se-zi neben si-zi ganz überflüssig und kann nur irre führen, es
ist nichts anderes als die spätere Lautform für si-zi\ u. njeubu»
ispijti vergebens, das sind zwei Wörter: is (für izüVtsc^.) spyti\
statt spytnü ebd. 1. spytinü.
ISTeben dem Slavischen habe ich mir auch das Litauische
angesehen. Ich habe keine Lust, mich damit w^eiter abzugeben,
nur auf eines will ich hinweisen: in der Akzentuierung der lit.
Wörter herrscht eine erstaunliche Konfusion. Ganz bekannte
Wörter stehen ohne Akzent (wenn Prellwitz ihn nicht kannte,
konnte er ja bei Kurschat nachschlagen), z. B. avizos (aiYiXujip),
kaupas (d|U(piKU7TeXXov), nügas (tuilivöc), gulti (TuuXeöc), degti (ödqpvri),
devas (öeatai), daina (öiejuai), dübe (BdTTTuu), usw. Da Prellwitz das
Kurschatsche Zeichen des geschleiften Tones ~ anwendet, muß
man annehmen, er habe, so weit es möglich ist, nach dessen
Art akzentuieren wollen, aber man würde sich täuschen; bei
geschleiften Längen wendet er auch ' an : vögti st. vögti (dxvujui),
vdszkas st. väszkas (iSöc), kvdpas st. kväpas (dTroKdTTUCcev), um so
störender, als daneben richtig kvSpti steht; käias (KeXeuOoc)
st. kelias; geisti st. geisti (Kicca), kränkti st. krankti (KopaE), kumpas
st. kumpas (kuttcWov). Falsch sind außerdem akzentuiert katnas
st. kdlnas (koXujvoc) knebenu st. knebenü (KvdiTTUj), kruvlnas st. krü-
vinas (Kpeac), szü st. szü (kuuuv), ^mw^i (das viäxQ piaTdi) s^. piduti
(TTauuu), skaistas (das wäre skatstas) st. skdistas (cKid), trükstu trükti
st. trükstu trükti (Tpuxuu). Unter dpa steht lit. är statt richtig
ar, dasselbe als Druckfehler bei Kurschat Ld. Wtb. s. v.
Leipzig. A. Leskien.
A. Leskien, Litauisches mozöti, mästegüti. 209
Litauisches mozöti, mästegüti.
Ein litauisches mozöti, nach Kurschat LDW. 'womit hin-
und herfechten, wedeln, schwenken', verbindet Prellwitz BB. 26.
306 mit |uaio)uai (so auch in seinem Etyra. Wtb.) und stellt die
Vermutung auf, z möge aus zd entstanden sein. Die Etymologie
ist mir gleichgiJtig, ich möchte nur feststellen, daß die Form
mozöti (oder mozüti, wie Kurschat an andern Stellen schreibt)
falsch ist, es muß mosüti heißen. Wo es in der Literatur vor-
kommt, ist es immer so geschrieben: Juszkiewicz Dainos 191. 3,
oszMle rägajs mosävu (3. Sing. Prät. zu mosüti), Svodb. d. 904. 6
öszka szökdama su rägajs mosävu; Dainos 1102. 10 su muskietoms
tabäj mosüdami ; Witolorauda 42. 2 sii meceis ant pekliszku dwasiu
mosüdami, 140. 4 lekia per Lietuwq ir su skarq mosüja; 234. 19
haisus aitivaras su sparnais mosüdams; in einer Besprechung von
Kurschats Lit. d. Wtb. in den Mitt. der Lit. liter. Ges. IL 127
wird ausdrücklich gesagt, mozöti kenne man in Kagnit nicht,
es heiße mosüti.
Das Yerbum mästegüti hat Prellwitz BB. 24. 106; 26. 305
und darnach im Etym. Wtb. mit indcTiH luiacTiTÖuj zusammenge-
stellt. Ob das richtig ist, weiß ich nicht; wenn ich die ver-
schiedenen Formen des Wortes zusammennehme, scheint es mir
mißlich damit zu stehen. Prellwitz kannte das Wort nur aus
Jurkschats Lit. Märchen S. 16 su kärdu mästiegüt *mit dem
Schwert umherfuchteln', bei Kurschat fehle es. Doch nicht, es
steht im DLW. unter 'herumfahren' sü rankomis mastegöti und
unter 'schwingen' kdrdu mastegöti. Da Kurschat oft nicht recht
weiß, ob er e oder e, o oder ü setzen soll, kann es auch mästegüti
gelesen werden ; außerdem steht es in Bezzenbergers Lit. Forsch,
143 als mästagöti herumfuchteln, hantieren. Prellwitz selbst hat
aus eigener Erfahrung BB. 26. 305 noch hinzugefügt mästagüti,
nach Mitteilung anderer BB. 24. 106 möstagüti. Ebendort wird
ein stark abweichendes mäskatüti (aus Pilkalleu) angeführt ; dies
steht bei Geitler Lit. Stud. S. 96 als maskatoti 'wackeln'; endhch
bei Bezzenberger Lit. Forsch. 139 maskavöti mit der Peitsche
herumfuchteln, 'erinnert sich Mr. einmal gehört zu haben'.
Leipzig. A. Leskien.
Indogermanische Forschungen XIX. !•*
210 Trum an Michelson, The Indic 'root' khyä in Pali and Prakrit.
The Indic 'root' khyä in Pali and Prakrit.
As Professor Pischel has shown (Gr. d. Präkrit-Sprachen,
§ 492) the 'root' khyä was conjugated according to the redu-
plicating class in Päli and Prakrit, and then was transfered to
the thematic conjugation (thus *cikhyati = Päli -cikkhati) preci-
sely as Sanskrit tisthati as coutrasted with Greek 'icirici; more-
over from the present stein cikkha- *cikhya- a secondarj root
*cikkh was formed, and from it forms were carried throughout
the entire inflection (e. g. the Päli geruud ä-cikkhitvä\ the Päli
future ä-cikkhissämi^ etc.). — This hypothesis is confirmed philo-
logically bj the collocation of abhhäcikkhi .... abbhakkhänarn in
the following passage : mä evam ävuso Arittha avaca, mä Bhaga-
vantam abbhäcikkhi^ na hi sädhu Bhagavato abbhakkhänarn^)^ na
hi Bhagavä evam vadeyya, Majjhima Nikäya (ed. P.T.S.) vol. 1,
pp. 130, 131. 'Do not speak thus, veuerable Arittha; do not
slander the Exalted One ; for slandering the Exalted One is nn-
seemly, for the Exalted One would not speak thus'. — Compare
also evamakkhäyitn^) . . . abbhäcikkhanti, ibidem p. 140, and ak-
khäto . . . äcikkhitum, Samyutta Nikäya (ed P. T. S.) vol. IV, page 166.
I am indebted to Prof. Lanman of Harvard University for
kindly verifying the above references.
Columbia, Missouri. Truman Michelson.
Zur Etymologie von September, -bris.
Thurneysen läßt septembris aus septem- membris entstehen,
und -membris ist nach ihm eine Adjektivbildung von mens-is,
ähnlich wie funebris fenebris von funus fenus. Daß in Septem-
ber ein Monat bedeutendes Wort stecken werde, läßt sich
von vornherein annehmen. "Wollen wir mensis als dieses Wort
betrachten, müssen wir uns zuerst die Frage beantworten, wie
es kommt, daß die Sprache — ähnlich wie biennis, perennis
1) abbhäcikkhi = *abhyäcikhy- ; abbhakkhänarn = Skt. abhyäkhyänam^
2) Cf. Skt. -khyäyin. Päli evamakkhäyim (acc. sing.) is an analo-
gical transfer to the i declension.
A. Zimmermann, Zur Etymologie von September, -bris. 211
etc. — nicht auch bimensis, semensis etc. gebildet hat, zu-
mal da wir, wenn auch ziemlich spät, trimensis wirklich finden.
Und zweitens erhebt sich die Frage: Wie sind menstruus,
-me(n)sti'is zu erklären? Können die überhaupt aus mens-is
hervorgegangen sein ? Wenn aber letzteres zu verneinen ist, kann
dann nicht ein anderes Wort sowohl für September als für
menstruus, -me(n)stris etc. die Grundlage abgegeben haben? Ist
doch das Suffix ris im sekundären Gebrauch überhaupt selten,
und die als Beispiel gewöhnlich angeführten funebris fenebris
muliebris lassen sich auch anders erklären. Nun habe ich IF.
XYIII p. 379 für menstruus (cf. pater patruus) -me(n)stris (cf.
Sequester sequestris) als Grundform das lat. me(n)stor bezw. me(n)-
sor (cf. comestor, esor) angenommen, und bin der Ansicht, daß
auch September etc. hiervon abzuleiten sind'). Wenn man die
im Indogermanischen etymologisch zusammengehörigen Ausdrücke
für Monat betrachtet, so findet man, daß in allem zwar als
gemeinschaftliche Wurzel me 'messen' enthalten ist, daß aber
die an diesen Stamm angehängten Suffixe bedeutend von ein-
ander abweichen. Der Begriff 'Zeitmesser' konnte eben verschieden
ausgedrückt werden. Die Römer nahmen zuerst mensor (auch
mensura wurde vom Zeitmaß gebraucht, vgl. auch modo, mo-
dernus) ; da aber wegen der sonstigen Bedeutungen dieses Wortes
Mißverständnisse nicht zu vermeiden waren, entschieden sie sich
später für mensis^), cf. mensio. Vorher aber hatte man schon von
me(n)sor [Gtiv. me(m)bris aus mensris^)] septem- me(m)bris bezw.
septembris (woraus September) gebildet und natürlich dies Wort
auch nach Einführung von mensis beibehalten. Ebenso entstand
november, december. Nun sah man in ber ein Suffix und bildete
analogisch octo-ber. Was aber den Bedeutungsübergang eines
n. actionis 'mensis' in den eines n. agentis anlangt, so ist
der im Indogermanischen nicht so selten, vgl. Brgm. II § 99
und optio, coctio, jadvTic indpTTTic; die Annahme des genus mas-
culinum hatte nur darin ihren Grund. Als Parallelbeispiele für
me(n)sor me(n)sis füge ich hier noch bei: vector vectis, fustor
(zu erschließen aus fusterna cf. lanterna neben Xa^TTirip, uassi-
1) [Vgl. hierzu IF. 18, 4.38. — K. B.]
2) Genitiv Plural gewöhnlich mensi-um nach Georges Wf., die
Nebenformen mensuum und mensus lassen auf eine Parallelform auf us
gti". üs schließen; vgl. sensus neben sensim.
3) Vgl. sobri-nus aus sosri-nus von suesor (soror).
212 K. Brugmann,
terna neben nastor) neben fustis (= der Niederstrecker, vgl.
über diese liäufige Bedeutung von fu-ndo Georges), actor axis
(cf. vexare neben vector). Nach vuKTuup vuE, noctur-nus nox (gen.
pl. nocti-ura) zu schließen, ist der Dämon der Nacht (= necator?)
passend durch das Suffix der n. agentis bezeichnet, die Nacht
selbst aber als Abstraktum aufgefaßt worden. Auch der Eigen-
name {H)ostorius dürfte mit hostis hierher zu ziehen sein. Somit
bietet bei dieser Auffassung die Erklärung der Adjektivformen
weniger Schwierigkeiten; das spätere Adjektiv trimensis paßt
gut zu dem späteren mensis, während die früheren Adjektiva
menstruus, -me(n)stris bezw. -me(m)bris^) sich passend an das
ältere me(n)stor bezw. me(n)sor angliedern.
München. Aug. Zimmermann.
Oriechische Miszellen.
1. IF. 18, 426 habe ich die Ansicht abgewehrt, daß die
homer. Formen )iiriCTiup -Toupa -Tiupec -Tuupe eine Abart der
Flexion der Nomina agentis wie bujTuup -Topoc usw. darstellten.
Nur um zu zeigen, daß jene landläufige Auffassung nicht die
einzig mögliche sei, habe ich dabei auf zwei Entstehungsmög-
lichkeiten hingewiesen, die das Wort von der Nominalklasse
öubTuup trennen. Wenn ich diesen jetzt eine dritte anreihe, an
die ich damals noch nicht gedacht hatte, so geschieht es in
der Überzeugung, daß diese dritte mehr für sich hat als jene
beiden und am ehesten den wahren Sachverhalt darstellt.
jLiricTuup kann ursprünglich ein Neuti'mn mit der Bedeutung
'Ersinnung, Beschluß, Rat' gewesen sein, eine Bildung wie hom.
TeKjLiuup 'Ziel', eeXöuup 'Verlangen, Wunsch', e\ujp 'Raub', TreXuup
'Ungetüm', Sophron (Herodian 1, 391, 8. 2, 938, 4) viKiup, ion.
att. vuKTiup Adv. 'nachts' ^) und üöujp 'Wasser'. Da diese Neutra
engstens mit denen auf -ap, lat. -ur^ -er zusammenhängen, läßt
sich lurjCTUjp bezüglich seines t mit lat. i-ter vergleichen. So
1) Sollte durch -me(n)stris-me(m)bris nicht auch auf Wörter wie
felatris feilebris usw. Licht fallen.
2) vÜKTUjp war nicht Lok., sondern Akk. in derselben Weise wie
ai. dhar-aJiar 'tagtäglich', vasar in vasar-hdn- 'in der Morgenfrühe schla-
gend', ndkta-m 'nachts' u. a. S. Delbrück Grundr. 3, 597 ff.
Griechische Miszellen. 213
wie nun vielfach sonst Nomina actionis zur Bezeichnung einer
Person geworden sind, die die betreffende Tätigkeit ausübt,
z. B. nhd. rat ^ ratgeber^ aufwartung = aufwartende person, und
wie dies bei Neutra oft Übergang in maskulinische Flexion ver-
anlaßt hat, z. B. griech. öaiipöc 'Zuteiler, Yorleger' auf Grund
von baixpöv 'Zuteilung', iörpoc 'Arzt' (neben iriirip) auf Grund
von *iäTpöv 'ärztliches Tun, Arzthandwerk', ai. vrtrd-s 'Bedränger,
Feind' auf Grund von ijtrd-m = av. vdr'd^rd-m 'Bedrängung', das
auch schon als Neutrum (besonders im Plur. vrträ) 'Bedränger,
Feind' bedeutet, wurde juncTuup in dem Sinne 'Ersinnender, Be-
schließender, Veranlassender, Herrscher' gebraucht (z. B. H 366
TTpiajUGc, Geöqpiv luqcTujp drdXavTOC, 0 22 Zfiv, uTtarov jurictujpa)
und nahm außerhalb des Nom. Sg. maskulinische Endungen an.
Daß das Wort als Mask. gerade diese Flexion, -loupa usw., zeigt,
erklärt sich daraus, daß es als Neutrum, ebenso wie reKiuaip
usw. (ausgenommen uöujp), auf den Gebrauch als Nom.-Akk. Sg.
beschränkt gewesen, eine andere Ablautstufe als -uup also nicht
vorhanden war. Ein Analogen zum Mask. inricToip dürfte, wenn
diese Deutung des Wortes die richtige ist, das Mask. KeXuup
'Sohn, Nachkomme' sein: denn zu ahd. helid 'Mann, junger
Mann, Kämpfer, Held', aksl. clo-vekb urslav. *cilo-vekb 'Mensch'
gehörig (Solmsen KZ. 34, 548 f., Verf. IF. 12, 26), wird es ur-
sprünglich ebenfalls ein Neutrum wie ireXujp usw. gewesen sein.
2. Neben derea' rd tuj auTUj eiei Tevviju|ueva (Hesych), üetric'
6 auToeiric (ders.) und hom. oieieac (B 765), die Solmsen Unt. zur
griech. Laut- u. Versl. 96 f. bespricht und erklärt, erscheint bei
Hesych auexfv xöv auToerfi. Diese Form setzt man identisch
mit deiea, indem man sie für äolisch hält (Meister Gr. D. 1, 110,
Blass Gott. gel. Anz. 1905, S. 863). Aber äolisch müßte sie auexriv
lauten. Sie ist vielmehr mit auxo[F]exric zu identifizieren, woraus
sie durch dieselbe haplologische Kürzung entsprungen ist, die
dor. aucauxoO aus auxocauxoö und ÄTToXXiuqpdvric aus 'AttoXXujvo-
(pdvric u. a. aufweisen (Verf. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1901,
S. 31 ff., Sommer Griech. Lautst. 15).
3. mvuxoc 'verständig', irivuxri 'Verstand', ttivuccuü ttivuckuu
'mache verständig, witzige', TTivu|Lievriv cuvexriv (Hesych) sind mit
Tre7rvü|nai nicht zu vermitteln; daß mvu- aus *Trevu- entstanden
sei (Schulze Quaest. ep. 323), ist nicht wahrscheinlich zu machen.
Meine Hypothese, daß *ttFi-vu- zugrunde liege, dessen erster
Teil zu vri-TTu-xioc gehöre (Griech. Gramm. ^ 293), ist zwar eine
21-i' W. Streitberg, Zur Flexion des gotischen Adjektivs.
an sich mögliche Konstruktion, aber ich gebe sie preis zugunsten
einer einfacheren Deutung. Ich sehe nämlich jetzt in ttivutoc
ein Kompositum von tti- = ^tti (vgl. TTieZ;iJU ai. piddyati u. a.,
s. neuerdings Sommer Griech. Lautst. 71. 75) und einem *vut6c,
das zu v6[F]oc gehört. Vgl. enivoeuj. tti-vutöc war also genau
'besonnen'. Neben ÖOKeeic öe \xo\ ouk dirivucceiv 'nicht unbe-
sonnen, nicht unverständig zu sein' e 342. l 258 erscheint 0 10
Kfjp dirivuccijuv auf den ohnmächtig aus der Schlacht getragenen
Hektor bezogen: 'nicht bei Verstand, ohne Denkvermögen, ohne
Besinnung seiend'.
Leipzig. Karl Brugmann.
Zur Flexion des gotischen Adjektivs.
In dem schönen Nekrolog, den Löwe dem allzufrüh der
Wissenschaft entrissenen Eichard Bethge gewidmet hat, heißt es :
"Aus der Formenlehre erscheint unter anderm die scharfsinnige
Erklärung des Überganges der adjektivischen w-Stämme in die
/o-Deklination bemerkenswert. Bethge geht hier vom Femininum
auf idg. -ie-i z. B. in ai. tanv-i^ griech. 9r|Xe(F)-ia aus, das dann durch
-iä ersetzt wurde, vor dem u lautgesetzlich ausfiel; das -iä des
Femininums erzeugte dann im Maskulinum und Neutrum ein -io,
also z. B. Akk. PI. Mask. got. hardjans für *harduns nach Fem.
hardjös aus *}iard{w)jöz" (ZZ. 36, 117).
Hierzu bemerkt Behaghel : "Löwe rühmt oben S. 1 1 7 die
'scharfsinnige Erklärung', die K. Bethge für den Übergang der
adjektivischen ^*-Stämme in die /o-Deklination gegeben habe. Ich
freue mich dieses Lobes, denn geraume Zeit vor Bethge habe
ich selber diese Erklärung gegeben, Litbl. f. germ. u. rom. Philol.
1886, Sp. 486, die dann auch in der zweiten Auflage von Pauls
Gnmdriß Aufnahme gefunden hat: 1, 513" (ZZ. 36, 236).
In Wirklichkeit ist die ausgezeichnete Erklärung wesentlich
älter und stammt weder von Bethge noch von Behaghel, sondern
von keinem Geringern als Johannes Schmidt her. In Mahlows
heute leider allzuwenig gekannter Untersuchung über die Langen
Vokale (Berlin 1879) steht S. 30 zu lesen: "Bei den Adjektiven
auf -u ist der j"a-Stamm nicht ohne weiters für den w-Stamm
eingetreten; er ist, wie Joh. Schmidt annimmt, aus dem Femi-
ninum eingedrungen, das durch das Suffix ia gebildet wurde.
K. Brugmann, Der Genus der Deminutivbildungen. 215
Augenscheinlich ist er mit dem lat, i-Stamme in suavis gravis zu
vergleichen, und da es im Lateinischen suavis^ nicht *suadis heißt,
so muß germ. *svätja- aus *svätvja- entstanden sein, mit Yerlust
des V vor j. Das v blieb auch hier als u erhalten, wenn ein
kurzer Vokal vorherging; daher mavi mäujos, Fem. zu magus".
J. Schmidt selbst ist auf seine Erklärung mehrfach zurück-
gekommen; am ausführlichsten in KZ. 26, 371 f. (1883). Ich
hebe aus dieser Erörterung nur die folgenden Sätze heraus:
*'Aus den beiden alten Femininbildungen hardus und *hardi ist
die historisch überlieferte Femininflexion in der Weise ent-
standen, daß der Nom. *hardi im Gotischen durch hardus ver-
drängt ward, alle übrigen Kasus aber nur von *hardi gebildet
wurden: hardja = lit. Mrcza, ßaursja = skr. trßinm, kaurja
== gurvim. Dementsprechend wurden dann auch alle Kasus des
Maskulinum und Neutrum außer dem Nom. hardus hardu vom
Stamme Viardja- gebildet, der in allen außergotischen Sprachen
in alle Kasus aller Geschlechter gedrungen ist. Der selbe Prozeß
hat sich bei dem Part. Perf. Akt. vollzogen, wie das männliche
Geschlecht von berusjös . . . lehrt, der selbe auch bei den Part. Präs.
Akt, im Westgermanischen, was hier nicht weiter ausgeführt
werden kann".
Zum letztenmal, soviel ich sehe, hat J. Schmidt 1889 in
den Pluralbildungen der Neutra S. 72 f. die Frage im Zusammen-
hang behandelt ; er verweist dort ausdrücklich auf die eben zum
Teil zitierte Stelle im 26. Bande von Kuhns Zeitschrift.
Vielleicht darf ich hinzufügen, daß Schmidts Erklärung
schon um die Mitte der achtziger Jahre, also etwa 6 Jahre
nach ihrer ersten Veröffentlichung durch Mahlow, den Schülern
Zarnckes geläufig war und ihnen damals schon als endgültige
Lösung des Rätsels gegolten hat.
Münster i. W. Wilhelm Streitberg.
Der Genus der Deminutivbildungen.
Während Schwabe De demin. p. 54 behauptet, das Genus
des substantivischen Deminutivums sei von Haus aus immer
das des Grundworts gewesen, nimmt Osthoff in v. Patrubänys
Spr. Abh. 2, 98 ff. umgekehrt an, ursprünglich seien alle Derai-
nutiva Neutra gewesen. Keines von beidem ist richtig. Neutra
216 K. Brugmann, Der Genus der Deminutivbildungen.
waren nur diejenigen substantivischen Deminutiva, die mit einem
adjektivischen Eorraans gebildet und substantivierte Adjektiva
waren. Das sind die mit -{i)io-, wie griech. dvöpdimov, dvöpiov,
aisl. fijl 'Fidlen', preuß. maldian 'Füllen', die mit -ino- {-eino-
-oino-), wie gotgaitein 'Böcklein', italien. casino — volkslat. *casi-
num, die slav. mit -hsko- wie poln. drzewsko 'elender Baum' u. a.
Dagegen stimmte von Haus aus das Genus der mit -lo- und -ko-
-go- -gho- gebildeten Deminutiva zum G-enus des Grundnomens ^),
weil diese Formantien gegen den Unterschied von Substantiv und
Adjektiv indifferent waren, z.B. ai vfsalä-s : vfsan-^ asvakd-s : dsva-s,
lat. hortulus : hortus, homunculus : homo, got. niagula M. : magiis^
aisl. ymlingr : ormr^ aksl. symkb : sym, griech. dpKTuXoc : dpKTOC,
ßüj|uaS : ßiju|u6c, ipdqpiYS (lesb.) : ijjfiqpoc, öpidXixoc : öpraXic. Der
Beweis ist dadurch geliefert, daß die zweite Klasse von For-
mantien und nur diese auch zur Deminuieruug von Adjektiva
diente, z. B. ai. bahuld-s griech. -rraxuXdc lat. limulus^ ai. tdnuka-s
aksl. thmkb^ armen, ancuk anjuk aksl. aztkb^ ai. sanakd-s lat. senex
(ursprüngl. Adj.), lat. nigriculus, as. Itittic ahd.a^f^7^, griech. -rruppixoc.
Viele einzelsprachliche Erscheinungen sind hiernach anders
aufzufassen als es bisher geschehen ist. Nur dreierlei sei hier
erwähnt. 1. Arm. unkn 'Ohr' kann altes N. auf -ko-m gewesen
sein, vgl. das N. got. ausö griech. ouc usw., aber auch an-
geschlossen sein an die Körperteilbenennungen mit n- Formans
wie akn^ und nur die letztere Auffassung, Übertritt in die n-
Dekliuation, erscheint jetzt glaubhaft für mukn und armukn^ die
Osthoff a. a. 0. für alte ISTeuti-a auf -ko-ni erklärt. 2. Die lit.
Deminutiva auf -elis, -elis, -ijtis, -utis, -uzis (Stamm -elia- usw.)
waren ursprünglich Neutra auf *-eUo-m usw., vgl. preuß. tvo-
sistian 'Zicklein' usw. (vgl. lit. vaikisztis) wie maldian. Dagegen
war z. B. parszükas : parszas 'Ferkel' ein Verhältnis wie aksl.
symkb : sym. 3. Als Abstammungsbezeichnungen (Patronvmika)
mußten auch die Deminutivbildungen der ersten Klasse, wenn
sie von Personen gebraucht wurden, M. oder F. sein, daher z. B.
griech. 'AbpricTivn und hiernach z. B. beXqpaKivn.
Leipzig. K. Brugmann.
1) Daß das Deminuüvum zuweüen F. ist, das Grundnomen aber
M. und umgekehrt, kommt hier nicht in Betracht. Es sind das einzel-
sprachliche sekundäre Erscheinungen.
H. Osthoff, Griechische und lateinische Wortdeutungen. 217
Griechische und lateinische Wortdeutungen.
Vierte Reihe (vgl. IF. 8, 1 ff.)
20. Tö Tdp Tepac ecii Tepoviouv.
Indem ich das Wort yipac aufs Korn fasse, will ich zu
zeigen versuchen, daß ihm seiner mutmaßlichen Herkunft und
ursprünglichen Bedeutung nach der Platz unmittelbar neben
Tepuuv 'Greis' und xnpcc 'Alter, Greisenalter', den ihm nament-
lich die ältere Etymologie mit Vorliebe zugewiesen, die neuere
aber meistens vorenthalten oder abgesprochen hat, allerdings von
Rechts wegen gebührt.
Die heute in der Sprachwissenschaft übliche etymologische
Beurteilung des griech. T^pac N. 'Ehrengabe' ist die, daß man
es zu der Gruppe dreier awestischer Wörter, die Justi Handb.
d. Zendspr. 102 a als gar- N. 'Ehrwürdigkeif, gara- M. 'Ehrfurchts-
bezeigung' und garatdh- N. 'Ehrerbietung' aufführt, stellen zu
müssen glaubt. Dies tun Fick Vergleich. Wörterb. 1*, 34. 198.
402 und Pott Wurzel -Wörterb. 2, 1, 228, nach ihrem Vor-
gange ferner G. Curtius Grundz. d. griech. Etym.^ 176. 475, Leo
Meyer Vergleich. Gramm. 1^, 57. 686, Prellwitz Etym. Wörterb.
d. griech. Spr.^ 92. 108 f., Kretschmer KZ. 31, 3981, Stokes Ficks
Vergleich. Wörterb. 2^, 111 f. und Uhlenbeck Kurzgef. Etym.
Wörterb. d. altind. Spr. 81b. Die meisten dieser Gelehrten ziehen
dann, ebenfalls im Anschluß an Fick und Pott, noch weiteres
zujn Vergleich heran, nämlich die Sippe von g-aw. aihi gdrante
'sie preisen' und ai. grnäti 'ruft an, kündigt an, belobt, preist',
sam-girdte 'gelobt, verspricht', gtr F. 'Anrufung, Spruch, Preis,
Lob', gürtdh 'gebilligt, willkommen, angenehm', gmiik F. 'Beifall,
Lob', lit. giriu, glrti 'loben, rühmen', lat. grätiis, grätes und air.
goiriii 'magis pius', gaire goire F. 'Frömmigkeit', mir. grdd K
'Liebe'; nur diese letzteren Wörter, oder einzelne unter ihnen,
bringen, mit Beiseitelassung jener drei zendischen Nomina gar-^
gara-, garardh-, mit yepac Pott Etym. Forsch. 2^, 590, Neisser
BB. 13, 293 f., Bezzenberger ebend. 16, 251, Bechtel D. Haupt-
probl. d.indogerm. Lautl. 205. 209. 213, Stokes BB. 19, 85 = Trans-
actions of the philol. soc. London 1894 S. 76, Brugmann Grund-
riß 12, 571 und Jos. Mansion Les gutt. grecques Gand-Paris
1904 S. 176 in Verbindung.
Indogermanische Forschungen XIX. 15
218 H. Osthoff,
Nun ist aber die Verknüpfung des Tepac mit dem aw.
garawh- "Ehrerbietung' und mit g.-aw. aibi garante \sie preisen',
ai. gfnäti, gfr, lit. giriü auch sclion beanstandet worden, in-
dem man an der mangelhaften begrifflichen Übereinstimmung
sich stieß. Solche Bedenken äußerte Job. Schmidt KZ. 25, 81 f.
D. Pluralbild. d. indogerm. Neutra 340, nachdem er früher,
D. Verwandtschaftsverhältnisse d. indogerm. Spr. 59, die Identi-
fizierung des griechischen Wortes und des aw. gararah- ein-
fach angenommen hatte. Ähnlich sagt Leo Meyer Handb. d.
griech. Etym. 3, 41 über die von Fick vorgeschlagene Zusammen-
stellung des Yepctc mit lit. gh'ti und ai. grndfi^ sie setze eine
Bedeutungsentwicklung, 'preisen' zu Murch Gaben auszeichnen',
voraus, die keineswegs für selbstverständlich gelten könne. Und
besonders bemerkenswert ist das Verhalten Kretschmers a. a. 0.
in dieser Frage : ihm scheint, daß T^pac samt seinem Zubehör
Yepa-p6-c 'ehrwürdig' und Yep«ipiJu 'ich ehre' allerdings "von aw.
garö 'Ehrerbietung' nicht wohl zu trennen" sei, dagegen mit ai.
jaritdr- 'Anrufer, Sänger' und gtr 'Loblied', gfndli, gürtih^ lit. gir'm^
sowie auch mit ai. gürtäh und lat. grätus sei "obige Wortreihe
begrifflich kaum zu verbinden".
Das aw. garaiah- 'Ehrerbietung' glaubten Schmidt KZ.
25, 81 f. und Kretschmer a. a. 0. als das Abstraktum zu gouru-
'schwer', ai. gurü-k, griech. ßapu-c, got. kauru-s, lat. gravis und
somit als die genaue Entsprechung des griech. ßdpoc N. be-
trachten zu dürfen; die Bedeutungsentwicklung sei wie in ai.
giirü-h 'schwer, wichtig, ehrwürdig', garimän- 'Schwere, Wichtig-
keit, Würde, ehrenvolle Stellung' und wie bei got. swers 'geehrt' :
ahd. swär 'schwer' zu beurteilen. Kretschmer aber erstreckte
diese Anschauungsweise auch auf das griech. Tepcic, was dann
offenbar wegen der Verschiedenheit der anlautenden Gutturale
von Yepac und ßdpoc, ßapuc mit dem Makel der Lautgesetz-
widrigkeit behaftet ist.
Die ganze Frage gewinnt ein verändertes Ansehen dadurch,
daß es mit der Dreiheit der awestischen Nomina gar- N., gara-
M. und garaiah- N. und den ihnen von Justi zugewiesenen Be-
deutungen 'Ehrw^ürdigkeit', 'Ehrfurchtsbezeigung' und 'Ehrerbie-
tung' überhaupt nichts ist. Das neue Bartholomaesche Altiran.
Wörterb. 5121 514 kennt anstatt dieser veralteten Ansätze nur
die zwei Nomina g.- und j.-aw. gar- F. 'Lob, Preis, Loblied' = ai.
gir- F. und g.-aw. garah- N. 'Lob-, Preislied', jenes vertreten
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 219
durch den Gen. Sing, garö in g.-aw. garö damäna-, j.-aw. garö
nmäna- 'Haus des Lobs', "als Bezeichnung für den Aufenthalt
Mazdähs und der Seligen, sva. Paradies", das Neutrum garah-
durch garöbis Instr. Plur. Y. 34, 2. Also sind denn diese gar-
F. und garah- N. zweifellos Wurzelverwandte von g.-aw. aibi
gardnte und ai. grnäti, gir, gürtih, lit. giriü^ und folglich ist
ihre Beziehung zu Yepac aus demselben semasiologischen Grunde
unhaltbar, den Joh. Schmidt, Kretschmer und Leo Meyer gegen
die Yerknüpfbarkeit von ai. grnäti, gtr und lit. giriü mit dem
griechischen Worte mit vollem Recht ins Feld führten.
Es ist nun schon, wie es ja auch durch den lautlichen
Anklang nahe gelegt war, Y^pac mit ^HPotc und T^puJv in Yer-
bindung gebracht worden. Yon sprachwissenschaftlicher Seite
geschieht dies bei Froehde BB. 9, 112, Johansson ebend. 18, 33
und Hirt D. indog. Ablaut 79; jedoch sagt keiner dieser drei
Gelehrten ein Wort darüber, wie er sich die Yermittlung der
Bedeutungen denke, und da sie T^pac in dem Zusammenhange,
in welchem sie es bringen, ohne jede Bedeutungsangabe anführen,
so ist nicht ganz klar, ob sie überhaupt unser Y^pctc 'Ehren-
gabe' meinen und nicht vielmehr ein hypothetisches, aus Yepaiöc
erschlossenes *Yepac 'Alter', wie es wenigstens bei Froehde dessen
Bemerkung "Y^pac (in Y^potioc aus *Yepacjöc)" bestimmter mut-
maßen läßt.
Daß Y^pac mit Y^pu^v, YHPOic und Y^paioc etymologisch zu-
sammengehöre, war aber auch schon die Lehre der alten Gram-
matiker und Glossographen, und sie kamen hauptsächlich des-
wegen zu dieser Yerknüpfung, weil ihnen der homerische Ge-
brauch von Yepujv, namentlich in der Pluralform Y^povrec als
Bezeichnung des auch jüngere Männer zu Mitgliedern habenden
Beirats der Könige, den Nebensinn des Ehrenvollen, der ange-
sehenen Stellung zu haben schien. Sie erklärten darum mit
Yorliebe Yepovrec durch evTi|uoi, vereinzelt auch wohl durch
dpicTcTc; letzteres demgemäß, wie in der Hiasstelle B 404 Yepovrac
dpicTfiac TTavaxaiujv diese beiden Wörter parallel stehen, wie
dieselben ferner I 421 f. so als Wechselbegriffe, hier denn auch
mit Yepac zusammen auftretend, erscheinen, in dpicxriecciv 'Axaiüuv
dYYeXiriv d-rroqpacGe, xö Y^p Yepac ecTi Y^poviiuv.
Tonangebend für diese Auffassung war schon Aristarch
nach dem Schol. Yen. A zu B 21 YepövTuuv tüuv evriiuijuv, ev ofc
Kai Aio|ar|&ric Kai Aiaviec, d. i. auch jüngere Helden, die nicht
15*
220 H. Osthoff,
Xpovuj oder Ka9' n^iKiav auf die Bezeichnung tepoviec Anspruch
haben (vgl. Lehrs De Aristarchi stud. Homer. ^ 11,5). Deutlicher
setzt dann Yepuuv imd Tcpac in Beziehung zu einander die Notiz.
bei Apoilon. Soph. Lex. p. 54, 14 Bekk. Yepinv im }xkv toö evtiiuou . . .
xepac Tap ^ Timi. die auch in Hesychs Lexikon s. v. fepinv
übergegangen ist. Es gehört ferner die Hesychglosse Tepoviec
IvTijUGi hierher, sowie Etjm. M. p. 226, 32 Gaisf. (^epinv . . .) Trapd
TÖ Tcpac, ö cr|)uaivei xrjv iijuriv, vgh auch id. 230, 46 s. v. yriPCioc
und Etym. Gud. p. 123, 35. 125, 23. 25 Sturz s. vv. Yepujv^
Ynpaioc und YnP«c. So gibt endlich auf alter Überlieferung
fußend Eustath. p. 32, 11 für Yepaioc die Erklärung dTtö toO
Yepac" Yepotpoi Yotp Kai Ti|uioi oi Y^povrec, und derselbe erläutert
p. 167, 14 sqq. zu B 21 in dem gleichen Sinne, daß Yepovtec
bei Homer oi evTi|uoi heißen, ausführlicher das Verhältnis zu
dem inhaltlich nahestehenden Begriffe dpicrfiec, kürzer auch
p. 246, 8 zu B 404. Die Wendung t6 y^P T^pac ecfi YepövTuuv
hat Homer zweimal, außer an der bereits angeführten Ilias-
stelle I 422 auch noch A 323 ; "die den Vorzug des Alters be-
zeichnende Formel" hat man es passend genannt (Jungclaussen
Über das Greisenalter bei Homer Gymnasialprogr. Flensburg 1870
S. 14). Und daß darin nicht nur die rhetorische Figur einer
Trapi'ixncic, die Verbindung ähnlich klingender, aber nicht not-
wendig wurzelverwandter Worte, vorliege, sondern zugleich das
cxillLia eTUjuoXoYiKov anzuerkennen sei, spricht deutlich Eustath.
p. 477, 41 zu A 324 aus: 'Attiköv be tö aixiudc aix|udccouciv,,
ÜDC TÖ öaivu öaTia, Kai i5puJ9' öv 'iöpiuca" Kai dTrXujc f] |uupiaxoO
cu|aTTapaKei)uevri Becic tujv pruudiujv Kai tojv eKeiGev Y^vvoJinevinv
övö)aaTuuv. icuuc öe Kai TTapi^XHCic toOto ecii, Ka9d Kai tö "tö
Ydp Yepctc ecTi y^POVtujv". aÜTÖ he Kai eic eTUjaoXoYiac iriTTTei cxii^ct*
irapd TÖ Yepac YÖtP oi YtpovTec.
Man vergleiche zu diesen Zeugnissen aus dem Altertum
über das verwandtschaftliche Verhältnis von Y^pac und Y^pi^Jv,
YTipac noch C. Gr. Heyne Homeri carmina 4, 270. 606. 620,
Dindorf Steph. Thes. 2, 540 s. v. Yepujv, Ameis-Hentze ^ '^ zu ß 14
"YepovT€C, wobei der Begriff des physischen Alters zurücktritt,
sind die Volksältesten (öriiuoYepovTec) d. i, die dem Könige als
Berater zur Seite stehenden Häupter der edelsten Familien"
(vgl, auch Ameis-Hentze Anhang zu Homers Odyssee* zu ß 14),
Faesi* zu B 21 "Y^povTec, oi evTi|uoi, die Edlen, ohne Rücksicht
auf das Alter" und Faesi-Hinrichs ^ zu ß 14. Ausführlicher ver-
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 221
breiten sich Nitzsch Erklärende Anmerkungen zu Homers Odyssee
1, 68 ff. (zu ß 14), Schoemann-Lipsius Griech. Altertümer 1*, 24 f.
und Jungclaussen a. a. 0. über die homerischen Yepoviec als
Bezeichnung der beratenden Edlen in der ßouXri des Königs, bei
der Rechtspflege wie in der Yersammlung der Yolksgemeinde,
der diTopd. "Die Häupter der edlen Häuser", sagt Schoemann,
''bilden des Königs Rat, seine ßouXTT, und heißen deswegen
ßouXriqpopoi oder ßouXeuTai. Auch Yepovtec werden sie genannt,
welcher Name keineswegs nur die Bejahrten, sondern allgemein
auch die Geehrten und Angesehenen bedeutet"; und ähnlich
bemerkt Jungclaussen, daß "bei diesem offiziellen ISTamen keines-
wegs ausschließlich oder auch nur vorzugsweise an das höhere
Alter, sondern zunächst au die Häupter der edelsten Familien
zu denken ist". Von Nitzsch a. a. 0. 69 wird auch in Anknüpfung
an die Odysseestelle r] 148 — 150 auf "die Geronten der Phäaken"
Bezug genommen, "welche vom Volke ein yepac haben, d. h. ein
Te|uevoc, dergleichen nicht bloß die Oberkönige besaßen, sondern
auch andere durch besondere Verdienste erwarben".
Den Niederschlag der Anschauungsweise der alten Er-
klärer, die Tepotc und y^P^jv, Y^ipac in etymologischen Zusammen-
hang bringen, finden wir auch bei neuern Lexikographen vor.
So bemerkt Passow Handwörterb. l^ 549 a über Yepaiöc: "Hom.,
der die Form YHpo'ioc nicht hat, gebraucht es überall von Menschen
und mit dem Ausdruck der Verehrung, durch Alter ehr-
würdig, bes. 6 Ycpaiöc, der Alte, den zugleich seine "Würde
und sein Amt (Yepac) ehrwürdig machen, ebenso Y^pcuai: vor-
nehme Matronen, II.". Und noch bestimmter kommt bei
Matthiae Lex. Eurip. 1, 643 s. v. jipüjv und bei Pape-Sengebusch
Handwörterb. 1^, 484b. 485b. 486b. 490a zum Ausdruck, Avie
man sich auf diesem Wege das Bedeutungsverhältuis zu denken
habe. Von Matthiae a. a. 0. wird bemerkt: "fepuuv (YnP«c) et
Yepac cognata esse in promtu est: ambobus enim dignitatis
et honoris notio communis . . . Rpuuv igitur dictus propter
honorem (Yepac), qui senectuti defertur". Bei Pape-Sengebusch
dagegen heißt es S. 486b über Yepuuv: "verwandt mit Y^pac,
Yepapöc, Yepaioc, eigentlich = der A^ornehme, der Geehrte;
zunächst Bezeichnung der Vorsteher der Gemeinde, der Anführer
des Volks; da diese jedoch in der Regel nicht jung waren, und
ohrehin das Alter besonders geehrt wui'de, bekam das Wort
Yepijuv die Bedeutung Greis. Beide Bedeutungen bei Hom., der
222 H. Ost hoff,
das Wort sehr oft liat; in vielen Stellen sind beide Bedeutungen
gar nicht von einander zu sondern". Und ebendort S. 490 a über
Tfjpac: "aus yepac gedehnt; yepac 'die Ehrengabe' und YHPac
sind ursprünglich ein und dasselbe Wort, vgl. yepujv, T^pac,
Tcpapöc, Yepctiöc. Als das Wort Tepujv neben der Bedeutung 'der
Vornehme' die Bedeutung 'der Greis' angenommen hatte, setzte sich
für den zugehörigen Begriff 'Greisenalter' die gedehnte Form yripac
fest, während die ältere Form yepac für die ursprüngliche Bedeu-
tung der 'Ehre' blieb. Ähnlich verhält sich yripaiöc zu yepaioc".
Es heißt das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn man
darüber so kategorisch abspricht, wie Heinr. Schmidt Synoymik
d. griech. Spr. 2, 90: "Die Angabe der AVörterbücher, daß es
[xepaiöc] 'den durch Alter Ehrwürdigen' bedeute, gründet sich
auf nichts". Indes gilt in betreff des von Pape-Sengebusch
Gelehrten, daß umgekehrt wohl ein Schuh daraus werden kann.
Wenn zwischen T^pac und xepujv, Y^ipac Wurzelgemeinschaft
besteht, kann diese nur so gedacht werden, daß von der Basis
der Begriffe 'alt, Greis' und 'Alter, Greisenalter' auszugehen ist.
Daran läßt die offenkundige außergriechische Yerwandtschaft
des Yepuuv, Tnpac, nämlich ai. järant- 'gebrechlich, alt, Greis',
jdrati 'macht gebrechlich, macht altern, läßt alt werden', jarand-h
'hinfällig, alt', ^ards- F. und /am F. 'das Altwerden, A\iex\jarimd
M. 'Alter, Altersschwäche', jiryati 'wird gebrechlich, kommt in
Verfall, wird morsch, altert', jirnd-h 'gebrechlich, abgelebt, ab-
genutzt, zerfallen, morsch, alt', j.-aw. zaurva M. 'Greisenalter,
Altersschwäche', saMrwrö 'altersschwach, gebrechlich', zaratö 'alters-
schwach', zairinö 'aufreibend, erschlaffend', a-zardmö 'nicht ab-
nehmend', a-zardsant- Part. Aor. Act. 'nicht alternd', npers. zar
'Greis, Greisin', osset. zärond 'alt', armen, cer 'alt, Greis' und
aksl. zreti 'reif werden', sb-zorh 'reif, keinen Zweifel bestehen;
und im Griechischen selbst weist auf diesen Ausgangspunkt der
Bedeutungsentwicklung hin, daß an einer einzigen Stelle doch
auch schon Homer Yepuuv nicht von einer Person, sondern von
einer Sache im Sinne einfach von 'alt, abgenutzt' gebraucht, in
X 184 cctKoc eupu T^pov, TTeiraXaYiuevov dZ^r], daß ferner YepYep-i|uio-c,
die Bezeichnung überreifer abfälliger Früchte, die morphologisch
dem ai. jarjar-a-h 'hinfällig, gebrechlich, zerfallen' besonders
nahe steht, von Yepujv nicht zu trennen ist.
Es ist wahr, daß die alten Erklärer nicht nur für gewöhn-
lich Yepuuv oder YHPac aus Yepac herleiteten, wie das Etym. M.
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 223
226, 32 von Tepujv, das Etym. Gud. 125, 25 von THPac lehrt,
daß es TTapd tö T^pac, b crmaivei rrjv Ti|ariv, oder das letztere
123, 35 über TepuJV sagt, daß es irapa tö repac, iv' fj Trapuuvu|Liov
TÖ övo|ua, benannt sei; sondern daß dieselben gelegentlich, d. i.
wenn sie es gerade niit der Deutung von yepac zu tun hatten,
auch den Spieß umzudrehen wußten und so im Etym. M. 227, 14
Tepac, 11 Ti^iV TTapd tö -fnpac- aiboöc t^P «^loi KaiTi|nfic oi TepovTec,
im Etym. Gud. 123, 50 = Orion p. 41, 22 Sturz T^pac fi Ti|nr|,
TTapd TÖ YHPoic TÖ Ti|uiov, TpoTTv] Toö fj dc e von ihnen etymo-
logisiert wird. Sie haben dann aber schwerlich bei letzterem
Verfahren eine einigermaßen klare und bewußte Yorstellung
davon gehabt, daß und inwiefern sie damit den richtigen Sach-
verhalt trafen, vielmehr auch nur ganz im allgemeinen den Zu-
sammenhang der unter sich lautähnlichen Wörter behaupten
wollen. Eine etwas tiefere etymologische Einsicht scheint mir
die Bemerkung Plutarchs An seni ger. resp. 10 = Mor. S. 789 e
zu verraten: der pythische ApoUo, heißt es dort, habe der in
Lakedaimon den Königen an die Seite gesetzten Aristokratie
den Namen der Altgeborenen, TTpecßuTeveac, beigelegt, Lykurg
aber sie geradezu T^povTac genannt, der Rat der Römer aber
heiße noch jetzt Y^poucia, und gleichwie das Gesetz das Diadem
und die Krone, so setze die Xatur das graue Haar als ehren-
volles Symbol obrigkeitlicher Würde, evTi|aov i^YeMOviKoO cu|aßoXov
dHiuj)LiaToc, aufs Haupt, Kai tö Y^pac oi|Liai Kai tö Y^paipeiv övo|aa
ce|Livöv drrö tiIjv y^PÖvtuuv Y£vö)Lievov bia|aevei; welches letztere
also wohl dem Zusammenhange nach besagen soll, daß y^P^c
nebst Yepciipeiv entsprechend seiner Herkunft von y^Pujv der
Sprache als ein Achtimg bezeichnender Ausdruck verbleibe, wenn-
gleich mit den Y^povrec die Vorstellung des Ehrwürdigen nicht
dauernd verbunden erscheine.
Indem wir unserseits die Worterklärung Yepac, r\ Ti|ari, TTapd
TÖ YHPac oder nach Plutarch 6vo\xa cej^vöv drrö tuuv y^POVTujv
Yevö|uevov aufs reine und zu Ehren bringen wollen, haben wir
zunächst eine Eeststellung derjenigen Bedeutung des Yepac, die
uns als die auf dem Boden der vorliegenden griechischen Sprach-
überüeferung erreichbare älteste erscheint, zu versuchen.
Bei Homer bezeichnet bekanntlich unser Wort weitaus
überwiegend das praecipuum oder praemium, welches Fürsten
und Heerführer von der Kriegsbeute außer dem gewöhnlichen
gleichen Anteile, der inoTpa, für sich empfingen, daher in \ 534
224 H. Osthoff,
ILioTpav Kai Y^poic ecGXöv ex^J^v die Unterscheidung der beiden bei
der Beuteverteilung- einem einzelnen Helden zufallenden Anteil-
stücke; oder es heißt seltener das besondere gute Stück, was
ein vorzüglich zu ehrender Tischgenosse vor dem gleichen Anteil
an der Mahlzeit voraus bekommt, ein y^poic des Empfängers, wie
des Hausherrn Menelaos b 66 (s. unten S. 225 f. 230). Im Falle des
letzteren Gebrauches ist einmal bei Homer laoTpa i'cri der zwar
nicht unmittelbar, aber doch entfernter sich einstellende Gegen-
satz zu Yepac: u 293 ff. wird in der Rede des Ktesippos an die
übrigen Freier der Ochsenfuß, den er zum Hohn dem als Bettler
verkleideten Odysseus in Zugabe zu der schon längst von diesem
empfangenen |uoTpa icri am Gastmahle hinschleudern will, zu-
nächst ein Heiviov, darnach aber ein xepac genannt, das der
damit Beschenkte seinerseits als solches einem der Sklaven
des Hauses w^eiter verehren möge. Den abgeblaßten Sinn, daß
Yepac "überh. Gabe" oder "donum" bezeichne, will man hier finden
(Passow Handwörterb. 1^, 549b, Ebeling Lex. Homer. 1, 253 a),
doch erscheint dieser sonst in Ilias und Odyssee noch nicht,
und gerade hier lag darum zur Wahl des Wortes eine individuelle
Veranlassung vor, weil das dem Odysseus zugedachte Seiviov
zunächst für ihn auch die Geltung eines yepac hatte oder haben
sollte; man möge Yepotc u 297 etwa mit 'Extragabe' übersetzen,
um die oittö koivoO darin liegende Doppelbedeutung einigermaßen
zu treffen. Vgl. auch Pape-Sengebusch Handwörterb. 1^, 485 b,
sowie die von Ameis-Hentze ' zu d. St. gegebene Erläuterung:
"T^pac als Ehrengabe, scherzhaft für Trinkgeld". In der
Rolle des Kontrastes zu den juoTpai der Mahlzeit zeigt sich yepac
ferner Hymn. Merc. 129 f. ecxice öiLöeKa luoipac icXripoTraXeic*
TeXeov be yepac irpoceGriKev eKdcTr).
Darin also, wie es Od. X 534 und besonders häufig in der
Ilias, A 118. 120 usw., anderseits dann Od. b 66 und an der
Hymnenstelle verwendet wird, sieht man mit Recht die älteste
Gebrauchsweise des Wortes, die wir kennen oder historisch be-
zeugt finden. Aber fraglich ist, ob darum von 'Ehrengabe', wie
allgemein geschieht, als dem Grundbegriffe ausgegangen werden
dürfe. Von Joh. Schmidt KZ. 25, 81 ist sogar behauptet worden,
daß yepac "bei Homer überall eine Ehrengabe" sei, das bezeichnet
jedoch schon Kretschmer ebend. 31, 398 Anm. 2 unter Hinweis
auf A 323. Y 9. uu 190. als eine irrige Ansicht. Nach Ebeling Lex.
Homer. 1, 252b f. kommen dem homer. yepac, dessen Grund-
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 225
bedeutiing "muniis honorificum" sei, außer "praemium, quod e
praeda capitiir atque additur ad jnoTpav" und "munus praecipuum
in convivio honoris causa datum" noch folgende Spezialanwen-
dungen zu: "honor praecipuus dis oblatus" A 49. Q 70, "honor quo
mortuos prosequimur" TT 457. 675. V 9. ö 197. uu 190. 296, "dignitas
regia" Y 182. X 175. 184. o 522, ähnlich auch n 150, "donuni
honorificum" Hymn. Merc. 573. Hymn. Ven. 29 und "ironice"
Hymn. Merc. 291, "ins honorarium" A 323. I 422. Nur ein
unvollkommenes Bild der Mannigfaltigkeit des Gebrauches des
Yepac und seiner verschiedenen Begriffsschattierungen gibt die
Hesychglosse Yepac Ti|uri, ceßac, d9\ov dpeific, d|uoißr|, öuuped.
Der in Y^pac liegende charakteristische Begriffskern ist
nun, wie mir scheint, weniger der, daß damit etwas bezeichnet
wird, was ehrenhalber jemandem von andern gegeben oder
geschenkt wird, als vielmehr die Vorstellung, daß im Gegensatz
zu der pars aequalis, ^oTpa i'cri, die man mit andern Anteil-
berechtigten gemein hat, die pars praecipua gestellt wird, die
einem Einzelnen im Vorzug vor andern mit ihm Teilenden ge-
bülui;, ihm vorab oder ihm ausschließlich zukommt, auf die er
einen durch Recht oder Gewohnheit begründeten Anspruch hat;
dieselbe Vorstellung also, aus der heraus bei Plautus Rud. 189
hancine ego partem capto ob pietatem praecipuam gesprochen
wird. Ich würde daher Ehr enteil als die älteste erreichbare
Bedeutung, die das Wort historisch aufzuweisen hat, hinstellen;
'Ehren teil', nicht 'Ehrengabe, Ehrengeschenk', denn darauf
kommt es zunächst weniger an, daß das praecipuum auch wirk-
lich zur Vergebung gelangt, von den übrigen dem Vorabberech-
tigten gutwillig überlassen oder eingeräumt wird.
Mit 'Ehrenteil' haben denn auch schon andere das homer.
Yepac sehr passend wiedergegeben. Im Anschluß an ö 65 f. Kai
cq)iv vujTa ßoöc Trapd mova BfiKev ottt' ev x^pciv eXuJV, rd pd oi
Yepa irdpOecav aÜTLu sagt K. F. Becker Weltgeschichte 1 *, 390 :
"Menelaos selbst fügte noch sein Ehrenteil, den fetten, ge-
bratenen Rückgrat, hinzu". Bei seiner Schilderung der bevor-
rechteten Stellung des Königs im homerischen Zeitalter erwähnt
Schoemann-Lipsius Griech. Altertümer 1^, 34 auch, "daß im
Kriege dem Könige ein vorzüglicher Teil der gemachten Beute
als sem Ehrenteil (Yepac) zukommt, und daß bei gemeinsamen
Mahlzeiten ihm außer dem Ehrenplatz auch größere Portionen
und vollere Becher gebühren" ; und in fast wörtlicher Überein-
226 H. Osthoff,
Stimmung damit äußert sich Busolt D. griecb. Staats- u. Rechts-
altertümer^ (Iw. v. Müllers Handbuch d. klass. Altertiimswiss,
42, 1, 1) S. 28. Von einer "Ehrenportion an Fleisch und Wein"
bei den Gemeinmahlen, die einen Bestandteil der TijLiri der ho-
merischen Könige ausmache, redet Nitzsch Erklär. Anmerk. zu
Homers Odyssee 1, 28 anläßlich von a 117; ein "Ehrenstück"
nennt derselbe ebend. 238 die T^pa, die b 65 f. Menelaos vor
sich hat und seinen Grasten überläßt.
Von der Bedeutung 'Ehren teil' aus gelangt man augen-
scheinlich auch noch besser und zwangloser, als von der 'Ehren-
gabe' aus, zu den übrigen Anwendungsweisen, die das Wort
bei Homer und im späteren (jriechisch hat, zu 'Ehrenamt, Ehren-
stellung', 'Ehrenrecht', 'Ehre', 'Auszeichnung, Belohnung' u. a.
Wie glaubt man z. B. es als eine Gabe, ein Geschenk verstehen
zu können, daß an einer Stelle der Ilias und mehrmals in der
Odyssee yepac deutlichst von dem 'Herrscheramt', der einem
einzelnen Geschlechte erbtümlich eigenen 'Würde des Ober-
königs' gebraucht wirdj? So erscheint Y 182 f. oü toi xouveKd fe
TTpia)Lioc T^pac ev x^pi örjcer eiciv y^P oi iraTöec das Y^pac des
Priamos, das dieser nicht dem Aineias, sondern einem seiner
Söhne übergeben wird, doch gewiß seinem Begriffswerte nach
nur als ein Synonymum der Ti|ufic tfic TTpid)uou in dem unmittelbar
vorhergehenden Verse; \ 175, 184. 0 522 ist es das Yepac des
Odysseus, dessen Besitz für seinen Vater Laertes, für ihn selbst
und seinen Sohn Telemach in Frage steht, indem es andere
ehrgeizige Fürsten des Landes an sich zu reißen suchen, etwa
einer der übermütigen Freier es erlangen kann, sowie \ 503 der
im Hades weilende Achill für die von mutmaßlichen Wider-
sachern bedrohte ti|u»t seines Vaters Peleus rächend eintreten
zu können sich wünscht. Vgl. Nitzsch a. a. 0. 1, 62 f. zu a 387.
Ziemlich weit vom Richtigen entfernt sich, wie man hier
ersieht, die Bemerkung Heinr. Schmidts Synonymik d. griech.
Spr. 3, 199: "Gewissermaßen sinnverwandt mit buuped ist das
homerische Y^pac, welches jedoch die Ehrengabe für die Höher-
stehenden, namentlich die Könige, ist". 'Gabe, Geschenk' schlecht-
hin ist für Yepac als Bedeutung mit Sicherheit erst nachhomerisch
nachzuweisen: man führt dafür Stellen wie Eurip. Troad. 253 Dind.
a (Casandrae) 6 xpucoKÖ|uac (Phoebus) eöuuK' aXcKipov I6av, Plato
Phaedr. p. 259 b c Y^pac Trapd Geüjv, napd Moucüjv an (Matthiae
Lex. Eurip. 1, 641, Pape-Sengebusch Handwörterb. 1 3, 485 b). Am
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 227
nächsten aber kamen die Lexikographen dem Grundbegriffe des
Yepac, indem sie ihm unter andern Bedeutungen auch die von
"omnino quod quis insigne et prae aliis praecipuum habet" zu-
wiesen (Dindorf Steph. Thes. 2, 583, Matthiae a. a. 0.).
Die Bedeutung 'Ehrenteil' kann nun, da tatsächlich häufig
das höhere Lebensalter es ist, das den Anspruch zu der Bevor-
rechtung verleiht, ihrerseits wohl auf Grund des metonymischen
Gebrauchs eines Wortes, das ursprünglich nur *Alter, aetas pro-
vecta' ausdrückte, sich entwickelt haben. Eine solche Metonymie
widerfährt ja auch unserm nhd. Alter^ daß es gelegentlich die
abgeleitete Bedeutung 'was dem Alter zukommt, Altersvorzug,
Altersvorrecht' aufweist: bei Adelung Gramm.-krit. Wörterb. d.
hochd. Mundart 1 2, 238 und in Grimms Deutsch. Wörterb. 1, 269
sind Beispiele dieses Gebrauchs von Alter, daß es "zuweilen
auch ein mit dem Alter verbundenes Vorrecht bezeichnet", zu
finden, das Alter vor einem haben so viel als 'länger in dem Be-
sitze einer Sache oder eines Bechtes sein', das Alter erlangen
'die mit dem altern Rechte verbundenen Vorzüge bekommen'
u. ähnl. mehr.
Indem auf die in Rede stehende Metonymie, die Begriffs-
entwicklung von 'Alter' zu 'Altersvorzug, Ehrenteil des Alters',
eine Erweiterung des Bedeutungsumfangs, die von 'Ehrenteil des
Alters' zu 'Ehrenteil überhaupt', folgte, ergab sich die tat-
sächlich im Griechischen vorliegende Verwendungsweise des
Yepac. Dieser letztere Schritt hat aber auf dem Boden der alten
Griechensprache selbst ein handgreifliches Analogen. Daß irpec-
ßeiov, homer. -rrpecßriiov gemäß seiner Herkunft von Ttpecßuc,
genauer von Ttpecßeuc, eigentlich 'was einem Alten zukommt'^
'Ehre, Vorzug, Vorrang, Vorrecht eines Älteren' bedeutet, zeigen
noch manche Stellen seines Gebrauches in der Literatur, z. B.
Demosth. p. 1003, 10 ujct' oü tlu xpovuj juövov, ctWd Kai tuj öiKaiiu
TTpecßeTov exoiju' äv eYUJTe Touvo|ua toOt' eiKÖTUJc, id. p. 955, 11
eK Tivoc TpÖTTOu TTpecßeia Xaßdiv ty]v cuvoiKiav xaid Trjv öia0r|Kriv
^Xei vom Erstgeburtsrecht, dem größeren Anteil des Erstgebornen
an der Erbschaft; und mehrere Worterklärungen der Alten er-
härten dasselbe, wie Pollux 2, 12 rrpecßeia, Y^pa xd xoTc Trpec-
ßuiepoic bebo)Li6va, Schol. Soph. p. 26 (nach dem für mich un-
kontrollierbaren Zitat in Stephanvis' Thes. 6, 1581) TTpecßeTov
inv 5id Y^pac TrpoTiiuriciv, Kai xö bi' aüxö öi5ö|uevov Y^pac Kaxd
TTpoxiiariciv, dies wohl in bezug auf Soph. Fragm. 19 Dind. npecßeia
228 H. Osthoff,
vei)nac THCÖe Yfjc "de praecipua terrae Atticae parte Ae^aeo
concessa in honorem aetatis" (Bllendt Lex. Sophocl. 2, 630), be-
sonders aber Plut. Mor. p. 787 d tö otTTÖ toO xpovou TrpuuTeTov,
ö KaXeTxai Kupiuuc irpecßeTov, d. i. "honor senectutis, qiiod Trpec-
ßeiov Graeci ab ea aetate deflexo yerbo dicuut" (Xylander bei
D. Wyttenbach Flut. Chaeron. Moral. 4, 162), verdeutscht "der
Vorzug des Alters, den man im eigentlichen Sinne TrpecßeTov
nennt" (Plutarchs moral.-philos. Werke übers, von J. F. S. Kalt-
wasser 6, 142). Aber bisweilen zeigt TTpecßeiov auch die ur-
sprünglich in ihm liegende Beziehung auf das Alter abgestreift
oder wenigstens ganz in den Hintergrund getreten. Dies ist vor-
nehmlich der Fall an der einzigen Stelle seines Yorkommens
bei Homer. 0 289 verspricht Agamemnon dem tapfer kämpfenden
Teukros : nach der glücklichen Eroberung Ilions TrpuiTUj toi luet'
e)ae Trpecßrjiov ev x^Pi örjcui, f\ Tpmoö' r]e öuuj 'ittttouc auToTciv
öxecqpiv f\i yuvaix', und hier kann eben das Wort schlechthin
nur 'Ehrenteil' oder allenfalls 'Ehrengeschenk, auszeichnende
Belohnung' bedeuten, denn Teukros ist ja als ein jüngerer Mann
zu denken, sicherlich war er keiner der Ttpecßriec oder Trpecßuiepoi
im Griechenheere; daher lautet mit bezug auf die HomersteUe
auch die erklärende Umschreibung, die das Etym. Magn. 687, 10
gibt, einfach Tipecßriiov, 'IXidöoc 0, tö uTtep Tiiurjc öibö|uevov öüupov.
Den homerischen Gebrauch des Wortes ahmt der späte byzan-
tinische Dichter des Epigramms bei Dübner 2 S. 599 Append.
Planud. Nr. 351 nach, der eiKÖva xa^^eiriv ein rrpecßi'iiov für den
Wagenlenker Porphyrios sein läßt. Ein 'Ehrenamt', ebenfalls
ohne Hervortreten des Umstandes, daß der es Ausübende der
ältere sei, oder auch schlechthin so viel als 'Amt', scheint mit
TTpecßeia bei Plato Gorg. 524 a Mivuj öiücuu -rrpecßeia eTTiöiaKpiveiv
gemeint zu sein; und das ist dann wie der entsprechende Ge-
brauch des Tepac bei Homer A 323, noch ähnlicher aber He-
rodot 1, 114 TU) öe tivi tccc dYTcXiac ecqpepeiv ebibou fepac und Eurip.
Ehes. 107 Dind. dtXXuj ö' dXXo -npöcKeiTai Tepac, coi juev ludxecOai,
toTc be ßouXeueiv KaXüuc, wo yepac richtig als 'munus, provincia'
verstanden wird (Matthiae Lex. Eurip. 1, 641). Die zu TrpecßeTov
gehörige Femininbildung Trpecßei'a bildet ihren Grundbegriff 'Alter'
in zwei verschiedenen Richtungen dahin weiter aus, daß sie
einerseits 'Gesandtschaft', 'Verrichtung eines Gesandten' und
konkret als Kollektivum 'die Gesandten', anderseits aber 'Vor-
recht des Alters', sowohl 'die auf dem höhern Alter beruhende
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 229
Würde, Ansehen oder Vorrang des Alters' wie insbesondere Mas
Erstgeburtsrechf, dies z. B. in Kaid irpecßeiav 'nach dem Yor-
recht der Erstgeburt' Aischyl. Pers. 4, im Attischen ausdrückt
(vgl. Heinr. Schmidt Synonymik d. griech. Spr. 2, 88).
Die Anerkenntnis der etymologischen üntrennbarkeit von
Yepac und Yepuuv, xfipac hilft ferner über einige Schwierigkeiten
hinweg, die andernfalls die Beurteilung mehrerer im Griechischen
vorliegender Wortbildungen bereitet, einiger solcher Wörter näm-
lich, die man formal und begrifflich sowohl zu Tepujv wie auch
zu Tcpac zu beziehen ein offenbares Recht hat.
Es bestehen neben einander die beiden Adjektiva : Yepapoc
'ansehnlich, stattlich, ehrwürdig', das Homer zweimal von der
äußern Gestalt eines Helden, des Agamemnon P 170 und des
Odysseus ebend. Y. 211, gebraucht, spätere aber auch im Sinn
von 'alt, greisenhaft' kennen, z. B. Aischyl. Ag. 722 Dind. Weil
(\eovToc iviv) euqpiXoTTUiba Kai Yepcxpoic eTTixaprov, der Yorwurf
der Hesychglossen Y^papov eviiiuov, laeYaXoTrpeTrf) und Yepap^-
lepoc* evTiiuoTepoc, irpecßuTepoc (vgl. Ebeling Lex. Homer. 1, 252 b)
imdEurip. Suppl. 42 Dind. Yepapüjv ek CTOiudriuv; undYepaioc, dies
in der Bedeutung 'alt, bejahrt', homerisch und nachhomerisch, aber
bei Homer Z 87. 270. 287. 296 heißen Yepaiai die 'vornehmen
Matronen' in der Gefolgschaft der Mutter des Hektor, darunter
"nach vs. 379 auch Andromache, so daß also der BegTiff 'alt' hier
gar nicht paßt" (Pape-Sengebusch 1 ^, 484 b).
Die übliche etymologische Unterbringung der beiden Wort-
bildungen vom Standpunkte derer, die Y^pac und Y^puJV von
einander trennen, ist, daß Y^pa-po-c zu Yepac, Y^paioc aber zu
Yepujv, YHpac gestellt wird; so lehren z. B. G. Curtius Grund-
züge d. griech. Etym.^ 176, Fick Yergleich. Wörterb. 1% 34. 52.
216. 402. 432, Yanicek Griech. -lat. etym. Wörterb. 203. 210,
Leo Meyer Yergleich. Gramm. 1^, 282. 685. 686. Handb. d.
griech. Etym. 3, 41. 42 f. 44, Joh. Schmidt D. Pluralbüd. d.
indog. Neutra 148. 340 und Prellwitz Etym. Wörterb. d. griech.
Spr.2 92. 93. Und zugunsten dieser Auffassung mag man noch
auf das zu Ycpapo-c gehörige denominative Yerb YepaipuJ 'ich
zeichne aus, ehre' sich berufen, da es ja Homer in Ilias und
Odyssee immer von der Auszeichnung durch den Ehrenteil,
Yepac, bei der Mahlzeit gebraucht, H 321. g 437. 441.
Dennoch läßt sich die strenge Scheidung, Yepapoc zu Yepac,
Yepaiöc zu Yepujv, YHPac, nicht durchführen, da eben die Begriffe
230 H. Ost hoff,
'Alter' und 'Auszeichnung, Ehre' bei jedem der beiden Adjektiva
augenscheinlich ineinander übergehen, ihre Crrenzen sich ver-
wischen. So hat denn auch schon Legerlotz KZ. 8, 45 Yepapoc
vielmehr zu Yepuuv bezogen. Anderseits knüpft das homer. Yepaiai
an Tepac bereits ApoUon. Soph. Lex. 54, 22 Bekk. Yepaiac- Tctc
yepac ti ^xo^^ac YuvaiKac. oi juev rctc lepeiac TrpoTToXoucac an,
sowie auf dasselbe Etymon offenbar auch Eustath. p. 642, 27 zu
n. Z 287 rdc Tepaidc nioi xdc eviiiuouc, Kctv outtuj xivec eic T^pac
^Xöov hinaus will, "sine causa", wie dazu Ebeling Lex. Homer. 1,
252 b bemerkt, während wiederum die Wörterbücher von Passow^
und Pape-Sengebusch 3, wie wir oben sahen (S. 221 f.), die Mitbe-
rechtigung des Yepac bei der Erklärung des Tepaiöc und seines
homerischen Gebrauches anerkennen. Für 'Priester, priesterliche
Personen' wird yepapoi bei Aischyl. Suppl. 666 Dind. "Weil Y^pa-
poTci irpecßuTOÖOKOi 9u|aeXai (pXeöviuuv gebraucht (vgl. Liddell-
Scott Greek-Engl. Lex. *, 264b), sowie die Femininbildung Ttpaipai
oder TepaTpai, die Demosth. p. 1369, 29. 1371, 18. 1372, 2 mit
der abweichenden Lesart Yepapai vorkommt und die das Schol.
D zu IL Z 270 auch als Yariante für Yepaiai an den Stellen Z 87.
270. 287. 296 kennt, bei Demosthenes 'Priesterinnen des Dionysos*
bezeichnet; vgl. auch noch die Homerscholien BLV zu Z 87
Yepaidc • xivec Yepapdc dvaYiviLcKOuciv, iva öriXoi idc iepeiac, rdc
eK TuJv iepujv Y^pac 5exo|uevac und die Hesychglosse Y^papai '
iepeiai koivüjc, iöiuuc öe ai tuj Aiovvjcuj tuj ev Ai)Livaic id iepd
€7TiTeXoöcai. Auch in dieser Bedeutung, daß es als Epitheton
priesterlicher Personen dient, ist Anknüpfung des Yepctpoc
nebst Yepaipai an y^P^jv nicht minder statthaft, als Beziehung
zu Y^pac.
Sicher gehört zu Yepac das Adjektiv d-Yepac-xo-c 'ohne
Ehrengeschenk, unbelohnt', zuerst D. A 119, dann Hesiod. Theog.
395, wo daneben synonymes diiiuoc, dann auch bei noch Späteren
Epitheton von Personen oder Lebewesen; auf Lebloses in der
Bedeutung 'ohne Ehrung, ungeehrt' wird es in der altern Zeit
nur von Euripides bezogen, der xujußov dYepacxov Hec. 117,
dYepacxov övo|ua Bacch. 1378 Dind. hat. Und Yepdc|iuoc erweist
sich durch Hymu. Merc. 122 vüuxa Yepdc|uia, verglichen mit den
vujxa ßoöc TTiova öirxd, die Od. b 65 f. die y^P« des Menelaos
sind, und mit H 321. H 437 vduxoiciv b' Aiavxa ('Oöucfla) öirive-
Keecci Ycpaipev, als 'ein Ehrenteil darstellend', daher 'ehrend,
honorificus'. Aber Euripides hat Yepac|aioc im Sinne von 'alt.
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 231
greisenhaft' in fepaciuiou ipixöc Phoen. 923 Dind., Yep«c)Liiuuv
öccuuv Suppl. 95. Dind.
Von dem Standpunkte aus, daß der Begriff des Alters,
Tiipac, auf den der Elire, yepac, zurückgehe, bemerkt über die
hier in Rede stehende Gruppe von Adjektiven Matthiae Lex.
Eurip. 1, 640: 'Tepaiöc lepapöc Yepdc)aioc proprie sunt honora-
bilis, venerabilis; cum autem hac vi de senibus potissimum
dicerentur, etiani hominem senilem et corpus senüe denotant"
und ebend. S. 641: "Yep«C)uioc, venerabilis, hinc etiam senilis,
ut Yepapoc".
Vornehmlich ist hier aber auch Yepoucioc und die Art und
"Weise, wie das alte Epos diese Adjektivbildung verwendet, zu
erwähnen. Daß sie auf *YepövT-io-c zurückgehe und in der Be-
deutung 'die Greise betreffend' Ableitung aus dem Stamme von
Yepuuv sei, steht ja durchaus fest, und wie X 119 Ycpouciov
öpKov für Men Geronteneid, den von den Yolksäl testen ge-
leisteten Eid', "den die Geronten für das ihnen untergebene
Volk zu schwören haben" (Schoemann-Lipsius Griech. Alter-
tümer 1*, 25), gesagt wird, so muß A 259. v 8 Yepouciov aiOoTta
oivov "den Gerontenwein, den den Geronten gereichten Ehren-
wein", wie sich Ameis-Hentze ^ zu A 259 und Ameis-Hentze'^
zu V 8, "Ehren wein, wodurch die Ältesten ausgezeichnet werden",
wie sich Leo Meyer KZ. 7,415 ausdrückt, "Wein, der den Geronten
vorgesetzt wird", wie es bei Schoemann-Lipsius a. a. 0. Anm. 2
heißt, bezeichnen.
Die alten Interpreten jedoch brachten auch diesen oivov
Yepouciov mit Yepac in Verbindung, obschon sie meistens zugleich
Yepuuv als Etymon heranzogen oder dies durch evTifioc andeuteten.
So Apoll. Lex. Homer. 54, 19 Bekk. Yepouciov • töv toic evii-
|Lioic Kaid Ti|Liriv öiöojuevov oivov, oittö öe toO auToO "ouö' oütuli
Yepapöv • ßaciXfii y^P eoiKev [f 170]"; und so ähnlich mehrere
der Homerscholien, B und V zu A 259 Yepouciov he töv toTc
dvTiiuoic öiöö|Lievov, V zu V 8 Yepouciov oivov, töv toic evTi|uoic
öiböjuevov; in aller Kürze Suidas 1, 2, 1095 a Beruh. YeTouciov
evTijLiov. Das Wort Ytpujv selber bringen mit ins Spiel das Etym.
M. 227, 12 Gaisf. Ycpovjcioc, Kai Yepoucia' Trapd tö YepuJV, Ycpou-
cioc oivoc, 6 evTijLioc, die eKÜJv, eKoucioc • Kai eöeXuuv, eeeXoucioc, wo-
bei denn auch die Richtigkeit der Einsicht in die Wortbildung
des Yepoucioc bemerkenswert ist, und ferner Eustath. p. 470, 5
zu B. A 259 oivoc öe Kai vOv Y^poucioc ö toTc Yepouciv fiToi toic
232 H. Osthoff.
evTi'iaoic öiö6|Lievoc ev cujuttocilu koivlu. Anderseits operieren mit
yepac am klarsten und bündigsten das Schol. H zu v 8 Y^pouciov
oivov • TÖv eviijaoic dvöpdci biöö)Lievov • T^pcxc fäp r] Ti|ari • et ou
Kai TJ]V eTTUuvu|niav ei'Xriqpev und die Hesychglosse Yepouciov • tö
Toic evTi)Lioic Ktttd Yepac biöö|uevov, indem hier eben Kard Y^pac
für das synonyme Kaid ti|U)tv des Apollonius eintritt und dieses
letztere zu etymologischem Z^vecke verdeutlicht.
Solche Erklärung kann nun, wer Yepac und Yepuuv etymo-
logisch trennt, nur striktweg ablehnen. Er muß notwendig mit
Ebeling Lex. Homer. 1, 253 b urteilen, daß Ytpoucioc als Epitheton
von oivoc "non bene ad Yepac refertur", oder dem Resume C. G.
Heynes Homeri carmina 4, 606 "est ergo vinum senioribus.
h. principibus viris apponi solitum ; sane quideni honoris caussa,
nee tamen reddi potest vinum honorarium" sich anschließen;
denn bei einer Zweifelstellung, ähnlich dem von Nitzsch Erklär.
Aumerk. zu Homers Odyssee 1, 42 mit "entweder den Geronten
gereichter, oder Wein vom Yepac, dem Herrenberge, dem leiaevGC
des Königs" eingenommenen Standpunkte, wird man sich ja
nicht beruhigen dürfen. Ich denke aber, uns kann dieser homeri-
sche "Gerontenwein", da er ja zugleich ein "Ehrenwein" ist
und von allen so verstanden wird, auch von Voß in seiner
deutschen Nachdichtung der Stellen A 259. v 8, gut veranschau-
lichen, wie ein Adjektiv von der Grundbedeutung 'auf einen
Alten bezüglich, was einem Greise zukommt' sich zu dem Sinne
'honorarius, honorificus' fortentwickeln mag.
Was in dem Falle von Yepoucioc okkasionell geschehen,
das wäre also bei Yepac nach unserer Auffassung der Herkunft
dieses AVortes frühzeitig usuell geworden. Ein ähnlicher Be-
deutungswandel aber läßt sich auch sonst noch an Wörtern, die
ursprünglich lediglich Träger des Begriffes 'alt' oder 'Alter' sind,
nachweisen.
Von dem homer. Ttpecßriiov 'Ehrengeschenk' war schon in
diesem Sinne die Rede (S. 328). Die zu Ttpecßuc gehörigen Gra-
dationsformen npecßuTepoc Komp., irpecßuTaToc und TrpecßicToc
Superl. beziehen sich bei Homer noch durchaus auf das Alter,
nachhomerisch jedoch drücken sie vorzugsweise einen ehren-
vollen Vorrang oder schlechthin einen Vorzug aus, gehen, wie
Heinr. Schmidt Synomymik 4, 311 bemerkt, vielfach auf das,
"was den höheren Rang einnimmt, die höhere Stelle einnimmt
oder verdient", vgl. xd xoö Geoü Trpecßuiepa Troieicöai r\ td tuuv
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 233
dvöpujv Herod., e|uoi oubev ecri Trpecßurepov toö ktX. *iiihil anti-
quius habeo' Plat, ouöev npecßuxepov vo|uiZ;uu rdc cuuqppocuvac
Eurip., TTpecßuTaxov toöto Kpivac Thuk. und anderes, was die
Wörterbücher s. v. irpecßuc und H. Schmidt a. a. 0. verzeichnen.
Das Verbuni -rrpecßeueiv heißt 'älter oder der älteste sein, an
Jahren oder Alter übertreffen' und 'Gesandter sein, als Gesandter
unterhandeln', aber auch Men Vorzug oder Vorrang vor andern
haben' bei Sophokles und Plato, sowie transitiv Vorziehen, höher
schätzen' und 'ehren, acliten' bei den Tragikern, Plato u. Spät.
Und das Xeutram -rrpecßoc bedeutet 'Gegenstand der Verehrung' in
ßaciXeia Yuvai, irpecßoc TTepcaic Aischyl. Pers. 623 Dind. Weil,
'ehrwürdige Versammlung, Ehrenversammlung' in -rrpecßoc 'ApTeiuuv
Tööe Aischyl. Ag. 855. 1393 Dind. Weil.
Nun drückt ja allerdings das irpec- in irpec-ßu-c eigentlich
'vor, voran' aus, da es Verwandter von irdpoc, ai. purdh, aw,
parö 'vor, vorn, zuvor, früher', weiterhin auch von got. faura
ist (zuletzt so Leo Meyer Handb. d. griech. Etym. 2, 631, Brug-
mann IF. 13, 164. Kurze vergleich. Gramm. 473 f. und Jos. Mansion
Les gutturales grecques 43), und somit könnte es sich fragen,
ob dann nicht die Bedeutung 'wichtiger' für TrpecßuTepoc, wie
entsprechend 'Ehrengabe' für Trpecßrjiov, besser direkt aus dem
Ursinn von 'voran seiend', nicht vermittelt durch den Begriff
des höhern Alters, zu gewinnen sei, sowie lat. antfquos seine
Doppelbedeutung 'alt, früher, vormaHg, einstig' und im Kompa-
rativ antfqiäor 'wichtiger' parallel aus der Bedeutung 'was
vorhergeht', d. i. spezialisiert "was in der Zeit bezw. im Räume
oder Range vorhergeht", entwickelt habe (A. Walde Lat. etym.
Wörterb. 35). Allein eben in Anbetracht der Tatsache, daß die
Sprache Homers mit Trpecßuiepoc, TrpecßuTaxoc und TrpecßuTevrjC
immer nur die Beziehung auf das Alter verknüpft, verbietet sich
jener andere Weg der Bedeutungsentwicklung. Auch das weiblich-
geschlechtige irpecßa, als Epitheton der Here E 721. 0 383. E 194.
243, der Ate T 91, einmal auch einer Sterblichen, der Eurydike
Y 452, hat wahrscheinlich seine Bedeutung 'Vorrang habend, die
Vornehme, Ehrwürdige' erst sekundär auf dem Boden des Be-
griffes 'älter, maior natu' entwickelt, wie ja auch allgemein an-
genommen wird und bei der Here besonders durch A 59 Kai
|Lie TTpecßuxdTriv xeKCxo Kpövoc dYKuXo|urixric deutlich ist (vgl. L. Kräh
Phüologus 17, 210, Faesi-Fi-anke « zu IL A 59. E 721).
Ehrenerweisung, Zuerkennung höheren Ranges, größerer
Indogermanische Forschungen XIX. 1"
234 H. Osthoff,
Würde und Wertschätzung, die man dem vorgerückten Lebens-
alter einräumt, sind Yorstellungen, die sich häufig dem Begriffs-
inhalt der Wörter von der Bedeutung 'alt, bejahrt' oder 'Alter,
älterer Mann' beimischend den ursprünglichen Wortsinn der-
maßen überwuchern können, daß dieser späterhin ganz verdunkelt
wird oder doch für das lebendige Sprachgefühl in den Hinter-
grund zurücktritt. Es erscheinen uns daher derartige Wörter oft
in der Übertragung auf Würdenträger der verschiedensten Gat-
tung, auf Personen in mannigfachen führenden und amtierenden
Stellungen, nunmehr einfach Rang, Stand und Amt ausdrückend.
Auf staatlichem Gebiet gehören hierher, wie die Yepovrec und
Ycpoucia der Griechen, so senätus und senätöres im alten Rom,
aus dem Slavischen aksl. starejh Komp. 'senior' und 'praefectus,
praepositus', starejbsina 'dux, princeps, magistratus, praefectus',
russ. stdrosta 'der Bauernälteste, Dorfschulze', aus dem germa-
nischen Altertum der ealdor und ealdoi'man der Angelsachsen,
afries. aldirmon; vgl. 0. Schrader Reallex. d. indog. Altertums-
kunde 443. 445. 448. Doch waren es nicht nur Stammeshäupter,
Heri-scher, Fürsten, Magistratspersonen, die auf diesem Wege
ihre Titulatur empfingen. Im Romanischen konunt bekanntlich
die allgemeine ehrende Anrede 'Herr', das Italien, signore, span.
senor, portug. prov. senhor, franz. seigneur zusamt den kürzeren
Seitenformen Italien, sere {messere\ franz. sire und sieur {monsieur),
"von senior der Ältere, Geehrtere, Angesehenere, wie gr. -rrpec-
ßuTepoc, wovon Isidorus 7, 12 sagt: preshijter graece latine senior
interpretatur, non pro aetate vel decrepita senectute, sed propter
honorem et dignitatem; oder wie ags. ealdor^ das in die Bed.
Fürst überging", und "senior für dominus kennt schon das älteste
M[ittel]latein" (Diez Etym. Wörterb. d. roman. Spr. ^ 294 f.). Viel-
fach heißt bei uns dem Gesinde der Dienstherr, dem Lehrling
der Handw^erksmeister, auch dem Schüler der Lehrer oder Schul-
direktor der Alte^ unser Älter. "Die Ältesten^ sagt ferner Paid
Deutsch. Wörterb. 14 a, "heißen die Vorsteher einer Genossen-
schaft, auch wenn sie nicht mehr wie zur Zeit, wo diese Benennung
entstand, die an Lebensjahren ältesten sind". Und ähnlich Bos-
worth-Toller An Anglo-Saxon dict. 229 a über ealdorman: "The
title of Ealdorman or Äldorman denoted civil as well as military
pre-eminence. The word ealdor or aldor iii Anglo-Saxon denotes
princely dignity: in Beowulf it is used as a synonym for cynin^^
pMen., and other words applied to royal personages. Like many
Griechische und lateinische Wortdeutungen 235
other titles of rank in the various Teutonic languages, it, strictly
speaking, implies age, thoiigh practically this idea does not survive
in it any more than it does in the word Senior^ the original of
the feudal term Seigneur". Das ist alles Bedeutungsentwicklung
von demselben Schlage, wie die Aufnahme der Nebenvorstellung
Ti)Liri in den Begriff der homerischen Y^poviec, wenn dieses die
alten Erklärer mit Vorliebe als ungefähres Äquivalent von evTi|uoi
empfanden und deuteten. "Welche große Rolle in der Denkweise,
in den Sitten und Gebräuchen der altgriechischen Welt von Homer
an "die Ehre des Alters", "das Vorrecht des Alters", die "Ehr-
würdigkeit der Greise" spielte, das zeigt anschaulich die aus-
führliche Schilderung Jungclaussens a. a. 0. 11 ff., die er mit den
Worten einleitet: "Reich an Ehren ist das Alter bei Homer, und
€S genießt eines außerordentlichen Ansehens. Der Grund solcher
Würdigung wird in der einfachen Form des geselligen Zustandes
zu finden sein, wo noch das Haupt der Familie und der ehr-
würdige Vorstand patriarchalischer Verfassung in anerkannter
Superiorität stand. Von dieser Grundlage einer auf natürlichen
Verhältnissen beruhenden Pietät erhebt sich die Anerkennung
des Alters zu einer sittlichen Forderung usw."
Was sagt nun endlich die Laut- und Formenlehre dazu,
daß T^pac und Y^pctc "ursprünglich ein und dasselbe Wort" sein
sollen? Dem Habitus von fepiuv und Y^paioc ist durch eine
eigentümliche Fügung diejenige der beiden Formen des alten
Neutrums auf -ac, die ihm begrifflich ferner getreten war, Tepac,
formal näher geblieben, und gerade die andere macht mit ihrer
Vokalverschiedenheit der ersten Wortsilbe Schwierigkeit. "Gr.
ff\pac zeigt unorganische Dehnung", so erklärt man oder, rich-
tiger gesagt, so umschreibt man mit einem nichtssagenden Schlag-
wort diese Schwierigkeit (Hirt D. indogerm. Ablaut 79); das
heißt ja eben nur, daß man mit der bekannten, übrigens auch
manches andere noch im Dunkeln lassenden Streitbergschen
Theorie über "die Entstehung der Dehnstufe" hier keinen Rat
zu schaffen weiß. Nur auf unsichere Vermutungen sind wir in
diesem Falle angewiesen.
Alt könnte der e-Laut in der Aoristbildung e-Ynpaca, die
wegen ion. Kar-eYnpäcav, jr]pdcacav Herod. 2, 146. 7, 114 an-
zuerkennen ist (vgl. Hoffmann D. griech. Dial. 3, 300 ff.), gewesen
sein, da hier das dii.järisuh RV. 1, 125, 7. 139, 8 zugimsten der
aoristischen Basis indog. gerd-s- mitspricht, woran auch schon
16*
236 H. Osthoff,
von anderer Seite erinnert worden ist (Bechtel D. Hauptprobl.
d. indog. Lautl. 164). Oder es könnte, was vielleicht noch eher
anzunehmen ist, der den Zweiklang von Y^pac und Tnpac her-
beirufende Faktor in einem analogischen Einfluß zu suchen sein,
den eine bedeutungsverwandte Wortsippe hier ausgeübt hätte:
das Yerbum Jißdai ist der begriffliche Gegensatz von YnP«Wi ^^1-
Aischyl. Sept. 622 Dind. Weil Tepovia töv voüv, cdpKa b' »ißOücav
qpuei, id. Suppl. 7 75 dYT^^ov 5' ou }xipLy\)tTai ttoXic Y^povO', rißüJvia
b' 6UYX.IWCCUJ cppevi, id. Agam. 584 dei Yap nßd toic Ytpouciv eu
luaöeiv, und so könnte eine cuveK5po|uri Kar" evavTiÖTiiTa es bewirkt
haben, daß frühzeitig ein *Yep«uu sich nach rißduu in y^P«^ um-
gestaltete. Um das einigermaßen Avahrscheinlich zu machen, ist
hier auf morphologische und semasiologische Beschaffenheit, Alter
und Überlieferung des YOpo^iJu etwas näher einzugehen, da über
diese Punkte eine Klarheit und Einhelligkeit der Ansichten bis-
her nicht erzielt ist.
Das Verbum Ylpoi^J^ sieht wie ein Denominativum aus, war
aber schwerlich seinem Ursprünge nach ein solches, sondern
mag wohl ein in die themavokalische Konjugation umgesprungenes
Yripd-m sein, sowie man in eXduu, Yt^au^, 6a)nduu und eptiw, dpouj
Umbildungen älterer Formen auf -d-|ui, -e-)ui, -o-^xx sieht und e\d-|Lii»
YeXd-)Lii besonders auf Grund der noch der mi-F\exion folgenden
Formen arg. TroT-eXdxuj, kor. eXdvxuj und arg. bi-ejeka, Kaia-
YeXd|nevoc anzusetzen sich berechtigt glaubt (Brugmann Iw. v.
Müllers Handb. 2 3, 1, 277 f. Kurze vergleich. Gramm. 501 f., Hü-t
Handb. d. griech. Laut- u. Formenl. 364). So ist auch Ynpa-|Lii
meines Erachteus noch direkt beglaubigt durch die Form des
Partizips YHPSc bei Homer P 197, Y>lP«vTecci Hesiod. Op. 188.
Denn dies war ein Präsens-Partizip, nicht ein aoristisches, wie
an der Hesiodstelle die offenbare Bedeutungsgleichheit des Ynpav-
lecci TOKeöciv mit den drei Verse vorher genannten YlpoiCKOviac
TOKiiac handgreiflich erweist, wie dann auch die IHasstelle die
Auffassung erlaubt, daß der Yater des Achilleus diesem seine
Waffen 'heranalternd, als er mählich alt wurde, als er das Alter
nahen fühlte', vermacht hatte. Diese Auffassung war schon
die des Herodian 2, 266 Lentz = Etym. Magn. 230, 50 Gaisf.,
und der alte Grammatiker konstruierte seinerseits, nicht weit
vom richtigen entfernt, ein Präsens "Yripr|)ui"; vgl. auch Gramer
Anocd. Oxon. 4, 339, sowie besonders das Schol. B zu P 197
Tivec hk diTÖ ToO YnpiMi' TTapaidceuüc Yap MdXXöv ecriv, f) cuvxe-
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 237
Xdac, Ktti evBdöe ouv tö YTlpac dvTi toö jr\p(bv. Entsprechend ist
dann die PräteritaKorm homer. ejY\pa, "am Versende" H 148.
P 197. H 67, aber "mitten im Verse" KaieYnpä i 510, imper-
fektisch zu verstehen, was dem Sinne nach durchweg angeht.
Z. B. auf P 197 paßt, wenn man dW oux uiöc ev evteci Trarpöc
eyripa imperfektisch 'sollte nicht alt werden, non erat perventurus
ad seuectutem, ou bx] eineXXe T»lP«cecBai' auffaßt, was Gildersleeve
Synt. of class. Greek 1 § 216 S. 95 f. vom Imperfekt mit Negation
lehrt, daß es häufig Enttäuschung, "disappointment", bezeichne:
es wäre gerade das Ahnungsvolle des epischen Vorausblicks
trefflich gewahrt, wenn man au dieser Homerstelle das Imperfekt
gelten läßt. Die Form KaxtTnpQ i 510 ist dann aber einfach die
3. Sing. Imperf. von ^r\Q6.w^ dem Substitut des älteren Y'ipctm,
also aus *-eYr|pae kontraliiert, ebenso dieselbe Form bei Herodot 6,
72, wo ihr Erscheinen, mag nun ein von dem Historiker über-
nommener Homerismus vorliegen oder nicht, keineswegs die
Schwierigkeit des Verständnisses macht, die Hoffmann D. griech.
Dial. 3, 303 vorzufinden meint. Das dreimal bei Homer am
Versende begegnende eynpa hat man nun am einfachsten in
derselben Weise als Imperfekt von yripduj zu verstehen, wie es
auch schon Lobeck zu Buttmann Ausführl. griech. Sprachl. 2 2,
13. 138 und Passow Handwörterb. 1^, 553b, im Altertum Ari-
stonikos nach dem Schol. Ven. A zu H 148 eYnpa : öti dvii toö
eYripace töv TrapaiaTiKÖv eiaEev tat; mit kurzem -d aber, wobei
dann eYnpd zu lesen und zu betonen wäre, bliebe die Form auch
Imperfekt, wäre jedoch alsdann auf das noch unthematische Präsens
Yripa|ui zu beziehen. Die jetzt meist befolgte Erklärung des eYnpa
als einer nichtsigmatischeu Aoristform (Gr. Curtius Verb. d. griech.
Spr. 12, 198, Gust. Meyer Griech. Gramm. ^ § 527 Anm. S. 605,
Kühner-Blaß Ausführl. Gramm, d. griech. Spr. 1^, 2, 390, Brug-
mann Iw. v. Müllers Haudb. 2 3, 1, 315, Hoffmann D. griech.
Dial. 3, 302) vermag der eben in homer. und herod. KaieYiipcx
liegenden formalen Schwierigkeit, da man dafür in ionischen
Texten *KaTeYripii erwarten sollte, nicht in überzeugender Weise
Herr zu werden, und an den andern Homerstellen ist sie syn-
taktisch durchaus nicht erforderlich; die von Fick Götting. gel.
Anz. 1881 S. 1430 aufgestellte, von Bechtel D. Hauptprobl. d.
indog. Lautlehre 164 gebilligte Lehre, wonach e-Yripa in dem
Sinne als Aoristgebilde zu betrachten sein soll, daß sein alt-
indisches Gegenstück ein *d-järit^ die 3. Sing, zu der überlieferten
238 H. Osthoff,
-/^-Forni 3. Pliir. ved. järiß-uh^ wäre, darf vollends auf Grund
der dagegen erhobenen Bedenken (vgl. Hoffmann a. a. 0.) als be-
seitigt gelten. Nach Yeitch Greek verbs irreg.'* 153 f. soll efY\pa
H 148. H 67 und KareYnpS i 510 und bei Herodot Imperfekt, aber
ifr]pa P 197 Aorist sein, während Ebeling Lex. Homer. 1, 255b
in eYnpa H 148 und P 197. 5 67 den Aorist, aber ebend. S. 435b
s. V. e-rrei in demselben eT'ipct H 148 das Imperfekt sieht; ein un-
nötiges und ungerechtfertigtes Schwanken der Auffassung, di&
ja jedenfalls bei der einen Verbalform, um die es sich handelt,
eine einheitliche zu sein hat. Zu unserm unthematischen yripa-iiu
und Part. Präs. yr]pdc gehört der schon von Herodian a. a. 0.
geforderte Infinitiv des Präsens Y»lP«vai, die von CobetMnemos.
11, 124 mit Recht energisch verteidigte und dem sicher ver-
werflichen vermeintlich aoristischen rnpoivai vorgezogene Lesart,
die auch Dindorf bei den Tragikern und sonst durchweg, ob-
schon er sie nicht für den Infin. Präs. nimmt, herstellt (vgl.
Kühner-Blaß a. a. O.y).
Der Aorist zu Tnpoi|Lii und yiP^^^ war zunächst die sig-
matische Bildung in der Form eYnpaca, die bei Herodot über-
liefert ist (s. 0.) und sich zu yhP«^ ebenso stellt, wie riXaca zu
Öi&iu, tfiKaca zu YeXauu; wenn auch ein att. eYnpäca ion. *eYnpnca
bestanden haben sollte, was noch fraglich bleibt, so müßte diese
Form von -j^päiu aus, nachdem man es als ein Denominativum
wie rißduu zu empfinden und zu behandeln begonnen hatte, ent-
sprungen sein, die bei ionisch schreibenden Dichtern, Herodas,
Simonides von Keos und Kritias, überlieferten a-Formen YCTnpSKe,
Tnpsceiuev, Ylpöcetai (vgl. Hoffmann a. a. 0. 301) dürften am ehesten
als Nachwirkungen des mißverständlich aoristisch gedeuteten
1) Herr Professor Dr. H. Meltzer, der sich durch seine scharfsinnige
Abhandlung 'zur Lehre von den Aktionen bes. im Griechischen' IF\ 17, 186 ff.
als ein besonders feinfühliger Beurteiler des Unterschiedes der Aktions-
arten von Präsens-Imperfekt und Aorist erwiesen hat, hatte die Güte, den
gesamten griecliischen Sprachgebrauch auf das Vorkommen und die jedes-
malige Bedeutung der Formen ^Tnpa und Yipa?> Ynpo''vcii einer eingehenden
Prüfung zu unterwerfen, und er bestätigt mir brieflich (Cannstatt, 1. Dez.
1904), "daß die inhaltliche Erklärung des tatsächlich vorhandenen Stellen-
materials kein ausschlaggebendes Gewicht gegen die präsentisch-imper-
fektische Auffassung in die Wagschale wirft", wenn man anderseits auch
zugeben müsse, daß eine Anzahl der in Betracht kommenden Stellen diese
Auffassung der Formen nur als eine vom Standpunkte der Semasiologie
zulässige, nicht als eine notwendig gebotene und den Aorist unbedingt
ausschließende, erscheinen lasse.
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 239
homer. eTnpa sich erklären lassen. Alt war aber auch als Aorist
zu Yripa-|ui und ^Y]p6.uj die e-Bildung d-yripri-v, und sie hat augen-
scheinlich ihre Spur in dem Partizip TIP^ic 'gealtert', dvöpöc
■fnpevToc Xenophan. Fragm. 8 Bergk*, hinterlassen, dies T^peic
hätte also schon Gr. Curtius Verb. 2 2, 354. 355. 365 richtig beur-
teilt; formal e-Tripr|-v zu Tipotiu, wie e-öd)ur|-v zu öajudiju.
Der Grundirrtum war, daß man es verkannte, daß die Präsens-
bildung in der Form Tnpot'J^ bereits in homerischer Zeit vorhanden
war. Wenn bei Kühner-Blaß a. a. 0. "xnpcicKa», werde alt" und
"xripduu, lebe im Alter" unterschieden werden und gelehrt wird,
daß "ersteres seit Hom.", letzteres aber erst bei Späteren er-
scheine, so ist also die damit gegebene Altersdatierung der zwei
Formen zu korrigieren, aber auch die hier getroffene Bedeutungs-
unterscheidung nicht haltbar, denn thP«^ diente zweifellos, so
gut wie YripdcKuu, im inkohativen Sinne von 'werde alt, altere',
wie die von Lobeck zu Buttmann a. a. 0. 2 2, 393 gegebenen
Belege klar genug dartun (vgl. auch Gr. Curtius Verb. 1^, 282
und Leo Mejer Handb. d. griech. Etym. 3, 46).
In ursprünglicherer Vokalisation aber bestanden für fr\pa-\i\
und tTipdo) die Lautungen *yepa-^\, *fepäix}, wobei T^pa- hier und
in dem Neuti'um yepa-c 'Altersvorzug', in Yepa-pö-c und Yepaioc die-
selbe Gestaltung der zweisilbigen Basis war wie in ai. jari-md{n~)
'Alter, Altersschwäche'. Die volle Form der Basis hat man als
uridg. gere- anzusetzen mit Hirt D. indog. Ablaut 79, der das -e-
aus dem aksl. zre-ti 'raaturescere' erschließt; und ein weiteres
Zeugnis dafür ist jetzt der griechische e-Aorist e-yripri-v, Part.
Tnpeic. Der letztere sollte eigentlich *e-Tdpri-v lauten als Vertreter
der Basisgestaltung idg. grre- = aksl. zhre- in zire-h 'reif, wie für
das gewöhnliche zre-h noch im Cod. Suprasl. und in einer andern
alten Quelle überliefert ist (Miklosich Lex. Palaeoslov. 232 b f.).
Wenn nun rjßduj, das Denominativ zu fjßri dor. fißa = alit
jega 'Kraft, Besinnung', lett. jega 'Verstand, Einsicht' (nach der
anerkannten Etymologie Bezzenbergers in seinen Beitr. 2, 190),
es gewesen ist, von dem die zufolge der Begriffsgegensätzlichkeit
assoziierbare Wortfamilie mit T^pa-, *Tapri- den langen ^-Laut
bekommen hat, so ist dieser wohl zunächst auf die dem fißduj
äußerlich am ähnlichsten erscheinende Verbumsform, also auf
*Tepdiu, übergegangen ; im Gefolge von THPo^^ wurde dann dessen
ältere Nebenform *Yepa-)uii zu THpa^ii ferner der Aorist *e-Ydpri-v
zu e-Ynpri-v, "ganz abnorm ist der lange Vokal des erwähnten
240 E. Hermann,
Tnptic", konstatierte schon G. Curtius Verb. 2% 355. Und vom
Verbum aus ist dann der ^-Laut weiter gewuchert, so daß nun
auch das Nomen Y^pa-c die Metamorphose zur e-Form Y'ipotc
erfuhr, außer wo es durch seine Bedeutungsisolierung, Entfaltung
des metonymischen Sinnes 'Altersvorzug, Ehrenteil', dem Verbum
begrifflich entfremdet war. Eine assoziative Wechselwirkung
zwischen fHPO'UJ und rißctuü nimmt auch schon Brugmann Iw. v.
Müllers Handbuch 2 3, 1, 294 an, indem er seinerseits nach dem
Nebeneinander von "mpauj und YnpotCKuu die Form fißdcKoi neben
rißduj aufgekommen sein läßt, eine von der Sprachgeschichte in-
sofern unterstützte Konstruktion, als tip^ckuj "gemeingriechisch
von Homer an" auftritt, iißdcKoi aber erst "von Euripides an"
bezeugt ist (vgl. G. Curtius Verb. 12, 282).
In Verbindung damit, daß es nach unserer Vermutung die
verbalen Gebilde fr\p6.-ix) und yripd-CKiJu waren, die das zuerst
bei ihnen aufgekommene YiTpa- weiter trugen, würde es auch
stehen, daß außerhalb des Verbums eben nur solche 'Nominal-
bildungen, die vordem die Basisform y^P«- enthielten, diese im
Laufe der Zeit, die einen von ihnen früher, die andern später,
durch das jüngere y'IPö- ersetzten: also Y'lpa-c und mit ihm
d-YHpa-TO-c, d- und TToXu-Ynpa-o-c, mit YHpa-c zusammen natürlich
auch die es enthaltenden Komposita Y'lpo-ßocKÖc, -kÖ)uoc, -xpöqpoc,
ferner Ynpa-^£o-c bei Xenoplian. Fragm. 1, 18 Bergk*, bei Piudar
und Aischylos, wofür aber noch bei Hesych YepaXeov • Y^povra,
fi dc6evrj durch die Buchstaben folge gesichert, YnP«ioc bei Hesiod,
Pindar, Herodot und Attikern für das dem Homer noch allein
geläufige, auch der nachhomeriscben Poesie und Prosa nicht
abhanden kommende Yepcuöc; dahingegen niemals ein ^Ynpiuv
für fipwv.
Heidelberg. Hermann Osthoff.
Zur kyprischen Silbenschrift.
Für das kyprische Syllabar hat Meister IF. 4, 175 f. das
Prinzip der Silbenschreibung richtig herausgefunden. Die Wahl
der Silbenzeichen richtet sich genau nach der Silbentrennung:
Im Silbenanlaut wird ein Konsonant zusammen mit dem folgenden
Vokal durch ein Zeichen ausgedrückt; für den Konsonanten im
Zur kyprischen Silbenschrift. 241
Silbenauslaut steht dasjenige Zeichen, das den vorhergehenden
Vokal enthält; für den Konsonanten im Wortauslaut das Zeichen
mit dem Vokal e, z. B. ÄpicrioKUTTpac = a' ri' si' to' kw pa' ra' se':
c wird hier zur vorausgehenden^), tt zur folgenden Silbe gezogen.
Wie verhalten sich hierzu die Proklitika und Enklitika? Werden
sie als selbständige Wörter betrachtet, oder werden sie zum fol-
genden, bezw. vorausgehenden Wort gerechnet? Auf den ersten
Bück scheint die Wahl ganz regellos zu sein : neben ta'na'ta'
na'ne- = idv 'AOdvav GDI., Bd. 1, 60, 27 (Hoffmann Griech. Dial.
Nr. 135) findet man tw se' a'ta'na' sc = rdc Aödvac 60, 20 (135);
neben o'pi' si- si'kc = ömcic Ke 60,29 (135) steht ti'mokw
pa' ra' se' emi. = TinoKUirpac ri|ui 23 (73). In xdv ist also -v mit
dem folgenden 'A- verbunden, in ötticic ist das zweite s (c) als
s«, nicht als se geschrieben, Ke ist demnach als unselbständiges
Wort behandelt; aber xdc und r||ai sind als selbständige Wörter
geschrieben, das -c in xdc ist hier ebensowenig mit dem folgenden
Ä- zu einem Silbenzeichen verbunden wie r\- in rml mit dem
vorausgehenden -c. Sollte hier wirklich ein regelloses Durchein-
ander herrschen? Es ist das wenig wahrscheinlich, da bei in-
lautenden Konsonantengruppen die Vokalverteilung genau zu der
Silbentrennung stimmt, wie wir sie aus anderen Dialektinschriften,
aus den Theorien der Alten und den Handschriften kennen, vgl.
Meister, a, a. 0. Die kyprische Silbenschrift ist also, worauf hin-
zuweisen nicht ganz überflüssig ist, obwohl von einem nicht-
griechischen Volke überkommen, doch der gi-iechischen Sprech-
weise genau angepaßt. Wenn aber sonst in der Vokalverteilung
ein Prinzip streng diu'chgeführt ist, wird sich hinter der Regel-
losigkeit bei demProklitikon und Enklitikon ebenfalls eine sinnvolle
Regel verbergen.
1. Proklitika.
Innerhalb des Artikels sind die Formen auffällig ver-
schieden behandelt, und zwar je nach ihrem Auslaut. Im Auslaut
des Artikels stehen: Vokale, konsonantisches -i (i), -c und -v.
Die vokalisch auslautenden Formen werden nie zum fol-
genden Worte gezogen. Beginnt das folgende Wort mit Vokal
oder mit einem Konsonanten, so läßt sich natürlich gar nicht
erkennen, daß die Proklisis nicht zum Ausdruck kommt; eben-
sowenig ist es möglich bei Wörtern mit Muta cum Muta oder
1) Vgl. Meister a. a. 0. und unten S. 245 fg.
242 E. Hermann,
Muta cum Liquida, da diese Konsonantengruppen, auch wenn
sie im Wortinnem stehen, stets zur folgenden Silbe gehören;
a'po'toli- se- = d tttöXic 60, 2 (135) kann also nichts beweisen.
Deutlich sind solche Formen vom folgenden Worte getrennt nur
vor s -\- Konsonant:
0' sa' ta' si'vo' i' ko' ne' = 6 ZtaciFoiKijuv 27, 1 (94).
0' sa'ta' si'ke' re' te' 0' se' = 6 XTaciKpexeoc 14 c (in der Er-
gänzung bei Meister, Griech. Dial. II 169) (67).
to' se-pe- 0' se- = xüu crrfioc 31,2 und 32,2 (98 und 99).
to' sa- ta' sa ' ko' ra' w = Tii) ZracaYopau Hell. Stud. 1 1, 69, 13
und 12, 330 u. ö.
Zusammengeschrieben müßte es o' so'ta' si' usw.
heißen.
Auslautendes -i ist stets durch das Zeichen für vokalisches
* ausgedrückt und wird vom folgenden Worte getrennt. Dies tritt
klar zutage, z. B. :
in: o'i'\o'na' si'hi'po'ro'ne' = oi 'OvaciKUTrpuuv 60,3o(135).
Hier ist -i nicht mit dem folgenden '0- zu jo ' vereinigt,
obwohl hinter vokalischem i sich ein j entwickelt hat, das mit
folgendem Vokal zusammengeschrieben wird, vgl.
i'ja'sata'i' = ijdcGai 60,3 (135).
Die Formen auf -s werden ebenfalls durchweg vom fol-
genden Worte getrennt. Vor Vokal:
ta' se'\a'ta' na' se' = xdc 'AÖdvac 60, 20 (135).
ta' se' a' na' sa' se' = idc dvd(c)cac 33, 1 (100).
ta'se'onasi'lo' = xdc 'OvaciXou Hell. Stud. 11.63,5.
ta' se'O' na' sa'ko'ra'U' = xdc 'OvacaTopau ebenda 69, 14.
to' se'\a'to'ro'po' se' = xuuc d(v)9pdj7TUJC 60,3 (135).
to ' se ' \ 0 ' na ' si ' lo ' ne ' = xujc 'OvaciXujv 60, 23/4.
Vor Konsonant:
ta' se'pa' pi' ase' = xdc TTaqpiac 1, 1 (59) u. ö.
ta' se'va'na' sa' se' = xdc Favd(c)cac 39,2 (104) u. ö.
ta'se'te'O' = xdc 9euj 14a (35).
to ' i ' se ' \ka ' si ' ke ' ne ' to ' i ' se ' = xoTc KaciTvrixoic 60, 5 (135) u. ö.
to' i' se'lpa'i' si' = xoic iraici 60, 13 u. ö.
to' se' \ka' si' ke' ne'to' se' ^ xdic KaciTvnxuuc 60, 3 u. ö.
to' se'\pa' i' ta' se' = xujc iraibac 60, 11 u. ö.
to' se'\ka' po' se' = xwc Karnjüc 60, 30 u. ö.
ta' SB'lve' re' ta' se' = xdc Fprixac 60, 28 u. ö.
Zur kyprischen Silbenschrift. 243
Wären diese Formen des Artikels mit dem Substantivum
verbunden, so müßte
*ta • sa'ta- na- se- = idc 'A9dvac
*ta ' sa' ve' re'ta' se' = xdc Fpriiac usw. geschrieben sein.
Anders ist es mit den Formen auf ~n. Yor Vokal ist -n
ausnahmslos zur folgenden Silbe gezogen, gleichgültig, ob das
dazugehörige Substantivum, ein abhängiger Genetiv oder eine
Präposition folgt.
to'na'ti' ri'ja'ta'ne- = xöv d(v)bpijd(v)Tav 59, 2 (134) u. ö.
to' nona' si'kupo' rone' = töv 'OvaciKu-rrpujv 60,2 (135).
to • ni 'ja 'te'ra'ne' = töv ijaTfjpav 60, 3.
to'ni' = TÖV i(v) 60,9 und 60,20.
to'na' ra'kw ro' ne' = töv d'pfupov 60, 13 u. ö.
to' no' na' sa'ko' ra' w = töv 'OvacaYÖpau 60, 22.
to'no' ro'kone' = töv öpKov (109,6).
ta'ni' e' re'vi'ja' ne' = Tdv iepriFijav 60, 20 (135).
ta'na' ta'na'ne' = Tdv 'AGdvav 60,2?.
to' na'i'lo' ne' = tOuv aiXuuv 60, 14.
to' no' na' si'kw po' ro' ne' = tüjv 'OvaciKUTrpujv 60, 11.
Vor Konsonant war auslautendes -n entweder bereits ganz
geschwunden, oder es hatte sich soweit verflüchtigt, daß nur
noch der Vokal nasaliert wurde, vgl. Meister 2, 261 f., Hoffm. 1,
210,213. Geschrieben wurde bloß to' und to*; beide wurden
so behandelt wie andre auf Vokal ausgehende Formen; nur einmal
findet sich ta' ne' in :
ta' ne' pe' re' ta'li' 0' ne' — Tdv Tiep' 'HödXiov oder 'HöaXioiv
60,27 (135).
Wie sind die Verschiedenheiten zu erklären? Keinesfalls
waren töv, rdv, tüjv allein proklitisch, während die anderen Formen
orthotoniert gewesen wären. Dafür Ließe sich kein auch nur
einigermaßen glaubhafter Grund ausfindig machen. Direkt wider-
legen ließe sich dies allerdings erst, wenn eine der aus töv, rdv,
TiiJv zu TÖ, Td, TU) verkürzten Formen vor s + Konsonant belegt
wäre. Aber wir dürfen auch so als sicher annehmen, daß der
Artikel stets proklitisch war; daß er in manchen Formen es
war, beweist das Hinüberziehen des -n zur folgenden Silbe. Es
kann sich also nur fragen, warum in diesem Fall allein die Proklise
das Zusammenschreiben veranlaßt hat, bei den anders auslautenden
Formen aber nicht. Die Antwort auf diese Frage liefert der ver-
schiedene Auslaut der Formen. In der Tat ist auslautendes -n
244 E. Hermann.
vor Vokalen anders zu beurteilen als auslautendes -s. Ersteres
hatte noch seinen vollen Wert, letzteres nicht mehr.
"Da nun der Artikel sich proklitisch an das folgende Wort
anlehnte, gehörte -v in töv dpYupov zu der Silbe ap-. Es war
daher sehr natürlich, daß man to'na'ra'kwro'ne' schrieb. Hätte
man wie sonst die Wörter der Übersichtlichkeit halber getrennt
— daß man nach Übersichtlichkeit strebte, beweisen vor allem
die häufig zwischen den Wörtern oder Wortgruppen stehenden
Divisoren — so hätte man einen Fehler gegen die Silbenschrift
gemacht. Denn deren Prinzip war, für jeden Konsonanten das
Zeichen zu setzen, das der Vokal der Silbe enthielt, zu der der
Konsonant gehörte. Eine Schreibung *to • ne'a-ra-ku-ro' ne • konnte
nur besagen, daß -v in töv zu der Silbe to gehöre; also war sie
unmöglich.
Anders stand es mit den Formen auf -s. Yor Vokal war
auslautendes s des Artikels entweder zu h geworden oder ganz
geschwunden, vgl. Meister, Grriech. Dial. 2, 246 f.. Hoff mann 1, 198 f.
Eine genaue Entscheidung, unter welchen Bedingungen -s zu h
geworden, unter welchen es ganz geschwunden war, scheint mir
bei dem geringen Material nicht möglich. DasFehlen eines Zeichens
für h in id uxnpujv 60, 5 und is (135), rroexöiusvov 60, i9 und 21,
'ApiCT0cpa(v)T0 ö 28(95),'A(v)Tlcpa^o 6 83(157),'Exeöa^o ö 148a(218),
)liic6lüv Kd d(v)Ti 60, 5, FeGoxo ^) äXeFo(v)Tec 88, 1 (161), 'AOavo e
86,6 (160) könnte durch Dissimilation infolge benachbarter Aspirata
zu erklären sein. Die übrig bleibenden Beispiele genügen aber
nicht, um den völligen Schwund, wie es Hoffmann 205 will, im
Auslaut zu beweisen. Wenn -s zu h geworden war, würde zwar
rdc 'OvaciXuj tahonasüo, aber xdc 'AOdvac und tüjc d(v)6pd)TTUJc
vermutlich infolge von Dissimilation taathanas und tonthropos ge-
sprochen worden sein. Vor Vokal also hatte xdc z. B. vermutlich
die Gestalten ta und ta h-. Vor manchen Konsonanten hatte -s viel-
leicht ebenfalls seinen Lautwert verloren. Es heißt in 38,4 (103) ta '
va nasase' = xd Favd(c)cac. Wenn trotzdem meist ta' se' vor
Vokal und Konsonant geschrieben wird, so ist das entweder ety-
mologische Schreibung, herübergenommen von Verbindungen, wo
sich -s + Konsonant länger gehalten hatte, oder es ist historische
Schreibung. In jedem der beiden Fälle würde sich das Bestreben
zeigen, etwas anderes zu schreiben, als man sprach. Beim Schreiben
stellte man sich vor, daß man 'richtiger' tas sprechen müsse;
1) Mit zwei Aspiraten kaum riclitig, vgl. aber Brugmann, Gr. Gr.* 102.
Zur kyprischen Silbenschrift. 245
bei einem Yersuch z. B. tas 'AGdvac zu sprechen, machte es
Schwierigkeit, ein s in dieser Stellung hervorzubringen; man legte,
um sich die Aussprache zu vereinfachen, die Silbengreuze hinter
das s, denn im Silbenauslaut machte dieser Laut keine Schwierig-
keit. In einer Verbindung wie rdc TTaqpiac aber kam das s, wenn
es nicht überhaupt lautgesetzlich geblieben war, bei einem solchen
Versuch natürlich gerade so in den Auslaut ; er wurde dann wie
im Inlaut bei s + Konsonant zur ersten Silbe gerechnet. Man
schrieb aber ta- se'pw pi' a' se- und ta- se' a'tw na' se-, nicht
ta • sa •, um die Wörter auch durch den Divisor trennen zu können.
Eine Darstellung des h selbst war das Zeichen für se • inta'se'
ß' na' 8a- se- = xdc dva(c)cac nicht, denn h gehörte zur folgenden
Silbe; um h zu schreiben, hätte man dann ja *ta' sa- na' sa' se'
schreiben müssen, wie man to' na' i'lo' ne' = xüuv ai'Xuuv schrieb.
Man könnte fi-agen, warum man wohl die Formen auf -c
fast durchweg etymologisch oder historisch schrieb, während man
es bei denen auf -v vor Konsonanten nicht tat. Denn nur ein Bei-
spiel kennt hier ein -v : ta' ne'pc re'ta'U' o' ne ' = rdv rrep' 'Höd-
Xiov oder 'HöaXiuuv 60,27 (135); daß dieses -v hier lautgesetzlich
steht, wie Meister 2, 261 meint, ist angesichts des zur Präposition
gezogenen Auslautes von xöv in to ' ni ' 60, 9 und 60, 20 (135) nicht
sehr wahrscheinlich. Indes ist es hier für uns gleichgiltig, ob
dieses -v analogisch oder lautgesetzlich ist.
Daß das -v für gewöhnlich nicht geschrieben wurde trotz
des -c vor Vokalen, könnte ich mir erklären, wenn -c noch nicht
geschwunden, sondern nur h geworden war. Sprach man in idc
'OvaciXcu zwischen a und '0 ein /», so war dies 'falsch', weil man
kein Zeichen für h hatte ; deswegen setzte man des "richtige' -c
ein. Sprach mau aber Td(v) tttöXiv mit nasaliertem Vokal, so be-
fand sich zwischen Vokal und tt kein Laut, also brauchte mau
auch keinen zu schreiben ; für den nasalierten Vokal aber setzte
man den nicht nasalierten ein.
Nunmehr wird auch die Schreibung o'i'\o'na'si'ku'po' ro ' ne'
= Ol 'OvaciKUTTpuu 60,30 (135) in ihrer ganzen Bedeutung verständ-
lich. Das i in oi gehörte zur Sübe oi allein, sonst hätte *o • i 'jo ' na '
si'kw po'ro'ne' oder *o'jo'na'si'ku'po'ro'ne' geschrieben
werden müssen. Ein Analogon für den Inlaut ist zufällig nicht
belegt, o'na'i' o'ne- = 'Ovaiuuv 21 (71) hatte ein s verloren und
könnte daher auch viersilbig sein.
Eine Erklärimg verlangt nur noch die Schreibung der
246 E. Hermann,
vokalisch ausgehenden Formen vor s + Konsonant. Warum schrieb
man nicht nach Analogie von a'H- si'to' ku 'pa 'rase' = 'ApiCTo-
Kurrpac 25 f (80) auch *to' so' pe' o' se' statt to' se'pe' ose' =
Toi cTifioc 31,2 (98), da man ja auch to' na'ilo' ne' = toiv ai'Xuuv
60,14 (135) zusammenschrieb? Wenn, wie Meister IF. 4, 182 f.
denkt, bei s + Konsonant die Silbengrenze in das s hineinfiel,
so wäre ganz natürlich, daß man das s in diesem Fall nicht in
der ersten, sondern in der zweiten Silbe schrieb. Es wäre aber
dann eigentlich sonderbar, daß man im Inlaut ein solches s zur
ersten Silbe rechnete, wie in a'ri' si'to ' kwpa'ra' sc; denn
in va' na' sa' sa' se' ^ Favd(c)cac 38, 4 (103) u. ö. lag die Silben-
gi'enze vielleicht auch in dem s, dieses s aber wurde zur zweiten
Silbe gezogen. Allein es zwingt gar nichts zu der Annahme, daß im
Kyprischen inlautendes s in s + Konsonant zu zwei Silben ge-
hörte; das mag im Attischen oder in der Koine so gewesen sein; im
Kyprischen kann die Silbengrenze auch hinter dem s gelegen haben.
Wie erklärt sich to' se'pe'O' se' dann ? Ich finde darauf folgende
Antwort: In tojv aiXuuv wurde der Endlaut des unselbständigen
Wortes mit der folgenden Silbe des selbständigen vereinigt; in toi
CTTTioc aber machte man den Anlaut des selbständigen Wortes nicht
zu einem Bestandteil der vorausgehenden Silbe des proklitischen.
Ich vermute darin nicht bloß eine besondere Schreibung, sondern
vielmehr, daß sich in der Schreibung die Aussprache widerspiegelt.
Ich glaube also : der Endlaut eines proklitischen und der Auslaut
eines orthonierten Wortes waren in dem Falle nicht in derselben
Weise zusammengewachsen wie Laute im Wortinnern, wenn durch
solchen Zusammenschluß ein Laut des orthonierten Wortes zu
dem proklitischen Wort hinübergebunden worden wäre. Dieser
Fall lag jedesmal vor, wenn das Proklitikon vor s + Konsonant
auf Vokal ausging.
Genau so wie der Artikel wurde das ebenso lautende Rela-
tiv um behandelt. Für das Zusannnenwachsen liegt nur ein Beispiel
vor, für Ausstoßen des -v vor Konsonant keines, to'ne'to' he • ne •
= TÖv ebuuKev 14 e (141).
Außerdem geben noch die Präpositionen Grelegenheit, die
Behandlimg der Proklitika zu erkennen. In folgenden vier Fällen:
i' ne'üi'U' o'i' = iv 'HöaXiuui 62(138) vgl. Meister 2,156.
sw no' ro'ko' ise' = cuv öpKoic 60,28 (135).
pe' re'ta'U' one' = Tiep' 'HödXiov oder 'HöaXiuuv 60,27.
apo'i' = ütt' uui 59,3 (134) ist der Endkonsonant der Prä-
Zur kyprischen Silbenschrift. 247
Position, wie zu erwarten stand, zum Yokal des folgenden Wortes
gezogen ; ein Beispiel für auslautendes -c vor Vokal gibt es leider
nicht. Vor Konsonanten haben die Präpositionen im Auslaut nur
Vokal, S oder -c und sind nie mit dem folgenden Worte ver-
bunden. Auslautendes -n ist vor Konsonanten regelmäßig abge-
fallen wie bei dem Artikel:
i'tu'ka-i- = i(v) xuxai 17 (68) u. ö.
i' te' re i' = i(v) xepei 14a (65).
ito- = i(v) TÖJ 60,8 (135) u. ö. ,
i'to'i' = i(v) Tuji 60,1 u. ö.
itai' = i(v) xdi 60,3 u. ö.
i'ta' = i(v) Td(v) 60, 27.
i-fe' me' nose- = i(v) teiuevoc 72(147).
su'tu'ka' = cu(v) Tuxa 120,4(128).
Konsonant hinter -c :
po-se'\to' = TTÖc TÖ(v) 60,19 (135).
po'se'\ta'ni'ere'vi'jane' ^ ttöc rdv iepriFijav 60,19/20.
po' se'\pa' sw ko' ra' ne' = ttöc TTacaTÖpav 60, 21 .
Die Beispiele mit Konsonant hinter x könnten zweideutig
sein, weil der vorausgehende Vokal auch e ist:
exeto'i' = eH tuji 60,5 (135) u. ö.
e' xe'ta'i' = il Tcti 60, e u. ö. Daß man xe ' als Auslaut zu
betrachten hat, lehren nicht bloß Formen wie po'se'to', sondern
auch die Schreibung für eS im Kompositum e- xe-\o-ru' xe' =
eH opuEri 60, 11 u. ö., wo durch den Divisor eH als selbständiges
Wort geschrieben ist. Natürlich hindert nichts, dieses Wort gleich-
wohl als proklitisch zu betrachten; denn das enklitische cic ist
60, 10 und 23 (135) auch durch einen Divisor vom vorausgehenden
Ke getrennt. Daß man, wenn man einmal für g ein Zeichen nahm
(darüber Meister, IF. 4, 185), nicht e-xo- ru-xe' schrieb, ist
leicht erklärlich, weil im Sandhi durchaus nicht gleich beide
Konsonanten: k -]- s zur ersten Silbe des orthotonierten opuHn
gefallen sein müssen.
Die Behandlung der Präposition im Kompositum zeigen viele
Beispiele, in denen -n zur folgenden Silbe gezogen ist, z. B.
i' na'la'U' si' me' na' = ivaXaXic|ueva 60, 26 (135) ; für -c ist das
schon besprochene Troex6)uevov das einzige Beispiel; bei Elision
wird der vorausgehende Konsonant natürlich auch hinüberge-
bunden, z.B. e-pe'tu'ke- = e-rreToxe 59,4 (134).
Überschaut man die sämtlichen Beispiele, so ergibt sich hier
248 E. Hermann, Zur kyprischen Silbenschrift.
deutlich: Die Proklitika werden als selbständige Wörter
geschrieben, außer wenn dadurch das von Meister er-
kannte Prinzip der kyprischen Silbenschreibung ver-
letzt würde. Wenn vokalisch auslautende Proklitika vor -c +
Konsonant ebenfalls selbständig geschrieben av erden, steht das
mit diesem Prinzip nicht im Widerspruch, weil hier die Aus-
sprache von der im Wortinnern wahrscheinüch abwich. Die
scheinbar große Regellosigkeit in der Schreibung läßt sich also
aus der Aussprache völlig erklären.
2. Enklitika.
Man könnte vermuten, daß die Enklitika genau entsprechend
behandelt wiirden. Das ist aber nicht ganz so. Es liegen folgende
deutliche Fälle der Enklise vor:
o'pi' si' si' ke' = ömcic ke 60,29 (135).
ta' sa' ke' = rdc je oder Ke 60, 29.
ta'sa-pa'i' = toc Trm 71,3 (146).
ka'sa'pa'i' = Kdc -rrai 60,4 (135).
a'utarami- = auidp |ui 2, 2 und ähnlich öfter.
{pa- sa' ka- se- = rrdc Kac 41,2 (106) unsichere Lesart).
(o' vo- ka- re • = oü yoip 68, 3 ebenfalls unsicher).
Die Enklitika sind hier als Teile des vorausgehenden Wortes
behandelt, deswegen ist für s nicht das Zeichen für se-, sondern
das Zeichen für s mit dem vorausgehenden Vokal gesetzt.
Demnach waren für das Gefühl der Kyprier die Enklitika
mit dem vorausgehenden Worte enger verwachsen als die Pro-
klitika mit dem folgenden, vgl. o'pi'si'ke- gegenüber ta'se'
papia'se'. Das stimmt aber genau zu der im Attischen üblichen
Betonung der Proklitika toTc tujv gegenüber der Enklise von ye usw.
Wunderbar könnte es scheinen, daß r\\x\ *ich bin^ ausnahms-
los von dem vorausgehenden Worte getrennt bleibt. Das ist nicht
bloß der Fall hinter -c, wo ja nur etymologische Schreibung
vorliegen könnte, wie:
ti ■ mo • ku ■ pa • ra' seemi- — TiiuoKUTipac ri|ui 23 (73), sondern
auch hinter -w, z. B. :
teotimo'ne'emi' = Oeoxiiuujv r\\x\ 42(117).
Man könnte an verschiedene Gründe denken: Es könnten
die zweisilbigen Enklitika anders behandelt sein als die einsilbigen.
Aber recht überzeugend klingt das nicht. Eine Bestätigung oder
Widerlegung ließe sich von der Zukunft erhoffen, falls vielleicht
G. Neckel, Exozen tri sehe Komposition. 249
Formen von qpaini oder der Plural zu cic aufgefunden würde.
Eine andere Möglichkeit wäre, daß rmi im Kyprischen nicht
enklitisch war; aber wie sollte man das wahrscheinlich machen?
Ich Terraute vielmehr etwas Drittes ; ich glaube, daß ri)ui aus dem-
selben Grunde nicht an das vorausgehende Wort angelehnt wurde,
aus dem ein vokalisch auslautendes Proklitikon nicht mit dem
folgenden Worte verwachsen konnte : d. h. ich vermute, daß man
nicht OeoTimu | vrim, sondern 0eoTi|iiuuv | rmi sprach; ein Analogen
für die Silbengrenze hinter einem einfachen Konsonanten ist oi
in o'i' \o' na siku' porone' =^ oi 'OvaciKUTrpuuv 60, so (135).
Meine Vermutung gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit,
daß zwei verschiedene Erscheinungen bei Proklitikon und En-
klitikon eine gleichmäßige Erklärung fänden. Ist meine Annahme
richtig, dann ergäbe sich damit eine bisher nicht beobachtete
Tatsache, daß nämlich proklitische und enklitische Wörter
in dem Falle sich nicht mit dem hochbetonten Worte zu
verschmelzen brauchen, wenn sonst ein Laut des hoch-
betonten Wortes zu der Silbe des schwachbetonten ge-
zogen würde. Ich weiß dies durch ein Analogen in einer
lebenden Sprache nicht zu belegen; ich denke mir aber, daß in
Sprachen, die wesentlich musikalischen Wortakzent haben und
im Wortinnern vor einfachem Konsonanten kurze offene Silben
kennen, so etwas leicht vorkommen könnte.
Bei dieser Auffassung scheint in der Enklise das
Meistersche Prinzip ebenfalls durchgeführt. Ein voll-
gültiger Beweis hierfür ließe sich erst durch einsilbige mit Vokal
beginnende Enklitika führen.
Bergedorf. Eduard Hermann.
Exozentrische Komposition.
Auch nach den neuesten Ausführungen von K. Brugmann
über die exozentrischen Komposita (EF. 18, 59ff. 127 ff.) halte ich
diese Gebilde für nicht allseitig erklärt. Einige vermittelnde und
weiterführende Erwägungen dürften der Fi'age nach ihrem Ur-
sprung noch zustatten kommen.
Brugmann zieht eine scharfe Grenze zwischen esozentrisch
und exozentrisch. Bei Entstehung von Komposita der ersten Klasse
Indogermanische Forschungen XIX. 17
250 G. Neckel,
sei die syntaktische Funktion der Wortgruppe unverändert die-
selbe geblieben. Dabei verdient es im Auge behalten zu werden,
daß bei Stammkomposita die ursprüngliche Beziehung ihrer Be-
standteile sowohl zu einander wie zum Satzganzen etwas durchaus
Hypothetisches ist. Zwar sind wir zu der Annahme gezwungen,
daß Komposita vom Typus räja-putrds (Königssohn) auf unflektierte
Wortgruppen zurückgehen, deren Glieder sich zu einander ver-
hielten wie später in der Worteinuug — d. h. das erste Glied
war genetivisch — und die folglich auch als Ganzes syntaktisch
entsprechend fungierten wie später. Aber dürfen wir dasselbe von
griva-haddhds oder 6vo)LidK\uToc voraussetzen? Letzteres pflegen
die Wörterbücher zu übersetzen 'mit berühmtem JSTamen'. Ebenso
könnte griva-baddhds bedeuten ""mit gebundenem Hals'. Bei dieser
Auffassung würden sich diese Komposita nur durch die Ordnung
ihrer Glieder von den Bahuvrihi unterscheiden. Allerdings geben
wir die Bedeutung am besten wieder durch 'uameuberühmt', 'hals-
gebunden'. Aber nichtsdestoweniger können wir den Termini nicht
ansehen, ob von Anfang an die ersten Glieder als Bestimmung
zu den zweiten aufgefaßt worden sind. Wir müssen im Gegenteil
annehmen, daß das nicht der Fall war. Denn auf flexionsloser
Stufe muß die Kontaktstellung solcher Gruppen wie 'halsgebunden'
eine engere Sinneseinheit bedeutet haben, das Gebundensein wurde
zunächst auf den Hals, erst in zweiter Linie auf das vorschwebende
Subjekt bezogen. Der Hals war nicht das Bestimmende, sondern
das Bestimmte.
Die Fälle, um die es sich hier handelt, sind solche, wo das
adjektivische Endglied eines Kompositums dem Sinne nach eben-
sowohl auf den Begriffsinhalt des Vordergliedes als auf den
Begriff, zu dem das Ganze gehört, bezogen werden kann. Diese
Fälle sind nicht selten, und es ist nicht zu bezweifeln, daß
Bildungen dieser Art schon unter den ältesten Mustern der Nomi-
nalkompositiou waren. Wir dürfen umso entschiedener hiervon
ausgehen, als es überhaupt eine Altertümlichkeit in der Ent-
wicklung der idg. Sprachen ist, daß ein Zustand oder Vorgang
auf zwei, sprachlich nicht differenzierte Substanzvorstellungen
bezogen wird. Man denke an das otTTÖ koivoO und an die Ver-
bindung eines Verbums mit zwei Akkusativen wie in hom. cXkoc
6 \x\v ßdXe Doli, töv b'dopi TrXfit' auxeva A 240 (Brugmann, K.
Tgl. Gramm. 443). Solche Ausdrucksweisen, passivisch gewandt,
können eine Quelle von Kompositionen wie griva-haddhds gewesen
Exozentrische Komposition. 251
sein. Lehrreich sind hier die aisl. Yerba hälshpggva (den Hals
abschlagen), föthpggva, heinhriöta^ hdlsUösta u. ä. Sätzen wie pnnur
kvez hafa hdlslostit hana (eine andere sagte, sie habe sie an den Hals
geschlagen) liegt die Konstruktion mit dem doppelten Akkusativ zu-
grunde. Das eine Objekt — und zwar das 'nähere' im eigent-
lichen Sinne — ist aber in den Hintergrund getreten, indem es
eine Komposition einging. Wie wir hier durch Auflösen der Uni-
verbierung den im Indischen und Grriechischen noch tiberlieferten
doppelten xlkkusativ gewinnen, so ergibt die Auflösung von griva-
baddhds das doppelte Subjekt der Ursprache.
Denken wir uns einen beliebigen Satz, der griva-baddhds
oder ein ähnliches Kompositum enthält, in die flexionslose Zeit
zurtickprojiziert, so scheint mir eine einfache sprachpsychologische
Erwägung zweifellos über den grammatischen Charakter des griva
zu entscheiden. An diesem Elemente war keinerlei Kasusver-
hältnis ausgedrückt, ebenso wenig am Subjekt; folglich konnte
allein der Sinn, das natürliche Yerhältnis der Y orsteilungselemente,
füi- ihre Gruppierung maßgebend sein. Wir werden kaum Gefahr
laufen, nennenswerte Fehler zu begehen, wenn wir die Wirkung
eines entsprechenden nhd. Satzes auf unser Sprachgefühl beob-
achten und das Gefundene auf die vorflexivische Zeit übertragen.
'Manu Hals gebunden wurde hingeführt.' Wir empfinden hier,
daß man sagen wolle, der Mann sei hingeführt worden, während
sein Hals gebunden war. Also zwei Sätze, einer dem andern
untergeordnet. Ein derart gegliedertes Satzgefüge muß auch für
die Ursprache vorausgesetzt w^erden. Ausdrucksweisen, die etwa
vergleichbar sind französischen Sätzen wie il la regardait, la Ute
rejetie en arriere, l'expression dure.
Daneben ist ein anderer Fall denkbar : 'Mann Hals gebunden',
als selbständige Äußerung. Auch hier kann von einer ursprüng-
lichen Unterordnung oder bestimmenden Funktion des Wortes
Hals keine Rede sein. Es fällt ims nicht schwer, den Yorstellungs-
ablauf zu vollziehen, den dieser primitive Satz abbildet. 'Hals
gebunden', das ist der Kern der Äußerung, 'Manu' steht dem
Prädikat ferner als 'Hals'.
Dieses ursprüngliche Karmadhäraya- Yerhältnis zeigt sich
noch auf weit jüngeren Stufen in der Wortbüdung lebendig. Das
Altnordische hat eine Gruppe von Adjektivkomposita, deren erstes
Gb'ed einen Körperteil bezeiclmet. Das Adjektivum gibt dabei eine
Eigenschaft des Körperteils an, die nach der Natur der Sache
17*
252 G. Neckel,
oder dem Sprachgebrauch nur diesem, nicht auch der Person,
von der das Ganze ausgesagt wird, beigelegt werden kann. Solche
Bildungen sind heinstörr (starkknochig), fingrmiör (mit dünnen
Fingern), handsidr (großhändig), föthrotinn (wer einen gebrochen
Fuß hat), hdlsdigr, hälslangr (mit dickem, bezw. langem Hals),
Imrulangr (mit langem Grauhaar, Beiname) u. a. Sie sind nicht zu
trennen von hardhauss (mit hartem Schädel), hdleggr (hochbeinig)
und sonstigen Bahuvrihi. Diese wie jene sind, wie wir mit Jacobi
annehmen müssen, erstarrte ursprachliche Sätze.
Dabei haben wir natürlich von dem Begi'iff des Satzes, wie
ihn die grammatische Betrachtung hoch entwickelter Literatur-
sprachen geschaffen hat, durchaus abzusehen. Die Behauptung^
derartige exozentrische Komposita seien einmal Sätze gewesen,
besagt vielmehr nur, daß die Gebilde, aus denen sie oder viel-
mehr ihre ältesten Muster hervorgegangen sind, sich der Form
nach von selbständigen Äußerungen nicht unterschieden. Mit
andern Worten : es gab in der vorflexivischen Periode selbständige
Äußerungen, die etwa die Form 'Hals gebunden' oder 'weiß die
Arme' oder '(ein) König (der) Sohn" hatten, also des verbum sub-
stantivum nicht bedurften. Da solche Sätze bis auf deu heutigen
Tag vorkommen und im älteren Idg. sehr gewöhnlich sind^), so
dürfen wir sie imbedenklich für ein uraltes Erbe ansprechen.
Sätze wie 'Mann — Hals gebunden — wurde hingeführt' bestanden
also aus zwei formell selbständigen Äußerungen. Die eine war dem
Sinne nach untergeordnet; sie wurde nicht um ihrer selbst willen
ausgesprochen ; aber sprachlich bestand infolge des Mangels einer
Differenzierung ein gewisses Gleichgewicht der logisch verschieden
gewerteten Elemente. Derartiges kann, aus einer ähnlichen Geistes-
verfassung heraus oder zu bestimmten Stilzwecken, auch in
jüngeren Perioden immer wieder auftreten. Man vergleiche etwa die
Parenthesen in der Edda: hitt kvad pä Sgrli, svinna hafdi hami
liyggiu (das sprach da Sorli, einen kräftigen Verstand hatte er).
Aber es kam mit der Zeit dahin, daß man das Auseinander-
fallen der Äußerung vermied. Die zwei Einheiten verschmolzen
zu einer. Irre ich nicht, so haben wir diesen Vorgang in eine
Linie zu stellen mit der Herausbildung der Pluralität der nomi-
nalen Satzteile, insbesondere mit der Differenzierung zwischen
Subjekt und Objekt. 2) Die Vorbedingung für diese Entwicklung
Ij Delbrück AlUnd. Syntax 11 ff., Jacobi 89 Note 3.
2) Vgl. Paul Principien''' 113 C § 98).
Exozentrische Komposition. 253
lag darin, daß mau lernte, immer größere Gruppen von Spracli-
elementen als ein Ganzes zu empfinden. An die Stelle der suk-
zessiven Entwicklung einer Yorstellungsmasse trat das simultane
Erfassen. Man machte nicht mehr die langsamen Schritte von
*Mann' zu *Hals' uud weiter zu 'gebunden', sondern man stempelte
*Mann' zum Mittelpunkt der Aussage, indem man es im Subjekt-
kasus auftreten ließ, und das mit solcher Entschiedenheit, daß
*Hals' demgegenüber zurücktrat und an den Kennzeichen des
Subjektes nicht partizipierte. Indem es naturgemäß in dem engeren
Verhältnis zum Prädikat 'gebunden' verharrte, entstand das Stamm-
kompositum 'halsgebunden'. Der Vorgang bleibt prinzipiell der-
selbe, wenn das Prädikat zwischen den beiden ursprünglichen
Subjekten steht uud das zweite von diesen zum hinteren Kom-
positionsglied wird. Dies liegt vor bei den Typen räja-putras
(einen König zum Sohn habend), XeuKubXevoc, ev9eoc. Die ur-
sprünglichen N'ebensubjekte sind hier putras, ibXevri, Geöc.
Die unsern Fällen nächst verwandte Art der Differenzierung
des Doppelsubjekts ist der sogen, griechische Akkusativ, z. B. in
hom. ßoriv dyaOoc. Dieser Akkusativ scheint ausgegangen von
solchen Neutra, bei denen der Objektkasus mit dem reinen Stamm
identisch war, also von Fällen wde 6vo)udKXuToc (övo)Lia kXutoc).
So bildete man iröbac ojkuc neben TToöuuKr|C und ujkuttouc, Kctpri
SavOoc, qpoSöc KeqpaXrjv. Dieses letzte Beispiel ist semantisch voll-
kommen gleichartig mit aisl. liälsdigr und seinesgleichen. Es wäre
denkbar, daß in den aisl. Bildungen auch der Akkusativ steckte ;
doch bleibt diese Annahme unwahrscheinlich, solange zn dem
homerischen Gebrauch direkte außergriechische Parallelen kaum
nachgewiesen sind. —
Brugmann hat für den von ihm erläuterten Vorgang der
Hypostase mannigfache Beispiele beigebracht, darunter auch solche,
bei denen es sich um ursprünglich selbständige Äußerungen handelt
(ai. ki-räjan u. dgl.). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß viele
exozentrische Komposita durch Hypostase zu erklären sind. Aber
die ürtypen der bisher als Bahuvrihi zusammengefaßten Bildungen
reichen in die vorflexivische Periode hinauf. Dürfen wir einen
Begriff, der aus dem Leben von Sprachen mit ausgebildeter Flexion
und Syntax abstrahiert ist, ohne weiteres auf ]ene Periode anwen-
den ? Eine morphologische Eigentümlichkeit der ältesten Schicht
aller Nominalkomposita, die Stammform des ersten Gliedes, er-
klärt sich evident aus den besonderen Verhältnissen jener flexions-
254 E. Rodenbusch,
losen Stufe. Es verspricht also von vornherein Aussicht auf Erfolg,
auch für die semantische Eigentümlichkeit eines Teiles dieser
Komposita eine Erklärung in derselben Richtung zu suchen. Dazu
ermutigt noch besonders der Umstand, daß die Bahuvrihi sich
deutlich als aussterbende Altertümlichkeiten zu erkennen geben,
während Hypostase in alten und jungen Perioden gleichmäßig
häufig sein dürfte.
Die Brugmannsche Annahme hypostatischer Vorgänge vor
dem Aufkommen der Flexion beruht auf der Hypothese, daß
wesentlich dieselbe syntaktische Struktur wie später schon damals
bestanden habe, nur ohne formantisch in die Erscheinung zu treten.
Gegen eine solche Hypothese erheben sich schwere Bedenken.
Eine höhere syntaktische Struktur, die Unterscheidung der Ele-
mente des erweiterten Satzes, kann sich erst Hand in Hand mit
der Flexion entwickelt haben ; ohne diese ist sie nicht denkbar.
Ohne Flexion sind entweder alle Gebrauchsweisen eines Wortes
hypostatisch oder keine.
Bahuvrihi, wie überhaupt Nominalkomposita, entstanden
erst durch das Aufkommen der Flexion; zwei Elemente erschienen
dadurch als Einheit, daß nur das zweite von ihnen Endungen
annahm. "Wir würden also über die Entstehung der Bahuvrihi
erst dann völlig befriedigend unterrichtet sein, wenn wir das
Aufkommen der Flexion im Lichte einer reichen Überlieferung
vor uns sähen. Da uns das nicht beschieden ist, müssen wir
uns mit mehr oder weniger wahrscheinlichen Vermutungen be-
gnügen. Die prinzipielle Berechtigung aber, die Frage in einen
solchen Zusammenhang zu rücken, dürfte außer Zweifel stehen.
Breslau, G. Neckel.
Bemerkungen zur Satzlehre.
1. Die Agensform als Subjekt.
Zur Funktion des Subjekts als des psychologischen Mittel-
punkts im Satze ist die Vorstellung des tätigen Gegenstandes des-
wegen besonders disponiert, weil sie vor den andern Vorstellungen
das Interesse in Anspruch nimmt'). Der Nominativ als die Form
1) Wenn Paul diejenige Vorstellung als die psychologisch bedeut-
samere ansieht, die im Bewußtsein zu einer schon vorhandenen hinzutritt^
Bemerkungen zur Satzlehre. 255
des Agens ist sozusagen das potenzierte Subjekt. Subjekt und
Agens schlechthin gleichzusetzen, verbietet jedoch schon der Um-
stand, daß die Agensvorstellung aus dem Subjektsnominativ der
Passivkonstruktion ausgeschaltet ist. Andrerseits bleibt mit Rück-
sicht auf die engen Beziehungen zwischen Subjektsfunktion und
Nominativ zuerst noch zu erweisen, daß das Nominativformans -s
von Haus aus zur Bezeichnung des Agens und nicht vielmehr
des Subjekts diente.
Das psychologisch bewegliche Verhältnis zwischen Subjekt
und Prädikat ist der Ausbildung einer bestimmten formalen Unter-
scheidung nicht günstig. Nur da, wo verhältnismäßige Stabilität
herrscht, konnte sich, wie bei dem neuhochdeutschen Prädikats-
adjektiv, eine eigene Form für das Prädikat herausbilden; vgl. auch
Delbrück Vgl. Synt. 3, 63. Ferner läßt sich die formale Un-
bestimmtheit des Subjekts als solchen (und ebenso des Prädikats)
aus gewissen Einzelerscheinungen erscliließen. Daß das Subjekt
in andern Kasus, z. B. im Genitiv (Brugmann Gr. Gramm.^ 386),
dessen der Nominativfunktion entsprechende Verwendung in den
meisten indogermanischen Sprachen wohl für altererbt gelten miiß,
einer besondern Form nicht bedurfte, spricht gegen die Auffassung
des -s als Subjektzeichens. Doch können hierbei Analogiewirkungen
im Spiele sein. Dagegen ist schwer verständlich, weshalb z. B.
die Feminina auf -ä dieses subjektanzeigende Formans nicht er-
halten, oder wenn sie es erhalten, wieder verloren haben sollten.
In der Fähigkeit, Subjekt zu werden, besteht ja zwischen ihnen
und den Maskulina kein Unterschied. Ferner konnte die Ent-
wicklung eines formativen Elements zum Subjektsformans — auf
welchem Wege, ist hier gleichgiltig — doch nur im Gegensatz
zum Prädikat ffeschehen. Ein solcher Formunterschied zwischen
so war für ihn dabei wohl die Beobachtung maßgebend, daß das im Vor-
gang der Satzgliederung neu hinzutretende, von ihm Prädikat genannte
Element stets stärker betont ist. Dieser stärkere Akzent der neu hinzu-
tretenden Vorstellung ist jedoch noch kein Beweis für ihre größere Be-
deutsamkeit, sondern hat lediglich differenzierende Bedeutung. Denn die
früher sich im Bewußtsein absondernde Einzelvorstellung oder Vorstellungs-
gruppe ist zunächst ohne Konkurrenz und bedarf daher einer besondern
Betonung nicht; die neu hinzutretende dagegen sucht sich mit Hülfe des
stärkern Tones gegen die frühere individuell zu behaupten. Im Bereich
zweier selbständigen Sätze zeigt dieser differenzierende Akzent seine Be-
deutung in Was habe ich deine Freundschaft nötig? und in der Er-
widerung Was habe ich deine Freundschaft nötig?
256 E. Rodenbusch,
Subjekt und Prädikat besteht aber, übereinstimmend mit dem oben
angeführten allgemeinen Grunde, nicht. Denn alle formalen Unter-
schiede, die sich im einzehien Falle zwischen Subjekt und Prädikat
einstellen können, sind zugleich auch Unterschiede zwischen den
Subjektsformen. Das schon erwähnte prädikative Adjektiv des
Germauischen ist syntaktisch eine jüngere Erscheinung; vgl.
Brugmann Kurzgef. vergl. Gramm. 644 Anm. "Wenn so in der
historischen Zeit der Einzelsprachen das Bedürfnis nach Diffe-
renzierung sich nicht eingestellt hat, vielmehr in der fort-
schreitenden Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat sich die
entgegengesetzte Tendenz bemerkbar macht, so ist es wenig wahr-
scheinlich, daß in einer Zeit geringer flexivischer Ausbildung
das Subjekt ein besonderes Zeichen zum Unterschied vom Prädikat
erhalten haben sollte. Nicht auf Scheidung, sondern vielmehr auf
formale Bindung beider ging das sprachliche Bedürfnis; die Schei-
dung beschränkte sich im allgemeinen auf die Differenzierung durch
den Ton. Vgl. dazu noch die von Hübschmann Zur Kasuslehre 98
angeführten Bemerkungen von Curtius und Böhtlingk; ferner
a. a. 0. 120; Wundt Yölkerpsychologie I, 1, 2, 86 nebst Fußnote.
Man hat nun seit Bopp verschiedene Yersuche gemacht,
das Nominativ-s etymologisch zu erklären; vgl. dazu auch Müller
IF. 8, 308 ff. Alle diese Yersuche aber laufen zugleich wieder
mehr oder weniger bestimmt darauf hinaus, das Nominativ-s für das
eigentliche Subjektszeichen auszugeben. Hübschmann a. a. 0. 131
hebt sogar ausdrücklich hervor, daß das Suffix des Nominativ-s
die subjektive Beziehung des Nomons zum Prädikat ausdrücken
soll. Demgegenüber läßt sich also sagen, daß die Nominativform
als solche von Haus aus mit der Subjektsbezeichnung nichts zu
tun hatte, daß dagegen infolge mancher Beziehungen die Nomiuativ-
bedeutung sich in größerm Umfang mit der Subjektsfunktion deckt.
Dazu kommt, daß das Nominativ-s von dieser Grundlage aus
aualogisch auf Fälle übertragen Avorden ist, wo es ursprünglich
nichts zu tun hatte. Im folgenden soll eine kurze Übersicht über
die Hauptpunkte dieser allmählichen Entwicklung gegeben werden.
Wir lassen dabei die eigentlich etymologische Frage, deren sichere
Beantwortung allerdings zur Grundbedeutung im eigentlichen
Sinne führen würde, beiseite und beschränken uns darauf, von
derjenigen Bedeutung auszugehu, die, obwohl vielleicht aus einer
andern abgeleitet, dennoch den in den indogermanischen Sprachen
begegnenden Yerwendungsweisen zugrunde liegt.
Bemerkungen zur Satzlehre. 257
Mit Recht wird von Uhlenbeck IF. 12, 170 der Mangel
einer vom Akkusativ verschiedenen Nominativendung beim
Neutrum damit in Zusammenhang gebracht, daß der Nominativ
(Aktivus) ursprünglich nur den Agens bezeichnete. Zur Ergänzung
vgl. dazu Brugmann a. a. 0. 361. Wie eine besondere Bezeich-
nung des Subjekts überflüssig, ja störend war, so war umgekehrt
eine Bezeichnung des Agens um so nötiger, als in der Zeit, wo
das Nominativformans seine Punktion annahm, am Verbum ver-
mutlich noch in keiner Weise ausgedrückt war, daß in der Ver-
bindung von Nomen und vorgangbezeichnendem Yerbum das
Nomen die Funktion des Agens hatte. Von hier aus läßt sich
die weitere Entwicklimg bestens begreifen. Wir müssen die Aus-
bildung eines formalen Gegensatzes zwischen Agens und direktem
Objekt in solchen Sätzen suchen, die aus Agens, direktem Objekt
und Bezeichnung eines Vorgangs bestanden '). Wie sich die formale
Scheidung vollzog, wissen wir nicht, jedenfalls machte das Be-
dürfnis nach Deutlichkeit eine solche wünschenswert. Vermutlich
konnte damals, wie in historischer Zeit mit Hilfe der Passiv-
konstruktiou, das Objekt ebensogut wie der Agens die Funktion
des Subjekts ausüben. Nur ist aus den oben dargelegten Gründen
das Vorwiegen des Agens in der Subjektsfunktion psychologisch
wohlbegrimdet^). Hiermit war die erste Verbindung zwischen
Subjekt und Nominativ vollzogen.
Von hier aus hat sich dann die Nominativform mit HUfe
der mit ihr assoziierten Subjektsvorstellung weiter ausgebreitet.
Von vornherein lag es nahe, sie auf den als Subjekt fungierenden
Agens auch dann zu übertragen, wenn dem Agens kein Objekt
gegenüber stand. Daß das Prädikat, auch wenn es eine Substanz
bezeichnet, weniger häufig als das Subjekt zugleich als Agens
hervorgehoben werden soll, ist nach dem, was über die Be-
ziehungen von Subjekt und Agens gesagt ist, ohne weiteres ver-
ständlich. Vgl. auch Paul Prinz, d. Sprachgesch.^ 250, wo darauf
hingewiesen ist, daß Substanzbezeichnungen als Prädikat sich
1) Wodurch ein Vorgang damals sprachlich bezeichnet wurde, muß
unbestimmt gelassen werden, da wir für diese Zeit die Kategorie des
Verbums keineswegs als fertig voraussetzen dürfen.
2) Mit dieser psychologischen Vorzugsstellung des Agens steht ohne
Zweifel auch der Umstand im Zusammenhang, daß das Verbum, sobald
es imstande war, die Personen zu unterscheiden, die Person des Agens
in sich aufnahm, nicht die des Objekts. Über teilweise anders geartete
Verhältnisse in nichtindogermanischen Sprachen vgl. Wundt a.a.O. 87 unten.
258 E. Rodenbusch,
schon der Natur der Qualitätsbezeichnungen nähern. Als solche
lassen sie sich aber nicht ohne weiteres als Agens vorstellen').
Durch den psychologisch leicht vollziehbaren Austausch zwischen
Subjekt und Prädikat wurde dann dem letztern, auch wo es keine
Agensvorstellung enthielt, die Nominativbezeichnung zugeführt.
Möglich wäre dabei, daß die formale Divergenz zwischen Subjekt
und Prädikat, wie sie in triste liipus stabiiUs, in dem flexionslosen
Adjektiv des Germanischen und weiterhin in oök dxaööv ttoXu-
Koipavir) usw. auftritt, auf die Zeit vor der Bedeutungsentwicklung
des Nominativ-s zurückgeht. Die Substantivierung und die damit
zusammenhängende Bedeutungsentwicklung einer solchen Syntax,
wie sie Brugmann a.a.O. 644 f. beschreibt, würde dann erst
eine sekundäre Folge der formalen Selbständigkeit des Prädikats-
adjektivs sein.
Mit dieser Ausbreitung des Nominativzeichens wurde seine
Bedeutung mehr und mehr formantisch, und mit diesem \'^er-
blassen seiner Bedeutung wurde weiterer Analogiebildung wieder
Vorschub geleistet. Die Form des Agens erscheint auch da, wo
es sich nicht um einen Vorgang, sondern um einen bewegungs-
losen Zustand handelt. Auch in diesem Falle ist die Agensform
in den indogermanischen Sprachen durchgedrungen. Eine solche
Übertragung kann dagegen nicht stattgefunden haben bei der
Satzform : Objekt + affizierender Vorgang, die sich ursprünglich
formal von der Verbindung : Agens -{- Vorgang nicht unterschied ;
der eben erst erreichte Unterschied wäre damit von neuem ver-
loren gegangen. Unmittelbar nachweisen können wir die fragliche
Satzform nicht, da sie in den indogermanischen Sprachen viel-
leicht bis auf geringe Spuren verschwunden ist. Sie muß jedoch
als ursprünglich vorhanden vorausgesetzt werden. Denn die ge-
nannte Vorstellungsverbindung verlangt nach einem Ausdruck,
und ein solcher war vor der Entwicklung des Passivs nur in
der Verbindung Akkusativ + Verb um gegeben 2); es müßte denn
sein, daß Ausdruckweisen vorhanden waren, die für uns gänzlich
1) Hinsichtlich der Akkusative bei den Verben des Seins im Alt-
indischen, Griechischen und Lateinischen schließe ich mich dem vor-
sichtigen Urteil Delbrücks a. a. 0. 1, 370 ff. an. Falls es sich nicht um
sekundäre Bildungen, sondern um ursprüngliche Erscheinungen handelt,
dürfte der im Text angegebene Gesichtspunkt auf sie anzuwenden sein.
2) Da die Abspaltung des Passivs von den beiden andern Diathesen
z. T. noch in einzelsprachliche Zeit fällt, so ist sie sicherlich jünger als
die Unterscheidung von Nominativ und Akkusativ.
Bemerkungen zur Satzlehre. 259
verschollen sind. Die Verbindung Objekt + Verb um war nach
der Differenzierung von Nominativ und Akkusativ das notwendige
Gegenstück zu der Verbindung Nominativ -f- Verbum. Vgl. auch
Wundt a. a. 0. 141 nebst Fußnote und Siltterlin Das Wesen der
sprachlichen G-ebilde 127. Mit dieser Konstruktion ist zu ver-
gleichen die unpersönliche Konsti'uktion des griechischen Verbal-
adjektivs auf -Teoc + Akkusativ. S. Brugmann Gr. Gramm.^ 525,
Delbrück Vgl. Synt. 2, 460 ff. und Brugmann Kurzgef. vgl.
Gramm. 605 '). Ferner läßt sich auf das nhd. die Trommel gerührt^
das Pfeifchen gespielt hinweisen. In diesen Konstruktionen ist,
wie in der vorausgesetzten indogermanischen, ein Agens neben
dem Objekt und dem Verbum nicht angegeben. Ein bloß formaler
Rest dieser Konstruktion hat sich in der Verbindung der 2. Sing.
Imp. mit einem Objekt erhalten, insofern in dieser Verbalform
ein Agens ursprünglich nicht ausgedrückt war. Offenbar war,
bevor durch das Passivum die ältere Konstruktion überäüssig
wurde, schon eine Bedeutungsspezialisierung der 2. Sing. Imp.
eingetreten.
Mit der Entwicklung der Passivkategorie traten neue Ver-
schiebungen ein. An sich genügte ja die alte Konstruktion dem-
selben Bedürfnis wie das Passivum. Aber die Assoziation zwischen
Subjekt und Nominativform war zu der Zeit, als das Passivum
entwickelt wurde, schon so fest, daß der Nominativ die Normal-
forra des Subjekts darstellte und damit der Passivkonstruktion
das entscheidende Übergewicht gab 2). Die Passivkonstruktion
1) Nur erscheint es einfacher, den dem Verbaladjektiv auf -reoc
wahrscheinlich zugrunde liegenden prädikativen Infinitiv direkt an den
final-konsekutiven Gebrauch anzuknüpfen. Diese Auffassung wird vor allem
durch die Tatsache nahe gelegt, daß der imperative Infinitiv bei Homer,
wie sich aus der Stellensammlung bei Wagner (der Gebrauch des Impe-
rativischen Infinitivs im Griechischen) ergibt, und wahrscheinlich auch im Alt-
indischen, stets aktive Bedeutung hat, bei dem final-konsekutiven Gebrauche
aber bald aktive, bald passive Bedeutung vorliegt; in letzterer Anwendung
z. B. Z 229: TToWol au coi 'Axaioi ^vaipeiaev öv Ke büvnai. £507. KeiTO
b'äp' ev in^ccoici büu) xp^coTo TdXavxa, tlu b6|iev, 8c . . . Das passive
Verbaladjektiv hat also nähere Beziehungen zu der letztgenannten Kon-
struktion, während sich die regelrechte Auslassung der Copula bei der
hier vorgetragenen Auffassung ebensogut erklärt. Die unpersönliche Kon-
struktion des Verbaladjektivs ist dann von solchen Sätzen mit final-kon-
sekutiven Infinitiv ausgegangen, in denen zum Infinitiv ein Objekt gesetzt
wurde oder aus der ursprünglich dabeistehenden Satzaussage zu ergänzen war.
2) Der Einbhck in die historische Entwicklung der Beziehungen
zwischen Subjekt und Nominativ erweist auch die oft gehörte und noch
260 E. Rodenbusch,
gab das Mittel an die Hand, das Subjekt auch da äuJßerlich zu
kennzeichnen, wo es, mit oder ohne Angabe des Agens, als
Objekt auftrat. Diese Konstruktion ist zeitlich spät entwickelt
worden; sie stellt aber auch psychologisch eine späte Entwick-
lung dar, da sich hier das Bedürfnis in weiterm umfange und
in besonderer Form Ausdruck dafür verschafft, dem Objekt eines
Vorgangs die zenti*ale Stellung des Subjekts anzuweisen und es
damit psychologisch über die Agensvorstellung zu erheben^).
Natürlich kann auch das Akkusativobjekt der aktiven Konstruk-
tion die Fimktion des psychologischen Subjekts ausüben; ver-
deutlichen läßt sich dies, wenn wir die beiden Sätze zusammen-
stellen Kyros gründete das Perserreich und Alexander zerstörte
das Perserreich^ wo das grammatische Objekt die Grundlage der
Satzaussage ist. Aber abgesehen davon, daß diese Konstruktion
in historischer Zeit nur bei Angabe des Agens möglich ist, ist
auch die passive die markantere, da sie das Objekt auch formell
zum Subjekt macht; diese Funktion der passiven Konstruktion
wird durch die daneben mögliche aktive nur um so deutlicher
zum Bewußtsein gebracht. Eine kurze Besprechung einiger Bei-
spiele aus griechischen und lateinischen Schriftstellern mag diesen
das Objekt in den Mittelpunkt des Interesses rückenden Cha-
rakter der Passivkonstruktion veranschaulichen. Die homerischen
Beispiele habe ich größtenteils Delbrücks Vgl. Synt. 433 ent-
nommen, da sie, obwohl ursprünglich zu einem etwas andern
Zwecke zusammengestellt, auch dem gegenwärtigen dienen können.
Z 56 kommt es nicht so sehr auf die Troer als auf die ironisch
gemeinten d'picra an, deren Erwähnung den Menelaos stacheln
soll. T 304 ist die Vorstellung von dem als Mörder des Atriden
gedachten Aigisthos fortgeschritten zu der Schilderung des Volkes
im Zustande der Knechtung. Dasselbe gilt von X 621, wo die
neuerdings von Körting (Bemerkungen über den Begriff und die Teile des
grammatischen Satzes 24) wiederholte Charakterisierung des (lateinischen)
Passivs als eines logischen Ungeheuers als unberechtigt. Zum Verständnis
der Entwicklung des Passivs ist zu verweisen auf Delbrück Vgl. Synt. 1,
189 u. 2, 438 sowie ßrugmann Griech. Gramm. ^ 463. Hier ist also, um-
gekehrt wie in den obengenannten Fällen, die Nominativform nicht über
den ihr von Haus aus zukommenden Gebrauchsumfang ausgedehnt worden,
sondern sie hat durch den Bedeutungswandel der Verbalform ihre ur-
sprünghche Bedeutung eingebüßt.
1) Ähnlich Delbrück a. a. 0. 2, 438; Wundl hat a. a. 0. 260f. den
Unterschied beider Konstruktionen vom logischen Standpunkt aus beurteilt.
Bemerkungen zur Satzlehre. 261
Vorgang- und zustandbewirkende Ursache ganz hinter der Knechtes-
rolle des Herakles zurücktritt; ebenso H 5, wo es auf das sach-
liche Objekt ankommt. Herodot. VII, 201 : KaXeerai ö xuJpoc outoc
UTTÖ Tujv TrXeovujv 'EWi^vuuv GepiuoTruXai. Hier handelt es sich um
geographische Nomenklatur, nicht um das Verhalten der Mehr-
zahl der Hellenen. Ebenso wendet sich in Xen. Hell. V, 4, 1 :
AaKeöai)u6vioi . . . uttö tüuv döiKi-jOevTiuv eicoXdcGricav das vorwiegende
Interesse den L. als einem Beispiel derer zu, auf die das Auge
der rächenden Götter gerichtet war. Im folgenden touc eicaYot-
TÖviac, bezw. triv toutuuv dpxriv eiTTd npKecav KaiaXöcai ist die
Konstruktion offenbar wegen formaler Schwierigkeiten nicht ins
Passiv umgesetzt, obwohl, dem AaKe&ai)u6vioi des ersten Satzes
parallel, touc eicaTaTOViac das psychologische Subjekt darstellt.
Caes. de bell. gall. I, 45 : multa a Caesare dida sunt^ wo der Leser
mit Nachdruck auf die Fülle der diplomatischen Argumente hin-
gewiesen wird; ibid. H, 19: ubi primum impedimenta ah iis^ qui
in silvis abditi latebant, visa sunt, quod tenipus inter eos commit-
tendi proelii convenerat, . . . Hier treten die beteiligten Personen
hinter den impedimenta, deren Erscheinen als Angriffssignal ver-
abredet ist, an psychologischer Bedeutung zurück. Ähnlich ist
das Verhältnis bei dem im Lateinischen üblichen Passiv in-
transitiver Verba, wo durch das Passiv der Agens ausgeschaltet
und dadurch der ganze Nachdruck auf die als Subjekt und Prädikat
zugleich fungierende Bezeichnung des Vorgangs gelegt wird. So bei
dem Ovidischen vivitur ex rapto, wo das Passiv besser als das per-
sönliche Aktiv den Vorgang in seiner nackten Brutalität hervorhebt.
Aus der obigen Darstellung und den daran sich anschließenden
Beispielen ergibt sich zur Genüge, daß der Unterschied zwischen
aktiver und passiver Konstruktion nicht bloß rein formal ist. Um
grobe materielle Verschiedenheiten handelt es sich freilich nicht;
wohl aber ist durch das Nebeneinander beider Konstruktionen
eine deutlichere Hervorhebung psychologisch feiner Unterschiede
erreicht.
Während der zenti*ale Charakter der Subjekts Vorstellung
durch die passive Konstruktion am schärfsten und unmittelbarsten
hervorgehoben wird, so ist andrerseits die Agensvorstellung ganz
geschwunden. Dafür tritt zuweilen die ihr verwandte und zum
Subjekt gleichfalls disponierte Vorstellung des Lebendigen hervor.
So wird der Subjektsnominativ beim Passiv zu einem Mittel,
das Lebendige vom Unlebendigen zu unterscheiden. Es ist hier
262 E. Rüdenbusch,
an die aus mehreren Sprachen bekannte'Erscheinung zu erinnern,
daß beim Übere^ang von der aktiven zur passiven Konstruktion
des Akkusativ des persönlichen , Objekts zum Nominativ wird,
während der Akkusativ der Sache bleibt; ferner auf die Eigen-
tümlichkeit des Griechischen, auch einzelne persönliche Dative
in den Kominativ zu verwandeln, den sachlichen Akkusativ aber
unverändert zu lassen (bei emraTTeiv rivi ti usw.). Die dort sekundär
entwickelte Funktion des Nominativs ist hier schon zum Kon-
struktionsprinzip geworden. Das Gegenstück hierzu bildet das aus
der lateinischen Stilistik bekannte Streben der lateinischen Stilisten,
das Leblose vom Subjektsnominativ auszuschließen. Die Satz-
konstruktion wird, von einzelnen Fällen abgesehen, passivisch ge-
wendet, sobald in der aktiven eine Sachbezeichnimg Subjekts-
nominativ werden würde ^).
Wir haben eben einen Fall erwähnt, wo im Griechischen
auch ein persönlicher Dativ im Gegensatz zum Sachakkusativ
in den Subjektsnominativ umgewandelt wurde. Auch ohne diesen
Gegensatz wird zuweilen der persönliche Dativ im Griechischen
zum Subjektsnominativ (bei TTicxeuecBai usw.). Abgesehen aber von
diesen auch in andern Sprachen ganz vereinzelt vorkommenden
Fällen, in denen das Streben hervortritt, jedem Satz ein Nominativ-
subjekt zu geben^), hat der Dativ eine andere Behandlung erfahren
als der Akkusativ: weder bei Personen- noch bei Sachbezeich-
nungen ist er im Passiv zum Subjektsnominativ geworden. Dies
ist in gleicher Weise bei dem alten Passiv wie bei den um-
schreibenden Neubildungen der Fall. Offenbar ist die Entstehungs-
weise des Passivs, dann aber das Differenzierungsbedürfnis die
Ursache gewesen, da sonst das indirekte Objekt von dem direkten
formell nicht mehr hätte unterschieden werden können. Wenn
dabei der Dativ hinter dem Akkusativ zurücktrat, so liegt das auch
daran, daß das indirekte Objekt nicht so leicht wie das direkte
Objekt die Funktion des Subjekts übernehmen kann; es steht
dem Mittelpunkte des Interesses in der Regel ferner, die typische
Form des Subjekts verblieb daher dem letztern.
Das Bestreben, die Subjektsvorstellung durch den Normal-
kasus des Subjekts, den Nominativ auszudrücken, hat indessen
1) Infolge leicht verständlicher Analogiewirkung wird auch die
■s-lose Form des Nominativs bei Feminina und Neutra mit der s-Form
auf eine Stufe gestellt.
2) Zweifelhaft ist in qpGovoOiaai 'Das Recht der freien Persönlichkeit'.
Bemerkungen zur Satzlehre. 263
auch für den Dativ, wie auch für die andern Kasus und Ver-
bindungen von Kasus mit Präpositionen, soweit sie die Funktion
des Subjekts übernehmen konnten, auf andere Weise einen Aus-
weg gefunden in der appositiven Voransetzung des Nominativs.
Über diese Erscheinungen vgl. die von Paul a. a. 0. 262 an-
geführten Beispiele. Auf die dort angegebene Weise wird die zu-
gleich durch einen vorgesetzten Nominativ und einen abhängigen
Kasus ausgedrückte Vorstellung als die Grundlage des Satzes,
d. h. als Subjekt hervorgehoben.
2. Die sogenannten unvollständigen Sätze.
Für das Verständnis der auf dem Gebiete der Satzgliederung
auftauchenden Fragen sind namentlich die sogenannten unvoll-
ständigen Sätze von Bedeutung. Über das, was man unter einem
unvollständigen Satze zu verstehen hat, gehen freilich die An-
sichten auseinander, da einerseits nicht von allen Forschern die
Gliederung des Satzes in Subjekt und Prädikat als ein notwendiges
Merkmal seiner Vollständigkeit augesehen wird ; so spricht Wundt
einem Teil der von ihm so genannten Attributivsätze Eingliedrig-
keit, d.h. Mangel des Prädikats zu. Und andererseits nehmen andere,
wie z. B. Paul, auch in den von Brugmann Kurzgef. vergl. Gramm.
624 f. aufgezähltenFäUen Zweigliedrigkeit an. Dieses Schwanken der
Meinungen aber legt eine erneute Untersuchung der von der einen
oder andern Seite als unvollständig bezeichneten Sätze nahe. Wir
beschränken uns dabei auf einige der wichtigeren Erscheinungen.
Formell wie sachlich eingliedrig sind die einwertigen Sätze
der Kindersprache von dem Typus Pferd und die ihnen gleich-
wertigen, ebenfalls einwortigen Sätze des einer Fi'emdsprache
nur unvollkommen Mächtigen. Eine solche Äußerung enthält,
auch wenn sie als Satz fungiert, materiell nur eine einzige Vor-
stellung. Von dieser materiellen Gliederung müssen wir die funktio-
nelle unterscheiden. Der psychologische Vorgang, der solchen
Sätzen zugrunde liegt, ist ja der, daß die dem Kinde von früher
bekannte Vorstellung Pferd zu der sinnlich grade wahrgenom-
menen in Beziehung gesetzt, d. h. im vorliegenden Falle damit
identifiziert wird. Insofern die Vorstellung sinnlicli wahrnehmbar
ist, ist sie Subjekt, soweit sie auf Erinnerung beruht, Prädikat.
Der momentane, scheinbar nicht weiter zu gliedernde ^^erlauf
des Vorstellungsprozesses ist natürlich ebensowenig wie die Ein-
heitlichkeit des materiellen Substrats ein Beweis gegen die funktio-
264 E. Rodenbusch,
nelle Zweigliedrigkeit. Auf sprachlichem Gebiete läßt sich damit
die doppelte Funktion eines dTTo koivoö gebrauchten Satzteils
vergleichen, wie z. B. in dö spranc von dem gesidele her Hagene
dö sprach. Paul sieht in solchen Fällen die Situation als Subjekt,
bezw. als Prädikat an. Dagegen ist saclilicli nichts einzuwenden,
formell erscheint es jedoch inkonsequent, ein nicht sprachliches
oder genauer: ein noch nicht in sprachliche Form umgesetztes
Element zur Aushilfe herbeizuziehen, eine Inkonsequenz, die schon
Wundt getadelt hat. Paul kommt Prinz, der Sprachgesch.^ 117
der hier vorgetragenen Auffassung sehr nahe, erklärt aber doch
hinterher den Satz Feuer., obwohl auch nach seiner Auffassung
Subjekt und Prädikat vorhanden sind, für unvollständig. Tatsächlich
geht die Subjektsvorstellung in die von Paul als Prädikat ange-
sehene vollständig ein. Wir haben also ein Recht, in Sätzen der
genannten Art Subjekt und Prädikat in einem Worte vereinigt
zu sehen und sie somit, soweit die allgemeine Funktion des Satzes
in Betracht kommt, als vollständig zu betrachten. Damit ist aber
auch das Mindestmaß der Gliederung erreicht. Denn alle Sprach-
tätigkeit, die sich über die Stufe rein interjektionaler Lautung
erhebt, besteht in der Mitteilung eines Neuen. In der Mitteilung
^Q^ es, daß das Neue, um verständlich zu sein, nur als Ganzes
neu sein kann, sich zugleich aber in Elemente gliedern muß,
die im Augenblick sprachlicher Vermittlung als bekannt gelten,
wie das oben durchgeführte Beispiel zeigt ^). Dagegen würde die
bloße Lautung Pferd an sich nicht eine etwas Neues vermittelnde
Mitteilung sein, sondern, wenn anders von dem Hörenden die
Assoziation zwischen Laut und Gegenstand schon vollzogen ist,
lediglich eine schon bekannte Vorstellung zum Bewußtsein bringen.
Sie würde erst zur Mitteilung eines Neuen werden, wenn wir
durch den Sprechenden in die Lage versetzt würden, sie zu einer
funktionell davon zu unterscheidenden, die materiell dieselbe
sein kann, in Beziehung zu setzen.
Wenn also zum Wesen jeder Satzbildung, d. h. jedes sprach-
lichen Gebildes, das eine Mitteilung bezweckt, funktionelle Zwei-
gliedrigkeit gehört, so wird sie dadurch des primitiven Charakters
noch nicht entkleidet. Dieser beruht vielmehr auf dem Mangel
1) Etwas anders liegt naturgemäß die Sache in dem besondern Fall,
wo jemandem die ihm unbekannte sprachliche Bezeichnung eines Gegen-
standes mitgeteilt wird, z. B. dieser Gegenstand wird Haus genannt. Hier
ist die Lautvorstellung an sich Gegenstand der Mitteilung, sie wird also
erst im Moment der sprachhchen Vermittlung bekannt.
Bemerkungen zur Satzlehre. 265
formaler und sachlicher Gliederung^). Die einwortigen und ma-
teriell nicht differenzierten Sätze der Kindersprache nach Art der
oben besprochenen Beispiele sind die Keimformen aller Syntax,
aus denen sich die komplizierteren Formen entwickelt haben.
Ihnen fehlt noch die Arbeitsteilung, vermittelst deren verschiedene
Funktionen in der Regel von formell wie materiell verschiedenen
Bestandteilen der Rede ausgeübt werden ^). Sie sind die Urformen
nicht bloß ihrem AYesen nach, sondern auch nach Maßgabe der
äußeren Umstände ihrer Verwendung durch Kinder und sprachKch
Ungeübte. Dasselbe gilt zum Teil von den Ausrufungsformen. Sie
bedürfen jedoch einer besonderen Betrachtung, da sich bei ihnen
hinsichtlich ihrer Gliederung mehrere Stufen unterscheiden lassen.
Der Interjektion, soweit sie reine Gefühlslautimg ist, steht
am nächsten der reine Ausruf; er unterscheidet sich von der
Interjektion bloß dadurch, daß er eine bestimmte YorsteUung
enthält. Dagegen fehlt auch ihm, da er bloß durch die Erregung
des Gefühls unwillkürlich bewirkt wird, die Absicht und die zum
Verständnis notwendige funktionelle Gliederung der Mitteilung.
(S. S. 264). Somit stehen Interjektion und reiner Ausruf noch
unterhalb der mit dem eimvortigen Satz erreichten Stufe sprach-
licher Entwicklung. Von hier aus ist aber nur ein unmerklicher
Schritt bis zu Ausrufen solcher Art, die zugleich Mitteilung ent-
halten und damit in die Reihe der Sätze einrücken. So kann der
Ausruf Der Mond!^ das Meer! ein unwillkürliches Erzeugnis
des erregten Gefühls sein, ohne daß damit die Absicht der Mit-
teilung mittels funktioneller Gliederung verbunden wäre 2). Der
Ausruf des Prinzen in der Eröffnungsszene der Emilia Galotti
kann ebensogut durch eine bloße Gemütsbewegung veranlaßt sein
als auch gleichzeitig der Absicht der Mitteilung, wenn auch im
vorliegenden Falle nur im Selbstgespräche, dienen. Sicherlich
Hegt nach Maßgabe der äußern Umstände Mitteilung vor in den
von Wundt als Beispiel für die eingliedrigen, d. h. prädikatslosen
1) Eine bloß formale Entwicklung ist es, wenn statt der Satzform
Pferd einträte: das ist ein Pferd. Die Zahl der Vorstellungen ist nicht
größer, und ebensowenig die funktionelle Gliederimg komplizierter geworden.
2) Damit ist natürlich nicht gesagt, daß der kompliziertere Typus
auch immer der spätere sei.
3) Weshalb unter den obigen Beispielen ursprünglicher Satzbildung
nicht auch einwortige Lautungen im Sinne eines Befehlsatzes, z. B. Karl!
= Karl, komm hierher! oder Feuer! im Sinne der Kommandos angeführt
wurden, geht aus den Ausführungen S. 268 ff. hervor.
Indogermanisclie Forschungen XIX. 18
266 E. Rodenbusch,
Sätze verwendeten Worten Welch eine Wendung durch Gottes
Fügung!^) Die Eigentüraliclikeit vieler Ausrufe, daß bei ihnen
Subjekt und Prädikat weder formell noch materiell von einander
geschieden sind, weist auf ihren auch in sprachlicher Hinsicht
primitiven Charakter hin; das Fortbestehen dieses Satztypus in
historischer Zeit ist aber nicht bloß auf die Wirkung sprachlicher
Tradition zurückzuführen, sondern gewiß auch eine Folge der
jedesmal sich neu erzeugenden Hemmungen, die der Vorstellungs-
verlauf bei gesteigerter Gefühlserregung erfährt.
Zu den sogenannten unvollständigen Sätzen gehören auch
die viel beurteilten Yerba Impersonalia. Indes soll nur die ver-
mutlich älteste Schicht derselben, die meteorologischen Yerba,
in den Kreis unserer Betrachtung gezogen werden. Ebenso wird
hier von einer Auseinandersetzung mit andern Auffassungen ab-
gesehen werden; es kommt lediglich darauf an, nachzuweisen,
daß die verba Impersonalia mit den schon behandelten und, von
allgemeinerem Standpunkt aus, auch mit den noch zu behan-
delnden unvollständigen Sätzen auf eine Stufe zu stellen sind.
Wie in den substantivischen einwertigen Sätzen der unmittelbar
wahrgenommene Gegenstand, so ist in den verbalen der wahr-
genommene Yorgang Subjekt, Prädikat aber in beiden Fällen
die Yorstellung, soweit sie dem Sprechenden schon von früher
bekannt ist und sich mit der entsprechenden Lautvorstellung
assoziiert hat. Soweit die Yorstellung die Funktion des Subjekts
ausübt, so wird sie dadurch bis zu einem gewissen Grade sub-
stantiviert, ohne freilich die volle Bestimmtheit der Substanz-
vorstellung zu erreichen. 2) Auf diese Weise erklärt sich die in
1) Auf die Gliederung innerhalb dessen, was als Subjekt oder Prä-
dikat oder als beides zugleich anzusehen ist, kommt es hier nicht an.
2) Auf diese Tendenz zur Substantivierung kann hier nicht in voller
Ausführlichkeit eingegangen werden; nur kurz sei folgendes bemei'kt.
Veranschaulichen können wir uns zunächst die substantivierende Kraft
des Subjekts durch die S. Iff. erörterte Affinität zwischen Subjekt und
Substantivum, namentlich dem Substantivum agens. Diese substantivierende
Kraft des Subjekts ist aber nur eine besondere Seite der allgemeinern
Erscheinung, daß das primitive wie das vorgeschrittene Denken in gleicher
Weise das Bedürfnis haben, Vorgänge (und Qualitäten) in Substanzvor-
stellungen umzuwandeln; es spricht sich darin die Tatsache aus, daß die
Substanz im Bewußtsein eine höhere Stufe einnimmt als die Vorstellung
der Qualität und des Vorgangs. Man mag also in dem Reichtum an ab-
strakten Substantiven in den modernen Sprachen — über eine ähnliche
Erscheinung im Altindischen vermag ich nicht selbständig zu urteilen —
Bemerkungen zur Satzlehre. 267
den modernen Sprachen übliche Yorsetzimg des Pronomens bei
den verba impersonalia. Daß dabei auch rein formale Analogieen
mitwirken können, soll damit keineswegs geleugnet werden. Ob
in den altern indogermanischen Sprachen imd Sprachperioden
für das Sprachgefühl ein pluit in derselben Weise eingliedrig
war, wie der Satz Pferd in dem oben besprochenen Sinne, oder
ob, der Tendenz der Substantivierung entsprechend, in pluit sich
die Vorstellung eines unbestimmten Pronomens einstellte wie die
Vorstellung eines bestimmten Pronomens in agit^ mag dahin-
gestellt bleiben; vgl. die von Miklosich Die subjektlosen Sätze 7 ff.
angeführten Zeugnisse. In letzterem Falle wäre der Typus pluit
oder rigneip die unmittelbare Vorstufe zu dem modernen Typus
es regnet.
Da die dui'ch verba impersonalia repräsentierten Sätze so-
nach funktionell als zweigliedrig anzusehen sind, so folgt, daß die
Entscheidung darüber, ob der historisch vorliegende Typus uei aus
dem ebenfalls historischen Zeuc üei abgeleitet ist oder umgekehrt,
für die Geschichte ihrer funktionellen Gliederung keine Bedeutung
hat. Vielmehr muß diese Frage von der Frage der f. Gliederung
losgelöst und als eigenes Problem betrachtet werden. Wie die
Frage der Priorität dem historisch konkreten Material gegenüber
zu entscheiden ist, mag zweifelhaft sein; das von J.Grimm
DG. 4, 262 ff., Miklosich a. a. 0. 33 ff.. Puls (Über das Wesen der
subjektlosen Sätze) beigebrachte Material gibt keine Handhabe zur
immerhin einen Beweis für ihre Fähigkeit sehen, den Dingen einen scharf
verstandesmäßigen Ausdruck zu verleihen, im Grunde liegt dasselbe Be-
streben vor, das schon in idg. Urzeit zur Bildung zahlreicher Nomina
actionis, darunter der später dem Verbum enger angegliederten Infinitive
geführt hat. Vgl. hierzu Wundt a. a. 0. 161 und Sütterlin Das Wesen der
spracht. Gebilde 153; über die verba impersonalia insbesondere noch
Wundt 220. Auf dieser Tendenz zur Substantivierung beruht im letzten
Grunde auch die Berechtigung, die Begriffe Subjekt, Objekt usw. auf ganze
Sätze zu übertragen, indem sich der Vorstellungsinhalt eines hypotaktisch
gefühlten Satzes mehr und mehr zur Substanzvorstellung verdichtet; vgl.
damit die, wie mir scheint, zu weit gehende Kritik Delbrücks a. a. 0. 3,
410 ff. Eng verwandt hiermitist auch die Erscheinung, daß in der deutschen
Sprache der Gegenwart — vermutlich auch in altern Sprachperioden —
die Nebensätze in weitem Umfang die Funktion erhalten haben, Vor-
stellungsmassen in der Weise als fertig darzustellen, daß das Bewußtsein
neu erzeugten Vorstellungsinhaltes schwächer ist als bei den Hauptsätzen.
In den Nebensätzen ist also an Stelle freier apperzeptiver Beziehung zwischen
.SuDJekt und Prädikat bis zu einem gewissen Grade schon assoziative Ver-
schmelzung getreten, die schließlich mit völliger Substantivierung endet.
18*
268 E. Rodcnbusch,
Entscheidung, Es ist an sich sehr wohl möglich, die persönliche
Konstruktion aus der unpersönlichen abzuleiten, ebenso aber auch
das Umgekehrte. Der Yorgang mag sich eben mehrmals in beiden
Richtungen Aviederholt haben. Für die Entwicklung der persön-
lichen Form aus der unpersönlichen geben Schillers Verse : Da
hebet sich's schwanenweiß Und es rudert mit Kraft und mit emsigem
Fleiß Und er isfs . . . ein Abbild der geschichtlichen Entwicklung
in anschaulicher Kürze. Die umgekehrte Entwicklung beschreibt
Delbrück Vgl. Synt. 3, 129. Dagegen läßt sich vielleicht aus all-
gemeinen Erwägungen mit größerer Sicherheit eine Entscheidung
darüber finden, welcher von beiden Typen am Anfang sprach-
licher Entwicklung überhaupt gestanden haben muß. Die meteoro-
logischen Erscheinungen haben ohne Zweifel schon früh einen
sprachlichen Ausdruck verlangt zu einer Zeit, als die sprachliche
Fähigkeit, eine auf materiell differenziertem Substrat beruhende
Vorstellungsmasse zu gliedern, noch in den Anfängen stand. Wenn
nun auch beide Typen hinsichtlich der funktionellen Gliederung
den gleichen Charakter zeigen, so stellt doch der Satz Zeuc üei
eine höhere Stufe der Vorstellungsgliederung nach der materiellen
Seite hin dar, als der Satz uei, der mit dem nominalen Satztypus
Pferd zusammenzustellen ist. Daß diese Auffassung auch der
religionsgeschichtlichen Stütze nicht entbehrt, scheint mir aus
dem allgemeinen Gang der Untersuchung in Useners Götter-
namen hervorzugehen.
Die bisher behandelten Sätze zeigten bei funktioneller Zwei-
gliedrigkeit materielle wie formelle Einheitlichkeit ; hier geht also
die funktionelle Gliederung allein über die materielle und formelle
hinaus. Es kann aber der Fall eintreten, daß auch die materielle
Gliederung weiter durchgeführt ist als die formelle. Hierher gehört
der Satz Kind ! in dem Sinne einer Aufforderung oder Warnung.
Die diesem Ausruf zugrunde liegenden Vorstellungen sind mit
der Vorstellung, die wir im allgemeinen mit dem Worte Kind
verbinden, nicht erschöpft. Vielmehr gehört dazu die Vorstellung
bleibe weg! oder eine ähnliche, vielleicht noch weiter gegliederte,
etwa bleib von dem Wasser weg!^ sowie sie der Situation entspricht
Ähnlich verhält es sich mit dem Ausruf Klopstock! in der be-
kannten Stelle in Werthers Leiden, falls sie nicht interjektionalen
Charakter hat; in dem Namen ist zugleich ein literarisches Urteil
enthalten. Daß die formell unausgedrückte Vorstellung oder Vor-
stellungsmasse nicht mit der Deutlichkeit im Bewußtsein auftritt,
Bemerkungen zur Satzlehre. 269
■wie die ausgesprochene Vorstellung, ist nicht zu bezweifeln ; aber
ebensowenig darf ihr Yorhandensein geleugnet werden. Auch sie
gehört ebensogut wie die formell ausgesprochene zur ]\Iitteilung.
Zunächst wird der Sprechende, von der Situation unterstützt, so
verstanden, als habe er die Gesamtvorstellung ausgesprochen.
Er hat aber auch die Absicht, so verstanden zu werden; nur
daß ihm aus irgend einer Ursache die Möglichkeit der vollständig
durchgeführten Vorstellungs- und Lautgliederung fehlt.
Die Ursachen, die den Sprechenden hindern können, eine
von ihm zur Mitteilung bestimmte Gesamtvorstellung vollständig
zti gliedern und auszusprechen, fallen zum Teil mit den S. 265 f.
angegebenen zusammen. Es kann der Fall eintreten, daß dem
Sprechenden der sprachliche Ausdruck für eine zur Aussprache
drängende Yorstellung überhaupt noch nicht zur Verfügung steht.
Wenn das Kind sagt Papa — Hut, so können seine Vorstellungen
vielleicht schon soweit differenziert sein, daß es mit seinem Satze
genau dasselbe meint, wie wenn wir sagen: Der Papa hat den
Hut auf. Xur die sprachliche Ausdrucksfähigkeit ist dahinter
zurückgeblieben. Weiterhin kann irgend eine augenblickliche
psychische Affektion den sonst zu Gebote stehenden spraclilichen
Ausdruck hemmen, wie bei dem in der Angst ausgestoßenen
Warnungrufe Kind! Die vollständige Gliederung der vorschwe-
benden Vorstellungsmasse und damit auch ihr vollständiger sprach-
licher Ausdruck kann aber auch durch den Mangel an psychischer
Energie verursacht werden. Ein solcher Mangel tritt in der Regel
ein, wenn wir in der Bezugnahme auf etwas eben Geäußertes
nur die uns am wichtigsten erscheinende Vorstellung sprachlich
ausdrücken, z. B. in gut! als zustimmender Antwort.^) Die Über-
flüssigkeit der vollständigen Mitteilung veranlaßt diesen Mangel
an Energie. Hat sich der Mangel eines eigenen sprachlichen
Ausdrucks für eine bestimmte Vorstellung oder Vorstellungs-
masse in einem einzelnen Fall einmal eingestellt, so können solche
Fälle durch ihre äußere Form auch da vorbildlich werden, wo
die ursprüngliche psychische Voraussetzung dafür nicht mehr
vorhanden ist. Das ist z. B. der Fall in dem sprichwörtlichen
Ausdruck Ein Mann — ein Wort, wo der Sprechende oft, wenn
auch nicht immer, imstande sein würde, die ursprünglich aus
1) Diese Beschränkung auf das Wichtigste und Unterscheidende hat
auch ohne Zweifel die Bildung der Bahuvrihi wesentlich gefördert; vgl.
Brugmann IF. 18, 61 ff.
270 E. Rodenbnsch,
Mangel an sprachlicher Differenzierung von unserm Standpunkt
ans gelassene Lücke auszufüllen. Diese Tradition ist naturgemäß
am festesten da, wo, wie in sprichwörtlichen Wendungen , die
usuell gewordene Form keine Konkurrenz duldet.
Hiernach könnte es scheinen, als seien Äußerungen wie
Kind! im Sinne eines "Warnungsrufes, gut! als Antwort, Kein
Wort mehr! usw. wohl im Sinne des zugrunde liegenden Yor-
stellungsverlaufes, nicht aber vom Standpunkt der sprachlichen
Darstellung vollständige Sätze. Wundt nennt sie daher Satz-
äquivalente oder Satzfragraente. Diese Auffassung hat das Miß-
liche, daß neben dem Satz als dem Mittel sprachlicher Mitteilung
auch das Satzbruchstück, also der nicht etwa unentwickelte,
sondern verstümmelte Bestandteil dessen, was dem Zwecke voll-
kommen dient, anerkannt werden muß. Schon die Unsicherheit
in der Abgrenzung gegen die vollständigen Sätze zeigt das wenig
Befriedigende dieser Ansicht. In der Tat ist die Auffassung, wo-
nach ein Teil des Mitzuteilenden sprachlich keinen Ausdruck
findet, vom sprachpsychologischen Standpunkt kaum haltbar. Die
— in dem üblichen Sinne — nicht ausgesprochene Yorstellung
oder Vorstellungsmasse wird vielmehr in die Lautvorstellung der
ausgesprochenen mit aufgenommen. Die Lautvorstellung Kind! ^
als Warnung ausgesprochen, repräsentiert nicht nur die Real-
vorstellung, die wir sprachlich gewöhnlich mit Kind wiedergeben,
sondern zugleich, wenn auch nicht in deutlicher Anschauung
und Gliederung, auch die Vorstellung weg! oder bleib weg! oder
was sonst die Situation erfordert. Es findet also ein momentaner
Bedeutungswandel statt. Der Einwurf, daß wir von diesem Be-
deutungswandel auch sonst bleibende Spuren bemerken müßten,
ist nicht stichhaltig. Er wäre es nur, wenn die Verhältnisse
nicht dazu angetan wären, die Nachwirkungen des Bedeutungs-
wandels unter Umständen wieder vollständig aufzuheben. Die
Voraussetzung dazu liegt in der stets wechselnden Vorstellungs-
verbindung, in der z. B. das Wort Kind vorkommen kann ; so
kann sich also der Sinn der Warnung über den einzelnen Fall
hinaus nicht mit dem Worte assoziieren. Würde dagegen das
Wort Kind ausschließlich oder doch vorzugsweise in dem Sinne
einer Warnung gebraucht werden, so würde sich dieser Vor-
stellungsiuhalt mit der Lautvorstellung Kind fester verbinden.
Als Beleg hierfür kann Virgils quos ego dienen. An sich enthält
diese Vorstellungsmasse keine Drohung ; für die Adressaten aber
Bemerkungen zur Satzlehre. 271
enthielt sie nach dem ganzen Zusammenhang eine solche. (In
weiterer Entwicklung der Bedeutung wird aus diesem schon
bestimmter qualifizierten Satz ein bloßer Substanzbegriff in der
Bedeutung des Substantivs Drohung \ einen ähnlichen Bedeutungs-
wandel haben im Deutschen die "Wortkomplexe Gottseibeiuns und
Jasomirgott durchgemacht). Dauernd verbunden hat sich auch
die Vorstellung der Willensregung mit den vom sprachgeschicht-
lichen Standpunkt aus formell eingliedrigen Imperativformen,
ebenso mit den Vokativen als auffordernden Anrufen i) ; vgl.
ferner Brugmann IF. 18, 1281
Demnach vollzieht sich aUe sprachliche Mitteilung in Sätzen,
die hinsichtlich ihrer vom Sprechenden ihnen erteilten Funktion
stets als vollständig gelten müssen. Hinsichtlich ihrer Form kann
man sie nur dann als unvollständig bezeichnen, wenn man auf die
Möglichkeit des Bedeutungswandels nur in dem beschränkteren
Sinne Rücksicht nimmt, wie er in der Sprachwissenschaft üblich
ist. Es sind aber lediglich praktische Gründe, die davon abhalten
können, einem sprachlichen Ausdruck von bestimmter Form inner-
halb des wechselnden Satzzusammenhangs eine solche Wandelbar-
keit der Bedeutung zu vindizieren, wie dies oben geschehen ist^).
Saarburg; i. Lothr. E. Rodenbusch.
1) Ein Teil dessen, was hier besprochen oder angedeutet ist, wird
herkömmlich zur Ellipse gerechnet; s. Brugmann Kurzgef. vgl. Gramm.
689 ff. Eine wirkliche Auslassung findet aber nicht statt, ebensowenig wie
etwa bei Karl! = Karl Tcomm! oder dgl. und bei Imperativen davon her-
kömmlicher Weise die Rede ist, obwohl der Ausdruck mehr meint, als
die Form anzudeuten scheint. Delbrück Grundfr. d. Sprachforsch. 145 leitet
freilich aus der Unmöglichkeit, in Karl! den Rest aller möglichen Auf-
forderungen zu sehen, die Eingliedrigkeit von Karl! überhaupt ab. Dabei
ist aber nur auf die äußere Form in abstracto, nicht aber auf den im
einzelnen Fall vorhandenen Vorstellungsinhalt Rücksicht genommen. Vgl.
ferner, was Curtius in seinen Studien IX, 2, 112 über SavGoc bemerkt.
2) Wie fließend die Grenze ist zwischen dem allgemein als solchen
geltenden Bedeutungswandel von Wörtern und Wortkomplexen in "gram-
matisch vollständigen Sätzen" und den hier besprochenen Erscheinungen,
mag das Beispiel der nhd. Wendung alle sein vei'anschaulichen. In
alle hat sich, ähnlich der Kumulierung unverwandter Vorstellungen auf
ein formell eingliedriges Gebilde in den Imperativen und auffordernden
Anrufen, neben der Vorstellung der Totalität die davon völlig verschiedene
der verschwundenen Existenz eingestellt. Ein weiterer Schritt in der Be-
deutungsentwicklung ist dann die vollständige Verdunklung der ursprüng-
lichen Bedeutung, wie sie annähernd in dem Deutschen erschöpft^ fertig
(dial. = 'seiner Lebenskraft beraubt') und in dem lateinischen cönfectus
vernichtet' erreicht ist.
272 M. H. Jellinek,
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und
Begriife.
I.
Delbrück hat in der Vergleichenden Syntax der idg. Sprachen
ni407ff. dieNamenHauptsatzmidNebensatzbis zu Adelungs
Umständlichem Lehrgebäude zurückverfolgt. Daran anknüpfend
will ich erstens die Vorgänger Adelimgs in Deutschland nach-
weisen und zweitens einen Überblick versuchen über dasjenige,
was im 17. und 18. Jahrh. in Frankreich für die Scheidung jener
Begriffe geschehen ist.
Adelung beginnt das dritte Kapitel seiner Syntax, das 'Yen
den Sätzen' betitelt ist, mit der Bemerkung, daß es bisher nicht
üblich gewesen sei, in den Sprachlehren von den Sätzen zu
handeln. Diese Behauptung ist, was die deutschen Grammatiken
betrifft, im großen und ganzen richtig. Es ist das Verdienst
Adelungs, hier die Bahn gebrochen zu haben ^). Auch ist es gewiß
er gewesen, der die Namen Hauptsatz und Nebensatz me so
manche andere uns geläufige Kunstwörter in allgemeinen Umlauf
1) Den Satz behandelte Adelung übrigens schon in der Deutschen
Sprachlehre von 1781. Die dort vorgetragene Lehre ist dieselbe wie im
Umständlichen Lehrgebäude. Von den älteren Grammatikern bespricht
meines Wissens — abgesehen von Bodmer, über den ich im zweiten Teil
dieses Aufsatzes berichten werde — nur einer die Lehre vom Satz, näm-
lich Christian Pudor, Der Teutschen Sprache Grundrichtigkeit und Zier-
lichkeit, Colin a. d. Spree 1672. Das Büchlein ist sonst nicht sehr bedeutend
und Adelung unbekannt gewesen. Pudor nennt den Satz 'Spruchrede', la-
teinisch 'Sententia'. Er unterscheidet einfache, die nur einen Nominativ
und ein Verbum haben, und zusammengesetzte. Die letzteren haben ent-
weder einen Nominativ und zwei Verba, z. B. Alexander streitet und iiber-
tvindet, oder zwei Nominative und ein Verbum, z. B. Alexander und Darms
streiten, oder zwei Nominative und zwei Verba, z. B. Alexander überwindet,
Darius aber tvird geschlagen. Die zusammengesetzten Sentenzen werden
in viele Unterabteilungen geteilt, ohne daß Haupt- und Nebensätze unter-
schieden würden. Ich hebe hervor die 'Zurücksehende, Relativa'. Z. B.
Ich habe deinen Brief, welchen du geschrieben, empfangen. Die Perioden
oder Schlußreden bestehen entweder aus einer, aber zusammengesetzten
Sentenz oder aus zwei oder mehreren. "Es hat aber jeder Periodus zwey
Theil: 1. Den Vorsatz irpÖTaciv. 2. Den Nachsatz onröbociv. Egr. Wer
Gott von Hertzen liebet : irpoTacic, Der befleißiget sich auch seine Gebott
zu halten: ÖTröbocic."
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 273
gebracht hat. Aber er hat sie nicht erfunden. Adelungs Be-
deutung besteht zum nicht geringen Teil darin, daß er dasjenige,
was andere vor ihm geleistet hatten, aufgriff und in seinen
Büchern vortrug, die freilich ihresgleichen nicht hatten an ge-
nauer Kenntnis des Sprachstoffs und nüchternem Sinn für die
Bedürfnisse der gesetzgebenden Grammatik.
Für die folgenden Auseinandersetzungen wird es notwendig
sein, einige der schon von Delbrück herausgehobeneu Stellen
aus dem Umständlichen Lehrgebäude hier anzuführen.
n 572 f. "In Ansehung der Materie ist ein Satz entweder
einfach, Avenn er bloß aus dem Subjecte und dessen Prädicate
bestehet; oder zusammen gesetzt, wenn zwej und mehrere
Sätze zu einem einigen Satze verbunden werden, der denn folglich
mehrere Subjecte mit ihren Prädicaten enthält. Beyde Arten
sind entweder nackte Sätze . . . oder ausgebildete . . . oder
endlich erweiterte, Avenn Yerhältnisse, Eigenschaften, Umstände,
Bedingungen u. s. f. zwischen dem Subjecte und dem Prädicate
in eigenen Sätzen eingeschoben, oder auch als eigene, aber nicht
vor sich bestehende Sätze dem Prädicate angehänget werden. Der-
gleichen eingeschobene oder angehängte Sätze werden Neben-
sätze genannt und stehen alsdann dem Hauptsatze entgegen,
welchem sie zur nähern Bestimmung dienen."
II 576 f. "Zusammen gesetzte Sätze sind solche, wo zwey
oder mehrere Sätze vermittelst der Conjunctionen in einen Satz
zusammen gezogen werden. . . . Die copulativen, continuativen,
disjunctiven und exclusiven Conjunctionen können drey und
mehrere Sätze in einen zusammen ziehen, allein die übrigen
verbinden deren nur zwey, welche allemahl in einem gegen-
seitigen Verhältnisse stehen, und wovon derjenige, welcher den
Grund des andern 'snthält, oder um deswillen der andere vor-
handen ist, weil er gemeiniglich voran stehet, der Vordersatz,
der andere aber der Nachsatz genannt wird. Beyde lassen sich,
so wie das Subject und Prädicat^) in den wahren oder
1) Dazu vergleiche man S. 568 f. "In einer andern Betrachtung
ist das Subject entweder das wah^-e oder logische Subject, dessen eigent-
liche Bestimmung der übrige Theil des Satzes ist ; oder das grammatische
oder künstliche Subject, wenn vermöge der Inversion ein Begriff aus dem
Prädicate in die Stelle des Subjectes gesetzel wird, um die Aufmerk-
samkeit vorzüglich auf denselben zu lenken, da denn der übrige Theil des
Satzes als das Prädicat dieses hervor gezogenen Begriffes betrachtet wird :
graben mag ich nicht, für ich mag nicht graben; heiter war der Tag, für
274 M. H. Jellinek,
logischen, und in den künstlichen oder grammatischen
Vorder- und J^achsatz eintheilen. Der wahre oder logische
Vordersatz ist derjenige, welcher der Natur der Sache oder
dem Verstände nach, den Grund des andern enthält: weil die
Anstalten so schön getroffen tvaren, so gingen sie gut von Statten,
Avo die Avirkende Ursache der Natur der Sache nach A'or der
Wirkung hergehet. Der künstliche oder grammatische aber,
der nur in die Stelle des erstem gesetzt wird: die Anstalten
gingen gut von Statten, iceil sie so schön getroffen tvaren, avo die
Wirkung der Avirkenden Ursache A-orstehet. So auch mit den
Nachsätzen."
Daß Adelung, Avie Delbrück zu glauben scheint (A'gl. a. a. 0.
S. 410), nur RelatiA^sätze als Nebensätze betrachtete, geht aus seiner
Definition nicht hervor, wenn auch die Beispiele für erweiterte
Sätze nur Relativsätze enthalten. Es sieht vielmehr so aus, als ob
derselbe Satz Nebensatz heißen sollte, wenn er ZAvischen Subjekt
und Prädikat des Hauptsatzes eingeschaltet ist oder dem Prädikat
des Hauptsatzes folgt, dagegen Vordersatz, wenn er dem über-
geordneten Satze vorangeht.
Freilich erhebt sich da die Frage, Avodurch sich denn ein
dem Prädikat des Hauptsatzes folgender Nebensatz von einem
grammatischen Nachsatz unterscheidet, der ein logischer Vor-
dersatz ist.
Das sind Unklarheiten, die daher stammen, daß Adelung
eine konfus vorgetragene Theorie eines andern übernommen, not-
dürftig verbessert, aber auch durch einen Zusatz widerspruchs-
voll gemacht hat.
Dieser Vorgänger Adelungs ist der von ihm öfters mit Lob
erwähnte Rektor Meiner, den er H 567, zu Beginn der Satz-
lehre, als den ersten bezeichnet, "welcher in seiner philo-
sophischen Sprachlehre auch hierzu mit dem ihm eigenen
fruchtbaren Scharfsinn den Weg gebahnet hat."
'Versuch einer an der menschlichen Sprache abgebildeten
Vernunftlehre oder Philosophische und allgemeine Sprachlehre
entAvorfen von Johann Werner Meiner (Leipzig 1781)' ist der
genaue Titel des von Adelung also gerühmten Werkes. Dieses
der Tag war heiter; wo ich und der Tag die logischen Subjecte aus-
machen, welche aber durch die Versetzung in die Stelle des Prädicates
gerathen sind, daher graben und heiter nicht anders als grammatische
oder künstliche Subjecte betrachtet werden können."
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 275
unglaublich geschwätzige Buch, das Schärfe der Begriffe gar
oft vermissen läßt, hat doch den f üi* Deutschland neuen Gredanken
durchgeführt, die Bedeutung der "Wortklassen und Wortformen
aus dem Satz heraus zu entwickeln. Diese Aufgabe löst der zweite
Teil, der also eine Lehre vom einfachen Satze vorstellt. Der dritte
Teil handelt Von der Yerbindung ganzer Sätze zu einer förm-
lichen Periode'. Hier lehrt nun Meiner im ersten Abschnitt
S. 319 ff. folgendes:
"Wir mögen reden wenn, wo und wovon wir wollen, so liegt
bey unserer Rede, sie sey auch noch so kurz, dennoch allemal
ein aus Subjekt und Prädikat bestehender Satz zum Grunde, um
welches willen wir reden, oder ohne welchen wir nicht geredet
haben würden. Diesen Satz wollen wir den Hauptsatz nennen,
sententiam principalem. . . . Nun kann von diesem Hauptsatze
1. entweder das Subjekt durch Angebung mehrerer Eigenschaften
und Verhältnisse von ihm kenntlicher gemacht, und entweder
durch Angebung neuer Namen, so ihm seiner Eigenschaften und
Verhältnisse wegen zukommen, oder durch Angebung mehrerer
Prädikate von ihm beschrieben werden. Im erstem Falle ge-
schieht diese Beschreibung durch die Apposition. ... Im letz-
tern Falle aber verbindet man die zur Beschreibung des Sub-
jekts neu hinzugesetzte Prädikate mit dem Subjekt durch das
Pronomen qui^ quae^ quod^ wodurch ein neuer Satz entstehet.
n. Oder man giebt Gründe, warum, oder Bedingungen,
unter welchen, oder Umstände der Zeit und des Orts,
bey welchen das Prädikat dem Subjekte zukömmt oder
zukommen soll, an. In allen diesen Fällen entstehen neue
Sätze, die man entweder vor dem Hauptsatze vorausgehen und
durch bequeme, das ist, ihrem Verhältniß gegen den Hauptsatz
angemessene Partikeln mit diesem Hauptsatze verbinden, oder
zwischen dem Subjekte und Prädikate des Hauptsatzes einschalten
kann. Geschieht das erstere, so wird das Skelet') zu einer zu-
sammengesetzten Periode fertig, welches aus Vordersatz
und Nachsatz bestehet; geschieht aber das letztere, so wird
1) Die zusammengesetzte Periode selbst entsteht nach Meiner erst
dadurch, daß zwischen Vorder- und Nachsatz andere Sätze eingeschaltet
werden. Über das Mißverständnis , das der Anschauung zugrunde liegt, daß
es 'das eingeschaltene' sei, "worinnen das Wesentliche des Periodischen
zu suchen ist", weiter unten. In seiner Beschreibung der einzelnen Arten
der Periode spricht übrigens Meiner gewöhnlich von zusammengesetzter
Periode schlechtweg, statt vom Skelett der zusammengesetzten Periode.
276 M. H. Jellinek,
daraus eine wirkliche einfache Periode, und die einge-
schaltenen Sätze heißen alsdenn Nebensätze {propositiones se-
cundariae)."
"Wir sehen hier sofort, daß Meiner das Streben nach einer
an den Gegensatz von Subjekt und Prädikat sich anschließenden
Dichotomie einen argen Streich gespielt hat. Denn Sätze mit
qui quae quod lassen sich an beliebige Substantiva, auch an solche,
die nicht Subjekt sind, anschließen. Perner erfährt man nicht,
was denn eine aus Hauptsatz und Relativsatz bestehende Ver-
bindung ist. Ein einfacher Satz kann sie natürlich nicht sein,
nach Meiners Definitionen aber auch keine Periode. Meiner macht
denn auch im folgenden von seiner Dichotomie weiter keinen
Gebrauch. Er behandelt zwar bei Besprechung der einzelnen
Arten der Periode die Verbindung mit Relativsätzen nicht aus-
drücklich, aber aus verschiedenen Beispielen und Ausführungen
geht hervor, daß er auch diese Verbindungen zu den Perioden
rechnet.
Auch wenn man von den Relativsätzen absieht, sind durch
Meiners Definitionen gar nicht alle möglichen Arten der Ver-
bindung mehrerer Sätze erschöpfend charakterisiert. Seine Perio-
dus circumscriptiva läßt sich in keiner Rubrik unterbringen. Er
handelt über sie im § 59 S. 337 ff. "VII. Können zween Sätze
mit einander in einem so genauen Verhältnisse stehen, nach
welchem sie beyde zusammengenommen einen vollkommenen
Satz mit einander ausmachen, daß also der eine gleichsam ent-
weder das Subjekt oder den leidenden Gegenstand von dem
Prädikat des andern vorstellet. Z. E, Daß du meiner beständig
eingedenk bist, das ist mir höchst angenehm." Wenn der daßSatz
das Subjekt des folgenden ist, kann er natürlich nicht zwischen
Subjekt und Prädikat eingeschaltet sein. Er geht aber auch
keinem andern Satz vorher, da er ja erst mit dem folgenden
zusammen 'einen vollkommenen Satz' ausmacht.
Endlich ist in der Definition der Fall nicht berücksichtigt,
daß der Nebensatz dem Hauptsatz folgt. Man darf aber ja nicht
glauben, daß Meiner solche Satzverbindungen nicht als Perioden
betrachtet. So unterscheidet er bei der Besprechung dev periodus
conditionalis S. 328 f. drei Arten der Verbindung des Bedingungs-
satzes mit dem Hauptsatz. "1) entweder wird der bedingte Satz^)
1) 'Bedingte Sätze' heißen bei Meiner die Bedingungssätze.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 277
zwischen dem Subjekte und Prädikate eingeschalten . . 2) oder
der bedingte Satz wird zum Vordersatz, der Hauptsatz aber zum
Nachsatz gemacht . . 3) oder der bedingte Satz wird dem Haupt-
satz als ein Anhang nachgesetzt." Oder S. 384 bei der Besprechung
der Kausalperiode wird wieder eine 'gedoppelte Ordnung' aner-
kannt. Nämlich '1) entweder gehet der Satz, der der Wirkung
gleichet, voraus, und der. so die Beschaffenheit einer Ursache
an sich trägt, folget ihm . . 2) oder es gehet der Satz, so die Ur-
sache enthält, vor dem, der die Wirkung beschreibt, voraus."
Meiner scheint die Unvollständigkeit seiner Definition ein-
gesehen zu haben, ohne jedoch den betreffenden Abschnitt um-
zuarbeiten. In der eine ausführliche Disposition des Ganzen
enthaltenden Einleitung, die wohl später geschrieben (aber nicht
gedruckt) ist als der eigentliche Text, lesen wir S. 17 als Inhalts-
angabe des I. Abschnitts des IH. Teils ". . . wie vielerley die Perioden
sind, nämlich 1. entweder einfache, die einen einzigen
Satz zur Grundlage haben, der durch allerhand Einschaltungen,
so zwischen dem Subjekt und Prädikat gemacht werden,
zerschlagen worden ist. Auch werden an den Hauptsatz
andere Sätze angeschlossen. Wir wollen sie angeschlossene Sätze
nennen."
Wir erkennen jetzt den Ursprung des Widerspruchs bei
Adelung. Er hat eingesehen, daß Meiners Definition im eigent-
lichen Text ungenügend ist und der Einleitung folgend die Yer-
bindung eines Hauptsatzes mit einem ihm folgenden Nebensatz
als eine Form des erweiterten Satzes, wie er die einfache Periode
Meiners nennt, bezeichnet. Anderseits hat ihn Meiners Be-
sprechung der 'gedoppelten Ordnung' bei den Kausalperioden
auf den unglücklichen Gedanken gebracht, die Begriffe 'logischer'
und 'grammatischer Vorder- und Nachsatz' einzuführen.
Darin folgt aber Adelung seinem Vorgänger, daß er gram-
matisch ganz gleichartige Sätze, je nach der Stellung, bald als
Neben-, bald als Vordersätze, bald als Haupt-, bald als Nachsätze
bezeichnet. Die Terminologie ist höchst unglücklich, da die Be-
zeichnung Haupt- und Nebensatz das logische Verhältnis ins
Auge faßt, das von der Stellung ganz unabhängig ist.
Bei Meiner sprengen denn auch die Tatsachen das Gefäß
der schlechten Theorie.
Schon im ersten Abschnitt des dritten Teils gebraucht er
das Wort Hauptsatz mitunter in umfassenderer Bedeutung, auch
278 M. H. Jellinek,
mit Beziehung auf zusammengesetzte Perioden ^). Und im vierten
Abschnitt, der von der Zusammenziehung der Sätze durch die
Partizipien handelt, ist überhaupt nur von Haupt- und Neben-
sätzen die Rede. Und es heißt hier (S. 392 f.): "Uebrigens kann
der Nebensatz dem Hauptsatze bald vor, bald nach gesetzet,
bald zwischen dem Hauptsatze eingeschalten seyn." M. a. W.
Nebensatz bleibt Nebensatz, wo er auch stehen mag. Hier werden
auch die durch welcher^ der, qiii, quae, quod usw. eingeleiteten
Sätze ausdrücklich als Nebensätze bezeichnet. Ein solcher Neben-
satz ist so beschaffen, "daß er von einem noth wendigen Be-
stimmungsterminus des Prädikats im Hauptsatze, es mag
solcher seyn, welcher es wolle, es können aber deren Sechse
seyn, ein eigenes Prädikat zu dessen mehrerer Erklärung angiebt."
Die sechs möglichen Bestimmungstermini sind, wie man aus dem
3. Abschnitt des zweiten Teils ersehen kann, die Substantiva,
deren verschiedene Beziehungen zum Prädikat durch die sechs
Kasus des Lateinischen augegeben werden. Es wird demnach
hier ausdrücklich erklärt, daß der Relativsatz sich an ein in
beliebigem Kasus stehendes Substantiv, also nicht bloß an das
Subjekt, anschließen kann; die unvernünftige Dichotomie von
S. 320 f. ist mithin stillschweigend fallen gelassen.
In diesem vierten Abschnitt des dritten Teils sind die Aus-
drücke Haupt- und Nebensatz so ziemlich im heutigen Sinn an-
gewandt 2). Es war ein großer Pehler Adelungs, daß er nicht hier
anknüpfte, sondern sich im großen und ganzen die schiefen
1) So eigentlich schon in der Definition der Periode s. o. S. 275. Vgl.
ferner S. 325 f. "Weil nun auf solche Weise bey einer einfachen Periode
sowohl, als bey einer zusammengesetzten, mehrere Sätze entstehen, davon
allezeit die Hauptsätze (principales) von den Nebensätzen {secundariis)
wohl unterschieden werden müssen ; so erfordert die Deutlichkeit der Rede,
daß das Verhältniß der Vordersätze gegen ihre Hauptsätze in zusammen-
gesetzten Perioden, und der Nebensätze gegen ihre Hauptsätze in beyder-
ley Perioden, durch gewisse Wörter aufs genaueste bestimmt werde." (Oder
ist das zweite Hauptsätze verschrieben für Nachsätze'^) Ferner S. 327.
"Der Satz, der die Bedingung enthält, heißt der bedingte Satz ; der aber,
der den unter der gesetzten Bedingung möglichen Erfolg erklärt, wird der
Hauptsatz genennet."
2) Wie wenig aber Meiner fähig war, einen klaren Gedanken fest-
zuhalten, beweist die Vorrede, die besonders paginiert, also wohl später ge-
druckt ist als das eigentliche Werk. In dieser Vorrede S. LVH werden
der beiden Sätze, die das Skelett der zusammengesetzten Periode bilden,
als zwei Hauptsätze aufgefaßt ! Also ein Rückschritt selbst gegen den
1. Abschnitt des 3. Teils.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 279
Darlegungen des ersten Abschnitts zu eigen machte. Dadurch
hat er sich auch die Möglichkeit verscherzt, in der Lehre von
der Wortstellung die einfache Formulierung aufzustellen, daß die
Verbindende Wortfolge' ihren Platz im ISTebensatze hat.
Woher stammen nun aber die Unklarheiten und Wider-
sprüche in Meiners Periodenlehre? Einfach daher, daß er eine
Grammatik schreiben wollte und dabei eine Rhetorik benutzte.
Als Grammatiker hatte er die Aufgabe, alle Arten der Satzver-
bindungen zu beschreiben. Diese Satzverbindungen nannte er
Perioden. Den Begriff der Periode entnahm er aber jener Rhe-
torik, die nur gewisse Gattungen der Satzverbindungen als
Perioden gelten ließ, nämlich diejenigen, in denen ein abge-
schlossener Sinn erst mit dem Ende des ganzen gegeben ist^).
Dazu kam, daß der Rhetoriker seinen speziellen Zwecken ent-
sprechend eine andere Terminologie anwenden durfte, als sie
für den Grammatiker zulässig war.
Die Rhetorik, die Meiner benutzte, sind die Initia Rheto-
rica in Jo. Aug. Ernesti's Initia doctrinae solidioris 2). Es heißt
da im § 367: Vniuerse igitur periodus est^ cum sensus perfedus
suspenditiir per interiecta membra, quae amhitum efficiunt. Id
quäle sit, clarius intelligitur e formis pei'iodi^ et eins stnicfura.
1) Vgl. S. 325 ''Man siehet hieraus zur Gnüge, daß es bey dem
Periodischen bloß auf Einschaltungen ankömmt, wodurch bey einem
einfachen Satze das Subjekt und Prädikat, wenn es eine einfache
Periode werden soll; bey einem Doppelsatz aber, der Vorder- und
Nachsatz, wenn es eine zusammengesetzte Periode werden soll,
getrennt und zerschlagen werden müssen, oder doch wenigstens die Sätze
also geordnet werden, daß man nicht eher zum völligen Aufschluß des
Verstandes gelangt, als bey dem letzten Satze, nachdem man einen ganzen
Umfang von Worten durchlaufen ist." Meiner hat aber nicht erkannt,
daß die hier zuletzt definierte Eigentümlichkeit des Periodischen schon
durch das, was er Skelett einer zusammengesetzten Periode nennt, erfüllt
wird. Deshalb meint er, daß die förm.liche zusammengesetzte Periode
zwischen Vorder- und Nachsatz noch andere Nebensätze einschalten müsse,
und deshalb kommt er überhaupt dazu, in den Einschaltungen das Wesen
des Periodischen zu erblicken, während sie doch nur eines der Mittel
sind, um den Zweck, die suspensio sensus perfectl bis ans Ende, zu
erreichen.
2) Die dritte Auflage der Initia doctrinae solidioris (Leipzig 1750)
ist die erste, die die Rhetorik enthält. Die fünfte Auflage (Leipzig 1769)
stimmt an den zitierten Stellen wörtlich mit der dritten überein. —
Meiner zitiert S. 363 eine Stelle aus den Initia Rhetorica "unsers großen
Ernesti'.
280 M. H. Jellinek,
Simplex igitur est., in qua est vna sententia principalis, sed ita,
vt a subiedo ad attrihutum transitus sit, siue a parte vna prin-
cipalis senientiae ad alteram, per interpositas enunciationes secun-
darias. Secundariae autein exponimt caussas, conditionem, Trepicidceic
temporuni, et similia. § 369: Composita periodus est ex antecedente
et consequente, vel vno, vel pluribus : vnde bimembres, trimembres,
et qtiadrimembres dicunt.
Ernesti scheint für seine Periodenlehre das Verdienst der
Originalität in Ansprnch zu nehmen. Von der Periode, heißt es
§ 366, paullo accuratius dicendum videtur: cum plerosque, etiam
dodos, atque adeo de eloquentia praedpere ausos, videam , vim
periodi non satis assecutos.
Die Eigentümlichkeit dieser Periodentheorie besteht wohl
darin, daß Ernesti mit dem Begriff des notwendig subieduni und
attribidum enthaltenden Satzes operiert, die Periode in Sätze
zerlegt und auf diese Weise die Art ihrer Struktur klar legt.
In den viel gebrauchten Lehrbüchern von Melanchthon und
Gerhard Yossius kommt derartiges nicht vor^). Daß aber Ernesti
doch Yorgänger gehabt hat, möchte ich nicht unbedingt in
Abrede stellen ; die Ausführungen in Pudors Grammatik könnten
darauf hindeuten. Vgl. auch die Fußnote.
Wie dem auch sei, jedenfalls ist es Ernesti, der mit seinen
Ausdrücken sententia principalis und enunciationes secundariae den
Anstoß zur Einführung der Begriffe Hauptsatz und Nebensatz
in die deutsche Grammatik gegeben hat. Derjenige, der Ernestis
Terminus also verdeutschte, war, wie wir gesehen haben. Meiner,
ihr Propagator Adelung.
Ernesti, dem es auf die Theorie der Periode, nicht des
Satzes ankam, hatte keine Veranlassung, zu untersuchen, ob das
antecedens zum consequens sich grammatisch ebenso verhalte wie
die enunciatio secundaria zur sententia principalis. Daß ]\Ieiner
1) Vossius betont in der Lehre von der Periode (Commentariorum
rhetoricorum sive oratoriarum instituLionum libri sex, Lugd. Bat. 1630, II
57 f.) den Unterschied der rhetorischen und grammatisclien Betrachtungs-
weise. Den Grammatiker interessiert die Periode nur mit Rücksicht auf
die Theorie der Interpunktion. Er gebraucht die Kunstausdrücke in anderer
Bedeutung als die alten Rhetoren. Für die Grammatiker comma est sen-
tentia imperfecta: sive pars pej'iodi composita sine verbo. Colon ijsdem est
sententia perfecta, sed relata : sive est pars periodi suo fulta verbo. Ifaque
non sibi, sed periodo sententiam perficit. Item perlodus Ulis est oratio sibi
perficiens sententiam : sive est sententia aliquid perfecte absoluteque signi-
cans. V. selbst behandelt die Periode vom Standpunkt des Rhetors.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 281
seinem Meister zu sklavisch folgte, hat seine Theorie entstellt,
aber die Gewalt der Tatsachen hat ihn doch schließlich dahin
gebracht, die Einteilung in Haupt- und Nebensätze auf die Grlieder
aller Perioden anzuwenden.
Es finden sich jedoch in Meiners Satzlehre auch Kunst-
ausdrücke, die nicht auf Ernesti zurückgehen. S. 836 heißt es
von dem Inhalt der durch daß oder daß nicht eingeleiteten Sätze,
er könne entweder von dem vorzüglichen Grade des vorher-
gehenden Prädikats, der durch die Wörter so^ so gar, so sehr usw.
ausgedrückt werde, oder von dem Befehl, von der Bitte usw.,
die in dem Prädikat enthalten seien, abhängen. S. 359 wird
gesagt, daß von zwei Sätzen, von denen der eine mit is, der
andere mit qiii anfängt, der erste der regierende, der zweite
der regierte ist. Besonders wichtig ist aber der 'von dem
erzählenden StyF (wir würden sagen von der indirekten Eede)
handelnde dritte Abschnitt des dritten Teils. Hier wird folgendes
gelehrt (S. 37 9 f.): "Man hat aber bey dem erzählenden Styl alle-
zeit dreyerley Sätze zu unterscheiden: 1) Den Haupt- und re-
gierenden Satz, von dem die ganze Erzählung abhängt . . (dieser
regierende Satz wird später 'der König des erzählenden Styls'
genannt). 2) Solche Sätze, die von dem Könige des erzählenden
Styls oder von dem Verbo sensus und dedarandi unmittelbar
abhängen, und mit ihm durch daß verbunden sind, obgleich das
daß unterdrückt worden ist. Diese wollen wir Sätze der ersten
Ordnung, oder unmittelbar abhängende Sätze nennen.
3) Solche Sätze, die von den unmittelbar abhängenden Sätzen
wieder abhängen, diese werden Sätze der andern Ordnung
oder mittelbar abhängende Sätze genennet."
Weiter wird die Einteilung nicht getrieben. Sätze, die kon-
sequent als solche dritter Ordnung bezeichnet werden müßten,
rechnet Meiner zu den Sätzen zweiter Ordmmg. Die Strenge
der Theorie ist gebrochen, weil Meiner sich von einer unbe-
rechtigten Rücksicht auf die nächsten Bedürfnisse der Praxis
leiten läßt M.
1) Da nämhch im Lateinischen alle abhängigen Sätze, die nicht
erster Ordnung sind, das Verbum im Konjunktiv haben, hat sich Meiner
nicht veranlaßt gesehen, diese Konjunktivsätze weiter nach ihrem Ab-
hängigkeitsverhältnis einzuteilen. Die Sätze erster Ordnung konnte er als
besondere Gruppe herausheben, weil sie im Accusativus cum infinitivo
stehen. S. 385, bei Besprechung einer griechischen Periode, macht M. einen
Indogermanische Forschungen XIX. 19
282 ]\I. H. Jellinek,
Woher diese Übertragung des Begriffs der Rektion auf das
Terhältuis verschiedener Sätze stammt, weiß ich nicht. Denn
die Arbeiten der französischen Grrammatiker scheint Meiner nicht
zu kennen. Jedenfalls hat Meiner aus seiner Übertragung nicht
den Nutzen gezogen, den er hätte ziehen können. Er hat sich
nicht klar gemacht, daß abhängiger Satz und Nebensatz dasselbe
ist, und deshalb in der Theorie der Periode nicht scharf zwischen
der Verbindung koordinierter und der Verbindung über- und
untergeordneter Sätze unterschieden i).
In Frankreich knüpft die Unterscheidung der Satzarten an
die Arbeiten der Männer von Port-Royal an. Die Logique ou
l'art de penser^) entwickelt im 8. Kapitel des ersten Teils den
Begriff der termes coynplexes. Ein terme complexe ist die Verbin-
dung mehrerer Begriffe zu einer idee totale. Der zweite Begriff
kann durch ein Wort (oder eine WortgTuppe) ausgedrückt sein,
z. B. un Corps transparent {Alexandre, fils de Philippe) oder die
Anfügung des zweiten Begriffs kann mit Hilfe des Pronomen
relativum geschehen: un corps qui est transparent. Eigentlich ist
das Relativum mitverstandeu, wenn auch nicht immer ausgedrückt:
un Corps transparent und un corps qui est transparent sind gleich-
bedeutend. Es wird weiter unterschieden, ob die Anfügung des
zweiten Begriffes den Charakter einer explication oder einer d^-
termination hat, d. h. ob der zweite Begriff niu- etwas aussagt,
was schon im Inhalt des ersten liegt, z. B. l'homme qiii est mortel,
oder ob er den Umfang des ersten einschränkt, z. B. le pape qui
est aujourd'hui.
Die Aufstellung des Begriffs der termes complexes erweist sich
als notwendig für die Lehre vom Urteil. Jedes Urteil (proposition)
hat mindestens ein sujet und ein attribut, es kann aber auch mehr
als eines haben. Hat das Urteil nur ein sujet und ein attribut.
schwachen Ansatz zu weiteren Unterscheidungen, indem er außer den
Sätzen I. und IL Ordnung einen eingeschalteten Satz und einen Anhang
des eingeschalteten Satzes namhaft macht; aber es veranlassen ihn dazu
nur gewisse Erscheinungen des Modusgebrauchs.
1) So bespricht Meiner mitten unter anderen Perioden im § 55 die
disjunktiven, die durchaw^ — aut,sive — sive,seu — sew eingeleitet werden. Unter
den Beispielen auch Aiit bibat, aut abeat. Dabei spricht er von Vorder-
sätzen und Nebensätzen und verwickelt sich in einen offenbaren Unsinn.
2) Zuerst erschienen 1662 und dann oft aufgelegt. Neue Ausgabe
unter dem Titel : La logique de Port-Royal. Edition nouvelle avec intro-
duction et notes par Alfred Fouillee, Paris 1879.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 283
SO heißt es proposition simple:, hat es mehr als ein sujet oder mehr
als ein attribut., so heißt es proposition composee. Von den pro-
positions composees sind aber, wie im 5. Kapitel des zweiten Teils
ausgeführt wird, wohl zu unterscheiden die proposifions complexes:
*Hl y a plusieurs propositions qui n'ont proprement qu'un sujet et
qu'un attribut; mais dont le sujet oii l'attribut est un terme com-
plexe, qui enferme d'autres propositions qu'on peut ajjpeler inci-
dentes, qui ne fönt que partie du sujet ou de l'attribut^ y etant
jointes par le pronom 7-elatif, qui, lequel, dont le propre est de
joindre ensemble plusieurs propositions, en sorte qu'elles n'en com-
posent toutes qu'une seide."
Diese durch qui angeknüpften Urteile ou ne sont des pro-
positions que fort imparfaitement . . ou ne sont pas tant considerhs
comme des propositions que Von fasse alors, que comme des pro-
positions qui ont ete faites auparavant, et qu'alors on ne fait plus
que concevoir, comme si c'etaient de simples idees. Darin zeigt sich
der Unterschied von den propositions composees. Wenn ich sage:
Alexandre.^ qui a etS leplus genereux de tous les rois^ a vaincu Darius,
so ist mein Hauptzweck nicht, von Alexander zu behaupten, daß
er der großmütigste aller Könige war, dieses Urteil setze ich
vielmehr als schon gefällt voraus und faffirme d' Alexandre congu
comme le plus genereux de tous les rois, quil a vaincu Darius.
Sagte ich dagegen : Alexandre a ete le plus genereux de tous les
rois et le vainqueur de Darius, so ist es deutlich, que j'affirmerais
egalement d' Alexandre, et qu'il aurait eti le plus genereux de tous
les rois, et qu'il aurait ete le vainqueur de Darius.
Entsprechend dem über die termes complexes Gesagten ist
bei den propositions incidentes zw unterscheiden, ob eine explication
oder eine determination vorliegt. Der Gegensatz von proposition
incidente ist proposition principale.
Mit demselben Gegenstand beschäftigt sich vom gram-
matischen Standpunkt die Grammaire generale et raisonnee^) in
der Lehre vom pronom appele relatif, Kapitel 9 des zweiten Teiles.
Das Relativum hat mit den übrigen Pronomina das gemein, daß
es die Stelle eines Nomens vertritt, es hat aber auch seine Be-
1) Erschien zuerst 1660, also vor der Logique, die im 1. und
namentlich im 2. Kapitel des zweiten Teils die Lehren der Grammatik
von den Redeteilen wiedergibt. Aber in späteren Auflagen bezieht sich
die Grammatik wieder auf die Logik. Ich habe eine Brüsseler Ausgabe
von 1678 benutzt, aber die Orthographie modernisiert.
19*
284 M. II. Jellinek,
Sonderheiten. Erstens bezieht es sich immer auf ein anderes
Nomen oder Pronomen, das man anUcMent nennt. "La 2^ cJiose,
que le relatif a de propre, et que je ne sacke point avoir encore
6tS remarqm'e par personne, est que la propositmi dans laquelle il
entre [qu'on peut appeler incidente) peut faire partie du sujet ou
de l'attrihut d'une autre proposition, qu'on peut appeler principale" .
Es folgt eine Auseinandersetzung über die termes complexes
und die propositions complexes.
In der Gegenüberstellung von proposition principale und
proposition incidente sehen wir den Ansatz zu einer Unterscheidung
von Haupt- und Nebensätzen. Aber die propositions incidentes um-
fassen zunächst nur die mit qui und leqtiel eingeleiteten Relativsätze.
Ich sage zunächst, denn die Logik wie die Grammatik von
Port-Royal bemühen sich, auch die mit quod, que = daß beginnenden
Sätze als eine Art der propositions incidentes zu erweisen.
Die Grammatik tut dies in ziemlich äußerlicher, ober-
flächlicher Weise, quod sei weder Adverb noch Konjunktion ;
pour moi je crois que c'est le relatif, qui a toujours rapport a im
antecedent, inais qui est depouille de son usage de pronom ; n'enfer-
mant rien dans sa signification qui fasse partie ou du sujet ou de
Vattrihut de la proposition incidente. et retenant seulement son second
usage d'unir la proposition oü il se trouve, ä um autre. Car dans
cepassage de Ciceron: Non tibi objicio quod hominem spoliasti
ces derniersmots hominem spoliasti fönt une proposition parfaite,
Oll le quod qui la precede, n'ajoute rie^i et ne suppose pour aucun
nom : mais tout ce qu'il fait, est que cette meme proposition ou il est
johlt, ne fait plus que partie de la proposition entiere Non tibi ob-
jicio quod hominem spoliasti: au Heu que sans le quod eile
subsisterait par elle-meme^ et ferait toute seule um proposition.
Dagegen behauptet die Logik im L Kapitel des zweiten
Teils, daß que., quod alle Eigenschaften des Relativs beibehalte.
Mit deutlicher Polemik gegen Lancelot heißt es: L'autre usage,
qui est de tenir la place du nom et de s'y rapporter, y paratt ä la
veriti beaucoup tnoins: ce qui a fait dire ä quelques per sonnes habiUs
que ce que en etait entierement prive dans cette occasion. On pourrait
dire n4anmoins qu'il le retient aussi. Car, en disant que Jean rS-
pondit, on entend qu'il fit une reponse; et c'est ä cette id^e
confuse de r4ponse que se rapporte ce que. De meme, quand
Cic4ron dit: Non tibi objicio quod hominem spoliasti, le
quod se rapporte ä l'idee confuse de chose object^e, formee par le
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 285
mot d'ohjicio: et cette chose objectee, congue d'abord confusSment,
est ensuite particularisee par la proposition incidente, liee par le
quod, quod hominem spoliasti. . . . Je vous dis que vous
avez tort: ce terme^ je dis, fait concevoir d'abord confusement wie
chose dite\ et c'est ä cette chose dite que se rapporte le que. Je
dis que, c'est-ä-dire je dis une chose qui est.
Einen Teil der Sätze, clie wir Nebensätze nennen, behandelt
die Logik von P.-R. in dem Abschnitt von den zusammenge-
setzten Urteilen (2® partie, chap. 9). Die zusammengesetzten Urteile
zerfallen in zwei Gattungen, je nachdem die Zusammensetzung
klar vor Augen liegt oder etwas versteckt ist. Die Urteile der
zweiten Gattung nennen die Logiker exponibles, weil sie einer
Auseinanderlegung bedürfen. Auf diese propositions exponibles
gehe ich nicht weiter ein. Die erste Gattung hat sechs Arten:
les copulatives et les disjonctives., les conditionnelles et les
causales\ les relatives et les discrHives. Nebensätze enthält
der sprachliche Ausdruck der dritten bis fünften Art.
Die Teile der propositions conditionnelles sind durch si ver-
bunden ; der Bedingungssatz heißt Vantecedent., der bedingte Satz
le consiquent. Die propositions causales enthalten zwei Sätze, die
durch quia {parce que) oder ut {afin que) verbunden sind. Die
propositions relatives sind Celles qui renferment quelque comparaison
et quelque rapport. Z. B. Oü est le tresor, lä est le coeur. Teile
est la vie^ teile est la mort. Tanti es, quantum habeas.
Die andern Arten der propositions composees enthalten keine
Nebensätze, ja die meisten Beispiele sind so beschaffen, daß über-
haupt keine Verbindung zweier Sätze vorliegt, sondern derselbe
Satz zwei Subjekte oder zwei Prädikate oder zwei Objekte oder
zwei adverbiale Bestimmimgen, bez. zwei Subjekte und zwei Prä-
dikate usw. enthält^).
Keinen nennenswerten Portschritt finde ich in den Aus-
einandersetzungen von Du Marsais, vgl. die Encyclopedie 4, 7 3 ff.
s. V. Construction, bes. 82ff. ; Logique et Principes de Grammaire,
par M. Du Marsais (1769) 294 ff.
Etwas weiter geführt ist dagegen die Lehre von den Satzarten
1) Z. B. Mors et vita in manu linguae. Ämicitia pares aut accipit
aut facit. Fortuna opes auferre, non animum potest. Non domus et fundus,
non aeris acervus et aurt, aegroto domini deduxit corpore febres, non ani-
mo ctiras. Als Ausnahmen kann man Fälle wie non enim amas, deseris
betrachten.
286 M. H. Jellinek,
in der Grainmaire generale von Beauz6e (1767). Buch III,
Kap. 1. Art. 2 handelt Den differentes esphces de Proposifions. Die
Einteilung der Sätze geschieht nach vier z. T. von einander un-
abhängigen Gesichtspunkten. Die propositions sind 1. simples ou
composees, 2. incomplexes ou complexes, 8. principales ou incidentes,
4. ist zu unterscheiden zwischen proposition dStachee und periode.
Ein Satz ist zusammengesetzt, wenn Subjekt [sujet) oder
Prädikat {attribut) zusammengesetzt ist. Ebenso ist ein Satz kom-
plex, wenn Subjekt oder Prädikat komplex ist. Komplex ist aber
das Subjekt, wenn die es vorstellenden Wörter, ISTomen, Pronomen,
Infinitiv, mit einem Zusatz versehen sind, qui en est un com-
pUment explicatif ou determinatif. Z. ß. Les livres utiles sont
en petit nomhre; vous qui connoissez ma conduite, jugez-moi;
craindre Dieu est le commencement de la sagesse. Analoges gilt
für das komplexe Prädikat. L'attribut est complexe, quand le mot
principalement destine ä Snoncer la relation du sujet ä la maniere
d'etre qu'on lui attrihue, est accompagne d'autres ynots qui en modi-
fient la signification. Z. B. Je suis attentif ä leurs procedes-,
je lis avec soin les meilleurs grammairiens. Der Begriff
proposition complexe stammt aus der Logik von P.-R. Daß auch
Sätze, deren Yerbum ein Objekt hat, eigentlich komplex sind,
wird in der Logik ausdrücklich gesagt';.
Was die dritte Einteilung betrifft, so finden wir am An-
fang und am Ende der Erörterung Definitionen, die nicht ganz
miteinander übereinstimmen. Bd. 2, S. 22 f. sagt B. : Quand les
additions faites, soit au sujet, soit ä Vattribid, soit ä quelque aidre
terme modificatif de l'un ou de Vautre, sont elles-memes des Pro-
positions: ces Propositions partielles sont incidentes, et Celles dont
elles sont des parties integrantes, sont principales. Dagegen 2, 29 :
II resulte donc de tout ce que Von vient de roir, qu'une Proposition
incidente est, dans une Proposition complexe, une Proposition par-
tielle qui sert de complement determinatif ou explicatif ä une idee
partielle qui appartient ä une autre Proposition: cette autre Pro-
1) 2. Teil, Kap. 5. Mais il faiit particulierement remarqtier ici que
toiites les propositions com2)Osees de verbes actifs et de leur regime, peu-
vent etre appeMes coniplexes, et qu'elles contiennent en quelque maniere deux
propositions. 8i je dis, par exemple, Brutus a tue un tyran, cela veut dire
que Brutus a tue quelqu'un, et que celui qu^il a tud dtait tyran. D'oti
vient que cette proposition peut etre contredite en deux tnanieres, ou en
disant: Brutus n'a tud personne, ou en disant que celui qu'il a tu4 n'efait
pas tyran.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 287
Position est principale ä l'^gard de l'incidente qui n'en est que
partie; Vune et l'autre consfituent la Proposition totale, qui est
complexe.
Man beachte wohl den Unterschied. Nach der ersten De-
finition würde jeder Satz, der ein Yerbum in derselben Weise
bestimmt wie dies irgend ein Adverbium tut, eine proposition
incidente sein, nach der zweiten ist nur der Satz eine proposition
incidentej der ein Bezugswort in der proposition principale hat.
Aber Beauzoe hat sich nicht klar gemacht, was seine erste De-
finition eigentlich besagt. Ernst ist es ihm nur mit der zweiten
Definition. Allein der Umfang des Begriffs der proposition inci-
dente ist gegenüber der Logik von P.-R. erweitert. In ausdrück-
liclier Polemik gegeji dieses Werk wird gesagt, daß nicht nur
qui die proposition incidente anknüpfen kann ; tout mot conjonctif
qui peid avoir rapport ä un antScedent, peut ä ce titre devenir le
lien d'une Proposition incidente. Da Beauzee mit der Annahme
zu ergänzender, nicht ausgedrückter Bezugsworter arbeitet, so
gelingt es ihm, eine ganze Reihe von Scätzen als propositions
incidentes in Anspruch zu nehmen. So die Sätze, die eingeleitet
werden durch quiconque = tout homme qui, quoi {de quoi = la chose
de laqueUe)\ lat. cuius (adj.), cuias., qualis^ quantus, quot., quotus;
ponrquoi coinbien^ comment, oü. Sogar die w^-Sätze werden hier
eingereiht ; vor ut ist bald statim, bald ita, bald in hunc finem
zu ergänzen. Die queSätze hatte schon die Logik von P.-R.
zu den propositions incidentes gerechnet. Interessant ist, daß B.
bei seinen Erörterungen hier, außer auf das Französische, auch auf
das Italienische, das Deutsche und das Englische Bedacht uimmt^).
1) p. 29. Jecrois QUE f ahne, c'est-ä-dire, je crois une chose QUI EST,
faime: en itahen, credo CHE nmo, c'est-ä-dire, credo cosa CHE E, amo:
en allemand, ich glaube DASS ich liehe, c'est-ä-dire, ich glaube ein ding
DASS IST, ich liebe: en anglois, i thinck THAT i love, c'cst-ä-dire,
i thinck a thing THAT IS, i love. Die EUipsenlheorie hätte es B. er-
möglicht, eine ganze Reihe von Sätzen, die durch Konjunktionen ein-
geleitet sind, für jyropositions incidentes zu erklären ; wenn quiconque gleich
ist tout homme qui, so ist si gleich ä conditio» que. Auf diesen Gedanken
ist aher B. nicht gekommen; im Gegenteil, er sagt etwa p. 33 : Au Heu
de Her V incidente ä l'antdcedent pur le mot conjonctif destine ä cette fin;
on peut la rendre principale et la Her ä Vautre principale par la con-
jonction conditionnelle si usw. Nebenbei bemerkt, wenn hier ein mit si be-
ginnender Satz schlechtweg als proposition principale bezeichnet wird,
so ist nicht mehr an der Definition festgehalten, nach der proposition prin-
cipale ein korrelativer Begriff ist und eine proposition incidente voraussetzt-
288 M. H. Jellinek,
Aber es bleiben eine Menge von Nebensätzen in unserm
Sinne übrig, die Beauzee nicht zu den propositions incidentes
rechnet. Diese werden in dem Abschnitt besprochen, der vom
Unterschied der propositions detacMes und der Perioden handelt.
Die Definitionen lauten (S. 40 bzw. 41) : JJne Proposition d^tachee
est Celle qui, seide et sSparSe de taute autre, enonce un sens complet
et fini. Une Periode est l'expression d'un sens complet et fini, au
moyen de plusieurs Propositions qui ne sont point parties inte-
grantes les unes des autres, mais qui sont tellement liees ensemble
que les unes supposent necessairement les autres pour la plenitude
du sens total.
Die proposition detachee kann komplex sein, denn die
proposition incidente bildet einen integrierenden Bestandteil
der proposition principale. Dagegen sind die GKeder einer
Periode grammatisch von einander unabhängig, wenn sie auch
alle zusammen zum Ausdruck des Gesamtsinnes notwendig
sind. Aus den Beispielen geht hervor, daß Beauzee einen
durch si eingeleiteten Satz ebenso für ein grammatisch unab-
hängiges Glied einer Periode hielt, wie einen mit mais begin-
nenden.
Die Periode im Sinne Beauzees entspricht zum Teil der
proposition composee der Logik von P.-R. Aber es zeigt sich
der Unterschied zwischen dem Logiker und dem Grammatiker.
Beauzee fordert für den Begriff der Periode mehrere Sätze, der
Logik von P.-R. genügen für die proposition composee mehrere
Subjekte oder mehrere Prädikate. Was die Logik proposition
composSe nennt, verteilt sich bei Beauzee unter seine propositions
compos4es und seine Perioden.
Die Unabhängigkeit der grammatischen Theorie der Periode
von der rhetorischen betont Beauzee ausdrücklich in seiner
Polemik gegen die unklaren Ausführungen Du Marsais'. Wemi
er dabei behauptet, niemand habe noch die charakteristischen
Untersclieidungsmerkmale von proposition detachee und periode
klar erkannt, so mag das richtig sein, wenn man das Detail be-
rücksichtigt. Erblickt man aber das Wesentliche der Beauzeeschen
Periodentheorie darin, daß er die Periode als eine Yerbindimg
von granmiatischen Sätzen definiert, so hat er zum Vorgänger
Girard, über den ich später sprechen werde. Girard verdankt
ev auch den Ausdruck proposition dStacMe.
Einen Fortschritt über Beauzee hinaus zeigt die Grammatik
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 289
Condillacs^). Die Sätze zerfallen in drei Klassen (1. Teil Kap. 10
S. 193 f.) : une propösition est faite pour une autre qu'elle developpe,
ou eile est faite pour un mot qu'elle modifie, ou enfin c'est ä eile
que tout le discours se rapporte. Les propositions, considSrees sous
ces points de vue, se reduisent donc aux trois esp^ces que nous
venons de remarquer : elles sont necessairement ou principales, ou
suhordonnees, ou incidentes^).
Es heißt dann weiter: Ce qui caracterise une propösition
principale, c'est qu'elle a pareillement un sens fini. Vous le voyez
dans votre illustre frhre fit voir sur la sc^ne la raison . . .
II n'en est pas de mSnie des propositions subordonnSes. Le sens
n'en est pas fini; il est suspendu, et fait attendre la propösition
prifwipale. Ainsi, quand vous avez lu, aprks avoir quelque
tems cherche le hon chemin, et luttS contre le mauvais
goüt de son sidcle, vous ne pouvez pas vous ar reter, vous attendez
quelqu'aufre chose usw.
Man braucht sich nicht daran zu klammern, daß hier die
Verbindimg einer Präposition mit dem Infinitiv propösition subor-
donnh genannt wird ; anderwärts bezeichnet CondiUac als solche
parce qu'il accordoit, depuis qu'il a voyage. Es scheint, daß er
alle Nebensätze mit Ausnahme der auf ein Substantiv bezüg-
lichen Relativsätze zu ihnen gerechnet hat.
Wenn CondiUac S. 203 sowohl von den propositions suhor-
donnees als auch von den propositions incidentes sagt, sie seien
nur un dSveloppement de la propösition principale, und dennoch
die beiden Gruppen trennt, so hat ihn wohl der Gedanke ge-
leitet, daß die propösition subordonnh, wie er sich ausdrückt,
ein accessoire^ d. h. eine nähere Bestimmung des Verbums,
die propösition incidente dagegen ein accessoire eines Substantivs
ist, das selbst wieder ein accessoire des Verbums sein kann.
Die propositions incidentes werden wie in der Logik von
1) Ich benütze die Ausgabe : Cours d'etude pour l'instruction du
Prince de Parme, Tome premier. Grammaire. A. Genöve et ä Lyon 1789.
In den Oeuvres completes de CondiUac (Paris 1798) bildet die Grammatik
den fünften Band. — Als Erscheinungsjahr der Grammatik gibt Gröber,
Grundriß der romanischen Philologie P 48 das Jahr 1770 an, dagegen La
grande encyclopedie XII, 348 und E. Maynial, Les grammairiens philosophes
du XVIIIe siecle. La grammaire de CondiUac, Revue politique et litteraire
1903, 1er semestre p. 319, das Jahr 1775.
2) Die Aufzählung erfolgt nicht in der Reihenfolge der Definition,
sondern in der Folge 3, 1, 2.
290 M. H. Jellinek,
P.-R. und bei Beaiizoe in zwei Gruppen geteilt, aber die Sache
ist mehr ins Grammatische gezogen. Die proposition incidente
ist entweder eine notwendige Ergänzung, ohne sie ist der Sinn
nicht abgeschlossen, oder sie ist granunatisch nicht notwendig,
wenn auch notwendig für die Entwicldung des Gedankens des
Sprechenden. In einem Satze wie Ja scene frangoise retenüt
encore des acdamations kann man nach acclamaUons nicht inne
halten, ohne daß die Frage entstellt, qnelles acdamations^).
Wenn dagegen Eacine sagt, Corneille sei comparable aux
Eschyles, aux Sophodes, aux Enrijndes, dont la fameuse Äthanes
ne s'honore pas moins que des TJiemistodes, des Perides, des
Alcibiades, qui vivoient en meme tems qu'eux, so hätte er mit
Aldbiades oder auch Euripides schließen können, ohne daß
der Hörer etwas erwarten oder zu einer Frage gedrängt werden
mtißte. Die erste Art entspricht Beauz6es compUment determinatif^
die zweite dem compUment explicatif.
Der Fortschritt Condillacs besteht in der Aufstellung der
Gattung proposition subordonnh, die eine Form ist, um ein
accessoire des Yerbs auszudrücken. Beauzee hätte aus seiner
ersten Definition der proposition incidente denselben Begriff ab-
leiten können, hat dies aber, wie wir gesehen haben, nicht getan.
Die Periode scheint Condillac im Sinne der Rhetorik auf-
zufassen. Dir Wesen besteht darin, daß sie aus mehreren Gliedern
besteht, die durch Atempausen (repos) getrennt sind ; findet kein
repos statt, so ist auch ein aus mehreren Sätzen bestehendes
Gebilde keine Periode 2).
Unabhängig von der Logik von P.-R. hält sich Girard
in seinem Buche Les vrais principes de la langue fran-
(joise (1747). In Betracht kommt zunächst der dritte Discours,
namentlich (Bd. 1) S. 85 ff., 109 ff. Jede sinnvolle Vereinigung
1) Hier könnte man die Frage erheben, inwiefern la scene frangoise
retentit encore des acdamations eine proposition principale lieißen kann,
wenn doch der Sinn nicht abgeschlossen ist. Die Schwierigkeit entsteht
dadurch, daß Condillac proposition principale sowohl in absolutem Sinn,
als in relativem (= übergeordneter Satz) gebraucht.
2) Von Condillacs Grammatik gibt es eine deutsche Übersetzung
u, d. T. Allgemeine und französische Sprachlehre, für den Prinzen von
Parma verfertiget von dem Herrn Abt de Condillac. . . Mit Anmerkungen
übersetzt von ***, Bern 1777; proposition principale wird hier mit Haupt-
satz übersetzt, die pi'opositlons suoordonn4es heißen untergeordnete
Sätze, die propositions incidentes Zwischensätze.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 291
von Wörtern heißt fräse ^). Die fräse kann mehrere sens parti-
culiers zu einem höheren Ganzen vereinigen ; dann heißt sie
phiode. "Un seid sens considere ä pari, soit lie soit isoU, fait la
simple fräse.'
Im einfachen Satze (simple fräse) kann es 7 Satzglieder
(membres de frases) geben, wohl zu unterscheiden von den Wort-
klassen (parties d'oraison). Girard nennt sie Snbjectif, AtMhutif^
Objectif, Terminatif, Circonstanciel, Conjonctif, Ädjonctif^). Die
Satzglieder können einfach oder zusammengesetzt sein, d. h. sie
können durcli ein Wort oder durch mehrere ausgedrückt werden.
Die Verbindung mehrerer Wörter zur Bildung eines Satzgliedes
kann auf dreierlei Weise geschehen: par le regime, par jonction,
par coherence de fräse. Im ersten Fall bezeichnen die Wörter,
die etwa das Subjedif bilden, nur ein Subjekt (z. B. le plus
profond des Physiciens) usw. Im zweiten Fall bezeichnet die
Mehrheit der Wörter eine Mehrheit der Dinge, das Subjectif
enthält mehrere Subjekte (vötre fils et votre fille), das Attributif
mehrere Handlungen u. dgl. Im dritten Fall ist das zusammen-
gesetzte Satzglied ein ganzer Satz, eine fräse: diese fräse ist
subalterne d'une autre dont eile fait portion.
Der Satz kann nach vier Gesichtspunkten betrachtet werden:
nach dem Sinn, nach der Zahl der Glieder, nach der Art, wie
diese Glieder bezeichnet Averden, endlich nach der forme de la
strudure^). Von jedem der vier Gesichtspunkte aus zerfallen
die Sätze in drei Klassen, eine Symmetrie, die nicht ohne Ge-
waltsamkeit erzielt ist. Uns interessiert hier nur der erste Ge-
sichtspunkt. Darnach ist der Satz entweder eine fräse subordinative,
oder eine fräse relative oder eine fräse detachee.
Die fräse subordinative ist der Ausdruck eines Satzglieds.
Sie hat keinen abgeschlossenen Sinn. Z. B. qui a baticoup d'am-
bition. Hier ist der Sinn nicht abgeschlossen, der Satz muß
Bestandteil eines andern sein, sei es als Subjedif: qui a baucoup
1) Girards Orthographie hat manches Eigentümliche.
2) Termitiatif ist ce qui doit marquer le but auquel aboutit l'attri-
bution Oll celui duquel eile pari. Conjonctif heißt ce qui sert ä joindre
ou ä faire un enchainement de sens. Adjonctif wird definiert als ce qui est
mis par addition, pour appuyer sur la chose ou pour enoncer le mouve-
ment d'ame. G. meint Ausrufe, Vokative, Interjektionen u. dgl. Die übrigen
Namen bedürfen wohl keiner Erläuterung.
3) Unter diesen Gesichtspunkt fällt die Einteilung in Aussage-, Be-
fehls- und Fragesätze.
292 M. H. Jellinek,
d'ambition goute peu la vie tranquüe, sei es als Terminatif: ü
ne faut pas trop se fier ä qui a baucoup d'ambition.
Die fräse dStaclde ist ein Satz, der ohne Hilfe eines andern
einen abgeschlossenen Sinn gibt.
Offenbar der Dreiteilung zuliebe sind in der Definition
der fräse rMative zwei Dinge vereinigt: La fräse peid aussi avoir
un sens formi mais lie a im aidre par un raport, ou de depen-
dance pour faire un compose, oii de pur assemblage pour former
un total. Als Beispiele werden gegeben für den raport de depen-
dance: quoique la natiire inspire ä Vhomme Vamour de la libert4;
ü ne travaille nhnmolns qti'ä se f orger des chaines, für den raport
de parties rassembUes : il faut que le Courtisan se pr^pare ä tous
les evenemens, faveurs et disgraces: qu'il ne soit ni enorgueilli par
les unes ni abatu par les autres.
Um näheres über die frases relatives zu erfahren, muß
man sich an die Interpnnktionslehre wenden, wo Girard nicht
durch die Rücksicht auf die Dreiteilung beengt ist. Ygl.
XVI. Discours, Bd. 2, S. 436 ff. Die Interpunktion wird geleitet
von der distinction du sens. Diese Unterscheidung hat vier Grade.
Sie kann stattfinden 1. zwischen den sens construdifs d. h. den
Satzgliedern; 2. zwischen sens relatifs d. h. den sens formes par
differentes frases mais attacJies l'un ä l'autre par um dependance
qui en forme un compose en sorte que de ces sens particidiers il
en r^sulte un gineral; 3. zwischen sens partiels d. h. den sens
non seulement formh par differentes frases mais deplus indSpendans
l'un de l'autre, chacun d'eux etant complet par lui meme, et n'etant
que raproches comme parties integrantes pour concourir ensemble
ä un sens intSgral; 4. zwischen sens integraux d. h. setis isoles
parfaitement dÜaches les uns des autres, n'atjant d'autre liaison
que Vanalogie des penshs et la convenance du sujet {sujet = Gegen-
stand, nicht im grammatischen Sinn).
"Wir sehen, die Ausdrucksmittel der sens relatifs und der
sens partiels sind das, was in der Satzlehre frases relatives ge-
nannt wurde. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen besteht
im wesentlichen darin, daß die Sätze, die die sens relatifs ent-
halten, durch Konjunktionen verbunden sind, die Sätze, die sens
partiels ausdrücken, nicht ^).
1) Doch bemerkt G. S. 448 und 450, daß et und ni auch sens partiels
verbinden können. Das differenzierende Moment ist nicht sehr klar be-
zeichnet, der repori de pure jonction, auf dem die ddpendance unitive be-
ruht, dirige les divers sens vers un objet commun.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 293
Zu beachten ist, daß die frases suhordinatives zu den sens
constructifs gerechnet werden.
Über die sens relatifs d'un sens complet Avird ausführlich
2, 449 ff. gehandelt. Die Abhängigkeit, auf der die Relativität
beruht, hat 7 Arten : Unitive, Alternative, Conductive, Restrictive,
Qualificative, Interpositive, RSciprocative. Diese Einteilung beruht
auf keinem konsequent durchgeführten Prinzip. Im allgemeinen
ist das logische Verhältnis maßgebend, aber die d4pendance inter-
positive beruht auf der Stellung eines Satzes inmitten eines
andern. Die dependance unitive ist ein raport de pure jonction,
sie wird ausgedrückt durch die Konjunktionen et und ni. Die
dSpendance alternative besteht gleichfalls zwischen nach unserer
Ausdrucksweise koordinierten Sätzen (Bezeichnung durch ou, soit-
soit, tantöt-tantöt). Zwischen Sätzen, von denen der eine mit que
eingeleitete den andern weiterführt, besteht die dependance con-
ductive. Das Verhältnis der Sätze, die die Logik von P.-R. pro-
position principale und proposition incidente nennen Avürde, wird
als dependance restrictive und dependance qualificative bezeichnet,
je nachdem, um mit der Logik zu sprechen, determination oder
explication vorliegt ^). Die dependance riciprocative endlich est
une correspondance par le moyen de laquelle des frases qui ne sont
ni membres d'une autre ni inserees en parenthese, ayant chacune
leur sens formet et separe, fönt neanmoins contraste Vune avec
l'autre pour que de leurs sens particuliers il en resulte un complet.
Als Beispiele finden wir Verbindungen von je zwei Sätzen, von
denen der eine das eine Mal ein Konzessivsatz, das andere Mal
ein Bedingungssatz, das dritte Mal ein durch mais eingeleiteter
Satz ist. Es ist offenbar, daß Grirard hier alles untergebracht
hat, wofür er keinen besondern Xamen ersinnen konnte oder
wollte; man sieht nicht recht, wodurch sich der Begriff der
dependance reciprocative von dem Begriff der dependance über-
haupt unterscheidet.
Übrigens ist auch die Unterscheidung der frases suhordi-
natives und der frases räatives nicht mit logischer Schärfe durch-
geführt. So wird S. 452 als Beispiel für die dependance con-
ductive angeführt: on remarque que les femmes desirent et de-
1) p. 456 wird dem Relativpronomen noch eine dritte Funktion,
die einer addition pour adapter an sujet quelque nouvelle attribution. Eine
eigene Art der dependance, die dadurch entstünde, wird aber nicht auf-
gestellt.
29i M. H. Jellinek,
mandent avec plus de constance que ne fönt les hommes. Hier ist
doch offenbar der mit que beginnende Satz Ohjectif des ganzen,
also fi'ase siibordinative bez. sens constructif. Auch die Scheidung
zwischen den durch qui eingeleiteten Sätzen, die frases mh-
ordinatives^ und denjenigen, die frases relatives sind, ist nicht
ganz scharf.
Überhaupt muß gegen Girard der Vorwurf erhoben werden,
daß er den Gedanken, daß Satzglieder durch ganze Sätze aus-
gedrückt sein können, nicht genug energisch verfolgt hat. Er
hätte eine Reihe seiner frases relatives als frases subordinatives,
die den Circonstanciel darstellen, bezeichnen können. Daran hat
er nicht gedacht. Es muß nachdrücklich betont werden, daß die
dependance, die zwischen den sens relatifs besteht, nicht identisch
ist mit grammatischer Abhängigkeit eines Satzes von einem andern,
sodaß der eine Satz nach Girards Terminologie im regime asstijetti
stände. Die Abhängigkeit ist vielmehr eine gegenseitige; jeder
Satz hat den andern notwendig, um mit seiner Hilfe den sens
complet zu bilden.
Girards Principes bezeichnet als sein Yorbild Bodmer
in dem anonym erschienenen Buch Die Grundsätze der
deutschen Sprache (Zürich 1768). Auf Girard geht auch zu-
rück die Unterscheidung von 7 Gliedern des 'Redesatzes'. Mit
Bodmers Verdeutschung der Girardschen Termini will ich den
Leser nicht belästigen, ebensowenig mit seineu Bezeichnungen
der nach verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilten Satzarten,
die übrigens nicht eigens besprochen, sondern nur durch die
Analyse von Beispielen erläutert werden. Bemerkt sei nur, daß,
w^enn Bodmer von dem Untergeordneten, dem Beziehenden, dem
Einzeln (seil. Redesatze) spricht, er offenbar Girards fräse siibor-
dinative, fräse relative und fräse detachee im Auge hat.
Aber in dem Abschnitt von der Wortstellung erscheinen
Begriffe, die Bodmer nicht aus Girard haben kann. Er sagt da
S. 98: "Der verbundene, untergeordnete Redesatz verweiset das
Zeitwort imd sein Hidfswort völlig an das Ende: Die Menschen
lebeten in Ruhe, da noch keine Säge war. Man lebete ist der
einfache Satz; da keine Säge war, der verbundene. Machet
dieses einfach, und jenes verbunden, so wird ein ganz veränderter
Sinn herauskommen ; keine Säge war, da die Menschen in Ruhe
lebeten : Und dieser verschiedene Sinn fordert, daß das Zeitwort
verschiedlich, vorne oder am Ende gestellt Averde." Girard
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 295
würde in beiden von Bodmer angeführten Satzverbindungen sens
relatifs gesehen haben, und, wie erwähnt, hätte die zwischen
ihnen bestehende dependmice nicht den Sinn, daß der eine Satz
übergeordnet, der andere untergeordnet wäre. Das sagt aber
Bodmer ganz deutlich. Ja er führt später für den untergeordneten
Satz einen Namen ein , der an das Wort 'Nebensatz' erinnert.
S. 101 heißt es: "Denn hatte vormahls den Sinn, den jetzt iveil
hat, und diente zum Untersatze. Man sagte : Denn die Stunde
gekommen war." Hier muß Bodmer einer andern Tradition ge-
folgt sein, deren Spuren wir schon bei Meiner begegneten.
Die Unterscheidung der Sätze nach ihrem Kang hat, wie
wir gesehen haben, verschiedene Wurzeln. Meiner geht von der
Rhetorik aus, allerdings von der durch die Logik beeinflußten,
mit den Begriffen Subjekt und Prädikat arbeitenden. Meiners
Namen Hauptsatz und Nebensatz, die Übersetzungen der
Ernestischen Bezeichnungen sententia principalis und enunciatio
secundaria, sind durch Adelung in die deutsche Gnmimatik ge-
drungen. Die zweite Wurzel liegt in der Logik, in der Lehre
vom Urteil. Von ihr ausgehend ist die französische Grammatik
schließlich bei Condillac zu der Dreiteilung proposition principale^
proposition suhordonnee und proposition incidente gelangt. Eine
dritte Theorie ist von Hause aus grammatischer Natur. Sie geht
von der Lehre von den Satzgliedern aus, doch hat ihr Urheber
Girard den Gedanken, die Nebensätze als Satzglieder zu betrachten,
nicht konsequent durchgeführt. Endüch fanden wir bei Meiner
und bei Bodmer Spuren einer vierten, gleichfalls grammatischen
Betrachtungsweise, deren Vorgeschichte vorläufig dunkel bleibt i).
Unentschieden muß ich auch lassen, ob Ernestis Begriff
der sententia principalis mit dem Begriff der proposition principale
in einem historischen Zusammenhang steht.
n.
Als sich zu Beginn der Neunzigerjahre zwischen Roethe
und Brugmann ein Streit über die Herkunft des grammatischen
Geschlechts entspann, griff Michels mit seiner Abhandlung Germ. 36,
121 ff. in die Diskussion ein und wies am Schlüsse seiner Aus-
1) Sie scheint in ihren Anfängen bis ins Mittelalter zu reichen. Vgl.
die Auseinandersetzungen Sigers von BraV ant über die Frage, ob der Abla-
tivus absolutus regiert werde, bei Tliurot, Notices et extraits des manu-
scrits de la bibliotheque imperiale XXll, 2, 318 ff, namentlich 324 f., wo
erklärt wird, daß auch die Oratio der Rektion unterliegt.
296 M. H. Jellinek.
einandersetzungen darauf hin, daß Grimms Auffassung sich schon
bei Herder und Adelung findet. Soviel ich weiß, hat man seit-
dem immer bei Herder Halt gemacht, so oft man sich veranlaßt
sah, die Geschichte der Grimmschen Genustheorie zu berühren.
Ich halte mich daher für bei'echtigt, auf ältere Yorläufer Grimms
hinzuweisen, wenn auch einige Zeugnisse, die ich beibringen
werde, der ersten Generation der modernen Sprachforscher wohl
bekannt waren, wie z. B. aus dem Artikel Potts bei Ersch und
Gruber hervorgeht.
Vorerst muß das Wesen der Grimmschen Genustheorie fest-
gestellt werden. Grimms Meinung war durchaus nicht, wie viel-
fach angenommen wird, daß das grammatische Geschlecht auf
einer durchgängigen Personifizierung der unbelebten Dinge be-
ruhe. Er sondert Wörter wie Gott^ Teufel^ Sonne als eine besondere
Gruppe aus, die zwischen natürlichem und grammatischem Ge-
schlecht die jVIitte hält. Sie haben kein natürliches Geschlecht,
"ihr grammatisches aber bestimmt sich nicht wie das der übrigen
Wörter nach einer allgemeinen phantasie, sondern nach einer wirk-
lichen personification" ^). Die große Masse der Wörter mit gramma-
tischem Geschlecht hat also nach der Ansicht Grimms dieses
nicht einer Personifikation, sondern einer, 'allgemeinen Phantasie'
zu verdanken, wenn es auch schwer ist, 'die grenze zwischen
wirklich eintretender personification und bloß grammatischem
geschlecht für alle einzelneu fälle zu ziehen'. Wenn man Grimms
Meinung auf einen kurzen Ausdruck bringen wollte, könnte man
am ehesten sagen, daß er das grammatische Geschlecht als eine
Art der Metapher betrachtete. Weil unbelebte Dinge mit Männern
und Weibern gewisse Eigenschaften gemein zu haben schienen,
erhielten sie männliches oder weibliches Geschlecht. Dabei scheint
das Masculinuni Mas frühere, größere, festere, sprödere, raschere,
das thätige, bewegliche, zeugende', das Femininum 'das spätere,
kleinere, weichere, stillere, das leidende, empfangende' 2). Freilich
wenn nun auch dem Neutrum eine bestimmte Bedeutung zu-
geschrieben wird, wenn es als 'das erzeugte, gewirkte, stoffartige,
generelle, unentwickelte' erscheint, so tritt bei schärferem Zu-
sehen damit Grimm aus seiner Grundanschauung heraus.
1) Grammatik III .345 f. des Neudrucks. Vgl. auch 344 über die An-
rede herr, frau bei unbelebten Dingen ; in diesen Fällen ist es nach der
Meinung Grimms nicht "gerade auf eine eigentliche personificierung der
angeredeten sachen angelegt", sie kann sich aber daraus in Rätseln,
Sprüchen, Fabeln entwickeln.
2) A. a. 0. 357.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 297
Wir haben in Grimms Theorie zwei Behauptungen zu unter-
scheiden: 1. das grammatische Geschlecht beruht auf der Ähn-
lichkeit der Eigenschaften unbelebter Dinge mit den Eigenschaften
der sexus lebender Wesen, 2. die Geisteskraft, die diese Eigen-
schaften herausfindet, ist die Phantasie. Die zweite Behauptung
ist verhältnismäßig jungen Datums, die erste dagegen ist uralt.
Sie ist vermutlich gleichaltrig mit der Entdeckung des
grammatischen Geschlechts im Abendland. Bekanntlich schreibt
Aristoteles (Rhet. III 5) dem Protagoras die Einteilung der Nomina
in dppeva, örjXea und CKeuri zu. Von demselben Protagoras bezeugt
aber Aristoteles (irepi coqpiciiKUJV eXexx^v XIV), daß nach seiner
Meinung |ufivic und rrriXriH gegen den Sprachgebrauch männlich
sein sollten 1).
Wir können es dahingestellt sein lassen, ob Steinthal recht
hat, wenn er meint (Gesch. der Sprachw. bei den Griechen und
Römern I^ 136), daß damit die Entdeckung jener grammatischen
Tatsache mit dem Fluche der Lächerlichkeit beladen sei. Für
uns ist wichtig, daß Protagoras nicht, wie etwa ein philosophischer
Grammatiker des ausgehenden 18. Jahrh. getan hätte, das Neutrum
für das eigentlich richtige Geschlecht von jufivic und rrriXriE hielt.
Wir haben seine Meinung wohl so zu verstehen, daß ihm für jene
Wörter das männliche Geschlecht deshalb als das richtige erschien,
Aveil der Zorn ein kräftiger Affekt, der Helm ein kriegerisches
Gerät ist. Damit ist aber auch schon die Anschauung gegeben,
daß das Maskulinum und das Femininum gewisse Eigenschaften
bezeichnen, die unbelebten Dingen mit den Tiergeschlechtern ge-
meinsam sind. Wir werden später finden, daß Sprachforscher,
die diesen Standpunkt einnahmen, von ihm aus das männliche
Geschlecht des deutschen Worts Zorn rechtfertigen zu können
glaubten.
Für Protagoras fällt die Sprachrichtigkeit nicht mit dem
Sprachgebrauch zusammen. Man konnte aber auch wie die wirk-
liche Sprache überhaupt so auch die Verteilung der Genera als
das Werk der Vernunft erweisen wollen. Daß dies geschehen
ist, bezeugt uns der Kommentar des Ammonius zu der Schrift
1) Zo\oiKic|uöc b' oTov \iiv ^cxiv, eiprixai TTpörepov. "Ecti be touto
Kai TToieTv Kai \i.r\ troioüvTa cpaivecBai Kai Troiouvra ]xx\ boKeiv, KaOdirep
6 TTpujTaYÖpac ^Xeyev, ei 6 lufivic Kai ö -rTrjXriH äppev ecxiv. 6 \xiv Yotp
\eYUJV oüXofj^vnv coXoiKiZiei |aev Kar' ^KeTvov, oü qpaivexai be xoic aWoic,
6 hk oüXöiaevov qpaivexai \xiv dW ou coXoiKiZiei.
Indogermanische Forschungen XIX. 20
298 M. H. Jellinek,
des Aristoteles Ttepi epianveicxc Vgl. Ainmonins in Aristotelis
De interpretatione commentarius ed. Adolfus Busse (Commeiitaria
in Aristotelera Graeca edita consilio et auctoritate Academiae
litterarum regiae Borussicae, Volumiuis IV Pars V) Berolini 1897,
35, 13 ff. Von denen, die die Sprache Gecti entstanden sein
lassen, meinen die einen, daß jeder den Dingen einen beliebigen
Namen geben könne, oi b' oux oütujc, dXXd liöecOai |uev rd
6vö|aaTa uttö |u6vou toö 6vo|LiaTo9eTou, toutov be eivai töv im-
CTniaova Tf\c cpuceuuc tüuv irpaYiadTujv oiKeTov if) eKdcTou tüuv
ÖVTUJV qpücei tTTiqprmiCovTa 6vo)Lxa, f) töv umipeTouiuevov tuj em-
CTr|)Liovi Ktti öibacKÖ|iievov )aev Trap' eKeivou Tt^v oüciav CKdcrou tüuv
övTuuv, eTTiTaTToiuevov be irpeTTÜubec avjTuj Kai oiKeTov ovo)Lia emvofjcai
Kai BecBai. KaT' auTÖ be touto Becei eivai Td övö)LiaTa, biÖTi oü
cpucic dXXd XoYiKfic eirivoia vj^uxiic urrecTncev auTd TTpöc tc tvjv
ibiav opuuca toö 7TpdY|uaT0c qpuciv Kai Tipöc Trjv dvaXoyiav toö
dppevoc Kai GriXeoc, tüjv Kupiuuc ev toic GvriToic Z^ujoic öpdcOai
TTe9UK6TUüv ■ ou Ydp dcKeKTiuc touc laev TTOTa^ouc dppeviKÜJC Tdc be
öaXdccac Kai Tdc Xijavac GriXuKUJC oi tüuv övo)adTujv bri)LiioupYoi
irpoctiTopeucav, dXX' tKeivac ixev üjc urroboxdc oucac tüjv iroTa-
laujv bid TOÖ 6i-|XuK0Ö y^vouc övoiudZIeiv boKi)LidcavTec, touc be
TTOTaiaouc uuc e|aßdXXovTac eic auTdc oiKeiujc Ix^iv -rrpöc Trjv toO
dppevoc dvaXoYiav vo|LiicavTec Kai eni tüuv dXXuuv dirdvTuuv ujcauTiuc
Y\ TpavoTepov r\ diuubpoTepov Trjv dvaXoYiav eupövTec* KaTd TauTrjv
Ydp Tr)V evvoiav Kai töv |Liev voöv dppeviKüuc Trjv be HJuxnv GrjXuKÜuc
XeYeiv bieTaSav, töv }xev eXXdjLnreiv buvd)aevov Tr]v be eXXd^TrecGai
'iTe9UKuiav utt' auToö Geacd|nevoi. TrpoiövTec be outuuc oöb' eir'
auTÜuv TÜUV GeuJv Tfj TOiauTri KaTd Td Y£vri [36] biaqpopd xPHcacGai
üjKvncav, töv |uev f^Xiov dppeviKÜJC Tr)v be ceXrjvnv ütc irapd toö
rjXiou TÖ cpüuc bexo)nevriv GqXuKÜuc XeYeiv öpicavTec* Kai Ydp ei
dppeviKÜuc AiYUTTTioi Triv ceXrivrjV 6vo|ad^eiv eiuuGaciv, dXX' ujc Ttpöc
Trjv YHV oi|uai, auTrjv irapaßdXXovTec, oux "^^ö fiXiou )aövov dXXd
Kai utt' aÖTfic q)ujTiZ;o|uevriv. biö Kai 6 ev tuj Zu|lxttociuj toö 'ApicTo-
(pdvouc XÖYOC TÖ |Liev dppev tlu f)Xiuj TrpocriKeiv ecpn, tö be GfiXu
Ti] T»!. Tf] ceXiivj] be tö dppevöGnXu. Kai cpavepöv öti KaTopGoöci
ladXXov TÜJv AiYUTTTiuuv oi"E\Xrivec, ^Tiei Kai bexeTai |Liev KaTd TrpüuTov
XÖYOV r\ ceXrivri Trapd toö n^iou tö cpüuc, biaTTopG|ueuei be aÜTÖ
KaTd Triv dcp' eauTfic dvuKXaciv im ti^v yhv. outuu be Kai töv |aev
oüpavöv dppeviKüuc, Triv be y'IV Gr|XuKÜJC XeYOuciv üuc ti^v eKeivou
bpacTripiov buva^iv u7Tob€xo|Lievr|v Kai Y€vvr|TiKriv bid toöto tüuv
q)uo|Lievujv Yivo|Lievnv. napairXriciujc be toutoic Kai tüuv uTTepKOC|iiujv
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 299
öiaqpopouc oucac tocc evepY€iac ibövrec, oic xaÖTa opdcOai irecpuKev
ö|Li|Liaci, TTÖppujeev |Liev eiXriqpaci be Ö|uuüc Kai eiri tüüv jaOia crmai-
vövTuuv ovoiadruuv Trjv aÜTrjv dvaXoYiav. eK be toutuuv cuXXoYiZ;ec9ai
pdbiov Kai Tujv oüberepuuv XeYOjaevujv övoiidxuuv xriv evvoiav r\
im TÖ TTpö d)acpoTv dYOiaevrjv, uuc örav tö TrpuuTov \t^uj[xev, r\ im
TÖ eH d|acpoiv, ujc örav t6 naibiov, r| Kaid tö TTpoiöv eK toö Kpeit-
Tovoc eic TÖ x^ipov, die ÖTav tö crrepina Kai tö ubuup, r\ KaTd tö
Koivüuc eir' djucpoiv, ujc ÖTav tö Kbov, y] kut' dXXouc toioütouc
TpÖTTOuc, 'iva [XT] irapd Kaipöv irepi TaÖTa biaTpißuj|aev.
Auch der mittelalterlichen Grammatik^) war die Anschauung
ganz geläufig, daß das Genus gewisse Eigenschaften der Dinge
bezeichne. Ich verweise auf Thurot, Notices et extraits des nia-
nuscrits de la bibliotheque imperiale XXII, 2, p. 128, 167, 202,
362. Genus est quidam modus significandi datus nomini ad de-
signandum rem sub modo essendi virtutis active vel passive vel in-
differentis ad utrumque lehrt Michael von Marbais (Thurot p. 167 2)
und von dieser Anschauung ausgehend sucht die Glosa Admi-
rantes zum Doctrinale Alexanders de Villa Dei die Genusverteilung
des Lateinischen zu rechtfertigen. Die Flußnamen seien Masku-
lina, Aveil die Flüsse per modum agentis se habeant ripas motu
frequenti impellendo (Thurot p. 128). siler und oleaster sind, ob-
gleich Bauninamen, keine Feminina, weil sie keine Früchte tragen
et propter hoc, quia non patiuntur fru£tum emittendo^ reponuntur
sub masculino genere. Dumus und rubus sind Maskulina, weil sie
dilacerando vestes asperitate sua videntur agere (Thurot p. 203).
Die gleiche Meinung, wie die von Thurot exzerpierten
Schriften vertritt Duns Scotus, dessen Grammatica speculativa
den Höhepunkt der mittelalterlichen Sprachbetrachtung bildet ^).
1) Nicht hierher gehören die von Pott, KZ. II, 120, Ersch und
Gruber I. Sektion 62, 457 zitierten Äußerungen des Johannes Diakonos
(Pediasimos) in seinen Allegorien zu Hesiods Theogonie. Denn da liandelt
es sich nicht um das grammatische Geschlecht, nicht etwa um die Wörter
TTOxaiLiöc und irriYn, sondern um die von Hesiod eingeführten Personifikatio-
nen, um die Bezeichnung der Flüsse als Söhne, der Quellen als Töchter
des Okeanos und der Tethys, bez. um die Erklärung des Geschlechts
der Kinder des Gaea und des Uranos.
2) Thurot verweist auf Aristoteles De gen. anim. I, 20, wo tö äppev
(das wirkliche männliche bei den Tieren) als dtc kivoOv Kai iroiouv. tö
6f|\u als üjc TTaBriTiKov bezeichnet wird.
3) Vgl. über dieses AVerk K. Werner, Die Sprachlogik des Johannes
Duns Scotus, Wien 1877 = Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissen-
schaften, phil.-hist. Klasse, 85, 545 ff.
20*
300 M. H. Jellinek,
lu allen Dingen finden sich, so lehrt er im Kap. 16 (loannis
Dans Scott Opera orania, Lugduni 1639, I, 52) zwei allgemeine
Eigenschaften, die proprietas agenth und die proprietas patientis.
Dem entsprechend gibt es verschiedene modi significandi, die
Arten des Genus. Genus masculinum est modus significandi rem
sub proprietate agentis, ut vir, lapis. genus femininum ed modus
significandi rem suh proprietate patientis^ idpetra, mulier . . . genus
neutrum est modus significandi rem sub proprietate neutra, quae
estindeterminataet indifferenter ad utrumque, ut lignum, animaJ.
Ebensowenig wie in der Philosophie hat in der Gramma-
tik der Humanismus die Scholastik vernichten können. Mau ist
in neuerer Zeit darauf aufmerksam geworden, daß so mancher
uns geläufige Begriff aus der mittelalterlichen Grammatik stammt.
Aber nicht bloß in der Behandlung der einzelnen Sprache, zu-
nächst der lateinischen, dann der Yulgärsprachen, zeigen sich
Spuren mittelalterlicher Tradition; die ganze Disziplin der philo-
sophischen und allgemeinen Grammatik ist, worauf ich hier nach-
drücklich hinweisen möchte, die Fortsetzung der scholastischen
Sprachlehre 1). Man bedenke, daß die Grammatica speculativa des
Duns Scotus öfters gedruckt worden ist, sogar noch im 17. Jh., in
der Gesamtausgabe seiner Werke (1639). Die Grammaire gene-
rale et raisonnee von Port-Royal, die man gewöhnlich für die
erste in ihrer Art hält, weist z. B. durch den öfters gebrauchten
Ausdruck maniere de signifier ganz deutlich auf den Zusammen-
hang mit der scholastischen Lehre von den 7nodis significandi.
Aber die Grammatik von Port-Royai ist nicht die erste in ihrer Arf^).
Die philosophische und die allgemeine Grammatik verfolgen
1) Schon Thui'ot bemerkt a. a. 0. p. 126 : On arrivait ainsi ä ne re-
connaitre qu'ime grammaire, ce qu'on a appeU plus tard la grammaire
generale. Aber p. öOO sagt er : La methode scolastique a mime disjmru
de l'enseignement grammatical plus completement et plus promptement que
partout ailleurs. . . la grammaire, des le commencement du XVI^ siede,
etait aussi exempte de scolastique qu'aujourd'hui.
2) Die Schriften, die eine Geschichte der philosophischen und all-
gemeinen Grammatik geben, sind nie recht bekannt gewesen und heute
so gut wie verschollen. Ich bin ihrer bisher nicht habhaft geworden. Es
sind dies: Maximilian Leopold Loewe, Historiae criticae Grammaticae
universalis seu philosophicae lineamenta. Dresden und Leipzig 1829, und
Rud. Eginli. Wald. Reichenbach, Comnientationis de Linguae Doctrina
universali pars I repetita ex Historia philosophica, Berolini s. a. (ca. 1842).
Die Kenntnis der Titel verdanke ich der lehrreichen Abhandlung Potts in
Fichtes und Ulricis Zeitschrift für Philosophie XLIII, 102 ff. 185 ff.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 301
von Hause aus verschiedene Zwecke, aber ihre Wege treffen
zusammen. Die philosophische Grammatik hat es von vorne-
herein auf das Verhältnis der grammatischen Kategorien zu den
ontologischen und logischen abgesehen, sie erstrebt also dasselbe
Ziel Avie die scholastische Theorie der modi significandi. Daraus
folgt ohne weiteres, daß die Lautlehre ganz im Hintergrunde
bleibt. Die allgemeine Grammatik will dasjenige darstellen, was
allen Sprachen gemeinsam ist. Was da über die Laute gesagt
werden kann, ist bald erschöpft. Das Hauptgewicht fällt auf die
Lehre von den Redeteilen und auf die Syntax, und da natürlich
von Flexionsparadigmen und syntaktischen Spezialregeln nicht
die Rede sein kann, so erörtert auch die allgemeine Grammatik
im wesentlichen die Bedeutung der Redeteile und ihrer Akzi-
dentien, das Verhältnis der Sprache zum Denken und Sein. Bei
Helwigi) ist die allgemeine Grammatik noch beinahe nur Er-
läuterung der grammatischen Terminologie, aber Aisted erklärt
schon geradezu: Praecijnmm Grammaticae generalis officium in
eo est, ut Grammaticas notiones (seu entia Grammatica) componat
cum notionibus seu entibus Logicis'^).
Wenn die philosophische und allgemeine Grammatik auch
die Fortsetzung der scholastischen ist, so unterscheidet sie sich
doch von ihr in zwei wesentlichen Punkten. Der mittelalterliche
Grammatiker weiß zwar von der Existenz einer griechischen
und hebräischen Grammatik, er kennt sie aber so gut wie nicht,
er arbeitet immer mit lateinischem Sprachmaterial. Die dürftigen
Anfänge einer grammatischen Behandlung der Vulgärsprachen
kommen da gar nicht in Betracht. Der Sprachphilosoph der neueren
Zeit kennt dagegen mehrere grammatisch bearbeitete Sprachen,
sein Gesichtskreis ist erweitert. Ferner läuft die scholastische
Grammatik in letzter Linie auf eine Rechtfertigung des Über-
lieferten hinaus ; Bedenken werden erhoben, aber immer wieder
beschwichtigt. Der moderne Grammatiker stellt sich nicht nur
der grammatischen Tradition sondern auch der Sprache selbst
kritisch gegenüber. Er prüft, inwieweit die Sprache ihren Zwecken
gerecht wird und, da sein Urteil oft ungünstig ausfällt, kann
er die Sprache nicht mehr als das Erzeugnis der Vernunft be-
1) Chr. Helvicus, Sprachkünste, Giessen 1619, 1. Allgemäine, welche
dasjenige, so allen Sprachen gemein ist, in sich begreifft.
2) Johannis Henrici Alstedii Encyclopaedia (Herborn 1630) I. p. 271-
— Die Grammatica generalis bildet die erste Sectio des 6. Buchs der
Encyclopaedia.
302 M. H. Jellinek,
trachten. Der empirischen Sprache, der Erfindung des Pöbels,
wie man im 18. Jahrh. sagte, wird die philosophische Sprache
als Tdcal gegenübergestellt.
Diese Eigentümlichkeiten der philosophischen Grammatik
treten deutlich zutage in der Grammatica philosophica des Ita-
lieners Tommaso Campanella^). Er hängt trotz seiner Gegner-
scliaft gegen Aristoteles durch tausend Fäden mit der Scholastik
zusammen, mit deren Größen er sich auseinandersetzt und deren
Schulsprache er gegen den Dünkel der klassisch schreibenden
Humanisten in Schutz nimmt Aber wenn seine Grammatik ebenso-
wenig wie seine übrigen Werke den Einfluß der mittelalterlichen
Theorie verleugnet, so zeigt sich in ihr doch aucli jene kritische
Stimmung gegenüber dem Gegebenen, die ich früher als eine
charakteristische Eigenschaft der philosophischen Grammatik der
neuern Zeit hervorgehoben habe. Wie Campanella dem em-
pirischen Staat in seiner Civitas Solls das Idealbild eines auf
Philosophie begründeten Gemeinwesens entgegenstellt, so ent-
wickelt er auch in der Grammatik den Gegensatz der gramma-
tica civilis, die, auf dem Gebrauch und der Autorität der be-
rühmten Schriftsteller beruhend, eine bloße perifia ist, und der
von der Vernunft getragenen Wissenschaft der grammatica
philosophica'^). Aber unter grammatica philosophica versteht Cam-
panella nicht nur die philosophische Sprachlehre, sondern auch
ihr Substrat, die Sprache, insoweit sie rationaler Darstellung
fähig ist, insoweit sie Objekt einer auf Vernunft gegründeten
Wissenschaft werden kann, m. a. W. die philosophische Ideal-
sprache. Campanella hat freilich nur Andeutungen über die
Eigenschaften dieser philosophischen Sprache gegeben, an meh-
reren Orten, namentlich am Ende der Grammatik (p. 152), und
an verschiedenen Stellen seiner anderen Werke, aber er hat
immerhin den Begriff dieser Sprache gehabt und ist insofern
ein Vorläufer Leibnizens.
Auch in Campanellas Ausführungen über das Geschlecht,
l)Thomae Campanellae Philosophiae rationalis pars prima. Continens
Grammaticalium libros tres (in: Th. C. philosophiae rationalis partes quin-
que) Parisiis 1638.
2) Die Zusammenstellung der Grammatik Campanellas mit seiner
Utopie ist nichts Willkürliches. Die rationalistische Grundstiininung ist
die gleiche. So darf es nicht wunder nehmen, wenn in der Civitas solis
die Eigennamen gegeben werden non casu, sed arte a Metaphysico (der
höchsten Obrigkeit) iuxta proprietatem.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 303
das er sexus^ nicht genus, nennt, finden wir einerseits die Ab-
hängigkeit von der mittelalterlichen Lehre, insofern er ira männ-
hchen und weiblichen Geschlecht der Grammatik den Ausdruck
für aktives und passives Verhalten des bezeichneten Dinges sieht,
anderseits jene kritische Stimmung, die ihn davon abhält, das im
Sprachgebrauch Gegebene schlechtweg für vernünftig anzusehen.
Er bemerkt p. 29 f. Quamvis res omne(s) in omni specie habeant
aliqua individua fortia, ut (1. et) activa in generatione : aliqna im-
becilla et passiva in generatione, praesertim animalium : Latini
tamen usum sermonis praeficieutes non agnoscunt sexum nisi in
aniraalibus. Et ex bis traduxerant ad plantas. Pythagorici autem
sexum in cunctis agnoscunt rebus : ita ut agens sit mas, patiens
faemina, materiaque. Grainmatici tamen in omni re hoc non agno-
scentes, duce usu posuerunt masculinum sexum et nomen ma-
ribus : faemininum, faeminis : et ex bis ad res alias transtulerunt.
Quapropter Deus dicunt masculine, et terra faeminine: et ignis
masculine, et aqua faeminine, quoniam in bis actio, in istis passio
relucebat. At in multis genus non ponunt, neque enim Studium
est masculus aut faemina, et recte. Sed rebus faemineis aliquando
dant uti'umque nomen : Aqua enim dicitur lymfa faeminine, et
latex masculine: et quidam actus voluntatis vocatur appetitus
masculine, aviditas faeminine : et desiderium neutraliter. Scamnum
etiam ponitur neutraliter, cum potiiis faeminine debeat poni,
quoniam substat, ut faemina sedentibus. Quapropter distinguendum
est de sexu Physico et Grammatieali. Physice enim non datur
sexus nisi masculinus et faemininus, ut in viro et muliere: et
promiscuus in hermaphrodito, et in lymacibus communis. . . .
Sed grammaticaliter dantur sexus plurimi iam dicti: masculeus,
faemineus, neuter, communis, omnis, promiscuus, et incertus, se-
cundum loquendi usum, qui non semper naturae correspondent,
sed plerumque, in Grammatica humana. Grammatica autem An-
gelorum melius exprimit et per certas voces certos sexus et
veraciter.
Auch aus dem 18. Jahrhundert lassen sich Zeugnisse für
die Grinunsche Anschauung beibringen ^). Girard bemerkt in
1) Man muß aber wohl beachten , daß nic]\t überall , wo in der
Lehre vom Genus auf die Tiergeschlechter hingewiesen wird, wirklich die
Vorstellung obwaltet, daß dem einzelnen Dingnamen sein Genus mit Rück-
sicht auf seine Bedeutung gegeben wurde. Daß das Geschlecht von den
Bezeichnungen lebender Wesen auf die übrigen Substantiva übertragen
304 M. II. Jcllinek,
seinem Werk Les vrais principes de la langue fran9oise (Paris 1 747)
], ]öi) ff.: Ott nomme GENRE, en termes de Grammaire, une id4e
accessoire qui Joint ä l'idSe principale du mot un raport au sexe;
dont la difference, etant si naturelle et frapant les sens d'une maniere
si live et si passionnee, a ete cause que lliomme n'ajamais abandonne
cet adminicide dans toutes les idees qu'il sest formSes sur les Etres,
et dans les mots qu'il a Üablis pour les representer. La distinction du
male et de la femelle a donc introduit deux genres pour les Mots,
savoir, le MASCULIN et le FEMININ . . . Quelques nations ne
voyant dans certaines choses rien qui tint du sexe ont voulu en faire
connoitre l'exclusion. Pour cet effet elles ont introduit dans leurs
Langues un troisieme genre, qu'on a nomme NEUTRE; parcequ'il
est une idee accessoire qui Joint ä la principale une exclusion des
worden sei, ist ein Satz, der sich schon bei dem römischen Grammatiker
Consentius nachweisen läßt (vgl. Gramm. Lat. rec. Keil V 343 f.) und der
später oft nachgesprochen wurde, ohne daß man sich dabei immer etwas
Bestimmtes dachte. Einige legten sich die Sache so zurecht wie Gottsched
(Deutsche Sprachkunst, 5. Aufl., Leipzig 1762, S. 155 f.). Er erblickt in der
Tatsache, daß Menschen und Tiere zweigeschlechtig sind und viele Dinge
ein unbestimmtes Geschlecht ausmachen, den 'philosophischen Grund' der
drei Genera. Aber 'Ver kann dafür, daß man ihm nicht überall gefolget
ist?" Die Ausnahmen erklären sich durch "die Unbeständigkeit des Pöbels,
der zuerst die Sprachen gemachet". Perizonius stellt in einer Anmerkung
zu der Minerva des SancLius p. 45 die Theorie auf, daß zuerst die Namen
lebender Wesen den sexus durch besondere Endungen bezeichneten, wo-
bei er vor allem die eigentliche Motion im Auge hat. Dann sei dieser Unter-
schied der Endungen auf die Adjektiva übertragen worden, die sich auf
jene Substantiva bezogen. Da nun aber Adjektiva auch andern Sub-
stantiven beigegeben werden können, war es beinahe notwendig, alle
Substantiva, auch die Bezeichnungen lebloser Dinge, in zwei Klassen
zu teilen. Die orientalischen Sprachen sind dabei stehn geblieben, andre
fügten später die Klasse der Neutra hinzu. Diese Theorie beruht zum Teil
auf den Auseinandersetzungen in der Grammatik von Port-Boyal, II^ partie
chap. V. Meiner erklärt, ohne zu wissen, daß schon die Grammatik von
Port-Royal den gleichen Gedanken ausgesprochen hatte, die Genera für
Wortklassen, die erfunden wurden, um bei freier Wortstellung die Beziehung
der Adjektiva und Pronomina auf ihre Substantiva kenntlich zu machen.
Das 'gedoppelte Tiergeschlecht' sei nicht die 'erste Veranlassung' des
Genus gewesen ; es habe nur insofern eine Rolle gespielt, als man nach
dem Vorbild der sexuellen Zweiteilung des Tierreichs die Wörter zunächst
in zwei Klassen geleilt und sich dann später der aus ganz andern Gründen
erfolgten Zweiteilung bedient habe , um unter anderm auch die beiden
Geschlechter derselben Tierart durch die Endungen zu unterscheiden. (Ver-
such einer an der menschlichen Sprache abgebildeten Vernunftlehre S. L. ff.
260 ff.)
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 305
deux autres genres; de sorte gue c'est toujours un raport au sexe,
mais un raport excliisif. Und weiterhin p. 225 f. Toutes les nations
ont Joint aux denominations cette idSe accessoire et ont fait masculins
QU feminins les suhstantifs, sans consuUer ni Logique ni Phijsiqiie.
Ce qiie le premier tj'ait d'imagination a peint sans examen^ V Usage
l'a confirniS sans deliMration. Ainsi les unes voient un raport au
male oü les autres le voient ä la femelle: les Allemands, par exemple,
fönt soleil feminin que les Francois fönt masculin. Cette distrihution
de genre faite par le cas fortuit du premier coup de pinceau, sans
motif ni plan ni Systeme ä cet egard, est cause quon tie sauroit
donner de regles generales et precises usw.
Das ist nun freilich keine sehr tiefgehende Untersuchung,
ja der letzte Satz könnte sogar den Zweifel erregen, ob Girard
überhaupt hier einzureihen ist und nicht in die Gruppe der in
der Anmerkung S. 304 behandelten Grammatiker gehört. Aber es
scheint mir doch, daß er die freilich etwas unbestimmte Vorstellung
gehabt hat, daß das grammatische Geschlecht auf einer einge-
bildeten Ähnlichkeit unbelebter Dinge mit den sexus der belebten
beruhe^). Jedenfalls sehen wir, daß bei diesem Kind des 18. Jahr-
hunderts jede Spur von Respekt vor einer in der Yerteilung der
Genera waltenden Veraunfttätigkeit geschwunden ist.
Sehr wichtig sind die ausführlichen Erörterungen des Eng-
länders Harris im vierten Kapitel des ersten Buches seines
Hermes 2). Die Tatsache, daß in seiner Muttersprache im Gegen-
satz zu den klassischen die Bezeichnungen unbelebter Dinge im
allgemeinen Neutra sind, während sie doch von den Dichtern
auch männlich und weiblich gebraucht w^erden, legte es nahe,
den Gründen nachzugehen, die für die Wahl dieses oder jenes
Geschlechts bei den englischen Dichtern und für die Verteikmg
der Genera im Griechischen und Lateinischen maßgebend gewesen
waren. Harris kennt die antiken Theoretiker, unter ihnen den
Ammonius, und sucht in einer langen Untersuchung zu zeigen,
daß als Maskulina solche Substantiva betrachtet wurden, which
were conspicuous for the Attributes of imparting or communicating ;
or which were hy nature active, strong and efficacious, and that
1) Fromant, der auf dem Standpunkt der Grammatik von P.-R.
steht, polemisiert gegen Girard in seinen Reflexions sur les fondemens de
l'art de parier (1769) p. 183 ff.
2) Hermes: or, a Philosophical Inquiry Concerning Language and
Universal Grammar. By J. H. (London 1751), p. 41—61. In der deutschen
Übersetzung vom Ewerbeck (1788) S. 35-52.
306 M. H. Jellinek,
indiscriminately tvhether to good or to bad ; or which had claim to
Eminence^ either laudahle or othertvise. Feminina waren dagegen
solche, as tvere conspicuous for fhe Attributes either of receiving,
of containing, or of producing and bringing forth- or which had
more of the passive in their nature, than of the aktive; or which
were peculiarly beatdifid and amiable; or which had respect to stich
Excesses as were rather Feminine^ than MascuUne^). Allerdings
glaubt Harris, daß das Genus in einigen Fällen nur durch die
Form des Wortes bestimmt wurde, und betont auch die Un-
sicherheit der Vermutungen über die durch die Bedeutung ver-
anlaßte Geschlechtsbezeichnung im einzelnen.
Bei Harris taucht schon der Gedanke auf, daß mit der Ein-
reihung eines Dingnamens oder eines Abstraktums in die Gruppe
der Maskulina oder Feminina eine Personifikation verbunden sei.
Doch wird dies zunächst nur für das Englische behauptet. Da
diese Sprache dasselbe Wort sowohl als Neutrum, wie als Mas-
kulinum-Femininum behandeln kann, so hat sie den Vorteil, den
Unterschied zwischen streng logischem und rhetorischem Stil
andeuten zu können. Spricht man von den Dingen, wie sie sind,
so gebraucht man ihre Namen neutral, dagegen werden sie per-
sonifiziert, wenn man ihren Bezeichnungen männliches oder weib-
liches Geschlecht beilegt 2).
Im Englischen kann diese Personifikation als freie Tat des
einzelnen Dichters betrachtet werden. Das geht natürlich nicht
an, wenn eine Sprache feste grammatische Geschlechter zeigt.
Wenn hier überhaupt der Begriff der Personifikation eingeführt
wird, so muß er mit den Anschauungen des ganzen Volkes in
Beziehung gesetzt werden. Spuren dieser Betrachtungsweise finden
wir bei Beauzee, der über das grammatische Geschlecht sowohl
in dem Artikel Genre in der Encyclopedie VH (1757) 589 ff. als
auch in seiner Gramraaire generale H 175 ff. gehandelt hat. Aber
in seinen Auseinandersetzungen tritt eine gewisse Unsicherheit
zutage, die sich daraus erklärt, daß er von zwei verschiedenen
Theorien beeinflußt ist.
Die Grammatik von Port-Royal hatte im fünften Kapitel
des zweiten Teils gelehrt, daß man es im Interesse der Deutlich-
keit für angemessen erachtet habe, den Adjektiven verschiedene
Endungen zu geben je nach den Substantiven, auf die sie sich
1) A. a. 0. U f., bez. 38 f.
2) A. a. 0. 58 i) bez. 49 i).
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 307
beziehen. Zuerst habe man diesen Unterschied der Endungen
eingeführt bei den Adjektiven, die sich auf die Namen Mann
und Weib bezogen. Da aber Adjektiva zu allen möglichen Sub-
stantiven konstruiert werden können, so habe man den Unter-
schied verallgemeinert und alle Substantiva in Maskulina und
Feminina eingeteilt. Diese Einteilung beruhe z. T. auf vernünftigen
Gründen, so wenn rex, iudex, philosophus Maskulina, mater^ soror,
regina Feminina seien, zum Teil aber auf im pur caprice et un
usage sans raison.
Ganz im Einklang mit dieser Anschauung steht es, wenn
Beauzee Grammaire II 179 nach einer längeren Erörterung schließ-
lich die Definition aufstellt, daß relativement aiix noms, les Genres
ne sont que les differentes classes dans lesquelles on les a ranges
assez arbitrairement, pour servir ä dSterminer le choix des termi-
naisons des mots qui ont avec eux un rapport d'identite: et rela-
tivement ä ces mots qui ont avec les noms un rapport dHdentit^-,
les Genres sont les diverses terminaisons qu'ils prennent dans le
discours, pour etre en concordance de Genre avec les noms leurs
corräatifs.
Es steht auch noch im Einklang mit der Anschauung der
Grammatik von P.-E., wenn Beauzee zu Beginn jener Erörterung
sagt (II 176): il ne faut pas s'imaginer que la distinction des sexes
alt 6te le motif de cette distribution des noms^ quoiqu'elle en ait
peut-Ure eti jusqu'ä certain point le modUe et la r^gle. Das Motiv
jener Einteilung erblickte er wohl wie die Grammatik von P.-E.
in dem Streben nach IClarlegung der grammatischen Beziehung
der Adjektiva und ihrer Substantiva.
Aber, was jetzt folgt, gehört einer ganz anderen Betrachtungs-
weise an. Es gibt in allen Sprachen eine Menge Maskulina und
Feminina, die als Dingnamen und Abstrakta mit dem natürlichen
Geschlecht nichts zu tun haben; mais la religion, les mceurs, et
le genie des diff^rents peuples fondateurs des langues, peuvent
leur avoir fait appercevoir, dans ces objets, des relations reelles
ou feintes, procliaines ou eloign^es^ ä Vun ou ä Vautre des sexes;
et cela aura suffi pour en rapporter les noms ä Vun des deux
Genres. So haben vermutlich die Römer, deren Mythologie vor
ihrer Sprache feststand, che Namen der Flüsse und Winde,
Wörter wie aer, ignis, sol und eine Menge andere nur deshalb
zu Masculinis gemacht, parce que leur mythologie faisoit presider
des dieux ä la manutention de ces etres. Die Namen der Leiden-
308 M. H. Jellinek,
schafteu, der Tugenden, der Laster seien Feminina, parce qu'ils
avoient 6rig6 presque tous ces objets en autant de deesaes, ou qu'ils
les croijoient sous le gouvernement immediat de quelque diviniti
fernelle. Als Ackerbauer betrachteten die Römer die Erde und ihre
Teile comme autant de mhres qui nourissoient les hommes; daher
das weibliche Geschlecht der Länder, Inseln und Städte.
Da hier das Genus mit mythologischen Vorstellungen in
Yerbindung gebracht ist, liegt es nahe, bei Beauzee den Ge-
danken an eine Personifizierung jener unbelebten Gegenstände
anzunehmen. Aber klar ausgesprochen hat er diesen Gedanken
nicht. Und im folgenden spüren wir den fernen Nachklang mittel-
alterlicher Theorie, wie sie uns in der Glosa Admirantes ent-
gegengetreten ist. Die Namen der wildwachsenden Bäume wie
Oleaster, pinaster seien Maskulina, parce que, semhlahles aux mdles,
ils demeurent en quelque sorte steriles, si on ne les allie avec
quelque autre espke d'arhres fruitiers. Diese dagegen tragen selbst
Fi'üchte gleichsam wie Mütter, daher sind sie Feminina.
Auch für das neutrale Geschlecht der Namen der Minerale
und Monstra wird eine Erklärung versucht: les uns n'ont point
de sexe, et les autres en ont en vain.
Schließlich lenkt Bauzee wieder in die Bahnen der Grammatik
von P.-R. ein, indem er versichert, daß einer großen Anzahl von
Wörtern das Genus par pur caprice gegeben worden sei, und
zum Beweis führt er ganz wie jene Grammatik die Tatsache an,
daß mitunter ein und dasselbe Wort in derselben Sprache zu
verschiedenen Zeiten oder auch zur selben Zeit verschiedenes
Geschlecht zeige.
Ich erwähne von den französischen Grammatikern noch
Court de Gebelin, der zwar nach Herder, aber vor Adelung
schrieb und von letzterem benützt wurde. Im zweiten Band
seines Monde primitif (1774) p. 72 ff. handelt er ausführlich
über das Genus. Er hat dabei Harris benutzt, den er zitiert, ohne
ihn zu nennen^). Der Mensch, führt er p. 72 aus, habe sich nicht
damit begnügt, die Natur nachzuahmen, indem er entsprechend
dem sexus bei Bezeichnungen lebender Wesen zwei Genera
unterschied, er habe die Geschlechtsunterscheidung auf die Namen
unbelebter Wesen ausgedehnt. Er gibt ihnen eine männliche
oder eine weibliche Endung, suivant qu'il ij apergoit quelque chose
1) Er bezeichnet ihn p. 75 als un de leurs (der Engländer) ciUbres
Gram ma iriens.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 309
de relatif aux iddes qu'il se forme d'un Etre corisidM comme
male ou comme femelle. TJn Nom sera, par exemple, du genre
masculin, lorsqiie Vobjet qu'il designe offrira quelqu'une des proprietSs
du sexe mascidin; qu'il sera douS de force^ de vivacite, d'efficace,
d'Mivation, ou qu'il contribuera ä communiquer quelque vertu, quel-
que propriete, quHl sera lyropre ä ßconder les Etres productifs^
et plus actif que passif. Un Nom sera au contraire du genre fe-
minin, lorsque son ohjet offrira quelqu'une des proprietes du sexe
feminin; qu'il aura plus de graces que de force, plus de douceur
que de vivacM, plus de delicatesse que de vigueur; ou qu'il sera
un £tre portant quelque productio7i et feconde par la Nature; et
plus passif qu' actif.
Court de Gebeliii sucht dies dann im Anschluß an Harris
an einzelnen Wörtern zu zeigen.
Gegenüber der Meinung zeitgenössischer französischer
Grammatiker, daß die Beseitigung des vielfach willkürlichen Genus
etwas Wünschenswertes sei, setzt er die Yorteile der Genus-
unterscheidung auseinander. Solcher Vorteile macht er vier nam-
haft. Die beiden letzten, Abwechslung in den Endungen und
Kennzeichnung der granimatischen Zusannuengehörigkeit, hatte
schon die Grammatik von P.-R. hervorgehoben. Er sieht aber
auch in der Verteilung der Wörter auf verschiedene Genera an
sich, ohne Rücksicht auf den lautlichen Ausdruck, einen Vor-
teil, weil dadurch Einförmigkeit vermieden werde, und als ersten
Vorteil erwähnt er, daß die Sprache, die er als Bild betrachtet,
durch die Genusunterscheidung das Leben in der Natur nachahme ^).
Diese Vorteile des grammatischen Geschlechts betrachtet
nun Court de Gebelin als die Ursachen seiner Entstehung 2), d. h.
1) Ce qui rend la Nature vraiment belle et aniniee, ce sont les Etres
animes . . . II en sera . . de nieme des Tableaux de la Parole; ils ne
satiroient plalre qu'autant qu'ils seront animes, qii'ils respireront : et ils
ne sauroient y paroenir qu'autant que leurs mots seront eux-metnes pleins
de vie : mais comment animer des mots, comment leur donner la vie dhin
Tableau? Rien de plus simple : en les revetant d'un sexe, en les personi-
fiant, en en faisant des Etres animes, en leur pretant la chaleur et la vie.
Älors tont s'embelUt dans la Parole, tout y paroit plein d'energie et de char-
mes : ce ne sont plus des mots qui se succedent froidement les uns aux
autres: ce sont des traits de la plus vive lumiere; ce sont des objets,ä Vexistence
desquels on prend l'interet le plus vif usw. a. a. 0. p. 76.
2) Ce nest point sans raison que les Peuples se sont accordes ä dis-
tinguer les Noms par des Genres . . . tous sentirent qti'il en rhultoit un
grand nombre d'avantages pour les Tableaux de la Parole, a. a. 0. p. 76.
310 M. H. Jellinek,
semeu Ausführungen liegt die alte Vorstellung von der Ver-
nüuftigkeit der Sprache zugrunde. Das sollte ihm später die
Polemik Adelungs zuziehen.
Von deutschen Grammatikern nenne ich hier ^) nurBodmer.
In den Grundscätzen der deutschen Sprache (1768) S. 1 sagt er:
"Als mau den Dingen Nahmen gab, glaubte man in einem etwas
von der Natur des Mannes, in einem anderen mehr von der
Natur des Weibes zu entdecken, noch in einem anderen blieb
man ungewiß, ob es mehr männliches oder mehr weibliches in
sich hätte. Daher entstanden drey Geschlechte der Wörter."
Bodmers Grammatik wurde von Herder in der Allgemeinen
Deutschen Bibliothek besprochen, vgl. Werke ed. Suphan IV,
298 ff 2). Daß Herder durch Bodmer auf seine Genustheorie ge-
kommen sei, behaupte ich durchaus nicht; daß ihm aber durch
viele Vorgänger der Weg geebnet war, dürften meine Aus-
führungen gezeigt haben. Neu ist bei Herder die starke Be-
tonung dessen, was ich die fetischistische Auffassung des Genus
nenne.
Diese fetischistische Auffassung hat Adelung von Herder
übernommen. Adelung hat schon vor dem von Michels erwähnten
Aufsatz im Magazin für die Deutsche Sprache (I, 4. Stück) über
das Genus gehandelt, zuerst knapp in der Deutschen Sprachlehre
(1781) S. 116, dann ausführlich im Umständlichen Lehrgebäude
der Deutschen Sprache (1782) I 343 ff. 3). Adelung lehrt hier, daß
alles was den Begriff der Lebhaftigkeit, Tätigkeit, Stärke, Größe
auch wohl des Furchtbaren und Schrecklichen hatte, männlich,
alles, was man empfänglich, fruchtbar, sanft, leidend, angenehm
dachte, weiblich, und alles, wo die Empfindung geteilt oder der
Begriff dunkel war, sächlich wurde. Die Ähnlichkeit dieser Kate-
1) Über Michaelis unten.
2) Über die von mir zitierten Worte Bodmers spricht Herder nicht
— Bodmer hatte es S. 20 getadelt, daß man im Deutschen die Würde der
Städte und Provinzen so gering geachtet habe, daß man ihnen das ver-
kleinernde Geschlecht gab. Dazu bemerkt Herder S. 303 f., daß Dichter
immerhin, wenn sie personifizieren, die hohe Jerusalem, die einsame Pathmos
als 'Weiber' darstellen können , doch solle diese Abweichung nicht zur
Regel werden. Vgl. auch das S. 303 über das Geschlecht vom Echo Gesagte.
3) Am Ende seines Lebens hat Adelung noch einmal das Genus
besprochen, im Mithridates I, S. XXXIV. Dem Naturmenschen, heißt es
hier, war jedes Ding entweder männlich oder weiblich, nachdem es tätig
oder leidend ist. Da haben wir wieder die mittelalterlichen Kategorien.
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 311
gorien mit denen in Harris' Hermes springt in die Augen. Sie
ist auch wohl nicht zufällig, wenngleich Adelung den englischen
Sprachphilosophen nicht zitiert. Aber er nennt auch Herder nicht,
obgleich er das Genus ganz in seinem Sinne behandelt, und
ebenso hat er für ein paar einzelne Bemerkungen die Quelle
nicht angegeben ^).
In dem Artikel im Magazin beruft sich dagegen Adelung
ausdrücklich auf Herder und druckt dessen Ausführungen in
extenso ab. In diesem Artikel erwähnt er auch Court de Gebelin,
freilich nur um dagegen zu polemisieren, daß die doch rohen
Naturmenschen mit der Einführung der Genusunterscheidung
Reiz, Anmut und Abwechslung beabsichtigt haben sollen. Zwei
verschiedene Sprachbetrachtungen stoßen hier zusammen. Davon
hat aber Adelung seine Leser nicht unterrichtet, daß die Kate-
gorien für die Bedeutung des Maskulinums und Femininimis,
die hier im Magazin aufgestellt werden, in beinahe wörtlicher
Übersetzung dem Werk des von ihm bekämpften Franzosen
entnommen sind 2).
1) Die Bemerkung I 346, § 144, daß man für die Einteilung der
selbständigen oder als selbständig gedachten Dinge in Klassen einen schick-
licheren Einteilungsgrund hätte wählen können als das Gesclilecht, geht
vermutlich zurück auf J. H. Lambert, Neues Organon (1764) II 108, § 184.
Das Zitat aus dem Koran, wonach alles Erschaffene männlich oder weib-
lich ist, und die daran geknüpfte Bemerkung, daß 'die ältesten Morgen-
länder' für die paarweise vorkommenden Glieder des Menschen ein zwei-
faches Geschlecht annahmen (I 344 f.), hat A. sicher aus des Orientalisten
J. D. Michaelis Preisschrift "Beantwortung der Frage von dem Einflüsse
der Meinungen in die Sprache". In der mir augenblicklich allein zugänglichen
frz. Übersetzung dieser Schrift (De I'influence des opinions sur le langage et
du langage sur les opinions. Breme 1762) steht die betreffende Stelle p. 19 f.
— Derselbe Michaelis sagt, nebenbei bemerkt, in seiner Arabischen Gram-
matik S. 174 der 2. Auflage (1781): "Nahmen der Völker sind, wie bey den
Hebräern, masculina, aber der kleinen Stämme und Familien ihre bis-
weilen feminina ... Es scheint, das grössere stelleten sich die Morgen-
länder als männlich, das kleinere und schwächere als weiblich vor."
2) "Ein jedes Ding, welches männlichen Eigenschaften ähnlich war,
wenn es Stärke, Lebhaftigkeit, Wirksamkeit, Erhabenheit besaß, mit einer
mittheilenden, hervorbringenden und thätigen Kraft begabt war, war ein
männliches Wesen, und dessen Nähme ward ein männliches Substantiv.
Hingegen wenn ein Gegenstand weibliche Eigenschaften verräth, wenn er
mehr Reitz als Stärke, mehr Sanftes als Lebhaftigkeit, mehr Feinheit als
Kraft besitzt, und sich überhaupt mehr leidend als thätig verhält, .so sähe
man es (!) als ein weibliches Wesen an, und folglich ward dessen Nähme
weiblichen Geschlechts." A. a. 0. S. 11 f.
312 M. H. Jellinek,
Es siiul Avolü die weit verbreiteten Schriften Adelungs
gewesen, die Herders Auffassung bekannt gemacht haben. Auf
Bernhardi haben schon Pott bei Ersch und Gruber a. a. 0. 450f.
und Delbrück, Einleitung in das Studiuni der indogermanischen
Sprachen * S. 33 hingewiesen ^). Aber auch in populär gehaltene
Darstellungen ist die Personifikationstheorie eingedrungen. Karl
Philipp Moritz bemerkt in seiner in die Form von Briefen an
eine Dame gebrachten Deutschen Sprachlehre (3. Aufl. 1794)
S. 101, daß, wenn man du Baum sage, man dem Baum dadurch eine
Persönlichkeit beilege. Dasselbe geschehe aber auch, wenn man
mit Beziehung auf einen Baum das Pronomen er gebrauche. "Daß
auch das er den Baum als eine Person bezeichnet, sehen wir
daraus, weil man eine abwesende Person, Avenn sie männlichen
Geschlechts, mit er, und wenn sie w^eiblichen Geschlechts ist,
mit sie benennet . . Indem man also von dem Baume sagt, er
ist grün, so redet man von ihm, als von einer Person männ-
lichen Geschlechts, imd indem man von der Rose sagt sie blüJiet,
so redet man von ihr, als von einer Person weiblichen Geschlechts.
So drückt der Mensch auch in dieser Absicht der leblosen Natur
sein Gepräge auf. Alles Leblose, was man sich als stark, groß,
wirksam oder auch wohl als schrecklich denkt, wird, wenn
man ihm eine Persönlichkeit beilegt, mit dem männlichen Ge-
schlechte verglichen; alles aber, was man sich als sanft, leidend
oder angenehm denkt, vergleicht man, in dem Falle, daß man
ihm Persönlichkeit zuschreibt, mit dem weiblichen Geschlechte,
daher kömmt es nun, daß Avir z. B. sagen :
der Baum die Blume
der Wald die Wiese
der Zorn die Sanftmuth
der Haß die Liebe.
... So scheinet die Sprache auch alles Leblose in der Welt
zu paren, indem sie zu etwas Größern oder Stärkern immer etwas
Aehnliches aufzufinden weiß, das nur kleiner oder schwächer,
aber schöner und angenehmer ist. Sehen Sie dieses als einen
kleinen Kommentar über die Worte unsers Klaudius an:
und in der großen Gotteswelt
ist alles Mann und Weib —
Was man aber in der Natur nicht so wichtig oder nicht
schicklich fand, ihm das menschliche Gepräge aufzudrücken, be-
1) Vgl. auch Pott, S. 393, 396.
Zur Geschiclite einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 313
zeichnete man, wenn man davon sprach, weder durch er noch
durch sie^ sondern durch es, und schloß es auf die Art gewisser-
maßen von der Persönlichkeit aus, indem man es unter die
Sachen rechnete."
Wir finden hier die Adelungschen Kategorien für die Be-
deutung des Maskulinums und Femininums wieder. Eine Ab-
weichung besteht insofern, als Moritz, wie es scheint, die Per-
sonifizierung des Unbelebten nicht dem Urmenschen, sondern
dem Sprechenden überhaupt zuschreibt. Man beachte, daß das
Genus von Zorn und Haß mit der Bedeutung dieser Wörter
in Verbindung gebracht wird, und vergleiche das oben über
Protagoras Gesagte.
J. G. Radlof beginnt einen Artikel über die rheinpfälzische
Mundart (Badische Wochenschrift 1806, Nr. 15, abgedruckt in
Radlofs Teutschkundlichen Forschungen und Erlieiterungen I
[Berlin 1825] S. 224 ff.) mit den stimmungsvollen Worten : "Als
dem Menschen einst Baum und Rose lebte, Quelle und Strom
noch sinnig die Erde durchwandelten, Sturm und Donner ihm
Gottes Stimme redeten : da grüßte und benamte er. Was in Blüten
prangte und Leben glühte, Was sich bewegte und sprach, als
mitlebende Wesen, und ihm verwandt. Allem, worinn das eigene
Seyn sich wiederspiegelte, verlieh er zu dem Namen noch das
redendste Zeichen sinnlichen Lebens, Geschlecht; und Mann
ward ihm das Starke, Wirkende: der Strom, der Baum; Weib
das Sanfte, Gebährende: die Quelle, die Blüte; Ding ward alles,
was nicht gebar, nicht zeugte, nur was erzeugt, was unbekannt,
todt und zwitterhaft ihm vorschien: das Ding, das Wesen, das
Holz, das Kind". Für die moderneu Menschen habe freilich
die Geschlechtsunterscheidung jede Bedeutung verloren. Deshalb
hält R. es für löblich, daß 'der weisere Britte einen Bankerut
an der Natur' beging, "Alles, was nicht thierlich sich bewegte,
für entseelt erklärend: das Baum, das Quell."
Christian Hinrich Wolke lehnt in seinem wunderlichen
Anleit zur deutschen Gesamtsprache (1812) S. 35 ff. die Ansicht
ab, daß das Geschlecht der Substantiva mit ihrer Bedeutung zu-
sammenhänge, aber er polemisiert gegen sie, wie gegen einen
allgemein verbreiteten Irrtum. "Di donatische Benennung der
drei Namengattungen scheint vorauszusetsen, das di Begriffe
jedes Wortes der Erstgattung etwas Manliches, Starkes, Wirk-
sames; di der Zweitgattung etwas Weibliches, Unkraftiges,
Indogermanische Forschungen XIX. 21
314 M. H. Jellinek,
Erupfaugiges, Wenigwirksames, etwas Sanftes und Zartes; di
der Dritgattung weder Jenes noch Dises bezeichnen. Aber Donatus
ist unschuldig an diseni Scheine. Der grobe Irtura ist vielmehr
der Unwissenheit und dem Denkstilstande der Schulmänner bei-
zumessen, di seine Ausdrükke falsch verstanden, falsch ausgelegt
und unrichtig verdeutscht haben" ^). Nur in seltenen Fällen sei
"di Manlichkeit oder di Fraulichkeit des Bezeichneten" der
Grund für das grammatische Geschlecht gewesen, "wi bei den
sprachsinbegabten Altdeutschen: der viel und starkwirkende Som
oder Soll, altd. ther sunne, der Son, gt. u. Ad. sunna, von der
Erstgattung, di Mohn, 1. luna, di sanftleuchtende, lichtempfangige,
wenig wirksame Himmelkugel oder Nebenerde; der Tod, wi
gr. OdvaToc, — di Libe, di Sanftmut, der Has, der Zorn." Zu
beachten ist, das Wolke Harris' Hermes kennt.
Schließlich erwähne ich, daß Heinsius im Teut (3. Aufl.
1817) I 85 f. im wesentlichen auf Adelung fußt: "Bei der Be-
stimmung der Geschlechter verfuhren die ersten Sprachforscher (!)
nach sehr dunkeln Ähnlichkeiten. Wahrscheinlich gebrauchte
man alles das, was den Begriff der Stärke, Kraft und Tüchtig-
keit mit sich führt, männlich; was man sich sanft, schwach,
angenehm und leidend dachte, weiblich; und diejenigen Dinge,
an denen man dergleichen nicht bemerkte, oder die man als
Personen zu denken nicht für gut fand, rechnete mau zu dem
sächlichen Geschlechte, oder, dem lateinischen Ausdrucke Neu-
trum gemäß, zu keinem der beiden vorhergehenden Geschlechter."
Ich denke, diese Zitate machen es wahrscheinlich, daß die
Herder- Adelungsche Genustheorie im Anfang des 19. Jahrhunderts
jedem geläufig war, der sich in Deutschland mit Grammatik
beschäftigte. Auf den ersten Blick scheint es, daß auch Humboldt
an der Stelle, die Grimm ausdrücklich zitiert 2), nur die Personi-
1) 'Der altzeitige Sprachregler' hat nämlich nach Wolkes Meinung
mit seinen Bezeichnungen genus masculinum und foemininum nur sagen
wollen, daß eine Reihe von Wörtern mit hie, eine andere mit haec, kon-
struiert werde, wie unter anderem auch die Namen 'der einseinen
Manwesen' bezw. 'Frauwesen'. Ebenso habe er den 'Virtfal' casum accusa-
tivum genannt, weil neben tausend anderen 'Aussagern' auch accusare diesen
Kasus regiert. Als 'irrige Deutschlerer', die 'unter geiius Gesiecht (fr. le
sexe) verstanden', nennt W. 'Gottsched, Adelung und hundert andere'.
2) Lettre ä M. Abel-R6musat, sur la nature des formes gramma-
ticales en general et sur le genie de la langue chinoise en particulier. p. 12.
13. (In den gesammelten Werken 7, 304 f.)
Zur Geschichte einiger grammatischer Theorien und Begriffe. 315
fikationstheorie ausspricht. Allein ich habe die Empfindung, daß
bei Humboldt eine feinere, freilich auch schwerer auf deutliche
Begriffe zu bringende Anschauung sich geltend macht, daß er mit
seuiGT prosopopee nicht den groben Fetischismus meint, sondern eher
eine dichterische Personifizierung, die nicht die Objekte, sondern
die Wörter belebt^). Doch das mögen Kenner der Humboldtschen
Sprachphilosophie entscheiden. Sicher ist, um es noch einmal
zu betonen, daß Grimm, der an Humboldt anknüpft, die Ver-
teilung der Wörter auf die Genera von der Personifikation ge-
trennt hat.
Ich erlaube mir, meine Auseinandersetzungen kurz zusammen-
zufassen. Wahrscheinlich beruht schon die Benennung der drei
Substantivklassen durch Protagoras auf der Vorstellung, daß die
Bedeutung der Wörter ihre Zugehörigkeit zu den einzelnen
Klassen bestimmt. Die Namen, die Protagoras den Wortklassen ge-
geben hat, betätigen weiterhin begriffszeugende Kraft. Nach der
vorherrschenden Meinung des Altertums, die das Mittelalter über-
nommen hat, sind die grammatischen Kategorien überhaupt und
so auch die des Genus das Werk planmäßiger Überlegung. Die
Verschiedenheit der Genera entspricht einer Verschiedenheit der
Dinge, der Gegensatz zwischen Maskulinum und Femininum in
der Sprache spiegelt nach der mittelalterlichen Theorie den Gegen-
satz von Aktivität und Passivität im Sein wieder.
Von diesem Standpunkt aus ist es ziemlich gleichgültig,
ob man sich mehr für das Verhältnis zwischen dem Zeichen
und dem Bezeichneten oder für das Verhältnis zwischen dem
Bezeichnenden und dem Zeichen interessiert. Denn das Zeichen
1) Des que rimagination jeune et acHve d'une nation vivifie tous
les mots, assimile entierement la langue au monde reel, en acMve la pro-
sopopee, en faisant de chaque periode un tableau oü l'arrangement des
parties et les nuances appaHiennent plus ä l'expression de la pensee qu'ä
la pensee tneme, alors les mots doivent avoir des genres, conime les etres
vivants appartiennent et un sexe. Man vergleiche auch p. 303 f. : Si Von
examine l'operation que l'homme, souvent sans s'en apercevoir, fait en parlant,
on y voit une prosopopee continuelle. Dans chaque phrase un Hre ideal
(le mot qui constitue le sujet de la proposition) est mis en action ou re-
pre'sente en etat de passivite. L'action Interieure par laquelle on forme un
jugement, est rapportee ä l'objet sur lequel on prononce. Au Heu de dire:
Je trouve les idees de l'etre supreme et de l'eternite identiques, l'homme
pose ce jugement au dehors de lui et dit: L'etre supreme est eternel. —
Diese Ausführungen haben eine gewisse Ähnlichkeit mit denen Courts de
Gebelins, z. T. mit denen Bernhardis.
21*
316 E. Lid6n,
hat ein angemessenes Verhältnis zum Bezeichneten, und eben
diese Angemessenheit ist das Motiv für die zeichensetzende Tätig-
keit des vernünftigen Sprachschöpfers. Von diesem Standpunkt
aus ist es auch unmöglich, die Genusunterscheidung mit wirk-
licher Personifizierung lebloser Dinge in Beziehung zu bringen;
denn damit wäre ausgesprochen, daß der Sprachschöpfer eine
unrichtige Anschauung vom Wesen der Dinge gehabt habe.
Die mittelalterlichen Meinungen wirken auch in der Neu-
zeit nach. Da man aber je länger, desto deutlicher die Inkon-
gruenz der grammatischen und der ontologischen Kategorien er-
kaimte, konnte man in der grammatischen Grenusunterscheidung
nicht mehr das Spiegelbild realer Unterschiede erblicken, es war
nicht mehr möglich, in der Verteilung der Wörter auf die Genera
das Werk der bloß durch das Objekt bestimmten Vernunft zu
sehen, die Wurzel des grammatischen Geschlechts mußte im Sub-
jektiven aufgesucht werden. Da man sich aber zunächst für das
Verhältnis des Zeichens zum Bezeichneten interessierte, würdigte
man die subjektive Tätigkeit, die das Genus schuf, keiner liebe-
vollen Untersuchung, ja man tat sie mitunter durch die gering-
schätzige Bezeichnung pur caprice ab.
Herder dagegen, den die Sprache vor allem als Ausfluß
des Innenlebens interessierte, stellte jene Erklärung auf, die bis
gegen das Ende des 19. Jhrhds. im allgemeinen Bew^ußtsein die
herrschende geblieben ist. In seiner Tradition steht auch Grimm,
aber er hat die fetischistische Anschauung aufgegeben, seine
Betrachtungsweise hat Ähnlichkeit mit derjenigen, die Ammo-
nius und die mittelalterlichen Theoretiker vertreten, soweit das
möglich ist bei der gänzlichen Verschiedenheit der Ansichten
über Sprachschöpfung.
Wien. M. H. Jellinek.
Zur iranisclien Etymologie.
1. Aw. gaona-, lit. gauras, nnorw. kaure.
Aw.^aowrt-Neutr. 1 . 'Haar, besonders derTiere'; 2. 'Haarfarbe,
Farbe'; 3. '{in Komp.) Art und Weise', zairi-gaona- 'gelb-, gold-
farbig; grünlich, gelbgrün', hama-gaona- 'gleichfarbig, von Haus-
tieren' (Bartholomse Altir. Wtb. 482); phlv. gönak 'colour, hue;
Zur iranischen Etymologie. 317
species', ham-gönak 'of a like kind', päz. güna 'colour; species,
sort, kind, manner'; npers. gün 'Farbe; Art und Weise', güna
*Art und Weise', günagün Varii coloris ; varii generis' ; afgh. yüna
F. 1. 'Haare am Körper; Poren'; 2. 'Farbe, Hautfarbe' ; osset. yMW,
qun 'Haar; Farbe des Haares'. — Aus dem Pers. stammen arm. goin^
Gen. Sing, gunoy, guni 'Farbe', in Ableitungen auch 'Art und
Weise' ; gunak 'Art, in der Weise von — ', gunem 'färbe'. S. Hörn
Neupers. Etym. 211, Geiger Abhandl. d. Payr. Ak. d. Wiss.20. 1 : 176,
Hübschmann Etym. u. Lautl. d. osset. Spr. 34, Pers. Stud. 95 f.,
Arm. Gramm. 1, 128 f.
Geldner KZ. 25, 402, No. 1 hat zuerst erkannt, daß 'Haar*
die ursprüngliche Bedeutung sein muß. Dadurch — wie auch
aus anderen Gründen — wird die einzige bisher laut gewordene
Ursprungsdeutung hinfällig : Pott Etym. Forsch. 4, 90, Justi
Handb. d. Zend-Sprache 99, Fick Vergl. Wtb. 1 3, 314 und zweifelnd
Uhlenbeck Altind. Et. Wtb. 80 ziehen aw. gaona- zu ai. gund- 'der
einzelne Faden einer Schnur; Schnur, Strick; Bogensehne, Saite;
Art, Eigenschaft usw.' Die Grundbedeutung des ai. Wortes ist
'Faden, Schnur', seine Grundform ist *gf-wo-; es gehört zugleich
mit einer Reihe idg. Wörter zu einer Wurzel ßer- 'drehen, flechten,
wickeln', worüber ausführhch Liden Stud. z. altind. u. vergl.
Sprachgesch., S. 3 f. (vgl. Wackernagel Album Kern 152).
Es muß beim ersten Zusehen befremdlich vorkommen, daß
die vielseitige Verwendung, welche das iranische Wort gefunden
hat — es vertritt u. a. öfters die deutschen Endungen -weise^
-artig^ -lieh u. dgl. — , auf eine Grundbedeutung 'Haar' zui'ück-
ziif Uhren sei. Wenn aber das Wort einst vorzugsweise vom Haare
der Tiere gebraucht worden ist, dürfte vom Standpunkt einer
Sprachgenossenschaft von Viehzüchtern die Sache leicht erklärlich
sein : 'das Haar' oder 'die Farbe' oder 'die Art' eines Haustieres
wird manchmal ziemlich dasselbe sein. — Die Ordnung, worin
Bartholomae die verschiedenen Bedeutungen von aw. gaona- auf-
führt, dürfte dem wirklichen Verlauf der begrifflichen Verschie-
bung entsprechen.
Ein schlagendes semasiologisches Gegenstück bietet finn.
karva. Es bedeutet: Haar, Haare, besonders von Tieren, auch
am menschlichen Körper (nicht das Haupthaar!) ') — Haarfarbe
— Farbe überhaupt — endlich 'forma, Gestalt' (vgl. läpp.
1) Auch von aw. gaona- wird angegeben, daß es nicht das Haupt-
haar bedeute, s. Geldner a. a. 0.
318 E. Lid6n,
garme 'forma, species, habitus', finn. Lehnwort). — Die Grrund-
bedeutung 'Haar' steht fest ; das Wort ist baltischen Ursprungs :
lit. gaurm 'Haare* (s. Thorasen Berör. mell. de finske og de halt.
Sprog 171). Das finnische Wort hat vielleicht jene Bedeutungs-
entwickelung bereits in der nicht näher zu bestimmenden baltischen
Sprache, woher es stammt, durchgemacht.
Nun glaube ich, daß aw. gaona- mit eben diesem balt.(-finn.)
Wort urverwandt ist. Nur die Suffixe sind verschieden: gaona-
aus idg. *QOU-no- stellt sich zu lit. gauras, gewöhnlich Plur.
gauraiSLWs, *ßou-ro- 'die kurzen, eine Haut rauh machenden Haare,
besonders die rauhen Haare der Tiere*, lett. gauri Plur. 'die Haare
an den Schamteilen'. Dazu gehören weiterhin mir. güaire (aus
*QOurio-) 'Haar', nir. guaire 'rough hair, bristle ; the hair taken off the
horse's tail', guaireachdn 'a hairj, bristly person or object' (Zupitza
KZ. 85, 269) und awnord. karr (aus *Qouero-) 'krause Locken',
nnorw. haure (aus ^gpuro-) 'krause Locke; spiralgewundener Hobel-
span ; Knoten am Zwirn usw.', s. des näheren beim Verf. unten S.341 ff.
Wie daselbst näher ausgeführt ist, weisen die verschiedenen
Bedeutungen der hier erwähnten und anderer nordischen Wörter
(vgl. auch nir. guair-dedn 'Wirbelwind' u. a.) darauf hin, daß die
ganze Sippe der Wurzel geu- '(konkav oder konvex) gekrümmt sein'
angehört, vgl. griech.Yu-po-c 'Rundung, Kreis, Ring',Yö-p6-c 'rund,
ausgebogen', nnorw. kaa '(das Heu) wenden', awnord. kä-beinn
'Krummbein' (aus *gOMo-), griech. yuaXov 'Wölbung, Schlucht',
mndd. kü-le 'Grube; Beule' u. a. — Zu dieser Wurzel sind längst
gezogen worden aw. gav-, gava- 'Hand' (eig. 'die gekrümmte, hohle
Hand', vgl. zur Bedeutung z. B. nnorw. krük 'Handvoll' : krüka
'den Rücken krümmen'), günaoiti 'verschafft', gaona- 'Gewinn',
lett. gü-t 'greifen, fangen', griech. eT-Turi '(die Einhändigung eines
Pfandes) Bürgschaft'. Falls dies richtig ist, sind aw. gaona- 'Haar'
und gaona- 'Gewinn' im letzten Grunde verwandt.
2. Aw. gaesa-, ir. gaoisid, gr. xotiin.
Aw. gaesa- M. 'Kraushaar, Lockenhaar', nach der Phlv.-
Übersetzung 'das Haar in zwei oder drei (Locken) geordnet',
phlv. ges, npers. ^^s, ges-ü 'herabhängende Haare, Locken, Gelock';
— westoss. yesä, ostoss. ^fs 'Borste', qiz-gim 'mit borstigem (rauhem)
Haar'. Aus dem Pers. stammen: afgh. gesü 'a side-lock', arm. ges,
Gen. Sing, gisoy, öfter Plur. ges-kh 'das lange Haar des Kopfes',
gisak-kh 'Locken'. S. Hörn Neupers. Etym. 212, Grundr. d. iran.
Zur iranischen Etymologie. 319
PhU. I. 2. 85, Hübschmann Pers. Stud. 96, 212, Arm. Gramm. 1, 127,
Etym. u. Lautl. d. osset. Spr. 33, Miller Spr. d. Osseten 25.
Dazu gehört j. aw. gaesu-, gae^u- 'kraushaarig, lockenhaarig;
(vom Kamel) zottel haarig', s. Bartholomse Altiran. Wtb. 480.
Außeriranische Verwandte sind, so viel ich weiß, nicht
nachgewiesen. Fr. Müller und Pick Vergl. Wtb.^ 1,294 stellen
aw. gaesa- mit ai. kega- oder kesara- 'Haar' zusammen, was aber an
der Yerschiedenheit der anlautendeu Gutturale scheitert. Hübsch-
mann am erstgen. 0., Hörn am letztgen. 0. und Salemaun Grundr.
d. iran. Phil. I. 1, 263 führen das iran. -s- auf idg. -k- zurück; es
fehlt aber ein etymologischer Anhalt für diesen Ansatz.
Die iran. Wörter stellen sich m. E. zu nir. gaoisid 'crinis',
gäl. gaois{i)d 'horse hair, the hair of beasts' (air. *gäissit), nir.
gaoisneach, gaoisideach 'crinitus', mir. goisideach 'ds.'.
Das Keltische und das Iranische zusammen weisen auf
eine indogermanische Grundlage *ßhaits'^ hin. — In npers. mähi
'Fisch' (aw. masya-^ ai. mdtsya-) und vielleicht niköhidan 'tadeln'
(vgl. ai. kidsäyati) ist allerdings idg. -fe-, aw. -s- durch h ver-
treten i). Da aber idg. ts und k im Altiran, gewiß zusammen-
gefallen sind, und da letzteres im Neupers. teüs als A, teils als s
erscheint^), dürfte es unbedenklich sein, dieselbe Doppelvertretung
auch für das aus idg. ts entstandene aw. s anzunehmen, s. Hübsch-
mann Pers. Stud., S. 219 (§ 109, e).
Daß in den fraglichen "Wörtern ein -t- mit im Spiele ist,
macht das gewiß verwandte griech. xanr\ 'langes, fi'ei herab-
wallendes Haupthaar des Menschen; die Mähne des Pferdes'
sehr wahrscheinlich. — Morphologisch erklärt sich die iran.-kelt.
Grundlage *Qhait-s- als die synkopierte Form eines s-Stammes.
Zu griech. xaifr) aus idg. *ßhaitä- verhält sich dies *Qhait-s-
wesentlich wie z. B. ai. vetas-d- 'Rute' (und griech. oicoc, falls
aus *uoifso-) zu ahd. ivida (idg, *uitä-) 'Weide' 3).
1) Vgl. Hörn Grundr. d. iran. Phil. I. 2, 94 (§ 42, 2, c), Hübschmann
Pers. Stud. 116, N. 2 und IF. Änz. 6, 32 (gegen Bartholomae Grundriß d.
iran. Phil. I. 1, 7).
2) S. Hübschmann KZ. 24, 385 f., Pers. Stud. § 100, 101, Hörn
Grundr. d. iran. Phil. I. 2, 85 (§ 38, 1, b, ß) und 93 (§ 42, 2, a, a), Bar-
tholomae Grundr., S. 165 f. (§ 282).
3) Die irischen Wörter und xaifn verbindet Stokes bei Fick Vergl.
Wtb. 2*, 104 (vgl. Macbain An Etym. Dict. of the Gaelic Lang. 169), aber
die für das Kelt. vorausgesetzte Grundform ist morphologisch unannehm-
bar. — Unwahrscheinliche oder unmögliche Ursprungsdeutungen von xairii
320 K. Liden,
3. Aw. wnä, nir. uaitnh, griech. euvr).
Aw. unä- {ütiä-) F. 'Loch, Riß (in der Erde)', in der Phlv.-
Übersetzung mm, iinak, s. Bartliolomae Altir. Wtb. 401, EF. 11,
143. Über die Bedeutung des Wortes handelt ausführlich
Lanraan Anier. Journ. of Philol. 11, 87 f. {unä = 'hole, crevice,
cranny').
Letzterer Forscher verbindet es mit aw. üna- 'kärglich, uu-
genügend (nicht gefüllt)', ai. und- 'ermangelnd, unzureichend',
griech. euvig, got. wans 'ermangelnd'; ünä hätte also ursprünglich
die Bedeutung 'an empty place, whether pot or hole, a cavit}''.
— Hörn Zs. d. d. morgenl. Ges. 43: 33 erklärt unä aus
*udnä zu ai. tmätti 'benetzen'. — Bartholonme bezeichnet die
Etymologie als unbekannt, lehnt also, mit vollem Recht, die er-
wähnten Versuche ab.
Wahrscheinlich ist u-nä verwandt mit air. huam gl. 'specus',
mir. {h)uaim Gen. uama, uamad 'Höhle, im Berg, in der Erde',
nir., gäl. uaimh Fem., Gen. uamha 'a holloAv, grave, cave, den';
aus *eu-mä, '^eu-mat- (resp. ou'^).
Zum irischen Wort stellt Strachan bei Fick Vergi. Wtb. 2^
48 griech. eu-vri 'Bett, Lager (des Menschen, des Wildes, der
Schweine, der Vögel usw.)'. Diese Vermutung ist von Brugmanu
Berichte d. Sachs. Ges. d. Wiss., phil.-hist. KL, 1901, S. 113 ff.
und IF. Anz. 14, 47 in überzeugender Weise begründet worden.
Die bisherigen Deutungen von euvri lehnt er wegen verschiedener
Mängel ab und mit besonderer Rücksicht auf die Parallele got. hadi
ahd. hetti 'Bett' : lett. hedre 'Grube' cymr. hedd 'Grab' (lat. fodiö
lit. bedu 'grabe')') setzt er als die ursprüngliche Bedeutung von
euvrj 'Aushöhlung, Vertiefung, Kaule, die Tieren und Men-
schen als Einschlupf und Lagerstätte diente', an 2). — Mit eu-vri
ist nun aw. unä- am nächsten zu vergleichen.
In diesem Zusammenhangdürften ai.rtm^a-'Brunnen, Zisterne',
bieten Prellwitz Etym. Wörterb. d. griech. Spr. 353, H. D. Müller BB. 13, 312.
Havet M6m. de la soc. de ling. de Paris 6, 238. Neuerdings sucht Sommer
Griech. Lautstud. S. 73 das griech. Wort mit ai. kesara-, lat. ccesaries
'Haar' unter der sehr problematischen Annahme einer Grundform *KaicTT5.
XaihiTÖ- zu vermitteln.
1) S. über got. badi usw. Persson KZ. 33, 290 (wo eine gute Bedeutungs-
parallele), Meringer Die Stellung des bosn. Hauses (Wien 1901), S. 107 f.
— Verfehlt Wiedemann BB. 28," 72.
2) Zu eüvr) stellt Bugge Lyk. Stud. 2, 11 lyk. eune. z-evnf Xager, Bett'.
Zur iranischen Etymologie. 321
avatd- 'Grube' (mit präkr. t für t) und lett. avüts 'Quelle' aus idg.
*eunto-^ bzw. *euonto- mit in Beti-acht zu ziehen sein. Sie werden
sonst entweder zur Präposition ai.am 'weg, herab' oderzu ai.öd-man-
'das Wogen, Fluten', lit. dudra 'Flut', lat. unda^ got. watö, ai. v-är-
'Wasser' u. a. gestellt — beides nicht recht überzeugend ; s. Fick
Vergl. Wtb. 1*, 5, Persson Wurzelerw. 228, N. 1 ; Johansson Beitr.
z. griech. Sprachk. 150, IF. 2, 62 (N. 2) und 8, 166; Bartholomae
IF. 3, 179 (vgl. FortunatovKZ. 36, 161, v. Bradke ZDMG. 40, 681 f.).
— Die ursprüngliche Bedeutung kann 'Vertiefung, Loch' sein.
Auch ai. avdni- F. 'Bett eines Flusses; Fluß; Erdboden', das
Persson und Johansson mit avatd- usw. verbinden, ist zu be-
rücksichtigen.
Die Hierhergehörigkeit auch von mir. üag F. 'Höhle, Grab',
nir., gäl. tmigh 'a grave, tomb, vaiilt, den, cave' aus *eug{h)ä-, *oug{h)ä-
ist wohl zweifelhafter. An dessen Verwandtschaft mit got. augö
'Auge' (Stokes bei Fick a. a. 0. 2*, 4) kann ich — trotz der se-
masiologischen Möglichkeit — nicht glauben^).
Nach Brugmann a. a. 0. (vgl. Meringer IF. 16, 160) gehören
griech. euvri und ir. uaimh zur Wurzel eu- 'in eine Hüllung ein-
gehen, in etwas einschliefen' (lat. ind-uö^ ex-m^ lit. aunü 'Schuhwerk
anziehen' usw.), wovon eine Anzahl Ausdrücke für Röhre und
röhrenförmige, ausgehöhlte Gegenstände gebildet sind, z. B. asl.
idijt^ lit. avilys^ aulijs 'ausgehölilter Stock für Bienen', griech.
auXöc 'Flöte (Rohr)', awnord. huann-iöU (aus *eulen-\ nnorw. aul(e)
(aus *aul°^ *oid'*) 'der hohle Stengel der Angelica Archangelica'
(Liden Uppsalastud. 95, Stud. 83), preuß. aulis 'Schienbein', asl.
tdica, arm. wf, uti 'Weg' u. a.; s. die ZusammensteUuugen bei
Liden a. a. 0., Bezzenberger Gott. Gel. Anz. 1898, S. 553, N. 1,
Pedersen KZ. 39, 459. Ich möchte noch lett. ula^ ul'a 'Radnabe'
(von Johansson IF. 2, 58 und ühlenbeck Altind. et. Wtb. 20 nicht
überzeugend zu ai. äni- 'Lünse' gezogen) nachtragen.
4. Aw. xsvfd-, lit. svestas.
Aw. xsvid-, xsvid- (N. Sing, xsvis-ca Vend, 13, 28) Mask.
'Milch', in Verbindung mit äzüti- überhaupt 'flüssige Nahrung' im
Gegensatz zu fester; Du. xsvtöa äzüiti Y. 16, 8 'Trank und Speise'.
1) Vgl. Thurneysen IF. Anz. 6, 196. — Wegen der angeblichen Form
üad (hüad) s. Stokes BB. 23, 64 f., gegen Thurneysen a. a. 0. und Ascoli
Gioss. palaeohib., p. 133. — Anders über tiag Macbain An Etym. Dict. of
thc Gael. Lang., S. 345.
322 E. Liden,
Justi Handb. d. Zendspr. 95, J. Schmidt KZ. 25, 57 u.a.
haben das Wort mit ai. k?ü 'Speise' und der ai. Wurzel ghas-
(jaghdsa, jdk^ati, jagdhd-) 'verzehren' verbunden, v^as heut-
zutage als in mehr als einer Hinsicht unhaltbar gelten muß.
Bartholomae Altir. Wtb. 562 bezeichnet die Etymologie als un-
bekannt i).
Aw. xsv- entspricht in einigen Fällen einem ursprüng-
lichem SM-, s. Bartholomae Grundr. d. iran, Phil. 1, 36, ßrugmann
Vergl. Gr. 1^, 739. Unser Wort läßt sich daher mit lit. svestas,
lett. sve'sts, sveksts 'Butter' zusammenstellen; das st dürfte ur-
sprüngliches -d-t- sein. Auch das halt Wort scheint bisher
isoliert zu sein.
Zum Begrifflichen vgl. ai. pdi/as-, aw. payah- 'Milch', pae-
man- 'ds.' im Yerhältnis zu ai. pivas- aw. pivah- 'Fett', griech.
TTiap usw.
5. Aw. taera-, staera-, lat. stilus^ Stimulus.
Aw. taera- M., N. 'Bergspitze, Gipfel' und staera- M.
'Bergspitze', phlv. terak^ bal. fer 'Bergspitze', afgh. tera 'scharf,
spitzig', s. Bartholomae Altirau. Wtb. 623, 1588, Grundr. d. iran.
Phil. I. 1, 33. Die Bedeutung der awestischen Wörter ist von
Bartholomae KZ. 29, 487 festgesteUt.
Fick Vergl. Wtb. 1 ^ 333 (vgl. Uhleubeck Altind. Et. Wtb.
345) verbindet aw. staera- mit ai. stydyate 'gerinnen, hart
werden', griech. ciia, ctiov 'Steinchen', got. stains 'Stein' u. a.
Auch Bartholomae Wtb. 1588 findet Verwandtschaft mit got.
stains möglich. Aus Bedeutungsgründen scheint mir diese An-
knüpfung sehr wenig zusagend.
Wenn wir an der tatsächlichen Bedeutung der iranischen
Wörter, 'Spitze, spitz', festhalten, dürften sie auf ein paar latei-
nische Wörter Licht werfen, welche bisher den Forschern lautliche
Schwierigkeiten gemacht haben.
Die aw. Formen, die sich zueinander verhalten wie z. B.
griech. ctetoc zu tctoc, können ein idg. *[s)toi-lo- oder *{s)tdi-lo-
darstellen. Aus einer damit ablautenden Form *sti-lo- erklärt sich
lat. stilus M. '1. ein spitziges Werkzeug in der Land- und Garten-
wirtschaft, um die Gewächse auseinander zu machen; 2. Griffel
1) [Johansson WZKM. 19, 236 sucht jetzt aw. xävtd- mit ai. k$%rd-
'Milch* zu vermitteln, was nur unter sehr unsicheren und komplizierten
Voraussetzungen möglich ist].
Zur iranischen Etymologie. 323
zum Schreiben; 3. Stiel, Stengel usw.'. — Nach einer älteren
Ansicht'), die jetzt wohl ziemlich Avenige Vertreter finden dürfte,
wäre stilus dem griech. ctOXoc 'Säule, Pfeiler' entlehnt, aber schon
die Verschiedenheit der Vokale — lat. f, griech. ö (nicht u) —
macht diese Annahme hinfällig. Andere 2) wollen es mit griech.
creXexoc 'Stamm, Stammende' zusammenbringen, was das lat. i
unerklärt läßt. Ebenso originell wie verfehlt ist die Meinung
Wharton's (Etyma lat. 100), daß stilus aus idg. *studho- (aengl.
studu) zu erklären wäre. Zahlreiche, besonders ältere Forscher 3)
lassen es aus *sUg-lo- entstanden sein und stellen es zu griech.
CTiTuü 'steche', lat. instigäre 'anspornen', ai. tejate tik-tä- 'scharf
sein', tig-mä- 'scharf, ahd. stehhan 'stechen', got. stiks 'Stich,
Punkt' usw. ; aus *sUglo- könnte aber nichts als *stigulus werden.
Wohl aus dieser Erwägung wird das Wort, wo man in neueren
Arbeiten ein Stellungnehmen dazu erwarten könnte, zumeist
stillschweigend beiseite gelassen'^).
Lat. Stimulus 'Stachel zum Antreiben der Tiere usw.'
widerstrebt der nächstliegenden und gewöhnlich angesetzten
Grundform *stigmolo-. ^) Es steht freilich nicht in allen Einzel-
heiten fest, was sich aus -gm- bei ungestörter Entwickelung im
Lateinischen ergibt, aber alles scheint dagegen zu sprechen,
daß das g spurlos schwinden könnte, vgl. Brugmann Grundr. P,
677, 6801, Kurze Vergl. Gr. 226, N. 1, Solmsen Stud. z. lat.
Lautgesch. 18, Kretschmer Einl. in die Gesch. d. gr. Spr. 128,
Sommer Handb. d. lat. Laut- u. Formenl. 237 f. Sommer sucht
sich mit Stimulus in einer Weise zurechtzufinden, die er selbst
als nicht gerade sehr einleuchtend bezeichnet. — Wenn nun stilus
für ursprüngliches *sti-lo- stehen muß, ist Stimulus unbedenklich
aus *sti-mo-lo- abzuleiten.
1) S. z. B. Weise Griech. Wörter in d. lat. Spr. 81, Keller Lat. Volks-
etym. 254 f.
2) Z. B. Liddell and Scott Greek Lex. s. v. ctO\oc.
3) Fick KZ. 20, 360, Vergl. Wtb.« 1, 247, 2, 276, Curtius Griech.
Etyin.5 214 f., Schweizer -Sidler u. Surber Gramm, d. lat. Spr. 1*, 63,
Prellwitz Et. Wtb. 302 und zuletzt Siebs KZ. 37, 312 (die lautliche
Schwierigkeit existiert für ihn nicht, denn er setzt stilus und Stimulus mit
langem / an!).
4) Z. B. Fick in der vierten Auflage seines Wörterbuches I, 144.
5) Schweizer KZ. 1, 560, Kuhn KZ. 6, 157, Curtius a. a. 0., Prellwitz
a.a.O., FickWörterb. 2', 276, Froehde BB. 16, 191. Ganz verfehlt Wharton
Etyma lat. 100.
334 E. Lid6n,
Es dürfte kaum zweifelhaft sein, daß das wurzelhafte Element
von aw. staera- taera- lat. stiliis Stimulus mit der auf g aus-
lautenden Wurzel der oben erwähnten griech. cti^uu lat. instigäre
usw. in entfernterer Verwandtschaft steht. Auch andere Um-
stände scheinen von der sekundären Natur dieses g zu zeugen.
Für jetzt muß ich mich damit begnügen, auf die Andeutungen
von Zupitza Die germ. Gutt. 45 hinzuweisen. Weitere Beispiele
des *Wurzelsuffixes' g finden sich bei Persson Wurzelerweit.
u. Wurzelvar., S. 14—24.
6. Aw. &raos-, 9rii-^ awnord. ^rdasÄ:.
Aw. &raos-^ Präs.-Stamm, 'reifen: zur Reife, Vollendung, Voll-
kommenheit bringen oder gelangen', &raos-ti- '(Reife), Voll-
endung, Ende', Das Perf. tu-9ruye (3. Sing. Med., statt tu&ruve)
*alere, auf erziehen, unterhalten' zeigt einen einfacheren Stamm, ohne
das s des Präs. — S.BartholomaeAltiran.Wtb.800f.,802,vgl.KZ.28,
46,GeldnerBB.14,20;15,253, CalandKZ.31, 260, Richter KZ. 36,
588, N. 1. [Vgl. jetzt Trautmann Zfd. Wortf. 7, 170. K.-N.]
Die Wurzel ist treu-, tru-, treu-s-. Daran schließt sich
folgende germanische Sippe:
aAvnord. pröa-sk, Fvät. ßröadisk 'to Avax, increase, grow';
nisl. ßrö-i M., prö-un F. 'ripening; advancement, development';
nnorw. tröna, -ast 'wachsen und gedeihen, stark und wohlbeleibt
werden' (Aasen Ordbog 836, Ross Ordbog 836; aus einem Part,
awnord. *ßrö-inn abgeleitet), urg. *pröu-\
ahd. trouuen Ra. gl. 'crescere, pupiscere' und triuuit Ra. gl.
*excellet, pollet, floref (Graff 5, 471; mit alem. t- statt rf-),
mhd. (md.) üf gedrouiven 'erwachsen', ä. nhd. druhen 'gedeihen',
thüring. dröen, drohen 'wachsen, gedeihen, wohl anschlagen';
Schwab., Schweiz. trUlien 'gedeihen', trüliaft 'nahrhaft' ; — • mhd.
drvo F. 'Frucht'. S. über die deutsche Sippe Grimm DW. 2, 1456,
Riegel KZ. 10, 1371, J. Schmidt KZ. 26, 7;^)
1) Hiehcr gehören wohl noch die Namen alid. Throand Droant =
awn. Pröndr Prdndr und ahd. Tro-olf, fränk. Dt-o-ildis, s. Bugge Norges
Indskr. m. de seldre Rnner 1, 335; über den Wechsel ö, ä s. Falk Arkiv f.
nord. fil. 6, 113, andrerseits Noreen das., S. 378. Vgl. auch awn. Prdndr,
poet. Benennung des Ebers, vielleicht auch als Bergname, s. Bugge bei
Rygh Gamle Personnavne i norske Stedsnavne 264, Norske Gaardnavne 3,
384. 15, 119. — Nach J. Schmidt a. a. 0. und Noreen Urgerm. Lautlehre
216 wären ahd. druos 'Drüse" und slav. trava 'Gras, Kraut' mit awn. pröasTc
usw. verwandt, was mir ganz unwahrscheinlich vorkommt; über das slav.
Wort s. Miklosich Et. Wtb. 364 a.
Zur iranischen Etymologie. 325
awnord, proskr aus vorgerm. *tru-sko- (oder *trus-ko-?)
'(mature. full-growu) vigorous' nur Skirnism. 39, 3; daraus sind
abgeleitet proski M. 'maturitj, füll age, raauhood, developnient*
und proska-sk 'to ripeu, grow ripe, grow up to füll age, live to
be a man' (nisl. auch akt. proska 'to make ripe'), Part, proskadr
'ripe, mature, grown up, adult' {p. bcedi at viti ok afli 'reif au
Geist und Körperkraff).^)
7. Aw. grava-, lat. veru usw.
Aw. grava- M. 'Stock, Rohrstock' kommt zweimal vor:
Akk, Sing, graom und Gen. Sing, gravahe^ Vendidäd 9, 14 [41, 42].
Es handelt sich da von einem längeren ('neunknotigen', nava-
pixom) Rohrstab, an dessen Spitze bei der Baresnüra-Zeremonie
ein Schöpf gefäß befestigt werden soll. Im Phlv.-Yendidäd wird
es mit grav wiedergegeben.^) Im Neupers. entspricht yarü
'Rohr'. 3) Die Etymologie gilt als unbekannt (vgl. Hörn Neupers.
Etym. S. 279, Bartholomae Altiran. Wtb. 529).
Ich verbinde das Wort mit lat. veru 'Bratspieß, Wurf-
spieß', umbr. beru- (PI. Akk. berva^ Abi. beriis) 'Spieß', air. bir
(aus *beru-) N. 'Stachel, Spieß', gäl. bior 'a thorn, a prickle; a
pointed stick; a spit, pin', cymr. ber 'a spit; a pike, spear',
corn. ber 'ds.', bret. ber 'broche, Bratspieß', welche auf idg. *ßueru
zurückgehen.
Iran, grava-^ das ich aus idg. ßvreuo- erkläre, steht zu
kelt.-ital. gVeru genau im selben Yerhältnis wie got. kniwa- ahd.
kniu knewes awnord. knS 'Knie' usw. aus idg. *gneuo- zu lat.
genu (griech. yovu ai. jänu usw.); vgl. got. triwa- asächs. trio
awnord. trS 'Baum' aus idg. *dreuo- zu griech. ööpu ai. däru usw.
8. Aw. pixa-^ lett. piks usw.
My.pixa- 'Knoten' ist otTi. Xet-, in der Verbin düng graom.. . .
nava.pixem 'einen neunknotigen Rohrstock' Vend. 9, 14 [41].
Dazu phlv. pixak 'Knoten (Wirbel)'. S. Bartholomae Altiran. Wtb.
1045 und 483 (unter gaonavant-).
1) Vigfusson Dict. 746b verbindet mit Recht //-osÄ-/ m\i prdask, vgl.
Kluge Nomin. Stammbildungslehre * § 209. Andere ziehen proski zu awn.
proti 'Schwulst', prütinn 'geschwollen', s. Noreen Urgerm. Lautlehre 117,
Altisl. Gr.ä § 310, Karsten Stud. ö. de nord. spräkens prim. nom.-bildn. 2,
119, aber ohne triftigen Grund dürfen die begrifflich nahe verwandten
Wörter prdask und proski nicht getrennt werden.
2) Anders West Sacred Books of the East 18, 437.
3) Fr. Müller WZKM. 9, 437.
326 E. Lid6n,
Dies dürfte verwandt sein mit lett. pik-s M., 'pika F. 'Erd-,
Lehmklumpen' (snega pika 'Schneeballen'), pikids *ein Erden-
kloß'. Die iran.-balt. Grundlage ist *piqho-^ -ä-. Die ursprüngliche
Bedeutung wäre etwa 'pila, globus, glomus'.
Die Endung -qho-, -qhä- kann suffixal sein. Neben dem
Suffixe -qo-, -qä- ist ohne Zweifel eine Yariante mit Aspiration
anzuerkennen, vgl. z. B. ai. mayükha- 'Pflock' (zu mi-tä- 'be-
festigt', mi-t- 'Pfosten' usw.), npers. ' mex 'Pflock' aus arisch
*mai-kha-^)\ aw. maöaxa-^ -ä-, npers. malax 'Heusclu-ecke'^); arm.
glux^ Gen. glxoy 'Kopf, acux 'Kohle', ijacax 'häufig', xrax^ urax
•froh' (Bugge KZ. 32, 10, Pedersen KZ. 39, 252 f. 254. 450).
Es stellt sich daher die Möglichkeit heraus, lat.^27a (aus *pi-la)
*Ball; Knäuel, runder Haufen, Kugel' hier anzuknüpfen^). —
Der Zusammenstellung von pila mit griech, -rrdXXa 'BaU', TidWeiv
'schwingen' (Curtius KZ. 3, 413, Fick Vergl. Wtb.a 2, 147, Wiede-
mann BB. 28, 21, der noch anderes heranzieht, vgl. Vanicek Gr.-lat,
et. Wtb. 1183) widerstrebt das lat. i. LautUch unmöglich ist
auch die Gleichung pila + ai. pinda- 'Ballen, Klumpen' aengl.
fiint usw., Froehde BB. 10, 298 (vgl. Johansson IF. 2, 43, N. 1)*).
— Ai. pela-, pelaka- 'scrotum' (Hemacandra), woran man denken
könnte, sind unbelegt.
Weiterhin dürfte lett. pite (aus *pi-tie-) 'Kloß, Klumpen' {fernes
pite 'ein Erdenkloß') verwandt sein. Die Bedeutung widerspricht
der üblichen Zusammenstellung mit lit. pln-ti, lett. pi-t 'flechten'
(Leskien Bild. d. Nom. im Lit. 547). — Daran schließt sich wahr-
scheinlich lit. p]-ta-s 'rund' {pUas paUtas 'ein rundes Ei' ; eine
sehr fragwürdige Kombination bei Leskien Ablaut d. Wurzel-
silben im Lit. 280).
9. Npers. gösa, awnord. kiös usw.
Npers. gösa 'Winkel, Ecke', bal. gösak (pers. Lehnwort) 'ds.',
käs. göM, kurd. ^«i, güse^ küsi 'Winkel'. — Die Etymologie scheint
unbekannt zu sein (s. Hörn Npers. Etym. 211).
1) Hübschmann Pers. Stud. 99 f.
2) Aw. maSaxa- gehört vielleicht zusammen mit griech. luäöuiar
•yvoieoi Hes., |uacdo|uai 'kauen', lat. mando 'ds'.
3) Lit. pylä 'Spielball' (Kurschat) ist wohl ein Lehnwort.
4) tJber ai. pin^a- s. Liden Stud. z. altind. u. vergl. Sprachgesch. 19,
N. 1; 87 f. und die da angeführte Literatur; Bartholomae Wochenschr. f.
kl. Phil. 1897, S. 655.
Zur iranischen Etymologie. 327
Als Grruridform von npers. gösa (aw. *gaosaka-) setze ich
idg. *gouso- an und ziehe es zu :
Nschwed. kjusa F. 'ein längliches, enges Tälchen' ; — nnorw.
kjös M. (PL -ar) und F. (PI. -er), kjöse M. 1. 'kleine, schmale Bucht
von der See ; 2. eine Vertiefung im Terrain, eine eingeschlossene
Niederung; tiefer Bachlauf; Pfütze'; — nisl. kjös F. 'convallis an-
gustior, a deep or hollow place'; — awnord. kiöss (kiös) ist als
Ortsname häufig^).
Auf eine allgemeinere Grundbedeutung führen nschwed.
kjus M. 'Ecke eines Sackes', awnord. ermar-kiös 'bauschiger Ärmel',
färöisch kjös F. 'Kropf der Vögel'.
Diese nordischen Formen weisen auf urgerm. *keusa-{n-\
*keusö-{n-\ idg. *Qeiiso-, -ä- zurück. Eine ablautende Form mit
ursprünglichem au (idg. ou) liegt in einem schwedischen See-
namen vor (Hellquist Sv. Laudsmäleu XX. 1, 330), ebenso in
dem nach Jessen Dansk etym. Ordb. 136 f. verwandten Worte
nnorw. ksysa F. aus *kausiön- 'eine Art "Weiberhaube, Kapuze',
woneben kysa, ndän. kyse Ms.' aus *keusiön-.
Hellquist a. a. 0., Falk u. Torp Etym. Ordb. 1, 368 und
WoodMod. Lang. Notes 19, 2 2) ziehen gewiß richtig die nordische
Sippe zur Wurzel q^eu- 'krümmen, biegen, drehen' und ver-
gleichen griech. yuaXov 'Höhlung, AVölbung (GiLpriKoc Hom.); Tal-
grund, Sclilucht, Grotte', TudXac 'Becher'; dazu Yur|c 'Krummholz
am Pfluge; ein Landmaß, Ackerland'; yuri 'Saatfeld, Acker' (vgl.
nnorw. kjos in der Bedeutung 'schmales Grasland, das sich wie
eine Bucht mitten in ein höheres Terrain hineinzieht ; Grasfleck
in einer sumpfigen Niederung', nschw. äker-kjusa 'Acker in einer
Niederung'), yuiov 'Glied, Ellbogen, Kniebug', inriTpöc YuTa Mutter-
schoß' u. a. Ein c kann hier geschwunden sein, ^v- kann aber
auch für yuF- stehen und zur unerweiterten Wurzel geu- gehören.
— Einige verwandten Wörter kamen im ersten Abschnitt, oben
S. 31 6 ff., zur Sprache.
1) Fritzner Ordb. 2, 291, Rygh Norske Gaardnavne, Forord og Ind-
ledn., S. 60.
2) Wood zieht auch ae. "ceosol cottage" zu nisl. Ajös. Ersteres
kommt nur in den Gorp.-Gl. 1001 unter der Form ceosol 'gurgustium' und
in den Epin. und Erf. Gl. 457 in der Form cesol 'gurgustium' vor (s. Sweet
Old. Engl. Texts). Nichts beweist, daß eo anzusetzen wäre ; vgl. Sievers PBB.
18, 415. — Es kann meines Dafürhaltens kaum zweifelhaft sein, daß wir
es mit einem Lehnwort aus lat. casula 'gurgustium, Hütte' zu tun haben.
— Unrichtig Schlutter Anglia 19, 493.
328 E. Lid^n,
— Zur Wurzelform *Qeu-s- gehören, wie ich glaube,
mndd. Jcüsel M. 'Kreisel', küselen 'kreisend im Wirbel drehen',
nndd. Msel 'Wasserwirbel; Scheitelpunkt des Haares; Kreisel',
küsel-uind 'Wirbelwind' (Brera. Wörterb. 2, 763, Danneil Wörterb.
d. altmärk.-plattd. Mundart 121, Doornkaat-Koolman Wörterb. d.
ostfries. Spr. 2, 415 f.).
10. Npers. gäSan^ gr. ßiveu) usw.
Npers. gäy-aö 'coitiert', Inf. gä-dan; phlv. gä-tan, gä-t;
kurd. gäy-in 'sich paaren' ; afgh. yai/-al, yöval 'coire cum femina',
yö M. 'coition, copulation'; balüci gäy (aus *gäi/-ay)^ Ptc. gäd^a
'coire'; — osset. (digor.) qäyun^ (tagaur.) qäin^ Ptc. qad 'coire';
— npers. gän 'coitus', kurd. gän kirdin 'coire' aus airau. *gäna-',
aw. gämo.hdrdHi- 'coitus'(??)^).
Die Sippe wird hauptsächlich an folgenden Stellen erörtert:
Hübschmann Etym. u. Lautl. d. osset. Spr. 46, Pers. Stud. 90,
Hörn Grmidriß d. neupers. Etym. 197, Grundriß d. iran. Philol.
I. 2: 130, 218; Geiger Etjmiologie des Balüci (Abh. d. Kgl. Bayer.
Ak. d. Wiss. XIX. 1, 122), Etym. u. Lautl. des Afghän. (ibid.
XX. 1, 176). Hörn — einem brieflichen Vorschlag Bartholomaes
folgend — bringt die iran. Wörter mit griech. YcciLieuj 'heiraten'
zusammen ; npers. gäyaö sei aus idg. *ßin-i-eti entstanden. Laut-
gesetzlich könnte dies jedenfalls nicht sein : idg. m vor / ergibt
arisch am. vgl. ai. ddmyati 'zähmt' aus '^drfiieti zu damitdr-^ griech.
död|LiaToc, öjuriToc; ai. gdmyati 'hört auf zu griech. KCXjuaTOC, K^riTÖc
usw. 2). Diesem Einwurf wäre ja freilich durch Annahme von
Ausgleichung nach Formen wie airan. *gä-ta-^ *gä-na- usw., wo
gä- für idg. ßip,- stehen könnte, zu entgehen. Entschieden un-
günstig stellt sich aber die Tatsache, daß griech. ■^a\x6.\ — vgl.
YctMoc 'Hochzeit, Ehe' usw. — die Verbindung von Mann und Weib
vorwiegend in rechtlicher und sozialer Beziehung bezeichnet und
nur selten und zwar euphemistisch von geschlechtlichen Ver-
bindungen mit Bezug auf ihre Naturseite gebraucht wird. Die
mutmaßlichen außergriechischen Verwandten weisen in dieselbe
Richtung hin ^).
1) So übersetzt es Geiger Ostiran. Kultur S. 341, Note 2 ; nach
Spiegel und Darmesteter 'Schritt', nach Bartholomae Altiran. Wtb. 522 'das
Machen eines Schrittes'.
2) Brugmann Vergl. Gr. 1 », 419, 420.
3) Griech. '^a]xiMi hat übrigens vielleicht palatales g. s. Pedersen
BB. 20. 232 f.
Zur iranischen Etymologie. 329
Die zunächst zu erreichende iran. Wurzel ist gä-^ Präs.
gäy-^ was an sich idg. *g(/i)ä- oder *g(A)ö-, bzw. -i- wäre. Es ist
indessen in Betracht zu ziehen, daß der lange Vokal erst aus
einem Langdiphthongen hervorgegangen sein könnte, welcher unter
bestimmten lautlichen Bedingungen den zweiten Bestandteil ein-
büßen mußte.
Als ursprüngliche Wurzelform setze ich *ßUä(i)- an; daraus
Präs. *gväi eti — >■ npers. gäyaö usw., *g"ä[/]-;<o — > npers. gän-^
vgl. ai. pänam Trunk' von der Wz. *pö{i)- 'trinken' oder dhätri
'Amme' zu dhdyämi lett. deju 'sauge' (Wz. dhei-) und andere
wohlbekannte Fälle ^).
Die Schwachstufe, idg. *g«z-, finde ich in griech. ßlveuu, ßivecKO-
iuai 'inire, coire, besonders vom außerehelichen Beischlaf. Betreffs
des Ablauts verhält sich ßi-v-euu zum iran. gäy- gä- wie z. B. griech.
TTi-v-Lu, TTi-Gi, ai. pt-td-, pi-ti-, asl. pi-ti zu m.pCujäna- 'das Tränken',
pä-ti 'trinkt', griech. rre-TTUu-Ka usw.
Die althergebrachte Kombination von ßiveuj mit ßia 'Gewalt',
SLi.Ji-nd-U Ptc.Jz^«- überwältigen, unterdrücken', Jya'Übergewalt'2)
kann man ohne Schaden fallen lassen : ßiveiv ist keineswegs "not-
züchtigen", wie es in der etymologischen Literatur zumeist an-
gegeben wird und wie es diese Etymologie voraussetzt 3). Wenn
mit ßiveiv in einzelnen Fällen 'per vim inire' gemeint ist, so
liegt das eigentlich im Worte nicht. Höchstens ließe sich vielleicht
glaublich machen, daß hier oder da eine dunkle begriffliche
Assoziation mit ßia, ßid^ecGai zum okkasionellen Grebrauch des
Wortes von dergleichen Situationen mitgewirkt haben mag.
^STeben idg. *g^ä;-, *ßifi- liegt vielleicht eine Wz. ßtfi-ä- in
griech. Idei- ßivei. [Kai mvei. Kurrpioi] Hes., s. Kretschmer KZ. 31,
383, Hirt Abi. a. a. 0.
Vielleicht gehört hierher awnord. kuigr M. 'Jungstier' ^),
1) Es steht natürhch den Anhängern des Standpunktes, der von
Persson am entschiedensten vertreten ist, nichts im Wege, die Wurzelform
*gVäi- als aus *gVa- erweitert aufzufassen.
2) So z. B. Prellwitz Et. Wtb. d. gr. Spr. 47, Brugmann Vergl. Gr. 2,
llßO, Hirt Der indog. Ablaut 98, Handb. d. griech. Laut- u. Formenl. 95,
Leo Meyer Handb. d. gr. Etym. 3, 105 u. a. Bezzenberger BB. 16, 243,
Fick Vergl. Wtb. 2*, 174 f. fügen ir. bine 'Übertretung, Sünde' hinzu.
3) Vgl. auch ßivTiTiduü 'heftigen Trieb zum ßiveiv haben'.
4) Snorra Edda unter den 'oxna heiti' und als männlicher Zu-
name, z. B. in Egils Saga.
IndogermaDische Forschungen XIX. 22
330 E. Lid6n,
kuiga nnorw. kviga^ ndäu. kvie^ aschwed. kmgha, nschwed. kviga
'junge Kuh vom ovsten Hervortreten der Brunst bis zum
ersten Kalben' ^). Idg. Grundform : *ßH-ko-, -kä-, etwa 'ßivriTitJuv'
oder 'coitui maturus'.
Man hält gewöhnlich kuigr, kuiga für eine Ableitung von
awnord. kü- 'Kuh*; so schon Ihre Gloss. Suiogoth. 2, 368, s.
besonders Hellquist Ark. f. nord. filol. 7, 3; von begrifflicher
Seite ist das nicht gerade einleuchtend, und morphologisch hat
es erhebliche Schwierigkeiten ; Hellquist erklärt kuigr aus *kü-igr
(durch eine, jedenfalls sehr späte, nordische Kontraktion von
n -f i) -), aber das nord. Suffix -ig- ist sonst gewiß nicht in einer
damit irgend vergleichbaren Pimktion nachzuweisen. Falls kuigr
tatsächlich mit kuh zusammenhängen sollte, muß seine Bildung
in eine uralte Zeit hinaufgerückt und aus idg. *Qm-i-ko- oder
*guu-iko- {*ßifu- Schwundstufe von *ßVöu- wie in griech. Böc-Ttopoc,
€KaT6|u-ßr|, ai. atithi-gvd-, vgl. ai. dvi-gu-s usw.) erklärt werden. —
l^och weniger überzeugend sind sonstige Urspriingsdeutungeu :
Orimm Gesch. d. d. Spr. 33, Kl. Schriften 3, 131 stellt kuigr
zu aisl. kuikr^ got. qius^ Bezzenberger bei Fick Yergl. Wtb. 2\
165, zweifelnd, und Zupitza Die germ. Gutt. 88 zu ir. hiach 'penis',
endlich Jessen Da. etym. Ordb. 135 will es zu uuorw. kmga
*schw' erfällig, wackelnd gehen' gehörig wissen. Falk u. Torp Etjm.
Ordb. 432 treffen keine Entscheidung zwischen Ihres und
Bezzenbergers Erklärungen.
In Anbetracht solcher Beispiele wie lat. meVe, griech. ßißdZieiv,
•dvaßaiveiv, eTnßaxeueiv, epuucKeiv, nhd. besteigen^ bespringen usw. liegt
die Yermutung nahe, daß die auf Grund von npers. gätjam griech.
ßiveuu usw. erschlossene Wurzel *g5'ä(i)- 'coire' mit der Wurzel
*g«ä(/)- 'gehen' im Grunde identisch sein dürfte: vgl. Ri.ji-gä-ti,
4-gä-t, ß-gäy-a, a-ß-ßata 'gehen', gä-tü- 'Gang', uru-gätja- 'weit-
schrittig', gä-ma 'Schritt'; aw^ gä-t 'schreitet', gäija- 'Schritt',
-gätu- 'Gang'; gr. ßi-ßa-Ti, e-ßö; lett. gäßi 'ging', gaita, gätis 'Flug-
löcheram Bienenstock'; osk. baiteis, lat. (eig.osk.-umbr.)&cE^öusw.
1) Mengl. cwie 'a heifer', nengl. dial. quee, quo>/, qui/, hwij, queg usw.
^id.° ist nord. Lelinwort, s. Björkman Scand. Loan-Words in Middle Engl.
216, Wall Anglia 20, 114, 126.
2) So auch jetzt Noreen Altisl. Gramm.* § 128 b. Anderweitige Bei-
spiele einer Kontraktion von ü + / zu uT fehlen.
Zur iranischen Etymologie. 331
Ob QUä- aus qväi- kontrahirt oder g«äy aus gVä- erweitert ist,
mag hier unentschieden bleiben ^).
11. Npers. täftan und Verwandtes.
Npers. täb-ad\, Inf, täftan (anal, täxtan) und täb-i-San
Mrehen, wenden; spinnen', intrans. 'sich drehen; gequält werden
usw.', abresum i täviöa 'seta filata'; täf-t-a 'Taft, Seidenstoff, Tübet';
taf-n-a 'Spinnengewebe'; Pämir-dial. schighni teb-am 'webe usw.',
sariq. täb-am, Causat. tab-än-am, wach! tow-am. S. Hörn Neupers.
Etym. 88, 257, Grundriß d. iran. Phil. I. 2, 137, Tomaschek
Centi-alasiat. Stud. 2, 874, Fr. Müller Wiener Zs. f. d. Kunde
d. Morgenl. 6, 352 f., Beitr. z. etym. Erki. d. gr. Spr. (1897)
S. 37, Hübschmann Pers. Stud. 46 f.
Keine Anknüpfung außerhalb des Iranischen ist meines
Wissens bisher gefunden. Griech. Totirric -r|TOc, TotTTic -löoc 'Decke'
ist nach Schrader KZ. 30, 484 (vgl. Leo Meyer Handbuch d.
gr. Etym. 2, 736) vielleicht ein frühes Lehnwort aus dem
iranischen Kulturkreis, wofür besonders der schwankende An-
laut — bdTTic (Ai'istoph., Hipparch. bei Athen.) neben toittic —
zu sprechen scheint (anders Bugge KZ. 32, 61). Urverwandt-
schaft ist aber nicht ausgeschlossen, s. unten.
Sichere altiranische Entsprechungen fehlen. Zweifelhaftes
aus dem Aw. bei Fr. Müller a. a. 0., vgl. aber Hübschmann und
Hörn a. a. 0.
Die iran. Sippe gehört meines Erachtens zu der bekannten
europ. Wurzel temp- 'spannen' : lit. tempiü terhpti^ tampaü tampijti
'durch Ziehen spannen oder dehnen', timpstii 'sich recken', tzmpa
'Sehne', temptyva 'Bogensehne'; lett. Upnl'üjä-s '(die Wolken)
ziehen hin und her' ; asl. tetiva 'Saite, Sehne', russ. dial. tepsti
'straff anziehen'; awnord.^am^r 'angeschwollen, dick (schwanger)',
nnorw. temba 'füllen, stopfen'; lat. tempus 'Zeit' (eig. 'Strecke,
Spanne'), tempora 'Schläfen', templum '(der sich erstreckende,
weite) Raum', temp-t-äre usw.; dahin vielleicht auch idtTTric, falls
echt griechisch. Siehe Leskien Ablaut im Lit. 350, Fick Vergl.
Wtb.^ 1, 443, Prellwitz Et. Wtb. 314, Rozwadowski Bull.
Internat, de l'Acad. des Sciences de Cracovie, Coraptes rendus
1892, S. 273, Osthoff IF. 8, 36 (wo reiche Literaturangaben),
1) Vgl. Persson Wurzelerweit. u. Wurzelvariation 70, 286, Brugmann
Vergl. Gr. 1^, 600, Johansson Beitr. z. griech. Sprachkunde 70 f., Beichelt
KZ. 39, 40.
22*
332 E. Lid6n,
Wood Mod, Lang. Xotes 19, 1 und bes. Brugmann Ber. d. Sachs.
Ges. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., 1897, S. 25, wogegen z. T. Kretschmer
KZ. 36, 264 ff.
Was die Form betrifft, geht der neuiran. Stamm tob- zu-
nächst auf ein altiran. Causat. *täpaya- zurück; dieses betrachte
ich als eine Neubildung nach bekannten Mustern zu den
schwachen Formen des primären Yerbums, deren Stamm *top-
ein idg. *fj7?2'" zi^ir Grundlage hati). Durch Ausgleichung, wie ge-
wöhnlicii im neupers. Verbum, ist das so entstandene ä verallge-
meinert worden. Unbelegte Formen mit d s. bei Hörn Npers. Et. a. a. 0.
Was die Bedeutung betrifft, kann man die von mir an-
genommene Bedeutuugsentwickelung von 'spannen, ziehen' in
den europ. Sprachen zu 'drehen; spinnen, weben' im Iran,
durch ein zweites, unbestreitbares Beispiel stützen. Eben im
Iran, weist die gemeinidg. Wurzel ten- 'spannen', die mit der Wz.
temp- synonym und wahrscheinlich auch entfernter verwandt
ist 2), genau dieselbe Abzweigung der Bedeutung auf: npers.
tan-aS^ Inf. tanidan 'drehen; spinnen', tanandö 'Spinne' (phlv.
towawcü'ds.'), toJaund^awasto 'Spinnengewebe', täna 'Zettel, Auf-
zug am Webstuhl', ^är 'ds.' (= aAv. *^^^ra-, aind. iäntra- 'ds.')^),
vgl. aw. /aw-, aind. tanöti^ griech. Tavutu, lat. tendö, got. -panjan usw.
'dehnen, spannen'. — Hier geht das Baltische mit dem Neu-
iran.: lett. tinu^ tu 'flechten, winden, wickeln', tanis 'Spinne,
Spinnengewebe', tina 'ein Setznetz', tinekUs 'etwas Gewundenes,
Gewickeltes', lit. tin-kla-s Netz'. Der Wurzel ten- eignen gewiß seit
ursprachlicher Zeit die Doppelbedeutuugen 'dehnen, spannen'
und 'winden, flechten'; auf der letzteren beruhen ohne Zweifel
z. B. folgende Worte : ai. tän-tu- 'Faden, Schnur, Draht, Saite ;
Aufzug des Gewebes', tdn-ti- 'Schnur', asl. teneto 'Strick, Netz',
lat. ienus 'Strick', awnord. pinull 'Netzstrick' usw.
Es erklärt sich jene Bedeutungsverzweigung einfach daraus,
daß das zu flechtende, spinnende, webende Material auf einer
primitiven Vorrichtung verschiedener Art zuerst ausgespannt
1) Vgl. z. ß. aind. Causat. bJiJ'ägdyati neben hhi-amgayati zu bhramgate,
biirägyate, Wz. bhramg-.
2) Die Wz. temj)- dürfte aus ten-p- hervorgegangen sein, wie neben
sem- 'schöpfen' (lit. semiu) ein sem-p- (lat. shnpulum simpuvium) besteht,
s. Brugmann a. a. 0., Meillet MSL. 11, 311 und bes. OsthofT IF. 8, 35, wo
weitere Literatur. Weitere Beispiele des Wurzelsuffixes -p- bei Persson
Wurzelerw. 49 fT., Meillet a. a. 0.
3) S. z. B. Hörn Neupers. Etym. 82, 89, Hübschmann Pers. Stud. 49.
Zur iranischen Etymologie. 333
wurde. Ein weiteres, naheliegendes Beispiel bieten got. spinnan
'spinnen', lit. ptn-ti 'flechten' einerseits, nhd. spannen, asl. pe-ti
'spanneu' andrerseits. Daß spinnen und spannen zusammenge-
hören, wird häufig teils ausdrücklich abgewiesen (z. ß. Frauck
Etym. Woordenb. unter spinnen), teils als eine mehr oder minder
unsichere Möglichkeit dahingestellt (z. B. Kluge Et. Wtb. unter
Spann e). Meines Erachtens steht die Verwandtschaft außer Zweifel.
12. Npers. mi^a 'Augenwimper', lat. micare.
Npers. miza, muia^ PI. muz{a)gän (gabri müjeng, käschän!
mujd, mejä, sivendl möMnk), mäzand. mejik, kurd. miM, miß,
muänk, balücl micäc. nordbal. misäs 'Augenwimper'. Als phlv.-
Form ist ^micak anzusetzen. S. Hörn N^eupers. Etym. 219 f.,
Grundriß d. iran. Phil. I. 2, 29, 73, 127, Hübschmann Pers.
Stud. 98, 137, 226, Geiger Etym. des Balücl 136. — Der Ver-
gleich mit ai. mi$äti 'schlägt die Augen auf, ni-ml^-F., ni-mißa- M.
'das Blinzeln, Schließen des Auges' (Bartholomse ZDMG. 46, 553)
ist lautlich unstatthaft: iran. c (idg. q) und ind. ß (idg. s) sind
unvereinbar. Entferntere Verwandtschaft, mit Zugrundelegung
einer einfacheren Basis mi-'^\ wäre zu problematisch.
Falls iran. mic° ursprünglich die Wimpern als die Zwin-
kernden, weil das Zwinkern des Augenlides mitmachend, be-
zeichnet, bietet sich zum Vergleich lat. micö, -ui, -äre 1. 'sich
zuckend und zitternd liin und her bewegen' (z. B. von dem
Schlagen des Herzens, des Pulses, von dem Zwinkern eines Tieres
mit den Ohren, usw.). 2. 'blinken, blitzen, schimmern'. Die ge-
meinsame Grundlage wäre idg. *miq-.
, Mit micäre verbindet ühlenbeck PBB. 26, 304, gewiß mit
Recht, osorb. mik-ac 'zwinkern', usorb. mik-nus 'schimmern'
(auch ai. mecaka- 'dunkelbraun, dunkelfarbig' u. a., was aber besser
fern bleibt).
Sonst wird micäre am häufigsten mit idg. meik-, miek-
'mischen' — lat. miscere, gr. |uicYuu, laiYVüfii, ahd. miskan, lit.
maiszyti, ai. mijaksati, Pf. mimyaksa, mimikse, Causat. meksayati,
Adj. mig-rd-, d-, sdm-, ni-mig-la- usw. — kombiniert: Schweizer-
Sidler KZ. 8, 398, Grassmann Wörterb. z. Rig-veda 1065 (er
schreibt dem ai. myaks- die gänzlich imbegründete Bedeutung
'schimmern, funkeln' zu), ^"eisser BB. 19, 291 f., Osthoff
IVIorph. Untersuch. 4, 325, 326, K 1, Wood Color-names 59.
1) Neisser BB. 19, 128.
334; E. Li den, Zur iranischen Etymologie.
Aber die Vorstellungsgruppen, die sich an micäre einerseits, an
miscere andererseits knüpfen, scheinen niir durchaus grundver-
schieden; vereinzelte annähernde Berührungen, übrigens nicht
gerade schlagende, welche z. B. von Osthoff am letztgen. 0. und
Neisser für Verwandtschaft ins Feld geführt Averden, können
den Gesamteindruck der Verschiedenheit nicht andern '). —
Wharton Etyma lat. 61 stellt micäre zu lit. tniisz-ti 'schlagen'.
Strachan BB. 20, 22 (Stokes BB. 19, 110) verbindet es mit
air. smSr Teuer', smSröit 'burning coals, sparks, embers', das er
aus *smikr° erklärt, aber das ir. Wort ist sowohl lautlich als
begrifflich mehrdeutig. Endlich Henry Lexique etym. du breton
mod. 101, N. 5 sucht zweifelnd einen Anhaltspunkt für air.
di-mic-in 'mepris, dishonneur', cymr. dir-myg-u 'mepriser' usw.
in lat. micäre. Es Liegt am Tage, daß keine dieser Kombinationen
auf größere Glaubwürdigkeit Anspruch machen kann. Auch die
Verbindung von micäre mit nndl. mikken 'mucksen; visieren,
micken; zielen' usw. (Fi'anckEtym.Woordenb. 636) ist zweifelhaft.
Es wäre verlockend, mit bal. micäc 'Wimper' und lat. micäre
auch eine anklingende slav.-balt. Wortsippe in Verbindung zu setzen :
asl. mignqti^ miiati 'blinzeln', oko-migü 'Augenblick', serb. magnuti
'winken, nicken', slov. za-mignoü 'einschlafen', poln. migac 'mit
den Augen winken ; schimmern', mgnqc 'zucken', mig 'Flimmer',
cech. mihati 'blinzeln, winken ; flimmern'; lit. uz-mingu 'schlafe
völHg ein', megas 'Schlaf usw. Vgl. über diese Sippe die eingehen-
den und einleuchtenden Erörterungen von Kern IF. 4, 108 ff.
Ihre Grundbedeutung führt aber vielleicht in eine andere Rich-
tung hin, und der idg. Auslaut der Wurzel ist wahrscheinlich
ßh. Zusammenhang mit idg. miq- 'micäre' 2) muß daher als un-
sicher dahingestellt bleiben.
Gotenburg (Schweden). Evald Li den.
1) Wer trotz alledem an Verwandtschaft von micäre und miscere
festzuhalten geneigt ist, braucht darum nicht den Zusammenhang von
iran. miö° 'Wimper' mit m,icäre verwerfen, denn neben iran. mis- 'mischen'
(idg. mik-) in aw. häma-myasaHe 'die beiden vermischen sich' y. 33, 1,
minaS 'du vereinigtest' y. 46, 14 findet sich iran. miö- in npers. ämezam,
Inf. amextan 'mischen', s. Hübschmann Pers. Slud., S. 8., Hörn Grundriß
d. iran. Phil. I. 2, 134.
2) Vgl. Neisser BB. 19, 128, 292. Anders über die slav.-balt. Wörter
Bugge Svenska Landsmälen IV. 2, 236f. N. (Noreen Urg. Lautlehre 268).
E. Li den, Zur germanischen Wortgeschichte, 335
Zur germanischen Wortgeschichte.
1. Nscliw. kull^ lit. gulta usw.
Xschw. kull M., PI. -ar bedeutet 1. 'so viele Jungen, als
auf einmal von einem Tier geboren werden, von Hündchen,
Kätzchen, Wölfchen, Ferkeln usw.; sämtliche Vögelchen, die
in einem Nest sind; so viele Eier, als auf einmal im Nest aus-
gebrütet werden (als konventionelle Zahlbezeichnung: 12 Eier):
Wurf, Brut, Hecke, Flug, Nest voll Junge oder Eier' ; 2. 'sämt-
liche Kinder aus derselben Ehe', z. B. barn af samma kull,
af första kullen 'Kinder aus derselben Ehe, aus der ersten
Ehe', tvä kullar barn 'Kinder aus zwei Ehen'. — Das Wort
findet sich in gleicher Form und Bedeutung in der altschwed.
Eechtssprache : kolder, kulder M. (= awnord. *kollr), D. Sg. kolle
{kol\ N. PI. kollar, -osr'); ebenso adän. koll {kol, ktil)^ PI. -ög^),
ndän. kidd^ sowie norw. dial. kold^ kuld [küld^ kodd usw.). Im
Awnord. ist es nicht nachgewiesen. — Im Norw. zeigen sich zwei
formelle Abweichungen gegenüber dem Schwed. und Dan. : das
Wort ist dort teils Mask., teils Fem. und hat Id statt ostnord. II
(Ross Ordbog. 440, Aasen Ordbog 375).
Als urgerm. Grundlage ist teils ^kölpa- M., teils, wegen der
norw. Formen, *koldö- F. zu erschließen.
Was die Etymologie betrifft, wird das Wort von mehreren
Forschern mit got. kilpei 'Mutterleib', in-küpö 'schwanger', ae.
cild 'Kind' und weiterhin mit ai. jathäram 'Bauch, Leib, Mutter-
leib', jar^w-, jarta- (lex.) M. 'vulva' zusammengestellt, s. Rietz
Sv. Dial.-Lex. 375 b, Zupitza Germ. Gutt. 211, ühlenbeck Got.
etym. Wtb.^ 95, Osthoff Parerga 1, 312, N. 1, Falk u. Torp Etym.
Ordb. 1, 421 3). — Dieser auf den ersten Blick bestechenden
Kombination stellen sich beim näheren Zusehen verschiedene
1) G. Sg. auf -ar nur im Kompos. kollcer arff Sdm., kullar arf U.
(Rydqvist SSL. 2, 36). Diese Endung kommt nicht selten in nachweisUch
ursprünglichen «-Stämmen vor, z. B. aschw. epar- (in Kompos.), awnord.
eidar, vgl. got. aißs a-St., air. öeth o-St.
2) Den ältesten Beleg bietet die RuneninschrifL von Horning (Anfang
des 11. Jahrh.) : " is: hanum: kaf: kul: uk: frialsi", s. Wimmer De
danske Runemindesmserker 2, 262 f.
3) Eine lautlich unstatthafte Etymologie bietet Jessen Da. Etym.
Ordb. 133.
336 R. Li den.
Bedenken entgegen. Die in der etymologischen Literatur kur-
sierende Bedeutungsangabe für aschw. kolder^ nämlich 'junge
Brut', ist eine falsche oder jedenfalls eine sehr unvollständige
und irreführende. Die tatsächliche Bedeutung-, 'die Brut, die
Kinder usw., welche in demselben Nest, Lager oder Bett ge-
boren sind', läi^t sich nicht ohne willkürliche Suppositionen mit
denen der verglicheneu "Wörter versöhnen. Aus der Gleichung
kilpei +jathdram jartu- ist zunächst nur ein idg. Wort für 'Leib,
Mutterleib' zu erschließen; daran ändert ae. cild (urg. *kelßiz-)
nichts, wie die Doppelbedeutung von ai. garbha-, aw. gardwa-
usw. ('Mutterleib' und 'fetus, Leibesfrucht') lehrt. Als begriffliche
Grundlage der fraglichen germ. und aind. Wörter eine uranfäng-
liche verbale Bedeutung wie etwa 'gebären' oder 'brüten' anzu-
nehmen, sind wir, so viel ich weiß, durch nichts berechtigt; im
Gegenteil haben Ausdrücke für 'Bauch, Leib, Mutterleib' in un-
zähligen Fällen ganz andersartige begriffliche Ausgangspunkte.
Das uord. Wort möchte ich verbinden mit lit. guliü gültig
lett. gul'ugül-t 'sich legen, zu Bette gehen', lit. guliü guleti 'liegen';
gidta^ guUe 'Tierlager', lett. gülta 'Bett'; lett. gül'a 'das Liegen;
die Sclilafstelle' ; lit. gülis 'Lager-, Ruhe- oder Schlafstätte von
Tieren oder Menschen', lett. gül'a 'Nest, Lager; Kasten, worin
man Gänse und anderes Fasel zum Brüten setzt', wozu griech.
TUjXeöc 'Schlupfwinkel, besonders Lager des Wildes' und, wie ich
Arm. Stud. 48 f. vorgeschlagen habe, auch arm. kat-ai 'Höhle
oder Lager wilder Tiere, der Schlangen usw.'; ausführlich über
diese Sippe Verf. a. a. 0.
Der tatsächliche Gebrauch des nord. Wortes erklärt sich
ungesucht aus einer ursprünglichen Bedeutung 'Lager, Bett,
Nest', daher 'was in demselben Nest oder Bett geboren
ist'. Nschw. en kull ägg, en kiill kycklingar eller grisar ist eig.
s. V. a. 'ein Nest Eier, ein Nest Küchlein, ein Lager voll Ferkel'
usw. ; harn af samma kull ist wörtlich 'Kinder aus demselben
Bette'. Es gibt eine Fülle von begrifflich gleichartigen Bezeich-
nungen: frz. enfonts du premier lit, de deux lits, engl, children
of the first bed. of two beds übersetzt exakt nschw. barn afförsta
kullen, af tvä knllar. — Lat. nidun ist u. a. 'die jungen sau-
genden Tiere in ihrem Behältnisse' (CoL); eine Ableitung davon,
it. nidiata, frz. nichSe, sp. nidada, bedeutet 'Hecke, Vögelchen
einer Brut, Nestvoll'. — Nnorw. b£fle 'Aufenthaltsort; Schlupf-
winkel; Nest' (awnord. bMi 'ds.') ist auch 'Tierjunge, welche auf
Zur germanischen Wortgeschichte. 337
einmal geboren sind : Jiunde-bMe, grise-hßle\ scherzh. aiicli von
Menschen'^); gleicher Bedeutung sind nnorw. lag^ eig. 'Lage',
und leg-de (zu liggja 'liegen'), letzteres auch 'Familie, von Menschen'.
— Engl, litter (of pigs, puppies, kittens) 'Wurf ist = litter 'ßett-
stroh; tragbares Bett'.
Aschw. kolcler^ nschw. kidl^ norw. kold usw. sind vereinzelte
Ableitungen, auf idg. -to-,-tä-, von der im Balt. noch lebenskräftigen
Wurzel. Norw. kold Fem. deckt sich genau mit lit. gutta 'Tier-
lager', lett. gülta 'Bett'.
In der altdän. Rechtssprache begegnet das betreffende Wort
auch in dem festen Ausdruck livsce {harn) i koll oc i kyn Jütl.
Gesetz 1, 21 und noch ndän. lyse i kuld og kön oder kuldlyse
Von selten des Vaters ein uneheliches Kind als ehelich und als
rechtm<äßigen Erben erklären' 2). Das entgegengesetzte Verfahren
wird Vald. S?ell. Lov 1, 20 durch swcerw {man) fran kol oc fran arv
ausgedrückt. Aus diesem Gebrauch des Wortes koll entnehmen
Falk und Torp a.a.O., daß es ursprünglich auch 'Geschlecht,
Familie' ("Siegt") bedeutet habe ; ich glaube, mit Unrecht. Von
einer solchen Bedeutung ist sonst nichts zu verspüren. Was in
jenen Phrasen mit koll gemeint ist, erhellt aus dem analogen
Gebrauch des Wortes siceng in der altschwedischen Rechtssprache :
siceng {sceng) 'Bett' dient dort häufig als ein prägnanter Ausdruck
für 'eheliches Bett' und daher 'diejenigen, welche dem-
selben Ehebett, derselben Familie angehören', z.B. mwcpw
sicßngcB drap Upl.-l. 'homicidium, quo parens, liberi, f rater, soror
vel conjux occiduntur' (eig. 'homicidium intra toro') ; iorßoi kisp
innam süengcer ibid. 'Gutskauf zwischen Eltern und Kindern
oder zwischen Geschwistern'; siwngcer aldcer 'ejusdem tori proles'.
Daher wird der Ausdruck {cervi) aldrigh sicengcer aldcer anncen
völlig gleichbedeutend mit cerfwi aldrigh kollcerkoll (Upl-1., M. 12
mit Varianten) gebraucht.
Das adän. livsa^ {harn) i koll oc i kyn ist demnach wörtlich
und auch sachlich getreu s. v. a. '(ein uneheliches Kind) in das
(eheüche) Bett und in das (väterliche) Geschlecht hinein erklären'.
Das stabreiraende kolloc kyn — nicht koll allein, wie Wimmer a. a. 0.
meint — bezeichnet prägnant 'den ret, der tilkommer et medlem
af aetten, slgegtsretten'.
1) Aasen Norsk Ordbog 96.
2) Einen gleichbedeutenden oder nahe verwandten Ausdruck bietet
die oben S. 385, N. 2. erwähnte Inschrift von Horning, s. Wimmer a. a. 0.
338 E. Lidön,
Soviel ich sehe, koiiinien wir für das jetzt besprochene
Wort überall mit der ursprünglichen Bedeutung 'Bett, Lager'
glatt durch. Daß Avir so auf dem richtigen Wege sind, bestätigt
uns die genaue Übereinstimmung mit lett. gutta 'Bett' und lit.
gulta 'Tierlager'.
2. Nschw. ö'y, rahd. wüppe.
Nschw. dial. öv N., M. 'Einschlag im Gewebe; Garn zum
Einschlag' (Östergötl., Smäland, Blek., Hailand, Schonen), s. Hylten-
Cavallius Wärend o. Wird. 2, 127, Möller Ordb. ö. hall, land-
skapsmälet 229, Rietz Dial.-Lex. 833 f.; in der älteren Literatur,
soviel ich weiß, nicht belegt.
Das ö kann entweder auf anord. i-, wofür ich ich keinen
passenden Anhalt wüßte, oder auf anord. y zurückgehen. Im
letzteren Falle würde öv einem awnord. *yf^., *ijfr M., G. PI. *yfia
entsprechen. Es ist demnach identisch mit ahd. [wuppi] wuppe N".
'Gewebe' (Notker), mhd. wüppe N. 'ds.', nhd. dial. spinnivupp
'Spinnengewebe' (Schmeller-Frommann Bayer. Wtb. 2, 965), zu
ahd, weban, awnord. vefa usw.
Die germ. Grundform ist *ub-ia- ; vgl. die tief stufige Wurzel-
form in griech. ucp-aivuu, ucpn, awnord. ofinn. Das anlautende u
ist im Deutschen oder vielleicht bereits im Urgerm. aus ver-
wandten hochstufigen Wörtern übertragen worden ; ähnliche Bei-
spiele s. bei Lidon Stud. z. altind. u. vergl. Sprachgesch. 25, 92.
Eine /a- Ableitung von der o-Stufe der Wurzel liegt in
nschw, m/", ascliw. vcev-er PI. vcev-iar, aAvnord. vefr G. PL vef-ia
Mask. 'Gewebe', ae. webb as. -webbi ahd. weppi N. 'Gewebe' aus
urg. *uabia- vor. Im Mhd. auch wippe N. aus '-^'ueb-ia-.
3. Aschw. thyster, ai. tü$nim usw.
Aschw. thyster (spät tyster, tßst) 'schweigend, stumm; still,
nicht laut', nschw. tyst 'ds.' ; spät adän. tliyst^ thßst^ ä. ndän. tyst^
tast 'ds.', jetzt nur noch das Neutr. tyst 'stille, ruhig, leise'; —
aschw. thys{t)-lika, adän. thystelik (1488) Adv. 'ds.' ; — aschw. ßyst-a,
thyst-a (spät tysta) Eem., spät adän. thystce^ ä. ndän. tyste {tyst,
tmt) 'Schweigen, Stillschweigen; Stille'; — dß,(i\\m .thys{t)-na, nschw.
tysfna 'verstummen, stiU werden', ndän. tysttie 'stille werden, sich
legen, sich beruhigen'^).
1) Im älteren Neudän. findet sicli neben ti/st, test eine Form tys{s),
t0s{s), PI. tysse 'schweigend, still'. Diese ist, wie ich vermute, aus dem
Zur germanischen Wortgeschichte. 339
Ostiiord, pyst- setzt eine germ. Grundform '^püs-ti- oder
püs-tia- (got. *ßusts oder *ßusteis) voraus i). Es stellt sich zu:
ai. tüs-nim Adv. 'stille, schweigend', tüs-mkd- 'schweigend';
— tüß-yati 'sich beruhigen, sich zufrieden geben oder fühlen',
tus-tä- 'befriedigt, zufrieden', tö^äyati 'beschwichtigen, zufrieden-
stellen'; tus-ti- 'Befriedigung, Zufriedenheit'; — aw. ^ws-m- 'still-
schweigend', tusni-sad- 'der stillschweigend dasitzt' ;
apreuß. tuss-ise 'er schweige', tus-na-n 'stille' ; — Sisl. po-tuch-
nqti 'quiescere, cessare', nsl. po-tuh-noti 'still werden' ; bulg. ras-
tusa 'trösten', poln. po-tuszyc 'ermutigen', po-tucha 'Mut' (aus Haus-) ;
ir. tö 'still, schweigend' (aus Hauso-\ tüa 'ds.' (aus *tausiio-)\
mcymr. taw 'schweig' (aus Hause) ^ acymr. taguel ncymr. tawel
'schw^eigend' (aus *tauselo-).
Ygl. im allgemeinen Fick KZ. 21, 6 f., 22, 373, Vgl. Wtb. 1 ^
57; über die letzterwähnten slav. Wörter Zupitza BB. 25, 101;
über die kelt. Wörter s. besonders Foy Zeitschr. f. celt. Pliil. 3, 268.
Anderweitige Kombinationen bei Meillet MSL. 9, 154, N. 1. Über
das abweichende asl. tichü 'still' s. Zubaty BB. 17, 326, anders
Pedersen IF. 5, 41.
Verwandte des fraglichen nordischen Wortes sind somit weit
verbreitet; unter den germanischen Sprachen scheint es nur im
Schwed.-Dän. fortzuleben. — Die ursprüngliche Quantität des
Vokals (nord. «/, urgerm. «) läßt sich nicht mit völliger Sicherheit
feststellen. Die spät altschwed. Schreibung tyysna (= alt. pystna)
könnte für ursprüngliche Länge in Anspruch genommen werden;
in nschwed. Dialekten, namentlich in üpland, ist die Aussprache
Neutrum der alten Form tyst abstrahiert, indem das -t als Neutralendung
empfunden wurde. In der jetzigen Sprache wird tys nur noch als Inter-
jektion 'still, horch!' (wie nschw. tyst^?) gebraucht. Auf dem Adj. tys
beruht die Ableitung tysshed = tysthed 'taciturnitas'. — Das Verbum tysse
[tesse) 'zum Schweigen bringen, beschwichtigen, beruhigen' läßt zwei-
fachen Ursprung zu. Es kann von dem Adj. tys{s) abgeleitet sein, kann
aber auch, wie Kaikar Ordbog 3, 508 a meint, aus dem niederdeutschen
tüssen (tuschen) Mm Reden Einhalt tun, beschwichtigen' entlehnt sein,
vgl. besonders Doornkaat-Koolman Wörterb. d. ostfries. Spr. 3, 451, Danneil
Wörterb. d. altmärk.-plattd. Mundart 229. Zur Einbürgerung des fremden
Wortes dürfte das Vorhandensein des einheimischen Adj. tys mitgewirkt
haben. — Nach Jessen Da. Etym. Ordb. 269 soll tys 'ein primäres Laut-
signal' sein und tysse daraus abgeleitet. Es bleiben dabei mehrere Tat-
sachen gänzlich unerklärt.
1) Eine Grundform *püsida-, got. *püsips wäre auch wohl an sich
möglich, gilt mir jedoch als unwahrscheinlich.
340 E. Liden,
tyst mehrfach bezeugt (s. Schagerström 8v. Landsm. IL 4, 40;
X. 1, 83; Grip das. XVIIL 4, 16; 6,49; Tiselius das. XVIII. 5,
14, 76). Es ist aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß
wir hier mit sekundärer Dehnung zu tun haben ^).
Frühere Erklärungen des nordischen Wortes.
Grimm DW. 2, 1756 verbindet nschw. tyst mit nhd. dtis 'still,
leise, schüchtern', dösen, dusam, dusel usw., welche Sippe aber
mit germ. d- anlautet, vgl. z. B. awu. diisa 'sich ruhig verhalten'
(s. Weigand Deutsches Wtb. unter 'Dusel', Schmeller-Frommann
Bayer. Wtb. 1, 548, Tamm Etym. sv. ordb. 1, 109 u. a.). 2) Ihm
schließt sich Rydqvist SSL. 3, 212 an. [Unrichtig auch Wood
Indo-Eur. «% S. 8.]
Jessen Da. etym. Ordbog 269 und Torp u. Falk Dausk-norskens
Lydhist. 114 ziehen ndän. tyst zu awnord. tuistr. Das ist un-
richtig.' Die dänische Form muß grundsätzlich in erster Linie
mit der entsprechenden schwedischen Form, wofür anlautendes
p- feststeht, zusammengehalten werden.
Das awnord. tuisti\ nisl. tvistur, nnorw. tmt, tyst ist von
ostnovd.ßyst- formell scharf getrennt; auf seine Etymologie brauche
ich hier nicht einzugehen (vgl. Schade Altd. Wtb. 975 a, Wood
IF. 13, 121,Solmsen IF. 14, 437, KZ. 37, 20). Auch seine Bedeutung
ist ursprünglich z. T. eine verschiedene: aisl. tuistr bedeutet 'sad,
dismal, distressed, downcast' (Vigfussou Dict. u. a.) und so immer
im Neuisl. (nach Zoega Isl.-ensk oröabök s. v. und Gislason Dönsk
oröabök unter 'taus' und 'tyst' zu urteilen) ; aber auch die Bedeutung
'still, schweigend' scheint im Altisl. bezeugt 3). Im Neunorw. kommt
sowohl die Bedeutung 'gedankenvoll, etwas schwermütig' als
'schweigend, still' vor (s. Aasen Ordb. 854, Ross Ordb. 853, 980)-
Die nnorw. Nebenform tyst kann dem onord. ßyst- lautlich ent-
sprechen, ist aber wahrscheinlicher aus tvist, zunächst in den
Kasus mit u in der Endung, entstanden^).
1) Mein Freund Dr. B. Hesselman, der gründliche Kenner der
betreffenden Dialekte, teilt mir auf meine Anfrage mit, daß er unent-
schieden lassen möchte, ob ursprüngliche oder erst sekundäre dialektische
Länge vorliege.
2) Das von Grimm (nach Ihre Gloss. 2, 861, 969) verglichene isl.
'ptis' existiert nicht.
3) Vgl. Vigfussons und Erik Jonssons Wörterbücher. Gewiß mit
Unrecht gibt Fritzner Ordb. '^ 2, 736 'still, schweigend' als die einzige
Bedeutung an.
4) Nnorw. ti/st scheint wenig verbreitet zu sein; Aasen verzeichnet
es nur aus Gudbrandsdalen. Ein awn. '^■ti/str, das sich bei Torp und Falk
Zur germanischen Worlgeschichte. 341
4. Awnord. yxin N. 'Ochs'.
In seiner vorzüglichen Ausgabe der Heiöarviga Saga (Kopen-
hagen 1904) hat Kälund dieses interessante Wort zutage ge-
fördert. Es kommt 3-mal in der ersten und ältesten, aus dem
13. Jahrh. stammenden Hand der Sagaliandschrift vor (s. Yor-
rede, S. II). In der ungenauen Ausgabe vom J. 1847 (in Islend.
Sog. II) verbirgt es sich unter der Form yxni. — Die belegten
Formen sind: yxin ("yxin .V. vetra gamallt") S. 69", yxinit 69 2",
Gen. yxins 73 ^2.
Der Bildung nach gesellt es sich zu got. gaitein N. 'epiqpoc,
junge Ziege" und mehreren westgerm. Benennungen für das Tier-
junge, wie ahd. geizzin, ae. ^äten 'Zicklein', ae. h^cin Ms.', ae.
cycen^ md. küchin 'Küchlein' (Kluge Stammbildungslehre ^ § 58 a);
yxin verhält sich zu awn. oxi^ uxi M. wie ahd. fulin N. 'Füllen'
zu folo M. 'ds.'.
Von dem gemeingerm. *suina- N. (awn. suin) abgesehen, ist
yxin, urg. Hchsina-^ bis jetzt der einzige nordische Vertreter der
neutr. Tiernamen auf -ina-\ yxin hat, wie suin, die sonst diesen
Bildungen zukommende deminutive Bedeutung aufgegeben.
5. Awnord. kdrr^ nnorw. kaure, lit. gaurat usw.
Awnord. kär-r M. 'krause Locken' ("er karr i häri hans
mikill" Post, s.); kärhgfdadr 'krausköpfig'; kär-hqfdi 'Krauskopf',
als Zuname (Landn.-bök) und Name eines Sklaven; gull-kärr und
-käri 'der goldgelbes krauses Haar hat', auch als Zuname ; punn-
kdrr 'der Dünnlockige', als Zuname (Landn.-bök); — auch ein-
fach wird karr als Zuname gebraucht^), und Käri, eig. 'der Krause',
ist ein häufiger Männername; — nnorw. kaar N. 'feine krause
Wolle von Lämmern' ; — aschAv. kär-ötter 'kraus, crispus, vom
Haupthaar'.
Von Gewicht für das Feststellen der ursprünglichen Form
ist nnorw. kaur N. 'Lammwolle' (= kadr\ kaure M. 'krause Locke,
bes. von Wolle'. Diese Formen gehen auf urg. ^kaura-, *kauran-
a. a. 0. findet, existiert nicht ; wenigstens ist mir ihre Quelle nicht aus-
findig. — Ob die aisl. Form tiustr 'still' zuverlässig ist? Sie beruht auf
einer einzigen Stelle, in Häkonar Saga Hcäkonars. nach der Lesart der
Skälholtsbök und der Papierhandschr. AM. 42 (die Frisbök hat hliodt). Die
Form ist auffallend. Es ist vielleiclit zu erwägen, ob sie durch nnorw. kjust
{tjust) oder 'hjus' (s. Aasen unter tvist) gestützt werden könnte. Dies ist aber
ener ein Onomatopoietikon. Wahrscheinlich ist tiustr für ^t«'s^/- verschrieben.
1) Rygh Norske og isl. Tilnavne (1871), S. 34.
342 E. Liden,
zurück, weshalb die zuerst genannten Formen aus urg. *kauera-,
*kaueran- (oder -am-, -aran-) zu erklären sind, s. Falk u. Torp
Etym. Ordb. 1, 358.
Es ergeben sich dann, wie ich glaube, als unzweifelhaft
verwandt :
lit. gaüras M., gewöhnl. PI. gaurat Mie kurzen, eine Haut
rauch machenden Haare', gaurütas 'mit Haaren bewachsen', lett.
gauri PI. 'die Haare an den Schamteilen', wozu (nach Zupitza
KZ. 35, 269)
mir. güaire (aus *QOurio-) 'Haar', nir. giiaire 'rough hair,
bristle ; the hair taken off a horse's tail' ; güaireach 'rough,
bristly; the hair on a horse's tail', guaireachdn 'a hairy, bristly
person or object', gäl. guair-sgeach 'that has hair on the head;
curled, in rings or ringlets'^).
Macbain AnEtym.Dict.of theGael.Dict.187 hat an Zusammen-
hang des ir. Wortes mit der "Wurzel gen- 'biegen' (gTiech. Y^aXov
usw.) gedacht. Daß dies richtig ist, darauf deuten ir. guair-deän^
-iieän 'Wirbelwind', guairhre 'a fluttering, a w^aving, of flags' hin.
Aber besonders die nordischen Sprachen weisen eine Fülle von
Formen und Bedeutungsnuancen auf, welche unabweislich auf
eine Grund Vorstellung 'krümmen, biegen, kraus machen'
u. dgl. zurückführen, s. Wood PBrB. 24, 530, Mod. Lang. Notes
19, 2 f. (dem ich jedoch in mehreren Punkten nicht zustimmen
kann), Falk u. Torp a. a. 0., 1, 358, 424 f. Ich beschränke mich
wesentlich darauf, diejenigen Wörter, welche das Suffix -ro-, -rä-
enthalten, namhaft zu machen:
a) Formen mit au (urg. *kau-r^)\
nnorw. kaure bedeutet nicht nur 'krause Locke', sondern
auch 'spiralgewundener Hobelspan; selbstgebildeter Knoten am
Zwirn; Fetzen, keilförmiges eingeschaltetes Stück Zeug au
E^eidern' ;
nnorw, kaura 'leise wehen, daß die Wasserfläche nur sich
kräuselt'.
b) Formen mit anord. a (urg. *kayer^):
nschw. käre 'kleine Welle' (Gotland); käre^ nnorw. kaare
1. 'spiralgewundener Hobelspan' {= kaure] vgl. kära bzw. kaara
'Späne schnitzeln, überh. schnitzeln'); 2. 'Gekräusel der Wasser-
1) Belege bei Stokes BB. 19, 87.
Zu ir. güaire stellt Henry Lex. 6tym. du breton 137 mbret. gour,
nbret. gor 'cordon'.
Zur germanischen Wortgeschichte. 343
fläche; ein die Wasserfläche kräuselnder Luftzug, schwacher
Windstoß' {kära^ bzw. kaara 'leise wehen'), daher auch 'Schauder'
(schwed.); 3. 'Jahrring der Bäume' (schwed., s. Kietz Dial.-Lex. 379,
Sv. Landsm. 18. 5, 80); = awuord. käri Ventus (poet., auch nisL);
Name eines Eiesen, Bruder des ^gir'.
Dahin gehört awnord. af-kärr 'tractatii difflcilis, vehemens,
ferox' ^), wohl eigentl. s. v. a. 'schief ab gekrümmt, in gekrümmter
Stellung steif und hartnäckig beharrend', daher 'ungefügig, schwer
zu handliaben'; vgl. zum Begrifflichen mndd. wret 'gedi^eht,
krumm' und 'wild, grimmig, grausam, heftig, strenge; stark, kräftig'.
Dasselbe -karr begegnet in suip-kdrr 'vultu truci' (Egilsson Lex.
poet.), wohl auch in -laun-kdrr {lUaunkdrr) 'der Greheimnisse be-
harrlich bewahrt, geheimnisvoll' und nisl. var-kdr 'vorsichtig,
behutsam' (Thorkelsson Suppl. III, 1238), wo die ursprüngliche
Bedeutung stark verändert ist.
c) Formen mit ü:
nschw. kura 'hocken' ("leka kura oder kurra gömma" =
Yersteck spielen), dial. 1. 'vorübergebeugt und zusammengekauert
sitzen, den Kopf gegen die Brust hängen lassen' ; 2. 'niederhockend
sich verstecken'; 3. 'still liegen oder sitzen; leicht schlafen, bes.
in vorgebeugter od. zusammengebogener Lage; faul und träge
sein ; überdrüssig sein' (Rietz 365) ; nnorw. küra 'sich nieder-
bücken; vor Kälte zusammenkauern; den Kopf hängen lassen;
mutlos sein; still Liegen, ruhen usw.'; ndän. kure 'sich ruhig
verhalten; faulenzen, brüten'; nisl. küra 'to doze, mope, sleep'
(Thorkelsson Suppl. 3, 580 )2); me. euren, couren, ne. cower (wahr-
scheinlich nord. Lehnwort, s. Björkman Scand. Loan.-Words 248);
— mndd. küren '(dem Wilde) auflauern; spähend schauen'; nhd.
kauern 'die Schenkel auf die Waden niedergelassen sitzen'. Die
genu. Grundform ist *kürön-^).
Überzeugend stellt Wood dieses Wort, Falk und Torp auch
die übrigen nordischen Wörter zu griech. yö-poc 'Krümmung,
1) So übersetzt Egilsson Lex. poet. und wesentlich auch Fritzner
Ordb. 2 s. V. Die Übersetzung von Gering Vollst. Wtb. zu der Edda ("ungewöhn-
lich, das Maß überschreitend; wild, trotzig") ist verfehlt. [Ganz zutreffend
geben es jetzt Hsegstad u. Torp Gamalnorsk Ordb. mit 'rang, leid' wieder.]
2) Noreen Sv. etym. 49 (Skrifter utg. af Hum. Vetensk.-samf. iUpsala
V, 3) hält kura für ein niederdeutsches Lehnwort. Dagegen spricht die
reiche Bedeutungsentfaltung und allgemeine Verbreitung des Wortes. Mit
Unrecht verbindet er es mit got. qairrus, awn. hyrr 'ruhig'.
3) Ob auch gäl. gurrach, gurraban 'crouching, crouching on the
hunkers' hierher gehört? Anders Macbain a. a. 0., S. 188.
344 E. Liden,
Kreis', Yö-p6c 'gebogen, rund', Yöpouu 'krümmen', die weiterhin
mit griech. Tu-a\ov 'Wölbung', ymov 'Glied', yau-Xö-c 'Eimer,
Bienenkorb', ai. gö-la- 'Kugel', awn. kü-la 'Geschwulst', nihd. kü-le
'Kugel', awn. kiöll (aus *keu-la-) 'Fahrzeug' u. a. zusammengehören.
Ohne konsonantische Ableitung liegt dieselbe Wurzel vor
in nnorw. kaa '(das Heu) wenden', awn. kä 'Einem die Euhe
stören' (aus *kau-ö7i-) und ir, gao^ gö 'Falsche, Lüge', cymr. gau
'falsus; raendacium', s. Falk u. Torp a. a. 0., Fick BB. 6, 160, vgl.
Bezzenberger bei Fick Vergi. Wtb. 2^, 108. — Auch awn. kä-beinn,
etwa 'Krumnibein', als Zuname, ist wahrscheinlich hier anzureihen.
Einige mit den oben erwähnten nordischen Wörtern zu-
sammenhängenden Bildungen kommen im folgenden Abschnitt
zur Sprache.
Aus einer indogerm., wahrscheinlich germanischen Sprache
stanmit w^ohl finn. keiiru 'krumm, gekrümmt; verschlagen, listig';
die Vokalisation wie in nnorw. kjore, worüber gleich unten. Ygl. auch
kaa7'i 'Bogen, Krümmung' {kaaritan 'arcuo, curvo') ; kuru 'kleine
Bucht, Ecke' ? Zweifellos nordische Lehnwörter sind kuuru 'Schlupf-
winkel' (nschw. hir), kuuruiset 'Versteckspiel' (uschw. kura gamma
'ds'.); kare 'kleiner Wirbel im Wasser; AYindhauch usw'. ; läpp.
kara 'Span, Hobelspan' (Qvigstad Nord. Lelmw. im Läpp. 16-4).
6. Nnorw. kür^ kjöre — russ. ^urü usw.
Nnorw. kür M., N. 1. 'geronnene Milch'; 2. 'Käse im ersten
Zustand, wenn die Milch aufgewärmt, aber nicht gekocht ist';
3. 'Niederschlag von Käsekörnern in Molken' (Aasen Ordbog 397,
Ross Ordbog 441), aus urg. *küra-'^)\
nnorw. kjöre M., gleichbedeutend mit kür 2. (Aasen 357),
aus urg. *keuran-;
nnorw. kegr M. 'zähe Käsemasse von säuerlicher Milch'
(Ross 460), aus urg. *kauri- (-2«-?);
nnorw. kaara{seg) "bersten, sich scheiden", d. h. 'gerinnen,
körnig, käsig werden, von säuerlicher Milch, wenn sie aufgewärmt,
oder von Sahne, wenn sie gebuttert wird' (Ross 386), aus urg.
*kauerön- ^).
1) Aasen denkt an Verwandtschaft mit ne. curds, v/a.s lautlich
unmöglich ist.
2) Die Form kör {kaar) N., gleichbedeutend mit kür 3. (Ross 419),
sowie das nur z. T. bedeulungsverwandte kjera setzen vielleicht altes
(ö) ü voraus. Ich lasse sie als mir nicht klar und hier ohne Bedeutung
beiseite.
Zur germanischen Wortgeschichte. 345
Daß diese Wortgruppe mit der im nächstvorhergehenden
Abschnitt besprochenen intim zusammenhängt, ist schon wegen
der formellen Übereinstimmung eine fast unab weisliche Annahme;
beiden Gruppen ist der Yokalwechsel aii^ ä, ü gemeinsam. Was
das Begriffliche betrifft, habe ich anderswo (Ein balt-slav. An-
lautgesetz, S. 9, 13, Gotenburg 1899) gleichartige Beispiele aus
verschiedenen Sprachen zusammengestellt: Ausdrücke, für 'sich
drehen, sich krümmen' u. dgl. dienen häufig als Bezeich-
nungen für die Prozesse, welche Milch, Getränke usw. durch
Gerinnen, Käsen, Sauerwerden untergehen, z. B. nuorw., nschw.
dial. vrida sig 'sich drehen', von Milch, Dünnbier u. dgl. 'sauer,
bitter werden' ; nndl. ivrongel 'geronnene Milch' zu mndd. ivringen
'drehen, winden'; ital. girare 'drehen', von Wein 'sauer werden,
verderben' u. a.
Ein slavisches Wort zeigt eine auffallende Übereinstimmung
mit der norw. Sippe:
nsl. zur M., zura F. 'Molken', cech. zur^ zour 'saurer Mehl-
brei', poln. zur 'eingesäuertes ]ilehl und Wasser, woraus barszcz
gemacht wird; eine sauere, dicke Mehlsuppe', kas. hir 'Sauer-
mühle', osorb. zur 'Sauerteig, Guhr', kl.-russ. iwr, dzur 'eine
Art Getränk', russ. zurü 'säuerlicher Hafermehlbrei ; Hefe ; Boden-
satz von Hanföl', welche Formen sich aus idg. *geuro-, -ä- regel-
recht erklären und also mit nnorw. kjöre. ebenfalls aus idg. ßeuro-^
zusammenbringen lassen. — Indessen macht die nsl. Nebenform
züra [zöra] 'Molken' Schwierigkeit. Berneker IF. 10, 156 führt
letztere Form auf idg. *gouro-, die übrigen Formen auf *geuro-
zurück ^). Nun haben aber die übrigen in diesem und im nächst-
voraufgeheuden Abschnitt erwähnten Wörter entschieden v elares
g (lit. gaurai = nnorw. kaure awn. kdrrY). Ich kann das Neben-
einander von zur zura und zura im Nsl. nicht erklären, muß
daher dahingestellt lassen, ob die vorgeschlagene Kombination
deswegen hinfälhg werden muß.
7. Ahd. wintbräiva — air. find usw.
Ahd. ivintbrätva^ -präiva 'supercilium', mhd. uintbräwe,
-h% -prä^ winh% nhd. mmper F., mundartl. (kurhess.) weimbrö
1) Nach Miklosich Etym. Wtb. 413 wären die slav. Wörter germ.
Ursprungs.
2) Dies bezeugen auch verschiedene arm. Verwandte {kufn, krai/,
kur), worüber ich anderswo handeln werde.
Indogermanische Forschungen XIX. ^3
346 E. Liden,
hat gewiß als noch unerklärt zu gelten. Die Deutung als 'die
sich windende Braue'^), kann nur als ein Notbehelf betrachtet
werden; sie wird von Kluge Et. Wtb. ^ 425 als fraglich be-
zeichnet. Die z. B. von Weigand Deutsches Wtb. vorgetragene Er-
klärung als 'die Wind -braue' läßt sich kaum ernstlich verteidigen.
Die Wimper ist der Haar-rand des Augenlides. Das erste
Glied des Wortes dürfte in der Tat eine im Germ, sonst nicht
nachgewiesene Bezeichnung für 'Haar' sein. Ich verbinde erstens
ahd. ivint{-hräicd) mit air. find, finn 'Haar : pilus', mir. finda, find-
fad 'ds.', nir. ßonnadh 'ds.'. ^) — Stokes in Kuhns und Schleichers
Beitr. 7, 23 hat früher das ir. Wort mit dem zweifelhaften vinnus
'cincinnus moUiter flexus' in Isidori Origg., später (Revue celt. 14,
232) mit lat. villus zusammengestellt. Letzteres gehört aber be-
kanntlich mit lat. vellus zu lit. vllna 'Wollhärchen', nhd. wolle usw. 3)
Mit Eecht hat Stokes diese Vermutungen in seinen Urkelt.
Sprachschatz (Ficks Wörterb.^ II) keine Aufnahme finden lassen.
Macbain An Etym. Dict. of the Gaelic Language (Inverness 1896)
S. 157 setzt das kelt. Wort mit der Wurzel ues- 'kleiden' lat.
vestis usw. in Verbindung: find- soll für *ues-n° stehen; begrifflich
und auch lautlich ist dies nichts weniger als wahrscheinlich.
Air. find hat durchgehendes i {fitida, findaih usw.); das i
ist also nicht erst aus e entstanden*). Als vorkelt. Grundlage
setze ich ^undhä- an. In Ablautsverhältnis dazu steht nun ahd.
mnt- urgerm. *uind° (der Stammausgang ist unbestimmbar) aus
idg. *uendho-, -ä- od. dgl.
2. Hierher stellen sich, wie ich glaube, griech. lovOoc M.
1, 'das junge Barthaar, f] TrpujTri eKqpucic tüuv Tpixüjv' Suidas; 2. 'ein
mit dem ersten Barthaar oft ausbrechender Gesichtsausschlag';
iovGdc, -dboc, Attribut des Steinbocks, etwa 'haarig, zottig' oder
'langbärtig', ctTi. XeT- Hom. S 50. Der homerische Vers (.... öep|ua
iov9dboc dYpiou aiYoc) begünstigt die Annahme von anlautendem
F, und so wird auch von Fick Die homer. Odyssee in der ur-
sprünglichen Sprachform, geschrieben ^). Betreffs der Bedeutung
von iovBdc vgl. Ameis-Hentze Anhang zu Homers Od. zur Stelle.
1) Vgl. z. B. Schmeller Bayer. Würterb.* 2, 948.
2) Ältere Belege bei Ascoli Gloss. palseo-bib. 327, Windisch Ir. Texte
1, 550 usw.
3) Anders, nicht wahrscheinlich über villus Froehde BB. 20, 210;
vgl. Niedermann e und t im Lat., S. 65 ff.
4) Vgl. R. Schmidt IF. 1, 72.
5) Vgl. Knös De digammo hom. 1, 191.
Zur germanischen Wortgeschichte. 347
Ältere Etymologen stellen iov9oc, lOvBdc zu ibv 'Veilchen'
oder, am häufigsten, zu dvGoc, ctvöeuji) — beides offenbar un-
glaublich. Spätere Forscher lassen die Wörter zumeist etymolo-
gisch unerklärt. Eine anscheinend verlockende Erklärung gibt
Froehde BB. 20, 207 ff., der sie mit ahd. wisunt, -ant, awn. visundr^
ae. wesend^ weosend 'Wisent' verbindet, aber näher besehen stellt
sich die Erklärung als ganz unwahrscheinlich heraus. Ein idg. uis-
mit der Bedeutung 'Haar' od. dgl. ist sonst nicht nachzuweisen.
An sich ist anzunehmen, daß das germ. Wort entweder das Par-
tizipsuffix -owf-, -nt- oder das 'Zugehörigkeitssuffix' -uent- enthält;
für idg. -t- im Suffix spricht auch der mehrfach angenommene
Zusammenhang des germ. Wortes mit gall. Vesontio 'Besan9on' 2).
Ein idg. *uisondho-, das Fi'oehde voraussetzt, würde in mehr als
einer Hinsicht vereinzelt dastehen. Die Auffassimg des Namens
Wisent als 'der Zottige, Haarige' ist semasiologisch gewiß nicht
so schlagend oder gar zwingend, daß man allein darum etwaige
Bedenken beiseite zu schieben geneigt wäre. Es ließe sich wohl
eine andere passende Anknüpfung für Wisent finden 3).
Ich möchte iov0oc auf *ui-uondJiO- zurückführen und mit
air. find 'Haar' und ahd. irint- in ivint-hräwa verbinden ; ui- ist
Reduplikationssilbe wie in louXoc 'Milchhaar', iojpdc, luuKri u. a.
3. Die so gewonnene Gleichung wirft neues Licht auch auf
folgende Wörter:
air. /es 'Haar' {fh «cA^arac/i 'Schamhaare'), fhöc (-de aus *-owM),
nir. feusog, feasog 'Bart' — apreuß. tvanso Fem. 'der erste Bart' —
asl. vqsü und qsü 'barba, mystax', nslov. tos, bulg. vüs, cech. vous
'Barthaar', PI. 'Bart', poln. ivqs 'Knebelbart, Schnurrbart', polab. vös
'der erste Bart, Flaum', kl.-russ. vusij usy jusy, wruss. vus^ russ.
usü 'Schnurrbart, Knebelbart', PI. 'Barthaar', dial. 'Wolle' ^). — Die ir.
1) S. z. B. Gurtius Griech. Etym.^624, Pape-SengebuschWörterb. u.a.
2) Über i'oveoc, falls -ovGo- als suffixal zu fassen wäre, vgl. Kretschmer
Einleit. in d. Gesch. d. griech. Spr. 403.
3) Germ. *uesand-, *uesun^-, falls aus vorgerm. *ues-ont-, *ues-^t-
entstanden, kann mit ai. m-fra- 'Büffel, Kamel', aw. ustra- in entfernterer
Verwandtschaft stehen. Formell wichtig sind auch herul. Oüicavboc, ahd.
Wirunt (als Namen) u. a. m. — Übrigens verweise ich auf Schade Altd.
Wörterb. 1173 ff., Hellquist Arkiv f. nord. fil. VII: 20, Kluge Vorgesch. d.
altgerm. DiaL^ 325, Schrader Reallex. 690 f.
4) Lit. üsat, lett. üsas 'Schnurrbart' ist russisches Lehnwort. —
Nach Mikkola Balt. u. Slav., S. 7, 12 (Finska Vetensk.-Soc. : s Förhandl. XLV.
1902 — 1903) soll auch preuß. tvafiso dem Slavischen (Polnischen) entstammen,
s. aber Leskien Bild. d. Nom. im Litauischen S. 533, — Über die lit. Form
23*
348 E. LicUn,
und slav.-balt. Wörter sind zuerst von Stokes BB. 9, 89 und bei
Fick Vergl. Wörterb. 2^, 261, dann von Brugmann Vergl. Gr. 1^,
378, Sti'aclian BB. 20, 35 u. a. zusammengestellt worden; diese
Forscher setzen als gemeinsame Grundform *mnso- voraus.
Air. fSs steht, wie ich glaube, für idg. *uendh-s-o-, das slav.-
balt. Wort für idg. *uondh-s-o-, -ä-. Sie sind Erweiterungen eines
s-Stammes *uendh-es-, *uondh-es-. — Asl. qsü hat also ein anlau-
tendes V- verloren. Dies ist von einer Sandhi-Erscheinung abhängig,
die auch in asl. osa'Wespe' (: lit. vapsa, ahd. wafsa^ wefsa, aw. vawzaka-
usw.) wirksam gewesen ist; vgl. auch asl. qza neben vqza 'Band'^).
Nach Uhlenbeck PBrB. 24, 240, 241, Etym. Wörterb. d. altind.
Spr., S. 1 soll qsü ursprünglich vokalischen Anlaut gehabt haben ; er
stellt es, wenig überzeugend, mit ai. amci'i- Stengel, Schoß, Faser',
aw. qsu- 'Stengel' zusammen (apreuß. ivanso betrachtet er als slav.
Lehnwort). Schon die Rücksicht auf air. fes macht dies mehr als
bedenklich; seine etymologische Kombination ist nicht dazu ge-
eignet, die Zweifel zu heben 2).
Durch die Gleichung air. find — ahd. wint-bräwa — griech.
TovGoc — air. fds — apr. ivanso — asl. {v)qsü wäre eine gemein-
europäische Benennung für 'Haar, besonders Barthaar'
ermittelt.
8. Germ, puinan und Verwandtes.
Ae. pictnan (wahrscheinlich ein starkes Yerbum) 'weich
werden, einschwinden', aber nur mit Bezug auf Geschwüre, Ge-
schwülste, nach Behandlung mit heißem Wasser, Salben u. dergl.
(vgl. "bej)e |)ä fet and smyre, |)omie |)winej) hy söna" Lchdni. 1, 84,
s. Bosw.-Toller Dict. 1084); tö-piiman 'verschwinden' (s. Bos-
worth-ToUer unter tö-dwinan). Dazu das Kausat. pwänan^ ä-,
^e-pwänan 'einweichen, emoUire, irrigare' (vgl. |)ä ädrüsodon
heortan 3eJ)w^nan mid |)£eni flöwendan y|)on his läre 'corda
areutia doctrina) fluentis irrigare'), besonders '(durch Wasser,
Salbe usw.) machen, daß ein Geschwür weich wird' (s. Bosworth-
Toller s. v. 3e|)Av^nan), aus urg. *puai-n-\
oustai {uostat) vgl. Leskien a. a. 0. — Über estn. vunsi 'Schnurrbart' Saxen
Svenska Landsmälen XI 3, S. 241.
1) Vgl. die Literatur zur Frage bei Brugmann Vergl. Gr. P, 943,
Kwrze vergl. Gramm., S. 280; s. bes. Pedersen KZ. 38, 312.
2) Die von Pedersen IF. 5, 57 befürwortete Zusammenstellung von
asl. qsü und griech. dvBepeüjv 'Kinn' hat er KZ. 38, 312 widerrufen.
Zur germanischen Wortgeschichte. 349
aschw. thmna Vmi.-adhe (aus *pui-n°) und thwdena, -adhe
(awn. *puena^ urg. ^pui-n^) 'vor Krankheit, Hunger, Liebe, Sehn-
sucht usw. hinschwinden, hinschmachten, tabescere, languere;
hinsiechen', Part, thmnande, thwänande 'machtlos, matt, krank,
schmachtend; schlaff, träge'; thwänadher 'tabes, languor, Ohn-
macht, Krankheit'; — nschw. tvina, förtvina, tvina hört 'hin-
welken (von Pflanzen); hinschwinden, hinsiechen';
nnorw. tvina burt (aus awn. *pmna) 'einschwinden"^); —
tvinil M. (aus awn. *puinill) 'verkümmertes Geschöpf; daraus das
Denom. tvinla-st tvilla-st hurt 'einschwinden, hinschwinden, von
Lebendem und Leblosem ; nutzlos hinschwinden, verschwendet
werden' 2); — tmmia 'etwas (durch Kochen) einschwinden machen',
tvinna-st 'einschwinden' ^) ist möglicherweise aus einem Part. awn.
^puininn abgeleitet, könnte aber auch auf ein urg. *pumn- aus
idg. *tiii-nu- zurückgehen^);
spät adän. tivcenes 'hinschwinden', ndän. tvine '1. abgezehrt
werden; 2. jammern, weinen, flennen'; die letztere, etwas auf-
fallende Bedeutung zeigt auch das nordische Lehnwort ne. dial.
twine 'to pine or languish in sickness', aber auch 'cry, repine'
(ATright Engl. Dial. Dict. 6, 285 f., vgl. Wall Anglia 20, 125);
ein semasiologisches Gegenstück bietet ne. repine: pine {away).
— Die ae. Wörter habe ich an die Spitze gestellt, weil sie
uns ziemlich klar erkennen lassen, welche zentrale sinnliche Vor-
stellung durch den Lautkomplex puin- ursprünglich zum Ausdruck
kam. Die eigentliche Bedeutung desselben ist, wie es mir scheint:
"schmelzen, sich in einer Flüssigkeit auflösen, oder wie eine
schmelzende Materie (Schnee, Fett, Metalle) zergehen, seine Festig-
keit verlieren". Von diesem Vorstellungskreis aus sind, wie be-
kannt, zahlreiche Ausdi-ücke für 'hinschwinden, vergehen, hin-
welken, hinsiechen, entkräftet werden' hervorgegangen, z.B. griech.
TriKuu '(Schnee, Metalle) schmelzen', Med. 'zerschmelzen, zerfließen',
übertr. 'vergehen, sich verzehren, besonders von Krank-
heit, Gram, Sehnsucht usw.' Griech. xriKÖiuevoc (vouclu) Her.
1) Ross Ordbog 851 b.
2) Ross, S. 851 b, 852 a.
3) Aasen Ordb. 853 b, Ross 852 a.
4) Die synonymen Verba tvista-st und tvisla-st 'ein-, hinschwinden'
(Ross 852 b, 853 a) beruhen wohl nur scheinbar auf einer Wurzelform
ohne -n- ; sie dürften vielmehr durch formale oder begriffliche Konta-
mination mit einer nicht verwandten Wortsippe zu erklären sein, was ich
hier nicht des näheren zu erörtern brauche.
350 E. Li(16n,
übersetzt genau ascliw. thivanande [fore krankdom\ iiiKebubv Hom.
und aschw. thwcenadher 'tabes* sind völlig gleichbedeutend.
Im germ. ßuin- ist n zweifellos ursprünglich ein Präsens-
suffix; in *ßuf-, vorgerm. *tu-f- haben wir eine Erweiterung der
Wurzel *täu- 'schmelzen, nass sein' zu erblicken : vgl. ai. töya-
X. 'Wasser' == d^vn. ßjenjr M. (urg. *ßauia-) 'Thauwetter',/rtF. (aus
*ßauö-) 'schneelose, nicht gefrorene Erde'; ae. ßawian (a!), randl.,
nndl. c^oo^ew 'zu schmelzen anfangen, auftauen', ahd. douuen, deuuen
'1. auftauen, zergehen; 2. verdauen', mndl, nndl. ver-duiven 'ver-
dauen' (wohl mit anderer Ablautstufe iin Verhältnis zur hoch-
deutschen Form, s. Franck im Album Kern, S. 877), s. Fick Vergl.
Wtb. P, 94, Uhlenbeck Altind. eljm. Wtb. 117 u. a.^). — Eine
verwandte Erklärung spricht Wood Amer. Journ. of Phil. 21, 181
zweifelnd aus, aber ohne die nötige Begründung, weshalb Uhlen-
beck PBrB. 26, 571 sich ablehnend stellt.
Die sekundäre Wurzel tu-t- verhält sich zu tau- wie z. B.
tr-i- (lat. tritus^ de-tri-mentum) zu ter- lat. terö griech. leipou lepeuu,
oder wie hhu-i- (lat. fiö^ griech. uTiep-cpiaXoc, cpTiu) zu hheu- ai.
hhdvaU\ zahlreiche Beispiele beiPersson Wurzelerweit. 101 — 114.
— Die Wurzel tau- ist, wie anerkannt, selbst eine Erweiterung
der Wurzel tä- in asl. ta-lü 'geschmolzen, flüssig', tajq 'schmelzen',
griech. rd-K-uj, lat. tä-heö 'schmelzen, verwesen, schwinden', cymr.
taw-dd 'liquefactio', ir. tä-m 'tabes' u. a.
Zu ae. ßimnan usw. stellt Zupitza KZ. 37, 393 air. tinaid
'evanescit', eine Gleichung, die m. E. unter den bisher laut ge-
wordenen Erklärungen des irischen Wortes den Yorzug ver-
dienen dürfte. Besonders beachtenswert ist die genaue formale
und begriffliche Übereinstimmung mit aschw. thiväna aus urg.
^ßuinP. — Nir., gäl. tinn (tind) 'sick, sicklj, unwell, iir erinnert
an die nnorw. Form tvinna{st) und beruht wahrscheinlich auf
einem idg. {*tui-nu-) *tui-nu-^).
Eine im letzten G-runde verwandte Erklärung von ir. tinaid
gibt Pedersen KZ. 36, 106, wo er griech. idKuu lat. täbeö ir. td-m
1) Früher ist germ. ßau- unmittelbar mit gr. xriKU) verbunden worden
(s. z. B. Kluge Et. Wtb.« 390), wogegen Zupitza Die germ. Gutt. 76, Hübsch-
mann Etym. u. Lautl. d. osset. Spr. 58 u. a.
2) Über kelt. -nn- aus -nu- vgl. Stokes BB. 19, 95, Strachan BB. 20,
12 N. — Das scheinbar widerstrebende Beispiel air. banb, cymr. baniv
'Schwein' (Brugmann Vergl. Gr. 1 ^ H28) kann idg. -nd{h)u- haben.
Zur germanischen Wortgeschichte. 351
ahd. douuen vergleicht ; der Vokal i bleibt aber dabei unerklärt.
— Solmsen KZ. 35, 479 zieht es zu asl. tiliti 'corrumpereV lat.
ttnea, griech. c^c 'Motte', ai. sam-ti-nöti 'zerquetschen', asl. tina
'Schlamm', griech. tTXoc 'flüssiger Stuhlgang'^).
Mit a.e.ßtmnan usw. verbindet Wood a. a. 0. und Color-names
43 f. u. a. griech. civo)aai, lesb. civvo|uai 'berauben, verheeren, be-
schädigen, unglücklich machen', civoc 'Schaden, Beschädigung,
Unheil', was Avegen der weit abliegenden Bedeutung durchaus
unwahrscheinlich ist 2).
Wenn, besonders nach Ausweis des Altenglischen, die Wurzel
tut- — wie ihre Grundlage, die Wurzel tau ursprünglich '(flüssig,
schleimig sein) schmelzen, zerfließen, zergehen' bedeutet hat, läßt
sich hierher ziehen :
griech. ciaXov, ciaXoc, ion. cieXov 'Speichel, Geifer; das fettige
"Gliederwasser, |uuHa, KÖpuHa (Hippocr.)'; ci'aXoc 'Fett, Schmalz' ^j;
ciaXic- ßXevvoc. 'Axaioi Hes.; ciaXuuöric 'speichelartig, fettartig'; —
ciar TTTucai [cod. TTificai] .TTdcpioi Hes., aus *ci-cai. Die griech. Wurzel
ci- wäre dann idg. *tui-.
Mit Curtius Gr. Etym.^ 372 und anderen Forschern halte
ich es für sicher, daß ciaXov, -oc 'Speichel' von ciaXoc 'Schmalz'
nicht zu trennen ist; ciaXoc 'Schmalz' gehört zur Wurzel tuf-
'schmelzen' ebenso natürlich wie nhd. schmalz zu schmelzen. Die
Bedeutungen 'Fett' und '(schmierige) Flüssigkeit' stehen einander
1) Wood a. a. 0., S. 180 f. kombiniert die Erklärungen der drei
genannten Forscher und fügt noch anderes mehr oder minder Zweifelhaftes
hinzu ; ir. tinaid stellt er zunächst zu ae. pinan 'to become moist', asl.
tina 'Schlamm', gr. tT\oc u. a. Ähnlich Uhlenbeck PBrB. 26, 571.
Nach Brugmann Her. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1897, S. 19, Vergl. Gr.
1 ^, 589, 791 wäre das irische Wort mit griech. cpGivuj, ai. hsinati u. a. ver-
wandt, was Zupitza a. a. 0. wegen der nicht bewiesenen Lautentsprechung
ir. t = griech. cpe ai. h$ ablehnt.
Noch anders Stokes bei Fick Vergl. Wtb. 2 *, 128 und Macbain An
Etym. Dict. of the Gael. Lang. 330 (zu lat. attenuo, teniiis usw.).
2) Verschiedene Erklärungen des griech. Wortes geben Lagercrantz
Zur griech. Lautgesch. 121 ; — Niedermann e und t im Lat. 110 (wogegen
Solmsen KZ. 35, 476); — Fick BB. 26, 115 (vgl. Kretschmer KZ. 31, 420).
— Wharton Etyma graeca 113 und Siebs KZ. 37, 316 halten noch an der
alten, lautlich unmöglichen Zusammenstellung mit ahd. sivman fest (vgl.
G. Meyer Gr. Gr.'' 298j. Eine allseitig befriedigende Etymologie gibt es bisher
kaum. Diejenige von Lagercrantz ist lautlich leider nicht ganz sicher.
3) Über den Wechsel ciaXo- — cieXo- Hoffmann Griech. Dial. 3, 251 f.
352 E. Liden,
nicht fern: vgl. nhd. oberd. schmutz 'Fett'; mlid. räm 'Schmutz'
und 'Ralim', nhd. schmeer^ awn. smigr 'Butter', aber got. smarna
*Koth' usw.
Eine einigermaßen sichere Anknüpfung außerhalb des Grie-
chischen scheint bisher zu fehlen. Die alte Zusammenstellung
mit lat. saliva , ahd. slim 'Schleim' u. a. (s. Curtius a. a. 0.) ist
längst aufgegeben; der Versuch Johanssons PBrB. 14, 320, '^. 1,
dieselbe wiederzubeleben, ist zu verwickelt, um glaubhaft zu sein.
— F. de Saussure Syst. prim. des voyelles 286 zieht ciaXov zu ai.
eevala- 'matiere visqueuse', indem er für diesen und einige andere
Fälle ein besonderes idg. s ('s rüde') ansetzt, eine Hypothese, die
sich nicht bewährt hat. — Auf der Annahme, daß idg. su- zu
gi'iech. c- werden könne, beruht die von Persson Wurzelerw., S. 9
vorgeschlagene Kombination mit awn. saurr 'Koth' u. a. (Wurzel
SU- 'fließen'). — Endlich verbinden Kretschmer KZ. 31, 419, 439
und Prellwitz Et. Wtb. 283 ciaXov und ai. ksiv- ksevati ksivyati
.(nur in Dhätup. gana nirasane), etwa 'ausspeien', ein Wort, das
für etymologische Zw^ecke nur einen stark bedingten AYert besitzt.
— Von ciaXoc 'Fett' sollte wiederum das hom. (cöc) ciaXoc
'fettes, gemästetes Schwein' nicht getrennt werden'). Letzteres
wird sonst mehrfach aus *su-ialo- erklärt und zu g'ot. swein usw. ge-
zogen. Aber die Lautentsprechung griech. c- : idg. su- ist schwach
begi'ündet und wird jetzt von mehreren Forschern mehr oder
minder entschieden angezweifelt, s. Bechtel Phil. Anz. 1886, S. 14,
Hirt Handbuch d. griech. Laut- u. Formenlehre 156, Brugmann
Vergl. Gr. P, 7452).
9. Nisl. pvalur.
Msl. pvalur (awuord. *pualr) 1. 'madidus, naß, feucht';
2. 'subpinguis, smecticus, fett schmierig' 3).
Die germ. Grundform *puala-'^) möchte ich aus idg. *tu-ol-o-
(oder *tu-dl-o-) erklären. Die Grundlage ist die Wurzel tau- 'naß
sein, schmelzen, auftauen' in ai. tö-ya- 'Wasser, Regen', awnord.
1) Ob auch ciKo' uc. AdKUJvec Hes. für *tuf-kä stehe, möchte ich
nicht entscheiden.
2) In Anbetracht der stehenden homer. Verbindung cOc cia\oc ist
vielleicht die Vermutung nicht allzu kühn, daß die schwierige Form cOc
neben öc eben der steten Assoziation mit cia\oc ihr c- zu verdanken habe.
3) Bi0rn Haldorsen Lex. 2, 508, Thorkelsson Suppl. 3, 1361 ; Zoega
Isl.-Ensk Oröabük ("'damp, moist, clammy").
4-) Auch eine Grundform *py.alha- wäre an sich möglich.
Zur germanischen Wortgeschichte. 353
p0yr (aus *pauia-) 'Tauwetter', ae. pawian 'auftauen, zergehen'
usw., s. übrigens die Zusammenstellungen im vorigen Abschnitt.
Betreffs seiner Bildungsart verhält sich (tu-el-) tu-ol- zu täu-
wie z. B. griech. GoXöc (aus *dhuolo-) 'Schlamm', öoXepoc 'trübe;
betört, verwirrt', got. dwals 'töricht', ahd. twalm 'betäubender
Dunst, Betäubung' zu ai. dhü-mä- 'Rauch', c//iM-wra- 'trübe, düster',
griech. Gijuu 'toben', got. dau-m 'Dunst, Geruch' u. a., s. Persson
Wurzelerweit. 59 f., wo weitere Beispiele ähnlicher Erweiterung.
Nähere Verwandte des isl. Wortes kenne ich nicht. Mit
jener bis auf weiteres unsicheren Yermutung habe ich wesentlich
nur die Auf merksamkeit auf das unbeachteteWort hinlenken wollen.
10. Ahd. deismo — slav. testo usw.
Ahd. theismo.deismo'M. 'Sauerteig, Hefe, f ermentum, zyma',
mhd. deisme M., ä. nhd. und dial. deisam^ -em 'ds.' ; — mndd., mndl.
desem^ undl. deesem M. 'Sauerteig' ; — ae. päsma M. 'ds.'
Grimm DW. 2, 914 verbindet es mit deisen 'langsam sich
bewegen', weil "der deisam bewirkt, daß der teig in die höhe
geht, aufschwillt". ■ — • Sonst wird das Wort zumeist zu der Sippe,
welche im Nhd. durch gedeihen., dicht usw. vertreten ist, gezogen. So
Schade Altd.W^tb.98, Kögel PBrB.7, 195, Fi'anck Etym. Woordenb.
171, 181 f., Braune Ahd. Gr. 2, § 154, Anm. 4, Brugmann Yergl.
Gr. 1^, 712 u. a. — Zupitza Germ. Gutt. 139 f. schlägt eine etwas
verschiedene Kombination vor, indem er besonders ai. dtanakti
'macht germnen', takrd- 'Buttermilch', lit. ^«wätms 'dicht, dick', mhd.
dihte 'dicht', got. pähö 'Ton', nhd. dial. deihen 'dichter werden,
trocknen' zum Vergleich heranzieht. Die Wurzel tewq- ist ein
urzeitlicher Ausdruck für das Gerinnen von Milch u. dgl. (ein-
gehend darüber Liden Stud. z. altind. u. vergl. Sprachgesch. 39 ff.),
und dieser Prozeß gibt sich in der Tat durch das Dick-, Dicht-
werden der betreffenden Plüssigkeit kund. Vom Gären des Teiges
u. dgl. gilt gerade das Gegenteil : es wird dabei der gärende Stoff
poröser, flüssiger, oder, wie es häufig heißt, "leichter"^). Ich
muß daher jene Erklärung ablehnen.
Form aleSchwierigkeitenbestärken ohnehin denZweifel. Die
bisherigen Erklärimgen gehen von einer germ. Grundform '^paih-
-sman- oder, wegen der umgelauteten ae. Form, von *paih-smian-
{*Paihsiman- ?) aus. Es fragt sich dann, ob nicht ein ahd. {Hhehsmo)
1) Vgl. nschw. lättna 'leichter werden' und (dial.) 'gären, von Teig',
oder frz. levain (aus lat. levämen) 'Sauerteig, Hefe'.
354 E. Li den,
*desmo zu erwarten wäre; die ahtl. Kontraktion aih zu eh fällt
schon ins 7. Jahrh. (Braune a. a. 0., § 43, Anm. 1); es ist daher
wenigstens zweifelhaft, ob der Schwund des h vor sm noch
weiter zurückliege. Das mag indessen hier unentschieden bleiben.
— Jene Grundform birgt aber eine größere Schwierigkeit und
zwar, wie es mir scheint, einen chronologisclien Widerspruch.
Die Ablautstufe ai ist in der fraglichen Wurzel, wie bekannt,
unursprünglich, und zwar setzt das ai die Entwickelung von
vorgerm. Hewq- zu *pew}i-^ "^'pitdh- und schließlich gemeingerm.
*pi]i- als längst abgelaufen voraus. Andrerseits tragen die wenig
zahlreichen germ. Bildungen auf -ma{n)-^ -sma{n)- mit der Vokal-
stufe «, ai usw. gegenüber e, i usw. im Präsens des zugehörigen
Verbums das Gepräge hoher Altertünüichkeit. Jene Grimdform
sollte demnach einen anerkanntermaßen sehr früh improduktiv
gewordenen Bildungstypus vertreten ! Meinesteils wüßte ich den
Widerspruch nicht zu beseitigen.
Als Grundform möchte ich *ßaisman- aus vorgerm. *tdi-s-mon-
ansetzen. Wegen der ae. Form päsma (mit e-Umlaut) vgl. Kluge
Nom. Stammbildungslehre 2 § 1.52, Anm. o^). Das führt auf Ver-
wandtschaft mit dem slav.-kelt. Wort für 'Teig':
asl., nsl., bulg., cech., russ. testo^ serb. tijesto^ kl.-russ. thto,
poln. ciasto, polab. t'ostü, osorb. desto 'Teig; Gebäck', wozu nach
Eozwadowski Quaest. gramm. et etym. (Krakau 1897), S. 34 f.: 2)
air. tdis gl. 'massam (farinaceam)', mir. töis^ nir. taos M., gäl.
taois F.; cymr. toes M., bret. töaz M. 'Teig'.
Die slav.-kelt. Grundform ist *tdi-s-to-.
Die ursprüngliche Bedeutung 'Teig' ist im Germ, auf 'Sauer-
teig' spezialisiert. Ein genaues Gegenstück bietet gäl. taois, das
gleichfalls speziell 'Sauerteig' bedeuten kann.
Mit air. tdis usw. verbinden einige Forscher griech. ion.-dor.
CTttic oder craTc, Gen. cxaitoc Neutr. 'Weizenmehl mit Wasser zum
Teige eingerührt', s. Stokes bei Fick Vergl. Wtb. 2*, 121, Macbain
An Etym. Dict. 324, Rozwadowski a. a. 0., Henry Lex. etym. du
breton 265 % Rozwadowski will mit Rücksicht auf griech. craii- die
1) Oder haben wir in ßeesma eine Spur der Suffixstufe -in- im Ae.
(vgl, ahd. Gen. Dat. hftiin zu hana) anzuerkennen? Die uraltengl. Flexion
wäre solchenfalls Nom. *päsma Gen. *pcesmin usw. gewesen.
2) Miklosich Etym. Wtb. 356 und Leskien Bild. d. Nom. im Lit. 454
verbinden das slav. Wort unrichtig mit tit. teszlä, taszlä Teig'.
3) Henry zieht auch lat. stiria, Macbain außerdem griech. cxeap ("root
staj- concrescere") zum Vergleich heran.
Zur germanischen Wortgeschichte. 355
fraglichen kelt. und slav. Worte auf eine Grundform *to«Y-to- zurück-
führen, was aber schon wegen der attischen Form erde unrichtig sein
muß. Das germ. *ßaisman- neben slav.-kelt. Haisto- setzt ein ur-
sprüngliches s voraus. — Nun wird aber ciaic gewöhnlich mit
ciesp cieaToc (cifip cti-|t-), aus *CTäiap, 'stehendes Fett, Talg' in
Zusammenhang gebracht und weiterhin zu ai. stydifate 'dicht, fest
werden, gerinnen', lit. styras 'starr', styrti 'erstarren', nisl. stirur
'stiffnes in the ejes', lat. sUria 'ein gefrorener hangender Tropfen,
Eiszapfen' u. a. gezogen, s. besonders Solmsen KZ. 34, 7 f. und
die dort zusannnengestellte Literatur, Uhlenbeck Altind. etym,
Wtb. 345, vgl. Johansson IF. 3, 236, KZ. 36, 365 1). Es kommt in
der Tat creap öfters in derselben Bedeutung wie craic — wie
umgekehrt ctaic später statt cieap — vor. Diese begriffliche Be-
rührung kann allerdings sekundär sein und durch die Laut-
ähnlichkeit oder uns unbekannte sachliche Ursachen herbeigeführt
worden sein (wie es bekanntlich nicht selten geschehen ist).
Nur wenn es sich so verhalten sollte und also cxaic etymologisch
von cieap, ai. styä- usw. zu trennen wäre, vermag ich meines-
teils Yerwandtschaft von craic und den oben zusammengestellten
Worten für 'Teig' anzunehmen. Denn daß eine Bezeichnung für
'Teig, Brotteig' (falls sie als solche nicht sekundär ist) von der
Grundvorstellung 'dicht, fest, starr' od. dgl. ausgehen sollte, ist mir
nicht glaubhaft; die Durchmusterung einer beti'ächtlichen Eeihe
von Benennungen für 'Teig' hat mir jedenfalls kein semasiolo-
gisch vergleichbares Beispiel an die Hand gegeben. So wie so
möchte ich griech. ciaic, weil in mehr als einer Beziehung nicht
ganz klar, von der fraglichen Kombination lieber fernhalten, um
so eher, weil es kein anderweitiges Anzeichen dafür gibt, daß die
Grundlage des germ. und des slav.-kelt. Wortes mit dem ursprüng-
lichen Anlaut st- anzusetzen wäre.
Im germ. ^paisman- und slav.-kelt. Haisto- ist das -s- wahr-
scheinlich suffixalen Ursprungs. Diese Wörter lassen sich daher
— wie ich in meinen Arm. Stud. zu begründen suche — mit arm.
ihrem (aus Hhir-em) 'Teig, Mehl kneten' zusammenbringen; ich
erkläre dies als Ableitung eines vorarm. Ht-ro- 'Teig' und be-
trachte es als mit lit. tyras^ iyre 'Brei' am nächsten verwandt.
1) Nach anderen Forschern gehört cx^ap, aus *CTäFap, vielmehr zu
-".xeöTui, ai. sthävarä- 'stehend, unbeweglich' u. a. (Wurzel steu-), s. die
Literatur bei Solmsen a. a. 0., Brugmann Griech. Gr.'', S. 57.
356 E. Liden,
Zusammenhang mit der im nächsten Abschnitt besproclienen
Sippe gilt mir als sehr wahrscheinlich.
11. Ahd. (leisk, griech. tTXoc und Verwandtes.
Ahd. theisk^ deisk^ Gen. -es (Neutr.?) 'stercus, fimus, rudera'
Graff 5, 231 f. — Kein etymologischer Versuch ist mir bekannt.
Urgerm. *ßai-ska- stellt sich zu kelt. *tai-lo- cjmr. tau
'stercus, fimus', mbret. teijl, nbret. teil M. 'furnier', womit nach
Stokes in Kuhns u. Schleichers Beitr. 8, 476 und bei Fick Vergl.
AVtb. 2^, 121, Henry Lex. etym. 262 griech. ri-Xo-c 'flüssiger
Stuhlgang', TiXduu 'dünnen Stuhlgang haben' verwandt sind.
Weitere Venvandte sind: a) asl. ii-meno, ti-menije 'lutum',
osorb. tymjo^ tymjena 'Sumpf, russ. time'nije, kl.-russ. t'imenijca
'Unreinlichkeit am Leibe' ; — asl. ti-na 'lutum, ßopßopoc', bulg. tina,
russ. tina 'Schlamm'; nach J. Schmidt Kritik d. Sonantentheorie
109 steht tina für *ti-mn-ä, aus einem Stamm Hi-men- gebildet;
b) ae. ßnmn Prät. ßän 'to become moisf (idg. Präsensstamm
Hl-n-)\ ßän (urg. *ßai-na-) 'meist, irrigated; irrigated \^m\\ßänian,
ßänian 'to be or become meist'; — awnord. //ö'r (idg. *tt-tö-)
'nicht gefroren, frost-, eis-frei', wovon das Benom. ßida Prät.
ßidda (got, *ßeidjan) 'auftauen oder auftauen machen ; schmelzen,
von Schnee und Eis' (nnorw. tida^ nschw. dial. tia); zw ßida ist
ßidinn (= ßldr) gebildet und davon weiterhin ßidna (nnorw.,
nschw. tina) 'schmelzen, von Schnee und Eis' abgeleitet^).
Asl. tajq^ tajati 'Tr|Kec6ai, dissolvi', talü 'liquidus', serb. täjati
'sintern, stillare', russ. täjati 'schmelzen, tauen' — wozu nach
Meillet MSL. 9, 154 arm. tha-na-m Aor. tha-fi 'feuchten' — und
was damit in Verbindung steht, liegen schon etwas weiter ab.
Über diese Sippe handeln u. a. Prellwitz Et. Wtb. 322,
Solmsen KZ. 35, 477 f., Lagercrantz Zur griech. Lautgesch. 121
i) Eine verfehlte Etymologie von pfdr bei Karsten Stud. ö. de nord.
Spräkens prira. nominalbildn. 1 : 8, Beitr. z. germ. Wortk. 23 (Mem. de la
soc. n6o-phil. ä Helsingfors III, 1901); er zieht es zu griech. tTtiü 'Tag', lat.
titiö Teuerbrand' u. a.
Vigfusson Dict. 735,738, Noreen Altisl. Gr.» § 473, Anm. und v.
Grienberger PBrB. 21, 221 f., Ark. f. nord. fil. 14, llOf. halten ßt'öa für ein
ursprünglich starkes Verbum. Ihr Grund dazu ist das scheinbar starke
Partizip^/dmw, das aber nach Falk PRrB. XIV : 44 f. zu beurteilen ist. Falls
moderne Dialekte den Ansatz von kurzem i nötig machen sollten, ist es als
eine Neubildung nach dem Muster der starken Verba wie skma skininn zu
erklären. Fritzner Ordb. und Falk-Torp Etym. Ordb. II: 365 setzen piöinn
(mit langem i) wohl mit Recht an; Zoega Isl.-ensk oröabök schreibt j^iöinn.
Zur germanischen Wortgeschichte. 357
und besonders Wood Amer. Journ. of Phil. 21, 180 f., ühlenbeck
PBrB. 26, 571 (vgl. Falk u. Torp Etym. Ordb. 2, 365), wo noch
anderes mehr oder minder sicher Hierhergehöriges mit heran-
gezogen wird.
Hier sind vielleicht auch lett. tirelis 'ein großer und tiefer
Morast', lit. t/yrai 'mit Gras überwachsener Morast, Steppe, Heide'
(Mitteil. d. lit. liter. Ges., Heft 5, S. 319) unterzubringen? Die
Grundbedeutung ist jedoch unklar.
Arm. thr-ikh 'stercus bovinum, fimus' aus einem Grund-
wort *ti-ro- ziehe ich in meinen Arm. Stud. zu der fraglichen Sippe.
Ich möchte noch an bret. touez M. 'melange, masse', cymr.
twysg 'a mass, quantity' aus kelt. *teisko- (Henry Lex. 6tym. 267)
erinnern. Man vergleiche die Bedeutungsentwickelung von lat.
massa 'zusammengeknetete, geronnene Masse; Haufen, Masse'_
(aus griech. \xd.la, ludccou).
12. Nnorw. gjüv, griech. Kuqpoc usw.
Nnorw. juv, dju., ju Fem. und Neutr. 'eine Vertiefung in
der Erde, besonders Felsenkhift, Höhle', jua Fem. 'kleine ti-og-
förmige Einsenkung, bes. in Grasland', s. Aasen Ordb. 108, Roß
Ordb. 101 ^). Sie setzen dj- als ursprünglichen Anlaut an, indem
sie Verwandtschaft mit nnorw. duva 'hinimterbiegen' annehmen.
Aus verschiedenen Gründen müssen die Formen vielmehr auf
aAvnord. *gii(f^ *giüfa zurückgehen.
Sie kommen — einfach oder zusammengesetzt — in Namen
von Flüssen und Bauernhöfen in Norwegen mehrmals vor, z. B.
Gjuva, Juva, vier verschiedene Flüsse; die Höfe Gjuve^ Gjuven,
Gjuver, Gjuvet, Gjuvherget^ Gjuerßd usw. (so in normalisierter
Schreibung; gesprochen Jiive^ Juer^ Juvi, Juhcerje^ JureY).
0. Rygh Norske Gaardnavne, Inledn. og Forord, S. 51 (vgl.
Bd. IV. 2, S. 200 und passim) und die übrigen Herausgeber dieses
großen Werkes verbinden die genannten Wörter mit awnord.
gliufr N., Gen. -rs 'steiler Felsabhang u. ä.' ; ein l wäre demnach
überall ausgefallen. Falk u. Torp Etym. Ordb. 1, 228 und Noreen
Altisl. Gr. 3 § 287, Anm. 3 schließen sich dieser Ansicht an. Sie
scheint mir indessen, wenigstens in der Hauptsache, unrichtig
zu sein.
1) Die Form jü auch bei Vidsteen Ordb. over Bygdem. i Sendhordl. 26.
2) S. 0. Rygh Norske Gaardnavne I, 114-, 231, 260; III, 279; IV.
2, S. 200, 221, 225, 245, 270, 318; VIII, 202, 219 und Norske Elvenavne 73.
358 E. Liden, Zur germanischen Wortgeschichte.
Es ist erstens zu bemerken, daß die betreffenden Ortsnamen
durch zahlreiche Belege aus älterer Zeit bekannt sind, aber in
keinem Fall kommt das angebliche l zum Vorschein, trotzdem
mehrere Belege bis in das 14. und 15. Jahrh. hinaufreichen,
z. B. i Giuii 1365, Giufua um 1400 (später Diuve, jetzt Gjuve,
gespr. Juve, s. Gaardnavne IV. 2, S. 200); Giuf um 1400 und um
1430—40 (ibid., Inledn. og Forord 51); Gyvvulid 1454 (s. Elve-
navne 73). Es ist sonst von einem altwestnordischen Schwund
von l in dieser Stellung nichts bekannt; das einzige Beispiel bei
Noreen ist eben jenes Giuf.
Zweitens ist hervorzuheben, daß die altnordische Lautgruppe
gjj- jedenfalls in einigen der Dialekte, wo das fragliche Wort als
Appellativum fortlebt, erweislichermaßen als glj oder ^Z, nicht
als {gj) j erscheint. So heißt es in Hardanger gljaa (awn. glid\
aber dju\ in Sogn glaa, aber dju; im nördlichen Gudbrandsd.
glaa., aber juv^ in Telem. glaa und gljaa (vgl. auch gljüpe^ gljö\
aber juv^).
Es scheint mir daher unzweifelhaft, daß nnorw. [gjuv] ju{v).,
dju und [gjuva]jua aus awuord. *gmf¥.., N., bzw. *giüfa F. zu er-
klären sind. Damit gehören wahrscheinlich nordschwed. dial. dju N.
(aus *giüf) und djuvcer N. (aus *gmfr-y kleine Höhlung in Bäumen'
(Rietz Dial.-Lex. 92a) zusammen^).
Die Wörter gehören meines Erachtens zu der germ. Wurzel
^eub- i^ubb-) mit der Variante ;^eup- '(konvex oder konkav) ge-
krümmt, gebogen sein', worüber besonders v. Friesen De germ.
mediagemin.llN.,41 — 46 (UpsalaUniv.Ärsskr.l897)und J.H.Kern
Hz. im Album Kern 253 ff. ausführlich gehandelt haben; s. auch
Falk u. Torp Etyra. Ordb. 1, 230 (unter 'gjaevn') und 257 (unter
'gubbe'). Vgl. z.B. nnorw. güv (aus urgerm.*^^^«-) 'der zusammen-
gekrümmt, das Kinn gegen die Brust und die Schultern hinaufge-
zogen, dasitzt', nschw.gotl.^awa s/^ (aus *^mv) 'sich vorn oder hinten
überbeugen', gäu-härdugur 'buckelig' ; nnorw. gobb, ndän. dial.
1) Dem awnord. gliiifr entspricht in Mandal Fogd. gluvr, in Nord-
hordland gluvra ; demgegenüber sieht jua, hzvf. ju. Ob aber erstere Formen
auf gliüfr oder *glüfr- zurückgehen, möchte ich nicht entscheiden.
Eine eingehendere Untersuchung, wozu mir die Hilfsmittel fehlen,
dürfte vielleicht den Beweis erbringen können, daß der eine oder andere
Ortsname, wie etwa Givre (Gaardnavne IV. 2, S. 318), durch Dissimilation
aus gliüfr- entstanden wäre. Das würde aber ohne wesentliche Bedeutung
für die jetzt vorliegende Frage sein.
2) Ross Ordb. 101b führt ein unsicheres /wt'a 'sich hinunterbiegen' an.
E. Liden, Neue altenglische Miszellen. 359
gubbe 'die Schulterpartie', n^chyv.guhhe 'Hocke; alter Mann'; nhd.
(Schweiz.) guhel 'Hügel, Felsabhang; runder Giebel', eiter-guhel
'Geschwulst', mhd. guhel-nagel 'Hufnagel' ; — mit -jp- : ae. ^eap
'crooked, curved', mndl. göpe 'achterschenkel (van een paard)',
ahd. goffa, PI. -ün 'clunes' (Ahd. Gl, 3, 73, 450), mhd. goffe (md.
guife) 'Hinterbacke'; mhd. goufen 'die hohle Hand', nschwed.
göpen^ awnord. gaupn 'eine Handvoll' u. a. — unter außergerm.
Verwandten nenne ich nur griech. Köqpoc 'Krümmung, Buckel;
hohles Gefäß, Kiife', Köcpöc 'vornüber gebogen, gebückt, gekrümmt'.
Die gleichbedeutende balt.-slav. Wurzel gub- ist lautlich mehr-
deutig, läßt daher verschiedene Anknüpfungen innerhalb des Ger-
manischen zu (vgl. außer den oben erwälmten Forschern Zupitza
Germ. Gutt. 149).
Die zuerst erwähnten nord. Wörter bezeichnen eine kon-
kave Krümmung (wie auch mhd. goufen usw.), die Mehrzahl
der übrigen eine konvexe Krümmung. Diese Bedeutungen sind
bekanntlich häufig verbunden, vgl. z. B. mndd. küle 'Grube, Ver-
tiefung, Loch' und 'Beule, Geschwulst'.
Gotenburg (Schweden). Evald Liden.
Neue altenglische Miszellen^).
7. Ae. icöci^ 'Schlinge, Fallstrick'.
Dieses Wort ist nur in zwei altenglischen Glossensanmi-
kmgeu zu Aldhelm überliefert, und zwar teils in dem Bodl. Ms.
Digby 146, wonach die Ausgabe von Napier Old Engl. Gl. (Oxford
1900), teils in einem Brüsseler Codex, wonach die betreffenden
Glossen zuletzt von Bouterwek Zs. f. deutsches Altert. IX (1858)
veröffentlicht sind. Unser Wort erscheint f olgendergestalt :
tenticulam, .i. decipulam, |)elman, snearan, wocie
(Napier, S. 26^0); — tendiculum [gl. decipulam. rete. 1. laqueuiu,
quod tenditur leporibus 1. avibus]; in marg. : {)elman. snearan.
1. tvocie (Bouterwek, S. 429a);
cabearum, .i. catenarum, wocia, wyla, hola (Napier
S. 95*1); — cabearum [gl. catenarum]. wyla. 1. hola. oööe
ivociga (Bouterwek S. 489b).
1) Vgl. oben, Band 18, 407 ff.
360 E. Lid6n,
Bosworth-ToUer Dict. verzeichnet das Wort unter der Form
"wocig (?), -e; f. a snare, noose". In Sweet's The Student's Dict.
hat es keine Aufnahme gefunden. Napier a. a. 0. versieht es
ini Index mit einem Fragezeichen, m. E. ohne triftigen Grund,
da die Überlieferung durchaus unverdächtig ist, obgleich die
Form des Wortes beim ersten Zusehen etwas auffallend vor-
kommt.
Die Bedeutung ist, jedenfalls annähernd, ganz klar. Laut
der ersten Glosse ist unser AVort mit sneare 'Schlinge' und pelma
'Schlinge' {ayvn.ßialmi, Schlutter Angl. 24 : 531), welche tendicula
und decipula glossieren, synonym. Mit Rücksicht hierauf müssen
wir an der zweiten Stelle wocia, ivoci^a als zunächst catenarum
erklärend fassen; über wyla s. Napier a. a. 0., S. 95, Note 3560
(= "chains, bonds?"); hola ist wiederum als eine wortgetreuere
Wiedergabe von cabearum (d. h. cavearum "Höhlungen', in loco
wohl eigentlich 'Käfige, Schlagbauer der Vogelsteller') ^) gemeint. —
Demnach bedeutet tcoc^ s. v. a. 'Schlinge, Fallstrick'.
Was dann die Form betrifft, ist woci^a^ bzw. ivocia ein
Gen. PI., wocie (statt ^tcoci^e) ein Akk. Sing. Offenbar haben wir
es mit dem Suffix -/j zu tun, aber wegen des fehlenden Um-
lauts in der Wurzelsilbe muß dies für ursprüngliches -a^ stehen:
vgl. häli;^^ moni^, hun^ (ahd. heilag, manag ^ honag^ s. Bülbring
Ae. Elem.-buch 1, 148 f.) oder sali^ 'Saalweide' (aus *sala^^ s.
Hoops IF. 14, 4791). — Es scheint daher ein starkes Femininum
lüoci^ aus ^'ivoca:^ anzusetzen sein.
Die Quantität des Wurzelvokals ist auf Grund der Über-
lieferung nicht festzustellen. Bei Länge des o hat der Vokal der
Mittelsilbe regelrecht schwinden müssen, kann aber, wie sonst
häufig, aus den nicht synkopierenden Fomien wieder eingedrungen
sein. Aus verschiedenen Erwägungen setze ich wöc^ als die wahr-
scheinlichere Form an.
Wie ich in meinen 'Studien z. altind. u. vergl. Sprach-
gesch.' (Upsala 1897), S. 20 — 29 nachgewiesen und eingehend
begründet habe, gibt es in verschiedenen Sprachen eine An-
zahl Wörter, welche eine Wurzel ueg- 'flechten, weben' zur
Grundlage haben. Nur im Keltischen hat diese Wurzel volle
Lebenskraft bewahrt; im Germ., Lat. und Altind. sind vereinzelte
Ableger vorhanden; vgl. namentlich:
1) Vgl. cabearum, catenarum. wila Napier a. a. 0., S. 161^.
Neue altenglische Miszellen. 861
ir. figim (aus *ueQtö) 'weben', gäl. figh 'to weave ; to knit',
figheachan 'a garland; a web, weaviug, wreathings', cymr. gweu
'weben', gwe °tela, tegmen', nibret. gweaff 'texere' usw.;
ai. vägurä 'Fangstrick, Netz zum Einfangen von Wild, Garn':
väguli- 'eine Art Zeug';
lat. veliim '1. Tuch, Decke, Hülle, Vorhang; 2. Segel' aus
*ueQ-s-lo-^ vexillum 'Fahne' i);
mndd., nndd., ivocke^ wocken 1. 'das Werkzeug, auf welchem
gesponnen wird'; 2. 'der Flachs, AVoile usw., der um den Eocken-
stock zum Abspinnen auf einmal gewunden wird, der Flausch';
— nnorw. oke M. (aus *udkan-) 'verfitzte Masse z. B. von Zwirn
oder Schnüren' ;
ne. ivick, ae. weoce, wice 'a twist of threads for a lamp';
rahA. lüicke 'Docht von Garn gedreht; gedrehte Charpie in einer
Wunde'; as. uuocco 'cicindila'; mndd. wecke 'Charpie, Lunte';
— nnorw. vikk{e) F. 'Fitze einer Haspel';
mhd. iviht M. 'Docht'; — ahd. imckeli{n) N. 'Wickel, Flachs-
od. Wollpensum zum Abspinnen'; — nnorw. vik F. 'Docke
Zwirn'; u. a.
Dieser Sippe möchte ich nun auch ae. wöci^ 'Schlinge, Fall-
strick' anschließen. Betreffs der Bedeutung ist besonders ai.
vagiträ 'Fangstrick' zu vergleichen.
8. Ae. timple.
In dem von Liebermann Anglia 9, 251 ff. herausgege-
benen und erläuterten altengl. Schriftstücke 'Be jesceadwisan
jerefa' kommt das ctTraS Xey. tmplean (Akk.) vor. Das betreffende
Stück der Handschrift ist etwa um das Jahr 1100 nach einer
älteren Vorlage abgeschrieben. Unser Wort wird zusammen mit
allerlei zum Gebiet der Weberei gehörigen Gegenständen genannt:
'flexUnan, spmle, reol, ^earmvindan^ stodlan^ lor^as^ presse, pikten,
timplean, wifte, ivefte usw.'. Bosworth-Toller sub timple erklärt
es als 'some implement used in weaving', ebenso die Wörter-
bücher von Sweet und Hall. Kluge Angels. Leseb.^ läßt das
1) Sämtliche Bedeutungen von velum und vexillum erklären sich aus
der ursprünglichen Bedeutung 'Gewebe, Stück Zeug'. — Zur Beleuchtung
der begrifflichen Beziehung zwischen velum Tuch, Hülle, Vorhang' und
velum 'Segel' habe ich a. a. 0. eine Reihe von Parallelen zusammen-
gestellt. Hier möge noch arm. afagast 1. Hülle, Vorhang; 2. Segel' hinzu-
gefügt werden.
Indogermanische Forschungen XIX. 2*
362 E. Liden,
Wort unerklärt. Liebermanu a. a. 0., S. 263 (vgl. S. 257) vermutet
zögernd Zusammenhang mit ne. tum 'Wolle karden' bei Halliwell.
Es kann wohl nicht zweifelhaft sein, daß es ein romanisches
Lehnwort ist und zu fi'z. temple F. 'Spannstock, Sperrruthe' ge-
hört ^). Dies entstammt einem lateinischen PL templa. das aber
in dieser Bedeutung nicht nachgewiesen ist, vgl. indessen lat.
templa 'die über die Sparren gespannten Dachbalken', welches
mit der Wurzel temp- 'spannen' (lit. tempiü 'spannen', lat. tempus
'Zeit', eig. 'Spanne, Sti'ecke', templum 'der sich erstreckende
Raum', ternp-tö usw.) zusammenhängt, s. Kretschner KZ. 86, 266.
Das Altenglische legt somit das bis jetzt früheste Zeugnis von
dem fraglichen Worte ab.
Über ae. i statt lat.-rom. e vor Nasal -f- Kons. s. Pogatscher
Quellen u. Forsch. 64, 811, Sievers Angels. Gr. ^ § 69. — Statt
timplean ist ohne Zweifel timplan zu lesen: der Schreiber hat wohl
zuerst den Nom. timple geschrieben, dann aber die Akk.-Endung
nachgetragen — die umgebenden Wörter stehen im Akk. — und
das e zu tilgen vergessen. (Kluge a. a. 0. schreibt ohne Grund
timplean.)
Auf erneuter, später Entlehnung aus dem Franz. beruht
ne. temple 'Spannstock'.
Französischen Ursprungs ist neuostfi'ies. tempel 'Sperrholz,
Sperrrute' 2). Aus dem Niederdeutschen stammt wiederum nschw.
dial. tämpel M., nnorw. tempdl N. 'der Spannstock im Webstuhl'
(Ross Norsk Ordb. 811a, Rietz Svenskt Dial.-Lex. 773 a, mit
unrichtiger Urspruugsdeutung).
9. Ae. pumle.
Das in der alten Glosse viscera: tharme^ tJiumle Corpusgl.
(Sweet The Oldest Engl. Texts, S. 107, no. 2140) begegnende
Wort thumle scheint unerklärt zu sein. Es läßt sich m. E.
eine Etymologie gewinnen, wenn man von einer ursprüng-
licheren Form *thumble ausgeht. Im Altengl. w^echseln -mbl- und
-ml- nicht nur, avo ml das ältere ist, z. B. simble., simJe 'immer'
(got. simle)% sondern auch wo mbl ursprünglich ist, avo also -b-
in dreikonsonantischer Gruppe event. ausgefallen ist, vgl. nament-
lich symbel 'Gastmahl' (awn. sumbl, asächs. at siimble), Dat. häufig
1) S. Littre Dict. Auch templu, templet, temploh- 'ds'.
2) Ten Doornkaat Koolman Wörterb. 3, 404.
3) Bülbring Altengl. Elementarbuch 1, § 534.
Neue altenglische Miszellen. 363
symle z. B. im Beow. (3 mal) und anderswo i), cmnbol, cum{b)l-
(asächs. kumbal, awu. kumbl kuml) usw.
Dies tJiumle aus *thumble gehört wahrscheinlich mit der
folgenden nordischen Wortsippe zusammen:
a) awn./pwZ>Fera., Gen.ßambar 'ausgespannter, aufgedunsener
Magen, Bauch', aber, nach den verwandten Wörtern zu urteilen,
wohl ursprünglich 'Ausgespauntheit, etwas Aufgedunsenes, Aus-
gespanntes'. Die vielfach daneben angegebenen Bedeutungen
*Bogen' oder 'Bogensehne' 2) entbehren jeder tatsächlichen Stütze;
besonders hat man ßpmb in solcher Bedeutung in pambarskelfir^
dem Zunamen des berühmten Bogenschützen Einarr zu finden
geglaubt ("Bogenschüttler"), aber er wird den Namen, erst als
alter Mann, wegen seiner Dickleibigkeit bekommen haben 3). —
Das Wort ppmb kommt als männlicher Zuname, etwa s. v. a.
'Dickbauch', vor : pörir ßpmb Grettis Saga, Kap. XIX, 4'^), lösteinn
ppmb Fornm. sögur 9, 260. — Es wird auch als Ortsname ge-
braucht: x^X.ppmb unter den Inselnamen in Snon'e's Edda, wahr-
scheinlich mit der norwegischen Insel Tomma identisch; ferner
anorw. a pcBmbini 1358 (aus *pamb-vin), jetzt Temmen, ein Hof
in Norwegen; aisl. pamb-a ., ein Fluß, wovon die Ortsnamen
pambdr-clab% -vellir\ shetl. Temna (aus ^Pcembin, *pamb-vin^) de
Tomma-lands (ein abschüssiges Stück Land)^). Die Grundvor-
stellung von ppmb als Lokalitätsbezeichnung ist wahrscheinlich
'Bauchung, bauchige Erhöhung'.
b) awn. [pambr], Fem. ppmb Adj. 'aufgeschwollen, dick
(schwanger)', gxtt. Xey., in Biarnar Saga Hitd. ^) ; davon die schwach
flektierte Form anorw.^awöiM., als Zimanie (in AslakBolt's Jordeb.) ;
c) ninl. pamba^ Prät. -adi 1. 'den Magen durch übermäßiges
Trinken ausspannen, gierig trinken', 2. J)amba äfrani 'sich
mühsam (z. B. gegen den Wind) vorwärts arbeiten', J)amba ä eptir
'mühsam, keuchend verfolgen' = fseröisch tamba 'ausspannen,
dehnen"'); dazu nisl. pamb N., am ehesten Deverb. zum vor.
1) Aus symle auf einen Nom. *siml zu schließen (Heyne BeowTilf®,
Clark Hall Dict.), ist unberechtigt.
2) John Olafsen, G. Vigfusson, Biorn Haldorsen, Fritzner u. a.
3) Nach Finnur Jönsson Heimskringla 4, 222 f.
4) Von Beer Grettis Saga, S. 69. N. unrichtig mit 'Bogensehne' übersetzt.
0) Rygh Norske Gaardnavne 3, 166; 14, 223; Jakobsen Aarboger
f. nord. Oldk. 1901, S. 167.
6) S. Finnur Jönsson 1. c, Boer Bjarnar Saga (1893), S. 99 : [hon]
var5 heldr til ]3omb.
7j Jakobsen Fseroske Folkesagn 499.
24*
364 E. Liden,
1. standa ä pambi 'den Magen vollgepropft haben; von Kleidern:
stark ausgespannt sein, zu eng ansitzen', 2. 'das sich atemlos
Laufen' ;
d) nisl./em5a(aus*^am&«aw) l.'aufdunsen, aufblasen ; stolz,sich
brüstend gehen', refl. -ast (upp) 'anschwellen', (upp-){)embdur
'aufgeblasen, ausgebaucht', |)emba sik üt 'den Magen hervor-
schieben, keuchen' (vgl. pemUngur 'Tromnielwassersucht', awn,
pembi-priötr Orkn.-S.) ; 2. 'in langsamem Takte, saumselig reiten' %
= nnorw. temba [tcemma, tcemja) 1. 'vollpropfen, z. B. den Magen
mit Essen oder Trinken' [temba F. 'Aufgeblasenheit; eine reich-
liche Mahlzeit'), 2. 'heftig laufen', ttemjane sprang 'heftiges
Rennen' 2).
Es sind demnach ein germ. ^pamba- 'gespannt, ange-
schwollen, aufgedunsen' nndi^pambö- 'Gespanntheit, Anschwellung,
Ausbauchung', dann 'gespannter, gefüllter Magen , Bauch' sicher-
gestellt. Die Bedeutungen der davon abgeleiteten Verben erklären
sich ohne weiteres aus derselben Grundvorstellung. Nur ist viel-
leicht besonders darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich als
Ausdrücke für Bewegung verscliiedener Art, die mit An-
spannung der Kräfte verbunden ist, unmittelbar an den Begriff
'spannen, strecken' anknüpfen : vgl. nhd. anspannen^ strecken und
besonders norw. tenja 'dehnen', das mit temba 'heftig rennen'
völlig gleichwertig gebraucht wird.
Ae. thumle aus urgerm. *pumb{a)la- (oder -ula-) bezeichnet
somit eigentlich das gefüllte, gespannte Gedärm.
Unter den erwähnten nordischen Wörtern scheint bisher
nur awn. ppmb, freilich zumeist mit unrichtiger oder ungenauer
Bedeutungsangabe, in der etymologischen Literatur Beachtung
gefunden zu haben. Es ist längst mit der idg. Wurzel temj)-
'spannen' zusammengebracht worden: Yg\.\[ttempiute?npti^ tampaü
tampyti 'durch Ziehen spannen oder dehnen', timpsth 'sich recken',
Ümpa 'Sehne', temptijva 'Bogensehne', tamprus 'kräftig, energisch';
lett. tipul'üjä-s '(die Wolken) ziehen hin und her'; asl. tetiva
1) S. Erik Jonssons, Haldorsens und Vigfussons Wörterbücher s. vv.,
Thorkelsson Suppl. t. isl. Ordbeger, 3. Saml. 2, S. 1323, 1327.
2) Aasen Ordb. 806, Ross Ordb. 811, 995. Die Form tcemja ist eine
Neubildung, zunächst auf Grundlage des Prät. tcemde (wo b ausfallen muß),
nach dem Muster der^"- Verba. Das Subst. tom 'Ausgespanntheit' (Ross Ordb.,
Nyt Tillaeg 53 a) dürfte eine Rückbildung dazu fwie tan N., zu tenja) sein.
Neue altenglische Miszellen. 365
'Saite, Sehne', russ. dial. tep-sti 'straff anziehen', lat. tempus 'Zeit'
(eig. 'Spanne, Sti-ecke'), temp-liim '(der sich ersti-eckende) ßaum',
temp-t-ö (Intens, von *tempö oder Hempi6)\ griech. rdTT-iic 'Decke';
npers. täf-tan 'drehen, wenden; spinnen' usw., s. Fick Ygl. "Wtb.* 1,
443, Brugmann Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss., Phü.-hist. Kl., 1897,
S. 25, und die beim Verf., oben S. 381f., gegebenen Literatur-
nachweise zu dieser Wortgruppe.
Zu den soeben besprochenen Wörtern gehören wahrscheinlich
noch: nisl. ßumba-st 'langweilig, verdrießlich im Umgang sein
{E. Jonsson), vor Erbitterung verstummen (B. Haldorsen), to mope
(Vighissony^ßumbastfyrir 'einen zähen Widerstand leisten', /wm^a
e-ö fram af ser 'sich einer Arbeit oder einer Leistung mit zähem
Widerstand entziehen'^); pumbaldi^ pumbari, pumbiM. 'wer im
Umgang trocken und verdrießlich ist, Querkopf.
Die Grundvorstellung ist: 'gespannt, straff sein', dann
'widerspenstig, stramm, unbiegsam sein'.
10. Ae. Itra.
Ae. lira M. 'die fleischigen Teile, das Dickfleisch besonders
an Wade, an Söhenkel, an Lenden und Gesäß, pulpa' ("|)eoh and
llra"; — "|)ä liran I)ära lendena"); earslyre 'nates' ^Ifr. Gl.;
speoruUran 'suras' Lor. Gl., spcerlira 'sura' J^]lfr, GL, Aldh. Gl.;
scancUra 'sura' (späte GL); lireht 'fleischig'; — vom 9. Jahrh. an
belegt. Me. Ure lyre lere leere 'the muscle of the thigh, the flank'.
Ä. ne. und dial. Ure {lyre^ lyer) 'the fleshy or muscular parts
of any auimal as distinguished from the bones; lean beef; the
flesh of living animal', leer [lear) 'the flank or loin, the hollow
under the ribs', leer-rib 'the spare-rib' 2).
Von wertlosen Zusammenstellungen bei Ettmüller, Leo u. a.
abgesehen, scheint das Wort in der etymologischen Literatur
fast unbeachtet zu sein. JSTach Murraj a. a. 0. 6, 333 (1903) ist
es dunklen Ursprungs. Bei Mayhew und Skeat A Concise Dict.
of Middle Engl. 141 findet sich jedoch die meines Erachtens
richtige Bemerkung: 'cp. Icel. leer'.
Als germ. Grundform ist wahrscheinlich *li^iz-ati- voraus-
zusetzen. Li der Verbindung -i^i- vor Kons, schwindet 3 sehr
1) Thorkelsson ibid., S. 1357.
2) Wright Engl. Dial. Dict. 3, 567, 620, Murray NED. 6, 176, 333.
366 E. Li den,
früh. vgl. ül 'ericiiis, histrix' Corp. Gl. 765, 1023 (= i^il^ ahd. igil,
awnord. iguU)\ siras 'lnrcones' ib. 1241 (= Ep. Erf. s^iras); aide
ib. 834 (^Ep. Erf. s^di 'Sichel'); — dazu stimmt nun speoridiran
in den wohl ebenfalls mercischen Lorica Gl.^).
Ae. lira stellt sich zu awnord. leggr M. \las Bein vom
Knie ab: länglicher Knochen der Beine und Arme', nnorw. legg
*Wade, Schienbein ; Röhrenknochen', nschw. lägg "das Bein vom
Knie ab'2), langob. lagi 'Oberschenkel' (°coxa super genuculum'
Ed. Roth.) aus urg. *la^iz- N.; — awnord, leer 'Oberschenkel',
aschw. lär auch 'das ganze Bein', nnorw. laar^ Icer^ nschw. lär
'Oberschenkel' aus urg. *lahaz- ; — lat. lacertus 'Oberarm, Arm',
air. less (aus *leq-s-ä) 'Hüfte' ; griech. dXaH • tc^xvc Hes. ; arm. olokh
'Schienbein, Bein', preuß. lagno (statt *lakno) 'Hosen'; russ. diah
älicikü 'talus' (Zubaty BB. 18, 253); lit. ülektis 'Unterarm', alküne
elkihie, asl. laküti (urslav. *olküti) 'Ellbogen' usw., s. die Über-
sicht über die ganze Sippe bei Liden Arm. Stud. (unter Xr. 66).
Was zunächst die begriffliche Beziehung von lira zu awnord.
leggr^ leer mit Zubehör angeht, verweise ich auf folgende Paral-
lelen: lat. lacertus 'Oberarm', lacerti auch 'Muskeln', lacertösus
'muskulös' (lacertosum femur usw.): — ahd. ivado nndl. wade
'Wade', aber awnord. vpdui 'Muskel' aschw. ra/wz 'pars corporis
carnosior' ; — und umgekehrt lat pulpa 'das fleischige am tierischen
Körper, Dickfleisch', it. polpa, aber rum. pulpä 'Wade', alb. pidpe
'Wade, Kniekehle ; Oberschenkel des Geflügels', it. polpaccio 'Wade;
Fingerkuppe : Fußballen', port. polpa (da perna) 'die Waden' : —
mndd. küt{e) 'das Weiche im Tierkörper, Eingeweide, Rogen' und
'Wade'; — nhd. ostfäl. dicke flesch 'Wade'; — lat. torus 'Muskel'
wird auch mit diXevri glossiert (Goetz Thes. gl. emend. 2, 357).
Was dann die Form betrifft, hat Ura (urg. Hi^iz-an-^ He^iz-an-^
1) In .^Ifr. Gl. findet sich i^il 'istrix' Wr.-W. 1, 122,2i neben sipe,
side 'falcastrum, falx' ib. 107 ,21, 140,ai und Ura 159,8, earslyre 159,44, spwr-
lira 160,18. Der Schwund des 5 in der Verbindung i^i hat wahrscheinhch
zunächst in mehr- silbigen Formen stattgefunden. In Fällen wie ^eli^ere
neben ^elire 'Ehebruch' konnte sich das 5 durch Analogie erhalten. In
dem ursprünglich in allen Formen dreisilbigen Ura mußte das 5 schon
früh schwinden; wie neben Ura kein Hi^era, so ist neben sTpe 'Sichel'
kein *sizjRpe erhalten ; nur noch die alten Ep. und Erf. Glossen haben uns
das 5 (in der Form sigdi^ vgl. awnord. sigdr) bewahrt.
Das sonst so überaus reichhaltige und exakte Elementarbuch von
Bülbring (§ 531) gibt — ebensowenig wie Sievers Gramm.'', §214, 4 —
keine genügende Auskunft über dieses kleine Detail.
2) Ne. leg ist bekanntlich nord. Lehnwort.
Neue altenglische Miszellen. 867
idg. Heqes'') zur Grundlage den es-Stamm, welcher unerweitert in
aschw. lär awnord. leer {Hahaz-\ leggr langob. lagi {Ha^iz-) und,
mit verschiedenen Suffixen versehen, in air. less (*leqs-ä) 'Hüfte',
lat. locus-ta 'Heuschrecke; eine Art Meerkrebs' (eig. 'Schenkel-
tierchen'), griech. XoHöc {^loqs-o-) 'schief, gebogen', Xexpioc {*leqs-r^)
'schräg' u. a. vorliegt. Bezüglich der Yokalstufe stimmt Ura
namentlich mit air. less und gr. XexPioc überein ^).
Hier möchte ich einige Bemerkungen anläßlich der Beur-
teilung einiger der fi'aglichen Worte bei Ehrisraann PBrB. 20,
52 f. und Zupitza Die germ. Gutt. 65, 133 f. anknüpfen. Für awn.
Idr zusammen mit ae. lceuu\ PI. leower lewera 'perna', ae. leosca
aschw. liüske usw. 'Schambug, Leiste' und mhd. geliune etwa
'Gliederbaii' wird eine Wurzel mit idg. qtf angesetzt, die in lat.
laqueus^ laciö vorliegen sollte. Davon wären awn. leggr lat. lacertiis
griech. dXoH lit. alh'me usw. mit idg. nicht-labialisiertem q zu
trennen. So auch im wesentlichen Falk u. Torp Etym. Ordb. sub
vv. laar, leg und lyske. — Aus mehreren Gründen vermag
ich diesen Aufstellungen nicht ohne weiteres zustimmen.
a) Erstens einige Worte über aschw. liüske M., ä. nschw.
und dial. {l)jiiske, adän. liüskce^ ndän. lijske 'Leiste, Weiche' 2),
mndd. lesclie {leische\ miidl. liesche F., nndl. lies 'ds.' ; ae. [?#osca]
lesca M. 'inguen' Erf. und Münst. Gl. 3), me. leske 'ds.', ne. dial.
lesk {lisk^ lask) 'groin, or flank' ^).
Sämtliche Formen gehen mit Sicherheit auf germ. Heus-
kan- zurück^). Nun versucht es Ehrismann (a. a. 0., S. 53, N. 1), der
1) Über Xexpio? s. zuletzt Hirt IF. 12, 226, Mansion Les gatt. grecques 199.
2) Das nur in Haldorsens Lex. vorkommende neuisl. Ijöski muß
dem all. ndän. Ijusl-e nachgebildet sein.
3) Schlutter Anglia 19, 104 (Beiljl. 9, .35), Steinmeyer Zs. f. deutsches
Alt. .33, 2U.
4) Das me.-ne. Wort ist nach Björkman Scand. Loan-words 138,
Wall Anglia 20, 132 nordischen Ursprungs.
5) [Es ist mir nicht klar geworden, warum Franck Etym. Woordenb.
572 und Ehrismann a. a. 0., S. 53, N. 1 urg. Heushio- ansetzen. — Nhd. leiste,
afries. liste, ne. dial. last 'Weiche' haben Falk u. Torp a. a. 0. 1, 479 unzweifel-
haft richtig erklärt.] — Die spät aschw. Nebenform liumske, nschw. Ijumske
hat Ehrismann dazu veranlaßt, auch die nordische Hauptform aschw. liüske
usw. beiseite zu schieben. Erstere Form ist aber für die Vorgeschichte
des fraglichen Wortes ohne Belang. Die schwedischen Mundarten — wohl
die Mehrzahl — und zwar aus den verschiedensten Teilen des Landes
haben Ijuske oder entsprechende Formen, s. Rietz Dial.-Lex. 410 b, Karsten
368 E. Liden,
m. W. zuerst unser Wort zu den oben erwähnten gezogen hat,
urg, Heusk^ als Weiterbildung eines es-Stammes {HeqtfSs-) *leuSs-^
-OS zu erklären. Auf diesem Wege gelangen wir aber nur zu urg.
*liuis-kmt-^ bzw. Hems-kan- (oder, falls wii- eine Suffixform -us-
mit in Betracht ziehen wollen, zu He^us-kan-\ worauf indessen die
tatsächlichen Formen sich durchaus nicht zurückführen lassen. —
Wiederum nach Ealk u. Torp (a. a. 0., 1, 479) wäre urg. Heusk'^ aus
*le^¥sk^- (d. h. vorgerm. Heqvsk-) entstanden; aber ^lequsk- könnte,
soviel wir jetzt wissen, nur ein urg. *lehsk-, *hsk- ergeben. Ich
kann meinesteils auch sonst keine Weise ausfindig machen, die
germ. Grundform *leuskan- mit einer Wurzel *leqv- lautlich zu-
sammenzubringen.
Eine passende Anknüpfung bleibt zu finden. Jessen Dansk
etvm. Ordb. 149 zieht das Wort zu der Sippe von nhd. los, lösen,
verlieren, awuord. lauss 'los' usw., ohne anzudeuten, wie er sich
den begrifflichen Zusammenhang denkt. Gegen etwaige Berufung
auf nhd. iveiche 'inguen' im Verhältnis zu weich ist zu erinnern,
daß germ. lausa- 'los, lose', jedenfalls in den älteren Sprachen,
in keinem zu diesem Vergleich geeigneten Smn gebraucht zu
^ein scheint^). —
Sv. Landsm. 12. 3, S. 103 (§ 79, Anm.). Letztere Form kann nicht m verloren
haben; das verbieten sowohl die übrigen germ. Formen wie die Form
liüwskd einer Mundart von Dalarne, wo ein geschwundenes m Nasalierung
hätte hinterlassen müssen (vgl. lös aus Hamsa- 'Türschloß' in derselben
Mundart). Auch hat Noreen seine frühere Ansicht (Pauls Grundriß 1^, 576),
wonach aschw. liüske für *liümiske stehen sollte, aufgegeben. Jetzt erklärt
er (Altschw. Gramm. § 248, Anm. 1) liushe und liumske als parallele
Ableitungen von aschw. liö, resp. liömber, liümber lau, warm' [vgl. awnord.
hlyr, nhd. lau]. Das muß schon darum unrichtig sein, weil das nordische
Wort von seiner westgerm. Entsprechung, welche Noreen unberücksichtigt
läßt, offenbar nicht losgelöst werden darf. Die späte und wenig verbreitete
Form mit m muß auf irgend eine Weise aus der Hauptform Ikiske um-
gebildet sein, wie es auch Falk und Torp a. a. 0. und Jessen Da. etym. Ordb.
149 vermuten. Der Grund der Umbildung dürfte in volksetymologischer
Anlehnung an nschw. Ijum "lau' zu suchen sein. Es kommen aber andere
mundartliche Formen, wie lomske (Upland, s. Grip Sv. Landsm. 18. 6, S. 49),
hinzu, welche das Problem komplizieren. Es würde mich zu weit von der
Hauptfrage abführen, diese Einzelheiten hier näher zu erörtern. — An
sich könnten die bisher bekannten Formen des Westgerm, eine Grundform
*Ieumskan- als möglich erscheinen lassen (m schwindet vor s im Nieder-
deutsch-Engl.), aber die geographische Beschränktheit der m-Form, die
fehlende Nasalierung in der erwähnten Mundart von Dalarne und noch
andere Bedenken stellen sich einer solchen Annahme hindernd im Wege.
1) Nach Wood Mod. Lang. Notes 1903, S. 17 wäre unser Wort ver-
Neue altenglische Miszellen. 369
Der Möglichkeiten leidlich annehmbarer Anknüpfungen
gibt es genug, ich halte aber für jetzt meine diesbezüglichen
A^ermutungen zurück.
b) Zu der augeblichen Wurzel *leq^ ziehen Ehrismann und
Zupitza auch mhd. geliune^ md. gelüne N., nhd. dial. geleune, ge-
leine. Als mutmaßliche Bedeutung des "seltenen und seltsamen"
Wortes gibtDWtb. 4, l,2,Sp. 3012 (vgl. Lexer Wtb. 1, 820) "Glieder-
bau und ähnl." an. Es wird bei einigen mhd. Dichtern von der
kräftigen Gestalt der Helden gebraucht : 'an geliden und an geliune
gewahsen als ein hiune" (von Enal) Gottfr. v. Strassb.; 'an libe und
an geliune' Konr. v. Würzb.; 'gröz alsani ein hüne mit starkem
gelüne' (vom Nestor) Herb. v. FritzL; — dazu das Adj. (min lib ist
wol) gelounet Heinr. v. Neust. — In nhd. Mundarten : von Zug-
ochsen, 'sie haben ein starkes Geleine (= einen starken Nacken)'; in
der Oberlausitz auch von Menschen : *das Kind hat ein schwaches
Geleine (mit Bezug auf den Knochenbau oder die Muskulatur)'.
— Die ursprüngliche Bedeutung läßt sich mit dem zu Gebote
stehenden Material schwerlich genau feststellen. Auch die Form
ist mehrdeutig (ahd. ü oder iu ? l- oder id- ?).
c) Das dritte von den genannten Forschern für labiovel. k in
Anspruch genommene Wort ist ae.ZöE^<w, nur 1 m. belegt (an hriöres
la3uw, Urk. vom Jahre 958, Kemble Cod. Dipl. 2, 855) mit dem
ebenfalls einmaligen PI. leower 'pernas (= artus)' Lor. Gl. oder
nach einer jüngeren Hdschr. lewera^). — Das Wort ließe sich wohl
an ae. lesca aschw. liüske usw., wo Schwund von einem Guttural
nach dem Gesagten nicht anzunehmen ist, ohne Schwierigkeit
anschließen. Die Grundform wäre dann Heues-., urg. *leuiz-, -az.
Zupitza verbindet es zunächst mit aschw. lär awnord. lcer^)\ dies
geht aber auf urg. Hahaz (oder Hehaz) Neutr. — wie awn. leggr
langob. lagi auf Ha;^iz zurück und hat kein -u- gehabt. ^) —
Es ist durch keine lautlichen oder sonstigen Gründe gerechtfertigt,
wandt mit dän. lusTce 'schleichen' [Lehnwort aus mndd. lüschen 'auf Wild
lauern, versteckt sein'!], shA.loshen [richtig: losken^^ 'versteckt sein' und
zudem mit lat. luscus 'hoUow-eyed' ['blinzelnd, schielend beim Zielen, ein-
äugig'!], — ein unerfreuliches Probestück von Flüchtigkeit.
1) S. Sievers PBrB. 9, 254-, Angels. Gr.^ § 290, A. 2.
2) So schon Bosworth-Toller Dict. sub lediv.
3) Über die ursprüngliche Stammform von Idr und leggr s. Verf.
BB. 21, 94 und Stud. z. altind. u. vgl. Sprachgesch. 66, Zum lautlichen
vgl. aschw. für, awn. fckr N. 'Schaf aus urg. *fahaz N. (vgl. lat. peciis,
griech. ttökoc).
370 .1. Zubaty,
die allem Anschein nach nahe verwandten Wörter leer und leggr von
einander loszureißen und verschiedenen Wurzelformen zuzuteilen.
Es scheint mir der Beweis überhaupt nicht erbracht zu
sein, daß wir neben der weitverzweigten und Avohl bezeugten
Wurzel leq- (eleq-\ leidq- 'biegen usw.' ') auch eine Form leqn- an-
zunehmen haben. Von den erwähnten germ. Wörtern abgesehen,
deren selbständige Beweiskraft ich bestreiten muß, beruft sich
Zupitza auf lat. laqueus. Dies u kann aber, wie wahrscheinlich
das u in lat. torqueö (:griech. aipaKTOc, so Zupitza Germ. Gutt. 71),
suffixalen Ursprungs sein. Der Ansatz von 5" ist meiner An-
sicht nach nicht begründet.
Göteborg (Schweden). Evald Liden.
Ai. tithi, tithih 'lunarer Tag'.
Ein etymologisch höchst merkwürdiges Wort ist ai. titlü^
tithih 'ein luuarer Tag, deren 15 auf einen Halbmonat gehen'.
Um von vornherein die Bedeutung des Wortes genauer zu
präzisieren, tithi^ tithih ist eig. nicht 'der Tag' im allgemeinen
Sinne des Wortes, sondern 'der bestimmte, soundsovielte Tag
des lunaren Halbmonats', z. B. traijödasi tithir uktä prasastä^ *die
18. Tithi wird eine gute (glückliche) genannt' MBh. H, 134, 20,
kä-adya tithi 'welche (die wievielte) Tithi ist heute' (s. u.), pumß
tithäu 'an einem glücklichen Tithi' (welcher natürlich ein be-
stimmter ist) u. dgl. : es ist ein Kaleuderwort. In der entwickelten
ind. Zeitrechnung hat eine Tithi den für einen Durchschnitts-
menschen wohl imaginären Wert von "^ '' Tagen (G. Thibaut,
Astronomie, Astrologie und Mathematik, im Grdr. der indo-ar.
Philologie 3, 9, § 17). Ob dies die ursprüngliche Bedeutung ist,
oder ob das Wort ursprünglich den soundsovielten Tag in volks-
tümlicherem Sinne bedeutete, sind Fragen, die mit dem Alter
des Wortes und seinem Aufkommen im engsten Zusammenhang
stehn: ist das Wort etwa zwecks der späteren peinlichen Zeit-
rechnung, gar etwa von Astronomen zuerst gebraucht worden,
mag es von Haus aus jenen imaginären Wert bezeichnet haben,
1) S. die beim Verf. Arm. Stud. (Göteborg 1906) zusammengestellte
Literatur.
Ai. tithi, tithili 'lunarer Tag'. 371
wodurch allerdings noch immer nicht ausgeschlossen ist, daß das
Wort zuweilen, vielleicht gar oft, den konkreten Zeitraum von
24 Stunden bedeutete. Das sind alles Fragen, die schwerlich genau
zu beantworten sind, die aber die Etymologie des Wortes wohl
nicht direkt tangieren ; ich für meinen Teil kann mir nicht leicht
vorstellen, dasselbe sollte im Epos und in sonstigen volkstümlichen
Schriften etwas anderes als einen wirklichen Tag bedeuten (in dieser
Beziehung sind von Interesse dieYarianten iithäii punije I dinepunye
'an einem glücklichen Tage' MBh. 3, 294 [295 Bomb.] = Säv. 3, 2).
Die Form tithi führt das S.-Petersburger Wörterbuch (dem
ich sogut wie alle Belege entnehme) nur aus Lexikographen an,
wozu der Plur. tithyah MBh. 13, 87, 18 kommt; diese Form könnte
in der epischen Sprache bekanntlich auch zu einem Sing, tithih
gehören, wie z. B. jätyah MBh. 6, 12, 15; 13, 91, 2 der Plur. zu
jätih ist (vgl. Holtzmann, Graminatisches a. d. MBh., Ludwig, Sitzb.
d. Kgl. Böhm. Ges. d. Wiss. 1896 5, 10, Rigveda 6, 246), doch
steht tithi auch im Mahäbhäsyam (s. u.), und ist die i. F. vorge-
tragene Deutung des Wortes richtig, muß tithi die ältere Form
sein. Die Nebenform tithih mag durch Nachahmung des alten
Nebeneinander rdtri: rätrih "Nacht' zustande gekommen sein: wir
werden noch zu bemerken die Gelegenheit haben, tithi habe in
semasiologischer Beziehung nicht ferne von rdtri gestanden; und
außerdem hat die Verbreitung der i-Form insbesondere auch der
Umstand begünstigt, daß tithih vielfach als Mask. vorkommt, was
ja mit dem formell ausgesprochen weiblichen tithi unvereinbar
ist. Meist ist auch tithih ein Fem. ; das Li^^gänusäsanam führt 25
auch tithih unter Femininis auf, wozu der Kommentar bemerkt,
nach Amara sei das Wort auch Mask., und als Beleg aus Bhäravi
anführt: tasya bhuvi bahutithäs (nicht hahutithyas) tithayah. Merk-
Avürdigerweise kommt tithih als Maskulinum vorzugsweise in der
Verbindung punye tithäu u. dgl. 'an einem glückverheißenden
Tag' vor (leider sind unsere lexikalischen Mittel für die spätere
Literatur zu dürftig, um uns in dgl. Detailfragen klar sehen zu
lassen), so z. B. Sä©kh. g. s. 5, 2, 2, MBh. 3, 294 (295 Bomb.), 2
tithäu säumye Hariv. 3873 ; vergleicht man insbesondere Stellen
wie punye tithäu muhürte vä naksatre vä gunänvite 'in einem
glückverheißenden Tithi oder Muhürta oder unter einem guten
Naksatra' Manu 2, 30, tithäv atha ca naksatre muhürte ca gunänvite
MBh. 2, 2, 16, atha käle subhe präpte tithäu punye ksane tathä
'dann als ein günstiger Zeitpunkt und Tithi sowie eine glück-
372 J. Zubaly,
verheißende Zeit kam' MBh. 3, 57 (Nala) 1, kann man sich nicht
des Gedankens erwelu'en, die mit Mask. und Neutr. wie kälah,
muhürtah, naksatram parallele Gebrauchsweise möge die Schuld
daran tragen, daß man das Fem. tithäu (für älteres tithyäm) als
Mask. empfand und sich weiterhin gelegentlich auch sonstiges
Mask. tithih erlaubte. Im Grunde genommen hätten wir dieselbe
Erscheinung vor uns, die im D. ein des Nachts (nach des Tags)
ermöglicht hat.
Das Wort ist in der Literatur nicht alt : als älteste Belege
dürften die aus den Grhyasütra's (Öä/9kh. und Göbhila) anzusehen
sein. Auch dieser Umstand hat selbstverständlich seine Bedeutung:
er berechtigt den Etymologen, den Ursprung des Wortes auf
speziell iud. Boden zu suchen. Und bedenkt man dazu noch die
nicht ganz stete Beschaffenheit des Wortes in bezug auf Flexion
und Genus, so wird man auch noch geneigt, die Möglichkeit zu-
zugeben, bei seinem Zustandekommen sei nicht einmal alles mit
rechten Dingen vor sich gegangen. Eine befriedigende Etymologie
außerhalb des Ai. gibt es ja für tithi, tithih auch nicht. Auf dem
zunächst in Betracht kommenden Gebiete, im Iranischen, fehlt
ein verwandtes Wort. "Man denkt an Zusammenhang mit lit.
tUnagas 'Feuerstein', griech.TlTuu 'Tag', lat.^eY/o 'Feuerbrand'", liest
man bei ühlenbeck Etymol. Wtb, s. v., aber daneben die wolil-
weisliche Bemerkung : "Unwahrscheinlich." Auch im Ai. gibt es
kein selbständiges Wort, das eine Verwandtschaft mit tühi^ tithih
beanspruchen könnte: wenigstens ist tithah 'Feuer, Liebe, Zeit,
Herbst' ohne Belege in der wirklichen Literatur, von semasio-
logischen Bedenken, die sich daran knüpfen, ganz abgesehen.
Man findet jedoch einen Fingerzeig zur Deutung von tithi^
tithih an einer Stelle, wo ihn der moderne Etymolog am wenigsten
erwarten würde: beim alten Patanjali. Nach Pänini 5, 2,52 werden
sekundäre Adjektiva hahu-tithd-, püga-tithä-^ gana-tithd-, samgha-
tithd- (Fem. -tithi) gebildet. Bahutiihä- (von bnhüh 'multus') be-
deutet eig. Mer vielte', daher hahutithe 'hani 'am vielten Tage', d. h.
'nach geraumer Zeit' (weniger genau im S.-Petersburger Wtb. 'viele
Tage hindurch'), z. B. MBh. 1, 108, 2; 3, 61, 12, ähnl. dann MU
hahutithe- 'in vielter Zeit' 3, (55, 2; 97, 13; 295 (296 Bomb.) 1, Räm.
1, 12, 1 (Bomb.) u. s.; daher etwas freier schon hahutitham als Adv.
'lange' MBh. 5, 192 (193 B.), 22, oder hahutitham tapah wohl 'lang
dauernde Kasteiung' (nach dem Wtb. 'mannigfache Kasteiungen')
Bhäg. pur. 1, 16, 32: Pänini behandelt die Adj. hahu-tithd- usw.
Ai. tithi, tithih 'lunarer Tag'. 373
unter Ordinalzahlworten und als solche bezeichnen sie auch direkt
diesipäteTGnGrammatikeY{bahvinämpüranibahiäithiMBhs.^bahünäm
püranö hahutithah Käs.). Die Bedeutung Mer vielte' kam offenbar
von Haus aus auch den andern Adj. zu, wobei hahiih 'raultus' in mehr
volkstümlicher Weise durch Subst. pügah^ ganah^ samghah 'Menge'
ersetzt war, ganz wie der Deutsche vielfach das Adj. viel durch Subst.
Menge, Masse, Haufen u. dgl. ersetzt, oder wie in vulgärem Cech.
das Adj. mnohy 'multus' so gut wie zur Gänze dem Subst. moc
'Macht' gewichen ist (von diesem habe ich auch die Ableitung
mocatero kviti 'vielerlei', eig. 'machterlei Blumen' gehört). In der
Tat wird insbesondere pügah in Kompositis ganz für 'viele' ge-
braucht, worüber mau das Wtb. nachsehen möge (auch z. B.
kälapügasya mahatah 'nach einer großen Menge Zeit' MBh. 2,
36. 24); von jenen Ableitungen ist jedoch nur samghatitha- in
der zum mindesten nicht ursprünglichen Bedeutung 'vielfach,
zahlreich' nach dem kleineren Wtb. aus dem (mir nicht zugäng-
lichen) äisupälavadha 19, 107 belegt. Dieses bahutithd- usw. ge-
hört unzweifelhaft in den Zusammenhang, in welchem es in der
ind. Grammatik aufgeführt wird, zu den Ordinalen auf -thd-, wie
sasthä- 'sextus', katithd- 'quotus' usw.; und das zwischen baim-
und dem sonst bekannten Ableitungssuffix -thd- auftauchende
-ti- kann wohl nicht einmal anders erklärt werden denn als
aus Bildungen wie iti-thd- : iti 'der soundsovielte', kati-thd- : käti
'der wievielte?', tati-thd- : tdti 'der so vielte', yati-thd- : ydti 'der
wievielte' relat., *tävati-thd- *etävati-tJid- yävati-thd- : tdvän, etdvän
'tantus', yävän 'quantus' hei'über verschleppt. ^) Es ist ja eigentlich
überflüssig, auf ähnliche Vorgänge in der Sprachgeschichte hin-
zuweisen, wie z. B. auf lit. penkerl szeszeri usw. nach kefverl (Brug-
mann, Grdr. 2, 473). Ebenso hat das Slavische auf Grund von
altem cetvon cetven 'viererlei' auch petorb peten, seston sesterb
usw. gebildet (Miklosich, Vergl. Gr. 2, 91, 7.), und im obigen c.
mocatero haben wir die Bildung auch außerhalb der eigentlichen
Zahlwörter gesehen.
Wie man sieht, hat sich auf Grund von kati-tlidh -thi usw. im
Sprachbewußtsein und zum Teil auch in wirklicher Stanunbildung
') Es liegt auf der Hand, daß diese Verschleppung insbesondere durch
die Adjektiva katithd-, tatithd-, yatithä- mag begünstigt worden sein, in
welchen den zahlreichen Kasus und Ableitungen mit dem Stamme ka-, ta-,
ya- gegenüber die Silben -tithd- von selbst den Charakter eines Ableitungs-
suffixes annehmen konnten.
374 J. Zubaty,
ein neues Ableitungssuffix -tithdk, F. -titht entwickelt, welches als
ein solches auch der ind. Grammatik bekannt ist. Das Mahäbhäsyam
3, 1, 2 (eig. schon ein Yärttikam daselbst) belehrt uns nun, es
gebe Taddhitasuffixe, die auch für sich als selbständige Wörter
gebraucht werden; als Beispiele werden da die Sätze angeführt
Mm asya dvayasam 'was ist dessen Maß, wie iioch reicht es?'
(: Suff, -dvaijasä- Pän. 5, 2, 37), kirn asi/a mätram (beiläufig in der-
selben Bedeutung, zum Suff, -mätrd- ebd.) und kädija {M adya)
tithi 'welche Tithi ist heute '?' Die heimische Grammatik spricht
auch bei -dvayasd- und -mätrd- von Suffixen, wo wir natiMich
eher Kompositionsglieder suchen würden; auch sonst finden wir
unter ihren Taddhitasuffixen unzweifelhafte Kompositionsteile. Es
ist dies ja ebenso ganz natürlich, wie wenn die lateinische Gram-
matik in duplex^ die deutsche in ziveifach 'Suffixe' -plex, -fach
annimmt: Sprachgeschichte ist nicht Sache der praktischen Sprach-
lehre. Bei titln, welches für uns mit tithi^ tithih 'der lunare Tag'
identisch ist, liegt in der Tat ein als selbständiges Wort gebrauchtes,
dazu noch nicht einmal auf einwandfreiem Wege zustande ge-
kommenes Suffix vor. Es wird sich doch wohl niemand durch
Käiyata's Kommentar irre führen lassen, der neben dem un-
richtigerweise [bhräntyä) als selbständiges Nomen gebrauchten
Suffix titln auch ein richtiges (sädhuh) Nomen titht gelten läßt.
Auch das ist begreiflich, warum tithi^ nicht etwa titham Neutrum
nach dhai\ dinam verselbständigt worden ist: die Mondtage werden
ja im Ai. seit jeher ganz regelmäßig durch substantivisierte
Feminina der betreffenden Adjektive bezeichnet (z. B. caturdasi
'der Vierzehnte', itithi 'der Soundsovielte' u. s.), wobei ja höchst
wahrscheinlich ursprünglich das Fem. rätri 'Nacht' zu ergänzen
ist (Delbrück, Ai. Syntax 8).
Was den Akzent anbelangt, so erwartet man auf Grund von
oxytoniertem hahutithi natürlich ein ebenso oxytoniertes *tithi^
bezw. Hithih. Das Wort kommt in akzentuierten Texten nicht vor;
die größere Auflage des Wtb. akzentuiert tithih, offenbar nach
Ujjvaladatta zu Unädis. 4, 2, der dort zitiert wird (mir sind die
Unädisütra nur aus der 2. Ausg. der Siddhäntakäumud! Bombay
1901 bekannt, wo im Kommentar die betreffende Erwähnung
von tithi- nicht steht; im Sütram selbst ist von dtithi-^ nicht tithi-,
die Rede). Gesetzt, die Akzentuierung tithi- sei für die spätere
Zeit verbürgt (sie ergibt sich ja auch aus Phit-s. 2, 2, wonach
auf kurze Vokale auslautende nicht movierte Feminina auf der
Ai. tithi, tithih 'lunarer Tag'. 375
ersten Silbe betont sein sollen), für die ältere Zeit folgt nichts
daraus (wie ja zuni Phit-s. 2, 2 als Beleg auch tdnuh = ved. tanüh
F. angeführt wird) und wir wissen ja nicht, ob in der Zeit, aus
Avelcher tithi, tithih stammt, bahidithi selbst in der gewöhnlichen
Sprechweise noch ein Oxytonon war. Die hier vorgetragene
Deutung von tithi^ tithih stößt hier also auf kein ernstes Hindernis.
Auf dem besten Wege, in ähnlicher Weise verselbständigt zu
werden, wie wir es für -titht vermuten, sehen wir im Arischen z. B.
die Komparationssuffixe -tara -tama- : behandeln die vedischen
Padatexte die damit gebildeten Komparative und Superlative wie
Komposita, oder wird im Avesta der Stammauslaut -a- wie im
Kompositum zu -ö-, wobei in den Handschriften die Formen
gleichfalls als Komposita geschrieben werden (Bartholomae Grdr.
der iran. Philol. 1, 150), so ist dies ein Beweis, daß dieselben seiner
Zeit wie Komposita empfunden wurden. Tragen doch die ai. Steige-
rungen von fertigen AVortformen, wie von Adverbien pürvähne-
taräm 'zeitiger am Vormittag', iiccäis-taräm, 'höher' u. dgl.) oder gar
vom Verbum finitum (Pän. 5, 3, 56, 7, BoUensen z. Yikramörv.
494 f., S.-Petersburger Wtb. 5, 1463, Böhtlingk in Ber. d. Kgl.
Sachs. Ges. Wiss. 1887 216, 1893 2567, z. B. hrdayam sidate
-taräm Mas Herz verschmachtet völlig' Räm. 2, 64, 72 Bomb.)
entschieden mehr den Charakter von Zusamraenrückungen denn
von Ableitungen, und BoUensen hat so Unrecht nicht, wenn er
1. 1. -taräm -tamäm als 'enklitische Adverbien der intensiven Stei-
gerung' bezeichnet'). So faßt die finiten Yerbalformen mit -taräm
{-tamäm) auch Brugmann Kurze vergl. Gr. 281 auf (Wacker-
nagel, Ai. Gramm. 2, 1, 10, § 3 c hält diese Auffassung für
unrichtig), indem er auf die ältere (bereits im Mantra übliche)
Redeweise hinweist, wonach -taräm zunächst an Präverbien auf-
tritt; es ist auch ganz wohl möglich, daß aus einem sam-taräm
harati (vgl. RY. 8, 33, 19), als die 'Tmesis' von Präverbien
außer Gebrauch kam, ein sdm harati-taräm wurde, wonach mau
weiterhin auch ohne Präverbien harati-taräm zu sagen anfing.
Das Wtb. führt 1. 1. gar eine Stelle an (allerdings aus dem
Bhägavatapuränam, welches auch sonstige Absonderlichkeiten auf-
weist, 10, 46, 43), wo ta7'äm als selbständiges Wort steht: vinä-
acyufäd vastu taräm na väcyam 'den Ewigen ausgenommen ist
überhaupt kein Ding [als seiend] anzuführen', wo taräm na als
verstärkte Negation steht {tia-tarätn, na-tamäm ist in ähnlicher
^) Nur hätte er lieber von der Proklise des ersten Wortes reden sollen.
376 J. Zubaly, Ai. lilliT, litliih lunarer Tag'.
Bedeutung schon im Ait. br., Öat. br., Maitr. s. belegt). Ähnlich
steht im Kirätärjunlyam ein nach Wackernagel 1. l. kritisch nicht
gesichertes padam tamam 'bester Platz'; Wackernagel verweist
auch auf das Nomen tära-tamyam 'Gradation, ein Mehr oder Minder'
(Mrcchakatikam, Bhägav.-pur., Säh.-darp. u. s.), Avelches zum Adv.
tam-tatnatah 'mehr oder minder' gehört (Wtb. 7, 1748 aus Bhäg.
pur. 10, 87, 19). Es gibt ja auch andere Fälle der Art. So z. B.,
wenn Sömadeva öfters die Verszäsur in die Fuge zwischen dem
Stamm und der Ableitungssilbe -vant fallen läßt (Böhtlingk, Chresto-
mathie 2 362, 10). Oder wenn vor dem Ableitungssiiffix -tat- im
Avesta Tmesis, diesmal eine solche im vollen Sinne des Wortes,
eintritt {yavae ca -täite 'und für die Ewigkeit', Brugmann Grund-
riß 2, 7).
Der Weg zum Selbständigwerden eines Suffixes führt über
ein Stadium, auf welchem dasselbe durch Einfluß wirklicher
Komposita als ein Kompositionsglied empfunden wird : und im
Ai. war ja bei der in dieser Sprache so reichen Entfaltung der
Zusammensetzung dieser Einfluß ein sehr mächtiger. Wacker-
nagel führt 2, 1, 30 ff. Erscheinungen vor, die sehr deutlich er-
sehen lassen, wie stark im Ai. die Selbständigkeit beider Kom-
positionsglieder empfunden wird, darunter auch Fälle von Ver-
selbständigung von Hintergliedern. Daß mitunter auch Kompo-
sitionsteile, die in Funktion und Bedeutung zu Formantieu gesunken
waren, in ähnlicher Art und Weise verselbständigt w^erden konnten,
liegt auf der Hand : oben haben wir solche Fälle aus Patanjali
angeführt; ein anderer Fall liegt im periphrastischen Futur vor,
wo die alte feste Zusammenrückung des Verbalnomens auf -tä
mit dem angefügten Verbum substantivum im Epos nachträglich
wiederum gelockert wird, ein Zustand, den Böhtlingk Sitzb. der
Sachs. Ges. d. W. 1896 149 ff. sicherlich mit Recht als einen nur
scheinbar archaischen ansieht. Und wie man ja Fälle von unrich-
tiger Dekomposition des öfteren annimmt, kann es zuweilen auch
einen Fall geben, wo ein (wirkliches oder scheinbares) Suffix als
Kompositionsglied aufgefaßt und verselbständigt wird : und einen
solchen sehen wir auch in tithi neben bahu-tithdh. Man hat wieder-
holt auf ital. quanfo stete accio 'wie garstig ihr seid !' aufmerksam
gemacht (so Brugmann Kurze Vergl. Gr. S. 281, zuletzt Wacker-
nagel 2, 1, 10), wo das Pejorativsuffix accio (z. B. in donnaccia^
tempaccio u. dgl.) als selbständiges Wort erscheint : hier sind offenbar
vor allem die im Italienischen so häufigen Zusammenrückungen
K. Brugmann, Zu den Benennungen der Personen usw. 377
von Substantiven mit nachfolgendem Adjektiv, die ja, ist das Ad-
jektivum wie so oft zweisilbig, mit Bildungen wie donnaccia in
betreff des Akzentes übereinstimmen, im Spiele gewesen.
Smichov bei Prag. Josef Zubaty.
Zu den Benennungen der Personen des dienenden Standes
in den indogermanischen Sprachen.
1.
Die große Mehrzahl der in den indogerm. Sprachen be-
gegnenden Wörter, die sich mit 'Diener', 'Knecht', 'Sklave'
u. dgl. wiedergeben lassen '), ist etymologisch aufgeklärt. Nach
Maßgabe des Benennungsgrunds kann man diese Wörter in
eine Anzahl von Gruppen zerlegen. So bilden eine Klasse die-
jenigen, die den Dienenden als zum Hausstand gehörig be-
zeichnen, wie z. B. aw. vaesa- vaesu- 'Knecht (im Herrenhof)',
griech. oik€uc oiKeinc (vgl. Johansson IF. 3, 227 ff., Schrader
Reallex. 812 f.) 2). Andere Namen bedeuten von Haus aus und
1) Zusammenstellung der einschlägigen griechischenWörter bei Pollux
On. 3, 74 ff., Büchsenschütz Besitz und Erwerb im griech. Alterthume (Halle
1869) S. 104 ff., der lateinischen bei L. Lange Rom. Alt. 1 », 188 ff., Mar-
quardt-Mommsen Hdb. der röm. Alt. 7, 1, 133 ff.
2) Sehr fraglich ist, ob lat. famulus osk. famel urit. *famelos (wovon
familia 'Gesinde' [vgl. Köhm Altlat. Forsch. 1 ff.] abgeleitet ist, vgl. vicTnia
"Nachbarschaft, die Nachbarn', griech. cumuaxiä 'Bundesgenossenschaft, Bun-
desheer', (ppäxpiä aksl. bratfbja 'Brüderschaft') zu dieser Gruppe gehört,
zu der es gewöhnlich gezogen ward (L. Lange Röm. Alt. 1^, 189, Johansson
a. a. 0. 231, Walde Lat. et. Wtb. 206). Osk. faamat muß beiseite bleiben,
s. von Planta 1, 458 f., 2, 610, und mit ai. dhdman- 'Sitz, Wohnstätte' von
W. dhe- ließe sich famulus nur so vermittehi, daß man ein *dha-mo- 'Wohn-
stätte' voraussetzte, diese Bildung ist aber nirgends belegt. Mit Rücksicht
auf griech. Gaiiid 'dicht, oft' Gaiudec Oaiueiai 'dicht gedrängt' und GriMÜJv
Öuj.uöc 'Haufe', die ebenfalls verglichen worden sind, läge es ebenso nahe,
anzunehmen, famulus beruhe auf einem Wort, das 'Schar' (nämlich der
Diener) bedeutete. In der Sinnesentwicklung vergliche sich dann aksl. sluga
'Diener', das sa.mi \it.pa-slaiigintl 'jemand bei der Arbeit vertreten' (Leskien
Ablaut 308 f.) vermutlich mit ir. shiag kymr. llu 'Schar, Heer' ir. teg-lach
'Hausgenossenschaft, die Leute von jemandem, famiUa' zusammenhängt
(s. Zubaty Arch. f. slav. Phil. 15, 479, Fick-Stokes 2 *, 321, Meillet Etudes sur
r^tymologie etc. S. 258 f., 354). Zum Übergang von der Kollektivbedeutung
zur Bedeutung des Einzelwesens, falls ein (Neutr. oder Mask.) *famelo- oder
Indogermanische Forächungen XIX. 2o
378 K. Brugmann,
zum Teil in der Überlieferung auch noch daneben 'junger Mensch'
u. ähnl., z. B. griech. TraTc, lat. j^uer, got. magus as. magu^ aisl.
sueinn 'junger Mensch, Jüngling, Knecht, Diener', preuß. waix
*Knecht' = lit. vatkas 'Junge' (vgl. Schrader S. 813) ^). Die Sitte,
daß der Besitzer bei der Einteilung seiner Fahrhabe Knechte
und Vieh zusammen dem Hausrat gegenüberstellt, spiegelt sich
wieder in den Bezeichnungen griech. dvbpcxTroöa, welches nach
TexpdTTOÖa 'Vierfüßler' gebildet ist 2), ahd. manahoubit, ai. dvipada-
(Schrader 810, von Amira Pauls Grundr. der germ. Phil. 3^
S. 138 f.). Ferner wird der Knecht von den Sachen einfach als
'Mensch' unterschieden, wie z, B. lat. Jiomo {homo Quintii 'der
Bursche, Sklave des Quintius'), aisl. man N. 'mancipium, servus',
russ. Ijüdi lett. l'audis PI. {'Leute') 'Dienerschaft, Gesinde' (vgl.
Schrader 813). Zuweilen hat der Name eines fremden (aus-
ländischen oder auch inländischen) Volksstamms infolge be-
sonderer geschichtlicher Ereignisse unsern Appellativsinn be-
*famelä 'Schar' sollte zugrunde gelegen haben, wären zu vergleichen mhd.
burse F. 'Genossenschaft von Studenten', jetzt der barsche, ahd. imbi 'Bienen-
schwarm', nhd. imme 'Biene', lat. Itipänar 'Bordell, die Bordelldirnen zu-
sammen', dann 'die Bordelldirne' u. a. (Verf. Grundr. 2*, 1 §511). Auch
könnte von einem *famo- oder *famä 'Schar' ein Adjektiv *famelos zur
Bezeichnung des zu der Schar Gehörigen ausgegangen sein. Die Herkunft
von famulus kann ich hiernach nicht für aufgeklärt halten. Beide Deutungs-
versuche sind allzu problematisch.
1) Zu ahd. kneht (ags. cniht), das man mit Recht mit kind zu Wurzel
§eti- 'gignere' zieht, und das demgemäß in diese selbe Begriffsklasse ge-
hört, mag bemerkt sein, daß es formantisch seinen nächsten Verwandten
in dem Hinterglied des got. Kompositums niuklahs 'neugeboren, unmündig'
aus *niwa-knaha- [l dissimilatorisch für ») hat, einer Weiterbildung von
*niwa-kna- = griech. veo-yvöc. Bezüglich des ^-Formans ist die Klasse der
Adjektiva auf ahd. -aht -oht mhd. -eht zu vergleichen, wie steinaht 'steinicht',
zu got. stainahs ahd. stainag 'steinig'; es ist dies eine Art von Partizipial-
bildung nach Art des lat. arbustus zu arbor und der diesem sich an-
schließenden substantivierten Neutra wie arbustum. frutectiim (frutex), cä-
rectum (cärex) u. dgl. (Verf. Grundr. 2^, 1 § 299). kneht war wohl ursprünglich
ein Neutrum mit Kollektivsirm (vgl. chindahi N. 'eine Anzahl Kinder, Kinder-
schar', wie rörahi 'Böhricht' usw.) und ist in der bekannten Weise (vgl.
S. 377 Fußn. 2) in Individualbedeutung umgeschlagen. Zur selben Wurzel
stellt sich und von ähnlicher Bildungsart ist ahd. knabo, dem sich {h)rabo
(zu griech. KopaE lat. corvos) in formantischer Hinsicht genau vergleicht.
2) Diese Auffassung von dvbpdiroba (Verf. Griech. Gramm. * S. 70,
Grundr. 2 ' S. 48, Wackernagel KZ. 30, 298, Prellwitz Et. Wtb. « 39) halte
ich trotz Leo Meyer Handb. der gr. Et. 1, 211 und Lagercrantz Nord. Studier
tillegnade A. Noreen (Uppsala 1904) S. 453 f. immer noch für untadelig und
für die richtige.
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 379
kommen : mhd. slave sklave engl, slave, franz. esclave Italien, schiavo,
identisch mit Slave (byzant. 'EcKXaßrivoi), ags. wealh 'Kelte" und
'Sklave', ai. däsd-s 'Nichtarier, Barbar' und 'Knecht'. Benennun-
gen nach der Gefangennahme im Krieg (vgl. griech. aixiuaXujToc
und öopudXujToc öopidXuuxoc) sind u. a. : kymr. caeth 'captivus,
mancipium, servus', ir. cacht 'Dienerin' (vgl. aisl. haptr 'Leib-
eigener'), ksl. plenmikb^ zu plem 'Beute, Gefangenschaft' (vgl.
Schrader 809). Auf die Lage als Untergebener und auf den
Zwang, unter dem der Knecht steht, gehen u. a. : lat. minister
(vgl. magister), ai. üpasti-? upasti-ß 'Untergebener, Dienstbote*
(vgl. ahhi$ti-ß 'überlegen'), npers. banda 'Sklave' vgl. apers.
ha"daka- 'untertan', Subst. 'Untertan, Vasall', aisl. awaw(%r (aschwed.
annöpogher) 'Knecht', zu dnaud 'Zwang', russ. nevöVnik 'Un-
freier, Leibeigener, Sklave', zu nevöl'nyj 'gezwungen, von anderen
abhängig'. Von der Gefolgschaft benannt sind z. B. nhd. gesinde
'Gesamtheit der Dienerschaft' = ahd. gisindi 'Reisegefolge, Kriegs-
gefolgschaft', griech. dKÖXouOoc 'der den Herrn, wenn er aus-
geht, begleitende Knecht', hom. öZ:oc 'Gefährte, Diener' in der
Verbindung ö2oc''ApT-|oc (vgl. öZieia* 0epa7Teia Hesych) aus *o-2do-.,
das aus o 'mit' und der Wurzel sed- 'gehen' in öböc aksl. diodi
*Weg' (Schulze Qu. ep. 498) besteht '). Auf das Lohnverhältnis
1) Das nachhom. aococ 'Diener' {äoloi ■ üirriP^Tai, eepä-rrovrec . dKÖ-
XouBoi Hesych, korkyr. äoloc SGDI. n. 3212) führt Schulze auf *d-cobioc
zurück. Ist es aber schon etwas bedenkhch, äoZoc in formantischer Be-
ziehung von öZoc = *o-zdo-s zu trennen, so ist überdies die angenommene
Grundform *d-cobio-c an und für sich recht fragwürdig; nach dem, was
IF. 17, 355 ff., Grundr. 2*, 1 S. 182 ff. ausgeführt ist, wäre vielmehr *äöbioc
mit sonantischem / zu erwarten. Ich halte äoZoc (äoUw) für eine Abänderung
des hom. öZ^oc nach dem Vorbild von *ct-occoc 'Gehilfe' (docc^uj, doccrirrip)
= *siii-soqVio-, dessen Schlußteil mit lat. socius ags. sec^ identisch ist und
auf dem durch ai. sdci vertretenen Adverbium *soqVi (W. seq^- 'sequi') be-
ruht (vgl. Grundr. 2*, 1 S. 164). Das ö- von öloc 'Diener' ist wie das ö-
von ö-cuyec, ö-uaxpoc, ö-Eu\ov u. a. meines Erachtens nicht aus *so- ent-
standen, wie gewöhnlich angenommen wird, sondern identisch mit dem o
'an' in öloc 'Zweig, Ast' = arm. ost got. asts uridg. *o-zdo-s (zu sed- 'sitzen',
ursprünglich 'Ansatz, ansitzend am Stamm'), ö-cxti ö-cxoc 'Zweig' (zu ^xo^ai,
cxeböv), ö-K^\Xuu, ö-Tpuvuj, ö-xpripöc u. a. Es handelt sich um das in meiner
K. vergl. Gramm. S. 464 besprochene uridg. Adverbium *e, ö, mit dem,
worauf mich Leskien hinweist, auch slav. o (Erweiterung o-b^) zu identi-
fizieren ist. Die Grundbedeutung war etwa 'so an etwas heran (oder: daran),
daß man damit in Berührung und Verbindung ist'; vgl. lat. cum 'mit', umbr.
-com 'bei', griech. Kaxd, ir. cet- a. a. 0. 478 f. Die Aufstellungen von Bezzen-
berger BB. 27, 147 ff. halte ich für verfehlt.
25*
380 K. Brugmann,
geht z. B. griech. Xdipic 'Lohnarbeiter', dann überhaupt 'Knecht,
Diener*, das von Xdipov aus nach dem Vorbild von xpöxic
'Läufer, Diener' u. ähnl. geschaffen ist.
Näher sollen nun noch ins Auge gefaßt werden solche
Benennungen, denen Begriffe wie beweglich, rührig, ge-
schäftig regsam, emsig, flink zur Hand oder Wege
laufend, hin und her laufend zugrunde liegen, die also
etwa dasselbe besagen wie oipripoc, das bei Homer stehendes
Beiwort von Benennungen dienender Personen ist (ÖTpnpoi 6e-
pdiToviec u. a.). Diese Klasse hat ziemlich viele Vertreter und
mehr als man bisher erkannt hat.
Ich ordne die Beispiele nach den beteiligten 'Wurzeln',
und zwar so, daß ich mit denjenigen Wurzeln beginne, die in
mehr als einem Sprachzweig ein Wort für Diener, Knecht,
Sklave u. dergl. geliefert haben, mögen sich die betreffenden
Wörter zugleich auch formantisch decken oder nicht decken.
Dann folgt, was nur einzelsprachlich vertreten ist. Über das
Alter der einzelnen Bildungen soll durch diese Anordnung zu-
nächst kein Urteil abgegeben sein, da einerseits die Überein-
stimmung zwischen zwei Sprachzweigen zufällig sein kann (in
einigen Fällen ist sie sicher zufällig), anderseits die eine oder
andere nur einzelsprachlich belegte Form aus uridg. Zeit ererbt
und nur in diesem einen Sprachzweig bewahrt sein könnte.
Auf die Frage des Alters dieser Art von Benennung im all-
gemeinen "komme ich am Schluß in § 4 zu sprechen.
l.Ai./)a/'j-mra-s 'umherstreifend, beweglich; Gehilfe, Diener,
Wärter' (zuerst Sat. Br.), pari-cära-s 'Bedienung, Dienst; Ge-
hilfe, Diener', pari-cärin- 'hierhin und dorthin gehend, beweg-
lich; bedienend, Diener', pari-cäraka-s (Fem. paricärikä) 'Ge-
hilfe, Handlanger, Diener', pari-carana-s 'Gehilfe, Diener'; abhi-
cara-s 'Begleiter, Diener'; eine Art Kurzform mag cärikä 'Dienerin'
sein. Ob zur selben Wurzel pari-kara-s Sing, und Flur. 'Ge-
hilfe, Dienerschaft' gehörte, ist zweifelhaft (s. Uhlenbeck Altind.
et. Wtb. 156, Bartholomae Altiran. Wtb. 450 f.). Griech. hom.
d^qpi-TToXoc M. und F. 'Diener, Besorger, Dienerin, Besorgerin';
daneben (zuerst hymn. Cer. 440) ttpö-tto\oc, M. und F., Bezeichnung
des vorangehenden Dieners, bezw. der vorangehenden Dienerin
(vgl. die anteambulönes der Römer, Marquardt-Mommsen Hdb.
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 381
der röra. Altert. 7, 1, 145), besonders Bezeichnung von Wesen,
die im Dienste von Göttern stehen. Lat. anculus aus *ambi-
quolos^ F. ancula^ dazu anculäre 'ministrare' ; nach haedillus neben
haediilus u. dgl. entsprang ancilla neben ancida, die Bildung
büßte aber, wie pnella neben puer u. a., den Deminutivsinn bald
wieder ein, und ein neues Deminutivum, anciUula, wie puellula^
kam auf (vgl. Schulze Lat. Eigenn. 136f. 330. 4181, Yerf.
Grundr. 2^, 1 § 473. 542. 546). Die mit den Namen an-
culus ancida ancilla bezeichneten familiäres standen als freie
Hörige den Sklaven {servos serva^ bezw. verna) gegenüber.
Von der Grundbedeutung ist in allen drei Sprachzweigen
kaum abgewichen. Denn diese Wörter werden in der Regel
nur auf solche Leute angewendet, die die Person des Herrn
oder der Herrin bedienen.
2. Got. pius (Fem. pitri) ahd. deo (Fem. diu) ags. deow
'Kjiecht, Diener' urnord. pewaR 'Lehnsmann' (aisl. py 'Dienerin'),
urgerm. *pe^ud-z aus Hequö-s = ved. takvä-s 'eilend, rasch, reg-
sam', zu ai. täk-ti täka-ti 'er eilt' lit. tekü 'ich laufe' usw. Das
Fem. piwi neben dem mask. o-Stamm, wie aisl. merr 'Stute'
neben M. marr\ doch läßt sich piwi auch als mo vierte Form
zu einem dem ai. tdku-s 'eilend, rasch, regsam' entsprechenden
*pihu- ansehen, es verhielte sich dann zu diesem wie got. mawi
'Mädchen' zu magus 'Knabe', ai. yahvi zu yahü-s u. dgl. (vgl.
Yerf. Grundr. 22, 1 § 141 S. 217 f.).
Von dem Zubehör zu dem german. Wort auf germanischem
Boden mag der meines Wissens noch nicht richtig gedeutete
got. Plural pemsa 'öoöXoi' ^) genannt sein. Diese Form, die als
ursprüngliches *teques{o)- zu betrachten ist, war von Haus aus
Kollektivum zu pitis. Zur s-Erweiterung bei vorausgehendem
M-Formans sind Bildungen wie ai. phas-, griech. creTvoc aus
*CTevFoc, aksl. PI. divesa zu vergleichen. Kollektivsinn haftet
bekanntlich auch sonst gerade an Vrddhibildungen, z. B. ahd.
huon nhd. huhn^ das ebenfalls unursprünglicher s-Stamm war,
ursprünglich 'Hähne und Hennen zusammen', mhd. buost 'zu-
sammengedrehte Baststi'eif en , Baststrick', zu bast^ ai. äsvä-m
'Pferdetrupp', käpöta-m 'Taubenschwarm'. Als ursprüngliches
1) Kol. 3, 22 pewisa, ufhausjaip hi all (paim bi) leika fraujam 'o\
boöXoi, ÜTTaKoüere Kaxd TTdvxa toTc Kaxd cdpKa Kupioic', 4, 1 jus fraujans, ga-
taihtjah ibnassu pewisam atkunnaij) 'oi KÜpioi, tö biKaiov Kai Tiqv icöxriTa
ToTc boüXoic Trap^xec0e'.
382 K. Brugmann,
KoUektiviim verhält sich demnach pewisa zu pius etwa wie
nhd. die Herrschaften zu der herr^ lit. zmönes 'Menschen' zu imw,
umbr. iouies 'iuvenibus' zu lat. juvenis u. dgl. Die Vermutung
von Walde Die german. Auslau tges. 179, peivisa sei ein erstarrtes
Part. Perf. Akt. mit -wes-, erscheint darum nicht richtig, weil
sie dies Wort von pius formantisch zu weit abrückt.
Zur gleichen Wiu'zel teq- gehört lett. teksnis 'Auf Wärter,
Bedienter' (vgl. zu dieser Porraation Leskien Bild. d. Nom. 377).
Vgl. Persson KZ. 33, 291, ülilenbeck Ai. et. Wtb. 151.
3. .^n. ir. timm-thirim 'bin um jemand dienend beschäftigt,
ministro' (Praet. 3. Sg. dud rimthirid, dod rimthirid), timmthirthidi
'ministri', timthirect 'ministerium, servitium' schließe ich lit.
tarnas 'Diener' an. Vgl. überdies ir. tara 'tätig, lebhaft', ai.
taräni-s 'rasch, energisch, rastlos, eifrig', griech. ipnpov • eXaqppov,
Tpapöv xaxu (d. i. rpapov), lapov" taxu (d. i. rapöv mit dissi-
milatorischem Schwund von p) bei Hesych, ö-ipripoc 'hurtig, flink'
(hom. Epitheton von öepdrrujv u. dgl.), ö-ipaXeujc Adv. 'hurtig,
flink' (zu ö- vgl. S. 379 Fußn. 1), lopvoc 'Dreheisen, Zirkel'.
4. Griech. rpöxic 'Läufer, Bote, Diener' (Aeschyl. Prora.
941 dW eicopüj y^P tövöe töv Aiöc ipöxiv, womit Hermes ge-
meint ist) nebst xpoxiXoc 'Strandläufer, Krokodilwächter; Zaun-
könig', TpoxiXoc, Name eines Priesters der Demeter in Argos
und Eleusis, zu xpexuj. Ahd. drigil 'Diener', aisl. prcell 'Diener,
Knecht, Unfreier' (urnord. *prähila-\ zu got. pragjan 'laufen'.
Diese Wörter mögen hier zusammengestellt sein, obgleich, aus
bekannten Gründen, etymologische Identität von ipexuj und
Pragjan zweifelhaft ist.
5. Lat. servos serva wird gewöhnlich, z. B. von Leo Meyer
Handb. der gr. Et. 2, 111, Schrader Reallex. 809, Walde Lat.
et. Wtb. 568, zusammengebracht mit dem hom. eipepov (Akk.)
'Knechtschaft', das nur 6 529 vorkommt : eipepov eicavdTouci, seil.
YuvaiKa, das Weib, das den Mann im Kampf verloren hat. ei'pepo-
soll *cepFepo- gewesen sein, was lautgerecht ist. Anderseits
wird servos mit serväre zusammengebracht, es bedeute eigentlich
'durch Verschließen bewahrt'. Diese schon bei den Römern
selbst sich findende Verknüpfung mit serväre ist aber wenig
glaublich, weil bei der weitverbreiteten Wurzel ser-, zu der
serväre gehört, der dominierende Begriff überall der des schützen-
den, sorglichen Bewahrens, nicht der eines gewaltsamen Vor-
gehens gegen eine Person ist und die Deutung der servi als
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 383
'im Kriege Gerettete' {hello servati) zu künstlich ist. Gegen diese
Verbindung mit serväre auch schon L. Lange Köm. Alt. 1^,
189, der mit Hinweis auf manu adserere in servitutem und in
libertatem das lat. servos, wie schon andere vor ihm, von serere
ableitet. Ganz neuerdings wird von Loth in den Melanges H.
d'Arbois de Jubainville S. 211 servos mit ir. serbh 'Raub, Frevel*
kymr. hertv 'Landstreicherei, Räuberei' zusammengestellt, servos
sei ursprünglich Mer Geächtete, Vogelfreie' gewesen. Ich sehe
auch hier wieder nicht, wie die Bedeutungsentwicklung sachlich
gerechtfertigt werden könnte.
Dennoch mag die Verbindung von servos, ti'pepov, serbh
richtig sein. Man darf diese Wörter nämÜch anschließen an
ai. sisarti sdrati 'er läuft rasch, jagt nach, verfolgt, entläuft,
entflieht', sardm-s 'laufend', sasrä-s 'strömend', sdsri-s 'laufend,
eilend', sirä 'Strom', sdrma-s 'das Fließen', griech. opiuri 'An-
lauf, Angriff, Antrieb', piJuo|uai 'ich bewege mich schnell und
kräftig, eile', lett. sirt 'kriegerische Sti-eif- und Raubzüge machen,
umherschwärmen', sira und sira 'das Umherstreifen' {sira = ved.
sird^ Gf. *srrä\ sifi 'Marodeure'. *seriio- war dann 'laufend, sich
tummelnd', woher einerseits die Bedeutung des Dienens, weiter
der Knechtschaft im Griechischen und Lateinischen (vgl. Z 417
UTTÖ ö' diuqpiTToXoi puuovTo dvaKTi 'Dienerinnen tummelten sich,
waren in geschäftiger Eile für den Herrn'), anderseits, gleichwie
in den genannten lett. Wörtern, der Sinn der Landstreicherei
im Keltischen (vgl. lit. pereivä und pereivis 'Landstreicher' zu
per-eiti). Vielleicht gehört auch das unerklärte ai. selaga-s 'Räuber,
Wegelagerer' als älteres *seraga-s hierher : zu sasrd-s sdsri-s 3. Sg.
sasre verliielte es sich wie 3. Sing, tene zu tatne^ 3. PL peüir zu
paptiir^ vgl. auch ceru-s 'begehend' 3. Sing, cere zu cdra-ti, nemi-s
'Radfelge, Umkreis' 3. Sing, neme zu ndma-ti u. dgl.
*ser-uo- 'laufend', dessen Femininum im Keltischen als
Substantivum absti'akter Bedeutung fungierte {serbh aus *seruä\
vergleicht sich formantisch mit ai. takvä-s 'eilend' (S. 381), ai.
jivd-s lat. vivos ht. gyvas 'lebend', aw. a"rva- 'schnell, tapfer' ags.
earo aisl. prr 'schnell' (finn. arvas), ai. yahvd-s 'rastlos', rkvd-s
'lobpreisend' usw.
Von ei'pepov läßt sich nicht wissen, ob es Maskulinum
oder Neutrum war. Nimmt man es, wie gewöhnlich geschieht,
als M., so wäre vielleicht i'inepoc zu vergleichen. Es liegt aber
näher, in dem Wort eine nach dem begrifflichen Oppositum
384 K. Brugmann,
e\eu9epoc 'über' (von *leudho- 'Volk, Leute', s. Schrader Reallex,
807 f.) entstandene Erweiterung zu *seruo-s zu sehen. Das Neu-
trum wäre dann als Absti'aktum gebraucht worden, entsprechend
dem Abstraktum t6 eXeu0epov 'die Freiheit'.
6. Man verbindet ai. arati-s 'Diener', ir. ara^ Akk. araid,
'Diener', griech. UTT-riperric 'Diener' und epiBoc (M. F.) 'Arbeits-
gehilfe, Diener' (vgl. Schoemann-Lipsius Griech. Alt. 1*, 421),
aw, räHi-s 'dienstwillig; Diener, Gehilfe' = ai. räti-ß 'bereitwillig'
und stellt diese Wörter zu verschiedenen, um eine 'Wurzel'
er- sich gruppierenden Basen, die einen in unsere Bedeutungs-
sphäre fallenden Sinn haben. "Vgl. u. a. Curtius Grundz.^ H40,
Fick-Stokes 2*, 39, Persson Stud. 162, Hirt Ablaut 121, Prell-
witz Et. Wtb.2 156. Die betreffenden Anknüpfungen mögen
größtenteils richtig sein. Doch bleibt im Form antischen mehreres
unklar. Um mich nicht zu weit in die schwierigen Probleme
der 'Wurzelerweiterung' einzulassen, bemerke ich nur das fol-
gende. Griech. uTT-ripexric wird zwar im letzten Grunde mit ai.
arati-? wurzelgleich sein, ist aber wohl erst auf griechischem
Boden zu eperric 'Euderer' hinzugebildet worden, hat also ur-
sprünglich 'Ruderknecht' bedeutet und gehört dann nicht in
den Kreis unserer Betrachtung. Ai. arati-s und räti-s aw. rä'ti-s
verhalten sich formal zu einander wie griech. epeiric und ahd.
ruodar^ griech. Y^vecic und got. hiößs und sind nebst ir. ara
vermutlich zu verbinden mit aw. a"rva- ai. drvant- ags. earo
'schnell' eornost ahd. ernust 'Kampf, Ernst', ai. drna-s arnavd-s
"wallend, flutend', eplöoc, das, weil es zugleich 'Dienerin' war,
einst als Abstraktum etwa 'Arbeitshilfe' bedeutet haben wird,
scheint zu einer Basis erei- eröi- zu gehören, die anderwärts durch
ai. ri-ti-s 'Strom, Lauf, Lauf der Dinge' rina-s 'in Fluß geraten'
lat. rivos (vgl. auch ai. raya-s 'Strömimg, Lauf, Eile, Heftigkeit',
aksl. na-roj 'Andrang') vertreten ist und mit derselben dh-Er-
weiterung, welche epiGoc aufweist, in ags. ^e-rdede mhd. ge-reite
'fertig, bereit, zur Hand' aisl. g-reidr 'bereit, frei' mhd. he-reite
'bereitwillig, geschickt' aisl. rida 'reiten, sich heftig bewegen'
erscheint. Das e- von ^piGoc war dann prothetischer Vokal.
Möglicherweise ist dieser Sippe noch arm. arhaneak 'Diener,
Gehilfe, Mitarbeiter', aksl. raJ/t 'Knecht' nebst got. arhaips 'Mühsal,
Arbeit' ^) zuzurechnen (vgl. Hübschmann Arm. Gramm. 1, 423,
1) arbaips aus *arbendi-z, s. K. vergl. Gr. 34:9. Nicht überzeugend
Meringer IF. 17, 128.
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 385
Pedersen KZ. 38, 313, Meringer IF. 17, 1281, Meillet Etudes
sur retymologie etc. S. 2261).
7, Man stellt zusammen lat cacula 'Soldatendiener', cölo
-önis 'Troßknecht, Pferdebube' = *cacslön-, ir. cele 'servus' =
*caclio-^ celsine 'Dienst' (Fick-Stokes 2*, 66, Walde Lat. et. Wtb.
77. 85). Rheden Etym. Yersuche (Progr. von BrLxen 1896) S. 3
knüpft diese Wörter an aksl. skoh) 'Sprung' skociti skakati 'springen,
hüpfen' an. Das ist gut möglich, vgl. auch lit. szöku 'ich springe',
ahd. scehan 'eilen' aisl. skaga 'vorspringen' ags. tö-scec^an 'her-
vorragen', ir. der-scaigim 'ich zeichne mich aus' scen = *scacno-
'Schreck' (Zupitza Germ. Gutt. 154). Aber ebenso gut sind ai.
saknö-ti 'er kann, ist förderlich, hilft' und aisl. hagr 'geschickt'
ahd. bi-hagan mhd. be-hagen 'frisch, freudig' vergleichbar.
8. Got. skalks ahd. as. scalc 'Diener, Knecht' aisl. skalkr
'Dienstmann' wird mit ir. ban-scäl {banscala 'servae' Wb. 10 ß)
zusammengebracht S. Zeuss-Ebel^ 812, d'Arbois de Jubainville
Mem. 7, 2911 Ist diese Zusammenstellung richtig, so liegt doch
jedenfalls kein genügender Anlaß vor, skalks als keltisches Lehn-
wort zu betrachten, wie d'Arbois de Jubainville tut. Es gibt
im Keltischen keine zu ban-scäl gehörige Wortform, die, von
den Germanen übernommen, ein '^skalka-z hätte ergeben können.
Am ungezwungensten schließen sich diese Wörter an mhd.
schel 'springend, auffahrend, aufgebracht' ahd. scelo mhd. schele
('Bespringer') 'Zuchthengst', auch 'Bockhirsch, tragelaphus' (vgl.
Palander Die ahd. Tiernamen 881) an, denen man ai. salabhä-s
'Heuschrecke' und sälüra-s 'Frosch' (unbelegt) zugesellt (vgl.
Yerl Curtius' Stud. 7, 343, Zupitza Germ. Guti 195, Uhlenbeck
El Wtb. d. ai. Spr. 305. 308). Doch fragt es sich, wie man das
zweite k von skalks aufzufassen hat. Ich vermute, daß in ur-
germ, Zeit ein *skalska- 'springend, sich tummelnd' gebildet
worden ist mit jenem Ausgang -ska-, der in diesem Sprach-
zweig so produktiv war zur Bildung von Adjektiva, die bedeuten
'sich irgendwie energisch betätigend, rasch, schneidig usw.',
z. B. ahd. rase 'schnell, gewandt, kräftig' aisl. rpskr 'kühn', ahd,
horsc 'rasch, schneidig, klug', aisl. vaskr 'behende, kühn', karskr
'lebhaft', /ros^r 'stark, kräftig', ahd. frisc 'frisch, munter', aschwed.
ßresker 'widerspenstig', norw. dial. ulsk 'hitzig auf etwas, gierig',
aisl. beiskr 'scharf, nhd. barsch 'scharf, strenge', harsch 'hart,
rauh', aschwed. varsker 'aufmerksam', as. malsc 'stolz' got. un-
tilamalsks 'TTpoireTric' (vgl. Karsten Studier öfver de nord. spr.
386 K. Brugmann,
prim. nominalb. 2, 118 ff.). So lange in *skalska-z die Bedeutung
'springend, sich tummelnd' noch lebendig war, wird das Wort
das s seines Formans festgehalten haben. Nachdem es aber den
Sinn 'Knecht, Diener' angenommen hatte, ging dieses s dissi-
milatorisch verloren.
Hiernach wäre die Entwicklung zur Bedeutung 'Knecht*
in den beiden Sprachzweigen selbständig erfolgt.
1. Ai. nachved. ceta-s cetaka-s 'Diener, Sklave', Fem. ceti
cetikä^ auch mit d ceda-s usw., wahrscheinlich mittelind, aus
*ceßta-s und identisch mit ai. cesta-s 'Körperbewegung, tätiges
Verhalten', zu cesta-ti 'er ist in Bewegung, regt sich, rührt sich,
ist geschäftig'. Uhlenbeck Altind. et. Wtb. 93.
2. Griech. KOvriTtti' BepctTTOvreczu KOveTv • erreiTecOai. evep-
yeiv, Kovei" crreuöe, rpexe (Hesych), d-Kovm 'ohne Anstrengung',
KovapdiTepov • öpacTiKuüiepov Hesych (vgl. Schulze Quaest. ep.
353 f.). eT-Kovic 'Dienerin' zu ex-Koveuj 'ich bin flink'. Ferner dy-
Kovouc" öittKÖvouc, öouXouc Hesych.
Weiter unzweifelhaft hierher öidKovoc ion. biriKovoc (M. F.)
'Diener, Aufwärter'. Dessen s ist jedoch nicht ganz klar. Nach
Prellwitz Et. Wtb. ^ 115 hätte urgriechische Kontraktion aus" *öia-
aKovoc stattgefunden und d- in *d-KOVoc wäre Schwundstufenform
zu ev (vgl. eY-Koveuj). Eher als diese Deutung dieses d- wäre mir
glaubhaft Entstehung von *dKOVoc aus *dva-Kovoc (vgl. dT-KOVOuc)
mit haplologischer Kürzung wie in oXeKpavov ujXeKpavov = *öXevo-
Kpavov, 'ATro\Xuj(pdvric ='ATToXXujvo-cpdvr|C u. ähnl., und zwar wäre
diese Kürzung wohl erst nach Zusamnienziehung von *öia-ava-
Kovoc zu *öiävaKovoc eingetreten. Am einfachsten aber scheint
mir immer noch meine (von Prellwitz a. a. 0. angezweifelte) An-
nahme Ber. d. sächs. Gr. d. W. 1901 S. 103, daß h\a- für öia- von
Formen wie öiaveKnc ion. öinveKnc, öiriXiqpric, öir|ve|Lioc herüber-
genommen ist, ein Vorgang, zu dem sichere Parallelen a. a. 0.
beigebracht sind.
3. Viel besprochen ist die Herkunft von ion-att. phok. böot.
öoöXoc dor. öuJXoc 'Knecht, Sklave', und das Rechte ist der
Hauptsache nach bereits getroffen.
Zunächst ist ungerechtfertigt der Anschluß des Wortes an
diejenigen Namen für den Sklaven, die ursprünglich 'Hausgenosse'
bedeutet haben, bei Johansson EF. 3, 229 ff., dem Schrader Reallex.
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 387
812 folgt. Johansson stützt sich auf die beiden Hesychglossen
boOXoc* oiKia, r\ rriv eiri tö aürö cuveXeuciv tüjv TuvaiKÜJV (d. i.
Vereinigung des weiblichen Hauspersonals) und evöuXuj • evöo9ev.
Daß auf die letztere Glosse bezüglich der Erklärung von öoöXoc
nichts zu bauen ist, darüber braucht kein Wort verloren zu werden.
Aber auch die erstere Glosse ergibt keine Grundbedeutung 'Haus,
b6|uoc'. Offenbar ist mit dem Interpretamentum oiKia das Haus-
gesinde, die familia gemeint (oiKia in diesem Sinne Xen. Comm. 2,
7, 6), und da sonst nirgends ein Zeugnis dafür vorliegt, daß öoOXoc
von urgriechischer Zeit her etwas anderes als 'Sklave' bedeutet
hat, so muß die Glosse, wenn irgend möglich, von dieser Be-
deutung aus erklärt werden. Es ist entweder ein Kollektivum
f| öoOXoc gemeint, wie x] ittttoc 'die Reiterei', f] Kd)Lir|Xoc 'die
Kameele', oder das Glossem meint das kollektive tö boöXov (vgl.
Eurip. Ion 983) und ist dann verschrieben für boöXov^).
Auch Wiedemann BB. 27, 218 glaubt an ein ÖoöXoc 'Haus-
bau', doch nimmt er nicht, wie Johansson, Bedeutungsübergang
von 'Haus' zu 'Hausgesinde', weiter zu 'der einzelne zum Ge-
sinde Gehörige' an, sondern indem er etymologisch an öuva)aai
anknüpft, denkt er, öoOXoc 'Haus' habe ursprünglich 'das Feste',
dagegen öoOXoc 'Sklave' ursprünglich 'Zimmerer', dann 'Arbeiter'
bedeutet. Diese letztere Kombination wird ebenso wenig Beifall
finden wie die alte, neuerdings von v. Patrubäny (Sprach wiss.
Abhandl. 2, 195) wieder vorgetragene Ansicht, boOXoc sei mit bvt]
'Elend, Unglück' verwandt und sei ursprünglich 'ein Gequälter'
gewesen. Bei letzterer Vergleichung würde zwar vielleicht die
Bedeutung keine Schwierigkeit machen (vgl. Ut. vSrgas 'Sklave',
das möglicherweise mit vafgas 'Not' und weiterhin mit aksl. vrag^
'Feind' zusammenhängt, s. Leskien Bild. d. Nom. 161), aber ihr
steht die Yokalisation der Wurzel entgegen, da öur| zu öaiiu,
bdFioc öriioc gehört.
Ferner ist unser Wort wiederholt mit got. taujan 'machen,
tun, bewirken' taiii N. 'Tat, Werk', ags. töl 'Werkzeug' zusammen-
gestellt worden, s. besonders LoreutzIF. 5, 342 f. Da büjXoc, neben
ÖoöXoc, das echten Diphthong ou hatte, ein *dö[ii\lo-s voraussetzen
1) Mit dem verderbten Hipponaxfragment 47 B. *, auf das sich die
Hesychglosse nach Ahrens' Vermutung bezieht, ist wenig anzufangen (vgl.
die bei Bergk angeführten Emendationsversuche), und keinenfalls ist aus
ihm etwas zugunsten der Meinung zu entnehmen, die Griechen hätten ein
boOXoc als Synonymum von bö|Lioc besessen.
388 K. Brugmann,
läßt, SO stellt formal nichts im Weg. Und auch begrifflich ist
diese Etymologie ansprechender als die andern, die eben be-
sprochen sind. Nur möchte ich nicht 'Verfertiger, Arbeiter' als
anfänglichen Sinn ansetzen, wie Lorentz u. a. tun, sondern 'regsam
tätig, geschäftig' mit Rücksicht auf die (nach Osthoff IT. 5, 282)
mit got. taujan zusammengehörigen mhd. zouwen mnd. touwen
'eilen, beeilen, sich beeilen; vonstatten gehen', mhd. zouwe F,
'Eile' zouwic 'rührig, tätig, flink zur Hand', ahd. zawen 'vonstatten
gehen', denen vielleicht noch ai. duvds- duvasand-s 'vorwärts drin-
gend, hinausstrebend' und dütd-s aw. dütö 'Bote' zuzugesellen sind.
4. Hom. öpncTrip 'Diener' zu öpduu 'bin tätig, geschäftig'.
5. "Ipic war die Botin und hilfreiche Dienerin der Götter.
Die Appellativbedeutung des Namens war 'die eilige, hurtige',
wie denn auch alle Beiwörter dieses Wesens bei Homer auf
Schnelligkeit hindeuten. Das Wort gehört zu einem von Fie^xai
'ich strebe' gebildeten Adjektiv *Fip6c, welches, wie ^Ipic, nur als
Name erscheint, aber als ein Name, dessen Appellativsinn für
den Grriechen der homerischen Zeit noch nicht verdunkelt war:
von dem Bettler Fipoc in der Odyssee nämlich heißt es c 6 ^Ipov
be veoi KiKXriCKOuciv äiravTec, j ouvek' änay^eXKecKe kiuuv, öt€ ttou tic
dvLUTOi. Vgl. Maass IT. 1, 157 ff., Solmsen Unt. 148. 150, Sommer
Griech. Läufst. 102, Derselben Wurzel angehörige entferntere Ver-
wandte mögen sein ai. vesa-ti vives-ti 'er ist tätig, wirkt', vesd-s
'bewirkend, besorgend', vesanä 'Aufwartung, Bedienung'.
6. Griech. Brie erjTÖc 'Lohnarbeiter, Knecht' (Schoemann-
Lipsius Griech. Alt. 1 *, 42), wozu als Fem. eficca, soU zu liBriiai
gehören, s. Ebeling Lex. Hom. 568. Begrifflich ist das sehr wenig
ansprechend, man müßte denn annehmen, das Wort sei, ähnlich
wie die Inder für paricärikä auch kurzweg cärikä sagten (S. 380),
Abkürzung irgend eines Kompositums gewesen. Weiterhin wird
die Glaubwürdigkeit dieser Etymologie niedergedrückt durch die
Hesychglosse Sdxac • OfiTac, touc öouXouc . Kuirpioi ^). Dieses Bdiac
wird wohl niemand edtsc lesen woUen, als habe sich hier die alte
Schwundstufenform der Wurzel Qx]- erhalten. War es aber edisc,
so ist es ein Zeugnis für urgriech. *6dc = ion.-att. One.
Andere Deutungsversuche von Brie als diese Anknüpfung
an lOriiui sind mir nicht bekannt.
Man darf das Wort auf *eFä-T- zurückführen (zum Schwund
1) Die Handschrift hat eürac, doch ist Gdtac durch die Buchstaben-
folge gesichert.
Zu den Benennungen der Personen des dienend. Standes i. d. idg. Spr. 389
des F vgl. z. B. GoXöc GoXepöc zu got. dwals, Oaipoi zu aksl. dvbri)
und anschließen an Oodc 'schnell, gewandt, rasch zur Tat' (z. B.
E 536 Ooöc ecKe lueid npiuToici |udxec6ai), ßori-ööoc 'auf einen Zuruf
hin schnell zur Hand, zu Hilfe eilend' (vgl. ßor|-5pö|uoc Eurip.),
0odZ;uj 'ich versetze in schnelle, heftige Bewegung; ich bcAvege
mich schnell, tummle mich', weiterhin mit Guvuu 'ich bewege mich
schnell einher, ungestüm fort', ai. dhünö-ti dhunö-ti Fut. dha-
visya-ti 'hin und her bewegen, schütteln, schwingen', die alle zu-
sammen auf eine Basis *dheua^- (Hirt Ablaut 104) weisen. Be-
züglich der Ablautstufe von *6Fa-T- vgl. irpo-ßXric, d-b|uiic, d-Yvuuc
u. a. Das Wort kann ebenso gut aktivisch 'sich tummelnd' ge-
wesen sein (vgl. z. B. ttXujc 'Schwimmer', Name eines Fisches),
als passivisch 'der (vom Herrn) getummelt wird' (vgl. z. B. d-YviLc
'ungekannt, unerkannt'); in letzterer Beziehung vergleiche man die
bedeutungsverwandten ai. dütd-s (S. 388), kelt. amb-actus (S. 390).
Auf den Akzent von Hesychs ödrac ist wenig Yerlaß. Aber
Änderung in ödtac ist jedenfalls nicht nötig. Die Form Gaia-c
verhielte sich zu Grjc wie xepvritric zu x^pviic ('Armer, Tagelöhner'),
TU)aviiTric zu TU|uvnc ('Leichtbewaffneter'), TToXu-cpdvTü.c zu TToXu-
qpac -avToc u. dgl.
Außer durch Grjc, falls unsere Deutung richtig ist, dürfte die
Schwundstufe der Anfangssilbe der Basis *dheuä^- im Griechischen
noch durch dxaGöc 'tüchtig, gut' belegt sein. Denn vor der üblichen
Vergleichuug dieses Adjektivs mit got. gößs ahd. gtiot, bei der
sowohl das y als auch das anlautende a erhebliche Schwierigkeit
bereiten, verdient die Erklärung von Joh. Baunack Stud. auf dem
Greb. des Griech. 1, 260 ff. den Yorzug, nach der dTaGöc als
dYa-96c mit Gooc zusammenhängt. Nur hat man Avohl nicht mit
Baunack für die Begriffsentwicklung einzig von der Tüchtigkeit
im Kampf auszugehen und 'sehr einstürmend' als ursprünglichen
Sinn anzusetzen, sondern die allgemeinere Bedeutung 'sehr rührig,
sich tüchtig tummelnd'. dYaGöc also aus *dYa-GFö-c. Ein Kom-
positum, das diesem ähnlich wäre, sucht man vielleicht mit Recht in
dYairduu, von einem Adjektiv *dYa-TTÖ-, zu ai. pä- 'hüten, schützen'.
Schließlich bleibt noch folgendes zu bemerken. Für die
Entstehung des r\ von Grjc aus urgriechischem a ist Hesychs
Gdiac immerliin kein vollgültiger Zeuge. Sollte das Wort also
doch urgriech. r| gehabt haben, so fällt damit unsere Ursprungs-
vermutung keineswegs zu Boden. Die Basis kann auch *dheue-
gewesen sein. Ja es ist, wie andere gleichartige Fälle zeigen,
390 K. Brugmann, Zu den Benennungen der Personen usw.
auch möglich, daß *dheuä- und *dheue- nebeneinander gestanden
haben.
7. Eine ähnliche Bildung wie djucpiiToXoc (§ 2, 1) und wie
ir. Ummthirim (§ 2, 3) war das akelt. ambactus 'servus', kymr.
amaeth 'servus arans', zu ir. imm-agim 'ich treibe umher' lat.
amh-äges 'Umgang, Umlauf'. Das Wort kam frühe zu den Römern
(schon Ennius gebrauchte es), denen auch noch die Grundbe-
deutung bekannt war, wie Paul. Fest. 4 servus ambactus^ id est cir-
cumactus dicitur zeigt^). S. Thurneysen Keltoroman. 29 f. Ob got.
andbahts ahd. ambaht 'Diener', wie vielfach angenommen wird,
eine von den Germanen vollzogene Umgestaltung des kelt. "Wortes,
oder ob es echt germanisch und ganz andern Ursprimgs ist (vgl.
Uhlenbeck Got. et. Wtb.^ 13 f.), lasse ich unentschieden.
8. Ir. cumal 'Sklavin' wird bei Fick-Stockes 2*, 70 an-
sprechend mit ai. säma-ti samni-te 'er müht sich, arbeitet eifrig'
sasamänd-s 'eifi'ig bemüht, beschäftigt, fleißig', griech. ko|uiZ;uu 'ich
besorge etwas' eipo-KOjaoc 'Wolle bearbeitend' itttto-köilioc 'Pferde-
knecht' verbunden. Als Eigenname ist dasselbe Wort vertreten
durch gall. Camulos^ Name des Kriegsgotts, ir. Cumal, Name des
Vaters des Heros Find.
4.
Schrader Eeallex. 803 und Hirt Idg. 1, 269 finden es mit
Recht bedenklich, eine Gliederung nach Ständen, außer viel-
leicht in ihren ersten Anfängen, bereits für die indogerm. Urzeit
anzusetzen, und jedenfalls liefern die über mehrere Sprachzweige
hin verbreiteten Benennungen des Knechtes, soweit der Be-
nennungsgrund noch mit einiger Wahrscheinlichkeit festzustellen
ist, keinen Anhalt dafür, daß in einer früheren Periode der sogen,
urindogerm. Zeit schon Sklaverei und Hörigkeitsverhältnisse von
der Art bestanden haben, wie wir sie bei verschiedenen indo-
germ. Völkern namentlich als Folge von Krieg und Kriegsge-
fangenschaft vorfinden. Muß doch auch die Lage des Dienenden
gegenüber dem Herrn im allgemeinen um so günstiger gewesen
sein, je primitiver die Kulturverhältnisse waren. Unter diesen
1) Mit Caes. bell. Gall. 6, 15, 2 equituni ut quisque est genere copnsqtie
amplissimus, ita plurimos circmn se ambactos clientesque habet vergleiche
man Polyb. 2, 17 bid t6 qpoßepujTaxov Kai buvaxtuTaTov eivai -rrap' aüroic
toOtov, 8c äv irXeicTouc ^x^iv boKf] toüc öepaixeüovTac Kai cuiniTepiqpe-
P0|LI^V0UC aÜTU).
W. Streitberg, Got. sunnin. 391
Umständen verdient es Beachtung, daß unter allen Bezeichnungen
von Personen des dienenden Standes diejenige, der das höchste
Alter zugesprochen werden darf, der von uns hier näher be-
handelten Begriffsklasse angehört. Es ist das die Benennung ai.
pari-card-s abhi-cara-s griech. d)aqpi-TroXoc lat. anculus (§ 2, 1), zu
der kelt. amb-actiis (§ 3, 7) und ir. timm-thirthidi (§ 2, 3) nur
eine Art von Variante darstellen. Weitergehende Schlüsse sind
freilich der Natur der Sache nach hierauf nicht zu bauen.
Leipzig. Karl Brugmann.
Got. sunnin.
Die gotische Dativform sunnin^ die durch die beiden Stellen
at sunnin pan urrinnandin Mark. 4, 6 und at urrinnandin sunnin
Mark. 16, 2 belegt ist, hat die Forscher vielfach beschäftigt. Den
neuesten Deutungsversuch verdanken wir Brugmann (IT. 18,
423 ff.). Nach ihm geht simno auf einen Nominalstamm sunön-^
sunen-^ sunn- zurück, der durch das sekundäre Suffix -en- -on-
von sun- 'Grlanz' abgeleitet ist. Die femininen ön-Stämme des
Germanischen sind ebenso wie die maskulinen aw-Stämme aus
indogerm. Zeit ererbt; ursprünglich hat -ön- ebensowenig speziell
feminine Funktion gehabt wie -an- speziell maskuline, sunnin
verhält sich zu sunnön wie homine zu hemönem; es ist daher
eine Altertümlichkeit innerhalb der Flexion der öw-Stänmie und
nötigt uns nicht, mit Mahlow ein Neutrum sunno sunnins an-
zusetzen.
Brugmanns Auffassung von der Entstehung des got. sunno
ist auch die meine; dagegen vermag ich mich nicht davon zu
überzeugen, daß in sunnin eine uralte, aus indogermanischer Vor-
zeit ererbte Bildung vorliege. Die zahlreichen Neuerungen des
Gotischen machen mich von vornherein mißtrauisch gegen die
Altertümlichkeit einer Form, die weder an sich unzweideutig ist
noch durch außergotische Zeugnisse beglaubigt wird.
Stellen wir uns auf den Staudpunkt des Gotischen selbst
und fragen wir, welche Auffassung des Dativs sunnin zur Zeit
"Wulfilas bestanden habe, so dürfen wir wenigstens Eines mit
Sicherheit sagen : die Form sunnin kann für das gotische Sprach-
392 W. Streitberg, Got. sunnin.
gefühl kein Femininum gewesen sein, sonst wäre sie nicht
mit dem Attinbut urrinnandin verbunden worden. Denn es ist
klar, daß dieses für die Goten Wulfilas nichts anders als ein
maskuliner oder neutraler Dativ Sing, gewesen sein kann : auch
nicht der geringste Grund spricht dafür, daß im Femininum des
präsentischen Partizipiums jemals eine andere als die em-Flexion
geherrscht habe, die eine durchsichtige Umbildung der indogerm.
Grundform ist.
Hierdurch also wird die Möglichkeit, in sunnin ein Femi-
ninum zu suchen, ausgeschlossen. Es bleibt nur noch die Wahl
zwischen Maskulinum und Neutrum.
Nach dem Vorgang Jacob Grimms (Grammatik 3, 346 ff.
Neudruck) hat man sich lange Jahre liiudurch für das Masku-
linum entschieden. Als Beweggrund darf wohl die Erinnerung
an die Maskulinformen gelten, die neben dem gewöhnlichen
Femininum im Altenglischen, Altsächsischen und Althochdeutschen
(wie auch im Mittelhochdeutschen) auftreten. Mit Recht hat man
die Ursache dieses westgermanischen Genuswechsels in dem
Einfluß des Wortes für Mond gesucht. Die Möglichkeit, daß im
Gotischen dieselbe Einwirkung vorliege wie im Westgermanischen,
läßt sich somit nicht ganz bestreiten ; wahrscheinlicher jedoch ist die
Annahme Mahlows, daß ein Übergang von Femininum zum Neu-
trum erfolgt sei. Zwar die Stützen, die Mahlow für diese Auf-
fassung im Altenglischen und im Altsächsischen zu finden glaubte
(Lange Vokale S. 156), sind inzwischen zusammengebrochen, vgl.
Sievers im Nachtrag zur 3. Auflage von Braunes gotischer Gram-
matik S. 135 und PBrB. 1, 504. Auch an die uralten Beziehungen
zwischen Femininum und Neutrum darf man in diesem Falle
nicht mehr denken. Vielmehr liegt die Sache wesentlich ein-
facher: Das alte Femininum sunno 'Sonne' ist durch das Synonym
sauil 'Sonne' im Genus beeinflußt worden. Dieses ist nach Aus-
weis der Nominativform (Mark. 1, 32 und 13, 24) ein unver-
kennbares Neutrum. Die Beeinflussung von sunno durch sauil
lag um so näher, als bei den femininen w-Stämmen wie bei den
neuti'alen der Nominativ Sing, auf -ö ausgeht. Es ist daher dem
dreimal belegten Nom. sunno (Luk. 4, 40, Eph. 4, 26, Neh. 7, 3)
überhaupt nicht anzusehn, ob er femininen oder neutralen Ge-
schlechts ist. Nur in dem einzigen Akkusativ Sing, simnon
seina (Matth. 5, 45) ist das alte Femininum auch auf gotischem
Sprachgebiet unzweideutig überliefert.
N. van Wijk, Ags. cü, an. k^r. 393
Die Grenusschwankungen, die sich bei den germanischen
und aiißergermanischen Verwandten von got. sauü beobachten
lassen, stehen auf einem andern Blatt; ihre Erörterung gehört
deshalb nicht hierher.
Münster i. W. Wilhelm Streitberg.
Ags. cü, an. kijr.
In seinem Buche über die germanischen Auslautgesetze
81 ff. erklärt Walde ags. ai, an. kyr als einen indogerm. Nominativ
{*g^öus\ während er in as. kö, ahd. kuo einen alten Akkusativ
(*g^öm) erblickt. Diese Ansicht empfiehlt sich u. a. dadurch
(a. a. 0. 82), daß sie trefflich stimmt zu dem, was wir bei den
ö-Stämmen finden : im Altsächsischen und Althochdeutschen wurde
auch hier im Gegensatz zu dem Angelsächsischen und Altnordischen
die Form des Nominativs von der des Akkusativs verdrängt. Was
die Hauptsache anbetrifft, kann ich mich der Ansicht Waldes an-
schließen; in einigen Punkten aber weiche ich von ihm ab. Daß
der an. Akkus, kii ein ursprünglicher Nominativ ohne -z sei
(a. a. 0. 82), kommt mir unwahrscheinlich vor: ich sehe vielmehr
in dieser Form einen im Urnordischen zum Nom. *küz, *küR^)
gebildeten Akkusativ mit w, der die ältere Form mit ö verdrängt hat.
Wie haben wir uns nun die Entwicklung von *g"öus zu
*küz vorzustellen ? Auch in der Beantwortung dieser Frage stimme
ich nicht mit AYalde überein. Dieser weist auf Brugmann IF. 6,
90 hin, und weil er weiter über die Weise, worauf -ü- aus
-öu- entstanden ist, nichts bemerkt, nehme ich an, daß er über
diese Frage dieselbe Meinung hat wie Brugmann, der a. a. 0.
und Grundr. I^ 211 öu zu ö und dieses weiter zu ü werden
läßt : dieser Lautwandel entspreche dem zuerst von Jellinek und
Sievers angenommenen Übergang von ei in e (sogen, e^)- Wenn
das richtig wäre, so sollte man erwarten, daß auch das aus ei
entstandene e weiter zu f geworden wäre; weshalb das nicht
geschehen ist, darüber spricht B. nicht: aber eben weil wir
1) Einen Nomin. k^n, mit -R-Umlaut, dürfen wir für die urn. Periode
nicht annehmen; vgl. u. a. Kock PBrB. 18, 463, und Noreen PGr. P 580,
§ 102 und 592, § 152.
Indogermanische Forschungen XIX. 26
394 N. van Wijk,
keinen vollständigen Parallelismus finden, kommt mir die An-
nahme eines partiellen Parallelismus unwahrscheinlich vor^).
Ich glaube aber, daß wir auf eine andere Weise das germ'.
ü sehr wohl aus einem älteren öu erklären können. PBrB. 28,
243 ff. habe ich daraus, daß idg. ou im Germanischen als au auf-
tritt, geschlossen, daß der Wandel von o in a älter ist als derjenige
von ei in f; sonst wäre ou wohl ü geworden, ebenso wie aus
ei y i wurde 2). Ich glaube jetzt, daß im Nominativ ags. cw, an.
kl/r ein solcher Fall von ou > M-Wandel vorliegt und daß
germ. *küz zunächst aus *kouz und dies wieder aus einer Form
mit öu (idg. *g^öus) hervorgegangen ist. Ich nehme also an,
daß das aus öu entstandene ou sich anders entwickelt hat als
der ursprüngliche Kurzdiphthong. Um dies zu erklären, könnte
man annehmen, daß die Kürzung der Langdiphthonge im Ger-
manischen ein jüngerer Prozeß sei als der Wandel von o in
a; aber notwendig ist diese Annahme nicht; auch wenn öu schon
verhältnismäßig früh gekürzt worden ist, braucht das auf diese
Weise entstandene ou nicht gleich mit dem altern ou zusammen-
gefallen zu sein ; und die weitere Geschichte der beiden Laute
kann eine ganz verschiedene gewesen sein. Wir sehen ja auch
im Slavischen, daß die Langdiphthonge nicht vollständig mit
den Kurzdiphthongen zusammengefallen sind. Aus den Quanti-
tätsunterschieden haben sich schon früh (in der baltisch-slavischen
Periode) Intonationsunterschiede entwickelt; den Langdiphthongen
entspricht der slavische steigende, den Kurzdiphthongen der fallende
Ton; z. B. : idg. *uornos'> slav. *tv6rnos^ russ. wöron^ serb. vrän;
idg. *uörnä y slav. *wofna^ russ. woröna, serb. vräna-, vgl. u. a.
1) In der Kurzen vgl. Gr. 371 finden wir das andere der beiden
Beispiele von IF. 6, 90 : 'got. ahtuda wohl mit ü, aus *ahtöu-da. Ob aber
Brugmann in diesem Lautübergang noch einen mit dem Wandel von ei
in Cjj parallelen Vorgang erblickt, das bezweifle ich. Cg, wofür im Got.
niemals ei geschrieben wird, hält er jetzt für einen offeneren Laut als e^
(a. a. 0. 73 f.); wenn aber das ü von ahtüda unmittelbar aus ö entstanden
ist (was B. allerdings nicht ausdrückhch sagt), so muß dieses ö ein sehr
geschlossener Vokal gewesen sein.
2) Meine chronologische Tabelle a. a. 0. 252 f. ist, wie Eulenburg
IF. 16, 40 bemerkt, nicht ganz richtig. Der Übergang von e in i vor Nasal
+ Kons, und derjenige von ei in T haben früher stattgefunden als ich
damals annahm. Daß aber Periode I und II von einander zu trennen
sind, glaube ich auch jetzt noch. Ich gehe hier auf diese Fragen nicht
näher ein, weil die Einwände Eulenburgs nicht den Hauptpunkt meines
Aufsatzes betreffen, worauf es uns jetzt ankommt: daß der Wandel von
0 in a älter ist als der von ei in i.
Ags. CM, an. kyr. 395
Hirt Der idg. Akz. 133 ff., ühlenbeck PBrß. 22, 545, Pedersen
KZ. 38, 301. Wie aus diesem Beispiel hervorgeht, wirken in
der Lautgestalt von Wörtern der jetzigen slav, Diidekte noch
die indogerm. Quautitätsverhältnisse nach. Was das für diese
Frage so wichtige Serbische anbetrifft vgl. Leskien, Die Quantität
im Serbischen, Abh. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. 13, 550 ff.
Könnte nun nicht auch im Germ, nach der Kürzung der
Langdiphthonge ein unterschied zwischen den durch Kürzung
entstandenen und den ursprünglichen Kurzdiphthongen geblieben
sein? Vielleicht wäre es bei dieser Annahme möglich, das bis
jetzt unerklärte „Schwanken von alter Kürze und neuer Länge
vor der Verbindung von r -\- Dental" zu erklären, worauf Be-
haghel PGr. I^ 692 aufmerksam macht (B.'s Beispiele sind:
Färt neben Färt; Arzt neben Jlrsf; Schwert neben Schivert; zart,
aber hart; Herde, aber fertig). Mir ist der Gedanke gekommen,
ob solche Fälle sich nicht für einen Teil so erklären lassen, daß
— ebenso wie im Serbischen — die Längen aus indogerm.
Kurzdiphthongen, dieKürzen aber ausindogerm. Langdiphthongen ^)
entstanden sind. Ebenso wie im Slavischen könnten auch im
Urgermanischen den verschiedenen indogerm. Quantitäten ver-
schiedene Akzentqualitäten entsprochen haben. Es ist sehr
schwierig, hier etwas zu beweisen. Ich habe aus mehreren in
den letzten Jahren geschriebenen Grammatiken und Wörter-
büchern niederländischer Dialekte (denn auch hier findet man
das unaufgeklärte „Schwanken von alter Kürze und neuer Länge")
ein ausführliches Material gesammelt. Es sind Wörter dabei,
die — ebenso wie die von Behaghel zitierten Färt-Färt usw.
— sowohl mit Kürze wie mit Länge vorkonunen, z. B. ndl.
staart 'Schwanz', wofür Van de Water De Volkstaal in het
Oosten van de Bommelerwaard und Van Schothorst Het Dialect
1) Es ist natürlich unmöglich, zu entscheiden, worin der ursprüng-
liche Unterschied zwischen den sogen. Lang- und Kurzdiphthongen bestanden
hat. War es bloß ein Quantitätsunterschied ? Oder spielten die Intonationen,
die, Akzentqualitäten auch eine Rolle? Vielleicht sogar die Hauptrolle?
Natürlich läßt sich über die Natur der indogerm. Intonationen kaum etwas
sagen. Wie groß ist schon der Unterschied zwischen den Intonationen zweier
so nahe verwandter Sprachen wie das Slavische und das Baltische (z. B.
lit. vafnas: slav. *w6rnos; lit. värna: slav. *worna; vgl. Leskien a. a. 0.
551 ff.)! — Sollte das oben im Texte Bemerkte richtig sein, so läge die
Vermutung nahe, daß der Kurzdiphthong von hart auf einen steigenden,
die Länge von zart aber auf einen fallenden Laut zurückgehe, ebenso
wie serb. vräna : vrän.
396 N. van Wijk,
der Noord-West-Veluwe die Form start haben, Van Weel Het
Dialect van West-Voorne aber stärta. Auch in vielen anderen
Mundarten finden wir bei diesem "Wort die Länge. Bisweilen
begegnen wir in einer Mundart zwei Formen: Verschnür Klankleer
van het Noord-Bevelandsch zitiert e^rdar neben e^rdar = ndl.
herder 'Hirt'. Aber die meisten hierhergehörigen Wörter haben
überall eine und dieselbe Quantität. Nur sehr wenige von ihnen
können umuittelbar einer in einer außergermanischen Sprache
vorliegenden Form gleichgestellt werden, und daher ist es in
den meisten Fällen unmöglich, die indogerm. Grundform zu
bestimmen. Ein Wort wie baard 'Bart', das in allen von mir
berücksichtigten Mundarten langes ä hat, könnte mit russ. borodd,
Akk. börodu, serb. brdda. brädu verglichen werden, das gewiß
auf eine urslav. Form mit fallendem Ton zurückgeht und also
im Indogermanischen einen Kurzdiphthong gehabt haben wird;
ebenso ließe sich mit hart 'Herz', das überall eine Kürze zeigt,
griech. Kfip vergleichen. Aber solche Gleichungen können kaum
etwas beweisen, weil oft neben Formen mit Kurzdiphthong ver-
wandte Formen mit Langdiphthong bestanden (vgl. das oben-
genannte idg. *uornos : *uörnä) ; und es wäre sogar möglich, daß
zu den auf grundsprachliche Verschiedenheiten zurückgehenden
Fällen von Intonationswechsel noch neue getreten wären, auf
ähnliche Weise wie im Slav., vgl. z. B. Gen. PI. russ. golöw^ cech.
Mdv neben Nom. Sg. russ. golowd^ cech. hlava^ Akk. russ. gölowu
(vgl. Pedersen KZ. 38, 301; der ganze Aufsatz Pedersens, haupt-
säclilich der erste Teil, bietet ein für diese Frage sehr interessantes
Material). Diese Umstände unterstützen einerseits unsere Hypothese,
indem sie das Nebeneinander von start : stärt usw. begreiflich
machen, anderseits aber verbieten sie uns auf Grund der geringen
Anzahl von Wörtern wie hart, die unmittelbar mit nicht-germ.
Wörtern verglichen werden können, irgend eine Regel aufzustellen.
Was diese V-Diphthonge' anbetrifft, habe ich bloß kurz
meine Ansicht mitteilen wollen; die Hauptsache aber, worauf
es hier ankommt, ist, daß der Unterschied zwischen ursprüng-
lichen Langdiphthongen und Kurzdiphthongen auch nach der
Kürzung der erstgenannten noch viele Jahrhunderte in einer
andern Gestalt erhalten bleiben kann. Auch wenn wir eine ver-
hältnismäßig frühe Kürzung von germ. öu annehmen, braucht
also das neuentstandene ou nicht mit dem bereits vorhandenen
ou zusammengefallen zu sein, und die Möglichkeit, daß es zu ü
Ags. cü, an. k^r. 397
geworden sei, ist kaum zu leugnen; vielleicht war das o des
ursprünglichen öu ein geschlossenerer Laut als das andere. Dann
läge diese Annahme noch viel näher.
Woher kommt es nun aber, daß es für den Wandel von
öu in ü nicht mehr Beispiele gibt? — Im Urgermanischen haben
vermutlich nur sehr wenige Wörter mit öu bestanden. Unter
gewissen Bedingungen war das u schon im Indogermanischen ge-
schwunden. AUe sind darüber einig, daß es, wie die zweiten
Komponenten aller gestoßenen Langdiphthonge, vor tauto-
syllabischem m schwand (Akk. *g¥ö?h : Nom. *gu6us)] außerdem
müssen wir wohl mit Brugmann annehmen (Gr. I^ 203 Fußnote,
K. vgl. Gr. 88), daß es auch am Ende einer Silbe fortgefallen ist.
Es bleiben also nur sehr wenige Fälle übrig, wo der Diphthong
öu unverändert in die Einzelsprachen hereingekommen ist. Die
zwei Beispiele, die Brugmann Gr. I^ 210 anführt, sind das hier
besprochene *gvöus und der Dualausgang, der auf germ. Boden
in got. ahtau^ an. tiuxu fortleben soll. Was tuau betrifft, hierin
brauchen wir keinen alten Dual zu sehen, vgl. Kock PBrB. 1.5,
250 f., dessen Ansicht ein wenig modifiziert wurde von Walde
Auslautgesetze 49, der aber nur die Möglichkeit dieser Deutung
(twa + u) anerkennt. Van Selten IF. 18, 87 mit Fußnote 3. Aber
auch wenn die Herleitung von tuau aus "^duöu richtig ist, so
beweist sie noch nichts für öu in einer geschlossenen Silbe (oder
in einer IVIittelsilbe). Auch Brugmann, der IF. 6, 90 das ü von
ags. cü und got. ahtüda aus ö < ö« herleitet, muß für dieses öu
eine andere Entwicklung annehmen als für dasjenige von *o/äöu.
Entwickelte sich im ürgermanischen aus öu stets ü (ab-
gesehen vom Auslaut)? Davon ist nichts Sicheres zu sagen. —
Viele nehmen an, daß germ. e^ in einigen Wörtern auf ei zurück-
geht, vgl. Brugmann K. vgl. Gr. 7 3 f. und die dort verzeichnete
Literatur. Wenn diese Annahme richtig ist, dürften wir auch
ein unter gewissen Bedingungen aus öu entstandenes ö^ er-
warten. Dieser Laut wäre im Nord- und Westgermanischen wohl
mit öl zusammengefallen; darauf weist der Parallelismus von
#2 und öl hin. Wenn im Gotischen zur Zeit Wulfilas noch ein
Unterschied zwischen e^ und e^ bestanden hat (vgl. Brugmann
a. a. 0.), so wäre etwas Ähnliches für öj und ög zu erwarten; aus
den Texten aber ließe sich kaum bestimmen, welche Wörter öj,
A\ eiche Ö2 haben: ebenso wie in den meisten Fällen sowohl gj
wie e.2 durch das Zeichen e vorgestellt werden, sollte man ö er-
398 A. Leskien, Altkirchenslavisches ojimim.
warten als die gewöhnliche Schreibart für die beiden ö-Laute,
für das in der urgerm. Periode aus öu entstandene Ö2 sowie für
das ältere öj, — das man u. a. in solchen Bildungen findet, wo
schon in indogerm. Zeit der Diphthong öu seinen zweiten Kompo-
nenten eingebüßt hat.
Im Vorhergehenden habe ich auseinandergesetzt, auf welche
Weise ich mir vorstelle, daß germ. *küz aus idg. "^gvöus entstanden
ist. Daß ags. cw, an. Akk. kü nicht den indogerm. Nom., sondern den
Akk. *gvöfh fortsetzen sollte, wie u. a. Streitberg Urgerm. Gr. 205
annimmt, kann ich nicht glauben. Es gibt freilich Wörter, wo
ags. und an. auslautendes ü in einsilbigen Wörtern aus ö ent-
standen sein könnte, z. B. das an. Pronomen sm, das von Noreen
PGr. 12 620 und Van Helfen IE. 18, 87 auf diese Weise erklärt
wird. Ebenso ags. tü^ aschw, tu, die = idg. *duö sein können;
vgl. u. a. Sievers Ags. Gr. » 28, Van Helfen IF. 18, 88; ags. hü,
das vielleicht aus *hwö entstanden ist (vgl. u. a. Sievers Ags.
Gr. ^ 28). Auch ags. bti kann auf diese Weise erklärt werden,
allerdings könnte hier auch Beeinflussung durch tu angenommen
werden. In all diesen Wörtern haben wir es, wenn diese Er-
klärung richtig ist, mit Formen auf urgerm. -ö zu tun und der
Wandel von -ö in -ü entspricht dem von unbetontem auslauten-
dem -ö in -u. Der Akk. von *gvou- hat aber niemals den Aus-
laut -6 gehabt, sondern -öfh. Wenn wir nun die Formen mit
ursprünglichem unbetontem -öm zur Vergleichung heranziehen
(Gen. Plur. an. daga, ags. daga, ahd. tago), so ergibt sich, daß
dieser Ausgang nirgends zu -ü geworden ist; wo sich die Qualität
des Vokales ändert, wird dieser zu einem offeneren Laut. Weshalb
sollten wir nun für haupttoniges -öm die entgegengesetzte Ent-
wicklung annehmen, zumal da sich auf eine andere Weise die
vorliegenden Formen ganz einfach erklären lassen?
Goes. N. van Wijk.
AltkirchensLavisches ojimim.
In altkirchenslavischen Denkmälern findet sich das Wort
ojhmim, pl. ojimi in der Bedeutung 'Krieger', so mehrmals im
Codex Suprasliensis. Der Stamm ist ojhmo-, davon der Plural;
-im im Singular das bekannte individualisierende Suffix, das den
K. Brugmann, Griech. ocrpüc. 399
ZU einem Stande, einer Klasse, einer Einwohnerschaft Gehörenden
bezeichnet, vgl. graidan-im 'Bürger, Stadtbewohner', pl. graMan-e.
Nimmt man in ojtmo- das o- als Präposition, so kann sich jhmo-
vollständig mit vedischem yudhmä- decken ('Kämpfer'); aus *jddmo-
muß *jhmo- werden, o-ßmo- würde also den 'Ankärapfer' be-
deuten. Die "Wurzel judh-, im Litauischen [jundii jüsti usw.) sehr
verbreitet, findet sich im Slavischen, wie es scheint, sonst nicht.
Leipzig. A. Leskien.
Grriech. öctpuc.
Gewiß richtig nimmt mau seit langem an, daß die Feminina
ocTpuc -uoc und ocxpus, die eine Buchenart mit hartem hellem
Holz bezeichnen (Theophr. h. pl. 3, 10, 3), mit ocreov 'Knochen',
öcTpaKov 'harte Schale von Krebsen, Scherbe', öcrpeov 'Muschel,
Auster', dcrpdYaXoc 'Wirbelknochen, Knöchel, Würfel' zusammen-
hängen. Auch wird man gerne Prellwitz Et. "Wtb.^ 341 darin
folgen, daß er im Schlußteil eine Form von öpöc sucht, so daß
'Beinbaum' die Grundbedeutung gewesen wäre. Nur ist die von
ihm angesetzte Grundform *osth-dru-s doch wohl mißglückt.
Neben ai. dsthi : asthn-ds^ griech. ocreov (aus *öcTeiov), öcxaKÖc
dcTttKÖc (aus *6cTn-K0-) weisen die p-Formen wie öcrpeov auf ein
Paradigma mit -r im Nom. Akk. Sing., wie ai. üdhar : udhn-as^
hin (vgl. Meringer Beitr. zur Gesch. d. idg. Dekl., Wien 1891, S. 10,
Johansson Beitr. zur griech. Sprachk. 8f.)^). So nun, wie uöpo-
TTorric neben üöuup, veupo-crracroc neben aw. snävar^ (veOpov),
oüpo-ÖOKr) neben ai. vär (oupov) liegt, darf man ein *öcrpo-öpuc
erwarten. Hieraus durch haplologische Kürzung öcrpuc, vgl. ötti-
cöevap 'Handrücken' = *öiTic6o-9evap, Kußicrric 'Gaukler' = *Kußi-
crrirrjc, rerpaxinov 'vier Drachmen' = rerpd-öpax^ov.
1) Zugleich mag es einen Nom. Akk. Sing, nach Art von ai. dsfk
neben Gen. asn-ds gegeben haben. Dies wird durch öcrpaKov und öcxpa-
Ya\oc nahe gelegt.
Leipzig. K. Brugmann.
400 K. Brugmann, Die lit. Verbalabstrakta auf -imas.
Die lit. Terbalabstrakta auf -imas.
Diese Verbalabstrakta sind ihrer Entstehung nach noch nicht
richtig erklärt. Denn die Annahme von Mühlenbach IF. 17, 402 ff.,
vezimas sei Umbildung eines *vezinas, schwebt ganz in der Luft.
Das -ma- von vezimas war von Haus aus Sekundärforraans
wie das von grazu-ma-s 'Schönheit' (zu grazüs 'schön') und wie
das von^'Mc?zw2as 'Schwärze' {ziijudas 'schwarz')., jaunlmas 'Jugend-
geseUschaft' {znjdunas 'jung') u. dgl. (Leskien Nom. 430). jüdimas
kommt zunächst von jüdis 'Schwärze', auksztimai 'Mieder' von
aühsztis 'Höhe', und zwar geschah die Ableitung mittels -ma- in
einer Zeit, als diese Maskulina auf -is noch der «-Deklination
folgten (Verf. Grundr. 2^, 1, 172 f. 197). So gehört denn auch
z. B. rezglmas 'Stricken' zu rezgis 'Gestricktes', edtmas Tressen'
zu idis 'Fraß', hegimas 'Laufen' zu hegis 'Lauf, und die Funktion
des Ausgangs -imas als Primärformans — solche Abstrakta waren
von jedem beliebigen Verbum bildbar — kam dadurch zustande,
daß die genannten Formen direkt auf das Verbum, auf rezgü,
Sdu, begu, bezogen wurden. Wegen des Anschlusses der -imas-
Bildung im Wurzelvokal an das Präteritiun vgl. z. B. gerimas
gSriau und geris^ skgrimas skyriau und skyris.
Ein höheres Alter wird diesem Typus verbürgt durch
preuß. aucktimmien Akk. 'Vorsteher' aucktimmiskü 'Obrigkeit', von
*aukiis = lit. auksztis. Vermutlich sind auch lit. tölimas 'entfernt'
auf tölis 'Entfernung' und preuß. Adv. ilgimai ilgimi 'lange' auf
ein *ilgis = lit. ilgis 'Länge' [ilgas) zu beziehen, was denn weiter
die slav. Adverbia auf -ma -mi wie tohma tohmi (Leskien Hdb.* 105)
aufklärt. Außerhalb des Balt.-Slav. vgl. griech. qpuSi|uoc, KdX\i)aoc,
Itu)lioc, lat. victima, lacruma^ aw. daJiyuma- zantuma-.
Leipzig. K. Brugmann.
Berichtigung.
Seite 232 Zeile 8 von unten lies : S. 228 statt S. 328.
R. Meringer, Wörter und Sachen. IV.
4m
Wörter und Sachen.
IV 1).
Mit 31 Abbildungen im Text.
Das Schlittenhaus. — Aksl. veza.
Ich führe hier nur das in IF. 18, 207 Anm. 2 Ange-
deutete näher aus.
Math. Murko war es, der mir die erste Nachricht, daß es in
der He^egowina bewegliche Häuser gebe, überbrachte. Er selbst
hatte sie auf seiner
letzten Reise ge-
sehen und eines
auch betreten und
innen besichtigt.
Ich kombinierte
diese Nachricht —
ohne noch ein Bild
der fraglichen
Häuser zu haben
— mit anderen,
wie mir schien, da-
zugehörigen, so- r
wie mit den bau- ^\J
liehen Überresten
lykischer Kultur
und machte da-
rüber a. a. 0. eine vorläufige Mtteilung.
Später erhielt ich von Mathias Mnrkos Bruder, Herrn
Michael Murko, dz. Bezirksvorstand von Gracko in der Herzego-
wina, Pläne, Photographien und nähere Mitteilungen. Mathias
Murko war mir in bezug auf die literarischen Nachrichten über
das südslavische Schlittenkufenhaus behilflich, sodaß ich schon
jetzt ein genügendes Material vorlegen kann, das die Grundlage
weiterer Nachforschungen zu bilden geeignet ist.
1) Die Fig. 1—5, 7—11, U, 15 hat Maler Professor A. v. Schrötter
gezeichnet. Die Fig. 20, 21 hat J. R. Bunker in Ödenburg für mich kopiert.
Die Photographien hat Herr stud. phil. Pogatscher angefertigt. Die einfachen
Zeichnungen rühren von mir her. Die Cliches von Fig. 26, 28, 30 hat die
Anthropol. Gesellschaft in Wien zur Verfügung gestellt.
Indogermanische Forschungen XIX. 27
Fig. 1.
Das bewegliche Schlittenhaus von Gacko (Herzegowina).
402
R. Meringer,
Die Konstruktion des herzegowinischen Schlittenkufen-
hauses zeigt Fig. 1 in der Seitenansicht»), Fig. 2 im Grundriß,
Fig. 3 im senk-
rechten Schnitt,
während Fig. 4
die Dachkon-
struktiou bringt
imd zwar in der
horizontalen
Projektion sowie
Fig. 3 in der ver-
tikalen.
Die Zeich-
nungen erklären
sich von selbst.
Zu Fig. 2 will
ich jedoch zu völ-
ligerKlarstellung
Fig. 2.
Grundriß des Sclilittenliauses von Gacko.
bemerken, daß S
Si die eigent-
lichen Schlittenkufenbalken sind, auf denen das Häuschen (Maßstab
1 : 50) ruht, daß die
Querbalken Q Qi diese
in einer Weise durch-
dringen wie Fig. 1
zeigt und daß das
Herausgleiten dieser
Querbalken durch
Keile (überall mit K
bezeichnet) verhin-
dert wird.
Auf diese Kon-
struktionsteile lege
ich natürlich beson-
•ders Gewicht.
In die vier Grund-
iDalken S Si Q Qi
sind in den Ecken
jScAnctt ^2
Fig. 3.
Senkrechter Schnitt durch das Schiitteuhaus von Gacko.
1) Das Loch vorne in den Kufen dient wohl zum Durchstecken einer
Stange, an der die Zugleinen befestigt werden. Vgl. den ägyptischen Schlitten
Wörter und Sachen. IV.
403
(und neben der Tür) kurze senkrechte Balken eingelassen. Die
Wände werden von dünnen Stangen und Flechtwerk gebildet.
Das Dach ist sehr hoch wie beim richtigen bosnischen Hause.
Der Firstbalken C endet
unten in einer Yerschnei-
dung auf einem querlie-
genden Balken, geht also
nicht bis auf den Boden
herab, wie mir auf beson-
dere Anfrage von Mich.
Murko mitgeteilt wird.
Die Fig. 5 ist nach
einer Photographie ge-
macht und diese wurde
auch (wie andere Auf-
nahmen derselben Szene)
auf A n si c h ts k ar t e n ver-
wendet. Man sieht auf der
wohlgelungenen Original-
photographie das Haus
auf seiner Wanderung
über steiniges Grasland von 5 Paar Ochsen gezogen. In der
Ferne Hügel.
Das Häuschen der Fig. 5 weicht darin von Fig. 1 ab, daß
sein Dach vorne und rückwärts vorgebaut auf Holzsäulen ruht,
Fig. 4.
Dachstuhil des Schiitteuhauses vou Gacko iu
horizoutaU'r Projektion.
Fig. 5.
Ein Schlittenhaus auf der Fahrt (Herzegowina).
sodaß eine Art Vorder- und Hinterlaube entsteht. Die Kufen
haben ferner nicht die Löcher, welche Fig. 1 zeigt.
bei Ginzrot Die Wägen und Fahrwerke usw. Taf. I A Fig. 8. In Fig. 5 fehlt
dieses Loch, die Stricke sind anders befestigt. Das Loch in den Kufen
findet sich auch beim rumänischen SchUtten Dame Incercare S. 22 Fig. 9.
27*
■404 R. Meringer,
Ich legte nun Herrn Mich. Murko folgende Fragen vor:
1. Warum und wann werden diese Häuser bewegt?
2. Wie ist ihre innere Einrichtung beschaffen?
3. Welchen Namen haben sie im Yolksmunde?
Es dünkt mich das Beste zu sein, die Antwort Mich.
Mnrkos ad verbum hieher zu setzen:
Ad 1. Das Verführen der beweglichen Hütten ist eine
Folge der primitiven, aber doch den Verhältnissen sehr praktisch
angepaßten Wirtschaftsführung der hiesigen Bevölkerung, welche
sich bis in die jüngste Zeit in erster Linie mit der Viehzucht
und nur fast nebenbei mit dem Ackerbau beschäftigt hat. In-
folge der starken Zunahme der Bevölkerung und noch mehr in-
folge der erhöhten Lebensbedürfnisse derselben tritt der Ackerbau
immer mehr und mehr in den Vordergrund, und da derselbe
vorerst noch mehr extensiv als intensiv betrieben wird, so Avird
die ausgedehnte freie Weide von Tag zu Tag geschmälert.
Durch das Fortschreiten dieses Entwicklungsprozesses und
die Einführung einer intensiven und rationellen Landwirtschaft
mit Stallfütterung werden auch die beweglichen Kolibas immer
mehr verdrängt. Dieselben werden, wie dies in andern Toljes'
bereits längst geschehen ist, auch aus dem 'Grackopolje' in ab-
sehbarer Zeit verschwinden und auf die Hochalpen beschränkt
bleiben.
Heute aber basiert noch die Viehzucht auf der noch immer
auch im Polje ziemlich ausgedehnten, freien und unbeschränkten
Weide, indem das Vieh das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme
der Tage, an welchen eine tiefe Schneedecke den ganzen
Boden bedeckt, zur Weide getrieben wird.
Die Beschränkung der Stallfütterung — ohne Einstreu —
auf einige Wochen zur Zeit des strengsten Winters, zieht jedoch
den Übelstand nach sich, daß sehr wenig Stalldünger —
welcher bei der Indolenz der hiesigen Bevölkerung übrigens
auch zumeist erst infolge einer sanitätspolizeilichen Verfügung
auf die Felder geführt wird — erzeugt Avird. Diesem Übel-
stande begegnet die hiesige Bevölkerung auf eine sehr
bequeme und primitive, aber doch recht zweckent-
sprechende Weise durch das Pferchen (torenje — toriti)
der Felder.
Da nun eine Düngung durch Pferchen für 3 — 4
Jahre genügt, so Avird der 'tor' in einem gcAvissen
Wörter und Sachen. IV. 405
Turnus jedes Jahr auf einem andern Felde errichtet;
— und dies ist der G-rund der Benützung und Yer-
führung der fahrbaren Kolibas.
Neben dem 'tor', in Avelchem das Yieh — abteilungsweise
nach Klein- und Großvieh etc. — während der Nacht und auch
während der größten Mittagshitze lagert und welcher zwecks
Düngung des Feldes nach Verlauf v(3n einigen Tagen immer
weiter gerückt wird, wird nämlich eine Hütte [koliba) als Wohnung
für die Hirten und Sennerinnen {planistarka) sowie zur Unter-
bringung der gewonnenen Milchprodukte errichtet. Da während
der heißen Jahreszeit fast die ganze Familie mit Kind und Kegel
diese luftigen Sommerwohnungen zu beziehen pflegt, so errichten
stärkere Familien bei ihren 'tors' auch zwei bis drei solcher Kolibas.
Dem Obigen zufolge werden die Kolibas im Frühjahr
zAvischen Mitte April und Mitte Juni auf die zu pferchenden
Felder verführt und bleiben dort bis tief in den Spätherbst.
Während des Winters verbleiben sie entweder auf den
Feldern oder werden im Bedarfsfalle in die Ortschaft verführt,
in der Nähe des Wohnhauses aufgestellt und meist zur Ein-
lagerung von Heu und Stroh, aber auch zur Unterbringung des
Viehes benützt.
Ad 2. Schon aus dem Vorgesagten erhellt, daß die als
Wohnstätten dienenden Kolibas — die als Vorratskammern sind
natürlich leer — soweit es der beschränkte Raum gestattet, mit
all dem geringen Komfort der hiesigen Bevölkerung ausgestattet
sind. In der Mitte derselben befindet sich der Herd [ognjiste —
meist festgestampfter Lehm) mit dem obligaten Kessel und längst
der Wände die Schlafstellen [minder), welche aus Easenstücken,
die mit Teppichen oder auch nur alten Säcken und anderem
Zeug bedeckt werden, gebildet sind.
Ad 3. Eine solche bewegliche Sommerhütte {Ijetna koliba)
heißt povozna koliba, die Schlittenkufe, welche das Verfülu'en
(Gleiten) der Koliba ermöglicht — povoznica.
Solche Kolibas kommen außer Gacko auch im angrenzenden
Teile des Bezirkes Nevesinje und wohl auch des Bezirkes Foca
— sicher weiß ich es nicht — und auf der Hochalpe Vlasic
bei Travnik vor.
So lautet der Bericht Mich. Murkos. Ich denke, daß die
Wissenschaft sich meinem persönlichen Danke für diese überaus
wertvollen Darlegungen gerne anschließen wird.
406 R. Meringer,
Und nun zu den bisher veröffentlichten literarischen Nach-
richten über das bewegliche Haus in deu anderen südslavischen
Landern.
St. Novakovic Selo ('Glas' der königl. serb. Akademie XXIV)
S. 140 berichtet:
". . . In einem solchen Zustande ist auch die Bauernbe-
völkerung sehr unstät geworden. Die Häuser waren klein, ärm-
lich und beweglich {pokretan). Auch heute heißt überall in
den Dörfern jener Bau (suchota), in dessen Mitte der Herd ist,
kuca ('Haus'). In Nisch und in den Städten hat kuca ebendieselbe
Bedeutung. Die heutige Bedeutung von kuca ist neueren Ur-
sprungs und das, was heute in unseren Städten kuce genannt
wird, hieß in alter Zeit palate. Die Dorfhäuser begnügten sich
mit dem unumgänglich Notwendigsten und sind so gebaut, daß
sie häufig übertragen und von einem Ort zum andern
geschleppt (prevuci) werden konnten. (Dazu die Anmerkung:
Ich erinnere mich aus meiner Jugendzeit, daß es noch in der
Macva [an der Donau R. M.] Häuser gab, die von einem Ort
zum andern mit Ochsen überführt wurden . . .). Schon das
erleichterte die Übersiedelungen. Es fanden aber auch Über-
siedelungen ohne Rücksicht darauf in ganzen Haufen statt, so-
daß ganze Dörfer leer blieben . . ."
R. T. Nikolic 'Wranjska Pcinja' im Srpski Etnografski
Zbomik 5, 130 *) berichtet:
"Häuser auf untergelegten Balken {na podvalama).
Solche Häuser bauen heute nur die ärmsten Bewohner und zwar
meistens in den untern Dörfern. Diese Häuser haben die Ge-
stalt eines Rechtecks 2). Statt eines Fundaments haben sie als
Basis vier Balken (grede), genannt podvale% zwei Längsbalken
von 7 — 8 Schritten und zwei Querbalken von 4 — 5 Schritten.
Auf den podvale ist mit Hülfe von Stangen {koc) und Ruthen
{prut) ein Flechtwerk {plot) errichtet, beworfen mit Kot {hlatö)
von IV2 — 2 m Höhe*). Über dem Flechtwerke sind vier Balken
ipoplotnice) , welche den p)odvale (unten) entsprechen. Auf die
poplotnice werden Balken gelegt: tavanke und kucne grede; die
1) M. Murko Mitteil, der Anthrop. Ges. Wien 35 (1905) S. 325.
2) Also abweichend von Fig. 2, das quadratischen Grundriß hat.
3) Heißen wirklich alle vier Balken podvale, oder nur die zwei
kufenförmigen ? ?
4) Wieder abweichend vom hcrzegowinischen Hause, dessen Wände
nicht beworfen sind.
Wörter und Sachen. IV. 4ffT
tavanke sind über der Stube {sohice), die kucne grede über dem
Herdraum {kuca). An die jMplotnice werden glace genannte Balken,
angelehnt (Sparren), welche sich oben am Firste vereinigen;
je zwei von ihnen durch 'pojante verbunden i). Die Enden des-
Hausfirstes heißen r^njaci. Über den Sparren {glave) gibt es-
latnje (Latten, Pfetten), über ihnen ßuthen [prut) von Haselnuß-
und Eschenstauden imd darüber Stroh.
Die Teile eines solchen Baus sind kuca und sobice\ jeden-
falls gab es ursprünglich nur die kuca ohne sohice^). In der
kuca steht der Herd nahe der Wand {zid). In der kuca wird
wie überall Teig geknetet, gekocht und werden die häiislichen
Arbeiten verrichtet; im Winter schläft man auch um den Herd
und in der kleinen Stube {sobice\ welche auch für Cläste dient 2).
Diese Häuser haben keinen Rauchfang, der Rauch geht durch
das Stroh des Daches. Die Dächer sind hoch. . , . Türen gibt es-
eine oder zwei (an einer oder beiden Längsseiten, in die kuca
führend). Anstatt eines Fensters ist eine einfache Öffnung [prost
otvor) an der Wand nach dem Hofe zu vorhanden. Über dem
Herde ist ein Boden (eine Decke), pod oder lesa genannt, an
Stelle eines tavan (Plafond), geflochten aus Haselruten^). Darauf
wird gewöhnlich Kukurutz aufbewahrt.
Diese Häuser wurden nach der Tradition von einem
Ort zum andern bewegt (oder \ erschoheü.' : pomerati = pomi-
jerati). Die Enden der podvale sind über das Flechtwerk
hinaus verlängert^), und es hat den Anschein, als ob
das Haus auf Schlittenkufen stünde . . ." {krajewi su pod-
vala van plota produzeni, te izgleda kao da je kuca na saonicama . . .).
Was ich zu diesen Berichten zu sagen habe, wurde bereits
der Kürze halber in den Anmerkungen beigefügt.
Ich konstatiere aber noch ausdrücklich, daß wir hier aus
ursprünglich beweglichen Schlittenhäusern entstandene feste,
1) Vgl. die Stangen E in Fig. 3.
2) Wie das herzegounnische Schlittenhaus zeigt.
.3) Das Stäbchen ist also wie überall ein Kulturraum; von einem-
darin vorhandenen Ofen erfahren wir nichts, er fehlt offenbar.
4) Ich habe in den Wissenschaftl. Mitteil, aus Bosnien und der Her-
zegowina 7, 267 einen solchen tavandzih beschrieben. Diese Decke befand
sich aber nicht auf der Herdseite, sondern auf der gegenüberliegenden
und war aus Brettchen in derselben Weise zusammengesetzt wie Stephani
Der älteste deutsche Wohnbau 1, 362 den altnordischen Spundbau zeichnet..
5) Doch nicht von allen vieren ! ?
408 R. Meringer,
uube weglich gewordene Häuser vor uns haben, welche das
Merkmal der ehemaligen Beweglichkeit, die Schlittenkufen,
noch zeigen. Ich konstatiere weiter, daß diese fest gewordenen
Sohlittenhäuser eine Weiterentwicklung gegenüber den noch
immer beweglichen herzegowinischen Häusern insoferne durch-
gemacht haben, daß sie einen kleinen Kulturraum, die sohice^
das Stübchen, erhalten haben.
Es ist denkbar, daß dieser Zuwachs die Ursache des nun-
mehr oblongen Grundrisses bildete.
Meine Fig. 6 reproduziert die Fig. 34 bei Cvijic Naselja
srpskich zemalja I Atlas Taf. XXHI Fig. 34. Das Bild konterfeit
ein Haus aus dem östlichen Montenegro, und
verdient unseren Dank, wenn es auch recht
ungenau ist. Vor Allem wäre festzustellen, ob
■^jw-fc'^:^-^?^ der Zeichner nicht irrtümlich eine Art Fenster
aus der Tür gemacht hat. So kleine und hoch-
Fig. 6. ^
Ein schiittenhaus aus angebrachte Türen kenne ich sonst bloß bei
Montenegro. 'Feldkastcn.
Auch Mathias Murko hat in einer höchst wertvollen in
den Mitth. der Anthropol. Ges. Wien 35 (1905) beginnenden
Arbeit auf die Schlittenhäuser sein Augenmerk gerichtet ').
'In voller Blüte', sagt Math. Murko, steht die Almeuwirt-
schaft noch im Hochgebirge von Montenegro . . . Hier hat jedes
Dorf in einer Entfernung von 5 — 6, aber auch nur einer Stunde
seinen katun^ wohin das Vieh im Sommer getrieben wird und
jedes Haus seinen stan, deren es 10 — 30 in einer Gruppe gibt.
Die Sennhütte (stow, koliba^ glada\ welche von Hürden und
Nebengebäuden umgeben ist, ist ein viereckiger, länglicher Bau
aus Holz, der Gegend entsprechend manchmal auch aus Stein,
besteht aus einem Herdraume und einer Milchkammer {mlijecn-
jak\ die aber nicht immer vorkommt, sodaß auch die Milch im
Herdraume aufbewahrt wird, oder man baut einen besonderen
Milchraum {mUjekar in Drobnjak). Stan heißt auch ein auf
Schlitten gestellter Bau aus Flechtwerk, der im Frühjahre von
einem Ochsenpaare auf die Berge geführt wird und zur Auf-
bewahrung der Milchprodukte dient. Schlittenartig ist auch die
kucara (mit einer Abart priiHna) die der Hirt beim Wechseln
1) 'Zur Geschichte des volkstümlichen Hauses bei den Südslaven'
I, II a. a. 0. S. 308 ff. Ich zitiere die obige Stelle nach dem Bürstenabzug
von Abschnitt III, den der Jahrgang 1906 bringt. [S. 36 f. C. N.]
Wörter und Sachen. IV. 409
der Hürde transportieren kann; er schläft darin im Sommer
bequemer als in der Sennhütte'.
Am meisten wird wohl bei allen diesen Nachrichten be-
fremden, daß ein Schiittenkufenhaus auf trockenem Gelände
über \Yiesen und Felder, ja sogar auf Berge geschleppt werden
kann. In unserem Denken ist ja der Schlitten unzertrennlich
mit der Vorstellung von Schnee und Eis assoziiert. Das ent-
spricht aber keineswegs den Tatsachen. Die alten Ägypter haben
nach Ausweis ihrer bildlichen Darstellungen die großen mono-
lithischen Denkmäler sowie ihr Baumaterial auf Schlitten ge-
iahren. Um die Reibung zu verringern näßten sie den Weg
und wohl auch die Kufen. Auch Forestier La roue S. 1 1 sagt :
^'Le traineau fait naitre chez nous l'idee d'un pays couvert de
neige et de glace". Um das Vorurteil zu widerlegen, bildet er
einen von Ochsen gezogenen Schlittenwagen zur Personenbe-
förderung dienend ab, wie er auf Madeira üblich ist, "pays qui ne
connait gnere les frimas" Fig. 18. Ebenso, berichtet er, verwendet
man in den Vogesen Schlitten *pour descendre dans le village
les produits de la montagne. Und Grinzrot die Wägen und Fahr-
werke usw. (1817) stellt auf Taf. III A Fig. 5 einen Schlitten
('Schleife') dar, "dergleichen man sich noch in ganz Asien be-
sonders in Seeplätzen bedient" und in Fig. 8 (bei mir Fig. 19)
einen ochsenbespannten Schlitten mit Heuladung, "welcher noch
zu unseren Zeiten in der Insel Sizilien statt der Wägen ge-
braucht und Carro genannt wird" ^).
Die lykischen Grabdenkmäler ahmen Holzhäuser nach,
welche schlittenkufenartige Schwellbalken hatten 2). Es drängt
sich die Frage auf: Ist das Haus, welches das Vorbild war,
auch ein bewegliches gewesen wie die behandelten südslavischen
Häuser ?
Wenn man sich die wesentlichsten in Betracht kommenden
Bestandsteile des herzegowinischen Schlittenhauses herauszeiclmet,
erhält man Fig. 7 : S ist die eine Kufe, Q Qi zeigen die Köpfe
der Querbalken, K sind die oben besprochenen Keile, deren
1) Wegen des Ausdrucks ccn-fo für 'Walze' vgl. Verfasser Ztschr. f.
A'gl. Sprachf. 40, 224 f.
2) 0. Benndorf und G. Niemann Reisen in Lykien und Karlen Wien
1884 (zitiert Benndorf-Niemann). — E. Petersen und F. von Luschan Reisen
in Lykien, Milyas und Kibyratis Wien 1889 (zitiert Petersen-Luschan).
410
R. Meringer,
5 Ca
Q,
i5°7s
Fig. 7.
Die untersten Teile des herzegowiiiischeii
Schlittenhauses.
liöchst Avichtiges Amt es ist, das Herausgleiten der Querbalken
aus den Löchern der Kufen zu verhindern, kurz den Rahmen,
auf dem das Haus steht, zusammenzuhalten. Die in die Köpfe
der Querbalken hineinge-
schlagenen Keile sind auch
in den Figuren 2 und 3 zu
sehen.
Man vergleiche nun mit
Kg. 7 die entsprechenden
Teile desGrabmals vonHoiran
(Petersen-Luschan Taf. V) hier Fig. 8. Die Ähnlichkeit ist ein-
leuchtend. Ein Unterschied liegt aber insofern vor, daß bei dem
lykischen Hause die Querbalken nicht in der Mitte der Schlitten-
kufen durchbrechen, sondern unten sich mit diesen verschneiden,
aber so, daß die Querbalken
nicht unten vorstehen.
In anderen Fällen stehen
bei den lykischen Grab-
mälern die Querbalken
unten hervor, so daß es
den Anschein hat, daß das
Haus nicht auf den Schlit-
tenkufen, sondern auf den Querbalken ruht. Das ist der Fall
bei dem Denkmal von Pinara (Benndorf-Xiemann Fig. 35 S. 53)
hier Fig. 9. Die Halbkreise K sind Keile, von denen gleich die
Rede sein wird.
Von Häusern, die wirklich auf den Schlittenkufen stehen,
seien hervorgehoben Pe-
tersen-Luschan Fig. 15 und
Taf. XHI, hier die Figuren
10 und 11. Bei Fig. 11 muß
man natürlich von dem
Unterbau ganz absehen.
Wenn man also bloß
auf den unteren Teil der
lykischen Häuser achtet, so
könnte dort, wo diese wirklich auf den Kufen ruhen, d. h. wo die
Kufen zu unterst liegen, in der Tat ein Schlittenhaus nachgeahmt
worden sein. Ob dieses Muster noch beweglich, oder schon fest-
geworden war, ist eine andere Frage.
Fig. 8.
Der untere Teil eines lykischen Grrabmals von
Hoiran.
a GU,
Fig. 9.
Der untere Teil eines lykischen Grabmals von
Pinara.
Wörter und Sachen. IV.
411
Fig. 10.
Untere Ecke eines lyk. Grabmals von Hoiran.
Bevor wir weitergehen, müssen wir die Bedeutung der
Keile, in Fig. 9 und 10 mit K bezeichnet, besprechen. Benndorf
hat diese Keile für Stützen
der senkrechten Säulen ge-
nommen, die den Zweck
hätten, ein Schlottern der
Verzapfungen zu verhindern.
Ich halte das für einen Irr-
tum. Es ist doch höchst un-
wahrscheinlich, daß die l3"ki-
schen Zimmerleute so wenig
ihr Handwerk verstanden
hätten, daß für solche Keile
Platz gewesen wäre. Nirgendwo, auch nicht in Bosnien, wo man
höchst leichtsinnige Bauten findet, ist mir ein solcher Holzkeil in
die Augen gefallen. Nach
meiner Meinung hätte
ein solcher Keil aber
auch gar keinen Sinn.
Die Fig. 12 u. 13 zeigen,
wie eine Säule in eine
Grundschwelle einge-
zapft ist. In 12 ist der
hypothetische Keil in ge-
strichelter Linie einge-
zeichnet. Ein Schlottern
könnte er nicht verhin-
dern, denn der sovielmal
längere senkrechte Bal-
ken würde ihn mit gewal-
tiger Hebelkraft einfach
zerdrücken. Und der Er-
klärung dieses Keils zu-
liebe eine solche Mangel-
haftigkeit der lykischen
Holzbaukunst, daß die
Löcher regelmäßig zu
groß ausgeschnitten wur-
den, anzunehmen, dagegen spricht doch so gut wie Alles.
Nein, der Keil hat einen anderen Sinn ! Auf die Kufen-
Fig. 11.
Grabmal von Limyra.
412
R. Meringer,
Fig. 12.
Yerschneiduug einer 'Säule' mit
der Schwelle. Der Keil ist
hypothetisch.
balkeu gehört er nicht, dort hat er nichts zu suchen. Aber auf die
Köpfe der Querbalken gehört er, wo er beim herzegowinischen Hause
zu finden ist. Beim Schlittenhause sind diese vier Keile von größter
Wichtigkeit, und von Bedeutung müssen sie auch beim lykischen
Hause gewesen sein, sonst hätte sich
die Erinnerung an sie nicht bewahrt.
Kurz, ich denke, die Keile sind
infolge mangelhafter Erinnerung ver-
setzt worden, so daß sie in den Stein-
uachahmungeu an unrechter Stelle,
nicht auf den Querbalken, wo sie
allein Sinn haben, sondern auf den
Schlittenkufen erscheinen.
Und damit ist auch die oben ge-
stellte Frage beantwortet: Die lyki-
schen Grabmäler ahmen nicht direkt
ein bewegliches Schlittenhaus nach, sondern ein festes, das aus
jenem entstanden war, aber die Kufen beibehalten hatte — wie
es auch auf südslavischem Boden geschah.
Aber nicht nur die Keile
waren beim festgewordenen ly-
kischen Schlittenhause versetzt
worden, auch andere Merkmale
des beweglichen Hauses waren
in Fluß geraten.
Wir finden an den lyki-
schen Grabmälern die Schlitten-
kufen symmetrisch, d. h. sie sind
vorne und hinten aufgebogen,
was sie weder beim herzego-
winischen Hause sind, noch
beim montenegrinischen, noch
auch — soviel ich sehen kann
— beim altägyptischen Lasten-
schlitten sind. Die Fig. 9 zeigt
weiter das Geradewerden der aufgebogenen Enden, was sich viel-
leicht auch schon beim festgewordenen lykischen Hause entwickelt
hatte, wie der moderne hölzerne Geti-eidespeicher (Benndorf-
Niemann Fig. 56 S. 100) zu zeigen scheint. Wegen der Entwick-
lung der Gestalt der Kufen vgl. die Bilderserie ebd. Fig. 60 S. 106.
Fig. 13.
Perspektivisches Bild der Verschueiduug.
Wörter und Sachen. IV. 413
Auffallend ist weiter, daß bei den lykischen Grabmälern
die Kufen an der Schmalseite des Hauses erscheinen, während
wir sie an den Längsseiten erwarten müßten. Die Sache löst
sich am ehesten durch die Annahme, daß das bewegliche lykische
Haus einst quadratisch war, wie es das bewegliche herzego-
winische ist, und daß erst das festgewordene, bei dem die Kufen
wenig Sinn mehr hatten, oblong wurde, wie es das festgewordene
serbische Schlittenhaus ebenfalls geworden ist.
Auch die Tür des lykischen Hauses kann einstmals an
der Stirnseite, nicht an der Schlittenkufenseite gewesen sein.
Auch hier hilft die Parallele des festgewordenen serbischen
Hauses, denn auch dieses hat den Eingang (oder die Eingänge)
an einer Längsseite (oder an beiden), nicht an einer Schmal-
seite wie das noch bewegliche herzegowinische Schlittenhaus.
Der lykische Speicher Benndorfs hat symmetrische
aber flachgewordene Kufen (man erhält eine ähnliche Form,
wenn man sich die Balken beim herzegowiuischen Haus schief,
aber in gerader Linie abgeschnitten denkt, statt rund !), hat diese
an den Schmalseiten, und hat auch die Tür an einer Schmal-
seite. Wenn er also wirklich die Tradition des alten festge-
wordenen Holzhauses bis auf den heutigen Tag fortsetzt, dann
hatte schon das alte lykische Holzhaus diese Merkmale in der-
selben Form. Das bemerke ich deswegen, weil man ja auch
annehmen könnte, daß diese Yeränderungen gegenüber dem
ehemals beweglichen Hause etwa erst bei den künstlerisch aus-
gestalteten Grabmälern entstanden seien.
Nur für die Versetzung der Keile haben wir keinen be-
stimmten Anhalt und können den Gedanken, daß diese erst
in der Steinnachahmung des Holzhauses stattgefunden hat, nicht
mit Bestimmtheit abweisen.
Noch eine Eigenschaft der lykischen Grabmäler weist mit
Bestimmtheit auf die Mittelstufe eines festgewordeuen Hauses
hin, der Fachwerkbau der Wände. Aus solidem Balkenwerk
kann das bewegliche Haus noch nicht hergestellt gewesen sein,
denn ein so schweres Haus wäre nicht transportabel gewesen,
wenigstens nicht für die Kräfte, die dem Bauer zur Verfügung
standen, der eben kein ägyptischer König war.
Dieser Fachwerkbau muß in Lykien nicht erst entstanden
sein als das bewegliche Haus fest wurde. Wie die Südslaven
neben ihrem 'Sommerhaus' ein stabiles haben, so können auch
Mi R. Meringer,
die Lykier, wenigstens die Reichen unter ihnen, neben einem
beweglichen auch ein festes, ein Fachwerkhaus, besessen haben.
Aber immerhin sieht diese Art Fachwerk wie eine Ent-
wicklung des Flechtwerks der herzegowiuischen Schlittenhäuser
aus. Bei diesen finden sich bloß in den Hausecken ^) senkrechte
Balken, sonst Stangen, die oben wieder in horizontalen Balken
eingelassen sind. Dazwisciien Flechtwerk. Von schiefen Balken,
von Streben, von einem 'Dreiecksverband' ist keine Rede. Das
lykische Fachwerk hat senkrechte und wagrechte Balken, und
dazwischen Brettertäfeluug statt des Flechtwerks. Aber eben-
falls keine 'Streben', keinen 'Dreiecksverband'. Ich glaube, wir
sehen hier Avirklich die Entstehung des Fachwerks aus dem
Flechtwerke vor uns. Ich habe IF. 17, 136 schon dem national-
germanischen Fachwerke die Strebe zugeschrieben. Aber damit
ist nicht gemeint, daß sie überall vorhanden war, denn das
niedersächsische Haus zeigt sie an den Außenwänden noch heute
in vielen Fällen, vielleicht in der Mehrzahl, nicht, hat also
noch heute manchmal den Dreiecksverband der Wand nicht.
Der Gedanke, daß die Keile, deren nur mehr dekoratives
Abbild war auf den Grabmälern vor uns haben, bestimmt waren,
einen Ersatz für den mangelnden Dreiecksverbaud zu liefern,
ist auch deshalb abzulehnen, weil der Fachwerkbau, der keine
Streben hat, sie trotzdem nicht kennt.
Daß für die Erklärung der lykischen Denkmäler nicht un-
mittelbar die Annahme eines beweglichen Schlittenhauses genügt,
sondern daß man als Mittelstufe ein festgewordenes Haus, das
charakteristische Elemente des beweglichen beibehalten hatte,
annehmen müsse, darauf hat mich A. Furtwängler aufmerksam
gemacht. Ich danke ihm an dieser Stelle für seine ermutigende
Zustimmung und fördernde Beihilfe.
Wie sich aus dem beweglichen Hause ein festes Haus auf
Ivkischem Boden entwickelte, das läßt sich noch sehen. Die
lykischen Grabmäler zeigen teils Häuser, die auf den Schlitten-
kufen stehen, teils solche, welche untergelegte Balken oder (wie
Fig. 14) eine Art Balkenrost, eine mehrfache Unterlage von
rechtwinklich aufeinander gelegten Unterhölzern zeigen. Vgl.
auch Benndorf-Nieraann S. 98 Fig. 54. Strzygowski hat (im Ge-
spräche) sehr richtig gemeint, daß der erste Schritt zum Fest-
werden in dem Gebrauche, das Sclilittenhaus auf Balken zu
1) Und, wie gesagt, neben der Tür.
Wörter und Sachen. IV.
415
ziehen, um die wichtigen Kufen vor Fäulnis zu bewahren, be-
gründet gewesen sein mag.
War einmal das lykische Haus fest, dann waren die Be-
dingungen seiner Weiterentwicklung gegeben. Es hat sich räum-
lich in die Höhe ausgedehnt, wie das serbische in die Länge,
dort entstand ein Obergeschoß, hier ein Nebenraum.
Unbeantwortet blieb bis jetzt die Frage der Dachform
des lykischen
Hauses.
Einige Denk-
mälerzeigenein
flaches Dach,
ParallelePrügel
ti'ugen Rasen-
stücke, wie
Benndorf- Nie-
mann anneh-
men. Dieses
Dach war aber
seh wer und des-
halb erst beim
festgeworde-
nen Fachwerk-
hause möglich.
Das bewegliclie
Haus mit seinen
— wir können
das ohne wei-
teres annehmen
— Fle cht werk-
wänden hätte
diese Last nicht
tragen können.
Das Dach des fahrbaren lykischen Hauses muß leichter
gewesen sein. Ich finde seinen Nachklang dort, wo die lykischen
Grabmäler mit einer Spitztonne abschließen. Man sieht im Giebel-
felde von Fig. 14 und 15 ein Kreuz, das man mit der kreuz-
Fig. 14.
Felsengrab von Kekowa.
artigen Dachkoustruktion von Fig. 3 vergleichen möge. Yielleicht
hatte das bewegliche lykische Haus ein aus einem Kreuzstangen-
gestell und biegsamen Ruthen hergestelltes leichtes Zeltdach.
4-lG
R. Meringer,
Daß man solche Dächer gelegentlich auch auf dem horizon-
talen Dache der festgewordenen Häuser errichtete, sodaß eigent-
lich zwei Dächer vorhanden waren, wie Benndorf S. 102 auf
semitische Bräuche sich stützend annimmt, halte ich für möglich.
Das Holzhaus, das Benndorf-Niemann S. 97 Fig. 53 (hier
Fig. 16) rekonstruiert haben, entspricht unserem 'festgewordenen
Schlittenhause', wenigstens einem Typus desselben, denn nicht
alle Grabmäler lassen sich auf diese Formel zurückführen.
Aber anch innerhalb dieser Grenze muß noch die Frage
aufgeworfen werden: Sind Konstruktiousteile, die technisch sinn-
los sind, schon dem Holz-
hause eigen gewesen oder
erst in den Steinuachah-
mungen hervorgetreten ?
Technisch sinnlos ist es,
wenn die Prügel des Daches
von (um 90 " gedrehten) um-
gelegten Kufen samt Keilen
getragen werden. Vgl. die E
und cUe Fig. 35 S. 53 (Grab-
haus in Pinara) bei Benndorf-
Niemann i). Und sinnlos sind
auch die 'Wettköpfe' M eben-
da, denn wären diese wirk-
liche Balken enden, so müßten
tue dazu gehörigen Balken
durch das ganze Hausinnere
in halber Türhöhe hindurchgehen und so das ganze Gemach des
Erdgeschosses in einer nirgendwo gesehenen Art verbarrikadieren.
Benndorf-Niemann sprachen gleichwohl beide Art Balken
dem Holzhause zu. Bei den umgelegten Schlittenkufen samt
Keilen {E) wäre das noch denkbar, aber völlig undenkbar ist
mir das bei den Balkenköpfen M. Diese Balkenköpfe können
nicht zu Balken gehört haben, denn diese hätte das Herdfeuer
bald erfaßt und damit wäre auch das Haus vernichtet worden ;
sie müssen rein dekorativ sein, wie sie es zweifellos bei den
Spitztonnendächern (vgl. Fig. 15) sind. An der Holzhauswand aber
solche falsche AVettköpfe anzubringen, halte ich für technisch
Fig. 15.
Grab von Sura (Benndorf-Niemann S.99 Fig. 55).
1) Und hier in Fig. 16.
Wörter und Sachen. IV.
M7
schwierig und deshalb meine ich, daß sie erst in der Steinnach-
ahmung entstanden sind.
Aus der Rekonstruktion des Holzhauses würde ich also
die M weglassen, denn wo in aller Welt gibt es Tränie ohne
konstruktiven Wert, die quer durch einen Raum ziehen und
dadurch nicht bloß das Feuermachen verhindern, sondern sogar
das Gehen zu einem Kunststück machen ?
Eine sonderbare Sache ist es auch mit den mugelegten
Schlittenkufen E unter dem Dache. Für mich steht die Frage
Fig. 16.
Die Benudorf-Niemauiische Rekonstniktiou des lykischen Holzhauses.
so, daß, nachdem ich wenigstens für die aufrechten Kufen der
Schwellen eine einleuchtende Erklärung habe, ich glauben
muß, daß die Kufen unter dem Dache rein dekorativ sind.
Anders stand die Sache für Benudorf. Da er weder für
die eine noch für die andere Art der Kufen eine lokale Er-
klärung wußte, konnte er von beiden ausgelien und fand wenigstens
für die Kufen unter dem Dache einen Anhalt, von weither, in
der Kunst des asiatischen Ostens.
Seine Fig. 52 S. 95 'Japanisches Tor' (hier Fig. 17) ist
seine eigentliche Antwort auf die Frage nach der Herkunft der
Schlittenkufen.
Indogermanische Forschungen XIX. 28
418
R. Meringer,
Dazu ist folgendes zu sagen:
Ist es auch jetzt noch wahrscheinlich, das lykische Haus
an das Haus des asiatischen Ostens (mit dem Pagodendache),
resp. an Tore wie Fig. 17 anzuschließen, nachdem eine plausible
Erklärung der unteren Kufen durch die klare Analogie des süd-
slavischen Schlittenhauses gefunden ist?
Benndorf hatte zwei Gründe nach Osten zu blicken:
1. Den mangelnden Dreiecksverband des Fachwerks der
lykischen Häuser, der auch in Ostasien fehlt.
Fig. 17.
Japanisches Tor.
2. Die kufenartigen Balken unter der Decke.
Beide Gründe sind hinfällig. Der Dreiecksverband fehlt
auch oft beim deutschen und slavischen Hause, das bewegliche
Haus der Herzegowina, das seiner auf der Reise so sehr zu
bedürfen scheinen würde, kennt ihn nicht. Und die Analogie
der Kufen unter dem Daclie des lykischen Hauses mit den
Kufen auf den Toren und Dächern des Orients besteht nicht,
denn beim lykischen Hause liegen sie, in Ostasien stehen sie.
Man könnte darnach die Kritik des Benndorfschen Einfalls
Wörter und Sachen. IV. 419
noch weiter treiben, ich breche aber hier ab. Für denjenigen,
der sehen will, ist genug gesagt. Ich denke, niemand, der von
den südslavischen Häusern Kunde gehabt hätte, liätte sich ver-
anlaßt gefühlt, die ostasiatischen Baueigentümlichkeiten zur Er-
klärung der lykischen Schlittenhäuser heranzuziehen.
Noch einige Einzelheiten zum festgewordenen lykischen
Hause. Daß es vielfach zweigeschossig war, ist gCAviß. Aber
wie wurde es verwendet? Ich glaube nicht, daß das Erdgeschoß
der Stall war; denn dem Vieh die bei etage einzuräumen, ent-
spricht der Denkart so früher Zeiten nicht. Das Vieh nächtigte
wohl im Freien, höchstens unter einem fliegenden Dache. Ich
könnte mir eher denken, daß das lykische Haus unten die
Menschen, oben die Feldfrucht beherbergte. Das Obergeschoß
mag wohl durch eine außen angelehnte Leiter zugänglich ge-
Avesen sein. Die Anwesenheit eines zweiten Stockwerks schließt
die Annahme von Oberlicht aus, und zwar nicht nur für das
untere, sondern wohl auch für das obere Geschoß. Auch ist
mir bei dieser Bauart das Vorhandensein von Lichtspalten in
den "Wänden ganz unwahrscheinlich, sodaß die einzige Licht-
quelle die geöffneten Türen gewesen sein dürften.
Und noch eine Frage drängt sich auf: War das zu er-
schließende feste Haus, wie es Benndorf-Xiemann im ganzen
richtig dargestellt haben (wenigstens in einem Typus), ein wirk-
liches Volkshaus, ein Haus der breiten Schichten der Bevölkerung?
Ich denke, daß diese Frage jeder Hausforscher eher verneinen
als bejahen wird. Für ein Volkshaus ist es zu vornehm. Die
Täfelung war vor allem eine schwierige Arbeit, die große Präzision
der Technik erheischte. Allerdings liest man auch von germanischer
Kunst, Täfelungen herzustellen ^ ). Priscus erzählt (Corp. Script, bist.
Byzant. Bonn 1829 S. 187), die Häuser des Attila seien HuXoic
xe Kai cuviciv euSecroic fipiuociueva gewesen, aber ich sehe nicht,
daß man aus diesen AVorten mit Sicherheit gerade auf Täfelung'
schließen kann. Übrigens handelt es sich um die Häuser eines
Fürsten. Das heutige Bauernhaus weiß meines Wissens von
Täfelung nichts, wenigstens nichts von der Art, die das lykische
Haus zeigt.
1) Henning Das deutsche Haus S. 123, Heyne Deutsches Wohnungs-
wesen S. 19, Anm. 26, Stephani Der älteste deutsche Wohnbau 1, 173.
28*
420 R. Meringer,
Auch das Innere der lykischen Gräber interessiert uns.
Benndorf sagt S. 96 von den Höhlengräbern : "Die Gruft selbst,
welche hinter den Fayaden liegt, besteht in einem schmucklosen
Räume, oft nicht hoch genug, um darin aufrecht zu stehen,
höchstens 2,5 Meter im Geviert weit, meist mit unverzierten
Steinbetten, welche tricliniumartig an drei Seiten aus dem ge-
wachsenen Felsen gebrochen sind".
Diese Betten aus Stein entsprechen also den aus Rasen-
stücken usw. hergestellten Schlafstätten des herzegowinischen
Schlittenhauses, den Bühnen des südslavischen und altger-
manischen Hauses (Schlaf bänken), den Lehmbänken des neo-
lithischen Hauses von Großgartach und den entsprechenden Ein-
richtungen des altitalischen Hauses, woraus das triclinium er-
wachsen ist^).
Daß man auf solche Bänke an der Wand die Toten legte,
ist begreiflich, schlief doch auch der Lebende auf der ent-
sprechenden Bank seines Wohnhauses.
Die freistehenden Grabmäler charakterisiert Benndorf S. 97
so : "Manchmal ist das Rahmenwerk der Vorderseite ganz durch-
brochen und führt dann in eine Vorhalle, in deren ähnlich ver-
zierten Hinterwand erst der Eingang zur Grabkammer angebracht
ist". Ich verweise darauf, daß auch das herzegowinische Schlitten-
haus gelegentlich eine Laube an den Schmalseiten hat (Fig. 5),
ohne auf dieses Detail AVert zu legen.
Zur wirtschaftlichen Bedeutung der lykischen Schlitten-
häuser mit den südslavischen noch einige Bemerkungen über
die Lykier. Benndorf S. 95 sagt, die alte Bevölkerung brachte,
1) Vgl. Verf. Das bosnische Haus S. 108 u. ö. — Einen sehr altertüm-
lichen Haustypus aus Gurien beschreibt A. v. Haxthausen Transkaukasia 1,
153 : "Das Haus war in zwei Hälften geteilt, die vordere Seite bildete eine
nach drei Seiten ganz offene Halle, fünf Pilare trugen vorne das eben-
falls ganz offene Dach. Die offene Vorhalle (Moadjari). in die man von
außen auf ein Paar Stufen durch eine niedere Geländertür steigt, war mit
einer . . . Gallerie . . . umgeben . . . Von dieser Vorhalle, dem gewöhnlichen
Aufenthalt der Familie, führte eine oben runde Tär in das eigentliche
Haus, nur aus einem großen Gemache (Sachet im engern Sinne) bestehend;
es hatte Fensteröffnungen oline Glas, aber mit Gittern geschlossen. In
der Mitte war die Feuerstelle auf ebener Erde, der Rauch zieht auf der
Giebelseite zum Dach hinaus. Rechts stand eine lange Schlafbank . . . links
stand ein fester Divan, auch zu Schlafstellen dienend . . . ; einige niedrige
kleine Bänke und Dreifüße bildeten das einzige Hausgerät, Stühle und Tische
existierten nicht".
Wörter und Sachen. IV. 421
wie die heutige galaktophage, halbnomadische, die Hälfte des
Jahres auf den Alpentriften zu und beruft sich dabei auf
Herodot 1, 176.
Herodot erzählt Avie folgt: Die Ljkier gingen, als Harpagos
mit seinem Heer in die Ebene von Xanthos gekommen war,
ihm entgegen und stritten mit großem Heldenmute, wenige
gegen viele. Und als sie überwunden und in ihrer Stadt ein-
geschlossen waren, brachten sie in die Burg (ec xriv aKpoiroXiv)
ihre Weiber und Kinder, ihre Habe und ihre Knechte zusammen
und dann steckten sie die Burg au und verbrannten sie ganz
und gar. Und als sie das getan, schworen sie einen fürchter-
lichen Eid und fielen heraus und kamen mit den Waffen in der
Hand um. Und die jetzt noch unter den Lykiern Xanthier sein
wollen, von denen sind die meisten Fremdlinge, außer achtzig
Haushaltungen (-rrXriv ÖYÖuuKOVTa icneuuv); denn diese achtzig
waren damals abwesend von ihrer Heimat und blieben auf diese
Art übrig (ai öe ÖTÖuÜKovTa ictiai auiai etuxov xriviKaÜTa eKÖr|-
lueoucai, Kai gütuj TrepieY^vovTo).
Es ist amiehmbar, daß diese achtzig Familien im Dienste
der Wirtschaft vom Hause abwesend waren. Die Herodotsche
Stelle mit den oben gebrachten Nachrichten des Kulturzustandes
der südslavischen Besitzer von Schlittenhäusern zu vergleichen,
ist nicht meine Sache. Hier haben die Wirtschaftshistoriker das
Wort, die Frage sei ihrer Aufmerksamkeit empfohlen.
Daß das Lykische keine indogermanische Sprache ist —
Kretschmer Einleitung S. 37 Off. — , beweist gegen meine An-
sicht über die Schlittenhäuser nichts, denn die Kulturwellen
beschränken sich nicht auf ein Sprachgebiet. Xur gegen die
Bezeichnung 'Halbnomaden' Benndorfs muß ich noch Bedenken
erheben. Übrigens kommt auf das Wort nicht viel an. Waren
es aber die alten Lykier, so sind es die Südslaveu teilweise
heute noch. Vgl. jetzt H. Hirt Die Indogermanen 1, 262 f.
Ob auch die Grermanen das bewegliche Haus gekannt haben ?
Sti'abo Yll 1, 3 sagt: koivöv b' ecxiv ccTraci toTc rauiri t6 Ttepi
xdc laexavacxdceic eujuapec öid xt^v Xixöxqxa xoö ßiou Kai öid xö
|uii TeiJupYeiv luiiöe GricaupiZieiv, dW ev KaXußioic oiKeiv eqpri|uepov
exouci TtapacKeui^v • xpoqpr'i ö' dTiö xujv Gpe|U|udxujv f\ TrXeicxri KaGdfrep
Toic vo|udciv, uicx' eKeivouc |Lii|uo\j|uevoi xd oiKeia xaic dpiuaudHaic
e-rrdpavxec ötti;i dv öoEr] xperrovxai |uexd xujv ßocKi"||udxujv.
•i-22 R. Meringer,
Vgl. dazu Müllenhoff DA. 4, 872, Stepliani Der älteste
Deutsche Wohnbau 1, 67.
An Häuser, wie das herzegowinische Schlittenhaus ist,
kann Sti'abo gewiß an der obigen Stelle nicht gedacht haben.
Die Suevcn haben nach ihm ihre Wohngelegenheit so mit sich
herumgeschleppt wie alle anderen Sachen. Da fragt nun Stephani :
"War diese (näml. Wohngelegenheit) nun ein zusammenlegbares
Zelt, oder Avar sie ein leichtes Holzhaus, welches am Lager-
platze vom Wagen gehoben und auf den Boden gestellt wurde?
Wohl das erstere, denn auch die leichteste biuseugedeckte
Bretterhütte oder das luftigste Brettergezinimer war, komplett
zusammengestellt, schlechthin untransportabel. Wenn es heute
Fig. 18.
Schiitteuwagen vou Madeira (Forestier Fig. 13 S. 11).
trotz sehr vervollkommneter Technik kaum möglich ist, ein
Borkenhaus oder eine Gartenhütte ohne Lockerung des Gefüges
nur wenige Schritte weit abzuschieben, wie kann es damals
angegangen sein, ein mit unvollkommenen Werkzeugen auf-
gerichtetes Gehäuse auf den primitivsten Fuhrwerken in weg-
losen Geländen große Strecken unbeschädigt fortzuschaffen?"
Wie nun die Sueven ihre Hütten fortschafften, weiß ich
so wenig als Stephani. Aber daß sie sie nicht zusammengestellt,
sondern bloß zerlegt, hätten fortschaffen können, das ist unrichtig,
wie so viele unserer Raisonnements, die durch die Wirklichkeit
über den Haufen geworfen werden. Vgl. Ginzrot Die AVägen und
Fahrwerke usw. 1, 284. Durch Zufall ist uns die Abbildung eines
Zeltes auf einem plaustrum noch erhalten, ein Touwägelchen,
das einem Toten beigegeben worden war. Vgl. Bienkowski Über
skythische Wagen Wiener Studien 24. Jahrg. (1902) 394 ff. und
Verfasser hiezu KZ. 40, 229.
Wörter und Sachen. IV.
423
Ennodius (MGAA. VII S. 206 Z. 22 f.) berichtet: sumpta
sunt pkiustra rice tectonim, et in domos instabiles confluxerunt omnia
servitum necessitati. Die wörtliche Übersetzung (Stephani 1, 199):
""Wagen Avurden an Stelle der Wohnungen genommen und in
bewegliche Häuser w-urde alles dem Bedürfnisse Dienende zu-
sammengebracht" führt irre, denn von beweglichen Häusern ist
nicht die Kede. domos instabiles kann sich nur auf i^laiistra be-
ziehen, weil es unwahrscheinlich ist, daß die Goten Schlitten-
häuser noch weiter belastet und dadurch noch schwerer be-
Fig. 19.
Sizilianischer Wirtschaftsschlitten (Ginzrot 1 Taf. III A Fig. 5).
weglich gemacht hätten, während sie die plaustra vice tedorum
benützt haben sollten.
Auch Prokop ed. Dindorf C. S. Hist. Byz. Pars II Yol. II
S. 7 Z. 16 ff. berichtet nur von den Lastwagen : Oeuöepixoc öe . . .
ec 'liaXiav i^ei, Kai auTUJ 6 tüuv PötGluv Xedjc emeio, Tiaiödc le Kai
YuvaiKac ev taic d)Lid$aic evOejuevoi Kai id en-iTrXa öca qpepeiv oioi
le iicav.
Aus den Schriftstellern ist die Existenz eines fahrbaren
germanischen Hauses, eines Schlittenhauses, nicht zu erweisen,
wnimit natürlich nicht erwiesen ist, daß es nirgendwo vor-
handen war.
Die Bestimmungen des Sachsenspiegels über das Haus ')
sind folgende:
I 20 § 2. Sofern der Frau der Platz nicht gehört mit dem
Gebäude, wenn ihr Mann stirbt, binnen sechs Wochen nach dem
1) Literatur bei Gierke Deutsches Privatrecht 2 (1905) S. 9.
424 R. M e ringe r,
Dreißigsten soll sie das Gebäude wegführen {sal se mit dem gehu
rumen), sodaß sie die Erde nicht umgrabe {niht ne ivunde). Bietet
sie es aber an abzukaufen nach der Schätzung der Miteinwohner
jenem, dessen der Platz ist, und will er es nicht, so ist sie ver-
pflichtet, es gut aufzugraben {ivol up graven\ sodaß sie die Erde
wieder ebene.
n 53. Was immer der Mann bauet auf fremdem Grund-
stück, von dem er Zins abgibt, das muß er gut abbrechen, wenn
er von dannen fährt und sein Erbe nach seinem Tode, ohne den
Zaun vorne und hinten und das Haus und den Mist ; das soll
der Herr abkaufen nach der Schätzung der Miteinwohner. Tut
er's nicht, so führt er das eine mit dem andern weg {lie vort
dat ene mit dem anderen wecJi).
ni 38 § 4. Das Weib vererbt nicht ein Gebäude auf ihren
Erben, das auf ihrer Leibzucht steht, es sei denn sie risse es
während ihres Lebens ab und setzte es auf ihre eigenen Grund-
stücke oder auf ihre Lehen {si ne sUte't af bi irme live und setteH
up ire egen oder uppe ire len).
ni 76 § 2. Hatte aber die Frau einen Mann genommen
und war er zu ihr und zu den Kindern in das ungezweite Gut
gezogen und stirbt dann das Weib, so behält der Mann all des
Weibes Recht an der fahrenden Habe mit Ausnahme des Ge-
bäudes und der Gerade [die man behalt al des wives recht in der
varender have, sunder dat gebu unde sunder die rade).
Aus diesen Stellen wird klar, daß es sich um ein beweg-
liches Haus in unserem Sinne nicht handeln kann, denn man
muß die Erde wieder ebnen, wenn man es abreißt. Es ist also
in die Erde gebaut, hat ein Fundament. 'Fahrend' ist es nur in-
soferne, als man es abbrechen und seine Teile verführen kann,
was bei einem Holzbau nicht so schwer auszuführen ist.
Von den Kechtssprichwörtern kommen die folgenden in
Betracht (vgl. E. Graf und M. Diether Deutsche Rechtssprich-
Avörter S. 64):
1. Was man treiben und tragen mag, ist fahrende Habe.
2. Was die Fackel verzehrt, ist Fahrnis.
3. Was verbrennen und sterben mag, ist fahrend Gnit.
4. Häuser sind fahrend Gut gegen die Freunde, liegend Gut
gegen den Herrn.
Wörter und Sachen. IV. 425
Unsere Suche nach dem fahrbaren Hause auf germanischem
Boden endet vollkommen negativ. Es ist auch nicht irgendwie
wahrscheinlich zu machen, daß die Zurechnung zur fahrenden
Habe eine Reminiscenz an ein Schlittenhaus in sich bärs-e.
E. L. Rochholz Deutscher Glaube und Brauch (1867) II S. 82
sagt : "Wir pflegen unser Haus unsere vier Pfähle zu nennen.
Es sind damit die vier Stützen und Wandpfosten eines sog. ge-
strickten Hauses gemeint^). Sie sind mit ihren ineinander ge-
fügten Stämmen versetzbar. Schiebt man sie vom Platze, füllt
das Kellerloch wieder zu und ebnet die Herdstelle aus 2), so wird
man schon im nächstfolgenden Sommer die Stelle nicht genau
mehr erkennen, wo solch ein Haus gestanden hat. Ohne daß
man es niederzubrechen brauchte, ist es so aus einer
abgeweideten Gregend in die nächste hinüber geschoben
worden, wie dies gegenwärtig noch im Appenzeller Land
vorkommen kann".
So spricht man doch nur, wenn man bestimmt weiß, daß
■etwas derartiges geschehen ist! Hier wäre endlich eine bestimmte
Nachricht vom Verschieben eines unzerlegten Hauses auf deutschem
Boden. Aber wer weiß näheres darüber? Vielleicht nehmen sich
die schweizerischen Hausforscher der Sache an!
Aber um ein Blockhaus kann es sich dabei nicht handeln,
denn das ginge wohl beim Verschieben aus den Fugen.
In einer Urkunde von Meilen am Zürchersee (vor 1346),
welche Rochholz nach Bluntschli zitiert, heißt es : "ywc? mag das
hus ziehen oder fuoren ivar er ivil". Man könnte nun denken, daß
sich ziehen auf das Wegschaffen eines unzerlegten, fuoren auf das
Wegschaffen eines zerlegten Hauses bezieht. Aber aus anderen
Urkunden sieht man wieder klar, daß es sich nur um das Fort-
führen zerle2:ter Häuser handeln kaun.
In einem germanischen Worte könnte möglicherweise eine
Erinnerung an das Schlittenhaus sich bergen, nämlich in der
Bezeichnung der Schwelle.
Wir finden an. preskuldr {prßskuldr Noreen Aisl. u. Anorw.
1) Innerhalb meiner vier Pfähle' stammt von einem Fachwerkbau.
Ein 'gestricktes' Haus ist mir nur im Sinne von Blockbau bekannt und
■dieser hat keine 'Stützen und Wandpfosten'. IF. 16. 178 f.
2) Hat Rochholz noch Herd gruben in modernen Häusern gekannt?
426 R. Meringev,
(iranini.3 57), alul. driscuvili (Graff 5, 2()6), ags. perscwold, engl.
threshold (vgl Skeat, Kluge-Lutz), schwed. tröskel (vgl. Falk-Tovp
s. V. Terskel), deutscli Drischaufel (DW. 2, 1420; Schmeller 1, 570,
680; 2,384).
Das Wort gehört zu dreschen, von dem es — wie ange-
nommen wird — mittelst eines ^^- Suffixes abgeleitet ist. AVegen
des Übergangs von ßl zu fl will ich bloß bemerken, daß mir so
wenig wie Noreen (Aisl. u. An, Gr. ^ 143, Lautl. 197 f) darüber das
letzte Wort gesprochen zu sein scheint. Neben den regelmäßigen
Entsprechungen der Urform des Worts haben wir noch eine An-
zahl von mehr oder weniger durchsichtigen volksetymologischen
Veränderungen. Vgl. noch Rauteuberg Sprachgeschichtliche Nach-
weise zur Kunde des germ. Altertums 23 u. v. Grienberger (fot.
Wortk. 196.
J. Grimm hat Gramm. 3, 431 die Meinung geäußert, daß
die Schwelle deshalb diesen Namen führte, weil am Eingange
des Hauses auf der Diele gedroschen wurde. Mau könnte einfach
darauf erwidern: Aber doch nicht auf der Schwelle! Aber es ist
auch auf der Diele zu dreschen nur im niedersächsischen Hause
Brauch, keineswegs im oberdeutschen, und älteste germanische
Art wird wohl überhaupt gewesen sein, im Freien zu dreschen
Wenn dreschen eigentlich treten bedeutete, könnte man
unser Wort als 'Trittholz' oder ähnlich erklären. Aber auch das
ist mir keineswegs einleuchtend. Die Schwelle steht meist hervor
(sie ist der unterste horizontale Balken), der Erwachsene tritt
durchaus nicht auf sie, sondern hebt den Fuß darüber, Avähreud
er sich zugleich bückt, um sich nicht oben am Türrahmen den
Kopf anzuschlagen.
So bleibt wohl nur übrig das Wort als 'Dreschholz' zu fassen
und das ergäbe einen Sinn, wenn die Schwelle einstmals schlitten-
kufenartig gebogen war, denn Schlitten waren wirklich 'Dresch-
hölzer'. Im heutigen (wie im alten Ägypten) wird mit Schlitten
gedroschen, die Alten hatten denselben Brauch vgl. Rieh s. v.
traha, trahea, Ginzrot I 162. Eine ähnliche Einrichtung war das
trihuhim vgl. Rieh s. v., dem heute noch bei den Armeniern die
von Ter Mowsesianz Mitteil, der Anthrop. Ges. Wien 22, 155 be-
schriebene und abgebildete Vorrichtung entspricht. Dieselbe Art
des Dreschens mittels schlittenkufenartiger Bretter, die unten mit
spitzen Steinen besetzt sind, beschreibt als 'gi'usinische Dresch-
methode' V. Haxthausen Transkaukasia I 52.
Wörter und Sachen. IV. 427
Die Frage ist aber, ob die Germauen jemals mit diesen
Schlitten oder Schlittenbrettern g-edroschen haben. Unmöglich ist
es gewiß nicht. Schrader weiß im RL. auch nicht weiteren Be-
scheid zu geben (s. v. dreschen), er spricht vom Dreschen mittelst
Schlitten überhaupt nicht.
Im Slavischen existiert ein merkwürdiges Wort für Hütte
u. dergl., das noch nicht erklärt ist; ich meine aksl. ve^a und
seine Xachkommeu.
Miklosich gibt im Lex. pal. S. 121 als Bedeutung an cella
penaria^ Vorratskammer (wobei man aber wohl ein eignes Häuschen
zu verstehen hat), coqiiina (d. h. Herdraum), tentorium. Diese
verschiedenen Bedeutungen scheinen — wie in ähnlichen Fällen —
aus der eines kleinen Häuschens mit Herd, das, als man ein
besseres kennen lernte, zum Jv^ebengebäude herabsank, hervor-
gegangen zu sein.
Slov. ve^a "Hausflur, Vorhaus', vezica 'Vorhalle bei der
Kirche', vezje n. 'Vorhaus, Laube'. Kroat. veza 'Torweg, Vor-
halle, Flur'. Tschech. vez veze vizka 'Turm', veznik 'Haushund',
Kettenhund'. Poln. uneza 'Turm', obersorb. tvjeza weza 'Turm',
niedersorb. iija^a 'Haus', russ. (vgl. Dal s. v. ve^a und veea) 'Zelt,
Turm, Xomadenhütte, Kibitka, Jurte' usw., kleinruss. veza veM
'Turm (Gefängnis), Wagen, Hütte'.
Wir erkennen drei Bedeutungen:
1. Hütte, öfter bewegliche Hütte (daraus 'Wagen' ent-
standen?),
2. Flur,
3. Turm.
Die Angaben der Wörterbücher genügen hier ebensowenig
wie in allen entsprechenden Fällen; ohne Bilder oder Pläne
der so bezeichneten Gegenstände kann man sich keine kL^re
Vorstellung macheu.
Für die Bedeutung 'Flur' findet sich ein sicherer Beleg
in K. Schmidt 'Die bäuerliche Wohnung' in dem Buche 'Dorf-
kirche und Bauernhaus im Königreich Sachsen' (SA. aus Wuttke's
Sächsischer Volkskunde) S. 97, wo der Grundriß eines Lausitzer
'wendischen' Hauses gezeichnet ist. Der Hausflur, das Vorhaus
vor der Küche, heißt hier njam.
Aber wegen der Bedeutung 'Flur' des slovenischen veza
vgl. M. Murkos Ausführungen (Mitteil, der anthrop. Ges. Wien 36
428 R. Meringer.
[1906]). Marko sagt S. 13: "Küche iiiul 'Vorhaus' oder 'Fhir', wie
veza übersetzt wird, sind im Yolksbewußtsein ein Raum, ob-
Avohl beide Teile selbst iu ärmlichen Häusern gewöhnlich
differenziert erscheinen. Beim Eintiitte bemerkt man, daß un-
gefähr zwei Drittel der Flur und ein Drittel die Küche ein-
nimmt. Der Küchenteil ist nicht bloß durch einen Herd und
sein Zubehör, sondern auch durch ein Gewölbe und durch
einen tieferen Boden i) aus Lehm, Stein oder Ziegel charak-
terisiert, während der Flurteil nach oben noch ganz offen ist
oder eine Holzdecke . . . trägt" usav.
Daraus geht hervor, daß slov. veza heute noch nicht all-
gemein 'Flur' ist, sondern noch der alte Einheitsraum, der
Herdraum, von dem jetzt erst sich ein Flur absondert.
Daß aber auch ein wirklicher Flur, wie bei den Lausitzer
Sorben, veza genannt wird, überrascht uns in keiner Weise.
Der Vorgang ist dieser. Zuerst, als das Haus noch ein-
zellig ist, nur einen Herdraum enthält, hat der ganze Bau und
sein einziger Raum denselben Namen. So heißt in Gurien
(Kaukasien) das AVohnhaus nach v. Haxthausen Transkaukasia I
S. 152 f. sachel^ und ebenso der einzige (geschlossene) Raum des
Hauses, das aber sonst noch eine große offene Vorhalle ent-
hält'^). Derselbe Fall ist es, wenn in Frankreich der Kamin-
raum, die Küche, la maisoti, im Schweizer Kanton Tessin der
Herdraum la ca ^) heißt, obwohl die Häuser schon Nebenräume
enthalten. So ist auch auf dem Plan von St. Gallen (a. 820)
der Herdraum bei einigen Häuschen, die auch andere Räume
haben, als domus ipsa, als eigentliches 'Haus' bezeichnet, woraus
wohl zu schließen ist, daß der Herdraum zu jener Zeit Jiüs
hieß *). So heißt heute bei den Slovenen, dort, wo Herdraum und
Flur noch nicht getrennt sind, der ganze Raum veea d. h. 'Haus',
obwohl Nebenräume vorhanden sind. Beim serbokroatischen
Stamme heißt vielfach der Herdraum kiica 'Haus'. AVenn dann
die Entwicklung weiter geht, d. h. ein Flur von der Küche ab-
getrennt wird, dann bleibt öfter der alte Name des ganzen
Raumes bei dem Flur, während der Herdraum eine meist, aus
1) Der vertiefte Boden des Herdraums, den ich bei Deutschen nie
fand, erinnert noch an das neolithische Haus.
2) Im Georgischen heißt Haus s«x^»'(saxeli),vviemichSchuchardt belehrt.
3) La ca = 'das Haus' Hunziker Das Schweizerhaus 2, 4.
4) Näheres in einem kleinen bei Teubner erscheinenden Büchlein
Das Deutsche Haus und sein Hausrat vom Verf.
Wörter und Sachen. IV. 429
lat. coquina stammende Bezeichnung erhält. So gibt es dann
z. B. auf slovenischem Boden neben veza {= Flur) eine kuhnja,
und auf deutschem neben Hans (= Flur) eine Kuchl. Während
also 820 der Herdraum hüs hieß, heißt heute vielfach das Vor-
haus, der Flur, s'Haus. Es kommt aber noch immer vor, daß
der Herdraum Hans genannt wird.
Veza im Sinne von 'Flur' wäre also begreiflich. Alt kann
dieser Sinn nicht sein, denn das Abtrennen des Flurs von der
Küche, in verschiedenen Gegenden natürlich zu verschiedenen
Zeiten erfolgt, ist im allgemeinen nicht sehr alt. Das bosnische
Haus zeigt noch keinen Flur, woraus man mit Sicherheit schließen
kann, daß das oberdeutsche Haus, als es hinabkam, noch keinen
Flur kannte. Doch wann kam das oberdeutsche Haus hinunter?
Wie ist aber ve^a zum Sinn von 'Turm' gelangt? Strekelj
hat gesprächsweise die Vermutung ausgesprochen, daß dies bei
jenen Kirchen zuerst der Fall war, wo der Turm vor dem
Haupteingang steht, so daß sein Untergeschoß das Vorhaus der
Kirche bildete. Solche Kirchen sind bei uns weit verbreitet
und gewiß alt — aber veza im Sinne von 'Flur' scheint mir
nicht genug alt zu sein für diese Erklärung. Gewiß ist nur
die Geschichte der Sachen berufen, hier Licht zu bringen. Ich
möchte eher daran denken, daß man einen fahrbaren Turm,
einen Belagerungsturm, veza nannte; denn in dieser Bezeichnung
für ein Haus lag, wie die heutigen Bedeutungen noch ven-aten,
gewiß der Sinn des Beweglichen, des Fahrbaren.
Und so hat denn auch schon Potebnja veza an '^uegh an-
geknüpft und an ein ursprüngliches Wagenzelt gedacht. Vgl.
Verf.Ztsch. f. d. österr. Gymn. 1903 S. 392. Aber das muß ich
noch immer ablehnen, ebenso wie ich meine eigne ebd. ge-
gebene Et\'mologie aufgebe. Das alte ueghiä kann aus zwei
Gründen nicht eine Art 'Wagen' bedeutet haben:
1. Die Bezeichnungen für einen Wagen waren idg. ^uoghos
öxoc, aksl. vozd usw. und *ueghm vgl. osk. veia Festus ThdP. 560,
17 (KZ. 30, 230, 40 230, v. Planta 1177 u. ö.), das plaustrum
bedeutete.
2. Aus der veia ist ein festes Haus geworden, aber nie-
mals und nirgends ist bekannt geworden, daß aus einem Wagen
ein Haus geworden ist. Auch nicht aus einem Wohnwagen. Und
wo das Zelt auf den Wagen transportiert wurde, da konnte das
Zelt zum festen Hause, zur Hütte werden, aber nicht der Wagen.
430 R. Meringer,
Xun bietet sicli eine Lösung, die saclilich und sprachlich
wohl angeht: "Wenn *iieghiä die Bezeichnung eines Schlitten-
hauses war, dann versteht man das Wort; denn es war fahrbar,
beweglich, und aus diesem beweglichen Hause konnte ein festes
Averden, wie es einst in Lvkien und in letzter Zeit bei den
Südslaven geschehen ist.
Aber ein neues, spezifisch slavisches Wort scheint ve^a
nicht zu sein; es sieht vielmehr uralt aus. Die Herzegowzen
nennen das Schlittenhaus ijovozna koliha, in der Wurzel des
Adjektivum also noch getreu dem alten Worte veza. A"gl. auch
aisl. vgg, das 'Schlitten' bedeutet. Xoreen Aisl. Gr.^ S. 228.
Mich dünkt, es weist Alles darauf hin, daß es einst in
altindogermanischer Zeit — in welcher Verbreitung ist völlig
dunkel — ein bewegliches Haus mit Schlittenkufen gegeben
hat, dessen Name *ueghm war.
Die Mangel.
Wenn die Wäsche frisch gewaschen und getrocknet ist,
ist sie spröde. Um sie wieder geschmeidig zu machen, muß man
sie kneten. Dabei bedient man sich verschiedener Werkzeuge.
Die primitivsten bei unseren Yölkern nachweisbaren Yor-
richtungen sind runde Glasklumpen. R. Andree beschreibt sie
Braunschweiger Volkskunde ^ S. 259. Sie haben einen Durch-
messer von 7 — 8 cm, wiegen i '2 Pfund und drüber und bestehen
aus tiefdunkelgrünem Glase. Sie heißen gnidel- oder gniwelsteine.
Sie reichen von den Niederlanden durch ganz Norddeutschland
bis nach Livland, im Süden bis nach Thüringen. Das hohe Alter
dieser Gniedelsteine steht durch Ausgrabungen fest. Man wird
wohl annehmen können, daß vor dem Glasklumpen zum selben
Zwecke ein RoUstein aus einem Flußgeschiebe verwendet wurde.
Aus dem Egerlande höre ich folgendes i): Es war hierin
den Färbereien ein pilzförmiger Glättstein im Gebrauch, der an
einer von der Decke herabhängenden beweglichen Stange be-
festigt war, am Stiele gefaßt und auf einem glatten Tisch aus
hartem Holz nach Art eines Plätteisens über einem Stoff hin-
und hergeführt wurde, w^as glänzen (helles a) hieß. Diese Vor-
richtung und der Raum, in dem sie angebracht w\ar, hatte die
Bezeichnung Glanz.
1) Nachricht von Prof. J. Schiepek in Saaz, Böhmen.
Wörter und Sachen. IV.
431
Fig. 211.
Mangeln aus Holz (Ungarn).
Ein anderes Werkzeug zum Glätten der Wäsche sind pilz-
artige Hölzer oder Gläser, deren Form aus den Fig. 20 — 22 zu
ersehen ist. Die hölzernen Instrumente von Fig. 20 stammen
aus Breznöbanya
in Zolgom (Alt-
sohl). Sie werden
hlagijidlo oder
hlagijica genannt
(also hladjidlo,
hladjica, zu aksl.
gladifi 'glätten').
Fig. 2 1 stammt
aus Hochwiesen
im Bacser Comi-
tat, ist aus dunkel-
olivgrünem Glas
und heißt bei den dortigen deutschen Bewohnern Wickelglas').
Die Fig. 22 ist aus Holz, 16 cm hoch und 12 cm breit^). Be-
merkenswert ist an dem letzten Exemplar, daß es auf seiner
kugeligen Fläche 4 konzentrische 1 mm
breit eingeschnittene Kreise zeigt, die ge-
wiß eine technische Bedeutung haben.
Prof. Ferk, der diese Hölzer seit seiner
Jugend kennt, versichert mir mit vollster Be-
stimmtheit, daß sie 'Mangel' oder 'Mangel-
hölzer' heißen. Bei TJnger-Khull Steirischer
Wortschatz 448 ist angegeben, daß ein
Strumpfstoppholz, das also ganz ähnliche
pilzartige Form wie unsere Glätthölzer hat,
aber nur etwa halb so groß ist, Mangel
Fem. heißt. Wenn das wahr ist, dann
hießen wohl zuerst die Glätthölzer, mit
denen ja wirklich gemangelt wird, so, und
die Stopphölzer, auf denen die Löcher in den Strümpfen ver-
näht werden, übernahmen später die Bezeichnung Avegen ihrer
Fig. 21.
'Wickelglas' (Ungarn).
1) J. R. Bunker war so gütig, die Fig. 20 und 21 für mich ab-
zuzeichnen aus dem Beiblatle der ungar. Ethnographia XI. Jahrg. 7. Heft
(Sept. 1900).
2) Ich verdanke das Original der Güte Prof. Ferks. Die Dimensionen
der anderen Mangeln sind entsprechende.
432 R. Meringer,
ahnliclieu Form '). AVenn man also meint, die Mangel sei schon
ein sehr ursprünglicher Apparat, dann sieht man jetzt, daß es
bis in unsere Zeit herein noch einfachere Yonichtungen ge-
geben hat.
Nun zur Mangel selbst. Die Mangel besteht aus einem
Brett mit Handhabe und einer Walze. J. J. Prechtl Technische
Encyklopädie (1838) 9. Bd. 477 Aveiß Folgendes zu sagen: "Unter
Mange oder Rolle (in manchen Gegenden auch Mangel und
Mandel genannt) verstellt man jene bekannte "Vorrichtung oder
Gerätschaft, auf welcher vorzüglich die Hauswäsche gerollt und
welche zugleich in Färbereien und Bleichereien, wo sie in einem
größeren Maßstabe ausgeführt ist, zum Mangen und Glätten der
Leinwand und sonstiger Zeuge . . . verwendet wird. Das Prinzip
dieser Mangen beruht immer darauf, auf einer glatten und
ebenen Unterlage zwei oder mehrere
Walzen, um welche der zu glättende Zeug
gewickelt ist, mittelst eines gewöhnlich mit
Steinen belasteten prismatischen Kastens,
dessen ebenfalls glatte und ebene Boden-
fläche auf den Walzen liegt, hin und her
zu rollen. Das Prototj'p zu allen diesen
Apparaten findet sich noch in ärmeren oder
1 ^\^^\^' !•• fi kleinerenHaushaltungen, wo die getrocknete,
Mangel aus Holz (>«ordostl. o i o 7
Steiermark). dauu wieder mäßig befeuchtete (einge-
spritzte) Wäsche um einen Küchen-Walger
(sie!) geschlagen, mittelst eines kleinen Brettes, dem Rollbrette,
bei Ausübung eines starken Druckes, auf einer ebenen Bank
oder einem Tische hin- und hergerollt, und diese dadurch "weich
oder lind gemacht und von den Falten oder Runzeln befreit
wird".
Wir haben es hier mit der einfachsten und ursprüng-
lichsten Mangel zu tun, mit der von Prechtl zuletzt erwähnten.
Da ist nun sofort Einsprache dagegen zu erheben, daß ein
Küchenwalker (wir sagen: Nudelwalker) gewöhnlich bei der
Mangel verwendet wird. Die Mangelwalze ist etwa halb so stark
wie ein Xudelwalker und hat gar keinen Griff oder nur einen,
während der Walker deren zwei hat. Das ist wohl Unterschied
1) Jetzt gibt es in den städtischen Küchen tähnhche Hölzer, die dazu
dienen, etwas durch ein Sieb hindurchzupressen. Bei uns heißen sie 'Passier-
schwamm'. Früher benützte man dazu einfach den Kochlöffel.
Wörter und Sachen. IV. 433
genug imd die Verwendung des Küchenwalkers kann daher nur
eine gelegentliche sein^).
Die Fig. 23 stellt eine Mangel aus Stralsund vor^). Sie
gehört zu den schönsten Exemplaren ihrer Art und kann als
typisch gelten, wie der
Vergleich mit dem
Mangelholz im Flens-
burger Museum , das
RMeiborgDas Bauern-
haus im Herzogtum MangerStraisund).
Sclileswig S. 95 Fig.
144 abbildet, beweist. Über den Typus des Pferdchens, das den
Griff bildet und dem des Flensburger Mangelholzes völlig gleicht,
ein anderes Mal.
Die Fig. 24 stellt eine Mangel polnischer Provenienz dar.
Die Magd, welche mit einem
solchen Instrument gearbeitet
hat, versichert, daß die Zähne
des Bretts beim Mangeln nach
MangeUPoien). j^^^^u ZU liegen kommen. Die
Zähne erinnern an die einge-
schnittenen Kreise des Glättholzes Fig. 22. Ich kann aus beiden
Einrichtungen nur schließen, daß die Glätte des Mangelholzes
nicht immer als zweckentsprechend angesehen wurde, sondern
daß man die Unebenheit absichtlich, vielleicht um die Runzeln
der Wäsche auseinanderzuziehen, her-
stellte.
Die Fig. 25 stellt unsere süddeut-
sche Rolle dar, die schon durch die
BeschreibungPrechtls aufgeklärt wird. [ ^
IX
Sie ist eine mehr städtische Einrich- /
tung und wird von irgend einem Ge- /
schäftsmann um ein mäßiges Entgelt
zur Benützung vermietet. Fig. 25.
Über das Waschen der Wäsche ^"^" ^'"""^rKou?;.''^" ^^''''^'^
handelt Heyne Körperpflege und
Kleidung 91 ff. Waschen (in Lauge), Reiben, Schlagen mit einem
1) Der Zweck von beiden ist allerdings derselbe. Beide kneten, aber
das Objekt ist eben ein anderes.
2) Rud. Much hat sie mir geschenkt.
Indogermanische Forschungen XIX. 29
iSi R. Meringer,
Bleuel (vgl. (las Bild bei Heyne Fig. 55), Ausspülen, waren
die wesentlichen Teile der Prozedur. "Fügen wir noch hinzu,
daß das Glätten des kleineren getrockneten Zeuges, wahr-
scheinlich ebenso seit Urzeiten, durch ein Kundholz geschieht,
dessen Bezeichnung im an. mpndull, sowie im vereinzelten hoch-
deutschen mandel mandelholz erhalten ist . . ., und das mit dem
darüber gewickelten Zeuge über ein Brett, das mandelhrett hin
und iier gezogen wird, so haben wir die einfaciien Handgriffe
bei der altgermanischen und auch noch der mittelalterlichen
Hauswäsche wohl vollständig aufgezählt".
Zu diesen Worten Heynes (a. a. 0. 94) möchte ich bloß
hinzusetzen, daß seine Darstellung des Grlätteus unklar ist. Ich
halte mich an die Frechtische Darstellung.
Mit dem Mangeln schloß früher das Waschen ab. Das
Bügeln und Steif machen ('stärken' sagen wir) ist eine neuere
Sache.
Zwei Wörter beziehen sich auf die alte Technik des Glätteus
l. Mandel, 2. Mangel.
1. Mandel. Heyne beschreibt Das deutsche Nahrungswesen
25S eine urgermanische Handmühle. Sie besteht aus zwei Steinen,
von denen der obenliegende zentral durchbohrt ist. In dem Loch
steckt ein rundes Holz und mit diesem wird der obere Stein
in Kotation versetzt. "Das Holz heißt mgndidl^ mgndul-tre auch
skap-tre^ und die erstere Bezeichnung ist sicher gemeingermanisch
und für die Allgemeinheit der Vorrichtung schon in der Urzeit
beweisend, da sie in einem völlig isoliert stehenden hochdeutschen
mandel^ mandelholz Rollholz, walzenföriuiges Holz, wiederkehrt,
welches sonst unter Einwirkung des mittelalterlichen Fremd-
wortes mange Schleuder- und (Tlättmaschine in manrjel^ mangel-
holz verderbt worden ist".
An. mpndidl und deutsch mandel gehen gewiß auf ein
germ. Wort zurück, Avenn auch die Yermischung mit mangel
bis in die nordischen Dialekte vorgedrungen ist; vgl. norw. dial.
mimgel = mondid 'svingel paa en haandkvern", schwed. dial.
mongel = mondel und dän. dial. kvernmangel = munnel in der-
selben Bedeutung. Tgl. Falk-Torp sv. mangle^ die auch franz.
mandrin^ engl, mandrel aus dem Germanischen ableiten. Dazu
Körting 5878 und 5860, A. Walde sv. mamphur.
Für ein Lehnwort aus dem Deutschen halte ich apreuß.
mandiivelis (Quirnestab. Elb. Voc. 318; Berneker S. 238). Die ür-
Wörter und Sachen. IV. 435
verwandten sind — wie bekannt — lit. menture 'Quirl, Kühr-
stock' ('zum Drehen und Rühren im Topf nach Kurschat Deutsch-
Lit. Wtb. ; der Quirlstock 'zum Drehen in der Handmühle' heißt
nach ihm milinys)^ aksl. metq 'rühre um' usw. Aus dem ai.
hieher muniliäs 'ßührstock, Butterstößel' ; daß dem Wort der
Begriff des Drehens innewohnt, beweist maih im Sinn von
Teuer anmachen'.
Die im Veda belegten Kasus von mdnthäs nämlich Akk.
Sg. mdnthäm und Gen. Flur. matJnndm genügen, um ein uraltes
Wort *m6nthöi obl. *mnthi- zu erweisen, dessen Sinn aber nicht
genau augegeben werden kann : er war rund und wurde gedreht,
oder es wnirde mit ihm gedreht. Das kann ein Quirl gewesen
sein, ein Butterstößel, der Drehstock am beweglichen Stein einer
Handmühle. In bezug auf Quirl bemerke ich, daß die Urform
unserer Quirle das Ende eines I^adelholzbaumes samt den Ast-
stummeln ist, in betreff des Butterstößels, daß dieser selbst nicht
gedreht wird, sondern nur durch Stoßen die Milch in wirbelnde
Bewegung versetzt ').
Sicher scheint mir zu sein, daß die walzenförmige Mangel
auf germanischem Boden sehr alt ist und ihr Name Mandel
war. Wie alt die pilzförmige ist, vermag ich derzeit nicht an-
zugeben.
Bartholomae Airan. Wtb. gibt für ä + mant die Bedeutung
'durch Anstoßen beschädigen, verletzen': "^astani aevö mastrauanqm
vispaca yö mastraynqm amqstq x^'aröci&ratn aetäe anye cikaiatö,
"wenn einer einen Knochen des Schädels und wenn einer den
ganzen Schädel (eines Toten) durch Anstoßen verletzt, so sollen
sie (beide) dies und jenes mit der Strafe büßen, wie sie für
Verwundungen (Lebender) bestimmt ist, F. 3 c." Der Text der
Stelle ist bedenklich, aber, nachdem Bartholomae und Jackson
(vgl. Bartholomae IF. 11, 118) den Sinn in der Hauptsache gleich
fassen, doch nicht wertlos. Wenn ich auf die Stelle hinweise,
so geschieht es bloß, weil ich die Aufmerksamkeit darauf lenken
und fragen möchte, ob hier nicht statt allgemein 'durch An-
stoßen verletzen' oder to crnsh, wie Jackson sagt, speziell 'quirlen',
hier also 'drepanieren' zu übersetzen ist. Das Drepanieren der
Schädel aus abergläubischen Gründen ist ja bekannt.
1) In Alt-Aussee heißt er Striela v. Andrian Die Altausseer S. 4B
Fig. 20, 21, das ist Stridh, Strudler. In Übertrag. Bed. Strudel 'Zauber'.
verstrüdlet 'verhext'; vgl. wegen des Bedeutungsübergangs |aaYT«veüa).
29*
i-36 R. Meringer,
2. Das deutsche Mange, Mangel ist identisch niit mange
'Wurfmascliine' (Graff 2, 806, A. Schultz Höf. Leben 22 396 ff.),
das aus lat. manganum ladtYTCtvov stammt, und man faßt gewöhn-
lich das Verhältnis der Bedeutungen von 'Kriegsmaschine' und
"Mangel' so auf, daß diese sich aus jener entwickelt hat.
So sagt neuerdings Skutsch Die latein. Sprache (Kultur d.
Gegenw. T. I, Abt. YIII) S. 442 "Dafür kann man ein andermal
wieder den eigenartigen Prozeß beobachten, daß der Name der
Kriegsmaschine manganum^ den die Eömer von den Griechen
entlehnt hatten, in unserem Mange oder Mangel zur Bezeich-
nung eines häuslichen Instruments wird, das mit jener nur die
Walzen gemeinsam hat^)".
Ich schließe umgekehrt, weil die Mangel mit der Kriegs-
maschine nur die Walze gemeinsam hat, kann die Mangel nicht
nach der Kriegsmaschine benannt sein. Das Wahrscheinliche
vielmehr ist, daß die Mangel früher da war als die Kriegs-
maschine, d. h. daß manganum — indTTavov eine Wäschrolle zu-
erst bedeutet haben und später eine erst einfachere, dann kom-
pliziertere Kriegsmaschine. Und in beiden Bedeutungen muii
manganum, schließe ich weiter, ins Deutsche gekommen sein,
imd das müssen wir annehmen, wenn auch die Überlieferung
nicht genügend ist, um den Beweis dafür zu erbringen. Im
Deutschen fand der fi-emde Eindringling das Wort mandel vor,
zufälüg derselben Bedeutung, und von da beginnt der Kampf
der beiden Wörter, der zumeist mit dem Siege des Fremdworts
endete, das aber im Suffix vom alten Worte beeinflußt wurde :
Mangel aus manganum nach Mandel, an. mgndull.
Aus dem deutschen mange stammt apreuß. manga 'die
Hure' Berneker 306. Sie wurde Mange genannt, wie sie im
Deutschen gelegentlich Geige heißt (IF. 16, 133 1), nach den
Bewegungen ihres Geschäfts. Auch im lit. hzmanginis 'ein unehe-
lich geborenes Kind' suche ich das deutsche Mange; es be-
deutet (wie Bankert) ein auf dem Mangelbrett (oder mit einer
'*manga') gezeugtes Kind. Aus dem deutschen mangel stammt
poln. magiel, lit. mangalis vgl. Miklosich Et. Wtb. S. 182.
Wenn man die mit mang zusammenhängenden indoger-
manischen Wörter ansieht, so kommt man zur Überzeugung, daß
mang irgend eine Prozedur bedeutete, womit man etwas schöner
1) Der von Skutsch zitierte Aufsatz von F. Reuleaux Zts. des Vereins
Deutscher Ingenieure 1885 enthält über die Mangel S. 26 nichts von Wert.
Wörter und Sachen. IV. 437
machen konnte. Dann mischt sich der Sinn des schwindelhaften
Yerschönerus. eventuell des .Zaiiberns ein. Da aber weiter mang
mit 7nag 'kneten' (IF. 17, 146) zusammenzuhängen scheint und
nur bei der Wcäsche aus einem Kneten^) ein Schönermachen
oder Schönerwerden resultiert, so glaube ich, daß schon der
älteste Sinn von mmig war "mittelst eines Kundholzes die Wäsche
(oder die Gewänder) weich, geschmeidig, schön machen". Und
die primitiven, hier in der Abbildung vorgebrachten Instrumente
erheben wahrlich nicht Einspruch dagegen, daß man die ganze
Prozedur für uralt hält.
Griecb. luctYTctvov war also ursprünglich kein 'Zaubermittel'
(luaYYCveuuu) oder 'Mittel zum Betrügen', sondern ein sehr ehr-
licher Prügel, und lat. mango auch kein betrügerischer Kauf-
mann 2), sondern nur Einer, der die Gespinnste nach dem Waschen
wieder herstellt. Im Griechischen liegt übrigens die sinnliche
Bedeutung des Wortes noch klar vor uns : "Bei den griechischen
Mathematikern heißt der Kloben oder die Achse im Flaschen-
zuge ^dTTttvov" sagt Blümner 3, 114. Der übertragene un-
günstige Sinn findet sich auch im ir. meng 'Trug, List', mengach
'verräterisch'.
Die höchste Entwicklung der Bedeutung nach der günstigen
Seite \mimang im Altindischen durchgemacht. Vgl. ai. manjus 'lieb-
lich', ja sogar maidgaläni 'Glück, Heil', ddurmangala {jpaini) 'kein
Unglück bringend', sumardgdla^ sumardgali 'glückbringend' ■ — aber
andererseits manjikä 'Hure'. Was es mit maiijila M. 'ein haupt-
sächlich von Wäschern bewohntes Dorf. (J!ardarthak' P. Wtb. für
eine Bewandtnis hat, weiß ich nicht.
Zu ai. mamjala setzt SchefteloAvitz Zeitschr. d. d. morg. Ges.
59, 701 av. mang- 'verherrlichen'. Auch maga M. 'Bund' könnte
liieher gehören.
Wenn man nun den Artikel mango des tapfern und ehr-
lichen Et, Wtb. von A. Walde ansieht, wird man, glaube ich,
sehen können, daß man aus dem, was Walde dort vorbringt,
schon auf dieselben Schlüsse hätte kommen können, die ich hier
zur iSTachprüfung meinen Fachgenossen unterbreite.
1) Es ist doch beachtenswert, daß der Nudelwalker (der Küchen-
walker) auch als Mangel verwendet werden kann, wie Prechtl angibt.
2) Das deutsche Lehnwort hat keinen schlechten Sinn : Ahd. man-
griri, mhA.mangcere; Eisenmanger, Fischmenger, Fleisch-, Tuch-, Wittmanget
Schmeller I 162.5. Dazu der Personenname Menger.
438
R. Meringer,
Zum Dache.
Ein Angriff von W. Kubitschek zwingt mich zur Abwelir.
Ich habe in den Mitteilungen der Anthropol. Ges. Wien
24 (1894) 92 Über Spuren römischer Dachkonstruktioneu in Car-
nuntum gehandelt; ich suchte darzulegen, daß die Bleitäfelchen,
welche den Wegegottheiten geweiht wurden, den Umriß von Holz-
tempeln zeigen und daß der Giebel Dachkonstruktionen nachbilde.
Zum Beweise meiner Ansicht legte ich dar, daß sich die Mehrzahl
dieser Dachkonstruktionen
noch heute fänden. Um
diesen Sachverhalt ad ocu-
los zu demonstrieren, Avie-
derhole ich hier meine a.
a. 0. gegebenen Fig. 283,
284, 286 (hier Fig. 26, 28,
80) und stelle moderne Bei-
spiele daneben.
ZuFig. 27 vgl. den Dach-
stuhl bei A. Rieh s. v. trahs^
zu Fig. 81 Viti-uv übers, von
Fr.ReberS.104.DieFig.80
zeigt die Konstruktion von
Fig. 31 doppelt.
Wer die Wesensgieich-
heit der zusammengestell-
ten Dinge nicht sieht, mit
dem führt allerdings eine
Diskussion zu nichts.
. . ., daß unsere Votivtafeln
nicht auf ein einziges Heiligtum sich beziehen, denn die Yerschie-
denheiten der Dachkonstruktionen zeigen verschiedene Kapellen
oder Tempel an. Die Wanderer, Avelche hier diese Gaben weihten,
haben sie vielleicht von verschiedenen Orten mitgebracht. Jeden-
falls hat es viele derartige Kapellen gegeben, die wohl alle, wie
es heute noch der Fall ist, eine weitgehende Familienähnlich-
keit hatten".
Dagegen sagt nun Kubitschek Jahrb. d. k. k. Zentral-Kom-
inission Hi (1904) 178: "Die Tempel der Bleivotive aus Yindo-
bona und Carnuntum . . . erscheinen mit spitzem Giebel oder
Fig. 26.
Votivblättchen aus Caruimtum.
Dann sagte ich weiter S. 94 :
Wörter und Sachen. IV. 4ä9
mit einem Halbkreis abgeschlossen, der auf der vollen Breite des
Tempels aufsitzt; in diesem Halbkreis finden sich verschiedene
Füllungen, die dem Architekten Dell den Gredanken nahe legten,
es sei die Holzkonstruktion von wirklichen Kapellen der Kreuz-
weggöttinnen (oder einer berühmten derartigen Kapelle?) darin
dal vero imitiert. Ich habe mich nie recht mit diesem für den
ersten Anblick sehr ansprechenden Einfall befreunden können;
vollends jetzt, seit das Wiener Stück . . . vorliegt, dessen Vorbild
in Holz kaum gedacht werden kann, muß ich zu meinem Bedauern
diese Quelle für unsere Kenntnis der Holzkonstruktionen der Eömer
oder der sogenannten Kelten in Nordpannonien ablehnen".
Dieser geschniegelte Passus beweist nur, daß Kubitschek
nie meinen Aufsatz ordentlich gelesen und auch beim Schreiben
dieser Zeilen ihn zu Rate zu ziehen verhindert Avar. Es ist un-
Fig. 27.
Dachstuhl von S. Miuiato bei Florenz. (G. Semper Der Stil IL Tat'. XVII, XVIII.)
wahr, daß Dell der Yater des Gedankens ist; Dell hat nur auf
meinen Wunsch ihn als Fachmann vertreten. Es ist weiter un-
wahr, daß ich, auch nur fragend, von einer derartigen Kapelle
gesprochen hätte, was ja schon die Mannigfaltigkeit der Dächer
ganz ausschloß. Es ist ferner unwahr, daß durch das Wiener
Stück, das F. Kenner a. a. 0. 164 Fig. 123 abgebildet hat, ein
neues Moment zur Beurteilung der Frage hinzugetreten ist; denn
dieses Exemplar ist bloß eine Variante von meiner Fig. 285. Die
Kuppel von diesem Typus hat mir und Dell viel zu schaffen ge-
macht, und Dells Rekonstruktion Fig. 291 ist auch gewiß falsch.
Aber Avieder hat Kubitschek Unrecht, wenn er glaubt, daß solche
Gebilde aus Holz nicht herstellbar waren : freilich, aus Balken
sind diese Kuppeln unmöglich geformt gewesen, aber aus bieg-
samem Material, aus Ruten. Wenn man weiter achten Avird auf
alles das, was alte und neue Zeit aus Ruten herzustellen ver-
mochte, dann wird wohl noch Licht auf die Konstruktion meiner
Fig. 285 a. a. 0. und des neuen Wiener Exemplars kommen.
440
R. Merinsjer
Zu meiueni Bedauern muß ich Kubitschek bitten, wenn er
sich wieder einmal mit mir beschäftigt, meine Worte doch besser
zu lesen; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß er in solchen
Ding-en von mir etwas lernen kann. Mit Vergnügen komme ich
aber einer Pflicht gegen ihn nach, indem ich ihm für die ritter-
liche Zusendung seiner Arbeit und damit seines Angriffs danke.
Aber ich will doch an dem, was ich 1894 sagte, etwas mo-
difizieren, wozu mich aber keineswegs W. Kubitschek bewegt.
Fr. Studuiczka schrieb
mir am 7. Xov. 1894
und machte mir einen
sehr wichtigen Ein-
wand : Er meinte, der
Eeichtum an verschie-
denartigen Hölzei'n zur
Dachkonstruktion sei
bei so k I e i n e n Heilig-
tümchen unerhört.
Hier ist mit sicherem
Fingerauf dieSchwäclie
meiner damaligen Aus-
führungen
hingewie-
Fig. 28.
Votivblättchen aus Oarmmtum.
sen. Es ist richtig, daß
einige dieser Dachkou-
struktionen für so kleine
Bauten zu schwerfällig
sind und daß die Rö-
mer solche überflüssige
Mühe verschwendet hätten, das halte auch ich für ausgeschlossen.
Aber ich glaube, es ist nicht schwer, das Wesentliche
meiner Erklärung auch gegen Studniczkas Einwand zu retten.
Erstens kann es auch große Wegheiligtümer gegeben haben und —
wenn das unrichtig sein sollte — braucht zweitens beim Schmucke
dieser Giebelfelder gar nicht an die Dächer der Wegkapellen ge-
dacht Avorden zu sein: Diese Motive können der Erinnerung an
Dachstühle überhaupt entspringen! Also nicht sklavische Nach-
ahmung dal vero liegt hier vor, sondern ein Benützen wirklich
vorhandener Elemente zum Schmuck und zur Zier. Daß aber
diese Elemente wirklich vorhanden waren, das beweist meine
I^ebeneinanderstelluug u uAviderleglich.
Wörter und Sachen. IV.
441
Jetzt wird aucli Fig. oO klar. Nicht um einen wirklichen
Dachstuhl handelt es sich hier, sondern um ein ornamentales
Spiel, das ein wirklich bestehendes Element hier verdoppelt und
einen Kuppelabschluß darstellt, avo wir ein Satteldach erwarten
ratißten. Und daß dem so war, dafür fand ich in den vielen
Jahren, in denen ich darauf achtete, genug Analogien. Namentlich
einen Giebelschmuck nach Fig. 28 findet man häufie- bei Oarten-
tei.<r^^ '3%^
i^V-
Fig. 29.
Die durch Erdbeben (September 1905) zerstörte Kirche vou Parphelia
(Leipziger Ulustrierte Zeitung No. 3247).
hütten, die aus nicht abgerindeten dünnen Baumstämmen herge-
stellt sind, aber auch im Giebelfelde von großen Fachwerkljauten
in "deutschen Ländern wie bei den Landvillen der englischen
Grundbesitzer.
In dieser Fassung ist meine Meinung — glaube ich — noch
immer annehmbar; dem, der absolut kein Mitwirken von Erinne-
rungsbildern an Dachstühle zugeben wollte, müßte ich die Frage
vorlegen, wie er sich die Übereinstimmung von Fig. 26 und 27,
28 und 29, 30 und 31 erklärt. An bloßen Zufall zu denken,
halte ich für unannehmbar.
ii2
R. McM-ingcr,
Stiulniczka hat mich seinerzeit auch auf dieA^edut vonPuteoli
auf dorn Glasgefäß von Lissabon (vgl. die ausgezeichnete Arbeit
von Th. Wiegand 'Die puteohuiische Bauinschrift' im XX. Supple-
mentb. d. Jahrb. f. Fhilol. S. 699) aufmerksam gemacht. Die beiden
hier dargestellten Tempel haben in ihren Giebelfeldern merkwürdige
Linien, die gewiß nichtDachkonstruktionen sind. Auch hier scheint
irgend eine Reminiszenz an etwas Bestehendes vorzuliegen und
nicht ein leeres Phantasieren in Linien.
Ich werde also trotz Kubitschek auch fernerhin die Blei-
blättchen aus Carnuntuni für eine Quelle der Kenntnis der Holz-
konstruktionen auf unserem
Boden in Römerzeit halten
und zwar für eine wichtige,
die uns beweist, daß unsere
einfachen Dachstühle schon
damals existiert haben —
was übrigens ziemlich
selbstverständlich ist.
Ich schließe einige Ety-
mologien an. Daß Sparren
JA ,-««^^ zu Sporn und Spur ge-
I^^ iinr- hört, ist bekannt. Die äl-
teste Bedeutung zeigt uns
ai. sphurdti 'stoße mit dem
Fuße', lit. spiriii dasselbe,
CTTaipuu 'zapple'. In über-
tragener Bedeutung liegt
die Wurzel in lat. sperno vor. Daß aber Sparren ursprüng-
lich eine Aveitere Bedeutung hat, beweist sperren, das nament-
lich vom Verschließen der Tür mittelst eines vorgelegten
Riegels oder horizontalen Balkens gebraucht Avird. Wie ist
aber der Bedeutungsübergang von 'stoße mit dem Fuße',
'Spur', 'Sporn' zu Sparren und sperren erfolgt? Es fehlt
durchaus das Mittelglied für diesen Übergang. Ahd. sparro
wird mit tigmcm, tigillum^ asser erklärt, gisperri mit tigna^
contignatio.
Was hat der Balken, mit dem Stoßen des Fußes zu tun?
Kluge hat Bedenken Speer zu Sparren und Sporn zu
setzen. Es gehört aber doch wohl dazu, denn sowohl der Sporn
Avie der Speer sind ein Stachel. Der Spoi-n war der Stachel an
Fig. 3t).
Votivblättchen aus Caruuutiim.
Wörter und Sachen. IV.
U3
der Ferse, der Speer war ein Stachel überhaupt, der Sparren,
mit dem man sperrte, war der Dorn des Schlosses, oder die Stange,
die auf einer Seite in ein Loch des Türpfostens gesteckt, auf der
andern durch ein Band befestigt wurde. Der Dachsparren war
dann jedenfalls auch auf einer Seite spitzig und stak in irgend
etwas, war also anders befestigt als er es heute ist.
Aber worin staken die Sparren des Daches?
Sie können nur in den obersten Balken der Langseite der
Hütte in Löchern gesteckt haben.
Mit dem Wort Pfette sind wir schlecht dran. Kluge s. v.
konstatiert, daß es zuerst im 16. Jahrhundert vereinzelt belegt
ist. "Könnte es, als 'Gang, Tritt' zu Pfad gehören, worauf die
Lautform und Wortbildung deutet?" fragt Kluge. Ich denke,
Fig. 31.
Moderner Dachstiihl (Reimann Mitteil, der Anthrop. Ges. Wien XXIII SB S. 13 Fig. 25).
man kann nur antworten, daß die Bedeutung des Wortes eine
solche Herleitung sehr unwahrscheinlich macht.
Ich stelle Pfette zu mint jJedana. Du Gange sagt davon
Isidoro est Pedulis noviis qui caligae assuüur^ also ein Vorschuh.
Pedules ht pars caligaruni, quae pedes capit vgl. \?ii.pedide 'Schuh-
werk', Dann bezeichnet pedana eine Fußkrankheit der Pferde,
auch eine Fußkette. Pfette wäre aus *pedna hervorgegangen,
vgl. Kluge s. V. Kette.
Die Pfette wäre also der Schuh, in dem der Sparren
steckt. Dann war allerdings die Pfette früher etwas anderes als
heute. Doch darauf führt auch Schmeller 1, 445, der sagt, die
Pfette sei der "Querbalken, der einen oberen Boden oder den
Dachstuhl eines Gebäudes trägt". Pfette war also einmal ein
Unterlagsbalken in anderem Sinne als heute.
Ob irgendwo bei Sennhütten, Holzhauer- oder Ochsenhalter-
■4-M R. Meringer,
hätten es noch vork(iniint, daß die Sparren direkt in den obersten
Läng"sl)alken dei' Wände stecken, weiß icli nicht bestimmt. Doch
vgi. z. B. Bunkers Bild iu Mitteilungen d. Anthr. Ges. Wien 33,
S. 242 Fig. 160, wo das der Fall sein könnte.
Daß mlat. pedana der Name für einen solchen Balken war,
ist nicht unglaublich, denn schon im Lateinischen heißt ^;ef/are
'ein schwaches Gewächs mit einem Stock stützen' und i^^dum
'der Hirtenstab' i).
Für die Bezeichnung der Pfetten im Lateinischen wird
gewöhnlich templa gehalten (Yitruv), während aber Wiegand a. a. 0.
748 die templa 'Deckbretter' sein läßt, woran ich nicht glaube.
Doch ist es mir hier nicht darum zu tun, welcher Art die templa
Avaren, mir genügt, daß es Hölzer der Dachkonstruktion waren.
Und das darf bei der Rekonstruktion der Grundbedeutung des
Wortes templum nicht außer Auge gelassen werden, femplum
ist 'beschnitten, behaun', also ein Balken, eventuell ein 26avov,
ein delubrum, und contemplari heißt dann 'mit deui templum
allein sein'. Die Begriffe 'Bezirk' usw. können sich aus der Vor-
stellung des dem Söavov geheiligten Raums entwickelt haben.
Sollte sich diese Möglichkeit weiter bestätigen, dann hätten wir
einen neuen Beleg zu dem IF. 18, 277 besprochenen Kult.
Die große Schwierigkeit bei der Herleitung aus Hem-lo-m
war die Erklärung des -p- von templum. Brugmann und Kretschmer
(KZ. 86, 264 ff.) denken deshalb an Wz. Hemp 'spannen' und
Kretschmer erklärt templa als 'die über die Sparren gespannten
Dachbalken', Aber kann man denn die Art ihrer Anbringung
ein Spannen nennen? Kretschmer Einl. 411 hat thessal. TeuTtea,
Te|UTTr| als 'Einschnitt' gedeutet. Was hindert also templum zu "^temp
'schneiden', das ja Kretschmer S. 266 selbst angenommen hat,
zu setzen?
Wertvoll ist Kretschmers Hinweis auf fi-anz. temple^ das
1) Nach Abschluß des Obigen erhielt ich von R. Much eine Karte.
Ich hatte ihn gebeten, meine Erklärung aus pedana nachzuprüfen. R. Much
schreibt: "Pfetten [dial.] ist franz. borne. von dem Du W. u. S. II [IF. 17]
166 handelst, beziehungsweise gerni. Entsprechung zu kelt. hodina Tfahl,
Balken, Heersäule'. Pfaden [bei Schottel s. Kluge] wird oberdeutsches d
für t enthalten und vielleicht auf einer Form mit Suffixablaut beruhen. Ich
finde aber auch den Namen Pfotenhauer, der auf deutsch t weist. Ist das
richtig, so muß man natürlich idg. *bodh ansetzen". Wenn R. Much
wieder das Richtige getroffen hat, dann fällt meine oben dargelegte Kom-
bination weg.
Wörter und Sachen. IV. 445
den Spannstock, die Sperrrute beim AVebstuhl bezeichnet. Vgl.
ital. tempiale 'Spannbanm am Webstuhl'.
Das franz. temple erhält aber erst sein richtiges Licht durch
rumäniscli tlmpldr^ das Dame Incercare de Terminologie mit
menuisier 'Schreiner' übersetzt. Dames Bild auf S. 111, das die
Tätigkeit des timpldr erläutert, stellt aber die Herstellung eines
Daches dar. Wie ich hinterdrein aus Puscariu Et. Wtb. der
rumänischen Sprache S. 160 ersehe, ist ttmplär wirklich 'Zimmer-
mann' zu übersetzen. Das Material, das Puscariu bringt, ist die
vollkommenste Bestätigung meines Gedankens.
Daß lat. templa wirklich die Pfetten sind, beweisen die von
Puscariu Nr. 1731 gebrachten italienischen Dialektformen.
Ich mache bei der Gelegenheit einen weiteren Zusritz zu
IF. 18, 281. Rud. Much hat mich aufmerksam gemacht, daß zu
TÖ|Li(poc 'Pflock' das ags. cumbol 'Feldzeichen' gehört. Vgl. here-
cumhol Sievers Ags. Gramm. ^ § 190. Was diese Feldzeichen
waren, das sagt uns Tacitus Germ. Kap. 7 : Effigiesque et signa
quaedam detracta lucis in proelium fenint. (Das stimmt zu dem
templmn, das ich mir im heiligen Haine verehrt denke.) Müllen-
hof f DA. 4, 201 meint, daß diese effigies vornehmlich Tierbilder
waren ^) und faßt signa als Bilder der Attribute der Götter, Speer,
Schwert, Hammer. Aber die efßgies waren, scheint es, nicht
Tierbilder, sondern Pflöcke, nur teilweise menschenähnlich ge-
macht. Vgl. aisl. kumbr und kuhhr 'Klotz' Noreen Aisl. u. Anorw.
Gramm.3 § 287 Anm. 4. Und dazu reimt es sich, daß aisl. kumbl,
kiinil 'Grabhügel' bedeutet, denn R. Much scheint mir sehr im
Recht zu sein, wenn er für den. ursprünglichen Sinn des letzteren
Wortes 'Pflock über dem Grabe' hält. Welcher Gedanke diesen
Grabpflöcken zugrunde Hegt, ist unbekannt ; beim Muhamedaner
ist die Entstehung seines männlichen Grabsteins völlig durch-
sichtig, es ist die Nachahmung eines Holzpflocks, der einen
Turban trägt. Solche hölzerne Grabpflöcke mit dem Turban
existieren noch 2).
1) Ebenso Schracler RL. 208 s. v. Fahne. Wegen der german. Eöava
Grimm DM.* 88, 211; Verfasser KZ. 40, 229.
2) In diesem Zusammenhange kann man leicht auf den Gedanken
kommen, daß aksl. sikqtafi 'sepelire' eigenthch 'mit einem Pfahl, dem
Grabpfahl, versehen' heißt. Miklosich Lex. pal. 930 s. v. sil-utati Et. Wtb.
S. 128. Aber die anderen Bedeutungen von *konta- : 'aufbewahren, sparen,
4i6 R. Meringer,
Ein sehr merkwürdiges AYort liegt in dem eddischeu kum-
hlasmipr vor Akv. 25, 2. Detter-Heinzel 2, 531 meinen, das
Wort könne einen Erbauer von Grabhügeln oder einen Ver-
fertiger von Helmzierraten, also einen AVaffenschmied bedeuten.
Fritzner meint, es bedeute jemand, der am Feinde Merkzeichen
hinterläßt und vergleicht hqlvasmipr. Gehring sagt: " 'Helni-
schmied', d. h. jemand, der im Kampfe auf die Helme hämmert"
und beruft sich auf Parz. 112, 28: er tvart mit siverten sU ein
smit, vil fiwers er von helmen sluoc.
An. himhlasmißr war ein Schmied, der die taciteischen
effigies machte, die also wohl auch aus Eisen und nicht immer
aus Holz hergestellt waren. Daß man dem Kämpfer, der zu-
schlug wie ein himblasmißr, diesen Namen gegeben haben kann,
leuchtet ein.
Zu got. augadaürö.
Da meine Bemerkungen über das Fenster im Flechtwerk
und Blockbau (IF. 16, 125) Beachtung gefunden haben (vgl. Hirt
Die Indogermanen 1, 384, Schrader Sprachvergleichung und
Urgeschichte^ 1, 213), so möchte ich mit Nachdruck auf K. G.
Stephan! Der älteste deutsche Wohnbau 1, 348 Fig. 135 'Licht-
schlitz in der Wand eines bilr' hinweisen. Stephani sagt vom
norwegischen bür: "Gemeinhin ist ein bür ganz feuster- und
damit lichtlos, bisweilen sind in den BlockAvänden kleine Schlitze
vorhanden, seltener ist eine 10 : 20 cm große rechteckige Öffnung
vorgesehen, welche mit einem blasenbespannten Rahmen ge-
schlossen werden kann".
Das Bild bei Stephani macht hauptsächlich Avegen der
falschen Schattierung einen etwas anderen Eindruck als meine
Skizze IF. 16, 125 Fig. 9. Allerdings sind bei ihm auch die
Schnitte anders geführt und dann hat die AVand seines bur
Rundstämme, während ich halbe Bäume angenommen habe. Denkt
man sich aber bei Stephanis Zeichnung die eigentliche Licht-
üffnung schwarz, wie sie von außen besehen erscheint, so ist
die Übereinstimmung mit meinem Bilde sehr groß. An ein Auge
muß aber auch der Bewohner eines solchen Hauses erinnert
nisten, verbergen' weisen alle auf eine Grundbedeutung 'in einem Hause
(vgl. serb. luda u. S. 450) unterbringen' vgl. KaXuTTTiu zu KaXüßri hin und so
mag sich sikqtati auf das Totenhaus beziehen. Vgl. IF. 16, 117 ff. Hierher
vielleicht doch (mit Miklosich) apreuß. lyohüntons, pokünti'püegi' , 2>ocuntieis;
2)okünst Berneker 301.
Wörter und Sachen. IV. 447
worden sein, wenn er den leuchtenden Lichtschlitz vom Innern
des Raums besah.
K. Gr. Stephan! ist, trotzdem er die Kenntnis der zur Er-
klärung- von got. angadanrö usw. notwendigen Eealien hatte, auf
die richtige Deutung nicht gekommen. So sagt er 1, 16ö von
den Westgotenhäusern: "Fenster waren sicherlich nur wenige
vorgesehen. Sie waren in ihrer Einrichtung völlig den Türen
gleich, weshalb sie ebenso sinnig wie bezeichnend 'Augentürchen'
{augadm'irö) genannt werden, und glichen gewiß mehr Luken
(iishiks) als Fenstern im heutigen Sinne des Wortes".
Wie die Fenster in ihrer Einrichtung völlig den Türen
gleich gewesen sein könnten, will mir aber auch bei eckigem
Schnitt nicht einleuchten, da wir kein Recht haben, bei ihnen
eine Tür in Angeln anzunehmen.
Ich verweise noch auf Stephani 1, 358 Fig. 145 'Kirchen-
fenster zu Gor, wo wir ein kreisförmiges Loch sehen, an der
Berührungsfläche aus zwei Bohlenbrettern herausgeschnitten.
Zu deutsch Gewand.
Verfasser Etymologien zum geflochtenen Haus S.6 ; IF.17, 140.
Aus der IF. 17, 184 zitierten ags. Stelle windan manigne
smicerne loah geht hervor, daß windan 'ein Rutengeflecht her-
stellen' bedeutete. Daß ivindan aber auch 'ein Gewebe machen'
bedeuten konnte, beweist hiwindan 'mit einem Gewebe versehen,
bekleiden'. Hirt hat in der Zeitschr. f. deutsche Philol. 81, 504
auf heivand ina mid tvddiu Hei. 879 aufmerksam gemacht. Ich
glaube nicht, daß man hier mit Heyne 'umwickeln' übersetzen
darf; denn man 'umwickelt' doch nicht mit einem Gewand,
sondern man bekleidet damit. Nur mit Tüchern und Binden
kann man umwickeln, wie der Chor der Weiber im Faust singt:
'Tücher und Binden reinlich umwanden wir . . .'
Über ahd. ivintmg 'Beinbinde, Strumpf vgl. M. Heyne
Körperpflege und Kleidung 312, 815. Über die Strümpfe Weinhold
Die deutschen Frauen ^ n. Index s. v., Schrader s. v. Hose.
Longob. icinting Brückner QF. 75, 214. Ich halte es nicht für
ausgeschlossen, daß das Wort von der Technik des Webens kommt,
nicht vom Herumwinden um das Bein.
Unser Windel, ahd. tcintila. faßt Kluge als 'Mittel zum
Umwinden'. Ich denke, es kann auch 'Webestück' heißen, wie
ags. ivindel 'Korb' ein Flechtwerk bedeutet.
•i-i8 R. Meringcr,
Dann möchte ich noch auf Gewand 'eines der Seile, die
den Mast auf beiden Seiten halten' Sütterlin Zeitschr. f. deutsche
"Wortf. 6, 70) aufmerksam machen. Wegen des Verhältnisses von
got. icandus 'Rute' zu Gewand (= 'Stiick') vergleiche man aksl.
rozya 'Gerte' zu lit. rezgii 'ich stricke', ai. rdjjus 'Strick' Brugmann
Kurze vgl. Gramm. 207. Das führt uns auf das Verhältnis von
Flechten und Weben.
Daß das Weben aus dem Flechten entstanden und ur-
sprünglich mit ihm identisch ist. wird von Niemand bezweifelt.
Aber die Sprache bestätigt diese sachliche Erkenntnis aufs
beste. Man muß vor allem auf die Eddastelle Vol. 37 (Detter-
Heinzel) hinweisen: sd er undinn salr orma hryggiom 'der Sal
ist gewunden aus Schlangenrücken', vom Rutenflechtwerk ge-
sagt. In der SnE. 1, 200 wird dagegen vom Flechtwerk der Wand
der Ausdruck weben gebraucht: liann er ok ofinn allr ormah-
ryggjum sem vandahüs 'er ist ganz gewoben aus Schlangen-
rücken wie ein Wandhaus, ein Rutenhaus'.
Wenn man die Eddastelle vom undinn salr vergleicht mit
ags. icah icindan IF. 17, 134, dann kann man Avohl nicht zweifeln,
daß schon urgerm. tvindan 'eine Wand aus Flechtwerk herstellen'
bedeutete.
In diesen Zusammenhang gehört auch das Verhältnis von
Flachs zu flechten, das uns zeigt, daß flechten einst im
Sinne von weben gebraucht werden konnte. Und damit fällt
Licht auf au. hgrr, dialektisch bei uns Hoar^ das immer für
'dunkel' erklärt wird, obwohl es so klar als möglich zu lat. ciirvus
'gekrümmt, gewölbt', air. cruind 'rund', acymr. crunn^ alb. kiirüs
'beuge, biege', kurz zu Wz. *qere gehört, zu der auch lat. crates
gestellt wird. Vgl. W^alde Et. W^tb. s. v. curvus.
Weiter vgl. man Stokes' Ansatz kombo-^Bedeckimg' *kemb
'winden' Urkelt. Sprachsch. 78 f.
Zu deutsch Bett.
Verfasser Bosnisches Haus 101 ff.
K. Luick hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß ich
besser täte, für die Grundbedeutung von got. badi usw., nicht 'Grube,
Loch in der Streu' sondern schlechtweg 'Grube' anzusetzen.
Luick hat Recht, denn außer lat. fodio, foi^sa, lit. bedic 'grabe',
lett. bedre 'Gruft' weist ja vor allem unser Beet auf eine solche
Wörter und Sachen. IV. 449
Grundbedeutimg hin. Weiter hieher cjmr, hedd M. 'sepulcruni',
ßöepoc 'Grube' (Walde Lat. Et. Wtb. s. v. fodio^ Nigra Arch.
glottol. 14, 358).
Darnach möchte ich mir jetzt Wörter und Sachen, die
diesen Gegenstand betreffen, so zusammenreimen (besser als
a. a. 0. Ulf.):
I. Das Bett ist ein Loch in der Erde, etwa mit Laub aus-
gefüUti). Waitz Anthrop. der Naturvölker 2, 344 sagt von den
Buschmännern : "Ihre stets wechselnden Schlafstätten sind Erd-
löcher, die sie mit Baumzweigen überdecken, Felsspalten und
Büsche, in denen sie sich ordentliche Nester machen".
IL Das Bett ist eine Streu, einfach auf den Boden ge-
breitet. Auf diese Kulturstufe gehen zurück lit. pätalas^ pätalai
(zu TreTctwuiui), aksl. postelja zu stüati 'sternere'. Hieher oder zu
I. eüvri nach Brugmanns für mich zweifellos richtigen Erklärung
Ber. der k. s. Ges. d. Wissensch. 1901, 113 ff.
ni. Das Bett ist ein Sack, in den die Streu gesteckt wird.
Aus dieser Zeit stammen an. bedr Tolster', finnisch-lappisch patja
'pulvinar'. Vgl. noch Federbetten, Bettgewand d. i. die Über-
züge und Decken der weichen Bestandteile.
TV. a) Es entsteht ein HolzverscUag, in den der weiche
Sack gelegt wird, die Bettstatt, wie wir noch genau unter-
scheidend sagen, b) Zur Zeit als Tisch und Bank sich über den
Boden erheben, als der 'Kulturhorizonf entsteht, erhält auch die
Bettstatt Beine.
Dieser Kulturstufe entspringt außer Bettstatt noch aksl.
odn 'Bettgesteir (IF. 18, 256 nach Uhlenbeck), öejuvia, lat. sponda.
Die anderen Wörter sind ebenfalls hier leicht einzureihen.
Wegen engl, bed = latjer of anij earth or stone Mie Schicht, die
Bank' beim Bergmann verweise ich auf IL; das Wort ist bild-
lich jener Epoche des Betts entnommen und ebenso wohl auch
unser Ausdruck 'Erzlager' usw.
Zu Tisch.
Verfasser Bosn. Haus 96.
Und ebenso wie bei Bett ist die Geschichte des Tisches
darzustellen.
I. Es gibt noch keinen 'Tisch' in unserem Sinne, sondern
1) In der wärmeren Jahreszeit wird wohl das Schlafen im Freien
häufig genug gewesen sein. Vgl. Od. 5, 481; 11, 194.
Indogermanische Forschungen XIX. 30
450 R. Meringer,
jeder bekommt sein Holzbrett. Ygl. lat. mensa 'Zuteiluug', got.
mes Tpdrre^a und rrivaE, aksl. misa TTivaE, patina; got. Mups (zu
hiudan Mas Angebotene' vgl. mensa) mit dem ursprünglichen
Sinne 'runder Holzteller' wie aksl. hljudo 'patiua' beweist.
n. Es entstellt ein gemeinsames Eßbrett, ohne Beine,
entsprechend dem heutigen bosnischen Tisch.
In Kulturstufe I. oder H. ist lat. discus ('Scheibe, Schüssel')
für das Eßbrett des Einzelnen oder das gemeinsame Eßbrett
ins Germanische übernommen worden, wie die Lautverschiebung
zeigt vor dem G. Jahrhundert.
Die Slaven haben das Wort unverschoben entlehnt und
diska 'Brett' daraus gemacht.
Die Bedeutung 'Schüssel', welche im Althochdeutschen {disc,
tisc 'Tisch' und 'Schüssel'), im engl, dish, im an. dish' vorliegt,
würde vielleicht besser auf das Eßbrett des Einzelnen, also auf
I, zu beziehen sein.
Zu I. oder H. gehört germ. bord (vgl. got. ha'tran^ Brett).
Die Bretter von I. und H. haben keinen festen Platz in der Stube.
Der bosnische Tisch hängt außer Gebrauchs oft außen am Hause.
in. Es entsteht der 'Kulturhorizont'. Die gemeinsame
Speiseplatte wird auf ein Untergestell gesetzt, nach dem Ge-
brauch aber abgenommen und beides, Tisch und Platte, weg-
geräumt. Dieser Zeit entstammen unsere Kedensarten : 'den
Tisch, die Tafel aufheben'.
IT. Gemeinsames Eßbrett und Untergestell wachsen zu-
sammen. Der Tisch erhält seinen festen, unveränderlichen Platz.
Unser Kulturzustand.
Kaxd.
Soviel ich sehe, ist man der Herkunft des Wortes noch
nicht auf die Spur gekommen. So möchte ich folgendes zu
weiterer Überlegung vorbringen.
Ich habe in der Zschr. f. österr. Gymn. 1903, 394 zu Kevreuu,
KevTpov, KOVTOc das aksl. kqsta serb. kuca usw. gestellt. Das
Wort ginge dann auf ein *kontia zurück im Sinne von 'Ge-
stänge', was für ein Zelt eine ganz plausible Erklärung wäre.
Dazu hat mich A. Pogatscher auf das Verhältnis von ags. trcef
'Zelt' zu lat. trah-em aufmerksam gemacht. Zu kovtöc vgl. lat.
percontari eigentlich "mit der Stange den Grund sondieren",
wo eine interessante Bedeutungsentwicklung vorliegt.
Wörter und Sachen. IV. 451
Daß KttTd aus "^hita zu erklären ist, beweisen akjmr.
kant^ air. cet Brugmann Gr. Gr.^ 84.
Katd hieße dann 'nach der Stange', was gewiß zum Sinne
von 'herab' und von 'gemäß' gut passen würde. Die Norm
ist gewissermaßen die senkrechte Stange, wie auch der Sinn
des vertikal Aufgerichteten in 'Recht, Gesetz, 9e|uic' IF. 17,145,
18, 294 enthalten ist. Ein Kaid vöjaov bedeutet dann 'nach der
Stange des Gesetzes', 'nach dem Brauche'. Der Akkusativ findet
sich auch nach Tieöd Meister 1, 117.
Eine solche Stange, einseitig gespitzt und gehärtet, w^ar
auch eine Waffe. Gut. hinpan 'jagen, fangen' heißt 'stechen',
ags. hüd 'Beute' eigentlich 'das Niedergestochene'.
Ich muß gestehen, daß ich auch lat. contra mir lieber
aus einer solchen entgegengehaltenen Stange, kovtöc, erkläre,
als aus lat. cum. Wenn Walde sagt, contra "bezeichnet also die
Beschränkung des Zusammenseins auf zwei Gegenstände, daher (?)
'gegenüber' ", so ist mir das zu hoch '). Wenn meine Yer-
mutung das Richtige trifft, dann ist contra durch rein äußerliche
Angleichung von kont- oder konto- an i7itra^ extra gebildet.
Lat. testis.
Zu IF. 16, 169 ff.; 18, 290 ff.
Die Ausführungen S. Schloßmanns in seinem Buche: Alt-
römisches Schuldrecht und Schuldverfaliren 1904 über diesen
Gegenstand veranlassen mich zu einer Fortsetzung meiner früheren
Bemerkungen.
Ich wiederhole, daß ich in lat. testis mit Skutsch und
Solmsen die Dreizahl suche und daß ich mit Solmsen das Wort
als 'Drittsteher' erkläre, ebenso wie ich, wieder mit Solmsen,
an ein italo-keltisches Hri-sto- glaube. Wie Skutsch in YollmöUers
Jahrbüchern 5. Bd. 171 mitteilt, war der Erste, der in testis ein
Hri suchte, V, Henry. M. Pokrowsky hat dann Skutsch und
Solmsen auf russ. tretij aufmerksam gemacht, und Skutsch seiner-
seits hat wieder das Verdienst, auf franz. tiers hingewiesen zu
haben. Mir scheint, daß das Wort am ehesten aus dem Handels-
geschäfte stammen kann (Skutsch widerspricht brieflich), daß
der 'Drittsteher' nicht den zufällig Anwesenden, sondern den
bestellten 'Dritten', also den 'Dritten' bei einem Geschäfte, nicht
1) Ich erkläre aber trotz meiner gelegentlichen Angriffe, daß ich
Waldes Lat. Wtb. sehr schätze und nur wünschen möchte, daß die an-
deren Et. Wtb. ihm mehr glichen.
30*
452 R. Meringer,
etwa den zufälligen Zeugen bei einem Verbrechen, zuerst be-
deutet hat. In nicht schreibenden Zeiten war der Zeuge Ur-
kunde, also von größter Wichtigkeit, nnd der Bedeutungsüber-
gang von ahd. urchundi 'testimonium' urchundo 'testis' zu späte-
rem Urkunde zeigt den Übergang des Beweismittels von der
Zeugenaussage zum geschriebenen Dokumente. Im Streitfalle
war dieser Drittsteher der Schiedsrichter. Für sehr alt halte
ich auch die Bräuche des Handels in Gegenwart des Zeugen,
den doppelten Handschlag und das Lösen, das Durchschlagen
der Hände durch den Dritten. Dieses Lösen ist auch in Rußland
Brauch, wo es der treUjaki vornimmt (Solmsen KZ. 37, 22).
Ein altes Wort für den Vertrag ist Wette, wetten, dessen
äußeres Zeichen das 'Wetten' der Hände ist, wie die Ver-
zinkung der Balken beim Blockbau Wettung heißt i).
Es ist mir erfreulich, daß ich mir als Laie über die Be-
deutung des Zeugen ähnliche Vorstellungen gemacht habe wie
Schloßmann a. a. 0. S. 84ff. "Man verlangte, sagt dieser Gelehrte
S. 92, indem man die Zuziehung von Zeugen zu gewissen Ge-
schäften forderte, die Errichtung gleichsam einer mündlichen
Urkunde". Xur zu Schloßmanns Klage S. 93, Anm. 2, er habe
nicht ermitteln können, Avas die 'Eenner' des Rechts von Gortyn
bedeuten sollen, möchte ich bemerken, daß unter den öpoiueec
eXeuGepoi mündige Freie zu verstehen sind, wie die Brüder
Baunack übersetzten. Die nähere Erklärung bei E. Szanto s. v.
aTeXai in Paulis Realencyklopädie.
Auffallend ist mir aber, daß Schloßmann gegen die Deutung
von lat. testis aus *tn- polemisiert 2), weil diese Erklärung mir
nicht mit seinen sonstigen Meinungen unvereinbar zu sein
scheint. Schloßmann ist der Ansicht, daß testis als 'Drittsteher'
nur beim Handelsgeschäfte zu erklären witre (was aber gerade
Skutsch garnicht glaubt), und lehnt deshalb die Herleitung ab,
weil auch diejenigen testes heißen, die zufällig über einen Vor-
1) Ich zitiere die bekannte Fauststelle:
Faust: Kannst du mich mit Genuß betrügen:
Das sei für mich der letzte Tag!
Die Wette biet ich !
Mephistopheles : Top !
Faust: Und Schlag auf Schlag!
Hier geht alles wie bei einem richtigen Geschäfte
vor sich. Es fehlt nur der Dritte.
2) Schloßmann kannte bloß Skutschs Aufsatz in BB. 23, 100 ff.
Wörter und Sachen. IV. 453
gang aussagen können. Jeder Sprachkundige wird aber Schloß-
mann sagen, daß dieses sein Argument null und nichtig ist;
denn daß ein "Wort seine Bedeutung erweitert, ist ein ganz
gewöhnlicher Vorgang. "Weiter begründet Schloßmann seine
Ablehnung damit, "daß Vernehmung von Zeugen in Strafsachen
vermutlich viel früher als in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
stattgefunden haben wird". Ich glaube, die entgegengesetzte
Ansicht ist zum mindesten ebenso plausibel. Man möge nicht
als Jurist an Dinge herantreten, die aus einer Zeit stammen,
wo es noch kein Jus gab, keine organisierte staatliche Macht
mit 'Richtern', kurz keine 'Strafsache', sondern bloß eine Misse-
tat, die gerächt werden mußte. Da gab es kein 'Verfahren',
sondern der Stamm oder die Sippe schlug den nieder, der einen
der Ihren erschlagen hatte. Aber ein Geschäft, ein Verkauf
mußte festgelegt werden, um gegen seine eigenen Stammes-
genossen oder deren Erben geschützt zu sein. Endlich sagt
Schloßmann, der Zeuge könne deshalb nicht 'der Dritte' sein,
weil er nur Einer von vielleicht fünf, sechs, zehn usw. war. Das
wird rundweg abgewiesen durch die heutigen volkstümlichen
Bräuche sowie durch die Wörter russ. tretij^ franz. tiers.
Man gestatte eine allgemeine Bemerkung. Zu den Quellen
des Rechts führt nicht die Jurisprudenz, sondern die Volkskunde
und Ethnographie, eine Tatsache, die zwar bekamit ist, aber
häufig ignoriert wird.
Und was sagt Schloßmann zum laeciiric |uecoc der Papyri?
Vgl. Hermes 30, 616 ff. Ich denke, man könnte den 'Drittsteher'
in keiner realeren Plastik vor sich stehen sehen, als ihn uns dieses
"Wort zeigt: Die beiden Kontrahenten stehen Gesicht gegen Ge-
sicht, zwischen ihnen der lueciiric, juecoc, wie der '*tristos, tretij^
tiers. Dieses ^ecoc scheint mir wegen der klaren "Wortbedeutung
('der Mittlere'), zuerst den Zeugen — natürlich den Beweis-
zeugen, nicht den 'Solennitätszeugen', wenn überhaupt schon ein
besteUter Richter da war — und dann erst den Schiedsrichter
bedeutet zu haben, nicht umgekehrt, wie Mitteis a. a. 0. will, der
für die ältere Bedeutung 'der Unparteiische, Schiedsrichter', für
die spätere die von 'Zeuge bei einem Rechtsgeschäft' hält. Übrigens
ist hier der Streit nach dem prius müßig, wenn in seiner ursprüng-
lichsten Form der 'Zeuge' zugleich auch vorbestellter Schieds-
richter für den Fall des Streites war. Freilich muß man sich dabei
vom späteren Sinn des "Wortes Zeuge losmachen.
•454; R. Meringer,
Auch in bezug auf Zeuge bin ich mit Schloßmann nicht
derselben Meinung, obwohl ich seine Bemerkungen für beachtens-
wert halte. Schloßmann meint — gestützt auf mündliche Infor-
mationen Fl". Kaufmanns — daß Zeuge nicht von ziehen komme,
sondern von mhd. geziuc 'Gerät'. Das Wort Zeuge trete ja erst
im 18. Jahrhundert auf. Ton Gezeuge = Gerät abgeleitet, meint
Schloßraann weiter, würde Zeuge eine 'Vorkehrung' bedeuten,
ähnlich wie lat. instrumentum beim Juristen Paulus: instriimen-
torum nomine ea omnia accipienda sunt^ qidbus causa instrui potest :
et ideo tarn testimonia quam personae instrumentorum loco habentur.
Dagegen ist aber zu sagen, daß Zeuge unter allen Um-
ständen von ziehen kommt, denn auch mhd. geziuc kommt davon.
Wenn Zeuge vor dem lo. Jahrh. nicht belegt ist, beweist das
noch nicht, daß ©s erst damals entstanden ist. Daß es aus mhd.
geziuc hergeleitet ist, beweist die Stelle bei Paulus nicht.
Ich glaube allerdings nicht, daß die Frage, ob Zeuge direkt
aus ziehen oder aus Zeug herzuleiten ist, in Kürze zu erledigen
ist. Hier kann bloß eine Spezialuntersuchung Licht bringen. Aber
soviel will ich doch bemerken: Die Bedeutungen von ahd. ziug
und gaziug, gaziugi Mask. u. jSTeutr. sind so mannigfaltig, daß
man sie schwer ordnen und zur sinnlichen Bedeutung ziehen
in den richtigen Abstand bringen kann. Aber wenn z. B. keziug
(Graft 5, 612) mit ohsonia 'Zukost' glossiert wird, dann wird doch
hier Jedermann keziug direkt auf das Yerbum beziehen und 'das
Zugezogene' übersetzen. Was hindert also, bei mhd. ziug 'testis'
ebenso zu verfahren? Mir scheinen die schon im Ahd. belegten Be-
deutungen von gaziugön, nämlich declarare, e.r^;^^■care das Yorhanden-
sein eines ziuc ^testis' zu erweisen. Ygl. ter uuas eques^ ter decem
millia malita geziugon dero suaron fendingo, die sestertia hiezen
(Graff 5, 614; 8, 342) und geziugöt uuerden = explicari.
Nur wenn es sich Avahrscheinlich machen ließe, daß mhd.
ziug., geziuge im Sinne von 'Zeuge', 'Zeugenschaft' eine direkte
Übersetzung von instrumentum ist, was aber auch Schloßmann
keineswegs behauptet, müßte man ein Mittelglied zwischen ziehen
und Zeuge einschieben. Ich kann nicht finden, daß ein Grund
dazu vorliegt, ich fasse mit J. Grimm den Zeugen als den 'Ge-
zogenen', und das paßt am besten zum testis, iretij^ tiers, luecoc
oder juecirric. Wenn ich also auch Schloßmann nicht folgen kann,
so muß ich doch den Wert seiner Ausführungen dankbar an-
erkennen : Was er sagte, mußte einmal gesagt werden.
Wörter und Sachen. IV. 455
Aisl. d huerfanda huUi 'auf wirbelnder Scheibe'.
Havamal 82 Detter-Heinzel S. 16 heißt es:
Meyiar orpom
skyli manngi trüa
ne f)ui, er kue|)r kona;
|)uiat ä huerfanda hueh
uöro ^eim hiorto skopu|),
brig|) i briüst um lagit.
'Des Mädchens Worten möge niemand trauen, noch dem,
was das AVeib sagt; denn auf wirbelnder Scheibe ward ihnen
das Herz geschaffen, Unbeständigkeit in die Brust gelegt."
Detter-Heinzel 2, 116 sagen: 'Unser Dichter denkt wohl
nicht an die Rota Fortunae, sondern an ein laufendes Wagenrad
oder die Töpferscheibe (Lüning, Vigfusson). Nach Alv". 14 nennen
die Bewohner der Hei den Mond huerfanda huü. Vigfusson Cpb. 1,
483 meint deshalb, unsere Stelle besage, Frauenherzen seien so
unbeständig als die Mondphasen. Aber die Kenning für Mond
stünde wohl nicht in der Prosa'.
Ich sehe aus diesen Worten Heinzeis und Detters, meines
Lehrers und meines Freundes, daß beide niemals eine Töpfer-
scheibe gesehen hatten; denn sonst hätten sie nicht im Zweifel
sein können, was die Stelle bedeutet : Wie in wirbelnder Drehung
der Topf zustande kommt, so ist das Herz des Weibes geschaffen.
An ein laufendes Wagenrad hier zu denken, ist wirklich ein
Kunststück, und schwer wäre wohl auch zu sagen, was denn
schon auf einem laufenden Wagenrad geschaffen worden sei. Es
gibt nur ein Rad, d. h. Rad in altem Sinne, eine Scheibe, auf
der etwas geschaffen wird, das ist die Töpferscheibe !
'Nimm dich vor dem Weibe in acht, trau seinen Worten
nicht! Sein Herz ist auf wirbelnder Scheibe entstanden, es dreht
sich noch immer, es kommt nicht zur Ruh!' — Das, dünkt
mich, ist doch der sonnenklare Sinn der herrlichen Stelle.
Aisl. hiiel ist das alte speichenlose Scheibenrad, und das
bedeutet es Sigrdr. 15. Begreiflicherweise werden dann Mond
(Alv. 14) und Sonne (Alv. 16) so benannt.
Zu hiierfa vgl. got. fvairban^ zu huel Falk-Torp und Tamm
s. V. hjul. Vgl. schwed. krukmakarhjid 'Töpferscheibe' (auch kriik-
makarskifva), was beweist, daß der Töpfer selbst sie hjul schlecht-
weg nennt, wie auch engl, ivheel 'die Töpferscheibe' bedeutet.
•iö6 R. Meringer, Wörter und Sachen. IV.
Eine persönliche Erinnerung darf ich hier wohl anschließen.
Wir saßen im Jahre 1883 abends in Berlin im vertrauten Kreise.
Da kam Hofforv und erzählte, er habe lieute gelernt, was das
d huerfanda hueli in der Edda bedeute; es sei die Töpferscheibe:
Japaner produzierten sich nämlich damals in Berlin, und bei ihnen
hatte Hoffory zuerst die Töpferscheibe gesehen. Nur durch einen
Zufall hatte er — der Däne in Berlin bei den Japanern ! — eine
der bedeutendsten Erfindungen der Menschheit kennen gelernt.
Der Vorfall ist typisch. —
Vor mehr als fünfundzwanzig Jahren leuchtete ein glänzendes
Wort auf: Heraus aus dem hypothesen trüben Dunstkreis der Werk-
stätte, in dem man die indogermanischen Grundformen schmiedet!
hieß es. Sehr richtig! — Aber wer ist denn herausgegangen?
Heutzutage ist es doch schon komisch, wenn Einer im
Städtchen sitzt und hockt und über Indien, Iran und die Urzeiten
und deren Leute schreibt. Das heißt den Löwen bei Hagenbeck
studieren. Oder aus dem Plinius!
Auf ! Hinaus ins weite Land ! Aus den Reihen von uns
Älteren und Alten werden sich nicht mehr viele wissenschaftliche
Reisende rekrutieren lassen. Aber helfen wir wenigstens unsern
Schülern, daß sie es werden können. Man habilitiere keinen, der
nicht sein Teil gesehen hat, von dem er zehren kann ! ^) Wenn
das einmal Regel sein wird, dann besehe man sich die Indo-
germanistik wieder. Sie wird eine frische Gesichtsfarbe haben,
und wird, wie in den letzten Jahrzehnten, kraft ihrer Tapferkeit
an der Spitze der Geisteswissenschaften marschieren.
Wir haben ein Vermächtnis zu erfüllen. 'Sprachforschung,
der ich anhänge', sagt J. Grimm GDS. XIII, 'und von der ich aus-
gehe, hat mich doch nie in der Weise befriedigen können, daß
ich nicht immer gern von den Wörtern zu den Sachen gelangt
wäre; ich wollte nicht bloß Häuser bauen, sondern auch darin
wohnen. Mir kam es versuchenswert vor, ob nicht der Geschichte
unseres Volkes das Bett von der Sprache her stärker aufgeschüttelt
werden könnte, und wie bei Etymologien manchmal Laien-
kenntnis fruchtet, umgekehrt auch die Geschichte aus dem
unschuldigeren Standpunkt der Sprache Gewinn entnehmen sollte'.
1) H. Hirt hebt bei jeder Gelegenheit hervor, wie viel er in Bosnien
gelernt hat, und was mich betrifft, so hat wohl H. Schuchardt nicht Un-
recht, wenn er von mir schorzhaft sagt : 'In ihm hat der Hausforscher den
Sprachforscher erleuchtet' (Zts. für roman. Phil. 29, 620).
H. Hüb seh mann, Armeniaca. 457
Ohne Sachwissenscliaft keine Sprachwissenschaft mehr ! Die
Beschäftigung- mit den 'Sachen' führt ins Leben, und das wird
unsere junge Wissenschaft, die an Herrlichkeit ihrer Leistungen
hinter keiner anderen zurücksteht, jung erlialten.
(Forts, folgt.)
Graz. Rudolf Meringer.
Armeniaca.
1. Anlautendes z im Armenischen^).
Die im Armenischen mit z anlautenden Wurzel Wörter 2)
zerfallen hi drei Kategorien: A) in Lehnwörter, B) in solche
Wörter, die mit der Partikel z zusammengesetzt sind, C) in
Wörter, die nach Herkunft und Bildimg dunkel sind.
A) Lehnwörter. Als solche sind bisher erkannt
a) persische: 1. zambiui, zambii 'Korb' = np. zanbil,
zanhir\ 2. zan 'Art und Weise' in Zusammensetzungen (wie
bazm-a-zan^ zan-a-zan 'mannichfacli, verschieden', hi-zan 'wie' usw.
AGr.3) 14g) ^ ap. zana- in paruzana- usw.; 3. zangak 'Glöckchen,
Schelle, Glocke', zangik 'Zäpfchen' : np. zang 'Glocke' ; 4. zangapan
'Beinschiene' = aw. ^^zangöpäna- ; 5. zandik 'Manichäer' = np.
zandi^ zandik ; 6. zafik 'Auripigment' aus rap. *zarmk ^ np. arab.
zarnfx^ zarniq, syv. ^}3^J~i| 'Arsenik''^); 7. zafnavuxt 'seiden',
TpixciTTTOv Ezech. 16, 13, eigentlich 'golddurchwebt', zu np.
zarr 'Gold' und bäft 'gewebt'?; S. zaffcas 'Kleid mit Schleppe'
(einmal bei Vardan Psalm.) = np. zarkas 'pannus filis aureis
textus', georg. zar/casi 'etoffe de soie brochee d'or' Tchoubinoff
Wtb. 206, vgl. X. pr. Zarkasi Justi Xamenb. 383 ; 9. zartagoin
1) Vgl. Meillet MSL. 9, 52—54.
2) Derivate berücksichtige ich nur da, wo es mir wert erscheint.
3) Mit AGr. bezeichne ich meine Armenische Grammatik I, Leipzig
1897. Wegen der anderen Abkürzungen s. AGr. 3 — 8.
4) Da griech. dpceviKÖv, das schon Aristoteles (gest. i. J. 322) nennt,
aus dem Persischen entlehnt ist (Schrader Reallexikon s. v.), so muß ein
persisches *zarnU- (AGr. 149) schon für die spätere Achämenidenzeit
vorausgesetzt werden. Daß das persische Wort aus dem Griechischen
stamme, wie WZKM. 10. 276 angenommen wird, ist nicht glaublich.
458 H. Hübschmann,
'eine gelbe Blume zum Färben dienend oder Crocus' (nur Med.
Sehr.) = phl. *za7igö)i 'gelbfarbig' ; 10. zartaxotr nur MX. 58,
unsicheres Wort, eventuell zu ^hl. zart 'gelb' gehörig; 11. zean
'Schaden, Verlust' = np. ziyän, aw. zijäna- 'Schaden'; 12. zm
'Waffe, Rüstung' = phl. sew, aw. zaena- 'Waffe'; 1?). zmriixt
'Smaragd' aus ^zmuruxt = np. zumiirrud^ griech. Z^iudpaYÖoc, georg.
zurmuxtiM.^h. 10, 15, russ. izumrudü^ 14. zndan 'Gefängnis' = np.
zindän., mp. zendän (mandäisch hed^ zainä WZKM. 16, 11); Ib.zoh
'Opfer' aus *zorh=^\\\.zöhr., aw.zao&rä-\ 1 6. sjwr 'ungerecht, unrecht,
unverdient, falsch, unnütz, umsonst' = np. zur 'falsch, Lüge',
phl. zur 'unrecht', ap. züra- 'Unrecht', arab. Lehnw, zur 'List,
Trug'; 17. zrah-/c 'Panzer' ~ np. zirih, päz. zreh^ aw. zräda-:,
18. zaur 'Heer', davon zauravar 'Heerführer', zauravor 'stark,
gewaltig', zaiirufiun 'Stärke, Macht', hzaur 'stark': np. mp. zör
'Kraft, Macht', aw. zävard (zavardca) 'Kraft, Stärke'. Vgl. über
diese Wörter AGr. 148 — 152. Dazu die jüngeren Lehn- und
Fremdwörter aus dem Neupersischen und Arabischen: 19. zambuf
'Wespe' Geop. = np. arab. zanhür ; 20. zanab 'Schwanz des Drachen'
(Gestirn) Vardan = arab. dcmab; 21. zapran, zafran., zavhran
'Safran' Vardan Gen., Mech. d. Arzt, Med. Sehr. = arab. pers.
zcifcträn AGr. 279 Anm.; 22. zu 'der Sopran' Erznk. = np. zfr-^
23. zik 'Rand, Saum' Vardan = arab. ziq-^ 24. znjil 'Kette' Leb.
d. Väter = np. zanpr, zinjir\ 25. zohal 'Saturn', zohray 'Venus'
Vardans Geogr. = arab. zuhal^ ziüira\ 26. zimar 'Gürtel' Osk.
Apg. = arab. pers. zunnär, griech. Z:uuvdpiov; 27. zurape 'Giraffe'
IVIichael = arab. zuräfa; 28. zrevand 'die Pflanze Aristolochia'
Mech. d. Arzt = np. zarävand 'Aristolochia' Vullers, zirävand
Abu Muwaffaq S. 139, übersetzt von Achundow S. 77, Brockel-
mann Syr. Wtb. 99 ; 29. zrisk (persisch) = np. zirisk 'Berberitze' ;
vgl. AGr. 264—265;
b) syrische: 30. zoig-/c 'das Paar', zoig 'gleich', zugem
'verbinde' = syr. zaugä aus griech. Zieöfoc; 31. zopay 'Ysop' =^ syr.
2;äpä, griech. üccujttoc; 32. zvarak 'junger Stier' = syr. ezwaryä
(woher stammend ?), vgl. AGr. 303 ;
c) griechische : 33. zepiuf., zepiuros 'Westwind' = griech.
Zeqpupoc; 34. zmelin, zmilin 'Federmesser' = griech. c|Lii\iov;
35. zmfnitean kar 'Schmirgelstein' = griech. c|uupiTric XiOoc ; 36. zo-
diakos 'Tierkreis' = griech. ZiuuöiaKÖc; 37. zom 'Schiffbrücke' =
griech. ZicOy^a;
d) unbekannter Herkunft: 38. zmufs^ gen. zmfsoy 'Myrrhe'
Armeniaca. 459
neben zmufn und zmuf = griech. cjnupva = |uuppa, hebr. mör,
arab. np. murr usw. Ygl. AGr. 393.
B) Wörter mit der Partikel z.
Die Partikel z erscheint 1. als bestimmter Artikel im Akku-
sativ^), entsprechend dem griech, töv, xriv, xö, pl. touc, tcic, rd,
z. ß. Mc. 1, 16—19: (sie hatten) 'Netze': ufkans (ins Meer ge-
worfen und — sie ließen) 'die Netze' : z ufkans-n (und — während
sie) 'die Netze': z ufkans (zurichteten usw.), auch ohne Sub-
stantiv Mt. 22, 21 : tnH z kaiser kaiser 'gebet das des Kaisers
dem Kaiser' (rd Kaicapoc Kaicapi), Luc. 16, 12: z jern (= dz
jer-dn) 'das von eucli = das eurige', oder vom Substantiv ge-
trennt z. B. Luc. 4, 17 : et im nma girs z Esaymj 'sie gaben ihm
das Buch des (Propheten) Jesaias', wörtlich: 'Buch das des
Jesaias', oder mit Doppelsetzung, z. B. Joh. 6, 42 : zoroij me/c
gitemk z hair 'ou f]|ueic oi'öaiLiev töv iraTepa'. Indessen hat z nicht
die Bedeutung des bestimmten Artikels bei Zeitangaben 2) (auf
die Frage: wie lange?) z. B. Mt. 12, 40: z eris tivs ev zeris gisers
'drei Tage und drei Nächte lang' (war Jonas im Bauche des
Untiers gewesen) und bei Vergleichungen (nach fcan 'als', ibrev
'wie') z. B. Mt. 17, 19: havats /can z hat mananxoy (wenn ihr
habt) 'Grlauben (soviel) wie ein Senfkorn' (ttictiv ujc kökkov civd-
TTeuuc). Dasselbe z liegt auch vor in zhet 'hinter' z. B. Mt. 4, 20:
gnacin zhet nora 'gingen hinter ihm her' = 'folgten ihm', Mt. 8,
10: or zhetn erfayin 'welche nachfolgten', vgl. het 'Fußspur, Spur'
AGr. 466: ferner in zkni 'hinter' z. B. Mt. 16, 24: zkni im gal
'mir nachfolgen', Mt. 21, 9 : or afajin ev zkni erfayin 'welche
voran und hinterher gingen', vgl. kin-/c oder kni-/c otif nora
Hieb 18, 13, griech. KXujvec ttoöujv, nach "Wb. 'Fuß-sohlen' ; ferner
in Adverbien und adverbiellen Kedensarten wie zafajinn 'zuerst,
zum ersten Male', vgl. afajin-n 'der erste'; zardis 'jetzt', vgl.
ardi 'gegenwärtig' ; zerf 'wie' ; zor aurinak 'auf welche Weise'
= 'wie' Mt. 23, 37; Apg. 1, 11 usw. (nach griech. ov xpÖTrov);
endlich in zi 'was ?', (griech. xi) ; Nom. und Akkus. % urspr. Akkus,
vom Frageprou. i 'was ?' AGr. 450 wie zinc 'was ?', (xi) ; Nom.
und Akk., urspr. Akkus, von ine 'etwas, irgend ein, ein', Plur.
'Sache, Habe, Gut' (Akk. zines iur 'seine Habe' Mt. 25, 14, Gen.
1) Sie steht aber nie nach Präpositionen.
2) Aber auch ohne z: Joh. 11, 6: avurs erkus 'zwei Tage lang'.
3) Dazu gehört ziard 'wie?' 'was?' (irujc; xi; Mt. 7, 4; 22, 43 usw.)
aus zi + ard 'nun'.
460 H. Hübschmann,
ancic iiirop Mt. 24, 47 usw.), aber auch fragend: ar ine *zu was?',
griech. irpöc t( (im indirekten Fragesatz Joh. 13, 28) anstatt *af
zinc (da z nie nach Präpositionen steht).
Die Partikel z erscheint 2. als Präposition und zwar a)
mit dem Instrumental in der Bedeutung 'um' (irepi), z. B. Mc. 4,
10: or znovavn ein Mie, welche um ihn waren^), b) mit dem Ab-
lativ in der Bedeutung 'über' (de aliqua re, irepi) z. B. Mt. 16,
15: aselc zinen 'ihr sagt von mir = über mich', oder 'wider,
gegen' (Kaid) z. B. Mt. 12, 32 : z hogvoyn haijhoijuüun 'die Läste-
rung wider den Geist' (soll nicht vergeben werden), oder 'an'
bei Verben wie 'fassen, berühren' z. B. Mt. 8, 15 : kalav z jefane
nora 'er faßte sie an der Hand', zudem in Eedensarten wie zaigoy
'am Tage nach (Ostern etc.), am folgenden Tage' 4. Moses 33, 3;
Josua 5, 11 von aig 'der frühe Morgen, früh'; zme'i 'warum'?
(aus *z-i-me) ; het-z-hete 'allmählich' (Schritt für Schritt) von Jiet
'Fußspur' ; c) mit dem Genitiv-Dativ in bestimmten Ausdrücken
(bei harkanel 'schlagen') z. B. zahl haran 'sie erschracken' Mc. 5,
15, zaJii hareal ein 'sie waren erschrocken' Mc. 16, 8, hartes z
Itari zotn fco (daß du nicht) 'deinen Fuß an einen Stein (irpöc
Xiöov) stoßest' Mt. 4, 6 usw. d) in dem adverbiellen Ausdruck
z canaparhain^) 'unterwegs' von canaparh^ Gen. canaparhi 'Weg'.
Die Partikel z erscheint 3. als Verbalpräfix ^) und zwar in
folgenden Fällen:
1. zakanem^) 'beobachten' : od zakanice zis akn ov Trpovoricei |Lie
ocpeaXuöc Hiob 24, 15, vgl. akanel Eznik 174 (II, 18), var. 1. an-
kanel'^. ijakanel 'sehen auf etwas. Acht geben', von akn 'Auge'.
2. zahancUm 'erschrecken (intr.), scheu werden' (von Pferden)
Magistros, vgl. a/« 'Schrecken', zahl harkanim 'evschrecken (inir.)?
3. zatpatpun 'hinfällig, schwach, trügerisch', reduplizierte
Bildung, daher in z-atp-aip-un zu zerlegen, wohl zu z atip afnul
1) Auch in Redensarten wie ziurovin erfal 'sich umbringen' Joh. 8,
22 (eigentlich 'um sich gehen') und in Adverbien wie zarajeav, zafajeauR
'vor, im Angesicht von, gegenüber, entgegen', z. B. zafajeauR anganer 'er
trat (ihm) entgegen' FB. 152 (IV, 39).
2) Unklar ist mir z learn lernain 'das Gebirge, ins Gebirge' (4. Moses
34, 7 ; Josua 2, 16). Ein Suffix -ain findet sich sonst in mi-ain, amen-atn,
miangam-ain, vaiord-ain, Irele-ain und noin zatn-ain, also Adjektiva und
Adverbia bildend.
3) Vgl. Meillet, Esquisse S. 98.
4) Ich führe die Verba in der 1. Pers. praes., die Bedeutungen im
Infinitiv praes. an.
Armeniaca. 461
gehörig, das nach Wb. in der Stelle zi yni — zaiip äffe 'damit
nicht (der Wagen zerbreche und) zertrümmert werde' (zugrunde
gehe oder dgl.) Jak. Msib. (Afraates) vorliegt. Dann wäre es
aus *z-afip-atip-un entstanden.
4. zairanam 'aufgebracht, zornig werden, sich verschlimmern'
(von Krankheiten Mc. 5, 26 usw.), zairagin 'zornig, unwillig',
zairuinn, zairuc-/c 'Hitze, Aufwallung (des Zornes), Erbitterung',
vgl. air-em 'verbrennen, anzünden' von *air Teuer' = aw. ätar-
AGr. 418.
5. zangitem 'verzagen, furchtsam sein', vgl. anget 'nicht
wissend, unbewußt', angitanam 'nicht wissen'.
6. zanxul 'verborgen, geheim, unbekannt' Pseud. 8, 3 v. u.,
mit Abi. = 'heimlich vor Jemand' FB. 254 (V. 43), lat. dam c. Abi.,
vgl. anxul 'verborgen, geheim'.
7. zanc afnel 'vorübergehen' (mit Abi. 'an Jemand') 1. Moses
18, 3, 'vorbeigehen' (mit af oder z und Instr. 'au Jemand') Mc. 6,
48, Luc. 10, 31, 32, 'übergehen, bei Seite lassen', zancanem 'über-
schreiten, darüber hinausgehen' Thessalonich. 4, 6, vgl. ancanel
'vorübergehen, vorbeigehn, hinübergehen, übertreten, vergehen'
Mt. 15, 2; 20,30 usw., ancH 'Übergang, Ereignisse', yancanel
(aor. yanceay) 'übertreten, fehlen, sündigen'.
8. zacai-em (nur einmal im Ganjaran) 'beneiden, mißgönnen',
vgl. yacat-em 'neidisch, mißgünstig sein auf-' MX. III, 65 (S. 267),
zu ac-k 'Augen' gehörig, schon im frz. Wtb. durch caraknel
'regarder de mauvais oeil, porter envie' erklärt.
9. zacacii 'kurzsichtig, juuuuTtdZ^uuv' 2. Petr. 1, 9, vgl. acacu
'blind', zu ac-lt 'Augen'.
10. zafacanem 'abwenden, hinwenden, verführen', zafacanim
'sich abwenden' usw. Titus 1, 14, vgl. aracim 'sich drehen, wenden'
Eznik.
11. zafam 'sehr alt, abgelebt, Greis' von z -f Präp. af + am
'Jahr' (nach Wb. = anceal z-am-au/c).
12. zafanc-an/c 'törichtes Geschwätz, Faselei, Torheit',
zafanc-el 'Wechsel, Lauf (der Zeiten), zafanfeal z-avurb/c 'vorge-
rückt im Alter' Philo Genes. S. 256, zafanc-em 'närrisch sein, von
Sinnen sein', zafancucanem (Jemand durch trügerische Worte)
Verwirren' Kolosser 2, 4, vgl. afanfanem 'von Sinnen sein'
2. Korinther 5, 13 (Gegensatz zgadanam ebenda), 'überalt werden,
abgelebt, kraftlos werden' Philo Genes. S. 7 (von Bäumen, die
ihr Laub verlieren), Narek. (vom Mutterleib) usw., afancelufiim
462 H. Hübschmann,
'Ausgelassenheit' Philo Exod. S. 479, aranpik 'fabelhaft, phan-
tastisch' Euseb. Chron. I, S. 6 (Aucher), afanp-Zc, Gen. afancie-n
'tüuv eEexofievujv' 1. Könige 7, 28—30 (8. Kg. 7, 28—29 = 14—15),
'Durchgang' ? MX. 3, 59, Präp. afanp 'ohne' (aus af + anc^ eigent-
lich 'bei Übergehung von — , mit Auslassung von' — ). zafanf-
bezeichnet also wie afang- das Überschreiten der Grenze oder
des Maßes, das Extravagieren im Eeden, Denken usw. und ist
abgeleitet von anc- in anfanel 'hinübergehen' usw.
13. zafajavor 'vorgesetzt', zafajavorufiun 'Yorsetzung' (Brot
der Vorsetzung = Schaubrot) Mt. 12, 4, zafaj-em 'Jemandem vor-
angehen, zuvorkommen', vgl. afaj 'was vorne ist, vordere Seite,
Anfang, Prinzip', afajadrufkm 'Vorlegung', afaji koy 'vor dir'
Mc. 1, 2 usw., afajin 'erste', yafaj 'vorwärts, früher', yafajem
'vorangehen' usw.
14. zar i fap Adj. 'abschüssig, abfallend', Subst. ^orc zaf
i fapi 1. Kg. (3. Kg.) 7, 29 'Herabhängendes'?; zaf ikot 'abschüssig',
zaf i koteal 'dekliniert' Philo Genes. S. 70; zaf i vair 'Abhang,
Abstieg' {merj i zaf i vair lerinn jifeneac 'nahe am Abhang des
Ölberges' Luc. 19, 37), zaf i ver 'Anstieg, Steige' 1. Sam. 9, 11,
zusammengesetzt aus z + Präp. af + Präp. i + fap 'Tiefe, Boden'
oder kot 'Seite' oder vair 'Feld', i vair 'hinab, herunter' oder
ver in i ver 'hinauf, oben'. Die Verbindung der Präpositionen
af und i ist sehr häufig^).
15. zat 'getrennt' FB. 238, 4, zatanem 'ti"ennen', med. za-
tanim, zatcim 'sich trennen' FB. 261, vgl. hat 'Abschnitt, Korn',
hatanem 'abhauen' Mc. 6, 16 usw., hator 'Bruchstück', yatanem
(aor. yati) 'beschneiden' ("VVeinstöcke, Bäume). Also zat aus *z}iat.
16. zaramur oder aramur 'gewaltsam, heftig, Heftigkeit'?
oder nach Gaxcax: 'heftig, dicht, Dichtheit, Menge'? Wb. vgl.
yaramur 1. Bezeichnung von Totenknochen im Grab, 2. 'Dunkel-
heit, Finsternis', 3. yaramri i nerfcs mtanel 'introdursi, insinuarsi'?
17. zard 'Schmuck', zardarem 'schmücke', vgl. ard 'Form',
yardarem 'anordnen, zurecht machen' usw., griech. dpTuuu
AGr. 423.
18. zarfniim (aor. zarfeay) 'erwachen' 1. Moses 41, 5, zarfun
*wach', zarfupanem 'aufwecken' Mt. 1, 24, Mc. 4, 38, 39 usw., vgl.
artun 'wach', arfun, kape/c 'wachet!' Mt. 26, 40.
19. zarkanem (aor. zarki) 'einhauen' FB. 233, 'schlagen,
stoßen' MX. 2, 19 (S. 93), zarkanim 'sich werfen' (zu Boden)
1) Welches z aber liegt in diesen Ausdrücken vor?
Armeniaca. -468
Joh. 18, 6, zarkucanem 'niederwerfen' Mc. 1, 26; 9, 17, vgl. har-
kanem (aor. hart) 'schlagen', arkmiem (aor. arki) 'werfen'. Also
zarkanem aus *zharkanem. Ygl. Liden Arm. Stud. 86.
20. zarhurim 'erschrecken' (intr.) Mc. 16, 5; 5, 83; 9, 5,
vgl. arhavir-/c (Gen. arhavraf;^) 'Schrecken' Luc. 21, 11.
21. zarmanam (aor. zarmacay) 'erstaunen, sich wundern,
bestürzt werden' Mt. 18, 54; 15, 31; 27, 14 usw., zarman/c
'Staunen', vgl. armanam 'erstaunen', dndarmanam 'starr sein, er-
starren' FB. 4, 15 (S. 121): zarmaceal liner armanair andarmanair
'er war starr vor Staunen'. Wurzel dieser Wörter ist anw-, da-
von abgeleitet armanal und von diesen z-armanal und and-armanal.
22. zartutim 'vom Wege abkommen', zartuti 'entwegt, ab-
geirrt', Adv. 'auf Abwegen', vgl. artuti 'Abweg', von art- (in Zu-
sammensetzungen) 'hinaus, heraus' (meist für griech. eS) und uH
'Weg'.
23. zgam (aor. zgaci) 'merken' nebst zgaij-^ zgast-, ^g^c--,
zgaun und zekucanem zu gam (aor. eki) 'komme'. Siehe unten
S. 469 besonders.
24. zgemim (aor. zgecaij) 'sich etwas anziehen, sich kleiden
mit etwas' (Akk. rei) Mt. 6, 9, 29 usw\, zgeccuH (was) 'werden wir
anziehen'? Mt. 6, 31, zgecuganeni 'bekleiden', zgest 'Kleid' (Gen.
zgestu) von z + *gesnum von der Wurzel idg. ves 'kleiden' AGr. 446.
25. zgetnem 'zu Boden werfen' Luc. 4, 35, vgl. getin 'Boden'.
26. zglxem (gmvovn 'vom Wein') 'berauscht werden' Osk.
2. Tim. 8 von glux 'Kopf. Das Verbum wurde wohl azgalxem
gesprochen.
27. zgnam {zgnaci) 'umhergehen, einhergehen' Mc. 4, 18;
11, 27 usw., vgl. gnam (gnaci^ 3 p. gnac^ Put. 1. Plur. gnasfii/c
Mc. 14, 42) 'gehen, weggehen'.
28. zgois 'vorsichtig, Acht gebend' Sprüche Salom. 22, 29,
zgois linim = zgusanam 'sich hüten vor, Acht geben auf-, sorgen
für-' Mt. 16, 11, 12; 27, 64, 65, zgusavor 'sicher, dcqpaXrjc' Weis-
heit Salom. 14, 3, zgusutmn 'Sicherheit, Sorgfalt' Mc. 14, 44,
Apg. 5, 23, s. AGr. 150, vgl. gois 'daß nicht' (Gott behüte, daß
nicht-) Ephrem, giisak 'einer der etwas anzeigt', wovon gusakem
'anzeigen, verkünden, voraussagen', ap. *gausaka- oder *gausäka
(5. Jahrh. v. Chr.) Zeitschr. f. arm. Phil. II S. 265. Ygl. osset.
qüsäg^ i-yosäg 'Zuhörer' = altosset. fujcaKOC Grundr. d. iran.
Pbilol. I Anhang 6, 41, 82, mp. nigösäg 'Hörer' Turfan 54. zgois ist
1) Vgl. meine Altarm. Ortsnamen S. 407, Anm. 1.
464 H. Hübschmann,
zusammengesetzt aus der armenischen Partikel z und dem per-
sischen Lehnwort gois = ap. gaiisa-^ aw. gaosa-^ das neben 'Ohr'
wolil auch 'hörend' bedeutete. Arm. zgois deckt sich also nicht
vollkommen mit einem vorausgesetzten aw. ^iizgaosa-^ vgl. meine
Abhandlung: Zur Chronologie der armenischen Vokalgesetze S. 137
Anm. 4 und S. 166 (nach Meillet).
29. zgrgfem (wo ?) 'provoquer, irriter' vgl. grgfem 'heraus-
fordern, reizen zu'-.
zgaun s. zgam Xr, 28.
30. zehnem 'überschreiten, übertreten' Osk. Job. 1, 12, vgl.
elanem (Aor. eli) 'hinausgehen, ausgehen, hinaufsteigen', elanel dst
cap 'das Maß überschreiten'.
zekucanem s. zgam Nr. 23.
31. zetc 'verdorben, verderbt, verführt, liederlich, zügellos',
zetcem^ zetcanem, pass. zetc-im, zetc-anim (Aor. zeici^ pass. zetcay)
'verderben, verführen' Ezuik 285, pass. 'verdorben, verführt, be-
trogen werden', vgl. etc-anem 'verderben, zerstören'.
32. zetum, zetanim (Aor. zeti, med. zetay) 'in Menge strömen
lassen, ausgießen' Mc. 4, 37, med. 'überfließen, übervoll sein',
Joel 2, 24; 3, 13, Apg. 10, 45, zeiun 'überströmend' Luc. 6, 38,
vgl. hetum {heii) 'ausgießen, vergießen', med. pass. 'ausfließen, ver-
gossen werden', yetc 'voll' AGr. 466. zettmi usw. also aus *zhetum.
33. zeram 'kriechen', zerun 'kriechendes Tier, Eeptil' 1. Moses
8, 17, zefun jur 'aqua scaturieus'? Philo Exod. II, 18 (S. 481)
vom AVb. zu efam 'kochen, wallen, glühen, erglühen, in Menge
entstehen, ausbrechen, wimmeln' (Würmer, Geschwüre) Exod. 9,
9; 16, 20 gestellt. Ygl. zur Bedeutung lat. ferveo 'sieden, wallen,
kochen, glühen, erglühen, brausen, toben, hin und her wogen,
wimmeln'. Über die Etym. s. Meillet MSL. 8, 165, Pedersen KZ.
38, 200, Liden Arm. Stud. 85.
34. zetetem 'an einem Orte ruhen lassen, niederlassen, wohnen
lassen' 2. Moses 33, 14, 5. Moses 3, 20, zetetim 'sich niederlassen,
ruhen, bleiben' 5. Moses 23, 16, Josua 7,7, zetetepuganem = zetetem
Josua 1, 13, 15, zetet arnul 'sich aufhalten', vgl. teii (Gen. tetvoy)
= ett (Gen. etei) 'Ort', etetakal 'feststehend' Eznik 188 AGr. 497.
ivö. zerc-ani-m (aor. zercay) 'sich retten, entrinnen, fliehen'
I.Moses 14, 13; 19, 17, 19 usw., zerc-u-m {mr. zerci) 'ausziehen,
wegnehmen', zerc-uc-anem 'retten', zusammengesetzt aus z-{-erCy
wenn erc = idg. serg (skr. srj 'entlassen, befreien', aw. hardz 'ent-
lassen, ausgießen', np. histan 'entlassen') ist.
Armeniaca. 465
36. zdnkenum (aor. zankeci) 'zurückweisen, venverfeu, ver-
schmähen' Hiob 40, 3, Ezuik usw., vgl. ankenum (aor. ankeci,
3. p. dnke'c Mt. 27, 5, ipt. ankea 'wirf Mt. 5, 29 ; 17, 26 ; 18, 8) 'werfen'
Mt. 5, 13 usw.
37. zijanim {zijatj) 'herabsteigen, sinken, nachlassen, ablassen
von-, nachgeben, sich erniedrigen, sich demütigen' 1. Moses 8, 3,
Hesekiel 31, 18, Eömer 12, 16, Eznik 149, zijupanem 'er-
niedrigen, niederdrücken, demütigen', vgl. ijanem (aor. iß) 'herab-
steigen' Mt. 3, 16; 8, 1 usw., ijucanem 'herabholen, herablassen'
Mc. 15, 36.
38. zirarem oder zirarim 'levarsi a romore, far tumulto,
divolgare, disseminare' Sokr. 2, 29 usw. soll nach Wb. zu irear^
vulg. irar gehören (?).
39. zkcim 'erbittert, gereizt werden, frz. 's'aigrir', zkc-a-goin
'grimmiger, Avilder', zkc-ank 'Unwille, Entrüstung' ('aigreur')
MX. 2, 71 (S. 151) zkc-ecucanem MX. 2, 92 (S. 183) 'reizen, er-
bittern, peinigen' ('aigrir') Eznik 147, 149, vgl. kcanem (aor. 3. ekic)
'beißen, brechen' (das Brot), kcem 'jucken' Eznik 176, kcu 'bitter,
beißend' ('aigre, piquant') ks-kic 'Schmerz', kskc-ecucanem 'beißen,
stechen' usw.
40. zyiist 'niedrig, tief, znstagoin 'tiefer' 3. Moses 14, 37,
znstanini^ znstim 'niedriger werden, sinken, sich setzen", znstucanem
'beruhigen, demütigen', vgl. nist 'Lage, Sitz, Sitzen', nstim 'setzen,
sich setzen', nstucanem 'setzen' AGrr. 478.
41. zov 'frisch, kühl', zovanam 'sich abkühlen, kalt werden,
sich erfrischen, sich erholen' 1. Moses 18, 4, Richter 15, 19, vgl,
hov 'frisch, kalt'. Also zov aus zhov.
42. zulamhim 'stürzen auf den Kopf (vom Pferde) Thom.
Artsr. S. 195 1. Z., Denom. von z-ulamh = z -\- Instr. von idn
'Nacken, Grenick'. (Im Text : zulumbeal, Wb. aber zidamheal). Ygl.
zulamh erfal 'tombolare' (il cavallo) FB. 255.
43. zcarim (aor. zcarecay) 'böse, unwillig sein oder werden'
Apg. 7, 24, Mc. 14, 4, Luc. 11, 53, 1. Kg. 18, 8, zcaranam ebenso;
vgl. car 'schlecht, böse'.
44. zstgelum 'verschmähen' (KaTaYivüucKuu) Osk. Matth. I, 23,
von z -\- dst -{- gelum ? ; vgl. dstgtanem 'tadeln' von dst -f- gtanem.
45. ztetim, ztetem Thom. Artsr., Euseb. Chron. = zetetim,
zetetem s. oben Nr. 34.
46. zpaxcim 'eilig fliehen' Hexaem., vgl. pax^im 'fliehen'.
47. zaKd 'Band' Kolosser 3, 14, zaudern 'verbinden, ver-
Indogermanische Forschungen XIX. 31
466 H. Hübschniann,
knüpfen', vg-1. yaud 'Band, Glied, Gelenk' Kol. 2, 19, Hebr. 4, 12,
Ephes. 4, 3, ymidem 'zusammenfügen' Ephes. 2, 21; 4, 16 usw.
48. zauc- in oskezauc 'vergoldet' Apc. 18, 16 usw. von oski
'Gold' + aucanem 'salben' AGr. 426, vgl. y-oskvoy auceal Seb. 65.
C) Etymologisch dunkle Wörter.
1. zazir (Gen. zazri) 'häßlich, garstig, widerwärtig' (aicxpöc)
1, Moses 41, 8.
2. zacac 'wenig zahlreich, spärlich, schwach; Häuflein'
Jesaias 41, 14.
8. zakatim (aor. zakatecay) 'leidenschaftlich ergriffen (ver-
liebt, vernarrt usav.) sein'.
4. zambik 'Stute' nur bei Erznk. Gram.
5. zanaluf d. i. Akkus, von analiif 'Giraffe' (arm. dnjiiit)
5. Moses 14, 5, MX. Geogr. 599, 610.
6. zanak 'Stück, Geldstück' (von Gold oder Silber) nur bei
FB. 4, 9 (S. 99) und Gar. Leb. Basü.
7. zanganem (aor. zangi) 'mengen, mischen, kneten' (Mehl
mit Wasser, Öl usw.) 3. Moses 2, 4, 5, 12; 6, 21 usw.
8. zatik (Gen. zatki) 'das Passah, Passahmahl, Passahlamni'
(ndcxa) 2. Moses 12, 11 ('ein Passah für den Herrn ist es'), Mc. 14, 12,
14, 16, 1. Korinther 5, 7 usw. — Yom Wb. zu zat-ani-m 'sich
trennen' (Auszug aus Ägypten) gestellt.
9. zarganam {zargacay) 'vorwärts kommen, Fortschritte
machen, zunehmen, gedeihen, wachsen, stark, groß werden' Luc. 2,
51, Philipper I, 25 usw., zargun 'reif, mannbar'.
10. zarm (Gen. zarmi) 'Nachkommenschaft, Geschlecht,
Stamm' MX. 139 usw., vgl. arm 'Wurzel', armat 'Wurzel, Ur-
sprung, Grundlage' (?).
11. zaros eine Pflanze, x«M«iöpuc nach Wb., 'Teucrium',
'Gamander', 'Leberkraut' nach dem Busabarutliiun S. 215. Nur
Med. Sehr.
12. zavak {(jQn. zavaki) 'Same, Nachkommenschaft' Gen. 8,
15; 7, 3; 9, 9; 12, 7 usw.
13. zhatim (zbatecay) oder zbatnum 'sich beschäftigen (plagen,
sorgen, beunruhigen, zersü'euen) mit etwas' FB. 30, Z. 10 v. u.,
Luc. 8, 14; 10, 40-41; 12, 29, Prediger 3, 10, Eznik 178.
14. zhausnum^ zhausanim (aor. zhausay\ zhausanam 'sich er-
götzen, sich vergnügen, sich die Zeit verti'eiben, sich beschäftigen',
dazu hfnazhaiis-em 'Gewalt antun, zwingen' (f)ufn 'Faust, Gewalt').
15. zgac-eal 'angetan luit, bekleidet mit, behaftet mit' (z. B.
Armeniaca. 467
Schwachheit) 1, Korinther 8, 10, Hebräer 5, 2 ; 7, 28, praes. zgac-
nu-m 'behaftet sein oder werden', zgac-nmn Mas sich Bekleiden
mit' (einem Sack = Traiierkleid) Jesaias 22, 12.
16. zgaif 'Aufstoßen, Rülpsen', zgaifim 'aufstoßen, rülpsen,
auswerfen, ausspeien'.
17. zeix 'ausschweifend, unzüchtig, zügellos' MX, III, 63
(S. 263), zetx-ana-m 'ausschweifen, schwelgen' (im Weintrinken
Eznik 285), {i ginvoj 'im Weine') zetxeal 'berauscht' MX. III, .55,
zeixufiim 'Ausschweifung' Ephes. 5, 18. <«
18. zetfem (zetcefi) 'dunkel lassen, nicht erklären, verbergen,
beiseite lassen, übergehen*.
zetj siehe zitj Nr. 21.
19. zen-u-m (aor. zen-i) 'schlachten, opfern' Mc. 14, 12 usw.
20. zzu-eni (aor. zzueci) 'beleidigen, schmähen, schelten, ver-
höhnen, belästigen, plagen', 3. Moses 19, 14; Ruth 2, 16; FB. 12,
Z. 7 ; zzuan/c 'Widerwille, Ekel, Beleidigung, Unterdrückung, Plage'.
21. zitj (Gen. ziß) 'Bedauern, Reue, Gewissensbiß' 4. Kg.
3, 27 (|aeTd)Lie\oc), Ehs. 35, Z. 13 v. u., zijanam (aor. ztjapag) 'ich
bereue, es reut mich' Mt. 12, 41 ; 21, 30, 32 usw.
22. zist (Gen. zsti = zdsti) 'Schenkel' (laripöc) Gen. 32, 25,
Lev. 3, 10 usw.
zirk s. zrk Nr. 43.
23. zlanam = zdlanam (aor. zlapag) 'unrechter Weise nicht
geben, versagen, verweigern, wegnehmen, rauben, berauben, aus-
schheßen von' — 5. Moses 24, 14, Prediger 4, 8, Sirach 4, 1 usw.
Denominativ von *zil- oder *zul-.
24. zkef, dzkef 'Mispel' Galen.
25. zkrktanli 'Genüsse'? Philo de Providentia (Yenedig 1822)
S. 106, nach Gaxcax = ital. 'rutto, il ruttare' (?).
26. ztal, zotal (= zyal^ zoyal?) 'Kornelkirsche' (Baum und
iVucht) Med. Sehr. Nach Wb. = fremdem zeyal?
27. zmailim (aor. zmailecay) 'sich satt trinken, voll werden
von süßem Wein, von Freude, Wissen u. dgl.' Hosea 13, 6, Agath.
usw., zmailecufanem 'anfüllen, sättigen' Jeremias 31, 14, Lanibr.
28. zmbat^ zambat Ezechiel 7, 7, 10 'KaKia, TrXoKri; Yer-
wirrung, Sorge, Betrübnis, Bestürzung'?, zdmbat-i-m 'sich Sorge
machen, sich beunruhigen'.
29. zdmrim = zdmbrim (aor. zamrefay usw.) 'starr oder ver-
■wirrt, bestürzt, betäubt werden, verstummen vor Yerwirrung'
Philo de vita contemplativa ed. Conybeare S. 167. Ygl. fmbrim
31*
468 H. Hübschinann,
'betäubt Averden, in tiefen Schlaf verfallen', tmhir 'betäubender
Trank' neben fmrhn usw. AGr. 449.
80. zndam = zandam (aor. zndaci) 'Mitleid haben, schonen*
Eznik usw.
31. znnem {aoT.znneci) 'erforschen, untersuchen' Richter 16,
26, Sirach 9, o, 8; Römer 11, 33, abgeleitet von z?iin 'Kennen-
lernen, Beobachtung' 1. Moses 34, 1 usw., zmiumn 'Untersuchung'
Philo Genes. 3, 3 (S. 170). Vgl. fcnin 'Untersuchung'.
32. sovot {zuot zovöt) 'Genosse, Teilnehmer' Sirach 6, 10 ;
42, 3 ; zovotufiun 'KOivuuvia' 3. Moses 6, 2.
33. zvarf (ziiarf) 'fröhlich, heiter, munter, verständig,
nüchtern' 2. Timoth. 4, 5, zvart'agin 'fröhlich, verständig' Luc. 8,
15, zvartanam 'fröhlich sein, guter Dinge sein' Richter 16, 25;
19, 7 ff. 'wach sein, nüchtern sein' 1. Petr. 1, 13 ; Offenb. Joh. 3, 3;
zvarf an 'nüchtern, besonnen, wach' 1. Petr. 4, 7 ; 1. Thessalonicher
5, 6, 'Wächter = Engel' Daniel 4, 10. Vgl. arfun = zartun 'wach'.
34. zvarc (zuarc) 'freudig, fröhlich, heiter', zvarcanam 'sich
freuen, sich ergötzen, frohlocken' Zephanja 3, 14, Sprüche 27, 9,
Weisheit Saloraonis 13, 3; zvarcuüim 'Freude, AVonne' Zephanja
3, 17. Vgl. Sebeos S. 67 : der König Chosrov zvarcanair zvarfanair
mecav xndufeamh 'freute sich sehr'.
35. zvirak die Pflanze Origanuni Philo ad Lysimachum S. 144.
36. zuk (Gen. zuH) 'Storax' Wb., xunk zukin "den die Ar-
menier Arus nennen, der aus Bäumen ausschwitzt (und) wie
Honig oder dicke Hefe (ist)" MX. Geogr. ed. Soukry S. 23.
37. zusp 'eingeschränkt, eingeengt, zusammengezogen, fest
angebunden', zsp-em 'zusammenziehen, zurückziehen, einwickeln,
einhüllen, einschränken, einengen, in Zaum halten' Sirach 38, 16.
38. zut 'rein' 3. Kg. 7, 49, 50 ('reines Gold'), ztem 'reinigen,
läutern' Hieb 22, 25, Eznik 183.
39. zopam (aor. zopacay oder zopaci) 'zittern, beben, jammern*
(Sirach 12, 19 = griech. öiaqjiOupi^oi 'zischeln'?).
40. zo/canc 'Schwiegermutter' (Mutter der Frau) Matth. 8, 14.
41. zrahan-/c 'Haufen 4. Kg. 10, 9.
42. zrav 'Ende' Osk., Euseb., MX. usw.
43. zrkem (aor. zrkefi) mit Akk. 'Jemand Unrecht tun, be-
rauben' Mt. 20, 13, Luc. 19, 8, Apg. 7, 26 usw., zirk 'beraubt,
entblößt, ohne — ' Lambr., vgl. zgaijazirk Narek.
44. zroif; (Gen. zrupi) 'Erzählung, Bericht, Überlieferung*,
Gen. 37, 14, Luc. 7, 17 usw.
Armeniaca. •469
45. zaus in zaiisalcat^) 'schmutzig gewinnsüchtig' (aicxpo-
Kepönc) Titus 1,8; 1. Timotheiis 3, 8, zaiisot-utnm 'Begierde,
Lüsternheit, Wollust'.
Die altarraenischen Wörter, die niit z anlauten, lassen sich
also auf ungefähr 83 Wurzelwörter zurückführen, von denen,
wenn wir von den 3 vorgesetzten Partikeln z: der Akkusativ-
partikel, der Präposition mit Instr., Abi. und Gen.-Dat. und dem
VerbalpräfLx (in etwa 48 Wurzelwörtern) absehen, 38 Lehn- oder
Fremdwörter und 45 etymologisch dunkle Wörter sind. Unter den
letzteren sind zweifellos noch verschiedene Lehn- und Fremd-
wörter, sowie eine Anzahl von solchen Wörtern, die mit dem
Verbalpräfix z zusammengesetzt sind, ohne daß wir sie als solche
erkennen können, sodaß die Zahl der ursprünglich und eigentlich
mit z anlautenden Wurzelwörter nur eine geringe gewesen sein
wird, zumal anlautendes z im Altarmenischen öfter für az^) und
dann vielleicht für proklitisches iz- oder uz- steht, mithin ur-
sprünglich vokalisch anlautete. Daß es aber anfangs gar keine mit
2 anlautenden Wörter gegeben habe, darf vorläufig nicht behauptet
werden, da z. B. Wörter wie zenum 'schlachte' weder als entlehnt
noch als (mit z) zusammengesetzt gelten können, sondern zunächst
als echtarmenisch und einfach anzusehen sind. Wie aber das an-
lautende z (und dz) etymologisch zu deuten sei, ist trotz aller bis-
herigen Erklärungsversuche noch dunkel gebheben 3).
2. Arm. zgam 'merke'.
Das zmn Präsens zgam, Aor. zgaci gehörige Futurum
lautet 1. p. zgacic^ 2. p. zgasces, 3. p. zgasce (Hiob 40, 18) und
zeigt, daß die dem Yerbum zugrunde hegende Wurzel im Ar-
menischen zweisilbig — also als dzga- gesprochen wurde*). Zu
1) ßat = 'sammelnd' von ßatem 'sammle'.
2) So schreiben die Armenier bei der Trennung der Silben am Ende
der Zeile: az-divahars 'die Besessenen' Mt. 4, 2-4; az-lcez 'dich' Mt. 5, 29;
dz-jefane 'an der Hand' Mt. 8, 15 usw.
3) Vgl. Meillet MSL. 9, 54; 12, 423, Verf. AGr. 446. IF. 10, Anz. 45.
Im Inlaut steht z für idg. gh nach Vokalen (vgl. baziim AGr. 426, dizanim
439, lezu, lizem 452, mozi? 475, oz7ii (aus *ozini) 481 und viz KZ. 36, 340;
38, 225), ferner für s vor b (vgl. skizbn neben slsanim von *skins oder *shik'^).
4) Nach Meillet Esquisse § 24. Über zgeccis und dnfercif s. Esquisse
S. 98. Freilich ergibt sich unten, daß zgafic zgasdes usw. erst nach Analogie
gebildet ist, daß also Formen wie zgasges hier nichts beweisen. Aus dem Fut.
jfascis, stasfi schließt Meillet § 24 auf eine zweisilbige Wurzel asta in stanam
'erwerbe' AGr. 492, wie sie auch im Text bei Euseb. Kircheng. 426 — 427
idstanair, astageal) vorliegt. Ist dieses a nun auch etymologisch berechtigt?
470 H. Hübschmann,
dieser "Wurzel gehören : 1 . das Präsens zgam usw. 'merken, fühlen,
empfinden, wahrnehmen, bemerken, erfahren' (lat. sentire) Hosea
7,9, Mc. 6, 38, Philo Genes. T, 29 (S. 21), FB. S. 137, Z. 6; 236,
Z. 8 V. u., 237 usw., anjin zgal 'wieder zu sich kommen' 2. Maccab.
3, 35 ; zgali 'sinnlich wahrnehmbar' (aicGrixöc), vgl. den Infinitiv
zgal\ 2. der Aorist zgafi usw. mit den vom Aoriststamm abge-
leiteten Formen: zgagucanem (Kausativ) 'Anzeige, Mitteilung
machen, anzeigen, angeben' Apg. 23, 15, 22; 24, 1 usw., irazgac
(v. 1. irazgac) linim {iniifc) 'ich erfahre (von etwas), erhalte Kunde*
(von etwas) MX., Pharp., Joh. Kath., Agath. (von ir 'Sache' und
zga(!, also etwa 'sachkundig') ; 3. die Form zgay in an-zgay 'ohne
Empfindung, ohne Gefühl, ohne Bewußtsein, ohne Vernunft',
yanzgay 'bewußtlos' 2. Maccab. 3, 27, yanzgayeal 'ohne Bewußt-
sein, unsinnig geworden' (durch Wein) 2. Moses 32, 18, anzgayahar
'ohne es zu merken, unbewußt, ohne Sinn und Verstand', anz-
gayagoin 'unempfindlicher', anzgayufiun 'Unempfindlichkeit', anz-
gayun 'unempfindlich', zgayakan 'sinnbegabt, sinnlich' (sensibilis)
Philo Genes. II, 59 (S. 142), zgayaran 'Sinnesorgan, Sinn', zgayu-
fiun 'Sinn, Sinne, Empfindung, Bewußtsein, Wahrnehmung' Philo
Genes. II, 59 (S. 148) usw., zgayun 'sinnlich wahrnehmend, ver-
stehend, verständig, sinnlich wahrnehmbar, materiell'; 4. die Form
zgast in zgast (Stamm zgasti-) 'cuucppLuv, bei Sinnen, bedacht, Acht
gebend, aufmerksam, gewahr werdend, vorsichtig, verständig, klug,
mäßig, nüchtern, enthaltsam, ehrbar, sittsam' Titus 2, 2 ; Tobit 6,
12, Apg. 18, 50; 17, 12, zgast linim 'ich werde benachrichtigt,
erfahre' 2. Maccab. 12, 4, zgastanajn (aor. zgastacay) 'cujqppoveuj,
'vernünftig werden, besonnen sein, bei Sinnen sein, wieder zu
sich kommen' (Gegens. afancanem) 2. Kor. 5, 13, Rom. 12, 3;
13, 13, 1. Petr. 4, 7, Mc. 5, 15, Luc. 8, 35, zgastapucanem 'cuj-
(ppoviZiiu, zur Besonnenheit bringen, ermahnen'Titus2,4, zgastutiun
'cuuqppocuvri, Besonnenheit, Sittsamkeit, Züchtigkeit' l.Timoth. 2, 9,
2. Timoth. 1, 7, Titus 2, 3 u. 12; 5. wahrscheinlich auch die Form
zgaun^) in zgaun (Stamm zgauni- nach Wb.) 'mild, sauft, ruhig,
zahm, verständig' Eznik usw., zgaunanam 'sanft, zahm werden',
zgaunapucanem 'zähmen', zgaimutiun 'Milde, Erkenntnis' (aicOricic)
Sprüche 1, 7, 'Weisheit' Sirach 1, 4, Psalm 110, 10, 'die Weisheit
und Sprüche Salomonis' 2. Petr. 2, 22 und 6. zgam in anzgam
'töricht, unverständig, böswillig, halsstarrig' 1. Petr. 2, 15, Römer
2, 20, 1. Kor. 11, K); 12, 0 usw., anzgamufiun 'Torheit, Bosheit*
1) Über au neben a s. IF. 12, Anz. 56.
Armeniaca. 471
1. Moses 31, 24, 5. Moses 22, 21, Mc. 7, 22, Römer 1, 29, 1. Kor.
5, 8 usw. Wie die im großen Wörterbuch 1, 729 unter zgaun
angeführte Stelle aus Eznik zeigt, ist zgaun dem Smne nach
der Gegensatz von anzgam ; ersteres kommt niemals negiert (als
*anzgaun) vor, letzteres niemals ohne Negation (als *zgam), sodaß
also anzgam eigentlich die Negation von zgaun ist und beide,
*zgam und zgaun^ ursprünglich gleichbedeutend waren, wie sie
ja auch Ableitungen derselben Wurzel 9zga- sind.
Zu dem System des Verbums zgam (nicht zur Wurzel
dzga-) gehört aber auch das Yerbum zekufanem (aor. zekupi)^ das
von dem Wb. 1, 729 durch zgacucanem, irazek ^ irazgac (sie!)
afnem, tetekacucamm usw. erklärt wird, zekucanem ist, wie die
Endung -ucanem zeigt, das kausative Präsens zu einem Aorist
1. Pers. '^'zekL ebenso wie zgacucanem das kausative Präsens zu
einem Aorist zgaci (Präs. zgam 'merke') ist. Da nun aber zeku-
canem 'Anzeige erstatten, anzeigen, benachrichtigen, unterrichten,
kund tuu, bedeuten' Apg. 25, 14, Koriun S. 13, Z. 7 v. u. (Aus-
gabe 1894 S. 23, Z. 11 V. u.), Philo usw. bedeutet, so fällt es dem
Sinne nach wirklich mit zgacupanem zusammen, und wir erhalten
somit — dem Sinne nach — zwei Aoriste zum Präsens zgam
'merke', nämlich das bezeugte zgac-i und das nicht mehr vor-
handene *zek-i. Daß aber ein solches fi'üher existierte, zeigt
— außer zekucanem — das Adjektiv irazek 'informiert, benach-
richtigt, berichtet' in irazek linim 'ich werde berichtet über' —
= 'mir wird berichtet über Jd. oder von etwas, ich erhalte Kunde'
(mit vasn oder z oder mit Dativ) Apg. 21, 21 und 24, Levond 7,
Joh. Kath., das aus ir 'Sache' und dem Aoriststamm zek zusammen-
gesetzt ist und also wie irazgac (s. oben) etwa 'sachkundig' be-
deutet. Es fragt sich nun, auf welchem Wege der Aoriststamm
zek in das System des Yerbums zgam gekommen ist. Und das
ist nun leicht zu erkennen. Zum Präsens gam 'ich komme'
gehört nach suppletiver Art der Aorist V) eki 'ich kam' (3. ekn
=^ idg. '*e-gem-t AGr. 441), und wenn durch Zusammensetzung
mit der oben behandelten Partikel z das Verb um übertragene
Bedeutung erhielt (vgl. deutsch 'kommen' und 'hinter etwas
kommen'), so entstand naturgemäß das Averbo : zgam 'ich merke,
erfahre' : *zeki 'ich merkte, erfuhr'. Zu *zeki wurde das Kausa-
tivum zekucanem : zekuci ganz regelmäßig gebildet, während zu
1) Vom Aoriststamm eh- ist abgeleitet das Subst. ek (j-«-St.) 'Fremd-
ling' und ek (j-St.) 'Ankunft', Plar. 'Einkünfte, Ereignisse'.
472 H. Hübsch mann,
zgam nach dem Muster der regelmäßigen Verba auf -am [aiam
*ich mahle' : aor. ataci) der neue Aorist zgapi, zu diesem das
Kausativ zgacupanem usw. geschaffen wurde. Das ursprüngliche
Verbum hiutete also Präs. zgam: Aor. *zeki, Kaus. zekucanem, der
Aoriststamm zgac mit Zubehör beruht also auf jüngerer Ana-
logiebildung.
Das Verbum zgal deckt sich seiner Bedeutung nach gänz-
lich mit lat. sentire 'fühlen, empfinden, wahrnehmen' usw., das
früher zu got. sinßs 'Gang, Mal', gasinßa 'Reisegefährte', air. set
'Weg' usw. (Wz. sent) gestellt wurde, wonach auch hier ein Be-
deutungsübergang von 'gehen' zu 'fülilen, merken' usw. vorge-
legen hätte. Doch will man jetzt nur die Zusammengehörigkeit
von lat. sentire mit deutsch Sinn, sinnen gelten lassen. Vgl.
Schade Altd. AVtb.=^, 765, Kluge Wtb.^ S. 365, IF. 2, 316, dagegen
Walde Lat. etym. Wtb. 563.
3. Arm. nern 'Antichrist'.
Das Wort nefn (Gen. nefin^ Abi. i nefne^ Instr. nefamh^
Nom. Plur. nefinfc) 'Antichrist' 1. Brief Johannis 2, 18 und 22;
4, 3 ; 2. Brief Joh. 7, Eusebius Kirchengesch. S. 435 usw. macht,
da es ein einfaches, nicht abgeleitetes oder zusammengesetztes
Wort ist, seiner Bedeutung nach den Eindruck eines Lehnwortes
aus der Sprache eines christlichen Volkes. Da nun die Armenier
in alter Zeit manche Wörter aus dem Syrischen und Griechischen
(s. AGr. S. 320 und 323) entlehnt haben, liegt es nahe, auch in
nefn ein syrisches oder griechisches Lehnwort zu vermuten.
Da aber schon die Offenbarung Johannis 13, 18 auf Kaiser Nero
als Antichrist deutet, und da die Christen des römischen Reiches
wegen der Cln-istenverfolgung unter Nero in diesem den persön-
lichen Antichrist zu erblicken sich gewöhnten, von dem die
Sage ging, daß er nicht gestorben sei und dereinst wiederkehren
werde, so wäre es leicht begreiflich, wenn der Name Neros bei
manchen Christen die Bedeutung Autichrist angenommen hätte,
sowie der Name Cäsar die Bedeutung Kaiser annahm.
Das war aber bei den Armeniern der Fall, denn es kann
nicht zweifelhaft sein, daß das armenische Wort für Antichrist
nefn identisch ist mit dem Namen des Kaiser Nero in seiner
griechischen Form Nepiuv. Das haben schon die Mechitharisten
vermutet (s. Wb. 2, 413 s. v.), ohne aber diese Vermutung
irgendwie zu betonen und zu begründen. Wendet man aber
Armeniaca. 473
einmal probeweise die altarmenischen Lautgesetze auf das Wort
Nepuuv an, so müßte 1. nach dem ältesten Auslautsgesetz (AGr.
410, Chronologie der arm. Yokalgesetze S. 131 und 162) der
Vokal der letzten Silbe ausfallen, also Nepuuv zu *werw werden,
2. nach dem Lautgesetz, daß r vor unmittelbar folgendem n zu
r wird (Arm. Studien S. 74 ; AGr. S. 409, Meillet Esquisse S. 22),
*nern in nefn übergehen, das in der Flexion der Analogie von
Wörtern wie befn 'Last', Gen. befin, Instr. befamb ; garn 'Lamm',
Gen. garin; safn 'Eis', Gen. safin usw. folgt. Soweit wäre alles
in bester Ordnung, wenn nur eben die Chronologie der Laut-
gesetze nicht im Wege stünde.
Denn das Gesetz, nach welchem der Vokal der letzten
Silbe ausfiel, hatte bereits in urarmenischer Zeit gewirkt, wirkte
dagegen in cliristlicher und selbst in vorchristlicher parthischer
Zeit^) längst nicht mehr (AGr. 330), sodaß ein in dieser Zeit
entlehntes griech. Nepuuv im Armenischen zu *ne7'on oder *«e>*
(AGr. 331 ff.) hätte werden sollen^). Denn wenn das Gesetz,
nachdem es in der Urzeit {*dhukter =) *dustir zu dustr^), {*nirtos =)
mardo'' zu mard, [*'gJenos =) *katino'' zu hatin 'Eichel', '^skesurä
zu skesiir 'Schwiegermutter' usw. (AGr. 410) umgewandelt hatte,
in späterer Zeit noch einmal gewirkt hätte, so hätte katin zu
*katn^ skesur zu *skesr, dalar (GaXepöc) aus '^dalaro'' zu *dalr,
aber auch Lehnwörter wie lampar = griech. \a|UTrdb(oc) IF. 10,
Anz. 41 zu *lampr, patker 'Bild' (= phl. patkar = ap. patikara)
zu *patkr^ suser 'Schwert' (= syr. safser-ä^ mp. safser bei F. W. K.
Müller Handschr. aus Turfan S. 63) zu *susr, sahman 'Grenze'
(= phl. sämän aus *sähmän) zu ^saJimn usw. werden müssen. Das
ist aber nicht geschehen, sondern die aus dem Pehlevi, Syrischen
und Griechischen entlehnten Wörter behalten im allgemeinen*)
die Vokale ihrer letzten Silben auch im Armenischen und zeigen,
daß jenes Auslautsgesetz nur einmal und zwar vor der Partherzeit
gewirkt hat, in und nach dieser aber keine Geltung mehr hatte.
1) Das Christentum drang im 3. Jahrh. in Armenien ein.
2) Vgl. Sotomon (MX. 189) im 5. Jahrli.
3) Meillet Esquisse S. 33 nimmt an, daß das altarm. fZ»s^?- (ebenso
astt, eutn) geschriebene Wort wie diistdr {astdt, euf^n) gesprochen worden
sei. Das ändert am Gesetz nichts, wenn man überhaupt annimmt, daß im
Armenischen die durch Vokalausfall entstandenen vokalischen r, t, y, über-
haupt zu ar, dt^ dn (= «r, ei, «n) werden mußten IF. 12, Anz. 54. Es wurde
dann *dustir über *dustr zu dustar = duster.
4) AGr. 287, 330, 331.
i74: H. Hübschmann,
Also hätte griech. Nepuuv zu arm. *neron oder *ner werden sollen.
So richtig aber diese Schlußfolgerung ira allgemeinen ist, so
gibt es doch einige Wörter, die gegen die Regel erst in parthischer
oder früh-christlicher Zeit den Vokal der letzten Silbe verloren
haben, ohne daß wir die Bedingungen kennen, unter denen dieser
Verlust eintreten mußte.
Das sind folgende. 1. Griech. KaTcap (Gen. Kaicapoc) AGr. 354
ist im Armenischen zu kaisr geworden und hat die obliquen
Kasus nach Analogie der armenischen r-Stämme gebildet: Gen.
Dat. kaiser zu Nom. kaisr wie Gen. Dat. dster (aus '^düster) zu
Nom. dustr usw.^) Ich habe das Wort AGr. 329 als ältestes
griechisches Lehnwort im Armenischen bezeichnet, aber es kann
doch frühestens im 1. Jahrh. n. Chr. nach Armenien gekommen
sein"-). Das Wort ist dann noch einmal, als gelehrtes Wort (AGr.
329 und 354), von den Armeniern entlehnt worden in der Form
kesar (Gen. kesaric), die die spätere griechische Aussprache Käsar
reflektiert 3) und keinen Vokalausfall zeigt. Arm. kesai' ist somit
die spätere und gelehrte, kaisr die ältere und volkstümliche Form
des griechischen AVortes.
2. Arm. zaur 'Macht, Heer' AGr, 152 entspricht dem aw.
zävara 'Kraft' (neben zavaraca), dem mp. zävar und zör F. W. K.
Müller Turfan S. 48, 52, 58, 62 und 25, 26, 56—59 usw., dem
np. zör, das nach meinen Pers. Stud. 169 und 273 auf ap. *zavar-
zurückgeht wie mp. zävar auf ap. *zävar. Dies *zavar oder
*zävar wurde von den Armeniern in der Partherzeit als *zavar
entlehnt und durch Ausstoßung des zweiten a zu *zavr = zaur um-
gestaltet. Altarmenisches au (des 5. Jahrh.) wird ebenso geschrieben
wie av^ ging aber, wenn es als Diphthong gesprochen wurde,
im Mittelarm. in 6 (sprich o) über, während av als av erhalten*)
blieb ; da nun zaur im Mittelarm. zu zör (d. i. zor) geworden ist,
so nehme ich an, daß man im Altarm. zaur — nicht zavr oder
zav9r — sprach, und daß also das zweite a des arsacidischen *zavar
1) Ebenso litr, Gen. Ifer aus Xirpa, arfr, Gen. arfer aus äpöpov,
sakr, Nom. Plur. saker/c = cdKpa AGr. 332. Hier ist aber die auslautende
griechische Flexionssilbe, nicht der Vokal vor auslautendem r abgefallen,
vgl. AGr. 331—332.
2) IF. 10, Anz. 41.
3) Griech. ai wird im Armenischen durch e wiedergegeben, nur in
kaisr erscheint arm. ai für griech. ax: Clironologie der armenischen Vokal-
ges. S. 171.
4) Vgl. arm. atavni 'Taube' für *atavdni.
Armeniaca. -475
oder zävar im Armenischen nicht reduziert (zu 3), sondern ganz
ausgestoßen wurde ^).
3. Phl. bevar 'zehntausend' = np. bevar^ aw. baevard sollte
im Armenischen zu bevar oder bivar Averden, ist aber eben-
falls mit Verlust des Yokals der Endsilbe zu arm. Jewr, biur aus
*bev-r geworden (AGr. 121). Wenn aber die Wörter kaisar^ zavar
und bevar im Armenischen tatsächlich zu kaisr^ zaur und beur^
biur geworden sind, so ist nicht zu bezweifeln, daß auch Nepaiv
im Armenischen zu nefn (aus *nern) werden konnte und daß
also tatsächlich nefn aus Nepuuv entstanden ist. In 4 Fällen ist
demnach auch in der Partherzeit — gegen die Regel — der Yokal
der letzten Silbe (er und 0) ausgefallen, aber nur in Lehnwörtern
und nur vor der Liquida r und dem Nasal n.
Der Umstand, daß *nern zu nefn wurde, rührt daher, daß
r hier durch den Schwund des folgenden Vokales unmittelbar
vor n zu stehen kam (wie schon in arm. garn 'Lamm' aus urarm.
*garin^) == idg. Vgren). Denn r ist sonst vor n geblieben, wenn
zwischen beiden der reduzierte Vokal 9, der gewöhnlich nicht
geschrieben wird, gesprochen wurde, was in der Regel ^) der Fall
war, wenn nach dem jüngeren*) Vokalgesetz i und u in nicht
letzter Silbe ausfielen, vgl. garun 'Frühling', Gen. garnan d. i.
gardnan aus *garnnan ; vernahm 'Obergeschoß' aus veranahm =
*verinatun von verin 'obere', korncim 'zugrunde gehn' (aor. koreay
aus *kori-ay\ aus *kordncim, vrnjem 'wiehern' aus *vrd7ijem AGr.
495, IF. 10, Anz. 46 usw. Also ist nefn nicht aus *neran, sondern
direkt aus *nern mit völligem Schwund des 0 von Nepuuv ent-
standen, ganz wie arm. gafn aus *garn für urarm. *garin nach
urarmenischem Lautgesetze ^).
1) Auf die Differenz zwischen phl. np. zur und arm. zor — zor aus
altarm. zaur habe ich schon AGr. 152 hingewiesen. Beide gehen auf alt-
pers. oder altphl. *zavar (resp. *zavar) zurück ; die Armenier entlehnen
das Wort und stoßen das zweite a aus, wodurch *zavr = zaur entsteht ;
die Perser kontrahieren ava (in *zavar) zu ö, wodurch zör entsteht. Hätten
die Armenier im Persischen schon die Form zör gehört und diese über-
nommen, so hätten sie daraus *zoir oder *zor (nicht zaur, zor, zor) ge-
macht; s. Chronologie d. arm. Vokalgesetze S. 166 — 169. Aus ap. *zävar aber
wäre durch Kontraktion np. *zär entstanden : Pers. Stud. 168.
2) Hier fällt i nach dem ältesten Vokalgesetz AGr. 410 A aus.
3) Vgl. IF. 12, Anz. 54.
4) AGr. 410 B, 2.
5) Altarm. Beispiele mit fn s. Armen. Stud. S. 74. Aber auch in
griech. Lehnwörtern erscheint fn für pv, AGr. 328, Z. 12, vgl. pornik zu
■476 H. Hübschmann,
4. Arm. ail = kypr. aiXoc?
In meinen Arm, Stud. 1, 77 § 45 habe ich behauptet,
daß arm. ail (Gen. ailoij) 'andere' durch Umstellung aus *alyo-
= lat. alitis (griech. dWoc, got. aljis usw.) entstanden sei, während
y nach r (in stei'j — cxeTpa, anurj = öveipoc und mrjiun 'Ameise'
S. 66, § 19) zu / geworden sein soll. Das bestreitet Bartholomae
Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 24, der -rj in sterj usw. auf idg. rk^
oder rg^ zurückführen will und idg. hj durch Epenthese nur in
arm. il {all, gail, pail) übergehen läßt. Dagegen behauptet Meillet
MSL. 8, 237, daß idg. y nicht nur nach r (wie in sterj^ anurj usw.),
sondern auch nach l zu / geworden sei und beruft sich auf die
Gleichung: arm. oij (o-St.) 'gesund, ganz, vollständig' = air. uile
'all, ganz' aus *olyo-s (AGr. 481), die jedenfalls sehr ansprechend
ist. Indem er aber daraus folgert, daß idg. ly überhaupt zu arm.
ij geworden sei, wird er genötigt, aus idg. *alyo-s ein arm. *atj
zu folgern und somit das vorhandene arm. ail von idg. *alyos
= griech. dWoc, lat. alius usw. zu trennen und ein idg. *ailo-s^
das er in kyprisch aiXoc und lat. ille^) wiederfindet, zurückzu-
führen. Ich habe dagegen in meiner Arm. Gramm. S. 481 an der
Gleichung arm. ail = griech. dWoc usw. aus *alyo-s festgehalten
und eben darum die von Fr. Müller und Meillet befürwortete
Gleichung arm. otj = sdr. uile aus ^'olyo-s'^) zwar ohne Fragezeichen,
aber doch nicht ohne Bedenken vorgetragen. Ich halte aber diese
Bedenken jetzt für hinfällig, da ich Osthoff Etym. Parerga 1, 289
zustimme, der mit Ablehnung von MeiUets Ansatz eines idg.
*ailos = arm. ail einfach annimmt, daß idg. ly = li im Armenischen
unter gewissen (noch unklaren) Bedingungen teils zu il, teils zu
tj geworden sei. Während nun aber der Übergang von idg. ly,
ry {ti, ri) in f/, rj durch otj, sterj, anurj (vgl. mrjiun, etjiur
Osthoff a. a. 0. 290) sicher gestellt ist, scheint es, wenn ail vor-
läufig außer Betracht bleibt und von den unsicheren Fällen wie
gaü AGr. 481 und pailem AGr. 500 abgesehen wird, an sicheren
Beispielen für den Wandel von ly (li) in il zu fehlen. Indessen
scheint es nur so, denn in Wahrheit liegen doch wenigstens zwei
-iröpvoc, TTÖpvn AGr. 373, bastern = ßacrepviov AGr. 118, 511, kistetn = kic-
xdpva AGr. 357, matufn, Gen. matran zu griech. inaprüpiov? AGr. 363.
FreiUch nimmt später f für fremdes r immer inehr überhand.
1) Lat. ille aus *Tle? Dagegen s. Brugmann, Die Demonstrativpro-
nomina der idg. Sprachen S. 96.
2) Oder otj aus *solijos, vgl. öXoc aus ö\Foc, lat. salvos usw. ?
Armeniaca. 477
sichere Beispiele vor, nämlich toil und nsoil. Das Subst. Ml^)
mit dem Verb tal "geben' verbunden, bedeutet: 'lassen, zulassen,
gewähren lassen, erlauben, erlassen' Mt. 3, 15; 8, 22; 13, 30 usw.
und gehört ohne Zweifel zum Verbum fot-u-m (aor. 1. iot-i,
ipt. tbt) 'lassen, zulassen, erlauben, erlassen, vergeben, verlassen,
im Stich lassen, entlassen, zurücklassen' Mt. 6, 12, 14, 15; 9, 6;
18, 32; 27, 47; Mc. 1, 31; 11, 16 usw-, dessen Wurzel foi- ist.
Da arm. toil aus älterem foit, das in den ältesten Handschriften
noch vorliegt (IF. 12 Auz. 56), entstanden ist, so kann foü =
foit nur aus urarmenischem thii/o- [fotio-) entstanden sein und
liefert die gewünschte Parallele zu ail = ait aus idg. "^'alyo-s {*alio-s).
Ebenso nsoil, älter nsoit (^-St.) 'Strahl' Luc. 8, 36 usw. (wovon
nsui-em (nsotem) 'strahlen lassen' Narek.), das offenbar zu soi
'Strahl', sot-am 'strahlen, blinken, funkeln, blitzen' Hiob 39, 23 usw.,
soi-sot-im 'blitzen, blinken' Narek., sotiun 'Blitzen, Leuchten'
gehört und auf urarm. *ni-sot-y- zurückgeht.
Danach darf also arm. ail, älter ait aus idg. *alt/o-s {'^alio-s)
erklärt imd mit griech. ctXXoc, lat. alius u. a. gleichgesetzt werden.
Dagegen wird die Annahme eines idg. *ai-lo-s vom Armenischen
nicht gefordert. Ob vom Keltischen und wenigen griechischen
Dialektformen (Brugmann, Demonstxativpron. 114), mögen Andere
untersuchen 2).
5. Arm. giser 'Schmelz'.
In den IF. 16 S. 419 habe ich bei der Besprechung des
Ortsnamen G^/serq/or 'Xachttal' bemerkt, daßBrosset diesen Namen
als 'la vallee du jais' gedeutet hat, daß mir aber giser nur im
Sinne von 'Nacht' (vgl. AGr. 435), nicht auch von 'Schmelz' be-
kannt sei. Daß aber das Wort auch die Bedeutung 'Schmelz' ge-
habt oder angenommen hat, beweist das Georgische, das giser
(georg. giser-i) in der Bedeutung 'jais, pierre noire' Tschoubinoff
Dictionnaire Georgien -Russe-Fran9ais 1840 S. 127 aus dem Ar-
menischen entlehnt hat.
6. Arm. janjaxarif 'scharlachrot'.
Das Wort Jaw/aicanf findet sich im Armenischen bei Jesaias
1, 18 (griech. qpoiviKoOv ,hebr. sänim) und bei Jac. Nisib. (= Afraates)
1) Als Adj. foü, Gen. fuloi/ — 'nicht lest, locker, weich, schlaff' usw.,
eigentlich 'lässig'.
2) Thurneysen (briefl. Mitteil, vom 17. Mai 1906) führt kymr. bret. eil
ebenso wie ir. aüe auf *aIio- zurück und beruft sich auf das Lehnwort
nkymr. yspail, mkymr. yspeil = lat. spoUa (spätlat. spolia).
478 H. Hübschmann,
8. 77 und ist erst von hier aus an andere Stellen der armeni-
schen Literatur gekommen. Bei Afraates a. a. 0. übersetzt jan-
jaxarif das syrische i^n^lIHT z^^öridä (Afraates ed. Wright 78, 1)
'coccum', und da das Wort nicht echt armenisch ist, wie schon
Öaxöax Wtb. 909 bemerkt hat, so wird es wohl ein syrisches
Lehnwort sein, das aber die Syrer selbst erst nach Jensen aus
dem Babylonischen (m zahurüu 'vinum zahuricum') bezogen haben,
s. Brockelmann Lexicon Syriacum S. 93. Das armenische Wort
weicht lautlich vom syrischen ab : man sollte etwa arm. *zaxarit
oder mit^' für fremdes z (wie in jVT = syr. zaitä^jiuf = syr. ziftä
usw. AGr. S. 287): *jaxarif erwarten, während dafür die Form
jan-jaxarif im Armenischen erscheint, die aussieht, als wäre sie
mit intensiver Keduplikation gebildet, was natürlich nicht der
Fall ist. Trotzdem stehen sich die gleichbedeutenden Wörter
formell so nahe, daß man sie nicht von einander trennen darf,
sondern das armenische Wort für ein semitisches Lehnwort halten
muß. Somit empfiehlt es sich auch, arm. xanjario' 'Windel' Luc. 2, 7
nicht wegen lautlicher Yerschiedenheit von syr. 'azrürä 'fascia'
Luc. 2, 7 (Brockelmann Lexicon Syriacum S. 247) zu trennen,
wie ich AGr. 517 getan habe, sondern es als syrisches Lehnwort
anzusehen 1).
7. Kasusattraction im Armenischen.
In der Syntax stimmt das Armenische im Allgemeinen mit
den älteren indogermanischen Sprachen überein, bildet dafür aber
einzelne sehr abweichende Erscheinungen aus, die auch von
Armenisten oft nicht verstanden oder mißverstanden werden.
Die wichtigste und häufigste derselben ist die Setzung des Subjekts
in den Genitiv beim Partizip auf -eaP), die aber hier nicht be-
handelt werden soll: die seltenste ist die Kasusattraktion, auf
die ich hier in Kürze hinweisen will. Sie besteht darin, daß ein
von einem Ablativ oder Instrumental abhängiger Genitiv attrahiert
und dadurch selbst zum Ablativ oder Instrumental werden kann.
Ich habe Beispiele derselben an folgenden Stellen notiert,
1) Vgl. syr. xazzürä (= *xanzüra) = arm. xnjor (= *xinjor oder
*xunjor) AGr. 305 und 286. Wegen des Anlautes vgl. syr. aram. 'arbälä:
arm. xarbal-em 'sieben' AGr. 304.
2) Man sagt z. B. im teseal e zna ; wer teseal e zna usw. "ich habe
ihn gesehen; wir haben ihn gesehen', eigentlich: "meiner gesehen ist ihn;
unsrer gesehen ist ihn' usw. Selten steht der Gen. beim passiven Partizip :
cneal Ormzdi — ekn 'da wurde Ormizd geboren und kam' Eznik 114, eigent-
lich: 'geboren des Ormizd — 'kam'.
Armeniaca. 479
A) Der Genitiv wird an den Ablativ attrahiert. Faustus
von Byzanz (Venedig 1832) S. 7, letzte Zeile: i knoje tagavoren
'von der Frau des Königs' (eigentlich 'von der Frau vom König')
anstatt der gewöhnlichen regelrechten Konstruktion i knoje ta-
gavorin., S. 8, Z. 9 v. u. y anhnarin kckufenen tanjanacn (er be-
freite sie) 'von den unerträglichen Qualen der Verschnürung' i)
anstatt kckuteann tanjanapn; S. 11, Z. 8 v. u. i nmane kuse 'yon
seiner Seite' = 'von Seiten desselben' für i nora kuse\ S. 12,
Z. 7 V. u. i — cautoin gitufene (trinken) 'vom Tau des "Wissens'
anstatt i cautoin gitufean\ S. 28 — 24: y erkren Hayastane 'aus
dem Lande Armenien' anstsitt y erkren Hayastani ] S. 123, Z. 9:
i nahangen Taraun gavaren 'aus dem Gebiete des Kantones Taraun'
(Altarmen. Ortsnamen S. 375) anstatt i nahangen Taraun gavarhi;
S. 21, Z. 9 y erkren yiäxanut'enen Hayoc (er trennte sich) 'vom
Lande der Herrschaft der Armenier'; (eigentlich: 'vom Lande
von der Herrschaft d. A.) anstatt y erkren isxanufeann Hayof;
S. 231, Z. 6 V. u. y erkren fagavorufenen Yunap 'vom Lande des
Königreichs der Griechen' anstatt y erkren fagavoruteann Yunac.,
S. 200, Z. 18 V. u. i Ganjake kiise y Atrpayakan taue 'nach der
Seite von Ganjak in Atropatene', eigentlich 'von der Seite von
Ganjak vom Atropatenischen Lande (Hause)' anstatt i Ganjaki
kuse Atrapayakan tan-, S. 207, Z. 7 v.u. y anrof paranopen sttayicn
sareafn (er befreite ihn von den eisernen Fesseln, von den Hand-
fesseln und von den Fußeisen und) 'von den Halsringen der
Kettenfesseln' anstatt y anroc paranocin^) 'von den Ringen des
Halses'.
Eznik (Venedig 1826) S. 121, 3 v. u. i mardkane hfiarotut'ene
Murch Erfindung der Menschen' (mit der Variante mardkan)
anstatt i mardkan hnaroiufene] S. 180, 3 — 5: y uftoin snanaloy
— i stamokse xangareloy — yorovaine xstanaloy 'vom Leerwerden
des Gehirns — vom Verderben des Magens — vom Verhärten
des Leibes' für i stamoksi xangareloy — yorovaini xstanaloy^).
Sebeos (Petersburg 1879) S. 139, 9 v. u. i patvoy isxanufe?ien
(sie entkleideten ihn) 'der Ehre des Fürstentums' (= der Stellung
als Statthalter von Griech. Armenien) anstatt i patvoy isxanufeann.
Kirakos S. 29, 10 v, u. i getje Bagarane 'aus dem Dorfe Bagaran'
(vgl. Altarm. Ortsnamen 376 — 377) usw.
1) Eigentlich: 'das zu einem Knäuel verwickelt sein'.
2) So will Fr. Müller WZKM. 10, 97 den Text korrigieren. Mit Unrecht.
3) Die Formen auf -oy sind Ablative des Infinitivs, nicht des Partizips.
480 L. Sütterlin,
B) Der Genitiv wird an den Instrumental attrahiert. Faustus
von Byzanz S. 19, Z. 7 bazmufeamh zaurau/cn Hayoc 'mit der
Menge der armenischen Truppen' (eigentlich : mit der Menge mit
den Truppen der Armenier) anstatt hazmufeamh zauracn Hayo(;\
S. 30, Z. IG amenain hanakauHn bazmufeamb/c 'mit allen Heeres-
mengen' (eigentUch : mit allen Truppen (Lagern) mit j\Iengeu) an-
statt amenain hanakacn hazmufeamh lt\ S. 223 1. Z. haniv zaurufeamb
'durch Machtwort' (eigentlich : durch Wort durch Macht) anstatt
haniv zaurutean. EusebiusKirchengeschichte (YenediglSTT) S.432,
Z. 7 V. u. haniufc attetuteamh 'mit schmutzigen Worten' (eigent-
lich : mit Worten mit Schmutz) anstatt haniufc attetufean. Sebeos
S. 26, Z. 5 handerj miahanufeamh amenain Hayastaneauk 'im Ein-
verständnis mit allen Armeniern' anstatt handerj miahanufeamh
amenain Hayastaneaic ; S. 40, Z. 14 : liufeamh avarav iureanc 'mit
der (gewaltigen) Fülle (^ Menge) ihrer Beute' anstatt liufeamh
avari iureanc. Matthäus v. Ufhay (Jerusalem 1869) S. 286, Z. 9 — 10:
hazmufeamh zgro/c 'mit zahlreichen Truppen'; 165 1. Z. hazum
areamh hetmamh 'mit vielem Blutvergießen' (eigentlich: mit vielem
Blut mit Vergießen) anstatt hazum arean hetmamh usw.
Aus einigen dieser Beispiele könnte man schließen wollen,
daß die Attraktion einen formalen Grund gehabt hätte, indem
das Bestreben gewaltet hätte, das abhängige (im Genitiv stehende
Wort) dem regierenden in der Form anzugleichen (vgl. y erkren
Hayastane für y erkren Hayastani)\ aber dieser Schluß wäre
falsch, da in den meisten Fällen durch die Attraktion keinerlei
Ähnlichkeit der Form bewirkt wird. Sie geschieht also ohne
Eücksicht auf die Form.
Straßburg. H. Hübschmann.
Die Denominativverba im Altindischeu.
Die Verhältnisse bei den denominativen Verben des Alt-
indischen sind so einfach, daß sie den Betrachter zunächst ent-
täuschen; er hätte eine buntere Mannigfaltigkeit erwartet. Das
Altgriechische, dem das Altindische doch sonst so nahe steht,
benützt zahlreiche Endungen, verwertet sie ausgiebig und neuert
in verschiedener Hinsicht; nicht nur werden die einzelnen Aus-
Die Denominativverba im Altindischen. 481
gänge an Stämme übertragen, mit denen sie von Hause aus
nichts zu tun haben (Kan-pauu von Karrpoc, jaiiöi^uu von Mfiboc),
sondern es finden sich auch überall Ansätze zu neuen Cxruppen :
die Formen auf -iduu z. B. drücken eine Krankheit aus (wie
XiGidou) oder auch den Beginn einer Handlung (wie Tcpovriduu)
oder ein Streben nach etwas (wie dpxovTiduu). Und die eigent-
liche Verbalflexion des Altindischen ist doch sonst so reich!
Sie unterscheidet nicht nur begrifflich die Zeitverhältnisse und
die Stimmung des Trägers der Handlung durch mannigfache
Tempus- und Modusformen, sondern sie bestreitet auch ein be-
griffliches Bedürfnis gleichzeitig durch eine lautliche Mehrheit:
durch die verschiedenen Aorist- und durch die zahlreichen
Präsensklassen. Nur eines scheint für das Altindische in dieser
Hinsicht eigentümlich : d e r i n n i g e Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n
den nominalen und den verbalen Zusammensetzungen
mit einem Adverb als erstem Glied: es heißt vistärayati
u. vistära- m. (ohne *stärayati u. *s^ära-), äyäsayati u. äyäsa- m.,
prakopayati u. präkopa- ra. (neben kopayati u. kopa- m.), vimisrita-
u. vimisra-] und zwar ist dann wohl, wie iu den nhd. Gebilden
Entgelt u. Bezahlung^ das Adverb ursprünglich erst bei dem
Verbum vorhanden und von da auf das Nomen übertragen;
nachträglich aber konnten sich die Beziehungen kreuzen, zu-
mal wo ein zusammengesetztes, nicht denomiuatives Grundverb
daneben vorlag (vgl. darüber u. a. S. 506 f.).
Denominative Verben haben wir nun an sich zwar auch
in großer Menge, rund etwa 1300, wenn wir nur die unzweifel-
haften und durchsichtigen Beispiele in den beiden Petersburger
Wörterbüchern berücksichtigen. Aber sie verteilen sich auf
ungefähr ein halbes Dutzend Endungen, und von diesen Endungen
ist nur noch die Hälfte {-ayafi mit gut 500 Beispielen, -äyati^
ofe mit 4—500, -lyati mit über 100) lebenskräftig und drückt
jeweils ein bestimmtes, ziemlich einheitliches Begriffsverhältnis
aus; die andere Hälfte {-üyati mit 20 FäUen, -asyati u. -yati
mit je 40 — 50, und -ati mit etwa 60) ist wieder verkümmert.
Wir beginnen im folgenden mit der ersten wichtigeren
Formenklasse, der mit dem Ausgang -ayati.
Dabei heben wir aus dem gesamten Stoff zwei Abteilungen
heraus; die eine umfaßt die Beispiele des Rigveda und des
Atharvaveda und wird kurz als Vedisch' bezeichnet; die andere
berücksichtigt besonders die gelehrte Schriftstellerei mit ihren
Indogermanische Forschungen XIX. 32
482 L. Sütlerlin.
teilweise künstlich zuroclitgemacliten Formen, vor allem Gramma-
tiker, Ausleger und Wörterbücher; wir bezeichnen sie als 'spät'
oder 'jünger'. Die Hauptgruppe enthält also den Formenschatz
des gesamten 'klassischen' Schrifttums durcheinander (Epen,
Dramen, Lyrik, aber auch die Brahmanas, Upanischaden und
Suti-en); docli sind wichtige Beispiele aus älteren Schriftwerken
oft noch besonders belegt (mit TS., Ait. Br.). Dabei ist durch-
weg soweit als möglich auf die Komposita Rücksicht genommen,
auch wo das Präfix nicht ausdrücklich angegeben wird. Der
reduplizierte Aorist wird dagegen nicht als Denominativform
gerechnet; trotz atastarat konnte daher vorhin behauptet werden,
es sei kein *stärayati belegt.
A. Die altindischen Denominativverba auf -ayati.
Die Verba auf -ayati bilden schon durch ihre Zahl den
Grundstock der ganzen Denominativbildung; denn rund ge-
rechnet sind es ihrer, wie eben angedeutet, allein 500; und
zwar sind etwa 350 Formen abgeleitet von Substantiven, 150
von Adjektiven. Beide Klassen unterscheiden sich durch die
Bedeutung und müssen getrennt behandelt werden. Wir geben
deshalb überhaupt die Bedeutung bei Grundwort und Ableitung
genau an und vereinfachen dies Verfahren nur bei Beispiels-
reihen, wo das- erste Beispiel auch das Verhältnis aller fol-
genden veranschaulicht.
I. Die Substantivableitungen auf -ayati.
Von den 350 Substantivableitungen auf -ayati finden sich
gut 70 schon in den Veden, das Doppelte, rund 140, in der
guten, klassischen Literatur, und ebenso viele überliefert die
sprachliche Fachliteratur, Wörterbücher, Grammatiker und Text-
erklärer. Wir untersuchen zuerst die Bedeutungsverhält-
nisse, um einzelne Formabweichungen später damit erklären
zu können. Wegen der Betonung s. S. 518.
a) Die Bedeutung.
Auch für das Altindische gilt im allgemeinen der Satz,
den Behaghel für das Neuhochdeutsche ausgesprochen hat: die
verba denominativa bezeichnen im allgemeinen die Handlung,
den Vorgang, der bei Erwähnung des vom Hauptwort be-
zeichneten Begriffs am leichtesten ins Bewußtsein eintritt. Nur
Die Denominativverba im Altindischen. 483
liegen die Dinge im Indischen noch et^Yas einfacher als im
Deutschen. Wir unterscheiden nach dem Grundwort Ableitungen
von Personen- und Tierbezeichnungen, von Bezeichnungen leb-
loser Gegenstände und von Abstraktbilduugen.
a) Ableitungen von Personen bezeichnungen kommen
ungefähr nur 25 vor, sind also verhältnismäßig selten; davon
sind 7 schon vedisch, 6 klassisch und nahezu ein Dutzend verteilt
sich auf die späteren Schriften.
Im einzelnen heben sich hier gleich verschiedene Gruppen
ab. Die eine bezeichnet 'das sein, Avas das Substantiv angibt',
nämlich :
ved. : amitraydni- 'feindselig' [amitra- m. Teind'); indraydte
'sich wie Indra benehmen*; virdyate 'sich männlich benehmen'
{virä- m. 'Mann'), vielleicht auch järayäi/i 'liebkosen' (nach
Graßmann von Järd- m. 'Buhle');
klass. : kavayati 'dichten' [kavi- m. 'Dichter'); cor^ 'stehlen'
{cord- 'Dieb'); gop^^ ^te 'hüten' (gopd- m. 'Kuhhirt'); päl^^
°te 'schützen' (päld- m. 'Hirt'); pisu7i^ 'verraten' {plstma-
m. 'Verräter'); vadh^ (uiOetü) 'erschlagen' (vadhd- m. 'Mörder');
yämin^ 'als Nacht erscheinen' {yämi^ii f. 'Xacht');
nachkl. : kumär^ 'kindische Spiele treiben' {kumärd- m. 'Kind');
mant° 'sich wie ein Yermittler benehmen' (nidntu- m. 'Lenker,
Berater'); sten^ 'stehlen' {stend- m. 'Dieb') und wohl auch
mlecch^ 'wälschen' [mlecchd- ni. 'ein Wälscher'); paripanth^
'entgegentreten' (*paripantha- m. 'Gegner', zu erschließen
einerseits aus paripanthaka- m. 'Gegner' und paripan-
thin- m. 'Gegner', anderseits aus paripärsva- 'an der Seite
befindlich') und sürayate (von süra- m. 'Held'); endlich
sjh^ 'sich wie ein Löwe benehmen' {siha- m. 'Löwe').
Eine zweite, halb so starke Gruppe bedeutet 'zu dem
machen, was das Substantiv angibt'; sie ist sozusagen aus-
schließlich durch spätere Beispiele vertreten, also wohl eine
junge Schöpfung, die an den zahlreichen faktitiven Adjektivab-
leitungen (S. 498 ff.) mindestens ihres Gleichen hat.
nachkl.: isayati 'zum (den) Besitzer machen' {inmantamäcaste
oder Ä-aro^i, von 2s«-m. 'Besitzer'); c^M^^'j. als Boten verwenden'
[dütd- m. 'Bote'); vipaks° 'verfeinden' {vipaksa- m. 'Feind');
sapind^ 'j. zum Sapinda machen' {sapinda- m.) ; svajan^ 'j.
zmn Angehörigen haben, ihm ähnlich sein' [svajana- m. 'An-
gehöriger'); vielleicht auch ähvar^ 'den Ahvaraka machen'
32*
48-i L. Süttcrlin,
{ähvarakqkaroti, xoR*ähvara- m. = ähvaraka- m. 'Armer,
der nach Vollendung eines Opfers die Speisen für sich fortträgt') ;
von den vedischen Beispielen könnte man nur eines so auffassen,
vesdijati 'eingehen heißen, sitzen machen'; denn sein Grundwort
resä- m. 'Machbar' wird ja wohl ursprünglich 'Ansiedler, Seß-
hafter' bedeutet haben (S. 491).
Sonst tritt nur noch eine dritte sehr kleine Gruppe auf:
ved.: yusmaydnt- 'euch suchend' {yusma- 'ihr'); mrgäyate
'Wild jagen, suchen' {mrgä- m. 'Wild'), und
nachkl. : asvayate 'nach Pferden verlangen' (dsva- m. 'Pferd');
sie bezeichnet ein Streben nach etwas und erinnert an ved. ar-
tJidyate 'streben, wünschen' (von drilia- m.n. 'Ziel'), insofern dieses
vielleicht ja eigentlich 'ein Ziel erstreben' bedeutete; asvayate für
sich freilich scheint auch wieder mit den nicht w^eiter erläuterten
Denominativen gardahh^ (von gardabhd- m. 'Esel') u. gav^ (von
go- 'Kuh') verknüpfbar zu sein.
Ganz allein steht das ved. devaydnt- 'den Göttern dienend,
fromm' {devd- m. 'Gott'); aber in der Bedeutung nähert es sich
doch auch wieder dem gleich zu erwähnenden rtaydnt-.
Als Ableitungen von Personenbezeichnungen könnten zur
Not auch noch 5 weitere Beispiele aufgefaßt werdeu, weil die
neben ihnen liegenden Substantiva nicht nur die Handlung be-
nennen, sondern auch ihren Ti'äger, nämlich die
ved. : dravayate 'laufen, fließen' (neben dravd- m. 'Lauf, laufend') ;
(apa) bädhdyati (AV.) 'vertreiben' {bädhd- m. 'Pein, Peiniger');
rö/o (AT.) 'walten, herrschen' {räjan- m. 'König' u. räjdn- n.
'Lenkung') ;
klass.: yodh^ 'bekämpfen' {yodhd- m. 'Krieg, Krieger'); raks^
'schützen' {raksa- m. 'Schutz:, Schützer'), und wohl auch
prabhäv^ 'Macht haben' {prabhäva- m. 'Macht') u. {iit)säh°
'bestärken' {utsäha- m. 'Willenskraft, Ausdauer' u. ^sähd-
'überwindend').
b) Bei den Gegenstandsbezeichnungen kommt man
nicht so leicht durch. Denn zu den Gegenständen verhält sich
der Mensch verschieden ; er erzeugt sie, vernichtet sie oder ver-
wendet sie für etwas außer ihm ; dabei berührt sich aber die
eine Auffassung oft mit einer zweiten, überhaupt und im Satz-
zusammenhang; ved. isdyati z. B. bedeutet so entweder 'Saft bei
sich selbst erzeugen', d. h. 'saftig sein', oder 'Saft bei etwas anderem
erzeugen', d. h, 'erfrischen, beleben'.
Die Denominativverba im Altindischen. 485
1. Ein einfaches Hervorbringen kann man herauslesen
aus einer Reihe von Beispielen, die vorwiegend vedisch sind,
nämlich
ved. isäyati^ °te 'saftig sein, schwellen' {is- f. 'Saft') u. dem
bedeutungsverwandten ürjäyati 'nähren, stärken' (iirjd- m.
'Kraft'), ferner aus der Gruppe kuläyayänt- 'sich einnistend'
{kuläya- m.n. 'Geflecht, Nest'); ksemaydnt- 'rastend. Rast ge-
während' {ksema- m. 'Rast', wohl urspr. 'Rastplatz'); nidd-
yati 'zur Ruhe bringen' {ntda- m. 'Ruheplatz'); sodann aus
rocdyati 'scheinen, leuchten lassen' (rokd- m. 'Licht', S. 49-4)
u. ärucayate 'herglänzen' {i'tici- f. 'Licht'), aber auch aus
varsdyati 'regnen lassen, beregnen' (varsd- m.n. 'Regen'),
sardyate 'ins Fließen kommen' {sard- m. 'Bach'), u. wohl auch
arthdyate 'zielen, streben, wünschen' {drtha- m.n. 'Ziel');
klass. : rasayati 'schmecken, schmackhaft finden' [rasa- m. 'Saft,
Geschmack'), avasardh^ 'auf j. farzen' (sardha- m. 'Furz');
sp. : tarqg^ 'Wogen machen' [tarqgd- m. 'Woge'); puris^
'scheißen' (pürisa- n. 'Unrat, Kot') u. 7nath° 'zimmern, er-
richten' {matha- mn. 'Hütte, Zelle').
Besonders ti-eten hier wieder einige Ausdrücke nebenein-
ander auf, die sich auf die Vorgänge im Leben der Pflanzen
beziehen: klass. a^kür^ 'aufgehen, sprossen' {a)]kurd- m. 'Sproß,
junger Schoß'), jJciUav^ 'Schosse ansetzen' {pallava- m. n. 'Schoß')
u. muktd^ '(knospenartig) schließen' {mukula- m. n. 'Knospe') u. die
späten kusumP 'Blüten treiben' {kusüma- n. 'Blume') u. j^arn^
'grünen' {parnd- n. 'Baumblatt'); doch vergl. auch kandal^ 'in
großer Menge erscheinen, reichlich erzeugen' {kandala- m. f. n.
'junger Schoß').
2. Eine ganze Reihe von Verben bezeichnet das Ergebnis
der Handlung etwas anders, indem sie nicht den Gegenstand
selbst ins Auge fassen, sondern das, was aus ihm wird. Außer
dem schon vorhin genannten, aber auch hierhin passenden tarqgd
'Wogen machen' kommen besonders in Betracht: klass. qs°
'teilen' {qsa- m. 'Teil'), 2)ät^ 'spalten, zerreißen' (2)äta- ra. 'Durch-
schnitt') u. ses^ 'übrig lassen' (sesa- m. 'Rest') mit dem späteren
vant° {vantäp^) 'verteilen' {vanta- m. 'Teil'), iakal^ 'zerstückeln'
{sakala- m. n. 'Spahn'), klass. cürrf 'zu Staub machen, zermalmen'
{cürna- m. n. 'Staub') u. sp. gJiol^ 'untereinanderrühren, zu einem
Teig verarbeiten' (ghola- n. 'ein best. Milcherzeugnis'), tuhin'^ 'in
Eis verwandeln, mit Eis überziehen' {tuhina- n. 'Reif, Schnee'),
486 L. Sütterlin,
Jeh^ 'als Latwerge gebrauchen' (lehä- m. 'Latwerge'), ferner kl.
jnnd^ Vereinigen' (pinda- m. 'Klumpen') u. die sp. punj° 'auf-
häufen' {punja- m. 'Haufe'), pül^ 'aufhäufen' {jyüla- 'Bündel,
Büschel'), bhüm^ 'vermehren' {bhüman- m. 'Menge'), kl. sütr^ 'an-
einanderreihen, in die Form eines Sutra bringen' (sütra- n. 'Faden,
Lehrbuch') u. süc'^ 'andeuten' {süci- f. 'Inhaltsverzeichnis') mit den
sp. siddhänt^ 'feststellen' [siddhänta- m. 'feststehender Satz, Lehre'),
drstänt^ 'als Beispiel vorführen' {drstänta- ra. 'Muster'), upaslok^
'in Sloka bringen' {sloka- m. 'die Strophe') u. cöp« 'auf einen
Bogen (geom.) reduzieren' {cäpa- m. n. 'Bogen'), sodann die späten
avatqsP 'als Kranz verwenden' (avatqsa- m. n. 'Kranz'), sekhar^
'zum Diadem machen' (sekhara- m. 'Diadem'), cüd- 'j. etwas in
der Weise eines Haarbüschels auf dem Scheitel befestigen' {cüdä
f. 'Scheitelhaare'), khafv^ 'zur Bettstelle machen' {khdtvä f. 'Bett-
stelle'), pätr^ 'etw. als Trinkgeschirr gebrauchen' (pätra- n. 'Trink-
geschirr'), wohl auch noch saravy^ 'zum Ziel nehmen' {saravya-
n. 'Ziel') ; endlich erklärt sich so wohl auch kl. gan^, He 'zählen,
berechnen' (von gana- m. 'Schar, Reihe') als eigentliches 'in eine
Eeihe stellen'.
Etwas anders ist das Verhältnis schon gewendet in den
späten kokanad^ 'für eine rote Wasserlilie halten' {kokanada-
m. 'r. Wasserlilie') u. tfn^ 'so gering anschlagen wie einen Gras-
halm' (tfna- n. 'Grashalm').
3. Die Anschauung der Yernichtung des Gegenstandes
liegt zugi'unde bei einigen Yerben, die sich auf Essen und
Trinken beziehen, nämlich bei den klass. äJiär^ 'seine Mahlzeit
einnehmen' {ähära- m. 'Xahrung'), vraf^ 'die heiße Yrata-Milch
genießen' (vratä- n.), k(wal° 'hinunterschlingen' {kavala- m. 'Mund-
voll, Bissen') u. dem späten gandüs- 'schlürfen' {gändüsa- m.
'Gurgelwasser'); auch das noch anderwärts (S. 488) zu nennende
klass. culuk^ 'in die gehöhlte Hand tun und verschlucken' könnte
hierher gehören, insofern ciduka- m. n. auch schon 'einen Mund-
voll Wasser' bedeutet.
4. Eine ganze Reihe derartiger Ableitungen bezeichnet 'ver-
sehen mit einem Gegenstande, zum Schutz oder zum Schmuck'.
Es sind einmal ved. väsäyati 'hüllen in, bekleiden mit' (väsa- m.
'Kleid'), sneh^ 'besalben, geschmeidig machen' {sneha- m. n. 'Fett,
Öl'j und die späten gaddyati 'verhüllen' (gada- m. 'Hülle'), sq-
vastr° 'anziehen' {vastra n. 'Kleid') u. ves° 'bekleiden' (vSsa- m. 'An-
zug'), sqcivarayate 'das buddhistische Bettlergewand anziehen*
Die Denominativverba im Altindischen. 487
{dvarä- n. 'Bettlergewand'), sowie vielleicht noch tutthayati 'be-
decken, überziehen' (von tuttha- n. 'blauer Vitriol' ?), sodann ved.
sarniaydnt- 'schirmend' {sdrman- n. Schirm') u. spätes havac^ 'einen
Panzer anlegen' {kävaca- m. n. 'Panzer'), vann^ 'mit einem Harnisch
versehen' (mrman- m. n. 'Panzer'), palyärtP 'satteln' {palyäna-
n. 'Sattel'), tvac'^ 'ein Fell umlegen' {tvac- f. 'Haut'), ferner ved.
subhdyant- 'schmückend, zierend' {subh- f. 'Schmuck') u. klass.
sobh^ 'schmücken' {sobhä f. 'Schmuck'), bhüs^ 'schmücken' {bhüsä f.
'Schmuck', S. 520), u. mand^ 'schmücken' {manda- m. 'Schmuck'),
sowie simant^ 'scheiteln, mit einer geraden Linie durchschneiden'
{Amanta- m. 'Scheitel'), während parikarmP 'salben, schmücken'
wegen der Bedeutung seines Grundworts ^ar^'^armaw- m. 'Gehülfe,
Diener', n. 'das Salben') etwas abliegt; es gehören hierher aber
auch die späten Formen uttqs^- 'mit einem Kranze schmücken'
uttqsa- 'Kranz auf dem Scheitel'), manj'^ 'mit Blütensträußen
verzieren' {manjarf f. 'Blütenstrauß'), mäl^ 'bekränzen' {tndlä f.
'Kranz'), u. sraj° 'bekränzen' {sraja- m., sraj- f. 'Kranz') u. pattr^
'mit Federn bestecken' {pattrd- n. 'Fittich').
5. Nach etwas anderer Richtung führt eine Anzahl von
Beispielen, die 'fesseln' bedeuten; klassisch sind päsayati 'binden'
ipäsa- m. 'Schlinge'), yam° 'zügeln, in Schranken halten' (ydma-
m. 'Zügel'), älän^ 'einen Elefanten anbinden' {äläna- n. 'Pfosten
oder Strick, mit dem ein Elefant angebunden wird') u. die Dreiheit
yantr^ 'in Binden legen' [yantrd- n. 'Stütze, Schranke'), yoktr^ 'um-
binden' [yöktra- n. 'Strick') u. vestP, He 'überziehen, umbinden'
{vestu- m. 'Schlinge, Band'), später dliarm^ 'j. das Gesetz befolgen
lassen' {dhdrma- ra. n. 'Gesetz') u. die beiden nigadP 'mit Fuß-
ketten belegen' [nigada- m. n. 'Fessel') u. sjr[khcdayate 'fesseln'
{srr]khala- ra. 'Fessel') vielleicht auch siilb^, die Ableitung von
sidba- n. 'Strang, Schnur'.
6. Eine Gruppe für sich bilden auch wieder die Geruchs-
verba: klass. väs° 'mit Wohlgeruch erfüllen' {väsa- m. 'Wohl-
geruch'), gandh^ 'mit Geruch erfüllen, parfümieren' {gandJid- m.
'Geruch') u. die späten ^janma^o 'wohlriechend machen' {parimala-
m. 'Wohlgeruch') u. väP 'jem. Wind zufächeln (mit Akk.)' [väta- m.
'Wind'), mit ihren Gegensätzen klass. dhüp^ 'räuchern' {dhüpa- m.
'Rauch'), dhüm° 'in Rauch hüllen' {dhümd- m.), lavartP 'salzen'
{lavand- n. 'Salz'), u. dem späteren durvät^ 'jem. befarzen' {dur-
väta- m. 'Furz').
7 . Diese führen wieder zu Ausdrücken, die ein 'B e s c h m i e r e n'
488 L. Sütterlin,
bezeichnen : klass. mütr^ *bepissen' [mütra- n. 'Harn'), raj^ 'röten'
[rajä- m. 'Staub'), (?/c?-, ava-)dhül^ 'bestreuen' {dhüli- f. 'Staub'),
kalar\h° 'beflecken' {kalar\ka- m. 'Fleck') u. spätes kasäy^ 'be-
schmutzen, belästigen' [kasäya- m. 'rote Farbe, roter Fleck'), paT{lc^
'beschmieren', u. gom^ 'mit Kuhmist beschmieren' (gomdya- ra. n.
'Kuhmist'^)), aber auch wieder die klass. ar\k° 'kennzeichnen'
{ar]kd- m. 'Zeichen'), cihn° 'zeichnen, kennzeichnen' {cihna- n.
'Zeichen'), laks^ 'bezeichnen, kennzeichnen' [laksd- m. 'Zeichen'),
varn° 'bemalen, beschreiben' {värna- m. 'Farbe') u. das späte tilakP
'betüpfeln' {tüaka- m. 'Fleck').
8. Allgemeinerer Bedeutung sind dagegen wieder ved. med^
'fett machen' {meda- m. 'Fett') u. hhäj'^ 'genießen lassen' {bhäga- m.
'Anteir), die klass. i/äj- 'jem. zum Opfer verhelfen' {yäja- m. 'Opfer'),
rw/jo 'Gestalt verleihen, darstellen' (rüpd- u. 'Gestalt') u. vrariP
'verwunden' [vrand- m.n. 'Wunde').
9. Das späte saly° 'peinigen, beeinträchtigen' {salyd- m. n.
'Dorn, Stachel'), das sich hier anschließen könnte, führt uns hin-
über zu einer neuen Gruppe, welche die Handhabung eines
Gerätes bezeichnet: ved. math- 'schütteln' {math- m. 'ßührstock'),
klass. tul^^ ^te 'aufheben, wägen' {tulä f. 'Wage'), dol^ 'schwingen,
in die Höhe heben' {dolä f. 'Schaukel'), rnudr^ 'siegeln, stempeln'
{miidrä f. 'Siegelring'), dandayati 'züchtigen' [dandd- m.n. 'Prügel'),
auch yam9 'in Schranken halten' {ydma- m. 'Zügel') u. die späten
hal^ 'pflügen' {haltgrhnäti^ von hali- 'großer Pflug', Jiald- m. 'Pflug')
u. hindol^ 'schaukeln' {hindola- m. 'Schaukel'), tar]k° 'zuschließen'
{tar]ka- m. n. 'Haue, Werkzeug'), vielleicht auch sürp^^ die Ableitung
von sürpa- m.n. 'Getreidekorb, AVanne', kaP 'den Würfel Kali
{kdli- m.) ergreifen', kfP 'den Krta- Würfel ergi^eifen' {krtd- n.)
u. upamif' 'auf der Laute etwas vorspielen' [vinä f. 'die Laute').
Auch sp. ändoP 'schwingen' reiht sich wohl hieran, da marudän-
dola- m. eine Art 'Fächer' bezeichnet, vadh^ 'erschlagen' ist schon
oben (S. 483) genannt worden, weil vadhd- m. nicht bloß 'Mord-
waffe' heißt, sondern auch 'Mörder'. — Aber auch die Namen
von Körperteilen bilden die Grundlage für derartige Bildungen,
so in klass. äkarn^ 'hinhorchen' [kdrna- ni. 'Ohr') u. aduk^ 'in
die gehöhlte Hand tun u. verschlucken' (culiika- m.n. 'die gehölüte
1) Also wohl aus gomay-ayati; ebenso steht einerseits klass. kisa-
layitd- neben kisal{ay)a- n., anderseits sp. vyayati neben vyayayati (492) j
freilich heißt es sonst nur ved. ktiläyaydnt- (S. 485), kl. vyayayati,
sp. kasäyayati, Saravyayati u. salyayati.
Die Denominativverba im Altindischen. 489
Haud'), sowie die späteren ^an-, vi-pucch^ 'mit dem Schwanz wedeln'
{piiccha- m. n. 'Schwanz') u.pädayate 'die Füße ausstrecken' (/jäc^a- m.
'Fuß'); auch galahast^ 'jeiu. an der Kehle packen' (galahasta- m.
'die Hand an der Kehle') darf man vielleicht hierherziehen, je nach-
dem auch gandayati^ ein Denominativum von gandä- m. 'Wange'.
10. Einige weitere Bildungen, deren jede meist für sich
gesondert steht, lassen sich nirgends recht einreihen und sind
gerade deshalb Beispiele der ursprünglichen Verhältnisse : ved.
adhvaijänt- 'laufend' {ddhvan- m. 'Weg'), kl. ar]kh'^ 'sich an etwas
klammern, an sich ziehen' {ar\khä- m. 'Klammer') und die späten
kslr^ 'den Anschein von Milch haben' (ksird- m. n. ']\Iilch') u.
himal^ 'dem Himalaj^a gleichen' {himälaya- m. 'Stätte des Schnees'),
kutumb^ 'eine Familie unterhalten' {kutumba- n. 'Familie'), tir^
'glücklich zu Ende (eig. 'ans Ufer') bringen' [tira- n. 'Ufer'),
vavr° 'sich zurückziehen von' (eig. 'sich verstecken', von vavrd-
m. 'Höhle', vavri- m. 'Versteck'), mül^ 'pflanzen' [müla- m. n.
'Wurzel') und sein Gregenteil 'mit der Kispe, am oberen Büschel
ausreißen' : anutül^ (= tülenänukusnäti) u. avatül^ (= tülairavakus-
näti, von tüla- n. 'Rispe, Büschel am Grashalm'); vielleicht endlich
reiht sich hierher auch gocar^ 'Anwendung finden' {gocara- m.
'Weideplatz, Tummelplatz, Bereich').
c) Auch die Abstrakta werden mannigfach so verwendet.
1. Sie bezeichnen zunächst auch nur das Objekt der
Handlung, und zwar in verschiedenen Gruppen. So einmal
bei einer Anzahl von Ausdrücken des Denkens und Sagens:
ved. cet^ 'wahrnehmen, bemerken' {cetas n. 'Bewußtsein'), klass.
ciniP 'nachdenken' (cintä f. 'Gedanke') u. tark'^ 'vermuten' {tarka- m.
'Vermutung'); — ved. kirt^^ He 'gedenken, erwähnen' {kirti- f.
'Kunde, Erwähnung'), mantr^^ He 'sprechen, ratschlagen' {mantra-
m. n. 'Rede, Rat'), säp^ 'beschwören' {säpa- m. 'Fluch, Schwur'),
klass. äkhyän^ 'mitteilen' {äkhyäna- n. 'Erzählung'), kaih^^ He
'sich unterhalten, erzählen' {kathä f. 'Erzählung', kathä 'wie?'),
päth^ 'sprechen, lehren' {pätha- m. 'Vortrag'), värtf^ 'sich mit
jem. unterhalten' {värtta- m. 'das Reden'), ved^ 'mitteilen' {veda- m.
'Wissen'), sqs^ 'ankündigen' {iqsa- m. 'Spruch, Anwünschung'),
slägh'^ 'jem. zureden, rühmen' {iläghä f. 'Prahlerei, Ruhm'),
ähvän^ ']em. vor Gericht fordern' {ähväna- n. 'Aufforderung zum
Gericht') und die späten tittar'^ 'antworten, eine Klage beant-
worten' {iittara- n. 'Beantwortung einer Klage'), prasn'^ 'befragen'
iprasnd- m. 'Frage'), kef^ 'auffordern' {keta- m. 'Wille, Einladung'),
490 L. Sütterlin,
vipanc^ 'aiisbieten, verkündigen', prapafuP 'weiter ausführen' {pra-
panca- m. 'fernere Entwicklung'), pürvapaks^ 'die erste Einwendung
gegen eine aufgestellte Behanptiing machen' [pürvapaksä- m.
'eine aufgestellte Behauptung'), auch narm° 'jem. durch Scherze
erheitern' {ndrma- m. 'Scherz') u. ark° 'loben' {arkd- 'Lob'),
star'^ 'loben' {stavd- m. 'Lob'), stotr° 'durch einen Lobgesang ver-
herrlichen'' {stotrd- n. 'Lobgesang'), stom^ 'loben, preisen' {stöma-
m. 'Lobgesang'), aber auch sulkP (von siilkd- ni.n. 'Preis'), so-
dann nyüx\kh^ 'den Xyünkha (m. 'o-Laut') einfügen', svar^ 'mit
einem Svarita sprechen' {svdra- m. 'Ton'). — Andere Formen drücken
ein Begehren aus: ved. käm^, °te 'begehren' (kdma- m. 'Liebe'),
klass. märg^ 'suchen, erstreben' {märga- m. 'das Suchen') u.
abhiränch^ 'begehren, verlangen' {vänchä f. 'Wunsch'); doch vgl.
auch ved. sprh'^ 'eifern um etwas' [sprhä f. 'Begehren, Ver-
langen'). — "Weitere Gebilde reden von verschiedenen Ton-
äu-ßerungen, so ved. svän^ 'tönen' {svänd- m. 'Schall'), rod°
'tönen machen' [roda- m. 'Klageton, Winseln'), slokP 'schallen
machen' (iloka- m. 'Ruf, Schall'), klass. (anu-) kros° 'jem. nach-
schreien' {krösa- m. 'Geschrei'), iid-gir^ 'Laute ausstoßen' {gir~
f. 'Ruf, Rede'), (udändm) udän^ 'sein Herz vor Freude aus-
schütten' {udänd- m. 'Atemzug, Freudenausdruck'), sq-sinj^
'klingend zusammenstoßen' {sinjä f. 'Geklingel') und das späte
dhvän^ 'tönen' (dhväna- u. dhvanl- m. 'Ton').
2. Eine andere Gruppe bedeutet 'leuchten': ved. rocdyati
'scheinen, leuchten lassen' {rokd- m. 'Licht'), äriic^ 'herglänzen'
[rüci- f. 'Licht'), smdyant- 'flammend, leuchtend' [suc- f. 'Flamme')
u. sof^ 'in Flammen setzen, brennen' {soka- m. 'Flamme, Glut'),
kl. hhäs^ 'leuchten macheu, beleuchten' (bhäsa- m. 'Glanz') u.
ark° 'brennen' {arkd- m. 'Blitzstrahl, Feuer').
3. Zusammen schließen sich auch Ausdrücke für Vorgänge
des Gefühlslebens. Außer dem intrans. ved. krpdijati u. kj-paydü
'trauern, Mitleid haben' {kfpd f. 'Mitleid') u. sumnaydnt- 'wohl-
Avollend' {sutnnd- n. 'Wohlwollen'), u. dem am besten hierher-
zuziehendeu kl. pulak^ 'ein Sträuben der Härchen am Körper
empfinden' (pidaka- m. 'das Sträuben der Härchen am Körper'),
auch Jmkär^ 'seinen Zorn auslassen' [hukära- m. 'der Laut
'hum', Gebrüll'), haben wir folgende transitive : ved. mäd^ 'er-
götzen' {mäda- m. 'Freude'), klass. mod° 'erfreuen' [möda- m.
'Freude'), räm° 'ergötzen' (räma- 'Lust. Freude', S. 530 f.), sukh^
'Wohlbehagen bewirken' {sukhd- n. 'Wohlbehagen'), säntv^ 'be-
Die Denominativverba im Altindischen. 491
schwichtigen' (säntva- n. 'gute Worte'), säm^ 'gute Worte machen*
{säman- m. 'gute AVorte'), ros- 'erzürnen' {rosa- m. 'Zorn'), sar]k^
'besorgt machen' {sar]kä f. 'Furcht'), nirvedP 'zur Verzweiflung
bringen' {nirvedd- m. 'Ekel, Verzweiflung'), moh° 'irre machen'
[moha- m. 'Irresein') u. die späten garv^ *jem. stolz machen' (garvd-
m. 'Stolz, Dünkel'), sudh^ 'erquicken' [sudhd f. 'Behagen'), svadh^
'jem. beruhigen' [svadhd f. 'Behagen'), viräg- 'sich (Dat.) abgeneigt
machen, sich entfremden' [viräga- m. 'Abneigung') u. vridP Ver-
legen machen' {vrida- m. 'Scham, Verlegenheit').
4. Äußerungen einer ehrerbietigen Gesinnung be-
zeichnen : kl. arc° 'ehren' {arcä f. 'Ehre'), püj^ 'ehren' (püjd f.
'Ehre'), män'^ 'ehren' (mäna- m. 'Ehre, Ansehen'), sev"^ 'jem. dienen'
{sevä f. 'Besuch, Dienst') u. die späten ärogy^ 'begrüßen' (ärogya-
n. 'Gesundheit'), äijus^ 'jem. langes Leben wünschen' [äißis- n.
'Leben') u. cmias° 'jem. mit 'canasita' anreden' {cdnas n. 'Gefallen').
Auch kl. raks^ 'schützen' (von raksa- m. in der Bedeutung 'Schutz'),
u. das späte rajas^ 'einen rajashaftig nennen, rajasvinamäcaste'
[rdjas n.) könnte man hierherziehen.
5. Daran reihen sich Ausdrücke, die sich auf die Be-
wegung beziehen und auf ihr Gegenteil: ved., außer dem ander-
wärts S. 489 erwähnten adhvaydnt- 'laufend' (von dem nicht
eigenthch hierher gehörigen ddhvan- m. 'Weg'), väjdyati 'Wett-
laufen, zur Eile antreiben' {vdja- m. 'Raschheit, Wettlauf'), isa-
nayate 'bewegen' {isani- f. 'Antreiben'), suhhäyant- 'leicht liin-
gleitend, hinfahrend' {suhh- f. 'rasche Fahrt'), klass. cest^ 'in Be-
wegung setzen' {cesta- m. 'Bewegung') u. vej° 'schnellen, steigern'
{vega- m. 'schnellende Bewegung') u. spätes padayate 'gehen'
{padä- n. 'Schritt' ; doch vgl. auch oben S. 489 unter Absatz 9)
sowie paricär^ 'sich ergehen, spazieren' {paricära- m. 'Spazier-
platz'), das sich unmittelbar neben adhvaydnt- stellt; anderseits
ved. ksemaydnt- 'rastend, Rast gewährend' {ksSma- m. 'Rast'), rätn^
'zum Stillstehen bringen' {ranid- m. 'Ruhestand'), väsayati 'auf-
halten' {väsd- 'Aufenthalt') u. die etwas abliegenden ntd^ 'zur
Ruhe bringen' {nidd- m. 'Ruheplatz') u. ves^ 'eingehen heißen,
sitzen machen' {vesd- m. 'Nachbar' neben griech. oikoc, lat. vicus^
got. iveihs^ vgl. oben S. 485), dann kl. rodh^ 'zurückhalten' (rodha-
m. 'Zurückhalten'), sedh° 'wehreu, zurückhalten' (sec?/m- m. 'Verbot'),
vielleicht auch bhis^ 'einschüchtern' (bhisä 'aus Furcht', f. 'Ein-
schüchterung'), sodann vighn^ 'hemmen' [vigkna- m. n. 'Hemmung')
u. sp. upasarg^ 'Ungemach bereiten' {upasarga- m.' Widerwärtigkeit').
492 L. Sütterlin,
6. Damit berührt sich wieder die Gruppe einiger Yerba,
die eine schlechte Behandlung, Kampf und Streit bezeichnen:
außer den schon früher (S. 484) erwähnten hädh^ 'bedrängen',
yodh^ 'bekämpfen' folgende neue : ved. samatjatL He 'zur Ruhe
bringen, bezwingen' {sdma- m. 'Euhe'), rop° 'Reißen verursachen'
{röjyi- f. 'reißender Schmerz'), kl. vijädh^ 'durchboliren lassen'
{vt/ädha- m. 'Durchbohrung'), bhed^ 'spalten' {bhedd- m. 'Spaltung',
S. 520), vigrah^ 'streiten, kämpfen' (vigraha- m. 'Streit'), mär°
'töten' (mära- m. 'Tod, Tötung'), ghäfs^ 'töten, züchtigen' {gliäta-
ra. 'Schlag, Tötung'), pratikül^ 'sich Avidersetzen' {pratiküla- n.
'Widersetzlichkeit'), mards» 'stark drücken' (marda- m. 'starker
Druck'), galahast^ 'jem. an der Kehle packen' {galahasta- m. 'die
Hand an der Kehle, das Packen an der Kehle'), sräm^ 'müde
machen' {srdma-m. 'Ermüdung', S. 5301), dhvqs° 'fällen, streuen'
{dhvqsa- m. 'das Fallen') u. die späten ruj° 'schlagen' {rujä f.
'Bruch'), nirdhät- 'mißhandeln' [dhäti f. 'Überfall'), u. die mit
einem Präfix versehenen pari-sen° 'mit einem Heer umzingein',
abhi-sen^ 'mit einem Heere heranrücken' {senä f. 'Heer'); auch
zwei Ausdrücke für Unterwerfen darf man hierher ziehen:
ved. randh^ 'in die Gewalt geben' (randhd- m. 'Unterwerfung')
u. spätes vas° 'in die Gewalt bekommen' {vdsa- m. 'Wille, Herr-
schaft', S. 519 Anm.).
7. Auf der andern Seite steht außer dem kl. moks° 'be-
freien' {moksa- m. 'Befreiung') eine Reihe von Ausdrücken, die
■alle 'fördern' oder etwas ähnliches bedeuten: ved. bhäv'^ 'her-
vorbringen, fördern' {bhävd- m. 'Wesen, Sein'), rädh^ 'zustande
bringen' {rädha- m. 'Wohltat'), roh^ (rop°, S. 534) 'aufsteigen
machen' {roha- m. 'Erhebung, Höhe'), vardh- 'erhöhen, vermehren'
{vardha- m. 'das Fördern') u. kl. j;o5- 'aufzielien' (pösa- m. 'Ge-
deihen, Wohlstand'), hräs^ 'mindern' (liräsa- m. 'Abnahme').
8. Auch die Verrichtungen des geAvöhnlichen Lebens
sind nicht vergessen. Dem Gebiet des Handels gehören an ved.
vasnaydnt- 'feilschend' {vasnd- ra. n. 'Kaufpreis'), klass. chal'^ 'be-
trügen' {chala- m. u. 'Betrug'), vyätß 'betrügen' {vyäya- m. 'Betrug')
u. die späten parf 'Handel treiben' {pana- m. 'Vertrag'), bhäP
'mieten' (bhäta- m. 'Miete'), sqket^ ' eine Verabredung treffen'
{sqketa- m. 'Verabredung') u. oyciy^ 'ausgeben' {vyaya- m. 'Aus-
gabe'); aus der Küche stammen kl. päc^ 'kochen, kochen lassen'
{päkd- m. 'Kochen') u. S]).phan^ 'abschäumen' [phand- m. 'Schaum') ;
gewerblich klingen klass. yoj^ 'anschirren, rüsten' {yöga- m.
Die Denominativverba im Altindischen. 493
'Anschirren'), sqdh'^ 'zusammenfügen' {sqdhi- m. 'Verbindung')
u, sles° ' zusammenfügen' {slesa- 'das Haften an etw.') u. sein
Gegenteil ved. srath° 'locker machen' {sratha- m. 'Lockerung') ;
religiös gefärbt sind dagegen ved. märj^ 'abwischen' {märja-
m. 'Reinigung'), die Mass. pavitr° 'läutern' [pavitra- n. Reinigungs-
mittel'), sodh'^ 'reinigen' {sodha- m. 'Reinigung') u. die späteren
hom^ 'zum Opfer gebrauchen' [höman- n. 'Opfer'), sruc^ 'mit
dem Opferlöffel versehen' {srugvantakaroti^ sriic- f. 'Opferlöffel'),
pürt^ dhdrmam 'das verdienstliche Werk Pürta vollbringen
(Speisung der Brahmanen)' {pürtä- m. 'ein bestimmtes verdienst-
liches Werk'). Nur zu erschließen ist das Grundwort für das
späte ujjos^ 'mit Fasten zubringen' (als *uposa- 'Fasten' neben
upä-vdsati 'fasten').
9. Allgemeinere Begriffe endlich bezeichnen ved. bhaks^
'genießen' [hhaksd- m. 'Genuß'), ramyati 'sich gütlich tun' {räna-
'Behagen, Lust'), die auch wieder an das schon behandelte ras^
'schmecken, schmackhaft finden' erinnern (neben rasa- m. 'Saft,
Geschmack') u. an sp. sväd^ 'kosten, schmecken' {sväda- m. 'Ge-
schmack'); ferner bodh- 'erwecken' (bodhd- m. 'Erwachen'), kl.
mel°- 'zusammenführen, zusammenrufen' {mela- m. 'Zusammen-
kunft, Yerkehr'), guriP 'vervielfachen' [giind- m. 'Mal'), mit sp.
lir\g^ 'ein Wort nach verschiedenen Geschlechtern variieren' {lir\ga-
n. 'gramni. Gesclilecht') und varg^ 'vervielfachen, ins Quadrat er-
heben' {mrga- m. 'Quadrat'), ferner kl. tantr^ 'in einer bestimmten
Ordnung folgen lassen, befolgen' [tantra- n. 'Faden, Ordnung,
Reihe'), kl^ 'zu tun pflegen, üben' {süa- m. n. 'Gewohnheit'),
scoV^ 'triefen, träufeln' {scota- m. 'Triefen, Träufeln'), u. die späten
Tcumhk^ 'das Kumbha genannte Einhalten des Atems vollziehen'
{kumhhä- m.) u. gocar^ 'Anwendung finden' {gocara- m. 'Weide-
platz, Bereich', S. 489), rah'^ 'verlassen' {rdhas n. 'Einsamkeit'),
pramärfi 'anpassen, als Richtschnur hinstellen [pramäna- n. 'Maß,
Richtschnur'), tlk^ 'erklären' {tikä f. 'Kommentar'), endlich pol^
'groß sein, hoch sein' {pold- m. 'Masse, Menge'). Auch das kl.
rambh° 'anfassen' läßt sich hierherstellen, da das Nomen rambhd-
m. nicht bloß 'Stab' bedeutet haben wird, sondern auch 'Anfassen'.
b) Die Form.
1. Daß der Ausgang -ayämi bei den Substantivableitungen
idg. -ep fortsetze, dafür spricht, verglichen besonders mit dem
Griechischen, hauptsächlich die Gestalt der Grundwörter; denn
4-W L. Sütterlin,
unter 350 sind rund 300 alte o-Stämme, oder könnten es sein;
und die etwa 50 anderen Grundwörter sind, wie wir im ein-
zelnen gleich sehen werden, meist so beschaffen, daß sie die
Ansetzung von -eiö wenigstens nicht ausschließen.
Freilich sind wörtliche Entsprechungen sehr selten;
nur ved. vasnayänt- stellt sich neben djveo|uai, vah^ neben öxeuj,
vadh^ zur Not neben diOeiu u. das späte pan^ wohl auch noch
neben TTuuXeuu.
Auch das Palatalgesetz hilft kaum viel weiter. Ved. ürj^
neben ürjä- {ürjä u. ürj-)^ väß neben väja-, märj^ neben sp. märja-
u. kl. yäj^ neben yäja-, sinj^ neben sinjä^ vanc^ neben väncati,
sp. sruc^ neben sruc-, sraj^ neben sraj-^ auch lajj^ neben lajjä
u. lojjdte beweisen nichts, wenn freilich das Substantiv auch von
dem Verb beeinflußt sein kann. Ved. roc'^ hat zwar die Sub-
stantiva rokä- u. rökas- neben sich, bhäj^ ein hhdga-^ u. klass.
päc^ ein päkci-, soc^ ein söka-, sec^ ein seka-, yoj° ein yöga-, vej^
ein vega- u. sarj^ ein sarga-; aber abgesehen von Formen wie
rocd- 'leuchtend' u. roci- 'Licht', paed- 'kochend', pacä f. 'das
Kochen', lauten die gewöhnlichen Grundverba hier der Reihe
nach röcate, bhdjati, pdcati, söcati^ sincdti u. srjdti, sowie yundjmi
u. vindjmi. Ebenso haben von den ohne Nomen überlieferten
Intensiven vafic^ ein vdncati^ loc^ ein löcate neben sich, wie lok^
sein lökate^ u. rec^ sein r^cati u. rinacmi. Doch finden sich auch
mehrere Ausnahmen gegen das Palatalgesetz: ved. slok^^ kl.
tarkP^ pulak^^ culukP u. märg°, späteres arkP 'brennen', ark° 'loben'
u. sulk^^ par\k^ u. tarqg°\ hier hat das Verb überall den wurzel-
schließenden Guttural der Grundwörter slöka-, tarka-, ciduka-,
märga-, arka- ('Feuer' u. 'Lob'), sulka-, par\ka- u. turqga- bei-
behalten, gerade wie tarkin- u. zahllose andere Adjektive auf -in.
2. Ableitungen von Nicht-o-Stämmen sind, wie ge-
sagt, nicht sehr häufig. An erster Stelle erscheinen darunter die
25 — 30 Bildungen von Femininen auf -ä: ved. von kfpd^ klass.
von kathd, släghä, siksä., sinjä {sqsinj^)^ arcä {arc^), cintd., püjd,
bhüsä, mnchä, sar\kd^ sobhd, tuld u. mudrd, später von mdlä, cüdcL,
rujd, send u. spfhä, sudhd u. svadhd, sevä, hikkä, hisä u. hvald,
Ukhä u. khah% tikä^ wenn man "will, auch noch von velä 'End-
punkt' (wZ", Dhatiip.). — Daran reihen sich etwa 8 Ableitungen
von i-Stämmen: ved. von den Femininen isäni-, rilci- {äricc%
röpi-., klass. von yämini f., kavl- u. sqdhi- m., später von dhüli.,
dhäti u. manjari f., u. kdli- m., von einem w-Stamm mäntu- eine
Die Denominativverba im Altindischen. 495
Ableitung. — w-Stämme liegen zugrund in 8 Fällen, 3 vedischen
{ddhvan- m., rdjan- m. neben räjän- n., u. sdrman- n.), zwei
klassischen (höman- n. u. parikarman- n.) u. 3 späteren {hhümän- m.,
vdrman- m. n. u. säman- m.) ; neutrale s-Stämme dagegen nur in
6 Fällen, einem klassischen {cetas-\ u. 4 späteren {cdnas-, rdjas-
u. etwa rähas-, sodann äyus-^ endlich mdhas neben dem Intensiv
mah^ S. 520); und dazu kommen als Grundwörter noch weitere
9 Substantiva mit verschiedenen anderen Konsonanten im Auslaut :
für vedische Ableitungen 5 {is- f., suc- f., subh- f. 'Schmuck' u.
'rasche Fahrt', math- m.), 1 klassische (gir- f.) u. 3 spätere
{tvac- f., sraj- f. u. srnc- f.).
Daran reihen sich aber noch einige besondere, mehr allein-
stehende Formen: das wirklich vorhandene spätere sraddhayant-
*gläubig', das von der erstarrten Wortgruppe sraddhä adj. 'ver-
trauend', subst. f. 'Vertrauen' ebenso ausgegangen ist wie die
andern Nomina sraddhätar- 'Glaubender' u. sraddhävant-, srad-
dhälil-, sraddhin- 'gläubig', sodann verschiedene nur künstlich
geschaffene Formen wie mät^ von mätä 'Mutter', vin^ (absol.
Partiz. vivinayya) von vi- 'Vogel' u. nar'^ 'Mann' (Nom. Sing. nä\
ferner asm^ (von asmd- 'uns'), an dessen Möglichkeit wir nicht
zweifeln können angesichts von yusmaydnt-, u. endlich gav^ von
go- 'Rind' (gav-).
3. Zur Erklärung all dieser Entgleisungen genügt nicht
der allgemeine Hinweis, daß ableitende Yerbalausgänge stets
häufig übertragen worden sind. Abgesehen von der psychologi-
schen Ungründlichkeit einer solchen Darstellung muß für jede
Sprache der Tatbestand besonders betrachtet werden, schon weil
er jedesmal verschieden sein kann und auch immer verschieden ist.
Für das Altindische kommt nun Mannigfaltiges in Betracht:
die Bedeutung der Ableitungen sowohl wie ihre Form.
a) Die Bedeutung ist natürlich das Ausschlaggebende.
Und für uns ist jetzt der Umstand erfreulich, daß sich die alt-
indischen Bildungen so zahlreich zu Gruppen zusammenschließen.
So kann sich kav^ nach mantr^ u. tark° gerichtet haben, aber
auch nach cint°\ is° nach Wörtern viie phallav^ u. rnukuP] äruc'^
nach roc^; kal'^ nach kTt^-\ bhüni^ ns(ch pimj^ u. |jm/o; cüd'^
nach der ganzen Klasse, zu der avatqs^ gehört: kurz, die oben
zunächst nur zur Erleichterung der Übersicht durchgeführte Ein-
teilung in Gruppen erklärt auch schon die innerhalb einer jeden
Gruppe vorhandenen Entgleisungen, und wir brauchen den ganzen
i96 L. Sütterlin,
Stoff hier nicht noch einmal daraufhin durchzumustern. Viel
eher forderten zu einer Erklärung heraus die alleinstehenden
Fälle, soAvie die zu einer Gruppe gehörigen ältesten, also selbst
scheinbar ohne Muster dastehenden Bildungen, mit anderen
"Worten Formen wie adhvaijänt- u. krpayänt-. Aber abgesehen
davon, daß auf entlegenen Wegen auch sie schon ihre Yerwandt-
schaft noch finden würden, sind es ihrer so wenige, daß sie schon
durch die mitspielenden vielfältigen Formbeziehungeu hinreichend
begreiflich werden.
b) Unter diesen Form bezieh un gen besagt am wenigsten
noch die Tatsache, daß neben zahlreichen Yerben die Nomina
in doppelter oder mehrfacher Gestalt vorliegen, als a-Stämme
u. als iSTicht-a-Stämme : so hat cesP neben sich cesta- m. 'Be-
wegung' u. cesta f. 'das Bewegen', värtt^ 'sich unterhalten' so-
wohl värtta- m. 'das Beden' als värttä f. 'Rede', dol'^ 'schwingen'
sowohl dola- m. 'Schwingen' als dolä f. 'Schaukel'; desgleichen
hat gan'^ neben sich gand- m. 'Schar, Reihe' u. gani- f. 'das
Rechnen', hal^ sein hali- u. Jiald-, panP sowohl pana- m. 'Ver-
trag' als pani- m. 'Knauser', vavr° sowohl vavrd- Adj. 'sich ver-
steckend', Subst. 'Höhle' als vavri- m. 'Versteck', das späte, von
den Grammatikern auf üdhi- f. 'das Tragen" bezogene üdh^ auch
wieder üdha- 'geführt, getragen'; neben narm° ferner steht
narma- m. u. narman- n. in der gleichen Bedeutung, neben väs^
sodann väsa- m. u. vdsas n. 'Kleid', neben rädhP sowohl rädha-
m. als rädhas n. 'Wohltat', neben med^ sowohl meda- m. als
mMas n. 'Fett', neben rodh'^ sowohl rodha- m. 'das Zurückhalten'
als rödhas n. 'Wall', neben raj^ 'röten' sowohl rajd- m. als rdjas
n. 'Staub', neben sraj'^ ebenso sraja- m. und sraj- f. 'Kranz' ; u. säs°
endlich hat neben sich säsa- m. u. säs- f. 'Gebot', u. smc« wenigstens
die Doppelheit süci- 'leuchtend', m. 'Feuer' u. suc- f. 'Flamme,
Glut'; ja, neben wj° 'nähren' stehen sogar ürjd- m. 'Kraft',
ürjä f. *Nahrung' u. ürj- f. 'Xahrung'. Und mögen bei der einen
oder anderen dieser Doppelungen die beiden Glieder auch nicht
ganz gleichzeitig sein, u. zwar in Wirklichkeit, nicht bloß durch
den tückischen Schein der Überlieferung, mag eine Nominalform
vielleicht selbst erst nachträglich — als 'nom postverbal' — zu
dem Denominativum hinzugebildet worden sein, der Grundsatz
und die Tatsache der Doppelheit der Nominalformen Avird da-
durch nicht aus der Welt gescliafft, die Möglichkeit gerade
dieses Verlaufs der Entgleisung nicht bestritten.
Die Denominativverba im Altindischen. 497
Etwas, wenn auch nicht sehr viel, bedeutet es auch für
die Erklärung der Neubildungen, daß sich in der Deklination
die Formen der verschiedenen Stamnibildungsarten vielfach be-
rühren, daß väsas z. B. ebensogut zu väsa- m. gehören kann wie
zu väsas n. — Eher fällt ins Gewicht, daß bei vielen dieser
"Wortklassen schon der Klang mancher Kasusformen auf unseren
Ausgang -cujati hinweist, nämlich bei allen denen, die selbst ein
kurzes a enthalten, also z. B. bei sdrman- die Bildungen sdrma,
sdrmabhis, Mrmasu; bei den i-Stämmen lauten einzelne Kasus-
ausgänge ja sogar selbst schon auf -ay- an, von kavi- z. B. der
Dat. Sing, kaväye und der JSTom. Plur. kaväyas\ und es lag um
so näher, die Tätigkeit der Dichter durch den Satz zu be-
zeichnen kavdyas kavayanti 'Die Dichter dichten', als man ja
auch Denominative ohne jedes besondere Stammbildungsmittel
schaffen konnte, durch einfache Überführung in die Konjugation,
wie tarqgati 'wogen' von tarqgd- 'Woge'.
c) Aber der eigentliche Schlüssel zur Erklärung unserer
Neubildungen liegt doch wo anders, in der Bildung der Ad-
jektiva auf -{i)ta-. Formen dieses Ausgangs sind ungemein
häufig; nicht nur jedes Yerbum bildet sie so ziemlich regel-
mäßig neben sich aus (mehr nebenher als planmäßig habe ich
mir von den in Rede stehenden 350 Yerben rund 60 Fälle auf
-Ha- aufgezeichnet), sondern solche Formen sind selbst da vor-
handen, wo nie ein Verbum ins Leben trat, oder ins Leben zu
treten brauchte, ja man kann sogar sagen, ins Leben treten
konnte ; mindestens gehen sie hier in der Literatur dem eigent-
lichen Verbum zeitlich voraus.
Adjektiva auf -ita- konnten aber von allen Stämmen ab-
geleitetwerden, wie wir später sehen werden (S. 510 ff.); sie waren
neben a-Stämmen ebenso üblich wie neben i-Stämmen, und neben
diesen waren sie anscheinend sogar noch mehr berechtigt. "Wie
aber -ita- wegen seines i mit den ^-Stänlmen zusammenhängt,
so weist es anderseits auf -ay{a)-^ von dem das -i- die regel-
mäßige Schwächung darstellt. Wenn aber dhülita- z. B. ganz in
der Ordnung ist, so ist die Nachfolge von dhülayati nur eine
Frage der Zeit.
II. Die Adjektivableitungen auf -ayati.
Die Adjektivableitungen auf -ayati haben sich einfach, aber
in ausgeprägter Art entwickelt; je länger, desto mehr bezeichnen
Indogermanisclie Forschungen XIX. 33
498 L. Sütterlin.
sie ein Machen zu dorn, was das Adjektiv angibt, vergleichen
sich also den griech. Bildungen auf -oiü wie öriXouu, Kevouu. Da-
neben kommen aber auch spärliche Formen vor mit der Be-
deutung 'das sein, was das Adjektiv ausdrückt', Formen also,
die den griech. Ableitungen auf -euj gleichen, wie döiKeuu eTiißapeiu.
Wir behandeln die wichtigere faktitive (oder besser ob-
jektiv zu nennende) Gruppe vor der kleineren, die die subjektive
Beziehung hervorhebt.
1. Die Faktitiva.
1. Yon den Faktitiven lassen sich im ganzen schon gut
100 — 125 Beispiele aufzählen, die zu a-Stämmen gehören. Aber
ihre Zahl wächst merklich mit dem Lauf der Entwicklung.
Vedisch ist nur ein sicherer Fall oder zwei:
ündyati 'unerfüllt lassen' {und- 'unzureichend, klein'); sabhäg^
(AV.) 'mitteilen' [sahhäga- 'einen Anteil habend').
Klassisch sind 38 Formen:
ähul^ 'in Verwirrung bringen' {äkula- 'verwirrt'; vgl. •parij-
ähul^ u. vyäkul^); ärdr^ 'befeuchten, weich stimmen'
{ärdrd- 'feucht, weich'); ävil^ 'trüben' {ävila-): nllägh^
'gesund machen, zu neuem Leben erwecken' {ullägha- 'von
einer Krankheit genesen'): kalus^ 'beschmutzen' {kdlusa-):
krtärth^ 'zufriedenstellen' (^7'^/iär^Äa-); citr'^ 'bunt machen,
zeichnen' (citrd-); chand^ 'gefällig machen, etwas anbieten'
{chdnda- 'gefällig', S. 503); jad^ 'stumpf, apathisch machen'
{jada- 'kalt, starr'); taral^ 'in eine zitternde Bewegung ver-
setzen'(^ara^a-); ^?<ccÄ<^ 'leer, arm machen' (^«(cc/m-); dvigun^
'verdoppeln' {dvigiina-); dhaval^ 'weiß machen' {dhavald-
'glänzend'); dhir^ 'jem. (Akk.) aufrichten, einem Mut ein-
sprechen' {dhtra- 'fest, beherzt'); dhün^ 'schütteln, hin- u.
herbewegen' {dhüna- 'geschüttelt'); nispattr^ 'der Blätter
berauben' [nispattra- 'blätterlos'); par^/ä^w/o 'in Verwirrung
bringen' {pary äkula- 'verwin-t'); ^raA-a^o 'offenbaren' [pra-
katd-)\ pragun^ 'in die gehörige Ordnung bringen' {pra-
guna- 'in rechter Lage'); mand° 'schwächen' [manda-)\
malin^ 'beschmutzen' {malind-)\ mukhar^ 'geschwätzig
machen' {mukhard-)\ rnund^ 'kahl scheren' {munda- 'kahl');
rüks^ 'dünn, mager machen' {rüksd-)\ ratsal^ 'jein- zärt-
lich machen' [vatsald-]; räcäl^ 'geschwätzig, geräuschvoll
machen' {väcäld-)\ vicchäy^ 'des Grlanzes berauben' {vi-
Die Denominativverba im Altindischen. 499
cchäya- 'ohne Farbenspiel, glanzlos'); vidür^ Veit forttreiben'
{vidüra- 'weit entfernt'); vidhur^ Vom Geliebten trennen, in
einen kläglichen Zustand versetzen' (vidhicra- Vom Geliebten
getrennt, niedergeschlagen'); visaly^ 'jem. von einer Pfeil-
spitze oder einem Schmerze befreien' (visalya- 'ohne Spitze');
vyar\g^ 'eines Gliedes berauben, verstümmeln' (vyar\ga 'eines
Gliedes beraubt, krüppelhaft'); vyäkul° 'in Aufregung ver-
setzen, in Verwirrung bringen' (vyäkula- 'ganz eiiüllt von,
verworren'); sitliil^ 'lockermachen' (sithild-); sit^ 'abkühlen'
{sitd- 'kühl'); sajj^ 'mit der Sehne versehen' {sajja- 'mit der
Sehne versehen'); saphal^ 'gewinnreich machen' [saphala-
'fruchti'eich, gewinnreich'); samän^ 'gleichstellen' {samänd-
'gleich'); spast^ 'deutlich machen' (s^as^a- 'deutlich, gerade');
neben sabhäj^ 'jem. eine Ehre erweisen' darf man wenigstens
auf Grund von hhdjati 'ehren' u. hhäj- 'verehrend' ein Ad-
jektiv *sabhäja- voraussetzen mit der Bedeutung 'Ehre be-
sitzend, ehrenreich'. Vgl. auch utkaläpayitvä 'den Pfau ein Rad
schlagen lassend' [utkaläpa- 'mit emporgerichtetem Schweife').
Jünger sind noch 76 Beispiele:
anuloni^ 'nach dem Strich streichen' {anulomd- 'nach dem
Haarwuchs, Strich'); apärth^ 'unnütz machen' {apärtha-
'zwecklos') ; ases^ 'vollständig zu Ende bringen' {asesa- 'ganz');
äpii^ 'mit einem gelben Anstrich versehen' {äpita- 'gelblich');
itar^ 'abspenstisch machen' {itara- der andere'); utk'^ 'sehn-
süchtig machen' {ütka- 'sehnsüchtig'); m^ä:«co 'das Haar auf-
stecken' [utkaca- 'mit emporgerichtetem Haar'); utsuk^ 'weh-
mütig ^iimmQxv {iitsuka- 'besorgt, sehnsüchtig') ; udätt^ 'er-
heben, angesehen macheu' {udätta- 'hoch'); uddäm^ 'in einen
üppigen Zustand setzen' {uddäma- 'ausgelassen'); udvel^
'über die Ufer treten lassen' {udvela- 'aus den Ufern tretend');
nnnidr'^ 'erwecken' (unnidra- 'schlaflos'); upodbal^ 'unter-
stützen, bekräftigen' (udbala- 'kräftig'); nsn^ 'heiß machen'
(wsnd-); et° 'bunt nennen' {enimäcaste: eta 'bunt'); kathin^
'hart machen' (kafhind-); kathor^ 'üppig machen' (kdthora-
'hart, steif); kapis^ 'rötlich färben' (kapisd-); kän° 'ein
Auge ausstechen' {känd- 'einäugig'); ksiv^ 'in Aufregung ver-
setzen' {ksiva- 'berauscht, aufgeregt'); catul° 'hin- u. her-
bewegen' {catuld- 'beweglich'); capal^ 'jeni. unbesonnen
machen' (capald- 'beweglich, unbesonnen'); caritärth^ °jeiii-
sein Ziel erreichen lassen' {caritärtha- 'wer sein Ziel erreicht
33*
500 L. Sütlerlin,
hat') [ jatil^ '\er\\ivren {jatild- 'verworren')-, tarun^ 'jung,
frisch machen' {tdruna-); tivr^ 'schärfen, verstärken' (i2vra-);
dantiir^ 'dicht besetzen, erfüllen mit' {danturd- 'hervor-
stehende Zähne habend'); drdh° 'befestigen' (drdha- 'fest');
dhümr^ 'graufarben' {d1iümrd-)\ nihid^ 'fest umschlingen'
{nibida- 'fest'); nirar{k%is^ 'entfesseln' {nirar\kusa- 'der
keine Fesseln kennt'); nirnidr^ 'aus dem Schlafe wecken'
[nirnidra- 'schlaflos'); nirmül^ 'ausrotten, vernichten' {nir-
müla- 'ohne Wurzeln') ; nisphal^ 'fruchtlos machen' [nis-
phala-) ; nihses^ 'bis auf den letzten Rest vertilgen' (nihsesa-
'vvovon kein Rest übrig ist'); nütan^ 'erneuern' {nütana-)\
nyün^ 'vermindern' {nyüna- 'kleiner'); jparär\miikh° 'um-
wenden' {parär\muklia- 'dessen Gesicht abgewendet ist');
pätal^ 'blaßrot färben' {pätala-)\ pändur^ 'weißlichgelb
färben' (pändurd-); pinjar° 'rötlichgelb färben' {pinjdra-)\
pift° 'feststampfen' {pitta = pista- 'gestampft'); prafip^
'umkehren machen' [pratipa- 'entgegengesetzt, verkehrt');
pratijaks^ 'vor Augen stellen' {pratyaksa- 'vor Augen
liegend'); prabal^ 'stärken' [pr-ahala- 'kräftig'); prahv^
'demütigen' {prahvd- 'demütig'); prot° 'einschlingen, ein-
fügen' {2)rota- 'gewebt auf etwas'); hadhir^ 'taub machen'
(badhird-); bha^gnr^ 'brechen, krümmen' [b}iar]gurd- 'zer-
brechüch, krumm'); masrn^ 'weich, glatt machen' [masrna-)\
vikal° 'hart mitnehmen' {vikala- 'schwach, mitgenommen');
viklav^ 'kleinmütig stimmen' {viklava- 'kleinmütig'); vitath^
'unwahr machen, der Unwahrheit zeihen' {vitatha- 'unwahr');
vipul^ 'ausdehnen, länger machen' {vipula- 'groß'); viphal^
'vereiteln' {viphala- 'vergeblich'); vimal^ 'rein, klar machen*
(vimala-); ^;^■mM^'/^o 'abgeneigt machen' {vimukha- 'das Ge-
sicht abwendend, abgeneigt'); vilin^ 'schmelzen', trans. {vi-
lina- 'geschmolzen'); visad° 'reinigen, erläutern' (visada-
'klar, deutlich'); visäl^ 'vergrößern' [visäld- 'weit, breit');
vyngr'^ 'jemandes Gedanken ablenken, zerstreuen' {vyagra-
'zerstreut'); vyarth^ 'zwecklos machen' {vyartha- 'zwecklos');
sänt^ 'beruhigen' {sänta-)\ sital^ 'abkühlen' {sifald-); syäv^
'braun färben' (syävd-); syet^ 'rötlich nennen' {syenimäcaste:
syetd- 'rötlich -weiß'); slath^ 'locker machen' {slatha-);
sand h^ 'kastrieren' (sandhd - 'zeugungsunfähig'); sam'^ 'ebnen*
{samd-): sarnagr^ 'vollständig machen' {sdmagra-); samarth^
'bestätigen' {samartha- 'angemessen, tauglich'); samutsuk^
Die Denominativverba im Altindischen. 501
'sehnsüchtig macheu' {samuts2ika-)\ sarüp^ 'gleichmachen
in der Form' (sarüpa-); sarvan^ 'auf denselben Nenner
bringen' (sdrvana- 'gleichartig'); suhhag^ Verschönem' {su-
bliäga-)\ susth^ 'jem. zum Wohlbehagen bringen, gesund
machen' {sustha- 'gesund'); stimit^ 'unbeweglich machen'
{stimita-)\ sphut^ 'deutlich machen' {sphuta- 'offen, deut-
lich'). Wegen tiroli^ u. pith^ s. S. 513.
2. Bei einigen weiteren, nur späten Formen ist das Ad-
jektiv zufällig nicht belegt, nämlich bei:
apipäthayati 'auf einen Weg bringen' (neben päthas n.
'Platz'); utkorak^ 'mit hervorbrechenden Knospen versehen'
{köraka- m. n, 'Knospe'); utkos^ 'aus der Scheide ziehen'
{kösa- m. 'Scheide'); ullir\g^ 'aus Merkmalen erschließen'
{lir\ga- n. 'Merkmal'); vitüst- 'entflechten; vom Staub be-
freien' {tüsta- n. 'Flechte, Staub'), vielleicht auch utpuccha-
yate {'^ti?) 'den Schwanz in die Höhe heben' {pilccha- m,
'Schwanz') ').
1) Darunter sind utkorako u. intüsto am durchsichtigsten; denn
für das erste läßt sich ein *utkoraka- 'mit hervorbrechenden Knospen ge-
schmückt' voraussetzen, das sich vergleichen ließe mit utkaca- 'mit empor-
gerichtetem Haar' (neben kaca- m. 'Haupthaar') u. mit utkantha- 'mit em-
porgerichtetem Hals, sehnsüchtig' (neben kanthd- m. 'Hals'); für das zweite
ein *vitHsta- 'ohne Flechten, ohne Staub', gebildet wie vicchüya- 'ohne
Farbenglanz' {chäyä f. 'Schatten, Farbe'), visalya- 'ohne Spitze' {salyd-
m. n. 'Pfeilspitze'), riphala- 'fruchtlos' {phäla- m.n. 'Frucht'); ähnlich könnte
es mit idlir]go stehen; wenn *nllir\ga- etwa auch hieß 'mit hervorstechenden
Eigenschaften oder Merkmalen versehen', müßte das Verbum bedeuten :
'als so beschaffen ansehen, für so beschaffen ausgeben' ; woran man aber
gewisse Eigenschaften auffindet, das erkennt man an den Eigenschaften,
dessen Vorhandensein erschließt man aus diesen Eigenschaften, apipätho
könnte desgleichen von einer Form apipätha- (oder apipäthas-) stammen,
da Fälle wie äpierata- 'beim Gelübde beteihgt', dpibhäja- 'Anteil habend',
apisarvard- 'an die Nacht grenzend' eine derartige Bildung mit der Be-
deutung 'auf dem Pfade befindlich' begreifen lassen; und nur, weil das
lange ä allein in dem s-Stamm erscheint, wird man überhaupt die Mög-
lichkeit ins Auge fassen, daß unser päthayati ein gewöhnliches Faktitivum
sei zu dem nur im Dhat. überlieferten pdthati 'gehen'. Am zweifelhaftesten
ist die Hierhergehörigkeit von utpucchayate ; dafür haben schon die indi-
schen Grammatiker ein 'utjntccha- oder utpucchd- angenommen mit der
Bedeutung 'hochschwänzig' [utkräntah pucchät) ; da das überlieferte Deno-
minativum zunächst medial ist, könnte man für das Aktiv den Sinn vor-
aussetzen 'etwas hochschwänzig machen, einem den Schwanz in die Höhe
heben'; und das Medium mit der Bedeutung 'sich hochschwänzig machen,
den Schwanz in die Höhe heben' wäre daneben ganz in der Ordnung.
502 L. Sütterlin,
3. Ableitungen von andern als a-Stämmen kommen
hier nur ausnahmsweise vor. Kl. th'^ Mem Blick entziehen, ver-
bergen, hemmen' (von dem Adverb Hrds 'abseits') darf man kaum
anführen, da hier das Grundwort äußerlich auch auf -m ausgeht
wie der Nominativ des oxytonierten «-Adjektivs; ähnlich steht
es mit unman^ 'in Aufregung versetzen, verwirren' {unmanas-
'aufgeregt'). Yon einem /-Stamm kommt siirabh^ 'wohlriechend
machen' {surabhi- 'wohlriechend'); u. als Ableitung eines w-Stamms
ist in der wirklichen Literatur nur belegt udasr^ (von udasrii-
'weinend'), das aber nicht bloß 'weinen machen' bedeutet, sondern,
auch 'Tränen vergießen', u. sich auch deshalb dem später (S. 505)
genannten ved. vUciyati 'fest machen', vidayäte 'fest sein' (von
i^idn-^ villi-) an die Seite stellt ; laghP 'erleichtern' (neben laghü-
'leicht') könnte auch zu den gleich zu nennenden Komparativ-
ableitungen gezogen werden; sonst werden nur noch von Gram-
matikern drei künstliche Denominative der Art erwähnt, bali^
(von hahü- 'reichlich'), pap (von piatK,- 'scharf, hell') u. sädh^ (von
sädhii- 'gerade zum Ziel führend').
Dagegen ist merkwürdig, auch wegen der Geschlossenheit,
mit der sie auftritt, eine Gruppe von Komparativableituugen :
kanayati 'vermindern' (von kdniyqs- 'kleiner', känistha-
'kleinst'); kras^ 'mager machen' (neben krsä- 'mager', krdsi-
l/qs-); dav° 'entfernen' {dura- 'fern', däviyqs-)\ dradh^ 'be-
festigen' {drdha- 'fest', drädhiyqs-) mit paridradh^ 'fest
machen' (neben paridrdha- 'fest'); drägh^ 'verlängern*
[dirghä- 'lang', drdghiyqs-):, ned° 'nahe bringen' (nedt-
yqs- 'näher', nedistha-)\ mrad^ 'glätten' {mrdü- 'weich',
mrddiyqs-, mrddistha-)^ sowie endlich yav^ ^ Den. von
yüvan- 'jung' {ydviyqs- 'jünger'), von denea aber nur eines,
das an vorletzter Stelle genannte mrad^, als Beleg aus TS.
älter ist. Das vedische prath^ 'ausbreiten', das als Faktitiv
neben prdthati^ ^te 'sich ausdehnen' steht, könnte übrigens
auch in der vorliegenden Art zu prdthiyqs- 'breiter' ge-
hören, während die später vorkommende Bedeutung 'berühmt
machen' an das Subst prathä f. 'Euf, Berühmtheit' erinnert.
Da aber auch das Aktiv in dieser letzten Bedeutung belegt scheint, so darf
man vielleicht auch noch das intransitive Verhältnis zwischen Grundwort
und Ableitung voraussetzen, wie bei den genannten Beispielen, oder —
zumal wo Formen angeführt werden wie iidapupncchat — es liegt eine
freiere unmittelbare Ableitung von jn'iccha- seihst vor, sodaß das Verbum
dann auf S. 507 unterzubringen wäre.
Die Denominativverba im Altindischen. 503
Bei zwei weiteren Fällen scheint die Bedeutung nicht ganz
klar gegenüber dem Grundwort, dem späten vars° (von vdräi-
yqs- 'höher', värsistha-) u. dem vereinzelten, aus den 'Sprüchen'
belegten, aber um so merkwürdigeren parivradh^ (von parivrdha-
'Herr, Anführer').
4. Xeben einer größeren Gruppe von Yerben liegt zwar
ein Adjektiv, dessen Bedeutung für die Ableitung den fak-
titiven Sinn voraussetzen ließe, aber auch ein Substantiv:
häufig ein neutraler «-Stamm, der nur die substantivierte Neu-
tralform des Adjektivs ist, manchmal aber auch verschiedene
andere Stämme. Diese Doppelheit der Beziehung tritt schon bei
den vedischen Gebilden auf, setzt sich aber durch die ganze
Literatur fort. Es sind nämlich:
vedisch 6 Beispiele:
rocayati 'beleuchten' (roca- 'leuchtend': rokd- m. t^ökas- n.
'Licht'); roh^ (AV.) 'aufsteigen machen' (roÄa- 'hinaufsteigend':
m. 'Erhebung, Höhe'); vep*^ (vip^) 'zittern machen, schwingen'
{vepa- 'bebend', vip- 'innerlich bewegt': vepa- m. 'Beben');
sucäyant- 'flammend, leuchtend' [sucd- u. süci- 'leuchtend':
suc- f. 'Flamme, Glut', süci- m. 'Feuer'); suhh^ 'schmücken'
[siibha- 'schmuck, hübsch': subh- f. 'Schmuck'), auch sos^
(AV.) 'austrocknen' {*sosa- 'trocken' = lit. saüsas^ ags. sear^
auoc: sosa- m. 'Austrocknen, Trockenheit');
klassisch sind an die 10 Fälle:
titkanth^ 'jem. zur Sehnsucht anregen' {utkantha- 'mit empor-
gerichtetem Hals, sehnsüchtig': utkantha f. 'Sehnsucht');
kadarth^ 'zu nichts anschlagen, gering achten' {kddartha-
'welchen Zweck habend': m.''eine nichtsnutzige Sache');
khand^ 'zerstückeln, stören' {khandd- 'zerbrochen': m. n.
'Stück, Lücke'); chand^ 'jem. gefällig machen' {chanda- 'ge-
fällig, einladend': chdndas- n. 'Lust'); timir^ 'verfinstern'
(timirä- 'finster': u. 'Finsternis'); duhkh^ 'jem. Weh ver-
ursachen' {duhkhd- 'unbehaglich': n. 'Schmerz') und das
Gegenteil sukh^ 'Wohlbehagen bewirken' {siikhd- 'augenehm,
behaglich': n. 'Wohlbehagen'); j?at;e7ro 'läutern' {pavitra-
'rein': n. 'Reinigungsmittel'); virüp° 'verunstalten' (virüpa-
'häßlich': n. 'Mißgestalt');
noch später sind 5 Fälle:
tittarqg^ 'in eine wellenartige Bewegung versetzen' {utta-
rqga- 'mit hochgehenden Wogen': m. 'hochgehende Be-
50i L. Sütterlin,
wegung'); chidr^ 'durchlöchern' {chidrä- 'durchlöchert': n.
*Loch'); viräg^ 'sich einen abgeneigt machen' {viräga- gleich-
giltig': m. 'Abneigung'); sisir^ 'abkühlen' {sisira- 'kühl':
mn. 'Kühle'), aber auch vipath'^ 'auf Abwege bringen' {vi-
pathi- [*vipatha-?] 'auf Abwegen gehend': vipatha- m. n.
'Abweg').
2. Die Subjektiva.
Die Beispiele, die als Subjektiva in Anspruch genommen
werden können, sind etwa 25 an der Zahl. Freilich sind dar-
unter einige Fälle, neben denen auch ein Substantiv vorliegt,
die also zur Not auch als Substantivableitungen augesehen werden
könnten. Wir verzeichnen daher die annähernd unzweideutigen
Bildungen zuerst.
a) Yon unzweideutigen Adjektivableituugen sind
vedisch 8:
ädvayant- 'nicht doppelzüngig, ehrlich' (neben dvayä- 'zwei-
fach'); c?Ä2<wo'rauschen,dabinstürmen'(nebenf?/??fn /-'rauschend,
tosend'); vgl. Guvuj, Guveuu ; mrldyati.,{mr/ai/dnt-^ mrläyanti)
'gnädig sein' (mrda- 'gnädig'),
klassisch ebenfalls 3:
gaves^ 'leidenschaftlich begehren, suchen' [gavesa- '[rindj-
suchend' in dharma-gavesa- 'nach dem Gesetze trachtend';
Eigenn.); avadhir^ 'übertreffen' (dhira- 'klug'), avadhir^
'zurückweisen' {dhira- 'beherzt').
jünger sind 4:
andhdgati 'blind werden' {andhd- 'blind'); di'ir^ 'fern sein'
(dura- 'fern'; -ä f. 'Ferne'); dhülihast^ 'Staub in die Hand
bekommen' {^dhülihasta- 'eine Staubhand habend', gebildet
wie phalahasta- 'Früchte in der Hand haltend'): paripanth^
{^ayitum) 'entgegentreten' i^paripantha- m. 'Gegner', vgl.
paripanthaka- m. 'Gegner', oder paripantham adv. 'am
Wege') 1).
1) Hierher gehört wohl auch svatantro 'in seine Gewalt bringen'
(neben svatantra- 'selbständig', n. 'Freiheit', also eigentlich 'gegenüber
einem andern frei sein') und pradaJcsin'^ 'von links nach rechts um-
schreiten' (neben pradaksiiia- 'rechtsläufig'), während ^J/•a^//a^•50 (neben
pratyakSa- 'vor Augen liegend') sowohl heißt 'vor Augen stellen', als auch
'mit eigenen Augen sehen', also faktitiv und subjektiv zugleich ist, wenn
es in der letzten Bedeutung von einem Adjektiv *pratyaksa- kommt 'seine
Augen auf etwas gerichtet habend' und nicht vielmehr eine freie Bildung
ist aus ak^dn- 'Auge' und 2»'<'i' (S. 507).
Die Denominativverba im Altindischen. 505
b) Zweifelhafter sind
vedisch 4 Fälle:
vidyutayati 'blinken, blitzen' (neben vidytlt- 'glänzend' u.
Snbst. f. 'Blitz', aber auch noch neben dyuti- f. 'Glanz');
rtayate {rtay änt- \x. rtäyant-) 'sich in die Ordnung schicken,
etwas recht machen' (neben rtd- 'ordentlich', n. 'Ordnung');
ai^■^ rasarc?/iai/rt ^rfrechherandrängen' (neben sarc?/ja-'frech',
vielleicht auch kausativ zu sdrdhati 'frech sein', zumal an-
gesichts des abhängigen Akk. giras^ der schließlich auch er-
laubte, das Denomiuativum faktitiv zu fassen); vilaydte 'fest
sein' {vidii-^ vilü- 'hart, fest', n. 'fester Verschluß' ; doch liegt
neben dem Medium auch ein Aktiv vildyati 'fest machen',
S. 502).
klassisch etwa 6:
gocar^ 'Anwendung finden' {gocara- 'anwendbar', m. 'Weide-
platz, Bereich', S. 489. 498); pratikül^ 'sich widersetzen'
{pra ^/A"27^«- 'widrig', n.'Widersetzlichkeit') ; vavr" 'sich zurück-
ziehen von' [vavrd- 'sich versteckend', m. 'Höhle', vavri-
m. 'Versteck', S. 489); vyäkhyän- 'mitteilen' {vyäkhydna-
'erzählend', n. 'Erzählung'); cir^ {^te) 'lange machen, säumen'
{cird- 'lang', n. 'Zögern'; vielleicht auch faktitiv); ram'^ 'er-
götzen' {ramd- 'erfreuend', m. 'Geliebter', vielleicht auch faktitiv
oder kausativ zu rdmate 'sich ergötzen', S. 520); tandrayate
'matt werden' {tandra- 'matt', -ä f. 'Mattigkeit'; vielleicht
aber auch das Medium zu einem Faktitivum);
jünger sind 2:
candayate 'zürnen' {candd- 'heftig'); mandrayate 'ehren,
preisen' {mandrä- 'lieblich [klingend]'), die als Medien zu
faktitiven Aktivfonnen gehören könnten.
c) Bemerkenswert sind endlich auch noch ein paar Verba,
die je nach dem Zusammenhang als Faktitiva und als Sub-
jektiva gebraucht werden:
kl.: udasrayati 1. 'weinen machen'; 2. 'Tränen vergießen'
[udasru- 'weinend');
sp. : prattp^ 1. 'gegen jem. sein' {pratipa- 'widerspenstig,
feindlich'), 2. 'umwenden, zurückbringen' {pratipdm Adv.
'gegen den Strom, rückwärts'). Wegen pratyaks^ s. S. 504
Anm.
506 L. Sütterlin,
III. Die mit diesen Denominativverben zusammenhängenden
Nominalklassen.
a) Die Bedeutung der Suffixe und der Präfixe für die
Denominativbildung.
Außer den oben (S. 494 f. 502) behandelten Abweichungen
bezüglich der Stammform des Grundwortes haben die Yerba auf
-ayatl nicht viel geneuert. Ansätze dazu wären manche vor-
handen gewesen. Zunächst in den Suffixen. Yon den Geräte-
bezeichnungen z. B. auf -tra- werden mehrere Formen abgeleitet,
die keine Nachfolge gefunden haben: yantr^ 'in Binden legen'
{ijantrd- n. 'Stütze, Schranke'), yoktr^ 'anbinden' {ijoktra- n. 'Strick'),
vastr'^ 'kleiden' [vastra- n. 'Kleid'). Das gleiche gilt von Sub-
stantiven und Adjektiven mit t- oder w-Suffix; es heißt: värtt^
'sich mit jem. unterhalten' {värttä f. 'Rede'), prot^ 'einschlingen,
einfügen' {prota- 'gewebt auf) u. üdh^ (Denom. von üdhi- 'das
Führen, Tragen', oder üdha- 'geführt, getragen'), ferner prasn^
'befragen' (prasnci- m. 'Frage') u. vighn^ 'hemmen' [vighna- m. n.
'Hemmung'), dliün^ 'sehüttelu' {dhüni- f. 'das Schütteln') u. vilin^
'schmelzen' (vilina- 'geschmolzen'). Und doch liegen überall ein-
fachere Verben daneben!
Ebensowenig sind die Präfixe verwertet worden. Während
das Griechische Verba bildet von der fertigen Verbindung eines
Substantivs mit einer Präposition, also z. B. exKoXericaTo 'er steckte
das Schwert in die Scheide' von ev tlu KoXeuj (Verf., Verba
denom. im Altgr. 59), hat das Altindische das Präfix beim Verbum
beinahe nur da benutzt, wo es auch schon das Substantiv so
aufweist, sodaß man manchmal fast glauben möchte, das Sub-
stantiv sei erst von dem Verb aus gebildet worden (S. 481). So
haben wir einmal natürlich durvät^ 'jem. befarzen' von durväta- m.
'Furz', parikarm^ 'salben, schmücken' neben parikannan- n. 'das
Schmücken', u. vielleicht paricär° 'sich ergehen, spazieren' von
paricära- m. 'Spielplatz' (u. nicht, wegen der abweichenden Be-
deutung, von dem einfachen cäraijati 'gehen lassen'); dann aber
auch nicht nur alleinstehendes vigrahP 'streiten' neben vigraha-
m. 'Streit' u. prapanc^ 'weiter ausführen' (mit vipanc^ 'ausbreiten,
verkündigen') neben prapanca- m. fernere Entwicklung', sondern
auch vyäkhyän^ 'mitteilen' mit vyäkhyäna- n. 'Erzählung' neben
äkhyän^ 'mitteilen' von äkhyäna- n. 'Erzählung', und unter den
Adjektivbildungen steht paryäkul^^ vyäkid^ z. B. neben paryä-
Die Denominativverba im Altindischen. 507
kula-^ vyäkida-. Die Bildungen sind oben ja schon möglichst
durch Sperrdruck des Präfixes hervorgehoben.
Nur einzelne freiere Schöpfungen finden sich so vor^
aber zerstreut in der weiten Literatur: äkarn'^ 'hinhorchen'
{karna- m. 'Ohr'), ärtcc^ 'herglänzen' {riici- f. 'Licht'), upavin^
'auf der Laute {vinä) etwas vorspielen', upaslok^ 'in der be-
kannten Strophe {slöka- m.) besingen', neben einfachem slok^
'schallen machen' (sloka- m. Schall), sqsinß 'klingend zusammen-
stoßen' {sinjä f. 'Geklingel'), sqbhänd^ 'die Geräte zusammen-
stellen' (hhända- n. 'Gerät'), pari-^ vi-piicch^ 'mit dem Schwanz
wedeln' {püccha- m. 'Schwanz', S. 502), parisen^ 'mit einem
Heere umzingeln' (send f. 'Heer') abhivänch^ 'begehren, verlangen'
{vänchä f. 'Wunsch'), avasardh^ 'befarzen' {sardha- m. 'Furz'),
'pratyaks^ 'vor Augen stellen, mit eigenen Augen sehen' (aksdn- n.
'Auge', S. 504 Anm.), wohl auch ava-^ ud-dhidP 'bestreuen' [dhüli-
f. 'Staub') neben älterem ^dhülita- 'besti-eut', vielleicht auch udgir°
'Laute ausstoßen' (von gh-- f. 'Ruf, Rede', nicht von giräti^ girati
'verschlingen' oder grnäti 'rufen'), kaum das unsichere nirdhät^
'mißhandeln' (neben dhäti- f. 'Überfall').
Zweifelhaft sind wegen Yorhandenseins des einfachen
Verbs einige weitere Bildungen : vyqs° 'teilen' (neben qts° 'teüen'
n.qsa- m. 'Teil'), ^ar«/ari^'/^° 'umklammern' (neben jüngerem m^kh^
'sich an etwas klammern' u. a\\kM- m. 'Klammer'); auffällig ist auch
sqvastr^ (neben vastra- n.'lDeid') in der Bedeutung 'gleiche Kleider
tragen'.
b) Der Einfluß der Denominative auf die
Nominalbildung.
Eher sind die Denominativa wichtig geworden für die
Nominalbildung. Zunächst gibt es unter den zalilreichen
Nomina actionis auf -ana- n. einige, die unmittelbar auf das
-ayati-Verh zurückgehen müssen, teils der Bedeutung wegen,
teils mangels einer andern, kürzeren Verbalbildung; so z. B.
pälpülana- n. 'das Behandeln mit Lauge' (von palpvP 'mit Lauge
behandeln', mit palpülita- neben sich) u. uddhülana- n. 'das Be-
streuen' (von uddhül^ 'bestreuen', mit uddhülita-), kadarthana-
n. 'Quälerei' u. kirtana- n. 'Erwähnung', nirmülana- n. 'das Ent-
wurzeln', racana- 'das Verfertigen' u. rüksana- n. 'das Mager-
machen', vielleicht auch ramana- n. 'Stillstand' (neben rdmati
'zum Stillstand bringen', med. 'stillstehen', u. ramayati 'zum Still-
stand bringen').
508 L. SiUlerlin,
Dann tauchen neben den ayati-Bildungcn aber auch ver-
schiedene Adjektivfornien auf; so 1. auf -ana- wie düsam-
Verderbend', ropana- 'Leibschneiden verursachend' (AY.), rüksana-
'mager machend' u. sücana- 'verkündigend' mit dem Subst.
sücanä f. 'Verkündigung', aber auch ropana- 'aufsetzend, ver-
wachsen machend', sthäpana- 'festsetzend', hhisana- einschüch-
ternd'; 2. auf -ayä- wie Hr\Miaya- 'in Bewegung setzend' in
satmidrarHir]khaya- 'die Kufe ins Schwanken setzend' (RV.),
amrdayu- 'unbarmherzig' (TS., von ved. mrlayati 'gnädig sein')
u. spätes udejaya- 'zittern machend' (neben tidejati 'sich rühren')
u. cetaya- 'wahrnehmend' (neben cetayati 'wahrnehmen', freilich
auch neben gleichbedeutendem cetati)\ besonders merkwürdig
sind aber 3. die gerade in ältester, vedischer Zeit so häufigen
Bildungen auf -ayii- wie mrgayü- 'jagend' (neben mrgaycde 'jagen',
mit mrgmjä f. 'Jagd') u. asväyü- 'Rosse begehrend' (mit asvayä
f. 'Wunsch nach Pferden', RV.)i).
c. Denominativa auf -ayati und Nomina agentis auf
-[ay)itar-.
Die Nomina agentis auf -tar- spielen in diesem Zusammen-
hang keine große Rolle; sie sind viel stärker vom Verbum ab-
hängig als die gleich zu nennenden Adjektiva auf -ita- (S. 510 ff.);
1) Oder sollte vielmehr das Umgekehrte wahrscheinlich sein ? Sollten
die -a//a^t-Verba von diesen Adjektiven auf -aya- u. besonders auf -ayu-
aus aufgekommen sein ? Ganz von der Hand zu weisen dürfte eine der-
artige Vermutung doch nicht sein. Man könnte sich sogar vorstellen, daß
die denominativen Verba im Grunde nur einfach konjugierte Adjektive
auf -aya- seien.
Damit nähern wir uns der Frage, wie die Form auf -ayati etwa
überhaupt zu begreifen sei. So mißhch es ist, an solche Dinge zu rühren,
eines ist jedenfalls auffällig und beachtenswert, nämlich, daß die ältesten
Bildungen mit Vorliebe im Partizip vorkommen, daß die Rig-
veda-Beispiele oft überhaupt nur im Partizip belegt sind; so
haben wir, indem wir die Liste bei Delbrück, Altind. Verb. 203, vervoll-
ständigen: amitraydnt-, adhvaydnt-, kanükaydnt-, Ixuläyaydnf-, kSemaydnt-,
devaydnt-, yuSmaydnt-, vasnaydnt-, sarmaydnt-, susdyant-, stibhdyant-
'leicht hingleitend', äubhdyant- 'schmückend', susvaydnt-, hdstayant-. Dieses
-{a)yant- stellt sich nun aber auffäUigerweise genau neben die Ausgänge
-vant- u. -mant-, eine Form wie ftd-yant- genau neben visd-vant- 'giftig'
oder ydva-mant- 'gerstereich'. Und -yant- hat das kürzere -ya- neben sich
wie -vant- u. -mant- das kürzere -va- u. -ma-. Sollte das Zufall sein ? Doch
wir wollen diesen Faden nicht weiter spinnen ! Nur wegen der Betonung
kommen wir später auf diese Partizipien zurück (S. 518).
Die Denominativverba im Altindischen. 509
unter den tor-Substantiven überwiegt darum iin Laufe der Zeit
der Ausgang -ayitar- immer mehr über den Ausgang -itar-^
vielleicht mit Ausnahme des Epos. Im Veda findet sich dieser
kürzere Ausgang neben einem ausgeprägten, auch in der Be-
deutung entsprechenden -ayati- Verb um nur bei panitdr- 'preisend',
pavftdr- 'Reiniger' imd pratarüdr- 'Förderer', sowie bei pesitar-
'Zerleger', neben dem freilich kein Verbum unmittelbar bezeugt
scheint; aus der klassischen Zeit kommen dazu das wieder ohne
Yerbum stehende pratigaritar- 'der durch Zuruf antwortet' (im
Ait. Br., neben pratigarä- m. 'Antwortruf' und ogrnäti) laid
pratäpitar- (als 3. Sg. Fut, Mahabh.), aus späterer z. B. manditar-
'Schmuckverleiher'. Neben einigen weiteren Formen liegen schon
nicht bloß -a</öi^'- Verben vor, sondern auch gleichbedeutende
Stammverben; nämlich neben ved. cod-itär- 'Treiber', pos^ 'Auf-
zieher', mrdP {mardP) 'Erbarmer', raks^ 'Beschützer', rariP 'sich
ergötzend', vand^ 'Lober' und ved^ 'Kenner', neben klass. pramatli-
-itar- 'Zerschmetterer', pramard^ 'Zermalmer' und hhaks^ 'Ge-
nießer', sowie endlich neben späterem pan^ 'Händler', yoj°
'Fasser eines Edelsteins' und vars^ 'Regner'.
Sonst finden sich meist durchweg neben den -ayati- Verben
auch nur Formen auf -ayitar-; so z. B. im Veda cod-ayitdr-
'Treiber',|;ayo 'Reiniger', hodh'^ 'Erwecker' und rr/;ay^7r^''Färberin';
im klass. Schrifttum ärädh-ayitar- 'wer jemandes Cfunst zu ge-
winnen sucht', dliär^ 'Halter' (neben dhäritri f.), parinäm^ 'zur
Reife bringend', pät^ 'Würfelwerfer', päl^ 'Schützer', pür^ 'wer
füllt', prakalp^ 'Anordner', prajanP 'Zeuger, Begründer', prapyäv^
'wer bewirkt, daß etwas anschwillt', pravart^ 'Bewirker', praväp^
'der etwas ausstreut', prärth^ 'Bewerber', pres^ 'der Befehle
erteilt', hhaks^ 'Genießer', hhäv'^ 'Förderer', manP 'Ehrer', ra^
'Schmecker', varic^ 'Betrüger', varj^ 'Vermeider', vardh^ 'Auf-
zieher' (neben ved. vardhitdr- 'Stärker, Vermehrer'), väs^ 'Er-
halter', vicet^ 'sichtbar machend, unterscheidend', säntv^ 'der gute
Worte gibt'; ebenso pratistliäp^ 'Begründer', pradäp^ 'Geber',
srapo 'Koch'; aus späterer Zeit stammen : avasardh-ayitar- 'Be-
farzer', vikros^ 'Schreier' (neben älterem vikrostar-\ udgür'^ 'mit
Tätlichkeiten drohend', käm° 'Liebhaber', cet'^ 'Wahrnehmer',
cyäv^ 'der in Bewegung setzt', düs^ 'Verderber', narf^ 'Tanz-
lehrer', parkaP 'umschließend', päc^ 'kochen lassend' {paripäc^
'zur Reife bringend'), pratipäd^ 'der jem. etwas zukommen läßt',
pratisedh^ 'negierend', pratyabhivädP 'der einen Gruß erwidert*,
610 L. Sütterlin,
prabhäv^ 'Macht verleihend', pramäp^ 'dem Untergang zuführend',
'prayog^ 'V^eranlasser', prärj^ 'Gewährer', hhoj^ 'wer genießen
läßt', mad^ {mand^) 'Erfreuer', moks^ und moc° 'Befreier', yav^
'Zuwender', yäj^ 'Opferpriester', 7-ac^ 'Verfertiger', var° 'Werber',
vartf 'Schilderer', mc» 'der etwas hersagen läßt', vikros^ 'Nach-
schreier', v/f^Ääro' Verteiler, Erhalter', viMä/'<^' Verteiler', mes^'unter-
scheidend', sam° 'Beruhiger', sodh^ 'Reiniger', sobh'^ 'Schmucker',
sräv° 'Verkündiger', sos'^ 'Austrockner', sukh^ 'Erfreuer', ketayitri
'Auffordrerin', bädhayitri 'Bedrückerin'.
Zuweilen liegen darum auch beide Formen nebenein-
ander, auf -itar- und -ayitar-\ so bei ved. cod-{ay)itdr-^ klass.
pmvart-{ay)itar-, bhaks^^ späterem pan°, yoj° ; häufig ist dann die
längere Form erst später bezeugt; so bei pavUdr- (RV, AV):
pavayitdr- (TS), pratantdr- (RV, AV) : pratärayitar- (sp.), pratä-
pitar- QiiB\\): pratäpayitar- (sp.); vgl, auch viditar-(KV)\ vedayitar-
(Kumaras.). Nur vereinzelt findet sich ein Ansatz zu einer
Spaltung der Bedeutung, wie etwa bei yojitar- 'Vereiuiger'
und yojaijitar- 'Fasser eines Edelsteins'.
Freilich über den Bereich der a^/a^^-Formen hinaus er-
streckt sich die Macht der a|//^ar-Substantiva nicht: obwohl ein-
fache Verben zahlreich wechseln mit erweiterten, hat doch kaum
ein einfaches Verb neben sich ein Nomen agentis auf -ayitar-
erzeugt !
d. Die Adjektivformen auf -itd-.
Zu den Denominativen auf -ayati stehen in enger Be-
ziehung die Adjektivbildungen auf -ita-.
I. Anscheinend deverbative «to-Formen.
1. Im allgemeinen hängen diese «7a-Formen so sehr mit
dem ayati-YQvh zusammen, daß sie erst von diesem geschaffen
zu sein scheinen.
Das gilt in erster Reihe von den sogenannten Kausa-
tiven, und zwar von den eigentlichen, den Faktitiven eben-
sowohl wie von den bedeutungsschwächeren Erweiterungen, den
von uns als Intensiva bezeichneten (S. 519).
Es liegt z. B.
ranjita- 'gerötet' neben ranjayati 'röten', rakta- 'rot'
neben rdjyati 'rot sein'; r am ita- 'ergötzt' neben ratn ayati
'ergötzen', ratd- neben rämate 'sich ergötzen'; vardhita- 'er-
Die Denominatiwerba im Altindischen. 511
höht' neben vardhayati 'erhöhen', vrddhä- neben värdhati
srapita- 'gekocht' neben sräpayati 'kochen', srätd- neben
srdti.
So gehört aber auch eigentlich
sqsita- 'gepriesen' zu sqsayati^ sastä- zu sqsati 'her-
sagen'; märjita- 'gereinigt' zu märjayati 'abwischen', mrsta-
zu mrjdti;
und so stellt sich genau genommen wohl
rahita- 'verlassen' nur zu rahayati 'verlassen', nicht zu
rdhati, brjiita- 'gekräftigt' nur zu brjiayati 'kräftigen', nicht
zu brhdti, und wohl auch patitd- 'geflogen' zu patdyati
'fliegen', nicht zu pdtati.
Da aber diese Weiterbildungen auf -ayati zu allen Zeiten
sehr häufig waren (S. 519 ff.), und ihre ^Ya-Ableitungen sich in
der Bedeutung jeweils so ziemlich deckten mit den to-Formen
der einfachen Klasse, waren Vermischungen leicht möglich:
sqsita- konnte auf sqsati bezogen und umgekehrt zu nirjdti
ein mrjita- gestellt werden, zu ruddti ein rudita- 'von Tränen
benetzt'.
Im letzten Grunde werden aber diese ^Ya-Bildungen doch
nicht verbal sein, sondern nominal; für ihre nominale Her-
kunft spricht ja auch das neben ihnen meist vorliegende Sub-
stantiv; rudita- z. B. könnte also einfach so von einem voraus-
zusetzenden *rudi- 'das Weinen' ausgegangen sein, so wie für
rucitä- 'beleuchtet' der /-Stamm riki- f. 'Licht' wirklich zu Ge-
bote steht, von allen andern Möglichkeiten zu geschweigen.
Wie dem aber auch sei, jedenfalls lösen sich im Laufe
der späteren indischen Sprachgeschichte die «Ya-Formen- von
den eigentlichen Yerbalformen immer mehr los, und beide gehen
ihre eigenen AVege.
Die «7a-Formen treten dabei wieder dem Nomen
näher. Das läßt sich im einzelnen noch genauer verfolgen.
a) Neben einem reinen Denominativverbum auf -ayati
tritt bei der ita-Bi\du.ng die Bedeutung des zugehörigen Nomons
schon stark hervor, stärker als bei den uneigentlichen ayati-
Gebilden, den Faktitiven und Intensiven. Das fülilt man schon,
wo persönliche Siibstantiva ins Spiel kommen, also in Fällen
wie palita- 'geschützt' (neben pälayati und pälä- m. 'Hirt') und
pisunita- 'ven-aten' (neben pistmayati und jnsuna- m. 'Verräter');
deutlicher aber ist es vielleicht schon neben Sachsubstantiven;
512 L. Sütterlin,
freilich bilden sich auch hier gleich verschiedene Gruppen; wir
beginnen mit den weniger ausgeprägten:
a) kl. pindita- 'vereinigt' (neben pind^ und pinda- m.
'Klumpen') und den späteren uttqsita- 'als Kranz getragen'
{iittqs^ 'mit einem Kranz schmücken' und uttqsa- m. n.
'Kranz'); drstäntita- 'als Muster dienend' {drsfänt^ 'als
Beispiel vorführen' und drstänta- m. 'Muster'); piinjita-
'aufgehäuft' {punj^ 'aufhäufen' und punja- m. 'Haufe');
sekliarita- 'zum Diadem gemacht' und sekhar'^ 'zum Diadem
machen' und sekhara- m. 'Diadem');
ß) dolita- 'in Schwingung versetzt' {dol^ 'schwingen' und dolä
f. 'Schaukel); ändolita- geschwungen' {marud-andola- m.
'eine Art Fächer');
T) am meisten scheint das Verb entbehrlich bei einer Reihe von
-eto-Formen, die angeben 'mit etwas versehen', und zwar
mit etwas Greifbarem oder doch Sichtbarem, z. B. mit einem
Bande, einem Fleck u. dgi. ; diese Reihe von Formen hat neben
sich folgende Grundwörter:
at]kä- m. 'Zeichen' {ankita- 'bezeichnet'); äläna- n. 'Pfosten
oder Strick, mit dem ein Elefant angebunden wird'; m-j-
f. 'Nahrung' {ürjä- m. Kraft: ürjita- 'kräftig'); kalatjka-
m. 'Fleck'; kusüma- m. 'Blume'; cihna- n. 'Zeichen'; ta-
rqgä- m. 'Welle, Woge'; tvac- f. 'Haut'; dhüpa- m. 'Rauch'
{dhüpita- 'gequält'); dhümd- m. 'Rauch, Dirft'; nigada-
mn. 'Fnßkette, Fessel'; pattrd- n. 'Fittich, Feder'; pallava-
mn. 'junger Schoß'; pürisa- n. 'Unrat, Exkremente'; pidaka-
m. 'das Sträuben der Härchen am Körper'; miikula- mn.
'Knospe'; mütra- n. 'Harn'; ijantrd- n. 'Stütze, Schranke'
{yantrita- 'gefesselt'); väsa- m. 'Woldgeruch' [väsita- 'par-
fümiert'); vestd- m. 'Schlinge, Band'; srn^hala- m. f. n.
'Fessel'; — aber auch von Abstrakten bildet man solche Ab-
leitungen, z. B. von stohha- m. 'Trailer, Jauchzer': vranä-
mn. 'Wunde' u. duhkhd- n. 'Schmerz' {duhkhitd- 'betrübt'),
b) Unentschieden muß das Verhältnis auch in den Fällen
bleiben, wo das Grundwort ein Adjektiv ist; derlei Ableitungen
bedeuten dann 'das geworden, was das Adjektivum als dauernde
Eigenschaft bezeichnet'; sie sind also eine Art Inchoativ-
adjektiva; als Grundwörter kommen so (neben der ita-Bi\dm\g
und dem ayati-\ evbum) u. a. folgende Ausdrücke vor:
äkula- Verwirrt' und vyäkula- 'ganz erfüllt von', i'ind-
Die Denominativverba im Altindischen. 513
'unerfüllt, unzureichend'; citrd- *bunt'; tarald- 'zitternd';
pavitra- 'rein'; misrd- 'vermischt'; mi(Ä;/irtra- 'geschwätzig';
munda- 'kahl'; nihsesa- 'wovon kein Rest übrig ist'; vä-
cäld- 'geräuschvoll'; vikaca- 'geöfhiet' •, vidhura- 'vom Gre-
liebten getrennt, niedergeschlagen'; visada- 'klar, deutlich';
sithild- 'locker'; sisira- 'kühl'; aber auch villi- 'fest, hart'
[vilitd- RY.); ferner gehört hierher auch krasita- 'mager
gemacht' {krdsiyqs-^ krsd- 'mager').
c) In FäUen, wo ein Präfix mit ins Spiel kommt, entwickelt
sich sogar eine noch freiere Beziehung; dann liegen die Dinge
noch unklarer; dies zeigen z. B.
kl.: avadhirita- 'zurückgewiesen' neben dhtra- 'beherzt';
uddhülita- 'bestreut' neben dhülf- f. 'Staub';
sp.: udvelita- 'aus den Ufern getreten' neben velä f. 'Grenze,
Küste', aber auch udvela- 'aus den Ufern tretend'; upod-
halita- 'unterstützt, bekräftigt' neben hdla- n. 'Kraft', über
udhala- 'kräftig'; vyar\gita- 'verstümmelt' neben dx\ga- n.
'Glied', über vya\\ga- 'eines Gliedes entbehrend, krüppelhaft'.
d) Eine Betrachtung der zeitlichen Beziehung zwischen
Verb und Partizip hilft leider auch nicht sehr viel weiter.
Oft ist entschieden das Partizip früher belegt als das Verb.
So braucht der RV. stobhita- 'bejauchzt', die klassische Literatur
schon kcdar\kitd-. kiisumitd-, tarqgita-, pattritd-^ miikiditd-, diik-
khitd-, ferner uddhülita-^ aber auch prakatita-^ taralita-^ sowie
avadhirita-, während die zugehörigen Verben alle erst später
und meist nur in den grammatischen Schriften aufti-eten.
Die deutlichste Sprache redet in dieser Hinsicht aber Üroh^
'verstecken' (MBh); denn ihm liegt die Wortgruppe tirohita- 'ver-
steckt' zugrunde, deren zweiter Teil hitd- ist, das Verbaladjektiv
von dddhämi; tatsächlich heißt 'verstecken' sonst ja auch tiro-
dadhäti. Ebenso geht aber sp. jnth^ 'verschließen' auf pi-dhita-
zurück, die to-Form von pi-dadhäti. Ähnhch könnte endlich auch
von sqdlii- m. 'Verbindung' ein sqdhita- 'verbunden' geschaffen
sein und davon wieder das kl. sqdhayati (S. 493).
Aber auch das Umgekehrte trifft man an. Neben den
ved. Kausativen ramayati, roc^^ rod^, vardh^ und der Substantiv-
ableitung ürj^ erscheinen die Partizipien erst in klassischer Zeit,
darunter die durch ihre Wurzelgestalt auffälligen rucita- u. rudita-^
neben der ved. Adjektivableitung ünayati ein ünita- erst bei
Hemacandra. Desgleichen gehören zu dem klass. Kausativum
ludogermauische Forschungeu XIX. 34:
614- L. Sülterlin,
irapaijati und den Denominativen pavitr^^ palpiÜP^ päs^ \\. makin^
Partizipion ansclieinend erst aus späteren Schriften.
Häufig gehen aber auch Verb und Partizip gleichzeitig
nebeneinander her, so in vedischer Zeit vom Stamm vll-^ in
klassischer von aii/*;-, äkul-^ citr-, dol-^ pulak-^ tnukhar-, mund-^
in späterer Zeit von tvac-^ drstänt-^ dhaval-, nigad-^ punj-, sekhar-^
also etwa gleichviel Ableitungen von Substantiven wie von
Adjektiven.
II. Denominative üa-Formen.
Sehr oft haben aber die «Ya-Bilduugen auch mit einem
Yerbum gar nichts zu tun, sondern sind unmittelbar von einem
Grundnomen ausgegangen, also denominativ; ein zugehöriges
Yerb ist dann auch gar nicht nachzuweisen.
a) Von Substantiven sind solche Denominativa aus-
gegangen
a) in klassischer Zeit:
ämodita- 'mit Wohlgerach erfüllt' {ämoda- m. ' Wohlgeruch') ;
ktl° 'mit Pfählen besetzt' [küa- m. Tfahl'); küp'^ 'empor-
gerichtete Härchen habend' [küpa- 'Pore'); pand° 'klug'
{pandä f. 'Verstand'); pir\gal^ 'rötlich braun' {pir\galä- m.
'ein bestimmtes Pigment'); pur\k}i° 'mit dem befiederten
unteren Teil des Pfeiles versehen' {pur\kha- m. n. 'unterer
Teil des Pfeils'); fusp^ 'mit Blüten versehen' {püspa- n.
*Keim'); phal° 'Früchte tragend' [phdla- u. 'Frucht'; jünger
ist phalapuspita- 'mit Früchten und Blüten behangen');
hliar^ 'voll von' {bhdra- m. 'Menge'); nianis^ 'gewünscht'
{manisä f. 'Wunsch'); veg° 'schwellend, ungestüm' {vega-
m. 'schwellende Bewegung, Andrang'); vyädh^ 'mit einer
Krankheit behaftet' (^'^/äf?^^- m. 'Krankheit'); salal^ 'mit Stacheln
versehen' [salald- n. 'Stachel'); vielleicht auch sqdhita-
Verbunden' (von sqdhi- m. 'Verbindung', S. 513);
ß) aus jüngerer Zeit:
asa\\k-ita- 'ohne Furcht' {asar\kä f. 'Furchtlosigkeit', aber
auch sar\kd 1 'Furcht'); äpid-ita- 'mit Kränzen geschmückt'
[äpida- m. 'Kranz'); kundal° 'geringelt' [kundald- n. 'Ring');
gar- 'vergiftet' {gara- m. 'Gifttrank'); canas° 'gnädiger Herr'
{cdnas n. 'Ehre'); tilak^ 'betupft' (tilaka- m. 'Fleck'); namas^
'dem Ehre erzeigt wird' {ndmas n. 'Ehre'); nicul^ 'in einem
Futteral steckend' {nicula- m. 'Mantel'); parikar^ 'begleitet
von' {jparikara- m. 'Dienerschaft'); par2/ä?»o 'gesattelt' {pary-
Die Denominath^^erba im Altindischen. 515
äna- u. 'Sattel'); pipäs^ 'durstig' {pipäsä f. 'Durst'); pratän^
Veitläufig behandelt' {prafänd- m. 'weitläufige Behandlung');
pratipaks^ 'einen Widerspruch enthaltend' (pratipaksa-
m. 'Gegensatz') ; binduk^ 'mit Tropfen überzogen' {binduka-
m. 'Tropfen'); himb^ 'sich abspiegelnd' {bimba- m. n. 'Spiegel');
bhasm^ 'zu Asche gemacht' (bhäsman- n. 'Asche'); mand^
'geschmückt' {manda- m. 'Schmuck'); madätyay^ mit De-
lirium ti'emens' {madätyaya- m. 'krankhafter Zustand infolge
von Trunkenheit'); ras^ 'mit Gold überzogen' {rasa- ra. 'das
Feinste, Gold'); romahars^ 'bei dem sich die Härchen am
Körper sträuben' [romaharsa- m. 'das Sträuben der Härchen');
varm'^ 'gepanzert' [varman- m. n. 'Panzer'); valay^ 'einge-
faßt' {valaya- m. n. 'Einfassung'); vilambh^ 'langsam' {vi-
lambha- m. 'Verzögerung'); vyatikar^ 'gemischt' {vyatikara-
m. 'Mischung') ; soph^ 'mit Geschwüren' {sopha- m. 'Geschwür') ;
svabhr^ 'löcherig' {svdbhra- m. n. 'Grube, Loch'); bemerkens-
wert ist besonders auch sraddliita- 'gläubig' (neben sraddhä
f. 'Vertrauen', aber auch neben sraddhayant- 'gläubig', srad-
dhätar- u. sraddhätavya IVffih., vgl. S. 495).
b) Ein Adjektiv dagegen liegt zugrunde bei folgenden
«Ya- Ableitungen :
a) der älteren Zeit:
^dantur-ita- 'dicht besetzt' {danturä- 'hervorstehende Zähne
habend'); pragun^ 'zurecht gelegt' {praguna- 'in rechter
Lage'); vihast^ 'verwirrt' {vihasta- 'hirnlos, verwirrt'); vihin^
'betrübt' (vihma- 'betrübt');
ß) der jüngeren Zeit:
uttän-ita 'aufgesperrt' {uttänd- 'ausgestreckt'); uddand°
'emporgerichtet' {uddanda- 'emporgehoben, dessen Stock steil
gehoben ist'); kathor^ 'kräftig geworden' {kdthora- 'hart');
karamb^ 'vermengt' {karambd-)\ karäl^ 'grausig gemacht'
(karäla-)\ karbür^ 'gesprenkelt' {karbürd-)\ catul^ 'er-
schüttert' [catuld- 'zitternd'); dvigun^ 'verdoppelt' {dviguna-)\
dhaval^ 'glänzend weiß' [dhavald-)] dhüsar^ 'staubfarbig
geworden' {dhüsara-); nibids> 'dicht gewoben, fest ange-
drückt' [nibida- 'fest, ununterbrochen'); pändur^ 'gelblich
gefärbt' {'pändura-)\ pinjar^ 'rötlich-gelb gefärbt' {pifijdra-);
pisar\g^ 'rötlich-gelb gefärbt' {pisdr\ga-)] bandhur^ 'geneigt
gemacht' {bandhurd-); bahul° 'vermehrt' [bahuld- 'zahl-
reich'); madhur° 'versüßt' {niadhurd-); manthar^ 'träge
34*
516 L. Sütlerlin.
gemacht' {manthara-)\ vimukfi° 'abgeneigt gemacht' {vi-
mukha-)\ vihval^ 'erschöpft' (vihvala-); satagiin^ 'ver-
hundertfacht' [sataguna- 'hundertfach'); satacandr^ 'mit
100 Monden versehen' {satacandra- 'dass.'); sabal° 'scheckig
gemacht' (sabdla-); sär« 'bunt gemacht' {särd-); sijämal^
'verdunkelt' {syämalä- 'dunkelfarbig'); syäm^ 'dunkel gefärbt'
{si/ämd- 'schwarz'); vgl. auch adhar^ 'übertroffen' {ddhara-
'unten befindlich').
c) Außer diesen geschlossenen großen Gruppen gibt es
aber auch vereinzelte Formen, die auf der Grenze stehen.
So haben drei «to-Ableitungen jeweils ein Substantiv und
ein Adjektiv neben sich, nämlich:
kl.: ^iri^aZ-e7a- 'rötlich-braun' {pix\gald- 'rötlich-braun'; m.'ein
bestimmtes Pigment') ;
sp. : kasägo 'gerötet, gefärbt' [kasäya- 'dunkelrot', m. 'rote
Farbe'); mecak'^ 1. 'versehen mit Verzierungen, die dem Auge
im Pfauenschweif gleichen'; 2. 'dunkelblau schillernd' {niecaka-
'dunkelblau' ; m. 'Auge im Pfauenschweif'); srr]gär^ 'geputzt,
geschmückt' [sfngära- 'schmuck'; m. 'Putz').
Sodann kommt auch hier hin- und wieder ein Präfix ins
Spiel und lockert das Verhältnis etwas zwischen Grundwort und
Ableitung; man vergleiche z. B.
kl.: prapusp-ita- 'mit Blüten versehen' und
sp. : paripind^ 'bestäubt' (von pinda- m., in der Bedeutung
'Myrrhe, Rauch werk'?); pratihimh^ 'wiedergespiegelt' {bimha-
n. 'Widerschein').
d) -ay- bei den i(-Suffixen.
a) Für diese Verselbständigung der ete-Formen haben sich
die eigentlichen Verbalformen auf -ayati aber zu rächen und
schadlos zu halten gesucht. Sie haben gerade auf das Gebiet
der eto-Formen übergegriffen und das ihnen eigentümliche -ay-
dahin verpflanzt. Es wechselt demnach in späterer Zeit -ita-m
bei neutralen Verbalabstrakten mit -ayitam: zu Formen wie
ämredita- n. 'Wiederholung' (neben ämreda- m. 'dass.') und zu
rävita- n. 'Laut, Schall' (neben räva- m. 'Gebrüll') tritt rasayita-
m. 'das Schmecken' (neben rasa- m. 'Geschmack' und rdsati^
rdsijati, rasdynti\ pravanäyifa- n. 'Hang, Neigung' (neben ^ravawa-
'geneigt'), sowie neben vranüä- 'verwundet' das neue Partizip
vranayita- 'verwundet werdend'. Ebenso greift übrigens auch
äy- über in äyita- (narmäyita- n. 'Scherz' neben ndnna- ra.,
Die Denominativverba im Altindischen. 517
narman- n. 'Scherz' und narmayati 'jem. durch Scherze er-
heitern'). Sonst vgl. janai/ati- f. u. rosai/ati- f.
b) Umgekehrt ist dafür aber das ursprünglich vorhandene
ay später auch geschwunden;
1. vielleicht einmal im Ausgang -ayitavya: neben vikal-
payitavya 'als Alternative zu stellen' (von vikalpa- m. Wahl') und
joraveiayitavya- 'hereinzuführen' (von pravesa- m. 'Eintritt', oder
von einem Kompositum von vesayati S. 484) erscheint prayatitavya
n. irap. 'curandum' {prdyati- f., aber auch prayatate);
2. sodann im Ausgang -ayitum (Whitney ^ § 1051 c) : neben
paripantliayitum 'entgegenzutreten' z. B. findet sich die Doppel-
heit märjayitum und märjitum 'abzuwischen' (von märjayati und
mrjdti).
B) Ganz merkwürdig ist das Abstraktum nirüpiti- f. 'Be-
stimmung eines Begriffs' (von nirüpäyati^ neben nirüpita-)-^ wegen
jnapti- vgl. Whitney^ § 1051h.
III. Die sogenannten Kaiisativa.
Die einzige erfolgreiche Neuerung auf dem Gebiet der
denominativen Yerba auf -ayati stellen die Kausativa dar. Man
trennt zwar gewöhnlich die eigentlichen Kausativa von den De-
nominativen und begründet das mit der Verschiedenheit der
Betonung, insofern als devaydti einem pätdyati gegenüberstehe.
Aber Delbrück hat schon in seinem altindischen Verbum (S. 209 f.)
geltend gemacht, daß beide Klassen gleicherweise aus einem
Nomen abgeleitet werden könnten, und daß die Scheidung nach
der Bedeutung nicht scharf und auch nach der Betonung
nicht vollständig sei, weil einige Denominative auf -ayati auch
den Stammauslaut des Nomens betonen, weil mau also manträ-
yante sagt.
Das Yorhandensein der Nomina soll gerade im fol-
genden mit veranschaulicht werden (S. 519 ff.)
Die Bedeutung ließe sich wenigstens vermitteln (Brug-
mann Grundriß 2, 1147 f. Delbrück Gr. 4, 115 f). Wie varsayati
heißt 'einen Regen verursachen, regnen lassen, beregnen', so
hieß srathayati auch eigentlich 'eine Lockerung herbeiführen',
und je nachdem man sie eigenhändig vornimmt oder durch einen
Beauftragten vornehmen läßt, ergibt sich der wirklich vorliegende
Doppelsinn : 'lockern' oder 'lockern lassen'. Daß alle diese Formen
von Hause aus faktitiven Sinn gehabt hätten, ließe sich freilich
618 L. Sütterlin,
auch annehmen: es wären das dann Höflichkeitsaiisdrücke, wie
sie gewisse Völker wirklich auch beim Verbum lieben, und sie
ließen sich der neuhochdeutschen Sitte vergleichen, daß man
meist jemand nur bittet, etwas 'machen zu lassen' oder es 'zu
schicken' oder gar 'schicken zu lassen', auch wenn man voraus-
setzt, daß er es selbst macht, schickt oder bringt.
Der Unterschied in der Betonung könnte jünger sein,
oder doch einmal einen anderen Grund gehabt haben. Darüber
soll hier nichts Neues ausgemacht werden. Beachtenswert scheint
aber doch das eine, daß die Endungsbetonung gerade
wieder bei den Partizipien am festesten ist. Tatsächlich
haben bei den etwa 30 a?/a^2'- Denominativen die eigentlichen
Verbalforraen den Ton in den 6 Fällen, wo er belegt ist, aus-
nahmslos noch auf dem nominalen Schlußteil {paryar]khdyäte,
arthdyäse^ manträijante^ mrgäymite^ vavräyämahe, mldyäsi); von
den 15 etwa in Betracht kommenden Partizipien betonen 8 ent-
schieden das Suffix [amitraydnt-^ hanükaydnt-^ kuläyaydnt-, kse-
maydnt-^ devaydnt-^ yusmaydnt-^ vasnaydnt-, sarmaydnt-)^ 3 — 4
den Stamm {rtdyant-^ väjdyant-, ürjdyant-, auch siiblidyant- 'leicht
dahinfahrend', wenn die Deutung sicher), während 2 schwanken
{isayant- und krpayant-)^ und das von Delbrück angeführte dritte
hastayant- überhaupt unsicher ist. Dabei sind aber merk-
würdigerweise die endbetonten Partizipien gerade
die vereinsamten, während die stammbetonten oder
schwankenden Formen ohne Ausnahme alle eigentliche
Verbalformen neben sich haben, also von diesen beein-
flußt sein können. Da die sonstigen Denominativklassen auch
die Endung betonen, freilich ganz überwiegend auch wieder
nur im Partizip, ist die Annahme kaum angängig, Partizip und
finites Verb hätten sich im Ton unterschieden; augenscheinlich
sind vielmehr nur die ursprünglichen ««/d^Z-Denominativa wegen
ihres sonstigen Gleichklangs durch die -dtjati-Bildungen zu dyati-
Denominativen umgewandelt worden. Allein die mehr abseits
stehenden Partizipien haben den alten Zustand noch ziemlich
treu bewahrt, sind aber auch schon gefährdet, und es ist mindestens
die Frage, ob dies später nicht anders geworden ist.
Delbrück hat nun zwar (S. 209 ff.) auch die sogenannten
Kausativa gesammelt und dabei noch festgestellt, welche Formen
gegenüber dem einfachen Verbum faktitiven Sinn haben, und
welche sich in der Bedeutung mit ihm geradezu zu decken
Die Denominativverba im Altindischen. 519
scheinen. Da er aber nur auf dem Rigveda fußt und auch nicht
berücksichtigt, inwieweit jede einzelne Form noch auf ein da-
nebenliegendes, wenn auch vielleicht — zufällig oder nicht, das
ändert am Grundsatz nichts — nur später bezeugtes Nomen
bezogen werden kann, soll hier eine umfänglichere, freilich auch
nicht vollständige Liste gegeben werden, die hauptsächlich das
Verhältnis zu dem Nomen im Auge haben soll.
Es folgen zunächst also die Bildungen, die noch ein Sub-
stantivum neben sich haben, die Denominativa, und zwar
zuerst die, deren Bedeutung sich mit der einfacheren Form an-
nähernd deckt, und die wir daher kurz Intensiva nennen
w^oUen, an zweiter Stelle die eigentlichen Faktitiva^). Daran
reihen sich die ohne Nomen dastehenden Formen, die Dever-
bativa, und zwar auch wieder nach der Bedeutung in die
beiden Gruppen geschieden. Den Schluß bilden Bemerkungen
über den Wurzelvokal dieser Kausativa und eine die Bedeutung
berücksichtigende Gliederung der Formen auf -{a)]payati. Fi'eilich,
die Scheidung der Gruppen ist manchmal nicht so einfach: es
haben die a^af2-Bildimgen oft nicht nur die intensive und die
faktitive Bedeutung zu gleicher Zeit, sondern hie und da schwankt
die Bedeutung auch zwischen den beiden Gruppen, so z. B. bei
hhäsayati 'beleuchten' neben hhdsati 'leuchten' (S. 523); zumal
wenn das einfache Verb transitiv und intransitiv gebraucht
werden kann, macht sich das fühlbar. Sodann ist bei dem ein-
fachen Verb die Präsensstammbildung und das genus
verbi nicht gleichgiltig ; manche Form deckt sich im Aktiv mit
der az/a^i-Bildung, die neben dem Medium oder dem Passiv als
faktitiv erscheint, und hie und da gibt auch das präsentische
-ija-^ das übrigens gerade sehr häufig dem -aijati gegenübersteht,
dem einfachen Verb seine besondere Prägung.
A. Die Denominativa.
1. Die Intensiva.
a) Vedisch sind u. a. folgende 15 Formen:
käm^^ He 'begehren' {käma- m. 'Liebe'): cakäme 'habe be-
gehrt'; c^^o, cet^ 'wahrnehmen' {citi- 'Verständnis', cetas-
n. 'Bewußtsein'): cetati 'wahrnehmen'; grbh^ 'ergreifen'
1) Inchoative kommen nur vereinzelt vor, z.B. sp. t-aio 'in seine
Gewalt bringen, sich lantertan machen' (von vasa- m. 'Wille, Herrschaft')
neben älterem vdsti 'wollen, beherrschen'.
520 L. Sülterlin,
{grbhd- m. 'Griff'): grhhndti Mass.'; («;i)^oc?o 'stoßen' [todd-
'Stachler, Lenker der Rosse'): tudäti Mass.'; hädh^ 'bedrängen'
[bädhd- m. 'Peiniger, Pein'): bddhate 'dass.' (S. 484); math°
(AY.) 'scliütteln' {math- m. 'Rührstock'): mdthati 'imirühren'
(vgl. manth^ S. 521, aber auch S. 488); märj° 'abwischen'
{märga- m. 'Reinigung'): mrjdii 'abwischen'; pär° 'über-
setzen' {jjära- m. 'das Überschiffen', -d- n. 'das jenseitige
Ufer'): piparti 'liinüberf ühren' ; mah^ 'ergötzen' (mdhas-
n. 'Freude'): niähati, °te 'ergötzen'; räm° 'zum Stillstehen
bringen, ergötzen' {rämd- 'ergötzend', räma- ni. 'Lust'): rd-
mati 'zum Stillstehen bringen', med. 'stillstehen, sich ergötzen';
räj° 'walten, herrschen' {räjan- m. 'Herrscher'): räjati 'dass.';
vardli^ 'erhöhen, steigern' {vdrdha- m. 'das Fördern): vdr-
dhati, vrdhdti 'dass.'; vär^ 'zurückhalten, verbergen' {vära-
m. 'Abwehr'): vdrate 'zurückhalten, verhüllen'; svän^ 'tönen'
svänd- m. 'Schall'): svdnati 'dass.'.
b) Klassisch sind u. a. 80 — 40 Formen:
arc^ 'ehren' {arcä f. 'Ehre'): drcati 'dass.'; {anu)kros^ 'jem.
nachschreien' [krosa- m. 'Geschrei') : krösati 'schreien'; cint^
'nachdenken' (cinta f. 'Gedanke'): cintati 'denken' (Dh.);
ghät^ 'töten' {ghäta- m. 'Schlag'): hdnti 'schlagen'; nod^
'antreiben' {noda- m. 'das Fortstoßen') : nuddti ''stoßen ; pid°
'drücken' {pidä f. 'Schmerz'): pipile 'gepreßt sein'; 2)es^ 'zer-
reiben' {pesa- m. 'das Zerreiben'): pinasti 'dass.'; prabhäv^
'Macht haben' [prabliäva- m. 'Macht'): prabhdvati 'dass.';
bhed^ 'spalten' {bhedd- m. 'das Spalten') : bhinddmi 'dass.';
bhüs^ 'schmücken' {bhüsd f. 'Schmuck'): bhüsati 'sich be-
mühen, schmücken'; mard^^ stark drücken' {marda- m. 'Druck'):
märdati^ mrdndti 'dass.'; märg^ 'suchen, erstreben' [märga-
m. 'das Suchen') : mdrgati 'dass.'; ijäm^ 'in Schranken halten'
iydma- m. 'Zügel, Lenker'): ydcchati 'zügeln'; yoj^ 'an-
schirren' iyöga- m. 'das Anschirren'); yundkti 'dass.'; yodh^
'bekämpfen' {yodhd- m. 'Krieg'): yüdhyati 'kämpfen'; raks^
'schützen' {raksa- m. 'Schutz'): rdksati 'dass.'; ras^
'schmecken, schmackhaft finden' [rasa- m. 'Geschmack') : rd-
sati, rdsyati 'dass.'; rodh^ 'zurückhalten' {rödha- m. 'das
Zurückhalten', rödhas- n. 'Wall'): runddhmi 'dass.'; lep^
'bestreichen' {Upa- m. 'Salbe'): limpäti 'dass.'; lop^ 'unter-
lassen, verlassen, verschwinden machen' [lopa- m. 'Abtrennung,
Mangel'): lumpdti 'zerbrechen, unterdrücken'; var^ 'sich
Die Denominativverba im Altinclischen. 521
wählen, werben um* {varä- 'wählend', m. 'Bräutigam', vdra-
m. 'Wahl'): vrnöti 'wählen'; {ahhi)vänch° 'begehren' {vänchä
f. 'Wunsch'): ahhivdnchati 'dass.'; väp^ 'pflanzen, säen'
{väpa- m. 'Säer, Aussaat'): väpati 'hinstreuen'; vest^ 'über-
ziehen, umbinden' {vestä- m. 'Binde, Schlinge'): vHtati 'sich
schlingen, winden um'; vyadh^ 'durchbohren' {vtjadha- m.
'Durchbohrung'): vidhyati 'dass.'; {ava)sardh^ 'jem. be-
farzen' (sardha- m, 'Eurz'): sdrdhate 'farzen'; dsqsin-
jayant- 'nicht klingend zusammenstoßend' {sinjä f. 'Geklingel'):
sir]kte 'klingen'; ses" 'übrig lassen' (se.sa- m. 'Rest'): senasti
'übrig lassen'; sodh^ 'reinigen' [sodha- m. 'Eeinigung'):
sündhati 'dass.'; sohJi^ 'schmücken' {sobhd f. 'Schmuck'):
sumhlidte^ söbhate 'dass.'; visarj^ 'entlassen, abschnellen'
ysarga- m. 'Schuß, Guß'): srjdti 'entlassen'; vistär° 'aus-
breiten' {vistära- m. 'Ausdehnung'): strnöti 'streuen'; sec°
'begießen" {seka- m. 'Erguß'): sincdti 'ausgießen, begießen';
sedh^ 'wehren, zurückhalten' {sedha- m. 'Verbot'): s4dhati
'vertreiben'; ähär° 'seine Mahlzeit einnehmen' {ähära- m. 'Nah-
rung'): ähdrati 'essen'; hjs^ 'verletzen' (A^'sä f. 'Schädigung'):
hisati, hindsti 'dass.'.
c) Später belegt sind dagegen von hierhergehörigen Bil-
dungen wieder folgende 5 Beispiele:
dhvan^ 'tönen' {dhvani- m. 'Ton'): dhvdnati 'dass.'; hhät^
'mieten' {bhäta- ra. 'Miete'): hhätati 'dass.'; ruj^ 'schlagen'
{riijd f. 'Bruch'): rujäti 'erbrechen'; stav^ 'loben, preisen'
{stdva- m. 'Lob'): stduti 'loben'; hel^ 'verhöhnen' {heda-
m., hedas- n. 'Ärger'): hedati 'ärgern'.
2. Die Faktitiva.
a) Vedisch sind wieder 26 Beispiele:
kop'^ 'in Bewegung setzen, aufregen' {kopa- m. 'Aufwallung'):
küpyati 'in Bewegung geraten' ; ksay^ 'ruhig wohnen machen'
(ksi- f. 'Wohnung'): ksHi 'weilen'; tos^ 'beschwichtigen'
{tosa- m. 'Befriedigung') : tüsyati 'sich beruhigen'; {vi)dyot^
'erleuchten' {dyota- m. 'Glanz'): dyötate 'glänzen'; bodh^
'erwecken' {bodha- m. 'das Erwachen'): bödhate 'erwachen';
mäd^ (mand^) 'ergötzen' {mäda- m. 'Freude'): mddati
{mdndati) 'sich freuen' ; manth^ 'ausrühren lassen' (iwaw^Äa-
m. 'das Umrühren'; mdnthä i. Quirl'): mdthati 'umrühren';
med^ 'fett machen' [meda- m., mddas- n. 'Fett'): m4dyati
522 L. Süttcrlin,
'fett sein'; mel^ 'zusammenführen' {mela- m. 'Zusammenkunft'):
mildti^ He 'zusammenkommen'; rädh^ 'zustande bringen, be-
friedigen' {rddhas- n. 'Wohltat'): rädhati 'Glück haben';
rod^ 'weinen machen' {röda- m. 'Klageton'): rödati^ rndatl
'weinen'; roh^ 'aufsteigen machen' (roha- 'hinausstehend',
m. 'Erhebung'): röhati 'ersteigen'; t'ars'^ 'regnen lassen, be-
regnen' {varsä- m. n. 'Kegen'): vdrsati 'es regoet'; t'äs° 'auf-
halten, beherbergen' {väsd- m. 'Aufenthalt, Übernachten'):
väsati 'bleiben, übernachten'; väs^ 'hüllen, bekleiden' {väsa-
m., väsas n. 'Kleid'): vdste 'sich hüllen in etwas'; vep^
'zittern machen' {vepa- 'bebend', m. 'das Beben'): v4pate
'zittern'; ves'^ 'eingehen heißen, sitzen machen' [vesd- m.
'Nachbar'): visdti 'sich niederlassen'; vijath'^ 'schwanken
machen' {vyatJiä f. 'Unruhe'): vydthate 'schwanken'; säm^.
He 'beruhigen, bezwingen' {sdma- m. 'ßuhe'): sdmyati 'ruhig
werden'; soc^ 'anzünden' {söka- m. 'Flamme'): söcate
'flammen'; sräv'^ 'mitteilen' (srava- 'tönend', m. 'Ohr, Hören',
srdvas n. 'Getön'): srnöti 'hören' (S. 532); säd^ 'setzen'
{sädd- m. 'Sitz'): sidati 'sitzen'; sädh^ 'gerade machen, leiten'
{sddha- m. 'Ausführung', sddhas n. 'Richtigstellung'): sd-
dhyati 'geradeaus zum Ziel kommen'; sneJi^ 'besalben, ge-
schmeidig machen' {sneha- m. n. 'Fett, Öl'): snehati 'ge-
schmeidig werden'; srqs^ (AV.) 'ablösen' {srqsa- m. 'Bruch'):
srqsate 'abfallen'; sväp^ 'einschläfern' {simpa- m. 'Schlaf'):
svdpiti 'schlafen'.
b) Klassisch sind u. a. 55 Beispiele:
palyar\gayate 'herumgehen lassen, umrühren' (d^ga- n.
'Glied'): d\\gati 'gehen'; pratyäy^ *jem. von der Wahrheit
einer Sache überzeugen' {äyd- m. 'Anlauf'): prafyeti 'an-
erkennen'; kras^ 'mager machen' (Ä:rasf^as- 'magerer', S. 502):
kfsyati 'abmagern'; ksarn^ 'um Verzeihmig bitten' {ksamä
f. 'Nachsicht, Geduld'): ksdmate 'sich gedulden, nachsehen';
cest^ 'in Bewegung setzen' {cSsta- m. 'Bewegung', cestä
f. 'Handlung'): cHtati 'zappeln'; nand° 'erfreuen' {nanda-
m. 'Freude'): ndndati 'sich freuen'; nart^ 'tanzen lassen'
{nartd- m. 'Tanz', adj. 'tanzend'): nftyati 'tanzen'; näy^
'herbeiführen lassen' {näyd- m. 'Führer, Führung'): ndyati
'führen'; nirved^ 'zur Verzweiflung bringen' {nirvedd- m.
'Ekel, Verzweiflung') : nirvidyate'yerz\veiie[n'\päv^'rem\gen
{pava- m. pavd f. 'Reinigung'): pundti 'reinigen' (S. 531);
Die Denominativverba im AUindischen. 523
bandh^ 'binden lassen' {bandhd- m. 'Band'): hadhnäti
'binden'; bhäv^ 'fördern' {bhävd- m. 'Zuneigung'): hhävati
'sein'; bhäs^ 'leuchten machen, beleuchten' (bhäs- f., bhäsa-
m. 'Glanz'): bhäsati 'leuchten'; bhrqs^ 'abAverfen' [bhi'qsa-
ra. 'Fall'): bhrqsate 'entfallen'; bhräj^ 'strahlen machen*
{bhräj- f. 'Glanz'): bhräjate 'strahlen'; bhräm^ 'umh ertreib en'
{bhrämd- m. 'Umhertreiben'): bhrdmati 'umherirren'; mär^
'töten' (mära- m. 'Tod'): mdrati 'sterben'; mod^ 'erfreuen'
[moda- m. 'Freude'): modate 'sich freuen'; rnoli^ 'irre
machen' [moha- m. 'Irresein'): mohyati 'irre werden'; äyäs^
'jem. anstrengen' {äyäsä- m. 'Anstrengung'): ydsati, yäsyati
'sprudeln, sich abmühen'; räv^ 'brüllen lassen' (räva- m.
'Gebrüll'): rauti^ ruvdti 'brüllen'; ros^ 'jem- erzürnen' {rosa-
m.'Zorn'): rösati {rusdnt-)^ rüsyati 'zürnen'; larnb^ 'herab-
hängen lassen' {lamba- 'herabhängend'): Idmbate 'herab-
hängen'; läp^ 'zum Reden veranlassen' [läpa- m. 'Reden'):
Idpati 'schwätzen'; lekJi^ 'ritzen lassen' {lekha- m. 'Schreiben',
lekhä f. 'Strich'): likhdti 'ritzen'; loth^ 'wälzen' (^o^Aa- m.
'das Wälzen'): luthdti 'sich wälzen'; lobli^ 'in Unordnung
bringen, locken' {loblia- m. 'Gier'): lubhdti, lübhyati 'be-
gehren'; lol° 'in Bewegung setzen' {lola- 'unruhig'): lölati
'sich hin- und herbewegen'; väd^ 'sagen lassen' {väda- m.
'Aussprache'): vddati 'sprechen'; väp^ 'scheren lassen' [vapa-
m. 'das Scheren'): vdpati 'scheren'; visrambh^ 'jem. Ver-
trauen einflößen' (visrambha- m. 'Vertrauen'): visrdmbhate
'vertrauen'; vej^ 'schnellen, aufregen' {vega- m. 'schnellende
Bewegung'): vijdte, vindkti 'emporschießen'; säy^ 'hin-
legen' {^säya- 'liegend, schlafend'): sete 'liegen'; sar]k^ 'be-
sorgt machen' {sar{kä f. 'Furcht'): sdr]kate 'besorgt sein';
siks° 'lehren' {siksä f. 'Kenntnis'): siksati 'versuchen', med.
'lernen'; sräm^ 'müde machen' {srdma- m. 'Ermüdung'):
srdmyati 'müde werden'; sqsinj^ 'klingend zusammen-
stoßen' {sinjä f. 'Geklingel') : sir[kte 'klirren'; sarp° 'schleichen
machen'(srtr^a-'schleichend',m.'Schlange'):sar^a^f schleichen';
sär^ 'laufen machen' {sära- m. 'Lauf, Gang'): sdrati 'fließen';
säh^ 'bewältigen lassen' {^säha- 'überwältigend'): sdhati
'bewältigen'; skand^ 'vergießen' {skanda- m. 'das Verschüttet-
sein'): skdndati 'herausfallen'; sphot^ 'sprengen' {sphota-
m. 'das Bersten') : sphötati, sphutdti 'platzen'; sniär^ 'jem.
erinnern' {smära- m. 'Erinnerung'): smdrati 'sich erinnern';
Ö24 L. Sütterlin,
sräyo 'in Fluß setzen' {sräva- m. 'Fluß'): srävati 'fließen';
svar^ 'einen Ton erzeugen' {svära- m. '8chair): svdrati
'tönen'; hars'^ 'erfreuen' {Jiarsa- m. 'Freude'): härsati 'sich
freuen'; här'^ 'tragen lassen' (Jiära- m. 'Wegnahme, Raub')
härati 'fragen'; häv^ 'opfern lassen' {häva- m. 'Opfer')
juhöti 'opfern'; häs^ 'zum Lachen bringen' (/msa-m. 'Lachen')
hdsati 'lachen'; hukär^ 'seineu Zorn auslassen (jem. brummen
machen)' {hukära- m. 'Gebrüll'): hukaröti 'brummen';
hräd^ 'tönen lassen' {hräda- m. 'Getön'): hrddate 'tönen';
hräs^ 'mindern' {hräsa- m. 'Abnahme'): hrdsati 'abnehmen';
hres^ 'zum Wiehern bringen' (hresä f. 'Gewieher'): hresate
'wiehern'; hläd^ 'erfrischen' [hläda- m. 'Erfrischung'): hld-
dati 'sich abkühlen'.
c) Später belegt sind dagegen z. B. folgende 16 Fälle:
ay^ 'kommen lassen' (aya- m. 'Gang'): 4ti 'gehen'; dhvän^
'tönen lassen' {dhväna- m., dhvani- m. 'Ton'): dhvdnati
'tönen'; bhiks° 'jem. zum Bettler machen' (hhiksii- m. 'Bettler',
bhiksd f. 'Betteln') : bhiksate '"bitten; mül^ 'pflanzen' {müla-
m. n. 'Wurzel') : mülati 'feststehen'; lajj^ 'jem. sich schämen
machen' {lajjä f. 'Scham'): lajjdte 'sich schämen'; säd'^
*{Vieh)freiben' {säda- m. 'das Abfallen'): sasdda 'ist gefallen';
sväs° 'jem. schweren Atem machen' {sväsd- m. 'Geschnauf'):
svdsiti 'atmen'; säv^ 'keltern lassen' {savä- m. 'Kelterung'):
sunöti 'keltern' (S. 532); skhal- 'stocken machen, zurück-
halten' [skhala- m. 'Straucheln') : skhdlati 'taumeln'; stäv°
'loben lassen' {stäva- m. 'Lob'): stduti 'loben' ; spand° 'zucken
machen' {spanda- m. 'Zucken'): spdndate 'zucken'; sniäy^
'lächeln machen' {smäya- m. 'Lächeln'): smdyate 'lächeln';
sijand^ 'fließen lassen' {syanda- m. 'das Fließen'): sydndate
'fließen'; svän^ 'tönen machen' {svänd- m. 'Schall'): svdnati
'tönen'; sved^ 'schwitzen lassen' {sv6da- m. 'Schweiß'): sve-
dati 'schwitzen'; Jiikk'^ 'Schluchzen bewirken' {hikkä f.
'Schluchzen'): hikkati 'schluchzen'; hväl^ 'erschüttern' {hvalä
f. 'Irresein') : hvdliti 'schief gehen'.
3. Die Doppelsinnigen.
Oft ist das Verhältnis zwischen erweitertem und uner-
weitertem Verb aber auch verwickelter, indem die intensive und
die faktitive Beziehung ineinander übergreifen. Aber auch diese
Erscheinungen erklären sich leicht durch die Voraussetzung eines
Die Denominativverba im Altindischen. 525
nominalen Grundworts, wenn auch andere Vorgänge, z. B. syn-
taktische Übertragungen, nicht ausgeschlossen sein werden.
Im großen ganzen heben sich aus dem gesamten Stoff
zwei Gruppen ab, je nachdem die Doppelheit der Bedeutung
erst bei der Weiterbildung entwickelt ist oder schon bei dem
gnmdlegenden Verbum. Wir haben doppeldeutige Ableitungen,
und Ableitungen neben doppeldeutigen Grundverben zu unter-
scheiden.
I. Die doppeldeutigen Ableitungen.
Yedisch sind u. a. diese 8 Fälle:
ksep° 1. 'werfen lassen', 2. 'platzen machen': ksipdti, ksi-
pyati 'schleudern' {ks4pa- m. 'Wurf, Sp.); pät^ 1. 'fliegen
lassen', 2. 'fliegen': ^a^a<« 'fliegen' {päta- m. 'Flug'); mars^
1. 'bewirken, daß einer etw. vergißt'; 2. 'nachsehen, verzeihen':
mdrsati, mfsyati 'vergessen, nachsehen' [marsa- m. 'ge-
duldiges Ertragen'); yäj^ 1. 'einen opfern heißen'; 2. 'als
Opferpriester tätig sein': ydjati 'opfern' {yäja- m. 'Opfer');
roc^ 1. 'scheinen =, leuchten lassen'; 2. 'beleuchten' : röcate
'leuchten' {rokd- m. 'Licht'); rop° 1. 'Reißen verursachen';
2. 'abbrechen' : rüpyati 'Reißen haben' (also eigentlich die
passivische Beziehung zu dem in Rede stehenden Begriff;
röpi- f. 'reißender Schmerz'); väc° 1. 'zu sagen veranlassen';
2. 'sagen': {vi)vdkti 'sprechen' {väc- fS'pvsiche'); säp° 1. 'be-
schwören lassen'; 2. 'beschwören' (incantare); 'beschwören,
anflehen': sdpat% sdpyati 'verfluchen', med. 'geloben' {säpa-
m. 'Fluch').
Klassisch sind u. a. folgende 8 Fälle:
päc^ 1. 'einem befehlen zu kochen'; 2. '(eine Speise) kochen
lassen' : pdcati 'etw. kochen' [päkd- m..,pacä f. 'das Kochen');
lambh° 1. 'bewirken, daß jem. etw. bekommt'; 2. 'bekommen':
Idhhate 'bekommen, fassen' [lamhha- m. 'das Finden'); läs^
1. 'tanzen lassen'; 2. 'tanzen': Idsati 'sich vergnügen, spielen'
{läsa- m. 'Sprung'); väh^ 1. 'führen heißen'; 2. 'fahren heißen':
vdhati 'führen, fahren' {väha- m. 'Zugtier'); ved^ 1. 'mit-
teilen'; 2. 'wissen': veda 'wissen' {veda- m. 'Wissen'); sqs^
1. 'aufsagen lassen'; 2. 'ankündigen': sqsafi 'hersagen'
{sqsa- m. 'Spruch, An wünschung'); slägh^ 1. 'zureden';
2. 'rühmen': släghate 'Zuversicht haben, rühmen' {släghd
'Ruhm, Preis') ; sparst 1. 'betrüben'; 2. 'einen Eindruck emp-
finden, fühlen': sprsdti 'berühren, streicheln' {sparsa- m.
526 L. Sütterlin,
'Berührung'); äsles^ 1. 'befestigen'; 2. 'umfangen' : äslisyati
'umfangen' [slesa- m. 'das Anhaften'; vgl. S. 526 unten).
c) Jünger sind z. B. :
lekh^ 1. 'ritzen lassen'; 2. 'ritzen': likhdti 'ritzen' [lekha-
m. 'das Schreiben', lekhä f. 'Strich'); leh^ 1. 'lecken lassen';
2. 'als Latwerge gebrauchen' : lihdti 'lecken' [lehä- m. 'das
Lecken ; Leckmittel').
II. Die Ableitungen neben doppeldeutigem Grundverb.
Vedisch sind wieder:
jar^ 'aufreiben': järati 1. 'alt werden'; 2. 'alt machen' {jdra-
m. 'Abnutzung', jarä f. 'Alter'); ätän^ 'anspannen': tanöti
1. 'sich ausdehnen'; 2. 'ausdehnen' {täna- m. 'Ausdehnung');
tär'^ (AV.) 'hinüberführen': tirdti 1. 'überschiffen'; 2. 'hin-
überbringen' (tära- m. 'Abstieg zum Wasser, Ufer'); pos^ 'auf-
ziehen': pösatij piisyati 1. 'gedeihen'; 2. 'gedeihen machen'
{pösa- m. 'das Gedeihen'); hhäj^ 'genießen lassen' : bhäjati,
^te 1. 'genießen'; 2. 'austeilen' (bhäga- m. 'Anteil'); rädh^
(AV.) 'zustande bringen': rddhati 'zustande bringen', rd-
dhyati,(>te'gemten' {rädha- m., rädhas n.'Wohltat'); srath^
'locker machen': srdthati, srathnäti 1. 'locker werden';
2. 'schlaff, wehrlos machen' (sratha- m. 'Lockerung'); sädh°
'gerade machen, richtig leiten': sddhyati 1. 'gerade zum Ziel
kommen'; 2. 'gerade lenken' {sddha- m. 'Ausführung', sddhas
n. 'Richtigstellung').
Klassisch sind erst:
dhvqs^ 'streuen, fällen': dhvqsati 1. 'zerfallen'; 2. 'be-
streuen' [dhvqsa- m. 'das Fallen'); scot° 'ti'äufeln lassen':
scötati 1. 'träufeln' (intr.); 2. 'träufeln', trans. (scota- m. 'das
Träufeln'); sles° 'zusammenfügen': slisyati 1. 'sich zu-
sammenfügen, anhängen'; 2. 'zusammenfügen' {slesa- m. 'das
Anhaften').
Es gibt aber hie und da auch noch verwickeitere Fälle.
Einmal trifft die Bedeutungsspaltung Ableitung und Grundverb
gleichmäßig, ein anderes Mal steht der einfachen Bedeutung der
Ableitung eine Droiheit des Sinnes bei dem Grundwort gegen-
über. Es sind das die beiden vedi sehen Fälle:
ran^ 1. 'ergötzen'; 2. 'sich gütlicli tun': rdnatij rdnyati
1. 'ergötzen'; 2. 'sich gütlicli tun' {rdna- m. 'Behagen, Lust');
randh^ 'in die Gewalt geben': rddhyati 1. 'in die Gewalt
Die Denominatiwerba im Altindischen. 527
kommen'; 2. 'iu die Gewalt geben'; 3. 'in seine eigene Gewalt
bringen' [randhd- m. 'Unterwerfung').
B. Die Deverbativa.
Bei vielen Formen auf -ayati ist aber kein nominales
Grundwort nachzuweisen. Das kann Zufall sein, zumal da einige
dieser Bildungen ganz so aussehen, als wären sie von einem
solchen Nomen ausgegangen. Dennoch wollen wir mit der Mög-
lichkeit dieser Grundwörter gar nicht rechneu, und alle hierhin-
gehörigen Formen einfach als Yerbalableitungen auffassen. Daß
a«/a^i-Formen unmittelbar von dem Gruudverbmn ausgegangen
seien, versuchen wir nicht im mindesten zu bestreiten, im Gegen-
teil; wir wollen nur auf die Doppelheit der vorliegenden ver-
wandtschaftlichen Beziehungen hinweisen und die eine, die de-
verbative, Klasse aus der andern erklären, — oder umgekehrt!
Jedenfalls kann aus der Schilderung des einfachen Tatbestandes
auch der Anhänger der entgegengesetzten Anschauung Nutzen
ziehen.
Die Bedeutung dieser deverbativen Ableitungen ist auch
wieder doppelter Art; die lutensiva sind ebenso reichlich ver-
treten wie die Faktitiva, und zwar gilt das von allen Zeiten der
indischen Sprachgeschichte. Das mögen die folgenden reich-
licheren Beispiele zeigen.
I. Deverbative Intensiva.
a) Yedisch sind u. a.
dhär-ayati "tragen': dhdrati 'dass.'; j)ür^ 'füllen': piparti^
pfnd^i Mass.'; nibarh^ 'niederschleudern': brhdti 'reißen';
mrn° 'zermalmen': mrndti 'dass.'; yät^ 'anfügen': ydtati
'einschließen'; yäv° 'trennen, fernhalten': yuyöti 'dass.';
yop*^ 'verwischen': yüpyati 'dass.'; snatJi^ 'durchbohren':
sndthati dass.'; svanc^ 'sich öffnen': svdncate 'sich auf-
tun, in die Arme aufnehmen'; sild^ 'richtig leiten': sudate,
susüdati 'dass.'; stan^ 'donnern': stdnati 'dass.'; sphürj^
'brummen': sphürjati 'dass.'; svad^ 'zälunen': svddati 'zu-
rechtbringen, zähmen'.
b) Klassisch sind ebenso u. a. :
tol'^ 'wägen': tul^ 'dass.'; präv^ 'reichen bis': prdvate 'auf-
springen'; anu-mars^ 'betasten': m?'sa^^■ 'berühren'; mars^
'erdulden': mdrsati^ °te, mfsyati, °te 'vergessen, geduldig er-
528 L. Sütterlin,
tragen' (S. 525); meksP 'umrühren': »««mzl-saii 'mischen'; woc^,
oie'loslassen':mM(w)ca^^'dass.'; mraÄ:so(»n?'Ä:so) 'bestreichen':
nirdksati, mrksäti 'striegeln, reiben'; rambh^ 'anfassen':
rähhate 'fassen'; lunth^ 'rauben, plündern': lüntliati 'auf-
rühren, verwirren'; lok^ 'schauen': lökate 'erblicken'; loc^
'in Erwägung ziehen': löcate 'betrachten'; lod° 'verwirren':
lödati 'rühren'; vanc° 'ausweichen, betrügen': vdncati
'wanken, schief gehen'; varj'^ 'beseitigen, vermeiden' : värjati
'drehen, ablenken'; vand^ 'jem. Ehre erweisen': vändate
'dass.'; vfj° 'befächeln, besprengen': vijate 'dass.'; sundh^
'reinigen': siindhati 'dass.'; sthag^ 'verhüllen': sthdgati
'dass.'.
c) Noch jünger sind u. a. :
pär^ 'füllen': piparti, prnäti 'dass.'; hliarj'^ 'rösten': bhrj-
jäti (bhdrjate) 'dass.'; mim^ 'blöken': mmä^^'dass.'; ^jra^i-
mot° 'den Garaus machen': mötati 'dass.'; yäv^ 'anziehen,
verbinden': yduti, yunöti 'dass.'; raf^ 'schallen': rdfati
'brüllen, heulen'; rec^ 'verlassen, leer machen': rindkti 'ver-
lassen'; väy'^ 'befruchten': veti 'verlangend aufsuchen, appe-
tere'; praväh^ 'drängen': pravdhate 'drängen, drücken'.
II. Deverbative Faktitive.
a) Yedisch sind:
iV[kh^ 'schwankend bewegen': ix\khati 'schwanken, zittern';
düs^ 'verderben, vernichten' : dnsyati 'verderben, untergehen';
näm° 'beugen': ndniati 'sich beugen' (nur mit ndnias- u.
'Verehrung'); pan^ 'bewundern, loben': pdnate 'bewunderns-
wert sein'; päd^ i-^^-) 'zu Fall bringen': pddyate 'zu FaU
kommen'; päy^ 'tränken': päti 'trinken'; meh^ 'seichen
lassen': w^/ia^f 'seichen'; res° 'versehren': resati, risyati
'Schaden leiden'; vän^ (AV.) 'geneigt machen' : vdnati 'lieben'
(nur mit vdnas- n. 'Verlangen'; vgl. S. Ö32);vart^ 'drehen':
värtate 'sich drehen'; apivät^ 'verstehen machen': apivdtati
'verstehen'; väs^ 'blöken machen': vdsyati 'blöken'; srev^
'vereiteln': srivyati 'mißraten'; prahar^ 'Verlangen erregen':
hdri/ati 'begehren'; häs^ 'wettlaufen lassen': Äasa^e 'Wett-
laufen'.
b) Klassisch sind z. B. :
äp° 'erreichen lassen': äpnöti, dpati 'erreichen'; A-rf(^o 'spielen
heißen': kridati 'spielen'; 7iäv^ (TS) 'beseitigen': ndvate
Die Denominativverba im Altindischen. 529
*gehen'; pläv^ 'schwimmen lassen': pldvate 'schwimmen'
(S. 531); bhäy° 'einschüchtern': hhdyate 'sich fürchten' (nur
mit hhayä- n. 'Furcht'); majj^ 'versenken': mäjjati 'ver-
sinken'; mürch^ 'gerinnen machen': mürchati 'gerinnen'
yäc^ 'werben lassen' : ydcati 'betteln'; rö;« 'glänzend machen'
rdjati 'glänzen'; läl^ 'liebkosen, hätscheln': Idlati 'tändeln'
vräj^ 'treiben': ^^raja^f/ 'schreiten'; saj^'o (sawjo) 'anheften'
sdjati 'hängen bleiben'; ava-säy^ 'anhalten lassen': ava-
sydti 'abspannen (die Zugtiere)'; hürch^ 'zu Fall bringen':
hurchati 'fallen'.
c) Jünger sind:
proth^ 'Gewalt anwenden (schnaufen lassen)': prdthati
'schnauben'; rir\g'^ 'kriechen lassen' : r^r|^rt^^ 'gehen'; väm°
'ausspeien lassen': vdmiti^ vdmati 'ausspeien' (nur mit vdmi-
f. 'Erbrechen'); vdl^ 'wälzen': vdlate 'sich winden' (S. 531);
ati-valgo '(Feuer) schüren': vdlgati 'hüpfen, sich bewegen';
sedh^ 'jemandes Wissen an den Tag legen': sidJiyati 'zum
Ziel kommen; fruchten'.
III. Deverbative Doppelsinnige.
Die ohne Nomen stehenden doppelsinnigen Bildungen auf
-ayati sind ziemlich spärlich vertreten in dem mir vorliegenden
Sprachstoff.
a) Eine doppeldeutige Ableitung stellt dar:
ved. : späs^ 1. 'bemerklich machen'; 2. 'sich merken' {anupäs'^
1. med. 'zeigen'; 2. act. 'hinblicken' : spdsati, pdsyati 'sehen'
(nur spas- m. 'Späher');
klass. : lar\gh^ 1. 'fasten lassen'; 2. 'überschreiten, besteigen':
ldr\ghati 'springen auf, überschreiten, fasten'.
b) Ableitungen neben doppeldeutigen Grundverben
liegen vor in :
a) ved.: äv^ 'verzehren': dvati 1. 'Freude haben, sich sättigen
an'; 2. 'einem wohltun, ihn sättigen' (nur «va- 'verlangend');
rej^ 'erbeben machen': rejati 1. med. 'hüpfen, beben'; 2. act.
'hüpfen =, beben machen'; svad° 'schmackhaft machen': svd-
dati 1. 'schmecken'; 2. 'schmackhaft machen';
b) klass.: prin^ 'ergötzen': prindti 1. 'seine Freude haben an';
2, 'ergötzen'; mil° '(die Augen) schließen': müati 1. 'sich
schließen'; 2. 'schließen'; sphor° 'auseinanderziehen' {sphur^
'erfüllen'): sphurdti 'schnellen' 1. intr., 2, trans.
ludogermauische Forschungen XIX. 35
580 L. Sütterlin,
C. Der Wurzelvokal im Nomen und in den beiden Verbalbildungen.
1. Beachtenswert ist, daß das Nomen mit dem Kausativ
gewöhnlich auch in der Gestalt der Wurzel Hand in Hand geht,
daß es also, wo die beiden Verbalformeu, Grund verb und Kausativ,
von einander abweichen, sich auf die Seite des Kausativs stellt.
Unter den oben bei den 130 — 140 Beispielen berücksich-
tigten «-i -Wurzeln haben Nomen und Kausativum 1. e gegenüber
dem i des Präsensstammes bei a) ksep-^ mel-^ ves- ; — b) hhed-^
lep-, {ved- u.) nirved-^ vej-^ pes-^ ses-, sles-, .sec-; — c) leh-, also
13 Eällen (darunter sicher 3 intensiv, 5 faktitiv); 2. dagegen durch-
gängiges e bei a) cet-^ med-^ vep-^ sneh-] — b) cest-, vest-, sedh-,
hres-\ — c) sved-^ hel-^ also 10 Fälle (darunter 4 intensive und
6 faktitive); 3. endlich durchgängiges «"nur Wurzeln mit doppel-
konsonantischem Auslaut {cinf-^ sinj-^ hfs-^ hikk-j bhiks-, siks-^
6 Fälle); 4. durchgehendes i hat nur pid-.
Bei den ew- Wurzeln ist ebenso 1. o vorhanden in Nomen
und Kausativ gegenüber einem präsentischen u in den Fällen
a) kop-, tod-, tos-, rop- ; — b) nod-, yoj-, yodh-, rodh-, loth-^ loth-,
lop-, sodh-, also 11 mal (sicher 5 mal intensiv, 4 mal faktitiv);
2. dagegen überall o in a) bodh-, roc-, roh-, soc-; — b) kros-,
pos-, mod-, moh-, lol-, scot- (10 Fälle, sicher 1 intensiv, 7 faktitiv);
während rod-, ros-, sobh- u. spJiof- wechseln (4 Wurzeln); sehr
selten sind 3. einförmiges ü (in bhüs- u. mül-) und 4. u {ruj-).
Noch auffälliger sind aber die Verhältnisse in den Wurzeln,
bei denen im Indischen ä in Betracht kommt. Gewöhnlich steht
1. ä im Kausativ und im Nomen gegenüber dem ä des Grund-
verbs, so z. B. a) in kam-, tän-, pär-, bhäj-, vär-, 1 väs-, 2 väs-,
säp-, sväp-, väc-; b) in {hu-)kär-, tär- (u. vistär-), päc-, bhäv-
u. prabhäv-, mär-, yäj-, äyäs-, räv-, läp-, las-, väd-, väp-, väh-,
sär-, sah-, sphär-, {a)sphäl-, smär-, sräv-, här-, (häv-), häs-, hräs-;
c) bhät-, sväs-, smäy-, zusammen in rund 30 Fällen (darunter
sicher 3 intensiv, 24 faktitiv); dagegen geht 2. ä durch z. B. in
a) bädh-, räj-, rädh-, säd-, sädh-; — b) märg-, vänch-, bhäs-,
hhräj-, slägh-, hräd-, hläd- (auch säs-), mithin in gut 12 Bildungen;
natürlich geht auch 3. ä durch vor Doppelkonsonanz, so in
a) randh-, manth-, vardh-, vars-, sqs-, srqs-; — b) arc-, {mard-,
mars-), sardh-, sarp-, hars-, dhvqs-, bhrqs-, visrambh-, lamb-,
sar]k-, ar\g-, nand-, bandh-, skand-, auch raks-; — c) lajj-, sqs-,
spand-, syand-, lar\gh-, zusannnen wieder in gut 25 Fällen. So
Die Denominativverba im Altindischen. 531
nimmt es um so weniger Wunder, daß neben einem ä des Grund-
verbs Kausativ und Nomen 4, auch in offener Silbe nur ä ent-
halten, z. B. a) in Jar-, math-, mah-^ ran-, vyath-, srath- ; — b) in
ras-, svar-, skhal-, hsam- (9 Fälle, darunter 4 intensiv u. 2 sicher
faktitiv).
2. Diese Übereinstimmung zwischen Nomen und Kausativ
erstreckt sich aber auch noch weiter, nämlich auf die Schwan-
kungen der Form, die beide Gebilde aufweisen. Wie svänd-
*Ton' neben svand- liegt, päta- 'Flug' neben pata-, so wechseln
auch svän° u. svan^, pät^ u. pat^, und ebenso steht es bei der
Wui'zel mäd-. Doch findet sich diese Doppel heit des a am aus-
gesprochensten vor den Sonorlauten m, w, r, l, y u. y, und sie
ist da so lebendig gewesen, daß sie vor Z, im, w, r von den Gram-
matikern auch da anerkannt und augesetzt worden ist, wo über-
haupt kein Nomen mehr nachzuweisen ist. So haben wir
1. vor m : bhräm^ {bJiräma-), räm9 {räjna-), yäm^ {yäma-),
säm^ (säma-), sräm'^ {srama-)\ ferner väm^ {vami- f.) und näm^
'beugen' {ndmas- n.)
2. vor n: dhvän^ {dhväna- und dhvani-), svän° {sväna-),
aber ätän^ {täna-) einerseits und jjan^ andererseits.
3. vor l: hväl^ (hvalä), shhal^ {skJiala- m.), m/o, läl^, aber
äsphäl^ (sphäla-).
4. vor r: sär° [sära-\ aber nur smär^ (trotz smära-) imd
här° (neben hära- m. und hara- adj.), uud nur siiar^ (trotz
svära-, wegen svaritä-).
5. vor y haben wir äy° {äya- m. 'Gang'), cäy° {caya- 'Auf-
wurf, cinöti 'schichten'), sonst aber nur a) 1 ksay^ 'wohnen
machen', 2 ksay^ 'vernichten', mim^\ oder nur b) uddäyita-
{?; ddyate, diyate 'fliegen ), abhi-näy^ 'herbeiführen' {näyd- m.
'Führer, Führimg'), 1 päy 'ti-änken\ 2 päy^ (von päyati 'ausdörren'),
'prapycuß 'kräftigen' {pdyate 'sti-otzen, -machen'), hhäy° {bhayd-
n. 'Furcht', bhdyate), viläy^ 'schmelzen' {viliyate\ 1 väy^ (vdyati
'weben'), vyäy'^ {vydyate 'sich einhüllen'), 2 väy^ {veti 'verlangend
aufsuchen'), 1 säy^ 'hinlegen' {^säya- 'liegend', sSte) und 2 säy*^
[sisäti 'wetzen'), ava-säy^ {^sydti), smäy^ {smäya- m. 'Lächeln',
smdyate).
6. vor V haben wir nur doppeiförmiges stäv^ {stäva-, zu
stduti 'loben'), yäv^ (neben yavd- 'fernhaltend', yuyöti) und päv^
{pava- m., pam zu pundti), aber sonst nur ä: äv^ (daneben nur
dva- 'liebend', von dvati\ näv^ (ndvate), präv^ {prdvate\ pläiP
35*
532 L. Sütterlin,
[pldvate)^ i/äv^ [yäuti, yunöti\ räv^ {räva- m., rauti^ riivdti 'brüllen'),
läv^ [läva- 'schneidend', von lunäti\ sräv^ {sräva- 'tönend', m.
'Ohr', srnöti 'hören'), {ahJii +) säv^ {savd- m. 'Kelteriing'', sävä-
m. 'Somaspende', sunöti 'keltern'), sräv° {sräva- m., srdvati}^ endlich
sphäv° 'mästen' (neben sphäyate 'feist werden').
3. Was verschiedentlich zur Unterscheidung der Doppel-
formen augegeben worden ist, trifft alles nicht so recht zu. Daß
z. B. die Komposita die eine Vokaldauer hätten, die Simplizia
die andere, widerspricht sich anscheinend, wenigstens, wenn
man auch die Kausativformen auf -äpayati mitheranzieht; denn
dann verlaugten die Komposita einerseits die Formen vän^ und
väm^^ anderseits gläp^ und snäp^. Auch der Unterschied, der
einmal für stnv^ überliefert wird (Bhag. P), daß nämlich stav'^
'loben' heiße, stäv^ dagegen 'loben lassen', trifft bei den andern
Beispielen nicht so zu, z. B. nicht bei yäv^, die beide, schon
im Rigveda, 'fernhalten' heißen, und auch nicht bei päf^, da
p>ät^ 'fliegen' und 'fliegen lassen' bedeutet, geradeso wie paf^
bald 'fliegen' heißt, bald 'in die Flucht treiben'. Zwar liest
man im RV. jja^o und im AV. pät°; aber das ist hier vielleicht
nur Zufall, und gilt jedenfalls nicht füi' die andern Verba, z. B.
nicht bei gläp°, wo RV. und AV. zusammen avagläp^ haben,
gegenüber amglap^ im Pada und einfachem glap^ im Dhat. Nicht
einmal die wirklichen Faktitiva des Rigveda haben durchweg
die Länge: es heißt srav^ neben sräv^ in Simplex und Kom-
positum, sodann unmadita- neben mädayaU. Im AV. steht so-
dann z. B. sam° und vyath^, im Ait. Br. madayq cakära. jar^,
das im Rigveda 'aufreiben' heißt, ist kein Zeugnis in dieser
Frage, weil das Grundverb Doppelbedeutung hat, auch 'alt machen'
heißt, nicht nur 'altern'. Delbrücks vorsichtige erste Fassung
des Vokalverhältnisses (Altind. V. S. 211) entsprach also den
Tatsachen genauer als seine spätere, auf Whitney gegründete
Ansicht (IF. 4, 133). Angesichts alles dessen haben die indischen
Grammatiker doch nicht so ganz Unrecht gehabt, wenn sie jeder
hierherfallenden Bildung die doppelte Dauer des ä zuteilten und
allgemein ansetzten: läl^ (während nur läl'^ belegt ist), hmäP
usw., aber auch snäs^ {sndsyati}.
Schließlich darf man auch eines nicht vergessen, den Ein-
fluß des uralten und sehr beliebten reduplizierten Aorists
mit seinem kurzen oder sogar gekürzten Wurzelvokal (S. 538),
also Formen wie asisamat, ariramt, avivanat^ alilavat^ amlmavat^
Die Denominativverba im Altindischen. 533
ariravat, apisphavat^ ßhvaratam (neben sqhväriia-), atastarat^
aßhayat {hinöti), aßghrapat, asisrnpat. — Merkwürdigerweise ge-
hören zu den Wurzeln mit durciigehendem ä in offener Silbe
auch jeweils derartige Bildungen, nämlich sisvadat {svadayati),
Msnathat, sisrathat (alle im RV.), freilich auch apaspasat zu päs°
{im RV. und AY.), abihhanat zu hhäfiP (spät)i).
D. Der Ausgang -{a)payati.
I.
Die Bildungen auf -{ä)payati zerfallen nach ihrem Ur-
sprung auch wieder in die beiden wichtigen, aber hier noch
mehr wie sonst in einander überfließenden Klassen der Dever-
bativen (oder eigentlichen Kausativa) und der Denominativen.
a) Die Yerbalableitungen.
Die erste und bedeutendere Gruppe, die Yerbalableitimgen,
ist jetzt ziemlich vollständig gesammelt in der dritten Auflage
der Whitneyschen Grammatik (S. 380 § 1042 i— n)^). Wie die
kürzeren Formen auf -ayati^ so sind auch die hierhergehörigen
Bildungen nicht durchweg Faktitiva, sondern teilweise auch
einfache Intensive. Wir suchen sie daraufhin in 2 — 3 Abteilungen
zu scheiden.
1. Die Intensiva.
Die Intensiva finden sich, wenn auch spärlich, so doch
gleichmäßig auf alle Zeiten verteilt.
Yedisch sind:
hsäp^ (AY.) Vernichten' {ksinäti Vernichten'); ucchräp^
(YS.) 'aufrichten' {srdyati 'lehnen', ucchr^ 'in die Höhe
richten'); häp^ {niiv jihipo AY.) 'versäumen, vernachlässigen'
{ja häti 'verlassen').
1) Als merkenswerte, zu eigentlichen Denominativen auf -ayati
gehörige Formen dieses Aorists treten zu den von Whitney (Grammar''
S. 391) erwähnten ünaijTs (RV.) und päj^atjista (TS.) noch vereinzelte
andere (PW 1, 1019; 2, 713): aunayit und kl. aunanat {auninat Vop.), ferner
sp. ajügamt (von gavayaii). Beachtenswert ist auch das schon oben
(S. 502 Anm.) erwähnte udapupucchat.
2) Ich vermisse unter den hier verzeichneten Beispielen nur die
von Grammatikern überlieferten beiden Formen väpayati (neben väyayati)
"befruchten' (zu veti 'verlangend aufsuchen, appetere') und vrepayati
(neben vrfndti, vriyate), während mir anderseits zufällig für die von
Whitney gegebenen Ableitungen von da- 'teilen' und bJii- 'fürchten' ein
Beleg mangelt. Oder sollte im PW. 5, 293 ein Druckfehler vorliegen?
634 L. Sütterlin,
Klassisch dagegen:
dhmäp^ 'blasen' (c?/^waya«^ 'blasen'); pramäp^ Vernichten^
töten' {mfnäti 'mindern, aufheben').
Jünger sind noch:
cäp° 'schichten' {cinöti 'schichten'); väp^ 'befruchten' {viti
'verlangend aufsuchen').
2. Die Faktitiva.
Ausgesprochen faktitiv sind dagegen folgende zahlreicheren
Formen :
1. Aus den Veden:
sthäpo 'stillstehen machen' {tisthäti 'stehen"); nirväp^ 'aus-
löschen, stillen' {nirväti 'wehen, erlöschen'); snä2)° 'baden,
waschen' {snäti, sndyati 'schwimmen, sich baden'); gläp^
'müde machen, erschöpfen' [gläyati 'Unlust empfinden');
>«/ä2)0(AY.)'welk machen' (m^a?/a^/ 'welken'); dliäp^ 'säugen*
{dhäyati 'saugen'); Jä^o 'gewinnen lassen' (ja^a^rgewinnen'):
ksep^ 'verweilen machen' {kseti 'weilen').
2, Aus der guten Literatur:
däp^ 'geben lassen' {dddäti 'geben'); dhäp^ 'legen heißen*
{dddhäti 'legen'); kht/äp° 'bekanntmachen' {khydte 'bekannt
sein', freilich passiv); dräp^ 'zum Laufen bringen' {dräti
'laufen'); yäp^ 'gehen heißen' {yäti 'gehen'); ghräp^ i^ji-
^Ärez^a^)'jem. etwas riechen lassen' (^/ira^i,J/^Ärd^e 'riechen;
beriechen'); ^ä^o 'singen lassen' {gäyati 'singen'); udväpya
(TBr.) 'ausgehenlassen' {udväyati 'müde werden') ; vismäp^
'in Erstaunen setzen' {smdyate 'lächeln'); adhyäp^ 'lesen
lassen, untennchten' {adhyeti 'begreifen'); sqhäp^ 'sich auf-
richten machen' {sqjUiite 'sich aufrichten'); jnäp^ 'unter-
Aveisen' {janäti 'kennen'); diksäp^ 'weihen' {diksate 'sich
weihen'); unsicher ist praksäläp^ 'abwaschen lassen' {ksäl°
'abwaschen', ksälati 'fließen').
8. Noch jünger sind:
jtväp^ 'wieder lebendig machen' {jivati 'leben'); ksmäp^
'erzittern machen' [ksmäyate 'zittern'); viläp^ 'schmelzen'
traus. {vilinäti 'zergehen'); kridäp^ 'spielen heißen' {krtdati
'spielen'); vardhäp^ 'abschneiden' (= vardhäyati)\ likhäp°
'schreiben lassen' {likhdti 'ritzen'); hrep^ 'beschämen (;'«-
Ar^^i 'sich schämen'); ^wopo 'durchnässen' [knüyate 'feucht
sein'); rop^ 'aufsteigen machen' {röhati 'ersteigen').
Die Denominativverba im Altindischen. 535
3. Doppelsinnig
ist das Verhältnis bei folgenden 3 Gebilden:
ved.: arpayati 'schleudern, hineinstecken, durchbohren': iyarti
1. 'sich erheben'; 2. 'bewegen, aufregen';
kl.: vardhäp^ 'freudig erregen' : vdrdhati^ vrdhdti 1. act. 'er-
höhen'; 2. med. 'wachsen'; mäp^ 1. 'messen lassen'; 2. 'messen':
mäti 'messen'.
b) Die Nomiualableitungen.
Sichere Nominalableituugen kommen erst in ganz später
Zeit vor, und zwar hauptsächlich als Belege der Grammatiker;
zugrunde liegen ihnen sowohl Substantive wie Adjektive. Es
sind folgende Bildungen:
a) Substautivableitungen:
karmakäräp-ayate 'jem. als Knecht arbeiten lassen' {kar-
makära- m. 'Knecht'); arthäp^ 'wie Geld behandeln' (artha-
m. n. 'Geld'); ksamäp^ 'jem. um Verzeihung bitten' (ksamä
f. 'Geduld, Nachsicht').
b) Adjektivableitungen:
präp^ 'priyamäcaste' [zxxpriyd- 'lieb'); satyäp^ 'satyamäcaste'
(zu satyä- 'wahr'); jydp^ 'je™, alt sein lassen; berichten, daß
er alt sei' (von jya-^ dem künstlichen Positiv zu jyäyqs-
älter, jySstha-); sräp^ (zu sra-, dem Stamm von sreyqs-
'schöner', srestha-)] sväp° (zu sva-).
Aber selbst hier ist dieser nominale Ursprung nicht über
alle Zweifel erhaben. Schon in der klassischen Literatur tritt
vereinzelt -äpayati an die Seite von -ayati, so z. B. in dem
nominalen sabd{äp)ayati 'jem. herbeirufen, nennen' (von säbda-
m. 'Laut, Schall'), und in dem gleichzeitig von Nomen und ein-
fachem Verbum begleiteten diks{äpY 'weihen' (neben dtksate 'sich
weihen' u. diksd f. 'Weihe'). Später werden diese Fälle häufiger,
und es wechseln so
a) die von einem Nomen begleiteten
vant-ayati 'teilen' mit vant-äpayati (von vanta- m. 'Teil';
ved'^ 'ankündigen, fühlen' mit ved-äp^ {veda- m. 'Verständnis');
sattr^ mit satträp^ (von sattrd- n. 'große Somafeier'); kath^
'hersagen' mit kathäp^ {kathä f. 'Erzählung'); endlich chi-
drayati 'durchlöchern' mit chidräp^ (von chidrd- 'durch-
löchert') ;
536 L. Sütterlin,
b) das zwischen Nomeu und Y erb um stehende
jivatjati u. jfväp° 'wieder lebendig machen' (neben jivd-
'iebeudig' u. jivati 'lebt'); und
c) einige andere, die ohne nominale Verwandtschaft auf-
zutreten scheinen, nämlich vardhai/ati u. vardhäpmjati 'ab-
schneiden', ferner utkaläpayati '1. sich bei jem. verabschieden,
2. seine Frau aus dem väterlichen Hause heimführen', neben
dem utkalat/ati steht mit der Bedeutung 'losbinden, lösen', end-
lich darsäp^ 'zeigen' u. UkhäjP 'schreiben lassen' (von Ukhdti
'ritzen'), neben denen die älteren regelrechten faktitiven dars^
u. lekh^ überliefert sind. Das unsichere bhunjäp^ wäre dagegen
unmittelbar von Formen wie hJiunjmds aus gebildet.
Nur selten scheint diese Doppelheit der Endung zur Be-
deutungsunterscheidung benutzt worden zu sein: außer in
dem eben genannten jmigen :tiikal{äp)^ nur noch bei der Doppel-
wurzel as- 'gewinnen, erreichen' u. 'essen'; denn während zu
asnäti 'essen' die Form äsayati 'speisen' tritt, bildet der Yer-
fasser eines Sutras schon zu asnöti 'erreichen' ein präsäpayati.
II.
a) Dieser Ausgang -{a)pmjati wird bekanntlich gemeinhin
erklärt durch Herbeiziehung eines Wurzeldeterminativs p^ so
auch von Brugmann (Gr. H 1156 f.); aber damit ist die Schwierig-
keit nur bei Seite geschoben, nicht entfernt. Es läßt sich in
diesem Falle aber, wie mir dünkt, auch ausnahmsweise einmal
etwas weiter kommen. Mag das nur dazu dienen, hier das über-
lieferte Wurzeldeterminativ zu begreifen, oder mag die Erklärung
auf einen von diesem Determinativ ganz abliegenden Weg leiten;
das ist gleichgültig; im letzteren Falle tragen wir mindestens
gerade der noch jüngst auch von so verschiedenen Theoretikern
wie Wundt u. Voßler erhobenen Forderung Rechnung, für eine
Erscheinung nicht bloß einen, sondern w'omöglich mehrere An-
fänge aufzudecken, die im Lauf der Entwicklung zu dem gleichen
Ende geführt haben könnten.
In welcher Richtung wir nun den Schlüssel für unser
'kausatives' p zu suchen haben, kann uns die Bildung gopayati
'behüten, verstecken' andeuten, in der nach dem Aasweis des
Adjektivs gopin- 'behütend' das p als Teil der Endung gefühlt
wTirde, obw^ohl ihr Grundwort gojxi- 'Hirt' ist, nicht etwa go-
*Kuh'. Ähnlich wie dieses ^, könnte auch der kausative ^-Aus-
Die Denominativverba im Altindischen. 537
gang entstanden sein, wenn dabei auch nicht gerade an das p
von pä- 'schützen' zu denken wäre, sondern eher an das ^ von
äp- 'gewinnen, en-eichen'. Der Kausativstanim ließe sich nämlich
begreifen als Zusamniensetznug eines Wurzelnoniens (vielleicht
eines Verbalabstrakts) mit einer ungefähren idg. Form äpö- 'er-
reichend'; sfhäpa- hätte dann ursprünglich bedeutet 'wer einen
festen Stand gewinnt oder gewonnen hat', u. sthäpayati entsprechend
der oben (S, 498 ff.) geschilderten Beziehung 'jemand zu einem
machen, der einen Stand gewonnen hat', d. h. ihn 'feststellen,
hinstellen'. Wie man im einzelnen eine derartige Zusammen-
setzung zerlegen müsse, ob z. B. in stä-pö oder st-äpö- oder gar
std-dpö^ ist nicht mehr auszumachen, aber auch gleichgültig.
Auch wo vor dem p ein anderer Yokal steht als ä, ist diese
Auffassung zulässig, so in ksep^- 'verweilen machen' angesichts
des Wurzelnomens ksi- f. 'Wohnung', in hrep'^ 'beschämen' an-
gesichts von hri- f. 'Scham'.
Waren erst einige Muster vorhanden, so konnten in der
Weise, wie es Brugmann schon angedeutet hat (S. 1157), leicht
Nachbildungen erfolgen ; gerade bei den hier in Betracht kommen-
den Grundverben hatte das Präsens mehrere Ausgänge gleich-
zeitig neben einander [snäti u. snäyati\ mfnäti^ minöti u. mii/dte;
ji'ghräti u. ghrdti\ die sich mit den entsprechend mannigfaltigen
Ausgängen der andern Verben mischten {jdyati^ sräyati u. smdyate
mit dhdyati, ghrdti mit yäti u. mit jdhäti usw., ksmdyate u. dhmd-
yati mit gai/ati^ gläyati, mldyati usw., adhyeti mit ksHi u. jihreti^
krindti mit ksinäti 'vernichten', lindti 'schmelzen' u. mindti)-^ aber
auch die to-Partizipien, die Perfekta jajnäu u. dadäu\ die ^-losen
Kausative {ksayayati 'ruhig wohnen machen' u. 'vernichten' von
kseti u. ksindti\ kurz die verschiedensten Formen konnten überein-
stimmen. Geschichtlich würden sich diese Beeinflussungen noch
genauer verfolgen lassen — diksitd- ist z. B. schon im AV. be-
legt, also wohl überhaupt älter als das erst im MBh. vorkommende
dtksäp^ — aber eine solche Einzeluntersuchung fällt außerhalb
des Eahmens unserer Arbeit.
Bei den jüngeren Ableitungen auf -äjo^ mag unsere Er-
klärung also deshalb überflüssig werden; möglich wäre sie an
sich aber auch hier: diksäp^ 'weihen' könnte noch gut zurück-
geführt werden auf ein diksäpd- 'einer, der die Weihe empfangen
hat'. Und in utkaläp^ haben wir sogar noch das Grundwort
kaläpa- m. 'Bund, Bündel' überliefert, das schon das Petersb.
538 L. Sütlerlin,
Wtb. in kalä f.*Teir u. dpa- (von äp-) zerlegt und erklärt als 'das,
was die Teile aufnimmt, zusammenhält'. Wenn das uns erhaltene
Schrifttum von solchen und ähnlichen Bildungen gewöhnlich
nichts mehr sagt, so dürfen wir doch mit der Möglichkeit ihres
Vorhandenseins rechnen. Für präsäp^ bietet sich übrigens noch
ein weiterer Anknüpfungspunkt. Hier berührt sich das Grund-
verbum asnöü in der Bedeutung so sehr mit äpnöti, das Perfekt
äsa mit äpa, daß das Kausativum äpaijati 'erreichen lassen' den
Stamnirts- auch auf einKausativum präsäpayati liindrängen konnte,
b) Die vereinzelten 5—6 Nebenformen auf -äpaijati wie
ksäp^ 'vernichten', snäp^ 'baden, waschen', die mit Ausnahme
des bei Grammatikern überlieferten cap^ 'schichten' über die
ganze indische Literatur verzettelt sind, brauchten mit den
Bildungen auf äjP nichts zu tun zu haben, zumal da sich für
sie außerhalb des Arischen sogar noch viel mehr Anknüpfungs-
punkte finden als für den Ausgang äp^ (Brugmann S. 1157).
Sie könnten aber auch mit diesen Formen auf äp^ zusammen-
gehören. Der Wechsel zwischen ä u. ä ließe sich dann in ver-
schiedener Weise begreifen : vom Standpunkt des Indogermani-
schen durch eine verschiedene Bildungsweise der zugrunde
liegenden Zusammensetzung {*snä-po etwa neben *sn-apo-), vom
Standpunkt des Indischen entweder in der Art der oben (S. 530 ff.)
erwähnten Vokaldauerschwankung in pätai/ati^ oder von dem
reduplizierten Aorist aus, der, wie erwähnt, kurzen Vokal ja auch
bei sonst nur langvokalischen Wurzeln aufweist, der diese Kürze
also wohl auf seinem Gebiete eigenmächtig durchgeführt hat
{arirädham von rädh-, abibhrajat von bhräj-, ahihhrasat von
hhräs-^anvasat von ms-, ajijhapat u. ajijnipat AVhitne}'^ § 861).
Das schon im Sat. Br. überlieferte jwajjfa- würde bei keiner dieser
Auffassungen unter den Tisch fallen müssen.
II. Die Denominative auf -äyati.
Die Verba auf -äyati, gut über 400 an Zahl, sind die
zweitwichtigste und zweitgrößte aller Denominativklassen und
kommen gleich hinter den 5 — 600 Formen auf -äyati. Sie haben
einen ähnlichen Ausgangspunkt wie diese, haben aber einen
ganz andern, wenn auch nicht weniger bemerkenswerten AVeg
eingeschlagen; und so treten zum Schluß gerade diese beiden
Hauptklassen einander gegenüber, in einem gewissen Gegensatz
und als eine Art gegenseitiger Ergänzung. (S. 577).
Die Denominatiwerba im Altindischen. 539
Zur Erleichterung der Übersicht müssen wir hier einmal
die vedischen Verhältnisse zunächst gesondert ins Auge fassen,
hinsichtlich der Bedeutung sowohl, wie hinsichtlich der Form.
I. Die vedische Zeit.
Die vedischen Schriften (Rigveda und Atharvaveda) bieten
uns im ganzen 30 — 40 Formen auf -äyati\ 5 — 6 davon sind
von Adjektiven abgeleitet, für etwa 10 steht kein rechtes oder
wenigstens kein überliefertes Grundnomen zur Verfügung; die
übrigen Formen kommen von Substantiven.
a) Die Bedeutung.
In der vedischen Zeit vertreten die äijati-^ ovmQw noch
keine so umfangreichen und so scharf geschiedeneu Bedeutungs-
klassen Avie in der späteren Zeit; nur kleinere Gruppen lassen
sich absondern, aber nur teilweise genau begrenzen. Indessen
erkennt man in ihnen doch schon die Keime der späteren Ent-
wicklung.
Mit Rücksicht auf diese spätere Entwicklung dürfen wir
folgende Klassen hervorheben:
1. Verba, die bezeichnen 'etwas sein', im AV. auch schon
'sich gebärden wie jemand'; sie sind abgeleitet von substantivischen
Personenbezeichnungen oder von Adjektiven; nämlich:
gopäyäti 'hüten' {gopä m. Rivt')-^ sat van ätjdnt- (AV.) 'sich als
Krieger gebärden' {sdtvan-^ satvand- m. 'Krieger'); ajiräyate
'behende sein' [ajird- 'behende'); tilviläydte 'sich reich er-
weisen' {tilvila- 'reich') ;^r««/ä!/aie(AV.) 'mit Liebe behandeln'
{priyd- 'liebend, anhänglich'); rathiräydnt- 'herbei eilend'
{rathird- 'eilend'); sanäydnt-^) 'von alters her vorhanden'
{sdnä adv. 'von alters her').
2. Verba, die bedeuten 'nach etwas streben':
asväydntas 'nach Rossen verlangend' [dsvä f. 'Stute'); tväydnt-
*nach dir verlangend, dich liebend' (tväyä 'aus Liebe zu dir',
tva- 'du'); vrsäydte^) 'brünstig werden, begierig sein' {vfsa-
m. 'Mann, Hengst'). Wegen dhan^ s. S. 542.
3. Verba, die bedeuten 'etwas hervorbringen, an den
Tag legen'; sie sind im großen ganzen abgeleitet von Abstrakten
1) Fehlt bei Delbrück, alti. V. S. 20-if., ebenso wie einige andere
Formen.
2) Pada: oat/O; fehlt bei Delbrück.
Ö40 L. SiUterlin,
und bezeichnen eine gnte oder böse Gesinnung und die daraus
entspringende Handlung; eine Untergruppe umfaßt einige gottes-
dienstliche Ausdrücke :
{vi)dhüpäijati (AV.) Mampfen', dJiüp^ (kl.) 'rauchen, räuchern'
{dhüpa- m. 'Kauch'); dhiyäyänt-, -yäte 'aufmerken, Andacht
üben' (dhi- f. dhyä f. 'Denken'); manäyäti 'eifrig, anhänglich
sein' {manä f. 'Ergebenheit, Anhänglichkeit'); sumnäydnt-
'wohlwoUend' {sumnayä f. instr. 'andächtig, wohlwollend';
swmwa- n. 'Wohlwollen'); samäyäte 'sich bemühen, eifrig
sein' {sdmi- n., -i f. 'Bemühung, Fleiß'); damäydti 1. 'be-
zwingen (RV.); 2. 'sich selbst zähmen' (Taitt. Up.) {damd- m.
'Züchtigung, Selbstbeherrschung'); ducchunäydte 'jem. Leid
zufügen wollen' {ducchünä f. 'Unheil'); durhanäydnt- 'auf
Unheil ausgehend' {durhdnät 'Unheil'); hrnäydnt- 'grollend'
{*hrnä f. 'Groll'; vgl. Arwz^e'grollen'und S.557 Anm.); prtanä-
ydnt- 'feindlich auftretend' {pftanäi. 'Kampf); ojäydmäna-
'Kraft anwendend' {öjas- n. 'Kraft', erst spät oja- adj. und
subst. m.; subhäyate 'glänzen' {subh- f. 'Schmuck', erst sp.
subha- 'schmuck, hübsch'); yajnäydnt- 'im Gottesdienst
tätig' [yajnd- m. 'Gottesdienst'); rtäydnt- 'den richtigen Gang
einhaltend, fromm' {rtd- 'ordentlich', n. 'Ordnung').
4. Einige weitere Beispiele lassen sich wegen der Mehr-
gestaltigkeit ihrer nominalen Verwandtschaft nicht sicher
einordnen ; sie stellen wieder die für die sprachliche Entwicklung
so wichtigen Grenz- und Übergangsfälle dar; es sind:
aghäydti 'Schaden zufügen, drohen' (aghd- 'schlimm', n. 'Un-
heil'); vrjinäydnt- 'trüglich, falsch' {vrjind- 'krumm, falsch',
-d f. 'Falschheit'); randhanäyati 'in die Gewalt geben' (sp.
randhana- m. 'Yernichter', n. 'Vernichtung'); bhanda?iäydnt-
'jauchzend' [bhanddna- 'jauchzend', -ä f. 'Jauchzen').
5. N'och andere, aber nicht zahlreiche Verba stehen ohne
jede entsprechende nominale Verwandtschaft und ge-
hören auch durch ihre Bedeutung nicht notwendig zu einer der
bisher gegebenen Abteilungen; einzelne unter ihnen schließen
sich aber aus diesem oder jenem Grunde wieder näher zusammen :
a) priisäydti^ °te 'spritzen' (neben prusnnvdnti); vrsäyate
'regnen lassen' (neben vdrsati 'regnen'); sikäydnt- (VS.,
TS.) 'tröpfelnd' (neben sikate 'tröpfeln');
ß) mathäydti 'Feuer dm-ch Reibung erzeugen; abreißen' (ma^Ä-
m. 'Rührstock', neben mathnäti; doch vgl. mdnthä f. 'Quirl');
Die Denominativverba im Altindischen. 541
srathäyati 'lockermachen' {n^h^n h'athnäti 'locker werden,
= machen' u. sp. sratha- m. nom. act); skahhdyati 'befestigen,
stützen' (neben skabhnäti 'dass.' u. skambhd- m. 'Stütze');
stahhäyäti 'stützen, hemmen' (neben stabhnäti 'stützen' u.
stanibha- m. 'Pfeiler, Pfosten'); musäyäti 'rauben' (neben
musnäti 'dass.' u. jungem mus~ 'raubend');
T) panäydti^ ^te 'bewundern' {neben pananta 'bewinidernswert
sein, bewundern' u. panü- 'Bewunderung, Lob'); rghäydnt-^
^yämäna- 'beben, rasen' ( — ? — )^); vgl. endlich auch va-
säydte 'sich kleiden' (neben vdste 'anziehen').
b) Die Form.
Die vorhergehende Zusammenstellung hat ergeben, daß die
Eigenart der ä^a/2-Formen in der ältesten erreichbaren Zeit und
damit wahrscheinlich auch von Hause aus nicht in der Be-
deutupg liegen kann, daß sich die besondere Endung damit nicht
erklärt; denn sie bezeichnen uugefähr die gleichen Beziehungen
wie die andern Klassen. Nicht bloß aus sprachvergleichenden
und geschichthchen, sondern auch aus reinen Yernunftgründen
muß man vermuten, daß ihre Sonderheit nur in der Gestalt des
Grundworts begründet sei, daß sie ursprünglich Ableitungen
seien von o-Stämmen. Diese Yermutung wird denn auch durch
die vorliegenden Verhältnisse so ziemlich bestätigt. Denn unter
den einschlägigen 40 Bildungen gehen mindestens 4 {gop-äydti,
man^, ducdiunP, dur]ianP\ wahrscheinlich aber 11 auf ä-Substantive
zurück (noch prtan-äydnt-^ bhandan^^ vrjinP^ asv^^ tv^, sumn^^
san°)-^ und ihnen stehen gegenüber 5 Ableitungen von a-Sub-
stantiven {randhan-äyafi^ dhüp^^ dam^^ srath'^^ yajnäydnt-, vrsäydte)
und 6 — 7 von d- Adjektiven {ajir-äydte, Ulvil°, priy^^ subh^, rathi-
räydnt-^ sowie rtäydnt- u. aghäydti) und je eine Ableitung von
einem i-, einem ^<-, einem s-Stamm, und etwa auch einem Kon-
sonantstamni (von sdmf-, panu-, ojas-, u. sdtvan- mit seiner Neben-
form satvand-). und endlich 10 — 12 Fälle ohne nähere nominale
Verwandtschaft {prusäydtihis, vasäjdte, S. 540 f.). Schon bei ein-
facher Betrachtung des Tatbestandes sind also die ä-Stämme
doch in der Überzahl vertreten. Rechnet man noch mit der
Wahrscheinlichkeit, so stehen ihre Aussichten noch günstiger.
Die jetzt verwaisten Formen können einmal ä-Grundwörter ge-
ll Wegen jmäyänt- s. S. 564 Anm. 2. Weitere, nicht ganz sichere
Formen der Art wie vitudayati (AV.) gibt Whitney^ S. 391b.
ö42 L. Sütterlin,
liabt haben, und ebenso mag neben den Nicht-a-Stämmen doch
wenigstens teilweise ein Femininum auf -ä vorgelegen haben.
Aber auch die a-Stämme machen keine so großen Schwierig-
keiten, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn sobald wir
mit deren Flexionsformen rechnen, kommen für uns auch Bil-
dungen mit ä in Betracht, also z. B. der maskuline Plural auf
-äs, der neutrale auf -ä, und bei den Adjektiven ebenso das
Femininum auf -ä. (Wegen der Betonung s. S. 552).
II. Die nachvedische Zeit.
A) Die Bedeutung.
Die nachvedische Zeit übernimmt zunächst alle Bedeutungs-
klassen, die ihr überliefert sind, aber behandelt sie ungleich.
Einige bildet sie mächtig weiter, daß sie üppig fortwuchern und
eine immer ausgeprägtere Beziehung veranschaulichen, anderes,
zum Glück nur weniges, läßt sie verkümmern. Und dieses Ver-
kümmernde verfällt seinem Schicksal bald früher, bald später. Wir
betrachten zuerst das, was nur noch in die klassische Zeit hineinragt.
a) Die ausschließlich klassische Zeit.
In die klassische Zeit noch hinein hat sich erhalten
1. eine kleine Gruppe, gebildet von den Verben des Strebens:
asanäyati (Sat. Br.) *uach Speise verlangen' [asand- n.);
dhanäydti^ ^te (VS.) 'ein Gut wünschen' {dhäna- n.); samä-
yati (Taitt. Up.) 'sich der Gemütsruhe befleißigen' [sdma- m,);
svapnäyate (MBh.) 'schlafen wollen' [svdpna- m. 'Schlaf')^);
2. vereinzelteFormen mitfreierer Bedeutungsbeziehung:
deväyant- (Maiti'. S., Kathas.) 'den Göttern dienend, fromm'
{devd- m.); mamäyati (MBh.) 'beneiden' {mdma gen. sing,
'meiner'); srr[gäydte (IB.) 'mit den Hörnern stoßen' {sfr\ga-
m. n. 'Hörn').
b) Die klassisch-nachklassische Zeit.
Länger in Übung blieben die beiden andern Denominativ-
klassen, die bedeuten 'etwas erzeugen' und 'etwas sein', die
Faktitiva, wie wir sie wieder nennen wollen, und die Sub-
jekt! v a. Und zu ihnen tritt neu eine dritte Klasse, Bezeichnungen
eines Geräuschs.
1) Daneben vgl. das merkwürdige utsvapnayate (Mrcch.) 'im Schlafe
sprechen'.
Die Denominativverba im Altindischen. 543
Die beiden alten Klassen spielen aber eine verschiedene
Eolle in dieser Zeit; die Subjekt! va werden immer beliebter,
die Faktitiva erhalten sich nur in mäßigem Umfang. Mit ihnen
beginnen wir.
1. Die Faktitiva auf -äyati.
Von den Faktitiven finden sich
a) in den klassischen Schriften 14 — 15:
garväyate 'Hochmut an den Tag legen' {garvd- m. 'Hoch-
mut'); dhyäyati^ <^te 'denken' {dhyä f. 'Denken'); kalahä-
yate 'streiten' {kalaha- m. n. 'Streit'); krpäyäte 'jammern,
trauern, Mitleid haben' [krpä f. 'Mitleid'); kopäyate 'wüten'
{kopa- m. 'Zorn'); sabdäyate 'einen Ton von sich geben'
{sdhda- m. 'Ton'); asräyote 'weinen' [asrä- n. 'Träne');
hambhäyate 'brüllen' {hambhä f. 'Gebrüll'); hesäyati
'wiehern' {Jtesci f. 'Gewieher'); phenäyate 'schäumen' {ph4na~
m. n. 'Schaum'); dhüpayati 'räuchern' {dhüpa- m. 'Rauch';
vgl. S. 540); dhümäyati^ °te 'rauchen, dampfen' {dhümd- m.
'Rauch'); liläyati^ »^e 'spielen, sich belustigen' [lila f. 'Spiel');
samäyati (Maitr. S.) 'zur Ruhe bringen, töten' {sama- m.
'Ruhe, Erlöschen'; vgl. S. 552), vielleicht auch panäyitnm
'verkaufen' [pana- m. 'Vertrag' neben pani- m. 'Händler');
b) Jünger sind 18 — 20 Formen:
pid-äyate 'Schmerz fülüen' {pidä f. 'Schmerz'); häsp^
'Tränen vergießen. Dampf von sich geben {bäspd- m. 'Träne,
Dampf); abhr° 'Wolken erregen' {abhrd- n. 'Wolke'); üsm°
'Hitze, Dampf von sich geben' [üsmdn- m. üsmä f. 'Hitze,
Dampf); jorwsyo 'tröpfeln' {prusvä f. 'Tropfen'); läl'> 'Speichel
üiefen lassen' {lälä f. 'Speichel'); romanth^ 'wiederkäuen
{romantha- m. 'Wiederkäuen'); kekäyati 'schreien wie ein
Pfau' {kekä "Geschrei des Pfaus'); keläyati 'scherzen, tändeln'
{keli- m. f. 'Spiel'); kheläydte 'spielen' [kheli- f. khelä f.
'Spiel'); bal-äyate 'Kraft äußern' {bdla- n. 'Kraft'); pravi-
stak'^ 'persönlich erscheinen' (pravistoka- n. 'die Geberde
des Hereintretens, das Auftreten auf der Bühne'); kamp^
'zittern' {kampa- m. 'Zittern'); bhram^ 'anfangen sich zu
drehen' {bhramd- m.'das Hin- und Herbewegen'; vgl. auch
leläydti 'schwanken'): bhay'^ 'sich fürchten' {bhayd-n. 'Angst');
madr^ 'froh werden' {madrd- n. 'Freude'); medhäydti
'schnell fassen, -begreifen' {medhä f. 'Verstand'); endlich
kaksäyate 'Böses im Sinn haben' {kdksa- m. 'Versteck').
544 L. Sütterlin,
Weitere Formen lassen sich erschließen aus den Verbal-
substantiven
irsyäyita- n. nom. act. [iräijä f. 'Eifersucht'); narmäyita- n.
'Scherz' {närma- m. 'dass.')i). AYegen duhkhäydte u. vairä-
yate s. S. 550.
Ganz allein steht und ist darum so auffällig die faktitive
A d j e k ti V a b 1 e i t u ngprakatäyati 'offenbaren' [prakatd- 'offenbar').
2. Die Subjektiva.
Die Subjektiva gehen aus von Substantiven und von Ad-
jektiven ; beliebter sind die Substantivableitungen. Sie bedeuten
nicht einfach 'etwas sein', sondern häufiger noch 'wie etwas
erscheinen, sich gebaren, etwas gleichen' u. ähnl.
a) Die Substantivableitungen.
1. Aus der rein klassischen Literatur lassen sich schon
etwa 40 Beispiele anführen, nämlich :
amiträyati 'feindlich gesinnt sein' {amitra- m. 'Feind');
khal-äyate 'einen Bösewicht darstellen' {khala- m.); taskar^
'einen Räuber spielen' [täskara- ra.); durjan^ 'ein böser
Mensch werden, dafür gelten' {durjana- m.); purus'^ 'sich
als ein Mann gebaren' [piirusa- m.); madan^ 'dem Liebes-
gott gleichen' {madana- ra. 'Liebesgott'); yani^ 'den Todes-
gott vorstellen' {yamä- m., 'der Todesgott'); kutnbhakarn°
'dem Raksasa K. gleichen im langen Schlafen' {^na- m.) ; bhrty°
'sich wie ein Diener benehmen' {bJiftya- m.); kurar\g^ 'zu
einer Antilope werden' [kurangd- m.); garud^ 'zu einem
best, mythischen Vogel werden' {garudä- m.); satxaran^
'eine Biene darstellen' {satcarana- 'sechsfüßig', m. 'Biene');
drum^ 'für einen Baum gelten' (drumä- m.); candan^ 'zu
einem Sandelbaum werden' [candana- m. n.): vipin^ 'wie
ein Wald erscheinen' {vipina- n.); nagar^ 'den Anschein
einer Stadt haben' {nagarä- m.); jäl° 'ein Netz darstellen'
{jäla- n.); pradip^ 'eine Lampe darstellen' {pradipa- m.);
dol° 'wie eine Schaukel schwanken' (dolä- m. f.); gomay^
'wie Kuhmist schmecken' {gomäya- m. u.) ; vajr^ 'zum Donner-
keil werden' {vdjra- m. n.); väty^ 'einem Sturmwind gleichen'
1) pratyäyati (?) 'überzeugen' (neben pratyatja- m. 'Überzeugung'),
das man sonst in pratyayayati verbessern will, könnte auch aus pratya-
yäyati dissimiliert sein; für diese letztere Auffassung spricht vielleicht auch
das 'S)\xhs\.a.n\.i\ pratyäyita- m. 'Vertrauter, Beauftragter' ; doch vgl. auch S.552.
Die Denominatiwerba im Altindischen. 545
{vätyä f.); sakra cäp° 'einen Eegenbogen darstellen' {sakra-
cäpa- n.); raktasüry^ 'eine rote Sonne darstellen' {rakta-
'rot', sürya- m. 'Sonne'); candakär^ 'wie die Sonne er-
scheinen'(cawf/aÄrär«- m.); megh^ 'wolkicht werden' (me^Äa-
m. 'Wolke'); kuly^ 'zu einem Bache werden' {kiilyd f.); küp^
'zu einem Brunnen werden' {küpa- ra.); kstr^ 'zu Milch
werden' (ksird- m. n.); jal^ 'zu Wasser werden' [jala- n.);
amrl^ 'der Ambrosia gleichen' {amftä t 'ein berauschendes
Getränk'); piyüsavars° 'zu einem Regen von Kektar werden'
[piyüsa- n. 'Nektar', varsd- m. n. 'Regen'); garal^ 'zu Gift
w^erden' {garala- m.); sqhärakäl° 'wie die Zeit des Welt-
untergangs erscheinen' {sqhärakäla- m.); ^«in» 'zu einem
Vorzug werden' [gunä- ra. 'Vorzug'); dos° 'wie ein Mangel
erscheinen' {dosa- m.); ätap^ 'zur Sonnenhitze werden' [ätäpa-
m.); zweifelhafter ist «?rso 'wie ein Stier brüllen' {vfsa- m.
'Stier'); endlich vgl. auch cakoräyitum 'wie der Vogel Cakora
verfahren' {cakora- m.) u. varäyita- 'eine Wunschgabe dar-
stellend' (vara- m. n. 'Wahlgabe'); kharäyita- n. 'Eselsstreich'
[khdra- m. 'Esel').
2. Und aus deu späteren Schriften kommen noch 140
weitere Formen auf -äyate hinzu, nämlich Ableitungen von den
Substantiven :
krsna- m. 'Krischna' {krsn-äyate, °ti); krsnarämä Du.
'Krischna u. Rama' {^mäyate); vrtrahdn- m. 'Beiname In-
dras' {'^häyate 'wie Indra verfahren'); krtänta- m. 'Todes-
gott'; näräyand- 'ein Gott'; das akant ha- ""zehnhalsig', Bei-
name von Ravana (: 'sich wie Ravana gebärden'); bhärgavd- m.
'von Bhrigu stammend', Patron. Sukras (: 'dem Sukra gleichen');
kdnva- m. 'Name böser Wesen'; pütanä f. 'die Unholdin
Putana'; baka- m. 'der Asura Baka'; daityd- m. 'ein Daitj^a,
Feind der Götter'; apsarä {°rds-) f. 'eine Apsaras'; madrikä
f. 'eine Madrika'; kärna- m. 'ein König'; yoga- m. 'Eigen-
name'; rdjä m. 'Fürst'; nägaräja{n)- m. 'Schlangeuf ürst' ;
bhujagaräja- m. 'Schlangenfürst', Beiname Sesas; kämuka-m.
'Liebhaber' ; vyädhd- m. 'Jäger' ; dvijä- {-ä-) 'zweimal geboren',
m. 'ein geweihter Brahmane'; vaidyd- m. 'Arzt'; pratihärd-
m. 'Türhüter'; svajana- m. 'Angehöriger' ; potä f. 'Herma-
phrodit; Dienerin'; tokd- n. 'Nachkommenschaft, Kinder';
däsd- m. 'Sklave' (o^e, ^ti)^ näthd- m. 'Helfer' (n. 'Hülfe' :
näthäyati 'als Schutzhen-, Helfer erscheinen'); vfka- m.
Indogermanische Forschungen XIX. 36
546 L. Sütterlin,
'Wolf; grhapäla- m. 'Haushund'; vatsd- m., -ä f. 'Kalb' ;
harinä- m. 'Gazelle'; sthd- m. 'Löwe'; hqsd- m. 'Gans';
bhäsd- m. 'der Raubvogel Bhäsa'; syenä- m. 'Adler, Falke';
räjahqsa- m. 'Flamingo'; pärävatamälä f. 'Taubenschwarm'
{pärdvata- m. 'Turteltaube', mala f. 'Reihe'); nirjalamina-
'Fisch ohne Wasser' {nirjala- + mind- m.); godliä f. 'Ei-
dechsenart'; salahhd- m. 'Heuschrecke'; bhramard- m.
'Biene'; bhfr]go- m., -ä f. 'Biene'; madhukara- m. 'Biene';
mukula- m. n. 'Knospe' (wegen kudmald- s. S. 549); pa-
c7)«aÄ;05rt- m. 'der Blumenkelch einer Wasserrose' ; püspa- n.
'Blume'; pdttra- u. 'Blatt'; kuvala- n. 'Wasserlilie (blaue
Lotusblüte)'; kuniuda- n. 'weiße Lotusblüte'; pddma- m. u.
'Blüte der Wasserrose'; kamalahälanäla- n. 'ein junger
Lotusstengel ' [kamdla- n. 'Lotus', bald- 'jung', näld- n.
'Stengel'); trnagana- m. 'Grashaiif en' ; lata f. 'Schlinggewächs';
tülakana- 'Baumwollenflocke'; p)ütikusmända- m. 'ein ver-
faulter Kürbis'; parnasälä f. 'Laubhütte'; ^karav[ka- m.
'Gerippe, Schädel von etwas' {visadanarakarar\ka- m. 'ein
blanker Menschenschädel') ; sälabhanjikä f. 'Statue'; vitäna-
m. n. 'Traghimmel' {intänäyijate pass. impers.) ; sdkata- m. n.
'Karren' ; püskara- n. 'Fell auf der Trommel' ( r'eiue Trommel
darstellen'); dhärä f. 'Strom'; manddra- m. 'ein Berg'; sval-
gasilä f. 'kleiner Felsen'; grhd- m. n. 'Haus'; tata- m. n.
'Abhang'; viiidhya- m. 'das Gebirge Vindhya'; räjapatha-
m. 'Hauptsti'aße' ; svetadvtpa- m. n. 'die weiße Lisel' ; ndraka-
m. n. 'Unterwelt, Hölle'; samudrd- m. 'Meer'; ciiapatr et-
il. 'Sonnensclürm' ; bhüsvarga- ni. 'der Himmel auf Erden',
ein Berg; svetäiapatra- n. 'weißer Sonnenschirm' ; vdstra-
n. 'Kleid'; melänanda- m., -ä f. 'Tintenfaß'; frisüla- n. 'Drei-
zack'; külisa- m, n. 'Donnerkeil, Diamant'; dambholipäta-
*das Niederfallen von Indras Donnerkeil' (: 'wie Indras D.
niederfallen'); astrd- n. 'Waffe' {:°ti u. o/e); kärmuka- n.
'Bogen'; jyd f. 'Bogensehne'; iünira- m. 'Köcher'; ^patta-
m. 'Tafel, Platte von etwas'; ^pöta- n. 'Schiff'; vajrapäta-
m. 'das Niederfallen des Donnerkeils, ein niederfahrender Blitz';
candrd- m. 'Mond' {°te u. o^^); ar]kd- m. '(Beugung, Haken),
Fleck im Mond'; Saraccandra- m. 'Herbstmond'; bälärka-
m. 'die vor kurzem aufgegangene Sonne'; nihärd- m. 'Nebel';
durdina- n. 'bewölkter Himmel' (: 'sich mit Wolken beziehen');
sard- m. 'Pfeil'; sücikula- n. 'Haufe von Nadeln'; bhärd-
Die Denominativverba im Altindischen. 547
m.'Last'; yugala- m. n.^VdLdiV \ sirohhüsana- n /Kopfschmuck';
barha- m. n. 'Schwanzfeder des Pfaues'; näyaka- m. 'der
Mittelstein in einer Perlenschnur'; keyüra- m. n. 'ein auf dem
Oberarm getragener Schmuck' (:°^«); bhüsä f. 'Schmuck';
bhogä- m. 'Ring' (:sich ringeln'); lälätikä f. 'Stirnzeichen';
mälyagunä- m. 'Schnur eines Kranzes'; pdyas- n. 'Saft,
Flüssigkeit' {payäyate)] makarandakana- m. 'Blumensaft-
tropfen'; vajralepa- ra. 'ein bestimmter, festhaftender Mörtel';
Visa- n. 'Gift' {visäyati, ^te); argala- ra. n. (f.) 'Riegel';
wä/a- n. 'Stiel (einer Axt)'; nikasa- m. 'Probierstein'; jaya-
dhvaga- m. 'Siegesbanner'; ^ä^a-m. 'geröstetes Korn'; sarsapa-
m. 'Senfkorn' ; sasavisäna- n. 'ein Hasenhorn, d.h. ein Un-
ding'; lostä- m. n. 'Erdkloß, d. h. etwas Wertloses' ; kanduka-
'Spielbair (: ^ti)\ kaphonigudä- m. 'eine Kugel auf dem Ell-
bogen, d. h. etwas Unfestes'; krtdärudra- m. ? 'das Spiel
Rudra'; ^phäla- m. n. 'der Lohn, die Folge von etwas';
"^sobhä f. 'die Pracht von etwas'; usnasamaya- m. 'heiße
Jahreszeit'; utsavä- m. 'Fest'; kdlpa- m. 'ein großer Zeitab-
schnitt'; kalpasatä- u. '100 Kalpa'; yugci- n. '(Joch, Ge-
schlecht). Weltalter, Ewigkeit'; varsasahasra- m. n. 'Jahr-
tausend'; yugasahäsra- m. n. 'die tausend Weltalter, d.h.
unendlich lang'; krtayuga- n. 'das goldene Zeitalter'; carcd
f. 'Wiederhokmg' (:'wiederholt werden'); punarukfa- n. (of^-
f.) 'Wiederholung'; viyoga- m. 'Trennung'; moksa- m. 'Er-
lösung'; saravya- n. 'Ziel'; hrähman- n. 'das Brahman, der
unpersönliche Gott'; svdpna- m. 'Traum' ; dhdrma- ra. n.
'Gesetz'; cidänandä di\. 'Geist (c«7- f.) u. Wonne (äwaw(^a-m.)'.
Nicht eigentliche Verbalformen, aber «7a-Bildungen, die
hier überall auf -äyita- ausgehen, sind sodann belegt von folgenden
Substantiven :
väyuputra- m. 'Sohn des Windgottes, Hanumaut'; jdma-
dagnya- m. Pati'on. (: ^nyäyifa- n. 'ein Morden in der Weise
Parasuräraas'); vfra-ra.'Held' (viräyita-)] sisya- m. 'Schüler';
cord- m. 'Dieb'; mesd- m. 'Ziegenbock'; paräga- m. 'Blüten-
staub'; silighra- n. 'Pilz'; vdjrakila- ra. 'Donnerkeil'
(neben kilä- ra. f. 'Keil'); asdni- ra. f. 'Donnerkeil' {asanä-
yita-); sakrasaräsana- n. 'Regenbogen'; abhrd-n. 'Wolke';
harha- m. n. 'Schwanz des Pfaus' (: 'den Augen auf dem
Pfauenschweife gleichend'); citraputrikä f. 'ein weibl. Por-
trät'; tilaka- ra. '(dunkler Fleck), Zierde'; svetacchatfra-
36*
548 L. Sütterlin,
n. 'ein weißer Souuenschirm' ; nakäatraniälä f. 'ein best
Kopfschmuck bei Elefanten' ; rätna- n. 'Kleinod' ; cinfäratna-
u. 'Edelstein, Stein des Weisen' ; ratnäkara- m. 'Fundgrube
für Juwelen ; Meer'; lajjä f. 'Scham' [lajjäyita- 'verschämt,
verlegen'); nahhasya- m. 'ein Monat in der Regenzeit'.
b) Die Adjektivableitungen.
Adjektive liegen diesen Bildungen in der nachvedischen
Zeit viel seltener zugrunde als Substantive.
1. In der eigentlich klassischen Literatur finden sich
gai" nur etwa 5 sichere Formen:
kalus-äyate 'trüb werden' (kdlusa- 'trüb'); tarun^ 'frisch
werden, = bleiben' {tdruna-): mand^ 'zögern, schwach werden*
{manda- 'langsam, schwach'); lohit^, °ti 'rot werden' {löhita-)-y
slath^ 'lose, locker werden' [slatha-).
2. Die nach klassische Zeit bietet verhältnismäßig sehr
viel mehr, aber doch nicht so viel als bei den Substantiven,
nämlich etwa 45 Bildungen. Sie sind ausgegangen von folgenden
(nach Begriffsgebieten geordneten) Adjektiven:
ntla- 'dunkelfarbig' {niläyäte^ o^e 'anfangen, dunkelfarbig zu
werden'); syämä- 'schwarz' {syämäyate)\ dhavalä- 'weiß';
svetä- 'weiß'; kapild- 'bräunlich, rötlich' (wegen söna- 'rot'
s. S. 550); härita- 'falb, grünlich' {^ti u. ^te)\ galhha- 'mutig';
sumänas- 'wohlgemut, heiter' {^näyate)\ unmanas- 'aufge-
regt'; durnianas- 'betrübt'; vimanas- 'entmutigt, außer sich*
{vimanäyate); därunä- 'hart, unbarmherzig'; klihä- 'zag-
haft'; jada- 'stumm'; trpta- 'satt'; hhrsa- 'gewaltig, stark,
heftig'; karäla- 'schaudereiTCgend' ; tandra- 'matt'; sithilä-
'schlaff; tsitavya- 'beherrscht' (: 'tun, als wenn man b. wäre');
sisira- 'külil'; tikta- 'bitter'; jihmä- 'schief; visamn- "xm-
ehen' •^pratipa- 'entgegengesetzt' (: 'sich widersetzen'); ürdhvd-
'hoch, aufi'echt'; catulä- 'zierlich'; capald- 'beweglich';
sighrd- 'rasch' (: 'sich in rasche Bewegung setzen'); sthird-
'(hart,) unbeweglich'; rehhä- 'knisternd (v. Feuer), lauttönend*
(: 'glänzen, strahlen'); sndina- 'klar'; prafyaksa-'^yovKw^Qw
liegend'; väcya- 'ausdrücklich' (: 'ersciieinen, als wenn es
wirklich ausgedrückt wäre'); visada- 'klar, deutlich'; sarald-
'gerade, richtig' (: 'leicht vonstatten gehen'); vandhya- 'un-
nütz'; mögha- 'zwecklos'; alika- 'widerwärtig, falsch' (: 'ge-
täuscht werden'); ghand- 'dicht'; virala- 'undicht' (: 'undicht
Die Denominatiwerba im Altindischen. 54:9
gesät sein, selten vorkommen'); dviguna- 'doppelt'; surajas-
*mit schönem Blütenstaub versehen' {^jäyate ""schönen Blüten-
staub ansetzen'); *dvivrnta- 'zweistielig' (: 'zwei Stengel zu
haben scheinen'; vgl. vfnta- n. 'Stiel eines Blattes'); *bahu-
ratna- 'juwelenreich'; *bahusubha- 'sehr glückbringend'.
Wieder nur Formen auf -äyita- sind belegt neben den
Adjektiven
uhhdya- 'beide' {uhhay äyita- 'beide darstellend'); pracala-
'in Bewegung, zitternd' (: 'mit dem Kopf nickend beim Schlaf in
sitzender Stellung') ; vfndäraka- 'an der Spitze einer Schar
stehend' {^vrndärakäyitum 'den besten unter — spielen, ihn
darstellen').
c) Doppeldeutige Ableitungen.
Neben manchen Bildungen auf -äyäte liegen Substantive
und Adjektive zu gleicher Zeit, sodaß es schwer und oft will-
kürlich wäre, die Ableitung bestimmt nur der einen Wortklasse
beizuzählen. Meist sind es Fälle, wo das Adjektiv als Maskulinum
oder NeutiHim substantiviert worden ist, und sie gehören — mit
vier deswegen im folgenden auch hervorgehobenen Ausnahmen
— alle der jüngsten Zeit an.
Wir verwerten bei der Zusammenstellung auch die Fälle,
wo das Substantiv das Ergebnis der Verbalhandlung darstellen
könnte (die also mit der Abteilung 1 auf S. 543 in Beziehung
stehen), stellen sie aber unmittelbar zusammen. Sonst unter-
scheiden wir nach der Gestalt der dem Adjektiv zur Seite
stehenden Nebenform, und bringen demgemäß die Fälle mit der
maskulinen Substantivierung vor denen mit der neutralen. Eine
abgesehen von einem Adverb ganz verwaiste Bildung soll hinten
nachschleppen.
Im ganzen handelt es sich um 23 Fälle, nämlich:
a) känt-äyate (schon Bhartr.) 'den Greliebten machen, ihm gleichen'
{känfa- 'geliebt', m. 'Geliebter'); pandit^ 'unterrichtet werden'
{■panditä- 'unterrichtet', m. 'Gelehrter, Weiser'); sraman^
'zu einem Bettelmönch werden' {sramand- 'sich kasteiend',
m. *Bettelmönch') ; praniadäyati 'sich wie ein ausgelassenes
Weib betragen' {pramada- 'ausgelassen', -ä f. 'ein ausge-
lassenes Weib'); kudmal-äyate 'eine Knospe darstellen'
{kudmald- 'sich öffnend', m. 'sich öffnende Knospe'; doch
vgl. auch kutmal^); üsar° 'einen salzhaltigen, unfruchtbaren
Boden darstellen' (■üsf/r«- 'salzhaltig'; -ä f. 'salzhaltige Erde') ;
550 L. Sütterlin,
mandal° 'sich ringeln' (mandala- *rund', m. *Ring'); son^
'sich röten' [söna- *rot', m. 'Röte'); ufsuk^ 'ein Verlangen
bekommen' [utsuka- 'begehrend'; -ä f. 'Verlangen') ; iara-
läyita- 'in zitternde Bewegung versetzt' {tarald- 'zitternd',
m. 'Bewegung, hohe Welle'; doch vgl. uttaraläyate 'erzittern*
neben uftarala- 'zitternd');
ß) adhhut-äyate 'als Wunder erscheinen' {adbkuta- 'unsicht-
bar, wunderbar'; n. 'Wunder'); timir° 'als Finsternis er-
scheinen' (timirä- 'finster', n. 'Finsternis'); sisir^ 'kühl(er)
W'Crden' {iisira- 'kühl', m. n. 'Kühle'); mithun^ 'sich be-
gatten' {mithund- 'gepaart', m. n.'Paar, Paarung'); harinirüp^
(schon Glt.) 'einem Grazellenw^eibchen gleichen' {*harinirüpa-
n. 'Gazelleugestalt', adj. 'gazellengestaltig'); — karunäyati,
o/e (MBh.) 'Mitleid empfinden' {kdruna- 'kläglich', -ä f. 'Mit-
leid'); krpan-äyate 'sich elend fühlen, jämmerlich tun'
(Ä:/-2?awa- 'elend', ^rj;awa-n/ Jammer'); duhkhäydte 'Schmerz
empfinden' {duhkhä- 'unbehaglich', n. 'Schmerz'); krcch-
äyate 'Beschwerde empfinden, Böses sinnen' {krcchd- 'schlimm',
m. n. 'Beschwerde'); vair*^ 'Feindseligkeiten beginnen, fest
auftreten' {vaira- 'feindlich', n. 'Feindschaft'); gahan^ 'etw.
Böses im Schilde führen' {g aha na- 'tief, undurchdringlich',
n. 'Versteck'); cir^^ Hi {k\a.ss.) 'lange machen, säumen' {cird-
'lange', n. 'Zögern'); — y) mj^s^ 'eine irrige Meinung hegen'
{mfsä adv. 'falsch', *mrsa- adj., *mr^ä f. subst).
3. Die Geräuschwörter.
Die Geräuschwörter, die alle — höchstens mit einer Aus-
nahme — in den nachklassischen Schriften auftreten, legen über-
einstimmend einen reduplizierten, meist auch zweisilbigen
Stamm zugrunde; nur die 8 ersten der im folgenden aufge-
zählten 30 — 35 Beispiele haben ein Substantiv, und zwar auf -ä,
neben sich ; aber dieses Substantiv ist möglicherweise erst von
dem Verbum aus geschaffen.
]N'ach ihrer Bedeutung fallen diese Bildungen fast alle
dem Gebiet des Gehörs zu ; nur wenige, die jeweils zuletzt ge-
nannten, auf andere Sinnengebiete. Übrigens sind die Formen
medial gebraucht, doch fehlen auch Aktiva nicht ganz.
Die einschlägigen Fälle sind aber folgende 30 — 35 :
katakatäyati 'knirschen' [katakatä 'Wiedergabe des Ge-
räusches des Aneinanderreibens'); kilakiläyati, ^te 'ein
Die Denominatiwerba im Altindischen. 551
Freudengeschrei erheben' {kilaMlä)\ khurakhiir-äyate
'röcheln' {khurakhurä- m. f. 'Geröcher) ; catacat^ "knistern'
(catacatä 'Geknister'); jhanajhan^ 'klingen' {jhanajhanä
'Geklingel von Schmucksachen'); patapat^^ ^ti 'klappern'
[patapatä 'Geklapper'); — cimicim^ 'prickeln' {cimicimä
f. 'Prickeln'); — ghtirghur^ 'sausen, surren' {ghurghurä
f. 'Geknurre'); kitakit^ 'knirschend reiben'; kurukur^
'schwätzen'; khatakhaP 'mit einem Geräusch herausspringen';
khanakhan^ 'knacken, klirren'; khanakhan^ u. khalakhal°
'plätschern'; g h umaghum^ 'brummen'; g h u r aghu r« 'gurgelnde
Töne von sich geben, schnaufen'; gunagun^ 'tosen, donnern';
bakabak^, bhakabhak^^ makamak^ u. ratarat^ 'quaken';
bhatabhat^ 'glu glu machen'; misamis^ 'knistern'; lahalah^
'schnaufen'; simisim^ 'brodeln'; sirisir^ 'zischen'; saka-
sak-äyati 'knacken' (intr.); sarasar-äyati 'zischen'; —
marmaräyaie 'rauschen'; — jhagajhag-äyate 'funkeln';
tharathar^ 'schwindeln, taumeln'; — damadam-äyati u.
He 'onomatop' \matäm a täy a t i 'onomatop' \tha tathat a r » ver-
zeichnet noch Whitue}^^ S. 390 c. ^).
Entsprechende Yerbalnomina sind wieder
ranaranäyita- 'laut rasselnd, tönend' (neben rand- m. 'Ton')
u. gumagumäyita- n. 'das Summen'.
Gerade bei dieser Klasse taucht vereinzelt auch der Aus-
gang -äpayati auf (S. 533 ff.), z. B. in
katakat-äpayati (R.) 'aneinanderreihen' (neben katakatä
'Geräusch des Aneinanderreibens'), u. kitakitäpayati 'knir-
schend reiben'.
Ebenso findet sich hier das Kausativum sabdäyayati
(Gramm.) 'einen Laut ertönen lassen'; aber es hat schon ein
älteres Muster neben sich (im MBh.) in dhümäyayati 'rauchen
machen' (wegen asüyayitvä s. S. 561 Anm.).
B. Die Form.
Die Formverhältnisse liegen bei der großen Menge des
Stoffs doch überraschend einfach.
Als Grundwort dienen den etwa 320 eigentlichen Verbal-
bildungen, zu denen noch etwa 30 — 40 ita-FormQn hinzutreten,
1) Sonst hat diese reduplizierte Form Jchalahhaläyate 'Schelmen-
streiche machen' (von khala- m. 'Schelm'); wegen der nicht reduplizierten
Schallwörter wie hekäyati s. S. 543.
552 L- Sütlerlin,
28 sichere ä-Substautive (9 in der klassischen, 19 in der späteren
Zeit), mit Einrechnung aller möglichen Fälle und der 4 ita-
Fornien und 8 Geräuschverba sogar 40 ä-Substantive, dagegen
175 a-Substantive (ungerechnet etwa 22 üa-Formen) und 47
a-Adjektive (ohne die 3 ito-Formen), im ganzen also 222, und
mit Einschluß der üa-Formeü. sogar 247 a-Stämme. Die andern
Stämme verschwinden ganz hinter diesen Zahlen: «s-Stämme
liegen nur 4 vor {päyas, sowie sumänas-, vimanas- u. surajas-\
und ebenso nur 4 w-Stämme {räjan-, vrtrahdn-^ ferner hrälmian-
nnd das doppelgeschlechtige und doppelstämmige närma-n-). Die
gleichzeitig von einem Substantiv und einem Adjektiv begleiteten
23 Ableitungen sind dabei nicht mitgezählt; sie würden die
Reihe der möglichen ä-Stämme um 5 vermehren^ die der d-
Stämme dagegen um gut 18, sodaß höchstens 33 ä-Stämme
gegenübertreten könnten einer Höchstzahl von 265 d-Stämmeni).
Als Grund für diese Entgleisungen kommen außer den
allgemeinen Gesichtspunkten, unter denen hier besonders das
Doppelwesen der Zusammensetzungen wichtig wird, ihre Be-
deutung also als einfache Komposita und als Bahuvrihiform, und
die damit Hand in Hand gehende Möglichkeit des doppelten
Ausgangs eines etwaigen weiblichen zweiten Bestandteils (man
denke z. B. au Fälle wie aksumälä f. 'Rosenkranz' u. aksamäla-
'mit einem Rosenkranz versehen', die zwei nicht nur in der
Form, sondern auch nahezu in der Bedeutung zusammenfallende
Ableitungen auf -äycde ergeben würden, sowie an das oben
S. 550 erwähnte harinirüpäyate)^ noch Einzelbeziehungen ins
Spiel : deväijant- tritt neben rtäyänt- u. ijajnäyant-^ ubhayäyita-
wird gestützt durch das Adverb ubhayä 'doppelt', u. ähnl.
Die Betonung weicht nur in 2 Beispielen ab, in ved-
skabhäyati u. in kl. dhüpayati^ ohne daß sich ein überzeugender
Grund dafür ausfindig machen ließe.
1) Nicht gerechnet sind auch einige zweifelhafte Grammatiker-
zeugnisse. Sie würden manches Merkwürdige bringen. Denn es sind
gerade unter ihnen Ableitungen von ^-Stämmen (von tfpdt- 'mit Behagen',
7-ehat-, vehat-, sqscdt-, rohant-, sdsvant-), von as-Stämmen {citas-, rdhas-,
vdrcas- u. sucivarcas-), einem «-Stamm {varman- m. n.), dagegen nur 3
ä-Stämmcn {kota, prustä u. velä f.) u. etwa 2 a-Stämmen (püpd- u. sattra-).
Gar nicht verwendbar in der Rechnung sind endlich wegen Mangels
eines sicheren Grundworts Gramtnatikerformen wie vetäyati =
vifibhüve [vifa- m. 'Schwindler, Galan'), rekhäydte = släghasüdanayoh
(rekhd ?), loräyati = vilocane, lekhäydti = viläse skhalaneca, seläyati u.
endlich pharpharäyati 'sich heftig hin- und herbewegen'.
Die Denominativverba im Altindischen. 553
Die «^«-Formen haben hier so häufig den verlängerten
Ausgang -äyita- (z. B. in dhüpäijüa- u. jpäsayugaläyita-^ ferner in
apsar-äyita-, amn9^ bhär^j keijür^^ meghP^ lil^, syäm^^ dann in
utsvapnäyita- n., vairäyüa- n., vairäyitäras fut., auch in panäyita-
neben panita-\ daß man angesichts eines einfachen -ita- wie in
visamita- besonders in der späteren Zeit gleich fragen muß, ob
das mit dem äyate-Yerh überhaupt etwas zu tun habe.
C. Die Denominativa auf -lyati.
Von den nahezu 120 Bildungen auf -fyati, die in den
beiden Petersburger Wörterbüchern belegt sind, entfällt ein gutes
Dutzend (13 — 14) auf die Veden, ein halbes Dutzend (6) liefert
dazu die klassische Literatur, und nahezu 90 (88) kommen in
späteren Schriften vor, vor allem bei den Grammatikern.
a) Die Bedeutung.
Die Bedeutung ist nicht so ausgeprägt einheitlich, wie
man es gewöhnlich darstellt, zu keiner Zeit ; die Yeden zeigen
darin eine ebenso große Verschiedenheit wie die spätesten Schrift-
werke ; aber die Schattierungen bleiben die ganze Zeit hindurch
etwa dieselben. Es sondern sich zunächst vier folgende von
einander ab :
1. Das Verb bedeutet 'etwas sein'; im einzelnen Fall
kann das wieder genauer soviel werden wie 'etwas darstellen',
*einer Sache gleichen', u. ähnl. Wegen der Betonung, des Genus
verbi und der Form des Grundworts müssen wir die Bildungen
hier gleich alle genau aufzählen.
a) Vedisch sind 4 Formen:
kav-iydti 'wie ein Weiser handeln', med. 'auf Weisheit An-
spruch machen' {kavi- m. 'Weiser'); durgrhh-iyate 'schwer
zu fassen sein' {durgfbhi- 'schwer zu fassen'); rath-iyänt-
'fahren wollend' {rathi- m. 'vv agenfahrend, Wagenlenker');
sakh-iydnt- 'sich als Begleiter anschließend' {sdkhi- m. 'Be-
gleiter').
b) Klassisch:
sajj-iyate (MBh.) 'sich bereit machen' [sajja- 'bereit').
c) Sonst sind überliefert 20 Beispiele:
när-iyate 'zu einem Weibe werden' {ndri f. 'Weib'); raman-
iyate 'jemandes Geliebte oder Gattin darstellen' [ramani f.
'Geliebte, Gattin'); i'äjahqs-iyati 'sich wie ein Flamingo
55i L. Sütterlin,
gebaren' {räjahqsf t); vyäl-lyati 'einer Schlange gleichen'
{vyäli f. 'Schlangenweibchen') ; — man-iyate 'einem Edel-
stein gleichen, zu einem Juwel werden' {mani- m.); vär-iyate
'dem Wasser gleichen' {väri n.); himädr-iyitam 'den Hima-
laja darstellend' {himädri- m.); — anal-iyati 'wie Feuer er-
scheinen' {anala- m.): kamal-iyati 'zur Lotusblume werden'
{kamdla- n.); kalam-iyati 'zu einem Reishalm werden'
(kaldma- m.); känan-iyati 'wie ein Wald erscheinen'
{känana- n.); kairavakorak-lyate 'einer Lotusknospe glei-
chen' {kairava- n. 'die in der Nacht blühende weiße Wasser-
lilie', köraka- m. n. 'Knospe'); ksirod-iyati 'sich wie ein
Milchmeer verhalten' [ksiroda- m.): candrakänt-iyati 'dem
Mondschein gleichen' {candrakänta- 'lieblich wie der Mond');
mahäntläbhrajäl-ijati 'einer dichten Masse schwarzer
Wolken gleichen' (mahänila- 'schwarz', abhrd- u. 'Wolke*,
jäla- n. 'Netz, dichte Menge'); saiväl-iyati 'einer Blyxa
octandra gleichen' {saiväla- n. 'eine best. Wasserpflanze');
srikanthakanth-tyati 'dem dunkelblauen Halse Sivas glei-
chen' (srikanthakantha- ra. 'Sivas Hals'); saroj-iyati 'einer
Lotusblüte gleichen' {saroja- n.); sahasräyudh-iyati 'aus-
sehen, als wenn man tausend Waffen hätte' {sahasräyudha-
'tausend Waffen habend'); — tilottam-Jyati 'die Apsaras
Tilottamä darstellen'.
2. Das Verb bedeutet 'etwas bewirken, erzeugen'. So
lassen sich auffassen:
a) vedisch 6 Fälle:
adhvar-iydti 'die Opferbräuche versehen' {adhvard- m.);
arät-iyänt- 'schadenfroh' {dräti- f. 'Übelwollen, Mißlingen');
tavis-lydnt-^ ^ydmäna- 'kräftig' {tdvisi f. 'lü-aft'); caran-
iydte 'einer Sache nachgehen' {carana- n. 'das Sichbewegen,
Gehen, Benehmen'); mah-iydte 'fröhlich sein' {mohi 'zur
Freude', mdhas n. 'Fi'eude', S. 559); sopath-iydnt- 'Flüche
sprechend' {sapdtha- m. n. 'Fluch') ;
b) klassisch sind nur 3 Beispiele:
präyascitt-fyate (Mßh.) 'sich einer Sühne unterziehen'
{präyascitti- f.); rt-iydte 1. 'sich streiten' (Sat. Br.); 2. act.
(sp.) 'einen Abscheu haben' [fti- f- 'Streit; Abscheu'); —
duhkh-iyati 'Schmerz empfinden' {duhkhd- n. 'Schmerz');
c) später 2—4 Fälle:
rist-ryati 'fehlen, versagen' {risti- f. 'Fehlschlagen, Schaden');
Die Denominativverba im Altindischen. 555
van-iyati 'betteln' {vani- f. 'Bettelei') ; hierher kann man
auch stellen a snitapibat-iyati 'zum ferneren Essen und
Trinken auffordern' {asnitapibafä f. 'die Aufforderung, noch
weiter zu essen und zu trinken', von asnita 'esset!' w.pihata
'trinket!') u. tur-iyäti 'gehen, eilen' (gatikarman] tur- f.
'Eüe'; doch vgl. S. 5.59).
3. Das Verb bedeutet '(jemand oder etwas) für etwas Be-
stimmtes halten'; im einzelnen Fall wird daraus oft 'jem. in
bestimmter Weise behandeln', oder 'etwas in einer bestimmten
Art gebrauchen', bei Ortsbezeichnungen 'an einem gewissen
Orte zu sein glauben'. Hierher gehören aber nur späte Formen,,
nämlich folgende 17 :
udadh-iyati 'etwas für ein Meer halten' {udadhi- m,);
janan^ 'jem. für seine Mutter halten' {jdnanl f.); patn^
'jem. für die Gattin halten, das Weib eines andern als Gattin
behandeln' {pätni f.); kut^ 'in einer Hütte zu sein glauben'
{kutf- f.), aber auch sväm^ 'für den Herrn halten' {svämin-
m.); — gärg^ 'wie einen Gargya behandeln', med. 'sich wie
ein G. benehmen' (gargya- m.); siv^ 'jem. wie Siva be-
handeln' (sivd- m.); suf^ °jeni. wie einen Sohn behandeln*
(suta- m.); kikar^ 'jeni. für einen Diener halten' [kj-
kard-); geh^ 'etw. für ein Haus halten' {gehd- n.); yog^ 'für
Toga halten' {yöga- m.); ivabhr^ 'für eine Grube halten'
[svähhra- n.); sthal° 'für Festland halten' {sthdla- m.);
prävär^ 'als Überwurf, Mantel gebrauchen' (prävära- m.);
präsäd^ 'in einem Palast zu sein glauben' [präsäda- m.);
endlich priy^ 'jem. für die Geliebte halten' (priyd f.), wohl
auch sod° = sodantamäcaste [soda- 'sechszähnig' ?).
4. Das Yerb bedeutet endlich noch 'etwas wünschen,,
begehren', und zwar in folgenden 21 Beispielen, von denen
nur 2 vedisch, die übrigen spät sind, nämlich:
a) vedisch:
jan-iydti 'ein Weib wünschen' [jdm t)\ ray-iydnt- 'Besitz
wünschend' [rayl- m. f.);
b) später, und zwar meist bei Grammatikern belegt sind:
usr-iyati 'sich eine Kuh wünschen' (usri- f.?; S. 558);
dadh^ 'nach saurer Milch verlangen' [dddhi n.); str^ 'nach
einem Weibe verlangen' {stri f.); — ann° 'nach Speise ver-
langen' [dnna- n.); asan^ 'nach Speise verlangen' [dsana- n.);
asv^ 'sich Rosse wünschen' (asy«- m.); odan^ 'Brei wünschen''
Ö56 L. Sütterlin,
{odanä- m. n.); jnaudän^ 'den Reis der Jnä wünschen {jnä^
odänä- n.); ksiV^ 'nach Milch verlangen' {ksird- n.); ksetr'^
'nach einem Acker, einer Ehefrau Verlangen tragen' {ksetra-
u. 'Feld, Mutterleib'); ghan° 'nach fester Speise verlangen'
(ghand- m. 'feste Masse'); jnän^ 'sich nach Erkenntnis sehnen'
(jnäna- n.); dhan^ 'sich Reichtum wünschen' {dhäna- n.);
mqs^ 'Fleisch zu essen verlangen' [mäsd- n.); srr\gär°
'der Liebe begehren' {sfr\gära- m. 'Geschlechtsliebe'); {abhi-,
pari + ) sävak^ = sävakmnicchati, sväpak^ = sväpaka'mi-
cchati^ hanan^ = hananamicchati; endlich noch mäl-iydti
(Gram.) 'sich einen Kranz wünschen' {mala f.).
5. Vereinzelt ist der Sinn auch mehrdeutig bei ein und
demselben Wort; dann spielen aber gewöhnlich zeitliche
Unterschiede mit herein; so heißt es:
mah-lydte 1. 'fröhlich sein' (RV., AV., TBr.); 2. 'sich hoch
erheben, gedeihen ; in Ehren stehen oder halten' (spät), neben
mahi 'zur Freude' (RV.), mdhas n. 1. 'Freude'; 2. 'Größe'
(beides vedisch), mäht f. 'groß'; pat-iyati 1. 'den Herrn
spielen' (Ait. Br.); 2. 'Gebieter werden' (Sat. Br.); 3. 'sich einen
Gebieter wünschen' (Bhatt): pdti- m. 'Herr, Gebieter'; citr-
tijate 1. 'in Staunen geraten' {= 'für augenfällig, wunderbar
halten' ; Kathäs., Mahävirac.) ; 2. 'zum Wunder werden, Staunen
verursachen' (= 'augenfällig werden', Bhatt): citrd- 'augen-
fällig, hell, mannigfaltig, wunderbar'; putr-igdti 1. 'sich einen
Sohn, Kinder wünschen' (RV., AV., Gram.) ; 2. 'wie einen Sohn
behandeln' (Gramm.): putrd- m. 'Sohn'; mätr-iyafi (Gramm.)
l.'jem. für eine Mutter halten, wie eine Mutter behandeln';
2. 'sich eine Mutter wünschen': mätdr- f. 'Mutter'; mitr-
iyati l.'jem. sich zum Freund zu machen suchen'; 2. 'für
seinen Freund halten' (spät) ; 3. 'zur Freundschaft geneigt sein'
(Harsac): mitrd- m. 'Freund' i).
\) Nicht weiter bezeichnet ist das Be deu tu ngs Verhältnis folgender
Orammatikerüberlieferungen :
kath-Tyate (kafht); kärikey-lyati (kärikeyf-); dusfo {dtiäfi-
f. 'Verderben') ; dJityate [dhi- m.?); suc-tyate {suci-, Sucis-); —
indr<i [indra- m.); udako {udakd- n. 'Wasser'); {upa +) e^ako
{«daka- n. 'eine Art Schaf, eine Arzneipflanze'); gküro [gkära-
m. 'die heilige Silbe om'); oih^ (odha- <^ ä + üdhd-); ku?-kuro
{kurkurd- m. 'Hund'); dravin° (drdviina- n. 'bewegliches Gut, Reich-
tum'); prärk^o [prark^a <^pra + fksa- 'Bär'); prärsabho [prar-
Sabha- (^ pra -{- f^abha- m. 'Stier'); prälkar^ (pra + fkära-);
Die Denominativveiba im Altindischen. 557
Aber diese mannigfaltigen Abtönungen der Bedeutung
greifen alle ineinander über. Zunächst erklären sich die ver-
schiedenen Färbungen der vier einzelnen Hauptbegriffe ohne
weiteres von jeweils einem Gesichtspunkt aus. Wer weise ist,
handelt auch w^eise; wer ein Begleiter ist, schließt sich als
Begleiter an. Wer bereit ist zu einer Sache, muß sich vorher
bereit machen; von wem man ausdrücklich betonen muß, es
sei ein Weib, der ist es noch nicht lange, wird es erst; wenn
ein anderer Gregenstand Lotusblume genannt wird, gleicht er
ihr nur, stellt sie nur dar, erscheint als sie. Wer Übelwollen
entwickelt, ist schadenfroh, wer geschäftig in Bewegung ist,
geht einer Sache nach, und eine Hütte endlich hält man dann
sicher für ein Haus, wenn mau sich darin zu befinden wähnt.
Aber auch die vier Gruppen lassen sich alle ineinander
überführen, wenn man den Unterschied des Genus verbi be-
achtet, den des absoluten und des transitiven Gebrauchs, die
Eigenart der unvollständigen, z. B. der verknüpfenden Begriffe
usw. Wer aus sich heraus und für sich wie ein Weiser handelt,
macht Anspruch auf Weisheit, geberdet sich wie ein Weiser,
spielt den Weisen, legt aber auch Weisheit an den Tag,
stellt einen Weisen dar, will für einen Weisen gehalten werden,
strebt nach Weisheit; wer sich für einen Gargja hält, spielt
ebenso den Gargya. Wer ein Freund ist oder ein Feind, ist es
nur für einen andern, behandelt diesen andern freundlich oder
feindlich ; ein Begleiter aber geleitet einen andern. Am schwersten
begreiflich erscheint die jüngste Entwicklung, die Herausbildung
des Desiderativums; aber mit Unrecht; auch hier liegen die
Wurzeln zutage. Daß ein Weiser nach dem eben Ausgeführten
nach Weisheit strebt, hilft uns leider nicht weiter, weil hier die
prek°, praik° (pra + eka-); progh^, praugh° {pra + ogha- m.
'Flut'); mahäpuiro (mahäputra- m. 'Großsohn'?); murmuro (mur-
mura- m. 'verglimmende Kohle'); lavaTt^ {lavand- n. 'Salz'); /wno
{lüna- n. 'Schwanz'); vj-s^ [vfsa- m. 'Mann, Stier'); sandh^ {san^hd-
'zeugungsunfähig') ; khatv^ (khdtvä i. "Bettstelle ); kartro {kartar-
'Täter') ; räjiydti (rdjan- m. 'König').
Unklar ist das Grundwort in
ved. srudhfydnt- (nach pw. 'widerspenstig', nach PW. aber 'gehorsam',
dann vielleicht von srudht 'höre!'); hrnti/amäna- 'grollend' (neben
hr^tte 'grollen'); u. spätem dvijanuk^ 'noch einmal so schmäh-
süchtig werden', prasnävitr^ = prasnäviteväcarati, sowie brnT-
ydte = krudhijati.
558 L. Sütterlin,
sprachgeschichtliclie Uuterlage zufällig fehlt. Aber wer Wagen-
leuker ist, fährt gewöhnlich auch gern Wagen, wünscht sich
auf seinen ^Yagen. Wie nach nhd. Sprachgebrauch, wer 'trinkt',
gern trinkt, 'sich nach dem Trunk sehnt', so wünscht auch
im Altindischen seine Milch deijenige, der 'milcht'. AVer Kinder
erzeugt oder gebiert, hat Kinder meistens auch gern, liebt
(lie Ejnder, sehnt sich nach diesen Kindern, dann aber über-
haupt nach Kindern.
Eine auffällige Neuerung ist es auch, daß als Grundwort
ein Adjektiv dient, kein Substantiv, durgfbhi- könnte freilich
von Hause aus noch Substantiv gewesen sein und 'Mißgriff'
bedeutet haben, also zu seiner adjektivischen Verwendung nach
Art der Bahuvrihi gekommen sein, und umgekehrt wird das
Neutrum nicht nur von duhkhä-^ sondern auch von citrä- sub-
stantiviert: was mau für ein Wunder hält, darüber gerät man
in Erstaunen, ebenso wie auch ein Wunder in Erstaunen
setzen kann. Aber für die Betrachtung von sajjiyati und das
unsichere sod'^^ die allein noch in Betracht kommen, bieten sich
keine derartigen Anhaltspunkte und Auswege. Zu ihrer Er-
klärung dürfen wir andererseits aber auch die Formbeziehungen
heranholen.
b) Die Form.
Die Formverhältuisse liegen bei unserer iyati-]s\a&s,Q ziem-
lich günstig. Ursprünglich sind die hierhergehörigen Formen ja
nur von 2-Stämmen abgeleitet worden. Solcher regelmäßiger —
sicherer oder wenigstens möglicher — Ableitungen gibt es
mindestens 27, mit Einrechnimg der zweifelhaften Fälle sogar 34,
gegenüber den 41 — 60 Ableitungen von a-Stämmen, den 5 Ab-
leitungen von ä-Stämmen {khatv^^ tilottam^^ WW'^t *^ö^°i ^^^^h
w^ohl asnitapibat^) und den 3 sonstigen Ableitungen {mätr^, kartr°
u. rö/o).
Und diese Neubildungen hängen wieder mannigfach mit
den alten Mustern zusammen. Tor allem haben wür neben den
i-stämmigen Grundwörtern nicht selten anders gebildete Neben-
formen wie v//äla- m. 'Schlange', präyascitta- n. 'Sühne', rdtha-
m. 'Wagen', dusta- n. 'Yerderben', adj. 'verdorben', hithä- 'Eigen-
name', ferner usrd neben dem unsicheren üsri- f., grbh- f. 'Griff
neben gfbhi- 'in sich fassend' u. diirgfbhi- 'schwer zu fassen',
vär- n. neben vd)% endlich gleichzeitig rmnanä u. ramana- neben
ramanij jdnanä u. jänana- neben jdnani; dagegen hat candra-
Die Denominativverba im Altindischen. 559
känta- 'lieblich' neben sich nur candrakäntä 'Göttin des Mondes';
räjä aber vergleicht sich nicht nur mit mälä^ sondern auch vfm-^
und zwar auf dem Umwege über vfsan-.
Auch zu den adjektivischen Grundwörtern führt die
eine oder die andere Brücke, vor allem die adjektivischen Ab-
leitungen auf -ft/a- (wie asvtya-) nnd mehr noch die auf -in-
(wie vanin-, puMn-^ jnänin-, srx\gärin-). Anderseits knüpfen die
Adjektive auf -a auch an Substantive an : neben üwisi liegt
tavisd- 'kräftig', neben tür- f. auch iura- 'eilig', das mit tür-
übrigens um so enger zusammenhängt, als ein tür- ja auch selbst
adjektivisch auftritt ; umgekehrt führt suci- auf das substantivische
Neutrum sticis-^ u. tavisd- zusammen mit tavisi ebenso auf tavds-,
das Substantiv und Adjektiv zugleich ist. Diese Neutralbezieh-
ungen sind aber kaum verwertet worden, vielleicht einzig bei
mahnjdtij das übrigens in seiner einen Bedeutung außer mahi
auch mah neben sich hat.
Aber vergessen darf man auch die Bedeutungsanklänge
nicht. So treten gerade hier die Glieder der Familie so vollzählig
auf, wie sonst nie bei der Verbalableitung; neben dem pdti-, der
pdtni, stri^ jdnani, jdnf-^ näri die mätä mit ihrem putra- u. suta-
sowie dem mahäpidra-; und im Hintergrund halten sich noch
auf die ramani und die priyä^ aber auch der sdkhi- mit dem
miträ-. In anderer Richtung aber erscheint hinter dem pdti- der
svämin- und der räjä., während sfrf, näri^ ramani usw. wieder
den Begriff sfr\gära- in Erinnerung bringen.
Neben den Familiengliedern kommen ihre täglichen Be-
dürfnisse und Lebenssorgen zum Yorschein: neben dem dddhi
nicht nur das ksird-^ sondern auch das mqsd-, das dnna- w.
asdna-, der ghand- u. odand-. Aber der alte Inder hatte nicht
nur zu sorgen, was er essen und trinken würde, sondern er
wollte auch Schätze sammeln : er jagte nicht nur ra//i- (m. f.)
nach, sondern auch dem dhdna- und dem dravina-, und offen-
bar galt ihm als höchster Besitz nicht nur in der Yedenzeit,
sondern auch noch zur Zeit der Grammatiker das Vieh, die usrä.
Aber auch hinter dem dsva- war er her ; dabei entfaltete er ge-
schäftige Eile, carana- u. tür--^ er machte sich dazu auch bereit
{sajj°). Auch die Stimmungen, die dieser Kampf ums Dasein in
ihm erweckte, drückte er mit hierhergehörigen Verben aus:
einerseits mit maMydte u. arätiydnt-^ andernteils mit duhkhtyati,
rtfydte, sapathiyänt- u. hrniyamäna-. Nur bei fortschreitender
560 h. Sütterlin,
Bildiiug lind steigendem Wohlstand stellte er auch andere Be-
griffe nebeneinander: den präsäda- und das gehd- neben die
kutf-, oder das känana- neben den Jiimädri-, oder er konnte dem
väri und dem udadhi- entgegenlialten sowohl den anala-, als
auch den sthdla-, freilich ohne daß er dabei die urvi oder prthim
zugi'unde legen konnte. Noch höher und darum ihm ferner lagen
Begriffe wie präyascitti- u. jnäna-.
Zum Schluß beanspruchen kurze Erwähnung zwei Fälle
des Schwankens in der Form; sie gelten der Betonung und
der Dauer des Endungs -i.
Der Ton ruht durchweg auf dem -t/a- {-ii/dti). Zwar sind
auch hier die genau bezeichneten Formen wieder vorwiegend
Partizipien auf -dut-, aber es kommen doch auch andere Bildungen
vor. Ausnahmen begegnen nur zwei: mahiijase (TBr.) gegen
mahiydte (RV., AV.) y. hrntyamäna-^ das indessen wegen seines
zweifelhaften Ursprungs nicht viel beweist.
Das i der Endung ist meistens lang. Nur der Atharvaveda
setzt vereinzelt dem rigvedischen i ein i gegenüber, sodaß er
janii/dti bietet, putriydti u. arätiydnt- gegen janiydti, putnydti
u. arätiydnt- des Rigveda. Vielleicht spiegelt sich darin noch die
Doppelheit von jdnf-, kutf- u. kärikeyf- wieder und der Gegensatz
von pdti- u. pdtni.
D. Die Denominativa auf -üydti.
Die Yerba auf -üydti sind eine kleine, wohlgezogene Formen-
klasse, die höchstens bei Beginn der schriftlichen Überlieferung
noch einigermaßen lebendig war. 13 von den hierhergehörigen
22 Bildungen enthält schon der Veda, 2 bietet die klassische Zeit
und 8 etwa noch die jüngeren, weniger wichtigen Schriftsteller.
a) Die Bedeutung.
Die Bedeutung ist nicht sehr ausgeprägt.
1. Am meisten tritt noch eine kleine Gruppe hervor, die
eine Eigenschaft des Subjekts bezeichnet, also zu übersetzen ist
mit 'etwas sein'.
Sie ist vedisch durch G Beispiele vertreten:
rjüydnt- 'redlich verfahrend', med. 'sich gerade richtend auf
etwas' {rjü- 'gerade'); raghuydnt- (ow» TBr.) 'rasch dahin-
eilend' {raghü- 'rennend', m. 'Renner'); valgüydti 1. 'artig
behandeln'; 2. (Bhatt.) 'frohlocken' {valgü 'artig'; vgl. vdlgati
Die Denominativverba im Altindischen. 561
'hüpfen'); sukratüyate 'seine Weisheit zeigen' {sukrdtu-
'einsichtig, weise'); — satrüydnt- 'feindlich auftretend'
(sfUrw-m. 'Gegner'); stahhü-ijdnt-^ ^i/dmäna- 'sich stemmend,
-spreizend' {*stabhü- neben stdmbhate 'stützen');
dazu gehört klassisch vielleicht
laghüijdti 'geringschätzen' (laghti- 'rasch, leicht', also eigent-
lich dann 'rasch beurteilen'),
jedenfalls aber die 3 jüngeren, freilich schon etwas anders
gewendeten
visnüijati 'wie Visnu mit jem. verfahren' {visnu- m.); sma-
ravadhüyati 'Kanias Weibe gleichen' {smard- m. 'der Liebes-
gott', vadhü- f. 'Ehefrau'); smasrüyate 'einem Barte gleichen'
[smdsrii- n., sg. u. pl. 'Bart').
2. Eine zweite, kleine Gruppe bezeichnet ein Streben.
Sie ist nur vedisch vertreten und zwar durch 3 — 4 Fälle
pituyati 'Xahrung begehren' {pitü- m. 'Saft, Nahrung')
vasüydnt- 'nach Gaben verlangend' {vdsu- 'gut', n. 'Gut')
gätüydti 'Zugang, Fortgang suchend' {gäti'i- m. 'Gang');
zweifelhaft ist die Hierhergehörigkeit von ar\küydnt- 'Krümmungen
suchend' (neben dr]kas- n. 'Biegung', ar]kd- m. 'Haken'), da ein
neben dem neutralen s-Stamm nach Ausweis von qhas-^
prdthas-, vdras-, griech. ßdpoc leicht mögliches *ar]kii- sowohl
'Krümmung' bezeichnet haben kann als auch 'krumm', unser
Verbum also von Hause aus gemeint haben könnte sowohl 'eine
Krümmung machend', wie die gleich zu behandelnden Beispiele,
als auch 'ki'umm sein', wie die schon vorher erwähnten; ganz
unbekannt ist der Sinn des Grammatikerbelegs madhüyati (neben
mddhii- 'süß', n. 'Süßigkeit'), wenn die Wahrscheinlichkeit ihm
auch liier seine Stelle anweist.
3. Zweifelhafter, versprengter ujid in der Herkunft teil-
weise unsicherer ist eine weitere kleine Gruppe, die einen Ge-
fühlszu stand und seine Äußerung beschreibt. Sie umfaßt
a) an vedi sehen Formen die 3 folgenden:
dpratimanyüyamäna- (AV.) 'unfähig, den Eifer, den Zorn
gegen andere geltend zu machen' {tnanyil- m. f. 'ilut, Zorn');
asüydti^ °te 'murren' (vgl. dsu- m. 'Lebenshauch', n. 'Trauer') i);
isüydti 'begehren' (vgl. isudhydti 'flehen', S. 563).
1) Davon die einzige Kausativform dieser Klasse amyayitva 'zum
Murren bringen' (N.).
Indogermanische Forscliungen XIX. 37
562 L. Sütterlin,
b) Jung sind 2 weitere:
mantüyätij ^te 'sich ärgern, vorsichtig werden' (?; tndntii-
m. 'Rat, Beleidigung'); susHijate 'gern haben, mögen' ( — ?).
4. Ganz für sich steht
klass. : kandüyati, °te 'kratzen, schaben' (kandu- ni., ^ü- i. 'das
Kratzen'), sowie anderseits auch gar\güijati (Tändya Br.) 'auf-
jauchzen' ( — ?), das übrigens auch wieder an die späte Be-
deutung von valgüyati erinnert.
b) Die Eorm.
16 — 17 von diesen 23 Ableitungen haben ausgesprochene
w-Stärame als Grundlage, neben einer steht ein zufälliger s-Stamm
{ar[küydnt-\ bei 4 entzieht sich der Ursprung dem Nachweise.
Die Dauer des u schwankt nur in der ältesten Überlieferung
etwas, nur bei gätüyati und bei ragliüyänt-\ bei dem ersten
bietet allein der Rigveda beide Formen, bei dem zweiten stellt
nur TBr. raghüydnt- neben rigvedisches raghuydnt-. Wo sich diese
Doppelheit herschreibt, ob die Kürze etwa von den Maskulinen
stammt, die Länge von den Femininen oder auch (bei smasrüyote)
von dem neutralen Dual, ist kaum mehr festzustellen.
Die Tonstelle war nach dem ziemlich einstimmigen
Zeugnis der Überlieferung, soweit diese in der vorliegenden
Fi'age überhaupt redet, das «: -üydti. Die einzige Ausnahme,
die das PW. verzeichnet, pitüycdi, hat an der angezogenen Rig-
vedastelle jedenfalls keine Gewähr; denn hier gibt das PW. selbst
jntüyatdh.
E. Die Denominativa auf -yati.
Yon Formen auf -yati^ die in jeder Hinsicht sicher sind,
stehen 66 zu Gebote, und zwar 32 aus den Yeden, 2 aus der
klassischen Zeit und 32 aus den gelehrten Kreisen. Dazu kommen
noch mmdestens 8, höchstens 20 Beispiele, die in irgend einer
Weise Bedenken eiTegen (4 vedische, 3 klassische und 12 — 13
aus später Zeit).
Aus der Gesamtheit dieser Bildungen heben sich mehrere
Form- und Bedeutungsklassen heraus, die sich aber nur stellen-
weise decken.
a) Die Bedeutung.
Nach der Bedeutung lassen sich unter den yati-Yormen
wieder 3 ausgeprägte Gruppen absondern, deren jede durch
einige unzweifelhafte Gebilde sicher gestellt wird, außerdem aber
Die Denominativverba im Altindischen. 563
noch einige mehrdeutige Beispiele enthält. Die erste, die sub-
jektive, bedeutet etwas sein, die zweite, die bewirkende, etwas
erstreben. Alle drei sind zwar ungefähr gleichzeitig vertreten,
aber verschieden kräftig. Es empfiehlt sich, dies zu veranschau-
lichen durch eine zeitliche Gliederung des Stoffs, weil dabei
gerade die merkwürdigen vedischen Bildungen am besten zur
Geltung kommen.
a) In den Vedeu bedeuten von den einschlägigen Beispielen:
1. etwas sein 13:
tuvisijäti 'kräftigsein' {tavisd- 'kräftig'); vithuryäti 'taumeln'
{vithiird- 'taumelnd"); — krpanydti 'begehren' (krjpand-
'jämmerlich, elend; geizig'); — unsicherer sind turanydti
1. 'eilig sein'; 2. 'beeilen' {turdna- 'eilig'); bhuranydti
1. 'zucken, unruhig sein'; 2. 'in Unruhe versetzen' {bhurana-
'rührig'); — damanyati 'zähmen' {damana- 'zähmend', n.
'das Zähmen'); hrahmanydnt- 'betend' {brahmdn- m.'Beter',
brdhman- n. 'Gebet'); saranijdti 'eilen' {sardna- 'laufend',
n. 'das Laufen'); bhisajydti 'heilen' (mit bhisajijita-; von
bhisdj- 'heilend', m. 'Arzt', aber auch 'Heilmittel') i).
Kein Nomen ist belegbar bei
dhisanydnt- 'aufmerksam' (*c?A«sawa- 'aufmerkend', -ä f. 'Auf-
merksamkeit') ; risanydti 'fehlen, versagen' {vg\.risyati 'dass.') ;
ruvanydti (AV.) 'grobe oder kreischende Töne von sich geben'
{vgl. rduti 'brüllen'); huvanydti 'rufen, schreien' (vgl. Awi?«
'ani'ufen')^).
2. etwas verursachen, hervorrufen:
isanydti 'zur Eile antreiben' {isdni- f. 'das Antreiben');
ä-caranydti (AY.) 'sich bewegen nach', ud -\- c^ (AY., YS.)
'sich herausbewegen' {cdrana- n. 'Gang, Bewegung'); sama-
r|/d^« 'kampflustig sein' {samard- m. 'Zusammenlauf'); isu-
dhydti 'flehen' {slv. isud- f. 'Gebet'? 'Schuldforderung'?).
3. etwas erstreben heißt sicher nur
gavydnt- 'nach Rindern verlangend, brünstig' (go- 'Rind');
vielleicht auch vrsanyäti 'brünstig sein' {vfsan- m. 'Mann,
Männchen', doch vgl. auch vfsana- m. du. 'Hoden') u. uksa-
nydti 'nach Rossen begierig sein' {uksdn- m. 'Stier'; so pw.;
nach PW. : 'wie Uksan tun').
1) Daneben vielleicht bhisiiajydti.
2) Wegen vanusydti, tarusydti, urusijdti s, S. 571.
37="
564 L. Sütterlin,
4. Nicht recht unterzubringen, teils wegen des Sinnes,
teils wegen der Form sind folgende übrig bleibenden 7 vedi-
schen Beispiele:
udanydnt- 'bewässernd' {uddn- n/Wasser'); ^r^rtwya ^^feind-
lich angreifen' {pftana- n. 'Heer', Ȋ f. 'Kampf); vadhar-
«/(/wfz 'die Geschosse Werfende, Blitz' {vädhar- n. 'Greschoß'),
und die Gruppe ratharydti im Wagen fahren' {neben rätha-
m. 'Wagen') ^) ; sratharydti 'los, schlaff werden' (neben srath-
näti 'dass.') u. saparyäti 'ehren' 2).
b) Aus der klassischen Zeit stammt — abgesehen von
dem gleich nachher in anderem Zusammenhange zu erwähnenden
rathakämyati (S. 565) — nur das zur zweiten Gruppe gehörige
puspyäti (o«/"^ Dhat.) 'blühen' {piispa- n. 'Blüte').
c) Die spätere Zeit versorgt dagegen wieder alle drei
Gruppen ziemlich reichlich; so gleich
1. die erste mit 7 Beispielen:
pdtyate 'Gebieter sein, teilnehmen, taugen' (pdti- m. 'Ge-
bieter'); avaryati 'niedriger werden' {dvara- 'niedrig'); ä-
scaryati 'wunderbar sein' {äscarya- 'seltsam', n. 'Wunder');
caramydti 'der letzte sein' {caramd- m. 'letzter'); drava-
tydti 'flüssig werden' {dravant- 'flüssig'); nicydti 'sich in
untergeordneter Stellung befinden' {nica- 'niedrig'); yava-
matyati = yavamäniväcarati (ydvamant- 'getreidereich,
Kornbauer'); udbudhnyati 'anikeimen' {*udbudhna- 'der aus
dem Boden gekommen ist', von budhnd- m. 'Boden'; wie
udhila- 'der die Hölile verlassen hat', von bila- n. 'Hölile');
zweifelhafter, weil sie das danebenliegende Substantiv auch zur
zweiten Gruppe zu ziehen erlaubt, sind dagegen die folgenden:
g ady ady dtV%t2in\nie\n (^rtc(f^af7rt-'stammelnd', n.'Gestaramel');
taranydti 'übersetzen' [tardni- 'hinüberbringend', tarana-
n.'das Übersetzen') 3); duhkhyati 'Schmerz bereiten' [duhkhd-
'schmerzlich', n. 'Schmerz'); vitatyate 'sich ausbreiten' (vitata-
'ausgebreitet', vitati- f. 'Ausbreitung' ;
1) Vielleicht von einem Kompositum *rath-ard- 'den Wagen in Be-
wegung setzend', von ar- [iyarti) 'bewegen'?
2) jmäydnt- 'bahnbrechend' (?), ein angebhches Denominativ von
jman- (Lokativ) 'auf der Bahn', ist vielleicht ein Kompositum jmä-ydnt-
'auf der Bahn gehend', also ähnlich beschaffen wie jmayd 'die Bahn ver-
folgend'. Sonst leitet man es bekanntlich als jm-äydnt- von Harn- 'Erde'
ab; doch könnte man auch in diesem FaWe jmä-yd)U- trennen.
3) Die Nebenlesart tarinydti hat nur neben sich tarin- 'übersetzend'.
Die Denominativverba im Altindischen. 565
hierhin gehört aber auch noch die ganze Gruppe der Formen auf
^kämyati 'begehren' (von kämd- 'liebend' oder käma- m. 'Liebe');
nämlich: das schon (S. 564) in Aussicht gestellte klassische
rathakämijati 'nach dem Wagen verlangen, angeschirrt sein
wollen' (Kathäs.),
und die späteren
artha-kämyati 'nach Geld verlangen'; kj^ 'was wünschen';
gih^ 'ein Freund der Eede sein' {gir- f. 'Eede'); payas^ 'nach
Milch verlangen'; putra^ 'sich einen Sohn wünschen'; püh^
'sich eine Burg wünschen' {i^ur- f. 'Burg') ; yajus^ 'Yajus mögen'
( Yäj US- 'ein Mann') ; yasas^ 'nach Ruhm verlangen' (ydsas- n.);
rana^ 'Kampf wünschen' [räna- m. n.); sarva^ 'alles wün-
schen'; svah^ 'nach deniHimmel verlangen' {svar- n.'Sonne')^).
2. Die zweite Gruppe zählt nur drei sichere Einzelbeispiele :
kusumyati 'zu blühen beginnen' [kiisüma- m. n. 'Blume');
curanyäti 'stehlen' {curana- n. 'das Stehlen'); piiränyati
'über die Dinge der Vorzeit erzählen' {puränd- 'früher').
3. Die dritte Gruppe umfaßt folgende Gebilde:
caturyati 'vier wünschen' {cattir-); divyati 'nach dem
Himmel ein Verlangen haben' {div- m. 'Himmel'); nävyati
'sich ein Schiff wünschen' {nau- f. 'Schiff'); samidhyoti 'nach
Brennholz verlangen' [saniidh- f.); ferner wohl auch mrgyati
'jagen, suchen' {mrgd- m. 'Wild'); gomatyati = gomanta-
micchati; dämalihyati = dätnalihamicchati {dämalih-
*den Strick beleckend').
Bemerkenswert ist aber endlich noch eines: udanydti^ das
schon oben unter 4. erwähnt ist, bekommt jetzt nach dem Zeugnis
der Grammatiker die Bedeutung 'nach Wasser verlangen, dürsten',
und das ebenfalls da genannte vadharydnti deutet Säyana ini
Sinne seiner Zeit als 'nach dem Biitzgeschoß Indras verlangend'!
4. Nicht unterzubringen mangels einer Bedeutungs-
angabe sind endlich die folgenden späten Beispiele:
kavyati {kavi- m. 'Weiser'); hharanydti {bharana- 'erhal-
tend', n. 'das Tragen, Erhalten'); magadhydti 'umgeben' (von?);
väcyati {väc- f. 'Stimme'): madyati {mat- 'ich'); tvadyati
[tvad- 'dii)-^drsadyati {drsdd- VYelsen')^ jagatyati {jdgat-
n. 'lebendes Wesen, Welt'); janagatyati {janagat- adj.); pä-
pakrtyati {päpakft- m. 'Übeltäter') ; sukrtyati [sukft-).
1) Belegt sind von den entsprechenden Nominalformen nur arihü'
käma- x\. sarva^.
566 L. Sütterlin,
5. Mindestens besonders zu stellen ist auch jene Schar
von Formen mit dem Ton auf der Wurzel, neben denen aber auch
ein altes Substantiv oder Adjektiv vorliegt, also jene Formen wie
ved. : hsüdhyaii 'Hunger empfinden' {ksudh- f. 'Hunger');
tfsifati Mürsten' [trs- f., ti^sä f. 'Durst'); tänijati 'erschallen'
(griech.Tovoc); dipijati^ ^te (AV.) 'flammen' {dipa- m. 'Leuchte,
Lampe'); jüryati 'altern' {jürya- 'alternd, Greis');
klass. : ksiibhyati 'schwanken, in Bewegung geraten' {ksubh-
f. 'Ruck, Stoß'); kfsyati 'abmagern' {krsd- 'mager');
spät: türyate 'eilen' {tür~ f. 'Eile'); dhümyate 'in Eauch ge-
hüllt werden' {dhümd- m. 'Rauch'; doch vgl. die Anm. 2 unten,
auf dieser Seite 566) usav.
Diese gelten gemeiniglich zwar als Wurzelverba und
das daneben liegende Substantiv als Wurzelnomen. Aber merk-
würdig ist das Nebeneinander mindestens ebenso, wie die Fest-
setzung des Tons auf der geschwächten Wurzel, ursprünglich
kann diese Betonung doch wohl nicht sein. Und warum sollte es
umgekehrt nicht möglich sein, daß mindestens vereinzelte Beispiele
auf Grund eines vorhandenen Wurzelnomeus geschaffen wurden
nach dem Muster anderer, alter Doppelungen. W^eshalb sollten
z. B. nicht von Hause aus nui" ksöbhafe u. ksubh- vorhanden ge-
wesen sein können u. ksübhyati erst nachträglich dazu gekommen
nach dem Muster eines Falles wie ksildhyati?
Bei näherem Zusehen liegen die Tonverhältnisse auch
nicht ganz so glatt, wie es nach der landläufigen Darstellung
aussieht. Die Grammatiker erwähnen einerseits püspyati^ andrer-
seits nandyäti 'sich freuen' (neben ndnda- m. u. ndndi- f. 'Freude'
u. nändati 'sich freuen'), dämydti 'zahm sein, zähmen' u. dipydtiy
He neben diinjati ^). Freilich ist auf dämydti wenig Verlaß ; denn
es könnte als Intransitivum wenigstens nach der Zeit seines Auf-
tretens gut eine jener Passivformen sein mit aktiven Endungen,
wie sie z. B. der Mahabharata aufweist 2).
1) Brugmann setzt irrtümlich ddmi/ati an (Gr. 2, 1069). ebenso wie
hTV^ydmana- 2, 975 (vgl. oben S. 560).
2) Ähnliches gilt übrigens von dhümyate trotz der auf ein Grund-
nomen hindeutenden Gestalt seiner Wurzel ; derm dhümyate könnte einfach
von dem üljUchen faktiven dhümayati ausgegangen sein. Formen auf -aya^t
und Passiva auf -ydte liegen zahlreich nebeneinander und wurden offen-
bar auch auf einander bezogen. In der früher gegebenen Liste der Kausa-
tiva (S. 5191T.) ist diese Doppelheit deshalb auch jeweils ausdrückhch ver-
zeichnet worden.
Die Denominativverba im Altindischen. 567
b) Die Form.
Unter den Grundwörtern der hier berücksichtigten rund
70 Formen sind 30 entschiedene rt-Stämme (9 vedisch, 2 klassisch
und 22 später) und 25 Konsonantstämme (9 vedisch und 16
spät); nur in 3 Fällen haben wir es mit einem «-Stamm zu tun
{kavi-^ pdfi-, isdni-\ in 2 Fällen mit einer Doppelung von a-
und «-Stamm {taranyäti u. vitatijdte\ einmal mit einem ya-Stamm
(äscari/ati), sodaß diese auf der Grenze stehen zwischen ydti-
Bildungen und einfachen «^«-Formen (S. 572).
Bemerkensw^ert ist gerade bei dieser Klasse aber noch die
Herausbildung neuer Verbalausgänge, die freilich in den
Ansätzen stecken geblieben ist. Vor allem kommen -arydti u.
-anydti in Fi'age. Das erste geht bei Beginn der vedischen
Überlieferung aber schon unter, ist jedenfalls nicht mehr lebendig;
denn unter den überhaupt vorhandenen 32 vedischen Formen
entfallen auf -arydti nur noch 5, und unter diesen 5 hat nur
eine ein Substantiv auf -ar neben sich {vadharydti), die übrigen
nur kürzere Nominalstämme ; in der folgenden Zeit kommt nichts
Neues mehr hinzu, da avarydfi zu vereinzelt steht, auch in seiner
Bedeutung. Auch ved. vithurydti u. sp. caturyafi schließen sich
nicht mehr enger zusammen.
Ganz ähnlich steht es mit -anydti. Von den 15 belegbaren
Formen der Veden haben 11 ihr Nomen auf -an{a)- zur Seite,
während 4 allein stehen {dhis°, ris°, ruvanydti u. huv-anydti).
Die spätere Zeit stellt hierzu nur 4 neue Beispiele, alle begleitet
von ihrem Grundnomeu.
Vielleicht finden sich später auch Keime für einen Aus-
gang -adyati u. -atyati. Das Urteil über die Bedeutung dieser
neuen Erscheinung hängt eben davon ab, welchen Wert man
den damit versehenen Bildungen beilegt; denn alle 5 Beispiele
für -atyati ebenso wie die 4 auf -adyati stehen bei Grammatikern
und sind der Künstelei verdächtig.
So bleibt in der Flucht der Erscheinungen auf diesem
Teilgebiet als lebenskräftig nur übrig das junge ^kämyati, das
in der klassischen Zeit schüchtern mit einem Beispiel auftritt
und in der späteren Entwicklung schon 11 aufweist und von
den Grammatikern deshalb mit einer gewissen wohlwollenden
Vergewaltigung der Geschichte schon als eigenes Denominativ-
suffix anerkannt wird.
Wegen der Betonung siehe diesnaal oben S. 566.
568 L. Sütterlin,
F. Die Denomiiiativverba auf -asydti.
Die Vorbalbildiingen auf -asyäti gehören zu den absterben-
den Klassen. In der vedischen Zeit sind sie gerade noch ver-
hältnismäßig häufig, schillern in mannigfacher Bedeutung und
halten sich auch ziemlich innerhalb der ihnen lautlich vorge-
zeichneten Schranken; der Lauf der Geschichte schränkt sie
immer mehr ein und zwängt sie allmählich auch in eine be-
stimmte Bahn ; sie entwickeln eine mehr ausgeprägte, einseitige
Bedeutung und erlauben sich dafür größere Fi"eiheiten hinsicht-
lich der Form.
a) Die Bedeutung.
Die Bedeutung der ältesten Bildungen läßt sich in keine
kurze Formel zwingen. Im allgemeinen bezeichnen die Ablei-
tungen von den in Betracht kommenden abstrakten Substantiven
'etwas bewirken, hervorbringen', die Ableitungen von Ad-
jektiven 'etwas sein"; und im einzelnen lassen sich gewisse
kleinere Gruppen auch nur ganz unbestimmt herausheben und
abgrenzen. Auch Grundwörter liegen nicht immer deutlich
vor; diese Bildungen stehen jeweils am Schluß.
a) Yedisch sind 20 Fälle:
a) ap-as-ijäti 'geschäftig sein' {dpas- n.'Werk'; daneben apds-
adj. 'werktätig'); canasydti 'sich erfreuen an etw.' [cdnas-
n. 'Gefallen') ; manasydti^ °te 'im Sinn haben, denken' {mdnas-
n.'Sinn'); vacasyate 'plaudern' {vdcas- n.'Wort'); duvasydti
'ehren, belohnen' [düvas- n. 'Yerehrung') ; namasydti 'ehren,
huldigen' [ndmas- n. 'Verbeugung, Verehrung') ; sravasydnt-
'preislustig, lobend' [srdvas- n. 'Lob'); varivasydti 'Raum
geben, einräumen; pflegen' ('(yarii;as- n. 'Raum'); sravasydti
'auf der Fahrt sein, eilen, erhaschen' {srdvas- n. 'Fahrt');
sacasydte 'Pflege empfangen' {*sdcas- n. 'Pflege', von sdcate
'vereint sein, folgen'); dasasydti 'Dienste leisten, verehren'
{*ddsas- = lat. decus 'Zierde'); panasydte 'sich erstaunlich
zeigen, bewundernswert sein' {*pdnas- n. 'Bewunderung') ;
ir asydti 'zürnen, mißgönnen' (*/rasn.'Zorn'; vgl. irsydti 'be-
neiden') ;
ß) svapasydte 'gut arbeiten, tätig sein' {svdpas- 'Gutes wirkend');
nrmanasyate 'männerfreundlich sein' {nrmdnas- 'männer-
freundlich'); sumanasydmäna- 'günstig, hold' {sumänas-
'dass.'); sacanasydte 'Pflege, Zärtlichkeit erweisen' {sdcanas-
Die Denominatiwerba im Altindischen. 569
'einträchtig'); mänavasyänt- 'nach menschlicher Weise zu
Werke gehend' {mänavd- 'mensclüich') ; makhasyäti^ °te
'lustig sein' {makhd- 'lustig'; m. 'Freudenbezeugung') ;
y) durasijdti (AY.) 'Böses zufügen wollen' (-?-).
b) Klassisch sind nur 2 Formen:
tapasyäti 'sich kasteien' [tdpas- n. 'Wärme, Plage, Kasteiung');
vrsasijäti 'nach einem Mann oder Stier verlangen, geil sein'
(vfsa- m. 'Mann, Stier') M-
c) In jüngerer Zeit finden sich neben vereinzelten Bil-
dungen einige kleinere Gruppen und eine größere:
a) usasyati 'tagen' [iisds- f. 'Morgenröte') ; rajasydti 'zu Staub
werden' {rdjas- n. 'Staub'); payasydti^ °te 'fließen, flüssig
werden' {pdyas- n. 'Saft, Milch'); urasydti 'kräftig sein'
(iiras- n. 'Brust'); t ir as y ati 'yerschwinden' (^iras 'abseits');
sqhhüyasyati 'sich vermehren' {sqbhüyqs- 'mehr');
ß) asvasydti 'nach dem Hengste verlangen' {dsva- m. 'ßoß');
sirasyati = sira icchati {siras- n. 'Kopf'); lavanasydti
'nach Salz verlangen' {lavand- n. 'Salz'); ksirasyati 'nach
der Milch, der Brust verlangen' [ksird- n. 'Milch'); dadhy-
dsyati 'nach saurer Milch verlangen' {dddhi n. 'saure Milch');
madhvasyati 'nach Honig Verlangen haben' {mddhu n.
'Honig'); stanasyati 'nach der Brust verlangen' verzeichnet
Whitney S. 389 f. {stdna- m. 'Brust').
Y) Unklar sind nach Bedeutung oder Form
ojasyate (öjas- n. 'Kraft'); tantasydti 'sich beti'üben'; pam-
pasydti 'Schmerz empfinden'; dravasydti 'sich abquälen,
um jem. herum sein' {*dravas- n. 'Lauf'?); panasyati 'ehren'
{= pdnate): tvaräyasyaii 'eilen' {= tvdrate; ygi. tvarä t,
tvari- f. 'Hast').
Man sieht, wie sich das Bedeutungsverhältnis zwischen
Grundwort und Ableitung die Jahrhunderte hindurch ziemlich
gleich bleibt. Das substantivische Grundwort bezeichnet
das Ergebnis der Verbaltätigkeit in ap-asydti^ man^, duv^, srav'^
ungefähr ebenso wie in usasijati (u. urasydti?), ohne daß übrigens
damit geleugnet werden soll, daß auch diese letzteren Beispiele
ebenso alt sein können wie die andern, vielleicht nur zufällig
früher bezeugten. Anderseits wird aber das Ergebnis der Hand-
lung auch ausgedrückt in payasydti u. rajasjdti, nur in etwas
anderer Auffassung; was Milch 'ergibt', 'wird' gleichzeitig oft
1) Doch vgl. noch irmnas^a (TS.) f. 'Lebenslust' O'j'fana- n/Leben').
570 L. Süttcrlin,
selbst zu Milch ; u. iisasi/dti kann man geradezu doppelt auffassen,
je nach der Voraussetzung eines persönlich oder unpersönlich
gedachten Subjekts : die Morgenröte 'wird', ein göttliches Wesen
dagegen 'macht die Morgenröte'.
Das führt aber wieder hinüber zu den Adjektivableitungen,
einerseits durch das Nebeneinander von dpas 'Werk' u. apds-
'werktätig' und durch die Möglichkeit, nrmanas- sowohl als
'Männersinn' zu deuten wie als 'Männersinn besitzend', ander-
seits auf dem Wege vou payasydti 'Milch werden' zu svapasijdti
'werktätig werden, sein'.
Des weiteren ist aber die begriffliche Yerwandtschaft
sehr vieler der hierhergehörigen Ableitungen hervorzuheben; sie
weist diese Ableitungen in die schon oben (S. 568) erwähnten
Gruppen. Es handelt sich, genauer gesprochen, bei den asydti-
Yerben ja häufig um die Augabe einer freundlichen oder feind-
lichen Gesinnung oder Handlung, so bei duv-asi/dti, nam^, srav-
asydnt-, das-asydti, sacan^^ nrman-^ suman-^ auch pan^ u. dur-;
um die Bezeichnung einer Stimmung bei mw", «V", makh^, wie
auch bei pamp^ u. tanP; endlich um eine bestimmte Art des
äußeren Auftretens bei opo, srav° 'auf der Fahrt sein', drav° u.
tvaräy-.
Gerade aber der deutliche Begriff der jüngeren Schicht
der Verba des Streb ens hat keinen sehr greifbaren Ursprung.
Vorbereitet werden diese Formen nur durch das eine klassische
vrsasydti (Kathäs.); sonst lassen sich etwa nur die vedischen
vacasydti, sravasydnt-^ auch wohl makhasydti zur Erklärung her-
beiziehen in der Weise, wie es (S. 567 f.) für die gleichbedeutenden
Formen auf -iydti mit ähnlichen auch nicht so scharfdeutigen
Gebilden geschehen ist: wer nämlich 'Worte macht', 'plaudert',
der 'liebt die Worte', den 'verlangt nach Reden'.
b) Die Form.
Als Grundwörter der Verba auf -asydti kommen i- und
M-Stämme in nur je einem Falle in Betracht (bei dadhydsyati
u. madkvasyati\ Konsonant-Stämme gar nicht. Die vorliegenden
Beispiele verteilen sich vielmehr nur auf die s- und die «-Stämme;
und zwar sind unter den 34 in dieser Hinsicht erklärbaren
Formen von sicheren s-Stämmen ausgegangen 2.3 (von leicht
vorauszusetzenden weitere 4), von sicheren a-Stämmen etwa 6;
davon stehen sich schon vedisch gegenüber 13 (-f- 4?) : 2,
Die Denominativverba im Altindischen. 571
klassisch 1 : 1, und später 8 — 9 : 3. Der Übergang von der einen
Klasse zur andern liegt ja schon nahe angesichts der Gleichheit
des Nominalausgangs -as, neben den sich dann auch die Endung
des Adverbs tirds stellen durfte; und auf die Avenigen Doppel-
grundformen wie sdcanas- 'einträchtig' u. sacanä- *dienstbereit\
siras- n. 'Kopf u. sira- m. Mass/ hat man gar nicht nötig, sich
noch besonders zu berufen.
Verdächtig ist nur die eine Form tvaräyasyati (Ganar.);
hier ist aber vielleicht der fertige Ausgang -asyati angetreten
an einen der fertigen Kasus auf -äy-, obwohl gerade diese bei
tvarä weniger üblich gewesen zu sein scheinen als der Nominativ
ivarä und der Instrumental tvarayä. Oder sollte ein Verbum anf
-äyati oder gar eine nominale Zusammensetzung (wie Hvaräya-
'eilends gehend' oder sonst etwas Ähnliches) mit im Spiele ge-
wesen sein?
Die Betonung ist ziemlich einheitlich in der Form -asyati
überliefert ; doch begegnen zwei Ausnahmen : täpasyati (Sat. Br.)
u. dadhydsyati (Siddh. K.).
G. Die Denominativa auf -iisydtP).
Die Gruppe der Formen auf -usydti ist sehr klein und
nicht einmal ganz einheitlich. Am meisten bietet davon der Yeda:
tarusydnt- 'bekämpfen' {tdrus- n. 'Kampf, Überlegenheit',
tdrusa- m. 'Bekämpf er', -ä f. 'siegreicher Kampf ) ; vanusydti
'nachstellen, angreifen', med. 'verlangen' {vanüs- 'verlangend',
m. 'Angreifer'): vapusydti 'sich wundern' {vdpus- n.'Wiinder',
adj. 'wundersam', vdpusa- 'wunderbar'); urusydti 'das Weite
suchen, einer Sache entgehen; retten, abwenden' (höchstens
teilweise von urü- 'weit', eher von *urü- oder *urüs- 'rettend
abwehrend', von vdrate, vrnöti 'verhüllen', varütdr- 'Ab-
wehrer').
In der späten Zeit kommt dazu:
madhusyati 'nach Honig Verlangen haben' {mddhus- n.
'Süßigkeit', mddhu n. 'Honig'), und die unsicheren raghu-
syant- (Apast. Sr.), vielleicht statt raghu-sydd- (RV., AV.)
'eilig (laufend)'; arusyati (Naigh.) 'gehen', wohl künstlich
gebildet zur Erklärung von ariisd- m. 'Eoß'.
1) Ein -isydti verzeichnen nur die Grammatiker in dadhisijdti 'nach
saurer Milch verlangen' {dddJii n.), für das wohl madhusyati neben mddhu
Vorbild gewesen ist. Wegen tavis-ydti siehe S. 563. Sonst findet sich avi-
Syati 'heftig sein' {dvi- 'zugetan', avt verlangend').
Ö72 L. Sütterlin,
H. Die Denominativa auf -ati.
Die Denominativa auf -ati^ die im Grunde nichts anderes
sind als in die a-Konjugation übergeführte Norainalstämme, sind
eine ganz junge Schöpfung; denn von den 70 Formen, die man
füi- diese Bildungsweise etwa beanspruchen darf, entfallen nahezu
60 (genau wohl 57) auf die späte, besonders die grammatische
Literatur, und nur je ein halbes Dutzend kann man aus den
Yeden und aus dem anderen guten Schrifttum belegen, und
auch das nur zu Not, und indem man Yerba mitberücksichtigt,
deren anscheinendes Grunduomen nicht einmal ein «-Stamm ist.
a) Als vedisch kämen nämlich etwa in Betracht 10 — 12
Eälle:
isanas 'in schnelle Bewegung setzen, antreiben' {*isana- subst.
n. oder adj.; vgl. isäni- f. 'Antreiben'); krpdnate "wünschen,
erflehen' (neben krpand- 1. 'jämmerlich, elend'; 2. 'geizig');
tdrusati^ °te 'überwinden' [Harus- 'überwindend' nach äta-
rus- 'übersetzend' u. tärus- n. 'Überlegenheit') ; vanusate
'erlangen' (neben vanüs- 'verlangend')'); — türvati 'über-
holen, erretten' (neben turvi- 'überlegen'); vielleicht auch
vareydti 'werben, freien' (neben vareyi'i- m. 'Freier'); vd-
nanvati 'im Besitz sein, vorhanden sein' (neben vdnanvant-
'besitzend, im Besitz befindlich'); ferner vielleicht Jf'ya^e 'leben'
(neben jivä- 'lebendig'), u. vSstati (AV.) 'sich winden' (neben
vestd- m. 'Schlinge'), während drcati (AV.) 'strahlen' (neben
arkd- m. 'Strahl', arcd- 'strahlend') u. turdti, °te 'eilig sein,
rennen' (neben ^wr- 'wettlaufend, obsiegend' u. turd- 'rasch')
eher zwei Gruppen der Muster vertreten, nach denen diese Neu-
bildungen ins Leben gerufen worden sind. Man sieht, es ist eine
bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, nach Bedeutung wie nach
Form, und zwar nach der Form der Grundwörter noch mehr als
nach der eigenen^).
b) In der klassischen Literatur sieht es hiermit nicht
besser aus. Wir haben an sicheren Beispielen 5:
tarqgati 'wogen' (neben tarqgd- m. 'Welle'); romäncati
'ein Rieseln der Haut verspüren' (neben romänca- m.'Rieseln
1) Auch die Nebenform vanis'^ (TS) wäre so aufzufassen, nur mit dem
Unterschied, daß die vorauszusetzende Grundform vanis- neben vanüs 'ver-
langend' und vdnas n. 'Verlangen' nicht belegbar scheint,
2) bhurdjanta 'sprudeln, brodeln', das vielleicht auch hierher gehört,
steht ganz ohne Nomen da.
Die Denominativverba im Altindischen. 573
der Haut'); — utkdnthate 'sich sehnen' {utkantha- mit
emporgerichtetem Hals', -ä f. 'Sehnsucht') ; unmülati 'ent-
wurzelt werden' (neben unmüla- 'entwurzelt'); slönati (TB.)
'hinken' [slond- 'lahm);
während als unsicher in Betracht kommen noch weitere 6:
cestati, °te 'die Glieder bewegen, zappeln' (neben cesta- n.
'Bewegung eines Glieds, Geberde', -ä f. 'Handlung') ; panate
(Ait. Br., TS.) 'handeln, feilschen' {pana- m. 'Vertrag, Wette');
ferner ärghati 'einen Wert haben' {arghä- m. u. 'Wert');
därbhati 'zu Büscheln machen', api° 'fest an etwas hängen'
(neben darbhd- m. 'Grasbüschel'); phdlati 'Frucht bringen'
(phdla- n. 'Frucht'); und schließlich ranvati (TS.) 'ergötzen'
(neben ranvd- 'behaglich')^).
c) In den späteren Schriften begegnen uns diese Yerba
dagegen schon in 2 ähnlichen Gruppen, wie wir sie bei den
Formen auf -lyati und sonst angetroffen haben (S. 553 ff.). Sie
bedeuten auch
1. etwas erzeugen, hervorbringen:
pallavati 'junge Schosse treiben' {pallava- m. n. 'Schoß,
Zweig'); piispati 'blühen' (püspa- n. 'Blüte'); phullafi 'auf-
blühen' (phulla- n. 'Blüte'; adj. 'blühend'); — kalahati
'zanken' [kalaha- m. n. 'Zank'); culumpati 'schaukeln' (cu-
lumpa- m. 'das Liebkosen der Kinder'); wohl auch catacatati
'knistern' [catacatä f. 'Geknister') ; garvati 'hochmütig sein'
{garvd- m. 'Hochmut'); endlich vielleicht auch rayati 'Reich-
tümer wünschen' [rayi- m. f. 'Habe');
2. etwas sein (werden, jemand gleichen, etwas darstellen):
a) von Substantiven 26 — 27 Formen:
kjkarati 'den Diener machen' (kikard- m.); krsnati
'sich wie Krisna betragen' {krsna-); mitrati 'sich als Freund
benehmen' {mitrd- m. 'Freund'); ripavati 'zum Feinde werden'
(ripii- 'Feind', adj. 'betrüglich'); sesati 'zum Schlangendämon
Sesa werden' {sesa- m.); savitarati 'als Sonne erscheinen'
{savitdr- m. 'Sonnengott'); gardahhati 'den Esel spielen'
igardabhd- m. 'Esel'); — ksirodati 'zum Milchmeer werden'
1) Doch zerlegt sich ra^wa^» vielleicht eher in ra-nv-ati und gehurt
zu rdm-ate 'sich ergötzen' (Rrugmann Gr. 2, lOMff). Der Stamm ran- in
rdtiati, ränyati 'sich gütlich tun, einen ergötzen', auf den man sonst ranvati
zurückführt, ist vielleicht selbst erst über *rdnyati (aus *rami/ati) aus ram-
entwickelt worden.
Ö74 L. Sütterlin,
{ksfroda- 'Milch meer') ; jdlati 'zu Wasser werden' (jald-
n. 'Wasser'); piyüsati 'zum Nektar werden' {jnyusa- ra. n.
'l!^ekt-dY'); 2)rälei/ati 'dem Hagel gleichen' (präleya- n. 'Hagel');
analati 'zum Feuer werden' {anala- m.)\ arkati "zm ^omie
werden' {arkd- m.)\ vidhavati 'dem Monde gleichen' {vidhü-
'^^•); jagannetrati 'das Auge der Welt sein' (vom Monde
jagannetra- n.); kailäsati 'zum Berge Kailasa werden
{kailäsa- m.) ; karpürati 'Kampfer gleichen' [karpüra-m. n.)
ahjati 'zur Lotusblume werden' [ahja- n.); vikäsitiilotpalati
'einer blühenden blauen Wasserrose ähnlich sehen' (vikäsin-
'blühend', nila- 'blau', utpala n. 'eine Pflanze'); kelisveta-
sahasrapattrati 'eine zum Spielen dienende weise Lotus-
blüte darstellen' {k^li- m. f. 'Spiel', svetä- 'weiß', sahasra-
pattra- 'Lotusblüte'); srikhandatamälapattrati 'ein Stirn-
zeichen von Sandel darstellen' {srikhanda- m. n. 'Sandel',
tdmäla- m.'ein Baum', tamälapattra- n/Blatt dieses Baimies,
Sektenzeichen'); dantapattrati 'den Ohrschmuck Dantapattra
darstellen' {dandapattra- n.); darpanati 'einen Spiegel dar-
stellen' {ddrpana- m.); pänducchattrati 'einen gelben
Sonnenschirm darstellen' {pändü- 'gelb', cJidttra- n. 'Sonnen-
schirm'); dinati 'zum Tag werden' [dina- m. n. 'Tag'); dhdr-
mati 'zum Gesetz werden, recht werden' {dhdrma- m. n.)i):
freier ist das Yerhältnis bei dem mit einem Präfix gebildeten
pratibimbati 'sich widerspiegeln' {bimba- m. n. 'Spiegel').
ß) von Adjektiven etwa 12 Ableitungen:
abhijnati 'erfahren, kundig werden' {abhijna- 'erfahren';
-ä f. 'Kenntnis') ; aviparyayati 'nicht fehlschlagen' i^avipa-
ryaya- 'richtig, in Ordnung', nach viparyaya- 'verkelirt',
m. u. 'ümwälzimg, Gegenteil', aviparyaya- m. 'kein Lrtum' ;
vgl. vipary-eti 'sich umwenden, umkeliren'); kltbate 'zaghaft
sein' [klibd- 'entmannt, feig'); galbhate 'mutig sein' {galbhd-
'mutig') mit pragalbhate 'sich mutig benehmen, vermögen'
ipragalbhd-'miitig), go7natati = gomäniväcarati {gomant-
'ßinder besitzend'); prabdlati 'stark, mächtig werden' {pra-
bala-)\,prer\kholati 'sich schaukeln' {pre\\khola- 'sich schau-
kelnd'); bhrsati 'gewaltig, kräftig werden' {bhrsa-}] sonati
*rot scheinea' [söna-)\ hierher gehören wohl auch uttarq-
gate 'wellenartig hervorbrechen' {uttarqga- 'mit hoch-
1) ärusati (Naigh.) 'gehen' (neben arti^d- m. 'Roß'j kommt nicht in
Frage, auch kaum als künstliche Schöpfung (S. 571).
Die Denominativverba im Altindischen. 575
gehenden Wogen', m. 'hochgehende Bewegung'; vgl. auch
tarqgd- m. 'Welle' u. tarqgati) u. gavesate 'begehren,
streben' {*gavesa- 'Kinder begehrend, habsüchtig, strebsam').
3. Nicht näher bestimmt noch bestimmbar ist das Be-
deutungsverhältnis bei folgenden meist künstlichen Gebilden:
a) pathinati [pathin- m.'Pfad') ; mathinati {mathin- m.'Kühr-
stock'); räjänati {rdjan- m. 'König'): riyati {rai- m.i.'Be-
sitz'); —
ß) idämati {iddm 'dieser'); viklavate {viklava- 'befangen, ver-
wirrt'); sasvati {sdsvant- 'sich wiederholend'); svadhämahe
(SSS) verzeichnet Whitney S. 387 § 1054 a.
Bei diesen jungen durchsichtigen Beispielen sind die Grund-
wörter alle a-Stämme, bis auf ripü- u. vidhü-, und selbst bei
diesen kommen die Stammformen auf -av- (wie ripdvas) mit in
Rechnung; darum wird auch rayati eher von räi- kommen als
von der längeren Nebenform rayi-.
Bei den künstlichen Ableitungen fällt die Dehnung des
End Silben vokals auf in räjänati u. idämati \ doch ruht ihre
Ansetzung vielleicht auf keinem festen Grunde.
In der Zusammenstellung der Beispiele mag auch die eine
oder die andere Form als unsicher zu streichen sein; besonders
zweifelhaft sind ja die Bildungen mit der allgemeinen Gruud-
gestalt der Wurzel, also Fälle wie drghati^ gdlhhate^ ddrbhati, drcati,
insofern hier ein ursprüngliches Yerbum der bhdrati-Klnsse vor-
liegen kann ; desgleichen könnte turdti wie tuddti beschaffen sein.
Mag dem aber im einzelnen auch sein wie ihm wolle; im all-
gemeinen ist das Ableitungsverhältnis dieser Denominativklasse
klar,' und gerade die zweideutigen Fälle weisen nach der Stelle
ihres Ursprungs hin.
Bei panat^i türvati^ gdrvati bietet der Stammauslaut eine
gewisse Gewähr für die Auffassung als Ableitungen ; freilich ist
damit nicht gesagt, daß gerade das überlieferte Wort auch die
Grundlage der Bildung sein müsse, daß nicht vielmehr gerade
diese Form ebenso wie vielleicht catacatä erst wieder nachträglich
von dem anderswoher abgeleiteten Verbum ausgegangen sei. Das
ändert aber alles an der Gesamtdarstellung nichts.
Auch die Verteilung der verschiedenen Formen unter
die Substantiv- oder die Adjektivgrnppe kann da und dort
strittig sein, zumal wo beide Xominalformen nebeneinander üblich
sind, wie bei ahhijnati oder aviparyayati oder nttarqgate. xiber
576 L. Sütterlin,
auch hier sind diese Formen eher nützlich als hinderlich; als
Grenzfälle verbürgen uns diese Ableitungen wieder die Stetigkeit
und Einheit der Entwicklung und bilden eine Brücke von der
einen Formenklasse hinüber zu der andern.
Schluß.
Wir sind zu Ende. Ein Überblick über den ganzen Lauf
der Entwicklung schafft ein lehrreiches Bild. In der Vedenzeit
sehen wir ein buntes Durcheinander von Bildungen, für deren
Beliebtheit auch die abgeleiteten Nominalformen auf -yä u.
-yii- zeugen. Wir haben außer den schon erwähnten Bildungen
auf -ayü- (S. 508) noch folgende Gruppen:
1. neben -äyate:
rtayä u. sumnayä (f. instr. als Adverb); rtäyü- u. sumnäyü-^
aghäyü-^timyii-^diirhanäyii-,dhiyäyii-,prtanäyii-,vrkäyii-
u. sanäyü- (ohne Verb z. B. miträyti-); klassisch dagegen
ist z. B. asanäyä 'Hunger', jünger dhanäyä.
2. neben -iyati:
tavisiytl- (rtiyä f. 'Tadel, Scham' erst im AK.; wegen des
ebenfalls jungen putriyä s. unten S. 577).
3. neben -üyati:
rjüyd u. raghüyd (f. instr. als Adverb), sowie sukraiüyd
f.; anderseits madhüyü-. Klassisch ist z. B. asw^ä f. 'Unwille';
asüyitar- hat MBh, kandüyitar- Ragh.
4. neben -yäti:
isudhyä u. isanyä (auch irsyä)^ anderseits isudhyü-^ sa-
paryii-^ udanyü-^ bkiiranyü-, risanyii- u. saranyü- (auch
zrsyü-). Klassisch ist erst bezeugt saparyä u. kikämyä
Adv., Sat. Br.).
5. neben -asydti:
apasyd u. svapasyd^ irasyd^ dasasyd^ vacasyd^ vari-
vasyd f., sravasyd instr. f. 'eilig', anderseits diirasyü-^ du-
vasyu- u. namasyti-, panasyii-^ makhdsyi'i-^ manasyii-,
vacasyi'i-, sravasyü- 'preislustig' u. sravasyü- 'eilig', sta-
nasyii-. Klassisch ist erst wieder tapasyä (MBh.).
Ebenso findet sich avisyä u. avisyii- sowie tavisyd.
Diese Mannigfaltigkeit der Denominativbildung schwindet in
dernachvedi sehen Zeit, und es entwickeltsich ein neuer Zustand
der Dinge, der besonders in dem jüngeren Schrifttum anschaulich
Die Denominatiwerba im Altindischen. 577
zutage tritt. Die w-Ausgänge sind alle abgestorben ; und von dem
einfachen -ijäti ist auch kaum noch etwas lebendig. Üblich sind
nur noch höchstens 4 Ausgänge, die sich in die Aufgabe teilen.
-ayati bezeichnet bei Substantiven u. Adjektiven 'zu etwas
machen', neben Verben das kausative Yerhältnis ; sein Passiv ist
(neben -ycite S. 566 Anm.) -äyate^ insofern es bei Substantiven und
Adjektiven bedeutet 'etwas sein' ; da damit aber oft keine völlige,
sondern nur eine annähernde Gleichheit ausgedrückt wird, ein
'Scheinen, Sichgeben, Grebahren, Yorstellen', kein 'Sein' oder
'Werden', so kommt das einfache -ati auch noch zu seinem
Rechte. Das Verlangen, die Sehnsucht nach etwas drückt -iyati
.aus, bei einzelnen mit dem Magen zusammenhängenden Bedürf-
nissen auch noch -asyati.
Es ist darum vielleicht kein Wunder, daß einerseits sa-
midhyitä, das übrigens an das oben S. 563 erwähnte, aber viel-
leicht nicht sicher überlieferte bhisajyita- erinnert, als Futurum
wechselt mit samidhitä, daß anderseits zu sönati flott susona ge-
bildet wird, und daß sich die Grammatiker wieder bei den iyati-
Verben in geschraubten Desiderativformen versuchen wie in-
didriyisati (von indriyati)^ asviyiyisati asisviyisati asisviyiyisisati
(von asmyati) u. pupidriyisati putitriyisati putriyiyisaü u. pu-
tnyisisati (von pidrtyati, für dessen Beliebtheit übrigens auch
Nominalformen bei Grammatikern sprechen wie putriyä u. pur
triyitar-) ^).
Heidelberg. L. Sütterlin.
1) Sonst vgl. wegen merkwürdiger Flexionsformen Whitney" S. 391.
{subMyant- 'schmückend' ist S. 508, Anm. zu streichen).
Indogermanische Forschungen XIX. 38
Sachregister.
Ablaut imNomenllS, Dehnung
235; äi : T 329., äu : ui 350, Ablauts-
entgleisung 118.
Akzent, wechselnder im Nomen
118, 335, im Aind. 374, der Kausa-
tive im Aind. 518, der Denominative
552, Proklise im Griech. 243 f.
Analogiebildung, necto na.c\i
plecto 122.
Der Ausruf als Form primitiver
Rede 266.
Bedeutungswandel und ße-
deutungsentwicklung 270, 271,
436 ; im Satzzusammenhang 271 ;
Übergang von Kollektivbedeutung
zur Bezeichnung eines Einzelwesens,
377; Abstrakta werden zu Kon-
kreta 212; air. hes 'Gewohnheit',
114, brüst 119, ])rügel, jyrügeln 160,
lat. verhera 160, T^pctc- YnP«c 224,
Alter 227, 233; irpecßeiov 228, 232,
Haar — weise 317, Haar — Haar-
farbe — Farbe — Gestalt 317, gehen
— coire 330, spornten — drehen ;
■spinnen , iveben 332 ; Bedeutungs-
wandel bei den Worten für Milch-
bereitung 345; Teig — Sauerteig
354; Teig aus fest, starr 355.
Carmen aruale 140, BirlsAuf-
fassung 141 f., urspr. mit einem Mars-
opfer verbunden 159, nicht uralt 170.
Deixis, Pronomen der jener-
Deixis im Griech. 1 ff., Abwesende
Person mit '6be bezeichnet 3, ^kcivoc
zur Bezeichnung des Übersinnlichen
•3., anaphorische Bedeutung von
dKeivoc 6ff. , epanaleptischer Ge-
brauch von ^Keivoc 10 f.
Deklination, s. Flexion.
Flexion, Übergang der germ.
adjektivischen «-Stämme in die y-
Flexion 214 ; Nominativ -s 2bb; Neu-
trum hat keine besondere Nom.ina-
tivform 257.
'Formans, Subjektf. 255; griech.
auf -Teoc 259; t im Germ. 378.
Genus der Deminutivbildungen
215, Genuswechsel 392.
Haplographie 156, 399.
Haplologie 213.
Infinitive, der Grund zu ihrer
Bildung 267.
Interjektionen 265.
Kindersprache 265, 269.
Komposition. Exozentrische
K. 249 ff., Karmadhäraya-Verhältnis
251, Typus Si\.räjapittras2b^, griech.
ßoriv dYcxBöc 253. Exozentrische K.
durch Hypostase zu erklären 253,
J5aÄM«;rtAi-Typen gehen in die vor-
flexivische Periode hinauf 253 f., sie
erscheinen erst in der flexivischen
Periode als Komposita 254.
Ko n s 0 n a n t i s m u s. Idg. Wechsel
von d und dh 107; idg. Dent. -^-slz)
-f Dent. 112 ff., -dh -f s, -dh -j- st
137 ff., Bartholomaes Gesetz 138;
griech. t, ai. h 107 ; idg. dsth zu ai.
^th 135; idg. h und ts im Awest.
zusammen gefallen 319, awest. xsv
aus SU 322; anlaut. z im Arm. 457 ff.,
arm. fn für pv 475, Behandlung des
Sachregister.
579
j im Arm. 476, Ij im Arm. 476; idg.
-tt- im Alb. zu st 115; s im kypr.
zu h 244 ; idg. ghr^ ghl im Lat. 98,
lat. -gr- im Inlaut nicht aus g'^'Tir
101, lat. gK'hr zu br 102, Aspiranten-
dissimilation im Latein 98 ff., Kon-
sonantendissimilation 105 ; lat. fr-,
fl- zu br-, bl- 109, idg. -dht- nicht
zu SS im Latein 132, lat. ^ zu c vor
Liquiden 168, Ausfall des r im Lat.
169, lat. gm- kaum zu -m- 323 ; idg.
st zu zd im Germ. 132; germ. -pl-
zu -fl 426 ; Schwund des 5 ii> der
aengl. Lautgruppe -i^i; lit. -s- nach
i, u, r, h 120.
Kurzformen 163.
Kulturhistorisches. Bett 448;
Dach 439 ; Dachform des lykischen
Hauses 415; Dreiecksverband 418;
Dreschen 426; Düngen 404; Fach-
werkbau 413 ; Fenster 446; Flechten
und Weben 448; Gewand 447; Grab-
denkmäler, lykische, 409 ; Haus, aus
Flechtwerk 114, Schhttenhaus 401 ff.,
bewegliches Haus bei den Germanen
421 ff; Knecht, Bezeichnungen für
Knecht, Diener, Sklave 377, Knecht
und Vieh dem Hausrat gegenüber-
gestellt 378; die Mangel 430; Monat,
Bezeichnungen 211 ; Mythologisches
268 ; Pflock 445 ; Schhtten 409, Wirt-
schaftsschhtten 423 ; Schwelle 426;
Täfelung 419; Tisch 449; Töpfer-
scheibe 455; Zeuge 451.
Lautgesetze, armenische 472,
Chronologie 473.
Lehnwörter, armenische, aus
dem Griech, 458, 472, 474, aus dem
Pers. 457, aus dem Syrischen 458,
478, unbekannter Herkunft 458;
griech. aus dem Iran. 331 ; lat. aus
dem Griech. 165 ; lat. aus dem Umbr.
-osk. 111; kelt. aus dem Germ. 100;
deutsche aus dem Lat. 121; aengl.
aus dem Lat. 327; im Friesischen
179; dänische aus dem Niederd.
339 ; litauische aus dem Slaw. 207 ;
georgische aus dem Armen. 477.
Lykier, Kultur 420 f.
Lykische Grabdenkmäler 409 ff.
s. a. Kulturhistorisches.
Miklosischs Lexicon palaeo-
slovenicum 205.
Pronomina, griech. eKeivoc in
reflexivem Sinne 14., eKeivoc be-
rührt sich mit toigOtgc 15, ^KeTvoc
mit Affekt gesagt 16, doppelt gesetzt
16, cKcivoc bei Homer 17, Pindar
22, Bacchylides 23, Aeschylos 24,
Sophokles 25, Euripides 29, Aristo-
phanes 33, Herodot 35, Thukydides
40, Xenophon 45, Plato 52, Lysias
57, Isokrates 59, Aeschines 62, Ly-
kurg 63, Demosthenes 64, Inschriften
70, Bukoliker 74, Verhältnis von
Tfivoc zu eKeivoc, Ahrens Ansicht
76, Herodas 78. Polybios 78. Evange-
listen 83, Lukian 86, arm. -s, -d,
-n, bulg. -s, -t, -n 93, abg. tu und
onü 94.
Schreibung, kyprische Silben-
schrift 240, Behandlung der Prokli-
tika 241, Enklitika 248; ae für e im
Lat. nur orthograph. Variante 157,
lat. eo für oe 158, lat. u statt b 160,
lat. ei für i 163.
Sprachwissenschaft, Ge-
schichte der 272; Haupt- und
Nebensatz 272 ff.; Kunstausdrücke:
abhängen 281, regierender Satz 281,
grammatisches Geschlecht, Herkunft
295; Adelung 273 ff. 295, 310; Aisted
301; Ammonius 298f.;Beauzee286ff.,
306 f.; Bernhardi 312; Bodmer 294,
310; Campanella 302; Condillac
289 f.; Du Marsais 285 ff.; Duns
Scotus 299 ; Ernesti 279 ff. ; Fromant
305; Gebehn 308; Girard 288; 290 ff.,
303; Grammaire generale et rai-
sonnee 283; Grimm 296; Harris 305;
Heinsius 314; Helwig 301; Herder
296, 310; Humboldt 314: Johannes
Diakonos 299; Lambert 311 ; Loewe
300; Männer von Port -Royal 282,
306; Meiner 274 ff.; Michaelis 311;
Moritz 312; Perizonius 304; Prota-
38*
580
Sachregister.
goras 297; Pudor 272; Radlof 313; Rei-
chenbach 300; Vossius 280; Wolke 313.
Stammbildung, s-Stämme 116.
Stellen V erz eich nis:
Find. Ol. 10, 14 S. 22.
Find. Fy. 4, 105 S. 23.
Aesch. Ag. 1329 S. 24
Soph. Phil. 37 S. 28.
Theokr. 5, 45 S. 76.
Theokr. 5, 65 S. 76.
Theokr. 27, 39 S. 76.
Carmen aruale 140 fr.
Stil, Homer, Ilias und Odyssee,
Unterschied zwischen beiden, 21.
Aeschylos und Sophokles, verschie-
den in der Verwendung von ^xeTvoc
S. 24. Stil Xenophons 50, Unter-
schied im Stil zwischen Synoptikern
und Johannes 86.
Suff ixe 374, ai. -tithi 374, -tara-,
-tama 375, lat. -ris 211, nord. -ig-
390, germ. -in 341, lit. -imas 400; S.
zu selbstcändigem Wort geworden 376.
Syntax, Die Agensform als Sub-
jekt 254, Agens und direktes Objekt
zu formalem Gegensatz ausgebildet
257. Ausbreitung der Nominativform
257. Verbum nimmt die Person des
Agens in sich auf 257. Satzform:
Subjekt : Objekt -\- affizierender Vor-
gang 258. Akkusativ bei den Verben
des Seins 258. Ausbildung des Passivs
258 f., lat. Passiv 259, Dativ 262; die
sogenannten unvollständigen Sätze
263. Zum Wesen der Satzbildung
gehört funktionelle Zweigliedrigkeit
264;Verba Impersonalia 266, ihreSub-
stantivierung 266, ihre Entstehung
267; Gründe für die mangelnde Glie-
derung des Satzes 269. Vollständige
Sätze 270, Satzäquivalente, Satzfrag-
mente 270, Imperativformen 271, alle
spracMiche Mitteilung vollzieht sich
in Sätzen 271, Eklipse 271. Kasus-
attraktion im Arm. 478 fr. Gen. beim
Partizip auf eal 478 f. Genitiv an den
Ablativ attrahiert 479, an den In-
strumental 480.
Verbalsuffix, lit. -s^aw 134.
Verbum, Denominative im
Aind. 480 ff. inniger Zusammenhang
zwischen dem nominalen und den
verbalen Zusammensetzungen mit
einem Adverb als erstem Glied 481,
Den. auf-«^rtf »482. 1 Substantivablei-
tungen auf -ayati 482, ihre Bedeu-
tung 482 ff. Ableitungen von Per-
sonenbezeichnungen , Gegenstands-
bezeichnungen 484, Ableitungen von
Abstrakta 489, die Form 493 ff., der
Ausgang -ayati bei nicht «-Stämmen
497, II Adjektivableitungen diWi-ayati
497 ff., 1. die Faktitiva 498 ff., 2. die
Subjektiva 504. Die mit den Deno-
minativa zusammenhängenden No-
minalklassen 506 ff. Einfluß der De-
nominativa auf die Nominalbildung
507; Denominativa auf -ayati und
nomina agentisauf -(ay)iYa;'ö08. Die
Adjektiva auf -itd und ihr Verhält-
nis zu den Verben auf -ayati 510 ff.
Denominative -ita - Formen 514 ff.
Die sogenannten Kausativa 517,
die Denominativa 519, Intensiva 519,
Faktitiva 521, Doppelsinnige 524, die
Deverbativa 527, Deverbative Inten-
siva 527, Deverbative Faktitiva 528,
Deverbative Doppelsinnige 529, Ver-
ben auf -{ä)payati 533, Intensiva 533,
Faktitiva 534, Doppelsinnige 535, die
Nominalableitungen 535. -{ä)payati,
Erklärung 536 f., Denominativa auf
-ayati 538, Bedeutung 539 und Form
in vedischer Zeit 541, nachvedische
Zeit, die Bedeutung 542, die Form
551, Faktitiva auf -ayati 543, Sub-
jektive 547, Adjektivableitungen 548,
Doppeldeutige Ableitungen 549. Die
Geräuschwörter 550, Die Denomina-
tiva auf -iyatiöbS f., Bedeutung 553,
die Form 558. Die Denominativa auf
-uyätibßO, die Bedeutung 560 ff., die
Form562, Denominativa auf -^0^*562,
Bedeutung 562, die Form 567, Deno-
minativa auf -asyäti, Bedeutung
568. Form 570, Denominativa auf
Sachregister.
581
usyäti 571, Denominativa auf -äti
572.
Vokalismus, im indischen De-
nominativum und den zugrunde
Hegenden Nomina 530 ; lat. c aus e
100; Prothese im Lat. 151 f., Synkope
eines langen Vokals im Latein, nicht
möghch 153, Wechsel von e und i
im Lat. 154, lat. ü aus ö 163, lat.
c zu a vor r 168 ; Entwicklung von
germ. öu 393, germ. du zu ü 397,
germ. e- 397, Kurz- und Langdiph-
thonge im Germ. 395, Kürzung
der Langdiphthonge im Germ. 394 ;
Längen im Deutschen 395, ags. ü aus
ö 398, Altfries. Vok. 171 ff., Palatali-
sierung von betontem a in geschlosse-
ner Silbe 171 fr. Umlaut des ä im
Vorfriesischen 175 ff. Zwei Perio-
den des Umlauts im Fries. 175,
altfries. c und e aus urgerm. ai 185
ff., afries. äi und ei aus a vor jj
198, fries. an vor stimmloser Spirans
200 f.
Volksetymologie 368.
Wurzelsuffix g 324.
Wortregister.
I. Indogermanische Sprachen.
AltiiKlisch.
qsayati 485. 507.
qst'i- 348.
ah^amäla- 552.
aksamälä 552.
dkhyänayaU 506.
dgät 330.
aghäydti 540.
aidk- 514.
avTcd- 512. 546.
avkayati 488.
cmkitd- 512.
aidkürayati 485.
aidküydnt- 561. 562.
aidkhayati 489.
dvga- 513.
ajijnapat 538.
ajijnipat 538.
ajiräyate 539.
ajTglirapat 533.
ajthayat 533.
ajügavat 533.
atastarat 482. 533.
dtithi- 374.
atithi-gvd 330.
atiprasardhayati 505.
ativalgayati 520.
ädurtnaidgäla 437.
adbhutüyate 550.
ddvayant- 504.
adharita- 516.
adhi-^tha 135.
adhyäpai/ati 534.
ddhvan- 491. 495.
adhvaydnt-4:8d. 491.496.
508.
adhvartydti 554.
analati 574:.
analfyati 554.
awtY» 107.
anutülayati 489.
anupäsayati 529.
anumarso 527.
anidöm 499.
andhayati 504.
anmyati 555.
apäiih 499.
apaspasat 533.
apasydti 568.
apipäthaycdi 501.
apivätayati 528.
apisphavat 533.
dpratimanyüyamäna-
561.
apsarä 545.
apsaräyita- 553.
abibJirasat 538.
abJbhaitat 533.
abtbhrajat 538.
abjdti 574.
abhicaras 380. 391.
abJiijnati 074. 575.
abhinüyayati 531.
abhivänchayati 490. 507.
abht-Senayati 492.
abhism 379.
abhyäkhyänam 210.
abhrd- 547.
abhräyati 543.
ama- 4.
amitraydnt 483. 508. 518.
amiträyati ö-ii.
arm 4.
anümavat 532.
amiim 4.
amftäyati 545.
amrdayd- 508.
ambhas 165.
ayayati 524.
ayo 531.
aratis 384.
arättydnt- 560.
arätfydnt- 554. 560.
ariranat 532.
arirädham 538.
ariravui 533.
drmati 574.
arusyati 571.
arka- 494.
arkati 574.
arkayati 490. 494.
argala- 547.
arghati 573.
drcati 572.
arcayati 491. 520.
arcrt 494.
arnavds 384.
drnas 384.
arthdyafe 484. 485. 518.
arthäpayati 535.
arpo 535.
Wortregister.
583
drvant- 38-i.
altka- 548.
alilavat 532.
ava 321.
avatd- 321.
avatd- 320.
avatqsayati 486.
avatül'J 489.
avadhiro 504.
avadhirita- 513.
at'«-, i((Z- dJiülaijati 507.
avdni 321.
avaryati 564. 567.
avasardhayati 485. 507.
avasanlhayitar- 509.
avasäyayati 529. 531.
avipary'^ bl4:. blö.
avifyati 571.
avTvanat 532.
avfvasat 538.
asaidkita- 514.
aSanäyati 542.
asanäyita- 553.
asdni- öAl.
asanTyati bbö.
asayati 536.
asisrapat 533.
asisamat 532.
«Äei 499.
asmtapibatTyati bbb.
asnöti 538.
asräyate 543.
aivahds 216.
asvayate 484.
asvayä 508.
asvayii- 508.
a*fas 216.
asvasydti 569.
asväydntas 539.
asviyati bbb.
dsasinjayant- 521.
asüydti 561.
asüyayitvä 501. 551.
öSZ-Ä; 399,
asä« 96. 97.
astrd- 546.
as^Äi 399.
asmäi 93.
asyai 93.
öÄam 107. 108.
dhar-ahar 212.
äkarpayati 488. 507.
äkula- 512.
äkulayati 498. 514.
äkhyän^ 489.
äcaranyati 563.
e?z/- 321.
ätanakti 353.
atapatra- 546.
ütänayati 526. 531.
ätapäyati bib.
ändölayati 488.
ändöUta- 512.
äpayatl 528. 537.
äpT4ita- 514.
äpitayati 499.
äpnöti 538.
ämödita- 514.
äyäsa- 481.
üyäsayati 481. 523.
dii/w^ 495.
äyu^ayati 491.
ärüdhayitdr- 509.
ärucayati 490.
ärucayate 485.
äruredita- 516.
ürögyayati 491.
örfZro 498.
äläna- 512.
älänayati 487.
äi;o 529. 531.
ät'i7o 498.
äscaryati 564.
äslesayati 526.
äsodm 381.
äskundti 126.
Sskäuti 126.
äsphälayati 531.
öÄäro 486. 521.
ähvaro 483.
ähväno 489.
/faro 499.
/^t- 373.
itithd- 373.
lYtVÄ«' 374.
idämati blb.
indraydte 483.
indriyati 556.
irasydti 568.
i#- 495.
isanayate 491.
isanas bl2.
isdyati 4:84:. 485.
iSdni- 4:94:.
isanydti 563.
isayant- 518.
istidhydti 563.
isüydti 561.
istaka 139.
Utakä 136.
ivkhaya- 508.
Tidkhayati 528.
Trsyäyita b4:4:.
isayati 483.
tsitavya 548.
uksanydti 563.
uccäistaräm 375.
ucchrayati 533.
ucchräpo 533.
uthanam 135.
u[thanasi 135.
uthane 135.
uthäna 135.
ud4äyita- 531.
titkacayati 499.
utkantha- 501.
utkdnthate 573.
utkanthayati 503.
^<^^•o 499.
M^Ä;a?o 536.
utkaläpo 536. 537.
utkaläpayitvä 499.
utkOrakayati 501.
utköso 501.
M«9so 487.
uttqsita- 512.
uttarqgate blb.
uttarqgayati 503.
iittaragate bl4:.
uttaro 489.
uttaraläyate 550.
uttänifa- blb.
utthäna 135.
utpucchayate 501.
584
Wortregister.
uL^a- IIB. 128.
uUiidgo 501.
/.-ai» 373.
utsard- 547.
u^asyati 569.
katithd- 373.
utsukai/ati 499.
ü^tra- 347.
kathayati 489. 535.
utsukäyate 550.
tigthäna- 139.
/irr/Z/m 494.
utsvapnäyate 542.
usnasamaya- 547.
kcdhäpayati 535.
utsapnayita- 553.
us'payati 499.
kadarthana- 507.
udakJi/ati 556.
usriyati 555.
kadarthayati 503.
udadhtyati bbb.
üdhayati 506.
Ä;awo 502.
iidanydti 565.
Mf^Ärtr 399.
kandalo 485.
udanydnt- 564.
«7»«- 320. 512.
kanduka- 547.
udapiqmcchat 502. 533.
ündyati 498.
kapild- 548.
udasrayati 502. 505.
ünayis 533.
kapisayati 499.
«(?ä«o 490.
ünita- 513.
kaphönigudd- 547.
«<?cno 490.
wr^"- 512.
kamalabalanala- 546.
udejaya- 508.
«rja- 494.
kamalTyati 554.
udgirayati 490. 507.
ürjdyati 485. 494. 513.
kampüyati- 543.
udgüraijitar- 509.
ürjdyant- 518.
karambita- 515.
uddaniita- 515.
ürdhvd- 548.
kuraidka- 546.
uddämayati 499.
üsaräyate 549.
karala- 548.
ttddhülana- 507.
üsmäyati 543.
karälita- 515.
uddhüUta- 513.
rÄ;«;rfs 383.
karunäyati, -te 550.
udbala- 513.
rghäydnt- 541.
kdrna- 545.
udhudhnyati 564.
rjüydnt- 560.
kartriyati bhl .
ud-yödhati 137.
rtayate 505.
karpürati 574.
udväpya 534.
rtdyant- 508. 518.
karbürita- 515.
udvela- 513.
rtäydnt- 540. 552.
karmakäräpayati 535
udvelayati 499.
rtvydte 554.
kalawka- 512.
udvelita- 513.
etayati 499.
kalavkayati 488.
«»««?• 320.
etdvan 373.
kalaidkitd 513.
unnidrayati 499.
e4akTyati 556.
kalamfyati 554.
unmadita- 532.
#(ZÄ«s 136.
kalayati 488.
unmanayati 502.
gkärtyati 556.
kaJahati 573.
unmanas- 548.
öjasyate 569.
kalahäjate 543.
unmülati ö7S.
öjäydmäna- 540.
kaläpa- 537.
upavinayati 488. 507.
ödamyati 555.
A-a/t- 494.
Mi)as/öÄ,'0 486. 507.
oc^waM- 321.
kalusayati 498.
tipasargo 491.
ö^htyati 556.
kalusäyate 548.
npastis 379.
äunanat 533.
kdlpa- b¥l.
upastis 379.
kakSäyate 543.
kaljyasatd- b¥l.
upödbalayati 499.
katakatäpayati 551.
kavacayati 487.
upödbalita- 513.
katakatäyati 550.
kavayati 483.
upö^ayati 493.
kathinayati 499.
kavalayati 486.
ubhdya- 549.
kathiyate 556.
Ä;a??/- 494. 497.
ubhayäyita- 552.
kathörayati 499.
kavtydti 553.
urasydti 569.
kathörita- 515.
kavyati 565.
uru-gäya 330.
kanükaydnt- 508. 518.
kasäyati 488.
uru^ydti 563. 571.
kandüyati. -te 562.
kasäyayati 488.
ullaghayati 498.
kd^va- 545.
kasüyita- 516.
Wortregister.
585
känayati 499.
Tcänaniyati öb^k.
käntäyate 549.
käpdtam 381.
kämarjate 490. 519.
kämayitar- 509.
kämuka- ö4f5.
kämyati 565. 567.
kärikeyiyati 556.
kdrmuka- 546.
kikarati 573.
ktkariyati ööö.
kiräjan 253.
kitakitäpayati 551.
kitakitäyate 551.
küakilayati, -te 550.
kisal{ay)a- 488.
kisalayitd- 488.
kirtana- bOl .
kirtayate 489.
ktlita- 514.
Hs^a- 139.
Ä;MÄ;#t 129. 130.
Ä;t*ca- 129.
kutiyati 555.
kutumbayati 489.
ku4maln- 546.
kudmaläyate 549.
kutidalita- 514.
X«<sa 128.
kutsayati 128. 319.
kundro 128.
kumäro 483.
kumtida- 546.
kumbhakarnäyati 54Ä.
kumbhayati 493.
kuraidgäyati 54:4!.
kurickut'äyate 551.
kurkuriyati 556.
Ä;«<Zä//ay«nf-488.508. 518.
külisa- 546.
kulyäyati b4tb.
kuvala- 546.
küstha- 125. 128. 130.
132. 139.
kustJiaka- 125.
Ä;^«i,<Aä 128. 125. 139.
küsthikä 125. 128.
kiisihna- 512.
kusiimitä- 513.
kiisumayati 485.
kusumyati 565.
kiihara- 129.
kü])a- 129.
küpüyati b4b.
küpita- 514.
külayaydnt- 485.
kfcchäyate 550.
kpü ydmäna- 566.
kftayati 488.
krtayuga- b41 .
krtänta- 545.
krtärthayati 498.
kj'panäyate 550.
krpanydti 563.
krpdnate bl2.
krpdyati 490.
krpaydnt- 496. 518.
Ä;rpd 494.
krpäydte b43.
krsd- 513.
kj'^nati 573.
krsnäyate b^^b.
kfsyati 566.
kekäyati 543. 551.
ketayati 489.
ketayitri- 510.
keyilra- b41 .
keyüräyita- 553.
keläyati 543.
kelisvetasahasrapattrati
bl^.
kesa- 319.
/.•ß-sara- 319. 320.
kdkanadayati 486.
kodayati 128.
köpa- 481.
köpayaU 481. 521. 543.
Ä;ösa 129.
Ä;ö#a- 129.
Ä;Ö^Ma 128. 130. 132. 139.
kriiravakörakiyate bb4.
käiläsati 574.
knöpayati 534.
Ä^ra^o 502. 522.
krasita- 513.
krdsiyqs- 513.
krl4äpay(xti 534.
A:ri-c;o 528.
krl4üriidfa- 547.
krösayati 490. 520.
Ä-?iöa- 548.
kltbahe bl4.
ksäpayati 538.
ksam'^ 522.
kSamäpo 535.
Ä^^'a^o 521. 531.
fo'ö2>o 533.
ksindti 351.
Ä-^iv 499.
Hfrd- 322.
k^Trayati 489.
ksfrasyati 569.
ksiräyati 545.
ksTriyati 556.
kMrödafi 573.
ksirödiyati 554.
ksvvyati 352.
ä;ä<^ 322.
ksndhyati 566.
ksubliyati 566.
ksetrlyati 556.
ksepayati 525. 534. 537.
ksemaydnt- 491. 508. 518.
ksmäpayati 534.
ksemaydnt- 485.
k^evati 352.
khatakhatüyate 551.
khatvayati 486.
khatvä 494.
khatvfyati 557.
khanakhanäyate 551.
khan^ciyati 503.
khatatTiatarüyati 551.
khanakhanäyate 551.
kharäyita- 545.
khalakhalüyate 551.
khaläyate 544.
khudati 127.
khurakhut'äyate 551.
kheläydte 543.
Ä;%(7 210.
khyäpayati 534.
gavgüyati 562.
586
Wortregister.
ga^di/ctti 486.
gaiia-tithd 372.
ganai/ati-te 486.
ga'^tlai/ati 489.
gati4üäo 486.
gadgadijdti 564.
gandha>/ati 487.
garaJäi/ati 545.
garita- 514.
garimdn- 218.
garudäi/ati 5M.
gardabhati 573.
gardabJiajjate 484.
garbJia- 336.
garvati 573.
gdrvati 575.
garvaiiati 491.
garvüxjate 543.
galahastayati 489. 492.
galbha- 548.
galbhate öl-i.
gavayati 484.
gavi/dnt- 563.
gavesate ölb.
gaveSayati 504.
gahanüyate 550.
^r«^«- 330.
gäfüydfi 561. 562.
gäpayati 534.
gäma- 330.
gärgiyati 555.
</«>- 495.
^Tr 217. 218.
gfM^f^- 317.
guiiagunäyate 551.
gunayati 493.
guttüyati 545.
gumagumäyita- 551.
gurüh 218.
</ür^aÄ 217. 218.
5för</Ä 217. 218.
5-/^0«» 217. 218.
gfbhayati 519.
^/•Äd- 546.
gfhapäla- 546.
gehtyati 55.5.
göcarayatiiSd. 493. 505.
gödhä 546.
göpd- 536.
göpayate 483. 536.
göpäydti 539.
göpin- 536.
gömatati 574:.
gömatyati 565.
gomayati 488.
gOmayäyati 5M:.
göla- 344.
grdsati 101.
grävan- 104.
grivabaddhds 250. 251.
gläpayati 532. 534.
^Äff 108.
ghand- 548.
ghand-ghana- 136.
ghaniyati 556.
^Äas 322.
ghätayati 492. 520.
ghumaghumäyate 551.
ghuraghuräyate 551.
ghurghuräyate 551.
ghdlayati 485.
ghränam 101.
ghrätds 101.
ghräti 101.
cakörüt/itum 545.
catacatatl 573.
catacatäyate 551.
ca/M^ 499.
cattdd- 548.
candakärU yati 545.
can4ayate 505.
catant- 114.
caturdast 374.
caturyati 565. 567.
cdnas- 495.
canasayati 491.
canasita- 514.
canasydti 568.
cajidanäyati 544.
candrd- 546.
candrakäntiyati 554;.
capayati 538.
capald- 548.
capalayati 499.
cayayati 531.
carafitydte 554.
caramydti 564.
caritärthayati 499.
carcS 547.
cätayati 114.
capayati 486. 534.
ccr/ir« 380. 388.
citayati 519.
citrd- .513.
citraputrikä. 547.
citrayati 498. 514.
citriyate 556.
cidänandä 547.
cintayati 489. 520.
c?'n^S 494.
cintäratna- 548.
cimicimäyate 551.
cirayati 505.
ciräyatt 550.
cihna- 512.
cihnayati 488.
cutiilita 515.
c!(f«- 129.
curanydtl 565.
culuka- 494.
culukayati 486. 488.
494.
culumpati 573.
C27^c 494.
cUdayati 486.
cürnayati 485.
cetakas 386.
ce/«s 386.
ce/r 386.
cetikä 386.
cec?«s 386.
cetaya- 508.
cetayati 489. 519.
cetayitar- 509.
cetas- 495.
cerxi$ 383.
ceStaii, -te 386. 573.
cmayati 491. 522.
cestas 386.
cö(Za<e 126. 128.
cödayitdr- 509.
cöd[ay)itdr- 510.
cüditdr- 509.
cor«- 547.
Wortregister.
587
cörayati 483.
cyävayitar- 509.
chandayati 498. 503.
chalayati 492.
cJiiärayati 504. 535.
chidräpayati 535.
jagatyati 565.
jagannetrati 574:.
jathdram 335. 336.
jatilayati 500.
jadayati 498.
jada- 548.
janagatyatl 565.
jananiyati 555.
janayati 517.
janiydti 555. 560.
jayadhvaga- 547.
jaranäh 222.
jdrati 222.
jdrant- 222.
jarayati 526. 532.
jards 222.
jarc 222.
jaritdr- 218.
>rmd 222. 239.
jarta- 335.
jartu 335. 336.
jdlati 574.
jaläyati 545.
j'öntf 325.
jämudagnya 547.
jäpayati 534.
jürayäyi 483.
järjarah 222.
jüriäuh 235. 238.
jigäti 330.
jighrati 101.
jinäti 329.
jihmd- 548.
jiJivaratam 533.
jt^a 329.
ßr-pdh 222.
jw-2/a<i 222.
jivati 572.
jivanasyd 569.
jtvayati 536.
jt«>ds 383.
jlväpayati 534. 536.
jüryati 566.
jnäpayati 534.
jfiapti- 517.
jnämyati 556.
jnäudämyati 556.
jmäydnt- 541. 564.
i//ö 329. 546.
jyäpayati 535.
jrayati 104.
jhagajhagäyate 551.
jhanajJianüyate 551.
tfkayaii 493.
tdkati 381.
^f;Ä:<i 381.
takrd- 353.
^aA-ws 381. 38.3.
tawkayati 488.
i«/a- 546.
Mit 373.
tatithd- 373.
tdnukas 216.
tdnuk 375.
tanüh 375.
tanöti 332.
tantasydti 569.
iawit- 332.
Mm^m- 332.
tantra 332.
tantrayati 493.
tantrayate 505.
tandra- 548.
tdnyati 566.
tdpasyati 569. 571.
tama- 375.
tanidm 375.
iara- 375.
tarqgd- 494. 512.
tarqgati 497. 572.
tarqgayati 485. 494.
tarqgita- 513.
tardiiis 382.
taraitydti 564.
tara-tamatah 376.
tarald- 513.
taralayati 498.
tasaläyita- 550.
taralita- 513.
tardm 375.
tarii/iydti 564.
taruitayati 500.
taruiiüyäte 548.
tdruSati, -te 572.
tarusydti 563.
taru^ydnt- 571.
tarka- 494.
tarkaycdi 494.
tarkin 494.
tavi^Tydnt- 554.
taviäyati 563. 571.
taskaräyati 544.
türa-tamyam 376.
türayati 526.
tdvän 373.
<«Ä;ia- 323. 548.
tigmd- 323.
titham 374.
tithak 372. 374.
itYAii 370. 372. 374. 375.
ijYÄf 370. 371. 374. 375.
376.
<?YAf7n 372.
tithyäm 372.
timirayati 503.
timiräyate 550.
tirayati 502.
i/r«s 165.
tirasyati 569.
tiröhayati 501.
tiröhita- 513.
tilaka- 547.
tilakayati 488.
tilakita- 514.
tilökamiyati 554.
tilviläyate 539.
tisthati 135. 210.
iF/cö 494.
tirayati 489.
itf^o 500.
iMcc/iO 498.
it<«Äo 487.
tubhyam 108.
turaiiydti 563.
turdti, -te 572.
turiydti 555.
tulakana- 546.
tulayate 488. 527.
588
Wortregister.
tuiä idi.
tiusfcl H39.
tu,<fi- 839.
tu^yati 339.
ttista- 139.
tuhinayati 485.
tüyiira- 546.
türyate 566.
türvati 572. 575.
tüSiüJcd- 339.
tüfntm .339.
«wsia 139.
trnagana- 546.
tr^ayati 486.
txpcit- 552.
trpta- 548.
trsyati 566.
^^'a^e 323.
f(JÄ;«- 545.
tddayati 520.
^ö^a- 350. 352.
tölayati 527.
tösdyati 339. 521.
^ä/J 186.
trisüla- 546.
fm- 96.
^rac- 495. 512. 514.
tvacayati 487.
tvadyati 565.
tvaräyasyati 569. 571.
tväydnt- 539.
tharcäharäyafe 551.
dandayati 488.
dadliiäydti 571.
dadhiyati 555.
dadhydsyati 569. 570.
571.
dantapattrati 574.
danturayati 500.
danturita- 515.
damadamäyati, -te- 551.
datnanyati 563.
damäyati 540.
damitdr- 328.
dambhölipäta- 546.
darpanati 574:.
ddrbhaU 573.
darsayati 536.
dariäp^^ 536.
rfaijo 502.
dasakantha 545.
dasasydti 568.
rfafeafi 102.
däpayati 534.
dämaUhyati 565.
dämyati 328.
dämydti 566.
c?ar!< 325.
därund 548.
däsds 379. 545.
dinati 574.
divyati 565.
diksäpayati 534. 537.
diks{ap)o 535.
diksitd- 537.
dipyati, -te 566.
dtpyati 566.
dipydti 566.
ducchunüydte 540.
dttnayit 533.
durasydti 569.
durgrbhtyate 553.
diirjanäyati 544.
durdina- 546.
durmanas- 548.
durvätayati 487. 506.
durlia'^äydnt- 540.
duvds 388.
diivasands 388.
duvasydti 568.
dustiyati 556.
duhhh 503.
duhkhd- 512.
dukkhäydte 54:4:. 550.
dukkhitd- 513.
du/ikhiyati 554.
duhkhyati 564.
dütayati 483.
e^M^as 388. 389.
dürayati 504.
dhülita- 497.
dü^aita- 508.
dürayati 528.
düsayitar- 509.
dj-dhayati 500.
df^adyati 565.
df^tantayati 486.
dr^tänt- 514.
dfstäntita- 512.
devaydnt- 484. 508. 518.
devdyant- 552.
deväyant- 542.
dölayati 488. 514.
döläyati 544.
f?ö??Va- 512.
dOsäyati 545.
däityd- 545.
dyütayati 521.
(Zrflc^Äo 502.
dravatydU 564.
dravayate 484.
dravasydti 569.
draviniyati 556.
dräghayati 502.
drUp^ 534.
drumäyafi 544.
drtihyati 106.
dvayasd- 374.
dfiguna 549.
dvigunayati 498.
dvigunita- 515.
dvigtis 330.
fZtvj'd 545.
dvipada- 378.
dvivfnta- 549.
dvyaiiukiyati 557.
dhanäydti, -te 542.
dhanfyafi 556.
dhdyämi 329.
dhäritri 509.
dhdrnia- 547.
dhdrmati 574.
dharmayati 4:87.
dhaval- 514.
dhavald- 548.
dhavalayati 498.
dhavalita- 515.
dhavisyati 389.
fZÄä./r 494.
c^Ä(7^;•l• 329.
dhäpayati 534.
dhdtnnn 377.
dhärayati 527.
dhürayitdr- 509.
Wortresister.
589
dJidrä 546.
dhiyäydnt 540.
dhisanydnt- 563.
dhiyate 556.
dJiTra- 513.
dhirayati 498.
dhunayati 504.
dhundti 389.
dhünat/ati 498. 506.
dhündti 389.
dhüpa- 512.
dhüpayati 487.
dhüpayati 540. 543. 552.
dhüpüyita 553.
dhümci- 353. 512.
dhümayati 487.
dhümäyati, -te 543.
dhümäyayati 551.
dhümyate 566. 566.
dhümrd- 353.
dhümrayatl 500.
dhiilayati 488.
rfÄMZ2'' 494. 513.
dhüUhastayati 504.
dhüsarita- 515.
dhmäpayati 534.
dhyäyati, -te b43t.
dhräjati 106.
dhräjis 106.
dhvasayati 492. 526.
dhvänayatl 490. 521. 524.
531.
ndktam 212.
nak^atramälä 548.
nagaräyati 544.
natamdm dilb.
natardm 375.
natsyati 121.
naddha- 121.
nandayati 522.
nandyati 566.
nabhasyä- 548.
nämayati 528. 531.
namasita- 514.
namasydti 568.
ndraka- 546.
nartayati 522.
nartayitar- 509.
narmayati 490. 517.
narmäyita- 516. 544.
«a/j/ 108.
naliyati 121.
nägaräja{ny 545.
näthd- 545.
näthäyati 54:5.
näyaka- 547.
näyayati 522.
nüräya-tid 54:5 .
närtyate 553.
nä?a- 547.
nävayati 528. 531.
nävyati 565.
nihsesa- 513.
nihsesayatl 500.
nihasa- 547.
nigad- 514.
niga4a- 512.
nigadayati 487.
niculita- 514.
niharhayati 527.
nibi(}ayati 500.
nibi4ita- 515.
ni-mis 333.
nifnisa- 333.
niraidku$ayati 500.
nirüpiti- 517.
nirjalamma- 546.
nirdhätayati 507.
ntrdhüt- 492.
nirnidrayati 500.
nirmülana- 507.
nirmülayati 500.
nirväpayati 534.
nirvedayati 491. 522.
niska- 122.
nispattrayati 498.
nisphalayati 500.
nicydti 564.
mddyati 485. 491.
n/?a- 548.
mJiärd- 546.
nütanayati 500.
nftnanasyate 568.
nemts 383.
nödayatl 520.
nyüidkhayati 490.
nyünayati 500.
paiaka 494.
pawkayati 488. 494.
paed- 494.
pdcati 494.
^xtcö 494.
patapatüyati 551.
-patta 546.
panate 573. 575.
panayati 492. 494.
paii{ay)itdr- 510.
panasyati 569.
panäyitum 543.
panitdr- 509.
pan4ita- 514.
pan4itäyate 549.
pato- 531.
patayati 502.
pätayati 525. 532. 538.
^a^t- 115.
patitd- 511.
paflyati 556.
pattrd- 512. 546.
pattrayati 487.
pattritd- 513.
patmyati 555.
pdtyate 564.
pdthati 501.
pathinati 575.
padam tamam 376.
padaycite 491.
pddma- 546.
padmaküsa- 546.
panayati 528. 531.
panasydte 568.
panäydti 541.
panäyita- 553.
panitdr- 509.
pampasydti 569.
pdyas- 322. 547.
payasydti 569.
paräga- 547.
paräjamukhayati 500.
parikar-ita- 514.
parikarman- 495.
parikarmayati 487. 506.
jyari-caranas 380.
paricards 380. 391.
590
Wortregister.
paricäfttkas 380.
paricärayati 491. 506.
paricäras 380.
pariJärihä 388.
pari cur in- 380.
parinämayitar- 509.
paripanthaijati -i83. 504.
paripanthayitiim 517.
paripindita- 516.
pari-, vipucchaijati 507.
parimalo 487.
parivradhai/ati 503.
pari-sen^ 492. 507.
pari-sthä- 135.
parisharas 380.
parkalayitar- 509.
parnayati 485.
parnasälä 546.
paryavkhayati bOl. 518.
paryäkido 498. 506.
paryäiiita- 514.
prdpülana- 507.
palpülayati 514.
palya'tdg'^ 522.
palyän^ 487.
pallaea- 512.
pallavati 573.
paUavayati 485.
^aro 522. 531.
pavayitdr- 509. 510.
pavttdr- 510.
pavüra- 513.
pai'itrayati 493. 503. 514.
pavTtdr- 509.
^jö- 537.
2)ükd- 494.
päcayati 492. 494. 525.
päcayitar- 509.
pätayati 485.
^jrT/aZo 500.
jp«/Äo 489.
pänducchattrati 574.
pän^urayati 500.
pündurita- 515.
^d^«- 531.
pütayitar- 509.
i)dfi 329.
pütrayati 486.
;;a/Äo 501.
2)0(^0 528.
pädayate 489.
pänam 329.
papakjiyati 565.
pUiydna- 329.
päyayati 528. 531.
päyayiäta 533.
pürayati 520. 528.
püräfattmilä 546.
XHilayati 483.
pälayitar- 509.
])alita- 511.
päsayati 487. 514.
püsayiigaläyita- 553.
piidgalita- 514. 516.
pinjarayati 500.
piiijarita- 515.
pittayati 500.
pinda- 326.
pindayati 486.
2)in4ita- 512.
pitüyati 561. 562.
^«Y/t- 513.
pithayati 501.
pipäsita- 515.
pisuTsgita- 515.
2)isunayati 483.
pisunita- 511.
pTdayati 214. 520. 543.
2J27«- 329.
ptyüäati 574:.
piyüsavarsäyati 545.
pivas 322. 381.
puiakhita- 514.
puccliayati 489.
jn<w/- 514.
piinjayati 486.
piinjita- 512.
putriydti 560.
putrTydti 556. 560.
punarukta- 54:7.
purdh 233.
puränyati 565.
pürtSa- 512.
pni-Täayati 485.
purusäyati 544.
pulak- 514.
pulaka- 512.
pulakayati 490. 494.
pü^kara- 546.
Xni^pa- 546.
puSpati 573.
puspita 514.
puspydti 564. 566.
pügah 373.
püga-tithd- 372.
püjayati 491. *
^jiT/d 494.
liütanä 545.
püiikusyyiän4ci- 546.
pürayati 527.
pürayitar- 509.
pürtayati 493.
pürvapak^o 490.
pürvähnetaräm 375.
pülayati 486.
prtanäyant- 540.
P2i:anydU 564.
ße?a- 326.
pelaka- 326.
pesayati 520.
^jö.^ä 545.
^öto- 546.
pdlayati 493.
^jöi- 492. 526.
jyöäitdr- 509.
prakatayati 498.
prakatäyati 544.
prakatita- 513.
prakalpayitdr- 509.
prdköpa 481.
praköpayati 481.
prak$äläp^ 534.
pragun^ 498.
pragunita- 515.
pracala- 549.
prajanayitdr- 509.
pratarftdr- 509. 510.
pratänita- 515.
pratäpitar- 509. 510.
pratäyapitar- 510.
pratärayitdr- 510.
pratTjxi- 548.
2)rati})ayati 500.
l)ratikül<^ 492. 505.
Wortregister.
591
pratipaksita- 515.
praüpayati 505.
pratipädcnjitar- 509.
jyratibimbati bli.
pratibimbita- 516.
pratimOtayati 528.
prati^edhaijitar- 509.
prati^thäpayltar- 509.
pratihärü- 545.
pratjjaksa- 548.
prat\jalxsayaii 500. 504.
505. 507.
pratijuhh ivädaij itar 509 .
pratifäiiaijati 522. 544.
praty&ijita- 544.
prathati 502.
prathaijati 502.
prathä 502.
pradak^inayati 504.
pradäpai/itar- 509.
pradtpäijaU 544.
prapancai/ati 506.
pirapuspita- 516.
prapijäijayati 531.
prapyävayüdr- 509.
prapaiicayati 490.
prabdlati 574.
prabalayati 500.
prabhav^ 484. 520.
prabhävayitar- 510.
pramatMtar- 509.
pramadäyati 549.
pramarditdr- 509.
pramcmayati 493.
pramüp'^ 534.
pramäpayitar- 510.
prayatitavya b\.l.
prayügayitar- 510.
prärkstyati 556.
prärSabhtyati 556.
prälküriyati 556.
pravatiayita- 516.
pravart{ay)itdr 510.
pravartayitar- 509.
praväpayitar 509.
pravuhayati 528.
pfavi$taküyati 543.
pravesayitavya oll.
prasnayati 489. 506.
praskunda- 127.
prasnnvitrtyati 557.
praharayati 528.
prahvayati 500.
prüpo 535.
präyascittiyate 554.
prärjayitar- 510.
prärthayitat'- 509.
präleyati 574.
jjrävayati b21. 531.
präväriyatl bbb.
präsäpayati 536. 538.
präsädiyati 555.
priyäyate 539.
priyiyati bbb.
prinayati 529.
prusäydti 540.
prusvüyati 543.
prewkhOlati bl4t.
prekiyati bbl .
preßayitar- 509.
pröghiyati 556.
prötayati ,500. 506.
pröth^ 529.
prostha- 135. 136. 139.
präikiyati 556.
präughiyati 556.
plävayati 529.
-phdla- bil.
phai^ayati 492.
pJidlati 573.
phalahastayati 504.
phalita- 514.
pTiarpharäyati 552.
phullati 573.
plienäyate 543.
baka- 545.
bakabakäyate 551.
badhirayati 500.
bandho 523.
bandhurita- 515.
barha- b^l.
bdla- 513.
baläyate 543.
bahayati 502.
ört7«<Ä 373.
bahu-tithd- 372. 373.37Q.
bahutitham 372.
bahutithf 374. 375.
bahufithe 372.
*bahuratna- 549.
bahulds 216.
bahulita- 515.
*bahusubha- 549.
bädhdyati 484. 492.
bädhayati 520.
bädhayitrt- 510.
bälärka- 546.
bäspäyati 543.
bindukita- 515.
bimbita- 515.
biista- 139.
brhlta- 511.
brnfydte bbl.
bddhayati 493. 521.
bödhayitdr 509.
brahma^ydnt- 563.
brdhman- b¥l .
blesk.d- 117.
bhaihsas 116.
bhaksayati 493.
bhaksayitar- 509.
bhaks[ay)itdr 510.
bhaksitdr- 509.
bhaTdgiirayati 500.
bhdjati 494.
bhatabhatäyate 551.
bhandanäydnt- 540.
bhayäyati 543.
bharailydti 565.
bharita- 514.
bharjayati 528.
bharvati 118.
bhdvati 350.
bhasmita- 515.
bhdga- AQ4t.
bhäjati 494.
bhäjayaii 488. 526.
Mä^o 492. 521.
M%o 529. 531.
bhärd- 546.
bhäräyita- 553.
bhärgavd- bAtb.
bhävayati 492. 523.
bhävayUar- 509.
592
Wortregister.
bhasd- 546.
bhüsatl 519.
bhäsai/afi 490. 519. 523.
bhik^ayati 524.
bhi^ajyüti- 563.
bhi^ajyita- bll.
bhiSnajijäti 563.
bhTsana- 508.
bhtsai/atl 491.
bhujagaräja- 545.
bhunJäjKii/ati 536.
hkurdjanta 572.
bhuraiiydti 563.
bhümdn- 495.
bhümayati 486.
MjTä'o 487. 520.
Mit.s'c 494. 547.
bhüsvarga- 546.
bhfvga- 104, 546.
bhjtyäyati 544.
bhrsa- 548.
bh^sati Ö74:.
bhrsti- 118.
hliedaifciti 492. 520.
bhögd- 547.
bhöjayitar- 510.
bhrqs 523.
bhrämayati 523.
bhramard- 531. 546.
bhramäyati 543.
bhräjayati 523.
bhrätar- 104.
bhrüs 119.
mqsTyatl 556.
makamakäyate 551.
makarandakana- 547.
makhasydti, -te 569. 570,
magadhydfi 565.
mawgaläm 437.
majjayati 529.
majmdn 107.
manjayati 487.
ntanjari 494.
manjika, 437.
manjTia- 437.
manjii{- 4.37.
matämafäyati 551.
math^ 4:85.
manvyate 554.
mandaläyafe 550.
manjayati 487. ^
maiidita- 515.
matiditar- 509.
mdtsya 319.
maf/i 435. 495.
mathayati 488.
mnfhäyati 540.
mathinati 575.
madanäyati 544.
mädayati 490. 521.
madayitar- 510.
madätyayita- 515.
madyati 505. 565.
madräyatl 543.
madrikä 545.
madhukara- 546.
madhurita- 515.
madhusyati 571.
madhüyati 561.
madhvasyati 569. 570.
mcmayitar- 509.
manasydti, -te 568.
manäyäti 540.
manisita- 514.
mantayati 483.
mdntu- 494.
mantüydti, -te 562.
mcmfrdyante 517.
mantrayate 489.
mantkati 135.
manthayati 521.
manfharita- 515.
mdnfhäs 435.
manthrdyante 518.
mandayati 498.
mandäyate 548.
mandiD'a- 546.
mandrayate 505.
mamäyati 542.
mayukha 326.
märjayati 493. 494. 520,
war^^o 492. 520.
marditdr- 509.
marmaräycäi 551.
marSayati 525. 527.
malin^ 498.
mas]Vjio 500.
w«7to 520.
mahas 495.
mahdn 107.
mahämläbhrajäliyati
554.
■mahäputriyati 556.
mahinayati 514.
maJiTydti 559.
mahiydte 504:. 556. 560.
mahJyase 560.
mahyani 108.
mäfrd- 374.
niätriyati 556.
mcähayati 520.
»wcfZo 532.
wrt^o 491.
niünavasydnt- 569.
mäpayati 535.
m«ro 492. 523.
märga- 494.
märgayati 490. 494. 520.
märja- 494.
märjayitum 517.
märjita- 511.
märjitum 517.
mrdayati 487.
mälTydti 556.
»jd^ä 494.
mrdyaguiid- 547.
Mt/-? 326.
m;7rf 326.
mitrati 573.
mitriyati 556.
mithunäyäfe 550.
misrd- 333. 513.
niisla- 333.
misdti 333.
mismnisdyate 551.
midha- 139.
midha- 133.
tmtnayati 528. 531.
wtZo 529.
mukiila- 512. 546.
mukulayati 485.
mukiditd- 513.
mukhar- 514.
1 mukhard- 513.
Wortregister.
593
muhharayati 498.
mtiiid- ol^.
munia- 513.
'mun<i,a\jati 498.
mudira- 121.
mudrayati 488.
miidrd 494.
murmunyaii 556.
niii^äydti 541.
muitl- 134.
musta- 139.
mustu- 134. 139.
mütra- 512.
mütrayati 488.
mürchayati 529.
m?7?o 489. 524.
mrks'^ 528.
mrgdyate 484.
mfgdyante 518.
mj'gayü- 508.
mrgyati 565.
mrgayd 508.
m^iriayati 527.
mrditdr- 509.
mfldyati 504.
nifsäyate ööO.
mrsia- 511.
meksayati 333. 528.
meghäyati 545.
meghäyifa- 553.
meccika- 333.
mecakita- 516.
medayati 488. 521.
medhas 139.
medhäydti 543.
melayati- 493. 522.
melänanda- 546.
mesd- b¥l .
mehayatl 528.
möksä- 547.
möhsayati 492.
möksayitar- 510.
möcayati 528.
möcayifar 510.
mdgha- 548.
mödate 121.
mOdayati 490. 523.
mö^o 491. 523.
myakäati 333.
mrakSayati 528.
mrado 502.
mläpo 534.
mleccho 483.
t/a_;/o 488.
yajnäydnt- 540. 552.
//«<! 373.
yatithd- 373.
yantrd- 512.
yantrayati 487. 506.
</«mo 487. 488.
y/ömo 520. 531.
yamäyati 544.
yavatithd- 373.
yavamatyati 564.
ydvamant' 508.
yatmyati 502.
y/öi-o 527. 531. 532.
yavayitar- 510.
yaJiiis 381.
yahvt 381.
yahvds 383.
yücayati 529.
//ä/«- 494.
yäjati 494.
yäjayati 525.
yäjayitar- 510.
yätayati 527.
f/ä^o 534.
yämin^ 483.
yämirn 494.
yüvayati 528. 532.
yävän 373.
yugd- 547.
yugala 547.
yiigasahdsra- 547.
yudhmd 399.
yudhyati 137.
yundjmi 494.
yiismaydnt- 518.
yusmaydnt-484:. 508. 495.
yöktrayati 487. 506.
yoga- 494. 545.
yögiyati bbb.
ißjayati 492. 494. 520.
yäjayitar- 510.
ydj[ay)itdr- 510.
Indogermanische Forschungen XIX.
yojitdr- .509. 510.
yödhati 137.
yödhayati 484. 492. 520.
i/öpo 527.
rakta- 510.
raktasüryäyati 545.
raksayaü 484. 491. 520.
raksitdr- 509.
raghiJydnt 562. 560.
ragJiusyant- 571.
racana- 507.
racayitar- 510.
rajayati 488. 492.
rajayitri 509.
rdjas- 495.
rajasyati 491.
rajasydti 569.
rajasvinamäcaste 491.
rajjus 448.
ranjitd- 510.
ratayati 528.
rataratäyate 551.
randyati 493.
rd^ati 573.
ranayati 526.
raiiaranüyita- 551.
ranvati b73.
ratd- 510.
rdtna- 548.
ratnäkara- 548.
ratkakätnayati 564.
ratJiarydti 564.
rathiräydnt- 539.
rathtydnf- 553.
rapitdr- 509.
randhanäyati 540.
randhayati 492. 526.
ramana- 507.
ramamyate 553.
ramayati 490. 505. 513.
rsmo 491. .520. 531.
ramita- 510.
rambhayati 493. 528.
rayati 573.
rayas 384.
rayiydnt- 555.
rasayati 485. 493. 517.
520.
39
591
Wortregister.
rasayita- 516.
rasai/itar- 509.
rasita- 515.
rahai/ati 493.
rdhas 495.
rahita- 511.
räjan- 495.
räjajMtha- 546.
räjaputras 253.
rUju-puträs 250.
rüjayati 484. 520. 529.
räjahqsa- 546.
räjahqsTijati 553.
rä;a 545.
räjänati blb.
räjtydti 557.
rä^/^ 384.
rätrih 371.
rc^rf 371.
rädhai/ati 492. 522. 526.
?m-o 523. 532.
rävita- 516.
riidgayati 529.
rinacmi 494.
ripavati 573.
riyati blb.
risanydti 563.
ri$fTyati bbi.
ininas 384.
rtf/j? 384.
rwcj- 494. 511.
rucitd- 511. 513.
rüjayati 521.
rwjd 494.
rudita- 511. 513.
ruvanydti 563.
rükSana- 507. 508.
rük^ayati 498.
rw^jo 488.
rekhaydte 552.
recati 494.
recayati. 494. 528.
re/o 529.
redo 502.
rebhd- 548.
recayati 528.
rehat- 552.
rö^d- 494.
rökas- 494.
?-öc«- 494.
röcate 494.
röcdyati 485. 490. 494.
503. 513. 525.
röc/' 494.
rödayafi 490. 513. 522.
rödas- 125.
rödhayati 491. 520.
röpaijtd- 508.
rüpayafi 492. 525. 534.
ropi- 494.
römancati 572.
fömanfhäyati 543.
römahars- blb.
rödayafi 491. 523.
röAo' 492. 503. 522.
rOhant- 552.
laksayafi 488.
Za^/jo 502.
laghüydti 561.
lavgJiayaii 529.
lajjdte 494.
lajjayati 494. 524.
?«;>« 494. 548.
Za^« 546.
lamhayati 523.
lanibh^ 525.
?öZo 529. 531. 532.
Jdläfikä b4n.
laranayati 487.
laranasydti 569.
laranTyafi 556.
lahalahäyate 551.
/«/«- 547.
läpayati 523.
läläyati 543.
lävayati 532.
Zrtso 525.
Z;X-;i«j»jo 534. 536.
//w^o 493.
liläyaii, -te 543.
liläyita- 553.
liinthayati 528.
iRmyati 556.
lekhayati 523. 526. 536.
7/Ä-M 494.
lekhäydti bb2.
lepayati 520.
leläydti 543.
lehayati 486. 526.
ZöÄ;o, ZoX-rt^e 494. 528.
/öco, ?öc'a^e 494. 528.
Zö/Äo 523.
Zö(Zo 528.
Zö^jo 520.
ZöMo 523.
lUrüyati 552.
lölayati 523.
%7«- 124. 139.
Zöi#«- 124. 139. 547.
Zöi/ds 100.
löliitäyati 548.
racasydti 570.
vacasyate 568.
vdjrakJla- bil.
vajrapäta- 546.
vajralepa- b¥!.
vajräyafi b-M.
vdncati 494.
vancayati 494. 528.
vancayitar- 509.
rantayati 535.
vaittäpayati 485. 535.
i-rt^s«- 128. 546.
vatsalayaii 498.
rarZÄo 483. 488. 494.
radharydti b&l .
vadharydutT 564. 565.
vdnanvati bl2,.
vänayati 528.
ranisati 572.
vaniyati 555.
vanu$ate bl2.
vanusydti 563. 571.
-vant- 376.
vandayati 528.
va7tditär- 509.
randhya- 548.
capu^ydti 571.
vämayafi 529. 531.
raro 520.
varayitar- 510.
varäyita- 545.
rarirasydfi 568.
vareydfi 572.
Wortregister.
595
vargayati 493.
varj'^ 528.
varjayitar- 509.
vartayati 528.
varcth- 492.
vardhafe 109.
vardhayati 513. 520. 536.
vardhayitar- 509.
vardhäpaycdi 534. 535.
536.
vardhita- 510.
vardhitdr- 509.
varnayati 488.
varjayitar- 510.
vdrman 495.
varsayati 485. 503. 517.
522.
var^asahasra- 64:7.
var^itär- 509.
välayati 529. 531.
valayita- 515.
valgüyäti 560. 562.
vavrayati 489. 505.
vavrdyämahJ 518.
vasayatl 492. 519.
i'ffV/» 519.
vasarhdn 212.
vasäydfe 541.
vasilydnt- 561.
vdstra- 546.
vastrayati 486. 506.
vasnaydnt- 492. 494. 508
518.
väguli- 361.
vägürä 361.
väcayati 525.
väcayitar- 510.
vücäld- 513.
väcälayati 498.
väcya- 548.
väcyati 565.
t'o/a- 494.
väjdyant- 518.
väjdyati 491. 494.
vänchayati 521.
vänchä 494.
vätayati 487.
vätyäyati 544.
vädayati 523.
i'rti^o 521. 523. 533. 534.
1'ä.yo 528. 531.
väyuputra- 547.
tdr 321. 399.
värayati 520.
väriyate 554.
värttayati 489. 506.
wTäo 528.
i'äsa- 512.
väsdyati 486. 487. 491.
522.
väsayitdr- 509.
»«/io 494. 525.
vikaca- 513.
vikalayati 500.
vikalpayitavya- 517.
vikäsimlötpalati 574.
vikrö^ayitar- 509. 510.
vikrösfar- 509.
viklavate blb.
viklavayati 500.
vighno 491. 506.
t'«>ra/io 492. 506.
vicetayitdr- 509.
vicchäya- 501.
vicchäyayati 498.
vitatyate 564.
vitathayati 500.
vitäna- 546.
vitiidäyati 541.
vitüstayati 501.
vithurydti 563. 567.
vidürayati 499.
vidyuto 505.
vidhavati bl4:.
vidhärayitar- 510.
vidhura- 513.
vidhurayati 499.
vindjmi 494.
vindhya 546.
vipak§ayati 483.
vipanco 490. 506.
vipath^ 504.
^?^po 503.
vipinäyati 544.
v?pM?o 500.
viphala- 501.
viphalayati 500.
vimanas 548.
vimalayati 500.
vimisra- 481.
vimisrita- 481.
vimukhayati 500.
vimnkhita- 516.
vibhäjayitar- 510.
viydga- 547.
virala- 548.
riräg- 491. 504.
virüpa 503.
vilambhita- 515.
viläpayati 534.
viläy'^ 531.
r/Zmo 500. 506.
vivesti 388.
vivyakti 192.
vtjayati 528.
vt4aydte 502.
?'«•«- 547.
virdyate 483.
vlläyati 502. 505.
rilaydte 505.
vildyäsi 518.
vTlitä- 513.
/•F/w- 513.
visada- 513. 548.
viSadayati 500.
visalya- 501.
visalyayati 499.
cisranibho 523.
r*ifrt- 547.
visama- 548.
vi$aniita- 553.
visdvant- 508.
visälayati 500.
visesayitar- 510.
r/^./ä 139.
visnüyati 561.
visarjayati 521.
vistära 481.
vistärayati 481. 521.
iHsmäpo 534.
vihastifa- 515.
vihfnita- 515.
vihvalita- 516.
vurmita- 515.
39*
596
Wortregister.
vfka- bib.
rftrchn 213.
vftrds 213.
vprahäjjate ö^ö.
vijinüi/dnf- 540.
vfddhd 511.
vfndaraka- 549.
vj'^ai/dti 570.
rj-salds 216.
rj'Sanifdti 563.
vj-^an- 216.
vf^asi/dti 569.
vfsäi/ati 545.
vj-^äi/dte 539. 540.
vj'äiyati 556.
f^^jr« 494.
vegita- 514.
vejai/ati 491. 494. 523.
retaycdi 552.
«j^tes- 133.
ve^asa- 133. 319.
vedayati 489. 525. 535.
vedai/itdr- 510.
vedäpaijati 535.
veditdr- 509. 510.
repayati 503. 522.
tj#^rt 494. 513.
vesdyati 484. 491. 522.
veäaria 388.
veäati 388.
veäayati 486.
?'#i?ff's 388.
veskd- 133.
r^-#«- 133. 139. 512.
i'^sVa^i 134. 572.
vestdyati 134. 487. 521.
vehat- 552.
väidyd- bib.
väirüyate 544. 550.
väiräyita- 553.
väiräyitäras 553.
vyqsayaii 507.
vyagro 500.
vyardga- 513.
vyaidgayati 499.
vyaidgita- 513.
vyatikarita- 515.
vyathayati 522.
ryadho 521.
ri/o 488.
?'^«/yo 488. 492.
vyarfho 500.
vyäkiila- 512.
ryäkiilayati 499. 506.
vyäkhyäno 505. 506.
vyädhd- 545.
vyädhayati 492.
ryädhita- 514.
vyäyayaü 488. 492. 531.
vyaliyati 554.
wand- 512.
fraiiayati 488.
vranayitd- 516.
vranitd- 516.
vratayati 486.
t>r«;o 529.
rric^o 4,91.
rrepo 533.
sqsayati 489. 525.
sqsita- 511.
sdkata 546.
sakalayati 485.
sakasakäyati 551 .
saknofi 385.
sakracäpäyafi 545.
sakrasaräsana- 04^7.
satakayafi 491. 523.
savkd 494.
satagunita- 516.
satacandrita 516.
satrüydnt- 561.
sapathiydnt- bb4;.
sabalita- 516.
sabd{üp)ayati 535.
sabdäy» 551.
sabdäyate 543.
sdmafi 390.
sämayati 522. 531.
samayitar- 510.
samftyati 542. 543.
samäydte 540.
^ar«'- 546.
saraccandra- 546.
saravya- 547.
iaravyayati 486. 488.
sarasarüyati 551.
sarita- 516.
sardhayati 521.
sarman- 495. 497.
sarmaydnt- 487. 508.
518.'
salabhds 385. 546.
salalita- 514.
salyayati 488.
sasamäiids 390.
sasavisäna- bil.
säsvant- bb'2.
sasvati blb.
sastd- 113. 511.
sädayati 524.
Ään^o 500.
säpayate 489. 525.
sämyafi 328.
säyayati 523. 531.
sülabhanj ikä 546.
sälüras 385.
.?äs;«- 113.
sücSayati 523.
^/Ä-.s« 494.
sinjuyati 49i.
^/Tya 494.
sitalayati 500.
sithild- 513. 548.
sithilayati 499.
simisimäyate 551.
sirasyati 569.
sirisiräyate 551.
sirdbhüsana- 547.
silighra- bil .
sivfyati 555.
sisira- 513. 548.
siSirayati 504.
sisiräyate 550.
sisnathat 533.
sisya- b¥i.
s/srathat 533.
sikäydnf 540.
sTghrd 548.
sttayatl 499.
ir^o 4,93.
*j<c- 495.
sucdyant- 490. 503.
sucTyate 556.
sundhayafi 528.
VVortresister.
597
subh- 495.
subhdi/ant- 487. 491. 508
518. 577.
subhaijati 503.
subhäi/ate 540.
surpcujati 488.
sulJca- 4:9i.
sulkai/ati 490. 494.
sulbo 487.
susdijant 508.
suäi- 130.
süraijate 483.
Sfiakhala- 512.
srwWialaijate 487.
sfidgüijäte 542.
spagurita 516.
SYidgäriijati 556.
sekhar- 514.
sekJiarayati 486.
Sekhar ita- 512.
semciyati, -te 492.
selägati 552.
sevala- 352.
Äß/fflf? 573.
sesai/ati 485. 521.
5öl-a- 494.
Ä^ca^i 494.
söcaijati 490. 494. 522.
söria- 548.
sönati 574;. oll.
södhai/ati 493. 521.
söähaifitar- 510.
sönäiiafe 550.
Söphita- 515.
söbhai/ati 487. 521.
sobhai/itar- 510.
ÄöMd 494. 547.
ÄöJ'ft- 503.
sösai/ati 503.
sö^ai/itar 517.
säivälTyati 554.
hyötati 126.
scötayati 493. 526.
^nafho 527.
smasrüycde 561. 562.
syäniä- 548.
syämalita- 516.
syämäyita- 553.
syümita- 516.
Syävayati 500.
5ye/o 500.
syend- 546.
srathayati 493. 517. 526.
srathüyati 541.
sraiharydti 564.
sraddayant- 495.
sraddhä 495.
sraddhita- 515.
srapayati 514.
Srapayitar- 509.
srapita- 511.
srmnci'^äyate 549.
srämayati 492. 523. 531.
ircfo 522. 532.
sracasydnt- 568. 570.
sravasydti 568.
srätd- 511.
srapayati 535.
srävayitar- 510.
srikaiithtyati 554.
srikhan^aiamälapat-
trat! 574.
srudhlydnt- bbl.
slathayati 500.
slathäyati 548.
släghayati 489. 525.
släghä 494.
slesayati 493. 526.
slöka- 494.
slukayati 490. 494.
slöiiati 573.
svancayati 527.
svabhrita- 515.
svabhrlyati bbb.
svds 95.
sväsayati 524.
svetd- 548.
svetacchattra- 547.
svetädvTpa- 546.
svetätapatra- 546.
stttcaranäyati 544.
sandhayati 500.
sandhtyatl bbl.
sa-stlid- 373.
södiyafl bbb. 558.
sqketayati 492.
sqgirdte 217.
sqghatithd 372. 373.
sqctvarayate 486.
sqtaräm 375.
sqfinöfi 351.
sqdhayafi 493. 513.
sarfÄ/- 494. 513.
sqdhifa- 513. 514.
sqbhändayati 507.
sqbhüyasyati 569.
sqvafsara- 116.
sqvastayati- 507.
sq-sinjayati 490. 507.
523.
sqscat- 552.
sqhäpayati 534.
sqhärakäläyati bib.
sqhvärifa- 533.
sakuSthika- 125.
sakhlydnt- bb3.
sacanasydte 568.
sacasydte 568.
s«ci 379.
sajjayati 499. 529.
sajjTyati 558.
sajjiyate 553.
sattrayati 535.
satträp^ 535.
satyäpo 535.
satvanäydnt- 539.
sadhayati 526.
sanakds 216.
sanäyant- 539.
saparydU b64;.
saphalayati 499.
sapind,^ 483.
sabMgo 498.
sabhaj 499.
samagrayati 500.
srtmo 500.
samarfh^ 500.
samarydti 563.
samänayafi 499.
samidhyati 56.5.
samidhyitä bll .
samutsukayati 500.
samiidrd- 546.
saru7}as 383.
598
Wortregister.
saraini/cifi 563.
särai/ati 581.
sarai/ate 485.
sarald- 548.
sarüpai/ati 501.
sarößi/afi 554.
sarga- 494.
sarjayati 494.
sorpo 523.
sdrmas 383.
sarvanai/ati 501.
sarMpa- 547.
savitcwati 573.
sasrds 383.
sffsr/i 383.
sahasrä>/iidhti/afi 554.
sädaijati 522.
sätZÄo 502. 522.
säntrayati 490.
säntvaijitdr 509.
sdnian- 495.
sämui/ati 491.
säro 523.
sävaJciyati 556.
sät)0 524. 532.
{ut)sähai/ati 484. 523.
s/Äft- 546.
sihayati 483.
sincdti 494.
siddJiüntayati 486.
sjV^ 383.
aisvadat 533.
sisarti 383.
sfmantayati 487.
sukhayitar 510.
sukftyati 565.
sukratüyate 561.
sukhayati 490. 503.
sucanä 508.
suttyati 555.
stddina- 548.
sudhayati 491.
sudhä 494.
subhayayati 501.
sumaidgdla 437.
sumdnas- 548.
sumanasydmüna 568.
sumnaydnt- 490.
sumnäydnt- 540.
surajas 549.
surabhayati 502.
susüydte 562.
susraydnf- 508.
susfhayati 501.
sücana- 508.
sücayati 486.
sücikula- 546.
sütrayati 486.
s«7(^o 527.
srjdti 4:94:.
seka- 494.
secayati 494. 521.
se(i/io 491. 521. 529.
s#«ff- 494.
sdlagas 383.
sevayati 491.
ser« 494.
skandayafi 523.
skabhdyati 541. 552.
skunüfi 126.
skunüti 126.
skundate 121 .
skänti 126.
skhälayatl 524. 531.
s/an» 527.
stanasyati 569.
stabhäydti 541.
sfabhüydnf- 561.
stavayati 490. 521.
s^ayo 531. 532.
sfäfo 524.
stimit9 501.
stenayati 483.
sfö/r" 490.
stobha- 512.
stöbhita- 513.
stömayati 490.
styäyafe 322.
strtyati 555.
sfAa«/o -528.
sfhaltyati 555.
sthüpa- 537.
sthäpana- 508.
s^Ää^jo 534. 537.
sthird- 548.
sthävara 355.
snäpayati 534. 538.
snÄs" 532.
snehayati 486. 522.
spand° 524.
spars'^ 525.
SiJrt^/ 499.
späsayati 529.
spfhayaii 490.
spfhä 494.
sphäyayati 532.
sphitto 501.
sphurdti 442.
sphürjayati 527.
si;Äö/o 523.
sphöro 529.
smaravadhüyati 561.
smäyayati 524. 531.
swäro 523. 531.
syand° 524.
srcso 522.
sraj- 494. 495.
srajayati 487. 494.
srnvo 524. 532.
sr«<c- 494. 495.
srncayati 493. 494.
srer» 528.
srajana- 545.
svajanayati 483.
srafanfro ,504.
svadayafi 527. 529.
sradhayafi- 491.
svadhä 494.
svadhämahe 575.
svand- 531.
svänayati 490. 520. 531.
scapasydte 568.
svdpna- 547.
svapnäyate- 542.
svarayati 490. 531.
svalgasila 546.
svadayafi 493.
svänd- 531.
scänayati 524.
sväpakiyati 556.
sväpayati 522. 535.
sväniiyati bbb.
svedayati 524.
ha 108.
Wortre2;ister.
599
hqsd- 546.
hanamijati 556.
hcinu^ 107.
hänta 108.
hambhäyate 543.
harind- 546.
harinirüpai/ate 550. 552.
härita- 548.
har^ai/ati 524.
ÄaZo 488.
häsfai/ant- 508. 518.
hastas 107.
häpayati 533.
Ääro 524. 531.
MfO 524.
Ärtso 524. 528.
Ä* 108.
hisayati 521.
Ä/Ä« 494.
hikkayati 524.
hikkä 494.
hindölayati 488.
Ä/m«Zo 489.
himadrtyitam 554.
}iy.kärayati 490. 524.
htivanydii 563.
hürchayati 529.
hrrtäydut- 540.
hftiiyamäna 557. 560.
heläyati 521.
hesäyaii 521.
liöman- 495.
hömayati 493.
hmälo 532.
hrädo 524.
hrüdnnis 100.
hräduni 100.
hräsayati 492. 524.
hrepayati 534. 537.
Äre^o 524.
ÄZäc^o 524.
hvald 4:94;.
hvälayati 524. 531.
Pali.
abbhakkhänam 210.
übbhäcikkhi 210.
ä-cikkhitvä 210.
äcikkhissami 210.
cikkhafi 210.
Neuindisch.
girnai". usfäna 135.
Awestisch.
aesnia- 138.
aesma 136.
aezaxa 136. 138.
«/6» garante 217.
a«rr«- 383. 384.
«ra/ 16.
a-zaramö 222.
azarasanf 222.
azaw 107.
«^rt;*- 461.
ämant- 435.
iskata 136.
«■s/^ff 136.
ustäna- 136.
Hsfra 347.
kiisra 129.
gae&u 319.
gaesa- 318.
gaesu 319.
gaona- 316. 317. 318.
gaosa 464.
gourii- 218.
(jrar- 318.
(/ara- 318.
^ar- 217.
gara- 217.
garawh- 217. 218.
garah- 218.
gardd 99.
gardwa- 336.
^arö 219.
gavobis 219,
gamo.bdrditi- 328.
günaoiti 318.
grava- 325.
xaoSa- 129.
xscid- 321.
f«- 16.
^aerrt- 322 324.
tow 332.
-f«f- 376.
iusni- 339.
fusnisad 339.
dahyuma- 400.
f/wfö 388.
^^M»«- 96.
&raos- 324.
&raos-tl 324.
jjaemau 191. 322.
payah- 322.
^«rö 233.
pixa- 325.
pivah- 322.
baevard 475.
bdrdxda 105.
naska- 122.
maga- 437.
mai^axa 326.
mang 437.
niasya 319.
imzda- 133. 139.
y/ö06'^^- 137. 139.
yaozaiti 137. 138.
yaozayeiti 137. 138.
yüiSyeiti 137.
raesat 377.
raesa- Sil.
vawzaka 348.
V3r9&ram 213.
rä«Y/i 384.
stoerffl 322. 324.
snävar» 399.
zaena 458.
zao&i'ä 458.
zairi-gaona- 316.
zairinö 222.
zaiirurö 222.
zaurva 222.
zanfuma- 400.
mra/ö 222.
zäcard 458. 474.
2;? 108.
ZMM« 320.
zyäna 458.
2r«(Fa- 458.
hama-gaona 316.
M« 96. 97.
Jiämd-myäsaHe 334.
600
Wortregister.
Altpersisch.
anii/a- 6.
gauSa 464-.
patikara 473.
ha»daka- 379.
yaudatiif 137. 138.
zana- -ibl.
züra 458.
haur 97.
Pehlevi,
Mittelpersisch.
beiar 4:75.
gätan 328.
ges 318. 319.
gönak 316.
hamgönah 317.
mp. %ezm 138.
mp. »5^ 136.
mp. nigösag 463.
n{i)kühitan 128.
patkar 4:73.
pixak 325.
mp. sa/Äer 473.
sämän 473.
tanand 332.
^eraÄ; 322.
mp. 2rör 458. 474. 475.
mp. a;?*^ 136.
zart 458.
zartgön 458.
mp. 2;«rör 474.
se« 458.
mp. zendän 458.
söÄr 458.
«wr 458.
Pazeiid.
güna 317.
2;reÄ 458.
Neupersisch.
ämezam 334.
iäf^ 457.
banda 379.
icrn 118.
bevar 4:75.
gü-öan 328.
i/ä» 328. 329.
gäi/aS 328. 329.
gäyavn 330.
^res, -« 318.
gösa 326. 327.
P'i7w 317.
güna 317.
günagün 317.
ja/v 325.
hezum 138.
histan 464.
^arr 457.
malax 326.
mrt/ii 319.
mea: 326.
m/£a 333.
murr 459.
mnza 333.
nikühidmi 319.
nikühTdan 128.
^«Ja 332.
tafna 331.
tan-aö 332.
tanandü 332.
fanasfa 332.
tarn San 332,
tübaö 331.
fäbJ<fan 331.
/«/■/rt 331.
täffan 331. 365.
^äwa 332.
^är 332.
a;Ȁ7 136.
zafarün 458.
zanbil 4:57 .
zanbtr 457.
zanbür 458.
zandt 457.
zandtk 457.
2ran,9 457.
zanjfr 458.
.^ar 222.
zarävand 458.
zarkas 457.
zarnik 457.
zarmq 4:57.
zarmx 457.
2^e»> 458.
zindan 458.
zinjir 458.
^i-r 458.
zirävand 458.
2r/r//t 458.
zirisk 458.
ziyän 458.
;2ör 458. 474. 475.
zumurrud 458.
zunnär 458.
»Ml- 458.
Afghanisch.
(j'esif 318.
yay-al 328.
yö" .328.
yö«?aZ 328.
yM«a 317.
^ero 322.
icoÄ^re 136.
Bahitschi.
^f7x 328.
gösak 326.
«5^ 136.
miSaö 333. 334.
misäs 333.
fer 322.
Kurdisch.
^f7« .328.
gäy-in 328.
^MÄC 326.
^«73 326.
Ä;tm 326.
m?"// 333.
mizänk 333.
m/^t 333.
Iranische Dialekte.
kä§. icö-se 326.
mäzand. mejik 333.
pam. ^eöam 331.
wachi towam 331.
Ossetisch.
yes« 318.
ywn 317.
altoss. rüjcaKoc 463.
Wortregister.
601
i-yosäg 463.
qad 328.
qäin 328.
qäi/un 328.
qts 318.
qTz-gun 318.
gMn 317.
qüsüy 463.
zärond 222.
Armenisch.
m7 476. 477.
airem 461.
acwa; 326.
aÄ;n 216.
atam 472.
atavni 474.
analut 466.
«n^e^ 461.
angitanam 461.
anzgay 470.
anzgani 470. 471.
anzgamufiicn 470.
anzgayabar 470.
anzgayagoin 470.
anzgaijufiim 470.
anzgayiin 470.
anxul 461.
ancuk 216.
anjuk 216.
anurj 476.
anfanel 461. 462.
««p/? 461.
afagast 361.
afacim 461.
afanc 462.
aranfaneni 461.
araneeluflun 461.
afangik 462.
afancR 462.
aro; 462.
afajadrufiuH 462.
atajin 462.
afajinn 459.
aT^i" ^0^ 462.
araniur 462.
arbaneak 384.
ar(Z 462.
art^t 459.
arfun 462. 468.
arf>* 474.
arkanem 463.
arhavir-Ic 463.
arm 466.
armanam 463.
armat- 466.
armttkn 216.
artuii 463.
aucanem 466.
acacu 461.
af^ 461.
bazum 469.
bastetn 476.
Jewr 475.
öef» 473.
bfnazbaus-em 466.
ömr 475.
Äi^frt 666.
^'a«? 476.
g-am 471.
(/an» 473. 475.
gatanem 4^62.
garun 4/75.
ges 318.
^e< 116.
gisak-kh 318.
^«Wer 477.
Giserajor 4/77.
glux 326. 463.
gnam 463.
pforn 317.
p^o/^ 463. 464.
gunak 317.
gunem 317.
gusak 463.
gusakem 463.
grgfem 4;64;.
dalar 473.
dizanim 469.
(?MS^r 473.
e^am 472.
elanetn 464f.
ek 471.
eH 471.
eicaiiem 4;64;.
eram 4G4:.
etetakal i6i.
ett 4^64:.
z 459. 460.
zazir 466.
zairagin 461.
zairanam 461.
zairumn 461.
zairuc-ß 461.
zakanem 460.
zakatim 466.
zahanöim 460.
zatpatpun 460.
zambik 466.
zambiut 4:bl.
zambit 457.
zambut 458.
sa*i 457.
zanab 458.
zanak 466.
zanaluf 466.
zanar 458.
zangak 457.
zanganem 466.
zangapan 457.
zangik 457.
zangitem 461.
zandik 457.
zanxul 461.
zanganem 461.
zancarnel 461.
zacat-em 461.
zacacti 461.
zaracanem 461.
zafacanim 461.
zafam 461.
zaranc 462.
zaranp-anß 461.
zntnceal 461.
zafanpel 461.
zarangem 461.
zatancuganem 461.
zafajavor 4^62.
zarajavorufiun 462.
zafajeav 460.
zarajeaulc 460.
zarajem 462.
zaraßnn 459.
zai'ik 457.
602
Wortregister.
zatnavHxt -ibl.
zaf i fap 462.
zafJcaS Abi.
zavac 466.
zavak AGQ.
zavhran 458.
zavwbJt 461.
zat 462.
zatanem 462.
zatanim 462. 466.
zatik 466.
zatfim 462.
^aramt<r 462.
zarganam 466.
zargun 466.
«ar(^ 462.
zardarem 462.
zardis 459.
zartnum 462.
zarfun 462.
zarfucanem 462.
zarkanem 462.
zarkanini 462.
zarkucanetn 463.
zarhurim 463.
?arm 466.
zarmanam 463.
zarmanR 463.
zartagoin 4:07.
zartaxoir 458.
zartiiti 463.
zartutim 463.
zarös 466.
zapran 458.
zbafim 466.
zbausnum 466.
zgait 467.
zgairim 467.
e^^a? 472.
Ä<;faZi 470.
zgac-eal 466.
zgacnum 467.
zgaciimn 467.
zgram 463. 469. 470.
zgayakan 470.
zgayaran 470.
zgayufiun 470.
zgagun 470.
471.
zgasdes 469.
zß-as^ 470.
zgastanam 470.
zgastueupanem 470.
zgaspes 469.
zgastufiun 470.
«(^af? 471. 472.
zgafip 469.
zgafupanemilO. 471 . 472.
zgenum 463.
s'^esf 463.
zgetnem 463.
zgecufanem 463.
zgeppis 469.
zglxem 463.
zgnam 463.
s'^'o/^ 463.
zgusavor 463.
zgusufiun 463.
zgrgrem 464.
;^5'at<w 464. 470. 471.
zgaunanam 4:70.
zgaunacicfanem 470.
zgaunufiun 470.
eea?» 458.
zelanem 464.
zekupanem 464. 471.
s-ß^a; 467.
zetxanam 467.
zetxeal 467.
zetxufiun 467.
^efc 464.
zetum 464.
zeiun 4:64:.
zetj 467.
zef(!em 467.
zenum 467. 469.
zeram 464.
zefun 4:64:.
zetetem 464.
^erf 459.
zercum 464.
zercHfanem 464.
zerpanim 464.
zepiur 458.
zepiuros 458.
zzuanff 467.
zzuem 467.
zdmbat 467.
zambatim. 467.
^9mr»m 467.
zandam 468.
zsnkenum 465.
Ä* 459.
ziard 459.
0«7 458.
s-iÄ; 458.
2:^^' 467.
s'inf 459.
ziurovin 460.
zifanim 465.
zijupanem 465.
2»s# 467.
zirarem 465.
zirarim 465.
^«rÄ; 467. 468.
zlanam 467.
0Ä;ef 467.
zkc-anff 465.
zkc-ecueanem 465.
zkcim 465.
^Ä-nt 459.
zkrktanE' 467.
2:Ae/ 459.
sr^aZ 467.
ztjanam 467.
zmailecupanem 467,
zmailim 467.
zmbat 467.
zmelin 458.
zmilin 458.
s'w«?^ 459.
zmttrs 458.
zmufn 459.
zmfnitemvßar 458.
zmriixt 458.
zndan 458. 468.
sn»n 468.
ew»«^ 465.
^snwem 468.
znnumn 468.
2:«/>7 458.
znstagoin 465.
znstanim 465.
znstim 465.
2»s^Mpa«em 465.
Wortregister.
603
zodiakos 458.
zoig 458.
zoigß 458.
zoh 458.
zohal 458.
zohrciy 458.
^ofrt^ 467.
zom 458.
zopay 458.
zoraurinak 459.
00«? 465.
zovanam 465.
«ovof 468.
zovofufiun 468.
zoßam 468.
zoffand 468.
zugem 458.
zulanibim 465.
2MÄ: 468.
^Msp 468.
0tt^ 468.
«ttr 458.
zurapff 458.
zcarini 4:65.
zspem 468.
zstgelum 465.
zvarak 458.
zvarö 468.
zvaräanam 468.
zvarcufitm 468.
zvarf 468.
zvartagin 468.
zvarfanam 468.
zvarfun 468.
zvirak 468.
zrahau/c 468.
zrah-R 458.
^/^a« 468.
zrevand 458.
«Wi^* 458.
«rÄ;em 468.
0rotV 468.
ztelim 465.
ztefim 465.
2^em 468.
zpaxcim 465.
z«tt(Z 465.
zaudern 465.
zaiic- 466.
zausaßaf 469.
zausot-utiun 469.
s'ör 475.
^awr 458. 474. 475.
zanravar 458.
zauravor 458.
zaitriifiun 458.
andarmanani 463.
Bnferfif 469.
dnkenum 465.
astanair 469.
asfapeal 469.
9stgtanem 465.
thanam 356.
fmhir 468.
fmbrim 467.
fnirim 468.
fo»7 477.
fofunt 477.
fhreni 355.
«ÄrjM 357.
if 459.
^nc 107.
«y 107. 108.
ijanem 465.
ijucanem 465.
irazgap 471.
irasek 471.
trear 465.
lampar 473.
Zesu 469.
Z/^em 469.
Zj^r 474.
xanjarur 478.
xarbal-em 478.
xnjor 478.
a;raa; 326.
cer 222.
cnaut 107.
Ä;a«sr 474. 475.
kat-at 336.
katin 473.
karkut 101.
ytesar 474.
Ä;/w^ 459.
kistefn 476.
kcanem 465.
Ä-cem 465.
^•c^^ 465.
ä,-h//P 459.
korncim 475.
Ä;j<;- 345.
yttifn 345.
Ä;sÄ;/c 465.
kskcefufanem 465.
Ä;rrt// 345.
Aa^ 462.
hafanem 462.
hator 462.
haraz 464.
Jiarkaneni 463.
hzaur 458.
hetum 464.
Äot' 465.
janjaxarif 477. 478.
ieY 478.
j7Mf 478.
mar(^ 473.
matufn 476.
mec 107.
WO0« 469.
mukn 216.
mrjiun 476.
yanzgay 470.
yanzgayeal 470.
yancanel 461.
yacax 326.
yacateni 461.
yafaj 462.
yafajem 462.
yaramur 462.
yardarem 462.
?/e^p 464.
^öMC? 466.
yaudem 466.
«a 93.
Mefn 472. 475.
M?s< 465.
nio/Z 477.
nSulem ^11.
nstim 465.
nstufanem 465.
Äof 477.
sotam 4ni.
sotiun ¥11.
604
Wortregister.
SotSotim 4:77.
ozni 469.
olokh 866.
otj 476.
oskezauc 466.
oski 466.
ost 379.
idn 465.
wi 321.
utl 463.
M«Ä;n 216.
Mj-oa; 326.
dar 465.
palar 110.
patker 473.
pornik 475.
-s 95.
saÄ:r 474.
sahman 473.
safw 473.
skesur 473.
skizbn 469.
s»ser 473.
stanam 469.
stasci 469.
stasfis 469.
sier/ 476.
rer/jj 475.
vernatun 475.
t;?^ 469.
vrnjem 475.
to? 477.
ie^i 464.
j&aiZ 476.
pailem 476.
paxcitn 465.
^öf 469.
ßafem 469.
^e^ 107.
i?«m 468.
Griechisch.
dToGöc 389.
dYaTToiuJ 389.
d-f^pacToc 230.
d'fnpaxoc 240.
dYKÖvouc 386.
dTvdjc 389.
dYOCTÖc 1Ü7.
dbd|uaTOC 328.
db^u'ic 389.
'Abpncxtvri 216.
dei 96.
äexia 213.
'A8avo 244.
ai9oc 136.
ai\oc 476.
aicxoc 102.
aixiudXuDTOc 379.
dKÖXouGoc .379.
dKoviTi 386.
d\a5 366.
dX^Fo(v)Tec 244.
dXXoc 476.
dXoE 367.
diLicpiTroXoc380..390.391.
'A(v)Tiqpaiuo ö 244.
dvaßaiveiv 330.
dvbpdiroba 378.
dvbpiov 216.
dvGepedjv 348.
dveeuL) 347.
dvöoc 347.
dvBpdjTTiov 216.
doZoc 379.
docceuLi 379.
doccriT)]p 379.
'ArroXXujcpdvric 213. ,386.
d TTTÖXic 242.
d-rr' (1)1 246.
dp0pov 474.
ApicTOKÜTTpac 241.
'ApicToqpa(v)TO ö 244.
dpKTuXoc 216.
dpKTOC 216.
dpöuu 236.
dpceviKÖv 457.
dpTÜULi 462.
dcraKÖc 399.
dcTpdYaXoc 399.
äxpaKTOc 370.
aüexf] 213.
auXöc .321.
auoc 503.
aürdp f-u 248.
aücauToO 213.
aÜTÖc 11.
dcpXacTov 165.
ßdXavoc 106.
ßdpoc 218.
ßapuc 218.
ßacxd 121.
ßacxepviov 476.
ßid .329.
ßidrecGai 329.
ßißdZeiv .330.
ßißäxi 3.30.
ßiv^CKO|uai 329.
ßiv6'.u 329. 330.
ßivrixiduj 329.
ßoiieöoc 389.
ßöGpoc 449.
ßoXßöc 110.
BöcTTopoc 330.
ßpOUKOC 111.
ßpUKO) 111.
ßiü^aS 216.
ßuü^öc 216.
YttXöuJc 203.
Ytt^euj 328.
YaiacpiiXai 205.
Yöp 8.
YauXöc 344.
YeYripäKe 2.38.
Yevecic 384.
Y^vuc 107.
Yepaiöc 219. 221. 229.
230. 235. 239. 240.
Yepaipeiv 223.
Yepaipuj 218. 229.
YepaXeov 240.
Yepapöc 218. 222. 229.
230. 239.
Y^pac 217. 218. 223. 224.
225. 227. 235. 236.
239. 240.
YepdciiLioc 230. 231.
Y^pac 219. 220. 221. 222.
YepY^pi^oc 222.
Y^povxec 234.
Yepoucia 2.34.
Yepoücioc 231. 2.32.
Y^puuv219.220.221.222.
223. 231. 235. 240.
Wortregister.
605
■fripaiöc 220. 221. 240.
■fr]pa\ioc 240.
YnpaiLii 239.
■fripdvai 238.
TlpSvai 238.
Tnpac 217. 219. 220. 221.
222. 223. 235. 236. 240.
Tnpac 236. 238.
THpace.uev 238.
Yripacexai 238.
TnpäcKUJ 239.
Tnpäuj236.237.239.240.
Tnpeic 239. 24Ö.
Tnpnnv 236. 238. 239.
TVjpoßocKÖc 240.
YHPOKÖiaoc 240.
Ynporpöcpoc 240.
YXaqpupöc 103.
YXäqpuu 103.
TÖ|uqpoc 205. 445.
YÖvu 325.
YpdcTic 101.
Ypoiuj 101.
YpOZuj 101.
YuciXac 327.
Y0a\ov318.327.842.344.
YÜTi 327.
Yi)r]c 327.
Yuiov 327. 344.
Yöpoc 318. 343.
Yupöc 318. 344.
Yupöuj 344.
YU).\eöc 336.
bdFioc 387.
bairpöv 213.
buirpöc 213.
baiuu 387.
banduj 236.
bdiTic 331.
U 108.
beXcpaKivri 216.
b^invia 449.
bnioc 387.
bittKovoc 386.
bmveKj'ic 386.
bi^YeXa 236.
bir.Xicpric 386.
biriveinoc 386.
bTBOpaiLißoc 165.
bjuriTÖc 328.
bopidXuüTOC 379.
bouXov 387.
boüXoc 386. 387.
böpu 325.
bopudXuuToc 379.
bprqcTnp 388.
buTi 387.
büva]uai 387.
bojXoc 386. 387.
^ßä 330.
^TY^n 318.
^Ynpa 237. 238. 239.
dYnpaca 235. 238.
i■fr\p^v 239.
eYKcXerjcaro 506.
eYKovic 386.
^YKoveu) 386.
ifvj 107. 151.
eeXbuup 212.
FeGoxo 244.
cipepov 382. 383.
eipoKÖiLioc .:90.
eKaTÖ^ßn 330.
EKeT 4. 5. 96.
eKcTöev 5. 96.
^Keivri 96.
^Keivoc 1. 2. 3 fr. 92.97.
dKeice 96.
eXaiuüv 94.
^XdvTUJ 236.
^Xduj 236.
eXeuöepoc 384.
eXujp 212.
e|Lie 151.
eiueYe 107.
e^du) 236.
^^01 150. 151.
evbuXuj 387.
evri 95.
gvOeoc 253.
eE 463.
dEopüEn 247.
dE Tdi 247.
iZ Tüüi 247.
inixvxe 247.
dTTißaxeüeiv 330.
eiT£Keiva 5.
diTivoeui 214.
dirirabe 5.
dpexric 384.
epeuGoc 124.
epiGoc 384.
'EcKXaßrivoi 379.
Fexoc 116. 128.
exu|Lioc 400.
Guvri 320. 321. 449.
euvic 320.
'Exebd|uo ö 244.
expaov 99.
IxQic 97.
läei 329.
laxprieTc 99.
leöYiLia 458.
ZeuYoc 458.
leqpupoc 458.
ZiudpaYboc 458.
ZlujbiaKÖc 458.
Zlujvdpiov 458.
rißdo) 236. 239. 240.
fißii 239.
fini 248. 249.
Gaipoi 389.
GaXepöc 473.
GaXXiov 207.
Ga^d 377.
GaiLieiai 377.
Ganeec 377.
Gdxac 388. 389.
Gd|Liic 451.
Grmüjv 377.
Gric 388.
Gficca 388.
GXduj 105.
GXißuu 105.
GodZuj 389.
GoXepöc 353. 389.
GoXöc 353. 389.
Goöc 389.
Gpaucxöc 120.
GpaOuu 106.
Gpainßeijeiv 165.
Gpiaußoc 165.
Gpöva 106.
GpüjCKeiv 3.30.
606
Wortregister.
euvfeu) 50-i.
eövuj 389. 504.
eOrac 388.
edo) 353.
euü,uöc 377.
ijäcBai 242.
iarpöc 213.
Fienai 388.
irjTi'ip 213.
iva\a\ic|a^va 247.
IV 'HbaXiuui 246.
i(v) Tai 247.
i(v) Tä(v) 247.
i(v) xeiaevoc 247.
i(v) T^pei 247.
i(v) TÜxai 247.
i(v) TU) 247.
lov 347.
lovedc 346. 347.
loveoc 346. 347. 348.
iou\oc 347.
ITTTTOKÖiaOC 390.
'Ipic 388.
FTpoc 388.
icTnci 210.
ituK)'"] 347.
iujpöc 347.
KuTcap 474.
KdXXiinoc 400.
KaXüßn 446.
KaXÜTTTUJ 446.
KoiiaaToc 328.
KOTTpäuJ 481.
Kapßdxivoc 165.
KÜpti EavBöc 253.
KUTd 379. 450. 451.
KaTaYeXd|H6voc 236.
Kacdc 113.
KUTernpä 237. 238.
KUTeYnpdcav 235.
KeiBi 4. 96.
KfeXujp 213.
KevTEoi 450.
Kevxpov 450.
KtuGiLidjv 129.
KeuBoc 129. 130.
KeüGuu 129. 131.
Kfieu 96.
Krivoeev 96. 97.
Kf|voc 76. 94. 97.
Kri(v)o6ei 96.
KrivÜL) 96.
Kfip 396.
Kicöapoc 133.
KicGoc 133.
KicTepva 476.
KICTOC 133.
KXiDvec 459.
K|ariTÖc 328.
KOcUJ 206.
Ko.uiCuj 390.
KovapdjTepov 386.
KÖvei 386.
KoviiTai 386.
Kovic 103.
KovTÖc 450. 451.
KÖpaE 378.
KußiCTrjC 399.
KÜßoc 129.
KubdYxac 127.
KubttTXÖf-ieva 127.
Kubdlo) 127.
KubaiTeTv 127.
Kubdccei 127.
Kubiac 127.
Kuboi|aöc 127.
KÜboc 127.
Küboc 127.
Küeoc 130.
KÜvbaXoc 127. 128.
KÜTTri 129.
KucaiLievri 130.
Kucepri 131.
KÜcGoc 130. 131. 132.
Kucöc 129.
KÜccapoc 129.
KÜCTepoi 131.
KÜCTrj 130.
KÜCTIC 130.
KUTIC 129.
KÜToc 129. 130.
KÜTTapoc 129.
Kuqpöc 129. 359.
Köqpoc 129. 359.
XajUTTTrip 211.
Xdxpic 380.
XÖTpov 380.
Xeipöc 103.
XeuKOjXevoc 253.
Xfexpioc 367.
XiTpa 474.
Xotöc 367.
luaYTctveuo) 435.
ludxYavov 436. 437.
yLöZa 357.
[xalöc 133.
|Lid6uiai 326.
|LiaiO|nai 209.
Md,uepToc 169.
|Lidp|Liapoc 168.
Mdp,uepToc 169.
ILidvTic 211.
ladp-TTTic 211.
laapTupiov 476.
|Liacdo|Liai 326.
juacGöc 133.
ludccuL) 357.
luacTiYÖu) 209.
^dcTiH 209.
jLiacTÖc 133.
laeYac 107.
ILieciTric 453.
la^coc 453.
lnribiZluj 481.
ILirjCTDup 212. 213.
m'lXi 108.
lufixoc 206.
ILiicYUJ 333.
iLiiceoc 133. 139.
|uic9iDv Kd d(v)Ti 244.
f^oi 150.
ILiOboc 121.
[Liuöeo.uai 102.
laü^^a 459.
laucoc 121.
vaixi 108.
veoYvöc 378.
Nepujv 472. 473. 474.
475.
veöpov 399.
veupöcTiacToc 399.
veqppöc 102.
I vrjTTÜTioc 213.
i viKoip 212.
v6(F)oc 214.
voccibec 122.
VÜKTUJp 212.
vüS 212.
öbe 76. 86.
öboc 379.
öleia 379.
ö2oc 379.
ö-IuTec 379.
oiexeac 213.
OlK€l 96.
oiK^xric 377.
okeuc 377.
oiKOC 491.
Ol 'OvaciKÜTTpuJ 245.
Ol 'OvaciKÜTTpoiv 242.
oTcoc 319.
ÖKeUo) 379.
öX^Kpavov 386.
8\oc 476.
öjLiixXri 204.
'Ovaiujv 245.
öveipoc 476.
övoi.idK\uToc 250. 253.
övu 95.
öEuXov 379.
ÖTTaxpoc 379.
ÖTTicÖevap 399.
ÖTTICIC 241.
ÖTTicic Ke 248.
öpBoc 109.
cipf.ir) 383.
öpraXic 216.
öpxdXixoc 216.
öc|nri 116.
öcxaKoc 399.
6 ZxaciKp^xeoc 242.
ö ZxaciFoiKUJv 242.
öcxeov 399.
öcxpaKov 399.
öcxpeov 399.
öcxpüc 399.
öcxpüü 399.
öccppaivoiaai 101. 116.
öcqpprico|jai 101.
öcxn 379.
öcxoc 379.
öxpaXeujc 382.
Wortregister.
öxpnpöc 379. 380. 382.
öxpüvuu 379.
ou YCP 248.
oÜKi 108.
oüpobÖKrj 399.
oöpov 399.
ouc 216.
oöxoc 2. 10. 76 f. 83. 86.
ouxi 108.
öq)pOc 119.
öx^uj 494.
öxoc 429.
irdBvri 114.
iraTc 378.
TTdWa 326.
irdWeiv 326.
-rrapGevüjv 94.
irdpoc 233.
TTdc Kac 248.
-rraxuXöc 216.
Tiebd 451.
ueicf.ia 116.
ireXujp 212.
ireTTvüinai 213.
TTeTTUüKa 329.
iTdpbo|nai 203.
nep' HbdXiov 246.
irepBuJ 119.
-rrexdvvuiLii 449.
map 322.
Ttillw 214.
TTivuiaevriv 213.
ITIVUCKUÜ 213.
TTIVÜCCUU 213.
TTivuxri 213.
TTivuxöc 213. 214.
TTivuj 329.
ttXujc 389.
TTobdjKric 253.
TToexöiLievov 244. 247.
TTÖKOC 369.
TToXufiipaoc 240.
TTÖpvri 476.
TTÖpvoc 476.
TTÖCIC 115.
TTÖi TTacaTÖpav 247.
TTÖc xö(v) 247.
TTÖc xdv ieprjFijav 247.
607
TTOx-eXdxuj 236.
upecßa 233.
irpecßeia 228. 229.
TTpecßeiov 227. 228.
irpecßeüeiv 233.
upecßeuc 227.
Ttpecßriiov 227. 232. 233.
Ttpecßicxoc 232. 233.
TTpecßoc 233.
Trpecßu-fevr)c 233.
irpecßüxaxoc 232. 233.
TTpccßüxepoc 232. 233.
TrpoßX/ic 389.
irpÖTToXoc 380.
TTÜppixoc 216.
TTOjXeuu 494.
|)djo,uai 383.
cdKpa 474.
criiLiepov 4. 6. 95.
cric 351.
ciai 351.
ciaXic 351.
ciaXov 351. 352.
ciaXoc 351.
cieXov 351.
ciaXujbnc 351.
ciKO 352.
civvo|Liai 351.
civoiLiai 351.
ctvoc 351.
cic 247.
CKub,uaiva) 127.
CKÜpoc 126.
CKupuJxdv 126.
(c)kOxoc 129.
C|niXiov 458.
C|uupixric XiOoc 458.
C|iiüpva 459.
CTtaipuj 442.
cxaic 354. 355.
cxeap 354. 355.
CX6Y0C 322.
cxeivoc 381.
cxeTpa 476.
cxeXexoc 323.
cxeOxai 355.
cxia 322.
cxiZitju 323.
608
Wortregister.
CTiov 322.
ctOXoc 323.
cu|U)Liaxiä 377.
CUV öpKoic 246.
cu(v) TÜx« 2i-7.
cuqp6(i)öc 116.
Tä Favd(c)cac 244.
xabeTva 95.
TCIKIU 350.
TÖiv 'AGoivav 243.
TÜv ieprjFijav 243.
Tä(v) iTTÖXiv 245.
Tavüo) 332.
rdv irep' 'Hbd\iov 243.
245.
xdirric 331. 365.
TdTtic 331.
rapöv 382.
Täc 'AGdvac 242.
xdc dvd(c)cac 242.
Töc Favd(c)cac 242.
xdc fe 248.
xdc Geo) 242.
xdc 'OvacaYÖpau 2i2.
xdc 'Ovaci\uj 242.
xdc Tiai 248.
xdc TTaq)iac 242.
xdc Fprixac 242.
xd uxnpujv 244.
x^Toc 322.
xeibe 97.
xeipuj 350.
x^K)Liujp 212. 213.
thessal. T^iairea 444.
T^inirri 444.
xepduL) 350.
xexpd-TToba 378.
xexpaxiLiov 399.
x^cppa 102.
xfi 97.
xriKO) 349.
xriiLiepov 4. 95.
xrivei 96.
xrivöGi 96.
xfivoc 76. 94. 97.
Tr\vuj 96.
xi 459.
xiGTim 388.
xiXduu 356.
xi\oc 351. 356.
xTxOj 356. 372.
xoioutoc 15.
xoTc 186.
xoTc KaciYvr]xoic 242.
xoTc iraici 242.
xöv d(v)bpijd(v)xav 243.
xöv dpYupov 243.
xöve 95.
xöv ebiUKev 246.
xöv ijaxfipav 243.
xöv i(v) 243.
xöv 'Ovacayöpau 243.
xöv 'OvaciKÜirpuDv 243.
xöv öpKov 243.
xopvoc 382.
xopöc 166.
xp^XUJ 382.
xpiipöv 382.
xpiTTobiZeiv 166.
xpiTTobov 166.
xpöxic 380. 382.
TpoxiXoc 382.
xuiv ai\u)v 243.
xuuvi 95.
xüjv 'OvaciKÜ-npiuv 243.
xwc d(v)epiJbiTUJC 242.
xüjc KaciYvr)xa)C 242.
xujc 'Ovaci\iuv 242.
xuü cirfioc 242.
XU) ZxacttYÖpau 242.
XUJC iraibac 242.
öbei 116.
üboc 128.
übpoiTÖxric 399.
ubujp 212. 213. 399.
ÜTTep^Keiva 6.
ÜTTepqjiaXoc 350.
üirripexr|c 384.
üc|uivri 137.
öccojTTOc 458.
ijqpaivuj 338.
üqpr) 338.
qpapöuj 118.
q)dpcoc 118.
cpdxvri 114.
qpeivu) 351.
qpGovoöiaai 262.
qpixu 350.
qpXißuj 105.
qpXOat 110.
cpXüuj 110.
cpopKÖc 111.
qppaxpia 377.
qppuYiXoc 104.
qppÜYW 104.
qpi)Ei|uoc 400.
Xaixri 319. 320.
xGec 97.
XXaTva 103.
xXeun 103.
XXfiboc 104.
XXiuj 104.
XXujpöc 103.
Xovbpöc 100.
Xpaivuj 100.
Xpf|cGai 100.
Xpucöc 100. 125.
ipdpiYt 216.
lyfiqpoc 216.
ibGeu) 483. 494.
UJKUTTOUC 253.
ouXcKpavov 386.
ujXevri 366.
liv^o.uai 494.
Neugriechisch.
Xaiuia 206.
Albanesisch.
baske 121.
bese 115.
bi-ane 118.
bresen 120.
dase 115.
(^ase 115.
he» 127.
hu» 127.
ffese 115.
kiifi'is 448.
l'ase 115.
pase. 115.
per-pos 115.
pttipe 366.
rase 115.
sivj^i 95.
Wortregister.
609
ust 133.
vese 115.
Lateinisch.
actor 212.
ad summotum 1-M.
aduocapit 162.
aeger 102.
aestas 136.
aestus 136.
aZms 476.
alterna 158.
alter nei 162.
alternis 158.
ambäges 390.
ancilla .381.
ancillula 381.
ancula 381.
anculäre 381.
änculus 169. 381. 391.
animal 107.
ansar 168.
anteanibulönes 380.
antiquior 233.
antiquos 233.
aplustruni 165.
ar&or 378.
arbustum 378.
arbustus 378.
arduus 109.
artifex 169.
attenuo 351.
aiiceps 169.
auonculus 169.
«icis 212.
babulus 110.
öaefö 330.
balbus 110.
JcZZtw 107.
berbeces 160.
öer^ier 142. 160.
6es<m 107.
biclus 160.
biennis 210.
6j?es 110.
bimensis 211.
blandus 109 f.
blatea 110.
blaterare 110.
blatire 110.
Ä^aWa 109.
brassica 111.
brattea 111.
ö/m 111.
brigantes 111.
brocciis 111.
bruscum 111.
bulbus 110.
ämZ?« 110.
cacula 385.
Caecilis 142.
caesaries 320.
cäZo 385.
capiclum 163.
capitulum 163.
capreäginus 157.
carcar 168.
cärectum 378.
carpatinus 165.
cassis 114.
castula 113.
casula '621 .
catena 113.
cai'ßo 206.
cetZo 95. 97.
certts 150.
ceteri 95.
ce?5e 97.
einsam 164.
cjs 6. 94. 95.
CiYm 6.
cZam 461.
CTo(Zf 142.
CZofZis 142.
coc^/o 211.
coiraverunt 131.
comestor 211.
confectus 271.
congruens 157.
congruo 99.
congrutis 157.
coniux 169.
contemplari 444.
contra 451.
controuosias 169.
coquina 429.
Indogermanische Forschungen XIX.
CO/- 169.
Corneli 142.
corvos 378.
cubitum 129.
CM(?o 126.
cracli 163.
crfrfes 448. 129.
c«<(io 129.
cwm 379. 451.
amc^MS 164.
cunnus 129.
curia 130.
curvus 448.
cuspis 128.
custo- 133.
costöd- 131.
custos 132.
CM^ts 129.
cuturnium 129.
damnäs 155.
december 211.
desciderunt 147.
detrimentum 350.
(iic/.s 170.
(?»e crastim 162.
(?te «öm 162.
cZie pristine 156.
die pristinT 156. 162.
(ite quartf 162.
disciis 450.
duplex 374.
(Z«<a; 170.
ecastor 150.
ecccre 150.
ecere 150.
edepol 150.
e(Zo 150.
e^o 107. 108. 151.
e/^em 150.
e/ie« 150.
eirfws 163.
eiuno 150.
elixum 116.
CHtm 150.
enecessitalis 152.
enegotium 152.
eMOs 149. 151. 152.
ej90? 150.
40
610
Wortreffister.
eqtiirine 150.
esca 116.
esor 211.
esum 151.
esur 150.
eodas reddere 146.
extra 451.
«scMO 321.
fabäginus 157.
/acis 153.
/fflcs 153.
faniilia 'Sil.
famuhis 311. 378.
fäs 155.
favilla 102.
/eörw 102.
/eZ 110.
felatris 212.
fdlebris 212.
fenebris 210. 211.
/er/o 118.
/er;-« 141.
ferveo 464.
/•e/-?«s 159. 170.
fide-dictor 156.
fidicen 169.
finibria 109.
^0 350.
fistula 105.
flagellum 105.
fiägitium 105.
fiägito 105.
flagro 106.
flagruni 105. 106.
flämen 106.
^äre 110.
flävus 100.
/?r^o 104 f.
floccus 111.
/ot^/o 320. 448.
foedus 171.
/ore 159.
/ossa 448.
frügrüre 101. 103.
frango 104. 111.
/rö^e;- 104.
fraud- 121.
fraus 106.
fraxinus 111.
/■re«(^o 100.
/'Ware 100. 111.
/^Wcäre 100. 111.
/■/•F^o 104.
frlvola 111.
/"roHS 106.
fnior 104.
frustra 121.
frustum 106. 120
frutectum 378.
frutex 111.
fw 159.
/Vmm 159.
fiifere 159.
/•t«ifZo 212.
funebris 210. 211.
fusterna 211.
/•jiSif^Ä 212.
fustor 211.
gelidus 104.
^ena 107.
^fen/« 325.
^feier 98. 103. 104.
glacies 104.
glaesum 104.
glans 106.
glatri 163.
glTscere 104.
gnäviis 100.
^rac^/or 98. 99.
gramen 101.
grando 100.
gränum 104.
grätes 217.
^rf7f«s 217. 218.
gravis 218.
grumus 111.
grunda 99.
grundio 101.
haedillus 381.
haedulus 381.
Ärt_p- 162.
Ärts^a 133.
heluos 103.
Äew 150.
hemönem 391.
hered- 131.
Aet( 150.
Äf 163.
Ä/c 95. 108.
homine 391.
Äomo 216. 378.
homimculus 216.
hortulus 216.
hortus 216.
hostis 212.
{H)ostoriiis 212.
i'ö/ 163.
«7Ze 14. 93. 96. 476.
i'ZZi" 163.
^7Z^■c 95.
ilocus 152.
imerito 152.
immolare 146.
imprimis 158.
inares 152.
«tC2<s 169.
induo 321.
influens 157.
influiis 157.
ingruo 99.
iVn';'e 330.
m pleores 157.
inploera 158.
insem,el 158.
insfigäre 323. 324.
instrumentum 4i54:.
intra 451.
ireddere 152.
/.sfi 163.
«s^«c 95.
iYer 212.
jiibeo 137.
iudex 169. 170.
iuridicus 169.
n<s 170.
itivafo 164.
iuvenis 382.
lacertüsus 366.
lacertus 366. 367.
Zatio 367.
lacriima 400.
laena 103.
laetus 104.
lanterna 211.
Wortregister.
611
laqueus 367. 370.
Lases 171.
lens 103.
levänien 353.
lex 170.
libs 153.
Urnen 161.
Itmulus 216.
Uqueo 161.
liquor 116.
Zw-a 103. 120.
?j"^2<s 120.
lituus 120.
//a;ffl 161.
locusta 367.
?MÄs 153.
lüdus 103.
luerue 156.
lueruus 170.
himemulia 148.
lümen 161.
Zw«« 161.
lupänar 378.
lüridus 103.
lusctis 369.
macte 165.
magisfer 379.
magnus 107.
Mamercus 168.
Mämers 169. 170.
Mamertini 168.
Mamor 168.
niamphur 434.
Mamurius 169.
mundo 326.
manganiim 436.
mnngo 437.
itfarwar 168. 169.
Marmor 168. 169.
i¥ars 168. 169. 170.
Marspiter 169.
mas 169.
Maspiter 169.
massa 357.
Mävors 169.
Mavortei 168.
Mauortius 168.
Maurte 168.
mecastor 150.
melUfluens 157.
mein flu US 157.
mensa 450.
niensis 211.
mensium 211.
me{n)stris 211.
mensfruus 211.
mensura 211.
mens US 211.
mensuum 211.
mentula 135.
wjcö 333. 334.
m»Aj 108.
minister 379.
miscere 333. 334.
modernus 211.
wot?o 211.
moenia 171.
mo?a 148.
momar 102.
mufrius 101. 102.
TO«<^er 101. 102.
muH ehr is 211.
mustum 121.
mw^o 134.
mütönium 135.
Mam 150.
nassiterna 211. 212.
nasfor 212.
«ec'i'o 121f.
ne^'o 108.
negotium 108.
nejfßZ 152. 155.
nidus 336.
nigriculus 216.
nocturnus 212.
nOdus 122.
nouarca 168.
november 211.
Mox 212.
october 211.
0(?or 101. 116.
o^^/o 211.
passar 168.
^afr 163.
paults 158.
pectis 369.
pedana 443.
pedare 444.
pedum 4:4:4;.
per- 165.
percontäri 450.
perennis 210.
perualidus 165.
^«7« 326.
PjY 163.
^Zeös 153.
^Zecfo 122.
pleores 154.
pleoris 154.
plerumque 158.
ploeres 157. 171.
poena 171.
^oZ 163.
2>o^?'s 115.
princeps 169.
propom 162.
puella 381.
puellula 381.
^«er 378. 381.
pulpa 366.
quatio 126.
quorta 169.
rädix 109.
rapinae 148.
rävus 99.
res 100.
re^(s 100.
rea: 170.
/wos 384.
rubor 124.
rudera 125.
riZtZMs 100. 124 f.
r«ere 157.
rwo 99.
russus 124.
sacena 116.
sae/;« 153.
saliens 142.
salire 161.
salTva 352.
salitcs 142.
salvos 476.
saxum 116.
Scabies 125.
40*
612
Wortregister.
scabo 125.
sciens 142.
scius 142.
scütum 129.
semen 164.
semensis 211.
sewjo 164.
semunis 154. 163.
senafüres 234.
senätus 234.
senex 216.
senior 234, 235.
sensim 211.
sensus 211.
sentfre 472.
September, -bris 210. 211.
«er^s 153. 154.
sc?-s 153.
»eri?« 382.
serväre 382.
sertJos 382. 383.
serus 155.
siinpulum 147. 332.
simpuvium, 332.
simunis 154. 163.
sms 153. 154.
sobrimts 211.
socius 379.
sperno 442.
spolia ¥il.
sponda 449.
s^jVifs 322. 323. 324.
Stimulus 323. 324.
sttria 354. 355.
subuerbustus 161.
südor 115.
suffragines 103.
suggrunda 99.
summoto 144.
sumpüium 147.
surgere 161.
susum 169.
<«6eo 350.
templa, templum 362.
365. -444. 445.
temptäre 331.
temptö 362. 365.
i empor a 331.
tempus 331. 362. 365.
<e«rfö 332.
tenuis 351.
^ewMS 332.
termen 164.
termins 155.
terminus 164.
termo 164.
^e/*ö 350.
terrimotium 148.
fes^jÄ 451. 452.
finea 351.
<«ü?o 356. 372.
torqueo 370.
^orMS 366.
trabem 450.
iro^io 106.
i;-a?is 165.
tribulum 426.
trimensis 211.
tripodare 142. 166.
tripudum 166.
trltus 350.
trium-pe 165. 166. 167.
triumphare 165.
irMc^o 125.
vasttis 133.
MÖi 163.
vectis 211.
«;ecto/- 211. 212.
ueclus 163.
uelineis 156.
velltis 346.
velum 361.
uerbeces 160.
uerbenae 161.
uerberare 160.
uerber 160. 161.
-Mers 170.
wertere 169. 170.
verzt 325.
uerue 141.
vestis 346.
«e^er 160.
uetulus 163.
«e^ws 160.
vexare 212.
vexillum 361.
vicTnia yil.
victima 400.
uiclus 163.
tJJCMS 491.
were 114.
villus 346.
vincire 192.
vinnus 346.
uitulus 160. 163.
twos 383.
«wf^« 321.
voräre 111.
urbicapus 169.
Faliskisch.
cupat 162.
Äej 16.3.
mof/e 163.
Petrunes 163.
Lanuwinisch.
nebrundines 102.
Praenestinlsch.
ZosMc 161.
nefrones 102.
Terebuni 163.
Oskisch.
baiteis 330.
Bantins 155.
cebnust 95.
eÄ;it 97.
faamat oll.
famel 311.
fufans 159.
ÄMr^r 155.
Mamers 168.
nessimo 122.
t^em 429.
Umbrisch.
öerif 325.
-cow 379.
frosetom 121.
/^«fM 159.
ÄOM^ 108.
iouies 382.
Wortregister.
613
jnhaz 155.
termnas 155.
Pälignisch.
coisatens 131.
sacaracirix 163.
Semiinu 163.
eco- 97.
Sabinisch.
alpus 162.
Romanisch.
despite 208.
i7, e? 93.
Französisch.
esclave 379.
levain 353.
Za maison 428.
mandrin 4ß4i.
nichee 336.
seigneur 234. 235.
s^'eztr 234.
s/?-e 234.
temple 362. 444. 445.
tetnplet 362.
temploir 362.
templu 362.
^lers 451. 453.
Italienisch.
-accio 376.
bioccolo 111.
bricia 111.
briciolo 111.
carro 409.
casino 216.
donnaccio 376.
/lOCCO 111.
fregolo 111.
fregore 111.
girare 345.
nidiata 336.
polpa 366.
polpaccio 366.
schiavo 379.
sere 234.
signore 234.
temp>accio 376.
tempiale 445.
Ladinisch.
toc« 428.
Provenzalisch.
senhor 234.
Portugiesisch.
polpa 366.
senhor 234.
Rumänisch.
pidpä 366.
timpldr 445.
Spanisch.
nidada 336.
se/Ior 234.
Keltisch. Gallisch.
amhacttis 389. 390. 391.
gall. benna 114.
bodina 444.
gall. Camidos 390.
Cisiambos 165.
^r/- 165.
gall. vertragus 106.
gall. Vesontio 347.
Irisch.
otiYe 477.
annaid 122.
«ra 384.
air. Janö 350.
banscäl 385.
air. berraim 118.
air. ies(s) 114.
J/acA 330.
Arne 329.
air. äjV 325.
ÖZ« 100.
örd 104.
air. bruim 118. 120.
air. bruinne 119.
crtcÄ^ 379.
ce 95.
ce?e 385.
celsine 385.
ceif- 379.
air. ce< 451.
air. criiind 448.
cumal 390.
air. ci<fe 132.
cMfÄe 129.
der-scaigim 385.
dimicin 334.
air. dliged 105.
/"ffs 133.
feasog 347.
air. f^s 347. 348.
air. /"esoc 347.
feusog 347.
figfin 361.
air. /r>i<Z 346. 347. 348.
mir. ^nrfffi 346.
mir. findfad 346.
air. /iwn 346.
fionnadh 346.
air. fonaidni 122.
formiUgthe 102.
air. ^öi/-e 217.
p'ao 344.
gaoisid 319.
gaoisideach 319.
gaoisneach 319.
air. ßfas 133.
air. g'«^ 133.
(/d 344.
air. g^oire 217.
air. goiriu 211 .
mir. goisideach 319.
mir. ^fmc^ 217.
air. greim 101.
guairbre 342.
guairdedn 318. 342.
güaire 318. 342.
güaireach 342.
guaireachdn 318. 342.
mir. {h)tiaim 320.
air. Tiuam 320.
immagim 390.
im-ni-se 122.
ingrennim 99.
6W
Wortregister.
air. less 366. 367.
me)i(/ 437.
menyach 437.
mosach 121.
mir. moth 135.
air. muad 121.
air. muadrosc 121.
naidm 122.
air. nasc 122.
air. nessam 122.
air. <5e?/i 335.
ruathar 99.
sce« 385.
serJ/i 383.
air. se< 472.
sluag ^11.
air. sm^r 334.
air. smeröit 334.
air. sned 103.
air. /rti's 354.
t-all 96.
<ä-m 350.
<aos 354.
air. tar- 165.
?am 382.
teylach 377.
timmthirim 382. 390.
timmthirthidi 391.
air. tinaid 350. 351.
fjn« 350.
^(5 339.
mir. ^<5?« 354.
^/•«t^r 106.
air. tre- 165.
air. tri- 165.
<ro^ 106.
<«ia 339.
üad 321.
mir. «a^f 321,
uaigh 321.
air. J<j7e 476.
Bretonisch.
bestl 110.
bron(n) 119.
c»7 477.
^ror 342.
mbret. gour 342.
abret. guotroit 106.
mbret. giveaff 361.
fe»7 356.
mbret. ^e//Z 356.
/er 325.
foaz 354.
/o«<e^ 357.
Gälisch.
bior 325.
farf 133.
figh 361.
figheachnn 361.
gaois{i)d 319.
guairsgeach 342.
gurraban 343.
gurrach 343.
/«o/s 354.
^Mtn 350.
uaigh 321.
uaimh 320. 321.
Koi'iiiscli.
^»er 325.
its/eZ 110.
C2</Äe 129.
«es 122.
ness« 122.
w7i^s 115.
Kymriscli.
amaeth 390.
Äa«it 350.
ie(?rf 320. 449.
Äer 325.
ft?//" 105.
bron 119.
akymr. bronn 119.
brijnn 119.
iws/? 110.
crte/7j 379.
chivijs 115.
akymr. crunn 448.
akymr. cuddio 129.
ci<^r^ 129.
cw/Är 132. 133.
rfZe«« 105.
dir-mggu 334.
ej7 477.
(jrajt 344.
jr«e 361.
gweii 361.
Äer;<; 383.
akymr. kant 451.
Ä:2<(^£? 132.
?Zt< 377.
mtvs 121.
nerfcZ 103.
nesaf 122.
akymr. taguel 339.
/a<7 356.
mkymr. /««^ 339.
tatvdd 350.
^aw^e? 339.
foes 354.
troed 106.
twijsg 357.
nkymr. yspeil 4:77.
Herulisch.
Ouicavboc 347.
Gotisch.
afhlapan 116.
ahtiida 394.
a/^s 335.
aitviski 102.
a^jrVs 476.
andbahts 390.
arbaips 384.
«s^s 379.
augadaurö 446. 447.
«;<^(J 321.
o»s(J 216.
^»ff(?j 320. 448.
balran 450.
bairhts 111.
bansts 114. 116.
öm/ 117.
beitan 117.
biudan 450.
irw^s 450.
bliggtvan 105.
Ä7ö/a« 106.
brikan 104.
brükjan 104.
Wortregister.
615
brusts 117. 118. 119.
133.
daims 353.
dius 107.
diilgs 105.
dwals 353. 389.
faura 233.
fütubaurd 118. 119.
ffabeistjan 117.
gaJvatjan 127.
^a/(Z«<,' 189. 192.
i^a/^em 216. 341.
gasinpa 472.
gaundn 192.
(jra^rfs 133.
glitmunjan 104.
</ö;6s 389.
(jfras 101.
grips 99.
haiihs 129.
himma daga 95.
hinpan 451.
Äröi 123.
Äi«ps 129.
Äws 130.
Ät<2:r? 131.
Ät<2;f^s 132. 133.
Jvai'rban 455.
Ivassaba 127.
hassei 127.
/«öf« 127.
zÄ: 107.
inkilpö 335.
jainar 83.
jains 96.
kmirn 104.
kaurus 218.
hilpei 335. 336.
kinnus 107.
hniwa 325.
fcwö^s 384.
?«j5«s 120.
magiila 216.
m«(jr«s 215. 216. 378.
381.
matvi. maujos 215. 381.
mes 450.
jh/ä; 107.
mikils 107.
MtJS 151.
wi?>(Zö 133. 139.
niuklahs 378.
qairnus 104.
qairrus 343.
qistjan 117.
g/ws 330.
srtw/? 392.
simle .362.
si'w^s 472.
skalks 385.
skaudaraip 129.
smarna 352.
spinnan 333.
sfainahs 378.
stains 322.
s^«Ä;s 323.
siinnin 391.
s(m«ö 391. 392.
sunnön 392.
.s'i^ffi 96.
sivein 352.
swers 218.
tow» 387.
^«?yaw 387. 388.
/r?« 325.
/«7iö 353.
pairh 165.
panjan 332.
paruh 83.
^e/r/s« 381. 382.
^ms 381. 382.
^«'m 381.
pragjan 382.
prictsfill 125.
unbelstei 117.
iinheistjöps 117.
MMSj'S 151.
untilamalsks 385.
ivaddjus 114.
tvairpan 169.
wandus 448.
/ra^js 320.
wa^w 321.
loaiirts 109.
tveihs 491.
tvraiqs 189.
170.
191.
Longobardisch.
Za^^* 309. 366. 367.
winting 44:7.
Althochdeutsch.
f<fti7j 216.
ambnht 390.
anchio 178.
äs 116.
^^0 194.
Ä«r?'a 119.
Z<e«? 320.
bihagan 385.
birihha 111.
ö^äo 100.
blahbizön 110.
Ä7rt«a 173.
blättara 110.
ÄZFo 100.
bliuwan 105.
^>or(^ 119.
bracko 103.
brestan 118.
Jrio 111.
5r((0Ä 103.
ö/n<s^ 117.
rZe/s^' 356.
deismo 353.
c?eo 381.
deuuen 350.
(?m 381.
douwen 350. 351.
drigil 382.
driscuvili 426.
Droand 324.
Droildis 324.
druos 324.
durtih- 165.
E'jto 194.
enÄ;e 178.
ermist 384.
#;r« 195.
e?<^r 196.
farhtväzan 127.
/^Ä/(Z« 192.
foZo 341.
freideo 195.
616
Wortregister.
frisc 385.
fulfn 341.
gaharstit 123.
ganeheista 136.
ganeista 136.
gart 133.
gaziug 454.
gaziiigi 454.
gaziugön 454.
geizztn 341.
^eZo 103.
grerto 133.
gisindi 379.
gislaht 178.
gislahti 111.
gispe7-ri 442.
ß'/os 104.
^Za^ 103.
glizzan 104.
^o/fa 359.
^rröo 99.
grintil 99.
^Wo0 100.
grunzian 101.
gruoan 101.
grtioni 101.
5fM0^ 389.
flajo 198.
harsta 123.
Äar^ 123.
{h)ladan 116.
(Ä)/as^ 116.
(A)n/f 103.
Ae^itZ 213.
Äerd 124.
;?o(?o 129.
Äorsc 385.
Äors< 123.
Äösc 128.
homvan 126.
(;j)r«öo 378.
ÄMrs^ 123.
ÄMO« 381.
Ams 428. 429.
htifta 129.
(Ä)was 127.
{h)traz 127.
jjriV 366.
mJj 378.
iogilih 193.
iowelih 193.
cÄa^^iY 182.
challOn 182.
kehente 177.
chelzuntun 181.
chindahf 378.
ÄrnaJo 378.
itnecÄ^ 378.
Ä;n»M 325.
Ä;rioÄ 125.
kroutvil 111.
^•r^7^ 101. 111.
ä;mo 393.
?arfrfa 172.
landeri 116.
?a^/a 172.
?eÄaw 195.
Zeyo 194.
lid 120.
Zfsfa 120.
losken 369.
mangäri 437.
manahoubit 378.
manslecJw 170.
marcha 161.
miskan 333.
mosf 121.
mühhäri 102.
mühhen 102.
muhheo 102.
mühhiläri 102.
mühho 102.
nestila 122.
nesfilo 122.
nioro 102.
?!i7an 136.
nuska 122.
nuskjan 122.
nusta 122.
nustun 122.
orf 133.
jpra« 119.
^^reV 119.
7jro/ 119.
quirn 104.
2?«'s^ 117.
rase 385.
reisan 117.
ridan 117.
römÄi 378.
rosamo 116. 124.
ros^ 124.
rös< 124.
rotamo 116.
rnodar 384.
rüsten 123.
saÄs 116.
sämo 164.
sca?c 385.
scehmi 385.
sce«7 195.
sce?o 385.
sciozan 126.
screiOn 198.
scrötan 123.
scutian 126.
s?a/ifa 177.
s?fw 352.
steinag 378.
steinaht 378.
Stehhan 323.
si^?jÄ 16.
s(rä;- 218.
S2vman 351.
TJiroand 324.
^10/- 107.
fisc 450.
triogan 106.
trinuit 324.
Troo^/" 324.
trouuen 324.
twalni 353.
urchundi 452.
urchundo 452.
«^arfo 366.
tvafsa 348.
tvaganleisa 104. 120.
iveban 338.
t^'e/'sa 348.
tveggi 128.
weichen 193.
M>eisa 194.
weisont 189.
iveitm 187.
Wortregister.
617
tvecki 128.
weppi 338.
wfda 319.
tvickeli{n) 361.
tvinfbfäiva 345. 348.
tcintila 447.
winting 44:7.
Wirunt 347.
wisunt 347.
wuosti 133.
wuppe 338.
wttr^ 170.
zmven 388.
zeihhur 187. 192.
s'Mi^r 454.
Mittelliochdeutsch.
banse 116.
öas^ 121. 381.
behagen 385.
bereite 384.
öZr7 100.
bladeren 110.
brcehen 103.
Are/ 119.
hriezen 111. 119.
brüsen 120.
it<osf 121. 381.
ÄMrse 378.
deisme 353.
<??Afe 353.
(ZrMo 324.
wZ 181. 183.
vermüchen 102.
verwäzen 121 .
gedrouwen 324.
geliune 367. 369.
gelounet 369.
gereite 384.
getwäs 107.
geziuc 454.
ßrZate 103.
^o^e 359.
goufen 359.
gruose 101.
gubelnagel 359.
heime 198.
ÄiM^e 128.
hiuzen 127.
Äotee 127.
Äwj 128.
kelzen 181.
ÄrüZe 344.
Zi«o/ 116.
mangcere 437.
manslege 170.
miuchel 102.
mocken 102.
(n)immer 197.
r«MJ 352.
re^/e 198.
r/s/ 117.
scÄe? 385.
schele 385.
schiel 126.
scÄoc 129.
scÄö/e 129.
sÄ;?a«je 379.
s/a<je 379.
SJMW^ 121.
weiche 368.
w/Ä/ 361.
«^JiCÄ-e 361.
wintbräwe 345.
icippe .338.
tvüppe .338.
zoiiwe 388.
zouwen 388.
zomvic 388.
Neuhochdeutsch.
aZ?e se/n 271.
aZ/er 227. 234.
ältesten 234.
anspannen 364.
a?'2^ 395.
aufwartung 213.
ausschlug 125.
bankert 436.
barsch 385.
Z>ee/ 448.
bespringen 330.
besteigen 330.
öe« 448.
bettgewand 449.
bettstatt 449.
bezahlung 481.
bitvindan 447.
blähen 110.
bläuen 105.
öorc? 450.
brücke 103.
brechen 111.
öre// 450.
bursche 378.
rfaj« 96.
(Z««a 96.
deihen 353.
deisam 353.
deisen 353.
derjenige 5.
c?es längeren 158.
rfes mehreren 158.
cZes Nachts 372.
(Zes weiteren 158.
(?«cfei 353.
c?/cÄ;e ^esc/t 366.
dieser 94.
(ZöseM 340.
dreschen 426.
Drischaufel 426.
dröen 324.
Drohung 271.
druhen 324.
(Zt(s 340.
dusam 340.
f?«se? 340.
Eisenmanger 437.
eitergubel 359.
entgelt 481.
erschöpft 271.
/"Sr^ 395.
Federbetten 449.
/■^r/i> 271. 395.
Fischnienger 437.
^acÄs 448.
flechten 448.
froM 296.
gedeihen 353.
^et'^e 436.
geißeln 160.
geleine 369.
geleise 104.
geleune 369.
618
Wortregister.
md. gelüne 369.
gesetz 451.
gesinde 379.
geicand ü?. 448.
glänz -i30.
glänzen 430.
glatze 103.
glimmen 104.
gmdelsteine 430.
gmirelstelne 430.
Gottseibeiuns 271.
grand 100.
(/r/e/7 100.
^fM^e? 359.
Äa^r 114.
Äa«^ 395.
harsch 385.
/m/? 313.
Ä(g/? 113.
hegen 114.
heister 133.
Herde 395.
Äerr 296
Herrschaften 382.
Äe2<^e 6.
7jo«>' 448.
hossen 127.
hottein 127.
hutzeln 127.
Äotee» 127.
ÄMÄw 381.
hutzen 127.
iw kurzen 158.
imme 378.
Jasomirgotf 271.
jenntak 6.
kaue7'n 343.
Ä;m(Z 378.
krauen 111.
Ä;«cÄZ 429.
md. küchfn 341.
?aM 368.
?eisie 367.
Zos 368.
Zösen 368.
md. Tw^ 116.
mandel 434. 435. 436.
mandelholz 434.
mange 436.
mangel 431. 434. 436.
Menger 437.
meuchler 102.
nnein 152.
«nj< 152.
notfeuer 136.
oÄsi 123.
oīe weiters 158.
peitschen 160.
^/«(Z 443.
Pfaden 444.
pfette 443.
Pfotenhauer 4tAi4L.
plappern 110.
P/-%eZ 160.
prügeln 160.
r«i 213.
recTjf 451.
r?sü 117.
ri^si 123.
schmalz 351.
schmeer 352.
schmelzen 351.
schmutz 352.
schulten 126.
Schwert 395.
s/h?« 472.
sinnen 472.
Slave 379.
spannen 333.
Sparren 442. 443.
sjjeß)- 442. 443.
sperren 442.
spinmvupp 338.
sporn 442.
spj<r 442.
strecken 364.
striela 435.
Strudel 435.
trühaft 324.
frühen 324.
verliei-en 368.
verstrüdlet 435.
y/eZ 373.
iveich 368.
tveimbrO 345.
tt'erte 452.
wetten 452.
u-ettung 452.
wickelglas 431.
Wimper 345. 346.
loindan 447.
t«;o?^e 346.
s«rf 395.
zergen 106.
zeuge 453. 454.
ziehew 454.
«or^j 297. 313.
zweifach 374.
Altsächsiscli.
andlang 183.
bidriogan 106.
6or(Z 119.
J/-eosf 117.
brustjan 119.
femea 191.
forhuätan 127.
fullian 181.
glTtan 104.
^r/o^ 100. 125.
ITe/o 198.
herro 197.
Äer/A 124.
hiudiga 6.
hiudu 95.
hladan 116.
Äosc 128.
Ärös^ 123.
Ä.Ö 393.
kumbal 363.
?em 198.
?i<«ic 216.
magu 378.
malsc 385.
metiged{e)ono 192.
ros« 124.
scrt?c 385.
skeotan 126.
skuddian 126.
sumble 362.
^ecö» 195.
<rjo 325.
ütbleuuan 200.
-icebbi 338.
Wortregister.
619
tceg 192.
uuocco 361.
tcred 194.
wurd 170.
Mittelniederdeutsch.
desem 353.
vanc 177.
vorvullen 181.
keime 198.
Äere 197.
Aorsf 123.
Ä-ü?e 318. 359.
küren 343.
i-Mse? 328.
küselen 328.
Ä;?7«(e) 366.
ZaÄ; 174.
laken 174.
leische 367.
?^sc7ie 367.
lüschen 369.
(n)immer 197.
^Za^^-e 172. 173.
snacken 172.
touwen 388.
wecke 361.
wlame 180.
wocke 361.
lorack 173.
«<'ref 343.
wringen 345.
tcocken 361.
Neuniederdeiitsch.
^tjTs 125. 133.
kladde 173.
i-MseZ 328.
tüssen 339.
Altniederf ränkisch.
Ä^ö^Äö 116.
Mittelniederländisch.
desem 353.
dooien 350.
^röpe 359.
Ä;«?Ze« 182.
kladde 173.
^a^• 174.
?«Ä;e?« 174.
?rti'/e 172.
liesche 367.
mikken 334.
{n)inmier 197.
flagge 173.
tveech 192.
Neuniederländisch.
öörtrcZ 396.
deesem 353.
dooien 350.
^«rfZar 396.
e^rddr 396.
^ri«'s 125. 133.
Aftri' 396.
herder 396.
Zi'es 367.
rüsten 123.
Stuart 395.
s^rt/-;- 396.
s^ttr/a 396.
verdittven 350.
«•a(^e 366.
wrongel 345.
Friesisch.
ö 186. 189. 192. 196.
öiÄ« 172.
oÄJe^e 174.
abbetes 174^.
abbit 174.
öc/» 188. 191.
acÄf 181.
achta V14t.
ächta 200.
äcÄ^e 191.
achtene 184.
ädawerth 194.
aec/ito 177.
«eJj^e 177.
«e/lfe 192.
aeghappel 173.
ae« 198.
aeZ(^ 177.
ae» 188.
ae«^ 196.
ömi!? 186.
aes^a 192.
aescliia 193.
aeskia 187.
aesÄ; 187.
äfretho 192.
d/"fe 192.
äp'Ort 187. 191.
ähivedder 193.
ä/ 198.
äider 193.
«w 191.
«Mer 179.
«Zdem 179.
äldermän 179.
aldirmon 179. 234.
« ?eM(^e 183.
äl{le)fta 197.
älleioene 186. 197.
aZ sZaÄ^e 177.
äm&eÄ^ 177.
J^wese 185.
Äm(e)sga 184.
cn 186. 188. 196.
andern 178.
anfZ 178.
ändlova 197.
angel 176. 183.
Ängelond 185.
anglisk 185.
ängne 186. 196.
anich 186. 196.
anne 188. 196.
aw^Ä 181.
«2)pe? 173.
«m 197.
ärade 193.
ärra 197.
äsc/je 187.
«sep-a 192.
äs/^« 192.
rtsÄ; 187.
äskas(t) 189.
f7s^•/a 187. 189. 193. 194.
«sÄ;> 187.
ä^Ä 195.
aththa 185.
fi20
Wortregister.
äththa 196.
nthom 187.
äfhum 186. 189. 192.
äi/n 186.
bancJc 178.
bannen 180.
-baiinethe 184.
iaw^ 176.
-bante 184.
Z>rtr»^ 181. 182.
baernt 182.
öe(?e 198.
iec 171.
bekantii/nghe 184.
Je« 187. 195.
benc 178.
Äenrf 178.
bende 177.
benen 197.
benethe 184.
berant 182.
ieree^ 196.
^>er(Z 171.
berna 181.
öerne 182.
^-e^ 187.
Äe^/iß 197.
Äe?/M(Z 178.
ij/a/Z« 182.
Ä/A-ß?i!5 182.
bicaent 182.
bi-kenna 182.
Z</^er(? 186.
biclappia 172.
öe /?Ä;e pende 183.
{bi)netha 200.
binetten 201.
i/ȣ?e? 183.
5t ra^ 196.
bireda 196.
birlenze 178.
bishätiwiath 199.
bitecnia 193.
bitensa 183.
bithanha 181. 182.
bitveinia 192.
^»?af> 172.
blenda 181.
blendene 184.
blendinge 184.
ioMj'a 184.
bonnen 180.
iös< 114.
branga 182.
brangth 181.
irefZ 187. 195.
Jrerfe 197.
ireerf 195.
Jrewß' 181.
Ären^a 181. 182.
bringa 182.
^»röcy^ite 201.
blinden 180.
bursten 180.
bycannisse 185.
byhrinsa 182.
rfae 188. 191.
rfaem 191.
rfcTM'e 199.
(iei 171.
<^ec 179.
(ZF/ 195. 198.
c^e/a 187. 195.
-rfeW 186.
(?eWe 186.
rfeif!? 198.
demma 181.
(^e« 183.
drewe 198.
f/?<rt 201.
eööe(!e 173.
ecAto 181.
ecÄ;er 173.
ee^- 198.
ee?(^e 177.
eres^ 200.
//•^e 192.
egangen 180.
egendzin 180.
e^fow 191.
ehemmed 181.
eAera 192.
ehtene 184.
eirfer 193.
em 191.
ez«(rf)e 177.
em«?a 182.
eÄ?«;^ 181.
e^■e 198.
eZ(^er 179.
^Zc 193.
eld{e)ra 179.
ellemachtig 183.
el{l)endich 183.
//Z/Ä: 193.
elmechtig 183.
elmetha 183.
Emese 185.
emwen, -er 197.
Emsga 184.
enrfa 181. 182.
ew^eZ 176. 183.
engelsch 185.
engleska 185.
englisk 185.
ew(«)^ 196.
ewÄ;« 178.
/nwe 196.
e/?e 183.
e/Zera 197.
el{l)ende 177.
end{e) 177.
eM(?e 177.
em^ 196.
erade
ere 198.
erm 193.
ermskethe 198.
eros^ 197.
erra 197.
e^/j 185. 195.
etszen 198.
eM'e 187. 195. 198.
ejf'e« 198.
ewenpende 177.
cM'i^ 198.
frt 201.
/•«cÄ 188. 192.
facht 178.
/■äcZ 186. 187. 189.
faen 177. 201.
faele 177.
faem 190.
/■«»Ye 192.
Wortregister.
621
-fal 178.
-faldech 183.
falla 181.
fällich 179. 183.
fallin 180.
fall 180.
fämme 186. 190. 191.
/•«(n) 201.
fem 177.
-/■«Mf/ 178.
{e)fangen 180.
fanne 190.
/•c^ 187. 196.
/•«y 192.
/•%/Äe 192.
fe 201.
/•ec;i(0 178. 201.
fed 186. 187. 193.
feen 177.
/^?YÄe 192.
-/■e/ 178.
felkh 198.
/•e??a 181.
feile 181.
fe/^ 180.
fenine 191.
/"ewe 177.
-/■c»^ 178.
fengen 180.
fenna 177.
/"ewne 177.
(e^) /"eHHe 177.
/"ens^e 177.
{e)fenszen 180. 201.
/e*' 179.
fiämända 186. 194.
fiämonda 194.
finsen 180.
/?aesc/j 187. 197.
flarde IIb.
flap-e IIb.
flask 187.
/?rtsc 187. 197.
fleesc 187. 197.
/^es^• 197.
foe*-feemd 191.
fraemd{e) 184.
fraes 194.
främd{e) 184.
fram{e)de 184.
frantma 181.
/■>Y7se 189. 194.
freamd 184.
/■/•ces 194.
freme 180.
frem{e)de 184.
fremme 180.
frem{m){e)fhe 184.
fretha 195.
frihalse 178.
frihelse 178.
fulfensze 177.
fi/n{ne) 177.
fi/Hchtleeck 195.
gabbath 172.
gabhia Yl'i.
gäd 189. 192.
^«es^ 187. 197.
^awse 179.
^äs^ 187.
gästlik 197,
^a< 174.
Ö^ees^ 197.
^efe« 201.
r7e/a 198.
{e)gengen 180.
grens 179.
gensen 180.
genzie 179.
^er 195.
gersfalle 179.
gersfelle 179.
^es^ 187.
ghinse 179.
*gifehin 201.
ginsen 180.
^'re/} 187.
gretiverdere 174.
Äaöia 173.
habbane 173.
Äae 196.
feaes? 186.
haeste 186.
haldin 180.
;i«?^(Ä) 180.
hamede 176.
hamed{e) 184.
hammed 181.
hämmerk{e) 196.
hammin 184.
hamreke 185.
hangnese 185.
hängst 185.
hanzoch 183.
Ms^e 186.
M/(/i) 196.
A«».^^;») 199.
häuiven 199.
häwen 199.
B'äy/e 198.
ÄeöJa 173.
-Äga(e) 198.
Äe? 195.
helane 195.
ÄeMe 178.
{h)eldest 179.
/»eZ^ 198.
ÄeZi^ 198.
ÄeZZe 177.
;»£«*> 198.
ÄeZ< ISO.
Äem 185. 193.
hembde 184.
Äeme 198.
hemelic 198.
hemethe 176. 184.
hemilinge 183.
hemme 177.
hemmerket 196.
hemniertse 196.
hemmin 184.
Äew(/a 181. 182.
/leMtZe 177.
hendedich 178.
hendene 184.
hendsegch 183.
henghnese 185.
hengst 185.
hensich 183.
henszeben 179.
henzeg 183.
Äew^i'a 181. 182. 185.
Äem 197.
herahoerna 197.
622
Wortregister.
hermscheed 195.
hei 195. 196.
heia 195.
hete 198.
Jiethin 198.
hefte 196.
hei/nd 177.
{li)inhwel{i)k 193.
hielde 178.
Äj'Me 178.
Ä% 198.
Am 193.
7»'mM 184.
him(me)>-ik 196.
hinghnisse 185.
hingst 185.
hinsen 180.
hinsich 183.
hinzia 182. 185.
hlackia 172.
AZ«c?a 116.
hlädder 186. 196.
ÄZec^ere 196.
7i?ö//i 116.
Äo^/ta 129.
(Ä)re 188. 190.
ÄreZic 187. 188. 193.
hüswerdrar IIA:,
hwarven 174.
Ätt'e 201.
/i?üen 201.
{h)wenne 183.
hivensen 180.
hwinsen 180.
iähweder 193.
ie 201.
iß/' 171.
ieldera 179.
ield{e)ra 179.
ies^ZiC 197.
»W 174.
ieweli/c 193.
ililende 177.
immen, -er 197.
w^e? 183.
inÄ;« 178.
iniende 177.
inlendes 111.
mrethe 198.
ieWe 178.
j{h)äicelik 193.
caend 182.
^•ae^ 198.
Ä-a(e)// 198.
kalde 178.
Ä'rtWe 178.
Ä;am^;« 178. 182.
{bijkänninge 184.
carda 175.
^•a^^e 172. 173.
Ä;«// 198. 200.
i-rt^f/e 199. 200.
Ä-ei 198. 200.
l-eMe 178.
Ä,-e?f 181.
cÄeZ*e?i 182.
Ä^emj)« 178. 182. 182.
kenninghe 184.
^-erß 195.
Ä-erf?e 186.
kerstenede 198.
i-erf 198.
kielde 178.
kladdd 173.
Ä;Zaej 198.
tZäfÄ 188. 194.
cZf7^Äar 189. 194.
cZä// 198. 199.
cleen 198.
Ä;Ze«e 198.
Ä;Z/m 179.
klimme 111.
knappa 172.
kneppa 172.
komen 180.
ki/nbacke 172.
Zfk« 194.
Zaei 198.
laeckinge 174.
Zaes^a 187. 197.
ZaeZ 186. 188. 196.
laeyda 198.
lackia 174.
Zrt^•^ 173.
lamethe 184.
lamid 180.
lanimeth 181.
langer a 179.
Za«(/ 179.
langh 179.
langist 179.
langor 179.
lappa 172.
Zrtre 189. 194.
Z«s^ 187. 197.
Z«sZa 197.
laster 172.
ZSZ 186.
Zf7Ze» 188.
ZaZa 172.
ZsZZe 186. 187. 188. 196.
lüuwa 194.
Zf7if« 189. 194.
läwia 194.
ZetZa 186. 195. 196.
ZecZe 194.
ledene 198.
ZefZZ^c^• 198.
ZeefZZeX- 198.
Ze/"Z(;i;) 193.
ZeÄ,-a 194.
Zec^• 174.
Zeci-m 174. 180.
leckte 174.
ZeZa 194. 195. 198.
lemid 180.
lemith 180.
lemithe 184.
Ze« 195.
Zena 195.
Ze/wi 186.
lenda 182.
Ze;j<Ze 186.
lenden 183.
lendon 198.
Ze?;^' 179.
lenger 179.
lenghist 179.
lengra 179.
Ze^Z/i 182.
Ze/iZs-e 178.
Zera 195.
Zer(Ze 186. 198.
Zer(e)sZ 198.
Wortregister.
623
lessa 197.
lesta 187. 197.
leste 367.
lestene 197.
let 196.
leth 195.
letslacht{a) 178.
Ze«<;a 195.
Ung{e)ra 179.
Unghest 179.
liödgarda 175.
londechtene 184.
luitelamelsa 183.
Zy«s« 182.
mächt 178.
macht{e) 178.
maest 197.
maester 187. 197.
man 178. 179.
mända 194.
man{iii)ska 185.
mänslächtich 183.
mantel 176. 183.
m«ra 189. 194.
mas^ 187.
wäs^ 197.
m«s<, -e?* 187.
mäster 197.
me 194.
meent 198.
meente 198.
»teer 194.
mehtie) 178.
me« 178. 179.
wen 195.
wene 198.
mengde 182.
m.emchfald 183.
menie 183.
men{ne)ska 185.
menscha 185.
mensingheed 198.
mensia 182.
mente 198.
weH^eZ 176. 183.
mJs^ 197.
wes^; -er 187.
mester 197.
mo/i 178. 179.
monda 194.
monslachtich 183.
mülabredene 197,
mi/nsclia 185.
n« 186. 189. 190. 192.
nae 192.
naemt 182.
nam 171.
[n)ämmon 196.
)iamna 182.
ne 189.
jieen 198.
nemen{t) 197.
Hemman 197.
nemmer 197.
nimmen 197.
niüghenspätze 189. 194.
nirigenspetz{i)e 194.
öfZer 201.
oenbreng 178.
oe>tbrenga 178.
oenbrensze 178. 179.
oenetvemnn'd 183.
oenflecht 178.
overlendich 183.
offlech{t) 178.
ofledene 198.
oflefhegenze 178.
öt 198.
ombechf{e) 177.
onderstannisse 185.
ondlenge 183.
ondwarde 174.
öngefael 177.
önweemd 183.
önwemed 183.
ö/Äer 201.
(J//e 198.
pae(^ 174.
pannig 183.
panning 184.
^aw^ 182.
passia 172.
penda 182.
pendan 182.
pennig 183.
penning 184.
2>en^ 182.
peijnda 182.
jjZaja 172. 173
^Za«e 173.
pralling 176. 184.
prelleng 176.
prelling 184.
rdc/i^ 186.
rac/t^e 185. 186.
raind 182.
röH 191.
ra«i!A 182.
/•«i) 188.
rec/«^ 191.
re(^e 198.
reesraef 187. 188.
re^-« 185. 186. 195.
renda 182.
rende 178.
renna 182.
rennande 182.
rew^/i 182.
rerfTf 187. 188. 193.
refe« 195.
retsia 186.
rei/nd 178.
rinna 182.
o«cZ 182.
saeninghe 184.
säiver 186. 191.
sa«d' 182.
sa«^ 176.
stt«5'/t 182.
sän{n)a 184.
sänna 182.
sdw^ 182.
samen 183.
samin 183.
saxinna 185.
scAae^ 186. 188.
schaete 188.
schaet[e) 196.
schansa 177.
scÄdWe 186. 188.
scÄe^^a 195. 196.
scheed 198.
scheet 196.
schenien 193.
62-i
Wortregister.
sehet 173.
sehet ha 186.
schie 201.
se 198.
seer 198.
sever 191.
seftechhed 200.
seinda 182.
sei- 178.
secÄ;e 173.
seZe 188. 190. 198.
seit 198.
semin 183.
senda 182.
sew^^ 182.
serade 193.
(Jt>erfZ 198.
sere 198.
serilsa 198.
Sexena 185.
s/e 201.
sih'äp 191.
-s/ne 179.
6/rt^^ 182.
scanc 182.
sca_p 173.
sc«^ 178.
sjtdi(;t) 196.
sia«e 187.
-skäwiath 199.
sce/^a^a 186. 189. 193.
skeme 178.
scenda 183.
sÄrenc 182.
scenzie 177. 182.
sÄ;e^ 173.
s/ceif 173.
si-e^Ä 196.
sÄ:e^Ä« 195. 196.
skie 201.
skraeie 198.
scräi/a 198.
slagen 180.
sZeÄ; 195.
snabba 172.
swaÄ; 172.
wanger. snal- 172.
spedel 195.
spedia 194.
sprangel 183.
spernsze 182.
s^ac 172.
s/öZZe 179.
stoni 180.
stefgenze 179.
stempene 184.
s^e/; 195.
stenen 198.
s/ens 198.
s/e«/ 180.
steente 198.
s^jws 198.
straffia 172.
sträng 179.
strengh 179.
strumphelte 178.
sivang 178.
sivang{t) 182.
sward{e) 174.
swärt 174:.
swengh 183.
stvengh(e)t 188.
stvense 182.
s«i'e>V 174.
stvertiji) 174.
««/'■es 187. 195.
s«<;e/ 187. 195.
sivingt 183.
^« 189.
^äÄ;er 186. 187. 189. 192.
^aÄ:3 172.
/äwe 189. 193.
feÄjen 195.
tempel 362.
terent 182.
^e^Ä 179. 201.
/Äc 186. 187. 188. 189.
191.
/Mm 186. 191.
thampene 184.
thetnpene 184.
thenne 183.
thenzia 182.
/Ä^i^/e 201.
tüdampf 181.
/or//a 201.
tohinsinge 184.
tohwände 201.
/ÖCÄ 201.
tre{u)ive 200.
truchstrinzede 183.
<yMsa 183.
/M'« 186. 187. 189.
^?ram 186. 191.
fjrefZe 198.
/«ree« 187. 198.
ficeZe/" 197.
«f/^ene 187. 188. 190. 198.
undhenda 181.
i<«eZä/' 188. 191.
nneidemeth 180.
unlende 177.
unwalde 179.
un weide 179.
ürholna 180.
ürsanc 182.
ütmcardes IIb.
ütawerdes IIb.
ütekiimken 180.
üthemede 198.
ütlendes 177.
ütlendesca 185.
ütrendene 184.
w7fÄ 187.
icaech 192.
waelde 177.
/e^aeZZ 177.
wäinia 192.
wainpath 174.
*?<^r7Ä; 187.
wa/(Z 178.
tvalla 178.
?<-'«»< 182.
tvardia 174.
it'ar/' 174.
ivarve 174.
iiarm 174.
warte 174.
warth 174.
icüsanda 189. 194.
?rä.se 194.
wäsich 194.
?^aa;f 185.
Wortregister.
625
wai/nia 186.
toe 187. 188.
tveack 194.
weaze 194-.
wed 195.
tveden 187. 198.
ivedling 198.
wednelsa 198.
wedskemmene 184.
iveemd 183.
weinia 192.
weind 178.
tveinten 183.
weiwendene 184.
wekande 193.
««'ß? 178.
«t^eW 178.
tveldig 183.
tvemmid 183.
«<?ew(? 178.
wenda 182.
wendene 184.
loense 182.
it'ßMi 182.
M'ere 174.
««'er/^ 174.
werve 174.
««j^sa 195.
«^.•e^ 187.
jccxe^ 185.
weywend 178.
wmÄra 181. 191.
windsei 195.
M'faÄ; 194.
wiücht 181.
wlenima 180.
tvlitetvimmelsa 183.
wliti{tv)lemmelsa 183.
ifJÖ^A; 194.
waÄ; 173. 189. 191.
waÄ: 173. 191.
«<>ea((Z) 194.
ivreedheet 195.
wreet{h) 195.
tvunnen 180.
wyeZc? 178.
tvyeldig 183.
Angelsächsisch.
aftÖMd 174.
assa 174.
<5 192.
CP5 198. 200.
cPäAif'a 193. 200.
(k^hwceder 193. 200.
ce^hivelc 193. 200.
cp/c 193.
(gpi^e^ 173. 174.
<ts 116.
öoes^ 121.
ö^jew 190.
öeoc 158.
Äös 116.
^'rerf 119.
Är^c 103.
^e'os^ 117.
breotan 119.
ördc 103.
Jr^san 118. 120.
AM 398.
dragan 106.
ealdor 234.
ealdorman 234.
mro 383. 384.
earslgre 365. 366.
eornost 384.
fa'Ä 192.
fcpjrf 192.
/■ceÄ(f 192.
fcenine 186. 191.
feo 158.
j^m< 326.
^CEten 341.
jeaj:» 359.
^eli^ere 366.
^elvre 366.
^erckde 384.
^escead 195.
^rted 103.
glcere 104.
^Z^o 103.
^rcp^ 99.
^freoi 100.
grindan 100.
Indogermanische Forschungen XIX.
grindel 99.
habban 174.
ÄfcÄÄe 173.
hassuc 174.
herein 341.
Jieadorian 114.
hearra 197.
Maivan 126.
herecumbol 445.
Äeorf? 124.
hierstan 123.
hiersfepanne 123.
hladan 116.
Ates^ 116.
AWff 116.
Modere 116.
hnappian 174.
hncejipian 174.
ä/wVm 103.
Ä06;2^ 128.
hodma 129.
hreodan 123.
Äre<f 116.
Äros# 123.
hrödor 116.
Äi( 398.
Ä«sc 128.
/i«<(f 451.
Ä^W«« 129.
%rs^ 123.
hijrstan 123.
Äi<><KS 127.
Ä«<;oe^ 127.
^■5^7 366.
/t7 366.
cassuc 174.
C0P5 198. 200.
ceaUian 182.
ceosoZ 327.
Ci7(^ 335. 336.
cZcpj 198. 200.
crabba 174.
CM 393. 394.
cum{b)l 363.
cumbol 363. 445.
c^cen 341.
lappa 174.
Iceppa 174.
41
62()
Wortregister.
Icks 197.
l(sUa 172. 174.
Iceuw 367. 369.
leosca 367.
leouer 369.
lewe?-a 369.
lesca 367. 36S.
/m-« 365. 366.
iTreht 365.
Z/s< 120.
lid 120.
mansla^a 170.
mattuc 174.
meodren 158.
ondlong 183.
On^eZ 185.
rendan 182.
JW?S^ 12-i.
sacc 174.
sear 503.
st^di 366.
si^i'ras 366.
simble 362.
sim?e 362.
s/ras 366.
siy^e 366.
scanclira 365.
sceotan 126.
screadian 123.
scrüd 123.
sci<cZa?i 126.
spftcZZ 195.
Speerlira 365. 366.
iipeoruliran 365. 366.
studu 323.
sw« 96,
si/mbel 362.
synile 363.
<äcor 186. 192.
timple 361.
fd^ 387.
tö-scec^an 385.
tö-pwTnan 348.
<>w/" -150.
^w/jen 190.
daccian 174.
/;äM 356.
pänian 356.
pawian 350. 353.
<fcem 191.
pänian 356.
pcesnia 353, 354.
(fe'oj/' 381.
perscwold 426.
pinan 351. 356.
/«wi?e 362. 363. 364.
pivmian 348.
pwTnan 348. 350. 351.
jfßj 192.
wdcian 193.
waelle 178.
icealh 379.
tvearte 174.
««'eiö 338.
«feZZe 178.
j<>eoce 361.
weosend 347.
ivesend 347.
?ae« 178.
Windel 447.
wocia 359.
ivocie 359.
«wa5 359. 360. 361.
ivociga 359.
tvrdd 195.
wrdsen 117.
wridan 117.
2<^r/s^ 117.
MJ«//'«^ 170.
ivyrst 117.
3Iittelenglisch.
Ä«</'si 123.
couren 343.
euren 343.
cj^'Fe 330.
lakien 174.
?rt2>/)e 172.
?ere, Zeere 365.
?esÄ:e 367.
/jre, Zyre 365.
micher 102.
Neuengliscli.
^>as^ 121.
ie(? 449.
iz-eecÄ 103.
cotver 343.
Ci</'f?s 344.
(i/sÄ 450.
(7;-m< 100.
grünt 101.
Ä2<sÄ- 133.
Ä2t7 3.30.
?asÄ; 367.
Zas^ 367.
Zear 365.
?eer 365.
leerrib 365.
% 366.
?es^ 367.
?w'e 365.
?/sÄ; 367.
Zj«e;- 337.
///er 365.
?yre 365.
mandrel 434.
niitch 102.
^me 349.
2«ee 330.
gite/y 330.
gwo// 330.
gw// 330.
repine 349.
s/afß 379.
Si>i7e 208.
temple 362.
threstold 426.
<t«?i 362.
twine 3i9.
«'»ce 361.
tvheel 455.
jf'/c^' 361.
Urnordiscli.
pewaii 381.
Altnordisch und
Altisländisch.
afkdrr 343.
dnaudigr 379.
«s 116.
barda 119.
irfs 116.
Wortregister.
627
hast 121.
beinbriöta 251.
beinstör }• 252.
beiskr 385.
be7-ja 118.
Bestla 114.
öerfr 449.
blaka 105.
blakra 106.
öZär 100.
bladra 110.
blistra 105.
&/y 100.
ior^^ 119.
Ö0?« 336.
bolvasmipr 446.
bringa 119.
*>:;-(5s^ 117. 118. 119.
Äridto 119. 120.
JrdÄ; 103.
burst 118.
(?/sÄT 450.
draga 106.
drrf^• 106.
(ir(5^ 106.
düsa 340.
ettfar 335.
e«sa 136.
endi 181.
erfmarkids 327.
fcpr 369.
feima 191.
fingrmiör 252.
fötbrotinn 252.
föthQggva 251.
/•p«^ 177.
/•//? 216.
gaddr 133.
gaupn 359.
geigr 198.
gladr 103.
gr/i« 358.
^?iYa 104.
^?/^m 104.
<//m/'r 357. 358.
^r«V 99.
greidr 384.
grind 99.
^ri(5« 100.
gidlkdrr 341.
/m^r 385.
hdleggr 252.
hdlsdigr 252. 253.
hdlshgggva 251.
hdlslangr 2b2,.
hdlsliösta 251.
handsidr 252.
M»M 93.
Äa/j«r 379.
hardkaitss 252.
hcerulangr 252.
hauss 129. 130.
herra 197.
her st r 123.
Ä^Vm 96.
hlada 116.
hlenni 116.
Ä?g?r 368.
/jossa 126. 127. 128.
hgggva 126.
Äprr 448.
hraustr 123.
Ärj(^rfa 123.
hrödr 116.
Är(5s 116.
Är(5« 123.
huann-iöli 321.
hiiass 127.
Jiiidta 127.
ÄMa^r 127.
ÄM^^ 455.
huerfa 455.
/g'M^Z 366.
Ä;« 344.
kdbeinn 318. 344.
hdrhQfdadr 341.
kdrhgfdi 341.
Mri 343.
iTari 341.
Mrr 318. 341. 345.
karskr 385.
ÄrzoZZ 344.
H(5ss 327.
Ä;H«r 100.
Ä;ne 325.
fcms 101.
krytia 101.
Ä^i<- 330.
kuhhr 445.
kulga 330.
Ä;i(«Vr 329. 330.
kuikr 330.
Ä;t>/sto 117.
Ä;i<Za 344.
Ä-«m^-Z 363. 445.
kumblasmipr 446.
kumbr 445.
ä;mw? 363. 445.
Äj^r 393. 394.
Ä;//rr 343.
launkdrr 343.
Zawss 368.
Z^r 366. 367. 369. 370.
%^r 366. 367. 369. 370.
Z/s^a 120.
Z/(fr 120.
man 378.
marr 381.
werr 381.
mondultre 434.
mgndult 434. 436.
wei 189.
nisi 122.
«jsfa 122.
nwa 136.
oc?(Zr 133.
ormr 216.
o.rj 341.
ß/iw 338.
OMc^ 178.
Qrdugr 109.
prr 383.
r«s^ 117.
Wcfa 117. 384.
rgskr 385.
rwsi; 100. 124.
saurr 352.
sigdr 366.
skaga 385.
skalkr 385.
skaptre 434.
skaudir 129.
skaut 126.
skjöta 126.
41*
628
Wortregister.
sl-rj6dr 123.
skriid 123.
smigr 352.
staJckr 172.
sud 96.
sueitm 378.
s?«'» 341.
suipkdrr 343.
sunibl 362.
tiustr 341.
<r^ 325.
tuistr 3i0.
j5a' 350.
pambd 363.
ßatnbarskelfir 363.
pambr 831. 363.
pembi-priotr 364.
/»MM?? 332.
j5/(fa 356.
pidinn 356.
pidna 356.
J5/£fr 356.
J50yr 350. 353.
^pmö 363. 364.
Prdndr 324.
^rcE/Z 382.
preskiildr 425.
j&rdasÄ- 324. 325.
>-(5»(;r 324.
proskask 325.
proski 325.
^rosÄv 325. 385.
^ro^^' 325.
prütinn 325.
piimkdrr 341.
^ä' 381.
?/r<fr 170.
«a;» 341.
vaskr 385.
t'öss 116.
rarta 174.
fe/a 338.
fe/"r 338.
visundr 34:7.
vpg 430.
vgdui 366.
ytnlingr 216.
yxin 341.
Neuisländiscli.
gneiste 136.
grautr 125.
(h)neiste 136.
il/ds 327.
Ä;;?ra 343.
Z(s/- 365.
/;"(5sÄ;/ 367.
^am 364.
tcemja 364.
tvistur 340.
pamb 363.
pamba 363.
pambdrdalr 363.
pemba 364.
pemhingur 364.
^roj 324.
proska 325.
piimba 365.
piimbaldi 365.
pumbari 365.
pumbast 365.
pumbi 365.
^i<s 340.
pvalu)- 352.
varkdr 343.
Färöisch.
Ä:yOö' 327.
tamba 363.
Shetlandisch.
Temiia 363.
Tomnialands 363.
Altnorwegisch.
pambi 363.
pcembini 363.
Neunorwegisch.
aMZ(e) 321.
^iÄ?c 336.
rf;« 357.
Diuve 358.
rfwtja 357.
Givre 358.
Giuered 357.
(7/m/ 358.
Giiifua 358.
Gjuva 357.
Gjuvberget 357.
Gjuve 357. 358.
Gjuven 357.
Gjuver 357.
Gjuvet 357.
p'/aa 358.
^(/aa 358.
groöZ» 358.
gn'se-bele 337.
5'M«; 358.
Gyvuulid 358.
Jiunde-bßle 337.
/jt<sA; 128. 133.
/ (?/2<M 358.
./«* 357.
jMi; 357.
J^ttvö 357.
Ä;aa 318. 344. 341.
kaara 344.
kaare 342.
Ä;at<r 341.
Äaio-rt 318. 341. 342.
345.
Ä-/ore 344.
Ay'öre 344. 345.
Äyos 327.
Äyos 327.
Ä;;öse 327.
kjßra 344.
^J«s^ 341.
AoZc? 335. 337.
Aör 344.
Ä-^r^r 344.
kßijsa 327.
Ä-ri7Ä; 318.
krüka 318.
^■j<W 335.
Ä;«7r 344.
ÄJitra 343.
kvtga 330.
Ä;^sa 327.
Zaar 366.
Za^ 337.
I ?ögr 366.
I /e^(Ze 337.
Wortregister.
629
legg 366.
liuceka 368.
lös 368.
mungel 434-.
nöd-eld 136.
oke 861.
raMS< 123.
rost 123.
r^s# 123.
reste 123.
regste 123.
»•«sü 123.
^emia 331. 364.
Temmen 363.
tenipal 362.
<en/a 364.
^iV?a 356.
^wc 356.
Tomma 363.
tvilla-st 349.
ii'fjia 349.
«rrni7 349.
tvinla-st 349.
tvinna 349.
tvinnalst) 350.
tvinnast 349.
tvisla-st 349.
iijjsf 340.
tvista-st 349.
f^s« 340.
«<?sÄ; 385.
OTÄ; 361.
vikk{e) 361.
vrida sig 3i5.
Altschwedisch.
cinaud 379.
annöpogher 379.
äskvigge 128.
dregh 106.
e^ar- 335.
/ar 369.
Ä.0^ff 127.
kärdtter 341.
Ä;oWer 335. 336. 337.
kulder 335.
kwigha 330.
/rtr 366. 367. 369.
?/ö 368.
liömber 368.
?j^er 120.
liümber 368.
liumske 367. 368.
ZmsÄ;e 367. 368. 369.
i//sto 338.
tggsna 339.
presker 385.
thwdena 349. 350.
thwdenadhcr 349. 350.
thtvcenande 350.
tJitvTna 349.
pgsta 338.
thi/s{t)na 338.
%6'^er 338.
^?/s^ 340.
thys{t)Uka 338.
varsker 385.
vaptvi 366.
vcever 338.
i<?ns^ 117.
Nenschwedisch.
dker-kjusa 327.
(Z;m 358.
djuvcer 358.
förtvina 349.
gäuasig 358.
gätihärdugr 358.
göpen 359.
^rws 125. 133.
giibbe 359.
/y«? 455.
ÄMdfZa 129.
Jwfa 358.
M/'e 342.
Ärare 342.
fc;2<s 327.
kjiisa 327.
krukmakarhjul 455.
krukmakarskifva 455.
ämZ? 335. 337.
A'ttr 344.
tur« 343.
kviga 330.
Zä^^r 366.
lättna 353.
/är 366.
//um 368.
IJumske 367.
(/VMsÄ:e 367.
lomske 368.
mongel 434.
mw^a 121.
Mas^ 122.
nöd-eld 136.
öy 338.
rös^ 123.
rös^e 123.
snaikstä 136.
tämpel 362.
ii« 356.
^«na 356.
tröskel 426.
iyma 349.
^//s^ 338. 339. 340.
tgstna 338.
vä/" 338.
t?res 117.
rrcsa 117.
vresalm 117.
vresig 117.
i;r«(Za 117.
Altdänisch.
Ä-oZZ 335.
liüskae 367.
Ijiiske 367.
<^s^e 338.
tivcenes 349.
^%6'^, ^Äos^ 338.
thijstae 338.
thystelik 338.
Neudänisch.
^'rws 133.
gubbe 359.
Ä'»7(Z 335.
A;Mre 343.
ÄT^se 327.
koernmangel 434.
Ä;o?:e 330.
Z?<sÄ:e 369.
Z.ysÄ;e 367.
tämpel 362.
630
Wortregister.
t0ss 338.
tvine 349.
ti/s 339.
ti/s{s) 338.
ti/sse 339.
f//ssted 339.
^//s^ 338. 339. 340.
ti/stne 338.
Litauisch.
alkilne 366. 367.
cZe 204.
atis 93.
apsimiiilijju 206.
af 208.
dtidra 321.
aüksztis 400.
a?</^s 321.
awn;« 321.
avilys 321.
balandis 110.
barzdä 133.
öerft< 320. 448.
begtmas 400.
Äi^js 400.
Ä^^^rZf 400.
berzas 111.
iZaÄv' 109.
blebenti 110.
bridujüs 118.
briaunä 118.
bridiitis 118.
brinkti 119.
dvesiü 107.
dvylas 110.
draudzü 121.
drausme 121.
drausmüs 121.
iäcs/s 116.
edtmas 400.
iäjs 400.
/(^« 400.
elküne 366.
gadhiti 117.
galtindu 109.
galästi 103.
(/awras 318. 342.
gaiirai 318. 345.
gaurutas 342.
ß'ejs^j 208.
gembe 206.
gendü 117.
^fertVf 111.
p/ 108.
p-^Vm 217. 218.
girnos 104.
p^t'ßs 383.
glaudas 103.
glinda 103.
glitüs 104.
glodüs 103.
grandä 99.
grausmas 125.
grausme 125.
grausvingas 125.
grendti 100.
grindh 99.
griuvii 99.
grödas 101.
grüstüvas 125.
^t«//« 336.
^rw/Za 336. 337.
^f««?^^ 336.
ß'M^/s 336.
^7^as 400.
«V>/s 400.
hzmanginis 436.
jaiidrinti 137.
>^a 239.
i«s 96.
jüdinti 137.
jüdra 137.
Jmc?« 137.
judüs 137.
judüti 137.
>mcZm 137. 399.
kdrsztas 123.
kafsztis 123.
kduju 126.
kduszas 129.
^'ar(5<^ 206.
kelias 208.
kerszlngas 124.
kerszyti 124.
kefsztas 124.
kerszüs 124.
kiduszas 129.
Mausze 129.
kiaüszis 129. 130.
kiaütas 129.
klrszti 124.
kifstas 123.
klrszinti 124.
Ho/m 117.
krebenk 208.
krankti 208.
krasas 124.
krutü 123.
krufüs 123.
krüvinas 208.
Ä;%/s 129.
kiiinpas 208.
kuntü 126.
kustü 126.
kuszys 130.
^M^d 126.
ÄJMife'Yt" 127.
Ä;«<<g7s 129.
kutrus 126.
Ä;z<i'i< 126.
kväpas 208.
Ä;rß>f?: 208.
lankstas 134.
lankstyti 134.
^ä^se- 104. 120.
/g^s^^- 120.
magöti 206.
maiszyti 333.
mangalis 436.
maskatoti 209.
mäskatüti 209.
maskavöfi 209.
mdstagöfi 209.
mästegüti 209.
mdudau 121.
maudyti 121.
mdustau 121.
mentüre 435.
migas 334.
megöti 204.
migti 204.
■milinys 435.
m«///^i 206.
möstagfiti 209.
Wortresister.
631
ntosuti 290.
muilyti 206.
müszti SS-i.
negi 108.
negü 108.
nudraudus 121.
ö 204..
pagadas 117.
paglöstgti 109.
pajuda 137.
paMrszti 124.
paklöde 117.
pafszas 216.
parszukas 217.
paslaiiginti 377.
pätalas 449.
pelen-rüsis 125.
perdziü 203.
pereifi 383.
pereivä 383.
pereivis 383.
piätiti 208.
^</Za 326.
^Iwf» 326. 333.
^/tes 326.
praskundü 127.
raüsvas 124.
rffM^t 99.
rezglmas 400.
rezgis 400.
rezgü 400. 448.
ruaeti 124.
riidis 124.
rusfas 124.
rüsvas 124.
saüsas 503.
semiü 332.
skdistas 208.
skaudulys 127.
skaust 127.
skiduti 126.
skudrus 127.
skuduretis 127.
skundä 127.
skuste 126.
skutä 126.
skutineti 126.
skütas 126.
skutnä 126.
skütos 126.
skutü 126.
spiriü 442.
stdine 206.
styra>i 355.
styrti 355.
su-jaudinti 137.
svestas 322.
szduju 126.
^'2;^s 94. 95.
s^dA^tt 385.
s^M 208.
tampaü 331. 364.
tamprtts 364.
tdnkus 353.
tafnas 382.
iaszlä 354.
teksnis 382.
^^K« 381.
tempiü 331. 362. 364.
teniptyva 331. 364.
teszlä 354.
timpa 331.
Hmpstü 331.
tinklas 332.
fyrfls 355.
<//rrtt 357.
/^re' 355.
tHnagas 372.
töh'mas 400.
^oZ/s 400.
irwÄJ^ji 208.
Msaf 347.
üzklodas 117.
uzmingü 334.
ulektis 366.
w^«s 128.
vatkas 378.
vaikisztis 216.
vapsä 348.
vafgas 387.
vdrna 395.
rafnas 395.
vdszkas 208.
vercziü 169.
vergas 387.
vezimas 400.
wZwa 346.
vifbalas 160.
vifbas 160.
virszüs 203.
vystas 134.
vystau 134.
«ö^^i 208.
zirnis 104.
zmunes 382.
Ämw 382.
Preußisch.
aucktimmien 400.
aucktimmiskü 400.
aM?/s 321.
glosto 103.
grandico 99.
ilgimai 400.
ilgimi 400.
Ä;ewfo 129.
knaistis 136.
lagno 366.
lauxnos 161.
?//so 104.
maldian 216.
manga 436.
mandnoelis 434.
pokünst 446.
pokünti 446.
pocuntieis 446.
j)oküntons 446.
<«ws 93.
tusnan 339.
tussTse 339.
i<;a/a; 378.
wanso 347. 348.
ivosistian 216.
Lettisch.
avüts 321.
iec^re 320. 448.
Ä/«(^M 110.
Ä?rt^s 105.
blaifit 105.
WaÄ;<s 109.
(?e/w 329.
dragät 106.
632
Wortregister.
draudet 121.
draudi 121.
draustna 121.
esma 116.
gaita 330.
güju 330.
galüds 103.
(jfä</s 330.
gauri 318. 342.
glaima 104.
ütZ^s 10-i
gratids 100.
grüstis 125.
gul'a 336.
^M^to 336. 337
gruri« 336.
i?M«- 318.
ßTM^a 336.
jauda 137.
jaudät 137.
^'efl^a 239.
Ä;a/-se^ 124.
karsts 123.
hauju 126.
Tcauss 129.
kavdt 206.
krasa 124.
Ä;M^(a) 126.
l'audis 378.
maudät 121.
mozöti 209.
j)iÄ;a 326.
jpiVcs 325. 326.
pikids 326.
i)j7 326.
ptfe 326.
rüsa 120.
rusla 124
rwsto 120
rttsfe 120.
rüstet 124.
schJiaute 126.
6J>a 383.
stra 383.
sm 383.
stW 383.
skaudre 127.
skaudrs 127.
124.
. 124.
124.
skundu 127.
skütu 126.
skutttes 126.
s^fj^'s 208.
studins 206.
sveksis 322.
sve'sts 322.
^a«/s 332.
tiijene 94.
<j«a 332.
tineklis 332.
^mi< 332.
tfpul'üjäs 331. 364.
tirelis obl.
ttize 208.
«r« 321.
iJa 321.
Msas 347.
uadzis 128.
Altbulgarisch.
aZe 204.
agoristi 203.
asM 347. 348.
a^wM 203. 216.
02a 204.
hlagü 105.
hlizna 105.
öZj'^m 105.
bljiido 450.
bljuvati 110.
öorj'qr 118.
ÄracZa 133.
bratrija 377.
brazda 133.
i>-M(^ 118. 119.
brüselü 120.
brüsnqti 120.
örw^f?« 119. 133.
brijsati 120.
büdeti 203.
f#rf«Yj 206.
c^«a 208.
cÄorfM 379.
Ja^M 204.
detverü 373.
detvorü 373.
mm? 116.
<?/«<« 130. 132.
«^HM 203.
J?or#Ä;M 207. 213.
dirinü 106.
divesa 381.
f^/ftnr 204.
fZojtY» 204.
düchnqti 107.
düska 450.
rfw»« 203.
(:?r?V> 389.
</?ckZ/^/ 103. 431.
gladükü 103.
^0 108.
gradü 101.
grazdaninü 399.
(^rocZi" 119.
grechü 100.
gredq 99.
gredü 99.
grfznq 204.
grivina 203.
gruda 100.
grudije 133.
gruzdije 125. 1.33.
grijzq 204.
günati 203.
gvozdi 133.
i?m 203.
ispyti 208.
/^M 203.
jagoda 206.
jas-li 116.
javiti 206.
Ä-a^^a 450.
;i-9<M 203.
Ä:?«rfo 117.
Ä-^M^i- 203.
krada 124.
krasa 124.
krasiti 124.
krüvi 203.
ÄrwfZiYj 127.
Ä;M;a 126.
Äv/rZa^i 127.
laküti 366.
?^c;m 104. 120.
magatt 206.
Wortregister.
633
marinü 205.
marJca 206.
mftq 435.
miglivü 204.
mignati 204. 334.
minq 203.
misa 450.
misti 133.
mizati 334,
mizda 133. 139.
mlüöiti 203.
mlüzq 203.
tnuzga 121.
naroj 384.
«»X-?M 206.
niknqti 206.
«tw 206.
obaviti 206.
o6m 204.
0(?r« 449.
ojiminü 398.
okomigü 334.
o«M 93. 94.
osa 348.
oswii" 207.
osw« 207.
OSM^M 204.
o<M ^^f^qt 83.
^«f^f 203.
pfterü 373.
i?^« 333.
p^torü 373.
piklü 203.
pirati 203.
^jYj- 329.
pleninikü 379.
^Ze,y7e 207.
plinüta 203.
postelja 449.
potuchnqti 339.
raiw 384.
rozga 448.
sfknqti 204.
sa" 95.
sis» 208.
skakati 385.
skoöiti 385.
skokü 385.
skopati 207.
skgfati sf 126.
sltiga 'All.
srüchükü 206.
spijtinü 208.
stareji 234.
stareji.Hna 234.
sfa^f 204.
6f27a^i 449.
Ä^raf?« 207.
s/rMc?«" 207.
s(ya 126.
sükqtati 445. 446.
süzori 222.
s_ywi< 216.
si/nükü 216.
sesferü 373.
sestorü 373.
/«;■(? 356.
^öZy« 207.
/aM 350. 356.
/amo 83.
teneto 332.
?■«/» 208.
i'^^iia 331. 364.
</cAm 339.
^«7e^z 351.
timenije 356.
titneno 356.
i^mje7» 208.
f/na 351. 356.
tJnükü 216.
/^s/o 354.
tolima 400.
tolimi 400.
trava 324.
^« 83.
tügda 83.
mZic« 321.
h7/)T 321.
Msto 133.
«ärc^a 133.
«;<j.sM 347.
t;eia 427.
«iYj 203.
«;o^M 429.
vragü 387.
vrüba 160.
vrügq 203.
zabiti 206.
zamarinü 205.
^« 108.
^jV^^ä 239.
;jaW^» 99. 203. 208.
^r^/M 239.
.s;v7i 222. 239.
zülüva 204.
züvati 203.
zvizdati 106.
se 108.
ie/w;;»" 203.
ii'wya 203.
z^MCj' 203.
zrüny 104.
Neubulgarisch.
lamja 206.
rastiisa 339.
fma 356.
^/ey'a 208.
iJMs 347.
Czecliisch.
irc^o 118.
Ä?«fv 396.
ÄZam 396.
hvizdati 106.
müiati 334.
mnohy 373.
woc 373.
mocatero 373.
niesteja 136.
i-ei 427.
fc'ie 427.
veznik 427.
vizka 427.
voHS 347.
sowr 345.
2W?- 345.
Kaschubisch.
Ii<r 345.
Polabisch.
t'ostä 354.
vös 347.
634
Wortregister.
Polnisch.
hardo 118.
brona 118.
choraf' 206.
ciasto 304.
drzewsko 216.
gwizdac 106.
magiel 436.
w^/Zcf 206.
mgnqc 334.
m»^ 334.
migat^ 334.
pulucha 339.
po-tuszgc 339.
skolic 207.
«fas 347.
wieza 427.
0i<r 345.
Russisch.
ältöikü 366.
5erc?o 118.
horodd 396.
boronä 118.
dergati 106.
gladkij 103.
golöw 396.
golowä 396.
gölowH 396.
^o^/o 202.
(/or^ 204.
iziimritdü 458.
Ä-ZarfM 117.
krdska 124.
krdsnyj 124.
Ä;roy 202.
Z^cAa 120.
ZiMrfj 378.
migdti 204.
nevöl'nik 379.
nevöl'nijj 379.
^ercZ^^ 203.
potnyj 202.
^o^e'i' 208.
provorü 207.
skopaf 207.
starosta 234.
Student 206.
tdjatX 356.
^eijsü/ 331. 365.
timenije 356.
<Mia 356.
<?#<»• 208.
frei»/ 451. 453.
fretijakü 452.
«Mm 208.
i«sM 347.
«'e;20! 427.
«^ia 427.
icöron 394.
woröna 394.
;l/(/-M 345.
Kleinrussisch.
rfzMr 345.
J«<s^ 347.
t'imenyca 356.
<2s«o 354.
MS// 347.
»t^za 427.
wesa 427.
t'MS// 347.
ii*r 345.
Weißrussisch.
chovat' 206.
stajn'a 206.
tvts 347.
Serbisch.
ÖZato 406.
brdda 396.
öloi-eäica 207.
^Zar^a 408.
^^fli^e 407.
^rec^e 406.
Ä-a^wn 408.
A-??}'« 206.
A;oc 406.
Ä;o/?ia 405. 408.
/mm 406. 407. 428. 446.
450.
kücara 408.
Ä-«dAie 5r/-e(?e 406. 407.
latnje 407.
?esa 407.
magnuti 334.
minder 405.
mlijeönjak 408.
mljekar 408.
njihati 206.
/y'ü'« 206.
njiinti 206.
ognjiste 405.
o»a/ 93.
palate 406.
planistarka 405.
i)Zo« 406.
^orf 407.
podvale 406. 407.
pojante 407.
pokreta» 406.
pome)-afi 407.
poplotnice 406. 407.
povozna kaliba 430.
povoznica 405.
previcdi 406.
^r«^ 406. 407.
priizina 408.
rznjaci 407.
ston 408.
soi/tTe 407. 408.
suchota 406.
toy««« 356.
tavan 407.
tavandzik 407.
tavanke 406. 407.
tijesto 354.
tragü 106.
t>eia 427.
«^(«M 394. 395.
vräna 394. 395.
zaova 204.
2:»rf 407.
Slovakisch.
Arj<c? 119.
Neuslowenisch.
brana 118.
isfeja 136.
/s(/e 136.
kiümja 429.
pezditi 204.
Wortregister.
635
l)lede 207.
potiihnofi 339.
sCrba 207.
scuti 207.
sTceUti 207.
skUti 207.
sfe;'« 136.
trag 106.
traziii 106.
i>^0a 427. 428. 429.
vezica 427.
fds 347.
zamignoti 334.
^öra 345.
iiir 345.
züra 345.
swrrt 345.
Sorbisch.
(Obersorbisch nicht
bezeichnet.)
desto 354.
mikac 333.
nsorb. mik-nus 333.
tymjena 356.
tymjo 356.
t^'^i« 427. 428.
nsorb. /^y'aza 427.
ivjeza 427.
0Hr 345.
II. Nichtiudoger manische Sprachen.
Arabisch.
banab 458.
mwrr 459.
zafarän 458.
zanbür 458.
^Fg» 458.
zukal 458.
ziihra 458.
zunnär 458.
s'Mr 458.
zuräfa 458.
Aramäisch.
'arbälä 478.
Arzawisch.
a5-2ra 108.
Etruskisch.
Jl/a>-/s 169.
Finnisch.
ar?>as 383.
kaari 344.
kaaritan 344.
Ä;are 344.
keuru 344.
Ä^wrM 344.
knuru 344.
kuuruiset Bi-i;.
pafja 449.
Georgisch.
zarRasi 457.
giseri -ill .
ziinnuxti 458.
Hebräisch.
mör 459.
Lappisch.
garvve 318.
ÄJöfra 344.
^jai5/a 449.
Lykisch.
z-ecne 320.
Mandäisch,
be&zainä 458.
Syrisch.
'arbälä 478.
azrürä 478.
ezwarxä 458.
safserä 473.
sax/j 428.
xazzürä 478.
zaugä 458.
0ß«i!a 478.
0//"«ä 478.
0öpä 458.
N^D'-aiT 457.
Ungarisch.
Magyica 431.
hlagyidlo 431.
Leipzig-Gohlis.
H. Hirt.
Berichtigungen und Nachträge.
IF. 19 S. 2 unter V. 1 J.: eKeivou st. eKelvou.
unter V. 5 1. : eKeivoc steht mit Affekt.
unter V. 1. : 6. eKeivoc in Verbindung .... drückt den
Begriff der Mannigfaltigkeit aus.
S. 4 Z. 10 von unten 1. Stammes st. Namens.
S. 6 Z. 2 von oben 1. Isoer. st. Isoer.
S. 17 unter III. 1 ß) 1. T 408 st. T 408.
S. 18 Z. 5 von unten 1. t 90 st. E 90.
S. 19 unter III. 1 ß) 1. ß 171 st. ß 174.
S. 20 unter IV. 1 1. k 397 st. k 379; unter IV. 2 epuKavöiuc'
st. epuKavduuc'.
S. 28 unter l schalte vor 748 Ant. ein; ib. 1. OK. 855: ou KeTvoc
t' . . . . äW auToc; st. ou Keivoc y' oXk' auTÖc . . .
S. 75 Z. 3 von unten 1. Fritzsche st. Friztsche.
Zu IF. 17, 491.
Ich habe übersehen, daß die Zusammenstellung von alt-
bulg. oß mit aijam schon von Miklosich gemacht ist. (Über die
Steigerung und Dehnung der Vokale in den slav. Sprachen;
Wiener Denkschr. XXVHI, 1878, S. 23.)
A. Leskieu.
ANZEIGER
FÜR
ISDOGERMAJIISCHE SPRACH- UND ALTERTUMSKÜPE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
WILHELM STREITBERG
NEUNZEHNTER BAND
STRASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1906.
M. DuMout Schauberg, Straliburg.
Inhalt.
Seite
Martinak E. Psychologische Untersuchungen zur Bedeutungslehre
(0. Dittrich) 1
Erdmann K. 0. Die Bedeutung des Wortes (0. Dittrich) 4
Waag A. Bedeutungsentwicklung unsres Wortschatzes (0. Dittrich) 7
Rittershaus Adeline. Die Ausdrücke für Gesichtsempfindungen in
den altgermanischen Dialekten (0 Dittrich) 8
Rozwadowski J. v. Wortbildung und Wortbedeutung (0. Dittrich) 10
Freudenberge r M. Beiträge zur Naturgeschichte der Sprache (0.
Dittrich) 14
Mauthner F. Beiträge zu einer Kritik der Sprache (0. Dittrich) . 14
Hermann E. Zur Geschichte des Brautkaufs bei den indogermani-
schen Völkern (H. Hirt) 15
Reuter J.N. The S'rauta-Sütra of Drähyäyana with the Commentary
of Dhanvin (A. Hillebrandt) *. 16
Edmunds A. J. Buddhist & Christian Gospels being Gospel Parallels
from Päli Texts (R. Pischel) 17
Sommer F. Griechische Lautstudien (Albert Thumb) 21
Moulton J. H. A grammar of New Testament Greek based on W.
F. Moulton's edition of G. B. Winer's Grammar (Albert Thumb) 21
Meyer L. Handbuch der griechischen Etymologie (Felix Solmsen) 23
Menge H. Griechisch- deutsches Schulwörterbuch mit besonderer
Berücksichtigung der Etymologie (Felix Solmsen) 27
Sommer F. Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre
(Felix Solmsen) 28
Walde A. Lateinisches etymologisches Wörterbuch (Max Niedermann) 31
Much R. Deutsche Stammeskunde (Richard Loewe) 36
Loewe R. Germanische Sprachwissenschaft (Josef Janko) ... 38
Trautmann R. Germanische Lautgesetze in ihrem sprachgeschicht-
lichen Verhältnis (Josef Janko) 41
Bibliothek der ältesten deutschen Literatur-Denkmäler.
Die Lieder der älteren Edda (August Gebhardt) 47
Boyer P. et Speranski N. Manuel pour l'etude de la langue russe
(Erich Boehme) 48
Bulic S. K. Ocerk istoriji jazykoznanija v. Rossiji (Josef Zubaty) 49
Masaf ik J. Sloveso ceske ve svych tvarech a casich (Josef Zubaty) 54
Gebauer J. Slovnik starocesky (Josef Zubaty) 57
Schwela G. Lehrbuch der Niederwendischen Sprache (E. Mucke) 62
Prellwitz W. Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache
(K. Brugmann) 64
Hungerland H. Das wissenschaftliche Studium der deutschen
Sprache und Literatur (Wilhelm Streitberg) 71
Mitteilungen:
Georg Curtius-Stiftung 72
Zeuß-Feier 72
Personalien 72
Saga-Syntax 72
I
I
ANZEIGER
FÜR INDÖfiERMÄNlSCHE SPRACH- ül ALTERTÜMSKIDE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
WILHELM STßEITBERG.
NEUNZEHNTER BAND. 1., 2. und 3. HEFT.
Martinak E. Psychologische Untersuchungen zur Bedeutungslehre. Leipzig
J. A. Barth 1901. VIII u. 98 S. 8». SM.
Erdmann K. 0. Die Bedeutung des Wortes. Leipzig E. Avenarius 1900.
X u. 218 S. kl. 4«. 3,60 M.
Waag A. Bedeutungsentwicklung unsres Wortschatzes. Auf Grund von
Hermann Pauls 'Deutschem Wörterbuch' in den Haupterscheinungen
dargestellt. Lahr i. B. Verlag von M. Schauenburg 1901. XVI u. 200 S.
gr. 8^ 3 M.
Rittershaus Adeline. Die Ausdrücke für Gesichtsempfindungen in den
altgermanischen Dialekten. Ein Beitrag zur Bedeutungsgeschichte.
Ers-ter Teil. Zürich E. Speidel 1899. XIV u. 81 S. gr. 8«. 2 M.
Rozwadowski J. v. Wortbildung und Wortbedeutung. Eine Untersuchung
ihrer Grundgesetze. Heidelberg C. Winter 1904. VIR u. 109 S. 8».
3 M.
Freudenberger M. Beiträge zur Naturgeschichte der Sprache. Leipzig E.
Avenarius 1900. VI u. 147 S. 8». 2 M.
Mauthner F, Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Stuttgart u. Berlin
J. G. Cottas Nachf. 1901—2. Drei Bände, XII u. 657, X u. 735, VUI
u. 666 S. gr. 8». 12, 14 u. 12 M.
Diese sieben Schriften eignen sich insofern gut zur gemeinsamen
Besprechung, als zwischen ihnen leicht ein methodologischer Zu-
sammenhang herzustellen ist. Nicht in der Weise, daß sie methodologisch
gegenseitig von einander abhängig wären, sondern so, daß sie allesamt
für die Frage interessant sind, wie man zu wissenschaftlichen Erkennt-
nissen gelangt und welche Tragweite die so erreichten Erkenntnisse dann
besitzen. Entschieden den günstigsten Eindruck erwecken dabei die Ar-
beiten von Martinak, Erdmann und von Rozwadowski, denn — aber ich
will nicht vorgreifen. Ich lasse zunächst Martinak selbst mit einem
Zitat aus der Vorrede seines Buches (S. V f.) zum Worte kommen : ''Die
vorliegenden Untersuchungen über das Wesen des Bedeutens im allge-
meinen sind angeregt worden durch sprachpsychologische Interessen über-
haupt und speziell durch semasiologische Fragen. Ein näheres Eingehen
auf die Grundlagen alles sprachlichen Bedeutens überzeugte mich bald,
daß vor allem die psychologischen Tatsachen bei jeder Art von Bedeuten
und Zeichen untersucht werden mußten. Und so habe ich denn, wenn
auch im steten Hinblicke auf die Sprache, doch ganz allgemein versucht,
einen Einblick in die hierbei wesentlichen psychischen Vorgänge und
Anzeiger XIX. 1
2 Martinak Psychologisclie Untersuchungen zur Bedeutungslehre.
Gesetzmäßigkeiten zu gewinnen, um dann auf gesicherter Grundlage bauend
die Psychologie des speziell sprachlichen Bedeutens behandeln zu können.
Dieser immerhin ganz bestimmt nach der sprachlichen Seite hin gerich-
tete Zweck der Arbeit muß es rechtfertigen, wenn jene systematische er-
schöpfende Vollständigkeit nicht erreicht sein sollte, die eine allgemeine
Theorie der Zeichen verlangte. Eben dadurch ist es aber auch bedingt,
daß eine speziell philosophische Behandlung des Problems, so verlockend
sie sein mochte, ganz absichtlich zurückgedrängt werden mußte. Es wird
vielmehr in der ganzen Darstellung von außersubjektiven Dingen, realen
Objekten, im Gegensatz zu den psychischen Tatsachen mit jener Selbst-
verständlichkeit gehandelt, wie sie eben in den außerphilosophischen
Disziplinen üblich und — wie man wohl hinzusetzen kann — notwendig
ist; es ist der Standpunkt des wenn auch nicht ganz 'naiven' Realismus,
den ich im Interesse leichter und sofortiger Verständigung einnehmen
mußte, der es übrigens dem philosophisch Geschulten ohne weiteres ge-
stattet, je nach seiner erkenntnistheoretisch-metaphysischen Überzeugung,
die nötige Umwertung der betrefTenden Begriffe und Termini vorzunehmen,
während ein anders gewählter Standpunkt samt dementsprechend konse-
quent durchgeführter Terminologie die Darlegung für den Nicht-Philosophen
jedenfalls schwieriger gemacht haben würde, den Philosophen aber auf
Schritt und Tritt von der Sache selbst, der Bedeutungslehre, in die spe-
ziell philosophischen Hauptprobleme hätte ablenken müssen." Mit andern
Worten, Martinak scheidet hier, und mit Recht, scharf zwischen der psy-
chologischen und der logischen (insbesondere erkenntnistheoretischen) und
ethischen Behandlung des Problems der Bedeutung und läßt sich nur auf
die erstere ein. Auf diese aber dafür in einer Weise, daß, wie ich den
bescheidenen oben zitierten Worten Martinaks gegenüber doch glaube
hervorheben zu müssen, alles für diese Seite des Problems Wichtige
wenn auch nicht erschöpfend behandelt, so doch mindestens gestreift
wird. Man urteile selbst: Nach einer Einleitung, in der das Verhältnis
zwischen Wort und Bedeutung (genauer: Lautkomplex und Bedeutung,
die ihm als Wortbedeutung zugeordnet ist) erörtert wird, erweitert Mar-
tinak sofort das Gebiet seiner Untersuchung und gliedert sie wie folgt:
§ 1: Der Begriff der Bedeutung und Zeichens; 'reales' und 'finales' Be-
deuten; § 2: Spezielles über das finale Bedeuten; Zweckmäßigkeit der
Zeichen; natürliche und künstliche Zeichen; § 3: Das richtige und un-
richtige Verstehen ; die Bedeutung als Norm und als virtueller Tatbestand;
§ 4 : Wesen und Natur des Zeichen und Bedeutung verknüpfenden psy-
chischen Bandes ; § 5: Verkürzungen im psychischen Vollzuge von Zeichen
und Bedeutung ; § 6 : Veränderungen in der Zuordnung von Zeichen und
Bedeutung; worauf M. in § 7 wieder mit einem 'Ausblick auf die Haupt-
merkmale des sprachlichen Bedeutens' auf das speziell sprachliche Gebiet
zurücklenkt, das er in einer leider noch ausständigen 'speziell sprach-
lichen Bedeutungslehre' noch des genaueren zu bearbeiten gedenkt. Ich
kann nun gewiß nicht sagen, daß ich mit allem einverstanden wäre,
was M. zur Lösung des in Rede stehenden Problems beibringt: Insbe-
sondere scheinen mir seine Ausführungen über das richtige und unrichtige
Verstehen und über Wesen und Natur des Zeichen und Bedeutung ver-
knüpfenden Bandes allzu intellektualistisch oder, was dasselbe ist, allzu-
sehr im Banne der Brentano-Meinongschen Psychologie (ich denke darüber
wesentlich anders, vgl. meine 'Grundzüge der Sprachpsychologie' I § 1561 ff.).
Martinak Psychologische Untersuchungen zui' Bedeutungslehre. 3
Aber ich muß auch hier schon wieder in einem Atem erklären, daß mir
an sich die Hereinziehung auch des Problems des Verstehens durchaus
richtig erscheint, daß M. einiges von dem Schiefen der Ausführungen von
§ 3 und 4 selbst in § 5 wieder beseitigt hat, und daß sich seine Unter-
scheidung des 'realen' und Tmalen' Bedeutens (so wenig ich diese Termini
zweckmäßig finden kann, ich würde 'immanentes' und 'transgredientes'
Bedeuten vorziehen) in § 7 gerade nach der Seite hin fruchtbar erweist,
wo sonst in der Auffassung gewisser sprachlicher Tatsachen sich alte
Vorurteile geltend zu machen pflegen. Daß man mit dem 'Hervorstoßen' von
'Interjektionen' wie o! oft nichts über diese 'Gefühlsäußerung' Hinaus-
gehendes, also Transgredientes will, daß sie aber trotzdem in die Sprache
hereingehüren, insofern die ihnen immanente Bedeutung (das Gefühl) von
Andern verstanden werden kann, wird in der Tat erst begreiflich, wenn wir
uns avif den Standpunkt stellen, nicht nur Äußerungen mit transgredienter
Bedeutung, wiesle insbesondere in Imperativen deutlich voi-liegen, als sprach-
liche Änderungen gelten zu lassen, sondern eben auch solche mit rein imma-
nenter Bedeutung. Wie weit die Konsequenzen solcher vorurteilsfreier Be-
trachtung der 'Interjektionen' in die Theorie z.B. der Syntax hineinreichen,
glaube ich meinerseits in dem Aufsatze über die 'sprachwissenschaft-
liche Definition der Begriffe Satz und Syntax' (in den Philos. Studien, herg.
von Wundt, XIX [1902] S. 93 ff.) und in meinen 'Grundzügen' I § 87 Anm.
zur Genüge dargetan zu haben, und ich freue mich, darin mit M. zu-
sammenzutreffen, dessen Ausführungen über denselben Gegenstand ich
damals noch nicht kannte. Auch die ausdrückliche starke Betonung der
Tatsache, daß die sprachlichen Bedeutungsphänomene mit dem Bedeutungs-
wandel nicht erschöpft sind, sondern daß "die Abgrenzung des Be-
griffes Bedeutungslehre insofern erweitert werden muß, als sie nicht aus-
schließlich auf das historische') Werden und sich Verändern der Bedeu-
tungen Rücksicht zu nehmen, sondern die psychischen Vorgänge und Gesetz-
mäßigkeiten in der gegenwärtigen, tatsächlichen Handhabung der Sprache,
wie wir sie tagtäglich vollziehen, ebensogut, ja in erster Linie, ihrer Betrach-
tung zu unterwerfen habe" (S. 79), — auch die starke Betonung dieser
Tatsache liegt ganz in der Richtung, in welcher sich auch meiner An-
sicht nach die Sprachwissenschaft wird entwickeln müssen. Ich hätte
nur gewünscht, M. hätte hier prinzipiell noch etwas weiter gesehen,
nämlich so weit, daß ihm der Unterschied zwischen historischer und
nichthistorischer Betrachtungsweise innerhalb der Sprachwissenschaft
nicht als ein Gegensatz der Betrachtung des Vergangenen und des Gegen-
wärtigen erschienen wäre. Denn auch das Gegenwärtige ist ja historisches
Geschehen, wenn man den Begriff der Geschichtlichkeit nur hinreichend
weit faßt, und auch das Vergangene ist anderseits nicht bloß historischer
sondern auch nichthistorischer Betrachtung fähig. Es ist also, wie ich
mich insbesondere in meinen beiden Schriften 'Die Grenzen der Ge-
schichte' und 'Die Grenzen der Sprachwissenschaft' sowie in dem da-
mit zu vergleichenden Abschnitt meiner 'Grundzüge' (I § 5 ff.) nachzu-
weisen bemüht habe, kein Unterschied von Gegenständen der Erkennt-
nis, sondern durchaus nur ein Unterschied von Formen der Erkennt-
nis, der hier in Betracht kommt, und erst wenn man dies klar erfaßt
hat treten auch die methodologischen Konsequenzen der nicht-
1) Von Martinak gesperrt.
1*
4: Erdmann Die Bedeutung des Wortes.
historischen (psychologischen, physiologischen usw., vgl. dazu meine eben
zitierten Schriften) Betrachtung der gegenwärtigen und vergangenen
Spracherscheinungen mit genügender Deutlichkeit heraus. Es drängt sich
dann nämlich vor allem auch die Notwendigkeit experimenteller
Untersuchungen auf diesem Gebiete auf, wie sie ja z. B. VVundt schon
vielfach in den beiden ersten Bänden seiner 'Völkerpsychologie' ver-
wertet hat, wie sie aber jedenfalls noch in viel weiterem Umfange und
zum Teil unter andern Gesichtspunkten angestellt werden müssen, damit
wir allmählich von dogmatischen Konstruktionen der sprachlichen Tat-
sachen loskommen, die hauptsächlich auch bei Zugrundelegung der Schrift-,
nicht der Lautgestalt der Sprache noch eine allzugroße Rolle in unsrer
Wissenschaft spielen. Von solcher experimenteller Grundlage ist bei M.
noch kaum etwas zu spüren. Aber das hindert natürlich nicht, daß einer,
der in der eben angedeuteten Hinsicht prinzipiell klar sieht (und ich hoffe,
daß die Zahl solcher durch einige Lektüre von Wundts Völkerpsychologie
unter Mitheranziehung meiner obenerwähnten Darlegungen vermehrt wer-
den kann), auch aus Martinaks außerordentlich durchsichtigen Erörterungen
insbesondere über das richtige und unrichtige Verstehen und über Wesen
und Natur des Zeichen und Bedeutung verknüpfenden Bandes Anregung und
Wegweisung zu experimentellen, wie gesagt, dringend nötigen Unter-
suchungen über diese Gegenstände schöpfen kann, wenn ihn auch M.
nicht gerade nach dieser Richtung hat weisen wollen. Und auch insofern
sei M.'s schönes Buch der Beachtung der Fachgenossen dringend empfohlen.
— Eine Art guter Ergänzung und guten Ersatzes von manchem bei Martinak
nicht oder nicht ganz befriedigend Dargestelltem hat uns K. 0. Erdmann
in seinem im besten Sinne von 'trockner' Wissenschaft entfernten feuilleto-
nistisch-essayistisch gehaltenen Buche über die 'Bedeutung des Wortes' ge-
spendet. "Die Vieldeutigkeit des sprachlichen Ausdrucks; die verschiedene
'Supposition'; Wortanalyse und Wortbegrenzung; Nebensinn und Gefühls-
wert der Worte (1. ihr Verhältnis zum begrifflichen Inhalt, 2. Wörter von
gleicher Bedeutung, Übersetzungen, Fremdwörter, 3. Gefühlswert und Er-
kenntnissprache, der Doppelcharakter der Aussage, Trägheit des Gefühls-
wertes); das Verständnis der Worte und die Bildung anschaulicher Vor-
stellungen (1. alte Probleme und Mißverständnisse. 2. anschauliche Sprache,
3. der Widerstreit von Anschauungswert und Gefühlswert) ; gedankenloser
Wortgebrauch und sein Nutzen" — das sind nach dem Inhaltsverzeichnis
die Gegenstände, die Erdmann in immer anregender, stellenweise auch amü-
santer Weise der Betrachtung unterzieht. Hier nur eine Probe, gleich
aus dem Anfang (S. 1 f.) von E.'s Buch: "Jeder sprachliche Ausdruck ist
mehrdeutig. Wer diesen Satz aufstellt, gibt mit der Behauptung gleich-
zeitig ein Beispiel; denn auch das Wort 'Mehrdeutigkeit' läßt sich in
mehrfachem Sinne deuten. Und es empfiehlt sich, wenigstens drei ver-
schiedene Arten auseinanderzuhalten. Die erste Art ist die Mehrdeutig-
keit der grammatischen Form. Die Einzahl eines Dingwortes z. B. 'die
Pflanze' kann ebensowohl eine ganze Gattung von Lebewesen, also 'jede
Pflanze', wie ein Einzelwesen bezeichnen. Und das Präsens eines und
desselben Zeitwortes besagt ebensowohl eine Fertigkeit, wie eine einmalige
Handlung. 'X spielt Klavier' kann heißen: 'er versteht, Klavier zu spielen',
aber auch: 'er ist augenblicklich damit beschäftigt, Klavier zu spielen'.
Dabei bezeichnet aber das Wort 'spielen' jedesmal denselben Begriff.
In solchen Fällen will ich unter Benutzung des alten scholastischen Aus-
Erdmann Die Bedeutung des Wortes. 5
drucks von der verschiedenen 'Supposition' der Wörter reden. Eine Mehr-
deutigkeit anderer Art finden wir beim Gebrauch 'relativer' Wörter, d. h.
bei Wörtern, die notwendig einer Ergänzung bedürfen, um einen bestimmten
Sinn zu ergeben, bei denen aber in der Regel jene Ergänzung wegbleibt,
weil wir sie stillschweigend aus dem Zusammenhange zu ergänzen ge-
wöhnt sind. 'Eine neue Briefmarke' kann eine ungestempelte oder eine
neu angefertigte oder eine Marke von neuer Zeichnung, oder eine solche
sein, die ein Sammler erst kürzlich erworben hat. Auch hier kann man
nicht sagen, daß das Wort 'neu' als solches verschiedene Begriffe
bezeichne; nur der Zusatz, in welcher Hinsicht Neuheit ausgesagt werden
soll, kann jedesmal ein andrer sein. Neu in Bezug auf die Entstehung
des Papieres und die Vornahme des Druckes ist nicht neu in Bezug auf
Zeichnung und Farbe; und Neuheit in Rücksicht auf die Benutzung ist
nicht Neuheit in Rücksicht auf den Erwerb eines Sammlers. Indem man
aber die Beziehung nicht ausdrücklich hinzufügt, entsteht Mehrdeutigkeit
dieser zweiten Art. In solchen Fällen will ich von Relativität der
Wörter reden. Mehrdeutigkeit im dritten, im engeren Sinne — 'Amphibolie'
— liegt vor, wenn ein Wort als Name für verschiedene Begriffe dient:
'Schloß' kann eine Schließvorrichtung, aber auch ein Gebäude bezeichnen;
'Strauß' einen Vogel, ein Bündel Blumen oder einen Kampf bedeuten. In
so einfachen Fällen freilich, wo der Sprachlaut mehr oder minder zufällig
ganz auseinanderfallende Begriffe benennt, erkennt auch der Blödeste
ohne weiteres den mehrfachen Sinn. Verwickelter wird der Sachverhalt,
wenn die Begriffe in nahem Zusammenhange stehen und sich größtenteils
decken, so daß bei oberflächlicher Betrachtung nur ein Begriff vorzu-
liegen scheint. Und dieser Fall ist der typische. Ich möchte behaupten,
daß in diesem Sinne alle Wörter — mit verschwindenden Ausnahmen
— mehrdeutig sind"; worauf dann E. in sehr klarer Weise den Sinn
des Wortes 'der Deutsche' analysiert und daran die Wichtigkeit der
Unterscheidung von Topularbegriffen' und 'streng logischen Begriffen' er-
läutert, welch letztere in Form von Wortbedeutungen sehr viel seltener
sind, als man gemeinhin anzunehmen pflegt: "Faßt man einseitig die
Zwecke der Erkenntnis und ihrer Vermittelung ins Auge, so erscheint die
Sprache fast immer als ein unvollkommenes Werkzeug. Aber freilich ist
die Sprache auch nicht allein um der Wissenschaft willen da. Sie ist aus
praktischen Bedürfnissen erwachsen und dient ihnen auch heute noch in
erster Linie; wohl paßt sie sich mehr und mehr feineren und höheren
Zwecken an, aber zu ihnen gehören nicht bloß wissenschaftliche, sondern
auch künstlerische. Poesie aber und Redekunst verlangt von den Worten
andere Eigenschaften, als daß sie unzweideutige und scharfumrissene Be-
griffe darstellen. Und so ist es nur verständlich, daß das Werkzeug, das
den Bedürfnissen des Alltags in ausgezeichneter Weise dient, das auch
gleichzeitig mannigfachen anderen Zwecken in ausreichender Weise ge-
nügt, unmöghch auch noch den Ansprüchen einer verwickelten und zer-
gliedernden Denkarbeit gewachsen sein kann, wie sie von einem doch
nur geringen Bruchteile des Menschengeschlechts betrieben wird. Seltsam
und unerquicklich ist es nur, daß so Wenige diese Einsicht beachten und
praktische Folgerungen aus ihr zu ziehen gewillt sind." Man sieht, wohin
uns E. führt: Einmal verhilft er uns mittelst analytischer Behandlung
giitgewählter und -zusammengestellter und insofern schon einen gewissen
experimentellen Charakter an sich tragender Beispiele zu sprachpsycho-
6 Erdmann Die Bedeutung des Wortes.
logischen Erkenntnissen, deren manche, wie gesagt, auch dazu geeignet
sind, Martinaks bisweilen zu intellektualistisch angehauchte Ergebnisse
zu berichtigen. Sodann aber geht E. insofern über M. hinaus, als er
die von diesem absichtUch nicht behandelten Fragen des logischen (ins-
besondere erkenntnistheoretischen), des ästhetischen und gelegentlich auch
(vgl. z. B. S. 99) des ethischen Wertes der Sprache in den Kreis seiner
Betrachtung zieht; und zwar sogar so, daß die psychologische Unter-
suchung dabei mehr oder minder in den Dienst der Lösung dieser letzteren
Fragen oder vielmehr dessen, was E. zu deren Lösung beibringt, gestellt
wird. Ich kann nun wiederum nicht sagen, daß mir alles, was E. da-
bei an Ergebnissen erzielt, unbedingt richtig erschiene. Am meisten kann
ich mich (über die sprachästhetischen und gelegentlichen sprachethischen
Darlegungen E.'s getraue ich mir noch kein Urteil abzugeben) mit dem
befreunden, was E. im allgemeinen über die Vieldeutigkeit des sprach-
lichen Ausdrucks, über die verschiedene 'Supposition', über Wortanalyse
und Wortbegrenzung, über Nebensinn und Gefühlswert der Worte, über ge-
dankenlosen Wortgebrauch und seinen Nutzen sagt. Was aber seine Aus-
führungen über das Verständnis der Worte betrifft, so muß ich hier doch
wieder eine methodologische Anmerkung machen, die für E. nicht allzu
günstig ist, und von der aus auch manches Besondere als der Korrektur
bedürftig erscheint, was E., wie eben bemerkt, im allgemeinen richtig über
die Vieldeutigkeit des sprachlichen Ausdruckes usw. ausgeführt hat. Das,
was E. nämlich über das Verständnis der Worte zu berichten weiß, leidet
allesammt an dem Fehler zu weitgehender Abstraktion von dem einzigen
konkreten sprachlichen Gebilde, dem Satz, und an dem damit aufs engste
zusammenhängenden Fehler einer auf die Dauer unhaltbaren BegrifTs-
theorie, wonach der Begriff identisch mit 'Allgemeinbegrifi" und etwas
Isolierbares sein soll, das dann dem ebenso isolierbaren Wort (oder viel-
mehr der ebenso isolierbaren Wortlautung) als dessen Bedeutung zuorden-
bar sei. Demgegenüber muß allerdings aufs schärfste betont werden,
1. daß (vgl. dazu meine 'Grundzüge' I § 1498 ff., 1482 ff.) der Begriff nur
Existenz hat im Zusammenhang mit mindestens noch einem andern Be-
griff'), und 2. daß auch das Wort nur als Satzteil in der lebendigen
Sprache vorkommt, eine Tatsache, die auch durch die Existenz der so-
genannten 'einwortigen Sätze' nicht aufgehoben wird (vgl. dazu meine
Bemerkungen zu v. Rozwadowskis Buch, unten S. 13 Z. 9 ff); wobei noch
nicht einmal urgiert werden soll, daß auch so die Bedeutung des Wortes
durchaus nicht immer ein 'Begriff' sein muß, der ja nur im (logischen
oder unlogischen, erkenntnistheoretisch wertvollen oder phantastischen*)
Urteil Dasein besitzt. Stellt man sich aber auf diesen Standpunkt und
berücksichtigt außerdem, was freilich bisher noch allzuwenig beachtet
worden ist, daß es auch Satzteile gibt, die keine Worte sind (so der nur
aus der Satzmelodie zu entnehmende Frage Charakter von Sätzen, usw.),
so ergibt sich daraus eine solche Fülle von Determinationen des einzelnen
1) Eine Anschauungsweise, die bei Erdmann nur ganz nebenher
(S. 156) einmal erwähnt wird : "Wieder Andere leugnen überhaupt die Be-
rechtigung, von dem Denken eines Begriffes zu reden: denken bestehe
in einem Verknüpfen und Trennen und setze immer viele Vorstellungen
voraus."
2) Vgl. dazu meine 'Grundzüge' I § 1513.
Waag Bedentungsentwicklung unsres Wortschatzes. 7
Wortes im Satze und eine solche Einschränkung der Vieldeutigkeit des
isoliert gedachten Wortes, praktisch meist bis zur Eindeutigkeit, daß man
dem Pessimismus E.'s mit Bezug auf den Erkenntniswert der Sprache.
d. h. den Wert der Sprache als Werkzeug der Erkenntnis und Erkenntnis-
vermittelung, nicht mehr beipflichten kann. Wenn die Sprache trotzdem,
das muß ja zugegeben werden, ein noch recht unvollkommenes solches
Werkzeug ist, so liegt dies teils an ihrer historischen Entwickelung, wie
sie nun einmal war, vor allem aber auch an der relativen Unvollkommen-
heit des Denkens selbst, das einen wichtigen Teil der Bedeutungsseite der
Sprache ausmacht, an dessen Vervollkommnungsfähigkeit aber wohl kaum
jemand zweifelt. Ist aber das immer bis zu einem gewissen Grade von
der Sprache unabhängige Denken der Vervollkommnung fähig, so ist nicht
einzusehen, weshalb sich der denkende Mensch nicht allmählich auch
aus der Sprache ein vollkommeneres Werkzeug der Erkenntnis und Er-
kenntnismitteilung sollte schmieden können, als er es bis jetzt in ihr
besitzt. Und in der Tat ist das ja auch immer schon geschehen. Man
braucht nur die wissenschaftliche Terminologie anzusehen, um zu erkennen,
daß wir heute in dieser Beziehung weiter sind als ehedem, und auch die
zweckbev/ußte Schöpfung künsthcher, besonderen Bedürfnissen dienender,
z. B. Übersetzungsschwierigkeiten beseitigender und größere syntaktische
Flexibilität herbeiführender Sprachen ist ja nicht außer dem Bereich der
Möglichkeit; man denke z. B. an das der ernstesten Beachtung gerade in
dieser Hinsicht würdige Esperanto. Ist also dergestalt E. in seiner Kritik der
Sprache überhaupt entschieden zu weit gegangen, so soll damit aber natürlich
nicht gesagt sein, daß solche Kritik, mit der nötigen Besonnenheit an der
bis jetzt entwickelten Sprache geübt, überflüssig oder gar schädlich sei.
Im Gegenteil, gerade solche, mit den eben geforderten Abstrichen auch
in E.'s Untersuchungen vorliegende besonnene Hinweise auf die Unvoll-
kommenheiten unsrer historisch entwickelten Sprachen bieten uns zu-
gleich den besten Hinweis auf die Mittel und Wege, wie diesen Mängeln
abgeholfen werden kann, und auch von dieser Seite her ist also E.'s Buch
dankbar zu begrüßen. Ebenso wie auch das nächste der hier zur Be-
sprechung stehenden Bücher, A. Waags Darstellung der 'Bedeutungs-
entwicklung unsres Wortschatzes'. Wenn auch hier gleich gesagt werden muß,
daß es uns, insofern im Gegensatz zu Erdmanns Gabe, theoretisch nicht
weiter führt. Denn es ist und soll auch nach der Absicht des Verfassers
nichts weiter sein, wenig mehr als eine systematische Verarbeitung des
in H. Pauls 'Deutschem Wörterbuch' gegebenen Wortschatzes, 'soweit er
seit dem Auftreten in unserer Literatur eine bemerkenswerte Bedeutungs-
verschiebung aufweist', nach den Kategorien des Bedeutungswandels, wie
sie von Paul in seinen 'Prinzipien der Sprachgeschichte' aufgestellt worden
sind. Waag hat zwar außerdem noch die Wörterbücher von Kluge und
Heyne, einige theoretische Schriften über Bedeutungswandel (insbesondere
die von K. Schmidt, R. Thomas und J. Stöcklein) herangezogen und manches
davon in seine stets von sehr solider Kenntnis und gewissenhafter Aus-
beutung seiner Quellen zeugende Darstellung hineingearbeitet, wodurch
natürlich auch eine feinere Gliederung des Systems erzielt worden ist,
als sie Paul in seiner summarischen Darlegung in den 'Prinzipien'^
S. 67 ff., bes. S. 80 ff . geben konnte. Aber mit Bezug auf die Hauptgliede-
rung hat er sich doch ganz streng an das von Paul gegebene Schema
gehalten (1. Verengung des Bedeutungsumfanges, 2. Erweiterung des Be-
8 Rittershaus Die Ausdrücke f. Gesichtsempfind. i, den altgerm. Dialekten.
deutungsumfanges, 3. Metapher, 4. Metonymie, 5. andere Arten des Be-
deutungswandels, 6. Aufeinanderfolge verschiedener Arten des Bedeutungs-
wandels, 7. Bedeutungswandel von Wortgruppen, 8. Anpassung an die
Kulturverhältnisse) und insofern tatsächlich nichts Neues geboten. Daß
dieses Schema in einigen seiner Teile (1, 2, 8, 4, infolgedessen auch 6) logi-
zistische Konstruktionen enthält, die sprachpsycliologisch völlig unhalt-
bar sind, ist schon von Wandt (Völkerpsych.* I* S. 471 ff.) zur Genüge
hervorgehoben worden, und es bedarf daher zunächst jedenfalls einer
nochmaligen gründlichen Durcharbeitung dieses schwierigen Gebietes nicht
nach Paulschen Kategorien. Aber auch nicht nach Wundischen, die ja
schon unendlich viel beachthcher sind. Sondern überhaupt nach gar
keinen von vornherein feststehenden Kategorien, vielmehr einzig und allein
unter Verwertung alles dessen, was seit Paul an sprachpsychologischen
und allgemeinpsychologischen Daten, nicht nur von Wundt, wenn auch
vor allem von ihm, beigebracht worden ist, zum Rückgang auf die
heutige lebendige Sprache, in der sich der Bedeutungswandel ganz
ebenso wie früher in typischer Weise tagtäglich vollzieht und so unmittel-
bar beobachtbar ist. Mit dem Einpressen der Erscheinungen in, noch
dazu fremde und veraltete, Schemata kommt man nicht weiter, auch wenn
man die Einpressung durch die berühmte Lehre von den 'fließenden Grenzen'
mildert (Waag S. 7), die auch eines der Dogmen ist, welche wir dem zu
überwindenden einseitigen, sich nicht anders helfen könnenden Historis-
mus in der Sprachwissenschaft verdanken. Die Aufstellung von Kategorien
des Bedeutungswandels, oder vielmehr von M ö g 1 i c h k e i t e n des Bedeutungs-
wandels in Rücksicht auf dessen Gründe ist nun einmal keine sprach-
historische, auch keine a priori zu lösende logische, sondern durch-
aus nur eine sprachpsychologische Aufgabe. Also eine innerhalb der
Sprachwissenschaft im weitesten Sinne des Wortes (vgl. dazu meine
'Grenzen der Sprachwissenschaft') nichthistorische Aufgabe, zu deren
Lösung es natürlich der genauen Kenntnis insbesondere der in der Gegen-
wart sich abspielenden sprachlichen (auch der historischen Betrachtung
fähigen) Erscheinungen bedarf, die aber nicht durch diefe bloße Kenntnis
gelöst wird, sondern erst durch deren spraohpsychologische Verarbeitung.
Erst so erwächst ein brauchbares System des Bedeutungswandels. Wenn
ich nun, trotzdem Waag sich all dies nicht im mindesten klar gemacht
hat (wohl auch zufolge seiner Stellung zu Paul, in dessen Ideen er lebt,
sich nicht klar machen konnte, zumal da Wundts Völkerpsychologie damals
sein jedenfalls schon größtenteils fertiges Manuskript kaum noch zu be-
einflussen vermochte), — wenn ich trotzdem nicht anstehe, Waags Leistung
als nicht unverdienstlich zu bezeichnen, so geschieht es einerseits darum,
weil das Buch in seinen von Pauls logizistischer Auffassung unbeeinflußt
gebliebenen Teilen (insbesondere in Abschnitt 5 und 8), freilich auch da
nebst manchem aus jenen andern Teilen hereinragenden Schiefen, viele
gute Einzelheiten bietet, die auch heute noch sprachpsychologisch haltbar
sind, und weil auch jene andern Teile als eine reiche und bequeme
(auch durch einen guten Index zugänglich gemachte) Materialsammlung
wertvoll sind. Nicht einmal eine solche aber bleibt — dies muß leider
gesagt werden — übrig, sobald man das Fazit aus A. Rittershaus' Unter-
suchung über die 'Ausdrücke für Gesichtsempfmdungen in den altgermani-
schen Dialekten' zieht. Selbst wenn man dabei den Untertitel 'Erster Teil'
und dessen Interpretation auf S. XIII sehr stark betont: "Die vorliegende
Rittershaus Die Ausdrücke f. Gesichtsempfind. i. den altgerm. Dialekten. 9
Arbeit umfaßt bei dem sich reich darbietenden Material nur das erste
Kapitel des ersten Teils, d. h. sie behandelt von den Bezeichnungen der
Sinnesempfindungen nur die Ausdrücke für die unwillkürliche und willkür-
liche Tätigkeit der Augen. Die Kausativa, d. h. 'sehen machen, zeigen' etc.,
sowie die Betrachtung dessen, was gesehen wird, der Tarbenbezeichnungen,
leuchten' etc. werden zunächst die weiteren Ergänzungen bilden, und hieran
wird sich ferner eine Zusammenstellung der für das Sinnesvikariat in
Betracht kommenden Ausdrücke auszuschheßen haben." Mehr als die
Untersuchung der Terben der Gesichtsempfindung' (S. XI) war also von
diesem Kap. 1 von Teil I nicht zu erwarten. Umsomehr sollte man meinen,
daß wenigstens diese eine einigermaßen zureichende Behandlung hätten
erfahren können. Aber auch dies ist nicht der Fall. Und die Verf., deren
Bescheidenheit übrigens sehr sympathisch berührt, weiß selbst genau,
warum: "Zur Betrachtung wurden in dieser Arbeit nur folgende Werke
aus den altgerm. Dialekten herangezogen: aus dem Gotischen der ganze
uns erhaltene Sprachschatz, aus dem Aisl. die ältere Edda, aus dem Ags.
der Beöwulf, aus dem As. der Heliand und aus dem Ahd. das Werk Ot-
frids"; woraus sich denn auch ergibt, daß sich aus dem herangezogenen
(von der Verf. aber nicht voUständig mitgeteilten) Material "noch keine
irgendwie bindenden Schlüsse ziehen lassen" (S. IV). Nämlich weder was
die Stichhaltigkeit der bekannten Becht eischen Aufstellungen betrifft,
noch auch was die ursprüngliche, etymologische Bedeutung der Verba der
Gesiclitswahrnehmung überliaupt betrifft (S. XI, Mitte). Was kommt somit
als Resultat der leider auch im einzelnen nichts weniger als methodisch
und mit nichts weniger als zureichender psychologischer Kenntnis ') ge-
führten Untersuchung heraus? Nichts als die triviale Tatsache, daß sich
als Verbalbedeutung aus dem Begriff der Wahrnehmung im allgemeinen
der Begriff der Gesichtswahrnehmung im besonderen entwickeln kann und
umgekehrt, und daß der Ansetzung mannigfacher Quellen für den Wahr-
nehmungsbegriff und Gesiclitswahrnehmungsbegriff einerseits und der An-
setzung mannigfacher weiterer Begriffsentwickelungen von diesen beiden
aus nichts im Wege steht. Und dies alles noch mit allzu häufigem 'scheint'
und 'vielleicht' und anderen Fragezeichen belastet. Das ist aber für XIV
u. 81 S. gr. 8** am Ende doch gar zu wenig. Es konnte jedoch — dies
möge sich die für gewisse Schwierigkeiten ihrer Aufgabe durchaus nicht
blinde Verf. zur Vermeidung weiterer vergeblicher Anstrengungen gesagt
sein lassen — auf dem gegenwärtigen Stande unsrer Wissenschaft auch
gar nicht viel mehr dabei herauskommen, selbst wenn das Material, das
uns in den altgermanischen Dialekten zu dieser Frage überliefert ist, nach
Maßgabe dieses Wissenschaftsstandes noch so vollständig ausgebeutet
worden wäre. Denn wie sollen auf einem Gebiete, wo beständig Kon-
jekturen schwierigster Art, Irreführungen durch Übersetzung aus nicht-
germanischen Sprachen, deren Wortdeutungen selbst zum Teil nicht sicher
stehen und andere, auch rein lautliche Rekonstruktionsschwierigkeiten
lauern, — wie sollen da Bedeutungsermittelungen irgendwie feinerer Art
möglich sein, solange die Bedeutungslehre der modernen Dialekte, aus
denen die Quellen unendlich viel reicher und klarer fließen, noch so im
1) Vgl. z. B. S. XIII, wo ein methodischer Mangel ganz offen zu-
gegeben wird, und zur mangelhaften psychologischen Kenntnis die Begriffs-
verwirrung auf S. 35 unten, 59 Mitte, 60 Mitte.
10 Rozwadowski Wortbildung und Wortbedeutung.
argen liegt, wie es bedauerlicherweise der Fall ist? Hier muß mit Unter-
suchungen der Art, wie sie die Verf. recht vergeblich schon jetzt an alten
Dialekten geglaubt hat anstellen zu können, eingesetzt werden, und es
wird dann auch in nicht allzuferner Zeit möglich sein, zu jenen schwieri-
gen altsprachlichen Problemen mit neuem, ausreichendem Rüstzeug zurück-
zuschreiten. Wieviel aber vorläufig gerade in psychologicis für die jetzt
gesprochene, also unmittelbarer ßeobachtvmg zugängliche Sprache noch
zu leisten übrig bleibt, das zeigt nacli doppelter Richtung hin so recht
deutlich das Buch Jan v. Rozwadowskis über 'Wortbildung und Wort-
bedeutung'. Einmal nämlich nach der Richtung, daß es R. (wie vor ihm
schon Delbrück und Sütterhn) nötig gefunden hat, in Form eines ganzen
Buches, und zwar viel systematischer und nachdrücklicher als seine Vor-
gänger, an Wundts sprachpsychologischen Aufstellungen Kritik zu üben;
sodann aber auch nach der Richtung hin, daß seine eigenen Aufstellungen
keineswegs ohne weiteres angenommen werden können. Recht hat R. —
um damit zu beginnen — unzweifelhaft in zwiefacher Hinsicht: Wundt
hat, indem er die Bildung der Suffixalableitungen wie etwa Weißling
nicht in den Kreis seiner Betrachtung zog, seiner Lehre von der Wort-
bildung keine hinreichend breite Grundlage gegeben, was auch seine An-
sichten vom Bedeutungswandel ungünstig beeinflussen mußte, und er hat
ferner auch in seiner Lehre von der Satzbiklung noch so sehr von der
Psychologie der schriftlichen Wiedergabe der Lautsprache aus geurteilt,
daß er den syntaktischen Verhältnissen in der wirklich gesprochenen,
lebendigen Lautsprache nicht in vollem Maße gerecht werden konnte.
Das hat R. beides richtig gesehen und auch, zum Teil in unabhängiger
Übereinstimmung mit meinen, ihm unbekannt gebliebenen, bereits oben
(S. 3 Z. 19 ff) erwähnten Ausführungen, zu korrigieren gesucht: Erhebt
richtig hervor, daß das 'Simplex' Weißling prinzipiell ebenso zweigliedrig
sei wie etwa Weißfisch (denn das Suffix -ling ist ja nicht bedeutungslos,
sondern substantiviert die adjektivische Eigenschaftsbezeichnung weiß): und
er sieht auch ganz klar, daß, was ich gelegentlich jener eben wiedei'erwähn-
ten Ausführungen besonders scharf betont habe, Gebilde wie ah! oder oh!
(also sogen. Interjektionen; phonetisch geschrieben ä! bezw. ö!). sprachlich
verwendet, ebenfalls in gewissem Sinne Zweigliedrigkeit aufweisen und
dadurch unter den Begriff des Satzes (als eines gegliederten Gebildes
im Wundtschen Sinne) fallen, nicht aber, wie Wundt Avill, höchstens als
'Satzäquivalente' gelten können. Und auch die Art Zweigliedrigkeit,
die R. diesen Gebilden vindiziert, ist dem Sinne nach richtig bestimmt,
wenn ich auch wünschen muß, R. hätte sich dabei weniger mißverständ-
lich ausgedrückt, als er es S. 68 tut: "Wurde ein solcher Gefühlslaut
auf einen Gegenstand bezogen, so entstand eine scheinbar einghedrige
Benennung : scheinbar ; denn sie setzte sich aus zwei Gliedern zusammen,
der Vorstellung des Gegenstandes und des durch sie erregten Gefühls."
R. meint ja hier offenbar, daß die Bedeutung von ö! zweigliedrig sei.
Aber diese nun als 'Benennung' zu bezeichnen, ist doch vom Übel; denn
'benannt' wird ja tatsächlich auch in diesem Satze nur das Gefühl; der
Gegenstand des Gefühls bleibt bis auf weiteres namenlos und wird, auch
wenn er später einen Namen bekommt, doch nicht ö! genannt, sondern
etwa Karl. Eingliedrig, aber wirklich, nicht nur scheinbar, ist hier ledig-
lich die Lautung ö! , wenn man mit "Gliederung' die Längs ghederung in
Sprechtakte, also in sukzessive Glieder, nicht die simultane Querghederung
Rozwadowski Wortbildung und Wortbedeutung. 11
in Lautungsbasis und Modulation (Behauptungs-, Frageton, Ausrufton der
Lautung in ö., bezw. ö?, bezw. o/, nach Maßgabe der Interpunktions-
zeichen gesprochen) meint. Denn öf ist nur ein Sprechtakt, also längs-
ungegliedert, im Gegensatz etwa zu ö, Karl! (mit Pause nach ö), das
zweitaktig, also längsgeghedert (und natürlich auch quergegliedert) ist.
Mithin: ö! ist zweigliedrig vonseiten der Bedeutung, längs-ungeghedert
vonseiten der Lautung, und auf seine Bedeutungszweighedrigkeit gründet
sich sein Satzcharakter [speziell, wie ich das nenne, Häufungssatz-
charakter, weil hier die zweighedrige Satzbedeutung auf die längs-unge-
gliederte Satzlautung gehäuft ist, anstatt wie in dem Verteilungssatz
ö Karl! auf die Längsglieder der Satzlautung verteilt zu sein]. Aber nicht
auf seine Bedeutungszweighedrigkeit schlechthin, denn sonst würde ja
wiederum keine begrifQiche Grenze zwischen einem so auch noch zwei-
gliedrigen Satze wie ö! und einem zweigliedrigen Worte wie Weißling
zu ziehen sein. v. Rozwadowski sieht dies wohl und macht auch S. 65
und S. 81 den Versuch, "einerseits das sogenannte Subjekt als das iden-
tifizierte und das sogenannte Prädikat als das unterscheidende Ghed der
Vorstellung" aufzufassen und anderseits das Substantiv, es dem Satz
gegenüberhaltend, zu definieren wie folgt: "Der Satz ist der sprachliche
Ausdruck der zweighedrigen Apperzeption einer Gesamtvorstellung. Das
Substantiv ist der sprachliche Ausdruck eines auf Grund der zweigliedrigen
Apperzeption einer Gesamtvorstellung entstandenen Begriffes. Oder anders
gefaßt: Der Satz ist das sprachliche Resultat der binären apperzeptiven
Zerlegung einer Gesamtvorstellung in ein identifiziertes und ein unter-
schiedenes Glied, von denen das zweite auf das erste bezogen wird. Das
Substantiv ist das sprachHche Resultat der auf Grund einer Satzgliederung
vorgenommenen Synthese einer Gesamtvorstellung." Aber dieser Versuch
muß als ein nichts weniger als glücklicher bezeichnet werden. Er geht
schon mit R.'s eigenen anderweitigen Aufstellungen keineswegs zusammen.
So heißt es S. 58 f. : "Da im Gebiete des sprachlichen Bewußtseinslebens
eines 'Menschen' nicht eine 'Wort'-, sondern nur eine 'Satz'-Gliederung
es sein kann, was er mit seiner Äußerung bezweckt, so ist an den rela-
tiven Anfang unsrer Sprachentwicklung der zweigliedrige Satz zu stellen,
aus dem sich das Substantiv entwickelte. Ich meine also : primitive zwei-
ghedrige 'Sätze', bestehend aus dem identifizierten und dem unterschei-
denden Gliede, wurden auf Grund derselben psychischen Vorgänge des
Wechsels der Aufmerksamkeit, der synthetischen Apperzeption und der
Automatisierung, die wir schon kennen gelernt haben, zu Wörtern, d. h.
konnten nun selbst, sei es zu identifizierenden, sei es zu unterscheidenden
Gliedern einer neuen Satzapperzeption werden". Um R's. eigene, gelegent-
lich (S. 63) gegen Wundt gebrauchte Wendung gegen ihn selbst zu kehren:
"Nach alledem kann man nur sagen: das verstehe, wer kann". Wenn es
für den Begriff des Wortes, insbesondere des Substantivs, genügt, ent-
weder 'identifizierendes' oder 'unterscheidendes' Ghed einer Satzapper-
zeption, also entweder Subjekt oder Prädikat eines Satzes zu sein, worin
soll dann die Notwendigkeit begründet sein, daß das Wort nun in sich
selbst das Resultat einer früheren satzmäßigen Zweigliederung enthalten
müsse ? Gewiß wird niemand leugnen, daß in Kompositis wie Weißfisch
oder in Ableitungen wie Weißling Resultate von, wie R. dies nennt, 'iden-
tifizierender' und 'unterscheidender' Ghederung vorliegen. Und auch die
bloß 'resultative' Eingliedrigkeit von Worten wie Stein mag ihm, trotzdem
12 Rozwadowski Wortbildung und Wortbedeutung.
wir die Bedeutung des dabei in Betracht kommenden uridg. Stamm-
bildungssufTixes nicht kennen, zugegeben werden. Aber schon in pes
Tul5' Zweigliedrigkeil der 'Wurzel' *ped- hinein interpretieren zu wollen,
wie es R. auf S. 17 f, versucht, ist eine petitio principii, an der auch der
sonderbare Begriff der 'minimalen Gliederung' (S. 72) nichts ändern kann.
Um diese Behauptung, und noch mehr, um die allgemeine Behauptung,
daß "überhaupt für jedes Wort die zweigliedrige Entstelumg anzunehmen
ist" (S. 69), plausibel zu machen, müßte R. zuerst beweisen, daß wirklich
(S. 106) "die Kasusendungen im Prinzip Kompositionsglieder" seien, was
natürlich nur einen Sinn haben kann, wenn man sie mit den Stamm-
bildungssuffixen auf eine Stufe stellt und die Ableitungen mit den Kompo-
sitis parallelisiert oder, wie R. dies weniger glücklich ausdrückt, sie 'prin-
zipiell mit ihnen identifiziert' (S. 8). Gegen die letztere Parallelisierung
ist ja nichts einzuwendin, sobald man sich nur gegenwärtig hält, daß
das Stammbildungssuffix (z. B. -ling in Weißling) die im Kompositum
Weißfisch durch -fisch repräsentierten, von mir sogenannten Überein-
stimmungsmerkmale des Nominandums, die sogenannte 'Wurzel' dagegen
das Abvveichungsmerkmal [weiß) des Nominandums zum Ausdruck bringt
(vgl. dazu meine Ausführungen Zs. f. roman. Philol. Bd. 29, S. 131f.) Die
Kasusendungen dagegen mit den Stammbildungssuffixen auf eine Stufe
zu stellen, dagegen sträubt sich, wie die Anm. auf S. 5 und die Aus-
führungen auf S. 91 ff. trotz gewisser Unklarheiten zeigen, auch R. ganz
energisch. Und mit Recht. Denn nur wenn man die begriffliche Scheidung
zwischen Stammbildungssuffix als Stammteil und Kasusendung als syn-
taktisches Moment des Wortes, oder die viel allgemeinere begriffliche
Scheidung zwischen einem in aller Flexion integer bleibenden Integral
und dem zugehörigen Flexional nebst (in der Lautung eventuell vor-
handenem entsprechenden) Integrativum und Flexivum strikte fest-
hält, gelangt man dazu, in der Frage des Verhältnisses zwischen Wort-
bildung und Satzbildung völlig klar zu sehen. Man bemerkt dann
nämlich alsbald, daß nur gewisse Integrale und Integrativa den Gegen-
stand der Wortbildungslehre bilden können , < während anderseits die
Syntax als eine allgemeine Flexionslehre erscheint. Als eine
allgemeine Flexionslehre, insofern in ihr nicht etwa nur die Kasus-
endungen, sondern auch alle übrigen Flexionsmittel wie Präfixal-, Um-
laut-, Ablaut-, Komposital-'), Positionalflexion des Wortes zu behandeln
sind, fernerhin aber auch — was freilich bisher kaum beachtet worden
ist, die Flexionsmittel, durch welche die nicht als Worte zu bezeich-
nenden Satzglieder ihren Charakter als Subjekt bezw. Prädikat bezw.
Assubjekt oder Apprädikat erhalten. Ich kann hier diese demnächst
im 2. Bande meiner 'Grundzüge' zu behandelnden Verhältnisse ihrer
Kompliziertheit wegen nicht ausführlich besprechen ; nur auf eines möge
in Kürze hingewiesen sein: daß in dem oben S. 10 Z. 32 ff. analysierten
Beispiel ö! der Gegenstand des Gefühls, der in der Lautung gar keinen
Reflex hat, doch als Subjekt des Satzes fungiert, und seinerseits durch
1) Z. B. in Titas hat Cajus gerufen, ist hat . . . gerufen ein Distanz-
koraposition, bei dem die Flexion in das Flexivum hat . . . ge . . . en ver-
legt ist, während ...ruf... das Integrativum ist; das ganze aber ist
eine (distanz-)komposital gebildete Flexionsform von rufen, der z. B.
die suffixale Flexionsform vocavit von vocare gegenübersteht.
Rozwadowski Wortbildung und Wortbedeutung. 13
das Gefühl, die Rede drehe sich um ihn, als Subjekt flektiert erscheint,
während er in andern Sätzen etwa den Flexional einer objektiven Be-
stimmung des Prädikats (also eine Art Apprädikatsflexional) haben kann.
Man sieht, auch die Bestimmung des Begriffes 'Wort' wird jetzt
klarer: es ist so zu fassen, daß man unter 'Wort' einen minimalen
noch relativer Selbständigkeit fähigen, d. h. Integral und Flexional in
sich vereinigenden Satzbedeutungsteil versteht , dem ein relativ selb-
ständiges Satzlautungsglied oder aber eine ganze Satzlautung direkt zu-
geordnet ist'. Das Wort bleibt also, mit Bezug auf seine Bedeutung, immer
ein Satzteil, und man kann nicht sagen, 'es' fungiere jemals als Satz;
höchstens seine Lautung kann dies, wird aber dann auch zur Satz-
lautung, insofern sie den Teil der Satzbedeutung, der nicht Wortbe-
deutung ist, mitzutragen hat (vgl. die Anm. '). Die Wortbedeutung als be-
stimmt charakterisierte Satzteilbedeutung bleibt aber dann (als 'Wort-
integral -1- Wortnexional') unter allen Umständen bestehen, wie auch die
Wortlautung (als 'Wortintegrativum -f- Wortflexivum'); nur läßt sich die
'Wortlehre' nicht der 'Syntax' gegenüberstellen, sondern sie hat (als Wort-
bildungslehre) einen asyntaktischen und (als Wortflexionslehre) einen syn-
taktischen Teil. Daraus folgt aber auch ohne weiteres vollends, was ja auch
oben S. 11 Z. 42 ff. schon von einer andern Seite her angedeutet wurde,
daß auf das Wort nicht so unbedingt, wie dies R. meint, alles zutreffen
kann, was als für den Satz gültig angenommen werden muß. Für den
Integral des Wortes gilt das von R. als allgemein hingestellte 'Gesetz
der Zweigliedrigkeit' gewiß nicht unbedingt, und darauf kommt es doch
bei der Wortbildung nach dem oben Dargelegten an. Aber auch für
den Bedeutungswandel des Wortes trifft das Gesetz nicht zu, insofern
er Integralbedeutungswandel ist; hier liegt bei R., wie ich aber hier
nicht weiter ausführen kann, eine Intellektualisierung der Bewußtseins-
vorgänge bei solchem Wandel vor, die nicht gutgeheißen werden kann
und mich daher auch den Ausdruck 'identifizierendes' und 'unter-
scheidendes' Glied bemängeln läßt: Es handelt sich beim Bedeutungs-
wandel durchaus nicht immer um klare Identifikation und Unterscheidung
mit Bezug auf die frühere und die neue Bedeutung des Wortes; jene
frühere Bedeutung ist oft gar nicht klar im Bewußtsein und kann daher
im Akt des Bedeutungswandels weder identifiziert noch unterschieden
werden. Vielleicht sieht sich v. R. mit Bezug darauf einmal den Passus
über 'Assimilation' in meinen 'Grundzügen' I § 1209 ff. an; ich glaube,
er wird mir dann beistimmen. Muß ich also die Resultate v. Rodzwa-
dowskis zum großen Teil doch ablehnen (insbesondere natürlich auch die
etwas sonderbare Behauptung auf S. 10-4, "den sprachlichen Gebilden
müssen als letzte Einheiten, als allerletzte 'Ursätze' offenbar zweigliedrige
d. h. zweilautige Gebilde gleichsam als Zellen zugrunde liegen"), so bleibt
doch anderseits, wie wir gesehen haben, so viel positiv Neues und Gutes
1) Letzteres ist z. B. bei dem obigen Satze ö! der Fall, wo das ö.',
also die Satzlautung, direkt nur das Gefühl anläßlich des (Anbhckes des)
Gegenstandes, indirekt aber auch (als Satz-, nicht als Wortlautung) den
Gegenstand des Gefühl bedeutet (nicht 'benennt', vgl. oben S. 10 Z. 46 ff.).
Der Satz ö! enthält also allerdings ein mit Gefühlsbedeutung versehenes
Wort, außerdem aber einen Bedeutungsbestandteil, das Subjekt, der
nicht 'Wort' im Sinne der obigen Definition ist.
14 Freudenberger Beitr. z. Naturgesch. — Mauthner Beitr. z. Kritik d. Spr.
an Einzelheiten übrig, daß das Buch immerhin als eine sehr erfreuliche
Erscheinung gekennzeichnet werden kann. Weniger gilt dies leider — ich
sehe, daß sich hier ungewollt der gleiche Übergang einstellt wie von dem
Buche Waags zu dem von A. Rittershaus — wenigstens von dem einen
der beiden letzten hier noch zu betrachtenden Bücher. Auch gegen das
erste davon, M. Freudenbergers 'Beiträge zur Naturgescliichte der
Sprache', ist ja, namentlich was die Methode betrifft, mancherlei einzu-
wenden: Die Übertragung der Begriffe "Protoplasma, Kampf ums Dasein,
Rudiment, Begünstigte Daseinsformen, Analyse und Homologie, Kreuzung,
Ausgestorbene Zwischenstufen, Reversion (Rückkehr zur großelterlichen
Bildungy' vom naturwissenschaftlichen aufs sprachwissenschaftliche Ge-
biet ist nicht ohne eine unstatthafte Verselbständigung der sprachlichen
Leistungen und auch nicht ohne sehr wesentliche, vom Verf. bei weitem
nicht immer vorgenommene Einschränkungen und Modifikationen jener
Begriffe möglich. Und auch das, was der Verf. zum Schluß über den Ur-
sprung der Sprache ausführt, ist doch — er tritt im Wesentlichen für
onomatopoetischen Ursprung ein — längst überholt, vor allem neuerdings
von Wundt, Völkerpsych. I'^ S. 584ff. (2. Aufl. P S. 614 ff.), eine Darstellung,
die F. damals (1900) freilich noch nicht, wohl aber deren Vorgänger in
Wundts andern Werken kennen komite. Dennoch kann man das anspruchs-
lose Büchlein in seiner Sphäre gern gelten lassen, weil doch darin der
Entwicklungsgedanke klar herausgearbeitet ist und sich auch in Einzel-
heiten gar manches darin findet, was auch Fachleuten neu sein kann,
vieles aber, was dem Laien, an den sich das Werkchen zunächst richtet,
nicht geradehin falsche Vorstellungen vom Wesen der Sprache erweckt.
Offenbar verwirrend und in ihrer Verworrenheit und Unreife direkt un-
heilvoll müssen aber — und sie haben auch auf Viele so gewirkt —
F. Mauthners 'Beiträge zu einer Kritik der Sprache' wirken. Es ist
ein bedauerliches Schauspiel, einen Mann, der sonst Geist und Denkschärfe
genug besitzt, einen großen Teil seines Lebens an eine Aufgabe wenden
zu sehen, der er so ganz und gar nicht gewachsen ist. Denn das ist hier
wirklich der Fall: Nicht eine der Wissenschaften, die hier M., immer ab-
sprechend und stets von seiner eigenen souveränen Stellung aufs höchste
überzeugt, in den Kreis seiner Kritik zieht, ist ihm anders als durch un-
vermittelte und — M. entschuldige das harte Wort, das aber nur in seinem
Stile gehalten ist — unverdaute Lektüre von allem Möglichen bekannt;
von eigenem organisatorischem und methodischem Durchdenken auch nur
eines dieser Gebiete (Logik, Psychologie, Sprachwissenschaft insbesondere
im Sinne der grammatischen Wissenschaft) zeigt sich nirgends eine Spui*.
Dafür aber Thesen wie die, daß die Sprache nicht dazu imstande sei,
Erkenntnis zu vermitteln (worauf dann M. drei dicke Bände schreibt, um
mittelst der Sprache diese Erkenntnis plausibel zu machen), oder die
(I S. 215), daß es "nur bei den Ungebildeten, beim Pöbel, noch gesunde
Muskeln und eine gesunde Sprache gebe" (sapienti sat), geschmacklose
Urteile über Schillers Stellung zu Kant, ebenso gesclmiacklose Ausfälle
gegen die 'Pfaffen' — Unerquickliches auf Schritt und Tritt, nirgends
eine irgendwie nennenswerte Förderung irgendwelcher Wissenschaft. Mit
einem Worte: Was neu in den drei Bänden über 'Sprache und Psycho-
logie', 'Zur Sprachwissenschaft' und 'Zur Grammatik und Logik' ist, das
ist nicht gut, und was gut darin ist (M. hat ja bei seiner weitgehen-
den Belesenheit natürlich auch mit vollen Händen Lesefrüchte eingestreut),
Hermann Zur Geschichte des Brautkaufs bei den idg. Völkern. 15
das ist nicht neu. Ob unter solchen Umständen noch eine ausführliche
Kritik der Mauthnerschen Unmethode angebracht ist? Ich glaube, diese
Frage verneinen zu müssen, wenn nun auch diese Gesamtbesprechung
nicht, wie ich wohl gewollt hätte, mit einem Lobe, sondern mit einem
Tadel schließt. Hoffentlich ist es ein andres Mal anders möglich.
Leipzig. 0. Dittrich.
Hermann Dr. E. Zur Geschichte des Brautkaufs bei den indogermanischen
Völkern. Wissenschaftliche Beilage zum XXL Programm (1903—1904)
der Hansa-Schule zu Bergedorf bei Hamburg.
Der Verf. gibt ein reiches Material für das Vorhandensein des Braut-
kaufes bei einzelnen idg. Völkern, und er verfolgt vor allen Dingen das
Fortbestehen des Brautkaufes bis in die letzten Zeiten. Im allgemeinen
wird man den Ausführungen des Verf.'s dankbar folgen können, nur gegen
eines möchte ich Widerspruch erheben. Bei den alten Griechen hören
die Nachrichten über den Brautkauf allmählich auf, heute aber findet er
sich wieder. Daraus schheßt der Verf., daß hier der Brautkauf auf er-
neuter Einführung von fremder Seite beruhe. Er macht die Albanesen dafür
verantwortlich. Natürlich ist das möglich, aber man darf denn doch nicht
nach dem Grundsatz vorgehen, qiiod non est in actis, non est in mundo. Es
ist absolui unerwiesen, daß uns auch nur einigermaßen vollständige Nach-
richten über das ganze griechische Volksleben vorliegen, und so kann
sich in gewissen Kreisen sehr wohl der Brautkauf erhalten haben, während
er in der Hauptsache überwunden war.
Im zweiten Teil handelt der Verf. über den Namen des Kaufpreises.
Wir finden bekanntlich gr. eebva, bürg, ivittimon, abg. veno, deren Vereini-
gung einige Schwierigkeiten bereitet. Ich glaube aber, sie lassen sich
unter dem Ansatz von 'vedmnoni beseitigen. Und diesen Ansatz finde
ich gar nicht so schwierig, ja ich sehe sogar die Möglichkeit lat. vcnum
dare usw. mit unserm Wort in Zusammenhang zu bringen ').
Daß sich die Höhe des idg. Kaufpreises nicht ermitteln läßt, daß
die Bestimmung '100 Rinder' nichts weiter ist als eine unbestimmt große
Zahl, das war leicht zu zeigen.
Über das Alter der Kaufehe hat der Verf. noch einige Bedenken,
aber in diesen Punkten muß ich der übertriebenen Skepsis durchaus
widersprechen. Es hat gar keinen Zweck mit irgend einer fingierten
Möglichkeit zu rechnen. Der Verf. hätte sich vielmehr fragen sollen: Ist
es wahrscheinlich, daß sich, vorausgesetzt die Kaufehe existierte bei den
Indogermanen nicht, diese bei so vielen Völkern selbständig sollte ent-
wickelt haben? Wäre das der Fall, so läge wohl ein allgemeiner Grund-
zug der menschlichen Gesellschaft vor, der Art, daß sich diese Form der
Eheschließung auf einer gewissen Wirtschaftsstufe entwickeln mußte. Ist
es da nicht wahrscheinlicher, den Brautkauf den Indogermanen selbst
zuzuschreiben? Übertriebene Skepsis führt nicht viel weiter.
Leipzig-Gohlis. H. Hirt.
1) Ich nehme idg. Schwund des s vor Nasal an, allerdings unter
besondern Bedingungen und zwar nach langem Vokal oder Diphthong, das
hätte Hermann vielleicht aus meinen Erörterungen selbst schließen können.
16 Reuter The S'rauta-Sütra of Drähyäyana.
Reuter J. N. The S'rauta-Sütra of Drähyäyana with tlie Commentary of
Dhanvin. Part. 1 (Reprinted from the 'Acta societatis scientiarum finnicae'
T. XXV, Pars 11).
Der in schöner Ausstattung vorliegende Teil I von Drahyäyanas
S'rauta Sütra erfüllt einen alten Wunsch der Vedaphilologie, die nun auch
das zum Sämaveda vorhandene Material der Veröffentlichung entgegen-
geführt sieht. Während die Sütren zum Rk und Yajurveda größtenteils er-
schienen oder im Erscheinen begriffen sind, ist der Sämaveda in dieser
wie in anderer Beziehung stiefmütterlich behandelt worden, obwohl seine
Technik wie seine Stellung in der vedischen Kulturgeschichte eine ein-
gehende Erörterung wünschenswert macht. Nicht unwichtig sind die
Angaben einzelner Texte über mancherlei Bräuche, die die dem Volks-
leben nahestehenden und keineswegs immer im Ansehen hochstehenden
Sämasänger in das Ritual der S'rautasutren mitbrachten. Ferner ge-
währen die Angaben der Chändogya's manchen Einblick, den die übrigen
Texte verweigern, in die Geschichte des Kultus. Die Grundform aller
Somaopfer bildet z. B. der Agnistoma, der seinen Namen keineswegs mit
Recht führt, weil hier nicht Agni, sondern Indra der Mittelpunkt ist. Ver-
mutlich haben hier Familien, die den Indrakult pflegten, diesen in den
Rahmen eingefügt, während eigentlich Agni den Hauptplatz einnehmen
sollte. Die Chändogya's haben aber neben der Indra-Subrahmanyäformel
eine zweite, die an Agni gerichtet ist und anstelle jener im Agnistut
eintritt, in einem Somaopfer, das offenbar eine Parallele zu einem Indrastut
bildete ; die Verhältnisse des gegenwärtigen Agnistoma bekunden eine An-
näherung beider Opfer, ein Kompromiß zwischen verschiedenen Ritual-
familien, das vorauszusetzen uns die Angaben bei Lät. und Drähyäyana
veranlassen.
Der Text Drähyäyana's ist vielfach mit dem Lätyäyana's identisch,
und so werden wir leichter imstande sein die mannigfachen Schäden der
Ausgabe des letzteren in der Bibliotheca Indica selbst auszubessern. Immer-
hin scheint Dräh. manche interessanten Zusätze zu haben, wie z. B. die
Sutren IX, 4, 16—18 oder das Zitat aus S'ändilya, das bei Drähyäyana
ausführlicher vorliegt als bei Lät ; es wäre nützlich, wenn der Wortindex
die Abweichungen zwischen beiden Texten genau zum Ausdruck brächte.
Recht wertvoll ist der Kommentar Dhanvins, weil er von dem Agni-
svämins unabhängig ist und Säyana für seine Kommentierung des Panca-
viihsa- und Sadvimsa Brähmana vorgelegen hat. Über diese Fragen wird
sich erst genauer urteilen lassen, wenn die beiden folgenden Teile und
die in Fase. IV in Aussicht gestellte Einleitung erschienen sind. Daß unser
Material so vollständig als möglich herausgegeben und bearbeitet wird,
ist umso wünschenswerter, als in Indien selbst weder Interesse noch Ver-
ständnis für diese Dinge vorhanden zu sein scheint. Bei einem Opfer, das
ich in der Nähe des heiligen Teiches von Valkesvara auf Malabar Hill sah,
flüsterte der Hotr seine Gebete, nicht aus dem Rk, sondern, wie ich an
dem mir dargereichten Texte mich überzeugte, — aus einer modernen
Version der Bhagavadgitä.
Daß die Ausgabe bei Reuter in guten Händen liegt, zeigt das gegen-
wärtige bis Patala XI (= Lät. IV, 1, 5) reichende Heft, das noch die Be-
schreibung der herzustellenden Laute enthält. Um einige Einzelheiten an-
zumerken: S. 2 (I, 1, 4, Komm. Z. 4) würde ich vibhaktain mantränäm mit
C schreiben; S. 3 Z. 15 mit derselben Handschrift baudhäyanah; IX, 4, 7
Edmunds Buddhist & Christian Gospels. — Sommer Griech. Lautstudien. 17
liest Reuter wie die Lät.-Ausgabe (III, 8, 1) trikena stomenästomayogä
yajamänamcanäkusävidhänena; das Ganze ist aber ein Dvandva asto-
mayoga-ayajamänaväcana etc.; es müßte also mindestens der Avagraha
gesetzt werden, den R. sonst verwendet (obwohl ich die häufige Setzung
des Avagraha eher als eine Störung denn als Unterstützung empfinde)
oder, zweckmäßiger, der Text ohne Pause gedruckt; ib. IX, 8, 8 apanyät.
Breslau. A. Hillebrandt.
Edmunds A. J. Buddhist & Christian Gospels being Gospel Parallels
from Päli Texts. Now First Compared from the Originals. Third and
Complete Edition. Edited with Parallels and Notes from the Chinese
Buddhist Tripitaka by M. Anesaki, Professor of the Science of Religion
in the Imperial University of Tokyo 1905. pp. [XIII], IV, 230, ^6). 8».
Edmunds will nicht, wie Seydel und van den Bergh, direkte Ent-
lehnungen aus buddhistischen Quellen in den Evangelien nachweisen,
sondern Parallelen in den Gedanken. Nur für das Lukas-Evangelium läßt
er einen möglichen Einfluß eines 'Gotamist Epic' gelten in Fällen, wo
Lukas von Matthäus und Marcus in eigenartiger Weise abv/eicht. Darin
stimme ich ihm durchaus bei, wenn ich auch nicht an ein bestimmtes
buddhistisches Epos glaube, das Lukas benutzt haben könnte. Unter den
Parallelen sind viele ganz allgemeiner Art, die nichts besagen. Überhaupt
spielt hier die Subjektivität eine große Rolle. Sehr wohltuend berührt
in dem Buche das redliche Streben nach der Wahrheit und das Bemühen
Edmunds', sich auf allen einschlägigen Gebieten gründlich zu unterrichten.
Er hat sich mit der theologischen Literatur wohl vertraut gemacht und
sich eine anerkennenswerte Kenntnis des Päli und des Tripitaka erworben.
Es ist zu wünschen, daß es ihm gelingt in Amerika einen Verleger für
das große Werk seines Lebens zu finden, die Cyclopaedia Evangelica,
die ohne Zweifel sehr nützlich sein wird. Die vorliegende Arbeit konnte
nur erscheinen, indem Anesaki einen Verleger in Japan besorgte, auch
ein Zeichen der Zeit. Anesaki selbst hat zu den Übersetzungen aus dem
Päli-Kanon Parallelen aus dem Chinesischen Tripitaka hinzugefügt. Aus
seiner Bemerkung auf S. [XII], es scheine ihm eine unbestreitbare Tatsache
zu sein, daß die Päli Nikäya und die Chinesischen Agama aus derselben
Quelle abgeleitet sind, geht hervor, daß ihm die Funde in Chinesisch-
Turkestän noch unbekannt sind. Die von Neumann eingeführte, greuliche
Schreibweise Änando, Nikäyo usw. hätten die Verfasser nicht aufnehmen
sollen. Für Buddha machen sie selbst eine Ausnahme. Störend sind die
zahlreichen Druckfehler.
Berlin-Halensee. R. Pischel.
Sommer F. Griechische Lautstudien. Straßburg, Trübner 1905. VIII, 172 S.
5 M.
In vier Abschnitten, die sich inhaltlich aneinander anschließen,
untersucht Sommer einige Erscheinungen der griechischen Lautgeschichte,
in denen er die Einwirkung eines tonlosen inlautenden Konsonanten auf
den Anlaut vermutet. In der ersten Untersuchung ('Spiritus asper als
Vertreter eines h im Wortirmern' S. 1 — 24) gelangt der Verf. zu dem Er-
gebnis, a) daß ein intervokalisches h (aus s) auf den vokalischen Anlaut
übergeht, falls der Vokal vor dem h den Akzent trug (z. B. eöu) aus *eühuj
Anzeiger XIX. 2
18 Sommer Griechische Lautstudien.
gegenüber ^Oc aus *dhüc), ferner b) daß ein antekonsonantisches h in Fällen
wie V|U6poc aus *ih|Li€poc (*ic^epoc) dieselbe Wirkung habe; die sichersten
Belege dafür sind (außer i'iuepoc) eiVaprai, oi.uoc (aus *oismos, lit. eismi),
aT|Lia, 6i|LiapTdvuj. Von der Notwendigkeit des zweiten Lautgesetzes bin
ich nicht überzeugt: das sicherste Beispiel ist i'inepoc, dem aber ein so
isohertes Wort wie aöpiov aus *aucpiov gegenübersteht. Wenn aöpiov
eine analogische Umbildung von aöpiov sein kann, dann kann m. E. noch
leichter angenommen werden, daß i'inepoc seinen Anlaut von i'e.uai (^cpieinai)
bezogen habe. Der Verf. dehnt das Lautgesetz, das er für den vokalischen
Anlaut aufgestellt hat, auch auf anlautenden Konsonant aus, sofern es
sich um eine Tenuis (Kap. II) oder ein F (Kap. III) handelt. Im ersten
Fall scheidet S. zunächst die Formen cppoupd, cppoi.uiov und qppouboc
(= *TTpoöpd usw.) aus der weiteren Beweisführung aus, weil er hierin
— wie ich glaube mit Recht — relativ junge (keinesfalls urgriechische)
Vorgänge von Verschiebung der Aspiration sieht; wenn er eqpiopKeuu = diri-
öpKeo) hinsichtlich seines Alters mit jenen Wörtern auf die gleiche Linie
stellt, so stimme ich darin dem Verf. bei, halte aber doch meine Erklärung
der Form (^qpiopKeuu eine Kontamination von dcpopKeuu X *eTriopKeLu) gegen-
über derjenigen S.'s (e-m-öpKeiu zu dqpi-opKeuj) deshalb aufrecht, weil für
das vom Verf. mit Stillschweigen übergangene dcpi iepeuuc (aus Delos,
s. Spiritus asper S. 72) mein Weg mir gangbarer erscheint als der Sommers.
Doch das von S. aufgestellte Lautgesetz wird von dieser Einzelheit nicht
berührt; urgriechische Einwirkung eines inlautenden h (s) auf anlautende
Tenuis sieht S. in folgenden Fällen, unter denen sich einige scharfsinnige
Etymologien des Verfassers finden: öpivaE aus *Tpi-cvaK-c, Gpivia aus
*Tpi-cviä, öpTov aus *Tpi-cFo-|Li, 6pia|ußoc aus *Tpic-a,ußoc, Gpüov aus
*Tpu(c)ov, *6p£0C in Gpificai aus *Tp6(c)oc, GeiXöirebov aus *Tepc\o-TTebov,
*9pctvoc(-9pavöuj) aus *Tpacvoc {*f^'s>ios), cBevoc aus *CTacvoc, qpXeoic aus
*pleusos, cpXoiöc aus *plousios, qppüvr) aus *Trpucvä, qpidXrj aus *TTi-ca\ä,
cpXeüuj aus *pleusiö, \a\TT\ aus *KaicTTÖi, xpcüai aus *Kpau(a)uj. Unter den
16 Fällen, die für das Lautgesetz in Anspruch genommen werden, sind
12, in denen es sich um 6p-, qpp-, qpX-, xp- handelt; die übrigbleibenden
vier Etymologien sind so unsicher, daß sie nicht zum Beweis des auf-
gestellten Lautgesetzes dienen können: das Lautgesetz ist also wohl in
der Weise zu begrenzen, daß man die Wirkung eines inlautenden inter-
vokalischen Hauchlautes nur bei der Anlautsgruppe Tenuis -{- Liquida
annimmt. Bei dieser Formulierung fallen Ausnahmen wie irie^uu, Traio) und
besonders ireoc (S. 79) weg, welch letzteres mir ein kaum übersteigbares
Hindernis für Sommers weitergreifendes Lautgesetz zu sein scheint. Ob auch
die Wirkung eines antekonsonantischen h (z. B. *Tpi-cvaK-c zu *TpihvaE und
GpivaS) staLtgefunden hat, ist mir zweifelhaft; ich glaube nicht recht an
die Entwickelung von -sn- u. ä. über -hv- zu -vv- und vermisse eindeutige
Etymologien, welche das Vorhandensein und die Wirkung eines solchen
h uns anzunehmen zwingen; ein Kpava <( *Kpacva spricht jedenfalls nicht
sonderlich dafür, wenn man sich auch zur Not mit der Form abfinden
könnte (s. Sommer S. 80). Daß endhch der Akzent beim Eintreten oder
Unterbleiben der Hauchverschiebung eine Rolle spielte, läßt sich nicht
erweisen — man läßt ihn besser aus dem Spiel, weil man sonst leicht
in eine Zwickmühle gerät (vgl. S. 76 f.).
Wenn wir die Wirkung des inlautenden h auf anlautende Tenuis
mit der darauffolgenden Liquida in Verbindung bringen, so folgt daraus
Sommer Griechische Lautstudien. 19
natürlich nicht, daß die Liquida unter allen Umständen bei der Aspiration
eines anlautenden Konsonanten beteiligt sein muß. Daher berührt meine
Einschränkung des Sommerschen Lautgesetzes keineswegs die Ergebnisse
des 3. Abschnittes, worin 'die Vertretung eines anlautenden F durch Spiritus
asper' behandelt wird (S. 82 ff.). Anlautendes F ist nach Sommer durch
drei Prozesse über Fh zu einem Spiritus asper geworden, nämlich 1. in
Fällen wie evvu|ui < *Fdivu|ui (*Fecvu|Lu) durch die Wirkung eines inlautenden
A, 2. in i'cTUjp, ^CTrepoc, ^cxia durch die Wirkung eines inlautenden c, und
3. in epon, ^opxr) durch die Wirkung eines p, das selbst durch die Ver-
bindung mit einem stimmlosen Konsonant stimmlos geworden sei. S. scheint
mir damit ein Problem der endgültigen Lösung näher gebracht zu haben,
um das ich mich selbst (IF. 9, 29'1'ff.) bemüht habe. Es freut mich, daß
S. im wesentlichen meinen Ausführungen über die Existenz eines stimm-
losen Digamma zustimmt und gegenüber den Einwänden Solmsens auf
meine Seite tritt. Auch Sommer lehnt wie ich (IF. Anz. 14-, 8) die Hypo-
these Solmsens ab, daß der Hauchlaut in eKacxoc und es aus einem s-
und nicht einem su- zu erklären sei; denn über die Form 'Ecxia ist Solmsen
nur hinweggekommen, indem er die Belege für Fecxia bezweifelte und die
etymologische Verknüpfung mit lat. Vesta leugnete, wobei immer noch
gcuGpoc vesper und Ficxuup-icxujp als gefährliche Klippen übrig blieben.
Das von mir aufgestellte Lautgesetz, daß das 'gehauchte' (oder stimmlose)
F oder Fh früher als das stimmhafte F geschwunden sei, halte ich nun-
mehr auf Grund von Sommers Untersuchungen für sicherer denn je : denn
Sommer zeigt, daß ein Fh- nicht nur auf su- zurückgeht, sondern auch
unter anderen Sonderbedingungen entstanden sein kann. Natürlich bleiben
auch so noch einige Wortformen mit '=F- übrig, bei denen weder älteres
SU noch das Lautgesetz Sommers in Betracht kommt — wie ja auch noch
nicht alle Fälle mit Spiritus asper, in denen ein F überhaupt nicht in Frage
steht, erklärt sind '). Wir dürfen uns daher nicht einfach mit der Annahme zu-
frieden geben, daß in den Fällen mit '=F, die nicht durch unsere Laut-
gesetze zu erklären sind, der Ansatz eines F oder die Überlieferung eines
Spiritus asper falsch sei. Diesen von Sommer gesuchten Ausweg halte ich je-
doch in den S. 98 — 100 besprochenen Fällen für wahrscheinlicher als irgend
etwas anderes. Nicht aber leuchten mir alle von dem Verf. angenommenen
Analogiebildungen ein, so z. B. a\icKO|nm nach aipeiv, ai'vuu nach i'riiui,
k\mc nach 4\ec9ai: es sind gewissermaßen provisorische Hilfsmittel, um
mit den Formen fertig zu werden. Dagegen würde ich die Erklärung von
heiKoci und hiKdc (nach den übrigen, mit Spiritus asper anlautenden Zahl-
wörtern wie e'E, eTTxd, ökxuu, ^vvea, ^koxöv) gerne annehmen, wenn nicht
pamphyl. cpiKaxi auf ein älteres *FhiKaxi unmittelbar hinwiese; S. äußert sich
nicht über die pamphylische Form. Während man sonst gelegentlich mit der
Doppelheit su-ju- rechnen kann, ohne daß Zeugnisse für ein su- vorliegen
(vgl. S. 111 ff.), ist es mißlich, gerade für *FhiKaxi diesen Ausweg zu
wählen. Ich glaube überhaupt nicht, daß mit der Annahme von su- und mit
1) Die von Sommer S. 134 hervorgehobene Tatsache, daß mit in-
lautendem -p|Li- Aspiration eines vokalischen Anlauts Hand in Hand geht
(cipiLia äpiLiöZuj), ist, wie ich nebenbei bemerke, schon von griechischen
Grammatikern beobachtet worden, vgl. A. Ludwich Anekdota zur griech.
Orthographie (Königsberg 1905) S. 7: xö a XfjYov eic p eTTiq)6po|nevou xoö
\x bacüvexai oiov äp|nö2uj (aus einer Wiener Handschrift des 14 Jahrh.).
2*
20 Sommer Griechische Lautstuclien.
Sommers Lautgesetz alle Bedingungen erschöpft sind, unter denen ein F
stimmlos (oder Aspirata) geworden ist. Auf besondere, bisher nicht be-
kannte Bedingungen für diesen Vorgang weist die gelegentliche Aspirierung
von anlautendem Nasal oder Liquida (inheYdXou, Xhaßibv u. dgl.) hin, wo
keinesfalls mit einem älteren sm-, sl- überall durchzukommen ist. Ich
habe schon früher (Spiritus asper S. 19) vermutet, daß bestimmte satz-
phonetische Verhältnisse im Spiele sind, und glaube dies auch heute noch: es
könnte sich eigentlich nur um die Wirkung eines vorhergehenden auslauten-
den -c handeln, doch kann bei der Spärlichkeit des Materials der quellen-
mäßige Nachweis nicht mehr geführt werden. Um auf Sommers Digamma-
gesetz zurückzukommen, so bin ich der Meinung, daß es durch die vor-
liegenden Tatsachen nicht im ganzen Umfang sicher erwiesen ist. Die
Geltung von 2. scheint mir unzweifelhaft; indem ich 2. und 3. kombiniere,
möchte ich folgende Formulierung vorschlagen: anlautendes F wird durch
ein c im Anlaut der nächsten Wortsilbe stimmlos (aspiriert). Dieses Laut-
gesetz reiht sich somit den sonstigen Lautwandelungen an, welche den
Anlaut zweier aufeinanderfolgenden Silben assimilatorisch oder dissimila-
torisch beeinflussen'). In Fällen wie i'cTuup ist zu berücksichtigen, daß
die Silbengrenze im c liegt (s. Brugmann Griech. Gramm. ^ 131 und die
dort vorgezeichnete Literatur); in ^pcrj, epEai u. dgl. braucht man mit S.
nicht anzunehmen, daß ein stimmloses p die Aspirierung des F bewirkt
habe; ^opTr), das allein für S.'s Formulierung ins Gewicht fällt, kann
seinen Spiritus asper sehr leicht von fijaepa bezogen haben. Auch die
Hereinziehung des Akzents wird m. E. besser vermieden, da sich sonst
Unstimmigkeiten zwischen der epcri- und ^vvum-Gruppe (vgl. S. 133) er-
geben. Endlich muß man die Frage aufwerfen, ob die Lautkombination
*F€h-vu|ui (aus *Fec-vuiai) mit dem stimmlosen F etwas zu tun hat. Ich
glaube nicht: denn das sicherste Beispiel, eben evvu|ui, kann auch von
^ccai u. dgl. aus erklärt werden; selbst ob ein intervokalisches h (aus c)
aspirierend auf den Anlaut gewirkt hat, ist mir wegen eap (und ev. iöc)
nicht so ganz sicher. Von Ausnahmen gegen das icTuup-Gesetz kommen
'ernstlich', wie ich mit S. glaube, nur äcTU, ickuu und icoc in betracht
(S. 123). Man lese bei S. nach, wie man sich mit den beiden ersten
Formen abfinden kann; aber i'coc [FicFoc] aus *FibcFoc birgt eine Schwierig-
keit, die ich nicht zu beseitigen vermag; bemerkenswert ist das Wort
durch die einzigartige Lautfolge F-cF-: sie kann sehr wohl die besondere
Behandlung des anlautenden F verursacht haben.
Auch das letzte Kapitel des Buches, welches die Vertretung von i
durch Z behandelt, steht mit den vorhergehenden Ausführungen im Zu-
sammenhang, insofern S. seinen Grundgedanken, die Wirkung des Inlauts
auf den Anlaut, in ähnlicher Weise benützt, um die Verschiedenheit im
Anlaut von liw Z;d)vvu|ni — äyvoc zu erklären (S. 138 f.). 'Niemand würde'
— so sagt der Verf. S. 143 mit Recht — 'an eine indogermanische Spirans
j denken, wenn das Griechische mit seinem Z nicht wäre.' Und man würde
jedenfalls auf dasAlbanesische allein mit seinem ges ^ Ziw und j« ^= ü imeTc
die Hypothese einer Doppelheit j-j nicht aufbauen, wenngleich ich nicht
glaube, daß das Albanesische mit dem Hinweis auf Pedersen (KZ. 36, 106
und Festskr. til Thomsen 252) auf die Seite zu schieben ist. S. setzt die
Verschiedenheit von Spiritus asper und Z derjenigen von F und F' parallel:
1) Vgl. Brugmann Griech. Gramm*. 133 f.
Moulton A grammar of New Testament Greek. 21
Z sei die Vertretung eines f , das in Züjvvufai aus *iMCvvpL\, Zeuj aus *j'6hiu
ebenso wie F' zustande gekommen sei. Freilich hört der Parallelismus
in der weiteren Entwicklung von i und f völlig auf, denn sie verläuft
gerade in der umgekehrten Richtung. Hier liegt eine Schwierigkeit vor,
welche die Hypothese S.'s nicht so ohne weiteres annehmbar macht. Aber
bestechend ist der Gedanke, auf diese Weise das l als eine Abart des i
zu erklären; scharfsinnig ist auch die Vermutung, daß die Lautgruppe iu-
über hu- hin- (ihu) zu l geworden sei (in Zvföv, Zv^ax] u. a.).
Die Untersuchungen S.'s bedeuten unstreitig eine kräftige Förderung
schwieriger Fragen der griechischen Lautgeschichte: wesentliche Punkte
sind von ihm aufgeklärt worden; aber auch da wo man nicht völlig
überzeugt ist, hat man doch die Empfindung, daß der Verf. die Schwierig-
keiten von der rechten Seite angefaßt und die Richtungslinie ge-
funden hat, welche uns zur endgültigen Lösung der behandelten Probleme
führen wird.
Marburg. Albert Thumb.
Moulton J. H. A grammar of New Testament Greek based on W. F.
Moulton's edition of G. B. Winer's Grammar. Vol. l. Prolegomena.
Edinburgh T. & T. Clark 1906. XX, 274 S. 8 sh.
Eine Neubearbeitung von Winers Grammatik des Neuen Testa-
ments, die dem gegenwärtigen Stand der Koineforschung gerecht wird,
soll uns, wie es scheint, zuerst von englischer Seite geschenkt werden,
denn die deutsche Bearbeitung Schmiedeis ist leider bis jetzt unvollendet
geblieben, vv^eil der theologische Verf. sich anderen Aufgaben zugewendet
hat. Nunmehr hat ein englischer Theologe, der Verf. unseres Buches, die
Aufgabe übernommen, den englischen Text des Werkes, der vom Vater
des Verf's. herrührt und drei Auflagen erlebt hatte, neu zu bearbeiten,
nachdem der Vater selbst durch den Tod (1898) an der Ausführung seines
Planes verhindert worden war. Die Prolegomena, die uns zunächst vor-
gelegt werden, sind ein völlig neues und selbständiges Werk, das mit
seinem Vorgänger nichts gemein hat; in seinen Grundzügen lag es bereits
in einer Serie von Aufsätzen vor, die 1904 in der englischen Zeitschrift
The Expositor' erschienen sind fCharacteristics of New Testament Greek').
, Die 'Prolegomena' sind dazu bestimmt, die neutestamentliche Grä-
zität im allgemeinen zu charakterisieren, in ihre Probleme einzuführen
und ihr die Stellung im Gesamtgebiet der hellenistischen Sprachent-
wicklung anzuweisen — eine Aufgabe, die überhaupt erst versucht werden
konnte, seit es eine wirkliche Koineforschung gibt, und das ist nicht
gerade lange her. Der Verf. hat bereits durch mehrere kleinere Arbeiten
gezeigt, wie er sich auf seine Aufgabe vorbereitete : er hat die Papyri
durchforscht, um für sprachliche Erscheinungen des Neuen Testaments
Vergleichsmaterial zu erhalten. Aber er hat seine Vorbereitung noch
tiefer aufgefaßt: der Theologe trieb sprachwissenschaftliche Studien, um
eine richtige Einsicht in die griechische Sprachgeschichte zu erlangen,
und er hat sich endlich mit Erfolg bemüht, auch die Ergebnisse der
neugriechischen Sprachforschung in methodischer Weise zum Verständnis
des biblischen Griechisch heranzuziehen. Der Verf. besitzt eine Weite
des Gesichtskreises, die sehr erfreulich ist und natürlich der Sache selbst
zum Vorteil gereicht. Ein Beweis dafür sind die Worte der Vorede (S. 9),
womit er die Notwendigkeit allgemeinsprachwissenschafthcher Studien
22 Moulton A grammar of New-Testament Greek.
für seine spezielle Aufgabe begründet: "The Study of the Science of
Language in general, and especially in the field of the languages vvhich
nearest of kin to Greek, is well adapted to provide poinls of view from
which new light may be shed on the words of Scripture". So spricht
ein Theologe — man wäre froh, wenn jeder Philologe diese Einsicht be-
säße. Es ist daher begreiflich, daß diese Grammatik des Neuen Testa-
mentes allen ihren Vorgängern überlegen ist. Das Buch dient vor allem
der Belehrung und i'ichtet sich in erster Linie an Theologen ; daher bietet
es alles, was für diese aus der griechischen Grammatik und Sprach-
geschichte zu wissen wünschenswert ist. Die Stellung des biblischen
Griechisch, die Charakterisierung der Koine, ihr Ursprung und ihre Ent-
wicklung bilden den Inhalt der beiden ersten Kapitel ; Kap. III — IX geben
eine allgemeine Charakteristik der biblischen Gräzität (III. Formlehre.
IV. Syntax des Nomens. V. Adjektiva, Pronomina und Präpositionen.
VI. — VIII. Verbum finitum. IX. Inlinitive und Partizipien). Die allgemeinen
Fragen der vergleichenden Grammatik werden in klarer und gemein-
verständlicher Weise erörtert, damit für die Erscheinungen der einzelnen
Sprachphase die prinzipielle Grundlage gewonnen werde : und wie frucht-
bringend das ist, zeigt sich z. B. bei der Behandlung der Aktionsarten des
Verbums, wo u. a. die Frage behandelt wird, ob und wie weit die Per-
fektivirung durch Präpositionen, die von Purdie für Polybios untersucht
worden ist, auch im Neuen Testament nachzuweisen sei.
Der Detaildarstellung der Grammatik, die dem 2. Band angehören
wird, eine allgemeine Charakteristik vorauszuschicken, scheint mir ein
glücklicher Gedanke, weil sich so die Eigenart des neutestamentlichen
Griechisch von der klassischen Sprache viel besser abhebt. Daß das
Buch in den speziellen Problemen der Koine- und biblischen Sprach-
forschung durchaus in modernem Geist verfaßt ist, brauche ich nicht
hervorzuheben. In der Hebraismenfrage und in dem was dazu gehört,
steht der Verf. ganz auf dem Standpunkt, den Deißmann und ich selbst
vertreten. M. trägt in vielen Punkten dazu bei, die vermeintlichen Hebra-
ismen aufzuklären, sie als das zu erweisen, was sie in den meisten Fällen
sind — Beweise der Unkenntnis der jüngeren griechischen Sprach-
entwicklung. Der Verf. lehnt natürlich die Möglichkeit von Semitismen
nicht einfach ab, sondern formuliert das Problem in einer einsichtigen
Weise, der man ohne weiteres zustimmen kann, weil die Formulierung
dem wirklichen Sprachleben und den besonderen literarischen Verhält-
nissen entspricht. Auch in so wichtigen Fragen wie über die Entstehung
der Koine zeichnet sich das Urteil M.'s durch Besonnenheit aus. Zwar
ist er geneigt, den der Lautlehre entnommenen Gründen, womit Kretsch-
mer seine These verteidigt, mehr Gewicht beizulegen, als mir berechtigt
scheint, aber andererseits bringt er gerade für den attischen Grund-
charakter der Koine neue gewichtige Gründe bei (vgl. S. 34, 213 ff.).
M. hat die Hilfsmittel der Koineforschung so sorgsam verwertet
und weiß in seiner Darstellung das Hypothetische vom Sichern so gut
zu scheiden, daß ich keinen Anlaß habe, auf Einzelheiten näher ein-
zugehen — und zwar um so weniger als ich zu einzelnen Punkten schon
vorher aus Anlaß der Expositor-Aufsätze und während des Druckes des
verliegenden Werkes Gelegenheit hatte, dem Verf. einige Anmerkungen
zu liefern, eine Mitwirkung, die der Verf. (in der Vorrede) in liebens-
würdiger Weise überschätzt. Was ich also als Rezensent in einigen Einzel-
heiten zu sagen hätte, ist vom Verf. schon berücksichtigt worden. Wo
Meyer Handbuch der griechischen Etymologie. 23
ich mit dem Verf. nicht gleicher Meinung bin, da handelt es sich um Dinge,
die nicht mit kurzen Bemerkungen zu erledigen sind, sondern den Inhalt
künftiger Detailforschung bilden müssen. Hoffen wir, daß das treffliche Buch
in diesem Sinn anregend wirke und gerade unter den Theologen das wissen-
schaftliche Studium der Bibelsprache fördere, da es in vorbildlicher Weise
zeigt, auf welchen Bahnen die neutestamentliche Sprachforschung wandeln
muß. Und zum Schluß sei uns gestattet, den Wunsch auszusprechen, daß
der Verf. uns bald den zweiten Band des Werkes beschere, damit wir
endlich für den alten Winer einen vollwertigen neuen Ersatz bekommen.
[Korrektur-Zusatz. Wenn diese Besprechung erscheint, wird
wahrscheinlich bereits die 2. Auflage des Buches vorliegen — ein Beweis
sowohl für die Trefflichkeit desselben wie für das Interesse, dessen sich
die neutestamentlichen Sprachstudien im engUschen Sprachgebiet erfreuen.
Der Text der neuen Auflage ist nur in Kleinigkeiten berichtigt; in einem
besonderen Nachtrag macht M. einige Zusätze, in denen die neueste Literatur
mit der dem Verf. eigenen Gewissenhaftigkeit verwertet worden ist.]
Marburg. Albert Thumb.
Meyer L. Handbuch der griechischen Etymologie. Leipzig Hirzel 1901/2.
4 Bde. 656, 859, 488, 608 S. gr. 8°. 60 M.
Über Leo Meyers Handbuch der griechischen Etymologie hat sich
alsbald nach seinem Erscheinen ein Konsensus aller Urteilsfähigen, Lin-
guisten wie Philologen, herausgebildet. Es ist der Fleiß von zwei Jahr-
zehnten, der in dem Werke niedergelegt ist, und schon darum hat es
Anspruch auf Achtung. Es ist bequem, daß jedem Worte Belegstellen aus
der Literatur beigegeben sind, die — in nicht wenigen Fällen freiUch nur
bis zu einem gewissen Grade — seinen wirklichen Gebrauch zu übersehen
in Stand setzen, und es ist dankenswert, daß der Verf. der genaueren
Feststellung der Wortbedeutung besondere Sorgfalt gewidmet hat. Es ver-
dient Lob, daß er nicht nur, wie in etymologischen Lexizis sehr vielfach
geschieht, die wurzelhaften, sondern auch die stammbildenden Teile der
Wörter berücksichtigt und durch reichliche Parallelen aufzuhellen sucht.
Es begegnet auch hie und da ein wirklich förderlicher Gedanke über die
Herkunft eines Ausdrucks. Aber all dieses Gute kann nicht über die zwei
Grundgebrechen des Werkes, um von kleineren zu schweigen, hinweg-
täuschen: es führt den ganzen, auch uns noch bekannten Reichtum des
griechischen Wortschatzes nur imvollständig vor, weil es sich auf das in
der Literatur belegte beschränkt und von vornherein ablehnt, die un-
endlichen Fundgruben der grammatisch-lexikographischen Überlieferung
und der Inschriften systematisch auszubeuten, und es spiegelt in Gesamt-
anschauung und Beurteilung zahlloser Einzelheiten einen Stand der Sprach-
forschung wider, der seit beinahe einem Menschenalter als überwunden
gelten darf; es ist als ob Männer wie J. Schmidt und de Saussure, Bezzen-
berger, Fröhde und Bechtel, Brugmann und Osthoff, Wackernagel.W. Schulze
und Kretschm.er für Leo Meyer überhaupt nicht geschrieben hätten. Es
widerstrebt mir, die Versäumnisse, die sich dem einigermaßen Kundigen
auf Schritt und Tritt aufdrängen, im einzelnen zu beleuchten, so sehr auch
die Selbstanzeigen des Verf. in den GGA. 190i und 1902 dazu herausfordern;
ich will lieber die Gelegenheit benutzen und kurz entwickeln, was, wie ich
meine, ein etymologisches Wörterbuch des Griechischen leisten und bringen
muß, wenn anders es den Forderungen, die die Wissenschaft im gegen-
wärtigen Zeitpunkt zu stellen befugt ist, gerecht werden will.
2i Meyer Handbuch der griechischen Etymologie.
Als das Wichtigste erscheint mir, daß, wie die Grammatik, so das
etymologische Lexikon endlich Ernst damit mache, seinen Stoff auch philo-
logisch zu durchdringen, d. h. daß es ihn, um ihn mit dem Wortvorrat
der anderen Sprachen in Vergleich stellen zu können, zuvor nach allen
Seiten mit so exakter Kritik sichte und herrichte, wie es nur philologische
Vertiefung in die griechischen Sprach- und Kulturdenkmäler selbst er-
möglicht. Man tritt auch den besten unter den Handbüchern der griechi-
schen Etymologie, die die Sprachwissenschaft bisher geschaffen hat, denen
von Curtius und Prellwitz (in der zweiten Auflage), nicht zu nahe, wenn
man behauptet, daß sie das im wesentlichen nur nach einer Richtung
hin geleistet haben, indem sie sich bestreben, für jedes Wort die Varianten
der äußeren Form, die die verschiedenen Mundarten darbieten, beizu-
bringen. Das ist unzweifelhaft eine der wichtigsten Aufgaben, die das
etymologische Wörterbuch zu erfüllen hat, aber damit ist, auch wenn sie
noch vollkommener gelöst wird als in beiden Werken geschehen, noch
durchaus nicht alles getan. Es ist notwendig auch über das Dialektische
hinaus (in dem Sinne, in dem das Wort in der Regel angewendet wird)
jeden einzigen Ausdruck, insbesondere aber die seltener gebrauchten und
die früh ausgestorbenen, auf Form und Bedeutung nachzuprüfen. Gar zu
viel — das weiß jeder, der einige Erfahrung in griechischer Etymologie
hat — schleppt sich in beiden Beziehungen durch die Jahrhunderte von
den antiken Grammatikern her, die die moderne Sprachwissenschaft zu
schelten liebt, von denen sie aber in tausend Dingen abhängig ist, durch
die Lexika der Neuzeit in die etymologischen Werke fort, was sich bei
eindringender Untersuchung als nicht stichhaltig herausstellt. Aber auch
wo die Wörterbücher die Bedeutung oder die Bedeutungen richtig angeben,
befähigt doch nur ununterbrochener Umgang mit den Texten selbst den
eigentlichen Kern jener herauszuempfinden, das Bleibende vom Gelegent-
lichen zu scheiden und kann davor bewahren, Etymologien aus zufälligen,
unter Umständen durch individuelle Laune oder gelehrtes Bedürfnis ge-
triebenen Seitenschößlingen herauswachsen zu lassen. Für die 'Sachen'
vollends im weitesten Verstände des Wortes muß zur Kenntnis der Texte
auch noch Kenntnis der Bildwerke und sonstigen archäologischen Über-
reste hinzukommen, damit wir uns von den Vorstellungen, die uns auf
grund unserer heutigen oder der voll entwickelten hellenischen Kultur
geläufig sind, frei machen und uns mit denen erfüllen, die die Griechen
oder ihre indogermanischen Ahnen womöglich in der Zeit selbst, da sie
die Benennungen schufen, mit ihnen verbunden haben. Es ist also die
Geschichte der Sachen, auf die das etymologische Wörterbuch ständig
sein Augenmerk zu richten hat. Aber es ist nicht minder die Geschichte
der Wörter, um die es sich kümmern muß : es muß Auskunft geben über
die einschneidendsten Veränderungen, die ihre Form und ihr Sinn bis zur
letzten großen Epoche altgriechischen Sprachlebens, der Bildung der Koine,
erfahren haben, es muß Rechenschaft ablegen über ihre räumliche und
zeitliche Verbreitung in der gesprochenen Sprache, über ihre Verwendung
innerhalb der mannigfaltigen literarischen Idiome, die der hellenische
Genius hervorgebracht hat, und es muß diese Dinge in lebendigen Zu-
sammenhang setzen mit der politischen und hterarischen , der Kultur-
und Geistesgeschichte des Griechenvolkes überhaupt. Erst wer all die auf-
gezählten Momente vereinigt, wird der besonderen Eigenart griechischer
Sprachgeschichte gerecht und hat damit, soweit unsere Mittel das erlauben,
den festen Grund gelegt, von dem aus er sich zum etymologischen Fluge
Meyer Handbuch der griechischen Etymologie. 25
über das weite Meer der indogermanischen und nichtindogermanischen
Sprachen erheben kann, hat das seinige getan, subjektive Willkür bis zu
dem Grade auszuschließen, bis zu dem das bei der Natur der etymolo-
gischen Wissenschaft überhaupt möglich ist. Freilich ist die Aufgabe, so
gefaßt, mühselig und zeitraubend; sie zu lösen müßte der Etymologe in
Wahrheit nicht bloß Philolog, sondern auch Archäolog, Religions-, Kultur-
und Historiker insgemein sein, und das ist reichlich viel von einem Menschen
verlangt. Aber wer das Glück hat, einer Universitätsgeraeinschaft anzu-
gehören, wird sich jederzeit bei seinen archäologischen, historischen, philo-
logischen Kollegen Rats erholen können, und überdies besitzen die ge-
nannten Wissenszweige treffliche Handbücher, die fast durchgängig auch
dem auf Nachbargebieten Tätigen ihren gegenwärtigen Stand zu erkennen
ermöglichen. Ich wünschte, um nur für eines dieser Fächer, die Archäo-
logie, einiges wesentliche zu nennen, daß, wer griechische Etymologie
treibt, regelmäßig Werke wie Baumeisters Denkmäler, Daremberg-Saglios
Dictionnaire des antiquites,Pauly-Wissowas Realenzyklopädie,Helbigs Home-
risches Epos, Blümners Technologie und Terminologie und Privatalter-
tümer befragte, daß er Bücher wie Reicheis Homerische Waffen, Noacks
Homerische Paläste kennte, daß er die Darstellungen der allgemeinen und
besonderen Prähistorie beständig, wenn auch mit der Vorsicht, die bei
der Übertragung des für bestimmte Gegenden und Völker gültigen auf
andere dringend von nöten ist, zu Rate zöge.
Alles im vorstehenden Geforderte kann natürlich nur die eigentliche
Etymologie vorbereiten und fundieren; ein etymologisches Wörterbuch des
Griechischen wird darnach streben müssen, auch für diese selbst über
das bisher erreichte soweit als möglich hinauszugelangen. Einer der ersten
Kenner hellenischer Sprachgeschichte, Jakob Wackernagel, hat kürzlich
(Die Kultur der Gegenwart I, 8 S. 289) den Ausspruch getan, die griechi-
sche Etymologie sei noch viel weiter im Rückstand, als der Fernerstehende
vielleicht denke, und wer sich tagtäglich mit den sie betreffenden Fragen
beschäftigt, empfindet auf Schritt und Tritt die schmerzliche Wahrheit
dieses Wortes. Aber je mehr er sich in sie vertieft, um so bestimmter
geht ihm auch die Hoffnung auf, daß es gelingen werde, den verbleiben-
den Rest des Dunklen, wenn auch nie völlig aus der Welt zu schaffen,
so doch mit der Zeit immer weiter zu verringern, um so zuversichtlicher
bekennt er sich zu dem Glauben des Altmeisters etymologischer Forschung,
Ficks, an die Etymologie als ein 'lohnendstes und zukunftsreichstes Feld'
(GGA. 1881, 1418). Man staunt so manches Mal, wie naheliegende und
evidente Kombinationen noch niemandem beigefallen sind. Es bedarf
keiner Worte, daß auf diesem Wege, durch die glückliche Eingebung des
Augenblicks, wie in aller Wissenschaft, so auch in griechischer Etymologie
die schönsten und bedeutsamsten Fortschritte zu erzielen sind. Aber wie
oft bleibt der Gedankenblitz aus, gerade wenn man ihn am sehnlichsten
herbeiwünscht, und sollte es nicht möglich sein, der Kombination zu Hilfe
zu kommen und sie zu ergänzen durch methodische Arbeit in bestimmten
Richtungen? Ich möchte glauben, daß es insbesondere drei Richtungen
sind, die der Verfasser eines etymologischen Lexikons des Griechischen mit
Aussicht auf Erfolg wird einschlagen dürfen. Er wird die ältere etymo-
logische Litteratur, sowohl die des Altertums als auch die der Philologie seit
der Renaissanze und der Sprachwissenschaft aus dem ersten halben Jahr-
hundert ihres Bestehens zu durchmustern haben und wird dabei so manches
verscharrte und vergessene Goldkorn ans Licht ziehen können. Wir brauchen
26 Meyer Handbuch der griechischen Elymologie.
heute ja uns und anderen nicht mehr zu verhehlen, daß die vergleichende
Sprachwissenschaft im ersten Freudenrausche über die ungeahnten neuen
Horizonte, die sich auftaten, gar häufig in die Weite geschweift ist und darüber
das bessere, das in der Nähe, will sagen innerhalb des Griechischen selbst,
liegt, übersehen hat, daß auch die auf neue Grundlagen gestellte Sprach-
wissenschaft der siebziger und achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
in jugendlichem Überschwang um der 'Lautgesetze' willen nicht weniges
über Bord geworfen hat, was heute wieder zu Ehren kommen darf, wo
sie, bedächtiger geworden, eingesehen hat, daß es auch außer den 'Laut-
gesetzen' noch allerlei zwischen Himmel und Erde gibt, wovon sie sich
früher nichts hatte träumen lassen. Man wird weiter frisches Wortmaterial
aus dem Griechischen herbeischaffen müssen, das bisher noch nicht unter
die etymologische Lupe genommen ist. Selbst eine so viel durchwühlte
Schatzkammer wie Hesych birgt immer noch so manches, was nur ein-
mal scharf angesehen zu werden braucht, vun sofort mit ganz geläufigen
Wörtern der verwandten Sprachen in Reih und Glied zu rücken. Um wie
viel mehr andere, bis jetzt weitaus nicht so gi'ündlich ausgenutzte Quellen
lexikalischer und grammatischer, aber auch sonstiger Art! Dahin rechne ich
vor allem die Eigennamen, zumal der älterenZeit; sie enthalten unschätzbares
Sprachgut und können uns in nicht wenigen Fällen über echt griechischen
Cliarakter einer Wortsippe, ihr Verbreituagsgebiet u. dgl. unterrichten. Man
wird endlich — last, not least — außerhalb des Griechischen Läger reichsten
und edelsten Sprachmetalls, die bisher für etymologische Zwecke noch kaum
angeschlagen sind, systematisch in Abbau nehmen müssen, die modernen
Mundarten indogermanischer Zunge. Wie hat nicht, um nur ein paar Bei-
spiele anzuführen, das wenige, was in den letzten Jahrzehnten von dem
Wortschatz der heutigen iranischen Dialekte bekannt geworden ist, unsere
etymologische Einsicht vertieft und berichtigt! Wie viel Altertümliches
haben nicht die skandinavischen Forscher aus ihren Heimatgegenden bei-
zubringen gewußt, das in den altnordischen Sprachdenkmälern und den
altgerrnanischen überhaupt nicht zum Vorschein kommt! Wie viel des-
gleichen steckt nicht in den schweizerischen Idiomen! Es versteht sich,
daß bei der Ausbeutung dieser Sprachschichten ganz besondere Vorsicht
und Umsicht erforderlich ist, daß auf das sorgfältigste ausgesondert werden
muß, was in jüngeren Zeitläuften abgelagert, was aus fremden Gebieten
angeschwemmt ist, daß das verbleibende mit doppelter Schärfe auf die
Laut- und Bedeutungsverhältnisse geprüft werden muß, und der einzelne,
der auf griechischem Boden arbeitet, wird froh sein müssen, wenn er nur
für einen der andern Sprachzweige die Übersicht besitzt, die unerläßlich
ist, um diese in die Gegenwart hineinreichenden Ausläufer, die doch so oft
Dinge, Vorstellungen, Tätigkeiten ältesten Ursprungs betreffen, verwerten
zu können. Aber als prinzipielles Postulat darf die Ausnutzung des mo-
dernen Wortmaterials nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden.
Ich hatte die Absicht, jede der im obigen aufgestellten Forderungen
durch einen oder zwei Belege zu erläutern. Ich muß aber, um diese An-
zeige nicht über Gebühr anwachsen zu lassen, davon absehen und er-
laube mir, auf die 'Beiträge zur griechischen Wortforschung' zu verweisen,
die nun wohl bald werden erscheinen können, und auf das Etymologische
Wörterbuch der griechischen Sprache, das ich ihnen in einigen Jahren
hoffe folgen lassen zu können und in dem ich versuchen will, jene Forde-
rungen zu verwirklichen, soweit die Kraft reicht. Im übrigen bilde ich mir
Menge Griechiscli-deutsches Schulwörterbuch. 27
nicht ein, mit ihnen etwas Neues in die Welt zu setzen : seit Wackernagel
und W. Schulze die Wege gewiesen haben, hat sich die Zahl derer von Jahr
zu Jahr in erfreulichster Weise gemehrt, die in Einzelbeiträgen auch zur
griechischen Etymologie sich bemühen, moderne Sprachwissenschaft und
moderne Philologie in innigste Verbindung miteinander zu bringen. Nur in
die zusammenfassenden Handbücher dieser Disziplin hat der neue Geist noch
keinen Eingang gefunden, und darum schien es mir nicht unangebracht,
bei sich darbietendem Anlaß des Programm für ein solches zu umreißen.
Bonn. Felix Solmsen.
Menge H. Griechisch-deutsches Schulwörterbuch mit besonderer Berück-
sichtigung der Etymologie, Berlin Langenscheidtsche Verlagsbuchh. 1903.
XII u. 635 S. Lex. 8». 7.50 M.
Menges Wörterbuch hat sich die Aufgabe gestellt in weiterem Um-
fange als andere Schullexika Lehrenden und Lernenden die Ergebnisse
der -wissenschaftlichen Etymologie zu übermitteln, insbesondere die seit
der letzten Auflage vonG. Curtius' Grundzügen auf diesem Gebiete erzielten
Fortschritte zu verwerten. Man kann sich dieses Vorhabens nur auf-
richtig freuen ; denn was frommt die Arbeit, die von der griechischen
und lateinischen Sprachwissenschaft geleistet wird, wenn nicht ihre Resul-
tate allmählich möglichst den ganzen Kreis derer durchdringen, die sich mit
jenen Sprachen beschäftigen? Allerdings werden im eigentlichen Schul-
unterricht etymologische Dinge immer nur mit Maß und Vorsicht berührt und
im wesentlichen nur solche Wörter behandelt werden dürfen, deren Herkunft
aus den Mitteln der betreffenden Sprache selbst noch klargestellt werden
kann, die somit leichtverständliche Ausblicke auf Bedeutungsgeschichte und
Sprachgeschichte allgemein eröffnen, Fälle also wie ä^q)icßr)TeTv eiricTacBai
udXiv oblifisci sed.ulus u. dgl. Darin stimme ich den reicher Erfahrung
entsprungenen Winken Paul Cauers Grammatica militans* 78 ff. durchaus
zu. Aber Cauer ist doch wohl zu rigoros, wenn er alles, was darüber hinaus-
geht, rundweg aus der Schule verweisen will. Für den griechischen Unter-
richt der oberen Klassen sind wir heute ja wohl alle darin einig, daß er,
wofern er nur sein großes Hauptziel, das Verständnis der klassischen
Meisterwerke, fest im Auge behält, im einzelnen nach der Individualität
des Lehrers frei ausgestaltet werden darf und muß, vorausgesetzt na-
türhch daß der Lehrer überhaupt eine Individualität ist. Warum sollte
also nicht, so gut wie etwa ein Mann mit archäologischen Neigungen die
Bildwerke in stärkerem Maße heranziehen wird, ein sprachwissenschaftlich
interessierter Lehrer ab und an auf Übereinstimmungen griechischer Aus-
drücke mit lateinischen und deutschen hinweisen, meinetwegen sogar
auch einmal ein Sanskritwort nennen dürfen und auf diese Weise den jungen
Leuten eine Ahnung von den großen Zusammenhängen geben, die nicht nur
für die Sprachgeschichte, sondern für alle Geistes- und damit Weltgeschichte
überhaupt so bedeutsam sind? Ich bin mir aus meiner eigenen, freilich
sehr bescheidenen Schulpraxis bewußt mit derartigen gelegentlichen Be-
merkungen das Interesse schon von Sekundanern gefunden zu haben und
glaube damit auch nicht über ihr Verständnis hinausgegangen zu sein.
Menge hat zur Grundlage für seine Arbeit das Wörterbuch von
Prellwitz (in 1. Auflage) genommen und im Anschluß daran andere ein-
schlägige Literatur aus neuerer Zeit durchgesehen; bei der endgültigen
Fassung der etymologischen Angaben haben ihm als fachmännische Be-
28 Sommer Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre.
rater Prellwitz selbst und Thumb zur Seite gestanden. Dem entsprechend
gibt was er bringt den gegenwärtigen Stand der Forschung im ganzen
wider, wenn auch gemäß der wissenschaftlichen Richtung seines Haupt-
gewährsmanncs einigermaßen in Fickscher Färbung mit ihren Vorzügen
und Mängeln; Thumbs Einfluß wird man wohl hauptsächlich darin er-
kennen dürfen, daß allzu Kühnes weggelassen, allzu Bestimmtes gemildert
ist. Es wäre erwünscht aus den Kreisen der Gymnasiallehrer zu hören,
was für Erfahrungen sie mit dem Buche — und auch mit der neuesten,
von Kägi besorgten Ausgabe des Benseier — gemacht haben.
Bonn. Felix Solmsen.
Sommer F. Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre. Eine Ein-
führung in das sprachwissenschaftliche Studium des Lateins. (Samm-
lung indogermanischer Lehrbücher hgg. v. Hermann Hirt 1. Reihe:
Grammatiken. 3. Band). Heidelberg Winter 1902. XXIII und 693 S.
Kl. 8^ 9 M.
So reich unsere deutsche sprachwissenschaftliche Literatur an
Bearbeitungen der griechischen und lateinischen Grammatik ist, die die
Ergebnisse der Forschung seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zu-
sammenfassen, so fehlte es doch an Werken, die für Anfänger, insbe-
sondere die Studierenden der klassischen Philologie berechnet waren.
Mit um so größerer Freude habe ich Sommers Handbuch der lateinischen
Laut- und Formenlehre, das in erster Linie für diese Kreise bestimmt ist,
bei seinem Erscheinen begrüßt: die Klarheit der Darstellung, das päda-
gogische Geschick in der Auswahl des behandelten Stoffes, die Frische
und Lebendigkeit des Vortrags im Verein mit der völligen Beherrschung
der linguistischen Arbeiten über jenes Gebiet aus den letzten Jahrzehnten
und mit der fast durchweg zutreffenden Wertung des Sicheren und Un-
sicheren in ihnen schienen mir seine Brauchbarkeit für den Zweck, den
es sich setzt, zu verbürgen. Vierjährige Benutzung hat mich in diesem
Eindruck nur bestärkt, und aus dem Munde der Studenten habe ich gleich-
falls beinahe ausnahmslos günstige Urteile vernommen. Aber ich habe
auch allerlei, was mir neu war, aus dem Buche gelernt : der Scharfsinn
und die besondere Gabe des Verf. die feineren Bedingungen ausfindig zu
machen, von denen die wechselnde Gestaltung der Laute abhängig ist,
hat ihn zu eigenen Auffassungen mehrerer bisher ungenügend gedeuteter
Tatsachenreihen kommen lassen, die mir sehr einleuchtend sind. Daß
das Werk neben diesen großen Vorzügen freihch auch Mißstände aufweist,
ist dem Verf. schon von anderen Beurteilern gesagt worden, und man
darf wohl hoffen, daß er bei einer zweiten Auflage, die ich ihm recht
bald wünsche, seine Bemühungen namentlich auf zwei Punkte richten
werde: Angabe der wesentlichsten Literatur bei jedem- der vorgeführten
Probleme, damit auch der Student Respekt vor dem wissenschafthchen
Eigentumsrecht erhalte und in die Möglichkeit versetzt werde, sich ein-
gehender mit der Streitfrage zu befassen, und philologische Vertiefung in
die Sprache, damit gewisse Anstöße in dieser Hinsicht verschwinden und
das Material, mit dem gearbeitet wird, über das landläufige hinaus aus
den Texten vermehrt werde.
Für diese zweite Auflage werden dem Verf. vielleicht ein paar Be-
merkungen nicht unwillkommen sein, die sich mir im Laufe der Jahre
zu dem von ihm gebotenen angesammelt haben. Ich beschränke mich
Sommer Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre. 29
dabei auf die erste Hälfte des Buches, die Lautlehre, und lasse hier natürlich
fort was schon in einem Aufsatze K. Z. 38, 437 ff. zur Sprache gebracht ist.
Vokalismus. S. 52 : pälea heißt nicht 'Streu', sondern 'Spreu',
ebenso wie die verwandtenWörter der arischen und slavolettischen Sprachen,
und damit verliert die Zusammenstellung mit lit. pilu 'ich schütte', gr.
iraXövuL) 'ich streue' ihre Evidenz; ich gebe anderen Orts eine Ableitung,
bei der, wie mir scheint, der spezifische Sinn des Ausdrucks mehr zu
seinem Rechte kommt. — S. 54 (und 237) : zu der Deutung von mäteries
als *dmä-teries 'Bauholz' vgl. Berl. phil. Wochenschr. 1902, 1140f. ; ich
darf verraten, daß nach dem, was dort zu gunsten des Anschlusses an
mäter beigebracht ist, auch Osthoff, der Urheber der von S. angenommenen
Erklärung, sie nicht mehr mit der früheren Entschiedenheit vertritt. —
S. 75: conquexi ist doch wohl mit e wie rexi texi vexi, nicht mit e an-
zusetzen. — S. 77 : in der Beurteilung des Verhältnisses von filiiis zu
umbr. feliuf 'lactentes' folgt S., wenn auch zweifelnd, Skutsch Vollmöllers
Jhber. 5, 61, indem er rein lautlichen Übergang von e in r vor folgendem
U innerhalb des Lateinischen annimmt und das widersprechende felTx
damit abtut, daß dieser Wandel nur vor i, nicht vor i der nächsten Silbe
eingetreten sei. Ich bin gewiss der letzte, der sich nicht bemühte derartige
mundartliche Unterschiede, wenn irgend möglich, vom Boden des Einzel-
idioms aus begreiflich zu machen. Aber wenn man keine andere Er-
klärung aufzutreiben weiß als eine physiologisch so unwahrscheinliche
— denn wenn überhaupt langes und kurzes i ein e der vorhergehenden
Silbe verschieden beeinflußt haben sollten, ist es doch wohl selbstver-
ständlich, daß das lange geschlossenere t eher die Umfärbung zu einem
«■-Laut bewirken konnte als das kurze offenere i — , dann nehme ich aller-
dings auch heute noch wie KZ. 34, 4 meine Zuflucht lieber zu voreinzel-
sprachlichen Ablautsvarianten und meine, daß lat. filius: umbr. feliuf
billig ist was lett. dile 'saugendes Kalb, Lamm': lett. dele lit. de'l^ 'Blut-
egel', die in ihrer Stammbildung mit einander völlig identisch
sind, recht. — S. 108: wenn, worin ich ganz mit S. überemstimme, alles
was die lateinischen Grammatiker über das Wesen des Akzents ihrer
Sprache berichten, nichts als sklavische Übernahme der Lehren ihrer grie-
chischen Vorgänger ist, so geht doch wohl auch die prosodia media
nicht auf eine wirkliche Eigenheit der lat. Betonung, sondern gibt nur
die griech. lu^cri wieder; über diese sehe man Useners Aufsatz 'Ein
altes Lehrgebäude der Philologie' Münch. Sitzber. Phil. Gl. 1892, 582 ff. —
S. 115. 158 f. lehrt S. für die Diphthonge äi öi in vorhistorisch unbetonten,
insbesondere auslautenden Silben, sie seien, wie ä und in gewissem Um-
fange ö zu e, so über ei zu e, i geworden. Indeß begegnet die Schreibung
e in lateinischen und dialektischen Inschriften schon früher als ei (z. B.
ploirume in der ältesten der Scipionengrabschriften), und ich bin darum
trotz jenes scheinbaren Parallelismus immer noch geneigt, an dem Ent-
wicklungsgang, wie er IF. 4, 248 f. gezeichnet ist, festzuhalten. — S. 135
erklärt S. die Vokaldehnung vor ns nf wegen osk. keensztur, umbr. aan-
fehtaf für 'gemeinitalisch, vielleicht uritalisch'; letzteres wird bestimmt
behauptet von Skutsch Satura Viadrina (1896) S. 123. Die Unmöglichkeit
eines solchen Ansatzes wird jedoch, wenn ich mich nicht täusche, durch
anhelo neben (h)älo dargetan'). Mit Recht bekennt sich S. S. 109. 262 zu der
üblichen Erklärung beider Formen aus *an-ansläiö und *ansläid zu slav.
1) [So, wie ich nachträglich sehe, auch Stolz IF. 18, 471 f.].
30 Sommer Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre.
qchati. Aber die Schwächung des a zu e im Kompositum, die ja ein junger,
ausschließlich lateinischer Vorgang ist und die Skutsch selbst (Kultur d.
Gegenwart I 8, 422) sehr richtig erst ins 5./-4. Jh. v. Chr. setzt, war doch
nur dann möglich, wenn das a noch kurz, nicht vor dem folgenden ms
bereits gelängt war ; dies letztere Geschehnis also muß noch jüngeren
Datums sein. Die Sache ist lehrreich : ganz gewiß lassen wir uns in zahl-
reichen Fällen durch die Übereinstimmung aller Mundarten in geschicht-
licher Zeit verleiten, eine Neuerung als uritalisch, urgermanisch usw. an-
zusprechen, die in Wahrheit nur gemeinitalisch, gemeingermanisch ist.
S. selbst wendet sich bei einer bestimmten Erscheinung (S. 266) gegen
ein derartiges Verfahren Brugmanns, wie ich glaube (vgl. KZ. 87, 578),
mit gutem Grunde. Aber wie steht es dann um seine eigne Lehre
(S. 128), der ö-Umlaut bei zwischenstehendem -m- sei uritalisch wegen
lat. homo = umbr. homonus, osk. humuns und altlat. henio stelle nicht die
unveränderte Urform dar, sondern habe sein e erst aus den Casus ob-
liqui (urital. *hem,enes usw.) erhalten ? Und wie soll sich dabei nemo aus
*ne-hemo geschichtlich einordnen ? — S. 165 wünschte man bei der Vokal-
synkope in konsonantisch schließenden Silben auch einen Beleg für e,
etwa nox 'Nachts' aus *nocfes, das man übrigens auch in der Flexions-
lehre gern erwähnt sähe. — S. 165. 181 werden die bekannten Formen
wie Mascel Figel als junge Umgestaltungen von Masclus Figliis aus Mus-
culus Figulus betrachtet (wohl im Anschluß an W. Schulze KZ. 33, 138ff.).
Da möchte ich doch die Frage aufwerfen, ob sie überhaupt echt latei-
nischen Ursprungs und nicht vielmehr einfach oskisch-umbrische Über-
lebsel sind: osk. famel, umbr. hatel usw. (v. Planta 2, 102).
Konsonantismus. S. 183: 'unklar ist die aus Glossen bekannte
Nebenform leptis = neptts\ Es handelt sich um Dissimilation von n — t
zu l — t wie in gr. Xirpov (Hdt. Att.) neben virpov (Sappho Koine), hebr.
neter. Die Form ist also in § 163 B 2 zu buchen. — S. 235: das italische
Instrumentalsuffix -tlo- -clo- darf dem gr. -t\o- in xütXov öxexXov ^x^fXri
nicht unmittelbar gleichgesetzt werden; im Griechischen findet sich diese
Suffixgestalt ledighch nach wurzelhafter Aspirata und ist, wie schon Fick
BB. 1, 65 f. erkannt hat, aus -e\o- dissimiliert. — S. 250: bei der Be-
sprechung der Assimilation von -et- zu -t{t), die die spätere Volkssprache
vollzogen hat, verdiente blatta 'Schabe, Kakerlake' aus Hlacta zu lett. Malis,
lit. bläke 'Wanze' genannt zu werden, das bereits aus Laberius bezeugt
ist; entweder hat also schon die ältere römische Volkssprache diesen
Wandel gekannt, ohne daß er in der Überlieferung sonst zum Vorschein
käme, oder das Wort ist vom Lande in die Stadt gelangt; denn für Prae-
neste und andere Gegenden ist die Angleichung in früher Zeit nachge-
wiesen (s. zuletzt Ernout MSL. 13, 34-0). — S. 251 : die Art wie S. sich
mit credo aus idg. *kred^-dhe- abfindet, anstatt *crestö wie er auf grund
seiner Theorie über die Vertretung der idg. Lautgruppen Media -j- Media
Aspirata im Latein erwartete, hat sehr wenig wahrscheinliches. Vielmehr
möchte ich in dem etymologisch zweifellos seit früher Zeit völlig isolierten
Worte den Repräsentanten der lautgesetzlichen Entwicklung von idg.
-dzdh- und -dzdh- erblicken: wie die Tenues aspiratae im Italischen hinter
■s die Aspiration früh eingebüßt haben, so daß sie den Übergang in ton-
lose Spiranten nicht mitmachten [vTdistT mit -tf zu ai. -tha, gr. -9a), so
kann auch die Media aspirata von *crezdhö oder richtiger wohl *creMhö
mit gedehntem z aus dz die Aspiration vor dem Wandel der Mediae
Walde Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 31
aspiratae in Tenues aspiratae verloren, also *crezdhö direkt *creädö ergeben
haben ; oder es kann in *c)'ezdhö das gedehnte z den Übergang des ihm un-
mittelbar folgenden dh in th verhindert haben und dann *cre'sdhö über *creMö
zu crezdö geworden sein. Die Beispiele, die S. für -st- aus -d^dh-, -dzdh-
anführt (S. 251. 270), sind sämtlich nicht beweisend: castus steht nicht
für *kadzdhos, *kadh-tos zu gr. Ka0ap6c, sondern für *cas-tos und gehört
zu careo (v. Planta 2, 634 W Schulze Z. Gesch. lat. Eigenn. 474- Anm. 5).
hasta ist nicht mit got. gcizds, ir. gdt 'Weidenrute' aus *ghazdho-, sondern
mit ir. gas 'Schoß, Sproß, Reis' aus *ghasto- bildungsgleich (Zupitza Gut-
turale 96; vgl. gr. nacToc neben luacOöc). custos läßt den verschiedensten
Etymologien Raum (s. Zupitza a. a.O. Walde Et.Wtb. 163 f.). Endlich aestas
aestus haben Fröhde BB. 17, 312 und Brugmann IF. 6, 102 gewiß richtig
auf '*aidh-s-ta-ti- *aidh-s-tu- zurückgeführt, aber man darf zweifeln, ob
diesen Bildungen ein so hohes Alter zukommt, daß sie noch den Wirkungen
des Bartholomaeschen grundsprachhchen Aspiratengesetzes unterlagen,
und wenn das der Fall war, konnten sie -t- im Anlaut der Schlußsilbe
jederzeit nach dem Muster anderer Formationen mit den gleichen Suffixen
widerherstellen (vgl. ahd. gan-eista Teuerfunken'). — S. 299: unter den
Belegen für dissimilatorischen Schwund von Konsonanten sollte lacte lac
aus *glactf *glact neben gr. Yd\aKT- YÄaKToqpdYoc usw. nicht fehlen. Diese
Erklärung für den Verlust des Gutturals im Anlaut des vielbesprochenen
Wortes, die mir seit langem plausibel ist und die man jetzt auch bei
Walde Et. Wtb. 316 findet, werden, denke ich, auch Stolz und Skutsch
als einfacher und einleuchtender anerkennen, als die von ihnen (IF. 14,
20 ff. und Vollmöllers Jhber. 7, 56) versuchten. Dabei brauchen wir nicht,
wozu Walde geneigt ist, auf eine i-lose Form *glag- zu rekurrieren. Denn
für hom. YXd-foc dürfte es im Hinblick auf die Hesychglossen f ^-öKtlivec •
lnecToi -faXaKTOC und T^ofi^KÖv Ya^wÖTVÖv einerseits, K\dToc ■ ^aka. KpfjTec
andererseits doch wohl am wahrscheinlichsten sein, daß es infolge An-
gleichung der Silbenanlaute für Y\äKoc eingetreten ist (vgl. J. Schmidt
Neutra 179. W. Schulze KZ. 33, 399. Brugmann Gr. Gr. * 133). Dafür aber,
daß Dissimilation homorganer Laute auch dann stattfindet, wenn sie nicht
völlig gleicher Artikulationsart sind, liefert das Lateinische so gut wie
andere Sprachen Beispiele; ich erinnere nur an failla paimentum aus
favilla iKivimentum (Thurneysen IF. Anz. 9, 36), nesinila '^nappa mastur-
cium für mespilus mappa nasturciiim (Rhein. Mus. 56, 499), sartofagus für
sarcofagiis (Sommer S. 300) mit c—g, also der umgekehrten Folge wie in
*glact{i). glacies (und weiter etwa gracilis graculus) wird hoffentlich nie-
mand als Gegenbeweis ins Feld führen; denn abgesehen davon, daß diese
Dissimilations- und Assimilationsvorgänge überhaupt nicht in den Bereich
'ausnahmsloser Lautgesetze' fallen, unterscheiden jene Wörter sich auch
von *glact{i) sehr wesentlich: in letzterem gehörte der zweite der Gut-
turale zur selben Silbe wie der erste, bei ihnen zu einer anderen.
Bonn. Felix Solmsen.
Walde A. Lateinisches etymologisches Wörterbuch. Lieferung 6 — 10.
Heidelberg 1905/06, Carl Winters Universitätsbuchhandlung.
Der von uns im Anzeiger des XVIH. Bandes dieser Zeitschrift be-
sprochenen ersten Hälfte von Waldes groß angelegtem etymologischem
Wörterbuch des Lateinischen ist die zweite in denkbar kürzester Frist
32 Walde Lateinisches etymologisches Wörterbuch.
gefolgt. Wir können dem Verfasser nicht dankbar genug sein für den
raschen Abschluß seines Werkes; er hat damit die vergleichende Sprach-
forschung um ein langersehntes Hilfsmittel von eminenter Brauchbarkeit be-
reichert. Die Vorzüge, die wir den ersten Lieferungen nachrühmen konnten,
eignen den folgenden in aufsteigender Progression; die während des Druckes
erschienene Literatur ist in den Nachträgen und Berichtigungen gewissen-
haft verarbeitet; endlich hat der Verfasser sein Buch mit sehr ausführ-
lichen, zuverlässigen Wortindices ausgestattet. Dem der letzten Lieferung
beigegebenen Vorwort schließt sich eine 'Zur Einführung' überschriebene
Studie an, worin Walde, dem vom Referenten geäußerten Wunsche Rech-
nung tragend, sich über das Wesen und die Aufgaben der wissenschaft-
lichen Etymologie vernehmen läßt. Was er dabei vorbringt, hat unsern
ungeteilten Beifall; schade nur, daß die Praxis nicht immer mit der Theorie
im Einklang steht, woran indessen, wie wir nicht unterlassen wollen,
abermals zu betonen, in erster Linie des Verfassers Gewährsmänner schuld
sind und nicht er selbst.
Aus den Nachträgen und Berichtigungen ersehen wir mit Vergnügen,
daß Walde manche von den Einzelbemerkungen des ersten Teils unserer
Besprechung hat verwerten können. Wir setzen daher unsere Ährenlese
hier fort. Freilich wird dieselbe diesmal weniger reichlich ausfallen, da
der Verfasser in den fünf letzten Lieferungen die Literatur ungleich aus-
giebiger hat benutzen können als ihm das in den fünf ersten möglich
gewesen ist.
Zunächst zwei Nachträge zu unserem ersten, die Lieferungen 1 — 5
behandelnden Artikel.
galba gallolat. 'Schmerbauch': als gall. Wort zu got. kalbo, ahd. usw.
lalb^ ahd. chilburra 'Mutterlamm' . . . Die Grundbedeutung ist 'Schwellung'.
— Uns nicht wahrscheinlich. Falls galba wirklich gallischen Ursprungs
ist — und wir wüßten nicht, was uns berechtigen sollte, die Notiz des
Sueton, Galba §3: nonmdli (sc. putant, eunt cognomen Gulbae fraxlsse),
quod 2)raepmguis fuerit visiis, quem galbam Galli vocent beiseite zu
schieben — so gehört es zweifelsohne zu der Hesychglosse x^ößöv • 6i)-
Tpaqpec. Wenn Fick BB. 12, S. 162 x^^oißöv zu xc^cß^iv ' Gopußeiv (^Hesych)
und weiterhin zu altisl. gidlpa 'obstrepere' usw. stellt und Mansion Les
gutturales grecques ihm darin folgt, so ist das eine treffende Illustration
zu der von uns eingangs gerügten krassen Vernachlässigung der bedeutungs-
geschichtlichen Entwickelung seitens gewisser Etymologen; denn wie in
aller Welt soll ein Übergang von dem Begriffe 'wohlgenährt, feist' zu dem
Begriff 'lärmen, schreien' gefunden werden können? Daß das Suffix (oder
Wurzeldeterminativ) der körperliche Gebrechen oder Abnormitäten be-
zeichnenden griechischen Adjektive wie K\a|Lißöc, KoXoßöc 'verstümmelt',
/)aiß6c 'mit einwärts gebogenen Beinen', CKainßöc 'mit auswärts gebogenen
Beinen', CKi|uß6c 'hinkend', cxpaßoc 'schielend', üßöc 'bucklig' nicht einen
Guttural enthält, wie z. B. Meillet Introduction ä l'etude comparative des
langues indo-europeennes, S. 241 aimimmt (er vergleicht dort griech. koXo-
ßo-c mit ai. drbha-ga-h), zeigt üßöc. In der Tat hätte ein Suffix-^g'Wo- hinter
u seine Labialisierung eingebüßt; es müßte somit, sofern in dem -ßd-c der
Adjektive dieser Gattung ein labiovelarer Guttural steckte, *l)yöc lauten.
Man vergleiche übrigens auch noch ai. klibah 'verstümmelt, entmannt',
lit. klumbas 'auf einem Beine lahm', ksl. Mrübü 'mancus', lit. strubas 'ver-
stümmelt', lit. szlubas 'hinkend', lett. stulbs 'betäubt, geblendet, blind',
Walde Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 33
ir. camm Ruscus' aus *katnbos, und wohl auch lat. gibbus 'bucklig' aus
*gibos, die alle zugunsten eines ursprünglichen Labials sprechen. Das
Suffix -bo- von KXaiaßöc, CKaiußöc, CKifaßöc dürfte im letzten Grunde mit
dem Suffix -bho- von Kuqpöc 'gebückt, gebeugt', Kuucpoc 'stumm' identisch
sein, aus dem es vielleicht in indogermanischer Zeit hinter Nasal laut-
gesetzlich entstanden (vgl. KÖpuiußoc : Kopucpoc, cxpöiußoc 'Wirbel': CTpeqpuj;
Solmsen Griech. Laut- und Verslehre, S. 83 ff., Fränkel Griech. Denomina-
tiva, S. 293, Anm. 3) und dann durch analogische Verschleppung auf ko\o-
ßöc, üßöc u. dgl. übertragen worden ist.
Tlicet. — Der Verfasser spricht nur von lUcet 'man kann gehen,
laßt uns gehen', das er mit Recht aus i licet und nicht, wie Skutsch,
Satura Viadrina, S. 134 Anm. 6 will, aus vre licet herleitet, übergeht aber
vollständig das damit offenbar nicht identische tlicet 'auf der Stelle, sofort'.
Dieses letztere beruht, glauben wir, auf einer nach dem Muster der be-
deutungsverwandten Doppelbett dTrectö{d) : directeid) zu *instlocöd {llicö)
hinzugebildeten Dublette *instloced, die vor stimmlosem Anlaut des nach-
folgenden Wortes lautgesetzlich als *instlocet, tlicet (mit Kürzung des e
der Schlußsilbe nach Sommer, Handb. d. lat. Laut- u. Formenl., § 90) auf-
treten mußte. Wegen der Verallgemeinerung der Form Tlicet bitten wir,
unsere Bemerkungen über lat. -met in den Jahrbüchern f. d. klass. Alter-
tum IX, S. 403 zu vergleichen ').
Zu den Faszikeln 6 — 10 haben wir etwa folgendes zu bemerken:
necto. — ai. ndhi/ati kann nicht aus *nddh//ati entstanden sein.
Das Partizipium naddhdh scheint aus *nä4hdk umgebildet unter dem Ein-
fluß des sinnverwandten baddhdk; vgl. Wackernagel Ai. Gramm. I, § 217a,
Anm. Die vom Verfasser verworfene Wurzelform negh- wird also wohl zu
Recht bestehen.
ntsT. — Kaum aus *ne sf, da die älteste Messung insT war; s. A.
Brock, Quaestionum gramm. capita duo (Dorpat 1897), S. 170 ff.
novicius .... Ableitung unklar. — Mit Rücksicht auf Plautus, Cap-
tivi 718: Receus captum hominem nuperum [et] >iovicium möchten wir
novicius auf ein Kompositum *novo-veiq-io-s 'nevi besiegt, vor kurzem be-
siegt' zurückführen, woraus *novivtcios und weiterhin durch Silbendissimi-
lation novicius entstanden wäre. Zur Bildung vergleiche man das an der
eben zitierten Plautusstelle novicius vorausgehende nüperus aus *novo-
paros 'neulich erst erworben, gekauft' und ferner etwa primigenius.
nuntius. — Der Verfasser adoptiert die jüngst von Brugmann
IF. 17, 366 ff. vorgetragene Herleitung aus *novoventios. Leider sind ihm,
wie auch Brugmann selbst, die sehr ansprechenden Ausführungen von
Hruschka in den Xapicxripia zu Ehren von Th. E. Korsch (Moskau 1896),
S. 289 ff. unbekannt geblieben. Hruschka geht aus von nuntium, das ur-
sprünglich ein Terminus der Augursprache war (vgl. Varro, De lingua lat.,
VI 86 : ubi noctu in templum censor auspicaverit atque de caelo nuntium
erit . . .). nuntium aus " noventiom zu ai. navate 'tönt, jubelt, preist', lett.
nauju 'schreie', ahd. niumo 'laeta exclamatio' (?) wäre gebildet als Gegen-
stück zu Silentium. Davon hätte man abgeleitet nuntiare 'sonitum reddere'
(wie z. B. jubilare von jubilum), zunächst wiederum als Terminus der
1) Nachträglich bemerken wir allerdings, daß Walde S. 709 unsere
Auffassimg von -met in egomet u. ä. ablehnt, ohne indessen für seine ab-
lehnende Haltung einen Grund ins Feld zu führen.
Anzeiger XIX. 3
34 Walde Lateinisches etymologisches Wörterbuch.
Augursprache (vgl. Bücheier, Umbrica S. 4-3) von den Hühnern (Cicero,
De divinatione, II 73) und dann von der Augurn (Cicero, ibid. II 74) ge-
sagt. Das allmählige Schwinden der Beziehung auf das Sakralwesen und
das schließliche Überwiegen der profanen Bedeutung fänden ein Analogon
an Ausdrücken wie contemplari, lustrum. nuntius wäre eine Rückbildung
aus nuntiare wie admlnister aus adminintrare, mit welch letzterem ad-
nuntius, inter^iuntiiis, praemmtius auf einer Stufe stünden. Die Ent-
wickelungsreihe nuntium : nuntiare nuntius endlich würde gestützt durch
den Hinweis auf pugnus : pugnare : pug^ia oder truncus 'Stumpf, Stummel':
truncare : truncus 'verstümmelt'. All das leuchtet uns, offen gestanden,
besser ein, als was Brugmann a. a. 0. vorträgt.
obltgare. — Weder unter iTgäre noch als besonderer Artikel erwähnt.
Ein ganz ähnliches Bild liegt, außer in deutsch verbinden, auch in russ.
o^Ja^aii" 'verpflichten' aus *obpjazati:vjazati's\.v'\cke:n zu Grunde.
pejor 'schlechter'. — Das e von pejor ist kurz, wie aus ital. peggio
hervorgeht. Die Messung — w beruht auf Positionslänge der ersten Silbe
zufolge der Aussprache peiior. Es ist eine nicht scharf genug zu rügende Un-
sitte, in Wörterbüchern und Grammatiken den Vokal positionslanger Silben
in Fällen wie der eben genannte, dem wir noch major und hoc (Nom.-Akk.
Neutr.) anfügen können, mit dem Längezeichen zu versehen, also zu
drucken ^>e/or, major, hoc. Die 'Position' längt die Silbe, nicht den Vokal.
potis. — Wahrscheinlicher als die vom Verf. gebilligte Solmsensche
Erklärung von potestas (Umbildung aus *potistas nach majestas) dünkt uns
die von Grammont La dissimilation consonantique, S. 154 vorgeschlagene,
wonach potestas als viertes Glied der Proportion egens : egestas = x>otens : x
entstanden wäre.
prelum 'Presse, Kelter': *prem-slo-m. — Als Grundform ist auch
*pres-lo-m (vgl. das Perfektum pres-si) möglich.
pmtäre 'rechnen, anschlagen'. — Es konnte auf den zur Partikel
erstarrten Imperativ puta 'zum Beispiel', eigentlich 'setze in Rechnung'
verwiesen werden, worüber Wackernagel Vermischte Beitr. z. griech. Sprach-
kunde, S. 24 f. unter Beiziehung von ai. ehi 'wohlan', griech. cxTe, aineXei 'ge-
wiß', eigentlich 'sei unbesorgt' und weiterhin griech. öpäc 'unleugbar, natür-
lich' gehandelt hat (so auch noch lit. zinat 'natürlich', eigentlich 'du
weißt'; vgl. z. B. Jurkschat Lit. Märchen und Erzählungen, S. 13).
quälum, quälus 'geflochtener Korb'. — Es hätte auf die Schwierigkeit
hingewiesen werden müssen, die in der Erhaltung des s in der Diminutiv-
form quasillus liegt und die neuerdings durch W. Schulze, Lat. Personen-
namen, S. 462 in befriedigender Weise durch die Ansetzung einer Grund-
form *quas-slo-m für. lat. quälum gehoben worden ist,
redimio, - tre 'umbinden, umwinden, bekränzen, umgeben', redimi-
culum 'Stirnband' zu griech. Kpi'i-beiuvov' Kopfbinde'; vgl. auch beu), bibnm
'binde' usw. — Ebensogut denkbar ist Zusammengehörigkeit mit ai. t/dmati,
ydcchati 'hält zusammen, zügelt', gdmah 'Zügel', ydntram 'Strang, Band',
wie Thurneysen Über Herkunft und Bildung der lat. Verba auf -io, S. 30
vorgeschlagen hat. Dazu auch lat. infula aus *im-dhlä nach einer etwas
modifizierten Vermutung von de Saussure bei Thurneysen a. a. 0. (de Saus-
sure setzte damals *jen9lä als Grundform an).
röbJgö, - inis 'Rost'. — Der Verfasser unterläßt es, zu erwähnen,
daß robigo auch 'Mehltau' bedeutet und offenbar mit gr. ^puctßri 'Mehl-
tau', rhod. ^puetßri (Strabo XIH, 613: 'Pöbioi bd 'EpuBißiou ' AttöUuuvoc
Walde Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 35
€X0uciv iv TT) xiJ^pa lepdv, Tr\v ^pucißrjv KaXoOvxec e p u G i ß r) v eng zusammen-
hängt. Im einzelnen bleiben freilich mehrfach Schwierigkeiten bestehen.
Das Suffix dürfte lateinischerseits als -tg^öin)- anzusetzen sein, röbigö
statt *röbivö beruhte alsdann auf Ausgleichung zwischen dem Nominativ
*rObivö und den obliquen Kasus, Gen. *rdblgnes etc.
saepes, -is 'Zaun, Gehege' Zweifelhaft, ob mit echtem ae oder mit
ae ^ e. — Wohl sicher mit ursprünglichem Diphthong, auf Grund der dem
Verf. entgangenen, unseres Erachtens evidenten Zusammenstellung mit
hom. ai|nacid 'Dornliecke', ai|u6c (= bpuiuoc) Aeschylus frgm. 9, aus *aiTT-
ILiacid, *aiTr|u6c, die Froehde BB. 17, 318 (unter Zustimmung von Wacker-
nagel Verm. Beitr. z. griech. Sprachkunde, S. 39) vorgeschlagen hat.
saevus. — Vielmehr zu griech. "Aibrjc aus *AiFibric (Grdf. *saivid-) und
weiterhin zu gr. aiavrjc, airivr|C (mit ionisch-epischem Spiritus lenis). At-
tribut grausiger Dinge, aus aiF-avric, aiF-rjvric "von grausem Antlitz' (*avoc
'Antlitz' : ai. dnil-am 'Antlitz'). So Wackernagel Verm. Beitr., S. 7.
scutra 'flache Schüssel, Platte' — scutula 'rhombenähnliche Figur'
hat damit nichts zu schaffen, sondern ist entlehntes griechisches cKuxdXri
'Stock mit verdicktem Ende' (ßaKxripia aKpoTraxHC Suidas); vgl. Weise Die
griech. Wörter im Latein, S. 62 und neuestens G. Ferrara Della voce
'scutula' (Milano 1905). Im Sinne von 'Schüssel, Präsentierteller' (Martial XI,
31, 18 f.) dagegen dürfte mit dem Verf. trotz Ferrara a. a. 0. S. 16 Rück-
bildung aus scutella, also ein völlig verschiedenes Wort zu statuieren sein.
sentrna 'Schiffsbodenwasser'. — Erwähnung hätte jedenfalls auch
die Job. Schmidtsche Et^Tnologie verdient, der an Zusammenhang mit
lett. suhhtees aus *sunhtees 'durchsickern' denkt und demzufolge seiitfna
aus *sen{c)ttna herleitet.
spargo, - ere. — Geitler Lit. Studien, S. 110 führt aus einem litaui-
schen Kalender ein Verbum sparginti mit der Bedeutung 'Salz auf eine
Flüssigkeit streuen' an.
stagnum 'stehendes Gewässer, See, Teich, Pfuhl, Tümpel'. — Unter
den vom Verf. aufgeführten Deutungen ist keine, die zu befriedigen ver-
möchte. Sollte es nicht möglich sein, lat. stagnum mit griech. xevaYoc 'seichtes
Wasser' zu verknüpfen, unter Ansetzung einer Grundform *stangnom?
stannum 'eine Mischung von Blei und Silber' später 'Zinn'. — sta-
gnum ist nicht nur die durch die romanischen Fortsetzer geforderte, sondern
auch die durch die handschriftliche Überlieferung am besten beglaubigte
Form; vgl. Georges Lexikon der lat. Wortformen, Sp. 655.
sürio 'in der Brunst sein' (von männlichen Tieren). — Die Zusammen-
stellung mit ai. sürah 'berauschender Trank' findet sich schon bei Thurn-
eysen. Über Herkunft und Bildung der lat. Verba auf -io, S. 32.
testis 'Hode': zu testa, etwa 'Scherbchen, Töpfchen'. — Sicher ver-
fehlt. Auf der richtigen Fährte ist Keller Zur lat. Sprachgeschichte, 1,
S. 144 f., der in lat. tedes eine von den griechisch gebildeten römischen
Ärzten herrührende Übersetzung von gr. TrapacTdrai sieht, nur daß wir
mit Rücksicht darauf, daß auch der heutige französische Argot temoins
im Sinne von testicules kennt (vgl. Aristide Bruant L'argot au XX e siecle,
Paris 1901, S. 405) für griech. TrapacrdTai und lat. testes lieber eine unab-
hängige parallele Bedeutungsenlwickelung annehmen möchten.
vägio, tre 'wimmern, quäcken'. — Das ä von vägtre gegenüber dem
a von ai. vagnüh 'Ton' läßt sich als Dehnvokal auffassen, wenn man von
einem «-Nomen *vägi-s ausgeht, da letzteren öfters Dehnung des Wurzel-
3*
36 Much Deutsche Slammeskunde.
Vokals eignet; vgl. z. B. air. fdith. Greif. *väti-s neben ai. api-vutati. So
Bartholomae ZDMG., 50 S. 676.
re7iio. — Es hätte sich wohl verlohnt, auch das Kompositum invenio
mit den Bedeutungsparallelen deutsch ich komme auf etwas und russ. na-
idu (s. Bernecker Russ. Grammatik, S. 113) zu erwähnen.
n'duus 'beraubt, leer von etwas', bes. 'des Gatten beraubt'. — Höchst
wahi'scheinlich ist lat. viduos erst sekundär zu vidiia 'Witwe' hinzugebildet.
Dieser Annahme ist auch der Sprachgebrauch günstig, vidua kommt bei
Plautus nicht selten vor und zwar stets als Substantivum, viduos nur ein
einziges Mal im Mercator. Demnach wäre in den Wörterbüchern zu ordnen
1. vidua 'Witwe', 2. viduos 'Witwer', 3. viduos 'beraubt, leer von etwas'.
Vgl. Delbrück Die indog. Verwandtschaftsnamen (= Abb. d. sächs. Ges.
d. Wissensch., histor.-phüol. Kl.. XI), S. 444 f.
ulva 'Sumpfgras': zu alga? — Diese Zusammenstellung i.st in der
Tat von E. Liden Studien z. altind. u. vergl. Sprachgesch., S. 30 gemacht
worden, indessen zieht Liden neuerdings. Blandade spräkhistoriska bidrag 1,
S. 32 f. (in Göteborgs högskolas ärsskrift 190 i) Verbindung mit sloven.
Idva 'tiefe, sumpfige Stelle neben einem Flusse oder in einem vertrock-
neten Flußbett' vor. Gemeinsame Grundform von lat. ulva und sloven.
Idva wäre *oJuä (die Kürze des u von lat. ulva scheint durch span. ova
'Schilfgras, Meergras, Alge' gewährleistet). Da das sloven. Idva innerhalb
der slavischen Sprachen ganz vereinzelt dasteht, könnte man versucht
sein, an Entlehnung aus dem romanischen olva zu denken, was indessen,
wie Liden a. a. 0. mit Recht hervorhebt, einerseits wegen der Bedeutungs-
versclüedenheit der beiden Wörter und anderseits besonders deshalb nicht
anginge, weil lat. ulva nur im Spanischen und im Provenzalischen. also
weitab vom slavischen Sprachgebiet, fortlebt.
ut 'wo, in welcher Weise, wie'. — -tei in altlat. utei ist die lat.
Entsprechung von ai. -te in /^e, Praepos. mit dem Abi. 'außer, ohne';
Per Persson Studia etymologica, S. 11. Über das Vorkommen von utei,
utt und ut bietet schätzenswerte statistische Erhebungen die Monographie
von Bastian Dahl Die lat. Partikel ut (Kristiania 1882). Die erste Vei--
wendung von tit war zweifelsohne die als interrogativ-modales Adverbium.
Über die Entwicklung der übrigen Bedeutungen aus dieser Grundbedeu-
tung vergleiche man die lehrreichen Ausführungen von Breal Melanges
de mythologie et de hnguistique**, S. 332 ff., Probst Beiträge zur lat. Gram-
matik, S. 285 f. und Ziemer Junggrammat. Streifzüge ^. S. 120.
Zug (Schweiz). Max Niedermann.
Much R., Deutsche Stammeskunde. Mit 2 Karten und 2 Tafeln. Zweite
verbesserte Auflage. Sammlung Göschen, Leipzig 1905, 140 S.
Die zweite Auflage von Muchs Stammeskunde hat eine Reihe meist
kleinerer Zusätze und Änderungen sowie verschiedene kleinere Aus-
lassungen erfahren. Ob dabei der Verf. Recht daran getan hat, meine
Kritik seiner ersten Auflage IF. Anz. 14, 17 ff. fast ganz unberücksichtigt
zu lassen, mögen die Fachgenossen entscheiden. Auf einen Punkt aber
halte ich es für notwendig, hier noch einmal zurückzukommen, auf die
in dem Buche mit besonderer Vorliebe geübte Etymologisierung von
Eigennamen. Much hat hier lediglich seine Herleitung des Namens der
Kalukones (S. 92) fortgelassen, seine übrigen Etymologien aber sämtlich
Much Deutsche Stammeskunde. 37
beibehalten. Sind wir aber wirklich imstande zu sagen, ob z. B. Suebi,
germ. *Sueböz die 'Selbständigen, Freien' bedeutet hat und deshalb auch
als Gattungsname auf alle freigebliebenen Germanen anwendbar gewesen
sein kann? Mit meiner Opposition gegen die Erhebung solcher wenig
wahrscheinlichen Hypothesen in den Bereich gesicherter Tatsachen stehe
ich auch keineswegs allein und verweise hier nur auf das Urteil Bethges, Er-
gebnisse und Fortschritte der germanistischen Wissenschaft 558 über Muchs
frühere stammeskundliche Arbeiten : "Der Wert dieser ausgezeichneten
Aufsätze wird nur durch das allzugroße Vertrauen des Verfassers zu
Namenetymologien einigermaßen beeinträchtigt." Auch die Etymologien
von Fluß- und Bergnamen sollten mit größerer Vorsicht aufgenommen wer den,
als dies bei Much geschieht: so verbietet sich die auf S. 43 der neuen Auf-
lage eingefügte und dort als möglich bezeichnete Herleitung von lat.-germ.
Nicer 'Neckar' von voritalisch niger = lat. niger 'schwarz' durch die Tat-
sache, daß, wie Much 60 f. selbst bemerkt, die Germanen erst im ersten vor-
christlichen Jahrhundert das Land zwischen Main und Donau besiedelt haben,
den Neckar also erst in einer Zeit kennen gelernt haben können, in der
die Verschiebung des g zu k längst stattgefunden hatte, abgesehen davon
daß jeder, der den Neckar wirklich einmal gesehen hat und nicht an Farben-
blindheit leidet, denselben für grün und nicht für schwarz halten wird.
Auch in der zweiten Auflage setzt der Verf. S. 94 die Franken mit
den Chauken gleich, die sich allmählich weiter gegen Südosten ausge-
breitet und dabei ihr Stammland zwischen Ems und Elbe den Friesen
und Sachsen überlassen hätten, und fügt jetzt noch hinzu, daß es sonst
unerklärt bliebe, was aus den früher so mächtigen Chauken geworden
sei. Das ist freilich keine Widerlegung der Bemerkungen des Rezensenten,
weshalb die Chauken nicht mit den Hugen-Franken identisch sein können;
aber auch Muchs neu hinzugefügter Grund erweist sich nicht als stich-
haltig. Denn bei den wechselvollen politischen Verhältnissen Germaniens
in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten kann die Macht der Chauken
wie früher die der Chen;sker in verhältnismäßig kurzer Zeit zei'trümmert
worden sein, und gewiß ist doch die Annahme einfacher, daß die Chauken
ihre Wohnsitze beibehalten als daß sie dieselben gewechselt haben. Auf
welche Weise freilich das chaukische Volk teils friesisch, teils sächsisch
geworden ist, ob durch Unterwerfung oder freiwilligen Anschluß, ver-
mögen wir nicht zu entscheiden, wie wir ja überhaupt so gut wie keine
Nachrichten über die inneren Verhältnisse Germaniens aus dieser Zeit
besitzen. Aber gewiß ist Bremer im Recht, wenn er in Pauls Grundr.*, 3, 859
die Beteiligung der chaukischen Sachsen an der Besiedelung Südenglands
voraussetzt, daHolstein, wie dies jaindennördlichenanghschenundjütischen
Landen, wo Dänen eingerückt sind, wirklich geschehen ist, entvölkert sein
würde, wenn von ihm allein aus die weite Landschaft besiedelt worden wäre,
welche die Sachsen in England inne haben.
Erfreulich ist es, daß Much selbst seine von ihm PBB. 17, 5 ff.
im Anschluß an Kossinna entwickelte Ansicht, daß die Teutonen Kelten
seien, aufgegeben hat. Es war ja auch schwer zu glauben, daß die Teu-
tonen, die nicht nur als Waffen- und Wandergefährten der Kimbern und
Ambronen auftreten, sondern von ersteren auch dem Marius gegenüber
direkt als ihre Brüder bezeichnet werden, keine Germanen sein sollten.
Wenn sich nun aber auf Jütland, dem kimbrischen Chersones, neben einem
an die Kimbern erinnernden Kimbersyssel ein an die Teutonen gemahnendes
38 Loewe Germanische Sprachwissenschaft.
Thi/thesi/ssel findet und außerdem die Insel Amt-um, älter Ambrmn, deren
Namen auf die Ambronen hinweist, niclit allzufern liegt, so kann doch
wohl kein Zweifel daran bestehen, daß die Heimat aller dreier Völker
auf Jütland und südlich davon zu suchen ist.
Richard Loewe.
Loewe R. Germanische Sprachwissenschaft. Leipzig Sammlung Göschen
1905. Ii8 S. 80 Pf.
Nach Meringers idg. und Zauners rom. Handbüchlein ist nun ein
analoges fürs Germ. (Urgerm.) gefolgt. Über Zweck und Gebrauch der
grammatikalischen Darstellungen in Göschens Sammlung war schon
seinerzeit genug gehandelt worden, ich beschränke mich hier darauf, zu
sagen, daß Loewes Rüchlein natürlich den intensiven Gebrauch unserer
übrigen Handbücher (außer Rrugmann der Torgeschichte' Kluges in Pauls
Grundriß, des Noreenschen 'Abrisses', der 'Urg. Grammatik' Streitbergs,
der urg. Abschnitte fiethges in der 'Laut- und Formenlehre' Dieters u. a.)
keinem Anfänger ersparen kann, daß aber dieser 'Abriß in nuce' jedem,
der schon entsprechend eingearbeitet ist, z. R. Studenten als Repetitorium
oder selbst Fachleuten als ein durch Reispiele und knappe The'orien illu-
strierter Index, immer seine guten Dienste leisten wird.
Doch all dieses liegt in der Natur der Sache begründet; Loewe
selbst ist da — nach gehöriger Vorbereitung — an eine recht schwierige
Aufgabe herangetreten und hat sie unter den gegebenen Verhältnissen
gewiß glücklich gelöst. Übersichtlichkeit, sehr selten mangelnde Verständ-
lichkeit bei gedrängter Form, beste Auswahl aus dem schon Geleisteten
und eine ziemliche Reigabe eigener zum mindesten stets anregender
Erklärungen, die zugleich eine etwas ausführlichere Resprechung meiner-
seits rechtfertigen, müssen seinem Werkchen nachgerühmt werden. Daß
er den ewigen Zwiespalt zwischen wissenschaftlicher Auseinandersetzung,
die oft mehrere Seiten erforderte, und wünschenswerter Beschränkung
und Vereinfachung des Stoffes zu Zwecken eines Handbüchleins gerade
auf dem heiß umstrittenen Roden des Urgerm. so trefflich zu schlichten
gewußt, bleibt das ureigenste Verdienst der von ihm gebotenen Leistung.
Der Inhalt der Schrift beschränkt sich naturgemäß auf Lautlehre
(Betonung, Vokalismus, Konsonantismus, Auslautgesetze) und Formenlehre,
welchen Hauptteilen eine gediegene Einleitung über Regriff und Aufgabe
der germ. Sprachwissenschaft, die germ. Dialekte, über Sprachveränderungen
und ihre Ursachen, über Wechselbeziehungen des Germanischen zu andern
idg. Sprachen *) und innerhalb seiner eigenen Dialekte voraufgeht (S. 1 — 30).
Ein Meisterstück in der Anordnung des einschlägigen Stoffes scheint mir
die Einflechtung der späteren Schicksale der urgerm. Konsonanten in die
Darstellung der ersten Lautverschiebung und ihrer (in Wirklichkeit freilich
zum Teil parallel verlaufenen) Einzelakte zu sein (S. 53 f.).
Indem ich mich jetzt der rein wissenschaftlichen Würdigung zu-
wende, berühre ich zuvörderst einige allgemeine Prinzipien, welche
Loewe konsequent und mehreremale zur Anwendung bringt. So betrachtet
er (S. 13 f.) als wesentlichste Ursache der Sprachveränderungen mit Recht
die Sprechart der neuen Generation oder die Kinder spräche und macht
1) Hier vermisse ich nur eine Andeutung der Reziehungen zum
Baltoslavischen.
Loewe Germanische Sprachwissenschaft. 39
davon z. B. beim Schwund der 1. Sg., 1. 2. PI. im got. Medium und der
1. 2. PL im as. agfr. Aktivum — als im Kindermund ungeläufiger Personen
— Gebrauch (S. 114). Ohne diese treibende Kraft zu unterschätzen, mache
ich aiifmerksam, daß teilweise auch hier lautgesetzliche und analogische
Vorgänge (vgl. die 2. PI. as. ae. berad neben 3. PI. *bera[>i\p = berad) mit
hereinspielen mochten, daß man ferner bei Metathesen u. dgl. unbedenklich
von der Sprechart Erwachsener ausgehen kann (vgl. acech. licu st. *kvtu
= abulg. cvbtq), endlich, daß der Affekt und überhaupt der Gemütszustand
bei Sprachwandlungen eine wichtige, noch nicht genügend untersuchte
Rolle spielt. Wir werden da kaum mit einem einseitigen Prinzip aus-
kommen.
Die as. Formen, die ein richtig ag friesisch es Gepräge haben,
erklärt Loewe S. 28 f. teils durch vorübergehenden, teils durch bleibenden
Einfluß des die Sachsenlande beherrschenden und nur stammverwandten
Adels (vgl. auch S. 96, 138, 143). Auch ein Beitrag zur Lösung dieser
dunklen Frage, wobei aber noch die besondere Mittelstellung des As.
zwischen Agfries. und Ahd., dann die von Holthausen As. Elem. 14 er-
wähnten Begleitumstände bei Niederschrift und Verbreitung der Quellen
in Betracht kommen.
Auf eine Erscheinung im Soester Dial. (S. 78) sich stützend, faßt
Loewe gewisse abweichende Vokale als Misch- oder Mittelformen auf,
die eine zwischen zwei Extremen vermittelnde Qualität angenommen
haben: der ahd. as. G. Sg. armes (a. a. 0.) ist auf diese Weise kontaminiert
aus *-is und -as, die zweite PI. ahd. beret aus *birit und berat (S. 116),
der amd. as. G. D. Sg. hanen, A. Sg. und N. PL hanon aus -in und *-an,
bez. aus -mm.*) und *-an (dies beidemal im Ae., S. 91). M. E. kein völlig
zu verwerfendes Prinzip, obzwar noch mehr Beobachtungen in lebenden
Mundarten erwünscht wären; für die 2. PL -et reiche ich übrigens gut
mit der Theorie Bernekers IF. 9, 355 f. aus.
Die Verschiebung der Labiovelare zu reinen Labialen erkennt
Löwe offenbar nicht an, sondern sucht die Einzelfälle durch Analogie
und Assimilation auszudeuten: fidwdr nach fimf (schon bei Noreen Ab-
riss 149) und fimf mit Angleichung des zweiten f ans erste (S. 110). Doch
fehlt ebenda die Erklärung für aiulif, twalif; ob Loewe in letzterem auch
Assimilation (vgl. ivtdfs) annehmen wollte ?
Loewe bemüht sich im absoluten Auslaut ebenfalls mit Verners
Gesetz durchzukommen, allein es will ihm ebenso wenig wie anderen
glücken : so im G. Sg. ahd. bürg usw. (gr. vuktoc), wo der Ton noch vor
Eintritt des Gesetzes zurückgezogen sein soll (S. 89), dann in der 2. Sg.
Ind. des st. Praet. im Wgm., von der vermutet wird, as. ahd. bäri
(=urspr. *-es) hätte sein *-s für -z nach dem entfernten Vorbild der Praet. -
Praesentia (wo im Ind. -t, im Opt. -s) eingetauscht. S. 145.
In den Auslautgesetzen hat sich Loewe, wie rühmend hervor-
zuheben, der neuen Intonationslehre aus Überzeugung angeschlossen. Un-
verständlich ist mir bloß ein gewisses Residuum der alten Nasaltheorie
dahingehend, daß nasalierte Länge im got. Auslaut als Länge erhalten
bleibt (S. 69). Loewe kann zwar so N. Sg. tuggö, augö aus *-0n und hau-
hei aus *-fn anstandslos ableiten, aber er muß got. A. Sg. giba (82),
1) Dieses unwahrscheinlich abgeleitet z. B. im A. Sg. aus *-«(-«) an-
statt eher aus *-3n(-?2).
40 Loewe Germanische Spracliwissenschaft.
1. Sg. futsida (71 u. 134), got. N. Sg. hana (91) durch Analogien erklären
und bedürfte doch dringend der Gleichung *-6?i = got. -a für got. A. Sg.
Jvana usw. (100), N. A. pata (102 ; beidemal die Partikel *-öm).
Nach S. 27 haben die deutschen Maa. (und das Langobardische
S. 30) abweichend vom Agfries. nur eine gemeinsame Neuerung durch-
geführt, nämlich *-a aus *-ö zu -o gewandelt: älter sei agfr. äoh«, jünger
ad. hano. Daß auch das Deutsche einst -a gehabt, erweist nach L. der
suevische Name Nasua (Caesar) und der batavische Chariovalda (16 n.
Chr.). Nun fordert aber die natürliche, im Nord, bei urspr. *-5n (dieses
sonst überall = *-o) beglaubigte Qualitätsentwicklung , daß analog im
Wgm. aus *-o (-ön) gemeinsprachliches -o und erst daraus — im Agfr. —
einzelsprachliches -a') hervorgegangen ist, und zudem zeigt das älteste
Northumbr. im sw. N. Sg. urecko, bogo (wohl schon offenes -o, da kein -n da-
neben). Und was die beiden Eigennamen betrifft, so sind sie recht un-
verläßliches Beweismaterial und außerdem hat sie Bremer IF. 14, 366,
sich selbst berichtigend, auf -az zurückgeführt und die Deutung aus -ö
verworfen. ^)
Schwankend oder vielmehr inkonsequent ausgedrückt dünkt mich
Loewes Standpunkt in der Frage des Schwundes von urspr. -«(-) in 3. Silbe.
Nach S. 73 ist es bereits urn. verloren, auf S. 84 wird *^astijiz zu *-i^
kontrahiert (ahd. gesti = Akk. PI.), im N. PI. *suniuiz (S. 87) ist es urgerm.
ausgefallen (got. siinjus), worauf nord.-wgm. noch einmal in 3. Silbe -u-
aus *suniuz schwindet (urn. suniR usw., ad. suni). Vgl. weiter S. 91, 140,
147. Bei genauer Präzisierung würde L. wohl besagten Schwund des i
als urgerm. bezeichnen — mit Becht ; dagegen ist wgm.-nord. -u aus *-6
trotz aisl. augo = ahd. oitgun schwerlich gar so früh apokopiert, wie S. 94
angenommen wird: vgl. unter anderm in der urn. Inschrift Opedal (6. J.)
neben niinu liubü das zwar zweifelhafte, jedoch kaum anders zu deutende
Bir^{i)n^u (Noreen Aisl. Gr.-' 227).
Bezüglich des Praet. der starken und besonders der 'reduplizieren-
den' Verba geht L. durchaus von urspr. gedoppelten Perfekt formen aus.
Die ablautenden Typen schafft er sich durch urgerm. Haplologien (126 f.),
die Typen he-t usw. durch nord.-wgm. Dissimilationen (129 f.). Dabei ent-
wickelt er seine Theorie auf Grund von solchen Anschauungen über den
idg. Ablaut und namentlich die Schwundstufe, welche man sich sonst für die
schwierigsten Fälle bereit hält: goi. setum ebenso wie di\.sedimd, \a.i.sedimus
=■ *se-{s)3ddme zu Wz. *sed- (125), dagegen ae. reordon (danach analog.
hehton) = *re-rd-9me zu Wz. *redh- (131 ; vgl. damit 46 f.). Weil Loewe diese
seine Aufstellungen in allerjüngster Zeit in KZ. 40, 266 f. ausführhcher be-
gründet, ergänzt und zum Teil modifiziert hat, so wird Ref., der sich
ebenfalls dieser Frage gewidmet, eine weit eingehendere Kritik des Löwe-
schen Pf. -Systems von abweichendem Gesichtspunkt aus an anderer Stelle
bringen.
1) Dazu paßt vortrefflich die ganz parallele Erhöhung der Qualität
in agfr. -e, älter -ce aus gemein-wgm. und deutschem -a = urspr. *-6>i:
ae. ^iefoe, später -e, ahd. geba usw. Zu allen diesen Fragen vgl. meine
'Soustava etc.' (1903) S. 71 f., löOf., 188f.
2) Nasua körmte event. n-Stamm und noch damaliger Rest des
alten Vok. *-a[n) sein ; vgl. Bethges chronologisch schon weniger wahr-
scheinliche Interpretation des urn. Wiwila u. ä. (bei Dieter 623).
Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis. 41
Eine Reihe Einzelheiten: S. 17 werden als eine von zwei charak-
teristischen Übereinstimmungen in der germ.-lat. Wortbildung die Adverbia
*-ne ('woher?') angeführt wie got. innana, lat. superne; J. Schmidt ver-
glich damit noch ai. vinä 'ohne' (Soustava 111). — S. 25 erklärt L. den
Wandel von -ü- zu -ö- in got. bauan, on. böa für eine Spur alter gemein-
schaftlicher Entwickelung, was nicht undenkbar ist. — S. 36 f. würde eine
einmalige Illustrierung von nebentonigen und unbetonten Silben, z. B.
durch ai im Ae., nicht schaden. — S. 80: got. hairdeis aus *-ios zu -Ts
kontrahiert (?). — S. 81 kann die Länge im G. S g. ahd. geba nur theore-
tischen Wert haben; vgl. 101 dera aus He-säs (!). Ae. ^iefe, älter -ce ent-
spricht dem ad. -ö und ist mit dem Dt. Sg. aus *-äi nur zusammengetroffen.
— S. 87 wird ae. sima im D. Sg. richtig aus dem Gen., aber as. suno un-
nützerweise aus einem Lok. *-öu statt gleichfalls aus dem Gen., der übrigens
einmal belegt ist, erläutert; vgl. Soustava 291 gegen Holthausen As. Elem.
108 f. — S. 93 wird das -iin der obl. Singularfälle von ahd. as. öw-Stämmen
wiederum durch Vermischung eines schwundstufigen, im A. Sg. heimischen
-un (also *-dn) mit -ö«., jedoch diesmal nicht sehr einleuchtend gedeutet;
vgl. Trautmann Germ. Lautges. usw. (Diss. 1906) S. 30. — S. 99 kann in
unbet. Stellung nur ae. se entstanden und dann gedehnt worden sein. — S. 102
tritt eine mir bisher unbekannte Definition des Unterschiedes zwischen
N. A. PI. ahd. deo^ dio aus Hiäs in betonter und A. Sg. dea, dia aus Hiäni
in unbet. Stellung zutage. — S. 130 werden die ae. Praet. ^eon^, beonn
st. *5e«5 (in ^en^de), *benn als Analogien nach dem Praes. hingestellt (?).
— S. 135 sind als treffender Beweis für die tatsächliche Einverleibung
der 2. Sg. Aor. ins wgm. Perf. die Praet.-Praesentia erwähnt. — S. 140 u.
148 deutet L. zwei got. Formen -au: die 3. Sg. PL Imper. aus medialem
-au (: akt. ai. bhdratu usw.) und den Opt. Med. aus idg. -o (gr. ^cpepexo) mit
Anlehnung an den Imper. Im ersten Falle wäre aber gemäß dem medialen
-ai (: akt. -i) eher Kürzung des gestoß. *-au zu got. *-a zu gewärtigen, und
deshalb fasse ich alle beide Formen als Nachbildungen des akt. Opt. bairau
usw. auf, den L. freilich nicht erklärt (S. 137; Soustava 271 f.). — S. 143:
Part. ahd. gistigan usw. behält sein -i- infolge der Nebenformen mit
-in- (ae. stiren usw.), was bemerkenswert ist. — S. 145 hätte ich bei
ae. eard die Urform des Praet. -Praes. angedeutet. — S. 146 muß 1. Du.
got. magti aus *-uue hergeleitet werden statt aus *-Me, das wohl got. *mag
ergeben hätte. — (S. 51, 94, 96, 110, 113, 120, 131 sind mir Druckfehler
aufgefallen.)
So birgt denn Loewes Büchlein einen vollen Schatz von Anregungen
und Antworten auf inhaltschwere Fragen, die noch heute ungelöst und
natürlich auch vom Autor nicht immer positiv gefördert oder gar end-
giltig abgeschlossen sind. Doch wer von den Eingeweihten wollte ihm
dies zum Vorwurf machen?
Prag-Smichov. Josef Janko.
Trautmann R. Germanisclie Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtlichen
Verhältnis. Inaug.-Diss. (Königsberg). Kirchhain N.-L. 1906. 69 S. u.
Karte.
Die Dissertation, welche den Referenten Bezzenberger und Schade
zu Ehren gereicht, zeichnet sich durch reichhaltige Literaturangaben zu
jedem Abschnitte und Probleme, durch äußerst fleißig und nach B&-
•i2 Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis.
darf vollständig angelegte Belegsammlungen samt Etymologien'), ferner
in der Verarbeitung des schwierigen Gegenstandes durch Geschick und
kritischen Sinn aus. Der Stoff ist und bleibt spröde: die relative
Chronologie der wichtigsten germ. Lautgesetze fixieren zu
wollen ist ein Beginnen, welches immer mit den jeder vorgeschichtlichen
Sprachuntersuchung anhaftenden Mängeln zu kämpfen haben wird, selbst
wenn die Tatsachen so klar wie möglich zutage liegen sollten, was aber
bei den wenigsten Fragen der Fall ist. Wer also dieser undankbaren, dabei
jedoch das Ziel und Ideal unserer Forschung verfolgenden Aufgabe sich
unterzieht, der muß vorher an den Aufbau einer soliden Grundlage
durch streng empirische, gegebenenfalls kritisch-skeptische Erfassung der
Lautgesetze an sich gegangen sein — und das hat Tr. nach besten
Kräften getan — , leider um sich am Ende in vielen Fällen sagen zu
müssen: non liquet. Dies darf jedoch den mutig Strebenden nicht ab-
halten, stets von neuem 'hinauf und vorwärts zu dringen'.
Seine gesunde kritische Begabung bekundet Trautmann vor allem
in der Beui'teilung der Eigennamen und Lehnwörter, denen er mit vollem
Recht in unserer hochwichtigen Frage keine Beweiskraft zuschreibt (S. 9
u. 16). Sonst trägt er einfache und im ganzen großen nüchterne eigene
Ansichten vor, wobei er sich naturgemäß oft an seinen Lehrer Bezzen-
berger anlehnt oder von ihm ausgeht. Seine Resultate weichen in ge-
wissen Punkten von den eingebürgerten Lehren unserer systematischen
Handbücher des Urgerm. ab und werden, insofern sie nicht subjektiv ge-
färbt sind, ein nützliches, zum mindesten negatives Korrektiv für letztere
bilden können. Seinen Standpunkt wahrt und verteidigt Tr. bündig und
entschlossen: aber eben deshalb finde ich den Vorwurf 'übertriebener
Schärfe', den er S. 18 Streitberg macht, unberechtigt (vgl. damit IF. 19,
214 f.). Anderseits dünkt mich Tr. unpassenden Orts wieder allzu be-
scheiden zu sein, wenn er in phoneticis gar nicht mitsprechen will (S. 55,
56) — obgleich der Sprachforscher und speziell der 'Lautgesetzler' in
erster Linie auch Phonetiker sein soll und muß. Freilich nicht jeder
von uns kann es darin zur Virtuosität eines Sievers bringen, allein von
vornherein in solchen Fragen nur als Laie erscheinen zu wollen, erachte
ich für verfehlt und als einen entschiedenen Nachteil z. B. gegen die
sogen. Leipziger oder Pariser Schule. —
Meinen Randbemerkungen zu den Einzelproblemen schicke ich nun,
genau nach der als Anhang beigefügten veranschaulichenden Karte, die
von Tr. aufgestellte chronologische Reihenfolge der urgerm. Lautwand-
lungen voraus, wobei das Fragezeichen in Klammer meinen unten zu
begründenden Zweifel andeuten soll. Tr. unterscheidet:
1) Von diesen erwähne ich gleich hier einige, die mich besonders
interessierten: ae. hrif usw. (S. 13: gegen Walde nicht aus *qrep-); ahd.
Spilan (14 f.); ahd. chivadilla (17); germ. *haiihaz zu lit. szduszüs {24f k.);
ahd. hriuuan usw. zu aksl. knisiti, lit. krinszti (45); got. neha (52 j ;
lat. materies (53 A.); aksl. kopyto (.54); an. hinn (S. 34: die Ableitung aus
*hi-naz ist wegen as. hi-r m. E. der aus *hijinaz vorzuziehen); got. waila
(S. 35: Tr. schließt sich Brugmann und Meringer an; vgl. aber Uhlenbeck
PBrB. 30, 323); ahd. berames (ebenda: aus *berammes = *beram -j- tves wie
plintemu neben got. blindamma). Der Verf. hatte schon früher etymo-
logische Beiträge geliefert.
Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis. 43
1. Periode des idg. freien Akzentes: Ten. asp. werden zu
Tenues ; Schwund von 3 (got. aivistr, ahd. dinstar = ai. tdmisra ; 9 schwindet
wohl früher als unbet. a zu u und e vor Nas. -f- Kons, zu i wird, S. 9 u.
36); sr zu str (ebenda Anm.); Lautverschiebung u. Verners Gesetz; tv-
Schwund zwischen Kons. M.j (G. Sg. F. ^hari^wyös S. 59); w, j bei folgen-
dem Akz. zu wiv, jj (?); («J-Schwund vor u {goi. juggs aus *juwngaz: Ein-
tritt vor der L-Diphthongenkürzung und vor dem «-Uml. des u, aber nach
'un aus n usw.' S. 60 f.); Sievers' Regel S. 43 u. 57 (?); ä zu ö; dl zu lly
zm zu mm, md zu nd {In zu U wird von Tr. nicht erwähnt); Ou vor Kons,
zu ö, öti vor Vokal bei folg. Akz. zu ü (?).
2. Periode des germ. festen Akzents: Germ. Akzentregelung;
e zu i in unbet. Silbe; Schwund von -a, -e, -i (?); bet. e zu / durch i,j;
j'-Schwund vor i (got. air, ««^ und vielleicht ^reis = *^re/es 61); Schwund
von ausl. -w nach Kons. (got. nih, ad. noh und auch m. E. trotz Hirt
IF. 12, 238 höchstwahrsch. nach Meillet got. ae. wit usw. = *we-dirö S. 67).
Im Text behandelt Tr. zweckentsprechend den Vokalismus (I), den
Konsonantismus (II), die Auslautgesetze (III).
Ad I. Zu idg. e (9 f.): Die Verwerfung von Helms Datierung des
schwer fixierbaren Übergangs zu i vor Nas. -j-Kons. muß ich nur billigen;
ich hege schon lange die Überzeugung, daß die L-Diphthongenkürzung (got.
tvinds usw.) allein uns da einen Fingerzeig zu geben vermag, indem sie
entweder vor oder gei-ade noch während jenes Übergangs zum Abschluß
gelangte '). — Die Frage über unbet. e vor urspr. r (S. 10) schlägt wohl
in die Phonetik ein. Einfluß übte hier der folg. palatale oder velare Vokal
und demnach auch die Natur des -?•-: vor hinten artikuliertem r kam
urg. e, das historisch in a übergehen konnte, zu stehen (ahd. iibir : got.
ufar, ahd. über, obar usw. ähnlich wie griech. ö-rrÖTepoi : el.-lokr. ÖTTÖTa-
poi) — somit hat J. Schmidt das Problem am schärfsten erfaßt.
Zu idg. i (S. llf.): Von gemeingerm. «-Umlaut kann im Hinblick
auf die einzigen nord.-wgm. durchgehenden iver und nest^) keine Rede
sein; vgl. die lehrreiche Sammlung Trautmanns und seine Ansicht von
viell. dialektischer Neigung dazu, die nur im Althochdeutschen annähernd
Gesetzeskraft erlangt. Trotz alledem verstehe ich das Verfahren jener
Theoretiker, welche urgerm. a-Uml. von i postulierten und sich dann
durch Analogien halfen, sehr gut: schwebte ihnen doch eine unbedingte
Parallele zum allgemein (auch von Tr. 16) anerkannten urgerm. a-Umlaut
von u vor! — Höchst gerecht ist Tr.'s Widerspruch auch gegen die neueste
e/j-Theorie von Collitz in MLN. 20 (1905), 65 f.
Zu idg. a, 0 (S. 16 f.): Besonders der Wandel o zu germ. a ist wegen
der Unsicherheit über das Schicksal des /r-Elements der Labiovelare
chronologisch fast unbestimmbar. — Über nichthauptton. o bemerke ich,
daß mir seine urgerm. (wgm.-nord.) Erhaltung vor m in heimischen
Wörtern (aisl. fgUom, urspr. ahd. fallumes: Braune Ahd. Gr.^ 222) und
sogar in Eigennamen (5 o : 3 a gerade bei Bremer IF. 14-, 365 f.) wahr-
scheinlicher ist als der ausnahmslos angenommene Wandel zu a.
1) Mit dieser doppelten Möglichkeit haben wir streng genommen
in den meisten Fällen relativer Lautchronologie zu rechnen, da bekannt-
lich jedes Lautgesetz seine "Nachzügler' hat.
2) Das von Loewe Germ. Sprachw. 41 noch angeführte ae aisl. regn,
ad. regan stimmt im Kons, nicht zu lat. rigäre; vgl. Uhlenbeck Et. Wtb.
d. got. Spr.* 123 und Trautmann Diss. 64.
M Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis.
Zu idg. äu, öu (S. 17 f.): Nach Tr. blieb im Urgerm. betontes öu vor
Vokal erhalten und ward bei folg. Akzent zu ü, vor Kons, überhaupt zu
ö; nacli dem Akz. verblieb es, auslautend wurde es -au. Trotz der er-
schöpfenden Belegsammlung hat mich aber Tr. davon nicht überzeugt,
daß die beiden vorausgesetzten Wandlungen des inlaut. öu (zu ö oder «)
tatsächlich erst urgerm. eingetreten sind und nicht etwa teilweise oder
durchaus uridg. Verhältnisse (öti mit oder ohne Determinant, event. öti
ohne oder mit Reduktion: Schwunds!, ü) widerspiegeln. Tr. hefert nämlich
im Grunde keine strikten Beweise, sondern vermutet nur je nach Bedarf
betontes oder vortoniges öu vor Vokal, worauf Ausgleichung vind oft
Differenzierung erfolgte. Das alles kann sich aber schon ursprachlich
zugetragen haben : ja es ist nicht wahrscheinlich, daß entgegen den von
Tr. selbst (S. 26) beregten Parallelen wie got. weihan: an. vega usw. ge-
rade hier bis ins Urgerm. ablautloses *sndwö (^= ae. snöivan) neben *snö-
w6 (= an. sm'ia) sich gerettet hätte; vgl. Hirt Idg. Abi. 94 u. 113. Deutlich
erkenne ich den ins Germ, überkommenen Urzustand im Sg. ^sl-öhaz
= aisl. slcör mit idg. -ö(m)-: PL *skü^wöz = sküar (vgl. hingegen S. 26, wo in
letzterer Form beide Lautgesetze Tr.'s nacheinander in Anwendung kommen).
Vor Kons, endlich muß ich für urgerm. -Öu- selbst dann in gewisser
jüngerer Periode Kürzung zu -au- postulieren, wenn ahd. nuosk sein *-u-
in *-öu- erst im Germ, verloren und an. nausf, frausf, {h)raust wegen av.
naväza (25) seit jeher Kurzdiphthong enthalten hätte : es fordert dies die
Parität mit den übrigen L-Diphthongen und gekürztes betontes -öu in tuau,
pati (29) '). — Auf idg. Ablaut öu : ü möchte Bezzenberger (s. Exkurs
29 f.) den unerklärten Gegensatz got. -ön- : ahd. -ün- usw. in der sw. Fem.-
Deklination zurückleiten, ein wohl nicht aussichtsloser Versuch, zumal
wenn man mehrere Ansätze zur «7M-Bildung, primäre und sekundäre, an-
nimmt. Vgl. Streitberg PBrB. 14, 220.
Zu idg. äi (S. 31 f.) : Ist m. E. gekürzt in got. aiws, as. eu aus *aiwos
(Tr. setzt zu eu ein *aiv6s'^); zu den S. 31 A. nicht widerrufenen Belegen
gehört auch got. Jiabais usw. aus *-äisi, was jedoch ungeachtet des Pali
im Germ, fraglich bleibt.
Zu idg. ei (S. 32 f.) : Tr. folgt der von Franck ausgesprochenen
Meinung, aus idg. ei sei gestoß. e, aus urg. ei geschl. e geflossen, was ich
andernorts bekämpfe; willkommen ist die neurevidierte Liste der e^-
Wörter. — Daß S. 36 got. anstai aus -ei, S. 29 sunau aus -öu gedeutet wird,
scheint mir inkonsequent zu sein, da das Got. im Auslaut bei reduz.
Längen und Diphthongen entschieden der Mittellage -a(-) zustrebt. —
Ad IL Zu germ. toto, jj (S. 4öf.): Trautmann ist hier der Nach-
weis geglückt, daß die übrigens neuerdings von Brugmann (Kurze vgl.
Gr. 96 u. 107) ignorierte Zimmer-Streitbergsche Bestimmung, die Ver-
schärfung sei unter dem Einfluß des germ. Akzents eingetreten, nicht
stichhaltig sei ; vgl. an. hie' usw. aus *hlewan und die andern 16 Aus-
nahmen auf S. 41. Tr. kehrt daher zu B echt eis Auffassung zurück, daß
der unmittelbar nachfolgende idg. Akzent die Ursache gewesen sei. Zeit-
lich ginge die Verschärfung nach S. 42 Sievers' Regel (s. unten) voran;
wenn jedoch got. ajukdußs, bajöps sie nicht mitgemacht, so soll ihre
Bildung schon vor dem Verschärfungsgesetz erfolgt sein (also schon da-
1) Anders, aber in den Grundideen fast übereinstimmend N. van Wijk
IF. 19, 393 f. (bes. 397).
Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis. 45
mals *ajukadupi-). NatürUch hat Tr. auch wieder mit weitgehenden Aus-
gleichungen zu rechnen, z. B. in der oft vorkommenden Ablautsreihe der
2. Verbalklasse : *blewan : *blau : *bluwivum : *bluwivanaz\\. ä. Außerdem muß
er wegen mangelnder evident beweisender Formen ''für jj/ dieselbe Be-
handlung wie für unv a priori annehmen" (vgl. oben das über den a-
Umlaut von i Gesagte). Freilich haben sich gerade in letzter Zeit die
Chancen fl\r Bechtels Gesetz verbessert : infolge des Ausscheidens von ae.
4ode kann jetzt got. iddja tatsächlich als ganz isolierte Form entweder
nach CoUitz-Fick aus Pf. Med. *ijai oder m. E. mit aoristischer Endung aus
*ijet (vgl. Brugmann Grdr. 1"^, 861 f.), got. daddja trotz ved. dhdyati un-
bedenklich aus *dhajeti oder *dhdjeti (vgl. noch Hirt Idg. Abi. 33 u. 35)
gedeutet werden. Man kann sich somit — wie heute die Sachen stehen
— für Bechtel mit dem Vorbehalt entscheiden, daß in Einzelfällen (griech.
boioi = *dwoi-j6i) vielleicht dennoch etymologisches idg. -jj- und -ivw-
vor dem Akzent gestanden und event. für andere Fälle das Muster ab-
gegeben hat.
Zu Ten. asp. im Germ. (S. 49 f.) : Tr. verteidigt mit Glück die auch
mir geläufige Ansicht, daß im Germ, die Tenues mit den Ten. asp. zu-
sammengefallen. Dankenswert ist die sorgfältige Analyse der 7 ver-
meintlichen Beweispunkte dagegen und sämtlicher germ. Belege mit Ten.
asp. im An- und Inlaut.
Zur Lautverschiebung (S.54f.) und zu Verners Gesetz (S.56f.):
Tr. sondert reinlich — ob mit Recht? — die beiden Vorgänge; die von
den Tenues ausgehende Verschiebung hat sich nach Tr.'s ansprechender
Vermutung während mehrerer Generationen in allen drei Reihen parallel
vollzogen. — Die Frage , ob das Vernersche Gesetz nach Kip und Wil-
manns nicht erst während, bez. sogar nach der germ. Akzentregelung zum
Abschluß gelangte, wird von Tr. ablehnend (unter Verwerfung der Gleichung
got. ga- = lat. co-) gestreift. Kip (MLN. 20, 16 f.) speziell möchte level stress,
das Übergangsstadium von idg. zu germ. Betonung, für das Stimmhaft-
werden der Spir. ten. verantwortlich machen : Tr. aber glaubt ihn, dessen
Vorstellung von l. stress er sonst billigt, einmal durch Sievers' Regel
(s. gleich unten), sodann durch seine oben als zweifelhaft hingestellte
Theorie über antevok. germ. du widerlegt zu haben. Jedenfalls ist die Sache
so einfach nicht; denn vom phonetischen Standpunkt drängen sich
einer ganz befriedigenden Erklärung von Verners Gesetz noch andere
Bedenken in den Weg (vgl. Pedersen KZ. 39, 243 f.). Ein phonetisch ge-
schulter Grammatiker fände hier ein verlockendes Thema, gar wenn er
die Frage der Verschärfung von jj, low bei Prüfung der Kipschen Tlieorie
mit einbeziehen wollte.
Zu Sievers' Regel (S. 43 u. 57 f.): Tr. setzt sich für den Schwund
des 5 in der Lautgruppe ^w vor nachfolg. idg. Akzent (auch hinter r
und l) ein und sieht in diesem nach Verners Gesetz liegenden Vorgang
einen wichtigen chronologischen Markstein (s. mehrmals oben). Dem ent-
gegen steht die von Tr. bekämpfte Ansicht Streitbergs (Urg. Gramm. 116 u.
123), daß die aus *g^h durch einfache Verschiebung und die aus *k^Ji durch
Verners sich unmittelbar an die Verschiebung anschließendes Gesetz
hervorgegangene Lautgruppe ^w gleicherweise ohne Rücksicht auf den
Akzent je nach dem Charakter des folg. Lautes j oder iv ergeben habe. Wie
man sieht, kommt eben alles auf die genaue Fixierung des Vernerschen
Gesetzes an — und solange diese im Einklang mit der Phonetik nicht ge-
46 Trautmann Germ. Lautgesetze in ihrem sprachgeschichtl. Verhältnis.
geben ist, muß ich die Frage für nicht spruchreif, Tr.'s Einwände S. 59 M
und alle seine scharfsinnigen Konsequenzen für zu wenig bodenständig
halten.
Zur urgerm. Assimilation von n an vorausgeh. Gutt., Dental,
Labial (S. 62 f.): Tr. führt mit Recht den vereinzelten Beispielen gegenüber
12 solche mit nicht erfolgter Assimilation (an. botn usw.; auch wieder got.
vshikns 65) an, beweist also indirekt, daß die wahre Erklärung in der
Bildung verbaler und nominaler Intensiva, dann der Deminutiva zu suchen
ist (z. B. cocf/iön usw.). Tr. will da lediglich eine mehr kritische Betrach-
tungsweise angeregt haben; denn das Nebeneinander von kk, gg, k, g
weiß auch er nicht aufzuhellen (66). Indem ich die von Finck propagierte
Lehre, daß man bei der Sprachbildung auf den psychischen Zustand und
bei Konsonanten bes. auf die Bedeutung zu achten hat, vollends würdige,
schlage ich selbst fürs Germanische folgenden, durch weitere Forschung
zu erprobenden Mittelweg vor : wirkliche Assimilationen unter beschränkten
Bedingungen, daneben jene Vergrößerung oder Verkleinerung ausdrücken-
den Formationen, endlich assimilationslose Formen. Vgl. Wilmanns Deut.
Gr. 1\ 163 f. —
Atl III. Zum vok. Auslautgesetz (S. 67f.): Urgermanischen nach
der Akzentregelung erfolgten Schwund vermag ich auch heute (vgl. IF.
Anz. 17, 59) überhaupt für -a (auch = -o) und -e, für -i aber nur in 3. Silbe
und event. analogisch in ae. dorn, ^dni zuzugeben '*); daß dann -i in 2.
Silbe des L. (Dt.) Sg. ae. men, an. fepr mit *-iz und -i aus *-i zusammen-
getrofTen (S. 68), hat m. E. nichts Auffälliges an sich. Tr.'s Vorschlag, ae.
men usw. als Lok. *-f aus *-ef aufzufassen, verstößt gegen den bewährten
fundamentalen Unterschied zwischen gest. -T und geschl. -i, welch letz-
terem das aus *-et geflossene ebenfalls geschleifte (nach meiner Theorie
'Soustava usw.' 252 f. im Wgm.-Nord. mittelzeitige) -t des L. Sg. der o-St.
sich angeschlossen hat: die aus -f hervorgegangene wgm.-nord. Kürze je-
doch fällt im Altgerm, unter normalen Umständen niemals ab (urspr. -f
event. in got. managet = as. menigi, aisl. elli; *-ef in ae. I. Sg. dömi, -e st.
*deme ebenso wie in on dce^i und trotz Noreen Aisl. Gr.^ 55 in aschw.
dcegJii. aisl. dege). Hievon scheide ich genau: 1. primäres *-i in ae. men
u. ä. ; 2. primär gest. *-i in ae. N. Sg. bend := got. bandi, Opt. 3. Sg. ae.
hnlpe anal, nach tu^e; 3. sekundär gest. *-t aus *-ije im Imp. 2. Sg. ae. nere,
See. an. suef, styr (ohne jedwede Analogie) — alle drei Kategorien mit
ebendenselben einzelspr. Reflexen.
1) Wie Tr. auf as. eicithessa und ahd. egidehsa hinweist, so könnte
man zu seinen Ungunsten an. ylgr, ahd. tvulpa aufzeigen, das er durch
ein vor Sievers' Regel giltiges Lautgesetz (Schwund des -iv- zwischen l
und j>, 58), resp. durch vorherige Assimilation des -^w- ans anl. w- er-
läutert.
2) Tr. selbst benötigt offenbar den Nichtschwund des -i in 2. Silbe
für seine Erklärung des ahd. fruo aus *fröwi (22), da er noch urdeutsches
*fröw unbedingt voraussetzen muß. Demgegenüber ist Tr.'s Kombination
über ae. ie'ow, aisl. bygg usw. und die daraus gezogene chronol. Folgerung
(/-Uml. von e nach dem vok. Auslautgesetz 46) recht unsicher: m. E. ist
der an. Nom. Akk. Sg. lautgesetzlich, das ae. -io- aber aus analogisch der
i-, resp. der o-Deklination nachgebildetem G. Dt. Sg. unter Mitwirkung von
bvor eingedrungen.
Bibliothek der ältesten deutschen Literatur-Denkmäler. 47
Zum kons. Auslautgesetz (S. 69): Dasselbe ist allem Anschein
nach älter als das vokalische; vgl. aber den nicht belanglosen skeptischen
Standpunkt Waldes (Germ. Auslautgesetze 138 f., 162 f.). — Daß nach Tr.
idg. d, t überhaupt in allen Einsilblern (lat. quocl = got. Iva) geschwunden
wäre, daß ferner an. pat. ahd. daz = ai. id-äm usw. neben got. ita = *-ön
sein soll, muß ich bis auf die letzte Gleichung bezweifeln. Wenn Tr. den
Widerstand gegen die mittlere Aufstellung nicht begreifen kann, so verweise
ich auf urn. pat (Noreen Aisl. Gr.^ 278), das in Inschriften des 6.-8.
Jahrh. neben urn. A. (N.) Sg. M. Ntr. -a aus *-am, neben urn. -eka ~ ai.
ahdm in Inschriften bis ins 7. Jahrh. (a. a. 0. 215 f., 274) offen dartut, daß es
durch keine Partikel verstärkt war *). Und wie will Tr., wenn an. pat somit
nur *tod ist, daneben den Abfall des Dentals in bezeichnendem aisl. nekkua
und aschw. hiva, anorw. hä anders interpretieren als durch eingetretene
Unbetont heit {iwkkua = got. Jva), welche in hivä, hä wieder durch
Dehnung bedingende betonte Stellung — wie beim Pron. so häufig —
ersetzt wurde?
Ich schließe mit der Versicherung, daß meine etwas zahlreicheren
Einwände gegen Tr. in Auslautfragen die Freude an den übrigen Partien
seiner Schrift, in denen ja der Schwerpunkt der ganzen Arbeit liegt, nicht
verkümmern sollen noch können.
Frag-Smichov. Josef Janko.
Bibliothek der ältesten deutschen Literatur-Denkmäler. VII. Band.
Die Lieder der älteren Edda (Seemundar Edda). Herausgegeben von
Karl Hildebrand. Zweite völlig umgearbeitete Auflage von Hugo
Gering. Paderbora, Ferdinand Schöningh. 1904. XX u. 483 Seiten
So. 8 M.
Eigenthch hat ja eine kritische Ausgabe der sogen. Eddalieder
unmittelbar nichts mit dem Gegenstande dieser Zeitschrift zu tun. Allein,
da diese Lieder abgefaßt sind in einer Sprache, die einerseits eine
reiche Sonder entwickelung durchgemacht, anderseits manches altertüm-
liche bewahrt hat, so mag auch die vorliegende Ausgabe hier kurz
angezeigt werden.
Bei Gerings Völliger Umarbeitung' ist von Hildebrands ur-
sprünglicher Ausgabe kaum mehr geblieben, als die Einrichtung des
kritischen Apparats, der unter dem Texte alle Lesarten wichtiger Hand-
schriften und diejenigen der bedeutenden früheren Ausgaben ver-
zeichnet, und Zweck und Ziel der Ausgabe selbst: nämlich eine auch
im Preise nicht zu hoch bemessene Ausgabe zu liefern, die, mit allen
Mitteln der philologischen Kritik hergestellt, einen lesbaren Text bietet
für denjenigen, der die Eddalieder lesen will und selber auf Textkritik
verzichtet, also vor allem einen Text als Grundlage für akademische
Vorlesungen. Hierin liegt auch der wesentliche Unterschied von der
anderen neuesten Ausgabe, derjenigen von Detter und Heinzel, die im
Textbande einen beinahe übertrieben konservativen Abdruck nach den
Hss., vor allem dem Codex Regius, in den Anmerkungen dagegen eine
Zusammenstellung der Kommentierungen gibt.
1) Über Schwund des urn. 'nasalierten' -a vgl. noch Noreen in P.
Grundr. l^ 563.
48 Boyer et Sp6ranski Manuel pour Tetude de la langue russe.
Von der ersten Auflage 1876 unterscheidet sich diese zweite rein
äußerlich schon dadurch ganz bedeutend, daß in ihr die Langzeile
durchgeführt ist, ferner dadurch, daß endgiltig gebrochen ist mit der
früher üblichen, ans Neuisländische angelehnten Orthographie, daß viel-
mehr diejenige Laut- und öprachform durchgeführt ist, die nach Maß-
gabe der besten Handschriften, verbunden mit den Ergebnissen der
sprachgeschichtlichen Forschung als die zur Zeit der Eddadichtung herr-
schende erwiesen ist, nicht zum geringsten mittels der eingehenden
Studien auf dem Gebiete der Metrik, die in den letzten Jalirzehnten be-
sonders durch Sievers betrieben worden sind.
Und hierin, in der Herstellung des Textes in der klassischen
altisländischen Sprachform, liegt der Wert von Gerings Ausgabe für die
sprachvergleichende indogermanische Wissenschaft. Aber auch den Ver-
tretern der vergleichenden Mythologie, Sagen- und Literaturgeschichte,
die sich nicht mit Übersetzungen begnügen wollen, kann diese Ausgabe
vor allen anderen aufrichtig empfohlen werden, sie ist eben die kritische
Textausgabe Kax' ^toxnv.
Erlangen. August Gebhardt.
Boyer P. et Speranski N. Manuel pour l'etude de la langue russe.
(Textes accentues — cornmentaire grammatical — remarques diverses
en appendice — lexique.) Paris, Librairie Armand Colin, 1905. XIV
u. 386 S. 10 Fr.
Das vorliegende Handbuch (nach dem von P. Boyer allein unter-
zeichneten Vorwort haben beide auf dem Titelblatt als solche genannte
Verfasser den gleichen Anteil daran) ist eine wertvolle und nützliche
Beihilfe zum praktischen Studium der russischen Sprache, und ich
pflichte B. unbedingt bei, wenn er der Meinung ist, daß der in diesem
'Manuel' eingeschlagene Weg den Lernenden schneller und besser vor-
wärts führen wird, als die üblichen Übungsbücher mit ihren künstlich
gedrechselten Mustersätzen, die von grammatischer Korrektheit über-
quellen, im lebendigen Sprachgebrauch aber kaum je vorkommen, und
dem Sprecher zum mindesten den Vorwurf des Affektiertseins eintragen
würden. B. stellte sich für sein Buch die Aufgabe den Lernenden in
die wirklich lebende Sprache einzuführen : er will nicht von der
Grammatik zur Sprache gelangen, sondern umgekehrt aus der Sprache
die unentbehrlichen Regeln und Verallgemeinerungen ableiten. Zu diesem
Ende soll der Lernende, nachdem er sich in kurzem Überblick mit
den wichtigsten Tatsachen der Lautgebung, der Flexion von Nomen
und Verb um bekannt gemacht, und aus der Syntax sich vielleicht ober-
flächlich über das Wesen der Aktionsarten orientiert hat, sofort zur
Lektüre übergehen, bei der ihm dann natürlich jede unbekannte und
schwierige Erscheinung gewissenhaft zu erklären ist, um so bei fort-
schreitendem Studium aus einer Summe von Einzelfällen zu allgemeinen
Gesetzen zu gelangen. So enthält B.'s Manuel nur Texte mit Kommentar
und die zum praktischen Gebrauch wünschenswerten Indizes. Die Texte
selbst sind ausschliesslich aus L. N. Tolstojs Schriften entnommen,
und zwar bringt B. 28 vom Verfasser für das kindliche Alter be-
stimmte kurze Erzählungen aus seiner Tibel', bez. dem 'Ersten Lese-
buch', — daran schließt sich als Muster eines höheren Stils die Er-
Biüic Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji. 49
Zählung 'Tri smerti'. B. hat es sich angelegen sein lassen, einen
orthographisch einheitlichen und korrekten Text zu geben, — Graf
Tolstoj selbst stellte in zweifelhaften Fällen den Text für das vorliegende
Werk richtig — , und für eine peinlich genaue, auch den durch den Satzzu-
sammenhang bedingten Schwankungen Rechnung tragende Akzentuierung
Sorge getragen. — Es wird kaum Widerspruch finden, daß man den Anfänger
sich zunächst in eine längere Reihe von Texten eines und desselben
Schriftstellers hineinfinden läßt, anstatt ihm von vornherein in den
Proben aus verschiedenen Autoren auch verschiedene Stilarten vorzu-
legen. Tolstoj ist gewählt wegen seiner ungezwungenen, idiomatischen
Sprache, und weil B. richtig bemerkt hat, daß gerade dieser Autor sich
in seinen Schriften durch einen außerordentlich reichen Wortschatz aus-
zeichnet, — so ist aus den hier gegebenen Texten ein Vokabelvorrat von
etwa 3000 Wörtern zu gewinnen. Der in Form von Anmerkungen unter
dem Text gegebene Kommentar ist sehr sorgfältig und reichhaltig, zieht
alles irgend Besprechenswerte heran und stellt in sich ein rasches
Fortschreiten vom Einfachen zum Komplizierten dar. Neben den rein
sprachlichen Notizen zur Formenlehre, Syntax und Idiomatik, Synonymik
usw. bei denen von sprachwissenschaftlichen Erläuterungen und etymo-
logischen Erklärungen natürlich so gut wie abgesehen ist, und einigen
guten Bemerkungen zum Akzent und zur Aussprache, die man in den
meisten Lehrbüchern vergebens suchen würde, haben eine Reihe wert-
voller sachlicher Auseinandersetzungen Platz gefunden, zu denen der
Text Veranlassung gibt, so über Tauf- u. Hochzeitsgebräuche, Kleidung,
Maße, Geld u. a. mehr. 47 längere Artikel folgen auf S. 243 — 306 dem
kommentierten Text : mehr zusammenfassend werden hier z. T. schon im
Kommentar gestreifte Fragen aus allen Gebieten der russischen Gram-
matik knapp und doch klar und ausreichend durch Beispiele illustriert er-
läutert. Auch hier haben einige ausführlichere sachliche Exkurse Raum
gefunden. Zwei Indizes, einmal der russischen, einmal der französischen
Stichwörter ermöglichen schnelle Orientierung in diesem durch das Buch
verstreuten, erklärenden Material, und das Werk wird beschlossen durch
ein 'Lexique', in dem namentlich die genauen Akzentangaben für die
verschiedenen Flexionsformen der verzeichneten Wörter angenehm be-
rühren. — Es wäre kleinlich, mit dem Verf. rechten zu wollen, weil
man beim Durchlesen des Kommentars vielleicht hie und da eine nahe-
liegende und wichtig scheinende Anknüpfung vermißt : aus den gegebenen
Texten ist jedenfalls erstaunlich viel herausgeholt, und das Werk ist nicht
nur für den Lernenden, sondern auch für den Lehrenden von Wert, als
Muster, wie die Lektüre auch anderer Texte nutzbar gemacht werden
sollte. — Die typographische Ausstattung des bei Spamer in Leipzig
gedruckten Buches ist vorzüglich.
Großhchterfelde, Berlin. Erich Boehme.
Buliö S. K. Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji. T. I (XIII. v. — 1825 g.).
S prilozenijem vmesto vstuplenija, 'Vvedenija v izucenije jazyka' B.
Del'brjuka (Abriß der Geschichte der Sprachwissenschaft in Rußland,
I. T. Vom 13. Jahrb. bis z. Jahre 1825. Mit der Beilage, als Einführung,
'Einleitung in das Sprachstudium' von B. Delbrück). St. Petersburg, Ver-
lag von S. K. Buhe und L. F. Pantelejev. XII und 1248 S. 6 Rbl.
Anzeiger XIX. 4
50 Buliß Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji.
Wieder einmal ein Buch, das seine Geschichte hat. Eine Anzahl
Hörer der St. Petersburger Fakultät haben im Jahre 1897 den löblichen
Beschluß gefaßt, gemeinschaftlich Delbrücks 'Einleitung' ins Russische zu
übersetzen und zugunsten eines Unterstützungsfonds für unbemittelte
Studenten herauszugeben. Bulic hat dazu eine Ergänzung über die rus-
sische Sprachwissenschaft geschrieben, die allerdings (nach seinen eigenen
Worten) die Schrift zu einem Leviathan von einem Buch hat anwachsen
lassen: die eigentliche Übersetzung reicht zur S. 149, das übrige ist (von
Inhaltsverzeichnis u. dgl. abgesehen) die 'Ergänzung', die noch dazu nicht
einmal fertig ist: sie reicht nur zum Jahre 1825, und selbst in dieser
Periode fehlen noch die beiden Kapitel über das Studium der europäischen
außerslavischen und der morgenländischen Sprachen im 1. Viertel des
19. Jahrh. Man darf unter solchen Umständen die Opferwilligkeit des
H. L. F. Pantelejev und der hist.-philol. Fakultät der St. Petersburger
Universität nicht unerwähnt lassen, welche die Herausgabe des Buches
finanziell ermöghcht haben (die letztere dadurch, daß sie eine An-
zahl von Exemplaren übernommen hat: das Buch ist demnach auch
als SA. aus den Zapiski der Fakultät bezeichnet); auch der Wunsch
möge beigefügt werden, daß das Buch dem humanen Zwecke recht viel
einbringe.
Für den unheimlichen Umfang von Buhcs Abriß entschädigt den
Leser in reichlichem Maße sein Inhalt. Bulic führt uns da eine Partie
aus der Geschichte der Sprachwissenschaft vor, die bis jetzt zum großen
Teile so gut wie unbekannt war (eine kurze Skizze hatte er vorher 1899
im 55. Halbband des russischen Enzyklopädischen Wörterbuchs Brockhaus-
Jefron publiziert): und er beschränkt sich nicht auf bloße Wiedergabe
von inhaltsleeren Verfassernamen und Büchertiteln, sondern er reproduziert
sehr viel vom Inhalt der besprochenen Schriften. Und wenn er dies da-
mit rechtfertigt, daß die meisten davon in Rußland vielfach selten und
wenig bekannt sind, so gilt dies ja in einem unvergleichlich höheren Maße
außerhalb der russischen Grenzpfähle. Allerdings steht noch derjenige
Teil des Abrisses aus, der sicherlich der interessanteste und auch für
praktische Zwecke der Wissenschaft der nützlichste sein wird, die Ge-
schichte der neueren russischen Sprachwissenschaft, die ja eigentlich erst
seit nicht gar so langer Zeit aufhört, für die übrige, namentlich nicht-
slavische Welt gewissermaßen eine terra incognita zu sein: aber, von dem
Interesse abgesehen, mit dem man immer das ewige Ringen nach der
Wahrheit verfolgt, nicht bloß im Leben gilt der alte Spruch "historia
magistra'. Es ist wahr: die russische Sprachwissenschaft der älteren Zeit
war nicht selbständig und hat den wirkhchen Fortschritt der Wissenschaft
— natürlich von der Kenntnis der russischen Sprache selbst abgesehen
— nicht sonderlich befördert, aber ihre Geschichte bietet nichtsdesto-
weniger manches interessante und lehrreiche Blatt.
Das 1. Kapitel behandelt die handschriftliche grammatische Litera-
tur des 13. — 16. Jahrhs. nebst einem flüchtigen Rückblick auf die Anfänge
der außerrussischen ksl. Grammatik, die ja natürlich auch in Rußland
zuerst das Interesse an grammatischen Schriften wach rief. Man hört
da u. a. von russischen Bearbeitungen des Traktates 'Über die acht Rede-
teile', insbesondere von den Arbeiten des Byzantiners Maksim Grek (1480
bis 1556), der im Jahre 1515 nach Rußland behufs Revision der russischen
Kirchenbücher berufen wurde. In diese Periode fallen u. a. die ersten
Bulic Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji. 51
Versuche zur Bildung der grammatischen Terminologie. Das 2. Kapitel
bespricht die altrussischen Glossare, die zuerst als Verzeichnisse von
wichtigeren Fremd- und sonst nicht leicht verständlichen Wörtern mehr
oder minder enzyklopädischen Charakters erscheinen; das erste (ksl.-russ.)
gedruckte Wörterbuch von Lavrentij Zizanij Tustanovskij erschien 1596.
Kap. 3 führt die ältesten Sprachlehren und sonstige granim. Werke
a. d. 16. — 17. Jahrh. (die älteste ist Kgramatika slaven&ska jazyka 1586)
vor, Kap. 4 behandelt die fremdsprachlichen Kenntnisse und Unterrichts-
mittel im alten Rußland bis ins 18. Jahrh. hinein. In breitei'en Strömen
beginnt sich die Sprachwissenschaft zu ergießen, seit unter Peter d. Großen
die Schranken zwischen Rußland und dem Westen lockerer werden (Kap. 5).
Peters sprachwissenschaftliche Bestrebungen trugen allerdings zunächst
noch immer einen praktischen Charakter (es ist nicht ohne Interesse zu
erfahren, daß schon Kaiser Peter I. das Bedürfnis empfand, u. a. auch
den japanischen Sprachunterricht zu fördern): selbstverständlich blieben
jedoch diese Bestrebungen nicht ohne Wirkung auf die grammatische und
lexikalische Literatur. Die wissenschaftliche Seite des Sprachenstudiums
konnte nicht mit einemmale zur vollen Geltung gelangen : nichtsdestoweniger
beginnen schon unter Peter 1. die meist durch Fremdländer betriebenen
ersten Versuche, linguistisches Material in dem polyglotten Zarenreiche
zu sammeln. Unter Peter I. wirkte u. a. Ch. Fred, de Patron-Baudan, aus
dessen handschriftlichen, dem Ursprung der Schrift und der Sprachen-
vergleichung gewidmeten Arbeiten B. einige ergötzliche Etymologien an-
führt (r. l-aftan : d. heft ah, r. pn'nesi : d. bringen Sie u. dgl.). Unter Peters
Nachfolgern wirkten insbesondere Tred'jakovskij (1703 — 1769), Sumarokov
(1718—1777), Lomonosov (1712—1765), Männer, deren Namen auf das
Engste auch mit der Geschichte der Konsohdierung der russischen Schrift-
sprache und deren Emanzipation vom Kirchenslavischen verbunden sind.
Alle drei betrieben auch vergleichende Sprachwissenschaft, und neben
mancher Verschrobenheit (Tred'jakovskij bewies u. a. sprachwissenschaft-
lich, daß das Slavische älter ist als das Teutonische und daß die Varjago-
Russen Slaven waren), findet man bei ihnen, insbesondere bei Lomonsov,
viele von jenen Etymologien, auf deren Grund ja allmählig die vergleichende
Sprachwissenschaft erwachsen ist (wie griech. barjp, bibuuiui, yitvüjckuu,
•fuvt'-) : r. deve)-', daju, znaju, zena; Kap. 6). Kap. 7 erzähU u. a. vom ersten
in Rußland wirkenden Gelehrten, der sich auch um das Sanskrit be-
kümmerte (Th. S. Baier 1694—1726), insbesondere aber von dem ver-
gleichenden Wörterbuch der Kaiserin Katharina IL, das in den damahgen
Anschauungen von der Urverwandschaft aller Sprachen der Welt wurzelte,
dessen Bedeutung für die Entwickelung der russischen Sprachwissenschaft
indessen keine große ist (an seiner Ausarbeitung waren übrigens zum
größten Teile Nichtrussen beteiligt). Viel wichtiger waren die gleichzeitigen
Bestrebungen um Erforschung und literarische Ausbildung der russischen
Sprache (A. Barsov 1730—1791, V. Svetov, 0. Aleksgjev u. a.), die durch
das akademische Wörterbuch (6 Teile, 1789—1794) gekrönt wurden (Kap. 8).
Im Kap. 9 werden verschiedene allgemein oder vergleichend sprach-
wissenschaftliche Versuche derselben Zeit vorgeführt (Übersetzungen und
Originalarbeiten). Daran reiht sich Kap. 10 über Etymologien und darauf
basierende Ansichten der Geschichtsschreiber V. N. Tatiscev (1686—1750),
Fürst M. M. Scerbatov (1733—1790), I. N. Boltin (1735 — 1792), Kap. 11
über sprachwissenschaftUche Aufsätze in Zeitschriften des 18. Jahrhs., Kap. 12
4*
52 Bulic Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji.
über fremdsprachliche Studien unter Peters I. Nachfolgern, Kap. 13 über
orientalistische Studien derselben Zeit.
Etwas über die Hälfte der ganzen Arbeit Bulics (von S. 520) füllt
das letzte, 14. Kapitel, 'Der Zustand der Sprachwissenschaft im Laufe des
ersten Viertels des 19. Jahrhunderts'. Zunächst wird in kurzen Worten die
Höhe der russischen Sprachwissenschaft am Ende des 18. Jahrhs. rekapitu-
liert: die wichtigsten, wirklich wissenschaftlichen und selbständigen Erfolge
weist da die Erforschung der russischen Sprache auf; es wurde ja bereits
im 18. Jahrh. durch vereinzelte Ausgaben altrussischer Denkmäler und daran
sich schließende Untersuchungen auch das Studium der russischen Sprach-
geschichte sowie durch einzelne Versuche auch die russische Dialektologie
angebahnt. Hierauf beginnt die eigentliche Schilderung des genannten
Zeitraumes mit Vorführung von Arbeiten, die ins Gebiet der allgemeinen
Spracliwissenschaft fallen. Es folgt ein Abschnitt über die ersten Anfänge
von Sanskritstudien in Rußland (wir erfahren da u. a., daß es der etwas
abenteuerliche Autodidakt G. S. Lebedev war, der als der erste in Europa
18Ü5 in Petersburg den Druck mit Sanskritschrift bengalischer Art wagte)
und über die Sprachvergleichung des ersten Viertels des verflossenen Jahr-
hunderts (in letzterer Beziehung liest man mit besonderem Interesse über
die handschriftlichen etymologischen Arbeiten des bekannten Slavisten
AI. Vostokovj. Diese beiden Abschnitte füllen im ganzen 165 Seiten; alles
Übrige nimmt die Beschreibung der slavischen Studien ein (689 — 1128),
welcher Abschnitt daher den eigentUchen Kern des Werkes bildet.
Im Vordergrund stehen im ersten Dezennium des Jahrhunderts Be-
strebungen um die russische Literatursprache, besonders die heftigen
Kämpfe zwischen den Anhängern des 'alten Stils' (A. S. Siskov) und ihren
Gegnern, die der russischen Sprache zu ihren Rechten zu verhelfen trach-
teten; diese Kämpfe hatten ja auch ihre sprachwissenschaftliche Seite,
indem die russische Sprache der 'slavenischen' (kirchenslavischen) gegen-
über einerseits als eine nur volkstümlicher gehaltene Stilvarietät bekämpft,
anderseits als eine selbständige Sprache verteidigt werden muLHe. Daneben
sieht man Arbeiten, die die grammatische und lexikale Normierung der
Schriftsprache bezwecken, Arbeiten, die namentlich in der 2. Auflage des
akademischen Wörterbuchs (1806—1822) ihren Ausdruck fanden. Aber
auch die reine Wissenschaft meldet sicii schon im ersten Dezennium zu
Worte. Einzelne Aufsätze geben zu erkennen, wie rege das Interesse um
philologische Fragen auch im weitesten Sinne des Wortes (Mythologie,
Paläographie, Archäologie usw.) wurde. 1805 wird der Akademie die erste
Grammatik der kleinrussischen Sprache (A. Paviovskij) vorgelegt; das
Interesse um alte Sprachdenkmäler wird insbesondere durch die Ent-
deckung des Ostromirschen Evangeliums aus dem Jahre 1056 (1806) be-
lebt: kurz, man sieht eine Zeit ernster wissenschafthcher Arbeit kommen,
die in Alex. Vostokov (1781 — 1864) auch ihren Mann gefunden, dessen
gereiftes Wirken allerdings erst in spätere Jahre fällt. Wenn man die
eigentliche Wissenschaft sich so langsam vorbereiten sieht, darf man nicht
übersehen, daß die jungen russischen Universitäten nach dem Statut aus
dem Jahre 1804 nur den Lehrstuhl für 'Beredsamkeit, Verskunst und
russische Sprache' hatten, der berufen war, an der Entwickelung teilzu-
nehmen. Die wissenschaftlichen Bestrebungen betätigten sich indessen
schon im zweiten Dezennium durch Gründungen und Wirksamkeit wissen-
schaftlicher Gesellschaften; es regt sich das Interesse um andere slavi-
Bulic Ocerk istoriji jazykoznanija v Rossiji. 53
sehen Sprachen, es werden innigere Beziehungen mit ausländischen
Slavisten angeknüpft und Lehrstühle für Slavistik geschaffen (1811 in
Moskau, 1817 in Warschau); und es liegt auf der Hand, daß alles dies
eine Vertiefung der wissenschaftlichen Arheit zur Folge haben mußte.
Wir müssen uns leider versagen, B.'s Ausführungen auch nur annähernd
genauer zu skizzieren: die neuen Strömungen äußerten sich ja natürlicher-
weise mehr in verstreuten Monographien und programmatischen Aufsätzen
denn in abschließenden Werken.
B. bespricht zunächst Arbeiten des 2. und 3. Dezenniums, die dem
gegenseitigen Verhältnis der kirchenslavischen und russischen Sprache
gewidmet waren; man erfährt da u. a., wie 1823 N. Polevoj sehr ver-
ständige Anschauungen über die alte Spaltung der slavischen 'Wurzel-
sprache' (deren Urverwandschaft mit den anderen europäischen 'Wurzel-
sprachen' ihm noch unbekannt war) sowie über die Notwendigkeit vortrug,
durch Studium der slavischen Einzelsprachen und ihre Vergleichung ihre
geschichtliche Entwickelung zu erhellen. Weiter kommen Arbeiten über
die russische Paläographie sowie über die Sprache einzelner Denkmäler
und Publikationen derselben an die Reihe; die unermüdliche Sammel-
tätigkeit des Grafen Rumjancov und Kalajdovic, sowie die wissenschaft-
lichen Arbeiten Vostokovs, Köppens u. a. werden da eingehend beleuchtet.
Dann folgen die lexikalischen Arbeiten und Erwägungen über die russische
und kirchenslavische Sprache; mit besonderem Interesse liest man da
von Plänen und Versuchen zu einem etymologischen Wörterbuch (darunter
über handschriftliche Reste von Vostokovs etymol. Wörterbuch etwa aus
dem Jahre 1810/11, wo auch noch etwas Lautsymbolik zu treffen ist) und
von Projekten und Vorbereitungen zu mundartlichen und altrussischen
Wörterbüchern. Weiterhin kommen grammatische Arbeiten an die Reihe;
im Jahre 1812 stoßen wir u. a. auf die bescheidene erste selbständige
Studie über den russischen Akzent und seine mundartlichen Verschieden-
heiten (A. Prokopovic-Antonskij). Dann Arbeiten zur russischen Synonymik
und etymologische Versuche der russischen Philologen, Historiker und
Archäologen der in Rede stehenden Zeit.
In gewissermaßen in sich abgeschlossenen Abschnitten werden zum
Schlüsse die wichtigen Kapitel über die russische Dialektologie und über
das Studium der anderen slavischen Sprachen im 1. Viertel des 19. Jahr-
hunderts vorgeführt, wobei manches ausführlicher besprochen wird, was
auch schon früher gestreift werden mußte. Die Anfänge der russischen
Dialektologie reichen bereits in das 18. Jahrhundert, äußern sich da je-
doch mehr als dilettantenhafte Sammlungen und Aufzeichnungen von ab-
sonderlichen Provinzialismen. Das 1. Viertel des 19. Jahrhunderts hat
allerdings auch noch keine dialektologischen Großtaten gezeitigt, aber es
tut sich da ein unzweifelhaft wissenschaftliches Interesse an den Mund-
arten und die Überzeugung von der unumgänglichen Notwendigkeit ihrer
wissenschaftlichen Erforschung kund. Nicht viel anders verhält es sich
bezüglich der anderen lebenden slavischen Sprachen, deren Studium in
keinem geringen Maße auch durch den bescheidenen praktischen Wert
gehemmt wurde, den es damals für Russen hatte; da waren den Russen
andere Slaven, insbesondere die Böhmen mit dem Altmeister der Slavistik
Dobrovsky und seinen Jüngern zuvorgekommen. Nichtsdestoweniger be-
gann es sich im Laufe des Vierteljahrhunderts auch hier zu regen, und
vieles haben in dieser Beziehung junge Köpfe und ihre Zeitschriften ge-
54 Masafik Sloveso ceske ve soych tvarech a casich.
leistet. Wichtige Ereignisse des slavischen Auslandes, wie Fort. Durychs
Bibliotheca slavica (1795), Dobrovskys Slawin (1806), Slowanka (1813),
Instituliones linguae slavicae dialecti veteris (1819), die 'Entdeckung' der
Küniginhofer Handschrift(1817), Vuk Karadzics serbisches Wörterbuch (1818)
und seine sonstigen Werke usw. erwecken in der russischen Gelehrten-
und IntcUigentenwelt ein immer tiefer gehendes Interesse, welches in der
wissenschal'tliclien Literatur seinen Widerhall findet, derart, daß die rus-
sischen Philologen, nebst Vostokov z. B. Kalajdovic, Kacenovskij, Graf
Rumjancov, Metropolit Eugenij, Th. P. Adelung (der Enkel), Koppen u. a.,
in ihren Arbeiten auch die anderen slavischen Sprachen und Literaturen
zu berücksichtigen beginnen, ja, daß in der Akademie der Plan eines
vergleichenden Wörterbuchs der slavischen Sprachen aufkommt und ernst
verhandelt wird. Doch blieb es erst den nachfolgenden Jahrzehnten vor-
behalten, diese Bestrebungen zu einer reichen Entfaltung zu bringen.
Dies wäre der reiche Inhalt des Buches, natürlich nur in den alier-
dürftigsten Umrissen wiedergegeben. Die Darstellung desselben ist eine
fesselnde und mit Dank sei nochmals hervorgehoben, daß es der Inhalt
der besprochenen Schriften ist, der im Vordergrund der ganzen Schilde-
rung steht und sie gewissermaßen zu leibhaften Tatsachen werden läßt.
B. unterläßt es nicht, die geschilderten Ereignisse auch zu kritisieren und
scheut es nirgends, die Schwächen der alten Gelehrten und Nichtgelehrten
dem Auge des Lesers zu enthüllen. Vielleicht hätte es nicht geschadet,
mehr auf den genetischen Zusammenhang zwischen den Erscheinungen
der russischen Sprachwissenschaft und den Anregungen, die sie von außen
her empfing, einzugehen, als es geschehen ist, wiewohl B. auch dieses
Bedürfnis ja nicht aus den Augen verliert.
Eingehendere Beurteilung des Buches muß Ref. Anderen überlassen,
die in dessen Gegenstande besser zu Hause sind als er.
Smichov bei Prag. Josef Zubaty.
Masafik J. Sloveso ceske ve svych tvarech a casich. — Das böhmische
Verbum in seinen Formen und Zeiten. Nakladatelstvi A. Haase v Praze.
— Verlag von A. Haase, Prag. [S. a., beendet 1905]. 18 Hefte zu 80 Hell.
XXXV u. 672 S.
Das Buch verfolgt den praktischen Zweck, einem Deutschen, der
die böhmische Sprache lernen will, das Eindringen in die Eigentümlich-
keiten des böhmischen Verbums zu erleichtern: als langjähriger Lehrer
an deutschen Mittelschulen hat der Verf. sicherlich Gelegenheit genug ge-
funden, zu sehen, daß das slavische Verbum mit seiner reichen Entfaltung
der verschiedenen Aktionsarten dem Deutschen keine geringen Schwierig-
keiten bereitet. Das Buch bietet zunächst eine 'Einleitung' über das böh-
misclie Verbum in seinen Formen und Zeiten', und zwar 'in beiden Landes-
sprachen', worauf ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis der böhmischen
Verba und schließlich ein deutsch-böhmisches Glossar folgt.
Es ist keine leichte Sache, die Verteilung der Aktionsarten in den
verschiedenen Slammbildungen und Zusammensetzungen des slavischen
Verbi einem Nichtslaven vorzuführen und einzuüben: diese Verteilung ist
leider keine gleichmäßige, wenigstens auf den ersten Blick nicht. Die
beste Methode wäre meines Erachteus, mit jenen primären Zeitwörtern
den Anfang zu machen, die in der Aktionsart im wesentlichen mit den
Masafik Sloveso ceske ve soych tvarech a casich. 55
deutschen Zeitwörtern übereinstimmen {jdu 'ich gehe', nesu 'ich trage'
usw.): man findet sie in allen Konjugationen vertreten. Dann wären etwa
die primären Perfektiva vorzunehmen, und weiterhin die verbalen Ab-
leitungen (darunter z. B. auch die denominativen) und Zusammensetzungen
mit den ihnen zukommenden Aktionsarten; die wichtigsten und gebräuch-
lichsten Zeitwörter würden da vollauf genügen, ein mehr als ausreichen-
des Material zu liefern. Natürhch müßte Alles nach den Konjugations-
klassen eingeteilt und geordnet sein, sollte kein Chaos zustande kommen.
Der Verf. beginnt statt dessen mit einer Auseinandersetzung über die
Aktionsarten selbst, die, weil sie die verschiedenen Stammbildungsarten
sehr wenig berücksichtigt, unübersichtlich bleibt, und selbst für Leute,
denen die Bedeutung der einzelnen angeführten Verba geläufig ist, nicht
ohne beträchtliche Schwierigkeiten ist. Große Schuld trägt daran der Um-
stand, daß der Verf. es unterlassen hat, überall die vorgetragenen Lehren
an allen allgemein gebräuchlichen Verbis zu exemplifizieren: z.B.
vermißt man eine eingehendere Besprechung und Exemplifizierung der
im Slavischen so wichtigen Verbalkomposition. Dafür würde man hie und
da Beispiele gern entbehren, die in ungebräuchlichen Zeitwörtern be-
stehen: laziti S. XVI z. B. ist ein in Böhmen unerhörtes Wort, und Zeit-
wörter wie zvtceslabicniti 'mehrsilbig machen', zviceslahiCnHi 'mehrsilbig
werden' werden hoffentlich nie und nirgends heimisch werden.
Leider findet man im Buche auch manche Ungenauigkeiten. Ddti
'geben' soll zur 5. Konjugation gehören (VII). Punktuelle Zeitwörter (oder
Verba singularia, wie sie der Verf. nermt) sollen (mit Präsensbedeutung),
den Impt. abgerechnet, nur in Nebensätzen vorkommen (ebd.): dem Verf.
sind da die sehr zahlreichen gnomischen Sätze sowie Sätze mit unbe-
stimmter Zeit entgangen (gleich sein Beispiel sotva lehnu, hned spim 'kaum
lege ich mich nieder, gleich schlafe ich' kann auch so lauten: sotva lehnu,
hned usnu 'gleich schlafe ich ein'). Reflexive Zusammensetzungen von
Imperfektiven mit na- sollen bedeuten, 'daß sich das Subjekt mit der
Handlung des Verbums bis zur vollen Ermüdung, oft zum Überdruß abgibt
oder sich in einem verdrießlichen Zustande der Überanstrengung befindet'
(VIII), eine zu enge Fassung der Regel, die ja auch Bedeutungen wie
najedl jsem se 'ich habe mich sattgegessen, gesättigt', napil jsem se 'ich
habe genug getrunken, um den Durst zu löschen' (oder gar auch 'ich
habe einen Trunk gemacht'), nasmdli jsme se 'wir haben so viel gelacht',
usw. einzuschließen hat. Es ist nicht richtig, daß z. B. tykati 'duzen' nicht
komponiert wird (IX); man kann z. B. sagen nekdy mi zatykd, ale pak mi
zase vykd 'hie und da sagt er mir einmal 'du', aber dann ihrzt er mich
wieder', oder zatykds-li mu jeste jednou, uvidis 'duzt du ihn noch einmal,
wirst du sehen'. Es wäre besser gewesen, dgl. Einzelheiten, die den An-
fänger nur stören, sich aber im Laufe der Zeit von selbst ergeben, in
einem Elementarbuch bei Seite zu lassen. — In vziti 'nehmen' (ksl. jeti
mit v^zb) sollen die Präverbien v 'hinein' und z {= izb) 'hinaus' enthalten
sein (X). — S. XIV ist die Rede davon, wie ein Verbot ausgedrückt wird.
Bekanntlich wird im Gechischen dazu in der Regel der negierte Imperativ
eines Verbum Imperfektum gebraucht, selbst wenn es sich um eine Hand-
lung handelt, die, wenn nicht negiert, durch ein Perfektivum ausgedrückt
werden müßte (z. B. fekni to, povez to 'sage es' perf., aber nefikej to^ nepo-
vklej to 'sage es nicht' imperf.); es ist jedoch nicht richtig, wenn man
vielfach zu lesen bekommt, ein negativer perf. Imperativ sei überhaupt
56 Masafik Sloveso ßeske ve soych tvarech a casich.
nicht zu gebrauchen. Aber der Unterschied zwischen den beiden Arten
des Verbotes ist bei M. nicht richtig angegeben. "Der negative Imperativ
wird angewendet, wenn eine schon stattfindende Handlung aufhören soll"
(man sagt ja z. B. nefikej to nikomu 'sage es Niemanden', kdybys ho videl,
nefikej mit to 'wenn du ihn sehen würdest, dann sage es ihm nicht', von
Handlungen, die möglicherweise erst in der Zukunft stattfinden könn-
ten); den negativen perf. Imperativ nennt der Verf. "Warnung, . . . zum
Zweck der Verhinderung einer Handlung, die niemals eintreten darf, um
einem Unfall, Mißgriff, Unglück, Schaden vorzubeugen" (eine Warnung
kann aber auch durch einen imperf. Imperativ ausgedrückt werden, und
wird es auch in der Regel, z. B. nechod^ Tc ohnu, spadl bys 'geh nicht zum
Fenster, du würdest hinunterfallen'). Der Unterschied liegt anderswo.
Das allgemeine Verbot einer selbst punktuellen Handlung, die überhaupt
nie stattfinden soll, wird durch den Imperativ eines Vei'bum imperfekt.,
bezw. iter., ausgedrückt (nepozdravuj ho imperf. 'grüße ihn nicht' [= nie]).
Durch eine psychologisch leicht erklärliche Verschiebung wird dies im
Allgemeinen auch auf Verbote von einmaligen Handlungen ausgedehnt
(ich gehe mit Jemanden, sehe von Weitem eine dritte Person und sage
zu meinem Begleiter: pozdrav ho 'grüße ihn, mache ihm deinen Gruß'
perf., aber nepozdranij ho 'grüße ihn nicht' imperf., ursprünglich sicherlich
= 'grüße ihn überhaupt nicht'); diese Erscheinung ist ja nicht einmal auf
den Imperativ beschränkt, vgl. insbes. Gebauer AslPh. 25, 124 ff. Der per-
fektive Imperativ steht im Verbote, wenn es sich um eine Handlung handelt,
die ausdrücklich als eine einmalige perfektive Handlung bezeichnet werden
soll (z. B. in derselben Situation: nepozdrav ho, uindi's, co udeld 'grüße ihn
[diesmal] nicht, du wirst sehen, was er tun wird'; nepozdravuj e-li te on,
nepozdrav ho taJc^ jednou dvakräf, a on säm zacne 'wenn er dich [in der
Regel] nicht grüßt, grüße auch du ihn ein- [oder] zweimal nicht und er
wird selbst den Anfang machen'; nevi/pij osecko najednou 'trinke nicht
Alles auf einmal aus' usw.; nespadni tarn 'falle nicht hinunter, trachte,
daß du nicht hinunterfällst'). Es hegt auf der Hand, daß hiebei eine große
Rolle der vivaksä der ind. Grammatik, der jeweiligen Stimmung und Nei-
gung des Redenden, sich in dieser oder jener Weise auszudrücken, zufällt,
und anderseits auch traditioneller Usus bei einzelnen Zeitwörtern, Um-
stände, die natürlich die richtige Erfassung der ganzen Redeweise nicht
erleichtern.
Der allgemeinen Besprechung der Aktionsarten folgt noch eine Über-
sicht der Konjugationen, in welcher auch die Aktionsarten berücksichtigt
werden, jedoch nicht in dem Maße, daß der Leser ein einigermaßen voll-
ständiges Bild zu sehen bekommt (auch hier würde man Unriclitigkeiten
finden). Den eigentlichen Kern des Buches bildet jedoch das reichhaltige
Verzeichnis der Zeitwörter (S. 2 — 603). Es dürfte wenig einigermaßen ge-
bräuchliche Verba geben, welche hier fehlen würden, im Gegenteil findet
man gar manches ungebräuchliche. Das Verzeichnis enthält nicht weniger
denn 15 Rubriken (Infinitiv, Bedeutung, Aktionsart, Präsens, Imperfektum,
impf, und pft. Futurum, Fut. IL, Fft., Plasqupft., Gebot, Verbot, Warnung
(s. 0.), Part. Pfti. pass., Anmerkung. Die Rubriken Fut. II und Plusqupft.
hätten ganz wohl entfallen und durch solche für Partiz. Präs. und Prät.
Akt. ersetzt werden können. Man findet da neben dem Grundverbum seine
abgeleiteten Stammbildungen und Zusammensetzungen in der Regel bei-
sammen; das Verzeichnis mag in dieser Einrichtung von Nutzen sein.
Gebauer Slovnik starocesky. 57
Allerdings findet man gar Manches, was überflüssig, auch was unrichtig
ist. Der Verf. hielt sich z. B. für verpflichtet, die Rubrik Part. pfti. pass.
überall auszufüllen (nur hie und da, wie bei bäti se "fürchten' fehlt die
Form), und zu diesem Zwecke schmiedet er bei Intransitiven Formen,
die höchstens in erzwungenen Impersonalsätzen möglich, ja auch solche,
die einfach unmöglich sind {blben zu blbeti 'blöde werden', blednut zu
blednouti 'erblassen' a. A.). Unrichtig ist, wenn belen zu beleti 'weiß wer-
den' oder gar zu beleti se 'weiß schimmern' (richtiger belati se, welches
fehlt) gestellt wird, es gehört zu beliti 'weiß machen' (welches auch fehlt:
im Cechischen wird meist bieliti biliti 'weiß tünchen' von beliti 'weiß machen'
differenziert). Nabddati 'antreiben, anstacheln' gehört nicht zu bddati
'forschen', sondern zu bodati 'stechen'. Sind die Grundverba wohl voll-
zählig vertreten, sucht man hie und da eine Ableitung oder Zusammen-
setzung vergebens; z. B. blbnouti, zblbnouti; probodävati u. ä. neben dem
angeführten, aber ungebräuchlichen probodovati u. m. A. Im ganzen scheint
es, der Verf. habe sich eine Aufgabe gestellt, die über seine Kräfte geht.
Smichow bei Prag. Josef Zubaty.
Gebauer J. Slovnik starocesky. Vydävaji Ceskä Akademie cisafe Fran-
tiska Josefa pro vedy, slovesnost a umeni a Ceskä grafickä spolecnost
'Unie' (Altcechisches Wörterbuch. Hsg. von der Böhm. Kaiser Franz
Josef- Akademie fürWiss., Litt, und Kunst und von der Böhm, graphischen
Ges. 'Unie'). Prag. Im Verlag der Böhm, graph. Ges. 'ünie'. Heft 1 — 13
{A — mat. H. 1—9 = I. Teil. Prag 1903, A — JC). XXX, 674 u. 320 S.
lex. 8". Einzelne Hefte zu 4 Kr.
Das vorliegende Wörterbuch bildet nur einen Teil von einem Werke,
in welchem die Ergebnisse der rastlosen Lebensarbeit seines Verfassers
niedergelegt werden sollen. Das Programm, wie es derselbe im Vorwort
zum ersten Bande seiner Historischen Grammatik (1894) entwirft, soll
nebst dem Wörterbuche auch eine tunlichst vollständige historische Sprach-
lehre enthalten; die in Aussicht gestellte Reihenfolge der einzelnen Teile
ist die, daß auf zwei Teile der Grammatik, die Laut- und Flexionslehre
enthaltend, das altcechische Wörterbuch und ferner weitere zwei Teile
der Grammatik (die Stammbildungslehre und S-^Titax) folgen sollen. Von
diesem Riesenpensum befindet sich nun etwa die kleinere Hälfte im Be-
sitze der Gelehrtenwelt, nämlich die Laut- (Historickä mluvnice jazyka
ceskeho. Dil I. Hläskoslovi. Prag und Wien 1894. XII und 702 S. gr. 8«),
und die Flexionslehre (Hist. mluvn. Dil III. 1. Sklonoväni, ebd. 1896,
638 S. ; 2. Casoväni, ebd. 1898, 508 S.) und die bis 1906 erschienenen Hefte
des Wörterbuchs; und selbst wer nicht wie Rf. zum engeren Kreise von
Gebauers Schülern, Verehrern und Freunden gehört, stimmt gewiß mit
demselben in dem Wunsche überein, der Himmel möge ihm viel Gesund-
heit und Schaffenslust gewähren, auf daß er sein Lebenswerk zu Ende
führe und sich auch noch der Wohltaten Ireue, die ja dasselbe der
Sprachwissenschaft schon heute bringt.
Man kann schon heute sagen, worin das Hauptgewicht von Gebauers
Werk liegen wird: es dokumentiert sich dies ja bereits in dem Umstand,
daß er nur das Altcechische lexikalisch bearbeitet. Die ältere Sprache
ist es, über welche Gebauers Arbeit das meiste Licht gebracht hat. Diese
Bemerkung soll ja keine Rüge enthalten. Erstens sind es vor allem die
Grundfesten, die zuerst aufgebaut werden müssen, zweitens aber weist
58 Gebauer Slovnik starocesky.
gerade die dialektologische Durchforschung des cechischeri Sprclchgebietes,
die ja doch zunächst berufen ist, das Baumaterial zur Vollendung des
Oberbaues zu liefern, noch immer sehr beträchtliche Lücken auf. Die wich-
tigsten geschichtlichen Quellen, mundartlich gefärbte Urkunden, modern
meistenteils noch unbenutzt in den städtischen und sonstigen Archiven:
von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, sind sie bisher fast nur zu kul-
turgeschichtlichen Zwecken berücksichtigt worden. Und der jetzige Stand
der Mundarten ist wenigstens für Böhmen selbst, wohl eher infolge, als
trotz der im Ganzen und Großen unbedeutenden augenfälligen Mundarten-
unterschiede, noch immer nicht systematisch, geschweige denn erschöpfend
vorgeführt worden. In den neueren Entwickelungsphasen liegt daher das
Gebiet, für welches Gebauers Werk wird am meisten ergänzt werden
müssen: was die ältere Zeit anbelangt, sind Ergänzungen sicherlich auch
zu erwarten und zu erhoffen, aber sie werden wohl immer den Charakter
einer Nachlese tragen, einer Nachlese, die nur durch Auffindung und
Publizierung neuer wichtiger Quellen eine reichlichere werden wird.
Das Altcechische nimmt unter den älteren slavischen Literatur-
sprachen nach dem Kirchenslavischen die wichtigste Stelle ein. Die ältere
Literatursprache der griechisch-orthodoxen slavischen Völker steht über-
all unter dem Bann der kirchenslavischen Vorbilder, und streng genommen
äußern sich die älteren Belege von Formen der betreffenden Sprachen
zunächst als fehlerhafte Abweichungen vom richtigen Altkirchenslavisch,
die allerdings mit der Zeit typisch werden, sich aber erst sehr spät zu
einem einheitlichen und im wesentlichen reinen Sprachbilde verbinden.
Und unter den nichtorthodoxen Slaven können sich die Böhmen mit den
ältesten und für die ältere Zeit zahlreichsten Literaturdenkmälern aus-
weisen. Dieselben erstrecken sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in
ununterbrochener Reihe bis in die Neuzeit, und bieten für die verschiede-
nen Arten des Sprachwandels ein so reiches Material, daß deren Studium
nicht blos für spezielle Bohemisten instruktiv ist. Und es bleibt für immer
Gebauers Verdienst, daß er der erste war, welcher diese reiche und nicht
selten verwickelte Sprachgeschichte in allen ihren Einzelheiten verfolgt
und der Wissenschaft ein detaiUiertes und klares Bild davon vorgeführt
hat. Zwei Umstände verdienen dabei besonders hervorgehoben zu werden.
Gebauer hat sich zu seinem Lebenswerke mit gründlicher sprachwissen-
schaftlicher Bildung ausgerüstet und hat auch während seiner Detail-
arbeit nie die Fortschritte der vergleichenden Sprachforschung aus seinem
Gesichtswinkel verloren, ein Umstand, dessen Früchten man in seiner
Arbeit auf Schritt und Tritt begegnet. Aber er hat auch das Quellen-
material in dem ausgiebigsten Maße durchforschen müssen: und dieses
Material stand zum größten Teile nur handschriftlich, und wenn publiziert,
so meist nicht kritisch, wenigstens nicht in diplomatischer Buchstaben-
treue publiziert zur Verfügung. Und zudem gab es unter dem Material
auch Stücke, die kein echtes Gold, sondern durch falsch verstandenen
Patriotismus ins Leben gerufene Fälschungen waren, Stücke, die bis-
her in erster Reihe als Quellen zur Erforschung der älteren Sprache
dienten, und die beseitigt werden mußten, sollte das zu zeichnende Bild
nicht zum Zerrbild der Wahrheit werden. Wer den Kämpfen, die um die
Echtheit insbesondere der sog. Königinhofer Handschrift geführt werden
mußten, nicht nahe stand, wird sich nie vorstellen können, welch ein
Maß von Bewußtsein, Aufopferung und nicht bloß wissenschaftlichem
Gebauer Slovnik starocesky. 59
Heldenmut dazu gehörte, um nicht den Mut sinken zu lassen: wenn dieser
Kampf heute, von einigen unerfreulichen Folgen persönlichen Charakters
abgesehen, ausgekämpft und zwar zugunsten der wissenschaftlichen Wahr-
heit und Freiheit ausgekämpft ist, so ist es vor allem durch Gebauers
Verdienst geschehen.
Der Leser fragt sich vielleicht, warum er so wenig über das an
die Spitze dieser Anzeige gestellte Wörterbuch zu lesen bekommt. Ref.
wollte jedoch dessen Bedeutung im Zusammenhang mit Gebauers sonstigen
Arbeiten, in den es ja schon äußerlich, als Quellenbuch für einen be-
trächtlichen Teil der noch ausstehenden Stammbildungslehre und Syntax,
welches auch seinerseits, was Einzelbelege anbelangt, insbesondere aus der
Flexionslehre ergänzt werden kann, gehört, wenigstens in flüchtigen Zügen
andeuten. Ein altcech. Wörterbuch, sollte in der Gestalt, in welcher es sich
Gebauer vorstellt (I, S. IV), "den gesamten cech. Sprachstoff enthalten, wie
er in den Sprachdenkmälern seit der ältesten Zeit bis zur Stabilisierung
der neuen Schriftsprache vorliegt". Der Verf. ist sich bewußt, daß auch
sein Werk diese Aufgabe nicht in ihrem vollen Umfang gelöst haben wird;
er will jedoch, daß sein Wörterbuch "den gesammten lexikalischen Sprach-
stoff bis zur Hälfte des 14. Jahrhunderts inkl., fast Alles aus dem Reste
des 14 Jahrhunderts, und alles Wichtige aus dem 15., ja auch aus dem
Anfang des 16. Jahrhunderts enthalte". Inwiefern dieses Ziel erreicht
worden ist, kann nur Derjenige beurteilen, wer selbst irgendwelchen Teil
dieses Gebiets lexikalisch bearbeitet hat: daß Manches übersehen worden,
ist von vorn herein zu erwarten, und ist auch, z. T. auch nicht ohne klein-
liche Schadenfreude, konstatiert worden; auch Gebauer ist sich dessen
bewußt und stellt schon jetzt Nachträge und Verbesserungen in Aussicht.
Im Vorwort selbst ist schon Einiges davon zu lesen *).
Das Wörterbuch ist selbstverständlich in der üblichen Art und
Weise eingerichtet. Die Wörter sind an die Spitze der einzelnen Artikel
in der lauthch und flexifisch normal altcech. Form gestellt, ein Vorgehen,
welches in Anbetracht der namentlich orthographischen Ungleichmäßigkeit
des altcech. Schrifttums aus praktischen Rücksichten wohl unerläßlich
ist*); die Belegstellen folgen in einheitlicher Umschrift, die nach Tunlich-
keit den Eigentümlichkeiten des Originals Rechnung trägt, wobei jedoch das
1) U. A. z. B. Belegstellen für druhy (ksl. drugi) in der Bedeutung
'mancher', die aufsemasiologischem Selbständigwerden in Korrelativgruppen
jeden — druhy 'alius — alius' beruht. Wie schon die Adverbien druJide
'stellenweise', druhdij 'bisweilen' (ksl. drugide 'anderswo', druffbda 'ander-
mal') beweisen, muß jene Bedeutung ziemlich verbreitet gewesen sein;
Ref. ist auf sie zufälliger Weise gestoßen z. B. auch bei Kabdtnik z Lito-
mySle 20b (19 33)^ 22a (21 13), beiLobkovic (Reisebeschreibung) IIb (9 21 f.),
13a (10 19), 13b (10 31), 24a (18 18) usw. Hierher gehört auch der Be-
leg StitBud. 1 bei Gebauer S. 341.
2) Hie und da kommt es vor, daß irgend eine Normalform aufge-
stellt wird, die in der betreffenden Gestalt nicht nur nicht belegt ist,
sondern vielleicht, wo es sich um Stammbildungen späteren Ursprungs
zu handeln scheint, in derselben nie existiert hat. So darf man z. B. für
nicht bewiesen halten, daß es je ein bedl'u sS, bedliifu se, bisyni für das
spätere bedltm, bedlivim, bSsyne gegeben habe. Doch fallen dgl. Konse-
quenzen nicht schwer in die Wage, weil sich Jedermann doch an die
Belege selbst halten wird.
60 Gebauer Slovnik slaroc'esky.
im Artikel behandelte Wort in der Regel diplomatisch treu wiedergegeben
wird. Ref. gesteht, daß ihm ein nicht transskribierter, nach keiner Richtung
hin präjudizierender Worttext immer am liebsten ist; und von Leuten, die
Gebauers Wörterbuch benützen werden, darf man doch wohl voraussetzen,
daß sie Zitate auch in alter Orthographie werden lesen können. So ist man
z. B. gewohnt, bei Transskription alter Texte ohne weiteres für das Altcech.
die Quantitätsverhältnisse der heutigen Schriftsprache vorauszusetzen (falls
natürlich die Quantität nicht in der Quelle selbst irgendwie angedeutet ist),
ein Vorgehen, welches den notorischen Fällen von zeitweisem und lokalem
Quantitätswechsel gegenüber nicht ohne Bedenken ist. Um ein einziges
Beispiel anzuführen, nachdem für ursl. besi 'Dämon' fürs Altcechische auch
die Lautform mit langem Wurzelvokal {bis aus bies) feststeht, ist man ja
streng genommen nicht berechtigt, an Stellen, wo die Schreibung des
Denkmals die Lesung mit kurzem S zuläßt, aber die mit langem ie nicht
ausschließt, sich der heutigen Schriftsprache zuliebe für e zu entscheiden
(es würde sich vielleicht empfehlen, wenn man schon transskribieren will,
nur die so verschiedenartig geschriebenen Konsonanten, bei welchen der
Lautwert doch wohl im Ganzen unzweifelhaft ist, zu transskribieren, und
die Vokale in der Gestalt zu geben, wie sie im Original stehen, ein Vor-
gehen, wie es seinerzeit Hanns vorgeschlagen hat). — Die Etymologie wird
nur in beschränktem Maße berücksichtigt: hauptsächlich in der Art, daß bei
den Grundwörtern ihre ursl., bezw. ksl. oder die Form anderer sl. Sprachen
geboten wird (bei Fremdwörtern natürlich die betreffende Quelle). Dies
ist in Ordnung: ein Wörterbuch hat ja die Etymologie insoferne zu fördern,
daß es dem Etymologen ein verläßliches Material bietet. Vielleicht hätte
es jedoch nicht geschadet, wenn das Wörterbuch (natürlich unter Ver-
meidung jeglicher Über flüssigkeit) zu einem gewissen Maß die einzelsprach-
liche Etymologie mehr berücksichtigt hätte. Es ist wahr, daß dasselbe in
erster Reihe für Philologen bestimmt ist, die sich ja in dieser Hinsicht
müssen Rat wissen; aber immerhin kann man sich Leser vorstellen, die
z. B. nicht gleich wissen, daß berny peniez etymologisch 'die anzunehmende,
angenommene Münze' bedeutet und das Adj. zu brdti 'nehmen' gehört.
Auf Einzelheiten will und kann ich mich nicht einlassen. Nur ein
paar Randglossen mögen hier ihren Platz finden.
Zu bfev (S. 102, aus brbvi) 'Steg' wird auch der Ortsname Brzve
gestellt, mit der Bemerkung, rz für f sei in demselben nach der alten
Schreibweise mit rz ^=f aufgekommen. Im Volksmunde lautet der Name
in der Tat nur Bfve (einsilbig), und es ist dies nicht der einzige Fall,
wo das Volk seine Ortschaft richtiger nennt als seine Obrigkeit (so z. B.
Kozlanij für Kozlany, Chocerady für Kocerady). Dasselbe wird auch bei
dem heute deutschen Orte Brztany der Fall gewesen sein, wie dies ja
schon der deutsche Name Weberschan (aus ve Bfvan[ech]) nahe legt.
Bukati (116) steht an der im Wörterbuch angeführten Stelle aus
Chelcicky in unzweifelhaftem Zusammenhang mit der aufreizenden Inter-
jektion bu und heißt bu 'schreien'. Als derartige Bildung steht es be-
kanntlich nicht vereinzelt da, vgl. kou-kati, hy-kati, hoja-kati, hele-kati
'hou usw. schreien', vy-kati 'ihrzen, vy- sagen', mnou-kati 'miauen' usw.,
lauter Bildungen, die für die etymologische Beurteilung der zahlreichen
onomatopoetischen Verba auf -kati nicht ohne Interesse sind. — bumbu
(117) wird sichedich kein onomatopoetischer Ausdruck, sondern der Akk.
Sg. von bumba 'Saufen' sein.
Gebauer Slovnik starocesky. 61
S. 129 ist Rede von der periphrastischen Verbindung budu (ksl. bad^)
mit Infinitiv, bezw. von budu allein, als Ausdruck für das 'Präsens ab-
solutum (das sog. Präsens historicum)'. Zunächst ist der Unterschied
zwischen Präs. absolutum (oder gnomicum) und Präs. historicum schärfer
ins Auge zu fassen. Gnomische Sätze sind z. B. ale gdijz se sdravie
ruäi, tepyfv tu bilde pozndno 'aber wenn die Gesundheit vergeht, erst da
■ wird es erkannt (erkennt man) usw.', oder vidil sem, ze Arabove plne
oöi osazene budau miti muchami, vsak pro lenost nesezenau jich 'ich habe
gesehen, daß Araber die Augen voll besetzt haben (haben mögen) mit
Fliegen, aber aus Faulheit sie nicht wegtreiben''): hier ist budu offenbar
das Präs., und die Periphrase mit Infinitiv dient dazu, nach Bedarf
einem gnomischen Präs., welches meist von perfektiven Zeitwörtern
(wie bei Harant z. Polzic nesezenou jich) vorkommt, auch bei einem Im-
perfektivum irgendwie die perfektive Form (budu) zu geben. Ein instruk-
tives Beispiel steht in der Übs. von Marco Polos Million 82 b (s. 122 bei
PräSek): . . . tehdi/ ti carodemci nastrojie tanec veliky a Jiudbu i pisßbu
zjednaji. a talc svytn bohöm ke csti rozliöne piesne tvofie. A to tah dlüho
öinie, az niktereho z tech tanehdkuov didhel posedne. A tak pak inhed
tancS nechajiece bezie k tomii, kterehoz didbel posedl a budu jeho tdzati,
proö by onenno nemocen byl '(wenn jemand krank ist,) da bereiten diese
Zauberer einen großen Tanz und verschaffen Geigen- und Pfeifenmusik,
und produzieren so ihren Göttern zu Ehren verschiedene Lieder. Und
dies tun sie so lange, bis einen von den Tänzern der Teufel besitzt (sich
seiner bemächtigt). Und so dann sofort den Tanz aufgebend laufen sie zu
jenem, den der Teufel besessen, und fragen ihn, warum jener krank wäre'
("Präs. perfektiver Verba nastrojie, zjednaji, posedne, imperf. Verba tvofie,
öinie, Mzie, mit den letzteren gleichbedeutende Periphrase budü tdzati für
tdzie). Anderer Art sind erzählende Sätze mit dgl. Periphrasen. Man
findet sie am zahlreiclisten in der reo peknd o Bruncvikovi in der Graf
Baworowskischen Sammelhandschrift (hsg. von Loriä 1903, Sbirka pra-
menüv I 1, 6) vertreten; und bezeichnenderweise bietet die Klementiner
Handschrift an den betreffenden Stellen dafür allerhand Präterita, am
häufigsten Periphrasen mit Aoristen des Zeitw. pocieti 'beginnen'; z. B.
fLoris 26 f.) : a obchytlvSi jeho s ^^ZaVem velikytn, i bude jeho pykati a pro-
siti [i pykdse jeko a poäe j^'^ositi Klem.) . . . 'und ihn mit großem Weinen
umfaßt habend, begann sie ihn bedauern und bitten . . .' Bedenkt man
den Umstand, wie spät ein Präs. historicum in den indoeuropäischen
Sprachen überhaupt (Delbrück Grundriß 4, 261) und im Cechischen ins-
besondere aufkommt (in der letzteren Sprache wurde dieses Aufkommen
durch Verlust des Aorists begünstigt, dessen Formen vielfach mit jenen
des Präs. gleichlautend waren) so wird der Verdacht rege, daß bude (ein
budu, 1. Ps. Sg., ist nicht belegt) in Periphrasen der besprochenen Art
eine Aoristform ist (auch btcdu in den Gebeten und Legenden aus dem
14 Jahrhundert 57 a bei Gebauer ist offenbar Aor., höchst wahrscheinlich
jedoch ist ein jiti dabei ausgelassen worden). Es ist nicht unmöghch,
daß die Aoristform sich durch Quantität {bilde) von der Präsensform [bude)
unterschied. Man würde vielleicht im Aor. eher by erwarten: doch eignete
sich offenbar die Neubildung bude (vgl. dobuden im Million für dobyt) für
1) Man sehe dem Ref. nach, daß er die Belege, der leichteren Faß-
lichkeit halber, hier auch in Umschrift gibt.
62 Schwela Lehrbuch der Niedervvendischen Sprache.
die indikativisch präteritale Periphrase besser, als der alte in der Regel
in Konditionalbedeutung gebrauchte Aor, %'). Diese Periphrase scheint
nicht allgemein üblich gewesen zu sein: ich halte es für durchaus möglich,
daß die Redeweise bude (bilde) prositi 'er (sie) begann zu bitten' eine
Nachahmung der mhd. (nebenbei gesagt auch bei Fritz Reuter vorkom-
menden) beiläufig gleichbedeutenden Periphrase er tvart vrägen {= wart
vrägende) Grimm 4, 7 ist.
Schade, daß das ac. Material keinen richtigen Schluß erlaubt, wie
imter verschiedenen Umständen der Name Jan (Johann) gesprochen wurde
(599). Ursprünglich war d sicherlich lang {Jan aus Joan, wie Jdchym aus
Joachim), und die Länge ist teilweise durch Schreibungen wie Jaana,
Jaan verbürgt. Heute wird der Name, wenn allein oder an zweiter Stelle
stehend, wenigstens in Mittelböhmen lang gesprochen, {to je Jdn 'das ist
Johann', m«; bratr Jdn 'mein Bruder Johann'); ebenso auch in der Ver-
bindung svafi/ Jdn Kftitel 'Heil. Johann der Täufer', wo es wie in jenen
Fällen mit vollem Wortton gesprochen wird. Dagegen lautet es Jan, steht
es vor dem Familiennamen [Jan Stonpa), in welchem Fall es ohne Ton,
proklitisch mit dem folgenden Namen verbunden wird. Man darf sich
hiebei nicht durch die Schriftform täuschen lassen, wo die Länge als
unrichtig verpönt wird. Die zweierlei Quantität wird auch durch die
Schriftsprache bei ^>aH 'Herr' anerkannt, wo ganz gleich wie dort ge-
sprochen wird to Je pdn 'das ist der Herr' (oder 'ein Herr'), cisa?' pdn
'Kaiser der Herr' (heißt soviel als 'der Kaiser'), ebenso kntze pdn 'der
Fürst', aber pan Stoupa 'Herr St.', ^:)a« km'ze, pan hrabe 'Herr Graf, pan
Josef 'Herr Josef. Überall klingt auch ^wn hier proklitisch. Ebenso in den
übrigen Kasus : pdnu oder pdnovi 'dem Herrn', aber panu Stoujjovi 'dem
Herrn St.' (im Vokativ spricht man dagegen immer kurz pane, wie Jene). In
einer Zeit, wo so fleißig die Akzentverhältnisse und deren allerhand Folgen
besprochen werden, mag es nicht ungelegen kommen, wenn wir auf diesen
wohl greifbaren Fall einer Kürzung in Proklise aufmerksam machen. Für
ein gewisses Alter dieser vortonigen Kürzung mag zeugen, daß die Zu-
sammenrückung pantdta 'Herr Vater, Hauswirt', in welcher, nachdem sie
als ein Wort behandelt wird, die erste Silbe bereits wieder den Ton trägt,
dennoch die Kürze aufweist; bei pdmbu 'Herr Gott' (für pdn Büh) ist zu
erinnern, daß 2>(fn in dieser Verbindung immer voUtönig und gleichzeitig
lang ist (Gen. pdna Boha, Dat. pdnu Bohu usw.).
Smichov bei Prag. Josef Zubaty.
Schwela G. Lehrbuch der Niederwendischen Sprache. Erster Teil : Gram-
matik. Otto Ficker, Verlagsbuchhandlung. Heidelberg 1906. IX u. 103 S.
in 8». Preis geh. 2,50, geb. 2,80 M.
Schon längst empfand man sowohl in den Kreisen derer, die die
niederwendische Sprache praktisch erlernen wollten, als auch in den
Reihen derer, die sich über den Charakter des Niederwendischen und
seine Stellung in der slavischen Völkerfamilie sowie über seine Berührungen
mit der es umgebenden deutschen Sprache leicht und schnell zu orien-
1) Man vgl. übrigens z. B. dobude sobi kordbu 'er verschaffte sich
ein Schiff', gleichfalls in der fec peknä 2a (27 17), was doch wohl auch
nur ein Aor. sein kann.
Schwela Lehrbuch der Niederwendischen Sprache. 63
tieren wünschten, immermehr das Bedürfnis nach einer möglichst kurz-
gefaßten, den modernen Anforderungen entsprechenden praktischen Gram-
matik der genannten Sprache. Die für ihre Zeit recht gute niederwendische
Grammatik von Hauptmann (Lübben 1761) und das ganz dürftige 'Kleine
niederwendische Lehrbuch' von Dahle (Cottbus 1857) sind schon längst
vergrifTen und die umfassende 'Laut- und Formenlehre der niederwendischen
Sprache' von E. Mucke (Preisschrift der Fürstlich Jablonowkischen Ge-
sellschaft. Leipzig 1891) verfolgt rein sprachwissenschaftliche Zwecke.
Daher muß man schon deshalb dem Pastor G. Schwela in Cottbus Dank
wissen, daß er sich der nicht geringen Mühe unterzog und eine prak-
tische Grammatik der niederwendischen Schriftsprache verfaßte. Das
Schwelasche Lehrbuch ist eine in jeder Beziehung reife und tüchtige
Arbeit. In ihm und durch dasselbe wurde nun endlich die bisher immer
noch schwankende niederwendische Orthographie endgültig normiert. Der
Stoff ist klar und übersichtlich geordnet und in vier Teile geghedert. Im
ersten Teile wird auf 10 Seiten die Lautlehre behandelt; dies mag
wohl für diejenigen, die bereits eine slavische Sprache gründlich kennen,
als ausreichend erscheinen, für einen Deutschen, der noch keine slavische
Sprache kennt, wäre jedoch eine etwas eingehendere Behandlung gerade
der für ihn so schwierigen Materie des slavischen Lautwandels sehr er-
wünscht: dies ließe sich bei einer 2. Auflage leicht nachholen. Dagegen
ist die Behandlung der drei übrigen Teile als in jeder Hinsicht aus-
reichend zu bezeichnen. Die Formenlehre als der wichtigste Teil um-
faßt im Ganzen 60 Seiten und behandelt auf S. 11—26 die Deklination
des Nomen substantivum (Maskulina, Feminina, Neutra), woran sich
auf S. 27—43 die Lehre vom Adjektivum, Numerale und Pronomen an-
schließt, und sodann auf S. 44— 72 die Flexion des Verbums (drei
Konjugationen nebst vorausgeschickter Lehre vom Praesens und In-
finitivstamm, von der Bildvmg und dem Gebrauch der Tempora sowie dem
Gebrauch des persönlichen Fürworts und der Negation und mit nach-
folgender übersichtlicher und auch für den Laien leicht faßhcher Ein-
teilung der Zeitwörter in 9 Konjugationsklassen); im Anschluß daran
werden auf S. 72 — 78 die niederwendischen Fügewörter und Partikeln
(Präpositionen, Adverbien, Konjunktionen, Interjektionen) aufgezählt und
ihr Gebrauch besprochen. Der dritte Teil enthält auf S. 79—83 eine
kurze, aber ausreichende klare Übersicht über die Wortbildung im
Wendischen (Bildung der Substantiva, Adjektiva und Verba, Bedeutung
der einzelnen Bildungssilben bei der Ableitung sowie der Präfixe bei
der Komposition) und der vierte Teil bietet auf S. 84- — 103 eine sehr
geschickte Satzlehre, die bloß die vom Deutschen abweichenden Eigen-
tümlichkeiten der niederwendischen Syntax behandelt.
Um unser Urteil über das Buch zum Schluß kurz zusammenzufassen :
Das Schwelasche Lehrbuch der niederwendischen Sprache ist in der An-
ordnung des Stoffes durchweg klar und übersichtlich und in der Be-
handlung desselben den wissenschaftlichen Anforderungen genügend und
für seine Zwecke völlig ausreichend. Mit einem Worte, es ist die beste
bisherige praktische Grammatik der wendischen Sprache und verdient
es daher, von den weitesten, auch wissenschaftlichen Kreisen beachtet
und gekauft zu werden.
Freiberg i. S. Dr. E. Mucke.
64 Prellwitz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache.
Prellwitz W. Etymologisches Wörterbucli der Griechischen Sprache. 2.
verbesserte Auflage. Göttingen, Vandenhoek und Ruprecht, 1905. 8**.
XXIV und 524 S. Geheftet M. 10—, in Halblederband M. 11,60.
Wie seinerzeit die erste Auflage dieses Buches, so kann man jetzt
die zweite nur mit gemischten Gefühlen willkommen heißen.
Dieses Wörterbuch bezeichnete, als es 1892 in erster Auflage er-
schien, allerdings einen Fortschritt über die älteren etymologischen Werke
von Curtius und Vanicek hinaus, und wie es damals das beste Werk seiner
Art war, d. h. dasjenige Werk, das den Anforderungen seiner Zeit am
meisten gerecht wurde, so ist es auch jetzt wieder, trotz Leo Meyers
vierbändigem Handbuch der griechischen Etymologie (1901 — 1902), das
beste derartige Buch, über das die Sprachwissenschaft verfügt.
Nach mehreren Seiten hin, das soll unumwunden anerkannt sein,
weist diese neue Auflage, die gegen die erste um 154 Seiten vermehrt
ist, wesentliche Verbesserungen auf. Den meisten Artikeln sind nunmehr
Verweise auf die wissenschaftliche Literatur zugefügt; solche Hinweise
fehlten ehedem völlig. Weiter ist eine größere Anzahl neuer Artikel hinzu-
gekommen mit meist jedenfalls beachtenswerten etymologischen Deutungen.
Endlich hat der Verf. — . und das ist die Hauptsache — viele von den
alten Artikeln zeitgemäß umgestaltet, indem er teils frühere Aufstellungen
ausführlicher und besser begründet, teils neben der einen Deutung, die
er früher bot, noch diese oder jene andere, die ebenfalls Berücksichtigung
verdient, herangezogen, teils endlich alte verfehlte Erklärungen ganz be-
seitigt und dafür andere, annehmbarere eingeführt hat.
So ist denn die Bezeichnung der zweiten Auflage als einer Ver-
besserten' im Titel des Buches unzweifelhaft gerechtfertigt. Aber wie das
Buch bei seinem ersten Erscheinen zu recht zahlreichen und erheblichen
Ausstellungen Anlaß gegeben hat (vgl. meine Besprechung in diesem Anz.
4, 27 ff.), so ist es auch in seiner neuen Gestalt nach verschiedenen
Richtungen hin leider so mangelhaft, es läßt so viele von den Forderungen,
die man heute an ein solches Werk und überhaupt an sprachwissen-
schaftliche Arbeiten zu stellen hat, unerfüllt, daß der Fachmann an ihm
keine rechte Freude haben kann. Gewiß, dieses griechische etymologische
Wörterbuch ist heute das beste, das wir haben, aber darum fehlt uns
doch noch ein Werk, wie wir es brauchen, wie es für das Lateinische
uns kürzlich Walde beschert hat, und die Hoffnung ist jetzt um so mehr
auf baldiges Erscheinen der in Aussicht gestellten griechischen Etymo-
logica von Boisacq und von Solmsen gerichtet.
Der Verf. tritt im Vorwort bescheiden genug auf. Das Wörterbuch soll
weniger den Fachmann belehren, als weiteren Kreisen, zunächst natürlich
den klassischen Philologen, die Ergebnisse der bisherigen etymologischen
Forschung vermitteln. Gerade dieser Zweck des Buches aber, daß es sich
in erster Linie an Leute wendet, die größtenteils nur halb- oder viertel-
1) Das verspätete Erscheinen dieser Besprechung ist dadurch ver-
anlaßt, daß Ref. die Absicht hatte, zugleich mit P.' Buch das längst an-
gekündigte und für 1905 bestimmt erwartete Boisacqsche griechische ety-
mologische Wörterbuch hier anzuzeigen. Da sich nun die Herausgabe
dieses Werkes durch eigentümliche Umstände verzögert hat und auch
heute noch nicht erfolgt ist, mag Ref. mit der Veröffenthchung des obigen
Referats nicht noch länger zuwarten.
Prellwitz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache. 65
wegs sachverständig sind, erheischt gebieterisch, daß man das Unzuläng-
liche an der Arbeit unverblümt als solches bezeichne.
Bei den tausenderlei Einzelheiten, die zu Ausstellungen Veran-
lassung geben, ist es mir nicht möglich, mein Urteil allseitig zu be-
gründen. Ich kann nur ein paar Gruppen von UnvoUkommenheiten her-
vorheben und für jede etliche Beispiele vorführen.
Um mit Äußerlichem zu beginnen : wie die erste Auflage, ist die
zweite voller Nachlässigkeiten in der Schreibung der fremdsprachlichen
Wörter. Meistens betrifft es dieselben Wörter in beiden Auflagen zugleich,
und man wundert sich, wie dem Verf. bei der Korrektur der Neuauflage,
die er doch wohl selber besorgt und nicht etwa einem unwissenden Stu-
denten übertragen hat, dieses lässige Behaben der 1. Auflage hat entgehen
können. So ist z. B., wie früher, n für ti gedruckt in ai. rnöti S. 54. gi'iidmi
108. isndti 191, Qir?näs 216, ksanoti 248, rindkti 264, ür7ia 269, hsinäti
489. Wie früher, t für t in astä, aßtäu 327. Wie früher, zieht P. vor, für
den palatalen Nasal im Ai. bald n, bald n, bald n zu verwenden, z. B.
äncati S. 4, sincaiti (so, für sincati, auch schon in der 1. Aufl. !) 194. unchati
197, gunjati giinja-s 97, känct 203, und die neue Aufl. spendet überdies
noch n : udanc- 174^. Für den Anusvara bald tri, z. B. amhüs S. 6, darhsas
114:, vimcati 128, bald ih, z. B. aihhas 69, mämsd-m 293, hamsa-s harnst 506.
Das lange e ist bald e bald e geschrieben, wie z. B., dicht nebeneinander,
S. 248 kseti und ksdma-s, 271 lepa-s und lepana-m. Im Wortschluß hinter
i, u usw. ad libitum -s und -$. jenes z. B. S. 71 gdti-s, 168 Di/aus, 194
sädu-s. 264 reku-s, dieses z. B. S. 474 sünii-s usw. Auch das ist bei der
Darstellung des Ai. für den Anfänger übel, daß in der Unterscheidung von
Stamm, flektierter Form und Indeklinabile keine Folgerichtigkeit herrscht:
so erscheint S. 6 amhüs, 71 gdti-s, 128 vtmgati und 109 ddgan, 152 saptd.
Wie früher, im Got. bald p, z. B. tunpus S. 321, bröpar 494, bald th, z.
B. kilthei 110, hethjö 240. Wie früher, herrscht ähnUche Buntheit im
Awestischen (der Verf. schreibt meist ab., d. i. altbaktrisch, daneben aber
auch aw.), und, wie früher, ist wieder geradezu wüst die Akzentbezeichnung
im Litauischen. Die Lust vergeht einem, auch noch dafür Belege aus-
zuschreiben 1).
Die Etymologie der idg. Sprachen hat in neuerer Zeit mit aus dem
Grunde große Fortschritte gemacht, weil die Forschung es einerseits mit
dem internen (sogen, gesetzlichen) Lautungswandel, anderseits mit
den Bedeutungsveränderungen immer genauer nahm. Indem man in
beiden Beziehungen strengere Anforderungen stellte als ehedem und sich
daraufhin die älteren Etymologien .schärfer ansah, kam man dazu, viele
von diesen zu verwerfen. Diese Kritik der immer sicherer vorschreitenden
Forschung führte oft zu neuen Anknüpfungen, und diese fanden dann zu-
weilen noch von anderen Seiten her erwünschteste Bestätigung. Ich kann
nicht finden, daß P. in Miesen beiden Bichtungen seit der 1. Aufl. mit der
Zeit vorwärts gegangen ist.
Was zunächst den Lautwandel betrifft, so ignoriert P. immer
noch die genaueren Bestimmungen, die man bezüglich der Vertretung der
uridg. sogenannten Gutturalreihen im Griechischen und anderwärts an
1) [Belege sind jetzt zu finden IF. 19, 208, wo Leskien ebenfalls
'eine erstaunUche Konfusion in der Akzentuierung der lit. Wörter' bei P.
zu beklagen findet].
Anzeiger XIX. ^
66 Prelhvitz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache.
der Hand zuverlässig gedeuteten Sprachmatcrials zu treffen vermocht hat.
So werden S. 18 etymologisch verknüpft air^uj und aiKdlvj, 457 t^t^ov
und Tt^Kiaap, 175 iKrepoc und fitrap, 203. 236 KoiKKri und Koirpoc (beide zu
ai. föA-/t Qdha-m), 369 f. Kivucöai und ttivutöc (zu aX.ci-), 456 axpaKToc
und xepTTi-Kdpauvoc (zu lat. torqueo) *), 353 irapGevoc und lat. virgo, 378
TTOivi'i Tivu) und lat. j)oena, das als echt lateinisches Wort auftritt (!). 390
TTÜT'I ^iiid Ißtt. güfcJia. Charakteristisch ist auch die Bemerkung S. 71 "für
ßejLi = ai. gam [neben ßaxöc usw.] gibt es keinen Anhalt', als wenn ßein
und gam als die lautgesetzlichen Fortsetzungen von uridg. gVem- (oder,
wie P. schreibt, gern) überhaupt zu erwarten wären. Ferner wird FicFoc
i'coc S. 199 als ursprüngliches *uisuo-s, vöcoc S. 315 als ursprüngliches
*7iosuo-s gedeutet, während nach S. 306 ein ursprüngliches *vacFoc zu vööc
vedjc geführt haben soll; nur die letztere Herleitung ist zulässig. dWäc
soll aus *anslia entstanden sein, das zunächst zu *anlia geworden sei
S. 27. Andere Fälle von seltsamen Beurteilungen der griech. Lautverhält-
nisse, wo es aber nicht auf die dargebotene etymologische Anknüpfung
ankommt, sind beispielsweise die folgenden. Uridg. ü soll durch ou ver-
treten sein in ouBap und in oup^uj S. 344, dagegen durch ü z. B. in ußoc
ößöc S. 473. ßpoTÖc wird S. 85 gleich uridg. *mrto-s gesetzt, boiöc ist nach
S. 119 identisch mit ai. dvai/d-s, aksl. dvojt. f][bc wird S. 167 auf *aücujc,
statt auf *äücujc, zurückgeführt. Für eIXap wird S. 129 *d-F\Fap, für dvv-
f||uap S. 145 *^vFv- vorausgesetzt. In allen solchen Fällen wäre wenigstens
ein kurzes Wort der Erläuterung, wieso nämlich der Verf. diese lautge-
schichtlichen Ansätze für zulässig hält, erforderlich gewesen. Der Raum
dafür war leicht zu beschaffen, da viele Artikel überflüssiges Beiwerk ent-
halten, namentlich die verwandten Wörter aus andern Sprachen öfters
unnötig gehäuft sind (z. B. war es in diesem Buch höchst überflüssig,
neben dem litauischen Ausdruck auch noch den genau entsprechenden
des Lettischen zu setzen, wie S. 266 neben szii-dh Itlszta, 455 neben troba).
Kaum weniger zahlreich sind die Annahmen eines ungerechtfertigten
und unwahrscheinlichen Bedeutungswandels. Dahin gehört z. B. die
neue, nicht aus der 1. Aufl. herübergenommene, Deutung von vöcoc als
'Heimsuchung', zu veoinai vöctoc, S. 315 f. Der Gebrauch der Wortsippe
v^O|Liai und der aus andern Sprachen dazugehörigen Wörter (ai. ndsate 'er
gesellt sich zu', got. ga-nisan 'genesen, gerettet werden') paßt zu der Be-
deutung von vöcoc wie die Faust aufs Auge ; dazu kommt noch, um diese
Etymologie als vollends abenteuerlich erscheinen zu lassen, die oben be-
rührte formantische Schwierigkeit. Neu erscheint in dieser 2. Aufl. ferner
S. 324 die Verbindung von o\x\ \üi\kr\ (oiäTäv • KuuinriTOJv), bei dem absolut
nichts auf Wasser hindeutet, mit ahd. auwia outva 'Wasserland' aisl. ey
0>j 'Insel'; trotz F., der diese Gleichsetzung schon in Bursians Jahresb. 106
(1900) S. 108 vorgetragen hat, wird jedermann bei dem völlig einwand-
freien und fast selbstverständlich erscheinenden Anschluß von outra an
got. aha stehen bleiben; der natürlich jede Beziehung zu oirj ausschließt^).
Andere Beispiele mag man aus dem Folgenden entnehmen.
P. ist darauf aus, möglichst viele Wortformen als alte Komposita
1) ÜTpaKTOc und torqueo sind bekanntlich nur so zu vermitteln, daß
man das u (m) von torqueo als formantisches Element ablöst. Dann paßt
aber TepiTi- nicht dazu.
2) Was berechtigt P., Batävia, Scadinävia (mit c) zu schreiben?
Prellwitz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache. 67
zu erweisen. Dabei kommen zumteil die wunderbarsten Dinge zu Tag ').
So ist der Verf. immer noch nicht von seiner berüchtigten Etymologie
Troi|ur|v aus iroT und lu^va', ursprünglich 'der dabei (beim Vieh) bleibende',
losgekommen S. 378^). Freilich ist er jetzt nicht mehr so zuversichtlich
wie früher, denn es wird jetzt die Wahl zwischen dieser Herkunft und
der Verwandtschaft mit ttülju gelassen, und diese Verwandtschaft hat jetzt
sogar den Vortritt. — 102: bär]p, aus *baiFrip, ai. devdr- usw. sei viel-
leicht ein altes Kompositum, 'Teilhaber (baiouai) an der Herrschaft und
dem Schutz (t'ipavoc, f)pa)'. — 174: r\\jii- lat. semi- sei vielleicht sei 'lassen'
(i'riiai) und mi 'tauschen, wechseln'. — 316: vuH lat. nox, uridg. *noqt sei
vielleicht 'das Nicht-sehen', n-oqt; daß man wenigstens *^n-oqt (griech.
*otvuS usw.) erwarten müßte, stört P. nicht. — 463: xoXinäv könne als
Wurzelkompositum von to\ in xXfivai und i^a in ^aiuduu betrachtet werden.
Soll nun dieselbe Wurzel |Lia auch etwa in öpiiir) 'Andrang', ttuyi^ii 'Faust-
kampf', 6h\xf\ 'Geruch', XoEpinri 'Kampflust, Kampf usw. enthalten sein?! —
13 : aif\r\ sei ai-, Grundlage von ai'Guj, und fXä, zu Y^XdiJU , Wz. §el
'glänzen'. — 343: ou6ap ai. üdhar enthalte Wz. ue: ü 'feucht sein', und
im 2. Teil könnte man Wz. dhere 'tragen' vermuten, wobei die «(-Flexion
(ai. Gen. üdhn-as) Ergebnis uralter Analogiebildung sein müßte. — 294:
(ariTi-exa enthalte *ceTa 'Sender', irniii. Daß lurixiexa neben lurixio^ai steht
wie vaiexduu neben vaiuu, Kaiexä böot. ('Minze', eigentl. 'Brenner, Ätzer')
neben Kaiuu, eux€xäo|uai neben euxofaai usw., und daß diese formantisch
von ^\ex6c ai. bharatd-s usw. nicht zu trennen sind, geniert P. nicht. —
182 : BepätTUDv soll aus Akk. Sg. *96pa = *dhenn 'das Halten, Tragen' und
TTovx-, Part, von pö- 'schützen, acht haben', bestehen. Eine schöne Be-
schäftigung, die hiernach den BepdTTOvxec dereinst zufiel ! ^) Ein gleich-
artiger Akk. wird S. 184 gesucht in Giacoc GidZiuu cidbec, deren erster Teil
Gia- = ai. Akk. dhtyam 'Andacht' sein soll, während das darauf folgende
b-Element die Wz. (^ö- 'dare' sei. — 257: \an|Jripöc sei *\a-aivpripöc, zu
Xfifioi 'Wille' und ainjripöc 'schnell'. — Man muß wünschen, daß Benutzer
des Buches, die der Indogermanistik ferner stehen, den gegenwärtigen
Stand der etymologischen Disziplin bei den Indogermanisten nicht nach
diesen Abenteuerlichkeiten des Verfassers abschätze.
Schon in der 1. Aufl. vermisste man vielerorten Ausnützung der
damals vorliegenden sprachwissenschaftlichen Literatur. Dasselbe gilt von
der neuen Auflage. Bei den in mehreren Richtungen ganz eigentümlichen
1) Nur vereinzelt passiert es unserm Kompositenjäger, daß er etwas,
was wirklich ein Kompositum ist, fälschlich für ein Simplex ausgibt. Wie
in der 1. Aufl., wird bXKä mit weißruss. poln. ale 'aber' verglichen S. 26,
obwohl dieses klärlich Erweiterung von a 'aber' durch die Partikel le ist.
2) Zugefügt ist 'S. dx|Liriv'. Dieser Artikel fehlt aber in der Neu-
bearbeitung. Der Zusatz ist mithin versehentlich aus der 1. Aufl. mit her-
übergewandert. In dieser hieß es, d.T\xr\v 'Knecht, Diener' sei dx = lit.
at- + ^riv: laevuj. Hat die 2. Aufl. den Beibleiber dx|Liriv glücklich ver-
schwinden lassen, so wird die künftige dritte hoffentlich auch den Bei-
bleiber TToi|Liriv verabschieden.
3i Natürhch kann -ttovx- in diesem Wort kein altes Part, gewesen
3ein. Gepäirvi-), Gepdiraiva weisen auf alten «-Stamm, und die vx-Flexion
von Gepd-iTuuv war sekundär. Vorbild für diese Flexion waren die begriffs-
verwandten Kpeiujv, laebujv inebeuuv, dpxiwv u. a.
68 Prellwilz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache.
Anschauungen des Verfassers ist es freilich oft unklar, ob ihm etwas ent-
gangen ist, oder ob er geglaubt hat es ignorieren zu sollen. Namentlich
vermisst man. in vielen Dutzenden von Artikeln, Berücksichtigung dessen,
was in den allerletzten Jahren vor dem Erscheinen der 2. Aufl. von andern
Sprachforschern veröffentlicht worden ist. Zumteil mag das freilich damit
zusammenhängen, daß, wie es im Vorwort heißt, Ausarbeitung und Druck
der neuen Auflage sich bei der amtlichen Tätigkeit des Verfassers 'über
einen ziemlichen Zeitraum' erstreckt haben. So mögen denn nur etliche
Beispiele der Nichtbenutzung von solchem angeführt sein, was schon vor
1903 veröffentlicht worden ist und eine andere Fassung des betreffenden
Artikels hätte veranlassen müssen. S. 6 f. 107. 114- ist bei d-banc nicht
berücksichtigt, daß das dem bi^vea zugrunde liegende *bavcea sehr wohl
für *bevc€C- {-= ai. däsas-) hat eintreten können, indem nach *bac- ^= *dns-
a für 6 eintrat (Verf. Griech. Gramm.^ 122. 126). — S. 9. 191 wird iauuu
auf *i-ausö zurückgeführt. Daß vielmehr von *iaF-luu auszugehen ist, hätte
P. aus Schulze Quaest. ep. 71 ersehen müssen (vgl. dazu IF. 15. 90). Daß
Schulze an der späteren Stelle S. 191 genannt wird, ändert hieran nichts.
— S. 48. Bei dTTToeTrr)C vermißt man Berücksichtigung von Wackernagel
BB. 4, 283 (vgl. auch Eulenburg IF. 15, 162). — S. 80 ist verkannt, daß
ßö\iTov aus ßöXßiTov entstanden ist, s. Angermann Die Erschein, der
Dissim. im Griech. 32, Kretschmer Vaseninschr. 232. — S. 90. Für Yacxnp
kennt F. keine annehmbare Deutung. Eine solche findet sich IF. 11, 272 f.
(vgl. Walde Lat. etym. Wtb. 656). — S. 108. Der Deutung, die P. von
öbeTva gibt, ist bei weitem vorzuziehen Solmsens Erklärung von xabeTva
als *Tdbe eva 'dies (und) jenes' KZ. 31, 475 fr. (vgl. Verf. Demonstrativ-
pron. 90. 133). — S. 111. Lesb. Aivvo^evric wird mit beivöc verknüpft.
Das Richtige bei Fick-Bechtel Personenn.^ 100 f. — S. 133. eicuj sei als
*dvTiuü mit lett. tkscha 'Inneres' zu verbinden. Die Unrichtigkeit dieser
an sich schon recht fragwürdigen Zusammenstellung war aus Leskien
Bild. d. Nom. 544 zu ersehen, eicuj ecuu erklären sich als speziell grie-
chische Bildungen ebenso einfach wie eEu). — S. 134. Daß das über den
Akzent von ^KTTobdiv, ^.u-rrobubv Gesagte nicht stichhaltig ist, konnte aus
Danielsson Gramm, u. etym. Stud. 1, 13, Streitberg IF. 6, 339 ff., Verf.
Griech. Gramm. ^ 227 entnommen werden. Auch ist unerweislich, daß
^lUTTobdiv erst als Gegensatz zu ^Kiroböiv gebildet worden ist, s. Verf.
a. a. 0. 395. — S. 145. Für die Frage, die P. an die Herleitung von ^viiTri
aus ev und oqV^- 'sehen' knüpft: "Aber kann 'Verweis' als (drohendes)
Ansehen aufgefaßt werden?" wäre IF. 12, 31 zu verwerten gewesen. —
S. 152. Bei eTTÜJxaTo ist Wackernagel Nachr. d. Gott. Ges. d. W. 1902 S. 737 fr.
übersehen. — S. 214. Die unter KeKdbovTO gegebene Zusammenstellung
von lat. cado und cedo ist aller Wahrscheinlichkeit nach verfehlt. S. Thurn-
eysen KZ. 32, 567 ff., Verf. IF. 13, 84 ff., Walde a. a. 0. 109 f. — S. 307.
Die Ableitung der Form veäviäc von vedv ist unrichtig, s. Griech. Gramm."
368. — S. 368. Für irOriKoc, mit dem P. nichts anzufangen weiß, hat
Solmsen Rhein. Mus. 53, 141 eine sehr glaubhafte Deutung gefunden (zum
lat. Adj. foedus). — S. 387. Was *pran-ediom als Grundlage von lat.
pran-ditim sein soll, ist nicht einzusehen. Haltbar dagegen ist Osthoffs
Erklärung aus *pram-ediom, besser *präm-, zu lit. pirmas (s. Verf. Grundr.
2' S. 467, Kurze vergl. Gramm. 132, Walde Lat. etym. Wtb. 488). — S. 388.
Das Bedenkliche der von mir herrührenden und von P. schon in der 1. Aufl.
angenommenen Zurückführung von irpöiToc TTpäToc auf *TrpujF-oToc hat
Prellwitz Etymologisches Wörterbuch der Griechischen Sprache. 69
Eulenburg IF. 15, 142 gezeigt. (Die Grundlage war vielmehr *TTpoFoc ==
*pro-uo-s, zu got. frauja as. fj-ao, Kurze vgl. Gramm. 777). — S. 475. Hom.
ÜTteip wird wieder fälschlich auf *UTrepi zurückgeführt trotz Schulze
Quaest. ep. 220. 224. — S. 480. Zu qpaivuu wird wiederum trotz Bartholomae
lat. festus feriae gestellt, s. die Literatur darüber bei Walde a. a. 0. 206 f.
— S. 485. Bei qpepicxoc mußte Delbrück IF. 14, 46 ff. herangezogen werden.
Noch einige andere Ausstellungen verschiedener Art mögen folgen.
— S. 40. Daß ävexjiiöc in dem d- ursprüngliches *s7ii- enthalte, ist nicht
glaublich. Die Bedeutung weist nicht auf den Begriff 'mit, zusammen' hin,
d- für zu erwartendes d- ist ungerechtfertigt, und ein aw. napti/a- N.
TamiUe' (P. schreibt naptija-, ein aus der 1. Aufl. geduldig übernommener
Druckfehler) ist nicht nachgewiesen (s. Bartholomae Altiran. Wtb. 1040.
1045). — S. 73. ßdvaucoc soll mit der Nebenform ßauvacoc aus *ßaiJvaucoc
(ßaövoc und aüuu : Ofenheizer) entstanden sein durch einesteils regressiv,
andernteils progressiv verlaufene Dis.similation. Daß zu dieser Art von
Dissimilation aus dem Griechischen ein Analogon nicht beizubringen ist
(mir wenigstens ist keines bekannt), mag hingehen. Bedenklicher ist, daß
auuj, das ursprünglich 'schöpfen, entnehmen, holen' bedeutet hat und
(aucli von F.) mit lat. haurio zusammengebracht wird (s. Osthoff Perf. 486 ff.),
TfOp u. dgl. als Objekt hat, aber nicht den Herd oder dgl. Bei unbefangener
Betrachtung wird man die Form ßauvacoc, die nur aus späterer Zeit
überliefert ist (Herodian I 209, 5. 214, 7. II 388, 30), für eine einerseits
durch ßaövoc, anderseits durch Nomina agentis wie T^\acoc, KÖiuTTacoc
Kpaü-facoc veranlaßte sogenannte volksetymologische Umgestaltung des
älteren ßdvaucoc halten. Dann ist aber die Etymologie des Verfassers
unmöglich. — S. 103. Die von P. beanstandete Deutung von bai-cppuuv
als verständigen Sinnes' ist untadehg. hdi- zu ai. dasrä-s, wie Kübi-dveipa
zu Kübpöc usw. (s. die Literaturangaben bei Verf. Grundr. 2*, 1, 78). —
S. 121. Wegen der seltsamen Lautverbindung in *bpFioc, das als Grund-
form von bpioc angesetzt wird, wäre mindestens ein Hinweis auf Osthoff
Et. Par. 1, 156 ff. am Platz gewesen. — S. 144. Da P. an seiner Deutung
von dviauTÖc als auf ^vi aÖTUj = ^v tlü auxuJ beruhend {'der Tag des
Sichbefmdens auf demselben Punkt') festhält, deren Unwahrscheinlichkeit
ich IF. 15. 87 ff. glaube dargetan zu haben, so mag zu meiner Darlegung
nachgetragen sein, daß auch die Weglassung des Artikels von P. nicht
gerechtfertigt worden ist. Wegen der Homerstellen, wo aÜTÖc angeblich
'ebenderselbe' ist (Progr. von Bartenstein 1895 S. 7), s. Wackernagel
KZ. 33, 14f. — S. 151. Da P. für e-rtiTribeioc auf meinen Grundr. 2», 684
verweist, wo noch die alte Herleitung von im xdbe gegeben ist (ä wäre
noch die ursprüngliche Vokallänge im Nom. Akk. PI. des N.), so gestatte
ich mir auf meine Schrift Die Demonstrativpron. 140 ff. zu verweisen.
Hier glaube ich richtiger an das hom. fiboc, das von iiboiaai ganz zu
trennen ist, angeknüpft zu haben. P. vergleicht osk. tadait, dem er die
Bedeutung 'für geeignet erachten' beilegt. Dieser Sinn ist aber von P.
dieser Form offenbar nur zugesprochen, um sie mit ^TTirribeioc zusammen-
bringen zu können. In den Zusammenhang der Stelle, wo tadait vor-
kommt, paßt er nicht, nur die Bedeutung 'censeat' ist angängig. — S. 210.
dvbpoKdc sei = Kar' dvbpa und -Kac entspreche genau dem ai. -gas.
Gleich darauf aber heißt es, -Kac stehe für *KaT-c. Wie reimt sich das?
— S. 218. Lesb. cikoictoc zwinge zur Zurückführung von xpiäKocTÖc auf
*TpiäKovT-TÖ-c. Durchaus nicht. Lesb. -koictoc und att. -koctoc entsprechen
70 Prclhvitz Etymologisches Wörterbuch clor Griechischen Sprache.
einander lautlich nicht, -koctoc war bereits urgriechisch und kann aus
*-KovcToc entstanden, kann aber auch Umbildung von *-KütCToc (o nach
-Kovra) sein. Das lesb. -koictoc weist allerdings auf *-kovctoc, dies aber
muß nach bekanntem Lautgesetz einzeldialektische Neuerung sein, natürlich
nach -Kovxa. S. jetzt auch Bück Class. Rev. 1905 S. 242 ff. — S. 363.
irepiüjciov 'übermäßig' soll als *TTepi-FLUTiov ein dem got. wods 'besessen'
entsprechendes Wort bergen. Näher liegt, daß -mcio- formantische Er-
weiterung war, von einem *TTepio-c (vgl. dvrioc : ävti u. dgl.) aus, vgl.
^Tujcioc von dTÖc, 'OpGojcioc (öpBaiciä) von öpBöc u. a. Hier tritt wiederum
des Verfassers Art entgegen, daß er die Wortformen isoliert betrachtet,
statt sie zunächst mit andern Wortformen desselben Gepräges in Ver-
gleich zu stellen. — S. 497. Vom homer. 9u\ottic -iboc wird vermutet,
es stehe für *q3Ü\o-\oTnc 'den Stamm lichtend, verderbend', zu Xe-rro). Ja,
wenn \eTTUj das hieße! Nicht schlechter ist übrigens diese Etymologie,
ja immer noch besser als die kürzlich von Breal versuchte (Mem, de la
Soc. de 1. 13, 105): dieser sucht ebenfalls qpOXov darin, der zweite Teil
sei die Wurzel ött- 'sehen', die aber hier nur 'un role presque expletif
spiele. Hierunter kann ich wenigstens mir nichts vorstellen. Muß denn
nun durchaus cpu\ov oder qpöXr] in qpuXoTric enthalten sein')? Mit Recht
wird im Ebelingschen Lexikon darauf hingewiesen, daß das Wort vielleicht
einmal nur 'turba atque tumultus' bedeutet habe. Dafür sprechen be-
sonders A 65 ^\9eiv ^c TpüJUJv ical 'AxauJüv cpüXoTnv aivrjv, wo von Kampf
gar nicht die Rede, sondern mit La Roche etwa Tolksgetümmel' zu über-
setzen ist, und \ 314, cpuXötnba CTi^ceiv TToXudiKOC troXeiaoio. Die be-
sondere Beziehung auf Schlacht und Kampf wäre hiernach sekundär,
gleichwie bei cpXoicßoc, ursprünglich 'Brandung, Brausen', bei öuTXoc, ur-
sprünglich 'Zusammendrängen, Gedränge', auch bei iröXei-ioc, das zu
iTeXe,uiZ;uu 'ich erschüttere, mache erbeben' gehört (dazu russ. polöch 'Auf-
ruhr, Lärm, Tumult, Wirrwarr' nach Solmsen PBrB. 27, 364). Hinzu
kommt, daß die Anfangssilbe von qpuXoTrib- sehr wohl nur metrisch
lang gewesen sein kann. So möchte ich glauben, daß anzuknüpfen ist
an TTOiacpöXuE 'Wasserblase' -rroiacpoXijIuu 'hervorsprudeln' oder an qpXüuu
'wallen, sprudeln' cpXubduu 'überfließen', qpüXXov 'Blatt' (vom Schwellen
benannt) u. dgl. (vgl. was P. unter cpX^uj zusammenstellt); bei letzterer
Verknüpfung vergliche sich das zu tiimeo gehörige lat. fiimulfus, das ur-
sprünglich 'Schwall' war. qpüXoTnc bestünde hiernach aus der Basis qpuXoTr-
und dem Formans -ib- (vgl. epib-, öirib- usw.).
Ich schließe diese Anzeige mit denselben Worten, mit denen ich
die der 1. Aufl. geschlossen habe: Nicht um zu nörgeln, haben wir, was
wir an dem Buch des talentvollen Verf. auszusetzen finden, vorgebracht,
sondern einesteils, um dem Fernerstehenden Vorsicht bei seiner Be-
nutzung ans Herz zu legen, andernteils in der Hoffnung, unsere Monita
werden dazu beitragen, daß einer neuen Auflage die wünschenswerte
verbesserte Gestalt zuteil werde.
Leipzig. K. Brugmann.
1) qjuXoTTic wird auch als cpOXov + öip 'Stimme' und als 'Stammes-
Arbeit' (zu lat. opus) gedeutet.
Hungerland Das wissensch. Studium d. deutschen Sprache u. Literatur. 71
Hungerland H. Das wissenschaftliche Studium der deutschen Sprache und
Literatur. Ein Wegweiser für Studierende. Lund Gleerup, Heidelberg
Ficker 1906. 45 S. kl. S». 1,12 M.
Der Verfasser, Lektor der deutschen Sprache an der Universität
Lund, hat im Frühjahr 1906 eine kurze Einführung in das wissenschaft-
liche Studium der deutschen Sprache in der Skandinavisk Mänadsrevy
veröffentlicht. Wiederholt geäußerte Wünsche seiner Zuhörer und An-
regungen von Kollegen haben ihn dann veranlaßt, die Zusammenstellung in
erweiterter und bequemerer Form weitern Kreisen zugänglich zu machen.
Was Vietor für die englische, Koschwitz für die französische Sprache
geleistet haben, will er für die deutsche versuchen. Sein Schriftchen soll
einen Kanon von Werken bieten, der die besten und notwendigsten Hilfs-
mittel für ein rationelles wissenschaftliches Studium des Deutschen aus
der überreichen Fülle der Publikationen hervorhebt. Daß hierbei nur die
neuesten Auflagen in Betracht kommen, betont der Verfasser ausdrücklich.
Hätte er sich nur mit diesen begnügt ! Aber sein Eifer, das Allerneueste
zu bringen, läßt ihn die scharfe Grenze zwischen Gegenwart und Zukunft
übersehn, legt ihm Urteile über Bücher in den Mund, die noch gar nicht
geschrieben, geschweige denn erschienen sind.
Gleich im ersten Abschnitt müssen wir lesen : "auf das Elementar-
buch der Exp er im entalphonetik von A. Mein et und R. Gauthiot in
Streitbergs Sammlung germanischer Elementar- und Handbücher
sei außerdem noch empfehlend hingewiesen". Das Buch ist zwar ange-
zeigt worden, bis zu seinem Erscheinen wird jedoch noch einige Zeit
vergehn. Auch das Althochdeutsche Elementarbuch meiner Samm-
lung kann nicht für Vorgerücktere 'in Betracht kommen', aus dem ein-
fachen Grunde, weil es gar nicht existiert. Ganz das nämliche gilt von
Leitzmanns frühmittelhochdeutschem Lesebuch und von dem
mittelhochdeutschen Übungsbuch von C. v. Kraus : auch sie haben
das Licht der Welt noch nicht erblickt. Sehr schmeichelhaft für den
Autor wie für den Herausgeber wäre es ohne Zweifel, daß Hungerland
Jellineks Einleitung in das Studium des Neuhochdeutschen als
\imfangreichere Darstellung' 'ganz besonders empfiehlt', wenn das Buch
nur vorhanden wäre. Auch auf die verscliiedenen etymologischen Wörter-
bücher meiner Sammlung werden die Schüler Hungerlands noch ein
Weilchen zu warten haben, während ihr Lehrer die Werke schon zu
kennen scheint.
Für das Studium der alt- und mittelhochdeutschen Literaturgeschichte
empfiehlt der Verfasser in erster Linie die Darstellungen in Pauls Grundriß;
dann fährt er wörtlich fort : "Weniger umfangreiche vorzügliche und eben-
falls auf der Höhe der Forschung stehende VVerkchen sind dann: Grundriß
der althochdeutschen und altsächsischen Literaturgeschichte
von E. S t e i n m e y e r und Grundriß der mittelhochdeutschen Lite-
raturgeschichte von C. Kraus". Entschieden, Hungerland muß mit dem
zweiten Gesicht begabt sein, seine Kenntnisse haben etwas geradezu un-
heimliches.
Weniger genau als über die noch nicht erschienenen Bücher ist
Hungerland leider über die bereits erschienenen orientiert. Sonst könnte
er den Anfänger nicht durch seinen Wegweiser auf Wilhelms U bis bösen
Holzweg locken, indem er dem Büchlein über Entstehung und Ent-
wicklung unserer Muttersprache nachrühmt, es vereinige die Er-
72 Mitteilungen.
gebnisse sprachpsychologisch-lautphysiologisclier und philologisch-histori-
scher Forschung in gedrängtester Form Wie es um diese 'Ergebnisse' be-
stellt ist, habe ich in Nr. 73 der Beilage zur Allgemeinen Zeitung vom
29. März 1906 zu zeigen versucht. Wenn irgendwo, wäre hier eine recht
deutliche Warnungstafel am Platze ! Und wenn der Verfasser Prof. Dr.
C. Beyer-Boppards Einführung in die Geschichte der deutschen
Literatur als 'bequemes kleines Nachschlagebuch' empfiehlt, so kann er
den dicken Band, das Erzeugnis des krassesten Dilettantismus, nie vor
Augen gehabt haben, sonst wäre alles eher als eine Empfehlung zu er-
warten gewesen. Ob die Schriften 'Goedeckes' je zu ihm gedrungen sind?
Ich breche ab. Das Gesagte charakterisiert das Heftchen hin-
länglich.
Münster W. Wil heim Streitberg.
Mitteilungen.
Georg Curtiiis-Stiftimg.
Der vorjährige Zinsertrag der Curtius-Stiftung ist Herrn Dr. Karl
Meister verliehen worden als Preis für seine Doktorschrift 'Der syn-
taktische Gebrauch des Genetivs in den kretischen Dialektinschriften'.
Das Kuratorium :
Dr. K. Brugmann. Dr. H. Lipsius. Dr. R. Meister.
Zeuß-Feier.
In Bamberg wurde am 21. Juli 1906 der hundertste Geburtstag des
genialen Begründers der germanischen Völkerkunde und der keltischen
Grammatik festlich begangen. Prof. Dürrwächter gab ein Lebensbild
des genialen Forschers, Prof. Kuno Meyer würdigte ihn als Grammatiker.
Personalien.
Prof. A. Meillet ist als Nachfolger M. Breals zum Professor am
College de France ernannt worden.
Saga-Syntax.
(Vorläufige Mitteilung.)
Der Unterzeichnete bereitet eine ausführliche Syntax der altislän-
dischen Prosa vor.
Wilhelm Streitbers.
p
501
Bd. 19
Indogermanische Forschungen
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