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Full text of "Indogermanische Forschungen; Zeitschrift für Indogermanistik und allgemeine Sprachwissenschaft"

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ZEITSCHRIFT 

FÜR 

INDÖGmMAMSCHE  SPRACH-  UND  ALTERTUMSKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

KARL  BRÜGMANN  und  WILHELM  STREITBERG 


\  9   S-  Q-i 

DREIUNDDREISSIGSTER   BAND 


STßASSBURG 

VERLAG  VON  KARL  J.  TRÜBNER 

1913/14. 


501 
3^.33 


U.  DttUont  Schaab«rg,  Straflburff. 


Inhalt. 

Seite 
R.  Blümel  Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und 

anderes 1 

J.  Endzelin  Zu  den  kurischen  Bestandteilen  des  Lettischen     .   .  96 

J.  Endzelin  Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen 104 

J.  Endzelin  Miszellen 119 

E.  Loch  Elliptisches  xaöTa  in  Grabinschriften 128 

J.  Scheftelowitz  Das  Schicksal  der  indogermanischen  Laut- 
gruppe zg 133 

R.  G.  Kent  Lateinisches  POVERO   puero' 169 

C.  C.  Uhlenbeck    Baskisch  und  Indogermanisch 171 

K.  Brugmann    Die  gotische  Partikel  -uh,  -h      173 

W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken  Berichtigungen  und  Ergänzungen 
zu  Waldes  Lateinischem  Etymologischem  Wörterbuch,  2.  Auf- 
lage, aus  dem  Gebiet  der  Sla%-istik  und  Lituanistik 181 

K.  Brugmann    Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e 272 

K.  Brugmann    Gotisch  usstagg  'stich  aus' 284 

V.  Grienberger    Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera     ....  285 

A.  Thumb  Ist  das  Junglakonische  eine  künstliche  Sprache?  .    .    .  294 
K.  Brugmann    Zur  nominalen   Stammbildung  der  germanischen 

Sprachen 300 

B.  Schmidt  Ganz 313 

K.  Brugmann    Die    griechischen   Desiderativa   auf  -ceiuiv  nebst 

Keiuiv 332 

A.  Kock  Zur  Frzige  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  alt- 
nordischer starker  Verba 337 

E.  W.  Fay    Word-Studies 351 

N.  van  Wijk    Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise' 367 

E.  Prokosch   Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems  377 

F.  Knauer    Zur  i?us»-Frage 394 

R.  Günther    Griechische  Miszellen 407 

N.  Jokl  Katun 420 

E.  Hermann  Noch  einmal  das  Junglakonische 433 

A.  Thumb  Antwort .  434 

A.  Zimmermann  Erwiderung 435 

Druckfehler 437 

Sachregister 438 

Wortregister 443 


R.  Blümel,  Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  u.  a.     1 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakknsatiys 
und  anderes. 

Brugmann  =  Bnigmann  Der  sogenannte  Akkusativ  der  Be- 
ziehung im  Arischen,  Griechischen,  Lateinischen,  Germa- 
nischen.   IT.  27,  121  ff. 

Brugmann-Thumb  =  Brugmann  und  Thumb  Griechische 
Grammatik^. 

Delbrück  =  Delbrück  Vergleichende  Syntax  der  indoger- 
manischen Sprachen.    Erster  Teil. 

Kieckers  =  Kieckers  Zum  Accusativus  limitationis  im  Grie- 
chischen, IF.  30,  361  ff. 

1.    Syntaktische  Vorbemerkungen. 

Bevor  ich  auf  die  eigentliche  Erörterung  eingehe,  habe 
ich  die  syntaktische  Gliederung  darzulegen,  soweit  daran 
Akkusative  beteiligt  sind,  die  hier  unmittelbar  oder  mittelbar 
in  Betracht  kommen.  Auch  das  Passiv  ist  neben  dem  Aktiv 
heranzuziehen. 

Zunächst  einige  Worte  zu  dem  Ausdruck  Verwandlung 
aus  dem  Aktiv  ins  Passiv  und  zu  der  Anschauung,  daß  ge- 
wisse Akkusative  im  Passiv  'stehen  bleiben',  zum  Unter- 
schied von  andern,  welche  'Nominative  werden'.  Delbrücks^) 
und  noch  mehr  Brugmanns  Ableitung  des  Bereichsakkusativs 
aus  dem  Akkusativ  des  'Teilobjekts'  beruht  ja  im  letzten  Grunde 
auf  der  Anschauung,  daß  dieser  Akkusativ  des  Teilobjekts  im 
Passiv  stehen  bleibe. 

Sogenannte  Verwandlung  des  transitiven  Aktivs  ins 
Passiv.  In  vielen  —  aber  nicht  in  allen!  —  Fällen  kann  ein 
und  derselbe  Tatbestand  aktiven  oder  passiven  Ausdruck  finden. 
Im  allgemeinen  ist  die  aktive  Ausdrucks  weise  die  zu  nächst- 
liegende (dabei  wirken  auch  die  aktiven  Sätze  als  Muster  mit, 
die  kein  Passiv  haben).  Im  ganzen,  wird  man  annehmen  dür- 
fen,  sind   die  aktiven  Sätze  mit  transitivem  Verbum  häufiger 

Anmerkung  zur  Überschrift.  Bereichsakkusativ:  Diese  Be- 
zeichnung schlage  ich  vor  statt  der  bisherigen:  Bezugs-,  Beziehungs- 
akkusativ. 

1)  Genaueres  Abschnitt  7. 
Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  1 


2  R.  Blümel, 

als  die  passiven.  (Nachdem  dies  niedergeschrieben  war,  zählte 
ich  in  Goethes  Novelle  die  Belege  für  transitives  Aktiv  und 
Passiv,  bei  beiden  auch  die  Nominalformeu  des  Yerbs.  Wen- 
dungen wie  achtgeben,  sich  wundern,  blieben  bei  Seite,  ebenso 
Verben  mit  Infinitiv  vt\q  wollen,  müssen,  dagegen  nicht  Verben 
wie  glauben  mit  abhängigen  Sätzen. 

Transitives  Aktiv     415  =  87,7  Vo 
Passiv       58  =  12,3  o/o). 

Der  Gebrauch  des  Passivs  'steht'  also  nach  dem  eben  Ge- 
sagten hinter  dem  des  Aktivs  'zurück*. 

Außerdem  ist  das  Passiv  jünger  als  das  Aktiv. 

Aber  es  gibt  einen  wesentlichen  Unterschied  zwischen 
Aktiv  und  Passiv,  welcher  zeigt,  daß  der  Ausdruck  'Verwand- 
lung* nicht  am  Platze  ist. 

Der  Inhalt,  welcher  den  Urheber  usw.  bedeutet  (im  Ak- 
tiv das  Subjekt,  im  Passiv  mit  von  im  Dativ  usw.)  muß  im 
aktiven  Satz  enthalten  sein  (wenn  man  von  so  schwierigen  Sätzen 
absieht  wie  mich  friert;  in  Sätzen  wie  amo  te,  qpiXui  ce  ist  er 
enthalten);  im  passiven  Satz  kann  dieser  Urheberinhalt  ent- 
halten sein.  (Insofern  spielt  er  syntaktisch  im  Aktiv  eine  ganz 
andere  Rolle  als  im  Passiv,  dadurch  ist  der  ganze  Satzcharakter 
verschieden.)  Es  gibt  denn  auch  passive  Sätze  ohne  den  Satz- 
teil, welcher  im  Aktiv  Subjekt  wäre :  Er  wurde  im  letzten  Kriege 
am  Oberarm  leicht  verwundet;  ßeßXrjTai...  dpiCTOC  Axaiujv  E  103, 
vgl.  Ich  bin  getroff en\  —  Nachdem  das  griech.  Passiv  aus  dem 
Medium  erwachsen  ist,  ist  das  Passiv  mit  Angabe  des  Urhebers 
jünger  als  das  Passiv  ohne  Angabe  des  Urhebers;  der  mediale 
Satz  hatte  diese  Angabe  naturgemäß  nicht,  also  auch  nicht  die 
aus  den  medialen  Sätzen  erwachsenen  ersten  passiven. 

Es  gibt  also  Fälle,  wo  dem  Passiv  kein  Aktiv  entspricht, 
wo  also  das  Passiv  nicht  aus  dem  Aktiv  'verwandelt'  sein  kann. 

Am  besten  betrachtet  man  Aktiv  und  Passiv  als  zwei  'fer- 
tige* Gebrauchsweisen  mit  ähnlicher  Bedeutung,  die  miteinander 
in  Wettbewerb  treten  können,  ähnlich  wie  sympathetischer  Dativ 
und  Possessivpronomen  oder  Genetiv  (Havers  Untersuchungen 
zur  Kasussyntax  der  indogermanischen  Sprachen  S.  1  ff.)  Bei 
genauerem  Zusehen  wird  es  sich  wahrscheinlich  ergeben,  daß 
sich  die  Gebrauchsweisen  von  Aktiv  und  Passiv  überhaupt  nicht 
80  genau  entsprechen. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.      3 

Welcher  Kasus  entspricht  nun  im  Passiv  dem 
zweiten  Akkusativ  des  Aktivs?  Das  läßt  sich  erkennen  aus 
dem  Funktionsverhältnis  der  beiden  im  Aktiv  akkusativischen 
Satzteile,  (wobei  natürlich  die  Funktion  aufs  Passiv  zu  beziehen 
ist)  und  zwar  ohne  Zuhilfenahme  des  Aktivs.  Gegeben  ist  das 
grammatische  passive  Subjekt,  (unter  Umständen)  auch  der  In- 
halt, der  den  Urheber  usw.  bedeutet  Bei  allen  übrigen  Satz- 
teilen ist  die  Frage  zu  erheben,  ob  sie  zufolge  ihrer  Funktion 
und  ihrer  Eigenbedeutung  neben  dem  passiven  Subjekt  als  wei- 
terer Subjektsnominativ  (ferner  überhaupt:  als  Nominativ)  stehen 
können  oder  nicht.  Dabei  vergleiche  ich  den  deutschen  passi- 
ven Satz  mit  einem  andern,  der  einen  dem  passiven  Yerb  be- 
deutungsähnlichen Ausdruck  enthält  (besonders  das  Verbum  sein 
4-  prädikatives  Adjektiv)  i). 

Möglich  ist  das  zweite  Subjekt  neben  dem  ersten  in 
folgenden  Fällen:  1) — 3): 

1)  Der  König  wurde  verwundet^  {war  h'ank),  der  Herrscher 
(Variation). 

2)  Agamemnon  wurde  verwundet,  [war  krank)  ^  der  König 
oder:  Der  König  wurde  verwundet,  {war  krank),  Agamemnon, 
wenn  die  Apposition  (hier:  der  nachgestellte  Satzteil)  auch 
in  (selbständiger)  Beziehung  zum  Prädikat  steht.  Steht  der  zweite 
Satzteil  nur  zum  ersten  in  Beziehung,  so  ist  der  zweite  kein 
Subjekt,  und  es  liegt  Kongruenz  vor.  —  In  der  Verbindung 
Nastasja  zototaja  kosa  {N.,  golden  das  Haar)  haben  wir  einen 
Satz  {zototaja  kosa)  oder  schon  Kongruenz  mit  dem  Eigennamen, 
vgl.  Brugmann  S.  139  f.  Vielleicht  gibt  es  die  eben  anter  2) 
genannte  Übergangsstufe. 

3)  Unser  Hausdach  wurde  beschädigt,  {ist  schadhaft),  der 
toesüiche  Teil  (Sog.  Verbindung  des  Ganzen  und  des  Teils, 
vgl.  S.  7),  d.  h.  wenn  hier  ein  Passiv  möglich  ist.    Dagegen 

4)  Er  icird  der  lange  Michel  getuinnt  {Er  heißt  der  lange 
Michel).  Hier  ist  der  lange  Michel  Prädikatsnominativ,  hat 
also  eine  andere  Funktion  als  der  Subjektsnominativ. 

Unmöglich  sind  dann  ferner  5)  bis  8)  usw.: 

5)  *lKa^idvbpioc  AcTuctvaE  KaXeiiai,  iTriKXricic,  es  muß 
heißen  dmKXriav  (^TriKXriav  öe  auni  h  Kpnvn  KaXeexai  f|Xiou,  He- 
rodot  4,  181). 

1)  Dieser  Vergleich  ist  an  sich  nicht  notwendig.  Er  dient  hier  dazu, 
einen  ähnlichen  Fall  einzuführen,  bei  dem  niemand  an  das  Aktiv  denken  wird. 


4  R.  Blümel, 

6)  *KaXXi>axoc  öiödcKerai,  f\  Tew^expia  oder  *f\  xeiuiie- 
Tpia  biödcKCTai,  KaXXl^axoc.  Hieher  die  Verben  des  Lehrens, 
Yerheimlichens,  Fragens,  Forderns,  Antuns,  Beraubens,  soweit 
diese  zwei  Objektsakkusative  bei  sich  haben,  ebenso  die  Akku- 
sative  neben  einem  Passivsubjekt,  dem  im  Aktiv  ein  Dativ-  oder 
Genetivobjekt  entspricht,  z.  B.  oi . . .  ^iriTeTpamnevoi  rfiv  cpuXaKnv, 
Brugmann  S.  127  f.  128.  Anm.  —  Es  kommt  sogar  vor,  daß  ein 
Objektsakkusativ  neben  einem  unpersönlichen  Passiv  steht :  Also 
immer  wird  Teppiche  geklopft 

7)  *ßeßXriai,  Keveüüv,  statt  des  Bereichsakkusativs  Keveuivou 

8)  usw. :  alle  übrigen  Fälle  von  Akkusativ,  der  nicht  Ob- 
jekt ist,  Dativ,  Genetiv  usw.  ohne  oder  mit  Präpositionen. 

Ich  komme  also  ohne  die  Anschauung  durch,  daß  unter 
Umständen  ein  Akkusativ  stehen  bleibe,  und  zwar  weil  er 
im  entsprechenden  aktiven  Satz  'Nebenobjekt'  sei,  während 
das  'Hauptobjekt'  passives  Subjekt  werde.  (Brugmann  S.  125 
unten  f.). 

In  den  Fällen  1) — 3)  Vertragen  sich'  zwei  Subjekte 
nebeneinander,  in  den  Fällen  4)  und  folgende  dagegen  nicht, 
und  zwar  weder  im  Passiv  noch  in  andern  etwa  entsprechenden 
Fällen.  (Bei  Yerben  wie  lehren,  die  unter  6)  fallen,  bestimmt 
jedes  der  zwei  Objekte  eine  andere  Bedeutungsseite  des  Verbs, 
das  persönliche  die  Seite  unterrichten,  das  sächliche  die  Seite 
vortragen]  man  wird  sicher  sagen  dürfen,  daß  im  Aktiv  wie 
im  Passiv  eine  dieser  Seiten  'überwiegt',  und  daß  demnach  im 
Passiv  jenachdem  die  Person  oder  das  Fach  Subjekt  wird.)  Für 
den  Inhalt,  der  nicht  Subjekt  werden  kann,  tritt  die  Funktion 
ein,  welche  das  betreffende  Verb  (Adjektiv  usw.)  verlangt,  dabei 
ist  genannt  werden  KaXeicGat  appellari  an  sein  eivai  esse,  (nennen) 
KoXeiv  creare  an  Verba  wie  machen  angeschlossen,  soweit  dabei 
nicht  ein  absoluter  Kasus  steht,  Paul  Prinzipien  *  S.  305. 

Auf  diese  Weise  erfassen  wir  die  syntaktische  Beziehung 
des  betreffenden  Kasus  zu  seinem  passiven  Verb  usw.  aus  dem 
passiven  Satz  heraus  ohne  Zuhilfenahme  des  Aktivs  und  ent- 
gehen der  Gefahr,  dehnbare  Begriffe  wie  'Unterordnung'  des 
einen  Akkusativs  unter  den  andern  einzuführen.  Von  einem 
'Stehenbleiben'  eines  Akkusativs  im  Passiv  kann  ja  schon  des- 
halb nicht  die  Rede  sein,  weil  die  dazu  notwendige  Voraus- 
setzung nicht  zutrifft,  daß  das  Passiv  aus  dem  Aktiv  ver- 
wandelt sei 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.      5 

Syntaktische  Gliederung  im  Aktiv,  etwaige  syn- 
taktische Beziehung,  etwaiges  nichtsyntaktisches  Be- 
deutungsverhältnis der  beiden  Akkusativinhalte. 

1.  Variation  des  Objektsakkusativs  {Er  'hat  den  König 
ettnordet,  den  Herrscher.) 

Jeder  Akkusativ  als  Objekt  in  syntaktischer  Beziehung 
zum  Verbum,  beide  ^)  nur  stilistisch  im  Bedeutungs Verhältnis, 
nicht  syntaktisch  in  (unmittelbarer)  Beziehung ;  beide  Ausdrücke 
stellen  nur  verschiedene  Seiten  6ines  Gegenstandsinhalts  dar 
(freie  AViederholung.) 

Die  Objektsbeziehungen  sind  nach  Art  und  Grenauigkeit 
gleich. 

Passiv:    Zwei  Subjektsnominative. 

2.  (Griechische)  Appositionsgruppe  als  Objektsakkusativ 
(Beispiele  für  den  Nominativ  'Oöuceuc  AaepTictönc,  ava£  dvbpujv 
ÄTaiiCjavcuv). 

Die  beiden  Inhalte  bilden  einen  Satzteil,  wir  haben  also 
(zunächst)  6ine  syntaktische  Beziehung  des  Gruppenkerns  zum 
Yerbum.  Der  andere  Akkusativ  ist  (zunächst  nur)  die  Bestimmung 
des  Gruppenkerns  und  steht  als  solche  mit  ihm  in  Kongruenz. 
Aus  den  beiden  Inhalten  der  Appositionsgruppe  kann  ein  Satz 
mit  Nominalsubjekt,  eivai  und  Nominalprädikat  gebildet  werden 
{Odysseus  ist  der  Laertiade^  Agamemnon  ist  der  Herrscher  der 
Männer),  die  syntaktische  Beziehung  von  Kern  und  Bestimmung 
in  der  Appositionsgruppe  ist  aber  viel  enger  als  die  von  Nominal- 
subjekt und  Nominalprädikat  (auch  enger  als  die  von  Akkusativ- 
objekt und  prädikativem  Akkusativ).  Kern  und  Bestimmung 
stellen  also,  was  syntaktische  Beziehung  betrifft,  im  Gegensatz 
zur  Variation  zwei  Inhalte  in  unmittelbarer  syntaktischer  Be- 
ziehung dar.  Was  das  Bedeutungsverhältnis  betrifft,  so  geben 
beide  zusammen  die  genaue  Bezeichnung,  handelt  es  sich  bei 
der  Variation  um  Erzielung  genauerer  Bezeichnung,  so  ersetzt 
die  genauere  die  ungenauere,  oder  die  beiden  nähern  sich 
(einzeln)  der  Bedeutung,  die  dem  Redenden  vorschwebt.  —  Die 
Variation  kann,  wie  gesagt,  auch  mehr  Glieder  umfassen  als 
zwei,  in  der  Appositionsgruppe  haben  wir  immer  eine  Zweiheit 
(selbst  in  den  verwickeltsten  nhd.  Bildungen,  z.  B.  Geheimer 
Hofrat     ordentlicher    öffentlicher     Universitätsprofessor     Doktor 

1)  Die  Variation  kann  auch  mehr  Glieder  umfassen  als  zwei. 


6  R.  Blümel, 

Heinrich  Müller.  Es  'schließen  sich*  allmählich  an:  Heinrich 
an  Müller \  Doktor  an  Heinrich  Müller-^  ordentlicher  öffent- 
licher Universitätsprofessor  an  Doktor  Heinrich  Müller-,  Geheimer 
Hofrat  an  ordentlicher  öffentlicher  Universitätsprofessor  Doktor 
Heinrich  Müller). 

Daneben  (anderer  Fall)  kann  namentlich  der  nachge- 
tragene zweite  Akkusativ  als  Objekt  vom  Verbum  abhängen. 
In  diesem  Falle  haben  wir  zwei  syntaktische  Beziehungen  von 
Verb  und  Objekt,  die  nach  Art  und  Genauigkeit  gleich  sind, 
sonst  nur  eines. 

Passiv:  Zwei  ]^ominative,  der  eine  Subjekt,  der  andere 
ist  kongruierende  Bestimmung,  daneben  (im  andern  Fall)  zweites 
Subjekt. 

3.  Akkusativobjekt  und  prädikatives  Akkusativ- 
objekt. 

Jedes  Objekt  vom  Verbum  abhängig,  das  erste  verhält 
sich  zum  zweiten  wie  Nominalsubjekt  zu  Nominalprädikat,  sie 
bilden  aber  keine  Gruppe  unter  sich  wie  die  Bestandteile  der 
Appositionsgruppe. 

Zwei  verschiedenartige,  gleich  genaue  syntaktische  Be- 
ziehungen von  Objekt  zu  Verbum,  die  Beziehung  des  prädikativen 
Objekts  ist  ausdrücklich  in  Hinsicht  auf  die  Beziehung  des 
andern  Akkusativs  zum  Verb  ausgesprochen. 

Passiv:  Subjekts-  und  Prädikatsnominativ. 

4.  Doppelter  Objektsakkusativ  bei  Verben  wie 
lehren.,  verheimlichen.,  einem  etwas  antun.,  fragen.,  for- 
dern., berauben. 

Zwei  syntaktische  Beziehungen  von  Objekt  zu  Verbum, 
die  beiden  Objekte  sind  ihrer  Bedeutung  nach  verschieden 
("Person',  *Sache')  sie  stehen  unter  sich  in  keiner  unmittelbaren 
syntaktischen  Beziehung. 

Die  syntaktischen  Beziehungen  von  Objekt  zu  Verbum 
betreffen  je  eine  andre  Seite  der  Verbbedeutung,  sie  sind  ver- 
schiedenartig, an  Genauigkeit  gleich. 

Passiv:  6in  Subjektsnominativ,  meist  der  'persönliche', 
der  andere  Inhalt  Objektsakkusativ. 

övo^d21ouci  C6  övo^a  'Oöucda  vereinigt  3.  und  4. :  övojia 
<ivo^d2;u) . . .  wie  {einem)  etiras  antun. 

Passiv:  o»  ö' övoiadir)  "Obucceuc  6vo\ia:  cu  Subjekts-, 
*Obucc€uc  Prädikatsnominativ,  6vo)ia  Akkusativobjekt 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.      7 

5.  Gruppe  zweier  oder  mehrerer  syntaktischer 
Beziehungen  von  Yerb  zu  Akkusativobjekt.  Das  Be- 
deutungsverhältnis der  Akkusativinhalte  ist:  Ganzes  und  Teil; 
Menge  und  Einzelner;  Gegenstand  und  was  ihm  anhaftet  oder 
was  von  ihm  ausgeht  u.  a. 

Keine  unmittelbare  syntaktische  Beziehung  der  Akkusativ- 
Inhalte^).  Beide  Beziehungen  von  Yerb  zu  Objekt  gleichartig, 
die  erste  wird  durch  die  zweite  bestimmt,  erst  dadurch  wird 
die  Zusammenstellung  genauer.  Ton  der  Variation  ist  diese 
Erscheinung  dadurch  verschieden,  daß  sie  keine  Wiederholung, 
sondern  etwas  Xeues  bringt. 

Wenn  das  Passiv   vorkommt:    zwei  Subjektsnominative. 

6.  Akkusativ  des  Bereichs  (vorkommend  neben  finiten 
und  Nominalformen  —  wohl  auch  Infinitiv  —  ti'ansitiver  —  auch 
passiver !  —  und  intransitiver  Verben,  Adjektiven,  selten  neben 
prädikativen  Substantiven  und  Verb  +  Adverb. 

Die  syntaktische  Gliedening  ist,  soweit  sie  das  Akkusativ- 
objekt angeht:  Verb  —  Objekt,  soweit  sie  den  Akkusativ  des 
Bereichs  betrifft :  Ganzer  übriger  Satzinhalt  —  bestimmt  durch 
den  Akkusativ  des  Bereichs,  \u9puj  öe  iraXdcceTo  xtip«c  ddirrouc : 
daß  er  mit  Mordblut  besudelt  war,  gilt  von  den  unnahbaren 
Händen.  Im  engeren  Raum  einer  Gruppe  wie  TTÖÖac  ujkuc 
AxiXXeuc  gut  Entsprechendes :  daß  Achilleus  schnell  ist,  gilt  von 
(seinen)  Füßen  2). 

Innerhalb  dieses  Bereichs  tut  eine  Person  etwas,  oder  es 
widerfährt  ihr  etwas,  oder  sie  besitzt  eine  Eigenschaft,  oder  sie 
betätigt  sich  (mit  Körperteilen,  seelischen  Vermögen,  auf  ge- 
wissen Gebieten,  diese  stehen  im  Akkusativ). 

Der  Akkusativ  des  Bereichs  steht  nach  allem  eben  Ge- 
sagten in  engster  Verwandtschaft  mit  gewissen  örtlichen  Be- 
stimmungen, ist  aber  vom  Akkusativobjekt  wesentlich  verschieden. 

Passiv:    Akkusativ  des  Bereichs. 

7.  Verbindungen  wie  a)  TTOTainöc  Kubvoc  övo)ua  und  b) 
Nastasja  zototaja  kosa^)  enthalten  ursprünglich  einen  Nebensatz, 


1)  Unmittelbare  syntaktische  Beziehung  dagegen  in  nhd.  Apposi- 
tionsgruppen wie  München  —  Laim ,  Sachsen  —  Meiningen.  Sie  gehören 
nicht  hieher. 

2)  Ähnlich  verhält  es  sich,  wenn  der  Bereichsakkusativ  bei  einem 
attributivprädikativen  Adjektiv  steht,  z.  B.  P  541  f. 

3)  Hier  ist  vom  Nominativ  auszugehen. 


8  R  Blümel, 

der  als  Ganzes  Kubvoc  bzw.  Nastasja  bestimmt  In  dem  Neben- 
satz ist  Kubvoc  bzw.  Nastasja  Subjekt,  övo|ia  bzw.  zoiotaja  Prä- 
dikat. Über  weitere  Entwicklung  von  övoina  s.  Abschn.  3,  S.  19  ff., 
övoMa  bleibt  dann  Prädikatsnominativ,  zototaja  kosa  kongruiert 
dann  mit  Xastasja.  Kuövoc  kann  dabei  im  Objektsakkusativ  stehen, 
Nastasja  auch  in  andern  Kasus. 

8.  1.  Die  Kosten  für  die  Reise  abgerechnet  bleiben 
mir  noch  hundert  Mark. 

2.  Er  stand  da,  die  Hände  auf  dem  Rücken;  Er  stand 
da,  die  Hände  auf  den  Rücken  gelegt  (Akkusativ,  vgl.  Er 
stand  du,  den  rechten  Fuß  fest  aufgestemmt). 

3.  Ein  Wagen  rasselte  heran,  der  Fuhrmann  oben.  Die- 
sen nebensatzähnlichen  Gebilden  ist  gemeinsam,  daß  sie  durch 
die  syntaktische  Gliederung  dem  ganzen  übrigen  Satzinhalt  als 
Ganzes  gegenüber  stehen.  Die  Kosten  für  die  Reise  abgerechnet 
ist  absoluter  Akkusativ ;  die  hier  zu  behandelnden  Bestimmungen 
des  2.  und  3.  Satzes  stehen  auch,  und  zwar  als  Ganzes,  in  Be- 
ziehung zu  einem  andern  Satzteil  desselben  Satzes.  Diese  Be- 
ziehung ist  im  2.  Falle  derart,  daß  die  Bestimmung  prädikatives 
Attribut  ist.  Das  prädikative  Attribut  kann  sich  im  Nhd.  auf 
das  Subjekt  beziehen,  vgl.  2.,  auch  auf  ein  Akkusativobjekt,  vgl. 
Sie  schleppten  ihn  mit  sich  fort,  die  Hände  auf  den  Rücken  ge- 
bunden. Außerdem  ist  in  2.  und  3.  eine  Beziehung  des  Akku- 
sativs die  Hände,  den  Fuß  oder  Nominativs  der  Fuhrmann  auf 
einen  Satzteil  vorhanden,  gewöhnlich  auf  das  Subjekt,  in  2.  auf 
er,  in  3.  auf  Wagen.  Nach  dieser  Beziehung  regelt  sich  der 
Kasus,  Akkusativ  oder  seltener  Nominativ.  —  Die  Gliederung 
von  Sätzen  mit  dem  Bereichsakkusativ  ist  ganz  anderer  Art; 
z.  B.  Tuöeuc  . . .  iLiiKpöc . . .  ^nv  be^ac  E  801,  Tydeus  war  klein,  und 
das  gilt  von  seinem  Körperbau,  das  =  daß  Tydeus  klein  war. 
Unter  Umständen  steht  auch  der  Bereichsakkusativ  in  einem 
attributivprädikativen  Satzteil:  äv  b'  auTÖc  Ißaive  nöbac  Kai 
XCipac  uTT£p6£v  I  al^aTÖelc  P  541  f.,  vgl.  deutsch:  Er  schwang 
sidi  auf  den  Wagen,  Hände  und  Füße  blutig.  Aber  im  Grie- 
chischen ist  die  Anschauung:  Er  ist  blutig  im  Bereich  der 
Hände  und  Füße,  im  Deutschen:  Hände  und  Füße  sind  blutig. 
Ganz  wörtlich,  natürlich  ganz  ungriechisch,  müßte  die  Über- 
setzung aus  dem  Deutschen  lauten:  . . .  nöbac  kqi  X'ipac  al^a- 
TÖevTQC.  D.  h.  im  Griechischen  ist  das  Adjektiv  usw.,  im  Deut- 
schen der  Akkusativ  übergeordnet.    Das  ist  sehr  wohl  zu  be- 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.      9 

achten,  wenn  man  mit  Cauer  (Brugmann  S.  123)  die  griechische 
Erscheinung  mit  Hilfe  der  deutschen  in  der  Schule  oder  in  der 
Vorlesung  erklären  will.  — Was  das  Bedeutungsverhältnis 
des  Akkusativs  in  2.  zu  jenem  andern  Satzteil  und  das  Bedeu- 
tungsverhältnis des  Bereichsakkusativs  zu  einem  entsprechenden 
Inhalt  betrifft,  so  kommen  im  Deutschen  neben  Körperteilen 
der  betr.  Person  ihre  Kleidungsstücke  und  Waffen  vor,  im 
Griechischen  wahrscheinlich  nicht  {den  Hut  in  der  Hand,  die 
Lanzen  gefällt).  Vgl.  Er  saß  da,  ein  Buch  in  der  Hand.  Sätze 
wie  unter  2.  haben  auch  eine  ganz  andere  Bedeutung  dieser 
nebensatzähnlichen  Bestimmung,  es  handelt  sich  sehr  viel  um 
äußerliche  Haltung,  z.  T.  mit  Ausdruck  der  Stimmung,  {die  Augen 
voU  Tränen)  dann  auch  bloß  um  Stimmung  {den  Kopf  voll 
Sorgen).  Erschöpft  ist  damit  der  Bedeutungsumfang  noch  nicht. 

Der  Unterschied  aller  dieser  syntaktischen  Verbindungen 
wird  auch  dadurch  klar,  daß  man  sich  fragt:  Inwiefern  ist 
ein  Satz  unvollkommen,  dem  eine  der  genannten  syn- 
taktischen Beziehungen  abgeht? 

Syntaktisch  fehlt  dem  Satze  nichts,  wenn  ein  Satzteü  nicht 
variiert  ist,  es  handelt  sich  hier  um  ein  etwaiges  stilistisches 
Bedürfnis,  das  stilistisch  befriedigt  wird. 

Ob  die  Apposition  notwendig  ist  oder  nicht,  das  ist  eine 
Frage,  welche  die  Bedeutungsverhältnisse  der  Gruppe  angeht, 
und  die  zunächst  dadurch  entschieden  wird,  daß  der  eine  Aus- 
druck zur  Bezeichnung  der  Person  usw.  genügt  oder  nicht  (also 
ein  wesentlich  stilistisches  Bedürfnis,  aber  befriedigt  durch  ein 
syntaktisches  Mittel). 

Haben  wir  syntaktische  Beziehung  eines  Verbs  zu  zwei 
Akkusativobjekten,  so  ist  darnach  zu  scheiden,  ob  Art  oder 
Genauigkeit  verschieden  ist. 

Je  mehr  man  von  der  besondern  Bedeutung  eines  Objekts 
Abstand  nimmt  (weil  es  sich  von  selbst  versteht,  z.  B,  daz  ors 
enbeizen,  oder  sehr  viele  Inhalte  zur  Verfügung  stehen,  aber 
keiner  ausgewählt  wird,  z.  B.  Ein  solches  Wort  kränkt)  je  nach- 
dem kann  die  syntaktische  Beziehung  schwinden.  Sind  die  syn- 
taktischen Beziehungen  nach  der  Art  verschieden,  so  ist  im 
allgemeinen  jede  einzeln  zu  behandeln,  besondere  Erwähnung 
verdient  das  prädikative  Objekt.  Hier  ist  auch  die  Frage,  ob 
das  andere  Objekt  neben  seinem  Verbum  allein  ohne  den 
prädikatartigen  Inhalt  auskommen  kann.    Vielleicht  ist  möglich 


10  R.  Blümel, 

eiXovTo  TTepiKXea  =  Ihre  Wahl  traf  den  Perikles,  CTpairiYOV  ia 
diesem  Falle  schon  vorher  erwähnt,  nur  die  Tatsache  der  Er- 
wählung des  Perikles  kommt  in  Betracht,  aber  wohl  nie  ^noincav 
TTepiKXea,  —  Prädikatives  Objekt  ohne  anderes  Objekt  ist  dagegen 
undenkbar.  eiXovro  crparriTOV  heißt  nicht  Sie  wählten  zum  Feld- 
herrn, sondern  Sie  wählten  einen  Feldherm.  —  Besonders  leicht 
fällt  es  wohl,  Verba  wie  lehrm  usw.  mit  6inem  Objekt  zu  ver- 
binden, dann  tritt  nur  die  6ine  Seite  der  Verbbedeutung  hervor. 

Die  Bestimmung  einer  ungenauen  Zusammenstellung 
zwischen  Verb  und  Objekt  durch  eine  gleichartige  genauere 
ist  wieder  stilistisches  Bedürfnis,  das  syntaktisch  befriedigt  wird. 
Man  kann  sich  drei  und  noch  mehr  syntaktische  Beziehungen 
zusammengestellt  denken :  Er  traf  ihn,  seinen  Kopf,  die  Stirn, 
die  Stelle  über  dem  linken  Auge.  Aber  die  syntaktische  Be- 
ziehung der  einzelnen  Objekte  zum  Verbum  ist,  sobald  sie  vor- 
liegt, so  unauflöslich  wie  jede  andere  derartige  syntaktische 
Beziehung. 

Mit  den  oben  erwähnten  Einschränkungen  ist  das  Akku- 
sativobjekt immer  'notwendig'  als  Bestimmung,  der  Akkusativ 
des  Bereichs  dagegen  nicht,  er  ist  eine  sogenannte  'freie*  Be- 
stimmung. 'Freie'  Bestimmung  heißt  genau  genommen  nicht: 
entbehrliche  Bestimmung.  Wenn  ich  in  einem  Reiseberichte 
erzähle:  In  München  regnete  es  fürchterlich.,  so  will  ich  ja 
gerade  von  dem  Münchner  Wetter  erzählen,  das  ich  hatte 
(ich  brauche  deswegen  in  München  nicht  zu  betonen).  Dagegen 
ist  (unter  andern  Voraussetzungen!)  ein  anderer  Satz  möglich, 
der  alle  Inhalte  enthält  wie  der  erwähnte  {In  München  regnete 
es  fürchterlich)  mit  Ausnahme  des  einen  in  München :  Es  regnete 
fürchterlich.  Dagegen  kann  ich  einem  Satze  wie  Ich  war  vier 
Jahre  in  München  keinen  entgegenstellen,  der  lauten  müßte: 
Ich  war  vier  Jahre.  Also  in  diesem  Sinne  nenne  ich  den  Satz- 
teil in  München  in  dem  ersten  Satze  {In  München  regnete  es 
fürchterlich)  eine  freie,  im  zweiten  {Ich  war  vier  Jahre  in 
München)  eine  notwendige  Bestimmung.  Insofern  ist  also  der 
Objektsakkusativ  als  Bestimmung  notwendig,  der  Bereichsakku- 
sativ frei,  also  auch  insofern  gewissen  Ortsbestimmungen  ähnlich. 
Frei  sind  auch  Bestimmungen  wie  die  Kosten  abgrrechnet,  die 
Hände  auf  dem  Rücken,  der  Fiüirmann  oben.  Einem  Satz,  dem 
der  Bereichsakkusativ  *fehlt',  geht  jedoch  etwas  anderes  ab  als 
eioem,  dem  eine  dieser  drei  Bestimmungen  'fehlt'. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    11 

Freie  Bestimmungea  sind  auch  Küövoc  övo|üia,  Xastasja 
zoiotaja  kosa,  aber  attributiv. 

Im  einzelnen  habe  ich  noch  zu  bemerken: 

1.  es  ist  nicht  richtig,  überall  von  Apposition  oder  Appo- 
sitionsgruppen zu  sprechen,  wo  Gleichheit  des  Kasus  vorliegt 
(die  durchaus  nicht  Kongruenz  zu  sein  braucht !)  und  wo  keine 
andere  Bezeichnung,  wie  z.  B.  Objekt  und  prädikatives  Objekt 
vorliegt. 

2)  Die  Bezeichnung  Akkusativ  usw.  des  Ganzen  und  des 
Teils  geht  nur  auf  das  nichtsyntaktische  Verhältnis  der  Be- 
deutungen der  beiden  Inhalte,  enthält  aber  keinen  Hinweis 
auf  syntaktische  Beziehungen  (die  ja  viel  verwickelter  sind,  als 
es  diese  Bezeichnung  ahnen  läßt).  Es  gibt  ganz  entsprechende 
syntaktische  Beziehungen,  wenn  die  beiden  Inhalte  in  anderem 
Bedeutungsverhältnis  stehen,  fürs  Griechische:  Menge  und 
Einzelner:  oi  öe  KXfjpov  ecruLiqvavTo  e'Kacxoc  H  175.  Anderseits 
können  ganz  andere  syntaktische  Beziehungen  bestehen,  wenn 
das  Bedeutungsverhältnis  des  Ganzen  und  des  Teils  zwischen 
zwei  Inhalten  im  gleichen  Kasus  besteht:  (das  Szepter)  rrepi 
Tctp  pa  k  xoXköc  eXeniC  j  q)uXXa  xe  Kai  q)Xoiöv  A  236  f.  und  noch 
deutlicher  ^piveöv  öEei  xaXKuJ  [  Tdjive  veouc  öpTrriKac  <t>  37  f.  (Die 
syntaktische  Gliederung  ist  die  der  Terba  mit  doppeltem  Akku- 
sativ, wie  berauben.) 

La  Roche,  der  Akkusativ  im  Homer,  (S.  326)  ist  noch 
nicht  zu  dem  höheren  Begriff  der  Verbindung  zweier  Objekts- 
beziehungen vorgedrungen,  er  kennt  ja  nur  die  Verbindung 
von  Verb  mit  Objekt  des  Ganzen  und  Objekt  des  Teils.  Diese 
faßt  er  richtig,  vgl.  S.  225,  der  Absatz,  der  beginnt:  Eine  rkhtige 
Auffassung  .  .  .  Die  Fälle  A  236f.  0  37  f.  deutet  er  ebenfalls 
richtig.  Man  sieht  hier  deutlich,  wie  gefährlich  ein  falscher 
Kunstausdruck  werden  kann.  (Meine  Aufstellungen  sind  unab- 
hängig von  La  Roche  gemacht,  sie  gehen  vielfach  von  der 
heutigen  deutschen  Umgangssprache  aus.) 

Vor  allem  sind  auch  die  syntaktischen  Beziehungen  sehr 
verschieden,  welche  'Ganzes'  und  'Teil'  betreffen,  in  der  Gruppe 
syntaktischer  Beziehungen  (eßaXev  ^KeTvov,  rriv  Ke(paXr|v  =  Er 
traf  ihn,  seinen  Kopf)  und  in  Sätzen  mit  Akkusativ  des  Bereichs 
(IßaXev  6Keivov  Tf|v  KecpaXnv  =  Er  traf  ihn  im  Bereich  des 
Kopfes). 


12  R.  Blümel, 

2.  Einkeilung. 

Brugmann  trennt  S.  149  (vgl.  Bnigmann-Thumb  S.  439) 
vom  Akkusativ  der  'Beziehung'  mit  Recht  den  Akkusativ,  der 
vorhanden  ist  bei  der  Einkeilung  des  Nebensatzsubjektes 
in  den  übergeordneten  Satz  v<rie  B  409  fjbee  Totp  Kaid  Gufiöv 
dbcXqpeov,  luc  dTTOveiro. 

Aufschluß  geben  hier  am  besten  Beispiele  aus  der  neu- 
hochdeutschen Umgangssprache.    Man  kann  sagen: 

^,  Ich  kemie  Sie  \     n       tt        i      t     i.  u 

1)  „.      .    ,      .     ,  7       ,     J,  Ihre  Unerschrockenhett. 
Sie  sind  mir  bekannt    ) 

Ich  kenne  Sie,  U  daß  Sie  unerschrocken  sind. 

'  Sie  sind  mir  bekannt,    i\  icie  unerschrocken  Sie  sind. 

ich     n-^ft  '}tß     StP  \ 

3)  ^.     .'        .   ,  ,       ,  \,  daß  Ihnen  nichts  Schrecken  einjagt. 
'  Sie  sind  mir  bekannt  J 

Wir  haben  also  zunächst  eine  Gruppe  syntaktischer  Be- 
ziehungen (Bedeutungsverhältnis  von  Gegenstand  und  dem  was 
von  ihm  als  anhaftend  ausgehend  angetan  ausgesagt  wird).  Die 
Nebensatzform  ist  nur  eine  unter  mehreren,  sie  liegt  nament- 
lich der  Umgangssprache  vielfach  näher  als  Bildungen  wie 
ünerschrockenheit  *).  Die  beiden  in  der  Bedeutung  entsprechenden 
Inhalte  (hier  Sie,  Ihnen)  brauchen  dabei  weder  im  übergeord- 
neten Satz  jedesmal  Akkusativobjekt  noch  im  Nebensatz  jedesmal 
Subjekt  zu  sein;  Akkusativobjekt  im  Hauptsatz,  Subjekt  im 
Nebensatz,   das  ist  nur  der  naheliegendste  imd  häufigste  Fall. 

(Wir  können  dabei  nicht  immer  unterscheiden,  ob  nicht 
'freie  Verknüpfung'  des  Nebensatzes  mit  dem  ganzen  übrigen 
Hauptsatzinhalt  vorliegt,  sodaß  nhd.  daß,  gr.  ö,  öti  eine  Bedeu- 
tung ähnlich  der  von  weil  hat.) 

Hierher  gehören,  wenn  wir  von  der  Möglichkeit  der  freien 
Verknüpfung  absehen,  Sätze  wie  i^Toi  Aapöavibric  TTpia)iOc 
OaufiaZ'  AxiXfia,  |  öccoc  lr]v  oföc  le  Q  629  f.  rd  b'  oük  icav,  ibc 
dT€TUKTo  6  772.  Hier  ist  das  Akkusativobjekt  ursprünglich  neben 
dem  Verbum  berechtigt,  ebenso  das  Subjekt  in  folgendem  Bei- 
spiel ovbi  ne  Xr|6€ic,  |  örri  Gtuiv  Tic  c'  j^ye  Sode  im  vfjac  Axaiuiv 
Q  563  f.,  wo  der  Subjektsinhalt  du  im  Nebensatz  als  Objekt 
wiederkehrt. 


1)  Bildungen  wie  Ich  kennt  Sit,    Sit  fiirehten  Sich   nicht  sind 
zweideutig. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     13 

Man  darf  nun  annehmen,  daß  neben  Sätzen  wie  xd  ouk 
icav,  ujc  eieTUKTO  solche  vorkamen  wie  *ouk  icav,  die  eTeruKTO  : 
Sie  wußten  nicht,  icie  .  .  .  In  jenen  Sätzen  wie  xd  ouk  icav, 
üjc  hirvKxo  dient  der  Nebensatz  (stilistisch)  der  Erläuterung; 
anderseits  kann  er  sowohl  in  Fällen  wie  xd  ouk  icav,  ibc  dxe- 
xuKXO  als  OUK  icav  luc  exexuKxo  als  das  "Wichtigste,  das  Wesent- 
liche angesehen  werden,  was  mit  icav  im  Bedeutungsverhältnis 
steht,  namentlich  auch  vom  Hörenden,  und  xd  kann  dann  als 
lebhafte  'Vorausnähme*  des  Xebensatzsubjektes  (usw.)  gefaßt 
werden.  Das  nächste  ist,  daß  nun  wirklich  Sätze  gebildet  werden, 
wo  anfänglich  Inhalte  von  Pronomina,  dann  auch  von  Substan- 
tiven wirklich  vorausgenommen  werden.  (Ist  der  Pronominal- 
inhalt unbetontes  Subjekt,  so  erkennt  man  ihn  im  Griechischen 
nur  an  der  Yerbalform.)  Anfänglich  ist  das  vorausgenommene 
Objekt  (usw.)  neben  dem  übrigen  Satzinhalt  berechtigt,  dann 
keilt  man  aber  Pronomina  und  Substantiva  in  den  Zusammen- 
hang des  übergeordneten  Satzes,  wo  sie  anfänglich  'unberechtigt' 
sind,  hierher  wahrscheinlich  der  Satz  riöee  fdp  Kaxd  6u|liöv 
döeXqpeov,  ujc  erroveixo  B  409.  Genetiv  (?)  Ö9pa  iruöriai  |  Kaxpöc, 
OTTOU  Ku0e  Tctict  T  15  f.  Vgl.  nhd.  im  übergeordneten  Satz  'be- 
rechtigt' :  Bei  solchen,  die  den  Herrn  geschmeckt  haben,  wie  er 
freundlich  ist,  ivie  er  hilft  .  .  .;  Übergang  zu  'unberechtigt': 
Diese  Pusseln  mag  ich  gar  nicht,  daß  sie  so  rumliegen ;  [Pusseln  = 
'TVollmäuse') ;  'unberechtigt' i) :  Ah  der  Krieg  von  1870171  in 
Schicanhing  war,  ob  er  ausbräche  oder  nicht,  da  haben  ivir  speku- 
liert (weil  der  Kurs  schwankte).  Sie  spürte  die  Stelle  des  Hauses, 
daß  da  nichts  gebessert  war.    Vgl.  Paul,  Mhd.  Gramm. ^  §  390. 

Also  eine  Gliederungsverschiebung,  der  sog.  falsche  Ana- 
logiebildungen folgen.  Xach  Brugmann  S.  1-49  wäre  wohl  anzu- 
nehmen, es  habe  zuerst  Sätze  gegeben  wie  rjbee  ydp  Kaxd  6u^6v, 
UJC  dbeXtpeöc  eiroveixo  (das  ist  richtig),  und  nun  wäre  durch 
Gliederungsverschiebung  döeXqpeöc  als  dbeXqpeöv  in  den  über- 
geordneten Satz  gekommen.  Ich  glaube,  wir  müssen  die  Frage 
aufwerfen,  ob  Gliederungsverschiebung  mit  gleichzeitiger  Än- 
derung und  Xeuentstehungä)  syntaktischer  Beziehungen  möglich 
ist,  welche  Änderung  gewisser  Formelemente  wie  Kasusendungen, 
Wortstellung  usw.  unmittelbar  im  Gefolge  hat.  "Wahrscheinlich 

1)  als  Subjekt!  also  schon  das  zeigt,  daß  es  sich  im  ganzen  um 
keinen  Bereichsakkusativ  handeln  kann. 

2)  eine  Neuentstehung  in  Qbce  dbeXqpeöv. 


U  R.  Blümel, 

werden  solche  Beziehungen  durch  die  Gliederungsverschiebung 
nicht  angetastet;  wenn  neue  zustande  kommen,  so  geschieht 
das  durch  spätere  'falsche'  Analogiebildung  nach  Sätzen,  welche 
in  der  Gliederung  neuartig  sind,  aber  in  der  Form,  (Melodie 
und  Pausenverteilung  u.  ä.  ausgenommen),  das  Alte  bewahrt 
haben.  Unter  dieser  Voraussetzung  ist  die  Entwickelung  viel 
langsamer,  allmählicher  als  die  fast  sprunghaft  zu  nennende 
nach  Brugmann. 

M.  E.  liegt  in  der  von  Brugmann  abgelehnten  Auffassung 
des  eingekeilten  dbeXcpeov  als  Bezugsakkusativ  ein  ganz  deut- 
licher Fall  vor,  wie  unklare  Bezeichnungen,  z.  B.  Akkumtiv 
der  Beziehung^  des  Bezugs  wirken  können.  Weil  wir  übersetzen 
können:  Er  wußte  in  bezug  auf  den  Bruder,  wie  .  .  .  ,  so  liegt 
die  Auffassung  nahe,  döeXqpeöv  sei  ein  Akkusativ  des  Bezugs. 

3. — 6.  Altindisch  näma,  awestisch  nqma,  griechisch 
övo|ia;  dtriKXriav  eTrujvu)LiiTiv. 

Vorbemerkung. 

Zur  Lösung  der  Frage  nach  dem  Ursprung  von  ai.  nämcL, 
aw.  nqma,  griech.  övojia  =  mit  Namen  und  ^TriKXriciv,  dTTuuvu^lr|v 
ist  es,  was  das  Griechische^)  betrifft,  notwendig  einen  viel 
größeren  Teil  der  altgriechischen  Überlieferung  durchzuforschen, 
als  es  mir  möglich  ist.  Die  Erscheinung  selbst  war  in  der  ge- 
sprochenen griechischen  Sprache  recht  selten,  daher  bleiben 
uns  oft  —  leider  gerade  für  Zwischenstufen  der  Entwicklung 
—  die  Belege  aus.  Es  ist  sehr  wohl  möglich,  daß  Belege  ge- 
funden werden,  wie  sie  mir  nicht  vorgekommen  sind,  und  daß 
dann  neue  Aufstellungen  zu  machen  sind.  — 

Es  ist  zu  scheiden  zwischen  dem  Gebrauch  von  övoina  = 
Name  schlechthin  und  dem  Gebrauch  von  Ausdrücken,  welche 
Name  bedeuten,  aber  gleichzeitig  noch  'etwas  mehr',  nämlich 
z.  B.  c<p6öpa  TtXoTov  övo^a,  tö  dvavTiov  övo/aa  (Kieckers  S.  362) 
und  dann  ^TriKXnciv,  ^Kuuvufiiriv,  dann  ist  zu  vergleichen  der 
Gebrauch  von  övo^ia  einerseits,  ^TriKXriciv  und  diriuvuiainv 
anderseits. 


1)  Auf  das  Ari seile   kann  ich  als  Nichtfachmann  nur  Ausblicke 
geben. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    15 

3.  Griech.  Troxaiiöc   Kuövoc  övo)ia  und  Entsprechendes 
im  Altindischen  und  Awestischen. 

Nach  Brugmann  S.  144  ist  auszugehen  von  ursprünglich 
eingeschalteten  Sätzen  wie  Kuövoc  övo^a,  im  Zusammenhang: 
öid  laecou  be  Tfjc  TTÖXeujc  peT  Troiafiöc  Kuövoc  övo|ia  Xen.  An. 
1,  2,  23  ein  Fluß,  Kydnos  der  Name  —  'Kydnos  ist  sein  Name' 
—  und  entsprechend  im  Altindischen  und  Awestischen.  — 
Kieckers  S.  365  wendet  dagegen  ein:  (wenn  man  hierin  Brug- 
mann beistimmt),  "so  sieht  man,  falls  man  nicht  mit  einem 
blinden  Zufall  rechnen  will,  nicht  recht  ein,  weshalb  im  Alt- 
indischen nur  näma  'mit  Xamen'  als  Akkusativ  der  Beziehung 
vorkommt.  Derartige  kurze  selbständige  Sätze  wären  doch  auch 
bei  anderem  Prädikatsnomen  gerade  in  der  ältesten  Zeit  wohl 
möglich  gewesen;  und  wir  würden  dann  auch  im  Altindischen 
solche  Akkusative   auch  von  anderen  Substantiven  vorfinden." 

Aber  die  ursprüngliche  Satznatur  von  Gebilden  wie  Kuövoc 
övo|na  läßt  sich,  was  die  Form  betrifft,  wenigstens  wahrscheinlich 
machen.  Xeben  einem  russischen  Satz,  der  Xasfasja  zotofaja 
kosa  als  Subjekt  enthält,  steht  povstrecajet  jemu  starucha  totstoje 
jejo  hr'ucho  {da  begegnet  ihm  eine  Alte,  dick  deren  Bauch)  Brug- 
mann S.  139.  totstoje  Jejo  b/ucho  muß  Satz  sein,  und  so  ist  es 
wahrscheinlich,  daß  auch  zototaja  kosa  ursprünglich  auch  ein 
(noch  einfacher  gebauter)  Satz  war.  Wie  nun  russisch  neben 
zototaja  kosa  steht  totstoje  jejo  b/iicho,  so  findet  sich  in  Xenophons 
Anabasis  ttoXic  djKeiTo  jaeTaXn  Kai  euöaifiujv  övo^ia  Kaivai  2,  4,  28 ; 
.  .  .  nv  TToXic  euöai)nijuv  Kai  jieTdXri,  övo|ia  öe  Xapjidvön  1,  5,  10; 
daneben  evraüGa  rjv  ttoXic  eprmni  MtTdXn,  övo|ia  ö'  auxr)  Kopcujiri 
1,  5,  4;  und  Tipöc  lü  ttöXic  r\v  ^eTdXn  Kai  iroXudvGpiuTroc  f\  övo)aa 
ZirrdKri  2,  4,  13  (vgl.  aw.  vairis  yö  haosravd  nqma.  Die  griech. 
Entsprechung  6c  oder  ti  .  .  .  övo|aa  habe  ich  nicht  gefunden). 
^Toch  genauer  stimmt  zu  totstoje  jejo  brucho  das  allerdings  neu- 
griech.  ]x\a  90pd  nrave  evac  ßaciXeac,  "Yttvoc  t'  Övo)id  tou. 
Brugmann-Thumb  S.  437.  Demnach  halte  ich  auch  Gebilde 
wie  Kuövoc  övo^a  für  ursprüngliche  Sätze,  das  öe  in  övo|ja  öe 
XapiadvÖTi,  övo^ia  ö'  aurf)  Kopcujiri  spricht  zum  mindesten  nicht 
gegen  diese  Annahme. 

Für  Brugmanns  Ansicht  wird  es  besonders  günstig  sein,  wenn 
Gebilde  nachzuweisen  sind,  die  im  Griechischen  lauten  müßten: 
*(öid)  7TOTa^oö  Kuövoc  övo^a,  *(7rpöc)  TTOTamL  Kuövoc  övojia,  *(7Tapd) 


16  R.  Blümel, 

TTOTaiiiöv  Kubvoc  övo|üia,  d.  h.  Gebilde  mit  der  alten  Form  Kuövoc 
övoiio,  ohne  daß  Kongruenz  eingetreten  wäre.  Derartige  Formen 
—  griechisch  nur  noch  TTOTaiuöv  Kubvov  övo|na,  ebenso  Ai. i)  — 
scheinen  dem  Altindischen  und  Griechischen  zu  fehlen,  im 
Awestischen  scheint  wenigstens  ein  sicheres  Beispiel  vorzuliegen : 

asem.yeidhe.raocä  nqma  asaonö  fravasim^  Bartholomae 
Air.  Wb.  Sp.  1063  (Mas  Unsterbliche  des  A.  genannten  Recht- 
gläubigen', amonö  wäre  substantiviert,  vgl.  Air.  Wb.  Sp.  250). 
Vielleicht  läßt  sich  das  Ap.  wenigstens  vergleichen,  wo  nach 
Bartholomae  Air.  Wb.  Sp.  1064  der  Genetiv  Vistäspahyä  in  da- 
raya^va^us  vistäspahyä  mma"  pu^a^  *ohne  Wert'  ist  und  (Sp.  1063) 
'sowohl  der  Name  als  das  Appellativum  (bei  näma"^  immä*')  unter 
allen  Umständen  im  Nominativ  stehen.'  Wenn  im  ap.  näma'*^ 
nämä''^  (ein)  Kasus  des  Stammes  näman"  waren,  so  liegt  ur- 
sprünglich ein  Satz  vor,  ähnlich  wie  Kuövoc  övo|ia,  vielleicht 
mit  anderem  Kasus,  also  nicht  z.  B.  Gaumäta'*  ist  der  Name, 
sondern  Gaumäta^  ist  er  mit  Namen.  Wenn  solche  Sätze  im 
Ap.  anzuerkennen  sind,  dann  auch  in  Fällen  wie  udapatafä 
hacä  jyisiyä''uvädäyä  arkadris  näma"  katifa^  haca  avadasa''  'er 
erhob  sich  von  Pisiyäfiuvädä  aus  —  {es  ist  dort)  ein  gewisser 
Arkadris,  ein  Berg  —  von  da  aus  .  .  .'  Foy  IF.  12,  175  f.*)  Nach 
den  Beispielen,  die  in  Meiste rhans-Schwyzer  Grammatik  der 
attischen  Inschriften  ^  203  f.  verzeichnet  sind,  —  angeführt  bei 
Brugmann  S.  137  —  möchte  man  ein  *Ävbpa  Apucrac  övo|ia 
nicht  für  unmöglich  halten,  doch  vgl.  S.  19  ff. 

Endlich  kommen  noch  die  Wortstellungsformen  in 
Betracht.  Wahrscheinlich  ist  der  Satzcharakter  am  ausgesprochen- 
sten io  Fällen  wie  nöXic  övo)ua  Kaivai,  vgl.  ttöXic,  övo|ia  bk 
Xapudvbn,  övo)aa  ö'  aurri  Kopcuuir),  f|  övo^a  ZiTTctKn.  (Vgl.  ^iriKXriciv, 
^TTiuvu)Liinv.  Abschnitt  4.)  Zu  beachten  ist  dann  die  Nachtragung 
von  Gebilden  wie  Kubvoc  övo^a :  Kuj|Lir|  be  kri  dYXOTdtTU)  Tfjc  öboö, 
ÄXKnvoi  ouvo^a  Her.  7,  176,  5.  utt^p  bk  tujv  KnTTUJV  öpoc  Keiiai 
Bcpmov  ouvo|Lia  Her.  8,  138,  3.  Außerdem  bei  Herodot  noch 
IcTi  bi  Kai  xiwpn  Ki|Lifi€piri  oövo^a  4,  12.  Diese  drei  Beispiele 
bei  Herodot  (alle,  die  ich  dort  gefunden  habe)  sind  die  ältesten 
mir  bekannten  und  können  hinsichtlich  der  Wortstellungsform 
noch  als  Sätze  gelten. 

1)  Ich  sage  Herrn  Geheimen  Hofrat  Dr.  Jolly  auch  hier  besten  Dank 
fOr  diese  freundliche  Mitteilung. 

2)  Vgl.  SchluObemerkung.    [Korrekturnote.] 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    17 

Wie  steht  es  nun  hinsichtlich  der  Bedeutung  solcher 
Sätze?  Man  kann  die  oben  angeführten  Worte  von  Kieckers  so 
auffassen,  daß  die  von  Brugmann  angenommenen  Sätze  in  eine 
sehr  alte  Zeit  (vor  Aufkommen  von  es  als  'Kopula*?)  fallen 
müßten.  Wenn  das  zuträfe,  so  wäre  es  freilich  zu  verwundern, 
daß  wir  so  wenig  Sätze  der  Art  haben  und  daß  daran  so  wenige 
Substantive  beteiligt  sind.  Aber  derartige  Sätze  mit  dem  Wort 
für  Name  sind  nur  im  Altindischen  sehr  früh  belegt  (ET., 
schon  vor  dem  10.  Buch),  im  Awestischen  erst  im  Jungawestischen, 
im  Griechischen  weder  in  Ilias  und  Odyssee,  noch  in  den 
Homerischen  Hymnen,  noch  in  Hesiod.  Die  ersten  Beispiele, 
die  ich  gefunden  habe,  stehen  bei  Herodot.  Y  470  f.  boKeei  öe  ^ol 
€)Li|Lievai  dvr)p  |  AitujXöc  T^veriv  bietet  vielleicht  eine  Spur,  die 
zu  einem  unbelegten  TTdvbapoc  övofia  hinzuführen  scheint,  aber 
wohl  trügerisch  ist).  Das  spricht  nun  aber  nicht  gegen  Brug- 
mann, denn  Sätze  wie  Kuövoc  övo)ia  können  auch  lange  nach 
Ausbildung  der  'Kopula'  es  immer  wieder  neu  gebildet  werden, 
vgl.  Sätze  wie  "Eqpopoc  Apicrapxoc  'HpaKXeiba  usw.  Brugmann 
S.  139.  und  die  allerdings  wahrscheinlich  unechte,  aber  echt 
griechisch  gedachte  Nachschrift  zu  Xenophons  Anabasis  7,  8, 25f., 
namentlich  26:  ApiGinöc  cuMtracric  rfic  öboö  rfic  dvaßdceujc  Kai 
Kaiaßdceouc  CTa9|ioi  öioKÖcioi  öeKarrevre,  irapacdYfai  xi'^ioi  CKaiöv 
irevTriKovTa  Ttevre,  crdbia  Tpic|aupia  TerpaKicxiXia  eHaKoaa  TrevTTJ- 
Kovxa.  xpovou  TrXfiGoc  if\c  dvaßdceujc  Kai  Kaiaßdceujc  eviauiöc 
Kai  jpeic  ufivec.  Wir  könnten  übersetzen  Länge  des  zurückgelegten 
Weges  115  Tagemärsche  .  .  .,  Zeitdauer  des  Unternehmens  ein 
Jahr  und  drei  Monate.  Dergleichen  Sätze,  in  denen  nur  die 
'Bedeutungsgipfel*  Ausdruck  finden,  haben  ganz  bestimmte 
Bedeutung,  hier  handelt  es  sich  um  Feststellung  und  dazu 
paßt  auch  die  Bedeutung  von  Sätzen  wie  indrö  näma  usw.  Die 
Feststellung  des  Xamens  und  der  Bezeichnung  ist  sehr  wichtig 
bei  der  durchgehenden  Trennung  alles  Vorhandenen  in  eine 
gute  und  böse  Welt  im  Awesta,  sie  ist  in  anderem  Sinne  wichtig, 
wenn  ein  sonst  unbekannter  Gegenstand  eingeführt  wird*). 
Xenophon  sagt  z.  B.  in  der  Anabasis  -rroxanöc  Kuövoc  övo|Lia, 
aber  der  Euphrat  wird  1,  3,  20  eingeführt  im  tu)  Eucppdir) 
TToraml),  Herodot  sagt  noch  7T0Ta|aöc  .  .  .  tiu  ouvo)nd  kxi  Euqppr|Tr|C 
1,  180. 


1)  Die  Übersetzung  ein  getcisser  Foy  IF.  12,  177  paßt  daher  fürs 
Griechische  ganz  gut. 

Indogermanische  Forschungeu  XXXIU.  2 


18  R.  Blümel, 

In  diese  Reihe  gehört  auch  nach  Brugmann  S.  1471  das 
Beispiel  bei  Xen.  An.  1,  2,  23:  bid  laecou  bk  rnc  iröXeiJuc  peT 
TTOTttiiöc  Kuövoc  övo|ia,  eijpoc  öuo  TiXeGpujv  =  seine  Breite 
{beträgt)  2  Plethren.  (eupoc  Subjekt).  Anders  dagegen  1,  4,  9 
im  TÖv  XdXov  Trotanov,  övra  tö  eupoc  TtXeöpou  (Brugmann 
S.  147)  vgl.  Abschnitt  21. 

Herodot  hat  im  ganzen  drei  Belege  mit  diesem  ouvona, 
alle  neben  Subjektsnominativen  des  Eigennamens.  Scämtliche 
Ausdrücke,  welche  bedeuten  genannt  werden,  neben  Subjekts- 
nominativen umfassen  80  Belege,  davon  sind  die  drei  ouvo|aa 
=  3,75'>/o^).  Seltenheit  der  Belege  ist  gerade  für  Sätze  ohne 
'Kopula*  bezeichnend  2). 

Sätze  wie  bid  itiecou  be  tfic  iröXeiuc  pei  TToraiiöc  KOövoc 
övo|ia  können  noch  so  gedeutet  werden:  ...  ßei  Troiaiaöc  || 
Kubvoc  övofia,  mitten  durch  die  Stadt  strömt  ein  Fluß;  Kydnos 
(ist)  der  Name,  noch  mehr  vielleicht  solche  wie  . . .  iröXic  övo|Lia 
Kaivai.  Es  ist  aber  auch  die  Auffassung  möglich  ...  pei  TTora- 
)Liöc  w  Kuövoc  ^  övo)Lia,  . . .  ein  Fluß  mit  Namen  Kydnos.  Nur 
diese  Anschauung  scheint  mir  möglich  in  Fällen  wie  parsur 
{Jm)  näma  mänatn,  ar'dvi  nqma  äpa,  TpujTiXov  ti  övo|Lia  x<JLipiov 
Thukydides  6,  4,  1,  wo  der  Eigename  mit  näma  usw.  vor  dem 
Bestimmten  steht  (aw.  vizarasö  daevO  nqma  erklärt  sich  nach 
Behaghel  IF.  31,  377  ff. :  nur  ein  Teil  der  rhythmisch  zu  schwe- 
ren Bestimmung  voran,  das  übrige  nach).  Nur  die  Form  rrora- 
^öv  ^  Kuövov  w  övo^a,  nicht  auch  7T0Ta|Liöv  |1  Kuövov  övo)aa  ist 
anzuerkennen,  wenn  TroTa|i6c  usw.  und  der  Eigenname  im  Akku- 
sativ stehen  (so  bei  TpiuTiXöv  ti  övoina  x^upiov  oiKicac  Thuk.  6, 
4,  1.  z.  B.  ai.  mä  dhur  indrq  näma  devdtä  divds  ca  gmäs  cäpq 
ca  jantdvah  Brugmann  S.  144,  aw.  daeum  yim  zairimyamiram 
nqma  . . .  den  Z.  genannten  Dämon,  Kieckers  S.  363,  griech.  ol 
bl  dXXriv  Upeiav  . . .  KatecrricavTO  Oaeiviba  övo|aa  Thuk.  4, 133,  3. 

Zu  der  Zeit,  wo  Beispiele  wie  ...  pei  TToraiiöc  Küövoc  övo- 
Mtt  aufkamen,  gab  es  (sehr  wahrscheinlich)  die  Stellung  TroTa- 
^öc  Kuövoc,  im  Herodot  kommen  vor  ÄTTPÖc  TTOtainöc ...  ic- 
ßdXXti ...  ^c  TT0TU)iöv  BpoTTOV  2,  49,  und  ÜTiep  bi  tüüv  Knnaiv 

1)  Von  Ausdrücken  wie  jetzt  genannt,  von  den  Griechen  so  genannt 
mußte  ich  absehen,  ein  Kubvoc  vOv  övomo  usw.  ist  kaum  möglich.  Auch 
sah  ich  von  'Umschreibungen'  in  Hauptsätzen  ab,  sie  sind  zu  selbständig. 

2)  Es  gibt  bei  Homer  viele  Sätze  ohne  'Kopula*  z.  B.  A  217  iLc 
f&p  &MCIVOV.    Diese  sind  aber  anderer  Art  als  die  hier  behandelten. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     19 

öpoc  KEiTtti  Bepfiiov  oiJvo)ia  8,  138,  3  (Herodot  hat  kein  Bei- 
spiel der  Art  mit  TTOiaiaöc). 

Eine  Satzform  . . .  peT  TTOxaiiöc  ^  Kubvoc  und  . . .  peT  TTora- 
noc  II  Kubvoc  w  övo|ia  konnten  nun  verquickt  werden,  sodaß 
die  neue  Satzform  entstand  . . .  pei  TroiaiLiöc  ^  Kubvoc  w  övo|aa, 
vielleicht  wurden  auch  verquickt  KaiecxricavTO  dXXr|v  iepeiav 
w  Oaeiviba  und  *KaTecTr|cavTO  dXXriv  iepeiav  |j  Oaeivic  ^.^  övoua  zu 
KaxecTricavTO  dXXrjv  iepeiav  ^  Oaeiviba  övo)ia,  d.  h.  der  Eigen- 
name war  gemeinschaftliches  Mittelglied  zwischen  ...pei 
. . .  (KaxecTricavTo)  und  övo)Lia  (er  stand  im  sog.  diTTÖ  koivoö).  Daß  die 
Kasusform  des  Mittelgliedes  nur  zu  6iner  der  beiden  syntak- 
tischen Beziehungen  paßt,  kommt  auch  sonst  vor,  daß  dies  die 
Form  ist,  welche  'der  erste  Satz  verlangt',  ist  erst  recht  nicht 
auffallend,  vgL  ahd.  utie  demo  in  vinstri  scal  sino  vinnä  stüen, 
Muspilü  25 f.  (Paul  Prinzipien^  S.  140 f.,  301).  So  kann  ich  Brug- 
manns  Äußerung  auffassen,  daß  'die  alte  nominativische  Yer- 
bindung  itidrö  näma  "Imlra  {ist)  der  Name%  namticir  nätna  *Na- 
muci  {ist)  der  Xame,  direkt  durch  Kasusangleichung  in  den  Akku- 
sativ umgesetzt  worden  sei',  näma  usw.  bleibt  nach  meiner 
Auffassung  Prädikats nom in ativ.  Eine  Umsetzung  von  imlrö 
usw.  und  von  mma  usw.  in  den  Akkusativ  erscheint  mir  ganz 
unwahrscheinlich. 

"Wahrscheinlicher  als  die  eben  von  mir  vorgetragene  An- 
nahme scheint  mir  die  folgende:  Zuerst  wurden  (auf  die  an- 
gegebene Weise)  nur  Sätze  gebildet  wie  ...  pei  TroTa^öc  ^  Kub- 
voc w  övo^a  (also  nur  solche  mit  Subjektsnominativ  des  Eigen- 
namens) und  erst  nach  diesen  Beispiele  wie  KaiecTricavTO  dXXnv 
iepeiav  ^  Oaeiviba  w  övo^a.  Herodot  hat  nur  Beispiele  für  Sub- 
jektsnominativ des  Eigennamens.  övo|aa  wäre  dann  wohl  (schon 
zu  einer  Zeit,  da  es  nur  neben  nominativischen  Eigennamen 
stand)  durch  Gliederungsverschiebung  eine  Bestimmung  von 
TToranoc  Kubvoc  geworden.  Auch  in  diesem  Falle  ist  övo^a  kein 
Akkusativ,  — 

Sehr  zu  beachten  ist  die  Erscheinung,  daß  im  Griech., 
wahrscheinlich  auch  im  Ai.,  (vgl.  S.  16)  dieses  övo|ia  {näma) 
soviel  ich  weiß,  nur  neben  dem  Subjektsnorainativ  und 
Objektsakkusativ  des  Eigennamens  vorkommt  (auch  nicht 
neben  dem  von  Präpositionen  abhängigen  Akkusativ!). 

Ich  gebe  die  Zahlen  für  Herodot,  weil  hier  Ausdrücke 
wie  genannt  sehr  häufig  sind.    Ich  sehe  wieder  ab  von  Aus- 

2* 


20  R.  Blümel, 

drücken  wie:  der  jetzt  ...  heißt^  der  bei  den  Griechen  ... 
genannt  ivird,  und  von  Verbindungen  wie:  Dort  liegt  eine  Stadt; 
Sie  ist  ...  genannt. 

Andere  Ausdrücke  als    ouvojitt  ouvo|na 

„      „.                 .  ,               Eigenname  ist  Eigenname  ist 

Der  Eigenname  ist:          „.     ".            _,,       ,  ^.     ",            „,       , 

Singular        Plural  Singular        Plural 

I       Subjekt,  Nominativ              60               17  2                  1 

Subjekt,  Akkusativ«)            12                 1  —               — 

\      ^  ..  f  Akkusativ,  (Objekt)   37                 9  —               — 
°^"^H  Genetiv                       8                 3 

P^^^^'^M  Dativ                           3                -  -               _ 

Akkusativ                  38                 4  —                — 


mit  Prä-  ,  ^       ,.  .  .  „ 

•>  Genetiv  1*  3 

P°^'*^°M  Dativ  8  3 

Prädikat,  Nominativ  0  1 


Summe  von  1         72  18  2  1 

Summe  von  II     108  23  —  — 

Daß  neben  dem  Subjektsakkusativ  kein  ouvoiua  auftritt,  ist 
vielleicht  Zufall,  in  der  Gesamtheit  der  Fälle  unter  II  dagegen 
kaum;  nach  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  kämen  auf  die  131 
Beispiele  von  II  immer  noch  5  mit  ouvojLia  allein. 

Noch  wahrscheinlicher  wird  dies,  wenn  wir  die  Verhält- 
nisse von  ^TTiKXr|civ  und  eirujvuiuiiriv  bei  Herodot  ansehen  (die 
Belege  Abschnitt  4  S.  22). 

Andere  Ausdrücke,  ohne  Hauptsatz       ^TTiKXrjciv      ^TTUJVu|Liir|v 

Eigename  steht  im 

Genetiv  1  1  (1?) 

Dativ  1  —  1 

(Belege  mit  andern  Kasus  fehlen). 

Also  die  sichern  Belege  für  ^ttikXiiciv  und  ^TTUjvu|air|V  sind 
den  übrigen  Ausdrücken  au  Zahl  gleich,  beide  Möglichkeiten 
sind  viel  seltener  als  bei  getmnnt  schlechthin.  Dazu  stehen  ^tti- 
KXnciv  und  ^TTwvufiinv  bei  Genetiv  bzw.  Dativ  (das  einzige 
Beispiel  von  dKJKXriciv  in  den  Homerischen  Hymnen  auch  neben 
dem  Dativ),  wo  kein  övoiiia  vorliegt.  Wahrscheinlich  ist  es 
bloß  Zufall,  daß  hier  kein  ^iriKXriciv  dTTujvu|iir|v  neben  Subjekts- 
nominativ oder  Objektsakkusativ  auftaucht.  Jedenfalls  wird  die 
Beschränkung  von  övo^a  auf  den  (die)  angegebenen  Kasus  durch 
die  Tatsache  der  andersartigen  Verwendung  der  viel  selteneren 
Wörter  für  Beiname  in  noch  helleres  Licht  gerückt. 

1)  Im  Akkusativ  mit  Infinitiv. 


I 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    21 

Wahrscheinlich  bestand  in  den  Fällen  wie  . .  pei  iroTaiuöc 
Kuövoc  övo|Lia,  KaxecTrjcavTO  aXXriv  iepeiav  Oaeiviöa  övo|aa  eine 
Art  von  Kongruenzbewußtsein,  welches  jeden  andern  Kasus 
(auch  Präposition  mit  Akkusativ)  neben  dem  Eigennamen  aus- 
schloß. Dagegen  war  e-rriKXriciv  schon  in  sehr  alter  Zeit  (darin 
von  övoua  unterschieden)  'Adverb',  Entsprechendes  darf  von 
eTrujvu)Liiriv  gelten. 

4.  liTiKXriciv  und  eiraivuiniriv. 

eTTiKXrjCiv  und  ärriuvuiuiriv  sind  von  övojia  zu  trennen.  Für 
diriKXriciv  kommen  in  Betracht  die  folgenden  Verwendungen: 

öiou  Aprii9öou,  töv  em'KXriciv^)  KopuvrJTriv  |  dvöpec  kikXhckov 
KttXXiZiujvoi  le  tuvaiKec,  j  oüveK'  äp  ou  xöHoici  liaxecKeio  öoupi  re 
liiaKpu),  I  dXXd  cibripeir)  Kopuvrj  pnfVwcKe  qpdXaYTCic  H  138  ff.  dpx- 
Tov  0',  r\v  Kai  djuaHav  eiriKXriav  KaXeouciv  Z  487,  e  273.  (dcrepa) 
öv  T6  Kuv'  'Qpiujvoc  eiTiKXriciv  KaXeouci  X  29  und  AcTudvaH,  öv 
TpüJec  eTTiKXnciv  KaXeouciv  X  506  ^)  (vgl.  diese  Anmerkung).  Ein 

1)  Delbrück  erwägt  die  Möglichkeiten  hier  ^itikXiiciv  als  Apposition 
oder  als  Akkusativ  des  Inhalts  zu  fassen.  Vgl.  Foy  IF.  12,  178.  Kieckers 
lehnt  die  erste  Auffassung  m.  E.  mit  Recht  ab. 

2)  Kieckers  S.  361  f.  geht  aus  von  der  Verbindung  övoiaa  övo.udZeiv 
oder  KoXeTv,  dieser  folge  eine  Verbindung  övoua  övo^dluj  ce  (so  setze 
ich,  weil  övoudZuj  xiva,  das  übrigens  Kieckers  nicht  gebraucht,  zweideutig 
wäre).  Daneben  bestand  övoiadZiu  ce  'O&uccea  (für  Homer  wäre  natürlich 
KaXöi  einzusetzen,  weil  hier  övo|udIuj  eine  andere  Bedeutung  hat).  Sätze 
wie  KaXOü  övoua  und  KaXOu  ce  övoua  müßten  erst  noch  nachgewiesen 
werden,  ebenso  ihr  Passiv.  Soph.  Phil.  605  f.  gehört  nicht  hierher,  die 
ganze  Stelle  heißt:  601;ff.  udvxic  riv  Tic  eu^evric  1  TTpiduou  uev  uiöc,  övoiaa 
b'  ujvoudZieTO  |"E\evoc,  das  heißt  aber  nicht:  Helenos  wurde  mit  Namen 
genannt,  sondern  Helenos  wurde  er  mit  Namen  genannt,  "E\evoc  ist  also 
nicht  Subjekts-,  sondern  Prädikatsnominativ.  Auch  die  übrigen  Beispiele, 
die  Kieckers  beibringt,  beweisen  nicht,  daß  es  ein  övoua  KaXü»  ce  (oder 
övoua  Ka\uj)  gegeben  hat,  eher,  daß  es  solche  Sätze  nicht  gegeben  hat. 
Jedesmal  hat  övofia  eine  Bestimmung,  iroiov,  Taüra,  toüto;  o  in  tö  ^'repov 
övoua,  0  övcfiäZcuciv  auTÖv  Plato  Kratyl.  402  D,  Kieckers  S.  361,  geht  auf 
TÖ  ^Tepov  övo.ua,  nicht  auf  övoua  allein!  Daraus  schließe  ich,  daß  der 
Sinn  eines  Satzes  övoua  KaXu)(ce)  =  ich  nenne  (dich)  einen  Namen,  ohne 
weitere  syntaktische  Bestimmung  dem  Sinne  nach  unvollständig  ge- 
wesen wäre.  Ein  Satz  scheint  zu  bieten,  was  Kieckers  annimmt:  AcTudvaS, 
öv  TpOücc  ^niKXnciv  KaXeouciv,  X  506  (von  Kieckers  nicht  erwähnt)  aber 
hier  ist  öv  sicherlich  Prädikatsakkusativ  :  wie  ihn  die  Troer  mit  dem 
Beinamen  nennen,  wie  =  öv,  ihn  'zu  ergänzen',  oder  öv  vertritt  beide 
Akkusative.  Die  von  Kieckers  S.  364  angeführte  Stelle  Thuk.  6,  4,  5  övoina 
TÖ    ixiv   irpOÜTOv   ZdYKXn   nv,   ütcö   tiüv    IiKeXüjv    KXriGeTca  heißt:    so  .  .  . 


22  R.  Blümel, 

Passivbeleg  erst  Herodot:  ^ttikXiiciv  be  auiri  f)  Kprjvri  KaXeetai 
f]\iov  4,  181.  Der  Inhalt  von  dmKXriciv  ist  auch  im  Passiv  inneres 
Objekt,  weil  er  sich  mit  dem  Subjektsnominativ  Kprjvri  als  anderer 
Subjektsnominativ  nicht  verträgt.  Daß  dtriKXriciv  schon  bald 
'erstarrt*  war,  läßt  sich  aus  folgendem  schließen:  Bei  Herodot 
kommt  vor  Kai  oi  öiaqpuxovn  d-rrö  ttic  KuipeXric  ^Truuvu|airiv 
KuijieXoc  ouvo)aa  ereGn  5,  92  e  1.  (wahrscheinlich  so  zu  gliedern: 
oövoiiia  ijeQr]  oi  (—  ^KXr|6r|)  ^Trujvu)airiv  KuvpeXoc  dirö  rrjc  KuipeXnc 
(^KXriBri  ^TTtJuvu|Liiriv  .  .  .  wäre  wie  ^KXr|9r|  eiriKXriciv).  Dann  die 
erwähnte  Verwendung  von  dTTiKXriciv,  eTToivuiuiiriv  bei  Eigen- 
namen (noch  nicht  bei  Homer)  2v6a  ö'  dvaKTi  |  Travtec  dniKXriciv 
TeXqpouciuj  euxeTOiuvrai,  |  ouvexa  TeXcpoüoic  iepfic  rjcxuve  peeöpa 
Hom.  Hymn.  III  385 ff.  (an  Apollon).  Herodot:  (voraus  rrOp :)  ävpato 
vrioO  A9nvairic  eTTiKXnciv  Accr|cciric  1, 19.  o'i  öiSct  'HpdKXeia  ibpucd- 
inevoi  iKTTivTai  Kai  tuj  |nev  ujc  dGavartu,  'OXujaTritu  be  ^niuvuiüiiriv, 
0ÜOUCI,  TÜj  bk  ^Tepqj  ibc  fipoui  evaYiZ^ovTai.  Fraglich:  (Skythen) 
cujUTTaci  bk  eivai  ouvo)Lia  ZkoXotouc  ZkoXötou  toö  ßaciXeoc  €ttiju- 
vum'riv  4,  6  (so  nach  der  Melodie  am  wahrscheinlichsten)  =  des 
Skolofos  mit  dem  Beinamen  König? 

(Ein  *Aprii6ooc  eiriKXriciv  Kopuvninc  usw.  ecTiv  habe  ich 
nicht  gefunden,  es  ist  innerlich  nicht  wahrscheinlich  —  es  ist 
ja  einer  nicht  das,  was  er  als  Beinamen  trägt.) 

Endlich  folgende  Verwendung:  MevecGioc  .  .  .  6v  teKe  .  .  . 
TToXuöiAjpn,  !  ZiTepxeiuJ  dKdiaavTi,  •  •  .  |  aiirdp  ^mKXriciv  BiJüpiu, 
TTepiripeoc  uTi  TT  173  ff.  und  (vom  älteren  Kyros)  Kai  oi  Ttaibec 
nai^ovTec  €'iXovto  4ijuutu)v  ßaciXea  €ivai  toutov  bf)  töv  toü  ßouKÖXou 
^ttikXticiv  Tiaiba  Herodot  1,  114.  Die  zweite  Stelle  zeigt  ^niKXriciv 
(den  sogenannten  Hirtensohn)  der  Bedeutung  von  ^ttikXjiciv 
neben  Eigennamen  sehr  nahe,  und  in  jenem  homerischen  Bei- 
spiel ist  es  nicht  anders.  "Wir  denken  freilich  an  Lug  und  Trug, 
die  Anschauung  der  Griechen  war:  Er  hieß  nebenbei  der  Sohn 
,des  Boros  (kam  als  dieser  auf  die  Welt),  ohne  'sittliche*  Über- 
legung oder  gar  Entrüstung;  es  war  einfach  so.  Leichter  fiele 
uns  die  Auffassung,  wenn  es  passivisch  hieße :  Er  kam  mit  dem 

benannt  (aus  dem  Zusammenhang  zu  ersehen).  —  6voMa  xiGccöai  6  552 
bis  664  heißt  die  Handlung  des  Namengebens  rornehmen,  hier  ist  der  Sinn 
Namtnlo»  ist  niemand,  jeder  hat  «inen  Xanten,  er  bekomynt  ihn  gleich  nach 
der  Geburt  {durch  die  Handlung  des  Namengebens).  Für  den  Gedanken- 
gang von  Kieckers  sind  übrigens  Sätze  wie  6vo\xa  KaXiü  und  ^vo^a  KaXui 
C€  gar  nicht  nötig.  Trotzdem  muß  ich  darauf  eingehen,  weil  ihre  Auf- 
stellung methodologische  Bedenken  erregt. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    23 

Beinamen  'Borossohn'  auf  die  Welt,  dann  bekämen  wir  aber  in 
der  Darstellung  die  stilistische  Schwierigkeit,  uns  in  dem  Neben- 
satz mit  zwei  Hauptpersonen,  dem  Helden  und  seiner  Mutter, 
abzufinden,  in  der  vorliegenden  aktivischen  Fassung  haben  wir 
nur  einen  Helden,  die  Mutter. 

Die  Gegenüberstellung  Beiname  —  {tcirMicher)  Name  liegt 
in  dem  homerischen  Beispiele  mit  KiKXr|CKUj,  KaXeou  sehr  nahe, 
in  dem  hymnischen  erriKXriciv  TeXcpouciuj  weniger,  noch  weniger 
in  den  herodotischen   dTTiKXriciv  Accr|ccir|C,  'ÜXu^ttilu   e7TUJVU)iiriv. 

5.   6€oKXu^evoc    övo|Lid    ecTiv   und    Entsprechendes    im 
Altindischen  und  Awestischen. 

Dieser  Entwicklungsreihe  ähnlich  ist  die  mit  näma  nqma 
övo^ia  (Delbrück  S.  387  ff.,  Kieckers  S.  361  ff.).  Sie  enthält  wahr- 
scheinlich folgende  Glieder:  (Ich  gebe  die  Beispiele  griechisch, 
als  in  der  mir  geläufigsten  der  drei  Sprachen). 

KaXeouciv  ^)  eKeivov  'Obuccea  Övo)ua  —  KaXeerai  eKeivoc  'Oöuc- 
ceuc  övo|ia  —  eKCivöc  ecxiv  'Oöucceuc  övo)na.  näma,  nqma,  övoina 
ist  in  allen  diesen  Sätzen  Akkusativ,  ursprünglich  inneres  Objekt 
des  'Antuns',  als  Beweis  für  die  Funktion  von  6vo.ua  darf 
das  in  der  Eigenbedeutung  akweichende  dTriKXTiav  angeführt 
werden  in  jenem  herodotischen  Satz:  emKXnciv  be  a\m\  fj  Kpnvri 
KoXeeTai  fiXiou. 

Eine  Analogiebildung  cKeivoc  ecnv  'Obucceuc  övofia  nach 
KoXeeTai  CKeivoc  'Obucceuc  övo|aa  ist  durchaus  wahrscheinlich. 
In  der  Regel  ist  einer  das,  was  er  heißt. 

Im  Awestischen  liegt  die  Entwicklungsreihe  offenbar  klar, 
vgl.  Kieckers  S.  362  f.  Dazu  noch  hinzuzufügen  vaijits  ba  nqma 
ahmi,  für  das  Altindische  vgl.  Gaedicke  Der  Akkusativ  im 
Veda,  S.  217  f. 

Im  Griechischen  ist  die  Entwicklung  nicht  recht  zu  er- 
kennen. Es  ist  sogar  fraglich,  ob  wir  diese  Reihe  für  Homer 
oder  die  Zeit  vor  ihm  annehmen  dürfen.  Wir  haben  mit  övo|Lia 
für  Homer,  die  Hymnen  und  Hesiod  nur  die  folgenden  Stellen : 
Aprixri  ö'  övon'  kiiv  dTTUjvu|aov  r|  54,  6eoKXu|Lievoc  5'  övou'  riev 
o  256,  und  ApvaToc  (Eupußdirjc,  KxriciTTTroc)  b'  övofi'  ^CKe  c  5, 
T  247,  u  288.    Hymnen:  — ,  Hesiod?  :    KuKXuiTtec  6'  övo|li'  i^cav 


1)  övo|naivuj  und  övo|LidIiu  haben  bei  Homer  andere  Bedeutungen 
als  die  hier  nötige. 


24  R.  Blümel, 

d7TiJüvu)Liov,  Theogonie  144,  Echtheit  bezweifelt.  Bei  Herodot  habe 
ich  kein  Beispiel  gefunden.  Von  diesen  Stellen  gibt  —  darin 
stimme  ich  Delbrück  S.  888  bei  —  nur  die  letzte  einen  sichern 
Akkusativ.  (Wenn  sie  nicht  echthesiodisch  ist,  so  doch  echt- 
griechisch.) Kieckers  wendet  dagegen  ein  S.  364 f.,  ein  Satz  wie 
Arete  ist  ihr  Name  verlange  im  Griechischen  den  Dativ  des 
persönlichen  Pronomens,  vgl.  Outic  d)ioi  t'  övo)Lia  i  366.  Die  von 
Kieckers  angeführten  Beispiele  wie  Aapeitu  f\v  ittttok6|uoc,  tuj 
ouvo)aa  r^v  Oißdpric  Herodot  3,  85  sagen  aber  nur,  daß  Der- 
artiges vorkommt.  Die  Frage  ist  aber  die,  ob  auch  diese  syn- 
taktische Beziehung  den  Ausdruck  durch  ein  dativi- 
sches persönliches  Pronomen  wie  Foi  entbehren  kann, 
oder  wie  man  sich  gewöhnlich  ausdrückt,  ob  auch  dieser  Dativ 
aus  dem  Zusammenhang  ergänzt  werden  kann.  Vgl.  für  eine 
andere  syntaktische  Beziehung,  die  sonst  Ausdruck  durch  den 
Dativ  findet:  Arpetöriv  be  Kai  auToi  dKOueie  vöcqpiv  ^ovtec,  |  ujc 
t'  i^Xe'  üjc  t'  Ai'Ytceoc  ^inncaio  XuYpöv  öXeGpov  t  193  f.  Selbst  die 
Beziehung  kann  ohne  Ausdruck  bleiben,  für  die  sonst  der  Akku- 
sativ als  Objekt  steht,  und  dieser  Akkusativ  gilt  doch  als  unent- 
behrlich :  dXX'  "HqpaiCToc  IpuTo,  cduuce  bk  vuktI  KaXuq;ac  E  23. 
In  OuTic  e|aoi  t'  övo|ua  und  .  .  .  tuj  .  .  .  ouvo)Lia  i^v  muß  freilich 
der  Pronominalinhalt  (aber  nicht  die  dativische  Beziehung 
als  solche)  ausgedrückt  werden,  im  ersten  Falle,  weil  der  Satz 
keine  Kopula  hat,  im  zweiten  Falle,  weil  wir  ein  Relativ  brauchen. 
Aber  neben  . . .  iröXic  . . .  övoina  5'  aurr)  Kopcuuiri  steht  . . .  ttöXic 
.  .  .  övo)aa  be  Xap)iidvöri.  —  Jedenfalls  ist  aber  ernsthaft  mit 
der  Möglichkeit  zu  rechnen,  daß  Beispiele  bei  Homer  wie 
0eoKXu|aevoc  ö'  övo|ui'  i^ev  bedeuten:  Th.  war  er  mit  Namen.  — 
Leider  fehlen  gerade  bei  Homer  die  oben  S.  23  angegebenen 
Entwicklungsstufen,  die  wir  für  eine  geschichtliche  Ableitung 
dieser  Sätze  brauchen.  Delbrück  imd  Kieckers  berufen  sich  auf 
die  Beispiele  wie  dpKXOv,  nv  Kai  diaaHav  dTTiKXrjciv  KaXtouciv 
Z  487,  e  273.  Aber  dTriKXnciv  ist  nicht  gleich  övo|ia  (das  be- 
hauptet natürlich  weder  Delbrück  noch  Kieckers),  und  vor  allem : 
gerade  das  Mehr  an  Bedeutung,  das  ^TiiKXriciv  und  Ausdrücke 
wie  C96bpa  TtXoTov  övoina  gegenüber  ausmachen,  'fügt*  inhaltlich 
Neues  zu  der  sonstigen  Inlialtsmasse  des  Satzes.  So  ist  es  auch 
in  dem  Satze  KaTaq)p6vriciv  .  .  .  p  ^k  toö  ttoXXouc  cqpdXXeiv  tö 
^vavTiov  övoMa  dq)pocuvr|  ^eTluvö|iacTal  Thuk.  4,  64,  3;  jictcuvö- 
laacTQt  läßt  einen  gewissen  Spielraum  für  die  Bodeutungsfärbung 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    25 

des  Begriffs  'Xame',  tö  evavtiov  övo)Lia  ist  also  nicht  ohne 
weiteres  durch  laeriuvöiaacTai  'gegeben'  wie  övofia  durch  övoud- 
lerai  usw.  In  der  Stelle  X  506  hat  emKXriav  deutlich  die  Be- 
deutung mit  dem  Beinamen,  AcTudvaE,  öv  eTTiKXriciv  KaXeouci,  für 
die  Mutter  heißt  er  Skamandrios.  Man  könnte  min  freilich 
denken,  in  diesem  Falle  sei  Beimime  und  Name  für  die  Troer 
außerhalb  der  Königsfamilie  schwer  zu  scheiden  gewesen;  aber 
Z  402  f.  steht  kein  eTriKAriciv  :  töv  p'  "Ektuup  KoXeecKe  ZKa^dvbpiov, 
aurdp  Ol  dXXoi  ]  AcTudvaKr'  ...  —  Xun  heißt  es  GeoKXuuevoc 
ö"  övo)u'  r\^v  o  256,  daneben  Apriiri  ö'  övo|u*  ecriv  eTTujvujiov 
n  54;  es  heißt  tov  p"'Ektu)p  KoXeecKe  ZKajiidvbpiov  Z402,  daneben 
Tr|v  AXKuövriv  KaXeecKOV  euiuvuiiov  I  562,  also  zum  Teil  ohne, 
zum  Teil  mit  überflüssigem  (attributivem !)  Namenswort  eTruüvujuoc, 
das  dem  övo^a  in  der  Bedeutung  näher  steht  als  emKXriciv. 
Man  darf  auch  noch  erinnern  an  den  ähnlichen,  durchaus 
nicht  gleichen  Fall  bei  ovoiadZiuu  mit  Namen  rufen,  ohne  eSovojia- 
KXriönv  K  68,  mit  lEovo)iaKXr|ÖTiv  X  415,  vgl.  ö  278,  ferner  ^  2491, 
wo  ein  Name  angerufen  wird.  Demnach  darf  man  wohl  sagen: 
ein  övo.ua  neben  KaXeuu  KaXeo)aai  (?  vgl.  gleich  unten)  lag  in  der 
homerischen  Zeit  mindestens  nahe,  und  vielleicht  ist  es  nur 
Zufall,  daß  es  nicht  belegt  ist. 

Das  Passiv  KaXeo)aai  macht  insofern  Schwierigkeit,  als  es 
nicht  sicher  ist,  ob  wir  für  die  homerische  Zeit  ein  KaXeero 
'Oöucceuc  usw.,  d.  h.  KaXeeto  mit  persönlichem  singularischem 
Eigennamen  annehmen  dürfen.  Bei  KaXeec9ai  sind  in  Homer 
bezeugt  Beispiele  wie  Mupiuiöovec  ö'  eKaXeövio  Kai  "EXXnvec 
Kai  Axaioi  B  684;  vgl.  TiTfivec  =279,  vr|idöec  v  104.  luri^' 
exi  TriXejudxoio  irarrip  KeKXrmevoc  einv  B  260.  Daran  an- 
schheßend  toj  öe  Ke  viKrjcavii  qpiXr)  KeKXrjcri  dKoixic  f  138. 
Vgl.  Yaiaßpöc  r|  313.  —  ujc  )xr\  traxpocpovoc  juei'  AxaioTciv  KoXe- 
oi|uriv  I  461.  n  fdp  Kev  öeiXöc  re  Kai  ouTiöavöc  KaXeoi)nriv 
A  293.  Von  Sachen  AXeiciou  ev6a  KoXujvr)  |  KCKXniai  A  7571 
n  te  KaraiTuE  |  KeKXnrai  K  2581 

Meines  Wissens  fehlt  aber  bei  Homer  gerade  ein  Beleg 
für  das  Zwischenglied,  das  wir  brauchen,  ein  'Oöucceuc  KaXeero 
0.  ä.  —  Dagegen  kann  man  aber  vielleicht  einwenden,  daß  auch 
nach  övo|Lia  KaXeouciv  eKeivov  'Oöuccea  ohne  weiteres  Vorbild 
KaXeeiai  eKeivoc  'Oöucceuc  övo^a  gebildet  werden  kann  eKeivöc 
ktiv  'Oöucceuc  övo^a. 


26  R.  Blümel, 

Jedenfalls  stünde  es  für  die  Theorie  von  Delbrück  und 
Kieckers,  was  das  Griechische  betrifft,  viel  besser,  wenn  auch 
die  notwendigen  Vorstufen  nachgewiesen  wären.  Zudem  ist  diese 
Entwicklungsreihe  fürs  Griechische  bis  in  die  homerische  Zeit 
und  noch  weiter  herunter  ganz  gut  zu  entbehren,  Apvaioc 
b'  övo|i  ecK€  usw.  können  Analogiebildungen  nach  dem  Be- 
reichsakkusativ sein,  namentlich  nach  Beispielen  wie  öoKeei  öe 
|iOi  ?|ajievai  avrip  I  AiTUiXöc  Tevenv  Y  470f.  vgl.  Abschnitt  16. 
Die  Beispiele  wie  övo|Lia  ö'  übvojadZieTO  |  "EXevoc  Soph.  Phil.  605  f. 
können  aus  einer  Entwicklungsreihe  stammen,  die  nach  Homer 
begonnen  hätte  (etwa  Kjkliker??).  Damit  will  ich  nicht  sagen, 
daß  ich  die  von  Delbrück  und  Kieckers  angenommene  Ent- 
wicklung (und  zwar  für  vorhomerische  Zeit)  für  unmöglich 
halte.    Nur  als  gesichert  kann  ich  sie  nicht  bezeichnen. 

Dieser  Akkusativ  näma,  nqma,  övo|ia  ist,  (soweit  der 
griech.  keine  Analogiebildung  nach  dem  Bereichsakkusativ  ist) 
kein  Bereichsakkusativ.  Auch  Meillet  nimmt  eine  Besonderheit 
des  Gebrauchs  von  Name  an,  Introduction  ä  V  Stiide  compara- 
tive  des  langues  indo-eiiropSennes  S.  316,  Meillet -Printz  Einfüh- 
rung in  die  vergleichende  Grammatik  der  indogermanischen 
Sprachen  S.  211. 

6.    Anschließende  Fragen. 

Nun  ist  noch  die  Frage,  ob  sich  die  beiden  Entwick- 
lungsreihen, die  nach  Brugmann  und  die  nach  Delbrück  und 
Kieckers,  'berühren'  können.  An  sich  erscheint  das  möglich. 
Thukydides  hat  KatecTricavTG  dE\Xr|V  iepeiav  Oaeiviba  6vo\ia  4, 
133,  3.  und  övo|ia  tö  \xk.v  irpuiTOV  ZdtTKXn  t^v  uttö  tüüv  ZiKcXtuv  kXh- 
eeica  6,  4,  5.  Die  Weiterentwicklung  der  Delbrück-Kieckei-sschen 
Reihe  führt  aber  von  dem  Beispiel  i^  ttöXic  övo)ia  i^v  ZdtKXri  zu- 
nächst nicht  auf  ein  ttöXic  ZdxKXri  övo^a,  sondern  auf  ein  *7t6Xic 
övo^a  ZttTKXri  ouca.  Einen  derartigen  Ausdruck  habe  ich  noch 
nicht  gefunden  (Herodot  kennt  Ausdrücke  wie  (^kcTvoc)  i^v  dvo- 
^a  'Oöucceuc  nicht,  unter  den  105  Partizipausdrückon  für  *mit 
Namen'  findet  sich  kein  *Obucc€uc  ouvoiaa  lijv).  Thukydides  hat 
elXov  Kiu)Lir|v  TTöXiv  övo|ia  ^xo^cav  3, 101  (Schluß)  aber  kein  *(Xvbpa 
'Oöucc€a  övo^a  övra. 

Ob  nach  dvrip  'Oöucceuc  övo^a  (später)  gebildet  werden 
konnte  outoc  6  dvnp  'Oöucceuc  Ävo/id  icnw,  hängt  davon  ab, 
ob   im   Griechischen,    nach   Sätzen   ohne   'Kopula'   solche   mit 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    27 

'Kopula'  gebildet  werden  konnten  (also,  mit  deutschem  Inhalt 
nach  Sätzen  wie  Alles  icohlauf  solche  wie  Alles  ist  wohlauf). 
Dabei  kommt  natürlich  in  Betracht,  daß  dvfip  'Obucceuc  6vo\ia 
in  'Obucceuc  6\o\ia  einen  Nebensatz  enthält,  während  eKeivoc 
'Oöucceuc  6vo\xa  icriv  Hauptsatz  ist. 

Endlich  die  Frage  nach  dem  Alter  dieser  Grebrauchs- 
weisen  von  tiäma  nqma  övo|ia.  tiäma  ist  schon  vedisch,  nqma 
nach  Bartholomae  Air.  Wtb.  erst  jungawestisch,  övo)ia  bei  eivai 
tritt  erst  in  der  Odyssee  auf,  dvfip  KxriciiTTTOC  6vo|aa  erst  nach 
Hesiod  (zuerst  bei  Herodot?)  (entsprechendes  emKXnciv  erst  in 
den  Homerischen  Hymnen,  eTrujvuiniTiv  zuerst  bei  Herodot?)  Ob 
dvrip  AiTuuXöc  Tever|v  V  470f.  auf  ein  *dvrip  KtriciTTiTOC  övo|ia 
als  Vorbild  weist,  ist  sehr  fraglich.  Nötig  ist  die  Annahme  nicht. 

Alles  das  deutet  auf  Entstehung  der  beiden  Ge- 
brauchsweisen in  den  einzelnen  Sprachen,  nicht  auf 
Ererbung  aus  der  indogerm.  Grundsprache.  Das  Grie- 
chische hat  ja  in  dem  Gebrauch  von  eiriKXriav  eine  Besonder- 
heit vor  den  arischen  Sprachen,  und  wahrscheinlich  weicht  das 
Altpersische  im  Kasus  von  näman^  ab. 

Delbrück  S.  390,  nach  ihm  Brugmann-Thumb*  S.  437,  und 
Kieckers  S.  363,  366  nehmen  an,  der  Akkusativ  övo/ia  sei  der 
älteste  aller  Bereichsakkusative  gewesen  und  der  eigentliche 
Bereichsakkusativ  des  Griechischen,  nach  Delbrück  und  Kieckers 
auch  dräjö  usw.  im  Awestischen,  sei  von  diesem  Akkusativ  aus- 
gegangen. Yon  allen  Seiten  kann  ich  diese  Frage  erst  Abschnitt 
26  untersuchen.    Vorläufig  erwähne  ich  dagegen 

1)  In  der  Funktion  liegt  ein  Unterschied  vor  zwischen 
dem  Wort  näma  usw.  und  dem  Bereichsakkusativ,  im  Grie- 
chischen haben  wir  noch  die  Möglichkeit  die  Eigenbedeu- 
tung von  Wörtern  im  ersten  Bereichsakkusativ  wie  y^voc  an- 
zuknüpfen, im  Awestischen  klafft  auch  hier  zwischen  nqma 
einerseits,   dräjö  usw.  (auch  mit  a>-^jö\)  anderseits  eine  Lücke. 

2)  Im  Griechischen  ist  der  Gebrauch  von  övo^a  neben 
eivai  wahrscheinlich  beträchtlich  jünger  als  derjenige  des  Be- 
reichsakkusativs, jener  tritt  erst  in  der  Odyssee  auf,  dieser  hat 
schon  in  der  Ilias  eine  lange  Entwicklung  hinter  sich.  Es  ist 
fraglich,  wie  der  Akkusativ  övoua  neben  eivai  enstanden  ist 

3)  Der  Gebrauch  von  övona  ist  im  Griechischen  selten 
(sowohl  dvrip  KtricmTTGC  övo|ia  wie  ^kcTvoc  KirjciTmoc  övo|id  ^cnv). 


28  R.  Blümel, 

7. — 26.  Der  Bereichsakkusativ  im  Griechischen  und  Awes- 
Hschen. 

7. — 10.   Frühere  Erklärungsversuche. 
7.  Ableitung  aus  dem  Teilakkusativ? 

Brugmann  (zuletzt,  mit  ausführlicher  Begründung  S.  121  ff.) 
leitet  den  Akkusativ  des  Bereichs  (in  erster  Linie)  von  dem 
'Akkusativobjekt  des  Teils'  ab.  Brugmann  —  mit  ihm  auch 
Delbrück  S.  385  f.  —  nimmt  an,  der  Objektsakkusativ  des  Teils 
in  Sätzen  wie  t6v  ö'  aopi  TTXfjg'  auxeva  A  240  sei  im  Passiv 
ebenfalls  Akkusativ  (Brugmann  S.  130).  Nach  Brugmann  müßte 
schon  im  Aktiv  eine  Verwandlung  der  Funktion  jenes  Teil- 
akkusativs erfolgt  sein,  welche  das  Stehen  dieses  (veränderten) 
Akkusativs  auch  im  Passiv  ermöglicht  hätte :  *In  unserm  spe- 
ziellen Fall  nun,  in  den  aktivischen  Wendungen  wie  A  24CrTÖv ') 
ö'  aopi  TrXfiH'  auxeva,  A  501  tov  p'  'Oöuceuc  ^rdpoio  xo^iJu- 
cd)ievoc  ßdXe  öoupi  |  KOpcriv  muß  der  Teilakkusativ  seinen  Wert 
als  Apposition  2)  zum  Akkusativ  des  Ganzen  früh  eingebüßt 
haben.  Das  Verhältnis  der  psychologischen  Unterordnung  des 
Teilakkusativs  unter  den  anderen  Akkusativ  blieb  bestehen,  nur 
war  es  eben  nicht  mehr  das  appositioneile  ^).  Bewiesen  wird 
das  wieder  durch  die  passivische  Wendung,  wie  E  284  ßeßXnai 
Keveuuva  biajUTrepec'  (folgen  noch  2  passivische  Beispiele,  und 
ein  aktivisches,  dieses  zum  Vergleich).  Delbrück  sagt  vom  Akku- 
sativ des  Ganzen  und  des  Teils:  'Wird  die  Konstruktion  pas- 
sivisch 3),  so  wird  der  Akkusativ  des  Ganzen  zum  Nominativ, 
während  der  des  Teiles  bleibt.  So  ergibt  sich  ßdßXnai  KeveüJva 
öiaiLiTTepec  E  284  und  ähnl.  Dieser  Akkusativ  ist  nun  von 
dem  Akkusativ  der  Beziehung  nicht  mehr  zu  unterscheiden. 
Dort  wird  von  ihm  weiter  die  Kede  sein''). 

Der  Auffassung  von  Brugmann  stimmt  Havei*s  a.a.O.  durch- 
aus bei,  namentlich  S.  21 ;  Kieckers  findet  sie  S.  365  *im  Großen 
und  Ganzen  durchaus  wahrscheinlich'.  (Das  Gleiche  gilt  natür- 
lich von  der  Delbrückschen  Annahme). 

Behalten  wir  nur  die  nichtsyntaktischen  Bedeu- 
tungsverhältnisse   der  betreffenden  Verba   und  Substantiva 

1)  Diese  Sperrungen  von  Brugmann. 

2)  Vgl.  S.  7  unter  6),  auch  S.  5  unter  2.)  und  S.  11  unter  1). 
8)  Sperrung  von  Delbrück. 

4)  Delbrück  leitet  den  Akkusativ  des  Bereichs  von  dem  Akkusativ 
^vo^a  ab. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    29 

im  Auge,  dann  ist  die  Erklärung  Brugmanns  einfach  schlagend 
richtig  und  ein  wahres  Ei  des  Kolumbus;  im  Bereichsakkusativ 
stehen  besonders  Körperteile  und  Seelenvermögen,  die  von  ihrem 
'Sitz',  dem  betreffenden  Körperteil,  nicht  scharf  geschieden  wer- 
den: KaxeTxXriTTi  qpiXov  rjxop  f  81,  die  Körperteile  wie  die  Seelen- 
vermögen stehen  im  Aktiv  als  'Teilakkusative'  töv  öe  Tic  döa- 
vctTUJV  ßXäv|;e  qppevac  Ivöov  eicac  E  178  und  derartige  aktive  Sätze 
sind  von  (durchaus  möglichen)  Sätzen  mit  Akkusativobjekt  und 
mit  Bereichsakkusativ  z.  T.  kaum  zu  unterscheiden.  Tom  Passiv 
führen  Brücken  zum  intransitiven  Yerb,  über  das  Partizip  zum 
Adjektiv,  vgl.  Brugmann  Xummer  4,  S.  130  ff. 

Ich  finde  aber,  und  das  ist  hier  das  "Wesentliche,  durch- 
aus keine  Möglichkeit,  die  Sätze  mit  Bereichsakkusativ  syn- 
taktisch aus  solchen  mit  Akkusativ  des  Ganzen  und  des  Teils 
abzuleiten. 

Schon  die  Stellung  des  m.  E.  sehr  altertümlichen  irobac 
lijKuc  AxiXXeuc  z.  B.  A  58  u.  ä.  macht  Schwierigkeiten,  weil 
(Brugmann  S.  130)  Vorausstellung  des  Teilakknsativs  vor  dem 
Akkusativ  des  Ganzen  bei  Homer  noch  nicht  sicher  ist.  Man 
könnte  selbständige  Entwicklung  der  Stellung  in  Beispielen  mit 
Bereichsakkusativ  annehmen,  außerdem  die  reiche  Möglichkeit 
der  Griechen  erwähnen,  Wortstellungsforraen  zu  bilden  und 
anzuwenden  (sog.  Freiheit  der  Wortstellung). 

Nehmen  wir  —  vorläufig  —  an,  der  Akkusativ  des 
Teilinhalts  stehe  auch  im  Passiv,  und  kein  Teilnominativ  komme 
im  Passiv  vor  (z.  B.  nicht  ßeßXriiai  eKeivoc,  Keveüuv),  so  erhebt 
sich  für  jeden,  der  keine  weitere  Wurzel  des  Bereichsakkusativs 
annimmt,  die  Frage : 

Wie  ist  es  möglich,  daß  die  übrigen  Gebiete  des  Bereichs- 
akkusativs außer  Sätzen  mit  transitivem  Aktiv  und  Passiv  (Sätze 
mit  inti-ansitiven  Yerben  und  solche  mit  Adjektiven)  vom  Be- 
reichsakkusativ besetzt  werden?  also:  wie  kommt  es  zu  Kaid 
bi  xpoa  TTdvra  cawf\ri  T  27,  aiei  bk  Xnrapoi  K€q)aXdc  Kai  KaXd 
TtpöcujTra  0  332  {'sind  sie  ?)  und  zu  iroöac  ujkuc  AxiXXeuc  A  58  ? 
Bevor  nämlich  der  Bereichsakkusativ  entstanden  war,  müssen 
—  falls  er  nicht  andere  Wurzeln  hatte  als  den  Teilakkusativ  — 
neben  intransitiven  (finiten)  Yerben  und  prädikativen  (auch  wohl: 
prädikativattributiven?)  Adjektiven,  wenn  das  Subjekt  des  Ganzen 
im  Nominativ  stand')  auch  die  Subjekte  des  Teils  im  No- 

1)  Es  gibt  ja  auch  Subjektsakkusative,  im  Akkusativ  mit  Infinitiv. 


30  R.  Blümel, 

minativ  gestanden  sein.  Neben  Partizipien  und  attributiven 
Adjektiven  kann  ich  überhaupt  keinen  'Teilkasus'  annehmen, 
ein  vorhomerisches  iGnKe  bk  repiiat'  Aönvn  |  *dvöpi  bifiac  ^iKuTa 
9  194  mit  nominativischem  be|iac,  ein  vorhomerisches  toTci 
ö'  dviCTdjLievoc  )a£Teq)r|  *TTÖÖec  ujkuc  AxiXXeuc  A  58  erschiene  mir 
syntaktisch  ungemein  hart.  Es  könnte  aber  —  unter  den  ge- 
gebenen Yoraussetzungen !  —  nur  geheißen  haben  vorhomerisch 
(er)  *KaTd  bk  xP^c  Tide  cairrir]  T  27,  [sie  sind)  *ai€i  öe  Xmapoi, 
KcqpaXai  Kai  KaXd  TTpöciUTra  o  332.  Vgl.  nhd.  Werner  ist 
schmutzig  der  Kragen.  (Von  einem  Buch):  Es  ist  ganz  aus- 
gezeichnet, der  Schluß. 

Auf  das  Gebiet  der  finiten  intransitiven  Verben  und  der 
prädikativen  Adjektive  kann  der  Bereichsakkusativ  nach  einer 
solchen  Annahme  nur  durch  Analogie  von  Sätzen  mit  transi- 
tivem Aktiv  und  Passiv  übertragen  worden  sein.  Sobald  aber 
diese  Übertragung  anfängt,  beginnt  auch  schon  der  Analogie- 
kampf zwischen  Sätzen  mit  dem  alten  Teilnorainativ  und  Sätzen 
mit  dem  neuen  Bereichsakkusativ.  In  dergleichen  Analogiekämpfen 
'wehrt'  sich  der  endlich  unterliegende  Teil  (das  wären  hier  Sätze 
mit  Teilnominativ)  mit  großer  Zähigkeit,  man  denke  an  vergessen 
und  entsprechende  Verben  mit  Genetiv  im  Deutschen,  an  ihr 
langes  Fortdauern  neben  vergessen  usw.  mit  Akkusativ,  im 
Griechischen  an  das  lange  Fortdauern  des  sympathetischen  Dativs 
neben  dem  Genetiv  (nach  Havers).  Wir  müßten  annehmen,  daß 
die  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen  nicht  bloß  im  Deutschen, 
sondern  auch  im  vorhomerischen  Griechisch,  gerade  was  Sub- 
jektsnominativ betrifft,  sehr  häufig  gewesen  sei.  Für  das  Be- 
deutungsverhältnis von  Menge  und  Einzeln'em  stehen  uns  für 
Homer    Belege    zu   Gebote    (nach   Ebelings  Homerlexikon   für 

^KttCTOC) : 

Akkusativ  3 

Genetiv  2 

Dativ  6 

Genetiv  +  Dativ  1 

12  :  53  Subjektsnominative. 

(Außerdem  zwei  Lesarten  E  87,  p  177.) 

Also  12  :  53  =  18,5 »/o  :  81,50/0.  Auch  in  den  Beispielen, 
die  mir  aus  der  nhd.  Umgangssprache  bekannt  sind,  überwiegt 
die  Zahl  der  Belege  mit  Subjoktsnominativ  alle  übrigen.  Ganzes 
und  Teil  66,1  »/o;    Menge   und   Einzelner  78,6 Wo;    alle   Fälle 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    31 

61,2  °/o.  Setzt  man  die  Beispiele  wie  Koid  bk  xpo«  Trdvra 
carrriri  und  (sie  sbid)  Xmapoi  KeqpaXdc  in  vorhomerische  Sätze 
mit  Nominativ  um,  so  ergeben  sich,  alle  unsichern  Stellen 
abgerechnet,  ohne  Wiederholungen  nach  meiner  Zählung  für 
Subjektsnominativ  etwa  70,  für  Akkusativsubjekt  2,  für  Akkusa- 
tivobjekt etwa  2,  also  ein  gewaltiges  Überwiegen  des  (nur  voraus- 
gesetzten !)  Nominativs.  Zählen  wir  die  sicheren  Belege  für  die 
Verbindung  von  Objekten  des  Ganzen  und  des  Teils,  so  finde 
ich  für  Akkusativ  etwa  50.  (Belege  mit  Dativ  und  Genetiv  sind 
immer  fraglich.  Ich  halte  sie  an  sich  durchaus  für  möglich.) 
Wahrscheinlich  müßten  wir  für  eine  Zeit,  die  keinen  Bereichs- 
akkusativ kennt,  ziemlich  viel  mehr  Beispiele  für  Subjektsnomi- 
nativ des  Ganzen  und  des  Teils  annehmen  als  Objektsakkusativ, 
wir  kämen  wohl  bei  50  Beispielen  für  Akkusativ  auch  minde- 
stens auf  70.  Kehren  wir  nun  zu  jenem  Analogiekampf  zurück ! 
Den  rund  70  Beispielen,  in  denen  Nominativ  des  Ganzen  und 
des  Teüs  anzunehmen  wäre,  stehen  etwa  20  mit  finitem  und 
weitere  15  mit  Partizippassiv  gegenüber,  wo  nach  Brugraann 
und  Delbrück  der  neue  Akkusativ  vorläge.  Dazu  kommen  dann 
noch  die  attributiven  Adjektive  und  intransitiven  Partizipien 
mit  Bereichsakkusativ,  die  nur  unter  dem  analogischen  Einfluß 
des  Passivs  (namentlich  des  Partizips)  stehen  können  mit  etwa 
45  Beispielen.  Also  im  ganzen  etwa  70  gegen  80 ;  etwa  unge- 
fähr gleich.  Die  45  Bundesgenossen  des  Akkusativs  sind  dabei 
für  den  Nominativ  wohl  unangreifbar,  aber  sie  treten  erst  nach 
und  nach  in  den  Kampf  ein.  Jedenfalls  müßten  wir  bei  Homer 
eine  ziemliche  Anzahl  von  Teilinhalten  als  Subjektsnomi- 
native finden,  namentlich  bei  Werken  einer  Dichterschule,  die 
doch  auch  viel  Altes  erhalten  haben.  Ich  habe  nur  6inen 
einzigen  sicheren  Fall  für  das  Subjekt  gefunden :  dcniba  NecTO- 
penv,  TTic  vöv  KXeoc  oupavöv  ikci,  |  irdcav  xP^ceinv  eiiievai, 
Kttvövac  Te  Kai  auTrjv  0  192f. ^).  Es  macht  hier  wenig  aus, 
daß  dieses  Beispiel,  was  das  Bedeutungsverhältnis  des  'Ganzen* 

1)  Fraglich  ist  vdpKnce  bi  x^ip  ^ttI  Kapuüj  0  328.  Nach  Ebeling 
Lexicon  Homericum  I  S.  1131  faßten  es  die  alten  Erklärer  teils  als  xeip'(a), 
teils  als  Teilnominativ  x^'P-  Man  kann  Nominativ  xeip  annehmen,  aber 
'ihm  ergänzen'.  —  x308f.  und  uj  184f.  xiiv  hi  ctövoc  üüpvur' dciKrjc  | 
KpdTuiv  TuiTTO|i^vujv  enthält  absolutes  Partizip.  —  In  \\i  52f.  6q>pa 
cqpOüi  ^U9povücTic  ^irißnTOv  |  dnqpox^piu  qjiXov  nrop  ist  ^uq)poc6vTic  ^ui- 
ßaivu)  =  fröhlich  werden,  cpiXov  fiTop  Bereichsakkusativ.  Vgl.  den  ähnlich  um- 
fänglichen Ausdruck  oük  dbarl^oviI^  c'  Ix^x  dfiq)iiToXe6€iv  |  dpxarov  ui  244  f. 


32  R.  Bltimel, 

TTctcav,  d.  i.  dcTTiöa,  zu  den  'Teilen'  Kavövac  t€  Kai  auTrjv  nicht 
ganz  *rein*  ist,  weil  ndcav  *Schild'  ist  (mit  Zubehör)  und  autriv 
'Schild'  ist  (ohne  Zubehör).  Eben  dieses  aurriv  maclit  es  un- 
möglich, hier  einen  Bereichsakkusativ  anzunehmen  (gilt  die 
Aussage  vom  Ganzen,  so  wird  bei  Homer,  wie  auch  hier,  ttcIc 
gebraucht,  nicht  auröc).  Dagegen  ist  es  wichtig,  daß  in  diesem 
einzigen  Fall  ein  Subjektsakkusativ  steht.  Yon  einem  Analogie- 
kampf zwischen  Nominativ  des  Ganzen  und  des  Teils  und  einem 
daraus  teilweise  'entwickelten'  Akkusativ  kann  m.  E.  keine  Rede 
sein,  der  Nominativ  des  Teils  hätte  sich  entschieden  viel  zäher 
behauptet.  Wir  können  das  Beispiel  0  192 f.  auch  ganz  gut 
als  eine  Neuerung  fassen.  Der  Nominativ  des  Ganzen  und  des 
Teils  kam  auch  im  späteren  Griechisch  offenbar  sehr  selten 
vor.  Kühner-Blaß-Gerth  erwähnt  ihn  nicht,  wohl  aber  die  Gruppen 
syntaktischer  Beziehungen  mit  anderen  Kasus. 

Daraus  ist  zu  schließen  :  es  hat  Ausdrucksweisen  gegeben, 
welche  die  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen,  das  Subjekt  ent- 
haltend, kaum  oder  gar  nicht  aufkommen  ließen  i),  unter  diesen 
muß  eine  AusdrucksAveise  mit  Akkusativ  gewesen  sein,  der 
auch  zu  Intransitiven  wie  cairrivai,  auch  womöglich  ihren  Parti- 
zipien, und  Adjektiven  (prädikativen  wie  attributiven)  treten 
konnte.  Leitet  man  diesen  Akkusativ  nur  von  dem  Teilakkusativ 
neben  dem  Passiv  ab,  so  ist  zu  fragen:  "Warum  gab  es  vor 
der  Ausbreitung  dieses  Akkusativs  auf  das  Gebiet  der  Intran- 
sitive wie  der  Adjektive  nichts,  was  einem  Katd  bi  xpöa  TidvTa 
cairnr),  einem  uobac  u)kuc  entsprach?  Warum  die  spätere  Aus- 
dehnung des  Akkusativs  auf  diese  Fälle? 

Nun  leitet  ja  Delbrück,  vgl.  S.  891  f.,  vgl.  auch  Kieckei*s, 
das  weitaus  größere  Gebiet  des  Bereichsakkusativs  von  Sätzen 
mit  övo.ua,  also  aus  einer  andern  Wurzel  ab,  Brugmann  viel- 
leicht (?)  die  Fälle  wie  MeveXaoc  HavGöc  KeqpaXrjv  ebenfalls  aus 
einer  neuen  Wurzel.  Ich  kann  diesen  Ableitungen  nicht  zu- 
stimmen, aber  selbst,  wenn  ich  dies  beiseite  lasse,  so  läßt  mir 
das  fast  vollständige  Fehlen  des  Teilsubjekts  bei  Homer  und  im 

und  Kai  vöov  ^v  npiüroici  MuKrivalujv  ^t^tukto  mit  sicherem  Bereichs- 
akkusativ 0  643.  —  d|iq)l  b^  ^x\v  cqpupd  tutttc  kuI  aux^va  b^pjua  KcXaivöv,  | 
fivTuE  f\  nundTTi  6^€v  dcirtboc  ö|aq)aXÖ€ccric  Z  117  f.  wahrscheinlich  die 
Haut,  der  (lußerxie  Rand,  welcher  .  .  .  ftvTuE  Apposition  zu  b^p)ia. 

1)  Vgl.  wir  sagen  kaum  Der  Knabe  stieß  den  Stein  ireg,  »ein  Fuß, 
sondern  Der  Knabe  stieß  den  Stein  mit  dent  Fuße  treij.  Dieser  Gebrauch 
ist  so  lebendig,  daß  jener  dagegen  kaum  oder  nicht  aufkommt. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    33 

Griechischen  überhaupt  die  Annahme  eines  derartigen  Analogie- 
karapfes  und  damit  auch  die  Annahme  eines  ausgedehnten 
früheren  Gebrauchs  des  Teilsubjekts  als  schwer  möglich  er- 
scheinen; auch  in  diesem  Falle  (wenn  der  Bereichsakkusativ 
noch  eine  weitere  Wurzel  hätte)  wäre  der  Analogiekampf  nicht 
derart  zuungunsten  des  Teilsubjekts  ausgefallen. 

Jetzt  muß  aber  auch  die  Annahme  geprüft  werden,  daß 
neben  dem  Subjektsganzen  der  Teil  im  griechischen  Passiv 
Akkusativ  sein  müsse. 

Ich  bin  fest  überzeugt:  Gibt  es  in  irgendeiner  indogerm. 
Sprache  Passivsätze  mit  einer  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen 
von  Subjekt  zu  Verb,  so  kann  auch  der  Teilinhalt  (Akkusativ 
mit  Infinitiv,  absolutes  Partizip  stehen  bei  Seite)  nur  Subjekts- 
nominativ werden.  Akkusativ  ist  hier  unmöglich.  Jeder  Objekts- 
akkusativ steht  im  Passiv  nur  dann,  wenn  die  Subjektsbeziehung, 
in  der  sein  Inhalt  stehen  müßte,  sich  mit  der  schon  gegebenen 
Subjektsbeziehung  nicht  verträgt,  weil  beide  Beziehungen  zu 
verschiedenartig  wären.  Davon  ist  aber  hier  keine  Kede,  im 
Gegenteil,  die  Subjektsbeziehung  wird  hier  gewissermaßen 
wiederholt,  wie  jede  andere  syntaktische  Beziehung  in  diesem 
Falle,  nur  ist  die  zweite  Zusammenstellung  von  der  ersten  im 
Grade  der  Genauigkeit  verschieden,  sie  ist  genauer.  Daher 
ist  in  diesen  Fällen  der  zweite  Inhalt  in  der  neuhochdeutschen 
Umgangssprache  immer  Subjektsnorainativ,  z.  B.  (vom  Schiff 
Titanikj  Das  ganze  Vorderteil  ist  weggerissen  worden,  der  Boden. 
(Im  Otfrid  steht  4,  11,  33 f.  die  aktive  Wendung:  druhtin,  wasg 
mih  al,  houhit  ioh  thie  fuazi  (Brugmann  S.  129);  Ters  37  f.  steht 
ein  entsprechender  passiver  Satz:  ther  man,  ther  githtiagan  ist, 
thie  fuazi  reino  in  wära;  thie  fuazi  ist  nach  meinem  Sprach- 
gefühl Subjektsnominativ). 

Nach  meinen  Beobachtungen  scheiden  sich  die  passivischen 
Sätze  mit  Bereichsakkusativ  in  zwei  Abteilungen 

1)  solche  wie  ßeßXnai  Keveüüva  E  284  ohne  irgendeine 
Angabe  des  Urhebers;  diese  häufiger  als 

2)  solche  wie  dcTriöi  raupeir)  KeKaXuniaevoc  eupeac  dj|novlc 
TT  360  mit  Angabe  des  Älittels  im  Dativ. 

Beiden  Arten  steht  kein  Aktiv  gegenüber;  also  ein  Fall, 
wo  die  Frage  gar  nicht  erhoben  werden  kann,  ob  Ver- 
wandlung ins  Passiv  und  mithin  Stehenbleiben  des  Akku- 
sativs stattfinde,  eine  Frage,  die  ja  an  sich  zu  verneinen  ist 

Indogermanische  Forscliungen  XXXÜI.  3 


3*  R.  Blümel, 

Nun  aber  erscheint  uns  ein  Satz  wie  *ßeßXriai,  Ktveiuv  als 
nicht  recht  griechisch,  wahrscheinlich  mit  Recht.  Das  kommt 
aber  daher,  daß  ein  solches  Passiv  überhaupt  nicht  gebildet 
wurde,  überhaupt  nicht  gebildet  werden  konnte,  weder 
mit  dem  Inhalt  des  Ganzen  und  dem  des  Teils  als  Subjekt 
noch  mit  dem  Ganzen  als  Subjekt,  dem  Teil  als  Akkusativ  (so- 
lange die  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen  vorlag!)  Eine  der- 
artige Annahme  erscheint  seltsam,  wir  glauben  doch,  es  gebe 
zu  jedem  'transitiven'  Verb  ein  'persönliches'  Passiv.  Und  doch 
gibt  es  z.  B.  im  Neuhochdeutschen  Verben  mit  Akkusativ- 
objekt ohne  Passiv,  nämlich  solche,  die  stofflichen  oder 
geistigen  Besitz  (auch  dessen  Eintreten)  bedeuten:  hahen^  be- 
sitze7i,  kriegen,  bekommen,  erhalten;  wissen,  einsehen,  erfahren. 
Außerdem,  eigentlich  selbstverständlich,  die  Verben  mit  reflexivem 
Objekt  wie  {sich)  ermorden  und  Ausdrücke  wie  mich  friert. 
Bei  Homer  ist  das  Passiv  neben  Verben  wie  lehren  usw.  (mit 
der  Bedeutung  berauhen  usw.  schlechthin)  zum  Teil  noch  gar 
nicht  entwickelt,  s.  Abschnitt  8. 

Es  könnte  aber  immerhin  auffallen,  daß  es  aktive  Sätze  gibt 
wie  6  öe  AeÖKOV  'Oöucceoc  ec9Xöv  ^taipov  ]  ߀ßXr|Kei  ßoußujva 
.  .  .  A  491  f.  und  daneben  passivische  wie  ßeß\r|c»  Kcveuiva  öiain- 
Trepk  E  284.  Aber  es  liegt  nur  die  Möglichkeit,  keineswegs 
die  Notwendigkeit  vor  im  ersten  Satz  ßoußüuva  als  Akkusativ- 
objekt zu  fassen,  ßoußüüva  kann  von  allem  Anfang  an  Bereichs- 
akkusativ gewesen  sein  oder  eine  Vorstufe  des  Bereichsakkusativs, 
genau  dasselbe  wie  Keveujva  in  dem  passivischen  Beispiel  und 
dieser  Bereichsakkusativ  kann  etwas  ganz  anderes  gewesen  sein 
als  ein  Objektsakkusativ.  Und  nehmen  wir  an,  ßoußüüva  sei 
Akkusativobjekt,  muß  dann  KeveuJva  eines  sein?  Wenn  wir  das 
annehmen,  so  stellen  wir  uns  ein  syntaktisches  System  als 
lückenlos  vor,  wir  meinen  dann,  wo  ein  Aktiv  sei,  müsse  auch 
ein  (einigermaßen)  entsprechendes  Passiv  sein.  Aber  die  ähn- 
lichen syntaktischen  Kategorien  z.  B.  Aktiv,  Passiv,  brauchen 
durchaus  nicht  beide  die  Fälle  zu  umfassen,  deren  Bedeutungs- 
inhalte sich  genau  entsprechen  (z.  B.  es  heißt  Er  hat  auch  ein 
Klavier^  aber  nicht  Auch  ein  Klavier  wird  von  ihm  gehabt). 
Anderseits  gibt  es  wesentlich  gleichartige  Fälle,  was  Bedeutungs- 
verhältnisse betrifft,  die  verschiedene  syntaktische  Beziehung 
yerlangen,  wenn  uns  diese  auch  zunächst  in  unserer  Sprache 
gleichartig  erscheint,  vgl.  das  von  Havers  gebrachte  Beispiel 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    35 

cfj^d  xe  luoi  xtOai  iroXinc  im  Givi  GaXdcaic,  |  dvöpöc  bucTrjvoio 
X  75 f.  Nehmen  wir  an,  aktive  Sätze  wie  6  be  AeuKov  .  .  .  |  ße- 
ßXrJKei  ßoußüjva  enthielten  jedesmal  die  Gruppe  zweier  Objekts- 
beziehungen und  Fälle  wie  ßeßXnai  Keveüjva  den  Bereichsakkusativ, 
so  haben  wir  einen  ähnlichen  Fall  wie  den  Haversschen, 
doch  stehen  sich  die  Inhalte  ßoußuuva  Keveiliva  in  gewisser  Hin- 
sicht noch  näher  als  ^oi  und  dvöpöc  öuctrivoio,  und  wir  haben 
von  vornherein  zwei  verschiedene  syntaktische  Formen  (Aktiv, 
Passiv).  Am  einfachsten  ist  die  Annahme,  es  habe  in  Passiven 
wie  ßeßXnai  Ktveujva  nur  den  Bereichsakkusativ  gegeben,  in 
Aktiven  wie  6  be  AeÖKOV  ßeßXrjKei  ßoußüjva  seien  Sätze  mit  zwei 
Objekten  und  Sätze  mit  einem  Objekt  und  einem  Bereichs- 
akkusativ möglich  gewesen.  Tatsächlich  gibt  es  auch  6in  sicheres 
Beispiel  für  zwei  Objekte  bei  ßdXXuj:  töv  ßdXe  laeccov  dKovri 
TTO&dpKTic  öToc  AxtXXeuc,  j  viijTa  Trapatccovroc  Y413f.,  aber  nur 
im  Aktiv.  (Alle  übrigen  aktivischen  Beispiele  bei  Verben  des 
Treffens  und  Verwundens  sind  zweifelhaft). 

M.  E.  ist  also  die  Ableitung  des  Bereichsakkusativs  im 
Passiv,  z.  B.  KeveiiJva  in  ßeßXnai  Keveüjva  vom  'Teilakkusativ' 
wie  6  öe  AeÖKOV  ßeßXtiKei  ßoußüuva  unmöglich. 

Wenn  wir  die  Frage  zu  beantworten  haben,  ob  in  einem 
bestimmten  Falle  die  Gruppe  zweier  Objektsbeziehungen  ('Akku- 
sativobjekt des  Ganzen  und  des  Teils')  vorliegt  oder  Bereichs- 
akkusativ neben  Verb  mit  Akkusativobjekt,  so  kann  die  Ent- 
scheidung nur  lauten:  Entweder  das  eine  oder  das  andere, 
keine  Übergangsstufe.  Die  Entscheidung  fällt  zum  Teil  leicht, 
z.  B.  x]  ce  TTÖbac  viipei  x  356  ist  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen, 
in  andern  fällt  uns  die  Entscheidung  schwer,  z.  B.  in  dem  Bei- 
spiel xöv  ö'  dopi  TTXfiE'  auxeva,  vielleicht  beurteilen  wir  manches 
Beispiel  falsch,  aber  dann  sind  wir  'farbenblind'.  Für  die 
Griechen  bestanden  offenbar  zwei  streng  geschiedene  Arten 
von  Fällen  mit  verschiedener  syntaktischer  Gliederung  und  Be- 
deutung. Dabei  kann  ein  xöv  ö'  dopi  irXnH'  auxeva  die  eine  der 
genannten  Gliederungen  haben  den  schlug  er  mit  dem  Schwert^ 
seinen  Nacken,  ein  anderes  xöv  ö'  dopi  kXjiH'  auxeva  die  andere 
den  schlug  er  mit  seinem  Schwert  in  den  Nacken,  wahrscheinlich 
war  in  beiden  Fällen  die  Akzentgliederung  verschieden,  'Akzent' 
im  Sinne  Sarans,  also  Melodie,  Tonstärke,  Gliederung  durch 
pausenähnliche  Einschnitte.    In  entsprechender  Weise  scheiden 

3* 


36  R.  Blümel, 

wir  z.  B.  im  Deutschen  der  sich  so  gewältig  \  fühlt,   gewaltig 
Adverb  und  der  sich  so  gewaltig  fühlt,  getcaltig  prädikativ. 

*Geht'  dagegen  eine  Erscheinung  aus  der  andern  durch 
allmähliche  Verwandlung  'hervor',  so  zeigt  sich  ein  Schillern, 
bei  der  Lautentwicklung  natürlich  durch  die  Schrift  verdeckt, 
in  der  Bedeutungsentwicklung  dagegen  nicht,  und  daher  auch 
besser  erkennbar.  So  schillert  z.  B.  die  örtliche  Bedeutung  durch 
in  der  unanschaulichen  Verwendung  von  Präpositionen  mit  Sub- 
stantiv {Wende  dich  an  mich).  Und  ein  solches  Schillern  sehe 
ich  auch  in  der  Entwicklung  des  Bereichsakkusativs,  wie  ich 
sie  mir  denke,  vgl.  die  Abschnitte  13 — 17,  20—22,  dagegen 
ist  kein  solches  Schillern  zwischen  Bereichsakkusativ  und  Teil- 
objekt. Hier  ist  eine  Kluft.  Also  handelt  es  sich  um  zwei  ganz 
verschiedene  Erscheinungen,  die  nicht  auseinander  geschichtlich 
abzuleiten  sind. 

8.  Analogiebildung  nach  Verben  mit  doppeltem 
Akkusativ  wie  hefallen  (iKdvuj),  berauben'^ 

Brugmann  erwägt  auch  die  Möglichkeit,  analogischen  Ein- 
fluß von  anderen  Verben  mit  Akkusativobjekt  anzunehmen: 
"Daß  die  Umwertung  des  Teilakkusativs  unter  dem  Einfluß  der 
Konstruktion  anderer  Verba  mit  dem  Akkusativ  vor  sich  ging, 
ist  an  sicli  wahrscheinlich,  doch  ist  hierüber  schwer  ins  Reine 
zu  kommen".  S.  130*).  Brugmann  erwähnt  im  besondern  den 
etwa  möglichen  analogischen  Einfluß  von  Verben  wie  kaviu 
(mit  Akkusativ  des  Ziels  oupavöv  ke)  auch  solche  wie  ßctXXuj, 
S.  130,  die  z.  T.  wie  Brugmann  Anra.  2  angibt,  selbst  den  Akku- 
sativ des  Ganzen  und  des  Teils  bei  sich  haben. 

Nun  steht  bei  Verben  des  Befalleus  wie  iKotvou  iKveoiiai 
die  Person  und  Körperteile  von  ihr  (Youvara,  T  354,  N  711) 
sowie  die  Person  und  ihr  Seelenvermögen  z.  B.  0ufi6v  A  88  im 
Akkusativ.  Neben  ßdXXu)  kann  Bereichsakkusativ  angenommen 
werden,  die  Bedeutungen  befallen  und  treffen  sind  sehr  ähnlich. 
Die  Körperteile  und  Seelenvermögen  stehen  sicher  neben  kdvuj 
ursprünglich  im  'Ziel'akkusativ,  aber  dasselbe  gilt  auch  von 
dem  Akkusativ  der  Pereon  bei  iKdviw.    Wir  braucliten  aber  eine 


1)  Hier  kann  nur  das  'bearbeitete'  Akkusativobjekt  in  Betracht 
kommen,  z.  B.  das  Haupt  treffen,  nicht  das  'bewirkte',  z.  B.  jemandem 
sine  Wunde  schlagen.  Daher  fallen  hier  Sätze  weg  wie  ^Xkoc  ,  .  .  tö  mv 
ßdXe  TTdvbapoc  (i|i  E  79ö. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    37 

Entwicklung,  die  den  persönlichen  Akkusativ  zum  Objekt  werden 
läßt  (damit  im  Passiv  die  Person  Subjekt  sein  kann),  die  aber 
den  alten  Zielkasus  beim  Körperteil  oder  Seelenvermögen  er- 
hält (damit  der  Akkusativ  auch  im  Passiv  möglich  ist).  Eine 
derartige  Entwicklung  ist  kaum  möglich.  Die  Entwicklung  er- 
greift oder  verschont  beide  Akkusative.  Derartige  Fragen  sind 
eigentlich  ziemlich  müßig,  denn  iKdvuj  und  iKveo)iai  haben  bei 
Homer  kein  Passiv.  Bestenfalls  bekämen  wir  also  den  Schlüssel 
für  den  Akkusativ  neben  Verben  des  Treffens,  und  dieser 
Akkusativ  ist  zweideutig.  Sichere  Bereichsakkusative  könnten 
wir  so  nicht  erklären. 

Als  Verben,  deren  Analogiewirkung  hier  vorliegen  soll, 
könnten  nur  solche  in  Betracht  kommen,  welche  zwei  Objekte 
mit  verschiedener  syntaktischer  Beziehung  bei  sich  haben,  wie 
lehren,  verheimlichen,  fragen,  fordern,  berauben. 

Dabei  ist  zu  beachten:  Eine  Analogiebildung  nach  Er- 
scheinungen mit  bestimmter  syntaktischer  Gliederung  hat  auch 
offenbar  dieselbe  Gliederung,  z.  B.  wenn  (wie  Brugmann  an- 
nimmt) ein  Grieche  bilden  würde  ^)  KaxeTrXrifTi  qpiXov  rJTOp  f  31 
nach  ^K  Ö€  Ol  nvioxoc  ttXiitti  (ppevac  N  394,  so  wäre  KateTrXriTTi 
qpiXov  f\Top  als  Passiv  eines  Verburas  des  Beraubens  anzu- 
sehen, aber  nicht  als  Passiv  mit  Teilakkusativ.  Ich  habe 
also  jetzt  den  Boden  des  Teilakkusativs  verlassen. 

Bei  den  Beispielen  wie  dcrribi  raupeir]  KeKaXumiievoc  eupeac 
uj|Liouc  TT  360  denkt  man  an  die  Verben  des  Anziehens.  Aber 
Körperteile  werden  bei  Homer  nicht  angezogen,  dagegen  öteuj . . . 
liexdqppeva  TUMVujGein  M  428  und  ciepvov  T^^ivujSevra  TT  312. 

Die  Verben  des  Beraubens  setzen  dagegen  dieselben  oder 
bedeutungsähnliche  Inhalte  in  Beziehung  zu  ihrem  Verbinhalt 
wie  bedeutungsverwandte  Verben   mit   dem  Bereichsakkusativ. 

Ich  sehe  aber  auch  hier  wieder  nicht  das  Schillern  des 
Bedeutungsübergangs  zwischen  berauben  mit  Objekt  einerseits 
und  Verben  mit  dem  Bereichsakkusativ  anderseits,  sondern  eine 
Kluft,  ähnlich  wie  zwischen  Sätzen  mit  Teilakkusativ  und  solchen 
mit  Bereichsakkusativ*);  unter  Umständen  läßt  6ine  Sach- 
lage beide  Auffassungen  zu,   z.  B.  kann  ein  Gelähmter  sagen: 

1)  Das  Beispiel  ist  unrichtig,  vgl.  S.  38  o.,  ich  habe  aber  nur  un- 
richtige zur  Verfügung. 

2)  Auch,  was  wichtig  ist  zwischen  Sätzen  mit  Teilakkusativ  und  be- 
rauben mit  Akk.  r\  n'  IßXavve  öed  iröbac  mich,  meine  Füße  V  782,  dagegen  ^nei 
ßaciXto  ibov  ßeßXai^u^vov  fiTop  TT660f.  des  Lebens  beraubt,  Sarpedon  ist  tot. 


38  R.  Blümel, 

ich  bin  meiner  Beine  beraubt  und  ich  habe  einen  Schaden  an 
meinen  Beinen  (entspräche  dem  griechischen  Bereichsakkusativ). 
Aber  jede  dieser  beiden  Anschauungen  schließt  die  andre  aus. 

So  sind  scharf  zu  trennen: 

ßeßXa|üi|Lievov  niop  TT  660  {beraubt)  von  den  Lesarten  öebaiT- 
laevov,  ßeßoXriiaevov,  ßeßXrmevov;  dann  von  äx^i . . .  ßeßoXriiaevoc 
i^Top  I  9,  Knp  dxei  jueToXtu  ßeßoXrmevoc  k  247  und  "Apnxov  öe 
KttT  auGi  XiTTov  beöaiTiuevov  iirop  P  535.  Berauben  schließt  ein 
das  Verlieren  durch  den  Beraubten,  dagegen  die  Verwundung 
nicht.  Besonders  beweisend  erscheint  mir  der  Unterschied,  wenn 
er  sich  an  verschiedene  Zusammensetzungen  eines  Stammverbs 
knüpft:  ?v9a  k'  dTTÖ  pivouc  bpü(p9ri  €  426  [hätte  die  Haut 
durch  Abschürfen  verloren),  dagegen  dTKiiuvdc  xe  irepiöpucpöri 
CT6^a  xe  ^Tvdc  xe  V  395  {schürfte  sich  ringsherum  ab  und  erlitt 
so  Beschädigungen  an  .  :  .) 

iK  Ydp  TcXriYH  «ppevac  TT  403,  ganz  deutlich:  ^k  bi  oi 
f|vioxoc  tiXtith  (ppevac,  Sc  Trdpoc  eixev  N  394:  {verlor  den  Ver- 
stand, den  er  sonst  besessen  hatte),  vgl.  cu  fe  xic  qppevac  ^KTreTra- 
xaYjaevoc  ecci  c  327;  610' ^HeKÖTtriv  xöv  6(p6aX)aöv  irpoTepov 
Xi6uj,  Aristophanes,  Brugmann  S.  122,  ebd.  Xen.  anoT[xr]Qivtec 
rdc  KeqpaXdc?').  Dagegen  KareTrXriTn  «piXov  i^iop  f  31,  er  wird 
ins  Herz  getroffen,  nicht  des  Herzens  beraubt.  Hätte  er  das 
T^xop  (nach  homerischer  Anschauung)  verloren,  so  wäre  er  da- 
durch gestorben.  Es  heißt  selbst  rnniv  b'  auxe  KaTeKXdc0ri  qpiXov  fJTop 
z.  B.  i  256,  weder  die  Verwundung  noch  das  Brechen  des  i^Top 
führen  den  Tod  herbei.  Dazu  noch  irepi  b'  aiina  vevnriai  Q  419. 

Das  Vorbild  für  Wendungen  wie  KaxeirXriTn  <piXov  t^iop 
waren  solche  wie  ßXfiTO  ydp  a»|aov  boupi,  P  598,  noch  näher 
liegt  Ipuj  ö'  dpa  0u^öv  ?0eXx0ev  c  212,  wieder  kein  Verlust  des 
0u|L»öc  durch  Beraubung,  weil  dies  den  Tod  herbeiführt,  vgl.  xöv 
.  .  .  iiieXinbea  9umöv  dTrnupa  K  495,  vgl.  n  827  f.,  Y  290,  v  270 
und  namentlich  X  202 f.  (Die  tote  Mutter  des  Odysseus  spricht:) 
dXXd  ^e  coc  xe  7r60oc  cd  xe  ^rlöea,  q)aibi|Li*  'Obucceö,  |  cn  x'  dtavo- 
qppocüvr)  luieXiribea  0u^öv  dmiupa. 

Alle  diese  seelischen  Verwundungen  stehen  bei  Homer  nur 
im  Passiv,  der  Vorgang  ist  offenbar  im  Aktiv  (mit  handelndem 
Subjekt)  für  Homer  nicht  darstellbar. 

Besonders  wichtig  ist  es,  daß  die  Passivbelege  bei  diro- 
bpuqpuü,   dKTTXnccou,   ^KTTardccuü   (rrepOviicu   deutlich  den  Anfang 

1)  Begleiterscheinung  statt  Handlung  selbst. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    39 

einer  Entwicklungsreihe  darstellen,  während  der  Bereichs- 
akkusativ bei  Homer  schon  eine  ziemlich  lange  Entwicklung 
liinter  sich  hat.  Man  sieht  förmlich,  wie  das  Akkusativobjekt 
neben  passiven  Verben  des  Beraubens  zustande  kommt  Zuerst 
gab  es  nur  Sätze  wie  nvioxoi  ö'  eK-nrXriTev,  Z  225,  vgl.  auch  die  toO 
TTpöc  TreTpr]ci  Gpaceidouv  oittö  x^ip^iv  j  pivoi  drrebpuqpöev  e  434  f., 
erst  nach  solchen  Beispielen  wie  .  .  .  iKTrXriTev  konnte  gebildet 
werden  ileTi\r\Tr\  qppevac ;  nach  veviTrrai  wird  gebildet  atjua  vevm- 
Ttti ;  Subjekt  beidemale  er.  Es  ist  auffällig,  daß  kein  eigentliches 
Yerb  des  Beraubens  schlechthin  bei  Homer  im  Passiv  vor- 
kommt (die  genannten  Verben  geben  die  Begleiterscheinungen 
der  Beraubung,  das  Abschürfen,  Waschen  und  den  Schlag). 
Besonders  bezeichnend  ist  das  Beispiel  X  2021,  wo  wir  ein  ehe- 
mals lebendes,  beraubtes  Wesen  haben,  als  Ursache  einen  Vorgang 
(Sehnsucht  nach  dem  geistig  hervorragenden  Sohn)  und  wo 
doch  das  Aktiv  dmiupa  steht.  —  Ganz  entsprechend  ist  es, 
wenn  bei  Homer  nur  ein  ebibdxöri  mit  Akkusativobjekt  vorkommt. 
€m  ö'  fjTTia  (pdpuKtt  Trdcce  |  ecöXd,  xd  ce  irpori  qpaciv  'AfiXXfioc 
5eöibdx9ai  A  830  f.,  offenbar  nach  älterem  öafivai  'kennen  lernen' 
z.  B.  dnqpoiepujv  he  qpuriv  eb6.r]v  Kai  |uriöea  iruKvd  f  208. 

Auch  könnte  ich  mir  die  Entwicklung  eines  Objektsakku- 
sativs (wenn  er  nicht  'überflüssig*  ist,  wie  övoina  neben  KaXui, 
KaXoö|Liai)  zu  einem  'freien*  Akkusativ  schwer  vorstellen,  eher 
das  Umgekehrte,  daß  ein  örtlicher  Akkusativ  Objekt  wird,  zuerst 
nur  örtlich  uridg.  er  schlägt  den  Knaben  Akkusativ,  mit  der 
Bedeutung  er  schlägt  auf  den  Knabeti  ein,  dann  mit  Verblassung 
der  örtlichen  Beziehungen  und  Erstarkung  der  ursächlichen, 
soweit  daß  nur  die  ursächlichen  (des  Akkusativobjekts)  übrig 
bleiben.  Wahrscheinlich  liegt  eine  spätere  entsprechende  Ent- 
wicklung bei  oupavöv  ke  vor  =  .  .  .  erreichte  den  Himmel.  Das 
Fehlen  des  Passivs  ist  entsprechend  aufzufassen,  wie  der  Fall 
bei  nhd.  haben  usw. 

Alle  diese  Erörterungen  lassen  nur  den  6inen  Schluß  zu, 
daß  trotz  aller  angegebenen  Versuche  die  Wurzel  des  Bereichs- 
akkusativs noch  nicht  gefunden  ist. 

9.  Akkusativ  der  Unterordnung? 

Brugmann  führt  noch  den  Akkusativ  der  Unterordnung 
ein.  "Die  Akkusativkonstruktion  dagegen  ')  und  ihre  Ausbreitung 
sind  speziell  dadurch  veranlaßt  worden,   daß   zwei  Satzvorstel- 

1)  Im  Gegensatz  zum  Instrumental  der  Beziehung. 


ÜQ  R.  Blümel, 

luDgen,  eine  mit  einer  Person  in  Subjektstellung  und  eine  mit 
einer  enge  zur  Person  gehörigen  Sache  in  Subjektstellung,  welche 
zusammen  Glieder  einer  weiteren  Gesamtvorstellung  waren,  in 
6inen  einfachen  Satz  zusammenzuziehen  waren,  ohne  daß  dabei 
etwas  anderes  erreicht  werden  sollte  als  grammatische  Unter- 
ordnung^) des  Sachbegriffs  unter  den  Personbegriff",  S.  136. 
Vgl.  S.  128.  "Nur  in  bezug  auf  den  Akkusativ  der  Sache  hat 
sich  nun  mit  der  Zeit  das  Sprachgefühl  derart  verändert,  daß 
sich  die  Vorstellung  des  Objektsverhältnisses  verflüchtigte  und 
dem  Zusammenhang  nach  ein  'Akkusativ  der  Beziehung'  daraus 
wurde".  S.  125.  "Daß  man  aber  gerade  zum  Akkusativ  griff*), 
geschah  nach  dem  Vorbild  von  Objektsakkusativen,  die  neben 
einem  andern  zum  selben  Verbura  gehörigen  Objektsakkusativ 
stehend,  diesem  untergeordnet,  ihm  gegenüber  degradiert  waren." 
Es  gibt  jedoch  keine  Unterordnung  im  syntakti- 
schen Sinne  ohne  eine  Funktion,  es  gibt  auch  keine 
Funktion,  welche  schlechthin  nur  Unterordnung  be- 
deuten könnte.  Die  Sache  ist  vielmehr  so:  Irgend  ein  Inhalt 
steht  in  einer  syntaktischen  Beziehung  zu  einem  andern,  d.  h. 
er  hat  eine  syntaktische  Funktion,  welche  wir  aus  verschiedenen 
Anzeichen,  namentlich  solchen  der  syntaktischen  Form,  erkennen, 
und  je  nach  der  Art  dieser  syntaktischen  Funktion  nennen  wir 
diesen  Inhalt  über-,  bei-  oder  untergeordnet,  z.  B.  das  Genetiv- 
attribut, das  Genetivobjekt  heißt  kraft  seiner  Funktion  einem 
andern  Inhalt  untergeordnet.  Unterordnung  ist  also  etwas,  was 
verschiedenen  Funktionen  gemeinsam  anhaftet,  aber  eine  Unter- 
ordnung ohne  Funktion,  eine  Unterordnung  ohne  syntaktische 
Beziehung  zum  Übergeordneten  gibt  es  nie  und  nirgends,  auch 
nicht  in  einer  flexionslosen  Zeit.  Jene  'untergeordneten*  Objekts- 
akkusative  haben  ihre  ganz  bestimmte  Funktion,  auch  im  Passiv, 
und  dieser  Funktion  entspricht  ihre  Form.  Pauls  weiter  idg. 
Akkusativ  hat  eine  sehr  weit  ausgedehnte,  sehr  inhaltsarme 
Funktion;  Ähnliches  gilt  für  diejenigen,  welche  den  Bereichs- 
akkusativ übersetzen  mit  in  Bezug  auf;  aber  ßrugiiianns  Akku- 
sativ der  Unterordnung  ist,  was  Funktion  anbelangt,  nicht  mehr 
inhaltsarm,  sondern  inhaltsleer.  AVir  verzweifeln  vielleicht 
daran,   eine   bestimmte   syntaktische   Beziehung   in  Worten  zu 


1)  Von  Brugmann  gesperrt. 

2)  Statt  eines  andern  Kasus  (außer  dem  unmöglichen  Nominativ). 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    41 

umschreiben,  oder  mit  einem  Begriff  einzufangen,  z.  B.  die  von 
övo|Lia,  aber  wir  'fühlen'  sie  und  unterscheiden  sie  von  andern. 

Unterordnung  in  diesem  Sinne,  die  an  eine  bestimmte 
Funktion  unauflöslich  gebunden  ist,  kann  grundsätzlich  jeder 
Kasus  bedeuten,  der  nicht  kongruiert  (natürlich  auch  die  Kon- 
gruenz), unter  den  Kasus  auch  der  Akkusativ.  Für  den  Prädi- 
katsnorainativ  vgl.  Brugmann  S.  137 :  Von  N.  N.,  ordentlicher 
Professor  in  Kid,  ist  das  und  das  veröffentlicht  norden,  und  die 
folgenden  zwei  Beispiele.  Wo  sich  zwei  verschiedene,  aber  ähn- 
liche Funktionen  gegenüberstehen,  z.  B.  Instrumental  der  'Be- 
ziehung' und  Bereichsakkusativ,  da  bedeutet  demnach  jede 
Unterordnung,  und  diese  Unterordnung  ist  in  beiden  Fällen 
unzertrennlich  mit  der  Funktion  verbunden. 

Brugmann  denkt  offenbar  an  nhd.  Fälle,  die  scheinbar  den 
Fällen  mit  Bereichsakkusativ  entsprechen  Er  flehte,  die  Hände 
zu  Zem  erhoben  .  .  .  ,  wo  der  Akkusativ  steht,  vgl.  das  deutliche 
Beispiel  Den  Kopf  stolz  erhoben,  schritt  er  dahin.  Daneben  steht, 
viel  seltener,  ein  Xominativ,  z.  B.  Ein  Hauderwagen  mit  Gepäck 
beladen  schwer,  \  Der  Fuhrmann  oben,  wackelte  vor  ihnen  her 
Spitteler  Olympischer  Fi'ühling,  2.  Bearbeitung  2,  148.  Dieser 
Unterschied :  Akkusativ — Xominativ  ist  offenbar  zurückzuführen 
auf  einen  Unterschied  in  der  syntaktischen  Beziehung^)  zwischen 
Er  :  die  Hände,  er  :  den  Kopf  und  anderseits  zwischen  Ein 
Hauderwagen  und  der  Fuhrmann.  Nur  jene  ist  die  von  Subjekt 
zu  Akkusativobjekt,  ähnlich  wie  sus  Minervam  usw.  Paul  Prin- 
zipien* S.  321 ;  diese  {Wagen  :  Fuhrmann)  ist  dagegen  anders, 
daher  Fuhrmann  im  Xominativ.  Sehr  wahrscheinlich  ist  Brug- 
mann zuzugeben,  daß  es  sich  bei  dem  deutschen  Akkusativ 
dieser  Art  meist  um  eine  Sache  in  Beziehung  zur  Person  han- 
deln wird,  aber  auch  Person  :  Person  ist  denkbar  Sie  ging  fort, 
ihren  ältesten  Knaben  an  der  Hand  (wenn  es  heißt:  .  .  .  ihren 
Kleinen  auf  dem  Rücken,  so  könnte  man  noch  von  'Sache* 
sprechen).  Bei  Person  :  Person  und  Sache  :  Sache  liegt  der 
Xominativ  am  nächsten  {Die  Soldaten  zogen  ein,  der  Feldherr 
an  der  Spitze,  Xachwirkung  von  einziehen  nicht  unbedingt  nötig 
anzunehmen;  Schon  stand  das  Gebälk,  ein  Tannenbaum  oben 
aufgepflanzt).  Person  :  Sache  wird  wohl  immer  den  Xominativ 
verlangen,  Ygl.  das  Beispiel  aus  Spitteler.  In  allen  diesen  Fällen 
haben  wir  eine  'untergeordnete*,  zum  Teil  eine  Teilvorstellung, 

1)  Vielleicht  nicht  bloß  zwischen  diesen  zwei  Inhalten. 


42  R.  Blümel, 

aber  trotzdem  steht  der  Akkusativ  nicht  immer,  und  die  Frage 
ob  Akkusativ,  ob  Nominativ,  wird  nach  ganz  anderen  Gesetzen 
entschieden. 

Einen  sichern  Nominativ  ähnlicher  Art  fand  ich  bei 
Herodot:  iva  oi  buibbeKa  Irea  dvTi  ^H  Tevriiai,  ai  vuKTec  ninepai 
TTOieu|ievai  2,  133.  Vgl.  dvii  bk  qpaWÜJV  dXXa  ccpi  kri  ^Eriupri- 
liieva  öcov  re  rnix^aia  dTdXiaaTa  veupocTxacTa,  id  Trepiqpopeouci 
Kord  KU)|Liac  Tuvakec,  veOov  tö  aiboiov,  ou  ttoXXuj  teiu  IXaccov 
^öv  Toö  dXXou  cuj|iaToc  2,  48.  Das  2.  Beispiel,  leider  in  der 
grammatischeu  Form  unklar,  wahrscheinlich  aber  auch  mit 
Nominativ,  stimmt  zu  den  deutschen.  Auch  hier  in  beiden 
Beispielen  im  Sinne  Brugmanns  Teilvorstellung  und  Unterord- 
nung, aber  Nominativ!  —  Schließlich  sind  noch  die  sehr 
häufigen  Fälle  zu  erwähnen,  wo  die  Gesamtvorstellung  unter- 
geordnet ist:  Der  Deckel  des  Buches  iM  beschädigt. 

Insbesondere  müßten  Formen  wie  MeveXaoc  Eav6r|  Keq)aXr| 
(Brugmann  S.  136)  fürs  Griechische  erst  nachgewiesen  werden. 
{Solche  wie  'AxiXXeüc  irobiJÜKric  stammen  aus  der  Zeit  vor  der 
Flexion.)  Falls  man  MeveXaoc  £av06c  mit  irgend  einem  Kasus 
von  KecpaXri*)  bilden  wollte,  und  in  jedem  andern  Fall,  wo  tat- 
sächlich der  Bereichsakkusativ  steht,  hätte  zur  Unterordnung 
wie  gesagt  jeder  andre  Kasus  gepaßt,  der  Instrumental  hätte  aus- 
gereicht, wenn  das  nicht,  jeder  andre  nichtakkusativische  und 
nichtinstrumentale.  Warum  gerade  der  Akkusativ?  Auch  hier 
kommen  wir  wieder  auf  die  Frage  nach  seinem  Ursprung  zurück*). 

Die  funktionsleere  Unterordnung  ist  auch  nicht  als  Über- 
gangsstufe zwischen  einem  geschichtlich  bekannten  Akkusativ 

1)  Warum  nicht  *  Mcv^Xaoc  Havefjv  xetpoXi^v ,  *M€v^aoc  EavGfj 
x€q)aXf|  usw.? 

2)  Dieser  Ansicht  von  Brugmann  über  Unterordnung  scheint  mir 
ähnlich  die  von  Neckel  IF.  19,  253.  (In  einem  indogermanischen  Satz 
Mann  —  Hain  gebunden  —  wurde  hingeführt :)  .  .  .  man  stempelte  'Mann' 
zum  Mittelpunkt  der  Aussage,  indem  man  es  im  Subjektskasus  auftreten 
ließ,  und  das  mit  solcher  Entschiedenheit,  daß  'Hals'  demgegenüber  zu- 
rücktrat und  an  dem  Kennzeichen  des  Subjektes  nicht  partizipierte.  In- 
dem es  naturgemäß  in  dem  engeren  Verhältnis  zum  Prädikat  'gebunden' 
verharrte,  entstand  das  Stammkompositum  'halsgebunden*.  —  Ich  stelle 
mir  die  Entwicklung  so  vor:  1)  Mann  —  Hala  gründen  —  hingeführt, 
Mann  und  Hah  ohne  Nominativ-».  2)  Mann  —  hahgebunden  —  hinge- 
führt^ hahgebunden  Einheit,  Mann  ohne  Nom.  n,  hals-  natürlich  auch, 
Mann  Subjekt.  3)  Die  Subjekte  'erhalten'  das  #,  also  nur  Mann  in  Mann 
—  hahgebunden  —  hingeführt. 


Der  Ursprang  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    43 

und  dem  Bereichsakkusativ  anzuerkennen.  Es  müßten  doch 
die  Gründe  für  eine  derartige  Auflösung  der  Funktion  und 
Entstehung  einer  ganz  neuen  erst  beigebracht  werden. 

10.  Andere  Erklärungsversuche. 

Nach  Neckel  IF.  19,  253  soll  der  Bereichsakkusativ 
Analogiebildung  sein  nach  Neutren,  *bei  denen  der  Objekts- 
akkusativ mit  dem  reinen  Stamm  identisch  war':  övoucikXutoc 
—  övojua  kXutoc.  —  Gab  es  aber  ein  6vo|aa  kXutöc,  so  hatte 
dieses  eine  bestimmte  Funktion,  und  damit,  sobald  es  Kasus- 
bedeutungen gab,  einen  bestimmten  Kasuswert  (unter  Umständen 
mehrere).  Woher  dieser  Kasuswert?  Und  wenn  wirklich  der 
Kasuswert  unbestimmt  gewesen  wäre,  woher  dann  die  neuere, 
bestimmte  Kasusbedeutung?  Ohne  oder  durch  Analogie  anderer 
Formen  mit  bestimmter  Kasusbedeutung?  In  jedem  Falle  ist 
die  Beantwortung  der  Ursprungsfrage  bloß  hinausgeschoben. 

Meillet  Mem.  soc.  ling.  8,  243  Anm.  spricht  von  der 
Yermischung  des  indogermanischen  Instrumentals  auf  -m  bei 
o-Stämmen,  'Femininstämmen'  und  konsonantischen  Stämmen, 
und  nimmt  an,  von  hier  sei  der  Gebrauch  des  Akkusativs  im 
instrumentalen  Sinn  ausgegangen,  der  in  den  meisten  indo- 
germanischen Sprachen  zu  finden  sei,  Eur.  Bacch.  460  XeEov  öcric 
€1  T£voc,  Demosthenes  20,  30  ecii  yevei  6  AeuKuuv  Hevoc. 

Wir  müßten  zunächst  wissen,  ob  Meillet  heute  alle  Be- 
reichsakkusati ve  als  Objekte  in  seinem  Sinne  auffaßt,  vgl.  unten, 
oder  ob  nach  ihm  ein  Teil  der  Bereichsakkusative  'Objekte*, 
der  andre  Instrumental  ist  Auf  jeden  FaU  wäre  es  angenehm 
zu  wissen,  wie  sich  Meillet  die  Abgrenzung  denkt  (in  jener 
Anmerkung  war  eine  solche  Abgrenzung  nicht  möglich). 

Wir  müßten,  falls  die  Instrumentalistheorie  von  Meület 
richtig  wäre,  ein  der  Form  nach  einheitliches  Gebiet  (das  des 
Bereichsakkusativs)  der  Bedeutung  nach  in  zwei  Gebiete  zer- 
legen, wir  hätten  dann  nachzuweisen,  welcher  Bedeutungs- 
unterschied zwischen  den  ursprünglich  instrumental  gewesenen 
Akkusativfällen  und  den  instrumentaldativischen  Fällen  bestände, 
ohne  einen  solchen  Bedeutungsunterschied  wäre  auch  die  Frage 
kaum  zu  lösen,  wie  man  sich  die  endgültige  Regelung  der 
Kasusformen  vorstellt,  die  nach  dieser  Anschauung  alle,  der 
Form   oder  der  Bedeutung  nach,   den  Instrumental  fortsetzen 


U  R.  Blümel, 

oder  beerbt  haben  ^).  Es  ist  viel  wahrscheinlicher  und  auch 
einfacher  so  zu  verfahren :  die  ganze  akkusativische  Masse  der 
Bereichsbeispiele  akkusativisch  erklären,  davon  die  dativische 
Masse  scharf  scheiden  und  die  für  sich  erklären.  Das  ist  auch, 
wie  ich  unten  gleich  zeigen  werde,  durchaus  möglich. 

Introd.  316  spricht  Meillet  die  Ansicht  aus,  der  Akkusativ 
der  Beziehung  sei  nichts  anderes  als  ein  gewöhnliches  Objekt.  Ich 
halte  diese  Ausdehnung  des  Begriffs  Objekt  nicht  für  vorteilhaft. 

11. — 26.  Neue  Erklärung. 

11.  Vorbemerkungen,  namentlich  über 
Ortsanschauungen. 

Welche  Anforderungen  sind  nun  an  jenen  noch  unbe- 
kannten Akkusativ  zu  stellen,  aus  dem  sich  der  Bereichsakku- 
sativ entwickelt  hat? 

Die  syntaktische  Gliederung  der  Sätze,  welche  diesen 
alten  unbekannten  Akkusativ  enthalten,  muß  dieselbe  sein  wie 
sie  ist  in  Sätzen  mit  dem  Bereichsakkusativ  (oder:  es  muß 
nachgewiesen  werden,  daß  und  wie  sich  die  neue  abweichende 
Gliederung  entwickeln  kann).  Die  Gliederung  ist  in  Sätzen  mit 
dem  Bereichsakkusativ  so:  Übriger  Satzinhalt:  Bereichsakkusativ 
(oder  in  Fällen  mit  attributivem  Adjektiv  übriger  Gruppeninhalt: 
Bereichsakkusativ).  Diese  Funktion  des  Akkusativs  muß  mit 
der  Eigenbedeutung  der  betreffenden  Inhalte,  zunächst :  Körper- 
teile,  dann:   Seelenvermögen  usw.  verbunden   werden  können. 

Dieser  alte  Akkusativ  muß  ein  sogenannter  'freier'  Akku- 
sativ sein;  *frei*  ist  eine  Bestimmung,  wie  schon  erwähnt,  wenn 
neben  einem  Satz,  der  die  Bestimmung  enthält  —  In  München 
regnete  es  fürchterlich  —  ein  anderer  mit  vollständigem  Sinn 
möglich  ist,  der  den  Inhalt  jener  Bestimmung  nicht  enthält, 
sonst  aber  alle  Inhalte  des  ersten:  j&.s  regnete  fürchterlich. 

Dieser  alte  Akkusativ  muß  stehen  können  in  Sätzen  mit 
aktiven  und  passiven  transitiven,  medialen,  intransitiven  Verben, 
finiten  Formen  und  Norainalformen  des  Verbs,  mit  prädikativen, 
prädikativ-attributiven  und  attributiven  Adjektiven  (selten  neben 
Substantiven  und  eivai  mit  Adverb). 

1)  Besondere  Schwierigkeit  würde  dabei  das  echtakkusativische 
nöbac  in  nöbac  uükOc  machen,  das  neben  instrumentalem  uocci  steht. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    45 

Es  wird  sich  empfehlen,  wenn  die  altertümlichsten  Bei- 
spiele, was  Funktion  des  alten  Akkusativs  und  Eigenbedeutung 
des  akkusativischen  Wortes   betrifft,   recht  anschaulich  sind. 

Es  muß  sich  nachweisen  lassen  können,  daß  der  Gebrauch 
jenes  alten  Akkusativs  in  der  vorhomerischen  Zeit  recht  lebendig, 
also  recht  häufig  war. 

Die  Funktion  des  ursprünglichen  Akkusativs  muß  auch 
in  den  späteren  Fortbildungen  mehr  oder  weniger  schillern. 
Dementsprechend  wird  auch  der  Xame  zu  wählen  sein. 

Endlich  läßt  sich  vielleicht  eine  ähnliche  Erscheinung  im 
späteren  Griechisch  oder  schon  zu  Homers  Zeiten  nachweisen, 
welche  der  genannten  in  den  erwähnten  Punkten  auch  in  der 
Form  ähnlich  ist.    (Ich  denke  an  Präpositionen  mit  Akkusativ.) 

Ähnliche  neuhochdeutsche  Erscheinungen  können  —  mit 
Vorsicht  benützt!  —  zur  Aufhellung  beitragen. 

Von  den  bisher  erwähnten  Versuchen,  diesen  Akkusativ 
abzuleiten,  genügt  keiner,  auch  nicht  die  von  övo|ia  ausgehenden, 
allen  eben  erwähnten  Anforderungen. 

Dagegen  kommen  wir,  wenn  wir  jene  Anforderungen  über- 
schauen, von  selbst  auf  nichts  anderes  als  auf  einen  Akkusativ 
mit  ursprünglich  örtlicher  Bedeutung. 

Dieser  Akkusativ  stammt  aus  einer  vorhomerischen  Zeit, 
wo  die  Präpositionen  noch  nicht  als  solche  entwickelt  waren 
und  hielt  sich  wie  in  anderen  Funktionen,  weil  gegen  ihn  in 
seiner  eigentümlichen  Bedeutung  die  Analogiewirkung  der  Sätze 
mit  Präposition  und  Akkusativ  in  ihrer  abweichenden  Bedeutung 
nicht  recht  aufkam. 

Zunächst  eine  kurze  Übersicht  über  Anschauung  bei 
Ortsverhältnissen.  (Unterschiede  der  Verba  kommen  hier 
für  mich  nicht  in  Betracht) 

Man  muß  unterscheiden  zwischen  einem  Ortsverhältnis, 
das  in  der  Anschauung  selbst  enthalten  ist,  z.  B.  Der  Vogel 
schwebt  über  der  Ebene,  und  einer  durch  Überlegung  erschlossenen 
örtlichen  Beziehung;  z.  B.  wenn  es  heißt  Der  Vogel  flog  über 
die  Ebene,  so  kann  ich  durch  Überlegung  finden,  daß  der  Vogel 
in  jedem  Punkt  seines  Fluges  über  der  Ebene  schwebt,  das 
will  aber  der  Redende  nicht  sagen. 

Im  Ortsverhältnis  sind  zu  unterscheiden:  Gegenstände*)  (Per- 
sonen oder  Dinge)  welche  das  Ortsverhältnis  'beanspruchen', 

1)  Ich  wähle  den  einfachsten  Fall :  auf  jeder  Seite  6in  Gegenstand. 


46  R.  Blümel, 

z.  B.  Herr  Meier  wohnt  in  der  Hauptstraße^  auch  Objekte, 
z.  B.  Werfen  Sie  diese  Karte  gleich  in  den  Briefkasten;  dann 
Gegenstände  (ebenfalls  Personen  oder  Dinge),  welche  dieses 
Ortsverhältnis  'gewähren':  Herr  Meier  wohnt  in  der  Haupt- 
straße. 'Beanspruchen'  ist  ein  rein  gi-ammatischer  Begriff, 
vgl.  Hans  ist  im  Keller  eingesperrt  (ganz  gegen  seinen  Willen), 
ebenso  'gewähren':  Auf  meiner  Brust  lag  ein  Zentnerstein 
(Traumbericht).  Mit  Ausdrücken  wie  Ziel  steht  es  in  dieser 
Hinsicht  auch  nicht  besser,  z.  B.  Hans  gab  seinem  Bruder  einen 
Stoß,  sodaß  dieser  an  die  Wand  flog.  —  Der  Unterschied 
zwischen  Beanspruchendem  und  Gewährendem  ist  ähnlich  wie 
der  von  Subjekt  und  Akkusativobjekt,  wohl  auch  Subjekt  und 
Objekt  überhaupt. 

Das  Ortsverhältnis  bezeichnet  nicht  bloß  Einschließen 
{im  Zimmer)  und  Berührung  {auf  dem  Tisch)  sondern  auch 
Nähe  {Ober  dem  Haus). 

Statt  des  gewährenden  Gegenstandes  steht  in  gewissen 
Fällen  der  Teil  mit  dem  ihn  der  beanspruchende  berührt:  Hans 
steht  auf  dem  Kopf  geht  auf  den  Händen,  ist  auf  die 
Stirn  gefallen,  vgl.  iKTrece  biqjpou  |  KU)Lißaxoc  ^v  Kovirjciv  im 
ßpexMOv  re  Kai  uj)aouc  E  585  f.  Man  könnte  hier  von  Fällen  aus- 
gehen, wie:  Er  steht  auf  seinen  Füßen,  wo  die  Füße  als  die 
Grundlage  gelten,  die  demnach  von  ihrem  'Eigentümer'  unter- 
schieden würde,  als  gewährender  Gegenstand. 

Im  folgenden  gehe  ich  nur  auf  die  Fälle  ein,  aus  denen 
die  Bedeutung  der  akkusativischen  Formen  unmittelbar  oder 
mittelbar  zu  erkennen  ist. 

1,  Der  Gegenstand  beansprucht  einen  Fleck >),  hier  steht 
der  Lokativ,  später  z.  T.  Präposition  mit  Lokativ.  Es  kann  sich 
um  ein  zeitlich  dauerndes  Ortsverhältnis  handeln :  Ich  liege 
im  Grase,  oder  um  den  augenblicklichen  Eintritt:  Ich  traf  um 
zu}ei  Uhr  in  München  ein,  aiiaaiöecca  ö^  x^^P  Treöitu  nece  E  82. 
Die  etwa  vorangegangene  Bewegung  wird  hier  gar  nicht  mit- 
beachtet, z.  B.  Plötzlich  tauchte  hinter  einer  Felsklippe  ein  Kopf  auf. 

2.  Der  Gegenstand  beansprucht  einen  Strich.  Strich  und 
Fleck  sind  so  zu  scheiden,  wie  sie  die  Auffassung  des  Sprechen- 
den nimmt,  eine  aufgesetzte  Nadel,  die  in  die  Haut  sticht,  eben 
noch  fühlbar,  beansprucht  nach  unserer  Anschauung  schon  einen 

1)  Tunkt'  paßt  nicht  für  beanspruchende  Gegenstände  von  großer 
Ausdehnung,  z.  B.  Stadt. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    47 

Strich,  ein  langer  Baum,  der  umgestürzt  am  Boden  liegt,  einen 
Fleck  (hier  war  die  Anschauung  ursprünglich  wahrscheinlich: 
Strich). 

Hierher  gehört  auch  der  Akkusativ. 

2.  1.  Der  beanspruchende  Gegenstand  kann  innerhalb  des 
ganzen  Striches  in  wesentlich  gleicher  Ortsbeziehung  zum  ge- 
währenden sein ;  Wir  gingen  durch  den  Saal :  während  wir  durch 
den  Saal  gingen,  waren  wir  immer  i  m  Saale ;  aber  es  wechselt 
entweder  die  örtliche  Beziehung  des  ganzen  beanspruchenden 
Gegenstandes  zu  den  Teilen  des  gewährenden,  d.  h.  der  bean- 
spruchende bewegt  sich:  Wir  gingen  durch  die  Stadt;  Er 
fuhr  mir  mit  der  Hand  übers  Gesicht,  oder  es  tritt  eine  ver- 
schiedene örtliche  Beziehung  der  Teile  des  beanspruchenden 
Gegenstands  zu  dem  gewährenden  hervor,  d.  h.  der  Bean- 
spruchende ruht;  uns  im  Deutschen  nicht  mehr  recht  leben- 
dig, dagegen  noch  sehr  lebendig  im  Griechischen :  6  ö'  ^tt'  evvea 
KeiTo  7TeXe6pa  X  577.  In  letzterem  Falle  sind  wir  geneigt,  die 
ruhende  Erstreckung  einer  Masse  die  einen  Strich  erfüllt,  als 
(sich  ausbreitende?)  Bewegung  oder  Folge  einer  solchen  Be- 
wegung einer  Masse  zu  deuten,  die  an  sich  einen  Fleck  bean- 
sprucht und  nur  infolge  der  Bewegung  einen  Strich,  "Wahr- 
scheinlich spielt  in  beiden  Fällen  (wirkliche  Bewegung  —  Ruhe) 
die  Augenbewegung  eine  wesentliche  Rolle,  die  in  beiden  Fällen 
dem  Strich  nachgehen  muß. 

Hier  steht  —  später  von  Präpositionen  abhängig  —  der 
Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes,  vielfach,  so  im  Deut- 
schen, durch  den  feststellenden  Lokativ  (z.  T.  mit  Präpositionen) 
eingeschränkt*). 

In  der  Anschauung  des  Strichs  kann  man  vom  bestriche- 
nen Raum  absehen,  dann  steht  entweder 

der  Akkusativ  der  Entfernung —  Wir  sind  drei  Meilen 

1)  Der  Instrumental,  später  nach  Präpositionen,  drückt  das  Zu- 
sammensein aus,  beide  Gegenstände  können  in  Ruhe  sein,  oder  beide 
in  Bewegung,  idg.  Ich  fahre  mit  dem  Wagen,  oder  der  'beanspruchende' 
bewegt  sich,  der  andre  ruht,  idg.  Ich  gehe  mit  dem  Weg.  Von  logischer 
Anschauung  eines  'Werkzeugs*  ist  da  keine  Rede ;  umgekehrt,  das  Werk- 
zeug ist  anfänglich  etwas  mit  dem  man  zusammen  ist ;  ein  Fall,  wo  beide 
sich  bewegen' :  Ich  gehe  mit  dem  Stabe.  —  Auch  beim  Instrumental  finden 
wir  die  Verwendung  von  Körperteilen  v^pee  bi  irocciv  |  fiie  jiaKpd  ßißdc 
H  212f.;  dann  noch  die  Bewegung  selbst  \if\  Geiv  bpömu  Xen.  An.  1, 
8,  19,  vgl.  Vorbemerkung  zu  1-i.  15. 


48  R.  Blümel, 

{weit)  gegangen^    hieher   auch  der  Zeitakkusativ:    Jetzt  habe  idi 
schon  drei  Stunden  gewartet;  oder  es  handelt  sich  um 

den  Akkusativ  der  Richtung,  hieher  eupoc  ßdGoc,  aw. 
dräjö  usw.  =  in  die  Breite,  in  die  Tiefe,  in  die  Länge  usw. 

Man  kann  sich  folgende  Entwicklung  denken:  Ich  gehe 
den  Weg,  bestrichener  Raum;  ich  gehe  dSn  langen  Weg,  ich 
gehe  den  langen  Weg,  ich  gehe  einen  langen  Weg,  =  weit  (Ent- 
fernung) und  Ich  gehe  den  Weg,  bestrichener  Raum,  ich  gehe 
diesen  Weg,  ich  gehe  diesen   Weg  =  dorthin,  als  Richtung. 

2,  2.  Am  Ende  des  Striches  wird  das  örtliche  Yer- 
hältnis  erst  hergestellt,  nicht  bloß  die  örtliche  Beziehung: 
sogenannter  Akkusativ  des  Zieles,  später  in  Abhängigkeit  von 
Präpositionen.  Der  Ausdruck  Ziel  paßt  in  der  gewöhnlichen 
Bedeutung  nur  dann,  wenn  das  Ortsverhältnis  unmittelbare  Be- 
rührung oder  Einschließung  ist,  z.  B.  Leg  dm  Buch  auf  den 
Tisch ;  Komm  ins  Zimmer,  aber  nicht  z.  B.  in  dem  Satz  Der 
Zettel  fiel  unter  den  Tisch. 

Bewegung  ist  hier  ebensowenig  erforderlich  wie  beim 
Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes:  Das  Wasser  stand  ihm 
bis  an  die  Brust. 

Richtung  und  Ziel  dürfen  nicht  vermischt  werden.  Wer 
nach  rechts  geht,  befindet  sich  immer  rechts  von  seinem  Aus- 
gangspunkt, auf  dem  ganzen  Strich,  wer  ins  Haus  geht,  er- 
reicht das  Haus  erst  am  Ende  des  Striches. 

Geht  die  Bewegung  noch  weiter,  nachdem  das  Ortsver- 
hältnis hergestellt  ist,  so  sind  die  Anschauungen,  welche  den 
Akkusativ  des  Ziels  und  den  des  bestrichenen  Raums  bedingen, 
vereint,  wahrscheinlich  oft  (bloß  gelegentlich?)  bei  in:' Der  Pfeil 
drang  tief  in  den  Ann  ein. 

Mit  dem  Akkusativ  kann  (grundsätzlich)  in  allen  diesen  Fällen 
der  Massegenetiv,  sog.  *partitive' Genetiv  inWettbewerb  treten. 

Im  Nhd.  sind  diese  Verhältnisse  z.  T.  nicht  mehr  erhalten, 
namentlich  ist  die  lokativische  Ausdrucksweise  feststellend  ge- 
worden und  umfaßt  auch  Fälle,  wo  der  Grieche  den  Strich- 
akkusativ in  der  Ruhelage  setzen  würde. 

12.  Allgemeineres,  namentlich  syntaktische  Ver- 
wendung der  Begleiterscheinung  statt  des  Vorgangs. 
Der  griechische  Akkusativ  des  Bereichs  (bisher  Akku- 
sativ der  Beziehung,  des  Bezugs  genannt),  war  ursprünglich 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    49 

I  1.  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes,  wiederzu- 
geben nhd.  mit  über  —  hin,  durch  —  hin^  mit  einer  Bedeutungs- 
besonderheit der  Verben  und  Adjektive,  infolgedessen  auch  der 
syntaktischen  Beziehung:  XuSpiu  öe  TraXctcceTO  x^iP"^  ddiTTOuc 
A  169,  äv  ö'  auTÖc  eßaive  Ttöbac  Kai  x^ipac  unepOev  |  ai^axoeic 
P  5411  Andere  Unterabteilungen  von  I  1.  bilden  Beispiele  wie 
TTobac  üuKuc  A  58  und  Geieiv  raxOc  TT  186. 

I  2.  Akkusativ  der  Richtung,  hierher  eupoc  usw.,  aw. 
dräjö  usw. 

I  3.  zum  Akkusativ  des  Bereichs  gehört  auch  der  Akku- 
sativ des  Grades,  entwickelt  aus  dem  ursprünglichen  Akkusativ 
der  Entfernung:  ^aKpöv  duce  f  81.  Es  empfiehlt  sich,  diesen 
nicht  zum  'Beziehungs'akkusativ  gerechneten  Akkusativ  mit  den 
beiden  andern  II.  12.  zusammenzustellen,  weil  tatsächlich  die 
Einheit  ohne  I  3.  unvollständig  wäre.  Andere  räumliche  Akku- 
sative  scheiden  sich  ab,  weil  sie  die  Fortentwicklung  von  I 
nicht  mitgemacht  haben. 

II  Der  sogenannte  Zielakkusativ  bei  Yerben  des  Tref- 
fens u.  ä.  TÖv  p'  'Obuceüc  . . .  ßdXe  boupi  ]  KÖpcrjV  A  501  f.  Der 
Zielakkusativ  braucht  nicht  immer  *rein*  zu  sein,  d.  h.  der  Strich 
kann  sich  über  das  Ziel  hinaus  fortsetzen,  in  den  Arm  getroffen 
kann  die  Bedeutung  (tceit)  in  den  Arm  hinein  mit  einschließen. 

Der  Prädikats nominativ  TTOTa^öc  Kuövoc  övo)ia  bleibt 
natürlich  hier  ganz  bei  Seite,  ebenso  zunächst  der  Akkusativ 
ovofia  in  Sätzen  wie  KuKXuuTrec  ö'  övoja'  ncav  e-muvujiov. 

Die  Yerdeutiichung  durch  deutsche  'entsprechende'  Bei- 
spiele soll  nur  klar  machen,  daß  auch  uns  in  ähnlichen  Fällen 
die  Anschauung  einer  Fläche  u.  ä.,  mithin  die  Vorstellung  einer 
strichartigen  Bewegung  oder  damit  verbundenen  Handlung,  oder 
einer  strichartigen  Raumerfüllung  wenigstens  naheliegt.  Die 
Darstellung  mit  Präpositionen  und  Adverbien  vergröbert  die 
Anschauung,  {über  —  hin;  durch  —  Am);  aber  wir  haben  nur 
solche  deuüiche  Mittel. 

Deutsche  'lokative'  Ausdrucksmittel  [Schmerzen  im  Knie 
haben,  dXxeiv  tö  yövu)  helfen  überhaupt  nur  örtliche  Anschau- 
ung erzeugen.  "Wir  müssen  hier  immer  an  die  griechische, 
strichhafte  Vorstellung  denken. 

Der  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes  ist  uns  nur 
mit  einem  Verb  geläufig,  das  Bewegung  oder  Bewirken  der 
Bewegung  bedeutet:    nöGev  TtXeie'  utpd  KeXeuea;    t  71,    einen 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  4 


50  R.  Blümel, 

einen  Weg  schicken.  Aus  diesem  Gebrauch  ist  kein  Bereichs- 
akkusativ zu  entwickeln.  Man  muß  hier  ausgehen  von  einer 
auch  sonst  vorkommenden  Erscheinung: 

Statt  eines  Wortes,  das  eine  bestimmte  Handlung  aus- 
drückt, wird  ein  anderes  gesetzt,  das  eine  (vielfach,  so  auch 
hier)  gleichzeitige  Begleiterscheinung  bedeutet,  ohne  daß 
sich  deswegen  in  der  syntaktischen  Form  etwas  ändert.  Offenbar 
drängt  sich  die  Begleiterscheinung  viel  stärker  auf  als  die  eigent- 
liche Handlung.  Im  Neuhochdeutschen  (Schriftsprache)  ist  jetzt 
sehr  beliebt  (statt  sagte  er  usw.)  Ja^  nickte  er.  Hm?  zuckte  er 
mit  den  Achseln  u.  ä.  ^).  Bei  Homer  zeigt  sich  diese  Erschei- 
nung in  Fällen  mit  verschiedener  syntaktischer  Gliederung, 
z.  B.  beim  Verb  mit  einfachem  Objekt:  TTpujxai  tov  y'  aXoxöc 
le  qpiXri  kqi  irÖTVia  \ir\Tr\p  |  TiXXec0r|V  Q  7101  "beklagten  ihn, 
indem  sie  sich  zerrauften."  Verbum  mit  zwei  verschiedenartigen 
Akkusativobjekten :  IvQa  k'  dirö  pivouc  bpuqpBr)  e  426,  ^k  fäp 
TrXrJTn  <Ppevac  TT  403,  ^k  5e  oi  nvioxoc  TrXnTn  (ppevac,  äc  irdpoc 
eixev  N  394,  dann  vom  Zepter:  irepi  yop  pd  k  xciXköc  ?Xeq;ev  | 
cpüXXa  le  Kai  qpXoiöv  A  236  f.  6  b'  ^piveöv  6H\  xci^kuj  |  rdfive 
V€0uc  öpTTriKttc  0  37  f.  {durch  Abschälen^  durch  Beschneiden  be- 
rauben). Vgl.  neben  Verben  des  Abwaschens  öqppa  rdxtcta  | 
TTdTpoKXov  Xouceiav  dno  ßpotov  aiinaToevTa  1  344  f.  vgl.  Y  40  f. 
Doch  können  neben  dTToXouuj  vielleicht  beide  Akkusativobjekte 
schon  an  sich  stehen.  —  KeXaiveqpec  aT)ia  KdBnpov  |  .  .  .  ZapTtn- 
böva  TT  667  f.  irepi  b'  a^^a  vevmTai  (Subjekt  Hektor)  Q  419.  — 
Unanschaulich  vuji  ßincaio  mc9öv  äiravTa  |  Aao^eöiuv  0  451  f. 
(beraubte  uns  mit  Gewalt  .  .  .)  oube  ttot'  ica  |  ^ccetai,  ö(ppa  k€v 
fiTC  biarpißriciv  Axaiouc  |  öv  YdMOV  ß  203  ff.  solange  sie  durch 
ihr  Hinhalfen  die  Ä.  um  ihre  Heirat  bringt^  durch  ihr  Zögern 
den  A.  ihre  Heirat  vorenthält.  Weniger  wahrscheinlich  ist  hier 
Gruppe  syntaktischer  Beziehungen:  Person  und  beabsichtigte 
Handlung.  Neben  Ortsbestimmungen  besonders:  dvriKpOc  ö'  dv' 
öbovxac  Ü7TÖ  fXüüCcav  idfie  xoXkoc  E  74,  deutsch  ebenfalls:  schnitt 
in  die  Zunge.  Vgl.  Paul  Mhd.  Grammatik  ^  S.  106,  §  243,  Prin- 
zipien* S.  154. 

Sollte   nun   aus  dem  Akkusativ   des  bestrichenen  Raums 


1)  Die  Grenzen  werden  zum  Teil,  ofTenbar  sprachwidrig,  schon 
überschrillen,  elwa  Ich  komme  um  zehn  heim,  verließ  er  das  Zimmer. 
Da»  Zimmer  verlangen  gill  uns  als  andere  gleichzeilige  (selbsUlndige) 
Nebenhandlung,  nicht  als  Begleilcrscheinung. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    51 

ein  Bereichsakkusativ  werden,  so  war  dazu  nötig,  daß  die  eben 
genannte  Erscheinung  vorlag  (Begleiterscheinung  statt  der  Hand- 
lung) und  diese  mußte  nicht  bloß  dichterisch,  sondern  auch 
volkstümlich  sein.  "Wir  können  ja  neuhochdeutsch  sagen:  Er 
kratzt  mir  im  Gesicht  herum^  vgl.  griech.  ctTKUjvdc  le  TrepiöpOqpGr) 
CTOfitt  Te  plvdc  Te  ¥  395.  {wurde  über  die  Ellenbogen  hin  .  .  . 
verkratzt  =  überall  an  den  Ellenbogen  •  .  .  ,  man  muß  hier  an 
die  unangenehme  Empfindung  des  Betroffenen  denken,  der  die 
Stelle  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  spürt!) 

Unter  den  altertümlichsten  Beispielen  sind  schon  solche 
mit  Adjektiven:  Tiöbac  Kai  x^ipoc  uirepöev  |  aiiaaröeic  P  5411 
Man  kann  denken,  der  Akkusativ  des  bestrichenen  Raums  sei 
anfänglich  nur  bei  (aktiven  imd  passiven)  Yerben  gestanden 
Xu8puj  bi  TTaXdcceTo  x^ipac  darrTouc,  A  169,  dann  von  Fällen, 
wo  Verben  den  Zustand  ausdrückten  d»c  'Oöuceuc  TreiraXaKTo 
TToöac  Kai  x^ipac  uTrepöev  x  -106  auf  Adjektive  übertragen  worden : 
TTÖbac  Kai  x^iP^c  unepGev  ]  aifiaiöeic  P  541  f.  (wie  Brugmann,  aber 
in  anderem  Zusammenhang  annimmt,  S.  131  f.).  Jedenfalls  müssen 
wir  ausgehen  von  dem  Gebrauch  neben  Verben  (und  ihren 
}s^ominalformen)  und  neben  (prädikativen,  prädikativattributiven, 
attributiven)  Adjektiven.  Infolgedessen  liegt  hier  eine  breite 
Grundlage  vor,  (in  anderer  Hinsicht  ist  sie  schmaler  als  die 
ßrugmannsche,  weil  ich  nur  von  anschaulichen  Beispielen  aus- 
gehen kann). 

Ich  gebe  in  der  ganzen  folgenden  Darlegung  auch  die  Bei- 
spiele, bei  denen  man  zweifeln  kann,  ob  eine  Gruppe  syntak- 
tischer Beziehungen  von  Verb  und  Akkusativobjekten  vorliegen 
kann  (dieser  Zweifel  gilt  nur  fürs  Aktiv). 

13. — 17.  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes  und 
Dazugehöriges. 

13.  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes. 

Am  altertümlichsten  sind  Beispiele,  die  ganz  anschaulich 
sind,  d.  h.  mit  den  Sinnen  Empfindbares  betreffen,  wo  es  sich 
um  Erstreckung  über  etwas  hin  oder  durch  etwas  hin  handelt. 
Im  ersten  Fall  (über  etwas  hin)  haben  wir  Gesichts-,  Druck-, 
Wärme-,  Kälte-,  Schmerzerapfindungen,  im  zweiten  (durch  etwas 
hin)  handelt  es  sich  um  sogenannte  innere  oder  Organempfin- 
dungen im  Innern  des  Leibes,  wie  Herzklopfen,  Krämpfe,  anderer 

4* 


52  R.  Blümel, 

innerer  Schmerz,  innerer  Druck,  innere  Spannung.  Im  Akkusativ 
stehen  Körperteile  als  solche  und  als  Sitz  von  Seelenvermögen. 

Erstreckung  über  etwas  hin:  (Das  häufige  ttoTov  ce 
Ittoc  q)UTev  ^'pKOC  ööövtujv,  z.  B.  A  350,  a  64  enthält  unmittelbar 
die  Bewegung,  scheint  aber  zwei  Objekte  *des  Ganzen  und  des 
Teils'  zu  enthalten). 

XuGpiu  bk  TraXdcceTO  X6ip«c  ddTrrouc  A  169.  ujc  'Oöuceuc 
TrerraXaKTO  ixöbac  Kai  x^^P^c  uTrep9ev  x  406.  (Fraglich  juri  ce  'fipvjv 
irep  eujv  cxfiGoc  Kai  x^iXea  qpOpcuu  |  di^aroc  c  21  f.)  av  6'  auiöc 
Ißaive  TTobac  Kai  xeip«c  uTrep0ev  |  aiiiaioeic  P  541  f.  ineXaiveTO  bi 
Xpoa  KaXov  (vom  fließenden  Blut)  E  354.  dcppeov  bk  CTri0ea  (die 
Kosse)  A  282.  kcTvov  ö'  ou  iroTe  .  .  .  ^yujv  löov  .  .  .  djxpncavTa 
Xpöa  KdXXi|Jov  X  528  f.  (Wenn  iLxpoc  aipei  als  6in  Begriff  gilt, 
uixpoc  xe  |Liiv  eiXe  irapeidc  P  35,  bei  aipeiv  ist  sonst  'Akkusativ 
des  Ganzen  und  des  Teils'  anzunehmen.)  qppiccei  bi  le  vüütov 
UTrepeev  (das  Wildschwein)  N  473,  q)piSac  tu  Xoqpiriv  t  446, 
(wenn  nicht  (ppicciw  transitiv  ist,  starren  lassen,  was  an  sich 
beim  zweiten  Beispiel  mit  dem  Aorist  wahrscheinlicher  ist  als 
beim  ersten)  (|uri)  Kaxd  be  xpo«  irdvia  ca-rrriri  T  27.  (Fraglich : 
c'  voraus,  Kdpq;iJü  |li^v  xpoct  KaXov  v  398,  |liiv  voraus,  Kdpijiev  nk\ 
Xpöa  KaXov  v  430,  man  kann  annehmen,  coi  oi  sei  zu  ergänzen, 
oder  ce  4,  im  letzteren  Falle  Bereichsakkusativ  oder  'Ganzes 
und  Teil*  annehmen.) 

Deutlich  dagegen  ist  das  Passiv:  dTKiJuvdc  re  Trepi&puqpGri 
CTOiaa  Te  ^Tvdc  xe,  |     GpuXixOrj   bk  li^TtüTTOv  dir'  öqppuci   Y  395  f. 

Fraglich  sind  wieder  die  aktivischen  Verben  des  Um- 
hüUens,  den  Übergang  zu  den  vorigen  bildet  irXdZiui :  ToccdKi 
|Liiv  }xifa  KÖ^a  .  .  .  |  irXdZ;'  uj|liouc  KaGuTrepeev  O  268  f.  In  A  356 
d)Li(pi  bi  öcce  KeXaivr)  vvi  dKdXuipev  ist  ein  Kasus  aus  dem  Inhalt 
'er  in  A  355  zu  'ergänzen*,  vgl.  das  häufige  xöv  bi  ckötoc  öcce 
KoXuHie  z.  B.  A  461.  Dann  mit  ö(p0aX|aouc  A  249,  mit  (piXa 
ßXeq)ap'  e  492  f.,  eigentümlich  ist  tue  dpa  |iiv  eiTTOvra  xeXoc 
Gavdioio  KdXuvjjev  |  6(p9aX)aouc  ^ivdc  le  TT  502  f.,  wo  man  an 
eine  Ausdehnung  der  Bewegung  denken  kann. 

Analogisch  hier  auch  innere  Körperteile,  die  als  Sitz  von 
Seelen  vermögen  gedacht  sind,  aufgefaßt  wie  äußere  Körper- 
teile: ou  Tdp  rrd)  ttotc  ^l'  (hbi  y'  ?pujc  qppevac  d|L»(p€KdXui|^ev, 
r  442,  vgl.  £  294,  und  "EKiopa  ö'  aivöv  dxoc  TiuKace  qppevac 
nvioxoio,  e  124,  vgl.  P  83. 

Deutlich  ist  wieder  das  Passiv,  jedesmal  mit  iii)biouc  :  dciriöi 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  amderes.    53 

Tttupeir)  KeKaXu)U|ievoc  eupeac  ai)iouc  TT  360,  cctKeav  eiXu^evoi  uinouc 
H  479,  vgl.  E  186,  P  492 ;    pctKeciv  •^•eTTUKac^evoc   aifiouc   x  488. 

Dann  das  Gegenteil  von  Verhüllen,  Entblößen :  t^ihviu- 
Öevra  ßpaxiova  M  389  und  cxepvov  TUMViuGevia  TT  312,  wahr- 
scheinlich sicher,  als  Ergebnis,  qpaiveio  b\  rj  xXriiöec  cctt'  uJ^luv 
auxev'  exouci,  |  XauKavi'nv  X  324  f. 

Verben  des  (Ab)waschens,  soweit  sie  nicht  bedeuten  durch 
"Waschen  etwas  wegnehmen,  S.  50,  scheinen  nur  den  'Akku- 
sativ des  Ganzen  und  des  Teils'  zu  enthalten  fi  ce  irobac  yi\\fei 
T  356,  vgl.  T  376,  c'  aus  dem  Nebensatz  in  lu  43?  :  KaTÖeuev  ev 
Xexeecci,  KaörjpavTec  xpoct  KaXöv  uu  44;  oi  c'  ujTeiXr|v  |  a^^'  dTTO- 
Xix.uricovrai  dKribeec  <t>  122  f.  vereinigt  beides. 

Wir  müssen  annehmen,  daß  es  in  der  homerischen  und 
vorhomerischen  Zeit  noch  mehr  derartige  Beispiele  des  Bereichs- 
akkusativs gegeben  hat,  die  unter  Umständen  sehr  anschaulich 
waren  und  daß  solche  auch  später  immer  wieder  neu  gebildet 
wurden,  etwa  wie  an  den  Händen,  an  den  Armen  usw.  schmtäzig, 
an  den  Füßen,  an  den  Beinen  mit  Staub  bedeckt,  am  Rücken 
mit  Striemen,  Wunden,  Narben  bedeckt.  Vgl.  im  Werther  Sie 
ward  rot  über  und  über,  Wiederholung  bedeutet  die  mehrmalige 
Überflutung,  wir  sagen  mit  Betonung  der  Ausbreitung  über  die 
Fläche  im  ganzen  Gesicht  blutig,  im  Gesicht  voller  Blut  u.  ä. 

Aber  nicht  alle  derartigen  Beispiele  waren  anschaulich, 
wenn  sie  es  auch  sein  konnten.  Ajischaulich  waren  sie,  wenn 
sie  aus  der  unmittelbaren  Empfindung  herauskamen,  oder  wenn 
beim  Sprechenden,  beim  Hörenden  der  erlebte  oder  andere, 
früher  erlebte  Vorgänge  in  der  Erinnerung  lebendig  wurden. 
Es  kann  aber  auch  die  Erinnerung  in  diesen  Fällen  weniger 
lebhaft  sein  oder  ganz  verblassen,  endlich  kann  bloßer  tatsäch- 
licher Bericht  vorliegen,  namentlich  wenn  keine  eigene  Erinne- 
rung vorliegt.  Ausdrücke  wie  epujc  pnv  qppevac  d)iqpeKdXui|>ev 
werden  ursprünglich  körperlich  gefaßt,  'verlieren'  aber  bald  das 
Anschauliche.  Manchen  unterstützt  lebhafte  Einbildungski-aft  in 
der  Stärke  der  Anschauung,  andere  dagegen  nicht.  Dazu  kommt, 
daß  auch  in  anschaulichen  Beispielen  die  örtliche  Anschauung 
verblassen  konnte. 

Xoch  anschaulich,  wohl  noch  örtlich  ist  das  bekannte  Kdpr| 
Ko^ölJuvTac  Axaiouc  B  11,  vgl.  a  90,  weniger  örtlich  erscheint 
mir  Kdpri  £av6öc  MeveXaoc  o  133,  und  {'sie  sind'?)  aiei  be  Xnra- 
poi  KecpaXdc  Kai  KaXd  irpociuTra  o  332.    In  solchen  Fällen  kann 


W  R.  Blümel, 

dann  das  Auffallende  der  Erscheinung,  z.  B.  Kdpn  2av86c  her- 
vortreten und  das  "Wichtigste  werden,  das  örtliche  ganz  zurück- 
treten. Darnach  werden  dann  Beispiele  gebildet  wie  cpoHöc  er|v 
KeqpaXrjv  B  219.  eiöoc  be  indXa  ^ifac  i^v  öpdac6ai  c  4.  Tubeuc 
TOI    \ik.v  jiiKpöc  Inv  b^inac  E  801. 

Erstreckung  durch  etwas  hin.  Fraglich  ist  es,  ob  in 
Luöee  bk  xpoa  Ttavia  e  455  der  Akkusativ  als  über  —  hin  oder 
durch  —  hin  zu  fassen  ist.  Der  Betroffene  wird  eher  die  erste  An- 
schauung haben,  der  Zusehende  vom  Sehen  die  letztere  (des- 
halb ist  bei  Kaxd  bk  XPÖct  "rrdvra  cairnri  —  vom  Toten  gesagt  — 
über  —  hin  wahrscheinlicher).  Sehr  deutlich  ist  7TaX\o)aevr|  Kpa- 
bir]v  X  461  (sie  fühlt  die  Schwingungen  durch  das  Herz  hin, 
vgl.  die  ebenfalls,  aber  in  anderer  Weise,  sehr  deutliche  Stelle : 
ev  ö'  djici  auTf)  |  CTri6eci  irdWerai  iitop  dvd  CTOjLia  X  451  f.)  dve- 
ipuxöev  qpiXov  ^Top  K  575,  die  Kühle  verbreitet  sich;  (^Xkc'  dir- 
aXöriceceov  0  405  und  419  eher,  wegen  dir-,  die  Wunden  durch 
die  Heilung  verlieren  als  die  Heilung  ergreift  allmählich  die  Wunde). 
Sehr  deutlich  ist  dagegen :  dv  ö'  övGou  ßoeou  ttXtito  CT6^a  le  ^i- 
vdc  Te  V  777.  Daran  anschließend  einminTrXriOi  peeGpa  |  uöatoc 
0  311  f.  Das  Anschwellen  verbreitet  sich  durch  die  Fluten  nach 
und  nach.  Hieher  gehören  dann  die  Beispiele  mit  Kdiaviu: 
XeTpa  B  889,  x^ipcc  <t>  26,  qp  150,  dpicrepöv  u)|nov  TT  106;  ^xjxcl, 
ganz  sicher  \x  279,  Y  63,  wohl  auch  T  169  f.  Daran  schließt  sich 
an  ö  be  mv  ^ev€  x^^P^  ßapuvöeic  Y  480,  vdpKnce  be  x€»p'  ^tti 
KapTTuJ  (oder  x^ip)?  ©  328.  —  KaindTiu  b'  uttö  TuTa  XeXuviai  H  6 
wird  den  Subjektsnominativ  ^uTa  enthalten,  vgl.  Xuvto  b^  TuTa, 
dem  öinen  Iphinoos  H  16.  Vielleicht  ^Trei  t'  ^Kopeccaxo  x^ipac  | 
Td^vuJV  bevbpea  [iiaKpd  A  87  f.,  (für  diese  Anschauung  spricht 
Kopeccato  öv  Katd  öuiiöv  u  59 ).  Vgl.  Tepiroinai .  ( xeipac  ^|adc 
Xr|Sai|ni  q)6voio  x  63  wird  ein  Objekt  enthalten). 

Von  diesen  körperlichen  Empfindungen  gilt  Entsprechen- 
des wie  S.  53.  Die  unmittelbare  Empfindung  ist  unter  Um- 
ständen sehr  lebhaft,  auch  die,  daß  eine  Bewegung  fortschreitet 
(z.B.  bei  dem,  dem  der  Mist  in  Nase  und  Mund  dringt  V  777) 
das  Ausgedehntsein,  z.  B.  bei  Schmerzen  (nachhomorisches  dXTui 
TÖv  Ttöba)  Erstarrung,  Müdigkeit,  ist  vielfach  sehr  deutlich.  Bei 
allen  diesen  Empfindungen  spielt  das  Sehen  des  Zuschauers  gar 
keine  Holle,  wenigstens  nicht  unmittelbar,  und  somit  ist  ein 
dXT€T  TÖV  TTÖba  im  Munde  desjenigen,  der  das  (auch  in  der  Er- 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    55 

innening  usw.)  nicht  mitempfindet,  einfach  feststellend  *),  so  in 
dem  Satze  eXemovro  öe  tujv  cTpaxiujTuJv  o'i  re  öie99ap)aevoi  imö 
Tfjc  xiövoc  Toüc  Ö9eaX)Liouc  oi  re  uttö  toO  vj^uxouc  touc  öaKtuXouc 
Tiuv  TToöaiv  dTTOcecnTTOTec  Xen.  An.  4,  5, 12.  Ähnlich  unanschau- 
lich bei  Homer  wahrscheinlich  "ApnTov  be  kut'  au9i  Xittov  öebdix- 
^evov  HTop  i  KeijLievov  P  535  f. 

Hier  spielen  vor  allem  Gemütsstimmungen  eine  große 
Eolle.  Gerade  die  Griechen  haben  die  Tatsache  erkannt,  daß 
Gemütsstimmuugen  mit  inneren  körperlichen  Empfindungen  ver- 
bunden sind.  Die  einfachste  Auffassung  ist  die,  daß  die  körper- 
liche Empfindung,  vielleicht  sehr  sinnlich,  aber  übertragen  auf- 
gefaßt, als  das  ganze  Erlebnis  angesehen  wird.  Wenn  es  heißt 
KateTrXriTri  q)iXov  iirop  P  31,  so  können  wir  das  gut  verstehen, 
wir  sagen  ganz  ähnlich  De^-  Schreck  fuhr  mir  durch  alle 
Glieder.  Im  einzelnen  können  wir  uns  z.  T.  schwer  einfühlen, 
z.  T.  können  wir  nur  einigermaßen  erschließen,  ob  gewisse  Wör- 
ter wie  eu|uöc,  HTOp,  noch  die  Auffassung  einer  Erstreckung  durch 
einen  Körperteil  zulassen,  oder  ob  nicht  schon  einfach  Ana- 
logiebildung nach  unanschaulich  aufgefaßten  Yorbildem  vorliegt 
Auch  das  ist  fraglich,  wieweit  noch  die  Vorstellung  von  einem 
Körperteil  vorliegt. 

Deutlich  anschaulich  sind  m.  E.  qpiXov  KarairiKOiLiai  iitop 
T  136  (das  Schmelzen  breitet  sich  aus),  dXKfic  Kai  cSeveoc  ttXtito 
(ppevac  ctiicpiLieXaivac  P  499,  vgl,  die  andern  Beispiele  mit  ttXtito. 
Wahrscheinlich  qpr)  be  öaKpuTrXiueiv  ßeßapnöta  ^e  qppevac  oiviu 
T  122,  vgl.  xeipa  ßapuveeic  Y  480. 

Freudige  Stimmung,  vgl.  Freude  erfüllt  mein  Herz :  TeTri- 
06  bi  le  cppeva  Troi)ariv  0  559,  Ar|TÜj  l  106,  xdvurai  ö'  dpa  xe 
q)peva  TT0i|ir|v  N  493.  uj  382  und  \\i  47  ist  idv9nc  neben  dpiöeic: 
bezeugt,  nur  e-piöeic  paßt  in  die  Melodie:  cu  be  qjpevac  evbov 
idv9Tic  ou  382,  iboöcd  Kt  6u|liöv  idv0nc  q;  47.  (Dagegen  f]  be 
TeXaccev  |  x^i^tciv,  oube  peTUiTTOV  in'  öqppuci  Kuaverjciv  |  idvGn 
0  101  ff.  eher  'ihr",  kaum  über  —  hin),  y^öocuvoc  khp  A  272, 
Xapeirj  be  qppeva  lirjTrip  Z  481.  Zu  repTtoiiai  bemerkt  Laßoche 
m,  E.  richtig,  daß  in  O  45  nur  neben  liepTre,  nicht  aber  neben 
dem  Medium  ^TepireTO  oia  qpiXoia  das  Objekt  9u)iöv  möglich 
wäre :    ^vbeKa   b'  fmara   9u|aöv    diepTreTO    oTci   qpiXoiciv  |  dXGuuv. 

1)  Sätze  mit  Aorist  können  einfach  feststellen,  aber  auch  an- 
schaulich sein.  Insofern  spielt  auch  die  Aktionsart  herein  (nicht  bloß  in 
dieser  Unterabteilung). 


56  R.  Blümel, 

Dann  gehören  hieher:  6  bk  (ppeva  TepTret'  dKOuuüv  A  474, 
vgl.  Y  23,  I  186  b  102  9  131,  TeTapnoMevoi  qpiXov  i^Top  I  705, 
TetapTTOiuevöc  re  qpiXov  Kfip  a  310.  Dementsprechend  auch  f|br| 
[ikv  baiTÖc  K€Koprme9a  Qvpibv  ikr\c  9  98.  Kpeiuiv  Kopeceiaxo  9u- 
|Li6v  H  28.  jaeveoc  b'  ^jUTrXncaTO  9u|li6v  X  312.  irXricdiaevoc  ö'  dpa 
9u)Liöv  döriTuoc  r\be  TroTf|Toc  p  603.  9aXeiJUv  ^)LiTr\ncd|aevoc  Kfip 
X  504.  Zu  den  letzten  5  Beispielen  vgl,  das  schon  erwähnte 
Kopeccato  öv  Katd  9u|uiöv  u  59.  (Kai  ö'  auröc  bv  9u)iiöv  övriceiai 
H  173  enthält  eher  ein  Objekt).  Dann  öqppa  cqpilJi  duqppocuvric 
dmßriTOv  I  d|Li(poTepu>  q)(\ov  iiiop,  i|j  52,  duqppocüvnc  eirißatviu  = 
fröhlich  werden. 

Sehr  deutlich  scheint  die  Anschauung  der  Erstreckung 
gewesen  zu  sein  bei  Zorn  u.  ä.  Wir  haben  die  Yorstellung, 
der  Zorn  tobe  im  Herzen  herum,  durchrase  das  Herz  u.  ä. 
rix9eTo  ydp  Kfip  A  274  schließt  sich  an  ßeßapriöra  }xe  qppevac 
oivuj  T  122  an.  (Xi^v  dx9o|iiai  ^Xkoc  E  361  enthält  ein  Objekt). 
KexoXiucG  bk  Kf\p  ^rdpoio  TT  585.  KexoXiJü|nevoc  i^TOp  £  367.  toö 
ö'  'Oöuceuc  )uaXd  9u)aöv  diroKTaiuevoio  xoXuj9ri  A  494.  |uri  .  .  .  oi 
XoXujcaiTO  cppeva  Koupr]  l  147.  x"JÖ|Lievoc  Kfip  A  44  |n  376. 
Aiveiac  b'  dpa  9u|aöv  ex^cato  TT  616  vgl.  Y  29. 

Eine  starke  'Empfindung'  ist  auch  die  des  Schreckens, 
dazu  sehr  anschaulich;  KateTrXfiYn  q>iXov  ^Top  f  31,  vgl.  der 
Schreck  fuhr  mir  durch  alle  Glieder.  Dann  Tpo|ieouci  öe  re  qppeva 
vaörai  0  627.  Ich  schließe  daran  die  mögliche  Folge  der  Ohn- 
macht (die  auch  anderen  Gemütserregungen  beigeordnet  sein 
kann)  Kfip  dnivucciuv  0  10,  die  für  uns  nicht  mehr  anschau- 
lich zu  fassen  ist.  (qpai'riv  Ke  qpp^v'  dtepTTOu  dilvoc  ^KXeXa9ec9ai 
(diep  TTOU??)    Z  285  enthält  eher  qppeva  als  Subjekt.) 

Ob  für  den  Griechen  der  Trauer,  Betrübung  usw.  Körper- 
empfindungen beigeordnet  galten,  weiß  ich  nicht.  Aus  eigener 
Erfahrung  denkt  man  an  Spannungen  in  Brust  und  Unterleib. 
qpiXov  KaiaxfiKOiaai  t^iop  x  136  (cp9ivu9ecK£  qpiXov  Kfip  A  491, 
q)pevac  I(p9ie  Z  446  enthalten  Objekt).  9u)iöv  dKriX€|u4vai  Z  29, 
vgl.  [M  179].  dKr|XCM€vri  qpiXov  i^Top  E  364.  dKaxnMevoi  »^rop 
z.  B.  i  62.  9u|iöv  dxtutuv  E  869.  9  318.  Knp  dxeujv  E  399. 
dxvüiaevoi  Kfip  H  428.  -oc  k  67.  qpfXov  Tetirm^vai  tVop  ö  437, 
-oc  a  114.  Hiermit  zu  vergleichen  6  ö'  fcreve  KuödXi|iov  Kfip 
I  33,  vgl.  K  16.    <p  247. 

Es  ist  möglich,  daß  Gemütsstimmungen  und  Körperteile 
einander  anfänglich  in  einer  bestimmten  Weise  zugeordnet  waren. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    57 

und  daß  später  in  der  Dichtersprache  Verwirrung  eintrat,  auch 
das  würde  zu  der  Ansicht  nötigen,  daß  die  Anschaulichkeit 
geringer  geworden  war.  Hier  kann  mitspielen,  daß  z.  T.  im 
wesentlichen  nur  das  geistige  Erlebnis  bewußt  war. 

14 — 15.  TTÖöac  ujKuc-,  Geieiv  raxOc,  ßonv  dTaGoc. 

Vorbemerkungen. 

um  die  Anschauung  zu  verstehen,  welche  zu  den  Aus- 
drücken TTOÖac  UJKUC  und  öeieiv  xaxüc*)  führte,  müssen  wir  uns 
daran  erinnern,  daß  im  Lokativ  und  Zielakkusativ  (diese  etwa 
von  Präpositionen  abhängig)  sowohl  der  das  Ortsverhältnis  ge- 
währende Gegenstand  stehen  kann  {Er  liegt  auf  dem  Boden; 
Er  fiel  auf  den  Stein)  als  auch  der  berührende  Teil  des  bean- 
spruchenden Gegenstandes  {Er  liegt  auf  dem  Rücken,  Er  ßel 
auf  den  Kopf  eKirece  öiqppou  ]  .  .  .  em  ßpexinov  xe  xai  uj)liouc 
E  585  f.)  2).  Das  alles  können  wir  durch  deutsche  Beispiele  ver- 
anschaulichen, das  Folgende,  was  den  Akkusativ  betrifft,  nicht 
mehr.  In  jenen  obengenannten  Beispielen  fällt  der  berührende 
Teil  des  beanspruchenden  Gegenstandes  besonders  ins  Auge 
und  ist  auch  oft  das  Wichtigste  oder  Alleinwichtige  {auf  die 
Stirn  fallen  mit  schmerzlichen  Folgen!)  und  der  das  Ortsver- 
hältnis gewährende  Gegenstand  ist  in  diesem  Fall  oft  neben- 

1)  M.  E.  ist  wenigstens  die  Möglichkeit  ernsthaft  zu  erwägen, 
Geieiv  in  Geieiv  raxOc  akkusativisch  zu  fassen,  ebenso  die  übrigen  ent- 
sprechenden Infinitive.  Sie  ersetzen  ja  Verbalsubstantive.  Vielleicht  waren 
Ausdrücke  wie  öeieiv  xaxuc  —  mit  Infinitiv  —  älter  als  solche  wie  ßoriv 
dyaeöc  —  mit  akkusativischem  Substantiv  — ;  jedenfalls  gehörten  sie 
später  eng  zusammen.  Besonders  wichtig  ist  die  allerdings  erst  jüngere 
Verbindung  des  Akkusativs  und  des  Infinitivs :  oi  u^pi  ^^v  ßouXrjv  Aavaüiv, 
ir^pi  b'  ^CT^  ludxecSai  A  258.  äiieivujv  |  iravToiac  dperdc,  rwiiy  -nöbac  nb^ 
fiax^cöai  0  641  f.  Vgl.  die  Verbindung  von  Nominativ  und  Infinitiv :  vöv 
T<ip  b^i  TtdvT€cciv  im.  Eupoö  fcTorai  dK|ific  |  f\  \i6Xa  Xu-fpöc  öXeBpoc  AxaioTc 
r\i  ßiüvai  K  173  f. 

2)  Man  kann  die  Verschiedenheit  der  Subjektsbeziehungen  ver- 
gleichen (Paul  Prinzipien*  S.  156 f.).  1.  Das  Wasser  rinnt,  2.  Der  Krug 
rinnt.  Die  Handlung  erscheint  uns  in  1.  wie  in  der  Verbindung  auf 
den  Stein  fallen  auf  den  'richtigen'  Inhalt  bezogen,  in  2.  und  in  der  Ver- 
bindung auf  den  Kopf  fallen  auf  etwas  örtüch  Nahestehendes.  Vgl.  auch 
die  Verschiedenheit  der  Objektsbeziehung  1.  den  Krug  mit  Wasser  füllen 
2.  Wasser  in  den  Krug  füllen  (Paul  ebd.  S.  154  f.)  und  überhaupt  die 
Ähnlichkeit  des  Verhältnisses  von  Subjekt :  Akkusativobjekt  und  dem  das 
Ortsverhältnis  beanspruchenden  Gegenstand  zum  gewährenden. 


58  R.  Blümel, 

sächlich  (nicht  immer,  es  ist  sehr  wichtig,  ob  jemand  mit  dem 
Kopf  auf  einen  Stein  fällt  oder  auf  einen  weichen  Gegenstand). 
Ebenso  ist  in  der  Anschauung  des  schnellen  Laufes  der  Raum, 
etwa  die  Ebene,  unter  Umständen  gleichgültig,  dagegen  fallen 
auf  die  Füße  in  der  Bewegung  und  die  Bewegung  der  Füße, 
besonders  in  Fällen  wo  ein  Urteil,  namentlich  ein  Vergleich 
von  Personen  in  Betracht  kommt.  Die  Anschauung  eines  solchen 
Laufes  kann  Ausdruck  finden  durch  den  Instrumental  oder 
Akkusativ,  zunächst  des  Raumes:  er  läuft  mit  dem  Weg;  er 
läuft  den  Weg;  es  kann  auch  der  berührende  Körperteil  im 
Instrumental  oder  im  Akkusativ  stehen :  er  geht  mit  den  Füßen, 
homerisch  ttocciv  ievai,  und  Akkusativ  irobac  ujkuc.  Endlich 
kann  die  Bewegung  im  Instrumental  stehen  {\xr\  öeiv  öpö^iu, 
Xen.  An.  1,  8,  19)  und  hieher  gehört  der  Infinitiv  Seieiv  xaxuv'). 
Das  Anschauliche,  das  mit  dem  Urteil  verbunden  ist,  schwindet 
hier  naturgemäß  sehr  rasch.  Hier  geht  die  Entwicklung  sehr 
schnell.  Die  ersten  Beispiele,  an  sich  nicht  sehr  zahlreich, 
waren  wohl  sehr  häufig  belegt,  irobac  ujkuc  bei  Homer  ist  schon 
eine  Formel,  es  ist  39  mal  belegt.  Trööac  üükuc  war  offenbar  von 
Anfang  an  häufig  bei  einem  Volke,  das  den  "Wettlauf  pflegte^). 

14.    TTÖbaC    UJKUC. 

Hieher  zunächst  iröbac  ujkuc  selbst,  z.  B.  A  58.  v  260. 
Vgl.  TTOÖac  ujKea  B  790.  Troöac  raxu  N  249.  Kuvec  Tiobac  dpToi 
Z  578.  ^XaqppoTcpoi  rrobac  eivai  a  164.  iiöbac  aiöXoc  ittttoc 
T  404,  hieher  cqpfJKec  |i€cov  aioXoi  M  167  ?  Das  Gegenteil  (ir]v) 
XuiXöc  b'  erepov  TToba  B  217,  vgl.  Geieiv  raxuv,  ^Xaqppörepoi  Geieiv, 
ßctpbicToi  Geieiv.  Dann  irapaßXuJTrec  t'  öqpSaXmu  I  503  und  x^ipac 
t'  ttixun^nv  ?|i€vai  TT  242. 

Urteil  über  etwas  Anschauliches  am  Körper:  KaXöc  [xiv 
binac  kri  p  307  vom  Hund  Argos;  dies  neu.  —  eiboc  dtTHToi 
E  787,  cu  be|iac  Kai  eiboc  (XTnTÖc  Q  376,  vgl.  H  177.  öc  br\  toi 
€iboc  }ikv  lr]v  KttKOC,  dXXct  irobujKTic  K  316.  eiboc  dKibvötepoc 
neXci  dvrip  6  169.    eiboc  dKibvoxepri   jaeteGoc  le  £217. 

1)  Uns  ist  nur  geläufig  mit  den  Füßen  gehen,  über  die  Ebene  laufe», 
also  von  instrumentaler  und  akkusativischer  Auffassung  jedesmal  ein 
anderer  Rest.  Erst  die  angeführte  Zusammenstellung  führt  den  Zusam- 
menhang vor  Augen. 

2)  Dem  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes  stehen  also  zwei  Paare 
von  Akkusativen  zur  Seite:  1.  iröbac  U)küc,  de(€tv  toxOc;  2.  Akkusativ 
der  Entfernung  und  der  Richtung. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    59 

Körperteile  und  Körperkraft.  Diese  vielleicht  erst  nach 
dem  Yorbild  von  Beispielen  mit  geistiger  Kraft.  Alle  Zusammen- 
stellungen von  derartig  Yerschiedenartigem  sind  hier  Neuerungen. 
(Vgl.  laeTeöoc  im  vorigen  Beispiel !)  cpurjv  ye  iuev  ou  kokoc  ecn,  | 
fifipouc  Te  Kvrmac  xe  Kai  diaqpoi  x^'P^c  ÜTtepOev,  |  auxeva  xe  cxißa- 
pov  xe  }iifa  cGevoc  6  134  ff. 

Seelische  Vermögen :  Trplv  bk  qppevac  akx^t]  r\cQa  ^^  14. 
(ppevac  f]\i  0  128,  fiXee  ß  243.  vöov  b'  dTTocpujXioc  ecci  8  177. 
^evoc  dcxete  ß  85.  laevoc  aiev  dxeipnc  X  270.  (vöov  und  laevoc  neu.) 

Körperteil  und  seelisches  Vermögen  verbunden :  öc  ceo  noX- 
Xöv  dqpaupöxepoc  x^'P^ic  xe  fievoc  xe  H  457. 

Endlich  Yevoc  ye  koköv  =.  126. 

15.    Öeieiv  xaxuc,   ßoriv  dTa9öc. 

Der  Infinitiv  (mit  vermutlich  akkusativischer  Funktion*)) 
und  der  Akkusativ  bedeuten  das  Gebiet,  auf  dem  sich  jemand 
betätigt.  TTcpi  ^ev  0eieiv  xaxuv  TT  186,  vgl.  y  112.  xaxuc  ecKe  öeeiv 
p  308.  o'i  xoi  eXa9pöx€poi  öeieiv  t  370.  ßdpbicxoi  öeieiv  Y  310. 
f|Kicxoc  ö'  iiv  .  .  .  eXauve)J6v  dp|u'  iv  dTiivi  V  531.  Vgl.  irobac 
xaxu,  ^Xacppöxepoi  TTÖbac,  x"J^öc  Troöa.  —  Vielleicht  folgende  drei 
Beispiele:  dXKi)ioc  ujc  cu  )Lidxec9ai  0  570;  ai  Ydp  xe  ßoujv  rrpo- 
(pepecxepai  eiciv  |  eXKcnevai  veioTo  ßa9eir|C  tttikxöv  dpoxpov  K352f., 
TTicxoxaxoc  öe  oi  IcKe  ^dx^  ^vl  ineivai  6fi0KXr|v  TT  147.  —  öccov 
(Grad)  OairiKec  nepi  ttovxujv  löpiec  dvbpujv  |  vfia  öotiv  evi  ttovxuj 
^Xauveiaev  x]  108f.?  irepioiöe  öiKac  f\be  9p6viv  dXXiuv  mit  Objekt? 
[t  244].  ouK  dbarmoviri  c'  ^x^i  dfAqpmoXeueiv  |  öpxaxov  uj  244.  Mit 
Substantiven  enicppova  ßouXr|v  tr  242.  ßoriv  d^aGöc  z.  B.  B  408, 
T  311.    iLbe  ßirjv  x'  dxaöov  Z  478. 

Infinitive  nach  pniöioc  I  258,  Q  243  f.,  M  52ff.  Y  2651, 
MoXaKÖc  X  373  f.  Xeicxoc  I  4081  dpraXeoc  b  397  A  589  M  63 
V  655  xo^eiTOC  Y  131  <t)  482  z.  B.  xöqppa  öe  pniTepoi  TroXeviiJeiv 
r^cav  Axaioi  Z  258  bedeuten  wahrscheinlich  das  was  aus  dem 
Adjektivbegriff  hervorgeht,  sog.  Folge:  angenehmer  so  daß  man 
{gegen  sie)  kämfen  konnte.  Für  uns  ist  der  Sinn  'passivisch',  d.  h, 
zu  TToXeiaiZeiv  brauchen  wir  ein  anderes  (aktives)  Subjekt  Ebenso 
ist  es  bei  öeivöc  eic  a»7Ta  ibecBai  x  405,  vgl.  u  401  f.  und  beiXoc 
9  351.  Aber  z.  B.  qpaTeiv  beivoc  Xen.  An.  7,  3,  23  ist  'aktiv',  und 
q)aTeTv  ist  das  Gebiet  der  Tätigkeit.  —  Wahrscheinlich  liegt  auch 


1)  Vgl.  Anm.  1  S.  57. 


60  R.  Blümel, 

eine  'Folge'  vor  9  138 f.:  ou  t^P  ^TW  fi  ti  qpriiLii  KaKiuiepov  dXXo 
eaXdcoic  1  dvbpa  fe  cuTxeöcai,  die  'Folge'  ist  hier  *aktivisch'. 

16.   Weitere  Entwicklung  der  vorigen  Reihen. 

Sehr  häufig  ist  der  Bereichsakkusativ  und  (verhältnis- 
mäßig) der  Infinitiv  bei  Ausdrücken,  die  im  wesentlichen  nur 
noch  vergleichen  1.  mit  superlativischem  und  komparativi- 
schem Sinn,  2.  mit  dem  Sinn  der  Ähnlichkeit  oder  Gleichheit. 
Die  sehr  inhaltsarme  (und  recht  unanschauliche)  Bedeutung 
dieser  Ausdrücke  erlaubt  Zusammenstellungen  von  sehr  Yer- 
schiedenem,  vgl.  die  folgenden  Beispiele,  es  treffen  sich  hier 
überhaupt,  z.  T.  in  einem  Beispiel  die  Fortentwicklungen  ver- 
schiedener Reihen,  bei  den  Akkusativen  tauchen  Eigenbedeu- 
tungen auf,  die  bisher  wohl  unmöglich  waren.  Augenscheinlich 
haben  wir  hier  eine  Entwicklung  vor  uns,  und  die  Ausdrücke 
der  Ähnlichkeit  und  Gleichheit  stellen,  allerdings  nicht  in  jeder 
Beziehung!  die  jüngste  der  bisher  erwähnten  Stufen  dar. 

Superlativische  und  komparativische  Ausdrücke: 

Körperliches:  TTeXiao  6uTaTpüjv  eiöoc  dpicxn  B  715,  vgl. 
r|  57.  oc  ctpiCTOC  lr]v  eiöoc  le  öeinac  le  0  116.  ?Eoxoc  Apfeiiuv 
KecpaXriv  re  Kai  eupeac  uj)aouc  f  227.  iracdoiv  ö'  uirep  fj  fe  Kdpn 
^Xei  n^e  laerouTra  l  107,  vgl.  f  210.  —  eiboc  le  [iifeQoc  re  diaei- 
vova  Ol  374.  ou  }xev  6nv  Keivnc  fe  x^P^i^v  euxo^al  eivai,  |  ou 
bdfiac  oub^  qpuriv  €  211  f. 

Körperkraft:  Kdpxoc  dpicroi  t  370. 

Seelenverraögen :  Kai  vöov  iv  nptJuTOici  MuKrivaiiuv  ^t^tukto 
0  643.  TT^pi  (ppevac  l|i|ievai  dXXuüv  N  631.  5c  Ttepi  |u^v  voov 
kri  ßpoTuuv  a  66.  ei  ti  TuvaiKUJv  |  dXXduuv  7Tepiei|ii  vöov  Kai  ^m- 
(ppova  laiiTiv  t  326.  tö  öv  ^evoc  oubevi  eiKuuv  X  459.  ^öv  .  .  . 
X  515.    (mhtic,  ^idvoc  neu). 

Körperliches,  und  Seelenvermögen :  lirei  Trepiecci  YuvaiKUJV  | 
eiboc  re  ^itfeBöc  le  ibi  qppevac  Ivöov  ^icac  c  248  f.  ou  reu  beu- 
6)a6Vov,  out'  äp  qppevac  out€  ti  eiöoc  2pTa  b  264,  Lesart. 

Körperliche  Tätigkeit:  tüjv  öe  Beeiv  öx'  dpicToc  lr\v  . . .  KXu- 
Tovrioc  9  123.  öc  Tic  dpiCTOC  |  dvTißinv  )aaxecac9ai  H  50  f.  öccov 
dpicTai  I  vfiec  ^i^ai  Kai  KoOpoi  dvappinxeiv  aXa  tttiöiu  r\  327  f.  6c 
dpiCTeüecKe  |Lidxec9ai  Z  460  f.  öc  ndci  liexeTtpeTTe  Mupiiibovecci  | 
JtXti  Mdpvac9ai  TT  194  f.  jitTd  b'  ^TTpcTie  YOCT^pi  |iapTO  I  dltixk 
q)aTt|iev  Kai  meiiev  c  2f.  —  d  bi  coi  Tidv  Ipfov  uneiHoiiai  ötti 
K€V  €mr)c  ?    A  294. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     61 

Geistige  Tätigkeit :  exaivuio  q>öX'  dv6puj7TUJV  |  vfia  Kußepvficai 
Y  282  f.  Dann  6  Yotp  oloc  6|uri\iKiriv  eKCKacTO  [  öpviOac  Tviüvai 
Kai  evaiciua  ^uer|cac6ai  ß  158  f.  dpiCTOi  \  irdcav  ett'  iSuv  ecxe 
|udxec6ai  le  qppoveeiv  re  Z  78  f.  |Lidxec6ai  .  .  .  Apposition  zu  Trctcav 
eTx'  10UV?  —  o'i  \x€v  qpepTepoi  eici  voficai  xe  Kpfjvai  re  e  170.  laOia 
6'  eTiii  ceo  ttgXXöv  d)aeivuuv  iiiavTeuecGai  ß  180.  vekoc  dpicie  Y  483. 

Körperliche  Gestalt  und  Tätigkeit:  oc  -rrepi  }xiv  eiboc,  Trepi 
ö'  IpTa  xeruKTO  |  xujv  dXXuuv  Aavaujv  P  279  f.  X  550 f.  xic  xoO 
TC  ßinv  Kai  xtip«c  dueivuuv  0  139.  d)Lieivuuv  ]  Travxoidc  dpexdc, 
riiaev  TTÖÖac  r]bk  )idxec6ai  0  641.  Zusammenfassung  in  Travxoiac 
dpexdc.  neu !  ebenso  die  Zusammenstellung  Substantiv  und  In- 
finitiv. 

Geistige  Fähigkeit  und  körperliche  Tätigkeit,  oi  irepi  |iev 
ßouXnv  Aavaijuv,  Tiepi  b'  ecxe  |idxec9ai  A  258. 

Körper,  Geistiges  Vermögen  und  Tätigkeit:  eirei  ou  eöev 
ecxi  xep^iujv,  |  ou  be/jac  ouöe  qpuriv,  oux'  dp  cppevac  ouxe  xi  epfa 
A  1141 

Ausdrücke,  die  Ähnlichkeit  oder  Gleichheit  be- 
zeichnen ^) : 

KörjDer:  aivujc  )nev  KecpoXnv  xe  Kai  ö)i|aaxa  KaXd  eoiKac  | 
Keivuj  a  20Sf.  ömnaxa  Kai  KecpaXrjv  iKeXoc  Ali  xepmKepauvtu,  ] 
'Apei  6e  Zluuvriv,  cxepvov  be  TToceibdaivi  B  478  f.  Ziujvri  ^  'Taille'. 
vuKxi  Gof)  dxdXavxoc  uTTdima  M  463?  xd  t'  ÖTTic9e  Maxdovi 
Trdvxa  eoiKe  A  613.  be)aac  b*  fjiKxo  fovaiKi  b  796,  vgl.  0  285. 
dvbpi  beuac  eiKuia  6  194.  vgl.  P  323.  0  305;  t  468  6|aoioc.  — 
eiboc  .uev  dXi-fKioc  dOavdxoiciv  6  174.  —  0eip  evaXiTKioc  dvxrjv 
ß  5,  x^Xiöövi  eiKeXri  dvxriv  x  240.  Seoici  fäp  dvxa  ^lUKei  Q  630. 
Sind  dvxr|v  dvxa  erstarrte  Instrumentale? 

ou  -fdp  eTuuYe  |  •  •  •  d0avdxoiciv  eoiKa  .  .  .  |  ou  bejiac  oub^ 
q>vr\v  r\  208  ff.  dBavdxrici  qpuriv  Kai  eiboc  6)aoir|  Z  16.   Bvrixdc  d9a- 
vdxrjci  beuac  Kai  eiboc  epiZ;eiv  e  213.    jiidXicxa  be  Necxopi  bi'u)  | 
eiboc  xe  \xi-[(.Q6c  xe  cpur|v  x'  dxxicxa  eujKeiv  B  57  f.    Apxe)iibi  ce 
eyuJTe  •  •  .  i  eiboc  xe  ^€Te96c  xe  qpuriv  x'  ctTXicxa  ^ickuj  l  152. 

Hieher  auch  ei  xP^ceirj  Aqppobixrj  KdXXoc  epiZ^oi  I  389  (neu). 
Dann  r\  cpriui  Gediuv  eivai  dpicxr),  |  d)a96xepov,  T^ver)  xe  Kai 
ouveKa  d]  napaKomc  j  KeKXn.uai  Z  364  ff. 


1)  Schon  die  llias  ist  reich  an  solchen  Beispielen.  Das  braucht 
nicht  zu  verwundern.  Gerade  in  der  llias  sind  viele  ausgeführte  Ver- 
gleiche, ein  Anzeichen  weit  fortgeschrittener  Entwicklung. 


62  R.  Blümel, 

Zum  erstenmal  eine  Pflanze:  (miXu)  ()ilr]  \ikv  ^eXav  Ick€, 
YdXaKTi  öe  etKeXov  dvöoc  k  304. 

Hier  auch  zum  erstenmal  die  menschliche  Stimme,  also 
etwas  Hörbares:  eicaro  bi  q)OoTTnv  uu  TTpid)aoio  TToXirrj  B  791, 
mit  Partizip  eicd^evoc  vgl.  N  21G.  uieT  bi  TTpld^olo  AuKdovi  eicato 
(pujvr|v  Y  81.  x^^iöövi  eiKeXn  aubr|V  cp  411.  0etu  evaXiTKioc  aObr|v 
T  250,  GeoTc  a  371. 

Körper  und  Stimme:  ibc  cu  bi^ac  (pujvriv  xe  iröbac  t' 
'Obucni  ^oiKttc  T  381.  Ar|i(pößuj  ^iKuTa  bi^ac  Kai  dteipea  q)ujvriv 
X  227.  eicdiaevoc  KdXxavri  öejuac  Kai  dteipea  q)ujvnv  N  45.  Mev- 
Topi  €iÖ0)nevri  f\\xkv  öepac  ri^e  Kai  aubrjv  ß  268.  Trdvt'  autiu  ^e- 
TeGöc  le  Kai  ö\i\xaTa  küX'  ^iKuTa  |  Kai  9ijuvnv  V  66  f.,  die  Akku- 
sative  nach  Trdvxa  Apposition  dazu? 

Geistige  Fähigkeit:  cui  ekeXoc  dXKriv  A  253.  (pXoTi  eiKeXov 
dXKrjv  N  330.  inevoc  dvTi<pepec6ai  <t>  482.  ön  jioi  laevoc  dvTiqpepi- 
2eic  0  488.  ^evoc  ico9apiZ;eiv  Z  101.  Vgl.  <t>  411.  infiTiv  6|LioiujGri- 
|Li€vai  T  120.    'Oöucfia  Ali  unriv  drdXavTov  B  169. 

Körper  und  Geist:  Kai  ei  irupi  x^ip^c  ?oiKev,  ]  ei  TTupi  x^'Pcic 
loiKC,  ^evoc  b'  aiGwvi  cibriptu  Y  371f. 

Dann  ein  weiterer  Beleg  des  Inhalts  Geschlecht:  airro» 
Top  Yevefiv  d^xicia  ^ujKeiv  E  474  (neu). 

Körperliche  Tätigkeit :  Tpnpuüci  neXeiaciv  iGfiaG'  o^oTai  E  778. 
Geieiv  b'  dve|iOiciv  ö^olOl  K  437.  (ou  tdp  oi  Tic  6|ioToc  ImcTTecGai 
TTOciv  rjev  Z  521  Folge?)  tu»  b'  ou  ttuj  tic  6^oToc  ^ttixGövioc  fivei' 
dvrip  I  Koc)aficai  ittttouc  tc  Kai  dvepac  dcmbiiJÜTac  B  553.  (tic  ydp 
TOI  Axaiuiv  dXXoc  öjioioc  |  'ittttujv  dGavdTUJv  Ix^MCV  binficiv  T€ 
^levoc  Te  P  475 f.  Folge?)  bpncTocuvr)  ouk  dv  )ioi  ^picceie  ßpÖToc 
dXXoc,  I  TTÖp  t'  eu  vnncai  bid  Te  HuXd  bavd  Kcdccai,  |  baiTpeöcai  tc 
Kai  ÖTTTficai  Kai  oivoxoncai  o  321  ff.  (bpncTocuvr)  und  die  akku- 
sativischen Infinitive  verhielten  sich  dann  entsprechend  wie  )aoi 
und  dvbpöc  bucTr|voio  (cfifid  Te  ^oi  x^öai  ...  |  dvbpöc  bucTTjvoio 
X  75  f.)  —  6  Heivöc  Te  Kai  'Ipoc  ^piZlerov  dXXnXouv  |  x^pci  Maxn- 
cacGai  c  38  f. :  hier  spielt  aber  das  Wollen  eine  große  Rolle, 
daher  nicht  hiehergehörig.  intpöc  ydp  dvrip  noXXüjv  dvTdHioc 
dXXujv,  [iouc  t'  ^KTd|Liveiv  ^tti  t'  fima  q)dp^aKa  irdcceiv]  A  514  f. 

Geistige  Tätigkeit  Ipfa  b'  AGnvair)  .  .  .  (coqpapii^oi  I  390. 

"Wahrscheinlich  ist  eine  Gleichsetzung  nach  verschiedenen 
Gesichtspunkten,  z.  B.  Körperlichem  und  Geistigem,  aus  inneren 
Gründen,  viel  seltener  als  eine  verschiedene  Bewertung. 

Endlich  schließt  sich  an  Ausdrücke  wie  ^lKp6c  b^jiac  Toiöcbe 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    63 

in  der  Bedeutung  so  beschaffen,  an  solche  yne  ßonv  dTaGoc  eben- 
falls Toiocbe  in  der  Bedeutung  so  zu  heicerten^  dann  toToc,  oToc 
und  TTOioc  und  endlich  ttuic;  wahrscheinlich  haben  aber  Aus- 
drücke mit  so  weitem  unbestimmtem  Inhalt  den  Akkusativ  erst 
nach  dem  Vorbild  der  Ausdrücke  der  Ähnlichkeit  und  der 
Gleichheit  nach  sich. 

Toiocbe,  so  beschaffen,  von  Körperteilen :  xoiocb'  icn  -rröbac 
Toiocöe  T€  xeipac  t  359. 

Toioc,  oToc,  TToioc,  TTuJc,  so  zu  bewerten  usw.: 

Von  geistiger  Eigenschaft:  olö'  dpeifiv  oiöc  kci  N  275. 

Körper  und  Geist:  ttüuc  umaiv  dvnp  ööe  (paivetai  eivai  | 
eiboc  re  ^eTCÖöc  re  \hl  cppevac  Ivbov  eicac  X  386  f. 

Geistige  Tätigkeit:  f])ieTc  ö'  oö  vu  n  xoioi  d^uvejiev  ß  60. 
oioc  'Oöucceuc  kKev  dpnv  dTtö  oTkou  d^övai  ß  59.  ttoioi  k'  eix' 
'Obucfii  d|iuve)nev:  qp  195.  oloc  'Obucceuc  ecKe  . . .  |  Heivowc  aiboiouc 
d7T0Tr€HTT€^Aev  i\hl  Öexec6ai  x  315  f.  oTöc  xoi  . . .  |  Mevxuup  AXKi)aiöric 
euepreciac  diroxiveiv  x  234  f.  oloc  kcivoc  lr\v  xeXecai  ?pTOV  xe 
Ittoc  xe  ß  272. 

Körperliche  und  geistige  Tätigkeit:  oioc  Keivoc  h\\  ßou- 
X€u€|iev  r|öe  |idxec6ai  E  491. 

Körper  und  geistige  Tätigkeit:  ei  xoiocb'  ein  r\\ib*  hi\xac 
x\hk  Kai  Ipta  p  313. 

Für  alle  diese  Beispiele  scheint  mir  der  deckende  Aus- 
druck zu  sein :  so  {icie)  tüchtig  u.  ä.  auf  dem  und  dem  Gebiet^  in 
dem  und  dem  Bereich. 

Infinitive  nach  oiöc  xe  dagegen  drücken  eine  Folge  aus, 
gehören  also  nicht  hieher,  z.  B.  fibri  tdp  dvrip  oiöc  xe  ^dXlCxa  | 
oiKOu  KrjbecGai  x  160  f. 

Man  wird  annehmen  dürfen,  daß  umgekehrt  auch  nach 
Beispielen  mit  Akkusativ  bei  oloc,  eiKeXoc  und  anderen  "Wörtern 
mit  ähnlich  weiter  Bedeutung  Beispiele  gebildet  wurden  (natür- 
lich erst  später!),  wo  der  Bereichsakkusativ  neben  Ausdrücken 
mit  engerer  Bedeutung  stand.  So  erklärt  sich  auch  wohl  das 
Zustandekommen  von  eivai  mit  der  Bezeichnung  der  Herkunft 
(z.  B.  il  'ledKrjC  t^voc  ei^ii  o  267)  mit  t^voc  oder  T€ver|v,  und 
von  eivai  mit  dem  Namen  und  dem  Akkusativ  övo^a  (öeoKXu- 
jievoc  b'  övo^'  t^ev  o  256). 

eivai  mit  il.  und  ^evoc  :  ^k  tdp  ^Meö  -fevoc  ^cci  E  896.  8c 
Ik  öeöqpiv  Tcvoc  i^ev  V  347.  ^k  ^ev  KpTixduuv  Ttvoc  euxojiai  eivm 
l  199.  yevoc  b'iiv  ivi  TTOxanoio  |  AXcpeioö  E  544  f.  il  'IGdioic  xevoc 


64  R.  Blümel, 

€1)111  o  267,  vgl.  tu  269.  Traxpöc  b'  eS  dTa0oO  Kai  bf(u  fivoc  euxo- 
jitti  eivai  I  Tubeoc  E  113  mit  l|Li|Lievai  uiöc  :  Traxpöc  b'  eH  dTaöoO 
Ttvoc  euxeiai  emaevai  uiöc  qp  335.  Dazu  iröBev  t^voc  euxexai 
€ivai;  p  373. 

eivai  mit  Genetiv  und  yeveriv  :  auxdp  ifd)  Y^venv  )Li€TCtXou 
Aiöc  euxo^ai  eivai  O  187.  mit  ^ktovoc  eivai  :  x^venv  xe  MeXd|i- 
TToboc   tKTOvoc  i^ev  o  225. 

Vgl.  ^Miuevai  uiöc  fivoc  :  e|Li|Lievai  ^ktovoc  Tever|v. 

■fevenv  neben  attributivem  Adjektiv:  öoKeT  bi  |uoi  l^pLevai 
dvrip  I  AixuüXöc  ytver\v  V  470  f. 

Nach  Kieckers  S.  364  kann  man  in  folgenden  Beispielen 
an  T^voc  als  Prädikat  denken  (vgl.  Kai  Ktv  xic  cpain  yövov  Imuevai 
öXßiou  dvbpöc  c  218),  sicher  in  dem  einen  Beispiel  f)  b'  dp  er|V 
öeTov  T^voc  oub'  dvBpduTTujv  Z  180 ;  wahrscheinlich  in  den  fol- 
genden :  xoö  kfd)  fivoc  eüxojLiai  eivai  E  204.  (pfic0a  cu  juev  TTOxa|nou 
Tevoc  Imaevai  eupu  peovioc  O  186.  dW  dvbpiuv  y^voc  icil  bio- 
xpeqpeuuv  ßaciXrjUJV  [b  63]. 

Zur  Entstehung  der  genannten  Beispiele  mit  yevoc  als 
Akkusativ  und  Yevenv  müssen  auch  andere  mit  ycvoc  fevef\v 
mitgewirkt  haben  wie  auxuj  ydp  ttvenv  d^xicxa  eujKeiv  E  474 
und  Tevoc  fe  KaKÖv  E  126. 

Daran  schlössen  sich  an  Beispiele  wie  0€OKXu)Lievoc  b'  övo|li' 
T^ev  0  256.  Apvaioc  b'  övo/i'  IcKe,  c  5,  vgl.  x  247,  u  288.  Apnxn 
b'  övoji'  kxiv  eTTUJVu|iov  r)  54  ^).  Name  und  Geschlecht  konnten 
zusammen  auftreten,  vgl.  den  bekannten  Vers  xic,  ttööcv  eic 
dvbpujv;  TTÖGi  xoi  ttöXic  r\bk  xoKfiec  z.B.  a  170.  Also  konnten 
Sätze  mit  Bereichsakkusativ  y^voc  Tevenv  ein  Muster  abgeben 
für  neue  mit  övo^ia  ebenfalls  als  Bereichsakkusativ,  vielleicht 
auch  umgekehrt.    Vgl.  o  256  und  o  267. 

Die  Akkusative  (oü,  }xr\ ;  oube,  laribe ;  ouxe,  liiixe)  xi,  d^qpö- 
xepov?  A  59  f.  I  364,  Tidvxa  und  xd  dXXa  (La  Roche  S.  69—79, 
§  40 — 42)  sind  schwer  nach  Bereichsakkusativen  im  engeren 
Sinn  und  Gradakkusativen  zu  sondern.  Jedenfalls  läßt  sich  er- 
kennen, daß  mit  ihnen,  was  Eigenbedeutung  des  Akkusativin- 
halts betrifft,  das  Äußerste  von  Inhaltsweite  erreicht  ist. 

Es  ist  also  schon  aus  Homer  eine  gewaltige  Ent- 
wicklung des  ganzen  Gebrauches  zu  ersehen;  dieser  war  im 
Entstehen  lange  bevor  die  homerischen  Gesänge  gedichtet  wur- 

1)  Später  möglicherweise  auch  solche  wie  dW|p  0€okXO|l»€voc  övo- 
fia  elncv  .  . . 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     65 

den.    Die   altertümlichsten   Beispiele   brauchen   natürlich   nicht 
in   den  ältesten  Schichten   der  beiden  Gedichte  vorzukommen. 
Nachdem  der  Gebrauch  dieses  Bereichsakkusativs  so  um- 
fänglich und  so  lebendig  ist,  läßt  sich  auch 

17.    KttKÖc  irdcav   KaKiav 

daran  anknüpfen.  Nach  beivöc  (payeiv  könnte  man  vielleicht 
einen  Ausdruck  erwarten  wie  *öeivöc  Trdcav  xaKiav,  falls  öeivoc 
hier  paßt,  aber  das  Ausweichen  in  KaKÖc  irdcav  Kaxiav  liegt  sehr 
nahe;  wer  in  jeder  Lumperei  'tüchtig'  ist,  der  ist  eben  selbst 
ein  Lump.    Innerer  Akkusativ  ist  damit  nicht  ausgeschlossen. 

18.  Innerer  Akkusativ  bei  Adjektiven  im  Awestischen. 

Im  Awestischen  scheint  mir  das,  was  man  Akkusativ  der 
Beziehung  neben  Adjektiven  nennt,  deutlich  innerer  Akkusativ 
(soweit  hier  nicht  nqma  und  die  Reihe  von  niasö  in  Betracht 
kommen).  Wenn  man  sagte  sraosahe  vanatö  vanaitis,  des  Sr.,  des 
Siege  siegenden,  Reichelt  Av,  Elementarbuch  §  437  S.  227,  so 
konnte  darnach  und  nach  ähnlichen,  uns  z.  T.  unbekannten  Mus- 
tern gebildet  werden  xsa^ram  huxsa&rö.famö,  Reichelt  §  440 
S,  230,  der  beste  Herrscher  an  Herrschaft,  x^aranö  afaranami- 
hastdmö,  der  höh eits vollste  an  Hoheit,  raem  raevastdmö^  der  reichste 
an  Reichtum  und  dann  ütim  savista  die  gewaltigsten  an  Besitz. 
Alle  diese  Ausdrücke  konnten  ja  von  6inem  Mann  ausgesagt 
werden  und  standen  sich  in  der  Bedeutung  nahe,  oder  gehörten 
in  der  Bedeutung  nahe  zusammen.  Von  nqma  und  von  masö 
usw.  führt  m,  E.  keine  Brücke  hier  herüber. 

19.  Griechisch  irdc  ÜTrac  im  Wettbewerb 
mit  dem  Bereichsakkusativ. 

In  einem  Falle  steht  bei  Homer  kein  Akkusativ,  wo  es 
sich  deutlich  um  Ausdehnung  handelt  und  der  Bereichsakku- 
sativ vielleicht  zu  erwarten  wäre:  wenn  nämlich  das,  was  unter 
andern  Umständen  als  bestrichener  Raum  aufgefaßt  werden 
müßte,  und  der  Gegenstand  (im  Subjektsnominativ,  Akkusativ 
usw.)  auf  den  der  bestrichue  Raum  bezogen  werden  sollte,  zu- 
sammenfallen. In  diesem  Falle  steht  bei  Homer  Tide  oder  cittoc, 
meistens  (oder  immer?)  als  prädikatives  Attribut  =  *in  seiner 
ganzen  Ausdehnung'.  Ich  gebe  ein  paar  Beispiele:  (Person, 
Hektor:)  irdc  b' dpa  xciXklu  j  c|iepöaXetu  KCKaXucpG'  N  191  f.    Tipiv 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  6 


66  R.  Blümel, 

TTotvia  avaKT' ^fiov  d|a qpacpdacGai  T  475.  (Körperteil,  Kopf):  fj  b' 
avbixa  irdca  KectcGr)  TT  412.  Dinge:  (heransegelndes  Schiff)  Kai 
br\  TrpouqpaiveTO  ndca  v  169.  Ttdv  bh.  oi  eicuu  |  hv  Hi(poc  d)ii(priKric 
O  117f.  (Mischkrug)  dpTOpeoc  öe  |  Ictiv  dirac  b  615f.  (Wasch- 
wasser): id  Tdp  TTpötep'  ?KXUTo  TrdvTa  t  504.  ödnebov  b'  ÖTrav 
ai'inaTi  eOev  \  420.  ujc  b'  uttö  XaiXairi  -rrdca  KeXaivr)  ßeßpiGe  xödjv 
TT  384.  "Vorgang:  inaxH  b'  dm  rrdca  cpadvör)  P  650').  Vgl.  für 
die  Auffassung  'in  seiner  ganzen  Ausdehnung*  (die  Brustwehr) 
^'\x',  r)  b'  e'cTT€TO  Ttdca  biaiarrepec  M  398.  Dann  rrpujTov  pikv  Katd 
TTupKdiriv  cßecav  aiGoiTi  oi'viu  |  Tidcav,  ottöccgv  ^Tiecxe  TTupöc  laevoc 
Q  791  f.  irdcav  nur  in  Hinsicht  auf  den  Inhalt  des  folgenden 
Kelativsatzes.  Sehr  deutlich  für  eine  andere  Anschauung  ist 
Thukydides  3,  104,  1  von  Delos:  ^KdGripe  [xkv  ydp  Kai  TTeicic- 
Tparoc  6  rupawoc  Ttpoiepov  auiriv,  oux  ÖTracav,  dXX'  öcov 
dTtö  ToO  iepoO  ^(peujpdxo  ific  vricou.  löie  br]  Tidca  eKa- 
6dp6n  ToiLube  xpoTruj  .  .  . 

Vielleicht  enthält  aber  |ae|uupic|Lievoi  irdv  tö  cüuiaa  Herodot 
1,  195  den  Bereichsakkusativ  Tidv  tö  cd))Lia  (vgl.  aber  auch  vom 
Ibis;  er  ist  |ieXaiva  beivujc  rrdca  2,  76).  uTinc  tö  cüj)Lia  Kai  Tr|V 
v|;uxnv  ist  kein  Gegenbeispiel,  denn  ciL)aa  und  vjjuxn  können  als 
Teile  des  Menschen  gelten.  Ein  Bereichsakkusativ  war  in  vielen 
Fällen,  wo  rrdc  ärrac,  später  öXoc  steht,  offenbar  nicht  zu  bilden, 
was  sollte  man  in  den  angeführten  Beispielen  statt  der  Form 
von  Tide  sagen,  wenn  es  sich  bezieht  auf  ein  Wort,  das  be- 
deutet: Schiff,  Mischkrug,  Schwert,  W^aschwasser,  Erde,  Schlacht; 
Brustwehr,  Scheiterhaufen,  Insel?  irdv  tö  cüuina  scheint  bei 
Herodot  'Ausweichung',  TrdvTec  hätte  geheißen  alle  (beim  Ein- 
heitenplural, anders  bei  der  Masse  irobdviTrrpa).  irdc  und  Be- 
reichsakkusativ schließen  sich  auch  bei  Homer  nicht  aus,  vgl, 
(Lbee  bk  xpoa  irdvTa  e  455  und  KttTd  bi  xpoa  rravTa  cannr)  T  27 
in  stillem  Gegensatz  zum  Innern  des  Leibes.  Wichtig  ist  wieder 
in  allen  Fällen  wo  dieses  irdc  ärrac  steht,  daß  es  die  Bedeutung 
hat  *in  seiner  ganzen  Ausdehnung'. 

20.  Akkusativ  der  Entfernung  und  seine  Entwicklung 
zum  Akkusativ  des  Grades. 
(Ich  gebe  nur  Andeutungen  um  diesen  Gebrauch  nicht 
zu  übergehen).  Die  ursprüngliche  Bedeutung  hat  noch  dXX'  öt£ 

1)  Vgl.  itoXXöc  'weitausgedchnt'  woXXöc  t^p  tic  ^Ktiro  wapi^opoc 
ivQa  Kai  lyQa  H  156,  uoXXöc :  iräc  =  noXXot  viele :   ndvT€C  alle. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    67 

Toccov  ttTTTiv  (ich),  öccov  Te  fi-fwve  ßorjcac  i  473;  (die  Waffen) 
KaxriKiCTai,  occov  Trupöc  iket'  duT|ir|  t  9.  Dann  luanpöv  duce  f  81, 
erst  'rief  weit'  dann  'weithörbar',  dann  'laut'.  —  ^eveoc  öe  inera 
qppevec  d|i(pi|ae\aivai  |  miUTiXavT'  A  103  f.  ^if  CpmjuHe  i  395.  yi€fa\' 
euxeio  r  275.  Ygl.  \xifa  Kpateeic  X  485,  ursprünglich  'über  ein 
weites  (rebiet  hin',  dann  'gewaltig',  dann  'sehr'.  Für  ttoXu, 
TToXXov  Tgl.  namentlich  ttoXXöv  be  ßi'nc  embeueec  ncav  cp  185, 
nhd.  Da  fehWs  weit.  Mit  dem  häufigen  ttoXu  q)epTepoc  vgl.  weit 
besser^  lat.  longe. 

Auch  sonst  kann  das  Maß  der  Entfernung  ursprünglich 
das  Maß  der  Leistung  gewesen  sein,  z.  B.  im  Diskuswerfen.  Der 
Grad  einer  Leistung,  eines  "Werts,  auch  eines  Unterschieds  wird 
z.T.  noch  räumlich  gefaßt:  Ach,  d^r  steht  Ja  turmhoch  über  dem 
und  dem\  Vgl.  occov  irepiYiTvÖMeö'  dXXuuv ...  0  102.  Bei  itoXXöv 
veujTepoc  spielt  die  Zeitentfernung  mit. 

21.   Akkusativ  der  Kichtung  im  Griechischen 
und  Awestischen  (eupoc,  fra^ö). 

Ton  dem  ursprünglichen  Richtungsakkusativ  eupoc  =  in 
die  Breite  usw.  sind  bei  Homer  vier  (oder  drei?)  Beispiele 
überliefert  (evveujpoi  fdp  toi  ye  Kai  evvea-rtrixeec  rjcav  |  eupoc, 
didp  lafiKoc  fc  TevecGriv  evveöpfuioi  X  311  f.  (pöiraXov)  töccov 
erjv  jifiKOC,  töccov  Ttdxoc  eicopdac0ai  i  324.  Herodot  hat  ver- 
hältnismäßig viele  derartige  Beispiele,  darunter  auch  Tocaürai 
dpi8|Li6v  1,  180.  Diese  Verbindung  wurde  erst  möglich,  als  die 
alten  Richtungsakkusative  eine  weitere  Bedeutung  erhalten  hatten. 
In  c^iKpol  xd  neTdGea,  ttoikiXoi  td  eiöara  Herodot  3,  107,  Brug- 
mann  S.  147  scheinen  mir  cfiiKpoi  und  |ieTd9ea  auf  Körper- 
eigenschaften, nicht  auf  Richtungen  zu  gehen,  die  gemessen 
würden,  und  daher  nicht  in  diese  Reihe  zu  gehören.  Sonst 
wäre  dieses  Beispiel   ein  wertvolles  Zeugnis  der  Entwicklung. 

Im  Awestischen  gehören  nach  Delbrück  S.  389  hieher: 
dräjö  'in  die  Länge',  masö  (ursprünglich  'in  die  Höhe?*)  an 
Größe,  bqzö  'in  die  Tiefe',  fra9ö  'in  die  Breite',  dazu  noch  ar*jö 
'an  Wert'  Brugmann  S.  147. 

Wahrscheinlich  waren  auch  die  aw.  Akkusative  dräJö  usw. 
ursprünglich  Richtungsakkusative,  vgl.  Delbrücks  Übersetzung 
'in  die  Länge'  —  von  mir  gesperrt  —  S.  389.  Daraus  ent- 
wickelten sich  Akkusative  mit  weiterer  Bedeutung,  und  so  war 
die  Analogiebildung  ar'jO  'an  Wert'  möglich.    (In  der  heutigen 

6* 


68  R.  Blümel, 

Umgangssprache  habe  ich  zwei  Beispiele  von  noch  fernerlie- 
gender Analogie  bei  Maßbegriffen  gehört,  das  eine  vom  Dampf- 
bad: Hundertzehn  Grad  ist  neulich  eine  drin  gewesen^  dann: 
Ich  bade  immer  fünfunddreißig  Grad.) 

Die  Erklärung  verdanke  ich  dem  Verfasser  der  Einfühlung, 
Dr.  Antonin  Prandtl,  zu  einer  Zeit,  wo  mir  mein  Exemplar  von 
Delbrücks  Vergleichender  Syntax  nicht  zur  Hand  war.  Vgl. 
namentlich  bei  La  Koche  S.  17,  §  15,  1.  toccn  öjuüjc  iutikoc  te 
Kai  de  irdxoc  i^ev  iöec9ai  Ap.  Rhod.  1,  1193. 

Auch  diese  Akkusative  kamen  natürlich  aus  einer  Zeit, 
wo  noch  keine  Präpositionen  als  solche  entwickelt  waren. 

22.  Akkusativ  des  Ziels  bei  Verben  des  Treffens^). 

Im  Passiv  liegt  immer  Bereichsakkusativ  vor.  Ein  akti- 
visches Beispiel  scheint  mir  sicher  eine  Gruppe  syntaktischer 
Beziehungen  zu  enthalten :  töv  ßdXe  laeccov  oikovti  TTobctpKric  bioc 
AxiXXeuc,  I  vÜL)Ta  irapdi'ccovTOC  Y  413f.,  darauf  weist  der  Genetiv 
TTapatccovToc  bei  vüura.  Die  übrigen  aktivischen  Beispiele  sind 
zweifelhaft.  In  der  Eias  finden  wir  naturgemäß  mehr  als  in 
der  Odyssee. 

Einzeln  steht  da:  ittttijuv  |li'  ujkuttoöujv  d|i9i  ktüttoc  ouaia 
ßdXXei  K  535  vom  Lärm. 

Verben  des  Treffens,  Verwundens  im  Aktiv. 

Körperteile : 

ßdXXuj,  wenn  nichts  bemerkt  ist,  heißt  die  Form  ßdXe(v)  oder 
ßdX' ;  e.  =  ?ßaXe(v). 

Ilias:  dYKiiJva  tuxujv  E  580 ff.?  dcTpdTaXov  (e.)  =.  465 f. 
auxeva  E  657 f.,  wenn  *ihn'  zu  ergänzen  ist.  —  H  11.  {€.)  TT  586f. 
ßoußoiva  mit  ßeßXr|K€i  A  491f.  Taciepa  N  506.  fJTrap  A  578f. 
(€.)  N  411.  KeqpaXrjv  TT  577 f.  (e.)  0  433 f.  Kvrmnv  'ihn'  zu  ergänzen? 
(e.)  0  591.  Kopcnv  A  501  f.  Xaijaöv  N  387  f.  laeTdqppevov  *ihn* 
zu  ergänzen?  TT  806 f.  laeiiuTnov  TT  737 ff.  unpov  A  583 f.,  mit 
ßeßXrjKeiv,  'ihn'  zu  ergänzen?  E  660 f.  Trfjxuv  O  166 f.  ciepvov 
A  527  f.  cinGoc  A  480  f.,  (e.)  E  19,  'ihn'  auch  in  dem  unmittelbar 
folgenden  uice  ö'  dqp "ittttijuv  zu  ergänzen,  mit  ßeßXriKeiv  =.  409  ff. 
Tapcöv  A  376 f.  'ihn'  zu  ergänzen?  uifiov  H  13 ff.  ßdXov  ich 
traf  E  188f. 


1)  Auf  diesen  Akkusativ  wurde  ich  aufmerksam  durch  den  Hin- 
weis bei  Brugmann  S.  ISO. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    69 

Odyssee:  crfieoc  *ihn'?  ßctXXe  x  82.  x^ip«  c  396.  ujhov 
p  462  'ihn'? 

eXduj.  €.  =  IXacce,  y\.  =  rjXace.  Ilias  auxeva  e.  'ihn'? 
H  496 f.  KÖpcnv  r\.  N  576.  *ihn'?  E  584.  fieiujTTOv,  x],  voraus 
N  615.    oi^ov  e.  E  79  f. 

Odyssee  auxeva  e.  'ihn'?  c  96,  a))iiov  r|-  ihn?  c  95. 

eniTPwqpuu  Ilias  rapcov  A  388. 

Odyssee  u)^ov  x279f. 

öeivou  nur  Ilias  'ihn'?  auxeva  Y  481. 

KÖ7TTU)  Ilias  KuuXriTTa  tuxuuv  'ihn'?  Y  726.   TTapr|iov  Y  690. 

Odyssee  )LieTdq)pevov   r|5e  kqi  ujjiiju  'sie'?  0  527 f. 

diuqpiKÖTTTUj  nur  Odyssee  Kopri  c  335. 

vuccuj  nur  Ilias  fvaGnov  'ihn'?  TT  404 f.  neTdq)pevov 
Y  487 ff.    iLieTiJjTTiov  A  95  f. 

IcpQx]  öpeEd)nevoc?  nurllias  ckcXoc  TT313f.  u))iovTT321ff. 
hier  mit  Genetiv  der  Person,  in  313  scheint  der  Akkusativ  nur 
von  ÖOKeucac  abhängig.  ckcXoc  und  oiiiov  können  auch  hier 
Objekte  sein. 

ouTd(2)uj,  -r|-  =  ouTTice,  sonst  ourace.  Ilias  iLieidqppevov 
E  55f.  TiXeupd  -n-  A  467 ff.  CTfieoc  N  437  ff.  x^ipa  E458;  in 
E  334 ff.  'sie'?  oiiiov  A  420f.    ittttov  ujjuov  TT467f. 

Odyssee  outa  Keveüuva  x  294  f. 

irXriccuj  immer  die  augmentlose  Form  des  s- Aorists.  Hias 
auxeva  A  240.  KXrjiba  E  146 f.  nexdqppevov  r|öe  Kai  vj^xw  'ihn*? 
B  265f. 

Odyssee  vüjTa  k  161  f.  (ich)  einen  Hirsch. 

TU7TTU»  nur  Ilias  ßpaxiova  N  528 f.  'ihn'?  —  facrepa 
0  180;  A  531  'ihn'?  —  Xaiinov  N  541  f.  cqpupd  xai  auxeva 
TuTue,  Subjekt  der  Schild  Z  117,  d^q)i  Adverb;  sonst  tuv|;6(v) 
oder  ivi\f'. 

In  der  Odyssee  außerdem  mit  etwas  anderer  Bedeutung 
cOv  ö'  öcre"  dpaSev  ^  412  'ihn'?    Vgl.  das  Passiv. 

Dann  vgl.  ßeXoc  ö'  i9uvev  A0r|VTi  |  piva  Tiap'  öqpGaXjiov 
E  290  f. 

Küstungsteile,  nur  Aktiv  und  nur  in  der  Hias: 

ßdXXw  :  GiüpTiKOC  Twa^ov  E  98 f.  GÜJpTiKa  mit  ßeßXr|Kei  P  605 f. 
(k€V  .  .  .  ßdXe)  n  KÖpue'  r\i  cdKoc  Y  2881  cdKOC  'ihn'?  <t>  164. 
reXanuiva  mit  ßeßXriKei,  M  400f.    KopuSoc  qpdXov  A  459. 

^Xduu  :  KopuGoc  qpdXov  t^.  N  614  'ihn'? 

VUCCUJ  :  dcmba  'ihn'?  M  404.    cdKOc  A  563 ff. 


70  R.  Blümel, 

ouTd(Z:)ui :  cdtKoc  N  5511  und  dcmboc  ö)Li(paXöv  N  192  *ihn*? 

Als  Teilakkusativobjekte  wären  diese  Akkusative  von 
Rüstungsteilen  deswegen  auffallend,  weil  sonst  bei  Homer  Gegen- 
stand und  Zubehör  in  der  Gruppe  syntaktischer  Beziehungen 
nicht  vorkommen.  Der  'Ziel'akkusativ  dagegen  ist  hier  nicht 
weiter  auffallend. 

Passiv:  cuvapdccuj  nur  Odyssee  :  (ke)  cuv  b'  öcie'  dpdxöri 
€  426. 

ßdXXai  körperlich  nur  Ilias:  ßeßXnai  KeKeujva  öiainTTepec 
E  284.    ßXfiTO  .  .  .  Kvrnanv  A  518  f.    ßXnio  .  .  .  di|iov  P  598. 

Seelisch:  Ilias:  äx'ei  ineTdXuj  ßeßoXrjlnevoc  r^iop  I  9. 

Odyssee;  khp  dxei  |ieTdXiu  ßeßoXrmevoc  k  247. 

öatZiu  körperlich,  nur  Ilias:  öebaiYinevov  ^Top  P  535. 
Fraglich,  ob  zu  ßdXXuu  usw.  gehörig. 

KaTttTrXriccuj,  geistig,  nur  Ilias  KaTCTrXriTn  (piXov  i^Top  FSl. 

GcXtuu,  geistig,  nur  Odyssee:  Ipiu  ö'  dpa  9u|iöv  eöeXxOev 
c  212. 

dKirXriccu)  N  394,  ^KTrardccuj  c  327,  ßXdTrruü  TT  660  bedeuten 
berauben,  gehören  also  nicht  hieher. 

Zu  beachten  ist  wieder  ein  Unterschied  im  Gebrauch  des 
Aktivs  und  des  Passivs.  Es  hat  einen  Sinn  zu  sagen:  Er  traf 
ihn  auf  den  Schild,  dagegen  nicht  Er  wurde  (war)  in  den  Schild 
getroffen.  'Treffen'  konnte  dann  im  Aktiv  kaum  bildlich  ge- 
braucht werden,  der  'Vorgang'  ist  nicht  recht  verstellbar,  die 
'Folge'  aber  fühlbar.  Man  stellte  sich  den  seelischen  Schmerz 
vor,  ähnlich  wie  die  Folge  einer  Verwundung,  dagegen  kaum 
die  'Verwundung'  selbst;  'unlogisch',  aber  ganz  natürlich.  Der 
Vorgang  des  Beraubens  dagegen  konnte  auch  aktivisch  gegeben 
werden,  er  war  schon  viel  weniger  anschaulich :  dXXd  \ie  coc  xe 
ttöOgc  cd  xe  jinöea,  (pai5i|i'  'Oöucceü,  |  er)  x'  dTavoqppocuvn  neXiriöea 
0u)iöv  dirriupa  X  202  f.  sagt  die  Mutter  des  Odysseus. 

In  einzelnen  Fällen  kann  man  übei-setzen  schlagen  auf 
oder  über,  z.  B.  B  265  auf  oder  über  Rücken  und  Schultern ;  in 
anderen  durch  z.  B.  cuv  6'  öcxe'  dpdxOri  €  426. 

Diese  Unbestimmtheit  der  örtlichen  Auffassung  muß  auch 
hier,  bei  den  Vorben  des  Treffens,  dazu  führen,  daß  sich  die 
Bedeutung  des  Akkusativs  erweitert  und  ärmer  wird. 

Als  zweifelhaft  könnte  betrachtet  worden  die  Funktion 
des  Akkusativs,  wenn  daneben  noch  ein  anderer  steht,  abhängig 
von  Präposition,  der  ebenfalls  einen  Körperteil  bedeutet,  z.  B. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     71 

uic  ap  eqpri  Kai  0pfivuv  eXdiv  ßctXe  beHiöv  u)^ov  |  TipunvoTaTov 
Katd  vujTov  'ihn'  zu  ergänzen?  p  462 f.  (Hirsch)  töv  b'  tfuj 
CKßaivovTa  Kai'  dKvrjCTiv  ^6ca  vOuia  |  uXnHa  k  1611  Ich  weiß  nicht, 
ob  sich  ein  echter  Zielkasus  mit  Katct  +  Akkusativ  verträgt, 
denn  gerade  Katct  ist  die  Präposition,  die  später  mit  dem  Be- 
reichsakkusativ in  Wettbewerb  tritt;  aber  ein  Bereichsakkusativ 
mit  einer  weiteren  und  unbestimmteren  Bedeutung  als  sie  der 
Zielkasus  hatte,  kann  m.  E.  wohl  neben  Kaid  mit  Akkusativ 
stehen.  Es  ist  also  nicht  notwendig  in  p  4621  öeEiöv  ili^iov, 
K  1611  laeca  vujia  als  Akkusativobjekt  zu  fassen,  möglich  ist 
es.  Ygl.  das  Beispiel  tov  p'  eßaXev  KeqpaXfic  le  Kai  aüxevoc  ev 
cuveoxMuJ  I  veiaiov  dcTpdxaXov  Z  4651  Ygl.  (Hektor)  qpaiveTO 
b',  f)  KXrjlbec  dir'  üj)liijuv  auxev*  exouciv,  |  XauKaviriv  X  3241  Noch 
weniger  Schwierigkeiten  macht  es,  einen  Bereichsakkusativ  zu 
stellen  zu  einer  Bestimmung  mit  irapd:  Yctciepa  t^P  Miv  Tui|;e 
Ttap'  o^iqpaXöv  O  180,  mit  uttö:  ö  bi  |liiv  (p9d,uevoc  ßdXe  boupi  | 
Xai)iöv  utt'  dv6epediva  N  3871  koi  p'  eßaXe  Kvfmriv  uttö  Touvatoc 
0  591,  mit  uTiep:  voraus  f|Xace  :  6  he  irpociovia  laerujTTOv  [  pivöc 
UTTep  TTUiLidtric  N  6151  und  ^leccriTuc  :  dXXd  \x\v  Aipetöric  .  .  .  | 
ILieTdqppevov  outace  öoupi  |  uj^ijuv  |neccT]Tuc  E  55  ff. 

23.  Die  neue  Bezeichnung  Akkusativ  des  Bereichs. 

Als  einheitlicher  Name  für  alles  das,  was  man  im  Grie- 
chischen Akkusativ  der  Beziehung  heißt,  mit  Ausnahme  des 
övo^a,  soweit  es  andere  Ableitung  notwendig  macht,  und  des 
'eingekeilten'  Akkusativs  rjöee  ydp  Kaid  9u^öv  döeX9eöv,  iLc  etro- 
veiTo  B  409,  ebenso  für  aw.  masö  usw.  (aber  nicht  für  ai.  näma^ 
aw.  nqma)  empfiehlt  sich:  Akkusativ  des  Bereichs.  Gegen  die 
Bezeichnung  Akkusativ  der  'Beziehung'  oder  der  'Bezugs'  wendet 
sich  Brugmann  S.  121  mit  Recht,  vgl.  Brugmann-Thumb*  S.  439, 
Anm.  1.  Der  Name  'erklärender*  Akkusativ  —  Brugmann 
(nach  Delbrück  S.  F.  4,  Grundlagen  der  griechischen  Syntax  S.  32) 
S.  151  —  scheint  mir  auch  zu  unbestimmt  Das  Wort  Bereich 
schillert  ähnlich  wie  der  Akkusativ  des  Bereichs  von  örtlicher 
Bedeutung  zu  weniger  anschaulicher,  erweiterter;  es  bedeutet 
im  örtlichen  Sinne  namentlich  eine  gewisse  Ausdehnung,  im 
Bereich  von,  kann  aber  auch  örtlich  einen  'Fleck'  hervorheben; 
im  Bereich  von  .  .  .  läßt  sich  beziehen  auf  Körperteile  wie  auf 
Gebiete,  in  denen  etwas  geleistet  wird  {krank  im  Bereich  des 
Kopfes  —   hervorragend   im   Bereich   der   Naturwissenschaften). 


72  R.  Blümel, 

Natürlich,  ganz  genau  stimmt  die  Bedeutung  dieses  Wortes 
nicht,  man  muß  aber  das  Wort  als  einheitlichen  überdeckenden 
Namen  für  eine  grammatische  Kategorie  hinnehmen.  Mit  Wörtern 
wie  'Ziel'  steht  es  dabei  keineswegs  besser;  daß  wir  sie  als 
'richtig'  empfinden,  kommt  daher,  daß  wir  uns  angewöhnt  haben, 
mit  diesen  Wörtern  die  auf  die  Spracherscheinung  passende 
Bedeutung  zu  verbinden. 

Für  die  lateinische  Nachahmung  empfiehlt  sich  eben- 
falls der  Name  Bereichsakkusativ.  Vgl.  30. 

24.   Altgriechische  Spracherscheinungen   mit  dem  Ak- 
kusativ, in  denen  die  örtliche  Anschauung  noch  deut- 
licher zutage  tritt,   die  mit  dem  Bereichsakkusativ 
in  Wettbewerb   stehen. 

Ist  die  Ansicht  richtig,  daß  sich  der  Akkusativ  des  Be- 
reichs aus  örtlichen  Akkusativen  entwickelt  hat,  so  wird  es 
diese  Ansicht  stützen,  wenn  verwandte  Erscheinungen  nachzu- 
weisen sind,  die  wir  ganz  sicher  örtlich  fassen  müssen. 

Hierher  gehören  namentlich  die  örtlichen  Adverbien 
neben  dem  Akkusativ  und  die  Präpositionen  mit  Akkusativ. 

Örtliche  Adverbien:  unepGev:  TTeTrdXaKTO  rrobac  xai  x^i- 
pac  uTrepGev  x  406.  irobac  Kai  xeipac  uirepGev  |  ai)uaTÖeic  P541f 
qppiccei  bi  re  vujtov  uTiepöev  N  473.    TiXctZi'  uj)aouc  KaGüirepGev 

0  268  f. 

öia|LiTr€pec.  ßeßXrjcxi  Keveoiva  öiaiuTrepec  E  284.  öiaiiirepec 
ist  besonders  wichtig,  weil  es  auch  als  Post-  und  Präposition 
vorkommt,  allerdings  mit  Genetiv,  dXXd  )LidXa  ctixöc  €i|ni  bia|a- 
Trepec  Y  362  und  (ouTdZovTo)  5ia|iTrepk  dcmöoc  auific  M  429. 
Abgesehen  von  der  Verschiedenheit  des  Kasus  geben  die  drei 
letzten  Beispiele  die  Entwicklungsstufen  einer  Präposition,  aller- 
dings nach  der  Entstehung  der  ersten  Präpositionen. 

Präpositionen  mit  Akkusativ.  (Vgl.  bdKpuci  Treqpupiaevti 
dfiqpi  TrpocujTTa  c  173)  ganz  deutlich  öpdKiuv  ^tti  vüjia  baqpoivoc 
B  308.  Vgl.  dann,  für  die  Anschauung  der  Erstreck ung  be- 
sonders   deutlich:   ^avu»    Xiri   KdXuipav  |  ic    iroöac    ^k    K£(paXfic 

1  352 f.  Vgl.  (öq)iec)  Kudveoi  Kaid  vuiia,  latXdvGticav  bi  fivtia 
Hesiod  Acttic  167. 

Bei  Gemütsstimmungen  steht  Kaid:  tnönctiv  Kard  Gu^6v 
N  416.  Vgl.  KOpkcaio  öv  Kaid  Gun6v  u  59.  xuJÖ|ievov  Kaid  Gu|aöv 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     73 

A  429.  Ygl.  aivujc  öeiöoiKa  Kard  qppeva  ^n  . . .  A  555.  ööuvdujv,  | 
di  vöv  HIV  Tcipouci  Katd  qppevac  0  60  f. 

Ausdrücke  des  Gleichens:  cxaqpüXr)  eiri  vüütov  eicac  B  765. 
€ic  Ultra  eoiKtv  f  158  (a  411  ^lijKeiv).  Ygl.  dpicxoi  |  Ttctcav  in* 
ieüv  ecTC  laaxecöai  le  cppoveeiv  re?  Z  78 f.  ^). 

Häufig  sind  die  Beispiele  für  Präpositionen  bei  Verben 
des  Treffens.  Am  ähnlichsten  erscheint  dem  bloßen  ehemaligen 
Zielakkusativ  zu  sein  Kard  mit  Akkusativ. 

ßdXXou  Ilias:  auxeva  <!>  406,  yacTepa  TT  465,  yXoutöv  E  65 f. 
(ßeßXriKei,  e.  N  651).  fovu  mit  ßaXtüv  Y  457  f.,  iviov  mit  ßeßXqKei 
E  72f.,  icxiov  E  305,  KeqpaXriv  TT  411  f.  Kopuqpriv  0  81ff.  (Pferd); 
}ial6v  mit  ßeßXrjKci  E  392  ff.  CTfi0oc  0  302  f.  diiaov  mit  ßaXujv 
A  505  ff. 

Odyssee:  Xai|aöv  x  1^.  vuitov  p  462 f. 

iXduu  Ilias  KeqpaXrjv  r\.  Y  474 f. 

Odyssee :  auxeva  x  328. 

vuccuu  nur  Ilias.  KXr|iba  E  5781?  Kpotaqpov  Y  395 ff. 
irpoTiuriciv  A  423  ff.  CTÖ|ua  TT  345  f.  xeip«  A  252.  oiiiov  E  45  f. 

ouTd(Z;)uj  Ilias  auxtva  Y  455.  fiirap  Y  469.  icxiov  A  338f. 
ö(p9aX)uioTo  0e^e9Xa  E  493.  Xairdpriv  Z  63 f.  ouc  Y472f.  outace 
A  338,  sonst  ouia. 

Odyssee :    ojjiov  t  452.  -r|-. 

TrXrjcciJU  nur  Odyssee.    dKvricxiv  k  161  f. 

TUTTTUJ  nur  Ilias.  Yotciepa  P  312  f.  xX^iöa  <t>  116  f.  qppeva 
T  125. 

Rüstungsteile  nur  Ilias.  ßdXXuu:  dcmöa  T  347.  Zuucriipa 
E  615.  KopuÖa  A  350  f.  (Vgl.  cdicoc  .  .  .  aKpÖTarov  Katd  xa^^öv 
H  245  f.). 

vuccuu  dcTTiba  V818f.    Zujvtiv  A  234f. 

Gurduj  aiTiba  O  400  f.  -n-.  dcTtiöa  A  434.  -r]-. 

Passiv  nur  Bias:  Körperteile:  ßdXXiu:  itvutiv  N  212,  \xr\- 
pöv  A  809  f.  beidemale  ßeßXrmevoc. 

ovTäluj  xpoct  M  427. 

TUTTTuu  xtip«  N  782 f. 

Rüstungsteil :  ßdXXiu,  Subjekt  TrrjXriE?  qpdXapa  17  1051 

^c:  veiaiov  ec  Keveuiva  ßaXiijv  A  381  f. 

ouTa  be  öoupi  |  veiarov  ic  Keveujva  TT  820 f. 

^TTi:  eni  ciöji'  emce  TT  410. 


1)  Für  den  Richtungsakkusativ  vgl.  die  Stelle  in  Apollonios  S.  68. 


74  R.  Blümel, 

irpöc  CTTiGoc  ßeßXriKCi  A  106 ff. 

Odyssee  x  285  f. 

ilXace  rrpöc  CTriÖea  O  424 f. 

ouTotfievai  irpöc  cttiGoc  i  301. 

Passiv  gßXriTO  irpöc  CTfjBoc  TT  752f. 

Mit  Y  777,  ev  b'  öv9ou  ßoeou  irXfiTO  CToiua  le  pTvdc  re  vgl. 
(Blut):  TÖ  ö'  dvd  CTÖ)Lia  Kai  Katd  ^ivac  |  irpnce  xavuüv  TT349f. 
auTiKtt  b'  auXöc  dvd  pivdc  iraxöc  r\kQev  \  ai'iaaToc  dvbpo|aeoio 
X  18f.    dvd  pivac  be  oi  r\br]  \  bpniv  juevoc  irpouTuipe  uuSlSf. 

Andere  Präpositionen  wie  rrapd  uirö  kommen  zum  Ver- 
gleich nicht  so  recht  in  Betracht^). 

Diese  Entsprechung :  bloßer  Akkusativ  —  Präposition  mit 
Akkusativ  findet  sich  auch  beim  Akkusativ  der  Entfernung: 
öccov  Tic  b' Ibaqpoc  vriöc  TopvujceTai  dvrip, . . .  TÖccov  lir' eüpeiav 
cxebinv  iroiricat'  'Oöucceuc  e  249 ff.  ^dxnc  eiri  6' öccov  dpicToi  | 
€CTacav  P368f.  (soweit  in  der  Schlacht  . . .)  öccov  t'  Itti  boupöc 
ipujx]  I  YiTveiai  0  358f.  Auch  zeitlich:  Kabbpaöeiriv  oü  iroXXöv 
iixi  xpövov  o  494. 

Dieselbe  Erscheinung  neben  dem  als  Zielakkusativ  aner- 
kannten Akkusativ: 

iKavou  Godc  im  vfiac  Axaiuiv  B  168.  eic  oupavov  0  509. 

buo|iai:  eic  eyKeqpaXov  0  85.  KaTabüco)Lie9' . . .  |  eic  Aiöao 
böiuiouc  K  174 f.  sogar  bucKCv  |  eic  Aiavt'  0  271  f.  dXöc  Kaid 
Kxjixa  Z  135  f.    U1TÖ  Kuiia  0aXdccric  Z  145. 

25.    Allgemeineres  über  die  hier  angenommene 
Entwicklung. 

Die  Geschichte  des  Bereichsakkusativs  und  des  daneben 
vorkommenden  Gebrauchs  von  Präpositionen  mit  Akkusativ  ge- 
hört in  einen  größeren  Zusammenhang,  nämlich  in  die  Geschichte 
des  Akkusativs,  der  später  durch  Präposition  mit  Akkusativ  er- 
setzt wird.  Die  allgemeinen  Züge  der  Entwicklung  sind  diese: 
Nach  einer  anfänglich  der  Anschauung  genügenden  Form  (bloßer 
Akkusativ)  die  allmählich  in  der  Bedeutung  erweitert  wird  und 
damit  verblaßt,  kommt  eine  andere  mit  lebhafterer  Anschauung 
verbundene  auf  (Präposition  mit  Akkusativ).  Die  alte  Erschei- 
nung hält  sich  nur   mehr  in  weniger  anschaulichen  Gebieten 


1)  Vgl.  auch   noch   irflc   äirac  =  'in   seiner  ganzen   Ausdehnung' 
Abschn.  19. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    75 

und  deren  Fortentwicklungen,  die  keine  anschauliche  Form  nötig 
haben:  Akkusativobjekt;  Akkusativ  der  gemessenen  Entfernung, 
Akkusativ  der  Zeitdauer,  und  Akkusativ  des  Bereichs  i).  Daß 
sich  der  Akkusativ  des  Bereichs  überhaupt  gehalten  hat,  daß 
er  nicht  in  viel  weiterem  Umfange  oder  ganz  durch  Präposi- 
tionen mit  Akkusativ  ersetzt  wurde,  kommt  daher,  daß  die  Be- 
deutung die  man  auszudrücken  hatte,  als  Ganzes  schon  unan- 
schaulich geworden  war,  als  sich  der  Gebrauch  der  Präpositionen 
entwickelte.  Damit  haben  wir  einen  Anhaltspunkt  für  die  Ent- 
stehungszeit des  Bereichsakkusativs. 

Es  ist  sehr  wichtig,  daß  später  gewisse  Präpositionen 
namentlich  Kard  einen  ähnlichen  Entwicklungsgang  durchmachen 
wie  der  Bereichsakkusativ.  Ygl.  auch  Lokativ  allein  und  mit  ev 
Abschn.  27. 

Man  kann  auch  das  vom  Akkusativgebrauch  Gesagte  um- 
drehen und  sagen :  Wir  finden  in  gewissen  Fällen  Präposition 
mit  Akkusativ,  wo  früher,  z.  T.  noch  belegt,  bloßer  Akkusativ 
stand,  wir  finden  bpdKUJV  erri  voira  öaqpoivoc,  Katd  6u|növ  i-^r\- 
öeic  eßaXov  CKeivov  Kax'  auxeva,  daneben  iröbac  ai)aaTÖeic,  6u|uöv 
CTnöeic,  eßctXov  iKeivov  auxeva;  ec  Trdxoc  neben  Traxoc.  Nachdem 
wir  sonst  der  Verbindung  Präposition  mit  Akkusativ  den  bloßen 
Akkusativ  vorangehen  lassen,  nehmen  wir  dasselbe  auch  hier 
an^).  Die  Annahme  eines  derartigen  Bereichsakkusativs  füllt  also 
eine  Lücke  im  griechischen  Akkusativsvstem  aus. 

Betrachten  wir  den  Gebrauch  der  Präpositionen  mit  Akku- 
sativ bei  Homer,  so  finden  wir,  daß  gerade  der  Akkusativ  des 
bestrichenen  Raums  bei  Präpositionen  sehr  häufig  und  sehr 
lebendig  ist,  unsere  deutsche  Anschauung  weicht  da  oft  ab.  Ich 
führe  nur  das  eine  sehr  bezeichnende  Beispiel  an:  ^Trei  |idXa 
map  utt'  oubac  i  135.  Auch  vor  der  Entwicklung  der  Präpo- 
sitionen muß  der  örtliche  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes 
gerade  im  Griechischen  sehr  lebendig  gewesen  sein,  und  das 
wird  ein  Hauptgrund  zur  Entstehung  des  Bereichsakkusativs 
gewesen  sein, 

S.  31  hat  es  sich  ergeben,  daß  im  Griechischen  Gruppen 
von  Subjektsbeziehungen   (Ganzes  und  Teil)   kaum   vorkamen. 


1)  Vgl.  damit  die  teilweise  Ablösung  des  artikellosen  Substantivs 
durch  Artikel  und  Substantiv  im  Germanischen,  Griechischen,  Romanischen. 

2)  Vgl.  Kühner  Ausführliche  Grammatik  der  Griechischen  Sprache', 
§  557  Anm.  1,  S.  221  f. 


76  R.  Blümel, 

Welches  waren  nun  die  andern  Erscheinungen,  welche  die  eben- 
genannten nicht  aufkommen  ließen  ? 

Offenbar  der  von  Havers  entdeckte  sympathetische  Dativ 
und  der  ihm  entsprechende  Genetiv,  z.  B.  ibc  dpa  coi,  MeveXae, 
iLieid  9peci  öu^öc  mv9n  Y  600  und  toTo  öe  0u|a6c  |  idv6r|  Y  5971, 
dann  örtliche  Kasus  beim  Teilinhalt,  so  der  Lokativ  und  in  her- 
vorragendem Maße  der  Teilakkusativ  selbst.  Solange  dieser  das 
von  ihm  eingenommene  Gebiet  noch  nicht  innehatte,  können 
sehr  wohl  der  sympathetische  Dativ  und  der  ihm  entsprechende 
Genetiv,  vielleicht  noch  anderes,  die  Lücke  ausgefüllt  haben. 
Jedenfalls,  wenn  je  die  Gruppe  von  Subjektsbeziehungen  bei 
Ganzem  und  Teil  lebendig  war,  so  war  der  Bereichsakkusativ 
ihr   an  Anschaulichkeit  überlegen  und  konnte   sie  verdrängen. 

26.   Etwaiger  Analogiekampf  der  Entwicklungsreihen 
des    Bereichsakkusativs    und    der    Reihe  0eoK\u|ievoc 

ÖV0)Lld    dcTiv. 

Delbrück  und  Kieckers  wollen  den  Bereichsakkusativ  von 
dem  Gebrauch  des  Wortes  Name  ableiten.  Schwierigkeiten  be- 
reitet, vgl.  S.  27. 

1.  die  Kluft  in  der  Funktion  im  Griechischen  und  A wes- 
tischen, und  in  der  Wortbedeutung  im  Awestischen  [nqma  usw. 
—  masö). 

2.  Das  beträchtlich  höhere  Alter  des  Bereichsakkusativs 
im  Griechischen. 

3.  Die  Seltenheit  des  Gebrauchs  im  Griechischen;  5  un- 
sichere Beispiele  bei  Homer  mit  eivai,  von  80  Beispielen  bei 
Herodot  nur  3  =  3,75 <>/o  mit  övo|aa!  S.  18.  Dagegen  etwa  450 
Fälle  des  Bereichsakkusativs  bei  Homer.  (Die  Infinitive  mit- 
gerechnet). 

4.  Die  Unsicherheit  der  Ableitung  des  homerischen  6vo\ia 
neben  eivai. 

Im  einzelnen  kommt  es  darauf  an,  ob  man  die  von  mir 
gegebene  Ableitung  ablehnt  oder  nicht  In  letzterem  Falle  han- 
delt es  sich  darum,  ob  von  övo|ia  Analogiebildungen  ausgegangen 
sein  können  und  wie  weit  diese  Bewegung  ging. 

Lehnt  man  meine  Ansicht  ab,  so  müssen  die  vier  ge- 
nannten Gegengründe  entkräftet  werden. 

Dazu  kommt  noch  ein  neuer  5.  Gegengrund.  Die  Ansicht 
von  Delbrück  und  Kieckers  zwingt  uns,  eine  Ableitung  von  dem 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     77 

SO  ziemlich  unanschaulichsten  Beispiel  der  ganzen  Entwicklungs- 
reihe zu  versuchen  (övo|ua  eivai,  man  vergleiche  damit  TTÖÖac 
aiiaatöeic  nach  beiden  Bestandteilen)  und  aus  diesem  und  ähnlich 
unanschaulichen,  die  sich  daran  angeschlossen  hätten,  die  an- 
schaulicheren abzuleiten.  Das  erscheint  mir  als  durchaus  un- 
wahrscheinlich für  Völker,  die  viel  anschaulicher  empfanden  usw. 
als  wir  heutigen  Grammatiker,  und  denen  sich  das  Anschau- 
liche daher  viel  mehr  aufdrängte  als  das  weniger  Anschauliche 
und  das  Unanschauliche. 

^'iDlmt  man  meine  Ableitung  an,  so  finden  jene  eigen- 
tümlichen Neuerungen  (Aussagen  von  einem  Hunde,  von  einer 
Pflanze,  von  der  Stimme,  die  Verbindungen  von  Ausdrücken  für 
Körperteile,  Seelenkräfte,  Tätigkeiten  verschiedener  Art)  ihren 
angemessenen  Platz  in  der  Entwicklung;  man  sieht  aus  ihrem 
Auftreten  eine  zunehmende  'Verbreiterung'  der  ganzen  Erschei- 
nung, man  kann  annehmen,  daß  z.  B.  ein  Ausdruck  für  Stimme 
als  Bereichsakkusativ  erst  dann  möglich  war,  als  sonstige  Bei- 
spiele des  Bereichsakkusativs  neben  Wörtern  wie  gleich,  ähnlich 
vorkamen.  Nach  Delbrück  und  Kieckers  verstehe  ich  nicht,  wa- 
rum die  Ausdrücke  für  Stimme  bei  Homer  nur  neben  Ausdrücken 
der  Gleichheit  vorkommen  sollen  und  sich  nicht  solche  einge- 
funden hätten  wie  *ÖTTa  mit  einem  rühmenden  Beiwort  für 
Kaljpso  (doiöidouc'  otri  Kokf)  e  61)  oder  *dTeipric  cpuuvriv  für  Dei- 
phobos,  vgl.  X  227  oder  wenn  dreipric  hier  nicht  passen  sollte, 
mit  einem  anderen  Beiwort.  Vgl.  übrigens  ^evoc  aiev  dreipric 
\  270.  Man  würde  also  eine  vielfach  andere  Entwicklung, 
vielfach  andere  Beispiele  haben  als  die,  welche  wir  tatsäch- 
lich haben. 

Also  auch  hier  wieder  die  Unmöglichkeit  einer  Ableitung. 

Wird  nun  meine  Ansicht  anerkannt,  so  fragt  es  sich,  ob 
und  wieweit  eine  Analogiebildung  von  övoua  aus  möglich  ist. 
(Das  Awestische  fällt  weg.) 

Es  ist  hier  sehr  wichtig  zu  veranschlagen,  wie  weit  der 
Bereichsakkusativ  schon  entwickelt  war,  als  övo^ia  aufkam. 
Offenbar  war  jener  schon  in  sehr  starker  Entwicklung,  auf 
viele  Fälle  ausgebreitet,  und  in  vielen  Beispielen  verbreitet,  als 
Ganzes  dem  övo)aa  darin  weit  überlegen  und  weit  überlegen 
auch  in  Anschaulichkeit.  Also  für  den  Analogiekampf  eine  er- 
drückende Überlegenheit  des  Beziehungsakkusativs.  Man  kann 
sogar  annehmen,  daß  im  Griechischen  (aber  nicht  im  Awestischen) 


78  R.  Blümel, 

nach  Analogie  von  Bereichsakkusativen,  namentlich  tevoc,  fever\v, 
Bereichsakkusative  wie  övoina  gebildet  wurden,  neben  den  Akku- 
sativen  övojaa,  die  Delbrück  und  Kieckers  angenommen,  und 
neben  den  Prädikaten  övo|uia,  die  Brugmann  nachgewiesen  hat. 

Ist  eine  Analogiewirkung  von  dem  övo|na  Delbrück's  und 
Kieckers'  in  das  Gebiet  des  Bereichsakkusativs  ausgeschlossen? 
Ich  glaube  nicht,  nur  halte  ich  sie  für  sehr  gering  an  Wirk- 
samkeit. Die  andere  war  viel  mächtiger.  Und  dann  kommt  in 
Betracht,  daß  sich  die  syntaktische  Analogie  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  anfangs  nur  in  kleinen  Schritten  ausdehnt, 
was  die  Bedeutung  der  Wörter  betrifft;  erst  später,  wenn  die 
syntaktische  Funktion  weiter  ist,  macht  sie  Sprünge.  Ein  Schritt 
von  TreiraXaKTO  iröbac  XuGpiu  zu  iröbac  aiiaaxöeic  ist  (am 
Anfang  der  Entwicklung)  schwieriger  als  später  einer  von  loiKe 
be)Liac  Ariicpoßuj  zu  eoiKe  qpuuvriv  Aritqpoßuj.  Also  auch  in  dieser 
Beziehung  ist  die  Analogiewirkung  von  övo|Lia  viel  geringer 
als  die  des  Bereichsakkusativs,  und  ich  glaube,  daß  sie  namentlich 
in  dem  Kampf  gegen  diesen  höchstens  Beispiele  von  y^voc  und 
Yevenv  neben  eivai  besetzt  hat,  vielleicht  bloß  in  Fällen  wie 
Yevoc  ecTiv  AiTiaXeuc,  ctvrip  Yevoc  AiYiaXeuc,  Von  hier  auf  4H 
MOdKric  Yevoc  ei}ii  ist  m.  E.  schon  ein  Sprung,  noch  mehr  von 
eivai  T£voc  auf  ^oiKevm  Tever|v. 

Ebenso  ist  die  Analogiewirkung  des  Brugmannschen  övojia 
jedenfalls  gering  gewesen. 

27. — 29.  Andere  Bereichskasus. 

27.  Lokativ  des  Bereichs. 

Eine  Reihe  von  Belegstellen  für  bloßen  'Dativ'  und  dv 
mit  *Dativ'  bei  Körperteilen,  die  als  Sitz  von  Gemütsstimmungen 
gedacht  sind,  führt  La  Roche  S.  21  und  264  an. 

9u)lilD:  z.  B.  x^tipfc  ö^  6u|liuj  Z  156  0  483. 

qppeciv:  xuj6\xi.voQ  qppeciv  fjciv  T  127.  Vgl.  xo^^caio  Kr|- 
p60i  ^dXXov  i  480. 

Mit  dvi:  xaipiwv  ^vi  Buiaa)  6  395  KCXoXiLcöai  ^vi  q)peciv 
TT  61.  TepTtei'  ^vi  cppeciv  fjciv  ökouijuv  9  368  (nicht  bei  La  Roche) 
dann  Ktivoc  ö'  au  irepi  Kfjpi  inaKapiaToc  ?£oxoc  dXXujv?  l  158. 

Lokativ  :  ^v  mit  Lokativ  verhält  sich  entsprechend  wie 
Bereichsakkusativ  :  Kard  mit  Bereichsakkusativ. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    79 

Körperliche  Empfindungen,  welche  Gemütserregungen  be- 
gleiten, sind  örtlich  nicht  immer  genau  festzustellen,  und  der 
Lokativ  paßt  daher  als  mehr  feststellend  auch  hier. 

Vgl.  dann  toTciv  kev  ^v  aXTCCiv  iciwcaiiunv  n  212  mit  einer 
der  deutschen  auffallend  ähnlichen  TTendung,  auch  keine  ge- 
naue örtliche  "Vorstellung.  Es  steht  aber  selbst  Tupöc  ev  a»|aoiciv 
T  246,  weniger  auffällig  oube  tto6i  laiapoc  {ist  er)  Q  420  'an 
keiner  Stelle'. 

Für  deu  Gebrauch  von  Lokativ  mit  oder  ohne  ^v,  wo  das 
Ortsverhältnis  im  Augenblick  geschaffen  wird,  Abschnitt  11, 
vgl.  Yttiri  TTriEac  eufipec  epeT)iöv  \  129  und  ^ect]  6' evi  Tctctepi 
TTfiEev  N  398,  vgl.  aiiuaToecca  be  x^ip  Treöitu  ixice  E  82  und 
XaXKÖv  i\\  CTnGecci  ßaXiuv  E  317.  Tgl.  qpaivexo  5'  fj  KXrjiöec 
dtt'  uj|Liujv  auxev'  ^xo^civ,  |  XauKavirjV  X  324  f.  (^!)  und  xöv  p' 
IßaXev  KEcpaXfic  le  Kai  auxevoc  ev  cuvecxi^MJ?  |  veiaiov  dcrpa- 
TaXov  £  4651 

Man  sieht  also:  es  findet  sich  mindestens  ein  Ansatz  zur 
Ausbildung  eines  Bereichslokativs,  und  man  darf  annehmen, 
daß,  wo  Beziehungs'dativ'  vorliegt,  z.  T.  auch  Lokativ,  nicht 
Instrumental  zugrunde  liegt,  z.  ß.  (iliujXu)  pilvi  \xev  fitXav  Ick€, 
ToXaKTi  öe  ekeXov  dv6oc  k  304  (an  der  Wurzel  .  .  .). 

28.  Genetiv  des  Bereichs. 

Hier  ist  an  den  Massegenetiv  zu  denken  (fälschlich  *par- 
titiv'  genannt)^).  Es  gibt  einen  Genetiv  des  bestrichenen 
Raums,  ich  führe  aus  Brugmann-Thumb  S.  445  an  Ipxoviai 
Treöioio  B  801,  fmiovoiv,  m  Tdp  te  ßouiv  Trpoqpepecrepai  eiciv  |  ^Ke- 
jievai  veioio  ßaGeinc  ttiiktöv  dpoipov  K  352  f.  uTidTeO'  u|neTc  Tf]C 
oöoö  Aristophanes,  Frösche  174.  ei  k'  dv  irapaiiiaEeuri  rdc  KeXeu0iu 
xdc  KttKeijuevau  Kai'  AXeav  arkad.  Dazu  iZic  b'  oxe  Tctciep'  dvrip 
TToXeoc  TTupöc  aiöojaevoio  ]  euirXeiriv  Kvicnc  xe  Kai  ai'iictxoc 
Ivöa  Kai  ev9a  |  aioXXr)  u  25 ff.  (durch  .  .  .)  Auch  ein  Richtungs- 
genetiv kommt  vor:  ievai  xoO  irpöcuj  Xen.  (Brugmann-Thumb 
S.  445).  —  Zum  Genetiv  des  bestrichenen  Raumes  gehört  dann 
der  Genetiv  neben  Präpositionen  wie  öid,  erti  (soweit  er  Masse- 
genetiv ist).  Der  Unterschied  von  Genetiv  und  Akkusativ  ist 
ähnlich  aufzufassen  wie  der  von  Massegenetiv  und  Akkusativ 


1)  Über  das  Unberechtigte  der  Bezeichnung  partitiver  Genetiv   s. 
Thomson  IF.  28,  111. 


80  R.  Blümel, 

als  Objekt,  Massegenetiv  und  Nominativ  als  Subjekt  im  Slavi- 
schen  und  Litauisciien,  dessen  Wesen  uns  Thomson  klar  ge- 
macht hat  IF.  28,  107  ff.  1). 

Nun  ist  es  von  Bedeutung,  daß  das  bei  Havers  S.  150, 
Brugmann-Thumb  S.  446  angeführte  Beispiel  Euverpißri  rfic  KCcpaXfic 
Aristophanes,  Friede  71  bis  auf  den  Unterschied  von  Genetiv 
und  Akkusativ  genau  zum  Bereichsakkusativ  stimmt  (lueTa  C9Ööpa 
in  KaTedTn  Tf|c  KecpaXfic  laeT«  cqpobpa  Aristophanes  Wespen  1428 
braucht  den  Genetiv  keineswegs  zu  regieren,  wie  Havers  S.  150 
anzunehmen  scheint).  Die  akkusativischen  Beispiele  bei  Ari- 
stophanes, die  Havers  S.  150  anführt,  sind  alle  derart,  daß  sie 
die  Grundschicht  des  Bereichsakkusativs  bilden  könnten,  und 
auch  diese  beiden  genetivischen  Beispiele  sehen  sehr  alter- 
tümlich aus. 

Vielleicht  hat  der  Bereichsgenetiv  Anteil  an  dem  Genetiv 
bei  Adjektiven  wie  kundig^  erfahren,  6TncTri)LUJUv  (tujv  iroXeiiUKUJV 
und  Tot  TTpocrjKOVTa  ti^  ÖTrXicei,  beide  bei  Xen.)  vgl.  dTTicppova 
ßouXr|v. 

Nach  Thomson  ist  der  Unterschied  zwischen  Objekts- 
akkusativ und  entsprechendem  Genetiv,  Subjektsnominativ  und 
entsprechendem  Genetiv  am  besten  aus  der  Volkssprache  zu 
erkennen,  die  Sprache  des  Schrifttums  nimmt  auf  diese  Unter- 
schiede viel  weniger  Rücksicht.  Ähnlich  wird  es  gerade  hier 
auch  im  Griechischen  gewesen  sein,  die  beiden  Beispiele  tauchen 
auch  bei  Aristophanes  auf. 


1)  Was  wir  Masse  g e n e ti v  nennen,  war  ursprünglich  der  syn- 
taktischen Funktion  nach  Subjekt  (also  Nominativ)  oder  Objekt  wie  ein 
Akkusativobjekt,  also  Akkusativ,  vielleicht  hatte  es  auch  noch  andere 
Funktionen,  vgl.  Brugmann-Thumb  §  450.  Der  Unterschied  zwischen  diesem 
'Genetiv'  und  dem  anderen  Kasus  lag  in  der  Suffixbedeutung,  hat  aber 
mit  Syntax  ursprünglich  nichts  zu  tun  (Thomson  IF.  28,  107),  sondern 
gehört  der  Wortbildungslehre  an.  An  Kasusformen  war  dieser  Massen- 
inhalt  ähnlich  arm  wie  der  Massen inhalt  des  Neutrums,  er  scheidet 
ebensowenig  wie  dieses  Nominativ  und  Akkusativ.  Wenn  wir  im  Deut- 
schen und  Französischen  neben  der  gewöhnlichen  eine  'partitive'  Flexion 
haben  {der  Wein  —  Wein,  le  vin  —  du  vin),  so  erinnert  das  an  unser 
ausgebildetes  Tempusystem  des  Verbs,  in  welchem  vor  allem  die  Personen- 
endungen als  solche  syntaktisch  sind  wie  die  Kasusformen  jener  zwei 
Deklinationen,  während  das  'Wort*  in  jedem  Tempus,  in  jeder  Flexions- 
klasse eine  andre  Färbung  der  Eigonbcdculung  hat.  Übrigens  ist  unsere 
Flexion  von  Wein  nicht  vollständig,  es  fehlt  ihr  der  reine  Dativ,  John 
Ries  AfdA.  19,  342. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     81 

Der  Genetiv  des  Sachbetreffs,  den  Nachmanson  Eranos 

9,  31  ff.  behandelt,  ist  anderer  Art  als  der  Genetiv  des  Bereichs, 
den  ich  hier  im  Auge  habe.  Vielleicht  hängen  beide  irgend- 
wie zusammen. 

Dann  kann  noch  erwähnt  werden  "Aßaviec  ...  ÖTtiGev 
KOjioujVTec  B  542  mit  ablativischer  Anschauung. 

29.  Instrumental  der  'Beziehung* i). 

Das  Gebiet  des  Akkusativs  läuft  vielfach  gleich  mit  dem 
des  Genetivs,  anderseits  mit  dem  des  Instrumentals.  Genaueres 
Eindringen  wird  aber  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  hier 
zeigen,  daß  statt  scheinbar  lückenlos  ausgedehnter  Gebiete  auf 
beiden  Seiten  kleinere  Sondergebiete  anzunehmen  sind,  die  sich 
nur  z.  T.  entsprechen,  ähnlich  wie  dies  der  Fall  ist  bei  Aktiv 
und  Passiv. 

Es  ist  dann  auch  noch  hervorzuheben,  daß  auch  von  dem 
eben  Erwähnten  abgesehen  nur  Ähnlichkeit,  nicht  Gleichheit 
der  betreffenden  Kasusbedeutungen  vorliegt. 

30.  Die  lateinische  Nachbildung  des  griechischen 
Bereichsakkusativs. 

Hiefür  stütze  ich  mich  auf  Landgraf  Wölfflins  Archiv 

10,  209  ff. 

31.  E.  ist  ein  Versuch,  den  Bereichsakkusativ  aus  dem 
Akkusativobjekt  des  Teils  abzuleiten,  im  Lateinischen  ebenso 
vergeblich  wie  im  Griechischen  (Abschnitt  7,  S.  28  ff.).  Gleiches 
gilt  m.  E.  für  den  Versuch  einer  Ableitung  von  Verben  mit 
verschiedenem  doppelten  Akkusativobjekt  wie  lehren,  fordern, 
fragen  usw.  Abschnitt  8,  S.  36  ff.  Zu  den  Verben  wie  fordern, 
fragen  rechne  ich  auch  osk.  censaum,  lat.  censere  gegen  Brug- 
mann  S.  133. 

Bei  den  Verben  des  Anziehens  (Landgraf  S.  219  ff.)  scheint 
mir  Landgrafs  Ansicht  richtig,  daß  hier  ein  'Medium'  vorliegt, 
dann  ist  aber  der  'Akkusativ  des  Kleidungsstücks'  ein  Objekt 
und  kein  Bereichsakkusativ.  — 

Die  lateinische  Entwicklung  des  Bereichsakkusativs,  wenn 
man   so   sagen  darf,  beginnt  bei  Ennius,   dann   nochmals   bei 


1)  Auch  hier  muß  noch  'Beziehung'  durch  eine  genauere  Bezeich- 
nung ersetzt  werden. 

lodogermanische  Forschungen  XXXIII.  6 


82  R.  Blümel, 

dem  Verfasser  des  Afrikanischen  Kriegs  und  den  Augusteischen 
Dichtern.  (Landgraf  216  ff.). 

Ennius  hat  jJßfculsi  pectora  Poeni  Ann.  534. 

Lukrez  perculsae  corda  1,  12;  mentes  perctdsa  1,  259; 
percussi  membra  timore  5,  1122  Lukrez  noch  tremit  artus  3,  487 
(Landgraf  214).  Diese  5  Beispiele  alle  von  Gemütsstimmungen. 

Der  Verfasser  des  Afrikanischen  Krieges  hat  graviter 
pilo  Caput  ictus  78,  10  und  bracchium  gladio  percussus  85,  8 
(Landgraf  S.  217),  also  Körperteile. 

Die  Augusteischen  Dichter:  Akkusative  von  Körper- 
teilen: 

Ovid:  Collum  percussa  securi  Trist.  4,  2,  5;  percuHmur 
Caput  (Landgraf  S.  215)  Met.  14,  300;  traiectum  terga  sagitta 
Met.  9,  102;  tempora  Fast.  2,  110;  pectora  5,  709.  Daneben  latus 
icta  Met.  11,  507;  laesus  partem  Rem.  111;  laesa  nianum  Fast. 
4,  120. 

Horaz:  peruste  funibus  latus  Ep.  4,  3. 

Akkusative  von  Seelenvermögen: 

Vergil  percussa  mentem.  Georg.  4,  357  (4 mal  turbatus 
mit  Akkusativ.)  concussa  mentem  Aen.  12,  468.  concussus  animum 
Aen.  5,  869. 

Horaz  concussa  mentem  Sat.  2,  3,  295*). 

Neben  transitiven  Verben,  die  mit  per  und  trans  {con??) 
zusammengesetzt  waren,  stand  außer  dem  Objektsakkusativ  ein 
weiterer  Akkusativ,  der  von  der  Präposition  abhing  und  infolge- 
dessen auch  im  Passiv  stand.  Dieser  Akkusativgebrauch  scheint 
echt  lateinisch  zu  sein.  Vgl.  im  klassischen  Latein  trädüco 
träicio  transporto.  Es  ist  bezeichnend,  daß  dieser  Akkusativ 
gerade  in  den  ältesten  Beispielen  für  den  *lateinisciien  Be- 
reichsakkusativ* auftritt.  Partizipien  wie  perculsus  jjercussus  hatten 
also  einen  echtlateinischen  Akkusativ  des  durchbohrten  Körper- 
teils (bildlich  oder  im  eigentlichen  Sinne  gebraucht)  bei  sich, 
sie  waren  aber  auch  fähig,  Partizipien  einfacher  griechischer 
Verben  wie  ßeßoXr|)Lievoc,  ßXrmevoc*)  nachzubilden,  der  Zusammen- 
hang der  Zusammensetzungen  percuhus^  percussus  mit  dem  Grund- 
wort war  verloren  oder  verdunkelt.   Es  lag  nun  nahe,  das  dem 

1)  Für  die  aus  Plautus  angeführte  Stelle  Landgraf  S.  209  vgl.  Land- 
graf Archiv  10,  376. 

2)  Der  Gebrauch  des  Partizips  in  den  ältesten  Beispielen  weist 
auf  das  homerische  Vorbild,  vgl.  S.  70  die  Beispiele  von  Gemütsstimmungen 
mit  Partizip. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    83 

percussus  bedeutungs verwandte  ictus  einzusetzen,  weil  das  ein- 
fache idm  ohne  Präposition  dem  griechischen  Vorbild  besser 
entsprach,  das  ja  auch  nicht  zusammengesetzt  war.  (Daß  der 
Verfasser  des  Afrikanischen  Krieges  erst  ictus^  dann  percussus 
hat,  braucht  nicht  darauf  schließen  zu  lassen,  daß  der  Verfasser 
überhaupt  ictus  mit  Akkusativ  früher  gebildet  hätte). 

Entsprechendes  wie  für  ictus  gilt  für  turbatus,  größer  ist 
der  Sprung  auf  tremo,  hier  liegt  ebenfalls  ein  homerisches  Bei- 
spiel vor:  Tpo)Li€Oua  be  xe  qppeva  vaürai  0  627. 

Schon  der  Akkusativ  bei  ictus,  turbatus,  tremo  ist  nicht 
mehr  echt  lateinisch.  Die  weitere  Entwicklung  hat  für  die  Er- 
hellung des  Ursprungs  nur  noch  die  Bedeutung,  daß,  vgl.  Land- 
graf 217,  auch  noch  später  Zusammensetzungen  mit  per  und 
trans  auftreten.  Es  scheint,  daß  (grundsätzlich)  jeder  Schrift- 
steller und  Dichter  mit  echtlateinischem  Sprachgefühl  bei  der 
Nachbildung  der  griechischen  Vorbilder  zuerst  auf  solche  Verben 
kommen  mußte,  daß  sich  also  wahrscheinlich  bei  jedem  der- 
selbe Vorgang  wie  bei  den  ersten  Dichtern  und  Schriftstellern 
wiederholte,  die  diesen  unlateinischen  Gebrauch  neu  einführten. 
Daneben  wirkten  auf  den  jüngeren  Dichter  die  älteren  Bei- 
spiele wie  pectus  ictus. 

Bezeichnend  ist  es,  daß  auch  der  Akkusativ  bei  per-,  trans- 
ein Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes  war  (bei  con-  ein  'Zier- 
akkusativ). 

Sätze  wie  Die  Kosten  für  die  Reise  abgerechnet,  blei- 
ben mir  noch  hundert  Mark:  Er  stand  da,  die  Hände  auf  den 
Bücken  gelegt  oder  die  Hände  auf  dem  Rücken  (mit  Akku- 
sativ); Ein  Wagen  rasselte  heran ^  der  Fuhrmann  oben  ge- 
hören nicht  hierher,  vgl.  S.  8 f.  unter  8.  Auf  die  Fragen,  die 
sich  daran  knüpfen,  habe  ich  hier  deshalb  nicht  einzugehen. 

31.    Zusammenfassung. 

Der  griechische  Bereichsakkusativ  entwickelte  sich  zu  einer 
Zeit,  da  die  Präpositionen  als  solche  noch  nicht  vorhanden  waren, 
aus  verschiedenen  örtlichen  Akkusativen.  Dieser  Entwicklung 
war  es  wesentlich,  daß  die  ursprünglich  anschauliche  Bedeutung 
unanschaulich  wurde  und  schon  zu  der  Zeit  unanschaulich  war, 
wo  die  Präpositionen  als  solche  zur  Bezeichnung  von  anschau- 
lich aufgefaßten  Inhalten  aufkamen;  nur  infolge  dessen  hielt 
sich   der  präpositionslose   Bereichsakkusativ.    Die   syntaktische 


84  R.  Blümel, 

Gliederung,  welche  den  Bereichsinhalt  dem  ganzen  übrigen  Satz- 
oder Gruppeninhalt  gegenüberstellt,  änderte  sich  in  der  ange- 
gebenen Entwicklung  nicht.  Schon  in  sehr  alter  Zeit  konnte 
der  Bereichsakkusativ  stehen  neben  finiten  und  Nominalformen 
von  transitiven,  aktiven  und  passiven,  und  von  intransitiven 
Verben,  sowie  neben  prädikativen,  prädikativattributiven  und 
attributiven  Adjektiven.  (Daß  er  neben  Substantiven  und  Ad- 
verbien steht,  ist  eine  späte  Entwicklung.) 

Der  Bereichsakkusativ  entwickelte  sich 

I  1.  aus  dem  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes,  wobei 
das  Verbum  oder  Adjektiv  eine  Begleiterscheinung  einer  Hand- 
lung usw.  ausdrückt:  Xu9piu  be  TraXacceio  x^ipac  darrTouc;  rröbac 
Kai  x^^P^c  uTtepöev  aijuaTÖeic. 

Statt  des  bestrichenen  Raumes  kann  der  ihn  berührende 
Körperteil  in  Bewegung  stehen,  TTOÖac  ujküc,  oder  die  Be- 
wegung des  ihn  berührenden  Körperteils,  Geieiv  laxOc.  (In 
diesem  Zweig  der  Entwicklung  vor  allem  Infinitive  mit  Akku- 
sati vfunktion) 

I  2.  aus  dem  Akkusativ  der  Richtung,  hieher  eupoc 
ßdGoc  usw.  und  awestisch  dt-äjö  usw.,  Fortbildung  in  dpi9|uöv 
und  in  ar*/ö. 

I  3.  aus  dem  Akkusativ  der  Entfernung  entwickelt  sich 
der  Akkusativ  des  Grades  |uiaKp6v,  ueya,  ttoXu. 

IL  Eine  weitere  Wurzel  des  Bereichsakkusativs  ist  der 
Zielakkusativ  neben  Verben  des  Treffens  und  Verwundens. 
ßeßXriai  Keveüjva  bla^TTepec. 

Bei  Homer  sind  auch  schon  Beispiele  mit  Präposition  und 
Akkusativ  bezeugt  öpdKUJv  im  vujia  bacpoivöc.  Dieser  Gebrauch 
konnte  gegen  den  Bereichsakkusativ  nicht  recht  aufkommen,  er 
ist  ein  Beweis  für  die  hier  vorgetragne  Ansicht. 

Im  Awestischen  sind  Bereichsakkusative  dräjö  usw.  so- 
wie ar'jö. 

Zum  Bereichsakkusativ  gehören  nicht 

der  aus  dem  Nebensatz  'vorausgenommene'  Akkusativ'  usw. 
fjbee  Top  KUTd  öuiiöv  dbeXqpeöv,  ibc  ^noveiTO  (Ein  k  ei  hing); 

der  altindische  Akkusativ  näma^  der  awestische  Akkusativ 
nqma.,  die  griechischen  Akkusati ve  övo|ia,  ^iriKXriciv  ^TTUJVu|Liinv, 
soweit  övojitt  in  der  Brugmannschen,  övo)ia,  dTriKXticiv  dTTiuvuiainv 
in  der  Delbrückschen  Entwicklungsreihe  bleiben.  Diese  Er- 
scheinungen sind  einzelsprachlich. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    85 

Deutsche  Bildungen  wie  die  Reisekosten  abgerechnet,  den 
Hut  auf  dem  Kopfe  sind  ebenfalls  fernzuhalten. 

Die  Delbrüeksche  Reihe  konnte  im  Griechischen  nur  wenig, 
im  Awestischen  gar  nicht  in  das  Gebiet  des  Bereichsakkusativs 
eindringen. 

Ableitung  des  Bereichsakkusativs  aus  dem  Akkusativob- 
jekt des  Teils  ist  nicht  möglich. 

Vielleicht  gab  es  auch  einen  Lokativ  und  einen  Ge- 
netiv des  Bereichs.  — 

Griechische  Beispiele  wie  ßeßoXriMevoc  tixop  wurden  im 
Lateinischen  nachgeahmt,  ei"st  mit  echtlateinischen  Mitteln  — 
percuJsus  pedus  (Akkusativ  abhängig  von  per),  dann  mit  be- 
deutungsverwandten unlateinischen  Mitteln,  die  genauer  zum 
griechischen  Vorbild  paßten  —  idus  pedus.  Auch  der  übrige  Ge- 
brauch bei  lateinischen  Dichtem  und  Schriftstellern  ist  dem 
Ursprung  nach  nicht  lateinisch. 


k 


Stellenverzeichnis. 

(»)  =  Infinitiv,  z.  B.  6ei€iv  xaxuc 

(af)  =  Akkusativ  und  Infinitiv  verbunden,  z.  B.  oi  ir^pi  \i^v  ßouXfjv 
Aovaüjv,  irepi  b'  ic-ri  fidxecöai  A  258. 
A  U.  58.  114  f.  258  (a»).  474. 

58  =  84.  148.  215.  364.  489. 

187?  294? 
ßdXXu) :  — 
B  11.  57  f.  169.  217.  219.  389.  408.  478  f.  553f.(»).  715.  790.  791. 

11  =-  28.  51.  65.  323.  443.  472. 

169  =  407.  636. 

408  =  563.  567.  586. 

790  =  795. 
ßdXXiu:  —  265  f.? 
r  31.  39.  43.  96.  129.  210.  227. 

39  =  124. 

43  =  79. 

442? 
ßdUuu:  —  361  f.? 
A  220.  253.  261.  272.  494. 

261  =  268. 

272  =  326. 
ßdUu.  459.  467  ff.  480f.  491  f.  501  f.  527 f.  —  518 f.  Passiv.  —  531? 
E  114.  186.  354.  364.  399.  544  f.  778.  787.  797.  801.  869. 

114  =  320.  347.  432.  596.  855. 

544  f.  =  896. 


86  R.  Blümel, 

ßdWu)  55 ff.  79 ff.  98 f.  146 f.  188 f.  290 f.  458.  —  284  Passiv. 

458  =  883. 

19?  335 ff.?  580 ff.?  584?  657 f.?  660 f.? 
Z  12.  78  f.  (»•).  101.  252.  460  f.  (»)•  478.  481. 

12  =  37.  122.  212. 
ßdUuj  9.  117. 
H  47.  50  f.  (»■).  85.  399.  428.  457. 

85  =  328.  442.  448.  459.  472.  476. 

428  =  431. 

6?  173? 
ßdUuj  11  f.  13  fr. 

258?  260? 

0  53.  91.  228.  305.  425.  437.  559. 

53  =  341.  510. 
91  =  145. 
124?  328?  404f.? 
124?  =  316? 
404  f.?  =  418  f.? 
ßdUuj  119  ff. 
119  ff.  =  312  f. 

1  31.  45.  186.  196.  389.  390.  503.  555.  705. 

31  =  696. 

196  =  307.  606.  643. 
ßdXXuu  9  Passiv. 
K  16.  36.  137.  316.  352  f.  (»).  437  (i).  575. 

36  =  60.  219.  241.  283. 
ßdXXut  535. 

455? 
A  87  f.  112.  169.  200.  274.  282.  345.  [514  f.  (t)].  556.  613  f.  683.  746  (»). 

112=199.  210.  607. 

274  =  400. 
ßdUiu  95  f.  240.  420  f.  578  f.  583  f. 

376 f.?  388?  563 ff.? 
M  167.  179  f.  389.  463. 
ßdUuu  400  f. 

404? 
N  45.  123.  216.  249.  275.  310.  330.  365.  473.  493.  631.  660. 

123  =  581.  593. 

249  =  [348].  482. 

365  =  378.  769. 

483  (t)  ? 
ßdUu)  387 f.  411  f.  437 ff.  606.  641  f.  576 f.  615 f.? 

192  ?  528  f.  ?  551  f.  ?  586  f.  ?  593  f.  ?  614  f.  ? 
=  109.  113  f.  126.  367.  474.  521  (»"). 

294? 
ßdUui  409  ff.  450.  465  f. 

496  f.  ? 
0  10.  128.  139.  249.  627  f.  641  f.  (ai).  643. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    87 

249  =  568.  671. 

102 f.?  570  (»)?  • 
ßdXXuj  341  f.  433  f.  576  f. 

541? 
n  48.  106.  186  (0-  194  f.  (»•).  292  (»).  312.  360.  502  f.  585.  616. 

292  =  551. 

312  =  400. 
ßdXXuj  289.  5 77  f.  586  f.  597.  737  ff. 

660  Passiv  Lesart. 

289  =  467  f. 

313 f.?  321  f.?  332?  337 f.?  339f.?  404f.?  791f.?  806f.? 
P  102.  142.   171.  279  f.  281  f.  323.  351  (»).  475  f.  (t).  492  f.  498  f.  535  f. 
541  f.  555.  676. 

102  =  237.  246.  560.  651.  656.  665. 

498  f.  =  573. 

676  =  709. 

83? 
ßdXXuj  348 f.  601.  605 f.  —  598 f.  Passiv. 
I  2.  6.  29.  33.  78.  154.  364  fr.  461.  557.  578. 

2  =  3.54.  358. 

6  =  359. 

78  =  97.  187.  202. 
ßdXXuu:  — 
T  27.  55.  57.  69.  169  f.  250.  404. 

55  =  145.  198.  419. 

307? 
ßdXXuu :  — 
Y  23.  29.  81.  371  f.  480.  503. 

371=  372  a. 
ßdXXuu  288  f.  401  f.  487  ff. 

481  f.? 

413  f.  scheint  Akkusativ  des  Ganzen  und  des  Teils  zu  enthalten. 
<t>  26.  45.  187.  222.  285.  311  f.  411.  488. 

268  f.? 
ßdUiu  166  f.  180. 

164?  591? 
X  14.  227.  312  f.  324  f.  459.  461.  504. 

14  =  260.  344. 
ßdXXiu:  — 
M»  37.  63.  66  f.  93.  165.  309 f.  (»).  347.  395.  396.  470 f.  483.  531  (»).  566.  777. 

93  =  776. 

165  =  284.  443. 
ßdXXiu  690. 

726? 
Q  87.  250.  376.  773. 

87  =  138.  188.  559.  649.  751. 

630? 
ßdXXuj :  — 


88  R.  Blümel, 

a  66.  90.  114.  164.  208  f.  310.  371. 

ßdXXtu :  — 

ß  7.  59  (»•).  60  (t).  85.  158  f.  (»)•  180  (t).  243.  268.  272  (»).  298. 

7  =  408. 

85  =  303. 

268  =  401. 

5? 
ßdXXuu :  — 

T  104.  112  (i).  120.  282  f.  (i).  311.  370  a  (»).  370  b.  468. 
ßdXXuu:  — 
b  102.  202  (»•).  264.  307.  796.  804. 

307  =  609. 
ßctXXu) :  — 

e  170(»).  211  f.  213.  216  f.  455. 
ßdXXuj  426  Passiv. 
Z  16.  106.  107.  147.  151  f. 
ßdXXtu:  — 
Ti  57.  208  ff.  287.  .327f.  (/). 

54?    övo^a.  —  108f. ?(«•). 
ßdXXu) :  — 

e  14.  98  f.  116  f.  123  W-  131.  134  ff.  169.  174.  177.  194.  [303]. 
ßdXXuu  527 f.? 
i  4.  62.  —  324a  (afiKoc.    324b  Trdxoc. 

62  =  105.  565. 
ßdXXiu  :  — 
K  67.  77.  304. 

77  =  133.  313. 
ßdXXuu  161  f.  —  247  Passiv. 

X  270.  336 f.  469 f.  515.  529.  550 f.  —  311f.  eupoc.  312  ,uf|Koc. 
ßdXXuu :  — 
^  153.  279  f.  376. 

153  =  250.  270. 
ßdXXu»:  412? 
V  222.  260.  286. 

222  =  288  f. 
ßdXXuu :  — 

E  28.  177.  199.  479.  491  (»). 
ßdXXuu :  — 
0  14.  133.  225.  267.  321£f.(i).  332.  481. 

14  =  57.  67.  92.  97. 

256?   ovo  na. 
ßdXXuj:  — 

TT  62.  157  f.  242  a.  242  b. 
ßdXXiu:  — 

p  120.  174.  307.  308(»).  313.  373.  406.  638  (»).  603. 
ßdXXuj  4(i2?  =  504? 
c  2f.  (»).  4.  153.  248  f. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.     89 

5?   övo^ia.  —  21  f.?   38f.?(»). 
ßdXXu)  335.  396 f.  —  212.  Passiv. 

95f.?   96?   282f.? 
T  122.  136.  198.  315  f.  (t).  325  f.  358  f.  381.  U6. 

247?    övo|.ia. 
ßdXAuj :  — 
u  19.  31.  84.  277. 

31  =  194. 

288?    ovo.ua. 
ßdXXuu :  — 

<p  150  f.  195  («■).  247.  318.  335.  411. 
ßdXXuu :  — 
X  188.  206.  234  f.  (»).  406.  488. 

240? 
ßdXXuj  277  f.  279  f.  294  f. 

81  f.? 
XV  14.  47.  52  f.  163. 
ßäXXuj :  — 
lu  17.  244  f.  (t).  269.  374.  382.  420.  503. 

503  =  548. 

371? 
ßdXXoj :  — 

Homerische   Hymnen. 

Belege  in  den  Hymnen   an  Demeter,  an  Apollon,  an  Hermes,    an 
Aphrodite,  an  Dionysos,  an  Pan;  die  übrigen  ohne  Belege. 

an  Demeter  98.  146.  175.  232. 

98  =  181. 

241? 
ßdXXuj  50  Passiv. 

an  Apollon  114.  146.  198.  211.  256.  273.  317.  400.  450.  463 f.  470. 
^TTiKXnciv  386. 

an  Hermes  31.  90.  217. 

an  Aphrodite  41.  82.  200  f.  216.  241.  243? 

an  Dionysos  10. 

an  Pan  24.  45. 

H  e  s  i  0  d.   (Rzach). 

Theogonie  99.  163.  [259  a.  259  b.]  260.  554.  832  a.  832  b. 

259  a  =  355. 

[144?]  övoiia.   567f.? 
-Ep-fo  Kai  fin^pai   62f.   114.  129.  329.  429  (t).  438  (»).  455.  546.  593.  733. 
740.  793. 

772f.  (»•)?   774  f.  (i)?  783  f.  (i)?  785  f.  (t)?  790f.(t)?  812  f.  (i)?  814  f.  («)? 

Bruchstücke  S.  370.  N.  142,  V.  2.  S.  372.  N.  160  (180)  V.  3. 
AcTiic  5.  88.  166(»).  167b.  171.  255f.  263.  418.  435.  460.  (167a  mitKord!) 

243?    249? 


90  R.  Blümel, 

Wiederholungen  in   der  Ilias. 
A  44  =  I  555.  V  37. 
A  58  =  84.  148.  215.  364.  489.  B  790.  795.  T  129.  0  425.  I  196.  307.  606. 

643.  A  112.  199.  210.  607.  n  48.  Z  78.  97.  187.  202.  T  55.  145.  198. 

419.  0  222.  X  14.  260.  344.  Y  93.  776.   Q  87.  138.  188.  559.  649.  751. 
A  474  =  I  186.  Y  23. 
B  11  =  28.   51.   65.  323.  443.  472.    T  43.   79.    A  261.  268.    H  85.  328. 

442.  448.  459.  472.  476.   0  53.  341.  510.    I  45.   N  310.   I  6.  T69. 
B  169  =  407.   636.    H  47.    K  137.    A  200. 
B  389  =  E  797. 
B  408  =  563.  567.  586.  T  96.  A  220.   E  114.  320.  347.432.596.855.  Z  12. 

37.  122.  212.  H  399.  0  91. 145.  I  31.  696.  K  36.  60.  219.  241.  283.  A  345. 

N  123. 581. 593.  =  109.  0  249. 568. 671.  P 102. 237.  246. 560. 651.  656. 665. 

Q  250. 
B  715  =  r  39.  124.  Z  252.  IM  365.  378.  769.  P  142. 
B  791  =  N  216. 
A  253  =  P  281  f. 
A  272  =  326.  I  557. 
A  494  =  N  660. 
E  544  =  896.  =  113  f.  V  347. 
E  787  =  0  228. 
E  869  =  I  461.  Y  566. 
Z  101  =  O  411. 

Z  460  (t)  =  A  746.  n  292.  551.  P  351. 
H  428  =  431.  T  57.  V  165.  284.  443.  S2  773. 
0  305  =  P  323.  0  285. 
0  437  =  A  556. 
0  559  =  A  683. 
K  16  =  I  33. 
A  169  =  Y  503. 
A  274  =  400. 
M  179  f.  =1  29. 
N  45  =  P  555. 

N  249  =  [348].  482.  P  676.  709.  1 2.  354.  358. 
N  330  =  I  154. 
N  631  =  P  171. 
£  367  =  n  585. 
n  312  =  400. 
n  616  =  Y  29. 
P  498  =  573. 
T  169  =  y  63. 
Y  871  =  872  a. 

Wiederholungen  in  der  Odyssee, 
a  90  =  ß  7.  408.  u  277. 
a  114  =  ß  298.  b  8Ü4.  n  287.  [9  303.]  c  153. 
ß  59  (»■)  =.  p  538. 
ß  85  =  303.  T  104.  p  406.  u  19. 
ß  268  =  401.  X  206.  uj  503.  548. 
T  112(0  =b  202.  p  308. 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    91 

T  311  =  b  307.  609.   o  14.  57.  67.  92.  97.  p  120. 

T  468  =  e  14.  \\t  163. 

b  102  =  6  131.  p  174. 

b  796  =  e  194.  V  222.  288  f.  tt  157  f.  u  31.  194. 

e  98  =  E  28. 

6  116  =\  469  f.  UJ  17. 

i  62  =  105.  565.  K  77.  133.  313.  v  286.  o  481.  u  84. 


K 

67  =  M  153.  250. 

270. 

X  188. 

lü  420. 

l 

199  =  TT  62. 

O 

267  =  uj  269. 

P 

603  =  T  198. 

Der  Ilias  und  der  Odyssee  gemeinsam. 

A  44 

= 

H  376 

a  90 

=  B  11 

A  58 

= 

V  260 

a  114 

=  0  437 

A  474 

z= 

b  102 

a  371 

=  T  250 

B  11 

= 

a  90 

ß  243 

=  0  128 

B  408 

= 

T  311 

T  112  (») 

=  n  186 

B  715 

= 

n  57 

T  311 

=  B  408 

E  364 

= 

i  62 

b  102 

=  A  474 

E  544 

= 

0  267 

b  796 

=  0  305 

E  869 

= 

qp  318 

Z   106 

=  0  559 

H  428 

= 

K  67 

ri  57 

=  B  715 

0  305 

= 

b  796 

i  62 

=  E  364 

0  437 

= 

a  114 

K  67 

=  H  428 

0  559 

= 

l   106 

\  515 

=  X  459 

K  16 

= 

qp  247 

X  550 

--  P  279 

0  128 

= 

ß  243 

M  279 

=  T  169 

n  186(»-) 

=: 

T  112 

^  376 

=  A  44 

P  279 

= 

X  550 

V  260 

=  A  58 

T  169 

= 

[X   279 

E  177 

=  Q  376 

T  250 

= 

a  371 

0  267 

=  E  544 

<t>  26 

= 

qp  150 

qp  150 

=  <D  26 

X  459 

= 

\  515 

9  247 

=  K  16 

ß  376 

= 

E  177 

<p  318 
22  Fälle. 

=  E  869 

k 


Wiederholungen  bei  Verben  des  Werfens,  Verwundens  in  der  Ilias. 

A  480f.  =  0  119ff.  312f.  E  409ff.  0  576 f. 

E  55  ff.  =  Y  401  f. 

E  188  f.  =  H  13  ff.  =  450f.  0  341  f. 

E  458  =  883.  P  601. 

H  llf.  =n  586 f. 

A  420  f.  :=n  289.  467  f. 

A  578  f.  =  N  411  f.  P  348  f. 

N  437ff.  =n  597. 

0  433  f.  =  n  577  f. 

Odyssee, 
c  396  f.  =x  277  f. 


92 


R.  Blümel, 


Gesang 


Verszahl 


Sichere  Relege  des  Bereichsakkusativs 
ohne  ßctXXiu  usw. 


Die  verschiedenen  Belege 

in  den  einzelnen  Gesängen 

-{-  Wiederholungen 


Zahl  der 
Verse,  auf  die 
durchschnitt 
hch  ein  BelC; 

kommt 
ohne       mit 
Wieder- 
holungen 


A  611 

B  877 

r  461 

A  544 

E  909 

Z  529 

H  482 

0  565 

I  713 

K  579 

A  848 

M  471 

N  837 

522 

0  746 

n  867 

P  761 

Z  617 

T  424 

Y  503 

O  611 

X  515 

M*  897 

ß  804 

la  Ganze   lUas    als   Summe    der 

Gesänge 15693 


5+     5 

12+   12 

7+     2 

5  + 
11  + 

7  + 

6  + 


7-- 
9-- 
7-- 
12-- 
4_- 

12  — 

6-- 

1  — 

10-- 

14-- 

10-- 

7-- 

6-- 

8-- 

7-- 

14-- 

4__ 


10 

24 

9 

7 

17 

10 

13 

10 

13 

11 

16 

4 

18 

6 

9 

12 

22 

16 

10 

7 

8 

9 

17 

9 


Ib 


197+  90  =  287 
ßdXXu)  Passiv      4 

201+   90  =  291 


2a  als  einheitliches  Werk 
2b 


.     .  15693 
mit  ßdXXu)  Passiv 

TTÖbaC    ÜJKÜC 
Kdpn    KO|LlÖUJVT€C 

ßoy^v  dYa0öc 

3a  Nach  Abzug  dieser  Formeln  ohne  ßdXXiu  Passiv 

mit  ßdXXuj  Passiv 
1  a  Ilias  und  Odyssee   zusammen 

als  Summe  der  48  Gesänge  27803 
2a         als  Summe  der  2  Gedichte 
4a         als  einheitliches  Werk 


1234 


1+  38  = 


119  +  168  =  287 

168  =  291 

39 

25 

42 

181 

ISö 


24^ 
41  = 


116+   65 
120- -   65= 


337 
218 
196 


106^ 
225^ 

247: 


443 
443 
443 


122,2 

61,1 

73,1 

36.5 

65,9 

51,2 

108,8 

77,7 

82,6 

53,5 

75,6 

52,9 

80.3 

37,1 

80,7 

56,5 

70,2 

54,8 

82,7 

52,6 

70.7 

53 

117,7 

= 

69,7 

46,5 

87 

= 

106,6 

82,9 

86,7 

72,2 

54,4 

32,6 

61,7 

38,6 

60,6 

42,4 

83,8 

71,9 

76,4 

= 

73,6 

57,2 

64,1 

52,8 

201 

89,3 

79,7 

54,7 

78,1 

53,9 

131.9 

55,7 

127,6 

h\\.\) 

135,3 

86,7 

130,8 

84,8 

82,5 

62.8 

127,6 

62,8 

141,8 

62,8 

Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes. 


93 


Sichere  Belege  des  Bereichsakkusativs 
ohne  ßdXXuu  usw. 

Zahl  der 

Verse,  auf  die 

Die  verschiedenen  Belege 

durchschnitt- 

lich ein  Beleg 

in  den  einzelnen  Gesängen 

kommt 

-f-  Wiederholungen 

ohne      mit 
Wieder- 

'          Gesang 

Verszahl 

holungen 

a 

444 

7  - 

-     0=      7 

63.4 



:               ß 

434 

10- 

-     3=    13 

43,4 

33,4 

'                    T 

497 

8- 

-     0=      8 

62.1 

= 

i                    b 

847 

6- 

-1=7 

141,2 

121 

1                  e 

493 

5- 

-     0=      5 

98,6 

= 

l 

331 

5- 

-     0=     5 

66.2 

= 

n 

347 

4- 

-     0=     4 

86.8 

= 

e 

5S6 

11- 

-     0=   11 

53.3 

= 

i 

566 

4- 

-2=6 

141,5 

94,3 

K 

574 

3- 

-     2=     5 

191,3 

114,8 

X 

640 

8- 

-     0=     8 

80 

=: 

^ 

458 

3- 

-     2=     5 

151 

90,6 

V 

440 

3- 

-1=4 

146.7 

110 

E 

533 

5- 

-     0=     o 

106,6 

= 

0 

557 

7- 

-     4=    11 

79,6 

50,6 

IT 

481 

4- 

-     0=     4 

120,3 

= 

P 

606 

9- 

-     0=     9 

67.3 

=: 

C 

428 

4H 

-     0=     4 

107 

^ 

T 

604 

8H 

-     0=     8 

75.5 

=1 

U 

394 

4- 

-     1=     5 

98.5 

78,8 

q> 

434 

6H 

-     0=     6 

72,3 

= 

X 

501 

5- 

-     0=     5 

100.2 

= 

V 

372 

4- 

-     0=     4 

93 

^ 

(JU 

548 

7- 

-     0=     7 

78,3 

= 

Ganze  Odyssee    als 

5  Summe    der 

Gesänge   .     .     . 

12110 

140+   16  =  156 

86,5 

77,6 

ßdWuj  Passiv      3 

143+   16  =  159 

84,7 

76,2 

övofia?      4 

i 

als  einheitliches  W 

erk    ...     .  12110 

99+  57  =  156 

122,3 

77,6 

mit  ßdXXuj  Passiv  102-}-  57  =  159 

118,7 

76,2 

iröbac  djKuc 

1+     0=     1 

Kdpn    KO^ÖUUVT€C 

1  +     8  =     4 

ßonv  diYaööc 

1+     8=     9 

Nach  Abzug  diesei 

•  Formeln  ohne   ßdUuu  Passiv    96+   46  =  142 

126,1 

85,3 

mit  ßdXXuu  Passiv       99-J-46   =145 

122,3 

83,5 

1    , 

' ;  mit  ßdXXuu  Passiv  < 

Ib          344- 

-106  =  450 

80,8 

61,8 

\  ohne  ßdXXiu  Passi\ 

2b          225- 

-225  =  450 

123,6 

61.8 

) 

1 

4b          203- 

-247  =  450 

136,9 

61,8 

94 

R.  Blümel 

» 

la.  Verschiedene  Belege          Ilias 

197  =  690/0 
Wiederholungen            gQ^gp^^ 

Odyssee 

140  =  900/0 

16  =  100/0 

Zusammen 
337  =  76  0/0 
106  =24»/o 

2  a.  V.  B. 

119  =  41  > 

99  = 

.630/0 

218  =  490/0 

W. 

168  =  590/0 

57  = 

370/0 

225  =51»/« 

3  a.  V.  B. 

116  =  640/0 

96  = 

68  0/0 

212  =  66  0/0 

W. 

65  =  360/0 

46  = 

320/0 

111  =  340/0 

4a.  V.  B. 

— 

- 

- 

196  =  440/0 

W. 

— 

- 

- 

247  =  560/0 

Verteilung  der  Infinitive. 

Akkusat.  ohne  ßctX,Xiu  Passiv    Infinitive 

Akkus,  u.  Infinit. 

2  a.  V.  B.  Ilias 

104  =  870/0 

13  = 

=  11  0/0 

2  =  20/0 

Odyssee 

81  =82  0/0 

18  - 

=    18  0/0 

—          — 

Zusammen     185  =  85°/o 

31  = 

=   14  0/0 

2  =  10/0 

2  a.  W.     Ilias 

164  =  980/0 

4  = 

=  20/0 

—         — 

Odyssee 

.54  =  950/0 

3  = 

--    5  0/0 

—         — 

Zusammen     218  =  97  »/o 

7  - 

=      3  0/0 

—         — 

4a.        V.  B. 

164  =  840/0 

30  = 

=  150/0 

2  =  10/0 

W. 

239  =  970/0 
403  =  90,970/0 

8  = 
38  =  1 

=  30/0 

B,58o/o 

—         — 

2  =  0,450/0 

Homerische  Hymnen. 

an  Demeter 

495                 4  +  1  : 

=    5 

123,8 

99 

an  ApoUon 
an  Hermes 

546               11  +  0  : 
580                  3  +  0  = 

=  11 
=    3 

49,6 
193,3 

= 

an  Aphrodite 
an  Dionysos 
an  Pan 

293                  5  +  0  ^ 

59                          1  +  0  : 

49                  2  +  0  : 
Hesiod. 

=    5 
=    1 
=    2 

58,6 

59 

24,5 

= 

Theogonie 
'EpTO  Koi  fiM^pai 
Bruchstücke 

ÄCTTIC 

1022                  8  +  1 
822                12  +  0 

XX                  2  +  0 
480                10  +  0 

=    9 
=  12 
=    2 
=  10 

127.8 
68,5 

XX 

48 

113,6 
XX 

Das  Stellenverzeichnis   und  die  zahlenmäßigen  Feststellungen  hat 
Herr  Professor  Thumb  angeregt. 


Inhalt. 

Seit« 

Literatur 1 

1.  Syntaktische  Vorbemerkungen 1  —  11 

2.  Einkeilung 12—14 

3. — 6.  Ai.  näma,  av.  nqma,  griech.  övotia;  ^TtlKXnciv,  ^nu»- 

vuMtnv 14—27 

Vorbemerkung 14 


Der  Ursprung  des  griechischen  Bereichsakkusativs  und  anderes.    95 

Seite 

3.  Griech.  ■IroTa^öc  Kübvoc  övo^a  und  Entsprechendes  im  Ai. 

und  Aw 1^     21 

4.  ^ttikXticiv  und  ^iriuvuiLiinv 21 — 23 

5.  ©eoKXüiiievoc   övo]ud  ^CTiv  und  Entsprechendes  im  Ai. 

und  Aw 23—26 

6.  Anschließende  Fragen 26—27 

7. — 26.  Der  Bereichsakkusativ  im  Griech.  und  Äw 28 — 81 

7.— 10.  Frühere  Erklärungsversuche 28—44- 

7.  Ableitung  aus  dem  Teilakkusativ? 28—36 

8.  Analogiebildung  nach  Verben  mit  dem  doppelten  Akku- 

sativ wie  befallen  (iKdviuj,  berauben? 36 — 39 

9.  Akkusativ  der  Unterordnung? 39 — i3 

10.  Andere  Erklärungsversuche •  -iS— i4 

11.— 26.  Neue  Erklärung 44—78 

11.  Vorbemerkungen,  namentlich  über  Ortsanschauungen  .  44 — 48 

12.  Allgemeineres,  namentlich  syntaktische  Verwendung  der 

Begleiterscheinung  statt  des  Vorgangs 48—51 

13. — 17.  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes  und  Dazuge- 
höriges      • 51—65 

13.  Akkusativ  des  bestrichenen  Raumes      51—57 

14. — 15.  iTÖbac  ujKÜc;  Geieiv  xaxuc,  ßoi^iv  dfaeöc 57 — 60 

Vorbemerkungen 57 — 58 

14.  TTÖbac  d)KÜc 58 — 59 

15.  Beieiv  xaxüc,  ßor^v  dYaOöc 59 — 60 

16.  Weitere  Entwicklung  der  vorigen  Reihen 60 — 65 

17.  KQKÖc  iräcav  KOKiav 65 

18.  Innerer  Akkusativ  bei  Adjektiven  im  Aw 65 

19.  Griech.  iröc  äitac   im  Wettbewerb   mit  dem  Bereichs- 

akkusativ       65 — 66 

20.  Akkusativ  der  Entfernung  und  seine  Entwicklung  zum 

Akkusativ  des  Grades 66 — 67 

21.  Akkusativ  der   Richtung  im  Griech.  und  Aw.  (eöpoc, 

fra»o) 67—68 

22.  Akkusativ  des  Ziels  bei  Verben  des  Treffens    ....  68—71 

23.  Die  neue  Bezeichnung  Akkusativ  des  Bereichs  .    .    .  71 — 72 

24.  Altgriechische  Spracherscheinungen  mit  dem  Akkusativ, 

in  denen  die  örtliche  Anschauung  noch  deutlicher  zu- 
tage tritt,  die  mit  dem  Bereichsakkusativ  in  Wett- 
bewerb stehen 72 — 74 

25.  Allgemeineres  über  die  hier  angenommene  Entwicklung  74 — 76 

26.  Etwaiger   Analogiekampf   der   Entwicklungsreihen   des 

Bereichsakkusativs  und  der  Reihe    GeoKXu^evoc  övoud 

^CTiv 76 — 78 

27. — 29.  Andere  Bereichskasus 78 — 81 

27.  Lokativ  des  Bereichs 78—79 

28.  Genetiv  des  Bereichs 79—81 

29.  Instrumental  der  'Beziehung' 81 


96  J.  Endzelin, 

30.  Die  lateinische  Nachbildung  des  griechischen  Bereichsakku-       ^*^'*^ 

sativs 81-83 

31.  Zusammenfassung 83 — 85 

Stellenverzeichnis 85 — 91 

Tabellen 92—94 

Inhalt 94—96 

Schlußbemerkung.   Zu  der  altpersischen  Verwendung  des  Wortes 
*Name*  vgl.  auch  namentlich  Thumb  KZ.  32,  129—183  unter  6  und  7. 

Freiburg  i.  Br.  Rudolf  Blümel. 


Za  den  karischen  Bestandteilen  des  Lettischen. 

FÜR')  12,  59 ff.  habe  ich  nachzuweisen  versucht,  daß  die 
Kuren  nicht  Finnen  gewesen  sind,  sundern  Balten  2),  die  sprach- 
lich das  Bindeglied  zwischen  den  Litauern  und  Letten  bildeten : 
das  Kurische  hatte  gleich  dem  Lettischen  c,  dz  für  lit.  Jt',  g  und 
s,  z  für  lit.  5,  i,  während  tautosyllabisches  m,  wie  im  Litauischen, 
im  Kurischen  bewahrt  war;  in  Flexionssilben  hatte  es  gleich 
zemaitischen  Mundarten  f  aus  tj  (=  lit.  c,  lett.  s).  Weiterhin 
habe  ich  daselbst  die  Ansicht  geäußert,  daß  lettische  Formen 
wie  dzintars  'Bernstein'  (mit  'lettischem'  dz  und  'litauischem'  n) 
oder  danga  'Ecke',  soweit  sie  baltischen  Ursprunges  sind,  meist 
aus  dem  Kurischen  entlehnt  sind,  und  Beispiele  dafür  gegeben. 
Hier  will  ich  einige  Nachträge  zu  dieser  Frage  geben,  zunächst 
zu  den  lettischen  Formen   mit  erhaltenem  n  vor  Konsonanten. 

Bei  einer  Durchmusterung  von  BW.  und  andern  Quellen 
fand  ich  in  Texten,  die  aus  dem  jetzt  lettischen  Gebiet  der 
alten  Kuren  oder  aus  seiner  nächsten  Nachbarschaft  stammen, 
nachher  noch  folgende  Belege  für  tautosyllabisches  n: 

hangainis  BW.  14611,3  (aus  Rutzau  und  Nieder-Bartau); 
die  Varianten  bieten  dafür  das  allem  Anschein  nach  gleich- 
bedeutende spangainis  'Apfelschimmel'. 

1)  Bedeutung  der  Abkürzungen  im  folgenden :  FUF.  =  Finnisch- 
ugrische  Forschungen;  BW.  =  Kr.  Baron  und  H.  Wissendorff  Latwju 
dainas ;  U.  =  Ulmann  Lettisches  Wörterbuch ;  LP.  =  Lcrchis-Puschkaitis 
Latweeschu  taulas  teikas  un  pasakas;  Jzv.  =Izvöstija  otdfilenija  russkago 
jazyka  i  slovesnosti  imper.  akademii  nauk»;  RKr.  =  Rakstu  kräjums. 

2)  So  auch  nach  der  polnischen  Chronik  des  M.  Bielski  v.  J.  1564, 
in  der  es  (in  Übersetzung)  heißt :  "Einstens  hatten  die  alten  Preußen  und 
Litauer  eine  gemeinschaftliche  Sprache,  wie  auch  die  2emaiten  und  Kuren, 
aber  heutzutage  verstehen  sie  sich  wenig".  AfslPh.  17,  487,  s.  auch  die 
Stelle  von  den  Kuren  S.  484. 


Zu  den  kurischen  Bestandteilen  des  Lettischen.  97 

hlensties^)  'schauen'  BW.  6057  (aus  Eawen  und  Groß- 
Kruten),  13355,1  (aus  Eawen)  und  3.  P.  Praet.  blenda  'schaute 
aus  nach'  9912,11  (aus  Nieder-Bartau) ;  U.  gibt  auch  die  ältere 
Bedeutung  'nicht  recht  sehen,  kurzsichtig  sein*,  vgL  lit.  hlandyti 
akis  'mit  den  Augen  blinken'  und  Berneker  Slav.  et.  Wrtb.  unter 
hlfdg.  Doch  wird  mir  ein  hhnzt  'blinzeln,  sehen'  auch  aus 
Burtneck  (in  Livland)  mitgeteilt.  —  fiuo-hlenlt  'gewahr  werden, 
erblicken'  LP.  7,  1,944  (aus  Dondangen),  vermutlich  zu  lit.  blankti 
'bleich  werden':  dieses  *bhlenk-  ist  wohl  eine  Variante  zu  *bhleng- 
'glänzen'  bei  Fick  Yergl.  "Wrtb.  3*,  284,  und  auch  in  lit.  blinginti 
'glänzen'  bei  Bezzenberger  Beitr.  z.  Gesch.  d.  lit.  Sprache  276, 
vgl.  auch  blijikseti  'blinken',  dessen  k  vor  s  wohl  g  vertritt  (zur 
Bedeutung  vgl.  Berneker  1.  c.  unter  gledajg). 

g.  pl,  dandzu  '?'  (steht  als  Attribut  vor  zabaki  'Stiefel') 
BW.  7292,2  (aus  Dondangen).  Daneben  findet  man  bei  U.  ohne 
Ortsangabe  das  mit  urslav.  dgga  'Bogen'  verwandte  dandzis  'Rad- 
felge'; das  daraus  entlehnte  Hv.  dandz  spricht  dafür,  daß  dieses 
lettische  Wort  aus  dem  Kurischen  stammt.  Aus  Groß-Essern 
wird  mir  ein  mit  dandzis  gleichbedeutendes  danga  mitgeteilt. 
Die  Wurzelform  *dank-  in  dancis  'Krummholz'  U.  (in  Essem) 
und  in  dankiioties pret  BW.  15029,1  (aus  Blieden)  'sich  bemühen 
um,  sich  anschraeicheln'  (eigentlich  wohl  =  Uiocities  'sich  beugen', 
das  die  Varianten  dafür  bieten ;  vgl.  etwa  lüncinäties  'den  Schwann 
krümmen,  sich  anschmeicheln')  oder  (mit  Ablaut)  denkuöties  BW. 
10071,3  (aus  Dondangen)  entstand  wahrscheinlich  durch  Kon- 
tamination der  gleichbedeutenden  *dang-  und  *lank-. 

dan^ra 'Winkel,  Ecke'  BW.  13250,36  (ausWindau  und  Suhrs), 
14609,1  (aus  dem  Grobinschen  Kreis),  18899  (aus  Alschwangen) 
u.  a.;  wenn  dies  Wort  ursprünglich  etwa  'Krümmung'  bedeutete, 
so  gehört  es  zum  vorhergehenden. 

devants  BW.  12586,8  und  18941,2  var.  (aus  Sasmacken) 
oder  devatites  'neunter*,  astantes  'achter',  septatit^  'siebenter'  in 
Dondangen,  zunächst  wohl  aus  *depnt{e)s,  *astntes,  *septntes  (vgl. 

1)  Um  bei  der  Bezeichnung  der  Intonationen  typographische 
Schwierigkeiten  zu  vermeiden,  schreibe  ich  jetzt  für  (lett.  und  lit.)  e  und 
«  —  te  und  uo;  aus  dem  gleichen  Grunde  (der  Gravis  ist  über  l  schwer 
anzubringen!)  setze  ich  jetzt  im  Lettischen  bei  fallender  Betonung 
diphthongischer  Verbindungen  den  ^  auf  den  ersten  Teil  derselben  (was 
ja  auch  der  Aussprache  mehr  entspricht),  wobei  lange  Vokale  vor  tauto- 
syllabischem  r,  /,  n,  m  mit  dem  Längezeichen  versehen  werden  müssen. 

Indogermanische  Forschungen  XXXHL  7 


98  J.  Endzelin, 

BB.  27,  329)  aus  altkur.  *d-€vinta{i)s,  *astuntais,  *sej)tintais,  vgl, 
lit.  devintas.,  astnntas^  septintas.  Zur  Erläuterung  sei  noch  be- 
merkt, daß  im  Gebiet  von  Dondangen  und  Sasmaeken  die  suf- 
fixalen Vokale  in  unbetonter  Lage  stark  reduziert  werden  und 
zum  Teil  sogar  schwinden,  wobei  liquidae  und  nasales  sonantes 
entstehen  konnten  (der  Wortakzent  aber  fällt  im  Lettischen  be- 
kanntlich jetzt  gewöhnlich  auf  die  Anfangssilbe). 

sa-dingt  '?'  BW.  18509,1  (aus  Neuhof  im  Goldingenschen 
Kreis).  Wenn  es  etwa  dasselbe  bedeutet,  was  sastingt  'erstarren*, 
das  die  Varianten  dafür  bieten,  so  gehört  es  wohl  zu  russ. 
djdgnuf  'stark  werden",  aksl.  nedpgb  'dppuucTia',  russ.  drkl.  dünj 
'stark'  u.  a.;  daneben  gibt  es  lettische  (kurische)  Formen  mit 
^•l)  im  Wurzelauslaut:  denkts  'stark'  Druwa  1,  393  (hier  kann 
übrigens  k  für  g  stehen)  und  dencis  'ein  kleiner,  derber  Junge* 
FÜR  12,  69.    S.  unten  S.  127. 

dzintars  'Bernstein'  BW.  22350  und  28389  (aus  Rawen), 
13282  (aus  Wirgen,  Wirginahlen,  Mescheneeken,  Edwahlen), 
13282,1  (aus  Nieder-Bartau),  13282,4  (aus  Ugahlen  und  Don- 
dangen), 13282,5  var.  (aus  Gramsden  und  Amt  Goldingen), 
13282,6  var.  (aus  Groß-Essern  und  Alt-Schwarden),  13282,8 
(aus  Alschwangen,  Ranken,  Dursuppen,  Sasmaeken,  Talsen),  oder 
dzinteris  13282,5  var.  (aus  Alschwangen  und  Grauduppen), 
13282,9  (aus  Suhrs).  Da  man  Bernstein  von  der  (ehemals  ku- 
rischeu)  Meeresküste  her  bezieht,  so  ist  es  nicht  auffallend, 
wenn  man  die  Form  dzintars  zuweilen  auch  außerhalb  des  alten 
Kurenlandes  findet  (mit  dem  Gegenstand  zusammen  wurde  auch 
sein  Name  bezogen) :  BW.  13246,1  var.  (aus  Lesten),  20989,5 
var.  (aus  Hohenbergen),  21071  (aus  Kortenhof),  27833,6  (aus 
Granteln).  Die  echt  lettische  Form  ist  {d)zUars  :  zltars  BW,  627 
(aus  Krons-Misshof  und  Neufeld),  627,1  (aus  Brücken,  Kastran 
u.  a.),  13282,3  (aus  Erlaa),  13282,11  (aus  Gross-Ekau),  28283 
(aus  Siggund,  Alt-Autz,  Mesoten),  dzitars  13282,3  var.  (aus  Al- 
tena) und  auch  13282,10  (aus  Kandau,  das  zum  kurischen  Ge- 
biet gehört;  hier')  ist  also  die  altkurische  Form  durch  die  let- 
tische ersetzt). 

grundulis  '?'  BW.  1513,3  (aus  Ranken;  U  gibt  die  Be- 
deutung 'Erdkloß',  die  auch  hier  nicht  ausgeschlossen  ist)  und 

1)  Dieses  k  für  g  kann  aus  dem  sinnverwandten  *tenk-  {z.  B.  bei 
Fick  Vgl.  Wrtb.  3*,  179)  stammen. 

2)  Ähnlich  flndet  sich  zitara  auch  BW.  22350  var.  (aus  Hasenpot). 


Zu  den  kurischen  Bestandteilen  des  Lettischen.  99 

grundidains  'höckerig,  knorrig'  30379  (aus  Alschwangen),  vgL 
ksl.  griida  'Erdscholle*  u.  a.  bei  Bemeker  1.  c.  357. 

peringa  {vista  'Henne')  'gut  (oder  'eben')  brütend'  BW.  3000,1 
(aus  Kabillen),  vgl.  lett.  -tgs,  lit  -mgas. 

krancinät  'krächzen'  (vom  Raben  gesagt)  BW.  20462  var. 
(aus  Ober-Bartau)  oder  krandzindt  20462,1  (aus  dem  Windau- 
gebiet), vgl.  lit.  krankti  'rufen'  (von  Raben  gesagt)  und  hin- 
sichtlich des  dz  in  krandzinät  lett.  kkmdzindt  'gackern'  bei  U 
und  die  Wurzel  klmig-  bei  Fick,  Vgl.  Wtb.  3*  110. 

meJica  BW.  18471,1  und  30853,1  (aus  Zierau),  30695,1 
und  30775,1  (aus  Alschwangen),  auch  in  Dondangen,  Grobin 
und  Kandau,  vience  30775,1  var.  (aus  Sackenhausen),  mencis 
30854  (aus  Windau),  g.  pl.  meneu  30837,1  (aus  Kabillen),  30853 
(aus  Windau),  oder  mendza  22252  (aus  Nieder-Bartau)  'Dorsch', 
vgl.  lit.  menke. 

pintainite '?'  BW.  22846  (im  Grobinschen  Kreis),  vgl,  bei  U 
pintaina  valuöda  'gebrochen  Lettisch'. 

plandifies  'sich  breit  machen,  sich  bauschen'  BW.  1491 
(aus  Hasenpot,  Groß-Essem,  Amt  Goldingen,  Schrunden),  1491,4 
(aus  Nieder-Bartau),  1491,5  (aus  Gramsden),  1513,2  var.  (aus 
Edwahlen),  1513,3  (aus  Ranken),  7918  var.  (aus  Paddem  und 
Alt-Schwarden),  7918,2  (aus  Kabillen),  7918,5  var.  (aus  Ga- 
weesen),  13126  var.  (aus  dem  Goldingenschen  Kreis),  13490 
(aus  Zierau),  14700 ^  (aus  Neuhof);  vgl  Leskien  Ablaut  der 
Wurzelsilben  im  Lit.  339. 

rankains  BW.  10337,9  var.  (aus  Goldingen  und  Kandau) 
und  10337,10  var.  (aus  Schrunden);  aus  Groß-Essem  wird  mir 
rankains  'gestreift'  mitgeteilt.  Vgl.  etwa  (?)  lit  rinkinuczei^  Be- 
zeichnung eines  gewissen  Webemusters,  bei  Bezzenberger  Lit 
Forsch.  164. 

Rindzele^  Ortsname  im  Talsenschen  Kreis  (neben  lett.  Rfga^ 
vgl.  Bielenstein  Grenzen  d.  lett.  Volksstammes  37  f.). 

nirhpaca^  etwa  'gi'obes  Gewebe'  BW.  757,1  und  7016  (aus 
Edwahlen),  1809  (aus  Oscheneeken),  25266,2  (aus  Sackenhausen) 
und  Druwa  1  393;  scheint  zu  rupjs  'grob'  zu  gehören. 

sklandas^)  'Stangenzaun'  BW.  21973,5  (aus  Rudbahren), 
vgl.  lit.  uzsklanda  'Riegel*,  pasklandinti  'verschließen'  u.  a.  bei 
Leskien  Ablaut  d.  Wurzeis.  im  Lii  343. 

1)  Dieses  akland-  erinnert  an  die  gleichbedeutende  Wurzel  {8)kland-, 
vgl.  z.  B.  lit.  bandyti  neben  lett.  bäudit  'etwas  versuchen'  u.  a. 

7* 


100  J.  Endzelin, 

spangatnä  'geäpfelt*  (namentlich  von  Pferden  gesagt)  BW. 
14510,2  (aus  Dondangen),  14611,1  (aus  Rawen),  14611,4  (aus 
Goldingen,  Edwahlen  u.  a.),  25470  (aus  Alschwangen),  vielleicht 
zu  lit.  spungS^)  *ein  kleines  Fleckchen*  bei  Büga,  Aist.  stud.  1  113, 
und  weiterhin  vielleicht  zu  apr.  spnnxti  'Funke'  u.  a.  Daneben 
gibt  es  ohne  s-  ein  synonymes  pangains  BW.  13898  (aus  Ka- 
billen),  vgl.  mhd.  vanke  Tunke';  vgl  noch  das  oben  angeführte 
bangainis,  dessen  b-  dem  griech.  cp-  in  <peTT0C  'Licht,  Schein'  ent- 
sprechen könnte  (semasiologisch  kann  man  z.  B.  griech.  XeuKOC 
*licht,  glänzend':  lett.  läukums  *Flecken'  vergleichen). 

at-sk'enst  (Wz.skend-)  'verenden'  in  Grobin  nach  Deenas  Lapas 
etnogr.  peel.  4, 17. 

sk'indalas  'Splitter'  BW.  19577  (aus  Dubenalken),  wahr- 
scheinlich zu  aw.  scanda-ye*nti  'sie  zerbrechen'  u.  a. 

sk'indama^  rindama  '?'  BW.  1459  (aus  Dubenalken). 

zvandzindt  BW.  27909,2  var.  (aus  Kandau),  eine  nasalierte 
Variante  von  zvadzindt  'scheUen,  tönen  machen' ;  es  könnte  auch 
zu  lit.  zv^ngti  'wiehern*  gestellt  werden,  da  lett.  zvadzindt  nach 
ü  auch  'wiehern'  bedeuten  kann. 

A^'on  den  FüF.  12,  68  ff.  gegebenen  Beispielen  fand  ich  fol- 
gende nachher  auch  in  nichtkurischen  Mundarten:  hlanksttties^) 
'faulenzen'  in  Erlaa  und  Lubei;  hunduls  BW.  9397,3  var.  aus 
Gulbern  und  Lösern,  oder  hundulis  aus  Naukschen  und  BW.  29261 
aus  Vaukluse  (dieses  Wort,  das  nach  ü  auch  'Bündel'  bedeutet, 
wird  wohl  aus  dem  Germanischen  entlehnt  sein);  duncis  'Dolch' 
wird  auch  aus  Naukschen,  Bersohn  und  Erlaa  mitgeteilt;  von 
dzindz'mdt  'summen'  ist  das  gleichbedeutende  dzindzindt  in  Ber- 
sohn nicht  zu  trennen;  iegansts  'Ursache'  wird  auch  aus  Ber- 
sohn mitgeteilt,  desgleichen  kancindt  'ausforschen';  zu  krantas 
'Dünen vorsprünge'  gehört  krantes  in  Bersohn;  kankalis  'trockene 
Ackerscholle'  BW.  2665  aus  Drostenhof;  lingdt  BW.  21476  var. 
aus  Hoppenhof  und  25561,1  aus  Festen;  pa?its  'Glied'  BW.  19489 
aus  Lubahn;  skundet  wird  auch  aus  Naukschen  mitgeteilt;  zu 
saspranga  'Schnur' gehört  sasprangdt  odersa.spmnrf^e^zuschnaLlen* 
in  Bersohn,  Smilten  und  Drostenhof;  §k'ind/t  'klingen*,  das  bei 
BW.  nur  in  westkurländischcn  Texten  vorkommt,  wird  mir  auch 
aus  Erlaa,  Marienburg  und  Bersohn  mitgeteilt,  Sk'indzindt  —  aus 

1)  Zum  Ablaut  vgl.  meine  Slavjano-balt.  etjudy  18  ff. 

2)  Vgl.  dazu  p.  btfkad  'umherach weifen'. 


Zu  den  kurischen  Bestandteilen  des  Lettischen.  101 

Naukschen,  und  sk'indindt^)  'klingeln'  findet  sich  auch  BW.  5005,3 
aus  Schioßberg;  izvandtt  'durchwühlen'  findet  sich  auch  in  Xauk- 
schen  und  BW.  19337,1  aus  Schlock,  vgl.  die  Angaben  K.  Mühlen- 
bachs im  Dsimtenes  Wehstnesis  v.  J.  1912,  Nr.  58. 

Die  lettischen  Formen  mit  tautosjliabischem  n  sind  also 
wahrscheinlich  nicht  alle  aus  dem  Kurischen  entlehnt;  einige 
derselben  stammen  wohl  aus  dem  Litauischen  oder  aus  einem 
andern  (jetzt  ausgestorbenen)  baltischen  Dialekt.  Formen  mit 
-nk-  (-WC-)  oder  -ng-  {-ndz-)  können  ihr  -n-  aus  -m-  haben  (s.  Izv.  15 
2,204)  und  in  dem  Fall  echt  lettisch  sein;  so  könnte  z.  B.  das 
auch  in  Livland  verbreitete  trenkt  (neben  triekt  =  üt  trenkti), 
trenkät  'scheuchen,  jagen'  erklärt  werden,  indem  das  alte  *trenJdi 
(woraus  triekt)  durch  das  sinnverwandte  tremt  (=  lit.  tremti)  be- 
einflußt zu  *tremkti  (woraus  regelrecht  trenkt)  geworden  sein 
kann.  So  hat  wohl  auch  grencet  'lange  essen'  in  Grobin  (nach 
Deenas  Lapas  etnogr.  peel.  4,  18)  neben  gremzät  'langsam  essen' 
sein  n  aus  m.  —  TautosyUabisches  m  wird  im  Lettischen  be- 
wahrt, s.  Izv.  15  2,199  ff.  Wenn  wir  nun  im  Baltischen  z.  B. 
eine  Wurzelform  drump-  neben  drup-  finden,  so  liegt  es  zunächst 
näher,  drump-  auf  *drunp-  (woraus  lett.  drüp-^  so  im  Präsens 
drüpu  zu  drupt  'zerfallen')  zurückzuführen,  da  als  Xasalinfix 
nur  n  (nicht  m)  vorkommt.  Und  doch  kann  ein  lett.  drumpacas 
'Trümmer',  das  auch  in  Bersohn  bekannt  sei  (und  somit  wohl 
schwerlich  aus  dem  Kurischen  entlehnt  sein  kann),  auch  echt 
lettisch  sein:  man  kann  annehmen,  daß  drump-  hier  durch  Kon- 
tamination von  driip-  (in  drupatas  'Brocken')  und  drum-  (in 
drumstalas  'Abfälle')  entstanden  ist.  Ebenso  könnte  z.  B.  auch 
gumhät  'gebückt  gehen'  BW.  9849  u.  a.  durch  Kontamination 
von  gut-  (in  guht  'sich  bücken')  und  gum-  (in  gumties  'sich 
biegen')  entstanden  und  echt  lettisch  sein,  vgl,  gumba  'eine  jähe 
Biegung  am  Krummholz'  in  Drostenhof  u.  a.  —  und  penteret 
'verreffeln,  flechten',  das  auch  BW.  6867  (aus  Sinohlen)  vor- 
kommt, kann  von  der  Wurzelform  pen-  (z.  B.  in  matpenina  'Zopf- 
band" BW.  10295  var.)  nach  der  Yokalisierung  von  n  unter 
dem  Einfluß  anderer  Formen  auf  -teret  (s.  Kurschat  Gramm. 
S.  126)  abgeleitet  sein.  Ähnlich  ist  wohl  auch  tenteret  BW.  16307 
neben  tit  (Praes.  tinu)  zu  beurteilen, 

*  Mhidindt  wird  wohl  gleich  skandinät  (Izv.  15  2,209)  zu  beurteilen 
sein  (zur  Vokalstufe  vgl.  meine  Slavjano-baltijskie  etjudy  85*),  und  Sßindet 
kann  neben  SRindindt  etwa  nach  dem  Verhältnis  von  pddH-.pddinät  ge- 
bildet sein. 


102  J.  Endzelin, 

In  Westkurlaad  wird  ferner  für  sonstiges  partt  'über- 
morgen' pav'U  gesprochen,  und  zwar  aucii  in  Mundarten,  die 
sonst  keine  i-Epenthese  kennen.  Da  nun  aber  das  i  in  jpan-it 
schwerlich  anders  als  durch  i-Epenthese  zu  erklären  ist,  so 
stammt  dieses  paTrtt  vielleicht  ans  dem  Kurischen.  Daß  diese 
Sprache  die  i-Epenthese  gekannt  hat,  dafür  sprechen  die  von 
Bezzenberger  KZ.  44,  311  und  Mitteil.  d.  lit.  litter.  Ges.  2,  36  an- 
geführten Beispiele  einer  i-Epenthese  aus  litauischen  Mundarten 
auf  ehemals  kurischem  Territorium.  Epenthese  findet  sich  nach 
Bezzenberger  Lit.  Forsch.  144  'öfters'  im  'nördlichen'  Litauen, 
worunter  wohl  der  (ehemals  kurische)  nordwestliche  Teil  zu 
verstehen  ist. 

Altkurische  Sprachreste  finden  sich  auch  in  der  Sprache 
der  kurländischen  Liven^).  Erstens  Formen  mit  erhaltenem  n: 
atränta  'Kerbe  am  Ende  des  Krummholzes',  vgl.  lit.  rantyti 
•kerben',  lett.  ranüt  'hauen'  in  Groß-Essern  und  FUF.  12,  70; 
paländjffks  'Taube',  vgl.  lit  halandis  und  den  kurischen  Orts- 
namen (deutsch)  Baianden  FÜR  12,  66  (aus  dem  Lettischen 
stammt  das  livländ.-liv.  halad  oder  halaz). 

Ferner  Formen  mit  k-^  -g-  für  lett.  dz,  lit.  g :  kill,  'Grün- 
specht', vgl.  lett.  dzilna;  vägäl  'Quappe',  vgl.  lit.  vegäS,  lett. 
vedzele.  Das  g  (woraus  später  dz)  muß  also  im  Altkurischen  zu 
der  Zeit,  als  die  Liven  mit  den  Kuren  in  Berührung  traten, 
noch  erhalten  gewesen  sein. 

In  den  nordwestlichen  Mundarten  des  2emaitischen  (auf 
altkurischem  Territorium)  findet  man  bekanntlich  ein  ii  für  lit- 
lett.  ie.  Und  es  scheint,  daß  auch  das  Altkurische  einen  dem 
ei  ähnlichen  Laut  anstatt  ie  hatte ;  vgl.  einerseits  die  alt- 
kurischen  Ortsnamen  Gaveyssen  (jetzt  lettisch  Gavieze)  bei 
Bielenstein  Grenzen  d.  lett.  Volksstammes  u.  d.  lett.  Spr.  220, 
und  Peynis  1.  c.  230  (vielleicht  zu  lit.  pknas,  lett,  piens  'Milch'), 
und  anderseits  die  livischen  Lehnwörter  iBiga  'überflüssig'  (vgl. 
lit.  liekas,  lett.  Üeks)  und  kaidas  'Weberkamm'  (vgl.  lit  skietas, 
lett.  sklets).  In  den  ältesten  ostseefinnischen  Entlehnungen  aus 
dem  Baltischen  findet  man  nämlich  ai  für  lit-lett.  ie,  und  in 
den  speziell  livischen  Lehnwörtern  aus  dem  Lettischen  wird 
lett  ie  durch  ie  wiedergegeben,  vgl.  Thomson  Beröringer  101  f. 

1)  Die  livischen  Formen  gebe  ich  hier  in  der  Schreibung  Thomsens 
(in  Beröringer  mellem  de  finske  og  de  baltiske  Sprog),  und  führe  nur 
diejenigen  livischen  Lehnwörter  an,  deren  Originale  aus  dem  Lettischen 
nicht  bekannt  sind. 


Zu  den  kurischen  Bestandteilen  des  Lettischen.  103 

Thomsen  war  deshalb  1.  c.  102  und  141  geneigt,  Wiga  und 
k-Bidas  für  Entlehnungen  aus  dem  Zemaitischen  zu  halten  (die 
Kuren  hielt  er  im  Anschluß  an  Wiedemann  für  einen  finnischen 
Stamm).  Aber  die  Liven  waren  von  den  Zemaiten  durch  die 
Kuren  getrennt  und  nach  dem,  was  ich  jetzt  über  die  Kuren 
vorgebracht  habe,  wird  es  natürlicher  sein,  in  liv.  laiga  und 
kßidas  Lehnwörter  aus  dem  Altkurischen  zu  sehen. 

Ebenso  ist  wohl  auch  liv.  plakä  'Wanze'  (vgl.  lit.  hläk^, 
lett.  hlakts)  zu  beurteilen.  —  Xach  BW.  und  anderen  Quellen  zu 
urteilen,  sind  wahrscheinlich  kurisch  noch  folgende  (mir  bis- 
her nur  aus  Westkurland  bekannte)  Wörter:  herze  'Birke' 
BW.  23932,9  var.  und  11  var.,  24368,6  var.,  30651  var. 
(sonst  herzs  oder  —  im  Liber  raemorialis  letticus  des  Elvei*s, 
pag.  102  —  herza). 

dttönis  'Schilf  BW  9970  und  in  Kandau. 

erc{et)is  'Wacholder',  s.  KZ.  44,59  ff.  und  BW.  30562,4 
var.,  30628. 

greizns  'schief  BW  12333;  21230,2?  30569;  30871,1  var.: 
und  greinis  oder  greilis^)  'ein  Schiefbeiniger'    BW.  11308  var. 

grins  'streng'  in  Kandau,  vgl.  BW.  21671,15  var. 

lapse  'Fuchs*  BW.  11499,2  var.  und  in  Bezzenbergers 
Lett.  Dial.-Stud.  62  (sonst  lapsa^  lit.  läpe). 

naski  'schnell'  tahmisch  nach  ü. 

Da  die  südlichen  Kuren  sich  den  Litauern  assimiliert 
haben,  so  sind  kurische  Elemente  auch  im  Litauischen  zu 
suchen.  Für  einen  solchen  'Kurismus'  halte  ich  lit.  zutkis 
'Hase',  das  seines  z-  wegen  nicht  echt  litauisch  sein  kann.  Bis- 
her hielt  man  es  für  ein  Lehnwort  aus  dem  Slavischen  (aus 
wr.  zajkä).  Aber  dagegen  spricht  das  -ui-,  sowie  der  Umstand, 
daß  zmki%  wie  mir  Herr  K.  Büga  schreibt,  nur  in  den  west- 
litauischen Mundarten  vorkommt,  während  das  Ostlitauische 
nur  kUkis  kennt  Man  kann  nun  für  das  Altkurische  ein  *ziiojekas 
oder  (wenn  es  —  gleich  dem  Nordwestzemaitischen  —  öu  für 
no  hatte)  *zöujekas  oder  auch  *zuojikas  resp.  *zöujikas  voraus- 
setzen, das  sich  zu  urslav.  *zaj^  verhält  wie  etwa  urslav. 
Vebedh  'Schwan'  zu  urslav.  leh^h  (s.  Torbiörnssson  Gemeinslav. 
Liquidamet.  1,  68).  In  beiden  Fällen  konnte  daraus   im  Zemai- 

1)  Dieses  greilia  verhält  sich  zu  kreflis  'ein  Linkischer'  wie  apr. 
greiwa(kaulin)  zu  lit.  kreivas,  sodaß  die  für  apr.  greiwakaulin  ange- 
nommene Dissimilation  (aus  *kr-)  mir  unwahrscheinlich  vorkommt. 


104  J.  Endzelin, 

tischen  ein  *zuojkas  (resp.  *zöujkas)  und  daraus  *zuikas  entstehen, 
vgl.  nordwestzeni.  trets  —  nach  Herrn  K.  Büga  —  aus  *trät{a)s  aus 
Hrkitas  aus  Hr^jetas^  woraus  hochlit.  trejetas  {*trHtas  entstand 
entweder  direkt  aus  *trPjetas  durcli  Verlust  des  e  hinter  j^  vgl. 
dazu  meine  Slavjano-balt.  etjudy  176  f.  und  188,  oder  aber 
nach  Übergang  des  unbetonten  e  in  i,  vgl.  z.  B.  zem.  ötidigä, 
resp.  üde(jä  aus  *uodigä  aus  uodegä).  Aus  *zuikas  aber  konnte 
zuikis  unter  dem  Einfluß  von  kUkis  entstehen.  —  Für  kurisch 
halte  ich  ferner  lit.  cyruUs  oder  cyruJys  'Lerche'  (lett.  cTrulis, 
lit.  vyturys  oder  auch  vieversys  oder  vieversys  nach  Jaunis  Ponev. 
gov.  2  30  und  Büga  RFV.  67,  248),  zvögauti  'lärmen',  zvagSti 
'klappern'  (lit.  zvagSti).    Vgl.  noch  S.  126  f. 

Zum  Schluß  sei  hier  noch  mitgeteilt,  daß  nach  K.  Mühlenbach 
(Dsimtenes  Wehstnesis  v.  J.  1912,  Nr.  58)  der  Kurenname  auch 
noch  in  folgenden  lettischen  Gesindenamen  in  Livland  enthalten 
ist:  Küorsviäi  aus  *Kurs-viesi  in  Marienburg,  Kursesi  aus  *Kur- 
desi  in  Adiamünde.  Diese  Namen  deuten  also  auf  kurische 
Kolonien  in  Livland,  und  aus  diesen  Kolonien  könnten  einige 
der  livländischen  Formen  mit  tautosjllabischem  n  stammen. 
Nach  Adiamünde  sind  die  Kuren  wahrscheinlich  übers  Meer 
aus  Kurland  gekommen,  und  vielleicht  in  größerer  Zahl  (so 
würde  die  Lettisierung  von  Westlivland  verständlicher  sein); 
bei  dieser  Voraussetzung  würde  sich  auch  die  auffallende  Über- 
einstimmung in  der  Intonation  von  iet  'gehen*  (so  beinahe  in 
allen  westkurländischen  und  in  den  meisten  westlivländischen 
Mundarten  für  sonstiges  iet)  und  jemt  resp.  nemt  'nehmen'  (so 
in  den  meisten  westkurländischen  und  westlivländischen  Mund- 
arten, während  anderswo  dies  Verbum  den  Stoßton  hat)  erklären. 
Es  gibt  auch  noch  andere  Übereinstimmungen  zwischen  den 
westkurländischen  und  westlivländischen  Mundarten,  die  man 
nicht  aUe  durch  livischen  Einfluß  erklären  kann. 

Charkov.  J.  Endzelin. 


Weiteres  za  den  lettischen  Intonationen. 

1.  Die  Negation  ni  'nein*. 

Während  dem  litauischen  Schleifton  im  Lettischen  in  der 
Regel  eine  fallende  Intonation  (v)  entspricht,  erscheint  der  Akut 
im  Lettischen  unter  altem  Wortakzent  als  'Dehnton'  (~),  dagegen 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  105 

als  Stoßton  (a)  in  Silben,  die  sich  ehemals  vor  dem  Wortakzent 
befanden,  s.  BB.  25,  259  ff.  und  Izv.  6.  4,  140  ff.  Akutierte  For- 
men, die  stets  einsilbig  gewesen  sind,  haben  also  den  Dehnton  (z.  B. 
Nom.  Sing,  tä  *die'),  und  jetzt  einsilbige  Formen  mit  dem  Stoßton 
müssen  ehemals  zweisilbige  Oxytona  gewesen  sein,  z.  B.  trts 
'drei'  (nebst  lit.  irys)  aus  urbalt.  *trijes  =  aksl.  tnje,  s.  meine 
Slavjano-balt.  etjudy  172  ff.  Der  letzteren  These  scheint  nS  'nein' 
zu  widersprechen,  das  also  einer  besonderen  Erklärung  bedarf. 
In  mehreren  Sprachen,  in  denen  (wie  auch  im  Lettischen)  die 
auslautenden  Vokale  gewöhnlich  mit  dem  leisen  Absatz  gesprochen 
werden,  wird  gerade  die  Negation  'nein'  (im  Affekt)  mit  dem 
festen  Absatz  gesprochen,  so  z.  B.  im  Slavischen,  s.  Broch  EnzikL 
slav.  filol.  5,2,  §§  160  und  161.  Nun  ist  aber  ein  mit  dem 
festen  Absatz  gesprochenes  ne  akustisch  einigermaßen  ähnlich 
einem  gestoßenen  7ie  und  konnte  daher  leicht  durch  dieses 
ersetzt  werden,  zumal  sonst  der  feste  Absatz  im  Auslaut  nicht 
üblich  war.  Für  diese  Auffassung  spricht  auch  der  Umstand, 
daß  auch  in  denjenigen  hochlettischen  Mundarten,  wo  a  sonst 
eine  steigende  Intonation  ist,  gerade  ne  'nein'  mit  dem  Stoßton 
gesprochen  wird,  so  z.  B.  in  Erlaa,  Tirsen  u.  a.  Vgl.  noch,  was 
Socin  Grundr.  d.  iran.  Phil.  1,  2,  265  über  das  Kurdische  sagt: 
"Doch  kann  [im  Auslaut]  auch  Stoßton  eintreten,  z.  B.  hört  man 
die  Negation  nd  alleinstehend  in  der  Bedeutung  'nein*  häufig 
als  naa". 

2.  Intonationen  der  Suffixsilben, 

Die  Geschichte  der  lettischen  Intonationen  in  den  suffixalen 
Silben  ist  recht  kompliziert.  Erstens  fällt  hier  der  fallende  Ton 
gewöhnlich  mit  dem  Dehnton  zusammen ;  vgl.  z.  B.  bei  P.  Schmidt 
Sbomik  67  Nr.  3,  S.  5  Gen.  Sing,  tä  lahä  'des  guten'  neben 
Nom.  Sing,  tä  lahä  'die  gute'.  Zweitens  wird  der  Stoßton 
(seltener  der  Dehnton)  zuweilen  verallgemeinert;  so  entspricht 
z.  B.  lett.  Lok.  Plur.  vagäs,  galvds  regelrecht  dem  lit.  vagos^,  gaJvos^j 
und  nach  dem  Vorbild  solcher  Wörter  ist  jetzt  im  Lettischen 
im  Lok.  Plur.  die  Endsilbe  immer  gestoßen,  also  z.  B.  auch  in 
pupas  (für  *pupäs  —  lit.  piipose).  Im  Lok.  Sing,  dagegen  gehen 
die  Mundarten  auseinander :  teils  (so  z.  B.  in  Wolmar  und  in 
der  Mundart  P.  Schmidts)  ist  der  Tvpus  jmpä  ( =  lit.  pupoje)  ver- 
allgemeinert (darnach  also  auch  vagä  für  vagä  =  lit  vagoß),  teils 
(z.  B.  in  Drostenhof)  —  der  Typus  vagd  (darnach  auch  pupd).  — 


106  J.  Endzelin, 

In  der  durch  Bielenstein  vertretenen  Mundart  von  Neu-Autz 
{und  soweit  mir  bekannt,  überhaupt  in  den  meisten  südwest- 
kurländischen  Mundarten,  wo  %  zu  a  geworden  ist)  haben  jetzt 
überhaupt  alle  Suffixsilben  den  Stoßton,  darunter  also  auch 
solche,  die  eigentlich  nur  den  Dehnten  haben  sollten,  wie  z.B. 
Nom.  Sing,  aklä  "die  blinde'  für  sonstiges  (z,  B.  in  Wolmar) 
aklä  =  lit.  akloji. 

Sonst  aber  sind  die  ursprünglichen  Verhältnisse  wenigstens 
zum  Teil  bewahrt;  vgl.  z.  B.  Nom.  Plur.  deribas  (so  auch  in  Doblen, 
wo  N  zu  A  geworden  ist)  =  lit.  deryhos  (Gen.  Plur.  derf/bu) ;  Nom. 
Sing,  cierntc  'Gast'  (z.  B.  in  Wolmar),  Gen.  Sing,  ciemma  :  lit. 
kaimi'fnas  (Plur.  kaimynai) ;  vasaräjs  =  lit.  vasaröjis  (Plur.  vasaröjai) ; 
Nomina  agentis  auf  -täjs,  vgl.  lit.  artojis  (Plur.  artöjai) ;  Deminutiva 
auf  -ttis^  -fte  (so  auch  in  Doblen),  vgl.  \\i.sunytis  {V\\xy.  sunffciai); 
mergyte ;  väcietis  =  lit.  vokietis  (Plur.  vökieciai) ;  akuöts  =  lit.  aki'iotas 
{Plur.  aküotai);  aruöds  =  lit.  arüodas  (Plur.  arüodai);  sivens,  vgl. 
lit.  varnSnas  (Plur.  varnSnai)^  s.  Leskien  Bild.  d.  Nom.  389 ;  Dat. 
Plur.  akliem,  akläm  (auch  in  Doblen)  =  lit.  akUem^  aklöm ;  Nom. 
Plur.  aklie  =  lit.  akUeji\  Akk.  Plur.  akluös  =  lit.  akliiosius;  Nom. 
Sing,  zinäms  =  lit.  Bnomas\  1.  P.  Plur.  zinäm  (z.  B.  in  Drosten- 
hof),  vUkäm,  r^edem  (z.  B.  in  Drostenhof)  =  lit.  zhiome^  vilkome, 
vedeme ;  2.  P.  Plur.  zinät  (z.  B.  in  Drostenhof),  vllkät^  vedet  (z.  B. 
in  Drostenhof)  =  lit.  zmote,  vilkote,  vedete,  Gerund,  velkuöt  =  lit. 
velkant;  Nom.  Sing,  nesejs  =  lit.  nesSjas;  Nom.  Plur.  mikstdki  =  lit. 
minkstokl  (s.  Kurschat  Gramm.  §  818),  Nom.  Sing.  minkStökas: 
Nom.  Plur.  peJeki  =  lit.  j^eleB,  Nom.  Sing.  peUkas\  Gen.  Plur. 
£ce^u  =  lit,  ekeci^  (s.  Kurschat  Gramm.  §  628  und  Juskeviös  Wb. 
695),  Nom.  Plur.  ekecios;  velena  =  lit.  velenu  (s.  Kurschat  Gramm. 
§  623),  Akk.  Sing,  velhq. 

Abweichend  vom  Litauischen  sind  z.  B.  die  Adjektiva  auf 
-igs  {vt'o  A  auf  Endbetonung  weist):  lit. -myas  (mit  festem  AVort- 
akzent) ;  septtts,  devtts :  lit.  septintas^  devintas  (lett  a  stammt  hier 
vielleicht  aus  astuotf  oder  astttts,  einer  Neubildung  nach  astuöni: 
lit.  (iStuoni^  F.  a§tiionios.i  wie  umgekehrt  lit.  aUuntas  —  aus 
septintas,  devintas  bezogen  hat);  tükstuötis  (hier  kann  a  nicht  alt 
f?ein):  lit.  tiikstantis  {V\\xv.  tükstanciai).  In  den  zwei-  und  mehr- 
silbigen Verben  auf  -tit  -et  -H  -uöt  und  in  ihren  nominalen  Ab- 
leitungen (auf  -kina.,  -iäjs)  ist  das  thematische  -ö,  -^,  -f,  -iio  jetzt 
überall  da  gestoßen,  wo  es  nicht  vor  j  steht  oder  ehemals  stand 
(auszunehmen  sind  nur  die  Formen  der  1.  und  2.  P.  Plur.  wie  zinäm^ 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  107 

zinät  und  das  dazu  gehörige  Part,  Pass.  wie  zinäms);  also  z.  B. 
Inf.  vagät  (z.  B.  in  Drostenhof)  Turchen  ziehen',  Sup.  vagätiu  Fut. 
vagäsii^  Part  Präs.  vagddams,  Part.  Präs.  Pass.  vagäts,  nomen  agen- 
tis  vagätäjs^  nomen  actionis  vagäsana:  lit.  vagöti  (nach  Jaunis 
Gramm.  180  ff.),  vagötif,  vagösiu,  vagödamas^  vagötas,  vagötojis. 
Hier  wäre  also  lett.  —  anstatt  a  zu  erwarten:  vielleicht  ist  a 
in  einem  Teil  dieser  Formen  ursprünglich  (auf  Endbetonung  be- 
ruhend) gewesen  und  kann  darauf  verallgemeinert  sein.  Vgl. 
etwa  lit  Formen  wie  noretum  u.  a.  bei  W.  Schulze  KZ.  44,130. 
Yor  J  wird  hier  —  gesprochen  :  2.  P.  Sing.  Präs.  vaga,  2.  P.  Plur. 
Präs.  vagäjaU  2.  P.  Plur.  Prät.  vagäjäf,  Gerund,  vagäjuöt,  Part. 
Präs.  Pass.  vagäjams^  Part  Prät  Act.  vagäjis  =  litt,  vagöji^  vagö- 
jate,  vagöjote,  vagöjant,  vagojamas^  vagöjfs.  Vielleicht  vertritt  -~ 
in  diesen  lettischen  Formen  älteres  ^  :  da  es  gleichbedeutende 
Präsensstämme  auf  -ä  und  -äja  gab  (vgl.  z.  B.  lit.  metome  :  lett. 
metäjam,  litt  ieskome  :  lett  ieskäjam,  lit  rijmoine  :  ri/mojame^  und 
Brugmann  KVG.  §  694,3),  und  das  -ä  wahrscheinlich  zirkumflek- 
tiert  war,  so  könnte  der  Zirkumflex  von  da  auf  das  gleichbedeu- 
tende -äja  übertragen  sein.  —  Auch  in  allen  Reflexivformen  ist 
die  Länge  vor  -s  jetzt  immer  gestoßen  (z.  B.  1.  Sing.  Präs.  ceVuos 
gegenüber  lit.  keliuos).  was  nur  auf  Verallgemeinerung  des  a  be- 
ruhen kann,  der  in  einigen  Formen  regelrecht  sein  konnte,  vgl. 
z.  B.  lit  3,  P.  Prät  ßmesi  und  daraus  jemesi  in  Zytela  (nach  Herrn 
K,  Büga),  sedös^  stojös,  radös  KZ.  44,57,  russ,  3  P.  Sing.  Prät 
vilsjä,  razdalsjä,  prinjalsjä  u.  a. 

3.  Wechsel  der  Intonationen  (Metatonie). 

Als  Regel  gilt,  daß  eine  Wurzel  ihre  Intonation  in  allen 
ihren  Ableitungen  unverändert  beibehält  Doch  gibt  es  gewisse 
Ausnahmen,  die  wenigstens  teilweise  recht  alt  sein  müssen. 

Erstens  findet  man  vereinzelte  Fälle  von  Metatonie  bei 
der  Substantivierung  von  Adjektiven:  läuks  (=lit  laükas)  'bläßig': 
toSÄ»  (=  apr.  laucks)  'Feld' ;  stävs  'aufrecht'  (vgl.  1.  Sing.  Präs.  stävu 
'ich  stehe',  lit  stöviu) :  stävs  'Wuchs' ;  vgl.  lit.  dugstas  (lett.  aügsts) 
'hoch':  augstas  'der  obere  Bodenraum'.  Der  Unterschied  also. 
der  sonst  durch  Akzentverschiebung  bezeichnet  wird  (wie  z.  B, 
in  ai.  Ijsnd-  'schwarz' :  kfsna-  'Antilope' ;  äsita-  'schwarz' :  osifd- 
'schwarze  Schlange';  griech.  XeuKOc:  XeÖKOc;  lett.  liels  'groß': 
liels  'Schienbein'),  ist  hier  durch  Metatonie  hervorgehoben  (die 
keineswegs  auf  Akzentverschiebung  zurückzuführen  ist),    vgl. 


108  J.  Endzelin, 

dazu  Bezzenberger  BB.  21,  313  f.  Hierher  gehört  vielleicht  auch 
das  Schwanken  zwischen  itotrs  (=lit.  antras)  'alter'  C. '),  S.,  N., 
Wk,,  Morizberg  u.  a.,  und  uötrs  B.,  Nieder-Bartau,  Trikaten,  W. 
In  W.  spricht  man  neben  uötrs  — pus-üotra  'VI2'  und  üotruö- 
d\ena  'Dienstag' ;  vielleicht  hat  uotrs  zunächst  in  substantivischer 
Bedeutung  den  Dehnton  erhalten. 

Ferner  findet  sich  Metatonie  in  Nominalstämmen  auf  -0, 
-/o,  -e,  -iä  und  -ä.  Beispiele  für  0- Stämme:  spet  'vermögen* 
{=\\i.  spSti):  speks,  \it  S2}ikas  in  Jöniskis  B. ;  städit  'pflanzen': 
städs  'Pflanze' ;  destU  'pflanzen'  B.,  Wk.,  (vgl.  det  und  da  = 
lit.  dSti):  dests  'Pflanze'  C.  (und  darnach  auch  dhtit  C);  velt 
'wälzen'  ( =  lit.  t^e7^?) :  väls  'Heuschwade'  S. ;  kaut  'schlachten' 
( =  lit.  Muti) :  Nom.  Plur.  kävi  'Nordlicht' ;  vgl.  noch  lit.  löpi/ti  'flicken' 
{==lett.lä2)U):  löpas  'Flick';  3.  P.  7iiezti  'juckt':  niezas  'Krätze' 
(Büga  Aist.  Stud.  1,  86).  /o-Stämme:  malt  'mahlen'  (  =  lit.  mdlti): 
mälis  'das  zu  mahleude  Korn'  C,  S. ;  glebt  'retten'  (lit.  gUhti) : 
lit.  gUhis  'ein  Armvoll'  oder  klebys,  Gen.  Sing.  kISbio  (bei  Büga 
Aist.  Stud.  1,  154  und  Leskien  Bild.  d.  Nom.  288),  lett.  klepis; 
lett.  stürs  'hartnäckig'  B. :  sfiiris  'Ecke' ;  lit.  dvynas  'Zwillings-' 
in  Dusetos :  lett.  dvtnis  'Zwilling' ;  vgl.  noch  lit.  kqsti  'beißen* 
(lett.  kitöst) :  kandis  'Biß' ;  lit.  Ugas  'lang'  (lett.  ilgs) :  ilgis  'Länge' 
u.a.  (bei  Bezzenberger  BB.  21,  311).  v  zu  — :  *krHr{a)s  'sinister' 
(vgl.  krliss  dass.,  lit.  kairas  dass.,  z.  B.  bei  Dauksa  Katech.  6, 
20,  und  a.  s.  kam  'Linkhand') :    k'etris  oder  kretlis  'Linkhand'. 

e-Stämme :  sk'elt  'spalten'  (lit.  skSlti) :  sk'äe  'ein  Schnitt 
Brot';  mit  'treten'  (lit.  mlnti):  mlne  "eine  Stelle,  wo  Lehm  ge- 
treten wird"  C. ;  dzeft  'trinken'  (lit.  gerti) :  dzlres  'Trinkgelag' ; 
velt  (lit.  väti):  vale  'Waschbläuel'  (s.  Leskien  Ablaut  354);  durt 
'stechen,  stoßen'  (lit.  dürti) :  diire  'Faust'  (Leskien  Bild.  d.  Nom. 
279);  duobß  'tief,  hohl*,  lit.  düohti  'aushöhlen':  düobe  'Grube', 
lit.  a.  s.  duöb^  nach  Kurschat  und  Jaunis  (aber  ostlit.  dmby  in 
Wolters  Lit.  ehrest.  368,20  und  388,4);  vgl.  dazu  lit.  mdlH 
(lett.  malt):  möU  in  Dusetos  B.;  kidti  'dreschen'  (lett.  kult):  kiiU 
in  Dusetos  B. ;  drti  (lett.  afO*  o/-^  'Pflügen';  pidtdi  'schneiden' 
(lett.  p/'aü/) :  piüte  'Ernte';  jjrüsas  'Preuße':  prüsi  'Preußin'  in 

1)  Bedeutung  der  Abkürzungen:  C.  =  Cirulis  Rakslu  kräjums  15, 
61ff. ;  B.  =  Bielenstein  LeUJsche  Sprache;  S.  =  P.  Schmidt  Sbornik  old. 
russk.  jaz.  i.  slov.  Imp.  Akad.  N.,  Bd.  67,  Nr.  3,  W.  =  die  Mundart  von 
VVohnar;  Wk.  =  die  Mundart  von  Walk;  N.  =  die  Mundart  von  Neuen- 
burg; B.  hinter  litauischen  Formen  =  Mitteilung  von  Herrn  K.  Büga. 


Weiteres  za  den  lettischen  Intonationen.  109 

Kvedarna  B.;  anJcstßas  'früh(zeitig)' :  ankstybe  'Frühe'  u.  a.^).  — 
V  zu  -  :  lett.  cirpt  'scheeren'  (lit.  kifpti) :  cirpe  'Sichel'  S. ;  lit 
mesü  'maischen'  in  Joniskis  B. :  lett.  (wohl  aus  dem  Kurischen) 
mehte  'Maischholz' ;  lit.  3.  P.  rüp'  'liegt  am  Herzen' :  lett  rüpes 
'Sorgen'  (und  darnach  rüpeties  'sorgen');  lett.  s\et  'binden'  (lit. 
sieti  in  Dusetos  B.):  saite  'Binde';  svMpt  'pfeifen'  (lit.  scilpti): 
svifye  'Pfeife'  (und  darnach  svilpet  'pfeifen') ;  stiiegs  'Schnee'  (lit 
sniegas):  sniedze  'Schneeammer';  vgl.  noch  lit.  kvaisti  'närrisch 
werden':  kväise  'Närrin'  (bei  Büga  KFY.  66,  224);  lenkti  'biegen' 
{\ett  üekt):  /en/te  'Vertiefung';  vilkas  'Wolf  (lett  r)ZA-s):  vtlke 
'Wölfin';  maisas  'Sack*,  s.  meine  Slavj.-balt.  etjudy  53  (lett  mäiss, 
serb.  mijeh):  mdise  'Heunetz'  in  Dusetos  B. 

/ä-Stämme :  set  'säen'  (lit.  sSti) :  seja  'Saat'  C,  S.,  lit  a.  s. 
sejq  in  Dusetos  B. ;  spet  (lit  S2)äi) ;  speja  'Vermögen,  Kraft'  C, 
S.  V  zu  —  :  dlrst  'cacare':  diPsa  (von  d)rst  abgeleitetes  Schimpf- 
wort) ;  lit  lieMi  'lecken' :  lett  laiza  'Leckermaul' ;  lett  Itst  'krie- 
chen* (lit  Zfs<»):  luöz{n)a  'Herumschleicher';  m)zt  'harnen'  (lit 
mizti):  miza  (von  ntizt  abgeleitetes  Schimpfwort);  pelnit  'ver- 
dienen' (\it pelnyti):  pel'na  'Verdienst'  in  Krons-Würzau  (anders- 
wo pel'na) ;  plest  'ausbreiten'  (lit  plesti) :  Xom.  Plur.  plesas  'Blase- 
balg' ;  tiepties  'sich  steifen'  (lit  terhpti) :  tiepsa  'Rechthaber'  C,  S. ; 
tuost  :  tuöm  C.  (vgl.  noch  pifst  'crepitum  ventris  edere' :  pirza 
'Stänkerer');  russ.  volokü  'ich  ziehe*  (lett  velku):  volöca  'ein 
Herumtreiber'  bei  Dal'  1^,  581 ;  serb.  süh  ( ==  lit.  saüsas) :  cech. souse; 
russ.  görod,  cech.  hrad:  russ.  goröza,  cech.  hrdze.  Zuweilen  findet 
man  daneben  abgeleitete  Verba  auf  -dt:  luöz(n)a:  litöz{n)dt 
'kriechen',  lit  Idndzioti;  miza :  mizät  'harnen';  tuösa  :  fuösät  C. ; 
und  diese  Verba  waren  wahrscheinlich  denominativ.  Da  sie  aber 
auch  auf  das  entsprechende  primäre  Verbum  bezogen  werden 
konnten,  so  sind  zuweilen  wahrscheinlich  nach  ihrem  Vorbild 
Verba  auf  -dt  mit  akutierter  Wurzelsilbe  direkt  vom  primären 
Verbum  abgeleitet  worden :  eist  'keuchen' :  elsdt  'tief  aufatmen' 
C. ;  dzU  'treiben'  (lit  ginti) :  gaindt  'abwehren'  B.,  S. ;  (vgl.  lit 
'regnen',  lit  lyt'r.  Unat  'fein  regnen');  Wt  riesti  'rollen':  (lett. 
riest) :    rdicioti  'hin-  und  herrollen' ;    rinkti   'auflesen' :    rdnkioti 


1)  Eine  eigene  Erklärung  der  litauischen  Fälle  des  Wandels  von 
'ZU  —  vor  i  bietet  Fortunatov  im  Otcet  o  dejatel'nosti  otdel.  russk. 
jaz.  i.  slov.  Imp.  Akad.  N.  za  1911  g.,  S.  811.  Doch  wird  man  dazu  erst 
dann  Stellung  nehmen  können,  wenn  sein  Aufsatz  darüber  vollständig 
erschienen  sein  wird. 


110  J.  Endzelin, 

"fortgesetzt  ein  wenig  auflesen";    vilkti  'schleppen'  (}Qit  vMkt): 
vdlkioti  'mehrfach  umherschleppen*  u.  a. 

ä-Stämrae:  lit.  cWäiiti  'zum  Trocknen  hinstellen'  (lett. 
zaüt):dzioiä  'Darre',  g.  s.  dziövos.  %  zu— :  Mi.  jiezti  'aushülsen* 
(Juskeviß  Wrtb.  395):  lett.  mza  'Spalte';  hr^kt  'schreien' :  6rfÄ-« 
'Geschrei';  käukt  'heulen'  (lit.  kaükti) :  kaüka  'Schreihals';  jplükt 
'pflücken' :  Nom.  Plur.  plükas  'Ausgezupftes' ;  s/'awÄ:^  :  sl'aüka  C  (s. 
RKr.  15  55,98  und  139);  änäkt  'zischen' :  snäÄra  C;  snäukt 
'schnauben':  snaüka  C;  vilkt :  g.  pl.  valku  (in  valku  dränas  'All- 
tagskleider'); bHgt  'endigen'  (lit.  beigti) :  beigas  'Ende';  d\rst:dirsa 
'podex';  mäiikt  (lit.  maükti)  :  maüka  'Hure';  rükt  'brüllen,  brum- 
men' :  rwÄ-a'ein  brummiger  Mensch'  S. ;  sd/^-^rauschen' :  Nom.  Plur. 
Salkas  'Schaudern'  C;  Uikt  'sagen' :  tetka  'Sage',  tilj^t  'Raum  haben' 
(lit.  tilpti)  :  telpa  'Raum'  C;  cirst  'hauen'  (lit.  kifsti) :  cirta  'Locke* 
(vgl.  drsties  'sich  kräuseln');  üekt  {lit  lenkti) :  (wohl  kurisch)  lanka 
'feuchte  Wiese';  vgl.  lit.  delbti  '(die  Augen)  niederschlagen' :  dilba 
'Gluper';  rSkti  "hrnllQn' :  reka  'Schreihals';  slinkti  'schleichen': 
slmka  'Schleicher';  lendu,  Ifsti  'kriechen' :  Idnda  'Loch  zum  Durch- 
kriechen' (Anyk.  sziJ".  141  und  Wolters  Lit.  ehrest.  353,24);  weiter- 
hin kleivas  'schief bein ig' :  kWva  'ein  schief beiniger  Mensch'  (Büga 
RFV.  66,  222);  lett.  krdiss  'sinister' :  lit.  kräsa^)  '(körperlicher) 
Fehler'  (Juskevic  Wrtb.,  unter  ydva)',  lit.  vafnas  'Rabe'  (serb. 
vrän) :  vdrna^)  'Krähe'  (lett.  värna,  serb.  vräna).  —  Neben  diesen 
ä-Stäramen  gibt  es  (ursprünglich  denominative,  s.  Leskien  Ab- 
laut 436 ff.)  Verba  auf  -dt  mit  akutierter  Wurzelsilbe:  breka  : 
hrekat  *viel  schreien';  kaüka  :  kaükätC  (serb.  kukati  'wehklagen*); 
plükas  :  plükät  'pflücken'  B,  C,  sl'aüka  :  sl'aükdt  C;  snäka  :  snäkdt 
'schnarrend  sprechen'  C;  snaüka  :  snaükdt  'schnauben'  B,C.;  g.pl. 
valku  ivalkdt  '(Kleider)  tragen';  lit.  ^««c?«  :  lett.  luöddt  'kriechen* 
B,  C.  Da  nun  ein  brekdt  direkt  auf  br^kt  bezogen  werden  konnte, 
so  können  darnach  solche  Verba  auf  -dt  auch  direkt  vom  ent- 
sprechenden primären  Verbum  abgeleitet  sein  (in  manchen  Fällen 
kann  auch  das  Nomen  auf  -ä  nachher  verloren  gegangen  sein) : 
bräukt  'fahren'  (lit.  braükti) :  braükdt  'umher  fahren*;  ^ht  'keuchen' : 

1)  Dieses  kriisa  und  kreivümas  'Sünde'  (bei  DaukSa,  Post.  171,22 
nach  der  Neuausgabe)  befürworten  die  von  mir  BB.  27,  190  vorgeschla- 
gene Etymologie  des  aksl.  grirb  '(^^ap^ia,  6|idpTriMa*- 

2)  Der  ganze  Zusammenhang  zeigt,  wie  mir  scheint,  daß  der  Unter- 
schied zwischen  lit.  vaf{nas)  und  vdr{na)  oder  vil{kas)  und  vU{k^)  weder 
auf  Quantitätsunterschiede  noch  auf  Akzentverschiebung  zurückzuführen 
ist,  sondern  auf  Metatonie  beruht. 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  111 

ekdt  ^keuchen'  C,  S.,  "W.;  kViegt  'schreien':  klafgät  *viel  schreien* 
B.,  C;  hmbt  oder  kmpt  'picken' :  hiäbät  B.  oder  knäpdt  C.  'wieder- 
holt picken';  /^Ä:^ 'springen'  (lit.  Ukti)  :  lekdt  'hüpfen';  1.  Sing. 
Präs.  mieznu  (zu  mizt) :  miezndt  'raingere'  B.;  räpties  'kriechen* : 
räpdties  'herumkriechen'  C,  S.:  säidi  'rufen'  (lit.  saükti) :  saukdi 
'oft  rufen'  B.,  C,  W,  (lit.  sdukoti  B.  in  Salantai);  steigt  'eilen' :  staigdt 
'wandeln'  B.,  C,  S.,  W.;  sukt  'saugen'  (lit.  sunkti) :  sükät  'saugen'  C; 
sl'ükt  'gleiten  machen':  sVükdt  'glitschen'  B.,  C:  trenkt  'scheuchen': 
trenkät  'hin  und  her  jagen'  C,  S.,  TT.;  zmegt  'wiehern' :  zvaigät  'wie- 
hern' B.  Man  beachte,  daß  es  daneben  ebensolche  Yerba  auf 
-dt  von  akutierten  Wurzeln  gab :  duot  'geben'  (üt.  dtioti)  :  dävdt 
'anbieten'  C,  S. ;  grabt  'greifen'  (lit.  gröhti) :  gräbdt  'greifen'  S.,  C. ; 
sprdgt  'bei-sten'  {lit  sjn-ögti) :  spregdt  'pra.sseln'B.,C.,S.,W.;  vgl.  auch 
Formen  wie  metdt  'wiederholt  werfen'  (zu  mest  'werfen'),  nesdt 
'hin  und  her  tragen'  (zu  nest  'tragen'),  serb.  hjegati  'fKehen', 
russ.  hegaf  'hin  und  her  laufen'  u.  a.  Die  litauischen  Yerba 
auf  -oti  mit  akutierter  "Wurzel  unterscheiden  sich  gewöhnlich 
von  den  lettischen  durch  ihre  Bedeutung  und  Präsensbildung: 
klüpau  klujxjti  'in  knieender  Stellung  verharren'  zu  klaüptis 
'niederknien';  lindau  (aber  auch  Vindoju)  Itndoti  'wo  hinein  ge- 
krochen sein'  zu  Itsti  'kriechen';  ghidau  (auch  glüdoju)  gludoti 
'still  (angeschmiegt)  da  liegen'  zu  glaüsti  'anschmiegen'  (lett. 
gläust)  u.  a.,  vgl.  v,  Kozwadowski  IF.  4,  408  ff. 

Die  Iterativa  auf  -dt  scheinen  die  Metatonie  in  den  Itera- 
tiven auf  -U  bewirkt  zu  haben:  bräukt :  braüctt  'streichen';  lit 
daüzti  'stoßen* :  lett.  daüzit  'heftig  schlagen';  lit.  geisti  'verlangen' : 
lett.  gaidU  'warten'  B.,  Wk.,  Nitau,  Xieder- Bartau,  Siuxt  u.  a. 
(neben  gäidit  C,  S.,  N.,  Blieden,  Wenden  u.  a.);  griezt  'kehren* 
(lit.  grezti)  :  gruöztt  'hin  und  her  wenden'  (darnach  in  W.  u.  a. 
auch  griezt  für  griezt)\  klaüsit  'gehorchen'  B.,  N.  (neben  klättsU 
C,  S.,  Wk.);  lit.  liezti  'lecken'  :  lett.  Imztt  dass.  B.,  Wk.  (neben 
läiztt  C,  S.,  X.);  jilest  :  plättt  'ausbreiten';  riebt  '(Krankheiten)  be- 
sprechen' :  raibtt  dass.  S.  (neben  räibit  W.);  raüdzit  'besehen' 
B.,  S.,  N.,  Preekuln  (neben  räudztt  C);  1.  Sing.  Präs.  sk'utu  'meine' 
:  skaittt  'zählen'  Rutzau  (neben  skäitU  C,  S.,  W.  u.  a.);  däukt  : 
'melken'  :  slaüctt  'fegen'  B.,  W.,  N.,  Wk.  (neben  släucit  C,  S.  = 
lit.  slmikyti  B.  'wischen',  3.  P.  slaüko);  lit.  tiesti  'gerade  machen' 
:  lett.  taisU  'machen'  B.,  X.  (neben  täisU  C,  S.,  Wk.) ;  tratpit 
'beflecken'  C.  (neben  träipit  S.,  Wk.,  N.);  bidit  'schieben'  W.,  Wk. 
(neben  Indit  C,  S.).  AVo  der  etymologische  Zusammenhang  mit 


112  J.  Endzelin, 

dem  primären  Yerbum  noch  ganz  deutlich  empfunden  wird 
(und  auch  sonst),  bleibt  ^  in  allen  Mundarten:  üekt  :  lüoctt 
'biegen';  skriet  'laufen'  :  skräidU  'viel  laufen';  vkrst  'wenden'  : 
värtit  'wälzen';  läuptt  'rauben'  u.  a.  Im  Litauischen  und  Slavi- 
schen  gibt  es  in  der  Regel  bei  diesen  Verben  keinen  Intona- 
tonswechsel :  lit.  braukyii  (3.  P.  hraüko\  vartyti  (3.  P.  vafto)  u.  a.; 
serb.  büditi  (1.  Sing.  Präs.  hüdim\  russ.  lupW  u.  a.  Formen  wie 
braücit  scheinen  also  speziell  lettische  Neubildungen  zu  sein; 
man  beachte  auch,  daß  in  der  gedehnten  Betonung  der  Formen 
auf  -ät  die  Mundarten  mehr  unter  sich  übereinstimmen  als  bei 
den  Formen  auf  -tt.  Daß  diese  ehemals  wurzelbetont  waren 
(s.  Meillet  MSL.  11,  347),  zeigt  auch  das  Lettische:  bities  'sich 
fürchten'  :  batdit  'schrecken';  gräbt  :  gräbsttt  B.,  N.  'haschen' 
(=  lit.  gröbstgti;  dagegen  gräbstU  C.  nach  gräbt);  griezt  'schneiden' 
:  graizit  (=  lit.  gräizyti)  'schnickern'  B.,  Ohscheneeken  (dagegen 
gratzit  C,  S.,  W.  nach  griezt);  mit  'tauschen'  :  marnit  'wechseln* 
(nach  Krumberg  niatnU  im  Anschluß  an  mit);  plest  'reißen'  : 
pliiösit  'zerren'  B.  (dagegen  pluöstt  C,  S.,  W.  nach  plest);  smiä 
'lachen'  :  smmdit  'lächeln'  C,  S.  {smaidit  B.  nach  smi^t);  spert 
'(mit  dem  Fuß)  ausschlagen' :  spärdit  (=  lit.  spärdyti)  'wiederholt 
ausschlagen'  C,  "VV.  [spafdtt  B  nach  sppff).  Ygl.  noch  gläsfit'  strei- 
cheln' =  lit.  glöstyti;  värstit  'reihen'  =  lit.  vdrstyti;  sildH  'wärmen* 
=  lit.  sMyti  u.  a.;  dagegen  z.  B.  latstit  'öfters  gießen'  (gegen- 
über lit.  Idistyti)  nach  liSt  'gießen'. 

Akutierung  zirkumflektierter  Silben  findet  man  weiterhin 
in  folgenden  Fällen.  Erstens  in  Verben  auf  -indt :  br^kt :  bre- 
cindt  'zum  Schreien  veranlassen' ;  d)rst :  difsenät  'ein  Kind  ab- 
halten' C;  käist  'heiß  werden'  (lit.  kmsti)  :  kmtinät  'ärgern'; 
käukt :  kaucinät  'zum  Heulen  veranlassen' ;  mizt :  mizenät  'harnen 
lassen'  C. ;  svHkt  'begrüßen*  und  (dial.)  sv^iks  'gesund'  (=  lit 
svefkas) :  svetcindt  'begrüßen'  (darnach  auch  svefks);  «U\s<' plärren* 
:  vfksenät  'zum  Plärren  veranlassen'  C;  vUkt :  vilcinät  'in  die  Länge 
ziehen*  (vgl.  damit  raüdät  'weinen' :  rüdinät  'zum  Weinen  ver- 
anlassen' B. ;  anderswo  bleibt  ^ :  sDkt  'ertrinken*  :  sücinät  'er- 
tränken'), üamit  lassen  sich  vergleichen  lit.  rerkti  'weinen' 
ivirkinti  'weinen  machen*;  sveikti  'gesunden*  und  si'>etkas  'ge- 
sund* :  svHkinti  'grüßen* ;  3.  Präs.  rüp  'liegt  am  Herzen' :  rü- 
pinti  'sorgen';  vargti  'Not  leiden' :  t?cfn//«//  'plagen';  Unksmas 
'heiter'  (=  lett  liksms) :  Pirücsminti  'erheitern*  u.  a.  bei  Bezzen- 
berger  BB.  21,311. 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  113 

Auch  in  einigen  intransitiven  Yerben  auf  -et :  lett.  nesf, 
lit.  riesfi  (lett.  l-rümu  nest  'sich  bestanden'  C.  und  BW.  27906 
und  28031):  rietet  'rollen;  aufgehen  (vom  Licht  gesagt),  unter- 
gehen (von  der  Sonne  ges.)'  S.  (neben  rietet  C);  lit.  3.  P. 
niezti  'juckt' :  lett.  tiiezet  'jucken';  lit.  skesti  ^ert^mken  :  skendeti 
'im  Ertrinken  sein';  datiMi  'stoßen' :  rfawi^fi  B.  'sich  abnutzen'; 
zem.  etzti  'aushülsen'  (Juskevic  Wrtb.  und  Büga  Aist.  Stud.  1  60) 
:  äizeti  'platzen'  (Juskevic  Wtb.)  oder  eizeti  B. ;  mirti  'sterben' 
:  merdeti  'im  Sterben  sein'. 

Ferner  in  Präsensstämmen  auf  -sta  :  dz)mt  'geboren  werden', 
lit.  (jimti :  dzimstu  S.  (anderswo  dzimstu  nach  dem  Infinitiv),  lit. 
gimstii  Anyk.  szü.  318  und  Juskevic  Wrtb.  704  (hier  auch  der 
Infinitiv  mit  dem  Stoßton  nach  dem  Präsens);  3.  P.  dziest  'er- 
lischt' :  Ht.  gesa  Juskevic  Wrtb.  430  (und  darnach  auch  gesta):  lit. 
rmrstu  :  mirti  'sterben'  =  lett.  *mifstu  :  m)rt^  woraus  mit  Ausglei- 
chung mifstu  mirt  B.,  S.,  W.,Wk..  X.  und  m)r.3^M  mirt  C.  (vgl.  noch 
mirdet  'hungern  lassen'  C,  S..Wk..  X.  und  nu-ris  'Pest').  Eine 
derartige  Ausgleichung  scheint  auch  in  den  folgenden  Fällen  statt- 
gefunden zu  haben  :  grimstu  grimt  'sinken'  (neben  gremdet  'ver- 
senken') S.,  Wk.  gegenüber  grimstu  grimt  C. :  lit.  grimstu  grimsti; 
gnlstii{6s)  gi(lt{iis)  'sich  schlafen  legen'  S.,  Wk.  (neben  guUa  'Bett'. 
giddit  'schlafen  legen';  mundartlich  auch  gutta)  gegenüber  gül- 
ties  N. :  lit.  gültig  gfhstii  gtht  'ohnmächtig  werden'  B.  neben  gibstu 
gibt  C,  S.,  N.  vgl.  lit.  g{v)eibstu  g(v)etbti ;  kufkstu  kurkt  'quarren'  B. 
neben  kürcu  kürkt  S.  =  lit.  kurkiü  kurkti ;  iTkstii  iTki  'sich  ver- 
einbaren' B.  neben  Wistii  Pikt  'S.  oder  ügstu  ligt  S.,  Wk.  (mit  g 
nach  ligt  C.  oder  ligt  B  =  lit.  Iggti);  nikstu  mkf  vergehen' 
B.,C.,  Wk.,N.,S.  neben  nikstu  nikt  S.  (nach  brieflicher  Mitteilung): 
lit.  nykstü  nykti;  rirnstu  rimt  'still  werden'  (neben  rhndet  'stillen') 
S.,  Wk.  gegenüber  rimstu  nw^  C. :  lit.  rlmstu  rimti;  sirgstu  sirgt 
"kränkeln'  (neben  sSrga  'Seuche')  C,  S.,  B.  neben  sirgstu  slrgt  Wk. 
:  lit.  sergtc  sirgti;  skumstu  skumt  'traurig  werden'  S.  :  skümstu 
shumt  C. ;  skurbstu  skufbt  'schwindlig  werden'  B.,  S. :  skürbstu 
skurbt  C. ;  sltkstu  slTkt  'sich  neigen' :  sllkstu  sFiki  'untersinken' 
Wk.,  B.,  värgstu  värgt  'siechen'  C.  gegenüber  värgstu  värgt  Wk. 
:lit.  vargstü  vargti;  vgl.  noch  lit.  -vlrkstu  -vlrkti :  verkiü  vefkti. 
In  einigen  von  den  genannten  Fällen  könnte  der  Akut  älter  sein, 
so  z.  B.  in  rimt  (neben  räms  'zahm').  Die  Ratio  dieses  Wandels 
ist  unklar;  vgl.  dazu  W.  Schulze  KZ.  45,  230  und  Persson  Beitr. 
z.  indogerm.  Wortforsch.  350  ff.    —    Sollten  die  lettischen  und 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  8 


114t  J.  Endzelin, 

zemaitischen  Formen  auf  -stii  älter  sein  als  die  hochlitauischen 
Formen  mit  Nasalinfix,  so  gehören  vielleicht  hierher  noch:  lett. 
bifstu  hift  'rieseln'  (neben  Hrt  'schütten*,  bärsfU  Verstreuen*  C; 
anderswo  bert,  bärstit  nach  birt) :  lit.  bfvü  oder  blrstu  blrti,  in 
Kvedarna  bhstu  bifti  B.  (neben  berti  barstyti)\  diktu  dilt  'sich 
abtragen' (neben  f/^WJ^ 'abnutzen')  S.,W.,\Vk.  gegenüber  Mstu  dilt 
C,  N. :  lit.  djlü  {delü)  oder  dllstu  dilti  oder  (nach  Juskeviö  Wrtb. 
569  und  717)  zem.  dilti',  irstii  irt  'sich  zertrennen'  (neben  ärdtt 
'trennen')  S.,  W.,  Wk.  gegenüber  \rstu  )rt  N. :  lit.  jrü  oder  )rstu  Irti 
(neben  ardyti);  silstu  silt  *warm  werden'  (und  weiterhin  sildit 
'erwärmen')  neben  Mts  'warm' :  lit.  sjlk  oder  mlstu  s)lti  (und 
sildyti) neben  siltas\  svilstii  svilt  'versengt  werden' C.,W.,\Vk.  neben 
svilstu  svtlt  N. :  lit.  svflü  ( svelü)  oder  svUstu  sdlti  oder  (nach  Jus- 
keviö Wrtb.  558)  svilti.  Doch  ist  die  genannte  Voraussetzung 
recht  zweifelhaft.  Vielleicht  hat  man  Metatonie  in  den  Kausa- 
tiven auf  -dit{i)  und  -det{i)  von  akutierten  intransitiven  Wurzeln 
anzunehmen,  wofür  das  Verhältnis  von  lett.  btties  'sich  fürchten* 
:  lit.  baidyti  'scheuchen'  (3.  P.  ftafc?o)  spricht;  Formen  wie  dUt 
könnten  durch  das  entsprechende  Kausativum  {dUdet)  hervor- 
gerufen sein. 

Weiterhin  sind  vereinzelte  Fälle  zu  nennen:  ciems  'Dorf' 
(lit.  kiemas),  ciemins  'Gast' :  kaimins  'Nachbar'  ( :  lit.  kaimyiias ; 
vgl.  jedoch  käimas  in  Wolters  Lit.  ehrest.  490  und  Mikkola 
AfslPh.  20, 149);  lit.  dvSsti  'hauchen':  lett.  dvesele  'Seele';  2)ema 
'Winter'  (lit.  a.  s.  ziemq) :  ziemelis  'Norden'  C,  S.  oder  ziemelis  AV. ; 
sükt  :  sUkalas  'Molken*  C. ;  räibs  'bunt'  (lit  ratbas),  z\me  'Zeichen' 
(lit.  a.  s.  zyme\  zväigzne  'Stern'  (lit.  a.  s.  zvatgzde)  :  raTbalUy 
zimala^  zvatgala  (Kuhnamen);  mizt  :  mizene  eine  Ameisenart; 
däukt :  slaücene  'Milcheimer* ;  mäktiSs  'sich  bewölken* :  mäkmnis 
'Wolke'  :  valsts  'Gebiet,  Reich'  (r.  völost') :  valstiba  'Reich' ;  siet : 
samttis  'Bündel'  C;  ükt  'sich  biegen' : /rA;snrt  C.  (s.  Leskien 
BUd.  d.  Nom.  369) ;  vHkt  'ausrichten'  (lit.  vetkti) :  veikLs  "ge- 
wandt* C,  S.,  W. ;  serb.  lijep^  lett.  läipns  S.  (s.  Bezzenberger  KSB.  8, 
367) :  laipm  'freundlich'  C,  W. 

Endlich  im  ersten  Teil  zusammengesetzter  Wörter.  So 
außer  pr)ek§  'vor' :  prieksaüts  'Schürze*  namentlich  in  vielen 
(nicht  allen)  nominalen  Zusammensetzungen  mit  Je-,  «Äo,  />)«, 
z.  B.  ietuiids  'Haß',  nuödal'a  'Abteilung',  piedafbs  'Dresch- 
tenne*; weitere  Beispiele  BB.  25,  271,  bei  P.  Schmidt  1.  c.  18 
bis  19,  31,  33  und  Cirulis  1.  c.  56—57,  76,  87,  89.     Vgl.  lit. 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  115 

t: i'^«rfa*Schlupfwinkeru. a.; nuö : nüohrauJcos  'Abgeschabtes'  u. a.; 
prie :  prtekelis  'Xebenweg'  u,  a.  War  das  Kompositum  oxytoniert, 
so  stellt  sich  a  ein:  nu6st{i()  'weg'  neben  nuöst  (z.  B.  in  Sar- 
naten  und  Kabillen),  vgl.  lit  nuogi;  suomazgas  'Spülwasser'  C, 
vgl.  lit.  sqslavos  'Kehricht',  Gen.  sqslavft.  In  Verbindungen  mit 
Verben  dagegen  (und  in  davon  abgeleiteten  Xomina  agentis 
und  actionis)  behalten  le-^  nüo^  pte  ihre  Intonation,  z.  B.  wsist, 
nüosist,  p)esist,  neben  pärsist  (vgl.  lit.  dia}. pärplaukti  u.  a.).  Nur  in 
sehr  wenigen  Mundarten  habe  ich  auch  hier  ^  für  ^ gehört:  1.  Sing. 
Präs.  piemineju  in  Frauenburg;  1.  Plur.  Fat.  nuöskriesim,  1.  Plur. 
Prät.  piescelem,  Part.  Prät.  iekritis  in  Nieder-Bartau ;  piehraukt^ 
nuökrist,  ieiet  in  Mißhof.  Daß  ie-,  ntio,  pie  ursprünglich  zirkum- 
flektiert  waren,  zeigt  erstens  der  Gegensatz  zwischen  )g-,  «wo-, 
pie-  und  pär-  in  verbalen  Verbindungen,  und  zweitens  —  die 
Präpositionen  nüo^  p)e  (vgl.  auch  lit.  priedai  und  serb.  prid) 
-  aus  '  in  Endsilben  ist  zwar  im  Litauischen  Regel  (s.  meine 
Slav.-balt.  etjudy  144  f.),  nicht  aber  im  Lettischen  (vgl.  z.  B 
den  Gegensatz  zwischen  Nom.  Sing,  tä  'die'  und  gen.  s.  iä  'des') 
wo  dieser  Regel  nur  Verbindungen  kurzer  Vokale  mit  r  unter- 
liegen, vgl.  par  neben  pär-  aus  *paf-  (=  üt  dial.  pdr-  aus  *paf-) 
Wenn  kur  'wo'  (lit.  kuf).  sür,  tür  schon  ursprünglich  zirkum- 
flektiert  waren,  so  gehören  hierher  auch  kiiTp^  'wohin',  sufp^u) 
'her',  turp  'dahin',  vgl.  lit.  namie :  namiepi  in  Wolters  Lit 
ehrest.  391,36  und  bei  Büga  Aist.  Stud.  1  43.  Endlich  ist  zu 
nennen  crie{v)s  'Gott*  (lit  dievas) :  diezgan  'genug'  (aus  älterem 
dievs-in-gan  oder  dievs-un-gan  BW.  23  var.,  15354),  vgl.  lit 
Dubös  giriä  :  Dubosgij-e,  oder  Gen.  Plur.  gahü :  galiügaU  bei  Büga 
1.  c,  und  dän.  haö  (geschr.  hav)  'Meer' :  haöhokt  (geschr.  havbugt) 
'Meerbusen'  bei  Pedersen  KZ.  38,298. 

X  für  ~  findet  man  im  Vokativ  und  vereinzelt  auch  im 
Imperativ,  namentlich  wenn  in  bittendem  Ton  gesprochen  wird 
(vgl.  Cirulis  1.  c.  55):  te{v)s  'Vater'  (lit  tems):  Vok.  Sing.  te{v)'^ 
mäte  'Mutter'  (lit  möti):  Vok.  Sing,  mät;  hrälis  'Bruder'  (lit 
brölis):  Vok.  Sing,  brälr^  Jänis:  Vok.  Sing.  Jäni;  tu  näc  'du 
kommst' :  tiäc  'komm !'  Vgl.  dazu  gr.  Zeuc  :  Zeö. 

4.    Die   Intonationen   in   Lehnwörtern 
aus  dem  Russischen. 

Man  findet  in  solchen  Wörtern  den  Dehnton  und  den  fal- 
lenden Ton.  Der  Dehnton  ist  mir  aus  folgenden  Beispielen  bekannt : 

8* 


116  J.  Endzelin, 

cßava  oder  älavtca  C,  *gelte  Kuh'  aus  russ.  jälovica. 

grämata  *Buch'  aus  russ.  grämota. 

päsma  oder  2>äi^ms  'Fitze  Garn'  aus  russ.  päsmo;  serh.  päsmo, 
öech.  päsmo. 

Pävils  Taul'  aus  ar.  *Pävbh^  woraus  Pavel. 

Nom.  Plur.  prävas  B.  'Prozeß'  aus  russ.  prävo ;  serb.  prävo 
*recte',  6ech.  prävo  'Recht'. 

stärasta  'Aufseher'  aus  russ.  stärosta ;  vgl.  serb.  sfär,  öech. 
stär  *alt',  lit.  störas  'dick'. 

träpit  'treffen'  aus  weißruss.  träpiö. 

väpH  'glasieren'  aus  russ.  väpif. 

zel  'leid'  und  äelabas  'Klagen'  aus  russ.  zaV  (resp.  aus  dessen 
Vorstufe  *zeh\  zäloba;  vgl.  serb.  iäo. 

kalpts  'Knecht'  aus  urruss.  *cholpb^  woraus  cholöp;  vgl. 
serb.  Map. 

kiirts  'Windhund'  aus  urruss.  *chifh>,  woraus  (veraltet)  chort; 
serb,  hrt,  bulg.  hd'rtbt. 

tulks  'Dolmetscher'  aus  urruss.  *ftj/ib,  woraus  tolk. 

k'iselis  ein  Gericht  aus  russ.  kisöl' ;  vgl.  serb.  khnuti,  russ. 
kisnuf. 

zids  'Jude'  aus  russ.  zid  (Gen.  Sing.  Mdä);  serb.  äid. 
hVuöda  'Schlüssel'  aus  russ.  bl'üdo;  serb.  bijüdo. 

duöma  'Gedanke'  und  duömdt  'denken'  aus  russ.  düma, 
dümaf]  vgl.  serb.  1.  Sing.  Präs.  dümäm. 

kuökalis  B.  'Kornrade'  oder  Nom.  Plur.  kuökal't  C.  (zum 
a  in  kmkal'i  und  e  in  k'tselis  s.  meine  Slav.-balf.  etjudy  100*) 
aus  russ.  kükol';  abweichend  serb.  knkolj. 

luoks  'Lauch'  aus  russ.  luk\  serb.  lük.,  bulg.  lükbt. 

muöka  'Qual',  muöcit  'quälen'  aus  russ.  miika,  mücit'\  serb. 
müka  müciti. 

puöstaäa  'ein  wüster  Ort'  aus  russ.  püstos;  serb.  püst  zeigt, 
daß  die  Wurzel  zirkumflektiert  war,  doch  kann  in  der  Ab- 
leitung ursl.  *pustoSi  Metatonie  eingetreten  sein. 

suöma  'Ranzen'  oder  (nach  Krumberg)  sitdma  (aus  *siiomä 
mit  akutierter  Wurzelsilbe)  aus  russ.  sumä. 

büda  'Hütte'  aus  russ.  biida;  öech.  bouda. 

düda  'Flöte'  aus  russ.  dudä  (vielleicht  nicht  direkt,  sondern 
aus  lit.  düdä);   serb.  dnda^  düdafi,   kleinruß.  di'ida,   coch.  dudtj. 

küms  oder  küma  'Gevatter'  aus  russ.  kum,  kumä;  serb.  küm, 
bulg.  kurm't.  —  Ifca  *Linso'  aus  aruss.  Ijaöa;  bulg.  USta. 


Weiteres  zu  den  lettischen  Intonationen.  117 

puka  'Flaumfeder'  aus  tw&s.  puch. 

strüga  'Struse'  aus  russ.  strug. 

truba  'Röhre'  aus  russ.  triibd  (oder  vielleicht  aus  lit.  frübä, 
a.  s.  trübq) ;  serb.  trüba. 

mutta  'Zoll'  aus  russ.  myto ;  cech.  mijto. 

kuTlis  'Eber'  aus  urruss.  *kt/h  zu  *kih,  woraus  hochlett 
kiejls  (Zbiör  wiadomosci  18,  436)  aus  *k~üis;  vgl.  russ.  kil'äk 
'unverschnittener  Eber'. 

Den  fallenden  Ton  findet  man  in: 

gänU  'beschmutzen,  schmähen'  aus  wruss.  *ganiti  zu  hdnic, 
dessen  Anfangsbetonung  vielleicht  durch  p.  ganic  hervorgerufen 
ist;  vgl.  klruss.  hanijty. 

käpuosti  oder  käpuösti  C  'Kohl'  aus  russ.  kapüsta. 

kräsa  'Farbe'  aus  russ.  krasä;  vgl.  serb.  kräsa  oder  kräs 
und  krdsiti  krdsim.  —  metelis  'Mantel'  aus  aruss.  mjatel». 

pataga  'Peitsche'  aus  russ.  batög. 

pavs  (oder  pävs  B)  'Pfau'  aus  russ.  pav,  das  russ.  Fem.  pdva 
könnte  sich  zu  pars  verhalten  wie  z.  B.  russ.  voröna  zu  vöron, 
doch  vgl.  lit.  povas^  das  gleich  pävs  B  auf  den  Akut  deutet. 

sträddt  'arbeiten'  aus  russ.  straddf]  serb.  strddati  strddäm. 

tvdraks  'dicke  Milch'  aus  russ.  tvarög. 

zäbaks  'Stiefel'  aus  aruss.  zapog^  oäerjabogi  (s.  Sobolevskij 
EFY.  65,  414);  jetzt  sapög. 

greda  C  'zusammengestapelter  Haufe'  aus  russ.  grjadä; 
serb.  grida,  Akk.  Sing,  gredu^  cech.  Jirada. 

svets  'heilig',  svetit  'heiügen'  aus  russ.  svjat,  svjatif ;  serb. 
svSt^  svetiti  svetim,  lit.  sventas. 

beda  'Sorge,  Leid'  aus  russ.  bedä;  serb.  hijeda^  Yok.  Sing. 
bijedo,  cech.  beda  'weh'. 

greks  'Sünde'  aus  russ.  grech ;  serb.  grijeh,  bulg.  greh^'t. 

vests  'Nachricht'  aus  russ.  vesf;  cech.  vesf. 

krtevs  'Russe',  vgl.  aruss.  krivici. 

pirägs  'Kuchen'  aus  russ.  pirög, 

üoms  C  'Verstand'  aus  russ.  um ;  serb.  iJw,  bulg.  umit^  cech.  um. 

riiobeza   'Grenze'   aus   russ.  rubez,  vgl.  serb.  rübiti  rvinm. 

suods  'Strafe',  süodtt  'strafen',  süogis  'Richter'  aus  russ.  sud, 
sudft',  sud'jd;  serb.  süd,  siiditi,  siida,  bulg.  stdit. 

süolit  'bieten'  aus  russ.  sulit'. 

Unerwähnt  blieben  Formen,  deren  Entlehnung  mir  nicht 
sicher  scheint :  sDede  'Geleise' :  russ.  sied,  serb.  slijed ;  tels  'Gestalt' 


118  J.  Endzelin, 

:  russ,  telo ,  serb,  tijelo ,  öech.  telo ;  släbs  'seh wacli' :  russ.  slab, 
serb.  släb^  öech.  sJdb ;  düsa  'Mut,  Gemüt' :  russ.  dusd  'Seele*,  serb. 
düsa,  Akk.  Sing,  düsu,  cech.  duse. 

Wenn  man  die  obige  Liste  durchmustert,  so  ist,  wie  mir 
scheint,  eine  gewisse  Gesetzmäßigkeit  in  der  Verteilung  der 
beiden  Intonationen  unverkennbar.  In  einigen  Fällen  ist  die 
slavische  Intonation  mir  unbekannt,  aber  die  übrigen  Beispiele 
deuten  darauf  hin,  daß  der  slavische  steigende  Ton  durch  den 
lettischen  Dehnton  wiedergegeben  wird  (pästna^  prävas^  stärasta, 
zel,  kalpSj  hurts^  k'iselis,  zids^  hl'uöda^  diiömät,  duöma,  luöks,  muöka, 
muödt,  büda),  und  der  slavische  fallende  Ton  durch  dieselbe 
lettische  Intonation  (kräsa,  strädät^  greda^  svets^  beda,  greks^  vhts, 
üoms,  rüobeza,  siiods).  Die  vereinzelten  Ausnahmen  {küms  und 
dü§a,  wenn  es  entlehnt  ist)  können  dagegen  schwerlich  auf- 
kommen, sondern  bedürfen  einer  besonderen  Erklärung.  Oben 
sind  auch  dreisilbige  Formen  wie  äluva,  grämata^  stärasta  ange- 
führt, obgleich  mir  bekannt  ist,  daß  einige  Forscher  (auf  Grund 
z.  B.  von  6.  jahoda  :  serb.  jägoda)  hier  schon  eine  urslavische 
Kürzung  der  ersten  Silbe  annehmen.  Dieser  Annahme  wider- 
sprechen aber  die  baltischen  (und  finnisch-ugrischen)  Lehnwörter 
aus  dem  Siavischen,  da  z.  B.  die  Länge  im  lett.  äJava  (wenn  es 
wirklich  ein  Lehnwort  ist)  nur  aus  einer  altrussischen  (resp. 
urslavischen)  Länge  erklärt  werden  kann.  Ein  älava  könnte 
schließlich  vor  der  vermeintlichen  urslavischen  Kürzung  ent- 
lehnt sein,  aber  grämata  und  Pävils  können  aus  historischen 
Gründen  nur  aus  altrussischen  Formen  (mit  langem  ä  in  der 
ersten  Silbe)  abgeleitet  werden.  Man  könnte  nun  einwenden, 
daß  das  Slavische  erst  nach  der  Kürzung  von  Formen  wie 
jagoda  die  Wörter  *grdmota  und  *Fäohh  aufgenommen  hat.  Mög- 
lich wäre  das  vielleicht  (vgl,  allerdings  ö.  hramota^  serb.  Pävao), 
aber  denkbar  ist  es  auch,  daß  die  angenommene  Kürzung  nur 
in  den  west-  und  südslavischen  Dialekten  stattfand,  nicht  aber 
im  Russischen;  vgl.  auch  Breznik  AfslPh.  32,  406. 

Chafkov.  J.  Endzelin. 


Miszellen.  119 


Miszellen. 


1.  Zur  Betonung  der  litauischen  Yerbalsubstantiva 

auf  -imas. 

Wie  gleich  gezeigt  werden  soll,  deuten  noch  einige  Formen 
darauf  hin,  daß  ui-sprünglich  in  den  Xomina  actionis  auf  -imas 
das  -i-  betont  wurde,  wenn  das  Yerbum  (wenigstens  teilweise) 
Endbetonung  hatte,  dagegen  die  Wurzelsilbe,  wenn  das  Verbuni 
Anfangsbetonung  hatte,  ^^achdem  aber  bei  den  Verben  mit 
gestoßener  Wurzelsilbe  Anfangsbetonung  durchgeführt  war^), 
mußten  in  der  Betonung  der  Nomina  auf  -imas  Schwankungen 
eintreten,  zumal  einige  von  ihnen  nur  selten  gebraucht  wurden. 
Kurschat  sagt  Gramm.  §  549,  daß  "sie  im  allgemeinen  weniger 
vom  Volke  als  von  den  litauisch  redenden  und  schreibenden 
Mchtlitauem  herrühren",  und  konstatiert,  daß  in  ihrer  Beto- 
nung 'Unsicherheit*  herrsche.  Wenn  er  darauf  Regeln  gibt,  die 
"im  ganzen  als  maßgebend  anzusehen  sein  dürften",  so  ist  aus 
seiner  Ausdrucksweise  wohl  zu  schließen,  daß  seine  Regeln 
zum  Teil  auf  Schematisierung  beruhen.  Bei  geschleifter  oder 
kurzer  Wurzelsilbe  ist  in  Bildungen  von  primären  Verben  immer 
das  -«-  betont,  z.  B.  verkti :  verkimas^  müsti :  musimas.  Bei  den 
§  1225  gegebenen  Verben  mit  gestoßener  Wurzel  behält  nach 
Kurschats  Angabe  §  552  die  Wurzel  den  Akzent  auch  beim 
Nomen  auf  -imas^  "wenn  ihr  Vokal  im  Aoriststamm  o  ist,  z.  B. 
in  grötcimas^  von  gräuti^  Aor.  gröiciau,  andernfalls  neigt  sich 
der  Ton  entschieden  nach  der  Pänultima".  Dieser  Formulierung 
widersprechen  in  seinem  litauisch-deutschen  Wörterbuch  Formen 
wie  glohimas^''  joßmas,  kloßmas,  {is)mok)mas,  sok)mas^  sproghnas 
drozimas^  nokimas  einerseits  und  dHüvimas^  ließmas,  sSßmas, 
spSßmas^  atäusimas  (neben  aus)nias)  andererseits.  Nur  die  Formen 
auf  -ov-  vor  -imas  haben  im  Wörterbuch  stets  den  Akzent  auf 
der  Wui-zel:  hliövimas^  dziövimas,  rövimas,  krövimas^  piövimas, 
spiöcimas,  söinmas^  {pa)U6vimas^  was  wohl  auf  Verallgemeinerung 
beruht,  vgl.  lett.  bVaüt^  zaüt.,  raüt  neben  kraut,  pTarä,  spfaiä, 
Baut,  l'aUt.  Die  §  1229  angeführten  Verba  mit  gestoßener  Wurzel 
im   Präteritum    haben   nach   §  553  neben  sich    ein   -imas  mit 

1)  Litauische  Formen  wie  1.  Sing.  Präs.  dugu,  2.  Sing.  Präs.  dugi 
sind,  vgl.  lett.  aüffu,  aüdz{t)  und  das  lit.  Partizipium  augäs  gegenüber 
trükgtqs  (zu  trükstu  =  lett.  trükatu),  phonetisch  aus  *augü,  *augl  ent- 
standen, wie  z.  B.  i.  Sing.  hMu  aus  *hotü. 


120  J.  Endzelin, 

Wurzelbetonung,  und  dazu  stimmen  die  Angaben  im  Wörter- 
buch (so  z.  B.  burimas^  dejimas,  gSUmas^  stümimas^  gi/ninioi^  u.  a.) 
bis  auf  vereinzelte  Ausnahmen  wie  v^m)mas,  s^mnnas.  Die  ur- 
sprünglichen Verhältnisse  schimmern  noch  durch  im  2emaiti- 
schen.  Hier  spricht  man  (nach  Juskevic  Wörterbuch  712): 
girlms  'Getränk'  (vgl.  lett.  dzert)  neben  gerims  Mas  Trinken*, 
jjlestms  'Neubruch'  (vgl.  lett.  plest)  neben  pUsims  'das  Reißen', 
audlms  *Gewebe'  (vgl.  lett.  aust)  neben  diidims  Mas  Weben', 
kloßnis  Mas  zum  Dreschen  hingebreitete  Getreide'  (vgl.  lett.  kiät) 
neben  klojims  Mas  Hinbreiten',  skynims  'gereinigter  Platz  (im 
Walde)'  und  'Reinigung'  (vgl.  lett.  sk'tt).  Die  Intonationen  der 
entsprechenden  lettischen  Verba  zeigen,  daß  die  Betonung  von 
gerims^  plesims,  audms^  kloßnis,  skynims  die  ursprüngliche  ist, 
wozu  auch  die  konkrete  Bedeutung  dieser  Formen  stimmt. 

2.  Über  lit.-lett.  ui,  Kürzung  der  Langdiphthonge  und 
den  Akk.  und  Instr.  Plur.  der  o-Stämme. 

Nachdem  schon  Brückner  (Lituslav.  Stud.  I  42  Anm.)  und 
Bezzenberger  (Jagic-Pestschrift  279)  Beispiele  für  lit.  -id-  ge- 
boten hatten,  gibt  jetzt  K.  Büga  RPV.  66,  218 ff.  eine  sehr 
reichhaltige  Liste  der  baltischen  Wörter  mit  -w/-,  die  aber  dennoch 
—  wenigstens  fürs  Lettische  —  nicht  ganz  vollständig  ist,  und 
eine  befriedigende  Erklärung  einiger  von  solchen  Pormen.  Einige 
andere  Pälle  will  ich  hier  zu  deuten  versuchen.  Lit.  pieniiitas 
'mit  Milch  beschmiert',  spuogüitas  'finnig'  und  miegüistas  'ver- 
schlafen' in  Dusetos  und  üspaliai  scheinen  -ui-  aus  -uoi-  zu 
haben,  indem  sie  durch  Kontamination  der  synonymen  pienüotas 
spuogüotas,  miegüostas  und  *pieniiojas,  *spuoguojas,  *miegnojas 
entstanden  sein  können.  Zu  den  vorausgesetzten  Formen  auf 
-uojas  vgl.  lett.  mleguojs  'verschlafen'  in  Bersohn,  mfdiiojs  'von 
Honig  triefend'  BW.  1465,  dümuojs  'mit  Rauch  gefüllt'  BW. 
2986,1  var.,  miltnojs  'mehlig*  BB.  12,  232,  suluojs  'saftig'  ibidem 
u.  a.  und  lit.  Kalnuojai  B,  Ortsname  in  Preußisch-Litauen.  — 
Solche  Pormen  mit  -ui-  für  m,  ü  oder  wo,  die  nur  auf  alt- 
kurischem  Territorium  oder  in  dessen  Nachbai*schaft  vorkommen, 
könnten  aus  dem  Altkurischen  entlehnt  sein,  das  i-Epenthese 
gekannt  zu  haben  scheint,  vgl.  oben  S.  102;  so  z.  B.  Vit.  puikijs 
'Kaulbars'  neben  pükys  und  jmokp-,  rüinis  'Seehund*  neben 
lett.  ruonis,  die,  wie  mir  Herr  K.  Btiga  schreibt,  nur  im  nord- 
westlichen Litauen  vorkommen. 


Miszellen.  121 

Nun  aber  steht  -ui-  nicht  selten  auch  neben  -a«-,  -«-,  -i-. 
Aus  dem  Verzeichnis  K.  Bügas  1.  c.  entnehme  ich :  lit.  gruinys 
'Kahlkopf :  grynas  'kahl' ;  lett.  guibt  (vielleicht  aus  *guiiibü)  'ohn- 
mächtig werden*:  lit  gvaihti  'ohnmächtig  werden*  und  gethti 
'krepieren';  lit.  klmk{s)is  'Dummkopf,  kluTkti  'dumm  werden': 
klaiksis  'Xarr';  lett.  khuni  'knimme  Beine'  :  kleinis  'ein  krumm- 
beiniger Mensch',  lit.  iskleiniöti  '(mit  krummen  Beinen)  heraus- 
kommen', kleivas  'schiefbeinig',  kJeipti  'schief  treten  (Schuhe)'; 
lit.  küika  'Schindmähre'  :  apr.  paustocaican  'wildes  Pferd';  lit 
luitas  'Kitt'  :  laitas  'Lehm  zum  Zuschmieren  von  Ritzen';  lit 
muitä  'Aas' :  maita  dass. ;  üt.  pidkenä  'Brecheisen' :  peikenä  dass.; 
lit  puTsos  'Ruß'  :  prusos  oder  piesos  dass.;  Ut.  niinas  'bunt' : 
rainas  dass.;  lit  rüisis  'Hinkebein'  :  räisas  'lahm',  aprysti  'lahm 
werden';  lett  smuidrs  'schlank'  :  smidrs  dass.;  lit  tutkti  'dumm 
werden'  (wohl  aus  *tuuikti)  :  tvaikas  'Dunst'.  Dieses  ui  kann 
nun  nicht  weiter  als  'dunkel'  ignoriert  werden,  sondern  muß 
seinen  Platz  in  der  baltischen  Lautlehre  einnehmen. 

Mir  scheint  es  nun,  daß  in  den  zuletzt  angeführten  Fällen 
das  ui  (wie  in  der  Endung  des  Dat.  Sing,  der  o-Stämme)  über 
uoi  auf  ursprachliches  öi  zurückgeht  Man  wird  einwenden,  daß 
dieser  Annahme  der  Instr.  Plur.  auf  -ais  (:  griech.  -oic,  ai.  -äis) 
widerspricht  Das  kann  ich  aber  nicht  zugeben.  Bekanntlich  hat 
schon  J.  Schmidt  KZ.  38, 3  ff.  gemeint,  daß  die  griechischen  Formen 
auf  -Die  aus  den  Lokativen  auf  -oici  entstanden  sind,  und  für 
den  Instr.  Plur.  der  o-Stämme  die  Endung  -äis  angenommen.  Zu- 
gegeben wird  auch,  daß  die  oskischen  Formen  des  Dat.-Abl. 
Plur.  der  o-Stämme  ursprüngliche  Lokative  sein  können.  Und 
selbst  wenn  die  griechischen  Formen  auf  -oic  doch  ursprüng- 
liche Instrumentale  sein  sollten,  bewiesen  sie  noch  keineswegs 
ein  ursprachliches  -öis:  ein  Instr.  Plur.  *0eaTc  (von  0eöc)  konnte 
eher  auf  den  Xom.  Plur.  Geai  als  auf  Geoi  bezogen  und  daher 
durch  eine  Neubildung  0eoTc  ersetzt  werden. 

Daß  aber  das  lit  -ais  aus  -äis  (und  nicht  aus  -öis)  ent- 
standen ist  dafür  spricht  die  Endung  -us  des  Akk.  Plur.  der 
o-Stämme.  In  der  Gegend  zwischen  Telsz  und  Memel  (vgl. 
Bezzenberger  BB.  8,  104  ff.)  wird  das  hochlitauische  u  unter 
bestimmten  Bedingungen  zu  einem  weniger  geschlossenen  Laut, 
der  von  Bezzenberger  1.  c.  mit  a,  von  Dowkont  im  Büdas  S6no- 
wi§s  (in  den  Mitteil.  d.  lit  liter.  Ges.  2,  171  ff.)  mit  d,  dagegen 
in  der  Neposübersetzung  (in  Wolters  Lit  ehrest.  180ff)  mit  ü 


122  J.  Endzelin, 

bezeichnet  wird.  In  den  Endsilben,  auf  die  allein  es  mir  hier 
ankommt,  erscheint  bei  Dowkont  der  offenere  Laut  für  solches  w, 
das  auf  altes  ?<,  hinter  dem  kein  Nasal  steht  oder  stand,  oder 
auf  akutiertes  mo  zurückgeht;  vgl.  z.  B.  folgende  Formen  aus 
der  Neposübersetzung :  Instr.  Sing,  senumii  181,29,  metü  182,  u, 
spiekü  187,  i;  Nom.  Du.  toudü  karwediü  185,4;  Gerund.  Prät. 
aprejszküs  182,8,  atejüs  185,29  u.  a.  Und  auch  sü  181,  le;  182,9; 
184,12;  187,16  (das  also  nicht  auf  *sun  resp.  *sum^  sondern  auf 
*su  oder  *sö  zurückgeht;  in  meinen  Slav.-balt.  etjudy  45  habe 
ich  gezeigt,  wie  lit.  sü  aus  urspraclilichem  *sO  entstehen  konnte, 
das  mit  *so  in  lett.  sa-  ablautet,  während  ein  ursprachl.  *su 
*mit'  ganz  isoliert  wäre),  und  tu  *du'  182  Anm.  aus  altem  *tü. 
Sonst  finden  wir  das  m;  vgl.  z.  B.  die  Kondizionalformen  pasi- 
doutum  183,17,  nudraustum  186,43,  und  die  Akk.  Plur.  der  o- 
Stämme  wirus  181,39,  krasztas  182,3,  kurius  182,4,  giwentoius 
182,11,  sargus  184,9,  faukus  185, 21,  karejwius  185,34,  sparnus 
186,4,  feiwus  186,15  u.  a.  Daß  diese  Regel  wirklich  zutreffend 
ist,  gedenkt  Herr  Büga  nächstens  noch  ausführlicher  in  einem 
Aufsatz  über  den  zemaitischen  Auslaut  nachzuweisen. 

Ich  kann  nun  daraus  nur  den  Schluß  ziehen,  daß  dieses 
-US  im  Akk.  Plur.  der  o-Stämme  bei  Dowkont  nicht  aus  -mos 
(aus  ursprachl.  *-Ös),  sondern  aus  *-üs  aus  *-tins^)  aus  *-üons 
aus  ursprachl.  *-öns  entstanden  ist.  Weiter  ist  es  jetzt  klar,  daß 
die  zemaitischen  Formen  des  Akk.  Plur.  der  bestimmten  Ad- 
jektiva  oder  Partizipia  (wie  z.  B.  atskaitytunsius . . .  phiingus  in 
Geitlers  Lit.  Stud.  21)  und  Lokativformen  wie  darbunse  (in 
Schleichers  Gramm.  176)  oder  Prüsunsi  (in  Kurschats  Gramm. 
§  534)  altes  n  bewahrt  haben.  Nun  hat  man  auf  Grund  der 
verwandten  Spraciien  auch  schon  früher  das  lii-lett.  -ms  im 
Akk.  Plur.  der  o-Stämme  zunächst  aus  einem  *-tiom  her  geleitet. 
Einige  Forscher  führen  jedoch  dieses  *-iions  auf  ursprachliches 
*-ons  zurück;  weshalb  ich  das  nicht  billigen  kann,  habe  ich  in 
meinen  Slav.-balt.  etjudy  167  f.  auseinandergesetzt.  Sollte  wirk- 
lich schon  ursprachlich  aus  *-0n8  ein  *-ös  entstanden  sein  (s.  Streit- 
berg IF.  3,  150),  so  kann  dieses  *-ös  unter  dem  Einfluß  von 
•ins,  -Mns  noch  ursprachlich  wiederum  zu  *-öns  geworden  sein. 
Und  aus   diesem   *-öns   konnte  das    lit.-lett.   *-uons  entstehen, 


1)  Ein  '^em.  Akk.  Plur.  rilk-um'  kommt  (seit  J.  Schmidt  KSB.  4,  268) 
nur  in  der  sprachwissenschaftlichen  Literatur,  nicht  aber  in  der  litauischen 
Sprache  vor. 


Miszellen.  123 

woraus  zem.  *-üns  zu  -üs  (im  zem,  wird  n  vor  s  länger  bewahrt), 
hochlit  und  lett.  *-iips  zu  *-üos  zu  -ms:  man  hat  eben  keinen 
Grund  zur  Annahme,  daß  die  Kürzung  der  Längen  vor  tauto- 
syllabischen  n,  m,  r,  /,  i  u  schon  vor  der  Entstehung  des  uo 
aus  ö  stattgefunden  hätte.  ^)  Langdiphthonge  sind  ja  im  Bal- 
tischen nachher  wiederum  entstanden,  und  daß  die  altererbten 
Langdiphthonge  im  Baltischen  recht  lange  bewahrt  wurden,  zeigt 
das  finnische  Lehnwort  kuontah^  das  nach  Thomsen  aus  dem 
Baltischen  entlehnt  ist,  und  dessen  kiionf-  nur  aus  einem  ur- 
balt.  *känd-  (woraus  lett.  Jcuod-  in  kuodel'a  oder  kuodal'a  Tlachs- 
Tocke*)  entstanden  sein  kann. 

Wenn  also  z.  B.  in  lit  rüisis  'Hinkebein'  das  -ui-  auf  ur- 
sprachl.  -öi-  zurückzugehen  scheint,  so  fragt  es  sich,  woraus 
das  -ai-  in  rdisas  'lahm'  entstanden  ist  Sonst  kann  ja  lit  ai  auf 
ursprachl.  oi  oder  äi  zurückgehen;  da  nun  aber  z.  B.  neben 
senas  'alt'  ein  senis  (und  nicht  *senis)  'der  Alte'  steht,  so  müssen 
doch  wohl  auch  ui  in  riiisis  und  ai  in  rdisas  auf  dasselbe  öi 
zurückgehen.  Ich  nehme  deshalb  an,  daß  im  Urbaltischen  die 
Langdiphthonge  in  unbetonter  Stellung  früher  ihre  Länge  kürzten, 
worauf  natürlich  allerlei  Analogiebildungen  eintreten  mußten, 
welche  die  ursprüngliche  Verteilung  von  ui  und  ai  verwischten. 

Danach  könnte  auch  ursprachl.  öw,  wenn  ein  solches  im 
Urbaltischen  noch  erhalten  und  nicht  schon  früher  zu  ö  ge- 
worden war,  eine  doppelte  Yertretung  haben:  au  aus  *ou  (ur- 
sprünglich in  unbetonter  Stellung  entstanden)  und  *uou,  woraus 
wohl  uo  entstand  (vgl.  lett.  giws  'Kuh'  aus  guovs).  So  könnte 
am  Ende  Geitler  (Lit  Stud.  66  und  92)  Recht  haben,  wenn  er 
ursl.  kustb  'Gesträuch'  mit  dem  gleichbedeutenden  zem.  koukstas 
vergleicht  (das  ist  hochlit  kuokstas,  das  bei  Kurschat  falsch  kökstas 
geschrieben  wird).  Vgl.  noch  lit  duobi  'Vertiefung,  Grube'  neben 
dauhä  'Schlucht' ;  lett.  kuöpa  'Haufe'  neben  russ.  ki'ipa  dass. ;  lit 
luobas  'Baumrinde'  neben  urslav.  *lubb  u.  a. 

3.    Die  litauischen  Dualformen  auf  -e. 

Seit  Bezzenberger  (Beitr.  z.  Gesch.  d.  lit  Spr.  161)  hat  man 
schon  mehrfach  auf  litauische  Partizipialformen  des  Nora.  Du.  M. 
Gen.   auf  -e  hingewiesen,   s.  zuletzt  Hujer    Slovanskä    deklin. 

1)  Man  hat  allerdings  lit.  vdrna  aus  einem  *ffÖrnä  hergeleitet; 
s.  aber  oben  S.  110.  Man  hat  auch  z.  B.  kein  *äe'Ska  oder  *äeäke  neben 
lit.  ieSkas ! 


124  J.  Endzelin, 

jmennä  85.  Man  findet  sie  nicht  nur  in  Willents  *Euangelias 
bei  Epistolas'  v,  J.  1579  (ateiusse  S.  196),  sondern  auch  jetzt 
noch  in  einigen  preußisch-litauischen  Mundarten  ('um  Pilkallen 
und  Ragnit  häufig'  und  zwar  als  *Nora.  Akk.  Du.  M.'  nach 
Schleicher  Gramm.  §  96,  in  Knrschen  und  Kakschen,  Schleicher 
Leseb.  138  und  215,  und  in  Galbrasten,  in  Jurkschats  Lit. 
Märchen  u.  Erzähl.  14,  24,  73).  Nicht  alle  Forscher  jedoch 
scheinen  sie  für  alt  zu  halten;  so  werden  sie  von  Brugmann 
in  der  zweiten  Auflage  seines  Grundrisses  gar  nicht  erwähnt. 
Ich  sehe  aber  keine  Möglichkeit,  sie  als  litauische  Neubildungen 
zu  betrachten.  Am  ehesten  könnte  man  noch  auf  die  Vermu- 
tung geraten,  daß  z.  B.  ein  duguse  durch  Kontamination  des 
Nom.  Du.  dugusiu  und  Nom.  Plur.  dug^  entstanden  und  also 
eigentlich  dugus^  zu  schreiben  wäre  (vgl.  z.  B.  sziÄdu  em§  üztepe 
in  Schleichers  Leseb.  142  neben  sziüdu  . .  .iejuse  uzmirszo  ibid. 
138).  Aber  nach  Schleichers  Gramm.  §  6  ist  das  -e  in  der  En- 
dung des  Nom.  Plur.  M.  Gen.  der  Partizipia  'stets  lang'  (und  so 
allem  Anschein  nach  auch  in  Galbrasten,  s.  Jurkschat  1.  c.  6), 
während  das  Dual-e  offenbar  kurz  ist.  Außerdem  widersprechen 
jener  Vermutung  Formen  wie  tiegälince  und  türince  und  die 
Angabe  Schleichers,  daß  die  Formen  auf  -e  als  'Nom.  Akk.  Du.* 
vorkommen.  Andrerseits  gibt  es  auch  kaum  ernstliche  Gründe, 
ihre  Altertümlichkeit  anzuzweifeln.  Daß  die  substantivischen  n- 
und  r- Stämme  diese  Endung  eingebüßt  haben,  ist  nicht  auf- 
fallend, da  sie  starkem  Einfluß  der  vokalisch  auslautenden  Stämme 
ausgesetzt  waren;  außer  den  Partizipien  gibt  es  aber  keine 
andern  konsonantischen  Stämme,  bei  denen  man  dieses  -e  suchen 
könnte.  Phonetisch  aber  ist  die  Erhaltung  des  -e  regelrecht.  Bei 
Jurkschat  (s.  1.  c.  S.  49)  finden  wir  neben  den  Dualformen  auf 
-e  Vokative  wie  nosele  zum  Nom,  Sing,  noseli  aus  noseU  (eben- 
so Vok.  Sing.  vuoSvele  zum  Nom.  Sing,  vuoävele  in  Wolters  Lit. 
ehrest.  402  und  Vok,  Sing,  mergefa  mit  -ia  aus  -te  zum  Nom. 
Sing,  mergele  in  Trakieäiu  dzuku  dainos  5  u,  a. ;  anderswo  fällt 
das  -e  hier  ab,  s.  Schleicher  Gramm.  §  84  und  Wiedemann  Handb. 
d,  lit,  Spr,  §  83,   Vgl.  dazu  lett.  Vok.  Sing,  mät  zu  mäte  'Mutter'). 

4.   Litauische  Verbalformen  der  3.  P.  Plur,  Präs. 

In  der  wertvollen  Rygiskiu  Jono  Lietuvju  kalbos  sintakse  1 
25  und  37  werden  folgende  Phrasen  angeführt:  nera  kas  pjau- 


Miszellen.  125 

n^  (möglich  ist  daneben  auch:  pjauna)  "man  hat  nichts  (kein 
Gras  z.  B.)  zum  Mähen" ;  nera  kas  dara  (daneben  auch :  daro) 
"man  hat  nichts  zu  tun  (keine  Arbeit)";  nera  kas  ras^  (auch: 
raso)  "man  hat  nichts  zu  schreiben";  ner  kas  valg^  (auch:  valgo) 
"man  hat  nichts  zu  essen";  nebijok,  bus  ir  kas  valgJi  (auch: 
valgo)  "fürchte  nicht,  man  wird  auch  etwas  zum  Essen  haben" ; 
nebeturim  kas  valgq  "wir  haben  nichts  mehr  zum  Essen"; 
jis  zinos  kas  dara  "er  wird  wissen,  was  zu  machen  ist".  Li- 
tauer, die  ich  darüber  befragt  habe,  halten  diese  Formen  auf 
-q  für  Partizipien.  Aber  in  diesem  Falle  wäre  mir  die  Kon- 
struktion ganz  unbegreiflich,  und  deshalb  ziehe  ich  es  vor,  in 
pjaunq  dar^  usw.  die  alten  Formen  der  3.  P.  Plur.  Präs.  zu 
sehen,  die  in  diesen  erstarrten  Phrasen  bewahrt  sein  können. 
Das  kas  hat  hier  das  alte  Neutrum  *ka  ersetzt,  das  hier  Akku- 
sativbedeutung hatte;  ähnlich  steht  kas  für  k^  (früher  *k-a)  in 
Phrasen  wie  nera  kas  valgo  (dem  Sinne  nach  =  nera  kas  valg^). 
Ein  nera  kas  ras^  wäre  also  lateinisch:  non  est  quod  scribant 
(scribatur).  —  Leider  ist  die  Betonung  nicht  angegeben;  aber 
selbst  wenn  z.  B.  *rasä  zu  schreiben  wäre,  brauchte  man  des- 
halb noch  nicht  diese  Formen  auf  -q  für  Partizipien  zu  halten, 
da  sie  in  der  Betonung  von  den  gleichlautenden  Partizipien 
beeinflußt  sein  können. 

5.  Lit  tie^  lett.  tie,  apr.  stai. 

In  meinen  Slav.-balt.  etjudv  142  hatte  ich  im  Anschluß 
an  Brugmann  Grundr.  II*  2,  367  angenommen,  daß  das  -ei  in 
apr.  tennei  (sowie  auch  in  lit.  tie  und  lett.  tie)  aus  dem  Pro- 
nomen *ei  (woher  air.  e  'sie')  herstammt.  Jetzt  hat  aber  Solmsen 
KZ.  44,  179  mit  Recht  bemerkt,  daß  dieses  sehr  zweifelhaft  ist. 
Dafür  scheinen  jedoch  lit.  sie  (zu  sis)  und  jie  (zu  jis)  altes  -ei 
zu  enthalten  (vgl.  dazu  Hujer  Sbornik  filolog.  2,  196 f.);  diese 
Formen  können  also  das  urbaltische  *tei  (für  *tat  aus  *toi)  her- 
vorgerufen haben.  Daß  es  ehemals  auch  ein  apr.  *stei  gegeben 
hat,  zeigen  die  casus  obliqui:  steison,  steimans.  Dieses  *stei  ist 
wahrscheinlich,  da  es  als  Artikel  gebraucht  wurde,  unter  dem 
Einfluß  des  nominalen  Nom.  Plur,  auf  -ai  zu  stai  geworden. 

Zu  meinen  Slav.-balt.  etjudv  138  ff.  sei  hier  nachgetragen, 
daß  lit.  tat  *das'  wahrscheinlich,  wie  das  Maskulinum  iasat  (aus 
tas-at)  zeigt,  durch  Kontraktion  aus  *ta(d)-ai'  entstanden  ist 
Wie  es  kein  *kasat  *wer'  gibt,  so  gibt  es  auch  kein  *km  Vas*. 


126  J.  Endzelin, 

6.  Etymologisches. 

Lett.  zaut  (wäre  lit.  *ziauii)  'Wasser  in  großer  Menge 
gießen'  BB.  14,  132 :  griech.  xeiw,  ai.  juhöti  u.  a. 

Lett.  väluödze  'Pfingstvogel'  oder  *väJüdze  =  hochlett. 
völeudze  BW.  2686, 1,  lit.  rolungS  (Anyk.  szil.  158  wird  in  der 
schriftsprachlichen  Redaktion  —  vielleicht  falsch  —  wofange 
geschrieben):  vielleicht  zu  aw.  vära{n)gan-^  Name  eines  Vogels. 

Lett.  buzga  *  Knüttel'  (RKr.  15,  109):  serb.  bazag  (Gen. 
Sing.  hazga\  slov.  hdzga  'Holunder'  (vgl.  z.  B.  lit.  lazdä  'Hasel- 
nußstrauch; Stock'). 

Lit.  Nom.  du.  ulbeli  und  ulbinu  Ozkabaliu  dainos  I  32 
und  Nom.  Sing.  uJ'be  (Trakieciu  dzuku  dainos  44),  Vogelnamen, 
vielleicht  zu  p.  lab^di  'Schwan'  u.  a.;  zum  Ablaut  s.  meine 
Slav.-balt.  etjudj  18  ff. 

Lett.  rärsmis  (a.  s.  värstnu)  'Haufe  (Schicht)  ausgedroschenen 
(noch  nicht  gereinigten)  Getreides'  (so  z.  B.  in  Wolmar;  nach 
ülmann  auch  'eine  große  Menge'  überhaupt) :  r.  vöroch  'Haufen'  u.  a. 

Lett.  smudzi  'kleine  Fliegen,  Mücken'  (z.  B.  in  Neuenburg): 
as.  muggia  'Mücke'  u.  a. 

Lett.  välites  'Saatkolben  am  Rohr',  (vilhf)  valites  'tjpha 
latifolia'  (eine  Pflanze  mit  großen  Saatkolben)  vielleicht  zu  ai. 
vcUa-8  'Schweif  u.  a. 

Lett.  depsis  'ein  kleiner  fetter  Knabe'  hat  wahrscheinlich 
p  aus  b  und  gehört  zu  apr.  Akk.  Sing,  debikan  'groß',  ksl.  debeh 
*dick*  u.  a. 

Nachschrift  zu  S.  104.  Anhangsweise  seien  hier  noch  aus 
dem  Geografiöeskij  slovaf  drevnej  zomojtskoj  zemli  XVI  sto- 
letija  des  J.  Sprogis  Ortsnamen  mitgeteilt,  die  kurischen  Laut- 
bestand aufweisen,  s,  z  für  lit.  ä,  z  findet  man  in  folgenden 
Formen  (die  russische  Schrift  des  Originals  ist  hier  durch  die 
lateinische  ersetzt): 

Antapusine  (neben  Antapusi),  eine  Flur  1.  c.  6,  Antepu- 
sinovejus»,  eine  Flur  1.  c.  7,  Apusipjavnis»,  ein  Heuschlag  1.  c.  14, 
Epusina  lankelesj,  ein  Heuschlag  1.  c.  110,  Opusina  (auch  Apusin» 
oder  Epusin*),  ein  Bach  1.  c.  214,  Opusjani,  ein  Dorf  1.  c.  214; 
vgl.  lit.  apuSh  oder  ej)u§ö  'Espe'. 

Svendry  (neben  Svendry),  ein  Gut  1.  c.  287 ;  vgl.  lit.  hendrai 
•eine  Art  Schilf. 


Miszellen.  127 

Sventupja,  ein  Bach  1.  c.  287  (daneben  Sventup») ;  vgl.  lii  sventas 
*heilig'.  Daselbst  findet  sich  ein  Flußname  Sveta  (wohl  zu  lett. 
Svete,  ein  Fluß)  nebst  der  lituanisierten  Form  Sveta. 

Eibutiskesj  slaitass,  eine  Flur  ].  c.  109;  vgl,  Slaitasij,  eine 
Flur  1.  c.  335  und  lit.  slaifas  'Bergabhang'. 

Slajas»,  ein  Berg  1.  c.  294;  vgl.  lit.  slajus. 

Poezere,  ein  Gut  1.  c.  245  (daneben  z.  B.  Poezera),  und 
Ozerokstjsj,  eine  Landstraße  1.  c.  208 :  vgl.  lit.  ezeras  'See*. 

Izdega,  eine  Flur  1.  c.  122  (daneben  Izdagi);  vgl.  lit.  Udaga, 

Palizisj  (neben  Palizisj),  ein  Waldgrund  1.  c.  221. 

Zabite  (neben  Zabite),  ein  Dorf  1.  c.  120. 
Posazalja,  eine  Flur  1.  c.  255;    vgl.  lit.  zole  'Gras',  zälias  'grün\ 

Antzemestil'ta  apideme,  eine  Flur  1.  c.  7 ;  vgl.  lit.  zeme  'Erde'. 

Pazvel'sisÄ  (neben  Pozvel'sis»),  ein  Gut  1.  c.  219. 

Zabeliskja  oder  Zobeliskja,  ein  brach  liegendes  Grund- 
stück 1.  c.  120. 

Zardyn»  vetys»,  eine  Flur  1.  c.  120;  vgl.  daneben  Zar- 
dynvetis;»  1.  c.  112. 

Zvelesy  (neben  Zvelesy),  ein  Waldgrund  1.  c.  120. 

Zvernagali,  ein  Grundstück  1.  c.  120. 

Zvirbliski,  eine  Trift  1.  c.  120;  vgl.  daneben  2virbliski 
1.  c.  113. 

Zvirzdja,  eine  Flur  1.  c.  120;  vgl.  daneben  2virzde  113. 

Zvoljany,  ein  Dorf  1.  c.  120;  daneben  Zvoljany  ibidem. 

Zvoriges»,  ein  Heuschlag  1.  c.  120. 

Zverona,  ein  Gut  1.  c.  120;   da  auch  Zerby  und  Zepeite. 

Zebin»,  eine  Grenzscheide  1.  c.  120 ;  vgl.  Zebite  und  Zeby  113. 

Kur.  c  für  lit.  k'  scheint  in  Lavciskja  161  oder  Lovciski 
171  vorzulegen;  i- Epenthese  -in  Yolujti  neben  Yoluti  61  und 
in  Bolujdja  neben  Bolude  27^). 

Chafkov.  J.  Endzelin. 


1)  Korrekturnoten:  (zu  S.  98)  nach  RKr.  16,  113  bedeutet  sadingt  in 
Ranken  'sich  krümmen'  (zu  dandzis);  (zu  S.  115)  vgl.  noch  zem.  1.  Pers. 
Sing,  nügyziau  Ju§k.  Wrtb  706;  (zu  S.  125)  zu  lit.  tai  s.  jetzt  auch  Gauthiot 
La  fin  de  mot  69;  (zu  S.  106)  mit  letL -*V«  vgl.  ostlit.  (/aröin^rd  u.  a.  Ju§k. 
Wrtb.  698 ;  (zu  S.  125)  zu  urbalt.  *tei  und  lit.-lelt.  ie  s.  jetzt  auch  Lietuviu 
tauta  2,  284  fr. 


128  E.  Loch, 


Elliptisches  tauia  in  Grabinscliriften. 

Über  eiaen  elliptischen  Gebrauch  von  tauTa  bei  den  at- 
tischen Schriftstellern  belehren  uns  die  Grammatiken  und  Wörter- 
bücher, vergl.  z.  B.  Arist.  Ach.  815 

AiK.  ibvr|co|uai  cornepiiLiev'  auToO.  Mey-  laOra  ör|. 

Wesp.  142  BbeX.  cu  öe  tri  Gupa  irpocKeico.  EavG.  laöi',  ili  öecnroTa. 

Daß  hier  und  an  anderen  ähnlichen  Stellen  z.  B.  Wesp.  1008 
zu  TttÖTtt  ein  bpdcuu  oder  Tcvricerai  zu  ergänzen  ist,  lehrt  der 
Zusammenhang;  zu  übersetzen  ist  es  hier  wie  auch  z.  B.  Arist 
Eitt.  111  mit  'ja',  *gut',  im  engsten  Zusammenhange  mit  den 
vorhergehenden  Worten.  Anders  z.  B.  taui'  ^Keiva  Plat.  Symp. 
223  a  und  Kai  laöta  |uev  ör)  laöia  sc.  ^cxiv  oder  XeTUJ  (z.  B.  Ar. 
Plut.  8  u.  ö.  bei  Plato)  im  Übergang  zu  einem  neuen  Abschnitt: 
sed  haec  hactenus. 

Einen  eigenartigen  Gebrauch  des  Taöta  in  Grabinschriften, 
den  ich  vor  vielen  Jahren  einmal  in  einem  kurzen  Beitrage 
der  Festschrift  zum  50jährigen  Doktorjubiläuni  L.  Friedländers 
(1895)  S.  289  ff.  zu  erklären  versucht  habe,  behandelt  von  neuem 
W.  Havers  in  dem  Aufsatze  'Abruptes  laöra  und  Verwandtes*  in 
dieser  Zeitschrift  Bd.  32  (1913)  S.  150—158,  ohne  auf  die  ein- 
gangs erwähnten  Stellen  und  deren  elliptische  Erklärung  Bezug  zu 
nehmen.  Auf  den  Grabsteinen  hatte  ich  damals  dies 'abrupte*  TaCra 
sowohl  in  den  sechs  Fällen,  wo  es  im  Anschluß  an  den  Vokativ 
eines  Namens  oder  einen  Imperativ  steht  (TTpoKÖTri  raöia  in 
meiner  Aufzählung  Nr.  3,  Palladi  tauta  Nr.  4,  ApuuiuidTi  laöta  Nr.  6, 
EucrdOi  oder  £ucTd6(€)i  TaCra  Nr.  9,  xa'PtTe '  laöia  Nr.  2  und 
Nr.  8*),  wie  auch  in  den  vier  Inschriften,  in  denen  es  ohne 
Zusamöienhang  mit  dem  übrigen  Texte  allein  am  Ende  steht 
(Nr.  1.  5.  7.  15)  nach  der  Analogie  anderer  griechischer  Grab- 
inschriften ebenfalls  durch  eine  Ellipse  erklärt:  tauia  oütujc 
Ixii  6  ßioc  oder  6  ßioc  TaOra  (sc.  dciiv)  oder  tö  t^Xoc  ü)iuJv 


1)  Die  Anm.  1)  auf  S.  152  "Irrtümlich  sagt  L.  S.  290"  usw.  ent- 
hält selbst  einen  Irrtum  des  Vcrrassers;  ich  habe  dort  nur  gesagt:  "In 
Nr.  1,  ö,  7  steht  toOto  allein  am  Ende  in  einer  besondorn  Zeile,  in  Nr.  2 
und  8  zusammen  mit  xa'p«T€"  —  aber  nicht  "mit  xa^pffc  in  einer  be- 
sonderen Zeile",  was  auch  daraus  zu  erkennen  ist,  daß  ich  auf  derselben 
Seite  oben  X^pcre  -  { raOra  mit  deutlicher  Zcilontrcnnang  gedruckt  hatte. 


Elliptisches  ToOra  in  Grabinschriften.  129 

ToO  ßiou  xaÖTa  =  "so  geht's  im  Leben",  "dies  (nämlich  der 
Tod  oder  das  Grab)  ist  des  Lebens  Endziel  oder  das  Lebens- 
schicksal". 

Dazu  bemerkt  Harers,  es  werde  sich  "niemand,  der  die 
von  Loch  angeführten  Beispiele  aufmerksam  prüft,  des  Ein- 
drucks erwehren  können,  daß  diese  Ellipsentheorie  nur  ein 
Notbehelf  sein  kann".  Es  ist  nicht  anzunehmen,  daß  ein  Meister 
der  Epigraphik  wie  Ad.  Wilhelm,  der,  wie  Havers  selbst  an- 
führt, meine  Erklärung  vollkommen  gebilligt  und  gegen  eine 
andere  Auffassung  gestützt  hat,  diesem  "Notbehelf"  ohne  auf- 
merksame Prüfung  der  betreffenden  Inschriften  zugestimmt 
hätte.  Aber  auch  ich  selbst  kann  jetzt,  nachdem  die  lange 
Zwischenzeit  mich  wohl  auch  gegen  meine  eigene  damalige 
Auffassung  unbefangen  genug  gemacht  hat,  nach  erneuter  Unter- 
suchung der  Inschriften  und  sorgfältiger  Prüfung  von  Havers' 
neuem  Erklärungsversuch  meine  erste  Erklärung  nicht  aufgeben. 

Havers  nämlich  meint,  das  Wörtchen  xaÖTa  habe  seine 
Bedeutung  so  sehr  eingebüßt,  daß  es  zu  einem  bloßen  Schrift- 
zeichen herabgesunken  sei,  und  will  es  I)  an  den  ersten  sechs 
Stellen  lediglich  als  Ausruf  ungszeichen,  IH)  in  Nr.  1,  5,  7, 15 
und  seinen  Nummern  III,  4) — 6)  auf  S.  153/4  als  Schluß- 
zeichen =  Finis  aufgefaßt  wissen.  In  den  drei  Inschriften 
Nr.  10,  11,  26  aber,  in  denen  ich  zu  raöra  und  Tocaüia  (vgL 
tantum  est  bei  Havers  S.  158)  hinter  ouöeic  dGavTatoc  und 
der  Sentenz  ouk  niinv,  Ttvömiv '  ni^nv,  ouk  ei|ui  nach  anderen  Vor- 
bildern 'Xe-fuj'  ergänze,  soll  taÖTa  IE)  statt  unserer  *Gänse- 
füßchen'  stehen  und  nur  ouöeic  dGavaioc  als  Gemeinplatz 
charakterisieren.  Die  Analogien  aus  anderen  Sprachen,  be- 
sonders dem  Altindischen  {iti  =  so)  und  Altirischen,  aber  auch 
aus  dem  Lateinischen  (inquit)  und  Griechischen  (öti)  möge  man 
in  seinen  eigenen  Ausführungen  nachlesen  (S.  155  f). 

Im  Ganzen  weicht  Havers'  Erklärung  von  der  meinigen 
gar  nicht  so  weit  ab,  als  es  nach  der  ersten  Lektüre  seines 
Aufsatzes  scheinen  könnte.  Sagt  er  doch  selbst  auf  S.  156,  daß 
auch  nach  seiner  Meinung  als  die  ursprüngliche  Bedeutung 
des  TttÖTa  Vor  der  Erstarrung  zu  bloßem  Schriftzeichen'  an 
einigen  Stellen  (dem  Altind.  iti  entsprechend)  das  deutsche  'so* 
anzunehmen  sei,  wie  ich  es  in  6  ßioc  xaöTa  und  Taöra  oütujc 
Ixei  6  ßioc  nachgewiesen  habe,  und  daß  die  Anführung  einer 
Sentenz  (z.  B.  oubeic  dedvaioc)  mit  den  Worten   ^tu;  Xifw  coi 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  9 


190  E.  Loch. 

TOÖTa  und  ähnlichen  stattgefunden  habe  (meine  Nr.  12  u.  13). 
Xur  hinsichtlich  seines  ToOra  als  Zeichen  des  Anfangs  oder 
Endes  entfernt  er  sich  gänzlich  von  meiner  Ansicht. 

Was  ich  dennoch  hier  gegen  seine  Ausführungen  geltend  zu 
machen  habe,  ist  —  abgesehen  von  der  Unwahrscheinlichkeit 
daß  in  diesen  wenigen  Inschriften  xaÖTa  drei  bis  vier  ver- 
schiedene Schriftzeichen  vertreten  soll  — 

1.  daß  er  an  dieser  Stelle  (S.  156)  nicht  nachgewiesen 
hat,  weshalb  meine  Erklärung  durch  eine  Ellipse  hier  nun 
nicht  mehr  zutreffend  und  nur  ein  Notbehelf  sein  soU,  und 

2.  daß  er  zur  Unterstützung  seiner  Auffassung  des  Tauia 
als  Schriftzeichen  (außer  dem  griech.  dTTCKpivato,  öti  ou)  nur 
Analogien  aus  anderen  Sprachen  und  auch  da  nur  aus  litera- 
rischen Texten,  aber  keine  einzige  aus  anderen  griechischen 
Inschriften  angeführt  hat.  Denn  die  vier  von  ihm  unter  III, 
4) — 7)  aus  neueren  Publikationen  hinzugefügten  Stellen  und 
das  lateinische  tantum,  hoc  (Plaut.  Bacch.  757  f.)  und  haec  sunt 
CIL.  IX,  2272  sprechen  zugleich  unter  Berücksichtigung  des  am 
Anfang  erwähnten  elliptischen  Gebrauchs  bei  Schriftstellern  viel- 
mehr für  meine  als  für  seine  Erklärung. 

Ich  kann  es  also  z.  B.  nicht  zugeben,  daß  der  Leser  der 
Inschriften  Nr.  10,  11  und  26  (bei  H.  unter  11.)  das  laöra 
(Tocaöta)  lediglich  als  'Anführungszeichen'  empfunden  haben 
sollte,  muß  vielmehr  glauben,  daß  er  die  Ergänzung  der  feh- 
lenden Worte  aus  dem  auf  solchen  Grabinschriften  gewöhnlichen 
Gedankenzusammenhange  von  selbst  vorgenommen  hat.  Dazu 
nötigt  mich  die  metrische  Inschrift  auf  der  Büste  in  Rom  (Nr.  11): 
OuK  nunv,  Tevo^iriv  "  ni^iv,  ouK  ei'm  '  Tocaüia. 
ei  öe  TIC  dXXo  dpeei,  ij^eucexai  •  ouk  lco)aai. 

Hier  ist  das  Tocaura  im  vollen  Rhythmus  des  Verses  nur 
als  wirkliches  Wort  zu  lesen  und  auch  so  zu  verstehen  und 
bildet  einen  wesentlichen  Teil  des  Verses.  Ja,  das  folgende 
ei  bi  TIC  dXXo  dpeei  setzt  doch  geradezu  den  Satz  Tocoöra 
iyii)  coi  XeTw  voraus :  "so  viel  sage  ich"  =  das  ist  meine  Meinung 
(vgl,  Havers  S.  156  Z.  7  v.  u.),  "wer  etwas  anderes  sagt,  wird 
lügen".  Zu  der  Bedeutung  dieser  Art  von  epikureischen,  das 
Leben  mißachtenden  Sentenzen  vgl.  Fr.  Cumont  in  der  Fest- 
schrift zu  Otto  Hirschfelds  60.  Geburtstage  (1903)  S.  270—279; 
sie  passen  besonders  für  die  "Mühseligen  und  Beladenen',  für 
Sklaven,  die  keinen  Grund  haben,   den  Verlust  des  Lebens  zu 


Elliptisches  raöra  in  Grabinschriften.  131 

bedauern,  für  Gladiatoren  "aux  miserables  qui  devaient  dans 
l'arene  donner  l'exemple  de  l'indifference  devant  la  mort  qui  .  .  . 
marquait  .  .  .  le  terrae  de  la  douleur".  Ebendort  S.  277/8  wird 
eine  andere  Grabscbrift  (aus  Amasia)  publiziert,  deren  Schluß- 
zeile, auch  ohne  direkten  Zusammenhang  mit  dem  vorherge- 
henden Text,  doch  einer  ähnlich  pessimistischen  Stimmung  Aus- 
druck verleiht  wie  die  oben  angeführten  Sätze  6  ßioc  raÖTo; 
hier  heißt  es  in  der  letzten  Zeile  Taöxa  irovra  kovic  *tout  cela 
n'est  que  poussiere!'  Dieser  Satz  kann  ebenfalls  zur  Ergänzung 
des  Sinnes  bei  manchem  raOta  verwandt  werden  z.  B.  Nr.  5  u.  15. 
Auch  in  den  Stellen  aus  den  Oxyrrhynchus-Papyri  I,  S.  119, 
die  Havers  zur  Unterstützung  seiner  Auffassung  von  raöra  als 
Schlußzeichen  des  Satzes  oder  der  Inschrift  anführt,  gibt 
doch  gegen  seine  Ansicht  das  raöta  Tcivere  von  Z.  9  das  si- 
chere Vorbild  für  Z.  14  f.;  auch  hier  bedeutet  es  natürlich 
Mas  geschieht  sicherlich',  und  ist  nicht  bloßes  Schlußzeichen. 
So  kann  ich  auch  für  die  Inschriften  Xr.  1.  5.  7.  15  und  He- 
berdey  und  Kaiinka  S.  5  n.  16,  S.  41  n.  59  (Havers  oben 
S.  153|4  m,  1  —  6)  nicht  zugeben,  daß  das  am  Ende  aUein  ste- 
hende raöra  lediglich  gleich  Finis  stehen  und  den  Schluß  der 
Inschrift  oder  gar  (wie  S.  154,  Nr.  7)  den  Anfang  markieren 
soU.  Dafür  müßten  denn  doch  ganz  sichere  andere,  genau  über- 
einstimmende Beispiele  eines  solchen  Gebrauchs  des  raöra  bei 
SchriftsteUem  oder  auf  Inschriften  selbst  angeführt  werden. 
So  lange  das  nicht  möglich  ist,  wird  wohl  niemand,  der  solche 
Inschriften  kennt,  es  glauben  woUen,  daß  unter  so  vielen  Tau- 
senden und  Abertausenden  von  Grabinschriften  gerade  auf 
diesen  paar  unbedeutenden  Steinen  die  Bezeichnung  des  An- 
fanges oder  Endes  der  Inschrift  durch  ein  besonderes  Wort 
oder  Zeichen  nötig  gewesen  sein  sollte,  was  selbst  in  den  wich- 
tigsten Urkunden  und  testamentarischen  Bestimmungen  nicht 
der  Fall  gewesen  ist.  Bei  dem  so  ungemein  ausgebildeten 
Formelwesen  auf  allen  Inschriften,  seien  es  nun  amtliche  Staats- 
urkunden, Psephismen,  Königsbriefe  oder  die  einfachsten  Grab- 
und  Weihinschriften,  wäre  eine  solche  singulare  Erscheinung 
ganz  unnatürlich.  Freilich  hat  man  auf  Steinen  allerlei  orna- 
mentale Zeichen  wie  Blätter,  Rosetten  und  dgl.,  um  freie  Plätze 
am  Ende  der  Zeilen  oder  Inschriften  auszufüllen.  Aber  es  läßt 
sich  durchaus  nicht  der  geringste  Grund  erkennen,  weshalb 
gerade  bei   diesen   sechs  Grabschriften  durch  das  Wort  raöra 

9» 


132  E.  Loch,  Elliptisches  xaOTO  in  Grabinschriften. 

besonders  betont  werden  sollte,  daß  die  Inschrift  wirklich  zu 
Ende  sei.  Auch  ist  von  Havers  nicht  erwiesen,  durch  welchen 
Bedeutungswandel  xaÜTa  zu  der  Bedeutung  *Ende'  gekommen 
wäre;  was  er  über  lat.  tantum  und  hoc,  haec  bei  Plautus  an- 
führt, genügt  dafür  keineswegs,  vielmehr  sprechen  alle  diese 
Stellen  und  der  oben  erwähnte  Vers  CIL.  IX  2272  haec  sunt; 
bene  vive,  viator  ganz  deutlich  für  meine  Auffassung  einer 
Ellipse. 

Und  noch  weniger  kann  ich  zugeben,  daß  bei  den  vier 
Vokativen  und  zweimal  bei  xaipete  das  laöia  ein  Ausrufungs- 
zeichen  sei.  V^as  sollen  denn  die  Anreden  TTpoKÖTTi,  PaUadi  usw. 
bedeuten,  wenn  sie  so  'abrupt'  hinter  der  rein  geschäftsmäßigen 
Form  der  Grabschrift  stehen,  in  der  die  Angehörigen  die  Er- 
richtung des  Grabes  für  den  Verstorbenen  bezeugen?  Über 
den  ganz  genau  bekannten  formelhaften  Gebrauch  des  Vokativs 
mit  xct'pe,  XPncxe  X"ipc  und  ähnlichen  Ausrufen  vgl.  Festschrift 
für  L.  Friedländer  S.  280,  Larfelds  Handbuch  und  die  Bände  der 
IG.  In  diesen  Dingen  ist  die  Kenntnis  der  luschriftformen  allein 
maßgebend  für  die  Erklärung  der  Einzelerscheinungen,  und  es 
ist  methodisch  unrichtig,  eine  Erklärung,  für  die  man  keinerlei 
Beweise  aus  derselben  Denkmälerklasse  anführen  kann,  lediglich 
durch  Theorien,  die  aus  anderen  Gebieten  gewonnen  sind,  oder 
weit  hergeholte  Analogien  stützen  zu  wollen.  Wie  undenkbar  für 
jeden  Kenner  der  schier  unzähligen  Grabschriften  mit  \a\pe  und 
Xaipere,  die  aus  acht  Jahrhunderten  und  fast  allen  Teilen  der  Erde 
stammen,  daß  nur  auf  diesen  zwei  Steinen  mit  xaipeie  •  Tauia  ein  Aus- 
rufungszeichen hinter  xaipere  gesetzt  worden  wäre!  Nein,  nicht 
ein  Zeichen  des  Ausrufs,  sondern  ein  wirklicher  Ausruf,  eine 
acclamatio  selbst,  ist  dies  laöra  gewesen  und  als  solcher  auch 
von  den  Epigraphikern  allgemein  anerkannt  worden  (vgl.  außer 
A.  Wilhelm  u.  a.  auch  0.  Hirschfeld  zu  CIL.  II,  4123,  Kaibel 
im  Index  zu  IG.  XIV,  Hübner  zu  CIL.  II,  Suppl.  Nr.  5171);  es 
deutet  eben  den  Inhalt  der  Worte  an,  die  dem  im  Vokativ 
Angeredeten  zugerufen  werden,  entsprechend  dem  xaiptte  oder 
euii^uxei  und  ähnlichem,  wie  andererseits  oft  auch  der  Ver- 
storbene dem  Hinterbliebenen  oder  am  Grabe  Vorübergehenden 
dieselben  Worte  zuruft.  Und  wenn  wir  nun  auf  einer  ganzen 
Reihe  von  ähnlichen  Grabschriften,  wie  ich  sie  (Festschrift 
S.  291 — 293)  zusammengestellt  hatte,  dies  xaÖTa  im  oben  an- 
geführten  formelhaften   Satzzusammenhange   vorfinden,   so   ist 


J.  Scheftelowitz,  Das  Schicksal  der  indogerm.  Laulgrappe  zg.     133 

seine   Übertragung  als  elliptische   Formel  auf  die  verwandten 
Steine  doch  immer  noch  die  wahrscheinlichste  Erklärung. 

Mußte  ich  also  vom  epigraphischen  Standpunkte  aus 
die  'Schriftzeichentheorie'  von  Havers  als  in  dem  Wesen  der 
in  Frage  kommenden  Inschriften  nicht  begründet  zurückweisen, 
so  kann  ich  auf  der  anderen  Seite  doch  nur  noch  einmal  wieder- 
holen, daß  in  der  sprachlichen  Erklärung  des  Gebrauchs  ein 
wesentlicher  unterschied  zwischen  unsern  beiden  Auffassungen 
—  abgesehen  von  dem  ganz  allein  stehenden  laüta  am  Anfang 
und  Ende  —  nicht  besteht:  so  wie  Havers  fasse  auch  ich  die 
Worte  oubeic  d9dvaToc  und  ähnliches  als  Anführung  (Zitat) 
eines  Gemeinplatzes  auf,  und  auch  er  sieht  jedenfalls  die  Vo- 
kative und  das  xaiptTe  als  Anrede  oder  Ausruf  an ;  nur  nehme 
ich  zu  diesem  Ausruf  eben  noch  das  raöta  selbst  hinzu.  Daß 
ich  es  durch  eine  Ellipse  erkläre,  hindert  mich  nicht  anzuer- 
kennen, daß  es  bereits  im  Begriff  ist  zu  erstarren,  ja  vielleicht, 
wie  die  Stellen  aus  Aristophanes  am  Anfang  zeigen,  in  mancher 
Bedeutung  schon  sehr  früh  erstarrt  gewesen  ist,  aber  nicht  um 
seine  eigentliche  Bedeutung  abzuschwächen  und  zu  verlieren, 
sondern  um  eine  noch  prägnantere  in  sich  aufzunehmen,  einen 
ganzen  Gedanken  im  Hörer  oder  Leser  wachzurufen.  Daß  dies^ 
um  verständlich  zu  bleiben,  nicht  immer  genau  derselbe  Gedanke 
zu  sein  braucht,  haben  wohl  die  obigen  Darlegungen  genügend 
bewiesen :  die  verschiedenen  ähnlichen  Formeln  mußten  nur  durch 
Gewohnheit  und  Sprachgebrauch  den  Volksgenossen  geläufig  sein, 
wie  es  sich  für  die  behandelten  Grabsteine  ergeben  hat. 

Königsberg  i.  Pr.  Eduard  Loch. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lantgrnppe  zg. 

Die  indogermanische  Lautgnippe  zg  im  Altindischen. 

§  1.  Das  Schicksal  von  idg.  zg  im  Altindischen  hat  zuerst 
Benfej  Abh.  Ges.  Wiss.  Göttingen  15,  112  f.  untersucht.  Er  führt 
dort  ai.  madgu  auf  idg.  *mazgu  zurück,  womit  er  lat.  mergus 
identifiziert.  Für  ai.  majjan  'Mark'  setzt  er  ebenfalls  urind.  *madjan, 
idg.  *mazgan  an,  welches  im  Altindischen  "durch  die  so  häufige 
Verwandlung  des  Gutturals  in  den  Palatal  *madjan  und  durch 
die  auch  in  der  Wortverbindung  eintretende  Assimilation  des 


134  J.  Scheftelowitz, 

Dentals  majjan  ward;  durch  dieselben  Übergänge  ist  auch  das 
grundsprachliche  Verb  *niasg  vermittels  *madg,  madj  zu  seiner 
herrschend  gewordenen  Form  majj-  gelangt".  Dem  analog  hätten 
die  Themen  auf  -<xs  vor  -6Ä,  wie  Benfey  annimmt,  nicht  zu  o- 
{mano-bhis\  sondern  zu  -ad-  {^manadbhis)  und  Themen  auf  -äs 
nicht  zu  -ä-  {mä-bhyäm)  sondern  zu  -äd-  {*mäd-bh-)  werden 
müssen.  "Und  in  der  Tat  finden  wir  in  den  Veden  von  ußas 
und  mäs  dieser  Forderung  gemäß  statt  des  auslautenden  s  nicht 
jene  in  der  klassischen  Zeit  geltenden  Veränderungen,  sondern 
d  .  .  .  Dieselbe  Umwandlung  von  s  in  rf  vor  bh  tritt  nach  Yärtt. 
zu  Pän.  7,  4,  48  auch  in  svavas  und  svatavas  in  den  Veden  ein, 
wie  denn  auch  svatavadbhyas  schon  in  VS.  24,  16  belegt  ist, 
während  ÖBr,  2,  5, 1, 14  die  gewöhnliche  Form  svatavobhyas  hat" 
(Benfey  a.  a.  0.  S.  112  f.). 

Ganz  unabhängig  von  Benfey  hat  viele  Jahre  später  Bar- 
tholomae  eine  gleiche  Ansicht  geäußert :  "Im  Altindischen  wird 
die  als  arisch  vorauszusetzende  tönende  Spirans  z  in  der  Stellung 
nach  Vokal  und  vor  Verschlußlaut  nicht  geduldet,  sondern 
vor  Gutturalen  und  Labialen  in  d  verwandelt;  die  Assimilation 
findet  vor  Palatalen  statt;  vgl.  1.  ai.  dg  aus  zg  :  madgüs,  madguras 
gegen  lat.  mergus  aus  *mezg-.  2.  ai.  dbh  aus  zbh  :  usadbhis^  mäd- 
bhis^  mädbhyas  zu  den  Themen  u$ds,  mäs  aus  *zbh.  3.  ai.jj  für 
zj  aus  zg  :  majjd,  mdjjati  gegen  aw.  mazganu,  ksl.  mozgü^  nhd. 
mark,  lat.  mergo,  lit.  mazgöti  aus  *mezg-\  ai.  rdjjus  gegen  lit.  rezgis 
aus  *rezg-".  (Bartholomae  KZ.  27,  3511;  vgl.  auch  Hübschraann 
KZ.  24,  406,  Osthoff  Perf.  31  ff.,  Brugmann  Grundriß  12,735, 
Wackernagel  AiGr.  1,  §  155,  Thurab  Hdb.  d.  ai.  Spr.  §  158).  In 
seinen  Stud.  1,  4  betont  Bartholomae  noch  besonders:  "Ich  bleibe 
überhaupt  bei  der  Annahme  stehen,  daß  ursprachliches  z  .  .  . 
vor  allen  nicht  dentalen  Medien  im  Indischen  lautgesetzlich  zu 
d  .  .  .  geworden  sind". 

Doch  eine  genaue  Durchforschung  des  gesamten  Materials 
wird  nun  im  folgenden  zu  dem  Ergebnis  führen,  daß  diese 
Hypothese  unhaltbar  ist. 

§  2.  Idg.  zg  ist  im  Altindischen  in  keinem  Falle  zu  dg 
geworden. 

ai.  rdjju-  (ved)  F.  *Strick',  up.  rafzah  'genus  vestis  lanoae* 
(lautlich  vgl.  np.  ma^z  "Gehirn*  :  aw.  mazga),  lit.  rhgis  'Geflecht, 
Korb',  rezgü,  rigsti  'flechten,  stricken,  binden,  schnüren*,  rgzgü 
rizgaü,  r)gsti  'ausfasern'   (Leskien  Abi.  124   zweifelt,   ob   das  y 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  135 

des  Präsens  das  von  Schleicher  Lit  Gr.  §  113  angegeben  wird, 
richtig  ist),  rekszcHai  F.  Plur.  aus  *rezg-tiai  'ein  von  Stricken 
geflochtener  Handkorb',  lett.  reschget  'flechten',  refchgis,  regfchis 
Tlechtwerk',  asl.  rozga  'Zweig',  neben  razga  dss.  (Codex  Marianus 
ed.  Jagic  S.  569),  russ.  rözga  'Rute,  nsorb.  rozga  'Fichten reis', 
rozdze  'Reisig'  (Mucke  Laut-  u.  Formenlehre  d.  Xsorb.  Spr.  35), 
poln.  rozdze  dss.,  asl.  rozdijo  'Gezweig',  lat.  restis  'Strick,  Seil' 
aus  *rezgtis\  ferner  stelle  ich  hierher  ags.  insce  F.  'Binse',  engl. 
rush  dss.,  mhd.  rmche  dss.,  urgerm.  *reskin,  got.  *riskä^).  Sehr 
unwahrscheinlich  ist  Nehrings  Ableitung  (IF.  4,  399)  von  asl. 
rozga  aus  *rost-ga  (vgl.  Bezzenberger  BB.  1,  68,  Fick  BB.  1,  172, 
Fortunatow  BB.  3,  59,  v.  Rozwadovski  Quest  1,  39,  Fick  1\  118, 
529).  Walde  KZ.  34,  512  und  Et.  Wb.  523  will  asl.  rozga  von 
asl.  *raz  (vgl.  die  Präposition  razi)  ableiten,  sodaß  rozga  ur- 
sprünglich 'etwas  abgesondertes'  bedeuten  soll,  indem  er  zur 
Bedeutung  auf  nhd.  zweig  zu  zicei  hinweist,  allein  nhd.  zweig  geht 
auf  idg.  *dvoighä  zurück  und  gehört  zu  alb.  dege  'Zweig'  (G.  Meyer 
Alb.  Wb.  62,  Alb.  Stud.  3,  89).  Die  germanischen  (ags.  rixe,  risce) 
und  die  arischen  Wörter  beweisen,  daß  in  asl.  rozga^  idg.  zg 
vorliegt 

Ai.  rajju  zeigt  uns,  daß  selbst  das  nichtpalatalisierte  idg.  zg 
im  Altindischen  zu  jj  wird.  Die  Annahme,  daß  etwa  jj  nach 
denjenigen  Kasus  ausgeglichen  wäre,  in  denen  idg.  zg  palatali- 
siert  wird,  ist  sehr  unwahrscheinlich,  denn  im  Singular  haben 
der  ^^om.,  Akk.,  Instr.,  Gen.,  Abi.,  Lok.  keinen  palatalen  Vokal. 
Nur  im  Dat.  Sing,  erscheint  ein  solcher  (idg.  *emi).  Aber  abge- 
sehen davon,  daß  der  Dativ  von  rajju  überhaupt  nicht  belegt 
ist,  kommt  gerade  der  Dativ  der  fem.-ti-Stämme  im  Veda  sehr 
selten  vor  (vgl.  Lanman  Noun  Infi.  409).  Im  Dual  stand  zg  stets  vor 
dunklem  Vokal,  dagegen  hat  der  Plural  nur  im  Nominativ  pala- 
talisieren  können.  Daß  nur  dieser  eine  Kasus  gesetzmäßig  sei 
und  alle  übrigen  durch  Ausgleichung  entstanden  wären,  ist 
unmöglich.    Man  bedenke,    daß   der  Plural  von  rajju-  garnicht 

1)  Zum  Bedeutungswandel  'Strick,  Rute,  Binse'  vgl.  apr.  wirbe 
Tunis' :  asl.  vürba  'salix',  lit.  »»rias  'Rute,  Reis',  apr.  kirno  'Strauch'  : 
lit.  ktrna  'Strauchband',  ai.  vayä  'Zweig',  air.  fe  'Rute',  lit.  vytis  'Gerte' : 
ai.  vayati  'flechten,  weben',  russ.  vizzocha  'lange  Rute' :  vezzica  'Bindfaden', 
lat.  habena  'Zaum,  Zügel'  :  lit.  zdbas  dass.  neben  zdbas  'Ast',  zabaras  'dürrer 
Ast',  lett.  fcheberia  'ästiger  Pfahl'  (Leskien  Bild.  d.  Nomina  170).  ahd.  halftra 
'Zügel' :  ags.  hielf  'Schaft,  GrifT,  nhd.  halb,  helb  'Stiel',  lit.  kälpa  'Querholz 
am  Schlitten'  (Hirt  BB.  24,  278). 


136  J.  Scheftelowitz, 

vorkommt,  sondern  daß  nur  alle  Kasus  des  Singular  außer  dem 
Dativ  belegt  sind:  N.  rdjjus,  Akk.  rajjum  bzw.  rajjvam  (ved.), 
Gen.  Abi.  rajjväs  (Gramm.)  bzw.  rajjos  (Gramm.),  Instr.  rajjvä 
(die  AV-Mss.  haben  die  verkürzte  Schreibung  rajvä),  Lok.  rajjväm 
(AV-Mss.  rajuäm).  Die  Annahme,  daß  es  etwa  ein  urarisches 
Verb  *razja-  gegeben  hätte,  woran  sich  das  urarische  Nomen 
*razgu  angelehnt  hätte,  wäre  zu  problematisch. 

ai.  niajjdn  (ved.),  majjä  (ved.),  majjas  'Mark',  aw.  mazga 
'Mark,  Gehirn',  np.  ma-^z^  asl.  mozgü  'Gehirn',  mozdanü  'Mark* 
{*mozgenii\  klr.  mazha^  russ.  mozga  'Gehirn',  mazga  'Blut'  neben 
mazka,  primozgnuth  'antrocknen'  (vom  Blute),  cech.  mozek  {mozk) 
'Gehirn',  osorb.  mozhy  'Gehirn',  idg.  *mozg-\  daneben  idg.  *mozgh 
in  as.  marg^  aisl.  mergr^  ahd.  marag,  marak  (vgl.  Fick*  1,  110, 
287,  520),  gallolat.  mesga  'Molken',  air.  medg  dss.,  cymr.  maidd 
(vgl.  D'Arbois  de  Jubainville  Rev.  Gelt.  13,  415).  Über  lit.  .s-wä- 
genes  vgl.  Walde  KZ.  34,  514.  Mit  Recht  hat  Walde  das  indo- 
germanische Wort  für  'Mark,  Gehirn'  von  folgendem  Worte 
getrennt : 

ai.  mäjjati  (ved.)  'taucht  unter',  majjana  N.  'Untertauchen, 
Baden',  lit.  mazgöju  'wasche',  altlit.  mafgene  'Waschvrasser',  nu- 
mazgojnms  'Abwaschung'  (Bezzenberger  BZG.  Lit.  Spr.  300,  305), 
äpmdzgoti  'abwaschen'  (Postilla  Lietuwiszka  Wilna  1600,  142  b); 
mazgöte  'Waschtuch'  (Cappeller:  Kaip  seneji  Let.  gyveno  54);  vgl. 
auch  Juskeviö  Liet.  Svotb.  Däin.  20,  27 :  baitaj  sdiikstus  sumaz- 
göja,  ir  po  sutu  j>akav6ja\  lett.  mafgäju,  mafgät  'wasche,  spüle, 
so-mafgas  'Spülicht'  (Bezzenberger  BB.  13,  147),  lat.  mergere, 
mergus.  Das  Part.  Perf.  Pass.  von  ai.  mdjjati  lautet  magna,  denn 
die  arische  Lautgruppe  zg  verliert  vor  folgendem  Konsonanten 
im  Urindisciien  ihr  0,  vgl.  ai.  mak^ati  'taucht  unter*  (Äp.  sr.  8, 
8,15;  13,21,1;  vgl. auch  Garbe Äp.Ör.  Vol. III, p. IX) aus *ma2//-sa-. 
(Betreffs  des  s-Suffixes  vgl.  ai.  mraksati  'streicheln'  :  mrjati; 
yakßati  'streben*  :  aw.  yäsaiti  'erstreben,  bitten*,  russ.  huchath 
'stoßen,  schlagen'  :  hukah  dss.),  RV.  dn-avaprgna  'ungetrennt* 
{-prgna-  aus  *przgna-)  :  ai.  (Brahm)  avaprqljana  'Ende  (eines 
Gewebeaufzuges)'!);  RV.  siksatc  aus  ar.  *si-zgh-sa-tal  (J.  Schmidt 

1)  wohl  ar.  *pras  -j-  SulT.— «;a  :  ai.  pr^fha  'die  obere  Seite,  das  Her- 
vorstehende*, ahd.  first,  mndd.  forst  'Spitze  (des  Hauses)'  :  ai.  parfia,  aw. 
parJa  'Ähre*,  indem  das  Wort  dieselbe  Begridsentwicklung  durchgemacht 
hat  wie  deutsch  'Ähre'  (:  dKic  'Spitze');  Sii.  pffiatka  'l'fcil'  (zum  Suff.  vgl. 
parutka  :  paru). 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  137 

Krit  d.  Son.  56  f.).  Dagegen  sind  majßiä,  majjnas  und  rajjväy 
rnjjväm  durch  Ausgleichung  mit  den  übrigen  Kasus  hervor- 
gegangen. In  Analogie  nach  ai.  sajjati  :  sanjai/ati,  sisank^afi  sind 
folgende  Formen  von  majja-ti  sekundär  gebildet:  ni-manksye 
(ABr.  8,  21).  manktum,  manktvä  (Haravijaya  18,  18,  33  vgl.  Bühler 
Wiener  Zschr.  f.  Kunde  d.  Morgenl.  8,  135;  Hemacandra  Haima- 
dhätupär  6,  38),  manktar,  mnnktavya  (Pän.  7,  1,  6  Schol.). 

Die  Assimilation  von  ar.  zg  zu  al.  jj  soll  nach  Hübsch- 
mann KZ.  24,  406  erst  "sehr  spät  stattgefunden  haben,  da  die 
Inder  noch  die  "Wurzel  majj  in  der  Form  masj  (d.  i.  mazg)  kennen". 
Diese  Schreibungen  der  Grammatiker  wie  Pänini  (in  seiner 
Grammatik  und  im  Dhätup.)  oder  Hemacandra  bhrasj,  masj\  lasj, 
sasj  haben  gar  keinen  etymologischen  Wert,  da  ja  lasja^  sasja-^ 
wie  im  weiteren  ausgeführt  ist,  prakritisierte  Formen  aus  laj-ya- 
saj-ya-  sind.  Vielmehr  scheint  in  Analogie  nach  vrkna  :  VTScati 
zu  magna  ein  theoretisches  masjati  und  zu  lagtia  ein  lasjati 
(Pän.  8,  2,  29)  gebildet  zu  sein  und  dann  für  jedes  jj  ein  sj 
angenommen  zu  sein.  In  der  Schreibung  sj  der  Grammatiker 
kann  sich  zugleich  aber  auch  die  genauere  Aussprache  von  jj 
widerspiegeln.  So  steht  im  Käsmirischen  RV-Ms.  für  cc,  eck 
sehr  häufig  sc,  seh.  Daß  das^'  von  ar.  mazg  'untertauchen'  auch 
vor  dunklem  Vokal  im  Altindischen  zu  jj  geworden  ist,  beweist 
majjükä.  Nach  Yäska  Nir.  9,  5  heißt  der  Frosch  deshalb  maj- 
jükä^i  weil  er  untertaucht  {mandükä  majjükä  majjamt). 

§  3.  Wie  ist  dann  aber  madgu,  madgura  zu  erklären, 
dessen  Verbindung  mit  majjati  und  lat.  mergus  gerade  zu  der 
Annahme  geführt  hat,  daß  ar.  zg  vor  dunklen  Vokalen  zu  dg 
wird? 

madgu  bedeutet  im  Altindischen  nie  'Taucher', 
sondern  bezeichnet  in  erster  Linie  einen  bestimmten  Wasser- 
vogel (schon  im  V.  S.),  dann  'ein  bestimmter  Fisch,  eine  Schlangen- 
art, Galeere',  ferner  ist  es  Name  einer  bestimmten  Mischlings- 
kaste und  schließlich  heißt  so  der  Sohn  des  Övaphalka  (BR,  V 
480).  Nach  der  VaijayantI  (ed.  G.  Oppert)  ist  madgu  1.  ein 
Wasservogel  {madgus  tu  jalakäkas  syät  S.  26  Z.  21  vgl.  hierzu 
auch  Cändra-Vyäkarana  ed.  Liebich  S.  140:  madguh  paksivise?ah; 
Hemacandra,  TJnädiganasütra  §716:  madgur  jalaväyasah).  2.  Ab- 
kömmling einer  Mischlingskaste  {mahänarmä  ca  madgus  ca 
sresthi  vaisyav]i,Hkah  S.  77  Z.  141).  3.  Sohn  des  Ni?tya  und 
der  VarutI   {nisfyät  tu  varufi  madgum  S.  76  Z.  103).    4.  Name 


138  J.  Scheftelowitz, 

einer  Person,  die  wilde  Tiere  tötet  {medändhracücu  madgünäm 
äranyapasuhiTfisanam  S.  79   Z.  186). 

madgu  kommt  in  der  Bedeutung  'Taucher'  somit  nicht 
vor.  Das  davon  abgeleitete  und  deshalb  erst  viel  später  belegte 
madgura  (zueret  MBh.)  bezeichnet  am  häufigsten  einen  be- 
stimmten Fisch  (vgl.  Hemacandra,  Unädiganäsütra  ed.  Kirste 
§  426 :  madguro  matsyavise?ah\  ebenso  auch  madgurasi.  Nur  an 
einer  einzigen  Stelle  soll  nach  BR.  madgura  auch  'Taucher'  be- 
deuten, was  aber  falsch  ist.  In  Hariv.  5234  heißt  es  nämlich: 
tasya  däsä  jale  magna  madgura  näma  visrutäh  | 
ye  haranti  sadä  sankhän  samudrodaracärinah  | 
"Seine  Fischer,  welche  im  Wasser  untertauchten,  waren  unter 
dem  Namen  Madguräs  bekannt,  welche  im  Meeresinnern  gehend, 
zugleich  Perlmuscheln  nehmen".  Hier  ist  madgura  die  Bezeich- 
nung einer  bestimmten  Klasse  von  Fischern  und  zwar  sind  sie 
nach  der  Vaijayanti  (ed.  Oppert)  S.  79  Z.  167  die  Mischlingskaste 
der  Ni§ader,  welche  wegen  ihres  Fisckerhandwerks  so  genannt 
wurden:  sa  ni?ado  matsyaghätän  madguräghosanena  sah.  Daß 
diese  Erklärung  richtig  ist,  geht  aus  MBh.  hervor,  welches  die 
älteste  Belegstelle  für  madgura  ist.  MBh.  13,  2583  Calcuttaer 
Ausg.  [=  Bombay  er  Ausg.  13,  Adhy.  48  Sl.  21]  lautet:  n^ädo 
madgurarfi  süte  däsarp,  nävopajivitmm.  Die  Bombayer  Ausgabe 
liest  däsam.  Daß  für  däsa  häufig  die  prakritisierte  Form  däsa 
geschrieben  wird,  geht  aus  BR.  III  602  unter  däsa  hervor:  "Der 
Nisader  erzeugt  den  Madgura  einen  auf  einem  Schiffe  lebenden 
Fischer".  Die  Ni§ader  beschäftigten  sich  mit  der  Fischerei,  vgl. 
MBh.  13  Adhy.  50  Öl.  12  (Bombayer  Ausg.):  nißädä  bahavas  tatra 
matsyoddharananiscayäh.  Also  unter  madguräs  sind  in  Hariv.  5234 
die  als  Fischer  berühmten  Ni§ader  verstanden.  Nach  dem  Komm, 
zu  MBh.  13,  Adhy.  48,  Öl.  21  ist  madgura  eine  Ableitung  von 
madgu  'ein  bestimmter  Fisch',  madguram  madgün  minavise^än 
rätyädatte  tarn  madguram.  Und  so  ist  es  auch  in  der  Tat.  mad- 
gura verhält  sich  zu  madgu  wie  ai.  gadura  'der  Bucklige' :  ga4u 
'Buckel';  imrjfimra  ^ stiiuh\^' :  päijisu  'Staub';  madhura  :  madhu. 
Dass  nun  madgu  'ein  Wasservogel,  bestimmter  Fisch'  nicht  auf 
ar.  *mazgu  zurückgeht,  beweist  np.  war  'ein  Wasservogel'  =  alt- 
iran.  *madgu  (vgl.  Hübschmann  ZDMG.  34,  423,  Hörn  Ordr.  Ir. 
Phil.  1 2  S.  23,  69,  84).  Dagegen  wäre  ar.  *mazga  im  Altiran,  un- 
verändert geblieben  und  hätte  neupers.  *mazg  bzw.  *maT2  lauten 
müssen. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  139 

Daß  ai.  madgu  nicht  aus  ar.  *mazgu  entstanden  sei,  hat 
bereits  J.  Schmidt  Pluralbild.  158,  DLZ.  1892  S.  1553.  KZ.  34, 
512  Aum.  angenommen.  Allein  die  Gründe,  die  ihn  zu  dieser 
Annahme  geführt  haben,  sind  nicht  stichhaltig.  Denn  nach  ihm 
soll  im  Lat.  z  hinter  Vokalen  vor  g  geschwunden  sein.  Demnach 
"kann  lat.  mergus  nicht  aus  *mezgus^  also  auch  ai.  madgu  nicht 
aus  *mazgu  entstanden  sein".  Doch  seine  Beispiele  für  den 
Ausfall  von  urlat.  z  vor  g  (lat  fngo  :  ai.  hhrjjati,  digero,  egredior) 
beweisen  nichts.  Denn  fngo  geht,  wie  wir  im  weiteren  aus- 
führen werden,  auf  idg.  *bhreig  zurück.  Und  was  digero,  egre- 
dior betrifft,  so  wendet  bereits  Bartholomae  Stud.  1,  8  mit  Recht 
ein,  daß  man  "von  der  Gestalt,  die  ein  Laut  im  Wortausgang 
des  ersten  Gliedes  einer  Zusammensetzung  vor  einem  bestimmten 
Laute  aufweist,  nicht  Schlüsse  ziehen  dürfe  auf  die  Gestaltung 
des  gleichen  Lautes  von  gleichem  Laute  im  Wortinnern".  Xach 
J.  Schmidt  soll  madgi(,  das  "offenbar  verwandt  mit  matsya  Tisch* 
sei,  =  idg.  *medzgu  sein,  worauf  auch  lat.  mergus  zurückgehe"  ^). 
Allein  np.  mäf  und  ai.  madgu  'ein  Wasservogel'  können  nur  auf 
idg.  *madgu  zurückgeführt  werden  und  sind  daher  von  ai.  maj- 
jati,  lat.  mergus,  mergere  gänzlich  zu  trennen.  Ar.  *madgu  ist 
von  der  Wurzel  mad-  'feucht,  nass  sein'  abzuleiten,  wie  ai.  matsya^ 
aw.  masya  'Fisch'  (lat.  madeo  'feucht  sein',  madulsa  'nasser  Bruder*, 
griech.  ^abd(u  'zerfließe',  indöov,  liabujvia  'Wasserlilie').  Das  -gu 
in  ai.  madgu  ist  Suffix. 

§  4.  Das  g-  (^i'-ISuffix  wird  in  den  indogermanischen 
Sprachen  vielfach  zur  Xominalbildung  verwendet. 

Nominalsuffix  -g-  {gV-)  im  Altindischen  z.  B.: 

ved.  phalgü,  phdlguna  'rötlich' :  asl.  paliti  'brennen',  arm. 
phaüem  (aus  *phal-ye-mi),  phal-phal-im  'glänze',  phailun  'glän- 
zend' (vgl.  Pei-sson  BB.  19,  259,  Verf.  BB.  29,  35). 

vanga  'Baum'  AitAr.  2,  1,  1):  ved.  van,  vana  'Holz,  Baum*, 
aw.  van,  vanä  'Baum*. 

khadga  (ved.)  'Schwert',  päli  khagga  dss.  :  ai.  *kharda 
'Schwert',  das  Frankfurter  KZ.  27,  222  aus  dem  siamesischen 
Lehnwort  für  Schwert  kharfa  erschließt,  kymr.  cJedd  'Schwert'. 
Mit  dem  idg.  Suff,  g^o  sind  gebildet  kymr.  deddyf,  mir.  claideb 
(Frankfurter  KZ.  27,  222),  hierzu  russ.  kladu  'verschneide' 
(H.  Pedersen  IF.  23,  398).  Bartholomae  IF.  3,  174  Anm.  stellt 
khadga :  lit.  kärdas  'Schwert'.   Allein  dieses  litauische  Wort  ist 

1)  vgl.  auch  F.  Sohnsen  IF.  26,  114. 


140  J.  Scheftelowitz, 

ebenso  wie  alb.  kordi.  'Säbel'  (G.  Meyer  Et.  Wtb.  d.  Alb.  Spr.  199) 
aus  dem  Slavischen  entlehnt,  russ.  korda  'Schwert',  ßech.  kord^ 
asl.  korüda  'Schwert'.  Dieses  slavische  Wort  stammt  entweder 
aus  dem  Iranischen  (np.  kärd  'Messer',  phl.  kärt^  das  nach  Vend. 
14,  9,  27  =  sampSer  'Schwert'  ist,  aw^  kat'dta)  oder  ist  altes 
Lehnwort  aus  dem  Arischen  {*kharda\  vgl.  Miklosich  Et.  Wtb. 
132.  H.  Jacobi  bei  Bartholomae  IF.  Anz.  12,  28  möchte  khadga 
mit  griech.  qpdcxavov  verknüpfen,  was  aber  unmöglich  ist. 

svargd  (RV.)  'Himmel'  griech,  ceXa^oc,  davon  ceXaTeou, 
ceXaYiZ^uj  'strahle,  leuchte,  erleuchte'  :  RV.  smr  'Himmel,  Sonne'^ 
griech.  ceXac. 

udbhijja  (AitUp.  2,  6,  Chänd.  Up.)  'aus  dem  Erdboden  her- 
vorschießend, hervorsprießend',  aus  ud-bhid-ja  :  udbhid  'aus  der 
Erde  hervorschießend,  hervorsprießend',  ndbheda  'Sprößling',  wi- 
bhidyate  'hervorbrechen,  hervorschießen'. 

dsvapnaj-as  Plur.  'die  nicht  schlummernden'  neben  ved. 
asvapnd  dss. 

plaraga  'Frosch',  aisl.  fraukr  dss.,  neben  ai.  /j/ara  'Frosch', 
aisl.  frauör  dss. 

vdrga  (ved.)  'Abwehr,  Beseitiger'  :  väraka  'Abwehrer',  var- 
a-te  'zurückhalten,  abhalten,  abwehren'. 

varga  (kl.)  'Abteilung,  Gruppe,  Klasse* :  varna  'Art,  Ge- 
schlecht, Gattung',  varanda  'Menge',  vära  'Menge',  vrnda  'Schar, 
Truppe,  Herde',  lit.  vorä  'Reihe',  ir.  foirenn  'Abteilung,  Schar* 
(vgl.  Bugge  BB.  3, 114,  Fick*  2, 272,  Bezzenberger  BB.  21,  315  A), 
ai.  värakena  Instr.  'der  Reihe  nach',  russ.  ierenica  'ununter- 
brochene Reihe',  klruss.  verenva  'Garbenschichte',  asl.  aruss. 
nslov.  veriga  veruga  'Kette'  (vgl.  auch  Solmsen  Z.  Gr.  Laut-  u. 
Versl.  293  f.). 

pataga  (kl.),  patangd  (ved.)  'Vogel'  neben  patatrin  (ved.), 
patatri  dss. 

phaliga  (RV.)  'Rehälter'  neben  phdlaka  'Brett,  Latte,  be- 
stimmtes Gefäß',  aisl.  ^p^  'Brett',  russ.  joo/«  'Diele*,  ü&\.  p<ilica^ 
palüka  'Stock'. 

tunga  (kl.)  'hoch,  Anhöhe',  griech.  Tuiaßoc  'Hügel':  mir. 
tomm  'Hügel',  bret.  tun  aus  */mw-,  korkyr.  tü)li6c,  lat.  ttimulus 
(vgl.  Osthoff  BR.  24,  154,  Brugmann  Grdr.  2,  160). 

.s'rn//«  (ved.)  'Hörn*,  griech.  K6pu)ußoc  'Oberstes,  Haarbüschel* 
:  got.  Iiaürn,  air.  coniy  lat.  comu,  griech.  Kdpvov  •  cdiXinTTct ' 
raXdiai  (Hs.)  (vgl.  Brugmann  Grdr.  2,  260). 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  141 

ärhhaga  (ved.)  'jugendlich'  neben  ved.  ärhha^  arhhakd  'klein, 

Knabe'. 

sphigi  (ved.)  'Hüfte'  sphig  (Dual  sphijaii)  'Hüfte,  Hinter- 
backe', aisl.  spik  'Speck'  (vgl.  Zupitza  Germ.  Gutt.  167,  Trautmann 
Germ.  Lautgesch.  14):  ai.  sphik  (Dual  sphicau)  'Hüfte,  Hinter- 
backe'. Zur  Begriffsentwickliing  'Speck -Hüfte'  vgl.  cech.  hyza, 
hyze  'Oberschenkel' :%iZe  'Schinken';  serb.  gnjat  'Schienbein', 
cech.  hnat  'Schenkel' :  nsl.  gnjat  'Schinken' ;  nsl.  kraca  'Waden- 
bein, Schinken';  ags.  deoh,  ahd.dioh  'Schenkel' :  asl.  ^mAtm  'Fett' 
(vgl.  Zupitza  Germ.  Gutt.  140),  andd.  brädo  'Wade',  ahd,  bräto 
'Wade,  Schinken,  Braten'. 

RV.  usig,  lanig^  dhrsag,  tr?nag,  sanag. 

§  5.  ädga  (ved.)  'Rohrstab,  Stengel'  :  lit  üdega  'Stengel, 
Stiel  (Bezzenberger  Lit  Forsch.  193),  Schwanz',  lett.  ödega 
•Schweif  (Liden  BB.  21, 218);  hierzu  wohl  auch  air.  odb  'Knoten', 
cymr.  oddf  'Auswuchs,  Knoten',  idg.  od-gVo  :  cech.  odr  'Pfahl'. 
Zur  Begriffsentfaltung  vgl.  ai.  parvan,  parus  'Knoten,  Knoten  am 
Rohr,  Rohr';  mnd.  öst  'Knoten,  Knorren':  dtsch.  'Äst',  arm.  ost 
*Zweig,  Ast,  Knoten'.  Die  Bedeutung  'Schwanz'  entwickelt  sich 
gewöhnlich  aus  dem  Ausdruck  'Rohrstab,  Gerte',  was  folgende 
Beispiele  beweisen: 

ai.  längala  (Pafic)  'Schwanz'  (vgl.  J.  Hertel  D.  südliche  Paiica- 
tantra  Einl.  LXXXII),  daneben  längula.  längüla  'Schwanz,  Schweif, 
Penis':  längala  'Stange,  Pflug' i),  rangati  'sich  hin-  und  her- 
bewegen', lit.  lingeti  'schwanken',  lingüti  'hin-  und  herbewegen', 
linkstinis  'schwankender  Stock'  (Bezzenberger  Lit.  Forsch.  136), 
langoti  'sich  wiegen',  lett.  ligste  'Schwungstange  der  Wiege', 
lügätis  'wanken'  (Leskien  Abi.  334),  griech.  Xarfa^uu  'zaudere', 
Xa-fTuuv  'das  Zaudern'  (Prellwitz  Et.  Wb. 2  256).  Osthoffs  Ver- 
bindung (Parerga  342)  der  litauischen  Wörter  mit  got.  laikan, 
ai.  rejate  ist  daher  unmöglich. 

Die  altindischen  Wörter  für  Rohr  säryä,  vaitasä,  nadd 
bedeuten  im  RY.  auch  'Penis'  (vgl.  Pischel  ZDMG.  35,  717  f., 
YS.  I  106,  Oldenberg  ZDMG.  39,  66  Anm.). 

sejjha  m.,  sephas  n.  'penis' :  siphä  'Rute,  Rutenstreich',  poln, 
siepac  'schütteln',  klr.  sipaty,  dss.  aw.  saef  'rühren,  streichen'. 

1 1  Zur  Bedeutungsentwicklung  von  Tflug'  vgl.  Meringer  IF.  17, 116  f., 
ferner  ai.  hala,  häla  'Pflug':  lit.  z&lis  'Baumstamm',  lett.  selejs  'Holzfloß', 
arm.^o^  'Stange,  Rute,  Maßstab'  (z.  B.  Ez.  40,  3.  5.  7.  8;  41.  8).  Eine  andere 
BegrifTsparallele  findet  sich  im  weitem  unter  aw.  dumam. 


U2  J.  Scheftelowitz, 

sepa  *  Schwanz,  T^enis' :  l&t  cippus  'Pfahl';  dagegen  prakr. 
cheppa  'Schwanz' :  griech.  ckittiuv  'Stab,  Stock',  lat.  scipio  dss. 
(vgl.  Johansson  IR  3,  213). 

kaprth  'penis'  ^)  :  slov.  kop  'Stange'  (Pletersnik,  Slovar),  asl. 
ceporü  'Zweig',  serb.  ceimr  'Strunk',  (vgl.  zu  den  slavischen 
Wörtern  Berneker  Slav.  Et.  Wb.  143),  russ.  copb  'Zweig  des 
Weinstocks',  cap  'DreschflegeP,  np.  capah  'Ruder',  ai.  capala 
'schwankend,  sich  hin-  und  herbewegend',  np.  cafta  'gekrümrat', 
russ.  capath  'schaukeln',  capati  sja  'hin-  und  herschwanken', 
po-capith  'sich  neigen'. 

ai.  sankura  'penis' :  sanku  'Pfahl,  Pflock', 

ai.  puccha  'Schwanz,  Eute'. 

aw.  dumam  'Schwanz'  aus  ar.  *dumbma-m,  ahd.  zumpo  'penis* 
(Sütterlin  IF.  4,  93)  :  lett.  fchumbrs  aus  urlett  *diumbras  'Stange 
am  Pfluge*.  Hierzu  gehört  auch  aw.  dumna  aus  ar.  *dubna  'Hand'. 
Zur  Begriffsentwicklung  vgl.  lit.  staibnlas  'Unterarm' :  stiha  'Stab, 
Rute';  ai.  lakuta  'Knüttel'  (vgl.  Pischel  BB.  3,  249)  :  lat.  lacertus 
(Johansson  IF.  8,  165);  ai.  kila  'Pfahl,  Pflock,  Handgriff,  Ell- 
bogen'; ai.  dandäs  'Stäbe,  Arme';  air.  fracc  'Hand'  aus  *vmg-kä  : 
lit.  räzas  'Rute,  Reis',  griech.  ^nxoc  'Rute'.  Weitere  Parallelen 
bei  Verf.  BB.  28,  303  unter  arm.  kanth. 

arm.  varop  'Stock,  Stab,  Penis' :  ai.  vrkm  'Baum,  Penis* 
(AV.20, 136,9),  aw.  wr^sa'Baum',  lett.  warscÄa 'Wurzelschößling'. 

asl.  kocam  'penis' :  nsl.  kocen  'Stengel',  serb.  kocan  'Stengel', 
klr.  kocan  'Strunk',  cymr.  cogaü  'Stock'. 

asl.  o^ib  'Schwanz' :  äibalo  'Knüttel,  Stock',  nsl.  siba  'Rute', 
serb.  Hba  'Gesträuch',  wruss.  siben  'Stock',  asl.  äibati  'mit  Ruten 
schlagen',  russ.  posik  'Schwanz,  Rute',  poln.  siek  'Schwanzstück'. 

asl.  chvostü  'Schwanz,  Schweif,  idg.  *ksmd-io  :  lat.  sudis 
'Stange',  ai.  k?odate  'sich  bewegen'. 

nsorb.  kistka  'Schwanz',  russ.  kisä  'Stengel,  Quaste',  poln. 
okisd  'Eiszapfen*  aus  *kyt-ti  :  asl.  kyta  'Zweig',  öech.  kgta  'Keule, 
Schlegel',  russ.  kita  'Stengel'  (vgl.  Miklosich  Vgl.  Wb.  158, 
Berneker  Slav.  Et.  Wb.  679). 


1)  Johansson  IF.  14,  312  verknüpft  es  fälschlich  mit  lat.  caper,  aisl. 
hafr  Ziegenbock  (vgl.  Fick*  II  64).  Letzlere  Worte  lassen  sich  schwerlich 
trennen  von  np.  iapiJ  'junger  Ziegenbock',  nsl.  poln.  kroat.  cap  'Bock, 
Widder'  (vgl.  Uhlenbeck  PUB.  19,  330).  Wegen  der  Verschiedenheit  des 
Vokalismus  (a :  e)  könnte  man  annehmen,  dali  dieses  Wort  ein  sohr  altes 
orientalisches  Lehnwort  sei,  vgl.  hebr.  fäfir  'Bock*,  syr.  fiafira  'Ziegenbock'. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  143 

lit.  sümhras  'Schwanz'  neben  stembras  'Stengel'. 

lit.  pelekä  'Fischschwanz',  peiakas  'Schwanz  einer  Schlange* 
(Leskien  Bild.  d.  Nomina  509)  :  asl.  palica,  palüka  'Stock',  poln. 
palica,  palka  'Stock,  Knüttel',  ai.  phalaka  'Brett',  aisl.  fjgl  'a  deal, 
plank,  bord',  russ.  yolü  'Diele'. 

alb.  hii-ri  'Pfahl,  penis' ;  alb.  masi'ir  'Rohrstück,  penis'  aus 
türk.  masur  'Rohr'  (G.  Mever  Alb.  Wb.  262). 

lat  cauda  'Schwanz,  Rute' :  caudex  'Baumstaram'. 

lat.  verpa  'penis',  poln.  rzap,  serb.  rep  'das  Schwanzende', 
slov.  rep  'Schweif,  Schwanz,  Stiel',  neben  poln.  rzqp  dss. :  ahd. 
tcorf  'Sensenstier,  griech.  pmvp  'biegsame  Rute',  pamc  'Stab* 
(vgl.  Schrader  KZ.  30,  481). 

griech.  KcpKOC  F.  'Schwanz' :  KcpKic  'spitzer  Stab',  lit  keras 
'Staude*  asl.  kun»  'radix',  korerih  'Wurzel',  russ.  karjaka  'gespal- 
tener Baumstamm',  korenga  'knorriger  Baum'  (vgl.  Bemeker 
Slav.  Et.  Wb.  570,  672). 

ir.  loss^  bret.  hst  'Schwanz,  Ende  eines  Stocks' :  aisl.  liostr 
'Speer'  (Zupitza  BB.  25,  90). 

aisl.  hale  'Schwanz,  spitzes  Ende,  Schaft' :  ir.  cail  'Speer', 
ai.  sala^  saläka  'Stab,  spitzes  Holz,  Rute,  Gerte'  (vgl.  Uhlenbeck 
Et  Wb.  d.  Ai.  Spr.  305). 

mnd.  stert  'Steißbein,  Sterz,  Schwanz,  Sterz  am  Pflug',  mhd. 
sterz  'Schweif,  Stengel,  Stiel*,  norw.  ^rt^  stjart  'Schwanz,  Sterz', 
mhd.  stürzd  'Pflanzenstrunk*,  schwäb,  storze  'Strunk*. 

ahd.  zagal  'Schwanz' :  aisl.  tag  'Weidenzweig'  (Zupitza  Germ. 
Gutt.  192). 

schwed.  piü  'penis'  aus  germ.  *pint-^  dän. pm/,  j^mi-e/'penis* 
:  nengl.  'pintle  'kleiner  Bolzen,  Zapfen,  Pflock,  Protznagel'  (Johans- 
son KZ.  36,  347). 

hebr.  miDT  'Rute,  Penis'  (z.  B.  Pesiqtä  de  Rab  Kahane, 
Pisqä  3).         ^     '' 

Da  Gerte  und  Stock  uralte  Symbole  für  das  männliche 
Zeugungsglied  waren,  so  geht  darauf  der  primitive  Brauch 
zurück,  daß  man  Frauen  und  weibliche  Haustiere  zu  bestimmten 
Jahreszeiten  mit  einer  Rute  schlug  oder  peitschte  in  dem  Glauben, 
daß  sie  hierdurch  besonders  fruchtbar  würden.  Diese  Sitte  ist 
bereits  im  8.  Jhd.  n.  Chr.  bezeugt  und  läßt  sich  in  ganz  Deutsch- 
land, Schweden,  Österreich,  Polen,  Rußland,  England,  Frank- 
und  Belgien  nachweisen  (J.  A.  Dulaure  Die  Zeugung  in  Glauben, 
Sitten  und  Gebräuchen  der  Völker,   Leipzig  1909,  190  u.  192; 


144  J.  Scheftelowitz, 

W.  Maunhardt  Wald-  und  Feldkulte  1«,  251  ff.;  De  Nore  Coutumes, 
mythes  et  traditions  S.  270;  A.  Kuhn  Märkische  Sagen  S.  307). 
In  der  gleichen  Weise  schlug  man  ehemals  in  Wälschtirol  am 
letzten  Faschingstage  die  Bäume,  indem  man  meinte,  daß  hier- 
durch die  Bäume  recht  fruchtbar  werden  würden  (Ch.  Schneller 
Märchen  und  Sagen  in  Wälschtirol  1867,  234). 

§  6.  Diese  Beispiele  beweisen,  daß  ai.  adga  auch  begrifflich 
zu  lit.  üdega  gehört.  In  Anschluß  an  Kretschmers  Hypothese 
(KZ.  31,  452  Anm.),  daß  gr.  öZ;oc,  got.  asts  aus  idg.  *os  +  Suff-^o 
und  öcxoc  aus  *os  +  Snü-gho  entstanden  wären,  erklärt  Bartho- 
lomae  wiederholt  ai.  adga  aus  idg.  *os  +  Suff-^o,  air.  odb  aus 
*os  +  Suff-^"o  und  verbindet  demgemäß  ai.  adga^  air.  odb  mit 
griech.  öZioc,  öcxoc,  oicxn  und  pehl.  azg  'Ast'  (Bartholomae  IF.  5, 
355f.,  ZDMG.  46,  306;  50,  711;  IF.  10,  194).  Was  das  Pehlevi- 
Wort  azg  betrifft,  so  hat  dieses  zuerst  Hübschmanu  IF.  4,  119 
in  Sikand-Gumanik-Vicar  1, 12  nachgewiesen  und  es  zu  griech. 
öcxoc  gestellt.  Jedoch  macht  er  gleichzeitig  darauf  aufmerksam, 
daß  phl.  azg  vielleicht  fehlerhaft  für  azd  steht.  Aber  wegen  np. 
aza-^  'Zweig,  Knospe'  halte  ich  die  Lesung  phl.  azg  für  richtig. 
Ar.  *azgha,  griech.  öcxoc  lassen  sich  nicht  aus  idg.  *os  -f  Suff- 
gho  erklären,  denn  1.  tritt  das  idg.  Suffix  -gh-  nie  unmittelbar 
an  die  Wurzel  an  (vgl.  griech.  cröina-xoc,  Teju-a-xoc,  Kav-a-x»i, 
KU)aß-a-xoc,  öpvifc  :  öpvi-xoc  neben  öpvic  :  öpvi-6oc).  2.  sprechen 
gegen  eine  solche  Ableitung  die  zu  öcxoc  gehörigen  slavischen 
Worte,  öö'xnj  iu<7xn?  öcrxoc  'junger  Zweig,  Schößling',  np.  azaf 
*Zweig,  Knospe',  phl.  azg  :  urslav,  *anzgh-^  dach,  uzg  'Knoten', 
uzgoivity  'knotig',  poln.  (dial.)  wözg  'Schößling'  (Miklosich  Et.  Wb. 
223)  neben  aslav.  qzlu  'Knoten',  russ.  uzeh  'Knoten',  nslav.  özel 
'Knoten,  Knorren',  np.  azm  'Sprößling,  Sohn'  (zur  Begriffsent- 
wicklung vgl.  lit.  mäzgas  'Knoten,  Knospe' :  griech.  [nöcxoc  'Sproß, 
Schößling,  das  Junge',  aslav.  ceporü  'Zweig' :  bg.  cepor  'Knoten*; 
aslav.  goli  'Ast' :  poln.  golanka  'Knospe'  öech.  holicka  'Knösp- 
chen').  Demnach  läßt  sich  das  zgh  in  griech.  öcxn  usw.  nur  aus 
idg.  *ongh  +  Suff-sA:-  erklären.  Denn  wie  ich  an  einer  andern 
Stelle  nachweisen  werde,  wird  idg.  aspirierte  Media  -|-  Suff,  sk 
stets  zu  zgh.  v.  Patrubany  IF.  13,  124  vergleicht  arm.  azn^  azg 
(beide  Worte  bereits  in  der  armen.  Bibel  belegt) 'Volk,  Menschen- 
geschlecht' mit  griech.  öcxoc,  was  aber  unmöglich  ist,  denn  diese 
armenischen  Wörter  gehören  offenbar  zu  pr.  amsis  *Volk',  wozu 
sicherlich  auch  aslav.  j^zykü  'gons  populus',  jfzycinikü  '^Gviköc' 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  145 

(Codex  Marianus  ed.  Jagic  606)  gehört^).  Arm.  az-n^  az-g  aus 
*omz  +  Suff-^'«  bezw.  -k-.  Unhaltbar  ist  auch  Ficks  Kombina- 
tion von  öcxoc  mit  cxciv  'schlitzen'  (BB.  8,  331).  Ebenso  ist 
Hirts  Kombination  von  öcxoc,  ujcxoc  mit  ^ocxoc  unmöglich,  vgl. 
Osthoff  IF.  8,  18.  Ai.  adga  kann  nicht  mit  Bartholomae  auf  eine 
Wz.  OS  zurückgeführt  werden,  da  ja  adga,  wie  wir  dargelegt 
haben,  zu  lit.  üdegä  gehört  und  überdies  zg  im  Altindischen 
sowohl  vor  hellen  als  auch  vor  dunklen  Vokalen  stets  zuj^j"  wird. 
Das  altirische  Wort  odb  dagegen  ist  zweideutig;  es  ist  entweder 
idg.  odg^o  :  lit.  üdegä,  wie  Bezzenberger  (bei  Fick  11  50)  und 
Johannson  IF.  14,  323  annehmen  (vgl.  lautlich  air.  fadb  'Axt' 
Stokes  ßev.  Cell  14,  441  idg.  *vödhg"o,  lett.  wedga  'Brechstange, 
Axt',  lit  tcedega  dss.,  pr.  wedigo  'Beil'  :  av.  vada  'Keil',  vadar 
*  Waffe',  ai.  vadhar,  vadhatra  'Waffe,  Geschoß',  icidhati  'zer- 
schlagen'), oder  es  ist  mit  Liden  BB.  21,  111  aus  idg.  *odh-uo 
zu  erklären  :  mnd.  adel  äl  'Geschwulst,  Geschwür',  lat.  offa,  offida 
'gerundeter  Bissen,  Kügelchen,  Klöschen'.  Aber  auch  Pedersens 
Zurückführung  von  odb.  auf  *ozbo  (Aspirationen  i  Irsk  20) :  griech. 
öccpvjc  ist  möglich,  vgl.  begrifflich  lett.  güfcha  {*güfia)  'Hüfte, 
Lende',  cech.  hgza,  hyze  'Kopf  am  Knoten  des  Schienbeins, 
Oberschenkel',  poln.  giz,  gizeJa  dss.,  serb.  guz  'Hinterbacken' 
(vgl.  Bezzenberger  BB.  12,  79),  parsi.  güzek  'Knöchel  der  Füße', 
np.  güzak  dss.  (ZDMD.  36,  67)  :  poln.  guz  'Beule,  Geschwulst, 
Knopf. 

Da  es  kein  idg.  *os  'Ast'  gibt,  so  darf  mau  nicht  odb  mit 
Bartholomae  aus  *os-g^o  erklären.  Johansson  IF.  14,  323  geht 
von  einer  idg.  Wz.  od-  (vgl.  ai.  adga,  Ht.  üdegä)  aus  und  leitet 
griech.  öZioc,  got.  asts  aus  idg.  od-do  her,  was  möglich  ist  Aber 
seine  Vermutung,  daß  griech.  öcxoc  =  idg.  od-zgho-s  sei,  ist  un- 
haltbar, da  es  ein  idg.  Suffix  zgh  nicht  gibt  und  außerdem  die 
von  mir  angeführten  slavischen  Wörter  dagegen  sprechen.  Die 
Untersuchung  über  ai.  adga  hat  zu  dem  Ergebnis  geführt,  daß 
Bartholomaes  Grundform  *ozg^o  unmöglich  ist,  da  das  d  in 
adga  auf  idg.  d  zurückgeht 

§  7.  Das  ^f-Suffix  ist  auch  in  ved.  kubja  'bucklig,  krumm' 
enthalten:  ai.  kubra  'Höhlung  in  der  Erde,  Grube,  Ohrring', 
kumba  'Wulst,  dickes  Ende',  ags.  höpig  'in  hiUs  and  hoUows'^ 
höp  'Reifen',  engl,  hoop,  ndl.  hoej)  'Ring,  Reifen',  (vgl.  Trautmann 

1)  Hiervon  wäre  dann  aber  das  gleichnamige  jfzykü  'lingua'  ety- 
mologisch zu  trennen. 

Indogermanische  Forschungen  XXXIU.  10 


14rß  J.  Scheftelowitz, 

Germ.  Lautges.  23)  engl,  liump  'Buckel'  (Murray  Engl.  Dict.  5, 454), 
nd.  hump^  hümpel^  nhd.  humpeln^  mnd.  humpelen  'hinken',  humpen 
'Becher',  griech.  Kußiiov,  Kußuj\ov,  lat.  cubitus^  cubitum  'Ellbogen, 
Krümmung',  griech.  Kußoc  'Würfel,  Höhlung  vor  der  Hüfte  (beim 
Vieh)',  KU)Lißr|  'Kahn,  Becken,  Ränzel',  Kujißoc  'Gefäß'.  Bartho- 
lomae  IF.  10,  18  ff.  leitet  ai.  kuhjd  aus  idg.  *l:uh§ho  =  *kuhh-ko 
ab,  worauf  auch  mhd.  hogger  zurückgehen  soll  :  griech.  Kuqpoc 
'gekrümmt',  Kuqpoc  'Buckel,  Kufe'  ^).  Doch  ist  dieses  sehr  frag- 
lich, denn  ebenso  wie  idg.  zgh  im  Altindischen  zu  jjh  wird  (was 
ich  in  einer  andern  Arbeit  darlege),  so  hätte  idg.  hgh  zu  ai.  hjh 
werden  können,  und  was  mhd.  hogger^  hoger  betrifft,  so  ist  es 
mit  Zupitza  Germ.  Gutt.  11,  Uhlenbeck  Et.  Wb.  d.  Ai.  Spr.  58  zu 
lett.  kukurs,  kiikums  'Höcker,  Buckel*,  ai.  kucati  'sich  krümmen', 
koca  'das  Einschrumpfen'  zu  stellen,  wozu  auch  np.  köz  'ge- 
krümmt, bucklig'  aus  ar.  *kauca  gehört.  Dagegen  ist  Bartholo- 
maes  Behauptung  IF.  10,  19:  „Ein  aus  *kubh-s/co  oder  auch  skh 
hervorgegangenes  *kuhzgho  würde  im  Vedischen  ebenfalls  als 
kuhja  erscheinen  müssen",  unhaltbar;  idg.  kuhh-sko  hätte  bereits 
rm  Indogermanischen  zu  *kuzgh  =  ai.  "kujjha  werden  müssen 
(was  ich  an  einer  andern  Stelle  nachweise);  ai.  kubja  läßt  sich 
aber  auch  sehr  gut  aus  idg.  *kup  -f  ge  erklären  :  ai.  kumjM  'lahm 
an  der  Hand',  küpa  'Höhle,  Grupe',  küpikä  'kleiner  Krug',  lit. 
kümpas  'krumm',  kumpti  'sich  krümmen',  kuprä^  kuprelis,  kuprys 
'bucklig',  \Qii.kumpt  'krumm,  bucklig  werden',  ahd.  Aom/* 'Buckel'. 
§  8.  Das  ^-Suffix  scheint  auch  in  ai.  mudgara  'Hammer' 
(zuerst  MBh.)  vorzuliegen 2):  ai.  mudrä  'Aufdruck,  Stempel,  Siegel', 
griech.  inuöiov  'ein  chirurgisches  Instrument',  mudgara  könnte 
auch  =  mut-ga-ra  sein:  lat.  mutilus  'verstümmelt',  griech.  )uuti\oc 
(Hes.)  dss.,  lat.  muHcus  'abgestutzt',  ir.  mut  'kurz'  (Thurneysen 
Keltoromanisches  67,  Stokes  IF.  2, 173,  Walde  Lat.  Et.  Wtb.  402), 
mbret.  muntr  'Tötung'  (Ernault  Glossaire  Moyen  -  Breton  *  434). 
Nach  v.  Patrubany  IF.  14,  56  soll  ai.  mudgara  auf  idg.  *muz§h- 
zurückgehen:  arm.  muz  'Saft',  das  nach  ihm  =  idg.  *muz§h-  sein 
soll;  doch  idg.  z§h  kann  selbst  nach  Bartholomae  Stud.  2,  40 
nicht  zu  dg  werden.  Arisch  z  kann  weder  zu  ai.  d  noch  zu 
ai.  d  werden.  Zwar  erklärt  Thumb  Handb.  d.  Sanskr.  §  343  ana4- 

1)  Zur  indogermanischen  Wz.  kubh  gehören  noch  ai.  kubhra  MS. 
2,  6,  3  'Buckeltier'  (Geldner  Ved.  Stud.  2,  2«5)  und  ai.  kubh-  vgl.  Verfasser 
Apokryphen  d.  RV.  S.  161  Anm.  zu  Vers  7  b. 

2)  Zur  Bildung  vgl.  auch  ai.  pudgala  'schön,  Körper'. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  147 

räh-  aut  *anas-väh,  allein  es  ist  aus  *anrt-väh  entstanden,  vgl.  sakft 
neben  kika,  *kardrt  davon  kardata  neben  karda  (s.  J.  Schmidt 
Pluralbild.  179).  Die  Kasus  anadudhhyas^  anadiidbhis,  anadutsu^ 
anadudhhyäm  beweisen,  daß  -vah  (im  Akt.  anadväham^  N.  Plur. 
anadvähas)  und  -uh  (im  Instr.  anaduhä)  auf  urind.  -vädh:  -iidh 
zurückgehen:  aw.  vad  'führen,  ziehen',  asl.  vedq,  lit.  vedü,  ai.  in 
vadhü  'Braut'.  Ai.  h  ist  häufig  urind.  dh,  z.  B.  nah  'binden',  Fut 
natsyati,  Part.  Pass.  naddha;  äha  :  aw.  äda;  ihi :  griech.  i0i.  Yon 
anat  wurde  auch  sekundär  ein  Adjektiv  auf  -vant  gebildet,  das 
eigentlich  *anatvant  hätte  lauten  müssen.  Aber  ebenso  wie  väg- 
vant,  vägvin^  tvagvant  (für  *väkvant,  *väkvin,  *tvakvant)  nach  den 
für  die  Komposita  geltenden  Regeln  (z.  B.  väg-vid)  gebildet  ist, 
so  ist  auch  anadvant  eine  Analogiebildung  nach  anadväh.  Yon 
anadmnt  ist  nur  der  Nom.  und  Yok.  Sing,  belegt. 

ühlenbeck  Et.  Wtb.  d.  Ai.  Spr.  227  führt  mitdgara  auf  idg. 
*muzg-  zurück  und  verbindet  es  mit  asl.  mü^diii  'schwächen', 
russ.  mozzith  'zerschmettern,  zerspalten',  cech.  woirffYrzerschlagen'. 
Doch  ist  dieses  falsch,  denn  ar.  *mnzgara  hätte  selbst  nach  Bartho- 
lomae  nicht  zu  mitdgara  werden  können.  "Entsprechend  der 
Umsetzung  von  .  .  .  zhh  zu  dbh  wäre  für  zg  ein  dg  zu  erwarten" 
(Bartholomae  ZDMG.  50,  689). 

§  9.  Beispiele  für  das  -g-  (</"-)  Suffix  in  den  andern  idg. 
Sprachen. 

npers.  huzgah  'Stange,  Pfahl,  an  welchem  sich  ein  Rebe 
anlehnt':  lett.  häufe  'Schlegel  am  Dreschflegel',  ndd.^Ä:^  'Knüttel', 
ndl.  poke.  pook,  ofries.  poker,  schwed.  pykol  'kleiner  Stab,  Knüttel', 
norw.  dial.  jjoÄ;,  pauk  'Knüttel',  Qn^.  poke  'Schlag,  Stoß'.  Lit. 
medegas  'Holz,  Gehölz',  medega,  medzega  'Bauholz'  (Leskien  Bild, 
d.  Xom.  375):  medis  'Baum,  \Yald';  ht  pelega  'Fischschwanz': 
pelekä  dss. ;  lit.  mandagus  'anständig'  :  asl.  mqdrü  '(ppövijaoc' ;  lit 
zmogics  'Mann,  Mensch' :  zmü  (Plur.  zmones)  'Mensch',  pr.  smüni 
'des  Menschen';  lit  wedega  'Brechstange,  Axt';  lett  wedga  dss., 
pr.  loedigo  'Beil',  air.  fadh  'Axt' :  aw.  vada  'Keü',  vadar,  ai.  vadhar 
'Waffe  zum  Schlagen';  \\t  spilgä  'Stecknadel' :  cech.  s/>«7e  dss., 
ndd.  spelU  (germ.  *fpelßo),  poln.  szpüka  'Stecknadel';  lit  liügas 
'Morast',  lugnai  'Kot,  Morast*  (Geitler  Lit  Stud.  95):  lit  liunas 
dss.,  griech.  Xü)Lia  'Schmutz';  Vit  kügis  'großer  Rammer ':  käuti 
'schlagen,  schneiden',  asl.  kovati^  ahd.  houican  (Hirt  Abi.  §  387); 
lett  dfiga  'Leben'  (davon  dfigüt)  :  dfiwe  dss.  (davon  dfiicüt) 
Leskien   Bild.  d.  Nom.  373;  lett  nirga  :  nira  'Taucherente',  nirt 

10* 


148  J.  ScheftelQwitz, 

'untertauchen';  lett.  spilga  *  Wollgras' :  spilwa  dss.  {Leskien  Bild, 
d.  Nom.  373);  lett.  ^w^a  'Windstoß' :  püsis^  jmsme  'Atemzug',  ai. 
pavana  *Wind',  afgh.  pü,  pük  'Blasen';  lett.  skabargs  'Splitter' 
:  skabrs  'splittrig,  scharf;  lett.  aschgi  'Binsen,  Schilfrohr* :  asch^nes, 
aschas,  aschi  dss.,  poln.  ostrzyca  'Rohrgras,  Schilfgras';  lett.  tschurga 
*Regenbach' :  tecÄMrei  'mit  Geräusch  fließen';  asl.  russ.  ia^o^r« 
'Stock,  Knüttel',  russ.  hatoziU  'mit  Ruten  schlagen* :  nsl.  serb. 
poln.  hat  'Stock',  russ.  hatb  'Eichenstock,  Knüttel,  Holztrog',  hotb 
'Stock',  kymr.  hathu  'schlage';  asl.  tvarogü  'lac  coagulutum* :  griech. 
Tupouj  'zu  Käse  gerinnen';  asl.  maef  'Mann' :  got.  rnan««;  russ. 
maliga  'Knabe' :  asl.  malü  'klein',  russ.  waZyJ,  melky  'klein';  russ. 
drohizga^  drebezgü  'Scherben' :  drobizi,  drebezü  dss.,  russ.  Ijubza 
'Liebe'  :  asl.  Ijubiii  'lieben';  russ.  vjdzga,  vjaziga  'Sehne  (des 
Störs)' :  asl.  veza^  v^zü  'Band';  russ.  korenga  'knorriger  Baum*  : 
korenh  'Wurzel',  karjaka  'gespaltner  Baumstamm';  klruss.  mö/Äa 
'tinea' :  moli  dss.  (Miklosich  Vgl.  Gr.  2,  280);  poln.  odzieza^  odziez 
'Kleidung' :  oc?2:?'e«me  'Kleidung',  oc^^iW 'bekleiden,  bedecken', 
asl.  odeti  'circumdare,  vestire',  odenije  'vestimentum';  poln.  fodyga 
'Stengel' :  klruss.  todva  'dickes  Brett';  slov,  bezg  'Hollunder',  serb. 
bazag  dss. :  russ.  bozb  dss.;  lat.  ruga  'Runzel* :  griech.  püiic  dss., 
ai.  ru-  'zerschlagen*;  lat.  turgio  'junger  Zweig,  Trieb,  Sproß*  : 
turio  dss.;  lat.  strages  :  stratus:,  intertrigo  :  tritus  (Pokrowsky 
KZ.  38,  282);  caligo  :  griech.  KnXdc;  remeligo  :  promdlo,  vgl.  auch 
lat  pürigare^  iürigare  neben  pürare^  iürare  (Skutsch  BB.  21,91, 
Solmsen  IF.  26, 114),  fatigare  :  fatiscor  abgeleitet  von  *fatis  (Walde 
Lat.  Et.  Wtb.  210);  griech.  caXdTn  'Unruhe,  Geschrei'  (davon  caXa- 
Yeuü  'bewege') :  cdXoc  'schwankende  Bewegung',  caXeuuj  'bewege'; 
CTnpiTH,  ciripiCuj :  ctfipa  (Hes.)  vgl.  Prellwitz  Et.  Wtb.^  434.  (Zum 
Suff.  -itH  vgl.  ai.  sphidinga  'Funken' :  sphurana  'funkelnd'). 

Aisl.  hnykr  'Stank,  Schmutz' :  ai.  knüyate  (Gr.)  'feucht  sein, 
stinken';  ags.  cnucel  'Knöchel',  aschw.  knoka  'Knochen',  norw. 
dial.  knjüke:  aisl.  kmie  'Knöchel'  (vgl.  Noreen  Urg.  Lautl.  168); 
ags.  bedecian  'betteln'  :  deutsch  betteln  (Zupitza  Germ.  Gutt.  95); 
aisl.  hraukr  'Haufe',  ags.  hrSac^  ir.  crüach  :  aisl.  hrayse  'Steinhaufe', 
ht.  krüwä,  lett.  ÄrrMwa,  krawa,  krauja  'Haufe'  (Zupitza  GG.  123); 
agl.  bkec  'schwarz' :  griech.  |i^Xac  (Hirt  Abi.  §  294);  me.  whelke 
'pustula' :  ÄM/'^/e  dss.;  me.  halka  'Winkel' :  A«/«  dss.;  &\s\.  smalke 
:  smalr\  svarkr  :  svarre;  schw.  skörk  :  skör.  Zum  idg.  </-Suff.  im 
Germ,  vgl  Noreen  Urg.  Lautl.  223,  Kluge  Festgr.  an  Böhtling  60, 
dere.  Nomin.  Stammbild«  §  61  u.  212,  Hellquist  Ark.  f.  Nord. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  liQ 

FiL  7,  1421:  air.  ladg  'Schnee' :  apr.  ladis^  lit.  ledas  *Eis'  (Fick* 
2,  239).  Dagegen  ist  lit.  eigä  'Gang'  schwerlich  zu  eimi  'gehe' 
(Brugmann  Grdr.  2,  261)  zu  stellen,  sondern  zu  griech.  oixo)iai 
(Prellwitz  Et.  Wtb.  ^  326),  armen,  ej  'Abstieg',  ijanem  (Aor,  ej) 
'herabkonimen,  herabsteigen'  (in  d.  Arm.  ßib.  z.B.  Gen.  11,  5.  7; 
15, 11;  Ex.  2,  5;  3,  8),  vgl.  Verf.  BB.  28,  311.  Ebenso  gehört  asl. 
sliiga  'Diener'  eher  zu  lit.  slauginti  'jemand  die  Arbeit  abnehmen' 
(Fortunatow  BB.  3,  58 f.)  als  zu  Wz.  kleu  'hören'  (Brugmann 
Grdr.  2,  261)  i). 

§  10.  Nicht  nur  idg.  zg  ist  im  Altind.  zu  jj  geworden, 
sondern  auch  idg.  gg.  Bartholomaes  Behauptung  (Stud.  2,  40), 
daß  "ai.  jj  überall  aus  zg,  zg  hervorgegangen"  sei,  läßt  sich 
nicht  aufrecht  halten. 

Ai.  vijjala  'schleimig,  schlüpfrig,  schmierig'  (Yaräh  BrhS. 
55,  29;  H  414)  vijjana  dss.  (Käjam.  zu  AK.  2,  9,  46)  ar.  *vig  +  Suff. 
-ga :  aisl.  veikr,  veykr  'weich',  ndl.  tveek,  ags.  wäc  *weak,  slender* 
:  lat  viscosus,  viscidus  aus  *vig-  sko-  'zäh,  klebrig',  griech.  icKXai 
'Baumschwämme'  neben  iHoc  'Vogelleim'  aus  *vig-so-s,  lEuc 
'Weichen'.  Glossographisch  belegt  ist  auch  lat.  viscantes,  Part 
von  viscare  (aus  vig-sk-)  'illicere'  (vgl.  Miodönski  IF.  13,  144). 
Hierzu  auch  aw.  avaezo  'fleckenlos,  sündlos',  pehl.  avezak,  ave- 
zakih  (vgl.  Ard.  Ylr.  1,  2)  'fleckenlos,  rein',  ar.  vaig-. 

Ai.  hhrjjaü  (RV.)  'röstet',  bhrjjana  'Bratpfanne'  neben 
bhrsta  'geröstet,  gebraten'  (=pali  bhattha),  bhr^vä,  sambhfsta 
'geröstet,  trocken,  spröde',  bhrastra  bhrästra  'Köstpfanne' :  bhar- 
jayati  'rösten,  braten'  (Komm,  zu  Äp.  sr.  8,  6,  3)  bharßta  'gebraten', 
bharjate  (Dhät.  1,  191)  'rösten',  Perf.  babharja,  babharje  (Vopa- 
deva  8,  124.  135;  13,  1),  bharjana  'röstend,  bratend',  N.  Rösten, 
Pfanne  zum  Rösten,  hhiiraj-  (RY.)  'sieden,  dampfen' :  päm.  wir- 
zam  'ich  röste,  brate',  wirzdam  'ich  röstete'  (Grdr.  Ir.  Phil.  1  ^ 
302),  np.  biristan  'braten',  phl.  baritan  dss.,  bristak  'gebraten', 
np.  birista,  kurd.  bräst  dss.,  altiran.  *b9r9z  =  a.T.  *bhfg;  hierzu 
auch  mengl.  jmrchen  'rösten,  dörren,  vertrocknen',  mengl.  toparch. 
Zum  Wechsel  der  anlautenden  Media  asp.  mit  einer  Media  im 
Germanischen  vgl.  Zupitza  KZ.  37,  391.  Ai.  bhrjjati  ist  demnach 
aus  idg.  *bhrg  +  g-  entstanden,  was  schon  Formen  wie  ai.  bJirä^ra, 
bhr?ta  beweisen,  denn  für  idg.  *zg  +  t  hätte  man  im  Altind.  kt 
erwartet   vgl.  S.  136.     bhrjjati  läßt   sich  ferner  stellen  zu  asl. 

1)  Das  bei  Persson,  Wurzelerw.  S.  15 — 19  ausgeführte  Material  über 
das  'Wurzeldeterminativ'  g  ist  sehr  unsicher. 


150  J.  Scheftelowitz, 

brezgü  'Dämmerung',  pro-brezgi  dss.,  proprezgnqti  *dämmera*, 
cech.  brezditi  'dämmern',  acech.  za-bfezdenie  'Dämmerung'  (Ge- 
bauer Arch.  f.  slav.  Phil.  3,  77),  öech.  bfesk  dss.  ^),  poln.  brzazg  dss., 
brzezdzenie  dss.,  polab.  brezgoje^  russ.  brezgü  'Morgendämmerung, 
Tagesanbruch',  brezziti  'dämmern' :  asl.  brozenü  'fuscus',  nsl,  bre- 
zeti  'dämmern',  öech.  briziti  'dämmern',  acech.  za-bfezek  'Däm- 
merung' (mit  c?- Suffix:  nsl.  brezdeti  'dämmern');  mir,  im-bdrach 
'morgenfrüh',  kymr.  borau  'morgen',  y-bore  yn-vore  'mane'  (vgl. 
Fick*  2,  162),  alb.  barv^  {bardi)  'weiß'*). 

Znr  Begriffsentfaltung  'rösten — dämmern'  vgl.  asl.  iariti 
'rösten',  goreti  'brennen' :  ai.  ^Arni  'Hitze,  Glut,  TagesheUe';  asl. 
variti  'kochen',  varü  'actus' :  armen,  vafem  'entzünde'  (Armen. 
Bib.  z.  B.  Jer.  17,  27;  21,  14;  50,  32),  var  'glänzend,  brennend, 
Glanz',  ai.  varnu  'Sonne'  (Verf.  BB.  29,  42).  Also  idg.  bhregg^ 
bhfgg  :  bhreg^  bhj-g.  Die  idg.  Wz.  bhreg  ist  im  Baltischen  durch 
sk  erweitert,  lit.  brSkszta,  brSszko  'es  graut  der  Morgen',  apy- 
breszkis  'Morgendämmerung',  prabrdszkimas  'Tagesanbruch',  brek- 
szma  'Dämmerung*  (Kreczinski  30);  mit  s^-Suff.  gebildet:  lit. 
berszta  'es  fängt  an  weiß  zu  werden'.  (Zum  Vokalismus  vgl,  lit. 
br^ziu  'kratze,  kratze  ab' :  lett.  berfu  'reibe  ab,  scheure'). 

J.  Schmidt  KZ.  25,  128  u.  V.  Petr.  BB.  21,  208  stellen 
ai.  bhTJj-  fälschlich  zu  lett.  birga  'Qualm',  pr.  au-birgo  'Koch', 
russ.  braga  'Getränk  aus  gedörrter  Gerste  und  Hirse'  lit,  brogas. 
Ebenso  haltlos  ist  die  Verbindung  von  bhfjj-  mit  lat.  frigo^ 
griech,  cppvjTuu  (vgl.  Bartholomae  KZ.  27,  352,  Thurneysen  KZ.  30, 
353,  Mahlow,  D.  langen  Vok.  4,  0.  Hoffmann,  Präs,  d,  idg, 
Grundspr,  46,  Osthoff  Perf,  31,  J.  Schmidt  Pluralbild  158, 
DLZ.  1892,  1553,  Wackernagel,  Ai.  Gr.  §  130,  Prellwitz  Et.  Wb.«, 
496,  FA.  Wood,  IF.  22,  154,  Sütterlin  IF.  25,63);  lat,  fngo 
'röste'  läßt  sich  nicht  auf  idg.  bhfzgö  zurückführen,  denn  letztere 
hätte  zu  lat.  *forgö^  *furgö  werden  müssen,  vgl.  turdus  aus  tfzdos. 
mergo  aus  mezgö;  lat.  frigo  ist  vielmehr  =  idg.  *bhraig:  bal; 
brejag,  brijag  'Backofen',  mpers,  brej-^  brejan  'Backofen*,  npers. 

1)  Ursprünglich  zg  ist  im  Öechischen  und  Polnischen  im  Auslaut 
zu  zk,  sk  geworden,  vgl.  mozk  'Gehirn'  —  asl.  ntozgü;  apoln.  brzask  = 
brzazg  'Dämmerung',  vgl.  auch  Leciejewski  Arch.  f.  slav.  Ph.  6,  547. 
Bemeker  Slav.  Et.  Wb.  85  glaubt,  daß  zg  in  slav.  brezg  sekundär  wäre, 
was  aber  unbegründet  ist. 

2)  G.  Meyer  stellt  es  unrichtig  zu  ai.  bhräj.  Begrifflich  vgl.  griech. 
XcuKÖTric  'weilie  Farbe',  XeuKoOv  'weiß  machen* :  \uKÖq)iuc 'dUmmerhell', 
XeuKÖc  'licht,  hell,  glänzend*. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  151 

barejan,  harezan  dss,  hiryän  aus  airan.  *hrigäna  'gebraten'  (vgl. 
Hübschraann  Pars.  Stud.  248).  Begrifflich  griech.  öirrdviov  'Back- 
ofen': OTrraXeoc  'gebraten,  gedörrt'.  Das  ö  in  qppuYuu  läßt  sich 
unmöglich  aus  rzg  erklären  (vgl  Walde  KZ.  3-i,  527).  Vielmehr 
gehört  es  zu  air.  bridghim  'röste',  das  unmöglich  zg  enthalten 
haben  kann,  welches  zu  dg  geworden  wäre  (Walde  KZ.  37,  527). 
Nach  P.  Persson,  Wurzelerweiterung  126  sollen  griech.  (ppuTtw 
auf  idg.  *hhr-u-g  und  lat.  fngo  auf  idg.  *bhr-i-g  zurückgehen. 
Das  Yerbalsuffix  -g-,  das  uns  in  ai.  bhrjj^  asl.  brezgü  begegnet, 
ist  im  Indogermanischen  ebenso  häufig  wie  das  Nominalsuffix 
-g-.  Im  ai.  vgl.  noch  uhj'^)  'drücken,  drängen,  fortdrängen', 
vgl,  EV.  6,  52,1 :  uhjantu  taiji  subvah  parvatäsak:  1,  56,5  =  2, 
23,18:  nir  apäm  aubjo  arnavam  (nach  Säy.  =  nyasaiksik)  'du 
drängtest  die  Flut  der  Gewässer  heraus',  1,  52,2  indro . . .  ubjann^ 
arnämsi  (nach  Säj.  =  adhah  pätayan  'hinabwerfend')  4,  19,5: 
ubja  ürmin  "die  Wogen  drängtest  du  fort"  (Nach  Säyana  zu 
6,  52,1  und  8,  104,1  ist  ubjati  =  himsälarmä);  nyuhja  'um- 
gestürzt, umgewendet,  nach  unten  gekehrt',  aw.  ubjyaüe  'es 
wird  niedergedrückt':  lit.  Tibiti  'zur  Eile  drängen',  griech.  ußpic 
'Gewalttätigkeit'  (Daß  Oßpic  nicht  zu  ai.  ugra  gehört,  'vgl. 
J.  Mansion  Les  Gutturales  Grecques  42  ff.),  Brugmann  IF.  28,  289 
und  367  stellt  ußpic  zu  ßpiapov  mit  Präfix  u  =  ai.  tit 

Zum  verbalen  g-Suff.  vgl.  ferner  lett.  spulgut  'glänzen, 
funkeln',  sptdgans^  spilgans  'schillernd,  rötlich'  :  ai.  sphuraii 
'schnellen,  blinken,  funkeln',  sphurita^  sphwana  'blinkend, 
funkelnd',  sphulita  'erschienen',  sphidinga  m.  'Funke',  sphulin- 
gäyate  "wie  Funken  brennen":  arm.  thatkim  'dicht,  dick  werden*: 
thaiun  'dicht  dick';  arm.  harkanem  'schlage',  asl.  pmgnqti 
*bersten',  poln.  pierzgnqc  dss,  air.  orgim  'schlage,  töte':  arm. 
hari  (Aorist.)  'schlug',  lit.  periü  'schlage  mit  dem  Badequast', 
asl.^er<jf  'schlage,  wasche';  asl.  zvegq  'singe',  lit.  itt-ew^f« 'wiehere' : 
asl.  «wnu  'Schall';  lit  stiigti  'steif   in  der  Höhe  stehen',  stügti 

1)  Davon  zu  trennen  ist  das  &nal  XeTÖjuevov  RV.  9,  77,  4,  uru-bjd, 
das  nach  BR  und  Graßmann  Wtb.  Veitgeöffnet'  heißen  soll  und  vielleicht 
Umwandlung  aus  *ud-ubjd  wäre  (Graßmann  S.  264).  Die  Stelle  lautet: 
indür  .  .  .  gaväm  urubjdm  abhy  dr$ati  vrajam.  Nach  Säyana  ist  urubjam  = 
prabhütänäm  apäm  janakam  'reichliches  Wasser  erzeugend',  'quellen- 
reich'. Dieser  tradionellen  Bedeutung  gemäß,  die  hier  sehr  gut  paßt, 
würde  dieses  Wort  in  uru-bja  zu  zerlegen  sein,  wobei  -bja  auf  idg.  p{a^§o 
zurückgeht:  griech.  irnTH  'Quelle'  (vgl.  RV.  upa-bdi,  upa-bdd,  aw.  upabdi, 
loc.  von  upa-pad,  aw.  frabda). 


152  J.  Scheftelowitz, 

*steif  werden':  griech.  ctuuj  'richte  steif  empor'  (Zupitza  Germ. 
Gutt.  35);  ags.  swican  'aufhören,  ablassen'  {Liebermann  Gesetze 
d.  Angelsachsen  2,  99,  206):  ahd.  smnan  'abnehmen,  dahin- 
schwinden, verstummen';  lat.  n^«re  :  asl.  rijati  'fließen',  air. 
rian  'Meer',  ai.  rayas  'Strömung';  griech.  ijuriTiu  (äol.  T)LidT«Ju): 
Te)Livuü  iix\xr\Ka.  xiariToc  (vgl.  Prellwitz  Et.  Wb.^);  ndh.  hurken: 
mhd.  hüren  'hocken,  kauern'. 

§  11  ai.  jj  ist  in  klassischer  Zeit  infolge  Prakritisierung 
aus  jy,  dy  entstanden. 

lajjate  (zuerst  A.  Br.)  'schämt  sich'  =  rajyate  (AV)  'rötet 
sich,  gerät  in  Aufregung'  (Leumann  bei  Wackernagel  Ai.  Gr.  1, 
220)  neben  rajyati,  lajjä  'Scham,  Verlegenheit',  prakritisiert  aus 
lajyä  'Scham,  Yerlegenheit',  lajate  'sich  schämen'.  Begrifflich 
vgl.  ai.  sarfismayate  'verschämt  sein',  erröten'.  Fick  BB.  7,  270 
und  Prellwitz  Et.  Wb.'-*,  276  führen  lajj  fälschlich  auf  idg. 
*hzg^  zurück  und  verknüpfen  damit  griech.  Xibßri  'Mißhand- 
lung, Schmach',  lett.  tefga  'Plage,  Plackerei'.  Allein  Xujßn  ge- 
hört zu  lit.  slogä  'Plage',  slogüs  'beschwerlich',  sloginfi  'plagen', 
slSgiu  'bedrücke,  presse',  lett.  sluga  'Last,  Plage'  (Bielenstein  1, 
257),  slügs  'Last',  släga  'Schaden,  Beschwerde',  Mädhavlya- 
dhätuvrtti  296  (=  Pandit  18,  88)  führt  von  lojj  folgende  Formeln 
an:  lajjate,  lalajje,  lajjitä,  lajjisyate,  lajjatäm,  alajjata,  lajjeta, 
lajjisisfa,  alajjißta,  alajjißätäm,  alajjisafa,  lilajjisate,  lälajjate, 
lälajjüi,  lälakti,  lajjayati,  alalajjat,  lajjUvä,  lagnah,  lagnavän, 
lajjitah. 

ai.  sajjate  (vgl.  MBh.  13  Adhy.  48,  sl.  3S :  pra-sajjante)  = 
sajyate  'hängen  bleiben',  ved.  sajati,  sanjati  'anhängen,  hängen 
bleiben',  ai.  (caus.)  sanjayati  neben  sajjayati  'anheften,  anhängen', 
sajja  'ausgerüstet,  vorbereitet',  äsajja  2.  Imp.  (MBh.  7,  79)  für 
ä-sajya,  sajjana  'Ausrüstung',  sajji-kar  'bereit  machen',  sajjiyate 
'sich  bereit  machen',  prakritisiert  aus  sajy-:  lit.  segiü  'hefte, 
schnalle  um,  binde  um',  sagä  'Schleife*  (vgl.  Fick  1*,  137); 
sajj-  wird  von  Zupitza  Germ.  Gutt.  165  fälschlich  auf  ar.  *sazg 
idg.  *se-zg-  und  mit  H.  Zimmer  (Nominalsuff.  241)  zu  ags.  serce 
'Rüstung'  gestellt. 

ai.  mjja  (Kl.)  "mit  der  Sehne  versehen"  aus  sajya-  {jyä 
'Sehne',  aw.  jyä),  sajji  kar-  'mit  der  Sehne  versehen*  aus  sajyi-, 
sajjayate  'mit  der  Sehne  versehen'. 

ai.  kajjala  (Kl.)  'Wolke,  Lampenruß',  aus  kad-jala,  vgl.  kad- 
apatya  'schlechte  Kinder',  kad-anna  'schlechte  Nahrung  habend'. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  153 

§  12.  Also  die  Ajisicht,  daß  idg.  zg  im  Altindischen  zu 
d(j  geworden  wäre  ist,  unhaltbar.  Ebenso  unmöglich  ist  die 
damit  verbundene  Hypothese,  daß  idg.  zbh  im  Altindischen  zu 
öhh  geworden  wäre.  "Ich  bin  auch  jetzt  noch  der  Meinung, 
daß  ar.  zbh  nach  Vokalen  im  Indischen  in  regelmäßiger  Ent- 
wicklung zu  dhh  geworden  ist"  (Bartholomae  Stud.  1,  1.). 

^NTach  Lanmans  Tabelle,  Noun.  Infi,  583  kommt  im  RY,  der 
Instr.  pl.  der  os-Stämme  auf  -ohliis  140  Mal  vor,  der  Dativ  und 
Ablativ  pl.  der  «s-Stämme  auf  -ohhyas  9  Mal  vor.  Daß  nun  in 
allen  diesen  Fällen  -obh-  durch  Ausgleichung  aus  *adhh-  ent- 
standen sein  sollte  und  nur  noch  in  einem  einzigen  Beispiele 
{usadbhis  RY.  1,  6,  3)  die  gesetzmäßige  Form  erhalten  geblieben 
wäre,  wie  Benfey,  Bartholomae  und  Brugmann  (Grdr.  I^  735) 
annehmen,  ist  doch  von  vornherein  sehr  unwahrscheinlich.  Die 
indischen  Formen  wie  manobhis^  manobhyas  sind  nicht  Neubil- 
dungen, sondern  stammen  bereits  aus  der  arischen  Grundsprache, 
was  das  Iranische  beweist,  vgl.  aw.  garöbis^  manäbis,  vacäbis^ 
aväbis,  staoyäbis.  raocdbis,  paydbis  (Bartholomae  Altir.  Wb.  848), 
raocäbyo^  fräyebis  (wo  e  aus  §  korrumpiert  ist,  vgl.  Grdr.  Ir.  Phil. 
1,  §  379,  2).  Da  aw.  ?,  #,  ö  im  Altpersischen  durch  a  wieder- 
gegeben wird,  so  lautet  der  Instr.  pl.  im  Ap.  raucabis.  Bereits 
in  der  arischen  Grundsprache  scheint  inlautendes  z  vor  bh  zu 
h  geworden  zu  sein,  welches  den  vorhergehenden  a-Yokal  zu 
0  trübte  und  dann  in  der  Aussprache  mit  den  nachfolgenden 
bh  zusammenfiel.  Diese  Trübung  hat  natürlich  viel  später  er- 
folgen müssen,  als  der  Übergang  von  idg.  o,  e  zu  ar,  ä.  Im 
Awesta  ist  dieses  sekundär  entstandene  o  durch  9,  ö  wieder- 
gegeben vgl.  g.aw.  y^,  1-9,  parä  =  j.aw.  yö,  rö,  parö.  Das  g.aw.  § 
bezeichnet  phonetisch  den  Wert  eines  övgl,  Grdr.Ir.  Phil.  1, 1  §  267, 
Inlautendes  ar.  z  ist  sonst  in  allen  übrigen  Fällen  im  Iranischen 
erhalten  geblieben  z.  B.  aw.  »räzdüm  —  ai.  trädhvam  vgl.  Bartho- 
lomae ZDMG.  50,  707. 

"Wir  haben  hierdurch  den  Nachweis  geliefert,  daß  nur  der 
Typus  ai.  manobhis,  manobhyas  lautgesetzlich  ist.  Wie  ist  dann 
aber  umdbhis  RY.  1,  6,  3  zu  erklären? 

§  13.  usadbhis  steht  für  ursprüngliches  usadbhis.  Die 
Hymne  RY.  1,  6  behandelt  Indra,  und  die  Maruts.  usant  dient 
sowohl  im  Sg,  als  auch  im  PI,  häufig  zur  Bezeichnung  von 
Göttern  (vgl.  Grassmann  Wb,  1228),  Unter  usadbhis  sind  nun  in 
1,  6,  3  die  dienstbereiten  Maruts  verstanden,  die  zusammen  mit 


15-4;  J.  Scheftelowitz, 

dem  Lichtgott  Indra  entsprungen  sind  {sdm  usddbhir  ajäyathäh) 
und  die  im  folgenden  Vers  .,nach  ihrer  Gewohnheit  wieder  zum 
Embryo  werden,  sich  hierdurch  einen  Opfernamen  erwerbend" 
{dd  aha  svadhdm  änu  piinar  garhhatvdm  erire  \  dddhänä  näma 
yajnhjam)  vgl.  A.  Hillebrand  Ved.  Myth.  3,  318  Anm.  Indra  wird 
im  RY.  häufig  mit  den  Maruts  zusammengenannt  und  heißt 
auch  Indra  marutvant.  "Unter  allen  Gefährten,  die  Indra  in  dem 
Vrtrakampf  beistehen,  sind  die  Maruts  die  treuesten  Helfer. 
Ein  Teil  der  vedischen  Lieder  und  die  rituelle  Literatur  bringt 
sie  so  häufig  in  Zusammenhang,  daß  man  die  Verbindung  als 
Gemeingut  des  RV.  angesehen  hat"  (Hillebrandt,  Ved.  Myth.  3, 
312).  In  meiner  Abhandlung:  Zur  Textkritik  und  Lautlehre  des 
RV.  in  WZKM  21,  123  f.  habe  ich  nun  nachgewiesen,  daß  bereits 
in  vedischer  Zeit  s  in  der  Aussprache  schwer  von  s  zu  unter- 
scheiden gewesen  ist;  infolgedessen  haben  sich  im  RV.  zuweilen 
zwei  Worte,  die  sich  lautlich  nur  durch  die  Zischlaute  ^,  9 
unterschieden,  derart  beeinflußt,  daß  s  für  i  bezw.  s  für  s  ein- 
getreten ist.  Ebenso  wie  alle  Mss.  RV.  10,  95,  4  mo  für  üso  über- 
liefern und  im  Käsmirischen  RVMs.  1,  162,  11  ußddbhtjo  für 
usadbhyo  steht,  geht  auch  usädhhis  1,  6,  3  auf  älteres  iisddbhis 
zurück. 

§  14.  Ebensowenig  wie  usddbhis  beweisen  auch  mädbhis 
(RV.  2,  24,  5),  mädbhyas  (AV.  3, 10,  10;  19,  27,  2)  den  lautgesetz- 
lichen Übergang  von  idg.  zbh  in  dbh.  Denn  mäs  'Mond,  Monat' 
wird  gewöhnlich  in  Verbindung  mit  mrdd  'Jahr'  erwähnt  z.  R. 
RV,  2,  24,  5  mädbhis  saradhhir,  vgl.  ferner  3,  32,  9 ;  4,  18,  4 ; 
6,  27,  7 ;  6,  38,  4;  7,  66,  11 ;  91,  2.  mädbhk,  mädbhyas  ist  nach 
4aradbhis,  saradbhyas  gebildet.  Daß  Umbildungen  eines  Wortes 
nach  einem  Gegensatzworte  oder  nach  einem  Synonymum  zu 
den  gewöhnlichen  Erscheinungen  gehört,  haben  z.  R.  Rloomfield 
A JPh.  12,  1  ff.,  Wackernagel  Verm.  Reitr.  z.  Gr.  Sprachk.  36  ge- 
zeigt. "Man  vergleiche  die  Übertragung  der  Endung  und  des 
Geschlechtes  von  ahd.  tages  auf  nahtes^  der  Endung  von  abg. 
noStijq  auf  dinijq  (Miklosich  Vergl.  Gramm.  3*,  36),  von  lat.  tioctü 
auf  diu  'bei  Tage*  von  nocturnus  (vuKTcup,  aw.  naxtru)  auf  diurnus 
{*diusnus  wäre  diüniis  geworden)  von  ai.  tisäsas  auf  do^dsaa^ 
vgl.  u,?äso  do^äsaka  AV.  16,  4,  6  {dosä  ist  ä-Stamm)"  J.  Schmidt 
Pluralbild.  207.    Die  regelmäßige  Form  ist  mähhis,  mäbhyas. 

Dagegen  ist  in  ai.  svdtavadbhyas  (VS.)  und  svavadbhyas 
(Gramm.)   das  d  ganz   anders  zu  beurteilen.    "Die   Nom.  Sing., 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  155 

dazu  smtavän  und  svavän  weisen  auf  einen  Flexionsausgleich 
mit  den  i;an^Stämmen  hin  s.  J.  Schmidt  KZ.  26,  348,  357,  Bthl. 
KZ.  29,  527,  582"  (Bartholomae  ZDMG-.  50,  711).  Die  Kontami- 
nation der  ves-  und  ww^Stämme  nahm  bereits  im  Indogerm. 
ihren  Anfang,  denn  sie  ist  sowohl  in  den  arischen  als  auch 
in  den  europäischen  Sprachen  vorhanden  (vgl.  griech.  eibiuc 
eiöÖTOc,  got.  veitvöds).  Im  RV.  und  Awesta  lautet  der  Yokativ 
der  raw^Themen  auf  -vas  aus,  und  im  Awesta  ist  auch  ein 
Nominativ  auf  -vä  =  ar.  *väs  vorhanden.  Also  bereits  in  arischer 
Zeit  waren  dieser  Vokativ  und  Nominativ  von  dem  Part  Perf. 
Akt.  entlehnt,  vgl.  Johansson  BB.  18,  47,  Bartholomae  Grdr. 
Iran.  Ph.  1,  115,  Thumb  Hndb.  d.  Sakr.  §  339.  Whitney  setzt  in 
seinem  Index  Verborum  zum  AY.  den  Stamm  svdvant  an.  Da 
die  als  Nominalstämme  gebrauchten  Wurzeln  -srams,  dhvams 
ebenso  auslauten  wie  die  Partizipia  auf  -vams,  so  werden  sie  nach 
Angabe  Päninis  8,  2,  72  wie  diese  Partizipia  flektiert,  also  ukhü- 
sradbhyäm,  ukhä-smdbhis,  jmrna-dhvadhhyäm^  imrnadhvadhhis. 

Demnach  ist  der  tönende  Zischlaut  idg.  z  im  Altindischen 
weder  vor  g  noch  vor  hh  zu  d  geworden ;  idg.  zg^  gg  treten  im 
Altindischen  als  jj  auf. 

§  15.  Ein  Beispiel  für  anlautendes  idg.  zg  fehlt  im  Indi- 
schen; sd.jasate  (RY.)  'erschöpft  sein,  vei-schwinden'  soR  nach 
Pedersen  IF.  5,  47  aus  *j[jas-  hervorgegangen  sein :  griech.  cßev- 
\v\i\.  Doch  ist  dieses  unhaltbar,  da  aw.  zah-  Verlassen,  im  Stich 
lassen',  das  zunächst  zu  ai.  jas  gehört,  auf  idg.  ges  hinweist  (vgl, 
J.  Schmidt  KZ.  25,  129,  Bartholomae  Air.  Wtb.  1687);  idg.  *zges 
hätte  im  Iranischen  zu  *zgah-  werden  müssen;  griech.  cßevvum 
ist  mit  Brugmann  Grundriß  1^,  590,  IF.  1,  501  zu  lat  segnis 
'träge'  zu  stellen.  Hiervon  zu  trennen  ist  asl.  gasiti,  gasnqti 
'ausgehen,  erlöschen',  WtgesaU^  gßsgti  'auslöschen',  gesti 'erlöschen^ 
lett.  dfest  dss.  (vgl.  Leskien  Abi.  327),  np.  jastan  {jahad,  jahidan) 
'exsilire,  cellerime  incedere,  flare  (de  ventu),  evadere,  aufugere', 
-phl.  jastan  (Grdr.  Ir.  Ph.  1^,  297),  aw.  uzgasfay  'Auszug',  ai.  hasati 
'sich  öffnen  (von  einer  Knospe)',  vgl.  auch  RY.  1,  23,  12 :  has- 
käräd  vidyütas  pdry  dto  jätd  avantu  nali^  manito  'Die  Maruts, 
die  von  dem  Aufzucken  des  Blitzes  erzeugt  sind,  mögen  uns 
von  dorther  helfen'.  Pedersen  IF.  5, 47  stellt  mit  Unrecht  asl.  gasiti 
zu  asl.  uzasü,  russ.  uzasü  'Schrecken',  asl.  zasiti  'schrecken'.  Letztere 
Worte  gehen  auf  vorslv.  *ged-s-  zurück:  lit.  gandinu,  gandinti 
'schrecken',  gqstu^  gandaü  'ich  erschrecke,  iszgqstis  'Schrecken'. 


156  J.  Scheftelowitz, 

§  16.    idg.  zg  im  Iranischen. 

aw.  däzgra  'wiehernd,  brüllend'  als  Beiwort  vom  Pferd  und 
Rind,  nur  in  den  beiden  Eigennamen  enthaltend  däzgräspaij 
'wiehernde  Rosse  habend',  däzgro-gav  'brüllende  Rinder  habend' : 
lit,  ddzgau,  dazgyti  'poltern',  schwed.  danka  'poltern,  mit  klatschen- 
dem Laut  anprallen'  z.  B.  vägorna  daska  mot  stranden  'Die  Wogen 
klatschen  mit  Getöse  an  die  Küste',  norw.  daske  ^klatschen'. 

aw.  mazga  'Mark,  Gehirn',  np.  ma^^z^  vgl.  majjan  S.  136, 
np.  ra-fzah  'genus  vestis  laneae',  vgl.  ai.  raiju  S.  1341 

§  17.   idg.  zg  im  Slavischen. 

asl.  drozgü  'Amsel',  slov.  drözg-,  serb.  drozak,  nsorb.  drozn, 
drozyn^  cech.  drozen  'Amsel',  urslav.  *drozgo,  *drozgüna  neben 
*drozdo  =  balg.-serb.  <?ro2;c?.  Im  Slavischen  scheint  das  anlautende  d 
durch  Assimilation  an  die  mediale  Konsonantengruppe  derfolgenden 
Silbe  aus  t  entstanden  zu  sein,  was  aus  den  verwandten  Sprachen 
hervorgeht:  pr.  tresde,  lat.  turdus^  idg.  Hrzdos^  aisl.  prpstr,  lit. 
sträzdas,  lett.  strafds  (vgl.  Walde  KZ.  34,  516).  Mit  dem  ^--Suffix 
sind  gebildet  kymr.  tresglen  'Dressel',  mbret.  drasql^  draskl,  drasq^ 
drask  dss.,  idg.  *tros-k  (vgl.  Ernault  Gloss.  Moyen-Breton^  196); 
slov.  drsc,  serb.  drsc  (vgl,  Berneker  Slav.  Et.  Wb.  227). 

asl.  mozgü  'Gehirn',  vgl.  ai.  majjan  S.  3. 

§  18.   idg.  zg  im  Baltischen. 

Ht.  ddzgaUy  dazgyti  'poltern',  vgl.  aw.  däzgra  s.  oben. 

lit.  wass^rq/w 'wasche',  lett  mafgäjii  dss.,  vgl.  ai.  mr/jj/a/t  S.  136. 

lit.  rezgü  'stricke',  rezgis  'Korb',  lett  reschget  'flechten*, 
vgl.  ai.  rajju  S.  134. 

§  19.   idg.  zg  im  Griechischen. 

altjon.  Trpecßuc,  Trpecßeuc  'der  Alte,  Gesandte',  TTpecßuiepoc 
(vgl.  Meisterhans  *  223),  lak.  irepTouv  •  irpecßuv  (Hes.)  für  *'iTp€p- 
Youv  =  TTpecTO,  Chios  Trpecßoiv  =  *presg^uön  (v.  Wilamowitz  und 
Jacobsthal  Nordion.  Steine  S.  17,  E.  Fraenkel  IF.  28,  249),  -rrpec- 
ßeipa  'mulier  princeps'  (Ar.  Lys.  86,  Fraenkel  KZ.  43,  216  A.  2), 
kret.  TTpecßeucövTac  (CIGr.  2557,  4,  Ahrens  2,  212),  TrpeTTeuTai 
=  TTpecTeuTai^),  dor.  npecßuTac  =  nXiKia  (vgl.  IG.  Insul.  maris 
Aeg.  3,  330)  npecTuc,  irpecTeic  nach  W.  Schulze  GGA.  1896, 
249  A  aus  *TrpkTF6Fec.  "Der  Nom.  müßte  *TTpecfFuc  =  npecßuc 
lauten,  ist  aber  der  Analogie  der  obliquen  Kasus  verfallen." 
Zu  dor.  CTT^pTuc  Et  Magn.  732,  17,   das   durch   Metathesis   aus 

1)  Im  Kretischen  wird  ursprünglich  zg  gewöhnlich  zu  TT  vgl.  kret. 
Cttovoc  =  höot.  {cfovoc  (Brugmann  GrGr.'  128). 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  157 

irpecTuc  entstanden  ist,  vgl.  Meillet  M§m.  Soc.  Ldngu.  8,  255; 
delph.  -rrpecßeuTdc  (CoUitz  2529, 13),  äol. -rrpecßeec  (Collitz  281 A.  33), 
TTpecßeia  (Akk.  von  -rrpecßuc)  318,  31;  TTpecßeurac  215,  56  aet 
TTpecßeuTtti  (Baunack  1411,  9);  irpecßeuTdc  Akk.  (Baunack  1411,  3); 
thess.  TTpecßeiac  (Collitz  345,  4).  Xebeu  urgriech.  *iTp€CfFu-  (Zur 
Etymologie  vgl.  Bezzenberger  BB.  4, 345,  Prellwitz  Et.  Wtb.«  383) 
hat  es  auch  ein  urgriech.  *TrpeiCKuc  gegeben  (=  lat  priscns^ 
arm.  ere(;  (vgl.  Walde  Et.  Wtb.  490).  Durch  Kontamination  von 
*7Tp€CTFuc  und  *TrpeicKuc  sind  nun  folgende  Formen  hervor- 
gegangen: böot.  irpicTfcTec  =  irpkßeic  Ahrens  2,  111,  Collitz  705, 
6,  18),  thess.  TTpeicßeiac  (Collitz  345,  12,  PreUwitz  De  dialecto 
Thess.  11  Anm.),  kret.  irpeiTuc,  irpeiTova  compar.  Akk.  (vgl.  Baunack 
Inschr.  v.  Gortyn  S.  30,  Philol.  1896,  490,  Güntert  IF.  27,  67), 
TTpeiTeia,  TrpeiTnia  (=  Trpecßeia)  vgl.  Cauer^  119,  29,  32;  120,  18; 
7Tp€iT€UTdc  Cauer^  120,  26;  125,  4;  TTpeiTeucdvTiuv  Cauer^  120, 1; 
eTTiTTpeiYiCTOc  CIGr,  2562,  koisch  rrpriTiCTOc  Paton  and  Hicks,  Inscr. 
of  Cos.  417.  Die  Form  irpeiT-  geht  auf  *7TpeiTY-  zurück,  deren 
Doppelkonsonanz  nach  langem  Yokal  regelrecht  vereinfacht  worden 
ist;  also  *TrpeiCT-  zu  *TTpeiYT-  =  irpeiY-. 

Nach  Walde  KZ.  34,  524  f.  soll  idg.  zg  nach  Vokalen  im 
Griechischen  sein  z  verloren  haben.  Allein  nicht  nur  griech. 
TTpecßuc  spricht  dagegen,  sondern  auch  das  übrige  von  ihm  an- 
geführte Material  gibt  nicht  zu  dieser  Annahme  Berechtigung. 
Ich  werde  nun  diese  Beispiele  besprechen. 

qppuTctvov  'dürres  Holz'  gehört  nicht  zu  lit.  bruzgas  'Ge- 
strüpp', sondern  zu  qppuYuj  'dörren,  rösten'.  Zur  Bedeutung 
vgl.  aisl.  draugr  'dürres  Holz'  :  ags.  dryge  'trocknen'  driigod 
Trockenheit'  (Zupitza  Germ.  Gutt.  218);  lat.  torris  'brennendes 
Scheit  Holz'  :  torreo  'dörren';  griech.  Kdpqpoc  'dürres  Reisig'  : 
lit.  skrehiu  'trocken  werden'  (Prellwitz  ^  210).  Daß  in  griech. 
(ppuTUJ  kein  z  ausgefallen  ist,  ist  bereits  S.  149  f.  dargelegt  worden. 

ciTaXöeic  'schimmernd',  ciTaXöui  'mache  blank'  ist  nicht 
mit  Prellwitz  2  411,  Walde  KZ.  34,  524  aus  Hm  +  galo  (:  ai.  tvis 
'Glanz',  griech.  YctXnvri  'Meeresglätte')  zusammengesetzt,  sondern 
gehört  zu  got.  svikns  'rein'  (vgl.  Bezzenberger  BB.  4,  355).  Be- 
grifflich vgl.  ai.  subhra  'glänzend,  klar,  rein'. 

§  20.  Als  eine  weitere  Stütze  für  seine  Regel  führt  Walde 
auch  den  Schwund  des  sogenannten  vokalischen  z  an.  Walde 
stellt  sich  nämlich  vor,  "daß  sich  aus  dem  Stimmton  eines  an- 
genommenen z  ein  Vor-  oder  Nachschlagevokal  gebildet  habe, 


158  J.  Scheftelowitz, 

etwa  iz  oder  zi  und  daß  dann  das  nunmehr  konsonantische  2 
allenfalls  mit  Dehnung  ausgefallen  sei".  Aber  Thurneysens  vo- 
kalisches z  ist  unhaltbar.  Thurneysen  hat  nämlich  vor  mehr 
als  15  Jahren  (KZ.  30,  351  ff.)  die  Theorie  aufgestellt,  daß  indo- 
germanisch-vokalisches ?  im  Griechischen  direkt  zu  i,  aber  nach 
Labialen  zu  v  geworden  wäre.  Dieser  Hypothese  haben  auch 
mehrere  Forscher  zugestimmt,  so  Pedersen  IF.  5,  69,  Bartholomae 
IF.  3,  21  Anra.,  Persson  Wurzelerw.  110,  130.  Doch  bereits 
Bechtel  Hauptprobleme  108  f.  wendet  sich  gegen  Thurneysens 
Annahme:  "Von  dem  vokalischen  ^,  das  Thurneysen  (KZ.  30,  351) 
zu  erweisen  gesucht  hat,  vermag  ich  keinen  Gebrauch  zu  machen, 
weil  seine  Spuren  zu  unsicher  sind". 

"Wir  wollen  nun  in  folgendem  sämtliche  in  Betracht  kom- 
menden Beispiele  einer  Kritik  unterziehen. 

^Xivuuj  'bin  müßig,  raste'  kann  unmöglich  zu  griech.  XecxH» 
air.  lese  'träge'  gehören,  da  griech.  Xecxn  auf  idg.  Vegh-sk-  (:got 
ligan.,  an.  legja.,  ahd.  luog  'cubile',  griech.  Xexoc  'Lager',  bulg. 
nsl.  leglo  dss.,  asl.  lezati  'liegen',  cech.  lahati  'sich  legen')  und 
air.  lasc^  lese  'träge,  schlaff',  kymr.  llesg  'infirraus,  languidus'  auf 
idg.  *leg-sk  zurückgehen  (:  lat.  langueo^  griech.  Xa^apöc,  lett.  legens 
'schlaff',  air.  lace  'remissus',  lacgad  'erschlaffen',  nir.  lag  'schlaff'). 
eXlvuuü  stelle  ich  zu  asl.  lenü  'faul',  poln.  len  'träger  Mensch', 
aöech.  Un^  serb.  Ujen  'faul',  mhd.  lin  'matt',  lett.  laita  'die  Faule, 
Träge',  laida  'fauler  Mensch',  ai.  laya  'den  Geist  träge  machend*. 
eXlvuuü  (mit  einfachem  v)  ist  die  richtige  Schreibung,  so  z.  B. 
Herod.  1,  67;  7,  56;  Aesch.  Prom.  53,  Theoer.  10,  151 ;  Hes.  Da- 
neben ist  auch  eine  schlechte  Schreibart  mit  vv  belegt.  Betreffs 
^Xivvuuü  vgl.  Galen  TOuv  'iTTTTOKpdTouc  tXOüccuuv  d£r|Tncic  ed.  Fran- 
zius  464,  Thes.  Graec  L.  3,  739,  Schaefer  zu  Gregorius  Corin- 
thius  502  Anm.,  Boeck  zu  Find.  Nem.  5,  1.  Hier  kann  ^Xivvuuu 
unmöglich  aus  urgriech.  cv  entstanden  sein,  da  ja  vv  für  ur- 
sprüngliches cv  nur  im  Lesbischen  und  Thessalischeu  erhalten 
geblieben  ist,  dagegen  in  allen  übrigen  Dialekten  mit  Ersatz- 
dehnung vereinfacht  ist  (vgl.  Brugmann  Gr.  Gr.^  125).  Das  v 
der  Verbalenduug  -vuuu  wird  zuweilen  handschriftlich  verdoppelt, 
wohl  infolge  Analogiebildung  nach  Kepavvuu)  (Kepdvvu|ii),  cßevvuuu 
(cßdvvu|Lu),  so  öaivvu|ii,  baivvuuu  neben  regelmäßigem  baivu/ii, 
öaivüuj,  uTTOKTfcivvuvai  neben  gewöhnlichen  dTTOKTeivüvai  vgl. 
G.  Hermann  zu  seiner  Ausgabe  Sophokles  Ant.^  Praef.  22  f. 

iv€C,  iviov  'Sehne'  stellt  Thurneysen   (KZ.  30,  352;    nach 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  159 

ihm  Sütterlin  IF.  25,  61)  zu  ahd.  senawa,  ai.  sndvan.  iviov  kommt 
zweimal  in  der  Ilias  vor,  und  das  Versmaß  setzt  an  beiden 
Stellen  das  Digamraa  voraus,  vgl.  Knos  De  digammo  Homeiico  128: 
Fiviov  duobus  modo  locis  invenitur,  quorum  uterque  digamma 
postulat,  ut  hi  hiatus  duriores  summoveantur  a)  in  fine  pedis 
tertii  post  semiquinariam  E  73  ßeßXriKei  KeqpaXnc  Kard  Fiviov  oEei 
boupi,  b)  im  fine  pedis  primi,  ubi  post  praepositionem  nulla  est 
caesura  E  495  Kai  biet  Fiviou  rjxeev",  vgl.  auch  Hes.  fk  •  i^dc. 
iviov  ist  eigentlich  Diminativum  von  ic  (ivoc)  Hom.  'Sehne, 
Muskel'.  Schon  aus  diesem  Grunde  kann  es  unmöglich  zu  ahd. 
senawa  gehören.  Fiviov  verknüpfe  ich  daher  mit  cech.  tvinek 
'Band,  Stirnband',  ahd.  irid  'Strick',  air.  feith  'Sehne',  kymr. 
ffwden  'nervus'  hat  vieo,  ai.  vema  'Webstuhl',  vetra^  cetasa  'Ranke, 
Rohr'  1).  Übrigens  geht  das  e  in  ahd.  senawa  auf  urgerm.  /  zurück 
und  ist  von  ai.  snävan  zu  trennen,  vgl.  Trautmann  Germ.  Lautges. 
14,  I.  A.  Wood  IF.  18,  24. 

iXuc  'Schlamm,  Bodensatz'  ist  nicht  aus  *düs  entstanden: 
lat.  po-lluo,  lidum,  saliva  'Speichel',  griech.  Xu^a,  gael.  sal  'nasser 
Schmutz',  ahd.  sah  'trübe'  (Thurnejsen  KZ.  30,  352,  Sütterlin 
IF,  25,  72).  Wäre  dieses  richtig,  so  hätte  doch  auch  bei  den 
außergriechischen  Verwandten  von  iXuc  Vokalentfaltung  ein- 
treten müssen  (vgl.  Walde  KZ.  34,  530).  Dieser  Künstelei  gegen- 
über entscheidet  sich  Bezzenberger  BB.  27,  164  für  die  Zu- 
sammenstellung von  iXuc  mit  asl.  r.  ilü  'Schlamm',  poln.  it  'Mergel'^ 
Hes.  eiXu  •  ^eXav,  lett.  fh  aus  *ilus  'stockfinster'  (vgl.  auch  Uhlen- 
beck  KZ.  40.  550). 

Kploc  'Widder'  nicht  aus  *kxzvos  zu  Kepac  (Thumeysen 
KZ.  30,  352,  Walde  KZ.  34,  592),  sondern  es  gehört  zu  aisl. 
hreinn^  ags.  hrdn  'Renntier'  (vgl.  Wiedemann  BB.  28,  33 ff.). 

pivöc  'Haut,  Leder',  Hes.  ypivoc  (=  Fpivoc)  •  bepina,  xaXau- 
pivoc  'Schild  tragend',  nicht  aus  *vj-^nös,  ai.  vr?an  'Stier'  (Thur- 
neysen  KZ.  30,  352,  Walde  KZ.  34,  529,  Sütterlin  IF.  25,  63); 
sondern  ich  verknüpfe  es  mit  an.  vara  'Fell',  poln.  tcör  'Sack, 
Schlauch',  icorek  'Säckchen,  Beutelchen',  ai.  vavri  'Hülle,  Gewand' ; 
lat.  reno  'Tierfell'  wohl  aus  dem  Germanischen  stammend  *vrenä 
vgl.  Caesar  BG.  6,  21,  5:  {Germsini)  pellibus  aut  parvis  renonum 
iegunientis  utuniur\    Sallust  Hist.  fr.  3,  57:    Germani  intectum 

1)  Von  IC  (vöc  'Sehne'  ist  vollständig  zu  trennen  ic  'Kraft'  iqpi  'mit 
Kraft' :  lat.  vis,  ai.  vayas  N.  'Kraft'.  Prellwitz  und  Walde  Et.  Wtb.  halten 
tc  iv6c  'Sehne'  fälschlich  mit  ic  'Kraft'  identisch. 


160  J.  Scheftelowitz, 

renonum  corpus  tegunt.  Dieses  lateinische  Wort  verbindet  Walde 
Et  Wtb.  521  mit  griech.  (gort.)  Fapnv  'Schaf,  Lamm',  was  möglich 
ist.  Zur  Bedeutung  vgl.  z.  B.  ai.  ajina  'Fell,  Schlauch,  Beutel*  : 
ajä  'Bock';  np.  meHn  'Schaffell*  :  aw.  maisa  'Schaf*.  In  griech. 
Fpivoc,  lat.  {v)reno  steckt  das  idg.  Suff,  ino,  -eino^  womit  auch 
np.  mesin  'Fell*  =  altiran.  *maimina  gebildet  ist.  Nach  R.  Planta 
Arch.  f.  Lat.  Lex.  12,  367  ff.  ist  die  lateinische  Bildung  auf  -enus 
(==  urit.  -einos)  Nebenform  zu  urit.  -inos. 

löpuuü  'setze  hin*  erklärt  Thurneysen  aus  *zdru-  zur  Wz. 
sed,  wogegen  Walde  KZ.  34,  532  einwendet:  "Ein  idg.  *zdrup 
könnte  nur  *ic5puuj  lauten**.  Daher  erklärt  er  es  (Et.  Wb.  559) 
aus  *St,druiö.  Jedoch  kann  das  i  in  ibpuuu  indogermanisch  sein, 
wie  ja  auch  np.  ni-sinad,  pehl.  ni-simt  'setzt  sich*  auf  altiran. 
*ni-sidnäfi  zurückgeht,  idg.  *sid,  vgl.  auch  v.  Rozwadowski  BB. 
21,  147  ff.,  Brugmann  Grdr.  l»,  504. 

10UC  'gerade*  und  ai.  edhate  'gedeihen*  sollen  nach  Thur- 
neysen KZ.  30,  352  auf  idg.  *zdhüs  *zdhetai  zurückgehen  :  ai. 
sädhtis  'gerade*,  sädhate  'stracks  zum  Ziele  schreiten,  gedeihen*. 
Prellwitz  Et.  AVb.«  und  Walde  KZ.  34,  526  sehen  in  teOc  :  ai. 
sädhti  einen  Ablaut  *stdh  :  sg{i)dh^  was  möglich  ist.  Ich  stelle 
iGuc  zu  au.  sidr  'lang  herabhängend,  lang',  ags.  sid  'lang,  groß, 
ausgedehnt'.  Daß  ai.  edh-  auf  idg.  zdh-  zurückgehe,  erkennt  auch 
Bartholoraae  IF.  3,  21  Anm.  nicht  an.  Nach  Bartholomae  kann 
^^edhate  ganz  gut  zu  fdhnote  gehören''.  Allein  anlautendes  t 
wird  sonst  im  Mittelindischen  nicht  zu  e  vgl.  Pischel  Gramm, 
d.  Prakr.  Spr.  §  56  f.  Johansson  IF.  2,  31  will  ai.  edh-  auf  idg. 
Tßddh  zurückführen :  ai.  medha  'Fleischsaft',  was  aber  unmöglich 
ist  (vgl.  J.  Schmidt  Krit.  d.  Sonantentheorie  S.  81  ff.).  Ich  ver- 
knüpfe ai.  edhate  'groß  werden,  stark  werden,  gedeihen*,  edhita 
*groß  geworden,  angewachsen,  angeschwollen',  edhas  'Gedeihen, 
Zunahme'  mit  aw.  azdya  'kräftig  geworden,  wohlgenährt',  ar. 
*azdh-. 

ai.  edhi  'sei*  ist  r-icht  =  idg.  zdhi  (Thurneysen  KZ.  30, 352), 
sondern  ebenso  wie  Walde  KZ.  34,  531,  Thumb  Sankr.  Gr.  §  489 
nehme  ich  an,  daß  hier  die  starke  Stammform  eingeführt  ist, 
also  edhi  aus  *nzdhi^).  Dagegen  ist  griech.  TcGi  =  aw.  zdi  mit 
vorgeschlagenem  i  gebildet  (vgl.  Osthoff  KZ.  23, 579  f.,  Thurneysen 
KZ.  30,  352).   Denn  vor  einem  anlautenden  Sibilanten,  dem  ein 

1)  Nach  Wackernagel  IF.  26,  330  soll  (  in  TcOi  durch  Einfluß  des 
i-Lautes  der  folgenden  Silbe  aus  *^c6i  entstanden  sein. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  161 

Konsonant  folgt,  entwickelt  sich  häufig  ein  heller  Yokal  z.  B. 
ai.  stn  :  mind.  itihi\  np.  isped  'weiß' :  aw.  spaeta\  lit  iszkadä  aus 
dtsch.  schade,  wruss.,  klruss.  izrada :  lit.  zdroda  ( =  poln.  zdrada);  lit. 
izbönas^  izbradnius,  izdrodyti  aus  zhonns^  zbradnius^  zdrodyii  (vgl. 
Bezzenberger,  Mitt.  Lit.  Ges.  1,  46 ff.);  spätgriech.  icxriXriv,  icxpaTi- 
luiric,  lat.  ismaragdiis  ( =  smaragdus) ;  kyrnr.  ysgaru  =  air.  sca- 
raim\  ysnoden  'fil'  =  ir. snäthe:  ystlys  =  ir.s//s;  ystlivn  =  iT.slönd; 
ysgryd  =  com.  scruth ;  ystafeU  'chambre'  auf  lat.  stahulum ;  yslath 
*rod,  perch' :  ir.  slat  Virga';  cymr.  ysgafnu  'erleichtere' :  mbret 
scaff  'leicht';    kymr.  ystretci  :  mbret.  strev-ya^  streuya  'eternuer'. 

rpfßuu  'reiben,  zerreiben'  (neben  expißnv,  Tpißr|CO|uai  Soph. 
Oed.  R.  428,  Tpißo^m  Aesch.  Eura.  195  mit  kurzem  i)  nach  Thur- 
neysen  KZ.  30,  352,  Bechtel  BB.  10,  286,  Fick  BB.  7,  95  zu  got. 
Priskan  'dreschen'.  Allein  das  germ.  Wort  ist  für  xpißuu  eine 
sehr  schlechte  Stütze,  da  es  auf  idg.  *t]^sk-  =  *trk-sk  beruht :  lit. 
firszkinti  'klappern,  kratzen,  schaben',  tarszketi  'klappern',  aslav. 
tröskotati  'strepere',  trestiti  'schlagen',  cech.  triskati  'poltern, 
schlagen',  poLn.  strzaskac  'zerschmettern',  bg.  treskam  'prassele, 
schlage' :  lit.  tränkau  'mehrfach  dröhnend  stoßen',  trenkiü  dss. 
russ.  torkb  'Klopfen,  Stoßen',  torkath  'hin-  und  herstoßen',  poln. 
trqcic  'stoßen',  nslav.  trkati  'anstoßen,  klopfen',  a.eng\.  ßringan, 
ahd.  dringan  'dringen'  (vgl.  Zupitza  G.  G.  70),  lat.  truncus  'gestutzt'. 

Tpißuu  (lat.  trivi)  gehört  vielmehr  zu  lat.  stnga  'Streich',  ahd. 
strihhan  'streichen',  got.  striks  'Strich',  aisl.  sirykua  (Sütterlin 
IF.  4,  95 ;  25,  63 ;  Walde  KZ.  34,  526,  Zupitza  G.  G.  94).  Griech. 
rpißuj,  lat.  trivi,  aisl.  strykua  beruhen  auf  idg.  {s)trig-u-  (Zupitza 
G.  G.  99,  Walde  Lat.  Wb.  624).  Hierzu  stelle  ich  auch  lit.  trS- 
szkiu  'quetschen,  pressen'  aus  idg.  *traig-sk-.  Idg.  *{s)tng,  {s)traig 
ist  eine  ^-Erweiterung  :  lit.  trainöju,  trainöti  'reiben'  (Mitt.  Lit. 
Ges.  1,  327)  trinü^  tryniau  'reiben',  lat.  trio  'Dreschochse',  tribu- 
lum  'Dreschwagen  zum  Ausdreschen  der  Körner',  detrimeivtum. 

xfXioi  :  ai.  sa-hasratn  führt  Thumeysen  KZ.  30,  353  auf  idg. 
ghzlijo-  zurück.  AUein  lesb.  xeXXioi,  lak.  xEXioi  (IGr.  A.  69),  ion. 
Xe'Xioi,  xeiXioi,  böot.  xtiXioi,  xiXioi  verlangen  uratt  xeXioi  (Kretsch- 
mer  Vaseninschriften  134,  Wackernagel  IF.  25,  329).  Bereits 
Bechtel  Hauptprobleme  108  f.  nimmt  an,  daß  im  Griechischen 
eine  an  die  Nachbarschaft  eines  c  nicht  gebundene  Schwächung 
von  e  zu  i  stattgefunden  hat.  "Dieser  Standpunkt  erlaubt  mir, 
XiXioi,  das  Th.  als  Nachfolger  von  *ghzlijoi  nimmt,  als  äol.  *xiXXioi 
aus  *xicXioi  zu  fassen  und  das  Verhältnis  von  *xicXioi  zu  *x€cXioi 

Indogermauische  Forscliangen  XXXIII.  11 


162  J.  Scheftelowitz, 

(xeXXioi)  genau  so  zu  beurteilen,  wie  dasjenige  von  cKibvaiiai  : 
CKebdvvu|ii"  (Bechtel  a.a.O.  109).  Ebenso  geht  ja  auch  xöiZioc 
'gestern'  auf  urgriech.  *x6ecöiöc  zurück.  Weitere  Beispiele  für 
griech.  i  =  e  bei  Kretschmer  KZ.  81,  375 f.,  Bechtel  Hauptprobl. 
113,  Solrasen  KZ.  32,  513  ff.,  Hirt  IF.  7,  154. 

Xpiou  'bestreiche,  salbe,  verletze,  ritze*  nicht  aus  *§hr2!iö : 
ai.  harsati  (Thurnejsen  KZ.  30,  352,  Sütterlin  IF.  25,  65),  sondern 
zu  air.  grian  'Kies,  grober  Sand',  lit.  gr§jü^  griti  'Sahne  von  der 
Milch  bogenförmig  abschöpfen',  uz-griti  'beim  Fischen  mit  den 
Netzen  auf  etwas  stoßen',  eigentlich  'hart  über  etwas  hinweg- 
streifen'. Mit  Recht  stellt  Prellwitz  hierzu  auch  xpaivou  'berühre 
die  Oberfläche,  streiche  an,  färbe',  idg.  *ghrei :  *ghrd-n-. 

Kpl9ri  'Gerste'  nicht  aus  *ghr?dhä  :  gersta  (Thurneysen  KZ. 
30,  352).  Nach  Persson  Wurzelerw.  103  steht  Kpien  für  *xpi-er|, 
hierzu  "KpT  'Gerste'  für  *xpi-0  oder  *xpi  durch  Anschluß  an 
Kpiöri,  vgl.  ßp-T-  =  ßpi6u".  Die  Basis  idg.  *gliri-  'zerreiben'  steckt 
nach  Persson  in  air.  grian  'Kies',  vgl.  auch  oben  XPi^?  neben 
idg.  *gher^  griech.  xtp«c,  x^P^«c  'Kiesel',  lat.  furfur  'Hülse  des 
Getreides',  lit.  gurti  'bröckeln'  (vgl.  Walde  Et.  Wb.  255).  Zur 
Bedeutung  vgl.  got.  kat'irn,  apr.  sgrne  'Korn',  lat.  granum  :  ai. 
jirna  'zerrieben,  zerfallen'  (Walde  Et.  Wb.  274);  arm.  gari  'Gerste* 
aus  *gharsio,  ahd.  girsfa  :  ai.  gharßati  'reibt'  (Uhlenbeck  Et.  Wb. 
d.  Ai.  Spr.).  Vielleicht  ist  das  anlautende  k  in  KplGn  und  im  KpT  = 
idg.  k  :  Kpi'iLivov  'Gerste',  Kpi|ivuüör|C  'grobem  Mehle  ähnlich*, 
Kpi)iiv6c  •  r)  Kpi0ri  (v^gl.  A.  Ludwich  Anecdota  z.  griecii.  Orth.  2,  47), 
lit  krervas  'gewunden,  schief,  aslav.  krim  'krumm',  lit.  skriti 
'runden',  ap-skritiis  'rund*,  lett.  kraus  'gebogen,  gekrümmt*,  arm. 
porean  'Korn*  aus  *skj'jono^).  Zur  Bedeutung  vgl.  arm.  olorn  'Korn, 
Erbse* :  olor  'Drehung,  Windung',  ai.  aräla  'gebogen,  krumm, 
kraus*. 

Auch  in  griech.  crpoöGoc  'Sperling,  kleiner  Vogel'  ist  trotz 
Solmsen  IP.  13,  139  kein  c  vor  0  ausgefallen;  griech.  crpoöGoc, 
cymr.  drwdwg,  mit  truid  'Drossel'  weisen  auf  die  gemeinsame 
Grundform  idg.  (s)tr{o)uth-.  Die  keltischen  Formen  können  un- 
möglich auf  vorkelt.  zd{h)  zurückgehen,  denn  letzteres  hätte  über 
*dd  zu  tt  =  cymr.  th  werden  müssen  (vgl.  Brugmann  Grdr.  1", 
691).  In  cTpoöGoc  steckt  vielmehr  die  onomatopoetische  Wurzel 
strou-  vgl,  lat.  tru-cilare  'zwischern  (von  der  Drossel)*,  mbret. 

1)  Zur  idg.  Wz.  krei  gehört  auch  abg.  krinica  'Gefäß,  Krug*  vgl. 
Berneker  Slav.  El.  Wb.  ßl7. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgrappe  zg.  163 

trous  'Lärm'  (Emault  Gloss.  Moyen-Bret.  2  726),  griech.  rpuZiuu 
•girre,  turtle',  poln.  trukac  dss.  Zum  idg.  Suffix  *^/w  vgl.  z.  B. 
RY.  wMia,  rkthd,  cardtha,  gäthdj  pakthd,  bhrthd,  soma-pitha.  Ton 
derselben  Wz,  *strou  sind  mit  dem  sÄr-Suffix  gebildet  germ.  *ßrauskO 
(-an),  *ßruskjan,  ahd.  drösca,  ags.  prysce^  engl,  thrush  (vgl.  Solm- 
sen  IF.  13,  189). 

cppuTuj  erklärt  Thurnevsen  KZ.  30,  353  aus  *bh^gö  und 
stellt  es  zu  ai.  hhrjjati.  lat.  frigere.  Daß  aber  diese  Zusammen- 
stellung unhaltbar  ist,  habe  ich  S.  149  f.  ausführlich  dargelegt. 
(ppuTuu  hat  bereits  Walde  KZ.  34,  527  richtig  zu  ai.  hruigim  'röste' 
gestellt,  das  unmöglich  zg  enthalten  kann. 

iLiöÖoc  ist  unmöglich  mit  Thurnevsen  KZ.  30,  353  zu  ai. 
medhd  'Weisheit',  midhira^  medhävin  'verständig,  weise',  aw. 
mazdä-  'im  Gedächtnis  behalten',  mazdäh  'Gedächtnis'  zu  stellen, 
denn  die  indoiranischen  Wörter  gehen  auf  idg.  *madh-tä,  *mandh-t- 
zurück,  aw.  mqzdra  'verständig,  weise' :  aw.  mand  'dem  Gedächt- 
nis einprägen',  ai.  mandhätar  'der  Andäclitige',  aslav.  mqdru 
'weise',  griech.  ^laGeiv,  got.  mundön,  idg.  *mandh^)  (vgl.  Bartho- 
lomae  BB.  13,  80,  Ar.  Forsch.  3,  56,  IF.  7,  57,  Air.  Wb.  1181); 
dagegen  ist  griech.  |iu9oc  mit  ahd.  mäicen  'schreien',  lett  matU 
'brüllen'  verwandt  (vgl.  Walde  Lat.  Et.  Wb.  396). 

ßpöxctoiaai  'brülle',  ßpuxaXdoc  'brüllend'  kann  man  nicht  mit 
lit.  brizgeti  'blöken,  brüllen',  ai.  brnihati  'brüllen'  vereinigen  (so 
noch  Sütterlin  IF.  25,  69).  Zunächst  ist  in  ai.  biTßh-  unmöglich 
ein  2  ausgefallen,  denn  idg.  zg  hätte  im  Altindischen  zu  JJh 
werden  müssen.  ßpOxao|iai  geht  auf  idg.  brugh  zurück :  lit.  bruzims 
'Lärm'  (Bezzenberger  LF.  103),  ferner  russ.  brjuzzati  'scheiten* 
aus  idg.  *brugh-sk,  lit.  bi-uzga  'Rauschen',  bruzgu  'rascheln'. 

liupioi  gehört  nicht  zu  lat  mi/wi,  mille  vgl.  über  letzteres 
Sommer  IF.  11,  323,  Walde  Et  Wb.  385  (aus  *smi-ghsl-i  'ein 
Tausend',  ureprünglich  Fem.,  das  sekundär  nach  ducentum^  tre- 
centum  usw.  zum  Neutrum  umgebildet  ist). 


1)  Daneben  gibt  es  eine  idg.  Wz.  *ment,  ai.  manti  'Denken',  aslav. 
pa-mfti  'Gedanke',  lit.  at-mintis  'Erinnerung',  lat.  mens{-tis) ,  mentio,  com- 
menticius,  commentator  (vgl.  Walde  Et.  Wb.  378),  ai.  man^w 'Rat',  aw.  niantau 
'Berater';  mit  <-Suflix  erweitert  :  aw.  nuistay  'Kenntnis,  Wissen',  lit.  mqstus 
'nachdenklich,  besonnen',  mastis  'Erwägung,  Nachdenken,  Verstand',  mqstau 
'erwägen',  mästytojis  'Grübler,  Forscher'.  Bartholomae  Ar.  Forsch.  1,  17, 
Air.  Wb.  1155  will  aw.  mastay  durch  analogtsche  Umgestaltung  auf  ar. 
*mandh-tay  zurückführen,  was  durch  meine  Etymologie  hinfällig  ist. 

11* 


164  J.  Scheftelowitz, 

^i'ov  'Bergspitze'  stellen  Prellwitz  Et.  Wb.*  und  Hirt  Abi. 
§  606  zu  aslav.  vrüchü  'Gipfel,  Höhe',  lit.  rirszüs  'das  Obere',  ai. 
varsma  'Höhe*.  Allein  das  i  in  ^lov  ist  ursprünglich,  denn  es 
gehört  zu  as.  wrisi-lik  'riesig',  aisl.  r/se,  ahd.  riso  'Riese',  vgl. 
Walde  Et.  Wb.  662.  Ganz  wertlos  ist  Petersens  Vermutung  IF. 
5,  69,  daß  "auch  ^ic,  ^ivöc  aus  *rzn6s  (Gen.)  ursprünglich  *nzrös 
(:  lit.  nasrm  'Rachen')  entstanden  wäre,  vgl.  hierzu  Walde  KZ. 
34,  530  f. 

idg.  z  ist  im  Urgriechischen  überhaupt  nicht  vor 
Y,  ß,  ö,  6  geschwunden. 

clTn  'das  Schweigen',  ciTdtu  'schweigen'  kann  man  unmög- 
lich mit  ahd.  thuesben  'erlöschen'  zusammenstellen  (Bechtel  BB. 
14,  306),  denn  dagegen  sprechen  schon  die  Nebenformen  lya 
und  FiYa.  "citohju  verhält  sich  zu  Fiya  und  xfa  wie  ceXac  zu 
Felena,  FeXa  und  ^Xdvn"  (Kretschmer  KZ.  31,  470).  Ich  stelle 
ciTrj  zu  ags.  swican  'aufhören,  ablassen',  geswican  'ablassen,  sich 
enthalten'  (zahlreiche  Belege  bei  Liebermann  Gesetze  der  Angel- 
sachsen 2,  99,  206),  mhd.  siveichen  'ermatten,  nachlassen',  ahd. 
smhhan  dss.  Prellwitz  Et.  Wb.^  414  verbindet  ciTn  mit  ahd. 
simnan  'abnehmen,  dahinschwinden,  verstummen'. 

dKpIßnc  'genau'  läßt  sich  nicht  mit  got.  and-hruskan  'nach- 
forschen' verknüpfen  (Bechtel  BB.  10,  286),  denn  das  germanische 
Wort  läßt  sich  auf  idg.  skrusk-  =  *skrut-sk-  zurückführen  :  lat 
scrüfor  'untersuche'.  Dagegen  dKpißnc  :  dKpoc  'spitz',  lat.  acer 
'scharf.  —  ißr|C  ist  Suffix,  vgl.  Kpißavoc  'Pfanne,  Ofen' :  lit.  kürti 
'heitzen',  lat.  cremare\  ^pucißn  Prellwitz  Et.  Wb.*  158.  Zur  Be- 
deutung 'genau'  vgl.  ai.  süksma  'fein,  genau' :  süci  'Nadel'  (Zur 
Etym.  vgl.  Verf.  Wiener  Z.  K.  M.  21,  130).  Nach  Walde  KZ.  34, 
532  soll  dKpTßnc  für  ursprüngliches  *aKpo-KpIßric  stehen  (:  xpivu) 
mit  r/-Suffix),  "woraus  aKpißnc  durch  syllabische  Dissimilation" 
hervorgegangen  wäre;  doch  wegen  der  Verschiedenheit  der 
Vokale  (o  —  i)  ist  dieses  unwahrscheinlich. 

eXißuj  'reiben,  drücken,  quälen',  öXiipic  'Reibung,  Druck, 
Bedrückung,  Angst,  Qual'.  Die  Form  6Xiß-  kommt  vor  im  Atti- 
schen (z.  B.  d7ro-eXi»j;iu  Eur.  Cycl.  237,  leXnpa  Plato  Tim.  60, 
Te0Xi)Li)iai  Aristot.  Probl.),  Jonischen  (vgl.  Herodas,  Miniamben  4, 
53  ed.  Meister:  eXiß[e]i)  Megar.  (CJGr.  7  Nr.  110:  eXeißeiai),  Sicil. 
(CJGr.  14  Nr.  531 :  eXiijJic).  Dagegen  (pXißnv  (=  att  eXißtiv)  nach 
den  Scholien  zu  Hom.  p  22  und  Eustathius  102,  1 ;  1817,  43 
aeolisch  vgl.  0.  Hoffmann  Gr.  Dial.  2,  502;  3,  600;  aber  auch  bei 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  165 

Hippokrates  (jonisch)  findet  sich  diese  Form.  Den  Wechsel  von 
anlautendem  e\  mit  qpX  erklärt  Fick  BB.  18, 142  folgendermaßen: 
"Die  Grundform  ist  *ßhehgp  :  ßhlsge".  Auf  *ßhelsgö  weisen  nach 
Fick  die  beiden  Hesychglossen  d0eXßdiIeiv  •  Öin9eiv,  dGeXbeiai  •  öir|- 
eeiTtti  hin,  idg.  *QhlsQe  dagegen  hätte  nach  Fick  qpXißuj  ergeben, 
während  das  9  in  GXißuu  von  der  ersteren  Grundform  herrühre. 
Doch  ist  diese  Erklärung  unmöglich.  Denn  zunächst  sind  die 
beiden  Hesychglossen  wegen  des  anlautenden  a  und  wegen  ihrer 
verschiedenen  Bedeutung  von  qpXißuu,  öXißuj  zu  trennen.  Außer- 
dem hätte  Ficks  Grundform  ßlifsge  nur  griech.  *(pXdcßat  ergeben 
können.  Da  nun  idg.  g^hl  im  Griechischen  nur  zu  9X  hätte 
werden  können,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  die  zahl- 
reicheren Formen  mit  0X  ursprünglicher  seien  und  daß  an- 
lautendes 9X  in  einigen  Dialekten  in  derselben  Weise  zu  qpX 
geworden  sei,  wie  anlautendes  urgermanisches  und  got.  ßl  im 
Westgermanischen  und  Nordischen  zu  fl  geworden  ist.  Im  Grie- 
chischen gibt  es  im  Ganzen  nur  zwei  Basen,  die  mit  9X  anlauten, 
nämlich  GXißw  und  9Xduu.  Daß  nun  in  diesen  beiden  Beispielen 
urgriech.  9X  vorliegt,  wird  auch  durch  den  Wechsel  von  9Xduj 
mit  qpXduj  wahrscheinlich  gemacht;  ion.  GXfi,  GX^rai  [—  9Xd, 
eXdrai]  Herodas  ^[imiamben  2,  83 ;  3,  44  (vgl.  Meister  Abhdg. 
Sachs.  Ges.  Wiss.  13,  795)  Hippokr.  2,  507,  att.  GXduj  (z.B.  Aristot. 
Probl.  A  38 :  cuv-€9Xdc9r|v) ;  9Xduü  ist  attisch  (vgl.  Meisterhans 
Gramm,  d.  att.  Inschr.^  186),  ionisch  (bei  Hippokrates  z.  B.  3, 
309;  358;  359)  dorisch  (bei  Theokr.  5,  148;  150:  11,  70);  nach 
Gregorius  Corinthius  irepi  AioXiboc  §  XLI  ist  es  auch  äolisch 
(avTi  be  Toö  9  TÖ  ^  GXdtai  qpXdtai).  Die  Etymologie  bestätigt  nun, 
daß  das  anlautende  9X  auf  idg.  dhl  zurückgebt  i).  GXißuj  =  idg. 
*dhlib  :  aw.  driwika  'Angst,  Schaudern'  (vgl.  6Xii|Jic  'Reibung, 
Druck,  Bedrückung,  Angst,  Qual'),  driway  'Pockennarben' 2  (vgl. 
Verf.  ZDMG.  59,  697).  Ebenso  geht  9Xduj  auf  vorgriech.  *dhlas 
zurück,  vgl.  aor,  e9Xdc0r|V  (Arist.  Probl.  A  38,  Aesop  76),  9XacT6c 

1)  Ficks  Vermutung :  Ursprünglich  wohl  Doppelstamm  *96Xa  :  cpXd 
=  *ghela  :  ghlä  entbehrt  jeder  Begründung.  Brugmann  IF.  28,  376  stellt 
OXißu)  zu  lat.  ftigo  'schlagen',  was  wohl  möglich  ist,  aber  wegen  des  g 
erscheint  meine  Etymologie  ansprechender. 

2)  Zur  Bedeutung  vgl.  ags.  grind,  ahd.  mhd.  grint  'Zerreiben,  Zer- 
stoßen, Ausschlag' ;  griech.  vpil»  'reibe':  vpiöpa  'Krätze';  lat.  Scabies  :  scabere; 
ai.  dardru  'Hautausschlag',  klr.  derty  'wundgerissene  Hautstelle':  aslav. 
derq  'schinde,  zerreiße' ;  lit.  raüpsas  'Aussatz' :  poln.  rypaö  'scindere,  friare', 
aisl.  riüfa  'brechen,  zerreißen  (Walde  Et.Wb.  533),  dtsch.  Krätze: kratzen. 


166  J.  Scheftelowitz, 

(Ar.  Fr.  345).  "pro  eXdrnc  Etym.  Magn.  et  Anecdot.  T I  22  eXacinc 
scribendum  esse  iit  ^)Lißpuo9XdcTr|C  colligi  licet  ex  cod."  (Lobeck 
Paralipomena  427).  9Xa(c)uj  'zerqiietsclie,  zermalme' :  öech.  (Uasmaii 
'driicken*,  RV,  dhr^ad  'Mahlstein'.  Zur  Bedeutung  vgl.  gr.  ^uXaS 
'Mahlstein' :  ^OXXuu  'zerreibe'.  RV.  dhysad  kommt  im  RV.  dreimal 
vor  und  zwar  in  A'^älakhilya  1,  4,  wo'alle  Mss.  dhfsdd  überliefern. 
Dagegen  hat  in  RV.  8,  72,  4  u.  7, 164, 12  nur  das  älteste  RV.-Ms. 
{Kästnir  Ms.)  dhf^ad^  während  die  gedruckten  Ausgaben  (und 
die  Lexikographen)  dfsad  überliefern.  Bereits  Roth  ZDMG.  48, 
108  hat  vermutet,  daß  dhrmd  die  einzig  richtige  Schreibung  sei. 
Fick  und  W.  Schulze,  die  nach  der  bisherigen  Annahme  drsad 
für  die  ursprüngliche  Schreibung  halten,  haben  ai.  d{h)rmd 
mit  att.  &eipdc,  kret.  bripctc  'Hügel,  Anhöhe'  verbunden  (W.  Schulze 
Quaest.  Ep.  96);  vgl.  auch  beipdcf)  ^Ecxn  (A.  Ludwich.  Anecdota 
z.  griech.  Orthogr.  1,  16.  Doch  die  Nomina  pr.  Aeppa,  Aeppiov, 
die  Kretschmer  KZ.  31,  443  als  Stütze  dafür  anführt,  sind  fehler- 
hafte Schreibungen  für  Aepa,  Aepeiov  (vgl.  H.  Ehrlich  KZ.  39, 
5691).  "Der  Stamm,  von  dem  öeipdc  ableitet,  ist  beipoc  'Hügel' 
(Hes.),  unii-öeipoc  'mit  hohen  Bergen'  (Bachjiides  4,  4),  öeipri 
(Pindar  01.3,27;  9,58)".  beipo-  (öeipa)  aus  *öepio-,  *g^erio 
gehört  zu  Iit.  glria  'Wald'  {g^pä\  aslav.  gora  'Berg',  ai.  giri 
'Berg',  aw.  gairi^  arm.  cair  'höchste  Erhebung,  Gipfel,  Spitze, 
Kopf,  Ende'  aus  *g^fio. 

XiußTi  'Mißhandlung,  Schmach'  ist  unmöglich  mit  Fick 
BB.  7,  120,  Prell  Witz  Et.  W.«  276  aus  idg.  *hsgVä  (:  ai.  lujjate)  zu 
erklären,  denn  ai.  lajjate  ist  Prakritform  von  rajyate  (AV.)  'rötet 
sich,  gerät  in  Aufregung',  hjijä  'Scham,  Verlegenheit',  lajate 
'sich  schämen'.  Dagegen  XiJüßri  zu  Iit.  slogd,  'Plage',  sloginti 
'plagen',  lett.  sluga^  sltigs  'Last,  Plage',  släga  'Schaden,  Be- 
schwerde', vgl.  S.  152. 

XuYaToc  'dunkel,  schwarz'  Xurri  'Finsternis,  Schatten'  soll 
nach  Fick  BB.  29,  197  für  *Xuct-  stehen  :  ahd.  loscen,  mhd.  loschen 
'verborgen,  versteckt  sein*,  allein  das  germanische  Wort  ist  mit 
dem  indogerm.  Suffix  sk  gebildet:  ags.  lütan  'sich  versteckt 
halten',  aisl.  It'Ua  'sich  ducken',  ahd.  luzen  'versteckt  sein'  (vgl. 
Brugmann  Grundriß  1«,  702)*).  Dagegen  verknüpfe  ich  XuTaloc 
mit  asl.  liüa  'Sumpf,  Pfütze',  Iit.  liügas  'Morast',  lugnai  dss.  Zur 
Bedeutung  vgl.  ai.  Kala  'schwarz'  :  asl.  Icalü  'Kot*,   russ.  kaluga 

1)  Nach  Bezzenberger  könnte  Xirrn  zu  deutsch  Wolke  gehören,  vgl. 
XÖKOC  :  Wolf. 


Das  Schicksal  der  indogermanischen  Lautgruppe  zg.  167 

'Morast' ;  griech.  ^eXac  :  lit  mutwi  'Morast' ;  nhd.  schtoarz  :  lat. 
sordidus:  lett.  ils  'stockfinster',  gi'iecb.  eiXu  •  \ie\av  (Hes.) :  asl.  ilü 
'Schlamm'  (Bezzenberger  BB.  27,  164);  serb.  mrk  'schwarz',  asl. 
mrahü  'Dunkel,  Finsternis  :  klr.  morokva  'Sumpf,  Morast' :  poln. 
hrudny  'schmutzig,  unrein,  schwarz',  hrud  'Schmutz';  np.  cardeh 
'color  ad  nigrum  vergens' :  np.  Jcari,  karah  'Schmutz',  phl.  kanc 
'Mist',  arm.  kork  'Schmutz,  Kot',  lit.  Mrnos  'Sumpf,  Morast'; 
ahd.  solo  'dunkelfarbig,  schmutzig';  arm.  muth  'dunkel,  schwarz, 
Dunkelheit,  Nacht'  :  alb.  mid  'Kot':  arm.  mur  'Schwärze,  Ruß'  : 
maur  'Schmutz,  Sumpf,  Marschland';  lat.  ater  'schwarz'  :  ags.  adeJa 
'Kot',  pomm.  dial.  adel  'Mist'  (Korrespondenzbl.  d.  Ver.  f.  nd. 
Sprachf.  27,  24),  hierzu  stelle  ich  auch  griech.  dcic  'Schlamm, 
Kot',  idg.  *ati-s.  Sehr  unwahrscheinlich  verknüpft  Froehde  BB. 
7,  85  dcic  mit  lat.  sentina  'Kielwasser',  das  aber,  wie  bereits 
J.  Schmidt  Kritik  d.  Sonantenth.  63  bemerkt,  begrifflich  ganz 
fern  liegt  sentina  ist  nach  J.  Schmidt  a.  a.  0.  älteres  *senHina  und 
gehört  zu  lit  nu-s^kti  'abfließen,  versiegen',  sekis  'seichte  Stelle'. 
Im  Indogerm.  geht  demnach  die  Benennung  des  Schwarzen  von  der 
Vorstellung  des  Schmutzes,  Morastes  aus.  Dieses  ist  psvcholo- 
gisch  leicht  verständlich,  da  wir  Farben  nicht  als  reine  Empfindung, 
sondern  nur  als  Eigenschaften  der  Außenwelt  wahrnehmen. 

ttvi'tuj  'ersticke,  dämpfe',  irviTnpoc  'erstickend,  eng'  soll 
nach  Fick  BB.  7,  95,  Bechtel  BB.  10,  286,  Walde  KZ.  34,  532 
zu  ahd.  fnaskazzan  'keuchen'  gehören,  allein  letzteres  geht  wahr- 
scheinlich auf  vorgerra.  *pnosk,  idg.  *pnosk-sk  zurück  :  aisl.  fnasa 
'keuchen,  schnauben',  ags.  fnäst  'anhelitus'.  irviTuu  könnte  idg. 
k^ni-g  sein  und  zu  ais.  hnipa  'beklommen  sein',  hnipenn  'be- 
klommen' gehören,  wobei  W.  k^ni-  durch  verschiedene  'Deter- 
minativa'  ([/  und  b)  fortgebildet  wäre.  Auf  jeden  Fall  kann  das  i 
in  TTViTU)  nur  auf  idg.  i  zurückgehen. 

Die  Untersuchung  des  idg.  z  im  Griechischen  hat  uns 
somit  gelehrt: 

1)  daß  es  kein  idg.  z  gibt; 

2)  daß  idg.  z  vor  einer  Media  oder  einer  aspirierten  Media 
im  Griechischen  nie  geschwunden  ist  Daher  ist  Bechtels  Be- 
hauptung (BB.  10,  282),  "daß  aus  jedem  r-Yokal,  welchem  Sibi- 
lant plus  Media  resp.  aspirierte  Media  folgt,  langer  Vokal  plus 
Explosiva  entsteht",  unhaltbar.  Seine  Beispiele  aKpIßnc,  tplßiu, 
q)pdTUJ,  TpiZ:uj,  KplOri  haben  weder  einen  'r-Vokal*  noch  einen 
Sibilanten  enthalten,  was  ich  eingehend  dargelegt  habe. 


168      J.  Scheftelowitz,  Das  Schicksal  der  indogerm.  Lautgruppe  zg. 

§  21,    idg.  zg  im  Lateinischen. 

mergiis  'Taucher',  mergo  'tauche  unter',  vgl.  ai.  majjati  S.  136. 
Unsicher  ist  es,  ob  turgeo  'strotze,  schwelle  auf,  auf  *tuz-g- 
beruhe  zu  *<ms,  got.  püsundi,  apr.  tüsimtons^  asl.  tysqsta,  tgti  'fett 
werden'  (Walde  Et.  Wtb.  643).  turgeo  könnte  viel  eher  zu  asl. 
tvarogb  'lac  coagulutum',  griech,  Tupöuu  'zu  Käse  machen,  ge- 
rinnen', Tüpoc  'Käse',  aw.  tairi  'Molken'  gehören.  Also  turgeo 
aus  *tw'igeo,  abgeleitet  von  einem  adjekt.  *tür-igos  (vgl.  F.  Solmsen 
IF.  26,  114). 

§  22.   idg,  zg  im  Keltischen. 

gaUolat.  mesga  'Molken',  air.  medg  dss.,  kymr.  maidd  vgl. 
ai.  majjän  S.  136.  mir.  ledh  'a  stripe'  (Arch.  f.  kelt.  Lex.  1,  312), 
ir.  leadhb  'a  patch',  gael.  ledb  'a  piece,  shred*  aus  vorkelt  *le^g^o  : 
an.  lasna  'to  decay',  lasinn  'dilapidated,  half  broken,  ailing',  got. 
Idsiws  'schwach',  mhd.  erleswen  'ermatten',  ags.  leswe  'schlecht', 
lat.  sublestiis. 

zg  liegt  auch  in  den  urkeltischen  Eigennamen  Tasgo-dimi, 
Tasgius.,  Tasgetius,  Tasgillus  vor,  ir.  Tadg  N.  pr.  (vgl.  Holder 
Altkeit.  Sprachsch.  2,  1748  ff.),  mir  Tadg  N.  pr.  (Arch.  f.  Kelt. 
Lex.  2,  472). 

§  23.   idg.  zg  im  Germanischen. 

schwed.  daska  'poltern,  mit  klatschendem  Laut  anprallen', 
norw.  daske  'klatschen'  vgl.  aw.  däzgra  S.  156. 

ags.  risce-i  rixe  F.  'Binse',  urgerm.  *reskin^  got.  *riskei,  idg. 
*rezg  engl.  7-ush  'Binse',  mhd.  rusche  'Binse',  idg.  *fzg- :  asl.  rozga, 
razga  'Zweig';  über  die  weiteren  Verwandten  vgl.  ai.  rajjii  S.  134 f. 

Noreen  Urgerm.  Lautl.  S.  139  verknüpft  aisl.  visk  'Bündel', 
ahd.  wisc  'Wisch'  mit  lat.  virga  'Rute,  dünner  Zweig',  allein  die 
germanischen  Worte  gehören  zu  ai.  veska  'Schlinge'.  Dagegen 
stelle  ich  lat  virga  zu  lit.  wizgöti  'schwanken',  idg.  *mzgh  aus 
*mgh-sk  :  ahd.  wigan  'schwanken',  mhd.  weigen^  ahd.  wiega  'Wiege', 
lett.  wigls  'wenig  wiegend'  (vgl.  0.  Hoffmann  Geras  für  Fick  56, 
Trautmann  Germ.  Lautg.  15),  nsl.  vigati,  vigati  se  'wanken',  ai. 
vehäyati  (Äp.  sr.  18,  217)  'verwerfen'  (die  Leibesfrucht  von  einer 
Kuh),  lit  swaiginSti  'umherschwanken',  russ.  svigati  'sich  herum- 
treiben*. 

aisl.  bruskr  läßt  sich  nicht  mit  Noreen  zu  lit  briizgns 
'Gestrüpp'  stellen,  denn  das  lit  Wort  gehört  zn  brizgü  'fasern', 
iszbrizga  'Faser',  brizgilas  'Strick,  Zaum',  pr.  brisgelan  'Zaum' 
idg.  *bhf^h-sk  =  ^bhfzgh  :  lett  bräfu  'abstreifen',  alit  bruzduklas 


R.  G.  Kent,  Lateinisches  POVERO  'puero'.  169 

'Zaum'  (Bezzenberger  Beitr.  z.  Gesch.  Lit.  Spr.  277),  ai.  brhati 
'ausreißen',  barha  'Sehwanzfeder,  Blatt'.  Dagegen  gehört  aisl. 
bniskr  zu  aisl.  brjösk  'Knoi-pei',  cech.  brosk  'Knospe*,  klr.  broska 
dss.,  mhd.  brüsche  'Beule',  nhd.  bravsche  'Beule',  idg.  *bhrusk. 

Inhaltsangabe. 

Die  indogermanische  Lautgruppe  zg  ist  im  Altindischen 
zu  jj  geworden  (§  1 — 2).  Die  bisherige  Annahme,  daß  idg.  zg 
zu  ai.  dg  geworden  wäre,  ist  unhaltbar,  denn  madgu  ist  von 
W.  mad  abgeleitet  (§  3).  Das  Nominalsuffix  g  (g^)  ist  im  Alt- 
indischen sehr  häufig  (§  4).  adga  =  idg.  *odg"o  (Der  Ausdruck 
'Rute,  Stock'  als  Symbol  männlicher  Zeugungskraft  §  5 — 6). 
"Weitere  Beispiele  für  das  idg.  Nominalsuffix  g{g^)  im  Altindischen 
(§  7 — 8)  und  in  den  andern  idg.  Sprachen  (§  9).  Sowohl  idg.  zg 
als  auch  gg  sind  im  Altindischen  zu  jy,  im  Iranischen  zu  zg 
geworden  (§  10).  In  klassischer  Zeit  ist  ai.  ;}'  auch  aus  älterem 
jy,  dy  entstanden  (§  11).  Idg.  z  ist  weder  in  der  Lautgruppe 
zg  noch  in  zbh  im  Altindischen  zu  d  geworden.  Das  nur  einmal 
belegte  usadbhis  steht  für  iisadbhis  (§  12 — 13).  ai.  mädbhis  eine 
Analogiebildung  nach  saradbhis  (§  14).  Idg.  anl.  zg  im  Alt- 
indischen (§  15).  Idg.  zg  im  Iranischen  (§  16),  im  Slavischen 
(§  17),  im  Baltischen  (§  18),  im  Griechischen  (idg.  z  ist  vor  t, 
ß,  b,  6  nicht  geschwunden,  idg.  vokal,  z  läßt  sich  nicht  erweisen 
§  19—20),  im  Lateinischen  (21),  im  Keltischen  (§  22),  im  Ger- 
manischen (§  23). 

Köln.  J.  Scheftelowitz. 


Lateinisches  POTERO  'puero'. 

CIL.  m,  S.  962,  N.  2,  =  Bücheier  Carm.  Ep.  Lat.  34, 
SENEM  SEVERVM  SEMPER  ESSE  CONDECET. 
BENE  DEBET  ESSE  POVERO  QYI  DISCET  BENE. 
Auf  dieser  aus  der  Kaisei"zeit  stammenden  Inschrift,  die 
mit  dem  Griffel  auf  einem  Ziegelstein  eingeritzt  ist,   st^ht  der 
einzige  Beleg  für  lateinisches  *pov€r  als  frühere  Form  des  klas- 
sischen piier.    Poeila  wird  beim  App.  Probi  IV  198,  23  K.  als 


170  R.  G.  Kent,  Lateinisches  POVERO  'puero'. 

unrichtige  Yiilgärform  getadelt.  Das  -o-  der  mit  -jmr  auslau- 
tenden Sklavennaraen  (vgl.  die  Anm.  zu  CIL.  I  1076  und  1539  e) 
kann  aus  -puer  in  unbetonter  Stellung  durch  Einfluss  des  r  ent- 
standen sein;  oder  es  beruht,  was  mir  wahrscheinlicher  vor- 
kommt, auf  Angleichung  an  den  Sklavennamen  NICEPOR  (CIL.  I 
1028,  1032  zweimal,  1041,  1203,  1489,  vgl.  auch  570,  1033, 
1102,  1129  zweimal,  1211,  1539  e)  aus  griechischem  NiKnqpopoc 
und  an  ähnliche  Namen.  PoeUa  und  -por  liefern  also  keinen 
gültigen  Beleg  für  altes  *pover\  als  Beleg  bliebe  nur  unser 
POVERO.  In  Verbindung  nun  mit  anderen  Wörtern  derselben 
Sippe  betrachtet,  bereitet  dieses  *pover  gewisse  Schwierigkeiten, 
da  man  seinetwegen  die  ungewöhnliche  Ablautsvariation  *j}Ouä- : 
jxiu-  ansetzen  müßte,  vgl.  Walde  lat.  et.  Wtb.  *  s.  v.  pübes.  Kürz- 
lich hat  aber  F.  Solmsen  IF.  31,  476 f.  dieses  POVERO  als 
unrichtige  Archaisierung  erklärt.  Er  läßt  den  m- Vokal  ur- 
sprünglich sein,  und  in  diesem  Falle  genügen  die  gebräuch- 
licheren Ablautsformen  *pöu- :  j93m-  für  piier  und  seine  ganze 
Verwandtschaft. 

Ich  möchte  nur  darauf  aufmerksam  machen,  daß  solche 
0 V- Schreibungen  1)  nicht  selten  vorkommen  als  Ersatz  für  V 
und  VV  mit  dem  Lautwert  im.  Bekanntlich  ist  antevokalisches 
VV  =  uu  nur  in  gewissen  Lautverbindungen,  wie  in  üvidus, 
juvenis^  Päcuvius^)  geschrieben.  Es  lassen  sich  anführen  aus  dem 
CIL.:  mit  OV:  mit  V: 

I  199  FLOVIOM 

FLOVIVM  8  mal 

FLOVIO  4  mal  FLVIO 

FLOVI  nom.  pl. 

CONFLOVONT  COMFLVONT 

SVSO  VORSVM  SVRSVORSVM,  auch  SVRSVM- 

VORSVM 

lOVENTIONEM 

MENTOVINES  3  mal    GENVA-S  -TEM  -TI  -TES  -TEIS 
-TIVM;  GEN V AM  3 mal;  GENV- 
ENS-ES  2  mal,  -IVM 

1)  Wie  auch  VO  für  ^u  und  uu:  novos,  servos,  antiquos,  per- 
tpieuos. 

2)  Und  auch  hier  nicht  ganz  regelmäßig ;  denn  man  findet  auf  In- 
schriften (aUe  Beispiele  aus  dem  CIL.) :  IVENTA  I  1202 ;  IVENTIA  1  885 ; 
IVENTVTIS  Mon.  Anc.  III  5  (neben  IVV(enes)  II  46  und  IVVENTATIS 
IV  8);    ASVIAE  I  1204;    LIGVIVS  I  1341;   VESVIES  I  817. 


C.  C.  Uhlenbeck,  Baskisch  und  Indogermanisch.  171 

I  1227  YITROVIVS 

I  198     SOVEIS  SVOS  nom.sg.  3  mal,  SYEI  2  mal, 

SVAE,  SVO  abl.,  STA  abl.  3  mal 
I  588     SO  VOM  gen.  pl. 
I  1007  SOYO  abl.  SVOM 

I  1258  SOVEIS 
I  1297  SOVEIS 

Ob  das,  was  in  diesen  Wörtern  OV  bez.  V  gesehrieben 
ist,  früheres  vu  oder  früheres  ou  war,  hat  augenblicklich  keine 
Bedeutung.  Daß  aber  die  beiden  Schreibweisen  nur  graphisch 
für  iiu  stehen,  kann  kaum  zweifelhaft  bleiben,  da  auf  den  so- 
eben zitierten  Inschriften  OV  und  V  nebeneinander  vorkommen ; 
vgl.  auch  Niedennann  M^langes  Saussure  60,  und  Kent  Trans. 
Amer,  Phil.  Ass.  43,  41  f.  Sommers  Ansicht  über  piier  und 
POVERO  wird  also  durch  diese  Schreibungen  gestützt,  und  man 
darf  ihm  völlig  rechtgeben.  Es  sei  dabei  nicht  übersehen,  daß 
unser  POVERO,  welches  die  einzige  Stütze  für  angebliches 
*pover  bildet,  erst  aus  der  Kaiserzeit  stammt,  und  daher  schon 
an  sich  geringe  Beweiskraft  in  der  Frage  nach  der  ältesten 
Gestaltung  des  Wortes  hat 

Die  Erklärung  des  Schwankens  der  Schrift  ist  nicht  weit 
zu  suchen.  POVERO  und  puer  bieten,  ebenso  wie  flovius  fhiius 
usw.,  ungenaue  Darstellungen  des  gesprochenen  uu^  indem 
graphisches  VV  wegen  der  Verdoppelung  vermieden  wurde.  Bei 
den  beiden  Schreibweisen  spielt  eine  Art  von  Dissimilation  eine 
Rolle;  POVERO  zeigt  dissimilatorische  Veränderung,  jpuero  dissi- 
milatorischen  Verlust  des  einen  von  beiden  Bestandteilen.  Ganz 
paraUel  damit  sind  IE  und  I  =  ii,  z.  B.  in  COXIECIANT  CIL.  I 
198,  und  ADICIATVR  CIL.  VIII  18042,  nur  daß  hier  der  Halb- 
vokal nicht  das  zweite,  sondern  das  erste  Element  ist;  vgl. 
Trans.  Amer.  Phil.  Ass.  43,  35—46. 

üniversity  of  Pennsylvania,  Philadelphia.         R.  G.  Kent 


Baskisch  und  Indogermanisch. 

In  seinem  Buche  "Kultur,  Ausbreitung  und  Herkunft  der 
Indogermanen"  (Berlin,  Weidmann  1913)  gibt  Dr.  Sigmund  Feist 
eine   durchaus   irrige  Vorstellung  meiner  Anschauungen   über 


172  C.  C.  Uhlenbeck,  Baskisch  und  Indogermanisch. 

etwaige  Verwandtschaften  des  Baskischen  mit  andern  Sprach- 
stämmen und  über  meine  vieljährige  baskologische  Tätigkeit 
überhaupt.  Seit  1890  habe  ich  nichts  geschrieben,  woraus  man 
entnehmen  könnte,  daß  ich  geneigt  wäre,  das  Baskische  mit  dem 
Indogermanischen  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Vielmehr  habe 
ich  seitdem  das  damals  über  einen  solchen  Zusammenhang  Ver- 
mutete öffentlich  widerrufen.  Meine  nach  1900  erschienenen 
Abhandlungen  bezweckten  keineswegs,  das  Baskische  in  irgend- 
welchen Sprachstamm  einzureihen,  sondern  die  isolierte  Sprache 
soweit  als  möglich  aus  sich  selbst  zu  erklären.  Es  wäre  wohl 
besser,  nichts  zu  schreiben.  Man  wird  ja  doch  nur  mißver- 
standen, insbesondere  wenn  man  gelegentlich  Erscheinungen 
aus  stammfremden  Sprachen  als  Parallelen  heranzieht. 

Leiden.  C.  C.  Uhlenbeck. 


K.  Brugmann,  Die  gotische  Partikel  -uh,  -h.  173 


Die  gotische  Partikel  -uh,  -h. 

In  der  Schrift  Die  Demonstrativpronomina  der  idg.  Sprachen 
S.  65f.  habe  ich  gegen  Hirt  (PBrB.  18,  299),  Streitberg  (Urgerm. 
Gramm.  266,  Got.  Elem.^  70)  u.  a.  die  Ansicht  vertreten,  daß  das 
neben  -h  und  gleichbedeutend  mit  ihm  auftretende  Enklitikon 
-tih  aus  Partikel  u  =  ai.  u  und  Partikel  -h  =  ai.  ca  lat  -que 
bestehe.  Diese  Ansicht  hier  etwas  eingehender  zu  begründen, 
veranlaßt  mich  der  Umstand,  daß  Streitberg  in  der  neuen  Auf- 
lage des  Elementarbuchs  (1910)  von  seiner  Deutung  des  u  von 
-uh,  wonach  -uh  als  -üh  aus  *-uidh  entstanden  sein  soll,  nicht 
abgegangen  ist  und  dabei  bemerkt,  bei  der  von  mir  vertretenen 
Auffassung  müßte  die  Verschmelzung  von  «  und  -h  jüngeren 
Datums  gewesen  sein  als  die  Brechung  der  u-  und  «-Vokale  vor  h. 

Ich  frage  zunächst,  wie  steht  es  überhaupt  mit  der  Wir- 
kung von  auslautendem  h  auf  vorausgehende  i  und  u? 

Von  der  Partikel  nih  *und  nicht,  auch  nicht,  nicht',  deren 
Herkunft  aus  *ne  q-e  und  etymologische  Identität  mit  lat.  neque, 
ai.  nci  ca  niemand  bezweifelt,  sagt  Stieitberg  a.  a.  0.  68,  die 
Verbindung  der  beiden  Elemente  müsse  erst  nach  der  "Wirk- 
samkeit des  Brechungsgesetzes  vollzogen  oder  nih  müsse  von 
ni  beeinflußt  sein.  Nun  ist  unglaublich,  daß  nih,  das  in  ahd. 
nih-ein  {as. nig-ein)  'kein'')  wiederkehrt  und  alle  Gebrauchsweisen 
mit  dem  lat.  neqiie  nee,  einige  auch  mit  dem  ai.  nd  ca  (besonders 
ni  —  nih  wie  na  —  na  ca)  teilt,  nicht  schon  seit  lirgermanischer 
Zeit  sollte  eine  Worteinheit  gewesen  sein.  Es  bliebe  also  nur 
analogische  Beeinflussung  durch  ni,  und  diese  Annahme  er- 
scheint um  so  unverfänglicher,  als,  infolge  weitgehender  Ver- 
mischung von  nih  (in  der  Funktion  von  alat.  nee  'oube,  nicht') 
und  ni,  dieses  oft  die  Stelle  von  nih  und  nih  die  Stelle  von  ni 
vertritt  (Streitberg  S.  221).  Man  darf  aber  als  zweiten  Erklärungs- 

1)  Über  ahd.  as.  noh  'neque'  s.  Braune  Ahd.  Gramm.'  21,  Trautmana 
Germ.  Lautges.  67,  Janko  IF.  Anz.  19,  43. 

IndogermaHische  Forschongen  XXXIII.  12 


174  Karl  Brugmann, 

gnind  für  das  Fehlen  der  Brechung  auch  noch  anführen  die 
häufige  Angleichung  des  -h  von  nih  an  nachfolgenden  kon- 
sonantischen Wortanlaut,  wie  nip-pan^  nip-patei,  nis-sijai.  Denn 
diese  Art  Assimilation  (vgl.  überdies  jah  in  jap-pans,  jas-sa^  jad- 
du^  jab-biudis^  jog-gahausida,  jam-mimdöp,  jan-ni^  jal-Iiban)  für 
älter  zu  halten  als  die  Brechungsprozesse,  steht  nichts  im  Wege. 

Dieselbe  Bewandtnis  hat  es  mit  dem  u  statt  des  zu  er- 
wartenden aü  in  mih  neben  nu.  Beide  dienen  zur  Bezeichnung 
logischer  Folgerung  ('ouv'),  vgl.  z.  B.  Mk.  12,  {)  k'a  nuh  faujai 
frauja  pis  tveinagardis?  \i  ouv  Troirjcei  6  Kupioc  toö  diuTreXtuvoc ;' 
und  Gral.  4,  15  hileika  ivas  nu  audagei  izwara?  'xic  ouv  »^v  ö 
|naKapic|Liöc  u|aujv;'.  Assimilation  des  -h  an  den  folgenden  kon- 
sonantischen Anlaut  ist  bezeichnet  in  Iva  nuk-kanntpu  l.Kor.  7, 16. 

Weitere  Fälle  solcher  analogischer  Beeinflussung  wären 
noch  folgende,  hm-h  neben  inu.  duh-pe  'öid  toöto'  (Joh.  9,  23. 
10,  17.  16,  15.  19,  11)  neben  dup-pe  und  du-pe,  sowie  du-fve 
'tI,  biari*  neben  du-pe.  ga-u-ha-sShi  *€i  ti  ßXejrei'  neben  ga-u- 
hinbeis  u.  dgl.  Und,  wenn  wir  das  mit  //  in  seiner  Wirkung  auf 
vorausgehende  i,  n  gleichartige  r  hinzunehmen:  ur-riqiza  '^k 
CKÖTOuc*,  ur-rinnan^  ur-runs  u.  dgl.  neben  us  {uz-u\  vielleicht 
auch  hiri  'hierher,  komm  her'  (Plur.  hirjip,  Du.  hirjats)  neben  hidre. 

Nun  ist  auch  das  h  unserer  mit  bloßem  -h  wechselnden 
Partikel  -uh  oft  an  den  Anlaut  von  Pan  assimiliert,  z.  B.  tocis- 
up-pan  Mk.  1,  6,  bidjandans-up-pan  M.  6,  7,  at-up-pan-gaggand 
l.Kor.  14,23,  woneben  auch  ohne  Assimilation -?<Ä-/6nfM  geschrieben 
ist,  z.  B.  diz-uh-pan-sat  Mk.  16,  8.  (Vgl.  die  Assimilation  auch 
bei  bloßem  -h,  z.  B.  sijai-p-pan  M.  5,  37,  ga-p-pan-traua  2.  Tim. 
1,  5.)  Es  wäre  also  nicht  kühn,  anzunehmen,  daß  auch  hier 
Beeinflussung  durch  Verbindungen  stattgefunden  habe,  in  denen 
-h  durch  Assimilation  beseitigt  war. 

Noch  näher  als  bei  -uh  =  -h  liegt  die  Annahme  analogi- 
schen Einflusses  bei  demjenigen  -uh,  welches  neben  der  Frage- 
partikel -u  und  gleichbedeutend  mit  ihr  einige  Male  (v.  d.  Gabe- 
lentz  und  Streitberg  zitieren  vier  Stellen)  begegnet  und  sich  zu 
ihr  gewiß  nicht  anders  verhält  als  nuh  zu  nw,  nih  zu  ni.  Vgl. 
Delbrück  Vergl.  Synt  3,  270.  So  erscheint  Luk.  20,  4,  Mk.  11,  30 
d(iuj)einü  löhannia  uzuh  himina  was  pau  uzuh  nmnnam?  'xö 
ßditncna  Muudvvou  dH  oüpavoü  i^v  f|  ii  dv9pujTTiuv ;'  gegenüber  von 
Gal.  3,  2  uzu  waürstivom  witodis  ahman  nemuP  pau  uzu  gahau- 
seina  galaubeinais?    *ii   ?pTUJV  vö^ou   tö   rrveöiia  ^Xdßexe  i\  iE 


Die  gotische  Partikel  -uh,  -h.  175 

dxofic  mcieujc:'  Daß  dieses  -uh  nur  graphisches  Versehen  für 
-u  sei,  ist  mir  nicht  glaublich,  wie  es  auch  von  Streitberg 
Elem.»  §  27  a  bezweifelt  wird  i). 

"Wo  liegt  nun  überhaupt  im  Gotischen  aü  oder  ai  vor  aus- 
lautendem -Ä  vor?  Mir  scheint  nirgends,  sicher  in  keinem  klaren 
Falle.  Daß  ßau-h  (neben  ßau)  nicht  als  ßauh,  sondern  als  ßduh 
zu  lesen  ist,  darf  als  ausgemacht  gelten.  Wie  steht  es  dagegen 
mit  miith  *noch,  In'  ?   Das  Wort  wird  heute  meistens  als  nauh 
=  *mih  gelesen.    Als  uridg.  *nu  q~e  deuten  es  u.  a.  J.  Grimm 
D.Gr.  32,  241,  Kluge  Et.  Wtb.^  (unter  noch),  Uhlenbeck  Et.  Wb.^, 
Feist  Et.  Wb.,  Streitberg  Elem.^  S.  70.  303,  mit  ai.  nü  kam  und 
griech.  vu  Kcv  oder  vu  ke  vergleicht   es  Leo  Mejer  Die  goth. 
Spr.  582,  mit  bi-naühan  verbindet  es  (als  ursprüngliches  Wurzel- 
nomen ?)  Meringer  IE.  18,  219,  während  Hirt  bei  Weigand  ^  (unter 
noch)  zwischen  *nu  q^e  und  Zusammenhang  mit  hi-nauhan   zu 
schwanken  scheint.  Ich  selber  habe  Demonstrativpron.  S.  66  mit 
der  Lautung  nduh  gerechnet,  und  angesichts  der  Tatsache,  daß 
nirgends   sonst   im   Gotischen  Formen   mit   -aih   und  -aüh  aus 
-ih  und  -uh  bis  jetzt  nachgewiesen  sind*),  halte  ich  nduh  auch 
jetzt  noch  für  das  w  ahrscheinlichere,  falls  das  h  von  nauh  artikula- 
torisch   derselbe  Laut  gewesen   sein  soUte  wie  das  h  von  -uh, 
nuh,  inuh.  duh-.  nih.   Denn  zeigt  ahd.  döh  =  got  ßduh  ags.  ße'ah 
Yerkürzung  von  ö  zu  0,  so  kann  dasselbe  lautliche  Verhältnis 
zwischen  nöh  und  einem  got.  nduh  bestanden  haben,  und  wenn, 
was  wahrscheinlich  ist,  ßdu-h  in  seinem    ersten   Teil  VoUstufe 
zu  ai.  tu  tu  aw.  tu  'doch'  ist  3),  und  ebenso  litjaü  aksl.ju  'schon' 
eine  Vollstuf enform  zu   got.  jm   ahd.  iu   ags.  3/0  5^0  *schon'   ist, 
so  hindert  nichts,  dasselbe  Ablautverhältnis  für  got.  näu-h  und 
got.  WM  (nu-h),  ai.  nü  nü,  griech.  vu  anzunehmen.    Dazu  kommt, 
daß  4  mal  nauhßan  und  13  mal  nauhßanuJi  erscheint,  keinesmal 
aber  ein  *naußßan  oder  *naußßanuh. 

1)  Das  kopulative  -uh  erscheint  nur  ein  einziges  Mal  als  -u :  Eph. 
1,  18  (A  und  B)  Jva  ist  wens  lapOnais  is,  hileiku  gäbet  wulßaus  arbjis 
ig  in  tceihaim  'koi  Tic  ö  ttXoötoc'.  S.  darüber  Streitberg  Elem.^  220,  Die 
got.  Bibel,  Anm.  zu  der  Stelle. 

2)  saitv  'öpa'  muß  beiseite  bleiben,  nicht  nur  wegen  seines  h\  son- 
dern auch  darum,  weil  sein  ai  von  vornherein  dem  Verdacht,  daß  es 
durch  das  ai  von  saifva  usw.  beeinflußt  gewesen  sei,  zu  unterworfen  wäre. 

3)  Diese  etymologische  Verknüpfung  schließt  Zusammenhang  von 
ai.  tti  tu  mit  dem  Personalpronomen  du  nicht  aus.  S.  Osthoff  MU.  4,  268 ff., 
Delbrück  Altind.  Synt.  517  f.,  Verf.  Demonstrativpr.  S.  30. 

12* 


176  Karl  Brugmann, 

So  fragt  es  sich  jetzt  angesichts  dieser  -mä  =  -Ä,  -uh  =  -m, 
nwÄ,  inuh,  duh-,  nih,  ob  nicht  in  allen  diesen  Fällen  u  und  i  rein 
lautgesetzlich  standen.  Lautphysiologische  Bedenken  stehen  nicht 
im  Wege.  In  der  Reduktion  des  Reibungsgeräusches  des  urger- 
manischen X,  das  sich  zunächst  parallel  dem  /"und  dem  ß  er- 
geben hatte,  sind  bekanntlich  verschiedene  Grade  zu  unter- 
scheiden, und  es  kommt  für  die  verschiedenen  Stellungen  des  x 
überdies  vielleicht  auch  Yerschiedenheit  der  Artikuiationsstelle 
des  Lautes  in  Betracht ').  Die  Assimilation  des  got.  auslautenden 
-h  an  folgenden  konsonantischen  Anlaut  {nip-pan  usw.)  setzt  eine 
starke  Reduktion  der  Reibung  voraus,  und  die  Reduktion  dürfte 
an  dieser  Wortstelle  in  der  Zeit,  als  z.  B.  taihun,  maihstus^  hi- 
naühan  zu  ai  und  aü  kamen,  ein  Stück  weiter  vorgeschritten 
gewesen  sein  als  in  diesen  Inlautstellungen.  Dabei  scheint  es 
aber  nicht  gleichgiltig  zu  sein,  daß  unsere  Einsilbler  sowie 
zugleich  jah  {jap-pans  usw.)  wohl  allermeist  schwachtonig  ge- 
braucht waren.  Wenn  auch  dieses  Moment  bei  der  Behandlung 
des  unmittelbar  vorausgehenden  Vokals  eine  Rolle  gespielt  haben 
sollte,  so  könnte  es  für  nauh  bei  der  Bestimmung  als  naiih  (und 
der  Herleitung  aus  *nu  q^e)  verbleiben,  indem  man  darin  die 
volltonige  Form  des  Wortes  sähe.  So  wäre  auch  das  Fehlen 
von  Angleichung  von  -h  an  ß-  in  riauhpan^  nauhpanuh  ohne 
weiteres  verständlich  2). 

So  viel  haben  unsere  Erörterungen,  denk  ich,  klar  ergeben, 

1)  E.  Sievers,  mit  dem  ich  über  die  physiologische  Seite  unseres 
Problems  sprach,  ist  der  Ansicht,  daß  sich  die  Entwicklungsgeschichte 
und  die  Wirkungen  des  germanischen  h  in  den  verschiedenen  germani- 
schen Sprachen  und  Mundarten  nur  verstehen  lassen,  wenn  man  den 
Laut  von  einer  gewissen  Zeit  an  als  laryngalen  Reibelaut  (Reibungs- 
geräusch im  Kehlitopf)  im  Sinne  des  sogenannten  heiseren  ^  des  Arabischen 
(vgl.  Sievers  Phonetik*  S.  69.  134)  auffaßt. 

2)  Die  Frage,  wie  1,  u  vor  auslautendem  -r  behandelt  worden  sind, 
kann  uns  gleichgiltig  sein,  weil  bei  r  in  der  Auslautstellung  von  Re- 
duktion oder  überhaupt  von  einer  für  vorausgehende  t  und  u  in  Betracht 
kommenden  besonderen  Modifikation  nicht  die  Rede  sein  kann.  Da  >• 
auch  in  dieser  Stellung  seine  o-Farbe  verrät  durch  das  o  aus  e  in  ufar, 
Akk.  fadar,  so  hegt  kein  Grund  vor,  die  Brechung  in  den  Formen 
wie  Adv.  faür,  Imper.  ga-tair,  Nom.  Sing.  M.  tmir,  fruma-batir,  Saiir,  Nom. 
Akk.  Sing.  N.  ga-baür  nicht  für  rein  lautgesetzlicli  zu  halten.  An  und  für 
sich  dürfte  man  freilicli  bei  allen  diesen  Formen  fragen,  ob  ihre  ai,  aü 
nicht  durch  den  gleichen  Vokal  in  stofflich  verwandten  Formen,  in  denen 
r  nicht  im  Auslaut  stand  (vgl.  fatlr  :  faüra,  ga-tair  :  gataira  usw.),  analo- 
gisch bedingt  gewesen  seien. 


Die  gotische  Partikel  -uä,  -h.  177 

daß  gegen  die  Annahme  von  kurzem  u  in  qiß-uh,  fvaz-uh  von 
phonetischer  Seite  her  nicht  das  Mindeste  einzuwenden  ist.  Das 
Bedenken,  das  Delbrück  Yergl.  Synt.  1,  513  ff.  gegen  die  Zurück- 
führung  von  -ith  als  -üh  auf  urgerm.  *-uidfve,  uridg.  ^-Tpq^e  und 
von  sah  als  sah  auf  urgerm.  *sa-idk'e^)  geltend  gemacht  hat,  teile 
ich  auch  heute  noch  durchaus.  Es  fehlt  jeder  Anhalt,  den  Nasal 
etymologisch  angemessen  unterzubringen.  Am  wenigsten  darf 
der  Nasal  von  lat.  cunque,  älter  quom-que  *wann  immer'  zum 
Vergleich  herangezogen  werden,  wie  sich  aus  den  Beurteilungen 
von  quom-que  bei  Verf.  IF.  15,  69  f.,  K  vergl.  Gramm.  449,  Grdr.  2^, 
2,  352.  358,  Walde  Lat.  et.  Wb.«  212  zur  Genüge  ergeben  dürfte. 

Ich  bleibe  demnach  dabei,  daß  das  -u-  von  -u-h  mit  der 
ai.  Partikel  u  identisch  war.  Diese  tritt  im  RV.  deiktisch  hinter 
Verbalformen  und  Pronomina  auf  und  anaphorisch  im  zweiten 
von  zwei  unmittelbar  aufeinander  folgenden  Sätzen.  S.  Delbrück 
Altind.  Svnt.  504  ff.  In  der  Verbindung  *-u-q-e  ist  der  besondere 
Sinn,  den  u  anfangs  für  sich  allein  gehabt  hatte,  im  Gotischen 
ebenso  gegen  den  Sinn  von  *q^e  zurückgetreten,  und  u  ist 
ebenso  nur  zur  Stütze  für  die  ihm  angehängte  Partikel  geworden, 
wie  das  bei  ja-h  'und'  mit  dem  Bestandteil  ja  der  Fall  war: 
dieser  war  die  auch  für  sich  allein  lebendig  gebliebene,  in  der 
Verbindung  ja-h  aber  semantisch  wertlos  gewordene  Partikel  ja 
*in  der  Tat,  fürwahr'  (vgl.  die  semantische  Entwertung  von 
griech.  11  *so,  in  der  Tat'  in  *ri-Fe  r|e  'oder'). 

Bei  dem  Nebeneinander  von  -uh  und  -h  kam  man  in  der 
Wahl  der  einen  und  der  andern  Form  zu  bestimmten  Gewohn- 
heiten nach  Maßgabe  des  Auslauts  des  vorausgehenden  Wortes: 
-Ä,  wenn  das  vorausgehende  Wort  auf  einen  Vokal  auslautete 
außer  auf  -a  in  nichterster  Silbe,  z.  B.  sa-h^  sä-h,  ßö-h,  biße-h, 
h'a-h,  hö-h^  harjatO-h^  ga-h-melida,  icüjau-h,  dagegen  -uh  bei 
konsonantischem  Auslaut  und  beim  Auslaut  -a  in  zwei-  und 
mehrsilbigen  Formen,  z.  B.  ßiz-uh,  fvaz-uh,  wdz-uh,  diz-uh-ßan- 
sat,  qeßun-uh  und  ßat-uh  {ßata\ßan-uh  (ßana),  ßamm-uh  {ßamma\ 
qiß-uh  iqißa),  iddj-uh  (iddja),  handwkl-uh  (bandwida). 

Dabei  enthüllt  der  Gegensatz  der  letztgenannten  Formen 
ßat-uh  usw.  zu  den  Formen  harjatö-h,  hanö-h  harjanö-h,  hamme-h 

1)  Während  für  sah  und  hah  Streitberg  Elem.»  S.  119.  121  ä  ver- 
mutet, spricht  er  sich  über  die  Quantität  des  a  in  jah  und  in  den  Fällen 
wie  gah-melida  nicht  aus.  Vermuthch  gibt  er  diesen  kurzes  a,  analysiert 
sie  also  als  ja-h,  ga-h-. 


178  Karl  Brugmann, 

fvarjamme-h  ainhaparamme-h  eine  chronologische  Verschieden- 
heit. Am  frühsten  ist  es  zu  einem  festen  Anschluß  der  Partikel 
bei  den  Jeder-Pronomina  gekommen.  Deren  historische  Para- 
digmata bildeten  sich,  wie  Iva-h  zeigt,  nach  dem  Schwund  von 
auslautendem  Dental  {Iva  =  lat.  quod) '),  ferner,  nach  Ausweis 
von  Gen.  hiz-uh  harjiz-uh^  auch  erst  nach  Abfall  von  auslau- 
tendem -a  in  nichterster  Wortsilbe  {his  =  aksl.  mo)*),  aber,  wie 
h>arjatö-h  usw.  beweisen,  noch  vor  Kürzung  auslautender  Yokal- 
längen  [hanö-h :  band).  Durch  fvanö-h  u.  dgl.  wird  der  Ver- 
schmelzungsvorgang in  dieselbe  Sprachperiode  verwiesen,  in  der 
-hun  fest  anwuchs :  vgl.  Nom.  Sing.  F.  ainö-hun^  Dat.  Sing.  M. 
ainumme-hun.  Dagegen  können  ßat-uh,  ßan-uh,  qip-uh  usw.  erst 
aufgekommen  sein,  als  schon,  mit  Kürzung  des  langen  Endvokals, 
ßata^  ßana,  qißa  gesprochen  wurde.  Sie  stehen  auf  gleicher 
Linie  mit  ßaf  ist  aus  ßata  ist,  kar^  ist  aus  kara  ist  u.  dgl. 

Das  silbische  Enklitikon  -uh  hat  bei  den  Jeder-Pronomina 
einen  beschränkteren  Grebrauchsbereich  als  sonst:  Nom.  haz-uh 
harjiz-uh,  Gen.  hiz-uh  tvarjiz-uh,  Akk.  hanz-uh,  Adv.  hnr-uh 
(in  ßis-haruh  pei  'wo  auch  immer').  Man  könnte  daher  leicht 
denken,  hier  habe  ursprünglich  nur  -h  ohne  u  geherrscht  (vgl. 
lat.  quis-qtie,  quom-que,  ai.  kds  c«),  und  -uh  sei  für  -h  nur  infolge 
phonetischer  Unbequemlichkeit  eingedrungen  nach  der  Analogie 
von  ßiz-iih,  ßanz-uh,  ßar-uh  u.  dgl.  Nötig  ist  aber  diese  Annahme 
nicht.  Denn  wenn  auch  der  eigentliche  Träger  des  Sinnes  der 
Verallgemeinerung  -h  war  ('wer  auch'),  so  kann  doch  von  Anfang 
an  öfters  auch  noch  die  Partikel  u  unmittelbar  hinter  dem  Pro- 
nomen gebraucht  worden  sein,  um  dieses  hervorzuheben:  vgl. 
M  hinter  Fragepronomina  im  Altindischen  (Delbrück  Altind. 
Synt.  504 f.).  Daß  darauf  -uh  auf  die  Anwendung  liinter  kon- 
sonantischem Auslaut  eingeschränkt,  in  dieser  Stellung  aber 
obligatorisch  wurde,  war  dann  freilich  lediglich  durch  die  pho- 
netische Bequemlichkeit  bedingt.  Bei  der  Unsilbigkeit  von  -h 
war  die  Durchführung  von  diesem  durch  alle  Kasus,  ein  Ver- 
fahren also  wie  bei  aiiis-hun,  ainis-hun  usw.,  ausgeschlossen. 
Dafür,  daß  die  Verwendung  des  einfachen  -h  und  des 
zusammengesetzten  -u-h  schließlich  nach  rein  phonetischen  Ge- 
sichtspunkten geregelt  worden  ist,  habe  ich  Demonstrativpron.  66 

1)  Vgl.  Streitberg  Urgerm.  Gramm.  146 f.,  Trautmann  Germ.  Lautges. 
69,  Janko  IF.  Anz.  19,  47. 

2)  Vgl.  Streitberg  a.  a.  0.  171. 


Die  gotische  Partikel  -uh,  -h.  179 

verwiesen  auf  den  "Wechsel  zwischen  -k  {=  lat.  -ce)  und  -ik 
(aus  *-id-k)  beim  oskisch-umbrischen  Demonstrativum  /-,  z.  B. 
osk.  iz-ic  *is',  id-ic  id-ik  'id',  aber  io-c  iiii-k  lü-k  *ea'  usw. 
(V.  Planta  Gramm.  2,  229  ff.,  Bück  Grammar  140  ff.  146),  ferner 
auf  die  satzphonetischen  Eegulieningen  im  Gebrauch  von  lat.  ä, 
entstanden  aus  abs^  und  ab^  von  griech.  oütuu  und  outujc  u.  dgl. 

In  den  Fällen,  wo  sich  -ic-h  neben  -h  länger  als  bei  den 
Jeder-Pronomina  erhalten  hat,  bei  dem  neben  sa  stehenden 
Pronomen  sa-h  und  in  der  kopulativen  Terwendung,  z.  B.  nrreis 
nimuh  'eT^ipe  Kai  dpov',  muß  u  unter  aUen  Umständen  ur- 
sprünglich einen  besonderen  Sinn  für  sich  gehabt  und  zwar 
eine  Bedeutung  gehabt  haben,  wie  sie  auch  beim  vedischen  u 
begegnet. 

In  der  Verbindung  mit  dem  Pronomen /a- (Gen. //^-m-ä  usw.) 
betonte  u  einstens  die  materielle  Übereinstimmung  mit  dem 
Bezugswort,  d.  h.  es  betonte,  daß  mit  pa-  der  genannte  oder 
der  zu  nennende  Begriff  gemeint  sei  ('der  und  kein  andrer, 
eben  der,  just  der.  der  jedenfalls').  Hier  entspricht  u  dem  ai.  u 
hinter  ta-  in  RY.-Stellen,  die  Grassmann  Wtb.  Sp.  240  unter  ö) 
und  6)  nennt,  wie  1,  164,  19  ye  arväncas  tärl  n  paracet  äJiur  ye 
pärärkas  tan  u  arväca  ähuh  'welche  herwärtsgewendet  sind, 
(just)  die  nennen  sie  abgewendet,  und  welche  abgewendet,  (just) 
die  nennen  sie  herwärtsgewendet'.  Dies  war  denn  ursprünglich 
der  Sinn  des  u  in  Sätzen  von  der  Art  wie  Joh.  5,  38  (Skeir.  6,  24) 
Panei  insandida  jains.  p  am  muh  jus  ni  galaubeiß  *öv  dTrecxeiXev 
eKBVoc,  TouTuj  u.ueic  ou  TncTeüexe'  (andre  ähnliche  Stellen  bei 
E.  Schulze  Goth.  Glossar  S.  366). 

Rein  kopulatives  und  zwar  Yerba  verbindendes  -uh  hat 
man  z.  B.  Mk.  2,  11  urreis  nimuh  ßata  hadi  pein  'eyeipe  Kai 
dpov  TÖv  KpdßaTTOV  cou',  Joh.  16,  17.  18  paruh  qeßun  us  ßaim 
sipOnjam  du  sis  missö:  ha  ist  .  .  .  qepunuh:  pata  usw.  'emov  ouv 
eK  Tüüv  |ia9riTÜüv  aÜTOÜ  npöc  dXXrjXouc  •  li  ecTiv  .  .  .  eXeTOV  ouv  • 
TOÖTo  ktX.'  Hier  ist  -u-  demjenigen  Gebrauch  des  u  im  Alt- 
indischen zu  vergleichen,  den  Grassmann  Sp.  238  beschreibt: 
"Wenn  zwei  (vollständige  oder  unvollständige)  Sätze  teils  Gleiches, 
teils  Verschiedenes  oder  Entgegengesetztes  enthalten,  so  wird 
das  Gleiche  (in  der  Regel)  in  beiden  vorangestellt,  und  hinter 
das  wiederkehrende  Wort  des  zweiten  Satzes  u  gesetzt,  um  den 
Gegensatz  oder  die  Gegenseitigkeit,  oder  den  Entgelt  und  zwar 
oft  nur  in  leisester  Weise  auszudrücken;   etwa   wiederzugeben 


180  Karl  Brugmann,  Die  gotische  Partikel  -tih,  -h. 

durch  auch,  andrerseits,  hiniciederum,  dagegen,  nur  daß  alle  diese 
Ausdrücke  zu  stark  sind",  z.  B.  RV.  1,  91,  18  sd  te  pdyäsi  sdm 
u  yantu  väjäh  'vereinigen  sollen  sich  in  dir  die  Tränke,  ver- 
einigen auch  (andereeits)  die  nährenden  Kräfte  (vgl.  auch  Del- 
brück Altind.  Synt.  507  ff.).  Eine  gewisse,  auf  dem  ursprüng- 
lichen Wert  des  u  beruhende  Selbständigkeit  zeigt  -uh  vielleicht 
noch  in  seiner  Verbindung  mit  jah  Eph.  4,  8  nssteigands  in 
hauhipa  iishanß  hunp  jah  at-uh-gaf  gibös  mannam  'dvaßdc  eic 
iji|;oc  j^XMCi^^Teucev  aixjLiaXuJciav  Kai  IbiuKev  öoiaara  xoic  dv6puj- 
TTOic*,  da  das  kaum  auffallender  ist  als  die  geläufigere  Verbindung 
von  -uh  mit  vorausgehendem  Ip,  z.  B.  Luk.  7,  6  ip  I^sus  iddjuh 
mip  im  '6  be  'IncoOc  erropeueTo  cuv  auioic''). 

-uh  in  der  Komposition  mit  pa-  und  das  rein  kopulative 
-iih  blieben  als  dasselbe  Sprachelement  noch  länger  im  Bewußt- 
sein der  Sprechenden  verbunden  gegenüber  dem  -iih  hinter  den 
Formen  des  Pronominalstamras  ha-.  Sie  bewahrten  sich  auch 
länger  als  dieses  noch  eine  gewisse  Selbständigkeit  als  Wort 
im  Satz,  wenn  auch  die  Freiheit  der  Stellung  ebenfalls  schon 
stark  eingeschränkt  gewesen  sein  muß,  namentlich  in  der  Ver- 
bindung mit  /«-.  Daß  dabei  -u-  neben  -h  nicht  ganz  seines 
ursprünglichen  Wertes  entkleidet  war,  zeigt  der  Umstand,  daß 
man  nicht  *pata-h,  *ßamnia-h  und  *qipa-h,  *iddja-h,  die  es  wohl 
einmal  neben  sa-h,  sö-h,  pai-h,  bipS-h  und  iviljau-h,  ga-h-milida, 
hi-p-pan-gitanda  u.  dgl.  gegeben  hat,  festhielt,  sondern  ihnen 
pat'  uh  usw.  vorzog.  Hinter  konsonantischem  Auslaut  aber,  wie 
in  piz-uh,  pam-uh,  par-uh  und  qßpun-uh,  diz-uh-ßan-sat,  spielte 
-uh  wieder,  ebenso  wie  bei  haz-uh  usw.,  die  phonetische  Be- 
quemlichkeit mit. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


1)  jah  in  Eph.  4,  8  soll  nach  Meillet  M6m.  15,  82  Zusatz  eines  Ab- 
schreibers sein,  der  das  eingeschobene  -uh-  nicht  mehr  verstand.  Dieses 
kopulative  -uh-  war  aber  doch  keineswegs  eine  Rarität  in  den  gotischen 
Texten,  und  so  sieht  man  nicht,  warum  es  nicht  mehr  sollte  verstanden 
worden  sein. 


W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken,  Berichtigungen  U.Ergänzungen  usw.    181 

Berichtigungen  und  Ergänzungen  zu  Waldes  Lateiniscliem 

Etymologiscliem  Wörterbuch,  2.  Auflage,  aus  dem  Gebiet 

der  Slayistik  und  Lituanistik. 

Da  Waldes  Lateinisches  Etymologisches  Wörterbuch  den 
Lesern  der  IE.  schon  seit  Jahren  gut  bekannt  ist,  wäre  jetzt 
kaum  der  geeignete  Ort  und  Zeitpunkt  für  eine  Würdigung  der 
Bedeutung  dieses  Werkes,  sei  es  auch  nur  für  das  Spezialgebiet 
der  Slavistik  und  Lituanistik.  Dennoch  kann  ich  es  mir  hier 
am  Eingang  einer  Abhandlung,  die  sich  vielfach  mit  unrich- 
tigen Auffassungen  und  ungenauen  Angaben  Waldes  in  bezug 
auf  slavische  und  baltische  Worte  und  Sippen  beschäftigen  soll, 
nicht  versagen,  ausdrücklich  zu  betonen,  daß  ich  keineswegs 
den  unschätzbaren  Wert  des  Waldeschen  Werkes  für  die  Wissen- 
schaft verkenne.  Ich  muß  im  Gegenteil  bekennen,  daß  ich  bei 
meinen  etymologischen  und  sonstigen  sprachwissenschaftlichen 
Studien  kein  anderes  Buch  so  intensiv  und  so  freudig  benutzt 
habe,  wie  gerade  den  Walde,  und  daß  ich  das  Bewußtsein  habe^ 
ihm  unendlich  viel  nie  versiegende  Anregung  zu  verdanken.  Es 
ist  meine  Überzeugung,  daß  die  Unentbehrlichkeit  Waldes  für 
jeden  Slavisten,  der  nicht  nur  Philologe  im  engsten  Sinne  des 
Wortes  sein  will,  auch  dann  nicht  aufhören  wird,  wenn  Ber- 
nekers  Slavisches  Etymologisches  Wörterbuch  vollendet  sein  wird, 
schon  allein  darum,  weil  Walde  die  indogermanischen  Beziehungen 
der  Sippen  weit  eingehender  veranschaulicht,  als  es  Berneker 
in  Anbetracht  des  ungeheuren  Umfangs  seines  slavischen  Wort- 
schatzes tun  kann. 

Die  Unrichtigkeiten  und  Ungenauigkeiten,  die  uns  hier 
beschäftigen  werden,  sind  zumeist  derartige,  wie  sie  in  einem 
so  umfassenden  etymologischen  Wörterbuche  unausbleiblich  sind, 
denn  man  kann  von  dem  Verfasser  eines  solchen  Werkes  nicht 
die  gleiche  Detailkenntnis  in  allen  denjenigen  Sprachen  und 
Sprachzweigen,  die  er  in  den  Bereich  seiner  Darstellung  mit 
einbeziehen  muß,  voraussetzen.  Er  ist  vielfach  auf  Arbeiten 
anderer  angewiesen  und  dann  nicht  in  der  Lage  an  den  ihm 
vorliegenden  Worten  und  Et\-mologien  strenge  Kritik  zu  üben. 
Er  tut  gut  daran,  die  fremden  Ansichten  auch  da,  wo  er  ihre 
Berechtigung  nicht  nachprüfen  kann,  zu  registrieren  und  ist 
berechtigt,  die  Aufdeckung  etwaiger  Irrtümer  den   Benutzem 


182  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

seines  Buches  zu  überlassen.  Die  bei  Walde  zu  findenden  Irr- 
tümer im  Slavischen  und  Baltischen  rühren  hauptsächlich  von 
anderen  her  und  sind  in  der  iudogermanistischen  Literatur  weit 
verbreitet.  Ein  Ankämpfen  gegen  die  Verschleppung  derselben 
besteht  sporadisch  wohl  auch  schon  fast  ebenso  lange  wie  die 
Irrtümer  selbst.  Aber  in  einem  etymologischen  Werke  befinden 
sich  Etymologien  auf  einem  weit  exponierteren  Platze  und 
wirken  viel  autoritativer,  als  etwa  in  Grammatiken,  wo  sie  haupt- 
sächlich als  Beispiele  bei  Demonstrierung  lautlicher  und  mor- 
phologischer Probleme  dienen,  oder  in  Zeitschriftenaufsätzen, 
deren  breitere  Darstellung  das  Interesse  auch  auf  andere  Momente 
hinlenkt  und  nicht  immer  über  die  schwachen  Seiten  der  be- 
treffenden Auffassungen  unbemerkt  hinweggleiten  kann.  Dem- 
gemäß erscheint  mir  Waldes  vielbenutztes  Wörterbuch  mit  seinem 
reichhaltigen  Wortmaterial  eine  geeignete  Grundlage,  um  gewissen 
in  der  Indogermanistik  verbreiteten  Irrtümern  aufzuspüren,  deren 
Entstehung  zu  erklären  und  gegebenen  Falles  Verbesserungs- 
vorschläge zu  machen.  Es  ist  m.  E.  zu  bedauern,  daß  eine  der- 
artige Arbeit,  wie  ich  sie  hier  unternommen  habe,  nicht  schon 
vor  Erscheinen  der  zweiten  Auflage  des  Walde  veröffentlicht 
worden  ist,  desgleichen,  daß  Berneker  in  seinem  Et.  Wb.  (hier 
zitiert:  Berneker)  manche  günstige  Gelegenheit  hat  vorüber- 
gehen lassen,  wo  er  bequem  hätte  Walde  auf  den  einen  oder 
anderen  Irrtum  aufmerksam  machen  können.  Wenn  z.  B.  Ber- 
neker gewisse  zu  beanstandendeWorteund  Wortauffassungen  bei 
Walde  überhaupt  nicht  erwähnt  (s.  unten  s.  v.  fäbula,  fiher 
wegen  ksl.  hrunathm^  gannio  wegen  gqgnqti^  genius^  glomus^ 
gula  wegen  russ.  goltb^  laevus  wegen  lettl'auns)  oder  doch  nur 
positiv  Richtiges  darüber  äußert  {cattus,  defendo,  lacio^  bes. 
wegen  öech.  Idkati),  so  genügt  das  noch  nicht  ohne  weiteres, 
um  in  allen  Fällen  daraus  die  Tatsache,  daß  Irrtümer  vorliegen, 
zu  erkennen;  ja  auch  in  Fällen  wie  serb.  prökola  (scalpo)  wäre 
eine  Erwähnung  von  Waldes  abweichender  Erklärung  nicht 
unpraktisch  gewesen.  Ich  meine,  Etymologen  tun  gut  daran, 
sich  in  diesen  Sachen  gegenseitig  in  die  Hände  zu  arbeiten. 
Es  ist  nun  kaum  möglich,  daß  der  eine  A^'erfasser  seine  Worte 
an  der  Hand  des  Werkes  des  andern  eingehend  verifiziert;  er 
wird  das  immer  nur  da  tun,  wo  er  Grund  zur  Skepsis  hat. 
Wohl  aber  wird  er  häufig  einen  Blick  hineintun,  um  die  all- 
gemeine Behandlung  der  Sippen   zu   vergleichen;    und   dabei 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     183 

werden  ihm  kurze  Hinweise  auf  seine  Irrtümer  die  Arbeit  un- 
gemein erleichtern,  während  über  eine  bloß  richtige  Bemerkung 
das  Auge  oft  achtlos  hinweggleitet. 

Was   die   Gründe   der  falschen   Auffassungen    über    eine 
Reihe  slavischer  und  baltischer  Worte  in  der  Indogermanistik 
und  speziell  auch  bei  Walde  anbetrifft,  so  sind   diese  Irrtümer 
zum  großen  Teile  durch  unsachliche  Angaben  der  Wörterbücher 
verschuldet  die  teils  ungenau,  teils  direkt  unrichtig,  teils  nicht 
erschöpfend  genug  sind  und  durch  Verschweigen  gewisser  Neben- 
umstände den  unbefangenen  Leser  leicht  zu  Mißvei'ständnissen 
veranlassen  können.  Vgl.  unten  die  Beispiele  für  einseitige  und 
mehrdeutige  Bedeutungsangaben  (abg.  cena  *Ti|ir|',  ksl.  shta  'hiems', 
'posivb  'benignus',  lit.  höü  Vonach  fragen',  lett.  l'aiins  'link,  übel* 
s.v.  caerimönia,  caleo,  civis^  fäbula,  Iaerus\  für  falsch  er- 
schlossene Nominative,  Präsentia  und  Infinitive  [cattus,  der- 
biösus,  fodio)  und  für  Nichtbezeichnung  etymologisch  wertloser 
Rückbildungen  oder  solcher  ctiraH  XeToiaeva,  die  auf  Schreibfehlern 
resp.  künstlichen  Abstraktionen  beruhen  können  {gero^  her  es  ^ 
partes,  spiro,  vielleicht   auch  gninda   wegen   gred^).    Wer 
sich  in  den  Wörterbüchern  solcher  Sprachen,   die  ihm   wenig 
bekannt  sind,  nicht  durch  Quellenangaben,  etymologische  Hin- 
weise  (bei   Komposita   und  Ableitungen),   gute   Beispiele    usw, 
über  Provenienz,  Gebrauchssphäre,  Lebendigkeit  und   dgl.  der 
Wörter  genügend  orientieren  kann,  der  fällt  leicht  auf  Wörter 
primären  Aussehens  mit  scheinbar  prägnanter  Bedeutung  herein, 
die  oft  eine  so   verblüffende  Ähnlichkeit  mit  anderssprachigen 
Worten  haben,  daß  eine  etymologische  Verbindung  mit  diesen  sich 
ohne  weiteres  zu  ergeben  scheint,  vgl.  die  Zusammenstellungen 
abg.  Iqciti :  lat.  lancinäre (s.  v.  lacer) ;  russ. mäjath :  lat. mOUs  (s.  v.) ;  ksl. 
rephjh  :  ahd.  räfo  'Balken,  Sparren';  teziti  :  griech.  cikxoc;  lit.  te- 
myti :  griech.  TTnneXeu)  (s.  v.  räpum,  taedet^  timeo).    Eine  ganz 
besonders  schwere  Sache  für  den  Etymologen  ist  die  Wahl  der 
Sippenvertreter  einer  bestimmten  Sprache  oder  eines  Sprach- 
zweiges.   Selbst,  wenn   man  die  in  Frage  stehenden   Sprachen 
gut  kennt,  ist  die  Wortwahl  nicht  immer  leicht,  weil  verschiedene 
Gesichtspunkte  mit  einander  kollidieren.    Teils  wird  man  Worte 
wählen  wollen,  die  ein  möglichst  altertümliches  Gepräge  haben, 
teils  aber  wird  man  dem  gegenwärtigen  Sprachstadium  Rechnung 
tragen  und  solche  Worte  nehmen,  die  für  das  Sprachgefühl  als 
Mittelpunkte  der  Sippen  gelten  können.    Wenn  man   nicht  gar 


184  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

ZU  viel  Raum  für  jeden  einzelnen  Sprachzweig  zur  Veiüigung 
hat,  wird  man  durch  eine  geschickte  Gruppierung  der  Worte, 
durch  Klammern,  kurze  Zusätze  und  dgl.  der  Möglichkeit  falscher 
Eindrücke  und  Schlußfolgerungen  bei  den  Lesern  vorzubeugen 
suchen.  Wer  aber  kein  Sprachgefühl  hat,  sondern  nur  auf 
Wörterbücher  angewiesen  ist,  wird  zwischen  geeigneten  und 
ungeeigneten  Worten  nicht  unterscheiden  können  und  wird  oft 
beliebige  junge  oder  seltene  Worte  wählen,  die  entweder  nichts 
positiv  Bemerkenswertes  bieten  oder  ohne  Kommentar  mehrdeutig 
sind,  wobei  auch  etwas  gewagte  Wortgleichungen  mit  unter- 
laufen, s.  unten  clueo^  cruentus^  flagro,  grunda  (wegen 
gred^\  locus,  ipluo).  Wie  weit  man  in  der  Korrektur  einer 
ungeeigneten  Wortwahl  zu  gehen  hat,  bleibt  dem  subjektiven 
Empfinden  des  Einzelnen  überlassen.  Es  läßt  sich  wohl  kaum 
leugnen,  daß  derartige  Korrekturen  den  ferner  stehenden  pe- 
dantisch und  kleinlich  erscheinen  mögen.  Anderseits  aber  ist 
ein  Etymologisches  Wörterbuch  leider  oft  der  Ort,  aus  dem  die 
Sprachforscher  ihre  Kenntnisse  über  den  Wortvorrat  fremder 
Sprachen  schöpfen,  und  es  erscheint  mir  doch  erstrebenswert, 
die  Zirkulation  ungesicherter  Worte  oder  falscher  morphologischer 
Vorstellungen  auch  da  einzuschränken  zu  suchen,  wo  die  Ety- 
mologie als  solche  nicht  darunter  leidet.  Es  sind  oft  nur  gering- 
fügige Änderungen  (Beobachtung  einer  rationellen  Reihenfolge, 
Zufügung  anderer  Worte  oder  Formen  und  dgl.),  die  einen 
störenden  Eindruck  verwischen  können,  s.  unten  callis,  can- 
nabis,  cöniveo,  foria,  liabeo,  tnico,  plöro,  ravus  (wegen 
revq\  scrobis.  Ich  habe  zwar  keine  systematische  Untersuchung 
über  Waldes  Wortwahl  angestellt,  habe  aber  doch  häufig  Ände- 
rungsvorschläge gemacht.  Es  ist  mir  wohl  bewußt,  daß  ein 
Etymologe  beim  Registrieren  fremder  Ansichten  auch  da,  wo 
ihm  an  sich  besseres  Wortmaterial  zur  Verfügung  steht,  von 
seinen  Quellen  abhängig  ist.  Wenn  ich  hie  und  da  auch  in 
solchen  Fällen  andere  Worte  genannt  habe,  so  ist  das  mehr  zur 
Orientierung  der  Leser  geschehen,  als  zur  Verbesserung  von 
Waldes  Darstellungsweise. 

Im  Slavischen  sind  es  namentlich  das  Lexicon  Palaeo- 
slovenicum  von  Miklosich  und  das  Etymologische  Wörterbuch 
de.sselben  Verfassers  (hier  bezeichnet  Lex.  Pal.  und  Et.  Wb.), 
und  im  Litauischen  Nesselmanns  Wörterbuch  der  Littauischen 
Sprache  und  Kurschats  Littauisch-Deutsches  Wörterbuch  (hier 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     185 

bezeichnet  Ness(elmanii)  und  KLD  resp.  Kurschat),  letzteres 
namentlich  in  bezag  auf  die  dem  Verfasser  selbst  unbekannten 
und  von  ihm  in  eckige  Klammern  gesetzten  Worte  (hier  KLD[), 
deren  unkritische  Benutzung  viele  Yersehen  hervorgerufen  hat. 

Viele  aus  Miklosich  übernommene  scheinbar  altkirchen- 
slavische  Worte  stammen  bekanntlich  aus  jungen  Quellen,  die  zwar 
zur  slavischen  Kirchensprache  im  weitesten  Sinne  des  Wortes 
gerechnet  werden  können,  aber  doch  auch  Neubildungen  und 
Kunstbildungen  der  letzten  Jahrhunderte  enthalten,  so  daß  in 
allen  Fällen,  wo  wir  keine  guten  literarischen  Belege  für  die 
Worte  haben,  Vorsicht  angebracht  ist.  Während  wir  bei  den 
Worten  des  Lex.  Pal.  wenigstens  die  Sicherheit  haben,  daß 
Miklosich  sie  tatsächlich  in  einer  kyrUlisch  oder  glagolitisch 
geschriebenen  Quelle  vorgefunden  und  nur  äußerliche  gra- 
phische Veränderungen  an  ihnen  vorgenommen  hat,  scheint  es, 
als  ob  er  im  Et.  Wb.  sogar  selbst  Worte  konstruiert  hat,  d.  h.  teils 
aus  Ableitungen  Grundwörter  abstrahiert,  teils  aus  ihm  persön- 
lich bekannten  Worten  der  modernen  Sprachen  ihre  ksl.  Ent- 
sprechungen erschlossen  hat,  wobei  sogar  eine  durch  falsche 
Etymologisierung  hervorgerufene  Vernachlässigung  der  Laut- 
gesetze zu  beobachten  ist,  s.  das  unten  über  cutüi^  mlachavb- 
mlochavb,  gqgnqti  und  Jcbnejb  (s.  v.  caveo,  flaccus.  gannio^ 
genius)  Gesagte.  Wenn  die  Etymologien  sonst  haltbar  sind, 
können  wir  die  scheinbar  abg.  Worte  oft  durch  Worte  der 
modernen  Sprachen  (fiber,  humulus,  ornus,  spiro  wegen 
bru7iatb)ii,  cJmneh,  jasem  und  jasika,  pmhi)  oder  durch  andere 
Bildungen  der  selben  Wurzel  (gero,  grunda,  her  es  wegen 
zestb^  gred-b  jazdi)  ersetzen.  Übrigens  empfiehlt  es  sich,  die  auch 
in  russ.  Überlieferung  belegten  Worte  bei  Sreznevskij  Materialy 
dlja  slovarja  drevne-russkago  jazyka  po  pis&mennym»  pamjat- 
nikams  Petersburg  1893  ff.  (zitiert  Sreznevskij  Mat.)  zu  suchen, 
da  dort  bessere  Belege  sind  und  sich  leichter  Schlußfolgerungen 
philologischer  Art  ziehen  lassen,  als  bei  Miklosich  Lex.  Pal. 

Walde  bezeichnet  die  (meist  indirekt)  auf  Miklosich  zu- 
rückgehenden ksl.  Worte  mit  geringen  Ausnahmen  ohne  Rücksicht 
auf  ihre  Quellen  als  altbulgarisch  (ab.).  Diese  Bezeichnungsweise 
als  einzige  erscheint  mir  auch  dann  ungeeignet,  wenn  man  alle 
unsicheren  oder  notorisch  jungen  Worte  ganz  ausscheidet  und 
durch  bessere  ersetzt.  Wir  können  natürlich  an  Walde  nicht 
den  Anspruch  stellen,  daß  er  sich  genau  nach  den  Quellen  der 


186  W.  Frhr.  v.  d.  Ostcn-Sacken, 

einzelnen  Worte  umsieht  und  sie  demgemäß  nach  Bernekers 
Methode  je  nach  ihrer  Provenienz  als  abg.,  ksl.,  niss.-ksl.,  nbulg.- 
ksl.,  serb.-ksl.  bezeichnet;  auch  wtirde  diese  von  Berneker  mit 
Recht  angewandte  Scheidung  für  ein  nichtslav  istisch  es  "Werk  zu 
subtil  sein  und  den  Leser  unnütz  verwirren.  Es  kommt  noch 
hinzu,  daß  man  iu  solchen  Fällen  wie  doly^  gqg{b)nqti,  greda 
(s.  unten  dölium^  gannio,  grunda)  und  hrut^  'Nagel'  (serb.- 
ksl.  hruth\  vgl.  Walde  s.  v.  farc'io  und  Bernekers  Artikel  hrutb) 
die  aus  vielen  Gründen  (namentlich  bei  alten  und  weitverbrei- 
teten Worten)  praktische  abg.  Lautform  nur  dann  der  Schreibung 
zugrunde  legen  darf,  wenn  man  die  Zusätze  mbg.,  russ.,  serb. 
vermeidet.  Wo  es  sich  um  volkstümliche  und  kulturhistorisch 
interessante  Worte  einer  Einzelsprache  aus  alter  Zeit  handelt,  wie 
z.  B.  bei  aserb.  sebii»  'freier  Bauer',  tragi  'Nachkommen'  (unten 
Sahini  und  traho),  wird  man  allerdings  die  Bezeichnung  aserb.^ 
aruss.  usw.  und  die  jüngere  Lautgestalt  vorziehen;  bei  sehn  wäre 
die  ksl.  Lautform  *sfbri  auch  schon  des  -f-  wegen  zu  vermeiden^ 
denn  theoretisch  könnte  man  unter  Umständen  neben  russ. 
sjabrb  'Nachbar,  Freund'  aus  *sebrb  auch  ein  nasalloses  süd- 
slavisches  *sebn  verteidigen,  während  z.  B.  für  russ.-ksl.  grjada 
neben  poln.  grzeda  auch  der  rigoroseste  Theoretiker  eine  Grund- 
form urslav,  *grjada  neben  *greda  für  ausgeschlossen  halten  muß. 
Soweit  ich  die  Verhältnisse  überbUcken  kann,  würde  es 
sich  leicht  durchführen  lassen,  wenn  man  in  einem  solchen 
Werke  wie  Walde  im  allgemeinen  die  Bezeichnungsweise  ksl. 
anwenden  und  abg.  (ab.)  nur  für  solche  Worte  reservieren  würde, 
über  deren  Vorkommen  in  den  sog.  'pannonischen'  Quellen  man 
sich  an  der  Hand  von  Berneker,  der  Glossare  in  Leskiens  Hand- 
buch der  abg.  Sprache  und  in  Meillets  fitudes  sur  l'fitymologie 
et  le  Vocabulaire  du  Vieux  Slave  (hier  zitiert:  Meillet  fitudes) 
und  des  Lex.  Pal.  von  Miklosich  orientiert  hat,  oder  auch  nur 
für  diejenigen,  auf  deren  'pannonische'  Provenienz  man  aus  be- 
sonderen Gründen  aufmerksam  machen  will.  Ich  habe  hier 
darauf  verzichtet,  bei  Waldes  Worten  die  Berechtigung  der 
Bezeichnung  abg.  nachzuprüfen,  insofern  es  sich  mir  niclit  um 
Ausscheidung  unsicherer  oder  notorisch  junger  Worte  handelte. 
Wo  ich  aber  hier  Waldes  Worte  mit  einem  Prädikat  anfüiiro, 
da  gebrauche  ich  abg.  nur  in  den  Fällen,  wo  diese  Bezeichnung 
berechtigt  ist;  doch  mögen  sich  auch  unter  den  Worten,  die 
ich   vorsichtshalber  als  ksl.  bezeichne,  'pannonische*  befinden. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     187 

Nesselmann  und  die  älteren  deutschen  Bearbeiter  der 
litauischen  Sprache,  deren  Grammatiken  und  Wörterbücher  er 
benutzt  hat  (Ruhi^,  Mielcke  usw.),  haben  das  Litauische  selbst 
meist  nur  wenig  oder  gamicht  beherrscht,  und  sie  verstanden  es 
nicht,  alle  gelesenen  oder  gehörten  Worte  ihrem  in  der  Grund- 
lage verhältnismäßig  gut  ausgebildeten  orthographischen  System 
anzupassen.  Die  Linguisten  nun,  die  Xesselmann  oder  Kurschat 
(bei  KLÜ[  ist  die  Schreibweise  der  Quellen  meist  beibehalten 
worden)  benutzen,  fassen  diese  Worte  meistens  so  auf,  als  wenn 
sie  in  Kurschats  Orthographie  geschrieben  wären,  was  vielfach 
zu  morphologischen  Irrtümern  führt.  Ein  sehr  in  die  Augen 
springender  Punkt  bei  der  Untersuchung  von  Nesselmanns 
Worten  ist  z.B.  die  auch  schon  bei  seinen  Vorgängern  vorhandene 
und  bei  KLD[  beibehaltene  Nichtbezeichnung  der  Palatalität, 
was  teils  auf  Nachlässigkeit  (unten  s.  v.  derbiösus,  graculus)^ 
teils  auf  Unkenntnis  des  graphischen  Palatalitätsausdruckes  der 
älteren  Quellen  zu  beruhen  scheint.  Letzteres  betrifft  insbe- 
sondere die  ^-Laute,  s.  unten  caleo,  minus  und  Fn.,  viliSj 
volo.  Andere  Beispiele,  beti'effend  die  graphische  Wiedergabe 
bei  Nesselmann  und  KLD[,  werden  unten  s.  v.  dens^  fiber,  leo, 
letum,  pecu,  vetus  erwähnt. 

Eine  weitere  Quelle  für  Irrtümer  besteht  in  der  Tendenz 
mancher  Etymologen,  Komposita,  Ableitungen  usw.  aus  ihrem 
natürlichen  Zusammenhang  zu  reißen,  um  sie  auf  Grund  einer 
zufälligen  oft  nur  scheinbaren  Ähnlichkeit  mit  Worten  aus  anderen 
Sprachzweigen  in  anderweitige  Verbindungen  zu  bringen.  Bei- 
spiele s.  unten  s.  v.  horior.  lacertus^  mOles,  nävus,  pannus, 
patro^  viesco.  Die  Neigung  so  zu  verfahren,  von  der  ich  mich 
keineswegs  freisprechen  kann,  liegt  ja  sehr  nahe,  zumal  wenn 
man  die  Worte  aus  den  Wörterbüchern  schöpft  und  über  ihren 
wirklichen  Bedeutungsumfang  und  dgl.  nicht  orientiert  ist;  viel- 
fach erschwert  einem  auch  die  ungenügende  Kenntnis  der 
'Sachen'  einige  bei  gewissen  Worten  und  Wortsippen  vorliegende 
scheinbar  weit  auseinanderliegende  Bedeutungen  miteinander  zu 
kombinieren;  und  um  dieser  Notwendigkeit  zu  entgehen,  sucht 
man  als  Rettuugsmittel  nach  einem  anderweitigen  Anschluß  für 
die  unverständliche  Bedeutung.  In  einigen  der  FäUe  aber,  mit 
denen  wir  es  hier  zu  tun  haben  werden  (russ.  ugodith  nebst 
ßech.  hoditi,  cech.  pesky,  zävoditi  s.  v.  defendo,  penis,  ras), 
kann  ich  meine  Verwunderung  darüber  nicht  unterdrücken,  daß 


188  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Slaven,  bei  denen  wir  doch  wenigstens  in  der  eigenen  Mutter- 
sprache ein  lebendiges  Sprachgefühl  erwarten  dürfen,  der  Wort- 
erklärung Gewalt  angetan  haben,  wobei  mich  in  dem  einen 
Falle  {zdvoditi)  sogar  die  ungenaue  Bedeutungsangabe  befremdet. 

Zur  Orientierung  des  Lesers  möchte  ich  meiner  eigent- 
lichen Abhandlung  einige  Worte  über  die  von  mir  zur  Kevision 
von  Waldes  litauischem  Wortmaterial  verwerteten  Hülfsmittel 
sowie  über  graphische  resp.  orthographische  Fragen  voraus- 
schicken. Zunächst  habe  ich  die  von  mir  vor  einigen  Jahren 
zum  Zwecke  grammatischer  Ausbeute  angelegte,  alphabetisch 
geordnete,  Zettelsaramlung  derinSzyrwidsDictionarium  trium 
linguarum  (poln.-lat.-lit.  Wtb.;  bezeichnet  Szyrwid  Dict.),  5.  Auf- 
lage, Wilna  1713,  vorhandenen  litauischen  Worte  in  ausgiebiger 
Weise  benutzt,  wobei  ich  zum  Vergleich  auch  einige  Notizen 
aus  der  in  manchen  Punkten  abweichenden  4.  Auflage  desselben 
Werkes  (Wilna  1677 ;  hier  unterschieden  als  Dict.  IV  und  Dict.  V), 
sowie  auch  das  Predigtbuch  desselben  Verfassers,  betitelt  Punkty 
KazaA  (Punktay  Sakimu),  hrsg.  von  Garbe  Göttingen  1884  (Heft  4 
von  Bezzenbergers  Lit.  und  Lett.  Drucken  des  16.  und  17.  Jahr- 
hunderts, zitiert:  Szyrwid  Punktay  Sakimu)  zu  Rate  gezogen  habe. 
Da  Szyrwid  eine  der  Hauptquellen  von  Nesselmann  und  KLD[ 
ist,  konnte  ich  manchen  Irrtümmern  auf  die  Spur  kommen  {fodio, 
gr acutus^  leo^  riigio,  vgl.  insbesondere  mollis  wegen  des  an- 
geblichen lit.  mildus).  Die  Verdeutschung  von  Szyrwids  Worten 
macht  insofern  gewisse  Schwierigkeiten,  als  die  vielfach  in  meh- 
reren Bedeutungen  vorkommenden  polnischen  Stichworte  und 
besonders  die  lateinischen  Entsprechungen  derselben  durchaus 
nicht  immer  ausreichen,  um  die  genaue  Bedeutung  der  litaui- 
schen Worte  zu  ersehen.  Vorsichtshalber  habe  ich  daher  meist 
vermieden,  deutsche  Bedeutungsangaben  zu  geben  und  habe 
sowohl  die  polnischen  als  auch  die  lateinischen  Worte  zugefügt; 
zu  beachten  ist  dabei,  daß  in  erster  Linie  die  polnischen  Worte 
als  direkte  Entsprechungen  der  litauischen  in  Betracht  kommen, 
da  die  lateinischen  sich  unter  Umständen  auf  andere  Bedeu- 
tungsnuancen der  Stichworte  beziehen  können. 

Das  sonst  von  mir  verwertete  litauische  Wortraaterial 
stammt  in  der  Hauptsache  aus  drei  Quellen:  1)  Juskeviö 
Litovskij  Slovarj  (zitiert  Juskeviö;  bisher  ist  nur  der  erste 
Band  A— J  erschienen);  2)  Doritsch  Beiträge  zur  litaui- 
schen Dialektologie,   hrsg.  von  der  lit  literar.  Gesellschaft, 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     189 

Tilsit  1911 1)  (zitiert:  Doritsch  Beiträge);  3)  Professor  Leskiens 
handschriftliche  Zettelsammlung  zu  einem  Litauischen 
"Wörterbuch,  aus  der  ich  mir  vor  einigen  Jahren  mit  Erlaubnis 
des  Verfassers  Notizen  gemacht  habe,  die  ich  hier  verwerten 
durfte.  Die  mir  meist  nicht  zugänglich  gewesenen  Quellen 
Leskiens  zitiere  ich  in  der  Regel  mit  vollem  Titel  (über  Er- 
scheinungsjahr, Druckort  und  dgl.  orientiert  Leskien  Nom,  156  ff.): 
die  angewandten  Abkürzungen  D.B.S.  und  Jass.  Pam.  bedeuten 
Bud^  senowes  Letuwiü  Kalnienü  ir  Zamajtiü  iszrasze  Pagai 
Senow^s  Rasztü  Jokyb's  Laukys  (d.  i.  Dowkont),  St.  Petersburg 
1845,  und  Pamoksiay  pagai  ewangelios  szwentos  zodziu  ant  wisu 
nedielu  par  metus  surasziti  par  kunegu  RapoJu  Jassykiewicze, 
2  Teile,  Wilna  1855,  1857. 

Die  aus  Nesselraann  und  Juskevic  stammenden  Worte 
habe  ich  mit  Ausnahme  der  Akzentuation  in  die  in  der  Sprach- 
wissenschaft übliche  und  auch  von  "Walde  angewandte  Ortho- 
graphie umgesetzt  und  habe  nur  in  Fällen,  wo  es  mir  zur 
Klärung  irgend  einer  Frage  nötig  erschien,  daneben  auch  die 
Originalschreibung  zugefügt.  Dagegen  erschien  es  mir  ratsam, 
bei  den  altlitauischen  Worten  aus  Szjrwid  und  aus  Leskiens 
handschriftlichem  "Wörterbuch  sowie  bei  den  streng  phonetisch 
geschriebenen  Dialektworten  aus  den  Beiträgen  von  Doritsch 
die  Originalorthographie  beizubehalten,  da  ihre  Kenntnis  das 
Verständnis  der  sich  daran  knüpfenden  Erörterungen  erleichtert, 
und  da  im  allgemeinen  aus  der  ganzen  Darstellung  klar  hervor- 
gehen dürfte,  in  welcher  Weise  eine  etwa  wünschenswert  er-, 
scheinende  Umsetzung  in  literarische  Gestalt  zu  erfolgen  hätte. 
Was  die  Akzentuation  bei  Juskevic  und  in  den  Dialekttexten 
anbetrifft,  so  weicht  sie  bei  den  auch  in  der  preuß.-lit.  Literatur- 
sprache bekannten  Worten  oft  von  der  dortigen  Betonung  ab 
und  ist  daher  bei  den  aus  Kurschats  Sprache  nicht  bekannten 
Worten  nur  mit  Vorsicht  als  Kriterium  für  die  Richtigkeit  von 
Etymologien  usw.  zu  verwerten.  Beispiele  s.  unten  s.  v.  capio 
{atkempu),  flagro  {hlyszkiti),  fui,  füHgo,  grunda,  läma,  lis, 
rapio,  valeo  {veldeti\  vetus^  umbra.  L"nd  um  einer  verkehrten 
Ausbeutung  der  Akzentuation  vorzubeugen,  wäre  es  vielleicht 
praktischer,  wenn  Walde  z.  B.  auch  bei  aliksnis,  kröpti^  bebrus, 

1)  Die  in  diesem  Werke  enthaltenen  dialektischen  Texte  geben 
durch  ihre  streng  phonetische,  durch  keinerlei  theoretische  Erwägungen 
beeinflußte,  Schreibung  ein  anschauliches  Bild  von  der  lebendigen  Sprache. 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  13 


190  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

grldyjii,  mildingai  (s.  v.  alnus,  carpo,  fiber^  gradior,  mollis) 
den  Akzent  fortlassen  würde,  falls  er  es  nicht  vorzieht,  den 
dialektischen  Charakter  der  Worte  zu  betonen. 

Da  Walde  in  der  Schreibung  seiner  slavischen  und  bal- 
tischen Worte  meist  von  seinen  Quellen  abhängig  ist,  ergeben 
sich  naturgemäß  bei  ihm  Inkongruenzen  in  der  Bezeichnung 
derselben  Laute  und  Lautgruppen.  So  schreibt  er  z.  B.  im 
Lettischen  neben  w  auch  v  sowie  ö,  o  neben  ü  und  gebraucht 
im  Litauischen  promiscue  Jr,  )/  und  iV,  iL  Bei  der  Transkription 
der  kyrillischen  Schrift  fällt  besonders  die  wechselnde  Bezeich- 
nung der  Palatalität  (ksl.  und  russ.  meist  durch  -j-,  klruss.  durch 
den  Apostroph  und  selten  durch  den  Palatalitätsstrich ;  vor  -h 
wird  sie  ksl.  und  russ.  meist  garnicht  bezeichnet)  und  sonst 
einzelner  Lautungen  (russ.  la,  lo,  lu,  klruss.  ta^  to,  tu^  z.  B.  russ. 
goluböj,  klruss.  hotühyj)  in  den  verschiedenen  Sprachen,  teil- 
weise auch  in  einer  Sprache,  auf.  Auch  im  Setzen  der  auslau- 
tenden -^  und  -h  herrscht  Verwirrung,  vgl.  in  Waldes  Glossar 
ksl.  oZe)',  repij  neben  pokojb,  ubojh,  russ.  kubarec,  plov,  storoz 
neben  karjrb,  ovesb.  Da  es  sich  hier  nicht  um  Fehler  handelt, 
sondern  um  verschiedene  Auswahl  unter  gebräuchlichen  Tran- 
skriptionsmethoden, habe  ich  mich  in  der  Regel  um  diese  In- 
konsequenzen nicht  gekümmert.  Auch  in  der  Verbesserung  von 
Schreib-  und  Druckfehlern,  im  Setzen,  Ändern  und  Beseitigen 
der  Akzente  und  im  Ersetzen  des  Apostrophs  durch  den  Pala- 
talitätsstrich im  Kleinrussischen  und  Lettischen  habe  ich  mich 
;n  der  Regel  auf  diejenigen  Worte  beschränkt,  über  die  ich 
schon  aus  anderen  Gründen  etwas  zu  sagen  hatte.  Die  sloveni- 
schen  Worte,  die  Walde  meist  unakzentuiert  und  in  einer  ver- 
alteten, auf  Miklosich  zurückgehenden,  Schreibung  zitiert,  habe 
ich  durch  Setzung  von  Akzenten  und  diakritischen  Zeichen  in 
die  jetzt  in  der  Wissenschaft  übliche  Schreibung  (s.  Berneker 
S.  5)  umgesetzt,  wobei  ich  namentlich  auf  die  Unterscheidung 
der  Zeichen  f  (aus  c,  f),  6  (aus  4)  und  9  (aus  »,  h)  Gewicht  gelegt 
habe.  In  der  Transkription  der  kyrillischen  Schrift  habe  ich 
mich  möglichst  Walde  anzupassen  gesucht,  der  vielfach  von 
Bernekers  Methode  abweicht,  und  schreibe  z.  B.  abg.  koljq^  ksl. 
klJudUi,  hrbnja  gegenüber  Bernekers  koVg^  kl'udHi^  hnna.  Nur 
habe  ich  dabei  die  Inkonsequenzen  innerhalb  öiner  Sprache  mög- 
lichst zu  vermeiden  gesucht.  Bernekers  Stichworte  gebe  ich  der 
leichteren  Auffindbarkeit  halber  in  seiner  Schreibweise. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    191 

Neben  der  Verfolgung  des  eigentlichen  Zweckes  dieser 
Abhandlung,  auf  die  bei  Walde  vorkommenden  Irrtümer  hinzu- 
weisen, habe  ich  es  mir  auch  angelegen  sein  lassen,  zu  dem  von 
ihm  verwerteten  Wortmaterial  noch  weiteres  mir  semasiologisch 
oder  formal  interessant  erscheinendes  zuzufügen,  abweichende 
Auffassungsmöglichkeiten  zu  beleuchten  und  überhaupt  eine  Reihe 
von  mir  beobachteter  Tatsachen,  die  mit  den  von  ihm  behan- 
delten Worten  und  Wortsippen  in  näherem  oder  fernerem  Zu- 
sammenhange stehen,  mitzuteilen.  Wenn  meine  Auseinander- 
setzungen dadurch  vielfach  derartige  sind,  daß  ihr  Inhalt  von 
Walde  für  seine  nächste  Auflage  nicht  verwertet  werden  kann, 
so  glaubte  ich  sie  dennoch  bei  dieser  Gelegenheit  mit  zur 
Sprache  bringen  zu  dürfen,  da  sie  diejenigen  Forscher,  die 
sich  für  Waldes  Etymologien  interessieren,  über  manche  dazu 
in  Beziehung  stehende  Einzelheiten  unterrichten  und  zu  einem 
kritischen  Nachdenken  über  wortgeschichtliche  Fragen  veran- 
lassen können. 

Da  ich  die  ganze  Zeit  über,  während  deren  ich  mich  mit 
dieser  Abhandlung  beschäftigt  habe,  nicht  allzuviel  Nachschlage- 
bücher zur  Verfügung  hatte,  hätte  ich  die  Arbeit  kaum  aus- 
führen können,  wenn  ich  nicht  in  liebenswürdigster  Weise  von 
verschiedenen  Personen  mit  Auskünften  unterstützt  worden 
wäre.  Herr  Professor  Leskien,  der  mir  seinerzeit,  wie  schon 
oben  bemerkt,  seine  handschriftliche  Zettelsammlung  überlassen 
hatte,  hat  mir  jetzt  auch  noch  verschiedene  Anfragen  beant- 
wortet (s,  die  Artikel  ferio,  valeo,  vas\  wofür  ich  ihm  auch 
an  dieser  Stelle  meinen  aufrichtigsten  Dank  ausspreche.  Von 
anderen  Herrn  sind  es  in  erster  Linie  mein  Freund  Dr.  A.  Doritsch 
in  Sofia  und  Herr  cand.  phil.  Fr.  Specht  in  Dessau,  die  mich 
durch  ihre  aufopfernde  Mitarbeit  zum  größten  Danke  verpflichten. 
Es  wäre  nicht  möglich,  sie  an  allen  denjenigen  Stellen,  wo  ich 
meine  Kenntnisse  nur  auf  ihre  stets  bereitwilligst  erteilten  er- 
schöpfenden Auskünfte  zurückführen  kann,  zu  zitieren;  es  sei 
hier  nur  ausdrücklich  hervorgehoben,  daß  ich  meine  Arbeit 
keineswegs  als  eine  selbständige  bezeichnen  kann.  Außerdem 
sind  es  noch  Herr  Dr.  H.  von  ü^aszyn  in  Leipzig,  den  ich  an 
den  betreffenden  Stellen  zitiere,  und  Frau  Dr.  phil.  E.  FiguUa- 
Ramberg  in  Berlin,  die  mir  hauptsächlich  in  polonistischen 
Fragen  manche  Anregung  geboten  haben,  wofür  ich  ihnen  herz- 
lichsten Dank  ausspreche. 

13* 


192  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Abella.  —  Lies  jdblanh  (ksl.)  statt  jablam. 

adülo.  —  "Wegen  lit.  valat  s.  unten  vilis. 

aedes.  —  Nach  Berneker  s.  v.  esteja  ist  cech.  niesteja  zu 
korrigieren  in  öech.  nistej  oder  in  aöech.  niesteje  F.  Plur. ;  die 
slovenischen  Formen  lauten  istSje^  stSje  F.  Plur,;  andere  sloveni- 
sche  sowie  auch  sorbische  Formen  s.  bei  Berneker  a.  a.  0. 

alce.  —  Für  die  aus  Miklosich  Et.  Wb.  stammende  An- 
sicht, daß  poin.  ios^  cech.  los^  osorb.  ios  'Elen'  aus  russ.  losb  ds. 
entlehnt  seien,  fehlen  triftige  Gründe.  Lautlich  ist  das  lo-  im 
"Westslavischen  nicht  weniger  normal,  als  im  Russischen,  und 
sachliche  Bedenken  stehen  der  Echtheit  des  westslavischen 
Wortes  auch  kaum  entgegen.  Wenn  auch  heutzutage  im  Gebiete 
der  Cechen  und  Sorben  der  Elch  nicht  vorkommt,  so  ist  das 
doch  auf  dem  größten  Teile  des  deutschen  Sprachgebietes,  wo 
das  Wort  eich  heimisch  ist,  gleichfalls  der  Fall,  ohne  daß  wir 
hier  von  einer  Entlehnung  reden  können ;  ähnlich  steht  es  auch 
mit  den  Worten  här  und  wolf.  In  früheren  Zeiten  ist  die  Aus- 
breitung all  dieser  Tiere  eben  eine  weit  größere  gewesen,  als 
jetzt.  Derartige  Tiernamen  pflegen  sich  in  der  mündlichen  Über- 
lieferung des  Volkes  noch  lange  zu  erhalten,  wobei  wohl  auch 
die  Volkssagen  konservierend  wirken.  Wenn  eine  Entlehnung 
stattfindet,  so  kann  man  höchstens  von  einer  Entlehnung  aus 
einer  älteren  Periode  derselben  Sprache  reden.  Auch  Tor- 
biörnsson  Liquidametathese  I,  65  hält  das  westslavische  Wort 
für  ererbt;  russischer  Ursprung  wäre  m.  E.  nur  dann  anzu- 
nehmen, wenn  es  sich  um  ein  gelehrtes  Wort  des  natur- 
geschichtlichen Unterrichts  handeln  würde. 

alnus.  —  Doritsch  Beiträge  §  377  Nr.  21  bietet  zu  lit. 
alksnis,  elksnis  'Erle'  die  interessante  altertümliche  Form  mit 
Mittelvokal  allksnis  aus  vier  einander  benachbarten  Mundarten 
Russisch-Litauens ;  das  -/-  ist  wegen  ksl.  jehcha,  ahd.  elim  wohl 
als  ursprüngliche  Kürze  anzusehen.  Dadurch  gewinnt  das  von 
Berneker  s.  v.  jelhcha  konstruierte  halt.  *alis-ni-s  eine  Stütze ; 
ob  aber  Berneker  auch  in  der  Annahme  einer  lautgesetzlichen 
Entstehung  von  alksnis  aus  *alis-ni-s  vermittelst  Synkope  des 
Mittelvokals  (der  *Einschub'  des  Gutturals,  der  gemeinlitauisch- 
lettisch  ist,  dürfte  dann  älter  sein,  als  die  Synkope)  recht  hat, 
vermag  ich  nicht  zu  entscheiden;  eher  möchte  ich  eine  Ver- 
mischung der  Stämme  *al{e)s-  und  *alis-  (vielleicht  Kontami- 
nation von  *ales-  und  *ali-)  annehmen. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    193 

ancus.  —    Lies  qkoth  (abg.)  statt  qkoh. 

angtiis.  —  Wegen  ksl.  jazvt  'xoipoTPuXXioc,  erinaceus*,  das 
mit  jezh  'IgeF  nichts  zu  tun  hat,  s.  Berneker  s.  v.  ezvb. 

aper,  ibex.  —  Russ.  Jebdh,  ai.  ydbhati  sind  Synonyma 
von  lat.  futuere,  können  also  durch  das  meinem  Sprachge- 
fühle nach  lediglich  kausativische  nhd.  begatten  nicht  wieder- 
gegeben werden. 

aro.  —  lies  aru  (lett.)  statt  aru  und  ratajh  (ksl.)  statt  rataj. 

augur.  —  Lett.  fchüretes  'lauem'  (im  Glossar  richtig  ge- 
schrieben) hat  -ü-  und  nicht  -«-.  Auch  empfiehlt  es  sich,  in 
sprachwissenschaftlichen  Werken  die  lett.  Infinitivendungen  -ät, 
-gt,  -it  wie  auch  sonstige  lettische  Formantien  mit  etymologisch 
langem  Vokal  mit  dieser  Länge  zu  schreiben,  wenn  die  Formen 
auch  vielfach  mit  kurzem  Vokal  gesprochen  werden;  s.  auch 
unten  s.  v.  callis,  fallo,  fei  und  scandula. 

auröra.  —  Wegen  slav.  {fjttstro^  {jjutro  'Morgen*  s.  Areb. 
slav.  Ph.  35,  55  ff. 

beta.  —  Wegen  klruss.  botva  (so  betont)  'Mangold',  russ. 
botvd  'Beetenlaub'  s.  Arch.  slav.  Ph.  34,  555  ff. ;  wegen  slavischer 
Abkömmlinge  aus  lat.  beta  und  blitum  s.  auch  Berneker  s.  v.  blitva. 

bibo.  —  Wegen  lit.  pSnas  s.  unten  opitnus  und  pinus. 

caballus,  mannus.  —  Der  in  den  russ.  Wörterbüchern 
auf  Grund  poetischer  Quellen  angesetzte  Akzent  in  aruss. 
komatih  'Pferd'  {kömonh)  ist  besser  fortzulassen:  denn  die  Be- 
tonung des  Wortes  in  der  gesprochenen  Prosa  braucht  nicht 
notwendig  der  in  der  Poesie  zufällig  belegten  gleich  gewesen 
zu  sein. 

caelebs.  —  Lies  cegfbdvb  (ksl.)  statt  kegrbchi  (1.  AufL  richtig) 
und  l'audis  (lett.)  statt  laiidis. 

caelum.  —  Ksl.  sinh  (rä-Stamm:  phonetisch  genauer  durch 
sinh  oder  sinjh  zu  bezeichnen :  ein  *sim  existiert  nicht)  bedeutet 
nicht  'grau',  sondern  'blau'.  —  Lett.  schk'fsts  hat  zwei  Bedeu- 
tungen: 1)  'dünnflüssig'  =  lit.  skystas  und  2)  'rein,  klar,  keusch' 
=  abg.  cistb.  Letztere  Bedeutung  könnte  auf  dem  Einfluß  des 
russ.  cistyj  beruhen. 

caerimönia.  —  Abg.  cena  kenne  ich  nur  in  den  Be- 
deutungen 'Preis,  Schätzung,  Würdigung',  nicht  aber  in  der 
Bedeutung  'Ehre'.  Die  Bedeutungsangabe  des  abg.  Wortes 
durch  'Ehre'  (merkwürdigerweise  verdeutscht  auch  Berneker 
abg.  cena  s.  v.  durch   'Ehre'   (sogar   an    erster    Stelle)    neben 


194  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

*Preis')  scheint  auf  falscher  Übersetzung  von  griech,  tiiiiri  zu 
beruhen.  Im  Lateinischen  steht  an  den  betreffenden  Bibel- 
stellen jyretium. 

caleo.  —  Ksl.  shta  bezeichnet  nicht  eine  Jahreszeit, 
wie  wir  aus  dem  *hiems'  bei  Miklosich  Lex.  Pal.  und  Et.  Wb. 
schließen  könnten,  sondern  eine  Witterungsart  und  kann 
infolgedessen  nicht  durch  'Winter'  verdeutscht  werden;  vgl. 
die  Beispiele  im  Lex.  Pal.,  wo  das  Wort  mit  mrazb  Trost',  znojh 
'Hitze'  und  mit  velika  vetra  'große  (heftige)  Winde'  koordiniert 
gebraucht  wird,  und  die  modernen  Bedeutungen,  die  zwischen 
"nasses  Wetter'  und  'winterliches  Wetter'  schwanken,  z.  B.  russ. 
dial.  slotä  'schlackeriges,  nasses  Wetter,  Schnee  und  Kegeu  usw.', 
serb.  slöta  'feiner  Regen',  cech.  slota  'Schneegestöber,  schlechte 
Witterung'.  Wenn  wir  dem  'hiems'  Rechnung  tragen  und  zu- 
gleich beachten,  daß  das  Wort  in  der  Verbindung  mrazonn  i 
slotoju  i  znojerm  (russ.-ksl.  Instr.  Sing.)  nicht  gleichbedeutend 
mit  mrazb  sein  kann,  werden  wir  es  am  besten  mit  'naßkalte 
Witterung,  Schlackerwetter'  übersetzen.  —  Lies  szarmä  (lit.) 
statt  szarnä^  vgl.  KLD  s.  v.,  Leskien  Nom.  424.  —  Lies  sren 
(nslov.)  statt  sr^n.  —  Der  lit.  dial.  Name  des  'August',  der  bei 
Nesselmann  518a  szillus  geschrieben  wird,  ist  nach  der  zweifellos 
richtigen  Vermutung  bei  KLD  und  Leskien  Nom.  828  besser 
als  szilius,  denn  als  *szilus^  aufzufassen ;  denn  Nesselmanns  /  und 
U  (dieses  bezeichnet  die  Kürze  des  vorhergehenden  Vokals,  wie 
auch  rr,  s.  unten  dirru  s.  v.  derbiösus)  können  seiner  Schreib- 
praxis gemäß  auch  als  l'  gelesen  werden  (Fälle,  wo  das  geschehen 
muß,  s.  unten  s.  v.  minus^  vilis,  volo\  und  bei  einer  solchen 
augenscheinlich  jungen,  vielleicht  sogar  künstlichen,  Bildung 
können  wir  nur  das  produktive  'w-Formans  und  nicht  das  bei 
Substantiven  erstarrte  w-Formans  erwarten. 

callis.  —  Es  würde  sich  empfehlen,  neben  abg.  klada 
*Hülz,  Balken'  auch  die  russ.  Form  koUda  'Holzblock,  Klotz* 
anzuführen,  damit  nicht  ein  Leser  mißverständlich  in  abg.  klad- 
dieselbe  Ablautstufe  sieht  wie  in  lat.  clädes.  —  Die  konstruierte 
vorslavische  Grundform  von  öech.  kiest.,  kiest'  'Zweig'  muß,  da 
-e-  auf  urslav.  -i-  zurückgeht  (Berneker  s.  v.  kl^stip,  kUlscp^  dessen 
Etymologie  aber  abweicht),  *kledti-  (vorslav.  Gestalt;  urslav.  ist 
nur  *klSstb  möglich,  da  -idt-  ein  Anachronismus  wäre)  geschriobiMi 
werden.  —  Lies  kUstiti  (nslov.)  statt  klistiti.  —  Lett.  klubwät 
'hinken'  muß  mit  langem -ä- geschrieben  werden;  vgl.  oben  augur. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     195 

cannabis.  —  Neben  poln.  pienka  *Haiif'  wäre  an  erster 
Stelle  die  mit  Rücksicht  auf  russ.  pemkä  (Uiaszvn  —  brieflich 
—  nimmt  Entlehnung  des  wenig  gebräuchlichen  veralteten 
poln.  Wortes  aus  dem  Russischen  an)  ältere  (allerdings  seltenere) 
Form  pienka  anzuführen. 

capio.  —  Lies  k'epju  (lett.)  statt  k'epjii.  —  Daß  aruss.  ceph 
neben  dem  jetzt  gewöhnlichen  russ.  cepi  'Kette'  eine  lautlich 
entstandene  dialektische  Nebenform  sei,  ist  mir  nach  Kenntnis- 
nahme von  Bemekers  Artikel  cep'p  2.  zweifelhaft  geworden ; 
denn  es  ist  daraus  zu  ersehen,  daß  neben  russ.  pricepithsja  'sich 
an  etwas  festhalten,  anklammern*,  cepkij  'gut  kletternd,  zäh, 
klebrig'  usw.  auch  ein  slav.  cep-  in  ähnlichen  Bedeutungen  vor- 
handen ist,  vgl.  noch  das  bei  Berneker  fehlende  russ.  dial.  cepdth 
'anhaken,  hängen  bleiben,  anrühren,  fassen'.  Immerhin  brauchen 
nicht  beide  Substantiva  alt  zu  sein,  und  es  ist  anzunehmen, 
daß  das  eine  aus  dem  anderen  durch  Anschluß  an  ein  Verbum 
entstanden  ist.  Daß  Vermischungen  von  cep-  und  cep-  statt- 
gefunden haben,  ist  aus  den  von  Berneker  angeführten  Worten 
mit  klruss.  cip-  neben  solchen  mit  cip-  (aus  cep-)  und  cep-  zu 
ersehen;  denn  klruss.  cip-^  das  lautlich  nur  auf  ein  im  Urslavi- 
schen  unmögliches  *cep-  zurückzuführen  wäre  (urslav,  *cip-  hätte 
zu  klruss.  cyp-  geführt),  ist  nur  als  Kontaminationsbildung  ver- 
ständlich. Wieweit  slav.  cep-  auf  einem  vorslav.  *kep-  (in  lit  at- 
kempu  (wohl  eigentlich  -kempu  dial.  für  -kempü)  at-kepti  'abfallen, 
sich  ablösen',  lett.  k'e2)t  'haften,  mit  den  Klauen  anpacken')^), 
wieweit  es  auf  einer  Lautnachahraung  beruht,  ist  kaum  zu  ent- 
scheiden; jedenfalls  müssen  bei  einer  Untersuchung  dieser  Frage 
die  gleichbedeutenden  von  Berneker  s.  v.  capajg^  capajg  und  cttparb 
behandelten  Sippen  mitberücksichtigt  werden;  merkwürdiger- 
weise machen  gerade  die  am  wenigsten  zu  capio^  cepi  stimmenden 
Worte  mit  slav.  dp-  und  cbp-  keinen  lautnachahmenden  Ein- 
druck; und  cap-  und  cep-  könnten  neben  ca/>,  obgleich  räum- 
lich weiter  verbreitet,  als  cep-  und  cbp-^  viel  eher  erst  auf 
slavischem  Boden  enstanden  sein*). 

1)  Vielleicht  können  wir  halt,  kep-  und  das  gleichbedeutende  ker- 
in  lit.  at-kirti,  lett.  k'ert  (IF.  22,  316  ff.,  3^)  mit  der  im  Baltischen,  beson- 
ders im  Litauischen,  zu  beobachtenden  Tendenz,  eine  sekundäre  e-Stufe 
zu  schaffen  (unten  fodio,  ptnus  und  Fn.,  valeo)  in  Verbindung  bringen 
oder  (des  SlaWschen  wegen)  in  ihnen  Ausgangspunkte  dieser  Tendenz  sehen. 

2)  Walde  setzt  die  Wurzel  von  capio  als  *qap-  an.  Mir  erscheint 
es  mit  Rücksicht  auf  lat.  cepi,  griech.  vMi-nr\  'Griff*,  lit.  kupa  'Pfandgeld'  usw. 


196  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

carpo.  —  Die  Zugehörigkeit  von  abg.  crtpq^  criti  'schöpfen* 
zur  Sippe  von  carpo  wird  von  Berneker  s.  v.  chrpp  durch  Be- 
deutungsparallelen gestützt;  ebenda,  wie  auch  s.  v.  cbrvb^  wird 
die  eventuelle  Zugehörigkeit  eines  russ.-dial.  cerjTb  'Sichel'  (neben 
serpb  und  dial.  cerm)  erwogen.  —  Lett.  zirpe  'Sichel'  hält  Leskien 
Noni.  269  für  ein  estnisches  Lehnwort.  —  Neben  lett.  kräjyjii 
kräpt  'stehlen,  betrügen'  wäre  auch  lit.  kröpti  'stehlen'  (Leskien 
Abi.  376;  das  Präsens  scheint  nicht  belegt  zu  sein)  anzuführen; 
s.  auch  unten  creper.  —  Sehr  erwägenswert  ist  auch  die  Zu- 
gehörigkeit von  ksl.  crep^  'Scherbe',  preuß.  kerpetis  'Schädel'  usw. 
zu  unserer  Sippe,  vgl.  Berneker  s.  v.  cerpb. 

cattus.  —  Der  bei  Miklosich  Lex.  Pal.  und  Sreznevskij 
Mat.  als  Stichwort  angeführte  Kom.  Sing.  M.  koteh  'felis'  ist  eine 
unbegründete  Konstruktion  aus  den  obliquen  Kasus,  und  Berneker 
s.  V.  kotb  2.  hat  vollständig  recht,  daß  er  die  ebenfalls  bei  Miklosich 
a.  a.  0.  stehende  durch  rectius  fortasse  eingeleitete  Feraininforra 
kotelja  gewählt  hat,  denn  der  Dat.  Plur.  koteljarm  im  selben  Satze 
Avie  phsorm  'den  Hunden',  wo  also  die  alte  Form  für  den  Dat. 
Plur.  M.  noch  gebraucht  wird,  deutet  in  Ermangelung  von 
Gegenbeweisen  durchaus  nur  auf  die  femininische  Flexion  des 
Wortes  hin.  Noch  weniger  berechtigt  ist  Waldes  dem  gram- 
matischen Geschlecht  zuliebe  konstruierte  Bedeutungsangabe 
'Kater'.  In  der  gesprochenen  Sprache  dürfte  das  Wort  'Katze' 
(so  Berneker)  ohne  Rücksicht  auf  das  Geschlecht  bezeichnet 
haben ;  in  den  beiden  von  Sreznevskij  angeführten  Sätzen  dient 
es  zur  Übersetzung  von  griech.  rriGriKoc  in  einer  Aufzählung 
von  allgemeinen,  das  Geschlecht  nicht  berücksichtigenden,  Gat- 
tungsnamen für  verschiedene  Tiere.  Ohne  Zweifel  ist  die  Über- 
setzung ungenau,  indem  der  Name  eines  exotischen  Tieres  durch 
den  Ausdruck  für  ein  den  Slaven  bekanntes  Tier  ersetzt  wurde; 
indessen  ist  anzunehmen,  daß  der  Übersetzer  seine  Auswahl 
unter  ebenfalls   nur  allgemeinen  Gattungsnamen  getroffen  hat. 

caveo.  —  Der  Infinitiv  ciac  ('hören')  ist  in  dieser  Gestalt 
bloß  weißrussisch  richtig;  kiruss.  lautet  er  cuty^  serb.  cüti',  lies 

ratsamer  *qep-  und  *qöp-  als  die  Hochstufen  anzusehen  und  die  in  den  ein- 
zelnen Sprachen  -a-  in  der  Wurzelsilbe  enthaltenden  Formen  auf  die 
Reduktionsstufe  *q9p-  zurückzuführen;  vgl.  Boisacq  Dict.  fit.  s.  v.  Kduriu. 
Ai.  kapafi  'zwei  Handvoll'  könnte  dann  (sekundäres?)  *qop-  enthalten,  das 
sich  zu  griech.  KibTtn  so  verhält,  wie  halt,  kep-  zu  lat.  cepi.  Wegen  der 
Ablaulsverhältnisse  der  scheinbaren  Parallclwurzel  *ffhab-,  die  vielleicht 
auf  Nachahmung  unserer  Wurzel  beruhen,  s.  unten  habeo  Fn. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     197 

mit  Akzent  nslov.  cüti\  serb.  cüvati  (*hüten'),  —  Ksl.  siutiti  'fühlen' 
ist  mit  abg.  duti  'fühlen'  nicht  verwandt;  aus  serb.  ciHiti  ds.  ist 
zu  ersehen,  daß  der  Anlaut  sf-  nicht  auf  sk-  (dann  würde  auch 
serb.  st-  stehen),  sondern  auf  tj-  zurückgeht.  Eine  Nebenform 
ksl.  cid  iti  scheint  nicht  zu  existieren:  Miklosich  Et.  Wb.  s.v. 
tjut-  hat  diese  Form  wohl  fälschlich  aus  sloven.  ciititi  erschlossen, 
dessen  c-  aber  nach  Ausweis  des  serb.  c-  gleichfalls  auf  tj- 
zurückgeht.  Sollte  sich  ein  cutüi  in  einer  russ.-ksl.  Quelle  noch 
finden,  so  würde  die  normale  russische  Lautgestalt  des  im 
Kirchenslavischen  als  st-  erscheinenden  Anlauts  vorliegen;  bei 
nicht  russischer  Überlieferung  könnte  an  Anlehnung  an  euti 
gedacht  werden.  Jedenfalls  sind  hier  bei  "Walde  beide  Formen 
cutiti  und  stufiti  zu  streichen. 

-ce.  —  Statt  lit.  dial.  sze  (so  betont  bei  KLD  s.  v.  szm)  ist 
besser  die  normalere  Form  szeh  anzuführen,  und  zwar  schon, 
um  einer  etwaigen  falschen  Auffassung  des  Lesers,  daß  sze  mit 
lat.  -ce  identisch  sei,  vorzubeugen.  Beide  Formen  szen  und  sze 
sind  vom  Stamme  szia-  {*k2'o-)  aus  gebildet,  nicht  von  dem  im 
Baltischen  nicht  belegten  Stamme  *ice-  j  ko-,  und  das  -e-  ist  als 
aus  -a-  entstanden  anzusehen.  Wenn  es  auch  nicht  undenkbar 
ist,  daß  sze  und  szen  zwei  verschiedene  Bildungen  vom  selben 
Stamme  seien,  so  ist  es  doch  wahrsdheinlicher,  in  sze  eine  jüngere 
Sandhidoublette  von  szen  zu  sehen;  Avegen  ähnlicher  Sandhi- 
erscheinungen  bei  Adverbien  vgl.  Doritsch  Beiträge  §  32,  66, 
97,  127,  159,  190,  235,  279,  306. 

cippus.  —  Abg.  sb-cepiti  'spalten'  (bessere  Schreibung  als 
scepiti)  enthält  die  Präposition  sb-  und  weist  nicht  auf  einen 
ursprünglichen  Anlaut  sq-;  vgl.  Bemeker  s.  v.  cep'g  1. 

clvis.  —  Das,  wie  es  scheint  nur  ein  Mal,  und  zwar  aus 
dem  17.  Jahrhundert  überlieferte  russ.-ksl.  semi  'persona'  ist 
vorsichtshalber  besser  fortzulassen  oder  wenigstens  als  unsicher 
zu  bezeichnen.  —  Die  Bedeutungsangabe  'gütig,  mild'  für  ksl, 
posifb  'rravoOpToc,  callidus,  sagax,  benignus'  ist  ungenügend. 
Der  Bedeutungsumfang  des  Adjektivs  und  seiner  Ableitungen 
ist  ein  ziemlich  großer;  die  bei  Sreznevskij  Mat.  für  posivh 
sowie  für  das  abgeleitete  posivbm  angeführten  russischen  Syn- 
onyma lassen  sich  etwa  durch  'fähig,  geeignet,  passend,  nützlich, 
bestimmt  für  etwas,  überzeugend,  geneigt  zu  etwas'  wiedergeben. 
Das  'benignus',  das  Miklosich  Lex.  Pal.  neben  anderen  Adjektiven 
bietet,  will  zu   den   übrigen  Bedeutungen  nicht  recht  passen; 


198  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

vielleicht  liegt  da  eine  nur  in  einem  singulären  Satzzusammen- 
hänge entstandene  scheinbare  Bedeutungsverschiebiing  vor,  die 
wir  nicht  abstrahieren  dürfen.  Der  etymologische  Zusammen- 
hang mit  der  Sippe  von  lat.  am  erscheint  unter  diesen  Um- 
ständen mehr  als  zweifelhaft. 

clädes.  —  Wegen  russ.  Madü  'verschneide'  s.  eine  andere 
bei  der  geringen  Ausdehnung  des  Wortes  fast  wahrschein- 
lichere Eventualität  bei  Berneker  s.  v.  kladg  2.  Keltischen 
Ursprung  vermutet  Schachmatov  Archiv  sl.  Ph.  33,  90,  was 
wenig  einleuchtend  erscheint.  Für  ksl.  kladivo  'Hammer'  ziehe 
ich  die  Zurückführung  auf  *qold-  und  Beziehung  auf  ein 
Präs.  *qoldö  vor;  anders  Berneker  s.  v.  —  Die  Bedeutungs- 
angabe 'schlagen'  für  abg.  koljq  klati  ist  ungenau.  Das 
Verbum  bedeutet  'stechen,  schlachten',  wovon  ersteres  vom 
slavischen  Standpunkt  aus  als  Bedeutungszentrum,  letzteres 
als  Spezialisierung  davon  aufzufassen  ist;  gemeinslavisch  tritt 
auch  eine  dritte  Bedeutung  'spalten'  scharf  hervor,  die  eben- 
falls für  das  Sprachgefühl  eine  Verengerung  von  'stechen'  ist 
Wenn  'schlagen'  die  ursprüngliche  Bedeutung  gewesen  sein 
sollte,  so  ist  sie  jedenfalls  für  das  slavische  Sprachempfinden 
ganz  verdunkelt  worden.  Aus  Bernekers  Ausführungen  s.  v.  kol'g^ 
wo  auch  die  einzelsprachlichen  Bedeutungsangaben  zu  ver- 
gleichen sind,  geht  klar  hervor,  daß  die  Gesamtbedeutung 
des  slavischen  Verbums  von  den  Bedeutungen  der  idg.  Wurzel 
*qolä-  (Bernekers  Ansatz  *qelä-  ist  kaum  gerechtfertigt)  'schlagen' 
durchaus  verschieden  ist.  Im  Falle  der  Anerkennung  des  etymo- 
logischen Zusammenhanges  mit  dieser  Wurzel  würde  es  sich 
also  um  eine  schon  in  vorhistorischer  Zeit  fertig  vollzogene 
Bedeutungsverschiebung  durch  den  Einfluß  etymologisch  unver- 
wandter Worte  handeln.   Für  diesen  Vorgang  ist  Waldes  Satz: 

"doch  ist  nur  in  abg.  klati  in   der  Bedeutung  'stechen' 

ein  ursprünglich  verschiedenes  Wort  eingeflossen"  nicht  be- 
zeichnend. Es  besteht  eben  kein  semasiologischer,  sondern  nur 
ein  lautlicher  Zusammenhang  mit  der  Sippe  des  'Schlagens*. 
Übrigens  scheint  mir  Bernekers  (a.  a.  0.)  Skepsis  gegen  einen 
Zusammenhang  von  klati  mit  der  Sippe  von  lit.  skdiü  skäti 
'spalten',  aisl.  skilia  'trennen,  scheiden'  nur  insofern  vollauf  ge- 
rechtfertigt, als  lautliche  Urverwandtschaft  von  *qolä-  'schlagen* 
mit  *sqel-  'spalten*  unbedingt  abzulehnen  ist.  Indessen  kann  der 
induzierende  Faktor  für  die  semasiologische  Umwandlung  von 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     199 

slav.  *kol-,  den  Berneker  ja  in  außerhalb  der  Sippe  *qoIä-  stehenden 
Worten  sucht,  gerade  in  der  Sippe  *sqel-  enthalten  sein,  die  den 
slav.  "Worten  der  Bedeutung  nach  näher  steht,  als  irgend  eine 
andere.  Und  wenn  kymr.  coh,  col  'Spitze,  Ähre',  nhd.  hidst  'Stech- 
palme' usw.  ein  uridg.  *qel-  'stechen*  repräsentieren,  dann  glaube 
ich  kaum,  daß  wir  diese  Wurzel  für  etwas  ganz  Selbständiges 
zu  halten  brauchen,  da  sie  sehr  wohl  die  gesuchte  s-lose  Neben- 
form von  *sqel-  sein  kann,  auf  deren  Nichtvorhandensein  Berneker 
aufmerksam  macht.  Übrigens  führt  Walde  s.  v.  scalpo  ein  zu 
*sqel-  gehöriges  ai.  kdlä  'kleinster  Teil'  an,  das  ebenfalls  kein 
s-  enthält.  Weiteres  zu  den  besprochenen  Sippen  s.  auch  unten 
s.  V.  scalpo. 

clango.  —  Lett.  Jdadfet  'gackern'  ist  mit  -df-  und  nicht 
mit  -ds-  zu  schreiben.  Zu  den  Worten  mit  Ablautsentgleisung 
kann  der  Übersichtlichkeit  halber  lett.  Megäi  'schreien'  zugefügt 
werden. 

claudus.  —  Wegen  ksl.  kljuditi  'Xct^iv,  omXeTv,  deridere' 
vgl.  jetzt  Berneker  s.  v.  kl'ud^,  der  seine  frühere  Ansicht  auf- 
gegeben hat.  Wegen  russ.  koldijha  'lahmer,  hinkender  Mensch', 
koldykath  'hinken',  kölca  'Hinkender'  (bei  Walde  alle  drei  un- 
akzentuiert)  vgl.  Berneker  s.  v.  kdtajg. 

cllno.  —  Das  lettische  Wort  für  'anlehnen,  stützen'  lautet 
denu  siet,  nicht  slinu  slit^  was  auf  falscher  Lesung  von  Bielen- 
steins  sHnu  slit  {-i-  graphisch  für  Leskiens  -g-)  beruht.  —  Zu 
lit.  .ssZ^if/ 'lehnen'  bietet  Szjrwid  Dict.  308  a  das  interessante  alte 
Präsens  prißteiu  (lies  -ju)  s.  v.  przystosuje  (accomodo,  .  .  .  apto, 
transfero)^  prifißteiu  s.  v,  przytulam  sie  (applico  me);  dazu  ebenda 
auch  das  Verbalabstraktum  prifißteimas  (lies-jVmos)  s.  y.przytidenie, 
das  auf  ein  Präteritum  *-s2teiau  (lies  -jau)  schließen  läßt.  Ein 
prifißtejmas  findet  sich  auch  in  Jass.  pam.  2.  342.  21.  Aus  den 
unten  s.  v.  liho  näher  anzuführenden  Gründen  können  wir  das 
ßte-  nicht  als  szle-.,  sondern  nur  als  szle-  oder  szU-  auffassen; 
in  unserem  Falle  dürfte  -ßteiu  als  dialektische  Entsprechung 
eines  urlitauischen  *szleJH  anzusehen  sein,  das  dem  ai.  srdyati 
lehnt,  legt  an'  gleich  ist;  vgl.  auch  lat.  clgmens  aus  *kIeJemeno-s 
Part.  Präs.  Pass.  und  cliens  aus  *kleients-  Part.  Präs.  Akt.  (Walde 
s.  V.);  das  Präteritum  ist  demnach  als  *szlejau  anzusetzen.  Die 
jetzigen  Formen  szleju  szlejaü  enthalten  das  aus  dem  Infinitiv- 
stamme übernommene  nur  vor  konsonantisch  auslautenden  En- 
dungen  lautlich   entwickelte  -€-  aus  -ei-  und  sind  nicht  etwa 


200  W.  Frhr.  v.  d.  Oslen-Sacken, 

auf   uridg.  *klei-i-  zurückzuführen.     Gleichartige  Fälle  werden 
unten  s.  v.  frio  und  libo  besprochen. 

claeo.  —  Sloven.  düt  M.  (so  betont)  'Verdacht,  Ahnung' 
ist  seiner  Vereinzelung  und  des  Genus  wegen  kaum  ein  altes 
Wort,  sondern  wohl  ein  Postverbale  zu  slütim  slütiti  *ahnen', 
das  seinerseits  allerdings  wohl  ein  Denominativ  ist.  Als  slavi- 
sches  AVort  mit  -t-  Formans  wäre  in  erster  Linie  serb.  dütim 
slütiti  'ahnen'  zu  erwähnen. 

columba.  —  Lies  f/oluböj  (russ.)  statt  goluhjj.  —  Lit.  gelumhS 
bedeutet  nicht  'blaues  Tuch',  sondern  überhaupt  Tuch',  was 
natürlich  nicht  die  Möglichkeit  einer  ehemaligen  engeren  Be- 
deutung ausschließt.  Wegen  der  allein  vorliegenden  allgemeinen 
Bedeutung  ist  auf  die  Wörterbücher  zu  verweisen.  Daß  (schon) 
zu  Szyrwids  Zeiten  eine  Beziehung  zur  Farbe  nicht  (mehr)  ge- 
fühlt wurde,  ist  klar  ersichtlich  daraus,  daß  Dict.  65  a  zur  Über- 
setzung von  poln.  tazur^  sukno  'pannus  caeruleus'  nicht  (jietumhe^) 
allein,  sondern  gietumbe  melina  {mSlynas  'blau')  gewählt  worden 
ist;  vgl.  auch  130b  gietumbe  burnatina  arba  melina  als  AVieder- 
gabe  von  poln.  granat  'purpura  violacea  aut  caerulea'.  Dagegen 
dienen  getumbe  (sic!)^),  gietumbes  (so  IV,  303  a;  V  fälschlich  -bas) 
darimas^  getumbinis  (sie !)  und  gieiumbinikas  auf  S.  356  und  357 
zur  Wiedergabe  von  sukno  'pannus',  sukiennictwo  'lanificium*, 
sukienny  'panneus'  und  sukiennik  'lanarius,  lanificus';  andere 
Stellen  für  das  Wort  s.  S.  6b  (bis)  und  90a  s.  v.  barwa,  bar- 
tcica.  kir. 

confüto  in  den  Nachträgen.  —  Bei  Erwähnung  von 
lit.  baudHii  baüsti  'strafen,  züchtigen'  hätte  die  früher  ganz  all- 
gemein angenommene  Verbindung  dieses  Wortes  mit  bundii 
biisti  'erwachen'  usw.  nicht  verschwiegen  werden  dürfen,  vgl. 
mit  der  Bedeutung  'mit  Worten  strafen',  d.  h.  'zurechtweisen* 
got.  anabiiidan  'befehlen,  anordnen',  ai.  bödhdyati  'erweckt,  be- 
lehrt, teilt  mit',  ir.  ro-bud  'Verwarnung',  s.  Berneker  s.  v.  bVudp^ 
bud'p,  bid'p-,  vgl.  insbesondere  lit.  bauslijs  'Befehl'  (Juskeviß, 
geschrieben  -ys\  lett.  bauslis  'Gebot',  bausliba  'Gesetz'  mit  mhd, 
hot^  aisl.  hod  'Gebot*.    Was   aber  ganz   besonders   die   alte  Zu- 


1)  Nach  k-  und  g-  schreibt  Szyrwid  in  der  Regel  -ie-  für  -e-  und 
-4-,  wo -t-  das  Palatahlätszeichen  des  Gutturals  ist;  nur  ab  und  zu  fehlt 
in  der  Schrift  das  -»-.  Einen  anderen  Fall,  wo  -ie-  als  'e-  zu  lesen  ist, 
s.  unten  s.  v.  piget;  sonst  pflegt  Szyrwid  -e-  und  -<'-  unterschiedslos  durch 
-e-  und  -/-  durch  -ie-  zu  bezeichnen. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     201 

sammenstellung  befürwortet,  ist  der  Umstand,  daß  baüsti  bei 
Juskevic  a.  a.  0.  einen  weiteren  Bedeutungsumfang  hat,  als  wir 
ihn  aus  der  Literatursprache  kennen:  als  Bedeutungen  werden 
angegeben:  1)  'schrecken,  drohen,  bedrohen';  2)  'antreiben,  an- 
zeigen' (^gl.  Tüss. po-buditb  ds.  zu  buditt  'wecken');  3)  refl.  'beab- 
sichtigen'. Hierbei  sei  noch  bemerkt,  daß  für  das  im  Litauischen 
spärlich  belegte  haudyti  =  abg.  budüi  'wecken'  (Leskien  Abi.  294) 
sich  neuerdings  ein  weiterer  Beleg  gefunden  hat,  vgl.  den  In- 
finitiv baudyt  zweimal  bei  Doritsch  Beiträge  S.  35,  Z.  11  u.  13. 
Beachtenswert  ist,  daß  das  Wort  als  Synonym  von  vektuöf 
(literar.  vektuti)  'wachen'  (S.  34,  Z,  25,  26,  36  usw.)  gebraucht 
wird,  was  auch  Doritsch  §  59  Veranlassung  gegeben  hat  es  als 
'bewachen'  zu  übersetzen.  Es  liegt  hier  also  im  Gegensätze  zum 
Slavischen  und  Arischen  (s.  oben)  nicht  kausativische,  sondern 
iterativische,  Anwendung  vor. 

cöniveo.  —  Da  ksl.  ponicq  po7iicati  'oculos  demittere',  wie 
aus  dem  Infinitiv  mit  -c-  zu  ersehen  ist,  das  formale  Iterativ 
zu  poniknqti  'pronum  esse'  ist,  wäre  besser  die  Wortstellung 
zu  ändern;  auch  wäre  die  Angabe  des  für  Iterativa  charakte- 
ristischen Infinitivs  wichtiger,  als  diejenige  des  mehrdeutigen 
Präsens. 

cräbro.  —  Das  von  Zubaty  Rocznik  Slawistyczny  II,  4  f. 
als  archaischer  Nominativ  auf  uridg.  -e  zu  e«-Stämmen  ange- 
sehene russ.-ksl.  sbrsa  'Wespe'  (neben  sonstigem  shrsenh)^  das 
ich  IF.  Anz.  28,  36  anders  zu  erklären  versucht  habe,  ist  jetzt 
nach  Leskiens  Ausführungen  in  IF.  28,  137  f.  als  zu  unsicher 
beglaubigte  Form  überhaupt  zu  streichen. 

cremo.  —  Zu  cremäre  'verbrennen'  passen  gut  in  Form 
und  Bedeutung  ksl.  kremy,  kremem  'silex',  kremykb  'Feuerstein', 
lett.  krams  'Feuerstein';  anders  über  diese  Berneker  s.  v.  In 
den  einzelnen  slavischen  Sprachen  wechseln  die  Bedeutungen 
'Kieselstein'  und  'Feuerstein',  und  aus  dem  Slavischen  selbst 
ist  nicht  zu  ersehen,  welche  Bedeutung  die  ältere  war,  sodaß 
wir  hier  für  die  Etymologie  freien  Spielraum  haben,  aber  das 
lettische  Wort,  das  nach  Berneker  kaum  entlehnt  sein  kann, 
spricht  für  die  ürsprünglichkeit  der  Bedeutung  'Feuerstein'. 
Diese  Verhältnisse  vergleichen  sich  denen  der  von  Berneker  s.  v. 
kresg  kresati  behandelten  Sippe,  wo  die  Bedeutungen  'Feuer 
schlagen'  und  'schlagen'  überhaupt  nebeneinander  stehen,  und 
wo  auch  Berneker  Anknüpfung  an  lit.  krömis  'Ofen',  kärsztas 


202  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

'heiß*  für  möglich  hält.  Natürlich  kann  kremij,  wenn  es  zu 
cremäre  gehört,  nicht  mit  der  auf  die  Vorstellung  des  'Schneidens' 
zurückgehenden  Sippe  von  ksl.  poJcromh  'margo  panni',  abg.  krome 
"draußen'  (Berneker  s.  v.  kroma)  verwandt  sein;  doch  besteht 
ja  auch  keine  solche  seniasiologische  Beziehung  zwischen  kremy 
und  pokromb,  die  eine  Trennung  erschweren  würde. 

creper.  —  Lit.  kröpti  bedeutet  nicht  'trügen,  betrügen', 
sondern  'stehlen',  lett.  kräpt  kommt  in  beiden  Bedeutungen  vor, 
s.  auch  oben  carpo. 

cruentus.  —  Es  ist  zwar  nicht  unwahrscheinlich,  daß  lit. 
krüvinas,  abg.  knmm  'blutig'  dasselbe  n-Element  enthält  wie 
lat.  cruentus,  avest  xrvant-  'grauenhaft,  grausig*;  indessen  ist. 
die  Gleichung  cruentus  =  lit.  kriivintas  etwas  gewagt,  da  letzteres 
das  reguläre  Partizipium  zu  krüvinu  krüvinti  'blutig  machen' 
ist,  während  das  lateinische  und  das  avestische  Wort  den  Ein- 
druck einer  Sekundärbildung  machen;  daß  das  Verbum  erst 
zum  Partizipium  hinzugebildet  sei,  ist  in  Anbetracht  der  großen 
Produktivität  der  lit.  Verba  auf  -inu,  deren  Grundlage  jeden- 
falls schon  vorbaltisch  ist,  kaum  anzunehmen. 

de.  —  Das  litauische  Verbalpräfix  da-  dürfte  aus  russ.- 
poln.  do-  entlehnt  sein,  vgl.  Leskien  Nom.  457.  Dafür  spricht 
vor  allem  der  Umstand,  daß  dieses  Präfix  im  Russisch-Litauischen 
ungleich  häufiger  ist,  als  im  Preußisch-Litauischen,  wo  in  der 
Literatursprache  durchaus  pa-  herrscht,  vgl.  Doritsch  Beiträge 
§  264,  331.  Sehr  instruktiv  für  die  Verhältnisse  des  Präfixes 
in  älterer  Zeit  ist  es,  daß  es  bei  Szyrwid  Dict.  fast  nur  zur 
Übersetzung  von  poln,  do-  in  Komposita  dient;  vgl.  auf  S.  41 
bis  45:  daaugu  s.  v.  dorastam]  dadirbu  s.v.  dokonyiram^  dorobiani; 
daduomi  s.  v.  dodaje\  daeydineiu  s.v.  dochodz^\  dakatbu,  dafikaibu 
ko  s.  V.  domawiam  czego\  dateydimas  s.  v.  dozwolenie;  daraßau 
s.  V.  dopisuje;  daßöiupimiu  s.  v.  domacac  sie',  dafidirbu  s.  v. 
dorabiam  sie;  dafweriu  s.  v.  dowazam;  daßoku  s.  v.  doskakuje; 
dawerdu  s.v.  douarzam;  damadamas  s.v.  dowodny;  vgl,  175b 
nedaaugis  s.  v.  niedorosty.  Bei  den  nicht  reflexiven  Worten  gibt  es 
nur  6ine  Ausnahme:  daduomi  161b  s.  v.  nadqzam  komu  'sufficio'; 
von  Reflexivverben  mit  dafi-  finde  ich  noch  14  neben  polnischen 
Entsprechungen  mit  do-  gegenüber  6  Fällen  ohne  solche  Ent- 
sprechungen. —  Lett.  da-  wird  nach  Ulmann  Lettisch-Deutsches 
Wörterbuch  nur  in  den  Grenzgegenden  mit  dem  russischen  Sprach- 
gebiete gebraucht,  ist  also  auch  der  Entlehnung  verdächtig. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     20S 

defendo.  —  Petrs  (BB.  21,  213)  angeblich  'schlagen'  be- 
deutendes russ.  ugodith  ist  sicherlich  kein  anderes  "Wort  als 
ugodith  'treffen,  abpassen',  das  meist  im  freundlichen  Sinne 
'gefällig  sein'  gebraucht  wird,  vgl.  aber  auch  ugodith  kudd  'wohin 
geraten,  kommen,  irgendwo  sein',  sowie  solche  nicht  besonders 
häufige  Wendungen  wie  ugodih  certvh  vo  cto  'mit  etwas  (einer 
Kugel)  etwas  treffen  (einen  Baum),  in  etwas  (jemanden  ins 
Auge)',  wo  es  sich  um  ein  Treffen  im  feindlichen  Sinne  handelt. 
Zur  Etymologie  vgl.  Berneker  s.  v.  god^\  das  Bedeutungszentrum 
der  ganzen  Sippe  ist  treffen,  und  die  älteste  Bedeutung  dürfte 
etwa  'abpassen,  die  rechte  Zeit  abtreffen'  gewesen  sein,  woraus 
sich  auch  die  Bedeutung  'irgend  etwas  zu  treffen  suchen', 
d.  h.  'zielen'  entwickeln  konnte.  Peti*s  verkehrte  Etymologie 
dürfte  auf  einer  mißverständlichen  Auffassung  des  in  den  russi- 
schen Wörterbüchern  beliebten  Beispielsatzes:  vb  grudh  om  streloj 
ugodih  'in  die  Brust  ti-af  er  mit  dem  Pfeil'  benihen ;  wenigstens 
zweifle  ich  stark  daran,  daß  das  Wort  jemals  'schlagen'  ohne 
die  im  Vordergrunde  stehende  Beziehung  zum  'Treffen,  Zielen' 
bedeuten  kann.  Es  ist  bedauerlich,  daß  Berneker,  der  a.  a.  0. 
Petrs  Irrtum  in  bezog  auf  cech.  hoditi  'werfen',  das  letzterer 
ebenfalls  mit  lit.  gadmti  'beschädigen'  usw.  verbindet,  aufgeklärt 
hat,  es  unterlassen  hat,  bei  ugodih  die  falsche  Auffassung  zu 
erwähnen,  denn  es  ist  nur  allzunatürlich,  daß  ein  unbefangener 
Leser  auch  beim  aufmerksamen  Lesen  infolge  der  unrichtigen 
Bedeutungsangabe  nicht  darauf  kommt,  sein  Wort  mit  dem 
Bemekerschen  zu  identifizieren. 

dens.  —  Statt  bt.  dantötas  'gezähnt'  muß  es  heißen  dantutas 
resp.  vorsichtshalber  besser  ohne  Akzent  dantutas.  Xesselmanns 
(126a)  dantotas  dürfte  eine  falsche  Wiedergabe  von  Szyrwids 
Dict.  zweimaligem  duntuotas  {-unt-  lautgesetzlich  aus  -ant-)  sein ; 
vgl.  169  a  duntuotas  s.  v.  narzynany  'serratus,  multifidus,  denti- 
culatus',  98b  ratas  duntuotas  s.v.  kötko  aho  koto  zqbkowate Jako 
u  zegar&ic,  we  miynach  'tympinum  dentatum'.  Auch  Juskevid 
bietet  ein  dantutas.  Das  literarische  Adjektiv  ist  dantijtas,  das 
vielleicht  das  Part.  Perf.  Pass.  zu  dantyju  dantyti  'zahnen,  Zähne 
bekommen'  ist  Ein  historischer  Zusammenhang  zwischen  den 
baltischen  ^Bildungen  und  lat.  dentätus  dürfte   kaum  bestehen. 

derbiüsus.  —  Das  Präsens  dirü  zu  lit.  d^irti  'schinden'  ist 
zu  streichen,  da  wir  über  die  finiten  Formen  dieses  Yerbums 
nicht  genügend  unterrichtet  sind,  vgl.  Leskien  Abi.  323  f.    Das 


204  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

diru  bei  KLD[  stammt  aus  Nesselmanns  (143  b)  dirru,  dessen 
-rr-  indessen  seiner  Schreibgewohnheit  nach  ebensogut  ein  ge- 
sprochenes -r-  reflektieren  kann  (ähnlich  groju  für  Szyrwids 
grioiu^  s.  unten  graculus\  sodaß  wir  die  Form  besser  als  *diriu 
ansetzen  könnten ;  denn  letzterer  Präsenstypus  ist  der  normalere 
bei  den  auf  Liquida  auslautenden  Wurzeln,  vgl.  Leskien  Abi. 
386f.  Außerdem  können  wir,  wenn  wir  Nesselmanns  Quellen 
nicht  kennen,  nicht  entscheiden,  welche  von  den  in  einem 
Averbo  stehenden  Formen  er  gehört  resp.  gelesen,  und  welche 
er  konstruiert  hat;  und  seine  Konstruktionen  können  falsch 
sein.  Im  vorliegenden  Falle  stimmt  sein  Präteritum  dirrau,  das 
nur  als  *dirau  gelesen  werden  kann  (-rr-  bezeichnet  wie  -II-  in 
szillus^  villu  (s.  oben  caleo  und  unten  vilis)  die  Kürze  des  Vokals, 
und  *diriau  wäre  eine  ungewöhnliche  Form)  nicht  zum  Präsens: 
wir  würden  entweder  *deru  *dirau  oder  ^dirii  resp.  *diriu  *dynau 
(könnte  bei  Nesselmann  *dyrau  geschrieben  werden)  erwarten; 
eine  der  beiden  Formen  muß  also  falsch  sein.  Wie  Kelchs  dyru 
dyrau  'steche  Rasen  ab'  zu  lesen  ist,  ist  auch  unklar.  Aus 
moderner  Zeit  bietet  Juskevic  derü  dyriau  d)rU  'schinden,  hauen' 
und  daneben  d^ru  (vielleicht  Schreibfehler  für  *dhiu  =  literar. 
*deriü)  deriau  derti;  auch  hier  bestehen  zwischen  den  einzelnen 
Formen  Inkongruenzen,  und  wir  können  an  ihrer  Richtigkeit 
zweifeln. 

dissipo.  —  Einen  Infinitiv  ksl.  gbpati  'fundere',  rasbpaii 
Missipare'  (Walde  fälschlich  -pere)  kann  ich  nicht  finden.  Das 
Primärverbum  lautet  abg.  bT>pq  snti  'schütten,  streuen';  ein 
ä-Stamm  ist  nur  das  Iterativ  sypati  'schütten',  rasypati  'aus- 
streuen', das  bei  Walde  auch  angeführt  ist.  Ein  alter  Stamm 
*si>pa-  'schütten,  streuen'  scheint  im  Slavischen  überhaupt  nicht 
belegt  zu  sein ;  das  seltene  apoln.  ospac  scheint  eine  Neubildung 
zu  sein  und  kann  in  seiner  Isoliertheit  nicht  zur  Konstruktion 
eines  urslav.  *sbpafi  Veranlassung  geben.  Vorhanden  ist  nur  ein 
Sbpati^  Präs.  sbpljq  'schlafen',  das  mit  stpq  nichts  zu  tun  hat.  Es 
wäre  ja  verlockend,  das  Iterativ  sypoti  auf  ein  primäres  *.s7»jo«-, 
entsprechend  lit.  supaü  Prät.  'wiegte,  schaukelte',  lat.  supäre 
'werfen'  zurückzuführen,  vgl.  Arch.  sl.  Ph.  32,  333;  doch  sind 
bekanntlich  derartige  Iterative  auch  zu  solchen  Verben  gebildet 
worden,  wo  kein  alter  ä-Staram  mit  kurzem  Wuraelvokal  vor- 
handen war  (Beispiele  a.a.O.  329 ff.);  außerdem  ist  speziell  bei 
syjxiti  auch  vorslavische  Entstehung  möglich  (a.  a.  0.  330).   — 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     205 

Lies  osibajq  se  (abg.)  statt  osibq  se.  Die  hergehörigen  nicht 
akzentuierten  russischen  "Worte  lauten  mit  Akzent  sibäth,  sibkij, 
osibdthsja. 

diu.  —  Lit.  dahaHanas  ist  in  dahartinas  ('jetzig')  zu  ändern; 
wegen  Nebenformen  s.  Leskien  Nom.  407. 

dölium.  —  Das  hergehörige  slavische  Nomen,  das  nur 
spärlich  und  zwar  in  älterer  Zeit  nur  in  mbg.  und  russ.  Über- 
lieferung belegt  ist,  ist  in  normalisierter  ksl.  Gestalt  dhly^  Gen. 
dhhve  zu  schreiben,  also  mit  Vokal  zwischen  d-  und  -1--,  die 
belegten  Formen  s.  bei  Berneker  s.  v,  dily.  Der  bei  Walde  an 
zweiter  Stelle  stehende  Nom.  Sing,  del^va  beruht  wohl  auf  falscher 
Auffassung  des  -e-  in  bulg.  delva  (bei  Walde  ohne  Akzent)  und 
im  belegten  russ.-ksl.  delvi  aus  *dhhvU  Lok.  Sing,  und  Nom.  Plur. 
zu  dhly\  ein  Nora.  Sing,  auf  -a  ist  in  älterer  Zeit  weder  belegt 
noch  auch  aus  den  belegten  Kasus  zu  erschließen. 

dönicum.  —  Ein  russ.  kicdano  ist  mir  unbekannt;  wenn 
es  vorhanden  ist,  ist  es  jedenfalls  eine  junge  Zusammenrückung 
von  ktidd  'wohin'  mit  einer  Partikel  -no,  deren  unmittelbare 
Gleichsetzung  mit  lat.  -ne  in  quandOne  sehr  fraglich  ist.  Wegen 
der  ebenfalls  problematischen  Wortgleichung  quandö  =  kudä 
s.  unten  quandö. 

edo.  —  Lies  jadh  (abg.  'Speise')  statt  jad^. 

emungo.  —  Es  heißt  im  Lettischen  nicht  mükt^  sondern 
mukt  (Präs.  müku  aus  *munku\  und  die  Bedeutung  ist  besser 
als  'sich  abstreifen,  in  einen  Sumpf  einsinken,  fliehen'  anzugeben. 
Übrigens  ist  auch  ein  lit.  mükti  intrs.  'entwischen,  eilen'  belegt, 
vgl.  Leskien  Abi.  303.  —  Von  den  angeführten  slavischen 
Worten  ist  snujcati  zu  verbessern  in  smycati  ('schleppen,  ziehen') 
und  mucati  in  smucati  ('kriechen'). 

eo.  —  Abg.  jadq  jachati  ist  im  allgemeinen  ebenso  wie  das 
Iterativ  ksl.  jazditi  nicht  durch  'reiten'  sondern  durch  'fahren' 
zu  übersetzen,  s.  Berneker  s.  v.  jado  und  Jcudzp,  wo  für  'reiten' 
der  Ausdruck  ksl.  jazditi  na  konji  * auf  dem  Pferd'  an- 
geführt wird;  doch  dürfte  in  Fällen,  wo  die  Situation  einen 
Zweifel  ausschließt,  der  Zusatz  auch  fortbleiben  können.  Daß 
in  den  modernen  südslavischen  Sprachen  auch  beim  allein- 
stehenden Verbum  die  Bedeutung  'reiten'  überwiegt,  dürfte  auf 
einer  jüngeren  Spezialisierung  aus  einer  allgemeineren  Vor- 
stellung beruhen.  Das  slavische  Sprachgefühl  kennt  nämlich 
keine  prinzipielle  Scheidung  der  Begriffe  'fahren'  und  'reiten'; 

Indogermanische  Forschungen  XXXin.  14 


206  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

gemeinslav.  *jachati,  *jechati^  *jazditi,  *ßzditl  bezeichnen  ira 
Gegensatze  zu  iti  'gehen'  jede  Art  der  Fortbewegung  ver- 
mittelst eines  Fahrzeuges  oder  eines  Tieres;  'fahren' 
und  'reiten'  sind  nur  Spezialvorstellungen  eines  allgemeineren 
Begriffes,  den  wir  im  Deutschen  niclit  einheitlich  ausdrücken 
können.  Das  Polnische  und  Russische  stehen  dem  Altbulgarischen 
und  wohl  auch  dem  Urslavischen  sehr  nahe.  Poln.  jechac^  russ. 
ßchafb  bezeichnen  für  sich  allein  in  der  Regel  'fahren*  und 
werden  auch  dann  gebraucht,  wenn  es  einem  darauf  ankommt, 
auf  die  bestimmte  Art  der  Fortbewegung  hinzuweisen ;  um 
'reiten'  auszudrücken,  gebraucht  man  im  allgemeinen  die  ad- 
verbiellen  Zusätze  poln.  konno  'zu  Pferde',  poln.  uierzchem,  russ. 
verchörm  (Instr.  Sing,  zu  tvierzch,  verchi  'Gipfel,  das  Oben',  zu 
übersetzen  etwa  durch)  'rittlings,  zu  Pferde'.  Bulg.  jdham  be- 
deutet in  der  Regel  'reite',  vgl.  aber  auch  den  Satz  cijäto  kold 
Jdha,  nSja  pesen  pee  'wessen  Wagen,  man  fährt,  dessen  Lied 
man  singt.'  Die  Spezialisierung  zu  'reiten'  scheint  im  Nomen 
agentis  ksl.  jazdwh^  altruss.  jizdicb^  poln.  jeMziec  'Reiter'  schon 
gemeinslavischen  Ursprungs  zu  sein;  bei  derartigen  Verbalnomina 
ist  es  ja  häufig,  daß  sie  nicht  den  vollen  Bedeutungsumfang 
des  Yerbums  zum  Ausdruck  bringen.  Der  slavische  weite  Be- 
deutungsumfang der  Wurzelform  Ja-,  je-  'fahren,  reiten'  stammt 
wohl  aus  der  Ursprache ;  lit.  jöti  'reiten'  dürfte  auf  einer  vom 
Slavischen  unabhängigen  Verengerung  des  Begriffes  beruhen, 
fäbula.  —  Lit.  höju  böti  hat  mit  der  Sippe  von  fäbula 
nichts  zu  tun  und  ist  überhaupt  kein  Verbum  des  'Redens', 
wie  aus  Kurschats  ungeschickter  Bedeutungsangabe  geschlossen 
werden  könnte.  Es  bedeutet  eigentlich,  was  auch  Kurschat  selbst 
hinzufügt,  'worauf  Rücksicht  nehmen,  worauf  achten';  das 
negierte  Verbum  kann  allerdings  im  Deutschen  durch  'nicht 
danach  fragen'  im  Sinne  von  'kein  Gewicht  darauf  legen'  über- 
setzt werden,  aber  in  einem  positiven  Satze  dürfte  die  Über- 
setzung von  böti  durch  'fragen'  kaum  möglich  sein.  Kui-scliat 
hat  sich  also  durch  einen  ganz  vereinzelten  Fall  der  deutschen 
Ausdrucksweise  verführen  lassen,  ein  ungeeignetes  deutsches 
Wort  an  erster  Stelle  hinzuschreiben,  wodurch  die  Et\'mologen 
verwirrt  werden  mußten.  Das  Verbum  ist  nach  Leskien  Nora. 
457  eine  Abstraktion  aus  den  scheinbaren  Komposita  atbdti  und 
daböti  'worauf  achten',  die  ihrerseits  Lituanisierungen  des  poln.- 
weißruss.  dbcuf,  kiruss.  dbdty  ds.  (mit  Vermeidung  der  unbequemen 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    207 

Anlautsgruppe  db-)  sind.  Leider  hat  Bemeker  es  unterlassen, 
das  Fehlen  von  böti  in  seiner  Sippe  bajp  1.  durch  einen  Hinweis 
auf  Leskien  oder  besser  auf  sein  Stichwort  tbba  {db-  aus  tbb-^ 
s.  Bemeker  s.  v.  dt/bajp),  wo  er  wahrscheinlich  das  lit.  Wort 
zu  erwähnen  beabsichtigt,  zu  motivieren,  so  daß  aus  seiner 
Darstellung  der  Sippe  *bhä-  nicht  ohne  weiteres  auf  die  Un- 
richtigkeit von  Waldes  Etymologie  geschlossen  werden  kann.  — 
Wegen  der  notwendigen  Verbesserung  von  balija  in  bahß  {-liß) 
(abg.)  s.  unten  fascinum. 

facio.  —  Statt  abg.  deth  Taf  stände  besser:  abg.  -defb  in 
blago-deth  \dp\c,  Gnade,  Dank'.  Wenn  in  der  späteren  Literatur 
ein  Simplex  vorkommen  sollte,  so  dürfte  es  auf  künstlicher 
Abstraktion  beruhen;  zum  Kompositum  vgl.  Bemeker  s.  v.  deth. 

fallo.  —  Lies  balaniütb  (russ.)  statt  balamutb  und  bulicäns 
(lett.)  statt  bulvans  (wegen  der  Länge  s.  oben  augur);  die  zu- 
gehörigen serb.-sloven.  Formen  lauten  akzentuiert  serb.  balvan., 
sloven.  balvän,  bolvän  (Bemeker  s.  v.  balvam). 

fames.  —  Poln.  cÄe^',  cech.  chtit'  sind  keine  Verba,  sondern 
femininische  Substantiva  in  der  Bedeutung  'Lust,  Wille,  Neigung', 
vgl.  Bemeker  s.  v.  cliofg. 

farcio.  —  Wegen  lit.  brukü  brükti  'einzwängen,  drängen', 
ksl.  hruh  'Xagel,  Keil'  vgl.  IF.  28,  147  f.  Lies  bb'rkam  (bulg.) 
statt  bbrkam. 

fascinum.  —  Es  lautet  abg.  im  Nom.  Sing,  bcdiß  (resp. 
jünger  auch  baliji),  vgl.  Bemeker  s.  v.  und  wegen  der  Flexion 
solcher  Stämme  Leskien  Gramm,  abg.  Spr.  117. 

fastldium.  —  Wenn  lit  bödäiüs  'ekle  mich',  ai.  bibhatsate 
'empfindet  Ekel'  mit  lat.  foedus  'ekelhaft,  garstig',  lit.  baisiis 
'greulich,  abscheulich'  usw.  verwandt  sind,  dann  kann  ein  lat. 
gleichfalls  verwandtes  *fasfi-s  nur  auf  *bh9dh-ti-s,  resp.  bhddh-s-ti-s^ 
nicht  aber  auf  *bhadh{s)H-s,  zurückgeführt  werden ;  da  bei  zuge- 
hörigen Worten  diese  Ablautstufe  sonst  zu  fehlen  scheint,  ist 
die  von  Walde  auch  ohnehin  befürwortete  Trennung  des  lat. 
fastldium  von  den  übrigen  Worten  vorzuziehen. 

fei.  —  Neben  abg.  zhci  und  dem  seltenen  iMh  'Galle'  gibt 
es  auch  die  Form  zliCb  (Meillet  fitudes  265),  vgl.  auch  bulg.  zh'cka 
neben  zh'cka  'Galle,  Wut,  Zichorie'.  Es  sind  also  im  Slavischen, 
falls  es  sich  nicht  um  Dissimilation  des  -i-  gegen  das  -c-  handelt, 
Reimworte  von  den  beiden  Wurzeln  *g{^)hel-  und  *ghel-  vor- 
handen.   Das  lettische  Wort  für  'gelb'  ist  am  besten  dfeltäns  oder 

U* 


208  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

auch  dfeltäns,  dfeltins  zu  schreiben,  vgl.  Bielenstein  Lett.  Spr.  1, 280, 
Leskien  Nora.  386.  Die  Form  auf  -ans  ist  die  für  ein  etymologisches 
"Werk  wichtigste,  vgl.  lit.  geltönas  *gelb';  ähnliches  s.  v.  augur. 
ferio.  —  Wegen  russ.  buräv»  (nicht  -m),  burddb  'Bohrer*, 
die  keinesfalls  mit  lat  foräre^  ahd.  borön  'bohren'  urverwandt 
sein  können,  vgl.  Berneker  s.  v.  bur.  —  Russ.  brönja  (bei  Walde 
ohne  Akzent)  'Brünne*  ist  dasselbe  Wort  wie  russ.-ksl.  bnnja 
und  ein  germanisches  Lehnwort,  s.  Berneker  s.  v.  bnna. 
[Anders  Iljinskij  Praslavjanskoje  brbiija  'pancyra',  Nezin»  1911, 
S.  1  —  8.  K.-N.]  —  Als  normales  lit.  Präsens  zu  bdrti 
'schelten,  streiten'  ist  nicht  barlü  sondern  barü  anzuführen. 
Nur  letztere  Form  findet  sich  bei  KLD,  Juskeviö  und  Szyrwid 
Dict.  (55a,  66a,  350a,  354b,  357  b:  baru,  baruofi  refl.  und 
barm  Part.  Präs.  Akt.  =  barqs).  Waldes  bariü  stammt  wohl  aus 
Leskien  Abi.  372,  417,  der  beide  Formen  bietet;  dessen  Quelle 
aber  ist  laut  brieflicher  Mitteilung  Schleichers  Lesebuch,  wo 
im  Glossar  barü  steht  mit  dem  Zusatz  'in  den  Büchern  meist 
bariu.  Es  handelt  sich  also,  je  nachdem,  wie  wir  den  Aus- 
druck 'Bücher'  auffassen,  entweder  um  eine  in  alten  Texten 
bezeugte  veraltete  resp.  dialektische  Bildung  oder  um  eine 
(vielleicht  falsche)  Form  bei  den  von  Schleicher  benutzten 
Grammatikern  oder  Lexikographen.  Jedenfalls  gibt  auch  Leskien 
heute  der  Form  barü  den  Vorzug.  Es  erscheint  mir  nicht  aus- 
geschlossen, daß  Schleichers  bariü  im  letzten  Grunde  auf  einer 
Grammatikerkonstruktion  in  Anlehnung  an  lett.  baru  'schelte', 
(daneben  jüngeres  baru  in  den  Dialekten,  die  auch  buru^  duru, 
kuru  für  sonstiges  buru  'zaubere',  dufu  'steche',  kuru  'heize* 
haben),  abg.  borjq  'kämpfe,  streite'  beruht,  was  auch  bei 
Schleichers  lakiü  (aus  Scheicher  auch  bei  Leskien  Abi.  375) 
für  sonstiges  lakü  'lecke*  neben  abg.  locq  ds.  der  Fall  sein 
kann;  dieselbe  Entstehung  vermutet  Leskien  jetzt  auch  (brief- 
lich) für  seine  kaliü  'schmiede'  und  maliü  'mahle'  (Abi.  335, 
375,  410),  die  sonst  kalü  und  malü  lauten,  neben  lett.  kal'u, 
maVu,  abg.  koljq  'steche,  schlachte',  meljq  'mahle*.  Die  Über- 
einstimmmung  des  Lettischen  und  Slavischen  spricht  nicht  unter 
allen  Umständen  für  die  Priorität  der^o-  Bildung.  Im  Litauischen 
ist  bei  diesen  Worten  der  TyP^s  malü  (=  got.  mala,  lat  molo), 
im  Lettischen  und  Slavischen  derjenige  von  lit.  ariü,  lett  aru, 
abg.  orjq  'pflüge'  (=  got  arja)  produktiv  geworden,  und  wir 
können   nicht    bei   jedem    einzelnen    Wort    die    ursprüngliche 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    209 

Bildungsweise  feststellen.  Bei  unserem  Worte  ist  allerdings 
mit  Rücksicht  auf  lat.  feno  der  ^/b-Bildung  der  Vorzug  zu  geben, 
vgl.  auch  ahd.  berjan,  aisl.  bena.  das  aber  auch  ein  ursprüng- 
liches Iterativ  *bhorSw  repräsentieren  könnte.  Jedenfalls  darf 
das  etwas  zweifelhafte  lit.  bariü  nur  dann  dem  lett.  baru  gleich- 
gesetzt werden,  wenn  es  sich  in  guten  alten  Quellen  auf- 
finden läßt.  [Aus  modernen  Dialekten  erklärt  Doritsch  bariü 
für  die  ihm  geläufigere  Form.  K.-X.] 

fertum.  —  Wegen  russ.  brdga  vgl.  Berneker  s.  v. 

über.  —  Über  die  verschiedenen  Formen  des  litauischen 
Bibernamens  orientiert  Leskien  Nom.  434,  der  au  der  Richtig- 
keit des  -4-  in  Kurschats  bibrus,  bebrüs  zweifelt,  weil  Kurschats 
von  ihm  selbst  angegebene  Quelle  —  Mielcke  —  nur  -e-  {-e-)  hat; 
auch  Xesselmann,  der  für  e  in  der  Regel  e  schreibt  (z.  B.  in  der 
Infinitivendung  -eti,  s.  unten  fodio;  e  ist  bei  ihm  gleichzeitig 
das  Zeichen  für  e,  s.  unten  ?eo),  hat  in  seinem  bebrus  offen- 
bar kein  -e-  gesehen.  Wegen  ebenfalls  unmotivierter  -e-  bei 
KLD[  s.  unten  s.  v.  pecii  und  vetus.  Wenn  auch  als  die  nor- 
male lit.  Aussprache  bebr-  anzusehen  sein  dürfte  (also  auch 
bebrmis  in  bebnnis  zu  ändern),  so  scheint  dialektisch  dennoch 
auch  ein  bebr-  vorzukommen,  vgl.  das  bibras  (vielleicht  für 
*bebras)  bei  Juskevic.  Als  lettisch  kenne  ich  nur  bebrs,  Gen. 
bebra,  aber  kein  bebris,  vgl.  Ulmann  Lett.-Dtsch.  Wtb.,  auch 
Leskien  a.  a.  0.  —  Statt  des  konstruierten  abg.  bebn  wären  einige 
moderne  slavische  Formen  anzuführen,  die  übrigens  vorwiegend 
auf  *bobrb  zurückgehen  und  die  Existenz  eines  voreinzelsprach- 
lichen  *bebrh  fi*aglich  erscheinen  lassen,  da  die  bei  Berneker 
s.  V.  bebrb  (demnach  also  ungeeignetes  Stichwort) ;  bobn ;  bhbrt 
aufgeführten  Beispiele  mit  -e-  altes  -»-  enthalten  oder  sonst 
sekundär  entwickelt  sein  können.  —  Ksl.  (?  s.  unten)  brunathm 
(nicht  -ö-  !)  adj.  *KuaviZ[ujv,  caeruleus,  fuscus*  (die  falsche  Be- 
deutungsangabe 'Braunschimmer  bei  Walde  beruht  wohl  auf 
Petrs  BB.  21,  208  poln.  brunatny  (kon)  *braun(-schimmel)*,  das 
wörtlich  als  *braun(es  Pferd)'  zu  übersetzen  ist)  stammt  beiMiklosich 
Lex.  Pal.  aus  einer  mir  nicht  zugänglichen  Beschreibung  slavi- 
scher  Handschriften.  Es  ist  jedenfalls  ein  seltenes  Wort,  und 
die  Möglichkeit,  daß  es  aus  dem  Westslavischen  (dech.  brunatny^ 
poln.  bruyiainy  'braun')  in  eine  späte  kirchenslavische  Quelle 
hineingeschmuggelt  ist,  ist  nicht  ausgeschlossen.  Jedenfalls  kann 
die  allgemein  geltende   überaus  plausible  Annahme   einer  Ent- 


210  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

lehnung  des  "Wortes  aus  dem  Germanischen  oder  Romanischen 
durch  sein  einmaliges  Vorkommen  in  einer  kyrillisch  geschriebenen 
Quelle  nicht  entkräftet  werden.  Vgl.  Berneker  s.  v.  hrun^  der 
leider  ksl.  brunathm  überhaupt  nicht  erwähnt.  Wenn  wir  auch 
darin  eine  Bestätigung  unserer  Zweifel  an  der  Berechtigung 
dieses  "Wortes  sehen  können,  so  wären  doch,  da  es  nun  einmal 
im  Lex.  Pal.  steht  und  von  dort  übernommen  wird,  ein  Hiuweis 
auf  seine  Unsicherheit  und  womöglich  auch  eine  Erklärung 
wünschenswert  gewesen.  —  Berneker  a.  a,  0.  hält  auch  sloven. 
brün  (nicht  bruny)  'braun,  rötlich,  falb'  samt  serb.  brun  Munkel- 
braun, schwärzlich',  öech.  bruny  'schwarz'  usw.  (zuzufügen  wäre 
noch  russ.  dial.  brünyj  'rot')  für  eine  germanische  resp.  italienische 
Entlehnung,  woran  zu  zweifeln  ich  keinen  Grund  finden  kann. 
In  den  meisten  slavischen  Sprachen  ist  das  Wort  nur  dialektisch 
oder  doch  nur  neben  anderen  häufigeren  "Worten  gebräuchlich. 
Außerdem  ist  auch  die  Ablautstufe  idg.  *bhrou-  sonst  nirgends 
belegt;  wegen  der  von  Berneker  s.  v.  brom  ohne  genügenden 
Grund  als  mit  mhd.  brün  usw.  urverwandt  angesehenen  russ. 
bruneth^  brynetb  (=  broneth)  'reifen  vom  Hafer'  vgl.  vielmehr 
IF.  28,  144  f. 

fidelia.  —  Von  den  slavischen  Formen  sind  nach  Berneker 
s.  V.  bidbiib  zu  korrigieren  :  beden  (nslov.)  in  bddmj^  bödtutn 
(klruss.)  in  bödnar,  böndar;  und  statt  böndarb  (russ.)  stände 
besser  böndarb. 

finis.  —  Neben  abg.  u-bojb  M.  'qpovoc'  ist  auch  das  Simplex 
ksl.-gemslav.  boß  M.  'Kampf  vorhanden,  das  in  erster  Linie  er- 
wähnt zu  werden  verdiente.  —  Lies  dygsnis  (lit.)  statt  dygsnis. 

flaccus.  —  Lies  mr%,  m^a  (klruss.)  statt  mVity^  mVa;  bldhij 
(wruss.)  statt  blagij\  mlSdan  (sloven.)  statt  mieden;  mulk'is  (lett.) 
statt  mülkis.  —  Das  von  Miklosich  Et.  "Wb.  erwähnte  mlachavb 
(im  Kirchenslavischen  schreibt  man  jetzt  -ch-  und  nicht  -/»-) 
'schwach*  scheint  in  der  kirchenslavischen  Literatur  nicht  belegt 
zu  sein;  wenigstens  fehlt  es  im  Lex.  Pal.,  wo  nur  ein  mlocftai-hstvo 
'infirmitas'  (mit  -o-)  steht.  Vielleicht  stammt  aber  dieses  Ab- 
straktum,  wie  sicher  das  kroatische  Adjektiv  mlohav.,  aus  einer 
glagolitisch  geschriebenen  kroatischen  Quelle,  sodaß  wir  ein 
ksl.  *mlocliavb  daraus  nicht  ei*schließen  dürfen.  Ein  mlahav  führt 
Miklosich  aus  dem  älteren  sog.  Neuslovenischen  an;  vielleicht 
hat  er  auch  sein  ksl.  (Miklosich  altsloven.)  mlachan  aus  diesem 
hergeleitet. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     211 

flägito.  —  Die  Ausdrucksweise :  " abg.  hlaffb  'gut, 

erwünscht'  (dazu  Denominativ  poln.  hiagac  'flehen,  besänftigen' 
...)..."  ist  nicht  glücklich  gewählt.  Denn  poln.  btagac\  das 
mit  polnischen  Mitteln  kaum  zu  erklären  ist  (es  heißt  btogi 
'glücklich,  behaglich'  mit  -<>:  -«-  wäre  nur  in  einem  jungen 
Iterativ  verständlich,  doch  fehlt  hier  ein  geeignetes  Grund- 
verbum  für  ein  solches),  steht  trotz  semasiologischer  Schwierig- 
keiten im  Verdacht  aus  cech.  hJahati  'segnen,  selig  sein'  entlehnt 
zu  sein  (Berneker  s.  v.  holffb\  und  auch  dieses  ist  wohl  nur  eine 
indirekte  Ableitung  vom  Adjektiv  (etwa  von  cech.  alt  hldha 
'Seligkeit'?).  Die  morphologischen  Beziehungen  der  einzelnen 
"Worte  zu  einander  sind  schwierig.  —  Lies  hlähij  (wruss.) 
statt  blagij. 

flagro.  —  Ein  Simplex  brez(/b  'Dämmerung'  ist  nach 
Berneker  s.  v,  breskb  weder  für  das  Altbulgarische,  noch  auch 
für  das  Urslavische,  mit  Sicherheit  anzunehmen ;  es  wäre  besser 
ühg.  pro-brezg^  anzuführen  und  darauf  aufmerksam  zu  machen, 
daß  in  den  modernen  Sprachen  neben  *brez(p)  auch  die  (nach 
Berneker  ältere)  Form  bresh»  vorkommt.  —  Lies  bTigstu  (lit.)  statt 
blujBtü  (Leskien  Abi.  290).  —  Das  altbulgarische  Primärverbum  für 
'glänzen',  das  unter  den  hergehörigen  Yerben  an  erster  Stelle 
erwähnt  zu  werden  verdient,  heißt  nach  Berneker  (s.  v.  blhskb) 
blhstq  Mistati;  das  Iterativ  dazu  abg.  bliscati  se.  ksl.  auch  bliskati  se 
(nicht  reflexiv  scheint  dieses  kirchenslavisch  nicht  vorzukommen, 
anders  in  den  modernen  Sprachen).  —  Lit.  blyszkiii  'funkle'  ist 
vorsichtshalber  besser  unbetont  zu  lassen,  wie  es  in  Kurschats 
Quelle,  Nesselraann  341b,  steht. 

flävus.  —  Lies  gdtas  (lit.)  statt  geltas;  wegen  der  Schrei- 
bung von  lett.  dfeltäns  usw.  'gelb'  s.  oben  fei.  —  Statt  oder  vor 
lit.  zUti  'grau  werden',  das  offenbar  ein  Denominativ  ist,  ist  das 
diesem  zugrunde  liegende  zilas  'grau'  zu  erwähnen.  —  Unter 
den  Worten  für  'Gold'  ist  auch  lett.  felis  'Gold'  zu  nennen. 
Merkwürdigerweise  fehlt  dieses  lettische  Wort  sowohl  in  Leskiens 
Nomina  und  Ablaut,  als  auch  bei  3Ieillet  Etudes  298,  doch 
glaube  ich  trotzdem  aus  lautlichen  Ursachen,  daß  es  nicht  aus 
dem  Slavischen  entlehnt  sein  kann. 

fodio.  —  Zu  lit.  beclü  'grabe'  lautet  der  Infinitiv  nicht 
bed^ti,  wie  Nesselmann  324  b  (geschrieben  -eti)  mit  einem  Frage- 
zeichen und  nach  ihm  KLD[  (fälschlich  geschrieben  -eti)  angibt, 
sondern  b^i.  In  Nesselmanns  Quelle,  Szyrwid  Dict.  104  a,  steht 


212  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Ä-a/tt,  bedu  s.  v.  kopam,  kopie  *fodio,  abdita  terrae  scrutor'  und 
kafeias^  kaftoias^  bedeias,  kiiris  kafa,  heda  ku  s.  v.  kopacz  *fossor'. 
Dieses  bedeias  (lies  *hedijas)  ist  aber  niciit,  wie  Nesselmann 
angenommen  zu  haben  scheint,  zu  zerlegen  in  den  Stamm  ^bedä- 
und  das  Formans  -jas^  sondern  -ijas  ist  ein  produktives  Formans 
zur  Bildung  von  Nomina  agentis  gerade  von  konsonantisch  aus- 
lautenden Verbalstämmen,  vgl.  auch  oben  das  Synonym  kafeias 
{kasijas)  zu  kasü  kästi  'graben'.  Von  einem  *bediti  wäre  vielmehr 
die  Ableitung  *bedetojas  zu  erwarten,  vgl.  Leskien  Nom.  329  f. 
Auch  Juskevic  hat  bedü  besti  'stechen'  =  badi/ti,  f-bedu  j-Msti 
'hineinstecken'  (s.  v.  j-smeigti)^  wobei  die  von  den  sonstigen 
Belegstellen  abweichende  Bedeutung  zu  beachten  ist.  —  "Was 
die  baltische  Ablautstufe  *bed-  anbetrifft,  so  legt  kymr.  bedd 
'Grab'  usw.  die  Vermutung  nahe,  daß  es  sieh  um  eine  Ver- 
mischung zweier  Sippen  *bhedh- 1  *bhodh-  und  *bhödh-  handelt, 
von  denen  die  eine  'graben',  die  andere  'stechen'  bedeutet  hat. 
Wenn  das  keltische  -e-  sich  durch  germanische  Entlehnung  oder 
jüngere  Lautprozesse  erklären  ließe,  wäre  m.  E.  die  Annahme 
einer  sekundären  e-Stufe  im  Baltischen  vorzuziehen  (s.  oben 
capio  und  unten  pinus  Fn.);  denn  die  vortreffliche  Parallele 
lat.  fodio  födi  und  abg.  hodq  basb  spricht  doch  dafür,  daß  die 
o-Stufe  auch  dem  Primärverbum  ursprünglich  zukam,  und  bei 
einer  Scheidung  in  zwei  Wurzeln  bliebe  es  unklar,  wie  die 
einzelnen  Worte  unter  dieselben  zu  verteilen  wären. 

foria.  —  Lies  driskam  (nbg.)  statt  driskatl  und  dristati 
(cech.)  statt  dristati.  Im  Serbischen  ist  neben  drickati,  das  eine 
bei  Schallworten  nicht  ungewöhnliche  Umbildung  zu  sein  scheint, 
auch  die  Form  driskati  vorhanden.  Um  Mißverständnisse  zu 
vermeiden  (man  könnte  an  ein  urslav.  *drid-.,  *drid'-  entsprechend 
genn.  drü-  denken,  vgl.  serb.  vöc'kati  'herumführen,  ductare'  zu 
vodim  vddüi  'führen'),  wäre  es  praktischer,  drickati,  obgleich 
es  die  häufiger  gebrauchte  Form  ist,  garnicht  oder  doch  wenig- 
stens erst  an  zweiter  Stelle  zu  erwähnen. 

formus.  —  Lies  beraub  (ksl.)  statt  ieravb. 

frägor.  —  Lies  bräfchu  (lett.)  statt  brafchu. 

frlgeo.  —  Neben  lett.  strSg'ele  'Eiszapfen'  (mit  -g'-  zu 
schreiben)  kommen  auch  die  Formen  dreg'ek.,  stricfele  vor,  so 
daB  08  fast  natürlicher  erscheint,  -#-  auf  -«n-,  statt  auf  -e/-, 
zurückzuführen,   und  die  Zugehörigkeit  der  baltisch-slavischen 


I 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat  Etym.  Wörterbuch.     21S 

Worte  zur  /-Reihe  zweifelhaft  wird.  —  Lies  srez  (nslov.)  statt 
srei,  srze;^  (poln.)  statt  srzez  and  srin  (nslov.)  statt  sren. 

frio.  —  Zu  lit.  greju  griti  *die  Sahne  von  der  Milch 
bogenförmig  abschöpfen'  führt  Juskevic  als  Xebenform  auch 
das  zemaitische  Präsens  grejü  an,  das,  wie  die  s.  v.  clino  und 
liho  besprocheneu  alten  Parallelen  zeigen,  eine  ältere  nur 
dialektisch  erhaltene  Bildung  gegenüber  dem  gemeinlitauischen 
grejü  darstellt. 

fugio.  —  In  betreff  von  gemslav.  hljusch  'Efeu'  ist  neuer- 
dings Trautmanns  (Die  altpreußischen  Sprachdenkmäler  312) 
Verbindung  mit  hleusky  Fem.  (Yok.  286;  wäre  lit.  *bliaiiske) 
*Schilf'  sehr  beachtenswert.  Bisher  ist  allerdings  das  Wort 
als  hlensl-y  gelesen  worden,  und  es  müßte  noch  untersucht 
werden,  welche  von  den  beiden  Lesungen  paläographisch  die 
bessere  ist. 

fui.  —  Lit.  hükki,  bükle  'Heimat,  Wohnstätte'  sind  besser 
unakzentuiert  zu  lassen.  Kurschat  hat  die  Worte  aus  der  münd- 
lichen Rede  nicht  gekannt;  daher  ist  auf  seine  Akzentuation 
kein  Verlaß.  Und  bei  derartigen  Worten  ist  es  immer  besser, 
keine  Akzente  zu  setzen,  da  die  Gefahr  vorliegt,  daß  sie  zur 
Stütze  von  Akzenttheorien  verwendet  werden  könnten,  was 
natürlich  fehlerhaft  wäre.  Die  Länge  kann  man  hier,  trotzdem 
sie  literarisch  nicht  festgelegt  ist,  wohl  für  sicher  halten,  denn 
die  noch  als  Ableitungen  gefühlten  Bildungen  von  bi'äi  *sein* 
pflegen  sonst  langes  -ü-  zu  haben  {bütas  *Haus'  ist  für  das 
Sprachgefühl  als  ein  isoliertes  Wort  zu  betrachten),  vgl.  auch 
pahuklas^  pabükU  bei  Leskien  Xom.  496  f.  (die  Schreibung  büklas 
a.  a.  0.  ist  literarisch  nicht  beglaubigt),  über  deren  Akzent- 
qualität man  jedoch  im  Zweifel  sein  kann. 

füllgo.  —  Lit.  dülis  'Räucherwaren  zum  Forttreiben  der 
Bienen'  ist  besser  nur  in  der  unakzentuierten  Form  zu  schreiben; 
die  Schreibung  dülys  scheint  auf  dem  aus  Mielcke  stammenden 
dulgs  bei  KLD[  zu  beruhen,  doch  kann  man  Mielckesche  Schrei- 
bungen für  die  Feststellung  der  Akzentuation  nur  mit  Voi-sicht 
verwenden.  Akzentuiert  finde  ich  das  Wort  nur  bei  Juskeviö 
als  dülis  M.  (Bedeutung  'Nebel'  und  'Räucherholz'),  was  wegen 
dülke  'Stäubchen',  dümai  'Rauch'  ansprechend  erscheint;  doch 
schreibt  Juskeviö  in  Teil  I  {a-d  inkl.)  regelmäßig  den  Akut 
auch  für   den  Zirkumflex,   und   seine  Hochtonstelle  weicht  oft 


2U  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

von  der  literarischen  ab*).  Vgl.  auch  oben  capio  Fn.  und  unten 
rapio. 

fümus.  —  Es  besteht  eigentlich  kein  Grund  zur  Annahme, 
daß  abg.-gemslav.  dunqti  'spirare',  was  lautlich  (vgl.  Arch.  sl.  Ph. 
35,  55  ff.)  allerdings  möglich  wäre  2),  zu  der  durch  -s-  erweiterten 
Wurzelform  in  abg.  duckt  'spiritus*  usw.  gehöre ;  es  ist  vielmehr 
natürlicher,  es  auf  die  reich  belegte  unerweiterte  Wurzelf  orra  zu  be- 
ziehen. Praktisch  betrachtet  ist,  wie  aus  Berneker  s.  v.  dujg  zu  er- 
sehen ist,  dunq  das  Perfektivpräsens  zum  imperfektiven  gemslav. 
*dnjq  *duti  (russ.  düju  dufi,  serb.  düßm  düti,  osorb.  duju  duö 
usw.).  Beide  Verba  machen  den  Eindruck  von  Priraärverben, 
deren  Präsentia  sich  nur  in  der  Ablautstufe  von  ai.  dhunöti, 
griech.  Guviu,  0uuu,  9uu)  unterscheiden;  die  Hochstufe  dürfte 
auf  Grund  von  solchen  Bildungen  wie  ai.  dhavisyati  Fut.  verall- 
gemeinert worden  sein.  Wenn  man  an  der  Hochstufe  eines  primären 
Nasalpräsens  Anstoß  nimmt,  dann  allerdings  bleibt  kaum  etwas 
anderes  übrig,  als  dunq  auf  ein  ideelles  (im  Sinne  von  Arch.  sl.  Ph. 
35,  57)  *duchnq  zurückzuführen  und  für  eine  indirekte  Ableitung 
von  duehi  als  Perfektiv  zum  denominativen  duchaii  Imperf.  auf- 
zufassen (direkte  Ableitung  von  duclii  erscheint  für  die  frühe 
Zeit,  wo  die  ideelle  Lautgruppe  -chn-  noch  intakt  war,  aus- 
geschlossen, da  die  Produktivität  denominativer  w^-Bildungen 
jüngeren  Datums  sein  dürfte);  indessen  ist  die  Trennung  von 
*dujq  unnatürlich,  und  man  müßte  dann  annehmen,  zu  diuiq 
wäre  zunächst  nach  dem  Muster  von  stanq  stati  'sich  stellen' 
der  Infinitiv  *duti  und  dann  zu  diesem  das  Präsens  *dujq  zu- 
gebildet worden.  Eine  Beanstandung  von  urslav.  *dunq  hat 
m.  E.  nur  dann  einen  Zweck,  wenn  man  auch  urelav.  *dujq 
*duti  zu  beseitigen  strebt.  Jeder  einzelne  der  anzunehmenden 
analogischen  Vorgänge  wäre  zwar  einfach;  ihre  Gesamtheit 
aber  würde  eine  fast  ununterbrochene  Folge  von  schnell  auf- 
einander  folgenden   Umbildungen   voraussetzen,    die    teilweise 

1)  In  Teil  II  {e—i  inkl.),  wo  der  Akut  und  der  Zirkumflex  unter- 
schieden werden,  und  überhaupt  die  Bearbeitung  des  Stoffes  weit  kritischer 
ist,  können  wir  solche  Worte  wie  hszmdnkyti,  imencziu  (unten  mäceria 
und  ntamphur),  die  zur  literarischen  Tonqualität  der  Sippen  stimmen,  in 
der  Regel  ohne  Kautelen  mit  Akzent  schreiben. 

2)  Anders  Meiliet  fitudes  130;  doch  gibt  es  keine  Fälle,  wo  -ch- 
vor  Nasalen  und  Liquiden  nicht  auf  Restitution  oder  auf  dem  Ausfall 
eines  -»-  beruhen  kann ;  wegen  des  letzteren  Falles  s.  die  bei  üerneker 
s.  v.  b^str»  wegen  vichn  zitierten  Stellen. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    215 

wohl  auch  auf  chronologische  Schwierigkeiten  stoßen  würden. 
Wir  halten  also  dunq  lieber  dem  Augenscheine  folgend,  für 
eine  bloß  durch  den  Ablaut  differenzierte  Entsprechung  von 
griech.  Guvuj. 

fünus.  —  Die  im  ersten  Absätze  erwähnten  slavischen: 
Worte  lauten  akzentuiert:  zunjty^  zurbd  (klruss.)  und  jsunc  sja 
(wTuss.)  —  Lies  zuvlmas  (lit.)  statt  zumtmus. 

galbus.  —  Lies  hotübyj  (klruss.)  statt  hotubij. 

gannio.  —  Das  nur  bei  Miklosich  Et.  Wb.,  nicht  aber 
Lex.  Pal,  und  bei  Sreznevskij  Materialy,  belegte  ksl.  gqgnqti 
'murmeln'  ist  besser  zu  streichen;  aus  den  modernen  Sprachen 
kenne  ich  diese  Verbalbildung  des  Wortes  im  Polnischen  {gegnqc 
'schnattern')  und  im  Bulgarischen  {ffb'gna  'näsele,  stottere'; 
letzteres  fehlt  bei  Berneker  s.  v.  goginp).  Die  Form  gqgnati 
(besser  vielleicht  gqrßnati)  kann  eher  stehen  bleiben,  trotzdem 
das  Wort  nur  in  russischer  Überlieferung  in  der  Lautgestalt 
gugnati  belegt  ist  vgl.  S.  186  und  unten  grunda. 

genius.  —  Zu  streichen  ist  die  Form  kbnegb  neben  abg. 
kbnezb  'Fürst';  ihr  Fehlen  im  Lex.  Pal.  macht  es  sehr  wahr- 
scheinlich, daß  Miklosich  sie  im  Et.  Wb.  nur  als  gemeinsames 
Grundwort  zu  ktnezh  und  kbnegynjl  'Fürstin'  konstruiert  hat; 
auch  bei  Berneker  s.  v.  kbned'zh  fehlt  sie. 

gero.  —  Statt  des,  wie  es  scheint,  nur  6in  Mal  im  Alt- 
russischen belegten  zesU  wäre  besser  das  abg.  und  in  mehreren 
modernen  slavischen  Sprachen  gebräuchliche  zestokh  'hart,  grau- 
sam' anzuführen,  vielleicht  der  sinnlicheren  Bedeutung  wegen 
daneben  auch  ksl.  zeskhkb  'hart,  spröde'  =  russ.  zestkij  ds.  Vielleicht 
ist  der  aruss.  Akk.  Sing.  Fem.  zestu  bei  Sreznevskij  Materialy, 
aus  dem  allein  ein  zesh»  erschlossen  wird,  bloß  ein  Schreibfehler 
für  zestku  zu  zest{h)kb. 

gleba.  —  Poln.  gleha  'Erdscholle'  hält  Berneker  s.  v.  ghba 
für  ein  lateinisches  Lehnwort.  Eine  Vereinigung  des  polnischen 
Wortes  als  *  gleha  mit  russ.  glyha  ds.  unter  den  Grundformen 
*gl€(u)bä,  *glühä  erscheint  wegen  der  Isoliertheit  beider  slavischer 
Worte  unwahrscheinlich. 

glomns.  —  Ein  slovenisches  glvh  'Strunk*  gibt  es  nicht; 
nsl.  glub  bei  Petr  BB.  21,  212  ist  wohl  eine  Verwechslung  mit 
nsorb.  gtub  'Strunk',  beruhend  auf  der  Abkürzung  ns.  bei  Miklosich 
Et.  Wb.  Dieses  Wort,  das  übrigens  im  Slovenischen  *gJQh  lauten 


ai6  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

müßte,  scheint  nur  westslavisch  belegt  zu  sein,  vgl.  Berueker 
s.  V.  glpbh,  wo  eine  Zurechtstellung  von  Petr  aber  unterblieben  ist. 

graculus.  —  Lies  im  Litauischen  grioju  grioti  stiitt  großt 
gröti.  Die  litauischen  Wörterbücher  führen  das  Wort  allerdings 
als  groju  groti  'krächzen,  schelten,  schmähen'  an.  Aber  Szyrwid 
Dict.  kennt  nur  grioiu  110b  (bis:  s.  v.  kracze  'crocito,  cornicor' 
und  kracze  na  kogo  *urgeo  conviciis,  maledictis,  succlamo'),  dazu 
auch  das  Verbalabstraktum ^r/o«»ias  lila  (s.  v,  krakanie  *crocatio, 
crocitus').  Aus  grioiu  haben  die  älteren  Lexikographen  mit 
bekannter  Vernachlässigung  der  Palatalität  groju  gemacht  (andere 
Beispiele  s.  v.  derbiösus  Fn.  und  minus).  Daß  Szyrwid  ihre 
Quelle  gewesen  ist,  ist  aus  der  genau  übereinstimmenden  An- 
gabe der  übertragenen  Bedeutung  zu  ersehen;  beachtenswert 
ist  dabei,  daß  Nesselmann,  genau  wie  Szyrwid,  diese  übertragene 
Bedeutung  nur  beim  Präsens,  nicht  aber  beim  Yerbalabstraktura 
{grojimas\  anführt;  überhaupt  entspricht  es  seiner  Praxis,  Verbal- 
abstrakta  nur  da  aufzunehmen,  wo  seine  Quellen  sie  bieten.  — 
KLD[  hdii  groju  aus  Nesselmann  abgeschrieben,  ohne  die  Richtigkeit 
des  Wortes  nachzuprüfen,  was  ihm  in  diesem  Falle  dadurch 
erschwert  war,  daß  Nesselmann  seine  Quelle  nicht  angibt. 

gradier.  —  Statt  gridiju  (lit.  dial.  'gehe,  wandere*)  emp- 
fiehlt es  sich,  die  normalisierte  Präsensform  ^Wc?j/Jm  (Juskeviö : 
gridiju  gridytl)  zu  schreiben,  da  wir  nicht  jede  phonetische 
Schreibung  übernehmen  können.  Die  Isoliertheit  dieses  Wortes 
erscheint  mir  übrigens  bedenklich,  und  ich  vermute  Entlehnung 
aus  dem  Germanischen  (got.  grips  'Schritt,  Stufe'). 

grunda.  —  Ksl.  gred^  'Balken*  ist  ein  seltenes  aus  alt- 
russischer  Überlieferung  {grjadt)  stammendes  Wort ;  statt  dessen 
wäre  besser  das  Feminimum  greda  (eigentlich  aruss.  grjada, 
doch  kann  -f-  geschrieben  werden,  s.  oben  S.  186  und  s.  v.  gannio) 
als  häufigeres  gemeinslavisches  Wort  anzuführen,  vgl.  Berneker 
s.  V.  grfda.  —  Die  Bedeutungsangabe  von  lit.  granda  (Betonung 
unbekannt)  beniht  wohl  auf  Verwechslung  mit  grändai  Nora. 
Plur.  M.  "Latten  auf  dem  Deckbalken  des  Stalles"  (Leskien 
Abi.  328;  die  eigentümliche  dialektische  Akzentuierung  wäre  bei 
Walde  vielleicht  besser  unbezeichnet  zu  lassen);  granda  F.  be- 
deutet in  den  Leskien  Nom.  208  vorgelegenen  Quellen  'Stock- 
werk*; nach  KLD[  aus  Nesselmann  271a— b  ist  es  (auch)  ein 
Synonym  von  grindh  F.,  das  gewöhnlich  'Dielenbrett'  und 
bei  Ness.  a.  a.  0.  auch  'Gebrücke,  Steinpflaster*  bedeutet. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     217 

gula.  —  Ein  russ.  golU  'Schlund'  scheint  nicht  zu  exi- 
stieren; das  goltb  bei  Miklosisch  Et.  "Wb,  dürfte  auf  einem 
Druckfehler  beruhen.  Die  Wörterbücher  bieten  zu  glotäth 
'schlucken'  nur  das  normale,  übrigens  nicht  häufige.  Postverbal 
glotb  'das  Schlucken,  Schluck  (als  allgemein  gebräuchliches  Wort 
bekannt  ist  mir  nur  glotokb  'Schluck'),  Gurgel,  Schlund,  Trunken- 
bold, Vielfraß'.  Außerdem  gibt  es  noch  dial.  koltdth  'ver- 
schlucken', koltökb  'Schluck',  die  aber  mit  glofdtb  nichts  zu  tun 
haben,  vgl.  Berneker  s.  v.  glitb  (kein  geeignetes  Stichwort,  da  das 
Substantiv  jünger  sein  dürfte,  als  das  Yerbura  gemsl.  *ghtati), 
wo  das  angebliche  golt»  nicht  erwähnt  ist. 

habeo.  —  Daß  Walde  von  den  Reflexen  des  gemslav. 
*gabati  gerade  die  weißrussische  und  slovakische  Form  (letztere 
schreibt  sich  habat)  herausgreift,  mag  wegen  der  gut  erhaltenen 
ursprünglichen  Bedeutung  seine  Berechtigung  haben,  erweckt 
aber  den  falschen  Eindruck,  als  ob  das  Wort  in  den  anderen 
Sprachen  überhaupt  nicht  vorhanden  sei.  Die  Angaben  müßten 
an  der  Hand  von  Bemekers  Artikel  gabajp  vervollständigt  resp, 
modifiziert  werden.  —  Abg.  gobino  'fruges',  ksl.  gobizm  'reich- 
lich' sind  entlehnt  aus  got.  gabei  'Reichtum',  gabigs^  gabeigs 
'reich',  s.  Berneker  s.  v.  gobino  und  gobhd'zi:  statt  des  seltenen 
gobizm  (besser  wohl  gobizhm)  könnte  eines  der  vielfachen  Worte 
mit  gobhz-  (Berneker  a.  a.  0.;  auch  ein  gobhzbm  'abundans'  ist 
belegt)  genannt  werden.  —  Ksl.  cliabUi  se  'sich  enthalten'  scheint 
mir  trotz  Berneker  s.  v.  chab'p  2.  sehr  gut  ein  germanisches 
Lehnwort  sein  zu  können;  aus  der  Bedeutung  'sich  enthalten' 
konnte  sich  'sich  entfernen'  entwickeln,  woraus  russ.  ochdbith 
trans. 'entfernen,  beseitigen' abstrahiert  ist.  Auch  die  Bedeutungen 
von  Bernekers  Sippe  chab'p  3.  scheinen  mir  nicht  unvereinbar  zu 
sein;  doch  müßte  das  Xähere  noch  untersucht  werden.^) 

hallus.  —  Poln.  ogöt  bedeutet  'Gesamtheit  Allgemeinheit' ; 
es  kommt  hauptsächlich  nur  in  den  adverbiellen  Redensarten 
ogötem^  ic  ogöle  'im  allgemeinen'  vor;  'allgemein'  heißt  ogölny 
adj.;  ein  Substantiv  'der  Allgemeine'  scheint  nicht  zu  existieren. 

1)  Wegen  des  Vokalismus  von  ahd.  geban  'geben'  vgl.  das  Verhältnis 
von  lett.  ftept,  lit.  at-Hpti  zu  capto,  cepi.  Auch  in  der  Sippe  von  habeo 
ist  die  e-Stufe  belegt  in  ht.  apgebau  'habe  gebracht'  (Leskien  Nom.387). 
Trotzdem  erscheint  es  mir  möglich,  daß  habeo  altes  -a-  und  nicht  -a-  ent- 
hält, denn  die  Ablautstufen  *gheb-,  *gheb-  können  unursprünglich  und 
durch  Einfluß  der  Sippe  von  capio  entstanden  sein:  vgl.  auch  oben 
capio  Fn. 


218  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Zur  Etymologie  s.  Berneker  s.  v.  guh  und  Rozwadowski  in 
J§zyk  polski  I  (1913)  Maiheft,  S.  139  ff. 

haud.  —  Wegen  baltisch-slavischer  Worte,  die  an  air.  ^öm, 
gö  'Unrichtiges,  Lüge'  in  Laut  und  Bedeutung  anklingen,  aber 
schwer  zu  vereinigen  sind,  vgl.  KZ.  44,  156  ff.  und  unten  s.  v. 
vafer  und  vola. 

heres.  —  Statt  des  als  Simplex  seltenen  ksl.  jazd^  'das 
Fahren,  die  Fahrt'  wäre  besser  ksl.-gemslav.  jazda  {ßzda)  zu 
nennen,  vgl.  Berneker  s.  v.  jaMzp,  wo  aber  die  ksl.  Simplizia 
fehlen. 

horior.  —  Lit.  gSretis  'Wohlbehagen  empfinden'  wird  von 
Leskien  Abi.  327  wohl  mit  Recht  zu  lit.  gerate  'gut'  gestellt 
{giriü  girti  'loben'  und  Ableitungen  dürften  aber  besser  fern- 
bleiben), das  bei  Juskeviö  Slovarj  auch  in  der  Bedeutung 
'üppig  lebend,  üppig'  angeführt  wird ;  vgl.  auch  ebenda  gSris  M. 
'Güte,  Genuß',  ferner  ggris  'Gut'  Auszra  1884,  307  Nr.  41, 
geris  =  lüstas,  rdskazius^  etwa  'Wollust,  Üppigkeit',  Juskeviö 
Lietüviszkos  däjnos  (3.  Teile  Kazan  1880—1882)  1226.  9.  — 
Russ.  Mrkij  (bei  Walde  ohne  Akzent),  'begierig,  lüstern' ')  und 
zdrith  'Lust  erwecken,  reizen'  (mir  in  ähnlicher  Bedeutung  un- 
bekannt, vielleicht  auf  einem  Mißverständnis  beruhend)  sind 
identisch  mit  zdrkij  'heiß',  zdrith  'erhitzen,  braten,  schmoren'  (zur 
Sippe  von  lat.  formus)\  zur  Bedeutung  vgl.  z.  B.  poln.  gorqcy  'heiß, 
begierig',  lit.  gäras  'Dampf,  Juskeviö  auch  'sehnlicher  Wunsch' ; 
goroti  'sehnlich  entbrennen' ;  nhd.  entbrennen  für  eticas,  inhmnst. 
—  Lit.  zartas,  zertas  'Scherz'  stammen  zunächst  aus  poln.  zati, 
apoln.  ;tert  ds.,  die  allerdings  ihrerseits  deutsche  Lehnworte  sind. 

hospes.  —  Wegen  acech.  hosjwta  s.  Berneker  s.  v.  gospodh. 

humulus.  —  Da  das  bei  Miklosich  Lex.  Pal.  stehende 
chmelb  (-e-graphisch  für  -e-)  'lupiüus*  aus  einem  russischen  Buche 
des  17.  Jh.  stammt,  kann  man  es  nicht  als  altksl.  Form  ansehen, 
und  es  wäre  besser,  das  Woii  aus  einigen  modernen  Sprachen 
anzuführen ;  die  Formen  s.  bei  Berneker  s.  v.  clvbmeTh.  Übrigens 
wäre  fürs  Ksl.  ch^m-  statt  chm-  zu  schreiben. 

ibex.  —  S.  o.  s.  v.  aper. 

in.  —  Die  litauische  Präpositon  f, }  'in'  kommt  dialektisch 
noch  in  der  älteren  Lautgestalt  in  vor,   vgl.  bei  Doritsch  Bei- 

1)  [Genauer  'hitzig,  heftig  (vom  Streit);  leidenschaftlich,  begehrlich 
(von  den  Organen  des  Menschen,  z.  B.  von  den  Augen,  nicht  vom  Monschen 
selbst)'.    K.-N.] 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     219 

träge  S.  65,  Z.  4  in  t^  draves  'in  die  Löcher',  S.  67.  Z.  4  in 
dängu  *in  den  Himmer,  S.  69,  Z.  11  in  savo  pönt(  *zu  seinem 
Herrn',  S.  70,  Z.  11,  22  in  ji  'bei  ihm,  zu  ihm',  S.  72,  Z.  32 
in  kartüres  'zum  Galgen';  ebenda  wird  in  den  §§  219,  264, 
331,  333  auch  die  Aussprache  n  erwähnt,  die  sich  vor  und 
nach  beliebigen  Lauten  zu  finden  scheint,  vgl.  z.  B.  S.  72,  Z.  18 
at'äja  n  kavdlf  'ging  zum  Schmied',  S.  73,  Z.  31  änas  n  i)ani{ 
'jener  ....  zum  Herrn'.  Die  Form  in  steckt  auch  in  dem 
dialektisch  sehr  weit  verbreiteten  ing  'in'  aus  in+gi\  vgl.  darüber 
Kurschat  Gramm.  Litt.  Spr.  391.  Als  Präfix  scheint  in  noch 
weit  verbreiteter  zu  sein,  denn  als  Präposition,  vgl.  bei  Juskevic 
die  Nebenformen  in-diigti,  in-etti  usw.  s.  v.  i-dugti^  i-eiti  und 
auch  sonst  vor  vokalisch  anlautenden  "Worten.  Aus  älterer  Zeit 
siehe  Beispiele  für  in-,  im-  vor  Dentalen  und  Labialen  bei 
Szyrwid  Punktay  Sakimu  S.  XXXIX  f. ;  vor  k-  vgl.  aus  Szjrwid 
Dict  265  b  inkatu  'schlage  ein,  stoße  ein'  s.  v.  pobijam:  169  a 
inkioiu  Mnstruo'  s.v.  nakielam\  164a  inkrauiu  'impono,  indo, 
ingenero'  s.  v.  nakiadam.  Doch  kann  vor  allen  Lauten  auch 
die  Form  /-  (geschrieben  i-)  stehen.  Als  selbständige  Präposition 
wird  121b  s.  v.  ku  die  Form  ing  angeführt,  die  auch  in  den 
passim  vorkommenden  Sätzen  figuriert. 

inquam.  —  Es  gibt  im  Litauischen  außer  sekii  'folge' = 
lat  sequor  auch  ein  zu  sakaü  sakyti  'sagen'  gehöriges  seku  sekti 
'sagen' =griech.  evveTTuu  'sage  an,  erwähne'  usw.  Vgl.  bei  Szyrwid 
Dict.  5  a  das  Präsens  feku  s.  v.  haje,  bajki  jjomadam  'fabulor, 
fabulam  narro'  in  der  Wendung  fehni  (Akk.  Sing,  zu  sehne 
Tabel,  Märchen')  feku  =  fekmi  fakau,  niekus  kaibu,  wo  feku  nur 
als  Synonym  von  fakau  aufgefaßt  werden  kann*).  Den  Infinitiv 
und  das  Verbalabstraktum  bietet  Juskevic,  vgl.  s.  v.  fszokeis  (ge- 
schrieben ß-)  den  Satz  senis  iszokeis  bemöka  päsakas  s^kti  'der 
Greis  kann  ab  und  zu  Märchen  erzählen'  und  s.  v.  jaummas 
('Jugendgesellschaft*)  die  Wendung  del  sekmo  päsakü  'wegen 
des  Erzählens  von  Märchen'.  In  der  Literatur  kommt  das  Wort, 
(Leskien  mündlich)  auch  sonst  vor.  Szyrwid  Dict  bietet  auch 
ein  -feku  'zeige',  das  wohl  eine  ältere  Bedeutungsvariante  von 
feku  'sage'  ist,  entsprechend  ksl.  sociti  'anzeigen',  vgl.  45  a  jyri- 
feku  hl  kami  =  prifektinay  (Adv.  eines  Verbaladjektivs)  parodJiu 
s.  V.  doicodze  'probo,  convinco,  arguo' ;  ebenda  dauiadamas  dayktas, 
prifekimas  (zu  lesen  wohl  -kamas  und  Part  Präs.  Pass.  als  Attribut 

1)  [Vgl.  jetzt  W.  Schulze  KZ.  45,  288.  —  K.-N.j 


220  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

ZU  dayktas  'Ding')  s.  v.  dowodny  'evidens,  authenticus* ;  dazu  ge- 
hört ebenda  das  Substantiv  ^j'/eAa  =  parodimas  s.  v.  dowöd  'argu- 
mentum, ratio,  probatio,  documentum'.  Am  genauesten  läßt  sich 
die  Bedeutung  dieses  jin-feku  als  'zeige  in  Worten,  beweise' präzi- 
sieren. Es  ist  möglich,  daß  sich  diese  Bedeutung  nur  in  diesem 
6inen  Kompositum  erhalten  hat;  an  eine  jüngere  Bedeutungs- 
entwicklung, hervorgerufen  durch  ein  etwaiges  deiktisches  Ele- 
ment im  Präfix  pri-,  zu  denken,  ist  kaum  vorzuziehen.  —  An 
got.  saffvan  'sehen'  erinnert  die  Verwendung  von  baltisch  sek-^ 
sak-  zur  Affektbezeichnung ;  siehe  darüber  sowie  über  die  wahr- 
scheinlich sekundäre  Bedeutung  'folgen'  in  slav.  sok  —  unten  s.  v. 
sequor.  —  Nbulg.  posoka  soll  nicht  'Wunderzeichen'  bedeuten 
sondern  nur,  wie  es  die  Wörterbücher  angeben,  'Richtung*. 

interus.  —  Lies  qtroba  (ksl.)  statt  qtrova. 

labo.  —  Bei  der  Beurteilung  von  lett.  dial.  läbütßs  (nicht 
-ötes)  'schleichen'  ist  Vorsicht  angebracht.  Das  Wort  ist  trotz 
des  unklaren  -b-  kaum  von  laioites^  läwiiäs,  l'äwetes  'uraherschleichen, 
lauern,  sich  heimlich  bestreben'  zu  trennen.  Aus  Ulmanns  Bei- 
spielen zu  diesen  Worten  ist  zu  ersehen,  daß  es  beim  Schleichen 
nicht  sowohl  auf  die  Gleitbewegung,  als  auf  das  heimliche 
Erreichen  eines  Zieles,  ankommt,  sodaß  Entlehnung  aus  russ. 
lovith  'fangen'  sehr  wahrscheinlich  erscheint;  auch  nhd.  lauern 
und  lavieren  mögen  hineingespielt  haben.  —  Lit.  slopstu  'werde 
schwach',  das  in  der  Kurschatschen  Sprache  nicht  vorkommt, 
ist  besser  unakzentuiert  zu  lassen;  die  eigentliche  Bedeutung 
des  Wortes  ist  wohl  'ersticke'  intrs.,  vgl.  Leskien  Abi.  377. 

lacer.  —  Abg.  Iqcq  Iqciti  'trennen'  gehört  zu  abg.  lekq  If^ti 
'biegen'  (s.  u.  s.  v.  lacertus  und  lacio\  zu  dem  es  das  formale 
Iterativ  ist,  so  daß  es  dem  lett.  lüzit  iter.  'biegen',  lit.  lankyti 
'besuchen'  genau  entspricht.  Die  alte  Bedeutung  findet  sich 
noch  in  öech.  loiieiti  se  'sich  beugen,  sich  neigen',  sloven.  IpciH 
'biegen',  vgl.  auch  russ.  ohliwih  'umbiegen,  um  etwas  herum- 
biegen, mit  einem  bogenförmigen  Aufsatze  versehen',  das 
kaum  ein  jüngeres  Denominativ  ist,  da  ein  geeignetes  Nomon 
fehlt.  Bei  sloven.  sl^citi  'krumm  biegen,  krümmen'  ist  eher 
denominativer  Ursprung  möglich  zu  slök  'krumm*.  Die  Be- 
deutung 'trennen'  beruht  wohl  auf  Abstraktion  aus  den  Kompo- 
sita raz-lqciti  'zertrennen'  ursprünglicii  'auseinanderbiegen',  und 
otb-lqciti  'abtrennen*,  ursprünglich  'abbiegen';  äimlioh  ist  aus 
*sb-lqciti  (ksl.  nicht  belegt,  vgl.  aber  das  Iterativ  sb-lqcati  sowie 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    221 

cech.  sloueiti,  poln.  ztqczyd)  Verbinden,  vereinigen',  ursprünglich 
'zusammenbiegen',  das  Simplex  sloven.  Ipciti,  öech.  lauciti,  poln. 
iqczyc  'verbinden,  vereinigen'  abstrahiert  worden^).  —  Wegen 
poln.  facÄ,  russ.  löchma  (so  betont;  iMhma  scheint  selten  zu  sein) 
*Fetzen*  usw.  vgl.  jetzt  Berneker  s.  v.  la<:hi. 

lacertas.  —  An  griech.  Xckoc  X.,  XeKdvr)  *Mulde,  Schüssel', 
XoHoc  'verbogen,  verrenkt,  schräg'  usw.  erinnert  auch  lit.  lekelas 
*kleine  AVinde  zum  Drehen  von  Stricken',  lekets  'kleine  hölzerne 
Rinne,  wie  man  sie  in  einen  Baum  steckt,  um  dessen  Saft  zu 
gewinnen;  Zäpfchen  im  Halse  (Leskien  Nom.  570)'.  Daneben 
findet  sich  auch  die  Form  lenketas  'Haspelstock',  die  offenbar 
auf  Anlehnung  an  lenkiü  'biege',  auch  'haspele',  beruht.  —  Abg. 
sb-lqkb^  slqkb  'krumm'  erweist  keine  mit  sl-  oder  skl-  anlautende 
Wurzel  für  'biegen,  krümmen',  da  höchstwahrscheinlich  die  ety- 
mologisch richtigere  Schreibung  diejenige  mit  s»/-,  und  das  Wort 
«in  Kompositum  mit  der  Präposition  s»-  ist,  vgl.  Miklosich  Lex, 
Pal.  und  Et.  W^b.  s.  v.  lenk-  1,  sowie  Leskien  Glossar  zum  Hand- 
buch. —  Für  abg.  lekg  lesti  'biegen',  lit.  lenkiü  lenkti  ds.  ist  sehr 
ansprechend  Bernekere  (s.  v.  lekg)  Verbindung  mit  alb.  l\ngör 
"biegsam',  ahd.  chrumhelingün  'in  krummer  Richtung'  usw.;  dieses 
*lenq-,,  zu  dem  ev.  auch  lat  lanx  'Schüssel'  gehören  könnte,  ist 
vielleicht  eine  schon  uridg.  Nebenform  von  *leq-.  Die  Grund- 
bedeutung war  vielleicht  'spannen',  aus  der  sich  unmittelbar 
die  gleich  unten  s.  v.  lacio  zu  besprechenden  Bedeutungen  der 
Sippe  'fangen,  Fallen  stellen,  bestricken'  usw.  entwickelt  haben 
können. 

lacio.  —  Solange  die  problematischen  Zusammenhänge 
einerseits  von  ital.  *laq^-  oder  *laq-  (so,  wenn  laqneus  suffixales 
-M-enthält)  'bestricken,  belisten'  mit  uridg.  *6leq-  'biegen',  ander- 
seits letzterer  Wurzel  mit  balt-slav.  *lenk-  'biegen'  (s.  oben 
lacertus)  nicht  erwiesen  sind,  schwebt  auch  die  von  Walde 
angenommene  Wurzelverwandtschaft  von  lach  'locke',  laqueus 
'Strick'  mit  abg.  lecq  lecati  'fangen,  bestricken'  und  mit  dessen  von 
Walde  angeführten  baltisch-slavischen  Yerwandten  in  der  Luft, 
denn  diese  können,  was  Walde  entgangen  ist,  von  abg.  lekq^ 
lit.  lenkiü  'biege'  nicht  getrennt  werden,  vgl.  Berneker  s.  v.  Ifko. 
Aber  auch  in  dem  Falle,  daß  die  obigen  Beziehungen  alle  fest- 

1)  [Vgl.  jetzt  zu  diesem  und  zu  den  beiden  folgenden  Abschnitten 
Berneker  s.  v.  Ig^p  und  Ig^t,  der  gleich  mir  die  Einheitlichkeit  sämtlicher 
slavischer  Ipd-  und  Igk-  enthaltenden  Worte  vertritt.    K.-N.j 

Indogennanische  Forschungen  XXXIII.  15 


222  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

ständen,  und  wir  Wurzelvervvandtschaft  zwischen  den  lateinischen 
und  den  baltisch-slavischen  Worten  anerkennen  müßten,  würde 
Waldes  Darstellung  einen  falschen  Eindruck  von  den  Tatsachen 
erwecken;  es  würden  eben  nur  auf  baltisch-slavischem  Boden 
ähnliche  Bedeutungswandlungen  bei  der  nasalierten  Wurzelform 
vorliegen,  wie  im  Italischen  bei  der  unnasalierten  Form,  nicht 
aber  könnten  wir  ital.  *laq-  und  balt.-slav.  *lenk-  auf  eine  gemein- 
same jüngere  Bedeutungsvariante  der  "Wurzel  zurückführen. 
Die  in  ksl.  polech  'laqueus',  lett.  Unza  *Strick*  vorliegende  Be- 
deutung scheint  allerdings  wegen  aisl.  lengiu  F.  'Riemen'  (Berneker 
a.  a.  0.)  schon  vorbaltisch-slavisch  zu  sein,  dagegen  dürften  die 
sla vischen  Bedeutungen  'betrügen,  schrecken'  (ebenda)  jüngeren 
Ursprungs  sein.  Eine  monographische  Darstellung  der  Sippe 
in  semasiologischer  Beziehung  wäre  für  das  Slavische  eine 
dankenswerte  Aufgabe;  die  Zusammenstellung  bei  Berneker 
genügt  noch  nicht,  um  über  alle  Punkte  Klarheit  zu  gewinnen. 
Lett.  lenkt  'auflauern,  nachspüren'  hat  historisch  mit  den  gleich- 
bedeutenden wurzelverwandten  Worten  im  Slavischen  nichts 
zu  tun;  dieses  als  Simplex  kaum  gebräuchliche  Wort  ist  aus 
dem  Kompositum  ap-lenkt  'einkreisen,  den  Aufenthalt  eines 
Wildes  durch  Umgehen  nach  den  Spuren  im  Winter  bestimmen*, 
ursprünglich  wohl  'Bogen  beschreiben,  bogenförmig  um  etwas 
herumgehen'  abstrahiert  worden.  —  Yon  slav.  Uk-  zu  trennen 
ist  cech.  läkati  'locken',  dessen  -d-  wegen  osorb.  iakad^  nsorb. 
takas  'lauern'  =  urslav.  -«-  sein  muß  (bei  Entlehnung  wäre  im 
Sorbischen  schwerlich  t-  eingetreten);  eine  Etymologie  des  Wortes 
s.  bei  Berneker  s.  v.  lajo  2. 

laevus.  —  Zuzufügen  ist  aus  Berneker  s.  v.  Uüh  lit  iszlaivöti 
'Biegungen  machen';  auch  könnte  erwähnt  werden,  daß  Berneker 
selbst  seine  frühere  Ansicht  aufgegeben  hat.  Lett.  l'auns  (nicht 
Vauns)  bedeutet  eigentlich  'böse,  übel,  unrecht*,  vgl.  die  Redensart 
par  l'aunu  nemt  'übel  nehmen' und  die  Ableitungen  l'aumgs  'ärger- 
lich, erzürnt',  l'aunütes  'sich  ereifern,  übel  nehmen,  schmollen'. 
In  solchen  Verbindungen  wie  l'auna  puse  'schlechte  Seite,  ver- 
kehrte Seite'  kann  man  zwar  das  Wort  durch  'link*  übersetzen, 
doch  bedeutet  es  nicht  'link*  in  bezug  auf  die  Richtung,  wofür 
krdss  (zu  lit.  kretvas  'schief*,  s.  Berneker  s.  v.  krin)  gebraucht 
wird;  und  es  fehlt  jeglicher  Grund  zur  Annahme,  daß  dieses 
die  ursprünglichste  Bedeutung  gewesen  sei.  Lit.  liaunas  (fehlt 
bei  Walde)  bedeutet  außer  'böse*  auch  'biegsam,  lose*,  vgl,  Loskien 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     223 

Nora.  355,  der  als  Grundbedeutung  'losgelassen,  lose,  zügellos' 
vorschlägt  und  Zusammenhang  mit  lit  liduti  'aufhören*,  lett.  l'aut 
'zulassen,  erlauben'  (Grundbedeutung  'lassen')  vermutet.  Aber 
auch  in  der  Sippe  von  lat.  luo  'löse',  die  von  Walde  (s.  v.  luo) 
mit  dem  baltischen  Yerbum  nicht  verbunden  wird,  gibt  es 
"Worte  mit  zu  liaunas  passenden  Bedeutungen,  vgl.  etwa  got 
laus  'los,  leer,  eitel,  nichtig',  ahd.  lös  auch  'mutwillig';  außerdem 
könnte  man  auch  an  Verwandtschaft  mit  abg.  IJutb  'xa^fcTTÖc, 
TTOvripoc,  saevus',  ags.  lyßre  'elend,  schlecht',  griech.  Xucca  'Kriegs- 
wut, Raserei,  Leidenschaft'  usw.  (Walde  s.  v.  liber)  denken; 
hierher  vielleicht  auch  lit.  litäas  'Löwe',  das  aber  eher  ein  slavi- 
sches  Lehnwort  ist,  vgl.  Fraenkel  IF.  22,  399  mit  Literatur. 
Jedenfalls  macht  lit.  liaunas,  lett.  l'auns  durchaus  den  Eindruck, 
ein  echt  baltisches  Wort  zu  sein.  Aus  lit.  deszinas  'dexter'  (vgL 
Leskien  Nom.  399,  Juskevic,  auch  KLD[  s.  v.  d^szifiasis)  hätte 
nur  -inas,  nicht  aber  -nas,  als  Formans  zur  Weiterbildung  eines 
entlehnten  *levas  oder  *Iei'as  abstrahiert  werden  können;  wir 
hätten  also  *levi)ias  oder  *lennas  (wegen  ~e-  und  -e-  s.  unten 
memhrum)  zu  erwarten.  Bei  einer  Weiterwanderung  ins  Let- 
tische, wo  eine  Entsprechung  von  deszinas  und  deszine  'rechte 
Hand'  fehlt,  und  wo  auch  das  Formans  -ina-s  nicht  lebendig 
ist,  wäre  so  ein  Wort  vielleicht  analogisch  weiter  verändert 
worden,  aber  schwerlich  hätte  l'auns  daraus  entstehen  können. 
Die  Existenz  von  lit.  liaunas^  das  Walde  nicht  kennt,  macht 
vollends  seine  Vermutung  einer  Entlehnung  aus  slav.  levb 
unmöglich. 

läma.  —  Statt  löma  (lit.)  ist  lomä  (so  KLD[  und  nach  ihm 
Leskien  Abi.  216)  oder  noch  besser  unakzentuiert  loma  za 
schreiben.  —  Ksl.  lorm  'sumpfiger  Ort'  von  lomiti  'brechen'  zu 
trennen,  erscheint  mir  unnatürlich,  da  wir  in  nhd.  hruch  'feuchte 
"Wiese'  zu  brechen  (von  einigen  Forschern  allerdings  bezweifelt) 
eine  schöne  Parallele  haben,  auf  die  schon  Miklosich  Vergl. 
Gramm.  II,  26  aufmerksam  gemacht  hat,  vgl.  auch  Walde  s.  v. 
frango.  —  Lies  läica  (lett)  statt  läva. 

lämentum.  —  Lies  lät  (lett.)  statt  läti. 

langueo,  levis.  —  Lit.  lingüti  (lingöti)  'sich  wiegen,  schau- 
keln, schwanken'  wird  von  Berneker  s.  v.  legajp  nicht  zu  langueo, 
sondern  zu  levis,  gestellt.  Zu  einer  der  beiden  Wurzeln  *leng- 
oder  *lengh-  dürfte  m.  E.  trotz  Berneker  a.  a.  0.  auch  russ.  Ijagdth 
{*legati)  'schlagen,  hauen',  refl.  'mit  den  Hinterfüßen  ausschlagen', 

15* 


224  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

oüjagäth  'durch  Schwenken  ermüden,  beschädigen'  gehören. 
Keinenfalls  kann  Ijagäth  als  Stütze  für  die  von  vielen  Forschern 
angenommene  lautgesetzliche  Entwicklung  von  vorslav.  in  + 
Kons,  in  slav.  e  +  Kons,  gelten;  der  Zusammenhang  mit  poln. 
dial.  ligac  'ausschlagen,  mit  dem  Fuß  stoßen',  öech.  alt  lihati 
'bewegen',  lit.  läigyti  'wild  umherlaufen'  usw.,  den  Berneker 
vertritt,  schwebt  schon  deshalb  in  der  Luft,  weil  ein  na.saliertes 
Hing-  nicht  belegt  zu  sein  scheint  (das  von  Walde  s.  v,  lado 
angeführte  air.  lingim  'springe*  hat  Walde  selbst  s.  v.  levis 
richtiger  (wegen  des  Präteritums  lehlaing)  auf  *lengh-  zurück- 
geführt), während  zur  e-Reihe  gehörige  Worte  in  ähnlichen  Be- 
deutungen mannigfach  vorhanden  sind;  o-stufige  Verwandte  von 
lit.  lingüti  s.  bei  Leskien  Abi.  334. 

lanio.  —  Der  Vereinigung  von  lat.  lanio  'zerfleische'  mit 
abg.  lomiti  'brechen'  stellt  sich  die  Schwierigkeit  entgegen,  daß 
slav.  lom-  wegen  der  von  Walde  nicht  erwähnten  baltisch- 
slavischen  Ablautstufen  lem-^  lern-  altes  -o-  haben  muß;  lanio 
müßte  dann  in  seinem  -a-  den  Reflex  eines  Schwundstufen- 
vokals haben,  nicht,  wie  Walde  annimmt,  altes  -«-.  Im  Preußi- 
schen kommt  der  Infinitiv  des  zugehörigen  Priraärverbums  außer 
als  limtwey^  limhtwey  (im  Lettischen  heißt  es  l'imt  mit  /'-)  auch 
in  der  Gestalt  lemhtwey  vor  (alle  diese  Formen  im  vierten  Gebot); 
dazu  gehört  noch  die  3*^  Optativi  lemlai^  die  auch  bei  Leskien 
Abi.  333  steht.  Da  hier  die  Bedeutungsangabe  fehlt,  und  die 
Form  unmittelbar  hinter  lit.  lemti  'als  Schicksal  bestimmen*  steht, 
mag  Walde  es  in  der  Bedeutung  zu  diesem  gezogen  haben; 
es  bedeutet  aber  'brechen',  vgl.  Berneker  Pr.  Spr.  227.  Die 
^tufe  liegt  m.  B.  in  serb.  lijemäm  lißmati  'schlagen,  pertundere* 
vor,  das  ursprünglich  das  Iterativ  zu  einem  dem  preuß.  leynhtu-ey 
entsprechenden  Verbum  gewesen  sein  dürfte;  auch  das  -i-  in 
preuß.  llmauts  3*^  Prät.  könnte  auf  -e-  zurückgehen.  Mit  -e-  vgl. 
noch  ksl./ewie^»M.'Pflug',  lett.Zem^sw  'Pflugschar'  bei  Berneker  s.v. 
Interessant  ist  das  von  Berneker  nicht  erwähnte  bulg.  lamii 
'Pflugschar'  neben  lemSi  ds.  An  alten  Ablaut  innerhalb  des- 
selben Wortes  kann  man  kaum  denken;  aber  sekundärer  An- 
lehnung an  die  Ablautstufe  von  abg.  prä-lamati  'KXdv,  frangere* 
steht  die  Schwierigkeit  entgegen,  daß  im  Bulgarischen  ein  lam- 
in  geeigneter  Bedeutung  fehlt.  Wenn  auch  nicht  alle  hier  ge- 
nannten Worte  und  Formen  mit  Sicherheit  zu  lotmfi  gehören, 
80  dürfte  doch  die  Existenz  von  *lSm-  'brechen'  erwiesen  sein, 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    225 

und  lit  Mmas  'lahm'  kann  als  echt  litauisches  Wort  auf  uridg. 
*lömo-s  zurückgehen.  Weiterhin  stehen  auch  der  Anknüpfung 
an  lit.  lemti  'als  Schicksal  bestimmen'  keine  lautlichen  Bedenken 
entgegen ;  eine  vermittelnde  Bedeutung  liegt  etwa  in  lit.  ap- 
lamtnti  'geschmeidig  machen'  vor.  Auch  könnte  man  vielleicht 
bulg.  lemav  'schwer  beweglich  (von  Menschen),  faul'  mit  heran- 
ziehen, ursprünglich  etwa  'durch  anhaltenden  Druck  geknickt, 
zusammengebrochen'.  —  [Vgl.  jetzt  auch  Berneker  s.  v.  lomt.  K,-N.] 

lappa.  —  Lies  sloven.  lopüh,  serb.  löpüh  (Gen,  lopuha)  statt 
slov.  serb.  lopuh;  lies  lapücJn  (niss.)  statt  lapuchi. 

läridum.  —  Lies  lojh  (ksl.)  statt  loj.  —  Statt  der  jüngeren 
(iterativischen)  Form  des  Infinitivs  lijati  ist  besser  die  ältere 
(primäre)  Form  hjati  (abg.)  zu  schreiben. 

latro.  —  Lies  jestb  (abg.)  statt  jesth. 

lentus.  —  Poln.  dial.  tet  (nicht  let)  im  Satze  jak  iet  goty 
(Miklosich  Et.  Wb.  s.  v.  lontü)  bedeutet  'Gerte'  und  nicht  'ab- 
geschälte Rinde'  ('wie  eine  kahle  Gerte').  —  Lies  tutje  (klruss.) 
statt  lute  und  lutji  (russ.)  statt  lutje.  —  Lit  KLD[  linta  (besser 
ohne  Akzent)  ist  ein  germanisches  (oder  slavisches)  Lehnwort, 
s.  Berneker  s.  v.  lentijh. 

leo.  —  Das  lit.  (bloß  dialektische)  Wort  für  *Löwe'  ist 
nicht  lecas^  sondern  levas^  liavas  zu  schreiben;  wegen  des  letzt- 
genannten vgl.  KLD[  s.  V.,  wo  jedoch  der  Akzent  zu  streichen 
ist,  und  Doritsch  Beiträge  §  56,  220.  Das  levas  bei  KLD[  be- 
ruht auf  Nesselmanns  (359  b)  levas^  dessen  -e-  jedoch  eine  will- 
kürliche Wiedergabe  von  Szyrwids  -e-  (in  der  Regel  ist  Xessel- 
manns  -e-  als  -e-  oder  -e-  zu  lesen)  zu  sein  scheint,  denn  aus 
der  AVahl  der  Ableitungen  geht  hervor,  daß  Nesselmanns  Quelle 
Szjrwid  war.  Bei  Szyrwid  Dict.  findet  sich  lewas  132  a  s.  v.  lew^ 
Gen.  Sing.  Uwo  (so  329a  s.  v.  ryk  Iwi  'rugitus  leonis'  und  IV 
104  a  s.v.  lici  'leoninus';  an  dieser  Stelle  steht  V  138  b  fälsch- 
lich tewo)\  lewaytis^  lewitis  (lies  -aitis^  -ytis)  138a  s.v.  Iwiqtko 
'junger  Löwe';  leicee  IV  104a  (lies  leve\  V  138b  fälschlich  lewec^ 
vgl.  ebenda  IV  lutee  (lies  liüte\  V  liitce)  s,  v.  Iwica  'lea,  leaena*. 
Nur  ein  Mal  findet  sich  die  Schreibung  lietc-,  nämlich  V  138  b 
in  liewinis  s.  v.  Iwi  'leoninus',  doch  bietet  auch  hier  die  4.  Auf- 
lage (104a)  leicinis.  Wir  können  nicht  daran  zweifeln,  daß  Szyrwid 
nicht  /e-,  sondern  le-  {Fe-)  gesprochen  hat.  Diese  Lautgruppe  ist 
zwar  in  seinem  Dialekt  infolge  des  lautlichen  Überganges  von 
l  vor  e  und  e  in  t  (unten  libo  und  Fn.)  nur  bei  sekundärem 


226  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Ursprünge  möglich  (der  sicherste  Fall  ist  -ley  (lies  -lei)  aus  -l'ai 
in  der  Nominalflexion,  s.  Beispiele  bei  Garbe  Punktay  Sakimu 
S.  XXXVlIf.),  ist  aber  in  Lehnworten  durchaus  normal  (Garbe 
S.  XXXIII  f.).  Nesselmann  scheint  fälschlich  Szyrwids  Schrei- 
bungen le  und  He  für  gleichwertig  angesehen  zu  haben;  auf 
Grund  einer  ähnlichen  Erwägung,  als  ob  h-  eine  nachlässige 
Schreibung  für  te-  sei,  was  hin  und  her  zutrifft  (unten  libo 
und  Zis),  mag  der  Bearbeiter  der  5,  Auflage  zu  seinem  liewinis 
gekommen  sein.  Wir  können  aber  nicht  annehmen,  daß  Szyrwid 
sich  hier  regelmäßig  verschrieben  hat,  da  sonst  derartige  Nach- 
lässigkeiten bei  ihm  im  Verhältnis  zu  der  regulären  Schreibung 
bei  weitem  in  der  Minderzahl  sind;  außerdem  spricht  für  die 
Aussprache  levas  {l'evas)  die  aus  anderen  Dialekten  bekannte 
Form  liavas  (auch  Szyrwid  Punktay  Sakimu  bietet  neben  lewas, 
lemcia  113,  12.  24  die  Form  lawu  (lies  l'avu^  vgl,  unten  minus 
Fn.),  denn  nur  e  und  'a  wechseln,  nicht  aber  ß  und  'a.  —  Das 
literarische  lit.  Wort  für  'Löwe*  lautet  •  liütas^  das  mit  Uo  und 
seiner  Sippe  kaum  zu  vereinigen  ist;  zur  Etymologie  s.  oben 
laevus. 

letum.  —  Kurschats  graphische  Nebenform  Usas  zu  lit. 
Usas  'mager'  ist  zu  streichen,  da  sie  nur  auf  der  bei  ihm  be- 
kannten Verwechslung  von  e  und  ß  beruht.  Leskien  Abi.  278 
und  Nom.  597  bietet  nur  lesas^  wie  auch  Szyrwid  Dict.  nur  liefas 
(27  b,  101a),  liefibe,  liefinu  (27  b)  und  lieftu  ('macresco,  tabesco' 
33  b)  schreibt  (lies  Usas^  lesyhe  usw.,  vgl.  unten  libo  und  Fn.). 
—  Dieselbe  Labialerweiterung  wie  in  ksl.  libii-b  'gracilis',  ags. 
Uf  'schwach'  liegt  auch  in  lit  Idibas  'schlank*,  Ubas  'mager' 
vor,  vgl.  Berneker  s.  v.  Es  könnten  übrigens  wegen  der  ur- 
sprünglicheren Bedeutung  'schwach,  mager'  auch  russ.  dial. 
libivyj^  öech.  alt  libivy  miterwähnt  werden,  denn  bei  Kenntnis 
bloß  der  Bedeutung  'gracilis'  will  einem  die  Etymologie  nicht 
recht  glaubhaft  erscheinen,  und  es  empfiehlt  sich  immer,  die 
Bedeutungsentwicklung,  wo  es  angeht,  einigermaßen  deutlich 
darzustellen. 

levis.  —  S.  oben  langueo. 

liber.  —  Statt  aruss.  Ijudim  muß  es  heißen  abg.  IJudim. 

libo.  —  Das  Präsens  des  literar.  lit.  Verbums  l^Ju  ISjau 
Wti  'gießen'  wird  bei  Szyrwid  nicht  wie  der  Infinitiv  und  das 
Part.  Perf.  Pa.ss.  mit  dem  zu  erwartenden  lie-  geschrieben  (ein 
'lieiu  in  abweichender  Bedeutung  s.  unten  s.  v.  Uno),  sondern 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     227 

in  der  Kegel  teiu^  eine  Form,  die  wir  nur  als  *l^u  oder  *leju 
in  literarische  Gestalt  umsetzen  können^),  womit  auch  das  als  ze- 
maitisch  bezeichnete  t-leiu  bei  Juskevic  (s.  v.  j-Jeti:  -e-  kann  in 
unbetonter  Silbe  verkürztes  -e-  sein,  yg\.  das  zemaitische  Prä- 
teritum }-ejdu  für  sonstiges  }-ejaü  bei  Juskevic  s.  v.  }-etti^  'hin- 
eingehen') übereinstimmt.  Als  Präteritum  bei  Szvrwid  läßt  sich 
aus  den  Verbalsubstantiven  teimas  Nomen  act.  und  teieias  Xom. 
ag.  (lies  -jimas  und  -jejas^  vgl  literar.  Ujimas  und  lejejas)  die 
Form  *teiau,  d.  i.  *lejau  oder  *lejau^  erschließen.  Belege  für 
Szyrwids  Schreibung  im  Terbum  und  in  den  Verbalnomina  bietet 
Garbe  in  seiner  Ausgabe  der  Punktaj  Sakimu  S.  XIII  und 
XXXVIIIf. ;  vgl.  außerdem  noch  aus  dem  Dict.  iteiu  167b, 
uzufiteia  431b,  izfiteia  324a,  teieias  104a,  izteieias  ll7a,  lieta 
Nom.  F.  128b,  izlietas  324a,  nulietas  411b.  Als  Schreibfehler 
kommt  einige  wenige  Male  sowohl  für  te-,  als  auch  für  lie-,  auch 
le-  vor.  Besonders  instruktiv  sind  im  Dict.  leimas  129a  und 
izfüeia  321b,  die  in  der  4.  Aufl.  105  a  und  270  a  richtig  teimas 
und  izßieia  lauten;  vgl.  sonst  noch  nidefas  Dict.  428a,  miletus 
Punktay  105,  18.  Wir  haben  also  -e-  nur  vor  konsonantisch 
anlautender  Endung,  wo  es  lautgesetzlich  eingetreten  ist;  vor 
vokalisch  anlautender  Endung  jedoch  ist  hier,  wie  in  *sdeju 
und  grejü  (oben  clino  und  frio)  sowie  in  abg.  lejq  'gieße'  das 
ursprüngliche  -ei-  erhalten  geblieben  2);  die  Neubildungen  Ujn^ 


1)  In  Szyrwids  Dialekt  wird  l  vor  e  und  e  lautgesetzlich  zu  t,  bleibt 
aber  vor  e  erhalten:  in  der  Schrift  haben  wir  also,  da  e  und  e  unter- 
schied:<los  -e-  geschrieben  werden,  nur  zwischen  -te-  (Beispiele  bei  Garbe 
Punktay  Sakimu  S.  XXXV)  und  lie  (Beispiele  s.  v.  letum  und  Its;  -ie- 
ist  außer  in  den  s.  v.  columba  und  piget  besprochenen  Fällen  stets 
nur  als  -e-  zu  lesen)  zu  unterscheiden. 

2)  Garbe  a.  a.  0.  S.  XXXVIII  ist  die  Ratio  der  Differenz  der  Schrei- 
bungen ie-  und  He-  bei  diesem  Worte  entgangen.  Seine  Auffassung,  daß  teiu, 
ieieias  usw.  Schreibfehler  für  zu  erwartende  *le{u,  *leieias  usw.  seien, 
verbietet  sich  nicht  nur  durch  ihre  außerordentliche  Häufigkeit,  sondern 
vor  allem  dadurch,  daß  wir  ein  *leiu  mit  dem  Lautwert  *leju  nur  als 
Schreibfehler  für  *lieiu  ansehen  könnten.  Es  ist  merkwürdig,  daß  Garbe, 
der  Szyrwids  Graphik  sonst  auch  in  bezug  auf  die  /-  und  e-Laute  richtig 
beurteilt,  dennoch  für  le-  die  Schreibung  le-  für  richtig  hält  (allerdings  nicht 
konsequent,  vgl.  S.  XVUI  Fn.  1,  wo  liepfna  dem  lepfnos  vorgezogen  wird). 
Er  scheint  die  Lautgnippe  le-  fälschlich  als  erweichtes  l  -f-  e-Laut  aufzu- 
fassen (S.  XXXVII  gegenüber  XXXV),  was  auf  Verwechslung  des  im  unechten 
Diphthong  e  ite)  enthaltenen  i  mit  dem  Palatalitätszeichen  »  beruht ;  nur 
letzteres  wird  bei  Szyrwid  in  der  Regel  nicht  geschrieben  (wegen'Szyrwids 
la-,  lu-  usw.  für  Kurschats  lia-,  liu-  s.  unten  minus,  vflis,  volo;  wegen  le 


228  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

sdeju  usw.  vergleichen  sich  dem  lit  plduju  zu  pMuii  'spülen' 
gegenüber  abg.^jZoy«? 'schwimme,  schiffe'.  Die  Betonungsdifferenz 
von  ISju  Uti  und  sdSjü  szUti^  (jrejü  griti  spricht  dafür,  daß  ieiu 
als  genaue  Entsprechung  von  abg.  lejq  auf  *leiö  zurückgeht: 
das  lett  Präteritum  Uju  hat  dann  altes  -^-,  das  in  sleju  usw. 
analogisch  fortgewuchert  hat.  Eine  Gleichung  *leju  =  abg.  hjq 
ist  nicht  vorzuziehen,  da  letzteres  höchstwahrscheinlich  als  ide- 
elles Hip  aufzufassen  ist,  denn  die  slav.  Verba,  die  überhaupt 
in  den  einzelnen  Formen  Ablaut  zeigen,  pflegen  im  Präsens 
Tiefstufe  zu  haben,  die  allerdings  in  vielen  Fällen  ui-slavische 
Neubildung  sein  dürfte. 

lino.  —  An  lat.  Uno  'beschmiere,  bestreiche'  erinnert  in  der 
Bedeutung  außer  den  unten  s.  v.  lis  zu  besprechenden  Worten 
noch  lit.  laistaü  laistyti  'verkleben,  verschmieren,  verwerfen'^ 
das  auch  in  der  Betonung  von  läistau  laistyti,  Iterativ  zu  Uti  ds.^ 
abweicht  und  daher  aus  zwiefachen  Gründen  nicht  mit  diesem 
identisch  zu  sein  braucht.  Zu  laistyti  gibt  Szyrwid  Dict.  200  a 
das  Primärverbum  aplieiu  (lies  -lejii)  als  Synonym  von  aptayßau 
s.  V.  ohmazuje  'circumlino,  circumlinio,  oblino';  beachtenswert 
ist  hier  das  jüngere  w-Präsens  gegenüber  dem  in  Szyrwids  teiu 
'gieße'  (oben  s.  v.  liho)  noch  erhaltenen  alten  o-Präsens,  was 
auf  dem  Bedürfnis,  das  semasiologisch  Verschiedene  auch  formal 
zu  differenzieren,  beruht.  Ein  drittes  Präsens  ist  Szyrwids  Dict. 
54  a  lienu  (vgl.  memelisch  lenu  KLD[  'gieße')  s.  v.  formujf,  ksztat- 
tuje  'forme,  finge  aliquid  e  cera,  argilla  usw.,  figuro';  indessen 
brauchen  nicht  beide  cinaH  XeTÖ)Li€va  richtig  zu  sein,  da  die  Ver- 
schreibung  von  -i-  für  -n-  und  umgekehrt  leicht  verständlich  ist. 
Die  Bedeutung  'forme,  bilde'  weist  eher,  als  'schmiere',  auf  in- 
ternen litauischen  Bedeutungswandel  aus  'gießen*  hin,  vgl.  als 
Mittelstufe  die  bei  Juskevid  stehenden  iszlydinti  'eine  Figur 
gießen'  und  zem.  lyti,  le'iti  {-fi-  lautlich  aus  -ä-)  'Glocken,  Kerzen 
gießen'  (Stichwort  islydinti). 

llnom.  —  Wegen  lit.  Unta  'Zierband*  s.  oben  lentus. 

IIb.  —  Die  Form  Weit  (lit.)  ist  zu  streichen.  Die  Richtig- 
keit der  Schreibung  Wteti  rechtfertigt  sich  durch  folgende  Formen 


im  Lautwert  l'e  s.  oben  leo).  Speziell  beim  Wort  Uti  hat  Garbe  zwar  S.  XIII 
richtig  beobachtet,  daß  die  Schreibung  -e-  sich  häufiger  findet,  als  -»«-; 
doch  ist  seine  Konstruktion  eines  *leti  =  *l'eti  falsch,  da  die  ins  Gewicht 
fallenden  Belege  mit  -e-  ohne  -i-  nicht  /-  sondern  bereclitigtes  t-  enthalten^ 
wie  wir  gesehen  haben. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     229 

bei  Szyrwid  Dict:  lieciu  (d.i.  Ucziu)  163a  s.v.  nagabam  kogo 
und  nelieffas  (Part.  Prät.  Pass.)  177  a  s.  v.  nienagabniony ;  leteimas 
163  a  s.  V.  nagabatiie  dürfte  also  für  lieteimas  und  nicht  für  ein 
*ieteimas  verschrieben  sein  (wegen  //<?-,  fe-,  le-  bei  Sz3^rwid  s. 
oben  liho  und  Fn.,  Vgl.  auch  leo).  Es  gibt,  wie  wir  aus  obigen 
Formen  sehen,  einen  Infinitiv  lesti  und  einen  Infinitiv  leMi\ 
zu  welchem  das  Präsens  lecziu  gehört,  läßt  sich  nicht  ausmachen. 
Aus  anderen  Quellen  vgl.  dasiliczu  dasüesti  mit  Hinweis  auf  ein 
Simplex  ISsti  bei  Juskevic  (Betonung  nicht  gesichert,  s.  oben 
füligo\  sowie  ein  Usti  und  eine  3.  Präs.  priUczia  bei  Leskien 
Abi.  278,  wo  auch  ein  ablautendes  lett  laitit  'streichen'  (hin  und 
her  mit  der  Hand)  angeführt  wird.  Die  Worte  gehören  vielleicht 
mit  Wurzelerweiterung  zu  lat.  Uno  'beschmiere,  bestreiche*. 

liveo,  —  Sloven.  dit\  fem.  sliva  *zwetschkenblau'  dürfte 
eine  Rückbildung  aus  sloven.  sliva  'Zwetschke,  Pflaume'  sein; 
lit.  slyvä  'Pflaume'  halte  ich  für  ein  slav.  Lehnwort. 

locus.  —  Das  in  seiner  intransitiven  Geltung  ganz  iso- 
lierte serb.  utöliti  'still  werden'  ist,  da  es  ohne  Kommentar  be- 
fremdend wirkt  und  leicht  zu  falschen  Vorstellungen  über  die 
slavische  Morphologie  führen  könnte,  besser  fortzulassen.  Wenn 
Walde  das  serbische  Wort  semasiologisch  besonders  interessant 
findet,  dann  wäre  ein  Hinweis  darauf  angebracht,  daß  das  Kom- 
positum in  den  anderen  Sprachen  und  das  Simplex  auch  im 
Serbischen  bloß  transitiv  ist,   etwa  in  der  Form,  daß  der  Satz 

hieße    " gemslav.  toliti^    utoliti   'besänftigen,    beruhigen, 

stillen  (Durst,  Hunger)',   serb.  utuliti  'still  werden'  (neben  tölüi 

'besänftigen') ".    Übrigens  bedeutet  serb.  utoliti  in  erster 

Linie  nicht  'schweigsam  werden',  sondern  'ruhig  werden';  so 
wäre  derselbe  semasiologische  Effekt  auch  allein  durch  eine  voll- 
ständigere ßedeutungsangabe  von  gemslav.  toliti^  utoliti  erzielt. 

lolimn.  —  Von  den  angeführten  slavischen  Worten  lies 
in  richtiger  Schreibung  mit  Akzent:  serb.  Ijü^j  'lolium',  klruss. 
Ijutöcnyk  'Nachtkerze',  nslov.  Ijüljcen  'betäubt',  serb.  Ijiiljati  'ein- 
wiegen', russ.  Ißilbka  'Wiege',  klruss.  tel'ijaty  'wiegen';  wegen  der 
gebräuchlichen  serbischen  Worte  mit  lel-  s.  Berneker  s.  v.  lelejo. 

lüceo.  —  Preuß.  laukit  bedeutet  'suchen',  nicht  'sehen'. 
Wegen  wahrscheinlich  verwandter  Worte  s.  unten  pollüceo.  — 
Lies  lükati  (sloven.  'spähen,  gucken')  statt  lukati. 

mäceria.  —  Lies  mdckatn  (bulg.)  statt  mackam.  —  Neben 
lit  mtnkyti  'kneten'  bietet  Juskeviö  auch  ein  ablautendes  mdnkau 


230  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

mänkyii  {=  germ.  *man(jijan  'mengen';  abg.  mqciti  ist  wohl  ein 
Denominativ  zu  mqka  'Qual')  und  mdnkinti.  Die  Bedeutung 
des  Simplex  mänkyti^  das  vorläufig  nur  unter  iszmdnkyti  er- 
wähnt ist,  läßt  sich  aus  den  Komposita  nicht  ganz  genau  er- 
schließen (etwa  'rühren,  wühlen'  ?) ;  letztere  haben  einen  ziemlich 
weiten  Bedeutungsumfang,  wobei  zu  erwähnen  ist,  daß  ihre 
russischen  und  polnischen  Bedeutungsangaben  teilweise  mehr- 
deutig sind  und  sich  daher  schwer  präzise  verdeutschen  lassen. 
Vgl.  i-si-mdnkyti  'sich  hineindrängen,  sich  hineinzwängen'  {j-si- 
tndnke  vatkas  kur  ankszta  'es  zwängte  sich  der  Knabe  hinein, 
wo  es  eng  war');  iszmdnkyti  mit  dem  Beispiele  su  köjomis  keif 
iszmdnkyti  etwa  'mit  den  Füßen  den  Weg  aufrühren  {aus- 
mischen, auswühlen)',  isz-si-mdnkinti  (auch  -kyti)  1.  'sich  (durch 
Herumwälzen)  beschmutzen  (sich  auswälzen)';  2.  etwa  'her- 
auskriechen (aus  einem  Sumpf,  aus  einer  schmutzigen  Grube)'  mit 
dem  Satze  jcazläces  isz  dübis  ne  iszsimdnkinsi  tu  vSikei  'wenn  du 
hineingefahren  bist,  wirst  du  dich  nicht  leicht  aus  der  Grube 
herausarbeiten  (dich  nicht . . .  herauswälzen, . . .  herauswühlen)'. 

maior.  —  Neben  abg.  Vladi-men  wäre  auch  Vladi-mirb 
zu  erwähnen;  diese  Gestalt  des  zweiten  Kompositionsgliedes  ist 
die  in  den  modernen  Sprachen  vorherrschende. 

malus.  —  Lies  mostovdja  (russ.)  statt  mostavaja. 

mamphur.  —  Zu  lett.  mente  'Rührscliaufel'  und  dessen  bei 
Walde  fehlender  litauischer  Entsprechung  wen/^ 'Spatel,  Schulter- 
blatt' (Leskien  Nom.  266)  bietet  Juskeviö  auch  das  Primärverbum 
i-mencziü  /-mes^i (phonetisch  für  seinen  Dialekt  geschrieben /-mens<«) 
'einrühren  (Mehl)',  das  dem  abg.  metq  mfsfi  'mischen,  verwirren', 
ai.  mänthati,  mdthati  usw.  'schüttelt,  rührt,  quirlt'  entspricht. 
Eine  Weiterbildung  dieses  Verbums  steckt  vielleicht  auch  in 
lett.  mentet  'mit  der  Schaufel  rühren*,  das  gewöhnlich  wohl  als 
Denominativ  von  mente  angesehen  wird,  aber  auch  auf  dem 
alten  Präteri talstamm  mente-  in  lit.  mencziaü  (vgl.  das  altbul- 
garische Imperfektum  mete-achi)  beruhen  kann,  wie  ich  es  Arch, 
sl.  Ph.  32,  328  Fn.  für  die  lettischen  Transitiva  (Kausativa  usw.) 
auf  -et  neben  lit.  Verben  auf  -yti,  -ifiti  vorausgesetzt  habe; 
mentet  würde  sich  dann  zu  mencziaü  genau  so  verhalten  wie 
lett.  dfeset  'löschen*,  püdet  'faulen  machen'  zu  den  litauischen 
Präterita  gesiaü  püdiiau ').    Vgl.   auch   lett.  werfet   unten   s.  v. 

I)  Auf  alte  c-Prälerita  gehen  vielleicht  auch  zurück  lit.  fcÄr//i 'laufen* 
(abg.  Imperf.  teüa-acht  mit  -c'a-  aus  -ke-);  abg.  bizati  ds.  (Stamm  *bege-  wie 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     231 

vergo.  Natürlich  braucht  nicht  für  jedes  einzelne  lettische 
Transitivverbum  auf  -et  diese  Entstehung  vorausgesetzt  zu 
werden ;  gab  es  erst  eine  Reihe  solcher  Transitiva,  dann  konnte 
die  e-Bildung  auch  weiter  um  sich  greifen  und  sich  auch 
auf  Denominativa  erstrecken;  jedenfalls  aber  handelt  es  sich 
hier  nicht,  wie  es  oft  den  Anschein  hat,  um  alte  /o-Verba 
von  femininen  e-Stämmen  als  Parallele  zu  der  gleichartigen 
Bildung  von  ä-Stämmen.  —  Ein  dem  slavischen  Iterativ  mqtiti 
(zu  mesti)  entsprechendes  Yerbum  scheint  im  Litauischen  nicht 
zu  existieren,  denn  das  bei  Juskevic  stehende  isz-si-mantyju 
isz-si-manfi/ti  *sich  heraus  winden'  macht  den  Eindruck,  auf  poln. 
mqcic  'trüben,  verwirren'  zu  beruhen,  und  zwar  als  scherzhafte 
Übersetzung  eines  ideellen  poln.  uymqcic  sie  (es  scheint  in  dieser 
Verwendung  nicht  zu  existieren),  etwa,  als  wenn  in  einem  zwei- 
sprachig polnisch-deutschen  Gebiet  in  der  Bedeutung  'sich 
herauswinden,  sich  herauswirren'  ein  sich  *herausm(mtieren  ge- 
braucht würde.  —  Neben  ksl.  motati  se  'agitari*,  klruss.  motdty 
(so  betont)  'schütteln'  würde  es  sich  empfehlen  der  Bedeutungs- 
mannigfaltigkeit wegen  auch  russ.  motdih  'haspeln,  aufwickeln, 
aufwinden,  spulen,  schütteln,  wackeln;  verschwenden,  vertun* 
anzuführen;  die  Bedeutungen  'haspeln,  aufwickeln'  dürften 
der  Grundbedeutung  am  nächsten  kommen. 

mannus.  —  Wegen  der  Akzentuation  von  aruss.  komont 
s.  oben  caballus. 

membrnm.  —  Preuß.  mensä  und  lett.  misa  'Fleisch'  sind 
höchstwahrscheinlich  aus  poln.  mieso  und  russ.  mjdso  ds.  ent- 
lehnt. Ein  sicher  russisches  Lehnwort  ist  m.  E.  lit  misä  'Fleisch' ; 
als  Reflex  einer  uridg.  nasallosen  Form  müßte  es  *mesa  lauten. 
Bestätigt  wird  meine  Annahme  einer  Entlehnung  durch  die 
Form  miesos  (entsprechend  lett.  mßsa)  Gen.  Sing,  bei  Doritsch 
Beiträge  S.  4,  Z.  33  aus  einer  Mundart,  die  bei  echt  litauischen 
Worten  in  der  Regel  -e-  und  -e-  auseinanderhält.  Gute  Parallelen 
sind  die  gleichfalls  aus  solchen  Mundarten  stammenden  apsiryidi 
ebenda  S.  6,  Z.  25  und  apsiriede  S.  39,  Z.  12  neben  aprede  S.  25, 
Z.  35  (3.  prät.  literar.  -rMe)  zu  redaü  rddyti  'bekleiden'  aus  russ. 
rjadith  'putzen,  ankleiden' ;  zu  diesem  Wort  vgl.  auch  aus  Szyrwid 
Dict.  355  a  irieditas  s.  v.  strojriy  'graphicus,  graphice  exornatus* 

im  lett.  Prät.  bedfu) ;  abg.  pitüi  'nähren'  zum  Präs.  *pitq  in  pitorm  adj, 
'gemästet';  viJiti  'wissen'  zum  Präs.  vimh,  vidi,  und  zeliti  'wünschen', 
vgl.  griech.  Präs.  Qi\\u. 


232  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

neben  ireditmj  (lies  -ytas^  -ytai)  adv.  ebenda  s.  v,  strojno  (ge- 
schrieben stroijny,  stroynö)  und  neben  redau  62  b,  354  b,  376  b 
(das  Wort  mesä  und  Ableitungen  gibt  Szyrwid  als  mefa  104a, 
149b,  mefinis  149b,  meßnikas  75a,  331a  usw.). 

memini.  —  Der  Infinitiv  zu  lit.  menii  'erwähne*  lautet 
nicht  menSti^  sondern  minSti.  Das  altlitauische  Präsens  miniu 
(besser  ohne  Akzent)  gehört  nicht  zu  minti  'gedenken*,  wie  man 
aus  Waldes  Wortstellung  schließen  könnte,  sondern  als  regel- 
mäßigere Form  zu  minSti.  Vgl.  bei  Szyrwid  Dict.  miniu  *ad- 
moneo,  adhortor'  167  a,  'nomine,  appello  nomine*  147  a,  mini 
3.  Präs.  dazu  167  a,  minetoias  'monitor,  adhortator'  167  a,  'no- 
minator'  147a,  paminet  'erwähnen'  423b.  Daß  diese  Formen 
eng  zusammengehören,  ist  außer  aus  der  Bedeutung  auch  aus 
der  Präsensflexion  (3.  Sing,  -e,  nicht  -ia)  zu  ersehen.  Übrigens 
läßt  sich  bei  Szyrwid  die  Bedeutungsscheidung  zwischen  diesem 
Verbum  und  den  Formen  des  literar.  menü  minti  nicht  ganz 
reinlich  durchführen.  Vgl.  einerseits  das  Verbaladjektiv  mine- 
tinas  'memorabilis*  240  a  als  Synonym  der  regelmäßigen  atmin- 
tinas,  atmenamas^  anderseits  die  auf  den  Infinitiv  mifiti  weisenden 
minimas  'admonitio,  hortatio*  167  a,  praminimas  'denominatio* 
172b  sowie  das  Präsens  pramenu  'appello,  cognomino'  172b. 
Das  Simplex  menü  ist  bei  Szyrwid  nur  reflexiv  und  in  einer 
merkwürdigen  Bedeutung  belegt,  vgl.  menuofi  to  'intelligo  in 
hac  re  vel  hanc  rem'  456  a,  kiiris  menafi  'peritus*  2  a  (s.  v.  ana- 
tomik\  menufis  {=  literar.  -qsis)   kokio  daykto   'magister*   152b. 

mens.  —  Leskien  Nom.  542  vermutet,  daß  lit.  menta  'Geist, 
Seele'  ein  von  Dowkont  nach  dem  lat,  msm  gemachtes  Wort 
zu  menii  minti  'gedenken*  sei. 

merda.  —  Lit.  smdri%  smarstas  'Gestank*  gehören  zu  smirdSti 
'stinken'  und  sind  an  der  Stelle,  wo  sie  stehen,  zu  streichen. 
Ob  man  smarsas^  smarstvas^  smarsie  'Fett*  von  dieser  Sippe 
trennen  kann,  erscheint  mir  trotz  der  verlockenden  Zusammen- 
stellung mit  ahd.  smero  'Schmeer,  Fett'  usw.  fraglich.  Bei  Nessel- 
mann 487  b  sind  die  Worte  erläutert  durch  'Fett,  mit  dem  man 
Speisen  abmacht,  bes.  schlechteres  Abmachsei.  Besseres  heißt 
uidaras'  (KLD  üzdaras  'Abmachsei,  Speisewürze*).  Vgl.  auch 
Leskien  Nom.  551,  der  smarstd  'schlechtes  Fett'  durch  den 
Zusatz  'eigentlich  schlechtriechendes,  Gestank*  erläutert. 

mioo.    —    Lies    miknui   (nsorb.)   statt   miknu».    —    Russ, 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    233 

migdth  (so  betont)  'blinzeln'  ist  als  normales  Iterativ  zu  abg. 
mhgnqti  ds.  besser  nach  den  altbulgarischen  Worten  zu  nennen. 

minus.  —  Das  litauische  Wort  für  'Kleinigkeit'  lautet 
nicht  mailus,  sondern  mailius,  wie  es  auch  Leskien  Nom.  320 
schreibt.  Die  Schreibung  mailus  bei  KLD[  aus  Ness.  388a  ist 
eine  ungenaue  Wiedergabe  von  Szvrwids  (Dict.  46a  s.  v.  drohiazg 
'minuties')  mailus,  das  aber  seiner  Orthographie  zufolge  nur 
als  *mail'us  gelesen  werden  kann  ^). 

misceo.  —  Zu  lit  maiszaü  maiszijti  'mischen',  siimisztü 
sumiszaü  sumiszti  Mn  Verwirrung  geraten'  findet  sich  in  der 
litauischen  Literatur  auch  ein  primäres  transitives  Verbum  mesziu 
miszti  'mischen'.  Vgl.  Szyrwid  Dict  359b  miesiu  midn  s.v. 
syce  mwd  'coquo  hydromeli,  mulsum';  Palangos  Juze  (Wilna  1863) 
11.20  sumijsztas  {ij  =  e)  unduo  'gemischtes  Wasser';  Auszra 
1883.  2661.  34  miesziu,  ebenda  30  atmieszfi;  Juskevic  iszmesziü 
iszmeszti  (geschrieben  is7n-)  'verdünnen'  (z.  B.  medu  su  vandenimi 
'Honig  mit  Wasser')  und  s.  v.  iszleszinti  (geschrieben  isl-)  auch 
atmiszti  ds.  Dieses  Verbum  ist  interessant  durch  die  Ablaut- 
stufe (ideeUes  idg.  *meisk\  die  bei  dieser  Sippe  weder  von 
Leskien  Abi.  278 f.,  noch  auch  von  Walde  (hier  nur  im  Griechi- 
schen ein  ideelles  *meizg-  erwähnt)  angeführt  wird.  Vielleicht 
liegt  sekundärer  litauischer  Ablaut  vor;  s.  wegen  dieser  Er- 
scheinung unten  pinus  Fn. 

möles.  —  Sollte  lett.  mal'ites  (mit  4'-)  'sich  dringend  be- 
mühen' nicht  eher  mit  malt^  lit.  mdlti  'mahlen'  zusammenhängen? 
Vgl.  refl.  maltes  'für  sich  mahlen,  sich  aneinanderreihen,  zer- 
reiben, sich  irgendwo  herumbewegen'.  Zu  erinnern  wäre  der 
Bedeutung  wegen  an  nhd.  sich  aufreiben.  —  Lett.  muldinät 
'andern  keine  Ruhe  lassen'  ist  kaum  von  middet  'herumirren, 
phantasieren,  sich  viel  Mühe  und  Arbeit  (d.  h.  Unruhe) 
machen'  zu  trennen;  Bedeutungszentrura  'unruhig  sein  oder 
machen*.  —  Russ.  mdjati  (so  betont)  trans.  'plagen,  erschöpfen, 
ermüden'  samt  majd  'schwere  Arbeit,  Qual,  Plage'  steht  im 
Slavischen  in  der  Bedeutung  isoliert.  Ich  möchte  es  trotz  der 


1)  Da  Szyrwid  die  /-Laute  nach  polnischem  Muster  schreibt,  so 
sind  seine  la,  lo,  lu  als  l'a,  fo,  l'u  zu  lesen  und  in  Kurschats  Orthographie 
durch  lia,  lio,  liu  wiederzugeben ;  indessen  haben  Nesselmann  und  seine 
Vorgänger  fälschlich  jedes  l  und  t  bei  Szyrwid  unterschiedslos  durch  l 
wiedergegeben.  Gute  Beispiele  s.  unten  s.  v.  vtlis  und  volo,  vgl.  auch 
oben  ealeo. 


2U  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

semasiologischen  Differenz  für  identisch  halten  mit  abg.  majq 
majati  'winken',  bulg.  mdja  'verzögere,  verlangsame*,  refl. 'zaudere, 
verspäte;  zerbreche  mir  den  Kopf;  glavdta  mi  se  mde  'werde 
schwindlig'.  Das  Bedeutungszentrum  dürfte  sein  'heftig  hin  und 
her  resp.  in  die  Runde  bewegen,  durch  unruhige  (vgl.  nhd. 
beunruhigen  —  quälen^  plagen)  Bewegung  aus  dem  Gleichgewicht 
bringen'.  Auf  'schwingen'  geht  zurück  russ.  mäjatnikb  'Pendel, 
Perpendikel*.  Interessant  sind  auch  die  verschiedenen  Bedeutungs- 
nuancen von  russ.  mdjacith  1)  trs.  'in  der  Luft  hin  und  her  be- 
wegen, Zeichen  geben,  betrügen',  2)  intrs.  'schimmern,  sich  in  der 
Welt  herumtreiben,  sich  kümmerlich  durchhelfen;  zaudern, 
zögern'.  Es  handelt  sich  im  Russ.  und  Bulg.  um  vei*schiedene  Resul- 
tate eines  übertriebenen  'Winkens,  Drehens  oder  Schwingens'; 
vgl.  die  Parallele  hnX^.  mrtjd  se  'drehe  mich;  zögere,  zaudere*, 
mollis.  —  Lies  mldtö  (sloven.)  und  niötot  (klruss.)  statt 
mlato,  molot.  —  Das  in  den  litauischen  Wörterbüchern  häufig 
verzeichnete  und  von  den  Etymologen  oft  verwertete  lit.  tnildus 
•fromm*  existiert  nicht  und  hat  seine  scheinbare  Existenz  nur 
einem  Druckfehler  bei  Szyrwid  zu  verdanken  ').  Bei  Ness.  379  a 
und  bei  KLD[  stehen  mildus  'fromm,  gottergeben'  und  müdyhe 
'Frömmigkeit'  mit  dem  Hinweis  auf  Szyrwid  Dict.  als  Quelle. 
Bei  Szyrwid  aber  ist  ein  mildus  überhaupt  nicht  vorhanden, 
und  ein  mildihe  findet  sich  nur  in  der  5.  Aufl.  160b  (s.  v. 
nabozenstwo  'pietas,  devotio  in  Deum,  cultus')  als  Druckfehler 
für  das  in  der  4.  Auflage  122  b  stehende  maldibe.  Das  Adjektiv 
mildus^  das  aus  dem  vorgefundenen  fehlerhaften  Abstraktum 
mildyb^  methodisch  riciitig  erschlossen  ist,  muß  also  zugleich 
mit  diesem  fallen.  Das  Abstraktum  maldyb^  (vgl.  auch  bei  Szyrwid 
Punktay  Sakimu  84,  6  den  Gen.  Sing.  maJdibes)  gehört  zu  maldaü 
maldyti  Iter.  'bitten',  maldä  'Gebet',  und  zwar  dürfte  es  abge- 
leitet sein  von  einem  Adjektiv  *maldu8  'dem  Gebet  ergeben, 
fromm',  das  zwar  nicht  belegt  (Szyrwids  Dict.  177  b  ne  maldus 
Diewuy  s.  v.  nienabozny  'irreligiosus*  wird  durch  das  dativische 
Objekt  als  Part.  Präs.  Akt.  =  liter.  maldqs  gekennzeichnet)  ist, 
aber,  da  Adjektiva  auf  -us  sehr  produktiv  sind,  ohne  Schwierig- 
keit vorausgesetzt  werden   darf   (vgl.  auch   das  gleichfalls   aus 

1)  Wenn  es  vorhanden  wäre,  könnte  es  von  meldSiä  'bitte,  bete* 
nicht  getrennt  werden;  dadurch  würde  ohne  weiteres  die  Verbindung 
mit  fwy/iu  'liebe'  und  wohl  auch  diejenige  mit  griech.  poXeoKÖc  (Walde 
^dX6aKoc^  'weich,  zart  usw.*  hinfällig  werden. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    235 

Szyrwid  stammende  maldingas  'fromm'  bei  KLD[).  Wie  wir 
sehen,  ist  zu  lit.  meldziü  mehlig  Iter.  maldyti  'bitten,  beten'  eine 
Ablautsstufe  mild-  in  der  jetzigen  Bedeutung  der  Sippe  nicht 
vorhanden.  Es  gibt  aber  ein  dialektisches  mildingas^  das  etwa 
•freundlich'  bedeutet,  vgl.  bei  Doritsch  Beiträge  S.  65,  Z.  29 
mildingai  prdse  'er  fragte  freundlich'.  Es  fragt  sich  nun,  ob 
dieses  ganz  vereinzelte  Wort  echt  litauisch  oder  eine  Entlehnung 
aus  nhd.  mild  ist.  In  ersterem  Falle  wäre  daran  zu  erinnern, 
daß  maldaü  bei  Szyrwid  Dict.  (maidaii)  in  den  der  modernen 
Literatursprache  fremden  (wohl  älteren)  Bedeutungen  'place, 
lenio,  mitigo  {15  b  s.  v.  htagam),  delinio,  mulceo  (128b  s.  v.  tagodze)^ 
inhibeo  fletum  (370b  s.  v.  tide)'  belegt  ist.  Wir  hätten  dann  also 
doch  eine  Tiefstufe  zu  diesem  Yerbum,  die  allerdings  sekun- 
dären Ursprungs  sein  könnte,  sodaß  sie  für  die  ürsprünglich- 
keit  der  litauischen  Verbindung  meld-^  mald-  gegenüber  slav. 
modl-  in  poln.  modlic  'beten',  modta  'Gebet'  nicht  in  Betracht 
kommt.  Wohl  aber  sprechen  Szyrwids  Bedeutungen  'placo,  lenio' 
usw.  und  das  belegte  Primärverbum  meldziü  m.  E.  gegen  eine 
etwaige  Herleitung  der  litauischen  Sippe  aus   dem  Polnischen. 

molo.  —  Lies  auf  der  vorletzten  Zeile  malü  (lit.)  statt  malu. 

mnsca.  —  Lett.  muscha  'Fliege'  hat  kurzes  -w-. 

nävus.  —  Lett.  fitiät  par  kü  (nicht  ko)  'für  etwas  sorgen' 
dürfte  durch  einzelsprachliche  Bedeutungsverschiebung  aus  ßnät 
'wissen'  entstanden  sein;  vgl.  russ.  zavedath  ciemi  'etwas  ver- 
walten, überwachen,  einer  Sache  vorstehen',  vedomstvo  'Verwal- 
tungsbezirk, Kompetenz'  zu  vedath  'wissen',  tedomyj  'kund,  be- 
kannt', auch  'subordiniert';  umgekehrt  nhd.  eine  sacke  beherrschen, 
einer  sache  mächtig  sein.  Die  Bedeutungsverwandtschaft  der  Be- 
griffe 'wissen'  und  'sorgen,  sich  kümmern'  zeigt  sich  auch  in 
den  negativen  Ausdrücken  ro»  jemandem  nichts  wissen  tcoUen 
=  sich  um  jemanden  nicht  kümmern  und  bulg.  ne  iskam  da  znäja 
za  nigo  'ich  wiU  nichts  von  ihm  wissen'.  —  Übrigens  scheint 
Walde,  wenn  er  an  die  Vereinigung  von  lat.  nävus  mit  nösco 
denkt,  eine  ähnliche  Bedeutungsentwicklung  für  die  Ursprache 
anzunehmen. 

nidor.  —  Besser  als  lett.  knest  'jucken',  dessen  konsonan- 
tischer Stammauslaut  -t-  ist  (vgl.  die  3.  Präs.  knisch  und  das 
Deverbativ  knetet  'jucken'),  wäre  hier  knedet  'nieten'  anzuführen. 
In  der  Bedeutung  'jucken'  nennt  ülmann  Lett.-Dt.  Wtb.  ein 
knidet,  das  sonst  'kriechen,  sich  bewegen,  keimen'  bedeutet  und 


236  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

wohl  auf  Vermischung  mit  knudet  *jucken,  kitzeln'  beruht  — 
Lies  knüsit  (lett.)  statt  knöslt. 

nös.  —  Abg.  ny  ist  Akk.  Plur.  und  bedeutet  *uns'. 

novem.  —  Die  Kardinalzaiil  'neun'  lautet  abg.  nur  devfth, 
nicht  auch  dev^tb.  Bei  den  Ordinalzahlen  sind  zwar  die  be- 
stimmten Formen  auf  -yjh  in  der  Sprache  gebräuchlicher,  als 
die  unbestimmten  auf  -j;  da  es  aber  üblich  ist,  abg.  Adjektiva 
in  der  unbestimmten  Form  anzuführen,  wäre  hier  besser  dev^tb 
statt  devetyjb  zu  schreiben,  zumal  Walde  bei  den  übrigen  Ordinal- 
zahlen diese  Praxis  befolgt  hat;   s.  auch  unten  Septem. 

ocnlus.  —  Woher  hat  Walde  lit.  üksauti  'ansehen,  aus- 
spionieren'? Ist  die  Bedeutung  'ansehen'  genau  angegeben? 
Ich  vermute  Zusammenhang  mit  den  von  Leskien  Nom,  595 
angeführten  oksai  (richtiger  wohl  üksai)  'kundschaftende  Bienen', 
lett,  ügstü  'schnüffeln'  usw.,  die  mit  'eingeschobenem'  Guttural 
zu  lit.  ud^iu  üsti  'riechen'  (Walde  s.  v.  ödor)  gehören;  üksauti 
würde  dann  eigentlich  *(aus)schnüffeln'  bedeuten.  —  [Vgl.  jetzt 
Leskien  IR  32,  205  ff.  K.-N.] 

olea.  —  Lies  oiejh  (ksl.)  statt  olej.  Weiteres  s.  bei  Berneker 
s.  V.  eliß. 

oplmus.  —  Wegen  abg.  piteti,  pitati  'nähren,  füttern' 
s.  unten  päsco.  —  Nahe  verwandt  mit  ai.  pdyate  'schwillt, 
strotzt',  pipyü^i  'strotzend,  milchreich'  sind  lit.  pKi-iy^j^^i  kärve 
'Kuh,  die  beim  Melken  die  Milch  nicht  zurückhält'  (KLD  s.  v. 
pljusi)^  zemä  iaz-pljusi  '(d  urch  Wasser)  aufgeweichte  Erde'  ( Juskeviß, 
Stichwort  is-pyti^  doch  werden  andere  Verbalformen  nicht  belegt), 
pydau  pydyti  'eine  Kuh  zum  Milchen  reizen',  vgl.  zu  diesem 
griech.  Ttibuiu  'lasse  durchsintern*,  med.  'quelle  hervor'.  An- 
sprechend ist  Leskiens  (Abi.  280)  Heranziehung  von  lit.  pSnas 
'Milch'  (also  als  'beim  Melken  hervorquellende  Flüssigkeit'  aufzu- 
fassen) und  (fragend)  von  lit.  pha  'Wiese'.  Zu  ersterem,  das  bei 
dieser  Auffassung  mit  abg.  piti  'trinken*  nur  in  entfernter  Weise 
wurzelverwandt  sein  kann,  vgl.  nnorw.  fei  'Rahm,  dickgemachte 
Milch';  zu  pSva  verhält  sich  in  der  Bedeutung  k\.  pi-va-h  'Fett, 
Speck*,  griech.  ttiov  'Fett'  usw.  wie  russ.  iirb  'Fett*  zu  abg.  iin 
'Weide,  Weidefutter' ;  wegen  des  wohl  sekundären  -e-  (vor  dem 
j<-Forraans  ist  sonst  nur  die  Ablautstufe  pi-  belegt)  sowie  über  die 
Assoziation  zwischen jt^^m und ptfwM 'Hirt'  s.  unten  pinus.  Daß })Sva 
zur  Sippe  von  pemu  (s.  unten  päsco  und  Fn.)  gehört,  ist  mir  unwahr- 
scheinlich, da  es  im  Formans  gar  zu  gut  zu  ai.pioa-h  usw.  stimmt 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    237 

opinor.  —  Bei  der  Etymologie  dieses  Wortes  sind  die 
sehr  interessanten  Ausführungen  von  Rozwadowski  im  Rocznik 
Slawistyczny  II,  99.  103  zu  berücksichtigen. 

ornns.   —   Bemeker   s.  v.  asenh  und  asika    dürfte   recht 
haben,  daß  nur  russ.  jdsem,  serb.  jäsen  usw.  (nicht  abg.)  'Esche* 
zu  lat.  orntis  'wilde  Bergesche'  gehört,  dagegen  bulg.  jasika^  serb. 
jasika  'Zitterpappel,  Espe'  (nicht  abg.)  samt  klruss.  osj/ka,  cech.- 
poln.  osika,  altpoln.  und  poln.-dial.  osa  usw.  mit  ahd.  aspa,  lett.  apsa 
*Espe'  usw.  verwandt  ist  was  schon  aus  morphologischen  Gründen 
einleuchtet.     Doch  das  in  der  zweiten  Gruppe  nur  südslavisch 
belegte  ja-  möchte  ich  nicht,   wie  Berneker   tut,   auf  'Anlauts- 
dehnung',  sondern   auf  Vermischung  mit   erstgenannter   Sippe, 
die  ursprüngliche  Länge   hat   zurückführen.     Bei  Walde    muß 
unter    diesen    Umständen  jasika    fortbleiben.     Aber   auch    bei 
Bemeker  scheint  mir  eine  Änderung  in   der  Darstellung  ge- 
boten.  Als  Stichwort  für  die  zweite  Gruppe  möchte  ich  nämlich 
osa  vorschlagen  (südslavisch  jasika,  das  natürlich  unter  diesem 
untergebracht  werden   müßte,   könnte  außerdem  s.  v.  aseiih  mit 
Hinweis  auf  osa  kurz  erwähnt  werden).   Als  Stichworte  eignen 
sich  m.  E.,  wo  Auswahl  vorhanden    ist,   doch   nur  Worte   mit 
normalem,     möglichst    altertümlichem,    Aussehen,    nicht    aber 
solche,  die  eine  unorganische  Veränderung  aufzuweisen  haben. 
palam.    —    Russ.  pölyj   (so   betont)   bedeutet   nicht   nur 
*offen,  frei,  unbedeckt  hohl,  leer',  sondern  auch  'ausgetreten  aus 
den  Ufern'  (vom  Wasser).    In  dieser  Bedeutung  erinnert  es  an 
üt  ampalas  'Aufwasser  auf  dem   Eise',   lett  pal'i  Plur.  'Über- 
schwemmung', ufpfles  'Aufwasser  auf  dem  Eise',  atpiles  'Morast- 
steUen,  die  im  Winter  nicht  zufrieren',  die  kaum  von  lit  püü 
pilti  'gießen,  schütten*,  lett  pili  'voll  werden'  (s.  unten  peluis 
und  pleo)  getrennt  werden  können,  vgl.  Leskien  Nom.  172.   Eine 
gute  Bedeutungsparallele  zum  Verhältnis  von  ampalas  zu  pitlti 
ist  poln.  wylew  wody  zamarziy  'Aufwasser  auf  dem  Eise',  wörtlich 
*Ausguß  gefrorenen  Wassers'  (Juskevic  s.  v.  dmpatas)  zu  poln.  lac\ 
abg.  hjati  'gießen'.  Es  bleibt  noch  zu  fragen,  ob  im  russischen  Ad- 
jektiv zwei  verschiedene  Worte  zusammengeflossen  sind,  oder  ob 
die  eine  Bedeutung  aus  der  anderen  herleitbar  ist;  im  letzteren  Falle 
wäre  der  Zusammenhang  mit  abg.  polje  'Feld*  unwahrscheinlich, 
palea.  —  Im  Russischen  werden  plevd.,  plenä   'Häutchen* 
etymologisch  unrichtig  mit  -e-  statt  mit  -e-  geschrieben.  Wegen 
lit.  pilü  'schütte*  s.  unten  pleo. 

Indogermanische  Fonchangen  XXXIIL  16 


238  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

palleo.  —  Zu  den  Worten  in  der  Bedeutung  'altersgrau' 
gehören  wohl  auch  lit.  peUju  pdSti  intrs.  'schimmeln',  peläsiai 
M.  Plur.  'Schimmel',  ksl.  pUsnh  F.  ds.  Da  pelesiai  nicht  -sz- 
sondern  -s-  hat,  können  wir  auch  in  plesm  altes  -s-  vermuten; 
aber  lit.  pdlszas  'fahl',  von  dem  ich  ksl.  p(4esb  'grau*  nur  un- 
gern trennen  würde,  kann  nur  -k-  enthalten  und  ließe  sich  nur 
bei  dem  etwas  gekünstelten  Ansatz  *pols-ko-8  in  nähere  Be- 
ziehung zu  pelesiai  und  einem  ital.  *palso-s  bringen. 

pannus.  —  Abg.  ponjava  'Umhang,  Kleid',  opona  'Vor- 
hang' können  m.  E.  nicht  unmittelbar  mit  lat.  pannus  'Stück 
Tuch,  Lappen'  verbunden  werden,  da  es  unnatürlich  wäre,  in 
den  slavischen  Worten  nicht  diö  o-Stufe  zu  abg.  pinq  peti 
'spannen'  zu  sehen;  insbesondere  sieht  opona  durchaus  wie 
ein  ursprüngliches  Verbalnomen  aus.  Wir  können  also  nur 
mit  einer  entfernten  Wurzelverwandtschaft  zwischen  dem  latei- 
nischen und  den  slavischen  Worten  rechnen. 

paries.  —  Ksl.  tvon  'habitus  corporis'  (Walde  'forma, 
creatura')  ist  als  ein  in  Form  und  Bedeutung  uninteressantes,  haupt- 
sächlich aus  jüngeren  Quellen  belegtes  Wort  und  vermutliches  Post- 
verbale besser  zu  streichen.  Semasiologisch  resp.  formal  bemer- 
kenswerter sind  abg.  zatvoriti  'verschließen,  einschließen',  tvarh 
'Schöpfung,  Geschöpf,  tvr^d^  'fest',  alle  drei  gemeinslavisch.  Die 
vorhandenen  Nomina  mit  tvor-  in  der  Wurzelsilbe  sind  ksl.  meist 
wenig  gebräuchlich  und  sind  in  der  Bedeutung  durchaus  vom 
Verbum  tmriti  'schaffen,  machen'  und  dessen  Komposita  abhängig. 

päsco.  —  Bei  Erwähnung  von  abg.  pasq  'weide,  hüte' 
erübrigt  sich  der  Hinweis  auf  lat.  specio,  s.  unten  specio.  Lies 
pasti/rb  (abg.)  statt  pastyn.  —  In  bezug  auf  die  Etymologie 
von  lit.  joÄMS  PI  ur.  'Mittagessen,  Mittag',  ahg.  pititi,  pitati  'füttern, 
ernähren',  ai.  pitü-h  'Saft,  Nahrung'  usw.  herrscht  bei  Walde 
Unklarheit,  indem  er  sowohl  ihre  Verbindung  mit  *pä-  'weiden, 
nähren,  essen',  als  auch  mit  *pi-  'strotzen,  hervorquellen'  (s.  v. 
opimus  und  pinus)  anerkennt,  ohne  jedoch  die  beiden  Sippen 
zu  vereinigen  oder  auch  die  Möglichkeit  einer  Vermischung 
derselben  zu  erwähnen.    M.  E.  kommen  wir  mit  einem  *pft-^) 

1)  Wegen  lit.  pSt-  s.  unten  s.  v.  ptnus.  Mit  der  QuantitätsdiiTcrenz 
von  ai.  pitüh  und  lat.  pituita,  ai.  pTvah  'Fell,  Speck'  usw.  hängt  wohl  auch 
die  BetonungsdifTcrenz  von  lit.  pitüs  und  p^ra  "Wiese",  pinas  'Milch*  zu- 
sammen;  übrigens  paßt  auch  \'\i.  pemu  'Hirt'  in  der  Betonung  nicht  zum 
Langdiplithong  in  ai.  päyüfy  'hütend',  griech.  irüiu  'Herde'.  Es  haben  also 
ofTenbar  Vermischungen  von  schweren  und  leichten  Basen  stattgefunden. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    239 

'hervorquellen,  saftreich  sein'  für  alle  Bedeutungen  der  von 
Walde  genannten  Worte  aus  (beachtenswert  ist  der  auch  zum 
Litauischen  stimmende  u-  (tu-)  Stamm  idg.  *pitu-\  womit  auch 
die  Notwendigkeit,  die  Wurzel  von  2^ö^o  ^^s  *pä{i-)  anzusetzen, 
entfällt  Andei*s  würden  sich  die  Ablaut  Verhältnisse  gestalten, 
wenn  wir  trotz  Waldes  Widerspruch  päsco  mit  griech.  ttuiu 
*Herde',  7T0i|nr|v  'Hirt'  vereinigen  würden.  Lat.  -ä-  könnte  näm- 
lich unter  Umständen  auf  Qualitätsangleichang  von  -ö-  an  die 
Reduktionsstufe  pa-  aus  *p9-  beruhen,  eventuell  auch  in  nasal- 
infizierten Formen  aus  -an-  lautlich  entstanden  sein.  Semasio- 
logisch  kann  ich  keinen  prinzipiellen  Unterschied  zwischen  den 
Sippen  sehen;  nur  ist  der  Bedeutungsumfang  bei  *pä-  größer, 
als  bei  *pöi-.  Für  die  Grundbedeutung  halte  ich  bei  *pä-  nicht 
etwa  'essen'  oder  'füttern',  sondern  'Vieh  hüten'  resp.  auch 
'weiden,  grasen'  (vom  Vieh  als  agens).  Die  eine  dieser  beiden 
Bedeutungen  hat  sich  durch  die  beiden  gemeinsame  Vor- 
stellung 'auf  der  Weide  sein'  aus  der  anderen  entwickelt 
Von  'hüten'  kommen  wir  unmittelbar  zu  'füttern'  und  von 
'grasen'  zu  'fressen'.  Die  weitere  semasiologische  Entwicklung 
des  Begriffes  'hüten'  nach  der  ethischen  Seite  hin  s.  unten 
s.  V.  specio. 

pateo.  —  Das  preußische  Wort  für  'Ofenschaufel',  das 
in  der  sprachwissenschaftlichen  Literatur  als  2^ttts  bekannt  ist, 
ist  eigentlich  j)€ctis  zu  lesen,  und  bloß  aus  Etvmologisierungs- 
rücksichten  haben  Berneker  und  Trautmann,  gestützt  darauf, 
daß  in  der  preußischen  Schrift  -c-  und  -t-  verwechselt  werden 
können,  das  Wort  als  jyettis  angesetzt  Ich  glaube  aber,  daß  wir 
diese  Konjektur  entbehren  können,  denn  auch  ein  pectis  d.  h. 
pektis  läßt  sich  gut  etymologisieren.  Das  Wort,  das  im  Voka- 
bularium Nr.  332  unter  lauter  auf  die  Brotbereitung  bezüglichen 
Worten  steht,  bezeichnet  ein  für  die  Brotbäckerei  sehr  wichtiges 
Gerät.  Ich  halte  es  für  eine  Entsprechung  von  abg.  pesth  F. 
'Ofen',  ursprünglich  ein  Verbalabstraktum  zu  pekq  pesti  'backen* 
=  griech.  ueipic,  ai.  pakti-h  'das  Kochen,  gekochtes  Gericht'. 
Aus  der  Bedeutung  'das  Backen'  konnte  natürlich  sowohl  'der 
Backofen*  (weiterhin  überhaupt  'Ofen'),  als  auch  jegliche  Art 
von  'Backgerät*  werden ;  das  Bedeutungszentrum  des  sla vischen 
und  des  preußischen  Wortes  ist  'Back ort*.  Daß  ein  baltisches 
Verbum  *p€kti  'backen'  nicht  existiert,  sondern  statt  dessen 
lit  khpti^  \e\X.zept  gebraucht  wird,  spricht  nicht  gegen  die  Existenz 

16* 


240  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

eines  aus  der  Urzeit  stammenden  Substantivs  *pek-ti-s,  vgl.  auch 
griech.  Tckctu  'koche'  neben  dpro-KÖTroc  'Brotbäcker*. 

patro.  —  Ksl.  popadq  'popasti  'fassen'  ist  ein  Kompositum 
von  padq  pasti  'fallen',  woran  keiner,  der  in  einer  modernen 
slavischen  Sprache  einigermaßen  Sprachgefühl  hat,  zweifeln  kann; 
vgl.  z.  B.  russ.  jyojMsth  na  mysh  'auf  einen  Gedanken  verfallen*, 
dial.  popästh  kogö  'jemanden  antreffen,  erwischen',  eigentlich  'auf 
jemanden  fallen,  jemanden  anfallen'.  Ähnlich  ist  ja  auch  im 
Deutschen  der  Ausdruck  auf  etwas  verfallen  bedeutungsähnlich 
den  Ausdrücken  etivas  erfassen^  hegreifen. 

pecu.  —  Aus  welchem  Grunde  Kurschat  das  ihm  aus  der 
gesprochenen  Sprache  nicht  bekannte  altlit.  pekus  'Vieh'  mit  -e- 
schreibt,  ist  nicht  zu  ersehen ;  die  von  Leskien  Nom.  240  an- 
geführten Quellen  scheinen  keine  Anhaltspunkte  dafür  zu  bieten, 
und  auch  Nesselmann  282  a  schreibt  das  Wort  mit  -e-,  was 
höchstwahrscheinlich  richtig  ist.  Für  -e-  spricht  auch  die  Schrei- 
bung -ck-  in  preuß.  i^ecku  'Vieh'.  Ähnliche  Fälle  siehe  s.  v.  fiher 
und  vetus. 

pedo.  —  Das  slovenische  Wort  für  'pedere'  ist  pazdSti  zu 
schreiben  statt  pezdeti,  wobei  das  -d-  die  Grundform  *pbzdeti 
(Brugmanns  im  Grundriß  P,  512  *pezdeti  ist  also  unerwiesen)  er- 
weist, und  die  klruss.  Formen  bzd'iti/,  pezd'ify  ^i2(ti  bzd'ity,j)ezd'ity. 
Bei  der  Beurteilung  der  Frage,  ob  lit.  bezdSti  ein  slavisches  Lehn- 
wort ist,  sind  die  im  Vokalismus  abweichenden  Uzdas  'podex', 
Uzdzius  'Stänker'  samt  Ableitungen  und  das  auf  ein  Verbal- 
nomen mit  -^-Suffix  vom  Stamme  hizd-  zurückzuführende  Iriste- 
leti  'pedere'  (alle  drei  aus  Juskevic,  bhdzius  auch  bei  KLD[ 
und  Leskien  Nom.  322)  zu  berücksichtigen,  und  es  ist  auch  zu 
beachten,  daß  auch  im  Lettischen  ein  befdet  vorkommt,  und  daß 
ein  klruss.  *bezd'Üy  resp.  großruss.  *bezdeth  nicht  vorhanden  ist, 
daß  also  Iit.-lett.  -e-  entweder  ein  jüngerer  Einschub vokal  sein 
oder  auf  einer  Vermischung  beider  kleinrussischer  Formen  be- 
ruhen müßte.  Durch  die  Entlehnung  erklärt  sich  nur  das  />- 
einfach,  die  Erklärung  des  Vokalwechsels  aber  müßten  wir 
jedenfalls  auf  baltischem  Boden  suchen;  und  wenn  wir  für 
einen  Teil  der  Worte  eine  echt  baltische  Grundlage  annehmen 
wollten,  so  kämen  wir  doch  ohne  Kontaminationen  zwischen 
einheimischen  und  entlehnten  Worten  nicht  aus,  die  kaum 
weniger  kompliziert  sind,  als  die  analogischen  Umwandlungen 
usw.,  mit  denen  wir  rechnen  müssen,  wenn  wir  die  ganze  Sippe 


Berichti gangen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    241 

für  aus  der  Ursprache  ererbt  halten.  Ich  halte  bezdü  hezdeti 
für  echt  baltisch,  und  zwar  für  eine  Vermischung  eines  dem 
lat.  pedo  entsprechenden  urbalt  *pe2dtt  und  eines  Infinitiv- 
stammes *hzde-\  es  ist  möglich,  aber  kaum  zu  beweisen,  daß 
auch  im  Urslavischen  neben  *2)hzde-  ein  *bzde-  existiert  hat 
Lit.  bizd-  kann  entweder  lautlich  aus  *bzd-  oder  analogisch  aus 
*pizd-  hervorgegangen  sein;  letzteres  ist  wegen  der  Existenz 
von  slav.  *pbzd-  wahrscheinlicher.  Übrigens  könnten  wir  sogar 
ein  urbalt.  *bzde-  entbehren  und  den  stimmhaften  Anlaut  durch 
Herübernah rae  des  stimmhaften  Inlauts  erklären,  wie  es  bei 
derartigen  Worten  ja  vorkommt.  —  Gegen  slavische  Entlehnung 
spricht  auch  der  Umstand,  daß  ein  bizd-  in  anderen  Bedeu- 
tungen vorkommt,  das,  wenn  wir  die  Echtheit  von  blzdas  usw. 
anerkennen  wollen,  sehr  wohl  durch  Bedeutungsverschiebung 
aus  der  Sippe  von  pedo  hervorgegangen  sein  kann.  Vgl.  su-b^izdo 
*geriet  in  Aufregung,  Verwirrung  KLD[,  wo  aber  als  Präsens 
fälschlich  *b\zdu  statt  eines  zu  erwartenden  *bistu  erschlossen 
worden  ist;  Mzdzius  (außer  als  'Stänker'  auch  gebraucht  als 
Schimpfwort  in  der  Bedeutung)  Micker,  schwerfällig  gehender 
Mensch',  vgl.  Leskien  Abi.  321;  ferner  mit  dem  Bedeutungs- 
zentrum etwa  'müßig  umhergehen'  aus  Juskevic:  Mzdu  Interj. 
zur  Bezeichnung  des  'Gehens  ohne  Zweck',  bizdidis  'müßiger 
Mensch',  bizdinti  'gehen'  mit  dem  Beispiel  atis  bizdina^  ant 
subines  rankäs  susidejes  'er  geht  mit  auf  dem  Hintern  zusammen- 
gelegten Händen  umher',  wo  man  statt  subines  auch  htzdo  Gen. 
Sing,  gebrauchen  könnte;  ähnlich  bizdineti  'mit  hervorgestrecktem 
Hinteren  einhergehen'.  Hierher  gehört  wohl  auch  die  auf  einen 
Infinitiv  *bisU  (zu  su-blzdo  s.  oben)  weisende  Interjektion  blstu(m) 
in  tnstu-pabädu^  bisfum-pabästum  'bei  unablässigem  Herumwirt- 
schaften in  unwichtigen  häuslichen  Verrichtungen',  vgl.  Leskien 
IF.  13,  186.  Das  pabästu{m)  erinnert  an  bastaü  bastyti  'stoßen*, 
das  zu  badyti  ds.  gehört,  vgl.  zur  Bedeutung  nhd.  sich  {müßig) 
herumstoßen;  an  Wurzelverwandtschaft  mit  b\stii{m)  ist  also  kaum 
zu  denken.  Ein  slavisches  bbzd-  (mit  analogischem  b-  oder  mit 
eingeschobenem  -»-)  in  ähnlicher  Bedeutung  scheint  in  sloven. 
hdzddm  bdzddti  'pfuschen'  noch  vorzuliegen  und  dürfte  auch 
vorauszusetzen  sein  in  sloven.  bäzniti  bdzniti  'stupfen,  stoßen' 
mit  lautlichem  Schwund  des  -d-  vor  -«-  und  in  den  aus  diesem 
Verbum  abstrahierten  sloven.  bdzäm  bdzdti  'stupfen,  stochern', 
serb.  bäzäm  bdzati  'ambulare'    (anklingend,   aber   unklar,   auch 


2i2  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

bäsäm  bäsati  Maherschlendern') ;  Bedeutungszentmm  etwa  *sich 
unnütz  machen*. 

pejero.  —  Lies  gnesti  (abg.)  statt  gnetiti. 

peluis.  —  Ksl.  poh^  ispoh  'Schöpfgefäß*,  sloven.  pöt  Gen. 
pöla  'Schöpfschaufel*  erinnern  zunächst  an  lit.  pilta  *Schöpf- 
schaufel',  pütuvas  'Schöpfeimer,  Pumpe',  piltavas  'Trichter'  (vgl. 
Leskien  Nom.  543,  566),  die  zu  püü  pUti  'gießen,  schütten' 
gehören.  Eventuell  kann  Wurzelverwandtschaft  mit  lat.  peluis 
bestehen;  vgl.  die  unten  s.  v.  pleo  vorgetragene  Etymologie  von 
p^lti.  Sloven.  poljem  platt  'haurire'  (Miklosich  Lex.  Pal.  s.  v.  poh) 
dürfte  wegen  des  Vokalismus  ein  uraltes  Denominativ  sein, 
vgl.  zur  Bildung  lit.  grindHü  grfsti  'den  Fußboden  mit  Brettern 
belegen,  dielen'  zu  grindn  F.  'Dielenbrett',  Plur.  'Diele'.  Sloven. 
pöt  'Futterschwinge',  pöljem  pläti  '1)  in  wallende,  wogende  Be- 
wegung versetzen,  2)  schwingen,  3)  in  Bewegung  sein'  sind 
vielleicht  mit  obigen  Worten  identisch.  Weitere  wahrscheinlich 
verwandte  baltisch-slavische  Worte  mit  der  gleichen  Vokalstufe 
wie  poh  s.  oben  s.  v.  palam. 

penis.  —  Von  den  hier  angeführten  cechischen  Worten 
ist  höchstens  opeska  'praeputium'  mit  griech.  ttcoc,  ai.  pdsa-h 
'penis'  usw.  verwandt;  doch  ist  mir  wegen  der  Isoliertheit  im 
Slavischen  auch  dieses  AVort  verdächtig,  wenn  ich  es  auch 
nicht  anders  erklären  kann.  Das  Adverb  pesky  'schändlich, 
schamlos*  ist  der  Instr.  Plur.  von  2>€skg  'hündisch,  hundsföttisch' 
zu  pes  =  abg.  pbsj>  'Hund',  vgl.  abg.  pishsky  Adv.  'canura  more'. 
Cech.  opesly  'schändlich,  schamlos'  beruht  wohl  auf  einer  nicht 
ganz  klaren  analog.  Umbildung  aus  opsely  ds.,  ursprgl.  'hündisch 
geworden',  Verbaladj.(*opise-/?b)  zu  einem  Verbum  auf  -eti  {^oln.psiec 
'schlechter  werden',  russ.jöseY» 'nach  Hunden  zu  stinken  anfangen*), 
gehört  also  gleichfalls  zu  pes.  Cecli.  picliovy  'Hengst*  fehlt  bei  Kott 
Slovnlk  6esk6ho  jazyka.  Vermutlich  ist  entweder  die  Form  oder  die 
Bedeutungsangabe  ungenau,  denn  der  Form  nach  ist  das  Wort 
ein  possessives  Adjektiv.  Entweder  also  hat  das  Grundwort 
(etwa  *ptlch^?)  'Hengst*  bedeutet,  oder  es  ist  ein  verselbständ- 
lichtes  Attribut  zu  einem  'Hengst*  bedeutenden  Substantiv.  In 
jedem  Falle  ist  ein  Zusammenhang  mit  öech.  pichovati  'stampfen' 
(Walde  s.  v.  pinso)  wahrscheinlich;  weniger  naheliegend  würde 
ein  Zusammenhang  mit  abg.  pt!§h  Adj.  'zu  Fuß',  öech.  ^i/,  j)ichy 
ds.  sein.  Cech.  pichür  'uterus*  ist  mir  unbekannt;  bei  Kott 
(a.  a.  0.)  gibt  es  nur  ein  pichür  'Fußgang,  Fußgänger*  zu  abg. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    243 

pesh  (s.  oben).  Wenn  die  Bedeutungsangabe  richtig  ist,  könnte 
vielleicht  an  Verwandtschaft  mit  ahg.  pizda  Vulva'  oder  mit 
lit  pisu  pisti  *coire',  lat.  pinso  'stampfe'  gedacht  werden,  so  daß 
eventuell  ein  Zusammenhang  mit  obigem  pechmy  bestände; 
anderseits  erinnert  das  Wort  auch  an  ksl.  pechyrt  M.  *bulla'. 
Doch  werden  wir  besser  bei  diesen  beiden  Worten,  bevor  ihren 
Quellen  nachgespürt  worden  ist,  ein  non  liquet  konstatieren. 
Jedenfalls  dürfen  wir  nicht  vergessen,  daß  uridg,  *pes-  im  Slavi- 
schen  *pes-  ergeben  müßte,  und  daß  wir,  solange  andere  Er- 
klärungsmöglichkeiten vorliegen,  nicht  ohne  weiteres  berechtigt 
sind,  ein  sekundäres  -ch-  anzunehmen. 

pertica.  —  Lies  prekla  (sloven.)  statt  prekla  und  pric, 
pricka  (cech.)  statt  pric,  pficka.  Die  bulgarischen  Worte  lauten 
precka  'Querstange,  Hindernis'  und  pricka  'Kute'. 

pes.  —  Lies  pesb  (abg.)  statt  j)^sb. 

pestis.  —  Ein  Substantiv  *estis  'das  Sein'  wird  auch 
außerhalb  des  Indischen  angenommen  in  preuß.  astin  Akk.  Sing. 
M.  'Ding,  Handlung'  [a-  aus  e-,  vgl.  asmai  'bin'),  vgl.  Berneker 
Preuß.  Spr.  281,  Trautmann  Die  altpreuß.  Sprachdenkmäler  305. 
Allerdings  schwebt  es  mir  vor,  daß  ich  auch  eine  Ablehnung 
dieser  Etymologie  gelesen  habe,  doch  kann  ich  mich  nicht  mehr 
erinnern,  wo.  Ob  die  Bedeutung  im  Preußischen  eine  konkrete 
oder  eine  abstrakte  gewesen  ist,  läßt  sich  aus  den  drei  von 
Trautmann  zitierten  Stellen  nicht  mit  voller  Sicherheit  ersehen. 
Mit  astin  'Ding'  ist  die  Wirkung  des  Wassers  bei  der  Taufe 
und  des  Essens  und  Trinkens  beim  Abendmahl  bezeichnet,  mit 
astin  'Handlung'  aber  die  Taufe.  In  die  ursprüngliche  Bedeu- 
tung des  Wortes  können  wir  daraus  keinen  Einblick  gewinnen. 

piget.  —  Szjrwid  Dict.  hat  folgende  litauische  Worte,  die 
mit  ai.  pisunah  'böse  gesinnt,  verräterisch,  verleumderisch*, 
pisäcdh  'Dämon'  laut-  und  bedeutungsverwandt  sind.  264  b  stehen 
papesiu  (lies  -sziu)  s.  v.  podszczuuam  'instigo,  concito,  incito,  acuo 
aliquem,  subdo  faces'  und  papiesieias  (lies  -szSjas)  s.  v.  podszczu- 
tcacz  'instigator,  mandator,  fax  accusationis',  und  167  b  steht 
papiecieias  (lies  -czejas)  s.  v.  napraiviacz  tm  kogo^  zdradliicy  'sub- 
ornator*.  Es  ist  klar,  daß  zwei  dieser  Formen  fehlerhaft  sein 
müssen,  wenn  wir  sie  alle  miteinander  verbinden  wollen.  Zu- 
nächst dürfte  der  Wurzelauslaut  sz  (s),  nicht  aber  cz  [d\  gewesen 
sein,  denn  von  einem  Präsens  *pecziu  {*pieciü)  würden  wir  das 
Nomen  agentis  *p€t^jas  (*piet€ias)  und  nicht  *peczäjas  erwarten. 


2U  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Was  aber  den  Wurzelvokal  anbetrifft,  so  deutet  das  zweimalige 
-ie-  an  ganz  getrennten  Stellen,  zwischen  denen  keine  Assoziation 
möglich  ist,  auf  die  Richtigkeit  dieser  Schreibung  hin;  wir 
werden  also  den  semasiologisch  möglichen  Zusammenhang  mit 
peszü  p^szti  'pflücken,  zupfen'  ablehnen  müssen*).  Außerdem 
ist  bei  Szyrwid  peszü  stets,  wie  auch  literarisch,  ein  o-Stamm, 
und  es  finden  sich  auch  keine  abgeleiteten  Bedeutungen;  vgl. 
340b  peßu^  pesimas  s.  v.  skubie  'vello'  und  skubienie  'vellicatio, 
vulsura';  203  a  peszu  piaukus  s.  v.  obrywam  ictosij  'vello  comam'; 
264a  papeszu  s.  v.  podskubuje  czego  'aliquantum  vello  ex  plurais*. 
Daher  dürften  wir  papesiu  und  papiecieias  in  papiesiu  (*papesziü) 
und  papiesieias  {*papesz6jas)  zu  verbessern  haben.  Lautlich  ist 
das  Verbum  gleich  dem  bekannten  pesziu  peszti  'schreiben'. 
Wenn  wir  es  für  identisch  mit  diesem  halten  wollen,  müssen 
wir  annehmen,  daß  das  Wort  sich  seit  der  Urzeit  in  zw6i  Be- 
deutungsvarianten erhalten  hat,  denn  die  eine  innerhalb  des 
Baltischen  aus  der  anderen  abzuleiten,  erscheint  kaum  möglich. 
Dann  hätte  papiesiu  eine  gute  Anknüpfung  an  ai.  pisdti  'haut 
aus,  schneidet  zurecht  (Fleisch)',  griech.  KiKpöc  'einschneidend, 
scharf,  bitter,  feindselig'  (s.  Walde  s.  v.  pingo).  Walde  bestreitet, 
daß  ai.  pisuna-h  und  pisäcd-h  mit  diesen  Worten  zusammen- 
hängen; es  fragt  sich  aber,  ob  nicht  schon  in  der  Ursprache 
eine  teilweise  Vermischung  der  Sippen  des  'Feindseligseins'  und 
des  'Ritzens,  Schneidens,  Malens'  stattgefunden  hat.  Auch  werden 
wir  es  unentschieden  lassen  müssen,  zu  welcher  der  beiden 
Sippen  lit.  papiesiu  zu  rechnen  ist. 

pingo.  —  Lit.  pesziu  peszti  'schreiben'  ist  besser  unbetont 
zu  lassen.  Während  Juskevic  jpäsziü  fpiszti  bietet,  hat  Leskien 
Abi.  292  überall  betonte  Wurzelsilbe,  was  für  Stoßton  spricht. 
Über  ein  -pesziu  in  anderer  Bedeutung,  das  eventuell  mit  diesem 
identisch  sein  kann,  s.  oben  s.  v.  piget.  —  Lies  patszas  (lit.) 
statt  pdiszas. 

pinna.  —  Lies  spaiglis  (lett.)  statt  spaigilis.  —  Daß  6ech.sp{le 
'Stecknadel',  lett.  spile  'Holznagel,  Holzgabel'  mit  nhd.  spills^  griech. 


1)  Szyrwids  -ie-  ist  in  der  Regel  das  Zeichen  für  -?-  und  nicht  für 
-e-  und  -i-,  die  -e-  geschrieben  werden  (oben  libo  und  Fn.);  nur  nach 
Gutturalen  (oben  columba)  und  Zischlauten  (Beispiel  pnpieäietas)  dient 
-ie-  auch  zur  Bezeichnung  des  durch  den  vorhergehenden  Konsonanten 
erweichten  -e-  und  -ä-,  sodaß  in  diesem  Falle  die  drei  «-Laute  in  der 
Schrift  nicht  auseinandergehalten  werden. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     245 

cmXdc,  CTTiXoc  'Riff  urverwandt  seien,  erscheint  mir  nicht  recht 
wahrscheinlich;  es  müßte  noch  untersucht  werden,  inwieweit 
Entlehnung  vorliegen  kann,  vgl.  die  wegen  s-  sicher  entlehnten 
russ.  sßih  M.  'Spille,  "Winde,  Spitze,  Zapfen',  spihka  'Spitze, 
Spieß,  Stecknadel  usw.',  pHspilUh  'feststecken,  anstecken'.  Zu 
beachten  ist  auch  lit.  spylys  'Speil,  Stachel,  Dorn',  Plur.  spyliat 
'Sperrute  der  Leinweber',  das  aus  dem  Germanischen  (nhd.  speü) 
stammen  dürfte. 

pinso.  —  Lies  pesta  (sloven.)  statt  pesta. 

pinus.  —  Über  eine  andere  von  Walde  angenommene 
(wohl  unrichtige)  Etymologie  von  lit.  petüs  'Mittag'  s.  oben  s.  v, 
päsco  und  Fn.,  wo  auch  über  die  Betonungsdifferenz  zwischen 
petüs  und  pinas  usw.  die  Rede  ist.  Mit  Ablaut  zu  petüs,  abg. 
pitati  'füttern,  nähren'  usw.  vgl.  lit.  isz-pditv^Ju,  isz-päitveti  'wieder 
zu  Kräften  kommen,  gesund  werden'  (Juskevic ;  in  der  Betonung 
besser  zu  penas  stimmend)  und  vielleicht  auch  lit.  pitas  'rund' 
{Leskien  Abi.  280;  anders  Walde  s.  v.  pild).  Interessant  ist  es, 
daß  der  indogermanische  Stamm  *pttu-  allein  im  Litauischen 
mit  Diphthong  in  der  Wurzelsilbe  erscheint;  ähnlich  ist  auch 
das  Verhältnis  von  lit.  pSnas  'Milch'  zu  ai.  pind-h  'fett,  feist, 
dick'  und  von  lit.  peva  'Wiese'  zu  ai.  pivah  N.,  griech.  niov 
'Fett'.  Da  ich  an  den  von  vielen  Forschern  angenommenen 
Lautwandel  von  ai  {pi)  zu  e  im  Litauischen  und  Lettischen 
wegen   der   Spärlichkeit   der   Beispiele   nicht   glauben   kann*), 


1)  Wegen  lit.  venas  'unus'  s.  unten  s.  v.  ünus.  —  An  lit.  kimas 
'Dorf  neben  kaimynas  'Nachbar'  erinnert  lit.  szeimyna  'Gesinde'  neben 
lett.  saime,  abg.  simhja  ds.  Es  dürfte  hier,  sowie  z.  B.  auch  in  lit.  gedras 
neben  gaidrüs  'heiter'  und  lett.  bedet  neben  baidft  =  lit.  baidyti  'schrecken' 
ein  Sekundärablaut  vorliegen,  dessen  Ratio  noch  zu  untersuchen  ist. 
Das  -e-  (teilweise  wohl  noch  in  der  älteren  Gestalt  -ei-)  ist  teils  für  -f- 
(petüs  usw.),  teils  für  baltisches  -ai-  (verschiedenen  Ursprungs)  eingetreten. 
Unursprünglich  ist  das  -e-  wohl  auch  in  lett.  gedu  'werde  inne,  vermute' 
(KZ.  44,  44  ff.),  lit.  gedu  'singe'  (Wurzel  wohl  *gö(i)-  oder  *gä{i)-  wegen 
ai.  gägati,  gäti  'singt',  russ.  alt  gajati  'krähen',  vgl.  Berneker  s.  v.  gajg) 
und  vielleicht  in  lit.  mesziu  'mische'  (oben  misceo).  Da  sich  im  Baltischen 
auch  sonst  mehrfach  die  e-Stufe  zeigt,  wo  sie  in  den  übrigen  Sprachen 
gar  nicht  oder  nur  schwach  (fast  nur  im  Slavischen)  bezeugt  ist 
(s.  oben  capto  und  fodio  und  unten  valeo;  sonst  etwa  noch  lit.  kvepiu 
'dufte'  mit  -e-  statt  -a-  aus  -a-  bei  Walde  s.  v.  vapor  und  ntf^ü  'mingo' 
für  *minzü  bei  Leskien  Abi.  279),  kann  man  vielleicht  die  Fälle  mit 
jungem  -e-  (und  -ei-)  auf  dieselbe  Tendenz  zurückführen,  die  ein  junges 
-e-  geschaffen  hat.    Ein  Ausgangspunkt  der  Entwicklung  kann  in  den 


246  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

wir  aber  keine  Berechtigung  haben,  *pSi-  als  Wurzel  anzusetzen, 
vermute  ich,  daß  alle  drei  Worte,  die  einst  als  Verbalnomina 
zu  demselben  Verbum  *p?/</ *strotzen*  (oben  opimtis)  miteinander 
in  einem  assoziativen  Verhältnis  gestanden  haben,  sekundäres  -ß- 
haben,  das  zunächst  vielleicht  im  <M-Stamm  *pitu-  eintrat,  da  in 
derartigen  Stämmen  von  ursprachlicher  Zeit  her  die  «-Stufe  vor- 
herrschend war.  Dasselbe  gilt  auch  von  den  wew-Stämmen,  und 
so  können  wir  auch  in  lit.  pgmü  *Hirt'  statt  *paimü  =  griech. 
TT0i|ui'-|v  ds.  sekundäres  -e-  annehmen;  zwischen  j)ßmu  und  2^'i>a 
kann  übrigens  auch,  obgleich  keine  Verwandtschaft  besteht 
(oben  opimus),  schon  früh  eine  Assoziation  stattgefunden  haben. 
pleo.  —  Hierher  gehört  nach  Leskien  Abi.  359  auch  lit. 
pilü  ptlti  'gießen,  schütten',  d.  h.  'mit  Flüssigkeiten,  Sand  und 
dgl.  füllen'.  Im  Litauischen  beschreibt  man  durch  das  Wort 
anschaulich  gewisse  Arten  des  'Füllens',  während  durch  lat.  pleo, 
nhd.  füllen  nur  die  Tatsache  selbst  konstatiert  wird.  Die  beim 
litauischen  Verbum  auch  vorliegende  Bedeutung  'aufhäufen' 
(z.  B.  'einen  Wall',  vgl.  pylimas  'das  Gießen,  Schütten;  der 
Wall')  erinnert  an  armen.  Jiolem,  holonem  'häufe  auf,  sammle  auf 
(baltisch-slavische  Worte  mit  der  Ablautstufe  *pol-  s.  oben  s.  v. 
palam  und  peluis\  vgl.  auch  (anders  Walde  s.  v.  populus) 
lit.  päls  'Burg,  Schloß',  griech.  ttoXic,  ai.  pur  'befestigte  Stadt', 
d.  h.  'Aufschüttung'.  Schon  in  der  Ursprache  dürften  die 
beiden  Bedeutungen  'einfüllen'  und  'aufhäufen'  neben- 
einander bestanden  haben;  nicht  unwahrscheinlich  wäre  die 
Grundbedeutung  'einen  Wall  aufschütten'.  Das  blasse 
'füllen',  das  in  den  meisten  Sprachen  als  Bedeutungszentrum 
der  Sippe  vorliegt,  dürfte  aus  einer  schon  ursprachlichen  Ab- 
straktion aus  einer  konkreten  Tätigkeitsbezeichnung  entstanden 
sein.  Im  Litauischen,  wo  das  Iterativ  pildyti  'füllen,  erfüllen' 
und  die  Nomina  instr.  pilutis,  pilusis  'Fällholz'  ein  Primärverbum 
in  der  Bedeutung  'füllen'  voraussetzen  (vgl.  auch  lett.  pe-pilst 
'es  füllt  sich'),  liegt  wohl  bei  pllti  eine  jüngere  Bedeutungs- 
spezialisierung vor,  und  zwischen  der  litauischen  Bedeutung 
'aufschütten'    und    der   urindogermanischen    'einen   Wall   auf- 

Fällen  zu  suchen  sein,  wo  -e-  auf  Qualitätsangleichung  an  -e-  beruht, 
2.  B.  krep^ti  'duften*  nach  kvipti  'hauchen*.  Zu  einer  Zeit,  als  man  *kvepjü 
neben  *kvapj&  sprach,  konnte  man  etwa  auch  zu  einem  *ba(iä  aus 
*bhodhO  'steche,  grabe'  und  zu  einem  *gafd&  'singe"  (beide  nicht  bezeugt) 
ein  *b€dü  (bedü)  und  *geidü  (gAlu)  schafTen. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    24'7 

schütten'  besteht  wohl  kaum  ein  unmittelbarer  Zusammenhang. 
—  Mit  abweichender  Ablautstufe  könnte  lett.  pddet  hergezogen 
werden.  Gewöhnlich  bedeutet  es  'schwimmen*  (etwa  'sich  in 
einem  gefüllten  Bassin  obenauf  halten'?),  vgl.  aber  auch  den 
Satz  bei  [Jimann  Lett.  Dtsch.  Wtb.  labiha  peld  atpakaV  Mas 
Korn  fließt  zurück  (aus  dem  Kombehälter,  weil  er  zu  hoch 
aufgehäuft  ist)'. 

plöro.  —  Zu  der  in  ags.  flöwan  'fließen'  enthaltenen  dehn- 
stufigen Wurzelform  gehört  auch  das  Kausativ  ksl.-gemslav. 
plaviti  'facere  ut  fluat,  natet',  refl.  plaviti  se  'navigare'.  Auch 
abg.  plavati  'schwimmen*  werden  wir  als  alte  dehnstufige  Form 
ansehen  dürfen.  Äußerlich  sieht  es  zwar  wie  ein  Iterativ  zu 
plovq  pluti  'fließen,  schiffen'  aus;  seine  Anwendungen  in  den 
Einzelsprachen  aber  machen  es  wahrscheinlich,  daß  es  schon 
im  Urslavischen  ein  selbständiges,  d.  h.  weder  deverbativ  noch 
denominativ  empfundenes,  Wort  war;  es  dürfte  also  eher  zu 
den  Vorbildern  der  slavischen  Iterativ kategorie  mit  'gedehnter' 
Wurzelsilbe  gehören,  als  mit  diesen  gleichzeitig  entstanden  sein. 
Beachtenswert  ist  besonders  der  Umstand,  daß  das  Yerbum  als 
Simplex  ganz  geläufig  ist,  während  bei  den  meisten  Iterativen 
die  gelegentlichen  Abstraktionen  aus  den  Komposita  ziemlich 
deutlich  den  Stempel  der  ünursprünglichkeit  tragen.  Die  Ab- 
lautstufe von  lit.  plduju  plduti  'spülen'  Hegt  auch  im  abg.  In- 
finitiv fluti  (zu  plovq  s.  oben)  vor.  Neben  oder  statt  plythm 
'schiffend',  das  Walde  wohl  nur  anführt,  um  ein  slavisches 
Beispiel  für  die  Ablautstufe  uridg.  *plü-  zu  zeigen,  könnte  auch 
der  Infinitiv  russ.  plyih^  serb.  pliti^  genannt  werden,  der  deutlich 
zeigt,  daß  diese  Ablautstufe  noch  in  Formen  des  Primärverbums 
erhalten  ist. 

(pluo.)  —  Das  sehr  seltene  Postverbal  ksL  plavh  'Schiff 
zu  abg.  plavati  'schwimmen,  schiffen'  ist  besser  zu  streichen 
und  eventuell  durch  dieses  Verbum  zu  ersetzen  (s.  über  dieses 
oben  s.  v.  plöro);  auch  russ.  plovb^  das  'das  Schwimmen,  Wasser- 
fahrzeug, Boot'  bedeutet,  ist  kein  häufig  gebrauchtes  Wort  und 
ist  weder  semasiologisch  noch  formal  interessant  genug,  um 
hier  miterwähnt  zu  werden. 

pollen.  —  Lit  peleni,  preuß.  pelanno  'Feuerherd'  können 
m.  E.  schwer  von  abg.  vbsplanqti  'aufflammen',  plame  'Flamme', 
russ.  pölomja^  cech.  pld2X)l  'Flackern,  Flamme'  getrennt  werden. 
'Feuerherd'  läßt  sich  natürlicher  auffassen  als  'Feuer ort*,  denn 


■248  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

als  'Aschenort';  und  lit.  pelenaf,  lett.  pelni,  preuß.  pelanne 
'Asche'  können  daher  kaum  auf  die  Bedeutung  'feines  Mehl, 
Staub  und  dergl.'  zurückgeführt  werden;  sie  werden  vielmehr 
wie  abg.  popeh^  russ.  pepeh  'Asche*  als  'Verbrennen,  Ver- 
branntes' aufzufassen  sein.  Wegeu  der  Ablautverhältnisse  vgl. 
IT.  Anz.  28,  37. 

poUüceo.  —  Abg.  poluciti  'erhalten',  russ.  polucith,  serb. 
poluciti  ds.  (also  nicht  bloß  serbisch)  ist  ein  Kompositum  von 
liicüi  'lUTxdveiv,  nancisci,  eupicKtiv,  invenire',  russ.  dial.  ItiCith 
'werfen,  mit  dem  Bogen  schießen'  (volksetymologisch  mit  lukb 
'Bogen'  =  abg.  Iqkb  ds.  verbunden),  refl.  impers.  'geschehen', 
bulg.  lilca  'ziele,  errate',  sloven.  luciti  'einen  Wurf  tun, 
schleudern',  poln.  tuczyc  'zielen',  zu  dem  auch  abg.  sb-luciti  se 
'geschehen',  lucajh^  st-lucajh  'Zufall'  gehören.  Das  Bedeutungs- 
zentrum dieser  Worte  ist  wohl  'zielen'  mit  den  Bedeutungs- 
varianten 1.  'werfen,  schleudern',  2.  'abtreffen,  passen,  heran- 
reichen', vgl.  russ,  ulucifh  'eine  günstige  Zeit  und  Gelegenheit 
abpassen,  abwarten;  jemanden  antreffen,  vorfinden',  dolukdtb 
'werfen  bis  wohin',  refl.  'reichen  bis'.  Ähnliche  Bedeutungs- 
verhältnisse liegen  in  der  von  Berneker  s.  y.godi  behandelten  Sippe 
Vor,  vgl.  öech.  hoditi  'werfen'  =  russ.  godith  dial.  'zielen',  ugodith 
'treffen'  (oben  s.  v.  de f endo).,  speziell  an  süuciti  se  'geschehen' 
erinnert  bulg.  pogodi  se  'trifft  sich,  ereignet  sich'  zu  pogodjä 
'treffe  ins  Ziel'.  Zur  Bedeutung  'erreichen,  erlangen*  vgl.  auch 
nhd.  erzielen  zu  zielen.  Entfernter  Zusammenhang  von  gemslav. 
luciti  'zielen'  mit  lat.  pdlüceo  ist  möglich,  wenn  wir  beide  an 
die  von  Walde  s,  v.  lüceo  behandelte  Sippe  'des  Leuchtens, 
Sehens'  anknüpfen  wollen.  Die  Vorstufe  von  'zielen'  war  wohl 
'die  Augen  auf  ein  bestimmtes  Ziel  hinrichten',  vgl.  lett.  nü-lüks 
"Absicht,  Ziel'  zu  lüküt  'schauen'  und  mit  der  Bedeutung  'hin- 
schauen auf  ein  zeitliches  Ziel'  lit.  läukti  'erwarten',  dessen 
Kompositum  su-Idukti  'durch  Warten  erreichen*  semasiologische 
Verwandtschaft  mit  abg.  sduciti  sf,  russ.  uluclth  usw.  hat  Wir 
haben  für  das  Slavische  von  der  iterativischen  Verwendung  des 
uridg.  *louqMo  auszugehen,  die  auch  in  preuß,  laukit  'suchen', 
ai,  locäyati  lokdyati  'betrachtet'  vorgelegen  hat  (das  Wort  konnte 
auch  kausativisch  verwendet  werden,  s.  bei  Walde  s.  v.  lüceo). 
Verschieden  von  luciti  'zielen',  wenn  auch  wahrscheinlich 
wurzelverwandt,  ist  russ.  luciths^a  'Strahlen  werfen,  strahlen*, 
(das  eine  Ableitung  von  luch  'Srahl'  ist;  dagegen  luc{t%  rybu 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     249 

*Fische  beim  Kienspanfeuer,  bei  der  Kienfackel  fangen'  scheint 
auf  einer  Bedeutungsassoziation  von  lucitt  in  der  aus  'zielen, 
treffen,  schießen'  abstrahierten  Bedeutung  'ein  Tier  erjagen, 
fangen'  an  lucb  *Kienfackel  zum  Fischen,  Bündel  Kienspäne* 
zu  beruhen.  —  [Vgl.  jetzt  auch  Berneker  s.  v.  htm  und  lucp.  K.-N.] 
—  Lies  Igciti  (sloven)  statt  löciti. 

porrlgo  in  den  Nachträgen.  —  Ein  hulgar. pnsav  'krätzig' 
scheint  nicht  zu  existieren.  Es  beruht  wohl  auf  Verwechslung  mit 
pbrsiü  'Schuppen  im  Haare  habend'  (=  ^oin.  jmrszywt/ 'grindig, 
räudig,  krätzig').    Ein  ksl.  jyraskati  'kratzen'  ist  mir  unbekannt. 

qnando.  —  Wenn  lat.  dö  in  quatido^  dönicum  ein  zu  einer 
Post-  resp.  Präposition  erstarrter  Kasus  des  Pronominalstammes 
*do-  ist,  dann  ist  Waldes  Bemerkung,  daß  russ.  kudä  'wohin' 
(nicht  auch  'wo')  dieselben  Elemente  enthalte  wie  lat.  quandö 
in  bezug  auf  das  zweite  Kompositionsglied  nur  insofern  richtig, 
als  ebenfalls  ein  Kasus  desselben  Pronomens  (oder  des  Pro- 
nomens *dhü-,  vgl.  das  von  Walde  wegen  ahd.  wanta  bemerkte), 
eventuell  sogar  derselbe  Kasus  vorliegt;  keinenfalls  aber  kann 
dieses  russ.  -da  eine  in  präpositionalem  Sinne  erstarrte  Form 
sein,  ebensowenig  wie  das  bei  den  -de,  -du,  -d^,  -dy  in  abg.  kqdu, 
kqde  'woher',  poln.  do-kqd  'wohin',  od-kqd  'woher*,  kedy  'wo, 
wohin'  (Berneker  s.  v.  kbto  7.)  der  Fall  ist.  Vielmehr  spricht 
die  Mannigfaltigkeit  der  Endungen  dafür,  daß  man  ihren  flexi- 
vischen  Charakter  mindestens  ebenso  lange  und  ebenso  staA 
gefühlt  hat,  wie  denjenigen  von  kq-;  doch  könnte  natürlich  ein 
Teil  der  Endungen  auch  auf  Nachahmung  anderer  Ortsadverbien 
(vgl.  etwa  doma  'zu  Hause',  göre  'oben')  beruhen.  Eine  Post- 
oder Präposition  *da  ist  im  Slavischen  überhaupt  nicht  vor- 
handen und  darf  aus  der  Partikel  (Konjunktion)  da  'so,  und, 
aber,  daß*  (Berneker  s.  v.)  nicht  gefolgert  werden.  Leider  sind 
die  slavischen  Adverbia  kc^e,  kqdu  und  ihre  Entsprechungen 
von  den  anderen  Pronomina  (tqde  'von  dort',  sqdu  'von  hier, 
hierher',  inqde  'anderswoher'  usw.,  vgl.  auch  -dh  in  ksl.  otbnqdt, 
otinqdh  'ganz  und  gar*  bei  Berneker  s.  v.  im)  nicht  wörtlich 
übersetzbar  (Beispiele  bei  Doritsch  Jhber.  des  Inst,  für  rumän. 
Spr.  zu  Leipzig  16,  91  ff.),  und  die  Art  der  Komposition  ist 
psychologisch  unklar.  Vielleicht  sind  es  überhaupt  nicht  Zu- 
sammensetzungen zweier  Kasus,  sondern  Kasus  von  kompo- 
nierten Stämmen  *kqdo-,  *tqdo-,  *sqdo-  usw.  Gesetzt  den  Fallj 
die  Elemente  -de,  -da  usw.  seien  schon  vor  ihrer  Verbindung 


250  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

mit  kq-  usw.  erstarrt,  so  könnten  sie  nur  selbständige  Orts- 
resp.  Richtungsadverbien  mit  wechselnder  Bedeutung  (etwa  *da 
Von  dort',  *de  *dort',  *di  'dorthin')  gewesen  sein,  die  sich  nach- 
her vermischt  haben.  Die  Verbindungen  mit  den  Akk.  F.  tq, 
sq^  kq  könnte  man  dann  vielleicht  übersetzen  mit  'dort,  von 
dort  usw.  (mit  verblaßter  Deixis)  in  bezug  auf  jenen,  diesen, 
welchen  Ort'. 

que.  —  Zuzufügen  ist  noch  bulg.  ce  'aber,  und,  daß,  weil* 
und  nach  ßerneker  s.  v.  a  8.  auch  die  Anhängepartikel  -ce  in 
öech.  alt.  ace,  ac  'wenn',  poln.  acz  'obgleich,  obwohl',  vielleicht 
auch  das  -ce  in  russ.  dial.  nynhce  'jetzt',  nsorb.  ven-ce  'draußen', 
das  aber  Berneker  s.  v.  -ce  und  -ka  mit  griech.  -kq,  -ko,  -Ke(v) 
verbindet. 

racco.  —  Abg.  rekq  resti  'sagen'  wird  von  Uhlenbeck  Et. 
Wb.  ai.  Spr.  s.  v.  und  auch  von  anderen  Forschern  mit  ai. 
racdyati  'ordnet,  verfertigt,  bildet,  bereitet,  macht  zurecht',  got 
rahnjan  'rechnen',  garehns  'Stimmung,  Ratschluß'  verbunden. 
Für  die  Richtigkeit  dieser  Etymologie  spricht  namentlich  das 
Substantiv  abg.  roh>,  sb-rolcb  'Terrain,  Frist',  russ.  rokb  'Termin, 
Schicksal',  das  wegen  pro-rekq  'prophezeie',  pro-rokb  'Prophet', 
na-rokb  'TtpocriTopia,  compellatio',  pri-rokb  'cognomen*  usw.  nicht 
von  rekq  zu  trennen  ist.  Eine  gute  Bedeutungsparallele  ist 
dech.  präviti  'sagen'  neben  bulg.  prdvja  'mache',  abg.  praviti 
'richtig  machen,  lenken'.  Die  bei  Waldes  Verbindung  mit 
lit.  rSkti  (so  betont!)  'schreien*  usw.  nötige  Grundbedeutung 
'schreien,  brüllen'  würde  nur  für  wenige  Worte  der  Sippe 
(etwa  abg.  po-rokb  'Verweis'  als  'Beschreiung')  passen;  eine 
Beziehung  zu  Tierstimraen  liegt  aber  weder  im  Verbum,  noch 
in  irgend  einem  der  Nomina  vor.  Im  allgemeinen  lassen  sich 
nur  solche  Verba  des  Redens  auf  Lautnachahmungen  zurück- 
führen, deren  Schwerpunkt  in  der  Tätigkeit  der  Mund  Werk- 
zeuge liegt,  d.  h.  die  Worte  des  Sprechens,  Schwatzens, 
Plapperns,  nicht  aber  diejenigen,  bei  denen  es  auch  auf  den 
Inhalt  des  Gesprochenen  ankommt,  d.  h.  die  Worte  des  Sagens, 
Mitteilens,  Erzählens,  die  vielmehr  auf  eine  konkrete  Tätig- 
keit oder  auf  die  Vorstellung  des  'Zeigens,  Richtunggebens* 
zurückgehen.  Vom  slavischen  Standpunkt  aus  ist  erstere  Gattung 
in  ihrer  Grundlage  imperfektiv,  letztere  aber  in  ihrer  Grund- 
lage perfektiv;  doch  sind  natürlich  zu  den  Impcrfektivverben 
Perfektiva  und  umgekehrt  zugebildet  worden.    Vgl.  einerseits 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    251 

abg.  glagolati  ipf.  "sprechen,  reden',  russ.  gdogöUh  'plappern, 
scherzen';  russ,  govorith  ipf.  'sprechen',  abg.  govoriii  'lärmen*; 
cech.  mluviti  ipf.  'sprechen',  ksl.  mhviti  'öopußeiv,  tumultuari, 
turbare*;  anderseits  serb.  käzem  kdzctti  pf.  'sagen',  abg.  kazati 
'zeigen,  mahnen',  poln.  hazac  'befehlen,  predigen';  abg.  povedeti 
pf.  'berichten,  erzählen,  verkünden',  poln.  pomedziec  pf.  'sagen*, 
abg.  vedeti  'wissen*.  Aus  anderen  Sprachzweigen  sind  neben 
Fällen  wie  lat.  loquor  'spreche'  zu  griech.  XriKtiu  'töne,  schreie, 
spreche'  und  ahd.  sprehhan  'sprechen'  zu  aisl.  spraka  'prasseln' 
zu  beachten:  lat.  dico  'sage'  zu  griech.  öeiKvuiii  'zeige' ;  lit.  sakßi\ 
ahd.  sagen  'sagen',  ksl.  sociti  'anzeigen',  altes  Kausativ  zu  got. 
saihan  'sehen';  nhd.  berichten  zu  richteji.  Nun  ist  abg.  resti^ 
das  im  allgemeinen  durch  serb.  kazati,  poln.  powiedziec,  lat. 
dico,  nhd.  sagen  zu  übersetzen  ist,  das  typische  Perfektivverbum 
gegenüber  dem  imperfektiven  glagolati,  dessen  Bedeutungs- 
entsprechungen serb.  govörifi,  poln.  m&wic,  lat.  loqtior,  nhA 
sprechen  sind,  und  in  den  meisten  modernen  slavischen  Sprachen 
kommt  resti  in  der  Hauptsache  nur  in  der  feierlichen  Rede 
vor;  es  ist  also  von  einer  Bedeutung  'unartikulierte  Laute  aus- 
stoßen, schreien,  schwatzen'  sehr  weit  entfernt.  Übrigens 
spricht  auch  der  slavische  Ablaut  in  rekq  \  rokb  für  die  e-Reihe, 
während  lit.  rekti,  ahd.  ruohhön  'brüllen',  lat  racco  (-«-  aus  -9) 
eher  auf  eine  langvokalische  ^Yurzel  weisen. 

rapio.  —  Das  hier  angeführte  litauische  Verbum,  über 
dessen  Infinitiv  Walde  sich  nicht  im  Klaren  ist  lautet  auf 
Grund  von  Szjrwid  und  Juskevic  aprepiu  aprepti  (betont  -S- 
bei  Juskevic,  doch  kann  damit  auch  -i-  gemeint  sein,  s.  oben 
füligo;  Szyrwid,  der  zwischen  -e-  und  -e-  nicht  unterscheidet 
(s.  oben  fodio  und  Hho  Fn.),  schreibt  überall  -e-) ;  Formen,  die 
auf  einen  Infinitivstamm  repe-  weisen,  sind  mir  nicht  bekannt 
Vielleicht  kam  die  Länge  ursprünglich  nur  dem  Infinitiv  zu; 
vgl.  dvesiü  dvisti  'atmen'.  Die  aus  Szyrwid  zu  berücksichtigenden 
Formen  sind  folgende :  ne  aprepiami  Part.  Präs.  Pass.  Nom.  Plur. 
'unbegreiflich'  in  Punktay  Sakimu  S.  43,  Z.  8  f. ;  nopreptinay  adv. 
'indefinite,  infinite'  Dict  179  b.  Ferner  steht  auch  in  der  4.  Aufl. 
des  Dict  s.  v.  ogarnqcdsiS  Präsens  aprepiu  'umfasse',  wofür  die 
5.  Aufl.  220  a  aptepiu  bietet;  das  am  letztgenannten  Orte 
stehende  Nomen  act.  aptepimas  'Umfassung'  steht  in  der  4.  Aufl. 
(mir  sind  diese  beiden  Stellen  aus  der  4.  Auflage  nur  durch 
Leskien  Hs.  Wb.   bekannt)  s.  v.  ogamienie  als    apropimas,    was 


262  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

wahrscheinlich  ein  Druckfehler  ist ;  vgl.  indessen  auch  das  viel- 
leicht im  Ablaut  zu  aprepti  stehende  literarische  Verbum  röpiu 
röpti  'mit  einer  Arbeit  fertig  werden*,  das  ebenfalls  vorzugs- 
weise mit  dem  Präfix  ap-  gebraucht  wird;  beachtenswert  ist 
die  große  Ähnlichkeit  zwischen  KLD's  Beispiel  vSns  tat  ne 
apropia  'einer  wird  damit  nicht  fertig,  kann  es  nicht  bestreiten* 
mit  dem  Beispiel  bei  Juskevic:  darhii  (lies  -hü)  aprSpH  ne  gall 
'du  kannst  die  Arbeit  nicht  bewältigen',  d.  h.  'nicht  in  allen 
ihren  Teilen  umfassen'.  Auch  nhd.  umfassen  und  französ. 
embrasser  'umarmen,  umfassen'  kommen  in  ähnlichen  Wendungen 
vor;  vgl.  in  beiden  Sprachen  den  Satz  :  ein  Geist,  der  fähig  ist, 
alle  Arten  von  Wissenschaften  zu  umfassen;  un  esprit  cajxtble 
d'embrassei-  toutes  sortes  de  sciences.  Ein  *lepiu  oder  *lepiu  'fasse' 
scheint  außer  bei  Szyrwid  nicht  belegt  zu  sein.  Zu  vermuten 
ist,  daß  die  nur  der  letzten  Auflage  des  Dict.  angehörenden 
Formen  aptepiu,  apiepimas  Schreib-  oder  Druckfehler  sind  oder 
auf  einer  Volksetymologie  des  Bearbeiters,  der  -rdpti  nicht  kannte, 
beruhen,  wobei  an  lepus  'weichlich,  verzärtelt',  lepinti  'verzärteln' 
gedacht  werden  könnte. 

räptun.  —  Ksl.  repbjb  repijb  (nicht  repij)  ist  eigentlich  ein 
Pflanzenausdruck.  Bei  Sreznevskij  Mat  wird  das  Wort  durch 
die  modern  russischen  Worte  1.  rep)ejnihb  'Odermennig,  Klette', 
2.  sipb  'Stachel,  Dorn,  Zapfen'  wiedergegeben;  und  bei  Miklosich 
Lex.  Pal.  gibt  es  ein  repije  {-pije)  N.  'tpißoXoc'.  Wahrscheinlich 
sind  die  Worte  Ableitungen  von  repa  'Rübe'.  Daß  ein  und 
derselbe  Ausdruck  für  verschiedene  ähnlich  aussehende  Pflanzen 
verwandt  und  auch  auf  formähnliche  andere  Gegenstände  über- 
tragen wird,  ist  ja  eine  ganz  bekannte  Erscheinung. 

ravus.  —  Neben  abg.  rjevq,  revq  {re-  wohl  nur  graphische 
Vernachlässigung  der  Palatalität;  daher  ist  diese  Form  nach- 
zustellen, wenn  sie  überhaupt  angeführt  wird)  'brülle*  kommt 
auch  rovq  vor;  Infinitiv  rjuti  und  ruti;  ein  Präsens  rjuvq  (viel- 
leicht Fehler  für  rjujq,  wie  es  bei  Walde  im  Glossar  steht; 
diese  jüngere  Form  braucht  nicht  erwähnt  zu  werden)  scheint 
es  nicht  zu  geben;  vgl.  wegen  des  Verbums  Leskien  Rdb."*  124. 
—  Das  lettische  Verbum  für  'brüllen'  lautet  räkt  (Präsens  rüzu\ 
nicht  rukt;  das  von  Bielenstein  Lett.  Spr.  I,  364  angeführte  rtikt 
neben  rufet  beruht  auf  dialektischem  Lautwandel,  spielt  also 
für  die  Sprachvergleichung  keine  Rolle.  —  Übrigens  liegt  in 
lett.  raunas  (Gen.  Sing.  F.)  laiks  'Brunstzeit  (der  Katzen)*   ein 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    253 

sicher  urverwandtes  Wort  ohne  Gutturalerweiterung  vor,  das 
als  solches  angeführt  werden  könnte.  Dieselbe  Bedeutungsent- 
wicklung findet  sieh  auch  bei  cech.  rtije  (alt),  rije  F.  'Geschrei 
des  Hirsches,  Brunstzeit  des  Hirsches  und  Kehes',  poln.  ruja 
'Branstzeit,  Rudel',  klruss.  rüja  'Brunstzeit';  ob  lit.  rtißs  m&nü 
*Brunstmonat,  Herbstzeit,  September',  rüjaus  menü  'Erntemonat, 
August',  lett  rüjas  laiks  'Hegezeit  des  Wildes'  (vgl.  Leskien 
Abi.  306,  Xom.  319)  echt  baltisch  oder  aus  dem  Slavischen  ent- 
lehnt sind,  läßt  sich  kaum  entscheiden. 

reno.  —  Kasub.-masur.  veno  gegenüber  abg.-gemslav.  runo 
*vellus'  beruht  wohl  auf  jüngerer  dialektischer  Lautentwicklung. 
Jedenfalls  wird  im  Kasubischen  (das  Masurische  ist  mir  in 
dieser  Beziehung  unbekannt)  -u-  zu  -e-,  allerdings  nur  in  ur- 
sprünglich betonter  Silbe  (poln.-kasub.  Kurzstufe).  Da  russ.  rutiö^ 
serb.  rtino  auf  Endbetonung  (poln.-kasub.  Langstufe)  weisen, 
müßten  wir  für  dieses  Wort  beide  Betonungsarten  annehmen, 
vgl.  auch  kasub.  ruiw  bei  RamuJt  (Sfownik  j§z.  pomorsk.  czyli 
kaszubskiego,  Krakau  1893).  In  Rozwadowskis  von  Walde  zi- 
tierter Abhandlung  ist  mir  sein  Vorschlag,  lat.  reno  für  ein 
slavisches  Lehnwort  zu  halten,  absolut  unverständlich  geblieben; 
kasub.-masur.  reno  könnte  schon  seines  harten  Anlautes  wegen 
unter  keinen  Umständen  auf  urslav.  *reno  oder  *reno  zurück- 
gehen; höchstens  könnten  wir  es  auf  eine  Nebenform  *rbno 
(wäre  poln.  literar.  *rno)  zurückführen,  womit  aber  fürs  Latei- 
nische nichts  gewonnen  wäre,  da  das  -e-  auch  dann  erst  auf 
später  Lautentwicklung  beruhen  würde. 

reor.  —  Ksl.  neroch  ist  besser  durch  'Vernachlässigung', 
als  durch  'Geringschätzung',  wiederzugeben,  vgl.  obersorb.  njeroda 
'Unordnung,  Fahrlässigkeit,  Liederlichkeit'.  —  Lies,  rdditi  (Präs. 
rädim,  serb.)  statt  raditi;  zuzufügen  wäre  wegen  des  rod-  noch 
sloven.  rgditi  (Präs.  rödim)  'sorgen,  sich  kümmern'. 

rlvns.  —  Lies  izroß,  sbrojh^  naroß,  roß  (ksl.)  statt  izroj  usw. 

röbigo.  —  Lies  nzda  (abg.)  statt  ruzda. 

röbns,  röbur.  —  Poln.  rdzen  'Kern,  Mark*  wird  ron  üto- 
szyn  Mater,  i  prace  komisyi  j^zykow.  akademii  umiejetnosci  w 
Krakowie  V,  276  auf  eine  Form  *strzen  mit  den  Zwischenstufen 
*zdrzen  (vielleicht  belegt,  s.  unten),  *rdzzen  zurückgeführt,  mit 
der  er  russ.  sterzem  ds.  vergleicht.  Die  Entwicklung  von  *sirzen 
(einsilbig  mit  konsonantischem  -;•-)  zu  *zdrzen  wäre  lautlich 
völlig  normal,  denn  das  stimmhafte  -z-  bewirkt  auch  durch  das 

Indogermanische  Forschungen  XXXIII.  17 


2M  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

-r-  hindurch  Stimmhaftigkeit  der  vorausgehenden  stimmlosen 
Konsonanten.*)  Schwierig  ist  es  nur,  das  auf  eine  Urform 
*atrbhnjh  weisende  *strien  mit  russ.  sUrzenh  aus  *sthrzefijh  (wäre 
altpohi.  *sciri-,  modern  *scierz-)  in  Einklang  zu  bringen;  vgl. 
aber  auch  russ.  stHzem  'stärkste  Strömung  des  Flusses  im 
Wasser,  Stromstrich',  preuß.  strigeno  'Gehirn';  doch  ist  die  Ver- 
wandtschaft von  strizenh  mit  sterzem  semasiologisch  unsicher 
(Bedeutungszentrum  beider  etwa  'Wirbel'?),  und  auf  die  Rich- 
tigkeit der  preußischen  Graphik  ist  in  dergleichen  FäUen  kein 
starkes  Gewicht  zu  legen.  Jedenfalls  können  die  mir  von  Ulaszyn 
auf  mein  Befragen  brieflich  mitgeteilten  apoln.  (16.  Jh.)  zdrzen 
(wenn  -rz-  eine  graphisch  ungenaue  Wiedergabe  für  -rz-  ist, 
würde  hier  die  geforderte  Zwischenstufe  *zdrzen  —  s.  oben  — 
vorliegen)  und  kasub.  drezen  nur  schwer  auf  Rozwadowskis 
Grundform  *ndjenjh  zurückgeführt  werden,  und  das  -z-  erinnert 
stark  an  das  russische  -z-  (für  *)'bdjenjb  würde  man  kasub.  eher 
*dregen  erwarten,  vgl.  drega  'Rost'=  poln.  rdza).  Außerdem  stände 
*i'bdenjh  formal  ganz  isoliert,  während  *strizenß  wenigstens  an  im 
Slavischen  vorhandenes  anknüpft.  Die  Frage  bedarf  noch  genauerer 
Untersuchung;  insbesondere  müßten  die  apoln.  und  die  kasub. Form 
erklärt  werden,  bevor  wir  zu  einem  positiven  Resultat  kommen. 

rubus.  —  Lett.  rübs  'Kerbe,  Falz'  läßt  sich  auf  eine  Grund- 
form *rumbas  nicht  zurückführen,  sondern,  wenn  es  nicht  altes 
-ü-  hat,  nur  auf  *rambas^  kann  also  zu  lit.  rumbas  'Narbe  am 
Baum  oder  an  einer  Wunde,  Saum  an  einem  groben  Rock' 
nur  im  Ablautsverhältnis  stehen ;  vgl.  auch  Leskien  Nom.  174, 189. 
Auf  eine  Wurzel  der  w-Reihe  läßt  sich  das  lettische  Wort  also 
nicht  beziehen,  das  litauische  nur  durch  Trennung  von  lett.  rüba^ 
was  unnatürlich  wäre. 

rudis.  —  Lies  rögoz  (serb.)  statt  rogoz. 

rugio.  —  Unter  den  Worten  mit  *rük-  wäre  noch  lett. 
rükt  'brüllen'  (r-  statt  r-  analogisch  nach  einer  Bildung  wie 
abg.  rjevq  rjuti)  zu  nennen;  vgl.  oben  s.  v.  ravus.  —  lit.  rügöju 
rügöti  'jemandem  etwas  übel  nehmen'  dürfte  identisch  sein  mit 
dem  in  hzrügöti  'ausschelten,  tadeln,  Vorwürfe  machen'  (Juskevic; 
Nesselraann  449a  wohl  aus  Szyrwid  Dict,  wo  die  Verhältnisse 
nicht  ganz  klar  sind,  s.  unten)  steckenden  -rügöti^  das  aus  russ. 

1)  Über  derartige  Assimilationserscheinungen  im  Polnischen,  die 
vielfach  von  den  uns  sonst  bekannten  Assimilationen  abweichen,  orien- 
tiert Ulaszyn  a.  a.  0.  sehr  eingehend  und  überzeugend. 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    255 

rugäth  'schimpfen,  schmähen',  refl.  *verhöhnen,  verspotten'  = 
abg.  rqgati  se  'spotten'  entlehnt  ist.  Das  'Ü  beinehmen'  und  das 
'Spotten,  Tadeln'  sind  begleitet  von  einem  Gefülil  des  'ünzu- 
friedenseins',  das  in  beiden  Fällen  durch  'Murren'  oder  durch 
ein  entsprechendes  Mienenspiel  seinen  Ausdruck  finden  kann. 
Die  Bedeutungen  sind  nur  scheinbar  weit  auseinandergehend, 
und  jedenfalls  hat  Kurschat  nicht  den  vollen  Bedeutungsumfang 
bei  seiner  Verdeutschung  des  Wortes  in  seinem  Lit.-Dtsch.  Wtb. 
angegeben;  bei  Xesselmann  449a  wird  das  Simplex  rurjöti  (da 
er  das  Wort  offenbar  nicht  aus  mündlicher  Eede  kannte,  ist 
die  Nichtbezeichnung  der  Länge  bedeutungslos ;  außerdem  könnte 
das  Lehnwort  auch  mundartlich  verschieden  ausgesprochen  werden) 
durch  'grollen,  murren,  nicht  zufrieden  sein,  weil  man  nicht 
genug  bekommen  hat'  wiedergegeben,  und  die  letztgenannte  Be- 
deutung durch  das  Beispiel  svecziai  rugoja  'die  Gäste  sind  unzu- 
frieden, weil  nicht  genug  da  war',  illustriert;  im  Russischen 
könnte  man  sehr  wohl  in  derartigen  Fällen  das  Yerbum  rugdibsja 
anwenden.  Die  Bedeutung  'murren',  die  Walde  Ficks  Verbin- 
dung von  rügöti  mit  lat.  rugire  'brüllen'  plausibel  gemacht  zu 
haben  scheint,  ist  in  der  Sippe  von  abg.  rqgT>  'Schimpf,  Hohn', 
rqgati  se  'spotten'  auch  sonst  vorhanden,  vgl.  serb.  regmm  regnuti 
'knurren'  (Walde  s.  v.  ringor).  —  Merkwürdig  berührt  die 
Bedeutungsverwandtschaft  von  rügöti  mit  sunigelis,  rügsznys 
'sauertöpfischer,  mürrischer  Mensch',  die  zu  rugstii  rügti  'sauer 
werden,  gären'  gehören  (Leskien  Abi.  307);  doch  können  wir 
hierin  kaum  mehr  als  eine  Assoziationsverschiebung  sehen. 

Bei  Szyrwids  Belegen  für  iszrügöti  'Vorwürfe  machen'  ist 
der  Lautwert  der  Wurzelsilbe  nicht  ganz  klar.  In  vier  von  fünf 
Fällen,  wo  das  Wort  vorkommt,  haben  wir  graphisches  -«-, 
nämlich:  384a  izrugoimas  ing  akis  s.  v.  urqganie  sie  'insultatio, 
opprobrium,  exprobratio' ;  415b  ißruguoiu  (sie!  lies  -üju)  s.v. 
wymamam  kotnu  'exprobro';  418b  ißrugoiu  und  ißrugaimas  (sie!) 
s.  V.  wyrzucam  na  oczy  'exprobro,  impropero'  und  icyrzucanie  na  oczy 
'exprobratio'.  Dagegen  steht  384a  s.v.  urqgam  sie,  natrzqsam  sie  z 
kogo  'insulto  alicui,  impropero'  in  der  5.  Aufl.  izrungoiu  mit  -un- 
durch  Auflösung  des  in  der  4.  Aufl.  328a  stehenden  -ü-.  Da  der 
Zirkumflex  in  den  allerdings  nicht  gar  zu  häufigen  Fällen,  wo  er  bei 
Szyrwid  vorkommt,  das  Zeichen  für  -n-  oder  -m-  ist,  werden  wir 
kaum  daran  zweifeln  können,  daß  Szyrwid  resp.  der  Herausgeber 
der  4.  Auflage  beim  Schreiben  tatsächlich  rung-  und  nicht  rüg- 


256  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

gesprochen  hat,  daß  also  die  Auflösung  des  Zeichens  durch  den 
Herausgeber  der  5.  Auflage  richtig  ist;  in  dem  auf  der  selben 
Seite  stehenden  izrugoimas  aber  werden  wir  eine  nachlässige 
Schreibung  sehen  müssen.  Scheinbar  liegt  also  eine  Entlehnung 
nicht  aus  russ.  rugdth^  sondern  aus  dem  gleichbedeutenden  poln. 
rqgac^  vor;  literarisch  würde  ein  solches  Wort  *ratigojn  rangoti 
lauten.  Es  ist  aber  zu  beachten,  daß  an  den  betreffenden  Stellen 
auf  S.  384a  die  polnischen  Stichworte  urqgam  sie,  urqganie  sie 
lauten.  Es  wäre  also  möglich,  daß  im  Szyrwidschen  Dialekte 
an  sich  nur  *rügoti  oder  *rugoti  gesprochen  wurde,  und  der  Ver- 
fasser resp.  Herausgeber  nur/an  diesen  Stellen  durch  Einfluß  der 
Stichworte  das  Wort  polonisiert  hat.  Jedenfalls  fällt  es  schwer,  die 
dreimalige  Schreibung  rüg-  auf  S.  415  b  und  418b  bloß  auf  Ver- 
nachlässigung des  Zirkumflexes  zurückzuführen;  denn  iszrügöti 
ist  ja  nach  Ausweis  von  Juskevic  ein  in  Kussisch-Li tauen  ge- 
bräuchliches Wort,  das  Szyrwid  sehr  wohl  gekannt  haben  kann. 

ruo.  —  Wegen  kasub.-masur.  reno  s.  o.  s.  v.  veno. 

Sabini.  —  Da  im  Altserbischen  ^  und  »  lautlich  zusammen- 
gefallen sind,  und  man  in  der  Regel  für  beides  »  schreibt,  ist 
statt  sebrb  (zwei  Mal)  sehn  zu  schreiben,  s.  oben  S.  186,  vgl.  auch 
unten  traho. 

Saccus.  —  Lies  sakuh  (ksl.)  statt  sakulj. 

saeta.  —  Ein  dem  lett.  senu  sei  entsprechendes  Verbum 
ist  auch  im  Litauischen  vorhanden.  Den  Infinitiv  sM  führt 
Juskevic  s.  v.  atsainmkas  an.  Vgl.  ferner  aus  D.  B.  S.  folgende 
Formen :  pasijti  {ij  =  e)  'binden'  209.  23,  prisijti  'anbinden'  20.  7, 
pasijtas  'gebunden'  39. 12,  jxisijiusi,  pasijjusi  Part.  Prät.  Akt.  Nom. 
Sing.  F.  101. 14  u.  28.  Vielleicht  gehört  hierher  auch  das  Präsens 
jrrifienu  bei  Szyrwid  Dict.  14  b,  das  s.  v.  hite  'merces  pro  vapu- 
lando*  ohne  Bedeutungsangabe  hinter  dem  Substantiv  prifietis, 
Plur.  prifeciey  {-e-  Fehler  für  -ie-)  steht,  augenscheinlich,  um 
die  Etymologie  des  Nomons  anzugeben. 

sänus,  satis.  —  Abg.  sytb  ist  nur  Substantiv  in  der  Be- 
deutung 'Sättigung,  Sattheit';  das  Adjektiv  'satt'  lautet  nur  sgh. 

scalpo.  —  Serb.  jrrökola  (so  betont !)  'Teil  eines  gespaltenen 
Ganzen'  gehört  zunächst  zu  abg.  koljq  klati  'stechen,  schlachten', 
das  in  einzelnen  slavischen  Sprachen  auch  'spalten'  bedeuten 
kann,  vgl.  Berneker  s.  v.  koTo,  wo  die  semasiologische  Seite 
der  Sippe  anschaulich  dargestellt  ist;  zu  beachten  ist  ins- 
besondere auch  abg.  rctakch  'Spaltung,  bixovoia'.  Waldes  sonstigen 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etyra.  Wörterbuch.    257 

Auffassungen  von  abg.  koljq  (s.  v.  clädes)  gemäß  müßte  aucli 
serb.  prökola  von  lit.  skeliü  skelti  'spalten'  usw.  fern  bleiben; 
über  eine  Möglichkeit  die  beiden  Sippen  miteinander  zu  ver- 
einigen, s.  oben  s.  v.  clädes. 

scandula.  —  Lett.  schk'edens  'kleines,  abgespaltenes  Holz- 
stück' ist  besser  mit  -e-  im  Suffix  zu  schreiben,  s.  das  oben 
s.  V.  augur  Gesagte.  Lett.  schk'edu  schk'edet  1)  intrs.  'in  Teile 
zergehen',  2)  trs.  'zerstreuen,  vergeuden'  ist  ein  Deverbativ  zu 
schk'efchu  schk'est  'scheiden,  trennen,  zerstreuen,  vergeuden'  = 
lit.  skedäiu  skSsti  Verdünnen,  scheiden,  trennen'  und  gehört  somit 
zu  der  von  "Walde  s.  v.  scindo  behandelten  Wurzel  *sqeid-  und 
nicht,  wie  man  aus  unserer  Stelle  schließen  könnte,  zu  dem 
nasalierten  *sqend-. 

scateo.  —  Lit.  su-skcUe  'hüpfte  auf'  ist  mir  unbekannt; 
Waldes  Quellen  (Vanicek  307 f.  und  Fick  I*,  565)  enthalten  diese 
Form  nicht. 

scrobis.  —  Russ.  skrohdth  'schaben,  kratzen,  scharren'  ist 
eine  bloß  dialektische  Nebenform  zum  gewöhnlichen  skrebdth, 
das  also  besser,  als  jenes,  anzuführen  ist. 

seco.  —  Zum  Vokalismus  von  lat.  sica  'Dolch',  lit.  sykis  M. 
'Hieb,  Mal'  scheint  zu  stimmen  klruss.  syc  M.  'der  nach  dem  Ab- 
brechen des  Astes  hinterbleibende  Teil  des  Stammes'.  —  Wenn 
man  die  Pedersensche  Zusammenstellung  von  abg.  socha  'Knüppel', 
poln.  socha  'Pflugschar'  mit  lit.  szcikä,  ai.  säkhä  'Ast,  Zweig' 
wenigstens  im  etymologischen  Teile  retten  will,  dann  kann  man 
das  slavische  Wort  auf  *koqsä  (oder  *kaqsä)  zurückführen,  eine 
Grundform,  die  vielleicht  nicht  schlechter  ist,  als  das  bei  Walde 
angeführte  *sogsä  oder  *saqsä. 

Septem.  —  Statt  sedmyjh  stände  besser  sedrm  (abg.  'septimus') 
im  Anschlüsse  an  das,  was  oben  s.  v.  novem  gesagt  ist. 

sequor.  —  Lit.  sekü  s^kti,  lett.  seku  sekt  (Präs.  auch  suku 
aus  *sanku)  'folgen'  bedeuten  auch  'spüren,  wittern'.  Im  Letti- 
schen wird  diese  Bedeutung  überall  angeführt ;  fürs  Litauische 
vgl.  bei  JuskeviÖ  at-s^kti  'aufspüren'  im  eigentlichen  ('nach  den 
Spuren  finden')  und  im  übertragenen  Sinne,  atsisenkü  atsisekfi 
'finden'  bei  KDL  und  aus  Szyrwid  Dict.  174b  neprifekamas, 
nefufekamas=  nepamatomas,  nepaiauciamas  (so  IV,  134b;  V  fehler- 
haft -eimas)  s.  v.  nieczuty^  co  go  nieczuc  'insensibiüs,  insensilis, 
qui  nuUo  sensu  percipi  potest',  und  aus  Punktay  Sakimu  43,  9 
und  87,  27  nenufekami  Nom.  Plur.  'unerforschlich' ;   dazu  auch 


258  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

lit.  p6d-sakas  'Aufspürung  der  Fährte,  Fährte',  lett,  sakstit  iter. 
'suchen,  spüren  nach  etwas'.  Wir  können  eine  sekundäre  Be- 
deutungsentwicklung im  Baltischen  selbst  annehmen,  da  wir  in 
anderen  Sprachzweigen  keine  Hindeutiing  darauf  finden,  daß 
die  Bedeutung  'folgen'  unursprünglich  sei;  indessen  sei  mit 
Rücksicht  auf  got.  saifvan  'sehen',  das  ja  gleichfalls  ein  Verbum 
sentiendi  ist,  darauf  hingewiesen,  daß  die  Sippen  von  seqiior 
und  von  inquam,  inseque  (s.  Walde  s.  v.  in  quam)  eines  Ursprungs 
sein  könnten ;  aus  der  Grundbedeutung  'spüren,  wittern'  könnte 
sich  einerseits  'folgen,  verfolgen',  anderseits  'wahrnehmen,  sehen, 
zeigen,  sagen'  entwickelt  haben.  Neben  ksl.  sociti  'indicare',  sola 
'accusator'  (d,  h.  'criminis  indicator'),  bulg.  söca  'zeige',  poln. 
soczyc  'verleumden,  anschwärzen',  osoka  'Anklage,  Verleumdung', 
cech.  alt  sok  'Ankläger'  und  dgl,  die  gar  zu  gut  zu  got.  saifvan 
'sehen',  \it  seku  'sage',  jyriseku  'zeige,  beweise'  (oben  s.v.  in  quam) 
stimmen,  als  daß  sie  davon  getrennt  werden  können  (anders 
Miklosich  Vgl.  Gram.  2,  24  und  Meillet  :Ktudes  226),  gibt  es 
auch  russ.  socfh  'suchen,  spüren,  verfolgen',  savith  'die  Spur 
eines  Wildes  verfolgen',  sakmd  'Spur,  Fährte',  osöka  Treibjagd, 
Umstellen  eines  Wildes',  osocih  alt  und  dial.  'das  Lager  eines 
wilden  Tieres  aufsuchen  und  einkreisen,  umstellen',  poln.  soczyc 
'worauf  Jagd  machen*,  osoczyc  'das  Wild  einkreisen,  zusammen- 
treiben' (auch  'anklagen,  verleumden'),  saczyc,  omczyc  ds.,  przy- 
soczyc  'ertappen,  erhaschen',  serb.  sök  'Ausfinder'.  Interessant 
sind  auch  öech.  sociti  1)  'gegen  etwas  eifern,  anfeinden,  ver- 
leumden', 2)  'einem  nacheifern',  soceni  'Verleumdung,  Eifersucht, 
Eifer*.  Die  Bedeutungen  decken  sich  teilweise  mit  denen  von 
halt.  Sek-,  sak-  'folgen*,  vgl.  insbesondere  den  Farallelismus  von 
lit priseku  'zeige,  beweise',  ^sl.soditi  'indicare*  und  lett  sekt  'folgen, 
spüren,  wittern*,  tuss.  socUh  'suchen,  spüren,  verfolgen';  zur  Ab- 
lautstufe in  russ.  sakmd  usw.  vgl.  lit,  pSd-sokas  =  p^d-sakaa.  Wir 
kommen  indessen  mit  einer  sekundären  Bedeutungsentwicklung 
innerhalb  des  Slavischen  von  'zeigen,  anzeigen'  zu  'verleumden, 
verfolgen*  aus. 

simila.  —  Im  Slavischen  gibt  es  zwar  keine  genaue  Ent- 
sprechung von  lit.  sijüju  sijöti  (so  mit  Akzent)  'sieben',  indessen 
bedeutet  abg.  sijq  sejati  außer  'säen*  auch  'sieben*,  eine  Tatsache, 
die  von  den  Grammatikern  und  Etymologen  meistens  ignoriert 
wird.  Dasselbe  gilt  von  dem  Worte  auch  in  den  übrigen  slavi- 
schen Sprachen,  z.  B.  russ.  sejath,  serb.  ^jati  (-(/-  lautlich  aus  -ij-) 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    259 

'säen,  sieben',  poln.  siac  (lautlich  aus  *sejati,  Präs.  sieje)  'säen*, 
odsiac,  podsiac,  przesiac  'durchsieben',  tcysieicac  sitem  'aussieben, 
durchsieben'.  Da  in  den  übrigen  indogermanischen  Sprachen 
das  entsprechende  Verbum  für  'säen'  (s.  Walde  s.  v.  sero)  nicht 
auch  ^sieben'  bedeutet,  ist  es  wahrscheinlich,  daß  im  Slavischen 
zwei  ursprünglich  verschiedene  Verba  zusammengeflossen  sind, 
die  allerdings,  da  die  Bedeutungen  sich  nahe  berühren,  wurzel- 
verwandt gewesen  sein  können.  Solche  Zusammenfälle  pflegen 
bekanntUch  dann  stattzufinden,  wenn  eine  oder  mehrere  Formen 
zufällig  gleich  sind,  sodaß  sie  die  anderen  Formen  nach  sich 
ziehen.  Wenn  wir  uns  im  vorliegenden  Falle  an  die  vorhandenen 
Tatsachen  halten,  dann  müssen  wir  zunächst  konstatieren,  daß 
wir  für  eine  aus  der  Ursprache  ererbte  Formgleichheit  keine 
Grundlage  haben :  die  Existenz  eines  ursprachlichen  *seiö  'siebe* 
würde  ebenso  in  der  Luft  schweben,  wie  diejenige  eines  Stammes 
*siiä-  'säen'.  Wir  können  uns  indessen  vorstellen,  daß  im  Ur- 
slavischen zu  einem  dem  lit.  sijöti  entsprechenden  Infinitiv  *shjati 
'sieben'  nach  dem  Muster  von  Jejq  hjoti  'gießen',  smejq  se  smhjati 
se  'lachen',  zejq  zbjati  'gähnen'  das  Präsens  sejq  gebildet  wurde, 
das  mit  sejq  'säe'  lautlich  zusammenfiel  und  in  der  Folge  die 
Verdrängung  des  Infinitivs  *shjati  durch  sejaü  veranlaßte. 

sodälis.  —  Lit.  svötas  'Hochzeitsgast  weitläufiger  Ver- 
wandter' ist  ein  slavisches  Lehnwort. 

spargo.  —  Lett.  sprausläf  (auch  sprauslüt,  sprauschlet)  hat 
anlautendes  sp-,  nicht  ^>-  allein,  und  bedeutet  außer  'spritzen' 
noch  'prusten  (wie  ein  Pferd);  Klystier  ansetzen'.  Die  Bedeu- 
tung 'prusten'  erinnert  an  Xqü. prüschlet  'schnauben  (von  Pferden), 
pusten'  und  legt  es  nahe,  Zusammenhang  mit  der  von  Walde 
s.  V.  priiina  (vgl.  auch  IF.  28.  148ff.)  angeführten  schallnach- 
ahmenden Sippe  von  abg.  prychanbje  'das  Schnauben',  russ. 
pryskath  'spritzen'  usw.  anzunehmen,  zu  der  aus  dem  Litauischen 
auch  p'ausiii  praüsti  'waschen',  prusnä  'Maul,  dicke  Lippen  (des 
Rindes)'  gehört ;  allerdings  befremdet  bei  dieser  Sippe  der  Anlaut 
spr-. —  DieBedeutungsverwandtschaftvonspra?fs/ä<mitnhd.s/>nV2^t 
dürfte  eine  ebenso  zufällige  sein,  wie  diejenige  des  letztgenannten 
Wortes  mit  russ.  pryskafb.,  wenigstens  liegt  in  der  baltischen  mit 
nhd.  sjyrießen,  ^ritzen  verwandten  Sippe  von  lett  spraujüs  'dringe 
empor',  lit  sprüsti  'aus  einer  Klemme  herausdringen*  keine  Be- 
deutungsentwicklung dieser  Art  vor,  die  eine  Verwandtschaft  oder 
auch  bloß  Assoziation  mit  sprauslät,  prüschlet  rechtfertigen  würde. 


260  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

specio.  —  Es  leuchtet  mir  nicht  ein,  daß  in  abg.  pasq 
/Histi  'hüten,  weiden'  zwei  Worte  verschiedenen  Ursprungs  zu- 
sammengeflossen seien.  Daß  in  der  slavischen  Sippe  gewisse 
Bedeutungen  vorkommen,  die  a  priori  auf  die  Grundbedeutung- 
'worauf  schauen'  zurückgehen  könnten,  läßt  sich  zwar 'nicht 
leugnen;  es  gibt  aber  unter  den  nicht  auf  das  A'^iehhüten  be- 
züglichen Bedeutungen  keine,  die  nicht  mit  den  aus  'hüten' 
(die  älteste  Bedeutung  war  wohl  'Vieh  hüten',  s.  oben  päsco) 
sich  ergebenden  Vorstellungen  'bewachen,  beschützen,  be- 
wahren' eng  verknüpft  sind.  Da  nun  ferner  das  slavische 
Verbum  in  der  Sippe  von  lat.  specio  morphologisch  ganz  isoliert 
dastände,  dagegen  pasq  =  lat.  päsco  eine  tadellose  Wortgleichung 
ist,  können  wir  uns  mit  letztgenannter  Zusammenstellung  als  ein- 
ziger begnügen.  In  klruss.prfs^«/  ocipna  'sich  scharf  umsehen'  (besser 
'unverwandt  hinsehen')  ist  die  im  Begriffe  'wachen'  leise  ange- 
deutete Beziehung  zum  'Aufpassen  mit  den  Augen'  verschärft  zum 
Ausdruck  gebracht  worden  (in  lat.  päsco  oculös^  nhd.  augenweide 
liegt  wohl  eher  die  Vorstellung  'die  Augen  genießen  lassen'  vor), 
'Rw^^.opasdthsja^  klruss. opas^?/8/a  'sich  hüten,  sich  in  Acht  nehmen'^ 
d.  h.  "seine  Wachsamkeit  auf  eine  nahende  Gefahr  richten",  hat  seine 
genaue  Entsprechung  in  nhd.  sich  hüten,  auf  der  hut  sein;  und 
in  russ.  zapasdth  (so  betont;  wenn  auch  in  der  Umgangssprache 
nicht  in  allen  Formen  häufig,  so  doch  kaum  mit  Recht  als^ 
dialektisch  zu  bezeichnen)  'vorrätig  anschaffen,  versorgen,  ver- 
sehen', zapxMb  'Vorrat'  (sehr  häufiges  Wort)  liegt  wohl  die  Vor- 
stellung "die  kostbare  Habe  vor  Mißbrauch  hüten,  schützen"  vor. 

Spiro.  —  Lies  pechyrh  (ksl.)  statt  pechyn.  —  Ksl.  packb 
'odor'  ist  ein  nur  aus  einem  russisch-kirchenslavischen  Wörter- 
buch stammendes  Wort,  das  ev.  auf  einer  bloßen  Abstraktion 
beruhen  könnte ;  statt  dessen  wären  besser  russ.  zapacht  'Geruch, 
Duft',  pdchnuih  intr.  imps.  'riechen,  duften'  anzuführen. 

sublica.  —  Wie  Petr  (BB.  22,  275)  sich  den  Zusammen- 
hang von  poln.  suduo  (ohne  Akzent  zu  schreiben)  'Fahrzeug, 
Boot',  sudzina  'Faß'  mit  abg.  sb-sqd^  'Gerät'  (russ.  sosiidt  ist  auf 
der  zweiten  Silbe  betont)  denkt,  ist  nicht  klar.  Eine  Teilung 
der  mit  gb-sqdt  verwandten  Worte  in  solche  mit  urslav.  sttd- 
und  solche  mit  urslav.  sqd-  (so  scheint  Walde  Petr  zu  inter- 
pretieren; eine  Tiefstufe  zu  slav.  sud-  sieht  Petr  wohl  im 
russischen  Lehnwort  lit.  sudas  'Gefäß'?)  wird  sich  schwerlich 
durchführen   lassen;    poln.  sudno  ist   übrigens   wohl    aus   dem 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    261 

Russischen  entlehnt  (Ufaszyn  brieflich),  und  sicher  enthält  eech, 
sud  'Faß'  wegen  poln.  sqd  Gen.  sedu  ds.  altes  -q-.  Waldes  aus 
anderen  Gründen  erhobene  Bedenken  an  Petrs  Etymologie  sind 
also  durchaus  zu  bestärken. 

taedet.  —  Die  hinter  lit  thigiii  tingeti^  abg.  tezq  ffHti 
stehende  Bedeutungsangabe  'träge,  unlustig  sein'  ist  nur  für 
das  litauische  Wort  richtig  und  ist  vielleicht  nur  durch  ein 
Versehen  in  Waldes  Manuskript  an  einen  falschen  Platz  ge- 
raten. Für  ksl.  teziti  gibt  Miklosich  die  Bedeutungen  'trahere, 
gravare,  raolestum  esse,  vexare'.  In  der  Bedeutung  'ziehen' 
gehört  das  Verbum  zu  abg.  tegnqti  'ziehen'  und  ist  ein  for- 
males Denominativ  von  einem  Xomen  in  der  Bedeutung  'Ziehung', 
vgl.  abg.  teza  'Sh'eit'  (das  Iterativ  tezati  'ziehen'  bedeutet  refl. 
'sich  streiten';  teza  könnte  allerdings  auch  ein  jüngeres  Deverbativ 
zum  Reflexiv  verbum  sein),  russ.  tjäga  'das  Ziehen,  Schleppen', 
poln.  ciqz  F.  'Gespann'  (eigentlich  'Spannung').  Und  in  der 
Bedeutung  'beschweren,  belästigen'  gehört  teziti  zu  abg.  tezhkb 
'schwer',  ksl.  tezh  F.,  poln.  ciqza^  russ.  tjäga  'Schwere,  Last'. 
Ursprünglich  hat  es  wohl  nur  rein  konkret  'schwer  machen', 
resp.  'Beschwerde  machen'  bedeutet,  späterhin  auch  in  über- 
tragenem Sinne  'quälen'.  Beachtenswert  ist  bei  diesem  formal 
transitiven  Tätigkeitsverbuni  die  aus  den  Beispielen  bei  Miklosich 
zu  ersehende  Konstruktion  mit  dem  Dativ,  die  an  nhd.  einem 
zur  Last  fallen^  lat.  molestum  esse  alicui  erinnert.  Ob  tezhkt  und 
tegnqti  mit  einander  verwandt  sind,  was  Meillet  Etudes  255,  399 
anzunehmen  scheint,  möge  dahingestellt  bleiben.  Kaum  aber 
können  die  Verbalabstrakta  *tezh,  *teza^  *ff9^  'Ziehung'  und  die 
Adjektivabstrakte  *tezt  usw.  'Schwere'  für  ursprünglich  identisch 
gehalten  werden,  da  sie  auf  psychologisch  verschiedenen  Deri- 
vationsprozessen beruhen,  und  somit  werden  wir  auch  in  teziti 
zwei  verschiedene  Worte  zu  sehen  haben.  In  den  Einzel- 
sprachen allerdings  haben  sich  die  verschiedenen  Nominal- 
bildungen miteinander  vermischt.  Wenn  auch  die  Etymologie 
der  verschiedenen  slavischen  Wurzeln  teg-  wegen  dieser  Ver- 
mischungen viele  Schwierigkeiten  bereitet,  so  ist  doch  wenigstens 
das  klar,  daß  sowohl  tegnqti  als  auch  tezhkb  zur  e-Reihe  ge- 
hören; zu  ersterem  vgl.  ksl  sbtqga  vbstqgt  'lorum*,  russ.  tügij 
ttigöj  'gespannt,  straff,  steif,  fest,  stark,  hart'  (auch  'schwer', 
s.  unten,  vielleicht  sekundär  durch  Einfluß  von  potügb  'Gewicht' 
und  dgl.)  und  Walde  s.  v.  temo^  tendo  (vielleicht  trotz  avest. 


262  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

9anj-  'ziehen'  ursprünglich  *ten-g  zu  *te?i-  'ziehen'  und  mit 
sekundärer  arischer  Aspirata);  und  zu  t^g-  'schwer'  vgl.  abg. 
tqga  'Beschwer,  Betrübnis,  Angst'  und  aisl.  pungr  (Meillet  a.  a.  0. 
^^27).  Also  können  beide  Worte  (die  semasiologischen  Bedenken 
wären  eher  zu  beseitigen)  aus  lautlichen  Gründen  mit  griech. 
ciKxöc  'ekel,  wählerisch*  nicht  verwandt  sein.  Eher  könnte  lit. 
tingm  'träge'  zum  griechischen  Wort  gehören,  da  wenigstens 
im  Baltischen  keine  widerstrebende  Ablautstufe  vorhanden  ist. 
Indessen  ist  zu  beachten,  daß  das  lit.  Wort  hauptsächlich 
'arbeitsunlustig'  und  nicht  überhaupt  'unlustig'  bedeutet; 
daher  ist  die  von  Meillet  327  vertretene  Verbindung  desselben 
mit  abg.  tezbkb  usw.  (vgl.  die  annähernde  Wortgleichung  tingüs 
—  (das  von  Meillet  erschlossene)  *te(fb{-kb)  =  russ.  dial.  tjagöj 
'schwer'  =  aisl.  pungr)  vorzuziehen;  tingüs  ist  dann  etwa  als 
'beschwert,  belastet,  durch  Körpergewicht  in  der  Arbeit  be- 
hindert, schwerfällig'  aufzufassen,  vgl.  hierzu  auch  russ.  tügij, 
tugöj  'schwer,  langsam'. 

tälis.  —  Abg.  dahkb  'weit,  entfernt'  hat  -e-,  nicht  -e-. 

templum.  —  Zu  griech.  teilivüu  'schneide',  abg.  hnq  teti 
'spalten,  Jiauen'  gehört  wohl  auch  lit.  tinü  Ünti  mit  dem  Objekt 
dalgj  'die  Sense  durch  Klopfen  mittelst  eines  Hammers  schärfen*, 
das  jedenfalls  weder  mit  tjstu  ünti  'schwellen',  noch  auch  mit 
lett.  tinu  tit  'flechten,  winden,  wickeln'  (über  diese  Worte  s. 
Walde  s.  v.  tendo)  eine  Bedeutungsverwandtschaft  aufweist. 

tempus.  —  An  lit.  tenkü  t^kti  'sich  hinerstrecken,  hin- 
reichen', got.  ßeihan  'gedeihen,  Fortgang  haben'  erinnert  klruss. 
tjakmity  'anrühren'  {*tek-). 

terreo.  —  Ldt  triszu  'zittere'  ist  besser  ohne  Akzent  zu 
schreiben. 

tesqua.  —  Abg.  hUh  'leer'  hat  -s-,  nicht  -s-. 

timeo.  —  Lit.  timytis  'sich  etwas  genau  merken,  im  Gedächt- 
nis behalten'  ist  entlehnt  aus  russ.  dial.  tjdmith  'begreifen,  wahr- 
nehmen, im  Gedächtnis  bewahren'  (fehlt  bei  Walde)  resp.  klruss. 
t'ämytg  (nicht  t'a-)  'merken*;  zum  Lautlichen  vgl.  oben  membrum 
und  Walde  Sahini.  Die  Vereinigung  des  slavischen  Wortes  mit 
griech.  irmeX^u)  'sorge,  warte*  ist  nicht  unbedenklich,  da  dann  russ. 
tjam-  über  *tem-  auf  eine  unbelegte  nasalinfigierto  Wurzelgestalt 
zurückgeführt  werden  müßte,  und  wir  überdies  nicht  sicher 
wissen,  ob  *tenm-  resp.  *tnm-  überhaupt  zu  *^m-  oder  nicht 
eher  zu  *tim-  resp.  *thm-  geführt  hätten,  vgl.  abg.  pominqti  'sich 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    263 

erinnern'  zu  pameth  'Gedächtnis'  und  thnq  'spalte'  zu  griech. 
T€|Livu)  'schneide*  (eine  neuerliche  Einführung  des  Nasalvokals 
wie  in  pomenqti  wäre  bei  fem-  ausgeschlossen,  da  wir  keine 
vorbildlichen  Formen  mit  erhaltenem  -e-  konstruieren  können). 
Wenn  tjdmith  überhaupt  ein  aufs  UrslaviscJie  zurückzuführendes 
Wort  ist,  dann  wäre  am  ehesten  eine  Lautgestalt  *tedm-^  *fefm- 
resp.  *tebm-^  *tepm-  mit  altem  Ausfall  des  vor  -m-  stehenden 
Konsonanten  anzunehmen,  resp.  auch  *tegm-  mit  russischem 
Schwund  des  -^-,  vgl.  russ.  tjamitb  =  abg.  tegnqti  'ziehen'.  Eine 
Anknüpfung  könnte  ich  dabei  nur  für  ein  *tepmiti  finden,  näm- 
lich in  russ.  tjäpafb  'fassen,  ergreifen,  hauen,  beißen',  wobei 
fjdmith  zunächst  in  konkretem  Sinne  'fassen'  (die  Bedeutungs- 
entwicklung wie  in  nhd.  begreifen,  erfassen,  neben  greifen,  fassen 
und  in  Italien,  capisco  'verstehe'  neben  lat.  capto)  bedeutet  haben 
und  von  einem  Substantiv  *tepmb  oder  dergl.  'das  Fassen'  ab- 
geleitet sein  müßte.  Vielleicht  sind  aber  tjdj)-  und  fjdm-  junge 
Lautnachahmungen,  beruhend  auf  Interjektionen  des  'Fassens, 
Greifens'  wie  gemslav.  cap-  (Berneker  s.  v.  capajp).  Nicht  un- 
wahrscheinlich wäre  für  tjdmith  auch  fremder  Ursprung,  doch 
müßte  die  Quelle  erst  gefunden  werden, 

torpeo.  —  Lies  toropeth  (russ.)  statt  torpeth.  Die  genaue 
Bedeutung  ist  eigentlich  nicht  'erschrecken',  sondern  'bestürzt 
werden,  aus  der  Fassung  kommen':  häufiger  als  das  Simplex 
ist  das  Kompositum  otoropeti  ds. 

traho.  —  Sloven.  trag,  traziti  stehen  nicht  in  Pletersniks 
Wörterbuch;  wenn  sie  nicht  auf  einer  Verwechslung  beruhen, 
sind  sie  jedenfalls  seltene,  veraltete  Worte,  deren  Erwähnung 
schon  deshalb  unterbleiben  kann,  weil  serb.  träg^  trdziti  (bei 
Walde  unakzentuiert)  vollkommen  genügen.  Im  Altserbischen 
schreibt  man  tragh  statt  tragb  (s.  oben  S.  186  und  Sabin i).  Das 
angeblich  sloven.  trcäti  'laufen',  das  bei  Pletersnik  nicht  zu 
finden  ist,  ist  durch  serb.  trcati  ds.,  mit  dem  es  verwechselt 
sein  dürfte,  zu  ersetzen;  auch  ein  bulg.  tbred  'laufe'  ist  vor- 
handen. Das  bei  Miklosich  Lex.  Pal  und  Vergl.  Gramm.  II,  31 
fehlende  ksl.  tnkb  'Lauf   bleibt  vorsichtshalber  besser  beiseite. 

trua.  —  Abg.  tvarh  'opus,  Schöpfung'  hat  ->,  nicht  -». 

vae.  —  Lett.  wäjsch  (nicht  wajsch)  F.  wäja  'schwach'  ge- 
hört nach  Leskien  Nom.  310  f.,  320,  553  zu  lit.pa-vöjus  'Gefahr', 
pa-vojas  Adj.  'gefahrvoll',  voj^s  Part,  'leidend',  vot)s  'Geschwür', 
lett.  wäts  (i-Stamm)  'Wunde'.  Daneben  nennt  er  aus  der  Literatur 


264  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

auch  Formen  ohne  v-  wie  ojiis  'Gefahr',  paojeis  Inst  Plur.  Adj. 
'gefährlich'.  Mit  der  Interjektion  lett.  tvai  'wehe,  ach',  haben 
diese  Worte  sicher  nichts  zu  tun.  [Vgl.  vielmehr  Idg.  Jhb.  1,  60. 
K.-N.]  Von  wai  abgeleitet  ist  aber  das  von  Leskien  Abi.  378 
(fragend)  mit  wäjsch  verbundene  ivaijät  trs.  *wehe  tun',  das  mit 
wäjät  'schwächen,  kränken'  nicht  zu  verwechseln  ist;  iraijät 
'verfolgen,  bedrängen'  ist  gleich  lit.  vajöti  'nachjagen'  (Iter.  zu  vejü 
vyti  ds.)  mit  analogischem  -aij-  nach  obigem  semasiologisch 
assoziiertem  ivaijät.  —  Interessant  ist  serb.  väjni  Adj.  'dolorem 
afferens',  das  aber  kaum  mit  lett.  icäjsch  usw.  verwandt,  sondern 
eher  von  der  Interjektion  väj  'wehe'  abgeleitet  ist. 

vafer.  —  Lit.  gudrüs  (nicht  gMras)  'schlau,  klug'  dürfte 
altes  -M-  haben  wegen  guvüs.,  güms^  dial.  gavüs  'gewandt,  klug, 
pfiffig'  (Leskien  Nom.  257,  Juskevic  s.  v.  guvüs\  das  seinerseits 
zu  der  von  Walde  s.  v.  vola  behandelten  Sippe  von  lit.  gdunu 
gduti  'bekommen',  gdudyti  'fangen'  gestellt  wird.  Als  beste 
Bedeutungsparallelen  vgl.  abg.  chyln  'geschickt',  in  den  Einzel- 
sprachen auch  'rasch,  listig,  schlau,  klug'  zu  chytiti  'reißen, 
greifen,  raffen',  russ.  chvaU  'kühner,  gewandter,  flinker  Mensch', 
poln.  chwatki  'schnell,  behend'  zu  abg.  chvatiti  'ergreifen';  vgl. 
ähnliches  auch  oben  s.  v.  timeo.  Interessant  ist  auch  die 
bei  Leskien  Nom.  440 f.  angeführte  Erklärung  von  gudrüs 
als  kurs  viskq  nor  pasekt  ir  Hnot  ir  moket  ir  matyt  'wer  alles 
erreichen,  wissen,  können  und  sehen  will'.  Das  dial.  gavtis 
(s.  oben)  stimmt  im  Vokalismus  zum  Präteritum  gavaü  'bekam'. 
Die  Bedeutungen  'schlau,  pfiffig'  erinnern  besonders  an  apgduti 
'übervorteilen,  betrügen',  vgl.  auch  gudrduti  'Winkelzüge  machen' 
('klügeln')  bei  Juskeviö,  der  gudinfi  'klug  machen,  bilden'  unter 
anderem  durch  'anlocken'  wiedergibt.  Wegen  dieser  baltischen 
Sippe  und  eventueller  slavischer  Verwandten  s.  KZ.  44,  156  ff. 
(vgl.  klruss.  hutyty  'verlocken,  verführen'  mit  lit.  güdinti  'anlocken'). 
Nur  ungern  würde  ich  mndd.  goiiwe^  gauwe  'rasch,  schnell,  der 
rasch  begreift,  klug',  air.  gäu^  gö  'Unrichtiges,  Lüge'  (wegen 
dieser  s.  Walde  s.  v.  hura  und  haud)  beiseite  lassen,  vgl.  aber 
unten  vola. 

valeo.  —  Die  Annahme  einer  Entlehnung  aus  der  Sippe 
von  got.  tvaldan  'walten'  wäre  höchstens  für  das  eine  oder  andere 
baltische  oder  slavische  Wort,  nicht  aber  für  die  ganze  Sippe 
von  abg.  vladq  vlasti,  lit.  valdaü  valdyti  ansprechend,  und  wir 
können  kaum  ohne  ein  ererbtes  d-  oder  (fA-Deterrainativ  im 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    265 

Baltisch-Slavischen  auskommen.  Im  Slavischen  ist  der  Entlehnung 
sehr  wenig  günstig  der  Infinitiv  vlasti^  noch  weniger  aber  das 
Substantiv  vhsth  F.  *Macht'  (lett.  iralsts  F.  'Gebiet,  Gemeinde, 
Staat',  Ht.  valszczius  mögen  durch  das  Slavische  beeinflußt  worden 
sein),  denn  in  der  Kegel  sind  derartige  Nomina  nicht  jünger, 
als  die  Infinitive,  und  sind  im  Slavischen  selbst  auch  kaum 
mehr  produktiv.  Das  Litauische  seinerseits  besitzt  neben  vald- 
auch  die  Ablautstufen  v^ld-,  vild-,  vgl.  Leskien  Abi.  354.  Zu 
pavilsH  'ererben',  pavildeti  'besitzen'  nennt  mir  Professor  Leskien 
(brieflich)  Belege  bei  Dauksa  Litovskij  Katichizis  in  der  Wolter- 
schen  Ausgabe  S.  13  und  33,  und  bei  Bezzenberger  Gesch.  der 
lit.  Spr.  112.  Das  Yerbum  reW^^?  ist  mehrfach  belegt.  KLD  nennt 
ein  biblisches  jpa-veldSti  'ererben'  (die  Betonung  vielleicht  un- 
sicher) und  Juskevic  ein  äp-veldziu  (zemaitisch  äpveldu)  ap-veldeti 
'Besitz  ergreifen,  erwerben'.  Femer  bietet  Szyrwid  Dict.  ap- 
icddiiu  226  b  s.  v.  opanowac  co  'occupare,  invadere,  possidere', 
230  b  s.  V.  osiadam  co  'occupo,  usurpo  possessionem,  possideo 
agros',  apwetdeimas  226  b  s.  v.  opanowanie  'obsessio,  circumsessio*, 
und  paweldziu  =  tewaynisty  apturiu  50  a  s.  v.  dziedzicze  'here- 
ditatem  capio'.  Als  Präsens  nennt  Kwi^chdii paveldu  oder paveldeju, 
die  beide  zu  Szyrwid  und  Juskevic  nicht  stimmen  und  vielleicht 
bloße  Konstruktionen  sind.  Ebenso  können  wir  uns  für  die 
Stichhaltigkeit  der  Akzentuation  in  den  Wörterbüchern  nicht 
verbürgen.  Wie  wir  s.  v.  pinus  Fn.  gesehen  haben,  besitzen  die 
baltischen  Sprachen  die  Neigung  zur  Schaffung  einer  sekun- 
dären e-Stufe,  und  wir  können  lit.  veld-  (preuß.  weldünai  Plur. 
neben  waldüns  'Erbe'  ist  vielleicht  ein  Schreibfehler),  da  diese 
Ablautstufe  in  den  übrigen  Sprachzweigen  fehlt,  gut  auf  diese 
Weise  erklären;  doch  ist  dabei  zu  beachten,  daß  das  sekundäre 
-e-  sehr  alt  sein  muß,  da  es  auch  im  Lettischen  vorhanden  ist 
und  vor  dem  Wandel  von  -ei-  in  -e-  eingetreten  sein  muß. 
Also  wäre  die  Umbildung  eines  -a-  in  -e-  bei  einem  germanischen 
Kulturwort  nicht  besonders  wahrscheinlich.  lit.  vild-  dürfte  ur- 
sprachliches *uld{h)-  fortsetzen. 

vannus.  —  Statt  serb.  vijati  (so  betont)  'worfeln'  ist  besser 
die  abg.  Entsprechung  rejati  (serb.  -ij-  lautgesetzlich  aus  -ej-) 
anzuführen,  das  zwar  in  der  Linguistik  meist  nur  in  der  Be- 
deutung 'wehen'  bekannt  ist,  tatsächlich  aber  auch  'worfeln* 
bedeutet.  Die  Bedeutungsdoppelheit  von  vejati  ist  gemeinslavisch, 
vgl.  z.  B.  russ.  vejatt  'wehen,  fächeln,  schwingen,  worfeln',  poln. 


266  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

iDi(ic  {-ia-  lautlich  aus  -eja-\  Präsens  wieje)  'wehen,  fächeln, 
Wind  machen,  wannen,  worfeln,  schwingen';  auch  in  serb.  vije 
snijeg  'es  schneit'  ist  die  Bedeutung  'wehen'  noch  erhalten. 
Daher  ist  es  besser,  die  Verbalnomina  sloven.  vivnica  (besser  -e- 
als  -e-;  bei  Pletersnik  fehlendes  Wort),  poln.  wiejaczka  'Worf- 
schaufel*  zu  streichen,  da  diese  Nomina  keine  im  Verbum  ver- 
loren gegangene  Bedeutung  enthalten  und  auch  formal  uninter- 
essant sind.  Bei  vejati  wäre  darauf  hinzuweisen,  daß  es  dasselbe 
Wort  ist,  wie  das  s.  v,  ventus  erwähnte;  auch  wäre  es  gut,  das 
Präsens  rejq  anzuführen,  da  dieses  eine  alte  Präsensbildung 
ist,'  während  der  Infinitiv  auf  -ati  eine  urslavische  Neubildung 
sein  dürfte. 

värus.  —  Lett.  sa-wäri  'Querstangen  bei  der  Egge*  ent- 
hält wegen  der  gleichbedeutenden  sawari,  sawares,  sawires  kein 
r-Suffix,  sondern  wurzelhaftes  -r-,  vgl.  auch  lit.  pef-vards  'Lang- 
baum beim  Leiterwagen'.  Leskien  Abi.  356  stellt  die  Worte  zu 
lit.  veriü  verti  'öffnen  und  schließen,  einfädeln'.  Die  dort  zu- 
sammengestellten Worte  gehören  aber  wahrscheinlich  zu  zwei 
verschiedenen  Sippen  1.  'öffnen  und  schließen'  und  2.  'reihen, 
knüpfen',  die  von  Walde  teils  s.  v.  aperio,  teils  s.  v.  urvum 
behandelt  werden.  Für  unsere  Worte  wäre  Anschluß  an  beide 
Sippen  möglich,  wie  sich  überhaupt  eine  reinliche  Trennung 
derselben  im  Baltischen  kaum  durchführen  ließe. 

vas,  vadis.  —  Lies  vadüti  (lit.)  statt  vadüti.  —  Cech.  zävodlü 
bedeutet  nicht  'wetten'  sondern  'wettlaufen,  wetteifern',  ursprüng- 
lich überhaupt  'einen  schnellen  Lauf  veranstalten'  und  gehört 
zu  abg.  vesti^  voditi  'führen'  als  Denominativ  von  cech.  zdvod 
'Rennbahn,  Wettlauf'  =  poln.  zaivM  'schnelles  Laufen,  Rennen, 
Galopp,  Wettrennen'  (dazu  poln.  w  ^auvd  'im  Galopp',  cech.  o 
zdvod  'um  die  Wette*,  d.  h.  'im  AVettlauf),  im  Poln.  auch  'das 
Führen,  Hinleiten,  Ansatz,  Anfang,  Unternehmen,  Bestreben'  usw. 
bedeutend.  —  Das  angeblich  cechische  vadlja  'Wette'  ist  slo- 
venisch  und  lautet  mit  Akzent  vädlja;  laut  brieflicher  Mitteilung 
Professor  Leskiens  ist  es  ein  germanisches  Lehnwort. 

ventas.  —  Wegen  abg.  vejq  vejati  'wehen,  blasen,  worfeln* 
8.  oben  s.  v.  vannus.  Es  empfiehlt  sich  die  Bedeutung  'worfeln' 
nicht  wegzulassen  und  auch  das  Präsens  anzuführen,  da  es 
eine  ältere  Bildung  ist,  als  der  Infinitiv. 

vereor.  —  Zur  Sippe  von  vereor  kann  man  hinzufügen 
lett.  weru  weti,  meist  reflexiv  weriis  wertes  'schauen,  bemerken', 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    267 

werigs  'aufmerksam',  weriba  'Aufmerksamkeit'  (das  -e-  nach  dem 
Prät.  tceru,  werus),  tcerä  nemt  'in  Acht  nehmen'.  Letzteres  ist 
zwar  dem  nhd.  wahr  nehmen  nachgebildet,  doch  erscheint  Ent- 
lehnung von  icert  aus  dem  Deutschen  unmöglich.  Dagegen 
kann  lett.  wairit  'hüten,  abwehren'  {wairut  'bemerken,  beachten' 
Kontamination  aus  icerüt  ds.,  Iterativ  zu  tvert^  und  aus  wairit) 
eine  Entlehnung  aus  got.  warjan,  ahd.  iverjan  'wehren,  schützen' 
sein,  wobei  -ai-  wohl  Wiedergabe  des  noch  nicht  völlig  zu  -e- 
gewordenen  umgelauteten  -a-  ist.  Bei  abg.  larovati  se  'cavere' 
ist  Entlehnung  nicht  notwendig;  eine  genaue  Entsprechung 
könnte  griech.  ibpeueiv  'curare'  sein.  Für  ein  ebenfalls  urver- 
wandtes Wort  halte  ich  abg.  variti,  predTrvariti  'antevertere'; 
wenigstens  kenne  ich  kein  Wort,  aus  dem  dieses  entlehnt  sein 
könnte. 

vergo.  —  Bei  Erwähnung  von  Mikkolas  Etymologie  für 
lit.  rankä,  abg.  rqka  'Hand',  zu  der  Walde  selbst  keine  Stellung 
nimmt,  wäre  es  am  Platze  gewesen,  die  ältere  Verbindung 
dieses  Wortes  mit  lit.  renkii  rinkti  'auflesen,  sammeln'  gleich- 
falls anzuführen,  die  doch  mindestens  ebensogut,  ja  m.  E.  un- 
gleich besser  ist,  als  Mikkolas  Zusammenstellung  mit  aisl.  rä, 
aschwed.  vrä  'Ecke',  vgl.  jetzt  darüber  die  sehr  einleuchtende 
Abhandlung  von  Ufaszyn  in  Wörter  und  Sachen  II,  200  ff.  — 
Statt  der  Schreibung  werst  wäre  für  das  lettische  Wort  die  ety- 
mologische Schreibung  werft  am  Platze,  um  eine  Verwechslung 
von  wer  fehl  werfu  icerft  'wenden,  drehen'  mit  dem  gleich- 
bedeutenden icerschu  uertu  werst  zu  vermeiden.  Die  Bedeutung 
'wenden,  drehen'  des  erstgenannten  Wortes,  die  von  der  Be- 
deutung des  lit.  vergilt  verzti  'schnüren,  einengen,  pressen'  ab- 
weicht, dürfte  durch  Assoziation  an  das  zweitgenannte  Wort 
(=  lit.  vercziü  vefsti  'wenden,  kehren')  hervorgerufen  worden 
sein,  da  beide  Yerba  im  Infinitiv  und  Futurum  lautlich  zu- 
sammenfallen; sie  ist  auch  ins  abgeleitete  Verbum  icerfet  'lenken, 
wenden'  (beruhend  auf  dem  Präteritalstamm  *verze-  in  lit.  ver- 
ziaü;  ähnliches  s.  oben  s.  v.  mamphur)  gedrungen. 

vescor.  —  Lett.  tcesels  (nicht  vesels)  'gesund'  dürfte  im 
Gegensatz  zu  dem  entlehnten  preuß.  tvessals  'froh'  wegen  der 
Bedeutungsdifferenz  eher  mit  abg.  veseh  'froh'  urverwandt,  als 
aus  dem  Slavischen  entlehnt  sein. 

vetus.  —  Statt  vetuszas  heißt  das  lit.  Wort  richtiger  vetu- 
szas;  die  Schreibung  mit  -e-  bei  KLD[  beruht  auf  einem  Irrtum. 


268  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Nesselmann,  der  für  -6-  meist  -e-  schreibt,  hat  73a  väuszas 
(die  Betonung  natürlich  unsicher)  und  desgleichen  vetuszis  *alter 
Ochs',  dessen  -e-  KLD[  ebenfalls  fälschlich  durch  -e-  widergibt. 
Daß  Nesselmann  Kurschats  Quelle  war,  ist  zu  ersehen  daraus, 
daß  beide  dasselbe  Beispiel  vitmza  (KLD[  -e-)  böha  'altes  Weib' 
anführen.  Vgl.  auch  Leskien  Nom.  599  über  die  Schreibung 
der  Worte.    Ähnliche  Fälle  s.  oben  s.  v.  fiher  und  i)ecu. 

viesco.  —  Lit.  i-gyjü  f-gyti  'erlangen,  gewinnen'  ist  m.  E. 
ein  Kompositum  von  gyjü  gifti  'heil  werden,  aufleben,  sich  er- 
holen', das  zu  lat.  vivo  'lebe'  usw.  gehört,  doch  ist  der  bei 
KLD  angenommene  Bedeutungseinfluß  von  selten  von  gdunu 
gduH  'bekommen'  sehr  wenig  überzeugend.  Wenn  wir  vom 
früheren  Bedeutungszentrum  'ins  Leben  geraten'  des  Verbums 
gyti  ausgehen,  dann  können  wir  trotz  der  aktioneilen  Ver- 
schiedenheit erinnern  an  eine  ähnliche  Bedeutungsentwicklung 
in  russ.  Mai/<&  trs. 'erlangen,  erwerben',  z.  B.  wöi/<&  sehe  dosto- 
jdnije  'sich  ein  Vermögen  erwerben',  nazith  mnögo  dSnegb  'viel 
Geld  verdienen'  neben  ziti  intrs.  'leben';  vgl.  auch  im  ähnlichen 
Sinne  das  lit.  Kompositum  sugyv6nti  zu  gyvenü  gyvenü  in  dem 
dialektischen  Satze:  ir  sugiväna  ß  vienu  bernüku  'und  sie  gebar 
(brachte  zum  Leben,  erwarb,  erzielte,  bekam)  ein  Knäblein'  bei 
Doritsch  Beiträge  S.  75,  Z.  18,  der  ebenda  §  334  russischen 
Einfluß  annimmt.  Das  als  Gegensatz  zu  nazith  dienende  j)roziU 
'vertun,  verprassen*  kann  auch  im  Deutschen  durch  verleben 
übersetzt  werden.  Überhaupt  werden  Komposita  von  Intransi- 
tiven, besonders  von  Inchoativverben  nicht  selten  transitivisch 
im  Sinne  von  'erlangen,  erwerben'  gebraucht,  vgl.  z.  B.  russ. 
do-büdu  do-bytb  'erhalten,  erlangen,  erwerben,  gewinnen'  zu 
hvdu  'werde',  byth  'sein',  ursprünglich  auch  'werden';  do-stäth 
'erhalten,  erlangen*,  zu  stath  'werden*,  eigentlich  'sich  hinstellen*; 
nhd.  bekommen  zu  kommen  (engl,  become  'werden*!);  erstehen  zu 
stehen.  Vielleicht  kann  man  auch  nhd.  dial.  etiraa  angeworden 
sein  'sich  an  etwas  gewöhnt  haben'  (im  Roman  von  E.  von 
Oertzen  'Sie  und  ihre  Kinder',  Berlin,  Warneck,  1911,  S.  82  f., 
88,  149  usw.)  im  Sinne  von  'sich  eine  Gewohnheit  zu  eigen 
gemacht  haben*  auffassen. 

vllis.  —  Die  Zusammenstellung  von  lit.  Ptjliiti<  (nicht  ryliiis) 
'Betrug,  List'  mit  ags.  teil  'Bedrängnis,  Kümmernis,  Not,  Elend*, 
ist  nicht  unbedenklich  wegen  der  Unursprünglichkeit  der  litaui- 
schen Länge,  denn  v0ms  ist  ein  Nomen  act.  mit  dem  Vokalis- 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.    269 

mus  des  Präteritums  zu  viliu  vyliau  vilti  (=  lett.  iciVu  unlu  teilt) 
*betrügeii',  das  zu  der  von  Leskien  Ah\.  354  behandelten  Sippe 
gehört,  aus  der  jedoch  die  Worte  in  der  Bedeutung  'hoffen, 
vertrauen,  Hoffnung'  zu  entfernen  sind ;  vgl.  über  sie  vielmehr 
Walde  s.  v.  volo,  velle.  Da  die  Formen  des  Yerbums  in  den 
Wörterbüchern  usw.  vielfach  ungenau  oder  direkt  falsch  ange- 
geben werden,  muß  ich  meine  Ansätze  der  finiten  Formen  recht- 
fertigen. Das  Präsens  viliu  habe  ich  entnommen  aus  Szvrwids 
apwilu  (Dict.  226  a  s.  v.  omylam)  und  priwilu  (235  a,  446  b  s.  v, 
oszukitcam,  zdradzam),  deren  -I-  nach  dem  oben  s.  v.  minus  Ge- 
sagten nur  als  -/'-  gelesen  werden  kann,  sowie  aus  apvlliu  apvilti 
^anlocken,  verführen,  betrügen'  (hier  Verweis  auf  das  Simplex 
vilti)  und  Iszviliu  iszalti  'herauslocken,  entlocken'  bei  Juskevic 
{geschrieben  -lu,  da  er  die  /-Laute  in  Szyrwidscher  Weise  unter- 
scheidet; aus  dem  Zemaitischen  führt  er  die  auf  dialektisches 
*vilu  weisende  3.  Sing.  iszi)t  an).  Nesselmanns  80a  (nicht  86) 
von  Leskien  a.  a.  0.  zitiertes  Präsens  diu  (Ness.  viliu;  wegen 
-II-  s.  oben  caleo,  vgl.  auch  derbiösus)  ist  seine  schon  bespro- 
chene (oben  mitius)  nachlässige  Wiedergabe  der  Szyrwidschen 
Form ;  er  schreibt  auch  vylus  für  vylius,  villöti  für  vüiöti  'be- 
trügen, locken'  usw.  Leskiens  Präteritum  vylau  dürfte  ebenfalls 
aus  Nesselmann  stammen,  der  die  Form  so  schreibt;  die  Richtig- 
keit von  vyliau,  die  schon  aus  dem  Präsens  geschlossen  werden 
kann,  bestätigt  sich  durch  Leskiens  3.  Sing.  refl.  vyles  und  durch 
das  iszvyliau  (geschrieben  isvylau)  bei  Juskevic.  Die  Wurzel 
scheint  als  *ud-  angesetzt  werden  zu  müssen,  vgl.  preuß.  po-tcela 
'sie  verrieten',  lit.  veltas  'unnütz,  vergeblich'  usw.  Vielleicht 
gehören  die  Worte  zu  der  von  Walde  s.  v.  volvo  behandelten 
Wurzel  idg.  *uel-  'drehen'  (vgl.  nhd.  die  uorte  verdrehen)^  zu 
der  auch  lit  v<ilai  'Schweifhaar  des  Pferdes',  ai.  väla-h^  vära-h 
'Schweifhaar'  gezogen  werden  können;  die  Verbindung  der  lezt- 
genannten  Worte  mit  lat.  adüläre  'anwedeln'  (Walde  s.  v.  adülo) 
läßt  sich  dann  allerdings  aus  lautlichen  Gründen  schwer  halten, 
wenn  auch  semasiologisch  adüläre  sehr  gut  zu  lit.  viUi  passen 
würde.  —  An  Entlehnung  der  baltischen  Worte  aus  der  Sippe 
von  russ.  viljätb  'die  Richtung  ändern,  wedeln,  Winkelzüge 
machen',  poln.  wüic,  wiiowac  'verrückte,  tolle  Streiche  machen*, 
wilac  'wedeln',  witosc  'Narrheit,  Verrücktheit'  wird  man  aus 
morphologischen  Gründen  kaum  denken  können,  eher  an  Ur- 
verwandtschaft; doch  befremdet  dann  die  Länge  des  slavischen 

Indogermanische  Forschungen  XXXUI.  18 


270  W.  Frhr.  v.  d.  Osten-Sacken, 

Wurzelvokals,  die  eher  auf  Ableitung  vermittelst  /-Suffixes  von 
der  Wurzel  von  abg,  viti  'winden*  weist,  vgl.  lit.  vglä  *Draht*, 
veliöti  'wickeln*,  vylä  'Schwiele*,  lett.  tmle  'Saum*  (Leskien  Abi.  288^ 
Nom.  462). 

vireo.  —  Wegen  ksl.  zirt  'pascuum*,  lett  dfiras  Plur. 
•Gelage'  vgl.  IF.  24,  241  Fn.  2. 

viriae.  —  Dasselbe  r-Formans  wie  in  air.  fiar  'schief, 
ags.  wir  'Metalldraht,  gewundener  Schmuck'  usw.  findet  sich 
auch  in  dem  sicher  zur  selben  Wurzel  gehörigen  lit  j-vairtis 
'tortuosus,  mannigfaltig,  verschiedenartig*  (Leskien  Nom.  442, 
Juskeviö  jvairüs  'außergewöhnlich,  sonderbar,  verschiedenartig', 
in  der  Literatur  und  in  den  modernen  Dialekten  häufiges  Wort) ; 
wegen  der  anklingenden  lit  vyrius  'Strudel',  atvyrs  'Gegenstrom', 
ksl.  OTT»  'Strudel'  vgl.  IF.  24,  241  Fn.  2. 

ulva.  —  Sloven.  Idva  'tiefe,  sumpfige  Stelle  neben  einem 
Flusse  oder  in  einem  eingetrockneten  Flußbette'  wird  von  Berneker 
s.  V.  Idva  2.  als  Lehnwort  aus  nhd.  dial.  kämt  laiie  'kleine  Lache* 
aufgefaßt. 

nmbra.  — -  Das  aus  Szyrwid  stammende  lit  unksna  'Schatten' 
muß  ohne  Akzent  geschrieben  werden;  das  ü-  bei  KLD[  beruht 
auf  Willkür. 

ünus.  —  Wegen  des  v-  in  lit.  vSnas  'unus'  hätte  Brug- 
manns  Erklärung  Demonstrativpronomina  110  zitiert  werden 
müssen,  da  es  sonst  dem  Leser  rätselhaft  erscheinen  muß.  Ich 
möchte  allerdings  Brugmanns  Ansicht  etwas  modifizieren,  da 
ich  an  lit  ß  aus  oi,  df/,  9i  nicht  glauben  kann  (s.  auch  oben 
s.  v.  pinus  Fn.),  und  zwar  zerlege  ich  das  Wort  in  *ue-  (oder 
*ue-)-\-*ino-8  und  sehe  in  dem  *ui-  eine  Ablautstufe  zu  dem  u- 
in  lett  winsch,  tvina  *er,  sie*,  das  Brugmann  auch  in  vSnas  sehen 
will,  vgl.  lat.  ve-  in  vescor,  ve  in  vßcors  usw.  (s.  Walde  sub  verbis); 
der  Stamm  *ino-  bedarf,  da  er  in  abg.  jedhm  *unus'  (ähnlich 
auch  lett.  winsch)  klar  zutage  tritt,  keiner  Erklärung.  —  Was 
slav.  im  'unus,  alius*  (wegen  der  Formen  s.  Berneker  s.  v.)  an- 
betrifft, so  zweifle  ich  wegen  der  westslavischen  Verhältnisse 
daran,  daß  man  mit  dem  urslavischen  Ansätze  *»«»  für  alle 
Fälle  auskommt  Öech.Jmy 'alius*  scheint  mir  wegen  ^'d'u 'gehe* 
aus  *bdq  und  wegen  hra,  &\tjhra  aus  *hgra  (noch  viele  andere  ähn- 
liche Beispiele)  auf  urslav.  *im  resp.  *jim  hinzuweisen  [vgl.  Idg. 
Jhb.  1,  184.  K.-N.J;  ähnlich  ist  es  auch  in  den  übrigen  westslav. 
Sprachen.    Nur  im  Russ.  und  Südslav.  kann  man  i-,  J»-,  >-,  jh- 


Berichtigungen  u.  Ergänzungen  zu  Waldes  Lat.  Etym.  Wörterbuch.     271 

im  absoluten  Anlaut  überhaupt  nicht  mehr  auseinanderhalten. 
In  unserem  Falle  liegen  nun  zwar  in  solchen  adverbiellen  Ver- 
bindungen wie  abg.  vynq^  imnq  'in  einem  fort',  otmqdd  *öid  TravToc, 
eic  TÖ  TiavTtXec'  Formen  eines  unkoraponierten  *bm  vor;  es  muß 
aber  m.  E.  außer  dem  Kompositum  *ed-bm  noch  irgend  ein 
anderes  längeres  Wort  existiert  haben,  das  das  Simplex  *hm 
teils  verdrängt  hat,  teils  lautlich  mit  ihm  zusammengefallen  ist. 
Wenn  wir  annehmen  wollen,  daß  dieses  längere  Wort  zunächst 
nur  'alius'  bedeutet  hat,  so  können  wir  es  als  *ßm  aus  *ioino-s 
auffassen  und  dem  got.  jains  'jener'  gleichsetzen.  Näher  liegt 
aber  doch  wohl  die  Auffassung  des  Wortes  als  eines  Komposi- 
tums von  hm.  Das  erste  Kompositionsglied  könnte  dann,  je 
nachdem  man  die  Form  als  urslav.  *im  oder  *jim>  auffaßt,  e-, 
ie-  oder  io-  gewesen  sein.  Soweit  ich  mich  aus  Bernekers  Ar- 
tikeln s.  V.  e,  ede,  edbm,  i-  (in  i-ie\  jed{t)va  usw.  überzeugen 
kann,  scheinen  Komposita  mit  Formen  des  Pronominalstammes 
*e-  I  *o-  im  Slavischen  häufiger  zu  sein,  als  solche  mit  Formen 
des  Stammes  *ie-  \  *io-^  und  so  halte  ich  Zerlegung  von  im  in 
*e  -f  *bm  für  das  Wahrscheinlichste.  Wenn  *e-  die  in  griech. 
e-KCivoc  'jener',  lat.  e-quidem  'allerdings,  fürwahr'  belegte  Partikel 
oder  die  bloße  Stammform  ist,  kann  man  *e-hm  als  ein  Reim- 
wort zu  lit.  vSnas  aus  *ve-inas  auffassen  (dasselbe  wäre  auch 
bei  *je-bm  der  Fall).  Anderseits  wäre  es  denkbar,  in  slav.  *e- 
die  jüngere  Form  desselben  Nom.  Akk.  Sing.  *ed-  zu  sehen,  der 
in  *ed-bm  in  der  älteren  Lautgestalt  vorliegt. 

vola.  —  Zu  lit.  gdunu  gäuti  'erhalten,  bekommen'  scheinen 
auch  lit.  güms  'gewandt,  geschickt,  klug,  pfiffig',  giidrüs  'schlau, 
klug'  zu  gehören,  vgl.  oben  s.  v.  vafer.  Schwierigkeit  bereitet 
aber  mndd.  gauice,  gouwe  'rasch,  schnell,  der  rasch  begreift,  klug', 
das  an  sich  vortrefflich  zu  der  litauischen  Sippe  stimmen  würde, 
aber  mit  griech.  ^TTun  'Bürgschaft',  ^xTuduj  'einhändige'  lautlich 
nicht  zu  vereinigen  ist;  besser  passen  würde  air.  gäu^  gö  'Un- 
richtiges, Lüge',  das  Walde  aber  zu  lat.  haud  'eben  nicht,  gerade 
nicht'  (s.  v.  haud)  zu  stellen  geneigt  ist.  Auch  ein  Zusammen- 
hang des  germanischen  Wortes  mit  dem  keltischen  Worte  kann 
nicht  ohne  weiteres  angenommen  werden,  solange  in  keinem 
der  beiden  Sprachzweige  semasiologische  Zwischenstufen  bekannt 
sind.  —  Lies  güwejs  (lett.)  statt  güwejs.  —  Aus  dem  Slavischen 
könnte  man  ksl.  ogymati,  pogymati  'betasten,  streicheln'  (von 
Bemeker  s.  v.  gymajg  als  dunkel  bezeichnet;  wohl  Denominativ 

18* 


272  K.  Brugmann, 

Ton  einem  Abstraktum  *gyma  Mas  Anfassen*)  zu  lit.  gäidi  usw. 
stellen;  oder  ist  es  ein  formales  Iterativ  zu  einem  dem  lett. 
gumstu  gumt  'überfallen,  sich  auf  einen  senken'  (Walde  s.v.  gemo) 
entsprechenden  Verbum? 

volo,  velle.  —  Lit.  reZ?/<»* wünschen,  gönnen,  anraten*  ist  wohl 
entlehnt  aus  klruss.  vel'Uy  ds.  (Brückner  Lit.-Slav.  Studien  1, 152). 
—  Statt  wilüs  ist  viliüs  (lit.  'hoffe')  zu  schreiben,  vgl.  bei  Szyrwid 
Dict.  162  b,  347  b,  375  a  wiluofi  s.  v,  nadziejemam^  spodziewamsie, 
tiisze^  und  in  Punktay  Sakimu  S.  123,  Z.  19  die  3.  Pers.  wilafi  mit 
graphischem  -l-  für  -Z';  die  Schreibung  vilüs  bei  KLD[  beruht 
auf  Nesselraanns  (S.  80  a)  wilüs,  dessen  -l-  ebenso  zu  erklären 
ist  wie  dasjenige  in  mailus  vylus  usw.  (s.  oben  minus  und  vilis). 
Der  Infinitiv  ist  von  Leskien  Abi.  354  richtig  als  viltis  ange- 
gesetzt, vgl.  bei  Szjrwid  347  b  das  Part,  praes.  pass.  wittas  s.  v. 
spodziany.  —  Als  mögliche  litauische  Verwandte  von  lat.  volo  usw. 
möchte  ich  noch  pri-valaü  pri-valyti  'bedürfen',  pri-vcdüs  'nötig*, 
pry-vole,  prS-vok  'Bedürfnis'  vorschlagen ;  wenigstens  lassen  sich 
diese  Worte  kaum  mit  valaü  valyti  'reinigen,  reinigend  fort- 
schaffen, reinigend  einbringen'  vereinigen. 

voltus.  —  Lett.  lüiltus  'Betrug*  gehört  zu  icü'u  toilt  'be- 
trügen*; s.  über  dieses  oben  s.  v.  vilis.  —  Lies  viresb  (russ.) 
statt  veresb. 

vomo.  —  Statt vemalaiWes p^inafer(lit.'Gespienes').  Bei  KLD 
ist  der  ungebräuchliche  Singular  vSmalas  richtig  geschrieben; 
beim  Plural  steht  infolge  eines  Druckfehlers  -e-.  —  Vielleicht 
gehört  zu  lit.  v^mti  'erbrechen'  mit  Ablaut  lit.  isz-vomSju  isz-romSti 
'sich  verflüchtigen'  (von  der  Wärme,  von  Gasen)  bei  Juskeviö. 

upvtun.  —  Die  Form  verigy  (abg.)  ist,  um  Mißverständnisse 
zu  vermeiden,  als  Plural  zu  bezeichnen. 

Mitau.  W.  Frhr.  v,  d.  Osten-Sacken. 


Der  gotische  Genitiyus  PInralls  anf  -e. 

In  allen  indogermanischen  Sprachen,  d^ie  in  ihrer  histo- 
rischen Entwicklungsperiode  noch  die  Verschiecieriheit  der  ur- 
indogermanischen Vokalqualitäten  e  :  ö  erkennen  lassen,  weist 
die  auf  uridg.  -m  ausgehende  Form  des  pluralischen  Oenitivs 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  273 

der  sämtlichen  nominalen  und  pronominalen  Stammklassen  auf 
lirindogermanischen  Ausgang  -öwi,  genauer  -öfh  (mit  Schleifton), 
hin:  griech.  -ijuv,  lat.  -om  -um^  osk.  -um  -om^  ir.  -a  w-,  ahd.  as. 
-0  ags.  -a  aisl.  -a,  lit.  -ü  (-ft),  aksl.  -j.  Nur  das  Gotische  weicht 
ab.  Es  hat  zwar  in  einigen  Stammklassen  -ö,  das  ebenfalls  aus 
*-öm  hervorgegangen,  und  das  auf  Feminina  beschränkt  ist, 
z,  B.  tuggönöi  manageinö,  gibö,  pizö,  hlindaizö^  daneben  aber  den 
Ausgang  -e,  der  nach  den  bis  jetzt  sicher  erkannten  Lautände- 
rungsregeln in  keiner  der  in  Betracht  kommenden  Deklinations- 
klassen auf  *-öm  zuriickführbar  ist.  Meist  sind  es  Maskulina 
oder  Neutra,  die  -e  haben,  wie  dage^  tcaürde,  aüane,  hahiatie^ 
suniwe,  gaste,  ßize,  blindaize;  Feminina  auf  -e  sind  z.  B.  qene. 
mähte,  baürge  (daneben  Dat.  Plur.  qenim,  mahtim,  batirgim). 

Der  Gedanke  lag  nahe  und  wurde  in  früheren  Zeiten 
wiederholt  geäußert,  das  Gotische  habe  in  dem  -e  ein  urindo- 
germanisches *-em  bewahrt  das  sich  zu  *-öm  ebenso  verhalte, 
wie  bei  den  o-Stämmen  im  Instrumentalis  Sing,  der  Ausgang 
-e  zum  Ausgang  -ö  und  im  Ablativus  Sing,  der  Ausgang  -ed 
zum  Ausgang  -öd.  Es  mußte  dabei  jedoch  befremden,  daß  unter 
allen  indogermanischen  Sprachen,  auch  unter  allen  germanischen 
Dialekten  einzig  und  allein  das  Gotische  diese  #-Variante  er- 
halten haben  sollte  ').  Einen  nur  schwachen  An-  und  Rückhalt 
konnte  gewähren,  daß  ja  vielleicht  auch  der  arische  Ausgang 
-am  nicht  bloß  vorarisches  *-öm,  sondern  teilweise  *-m,  ja  daß 
er  vielleicht  in  allen  Stammkategorien  *-em  fortsetze.  Aber 
auch  noch  anderes  muß  befremdlich  erscheinen,  wenn  man  an- 
nimmt, die  gotische  Doppelheit  -ö  :  -e  sei  eine  urindogermanische 
Doppelheit  gewesen.  Die  gotischen  -e  und  -ö  stehen  ja  nicht 
so  nebeneinander,  wie  sonst  die  urindogermanische  qualitative 
Verschiedenheit  e:  6  in  den  flexivischen  Ausgängen  von  Kasus- 
systemen verteilt  erscheint  Daß  Verschiebungen  etwa  durch 
Kücksicht  auf  das  Genus  hervorgerufen  worden  seien,  ist 
nicht  gut  denkbar.  Denn  wenn  auch  -ö  nur  bei  Feminina 
auftritt,  warum  heißt  es  qene,  mähte,  baürge?  Das  Problem 
kompliziert  sich  aber  noch  dadurch,  daß  zugleich  erklärt 
werden  müßte,  warum  es  qeni,  mähte  und  nicht  *qenje,  *niahtje, 


1)  Kögels  Versuch,  die  gotische  Zweiheit  -o  und  -e  auch  im  West- 
germanischen nachzuweisen  (PBrB.  14,  114),  ist  mißglückt,  s.  van  Heilen 
PBrB.  17,  571. 


274  K.  Brugmann, 

ebenso  bei  den  maskulinischen  /-Stämmen  gaste  und  nicht 
*gastje  heißt*). 

Bei  dieser  Sachlage  ist  nicht  zu  verwundern,  daß  man 
wiederholt  auch  versucht  hat  das  -e  als  eine  speziell  gotische 
Fortentwicklung  des  aus  dem  uridg.  *-öm  entstandenen  urgerm. 
*-ön  begreiflich  zu  macheu.  Auf  verschiedenen  Wegen  ist  das 
geschehen.  Osthoff  meinte  {Morph.  Unt.  1,  240  ff.),  in  den 
Formen  wie  harje^  kunje^  halrdje  sei  -ö  durch  Einwirkung  des 
vorausgehenden  j  zu  -e  geworden,  und  hiernach  habe  man  dann 
auch  dage^  attane,  qene  usw.  gesprochen.  Diesen  Lautwandel 
wahrscheinlich  zu  machen,  ist  ihm  aber  nicht  gelungen,  und 
er  hat  selbst  später  diese  Deutung  wieder  aufgegeben.  Weniger 
leicht  widerlegbar,  aber  auch  nicht  glaubhaft  erscheint  die  Ver- 
mutung van  Heltens  (PBrB.  17,  570 ff.),  bei  den  Maskulina  und 
Neutra  der  o-Deklination  habe  das  e  des  alten  Ausgangs  des 
Genitivus  Sing.  *-esQ  (got.  -is)  analogisch  das  -ö  des  pluralischen 
Kasus  sich  zu  -e  umfärben  lassen,  und  nach  dage  u.  dgl.  h^be 
man  darauf  attane,  ßriß  usw.  für  *attanö,  *ßnjö  usw.  geschaffen. 
Beide  Vermutungen,  die  Osthoffs  und  die  van  Heltens,  sind  um 
so  weniger  befriedigend,  als  man  nicht  sieht,  auf  Grund  wovon  bei 
diesen  Ausgangspunkten  des  -e  der  Gote  zu  den  feraininischen 
Formen  wie  qene,  mähte,  haürge  sollte  gekommen  sein.  Vgl.  zu 
diesen  Deutungsversuchen  Streitberg  Urgerm.  Gramm.  231  f.  und 
die  hier  zitierte  Literatur,  ferner  noch  Bethge  bei  Dieter  Laut- 
u.  Formenl.  545,  Verf.  K.  vergl.  Gramm.  394,  Grundr.  2«,  2,  238 f., 
Wilmanns  Deutsche  Gramm.  3,  2,  323.  326. 

Muß  denn  aber  unser  -e  morphologisch  unter  allen  Um- 
ständen von  jeher  der  Ausgang  eines  'Genitivus  Plur.'  gewesen 
sein?  Es  gibt  in  den  indogermanischen  Sprachen  genug  Fälle, 
wo  neben  eine  altüberkoramene  Kasusform  eine  formantisch 
ihr  fremde,  aber  im  Gebrauch  ihr  verwandte,  mit  ihr  sich  teil- 
weise, in  einer  engeren  oder  weiteren  Sphäre  berührende  Form 
in  der  Weise  gestellt  hat,  daß  sie  sich  mit  der  Zeit  mit  ihr 
synkretistisch  verband,  d.  h.  auch  über  ihren  eigenen  ursprüng- 
lichen Gebrauchsbereich  hinaus  ihr  gleichwertig  wurde  und  sie 
teilweise  oder  ganz  verdrängte. 

2)  Niemand  wird  glauben,  in  qeni,  mähte,  gaste,  baürgi  habe  sich 
der  e- farbige  Ausgang  eihalten  im  Banne  des  palalalen  Vokals  in  der 
Schlußsilbe  andrer  Pluralkasus:  qeneie  qenim  qinins,  mahteia  mahtim 
mahtina,  gasteia  gastim  gaatina,  batirgim  (vgl.  laiaeind  neben  Nom.  laiaei- 
nöa,  aber  Dat.  laiaeim'm,  Akk.  laiaetnttia). 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  275 

Im  Griechischen  z.  B.  wurden  die  Formen  auf  -cpi  (crpa- 
TÖcpi,  vaöcpi  usw.)  zu  Lokativen  und  Ablativen  des  Singulars 
wie  des  Plurals,  die  ursprünglich  nur  ablativischen  Formen 
€^e6ev,  ceOev  zu  Genitiven.  Was  wir  im  Lateinischen  und  im 
Keltischen  den  Genitivus  Sing,  der  o-Stämrae  nennen,  die  For- 
mation auf  -z,  wie  lat.  lupi^  gall.  Segomarl^  war  (wie  Wackernagel 
gezeigt  hat,  M61anges  F.  de  Saussure  123  ff.)  ursprünglich  eine 
nominale  Flexionsform,  die  ad  verbal  verwendet  wurde,  wenn 
man  ausdrücken  wollte  'in  den  Bereich,  die  Kategorie  des 
betreffendenden  Nominalbegriffs  bringen,  versetzen,  umsetzen' 
u.  dgl.  (ai.  vaM  kar-  *in  seine  Gewalt  bringen*,  zu  väsa-h  'Gewalt*, 
lat.  lucri  facere) ;  das  -i  hing  stofflich  vermutlich  mit  dem  stamm- 
bildenden Formans  -io-  zusammen  (vgl.  ai.  mati  kar-  zu  matyä-m^ 
alat,  fili^)  zu  filius).  In  jenen  beiden  westeuropäischen  Sprachen 
«roberte  dann  diese  f-Form  das  gesamte  Gebiet  des  'Genitivs', 
wobei  sie  am  spätesten  adnominal  (deiis  lupi)  geworden  sein 
wird.  Umgekehrt  haben  in  andern  Sprachzweigen  die  s-Forma- 
tionen  {-sio  -so^  -es  -os  -s)  des  Genitivus  Sing,  die  Funktion  des 
alten  f-Kasus  mit  übernommen,  z.  B.  griech.  ttoXXoö  TToieic6ai 
für  lat.  multi  facere.    Vgl.  Verf.  Grundr.  2^,  2,  569  f. 

Ich  vetweise  ferner  darauf,  daß  im  Arischen  und  wahr- 
scheinlich auch  im  Germanischen  beim  Personalpronomen  Formen 
des  Nom.-Akk.  Neutr.  des  zugehörigen  Possessivums  als  Genitiv 
des  Personale  gebraucht  werden,  d.  h.  mit  den  nominalen  Ge- 
nitivformen  syntaktisch  gleichwertig  geworden  sind.  Die  als 
Genitiv  zu  ai.  vaydm  'wir'  yüyäm  'ihr',  aw.  vaim  yüs  yiihm^ 
apers.  myam  fungierenden  Formen  ai.  asmäkam,  ytismdkam^  aw. 
ahmäkam  yüsmäkam  (gthaw.  xsmäkdm\  apers.  amäxam  sowie  aw. 
Du.  yaväkam  (für  *yHväkdm)  waren,  woran  wohl  niemand  mehr 
zweifelt,  der  Nom.-Akk.  Sing.  Neutr.  der  Possessiva  ai.  asmäka-h 
'noster'  usw.  2).  Diese  Neutra,  die  in  gleicher  Weise  substan- 
tivisch gedacht  waren  wie  der  Grieche  tö  €|i6v  für  efiu  u.  dgl. 
gebrauchte,  sind  im  prädikativen  Satzteil  zu  ihrer  Geltung  als 


1)  Daß  filf  aus  urlat.  */"»?»»  kontrahiert  sei,  ist  nicht  nachzuweisen. 

2)  Dem  aw.  t/aväkam  steht  ai.  yuväku  (zu  yuvdm  'ihr  beide')  gegen- 
über ;  daneben  als  Possessivum  yucdku-h  'euch  beiden  gehörig'.  Ich  lasse 
es  unentschieden,  ob  das  entwicklungsgeschichtliche  Verhältnis  hier  das- 
selbe gewesen  ist  wie  bei  asmdkam :  asmäka-li,  oder  ob  yuväku  die  geschicht- 
liche Priorität  vor  dem  Adjektiv  yuväku-h  gehabt  hat.  Das  letztere  könnte 
ja  leicht  erst  nach  dem  Muster  von  asmäka-fy  usw.  hinzugekommen  sein. 


276  K.  Brugmann, 

'Genitiv'  gelangt;  z.  B,  RV.  4,  22,  10  asmäkam  it  sü  Sftiuhi  tvdnr 
indra  *auf  uns,  o  Indra,  höre'  A^ar  nach  dem  ursprünglichen 
Sinn  der  Pronominalform  'unsriges  höre'  und  RV.  1,  7,  10  = 
1,  18,  10  asmäkam  asfu  *uns  sei  er  (Indra)  eigen,  f]\jL(bv  Ictuj" 
ursprünglich  'unsriges  sei  er'.  Ygl.  Delbrück  Altind.  Synt.  204,. 
Vergl.  Sjnt.  1,  476.  Ebenso  erscheinen  auch  im  germanischen 
Sprachzweig  Kasus  des  substantivierten  Neuti'ums  der  Possessiva 
in  der  Funktion  des  Genitivs  der  Personalia  selbst.  Meiner 
Ansicht  nach  mit  Recht  betrachtet  man  dabei  als  Nora.-Akk, 
und  zwar  als  Pluralformen  got.  meina,  ßeina,  unsara,  izwara^ 
*ugkara,  igqara,  seina,  ferner  als  Plural-  oder  Singularformen 
die  westgermanischen  Formen  wie  as.  min,,  rf?'«,  sin,  üser,  euwar 
{iuwer\  während  endlich  die  aisl.  min^  pin,  sin,  vdr,  yd{u)ar  da- 
rum dem  Singular  zuzuweisen  sind,  weil  vdr  (zum  Adjektiv 
värr  *noster'  gehörig)  wegen  des  fehlenden  ?/-Umlauts  nicht  als^ 
Nom.-Akk.  Plur.  Neutr.  gelten  darf.  Ist  diese  Auffassung  die 
richtige^),  so  entspricht  der  Wechsel  zwischen  Plural-  und 
Singularform  der  griechischen  Doppelheit  xd  e/id  und  xö  e|iöv 
für  Itiw.  Zum  pluralischeu  Nom.-Akk.  ist  zu  vergleichen  der- 
selbe Numerus  anderer  substantivierter  Neutra  von  Adjektiva, 
wie  Joh.  17,  10  jah  meitia  alla  peina  sind  jah  peina  meitia  Vai 
xd  i\iä  TTttvxa  cd  icuv  Kai  xd  cd  ^)id',  Phil.  2,  4  pö  seina  harßzuh 
mitöndans  *xd  4auxu)v  eKocxoc  CKOTtoövxec',  Joh.  S,  44  pan  rödeip 
liugn,  US  seinaim  rödeip  *öxav  \aXrj  xö  ipeöboc,  ^k  xüüv  ibiuiv 
XaXei',  Mk.  9,  12  Hellas  qimands  faürpis  aftra  gahöteip  alla 
*'H\iac  eXOujv  Trpiijxov  dTT0Ka9icxa  Tidvxa'.  Dieselben  griechischen 
pluralischen  Neutra  übersetzt  Wulfila  freilich  auch  durch 
Singulare,  z.  B.  Luk.  15,  31  jah  all  pata  mein  pein  ist  'koi  rrdvxa 
xd  i\xö.  cd  kxiv',  1.  Kor.  13,  5  frijaPiva  ...  ni  sökeip  sein  ain 
'f)  d^dTTri  ...  Ol»  lr]T€\  xd  ^auxfic',  M.  8,  33  gataihun  all  '&nr\-\'ivXa.y 


1)  Die  ostnord.  värra  (später  vära),  ipra,  sina  sind  nach  Noreen 
Gesch.  der  nord.  Sprachen '  179  nach  sonstigen  Pluralgenitiven  auf  -a 
umgestaltet.  (Der  Antrieb  zu  dieser  Neuerung  war  derselbe,  der  im  Latei- 
nischen neben  die  als  Genitiv  zu  nö«,  vOs  fungierenden  nostrum,  vestrum 
die  Formen  noatrOrum,  veströrum  und  im  Neuhochdeutschen  neben  die 
als  Genitiv  zu  wir,  ihr  fungierenden  unser,  euer  die  Formen  utisrer, 
eurer  [vgl.  derer,  ihrer]  treten  ließ.)  Solches  sina.  zunächst  nur  auf  ein 
pluralisches  Subjekt  bezogen,  ist,  da  man  beim  Ueflexivum  die  Numeri 
nicht  schied,  im  Altgutnischen  auch  singularisch  gebraucht  worden  und 
hat  im  Altnorwegischen  (Runeninschr.)  analogisch  die  Form  pina  statt 
p4u  hervorgerufen. 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  277 

TrdvTa',  und  deshalb  hält  man  den  gotischen  Plural  für  einen 
Gräzismus.  Immerhin  darf  man  aber  annehmen,  daß  Wulfila 
bei  dieser  Wahl  des  Plurals  nicht  völlig  gegen  Geist  und  Alltags- 
gebrauch des  Gotischen  verstoßen  hat^).  Was  weiter  den  Kasus, 
den  Nora.-Akk.,  betrifft  so  sagt  Bethge,  der  die  Auffassung 
der  'Genitive'  got.  meina  usw.  als  neutrale  Nominativi-Akkusa- 
tivi  vertritt-),  darüber  folgendes  in  Dieters  Laut-  u.  Formenl. 
S.  551  f.:  "Diese  Verwendung  gerade  des  Akkusativs,  den  wir 
—  abweichend  von  den  lautlich  unmöglichen  Erklärungen 
anderer  —  in  diesen  Formen  erblicken,  erklärt  sich  sehr  ein- 
fach aus  Fällen  wie  got  ßeitm  {igqara)  ni  Parf  1.  Kor.  12,  21, 
peina  niutau  Philem.  20,  fraisai  iztcara  1.  Kor.  7,  5,  gairnjandans 
(allaize)  izwara  Phil.  2,  26.  2.  Kor.  9, 14,  freidjands  iztcara  2.  Kor. 

I,  23.  Wie  leicht  hätten  sich  im  Gotischen  aus  Konstruktionen 
wie  allata  mein  yamunandans  sijup  [rravTa  |aou  )üie|üivricee]  1.  Kor. 

II,  2  auch  die  singularischen  Akkusative  mein  usw.  zu  Genitiven 
der  Personalia  entwickeln  können  I"  Die  hier  von  Bethge  zur 
Illustration  gegebenen  Beispiele  sind  vielleicht  nicht  glücklich 
gewählt  Ich  möchte  mich  allgemeiner  so  ausdrücken:  Manche 
Verba  transitiva  nehmen  von  urindogermanischer  Zeit  her  als 
Objekt  sowohl  den  Akkusativ  als  auch  den  Genitiv  zu  sich, 
oder  es  wechseln  bei  Intransitiva  und  Passiva  der  Nominativ 
und  der  Genitiv,  wobei  der  Genitiv  mehr  den  Bereich,  wozu 
eine  Sache  gehört,  als  die  Sache  selbst  meint  Da  nun  die 
substantivierten  Neutra  der  Possessiva  an  sich  schon  gerade 
den  Bereich,  die  Sphäre  bedeuten,  so  war  das  Bedürfnis,  hier 
die  Genitivkonstruktion  anzuwenden,  kaum  vorhanden,  jedenfalls 
bei  weitem  nicht  in  dem  Maß  wie  bei  den  Personalia  selbst, 
und  diese  neutralen  Substantiva  im  Akkusativ  oder  Nominativ 
konnten  vielfach  leicht  syntaktisch  als  geradezu  gleichwertig 
mit  den  Genitivformen  erscheinen,  die  man  sonst  in  denselben 
Fällen  gebrauchte.    Als  nun  im   Germanischen,  schon   in  ur- 

1)  Der  adverbiale  Gen.  Plur.  bisttnjane  'kükXiu,  ringsum',  ursprüng- 
lich 'circumiacentium',  ist  wohl  als  Gen.  zum  Nom.  *bisunjans,  nicht  zum 
Nom.  *bisunjöna  zu  betrachten.  Eher  mag  simle  'ttot^,  einst,  vordem' 
(vgl.  ahd.  simbles,  eines,  niuwes,  Grdr.  2  *,  2,  695)  Neutrum  gewesen  sein. 
Oder  war  es  Abkürzung  von  *simle  dage  'einstiger  Tage'  (vgl.  mhd.  kurzer 
tage,  frühnhd.  verwichener  tage  u.  dgl.),  wobei  das  Adjektiv  noch  die  rein 
nominale  Flexionsendung  aufwiese?  Was  war  sware  ursprünglich? 

2)  Anders,  aber  mich  nicht  überzeugend,  Walde  Germ.  Anslautges. 
91  f.,  Janko  IF.  Anz.  15,  253. 


278  K.  Brugmann, 

germanischer  Zeit,  die  Genitivkonstruktionen  im  allgemeinen 
an  Ausdehnung  gewannen,  blieben  die  Personalpronomina  daran 
unbeteiligt,  weil  hier  der  Nora.-Akk.  N.  der  Possessiva  bereits 
als  Regel  sich  festgesetzt  hatte,  z.  B.  bei  den  Verba  des  äußern 
und  des  Innern  Sinnes  ('hören'  usw.).  Die  substantivierten 
Neutra  blieben  nur  ausgeschlossen  bei  den  Verba  wisan  und 
watrßan^hei  denen  man  das  adjektivische Possessivum  gebrauchte, 
wie  z.  B.  got.  Luk.  15,  31  jah  all  ßata  mein  ßein  ist  (dagegen  ai. 
<ismäkam  astu  *uns  sei  er  [Indra]  eigen*,  oben  S.  276)').  Daß 
im  Nordischen  die  substantivierten  Possessiva  auch  Genitivform 
annahmen,  war,  wie  wir  S.  276  Fußn.  1  sahen,  nur  eine  sekun- 
däre und  mehr  nur  äußerliche  Angleichung  an  die  Konstruktion 
der  nominalen  Substantiva,  wozu  man  außer  den  a.  a.  0.  in 
Parallele  gestellten  lat.  nostrorum^  vestrorum  und  nhd.  unsrer^ 
eurer  noch  hom.  eic  fDneiepou  ß  55  für  eic  rnLietepov  (vgl.  fmtTepöv 
öe)  vergleiche,  das  durch  eic  e|LioO,  ec  ceuuuTOÖ,  eic  Aiöao,  ctvbpöc 
ec  dqpveioö  u.  dgl.  hervorgerufen  worden  ist  (Brugmann-Thumb 
Oriech.  Gramm.*  475).  —  Nach  ihrer  Erstarrung  mußten  die 
Formen  aisl.  min  pin^  as.  min  thin^  got.  meitm  peina  naturgemäß 
als  Genitivi  Singularis  erscheinen  (z.  B.  got.  nist  meina  wairps 
M.  10,  37  wie  wairPs  ist  mizdöns  seinaizös  Luk.  10,  7),  dagegen 
die  Formen  aisl.  vdr  yd(u)ar^  as.  üser  iuwer,  got.  unsara  izwara, 
ai.  asmdkam  yu$mäkam  als  Genitivi  Pluralis  (z.  B.  hilj)  unsara 
Mk.  9,  22  wie  hilpan  ize  Luk.  5,  7).  Wenn  dabei  die  flexivisch 
singularischen  aisl.  vdr  yd{u)ar^  ai.  asmdkam  yusmäkam  im  Sprach- 
gefühl mit  den  pluralischen  Genitiven  der  Nomina  auf  gleiche 
Linie  gekommen  sind,  so  ist  das  dieselbe  Erscheinung,  wie  die 
gotische  Verbindung  Nom.  pai  fadrein  Akk.  pans  fadrein  'die 
Eltern'  und  ähnliches,  was  ich  Grundr.  2*,  2,  443 ff.  zusam- 
mengestellt habe*). 

Sind  wir  mit  unserer  Annahme,  daß  der  got.  Gen.  Plur. 
auf  -e  ursprünglich  kein  Gen.  Plur.  gewesen  sei,  auf  dem  richtigen 
"Weg,  so  ist  weiter  noch  auf  den  armenischen  Gen.  Plur.  auf 

1)  In  2.  Kor.  2,  3  gatrauands  in  allaim  izwis,  ßatei  meina  fahepa 
allaize  iztvara  ist  'ireiroiBüjc  i-nx  TrdvTac  üfiäc  öti  ^  ^m>^  xopö  irdvTiuv 
ömliv  ^CTiv'  ist  izwara  zwar  als  'Genitiv'  zu  fassen,  aber  dieser  ist  durch 
das  vorausgehende  allaize  hervor^^erufen. 

2)  Vgl.  außerdem  das  dem  pai  fadrein  genau  entsprechende  mantin. 
T(i  Toic  FoiKidrqi  'mit  den  Sklaven',  da  darin  das  KoUektivum  ä  Fo»ki6(t5 
'Hausgenossenschaft,  Sklavenschaft'  vorliegt  (R.  Meister  Ber.  d.  sächs.  Ges. 
d.Wi8s.  1911  S.  204). 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  279 

-€  zu  verweisen,  die  nominalen  Formen  wie  mard^p,  amaf^  srtip^ 
zarduf^  anjatif,  marp  und  die  pronominalen  wie  orop,  ahif^  nop- 
in.  Dieses  -p,  das  zugleich  für  den  Dat.  Abi.  Plur.  gilt,  kann 
natürlich  nicht  aus  -öm  entstanden  sein,  überhaupt  nicht  aus 
einem  der  rekonstruierbaren  uridg.  Ausgänge  pluralischer  Kasus. 
Man  sieht  darin  mit  Recht,  wie  mir  scheint,  das  sekundäre, 
adjektivbildende  N^ominalformans  -sko-^  und  so  gehen  die  Formen 
auf  -p  wahrecheinlich  auf  substantivierte  singularische  Neutra 
zurück,  die  einen  kollektiven  Sinn  hatten  nach  der  Art  von 
gi'iech.  iTTTTiKOv  'Reiterei',  cu)Li|LiaxiKÖv  'Bundesgenossenschaft*,  ahd. 
chindahi  'Kinderschar',  aganahi  'Spreuhaufen',  hiiciski  'Haus- 
genossenschaft', gumUgi  'senatores',  ags.  tnenenc  'Menschheit'  u.  a. 
Welcher  Kasus  in  dieser  Formation  auf  -p  steckt,  bleibt  freilich 
unklar.  Doch  läßt  sich  wolü  nur  an  den  Nominativ- Akkusativ^) 
oder  an  den  Ablativ  denken.  Zunächst  waren  es  nur  wenige, 
isolierte  Formen  auf  -(?,  die  mit  den  alten  pluralischen  Gen.- 
Abl.-Dai  gleichbedeutend  wurden.  Von  ihnen  aus  trat  der 
Ausgang  auf  Wörter  der  verschiedensten  Art  der  Stammbildung 
über.  Vgl.  Grundr.  2  2,  2,  240  und  die  hier  zitierte  Literatur. 
Ein  ähnlicher  Ursprung  läßt  sich  nun,  wie  es  scheint,  auch 
für  unsern  got.  Gen.  Plur.  auf  -e  annehmen,  indem  man  darin 
den  Nom.-Akk.  Sing.  N.  einer  sekundären  Adjektivbüdung  auf 
-ej'o-,  also  Formen  auf  ursprüngliches  *-eio-m  sieht.  Danach  wäre 
z.  B.  harne  ursprünglich  'Kindliches',  qem  'Weibliches'  gewesen, 
und  die  syntaktische  Entwicklung  wäre  im  wesentlichen  die- 
selbe gewesen  wie  die,  durch  die  der  Nom.-Akk.  der  substan- 
tivierten Neutra  aisl.  vär  as.  User  got  tmsara  usw.  zu  Gen.  Plur. 
geworden  sind.  Den  ^^nstoß  dazu,  daß  die  Formen  bei  ihrer 
syntaktischen  Umwertung  dem  Genitiv  des  Plurals,  nicht  des 
Singulars  angeschlossen  wurden,  hat  der  Umstand  gegeben,  daß 
Formen,  deren  Sinn  ein  kollektiver  war,  die  Führung  hatten, 
wie  das  ja  auch  für  die  armen.  Pluralgenitive  auf  -p  ange- 
nommen werden  muß,  wenn  ihr  Ursprung  oben  richtig  bestimmt 
worden  ist.  Ihre  älteste  Stelle  hatten  die  e-Formen  in  Fügungen 
von  der  Art  der  folgenden.  Mk.  8,  12  qap :  ha  pata  kuni  taikn 
sokeiß?  amen,  qipa  izwis:  jabai  gibaidau  kunja  ßamma  taikne 
'Xexer  xi  n  xeved  a\m\  aiiieiov  ImZlnTei;  d|Lirjv  Xcti«  u|liTv,  ei  boOri- 

1)  An  den  Nominativ -Akkusativ  unter  der  von  Meillet  und  Pedersen 
vertretenen  Annahme,  daß  der  ursprüngliche  Ausgang  -om  lautgesetzlich 
ganz  geschwunden  ist;  vgl.  het  'Fußspur' =  a.i.  padd-m. 


280  K.  Brugmann, 

cera»  rrj  fevea  xamx}  cnMciov',  Joh.  6,  26  matidedtip  pize  hlaibe 
*€(pdYeT€  CK  Tüüv  apTuuv'.  In  negativen  Sätzen,  z.  B.  Luk.  1,  7 
jah  ni  was  im  harne  Vai  ouk  i^v  auToic  tckvov',  Mk.  12,  19 
jahai  .  .  .  harne  ni  Uleipai  *^dv  .  .  .  reKva  |mi  dqprj'  (vgl.  Streit- 
berg IF.  18,  403).  Bei  wisan,  z.  B.  Joh.  18,  17  ibai  jah  Pii  pize 
sipönje  is?  Vn  ^ai  cu  gk  tujv  |Lia9r|TÜüv  ei;'  Bei  Yerba  des 
Hörens  u.  dgl,  z.  B.  Joh.  7,  40  hamjanduns  pize  waürde  'okou- 
caviec  TUJV  Xotujv'.    Mit  all  :  all  bagme  'rrdv  bevbpov'. 

Lautliche  Schwierigkeiten  sind  für  die  Zurückführung  auf 
urgerra.  *-eian  kaum  vorhanden.  Für  frühen  Wegfall  von  -an 
vgl.  z.  B.  die  Infinitive  wie  walrpan  =  ai.  vdrtanam.  Daß  nicht 
-ai  als  Ausgang  erscheint,  wie  qenai  aus  *qenei^  erklärt  sich 
daraus,  daß,  als  *-ei  zu  -ai  wurde,  der  Ausgang  *-eian  noch 
zweisilbig,  sein  -ei-  demnach  noch  nicht  tautosyllabisch  war. 
Daß  in  dem  aus  *-eian  entstandenen  *-ei  schließlich  noch  das 
/  verklang,  ist  phonetisch  wohlbegreiflich.  Eventuell  kommt 
dabei  die  got.  Fortsetzung  von  urgerm.  sogenanntem  e^  in  Be- 
tracht (got.  Äe/',  fera\  welches  ja  mit  großer  Wahrscheinlichkeit 
auf  den  Langdiphthong  ei  zurückgeführt  wird^). 

Daß  die  maskulinischen  und  die  femininischen  «-Stämme 
gleicherweise  -e  haben,  wie  gaste^  qene,  mähte,  läßt  vermuten, 
daß  bei  diesen  Stämmen  -e  altansässig  gewesen  ist;  wir  kämen 
also  zunächst  hier  zu  dem  Ansatz  von  alten  Adjektivstämmen 
wie  *gasteia-,  *mahteia-.  Bei  den  o-Stämmen,  von  denen  einige 
ebenfalls  Adjektiva  auf  -eia-  neben  sich  haben  mochten,  be- 
förderte die  Ausbreitung  des  -e  für  -ö  der  Umstand,  daß  beim 
Nebeneinander  eines  o-  und  eines  ö-Stamms  der  neue  Genitiv 
eine  Scheidung  nach  dem  Geschlecht  ermöglichte:  daüraward^ 
*der  Türhüter',  daürawardö  *der  Türhüterinnen**).  Von  da  aus 
kam  man  weiter  zu  pize  neben  pizö,  garaznane  neben  garaznönö 
usw.  Wenn  dabei  die  Feminina  wie  gihö,  daürauxirdö  das  alte 
-ö  festhielten,  so  geschah  das  zugleich  unter  dem  Schutz,  den 
diese  Vokalqualität  an  dem  -ö-  der  andern  Kasus  {gihOs,  gihöm) 
hatte,  und  gihö,  daürawardö  usw.  dienten  dann  zugleich  wiederum 
zum  Schutz  von  garaznönö,  qinönö  usw. 

1)  Daß  für  got.  e  =  urgerm.  c  *  die  Schreibung  ei  fehlt,  hält  Streitberg 
Elem.  '  S.  71  für  Zufall.    Im  Gen.  Plur.  erscheint  ei  z.  B.  in  dalei  Luk.  H,  5. 

2)  Die  ä-Feminina  hatten  damals  noch  nicht  in  dem  Umfang,  wie 
es  im  historischen  Gotisch  der  Fall  war,  schwache  Flexion  bekommon 
inipjd  'i\  cu'nfvi'ic*  neben  nißjis  'b  cufT^vt'ic'  u.  a.). 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  281 

Daß,  bei  diesem  Ursprung,  die  Formation  auf  -e,  nach- 
dem sie  einmal  zu  der  Funktion  als  Gen.  Plur.  gekommen  war, 
von  dem  ganzen  Forraensjstem,  dessen  Glied  sie  gewesen  war, 
allein  übrig  geblieben  wäre  und  in  der  neuen  Funktion  weit 
über  ihren  anfänglichen  Bereich  hinaus  um  sich  gegriffen  hätte, 
darf  nicht  auffallen.  Erstens  kommt  es  ja  auch  sonst  öfters  vor, 
daß  eine  Flexionsform  einer  bestimmten  Stammklasse,  wenn  sie 
einen  neuen  syntaktisch-semantischen  AVert  und  Charakter  be- 
kommt, sich  isoliert  und  in  der  neuen  Verwendung  in  höherem 
Maße  produktiv  wird.  Das  zeigt  sich  z.  B.  überall  bei  Kasus 
von  Nomina  actionis,  die  zu  'Infinitiven'  umgewertet  werden: 
sie  geben  nunmehr  in  der  neuen  Funktion  das  Muster  für  zahl- 
reiche Neuschöpfungen  ab,  z.  B.  got.  wairpan,  fraihnan^  rinnan, 
ßriskan  usw.,  osk.  acum^  deicum^  menvum,  moltaum,  fatiura 
usw.,  lat  agi,  posci,  flectl,  sterni  usw.  Oder  bei  Kasus  von  Nomina 
und  Fronomina,  die  zu  'Adverbien'  umgeAvertet  wurden,  z.  B. 
griech.  'lc9|ioi,  KikuvvoT,  ttoi,  iravTaxoT,  eviauGoT  u.  a. ;  auioö,  ttoö, 
QTXOÖ,  Travxaxoö,  uvpoö  u.  a. ;  KaXujc,  oütuuc,  ttüjc,  caqpoic,  öia- 
(pepövTUJc  u.  a.  So  setzt  ja  auch  das  durch  alle  Stammklassen 
durchgeführte  armen.  Kasuszeichen  -f?,  was  auch  immer  sein 
Ursprung  gewesen  sein  mag,  eine  mächtige  analogische  Aus- 
breitung in  der  ihm  nicht  von  Haus  aus  innewohnenden  Be- 
deutung voraus.  Und  zweitens  darf  man  annehmen,  daß,  nach- 
dem einmal  Formen  auf  -e  den  Wert  der  Formen  auf  -ö  be- 
kommen hatten,  sie  den  Sprechenden  den  Eindruck  auch  formaler 
Gleichartigkeit  mit  den  Formen  auf  -ö  machten.  Man  empfand 
nunmehr  nur  noch  diejenige  Verschiedenheit  zwischen  den  beiden 
Ausgängen,  die  der  Grammatiker  als  qualitativen  Ablaut  (Abtö- 
nung) bezeichnet. 

Nun  aber  die  Hauptfrage:  wo  sollen  die  vorausgesetzten 
denominativen  Adjektivaauf  *-eio-s  morphologisch  unterkommen? 
In  unserer  Überlieferung  des  Gotischen  selbst  sind  solche  von 
Nomina  abgeleitete  g/o- Stämme  nicht  mehr  vorhanden.  Das 
wäre  dann  derselbe  Fall,  wie  daß  das  Gotische  zwar  zahlreiche  von 
Adjektiven  abgeleitete  Adverbia  auf  -ba  aufweist,  wie  hardu-ba 
{hardus),  bairhta-ha  {balrhts,  bairhta-),  ana-laugni-ba  {ana-laugns, 
ana-laugnja-y\  die  ein  erstarrter  Kasus  von  bho-  oder  bhä- 
Stämmen  waren  (vgl.  griech.  dpTu-9oc,  aksl.  z^l(hba  usw.,  Grundr. 


1)  Leo  Meyer  Goth.  Spr.  S.  67  f.  zählt  38  Adverbia  dieser  Art  auf. 


282  K.  Brngmann, 

2',  1,  386  ff.  2^,  2,  717),  während  von  den  zugrunde  liegenden 
hho-  oder  6/iä-Stämmen  selbst  in  der  historischen  Periode  der 
Sprache  nichts  mehr  verlautet.  Dagegen  scheint  im  Nordischen 
die  m-Bilduug  durch  die  Sekundärbildungen  vertreten  zu  sein, 
die  Sievers  in  dem  Aufsatz  Über  german.  Nominalbildungen 
auf  -«/a-,  -eja-^  Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  1894  S.  129  ff.  behandelt 
hat.  Maskulina  dieser  Art  sind  die  Eigennamen  wie  anorw. 
(By-Stein)  HroBes  in  der  Verbindung  HroRUK  HroReR  'HronaB, 
der  Sohn  des  HroBau  (vgl.  griech.  Zeuc  Kpövioc,  TeXainujvioc 
Aiac),  aisl.  Glasir^  ßrasir  usw.,  Feminina  aisl.  Skadi  und  der 
Monatsname  göi  (auch  Göi  als  Nomen  pr.);  der  Entwicklungs- 
gang war  bei  den  Maskulina  etwa  -eiaz^  -aiaz^  -aiasj  -#«,  -ir.  (Als 
Erweiterung  dieser  Stammklasse  mittels  -en-  betrachtet  Sievers 
die  alten  Stammesnamen  wie  Ligvaeo,  Frisaeox  Ingvaeo  —  in 
gotischer  Schreibung  *Iggwaia  —  wäre  urgerm.  *Iidgueiön  ge- 
wesen, vgl.  got.  armaiö  Fem.  (zu  arms  *arm*  und  3.  Sing,  armaip) 
aus  *armeiön.)  Freilich  ist  das  e  von  -eia-  aus  dem  Germanischen 
selbst  heraus  nicht  eindeutig  zu  erweisen,  und  man  käme,  wie 
auch  Sievers  bemerkt,  rein  lautlich  auch  mit  -aia-z  aus.  Aber 
da  dieses  lautlich  kaum  auf  vorgermanisches  -oi-io-s  oder  -äi-io-s 
—  das  wäre  Lok.  Sing,  von  o-  und  ä-Stämmen  plus  Adjektiv- 
formans -io-  —  zurückgeführt  werden  darf,  so  ist  Herleitung 
aus  -eia-z  das  nächstliegende.  Dieses  hat  nämlich,  wie  wiederum 
auch  schon  Sievers  gesehen  hat,  eine  Parallele  an  dem  balt- 
slav.  Sekundärformans  lit.  -Sjas^  Fem.  -ejä  (besonders  in  den 
älteren  Texten,  jetzt  meistens  zu  -ijis,  Fem.  -eß,  umgebildet), 
slav.  -ejb,  Fem.  -«/a,  z.  B.  lit.  medijas  *Jäger*  zu  medis  in  dessen 
alter  Bedeutung  *Wald',  medijas  demnach  'Wäldler',  gaidijas 
'Sänger*,  raszSjas  'Schreiber',  aksl.  hrbzajh  'Strömung'  zu  brtzb 
'schnell',  serb.  narticaj  'Armvoll'  zu  ruka  'Arm',  russ.  hogatej 
'Reicher*  zu  bogat  'reich*,  zelteja  'die  Gelbe*  zu  zeit  'gelb',  gordej 
klruss.  hord'ij  'Stolzer'  zu  gord  'stolz',  hahej  klruss.  hab'ij  'Weibi- 
scher, Weibermann'  zu  baba  '(altes)  W^eib'  (s.  Leskien  Bild.  d. 
Nora,  im  Litau.  S.  328 ff.)'). 


1)  Ob  Sievers'  Heranziehung  der  keltisch -germanischen  Matonen- 
namen  auf  -ehae  richtig  ist,  mag  dahingestellt  sein.  Unrichtig  ist  seine 
Vergleichung  mit  den  griech.  Nomina  auf  -nüoc,  wie  Kabjii^ioc  zu  Kdb|ioc, 
ävBpujTTr)ioc  zu  ävepujiToc.  Denn  dieser  Ausgang  beruht  auf  -nFioc  (vgl. 
ßaciXnioc,  zu  ßaciXcüc  ßaciXn[FJoc),  wie  am  deutlichsten  der  iieiname  des 
Hermes  böot.  KSpöKi^iFioc  zeigt  (vgl.  ion.  KrjpöKi^iov  'Heroldstab'). 


Der  gotische  Genitivus  Pluralis  auf  -e.  283 

Vielleicht  war  ein  engerer  Zusammenhang  zwischen  -eio- 
und  der  einen  oder  andern  von  denjenigen  f-Formationen,  die 
verschiedenen  idg.  Sprachen  angehören  und  von  Bezzenberger 
Rpac  S.  153  ff.  -und  Hirt  IF.  31,  Iff.  (vgl.  auch  Streitberg  PBrB. 
16,  266  ff.)  eingehender  besprochen  worden  sind,  wie  ai.  ndviya- 
navina-^  ndvi-yas-^  navi-kar-,  tftit/a-.  Zu  diesen  selben  f- For- 
mationen darf  man  rechnen  die  von  Sievers  a.  a.  0.  141  f.  den 
aisl.  Formen  Glasir  usw.  an  die  Seite  gestellten  denominativen 
aisl.  Neutra  auf  -/,  deren  Umlaut  auf  *-iio-  weist,  und  die  wesent- 
lich Kollektivbedeutung  haben,  z.  B.  flör-fiH  Idfa-fiU  *Bretterboden' 
zu  fipl  'Brett,  Diele',  greni  'Fichtenholz'  zu  gron  'Fichte',  ill- 
gresi  'Unkraut'  zu  gras  'Gras',  hd-degi  'Zeit,  wo  der  Tag  am 
höchsten  ist,  Mittagsstunde'  zu  dagr  Tag'.  Solches  auf  Ablaut 
beruhendes  Nebeneinander  -eio-  :  -i-  hat  eine  genaue  Parallele 
in  dem  Nebeneinander  der  ebenfalls  nominalformantischen  Ele- 
mente -euo-  und  -ü- :  ai.  paldva-h  'Spreu' :  lett.  Plur.  peius  'Spreu', 
Dat.  pelü-m^  griech.  -nF(o)-  in  x^^euc  :  x^Xüc  aksl.  zely  'Schild- 
kröte', vgl.  zu  x^tuc  die  Formen  ion.  iepeiuc  und  att.  lepeuc, 
Fem.  iepeS  (=  *iepr|Fä),  gort.  FoiKca  (=  *FoiKriFä)  u.  dgl.  (Yerf. 
Grundr.  2«,  1,  201.  205 f.  210f.)  >).  Vermutlich  steht  aber  -euo-  in 
engerem  Zusammenhang  mit  dem  idg.  *-€u  des  Lokativus  Sing. 
der  M-Stämme,  wie  got.  sunau,  ai.  sünäti,  umbr.  manuv-e  'in 
manu',  und  ebenso  ist  dann  -eio-  mit  der  gleichen  Bildung  des 
Lokativus  Sing,  der  i-Stämme  zu  verbinden,  uridg.  -#/,  woraus 
satzphonetisch  teilweise  *-e  :  got.  mahtai,  qenai,  ai.  agnd^  wozu 
Agndyi  'Gattin  des  Agni'  ('die  beim  Agni'),  urgriech.  *TT6\r|,  er- 
weitert zu  hom.  TToXrii')-  Dazu  paßt  denn  gut,  daß  der  got.  Gen. 
Plur.  auf  -e  bei  den  maskulinischen  und  femininischen  «-Stämmen, 
z.  B.  gaste^  qßng,  als  alteingesessen  zu  gelten  hat. 

Es  mag  übrigens  noch  auf  eine  andre  Möglichkeit,  den 
Ausgang  -ejo-  entwicklungsgeschichtlich  einzuordnen,  hingewiesen 
sein.    Man  könnte  -ep-  auch  in  -e-io-  zerlegen  und  darin  eine 

1)  Dieses  -eit{o)-  halte  -ö^{o)-  neben  sich:  vgl.  xeA.ujvr|  aus  *-öunä- 
zu  xtXeüc,  xt^öc;  äXujc  (wie  TTCiTpiuc),  hom.  dXuu(F)ri  und  kypr.  äXFov;  ko- 
pujvöc  aus  *-öuno-s  und  lat.  curvos,  s.  Grundr.  a.  a.  0.  H.  Diels  Klio  13 
(1913)  S.  314  erschließt  aus  den  handschriftlichen  IPEAI  und  IPEEI  bei 
Herodot  9,  85  die  lakonischen  Formen  fip^ac  und  r\pl€c  als  Nebenform 
zu  i^pujc  (/jpujF-),  woraus  sich  die  Doppelheit  *fipriF(o)-  :  *npujF(o)-  ergäbe. 

2)  Die  Unrichtigkeit  der  Zurückfährung  von  TröXnV  auf  *TroXnFi 
hoffe  ich  demnächst  anderswo  (Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1913)  beweisen 
zu  können. 


284  K.  Brugmann,   Gotisch  usstagg  'stich  aus*. 

Ableitung  aus  der  alten  satzphonetischen  Nebenform  des  Lok. 
Sing,  der  »-Stämme  auf  ~e  sehen  von  derselben  Art,  wie  lit.  dan- 
guje-jis  'himmlisch'  zu  Lok.  Sing,  danguß  Mm  Himmel'  geschaffen 
ist,  musu-jis 'der  unsrige'  zu  Gen.  Flur,  müsü^  osk.  kersnai[i]ä- 
*cenaria'  aus  *-äi-io-  zu  Lok.  Sing.  *kersnal  *in  cena*,  arm. 
kanamh-i  *der  eine  Frau  hat',  aramh-i  'die  einen  Mann  hat'  zu 
Instr.  Sing,  kanamh  (Nom.Ärfn  'Frau')  und  aramh  (Nom.  air  'Mann') 
u.  dgl.  (Grdr.  2«,  1,  196). 

Daß  ich  die  vorstehende  Herleitung  des  got.  Gen.  Plur. 
auf  -e  aus  einer  denomioativen  Adjektivbildung  nicht  als  streng 
bewiesen  betrachte,  brauche  ich  wohl  nicht  noch  besonders  zu 
versichern.  Bei  derartigen  Flexionsformen,  deren  Entwicklung 
schon  in  vorhistorischen  Zeiten  abgeschlossen  war  und  deren 
Ausgang  nach  den  Lautgesetzen  ursprünglich  so  verschiedenes 
gewesen  sein  kann  wie  got.  -e  (dieses  könnte  ja  z.  B.  auch  aus 
-et,  -ek  oder  dgl.  entstanden  sein),  ist  es  auch  sonst  gewöhnlich 
schwer,  den  Ursprung  sicher  zu  bestimmen.  Die  Hauptsache 
ist  mir,  auf  eine  Richtung  aufmerksam  gemacht  zu  haben,  in 
der  des  Rätsels  Lösung,  wie  es  scheint,  zu  suchen  ist,  und  auf 
die  meines  Wissens  noch   niemand   bis  jetzt  hingewiesen  hat. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


Gotisch  usstagg  'stich  aus'. 

(Zu  IF.  32,  179  ff.) 

Dieser  Imperativ  kommt  nur  Mtth.  5,  29  vor:  iß  jabai 
augo  ßein  pata  taihswo  marzjai  puk,  usstagg  Ha  *ei  be  6  öqpöaXiaöc 
cou  6  beEiöc  cKavbaXiZiei  ce,  ^EeXe  auTov',  und  andre  Formen 
dieses  Verbums  sind  nicht  überliefert.  Da  das  Wort  augen- 
scheinlich zu  aisl.  stinga  ags.  stin^an  'stechen'  und  aisl.  stmig  F. 
ahd.  stanga  F.  'Stange'  gehört,  so  hätte  man,  glaubt  man,  usstigg 
statt  usstagg  erwarten  sollen,  usstigg  schreibt  denn  auch  Upp- 
ström  und  mit  ihm  Bernhardt,  Braune  und  neuerdings  auch 
Streitberg  (Die  got.  Bibel  I,  3,  H,  128.  130,  Element.^  143).  Von 
Grienberger  (Unters,  zur  got  Wortk.  233  f.)  hat  usstagg  festge- 
halten, während  Wrede  (Stamm-Heynes  Ulf.'^  S.  4.  482)  zwar 
im  Text  nicht  ändert,  aber  im  Wörterbuch  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  der  Überlieferung  äußert.  Von  Grienberger  hat  Recht 


V.  Grienberger,  Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera.       285 

Denn  us-staggan  gehört  zu  der  Klasse  der  von  e  :  o-Wurzeln 
gebildeten  Präsentia  wie  gaggan^  hlandan^  ana-praggati :  es  ver- 
hält sich  zu  aisl.  stinga  ags.  stin^an  ebenso  wie  ahd.  ivalzan  zu 
aisl.  velta^  ahd.  scaltan  zu  sceltan,  got.  graban  zu  aksl.  grebg  u.  dgl. 
Dieser  Beleg  für  diese  Präsensgruppe  war  mir  IF.  32,  180,  wo 
ich  ihren  auffallenden  Vokalismus  glaube  richtig  erklärt  zu 
haben,  entgangen.  —  Wegen  auswärtiger  Verwandtschaft  von 
usstaggan  vgl.  ühlenbeck  PBrB.  27,  134. 

Leipzig.  K.  Brugmann. 


Die  altlateinische  Inschrift  Yon  Lncera. 

Die  Überlieferung  dieser  Inschrift  beruht  einzig  und  aUein 
auf  der  Abschrift,  die  dem  Verfasser  einer  Stadtgeschichte  von 
Lucera,  G.  d'Araelj*),  wie  er  selbst  in  einer  Fußnote  S.  119 
anmerkt,  von  dem  Lucerer  Gelehrten  Francesco  del  Buono  zur 
Verfügung  gestellt  wurde,  die  er  in  seinem  Buche  zum  Gegen- 
stande einschlägiger  Erörterungen  machte  und  unter  den  dem- 
selben beigegebenen  Inschrifttafeln  (Iscrizioni,  Blatt  5)  als  Nr.  80 
abdruckte. 

Ich  gebe  diesen  Abdruck  hier  wieder,  um  die  überlieferte 
Worttrennung,  Anordnung  der  Zeilen  und  die  Lücken  im  Texte 
ersichtlich  zu  machen. 

1.  IN  •  HOCE  •  LOVCAEID  •  STIECVS 

2.  NE     •  •  IS  •  FVNDATID  •  NEVE  •  CADAVEK 
4i.  PROIECITAD  •  NEVE  •  PARENTATID 

4.      SEI  •  QVIS  •  ARVORSV  •  HAC  •  FAXIT  •  •  •  IVM 
ö.  QVIS  •  VOLET  •  PRO  •  lOVDICATOD  •  NI 

6.  MANVM  •  miECTO  •  ESTOD  •  SEIVE 

7.  MAC  •  •  •  STERATVS  •  VOLET  •  MOLTARE 

8.  CETOD  •  •  •  • 

Genauere  Angaben  über  den  Verbleib  des  Steines  glaubte 
Mommsen  geben  zu  können,  der  im  Jahre  1873  zu  dem  Behuf e, 
die  Inschrift  nachzuprüfen,  in  Lucera  weilte.  Der  positive  Ertrag 
war  allerdings  null,  da  der  Mommsen  gezeigte,  angeblich  mit 
dem  gesuchten  identische  Stein  mit  der  putativ  beschriebenen 
Seite  nach  einwärts  in  die  Grundmauer  eines  Hauses  verbaut 


1)  Storia  della  cittä  di  Lucera  per  Giambattista  d'Amelj  .  .  .  com- 
pilata,  Lucera  1861,  4«>. 

Indogermanische  Forschungen  XXXm.  19 


286  V.  Grienberger, 

war^).  Ich  sage  der  angeblich  identische  Stein,  denn  nach  der 
von  d'Amelj  in  einem  Briefe  an  Fiorelli,  d.  d.  April  1877,  mit- 
geteilten Fundgeschichte  des  Steines,  wurde  dereelbe  in  der 
Nacht  nach  dem  Tage  seiner  Auffindung  im  Jahre  1847  von 
unbekannter  Hand  zerschlagen*). 

D'Amelj  gab  die  Inschrift  in  gewöhnlichen  Antiquamajus- 
keln wieder,  als  Umschrift  der  eigentlichen  Typen,  von  denen 
er  S.  119  sagt:  "I  caratteri  e  le  parole  sono  dei  prirai  tempi 
di  Roma",  doch  wird  man  nicht  in  Frage  stellen  dürfen,  daß 
die  Anordnung  der  Zeilen  des  Abdruckes  der  des  Steines  gemäß 
sei,  daß  die  Lücken  in  Zeile  2,  4,  7,  8  dreimal  mit  je  3,  einmal 
mit  5  Punkten  markiert  —  wozu  noch  4,  doch  sicherlich  be- 
deutungslose Punkte  am  Ende  des  Textes,  hinter cetod 

—  immer  nur  Auslassungen  von  einigen  wenigen  Buchstaben 
darstellen,  und  daß  die  worttrennenden  Punkte  der  Reproduktion 
in  irgend  einem  Betrachte  dem  Original  entsprechen. 

Diese  Lücken  füllte  Mommsen  1875:  Zeile  2  [g'«]««^ 
Zeile  4  [iti\ium,  Zeile  7  ma[gi]steratus  (so!),  Zeile  8  [li]cetod, 
löste  Zeile  5  NI  in  n{umum)  [L],  d.  i.  Gen.  plur.  mehr  einem 
Zahlzeichen,  etwa  4^,  auf  und  ergänzte  Zeile  6  ein  i  zwischen  f 
und  0  des  Komplexes  iniecto. 

Alle  diese  Komplettierungen  und  die  mit  ihnen  zusammen- 
hängende Auffassung  des  inschriftlichen  Textes  wiederholt 
G.  Bruns^)  mit  der  Bemerkung  "die  Lücken  sind  leicht  zu 
ergänzen",  liest  aber  am  Schlüsse  seiner  Abhandlung  S.  143 
und  ebenso  drei  Jahre  später*)  lieber  n{umum)  I,  mit  dem 
Werte  des  Zahlzeichens  C|)  (1000),  da  L  im  Sinne  von  50  000 
eine  zu  hohe  Strafsumme  sei. 

Die  Ergänzung  Zeile  4  änderte  Mommsen  später  (1883) 
in  [ceiv\ium% 

Denselben  Text  der  vierten  Ausgabe  wiederholt  auch  die 
siebente  der  Fontes^),   nur   daß   hier  mit  d'Amelj,  dem  Total- 

1)  Mommsen  in  Ephemeris  epigraphica  .  .  .  Romae,  Vol.  II,  1875, 
pag.205— 208,  Nr.  298  und  in  CIL.  IX,  Berolini  1883,  pag.  75,  No.  782. 

2)  CIL.  IX  (1883),  S.  667. 

3)  Eine  Inschrift  von  Lucera :  Zeitschrift  für  Rechtsgeschichte  .  . . 
Bd.  12,  Weimar  1876,  S.  127—143. 

4)  Fontes  iuris  Romani  anliqui  ed.  C.  G.  Bruns,  ed.  4.,  Kriburgi  i.  B. 
et  Tubingae  1879,  pag.  44. 

5)  CIL.  IX,  S.  75. 

6)  Fontes  iuris  Romani  antiqui  ed.  C.  G.  Bruns,  pars  prior  .  .  . 
septimum  ed.  0.  Gradenwitz,  Tubingae  1909,  pag.  283. 


Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera.  287 

abdrucke  in  der  Ephemeris  uüd  dem  des  CIL.  IX,  in  Zeile  8  mac 
beibehalten  ist,  während  die  übrigen  dafür  mag  eingesetzt  haben 
und  daß  zu  n{ummum)  I  die  mißverständliche  Auffassung  in 
der  vierten  Ausgabe  der  Fontes  mit  der  Fußnote  "Mo.  conicit  L, 
scilicet  quinquaginta,  non  quinquaginta  milia"   berichtigt  wird. 

Was  an  dem  Texte  der  Inschrift  zunächst  auffällt,  sind 
die  drei  Verbalformen  fundatid^  proiecitncl^  parentatid,  die,  in 
dem  ersten  ein  Verbot  oder  eine  Warnung  aussprechenden  Teile 
stehend,  die  Wirkung  der  Imperative  in  der  inhaltlich  nahe 
verwandten  Inschrift  von  Spoleto')  neqi([i]s  violatod  .  .  .  exvehito 
.  .  .  exferto  .  .  .  mque  cedito  .  .  .  haben  müssen.  Der  Versuch 
Corssens,  bei  Mommsen  Ephemeris  S.  206,  diese  Verba  auch 
formell  den  lateinischen  Imperativen  auf  -töd  gleichzusetzen,  in 
proiecitad  das  bewahrte  (I)  ä  von  ai.  bkara-tät  zu  erblicken  und 
die  beiden  -tid  mit  Annahme  einer  Zwischenstufe  -ted  gleich- 
falls auf  älteres  -täd  zurückzuführen,  ist  schon  seit  dem  Jahre  1878 
hinfällig,  da  H.  Buchholtz  die  beiden  Formen  auf  -id  als  regel- 
rechte Konjunktive  des  oskischen  <-Perfektums  erklärt  hat'), 
worin  sodann  0.  A.  Danielsson^)  mit  der  Bemerkung:  es  scheine 
sicher,  daß  im  Oskischen  der  Optativ  des  Perfektums  auf  -id 
die  Funktion  der  3.  sing,  des  Imperativs  übernehmen  konnte, 
da  im  negativen  Gebot  der  Optativ  perfekti  die  Regel  sei:  ni 
hipid,  nep  fefacid^  Plur.  nep  tribarakattins  folgte. 

Minder  glücklich  erscheint  mir  doch  die  Erklärung 
DanielssoDS  von  proiecitad  als  Xeuschöpfung  mit  dem  Charakter 
des  Konjunktivs  a  für  ?,  beziehungsweise  als  Aktivum  zu  osk. 
kaispatar,  krustatar,  in  keinem  Falle  also  mit  Verzicht  auf  das 
überlieferte  innere  t. 

Ich  bin  vielmehr  der  Ansicht,  daß  die  Form  des  zweiten 
Verbums  nicht  richtig  auf  uns  gekommen  sei  und  habe  auch 
von  dem  Versuche  K.  Brugmanns,  die  lateinischen  Verba  mit 
präsentischem  t,  nectere  z.  B.,  zur  Erklärung  heranzuziehen  % 
nicht  den  Eindruck  des  Überzeugenden  gewonnen.  Eine  mit  t 
erweiterte  Form  des  Verbums  iacere^  proicere  :  *proiecito^  Infinitiv 

1)  E.  Schneider,  Dialecti  Lalinae  priscae  et  Faliscae  exempla 
selecta.  Lipsiae  1886,  S.  12.  —  Fontes  iuris  Romani  anliqui,  ed.  7, 
pars  I,  pag.  283. 

2)  Karl  Brugmann  Zum  Haingesetze  von  Luceria  CIL.  IX,  782: 
Miscellanea  linguislica  in  onore  di  Graziadio  Ascoli.  Torino  1901,  S.  1 — 5. 

3)  Pauli's  Altilalische  Studien.  4.  Heft,  Hannover  1885,  S.  152—155. 
4t)  Altitalisches;  6  Die  oskischen  <- Verba  IF.  15  (19u3 — 4)  S.  76—80. 

19* 


288  V.  Grienberger, 

offenbar  auf  -ere  gemeint,  also  keineswegs  mit  j^'oiectäre  irgend- 
wie zu  verbinden,  erscheint  mir  so  sehr  fragwürdig,  daß  ich 
vorziehen  muß,  die  Tradition  zu  ändern  und  unter  Annahme 
eines  Fehlers  der  Wiedergabe  PROIECIIAD  (man  vgl.  cadaver 
abi^re^  proicere  cadaver  alicuius  in  itinere^  eiectum,  abiectum 
cadaver)  zu  lesen,  worin  dann  allerdings  eine  korrekte  lateinische 
3.  sing,  conjunctivi  praesentis  activi  für  späteres  ^/-o/e/a^  gegeben 
ist,  deren  Doppelschreibung  des  i  auch  in  osk.  kapuanisch  fakiiad 
'faciat',  V.  Planta  Nr.  135 1),  heriiad  *capiat',  v.  Planta  Nr.  129 
—  beide  oskischen  Verba,  allerdings  solche  der  4.  Konjugations- 
klasse! —  erscheint,  deren  Auslaut  d  sich  auch  in  kapia{d\ 
Forum,  und  sied,  Duenosinschrift,  falisk.  doviad  =  lat.  dual,  Herbig, 
vorfindet.  Es  sind  demnach  die  Verba  fundatid  und  parentatid 
oskische  Konjugationsformen  aus  den  lateinischen  Verben  fun- 
däre  und  parentäre^  zu  deren  ersterem  nur  zu  sagen  ist,  daß  es 
mit  dem  späteren  lat.  fundäre  {navem,  carinam)  —  'fundo  instruere', 
auch  ^condere'  {urbem,  sedem)  und  'firmare,  stabilem  reddere' 
nicht  identisch  sein  kann,  sondern  in  der  Tat  eine  Themadoublette 
zu  fundere  'gießen'  mit  der  Bedeutung  eben  dieses  Zeitwortes 
sein  muß. 

Schon  Mommsen  Ephem.  S.  205  hat  hiezu  paräre  neben 
parere  in  Vergleich  gestellt,  andere  Parallelen:  fodäre^  sonäre, 
pinsäre,  tonäre,  lauäre,  profligäre,  occupäre  neben  fodere,  sonere, 
pinsere^  tonere,  lauere^  ftig^^'^i  capere  hat  Danielsson  S.  154  hinzu- 
gefügt 2);  aus  dem  Oskischen  ist  censaum  gegen  lat.  censere  als 
Themadoublette  der  ersten  und  zweiten  Konjugation  zu  erwähnen. 

Man  hat  es  also  einerseits  mit  einer  oskischen  Ausdehnung 
des  lateinischen  conjunctivus  prohibitivus  der  zweiten  Person 
perfecti  ne  dubitaveris^  ne  dixens,  nihil  ignoveris  auf  das  ganze 
Perfektum  zu  tun :  eisei  terei  nep  Abellanüs  nep  Nnvlamis  pldum 
tribarakattiiis  'in  eo  territorio  neque  Abellani  neque  Nolani  quid- 
quam  aedificaverint',  Cippus  Abellanüs  B  46 — 48,  Infinitiv  be- 
zeugt tribarakavutn^  anderseits  mit  hybrider  Übertragung  der 
bezüglichen  Flexion  auf  die  Verba  fundäre  und  parentäre  des 
lateinischen  Inschrifttextes,  die  aus  dialektischer  Mischung  — 
so  schon  Brugmann  Das  Haingesetz,  S.  3  —   zu  erklären   sein 

1)  Grammatik  der  oskisch-umbrischen  Dialekte  von  Robert  v.  Planta, 
Straßburg  1892-97,  2  Rde. 

2)  Vgl.  auch  Formenlehre  der  lateinischen  Sprache  von  F.  Neue, 
3.  Aufl.  von  C.  Wagener,  Berlin,  Bd.  3  (1897)  S.  258—293. 


Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera.  289 

wird.  Dem  Umstände,  daß  die  vermutlich  etymologische  Doppel- 
schreihung  tt  des  obigen  oskischen  Konjunktivs  sowie  der  Judika- 
tive perfecti  pnifatted,  dadikatted  teremnattens  dabei  unterlassen 
ist,  kann  man  keinerlei  Bedeutung  beimessen,  da  dieselbe  auch 
in  osk.  [d\uunated^  paelign.  coisatens  fehlt. 

Die  Frage  nach  der  Bildung  des  <<-Perfektums  ist  hier 
nicht  von  Belang;  möglich  schiene  es  mir,  daß  demselben  das 
Verbaladjektiv  auf  -tuo-  zugrunde  zu  legen  sei^). 

Was  den  sachlichen  Inhalt  des  Verbotes  betrifft,  den  man 
den  dastehenden  Worten  folgend  auf  Ausgießen  von  Exkrementen, 
Fortwerfen  von  Tierleichen  und  Abhaltung  von  Totenfeiern  be- 
ziehen muß,  bemerkte  Mommsen  in  Ephem.  S.  207 :  **agi  apparet 
de  luco  sacro  non  polluendo  imniunditiebus  sepulcrisve,  ut 
in  Universum  ait  praetor  (Dig.  43,  6,  1  pr.)  in  loco  sacro  facere 
inve  eum  immittere  quid  veto",  d.  h.  Mommsen  schloß,  daß  das 
Verbot  der  Parentatio  im  Grunde  genommen  ein  solches  des 
Begrabens  menschlicher  Leichen  sei. 

Bei  aller  Anerkennung  der  zwingenden  Folgerung  jedoch, 
daß  dort,  wo  die  Totenfeier  untersagt  ist,  das  Begraben  von 
Leichen  um  so  mehr  verboten  sein  muß,  glaube  ich  doch,  daß 
der  Text  nur  die  Totenfeier  meine  und  die  Leichenbestattung  im 
Haine  nicht  mit  besonderem  Verbote  treffe,  da  sie  aus  anderen 
Gründen   überhaupt  nicht  in  Betracht  gezogen  werden   kann. 

Der  Stein  ist  nach  dem  Zeugnisse  d'Amelj's  in  der  Nähe 
einer  alten  Begräbnisstätte  gefunden,  der  denselben  mit  ein- 
beziehend S.  119  sagt:  "Alcune  altre  [iscrizioni]  poi  per  la  strada 
che  mena  alla  vicina  cittä  di  Troja,  nei  lati  della  quäle  (nämlich 
der  Straße)  era  il  vetusto  sepolcreto".  Troja  liegt,  nach  der 
Karte  23  in  Stielers  Handatlas  vom  Jahre  1906  gemessen,  17  km 
beinahe  senkrecht  südlich  von  Lucera.  20  km  von  Lucera, 
14  km  von  Troja  flankiert  im  Westen  ein  Gebirgszug  die  Gegend, 
nördlich  sich  im  Monte  Sambuco,  südlich  im  Monte  Comacchia 
erhebend,  mit  dessen  Absenkung  man  sich  den  Lucerer  Hain 
in  Verbindung  stehend  denken  darf.  Ausführlich  kommt  d'Amelj 
in  dem  gedachten  Briefe  vom  April  1877  auf  die  am  Wege 
von  der  Porta  di  Troja  in  Lucera  nach  dem  Flecken  Troja,  alt 
Aecana,  im  Jahre  1847  aufgedeckten  zahlreichen,  aus  der  Zeit 
der  Republik  und  vorher  stammenden  Gräber  zu  sprechen  und 

1)  Vergleichende  Laut-,  Stammbildungs-  und  Flexionslehre  .  .  . 
von  K.  Brugmann,  2.  Bearbeitung,  Straßburg,  2.  Bd.,  1.  Teil  (1906)  §  338. 


290  V.  Grienberger, 

bemerkt,  daß  der  in  Rede  stehende  Stein  200  m  vor  der  Porta 
di  Troja  gefunden  sei.  Es  ist  also  nicht  zn  bezweifeln,  daß  die 
Nachbarschaft  des  Haines  und  der  Begräbnisstätte  schon  zur 
Zeit  der  Anfertigung  der  Inschrift  bestanden  habe,  und  daß 
dann  wohl  gerade  in  dieser  örtlichen  Beziehung  der  Anlaß 
gegeben  war,  die  Veranstaltung  einer  Totenfeier  auf  dem  Gebiete 
des  Haines  zu  untersagen,  in  der  offenkundigen  Absicht,  dieselbe 
auf  ihr  zuständiges  Gebiet,  das  des  anrainenden  Leichenfeldes 
zu  verweisen. 

Nach  der  allgemeinen  Darstellung  der  römischen  Toten- 
feier, die  G.  Wissowa  ^)  gibt,  scheint  es,  daß  dieselbe  nicht  mit 
allen  Akten  gerade  an  den  genauen  Ort  des  Grabes  gebunden  war. 

Von  sprachlichem  Interesse  im  Texte  des  ersten  Abschnittes 
ist  außer  der  Form  stircus  mit  i  statt  e,  wozu  stircorium  Mur. 
814,  4  (Aquileia)  bei  Schuchardt  1,  357  ^),  alat.  Mircurios^  Mir- 
qurios,  Schneider  S.  5,  6,  commircium,  Velius  Longus,  bei  Lindsay- 
Nohl  S.  264  als  Formen  des  Bauern-  oder  mundartlichen  Lateins 
bezeichnet,  und  osk.  amirkatud  zu  vergleichen  ist,  sowie  außer 
der  vollen  Gestalt  des  Ablativs  des  Demonstrativpronomens  höce^ 
aus  *höd-ce^  im  besonderen  der  Ablativ  loucarid^  den  Mommsen 
Ephera.  S.  206  auf  lat.  lücar  mit  der  Bemerkung  begründen 
wollte,  das  Wort  scheine  hier  vom  Haine  selbst  gebraucht  zu  sein. 

Aber  das  bei  Festus  gebuchte,  substantivierte:  "lucar 
appellatur  aes,  quod  ex  lucis  captatur"  und  nicht-substantivierte 
Adjektiv:  "lucaris  pecunia,  quae  in  luco  erat  data"^),  mit  dem 
langvokalischen  Suffixe  -dm,  ist  schwerlich  im  Texte  der  in 
Rede  stehenden  Inschrift  zu  suchen. 

Daß  die  Inschrift  ebenso  eingeleitet  sei,  wie  die  von 
Spoleto  honce  loucotn  .  .  .,  und  daß  dementsprechend  in  hoce 
loucarid:  'in  hoc  luco'  heiße  und  daß  das  Substantiv  ein  topi- 
sches mit  lücus  unmittelbar  zusammengehöriges  und  zwar  eben 
jenes  sein  müsse,  von  dem  der  Stadtname  Lüceria^  so  die 
Quantitäten  bei  Forcellini*),  in  griechischer  Überlieferung  Aou- 
Xepia  Strabo,  AouKapia  Polybius"^),  seinen  Ausgang  hat,  ist  aller- 
dings sicher,   aber  die  alten  Formen  des  Namens   auf  den  bei 

1)  Religion  und  Kultus  der  Römer,  München  1902,  S.  187—193. 

2)  D.r  Vokalisrnus  des  Vulgärlateins,  Leipzig  1866—68. 

3)  De  verborum  significalu  quae  supersunt ...  ed.  Wallace  M.  Lindsay, 
Lipsiae  1913,  S.  10(5. 

4)  Totius  lalinifatis  onomasticon  .  .  .  Prati,  4  (1887),  194. 

5)  Mommsen  im  CiL.  IX,  S.  74. 


Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera.  291 

d'Amelj,  Tafel  6,  abgebildeten  und  S.  119  besprochenen  Münzen 
einmal  AOYKEP,  siebenmal  VOVCERI  empfehlen  eine  andere 
Beurteilung. 

Vor  allem  wird  man  den  Yokal  der  Mittelsilbe  wegen 
des  Wechsels  von  e  und  a  nicht  wie  in  lücär^  lücäris  als  ur- 
sprünglich lang  betrachten  dürfen,  sondern  als  Kürze;  dann 
wird  man  etymologisches  ä  überhaupt  nicht  anzusetzen  haben, 
sondern  altes  e,  das  im  Belege  der  Inschrift  ebenso,  wie  in  der 
einen  griechischen  Form  des  Polybius  vor  /•  in  ä  gewandelt  ist 
und  sich  als  Vulgarismus  den  bei  Schuchardt  1,  206 — 211  und 
3,  106  verzeichneten  Beispielen  ossäres,  oparae,  ansare^  pas- 
sares  u.  a.  anschließt. 

Seiner  grammatischen  Qualität  nach  ist  das  in  den  Deklina- 
tionsformen löiicer,  löuceri,  loucärid  auftretende  Appellativum 
für  *Hain,  Wald'  am  ehesten  neutraler  s-Stamm,  im  Nominativ 
wahrscheinlich  gleich  den  Beispielen  bei  Lindsay-Nohl  S.  408 
opos,  Venös,  foedtts  mit  o,  in  den  Obliquen,  Gen.  opens,  l^eneris  — 
alat  auch  Venerus,  Schneider  Nr.  298,  348  —  foederis,  mit  e  in 
der  Endung.  Es  ist  anzunehmen,  daß  das  Wort  bei  schon  ein- 
getretenem Ehotazismus,  den  auch  der  s-Stamm  cadaver  gegen 
stircus  aufweist,  einmal  *loucos  *loticeris  dekliniert  wurde  und 
nichts  anderes  als  eine  Entgleisung  aus  dem  bekannteren 
o-Stamme:  lat.  lüciiSj  alat.  Gen.  Imici,  Akk.  loitcom  Spoleto,  adjek- 
tivisch erweitert  im  Ablat.  louqviod  Forum,  osk.  Lok.  liivkei  sei. 
Erwiesen  wird  die  Möglichkeit  einer  derartigen  Doppelgestalt, 
ob  nun  sekundär  oder  alte  selbständige  Nebenform,  doch  jedes- 
falls  durch  das  bei  Lindsay-Nohl  S.  408  aus  modestus  und 
moderor  abgezogene,  neben  dem  o-Stamme  modus  bestehende. 
,s-Thema  *modes. 

Dazu  stellen  sich,  völlig  einwandfrei,  Uuceri  der  Münzen 
als  Lokativ  auf  -i  wie  rüre  und  Uiicärid  der  Inschrift  als 
Ablativ  wie  hovid  (bis)  Spoleto,  airid,  coventionid,  Schneider 
Nr.  181,  97,  22. 

Die  einmal  bezeugte  Form  XouKep  könnte  aber,  wenn  sie 
nicht  endungsloser  Lokativ »)  oder  graphische  Kürzung  aus  louceri 
ist,  immerhin  auch  die  Auffassung  nahe  legen,  daß  der  Nomi- 
nativ des  in  Rede  stehenden  Wortes  gleich  cadaver  auf  -er 
gebildet  gewesen  sei.  In  jedem  Falle  ist  dieses  örtlich  fixierte 
Appellativum  die  etymologische  Grundlage  und  der  Träger  des 

1)  Lindsay-Nohl  S.  453—4. 


292  V.  Grienberger, 

sachlichen  Belanges  für  den  Ortsnamen  {civitas)  Lüceria,  an  das 
die  Bevölkerungsnamen  Lücerini  und  Lücerenses  sogar  direkt 
angeknüpft  werden  können. 

Der  zweite  Abschnitt  gliedert  sich  in  drei  Teile:  die 
Formel  des  gesetzten  Falles  sei  quis  arvorsum  hac  faxit,  der  im 
Spoleter  Texte  seiquis  violasit  . . .  seiquis  scies  violasit  dolo  mala  . . . 
entspricht,  und  zwei  mit  estod  und  licetod  schließende  eventuelle 
und  alternative  Strafbestimmungen,  von  denen  die  zweite  seive 
mac^iysteratus  volet  moltare^  (li'ycetod  textlich  nicht  viel  Kopf- 
zerbrechens verursacht,  wohl  aber  die  erste,  weil  einer  Ergänzung 
bedürftig  und  ersichtlich  entweder  fehlerhaft  überliefert  oder 
in  ungewöhnlichen  Sprachformen  verfaßt,  zu  verschiedenen  Ver- 
suchen sie  einzurichten,  Anlaß  gab. 

Akzeptiert  man  in  Zeile  vier  und  sechs  die  Lesungen 
Mommsens  <^ceivyium  und  ini€ct<iyo^  in  fünf  die  Interpretierung 
Bruns'  NI=  1000  HS,  nummum  unius  mille,  sowie  die  Erklärung 
manum  iniectio  bei  Mommsen  Ephem.  207  als  Akkusativ,  fort- 
geführt aus  der  festen  Formel  manum  inicio  —  s.  die  Beispiele 
bei  Gaius  ')  —  wie  rem  curatio  in  der  Plautischen  Phrase  quid  tibi 
hanc  curatiost  rem?,  so  ergibt  sich  ja  ein  lesbarer  Text,  mit 
dem  die  "manus  iniectio"  gegen  den  Yerletzer  des  Gesetzes  jenem 
Bürger,  der  sie  verlangt,  zugestanden  wird,  quis  wlet  ist  dabei 
am  ehesten  Relativsatz,  durch  den  der  Plural  ceivium  auf  einen 
einzelnen  eingeschränkt  wird,  und  nur  einer  kann  ja  im  Sinne 
der  bezogenen  Ausführungen  bei  Gaius  der  *actor'  sein.  Ich 
würde  demgemäß  eine  Übersetzung  empfehlen:  "So  soll  von 
Seiten  der  Bürger,  welcher  da  will,  an  Urteilsstelle  wegen 
1000  HS  die  Handanlegung  stattfinden". 

In  betreff  des  Ausdruckes  pro  ioudicatod,  dem  im  oski- 
scben  Texte  der  Tabula  Bantina  Absatz  5  in  ähnlicher  Verbin- 
dung pru  medicatud  manim  aserum  eizazunc  egmazum  .  .  .  ent- 
spricht, hat  schon  Mommsen  Ephem.  208  auf  Gaius  verwiesen, 
aber  ohne  auf  den  Text  eben  dieses  zurückzugehen,  würde  man 
nur  wenig  zureichende  Vorstellungen  von  dem  Rechtsverfahren 
der  manus  iniectio  gewinnen.  Man  würde  nicht  erfahren,  daß 
der  römische  Rechtslehrer  drei  Arten  derselben  unterscheidet: 
eine  solche  auf  Grund  eines  Urteiles  iudicati,  wozu  man  den 
Passus   iudicati  iure   manus  iniectio  esto   der   Lex  ^ürsonensis 


1)   Inslitutionum    commentarii    qualtuor   .   .   .    edd.   E.  Sockel    et 
B.  Kuebler,  Lipsiae  1908,  4,  21—25. 


Die  altlateinische  Inschrift  von  Lucera.  293 

CIL.  n,  5439  halte,  eine  solche  ohne  Urteil,  aber  mit  Kraft 
eines  solchen  pro  iudicato  und  endlich  eine  manus  iniectio  pura 
—  die  beiden  letzteren  von  bestimmten  Gesetzen  eingeräumt  — , 
daß  sie  das  Hersagen  einer  bestimmten,  den  Grund  anführenden 
Formel  und  die  körperliche  Berührung  des  Belangten  erheischte 
und  sich  als  eine  Art  Privathaft  darstellte,  die  im  dritten  Falle 
durch  bloßes  Abwehren  der  Hand,  in  den  Fällen  1  und  2  durch 
Stellung  eines  Bürgen  abgewendet  werden  konnte. 

Man  erführe  auch  nicht,  daß  in  der  bei  Mommsen  aus- 
geschriebenen Formel:  quod  tu  mihi  iudicatus  damnatus  es  ses- 
tertium  X  milia,  quandoc  non  solmti,  ob  eam  rem  ego  tibi  sester- 
tium  X  milium  iudicati  manum  (hs.  manus)  inicio  schon  Gaius 
das  wirkungsvolle  Asyndeton  der  altrömischen  Gesetzessprache 
iudicatus  damnatus  mit  einem  eingeschobenen  siv£  stilistisch 
abgeschwächt  habe,  und  daß  der  Versuch  Moramsens,  die  mit 
deiktischem  -ce  erweiterte  Konjunktion  quandoc  in  quando  ea 
umzuformen,  nicht  berechtigt  sei. 

Aber  man  kann  vielleicht,  unbeschadet  des  eben  ent- 
wickelten sachlichen  Inhaltes  des  Passus  [ceiv\ium  —  estod^  auch 
der  Vervollständigung  von  iniecto  zu  iniectio  entraten.  Ich  bin 
unabhängig  von  Brugmann  darauf  verfallen,  iniecto  estod  als 
iniecttts  esto  zu  verstehen^)  und  sehe  mich  durch  das,  was 
Brugmann,  das  Haingesetz  S.  4,  dazu  sagt,  in  dieser  Auffassung 
bestärkt.  Wenn  manum  inicio  durchaus  wie  ein  Kompositum 
empfunden  wurde  und  mit  Objektsakkusativ  manum  inicio  ali- 
quem  konstruiert  werden  konnte,  so  ist  eine  Bindung  "pro  iu- 
dicato nummum  unius  müle  manum-iniectus  esto",  auf  den  Ver- 
letzer des  Gesetzes  gehend,  nicht  anzufechten,  wobei  es  am  Sinne 
nichts  ändert,  ob  man  den  zwischengestellten  Satz  "civium  quis 
volet"  mit  Brugmann  konditional,  oder  wie  ich  vorher  wollte, 
relativisch  auffaßt. 

FormeU  ist  zu  iniecto  estod  zu  bemerken,  daß  zwar  aus- 
lautendes s  vor  Vokal  sonst  nicht  unterdrückt  wird  und  daß 
der  angenommene  Fortfall  desselben  nicht  unmittelbar  aus  dem 
Gesichtspunkte  der  von  Cicero  erwähnten  Synkope  betrachtet 
werden  kann*).  Aber  inschriftliches  situst  und  satiust  für  situs 
est  und  satius  est^)  ist  doch  etwas  ähnliches,  und  im  gegebenen 

1)  Allerdings  las  ich  dabei  das  vorhergehende  NI  als  IN. 

2)  Handbuch  der  lateinischen  Laut-  und  Formenlehre  von  Ferdinand 
Sommer,  Heidelberg  1902,  §  167. 

3)  Ebenda  §  176. 


291-  Albert  Thumb, 

Falle  kann  der  s-Verlust  sehr  einfach  als  Dissimilation  zum 
folgenden  s  von  estod  erklärt  werden. 

Zu  arvorsum  hac  ist  sicherlich  lege  hinzuzudenken;  aus- 
drücklich in  der  Lex  Bantina:  advorsus  hance  legem^  Schneider 
S.  27.  Die  Konstruktion  mit  dem  Ablativ:  auch  in  arvorsum  ead, 
ebenda  S.  14;  die  vollere  Form  des  Ablativs  des  Demonstrativ- 
pronomens, die  man  nach  höce  in  Zeile  1  erwarten  könnte,  haace 
lege  ebenda  S.  28. 

Daß  das  Gesetz  nicht  etwa  eine  sanitätspolizeiliche  Ver- 
ordnung, sondern  ein  sakrales  sei,  ergibt  sich  aus  den  nahen 
Beziehungen  desselben  zu  dem  ausgemacht  sakralen,  den  Hain 
von  Spoletium  betreffenden  Gesetze,  insbesondere  aber  auch  aus 
dem  Verbote  der  Parentatio  auf  dem  Boden  des  Haines. 

Czernowitz.  v.  Grienberger. 


Ist  das  Junglakonische  eine  I^ünstliche  Sprache? 

Seit  mindestens  20  Jahren  lebe  ich  in  der  Meinung,  daß 
das  Junglakouische,  wie  es  uns  in  den  Glossen  Hesychs  und  in 
einigen  späten  Inschriften  entgegentritt,  eine  lebende  und  natür- 
liche Entwicklungsform  des  lakonischen  Dialekts  auf  dem  Wege 
zum  heutigen  Tsakonisch  darstelle.  Aber  ich  muß  geträumt 
haben,  und  E.  Hermann  reißt  mich  mit  dem  Aufsatz  IF.  32,  858ff. 
aus  meinem  Traume.  Denn  —  so  sagt  er  S.  358  —  "das  Jung- 
lakonische .  .  .  betrachtet  man  zumeist  als  künstliche  Schöpfung 
einer  Epoche,  in  der  die  echte  Mundart  schon  längst  ausge- 
storben war.  Diese  Ansicht  .  .  .  konnte  .  .  .  Thumb  in  seiner 
griechischen  Sprache  im  Zeitalter  des  Hellenismus  noch  genauer 
begründen,  und  noch  in  seinem  Handbuch  der  griechischen 
Dialekte  durfte  er  daran  festhalten".  Nur  R.  Meister  habe  (1904) 
sich  dagegen  ausgesprochen.  "Wären  aber  damals  schon  die 
neueren  Funde  bekannt  gewesen,  so  würde  Thumb  wohl  schwer- 
lich bei  dieser  Ansicht  geblieben  sein".  Aber  ein  Teil  dieser 
neugefundenen  junglakonischen  Inschriften,  die  im  Annual  of 
the  Brit.  School  XII — XV  veröffentlicht  sind,  war  mir  schon 
bekannt,  wie  ein  Nachtrag  meiner  Gr.  Dial.  S.  402  f.  zeigt  Ich 
hatte  freilich  nicht  nötig,  meine  Ansicht  zu  ändern,  denn  ich 
sagte  ebd.  S.  85  klipp  und  klar:  *'Daß  der  lakonische  Dialekt  eine 


Ist  das  Junglakonische  eine  künstliche  Sprache?  295 

besondere,  durch  eigenartige  neue  Merkmale  charakterisierte 
Entwicklung  durchmachte,  zeigen  außer  der  literarischen  und 
grammatischen  Überlieferung  (§  88  f.)  besonders  drei  Inschriften 
des  2.  Jahrhs.  n.  Chr.  (4498 — 4500),  in  denen  uns  eine  spe- 
zifisch junglakonische  Sprachform  entgegentritt,  s,  §  95.  Dieser 
junglakonische  Dialekt  ist  der  Ahnherr  des  heute  gesprochenen 
tsakonischen  Dialekts,  s.  §  97  f.". 

Ich  könnte  mit  diesem  Hinweis  und  mit  der  Bitte  schließen, 
meine  Ausführungen  Hellenismus  S.  84 — 37  zu  lesen,  und 
könnte  besonders  Hermann  empfehlen,  daß  er  das  recht  auf- 
merksam tue.  Aber  um  einer  ^lythenbildung  vorzubeugen  und 
um  es  dem  Leser  bequemer  zu  machen,  will  ich  doch  noch 
einige  nicht  mißverständliche  Stellen  aus  meinem  Hellenismus 
hervorheben  und  einige  Bemerkungen  anknüpfen.  Sonst  liest 
man  vielleicht  bald  einmal  "den  wahren  Charakter  des  Jung- 
lakonischen hat  erst  Hermann  IT.  32,  358  ff.  erkannt".  Man 
beachte  also  folgende  Stellen:  (Hellenismus  S.  35)  "In  den  Berg- 
distrikten [Lakoniens]  hielt  sich  aber  nach  Ausweis  des  Zako- 
nischen  der  deutlich  lakonische  (wenn  auch  nicht  rein  lakonische) 
Dialekt .  .  .  Als  nun  durch  die  archaisierenden  Bestrebungen 
des  2.  Jahrhs.  die  Aufmerksamkeit  der  Gebildeten  wieder  auf 
die  alten  Mundarten  gerichtet  wurde,  da  kam  natürlich  auch 
wieder  der  echte  lakonische  Dialekt  zu  Ansehen.  In  Sparta 
war  es  nicht  nötig,  seine  "Weisheit  über  diesen  Dialekt  aus 
Büchern  zu  schöpfen,  wo  man  das  Buch  des  Lebens  befragen 
konnte.  Wenn  sich  nun  wahrscheinlich  machen  läßt,  daß  die 
schon  genannten  archaisierenden  Inschriften  Spartas  zu  dem 
noch  lebenden  lakonischen  Dialekt  ...  (36)  in  Beziehung  stehen, 
so  ist  damit  wieder  erwiesen,  daß  das  Fortleben  der  Dialekte 
im  Verhalten  der  Inschriften  sich  abspiegle".  Ich  zeige  dann 
weiter  mit  Hilfe  der  Form  KaccTiparöpiv,  daß  die  Beziehung 
zum  lebenden  junglakonischen  Dialekt  bestanden  haben  muß, 
daß  die  Inschriften  also  wirklich  das  gesprochene  Jung- 
lakonisch widerspiegeln,  und  ich  folgere  daraus  (361):  "Selbst 
bei  dem  gefälschten  Dekret  über  den  Musiker  Tiraotheos  aus 
Milet,  welches  bei  Boethius  überliefert  ist,  habe  ich  den  Ein- 
druck, daß  der  Fälscher  den  junglakonischen  Dialekt  kannte  . . . 
und  da  die  Belege  z.  B.  für  er,  cÖ  zu  tt,  tt'  in  unsern  In- 
schriften sich  nicht  finden,  so  muß  man  annehmen,  daß  diese 
Erscheinung  einer  ganz  jungen  Phase  des  Lakonischen  angehört, 


296  Albert  Thumb, 

welche  inschriftlich  überhaupt  nicht  mehr  zur  Verwendung  ge- 
kommen ist,  den  Grammatikern  der  christlichen  Zeit  (z.  B. 
Hesychios  und  seinen  Vorgängern)  aber  unmittelbar  bekannt 
war".  Vgl.  hierzu  auch  Dial.  84.  Sind  diese  Sätze  nicht  klar 
und  deutlich,  kann  man  sie  so  gründlich  mißverstehen,  wie 
Hermann  getan  hat?  Auch  in  meinem  Aufsatz  "Griechische 
Dialektforschung  und  Stammesgeschichte"  N.  Jahrb.  15  (1905) 
385  ff.  zeige  ich  in  nicht  raißzu verstehender  Weise  die  gleiche 
Anschciuung  über  das  Spätlakonische,  wenn  ich  (S.  389)  z.  B.  sage, 
das  tsakonische  nd  beweise,  "daß  die  nur  gelegentlich  bezeugte 
lakonische  Schreibung  bb  =  l  [auf  Inschriften  der  Kaiserzeit] 
jedenfalls  für  die  jüngere  Stufe  des  Dialekts  dem  phonetischen 
Sachverhalt  entspricht". 

Hermann  hat  sich  also  nicht  die  Mühe  genommen,  meine 
Ausführungen  gewissenhaft  zu  lesen,  sondern  in  der  Freude 
seiner  eigenen,  mindestens  12  Jahre  zu  spät  gemachten  Ent- 
deckung S.  34  meines  'Hellenismus'  sich  falsch  zurecht  gelegt, 
wo  es  heißt  "daß  es  sich  [in  den  spätlakonischen  Inschriften] 
um  eine  künstliche  Heranziehung  des  Dialekts  zum  Schrift- 
gebrauch handelt".  Künstliche  Heranziehung  eines  lebenden 
Dialekts  und  Verwendung  eines  künstlichen  Dialekts  ist  nicht 
dasselbe.  Daß  aber  die  schriftmäßige  Verwendung  des  lebenden 
junglakon.  Dialekts  in  der  Periode  des  Attizisierens  und  des 
Archaisieren s,  wo  Balbilla  aeolisch  dichtete  und  die  Mediziner 
ionisch  schrieben,  etwas  künstliches,  eine  Sache  der  Mode  war, 
ist  auch  heute  noch  meine  Ansicht  Hermann  aber  nimmt  für 
Sparta  'Zweisprachigkeit'  an  und  meint  (S.  360),  daß  die  Mundart 
in  Sparta  wieder  die  dorisiereude  Koivrj  zurückdrängte,  weil 
die  Bildung  gesunken  war.  Ich  spreche  (Hellenismus  S.  34) 
von  einem  Gegensatz  zwischen  'Stadt  und  Land  oder  vielleicht 
richtiger  zwischen  Ebene  und  Bergland*  und  erläutere  diesen 
Gegensatz  (S.  35)  durch  die  heutigen  Verhältnisse  von  Tripolitsa 
und  Umgebung  (womit  ich  meine  Ansicht  einer  nicht  künst- 
lichen Sprache  wieder  zum  Ausdruck  bringe).  Diese  Anschauung 
stützt  sich  vor  allem  darauf,  daß  das  Tsakonische  nicht  in  der 
Eurotasebone,  sondern  im  Bergland  des  Parnon  gesprochen  wird. 
Als  die  archaisierende  Mode  aufkam,  die  inzwischen  unterge- 
gangenen Dialekte  in  schulmeisterlicher  Art  wieder  zu  Ehren 
zu  bringen,  da  hatte  man  es  in  Sparta  bequemer  als  sonst: 
man  brauchte  nur  in  die  Berge  zu  gehen,  um  einen  richtigen 


Ist  das  Junglakonische  eine  künstliche  Sprache?  297 

'alten  Dialekt'  kennen  zu  lernen;  man  merkte  nicht,  daß  dieser 
j anglakonische  Dialekt  mit  dem  der  alten  Spartaner  nicht 
identisch  war  —  man  schrieb  ruhig  KXeavbpop  für  KXeavbpoc 
oder  vollends  KacoipaTopiv,  statt  niindestens  daraus  ein  Kaccrj- 
paröptov  oder  KaxöripaTopiov  zu  machen,  man  verwandelte  *louXic 
in  ein  'louXip  statt  'louXiop  (über  diese  neue  Form  s.  Hermann 
S.  364).  Solange  wir  nur  3  kleine  Inschriften  aus  der  Zeit  des 
Antoninus  und  Mark  Aurel  besaßen,  mußten  wir  annehmen, 
daß  die  Dialektmode  in  Sparta  ziemlich  plötzlich  in  die  Erscheinung 
trat.  Durch  die  neuen  Funde  aber  erfahren  wir,  wie  Hermann 
im  Einzelnen  S.  359  darlegt,  daß  die  Verwendung  des  Dialekts 
schon  im  1.  Jahrh.  tastend  begann  und  weiterhin  zunahm.  *'Wie 
soll  man  sich  das  bei  einem  künstlichen  Archaisieren  zurecht- 
legen?" fragt  Hermann.  Sehr  einfach.  Die  Mode  des  Attizismus 
ist  auch  nicht  an  einem  Tage  entstanden;  von  den  tastenden 
Anfängen  bei  Philo  bis  zu  Lukian  und  den  Sophisten  ist  ein  langer 
Weg.  So  wurde  man  auch  in  Sparta  immer  kühner,  wagte  zu- 
nächst nur  viKctcac,  dann  viKctac  und  weiter  -  p  für  -c,  55  für  l  usw. 
An  das  Digarama  wagte  man  sich  zuletzt,  wohl  deshalb,  weil 
es  auch  im  Junglakonischen  infolge  hellenistischer  Einflüsse 
ziemlich  selten  war,  wie  ich  bereits  IF.  9,  295  t  auf  Grund  des 
Tsakonischen  ausführte.  Man  schrieb  ß  und  nicht  F  (worüber 
sich  Hermann  wundert),  weil  auch  die  Grammatiker  so  schrieben. 
Das  'regellose  Durcheinander  von  Mundart  und  Koivr)',  worauf 
Hermann  S.  361  Wert  legt,  läßt  sich  weder  für  noch  gegen 
die  Annahme  einer  künstlichen  Sprache  anführen.  Wir  können 
dies  Durcheinander  sowohl  verstehen,  wenn  man  annimmt,  daß 
die  Schulmeister  von  Sparta  eben  im  schriftlichen  Gebrauch 
des  Dialekts  sich  unsicher  fühlten,  als  auch  wenn  man  an- 
nimmt, daß  der  junglakonische  Dialekt  von  der  Koivn  nicht 
unerheblich  beeinflußt  war  (vgl.  wieder  das  Tsakonische). 

Aber  meine  Ansicht,  daß  die  archaisierenden  Bürger  von 
Sparta  auf  die  'Bauern  der  Kjnuria'  zurückgrif fen ,  kommt 
Hermann  'höchst  unwahrscheinlich*  vor.  "War  es  denn  etwa 
bei  den  Griechen  Mode,  um  zu  archaisieren,  auf  die  Volks- 
sprache zurückzugehen?"  Natürlich  nicht,  denn  es  war  un- 
möglich, anderswo  'gut  erhaltene'  Dialekte  zu  entdecken,  "und 
woher  hatten  die  Spartaner  der  Kaiserzeit  soviel  sprachwissen- 
schaftliche Kenntnisse,  zu  wissen,  daß  die  Sprache  ihrer  Zeit 
in  der  Kynuria  große  Ähnlichkeit  mit  der  altlakonischen  hatte, 


298  Albert  Thumb, 

um  für  die  Zwecke  der  Archaisiernng  brauchbar  zu  sein?" 
Ich  antworte  mit  der  Gegenfrage:  woher  hat  der  Fälscher  des 
Timotheos-Dekrets  seine  junglakonischen  Formen?  Eben  aus 
dem  Junghikonischen  —  er  zog  also  diesen  Dialekt  der  Bauern 
der  Kynuria  heran,  nicht  "Alkman  oder  Inschriften  aus  der 
Glanzzeit  Sparta",  um  ein  altlakonisches  Dekret  zu  fabrizieren. 
Dieser  Fälscher  hat  mitiiin  den  Zusammenhang  und  die  Ähnlich- 
keit des  Alt-  und  Junglakonischen  sich  zunutze  gemacht; 
Grammatiker  Averden  schon  vor  ihm  diese  Tatsache  erkannt 
haben  (vgl.  Hesychs  junglakonische  Glossen),  und  die  'Studierten' 
in  Sparta  werden  von  dieser  Erkenntnis  ebenfalls  etwas  gewußt 
haben. 

Den  Zusammenhang  des  Timotheosdekrets  mit  dem  Tsa- 
konischen  habe  ich  a.  a.  0.  in  einigen  wichtigen  Merkmalen 
festgestellt.  Wilamowitz  Timotheos  (Leipzig  1903)  70  f.  hat  sich 
freilich  nicht  darum  gekümmert,  sondern  stellt  fest,  daß  tt  (in 
)ie|aq;aTTai)  boeotisch  sei,  daß  der  Fälscher  -p  für  c  aus  eleischen 
Urkunden  geholt  haben  muß,  daß  er  sich  ^ttoiv  für  ^vrdv  nach 
TTOTTdv  'ausgedacht'  habe.  Die  Formen  sind  aber  vom  Tsako- 
nischen  aus  verständlich  —  doch  was  braucht  man  sich  um 
das  Tsakonische  zu  kümmern!  Die  Erklärungsmethode  von  Wila- 
mowitz scheitert  aber  an  öiöaKKn  (mit  den  Varianten  öibaKii, 
öiöaxi)  —  es  ist,  so  dekretiert  "Wilamowitz,  'KoiTuptel  des  Boethius- 
textes'  für  biödcKn;  aber  auch  jene  Form  stimmt  aufs  schönste 
zu  Hesychs  dKKop  •  dcKoc  und  zu  tsak.  erikhu  =  eupicKuü.  Vgl. 
hierzu  auch  meine  Bemerkungen  IF.  (Anz.)  12,  64  und  N.  Jahrb. 
15,  390. 

Es  ist  nicht  meine  Schuld,  daß  ich  diese  Dinge,  auf  die 
schon  Deffner  aufmerksam  geworden  ist,  nochmals  in  extenso 
wiederholen  muß.  Aber  der  Artikel  Hermanns  zwingt  mich 
dazu.  Und  noch  eine  andere  falsche  Vorstellung  von  Hermann 
muß  berichtigt  werden.  Daß  das  Tsakonengebiet  durch  die 
Slaven  eingeengt  worden  ist,  geht  schon  aus  meinem  Artikel 
IF.  4,  195 ff.  hervor;  aber  "daß  im  ausgehenden  Altertum  noch 
ganz  Lakonien  mehr  oder  weniger  seine  eigne  dorische  Mund- 
art sprach"  (Hermann  S.  363),  ist  aus  den  heutigen  Dialektver- 
verhältnissen Lakoniens  nicht  zu  beweisen.  Die  am  Schluß 
von  S.  363  und  in  den  folgenden  Zeilen  ausgesprochenen  Ver- 
mutungen und  Fragen  Hermanns  kommen  mir  etwas  naiv  vor. 
Denn   wer  sich  über  das   Neugriechische  etwas  orientiert  hat 


Ist  das  Junglakonische  eine  künstliche  Sprache?  299 

—  sei  es  auch  nur  aus  meinem  Schriftchen  Die  neugriechische 
Sprache  (Freiburg  1892)  —  weiß,  daß  der  tsakouische  Dialekt 
innerhalb  des  Peloponnes,  sowie  des  ganzen  Griechentums  eine 
durchaus  eigenartige  Stellung  hat:  alle  andern  Dialekte,  auch 
die  des  Peloponnes  und  insbesondere  Lakoniens,  stammen  aus 
der  Koivri  und  hatten  keine  Beziehungen  zum  Tsakonischen. 
Es  ist  z.  B.  sehr  bezeichnend,  daß  der  Dialekt  der  Maniaten 
(in  der  Taenaronhalbinsel),  die  man  als  die  Nachkommen  der 
alten  Spartaner  zu  bezeichnen  pflegt,  nichts  speziell  mit  dem 
Altlakonischen  und  dem  Tsakonischen  gemein  haben.  Der  Orts- 
name BoiTuXoc  =  OiTuXoc  mit  erhaltenem  F  ist  ein  Dialektrest 
der  Art,  wie  sie  sich  gelegentlich  (aber  sehr  selten)  in  ehemals 
dorischem  Gebiete  finden,  s.  Hellenismus  S.  81  ff.  Eine  Probe 
dieses  Dialektes  habe  ich  Handb.  d.  neugriech.  Volksspr.^  S.  276 f. 
gegeben.  Es  sollte  mich  freuen,  wenn  es  Herrn  Hermann  ge- 
länge, darin  Züge  zu  entdecken,  "welche  die  Sprache  Lakoniens 
nur  mit  dem  Tsakonischen  gemein  hat".  "Wenn  er  weiter  einen 
Dialekt  an  der  Grenze  von  Lakonien  und  der  Kynuria  studieren 
will,  so  empfehle  ich  0.  'I.  KouKOuXec  OivouvTiaKd  f\  ineXerri  Trepi 
TTic  icTopiac  Tüuv  f\Q6jv  Kai  e9i)uujv  Kai  toö  tXujccikoO  iöidÜMaioc 
Toö  br\iio\j  OivoövToc  tfic  crrapxiac  AaK£bai|i6voc,  Canea  1908, 
308  S.  —  es  ist  ein  typisches  Beispiel  der  peloponnesischen 
Mundart,  der  gegenüber  auch  der  mauiatische  Dialekt  eine 
Sonderstellung  einnimmt.  Aber  Hermann  hüte  sich  davor,  bei 
etwaigen  neugriechischen  Studien  wieder  in  die  längst  über- 
wundenen Fehler  der  Archaeomanen  zurückzufallen,  vor  denen 
auch  der  ebengenannte  KouKOiiXec  sich  nicht  ganz  bewahrt  hat. 

Mit  dem  Schlußsatz  Hermanns  bin  ich  ganz  einverstanden: 
"alles  spricht  dafür,  daß  das  Junglakonische  keine  künstliche 
Sprache  war";  denn  das  ist  ja  meine  eigene,  schon  vor  mehr 
als  zwanzig  Jahren  erworbene  Ansicht. 

Straßburg.  Albert  Thumb. 


300  K.  Brugmann, 

Zur  nominalen  Stammbildang  der  germanischen  Sprachen, 

1.  Gotisch  fairra,  ahd.  ferro  *fern*  und  Verwandtes. 

Gleichzeitig  haben  Kretschraer  Glotta  1,  39  ff.  und  ich  in 
der  Schrift  Das  Wesen  der  lautl.  Dissimil.  (Abhandl.  der  sächs. 
Ges.  der  Wiss.  27)  S.  152  f.  für  den  u.  a.  in  griech.  Karrdc  aus 
KttTd  xdc,  TTOTTOv  aus  noTi  Tov  und  in  got.  ainnöhun  *uUum'  aus 
*ainanö-hun  sich  zeigenden  eigenartigen  dissirailatorischen  Silben- 
verlust Beispiele  aus  verschiedenen  Sprachen  zusammengestellt  ^) 
und  das  Wesen  dieses  Vorgangs  näher  zu  bestimmen  versucht. 
In  meinem  Grundr.  2^,  3,  307  habe  ich  noch  griech.  f  evvduj  hinzu- 
gefügt: im  Hinblick  auf  armen,  cnanim  ist  diese  Form  wohl 
auf  *Tevavduj  (vgl.  epöKavdai,  icxavdou  u.  ähnl.),  weniger  wahr- 
scheinlich mit  Froehde  BB.  20,  222  auf  *Yev£vdu)  zurückzu- 
führen 2). 

Aus  dem  Kreis  der  altgermanischen  Sprachen  sind  außer 
dem  gotischen  Akk.  Sing.  M.  ainnöhun  noch  folgende  Formen 
zu  nennen. 

Zunächst  got.  fairra  'fern'  fairraprö  'von  fern',  ahd.  as. 
ferro  aisl.  fiarre  *fern'.  Die  Bildung  gehört  nebst  got  falrns 
Vorjährig*  falrneis  'alt'  zu  der  Wurzel  per-,  die  in  griech.  irepa 
irepav  'darüber  hinaus,  jenseits',  osk.  perum  'sine',  ai.  pdra-h 
'ferner,  jenseitig*  pardh  'darüber  hinaus,  fern  von'  param  'hinaus 
über,  jenseits'  usw.  vorliegt  (vgl.  Solmsen  Rhein.  Mus.  61,  496  ff., 
Verf.  Grundr.  2*,  2,  864  ff.).  Die  älteren  Deutungen  des  -rr-  sind 
meistens  ganz  unbefriedigend:  die  Annahme  von  Assimilation 
von  -rn-  zu  -rr-  (so  z.  B.  Kauf f mann  PBrB.  12,  519),  der  Ver- 
gleich mit  griech.  rroppuj  TTopcuj  lat.  porrö  (Grimm  D.  Gr.  3,  195 
Neudruck,  Persson  Stud.  etym.  96)  und  die  Zurückführung  auf 
urgerm.  *ferizö  (Feist  Et.  Wb.  d.  got.  Spr.  75).  Haltbar  ist  von 
den  bisherigen  Erklärungsversuchen  allein  der  Ansatz  eines 
urgerm.  *ferera-  =  vorgerm.  *perero-  bei  Noreen  Abriß  der  ur- 

1)  Zu  dem  von  uns  genannten  Italien,  mattino  aus  maiutintts  ver- 
gleiche man  den  von  Slowasser  Wiener  Stud.  'iW.  (1909)  S.  145  besprochenen 
Hexameter  Anthol.  Lat.  Riese'  n.  389,  45  Sol  et  Uyperboreo  fulget  matutinus 
in  ortu:  das  Metrum  erweist  dreisilbige  Aussprache  von  meUtUintis  wohl 
als  mattinus. 

2)  Aus  dem  Griechischen  wäre  noch  noXXö-  anzuschließen,  wenn 
Thumeysens  Deutung  dieses  Stammes  aus  *troXu-Xo-  (IF.  21, 176)  richtig  sein 
sollte.    Vgl.  Brugmann-Thumb  Griech.  Gramm.*  53  mit  Thumbs  Fußnote. 


Zur  nominalen  Stammbildong  der  germanischen  Sprachen.       301 

gerra.  LautL  158  f.,  v.  Grienberger  Unters,  zur  got.  Wortk,  631, 
nur  ist  für  fairra  nicht  die  gewöhnliche  'Synkope'  (v.  Grien- 
berger) anzunehmen,  sondern  eben  unser  dissimilatorischer 
Vorgang.  *p€rero-  war  eine  Neubildung  des  Germanischen  nach 
*upero-  got.  ufarö  ai.  üpara-  lat.  s-tipero-,  *ndhero-  got.  undarö 
ai.  ädhara-  lat.  infero-  u.  dgl.,  zu  der  vielleicht  das  Vorhanden- 
sein eines  dem  ai.  paramd-h  'fernster'  entsprechenden  Superlativs 
(Noreen  vergleicht  mit  diesem  aschwed.  fiwrme)  den  Anstoß 
gegeben  hat. 

Daß  in  urgermanischer  Zeit  auch  ein  Adverb  *fer-er  ge- 
schaffen worden  sei  nach  den  Formen  wie  got.  iifa)\  undar, 
afar  =  urgerm.  *ufer  usw.,  darf  aus  dem  Adverbium  as.  fer  ags. 
feor  *fem'  nicht  geschlossen  werden.  In  diesem  steckt  entweder, 
wie  v,  Grienberger  annimmt,  eine  einfachere,  nicht  kompara- 
tivische Form,  oder  —  was  mir  glaublicher  ist  —  es  ist  eine 
westgermanische  Neubildung,  die  sich  nach  dem  Vorbild  des 
begrifflichen  Oppositums  as.  ahd.  näh  ags.  neah  (vgl.  got.  neh :  neha^ 
üt :  Uta)  ergab ;  in  diesem  Fall  hätte  man  zunächst  die  Form 
*ferr  gebildet,  deren  auslautende  Geminata  vereinfacht  wurde. 

Falls  Osthoff  Etym.  Par.  1,  44  \2ii.  porrö  richtig  auf  *porerö 
zurückführt,  gäbe  dies  insoweit  eine  Parallele  zu  got.  fairra 
ab,  als  beiderseits  das  komparativische  Formans  -ero-  vorläge. 
Aber  ein  unmittelbarer  geschichtlicher  Zusammenhang  zwischen 
den  beiden  Formationen  ist  zunächst  wegen  der  Verschieden- 
heit der  Anfangssilbe  unwahrscheinlich.  Ferner  aus  folgendem 
Grunde.  Lat.  porrö  wäre  nach  Osthoffs  Deutung  zu  j^oi"-  in 
por-tendere  usw.  zu  stellen,  das  uridg.  *pi'  (griech.  irdp)  war. 
Da  nun  ein  schon  voritalisches  *prrero~  lautgesetzlich  *parero- 
ergeben  hätte,  könnte  *porero-  frühestens  in  der  Zeit  der  italischen 
Urgemeinschaft,  auf  Grund  der  damals  aus  *pi  bereits  ent- 
standenen Form  por^  ins  Leben  getreten  sein.  Zugleich  beachte 
man,  daß,  falls  Osthoff  Kecht  haben  sollte,  der  Übergang  von 
*porerö  zu  porrö  kein  dissimilatorischer  Akt  gewesen  zu  sein 
brauchte:  porrö  könnte,  wie  z.  B.  virtüs  =  *virotüs^  suprä  = 
*sttp€rä{d),  einfach  durch  Synkope  entstanden  sein.  Andere  lassen 
porrö  aus  *porsö  hervorgegangen  sein,  indem  sie  es  dem  griech. 
TTÖpco)  TToppu»  gleichsetzen  (s.  Walde  Lat.  et.  Wb.*  601,  Boisacq 
Dict.  6t.  de  la  1.  gr.  805). 

Das  Gotische  hat,  abgesehen  von  den  Komposita  wie 
urreisan  urrinnan,  die  das  Präfix  us-  enthalten,  nur  noch  zwei 

Indogermanische  Forachangen  XXXTTT  20 


302  K.  Brugmann, 

Wörter  mit  der  Lautfolge  -r;-,  qairrns  und  and-staürran,  und  mit 
diesen  scheint  es  dieselbe  Bewandtnis  zu  haben  wie  mit  fairra. 

qairrus  'nmoc,  sanft,  freundlich  gegen  jem.',  qairrei  'Sanft- 
mut', aisl.  kuirr  kyrr  'still,  ruhig,  friedlich',  mhd.  kürre  nhd.  kirre 
*zahm,  milde,  zutraulich',  mnd.  qiierre  'kirre'  ist  bisher  ver- 
schieden etymologisch  untergebracht  worden.  Sieh  Hirt  PBrB. 
23,  351  f.,  Weigand  D.  Wb.^  1,  1040,  Siebs  KZ.  37,  317,  Persson 
BeitT;  zur  idg.  Wortf.  846,  Feist  Et.  Wb.  der  got.  Spr.  210.  Am 
meisten  spricht  von  den  bisherigen  Erklärungsversuchen  an  der 
Vergleich  mit  lit.  gurshi  (jiirü  'sich  legen',  vom  Wind  (Nesselm.), 
lett.  gursfu  gurt  'ermatten,  kraftlos  werden*  gurdens  'ermüdet, 
matt',  die  Johansson  KZ.  32,  479  mit  Recht  mit  griech.  ßapuc 
ai.  gurü-h  got.  kaürja-  {*kaürus)  lat.  gravis  verbindet.  Zur  Be- 
deutung vergleiche  man  ßapuc  und  gravis  in  dem  Sinn  'beschwert, 
niedergedrückt,  kraftlos,  matt',  z.  B.  ßapuc  yripa  (uttö  xnpuuc), 
vöctjj,  ßapuc  deipecöai  (Herodot  4,  150  Trpecßurepoc  re  r\br]  ei^i 
Kai  ßapuc  deipec0ai  'zu  matt,  um  mich  zu  rühren'),  gravis  aetate, 
seiiectute,  morho.  Es  scheint  demnach,  daß  man  bei  qairrus  von 
dem  Begriff  'beschwert,  niedergedrückt'  zu  'zahm,  milde'  über- 
gegangen ist.  Nach  ai.  gari-män-  'Schwere',  lat.  gra-vis,  die  auf 
eine  zweisilbige  schwere  Basis  hinweisen,  läßt  sich  ein  *Q^er3-ro- 
ansetzen,  das  formantisch  mit  griech.  Yepa-p6-c  'ehrwürdig'  (zu 
Yepac)  zu  vergleichen  wäre.  Doch  wäre  auch  *ß^erero-  oder 
*Q^eruro-  als  Grundform  angängig  (vgl.  über  die  Adjektiva  auf 
-ro-  Grundr.  2*,  1,  347  ff.).  Insbesondere  halte  man  dazu  ahd.  as. 
iämar  ags.  j^omor  'traurig,  kummervoll,  elend',  das  im  Griechischen 
als  fipepoc  'sanft,  mild,  zahm'  wiederkehrt  (Solmsen  KZ.  32, 147  f.), 
und  dessen  Bedeutung  im  Hinblick  auf  ai.  yam-  'zusammen- 
halten, cohibere,  zügeln',  womit  ninepoc  und  iämar  zu  verbinden 
sind,  etwa  als  aus  'geistig  befangen'  entwickelt  bestimmt  werden 
muß  (Sommer  Griech.  Lautstud.  157). 

Das  got.  Verbum  and-staürran  {-aip)  erscheint  nur  Mk.  14, 5 
andstaurraidedun  po  '^veßpipuJvTo  aurri',  d.  i.  etwa  'bezeigten  ihren 
Unmut  gegen  sie*.  Wegen  des  unverkennbaren  Zusammenhangs 
mit  ahd.  starren  'herausstehen,  hervorragen'  storro  'Baumstumpf, 
Klotz',  wovon  nhd.  störrig^  ist  für  and-staürran  als  ältere  Be- 
deutung 'sich  gegen  jem.  stellen,  jem.  bedrohen'  anzusetzen 
(vgl.  V.  Grienberger  a.  a.  0.  26)  und  von  einem  urgermanischen 
Adjektiv  *8turra-  'sich  aufstellend,  hervorragend'  auszugelien 
(Karsten  Beitr.  zur  Gesch.  der  ^'-Verba  im  Altgerm.,  Helsingfors 


Zur  nominalen  Stammbildung  der  germanischen  Sprachen.       303 

1897,  S.  216).  Die  zugrunde  liegende  Wurzel  ster-  kehrt  wieder 
in  ahd.  stara-hlint  'starblind',  staren  'die  Augen  unbeweglich 
auf  etwas  richten',  got.  stairö  'die  Unfruchtbare'  ai.  stan-  griech, 
creipa  'unfruchtbare  Kuh',  lat.  sterilis,  griech.  crepeoc  'starr,  hart, 
fest',  lit.  styroti  'steif  und  lümmelhaft  dastehen'  und  andern 
"Wörtern,  die  Persson  Beitr.  428  ff.  zusammenstellt.  So  ist  denn 
für  jenes  urgerm.*5^Mr/"a-  eine  Grundform  *strr9-ro-  oder  *$tfrero- 
anzusetzen.  In  der  ersten  Silbe  ist  hiervon  ablautlich  verschieden 
eine  zweite,  auf  dieselbe  Wurzel  zu  beziehende  Wortgruppe 
mit  -rr-,  die  nur  im  Westgermanischen  und  Nordischen  erscheint : 
nhd.  starr  'unbeweglich  und  unbiegsam',  aisl.  starr  (belegt  ist 
der  Akk.  Sing.  M.  starran)  'steif,  starr,  hart'  (Karsten  Studier 
öfx'er  de  nord.  spräkens  primära  nominalbildning  2,  82,  Liden 
in  Pippings  Stud.  i  nord.  filol.  1,  43  ff.),  mhd.  sterre  nhd.  bayr. 
sterr  'starr,  steif  mhd.  starren  sterren  'rigere,  starr  sein',  nhd. 
erstarren  'starr  werden'.  Ob  auch  dieses  *sfarra-  einmal,  wie 
*sturra-^  dreisilbig  gewesen  ist  und  einen  Yokal  zwischen  den 
beiden  r  eingebüßt  hat,  oder  ob  es  eine  ]klischung  von  *stara- 
und  *stitrra-  ist,  die  erst  eintrat,  als  letzteres  schon  zweisilbig 
geworden  war,  lasse  ich  unentschieden.  Im  letzteren  Fall  hätte 
sich  in  einer  älteren  Zeit  eine  Neubildung  ergeben  von  der- 
selben Art  wie  die,  durch  die  unser  nhd.  starren  'unverwandt 
blicken'  zu  seinem  rr  gekommen  ist.  Denn  dieses  Yerbum  ist 
die  Fortsetzung  des  oben  genannten  ahd.  staren  'die  Augen  unbe- 
weglich auf  etwas  richten'  und  hat  sein  rr  durch  Angleichung 
an  starren  'rigere'  erhalten.  —  Griech.  creppoc,  die  Nebenform 
von  CT€pe6c,  ist  wohl  nicht  mit  Froehde  BB.  20,  222  auf  *CT6pepöc 
zurückzuführen,  in  welchem  Fall  cteppöc  ein  weiteres  Beispiel 
für  den  in  Rede  stehenden  dissimilatorischen  Vorgang  wäre, 
sondern  ist  aus  ciepeöc  durch  die  Mittelstufe  CTepeöc  ent- 
standen, wie  ßoppctc  aus  ßopeac  =  ßopeac  (G.  Meyer  Griech. 
Graram.3  223,  Schulze  Quaest.  ep.  85.  399  f.,  Brugmann-Thumb 
Griech.  Gramm.*  66). 

Weniger  sicher  ist,  daß  von  derselben  Art  wie  das  -rr- 
der  im  Yorausgehenden  besprochenen  germanischen  Wörter  das 
-rr-  von  noch  zwei  andern  germanischen  Wörtern  gewesen  ist: 
ahd.  sterro  ags.  steorra  'Stern'  neben  ahd.  sterno  got.  stairnö  aisl. 
stiania  (s.  Noreen  Abriß  der  urgerm.  Lautl.  159,  Johansson  BB. 
18,  18  f.)  und  aisl.  skiarr  'furchtsam  vor  etwas,  scheu',  älter 
*skerra-,  das  mit  ahd.  xern  'scurrilitas',  griech.  cKaipiu  'springe, 

20* 


304  K.  Brugmann, 

hüpfe'  verwandt  zu  sein  scheint  (s.  Persson  Stud.  zur  Lehre 
von  der  Wurzeler w.  32.  38,  Karsten  in  den  oben  genannten 
Studier  2,  781). 

Auch  noch  eine  "Wortgruppe  mit  -nn-  scheint  es  in  den  ger- 
manischen Sprachen  zu  geben,  die  den  in  Rede  stehenden  Vokal- 
verlust erfahren  hat  und  somit  ein  spezielles  Analogon  zu 
got.  ainnöhun  bildet.  Ich  meine  die  Formen  got.  ags.  aisl.  inn 
'hinein',  got.  inna  ahd.  as.  inna  inne  ags.  inne  aisl.  inne  *inne, 
innen'  (got.  inna-kunds  *zum  Haus  gehörig,  Hausgenosse'),  got, 
innana  Von  innen,  hinein'  ahd.  innana  innan  Mnnen'  ags,  innan 
aisl.  innan  Von  innen',  ahd.  aisl.  innar  'innerhalb',  got.  innaprö 
Von  innen',  innuma  'der  innere*  (ags.  innemest),  die  unzweifel- 
haft von  in  =  griech.  dv  usw.  aus  gebildet  worden,  aber  zu 
ihrem  nn  sicher  nicht  so  gekommen  sind,  wie  Feist  a.  a.  0. 156 
denkt,  der  inn  aus  *inz  =  kret.  ivc  att  eic  entstanden  sein  läßt. 

Meiner  Ansicht  nach  kommen  nur  die  beiden  folgenden 
Erklärungswege  in  Betracht. 

Erstens  könnte  an  *en  ein  mit  n  beginnendes  Bildungs- 
element unmittelbar  angefügt  sein:  vgl.  etwa  ahd,  as.  forn 
'ehemals'  aisl,  forn  'alt'  aus  *p]i'-n-^  ahd.  untorn  untarn  'Mittag' 
aisl.  undorn  'Mitte  zwischen  Mittag  und  Abend,  Nachmittag, 
Vesperzeit'  (got.  undmirni-mats  'Frühstück')  aus  *ntj'-n-  (zu  ahd. 
untar  'zwischen',  lat.  inter^  ai,  antdr),  got,  fairns  'vorjährig'  fairneis 
ahd,  f,rni  'vorjährig,  alt'  aus  *per-n-,  aksl.  fbrn  'hinaus'  vwie 
'draußen'  i-bnu  'hinaus'  aus  *ud-n-,  osk.  comenei  'in  comitio'  aus 
*comno-  umbr.  kumne  'in  comitio'  u.  dgl.   (Grundr.  2^,  1,  270), 

Zweitens  kömite  ein  M-Formans  an  die  vollere  Form  *eni 
(griech.  lv\  dvi,  ir.  ogm.  ini-gena  air.  ingen  Tochter',  ai.  änika-m 
'Angesicht',  vgl.  ni-  in  aw.  ni-zdnta-  'eingeboren,  ingenuus',  ai. 
ni-tya-h  'beständig,  eigen'  got,  ni-ßjis  'Verwandter',  s.  Grundr.  2*, 
1,  828  und  die  dort  zitierte  Lit.)  angetreten  sein.  Dann  ver- 
gleichen sich  mit  *eni-n-  folgende  Formen,  insofern  auch  bei 
ihnen  Adverbia,  die  auf  einen  Vokal  auslauteten,  der  n-Er- 
weiterung  zugrunde  liegen :  aw,  paHi-na-  Verschieden,  gesondert, 
einzeln',  ai,  vi-nä  'mit  Ausnahme  von,  außer,  ohne',  umbr.  postne 
*post*  pustnaiaf  'posticas'  lat.  pöne  aus  *posti-n-,  lat,  suprrnus 
superne  aus  *8uperi-n-,  weiter  ai.  purä-nä-h  'vormalig*  (von  pwrd), 
aw.  ajKi-na-  'hoch'  (eigentlich  'entfernt')  in  ajxjnö-t»ma-  'der 
höchste*  as.  fan  ahd.  fona  fon  'von'  (von  *apo  *po  'ab,  weg'), 
8.  Grundr.  2«,  1,  270,  Morph,  Unt.  6,  3581   Dann  wäre  *eni-nn  in 


Zur  nominalen  Stammbildung  der  germanischen  Sprachen.       305 

drei-  und  mehrsilbigen  Formen  dissimilatorisch  zu  inn-  geworden, 
entweder  über  *enn-  oder  über  *inin-,  d.  h.  die  Verkürzung  um 
eine  Silbe  geschah  entweder  schon  vor  oder  erst  nach  dem 
i-Umlaut  des  anlautenden  e-. 

Im  Ausgang  entsprechen  einander  z.  B,  (um  mich  auf  das 
Gotische  zu  beschränken)  inna  und  üta,  iupa,  afta;  innana  und 
ütatia,  iiipana,  aftatia;  innaprO  und  iupaprö;  bin  und  üt^  iiip. 
Daß  nun  in  beiden  Fällen,  ob  wir  von  *en-n-  oder  von  *em-n- 
ausgehen,  der  zweite  Nasal  etymologisch  dasselbe  Element  wäre, 
das  im  Anlaut  der  Schlußsilbe  von  innana  steht,  hindert  natürlich 
nicht.  Die  nächstliegende  Parallele  wäre  ahd.  as.  thanana  ags. 
donan  Von  dannen'  neben  ahd.  as.  thana  got.  Pana  (in  pana-mais^ 
pana-seits  'weiter,  noch'),  vgl.  ferner  ahd.  meriro  meröro :  mero^ 
Akk.  Sing,  man :  in  u.  a.  (Morph.  Unt.  3,  67  ff.). 

Von  diesen  beiden  Möglichkeiten,  das  nn  in  inn  usw.  zu 
erklären,  hat  nun  die  zweite,  inn-  aus  *eni-n,  darum  die  größere 
"Wahrscheinlichkeit  für  sich,  weil  von  vorn  herein  die  Annahme 
recht  bedenklich  ist,  daß  unmittelbar  an  eine  auf  n  ausgehende 
Präposition  ein  mit  n  beginnendes  formantisches  Element  ange- 
treten sei.  Einerseits  gibt  es  unter  den  adverbialen  «-Formen, 
denen  eine  von  Haus  aus  konsonantisch  auslautende  Präposition 
zugrunde  gelegen  hat,  wohl  keine,  von  welcher  es  glaubhaft 
wäre,  daß  sie  in  urgermanischer  Zeit  für  ein  *en-n-  {in-?i-)  das 
Muster  abgegeben  hätte.  Anderseits  darf  man  sich  nicht  auf 
Fälle  wie  got.  Dat.  Sing,  mann  =  *man-n-i,  Gen.  Flur,  manne  = 
man-n-e  berufen  wollen.  Denn  hier  standen  von  Anfang  an 
Kasus  mit  starker  Stammgestalt  daneben,  in  denen  die  beiden 
n  durch  einen  Vokal  getrennt  waren,  z.  B.  Akk.  Sing,  mannan 
für  *man-an-  [mannan  hat  erst  durch  Anschluß  an  mann  manne 
sein  nn  bekommen);  hier  waltete  Systemzwang,  und  bei  den- 
jenigen Nomina,  die  aus  urindogermanischer  Zeit  stammten,  war 
ja  das  -n-  der  schwachen  Kasus  damals  erst  lautgesetzlich  aus 
-en-  entstanden,  so  daß  auch  hier  ursprünglich  sich  nicht  zwei 
n  unmittelbar  berührt  hatten  (s.  Verf.  Grundr.  2*,  1,  303). 

2.  Gotisch  hulutidi  'Höhle'  und  gleichartige  ni-Bildungen. 

Ihrer  Bildungsweise  nach  als  zusammengehörig  werden 
folgende  Feminina  betrachtet.  Got  hulundi'^öhW.  Got.  *nefvundi 
'Nähe,  Nachbarschaft',  repräsentiert  durch  das  davon  abgeleitete 
Maskulinum  nihtindja  'der  Nächste',  aisl.  nönd  {ndnd)  'Nachbar- 


306  K.  Brugmann, 

Schaft*  aus  *nähimmdi,  ahd.  nähiint  mhd.  nahent  Adv.  *in  der 
Nähe,  in  dife  Nähe'.  Aisl.  vitund  'notitia,  Kenntnis*,  tegund 
*species,  Art*.  Ahd.  leidunt  *Beschuldigung,  Anklage*.  Ags.ßeofend 
•Diebstahl*.  Vgl.  Grimm  D.  Gr.  2,  326  f.  Neudr.,  v.  Bahder  Die 
Verbalabstr.  192  ff.,  Kluge  Nomin.  Stamrab.^  §  131,  Wilmanns 
D.  Gr.  II  §  266,  2,  HI  2  §  181,  3. 

Ich  vermisse  in  dieser  Zusammenstellung  dasjenige  gleich- 
artige Femininum,  das  von  allen  das  älteste  war  und  wenigstens 
für  einen  Teil  dieser  Formen  das  Bildungsmuster  gewesen  ist. 
Dies  ist  das  in  der  historischen  Zeit  der  germanischen  Dialekte 
freilich  nur  noch  als  Eigenname  vorliegende  Burgwnd.  Längst 
ist  erkannt  die  nicht  nur  wurzelhafte,  sondern  auch  forman- 
tische  Zugehörigkeit  dieses  Wortes  zu  ai.  hrhänt-  'hoch,  erhaben' 
(eigentlich  und  uneigentlich),  Neutr.  hfhdt  'Höhe',  Fem.  h^hati 
Name  eines  Metrums,  einer  Pflanze  (Solanum),  eines  best.  Körper- 
teils an  den  Seiten  zwischen  Brust  und  Wirbelsäule,  Frauen- 
name u.  a.  (zum  Verbum  harh-  'mehren,  erheben,  stärken'),  abrit. 
Brigantes  BpiTaviec  Volksname  (entweder  'die  Hohen,  Edlen' 
oder  nach  Glück  Kelt.  Namen  129  'Höhenbewohner'),  Fem.  akelt. 
Brigantia  Ortsname  (Bregenz)  und  Name  einer  weiblichen  Gott- 
heit, ir.  Brigit  Name  einer  berühmten  Heiligen  und  überhaupt 
Frauenname  (=  ai.  hj-hati)^  dazu  das  Appellativum  kjmr.  hraint 
'Vorrecht,  Prärogative'  (eigentlich  'Hoheit')  mit  Ableitungen 
(Thurneysen  Keltororaan.  49,  KZ.  28, 146,  Handb.  d.  Altir.  1, 180. 
Stokes  Urkelt.  Sprachsch.  171  f.,  Pedersen  Kelt.  Gramm.  1,  100). 
Zu  dieser  Wortsippe  gehört  auch  das  Wurzelnomen  aw.  har'z- 
hdr'z-  'Höhe,  Berg'  npers.  hurz  'Höhe',  ir.  h%  Gen.  hreg^  'Hügel', 
das  im  Got.  als  haürgs  'Turm,  Burg,  Stadt'  wiederkehrt.  Kossinna 
IF.  7,  282  f.  hat  als  älteste  Form  für  Burgundarhohnr  {Bornholm) 
die  Form  Burgitnd  ermittelt  und  dieses  mit  Recht  als  'hoch- 
gelegene' oder  'hochragende  örtlichkeit'  gedeutet  (die  Granit- 
felsen des  Eilands  stechen  gegen  die  flachen  Ufer  der  benach- 
barten Ostseeküsten  erheblich  ab).  Burgund  hieß  auch  eine 
kleine  dänische  Insel  bei  Möen  und  zwei  norwegische  Inseln, 
eine  im  Hardangerfjord,  jetzt  Burgundö^  und  eine  im  nördlichen 
Teil  von  Söndmöre,  in  deren  Nähe  auf  dem  Festland  die  Stadt 
Burgmid  liegt.  Vgl.  dazu  Much  PBrB.  17,  41  f.,  Bremer  Grundr. 
der  germ.  Phil.  3,  818  f.  Gleichwie  dieses  Burgund  dem  kelt.  Orts- 
namen Brigantia  {Bregenz)  gegenübersteht,  so  entspricht  dem 
Frauennaraen  Brigantia  ir.  Brigit  der  ahd.  Frauonname  Purgunt. 


Zur  nominalen  Stammbildung  der  germanischen  Sprachen.       307 

ebenfalls  'die  hohe,  erhabene',  mit  welchem  Kögel  Anz.  f.  deutsch. 
Altert.  19  (1893)  S.  4  f.  noch  ein  paar  andre  ahd.  Frauennamen 
auf  -unt  zusammenstellt,  die  ebenfalls  den  Büdungstypus  ai. 
brhati  darstellen  :  Uuahsunt  (Gen.  Uiiahsimte),  Fragunt,  Hruadun 
(Gen.  Hruadtimie,  vgl.  hefihanna  'Hebamme'  aus  *hafjan[d]jä-) 
u.  a.  Zu  *hurgundi  (vgl.  got.  huhnuli,  handi)  verhält  sich  der 
Stammesname  Burgundiones  formantisch  ebenso  wie  got.  nefvund- 
jans  'oi  irXriciov'  zu  dem  Fem.  *nehiindi.  Ob  Bitrgundioms  'die 
Höhenbewohner'  oder,  wie  Much  PBrB.  17,  43  glaubt,  *die  Hohen, 
Edlen'  (vgl.  oben  über  das  abrit.  Brlgantes)  gewesen  ist,  bleibt 
unsicher;  der  Name  kann  in  einer  Zeit  gebildet  worden  sein, 
da  *burgundi  als  Appellativura  auch  'Höhe'  im  uneigentlichen 
Sinne  war.  Die  lokale  Bedeutung  stünde  freilich  fest,  wenn 
sich  beweisen  ließe,  daß  der  Yolksstamm  seinen  Xamen  eret 
im  Anschluß  an  den  ältesten  Namen  der  Insel  Bornholm  oder 
nach  einer  von  den  andern  Burgund  genannten  Inseln  bekommen 
habe»). 

An  *bi(rgundi  in  der  Örtlichkeitsbedeutung  schließen  sich 
an  aisl.  npnd  ndnd  got.  *nefvundi^  huhindi^),  und  wenn  man  die 
Eigennamen  berücksichtigt,  vielleicht  auch  die  nord,  Inselnamen 
Jagund  {Jegindö\  Jalund  {Jalö\  s.  Kossinna  a.  a.  0.  282.  Dagegen 
an  *hurgimdi  als  Adjektivabstraktum  die  Substantiva  aisl.  vitund^ 
iegund,  ahd.  leidunt,  Sigs.  ßeofend.  Nur  bei  ahd.  näkunt  mhd. 
nähent  'in  der  Nähe,  in  die  Nähe'  (das  bei  Fick-Torp  Wortsch. 
der  Germ.  Spracheinh.  290  unrichtig  mit  got.  jain-d  'dorthin' 
formantisch  verglichen  wird)  mag  dahingestellt  bleiben,  ob  es 
nicht  ein  Kasus,  etwa  der  Lok.  Sing,  des  alten  Neutralstamms 
(vgl.  ai.  hfhdt  N.  'Höhe'  und  lat.  altum^  griech.  aKpov)  gewesen  ist. 

In  den  Kreis  unsrer  Feminina  werden  gewöhnlich  auch 
die  Abstrakta  fügend,  jugend  mit  dem  jenem  nachgebildeten  mhd. 
mugent  'Kraft,  Macht'  hineingezogen:  ahd.  tugund  ags.  du^ud^ 
ahd.  juguwl  ags.  ;(^eo^nd.  Einerseits  ist  klar,  daß  sie  einst  -nt- 
im  formantischen  Teil  gehabt  haben,  anderseits  aber  auch,  daß 
sie  in  ihrer  Gestaltung  ursprünglich  unter  sich  verschieden 
gewesen  und  erst  infolge  lautlicher  und  begrifflicher  Ähnlichkeit 

1)  Über  die  historisch-geographische  Stellung  der  Burgunden  und 
ihre  Sprache  im  Kreis  der  germanischen  Stämme  s.  Bremer  a.  a.  0.  819. 
824 f.,  Kögel  Ztschr.  f.  deutsch.  Altert.  37,  223  ff.,  Hempl  Transact.  of  the 
Amer.  Phil.  Ass.  39  (1909)  S.  105  ff. 

2)  Auf  die  formantische  Übereinstimmung  von  Burgund  mit  aisl. 
ndnd  und  got.  hulundi  hat  schon  Much  a.  a.  0.  aufmerksam  gemacht. 


308  K.  Brugmann, 

(ags.  du^ud  bedeutete  auch  'Kraft,  kräftige  Mannschaft')  zu 
Reimwörtern  geworden  sind  (vgl.  hierüber  Holthausen  Herrigs 
Archiv  107  S.  3811).  Ich  nehme  mit  Holthausen  an  (s.  Grundr.  2^ 
1,  439),  daß  die  urgerm.  Form  *iumin-ßi-z  (vgl.  ai.  yuva-tl-h  'Jung- 
frau' und  lat.  sementis  zu  semen)  durch  Anähnlichung  an  tugend 
ihr  -3-  bekommen  hat;  was  rein  lautgesetzlich  aus  *iuunnß(-z 
geworden  wäre,  zeigen  got  junda  =  lat  juventa,  Grundf.  *iuun-td, 
und  gotjuggs  {Kompar.  jühiza)  =  ai.  yuvasd-h  yuvaka-h  \sit.  juvencus 
kymr,  ieuanc,  Grundf.  *inun-ko-s.  Dahingegen  gehörte  tugund 
(zu  got.  dugan  'taugen')  ursprünglich  zu  den  oben  behandelten 
Abstrakta  auf  *-nti  und  hat  sich  hinterher  im  formantischen 
Teil  an  das  Wort  jugend  angeglichen. 

3.  Got.  fön  funinSj  preuß.  panno,  ahd.  fuir  fiur  'Feuer*. 

Unter  den  neutralen  Substantiva,  in  denen  seit  uridg.  Zeit 
ein  r-Formans  mit  einem  n-Formans  wechselt,  wie  ai.  üdhar  Gen. 
üdhnah  (Verf.  Grundr.  2 2,  1,  308ff.  578ff.),  bereitet  wegen  seiner 
Vielgestaltigkeit  das  in  der  Überschrift  genannte  Wort  für  'Feuer' 
besondere  Schwierigkeiten.  Namentlich  auf  Grund  der  ausführ- 
lichen Behandlung  dieser  Wortgruppe  bei  Johansson  Beitr.  zur 
griech.  Sprachkunde  (1891)  S.  28  ff.  stellt  man  heutzutage  folgende 
Formen  mit  Recht  als  etymologisch  verwandt  zusammen: 

Ved.  pävakd-h  'rein,  reinigend ;  Feuer',  doch  wird  vom 
Metrum  2^(^^'ö,kd-h  gefordert,  und  diesem  Ansatz  dient  mpers. 
Turfanhandschr.  paväg  zur  Bestätigung  (Bartholomae  Woch.  f. 
klass.  Phil.  1908  Sp.  65,  Zum  altiran.  Wtb.  97  f.).  Vielleicht  gab  es 
aber  sowohl  ein  paväka-  als  auch  ein  jjävaka-  (Persson  Beitr.  677), 
letzteres  morphologisch  der  Form  pävana-h  'reinigend;  Feuer* 
näher  stehend  und  ein  urar.  *päm-ka-  repräsentierend. 

Arm.  hur  Gen.  hrog.    Daneben  hnof  'Ofen'  aus  *hunof. 

Tocharisch  (Dial.  B)  por. 

Griech.  TrOp  nupöc. 

Umbr.  pir  pir  (aus  *pür),  Abi.  pure;  purom-e  'in  ignem*. 

Ir.  ür  'Feuer'  O'Clery's  Glossary  (von  Vaniöek  Et.  Wtb.  der 
lat  Spr.2  171  und  Stokes  BB.  21,  123  herangezogen). 

Got.  fön,  Gen.  funim  Dat.  funin ;  aisl.  fune  M.  'Lohe,  Flamme'; 
ahd.  funclio  'Funke'.  Frühahd.  fuir  (zweisilbig,  vgl.  Musp.  vugir)^ 
später  fiur,  as.  fiur,  ags.  fyr;  aisl.  fürr  M.  (Akk.  für),  fyri  N. 
(irz-Stamm). 

Preuß.  jpa«no  'Feuer'  mit  panu-stadan  'Feuerstahl',  vgl. 


Zur  nominalen  Stammbildung  der  germanischen  Sprachen.      309 

entlehnt  finn.  panu  Teuer',  Cech.  pyr  pyr  'glühende  Asche', 
osorb.  pyri4  'heizen'. 

Zu  dem  mit  der  /--Bildung  wechselnden  Nasalstamm  ge- 
hören ai.  pävana-h  und  vermutlich  pävaka-h  (s.  o.),  arm.  hnoc^ 
got.  fön  funins,  ahd.  fiincho^  preuß.  panno  {panu-).  Arm.  *huno(; 
ist  mit  dem  Formans  -sko-  weitergebildet  und  war  ursprünglich 
eine  Art  Kollektivum  zu  Ä«r,  vgl.  got  funisks  'feurig'.  Ahd. 
funcho  beruht  auf  *puun-  oder  *pMw-,  urgerra.  *fuuun-  oder 
*f[u]un-,  vgl.  ^otjuggs  ahd.  hmg  =  ai.  yuvasd-h,  zu  yüvan-,  got. 
hunds  urgerm.  *xuun-dd-z,  zu  ai.  sodn-  sca-  (sva-bhyah).  Mit 
seinem  (/-Formans  stellt  sich  funcho  zu  ahd.  scin-co,  enin-chü^  ai. 
patagd-h  pataiagd-h  u.  dgl.  (Yerf.  Grundr.  2^,  1,  506  ff.).  Für  funcho 
erscheint  im  Mhd.  vanke  (mit  dem  Yerbum  vanken  'leuchten'): 
dessen  Grundform  war  *puon-g-en-\  es  verhält  sich  somit  zu 
funcho  wie  ai.  pataidgd-  zu  patagd-,  as.  ferscang  zu  verscung  ahd. 
friscung  'Frischling',  arm.  skund  'Hündchen'  (Grundform  *hwn-to-s 
oder  *kuon-ta)  zu  got.  hunds  (s.  o.).  Got  funins  mit  dem  masku- 
linischen Nom.  aisl.  fune  schließt  sich  an  einen  zu  *puen-  oder 
*puuen-  gehörigen  schwachen  Stamm  *])un-  an.  Das  doppelte 
«-Formans  {*fu-n-en-)  erinnert  an  got  sunnö  F.,  das  von  *s{u)uen- 
:  sun-  ausgegangen  ist  (vgl.  gthaw.  Gen.  x''9ng  =  urar.  *suan-s\ 
und  an  got  brunna  ]M.,  dem  die  Stammform  *bhru-n-  zugrunde 
lag  (Grundr.  22,  1,  303.  310). 

Got  fön  wird  gewöhnlich  (neuerdings  auch  von  Persson 
Beitr.  677  und  Boisacq  Di  et  et  828)  auf  *pä[u]n-  oder  *pdlu]n- 
zurückgeführt.  So  ist  es  jedoch  mit  preuß.  panno^  dessen  erste 
Silbe  sicher  kurz  war,  nicht  zusammenzubringen,  und  doch  wagt 
man  es  nicht  von  ihm  zu  trennen  i).  Was  v.  Grienberger  Unters, 
zur  got  Wortk.  71  über  fön  sagt:  "Man  könnte  in  *f-ön  die 
neutrale  Endung  mit  ausnahmsweise  erhaltenem  auslautendem 
n  erblicken  (Einsilber!)  und  das  Wort  als  DissimiHerung  aus 
*fn-ön  ansprechen",  wird  niemandem  eingehen.  Denn  so  beraubt 
man  sich  ja  der  Möglichkeit,  fön  mit  funins  ahd.  fiiir  usw.  auf 
dieselbe  Wurzel  zu  beziehen.  Die  Sache  liegt,  scheint  mir,  ein- 
facher, panno  hat  *puonu  als  Grundform,  fön  entsveder  *puönu 
(zum  Lautlichen  vgl.  iagr  =  griech.  buKpu)  oder  *puöni. 

Daß  das  Gotische  dehnstufiges  -ön-  zeigt,  mag  damit  zusam- 
menhängen, daß  die  got  Neutra  der  «-Stämme  im  Nom.-Akk. 

1)  Nur  Walde  Lat.  et.  Wtb.*  626  bezweifelt  konsequenterweise  die 
Zusammengehörigkeit  der  beiden  Wörter. 


310  K.  Bragmann, 

diese  Ablautstufe  überhaupt  im  stammbildenden  Formans  haben : 
watö,  hairtö  {hairtöna).  Im  übrigen  unterscheiden  sich  fön  und 
funins  darin,  daß  hinter  dem  w-Stamni  im  Nom.-Akk,  noch  -u 
oder  -/,  in  den  andern  Kasus  noch  -e?i-  angetreten  ist.  Der 
Bildungsgegensatz  zwischen  Nom.-Akk.  und  den  andern  Kasus, 
der  sich  im  Gotischen  bis  in  die  geschichtliche  Zeit  hinein  hielt 
und  nur  darum  halten  konnte,  weil  das  Wort  Neutrum  war, 
ist  im  Nordischen  weggefallen  mit  der  Änderung  des  Genus 
(vgl.  Mask.  furr) :  fune,  Akk.  funa. 

Ob  auch  preuß.  panno  einmal  nur  im  Nom.-Akk.  -u  gehabt 
hat,  bleibt  unklar.  Andre  Kasus  sind  nicht  überliefert,  und  das 
Deminutivum  paniko  'Feuerchen'  (Bezzenberger  BB.  2, 137)  kann 
es  natürlich  nicht  beweisen.  Zunächst  also  hätte  man  panno 
und  mit  ihm  got.  *fömi,  falls  hieraus  fön  hervorgegangen  sein 
sollte,  mit  den  andern  in  beiden  Sprachzweigen  vertretenen 
Neutra  auf  -u  zu  vergleichen,  wie  preuß.  cdu  'Met'  ags.  ealu 
aisl.  pl  'Bier',  preuß.  jJ^cku  'Vieh'  got.  faihn  'Vermögen,  Geld' 
ahd.  fihu  fehu  'Vieh',  preuß.  meddo  'Honig'  (ahd.  meto  aisl.  mipdr 
M.  'Met'),  aglo  'Regen'.  Unter  den  «^-Stämmen  gab  es  ferner  auch 
außer  panno  (und  *fönu)  solche,  bei  denen  u  mit  einem  andern 
postradikalen  formantischen  Element  verschmolzen  war:  z.  B. 
ai.  dänu  'träufelnde  Flüssigkeit'  (aw.  dänu-s  F.  'Fluß,  Strom*) 
neben  däna-m  'die  beim  Elefanten  zur  Brunstzeit  aus  den 
Schläfen  quellende  Flüssigkeit'  (Wurzel  ar.  da-) ;  lat.  coniu  neben 
ai.  spd-ga-m^  got  haürn,  Stamm  haürna-\  alat.  ossu  neben  os 
ossis;  ai.  ulmu-ka-m  'Feuerbrand',  Erweiterung  von  *ulmit,  mit 
aisl.  oltnr  'zu  feindlichem  Überfall  geneigt',  dän.  älm  'feurig, 
lebhaft'  zu  W.  al-  'brennen'  gehörig  (Johansson  Ztschr.  f.  deutsche 
Phil.  31,  298 f.);  osk.-umbr.  kastrn-  z.  B.  in  osk.  Gen.  casfrons 
neben  lat.  castrum.  Sollte  nur  das  preußische  Wort,  nicht  auch 
got.  fön  -M  gehabt  haben,  so  ist  überdies  daran  zu  erinnern, 
daß  das  Adjektiva  bildende  Formans  -u-  in  dem  dem  Preußischen 
nächstverwandten  Litauischen  häufig  als  Sekundärformaus  auf- 
tritt, wie  in  kaitrus  'Hitze  gebend'  (zu  kaitrh\  gädrüs  'heiter, 
klar'  (zu  gidrä\  tamsüs  'finster'  (zu  tamsa\  gliaumüs  'schleimig' 
(zu  gliaümas),  s.  Leskien  Bild,  der  Nom.  259  ff.  *).  Es  wäre  nämlich 
gut  möglich,  daß  panno  das  substantivische  Neutrum  eines  zu 

1)  Daß  im  Preußischen  kein  Adjektiv  auf  -us  von  dieser  Art  über- 
liefert ist,  wird  Zufall  sein.  Die  wenigen  uns  erhaltenen  preuß.  w-Adjektiva 
nennt  Trautmann  Die  altpreuß.  Sprachd.  246. 


Zur  nominalen  Stammbildung  der  germanischen  Sprachen.       311 

*puon-  Teuer'  gebildeten  »^-Adjektivs  gewesen  ist,  das  an  die 
Stelle  des  zugrunde  liegenden  Substantivs  selbst  trat.  Hierzu 
böte  das  aisl.  Neutrum  fyri  Teuer'  eine  Parallele,  da  es,  von 
fürr  M.  abgeleitet,  ursprünglich  'igneum,  irupiov'  gewesen  ist. 

Was  weiter  die  Eventualität  betrifft  daß  got.  fön  aus  *föni 
entstanden  ist,  so  wird  man  zunächst  erinnert  an  die  altindischen 
Neutra  auf  -i  wie  dksi^  ästhi  (J.  Schmidt  Plur.  244 ff.),  ferner 
an  t  als  Erweiterung  von  Nasalstämmen,  wie  in  ai.  Neutr.  vfsm 
'mannhaft'  {vfsni  savah  RY.  5,  35, 4),  das  sich  mit  Vfsni-h  'mann- 
haft; Widder'  aw.  varsni-s  'Widder'  an  ai.  vrsan-  angeschlossen 
hat  (man  beachte  den  Tonsitz  im  Neutrum  vfsni  neben  rrsni-h\ 
in  ahd,  arn  Plur.  erni  neben  aro  got,  ara  M.  'Adler'  u.  a.  Zu- 
gunsten von  *föni  läßt  sich  auch  das  ahd.  Neutrum  fuir  an- 
führen, da  dieses,  wie  wir  bald  sehen  werden,  auf  ein  älteres 
*fueri  zurückgeführt  werden  muß.  Mag  nun  *fänu  oder  *föni 
der  Vorläufer  von  fön  gewesen  sein,  die  ursprünglich  zweisilbige 
Formation  des  Nom.-Akk.  stand  jedenfalls  in  Kausalzusammen- 
hang damit,  daß  man  von  Stamm  *ftin-  oder  Stamm  *funo-  aus 
zu  *fun-en-  übergegangen  ist. 

Um  nun  weiter  zu  den  /--Formen  unseres  Wortes  zu 
kommen :  neben  den  Kasusformen,  die  als  Stammauslaut  r  haben, 
wie  griech.  irOp  irup-öc,  umbr.  pir  pur-e.  stehen  die  Fonnen 
mit  -?-o-,  -rä-  arm.  hur  Gen.  kroy^  umbr.  jJityom-e,  aisl.  fiirr  Akk. 
für.  griech.  rrupd  ion.  Trupn  {'Feuerstätte')  in  der  gleichen  Weise, 
wie  z.  B.  griech.  übpoc  uöpa  ai.  iidrd-h  neben  übujp;  ai.  usrä-h 
usrd  lit.  auszra  neben  ai.  usar-  usr- ;  ai.  dvära-m^  forum,  got.  dmir, 
griech.  Gupa  neben  ai.  Plur.  Nom.  dvdr-ah  Akk.  dtir-dh  diir-ak, 
ark,  Gup-Öa;  ai.  sura-h  lieben  svär  sur-  u.  dgl.(Grundr.22,  l,156ff.). 

Auffallend  und  der  Erklärung  bedürftig  erscheint  unter 
den  r-Formen  nur  das  zweisilbige  ahd.  fuir  (PajKjRajVoc.jWkjT) 
mit  der  jüngeren  Nebenform  fiur,  auch  as.  fiur. 

Johanssons  Annahme,  daß  fuir  Kontamination  eines  uridg. 
*püi  {*päui)  mit  */>Mr-  sei,  leuchtet  nicht  ein.  Auch  ist  aus 
lautgeschichtlichem  Grund  unannehmbar  die  von  Wackemagel 
IF.  2,  150  und  von  Franck-v.  AYijk  Et.  wordenboek  der  nederl. 
taal-  766  angesetzte  Grundform  *puuer,  bezieh.  \n:gQrm.*fn{u)ir{d)- 
(dafür  bei  Walde  Lat.  et.  Wb.«  626  *]muer,  da  er  ü  für  fuir  an- 
nimmt); denn  hier  bliebe  i  unerklärt.  Ich  gehe  von  *fuuen 
aus,  woraus  fuir  werden  mußte,  vgl.  ahd.  ubir  aisl.  ufir  aus 
*uberi  =  ai.  updri.,  ahd.  furdir  ==  *pft€ri.    Durch  sein  -i  unter- 


312    K.  Brugmann,  Zur  nominalen  Stammbildung  der  germ.  Sprachen. 

scheidet  sich  fuir  in  derselben  Weise  von  waggar,  wie  got  fOfi, 
wenn  wir  es  aus  *föm  entstanden  sein  lassen,  von  got  watö 
aus  *iüatön.  Im  Gegensatz  aber  zu  fön^  das  auf  den  Gebrauch 
als  Nom.-Akk.  beschränkt  blieb,  wurden  zu  fuir  noch  andere 
Kasus,  nach  der  o-Deklination,  geschaffen  {fuires  usw.).  Ob  auch 
dech.  jyyr  poln.  perz,  das  ebenfalls  /-Stamm  ist,  auf  einem  Nom.- 
Akk.  Sing.  N.  auf  -ri  beruht,  ist  um  so  zweifelhafter,  als  die 
Vermutung  nahe  liegt,  daß  es  flexivisch  durch  ognh  (öech.  ohen 
poln.  ogien)  beeinflußt  worden  sei.  Bestimmter  noch  muß  ich 
den  griech.  r/-Stamm  TTupi-,  der  in  irupi-riKric  'mit  feuriger  Spitze' 
und  andern  Komposita  vorliegen  soll  (z.  B.  Joh.  Schmidt  Voc. 
2,  273),  ablehnen.  Denn  dieses  irupi-  war  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  vielmehr  der  erstarrte  Lok.  Sing. -rrup-i  (Grundr.  2^,  1,  98). 
Dagegen  darf  auf  ai.  tisri-h  'Morgen,  Helle'  neben  usrd-  und 
iisar-  u.  a.  dgl.  (Grundr.  2^,  1, 381  ff.)  in  demselben  Sinne  verwiesen 
werden,  in  dem  wir  oben  wegen  urgot.  *föni  auf  vjsni-  neben 
vfsan-  hingewiesen  haben. 

Daß  die  Nebenform  ß,ur  durch  Umstellung  von  ui  zu  iu 
(Franck  Altfränk.  Gramm.  S.  50  fragt:  über  m/?)  aus  fuir  her- 
vorgegangen sei,  ist  zwar  möglich,  aber  nicht  durch  analoge 
Vorgänge  im  Westgermanischen  zu  begründen.  Mindestens  ebenso 
berechtigt  ist  die  Annahme,  daß  sich  darin  ein  mit  fuir  ab- 
lautendes nvgQim*feurl  erhalten  hat.  Zu  *füro-  (aisl.  fürr)  stünde 
es  ablautlich  in  demselben  Verhältnis  wie  ahd.  Huri  'teuer'  zu 
mhd.  türen,  got.  stiurjan  'feststellen*  ahd.  stiura  'Stütze,  Steuer- 
ruder' zu  ahd.  stüri  aschwed.  stür  (Persson  Beitr.  713  ff.),  die 
ebenfalls  ein  r-Formans  enthalten.  Vgl.  auch  das  mit  dem  Wort 
feuer  wurzelgleiche,  im  Sinne  freilich  von  ihm  getrennte  althoch- 
deutsche Verbum  fowen  'cribrare,  durchsieben,  Getreide  reinigen*, 
das  wie  ai.  paväya-ti  'reinigt,  läutert'  auf  ein  uridg.  *pouiie-ti 
zu  beziehen  ist  (daneben  ai.  pdva-te). 

Schließlich  noch  ein  Wort  über  griech.  navöc  'Fackel' 
(Aeschyl.,  Eur.),  das  seit  Fick  KZ.  18,  416  gewöhnlich  in  den 
Erörterungen  über  got.  fön  funins  ahd.  fuir  usw.  berücksichtigt 
und  mehrfach  mit  got.  fön  unmittelbar  verknüpft  worden  ist 
S.  u.  a.  Joh.  Schmidt  KZ.  26,  16,  Kretschmer  KZ.  31,  294, 
Johansson  Beitr.  zur  griech.  Sprachk.  291,  Fick  Wtb.  1*,  470, 
Prellwitz  Et  Wb.«  350,  Ehrlich  Unters,  über  die  Natur  der 
griech.  Beton.  99.  Das  Wort  mit  seinem  a  bereitet  vor  allem 
dadurch   Schwierigkeit,   daß  von  vom  herein  unklar  ist,  ob  es 


B.  Schmidt,  Ganz.  313 

echt  attisch  war  oder  Entlehnung  aus  dem  Dorischen.  Nur 
Ehrlichs  Deutung,  wonach  es  zu  uöp  gehörte,  echt  attisch  ge- 
wesen und  aus  *TTaFec-v6-c  hervorgegangen  wäre,  ist  ansprechend, 
besonders  im  Hinblick  auf  qpavoc  'Leuchte,  Fackel'  aus  *(paF€C-v6-c. 
Das  aus  *7TaFec-vo-  zu  folgernde  Neutrum  *7TaFoc  ^)  verhielte  sich 
zu  der  Wurzelform  *'peu-  *pou-^  wie  griech.  craupöc  lat.  -stauräre 
zu  got.  sfiurjan  usw.  (s.  Persson  Beitr.  713  ff.).  Dieses  *TTaFoc 
würde  demnach  unsern  obigen  Deutungen  von  got.  fön  ahd. 
fiur  usw.  nicht  im  Wege  stehn. 

Leipzig.  Karl  Brugmänn. 


Ganz. 

Das  hochdeutsche,  auch  ins  Niederdeutsche  und  Nieder- 
ländische und  weiterhin  ins  Friesische,  Dänische  und  Schwedische 
übergegangene  ganz  hat  auf  die  Etymologen  von  jeher  eine 
besondere  Anziehungskraft  geübt.  Auch  Brugmänn  hat  sich 
mehrfach  mit  dem  Worte  beschäftigt,  am  ausführlichsten  in  der 
Abhandlung  "Die  Ausdrücke  für  den  Begriff  der  Totalität  in 
den  indogermanischen  Sprachen",  Sonderabdruck  aus  dem  Renun- 
tiationsprograram  der  philosophischen  Fakultät  der  Universität 
Leipzig  für  1893 — 1894,  S.  56ff.  Brugmänn  empfiehlt  dort,  nach- 
dem er  mehrere  andere  Deutungs versuche,  darunter  den  be- 
kannten Möllerschen  HZ.  36,  326  ff.,  abgelehnt  hat,  die  Zusam- 
menstellung mit  dem  ai.  ä-hanäs-  'strotzend,  geil',  ghand-  'kom- 
pakt', als  subst.  'kompakte  Masse',  griech.  eu0evr|c,  euGeveia,  €u9ev€iju 
und  q)övoc  'Masse',  lit.  ganä  'genug'  und  aksl.  goneti  'genügen' 
nach  Bezzenberger  BB.  12,  78.  Fick  das.  16,  289.  Vgl.  Wb.*  1, 
40.  415.  PreUw.  Et.  Wb.  41  (2  68).  Johansson  IF.  3,  253.  Für 
wie  wenig  durchschlagend  er  indessen  selber  diese  Etymologie 
hält,  läßt  sich  schon  daraus  entnehmen,  daß  er  S.  59  f.  nicht 
weniger  als  drei  weitere  Anknüpfungsmöglichkeiten  zur  Wahl 
stellt,  um  IF.  5  im  Anz.  S.  19  Fußn.,  angeregt  durch  Osthoff 
und  im  Anschluß  an  Pott  Et.  Forsch.  1«,  792,  noch  eine  vierte 

1)  Scharfsinnig,  aber  freilich  ebenfalls  unsicher  ist  Ehrlichs  Ver- 
mutung, daß  kypr.  iraFiuj  in  der  von  R.  Meister  Abhandl.  der  sächs.  Ges. 
d.  Wiss.  27  (1909)  S.  30311.  behandelten  Inschrift  von  Salamis  {ixQ^wc  hä 
uupi  TraFitj  übersetzt  Meister  mit  'die  Feinde  aber  schlage  ich  mit  dem 
BUtz')  aus  *TTaF€c-iiJU  entstanden  sei  und  'ich  brenne,  verbrenne'  bedeute. 


314  B.  Schmidt, 

hinzuzufügen,  die  er  dann  in  den  SB.  der  Kgl.  Sachs.  Ges.  d. 
Wiss.  v.J.  1897,  S.  17  f.  und  im  Grdr.«  1,  381  noch  etwas  modi- 
fiziert und  näher  begründet  hat.  Auch  Torp  bei  Fick*  3,  125 
stellt  mehrere  Möglichkeiten  zur  Wahl,  während  die  meisten 
übrigen  Wörterbücher  sich  mit  der  Feststellung  begnügen,  daß 
das  Wort  noch  nicht  sicher  gedeutet  sei.  Unverständlich  ist 
mir  die  Haltung  Kluges,  der  noch  in  der  5.  Aufl.  des  Et.  Wb. 
S.  VIII  (ich  weiß  nicht,  ob  auch  noch  in  der  6.)  die  Möllersche 
Hypothese,  daß  ganz  ein  slav.  Lehnwort  sei,  grundsätzlich  ablehnt, 
um  sie  in  der  neuesten  (7.)  Aufl.,  allerdings  in  etwas  modi- 
fizierter Gestalt  und  nicht  ganz  unzweideutig,  selber  zu  ver- 
treten. Dieser  'ürafair  ist  mir  um  so  weniger  verständlich  als 
über  die  Wertlosigkeit  des  Möllerschen  Einfalls  trotz  der  aus- 
führlichen Begründung,  die  er  ihm  gegeben  hat,  heute  doch 
wohl  kein  Zweifel  mehr  besteht.  Vgl.  Berneker  Slav.  etym.  Wb. 
1,  561  unter  hom.  Auch  was  sonst  in  den  Wörterbüchern  oder 
anderswo  geboten  Avird,  ist  meist  von  vornherein  so  unwahr- 
scheinlich, daß  es  sich  nicht  lohnt,  es  im  einzelnen  hier  aufzu- 
führen,   lit.  bei  Falk-Torp  im  Nachtr. 

Jedenfalls  also  herrscht  an  Deutungsvorschlägen  für  unser 
Wort  kein  Mangel.  Aber  leider  ist  keiner  darunter,  der  wirk- 
lich überzeugend,  ja  nicht  einmal  einer,  der  auch  nur  einiger- 
maßen wahrscheinlich  wäre.  Und  doch  hat  die  unzweifelhaft 
richtige  Deutung  schon  immer  mit  zur  Diskussion  gestanden. 
Freilich  mehr  im  Hintergrund,  gewissermaßen  als  Lückenbüßer 
nur.  Und  deshalb  hat  es  bisher  noch  niemand  für  der  Mühe 
wert  erachtet,  sie  einmal  auf  ihre  tatsächliche  Berechtigung  zu 
prüfen.    Das  soll  im  folgenden  nachgeholt  werden. 

Unter  den  von  Brugmann  in  der  angeführten  Schrift 
ausdrücklich  abgelehnten  Etymologien  befindet  sich  auch  die 
Benfeysche,  früher  auch  von  Kluge  vertretene  Zusammenstellung 
mit  dem  griech.  xavödviu  und  xavböc  'geräumig',  von  dem  Brug- 
mann S.  57  zugibt,  daß  es  zum  Vergleich  mit  ganz  verführerisch 
einlade.  Brugmann  glaubt  diese  Etymologie  damit  abtun  zu 
können,  daß  er  unter  Hinweis  auf  Lobecks  Paralip.  149  f.  und 
Curtius'  Grdz.5  629  f.  feststellt,  daß  ein  Adj.  xavböc  'geräumig' 
im  Griechischen  nicht  existiert.  Nun  ist  es  richtig,  daß  es  ein 
Adj,  xctvböc  zu  xctvbdvuu  im  Griechischen  nicht  gibt.  Und  auch 
das  neben  dem  Adv.  xcivbov  bestehende,  wenn  auch  nur  in  einer 
einzigen  Stelle  bei  Athen.  X  S.  436  D  überlieferte  gleiciilautende 


Ganz.  315 

Adj.  wird  von  der  Kritik  vielleicht  mit  Recht  angefochten.  Aber 
selbst,  wenn  dieses  späte  Adj.,  wie  es  in  der  Tat  der  Fall  zu 
sein  scheint,  erst  vom  Adv.  aus  gebildet  sein  sollte,  so  bleibt 
doch  das  Adv.  selber  bestehn,  und  da  es  von  Homer  an  reich- 
lich belegt  ist,  so  kann  an  seiner  Existenz  nicht  gezweifelt 
werden.  Dieses  Adv.  kann  uns  daher  als  Etymon  für  ganz  um 
so  eher  genügen  als  es  von  Brugmann  selber,  und  ebenso  von 
Torp,  als  solches  empfohlen  wird. 

Dieses  xavööv  gilt  es  daher  zunächst  einmal  etwas  näher 
sich  anzusehn. 

Die  griech.  Adv.  auf  -ööv,  -öd  und  -hr\v  i),  zu  denen  auch 
Xavööv    gehört,    sind    von  Delbrück    im  Grdr.^  3,  605  ff.,   von 


1)  Die  mehrfach  erörterten  aber  bis  jetzt  noch  nicht  aufgeklärten 
Formen  auf  -(vbr|v  wie  dpicrivbnv,  irXouxivbnv  in  der  Verbindung  äp.,  irX. 
aipeicGai,  Kpiveiv,  ^kX^y^iv  xivd  haben  mit  unseren  Adverbien  zwar  das 
(i-Suffix  gemein,  weiter  aber  anscheinend  auch  nichts.  Ich  möchte  sie 
mit  den  Patronymika  auf  -hr\(i  verbinden.  Dieses  Suffix  tritt  in  Fällen 
wie  delph.Mepuuvböc,  phok.  Tiiaujvbäc,  thess.  KXeövbäc  u.  a.  als  Erweiterung 
von  n-Stämmen  auf,  worüber  Brugmann  Grdr.*  2, 1.  469.  471.  60-i  Griech. 
Gramm.*  240  und  die  dort  angeführte  Literatur.  Solmsen  Wortforsch.  55  ff. 
schheßt  aus  den  'nordwestgr.'  Formen  auf  -djvböc,  -övböc  mit  Recht, 
daß  auch  dem  gem.  griech.  -(i)dbric  in  vielen  Fällen  wohl  ein  n-Stamm 
zugrunde  liege.  Für  -ivbriv  hätte  man  an  die  Patronymika  auf  -luuv  wie 
Kpoviuiv,  oüpavüjuv  Kühner-Blass'  1, 2, 281  anzuknüpfen,  in  deren  Femininum 
neben  -idivr)  auch  -\yx\  (z.  B.  in  AbpncTivri)  begegnet.  'Apicrivbrjv  wäre 
demnach  von  Äpicxiujv,  uXouTivbriv  von  TTXoutüuv  ausgegangen,  die  als 
Eigennamen  tatsächlich  belegt  sind.  Das  durch  dpicxivbriv  vorausgesetzte 
äpicTivbric  ist  uns  in  einer  von  Jules  Martha  im  Bull,  de  corr.  hell.  1,  379 
veröffentlichten  spartanischen  Inschrift  (vgl.  auch  v.  Herwerden  Lex.  gr.* 
1, 202)  erhalten.  Dort  heißt  es:  ...  dpiCTivbou  hi  Kai  biaßereoc  auTeTraTfeXTCu 
Aanaiv^Tou,  toO  ApiCTOKpdTOUc  ....  so  daß  dpiCTivbrjC  ebenso  wie  biaßexnc 
(d.  i.  biaFexric  s.  v.  Herwerden  S.  357)  der  Titel  eines  spartanischen  Beamten 
zu  sein  scheint.  Die  eigentUche  Bedeutung  des  Wortes  aber  dürfte  'Aristo- 
kratensprößling' gewesen  sein,  wie  ja  auch  unser  könig  ursprünglich, 
und  historisch  noch  bis  in  die  mhd.  Zeit,  jeden  Angehörigen  des  Königs- 
hauses, des  künne  kqt"  ^toxnv,  bezeichnet.  AipeTcBai  xiva  äpicxivbnv  war 
daher  ursprünglich  ein  ganz  ähnlicher  Ausdruck  wie  etwa  aipeicGai  xiva 
cxpaxriTÖv.  In  einem  Punkte  allerdings  sind  beide  verschieden.  Denn 
da  bei  dpicxivbnv  aipeicöai  die  vornehme  Geburt  nicht  erst  die  Folge, 
sondern  vielmehr  gerade  die  Ursache  der  Wahl  ist,  so  liegt  hier  einer 
jener  Fälle  vor,  wo  der  Prädikatsakkusativ  nach  Brugmann  im  Grdr.*  2, 
2,  630  appositioneller  Geltung  sich  nähert.  Wir  können  diese  Nuance  im 
Deutschen  dadurch  zum  Ausdruck  bringen,  daß  wir  den  Prädikatsakku- 
sativ nicht,  wie  sonst,  durch  'zu',  sondern  durch  'als'  übersetzen.  Alpeicöai 
Tiva  dpicxivbnv  meint  daher  ursprünglich  'jem.  als  Sprößling  oder  Ver- 


316  B.  Schmidt, 

Brugmann  das.«  11  1,  471.  2,  681  und  Griech.  Gramm.*  294  f., 
von  Kühner-Blass  '12,  S.  306  f.  behandelt  worden.  Sie  dienen 
bekanntlich  dazu,  eine  die  durch  das  Verbum  ausgedrückte  Haupt- 
handlung begleitende  Nebenhandlung  desselben  Subjekts  zu  be- 
zeichnen, und  werden  ursprünglich  nur  von  der  Wurzel  resp. 
vom  Verbalstarara  aus  gebildet.  Sehr  früh  schon  sehn  wir  jedoch 
das  Suffix  auch  an  Nominalstärame  treten,  um  auszudrücken,  daß 
etwas  nach  der  Art  eines  Dinges  sei  oder  geschehe.  Brugmann 
will  die  ganze  Kategorie  ebenso  wie  die  ihrer  Funktion  nach 
genau  entsprechenden  lat.  Adv.  auf  -tim  und  die  ai.  sogen.  Abso- 
lutiva  auf  -am  auf  adverbial  gebrauchte  Akkusative  des  inneren 
Objekts  zurückführen.  In  der  Tat  steht  das  von  ihm  angeführte 
att.  crdöriv  kiujTec  'steif  dastehend*  Plato  Korn.  (Arist?)  I,  636  fr. 
130,  2  K.  (Athen.  XIV,  S.  628  E)  offenbar  auf  einer  Stufe  mit 
dem  schon  von  Delbrück  beigebrachten  plautinischen  ita  statim 
stant  Signa  *so  fest  stehen  die  Gestirne'  Amphitr.  276,  und  auch 
Fälle  wie  hom.  KXr|öriv  KiK\ricKe)Liev  I  11,  övo|aaK\r|bnv  övo)Lidi^eiv 
X  415.  b  278,  q)opdbriv  cpepec0ai,  KoiuiZieceai,  6xeTc9ai  stehn  diesem 
ältesten  Typus  noch  sehr  nahe.  Brugmann  sieht  daher  in  unseren 
Adverbia  erstarrte  Akkusative  von  Verbalnomina  auf  -öo-  und 
-ön,  so  daß  beispielsweise  das  Schlußglied  von  e)Lißa&öv  von  dem 
Subst.  6  ßdöoc  in  ßdbov  ßabiCeiv  Aristoph.  Vög.  42  ursprünglich 
nicht  verschieden  wäre.  Es  unterscheidet  sich  von  ihm  ledig- 
lich durch  seinen  besonderen  adverbialen  Akzent,  worüber  außer 
Brugmann  a.  a.  0.  und  IP  1,  29f.  2,  676f.  Delbrück  im  Grdr.^  III, 


treter  der  Aristokratie  wählen'.  Die  spätere  Bedeutung  'kot'  dpicreiav* 
aber  kommt  dadurch  zustande,  daß  äpicrlvbriv,  das  ursprüngUch  Appo- 
sition zu  dem  von  aipeicöai  abhängigen  Akkusativ  der  Person  gewesen 
war,  auf  die  Satzaussage  im  ganzen  bezogen  wurde.  Wir  haben  es  also 
bei  unserem  Adv.  mit  einem  ähnlichen  Vorgang  zu  tun,  wie  er  von 
Brugmann  S.  685  auch  bei  griech.  irpoiKo,  buuxivriv,  bujpeav  beobachtet 
worden  ist.  T7\ouT{vbriv  dürfte  erst  nach  dem  Muster  von  dpicxivbriv  ge- 
bildet sein.  Weiterhin  dann  auch  epapuYivbriv,  über  welches  das  Et.  M. 
788,  35  bemerkt :  ibc  äpicxivbriv,  CKdbiTTOvTec  Tf\v  YocxpiiuopTiav  xuiv  xop^"- 
xüJv  AxxiKol  X^Youci.  /)nxopiKri.  Da  für  dpicxivbnv.  •trXouxivbnv  in  einer 
von  K.  Fr.  Hermann  Lehrb.  d.  gr.  Antiqu.*  I,  3,  S.  159  Anm.  5  erwähnten 
Urkunde  des  achäischen  Bundes  (I.  G.  VII,  188,  z.  8  ff.)  sowie  in  einer 
megar.  Inschrift  bei  v.  Herwerden  2,  1187  auch  dpicxivba,  uXouxivba  be- 
gegnet, so  dürften  auch  die  Formen  auf  -{vba  hierher  gehören,  die  zur 
Bezeichnung  von  Spielen  dienen.  Vgl.  K.  Fr.  Hermann  a.  o.  IV*,  S.  295  ff. 
Doch  ist  mir  der  Ausgangspunkt  dieser  ziemlich  zahlreichen  Kategorie 
nicht  klar. 


Ganz.  317 

541  ff.  und  Hirt,  Akz.  2591  zu  vergleichen  sind.  Ganz  dasselbe 
Yerhältnis  haben  wir  auch  in  6)iaö6v  'zusammen' :  ö)Liaöoc  *Lärm, 
Oetöse',  in  ÖKXaööv  'hockend,  kauernd'  :  KXdboc  '(abgebrochener) 
Zweig'  ('Bruch'),  wenn  die  von  Prellw.*  326  f.  gegebene  Deutung 
des  Wortes  zutrifft.  Ebenso  darf  man  das  hom.  XiTÖriv,  eTiiXi^önv 
mit  XiYÖoc,  XiT&n  'Mörser'  (neben  gleichbedeutendem  iy&ic  und 
xfhx])  und  Hesjchs  Xiföa  •  x]  äKÖvt]  •  Kai  f]  Kovia  verbinden.  Dagegen 
sind  z.  B.  KXnönv  und  KeXaboc,  ganz  abgesehen  vom  Suffix,  auch 
durch  Ablaut  geschieden. 

Enger  noch  sind,  worauf  ebenfalls  schon  mehrfach  hin- 
gewiesen worden  ist,  die  Beziehungen  unserer  Adverbia  zu  den 
konsonantischen  Stämmen  auf  -aö-  und  den  Yerben  auf  -aluj. 
Ich  will  dabei  auf  die  Fälle  wie  eiußabov  neben  eußdc,  euTreXaööv 
neben  TreXdZuj  Fränkel  KZ.  42,  259,  jiiTdbriv  neben  laiydc,  öpo|adbriv 
neben  öpoiudc,  ciropdönv  neben  crropdc,  |uovdbr|v  neben  inovac 
nicht  einmal  allzu  großes  Gewicht  legen,  da  die  meisten  dieser 
Formen  Analogiebildungen  nach  einigen  wenigen  ursprünglich 
vorhanden  gewesenen  Mustern  zu  sein  scheinen.  Wichtiger 
scheinen  mir  die  Fälle,  wo  zwischen  Adverbium  und  Nomen 
Snffixablaut  besteht.  Also  [lifba  und  ^iYÖr|V  :  laiTdc,  (puföa  und 
q)ÜYbriv  :  qpuTdc,  p&jbr]v  (paTÖaToc) :  paydc,  cu|LiTrXr|Ybnv  :  ai  ZuinTrXri- 
Tdöec  (seil.  Trerpai).  Und  ebenso  Kpußöa  und  Kpußbriv  neben 
xpußdZiuj  (Hes.),  Kußba  (Aristoph.)  neben  KußdZluj  (Hes.),  dem  das 
ags.  hoppettan,  ahd.  hoppezen.,  nhd.  hopsen  J.  Grimm  D.  Gr.  Neuer 
Abdr.  2,  208.  Wilmanns  D.  Gr.«  2,  108.  Weig.  D.  Wb.^  1,  889. 
Johanna  Richter  Yerba  auf  -oLku  139.  149  zu  entsprechen  scheint. 
XuYbrjv  neben  mhd.  sluchkczen  Dfb.  Gl.  536  c,  nhd.  schluchzen  und 
schlucksen^  ei^.''  2,  737,  die  dasselbe  Verhältnis  zeigen  wie  griech. 
XuTboc,  XuTbri  zu  ahd.  lohezen  {lugizumja)  neben  lougezen,  ags. 
lieget  Wilm.  106.  108.  109,  J.  Richter  139.  140.  143.  157  oder 
das  griech.  pdßboc  aus  *ufb(lo-  zu  dem  ahd.  icorphozen  aus  *ufbadjö 
J.  Grimm  a.  0.  207.  Schade^  2,  1200.  Wüm.  107.  J.  Richter  141. 
145.  Diese  Beziehungen  unserer  Adverbia  zu  den  konsonant. 
«^-Stämmen  aber  legen  die  Vermutung  nahe,  ob  uns  nicht  in 
diesen  qpuTba,  inirba,  Kußba,  Kpußba,  die  sich  von  den  übrigen 
Formen  auf  -ba,  die  Plurale  zu  den  Singularen  auf  -bov  sind, 
schon  durch  ihre  abweichende  Betonung  unterscheiden,  Akku- 
sative  konsonantischer  c?-Stämme  auf  -drp.  vorliegen,  wie  es  be- 
reits J.  Richter  Verba  auf  -a^iu  S.  83  f.  vermutet  hat.  Während 
sie  freilich  das  -b-  von  ^ixba,  Kpußba  mit  dem  Pronominalstamm 

Indogermaaische  Forschungen  XXXIIL  21 


318  B.  Schmidt, 

do-  verbindet  und  deshalb  auch  Nichthierhergehöriges  wie  das 
durch  Hesych  überlieferte  arkad,  Gupöa-  ?Huü  heranzieht,  sehe 
ich  in  dem  -ö-  lediglich  eine  Ablautform  zu  dem  nominalen 
-aö-  [*-ad-).  Ouföa  wäre  also  von  9UTdöa,  luiixöa  von  mYotöa 
morphologisch  nicht  verschieden.  Das  Fehlen  des  Mittelvokals 
erscheint  durch  die  abweichende  Betonung  hinreichend  erklärt. 
Dieser  Suffixablaut  dürfte  daher  uralt  sein. 

Xavööv  dürfte  zu  der  Sippe  von  x^ckuj,  x«iviu  gehören. 
Wenigstens  wird  es  bei  Hesych  durch  VoXu,  xai  öcov  buvaxov, 
Ktti  dGpötuc,  dTTÖ  Toö  Kexnvevai  TiXaiu',  xavböv  meiv  durch  'kcxh- 
v6tu)C  Kai  dGpöuüc  TTieTv  öXiu  cTÖiaari'  gegeben.  Formell  ist  das 
Wort  vom  Aoriststamm  \a\-  in  exavov  ausgegangen.  Durch 
diese  Ableitung  vom  charakterisierten  Verbalstamm  unterscheidet 
es  sich  von  dem  uns  in  einer  böotischen  Inschrift  (Kaibel 
Epigr.  gr.  1130  =  Collitz  1133)  überlieferten  gleichbedeutenden 
Xdöav,  das  unmittelbar  von  der  Wurzel  aus  gebildet  ist.  Man 
hat  freilich  auch  hier  die  Richtigkeit  der  Überlieferung  be- 
zweifelt und  statt  ibc  xdöav  rrir)  vielmehr  x'  döav  zu  lesen  vor- 
geschlagen. So  Dittenberger  Corp.  inscr.  Graeciae  septentr.  Nr.  3467 
unter  Zustimmung  van  Herwerdens  Lex.  gr.^  2,  1579.  Aber 
das  überlieferte  xdöav  wird  geschützt  nicht  zwar  durch  das  von 
Frohwein  in  C.  St.  1  S.  109  und  noch  von  J.  Richter  a.  0.  S.  8 
angeführte  xdörjv  'abgesondert,  besonders'  bei  Hippokrates  S.  234, 
46  Foes.,  denn  diese  Form  ist  nach  Fränkel  KZ.  42,  259,  Fußn.  2 
falsche  Lesart  für  xotöeTv  oder,  wie  Littr6  VIT  482  =  irepi  Toviic  9 
schreibt,  x«öeeiv,  wohl  aber  durch  das  von  Hesych  überlieferte 
dvenixdbriv  ouketi  x^a^Poöv  Hes.  ed.  Mor.  Schmidt  I,  195,  31,  das 
nicht,  Avie  es  sonderbarerweise  bei  Fränkel  im  Text  geschieht, 
auf  xavbdveiv,  x^öeiv  zu  beziehen,  sondern,  wie  die  Bedeutung 
zeigt,  mit  xd^ieiv  zu  verbinden  ist.  Denn  wenn  dieses  Wort  auch 
begrifflich  dem  Verbum  x6L^  näher  steht  als  unserem  xavböv, 
so  ist  es  doch  formell  von  dem  böot.  xdbav  offenbar  nicht  ver- 
schieden. Das  Nebeneinander  von  \ähr[V  und  xavööv  wäre  ebenso 
zu  beurteilen  wie  das  von  dva-  öia-  ^incpdöriv  v.  Herw.  a.  a.  0., 
hora.  d|i9aö6v,  -d  und  dvaqpavööv,  dvaq)avöd  J.  Richter  S.  8.  27. 
Dasselbe  Verhältnis  auch  in  dem  von  Fränkel  KZ.  42,  381  f.  ange- 
führten Kpouqpdöav  der  Korinna  (Berl.  Klassikertexte  V  fr.  II,  59) 
gegenüber  Kpucpavööv  •  Kpuqpiiwc  bei  Hesych.  Freilich  wird  die 
Beweiskraft  dieses  Beispiels  leider  dadurch  stark  beeinträchtigt, 
daß  Kpuq)avö6v  nach  Brugmann  Griech.  Oramm.*  295  erst  nach 


Ganz.  319 

dem  Muster  des  Oppositums  dvaqpavööv  und  ebenso  Kpoucpdöav 
nach  Fränkel  erst  als  Gegensatz  zu  eiiqpdönv  Archil.  fr.  66,  4 
Bergk*  gebildet  ist.  Auch  das  von  J.  Richter  S.  8.  12  ange- 
führte CTOxavbov  'vermutungsweise*  bei  Theognost.  S.  162,  7 
neben  cToxdZoiiai,  cToxdc  ist  offenbar  eine  Analogiebildung. 

Xavböv  nun  ist  einmal  schon  bei  Homer,  und  zwar  in 
der  Odyssee  qp  294,  belegt,  und  diese  Stelle  kann  auch  für  den 
späteren  Gebrauch  des  Wortes  als  typisch  gelten.  Ja,  vielleicht 
ist  sie  das  Vorbild  für  alle  späteren  Belege  gewesen.  Dort  heißt  es : 

oivoc  ce  Tpuuei  |neXiTi6ric,  öcre  Kai  dXXouc 

ßXdTTxei,  öc  dv  |aiv  xo^vögv  eXr),  \ir\b'  aTci|aa  nivr}. 

Dann  freilich  folgt  eine  große  Pause  in  der  Überlieferung. 
Erst  in  der  hellenistischen  Zeit  taucht  das  Wort  in  der  Literatur 
wieder  auf  und  wird  mit  Yerben  wie  iriveiv,  Z^oüpoTTOieTv,  ttotöv 
beKec0ai,  djuqpopeicöai,  e^TTi^TrXacGai,  dpucacOai  verbunden.  Doch 
hält  der  Gebrauch  des  Wortes  sich  streng  in  dem  Rahmen  der 
angeführten  Homerstelle.  Insbesondere  ist  zu  beachten,  daß  das 
Wort  auch  in  der  späteren  Zeit  auf  die  Verbindung  mit  den 
Verben  des  Trinkens  (Zusichnehmens,  Schöpfens)  beschränkt 
bleibt.  Nur  die  folgenden  beiden  Beispiele  von  denen,  die 
Stephanus  anführt,  tragen  ein  etwas  freieres  Gepräge:  aKpriiiy 
. . .  öttot'  Ic  qppeva  xavbbv  'iKriiai  Quiut.  Smyrn.  13,  13  und 
dvaupujv  .  .  .  xciv&öv  öii|;av  aiovo|aevujv  Lykophr.  1424. 

Wenn  wir  der  Angabe  des  Grammatikei's  Moeris  bei  Stephanus 
im  Thes.  Glauben  schenken  dürfen,  so  war  die  Wendung  xavböv 
TTieiv  speziell  attisch,  während  die  Keine  Kexnvötujc  oder  d0pöujc 
sagte.  Freilich  ist  das  Wort  bei  den  Attikern  der  klassischen  Zeit 
nicht  belegt,  während  es  beispielsweise  bei  Lucian  häufig  ist. 

Ein  pluralisches  xavbd  wird  zwar  von  Apollon.  de  adv.  562, 
16,  20  angeführt  und  ist  von  da  auch  in  die  neueren  Gram- 
matiken übergegangen,  ist  aber  literarisch  nicht  belegt. 

Das  Adj.  xavböc  in  der  Verbindung  eK  xavbtic  ZiujpoTtOToiv 
KuXiKoc  bei  Athen.  X  S.  436  D  dürfte,  wie  bereits  erwähnt  wurde, 
erst  vom  Adv.  xavbov  aus  gebildet  sein,  in  derselben  Weise  etwa, 
wie  aus  dem  ungefähr  gleichbedeutenden  duucti  ein  fem.  dnucnc 
mit  der  Bedeutung  'kräftiger  Schluck,  großer  Pokal'  erwuchs. 
Zugleich  aber  wird  volksetymologische  Anlehnung  an  xövbdvuu 
im  Spiele  sein.  Wird  doch  im  Etym.  M.  806,  30  und  bei  Suidas 
ed.  Beruh.  II,  2, 1594  xavbov  nicht  nur  durch  döpöov  und  ditXriCTUJc, 
sondern  auch  durch  x^^PHtikujc  gegeben. 

21* 


320  B.  Schmidt, 

XavÖ07T0Tr|c  endlich  bei  Maced.,  Anth.  pal.  11,  59,  1  ist 
eine  ähnliche  Bildung  wie  das  häufigere  dbnqpaToc,  Prinzipiell 
sind  diese  Formen  von  Adverbialkomposita  wie  griech.  arxiM^XHiTlc, 
nhd.  Frühaufsteher  Brugmann  Grdr.2  II  2,  758  nicht  vei-schieden, 
nur  daß  der  adverbiale  Kasus  in  der  Komposition,  wie  es  ja 
auch  sonst  zu  geschehen  pflegt,  durch  die  entsprechende  Stamm- 
form ersetzt  ist. 

Mit  diesem  xavbov  also  gilt  es  unser  ganz  zu  vergleichen. 

Die  Yermittlung  der  Formen  macht  keine  Schwierigkeit, 
wofern  nur,  was  wegen  des  auch  nd.  nl.  gans  bestritten  worden 
ist,  dem  hd.  ganz  ein  urgerm.  *yanta-  zugrunde  liegt.  Daran 
aber  kann  m.  E.  kein  Zweifel  sein.  Denn  es  ist  einfach  nicht 
wahr,  was  immer  noch  behauptet  zu  werden  pflegt,  daß  ganz 
auf  das  Kontinentalgermanische  beschränkt  sei.  Das  "Wort  ist 
vielmehr  auch  im  Englischen  belegt,  und  zwar  in  einer  Form, 
die  ein  wenigstens  westgerm.  *yanta-  sicher  stellt.  Das  nd.  nl. 
gans  muß  also,  wie  wir  es  von  vornherein  angenommen  haben, 
aus  dem  Hochdeutschen  entlehnt  sein. 

Zugleich  aber  —  und  das  ist  beinahe  noch  wichtiger  — 
tritt  das  engl,  gaunt  in  einer  Bedeutung  auf,  die  für  den  Begriff 
des  Wortes  unmittelbar  an  das  griech.  xavöov  anzuknüpfen  ge- 
stattet. Und  in  dieser  besonderen,  von  der  unseres  ganz  ziem- 
lich erheblich  abweichenden  Bedeutung  des  Wortes  ist  denn 
wohl  auch  der  Grund  dafür  zu  suchen,  daß  seine  Identität  mit 
dem  hd.  ganz  so  lange  verborgen  bleiben  konnte. 

In  den  Glossaren  der  mittelenglischen  Zeit  wird  gaunt 
durch  'maciolentus  (so !),  gracilis*  gegeben.  Aber  diese  Bedeutung 
ist  nicht  die  älteste,  wenn  sie  auch  noch  heute  die  gewöhnliche 
ist.  Die  eigentliche  Bedeutung  des  Wortes  scheint  sich  viel- 
mehr, aus  der  folgenden,  im  N.  E.  D.  angeführten  Stelle  aus 
Smolletts  Reproof  125  zu  ergeben,  die  der  Mitte  des  18.  Jahr- 
hunderts angehört- 

Gorg'd  with  our  plunder,  yet  still  gaunt  for  spoil 

RaiKtcHMS  Gideon  fastens  on  our  isLe. 

Hier  kann  gaunt  kaum  etwas  anderes  als  'gierig,  hungrig* 
bedeuten,  und  dieser  Begriff  wird  seinerseits  aus  'x^viüv,  Kexn- 
viiic'  entwickelt  sein.  Gleich  dem  griech.  xaviijv  ist  denn  auch 
gaunt  Beiwort  des  Wolfes :  for  what  Alliance,  uhnt  relation  Hath 
the  gaunt  Wdfe  with  the  Innocent  Lamb?  heißt  es  bei  G.  Daniel 
Ecclus.  13,  59  (a.  1639),  und  der  Amerikaner  hat  von  diesem 


Ganz.  321 

gaunt  ein  Gauntgrim  =  Isegrim  gebildet.  Ganz  besonders  fest 
scheint  diese  Bedeutung  an  dem  partizipialen  gaunted  zu  haften. 
Wenigstens  heißt  es  schon  in  Stanyhursts  Aeneis  11  (Arb.)  55 
V.  J.  1583  ebenfalls  von  Wölfen:  lyke  rauening  tcoolfdams  vpsoackt 
and  gaunted  in  hunger  und  ganz  ähnlich  auch  bei  D.  S.  Cage 
in  Shields  Big  Game  N.  Amer.  476  v.  J.  1890 :  a  gorged  Wolf 
is  not  fast  .  .  .  hut  when  properly  'gaunted',  fetc  horses  can  catch 
a  Gray  Wolf 

Aus  dem  begr.  'gierig,  hungrig'  hat  sich  dann  die  gewöhn- 
liche Bedeutung  'schmächtig,  hager'  entwickelt,  in  derselben 
Weise  etwa,  wie  dies  auch  bei  unserem  schmächtig  geschehen  ist. 
Ich  gebe  die  folgenden  Beispiele  nach  dem  N.  E.  D.,  indem  ich 
zugleich  das  Adv.  gaiinthj  und  das  Abstr.  gaunfness  heranziehe : 

Holland  Pliny  2,  152  (a.  1601):  they  icho  feed  ouermuch, 
and  desire  to  he  gant  and  slender  .  .  .  ought  to  forbear  drinking 
at  meales. 

Scott  Guy  31.  n  (a.  1815):  Jiis  tall,  gauid,  atckward  bony 
figure,  attired  in  a  threadhare  suit  of  block. 

Ouida  Maremma  1,  17  (a.  1882):  a  tall  gaunt  woman  with 
blue  eyes  and  snow-white  hair. 

Blackmore,  Gl.  Taughan  XV  (a.  1864):  I  beheld  a  man  about 
50  years  old,  of  moderate  stature,  gauntly  bodied,  and  loosely  built. 

Middleton,  Inner  Temple  Masque  A.  3  (a.  1629):  I  knote 
him  hy  his  gauntness,  his  thin  chitterlings. 

Lytton,  Devereux  1,  11  (a.  1829):  the  total  absence  of  all 
superfluous  flesJi  would  have  given  the  lean  gauntness  of  his  figure 
an  appearance  of  almost  spectral  emaciation. 

Roe,  Nat.  Ser.  Story  XTT  (a.  1884):  he  tvas  growing  thin 
even  to  gauntness. 

Heute  braucht  man  das  Adjektiv  nach  Wright  E.  D.  D.  2, 
558  besonders  *of  a  greyhound  or  a  race-horse,  being  thin  in 
the  flanks'.  Daher  as  gaunt  as  a  greyhound  bei  Thackeray  Yan. 
Fair  LVH  (a.  1848). 

Bemerkenswert  sind  auch  die  folgenden  bildlichen  An- 
wendungen, die  freilich  sämtHch  erst  dem  vorigen  Jahrhundert 
angehören : 

Heber  Palestine  261  (a.  1809):  unde-tcasting  plague,  gaunt 
f am  ine,  mad  despair. 

Prophetess  I,  V  (a.  1814):  llke  the  gaunt  echo  of  a 
hoUow  tomb. 


322  B.  Schmidt, 

Besant  and  Rice,  Ready  Money  Mortiboy  (a.  1872):  M's 
parlour  is  a  gaunt  cold  room. 

Mahaffy,  Soc.  Life  Greece  11,  849  (a.  1874):  human  art  has 
been  thrust . . .  even  into  hostilify  with  our  stern  and  gaunt  devoutness. 

T.  Hardy  Ethelberta  (1890)  93  (a.  1876):  /  am  at  present 
.  ,  .  surrounded  hy  gaunt  realities. 

Hall.  Caine,  Son  of  Hagar  II,  XIV  (a.  1886):  Paul  walked 
among  the  naked  trees  of  the  gaunt  wood  at  the  foot  of  Coledale. 

Mahaffy,  Soc.  Life  Greece  8,  252  (a.  1874):  compare  all 
tliis  humane  and  kindig  feeling  wiih  the  gauntness  and  horror 
of  our  modern  executions. 

"Während  die  bisher  angeführten  Beispiele  begrifflich  dem 
griech.  xavbov  ohne  Zweifel  näher  stehn  als  unserem  ganz,  fehlt 
es  doch  auch  nicht  an  solchen  Fällen,  in  denen  gatmt  unserem 
ganz  in  der  Bedeutung  sehr  nahe  kommt.  Wenn  es  z.  B.  bei 
Latimer,  5^^  serm.  bef.  Edw.  VI  (Arb.)  154  (a.  1549)  heißt: 
Sodaynelge,  she  was  gaunte  agayne  (sc.  after  childbirth\  so  ist 
dieser  Fall  von  ahd.  Belegen  wie  si  uuola  ganz  uuurti  0  3,  14, 
21  (vom  blutflüssigen  Weibe)  oder  mnl.  wie  (doe)  worden  si 
ghans  ende  ghesont  V.  d.  Houte  433  nicht  wesentlich  verschieden. 
Und  wenn  in  den  State  Papers  Heinr.  YIII  (a.  1546)  11,  230 
jemand  vom  König  berichtet:  the  King  .  .  .  was  nothing  so  lusty 
nor  so  gaunte,  when  I  saiv  him  last,  as  he  is  nowe  .  .  .  I  wold 
not  haue  beleved  He  had  hyne  in  so  good  case  .  .  .  if  I  had  not 
sene  Him  myself  so  bedeutet  gaunt  hier  geradezu  'gesund'.  Dabei 
ist  zu  beachten,  daß  diese  beiden  Belege  von  den  ne.  des  N.  E.  D. 
die  ältesten  sind.  Auch  W.  Coles  Adam  in  Eden  cl.  229  (a.  1657) 
verbindet  gaunt  und  healthful  miteinander :  it  (sc.  groundsell)  is 
muck  used  to  be  given  to  tarne  Rabbets,  when  they  are  pot-bellyed 
.  .  .  to  make  them  gaunt  and  healthful,  wenn  auch,  wie  man  sieht, 
nur  in  einem  speziellen  Fall,  und  Thoresby,  Lett.  to  Ray  (a.  1703) 
gibt  gant  durch  'lusty,  hearty  and  healthful*  wieder. 

Immerhin  geht  die  Annäherung  an  ganz  nicht  so  weit, 
daß  man  berechtigt  wäre,  das  Shakespearsche  arm-gaunt  in  der 
Stelle :  so  he  nodded,  and  soberly  did  mount  an  arm-gaunt  steed, 
who  neigh'd  so  high  Ant.  1,  5,  48,  wie  es  in  Schmidt-Sarrazins 
Sh.  Lex.3 1, 51  f.,  allerdings  erst  an  zweiter  Stelle,  geschieht,  durch 
'completely  armed,  harnessed'  zu  übersetzen.  Richtiger  scheint 
das  an  erster  Stolle  vorgeschlagene  'lusty  in  arms,  füll  of  life 
and  martial  spirits'  oder  auch  'lean  from  bearing  arms  in  battle, 


Ganz.  323 

hence  warlike',  wie  Herford  im  Nachtrag  die  Stelle  erklärt. 
Jedenfalls  hat  der  Letztere  darin  recht,  daß  der  Zusammenhang 
den  Begriff  'vigoiirous  and  high  spirited'  fordere.  Wird  doch 
auch  gaunty  nach  Wright,  E.  D.  D.  2,  558  von  Pferden  im  Sinne 
von  'spirited,  frolicsome'  gebraucht. 

Endlich  sei  noch  auf  gaunty  'luxuriant,  overspreading' 
(von  Bäumen)  hingewiesen,  nach  "Wright,  E.  D.  D.  2,  578  'a  wood- 
raan's  term  for  trees  which  grow  so  tall  and  awkwardly  over- 
spreading as  to  injure  the  ground  beneath'. 

So  schlägt  uns  das  engl,  gaunt  die  Brücke  zu  dem  griech. 
Xavbov,  aber  es  lehri;  uns  zugleich,  daß  die  Beschränkung  des 
Begriffs  auf  das  Klaffen  des  Mundes  oder  Schnabels,  wie  sie 
beim  griech.  xavbov  besteht,  auch  für  das  germ.  *yanta-  ihre 
Giltigkeit  hat,  und  daß  es  daher  nicht  angängig  erscheint,  für 
das  hd.  ganz  mit  Brugmann  a.  a.  0.  S.  59  von  dem  allgemeinen 
Begriff  'weit  geöffnet,  geräumig'  auszugehn. 

Zwar  ließe  sich  ja  nun  der  Begriff  'integer,  totus'  aus 
der  Bedeutung  'gesund'  gewinnen,  die  ja,  wie  wir  gesehen  haben, 
auch  im  Englischen  belegt  ist.  Ist  doch  auch  das  nd.  hei  allem 
Anschein  nach  auf  diesem  Wege  zu  der  Bedeutung  'totus'  ge- 
kommen. Aber  für  das  hd.  ganz  ist  diese  Annahme  schon  des- 
halb sehr  unwahrscheinlich,  weil  die  Bedeutung  'totus'  schon 
sehr  früh  über  das  ganze  hochdeutsche  Sprachgebiet  verbreitet. 
ganz  'gesund'  aber  im  Althochdeutschen  im  wesentlichen  auf  0. 
beschränkt  ist.  Eine  größere  Verbreitung  hat  die  Bedeutung 
'gesund'  eigentlich  nur  auf  niederländischem  Boden  erlangt,  und 
hier  hat  sie  sich  denn  auch  in  gewissen  Verbindungen  bis  auf 
den  heutigen  Tag  erhalten.  Ich  erinnere  vor  allem  an  das  negierte 
ongansch  'ongesteld,  onwel'  Wb.  d.  nl.  taal  10,  1573 f.,  das  nach 
der  Angabe  des  Mnl.  Wb.  2,  911  noch  heute  dazu  dient,  'om 
eene  door  onmatigheid  veroorzakte  ongesteldheid  der  maag  aan 
te  dulden'. 

Andrerseits  aber  kann  die  Bedeutung  'gesund',  weil  sie 
auch  im  Englischen  vorliegt,  auch  nicht,  wie  Möller  S.  340  ff. 
und  Brugmann  58 f.  angenommen  haben,  erst  aus  dem  Begriff 
'totus,  integer'  entwickelt  sein.  Beide  Bedeutungen  haben  viel- 
mehr als  selbständige  Entwicklungen  des  Begriffs  zu  gelten. 

So  führt  zwar  eine  ununterbrochene  Entwicklung  von  dem 
griech.  xavbov  auf  dem  Umweg  über  das  engl,  gaunt  zu  unserem 
ganz.    Aber  es  erscheint  unter  den  geschilderten  Verhältnissen 


S2i  B.  Schmidt, 

sehr  fraglich,  ob  unser  ganz  wirklich  diesen  Weg  gegangen  ist 
Und  in  der  Tat  gibt  es  daneben  noch  einen  kürzeren,  der  von 
dem  griech.  xavböv  unmittelbar  zu  unserem  ganz  herüberführt. 
Denn  wenn  das  griech.  xavööv  in  der  Verbindung  xctvööv  meiv 
gleichbedeutend  mit  aGpöuic,  döpoov  gebraucht  wurde,  so  brauchte 
sich  das  Wort  ja  nur  von  der  obligaten  Verbindung  mit  dem  Verbum 
TTieTv  zu  emanzipieren,  und  der  Begriff  'dGpöuuc'  blieb  übrig. 

Mit  anderen  Worten.  In  der  Verbindung  mit  den  Verben 
des  Trinkens,  die  ja  bei  einem  Begriff,  wie  unser  *ghandom  es 
ursprünglich  war,  so  nahe  lag,  und  die  daher  sicher  uralt  ist, 
hatte  unser  Adverbium  die  Bedeutung  *öXuj  ctöinaTi,  in  vollen 
Zügen*  angenommen.  Wie  nun  aber  im  Griechischen  neben 
dem  konkreten  x«vööv  in  gleicher  Bedeutung  das  absti'akte,  von 
einer  ganz  anderen  Anschauung  ausgegangene  dGpoujc  steht,  so 
hat  sich  bei  unserem  gatiz  aus  der  konkreten  Bedeutung  'öXlu 
cToiiaTi  x«ivujv',  wie  sie  uns  das  Griechische  noch  bewahrt,  der 
heutige  abstrakte  Totalitätsbegriff  entwickelt.  Was  unser  ganz 
von  dem  griech.  xavöov,  und  wohl  auch  von  dem  engl,  gaunt 
unterscheidet,  ist  also  lediglich  diese  Abstraktion. 

Diese  Auffassung  setzt  freilich  voraus,  daß  unser  ganz, 
ebenso  wie  das  griech.  xctvöov,  nicht  als  Adjektiv,  sondern  als 
Adverb  ins  Leben  getreten  sei.  Aber  dieser  Annahme  steht,  so 
viel  ich  sehe,  durchaus  nichts  im  Wege.  Sind  doch  auch  das 
griech.  auTOC,  das  lat.  penitus  und  subitus  aus  Adverbien  zu 
flektierten  Adjektiven  geworden,  s.  Brugmann  im  Grundr.*  2,  2, 
667,  730,  und  will  doch  Brugmann  in  der  mehrfach  angeführten 
Schrift  S.  21  f.  auch  das  lat.  cutictus  und  S.  55  tötus  auf  diese 
Weise  erklären.  Auch  das  nl.  dwars  ist  eigentlich  ein  Adverb, 
da  es  nach  Franck  Et.  Wb.^  145  (van  Wijk)  dem  ahd.  tweres, 
ags.  ßweores  entspricht. 

Allerdings  ist  der  Übertritt  nach  Brugmann  an  die  Be- 
dingung geknüpft,  daß  "die  adverbiale  Endung  äußerlich  als 
eine  lebendige  Nominalforra  erscheinen  konnte".  Aber  auch 
diese  Bedingung  wird  durch  unser  *yanta-  erfüllt.  Denn  das 
vorauszusetzende  *ghandom  entspricht,  sobald  das  -d-  zur  Wurzel 
gezogen  wird,  dem  Typus  der  sogenannten  unflektierten  Form 
des  germanischen  starken  Adjektivs.  Und  in  dieser  formellen 
Berührung  mit  dem  germanischen  Adjektiv  ist  denn  wohl  auch 
der  Grund  für  den  Übertritt  des  Wortes  zu  den  flektierten 
Adjektiven  zu  suchen. 


Ganz.  325 

Und  zwar  dürfte  die  Umwertung  des  Wortes  in  prädi- 
kativer Stellung  erfolgt  sein,  wo  ja  seit  urindogermanischer  Zeit 
das  Adverb  mit  dem  Adjektiv  konkurrierte,  und  wo  zugleich 
noch  heute  die  Hauptdomäne  der  sogenannten  unflektierten 
Form  des  Adjektivs  ist.  Stehn  sich  doch  gerade  im  prädikativen 
Gebrauch  Adjektiv  und  Adverb  auch  heute  noch  so  nahe,  daß 
es  in  vielen  Fällen  sehr  schwer  ist,  sich  für  das  eine  oder 
andre  zu  entscheiden.  Ygl.  darüber  außer  Hildebrand  D.  Wb. 
4,  1,  1,  1299  f.  s.  n,  B,  2)  und  Paiü  D.  Wb.«  185  namentlich 
Cosijn  im  Wb.  d.  nl.  Taal  4,  251  ff.,  der  in  der  Anm.  Sp.  256 
folgendermaßen  sich  äußert :  "Ook  in  andere  gevallen,  t.  w.  waar 
gansch  niet  met  een  ander  bnw.  verbonden  is,  kan  het  menig- 
maal  als  praedicatieve  bepaling,  en  dus  als  bnw.,  worden  opgevat. 
In  die  gevallen  echter  kan  het  evenzeer  als  bijwoord  beschouwd 
worden.  De  vorm  des  woords  beslist .  hier  niets,  daar  praedi- 
catieve en  bijwoordelijke  bepalingen  beide  onverbogen  blijven; 
en  wat  de  beteekenis  betreft,  is  de  eene  opvatting  zoowel  als 
de  andere  aannemelijk". 

Fürs  Althochdeutsche  liegen  die  Dinge  freilich  insofern 
anders,  als  hier  auch  der  formale  Unterschied  zwischen  Adjektiv 
und  Adverb  eine  Rolle  spielt.  An  und  für  sich  z.  B.  erscheint 
es  sehr  wohl  möglich,  daß  uns  in  dem  von  Graff  4.  222  an- 
geführten tiu  dö  ganz  in  iro  geuualte  uuas  des  Boeth.  das  alte 
Adverb  noch  vorliegt,  da  der  Sinn  auch  hier  ohne  Zweifel  beide 
Auffassungen  zuläßt.  Ja,  käme  allein  die  Bedeutung  in  Betracht, 
so  würden  wir  uns  vermutlich  unbedingt  für  das  Adverb  ent- 
scheiden. Da  jedoch  in  einer  althochdeutschen  Glosse  bei 
Steinmeyer-Sievers  1,  787,  1  das  Adverb  als  kanzo  belegt  ist, 
so  bleibt  es  leider  zweifelhaft,  ob  wir  dieser  Auffassung  Raum 
geben  dürfen. 

Und  doch  ist  dieses  ganzo  vielleicht  nur  eine  Fiktion, 
eine  Form,  die  nie  existiert  hat.  Denn  abgesehen  von  dieser 
einen  althochdeutschen  und  einer  späten  mittelhochdeutschen 
Glosse  des  15.  Jahrhunderts  bei  Dfb.  466«=,  die  das  lat  'prorsus' 
durch  gancze  wiedergibt,  ist  ein  formelles  Adverb  zu  ganz  weder 
in  der  althochdeutschen  noch  auch  in  der  ungleich  reicheren 
mittelhochdeutschen  Literatur  belegt.  Auf  diese  auffallende  Tat- 
sache ist  schon  im  D.  Wb.  Sp.  1299  s.  1)  und  von  Möller  S.  334 
mit  Recht  hingewiesen  worden,  und  man  wird  sie  so  zu  deuten 
haben,  daß  neben  ganzliche  Delbrück  Grundr.  3,  634  ganz  selber 


326  B.  Schmidt, 

damals  auch  noch  als  Adverb  fungierte.  Wenigstens  scheint  das 
im  Mittelhochdeutschen  der  Fall  zu  sein.  Denn  bei  Megenberg 
65,  8  heißt  es  nach  dem  D.  Wb. :  wenn  aber  in  (sc.  den  mond) 
diu  simn  beseits  anschilhet,  so  ist  er  nicht  ganz  vol,  und  auch  die 
Formel  ganz  unde  gar  ist  nach  Lexer  1,  737  schon  in  Heinrichs 
V,  d.  Türlin  Krone  (und  zwar  mehrfach)  und  in  Konrads  v. 
Würzburg  Troj.  Krieg,  die  beide  noch  dem  13.  Jahrhundert  an- 
gehören, belegt.  Es  heißt  z.  B.  so  waere  ganz  und  gar  verlorn 
diu  arbeit  Krone  28494  und  wid  üg  im  was  getroffen  dag  alte 
bluot  ganz  unde  gar  (var.  gar  unde  gar)  Troj.  Kr.  10777.  Aber 
leider  sind  auch  diese  Stellen  wiederum  mehrdeutig.  Denn  in 
den  letzten  beiden  Fällen  kann,  wie  das  D.  Wb.  unter  Berufung 
auf  eine  Glosse  des  Voc.  ine.  theut.  h  i  j^,  die  gar  und  ganz 
durch  'totus,  integer'  wiedergibt,  bemerkt,  ganz  immerhin  auch  Ad- 
jektiv sein,  wenn  das  auch  bei  dem  durchaus  adverbialen  Charakter 
des  nhd.  ganz  und  gar  nicht  eben  wahrscheinlich  ist,  und  in  allen 
dreien  könnte  außerdem  Apokope  des  adverbialen  -e  vorliegen. 

So  scheitern  alle  Beweise,  die  aus  der  Geschichte  des 
Wortes  für  den  adverbialen  Ursprung  von  ganz  vielleicht  ent- 
nommen werden  könnten,  daran,  daß  die  betreffenden  Formen 
eine  mehrfache  Auffassung  zulassen,  und  wir  müssen  schon  zu- 
frieden sein,  daß  die  Geschichte  des  Wortes  andrerseits  wenigstens 
auch  nichts  ergibt,  was  unserer  Annahme  von  dem  adverbialen 
Ursprung  des  Wortes  direkt  widerspricht. 

Tatsache  ist,  daß  das  Wort  schon  in  den  frühesten  alt- 
hochdeutschen Belegen  als  flektiertes  Adjektiv  auftritt.  Auch 
im  Gebrauch  des  Wortes  ist  ein  wesentlicher  Unterschied  gegen 
heute  nicht  festzustellen.  Höchstens  wäre  zu  bemerken,  daß 
ganz  'totus*  im  Mittelhochdeutschen  auch  in  prädikativer  Stellung 
erscheint,  während  es  heute  in  dieser  Bedeutung  bekanntlich 
auf  den  attributiven  Gebrauch  beschränkt  ist.  Mau  konnte  also 
im  Mittelhochdeutschen  noch  sagen : 

ir  herzen  jämer  ums  so  ganz  Parz.  117,  11. 

sin  lop  was  ganz  Walther  35,  7 

der  sunnen  glast  ist  worden  ganz  M.  S.  1,  192* 

dennoch  was  der  stürm  ganz  Krone  27082, 
und  auch  hier  wieder  kann  man  im  Zweifel  sein,  ob  ganz  Ad- 
jektiv oder  Adverb  ist. 

Übrigens  überwiegt  beim  Adverb  in  der  älteren  Sprache 
durchaus  der  eigentliche  adverbiale  Gebrauch  im  engeren  Sinne, 


Ganz.  327 

während  die  Verbindung  mit  Adjektiven  und  Adverbien  noch 
selten  ist.  Doch  hat  dieselbe  im  Laufe  der  Zeit  eine  immer 
größere  Ausdehnung  erfahren,  während  der  adverbiale  G-ebrauch 
im  eigentlichen  Sinne  immer  mehr  auf  gewisse  stehende  Ver- 
bindungen wie  z.  B.  ettcas  ganz  vergessen  beschränkt  wurde. 
Näheres  darüber  in  den  Wörterbüchern. 

Aus  dem  engl,  gaunt  ist  bei  der  Seltenheit  des  Wortes 
und  seinem  späten  Auftreten  in  der  Literatur  für  den  Ursprung 
des  westgerm.  *yanta-  natürlich  noch  weniger  etwas  zu  ent- 
nehmen wie  aus  dem  hd.  ganz.  Aber  wenn  auch  die  konkretere 
Bedeutung  des  englischen  Wortes  im  allgemeinen  vielleicht  nicht 
so  unbedingt  für  den  adverbialen  Ursprung  des  Wortes  spricht 
wie  die  abstrakte  des  hd.  ganz,  so  scheint  sich  andrerseits  doch 
auch  aus  seiner  Geschichte  nichts  zu  ergeben,  was  unserer  An- 
nahme von  dem  adverbialen  Ursprung  des  Wortes  widerstritte. 

Ich  nehme  daher  keinen  Anstand,  für  das  westgerm.  *ya«ton 
und  das  griech.  xavbov  eine  gemeinsame  Grundform  *ghandom 
vorauszusetzen. 

Für  das  griech.  xavööv  ergibt  sich  aus  diesem  Ansatz,  daß 
die  Adverbia  auf  -bov  u.  s.  w.  nicht,  wie  man  bisher  annehmen 
mußte,  eine  speziell  griechische  Bildung,  sondern  daß  sie  aus 
der  Ursprache  ererbt  sind.  Offenbar  war  unser  *ghand6m  eins 
der  wenigen  Adverbia  dieses  Tvpus,  die  bereits  in  der  Ursprache 
vorhanden  waren,  und  die  dann  im  Griechischen  für  weitere 
Formen  dieser  Art  vorbildlich  wurden. 

Die  von  Fränkel  IF.  28,  223  ff.  neben  unseren  Adverbien 
auf  -öov  nachgewiesenen  gleichartigen  Formen  auf  -6v,  sowie 
die  damit  offenbar  zusammenhängenden  altindischen  Absolutiva 
auf  -am  machen  es  ferner  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß 
man  unser  -öov  in  -b-  -|-  -öv,  und  dementsprechend  natürlich 
-önv  in  -b-  -h  -nv,  -dbriv  in  -dö-  -f  -nv,  zu  zerlegen  hat  Möglich, 
ja  sogar  sehr  wahrscheinlich,  daß  das  -b-  ursprünglich  ein  so- 
genanntes Wurzeldeterminativ  war,  so  daß  ejiTteXabov,  eTTicrdbriv 
mit  Fränkel  a.  a.  0.  in  ^|i-7reXab-6v,  e-m-crdb-nv  zu  zerlegen  wären. 
Aber  mindestens  eben  so  sicher  ist  andrerseits,  wie  wir  gesehn 
haben,  seine  Identität  mit  dem  nominalen  c?-Suffix,  das  bald 
mit,  bald  ohne  'Bindevokal'  angefügt,  bald  vokalisch,  als  o-  oder 
ä-Stamm,  bald  konsonantisch  flektiert  wird.  Wenn  daher  das 
-b-  wirklich  ursprünglich  ein  Wurzeldeterminativ  war,  so  steht 
derselbe   Ursprung  auch  für   das    nominale  -b-  zu   vermuten. 


328  B.  Schmidt, 

Besonders  ansprechend  erscheint  diese  Annahme  für  das  nomi- 
nale -aö-,  das  an  Basen  auf  -ä  oder  -a  entsprungen  ist.  Jeden- 
falls geht  es  nicht  an,  wie  es  bei  J.  Richter  S.  24  ff.  geschieht, 
das  -ab-  generell  auf  -nd-  zurückzuführen.  Gegen  diese  Auf- 
fassung erheben,  abgesehen  von  allem  andern,  schon  die  oben 
angeführten  Ablautformen  cpÜT&a,  |uiTÖa  u.  s.  w.  Einspruch. 

Ob  man  daher  das  -b-  von  -6öv  "VVurzeldeterminativ  nennen 
will  oder  erweiterndes  Suffix  ist  lediglich  Sache  der  Überein- 
kunft. Jedenfalls  wurde  -ööv  im  Griechischen  als  einheitliches 
Suffix  empfunden,  so  gut  wie  das  komparativische  -tero-  oder 
das  verbale  -aCiu.  Daß  -dorn  aber  auch  schon  vorgriechisch 
war,  lehrt  eben  das  hochdeutsche  ganz. 

Während  freilich  das  f/- Adverb  im  Griechischen  produktiv 
wurde  und  zu  einer  stattlichen  Kategorie  sich  auswuchs,  die 
im  Neugriechischen  noch  heute  lebendig  ist,  blieb  das  hd.  ganz 
isoliert,  und  diese  Isoliertheit  des  deutschen  Wortes  mag  eben- 
falls ihr  Teil  dazu  beigetragen  haben,  daß  dasselbe  der  Um- 
bildung zum  Adjektiv  verfiel. 

Daß  es  von  allen  indogermanischen  Sprachen  gerade  die 
germanische  ist,  die  uns  neben  der  griechischen  das  Adverb 
auf  -dom^  wenn  auch  nur  in  einem  einzigen  Exemplar,  noch 
bewahrt,  darf  nicht  verwundern.  Ist  doch  das  nominale  c?-Suffix, 
mit  dem  unsere  Adverbia  ja  so  innig  verwachsen  sind,  außer 
im  Griechischen  wieder  gerade  im  Germanischen  besonders 
beliebt,  und  sind  doch  auch  die  von  den  Nomina  auf  -ad-  ab- 
geleiteten Verba  auf  -adp  auf  das  Griechische  und  Germanische 
beschränkt.  Ygl.  außer  J.  Grimm  D.  gr.  Neuer  Abdr.  2,  206  ff. 
und  Wilmanns*  2,  106  ff.  die  schon  mehrfach  angeführte  Disser- 
tation von  Johanna  Richter  Ursprung  und  analogische  Aus- 
breitung der  Verba  auf  -aZoi.  Leipzig  1909,  wo  in  einem  be- 
sonderen Anhang,  S.  135  ff.  auch  die  germanischen  Verba  auf 
-atjan  behandelt  sind. 

Es  liegt  daher  auf  der  Hand,  daß  die  Wahrscheinlichkeit 
unserer  Deutung  von  ganz  gewaltig  steigen  würde,  wenn  uns 
der  Nachweis  gelänge,  daß  auch  ihm  ein  solches  c?-Nomen  zur 
Seite  steht.  Diesen  Nachweis  aber  hoffe  ich  in  der  Tat  zu  er- 
bringen.   Nur  bedarf  es  dazu  eines  kleinen  Umweges. 

Zu  der  Wurzel  *ghan-  in  griech.  xaiviu,  ?xavov  gehört 
nach  Schade»  1,  261.  Falk-Torp  293.  Torp  b.  Fick*  3,  125. 
Walde'  46.  Prellw."  506  u.  a.  auch  der  indogermanische  Name 


Ganz.  329 

der  Grans,  in  seiner  einfachsten  Gestalt  vorliegend  in  dem  griech. 
Xnv  aus  *ghans-.  Dieses  *ghans-  ist  nach  Brugmann  Grundr.* 
2,  1,  526  Fußn.  Gr.  gr.*  244  die  kürzeste  Form  eines  s-Stammes 
*gMnos-  *ghati€S^,  der  in  tö  xavoc  'das  Gähnen',  bei  den  Komikern 
nach  Poll.  2,  97  auch  'Mund',  und  dxavric  Veit  geöffnet,  weit 
ausgedehnt',  eic  dxavec  'in  unbegrenzte  Weite',  dxdveia  'uner- 
meßliche Weite',  bei  den  Ärzten  'Öffnung,  Kluft'  vorliegt.  Ein 
s-Stamm  war  ursprünglich  wohl  auch  das  an.  gan  X.  'das  Gähnen*, 
norw.  schwed.  dial.  auch  'Kiemen,  Kopf  und  Eingeweide  von 
kleinen  Fischen',  wozu  gane  '(Heringen)  die  Kehle  abschneiden' 
Falk-Torp  299  f..  so  daß  zwischen  an.  gas  und  gan  ein  ähnliches 
Verhältnis  bestünde  wie  zwischen  langob.  thinx  Brückner  Spr. 
der  Langob.  212  und  srn.  ßing. 

Eine  Bestätigung  für  die  Richtigkeit  dieser  Deutung  des 
indogermanischen  Gänsenamens  sehe  ich  in  dem  nordischen 
Namen  der  Rot-  oder  Ringelgaus:  aisl.  gagl  Vigf.  186 f.,  dän. 
norw.  gagl,  gaul  Falk-Torp  302,  das  morphologisch  von  dem 
ags,  ^ea^l  'mandibula,  rictus,  fauces'  Bosw.  Toller  365,  mnd.  mnl. 
gagel  'Gaumen,  Zahnfleisch'  Mnd.  Wb.  2,  5  f.  Mnl.  Wb.  2,  894. 
Wb.  d.  nl.  Taal  4,  140  und  ags.  ^a^ol,  ^ea^l  'lascivious,  wanton' 
Bosw.  Toller  359.365  nicht  verschieden  ist^).  Das  zugehörige 
Verbum  rae.  gagelin  *to  cackle  as  a  goose'  Stratmann  Bradley 
259,  engl,  to  gaggle  Skeat  231,  jA.  gagelen,  gaggelen  Franck^  173 
(van  Wijk)  Wb.  d.  nl.  Taal  140  f.,  nhd.  gackeln  neben  häufigerem 
gackern  D.  Wb.  4, 1, 1, 1128  f.  1130.  Kl^  156.  Weig.^  1,  6081  läßt 
den  onomatopoetischen  Charakter  der  Sippe  deutlich  erkennen. 

Die  Zugehörigkeit  des  Gänsenamens  zu  der  Sippe  von 
griech.  xctcKiw,  xaiviu  darf  daher  wohl  als  gesichert  gelten. 

Dem  ehemaligen  s-Stamm  gans  aber  steht  im  Westger- 
manischen bekanntlich  eine  rf-Bildung  zur  Seite,  die  in  ihrer 
einfachsten  Gestalt  im  ags.  ^anot  in  ^anotes  häd  'das  Meer' 
B§ow.  1862,  engl,  gannet  'the  Solan  goose'  X.  E.  D.  4,  47,  in  einer 
durch  -an-  erweiterten  Form  im  ahd.  ganaggo,  gamo  'Gänserich' 
vorliegt  D.  Wb.  4,  1,  1,  1255ff.  bes.  1257 f.  1307 f.  Suolahti 
Die  dt.  Vogelnamen,  411  ff.    Daß  dieses  westgerm.  *yan{a)ta{n)- 


1)  Die  Ansetzung  des  ags.  Wortes  mit  ea  bei  Sievers,  Ags.  Gr.' 
§  75,  2  ist  willkürlich  und  wird  durch  das  mnd.  mnl.  Wort  widerlegt. 
Noch  anders  Zupitza  Germ.  Gutt.  38,  171,  217,  218,  der  für  das  Ags.  neben 
^a^ol  ein  mit  dem  mhd.  gogel  im  Ablaut  stehendes  ^e'n^l  annimmt,  während 
er  das  mnd.  gagel  mit  Franck*  262  auf  das  griech.  köxXoc  zurückführt. 


330  B.  Schmidt, 

un ursprünglich  und  erst  durch  Assoziation  mit  anderen  Vogel- 
namen, wie  z.  B.  dem  lit.  gandras  'Storch*,  entstanden  sei,  wie 
van  Wijk  bei  Franck^  174  annimmt,  ist  mir  schon  der  Bedeutung 
wegen  wenig  wahrscheinlich.  Ich  möchte  das  Wort  im  Gegen- 
teil für  uralt  halten  und  mit  unserem  *ghandöm  verbinden. 
Denn  *yantan  :  *Yan{a)ta{n)-  ist,  wenn  man  von  den  Schwankungen 
der  Flexion  absieht,  dasselbe  Verhältnis  wie  qpuTÖct :  qpuxac,  ni^öa 
:  mTctc.    Hier  also  haben  wir  das  gesuchte  «i-Nomen  zu  ganz. 

Hierher  dürfte  ferner  auch  das  von  J.  Grimm  a.  a.  0.  S.  208 
angeführte  an.  ganta  'schäkern*  gehören,  das  im  dän.  gantes  {med 
pigerne\  schwed.  gantas  {med  flickorna)  noch  vorliegt.  Daß  dieses 
Wort  aus  *gamtön  entstanden  und  mit  dem  an.  gatnan  zu  ver- 
binden sei,  wie  Falk-Torp  300  s.  v.  angeben,  wird  durch  die 
von  J.  Grimm  angeführten  an.  glymta,  heimta^  krimta,  skemta, 
ymta,  wozu  noch  dän.  glimte^  skimte  kommen,  widerlegt.  Ich 
identifiziere  daher  das  an.  ganti  'scurra'  J.  Grimm  204,  dän. 
gante  'geck',  schwed.  dial.  gant.,  wozu  das  norw.  gjente  {jetite) 
nach  Falk-Torp  316  das  Femininum  ist,  mit  dem  westgerm. 
*yan{a)ta{n)-  'Gänserich'  und  sehe  in  dem  Zeitwort  eine  Ab- 
leitung von  diesem  Nomen.  Vgl.  wegen  des  Begiiffes  außer 
tirol.  ganzen  'kokettieren'  Schöpf  174  und  gänsern  'tun  wie  eine 
Gans',  nach  Stieler  auch  'venerem  appetere'  D.  Wb.  4, 1, 1, 1277, 
namentlich  das  siebenbürg,  goaseln  'schäkern'  das.  1274. 

Ob  dagegen  auch  das  engl,  gaunt  'gähnen*,  Substantiv  und 
Verbum,  herangezogen  werden  darf,  möchte  ich  nicht  mit  Be- 
stimmtheit behaupten,  da  das  Wort  auch  als  Intensivum  zu  ags. 
^änian  =  ahd.  gelnön  erklärt  werden  kann.    s.  N.  E.  D.  4,  47. 

Über  ein  merkwürdiges  mnl.  ganssen  mit  der  Bedeutung 
'zwaar  züchten,   diep   adem  halen,  hikken'  s.  Mnl.  Wb.  2,  Olöf. 

Wie  endlich  dem  griech.  xavööv  das  boöt.  xdöav  zur  Seite 
stand,  so  hat  man  mit  dem  ahd.  gattaggo  und  ganz  das  redupli- 
zierte ahd.  gackazzen,  mhd.  gagezen  und  gackezen,  nhd.  gucksen 
und  gatzen  zu  verbinden,  das  ich  mit  dem  griech.  Kaxd^u)  auf 
eine  Grundform  *ghaghadp  zurückführe.  Neben  gackazzen  steht 
ein  gleichbedeutendes  ahd.  gickazzen,  mhd.  gigezeti,  nhd.  gicksen. 
J.  Grimm  D.  Gr.  Neuer  Abdr.  2,  208.  968.  Wilmanns»  2,  10J>. 
J.  Richter  s.  152.  159.  Was  das  griech.  KaxdCuj  betrifft,  so  läßt 
es  sich  natürlich  ebenso  gut  auf  ein  undg.  *ghaghadiö^  wie,  nach 
der  bisherigen  Annahme,  auf  eine  Wurzel  mit  anlautender 
Tennis  aspirata  (ai.  (unbelegt)  käkhati)  zurückführen.    Gegenüber 


Ganz.  331 

den  zahlreichen  Varianten  des  Wortes  wie  Ka'fxaluj,  KaTX«o|Liai, 
KttxvdZiuu,  KaxXdZiiu,  selbst  Kacpdüuj  (die  drei  letzten  bei  Hesych)  sei 
darauf  hingewiesen,  daß  nach  Leo  Meyer  Hdb.  d.  griech.  Et.  2.  278 
und  van  Herwerden  Lex.  gr.^  1,  787  in  der  älteren  Sprache 
Kaxdluj  die  allein  übliche  Form  des  Wortes  ist.  Über  die 
Schreibung  KOKxdiluj  vgl.  außer  Prellw.2  212  besonders  Brugmann 
Gr.  Gr.*  153  Anm.,  wo  weitere  Lit.  Auch  die  abweichende 
Bedeutung  des  griechischen  Wortes  kann  keinesfalls  ein  Grund 
sein,  es  von  dem  germanischen  zu  trennen,  denn  der  Begriffs- 
übergang von  'gackern'  zu  'ausgelassen  lachen'  zeigt  sich 
■wiederum  auch  bei  dem  oben  angeführten  engl,  to  gaggle  und 
dem  nl.  gaggelen.  Gegen  die  Identifizierung  des  mhd.  gagezen^ 
gackezen  mit  dem  griech.  KaxdZ^uu  dürfte  daher  kaum  etwas  ein- 
zuwenden sein.  Dann  aber  darf  auch  das  böot.  x6.ba\  unmittel- 
bar auf  das  in  Kaxdlu»  enthaltene  *xaö-  bezogen  werden. 

Dieses  *ghaghadiö  nun  ist  in  mehr  als  einer  Hinsicht  sehr 
interessant. 

Es  zeigt  zunächst,  daß,  wie  das  an.  gagl^  so  auch  das 
westgerm.  *yai}{a)ta{n)-  und  damit  wohl  auch  das  uridg.  *gham- 
onomatopoetischen  Ursprungs  ist,  wie  es  bereits  Suolahti  Die 
dt  Vogelnamen  S.  411  vermutet  hat.  Denn  *ghaghadiö  versucht 
offenbar  das  ghagha  einerseits  des  Gänsegeschnatters  andrerseits 
des  schallenden  Gelächters  zu  malen.  Die  Zugehörigkeit  von 
*ghans-  zu  der  Sippe  von  griech.  xdcKuu,  xctivcu  wird  durch  diese 
Feststellung  nicht  berührt.  Denn  auch  diese  Ausdrücke  für 
'gähnen'  können  onomatopoetischen  Ursprungs  sein,  wie  unser 
klaffen  beweist.  Damit  erledigen  sich  die  Bedenken,  die  Suolahti 
a.  a.  0.  gegen  die  Herleitung  des  Gänsenamens  von  *gha-  'gähnen' 
äußert,  in  der  einfachsten  Weise.  Ebenso  kann  xaZiuj  hierher- 
gehören, das  sich  von  Kaxäluj  dann  nur  durch  die  mangelnde 
Keduplikation  unterscheidet.  Ka(T)xdZ;uj  verhält  sich  zu  xa^<Ju 
wie  das  homerische  KaTXCtXduj  zu  xaXduj,  und  zwar  auch  im 
Begriff. 

Mit  dem  schaUmalenden  Charakter  des  Wortes  hängt  die 
reduplizierte  Form  zusammen.  Es  teilt  dieselbe  mit  dem  ir.  gM 
'Gans',  das  schon  Stokes  bei  Fick*  2,  109  mit  dem  mhd.  gigzen 
zusammenstellt 

Vor  allen  Dingen  aber  ist  unser  *ghaghadiö  deshalb  so 
interessant,  weil  seine  Bildungsweise  so  klar  vor  unseren  Augen 
liegt.    Auszugehen  ist,   wie  gesagt,  von  einem  schallmalenden 


332  K.  Brugmann, 

ghagha,  das,  durch  -d-  erweitert,  zur  Basis  eines  -i(5-Verbums 
gemacht  wird.  Das  so  entstandene  *ghaghadiö  aber  hat  zugleich 
alle  Merkmale  eines  Verbums  auf  -adiö^  das  ja  auch  sonst  be- 
sonders gern  mit  Interjektionen  und  anderen  onomatopoetischen 
Gebilden  sich  verbindet.  Vgl.  Wilmanns«  2, 109.  J.  Richter  S.  58  f. 
130  ff.  bes.  132.  140.  152.  158.  Hier  also  sehn  wir  an  einem 
eklatanten  Beispiel  wie  der  -ac^äö-Typus  entstanden  ist. 

*ghand-  in  *ghandöm  endlich  kommt  dadurch  zustande, 
daß  in  dem  durch  -d-  erweiterten  *ghad-  das  zugrunde  liegende 
*gha-  durch  *ghan-  ersetzt  wird.  *Ghand-  ist  daher  in  gewissem 
Sinne  eine  Kombination  von  *ghad-  und  *ghan-,  die  beide  Er- 
weiterungen von  *gha-  sind.  Vgl.  spätgriech.  eupuxavör|c  (Eust. 
Niket.)  neben  eupuxaörjc  (Luc.  Anth.)  und  eupuxavnc  (Opp.  Nonn.). 

Damit  glaube  ich  nach  langen  Irrfahrten,  die  auch  mir 
nicht  erspart  geblieben  sind,  das  schwierige  Wort  endlich  richtig 
gedeutet  zu  haben.  Formell  war  ja  die  gegebene  Etymologie 
von  vorn  herein  evident.  Dagegen  lagen  semasiologisch  die 
Dinge  keineswegs  so  einfach,  wie  es  nach  den  von  Brugmann  in 
der  mehrfach  angeführten  Schrift  S.  59  gegebenen  Andeutungen 
den  Anschein  hatte. 

Bonn.  Bernhard  Schmidt 


Die  griechischen  Besideratiya  anf  -cciiuv  nebst  k€(u)v. 

Für  die  Frage  der  Entstehung  der  griechischen  Desidera- 
tiva  auf  -ceiujv  ist  Wackernagels  Aufsatz  über  diese  Verbalklasse 
KZ.  28.  141  ff.  insofern  grundlegend,  als  hier  alle  wesentlichen 
Tatsachen  der  griechischen  Sprachgeschichte  von  Homer  an,  die 
für  die  Ursprungsfrage  in  Betracht  zu  ziehen  sind,  zum  ersten 
Mal  ins  richtige  Licht  gestellt  sind;  den  großen  Fortschritt, 
den  dieser  Aufsatz  bedeutet,  erkennt  man  am  besten,  wenn 
man  den  Abschnitt  über  die  Formen  auf  -ceiuj  in  Curtius'  Gr. 
Verbum  2 2,  4L3ff.  vergleicht.  Die  ganze  Klasse,  für  die  der 
einzige  homerische  Beleg  övpeioviec  E  37  ist  und  die  meisten  Bei- 
spiele das  Attische  stellt,  muß  vom  Partizipium  ausgegangen 
sein.  Zu  Grunde  müssen  Noraina  auf  -cic,  nicht  Formen  des 
c-Futurums,  gelegen  haben,  z.  B.  wegen  Eufißaceituv,  das  zu 
£u^ßaclc  paßt,  aber  nicht  zu  £u|üißr|co)jai.    So  erklärt  sich  auch 


Die  griechischen  Desiderativa  auf  -ceiuuv  nebst  Keiiuv.  333 

am  besten  die  Kasuskonstruktion  in  der  genannten  Homerstelle, 
TU»  p'  oKf'  öipei'ovxec  dutnc  Kai  iroXeiioio,  |  e^x^i  epei&ö,uevoi,  kiov 
dOpooi;  denn  es  ist  natürlicher,  duific  Kai  TroXe)ioio  von  einem 
in  oipeiovrec  steckenden  Substantiv  öipic  abhängen  zu  lassen  als 
Konstruktion  von  öq^eiovrec  nach  der  Analogie  von  emGuineiv  u.  a. 
anzunehmen,  wie  gewöhnlich  geschieht  (Kühner-Gerth  2, 1,  351). 
Endlich  ist  wichtig,  daß  unsere  Desiderativa  keine  mediale  Form 
zulassen,  z.  B.  dTraWaSeiiuv  'frei,  befreit  werden  wollend'  trotz 
d7raXXdcco)Liai.  Das  alles  weist  auf  Entstehung  von  öq^eiovrec  aus 
*Ö4;ei  iovxec  hin. 

So  weit  gehe  ich  mit  "WackemageL  "Wenn  dieser  aber 
nun  sagt:  "Die  Bedeutung  *auf  das  Sehen  ausgehend'  paßt 
sowohl  zu  der  ui-sprünglichen  Bedeutung  des  Dativs  als  zur 
Funktion  der  Desiderativa",  so  ist  hiergegen  zu  bemerken,  daß 
dieser  finale  Gebrauch'des  Dativs  bei  Abstrakta  im  Griechischen 
nicht  vorkommt  und  wir  schwerlich  das  Recht  haben,  mit  *öij;ei 
iövrec  in  eine  vorhistorische  Zeit  zurtickzugehen,  in  der  Wen- 
dungen lebendig  waren  von  der  Art  wie  ai.  ürdhvds  tisthä  na 
ütdye  'erhebe  dich  zur  Hilfe  für  uns'  RV.  1,  30,  6.  Aus  diesem 
Grunde  hat  Delbrück  Vergl.  Synt.  1,  302  Wackernagels  Auf- 
fassung von  öipeiujv  abgelehnt,  und  er  hat,  wie  mir  scheint, 
damit  Recht. 

Ich  betrachte  öijjei  in  *öij;ei  iujv  tivoc  semantisch  als 
Lokativ  oder  Insti'umentalis.  Die  ursprüngliche  Bedeutung  war 
etwa  *mit  den  Gedanken  beim  Anschauen  von  etwas  seiend, 
in  den  Gedanken  mit  dem  A.  von  etwas  umgehend,  sich  be- 
fassend'. Das  voluntative  Bedeutungselement  war  anfangs,  so 
lange  die  Wendung  noch  nicht  oft  nachgeahmt  und  mechani- 
siert war.  nur  durch  den  ganzen  Zusammenhang  an  die  Hand 
gegeben,  z.  B.  in  unserer  Homerstelle :  ursprünglich  *sie  kamen 
herbei,  in  ihren  Gedanken  mit  Anschauung  des  Schlacht- 
getümmels beschäftigt'.  Daher  sind  auch  ganz  in  Ordnung  die 
Paraphrasen  der  alten  Grammatiker  wie  ötttikuic  exovTec  für 
öipeiovrec,  KXauctiKoic  exoviec  ('denen  es  weinerlich  zu  Mut  ist') 
für  KXauceiovTec.  Soph.  Ai.  326  Kai  önXoc  ecxiv  oic  n  öpaceicuv 
KaKov  war  etwa:  'offenbar  geht  er  in  den  Gedanken  mit  einer 
bösen  Tat  um,  trägt  er  sich  mit  e.  b.  T.,  sinnt  er  auf  e.  b.  T.'. 
Das  Desiderative  ist  auch  sonst  in  den  kategorienweise  auf- 
tretenden 'Desiderativa'  der  indogermanischen  Sprachen  nicht 
immer  mittels  eines  dieses  Sinneselement  klar  heraushebenden 

Indogermanische  Forschongen  XXXIII.  22 


334  K.  Brugmann, 

"Wortes  oder  formantischen  Wortteils  ausgedrückt,  z.  B.  nicht 
bei  den  lateinischen  Verba  auf  -turio,  wie  esurio,  scripturio^ 
welche  formal  dem  griech.  |aapTupo|Liai  aus  *|LiapTupio|iai,  von 
ndpTupo-,  jndpTup-  'Zeuge',  entsprechen  (vgl.  Grundr.  2^,  1,  358. 
3,  219),  oder  bei  den  altindischen  Desiderativa  auf  -iyd-ti,  wie 
janiyä-ti,  putriyd-ti  (ebd.  2*,  3,  2251). 

Unsere  Phrase  mit  iujv  stellt  sich  zu  denjenigen  Wen- 
dungen mit  ei|Lii,  lpxo)uai,  ßaiviw  und  andern  Verba  des  Gehens, 
in  denen  diese  Verba  in  uneigentlicher  Bedeutung  von  einem 
in  einem  bestimmten  Kreis  sich  bewegenden  menschlichen  Tun 
oder  Sinnen  gebraucht  waren  (vgl,  ai.  i-  (*gehen')  mit  Instr. 
*mit  etwas  beschäftigt  sein',  z.  B.  Käty.  Sr.  25,  5,  2  gavämayane- 
neyuh  'sie  waren  mit  dem  Gavämayana  [einem  Opferfest]  be- 
schäftigt', Pet.  Wtb.  1,  755).  Am  verbreitetsten  sind  Ausdrücke, 
in  denen  diese  Verba  bid  mit  Genitiv  bei  sich  haben,  wie 
Soph.  Oed.  T.  773  öid  Tuxnc  roidcö'  iibv  *in  hac  fortuna  versans', 
Ant.  742  u)  TraTKdKicie,  öid  öiKric  idiv  iraxpi  'mit  deinem  Vater 
rechtweise  (in  der  Art  eines  Streites  um  das  Recht)  verfahrend, 
rechtend',  Eur.  Or.  757  öid  q)6ßou  fdp  epxo)Liai,  Phoen.  384  6id 
TTÖeou  b'  ^\r|\u9a,  Thuk.  2,  11,  4  ujcre  XPH  Kai  Ttdvu  eXiriileiv  öid 
lidxnc  i^vai  auTouc  'daß  ihr  Verfahren  das  sein  wird,  daß  sie 
kämpfen',  Plato  Prot.  323a  öiav  öe  eic  cu|ußouXfiv  ttoXitiktic 
dpeinc  lujciv,  Jiv  öeT  bid  biKaiocuvnc  Trdcav  ievai  Kai  coiqppocüvnc 
'die  auf  dem  Weg  der  Gerechtigkeit  gehen,  auf  dem  Gebiet  der 
G.  sich  bewegen  muß'.  Andre  Beispiele  dieser  Art  bei  Krüger 
Sprachl.  1  §  68,  22,  2,  Kühner-Gerth  2,  1,  481.  Dieses  öid  mit 
Genitiv  entspricht  ungefähr  dem  Instrumental  als  Prosecutivus, 
wie  levai  (rrj)  ööu».  Daneben  erscheinen  Wendungen  ähnlichen 
Sinnes  mit  ^v,  wie  Pind.  Pyth.  5,  14  c^  ö'  epxofievov  dv  öiKqi 
TToXuc  öXßoc  d|a(pive)aeToi  'te  in  iustitia  versautem  magna  cir- 
cumvolat  fortuna*,  Soph.  El.  1056  öiav  tdp  ^v  kokoic  fibri  ßeßn- 
Krjc,  Td)Li'  diraiveceic  ^Tiri  'wenn  du  dich  im  Unglück  befinden 
wirst',  1095  dTrei  c'  ^(pn^PH^a  laoipa  \iiv  ouk  dv  kÖXa  ßeßiijcav, 
nach  welchen  Stellen  als  Lokativ,  nicht  Instrumental,  eOiuxi«? 
anzusehen  ist  in  Eur.  Herakl.  610  ounvd  (^r\\x\  öeuiv  diep 
öXßiov  .  .  .  ouö^  TÖv  auTÖv  dei  ßeßdvai  öö^ov  eüiuxit?.  Instrumen- 
talische und  lokativische  Auffassung  finden  sich  bei  Abstrakta 
auch  sonst  vielfach  ziemlich  gleichwertig  nebeneinander,  z.  B.  in 
Ausdrücken  der  Art  und  Weise  wie  cuv  ÖJKrj  und  iv  öiki,! 
(Kühner-Gerth  2,  1,  466.  467).  Hiernach  lasse  ich  es  also  unent- 


Die  griechischen  Desiderativa  auf  -ceiujv  nebst  Kciujv.  335 

schieden,  ob  öipei  in  *öi\)e\  lövrec  ursprünglich  instrumentalisch 
oder  lokativisch  vorgestellt  war. 

Es  ist  möglich,  daß  6ij;eiovTec  an  unsrer  Homerstelle  einst 
noch  als  zwei  Wörter,  als  övpei  iovrec  gestanden  hat.  Für  die 
spätere  Zeit  steht  dann  aber  Univerbierung  der  beiden  Be- 
standteile der  AVendung  fest.  Sie  zeigt  sich  erstens  in  der 
Zusammenfassung  unter  einem  Wortton:  öi|;eiujv,  nicht  6v|;eiujv, 
mußte  eintreten,  weil  sich  mit  der  Tonsitzverschiedenheit  wie 
XeiTTUJV  :  XiTToüv  längst  schon  der  Sinnesunterschied  von  präsen- 
tischer und  aoristischer  Aktionsart  verknüpft  hatte  (daher  z.  B. 
auch  övo|iaivujv,  qpiXeujv  für  *övo)aaiviJuv,  *9iXeujv,  Grundr.  2-,  3, 
207)  und  öi|;eiujv,  nachdem  das  Partizipium  iujv  in  ihm  nicht 
mehr  empfunden  wurde,  mit  den  präsentischen  (und  futurischen) 
Partizipien  auf  -uuv  auf  gleiche  Linie  gestellt  war.  Zweitens 
ergibt  sich  vollendete  Univerbierung  aus  dem  Übergang  von 
dem  vom  Abstraktum  abhängigen  Genitiv  (öipei  iovrec  durfic) 
zum  Objektsakkusativ,  der  überall  in  der  nachhomerischen  Zeit 
hervortritt,  wie  Soph.  Ai.  326  Kai  öfiXoc  ecxiv  üjc  ti  bpaceiujv 
KttKov.  Drittens  und  am  deutlichsten  aus  den  nicht-partizipialen 
Neubildungen  öpaceieic  (Soph.),  xeceir)  xeceiuu  (Aristoph.),  cpevBduj 
(Bur.)  u.  a.  Übrigens  läßt  die  beharrliche  Beschränkung  auf  das 
Partizipium,  die  trotz  dieser  Xeuschöpfungen  bei  den  spätgriech. 
Schriftstellern  bis  in  die  byzantinische  Zeit  hinab  zu  beobachten 
ist  (s.  Wackernagel  S.  142  f.),  vermuten,  daß  die  außerpartizipialen 
Formen  mehr  AVagnisse  der  Dichter  als  alltäglicher  Gebrauch 
waren. 

Älit  Recht  sagt  Wackernagel,  daß,  wenn  öii^eiovxec  aus  *öy\tei 
iövtec  entstanden  sei,  iovrec  auch  in  hom.  Keiovrec,  KaKKeiovxec 
*K0l^rlTlKU)C  Ixovxec,  dormiturientes*  enthalten  sein  müsse.  Die 
abweichende  Bildungsweise  wird  mit  dem  Fehlen  eines  *Keicic 
nach  der  Art  von  öij;ic  zusammenhängen.  Es  lag  ein  Wurzel- 
nomen KCl-  als  Verbalabstraktum  zugrunde,  wie  es  neben  Keirai 
ai.  s€te,  uridg.  *kei-tai  (über  dessen  Stellung  im  Präsenssystem 
s.  Grundr.  2*,  3,  97)  erwartet  werden  darf.  Ai.  sayd  'Lager'  ver- 
hält sich  zu  diesem  Abstraktnomen  *kei-  so,  wie  tdnä  'Nach- 
kommenschaft' zu  iän-  'Erstreckung',  ürjd  'Kraftfülle'  zu  ürj- 
dasselbe,  disä  'Richtung'  griech.  öikti  'Weisung,  Recht'  zu  dis- 
'Richtung'  lat.  die-  in  dids  causa  u.  dgl.  (Grundr.  2^,  1,  1.59  ff.). 
Demgemäß  stimme  ich  jetzt  Wackernagel  in  der  Zurückführung 
von  Keiovrec  auf  *Ke[i]i  iovrec  zu  (anders  Griech.  Gramm.^  333). 

22* 


336     K.  Brugmann,  Die  griech.  Desiderativa  auf  -ceiiuv  nebst  k€(iuv. 

Doch  ist  auch  *Ke[iJi  nicht  finaler  Dativ  gewesen,  wofür  es 
Wackernagel  erklärt,  also  z.  B.  A  606  oi  la^v  KaKKeioviec  eßav 
oiKÖv  Ö€  e'KacToc  eigentlich  nicht  *sie  gingen  nach  Hause,  auf 
das  Liegen  (Ruhen)  ausgehend',  sondern  instrumentalischer  oder 
lokativischer  Dativ  'in  den  Gedanken  mit  Ruhen  sich  befassend, 
beim  Ruhen  die  Gedanken  habend'.  Da  das  in  Keiujv  steckende 
Abstraktum  schon  frühe  verloren  gegangen  ist  (an  seine  Stelle 
traten  Koitn  und  koitoc),  vollzog  sich  hier  die  Univerbierung 
schneller  als  in  der  Klasse  ö»j;eiujv,  und  so  kann  nicht  auffallen, 
daß  die  nichtpartizipialen  Formen  schon  in  der  Odyssee  auf- 
treten (in  der  Ilias  nur  erst  Kcioviec  £  340,  KOKKeiovrec  A  606. 
Y  58),  wie  Inf.  Keiejuev  0  315  (ou  fiev  cqpeac  ex'  ^oXrra  pivuvGd 
Ye  Keie|Liev  outoic),  Imper.  KaxaKefeTe  r|  188  (vOv  \xkv  öaicd)ievoi 
KaTaKeieie  oiKab'  ioviec),  Konj.  Kei'uü  t  340  (kgiiü  b'  ibc  tö  Trdpoc 
TTcp  duTTvouc  vuRTttc  ittuov).  Ebcndamit  hängt  Keuuv  r\  342  für 
Keiujv  zusammen,  vermutlich  eine  Neuerung  in  analogischem 
Anschluß  an  die  Doppelheit  Keaiai  :  KCiaiai,  Keaio  :  Keiaro  (vgl. 
dazu  KeovTtti  X  510.  \  341.  ir  232  für  Kcarai). 

Leipzig.  K.  Brugmann. 


A.  Kock,  Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw.     337 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi 
altnordischer  starker  Terba. 

In  den  IF.  14,  399  ff.  sucht  Xoreen  zu  beweisen,  daß  im 
Altnordischen  bei  vielen,  vielleicht  allen  Wörtern  mit  dem  Suffix 
-»«-,  -an-  die  Vokale  innerhalb  des  Paradigmas  ursprünglich 
derart  verteilt  waren,  daß  /  in  den  nicht  synkopierten,  a  wieder- 
um in  den  synkopierten  Kasus  stand.  So  soUte  z.  B.  der  Xom. 
Sing.  ;M.  des  Part.  Pass.  brostinn  (zu  hresta)  von  alters  her  nach 
seiner  Meinung  das  Suffix  -rn-,  dagegen  aber  der  Dat.  Sing. 
brostnum  in  vorhistorischer  Zeit  das  Suffix  -an-  gehabt  haben. 
Dieser  Artikel  Noreens  ist  zum  guten  Teil  gegen  meine  Unter- 
suchung der  Endungsvokale  a  :  i  in  den  altnordischen  Sprachen 
in  den  Beiträgen  23,  484  ff.  gerichtet. 

Da  Xoreen  in  verschiedenen  Schriften,  wie  Aisl.  Gr.^ 
Aschwed.  Gr.  passim  und  noch  in  der  kürzlich  erschienenen 
Geschichte  der  nordischen  Sprachen^  (1913,  im  Grundr.  der 
germ.  Phil.)  unter  Verweisung  auf  den  Aufsatz  in  den  Indo- 
germanischen Forschungen  noch  immer  diese  Ansicht  aufrecht 
erhält  —  die  ich  für  falsch  erachte  — .  so  möchte  ich  ihr  mit 
einigen  "Worten  entgegentreten.  Ich  will  mich  vor  allem  mit 
den  passivischen  Partizipien  beschäftigen,  die  die  wichtigste 
Formenkategorie  ausmachen:  es  sollen  sich  aber  auch  einige 
Bemerkungen  über  gewisse  andere  Wörter  anschließen. 

Zunächst  jedoch  ein  paar  Worte  zur  Orientierung.  In 
Arkiv  1,  150  ff.  vertritt  Xoreen  die  Ansicht,  daß  solche  isl.  Part. 
Pass.  (starker  Verba)  wie  hundinn  usw.  seit  urgermanischer  Zeit 
im  Xom.  Sing.  M.  das  Suffix  -in-  hatten,  und  daß  der  unumge- 
lautete  Vokal  der  Paenultima  ursprünglich  in  den  Kasus  heimisch 
wäre,  die  nicht  den  Suffixvokal  /,  sondern  entweder  «,  u  oder 
möglicherweise  gar  keinen  Ableitungsvokal  hatten.  S.  160  meint 
er,  man  sei  gezwungen,  schon  der  alten  Sprache  die  Doppel- 
formen funninn  :  fynninn  zuzuschreiben. 

Im  Gegensatz  hierzu  legte  ich  in  PBB.  23,  484  ff.  fol- 
gende Ansicht  dar.  In  Übereinstimmung  mit  der  Verwendung 
des  Suffixes  -an-  in  den  Partizipien  got  bundans,  as.  gibundan, 
ahd.  (jibuntan  muß  unbedingt  die  Majorität  der  Part.  Pass.  in 
den  altnordischen  Sprachen  ausschließlich  das  Suffix  -an^  (nicht 

Indogermanische  Forschnngen   XXXUI.  23 


338  A.  Kock, 

-in-)  gehabt  haben.  Dies  geht  teils  daraus  hervor,  daß  sie  keinen 
/-Umlaut  gutturaler  Vokale  hatten  (isl.  bundinn  usw.,  nicht  *hyn- 
dinn  usw.),  teils  daraus,  daß  sie  a-Umlaut  des  u  haben,  wenn 
die  Lautverhältnisse  dies  überhaupt  gestatten  (isl.  brostinn,  bol- 
ginn  usw.).  Der  Vokal  i  in  isl.  bundinn  usw.  beruht  darauf,  daß 
in  spät  urnordischer  Zeit  a  in  Infortissilbe  vor  n  +  Konsonant 
lautgesetzlich  in  e  (jüngeres  i)  überging.  Nachdem  in  *briistanaR  zu 
*brostanaR  a-Umlaut  eingetreten  war,  wurde  dieses  zu  HrostanR 
zu  brostenn  (brostinn). 

Indessen  hob  ich  hervor,  daß  die  Part.  Pass.  zu  urnordischer 
Zeit  ausnahmsweise  auch  das  Suffix  -in-  verwandten,  wenn 
nämlich  die  vorangehende  Wurzelsilbe  einen  /-Laut  oder  den 
Diphthongen  ai  enthielt.  Dies  scheint  teils  aus  dem  in  einer  ur- 
nordischen Runeninschrift,  der  Tanum-Inschrift,  anzutreffenden 
Part.  liaitinaR^  teils  daraus  hervorzugehen,  daß  Part,  vom  Typus 
bitinn  (zu  Uta)  keinen  «-Umlaut  des  Wurzelvokals  haben.  Das 
Verhältnis  war  folgendes:  Zu  urgermanischer  Zeit  existierte 
sowohl  das  Suffix  -an-  als  auch  das  Suffix  -in-.  In  der  Regel 
wählte  man  in  Part.  Pass.  das  Suffix  -an-,  aber  wenn  der 
Wurzelvokal  ein  i  oder  der  Diphthong  ai  (mit  /-Laut)  war,  w^ählte 
man  (bei  freier  Wahl  zwischen  a  und  /)  zu  umordischer  Zeit 
-in-  {*bitinaR,  haitinaR) '). 

Dieser  meiner  Auffassung  über  das  ursprüngliche  Suffix 
des  Part,  bundinn  usw.  haben  sich  z.  B.  angeschlossen :  Walde 
Die  germ.  Auslautgesetze,  S.  94,  Hultman  Hälsingelagen  och 
Upplandslagens  ärfdabalk  I  (Helsingfors  1908)  s.  86,  Heusler 
Altisländisches  Eleraentarbuch  §  119.  Walde  ist  jedoch  der 
Meinung,  daß  zu  urgermanischer  Zeit  a  in  einer  Zwischensilbe 
lautgesetzlich  in  i  übergegangen  sei,  wenn  die  vorhergehende 
Silbe  einen  /-Laut  [i  oder  Diphthong  ai)  enthielt,  eine  Auffassung, 
die,  soAveit  ich  sehe,  recht  große  Ähnlichkeit  hat  mit  der  von 
mir  dargelegten  über  die  Wahl  des  Suffixes  -in-  zu  urnordischer 
Zeit,  wenn  die  vorhergehende  Silbe  ein  /  oder  ai  enthielt. 

In  seinem  Aufsatz  in  den  IF.  14,  399  ff.,  in  der  Ai.sl.  Gr.', 
der  Aschw,  Gr.  und  der  Geschichte  der  nordischen  Sprachen' 
sucht  Noreen  seine  Behauptung,  daß  in  der  Mehrzahl  der  Wörter, 
vielleicht  in  allen  (und  auch  in  den  Part.  Pass.)  das  Suffix  -in- 
ursprünglich  den  in  den  altnordischen  Literatursprachen  unsyn- 

1)  Auch  eine  alternative  Erklärung  von  isl.  bitinn  usw.  wurde 
S.  497  gegeben. 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw.  339 

kopierten  Kasus,  -an-  dagegen  den  synkopierten  Kasus  angehört 
habe,  im  wesentlichen  durch  folgende  Gründe  zu  stützen :  1.  einige 
äußerst  seltene  Schreibungen  altnordischer  Part.  Pass.,  die  nach 
seiner  Meinung  lautgesetzlichen  /-Umlaut  gutturaler  Yokale 
im  Nora.  Sing.  usw.  der  Part.  Pass.  zeigen  sollen;  2.  gewisse 
andere  vereinzelte  Wörter  aus  den  altnordischen  Literatursprachen 
(besonders  das  Wort  Hiaßningar);  3.  die  Eunenkombination 
'slwcimiR   des  Möjebro-steins. 

Ich  Avill  diese  Stützen  hier  prüfen: 

I. 

Die  von  Xoreen  angeführten  Part.  Pass.  mit  nach  seiner 
Meinung  i-umgelautetem  gutturalem  Vokal  haben  ihren  Wurzel- 
vokal auf  dem  Wege  der  Analogiebildung  erhalten  oder  sind 
nur  reine  Schreibfehler. 

Noreens  meiste  Beispiele  sind  dem  Altschwedischen  ent- 
nommen, und  ich  beginne  mit  diesen. 

Noch  in  Geschichte'  §  235,3  führt  Noreen  das  aschw. 
Part,  hymlm  (zu  Unda  'binden')  an,  in  Aschw.  Gr.  §  534,  2 
twhyndin  aus  dem  Westmannalag.  Ein  Simplex  *hijndin  ist, 
soweit  mir  bekannt,  im  Altschwedischen  nirgends  nachgewiesen. 
Sicher  zielt  Noreen  mit  'byndin  auf  die  im  Westmannalag  ein 
einziges  Mal  (BB.  1)  anzutreffende  Schreibung  tcebyndin  statt 
tcebundin^  welches  Wort  aus  tce  'kleiner  Weg'  und  dem  Part,  bundin 

zusammengesetzt  ist.    Die  fragliche  Stelle  lautet :  " J)aer 

IsBggias  om  fiori  tompta  ra.  oc  fiori  farwsegs  ra.  pa  ser  j)8en  by 
fcebyndin".  Da  nun  das  Partizipium  bumlinn^  bumlin  mit  //  in 
der  Paenultima  in  den  altnordischen  Sprachen  wohl  Hunderte 
von  Malen  nachgewiesen  ist,  und  da  man  in  der  schwedischen, 
dänischen  und  neuisländischen  Literatursprache  noch  immer  aus- 
schließlich blinden^  bundinn  mit  ii  in  der  Paenultima  anwendet, 
so  kann  nach  meiner  Meinung  nicht  bezweifelt  werden,  daß  das 
ein  einziges  Mal  anzutreffende  tcebyndin  ein  Schreibfehler 
ist.  Der  Schreibfehler  ist  durch  das  unmittelbar  vorhergehende 
Wort  by  hervorgerufen  worden  —  ist  also  eine  gewöhnliche 
sogen.  Dittographie. 

Als  Stütze  für  eine  Aussprache  des  Part.  Pass.  tcebyndin 
mit  y  führt  N.  aus  Jon  Thorkelsson  Supplement  til  islandske  Ord- 
bcger,  anden  Sämling  (Reykjavik  1879 — 1885)  ein  neuislän- 
disches Substantiv  um  byndin  'Garbe*  an.    Aber  ein  solches 

23* 


3*0  A.  Kock, 

Substantivuni  ist  nicht  nachgewiesen.  Jon  Thorkelsson  nimmt 
zwar  byndin  auf,  aber  dies  gründet  sich  auf  ein  einziges  Zitat 
aus  einem  neuisländischen  Buch  vom  Jahre  1601,  in  dem  der 
Ausdruck  /  hyndini  vorkommt.  Aber  der  fragliche  Ausdruck 
kann  natürlich  ebensogut  zu  einem  Nominativ  hyndini  N.  wie 
zu  einem  Nominativ  *hyndin  N.  gehören.  Nun  nimmt  Zoega 
in  sein  Islensk-ensk  oröabok  (1904)  kein  *hyndin^  dagegen  aber 
ein  bundin  =  hyndini  auf;  also  kennt  Zoega  ein  hyndini  'Garbe', 
aber  kein  *hyndin  'Garbe'. 

Mein  Freund  Prof.  Finnur  Jönsson  hatte  außerdem  die 
Freundlichkeit,  mir  folgende  Auskunft  über  den  gegenwärtigen 
isländischen  Wortvorrat  zu  geben :  "Bundin  und  hyndini  werden 
in  der  täglichen  Rede  überhaupt  nicht  gebraucht  —  wenigstens 
nicht  viel.  Sie  sind  nur  Schriftsprache ;  aber  'hyndin'  habe  ich 
niemals  gesehen  oder  gehört".  Außerdem  macht  er  mich  auf 
Gudmundus  Andreses  Behandlung  dieser  Frage  in  seinem  Lexicon 
islandicum  (1683)  aufmerksam:  "Bindine  N.  g.  fasciculus  coUi- 
gatus,  veluti  manipulus".  Dagegen  nimmt  Gudmundus  Andreiv 
kein  Substantivum  *bindin  {*hyndin)  auf. 

Auf  Grund  des  Angeführten  steht  es  unzweifelhaft  fest, 
daß  ^hyndin  eine  von  Jon  Thorkelsson  konstruierte  Form  ist, 
und  daß  man  im  Isländischen  neben  hundin  'Garbe'  den  neu- 
tralen Ja-Stamm  hyndini  'Garbe',  aber  kein  *hyndin  anwandte. 
Byndini  ist  aber  deutlich  [gleichwie  aschw.  fceprine  'Vaterschaft', 
meprine  'Mutterschaft']  eine  Ableitung  auf  -ini-,  nicht  auf  -»«-; 
das  Wort  interessiert  uns  also  in  diesem  Zusammenhang  nicht. 
Es  ist  ohne  Bedeutung  für  die  erörterte  Frage. 

Weiter  wird  in  Geschichte^  §  256,2  das  aschw.  Paii;.  Pass. 
fcellin  (zu  falla  'fallen')  und  in  Aschw.  Gr.  §  543,  Anm.  9  fcellin 
aus  dem  Westmaunalag  (auch  aus  dem  Cod.  Holm.  B  55)  ange- 
führt. Die  beiden  Schreibungen,  um  die  es  sich  handelt,  sind 
fcellnir  im  Textkodex  zum  Westmaunalag  BB.  17,3  sowie  fcellen 
in  der  Handschrift  D  des  Westmaunalag  (pg.  18,  i).  Die  erstere 
Stelle  lautet:  "Hwarion  synin  ha3llda3r  fcellir  fore  j)em,  varin 
fcellnir  fore  haenne".  Hier  liegt  ein  offenbarer  Schreibfeliler 
vor:  das  vorangehende  fcpUir  hat  fcellnir  statt  fallnir  hervor- 
gerufen (vgl.  auch  Siljestrand,  Ordböjningen  i  Västmannalagcn  HI 
S.  29).  Da  nun  das  Part,  fallinn  fallin  ein  in  den  altnordi.schen 
Sprachen  äußerst  häufig  vorkommendes  Wort  ist,  und  da  es  in 
den   modernen   nordischen  Sprachen   noch  immer  fcdi^i  usw. 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Parlicipia  Passivi  usw.  341 

heißt,  so  ist  unzweifelhaft  auch  das  angeführte,  ein  einziges 
Mal  in  der  hs.  D  vorkommende  fcellen  nur  ein  Schreibfehler *). 

In  Geschichte  3  §  256  führt  Noreen  weiter  ein  aschw. 
Ij/tin  'geneigt'  zu  Mta  'sich  neigen'  an  (so  auch  in  der  Aschw.  Gr. 
§  529,3  aus  Styrilse  Kununga  ok  Höfdhinga).  Die  Maskulinform 
lytin  ist  nach  dem  in  Styrilse  S.  80  einmal  anzutreffenden  lytit 
konstruiert;  aber  dieses  hßit  ist  nicht  mit  X.  als  eine  /-umge- 
lautete  Nebenform  zu  dem  nschw.  dialektischen  luten  'bereit, 
geneigt*  aufzufassen. 

Bekanntlich  gibt  es  von  Styrilse  keine  eigentliche  Hand- 
schrift 2),  sondern  wir  haben  unsere  Kenntnis  des  Buches  aus 
einem  Druck  des  17.  Jahrhunderts. 

Nach  Söderwalls  Meinung  in  seinem  "Wörterbuch  ist  dies 
in  Styrilse  S.  80  anzutreffende  Ii/tit  identisch  mit  lifif  'kleines'. 
Das  ist  möglich.  Die  Form  lytit  kann  jedoch  auch  Druckfehler 
für  lydhit  sein  und  ist  es  wahrscheinlich;  vgl.  mit  dem  Aus- 
druck "ivälia  u'Uiofjht  folk  ok  Jytit  {*lydhit)"  "willige  und  gehor- 
same Leute  wählen'  den  in  derselben  Schrift  S.  56  anzutreffenden 
Ausdruck  "haua  lydhän  ( =  lydhin  'gehorsam')  ok  w7tO(/Ärt«almogha" 
"ein  gehoi-sames  und  williges  Volk  haben".  Jedenfalls  kann  man 
sich  natürlich  auf  dieses  lytit  nicht  stützen,  wenn  man  behaupten 
will,  daß  Participia  Passivi  zu  urnordischer  Zeit  in  gewissen 
Kasus  das  Suffix  -in-  hatten. 

Einige  von  N.  angeführte  Part.  Pass.  haben  zwar  wie 
erwähnt  /-Umlaut  eines  gutturalen  Vokals,  aber  der  /-umgelautete 
Vokal  ist  auf  dem  Wege  der  Analogiebildung  von  den  Präsens- 
formen her  eingedrungen. 

Es  ist  nämlich  im  Schwedischen  keineswegs  selten,  daß 
Part.  Pass.  diejenige  Vokalisation  angenommen  haben,  die  ur- 
sprünglich nur  dem  Präsens  zukam.  So  sind  z.  B.  die  aschw. 
Part,  sunkin^  stingin  dadurch  im  Neuschwedischen  zu  sjunken, 
sjungen  geworden,  daß  iu  {ja)  von  den  Präsensformen  aschw. 
siunka  'sinken',  siimga  'singen'  auf  die  Partizipialformen  über- 
tragen wurde;  und  die  jüngeren  Formen  siunkin,  siungin  sind 
schon  im  Altschwedischen  (Cod.  Bil.,  Vadstena  Klosterregler) 
anzutreffen. 


1)  Falls  fcellen  eine  Ausspracheform  gewesen  wäre,  hätte  sein  «p  im 
übrigen  vom  Sing.  Präs.  fahler  und  dem  Sing.  Präs.  Pass.  fcelz,  welche 
Formen  im  Altschwedischen  mehrmals  belegt  sind,  sowie  von  dem  Prät. 
f(^  her  übertragen  worden  sein  können. 

2)  Nur  ein  ganz  kleines  Handschriftenfragment. 


342  A.  Kock, 

Daß  die  Part,  (/rcevin,  hcevin  ihr  ce  von  den  Inf,  groeva 
'graben',  hceßa  'heben'  und  die  Part,  hryggin^  vynnin^  thryskin 
ihr  y  von  dem  Inf.  hryggia  'brauen',  vynna  {=  linna  'gewinnen), 
thryskia  'dreschen'  her  entlehnt  haben,  wird  auch  von  Noreen 
in  der  Aschw.  Gr.  §  540,  s ;  §  534, 2  angenommen,  und  diese 
Formen  brauchen  deshalb  hier  nicht  erörtert  zu  werden^).  Dies 
ist  auch  mit  dem  im  AVestmannalag  Hs.  D  einmal  anzutreffenden 
byrghiz  der  Fall,  da  es  nach  Noreen  a.  a.  0.  §  534, 2  von  hyrghia 
'einernten'  beeinflußt  worden  sein  kann.  Schon  in  Arkiv  1, 156 
ist  er  der  Meinung,  daß  das  Part,  rcexin  sein  ce  von  vaxu 
'wachsen'  her  bekommen  haben  kann,  was  offenbar  der  FaU 
ist.  Über  das  Part.  Icefin  zu  I(^fa  {lata  'lassen')  scheint  Noreen 
an  verschiedenen  Stellen  etwas  verschiedene  Ansichten  geäußert 
zu  haben.  In  Ark.  1,  155  f.  spricht  er  sich  dahin  aus,  daß  ketin 
wohl  durch  ^'Umlaut  aus  urnord.  *lätinaK  entstanden  sei,  fügt 
aber  hinzu,  daß  dieses  ce  auch  vom  Präsens  her  übertragen 
sein  kann.  Wenn  ich  seine  Darstellung  in  der  Aschw.  Gr.  §  544 
Anm.  4  und  §  569, 1  richtig  verstehe,  so  meint  er  da,  daß  Icetin 
aus  *lätinaR  entstanden  sei.  Es  steht  indessen  unzweifelhaft 
fest,  daß  der  Wurzelvokal  in  Icetin  (z.  B.  in  Cod.  bur.)  von  der 
Präsensform  iMa  {Iceta)  her  entlehnt  w^orden  ist,  die  einem  bis- 
weilen statt  lata  begegnet.  Die  Yokalisation  von  lata  (lata)  be- 
ruht bekanntlich  darauf,  daß  der  /-umgelautete  Vokal  des  Sing. 
Präs.  läter  (isl.  Icetr)  sich  auf  andere  Präsensformen  verbreitet 
hat.  Der  Vokal  des  seltenen  altnorwegischen  Part,  leteiin  (zu 
leta  =  lata),  das  von  Noreen  in  seiner  Aschw.  Gr.  §  544  Anm.  4 
angeführt  wird,  ist  ebenso  wie  die  Yokalisation  der  aschw.  Part. 
leetin  zu  erklären;  der  Vokal  e  in  anorw.  leta  {=  lata)  ist  nämlicli 
vom  Sing.  Präs.  letr  (Icetr)  her  entlehnt  worden,  welche  Form  in 
relativ  unakzentuierter  Stellung  im  Satze  das  c8  zu  e  werden  ließ. 

In  der  Aschw.  Gr.  §  534, 2  nimmt  N.  das  aschw.  Part. 
drykkin,  das  auch  einen  Bestandteil  des  aschw.  Substantivs 
clrykkimkajjer,  nschw.  dryckemkap  'Trunksucht'  bildet,  als  Stütze 
seiner  Auffassung  in  Anspruch.  Das  geht  indessen  keineswegs 
an.  Das  Part.  Pass.  zu  drikka  'trinken'  heißt  auf  Altsciiwediscli 
gewöhnlich  dntkkln,  auf  Neuschwedisch  stets  drucken  ohne 
i-Umlaut.  Außerdem  kommt  im  Altschwedischen  die  Form 
drokkin,  nur  ein  einziges  Mal   in   einer  späten  Urkunde  die 

1)  Palatalumlaul  kann  jedoch  im  Part,  bryggin  vorliegen;  s.  Kock 
in  Beitr.  23,  509;  Svensk  Ijudhistoria  1,  §  616,3. 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw.  343 

Form  drykkith  vor.  Dieses  drykJcith  hat  sich  indessen  nicht 
aus  einem  uraord.  *drunk'm-  oder  dergleichen  entwickelt,  sondern 
-es  enthält,  soweit  kein  Schreibfehler  vorliegt,  sogenannten  Palatal- 
umlaut, was  besagen  will,  daß  im  Altschwedischen  dnikkit  unter 
dem  Einflüsse  des  palatalen  Konsonanten  dialektisch  zu  drykkit 
geworden  ist,  wie  «  zu  üb  in  draghin  zu  drceghin  (zu  dragha)  usw. : 
«.  Kock  Svensk  Ijudhistoria  1,  §  515,3.  Aschw.  dt-ykkinskaper 
ist  kein  altes  nordisches  Wort,  sondern  Lehnwort  (vgl.  däu. 
drukkenskab,  rand.  drunkenschap).  Die  Vokalisation  von  drykkin- 
skaper  kann  wie  bei  drykkith  durch  sogenannten  Palatalumlaut 
erklärt  werden.  Indessen  kann  y  auch  sehr  wohl  von  den  aschw. 
Substantiven  drykker  M.  'Trunk',  von  drykkia  'Trinkgelage'  oder 
von  einem  nicht  belegten  altschwedischenWort  her,  das  dem  isl. 
drykkni  F.  'Trunksucht'  mit  gewöhnlichem  /-Umlaut  entsprach,  in 
drykkinskaperhlnemgekommen  sein;  s.Kock  Umlaut  und  Brechung 
im  Altschwedischen  (Rektorsprogramm,  Lund  1913)  S.  96. 

N.  führt  in  der  Aisl.  Gr.^  §  485  Anm.  5  unter  'sehr 
seltenen  Nebenformen'  aus  Elis  saga  auch  ein  altnorwegisches 
drykkinn  an.  Es  ist  nicht  angegeben,  wo  oder  wie  oft  diese 
Form  in  Elis  saga  vorkommt.  Falls  sie  dort  nur  einmal  an- 
zutreffen ist,  dürfte  sie  nur  ein  Schreibfehler  sein.  "Wenn  dagegen 
drykkinn  wirklich  eine  Ausspracheform  des  Altnorwegischen  war, 
so  ist  sicherlich  in  irgend  einer  Gegend  von  Norwegen  ebenso 
wie  dialektisch  in  Schweden  Palatalumlautung  des  u  eingeti'eten. 

In  der  Aschw.  Gr.  §  569  (vgl.  auch  §  543  Anm.  4)  führt 
Noreen  das  seltene  aschw.  Part,  gengin  neben  gangin  (zu  ganga 
'gehen')  zur  Stützung  seiner  Ansicht  an.  Es  ist  jedoch  offenbar, 
daß  das  seltene  aschw.  gengin  (gleichwie  z.  B.  die  isl.  Part,  fenginn, 
tekinn,  dreginti,  aschw.  -tcekin,  drceghin  usw.)  keinen  /-Umlaut 
im  gewöhnlichen  Sinne  sondern  sogenannten  Palatalumlaut  hat, 
der  mit  dem  folgenden  palatalen  Konsonanten  in  Zusammenhang 
steht  (s.  Kock  in  Beitr.  23,  506  ff.,  Umlaut  und  Brechung,  S.  94). 

Über  das  im  Westmannalag  einmal  anzutreffende,  von 
N.  in  Ark.  1,  155  angeführte  breten  (zu  isl.  hriota  aschw.  hryta 
"brechen*)  s.  Kock  in  Beitr.  23,  496  V). 

1)  Daß  verhältnismäßig  viele  der  hier  angeführten  Schreibungen 
aus  dem  Westmannalag  herstammen,  beruht  darauf,  daß  Siljestrand  in 
seiner  Schrift  Ordböjningen  i  Västmannalagen  aus  Schlyters  Ausgabe  alle 
Beugungsformen  mit  größter  Genauigkeit  verzeichnet  hat,  auch  wenn 
sie  auf  einem  Schreibfehler  beruhen. 


344  A.  Kock, 

Aus  dem  Isländischen  und  Altnorwegischen  führt  X. 
zur  Stützung  seiner  Behauptung,  abgesehen  von  den  schon  er- 
örterten Formen  letenn,  drykkinn,  anorw.  fynninn  (Speculum 
regale,  ed.  Brenner,  S.  96,  Z.  35)  und  isl.  synginn  (Aschvv.  Gr. 
§  534, 2 ;  vgl.  Aisl.  Gr.»  §  485  Anm.  5)  an. 

Bekanntlich  ist  die  gewöhnliche  Partizipialforni  zu  fimia 
im  Isländischen,  Altnorwegischen  und  Altschwedischen  funmn{n) 
mit  u  in  der  Paenultima.  Das  ein  einziges  Mal  im  Spec.  regale 
anzutreffende  fynninn  ist  offenbar  Schreibfehler.  Die  Stelle  lautet 

nämlich :    "{)u   hsefir   hann    aeigi   fyrv  fynmt "    —    also 

offenbare  Dittographie. 

Überraschend  wirkt,  daß  Noreen  laut  Aschw.  Gr.  §  534,2 
eine  Stütze  für  seine  H3^potiiese  in  dem  recht  seltenen  isl.  Part. 
sytif/inn  statt  sunginn  (zu  syngva  'singen')  sucht,  während  er 
sich  selbst  in  der  Aisl.  Gr.^  §  483  Anm.  dahin  äußert,  daß 
synginn  sein  y  dem  Infin.  syngva  entlehnt  habe.  Diese  letzt- 
genannte Erklärung  ist  offenbar  die  richtige. 

Hiermit  habe  ich,  soweit  ich  mich  erinnern  kann,  alle 
von  Noreen  zur  Stützung  seiner  Hypothese  angeführten  Parti- 
zipialformen  angeführt.  Ich  glaube  behaupten  zu  können,  daß 
keins  seiner  Beispiele  seine  Hypothese  beweist  oder  sie  auch 
nur  wahrscheinlich  macht  ^). 

Unter  diesen  Umständen  ist  es  vielleicht  nicht  mehr  nötig,, 
seine  in  IF.  14,  401  ausgesprochene  Ansicht  zu  prüfen,  daß  die 
von  ihm  angenommenen  'Kontaminationsbildungen*  Part,  brotvm, 
hrostinn  usw.  ebenso  leicht  aus  Nom.  *brytinn  und  Dat.  brotnum 
usw.  entstanden  sein  könnten,  wie  Part,  valipr  (zu  velia  'wählen') 
aus  Nom.  *veUßr  und  Akk.  valpan  kontaminiert  ist.  Der  Voll- 
ständigkeit halber  will  ich  jedoch  nachweisen,  daß  die  Ver- 
gleichung  mit  valipr  usw.  nicht  berechtigt  ist. 

Die  Verhältnisse  liegen  nämlich  bei  valipr  usw.  wesentlich 
anders  als  bei  hrostinn  usw.  Wenn  das  lautgesetzliclie  *velipr 
das  e  gegen  a  vertauscht  hat  {vaUpr\  so  beruht  das  nicht  nur 
auf  einer  Beeinflussung  durch  die   lautgesetzlich  synkopierten 

1)  In  gewissen  modernen  nordischen  Mundarten  sind  solche 
Participia  Passivi  wie  byAni  (mit  palatalem  n,  in  einigen  norwegischen 
-Mundarten)  und  die  kurzsilbigen  gälin  'toll'  usw.  (in  gewissen  finländi- 
schen  und  nordschwedischen  Landstrichen)  anzutrcfTen.  Der  palatalo 
Wurzelvokal  solcher  Wörter  ist  ganz  oder  verhältnismäßig  jung.  Vgl.  z.  B. 
Kock  in  Beitr.  23,  4941T.,  Hultman  in  Finländska  bidrag  tili  svensk  spräk- 
och  folklirsforskning,  S.  188,  Hesselman  Sveamälen,  S.  32. 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw.  345 

Kasus  valpan  usw.,  sondern  zum  guten  Teil  auch  auf  anderen 
Faktoren. 

Man  hatte  nämlich  außer  dem  Thema  velia:  Sing.  Prät. 
vaipi :  Phir.  Prät.  calpu^)  :  Part.  Pass.  ^velipr  auch  schon  aus  der 
Zeit  der  ältesten  isländischen  Handschriften  her  fakultativ  die 
einsilbige  Partizipialform  ralpr,  die  unmittelbar  nach  dem  Akk. 
valpan  usw.  gebildet  wurde  2).  Es  versteht  sich  von  selbst  daß 
unter  solchen  Umständen  der  unumgelautete  Vokal  in  rali/xr  usw. 
(nahezu)  durchgeführt  wurde,  aber  bei  diesem  Vorgang  spielten 
nicht  nur  die  von  alters  her  synkopierten  Kasus  des  Part.  Pass. 
{valpan  usw.)  eine  Rolle,  sondern  auch  der  Sing.  Prät.  valpi.  der 
Plur.  Prät.  valpti  und  das  einsilbige  Part.  Pass.  valpr. 

Bei  dem  Verbum  hriöta  liegen  die  Verhältnisse  ganz 
anders.  Das  Thema  lautet  ja  hriöta  :  hraut  :  hrutu^  und  von  den 
synkopierten  Kasus  brotnum  usw.  ist  kein  einsilbiger  Nom.  Sing. 
*brotn{r)  oder  dgl.  (entsprechend  dem  einsilbigen  Nom.  valpr) 
abstrahiert  worden.  Bei  der  von  N.  angenommenen  Umbildung 
von  *hrytinn  zu  hrotinn  würden  also  die  synkopierten  Kasus 
allein    den  nicht   ?-umgelauteten   Vokal   hervorgerufen  haben. 

IL 

Schon  vor  langem  hat  man  angenommen,  daß  gewisse 
Adjektiva  und  Substantiva  zu  urnordischer  Zeit  sowohl  das 
Suffix  -in-  wie  das  Suffix  -an-  vei'wandt  haben.  Hieraus  er- 
klärte ich  z,  B.  in  Beitr.  23,  501  den  Wechsel  isl.  opinn  aschw. 
opin  :  aschw.  ypin  'offen'.  Urnord.  Nom.  Sing.  *upin{a)R  wurde 
zu  ypinn;  urnord.  Nom.  Sing.  '^upan{a)R  wurde  durch  «-Umlaut 
zu  *opanB,  später  gemäß  der  von  mir  in  Beitr.  23  dargelegten 
Regel  zu  opinn. 

Zur  Stützung  seiner  Hypothese  eines  regelmäßigen 
Wechsels   des  -in-\  in   unsynkopierten  Kasus   und  des  -an-  in 

1)  Im  größten  Teil  von  Norwegen,  in  Schweden  und  in  Dänemark 
trat  bekannthch  kein  jüngerer  w-Umlaut  ein,  und  die  Form  lalßu  blieb 
also  ohne  w-Umlaut  erhalten.  Auf  Island  und  im  norwegischen  Westland 
wurde  valßu  durch  jüngeren  u-Umlaut  zu  vglpti,  aber  dieses  späte  Laut- 
gesetz trat  sicher  erst  in  Kraft,  nachdem  auf  dem  Wege  der  Analogie- 
bildung die  Ersetzung  von  *velipr  durch  valipr  begonnen  hatte. 

2)  In  isländischen  Skaldengesängen  aus  der  Zeit  vor  1100  ist  der 
zweisilbige  Typus  im  Nom.  Sing,  unbedingt  der  gewöhnlichere  (Finnur 
Jönsson,  Det  norsk-islandske  Skjaldesprog,  S.  lOß),  aber  nur  insoweit  die 
Formen  in  Vollassonanz  verwandt  wurden,  geben  sie  darüber  Auskunft, 
ob  die  Aussprache  *velipr  oder  valipr  usw.  war. 


346  A.  Kock, 

synkopierten  Kasus  führt  Noreen  den  isl.  Mannsnamen  Hepinn 
aschw.  Hipin  :  isl.  Hiapninr/ar  'HeJ)in  und  seine  Leute'  an.  Er 
nimmt  eine  ursprüngliche  Beugung  Nom.  *HedinaB :  Dat.  *Hedam 
au,  sowie  daß  *HedamngÖB  za  Hiapningar  geworden  ist;  S.  400 
äußert  er :  "der  lautgesetzliche  Dativ  muß  *H'mdm  aus  *IIedani 
geheißen  haben,  der  lautgesetzliche  iS'om.  dagegen  Hidenn  (im 
Altschwedischen  und  bei  Saxo  erhalten),  und  das  literarische 
Hedeun  hat  sein  e  aus  dem  Dativ  vor  der  Brechungszeit 
entlehnt". 

Indessen  muß  N.  nunmehr  selbst  darauf  verzichtet  haben, 
Hepinn  :  Hiapningar  als  eine  Stütze  der  Hypothese  zu  betrachten, 
die  er  in  den  Indog.  Forsch,  aufstellt.  In  Geschichte  usw. 
(1913)  S.  69  §  28  b  schließt  er  sich  nämlich  einer  von  Hesselman 
in  Västnordiska  Studier  1  (1912)  aufgestellten  Hypothese  an, 
nach  der  in  den  westnordischeu  Sprachen  e  in  kurzsilbigen 
"Wörtern  nicht  durch  ein  in  der  Literatursprache  verlorenes  u 
zu  ia  gebrochen  worden  sei,  so  daß  z.  B.  Dat.  Sing,  *edare  (zu 
isl.  iaparr  'Kante')  lautgesetzlieh  zu  *epri  (nicht  *iapri)  geworden 
wäre.  Wenn  dies  der  Fall  wäre,  wäre  natürlich  auch  J)a.t.*Hedane 
lautgesetzlich  zu  Hedni  (nicht  *Hiadni)  und  *HedaningÖR  laut- 
gesetzlich Hepningar  (nicht  Hiapningar)  geworden. 

Da  also  offenbar  X.  selbst  nicht  mehr  Hepinn  :  Hiapningar 
als  eine  Stütze  seiner  Hypothese  ansieht,  ist  es  nicht  nötig 
nachzuweisen,  daß  er  sich  in  den  Indog.  Forsch,  unberechtigter- 
weise zugunsten  seiner  Hypothese  auf  Hepinn :  Hiapningar  beruft. 

Zur  Aufhellung,  wenn  auch  nicht  zur  völligen  Erklärung 
von  isl.  Hepinn  :  Hiapningar  und  aschw.  Hipin  führe  ich  aber 
folgendes  an. 

Nach  meiner  Meinung  ist  Hesselman  der  Nachweis  nicht 
geglückt,  daß  die  ältere  a-Brechung  in  den  kurzsilbigen  Wörtern 
der  westnordischen  Sprachen  ausgeblieben  ist.  Gerade  das  Wort 
*HedaningÖH  (vgl.  ahd.  Hetan;  s.  Heusler  in  Altisl.  Elementar- 
buch §  119)  zu  isl.  Hiapningar  spricht  kräftig  dagegen. 

Von  altersher  hatten,  wie  schon  erwähnt  worden  ist,  ge- 
wisse Wörter  zu  urnordischer  Zeit  sowohl  das  Suffix  -an-  wie 
das  Suffix  -m-,  z.  B.  das  oben  erwähnte  *ujxin(a)R  zu  isl.  opinn 
aschw.  apin  —  *U2)in{a)ji  zu  aschw.  ypin ;  vgl.  auch  urnord.  *Wödanan 
(ahd.  Wotan)  zu  isl.  Opinn:  mengl.  Wednesday  (mit  »-Umlaut). 
Deshalb  ist  die  Annahme  durchaus  zulässig,  daß  man  zu  ur- 
nordischer Zeit  neben  *Hedanan  (ahd.  Hetan)  auch  *HedinaR  hatte. 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw.  347 

Ein  von  *UedaiiaR  abgeleitetes  *HedaningÖB  wurde  zu 
Hiapningar. 

Isl.  Heßitin  und  aschw.  Hißin  können  dagegen  auf  ver- 
schiedene Weise  aufgefaßt  werden. 

Falls  man  neben  *HedanaR  auch  *HedinaB  hatte,  so  erklärt 
sich  dies  folgendermaßen :  Nom.  *Hedin{a)R  wurde  durch  /-Uni- 
lautung  des  e  zu  Hidinn,  aber  Dat.  *Hedine  wurde  lautgesetzlicli 
zu  Hedni  (vgl.  Kock  in  Beiträge  27,  166  ff.).  Der  Xom.  Hidinn 
ist  in  aschw.  Hißin  erhalten,  während  im  Isländischen  der  Vokal 
e  von  dem  synkopierten  Dat.  Hedni  auf  die  unsynkopierten 
Kasus  übertragen  wurde,  so  daß  man  den  Xom.  Heßinn  erhielt. 
S.  Kock  Umlaut  und  Brechung  S.  50  f. 

Heuslers  Auffassung  im  Altisl.  Elementarbuch  §  119  scheint 
dagegen  dahin  zu  gehen,  daß  umord.  *Hedan{a)B  lautgesetzlich 
zu  isl.  Heßinn  wurde.  Dies  setzt  voraus,  daß  die  jüngere  a- 
Brechung  jünger  ist  als  der  Übergang  a  zu  e{i)  in  *Hedan{a)B 
zu  *HedenB  (Hepinn). 

Wenn  isl.  Heßinn  aus  *Hedan{a)B  entstanden  ist,  so  dürfte 
es  möglich  sein,  auch  aschw.  Hißin  auf  urnord.  *HedamiB  zu- 
rückzuführen, und  es  ist  in  diesem  Falle  nicht  nötig,  ein  urnord. 
*HedinaB  (neben  *HedanaB)  anzunehmen. 

Ich   erinnere   nämlich   an    folgende    Lautentwickelungen: 

Im  etwas  jüngeren  Isländisch  ist  (geschlossenes)  e  nicht 
nur  nach  Ar,  ^,  sondern  auch  nach  h  zu  ie  geworden,  was  be- 
weist, daß  h  ein  palataler  Laut  war:  so  wird  z.  B.  nicht  nur 
henna  zu  kienna  usw.,  sondern  auch  hepan  Von  hier'  zu  hießan, 
Heßitin  zu  Hießinn  usw.  (Sievers  in  Beitr.  16,  242). 

Weiter  erinnere  ich  daran,  daß  im  Altschwedischen  kurzes 
,^in  kurzsilbigen  Wörtern  dialektisch  lautgesetzlich  zu  ij  wurde, 
wenn  ihm  einer  der  palatalen  Konsonanten  Tc,  g  voranging,  z.  B. 
Dat.  Sing,  hati  zu  kyti  (Nom.  kßt  'Fleisch'),  Konj.  Präs.  gsn  zu 
gyri  (zu  gjeira  'machen'),  (Kock  in  Ark.  XF.  2, 15 f.;  5,  79,  Anm.  2 
Svensk  Ijudhistoria  2  §  593  f.). 

Weiterhin  erinnere  ich  daran,  daß  auch  ce  im  Altschwedi- 
schen in  kurzsilbigen  Wörtern  unter  denselben  Umständen 
zu  i  geworden  zu  sein  scheint,  unter  denen  0  zu  y  wurde, 
z.  B.  aschw.  kwtil  zu  *kitil  nschw.  kütel  'Kessel'  (Kock  Svensk 
Ijudhistoria  1  §  285).  Es  ist  deshalb  ganz  natürlich,  daß  das 
kurzsilbige  aschw.  *Hceßin  (isl.  Heßinn)  im  Altschwedischen 


3*8  A.  Kock, 

lautgesetzlich  zu  Hipin  (adän.  latinisiert  Hithinus)  wurde.   Vgl. 
Kock  Umlaut  und  Brechung  (IV)  S.  120. 

Ich  hebe  hervor,  daß  X.  nicht  versucht  hat,  irgend 
einen  in  den  altnordischen  Literatursprachen  erhaltenen  regel- 
mäßigen Reflex  des  -in-  in  unsynkopierten  Kasus  und  des 
-071-  in  synkopierten  Kasus  nachzuweisen  außer  gerade  in  Heßinn 
:  Hiapningar  (welche  Wörter  er  nunmehr  selbst  in  anderer 
Weise  auffassen  muß).  So  ist  es  z.  B.  nicht  gelungen  wahr- 
scheinlich zu  machen,  daß  man  regelmäßig  aschw.  den  Nom. 
Sing,  ypin^  aber  den  Nom.  Plur.  opnir  oder  ähnliches  haben 
sollte.    Man  trifft  im  Nora.  Sing,  sowohl  opin  als  auch  ypin  an. 

III. 

Großes  Gewicht  scheint  Noreen  auf  die  Runeukombination 
slaxinaji  in  der  Möjebroinschrift  in  Uppland  zu  legen,  die  nach 
seiner  Meinung  'geschlagen'  bedeuten  sollte,  und  er  gibt  an, 
daß  die  Lesung  'slacjinaH  der  umstrittenen  Runen  seitens  von 
Priesens  von  ihm  (Noreen)  und  Pipping  durch  eigene  Besich- 
tigung bekräftigt  worden  sei. 

Ohne  hier  einen  neuen  mißlichen  Versuch  zur  Lösung 
des  Rätsels  der  Möjebroinschrift  zu  unternehmen,  will  ich  mich 
darauf  beschränken,  ein  paar  Tatsachen  hinsichtlich  der  Deutuugs- 
geschichte  der  Inschrift  mitzuteilen.  Sie  dürften  ausreichen, 
um  eine  Beurteilung  der  Frage  zu  ermöglichen,  mit  welcher 
Berechtigung  man  sich  für  grammatische  Forschungen  auf  die 
Runenkombination  slaxinaR  beruft. 

Es  ist  umstritten,  welche  Runen  sich  in  dieser  Inschrift 
überhaupt  wirklich  vorfinden,  und  in  besonders  hohem  Maße 
ist  dies  bei  der  vierten  sogen.  'Rune'  in  fihxinaR  der  Fall.  Das 
Zeichen  hat  ungefähr  die  Form  x,  und  so  führe  ich  es  an; 
dieses  Zeichen  ist  aber  —  wohlgemerkt  —  nicht  unbedeutend 
kleiner  als  die  es  umgebenden  Runen*).  (Falls  man  in  diesem 
Zeichen  ein  r/  sehen  will,  ergibt  sich  die  weitere  Schwierigkeit, 
daß  es  Punkte  hat,  was  bei  der  Rune  //  zu  urnordischer  Zeit 
nicht  der  Fall  ist.  Zu  behaupten,  daß  die  Punkte  nicht  ein- 
gehauen sind,  ist  doch  mißlich.  Sie  sind  auf  alle  Fälle  auf 
dem  Stein  vorhanden). 


1)  S.  z.  B.  die  Abbildung  bei  von  Friesen  in  dem  Artikel  "Upplands 
runslenar"  in  Uppland  II  (1907). 


Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passm  usw.  349 

Sophus  Bugge,  der  hervorragendste  Kenner  und  Deuter 
urnordischer  Euneninschriften,  faßt  das  Zeichen  x  deshalb  nicht 
als  eine  Eune,  sondern  als  ein  Interpunktionszeichen  auf'). 

Weiter  ist  die  Lesung  der  vorletzten  Eune  in  'slaxinaR 
umstritten  oder  ist  es  wenigstens  noch  vor  nicht  zu  langer 
Zeit  gewesen.  Noch  in  Xorges  Indskrifter  1,  233  Liest  Bugge 
sie  als  i  und  die  ganze  Inschrift  liest  er  doli;  als:  ana  hahais- 
laxiniR  frawaradciß  'über  Hahaisl  (setzten)  Ini  (und)  Frawarad 
(diesen  Stein)'.  In  Aarboger  1905  S.  305  Liest  Bugge  ana 
hahaislcixinaB  fraicaradaR  (vgl.  auch  Bugge  Der  Eunenstein  von 
Eök,  Stockholm  1910,  S.  65),  und  dies  übersetzt  er:  "Zur  Er- 
innerung an  Häisl  ritzt  Fräräd  (dies)".  Bei  keiner  dieser  Deu- 
tungen Bugges  bekommt  man  also  die  Form  'slaghuiR'  heraus. 

Aber  noch  mehr.  Auch  diejenigen,  die  'slar/imiR'  lesen, 
sind  uneinig  über  die  Abteilung  und  die  sprachliche  Bedeutung 
dieser  Eunen,  und  von  Friesen  hat  sogar  selbst  zu  verschiedenen 
Zeiten  verschiedene  Auffassungen  über  ihre  Deutung  ausge- 
sprochen. So  sollte  z.  B.  die  Inschrift  nach  von  Friesen  bei 
Noreen  Aisl.  Gr.^  (1903)  S.  340  bedeuten:  "Frärä{)r,  der  be- 
herzte, ist  totgeschlagen".  Yier  Jahre  später  (1907)  übersetzt 
dagegen  von  Friesen  in  Upplands  runstenar,  S.  2 :  "Getroffen 
(von  einem  geschleuderten  Speer,  einem  Pfeil  oder  dergleichen) 
stieß  FrawaradaR  laute  Eufe  aus  (Kampfrufe  oder  möglicher- 
weise Eufe  um  Hilfe,  Bitten  um  Schonung)".  Indessen  hebt  er 
selbst  in  der  Schrift  Eunorna  i  Sverige  (1907)  S.  10  hervor,  daß 
"die  Inschrift  leider  nicht  sicher  gedeutet  ist".  In  der  jüngst 
herausgegebenen  Schrift  "Upplands  runstenar.  En  allmänfattlig 
öfversikt"  (1913)  S.  3  gibt  er  eine  dritte  Deutung:  "Frarad  Ane 
der  einäugige  ist  totgeschlagen". 

Im  Gegensatz  zu  von  Friesen  übersetzt  der  hervorragende 
Linguist  Hultman  in  seiner  Arbeit  Hälsingelagen  och  IJpplands- 
lagens  ärfdabalk  1  (Helsingfors  1908)  S.  86  fraicaradaR  anaha- 
haislaginüB  folgendermaßen:  "Fräräör  ist  der  einzige  Besitzer 
der  Anlage  oder  des  Gebäudes".  Hultman  meint  also,  daß  es 
kein  Part.  'slaginaR'  gibt,  obwohl  er  x  als  g  liest. 

Es  mag  hinzugefügt  werden,  daß  auch  Pipping,  der  die 
Möjebroinschrift   selbst   untersucht   hat,    in   Studier  i   nordisk 

1)  Vgl.  Bugge,  Norges  Indskrifter  I,  Indledende  Bemaerkninger  S.  26 
und  öfter  und  Aarbeger  for  nordisk  oldkyndighed  og  historie,  1905,  S.  305. 


350      A.  Kock,  Zur  Frage  nach  dem  Suffix  der  Participia  Passivi  usw. 

filologi  2,  Nr.  1,  S.  10  hervorhebt,   daß   diese   Inschrift  außer- 
ordentlich umstritten  ist'). 
Also: 

1.  Es  ist  strittig,  welche  Runen  überhaupt  in  der  Runen- 
kombination slaxinaR  des  Möjebrosteins  vorkommen. 

2.  Es  ist  weiter  strittig,  wie  die  Runen  der  Inschrift  in 
Worte  aufzuteilen  sind. 

3.  Es  ist  schließlich  strittig,  was  die  Inschrift  und  be- 
sonders was  die  Runenkombination  shxinas  bedeutet. 

Welchen  Wert  hat  unter  diesen  Umständen  die  Runen- 
kombination slaxinaR  des  Möjebrosteins  für  sprachwissenschaft- 
liche Untersuchungen  ? 

Ohne  Bedenken  antworte  ich:  gar  keinen. 

Diese  meine  Worte  sollen  natürlich  nicht  so  aufgefaßt 
werden,  als  enthielten  sie  eine  Kritik  gegenüber  den  ange- 
sehenen Forschern,  die  sich  um  die  Deutung  der  Möjebroinschrift 
bemüht  haben,  und  ganz  besonders  will  ich  mit  allem  Nachdruck 
die  große  Schuld  hervorheben,  in  der  die  nordische  historische 
Grammatik  bei  dem  noblen,  geistvollen  und  tiefgelehrten  Runen- 
forscher Sophus  Bugge  steht,  der  bekanntlich  auch  ein  unge- 
wöhnlich vielseitiger  Linguist  und  Philologe  war. 

Aber  andrerseits  sieht  man  nicht  selten  in  sprachgeschicht- 
lichen Arbeiten  urnordische  'Formen'  als  Stütze  für  die  eine 
oder  andere  Theorie  angeführt,  die  von  einer  Art  sind,  daß 
hinter  ihnen  zwei,  bisweilen  vielleicht  drei  Fragezeichen  hinzu- 
gefügt werden  sollten. 

Ich  meine  keine  unberechtigte  Behauptung  aufzustellen, 
wenn  ich  sage:  auf  solche  Runenkombinationen  sollen  keine 
grammatischen  Konstruktionen  gegründet  werden. 

Auf  Grund  des  oben  Dargelegten  glaube  ich  vollkommen 
berechtigt  zu  sein,  meine  in  den  Beiträgen  23  aufgestellte  Theorie 
aufrecht  zu  erhalten,  daß  Part.  Pass.  starker Verba  mit  gutturalem 
Wurzelvokal  zu  urnordischer  Zeit  das  Suffix  -an-  hatten,  daß 
aber  dieser  a-Laut  unter  gewissen  dort  angegebenen  Umständen 
lautgesetzlich  in  e(i)  überging. 

Lund.  Axel  Kock. 


1)  Bibliographien  über  die  Deutungen  der  Möjebroinschrift  finden 
siel)  bei  Burg  Die  älteren  nordischen  Runeninschriften,  S.  106 (T.  und  bei 
Pipping  a.  a.  0.  S.  10  Anm.  Doch  wird  die  Inschrift  z.  B.  auch  von  George 
Hempl  in  The  Mejebro  runic  stone  (Reprinted  from  the  Publications  of 
tbe  Modem  Language  Association  15,  Nr.  2)  behandelt. 


E.  W.  Fay,  Word-Studies.  B51 


Word-Studies. 

1.  Greek  (-^)veKec-  *bond,  binding'. 

I  have  before  now,  in  connectioii  with  my  explanation 
of  Lat.  necesse^)  as  'in  bonds'  (TAPA.  37,  12),  commented  on 
TTOÖnveKec-  'foot-reaching',  and  I  compared  its  synonym  Trobripnc. 
Both  may  be  etymologically  defined  by  'pied-joignant'.  The 
same  etymological  sense  may  be  restored  with  great  pro- 
priety  to  öinveKec  'continuous,  unbroken'  —  i.  e.  originally 
'connected'.  So  in  the  Odyssey  öitiv€K€iuc  dfopeueiv  raeans  'to 
recite  connectedly',  with  the  shadings  of  'apte'  (n  241,  /a  56) 
and  of  'omnino'  (ö  836).  In  two  contexts,  certainly  as  old  as 
anything  in  Homer,  the  sense  'through-binding'  is  unmistakable, 
viz:  M  296,  where  pdij/e  .  .  ]  xpuceiric  pdßöouci  öniveKeciv  rrepi 
kukXov  =  "stitched  (pegged)  with  golden  rivets  through-binding 
( =  riining  clean  through)  [the  ox-hides]  round  the  rim  [of  the 
shield"] ;  and  M 134,  pi^rjciv  ^eTdXrjci  öinveKeec'  dpapmai  =  "[trees] 
by  their  great  through-binding  (=  thorough-binding)  roots  fas- 
tened".  In  H  321  (=  H  437)  as  used  of  the  chine  and  in  c  375 
as  used  of  a  furrow  biriveKec-  is  generalized  to  *contiuuous, 
unbroken',  but  in  v  195  dipamToi  xe  öiriveKeec  the  sense  of 
'connected'  (=  interlacing)  roads  may  be  restored.  —  For  the 
part  played  by  öia-  in  this  Compound  cf.  bidbec|Lioc  'connecting 
bond',  bidZiujiia  'girdle'. 

It  is  harder  to  realize  the  sense  of  'vincire,  iungere'  in 
öoupr|veKec-  'a  spear-cast'.  The  idea  of  a  measure  of  distance 
may  have  come  into  the  word  group  from  the  sense  of  'uear' 
(as  in  Goth.  nelv),  cf.  Lat.  iuxta,  Span,  iunto  'prope'.  Further 
cf.  OEng.  gespannan  'vincire,  conectere',  Mod.  Eng.  spatis  'mea- 
sures,  grasps',  span  ''/4  of  a  foot'  (cf.  Skr.  yugd-m  =  4  "hands" 
as  a  measure  of  distance).  Or  we  may  restore  a  locution  'to 
join  spears',  modelied  on  'to  join  battle'  (cf.  Skr.  yü-dhi/ati\ 
wherein  'battle'  is  suppressed),  whence  quasi  'spear-range'. 


1)  I  am  taking  up  at  length  elsewhere  a  study  of  the  root  (ejnek- 
(?  k)  'vincire,  lungere',  but  it  seems  as  impermissible  to  divorce  Olr. 
dc-en  'necessitas'  from  nec-esse,  in  their  root-part.  as  to  divorce  Olr.  ec 
'death'  from  v^kuc. 


352  E.  W.  Fay, 

2.  A  leash^)  of  words  raeaning  'near'. 
1)  Gothic  neJv. 

I  have  already  adduced  Gothic  neh  as  evidence  for  a  root 
{e)nek-  'nectere*.  Its  -w  is  related  to,  if  not  identical  with,  the 
locatival  (or  deictic)  particle  w  mentioned  by  Brugmann,  Gr.- 
1.  2,  §  185.  2.  The  rendering  'in  connexion  with,  in  Verbindung 
mit'  helps  to  make  us  realize  the  etymology.  It  becomes  very 
much  more  real  to  me,  hovvever,  when  I  compare  aTX->i  locative 
of  a  nounstem  dxx-  'Verbindung',  belonging  to  the  root  2)  found 
in  Lat.  angit  'schnürt'. 

2)    Lil.  arti. 

That  arü  is  a  solitary  case  form  of  a  noun  derived  from 
the  root  ar-  'to  join',  doing  duty  as  an  adverb,  seems  to  me 
hardly  open  to  question,  and  I  can  give  myself  good  reasons 
for  not  agreeing  with  Bezzenberger's  skepticisra  as  to  the  close 
relation  of  arü  with  dpii  'just,  just  now'.  Homeric  dpii-  in 
Compounds  agrees  in  general  with  Lat.  sollertei-  in  sense,  but 
the  adverb  otpri  (dTrapTi)  means  simply  enough  'in  [the  present] 
juncture',  and  is  limited  to  temporal  relations,  though  Sophocles 
must  have  feit  only  the  local  sense  in  writing  Trach.  768  sq., 
Kai  irpocTTTucceTai  (  TrXeupakiv  dpriKoWoc,  ujct€  tcktovoc  | 
XiTiüv  ÖTTav  Kttt'  dp9pov,  for  which  Jebb's  rendering  is  "and 
the  tunic  clung  to  his  sides,  at  every  Joint,  close -glued,  as 
if  by  a  craftsraan's  band". 

That  dp-T-i  is  a  locative  of  a  <-stem  in  its  temporal  use 
seems  to  me  far  the  most  probable  contention.  But  what  is 
Lith.  aH)  'prope'  ?  After  Bezzenberger's  objections  (Beitr.  27, 157), 
surely  no  simple  locative,  identical  with  dpri.  But  still  a  simple 
locative  to  an  i-stem,  ar-t-i-  viz:  aHe{ij)  \  ärieij.  Curiously 
enough  the  startform  arte{y)  adequately  accounts  for  Homeric 
d)i-apTf|  (-apTfj)  =  *at  [this  precise]  iuncture'  (temporal),  and  for 
Plautine  aHe  'close,  near*,  e.  g.  in  arte  accubare,  and  with  verbs 
of  binding  and  the  like.  The  stem  arti-  may  even  be  attested 
in  the  Latin  word  arti-culus,   especially   of  a  critical  point  or 

1)  In  the  language  of  the  English  sporlsman  a  'leash'  is  a  trio. 
This  numeral  alloculion  has  a  semanlic  interest  of  its  own,  cf.  in  Greek 
ZeOfoc  Tpmdpeevov,  Z.  xpibouXov. 

2)  The  root  anffh-  is  probably  a  composite  root.  I  think  il  safe 
provisionally  to  divido  it  into  a  prosthetic  a  -j-  neffh-,  which  is  Iho  root 
of  Skr.  ndhyati  'binds'  as  Wackernagel  rightly  teaches  (ai.  Gramm.  I,  250). 


Word-Studies.  353 

*iuncture'  of  affairs,  e.  g.  Terence  Ad.  229,  where  in  ipso  arti- 
cido  means  'at  the  critical  raoment,  in  the  nick  of  time',  and 
this  clarifies  the  commoditatis  omnis  aiiictdos  of  Plautus  Men.  140 
{=  all  the  junctures  of  convenience').  These  are  the  earüest  Latin 
occurrences,  but  the  general  propriety  of  admitting  a  stem  in  -fi- 
beside  one  in  -tu-^)  (cf.  arttis  'Joint')  does  not  admit  of  question. 

If  Lat.  arte  'close',  Lith.  arü  *near',  Homeric  d^apTfj  (-r|) 
*simur  come  from  a  locative  artey  j  aHey,  question  arises  as 
to  the  relation  between  arte  and  the  ptc.  artus.  It  is  not  ini- 
possible  that  artus  is  secondarv  to  arte,  after  the  pattern  of  sjnssus  : 
spisse^)  and  a  hundred  more.  From  the  psvchological  point  of 
view  artus  maj  have  arisen  from  aHe  at  any  time,  and  there's  no 
dating  the  mental  process.  Historically,  artus  perhaps  did  not 
come  into  existence  tili,  roughlv  speaking,  the  time  of  Cicero. 

Synonymous  with  dpii  'modo'  is  dp^ioT,  an  (adverbial)  lo- 
cative like  'Idöfioi.  For  the  Spiritus  asper  I  would  not,  with 
Prellwitz,  adduce  Skr.  sam-  but  Lith.  si>:  cu-v.  The  startform 
was  swarmo-  or  s[tc]armo-^). 

1)  If.  with  Prellwitz,  dpri-  in  composition  is  a  neuter  sg.  we  may  di- 
rectly compare  Skr.  ri^-ij  'rechtmäßig  oder  rechtzeitig  opfernd'  {-ij  :  ydjati 
'sacruficat')  with  Greek  Compounds  like  dpxi-ein^c  ('recte  loquens',  whence) 
'ready  of  speech'. 

2)  The  example  is  obviously  chosen  because  of  the  approach  to 
synonymy  with  ai-te.  In  passing  I  would  challenge  the  etymology  of 
spissus  taken  over  by  Walde  from  Fick.  Instead,  spissus  belongs  to  the 
root  set  down  in  Walde  as  the  source  of  spatium.  This  root  indicates 
'extent'  but  also  'distent',  cf.  Eng.  distention  with  its  marked  connotation 
of  'fatness',  literally  'swelling'  (cf.  Lat.  extensio  Uumor'),  and  this  is  the 
sense  shown  in  the  plainer  derivatives  of  the  Sanskrit  root  spha{y)-  'to 
fatten'.  But  extent  in  the  long  direction  is  also  attested  in  Skr.  ri-^pitäm, 
which  belongs,  as  Roth  long  ago  saw,  to  the  root  sphä  {vi-^p-  from  vi- 
sph-),  and  means  'distance',  as  Ludwig  saw  (cf.  his  translation  and  notes 
to  RV.  7.  60.  7;  8.  72.  3  =  nos.  111  and  233  in  his  translation).  The  formal 
relation  between  vi-spiidm  and  Lat.  spatium  is  very  close,  For  time 
extension  spissus  'late'  is  to  be  immediately  compared  with  OHG.  späti 
'spät'.  Lat.  spes,  like  Eng.  longing  (pace  Skeat),  derives  from  the  phy- 
siological  intensity  or  'outstretching'  which  accompanies  expectancy  or 
the  effort  to  accpiire,  cf.  Lat.  tendit  'strives',  approximating  'longs'  e.  g. 
in  Horace,  C.  1.  29.  16.  In  Av.  spayeiti  'iacit,  abjicit'  the  primary  sense 
of  'stretching'  has  been  specialized  as  in  sagittas,  spicula  tendet-e. 

3)  I  am  elsewhere  treating  the  roots  compounded  with  su>-,  alter- 
nating  with  s[w]-  and  with  [8]ic-.  My  most  transparent  example  is  Greek 
i]Xd}  from  »M'-ä^Aö(y)  = 'co-sonans',  cf.  Lat.  sextus  from  {k)su:-ek[s]-sthos 
=  'co-out-standing'  as  analyzed  in  AJPh.  31,  419. 

ludogermanische  Forschungen  XXXIII.  24 


35*  E.W.  Fay, 

3)    Latin  iuxtä  'near'. 

With  the  startforra  yügi-st{h)ä  1  am  in  accord,  but  I  think 
iuxtä{s)  is  a  nom,  sg.  masc.  of  the  advenus  type.  In  the  Plautine 
usage  there  are  5  instances  (Aul.  682,  Mil.  234,  Pers.  249,  545, 
Ps.  1161)  of  the  type  iuxta  tecum  scio^\  where  the  literal  sense 
was  in-iugo-stans  tecum  scio.  In  a  pastoral  people  this  locu- 
tion  arose  as  'I  your  yokemate'  and  developed  on  the  one  hand 
to  *raate,  equal*  and  on  the  other  to  'by-standei*  (whenee  the 
adverbial  sense  of  *near').  The  relation  of  jügi-  to  2eÖT0(;  Voke'. 
though  questioned  by  Walde,  is  perfectly  normal,  cf.  ui|;oq  :  üi|;i, 
KUTOC  :  eT-KUTi,  Feroc  :  irepuci,  ^kv.  per-ut  (see  Fay  AJPh.,  31, 
411 — 412).  In  composition  type  *Jüg-i-stä-  is  identical  with  nu- 
merous  Sanskrit  Compounds,  cf.  path-i-sthä-  *in-via-stans'  (AV.), 
but  path-e-sthä-  (RV.).  Query :  Is  the  e  of  path-e-sthä-  analogical, 
say  with  rathe-sthä-,  or  does  it  rather  contain  the  ending  of  the 
Greek  locatival  in  -ai,  e.  g.  xa|n-ai  'humi'  ? 

The  sense  in  Lat.  iügis  'perpetuus'  has  developed  from 
'binding',  just  as  in  biriveKric,  treated  above;  cf.  the  gloss  iugem 
dpiiöZouTa. 

3.  Excursus  on  Lat.  artns  (:  2.8). 

The  indices  to  Plautus,  Ennius,  Terence,  Ribbeck's  Sce- 
nicae  Poesis  fragmenta,  Lucilius  and  Cato's  r.  r.  reveal  only  2 
instances  of  this  participle,  one  of  which  is  demonstrably  a  mis- 
take  for  arte  and  the  other  probably.  Isidore  (Orig.  11,  1,  108) 
cites  Ennius  for  "atque  genua  coraprimit  arta  gena",  anent 
which  Vahlen  remarks  (p.  232):  oratio  et  versus  forma  obscura. 
But  let  US  read  arte  and  all  becomes  clear,  viz:  a  senarius  of 
which  the  initial  pickup  (=  arsis,  Senkung)  was  not  quoted, 
but  raay  easily  be  supplied,  viz: 

fpedSs]    atque    genua    comprimit    art6   gena. 

This  yields  the  sense  "the  cheek  presses  close  on  [feetj  and 
knees".  That  this  describes  the  general  Situation  is  clear  frora 
Isidore's  comments.  As  for  supplying  pedes^  anybody  can  turn 
up  in  a  lexicon  passages  describing  how  suppliants  feil  now 
at  the  feet,  and  now  at  the  knees  of  their  oppressors;  and  the 
diastole  found  in  comprimit  is  not  to  be  questioned,  ospeoially 


1)  The  only  divergence  froin  Ulis  type  is  Trin.  197,  iu\lai|ur  eain 
curo  cum  mea. 


Word-Studies.  355 

in  the  4**^  tread  (=  thesis,  Hebung)  of  a  senarius.  [See  niy  Mo- 
stellaria, Introd.  §  14,  11,  p.  18.  Examples  without  change  of 
Speaker  are  Cu.  438,  Mi.  848,  Mo.  999,  St.  216:  with  change  of 
Speaker,  Mi.  1316,  Tr.  585.  In  the  Septenarius,  diastole  before 
final  _  j:  v^  ^  in   As.  250,  Am.  717]. 

The   remaining   passage   is   Plautiis  Ps.   66,     where   P's 
reading  is 

compressiones  arte  amantum  corporum  (or  conporum). 
In  A  we  find  AR  and  space  for  three  letters.  Who  shall  teil 
US  that  ARTAE  is  more  probable  than  ARCTE  which,  accor- 
ding  to  the  large  triumvirate  edition  of  Plautus,  is  Nonius's 
reading  for  arte  in  As.  78,  though  neither  of  the  latest  editions 
of  Xonius  report  the  reading.  But  no  reasonable  person  who 
will  consider  the  frequencj  of  the  raanuscript  reading  of  co- 
arctare^  with  c  picked  up  from  the  svnonvm  verb  coercere  (de- 
fined  in  the  Thesaurus  by  'coartare')  wiU  be  able  to  give  him- 
self  or  others  a  valid  reason  to  prove  that  the  scribe  of  A  did 
not  write  arcte  here.  As  to  the  constniction  of  compressiones 
arte  (if  we  should  not  rather  construe  arte  amantum),  seeing 
that  the  abstracts  in  -tio  {-sio)  are  verbal  enough  in  Plautus  to 
govern  the  accusative  something  like  a  dozen  times,  I  think 
we  may  adrait  the  adverb  as  an  attest  of  the  same  psycholo- 
gical  phenomenon  manifested  in  populum  late  regem  (Verg.),  late 
tyrannus  (Hör.);  cf.  in  Plautus  himself  tarn  matidam  for  talem 
m.  (Pers.  533)  and  sat  Uno  (ib.  683),  while  Caelius,  ap.  Cic.  Fam. 
8.  16.  2  uses  parum  optimatem.  No  need  to  cite  examples  of 
the  bene  facta  type. 

4.    Skr.  jäthara-s:  Lat  adver sus. 

The  origin  of  the  adverbs  of  which  Lat.  adversus  may  be 
taken  as  the  type  has  just  been  studied  by  Professor  Brugmann 
(IF.  27,  233  sq.),  and  I  am  prompted  to  note  a  curious  lexical 
development,  not  recorded  in  the  Petersburg  lexica,  which  is 
exhibited  by  S]ir.  jäfhara-s  as  used  by  a  commentator  to  the 
Mantra-Brähmanam  (=SMB.),  2.  1.  15.  In  commenting  on  the 
obvious  päda,  agnih  präcnätu  in-athamah^  he  defines  prathamah 
(=primus)  by  *mukhi/ah,  jätharah'.  Xow  mukhya-  we  know  as 
a  derivative  of  mükha-  'mouth',  and  jathdra-  'venter'  we  know, 
and  we  may  find  in  PW.«,  entered  as  the  3*^  definition,  "im 
Gegensatz  zu  pr§tha  ['tergus'J,  Vorderseite  des  Körpers.    Instr. 

24* 


356  E.  W.  Fay, 

SO  V.  a.  mit  zugewandtem  Gesicht".  It  is  interesting  to  note 
how,  in  the  scholiast,  jäthara-s,  with  vfddhi,  has  reached  füll 
adjectivization.  The  fact  is  generally,  though  not  specifically, 
comparable  with  the  adjectivization  of  j-j^^miYms  in  Plautus. 

5.    Skr.  prathamd-s  :  TTpoTO|iri  *face,  beak'. 

The  definition  of  prafhamd-s  by  mukhya-s  jäthara-s  re- 
minds  me  of  my  explanation,  some  years  since,  of  -tliamas  (with 
unoriginal  th  for  t,  see  Gl.  Rev.  20,  254  fn.  3)  as  *part*,  whence 
pra-thamd-s  =  'foreparf,  cf.  Liddell  and  Scott's  definition  of  irpo- 
TO|Lir|  (:  Trpo-Te|LiviJu)  "the  foremost  or  upper  part  of  anything". 
There  is  no  reason  why  pra-thamd-s  raay  not  be  regarded  as 
an  adjectivization  of  a  pro-ethnic  pro-tomä,  say,  meaning  'face', 
and  this  assumptiou  is  not  iuvalidated  if  we  derive  pra-t[h]amas 
from  ^pro-tijimos.  We  can  amply  illustrate  the  shift  of  meaning 
by  the  English  word  'front',  adjectivized  without  the  least  pho- 
netic  alteration  in  such  turns  as  'front  rank'  (=primum  ag- 
men),  the  "front  carriage  of  a  procession"  ( =  prima  rheda  ag- 
minis).    Note  the  tautological  turn  forefront. 

6.  Skr.  tejdna-m  'shaft',   tejanf  'woven  reeds   or  straw'. 

These  words  are  perfectly  clear  in  their  root  belongings, 
and  the  second  looks  to  the  thatched  roof  or  wattled  wall  of 
some  primitive  'lodge'.  The  method  of  construction  was  imitated 
by  a  gang  of  holiday  making  slaves,  as  described  by  TibuUus, 
2.  1.  24 : 

_yy^  ex  virgis  extruet  ante  [focum]  casas, 
cf.  also  ib.  2.  5.  97, 

aut  e  veste  sua  tendent  umbracula  sertis  |  vineta. 
These  umbracula  were   doubtiess   improvised  shades  made  of 
garments  flung  over  a  tigiUum,  cf.  ib.  21,  39 — 40 

illi  <  di  >  conpositis  primum  docuere  tigillis 
exiguam  viridi  fronde  operire  domum. 
In  IF.  26,  37  fn.  4,  I  have  already  pointed  out  the  relation 
of  tignum,  tigülum  to  tejdna-m^  and  I  think  now  particularly 
of  the  sororium  tigülum  (see  Livy  1.  26.  13),  which  was  either 
a  pair  of  "sticks"  crossed  and  bound  at  the  top,  in  general 
outline  like  the  better  X,  with  elongated  lower  logs,  or  n 
crossbeam  supported  by  two  such  pairs  of  sticks. 


Word-Studies.  357 

The  cognation  of  tignum  with  Ujana-m  does  not  contradict 
the  general  truth  of  the  combination  tignum:  Arm.  thaku  (see 
Liden  IF,  18,  498).  It  but  adds  the  rather  to  the  evidence, 
discounted  by  Liden,  for  the  thorough  intermixture  of  the  roots 
steig-  and  steg-,  in  my  opinion  not  a  confusion  of  the  separate, 
but  a  diffasion  of  the  united,  viz  ste{y)-g-  (cf.  Brugmann  Gr.  2* 
§  504,  Reichelt  KZ.  39,  14  sq.).  The  meaning  of  this  root,  if 
the  first  sense  was  nominal,  was  'a  stick',  but  if  verbal,  *to  stick'. 

Nor  do  I  separate  st{h)eg-  'cover'  from  this  root.  To  be 
sure,  I  note  the  Variation  of  th  in  Skr.  sthagati  'tegit'  beside 
tejani  'wovon  mat',  but  interpret  it  as  secondary.  If  we  take 
a  cue  from  Lat.  fastigium,  compounded  from  a  cognate  of  Skr. 
bhrsti-s  'point,  gable'  +  {s)tigium  'timber',  (i.  e.  'stick';  see  Fay 
1.  c):  tigillum  ('roof-)stick',  we  have  the  proper  metaphor  for 
passing  direct  to  the  sense  of  'cover'.  This  is  to  say  that  from 
'roof-stick'  we  pass  to  *roof'  (cf.  cxeTOC  |  tetoc  'roof  :  Lit.  stögas\ 
whence  to  the  verb  senses  'to  roof  and  *to  cover,  clothe'  (cf. 
Lat.  ioga),  but  we  must  not  lose  sight  of  the  possibility  of  even 
a  directer  semantic  relation  between  tejani  'woven  mat',  and 
toga.  I  am  reminded  of  the  mats  worn  by  Mexicans  over 
their  Shoulders  in  the  rainy  season,  when  a  large  part  of  the 
humbler  population  goes  about  clad  each  in  his  own  thatched  roof. 

7.  Lat.  terri-torium. 

I  have  lately  derived  terres-tris  from  teres-  'land'  +  tr-i- 
'faring',  cf.  opec-iepoc  'mountain-faring'  (AJPh.  31,  408 — 409). 
Of  course  *ter-es-  has  been  analogized  on  terra  but  it  seems 
to  be  attested  also  by  Olr.  tir-.  To  be  sure,  Thurneysen  (Gram. 
§  55)  seems  to  prefer  to  derive  tir-  from  the  highly  artificial 
startform  *ters-r-,  with  which  he  compares  the  likewise  highly  com- 
plicated  startforra  memsr-^\  whence  mir-  'bissen':  Lat.  memhrum. 
Now  the  derivation  of  memhrum  from  mem-sro-  is  a  genuine 
pet  of  presentday  etymological  science,  yet  there  is  really  very 
little  to  say  for  it,  and  much  to  say  against  it.  I  feel  that 
memhrum  can  only  be  so  derived  if  we  assume  the  persistent 
syllabification  mem-sro-^  instead  of  memz-ro-.  But  there  is  not 
the  least  difficulty  in  finding  another  explanation  for  memhrum, 

1)  Lit.  ntfzdra  'feine  Haut  auf  frischer  Wunde'  will  be  a  Compound 
of  mems-  'flesh'  -f-  dra-  :  bopd  'skin'.  Perhaps  mems-  started  as  mi'-m{a)ds-, 
a  reduplicated  neun  (cf.  nacdo^m  'mando'). 


358  E.  W.  Fay, 

ILiriPoc  *thigh',  Ir.  mir  *piece  of  flesh'.  Greek  ^epic  "pars*  is  used 
quite  specifically  for  a  *bit  of  flesh*  and  |n6piov  of  the  *parts' 
or  'members*  of  the  body.  Homer  uses  i^npoc,  when  he  is 
speaking  of  the  thigh  of  an  animal,  only  in  connection  with 
the  verb  ilivapiov  'exciderunt',  and  |iinpia  of  thigh-slices.  We 
remain  then  in  the  realm  of  siraplicity  and  soberness  when 
we  attach  these  words  to  the  root  mer-  'dividere',  deriving 
^iTipöc  and  mir  from  a  vrddhi  stage  mer-,  and  membrum  from 
a  reduplicated  stem  me-mro-.  As  for  the  specific  sense  of  *flesh' 
we  raay  compare  Eng.  rations  used  of  stated  food  allowances, 
and  meat  'food',  whence  specifically  *flesh'.  Note  Lat.  merenda 
*luncheon'  {lumheon  originally  =  a  big  piece  [of  bread]). 

But  let  US  return  to  Olr.  tir  and  Lat.  terra.  The  disposition 
to  unite  these  is  very  marked.  That  terra  actually  connoted 
*dry'  at  one  stage  of  its  history  I  am  not  disposed  to  question. 
In  the  palustrine  stage  of  habitation  in  Italy  (the  socalled  terra- 
mares)  *tersä  might  have  designated  the  non-marshy  land  (gender 
as  in  teUus,  ff\\  but  in  Ose.  teerum  [n.],  from  *terso-m  (?)  we 
find  the  gender  of  Skr.  sthdla-m  ^  *dry  land'),  and  similarly, 
beside  Ir.  tir  'land',  we  have  tirim  'siccus'.  If  a  Celto- Italic 
stem  teres-  'land'  be  admitted,  what  is  its  relation  to  the  well 
attested  root  ters-  'to  be  dry;  thirsty'?  Was  the  ultimate  root 
teres-  ?  Or  is  'dry,  thirsty'  the  original  sense  ?  Perhaps  not.  Let 
US  consider  Skr.  tära-m  'Abstieg  zum  Wasser,  Ufer',  tira-m  (1) 
'Ufer,  Gestade';  (2)  'Rand'  (eines  Gefässes),  tir-thd-m  'Strasse*, 
inbes.  'Stieg  zum  Wasser''),  and  the  first  Suggestion  may  be  that 
territorium  is  a  Compound  in  which  -torium  means  'ora*,  quasi 
'boundary'.  That  the  notion  of  'dryness'  may  also  be  developed 
from  'shore'  is  clear.  The  shore,  the  landing  of  a  ford,  in  con- 
trast  with  the  water,  is  'dry',  cf.  Vergil's  siccum  Utu.%  and  the 
assumption  of  the  generalization  of  'shore'  to  'land'  does  not 
require  justification. 

The  root  ters-  *to  be  dry*  can  hardly,  however,  have  de- 
rived  backwards  from  ter-es-  *shore,  land*.  But  from  the  use 
of  the  root  ter-  in  the  sense  of  'bore*  (cf.  Lat.  terehra  'auger'), 
as  specialized  in  the  activity  of  the  fire-drill,  liiere  arose  va- 
rious  connotations  like  'burns,  is  parched,  is  dry'  for  which  a 
rootform  with  determinative  «,  ter-s-,   was  especially  set  apart. 

1)  Note  the  frequency  of  dth  'ford'  in  Irish  place-namcs,  and  the 
importance  of  the  ford  in  the  heroic  traditions. 


Word-Studies.  359 

From  this  root  we  mav  derive  terra  'dry'  [land].  In  the  para- 
digm  of  teres-  a  grade  ters-  (Celto  -  Italic  ters-)  was  likely  to 
arise.  Now  in  the  lacustrine  and  palustrine  civilizations  ters- 
'crossing,  bank,  landing ;  land'  was  liable  to  confusion  with  fers-o- 
*siccus\  though  it  is  perhaps  not  necessary  to  assume  at  any 
tirae  a  stem  ters-o-  'dry',  but  only  the  alternation  of  teres-  with 
ters-.  We  can  properly  derive  Ose.  terei  (3  times)  *in  territorio' 
from  ters-  +  the  -ei  locative  of  /-stems  that  has  intruded  (as  a 
dative)  into  the  consonant  infleetion  (cf.  Brugmann,  Gr.  2,  2, 
176).  The  formation  of  the  other  cases  from  an  (Oscan)  stem 
teero-  is  exactly  like  the  formation  of  the  cases  of  hiimus:  loc. 
humi  {=x"M-«i5  dative-locative,  or  as  I  prefer  to  say,  locatival). 
What  would  be  the  product  of  the  locatival  in  -ai  added  to  the 
Latin  stem  tei'r-  (from  ters-)  ?  The  orthodox  answer  would  be 
Herri.  But  in  the  earliest  Latin  we  fully  know,  final  syUables 
of  iambic  words  such  as  humi  (from  ghijim-ay)  were  exposed 
to  a  greater  reduction  than  final  syllables  of  spondee  words 
like  *ters-ay.  May  it  not  be  that  terrae  was  the  normal  phonetic 
treatment  of  a  consonant  stem  locatival  of  spondaic  rythm  ?  At 
any  rate  terrae  as  a  locatival  is  fairly  frequent,  and  not  all  of 
Lejay's  ingenuity  has  quite  succeeded  in  resolving  all  the  in- 
stances  to  datives  (Mem.  Soc.  Ling.,  12,  85  sq.)^).  Nor  on  my  own 
part  would  I  be  dogmatic:  to  cast  to  the  earth  and  to  ding  to 
the  earth  are  perfectly  good  datives  or  fo  -  locatives,  but  who 
shall  say  that  ding-to  did  not  yield  Jie-on^  and  indeed  the  pre- 
sent  doctrine  touching  xa^cii  ^tid  humi  amounts  precisely  to  the 
admission  of  the  on-{in-)  relation  as  the  sequel  of  the  to-relation. 
But  without  assuming  a  different  phonetic  treatment  of 

*ters-ay  ( )  and  *ghriim-ay  (^  _),  due  to  rhythmic  causes,  we 

may  assume  that  a  locatival  Hers-äy  of  consonantal  inflexion 
was  attracted,  while  the  tirabre  of  its  ay  was  still  intact,  by 
the  locativals  in  -äy  of  the  first  declension.  The  Italic  dialects 
preserved  the  stem  toiUä-  *civitas'  —  and  we  must  think  of  the 
city-state,  the  true  jKW^if*  (■  sc.  toiää)  —  a  stem  which  appears 
in  OPruss.  tanto  with  the  sense  of  *Land',  cf.  Lith.  Tauta  *Ober- 
land,    Deutschland'.     Plautus   exhibits   a   context   wherein   we 


1)  I  do  not  in  the  least  admit  tlie  cogency  of  the  reasoning  by 
which  every  instance  of  terrae  with  a  verb  compounded  with  a  prepo- 
sition  is  ipso  facto  classed  as  a  dative.  I  contest  the  doctrine  that  any 
verb  takes  the  dative  in  Latin  merely  because  of  composition. 


360  E.  W.  Fay, 

can  completely  realize  the  chain  civitas-  *totää-  terra^  viz:  St. 
649 — 650:  saluete,  Athenae,  quae  nutrices  Graeciae, 
<te>,  terra  erilis  patria,  te  video  lubens. 
Thus  we  may  unify  the  Irish  and  Italic  inflexion  of  the 
words  for  *land'  by  assuraing  a  stem  (1)  teres^  altemating  with 
(2)  ters-  {terr-).  From  locatives  of  (2)  developed  on  the  one  hand 
Ose.  teeriim^  on  the  other  Lat.  terra.  In  Lat.  terres-tris  'land- 
faring'  (see  Fay  AJPh.  31,  409)  we  have  the  stem  teres-  mo- 
dified  by  terra^  cf.  terrenus  from  *teres-nos,  whereas  terreus  per- 
haps  derives  from  the  locative  ters-ay-  +  yos.  The  stem  ieres- 
designated  the  'bank'  or  'shore'  of  "terra  firma"  to  which  raen 
crossed  from  their  lacustrine  or  palustrine  habitations,  and  is 
cognate  with  -törium  'boundary'  in  the  Compound  terri-torium. 

8.  Three  Related  Compounds. 
1)  Skr.  madhydrhdina-s  'meridies'. 

The  truth  about  madhyämdina-s  does  not  seem  to  me  to 
have  been  reached  by  Wackernagel  (ai.  Gramm.  2,  47),  but 
Delbrueck's  explanation  seems  nearer  the  truth.  It  is  hardly 
right  to  reject  Delbrueck's  cotfstruction  of  n.  sg.  neut.  madhyäth 
dinam,  but  madhydm  dinam  as  acc.  (masc),  indicative  of  a  time 
relation,  gives  a  perfectly  defensible  startform.  That  this  case 
form  yielded  before  a  locative  in  the  Compound  madhyärhdine 
does  not  reaily  disprove  the  startform  *madhydmdmam\  it  only 
altests  the  greater  adaptation  of  the  locative  to  the  expression 
of  the  point  of  time. 

If  we  start  with  madhydm  dine,  we  can  justify  our  start- 
form by  Germ,  mitten  im-Taye,  a  phrase  wherein  mitten  seems 
no  less  likely  to  be  acc.  sg.  than  dat.  plur.  (cf.  Paul  Wb.  s.  v.). 
It  does  not  seem  to  me  that  we  do  well  to  assume  with  Wacker- 
nagel, becauso  of  the  parallelism  between  ai€v  and  Lat.  aevo-m^ 
a  proethnic  loc.  tnedhy-en-^  parallel  with  the  stem  medh-yo- 
*mediiis'.  We  have  quite  sufficient  evidence,  as  regards  the 
former,  for  parallel  stems  in  -es-  and  -m-^  but  Olr.  im-med6n 
*in  medio'  can  hardly  be  regarded  as  a  sure  attest  of  a  proethnic 
-(y)en-  stem  parallel  with  medhyo-. 

Wackernagel  does  not  call  attention  to  the  locution,  in 
what  appear  to  be  the  three  oldest  Vedic  passages,  madhydriidine 
divds,  ordinarily  accounted  tautological,  i.  e.  =  'in  raeridie  diei' 


Word-Studies.  361 

(cf.  postridie  eius  diei).    In  this  context  -dine  might  be  held  to 
mean  'in  parte*  :  Skr.  dä{i/)-  Mividere,  partiri'  ^). 

2)  Latin  perendinus. 

Here  the  question  rises  whether  -dinns  is  to  be  identified 
with  the  posterius  in  Skr.  madhyäm-dina-s,  and  the  ultimate 
answer  to  this  question,  because  of  nundinae  (sc.  quasi  feriae, 
cf.  nundinas  feriatum  diem  esse  voluerunt  antiqui,  Paul-Fest. 
173),  must  be  jes.  It  does  not  necessarily  follow,  however, 
that  the  stem  ditio-  is  a  derivative  of  the  stem  represented  in 
Lat.  dies.  It  is  rather,  I  think,  cognate  with  our  English  words 
time  and  tide^  and  may  have  got  its  start  from  df-{m)nö-,  a  corre- 
lative  of  the  pregermanic  stem  ti-man-  'time'.  Because  of  Skr. 
Ä-diti-s,  the  goddess  'without  "bourne  of  Time  and  Place"  % 
di-nö-s  is  perhaps  the  safest  startform,  a  participle  to  the  root 
represented  in  Skr.  dä{ij)-  'dividere'. 

As  to  formation,  perendinus  had  a  raodel  to  liand  in  nun- 
dinae. How  suitable  a  model  this  was  is  revealed  bv  the 
consciousness  of  etjmologj  on  which  Plautus  played  in  Aul. 
324,  coquos  ille  nundinalest,  in  nonura  diem  |  solet  ire  coctum. 
So  it  is  not  perendinus,  but  perendie  that  we  must  explain  in 
Latin.  Personally  I  am  not  satisfied  bj  Skutsch's  explanation 
from  per  en  die  =  'im  Laufe  von  24  Stunden',  also  'über  das 
hinaus,  was  in  24  Stunden  ist',  to  cite  from  Walde's  Synopsis 
("Wtb.  p.  460),  which  is  the  only  control  I  possess  of  Skutsch's 
explanation.  I  would  rather  start  with  2)er  *semem  diem  'über 
einen  tag',  reduced  to  2J€rsem[em]diem  in  an  Italic  period  prior 
to  the  (Latin-Oscan)  rhotacism  of  -rs-  to  -r{r)-.  From  persem- 
diem^  the  Latin  reduction  to  *per[r]endiem  is  absolutely  normal, 
and  the  analogy  of  hodie  is  all-sufficing  to  account  for  the 
subsequent  shift  to  perendie. 

The  question  may  here  be  broached  —  I  ceiiainly  do 
not  feel  in  a  position  to  answer  it  —  whether  the  s-  of  *semem 
may  have  been  lost  earlier  than  the  specifically  Italic  period. 
In  old  Irish  the  initial  s-  of  words  prevailingly  proclitic  in  their 
phrases  was  lost,  as,  e.  g.,  in  amail  'wie',  adverbial  dative  of 
samail  'similitudo*,   also  in  it  'sunt'.    There  is  no  a  irriori  im- 

1)  This  is  not  to  question  the  pfoethnic  development  of  the  sense 
'day',  cf.  Goth.  sin-teins  (as  treated,  e.  g.,  by  Kluge  in  Pauls  Grundriss», 
1,  •475):  Lit.  denä  'dies'. 


362  E.  W.  Fay, 

possibility  that  this  accentual  phenomenon  belonged  to  our 
primitive  speech,  and  we  could  allocate  Doric  dvTi  to  proethnic 
[s]enti^)  in  prociisis  (enclisis),  but  Skr.  sdnti  to  stressed  senti; 
Skr.  upaH  to  a  proclitic  [s]uper-^  but  Lat.  suj)€r  to  a  stressed 
super.  Given  stressed  senti  aud  iinstressed  [s]enti\  it  is  raore 
than  likely  that,  in  anj  given  dialect,  only  one  of  the  two 
forms  would  survive. 

3)  Gothic  midjun-gards. 

Kluge's  hesitation  (see  Pauls  Grundrisse  1,  472)  as  to  the 
Identification  of  midjun-  in  this  Compound  with  Skr.  madhyam- 
in  madhydndma-s  'meridies'  will,  I  trust,  be  removed  by  the 
foUowing  analysis.  Gothic  ^arc^s  (i-stem)  matches  a  proethnic 
o-stem  in  Lat.  ho7'tus,  but  -gardi  in  ßiudan-yardi  contains  a 
proethnic  t/ä-stem.  In  Latin  co-hors  there  is  evidence  for  a 
proethnic  e-stem,  perhaps  contaminated  in  its  inflexion  with  a 
proethnic  consonant  stem,  viz :  in  the  forms  cohors  and  cohortem. 
Of  course  the  relation  of  cohors  cohortem  to  gen.  plur.  cohorti-um 
furnishes  but  a  Single  instance  of  a  large  problem  in  Latin 
flexion,  viz:  the  relation  between  consonant  stems  and  i-stems. 
We  may  conceive  of  this,  if  we  choose,  as  purely  a  Latin  problem, 
but  there  is  a  problem  of  the  same  nature  in  Gothic  in  the 
flexional  type  of  nom.  haürgs  (/-stem):  gen.  bmirgs  (cons.  stem). 
There  are  also  pairs  like  Skr.  sphigi  \  sphij-  and  Skr.  äp-  'aqua' 
:  OPers.  dpi-.  On  the  Solution  of  these  problems  —  of  this 
conjunct  problem  —  I  do  not  propose  to  touch,  but  if  the 
Solution  offered  above  for  madhgdm-dine  as  *mitten-im-tage'  is 
correct,  we  may  ask  if  in  midjun-gards  -gards,  like  haürgs,  is 
not  gen.  sg.  of  a  consonant  stem.  Then  midjim-gards  is  ety- 
mologically  identical  with  "medium-[co-]hortis**,  i.  e.  "mitten  des 
Gartens".  The  construction  of  midjun  gards,  taken  out  of  com- 
position,  is  identical  with  the  construction  of  Av.  maiSim  zraya^ho 
(see  Bartholomae  Wtb.  1116)  which  literally,  if  not  idioraatically, 
rendered  into  German  means  **mitten  des  Meeres". 

That  midjun  as  preserved  in  this  complex  is  an  accusative 
of  extent  is  not  demonstrable,  inasmucli  as  it  may  be  a  no- 
minalized  neut.  sg.,   of.  in  Greek  tö  laecov  [?  li^poc].     I  see  no 


1)  I  am  here   leminded   uf  an  old  altempt  whercin  I  oxplained 
Homeric  ^v  (=  'sunt')  virlually  as  (»)««[']  (soe  AJl'h.  16,  20). 


Word-Studies.  363 

reason,  in  conclusion,  to  question  the  passing  of  midjun  gards 
(gen.)  to  midjungarch  nom.  sg.  masc,  as  this  form  was  already 
borne  by  gards  out  of  coraposition. 

9.    On   Cvprian  AiFei-Geiii?. 

For  the  etjmological  analysis  of  the  prius  of  this  Com- 
pound it  seems  expedient  to  set  down  some  of  the  many  stems 
of  the  word-sept  to  which  it  belongs,  and  to  begin  with, 

1.  root-stage  d^y)-,  in  bf^-Xog  *clarus',  with  the  grade  dag- 
(wheuce  di-\  in  Skr.  su-di-ti-s  'praeclarus*. 

2.  deg-o-,  possiblj  in  Lat.  deus  (cf.  also  Hirt  Abi.,  771)  *). 

3.  diy-o-,  possiblv  in  bioc  'clarus' :  Lat.  diö  (Abi.)  *claro 
(caelo*).  cf.  Ivbioc  *meridianus'  (v.  Danielsson  ap.  Walde,  s.  v.  divs). 

4.  deg-uö-,  in  Skr.  devä-s,  Lat.  diios  'divinus;  deus'. 

5.  di-wo,  possiblj  in  bioc:  di{v)ö  (as  in  3.). 

6.  di-tco-,  in  Skr.  dirä-m  *caelum',  div4-dive  *cottidie':  sit- 
divä-m  *ein  schöner  Tag';  eubioc  'serenus'. 

7.  di-tci-,  in  Skr.  divä  'am  Tage'  (loc,  not  instrum.),  from 
diweig).,  cf.  also  di-di-in'-s  'splendidus'. 

8.  di-tc-,  in  the  weakest  cases  of  the  fiexion  of  Skr.  dyäüs 
'caelum;  Zeus'. 

9.  d{t)gewi-  (/-stem  like  no.  7),  in  Skr.  dyavi  (voc.  dual  = 
'heaven  and  earth')  and  perhaps  in  Lat.  Diovis  (nom.  sg.). 

Cjprian  AiFei-Gejiic,  which  clearly  means  (whether  origi- 
nally  Greek  or  a  Greek  translation  of  a  non-Greek  original)  *in 
deo  (caelo)  iustitiam  (?  locum)  habens',  exhibits  in  its  prius  a 
locative  suitable  to  any  one  of  the  stems  numbered  5.  6.  7  (cf. 
Meister  Gr.  Dial.  2,  228). 

Cyprian  Aiyai-6e|ii[c]  exhibits  in  its  prius  an  aualogical 
form.  In  the  paradigm  of  the  stem  d{i)yew-  *Zeus'  the  accu- 
sative  was  d{i)gem  (Skr.  dyäm,  Lat.  diem,  cf.  Zrjv-a)  and  the  lo- 
cative was  dhv-ai  sporadicaUy  altered,  I  suggest,  to  dig-ai  to 
conform  to  diggm. 

Cyprian  Aia-9e^ic  is  for  d^iga-Bepixc,  and  contains  an  in- 
strumental prius  Ai«/-a,  of  secondary  origin  like  Aiyai.  The 
meaning  was  'cum  deo  iustitiam  habens'.  If  perchance  the  case 
ending  was  a,  it  reveals  that  the  normal  ending  a  had  been 

1)  cf.  lexical  Skr.  dat/ü-  'pius'  (?),  cited  as  a  derivative  of  deva- 
yati  'pius  est'. 


364  E.  W.  Fay, 

lengthened  (with  retention  of  the  ä-quality),  like  the  Sanskrit 
consonant-stem  locative  in  ä. 

The  explanation  offered  for  AiFei-  is  also  valid  for  Aiei 
(citations  in  Schulze  Qu.  Ep.  239;  Bück  Gr.  Dial.,  §  112. 1)  and 
for  AieiTpecpnc  (v.  Meisterhans,  Gramm,  d.  Att.  Inschr.^,  p.  401; 
Schulze,  1.  c). 

The  longest  as  well  as  the  strengest  stem  actually  demon- 
strable  for  the  paradigm  of  the  word  'Zeus'  has  already  been 
cited,  viz:  D{i)y-eiv-.  This  I  analyze  as  a  tautological  Compound 
of  di[y\-^  a  reduced  stage  of  the  root  written  in  no.  1  as  de{y)-^ 
-\- €w-  'splendens',  a  root-adjective  cognate  with  OBulg.  u-tro 
'diluculum',  and  with  j-ugü  'south-wind'  which  exhibits  a  g- 
determinative  (:  auTn  *splendor',  cf.  Berneker  IF.  10,  156).  The 
root  ew  *splendere,  ardere*  is  also  exhibited,  with  an  s-  deter- 
minative, in  eüei  'ustulat'  ^)  and  in  the  Aurora-  sept. 

In  Homeric  bii-Trerric  (?  öiei-)  a  triie  locative  to  the  stem 
di-wi-  may  be  recognized  (but  see  Brugmann  Gr.  Gramm.  * 
§161.3),  as  foUows.  In  0  168,326  KÖ|Lia  biiTrereoc  Troiainoio 
raay  be  interpreted  by  hypallage  as  a  *sky-soaring  river-wave'. 
In  P  263  we  have  a  description  of  sky-soaring  (cf.  Eng.  *sky- 
high'  and,  latterly,  *sky-scraper',  said  of  a  high  building)  break- 
ers  at  a  river's  mouth;  cf.  r|  284,  where  the  breakers  are  dis- 
tinctly  connoted.  For  the  idea  it  is  not  necessary  to  cite  the 
familiär  Vergilian  parallels,  but  cf.  Ovid.  Met.  11,  518  for  the 
exaggeration :  inque  piagas  caeli  tumefactum  ascendere  pontum. 
Homer  further  uses  öimeTnc  of  the  Nile  (ö  477,  581)  and  of  the 
ZTrepxeioc  (TT  174).  How  explain  öimeTric  here?  I  assume  an 
echo  in  the  (later?)  Homeric  tradition,  as  subsequently  in  Cicero, 
of  an  exaggerated  report  of  the  cataracts  (cf.  Nilus  ad  iUa  quae 
Catadupa  nominantnr  praecipitat  ex  altissimis  montibus,  Somn. 
Scip.  V.  3),  in  a  word,  that  the  cataracts,  looked  at  from  below, 
were  described  as  sky-soaring.  Similarly  the  iTTcpxeiöc,  one  of 
the  few  perennial  rivers  of  Greece,  rises  in  Tj'phrestos,  one  of 

1)  Perhaps  ua-tulat  is  a  Compound  =  'in  ignem  fert*.  This  is  to 
regard  ««-  as  a  terminal  accusaiive  or  suffixless  locative  from  a  stem 
ewea-  \  us-,  Here  I  add  postulo,  either  from  *pj'ks-  or  *pfk-sti-  'quaestio' 
-f-the  same  posterius  -tulat  {c{.  opi-tulat,  in  Liv.  Andr.,  &nd  gra[ti]tulor). 
Ose.  pestlum  'lemplum'  is  to  be  connected  with  Umbr.  pe{r)stu  'ponito' 
or  (which  perliaps  mcans  'and')  with  Lat.  postis,  irapacTdc,  ixacrdc,  Tipoc- 
Tdc.  For  the  meaning,  noto  the  pillar-shrines  so  common  in  South  Italy 
and  especially  iractöc  'portable  shrine*. 


Word-Studies.  365 

the  highest  mountains  of  Greece,  and  its  very  name  means  *The 
Rapid"  (:  CTrepxeiai  'festinat,  furit',  also  of  the  raging  sea),  un- 
less  it  meant,  still  earlier,  "The  Springer"  (crrepxei:  Eng.  Springs). 
Perhaps  it  was  the  mist  soaring  above  a  fall  that  the  poet  — 
I  mean  the  poet  in  the  people  —  described  by  bimeTnc  *sky- 
soaring'^).  The  Strabonic  attempt,  after  Homer,  scientifically  to 
classify  the  öimexeTc  TroxaiLioi  —  cited  in  part  by  Schulze  (1.  c. 
p,  288)  after  E.  Curtius  —  proceeds  from  less  knowledge  of  the 
structure  and  analogues  of  the  word  bimeTric  than  a  modern 
Scholar  is  eutitled  to  possess,  and  his  Interpretation  as  'Zeus- 
fallen' is  merely  an  obvious  guess,  not  based  on  a  eareful  exa- 
mination  of  the  Homeric  usage  of  a  word  apparently  moribund 
already  in  the  Epic  period^).  Disregarding  Strabo  then,  but  with 
due  regard  to  Schulze's  equation  (1.  c.)  of  öiiTreTeoc  TroTaiuioTo 
(of  the  Xanthus,  0  268,  326)  with  ZdvGou  öivrievioc  öv  död- 
vaioc  TeKETo  Zeuc  {=.  434),  I  still  maintain,  on  the  gi'ounds 
of  philological  interpretation  already  presented,  that  Öti-Trexric 
means  'sky-soaring'  rather  than  *sky-fallen',  cf.  h.  Hom.  IV.  4, 
oiuuvouc  le  öimeTeac  =  avisque  altivolantis,  and  our  Euglish 
Compound  'sky-lark'. 

The  explanation  of  öü-TreTec  as  containing  a  locatival  prius 
from  a  stem  di-ici-  (bil-  like  ßdci,  cKpi  cf.  Brugmann  Gr.^  2,  2, 
§  178,  1)  is  also  applicable  to  buqpiXoc,  explicable  also,  by  the 
assumption  of  metrical  lengthening,  from  the  ordinary  locative  Au. 

From  an  original  locative  di-wey  in  AiFei-9e|iic  and  Skr.  divä 
(see  above)  we  may  also  derive  the  adjective  eu-öiei-vöc,  mor- 
phologically  comparable  with  eapi-voc  etc.  which  show  a  locatival 
prius,  for  eapi-  irepuci-  euj9i-  r)M€pi-  vuKxepi-  x^i^^Pi-  are  not 
stems,  but  case  forms,  and  -voc  must  be  a  posterius  of  com- 
position  and  mean,  as  I  shall  attempt  to  prove  in  another  con- 

1)  At  least  one  notable  waterfall  is  found  in  one  of  the  mountain 
brooks  which  constitute  the  headwaters  of  the  Z-nepxeiöc,  see  Philippson 
ThessaUen  and  Epirus,  p.  74. 

2)  Hesiod  (Frag.  241,  Rzach)  has  Aütöc  b'  dv  nXric^ijci  bnueteoc 
TroTOMOio  =  'in  the  floods  of  the  sky-rising  stream',  Euripides  (Rh.  43) 
has  bimeTfi  hi  vcujv  TtupcoTc  cxaSind,  by  hypallage  for  buireTecci  irupcoTc 
=  'sky-rising  flames'.  In  Bacch.  1268,  if  we  credit  Euripides  with  a  eareful 
use  of  words,  Agave  means,  when,  peering  up  at  the  ether  and  gra- 
dually  gaining  control  of  her  senses,  she  cries  XaiairpÖTepoc  f|  upiv  koi 
bimeT^CTepoc,  "Tis  brighter  now  and  more  sky-reaching".  [I  have  no  text 
accessible  whereby  to  judge  Hyppokrates  599,  51,  fiv  hi  tövoc  duopp^i] 
buiTeTr|C  where  the  alleged  sense  is  'perpetuus'.] 


366  E.  W.  Fay,  Word-Studies. 

nection,  *-cola',  e.  g.  in  Lat  Romä{y)  +  nus  'Romaecola'.  Veiy 
directly  comparable  with  -bieivöc,  thus  uuderstood,  is  Lat.  divi-nus 
*caeli-cola',  divi-  being  a  locative,  whether  froni  a  stem  dum-, 
dhvi-  or  diu-  is  indeterminable  for,  as  I  have  elsewhere  shown 
(IF.  26,  34),  its  first  f  may  be  due  to  (re)association  with  divus. 

In  passing,  it  is  perhaps  not  over  subtle  to  remark  that 
possibh^  res  divinae  'sacra ;  sacrificium'  has  replaced,  rather  than 
suffered  contraction  to,  res  dinae.  Then  diiio-:  Av.  daenä-  're- 
ligio' will  derive  from  dei/-  'splendere',  cf.  deiis  if  from  diyo-s 
(stem  no.  2,  above). 

But  with  eubieivoc,  taken  in  conjunction  with  eubiec-repoc') 
and  with  Skr.  divasd-m  *dies'  a  doubt  arises  whether  the  stem 
was  not  rather  diwes{ö)-,  and  not  only  -öieivoc  but  Lat.  diiirnus 
derive  normally  from  a  start  from  di-wes-i-no-s  (whence  di- 
{o)or{i)nos).  Thus  it  must  remain  doubtful  wheter  AiFti-  comes 
from  a  locative  diwey  or  from  diwes-i-.  It  cannot  come  from 
diyem^  which  I  accordingly  reject  for  Aiei  and  Aiei-ipeqpiic. 
But  from  locatives  of  di-wi-  all  the  forms  here  in  question  may 
derive,  save  euöieciepoc,  which  must  come  from  diwes-  unless 
some  analogy,  say  from  the  synonymous  euiaevecrepoc  *mild,  fa- 
vorable',  be  admitted. 

Or  bieivoc  may  be  modelied  on  ckotcivöc,  the  latter  either 
from  *cKOTeci-voc  or  ^CKorei-  (loc.  of  cköto-)  4-  voc .  cf.  ckotoi- 
ßopoc*). 

For  the  stem  di-wes-,  as  above  for  the  stem  d{i)yew- 
*Zeus',  tautological  composition  suggests  itself  {-wes-:  Skr.  vas- 
'splendere'). 

At  the  end,  I  wish  to  raise  the  question  of  the  relation 
of  Skr.  dideti  'scheint'  ( =  splendet) :  didheti  'scheint'  ( =  videtur), 
noting  that  English  shities  now  has  only  the  sense  of  'splendet', 
whiie  Ger.  scheint  has  acquired  also  the  sense  of  'videtur'.  In 
Greek  we  find  Öti-Xo-  in  the  sense  of  'shining'  in  the  abso- 
lutely  isolated  Odyssey  Compound  0£iXö-7T€Öov,  in  the  foUowing 
context,  n  122, 

1)  Xenophontic  cöbtai-repoc  slands  in  the  same  formal  relation  to 
€vbia  'fair  weather'  as  doos  cxoXai-xepoc  'atleisure-faring'  :  cxüX»*)  (see 
Fay  AJPh.  31,  427).  With  €0-bia{-T€poc  cf.  in  RV.,  with  curiously  forted 
syntax,  the  ablat.  divä-taräf  ^^  quam  (in)  caclitransilione,  spoken  of  the 
sun's  diurnal  course  in  contrast  with  the  night. 

2)  In  CKÖTioc  'noctivagus'  1  see  a  locative  ckot-i  +  ifo-^  u-ns'.  On 
the  relation  of  ckot-i  :  CKoxec-  scc  above  on  Lat.  iuxta. 


N.  van  Wijk,  Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'.  367 

Iv0a  be  Ol  TToXuKapTToc  dXairi  eppiZuuiai, 
Tf\c  eiepov  iLiev  GeiXorreöov  XeupLu  evi  x^P^^ 
Tepcerai  rjeXiLU  exepac  ö'  dpa  te  Tpufoujciv 
dXXac  be  xpaTreouci. 
Here  Tf^c  has  for  its  antecedent  not  merely  dXujri  but  rather 
the  "manv-fruited  vinevard",  or  is  generalized  like  Lat,  'unde': 
of  eiepov  |uev  we  get  the  effect  by  *pars'.  and  we  make  both 
sense  and  syntax  by  taking  0eiXÖTT€Öov  as  a  bähuvrihi  Com- 
pound =  quasi  'splendidum-suggestum- Habens'.  The  sense  of 
the  phrase  will  be  "unde  pars  splendidum  -  suggestum  -  habens 
piano  in  loco  siccatur  sole".  With  this  explanation  uf  OeiXo- 
before  us  we  will  be  less  apt  to  take  over  from  the  first  Petei*s- 
burg  lexicon  the  statement  that  2  didhi-ti-s  'splendor'  is  "un- 
richtige Schreibung  für  diditi-s".  —  With  the  recognition  of  a 
root  dhe{tjy  alongside  of  deiyy^)  'splendere',  the  question  may 
be  raised  whether  it  is  not  expedient  to  derive  Lat.  deus  (see 
no.  2  above)  fi-ora  '^det/-os  (?  deijo-s),  *splendens'  and  Geoc  from 
*dh€yös  (dheyö-s  ?).  For  the  possibly  concurrent  derivation  of 
6€Öc  from  dhe  'ponere'  see  Prellwitz,  s.  v.,  and  cf.  ]\Iem.  Soc. 
Ling.  11,  23  sq.  Other  cases  of  the  alternation  d  \  dh-  are  per- 
haps  exhibited  in  Skr.  däman-  \  dhäman-  *cord,  bond",  and  in 
bec^oi  j  0ec|aoi  •  ai  cuvGeceic  xiBv  EuXuuv,  cf.  beiai  'faggot'. 

University  Station,  Austin,  Texas.  E.  W.  Fay. 


Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise". 

Wenn  man  die  Wörter  ai.  vamrdh.  vamri  'Ameise',  valmlkah 
'Ameisenhaufen',  aw.  maoiris,  griech.  |nup|ioc,  ^upiuriE,  Fop.uaS 
(Hesych  ßopiuaE,  ßupinaE,  öp^iKac),  lat.  formica,  ir.  moirb,  ksl.  mravhji, 
serb.  mrdv  'Ameise'  miteinander  vergleicht,  so  ist  klar,  daß  sie  nicht 
von  einander  getrennt  werden  dürfen :  sie  setzen  einen  indoger- 
manischen Namen  der  Ameise  oder  vielmehr  einige  mit  vei-schie- 

1)  If  it  could  be  proved  that  the  adjective  däitet/a-,  in  point  of 
origin  as  in  point  of  characteristic  usage  (see  the  Petersburg  lexica),  was 
an  epithet  of  Rähus,  the  eclipser  of  sun  and  moon,  the  analysis  däy- 
*luci'-  -f  -teya-  'für'  (:  OBulg.  tojq  'celo',  Skr.  täyü-s  'für')  would  compel 
conviction. 


368  N.  vanWijk, 

denen  Stamniformantien  von  einer  und  derselben  Basis  gebildeten 
Ameisennaraen  voraus,  wovon  sie  teils  die  nicht  verhängerten 
Fortsetzungen,  teils  Weiterbildungen  mit  verschiedenen  For- 
mantien sind.  Hierüber  sind  die  meisten  Forscher  wohl  einigt), 
über  die  Gestalt  der  indogermanischen  Grundform(en)  gehen  die 
Meinungen  auseinander.  Eine  gute  Übersicht  über  die  Literatur 
gibt  Walde-  s.  v.  foitnica,  aber  diese  Übersicht  ist  nicht  ganz 
vollständig,  und  eben  die  Stelle,  wo  nach  meiner  Ansicht  das 
Problem  richtig  gelöst  wird,  finde  ich  bei  Walde  nicht :  Gram- 
mont  La  dissimilation  consonantique  S.  177.  Weil  die  wenigen 
Zeilen,  worin  Grammont  die  Sippe  von  ai.  vamräh  usw.  behandelt, 
nicht  bloß  von  Walde,  sondern  im  allgemeinen  in  der  indo- 
gerraanistischen  Welt  nur  wenig  berücksichtigt  werden,  kommt 
es  mir  nicht  überflüssig  vor,  noch  einmal  auf  die  Frage  zurück- 
zukommen. Und  weil  die  Ausführungen  von  Grammont  nicht 
in  allen  Punkten  richtig  sind,  hauptsächlich  aber,  weil  der 
ganz  kurze  Passus  über  den  Ameisennamen  bloß  ein  Glied 
iu  einer  großen  Kette  von  Hypothesen  bildet,  wovon  mehrere 
wenige  Forscher  überzeugen  werden,  begnüge  ich  mich  nicht 
mit  einer  Verweisung  auf  Grammont,  sondern  gehe  etwas  aus- 
führlicher auf  die  Frage  ein. 

Es  ist  der  Konsonantismus  und  nicht  der  Vokalismus  der 
im  Anfang  dieses  Aufsatzes  zitierten  Wörter,  der  uns  die  großen 
Schwierigkeiten  bereitet,  die  bisher  einer  allgemein  anerkannten 
Erklärung  im  Wege  gestanden  haben:  einige  Formen  lauten 
mit  m  an,  andere  mit  v,  /";  diejenigen  mit  m  haben  teils  in 
der  zweiten  Silbe  ebenfalls  ein  m  (gr.  ^lup^oc,  -r\i\  teils  aber 
Laute,  die  auf  idg.  u  hinweisen  (aw.  maoiris,  St.  maut-vai/-, 
ir.  moi7'b  und  die  slavischen  Formen);  die  mit  r,  f  anlautenden 
Formen  haben  an  der  zweiten  Stelle  ein  m.  Müssen  wir  nun 
annehmen,  daß  die  idg.  Grundform  m — m  gehabt  hat  und  daß 
ai.  griech.  r — w,  lat.  f — w,  av.  ir,  slav.  m — v,  tn — i,  m — v,  die 
idg.  m—u  vorauszusetzen  scheinen,  durch  Dissimilation  ent- 
standen sind?  Oder  müssen  wir  umgekehrt  von  ursprünglich 
verschiedenen  Konsonanten  ausgehen   und  griech.  |i— |i  durch 


1)  Wenn  ßirl  AflatLex.  15,  159  f.  lal.  formica  zu  rermin  'Wurm' 
stellt,  so  hat  ihn  das  von  anderen  oft  vernachlässigte  Prinzip,  dali  man 
die  P'rklärung  einer  schwierigen  Form  zuerst  von  der  Einzelsprache,  der 
die  Form  gehört,  aus  versuchen  soll,  für  die  deutliche  Sprache,  die  die 
gleichbedeutenden  außerlateinischen  Formen  reden,  taub  gemacht. 


Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'.  369 

Assimilierung  erklären?  In  letzterem  Falle  wäre  eine  Grund- 
form mit  rn — u  wahrscheinlicher  als  eine  Form  mit  u — m :  denn 
die  beiden  Sprachen,  die  an  der  zweiten  Stelle  m  haben  und 
an  der  ersten  nicht,  das  Indische  und  das  Latein,  haben  einen 
verschiedenen  Anlaut  [griech.  dial.  Fop^iQE  stimmt  mit  dem  Ai. 
überein],  während  die  drei  Sprachen,  die  bloß  im  Anlaut  m  haben, 
das  Awestische,  Keltische,  Slavische,  auch  was  den  Inlaut  betrifft 
miteinander  übereinstimmen,  und,  wenn  man  die  übrigen  Sprachen 
außer  Betracht  läßt,  auf  idg.  *moruo-^  *morut-  hinweisen  würden. 
Und  in  der  Tat  geht  man  fast  allgemein  von  Grundformen  mit 
•m — u  aus  (vgl.  u.  a.  Solmsen  KZ.  34,  19  ff.,  Wackernagel  Ai. 
Gramm.  1,  277,  Brugmann  Grundriß  1^,  849),  und  zwar  nicht 
bloß  wegen  der  Übereinstimmung  zwischen  den  aw.  kelt.  slav. 
Formen,  sondern  auch  wegen  einer  parallelen  Lautentwicklung 
bei  dem  rom.  "Worte  prov.  vorma  usw.,  worüber  man  Solmsen 
a.  a.  0.  20,  Fußn.  2  einsehe. 

Diese  Hypothese,  die  den  awestischen,  keltischen  und  sla- 
vischen  Formen  ohne  Mühe  gerecht  wird,  macht  aber  die  Er- 
klärung der  andern  Formen  sehr  verwickelt.  Griech.  FöpuaE, 
ai.  valmikah  könnte  man  mit  Brugmann  Gr.  Gramm.^  137  durch 
'reziproke  Fernversetzung'  erklären,  ebenso  ai.  *varmdh,  -mi, 
worauf  die  vorliegenden  altindischen  Formen  mit  -mr-  oft  zu- 
rückgeführt werden,  aber  für  lat.  formica  trifft  eine  solche  Er- 
klärung nicht  zu,  es  wäre  *vonmca  zu  erwarten.  Nun  hat  man 
auch  auf  eine  andere  Weise  den  altindischen  und  lateinischen 
Formen  beizukommen  versucht,  indem  man  annahm,  m — u  sei 
in  diesen  Sprachen^)  zuerst  zu  m  —  vi  assimiliert,  dann  dies  zu 
V  —  m,  f — m  dissimiliert  worden^),  so  u.  a.  Brugmann  Grundr.  1^, 
849.  Nach  meiner  Ansicht  ist  diese  Auffassung  viel  weniger 
einfach,  als  wenn  wir  von  idg.  m — m  ausgehen,  das  im  Grie- 
chischen teilweise  erhalten  blieb,  teilweise  (in  gewissen  Dialekten) 
durch  regressive  Dissimilation  zu  F — ^  wurde,  im  Altindischen 

1)  Von  arm.  mrßun,  mrjimn  'Ameise',  wofür  Brugmann  Grundr.  1*, 
849  im  Anschluß  an  Bugge  KZ.  32,  18  ebenfalls  eine  ältere  Form  mit 
m  —  >M  annimmt,  wird  unten  noch  die  Rede  sein. 

2)  Die  Hypothese  von  Solmsen  KZ.  34,  18 ff.,  daß  idg.  mr-  im  Ur- 
italischen zu  fr-,  for-  geworden  sei,  wird  kaum  noch  Anhänger  finden: 
vgl.  Brugmann  Grundr.  1*.  369,  Walde*  s.  v.  formica.  Dieses  Wort  kann 
auch  deshalb  nicht  zur  Begründung  eines  solchen  Lautgesetzes  angeführt 
werden,  weil  es  wohl  ebenso  wie  seine  Verwandten  in  anderen  Sprachen 
idg.  or  und  nicht  r  hat. 

InJogennanische  Forschungen  XXXIII.  25 


370  N.  vanWijk, 

und  im  Latein  ebenfalls  durch  regressive  Dissimilation  zu  v — m 
bezw.  f — m,  im  Awestischen,  Keltischen  und  Slavischen  durch 
progressive  Dissimilation  zu  m  —  u  (woraus  im  Irischen  b).  Daß 
in  einigen  Sprachen  die  Dissimilation  regressiv,  in  anderen  pro- 
gressiv wirkte,  hängt  gewiß  teils  mit  der  Stelle  des  Worttons^ 
teils  mit  den  Akzentqualitäten  in  den  betreffenden  Sprachen 
zusammen;  letztere  sind  natürlich  nicht  genau  zu  bestimmen, 
die  Stelle  des  Worttons  aber  steht  bei  einigen  der  zitierten 
Formen  fest :  ai.  vamräh^  -ri,  valmikah  haben  das  dem  unbetonten 
Vokal  vorangehende  m  geändert,  das  vor  dem  Hauptton  stehende 
aber  beibehalten,  ebenso  lat.  formica,  wenn  die  Dissimilation 
beim  verlängerten  Worte  und  nicht  beim  alten  *mormi-  statt- 
gefunden hat.  Serb.  mräv^  Gen.  mräva  (Leskien  Untersuchungen 
über  Quantität  und  Betonung  in  den  slavischen  Sprachen : 
L  Die  Quantität  im  Serbischen,  b,  S.  34  =  Abhandl.  d.  phil.- 
hist.  Gl.  d.  k.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  13,  560)  setzt  ein  barytoniertes 
urslav.  *nwruos  voraus,  ebenso  hatten  sowohl  ir.  moirh  wie  seine 
britannischen  Äquivalente  (kyrar.  mor^  myr)  schon  lange  vor  der 
historischen  Periode  Anfangbetonung.  Im  Griechischen  ist  aller- 
dings das  dem  haupttonigen  Vokal  vorangehende  m  in  u  über- 
gegangen :  diese  Abweichung  von  den  anderen  Sprachen  hängt 
wohl  mit  der  abweichenden  Qualität  des  griechischen  Akzentes 
zusammen. 

Daß  die  Konsonantengruppe  m.rm  leicht  dem  Dissimila- 
tionstrieb unterliegt,  das  sagt  uns  unser  eigenes  Sprachgefühl 
und  das  zeigen  uns  Dissimilationsbeispiele  auch  in  andern  als 
den  oben  zitierten  Sprachen.  Ich  möchte  in  diesem  Zusammen- 
hang aus  dem  Niederländischen  ein  deutliches  Beispiel  mit- 
teilen, das  uns  nicht  bloß  zeigt,  daß  die  Dissimilation  in  dieser 
Gruppe  eintreten  kann,  sondern  auch,  daß  der  dissimilierte 
Konsonant  sogar  auf  benachbarten  Gebieten  eine  verschiedene 
Entwicklung  haben  kann:  das  Wort  manmr  hat  außer  der 
Bedeutung  'Marmor*  in  vielen  Gegenden  auch  die  Bedeutung 
'kleine  Schnellkugel,  Schusser*,  die  auch  hd.  marbeJ^  märM  be- 
kommen hat.  Im  Gegensatz  zu  marmer  'Marmor'  ist  das  Wort 
in  jener  Bedeutung  in  vielen  Gegenden  ein  Wort  der  Volks- 
sprache geworden  und  daher  in  höherem  Grade  sowohl  der 
Wirkung  der  mundartlichen  Lautgesetze  wie  auch  dem  Dissi- 
milationstrieb ausgesetzt  gewesen.  Das  anlautende,  dem  Haupt- 
tonvokal vorangehende  m  hat  eine  größere  psychische  Energie 


Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'.  371 

besessen  als  das  zweite,  und  daher  ist  die  Dissimilation  überall 
eine  progressive  gewesen.  Mehrere  Dialektformen  (teilweise 
volkset\'mologisch  umgestaltet)  zitiert  das  "Woordenboek  der 
Nederlandsche  taal,  9,  256.  Einige  von  diesen  Formen  haben  b 
in  der  zweiten  SUbe :  solche  Formen  können  teils  durch  Dissi- 
milation auf  niederländischem  Gebiete  das  b  bekommen  haben, 
teils  aber  auch  auf  französisch  marbre  zurückgehen,  das  schon 
in  der  mittelniederländischen  Periode  entlehnt  worden  war. 
Mit  andern  Konsonanten  vgl.  die  a.  a.  0.  erwähnten  Formen 
molper  (Inseln  von  S.  Holland),  mulver  (Dordrecht)  und  außerdem 
muUdVdrid)  (A.  Opprel  Het  dialect  van  Oud-Beierland,  's-Graven- 
hage  1896,  S.  26,  72),  munpdl  (M.  A.  van  Weel  Het  dialect  van 
West-Voome,  Leiden  1904,  S.  126),  mülpgr  (A.  Verschnür, 
Klankleer  van  het  Xoord-Bevelandsch,  Amsterdam,  1902,  S.  155)^). 
Noch  stärker  als  m .  rm  kann  in  mehreren  Sprachen  die 
seltene  Lautgruppe  tn.mr  dem  Dissimilationstriebe  unterworfen 
gewesen  sein:  und  eben  diese  Lautgruppe  müssen  wir,  glaube 
ich,  für  das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'  annehmen: 
sonst  ist  kaum  das  idg.  vamräh^  vamri  zu  erklären.  Man  setzt 
gewöhnlich  ein  älteres  *varmdh,  -i  an  (vgl.  u.  a.  Wackernagel 
a.a.O.):  wie  sollte  aber  daraus  vamrdh,  -«'entstanden  sein? 
Die  Lautgruppe  rm  war  dem  Altindischen  sehr  geläufig:  wes- 
halb sollte  sie  bloß  in  diesem  Worte  Metathesis  erlitten  haben? 
Solmsen  a.  a.  0.  20,  Fußnote  2  hat  auf  diese  Frage  eine  Ant- 
wort versucht:  irunrdk,  -i  seien  infolge  volksetymologischen 
Anschlusses  an  vdmiti  *er  speit'  entstanden.  Obgleich  Brugmann 
Grundriß  1^,  849  und  andere  Forscher  diese  Hypothese  für 
plausibel  halten,  muß  ich  gestehen,  daß  sie  mir  vollständig  un- 
glaublich vorkommt;  wenn  eine  Form  vamrdh,  -f  von  jeher 
existiert  hätte,  könnte  ich  mir  sehr  gut  vorstellen,  daß  dieselbe 
vom  Sprachbewußtsein  mit  vdmiti  verknüpft  wäre;  daß  aber 
ein  *varmdh,  -i  im  Geiste  eines  alten  Inders  mit  dem  lautlich 
und  auch  semasiologisch  ziemlich  weit  abliegenden  vdmiti  in 
Assoziation  getreten  sei,  kann  ich  nicht  glauben. 

l)  Die  übrigen  Dissimilations-  und  Metathesiserscheinungen  in  diesen 
Formen  gehen  uns  jetzt  nichts  an.  Der  Vokalismus  bedarf  aber  einiger 
Erläuterung:  a  ging  in  vielen  Wörtern  unter  dem  Einfluß  benachbarter 
labialer  Konsonanten  in  dialektisches  o  über,  und  dies  wurde  in  mehreren 
Gegenden  vor  r+ labialem  oder  gutturalem  Konsonanten  zu  einem  ö-artigen 
Laut,  den  die  erwähnten  Dialektgrammatiken  im  Anschluß  an  die  nieder- 
ländische Orthographie  durch  m  vorstellen. 

25* 


372  N.  vanWijk, 

Vielleicht  möchte  jemand  gegen  meine  letzte  Hypothese 
einwenden,  daß  die  Form  mit  -mr-  bloß  im  Altindischen  vor- 
kommt und  hier  neben  einer  andern  mit  -Im- :  valmikah.  Darauf 
ist  folgendes  zu  erwidern:  Für  die  meisten  indogermanischen 
Völker  wird  vermutlich  ebenso  wie  für  uns  die  Lautgruppe 
-mr-  schwieriger  gewesen  sein  als  -rm- :  diese  Vermutung  wird 
noch  wahrscheinlicher,  wenn  wir  daran  denken,  daß  auch  an- 
lautendes idg.  mr-  sich  in  den  meisten  Sprachen  nicht  gehalten 
hat.  Eventuell  könnte  schon  in  der  indogemianischen  Periode 
in  gewissen  Mundarten  m .  mr  in  m .  rm  übergegangen  sein. 
Was  ai.  valmikah  betrifft,  entscheide  ich  nicht,  wann  es  die 
Metathesis  erlitten  hat,  vor  oder  nach  dem  Übergang  von  r 
in  Z;  auf  jeden  Fall  aber  wird  es  auf  eine  wi.mr-Form  zu- 
rückgehen. 

Ich  nehme  um  so  zuversichtlicher  eine  indogermanische 
Grundform  mit  -mr-  an,  als  auch  ein  anderer  Sprachzweig  als 
der  arische  die  Spuren  einer  solchen  Gruppe  zeigt,  und  zwar 
der  germanische:  wenn  wir  an.  maurr  'Ameise'  mit  ai.  vamräh 
vergleichen, .  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  beide  auf  idg. 
*momro-s  zurückgehen;  daß  auf  einem  Teile  des  indogerma- 
nischen Gebietes  hieraus  *mouro-s^  auf  einem  andern  aber  durch 
Dissimilation  in  umgekehrter  Richtung  *uomro-s  geworden  ist, 
erklärt  sich  aus  der  verschiedenen  Betonung:  im  Oxytonon  ar. 
*momrö-  hatte  das  zweite  »w,  im  Barytonon  germ.  *m6mro-  das 
erste  m  eine  größere  psychische  Energie. 

Das  Nordgermanische  besitzt  auch  eine  Ablautform  zu 
an.  maurr,  und  zwar  dän.  myre,  schwed.  myra,  die  auf  urgerm. 
*meuriön-  zurückgehen  (vgl.  Falk  und  Torp  Norw.-dän.  etymol. 
Wtb.  745).  Denselben  Vokalismus,  aber  wohl  einen  andern,  wenn 
auch  nicht  genau  zu  bestimmenden  Stammesauslaut  hat  der  in 
einem  mittelniederländischen  Text  einmal  vorkommende  Plural 
mure  'formicae'  (Spieghel  historiael  2',  85,  80).  Gewöhnlich  ver- 
knüpft man  mit  diesen  Formen  weiter  das  krimgot.  micra  'Ameise' 
(vgl.  u.  a.  Feist  Etymol.  Wtb.  der  got.  Sprache  195  und  Falk- 
Torp  a.  a.  0.  1520);  ich  halte  diese  Auffassung  für  richtig,  die 
urgermanische  Gestalt  des  Wortes  halte  ich  aber  für  nicht 
sicher  festgestellt;  welcher  Ausgang  auf  meur-  gefolgt  hat,  ist 
kaum  zu  bestimmen.  Auch  das  jetzt  bloß  in  der  Zusammen- 
setzung pis-mire  gebräuchliche  engl,  mire  *Ameise*  und  mnl. 
miere^  mnd.  mire  'ds.'  werden  oft  hierhergestellt;  das  vielleicht 


Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'.  373 

schon  aus  dem  Angelsächsischen  bekannte^)  englische  Wort  kann 
auf  germ.  *meunön-,  aber  auch  auf  *mirön-  zurückgehen  (vgl. 
Murray  s.  v.  mire  sb.^),  mnl.  miere  kann  urgerm.  *meur^7i)-  oder 
*mir^n)-  sein ;  wenn  nun  das  mnd.  mire  nicht  bestünde,  würde 
keiner  für  die  englischen  und  niederländischen  Formen  von 
einer  Grundform  mit  i  ausgehen  und  sie  von  mnl.  mure^  dän. 
myre,  schwed.  myra  trennen.  Mnd.  mire  ist  aber  kaum  als  eine 
Fortsetzung  von  *meiirä,n)-  verständlich ;  denn  während  im  Mittel- 
niederländischen urgerm.  e^^  eo  und  t  vor  r  in  einen  Laut  (z,  ge- 
schrieben ie)  zusammengefallen  sind,  tritt  im  Mittelniederdeutschen 
urgerm.  i  zwar  als  i  auf,  aber  urgerm.  eo  und  e 2  als  e\  wir  hätten 
also  aus  *meurö{n)-  *meorö{n)-  mnd.  *mere,  und  nicht  mire  zu 
erwarten.  Trotzdem  möchte  ich  weder  für  das  mittelnieder- 
deutsche noch  für  ein  anderes  germanisches  Wort  für  'Ameise* 
eine  Gmndform  mit  f  annehmen;  diejenigen  germanischen 
Formen,  die  ohne  jeden  Zweifel  urgerm.  eu  gehabt  haben,  machen 
es  a  priori  unwahrscheinlich,  daß  die  mittelniederdeutsche  Form, 
eventuell  auch  mnl.  miere,  engl,  mire  einen  ganz  anderen  Ursprung 
haben  sollten.  Was  mnd.  mire  betrifft,  so  kann  ich  eine  Erklärung 
der  Abweichung  nicht  geben,  wohl  aber  kann  ich  auf  parallele 
Erscheinungen  bei  andern  Wörtern  hinweisen:  1.  dem  got.  as. 
ags.  her  (mit  germ.  p)  'hier'  entspricht  im  Mittelniederdeutschen 
die  schon  aus  dem  Altniederdeutschen  und  auch  aus  dem  Alt- 
friesischen bekannte  Form  Äfr,  2.  dem  Pflanzennamen  ndl.  mt(ur, 
miire  (nordholl.  murik,  munng\  mnl.  muer  steht  in  östlichen 
niederländischen  Mundarten  2)  eine  Form  mietie)  zur  Seite  (nord- 
limburgisch  auch  meer\  die  mittelniederdeutsche  Form  ist  mir; 
für  sonstige  deutsche  Formen  s.  Weigand=  2,  181  s.  v.  ^Miere, 
wo  auch  die  bei  Fischart  157-4  vorkommende  Form  mür  erwähnt 
wird.  Dieser  Pflanzenname  erinnert  formell  sehr  stark  an  den 
Ameisennaraen ;  beim  Pflanzennamen  tnieiie)  macht  die  weit- 
verbreitete und  sowohl  auf  deutschem  als  auf  niederländischem 
Gebiete  früh  vorkommende  Form  mit  m')  eine  Grundform  mit 
germ.  eu  sehr  wahrscheinlich  —  trotz  des  mnd.  mire  und  des 

1)  Über  mire  in  Benson's  Anglo-Saxon  Dictionary  vgl.  Skeat  s.  v. 
pismire,  Murray  s.  v.  mire  sb*. 

2)  Nicht  bloß  in  den  sächsischen  Mundarten,  aber  auch  in  Limburg 
und  im  Osten  von  N.-Brabant.  Eine  große  Anzahl  Dialektformen  ver- 
zeichnet H.  Heukels  Woordenboek  der  nederlandsche  volksnamen  van 
planten,  1907,  S.  246  f. 

3)  Niederländisches  u  bezeichnet  einen  ü-Laut. 


374  N.  vanWijk, 

im  16.  Jahrh.  vorkommenden  deutschen  meier;  dadurch  gewinnt 
auch  die  Annahme  eines  altniederdeutsch-altniederländischen 
Ameisennamens  mit  eo  aus  germ.  eu  an  Wahrscheinlichkeit.  In 
jedem  Falle  aber,  auch  wenn  unsere  Auffassung  von  engl,  mire^ 
ranl.  miere,  mnd.  mire  unrichtig  sein  sollte,  müssen  wir  wegen 
dän.  myre,  schwed.  mi/ra  und  des  mnl.  Plurals  mure  ein  mit 
an.  maiirr  ablautendes  Wort  mit  germ.  meur-  mit  derselben  Be- 
deutung wie  jenes  annehmen. 

Wie  ich  an.  maurr,  früh-urgerm.  *mouro-s  aus  einem  altern 
*momro-s  hergeleitet  habe,  so  gehe  ich  für  die  Form  mit  meur- 
von  einer  altern  mit  niemr-  aus :  *memro-s  oder  *memri-s  oder 
*memn.  Das  Germanische  ist  der  einzige  Sprachzweig,  der  eine 
Grundform  mit  e-Yokalismus  unbedingt  voraussetzt,  die  andern 
europäischen  Sprachen  haben  sämtlich  o-Yokalismus^),  die  indisch- 
iranischen Formen  können  sowohl  idg.  o  wie  e  haben. 

Bezzenberger  hat  BB.  26, 188  die  germanischen  Wörter  für 
'Ameise'  mit  lit.  mauröti  'wühlen'  verknüpft;  diese  Etymologie 
ließe  sich  mit  der  unsrigen  sehr  gut  vereinigen,  wenn  wir  in 
mauröti  eine  Ableitung  von  einem  lit.  Subst.  *mauras  'Ameise' 
erblicken  dürften;  wegen  der  Bedeutung  vgl.  ndl.  mieren  *mit 
den  Fingern  wühlen',  das  von  mier  (aus  mnl.  miere)  'Ameise' 
gebildet  ist  ebenso  wie  das  gleichbedeutende  wurmen  von  wurm 
'Wurm';  diese  Zeitwörter  kamen  dadurch  auf,  daß  die  rasche 
und  unregelmäßige  Fingerbewegung  die  sprachschöpfende  mensch- 
liche Psyche  an  das  Gewimmel  von  Ameisen  und  Würmchen 
erinnerte;  die  Bedeutung  'wühlen'  ist  bei  einer  Ableitung  vom 
Ameisennamen  ebenso  begreiflich  wie  die  Bedeutung  'jucken' 
(vgl.  Bugge  KZ.  32,  18)  oder  'wimmeln':  älterndl.  mieren^  frz. 
fourmüler.  In  diesem  Zusammenhange  erinnere  ich  auch  an 
lit  maurioti  'herumschweifen*,  das  Leskien  Der  Ablaut  der 
Wurzelsilben  im  Litauischen  41  (803)  nach  Geitlers  Litauischen 
Studien  zitiert.  Solange  aber  ein  lit.  *mauras  'Ameise*  aus 
keinem  Dialekte  bekannt  ist,  schwebt  die  Ableitung  von  mauröti^ 
maurioti  von  einem  solchen  *mauras  vollständig  in  der  Luft 
Das   Plurale   tantum    maurai  'Entenflott*,   das  Ijcskien  a.  a.  0. 

1)  Auch  griech.  laupiiriE  hat  wohl  idg.  o  und  nicht  m,  wie  Bugge 
KZ.  32,  18  anzunehmen  scheint,  wo  er  für  arm.  mrßmn,  mrjiun  'Ameise' 
von  einem  altern  *murmif-  ausgeht,  das  er  zu  laüpiirjE  stellt.  Es  unterliegt 
für  mich  keinem  Zweifel,  daß  arm.  tnrßmn,  -tun  zur  Sippe  von  griech. 
^lJp^^^  "sw.  gehört,  über  das  Wie  aber  wage  ich  es  nicht,  ein  Urleil 
zu  äuüern. 


Das  indogermanische  Wort  für  'Ameise'.  375 

zusammen  mit  isz-mauroti,  maurioti  zitiert,  könnte  allerdings 
eine  ältere  Bedeutung  'Ameisen'  gehabt  haben,  aber  eine  solche 
Vermutung  entbehrt  jedes  Fundamentes,  solange  *mauras  'Ameise' 
eine  hypothetische  Größe  ist. 

Sollte  ein  solches  *mauras  in  einem  litauischen  Dialekte 
noch  einmal  gefunden  werden,  so  würde  auf  baltischem  Gebiete 
ein  dem  an.  maurr  Laut  für  Laut  entsprechendes  Wort  vorliegen, 
das  auf  ähnliche  Weise  wie  dieses  auf  idg.  *momros  zurückge- 
führt werden  könnte.  Grammont  a.  a.  0.  177  hat  auch  für  russ. 
muravej  'Ameise'  eine  Grundform  mit  mavr-  oder,  wie  wir 
sagen  würden,  mit  mour-  angenommen.  So  ganz  ohne  weiteres 
ist  das  nicht  richtig;  aber  im  Zusammenhang  mit  der  viel  näher 
liegenden  Herleitung  aus  *moravej  (vgl.  Walde^  s.  v.  fonmca) 
könnte  die  Hypothese  aufgestellt  werden,  daß  dieses  *morovej 
durch  Kreuzung  mit  *mun  aus  *mouro-s  seinen  Vokalismus 
geändert  hat.  Wenn  ein  solches  *murb  tatsächlich  bestanden 
und  irgend  eine  weitere  Spur  seiner  Existenz  hinterlassen  hat, 
wird  das  auch  wegen  seines  reichen  slavischen  Materials  so 
nützliche  Wörterbuch  von  Berneker  uns  bald  darüber  belehren. 
Vorläufig  betrachte  ich  die  Annahme  eines  slav.  *murb  als  eine 
mögliche,  aber  unbegründete  Hypothese,  ein  urbaltoslav.  *motiro-s 
ist  noch  viel  hypothetischer. 

Bisher  habe  ich  für  av.  maoiris  im  Anschluß  an  Bartho- 
lomae  Altiran.  Wtb.  1152  einen  Stamm  *maurvay-  angenommen. 
Der  Vollständigkeit  wegen  erinnere  ich  daran,  daß  man  auch  au 
eine  iranische  Grundform  *maurf-  gedacht  hat  (s.  Hübschmann 
IF.  Anz.  10,  22,  Fußnote  1);  eine  solche  Grundform  wäre,  ab- 
gesehen vom  Stammesauslaut,  ebenso  wie  an.  maurr  zu  erklären ; 
sie  ginge  direkt  auf  *momrf-  zurück,  während  für  maurvay-  eine 
Zwischenstufe  ^rnormf-  angenommen  werden  muß. 

Zum  Schluß  fasse  ich  meine  Erklärung  der  indogerma- 
nischen Wörter  für  'Ameise'  kurz  zusammen.  Das  Indogerm. 
besaß  einen  Ameisennamen,  der  *momro-,  *momrf-,  *memro-, 
*memri-  lautete.  Diese  Formen  haben  in  den  einzelnen  Sprach- 
zweigen bedeutende  lautüche  Veränderungen  erfahren,  die  sich 
aus  folgenden  zwei  Ursachen^)  erklären  lassen:  1.  aus  der 
Abneigung,    die   in   mehreren  Gegenden  des  indogermanischen 

1)  Von  derVerlängerung  mittels  stammbildender  Formantien  schweige 
ich  hier.  Vgl.  jetzt  über  einige  dieser  Formantien  Solmsen  Beiträge  zur 
griechischen  Wortforschung  1,  129,  Fußnote. 


376  N.  vanWijk,  Das  indogermanische ^ort  für  'Ameise'. 

Sprachgebietes  die  Lautgruppe  -mr-  erregte,  2.  aus  dem  horror 
aequi  —  um  hier  diesen  von  Brugmann  Das  Wesen  der  laut- 
lichen Dissimilationen,  S.  8  (146)  geschaffenen  Terminus  zu  ge- 
brauchen. Leider  sind  weitgehendere  Resultate  vorläufig  nicht 
möglich:  wir  möchten  aber  so  gerne  wissen,  weshalb  in  der 
einen  Sprache  die  Entwicklung  in  dieser,  in  einer  andern  Sprache 
in  einer  andern  Richtung  stattgefunden  hat,  mit  andern  Worten,, 
wir  möchten  so  gerne  die  Betonungs-  und  Intonationsbedingungen 
ermitteln,  die  in  sovielen  Sprachen  die  Abneigung  gegen  die 
Gruppe  -mr-  hervorrufen  und  diejenigen,  die  die  Empfindung 
des  störenden  Gleichklanges  verstärken  und  dadurch  die  Dissi- 
milierungserscheinungen  fördern.  Es  wird  aber  noch  lange 
dauern,  bevor  wir  so  weit  sind,  daß  wir  z,  B.  wissen,  weshalb 
ein  Teil  der  griechischen  Mundarten  die  Form  \x\ip\xr\l  unver- 
ändert bewahrt,  andere  griechische  Dialekte  aber  das  erste  \i 
in  F  ändern.  AV'enn  eine  Lösung  solcher  schwierigen  Probleme 
möglich  ist,  muß  diese  gewiß  nicht  vom  Griechischen  oder  Ur- 
indogermanischen aus,  sondern  von  einer  Sprachgruppe  wie  die 
slavische  aus  versucht  werden:  hier  liegt  die  Einheitsperiode 
nicht  so  weit  zurück,  und  darum  wird  es  hier  am  ehesten  ge- 
lingen können,  die  lautliche  und  akzentuelle  Entwicklung  der 
Einzelsprachen  festzustellen  i),  und  vielleicht  wird  dann  eine 
Untersuchung  der  slavischen  Dissimilationserscheinungen  e& 
möglich  machen,  die  Bedingungen  für  das  Eintreten  und  Nicht- 
eintreten dieser  Erscheinungen  überhaupt  zu  ermitteln.  Ein 
interessanter  Fall,  wo  die  slavischen  Einzelsprachen  voneinander 
abweichen,  liegt  in  der  Gruppe  mn  vor:  Brugmann  zitiert 
a.  a.  0.  17  (155)  slov.  vtiog  aus  m{^)ylog^,  und  Grammont  a.  a.  0.  51 
gibt  mehrere  Beispiele  für  diesen  slovenischen  Lautwandel ;  das 
Großrussische  empfindet  aber  offenbar  bei  dieser  Lautgruppe 
gar  keinen  horror  aequi*),  denn  nicht  bloß  bleibt  mn  unver- 
ändert, sondern  sogar  geht  vn  in  mn  über :  vnuk  zu  vulg.  mnuk. 
Haag.  N.  van  Wijk. 


1)  Wertvolle  Vorstudien  zu   einer  solchen   Untersuchung  enthält 
die  Slavische  Phonetik  von  Olaf  Broch.    Heidelberg  1911. 

2)  Ob  dies  für  alle  großrussischen  Dialekte  gilt,  weiß  ich  nicht. 


E.  Prokosch,  Die  Stabilität  des  german.  Konsonantensystems.    377 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems. 

1.  Durch  die  Yerschiebung  der  Artikulationsart  seiner 
Verschlußlaute  hat  das  germanische  Konsonantensjsteni  eine 
so  tiefgreifende  Veränderung  erfahren,  daß  es  auf  den  ersten 
Blick  dem  ursprünglichen  Stande  des  indogermanischen  Kon- 
sonantismus ferner  zu  stehen  scheint  als  das  der  meisten  an- 
deren indogermanischen  Sprachen.  Auf  die  Frage  der  Herkunft 
der  indogermanischen  Völker  soll  hier  nicht  eingegangen  werden : 
doch  liegt  es  auf  der  Hand,  von  welch  einschneidender  Be- 
deutung dieses  Moment  für  die  von  Much,  Hirt  u.  a.  ange- 
nommene 'Baltische  Urheimat'  sein  muß.  Ähnlich  wie  im  Se- 
mitischen, wenn  auch  nicht  ganz  im  gleichen  Grade,  ist  ja 
auch  im  Indogermanischen  der  Konsonantismus  das  starre  Ge- 
rüst der  Sprache,  und  es  läßt  sich  kaum  annehmen,  daß  das 
Volk,  dessen  Sprache  die  Konsonanten  am  meisten  verändert 
hat,  der  alten  Urheimat  am  nächsten  sei.  Ein  Volk,  das  in  der 
Heimat  bleibt,  verändert  seine  Sprache  naturgemäß  weniger  als 
ein  wanderndes  Volk.  Völkerwanderung  bedeutet  in  fast  jedem 
Falle  Völkermischung;  zu  den  der  Sprache  selbst  innewohnenden 
Veränderungstendenzeu  kommt  somit  bei  einer  Auswanderung 
das  mächtige  Element  der  Sprachmischung.  "Wo  eine  Sprache 
ihr  Gebiet  über  ein  ursprünglich  anders  redendes  Volk  aus- 
breitet, da  ist  es  kaum  anders  möglich,  als  daß  die  frühere 
Sprache  des  Volkes  irgend  welche  Spuren  ihrer  Lauterzeugung 
hinterläßt".  (Paul  Prinzipien,  369).  Die  Sprachgewohnheiten 
eines  Volkes  werden  durch  die  Zuwanderung  eines  anderen 
Volkes  geändert,  aber  nicht  in  ihrem  Wesen  aufgehoben.  So 
stimmen  z.  B.  die  heutigen  griechischen  Dialekte  im  Großen 
und  Ganzen  mit  den  alten  Dialekten  überein,  obwohl  sie  mit 
Ausnahme  des  Zakonischen  nicht  deren  historische  Fortsetzung 
sind  (Hirt  Die  Indogermanen,  1,  7);  die  heutigen  Grenzen  des 
Serbisch-Bulgarischen  entsprechen  ungefähr  der  alten  Abgrenzung 
des  Thrakisch-Illyrischen  (1.  c.  20 f.);  weitere  treffende  Beispiele 
für  dieses  'ethnologische  Substrat*  gibt  Fick  Die  Indogermanen, 
KZ.  41,  336  ff. 

2.  Bei  Veränderungen  von  Konsonanten  und  insbesondere 
von  Explosivlauten  ist  es  gebräuchlich,  zwischen  Veränderungen 


378  E.  Prokosch, 

der  Artikulationsstelle  und  der  Artikulationsart  zu  unterscheiden. 
Veränderungen  der  Artikulationsstelle  scheinen,  soweit  sie  un- 
bedingter Lautwandel  sind  und  nicht  ins  Gebiet  der  Assimilation 
und  Dissimilation  gehören,  vorwiegend  durch  Sprachmischung 
verursacht  zu  sein.  Man  denke  z.  B.  an  die  Substitution  von  f 
für  0  im  Kussischen  [Feodor,  Fifa  usw.).  "Der  Mangel  eines 
entsprechenden  Bewegungsgefühls  (bei  der  Hervorbringung  von 
Lauten)  macht  hier  eine  Unterschiebung,  die  Lautsubstitution, 
wie  wir  es  mit  Gröber  nennen  wollen,  zur  Notwendigkeit" 
(Paul  369).  Veränderungen  der  Artikulationsart  dagegen  brauchen 
nicht  notwendigerweise  auf  Sprachmischung,  also  auch  nicht 
auf  Wanderungen  hinzuweisen.  Vielmehr  mögen  sie  auf  phone- 
tischen Entwicklungstendenzen  beruhen,  die  einer  Sprache  inne- 
wohnen und  ihren  Charakter  in  mehr  oder  minder  konstanter 
Weise  beeinflussen.  Hierher  gehören  beispielsweise  die  ver- 
schiedenen Wirkungen  des  dynamischen  Akzents  im  Germa- 
nischen, wie  die  Schwächung  der  tonlosen  Silben,  und  als  Be- 
gleiterscheinung im  weiteren  Sinne  vielleicht  die  ganze  ger- 
manische Lautverschiebung  (vgl.  Hans  Meyer  ZfdA.  45,  101  ff.; 
Verf.,  JEGPh.  11,  1). 

3.  Thonetische  Tendenzen'  sind  Artikulationsgewohnheiten, 
die  den  Trägern  einer  Sprache  konstant  innewohnen.  Es  ließe 
sich  dafür,  in  allgemeinerer  Bedeutung  als  sonst,  der  Ausdruck 
*Artikulationsbasis'  gebrauchen.  Die  Sprachorgane  verschiedener 
Völker,  namentlich  die  Zunge  und  die  Lippen,  lassen  vielfacii 
eine  immer  wiederkehrende  Neigung  zur  Einnahme  bestimmter 
bevorzugter  Stellungen  erkennen  (so  die  eigentliche  'Artikula- 
tionsbasis' der  Zunge;  die  Tendenz  für  oder  gegen  Lippen  vor- 
stülpung u.  a.).  Ob  es  sich  dabei  um  physiologische  Unterschiede 
handelt  und  handeln  kann,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden. 
"Die  Vermutung,  daß  in  den  Sprachorganen  verschiedener 
Menschenrassen  und  Völker  Unterschiede  bestehen,  die  not- 
wendigerweise zu  einer  verschiedenen  Aussprache  führen 
müßten,  hat  sich  noch  nicht  bewahrheitet  und  wird  sich  wahr- 
scheinlich auch  nie  als  richtig  erweisen  lassen".  (Hirt  Die  Indo- 
germanen.  1,  7).  Ob  aber  physiologisch  oder  traditionell  —  d.  h. 
lediglich  durch  Sprachgewohnheit  —  begründet,  jedenfalls  lassen 
sich  bei  den  Germanen  einerseits  und  den  übrigen  indogerma- 
nischen Völkern  andrerseits  sprachliche  Tendenzen  solcher  Art 
nachweisen,   daß  bei  den   ersteren  eine  relative  Stabilität,    bei 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  379 

den  letzteren  ein  Streben  nach  Lautveränderungen  in  bestimmten 
Richtungen  zutage  tritt,  sodaß  diese  Tendenzen  jeweils  als  Ur- 
sachen einer  Summe  von  Lautveränderungen  zu  betrachten  sind. 
Diese  Stabilität  des  germanischen  Konsonantismus  tritt 
am  stärksten  in  folgenden  Punkten  hervor: 

a)  die  nichtgermanischen  Sprachen  des  indogermanischen 
Sprachstammes  neigen  zur  Veränderung  der  Artikulationsform 
der  Zunge  in  bestimmter  Richtung;  s.  u.,  §§  5,  6.  Das  Germa- 
nische bewahrt  die  Artikulationsform. 

b)  Veränderungen  der  Artikulationsstelle  der  Konsonanten 
sind  in  allen  indogermanischen  Sprachen  häufiger  als  im  ger- 
manischen. 

c)  die  germanischen  Konsonanten  setzen  einer  Assimila- 
tion an  umgebende  Laute,  namentlich  aber  an  Vokale,  größeren 
Widerstand  entgegen  als  die  aller  Schwestersprachen. 

d)  mit  Ausnahme  der  verhältnismäßig  wenigen  Assimila- 
tionen (und  Dissimilationen)  sind  alle  germanischen  Konsonanten- 
veränderungen auf  eine  einheitliche  Tendenz  —  starken  Respi- 
rationsdruck und  daraus  hervorgehende  Aluskelspannung  und 
scharfe  Akzentführung  —  zurückzuführen.  Vgl.  Verf.,  Modem 
Phüologj  11,  71. 

Von  diesen  vier  Grundtatsachen  soll  der  vorliegende  Ar- 
tikel nur  die  erste,  die  Bewahrung  der  Artikulationsform  der 
Zunge,  behandeln,  während  die  anderen  späteren  Artikeln  vor- 
behalten sind.  Soweit  nicht  auf  spätere  Verhältnisse  einzugehen 
dringend  geboten  scheint,  sind  nur  die  ältesten  Stufen  der 
Einzelsprachen  berücksichtigt.  Namentlich  ist  der  entsprechende 
Lautwandel  in  den  romanischen  Sprachen  künftiger  Bearbeitung 
zugewiesen.  Auf  Beispiele  wurde  fast  durchwegs  veraichtet,  da 
dieselben  in  Handbüchern  wie  Bragmanns  Grundriß  und  den 
Grammatiken  der  Einzelsprachen  leicht  genug  zugänglich  sind. 

4.  Im  Sinne  phonetischer  Tendenzen  ist  die  Aufstellung 
eines  dritten  Einteilungsprinzips  der  Lautveränderungen  nicht 
zu  umgehen.  Außer  der  Artikulationsart  und  der  Artikulations- 
stelle muß  nämlich  die  Artikulationsform  der  Zunge  (vielleicht 
gelegentlich  auch  der  Lippen)  berücksichtigt  werden.  Bei  der 
Aussprache  der  weitaus  meisten  Verschlußlaute  und  Spiranten, 
die  wir  für  das  Indogermanische  ansetzen,  ist  die  Zungenfläche 
konvex.  Bei  gewissen  Lauten  aber,  die  wir  vorläufig  als  Sibi- 
lanten bezeichnen  mögen,  wird  "die  Zunge  in  ihrer  Mittellinie 


380  E.  Prokosch, 

zu  einer  mehr  oder  minder  tiefen  Rinne  eingekerbt"  (Sievers 
Phonetik  130),  sie  ist  also  gewissermaßen  konkav.  Jespersen 
(z.  B.  Lehrbuch  der  Phonetik,  46)  gebraucht  dafür  den  Aus- 
druck 'Rille',  und  im  Anschluß  an  ihn  sei  der  Ausdruck 
*Rillenlaute'  gestattet  als  Ersatz  für  den  hier  weniger  be- 
zeichnenden terminus  'Zischlaute',  der  akustischer,  nicht  gene- 
tischer Natur  ist  und  sich  übrigens  mit  'Rillenlaut'  nicht  not- 
wendigerweise zu  decken  braucht;  so  begreift  Sievers  unter 
Zischlauten  mit  Recht  auch  ^5,  ^,  sowie  das  spirantische  stimm- 
lose r  des  Englischen,  die  keineswegs  Rillenlaute  sind.  —  Als 
Gegensatz  zum  'Rillenlaut'  werde,  gleichfalls  im  Anschluß  an 
Jespersen,  der  terminus  'Spaltlaut'  gebraucht,  zur  Bezeichnung 
von  Lauten,  bei  deren  Hervorbringung  die  Zungenfläche  an 
der  Artikulationsstelle  mit  dem  Munddache  parallel,  also  konvex 
verläuft,  sodaß  der  Raum  zwischen  beiden  spaltförmig  ist,  wie 
beim  englischen  th^  dem  deutschen  eh. 

5.  Rillenlaute  der  Zunge  können  ihrem  Wesen  nach  nur 
an  den  Zähnen,  den  Alveolen  oder  am  vordersten  harten  Gaumen 
gebildet  werden,  da  nur  das  Zungenblatt  und  etwa  noch  der 
allervorderste  Teil  der  Zungenfläche  der  Rillenbildung  fähig 
sind.  Sie  berühren  sich  infolgedessen  mehrfach  mit  'mouillierten 
Lauten',  insbesondere  mit  mouillierten  Palatallauten,  und  zwar 
sowohl  nach  Artikulationsstelle  wie  nach  Artikulationsart.  Mouil- 
lierte Laute  sind  (nach  Bremer  Deutsche  Phonetik  S.  63  und  79) 
solche,  bei  denen  sich  die  Zunge  in  größerer  Längsausdehnung 
dem  Munddache  anschmiegt  als  bei  der  gewöhnlichen,  nicht- 
mouillierten  Aussprache.  "Der  eigentliche  Boden,  auf  dem  sich 
die  Mouillierung  vollzieht,  sind  die  hinteren  Alveolen  und  die 
vordere  Hälfte  des  harten  Gaumens  .  .  .  Gegen  die  Wölbung 
des  harten  Gaumens  kann  die  Hinterzunge  (=  Zungenrücken, 
Zungenfläche)  überhaupt  kaum  anders  als  mouilliert  artikulieren, 
weil  wir  nicht  eine  Stelle  der  Hinterzunge  bis  zu  dem  Grade 
heben  können,  daß  die  benachbarten  Teile  sich  nicht  der  ge- 
wölbten Hinterwand  des  Gaumens  anschlössen".  Dies  bezieht 
sich  auf  Verschlußlaute,  und  in  der  Tat  sind  palatalo  Verschluß- 
laute eo  ipso  als  mouilliert  anzusehen;  palatales  n  (nicht  'pala- 
talisiertes'  w)  und  mouilliertes  n  sind  synonyme  Ausdrücke. 
Palatale  Reibelaute  dagegen  sind  nicht  notwendigerweise  mouil- 
liert; deutsches  seh  (mit  dem  Zungenblatt  gebildet!)  ist  in  der 
Regel  nicht  mouilliert,  obschon  palatal,  während  ch  und  J  mouil- 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  381 

liert  sind.    Doch  ist  diese  Artikulationsweise  des  seh  eine  Aus- 
nahme; in  der  Regel  sind  palatale  Rillenlaute  mouilliert. 

Palatale  Yerschlußlaute  nun  zeigen  in  vielen  Sprachen 
die  Xeigung  zu  einem  unbedingten  oder  bedingten  TTandel  zu 
mouillierten  Rillenlauten.  Es  ist  bezeichnend,  daß  Bopp  (vgl. 
Grdr.3  1,  19)  von  einer  'den  Gutturalen  aller  Sprachen  inne- 
wohnenden Neigung,  sich  zu  Zischlauten  abzuschwächen'  spricht. 
Alle  indogermanischen  Sprachen  besitzen  nun  diese  Neigung 
nicht,  aber  fast  alle  —  nämlich  in  größerem  oder  geringerem 
Maße  alle  mit  Ausnahme  des  rein  Germanischen. 

6,  Die  germanischen  Sprachen  stehen  in  Bezug  auf  Rillen- 
bildung  in  scharfem  Gegensatze  zu  allen  anderen  indogerma- 
nischen Sprachen.  In  diesen  wird  die  Bildung  von  Rillenlauten 
aus  ursprünglichen  Versclilußlauten  oder  Spaltlauten  begünstigt; 
in  jenen  werden  sie  zurückgedrängt,  und  zwar  in  dem  Maße, 
daß  sich  nicht  nur  keine  neuen  Rillenlaute  bilden,  sondern  ge- 
legentlich sogar  ererbte  Rillenlaute  in  Spaltlaute  übergehen. 
Bei  der  Seltenheit  der  letzteren  Erscheinung  läßt  sich  indes 
sagen:  Die  Artikulationsform  der  Zunge  wird  in  den  germa- 
nischeu Sprachen  bewahrt,  in  den  nichtgermanischen  Sprachen 
dagegen  häufig  zugunsten  der  Rillenform  geändert;  diese 
Tendenz  tritt  umso  häufiger  und  entschiedener  auf,  je  weiter 
die  betreffenden  Völker  geographisch  oder  chronologisch  (nach 
der  Zeit  ihrer  vermutlichen  Trennung  vom  Hauptstamm)  von 
den  germanischen  Völkern  entfernt  sind. 

7.  Bei  diesem  Wandel  der  Artikulationsform  sind  nach 
dem  heutigen  Stande  der  Auffassung  zwei  Gruppen  zu  unter- 
scheiden :  ein  unbedingter  —  nicht  an  Nachbarlaute  gebundener 
—  Wandel  von  palatalen  (vielleicht  ursprünglich  velaren)  Ver- 
schlußlauten zu  Sibilanten,  d.  h.  zu  Rillenlauten,  die  ursprünglich 
ohne  Zweifel  durchgängig  mouilliert  waren  und  es  zum  Teil 
geblieben  sind;  und  ein  bedingter  (an  bestimmte  Lautumgebung 
gebundener)  Übergang  von  velaren  (palatalen)  oder  dentalen 
Verschlußlauten  in  Rillenlaute.  Der  erstere  umfaßt  die  ost- 
indogermanischen Sprachen  und  deckt  sich  mit  dem  gebräuch- 
lichen Unterschiede  zwischen  Centum-  und  Saterasprachen.  Der 
letztere  ergreift  im  Laufe  der  Zeit  das  gesamte  indogermanische 
Sprachgebiet  mit  Ausnahme  des  Germanischen;  selbst  germa- 
nische Sprachen  auf  ursprünglich  ungermanischem  Boden  — 
wie  das  Anglo-friesische  —  bleiben  nicht  ganz  unberührt. 


382  E.  Prokosch, 

8.  Ob  es  sich  bei  dem  Gegensatze  zwischen  Centura-  und 
Satemsprachen  wirklich  um  unbedingten  Lautwechsel  handelt, 
muß  hier  dahingestellt  bleiben.  Hirt  (KZ.  24,  226  ff.,  IF.  6,  Heft  3 
und  7  Heft  1)  nimmt  Assimilation  an  ("dieser  Übergang  —  ä;  zu 
Zischlauten  —  tritt  stets  als  kombinatorischer  Lautwandel  auf, 
bedingt  durch  folgende  helle  Vokale, . . .  Mir  ist  kein  historischer 
Fall  bekannt,  in  dem  sich  in  indogermanischen  Sprachen  aus 
Gutturalen  Zischlaute  ohne  diesen  Faktor  entwickelt  hätten, 
während  doch  gerade  auf  unserem  Sprachgebiet  kein  Laut  so- 
sehr wie  das  k  der  Mouillierung  oder  Palatalisation  unterliegt"); 
Hermann  (KZ.  41,  59  ff.)  denkt  als  Gründe  des  Wandels  von 
Velaren  zu  palatalen  Explosivlauten,  die  dann  in  weiterer  Folge 
zur  Rillenbildung  geführt  hätten,  an  Einwirkung  benachbarter 
Laute,  ("nicht  nur  folgender  palataler  Vokal,  sondern  auch  fol- 
gendes /,  r,  vielleicht  noch  andere  Laute,  die  geschwunden  sein 
müßten,  haben  eine  Ä-Reihe  aus  einer  ^-Reihe  hervorbringen 
können"),  Dialektmischung,  Entlehnung  (Zupitza  KZ.  37,  398  ff.), 
Konsonantenalliteration  (Zupitza  Gutturale  35);  während  Hirt 
sich  die  Palatale  als  aus  den  Velaren  entstanden  denkt,  will 
Hermann  für  jede  der  beiden  Gruppen  (Centum  und  Satem)  je 
zwei  verschiedene  Reihen  aufstellen:  labiovelare  und  velar- 
palatale  im  Westen,  labiovelar-velare  uud  palatale  im  Osten. 
Ich  bin  mir  über  die  Frage  nicht  klar,  so  sehr  ich  auch  Hirts 
Meinung  zuneige,  und  fasse  4  9^  9^^  einstweilen  im  Sinne  von 
Delbrück  (Einleitung,*  124)  auf  als  "formelhaften  Ausdruck  für 
die  wechselnden  Ansichten  der  Gelehrten  über  den  Umfang  und 
die  Beschaffenheit  des  sprachlichen  Materials,  welches  die  Einzel- 
sprachen aus  der  Gesamtsprache  mitgebracht  haben."  ^•,  g,  gh 
sind  zum  mindesten  phonetische  Interpolationen  von  zweifellosem 
methodischem  Wert. 

9.  Mit  Übergehung  dieser  Assimilationsfrage  stellt  sich 
das  indogermanische  Sprach material  in  bezug  auf  die  Tendenz 
zur  Rillenbildung  folgendermaßen  dar:  in  den  Satemsprachen 
ohne  Ausnahme  tritt  schon  in  den  ältesten  Sprachdenkmälern 
diese  Tendenz  stark  in  den  Vordergrund.  Im  Griechischen  finden 
wir  beträchtliche  Ansätze,  aber  auch  Spuren  von  gegenteiligen 
Tendenzen.  Im  klassischen  Latein  ist  von  Rillenbildung  nichts 
zu  entdecken,  vielmehr  ein  gewisser  Widerstund  dagegen  zu 
erkennen.  Andere  italische  Dialekte  dagegen  zeigen  schon  in 
der  ältesten  uns  erreichbaren  Zeit,    und  das  Lateinische  min- 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  383 

destens  seit  dem  dritten  Jahrhundert,  eine  bedeutende  Anzahl 
von  Killenlauten.  Ähnlich  stehen  die  Verhältnisse  im  Keltischen : 
die  keltischen  Sprachen  lassen  die  Tendenz  zur  Rillenbildung 
noch  nicht  zutage  treten,  verraten  aber  eine  Art  von  Prädis- 
ponierung dazu;  die  romanischen  Sprachen,  in  denen  Rillen- 
bildung eine  gewöhnliche  Erscheinung  ist,  sind  einerseits  als 
Fortsetzung  des  Lateinischen  zu  betrachten,  in  phonetischer 
Hinsicht  aber  ruhen  sie  wenigstens  zum  Teil  auf  dem  Substrat 
des  Keltischen.  Das  Germanische  im  strengsten  Sinne  des  Wortes, 
zeigt,  wie  schon  bemerkt,  keinerlei  Neigung  zu  dem  hier  be- 
handelten Lautwechsel. 

I.  Die  Satem-Sprachen. 

10.  X*,  g,  gh  entwickeln  sich  durch  Bildung  einer  Rille  in 
der  Mittellinie  der  Zunge  zunächst  zu  Affrikaten.  Die  Rille  ist 
wohl  anfänglich  flach  und  breit,  sodaß  sich  s-Laute  ergeben; 
die  so  entstandenen  Affrikaten  fs,  d'z  werden  später  zu  ein- 
fachen Spiranten.  Im  weiteren  Verlaufe  der  Entwicklung  wird 
die  Rille  verengert,  sodaß  zum  Teil  s,  z  (ursprünglich  jedenfalls 
palatal,  später  alveolar  oder  dental)  entstehen.  So  erscheint  mir 
wenigstens  der  Vorgang  am  wahrscheinlichsten,  und  die  An- 
nahme wird  durch  den  Vergleich  mit  historischen  Lautüber- 
gängen, wie  der  Entwicklung  des  lateinischen  c  in  verschie- 
denen romanischen  Sprachen,  oder  der  Palatalisierung  von  Ar, 
g  vor  Vordervokal  im  Arischen  und  Slavischen,  noch  gestützt. 
Eine  andere  Möglichkeit  wird  unten  (§§  11,  12)  erwähnt. 

In  der  folgenden  Darstellung  der  Verhältnisse  in  den 
Einzelsprachen  soll  mit  Rücksicht  auf  den  Raum  nur  das  Aller- 
wesentlichste  gegeben  werden,  so  interessant  auch  in  vielen 
Fällen,  namentlich  im  Baltisch-Slavischen,  ein  Eingehen  auf 
Einzelheiten  wäre.  Xur  diesem  Bestreben  nach  Konzentrierung 
wolle  man  es  zuschreiben,  wenn  noch  nicht  einmal  alle  Rillen- 
bildungen erwähnt  werden. 

11.  Indo-Iranisch.  In  den  indischen  und  den  iranischen 
Sprachen  stehen  eine  ältere  und  eine  jüngere  Schicht  einander 
gegenüber.  Das  Sanskrit,  das  schon  mindestens  1500  Jahre  vor 
Christo  eine  hoch  entwickelte  Literatur  besaß,  zeigt  noch  Über- 
gangslaute :  k  ist  zwar  s  geworden,  das  nach  den  Angaben  in- 
discher Phonetiker  an  der  Stelle  des  k,  also  am  vorderen  harten 
Gaumen,  gesprochen  wurde  (ebenso  wie  J,  ja,  «,  c,  ch)\    g   da- 


384  E.  Prokosch, 

gegen  ist  noch  als  Affrikata  erhalten  —  wenigstens  nach  der 
konventionellen  phonetischen  Bezeichnung.  Schließlich  ist  jeder 
palatale  Verschlußlaut  au  und  für  sich  schon  Affrikata,  wird 
aber  nicht  als  Doppelkonsonanz  gefühlt;  der  Verschluß  wird 
entweder  nicht  in  seiner  ganzen  Längsausdehnung  zugleich  ge- 
löst oder  gebildet,  sodaß  nach  oder  vor  dem  eigentlichen  Ver- 
schluß eine  Spirans  eintritt;  stark  palatalisierende  Sprachen,  wie 
etwa  das  russische,  zeigen  das  ganz  auffällig.  Da  Lenz  (KZ.  29, 
Iff.)  die  indischen  Palatale  als  mouillierte  Laute  beschreibt, 
liegt  kein  Widerspruch  darin,  wenn  Hermann  (1.  c,  33)  indisches 
j  aus  g  als  reinen  Verschlußlaut  auffaßt,  solange  es  sich  eben 
dabei  nur  um  eine  Frage  der  Terminologie  handelt.  Auf  jeden 
Fall  war  es  ein  mouillierter  Laut  mit  Rillenbildung  in  der  Lö- 
sung des  Verschlusses,  also  eine  Art  d'z,  das  deswegen  noch 
nicht  mit  d'  -{-  z  zu.  identifizieren  ist;  vgl.  Vondräk  Slavische 
Grammatik  1,  374^).  —  Daß  s  in  nord-indischen  Dialekten 
durch  kh  vertreten  wird  (Wackernagel  Ai.  Gr.  136),  vermag  ich 
nicht  zu  beurteilen;  es  kann  sich  um  längere  Bewahrung  des 
indogermanischen  Lautes  handeln,  was  in  einer  vermutlich  dünn 
besiedelten  Gebirgsgegend  nicht  unbegreiflich  wäre;  das  Roma- 
nische bietet  ja  ähnliche  Beispiele;  es  kann  aber  auch  ein  ähn- 

1)  Nach  Schluß  der  Arbeit  kommt  mir  eine  interessante  Arbeit 
meines  Kollegen  Bloomfield  zu,  "Indo- European  Palatals  in  Sanskrit" 
(AJPh.  32,  3611.),  die  den  Unterschied  zwischen  Indisch  und  Iranisch  in 
bezug  auf  Rillenbildung  hervorhebt.  Daß  auch  er  in  ai.  j  einen  einfachen 
Verschlußlaut  sieht,  ist  wie  gesagt  ein  nebensächlicher  Punkt,  der  das 
Meritum  der  Sache  unberührt  läßt;  metrische  Gründe  reichen  nicht  aus, 
um  Affrikata  auszuschließen,  denn  d'z  ist  keine  positionsbildende  Kon- 
sonantengruppe :  metrisch  unterscheidet  sich  z.  B.  g  in  englisch  page  nicht 
von  8  in  leisure.  —  B's.  Bezeichnung  des  Sanskrit  als  "almost  a  centum- 
language"  kann  ich  freilich  nur  mit  einiger  Reserve  beipflichten.  Ich  sehe 
zwar  ebenso  wie  er  in  der  Gentum-Satem-Einteilung  vorwiegend  metho- 
dischen Wert,  möchte  aber  doch  daran  festhalten,  daß  in  seinen  Ten- 
denzen Altindisch  ebensogut  Satem- Sprache  ist  wie  das  Iranische.  Der 
Unterschied  beruht  nicht  auf  Tendenzen  der  Sprache  selbst,  sondern  auf 
dem  höheren  Alter  des  Sanskrit,  somit  der  kürzeren  Zeit  seines  Sonder- 
bestandes, ferner  auf  seiner  frühen  Entwicklung  als  Schriftsprache,  mit 
dem  retardierenden  Einfluß  einer  solchen,  und  endlich  auf  der  innigeren 
Vermischung  des  indogermanischen  mit  dem  nichtindogermanischen  Volks- 
element in  Iran.  —  Auf  späteren  Sprachstufen  (den  miltelindischen  und 
neuindischen  Dialekten)  ist  übrigens  der  Unterschied  nicht  mehr  so  groß; 
vergl.  Grey  Indo-Iranian  Phonology,  s.  60  ff.,  der  eine  große  Anzahl 
späterer  Rillenbildungen  im  Indischen  anfuhrt. 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  385 

lieber,  jedenfalls  kombinatorischer  Übergang  wie  in  slavisch 
ch  aus  s  vorliegen. 

Iranisch  steht  auf  einer  späteren  Stufe :  s,  z  stehen  bereits 
indisch  s,  j  gegenüber.  Auch  in  ein  paar  andren  Fällen  ist  die 
Neigung  zur  Rilleubildung  stärker  ausgeprägt  als  im  Indischen: 
rt  zu  s,  altpersisch  py  zu  sy  (ganz  analog  der  Entwicklung 
eines  s- Lautes  in  englischen  Gruppen  wie  don't  you),  ß  zu  s, 
das  vielleicht  mit  cech.  r  phonetische  Verwandtschaft  hati  Daß 
s  im  A westischen  gelegentlich  zu  ß  wird,  ist  nicht  ein  Schritt 
in  entgegengesetzter  Richtung,  da  nach  Bartholomae  dieses  / 
nur  eine  graphische  Variante  von  s  darstellt. 

Gemein-indo-iranische  Assimilation  liegt  vor  in  der  Pala- 
taüsierung  von  ä:,  g  vor  Vordervokalen;  die  sich  ergebenden 
altindischen  Laute  c,  j  (=  aw.  c.  /,  später  i)  werden  zwar  von 
Hermann  auch  als  Verschlußlaute  bezeichnet,  sind  aber  im  oben 
erklärten  Sinne  sicher  Affrikaten  mit  Rillenbildung  im  zweiten 
Element;  die  Chinesen  schreiben  dafür  ts^  die  Griechen  c,  cc, 
tZ:,  Z:,  Ti  (Wackernagel  137).  Xur  scheinbar  ein  Schritt  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  ist  die  Entwicklung  des  ai.  h  aus  jh 
{zh),  wofür  das  iranische  z  bewahrt.  Assimilation  an  das  mit 
weitester  Mundöffnung  gesprochene  h  macht  Rilleubildung  un- 
möglich, oder  doch  wirkungslos.  —  Ähnlich  ist  iran.  h-  aus  8- 
zu  beurteilen,  vgl.  §  14. 

12.  Armenisch  ist  mir  sehr  wenig,  albanesisch  gar 
nicht  bekannt.  Das  erstere  steht,  was  Rülenbildung  betrifft,  aaf 
dem  Boden  des  Iranischen,  nur  werden  ^,  gh  zu  den  Affrikaten 
c  —  ts,  j  =  dz.  Albanesisch,  der  letzte  Rest  des  Alt-ülyrischen, 
scheint  den  Centum-Sprachen  etwas  näher  zu  stehen,  da  es  zwar 
Je  durch  s,  aber  g,  gh  durch  die  interdentale  Spirans  (Spaltlaut) 
griech.  b  vertreten  sein  läßt,  das  letztere  sogar  gelegentlich 
durch  (L  Die  von  Pedersen  (KZ.  36,  277)  ausgesprochene,  von 
Brugmann  angenommene,  von  Hirt  (IF.  17,  388),  Thumb  (IF.  18, 40) 
und  Hermann  (1.  c.  37)  abgelehnte  Annahme,  daß  im  Albane- 
sischen  noch  alle  drei  Gutturalreihen  vertreten  seien,  vermag 
ich  nicht  zu  beurteilen. 

13.  Baltisch  und  Slavisch  stehen  zueinander  in  einem 
ähnlichen  Verhältnis  wie  Indisch  und  Iranisch.  Litauisch  hat  sz, 
i,  also  breite  Rillenlaute,  für  4  g,  während  Slavisch  (nebst 
Lettisch  und  Preußisch)  zu  den  engen  Rillenlauten  s,  z  über- 
gegangen ist.  Hermanns  bedingte  Ablehnung  (1.  c.  49)  der  herr- 

Indogermanische  Forschungen  XXXIIL  26 


386  E.  Prokosch, 

sehenden  Anschauung,  daß  s,  i  die  gemein- baltisch -slavische 
Vorstufe  für  slavisch  s,  z  seien,  entbehrt  streng  genommen  nicht 
der  Berechtigung;  aber  sicher  waren  (wegen  idg.  s  zu  ch)  ur- 
slavisch  s  aus  k  und  altes  s  noch  getrennt,  und  daß  letzteres^ 
eben  ein  breiterer  Rillenlaut,  also  mindestens  s-ähnlich  war,  ist 
immerhin  die  wahrscheinlichste  Annahme,  wenn  sich  auch  denken 
ließe,  daß  zur  Zeit  des  Überganges  von  s  zu  ch  idg.  k  erst  zur 
Affrikata  (Ä:'s,  t's)  vorgeschritten  war.  Das  ist  im  Grunde  keia 
Widerspruch  gegen  Hermanns  Meinung:  "Es  ist  ebensogut 
möglich,  daß  mouillierte  Laute  in  einer  Vorstufe  des  Litauischen 
einen  s-Nachklang,  in  einer  Vorstufe  der  anderen  Sprachen  (oder 
Dialekte)  einen  s-Nachklang  hatten",  d.  h.,  daß  die  in  §  10  er- 
wähnten Affrikateu  von  vornherein  in  der  einen  Gruppe  mit 
breiterer,  in  der  anderen  mit  engerer  Rille  gesprochen  wurden 
wie  ja  auch  im  Vulgärlatein  (wenigstens  zum  Teil)  beim  Übergang 
vom  Verschlußlaut  zur  Affrikata  (c  =fe)  gleich  die  enge  Rillen- 
form eintrat.  Für  wahrscheinlicher  halte  ich,  wie  gesagt,  die 
Ansetzung  von  baltisch-slavischem  s,  i;  etwas  befremdend  ist 
dabei  nur  der  Vorgang  bei  der  slavischen  Assimilationspalatali- 
sierung.  Diese  geht  bekanntlich  in  drei  Schichten  vor  sich: 
urslavisch  vor  j  und  gemein -slavisch  vor  alten  Vordervokalen 
entwickeln  sich  c  {dz  zu),  i  aus  den  gutturalen,  dagegen  gleich- 
falls gemeinslavisch,  aber  später,  c  {dz  zu),  z  vor  jungen  Vor- 
dervokalen. Als  Parallele  zu  einem  slavischen  Lautwandel  k  zu 
s  zu  s  würde  man  eher  kj  zu  c  zu  c  erwarten,  aber  ein  sicherer 
Schluß  ist  das  natürlich  nicht.  —  Unklar  ist  mir  auch  die  Be- 
handlung von  tj^  dj,  die  gerade  im  Westslavischen,  also  näher 
dem  Germanischen,  zu  c,  0,  dagegen  z.  B.  im  russischen  zu  Cy 
i  werden.  Ganz  ähnlich  ist  der  Vorgang  bei  dem  von  Vondräk 
Slav.  Gr.  374  ff.  besprochenen  sogenannten  Masurieren:  östliche 
Dialekte  haben  breite,  westliche  Dialekte  enge  Rillenlaute.  Gewicht 
braucht  man  darauf  nicht  zu  legen ;  in  der  IMehriieit  der  Fälle 
trifft  es  immerhin  zu,  daß  die  breiten  Rillenlaute  eine  Vorstufe 
der  engen  sind.  —  Nicht  zu  übersehen  ist  die  noch  nicht  ge- 
nügend erklärte  gelegentliche  Vertretung  von  k,  g  im  Litauißchen 
durch  Velarlaute,  was  zu  der  Tatsache  stimmt^  daß  Litauisch  dem 
Germanischen  näher  steht  als  die  anderen  baltisch -slavischen 
Sprachen. 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  387 

n.  Die  Centumsprachen. 

14.  Griechisch.  Während  die  Satemsprachen  Rillen- 
bildungen  als  absoluten  Lautwandel  aufweisen,  wenigstens  so- 
weit sich  heute  nachweisen  läßt,  ist  der  Grund  der  Rillenbildung 
im  Griechischen  wie  in  anderen  Centumsprachen  vorwiegend 
kombinatorischer  Übergang  bei  Verbindung  von  Velaren  oder 
Dentalen  mit  Vordervokalen  oder  J.  Der  phonetische  Vorgang 
ist  klar :  beim  Übergang  von  k,  g  oder  t,  d  zu  J,  /  oder  e  hebt 
sich  die  Zunge  vom  Munddache  ab;  dies  geschieht  entweder 
so.  daß  die  Zungenfläche  mit  diesem  ziemlich  parallel  bleibt, 
oder  so,  daß  sich  die  Mittellinie  der  Zunge  zuerst  entfernt;  es 
bildet  sich  dann  eine  Rille.  Das  Letztere  ist  besonders  häufig 
der  Fall,  wenn  die  Verschlußlaute  vorher  schon  mouilliert 
waren,  d  h.  sich  der  Artikulationsstelle  des  J,  «,  e  genähert 
hatten.  Die  Artikulationsstelle  dieser  Laute  ist  der  harte 
Gaumen,  ein  am  harten  Gaumen  ausgesprochener  Verschlußlaut 
aber  ist  nach  §  5  mouilliert.  Ein  Übergangslaut  tt,  öö,  zwischen 
kj,  gi  und  c,  l  (Hirt  Handbuch  242,  wo  Bibliographie)  braucht 
nicht  angenommen  zu  werden  und  würde  sogar  der  Erklärung 
Schwierigkeiten  bieten.  —  Sowohl  die  Gutturalen  aller  drei 
Reihen  wie  auch  die  Dentalen  unterliegen  im  Griechischen 
dieser  Assimilation,  wenn  auch  das  Resultat  nicht  durchgängig 
in  allen  Dialekten  das  gleiche  ist :  L  5,  g^  +  j  werden  zu  cc,  g, 
g,  g^,  zu  l,  das  jedenfaEs  einen  Rillenlaut  darstellt,  was  auch 
sein  genauer  Lautwert  gewesen  sein  mag.  ij^  dj  werden  gleich- 
falls zu  c(c),  l.  Unter  gewissen  (noch  nicht  ganz  klaren)  Be- 
dingungen wird  auch  xi  zu  ci;  die  paar  Fälle  von  tu  zu  cu 
sind  möglicherweise  auf  /«-Formen  zurückzuführen  (nach  Brng- 
raann  BSGW.  1895,  46  ff.  tritt  übrigens  auch  der  Wandel  von 
■n  zu  ci  lautgesetzlich  nur  vor  unsilbischem  /  ein,  sodaß  sich 
alle  Fälle  griechischer  Rillenbildung  bei  Verschlußlauten  auf 
Gleitlaut  zwischen  Verschlußlaut  und  j  beschränkten). 

j  selbst  ist  zweifacher  Natur:  ich  denke  dabei  nicht  an 
die  (von  Solmsen  u.  a.)  bestrittene  Doppelheit  des  y,  j  im  Indo- 
germanischen, sondern  lediglich  an  die  phonetischen  Möglich- 
keiten ;  es  wird  entweder  als  Spaltlaut  gebildet  (Jespersens  t  2, 
Lehrbuch  49),  wie  im  Norddeutschen,  oder  die  Zungenfläche 
ist  mehr  oder  weniger  konkav  (Jespersens  t  3  oder  t  23,  der 
Halbvokal  des   Süddeutschen  und  Englischen).     Während  das 

26* 


388  E.  Prokosch, 

Letztere  kaum  schon  eio  Rillenlaut  genannt  werden  kann,  hat 
es  die  Neigung,  leicht  in  ejnen  solchen  überzugehen,  besonders 
nach  Konsonanten.  Es  wäre  darum  gar  nicht  unmöglich,  daß 
das  Nebeneinander  von  griech.  2uT6v-6)Lieic  Sandhi-Formen  dar- 
stellte —  die  Erstere  wäre  lautgesetzlich  nach  konsonantischem, 
die  Letztere  nach  vokalischem  Auslaut  und  in  Pausa.  —  In 
anderen  Stellungen  geht  griech.  i  denselben  Weg  wie  c,  d.  h. 
es  wird  zu  h  und  schwindet.  Vgl.  dazu  §  11  Ende. 

15.  Italisch.  Während  der  Übergang  von  c  zu  h  im 
Griechischen  und  Iranischen  noch  nicht  als  Zeichen  einer 
alten  Tendenz  gegen  Rillenbildung  zu  betrachten  ist,  zeigt  das 
ältere  Italische,  das  dem  Germanischen  wieder  um  ein  beträcht- 
liches näher  steht,  eine  unzweideutige  Spur  in  dieser  Richtung 
in  dem  sogenannten  Rhotazismus,  der  sich  im  Umbrischen  und 
Lateinischen,  aber  nicht  im  Oskischen  findet;  die  Stimmhaftigkeit, 
die  eine  Voraussetzung  des  Rhotazismus  ist,  ist  gemeinitalisch, 
hat  aber  mit  der  vorliegenden  Frage  nichts  zu  tun.  Mein  Artikel 
über  'Forchhammers  Akzenttheorie  und  die  germanische  Laut- 
verschiebung' (JEGPh.  11,1)  zeigt,  daß  auch  dieser  Wandel  von 
s  zu.  z  eine  der  Spuren  paralleler  Tendenzen  im  Germanischen 
und  Italischen  ist.  Für  die  Beurteilung  der  Rillentendenz  muß 
aber  darauf  hingewiesen  werden,  daß  uns  das  Oskische  aus 
einer  früheren  Zeit  überliefert  ist  als  das  Umbrische.  Auch 
im  ältesten  Latein  findet  sich  ja  noch  s  für  r.  Die  Verhält- 
nisse sind  ganz  analog  denen  im  Germanischen,  wo  Gotisch 
(und  Urnordisch)  den  Rhotazismus  noch  nicht  mitgemacht  haben. 
Der  Übergang  steht  einerseits  auf  einer  Stufe  mit  der  Verdeut- 
lichung stimmhafter  Spiranten  in  mehreren  Sprachen,  namentlich 
dem  Germanischen,  (z.  B.  6  zu  i,  3  zu  ^,  d  zu  d)  und  zeigt 
zugleich  eine  der  Rillentendenz  entgegengesetzte  Neigung,  denn 
r  ist  der  schärfste  Kontrast  zu  Rillenlauten,  schärfer  noch  als 
die  eigentlichen  Spaltlaute.  Die  gleiche  Neigung  findet  sich  im 
Wandel  von  «r-  zu  fr-  (gegen  griech.  hr-),  den  auch  das  Kel- 
tische mit  Ausnalime  des  Irischen  aufweist.  Indes  läßt  sich 
darin  auch  bloße  Dissimilation,  ohne  irgendwelche  Tendenz  in 
bezug  auf  Rillenbildung,  erblicken,  besonders  wenn  man  berück- 
sichtigt, daß  das  Germanische  (und  Slavische)  in  der  gleichen 
Lautgruppe  -t-  einfügen. 

Starke  Rillentendenz  aber  zeigt  sich  im  Umbrischen  wie 
in  der  späteren   Entwicklung  des  Lateinischen,  und  zwar  im 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  389 

Umbrischen  schon  ein  paar  Jahrhunderte  vor  dem  Lateinischen. 
Allem  Anschein  nach  sind  die  ümbrer  schon  ziemlich  früh  mit 
nicht-indogermanischen  Elementen  durchsetzt  gewesen.  Im  Latei- 
nischen beginnt  der  Übergang  recht  spät,  erst  in  der  Kaiser- 
zeit, als  Rom  schon  Weltreich  geworden  war. 

Solche  Veränderungen  sind  im  Umbrischen:  /  und  d 
zwischen  Vokalen  zu  r,  rs  (jedenfalls  ein  r  mit  Rillenbildung, 
wie  cechisch  r),  k  vor  j  und  Vordervokalen  zu  einem  wahr- 
scheinlich s-artigen  Rillenlaut  (vgl.  Bück  Osc.-Umbr.  Gr.  134), 
g  zu  «",  ti  zu  s,  di  zu  z.  Mit  Ausnahme  des  ersterwähnten 
Falles  entspricht  dies  fast  genau  der  Behandlung  im  Latei- 
nischen: ti  zu  tsi  nimmt  wohl  im  zweiten  Jahrhundert  seinen 
Anfang,  dringt  aber  erst  im  vierten  und  fünften  Jahrhundert 
ganz  durch,  ebenso  di  zu  dzi  (Vorstufe  von  italienisch  mezzo). 
Am  längsten  hält  sich  k  gegen  die  Palatalisierung ;  erst  im 
fünften  oder  sechsten  Jahrhundert  wird  es  zu  ts^  ts,  während 
romanische  Dialekte  wie  das  Logudoresische  auf  Sardinien  noch 
heute  Verschlußlaute  oder  (wie  das  Kastilische)  Spaltlaute  auf- 
weisen. Auch  /  wird  zum  Rillenlaut,  wofür  sich  schon  in  In- 
schriften der  Kaiserzeit  Spuren  finden  wie  Sustus,  Zanwario 
(Sommer  Handbuch,  §  93,2). 

Die  weitere  Entwicklung  gehört  ins  Gebiet  der  roma- 
nischen Sprachen,  mit  denen  ich  mich  in  einem  besonderen 
Artikel  zu  beschäftigen  gedenke. 

16.  Keltisch  steht  in  seinen  ältesten  Formen  sowohl 
wie  in  den  rein  keltischen  Sprachen  neuerer  Zeit  dem  Ger- 
manischen in  bezug  auf  Rillenbildung  fast  gleich.  Doch  während 
es  keine  ausgesprochene  Rillentendenz  besitzt,  setzt  es  Rillen- 
lauten wenigstens  nicht  den  Widerstand  entgegen,  den  wir  im 
Germanischen  finden.  In  wenigen  anderen  Sprachen  zeigen 
überdies  die  Konsonanten  so  starke  Beeinflussungsfähigkeit 
durch  Nachbarlaute  wie  im  Keltischen;  so  unterscheidet  das 
Irische  bei  jedem  Konsonanten  wenigstens  theoretisch  eine 
«■-Farbe,  w-Farbe,  a-Farbe.  Solche  Sprachen  sind  der  geeignete 
Boden,  auf  dem  die  im  Lateinischen  schon  begonnene  Rillen- 
tendenz der  romanischen  Sprachen  weitergreifen  konnte;  auch 
dies  soll  unter  den  romanischen  Sprachen  weiter  behandelt 
werden  und  würde  kaum  in  den  Rahmen  dieser  Arbeit  passen. 


890  E.  Prokosch, 

17.  Bei  einem  Überblick  über  diese  Zusarameusteliung  der 
wichtigsten  Rillenbildungen  in  den  nicht-germanischen  Sprachen 
des  indogermanischen  Sprachstamms  darf  ein  wichtiger  Faktor 
nicht  außer  Rechnung  bleiben:  die  vergleichende  Grammatik 
beschäftigt  sich  vorwiegend  mit  den  ältesten  erreichbaren  Stufen 
der  Einzelsprachen  und  behandelt  dieselben  notgedrungen  als 
mehr  oder  minder  gleichwertig.  Das  bedeutet,  daß  wir  mit- 
einander vergleichen:  das  Altindische  der  zweiten  Hälfte  des 
zweiten  Jahrtausends  vor  Christo,  das  Iranische  vor  und  nach 
der  Mitte  des  ersten  Jahrtausends,  das  Griechische  des  ersten 
Jahrtausends,  das  Italische  der  letzten  Jahrhunderte  vor  Christo, 
das  Germanische,  Armenische,  Slavische  und  Keltische  haupt- 
sächlich aus  der  zweiten  Hälfte  des  ersten  nachchristlichen 
Jahrtausends,  das  Albanesische  und  Baltische  vom  sechzehnten 
Jahrhundert  bis  zur  Jetztzeit.  Unter  diesen  Uständen  muß  es 
wirklich  Wunder  nehmen,  daß  die  in  §  6  behauptete  graduelle 
Verschiedenheit  der  Rillentendenz  je  nach  der  Entfernung  vom 
Germanischen  sich  dennoch  so  klar  darstellt. 

Am  stärksten  ist  sie  im  Iranischen,  Armenischen  und 
Baltisch-Slavischen,  Sprachen,  die  sich  ohne  Zweifel  sehr  früh 
vom  Germanischen  trennten  und  bedeutender  Mischung  unter- 
worfen waren.  Nicht  ganz  so  stark  ist  sie  im  Altindischen, 
teils  durch  die  strenge  Absonderung  des  indogermanischen 
Elements  vom  nicht-indogermanischen,  teils  durch  die  frühe 
Ausbildung  und  den  großen  Einfluß  der  Schriftsprache.  Ähnlich 
wie  im  Altindischen  sind  die  Verhältnisse  im  Litauischen,  aber 
vielleicht  nicht  so  sehr  wegen  seiner  größeren  Nähe  am  ger- 
manischen Gebiet,  als  wegen  der  frühen  Durchsetzung  mit 
Finnen,  deren  Sprache  so  außerordentlich  konservative  Züge 
aufweist.  Gleichfalls  nicht  ganz  durchdrungen  ist  die  Tendenz 
im  Albanesischen,  das  sich  wohl  später  vom  Germanischen 
trennte  und  in  steter  Berührung  mit  anderen  indogermanischen 
Völkern  blieb.  Nur  auf  weniger  wichtige  Punkte  eretreckt  sie 
sich  im  Griechischen;  sehr  spät  dringt  sie  im  Italischen  ein; 
und  nur  als  eine  Art  Prädisponieruug  ist  sie  zu  fühlen  im 
Keltischen. 


18.  Germanisch  bietet  in  bezug  auf  Rillenbildung  ein 
gründlich  anderes  Bild  als  die  übrigen  indogermanischen  Sprachen 


Die  Stabilität  des  germanischen  Konsonantensystems.  391 

mit  Ausnahme  des  Keltischen.  Seine  ^"eigung  zur  Spiranten- 
bildung ist  nicht  geringer,  als  in  anderen  indogermanischen 
Sprachen  —  eher  größer.  Aber  durchgehends  ergeben  sich 
Spaltlaute,  nirgends  auf  rein  germanischem  Gebiete  Rillenlaute. 
Es  sticht  in  dieser  Hinsicht  so  entschieden  von  den  Schwester- 
sprachen ab,  daß  man  vom  phonologischen  Standpunkte  höch- 
stens noch  fragen  kann :  Ist  Bildung  von  Rillenlauten  eine  indo- 
germanische Tendenz,  der  sich  allein  das  Germanische  entzogen 
hat?  Dann  müßten  die  Genuanen  —  soweit  man  phonologische 
Gesichtspunkte  für  die  Beurteilung  einer  anthropologischen  Frage 
überhaupt  gelten  lassen  will  —  das  wenigst  reine  von  allen 
indogermanischen  Völkern  sein,  was  wohl  noch  niemand  be- 
hauptet hat.  Oder  die  Rillentendenz  ist  dem  indogennanischen 
Sprachgeiste  fremd  —  dann  stehen  die  Germanen  und  nach 
ihnen  die  Kelten  der  indogermanischen  Sprache  und  wohl  auch 
Rasse  am  nächsten. 

19.  Nur  eine  Sprachgruppe,  die  noch  als  germanisch  gelten 
muß,  schließt  sich  den  rillenbildenden  Sprachen  an,  das  auf 
altem  Keltenboden  erwachsene  Anglofriesische.  Im  Friesischen 
sind  die  Rillenbildungen  noch  etwas  sporadischer  Xatur,  im 
Englischen  aber  ü'eten  sie  klar  zutage,  k^  g  werden  vor  Yorder- 
vokalen  und  j  palatalisiert,  so  indessen,  daß  nur  das  erstere 
entschiedener  Rillenlaut  wird  (wie  im  Albanesischen) ;  A-  wird 
früh-urenglisch  zu  4  und  dieses  entwickelt  sich  (dialektisch) 
weiter  zur  Affrikata  ä;'x',  und  zu  Anfang  der  historischen  Zeit 
zu  ts  (Bülbring  Elementarbuch  493  ff.).  Ich  bin  mit  den  Ver- 
hältnissen nicht  hinlänglich  vertraut,  um  die  geringere  Neigung 
des  Nordhumbrischen  zur  Rillenbildung  beurteilen  zu  können. 
Kaum  irgendwo  finden  sich  so  klare  Zeugnisse  der  fortdauernden 
Tendenz  zur  Rillenbildung  wie  im  Englischen,  bei  dem  der 
Übergang,  z.  B.  von  t  zu  j  Gleitlaut  mit  Rille  fast  zwingend 
erfordert.  Weil  die  Sache  für  die  'Rillentendenz'  so  außer- 
ordentlich charakteristisch  ist,  kann  ich  mich  nicht  enthalten, 
hier  ausnahmsweise  auf  heutige  Verhältaisse  einzugehen  durch 
Abdruck  einer  Stelle  aus  Smarts  Einleitung  zu  Walker's  Pro- 
nouncing  Dictionarj  of  the  English  Language  (1838 — 65),  zitiert 
von  Storm  Englische  Philologie  ^  380: 

"Let  any  English  mouth  fluently  pronounce  the  phrase 
*I'll  meet  you'  without  accent  or  emphasis  on  you,  and  there 
will  be  heard,  in  the  transition  from  the  t  in  meet.,  to  the  j  in 


392  E.  Prokosch, 

you^  a  slight  interposed  sound  of  sh.  So  likewise  in  saying: 
'Would  you  favor  me?'  there  will  be  heard,  in  the  transition 
from  the  d  in  would  to  the  j  in  yow,  an  interposed  sound  of 
the  Tocal  sh  {z  in  pleasure).  It  would  indeed  be  possible  to 
prevent  the  intrusion,  but  what  the  Speaker  would  gain  in 
accuracj,  he  would  lose  in  ease  and  fluency  of  transition.  So 
likewise  it  is  possible  to  preserve  the  pure  sound  on  the  t  and 
d  in  nature  and  verdure;  yet  nothing  is  more  certain  than  that 
they  are  not  preserved  pure  by  the  best  and  most  careful 
Speakers;  and  the  t  and  d  being  converted,  or  almost  converted, 
into  ts  and  d^,  the  j  which  enters  into  the  composition  of 
ü  =  jM,  is  absorbed  by  (or  perhaps  it  should  be  said,  enters 
into  the  composition  of)  the  new  formed  element." 

Es  ist  bei  der  ethnologischen  Struktur  des  amerikanischen 
Volkes  interessant,  daß  gerade  hier  die  Aussprache  ne.tjür 
wieder  stark  in  den  Vordergrund  gedrängt  wird,  wenngleich 
man  vorläufig  diese  Aussprache  (die  Ellis  EEP.  1162  'pedanti- 
cally  abnormal')  nennt,  heute  noch  ruhig  als  affektiert  bezeichnen 
kann.  —  Charakteristisch  ist  auch,  daß  Norddeutschen  und 
Skandinaviern  das  englische  j  —  d'z  wegen  der  Rillenbildung 
Schwierigkeiten  bereitet;  man  hört  namentlich  bei  den  ersteren 
konstant  die  Aussprache  mit/  statt  d'zmv  Anlaut.  —  Im  Gegen- 
satze dazu  sei  auf  die  Aussprache  des  d  durch  Deutsche  einer- 
seits und  durch  Romanen  und  Slaven  andrerseits  hingewiesen : 
während  die  ersteren  (/  zu  substituieren  pflegen  (die  Substitution 
von  z  im  Munde  gebildeter  Deutscher  ist  künstlich,  nicht  natür- 
liche Tendenz),  sprechen  die  letzteren  meist  2,  also  einen  Rillen- 
laut statt  eines  Spaltlautes. 

Einzelfälle  von  Rillenbildung  mögen  —  außer  bei  dem 
im  folgenden  Paragraph  zu  erwähnenden  ahd.  f  aus  t  —  noch 
vorliegen  in  dem  ostnorwegischen  und  schwedischen  Laut  des 
k  in  Idrhe  usw.,  und  der  gelegentlichen  west-mitteldeutschen 
Aussprache  des  /cÄ-Lautes  mit  Annäherung  an  h.  Bei  beiden 
bin  ich  nicht  sicher,  ob  überhaupt  eine  Rille,  wenn  auch  eine 
sehr  flache,  gebildet  wird,  oder  es  sich  bloß  um  starke  Mouil- 
lierung handelt,  die  oft  einen  ähnlichen  akustischen  Eindruck 
macht.  —  Es  ist  übrigens  auffällig,  daß  unter  allen  indoger- 
manischen Sprachen  (soweit  mir  bekannt)  nur  Deutsch  und 
Skandinavisch  einen  icÄ-Laut,  also  einen  vorderpalatalen  stimm- 
losen Spaltlaut  besitzen  (von  gelegentlicher  Assimilation,   wie 


Die  Stabilität  des  gennanischen  Konsonantensystems.  393 

etwa  engl,  km^  human  muß  man  wohl  absehen)  und  auch  der 
entsprechende  stimmhafte  Laut  j  relativ  selten  ist.  Die  nicht- 
germanischen Sprachen  gebrauchen  an  dieser  Artikulationsstelle 
eben  den  Rillenlaut. 

20.  Die  Lautverschiebungen.  Wir  fassen  die  zahl- 
reichen Spirantenbildungen  des  Germanischen  als  einen  Teil 
der  beiden  Lautverschiebungen  zusammen.  Die  wohl  allgemein 
anerkannte  Ursache  der  Bildung  der  germanischen  stimmlosen 
Spiranten  ist  Verstärkung  des  Atemdruckes  und  infolgedessen 
Sprengung  des  Verschlusses,  die  zunächst  zur  Affrikata,  im 
weiteren  Verlaufe  zur  Spirans  führt.  Dieser  Prozeß  ist  in  der 
ersten  Lautverschiebung  konsequent  durchgeführt:  überall  er- 
geben sich  Spaltlaute,  nämlich  /",  p,  x- 

Die  phonetische  Erklärung  der  Entstehung  der  stimm- 
haften Spiranten  aus  aspirierten  Medien  oder  stimmlosen  Tenues 
gehört  nicht  hierher;  nicht  zu  übersehen  ist  aber,  daß  das 
gleichzeitig  entstehende  z  aus  s  die  Rillenform  aufgibt,  wie  im 
Italischen,  und  zu  r  wird,  das  entschiedene  Konvexform  der 
Zunge  erfordert.  Die  Erklärung  des  Grundes,  weshalb  nur  2, 
nicht  auch  8  die  Rillenform  aufgab,  gehört  zur  Besprechung 
der  vierten  in  §  3  erwähnten  Grundtatsache,  der  phonetischen 
Einheitlichkeit  der  germanischen  Konsonantenentwicklung,  und 
wird  dort  seinerzeit  erörtert  werden. 

Die  zweite  Lautverschiebung  beginnt  mit  der  gleichen 
Tendenz  wie  die  erste,  kräftigem  Atemdruck.  Aber  sie  unter- 
scheidet sich  von  der  ersten  nach  zwei  Richtungen:  es  tritt 
eine  Hemmung  ein,  die  sich  nicht  anders  als  durch  Aufhören 
der  Ursache  erklären  läßt,  sodaß  die  Entwicklung  in  gewissen 
Stellungen  nur  bis  zur  Affrikata  geht.  Selbst  von  da  aus  tritt 
teilweise  eine  Rückbildung  zum  einfachen  Verschlußlaut  ein; 
bei  den  Dentalen  aber  erfolgt  diese  nicht,  denn  da  war  eine 
andere  Tendenz  stützend  eingetreten :  sie  hatten  sich  nicht, 
wie  bei  der  ersten  Lautverschiebung,  zu  Spaltlauten,  sondern 
zu  Rillenlauten  entwickelt  (zum  Teil  zu  Affrikaten  mit  Rillen- 
form im  zweiten  Element).  Ich  bin  natürlich  nicht  imstande, 
den  Unterschied  zwischen  ahd.  mhd.  3  und  s  zu  erschließen, 
möchte  aber  nach  Analogie  sonstiger  Rillenbildungen  der  herr- 
schenden Ansicht  (PBrB.  1,  168  f.)  beitreten,  daß  das  erstere 
ursprünglich  dem  /-Laut  immerhin  nicht  sehr  fem  stand.  Das 
würde  bedeuten,   daß   es  alveolar  mit  sehr  flacher  Rinne  ge- 


394  F.  Knauer, 

sprochen  wurde,  die  sich  bei  Fortdauer  der  Tendenz  verengerte, 
sodaß  sich  g  zu  s  entwickelte. 

Diese  Verschiebung  der  Dentalen  zu  ßillenlauten  erstreckte 
sich  über  den  größten  Teil  jenes  deutschen  Sprachgebietes,  wo 
einst  Kelten  gewohnt  hatten.  Die  einzigen  Fälle  der  Rillen- 
bildung im  Germanischen  —  anglo-friesisch  und  hochdeutsche 
Lautverschiebung   —   finden  sich  also  auf  altem  Keltenbodeu. 

Austin,  Texas.  E.  Pro  kos  eh. 


Zur  Rush-¥r&ge. 

In  dieser  Frage  habe  ich  gegenüber  der  normannistischen 
Schule  eine  neue  Position  eingenommen.  Man  sollte  meinen, 
daß  eine  solche,  die  schon  durch  sich  selbst  eine  alte  aufhebt, 
bloß  auf  ihre  eigene  Festigkeit  hin  zu  prüfen  sei  ohne  Rück- 
sicht auf  die  alte ;  es  scheint  jedoch,  daß  wenn  die  neue  aner- 
kannt werden  soll,  zuvor  die  alte  erschüttert  werden  muß  ohne 
Bezugnahme  auf  die  neue.  Daran  mußte  ich  unwillkürlich  denken, 
als  ich  eine  anerkennende,  doch  auch  kritisch  gehaltene  Be- 
sprechung meiner  beiden  Abhandlungen  über  den  Ursprung  des 
russischen  Nationalnamen  und  die  indogermanische  Urheimat 
von  Gregor  v.  Glasenapp  las,  die  im  Märzheft  des  Jahres  19i;j 
in  der  von  Mag.  Alexander  Eggers  in  Reval  herausgegebenen 
"Deutschen  Monatsschrift  für  Rußland",  einer  populären  Zeit- 
schrift, erschienen  ist.  So  sei  denn  als  Ergänzung  zu  meinem 
Artikel  in  IF.  1912,  31,  67—88  das  folgende  nachgetragen. 

Vier  Punkte  sind  es  vor  allem,  die  die  normannistische 
Schule  ins  Feld  führt  und  die  mit  ihr  auch  Gregor  v.  Glasenapp 
entgegenhält,  die  jedoch  in  meinen  Augen  nur  einen  einge- 
schränkten Wert  besitzen :  1.  Nestors  Zeugnis,  2.  finnisch  Äwotef, 
3.  Beanstandung  einer  Folgerung  ex  silentio  und  4.  die  einstigen 
doppelsprachigen  Namen  der  Dnjeprstromschnellen.  Zur  Orien- 
tierung verweise  ich  auf  Villi.  Thomsen  "Der  Ui-sprung  des  rus- 
sischen Staates",  übersetzt  von  Bornemann,  Gotha  1879.  Die 
einschlägige  Literatur  ist  groß;  doch  verlange  ich  vom  Leser 
zunächst  nur  die  Kenntnis  dieses  kleinen,  aber  inhaltsreichen 
Werkes,  ohne  welche  ihm  meine  Einwände  lückenhaft  erscheinen 
müssen.   Es  führt  trefflich  ein,  wägt  sine  ira  et  studio  ab,  bringt 


Zur  i?MÄ» -Frage.  395 

selbst  viel  neues  und  wirkt  abschließend;   es  ist  in  Form  wie 
Inhalt  ein  Meisterstück   der  normannistischen  Schule,   das  ihr 
zum  Siege  verholten  hat  bis  auf  den  heutigen  Tag.    Der  Haupt- 
teil desselben  bewegt  sich  um  die  Frage  nach  der  Nationalität 
der  Waräger,  zu  der  die  Frage  nach  dem  Ursprung  des  rus- 
sischen  Nationalnamen    nur   einen   untergeordneten   Xebenteil 
büdet.    Erstere  nannte  ich  kurz  die  Warägerfrage,  letztere  die 
ßus&frage.    In  jener  bin   ich  Anhänger  der  normannistischen 
Lehre,  in  dieser  Gegner.  Hier  interessiert  uns  nur  die  Eusifrage. 
Zu  1.    Nach  der  gewöhnlich  (wenn  auch  fälschlich)  unter 
dem    Namen    Nestors    gehenden    altrussischen    Chronik    sind 
nicht    nur    die    Waräger    selbst,    sondern    auch    ihr    Spezial- 
name  Riish  skandinavisch-schwedischer,  also  germanischer  Her- 
kunft.   Die  Antinormannisten,   deren  slavischen  Ursprung  ver- 
teidigend, verwerfen  dies  Zeugnis  in  beiden  Teilen  ohne  ge- 
nügenden Gegenbeweis,  während  die  Normannisten  es  in  vollem 
Umfang  gutheißen  und  allseitig  zu  stützen  suchen,  andere  Mög- 
lichkeiten abweisend  und  keine  Scheidung  zulassend.    Ich  sehe 
darin  Wahrheit  und  Dichtung,  Wahrheit  hinsichtlich  der  Natio- 
nalität der  Waräger,  Dichtung  bezüglich  der  Erklärung  des  Volks- 
namens der  slavischen  Russen  aus  dem  Germanischen,  nehme 
also  an,  daß  Nestor  in  letzterem  Fall  sich  getäuscht  hat.    Ich 
tue  das  auf  Grund  von  Erwägungen,  deren  Gewicht  nicht  leicht 
genommen  werden  sollte.    Erstens  beruht  Nestors  Bericht  auf 
mündlicher  Tradition.  Werden  mündliche  Traditionen  schon  schief 
beim  Großvater,  so  gibt  es  keine  reine  von  Geschlecht  zu  Ge- 
schlecht,  von  Volk  zu  Volk,   die  sich  auf  Jahrhunderte  bezieht 
wie  Nestors  Angabe.    Man  darf  sie  daher  nicht  behandeln  wie 
beglaubigte  schriftliche  Dokumente  und  hat  sie  auf  innere  Kri- 
terien hin  zu  prüfen,  vreun  äußere  fehlen.    Dasselbe  gilt  von 
schriftlichen  Quellen,  die  etwa  in  unserer  Frage  vorhanden  waren 
und  von  Nestor  benützt  worden  sein  könnten,  da  ja  auch  sie  nur 
der  Ausfluß  längerer  mündlicher  Überlieferung  wären.    Handelt 
es  sich  nun  um  innere  Wahrscheinlichkeit  oder  Unwahrschein- 
lichkeit,  so  müssen  wir  in  der  Namenfrage  ganz  besonders  miß- 
trauisch sein.    Denn  zweitens  entstehen  Yolksnamen  allmählich 
und  lassen  sich  kaum  nach  Jahrhunderten,  geschweige  denn  wie 
Personennamen  nach  Jahren  datieren.    Nach  Nestor  traten  die 
germanischen  Rush,  die  dem  von  ihnen  beherrschten  slavischen 
Volke  ihren  Namen  gegeben  haben  sollen,  um  862  zum  erstenmal 


396  F.  Knauer, 

in  die  Geschichte.  Nimmt  man  ihn  wörtlich,  so  war  auch  der 
Name  Bush  vor  dieser  Zeit  unbekannt.  Das  ist  ein  Irrtum ;  denn 
die  Busb  sind  geschichtlich  als  Rhös  schon  838 — 839  bezeugt 
(vgl.  w.  u.).  Haben  sie  schon  damals,  wie  sicher  anzunehmen 
ist,  über  das  slavische  Volk  in  Rußland  geherrscht,  so  muß  auch 
der  slavische  Volksname  Riisb,  der  sich  von  Rhös  nicht  trennen 
läßt,  schon  längst  vor  862  bestanden  haben.  Es  fragt  sich  also 
nur,  ob  Rusb  von  Rhös  oder  Rhös  von  Rush  stammt,  was  auf 
die  Frage  hinausläuft,  ob  das  slavische  Rusb  skandinavisch- 
finnischen Ursprungs  ist,  wie  die  Normannisten  glauben,  oder 
slavischen,  wie  ich  hier  mit  den  Antinormannisten  denke.  Drittens 
stammen  die  ältesten  Handschriften  von  Nestors  Chronik  ei*st 
aus  dem  vierzehnten  Jahrhundert  und  "jeder  Abschreiber  hat 
nach  Belieben  im  Texte  Änderungen  und  Zusätze  gemacht" 
(Thomson  S.  14),  so  daß  die  gegebene  Namenerkläruug  als  sichere 
weder  Nestor  noch  einem  seiner  Vorgänger,  sondern  auch  einer 
weit  späteren  Zeit  zugeschrieben  werden  kann.  Von  Avem  sie 
auch  herrühren  mag,  wichtiger  ist  viertens,  daß  der  Chroniksatz 
"denn  wie  diese  Waräger  sich  Russen  nannten  (hießen),  so  nennen 
sich  (heißen)  andere  Swieen  und  noch  andere  Normannen,  Angeln, 
andere  Goten"  (nach  Kunik  "Die  Berufung  der  schwedischen 
Rodsen",  St.  Petersburg  1844  ,Abt.  I,  S.  1)  —  in  AVirklichkeit  bloß 
ein  erläuternder  Zusatz  ist  zu  den  Worten  "sie  gingen  über  das 
Meer  zu  den  Waräger-Russen".  Er  bildet  eine  sachlich  über- 
flüssige Parenthese,  da  mit  'Waräger-Russen*,  d.  h.  Waräger,  die 
Russen  waren  oder  hießen,  im  Grunde  schon  dasselbe  gesagt 
war.  Er  enthält  eine  abschweifende  Verdeutlichung,  wie  sie 
einer  ruhig  und  fortschreitend  erzählenden  Chronik  nicht  ange- 
messen ist.  Ich  bin  daher  fünftens  geneigt,  in  ihm  bloß  einen 
Gelehrtenzusatz  zu  erblicken,  der  grübelndem  Nachdenken  sein 
Dasein  verdankt  und  auf  gar  keiner  fortlaufenden  Geschlechts- 
oder Volkstradition  beruht.  Er  mochte  der  gleichen  Folgerung 
entsprungen  sein,  wie  sie  die  Anhänger  der  skandinavischen 
Theorie  anstellen,  nämlich,  daß  wenn  die  Rhös  Germanen  waren, 
auch  ihr  Name  germanischen  Ursprungs  sein  müsse,  ein  Trug- 
schluß, vor  dem  nicht  genug  gewarnt  werden  kann.  Sind  die 
vorstehenden  Erwägungen  nicht  hinreichend,  Nestors  Autorität 
in  allem  in  Zweifel  zu  .setzen,  wie  die  Antinormannisten  tun, 
80  doch  einzuschränken.  Anders  als  beim  Namen  liegt  die  Sache 
in  der  Nationalitätsfrage  der  Waräger.    Weder  Nestor  noch  sonst 


Zur  Bush-Frage.  397 

ein  Slave  hätte  auf  den  Gedanken  verfallen  können,  die  "Waräger, 
die  den  russisch-slavischen  Staat  gegründet  haben,  seien  schwe- 
dische Skandinaven  oder  überhaupt  germanische  Xordmänner 
gewesen,  wenn  es  ihm  nicht  eine  sichere  Tradition  vorgesagt 
hätte,  ohne  -welche  ihm  der  slavische  Ursprung  der  Waräger  als 
natürlicher  und  selbstverständlicher  erschienen  wäre.  Diese  Seite 
der  Tradition  spricht  also  schon  für  sich  allein;  sie  trägt  den 
Stempel  innerer  "Wahrhaftigkeit  an  sich  und  würde  überzeugend 
bleiben,  auch  wenn  sie  nicht  noch  linguistisch  und  historisch 
bestätigt  werden  könnte.  Der  spezielle  Xame  Rusb^Bhös  dagegen 
kann  bloß  das  slavische  Kleid  der  "Waräger  sein  und  braucht 
nicht  aus  ihrer  germanischen  Nationalität  zu  resultieren.  "Ich 
betrachte  es  deshalb",  betont  der  kühl  abwägende  Normannist 
Thomsen  S.  94,  "als  einen  großen  Mißgriff  der  Anhänger  der 
nomiannistischen  Schule,  daß  sie  sozusagen  Pulver  und  Schrot 
verschAvenden  mit  dem  Bemühen,  Spuren  eines  skandinavischen 
oder  germanischen  Stammes  zu  finden,  von  dessen  nationaler 
Benennung  der  Name  Russen  direkt  herstammen  könnte".  Das 
'deshalb'  ist  bei  ihm  freilich  anders  motiviert,  als  es  in  unserem 
Zusammenhang  erscheint.  Er  meint  nämlich,  daß  weder  die 
alten  Russen  [=  Waräger]  noch  ein  anderer  skandinavischer 
Stamm  sich  selber  Russen  nannten,  so  vielmehr  nur  von  anderen 
Yölkem  im  Osten  nach  finnischem  Vorgänge  genannt  wurden, 
ähnlich  wie  die  Deutschen  von  anderen  nach  keltischem  Gepräge 
den  Namen  Germani  erhalten  haben.  Diese  Ansicht  des  be- 
rühmten Gelehrten,  die  er  im  Gegensatz  zur  normannistischen 
Lehre  durch  Vergleiche  annehmbar  zu  machen  sucht,  ließe  sich 
nur  dann  stützen,  wenn  nicht  auch  die  Slaven  selbst  Rusi  =  Rhös 
heißen  würden,  wenn  also  nicht  zwei  verschiedene  Völker  ein 
und  denselben  Namen  trügen.  So  etwas  konnte  nur  bei  enger 
politischer  Verschmelzung  eintreten,  wobei  der  eine  Teil  den 
Namen  des  anderen  überkam  und  dann  beide  Teile  sich  gleicher- 
weise benennen  konnten.  Außerdem  kann  man  sich,  von  Nestor 
ganz  abgesehen,  auf  Prudentius  von  Troyes  berufen,  der  in  den 
Bertinischen  Annalen  unter  dem  Jahre  839  von  einigen  Be- 
gleitern der  griechischen  Gesandten  des  byzantinischen  Kaisers 
Theophilus  zu  Ludwig  dem  Frommen  berichtet,  *sie  sagten,  daß 
sie,  d.  i.  ihr  Volk,  Rhös  heiße'  (misit  etiam  cum  eis  quosdam 
qui  se,  id  est  gentem  suam,  Rhos  vocari  dicebant,  s.  Th.  p.  43). 
Nach  Thomsen  folgt  daraus  nur,  daß  sie  Rhös  von  anderen  ge- 


398  F.  Knauer, 

nannt  wurden,  nicht  aber,  daß  sie  auch  sich  selbst  so  bezeich- 
neten. Mag  man  das  vocari  pressen,  in  suam  und  der  ganzen 
Ausdrucksweise  liegt  aber  zweifelsohne  auch  eine  Selbstbezeich- 
nung. Zwischen  Thomsen  und  seinen  normannistischen  Gegnern, 
die  in  der  angezogenen  Stelle  mit  Recht  eine  Selbstbenennung 
erkennen,  aber  den  falschen  Schluß  daraus  ziehen,  daß  dann 
auch  der  Name  Rhös  wie  das  Volk,  das  ihn  trägt,  germanisch- 
schwedischer Herkunft  sei,  möchte  ich  dahin  vermitteln,  daß 
ich  sage:  die  Rhös,  die  national  zu  den  Skandinaven  gehörten, 
aus  Skandinavien  oder  sonstwo  aus  dem  Norden  in  Rußland 
eingedrungen  und  dort  bereits  um  839  als  herrschender  Yolks- 
teil  ansässig  waren,  haben  bei  ihrem  engen  Zusammenleben  mit 
den  Slaven  deren  slavischen  Namen  Rush  (aus  *Rqsh,  *'ro?)sä)  in 
Form  von  Rhös  angenommen,  weshalb  die  Rhös  der  Bertinischen 
Annalen,  die  ja  aus  Rußland  gekommen  waren,  mit  Fug  und 
Recht  sich  selbst  auch  so  nennen  konnten,  wie  sie  von  anderen 
genannt  wurden.  Nicht  also  folgt  aus  der  Selbstbezeichnung 
Rhös,  daß  sie  Slaven  waren  (gegen  die  Antinormannisten),  noch 
daß  ihr  Name  germanischer  Herkunft  ist  (gegen  die  Norman- 
nisten), wie  auch  aus  der  Nichtselbstbenennuug  nicht  folgen 
würde,  daß  die  Slaven  ihren  Namen  Rusb  von  auswärts  erhielten 
(gegen  Thomsen)  und  ihn  nicht  vielmehr  selbst  aus  dem  Schatz 
ihrer  eigenen  Sprache  geschöpft  hätten  (meine  Meinung).  Man 
scheide  also  stets  streng  zwischen  Volk  und  seinem  Namen. 
Beide  können  ebenso  verschiedenen  wie  gleichen  Ursprungs  sein, 
wofür  wir  in  beider  Hinsicht  zahlreiche  Beispiele  haben.  Ich 
kann  in  diesem  Punkt  der  normannistischen  Lehre  kein  Vor- 
recht einräumen  und  beanspiiiche  für  meine  das  gleiche  Recht 
*Der  gewichtigste  Grund  der  Antinormannisten',  sagt  Thomsen 
S.  94  in  anerkennenswerter  Offenheit,  "liegt  in  dem  Namen  Russen 
selbst;  und  wir  müssen  gestehen,  daß  die  Verfechter  der  auch 
von  uns  vertretenen  Theorie  bisher  nicht  im  Stande  gewesen 
sind,  die  mit  diesem  Namen  verknüpften  Schwierigkeiten  auf- 
zuklären". Warum  er  trotzdem,  obschon  mit  einer  gewissen  Unent- 
schlossenheit,  an  der  skandinavischen  Ableitung  dieses  Namens 
festhält,  wird  aus  dem  folgenden  ersichtlich.  Wie  steht  es  nun 
mit  dieser  Ableitung? 

Zu  2.  Nach  der  normannistischen  Anscliauung  stammt 
das  slav.  Rtish,  vermittelt  durch  finn.  Ruossiy  vom  finn.  Rmtsi 
'Schweden*  als  Volk  und  Land  =  estn.  Rötsi^  Röts^  liv.  RuotM, 


Zur  i?M»»-Frage.  399 

Rüotsli^  und  dieses  allgemein  nordfinnische  Wort  vom  schwed. 
Röds  in  der  Bedeutung  'Ruderer,  Seefahrer'.  Allseitig  begründet 
ist  sie  von  Kunik  und  weiter  gestützt  durch  Thomsen  in  ihren 
bereits  erwähnten  Werken.  Drehte  sich  bei  der  Ableitung  Riish 
aus  Ruotsi  die  Kernfrage  bloß  um  die  Angleich ung  des  t  an  8, 
wonach  also  finn.  Ruotsi  zu  finn.  Ruossi,  Ruosi  und  dieses  zu 
slav.  Rtish  werden  konnte,  so  kämen  wir  bald  vorwärts.  An 
sich  ist  diese  regressive  Assimilation  in  beiden  Sprachen  mög- 
lich, so  daß  man  für  slav.  Rusi  nicht  einmal  eine  finnische 
Übergangsform  Ruossi  vorauszusetzen  brauchte,  sondern  es  auch 
direkt  aus  Ruotsi  ableiten  könnte;  doch  haben  wir  hiefür  im 
Russischen  kein  sicheres  Beispiel  {pyciiü  'dunkelblond,  hell- 
braun' darf  nicht  angezogen  werden);  auffallend  aber  bleibt 
immerhin,  daß  finn.  Ruossi  aus  Ruotsi  nach  Kunik,  der  weit 
herumgefragt  hat,  nur  in  dem  Landstrich  bei  Wiburg  vor- 
kommt, also  bloß  in  einem  kleinen  Winkel  der  gesamten  großen 
nordfinnischen  Sprachgruppe  incl.  Estnisch,  Livisch  und  Lappisch. 
Kunik  hat  es  sich  noch  besonders  angelegen  sein  lassen,  auch 
speziell  im  Estnischen  ein  Rössi  {Rösi,  Rös)  aus  Rötsi  {Rots) 
nachzuweisen  und  hat  keins  gefunden.  Meines  Wissens  blieb  es 
auch  bis  auf  den  heutigen  Tag  unentdeckt.  Fände  es  sich 
trotzdem  noch,  so  müßte  estn.  Rössi  wie  finn.  Ruossi  außerdem 
noch  vor  862  datiert  werden,  da  beide  ja  das  slav.  Rusb  ver- 
anlaßt haben  sollen  und  dieses  nach  Nestor  schon  seit  dieser 
Zeit  bestand,  nach  den  Bertinischen  Annalen  sogar  noch  früher, 
wie  wir  oben  gesehen  haben;  ein  Übergang  von  Ruotsi — Rots 
in  Ruossi — Rös  in  späterer  Zeit  würde  also  für  slav.  Rusi  nichts 
abgeworfen  haben  und  somit  auch  nichts  beweisen.  Wollen  wir 
immerhin  diesem  Lautumstand  keine  entscheidende  Bedeutung 
beimessen,  so  haben  wir  doch  Grund  genug,  an  ihm  nicht 
gleichgiltig  vorbeizugehen.  Daß  altschwedisches  geschlossenes  ö 
zu  estn.  ö,  finn.  und  liv.  uo  und  dieses  zu  slav.  u  werden  konnte, 
wäre  ein  durchaus  naturgemäßer  Lautübergang.  Auch  ließe  sich 
das  r  unseres  Wortes  für  alle  Sprachgruppen,  die  germanische, 
finnische  und  slavische,  als  das  ursprünglich  gleiche  ansetzen. 
Besonders  ernste  Schwierigkeiten  dagegen  bereitet  das  8  in 
Rmtsi — Rots— Röds.  Bei  der  gegebenen  Etymologie  muß  es 
Genetivzeichen  sein,  das  sich  aus  Zusammensetzungen  wie  Rods- 
karlar  oder  Rods-mmn  'Ruderleute,  Seefahrer'  erklären  würde. 
Die  Finnen  hätten  dann  nur  den  ersten  Teil  des  Kompositums 


^00  F.  Knauer, 

festgehalten,  also  etwa  ein  ursprüngliches  Ruotsalainen  in  Ruotsi 
verkürzt,  wobei  sie  demnach  den  zweiten  Teil  des  notwendig 
vorauszusetzenden  schwedischen  Kompositums  -karlar  oder 
-menn  gar  nicht  in  den  Mund  genommen  hätten.  Die  Annahme, 
ein  Genetiv  Singularis  habe  den  Stamm  für  den  Namen  abge- 
geben, erscheint  so  sonderbar,  daß  sie  Kunik  schließlich  mit 
veranlaßt  hat,  seine  Ableitung  aus  dem  Skandinavischen  ganz 
zu  opfern  und  dafür  eine  aus  dem  Gotischen  vorzuschlagen, 
die  sich  lautlich  freilich  auch  nicht  halten  läßt.  Thomsen  sucht 
die  alte  zu  retten,  indem  er  ein  Beispiel  —  das  einzige?  — 
anführt  wie  finn.  riksi  'schwedischer  Keichstaler*  für  schwed. 
riks-dalar^  ohne  übrigens  das  Bedenkliche  solcher  Erklärung  zu 
verkennen.  Dazu  kommt  meiner  Ansicht  nach  vielleicht  noch 
das  Schlimmste,  daß  nämlich  Röds  als  Gen.  Sing,  ein  Abstraktum 
sein,  also  etwa  Rods-menn  ursprünglich  'Ruderungs-  oder  Schiff- 
fahrtsleute' statt  'Ruder-  oder  Schiffsleute'  bedeuten  soll;  die 
Finnen  hätten  dann  unter  Weglassung  des  zweiten  Komposi- 
tumsteils das  Abstraktum  in  ein  Konkretum  verwandelt,  dem 
ein  Monstrum  von  Kompositum  aus  einem  schwed.  Röds  in 
auch  ihnen  noch  verständlicher  appellativer  Bedeutung  und  einem 
eigenen  finnischen  Appellativum  etwa  lainen^  da  ja  karlar  oder 
menn  nicht  mit  herübergenommen  sein  soll,  zeitlich  voran- 
gegangen wäre.  Ich  bezweifle  durchaus  die  Natürlichkeit  ähn- 
licher Sprachvorgänge.  Wohl  meint  Thomsen  (S.  100  Anm.): 
"Im  nördlichen  Norwegen  bezeichnet  noch  Rössfolk  {Rörs-  oder 
Röds-folk)  Fischer,  die  sich  während  der  Fischzeit  an  der 
Küste  versammeln;  Singular  dazu  ist  i?dss-Ä*ar  oder -waw".  Aber 
einmal  sind  ja  hier  beide  Kompositumsteile  skandinavisch  und 
sodann  hat  sich  diese  Bezeichnung,  ihre  vorübergehende,  zeit- 
weilige, zufällige  appellative  Bedeutung  wahrend,  zu  keinem 
Volks-  oder  Stammnamen  verdichtet.  Das  höchst  Erzwungene 
in  der  Laut-  und  Formenerklärung  der  Normannisten  geht  auch 
aus  den  folgenden  Bemerkungen  Kuniks  hervor  (S.  89  ff.) :  "Die 
Esten  haben  für  die  Schweden  fast  denselben  Namen,  welchen 
die  aus  der  mittleren  Wolgagegend  nach  Ungarn  eingewanderten 
finnischen  Magyaren  den  slavischen  Russen  von  jeher  gaben. 
Es  heißt  nämlich  der  Russe  bei  den  Magyaren  mit  einem 
orientalisch-euphonischen  Anlaut  oroi^z  (lies  ora*«  mit  mehr  ge- 
dehntem als  kurzem  Vokal).  Gleich  wie  die  unter  Oleg  bei 
Kiew  vorbeiziehenden  Magyaren   die  Russen  nach  einer  Form 


Zur  i?M«»-Frage.  401 

benennen,  die  ursprünglicher  als  das  finnisch-slavisciie  Riisb 
ist,  so  haben  auch  offenbar  die  Esten  unmittelbar  aus  dem 
Munde  der  Schweden  vernommen,  wie  diese  sich  selbst  nannten." 
Wäre  das  nicht  die  Frucht  einer  vorgefaßten  Meinung,  so  müßte 
man  über  den  geringen  Scharfsinn  staunen,  den  Kunik  hier 
im  Gegensatz  zu  sonst  offenbart.  Klingt  schon  das  'fast'  schlecht, 
so  will  das  'den  slavischen  Russen  von  jeher*  wenig  zu  seiner 
Theorie  stimmen,  und  das  'ursprünglicher'  schlägt  ihr  direkt 
ins  Gesicht.  Die  Voraussetzung  war  lautlich :  slav.  Ritsi  ist  ver- 
mittelt durch  das  vereinzelt  vorkommende  finn.  Ruossi  aus  all- 
gemeinem Riiotsi  von  schwed.  Röds ;  historisch :  die  slavischen 
Russen  haben  ihren  Xationalnamen  von  den  Schweden  durch 
Yermittlung  der  Nordfinnen  erhalten.  Jetzt  muß  angenommen 
werden  lautlich :  die  Ostfinnen  haben  ihr  urus.  oros,  magy.  orosz 
direkt  aus  schwed.  Röds^  also  unvermittelt  durch  nordfinn.  Ruofsi. 
gebildet  und  zwar  lange  bevor  letzteres  zu  finn.  Rtwssi  und 
slav.  Rusi  geworden ;  historisch :  die  Ostfinnen  standen  wie  die 
Nordfinnen  in  unmittelbarer  Berührung  mit  den  Schweden, 
hörten  von  diesen  *Röds'  und  übertrugen  es  in  eigener  Laut- 
form auf  ihren  slavischen  Nachbar.  Es  fehlt  nur  noch  der 
Schluß :  die  slavischen  Russen  haben  ihren  Yolksnamen  keines- 
wegs durch  die  Nord-,  sondern  durch  die  Ostfinnen  erhalten. 
Und  doch  ist  ganz  klar,  daß  lautlich  das  ostfinnische  urus,  oros, 
magy.  orosz  einfach  dem  slavischen  Rus^  nachgebildet  ist  und 
daß  in  solchem  Fall  historisch  die  Ostfinnen  das  slavische  Volk 
und  Land  unter  dem  Namen  Ri(Sh  schon  vor  und  wohl  schon 
lange  vor  der  Gründung  des  russischen  Staates  durch  die  nor- 
mannischen Waräger  um  862  gekannt  haben  müssen.  Es  hat 
doch  alle  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  daß  die  Magyaren,  die 
sich  schon  gegen  Ende  des  9.  Jahrhunderts  in  Ungarn  fest- 
setzten, nicht  zum  ersten  mal  etwas  von  dem  slavisch-russischen 
Volke  gehört  haben,  als  sie  unter  Oleg  (879—912),  dem  Nach- 
folger Ruriks  (862—879),  des  Begründers  des  russischen  Staates, 
an  Kiew  vorbeizogen,  sondern  von  demselben  auch  schon  an 
der  Wolga,  wie  ihre  dortigen  Stammesbrüder,  gewußt  haben 
und  zwar  eben  unter  dem  Namen  Riish  =  orosz,  oros,  tirus\  in 
diesem  Sinne  nehme  ich  das  Kuniksche  'von  jeher'  gern  an. 
Es  bleibt  fest:  ostfinn.  urtis — oros — orosz  hat  nichts  mit  nord- 
finn. Ruotsi — Ruossi  zu  tun,  ist  als  aus  slav.  Riisi  geboren  jünger 
als  dieses,  aber  mindestens  bis  auf  862  zurückreichend:    slav. 

ladogermanische  Forschungen  XXXIII.  27 


402  F.  Knauer, 

JRusb  =  Bhos  der  Bertinischen  Annalen  um  838 — 39  ist  um 
Jahrzehnte  älter  als  der  russische  Staat  (vgl.  oben),  älter  auch 
als  nordfinn.  Ruotsi  und  schwed.  Röds,  die  ja  nach  Nestor  und 
der  normannistischen  Lehre  geschichtlich  nicht  vor  862  bestehen 
konnten ;  folglich  läßt  sich  bei  'Rusb'  weit  eher  auf  einen  ein- 
heimischen, d.  i.  slavischen  Ursprung  schließen,  als  auf  einen 
fremden.  Zu  meinen  Gunsten  würde  sich  aus  urus — oros — orosz 
—  Rusb  noch  geographisch  ergeben,  daß  die  ältere  slavisch- 
russische  Heimat  in  die  engere  Nachbarschaft  der  Ostfinnen 
gerückt  werden  darf,  also  viel  näher  zur  Wolga  hin,  als  wir 
sonst  gewohnt  sind  anzunehmen.  Wer  trotz  all  der  erhobenen 
und  gewiß  nicht  unberechtigten  Einwendungen  in  lautlicher^ 
formeller  und  anderer  Beziehung  an  der  normannistischen  Theorie 
von  dem  skandinavischen  Ursprung  des  Namen  Rusb  nicht 
Anstoß  nehmen  möchte,  hat  sich  auch  noch  mit  unglaubhaften 
sachlichen  Dingen  abzufinden.  Die  Annahme  ist,  die  schwedi- 
schen Waräger  hätten  sich  selbst  'Ruderer,  Seefahrer*  genannt. 
Wo  gibt  es  aber  ein  Volk,  das  sich  in  alter  Zeit  nach  einer 
Beschäftigungsart  selbst  etwa  als  Fischer,  Jäger,  Viehzüchter, 
Ackerbauer  u.  dgl.  bezeichnet  hätte?  Auch  psychologisch  er- 
scheint mir  das  unwahrscheinlich.  AVohl  aber  konnte  ihm  einen 
derartigen  Namen  ein  anderes  Volk  beilegen,  wie  wenn  z.  B. 
Griechen  unter  skythischen  Völkern  Anthropo-  oder  Andro- 
phagen  aufzählen.  So  wäre  gut  denkbar,  daß  die  seefahrenden 
Waräger  zwar  keinen  Anlaß  hatten,  sich  selbst  als  Volk  'See- 
fahrer' zu  bezeichnen,  so  aber  von  den  Finnen  genannt  wurden; 
wenn  jedoch  so,  dann  nur  in  ihrer  eigenen  Sprache.  Nun  aber 
läßt  sich  Ruotsi  in  der  Bedeutung  'Ruderer'  nicht  aus  dem 
Finnischen  erklären.  Es  bleibt  daher  vorauszusetzen,  die  Finnen 
hätten  ein  unverstandenes  schwedisches  Appellati vum  zum  Eigen- 
namen gestempelt,  was  wiederum  ganz  und  gar  unwahrschein- 
lich ist.  Wir  können  nur  schließen:  entweder  ist  Ruotsi  als 
Name  der  Waräger  ein  finnisches  Wort  von  unbekannter  Ur- 
bedeutung, oder  es  kommt  von  schwed.  Röds  als  Stammname 
dieser  Waräger,  dessen  Urbedeutung  ebenfalls  unbekannt,  keines- 
wegs aber  'Ruderer'  oder  'Seefahrer'  gewesen  ist.  Im  ersten 
Fall,  wenn  also  die  Finnen  selbst  einen  Namen  für  die  skandi- 
navischen Waräger  erdacht  hätten,  wären  sie  wohl  ähnlich 
verfahren,  wie  die  schwedischen  Lappen,  die  einen  Schweden 
nicht   Swensk   oder    —    nach    Kuniks    voreiligem    Ansatz    — 


Zur  i?«s»-Frage.  403 

'Rodsen'  nennen,  sondern  in  eigener  Sprache  tarolats,  taro  'Kauf- 
mann' oder  laddelats  'Landbewohner'.  Erst  später  ging  auch 
auf  sie  die  finnische  Bezeichnung  der  Schweden  und  Schwedens 
über  in  der  Form  Buotheladz  und  Fuothi  (hier  also  mit  pro- 
gressiver Assimilation),  wie  ähnlich  bei  den  russischen  Lappen 
die  herkömmliche  Bezeichnung  der  russischen  Slaven  durch 
'Karjel,  Karelier'  auch  einem  Ruoscha  Platz  gemacht  hat  (so 
nach  Kunik  S.  95);  Ruoscha  ist  aber  natürlich  dem  slav.  Rusi 
und  nicht  dem  finn.  Ruotsi  nachgebildet.  Im  zweiten  Fall,  wenn 
also  die  Schweden  den  Namen  geschaffen  haben,  dürften  wir 
mit  Fug  und  Recht  erwarten,  daß  Röds  als  Stammname  der 
Waräger,  die  so  tief  in  die  Geschichte  einschnitten,  nachge- 
wiesen werden  könnte,  was  bis  jetzt  nicht  möglich  war  und 
auch  kaum  je  gelingen  wird  (vgl.  w.  u.).  Es  wäre  nicht  müßig 
sogar  noch  zu  fragen,  daß  wenn  die  Slaven  sich  Rush  nach 
dem  schwed.  Röds  nannten,  warum  die  Finnen  nicht  gleichfalls 
denselben  Namen  in  der  Form  Ruotsi  sich  auch  selbst  beilegten ; 
sollen  doch  nach  Nestor  sie  gemeinsam  mit  den  Slaven  die 
*Waräger-Russen',  d.  h.  nach  der  normannistischen  Lehre  die 
schwed.  "Rodsen'  berufen  haben  und  waren  von  den  "Warägern 
jedenfalls  ebenso  beherrscht  wie  die  Slaven.  Ein  solcher  poli- 
tischer Name  auch  für  die  finnischen  Stämme,  neben  welchem 
einzelne  Stammnamen  bestehen  konnten,  hätte  um  so  näher 
gelegen,  als  ja  gerade  das  slav.  Rusb  durch  das  finn.  Ruotsi 
vermittelt  sein  soll.  Schließlich  aber  ist  es  ganz  unnatürlich 
und  gewiß  beispiellos,  daß  ein  Volk  (hier  das  slavische)  sich 
selbst  einen  Nationalnamen  auswärtiger  Herkunft  (hier  skan- 
dinavisch-schwedischer) sogar  noch  durch  Yermittelung  eines 
dritten  völlig  stammfremden  Volkes  (hier  des  finnischen)  an- 
eignete. Das  ist  wohl  mit  ein  Grund,  weshalb  Thomson  Rhös 
gar  nicht  als  Selbstbezeichnung  der  Waräger  anerkennen,  viel- 
mehr es  als  finnische  Benennung  eines  skandinavisch-schwedi- 
schen Volkes  'Röds'  in  Form  von  'Ruotsi  erklären  möchte  nach 
Analogie  von  keltischem  'Germam  für  'Deutsche'  (vgl.o.);  nichts- 
destoweniger soll  auch  nach  ihm  das  finn.  Ruotsi  nichts  anderes 
sein  als  das  schwed.  Röds  in  der  Bedeutung  'Ruderer',  ur- 
sprünglich *Ruderung'.  Warum  er  in  der  angezogenen  Parallele 
nicht  dann  auch  *Germani'  für  ein  Wort  deutscher  Herkunft 
ansieht?  Nach  all  den  angestellten  Erwägungen,  die  sich  noch 
weiter  ausdehnen  ließen,  kommen  wir  zu  dem  Schluß,  daß  wir 

27* 


404  F.  Knauer, 

uns  in  offenkundigen  Widersprüchen  und  unglaubwürdigen 
Voraussetzungen  verwirren,  so  lange  wir  an  der  normannistischen 
Lehre  festhalten. 

Zu  3  bemerkt  Gr.  v.  Glasenapp:  "Der  Umstand,  daß 
man  keinen  Warägerstamm  namens  Riish  hat  auffinden  können, 
d.  h.  die  Folgerung  ex  silentio,  würde  Nestors  Angabe  nur  dann 
suspekt  machen,  wenn  uns  die  Namen  aller  übrigen  skandina- 
vischen Stämme  bekannt  wären".  Das  läßt  sich  hören ;  so  un- 
gefähr schließen  auch  die  Normannisten.  Doch  ist  die  Frage 
nicht,  ob  alle  Staramnamen  auf  uns  gekommen  sind  und  keiner 
für  die  Geschichte  verloren  ging,  sondern  nur,  ob  unter  den 
uns  überlieferten  ein  Röds  sich  befindet  oder  nicht.  Hier  muß 
ich  einschalten,  daß  ich  Röds  überall  mit  einem  Sternchen  ver- 
sehen müßte;  denn  Röds  ist  bloß  eine  erschlossene  Form  auf 
Grund  einer  unbewiesenen  Etymologie  (s.  o.).  Auf  der  Suche 
nach  dem  angeblichen  skandinavischen  Yolksstamm  Röds  hat 
man  dieses  'Röds'  auch  einfach  durch  Rös,  was  =  griech.  Rhös 
wäre,  ersetzt  in  der  offenbaren  Voraussetzung,  daß  wenn  Ros 
(Rös)  als  schwedischer  Stammname  begegnete,  er  unbedingt  auf 
Röds  zurückgehen  müßte:  wiederum  ein  seltsamer  Schluß. 
Man  hat  nun  nach  Rods^  Ros  die  nordischen  Sagen  befragt, 
daraufhin  auch  die  skandinavische  und  schwedische  Geschichte, 
Geographie  und  Ethnologie  von  den  ältesten  Zeiten  bis  auf  die 
Gegenwart  durchaus  studiert;  und  wenn  bei  all  den  vor- 
handenen reichen  Quellen  schließlich  nur  'Roslagen*  als  Name 
der  Küste  der  schwedischen  Landschaft  Upland,  die  dem  finni- 
schen Busen  gerade  gegenüber  liegt,  heraussprang,  dieser  Name 
aber  nach  Thomsons  freimütigem  Zugeständnis  "zu  jung  ist, 
um  in  Betracht  zu  kommen",  so  gewinnt  eine  diesbezügliche 
Folgerung  ex  silentio  ein  besonderes  Gewicht,  zumal  wenn  wir 
als  Ersatz  für  das  fehlende  schwedische  Rods,  Ros  ein  slavisches 
Rush  entgegenstellen  können,  das  in  mancherlei  Formen  auf 
slavischem  Gebiete  von  der  Wolga  bis  nach  Ungarn  hinein 
verbreitet  ist  und  war  und  im  Ostfinnischen  das  nrus,  oras^ 
raagy.  orosz  sicher  dem  slav.  Rush  entstammt  und  nicht  weder 
direkt  noch  indirekt  auf  schwed.  Rods  oder  Ros  zurückgeht, 
(vgl.  0.).  Auch  die  Normannisten  vollziehen  eine  Folgerung  ex 
silentio,  wenn  sie  meinen,  'Rods'  oder  'Ros'  sei  bloß  zufällig 
abhanden  gekommen;  doch  halte  ich  meine  für  stärker,  die 
sich  hier  mit  der  der  Antinormannisten  berührt.    Thomsen  er- 


Zur  i?M«»-Frage.  405 

kennt  gern  an  (S.  94),  daß  kein  skandinavischer  Stamm  Rusb 
anzugeben  ist ;  dennoch  möchte  er  der  normannistischen  Doktrin 
dadurch  beispringen,  "daß  es  ebenso  wenig  möglich  ist  einen 
slavischen  Stamm  nachzuweisen,  dem  jener  Name  von  Haus 
aus  zukam;  denn  die  Versuche,  dies  zu  beweisen,  sind  nichts 
als  luftige  Vermutungen,  die  vor  dem  Auge  eines  streng  wissen- 
schaftlichen Eichters  keine  Gnade  finden".  Er  hatte  leider  Recht 
mit  seiner  Verurteilung;  Unrecht  aber  täte  er,  auch  meinen 
Erklärungsversuch  unter  die  Kategorie  'luftiger  Vermutungen' 
zu  bringen.  Dieser  Versuch  mag  sich  als  falsch  erweisen; 
unwissenschaftlich  aber  dürfte  man  ihn  so  wenig  nennen  wie 
den  normannistischen.  Freilich  ist  kein  Stamm  unter  den  Slaven 
nachzuweisen,  dem  'jener  Name  von  Haus  aus  zukam'.  "Wenn 
ich  mir  aber  vorstelle,  daß  Rush  als  slavischer  Nationalname 
seine  Entstehung  einem  geographisch  genau  bestimmbaren  Fluß- 
gebiet verdankt,  das  seinen  Anfang  an  der  oberen  bis  mittleren 
Wolga  genommen  hat  und  durch  Flußnamenübertragungen 
parallel  der  weiteren  Ausbreitung  oder  Verschiebung  des  slavi- 
schen Russenvolkes  ausgedehnt  worden  ist  und  zu  Beginn  der 
russischen  Staatsgeschichte  bereits  von  Alt-Nowgorod  bis  Kiew 
reichte,  so  daß  dieses  Gebiet  eigentlich  *Flußland'  und  als 
Eigenname  'Rußland'  hieß  und  darnach  vor  allen  die  slavische 
Grundmasse  der  Einwohner  sich  'Russen'  nannten,  so  glaube 
ich  damit  nichts  Ungeheuerliches  zu  denken;  die  Möglichkeit, 
das  "Wort  Rtisi  aus  dem  Slavischen  abzuleiten,  die  Thomsen 
noch  nicht  zugeben  wollte,  ist  damit  jedenfalls  gesichert  und 
die  Folgerung  aus  dem  skandinavischen  Schweigen  erhält  eine 
positive  Seite. 

Zu  4.  Die  normannistische  Schule  verweist  mit  Nachdruck 
auch  auf  die  doppelsprachigen  Namen  der  Dnjepi-stromscbnellen 
und  Gr.  v.  Glasenapp  betrachtet  meine  diesbezügliche  Erklärung 
geradezu  als  die  'Achillesferse'  an  meiner  Arbeit.  Ich  fürchte 
sie  nicht,  diese  'Achillesferse';  ich  müßte  sie  fürchten,  wollte 
ich  mit  verbohrten  Antinormannisten  die  germanische  Nationa- 
lität der  Waräger  leugnen,  die  durch  die  neben  den  'slavischen' 
bestehenden  'russischen'  d.  i.  germanischen  Namen  der  Dnjepr- 
stromschnellen  aufs  unzweideutigste  erwiesen  ist.  Kaiser  Kon- 
stantin Porphyrogennetos  berichtet  nämlich  in  seinem  Werk 
über  die  Verwaltung  des  griechischen  Reiches  um  950  u.  a.  "von 
den  Rhös,  die  aus  Rußland  mit  ihren  Booten  nach  Konstantinopel 


406  F.  Knauer, 

kommen",  und  führt  bei  Beschreibung  ihrer  jährlichen  Dnjepr- 
fahiten  auch  die  Namen  der  hinderlichen  und  gefährlichen 
Stromschnellen  südlich  vom  heutigen  Jekaterinoslaw  in  zwei 
Sprachen  an,  in  "russischer'  und  'slavischer',  von  denen  die 
erste,  wie  eine  Analyse  ergibt,  dem  Nordgermanischen,  die 
zweite  dem  heutigen  Russisch  entspricht.  Aus  Konstantins  Be- 
richt geht  hervor,  daß  die  germanischen  Rhös  im  slavischen 
Rußland  wohl  eine  Art  Wandervögel  waren,  die  jedoch  bekannt- 
lich immer  wieder  heinikehren,  nicht  aber  bloße  Durchzügler, 
die  nimmer  wiederkommen,  waren  vielmehr  fest  in  Rußland 
angesessen,  herrschten  über  die  dortigen  Slaven  und  hatten  um 
950  noch  nicht  ihre  Muttersprache  vergessen.  Weiter  läßt  sich 
aus  ihm  schließen,  daß  ihre  germanische  Sprache  sich  zur 
slavischen  verhielt  wie  Herrensprache  zur  Volkssprache,  ähnlich 
wie  Livländisch-deutsch  zu  Estnisch  und  Lettisch.  Das  ergibt 
sich  auch  aus  der  Stellung  der  Doppelnamen,  wo  als  erster 
stets  der  'russische',  d.  i.  nordgermanische,  angeführt  wird,  ein 
Zeichen  von  Selbstbewußtsein  der  erzählenden  germanischen 
Rhös\  nur  bei  der  ersten  Stromschnelle  wird  zwar  auch  'russisch' 
vorangestellt,  jedoch  der  von  Konstantin  als  'russisch  und 
slavisch'  bezeichnete  gemeinsame  Name  bloß  in  slavischer  Form 
erwähnt,  woraus  sich  übrigens  einfach  folgern  läßt,  daß  das 
germanische  hier  zufällig  unterdrückt  ist  oder,  was  wahrschein- 
licher ist,  in  seinem  Lautbestand  dem  griechischen  Ohr  ähnlich 
wie  der  slavische  klang  (vgl.  Thomsen  S.  61  ff.).  Verhielten  sich 
aber  'russisch'  und  'slavisch'  zu  einander  wie  Herren-  und 
Volkssprache,  so  liegt  auch  nahe,  die  'russischen'  Namen  als 
Übertragungen  aus  dem  Slavischen  anzusehen,  nicht  umgekehrt. 
Man  beachte  außerdem,  daß  Namen  wie  'schlaf  nicht*  oder 
'Nimmersatt*,  die  von  Thomsen  zweifellos  richtig  gedeutet  sind, 
in  Satzform  mit  einem  Anflug  poetischen  Gehaltes  erscheinen, 
wie  sie  das  einfache  Volk  zu  bilden  liebt.  Einer  von  beiden 
Teilen  muß  übertragen  haben;  wer  möchte  glauben,  daß  der 
Knecht  übersetzt  hat  und  nicht  der  Herr?  Und  der  Herr  hatte 
in  unserem  Fall  guten  Grund  dazu;  hatten  doch  die  slavischen 
Namen  noch  durchsichtige  appellative  Bedeutung  und  mußte 
er  doch  die  betreffenden  Stellen  in  Schweiß  und  Not  passieren, 
80  daß  sie  außerordentlichen  Eindruck  auf  ihn  machten,  die 
charakteristischen  Namen  sowohl  wie  die  gefährlichen  Stellen. 
Erfahren   wir   nun  aus   Konstantins  Werk   so   mancherlei  von 


Richard  Günther,  Griechische  Miszellen.  407 

den  Rkös,  so  doch  nichts  von  der  Herkunft  ihres  Namen;  was 
wir  aus  ihm  für  letztere  gewinnen  wollen,  beruht  daher  nur  auf 
Schlüssen.  Xach  meinen  Erwägungen  gab  es  nicht  bloß  germa- 
nische Bhös,  sondern  auch  slavische  (  =  i?Ms&);  beide  hatten  einen 
gemeinsamen  Namen,  was  sich  zwar  nicht  ethnologisch,  wohl 
aber  politisch-staatlich  sehr  gut  verträgt.  Wenn  bei  Konstantin 
zwischen  'russisch*  und  'slavisch'  geschieden  wird,  so  liefert 
das  keinen  Beweis  für  die  Behauptung,  die  Slaven  könnten 
nicht  gleichzeitig  'Bush'  geheißen  haben,  wenn  die  Germanen 
'Bhös'  hießen,  weshalb  denn  auf  den  germanischen  Ursprung 
des  Namen  Bhös  geschlossen  werden  müsse,  während  doch 
die  germanischen  "Waräger  auch  das  slavische  'Busi'  in  Form 
von  'Bhös'  annehmen  konnten,  also,  ohne  zunächst  ihr  Wesen 
einzubüßen,  sich  bloß  fremd  kleiden  mochten,  wie  Deutsche  als 
*Livländer'  und  viele  andere  ähnlich.  Daß  sie  ihr  altes  ger- 
manisches Gewand  'Waräger'  gegen  ein  neues  slav.  Bust>  =  Bhös 
eintauschten,  lag  in  ihren  neuen  Lebensverhältnissen  begründet, 
wie  auch,  daß  sie  später  unter  der  erdrückenden  Majorität  der 
Slaven  slavisiert  wurden,  also  neben  einer  äußeren  AYandlung 
noch  eine  innere  durchgemacht  haben. 

Die  voi"stehenden  Bemerkungen  heben  die  Kehrseite  nor- 
mannistischer  Betrachtungsweise  hervor.  Ich  halte  sie  für  wert, 
beachtet  zu  werden.  Sie  warnen  vor  eingefleischten  Meinungen 
und  wollen  deren  Sicherheit  ins  Wanken  bringen,  was  freilich 
außerordentlich  schwer  ist,  da  diese  längst  in  Handbüchern  und 
Encyklopädien  festgelegt  sind.  Übte  ich  übrigens  an  der  nor- 
mannistischen  Schule  nur  negative  Kritik,  so  wäre  ich  nicht 
viel  weiter  gekommen,  als  das  bunte  antinormannistische  Lager; 
daher  wolle  man  neben  ihr  nicht  auch  meine  Ersatz  bietende 
Position  verkennen,  wie  ich  sie  zum  Teil  hier,  vor  allem  aber 
in  meinen  früheren  Abhandlungen  kund  getan. 

Jena.  R  Knauer. 


Griechische  Miszellen. 
I. 

Die  Herkunft  des  äolischen  Optativs. 
Nach  Choiroboskos  waren  die  mit  ei  gebildeten  Optativ- 
formen des  aktivischen  c-Aorists  (tuij^eia,  Tuij;eiac,  Tuij/eie,  rüxiiei- 
fiev,  TUM^eiav)  vor  allem  bei  den  Äoliern  üblich,  daneben  auch 


408  Richard  Günther, 

(in  der  2.  und  3.  Sing.)  bei  den  Athenern  (vgl.  die  Zeugnisse 
bei  Meister  Die  griech.  Dial.  1, 188  f.).  Zu  dieser  Nachricht  stimmt 
das,  was  sich  aus  unseren  literarischen  und  inschriftlichen  Quellen 
ergibt,  nur  ungefähr.  Zwar  für  das  Ionisch-Attische  finden 
wir  die  ei-Formen  in  der  Tat  von  Homer  an  reichlich  neben 
der  Bildung  mit  ai  belegt,  für  das  Attische  im  besonderen  aller- 
dings bloß  in  der  Literatur,  während  die  Inschriften  bisher  nur 
ai-Optative  bieten  (vgl.  Kühner-Blaß  2,  73 f.);  die  äolischen 
Dichter  dagegen  verwenden  lediglich  Formen  mit  ai  (s.  Meister  1, 
188,  Hoffmann  Die  griech.  Dial.  2,  5691),  und  nur  auf  der  Inschrift 
von  Eresos  IG.  12,  2, 527  scheint  in  dem  bei  Hoffmann  2  Nr.  121 
übergangenen  bjiabeHeie  Z.  57  eine  'äolische'  Form  vorzuliegen. 
Sicher  bezeugt  ist  die  ei-Bildung  für  das  Elische  durch  Kana- 
pauceie  SGDI.  1152,  2  und  dbeaXTujhaie  auf  dem  Amnestiegesetze 
(Solmsen  Inscr.  sel.^  Nr.  43),  mag  man  nun  das  aie  dieser  zweiten 
Form  als  Verquickung  von  €ie  und  vorläufig  allerdings  noch 
nicht  als  elisch  belegtem  ai  deuten  (so  vermutungsweise  Solmsen 
Rh.  Mus.  59,  169)  oder  im  a  des  Diphthongen  den  graphischen 
Ausdruck  für  offenes  elisches  e  erblicken  (vgl.  uctapiv  Z.  8  der- 
selben Inschrift).  Weiter  bietet  das  Gortynische  neben  über- 
wiegenden ai-Formen  wie  FepKcai,  pnKcaiev  usw.  (vgl.  die  Zusam- 
menstellung bei  Kieckers  Die  lok.  Verschiedenh.  im  Dial.  Kretas 
S.  70 f.)  zwei  äolische  Optative:  FepKCiev  SGDI.  4982,  7  und 
öiaXuciav  5004,  9.  Das  Mittelkretische  scheidet  sich  damit  vom 
übrigen  Dorisch,  das  durchgehends  Formen  mit  ai  verwendet 
(denn  Alkmans  crdceiev  Fr.  5,  47  Hiller-Crusius  braucht  nicht 
lakonisch  zu  sein,  s.  Thumb  Handb.  d.  griech.  Dial.  S.  82). 

Schließlich  ist  auch  das  vielbehandelte  öiaKuuXucei  der 
tegeatischen  Bauinschrift  (SGDI.  1222  Z.  6/7)  vielfach  als  äoUscher 
Optativ  angesprochen  worden,  und  Wackernagel  rechnet  Verm. 
Beitr.  zur  griech.  Sprachk.  S.  46  sogar  mit  der  Möglichkeit,  daß 
sich  die  gleiche  Bildungsweise  der  8.  Sing.  Opt.  Aor.  aus  der 
literarischen  Überlieferung  nachweisen  lasse.  Neuerdings  neigt 
man  indes  mehr  anderen  Deutungen  zu:  Hoffmann  1,  261  und 
Bück  Class.  Rev.  19,  246  f.  vermuten  in  der  Form  den  Ind.  Fut, 
Jacobsthal  IF.  21  Beiheft  S.  105  f.  und  Hermann  Die  Neben- 
sätze in  den  griech.  Dialektinschr.  S.  37  einen  kurzvokalischen 
Konj.  Aor. 

Die  Bedenken  der  ebengenannten  Forscher  gegen  die  opta- 
tivische Auffassung  sind  begreiflich.  Einmal  steht  eine  optativische 


Griechische  Miszellen.  409 

3.  Sing,  auf  ei  ganz  isoliert  im  Griechischen  da ;  denn  die  von 
Wackernagel  aus  der  Literatur  herangezogenen  Parallelen  sind, 
wie  sich  dieser  selbst  keineswegs  verhehlt,  ohne  sichere  Grewähr. 
Dann  aber  ist  es  auch  immerhin  auffallend,  wenn  der  Verfasser 
der  Inschrift  beinahe  in  demselben  Atem  neben  der  Form  mit 
ei  den   mit  normalem  ai  gebildeten   Optativ   qpGepai   gebraucht. 
Leider  sind  nur  auch  die  anderen  Deutungen  nicht  unanfechtbar. 
Gegen  die  futurische  Auffassung,  für  die  besonders  Bück  ein- 
getreten ist,  läßt  sich  einwenden,  daß  dann  in  dem  Kondizional- 
satze  ei  be  TroXeinoc  öiaKUjXucei  xi  tujv  e'pYUJV  tuiv  ecöoGevTuuv  f| 
Tujv  ripYac|uevujv  ti  qpGepai  eine  Art  des  Moduswechsels  vorläge, 
für  die  weder  Bück  noch  Hermann  a.  a.  0.  Entsprechendes  aus 
dem  Griechischen  beizubringen  vermögen;  die  beiKühner-Gerth  2, 
480  Anm.  10  und  Stahl  Krit.-hist.  Synt.  S.  404,  2   angeführten 
Fälle,  in  denen  Optativ  mit  Ind.  Fut.  wechselt,  sind  sämtlich 
von  anderer  Art.    Bei  konjunktivischer  Auffassung  aber  kommt 
erstens  öiaKiuXOcei  unmittelbar  hinter  nacktem  ei  zu  stehen.   Nun 
kennen  Avir  ja  allerdings  auch  aus  dem  Altarkadischen  (s.  Hermann 
a.  a.  0.  36)  einen  sichern  Fall  dieser  vor  allem  in  nordwestgrie- 
chischen Urkunden  nicht  seltenen  Verbindung  (vgl.  Hermann 
S.  9,  16,  29,  30,  31,  32,  33,  35,  38  sowie  S.  277ff.):  aber  gerade 
die  Bauinschrift  setzt  bei  konjunktivischem  Ausdruck  sonst  pein- 
lich ei  (k')  av  (vgl.  Hermann  S.  36  f..  Hoffmann  1,  315 f.).    Ferner 
zeigen  die  von  Hermann  aus  den  anderen  griechischen  Gebieten 
mitgeteilten  Fälle  von  Wechsel  zwischen  Konjunktiv  und  Optativ 
(S.  11,  19,  28,  33,  34),   daß,   wenn  zuerst  ein  Konjunktiv  steht, 
der  Nebensatz  durchgehends  mit  ei  (ai)  -|-  av  (kc,  Ka)  beginnt, 
bei  bloßem  ei,  ai  aber  stets  ein  Optativ  an  erster  Stelle  erscheint. 
Endlich  aber  —  und  das  wiegt  wohl  am  schwersten  —  wird 
bei   konjunktivischer  Deutung  für  das   Arkadische   eine  kurz- 
vokalische   Bildung    des   Konj.  Aor.   vorausgesetzt,   die   diesem 
Dialekte    im   übrigen   ganz   fremd  ist  (vgl.   die    Beispiele    bei 
Hoff  mann  1,  260,  Thumb  Griech.  Dial.  277). 

So  kämen  wir  schließlich  doch  wieder  auf  die  optativische 
Auffassung  zurück,  die  auch  dadurch  empfohlen  wird,  daß  die 
Möglichkeit  der  Störung  des  Baues  durch  kriegerische  Ereignisse 
auf  Z.  13  derselben  Inschrift  ja  auch  durch  die  optativische 
Wendung  ei  ...  6  .  .  iroXeiioc  öiaKouXuoi  angedeutet  wird.  Das 
nahe  Beieinander  zweier  Formen  mit  ei  und  ai  jedoch,  woran 
Bück  vor  allem  Anstoß  genommen  hat,  erklärt  sich  vielleicht 


410  Richard  Günther, 

SO,  daß  der  Verfasser  der  Urkunde  (oder  der  Steinmetz)  bei  der 
zweiten  Yerbalform,  die  e  im  Stamme  hat,  aus  einem  unwillkür- 
lichen dissimilatorischen  Triebe  heraus  von  den  beiden  Bildungs- 
weisen des  Opt  Aor.,  die  ihm  seine  Mundart  gleich  dem  Atti- 
schen zur  Verfügung  stellte,  die  mit  ai  bevorzugte. 

Während  der  ai-Optativ  zu  dem  schließlich  im  Griechischen 
entwickelten  Schema  des  c-Aoristes  stimmt  und  demnach  erst 
in  der  Zeit  gebildet  ist,  in  der  man  bereits  a  als  charakteristischen 
Vokal  des  Aorists  empfand  (also  etwa  Ypavpaiiaev  neben  dTpo:vpa^ev 
wie  Ypa^poiinev  neben  dYpdcpoiaev),  fällt  der  äolische  Optativ  mit 
seinem  Vokalismus  dermaßen  aus  diesem  Schema  heraus,  daß 
man  ihn  durchgehends  als  eine  ganz  für  sich  stehende,  uralte 
Bildungsweise  aufgefaßt  hat,  deren  Wurzeln  bis  in  die  Grund- 
sprache zurückreichen.  Von  den  Deutungsversuchen  aus  neuerer 
Zeit,  deren  mir  im  ganzen  vier  bekannt  geworden  sind,  haben 
nur  zwei,  der  Brugmannsche  und  Wackernagelsche,  Anklang 
gefunden.  Die  beiden  anderen  von  Bechtel  und  Walker  sind, 
soweit  ich  sehe,  von  niemandem  angenommen  worden:  in  der 
Tat  halten  sie  der  Kritik  am  wenigsten  stand. 

Bechtel  geht  Nachr.  d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1888,  403  ff.  von 
der  arkadischen  3.  Sing.  biaKuuXucei  aus ;  in  ihrem  Ausgange  findet 
er  ein  mit  dem  Moduszeichen  l  erweitertes  Element  -ce-,  das 
ursprünglich  den  Ton  getragen  habe  und  dem  Suffix  des  7.  ai. 
Aorists  (ved.  dhuksdn,  dhuk$dnta^  dhukßäsva,  s.  Whitney  A  Sanskr. 
Gramm.  §  916  ff.)  entspreche.  Gegen  diese  Erklärung  ist  einzu- 
wenden, daß  sie 

1.  gerade  diejenige  der  griechischen  €i-Bildungen  zurGrund- 
lage  nimmt,  deren  optativischer  Charakter  nicht  allgemein  aner- 
kannt ist, 

2.  die  anderen  Ausgänge  des  äolischen  Optativs  (eia,  eiac, 
€16,  €iav)  unerklärt  läßt, 

3.  einen  altindischen  Aoristtypus  heranzieht,  dessen  Alter, 
worauf  Wackernagel  Verm.  Beitr.  S.  46  hingewiesen  hat,  proble- 
matisch ist,  und  dem  überdies  gerade  Optativformen  ganz  abgehen, 
die  doch  als  Parallele  zu  den  griechischen  €i-Formen  erwünscht 
wären  (s.  Whitney  §  920  c). 

Noch  weniger  befriedigt,  was  Walker  Class.  Rev.  10,  369  f. 
vorträgt.  Nach  ihm  steckt  in  npaEeiac  usw.  eine  Optativendung 
*C€Cia.  Indes,  dieser  'reduplizierte'  Ausgang  schwebt  ganz  in 
der  Luft;  ebenso  auch  die  Annahme,  die  Endung  la  sei  ein 


Griechische  Miszellen.  411 

ablautliches  Mittelding  zwischen  den  bekannten  Optativelementen 
ie  und  i;  nicht  nainder  endlich  die  Yermutung.  die  ursprüng- 
liche 1.  Sing.,  für  welche  später  TrpdEai|Lii  eingetreten  sei,  habe 
*Trpd£eiav  (cecia  +  v)  gelautet. 

Auf  viel  festerem  Fundamente  bauen  sich  die  beiden 
anderen  Erklärangen  auf.  Brugmann  (zuerst  Morph.  Unters.  3, 
64  ff.,  159,  jetzt  wieder  in  der  Thumbschen  Bearbeitung  der 
griech.  Gramm.  368  f.)  nimmt  an,  daß  der  c- Aorist  seinen  Optativ 
ursprünglich  nach  Art  der  unthematischen  Präsentien  mit  ie, 
i  gebildet  habe,  also  *Tpavp(i)r|v  usw.,  1.  Plur.  *TpaMJl|Lxev,  3.  Plur. 
*Ypaip(i)av.  Da  durch  den  Schwund  des  postkonsonantischen  i 
die  3.  Plur.  Opt.  der  3.  Plur.  Ind.  (e)Tpaiijav  gleich  wurde,  habe 
man  nach  Optativen  wie  *ö\6iav  (aus  *6\ec-iav  zu  *uj\ea  aus 
*ujXeca),  die  es  eine  Zeitlang  gegeben  habe,  bis  auch  *uj\ea 
wegen  seiner  aoristischen  Bedeutung  das  c  wieder  einführte, 
die  3.  Plur.  Opt.  zu  ■xpä\\fe\av  erweitert,  und  zu  dieser  Form 
seien  nun  nach  dem  Vorbilde  des  Indikativs  (^TpaM^a,  ac,  €  neben 
efpa\])av)  weiterhin  fpa\\ie\a  usw.  für  *Ypdnjriv  usw.  hinzugebildet 
worden.  Was  sich  gegen  diese  Herleitung  sagen  läßt,  ist  zum 
großen  Teil  schon  von  Wackernagel  Verm.  Beitr.  43  ff.  ausge- 
sprochen worden.  Zwar  kann  ich,  gleich  Brugmann  Griech. 
Gramm. 3  315  Anm.,  Wackernagel  nicht  beistimmen,  wenn  er 
wegen  des  Arischen,  das  vom  s- Aorist  nur  einen  medialen 
2- Optativ,  nicht  aber  einen  aktivischen  mit  je,  i  kennt,  es  als 
unstatthaft  ansieht,  eine  solche  aktivische  Bildung  für  das  Urgrie- 
chische anzusetzen;  auch  halte  ich  die  Ausbreitung  des  Aus- 
ganges eiav  von  dem  hypothetischen  *ö\eiav  aus,  da  dieser  das 
charakteristische  f- Element  des  Optativs  enthielt,  prinzipiell  für 
ebenso  möglich,  wie  etwa  den  Übergang  der  Lokativendung 
-ecci  von  eTrecci  auf  Trobecci  in  der  von  Bück  Class.  Rev.  19,  247 ff. 
erörterten  Weise.  Aber  sehr  spricht  allerdings  gegen  die  Brug- 
mannsche  Annahme,  erst  nach  fpay\ie\av  seien  analogisch  die 
Singularformen  auf  eia,  eiac,  eie  aufgekommen,  die  Wacker- 
nagelsche  Feststellung  (S.  44),  daß  der  Optativ  von  Homer  ab 
umgekehrt  gerade  dazu  neigt,  das  -iri-  des  Singulars  auf  das 
ganze  Paradigma  auszudehnen.  Stand  denn  nicht  neben  dem 
auf  die  3.  Plur.  *Ypdn;av  einwirkenden  *ö\eiav  singularisches 
*öXeiriv  usw.,  das  seinerseits,  zumal  es  das  optativische  i  ent- 
hielt, auch  die  Umbildung  von  *Ypdv|;nv  zu  YPCtM^eiriv  würde 
herbeigeführt  haben  (wie  dies  übrigens  Brugmann  selbst  anfangs 


412  Richard  Günther, 

[Morph,  Unters,  a.  a.  0.]  angenommen  hat),  und  gab  es,  wenn 
öXeiTiv  in  der  weiteren  Entwicklung  zugrunde  ging,  nicht  noch 
eiriv,  TiGeinv  u.  ä.,  die  jene  Neubildung  würden  gehalten  haben? 
Endlich  noch  ein  Punkt.  Brugmann  legt  bei  seinen  Konstruk- 
tionen besonderes  Gewicht  auf  die  von  ihm  für  die  älteste  der 
äolischen  Formen  gehaltene  3.  Plur.  fpa\\ieiav.  Wenn  diese  jedoch 
wirklich  auf  einen  eV-Optativ  zurückwiese,  wäre  dann,  nach  eiev 
=  *ecievT  usw.  zu  schließen  (vgl.  Brugmann  Griech.  Gramm.'  350, 
K.  vergl.  Gramm.  592,  593 ;  Brugmann-Thumb  Griech.  Gramm.* 
387  f.,  401),  nicht  auch  hier  der  den  ^e-Bildungen  zukommende 
Ausgang  -€v(t)  zu  erwarten?  Und  war  dieser  ursprünglich  da, 
wie  wäre  er  dann  wohl  verdrängt  worden,  wo  er  sich  sonst 
vielmehr  weiterausgebreitet  und  im  oi-  und  ai-Optativ  an  die 
Stelle  des  hier  ursprünglich  heimischen  -a{v)  gesetzt  hat  (vgl. 
Brugmann-Thumb  401,402)? 

Kann  ich  mich  nach  alledem  nicht  zu  Brugmanns  Auf- 
fassung bekennen,  so  vermag  mich  anderseits  auch  Wackernagel 
nicht  zu  überzeugen.  Dieser  erinnert  a.a.O.  S.  48ff.  an  einige 
wenige  mit  e  gebildete  Optative  des  s-Aoristes  im  Altindischen, 
in  deren  Diphthong  er  den  Reflex  des  griech,  ei  erkennt:  RV", 
tartißenui,  Käthakam  jani^eyam^  -eyci\  ihnen  zur  Seite  stellt  er 
die  ziemlich  häufigen  e-Optative,  die  im  Altindischen  neben 
untheraatischen  Indikativen  und  entsprechenden  kurzvokalischen 
Konjunktiven  stehen,  z.  B.  RV".  sak-ima  von  sak  'können*  neben 
Konj.  sak-at^  Opt.  sak-yäm,  Imper.  sag-dhi  usw.  Aus  diesen  Bei 
spielen  gehe  hervor,  daß  man  in  der  ältesten  Phase  des  Alt- 
indischen die  thematischen  Optativformen,  und  zwar  die  mit 
betontem,  zu  griech.  ei  stimmendem  thematischen  Vokal,  gern 
an  Stelle  der  athematischen  verwendete;  nach  dieser  Bildung 
habe  man  auch  im  Optativ  des  s-Aoristes  gegriffen.  Indes,  was 
zwingt  uns  denn,  wenn  wir  griech.  €i  aus  dem  Spiele  lassen, 
ai.  e  als  et,  nicht  als  oi  aufzufassen,  zumal  in  taru^ema,  das,  wie 
Wackernagel  selbst  anmerkt,  thematische  3.  Plur,  täru^ante^ 
tariüfanta  neben  sich  hat,  dann  aber  auch  in  hkima  usw.? 
Weist  der  Umstand,  daß  die  von  Wackernagel  aufgeführten 
athematischen  Aoriste  neben  und  z,  T.  vor  den  e-Optativen  meist 
auch  solche  mit  -yä-  zeigen,  wie  sie  bei  unthematischem  In- 
dikativ eigentlich  zu  erwarten  sind,  nicht  darauf  hin,  daß  wir 
es  hier  nicht  mit  uralten,  diesem  unthematischen  Typus  eigen- 
tümlichen ^»-Bildungen  zu  tun  haben,  sondern  mit  Eindringlingen 


Griechische  Miszellen.  413 

aus  dem  o«-Optativ  der  thematischen  Konjugation?  Veranlaßt 
wurde  dieses  Übergreifen  der  o?-Formen  wohl  dadurch,  daß  ge- 
wisse Wurzeln  wie  dfs  den  Aorist  sowohl  unthematisch  {adarsam 
mit  Konjunktiv  darsat)  wie  thematisch  (3.  Plur.  dfsan)  bildeten 
(vgl.  Thumb  Handb.  des  Sanskr.  1,  374,  Whitnej  a.  a.  0.  §  832 
+  847).  Stellen  wir  nun  abweichend  von  Wackernagel  den 
Optativ  dfseyam  zum  thematischen  Indikativ,  so  erhalten  wir 
eine  genaue  Parallele  zu  griech.  biabpciKoi  =.  347  :  eöpaKOv.  Daß 
aber  bei  diesem  thematischen  Aorist  oi  etwas  sehr  Altes  ist, 
erkennt  auch  Wackernagel  im  Hinblick  auf  slavische  Imperative 
wie  Tbci  mit  i  aus  ois^  oit  (zu  reka  'ich  spreche')  an  (S.  48). 

Nun  glaubt  allerdings  Solmsen  KZ,  44, 172  in  der  preußischen 
3.  Sing.  Opt.  housei  *er  sei',  woneben  auch  bonsai  vorkommt,  eine 
dem  vermuteten  griech.  cei-Optativ  entsprechende  Bildung  zu 
erkennen.  Aber  eine  sichere  Stütze  bedeuten  die  baltischen 
Formen  für  die  Wackernagelsche  Hypothese  nicht,  wie  auch 
bei  Brugmann-Thumb  S.  368  bemerkt  ist ;  denn  eine  unbedingte 
Notwendigkeit,  jene  in  Solmsens  Art  zu  deuten,  liegt  nicht  vor; 
es  bieten  sich  auch  andere  Möglichkeiten  i). 

Auch  das,  was  Hirt  Griech.  Laut-  u.  Formenl.^  587  zu- 
gunsten des  ei-Optativs  vorbringt,  zerstreut  die  entgegenstehenden 
Bedenken  nicht.  Er  meint,  die  Griechen  hätten,  gewohnt  die 
Optativbildung  an  einen  vokalischen  Stamm  anzuschließen,  in 
dem  ursprünglich  konsonantisch  flektierenden  c-Aorist  den  im 
Konjunktiv  auftretenden  e-Stamm  zugrunde  gelegt,  zu  leiceie 
also  Teiceiie  gebildet.  Aber  hätte  man,  wenn  man  schon  vom 
Konj.  Aor.  ausging,  nicht  vielmehr  an  die  in  diesem  auch  vor- 
handenen o-Formen  (leiciu,  Teicoiuev,  reicovii)  angeknüpft,  d.  h. 
*Teicoia  gebildet,  wo  bei  den  thematischen  Stämmen  ebendies 
Verhältnis  tausendfach  vorlag:  Tpaqpuj,  TpaqpoiLiev,  Ypa^ovti : 
*Tpaq)oia  usw.  ?  In  der  Tat  ist  das  Griechische  so  vorgegangen,  nur 
erst  einige  Zeit  später,  als  der  Konj.  Aor.  zum  Ind.  Fut.  geworden 
war  und  man  diesem  einen  Optativ  TeicoijLii  zur  Seite  stellte. 

1)  Bei  Brugmann  Grundr.  II  2, 1187  sind  freilich  nur  die  preußischen 
Formen  auf  ai  erklärt.  Im  Anschluß  an  Trautmann  (s.  Solmsen  a.  a.  0.) 
könnte  man  sich  -ai  (=  *oit)  in  bousai  aus  dem  Präsens  übertragen  denken 
(vgl.  den  gleichen  Vorgang  bei  ai.  jani^eyam) ;  das  gleichwertige  bousei 
wäre  dann  durch  das  Nebeneinander  von  ai  und  ei  in  den  Imperativen  wie 
wedais  :  weddeis  'führe'  veranlaßt,  eine  analogische  Beeinflussung,  mit  der 
auch  Solmsen,  nur  im  entgegengesetzten  Sinne,  rechnet,  um  das  Auftreten 
von  -sai  neben  dem  von  ihm  für  das  Ältere  gehaltenen  -sei  zu  erklären. 


414  Richard  Günther, 

Da  sich  zeigt,  daß  auch  Wackernagels  Hypothese  das 
Rätsel  des  äolischen  Aorists  nicht  befriedigend  löst,  sind  wir 
berechtigt,  eine  neue  Erklärung  zu  suchen.  Zu  dieser  gelangen 
wir  aber,  wie  ich  meine,  wenn  wir  uns  einer  lautlichen  Er- 
scheinung erinnern,  welche  ebenderselbe  Gelehrte  ins  rechte 
Licht  gerückt  hat. 

An  der  Hand  von  Wortpaaren  wie  att.  'Pnvaieuc :  'Pnveia 
(daneben  außerhalb  Athens  auch  das  die  Grundform  darstellende 
Piivaia)  hat  Wackernagel  IF.  25,  331  ff.  gezeigt,  daß  das  Attische 
bereits  im  5.  Jahrhundert  dazu  neigte,  die  Lautfolge  aia  dissi- 
milatorisch  in  eia,  ea  umzuwandeln ;  ja  auch  für  andere  Mund- 
arten vermutet  er  die  gleiche  Neigung  wegen  herakl.  irpoTepeiai 
'pridie'  neben  ion.  -rrpoTepair),  ucTepair).  Für  die  Richtigkeit  dieser 
Annahme  spricht  das  Vorkommen  weiterer  Fälle  des  gleichen 
Lautwandels  außerhalb  Attikas.  Wir  finden  nämlich 

1.  in  Sparta,  der  Mutterstadt  von  Herakleia,  als  Beinamen 
der  Artemis  neben  der  aus  dem  arkadischen  Kotilon  (Eph.  arch. 
1903,  177  ff.)  bekannten  Form  FopGacia  (SGDL  4,  681  ff.  "5)  in 
archaischem  Alphabet  Fpo0aiai  (SGDI.  a.  a.  0.  "1),  Fopq)a(i)a  ("2), 
Fopea[iai]  (»^3;  die  Ergänzung  fraglich,  da  auch  -ciai  möglich 
wäre)'),  dann  aber  mit  ei  um  400  Fop[0eiai]  "4  (ei  wird  durch 
die  vorhandenen  Spuren  nahegelegt),  vom  Ende  des  4.  oder 
Anfang  des  3.  Jahrhunderts  FujpSeiai  "7  und  dann  weiter  auf 
Inschriften,  die  zwischen  100  v.  Chr.  und  200  n.  Chr.  fallen 
("10  ff.,  "14  p.)  FuupGea,  Bujpcea,  'Op9e(i)a  u.  ä.  Vor  unsern  Augen 
also  vollzieht  sich  hier  der  dissimilatorische  Übergang  von  aia 
zu  eia*).    Es  liegt  nahe,  ihn  auch  in  Acdvea  "13  anzunehmen, 

1)  Hiller  v.  Gaertringen  entscheidet  sich  IG.  V  1,  252  allerdings  für 
Fopee[iai;  doch  will  mir  nach  der  von  ihm  mitgeteilten  Abbildung  die 
Lesung  mit  -a-  ebenso  möglich  erscheinen. 

2)  Daß  -am  seinerseits  infolge  der  lakonischen  Verhauchung  des 
intervokalischen  c  aus  -acia  hervorgegangen  sei,  ist  eine  Vermutung,  die 
sich  wohl  jedem  sofort  aufdrängt,  wenngleich  es  bei  dem  verhältnismäßig 
häufigen  Vorkommen  des  Namens  auffallen  muß,  daß  der  aus  c  entstandene 
Hauch  nie  ausdrücklich  durch  H  bezeichnet  ist.  Sollte  das  daran  liegen, 
daß  in  dem  außerhalb  jeden  Systems  stehenden  Namen  a  -|-  hi,  vielleicht 
infolge  einer  Art  von  Epenthese,  schon  zeitig  zu  einem  Diphthongen  zu- 
sammenfloß (vgl.  den  alten  Wandel  von  *Fibucia  zu  Fibuia),  während  z.  B. 
in  ^Tco(r]h€,  ^vixahe  das  sichere  Gefühl  für  die  Silbengrenze  und  damit 
zugleich  der  Hauch  erhalten  blieb  ?  Denn  Hauchdissimilation  (6  —  h  zu 
0  —  0)  anzunehmen  ist  nicht  unbedenklich,  da  bei  dieser  gewöhnlich  der 
erste  Hauch  schwindet  und  zudem  spirantische  Aussprache  des  lakonischen 


Griechische  Miszellen.  415 

dem  Xamen  des  auf  der  Damononstele  (4416)  und  SGDI.  4,  688 
"27  A9dvaia  genannten  Festes :  doch  ist  bei  der  späten  Abfassung 
von  "13  (Zeit  Trajans  oder  Hadrians,  vgl.  Ana.  of  the  Brit.  Seh. 
at  Ath.  14,  82  f.)  nicht  unmöglich,  daß  hier  der  gemeingriechische, 
von  folgendem  a  unabhängige  Wandel  von  ai  zu  ä  vorliegt, 
auf  den  die  Schreibung  KaiXoav  4498,  4  (s.  SGDI.  4,  680,  2.  Jahrh. 
n.  Chr.)  für  KeXo(i)av  hinweist.  Dagegen  dürfte  unsere  Dissimi- 
lation mit  ziemlicher  Sicherheit  zu  vermuten  sein  für 

2.  Delphi  2257  (73/72  v.  Chr.).  Wenn  hier  der  Name 
NiKttia  (Z.  4)  auch  mit  e  auftritt  (NiKeac  Z.  9,  NiKcav  Z.  12),  so 
denkt  man  allerdings  zunächst  auch  an  den  allgemeinen  Wandel 
von  m  zu  ä,  das  dann  teils  in  der  überkommenen  Orthographie 
mit  Diphthong,  teils  phonetisch  mit  e  bezeichnet  wäre.  Xun 
hat  aber  Xachmanson  Beitr.  z.  Kenntn.  d.  altgriech.Yolksspr.  S.  49 
wahrscheinlich  gemacht,  daß  in  der  Zeit  unserer  Inschrift  ai 
im  Delphischen  noch  diphthongisch  klang,  und  vermutet  des- 
halb bei  unserem  Xamen  Suffixwechsel.  Das  ist  wenig  glaub- 
lich ;  ich  denke  vielmehr,  wir  haben  hier  ein  neues  Beispiel  für 
unsere  Dissimilation.  Wenn  diese  aber  aus  dem  Delphischen  des 
1.  vorchristlichen  Jahrhunderts  belegbar  ist,  so  wage  ich  auch 

3.  einen  Fall,  der  auf  den  knidischen  Verfluchungen  er- 
scheint, hier  anzureihen.  Diese  ins  2.  oder  1.  Jahrhundert  v.  Chr. 
zu  setzenden  Inschriften  (vgl.  Audollent  Def.  tab.  S.  5)  weisen 
zwar  mit  Schreibungen  wie  eueiXdxou  3540,  4,  eXGTv  3546.  11 
(s.  Audollent  Xr.  9,  12),  TteTroiKei  3545,  14  usw.  auf  eine  dem  i 
ganz  nahekommende  Aussprache  von  ei,  r] ;  dagegen  findet  sich 
von  Verwechslung  zwischen  ai  und  e  keine  Spur,  wenn  man 
von  Ke  =  Kai  auf  3546  Z.  5  absieht.  Hier  folgt  aber  das  mit  a 
anlautende  dvevivKai,  und  wie  dieser  Infinitiv  selbst  gegenüber 
der  sonst  auf  den  Verfluchungen  erscheinenden  schriftsprach- 
lichen Form  dvevETKai  (3537,  11  u.  s.)  die  Volksmundai-t  durch- 
schimmern läßt,  so  wird  auch  in  Ke  eine  der  Alltagssprache  ge- 
läufige Dissimilation  zu  sehen  sein.  Daß  sie  neben  sonstigem 
Kai  dveve-fKaiev  3538,  8,  dvevcTKai  auroc  3543,  5   usw.  nur   an 

e  in  ziemlich  früher  Zeit  immerhin  nicht  ausgeschlossen  ist.  auch  wenn 
man  von  dem  schwierigen  Fop9oia  absieht  (vgl.  Kretschmer  Griech.  Vasen- 
inschr.  10  f.,  Ath.  Mitt.  21,  418,  Glotta  1,  352  f.).  —  Das  einmal  in  Sparta 
auftretende  FopGocia,  das  nach  Verlust  des  F  als  'OpGaöio  weiterlebt 
(IG.  V  1,  1588),  betrachtet  man  wohl  am  einfachsten  als  (arkadischen?) 
EindringHng. 


416  Richard  Günther, 

der  einen  genannten  Stelle  auftritt^),  liegt  daran,  daß  selbst  die 
Verfasser(innen)  dieser  Täfelchen  sich  bemühten,  möglichst  so 
zu  schreiben,  wie  sie's  in  der  Schule  gelernt.  Das  knidische 
K^  vor  a  gibt  nun  aber  auch  eine  Stütze  ab  für  Wackernagels 
Vermutung  IF.  25,  333,  daß  das  koische  KOTuXeai  (SGDL  3637, 
25 ;  3638, 12 ;  beide  Inschriften  vermutlich  aus  dem  ausgehenden 
4.  Jahrb.)  dissirailatorisch  aus  KOTuXaiai  hervorgegangen  ist. 

Die  eben  besprochenen  Fälle  zeigen  im  Verein  mit  den  von 
"Wackernagel  gebotenen  Beispielen,  daß  nicht  allein  auf  attischem 
Boden  und  während  eines  beschränkten  Zeitraumes,  sondern 
auch  sonst  im  griechischen  Sprachgebiete  durch  die  Jahrhunderte 
hindurch  die  Dissimilation  von  aia  zu  eia  zu  verfolgen  ist.  Ja, 
wir  hätten  wohl  noch  Aveit  mehr  Beispiele  dafür,  kennten  wir 
die  Volkssprache  genauer  und  wären  nicht  so  und  so  viel  Dis- 
similationen durch  Analogie  wieder  beseitigt  worden,  wie  z.B. 
dor.  AGavaia  durch  AGdva,  att.  Aörivaia  durch  A9nvaToc,  iXaia 
durch  IXaiov  geschützt  war.  Es  ist  darum  nicht  zu  kühn,  wenn 
wir  denselben  dissimilatorischen  Trieb  für  eine  noch  ältere  Epoche 
des  Griechischen  annehmen,  wie  ja  auch  andere  Neigungen  der- 
selben Art,   z.  B.  die  zur  Liquidendissimilation,   die  ganze  Ge- 


1)  Ob  und  unter  welcher  Bedingung  3546  (=  AudoUent  Nr.  9)  Z.  6  (7) 
k]^  ...  Koüpai  Kai  GeoTc  ktX.  k4  =  Kai  gestanden  hat,  ist  leider  nicht  fest- 
zustellen. —  Wenn  in  dem  besprochenen  knidischen  Beispiel  die  Wort- 
grenze zwischen  -ai  und  d-  die  Dissimilation  nicht  hinderte,  so  erinnert 
das  ganz  besonders  an  die  gleiche  Umwandlung  von  wortschließendem 
-Ol  vor  folgendem  oi-,  die  uns  zweimal  auf  attischem  Boden  begegnet 
(s.  Schwyzer  N.  Jahrb.  5,  256  f.).  Wenigstens  wird  es  mir  trotz  Rabehl  De 
serm.  def.  Att.  S.  31  schwer,  in  dem  sonderbaren  lokativischen  e  von  IG.  II 
768  I  24  (Ende  des  4.  Jahrh.)  0aXr|pe  otKiIiv  und  Def.  tab.  Att.  81,  4  (IG.  III  3) 
<l>peappe  oiKoOvTa  etwas  anderes  zu  sehen  als  die  durch  Dissimilation 
hervorgerufene  Fortsetzung  von  ursprünglichem  oi.  Wer  in  €  dieselbe  alte 
Lokativendung  ei  wiederzufinden  meint,  die  scheinbar  in  oIkci  vorliegt, 
hat  zu  bedenken,  daß  dieses  nach  Wackernagels  Beobachtung  nicht  vor 
Menander  belegt  ist  und  selbst  erst  durch  Dissimilation  aus  o!koi  hervor- 
gegangen sein  dürfte  (vgl.  darüber  und  über  die  Verbreitung  von  loka- 
tivischem €1  im  allgemeinen  Solmsen  Rh.  Mus.  54,  340).  So  singulär,  wie 
bei  Brugmann-Thumb  S.  267  Fußn.  behauptet  wird,  ist  der  Wandel  in 
oTkoi  :  oiK€i  nicht ;  ihn  zeigt  auch  der  ebenfalls  bereits  von  Schwyzer 
gebuchte  Dat.  Plur.  XomcTc  =  XomoTc  auf  einem  attischen,  um  100  v.  Chr. 
beschriebenen  Steine  (IG.  II  467t«,i3).  Wenn  neben  oikci  das  alte  oTkoi 
nicht  ausstarb  (s.  Def.  tab.  Att.  S.  IIb,  b2),  so  rührt  das  natürlich  von  den 
unversehrten  Lokativen  auf  -oi  her  ('lc6^oi  usf.),  die  das  Attische  in 
reicher  Menge  besaß. 


Griechische  Miszellen.  417 

schichte  des  Griechischen  durchziehen.  Bildete  man  nun  zu 
einer  Zeit,  wo  a  bereits  zum  charakteristischen  Vokal  des  c- 
Aoristes  geworden  war,  entweder  als  Ersatz  für  den  älteren,  von 
Brugmann  vermuteten  ^?e-Optativ  *Ypaij;(i)r|V  oder  überhaupt  als 
rein  griechische  Schöpfung  nach  dem  Vorbilde  von  präsentisch 
*Tpdq)oia  (vgl.  ark.  eEeXauvoia),  fpdcpoic  usw.,  3.  Plur.  Ypa(poia(v) 
(vgl.  Bnigmann-Thumb  S.  397,  401)  aoristisches  *TpdH'ctia  usw., 
so  mußte  durch  unsere  Dissimilation  ein  Riß  ins  Paradigma 
kommen,  das  nunmehr  *YpdH'£ia^),  TpdM^aic,  Ypdi|;ai,  Tpdu^ai|Liev, 
TpdvjiaiTe,  Tpdqjeiav  lautete.  Durch  Ausgleichung  nach  ver- 
schiedenen Richtungen  wurde  einerseits  das  alte  *Ypdi|/aia(v) 
wiederhergestellt,  anderseits  kamen  neben  Tpdv};eia(v)  noch  *Tpd- 
HJ61C,  Tpdqiei,  *Tpdi|iei)nev,  *TPdHieiTe  auf.  Von  diesen  Formen  waren 
*Tpdn;eic  tpdvpei  unbequem,  da  sie  sich  völlig  mit  der  2.  3.  Sing. 
des  kurzvokalischen  Konjunktivs  des  Aorists  (=  späterem  Ind. 
Fut.)  deckten,  und  so  führte  man,  vielleicht  unter  Einwirkung 
des  Umstandes,  daß  sich  in  der  Verwendung  als  Potential 
und  Wunschmodus  der  Vergangenheit  Opt.  und  Ind.  Aor.  ur- 
sprünglich berührten  (Brugmann  K.  vergl.  Gramm.  540  Fußn.), 
an  ihrer  Stelle  nach  der  Proportion  Ind.  ?Tpavpa(v):  etpaH'ac,  -e 
=  Opt.  Tpdiveia(v)  :  x  die  Neubildungen  Tpdijieiac,  Tpdvjjeie  ein, 
an  denen  nur  das  Arkadische  nach  Ausweis  von  öiaKuuXiicei  nicht 
teil  hatte  2);  der  1.  2.  Plur.  hingegen  konnte  man  ihre  bisherige 
Gestalt  belassen,  die  uns  denn  auch  die  Grammatiker  überliefern. 
Daß  sich  die  Erweiterung  der  2.  3.  Sing,  nicht  auch  im  präsenti- 
schen Tpdcpoic,  -Ol  festsetzte,  hat  seinen  Grund  natürlich  darin, 
daß  die  Formen  eindeutig  waren,  nicht  also  in  der  frühzeitigen 
Verdrängung  von  xpdqpoia  durch  Ypdqpoi|ai,  wie  Wackemagel 
Verm.  Beitr.  S.  45  annimmt;  warum  sollte  auch  a  in  der  1.  Sing. 
Präs.  eher  als  im  Aorist  aufgegeben  worden  sein?  Im  Gegen- 
teil glaube  ich,  daß  erst,  nachdem  eiac,  eie  eingeführt  waren,  in 
der  1.  Sing,  Opt.  Präs.  und  Aor.  m  aufkam;  und  wenn  es  nun 
Tpdqpoiiii,  ypd^)a\pi\  hieß,  YPdq^eia  aber  blieb,  so  liegt  das  daran, 
daß  diese  letzte  Form  durch  die  bereits  vorhandenen  Ypdn^eiac, 
Tpdii;€ie  aufs  beste  geschützt  wurde,  die  ebenso  die  3.  Plur.  xpd- 

1)  Vgl.  das  TÜ\|/eia  der  Grammatiker,  dessen  Existenz  man  m.  E., 
seitdem  wir  EEeXauvoia  kennen,  nicht  mehr  anzuzweifeln  braucht. 

2)  Allerdings  ließe  sich  ark.  ei  auch  als  Umbildung  von  ai  nach 
danebenstehendem  eie  auffassen ;  wir  hätten  dann  ein  Gegenstück  zu  der 
Solmsenschen  Deutung  von  el.  aie  (s.  o.  S.  1). 

Indogermanische  Forschungeu  XXXIIL  28 


418  Richard  Günther, 

i|;eiav  retteten,  als  in  der  3.  Flur,  des  oi-  und  ai-Optativs  ev  an 
Stelle  des  altertümlichen  av  trat.  Sollte  aber  wirklich  hie  und 
da  *Tpd^|Jel^l  gebildet  worden  sein,  so  erlag  dies,  und  ebenso 
in  den  meisten  Dialekten  Ypdi|;ei|Liev,  fpä\\)^n€,  sehr  bald  der  Kon- 
kurrenz der  fast  gleichlautenden,  aber  dem  gesamten  Aorist- 
schema besser  entsprechenden  Formen  Ypdq^aim,  Tpdu^ctifjev,  Tpd- 
ipaite.  Schließlich  hätte  wohl  auch  YPotM^eiac,  "xpa^ieie  (und  mit 
ihnen  zusammen  YPctH'eiav)  dasselbe  Schicksal  getroffen,  hätten 
sie  sich  nicht  mit  ihrer  Dreisilbigkeit  so  schön  in  das  System 
eingefügt,  ein  Vorzug,  den  sie  vor  dem  normalen  Ypdu'ai(c)  vor- 
aushatten. 

Daß  im  Medium  keine  ei-Optative  erscheinen,  obwohl  die 
ursprüngliche  3.  Plur.  YpctU^aiaro  nach  unserer  Annahme  hätte 
zu  *fpa^)e[a^o  werden  müssen,  hat  wohl  zwei  Gründe:  erstens 
stand  im  medialen  System  diese  eine  ei-Form  fünfen  mit  be- 
wahrtem ai  gegenüber,  während  das  Aktivum  von  vornherein 
zwei  mit  ei  besaß;  zweitens  aber  brachte  dies  Dissimilations- 
produkt nur  Verwirrung  in  das  System,  ohne  sich  —  anders  als 
Tpdvj;eiac,  ypä^>e^e  —  durch  irgend  einen  Vorzug  zu  empfehlen. 
Kein  Wunder  also,  wenn  sich  tpaMiaiaio  allen  dissimilatorischen 
Anfechtungen  zum  Trotz  hielt,  bis  es  durch  YpdM^ciivTO  ersetzt 
wurde. 

Schließlich  noch  ein  AVort  über  krpt.  FepKCiev,  öiaXuciav, 
deren  i  ich  übereinstimmend  mit  G.  Meyer  Griech.  Gramm.  ^  662 
aus  €1  herleite.  Das  ist  allerdings  nur  möglich,  wenn  wir  als 
ursprüngliche  Endung  -eiav  ansetzen,  zu  dem  sich  -lav  genau 
so  verhält  wie  gort,  ötjupid  SGDI.  4983,  1  zu  att.  öuupeid  (Meister- 
hans ^  40,  Brause  Lautl.  d.  kret.  Dial.  76);  das  von  einer  Bu- 
strophedoninschrift  in  ionischem  Alphabet  (5004,  9)  gebotene  Öia- 
Xuciav stellt  also  eine  ältere  Bildung  dar  als  das  in  einheimischer 
Schrift  überlieferte  FepKCiev  4982,  7,  in  welches  bereits  das  ev 
des  Ol-  und  ai-Optativs  eingedrungen  ist  (vgl.  Vaxos  5125  A  5 
erreXeoiev,  Gortys  4965  ^riKcaie[v,  beidemal  archaische  Schrift, 
u.  ä.).  Wie  zäh  sich  indes  av  dem  siegi'eichen  ev  gegenüber  hielt, 
beweist  der  Umstand,  daß  noch  auf  einer  knosischen  Inschrift 
des  2.  Jahrhs.  (5073)  neben  vulgärem  TrapaYY^iXaiev  Z.  17  auf 
Z.  16  ^2opKi£aiav  erscheint,  dessen  Endung  Kieckers  a.a.O.  S.  70 
richtig  als  Kreuzung  von  (£)iav  mit  ai€v  erklärt. 

Daß  unter  den  dorischen  Dialekten  gerade  das  Gortynische 
den  äolischen  Optativ  besitzt,  ist  schwerlich  bloßer  Zufall.  Ich 


Griechische  Miszellen.  419 

trage  kein  Bedenken,  den  Gebrauch  dieser  Bildungsweise  zu 
jenen  Nachwirkungen  vordorischer  Sprache  zu  zählen,  die  das 
Mittelkretische  kennzeichnen  (s.  Thumb  griech.  Dial.  124f.);  und 
ebenso  wird  im  Elischen  der  ei-Optativ  gleich  dem  thematischen 
Infinitiv  auf  rjv  achäischen  Ursprungs  sein  (vgl.  Verf.  IF.  32,377). 
Das  Achäische  selbst  aber  ginge  dann  wieder  einmal  mit  dem 
Äolischen  und  Ionisch- Attischen  Hand  in  Hand,  insofern  es  im 
äolischen  Optativ  gemeinsam  mit  jenen  beiden  Dialektgruppen 
eine  Bildung  bewahrte,  die,  wenn  unsere  Überlieferung  nicht 
trügt,  vom  Westgriechischen  ganz  aufgegeben  worden  ist 

IL 

Gortynisch  xpiivc, 

"Wenn  das  Gortynische  als  Akkusativ  des  Zahlwortes  für 
3  statt  des  zu  erwartenden  *Tpivc  (vgl.  herakl.  usw.  xpfc  Brug- 
mann-Thumb  griech.  Gramm.*  S.  250)  das  seltsame  tpiivc  ge- 
braucht (SGDI.  4986,  20;  4990,  11;  4991  Y  54;  auch  4993 
II  3  mit  Sicherheit  ergänzt),  so  ist  es  w^eniger  die  Zweisilbig- 
keit, was  an  dieser  Form  so  auffällt,  als  das  doppelte  i.  Denn 
die  Zweisilbigkeit  haben  bereits  die  Brüder  Baunack  Die  Inschr. 
v.  Gort.  S.  70f.  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  aus  der  auch  sonst 
im  Griechischen  zu  beobachtenden  Neigung  hergeleitet,  inner- 
halb desselben  Paradigmas  gleiche  Silbenzahl  durchzuführen  (vgl, 
Brugmann-Thumb  a.a.O.  8.74,  403).  Wie  aber  kam  das  doppelte 
i  zustande?  Schwerlich  durch  eine  Yerquickung  von  ui-sprüng- 
lichen  *Tpivc  +  *Tpiac,  wie  Brugmann  Grundr.*  2,  2,  222  ver- 
mutet; denn  diese  hätte  doch  wohl  unfehlbar  zu  *Tpiavc  geführt, 
einer  Form,  die  vortrefflich  zu  ipia  und  zu  den  reimenden  Kom- 
parativformen TiXia  TiXiavc  gepaßt  hätte.  Andere,  wie  Baunack 
a.a.O.  S.  273,  meinen,  man  habe  von  xpiujv,  ipici  her  ein  i  vor 
dem  -ivc  der  ursprünglichen  einsilbigen  Form  eingeschoben.  Das 
ist  denkbar;  aber  erklärt  diese  Annahme  wirklich  vollkommen 
die  Tatsache,  daß  sich  die  Gortynier  auf  die  Dauer  mit  dem 
so  entstandenen  lästigen  u  abfanden?  Ich  glaube,  daß  es  kein 
Zufall  ist,  wenn  ipiivc  gerade  in  einem  Paradigma  aufkam,  das 
noch  eine  andere  Form  mit  zwei  gleichen,  durch  Hiat  getrennten 
Vokalen  besaß,  nämlich  den  Nominativ  xpeec ;  diesen  Kasus  halte 
ich  denn  auch  für  das  Vorbild  des  Akkusativs.  Es  ist  nicht  zu 
bezweifeln,  daß  das  Gortynische  eine  Zeit  lang  dazu  neigte,  den 

28* 


420  Norbert  Jokl, 

Nominativ  der  Dreizahl  ebenso  zu  kontrahieren  wie  *KaXeev  zu 
KaXfiv  (4998  II  9)  u.  ä.,  daß  aber  neben  *Tpfic  die  ältere  Form 
sich  infolge  der  Zweisilbigkeit  von  ipiüjv,  ipici  hielt  und  schließ- 
lich sogar  wieder  das  Allgemeinübliche  wurde  ^).  Allerdings 
dürfte  diese  Alleinherrschaft  von  ipeec  nur  in  der  Hochsprache 
bestanden  haben;  in  der  schnellen,  sorglosen  Alltagsrede  mag 
sich,  besonders  bei  Nebentonigkeit  (etwa  in  oO  rpeec  cTarfipec, 
dXXd  rpeec  bapxvai)  oft  genug  die  kontrahierte  Form  aufs  neue 
entwickelt  haben.  Nach  diesem  Nebeneinander  nun  von  *Tpfic 
und  rpeec  hat  man,  wie  ich  vermute,  auch  zu  der  einzigen  von 
Anbeginn  einsilbigen  Form  des  Paradigmas  tpivc  eine  zweisil- 
bige Nebenform  dadurch  geschaffen,  daß  man  sie  mit  doppeltem 
Exspirationshub  sprach,  also  gewissermaßen  zerdehnte.  So  ent- 
stand eine  etwa  durch  *tri-ns  darzustellende  Lautfolge  mit  i- 
farbigem  w,  die  man  auf  den  Inschriften  mit  tpiivc  wiedergab. 
Dresden.  Richard  Günther. 


Katun. 

Zur  Geschichte  eines  Balkanwortes. 

Dem  Ursprung  und  der  Geschichte  eines  Balkanwortes 
nachzugehen,  ist  der  Zweck  der  folgenden  Zeilen.  Zwei  Gesichts- 
punkte sollen  für  die  Untersuchung  maßgebend  sein:  1.  das 
Moment  der  *Balkaneinheit',  die  sich  ja  mehrfach  schon  in 
rein  grammatischen  Übereinstimmungen  äußert  (vgl.  Sandfeld 
Jensen  Grundr.  d.  rom.  Phil.*  1,  524 ;  Weigand  Hochschulvortr. 
f.  Jedermann  9,  24;  Alexici  Gesch.  d.  rum.  Lit.,  S.  18 f.);  auf 
dem  Gebiete  der  kulturellen  Wechselbeziehungen,  für  die  Sprach- 
grenzen nicht  existieren,  die  aber  dann  gerade  in  der  Sprache 
ihre  Spuren  hinterlassen,  tritt  sie  umso  deutlicher  in  die  Er- 
scheinung. Dieses  Moment  zu  beachten,  empfiehlt  sich  in 
unserem  Falle  schon  wegen  der  geographischen  Verbreitung 
des  Wortes  (s.  u.).  Mit  Recht  bemerkt  Jireöek  (Arch.  f.  slav. 
Phil.  15,  91)  die  Völker  der  Balkanlialbinsel  seien  wegen  ihrer 
nahen    Berührungen    bei    historisch-ethnographischen    Studien 

1)  Ich  lese  also  übereinstimmend  mit  Brause  Lautl.  d.  kret  Dial. 
S.  88  das  überlieferte  rpeec  mit  Kürze  in  der  Stammsilbe,  nicht  mit  r\, 
wie  Solmsen  KZ.  32,  518  vorschlägt. 


Katun.  421 

stets  als  ein  Ganzes  zu  betrachten.  Kulturhistorische  Daten, 
die  aus  einem  Sprachgebiete  überliefert  sind,  werden  daher 
wohl  auch  Rückschlüsse  auf  ein  anderes  gestatten.  2.  das  sach- 
geschichtliche Moment. 

alb.-geg.  katun'^,  best.  katiuV^i  'Dorf'  (Pekmezi  Gramm.  249), 
älter  katund  'villa'  (Bogdan  Cun.  proph.  11  99,  5),  in  Elbasan 
kotun^)  *Dorf'  (Weigand  Jahresber.  d.  rum.  Inst  Lpz.  17,  229), 
in  Borgo  Erizzo  kotun  (ebd.) ;  tosk.  katunt^  katundi  'Dorf*  (Kalen- 
dari  Kombiar  1911,  51;  in  Griechenland  (von  Kristoforidi  AeE. 
S.  146  für  Hydra  verzeichnet;  Reinhold  Noctes  pelasg.,  AvOcX. 
S.  23,  vgl.  auch  ebd.  TTp6&po|uoc  XeE.  S.  70;  Kuluriotis,  AXqpaß. 
S.  33),  ital.-alb.  Stadt  (de  Rada  Raps.  S.  62 ;  Schirö  Te  Dheu  i 
huaj  (Palermo  1900,  S.  30,  37),  Vaterland  (Scurra  Gli  Albanesi 
in  Italia,  S.  238),  Land  (ebd.  S.  330);  rum.  cätun  'Weiler'  (isolierte 
Vereinigung  weniger  Bauerngehöfte,  Tiktin  Rum.-d.  Wb.  1, 
314),  mold.  auch  coti'm^  ferner  cätiinä^  cotünä\  mgriech.  Kaioöva 
'Zeltlager'  (Kekaumenos  Strategikon  ed.  Vasilevskij  et  Jernstedt, 
S.  11,  13,  22  in  Zapiski  istor.  fil.  fakult.  S.-Petrb.  Univ.  Bd.  38), 
'Gepäck,  Zelt,  Lager'  (Ducange),  ngriech.  *camp,  quartier'  (Legrand 
Poemes  bist.  342),  'maison,  appartement,  chambre'  (Korais 
"AtaKTtt  2,  186  f.),  KttTouveuiu  'schlage  eine  Zeltwohnung  auf, 
KttTOuveiia  'Zeltwohnung',  EeKaTOuviZluj  'ziehe  um'  (Cerigo,  vgl. 
G.  Meyer  Xgriech.  Stud.  2,  82,  Miklosich  Slav.  Elem,  im  Xgriech. 
17,  ders.  Türk.  Elem.  in  d.  südosteur.  Spr.,  Xachtr.,  1.  Hälfte, 
S.  60);  ksl.  katum  'Lager,  Heerlager'  (Miklosich  Lex.  Palaeosl. 
2842),  Sreznevskij  Materialy  1,  1200);  s.-kr.  alt  Hirtendorf  der 
Albanesen  und  Vlachen  {katum  vüashkychh  i  arbanasbkichb: 
Gründungsurkunde  des  Klosters  Decan  v.  J.  1330,  Miklosich 
Monum.  serb.  S.  91;  vgl  Jirecek,  Staat  u.  Gesellsch.  im  mittel- 
alterl.  Serb.,  S.  69,  Sp.  2 ;  ders.  Wlachen  u.  Maurowlachen,  Sitz.- 
Ber.  d.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.  1879,  S.  1141);  später:  'Ort,  Dorf, 
Gegend'   (vgl.  die  Belege   aus  M.  Vetranic,   P.  Hektorovic  im 

1)  Über  den  Schmalzungenlaut  g  und  die  derselben  Reihe  ange- 
hörigen  Vokale  f,  i  vgl.  Weigand,  1.  c.  184.  Meyer  hat  für  sämtliche  Vokale 
dieser  Reihe  nur  das  Zeichen  €.  In  Meyers  Schreibung  also:  kitim.  [In 
Weigands  eben  erschienenem  Wörterbuch  wird  (S.  34)  für  das  Südgegische 
katund  verzeichnet.    K.-N.] 

2)  Für  die  bei  Miklosich  zitierte  Stelle  der  Klosterurkunde  des 
Garen  Konstantin  Asgn  (1259—1278,  Safarik  Okäzky  obc.  pis.  S.  25)  kann 
man  dem  Zusammenhange  und  der  Analogie  der  anderen  Balkansprachen 
nach  etwa  die  Bedeutung  'Hirtenniederlassung'  oder  dgl.  ansetzen. 


422  Norbert  Jokl, 

Rjecnik  d.  südslav.  Ak.  4,  900);  Distrikt  (im  Statut  von  Poljica, 
Monum.  hist.-iurid.  Slavor.  merid.  I,  4,  S.  137,  Matid  ')  Wissensch. 
Mitteil,  aus  Bosn.  u.  d.  Herzegow.  12,  377);  heute:  *Ort,  wo 
auf  den  Bergen  Vieh,  namentlich  Schafe,  geweidet  und  gemolken 
■wird,  Sennerei ;  die  Gegend,  wo  die  Sennhütten  errichtet  werden' 
(L.  Tomid  Naselja  srpskih  zemalja  ur.  Cvijid  1,  423  f.  in :  Srpski 
etnogr.  zbornik  IV);  bulg.  katün,  katunin  'nomadisierender 
Zigeuner',  katuniste  'Zigeunerlager'. 

Es  handelt  sich  also,  wie  die  beigebrachten  Belege  zeigen, 
um  ein  spezifisches  Balkanw^ort.  Nichts  liegt  daher  näher,  als 
es  aus  einer  der  Balkansprachen  erklären  zu  woUen.  Wie  ent- 
sprechen nun  die  bisherigen  Deutungsversuche,  die  G.  Meyer 
Et.  Wb.  d.  alb.  Spr.,  S.  183  zusammengestellt  hat  —  die  seit 
dem  Erscheinen  dieses  Werkes  hinzugekommene  etymologische 
Literatur  entscheidet  sich  im  großen  und  ganzen  für  eine  der 
bei  Meyer  erwähnten  Erklärungen  —  den  grammatischen 
und  historischen  Tatsachen?  Korais  "AraKra  2,  187,  Paspati  Et. 
s.  les  Tchingianes  273,  Matzenauer  Cizi  sl.  42,  Miklosich  Alb. 
Forsch.  2,  10  und  neuestens  Weigand  Jahresber.  d.  rum.  Inst. 
Lpz.,  17,  228,  Thallöczy-Jirecek-Sufflay  Acta,  et  dipl.  res  Alb. 
med.  aet.  ill.  1,  288  dachten  an  ital.  cantone,  eine  Erklärung, 
die  G.  Meyer  1.  c.  stillschweigend  abgelehnt  hat.  Und  in  der 
Tat,  wie  will  man  das  lautliche  Verhältnis  zwischen  ital.  cantone 
und  dem  Balkanwort  erklären  ?  Einen  Versuch,  diese  Schwierig- 
keit, die  in  erster  Linie  das  Verhältnis  der  ersten  Silbe  von 
cantone  zu  der  von  katunt  usw.  bietet,  aus  dem  Wege  zu  räumen, 
machte  Triandaphyllidis  Die  Lehnwörter  der  mgriech.  Vulgär- 
litteratur,  S.  109,  indem  er  von  einer  Grundform  *KavTouva  aus- 
geht und  volksetymologische  Umdeutung  der  ersten  Silbe  nach 
griech.  Kaid  annimmt.  Vom  intern  griechischen  Standpunkt 
läßt  sich  eine  solche  Erklärung  gewiß  hören.  Aber  zweifelhaft 
ist  es,  ob  sie  auch  den  sachgeschichtlichen  Tatsachen  und  der 
Grammatik  des  Albanischen  gerecht  wird.  Denn  aus  Triandapiiyl- 
lidis  Annahme  würde  folgen,  daß  das  Wort  von  sämtliclien 
Balkansprachen  dem  Griechischeu  entlehnt  wurde.  (So  auch 
Jireöek  Gesch.  der  Serben  1,  156.)  Nun  zeigen  aber  gerade 
relativ  alte  Belege  das  Wort  bei  Vlachen  und  Albanesen  in 
einer  völlig  terminologischen   Verwendung   ('Hirtendorf*),   die 

1)  Diesen  Stellen-  und  Bedeutungsnachweis  vordanke  ich  Herrn 
Dr.  T.  Matic,  dem   ich  auch  hier  meinen  verbindlichsten  Dank  abstatte. 


Katun.  423 

von  der  mittelgriechischen  abweicht  und  der  gesellschaftlichen 
Gliederung  dieser  Hirtenstämme  gemäß  ist  (vgl,  Jagic  Arch.  f. 
sl.  Phil.  15. 110).  Die  bereits  erwähnte  Stelle  aus  der  Gründungs- 
urkunde des  Klosters  Decan  spricht  von  katum  vilaskychh  i 
arbanaskichb.  Im  Gesetzbuch  des  Garen  Dusan  wird  der  kafim 
(Mas  Hirtendorf)  dem  selo  ('Ackerbauerdorf')  gegenübergestellt. 
Cf.  Art.  22:  i  Ijudie  vlasteVscii,  koi  sede  po  crhkovnyichi  seJechh 
i  po  katunechh  .  .  .  (Zakonik  Stefana  Dusana  izd.  Xovakovic, 
S.  2-i);  Art.  94:  Ako  iibie  vlastelim  sehra  u  (jradu  ili  u  äupe, 
ili  u  katunu  (ebd.  S.  73),  Hiezu  bemerkt  Novakoviö  Selo  S,  49  f, 
(Glas  Srpske  Akad.  24):  izrice  se  pretpostavka,  dato  moze  biti 
u  gradu,  u  zupi  ili  u  katunu,  i  kad  mesto  zupe  uzmemo  njen 
sastavni  deo  selo,  onda  izlazi  da  su  se  naseljenja  delila  na  gradove, 
sela  i  katune.  (Es  wird  die  Voraussetzung  ausgesprochen,  daß 
dies  in  der  Stadt,  in  der  zupa  [im  Landgau]  oder  im  katun 
[Hirtendorf]  sein  kann,  und  wenn  Avir  an  Stelle  der  zupa  ihren 
Bestandteil,  das  [Ackerbauer-]Dorf  nehmen,  so  ergibt  sich,  daß 
die  Siedlungen  in  Städte,  [Ackerbauer-] Dörfer  und  Hirtendörfer 
[katuni]  zerfielen.)  Und  Hasdeu  (Arch,  istor.  a  Romaniei  3,  135) 
wollte  sogar  aus  dieser  Stelle  schließen,  daß  sich  die  katuni 
einer  gesonderten,  von  der  zupa  unabhängigen  Verwaltung  er- 
freuten. Doch  ist  diese  Schlußfolgerung  bestritten  (Jagic  Arch. 
f,  sl,  Phil,  15,  110),  Daß  für  die  Zeit  des  Gesetzbuchs  des  Garen 
Dusan  und  der  serbischen  Klosterurkunden,  also  für  das  14.  Jahr- 
hundert die  Bezeichnungen  Arbanasi  und  Vlasi  tatsächlich  eine 
ethnographische  Bedeutung  hatten,  geht  für  die  'Arbanasi'  aus 
den  albanesischen  Xamen  ihrer  Niederlassungen  hervor.  So  wird 
in  der  Gründungsurkunde  des  Erzengelklosters  bei  Prizren  (wohl 
aus  dem  Jahre  1348)  ein  zasehkh  ('Dorf teil,  Weiler')  Kruimada 
erwähnt  (Glasnik  drustva  srbske  slov,  15,  286),  Es  ist  klar,  daß 
in  diesem  Xamen  alb,  knie  Kopf  und  maQ,  mabi,  Fem,  mabe 
groß  steckt.  Die  Niederlassung  hat  ihren  Namen  von  einem 
Spitznamen  des  Sippenhauptes:  'Großkopf'.  Man  vergleiche 
ferner:  A  se  Arbanasi:  Katum  Ginovci .  .  .  Katwib  Flokovci  .  .  . 
Katum  Spinadinci  (ebd.  S,  278  f,).  (Über  die  Katune  als  Sippen- 
dörfer vgl.  Jirecek  Sitz.-Ber.  d.  böhm.  Ges.  d.Wiss.,  1879,  S.  114f.: 
über  die  Benennung  der  Hirtendörfer  nach  den  Namen  der 
Häuptlinge  ders.,  Gesch.  d.  Serben  1,  156 1)).    Ginovci  ist  also 

1)  Neben  dem  patronymischen  Spinadinci  kommt  in  der  erwähnten 
Urkunde  auch  §pinadija  vor.    i  pridasmo  mn  .  .  .  ot  Ärbanasb  ^pinadiju 


424  Norbert  Jokl, 

die  Sippe  des  Gin  (=  alb.  G'in  'Johann'),  Flokovci  die  des  Flok 
(aib.  flok  'Haar').  Über  die  rumänische  Nationalität  der  Bewohner 
der  'vlachischen'  Katune  vgl.  Jirecek  Sitz.-Ber.  der  böhm.  Gesch. 
1879,  S.  110,  117.  Wollte  man  sich  aber  dessenungeachtet  über 
die  geschichtliche  Tatsache,  wonach  der  katun  als  soziale  Or- 
ganisationsform gerade  Vlachen  und  Albanesen  eigen  war,  hin- 
wegsetzen und  dem  Worte  trotzdem  nicht  vlachischen  und  nicht 
albanesischen  Ursprung  zuschreiben,  so  bliebe  auch  dann  noch 
ein  sprachliches  Merkmal  bestehen,  das  gegen  griechische  Ver- 
mittlung —  ebenso  wie  gegen  jede  andere  —  spräche;  die 
albanische  Form  katunt  mit  t  im  Auslaut.  Alb.  katunt,  katiindi 
ist  mit  griech.  Kaxoöva  lautlich  nicht  zu  vermitteln.  Und  der 
Auslaut  des  albanischen  Wortes  ist  auch  bei  jedem  anderen 
Erklärungsversuch  wohl  zu  beachten.  So  könnte  man  ja  etwa 
daran  denken,  daß  das  Wort  aus  rom.  cantone  durch  Dissimilation 
der  beiden  n  entstanden  sei,  bei  welchem  Erklärungsversuch 
man  Vermittlung  des  Griechischen  nicht  annehmen  müßte.  Aber 
der  albanesische  Auslaut  steht  auch  einer  solchen  Deutung 
entgegen. 

Gegen  einen  anderen  Erklärungsversuch  Miklosichs  (Türk, 
Eiern.  1,  93,  E.  W.  113),  den  der  große  Slavist  an  der  zuletzt 
angeführten  Stelle  übrigens  nur  als  zweifelhafte  Vermutung 
hinstellt:  Herleitung  aus  nordtürk.  Ä:«/an,  kutan  'Schafhürde' ') 
wendet  G.  Meyer  E.  W.  183  zweierlei  ein:  1.  das  Wort  komme 
im  Osmanischen  nicht  vor,  2.  es  tue  den  Lauten  des  Balkan- 
wortes nicht  Genüge.     Den    ersten    Einwand   suclite   Vasmer 

(Glasnik  1.  c.  S.  303).  Spinadija  verzeichnet  auch  die  österr.  Generalkarte 
1 :  200.000,  BI.  Prizren.  Vielleicht  ist  auch  dieser  Name  aus  alb.  Mitteln 
zu  deuten,  und  zwar  aus  dem  Spitznamen  des  Sippenhauptes :  Spin  a 
di  'kennst  du  das  Haus  ?'.  Eine  ähnliche  Bildung  läßt  sich  wohl  auch 
sonst  in  alb.  O.-N.  zeigen.  Bei  Spinadija  könnte  freilich  auch 
an  rora.  spina  mit  s.-kr.  Suff,  -adija  (vgl.  Sumadija  gedacht  werden. 
Doch  ist  die  Erklärung  aus  alb.  Mitteln  wahrscheinlicher,  da  die  Katune 
nach  den  Sippenhäuptern  (vgl.  das  patronymische  Spinadinci)  und  nicht 
nach  geographischen  Merkmalen  benannt  werden.  Morphologisch  ist 
Spinadinci  vom  sl.  possessiven  Adjektiv  auf  -im  mit  Suff,  -»c»  ebenso 
gebildet  wie  Flokovci  vom  possess.  Adjektiv  auf  -ovt.  Dabei  wurde 
Spinadija  nach  Art  der  sl.  ö-Stämme,  Flok  nach  Analogie  der  sl.  o- 
(M-)Stämme  behandelt. 

1)  In  6ejch  Suleiman  Efcndis  Cagataj-osman.  Wörterbuch,  bcarb.  v. 
J.  Kunos  (Supplem.  z.  Keleti  Szemle),  S.  139  findet  sich  die  Angabe :  kutan 
Stieglitz,  Mondhof,  Weideplatz. 


Katun.  425 

Izvest  otdel.  russk.  jaz.  12,  241,  Anm.  1  dadurch  zu  beseitigen, 
daß  er  Vermittlung  des  Zigeunerischen  annimmt.  Und  in  der 
Tat  finden  wir  im  zig.  katüna  'Zigeunerzelt'  (Paspati  Et  s.  les 
Tching.  ou  Bohem.  de  l'Emp.  Ottom.  273,  Ascoli  Zig.  9,  Miklosich 
Mundarten  u.  Wand.  d.  Zig.  1,  16;  5,  29;  G.  Meyer  E.  W.  1.  c). 
Zudem  ließe  sich  für  Yasmers  Ansicht  geltend  machen,  daß 
im  bulg.  katün  nach  Gerov  gerade  den  nomadisierenden  Zigeuner 
bedeutet.  Dennoch  ist  diese  Erklärung  schon  mit  den  geschicht- 
lichen Fakten  schwer  zu  vereinigen.  Xach  Miklosich  1.  c.  3,  7 
rechtfertigen  sprachliche  Tatsachen,  nämlich  der  tiefgehende 
Einfluß  des  Griechischen  auf  die  Zigeunersprache,  die  Annahme, 
daß  die  Zigeuner  schon  geraume  Zeit  vor  der  ersten  Hälfte 
des  11.  Jahrhunderts  —  für  das  Jahr  1322  ist  ihre  Anwesen- 
heit auf  Kreta,  für  1346  ihre  Ansiedlung  auf  Korfu  bezeugt  — 
in  Griechenland  eingedrungen  waren.  Allein  unser  Wort  findet 
sich  schon  im  Strategikon  des  Kekaumenos,  einem  Werk,  dessen 
Abfassungszeit  in  die  Regierungszeit  Michaels  YII.  Dukas 
(1071 — 1078)  fällt  (Yasilevskij  und  Jemstedt  in  ihrer  Ausg., 
praef.,  S.  7)  und  ferner  in  2  lateinisch  geschriebenen  Gerichts- 
protokollen von  Ragusa  aus  dem  Jahre  1285:  dum  irem  per 
Blachos  ab  uno  catone  ad  alium  und:  ego  iuerara  in  catonem 
Blacorum  (Jirecek  Sitz.-Ber.  d.  böhm.  Ges.  1879,  118).  Daß  die 
Zigeuner  schon  um  diese  Zeit  in  Dalraatien  erscheinen,  dafür 
bietet  sich  kein  Anhalt.  Also  müßte  man,  wenn  mau  nord- 
türkischen Ursprung  und  zigeunerische  Yermittlung  annehmen 
wollte,  wieder  zum  mittelgriechischen  als  unmittelbarer  Quelle 
des  Ragus.  seine  Zuflucht  nehmen.  Dann  aber  gelten  wieder 
dieselben  Einwände,  die  oben  gegen  TriandaphyUidis  Deutung 
(KaToöva  aus  cantone  nach  Kaxd)  und  die  daraus  sich  ergebenden 
Folgerungen  erhoben  wurden.  Übrigens  bleibt  nach  dem  oben 
Bemerkten  auch  bei  diesem  Deutungsversuch  die  Lautgestalt 
des  albanesischen  Wortes,  nämüch  das  auslautende  <,  unerklärt. 
Und  auch  Yasmer  selbst  nimmt  jetzt  (RS.  5,  134)  die  An- 
nahme zigeunerischer  Yermittlung  zurück,  da  zig.  katuna  Ent- 
lehnung aus  der  griechischen  Augmentativform  Katoöva  ent- 
lehnt sei^). 

Einen  dritten  Erklärungsversuch :  mittelbare  Herleitung  aus 

1)  Damit  entfällt  auch  Ascolis  mit  Zweifel  ausgesprochene  Ver- 
mutung (Zig.  9),  katüna  sei  durch  Dissimilation  aus  arab.-türk.  qutnn 
'Baumwolle'  entstanden,  desgleichen  Paspatis  Deutung:  ai.  kafa  'Geflecht' M. 


426  Norbert  Jokl, 

arab.  qiitün  *Wohnung*  (Miklosich  Üb.  d.  Mundarten  ii.  Wander. 
d.  Zig.  1,  16,  wo  qutün  als  türkisch  bezeichnet  wird,  ders.  Sl.  El. 
i.  Ngr.  17,  Cihac  Dict.  2,  558)  hat  Miklosich  im  E.  W.  selbst  fallen 
gelassen  und  G.  Meyer  wendet  E.W.  183  ein,  das  Wort  scheine 
im  Türkischen  nicht  vorzukommen.  Wiewohl  nun  diese  Vermutung 
G.Meyers  durch  Zenkers  Wörterbuch  (vgl.  S.  704)^)  nicht  bestätigt 
wird,  ändert  dieser  Umstand  nichts  an  der  Unglaubwürdigkeit  auch 
dieser  Erklärung.  Denn  da  durch  die  erwähnten  ragusäischen 
Protokolle  das  Wort  auch  außerhalb  des  griechischen  Sprach- 
gebietes lange  vor  der  türkischen  Invasion  belegt  ist,  müßte 
man  auch  bei  dieser  Deutung  Vermittlung  der  Byzantiner,  die 
ja  lange  vor  dem  Erscheinen  der  Osmanen  in  Europa  mit  tür- 
kischen Stämmen  in  kriegerische  und  friedliche  Berührungen 
kamen,  annehmen  und  damit  wären  dieselben  sachlichen  und 
lautlichen  Schwierigkeiten  gegeben,  die  nach  dem  Obigen  den 
andern  erwähnten  Erklärungsversuchen  entgegenstehen.  — 
G.  Meyer  selbst  war,  offenbar  von  keiner  der  vorgeschlagenen 
Erklärungen  recht  befriedigt,  geneigt,  das  Wort  den  türkischen 
Bulgaren,  die  es  nach  der  Balkanhalbinsel  gebracht  hätten,  zu- 
zuschreiben. Indes  ist  eine  solche  Vermutung  —  für  mehr  hat 
sie  auch  G.  Meyer  nicht  ausgegeben  —  nur  ein  ultimum  re- 
fugium,  vor  dessen  Inanspruchnahme  weitere  Versuche  zu 
machen  sind. 

Fassen  wir  also  zusammen,  so  hat  sich  an  der  Hand  der 
Urkunden  ergeben,  daß  der  Katun  die  soziale  Organisationsform 
der  albanesischen  und  rumänischen  Hirtenbevölkerung  war,  die 
noch  von  der  Gesetzgebung  des  14.  Jahrhunderts  vom  Acker- 
bauerdorf (s.-kr.  selo)  geschieden  wurde.  Es  ist  daher  richtig, 
wenn  man  die  Besitzergreifung  der  Balkanhalbinsel  durch  die 
Siaven  so  darstellt,  daß  diese  als  Ackerbauer  die  fruchtbaren 
Niederungen  okkupierten,  während  die  lUyrier  und  Illyroromanen 
auf  den  Höhen  ein  Hirtenleben  führten  (Jireöek  Dej.  när.  bulh. 
180,  P.  Mrkonjid  Naselja  srpsk.  zem.  1,  255).  Die  Erklärung  des 
Wortes  katünf  wird  daher  am  besten  vom  Alb.  oder  Balkanlat. 
auszugehen  haben ;  und  da  der  Deutungsversuch :  rom.  cantone, 
wie  gezeigt,  abzulehnen  ist  —  womit  freilich  nichts  gegen  Er- 
klärungen aus  dem  Romanischen  überhaupt  gesagt  sein  soll  — 


1)  Herrn  Dr.  Hrozny,  der  mir  bei  dieser  Feststellung  seine  freund- 
liche Unterstützung  lieh,  danke  ich  verbindlichst  auch  an  dieser  Stelle. 


Katun.  427 

empfiehlt  es  sich  von  vornherein,  das  Albanische  zu  befragen  ^). 
Und  in  der  Tat  liefert  das  Albanische  eine,  wie  mir  scheint  voll- 
ständig ausreichende  Erklärung,  geg.  katun^,  ketun,  tosk.  katünt 
gehört  zu  tosk.  ndena^  ndeja^  geg.  n'^eja,  ndejta^  das  als  Aorist  zu  fi 
'halte  mich  auf,  wohne,  ruhe  aus'  fungiert,  femer  zu  e  ndenura, 
geg.  e  ndeitmeja .,  ndeime  (Mever  E.  W.  300),  nng/,  nneja  *die 
Wohnung,  der  Aufenthalt'  (Bask.  300),  nd^nüör  'Einwohner' 
(Meyer  1.  c),  eine  Sippe,  die  Meyer  in  scharfsinniger  "Weise  zu 
ndi^n.,  geg.  ndej  'breite  aus,  ziehe,  strecke,  spanne  die  Seite  eines 
Instruments  aus  *tenio  :  griech.  teivai,  idg.  Wz.  ten-  gestellt  hat. 
Die  Bedeutungsentwicklung  'ausspannen  —  wohnen'  erklärt  sich 
eben  als  Terminus  des  Hirtenlebens  vom  Ausspannen  der  Zelte. 
Tatsächlich  wird  auch  der  Katun  'ausgespannt'.  So  heißt  es 
in  einem  von  Vuk  zitierten  s.-kr.  Yolksliede :  razapese  Piperi 
katime  "die  Piperi  spannten  die  Katune  aus".  Morphologisch 
ist  katiint  mit  seinem  auslautenden  -t  eine  Partizipialbildung 
mit  Suffix  -to-,  das  im  Albanischen  einst  zur  Bildung  dieser 
Wortkategorie  verwendet  wurde,  während  heute  diese  Bildungen 
adjektivischen  Sinn  haben:  i  Bäte  'trocknen'  (00/  'trockne')  i pl'ote 
'voll',  /  ngrite,  geg.  i  n^rit  'erfroren'  {ngrij,  n^rjj  'mache  frieren, 
erfriere')  vgl.  Pekmezi  Gr.  194,  224  f.  Im  Nordostgeg.  ist  das 
^-Suffix  noch  heute  bei  Bildung  der  Partizipia  produktiv,  k'eni 
si  i  terbuet  po  uluron  'der  Hund  heult  wie  wütend'  (Bageri 
Kopesht  Malsori,  Sofia  1910,  S.  32;  der  Verfasser  dieser  Schrift 
stammt  aus  Reka) ;  giQ  se  tska  sohem  . . .  qst  e  krihuet  prej  Perendis 
'alles,  was  wir  sehen,  ist  von  Gott  geschaffen'  (ebd.  S.  37); 
ngdrkuet  'beladen'  (als  masc.)  (ebd.  S.  10).  Der  Yokalstufe  nach 
ist  katunt  als  *-tnt-  zu  fassen,  zeigt  also  dieselbe  Vertretung 
von  w,  wie  sie  auch  in  grimde  'Kleie',  munt  'ich  kann',  strimge 
'Abteilung  des  Pferches,  in  dem  Ziegen  gemolken  werden,  tunt 
'schüttle'  auftritt  (Verf.  Stud.  z.  alb.  Etym.  u.  Wortb.,  S.  25,  58, 
89,  91).  Are-,  ka-  ist  dasselbe  Präfix,  das  sich  auch  in  gbent  'be- 
haue Holz,  hoble,  prügle' :  geg.  bend,  benn  'aushauen,  gbin  'mache 
Tag,  beginne  den  Tag'  :  dihet  'es  tagt',  dite  'Tag',  kQiet  'rein'  : 
ejeTtn  dass.  (Schirö  Te  Dheu  i  huaj,  S.  27),  kenem  'Weihrauch' 
(vgl.  Verf.,  1.  c,   S.  21  f.,  87)  nachweisen  läßt,    katunt  ist  also 

1)  Miklosich  war  in  einer  seiner  früheren  Schriften,  Die  slav.  Elem. 
im  Rum.  [1861],  S.  10  geneigt,  rum.  cätun,  alb.  katunt  für  ein  'altein- 
heimisches Element'  zu  halten,  ein  Gedanke,  den  er  freilich  nicht  näher 
begründet  und  in  seinen  späteren  Veröffentlichungen  wieder  aufgab. 


428  Norbert  Jokl, 

*das  Ausgespannte',  das  'Gezelt',  dann  Aveiter  Mas  Gewohne', 
die  Wohnung,  der  Aufenthalt.  Die  auf  Grund  der  etymologischen 
und  grammatischen  Analyse  gewonnene  Bedeutung  stimmt  also 
zu  der  tatsächlich  im  Albanesischen  und  den  übrigen  Balkan- 
sprachen bezeugten  (vgl.z.  B.  diengriech.  Bedeutungen).  Wenn  sich 
neben  küun  meist  katunt  findet,  so  erklärt  sich  das  a  als  Wandel 
des  gedeckten  Kehllautes  (Schmalzungenlautes)  e  {q  Weigand) 
zu  a  in  Nachbarschaft  von  k.  Als  weitere  Beispiele  für  diese 
Behandlung  des  Schmalzungenlautes  seien  genannt:  k(.m6s  neben 
kames  'Hacke,  Hippe'  (vgl.  Verf.,  1.  c,  S.  39  f.),  gakatar  'blutig, 
mörderisch'  (Liri  e  Ök'ip.  Nr.  47,  S.  1,  Sp.  2,  Kristoforidi,  Lex., 
S.  75  'Mörder'  aus  Berat)  neben  gakdtuar  (Meyer  E.  W.  136) 
'Mörder' ;  kartsin  'springe'  (Meyer  E.  W.  189,  Kristoforidi,  Lex. 
145),  kardsej,  kardsen  (ebd.),  kazegniene  ( =  katsenent)  'sie  springen' 
(Bogdan  Cun.  proph.  2,  40,  9),  ka  me  kazüe  (=  katsüe)  'er  wird 
springen'  (ebd.  2,  46, 1)  gegenüber  kertsen,  ketsen  (G.  Meyer  1.  c.) ; 
ndlagbn  'du  denkst'  (Katechismus  des  L.  Matranga  v.  J.  1592 
in :  Roma  e  l'Oriente,  4,  27)  :  griech.-alb.  ddgon  'ich  höre,  ge- 
denke', ge^.  ndegoj;  Plur.  te  kak'ijete  (cachijetcß)  'die  Bösen 
(L.  Matranga  1.  c,  S.  29):  te  kek'ij^)  dess.  (Kristoforidi,  geg. 
Matthäus-Evang.,  Kap.  5,  V,  45),  te  kek'ite  (ders..  Lex.  149,  Tosk, 
Psalter,  Ps.  12,  8),  nordostgeg.  Plur.  F.  te  kk'ia  (Bageri  Kopst 
Mal'sori  25).  Man  vergleiche  ferner  l'esatak  'zottig'  (Eltsija  i 
zemers  J.  Kristit,  1911,  2,  72)  gegenüber  griech.-alb.  tese^oV  dass. 
(Meyer  E.W.  241),  pasanik  'wohlhabend'  (Kendime  .  .  .,  Libri  i  3, 
Shtampa  e  2,  s.  1.,  s.  a.,  S.  4)  :  pasun  aus  -en-  dass.  Über  andere 
Wandlungen  gedeckter  Kehllaute  (zu  «,  i)  vgl.  Weigand  Jahre.s- 
ber.  d.  rum.  Inst.  Lpz.,  17,  184. 

Aus  der  oben  gegebenen  Übersicht  der  Formen  und  Be- 
deutungen der  Balkansprachen  geht  hervor,  daß  das  Albanesische 
allein  die  Gruppe  -«<,  bzw.  -n^  im  Auslaut  aufweist,  während 
die  übrigen  Sprachen  -n  (bzw.  -n-)  zeigen.  Es  ist  dies  so  zu 
erklären,  daß  bei  der  Entlehnung  des  albanesischen  Wortes  der 
Akkusativ,  und  zwar  in  seiner  bestimmten  Form  zugrunde  ge- 
legt wurde,  also  katund-ne,  was  regelrecht  katune  ergibt.  Vgl.  /€ 
«iMn€  =  te  mundne  'er  könnte'  (Pedersen  Alb.  Texte  54, 10, 165  : 
mHnt)\  mone  akkus.  zu  mot  'Jahr*,  giQmon  'immer';  pane  'sie 
hatten' :  p(äa  'ich  hatte*;  zone  'Frau*  aus  *zot-ne  :  zot  'Herr'  usw. 


1)  pl.  tf.  kek'ij  (Pekmezi,  Gr.  106)  zeigt  den  Vokal  des  Sing.:  kek'. 


Katun.  429 

(vgl.  Pekmezi  Gr.  65,  95).  Wenn  der  best.  Akk.  von  vent  *Ort' 
neben  vmtne  vende  lautet  (Pekmezi  Gr.  65)  —  statt  des  nach 
dem  Vorstehenden  zu  erwartenden  *vene  —  so  bemht  dies  auf 
analogischer  Ausgleichung,  ganz  so  wie  auch  die  Akkusative 
püte,  pütn^  Analogiebildungen  dai"stellen.  Denn  nach  den  Aus- 
führungen Pedersens  über  -In-  (KZ.  33,  535,  543)  würden  wir 
*pül't  erwarten.  Auch  sonst  wird  bei  Entlehnungen  mit  Vorliebe 
der  Akkusativ  zugrunde  gelegt.  Man  vergleiche  d.  Kreuz  aus 
lat.  crücem  (Kluge  E.  W.^  265),  Kelch  aus  lat.  cälicem  (ebd.  237). 
Wie  verhalten  sich  nun  die  Zeugnisse  der  außeralbanischen 
Balkansprachen  zu  dem  eben  gewonnenen  Ergebnis?  Eelativ 
tren  hat  die  Grundbedeutung,  wie  sie  sich  aus  den  obigen  Aus- 
führungen ergibt,  das  mgriech.  bewahrt:  Kaxoüva  "Zeltlager' 
(Kekaumenos  1.  c.)  Kaiouveüuj  'schlage  ein  Lager  auf.  Das 
Heerlager  und  das  Hirtendorf  mit  seinem  fast  nomadenhaften 
Charakter  stimmen  zweifellos  in  ihrer  Anlage  vielfach  überein. 
Kekaumenos  Strategikon  ist,  wie  bereits  erwähnt,  zur  Zeit  des 
Kaisers  :\[ichael  VH.  Dukas  (1071—1078)  abgefaßt.  Da  nun 
gerade  Kekaumenos  selbst  in  vielfache  Berührungen  mit  den 
Wlachen  trat  —  stammen  doch  von  diesem  Schriftsteller  die 
viel  erörterten  Xachrichten  über  Volkscharakter  und  ältere 
Wohnsitze  der  Wlachen  (S.  7-1  der  Ausg.  von  Vasilevskij  und 
Jernstedt,  vgl.  auch  S.  12  der  praefatio  und  die  S.  13,  Anm.  1 
zitierte  Literatur)  —  so  könnte  man  sich  leicht  zu  der  Annahme 
verleiten  lassen,  der  Byzantiner  habe  das  Wort  unmittelbar  von 
den  Wlachen  und  in  diesem  Fall  nur  mittelbar  von  den  Albanesen 
übernommen.  Indes  deutet  die  Verwendung  des  Wortes  durch 
den  anspruchslos  schreibenden  Krieger  darauf  hin,  daß  das  Wort 
in  der  militärischen  Sprache  seiner  Zeit  bereits  üblich  war.  Und 
so  ist  es  wohl  kaum  dem  bloßen  Zufall  zuzuschreiben,  daß 
das  Wort  gerade  ein  Menschenalter  nach  der  Erwähnung  der 
Albanesen  durch  die  byzantinischen  Quellen  in  der  byzantinischen 
Literatur  auftaucht»).    Wie  nämlich  Tomaschek   (Zeitschr.  f.  d. 

1)  Es  muß  ferner  mit  der  Möglichkeit  gerechnet  werden,  daß 
katum  auch  in  dem  mit  dem  Strategikon  fast  gleichzeitigen  Izbornik 
Svjatoslava  v.  J.  1073  belegt.  Zu  einem  abschließenden  Urteil  über  die 
Frage  dieses  r.-ksl.  Belegs  für  das  Wort  kann  man  bei  dem  gegenwärtigen 
Stande  der  Editionen  dieses  Denkmals  (vgl.  Jagic  Istorija  slavj.  filol.  463. 
Djuvernua  Ctenija  v  Imp.  ob§c.  ist.  1882,  4,  S.  21  des  Arch.  obozr.)  schwer 
gelangen.  Die  von  ßodjanskij  besorgte  Ausgabe,  erschienen  in  den  eben- 
erwähnten  Ctenija,  umfaßt  bloß   die   ersten  74  Blätter  der  Handschrift. 


430  Norbert  Jokl, 

öst.  Gymn.  1877,  S.  681  f.)  zeigt,  erwähnen  die  Byzantiner  die 
AXßavoi  nicht  erst  1079,  wie  man  bis  auf  ihn  allgemein  an- 
nahm, sondern  bereits  1040—1043  (Michael  Attaliota,  S.  9,  18 
in  Corpus  Script,  hist.  Byz.  Bd.  32).  Die  Bedeutung  'Gepäck' 
(Ducange)  erklärt  sich  leicht  als  militärischer  Terminus;  man 
denke  an  die  wichtige  Rolle  des  Zeltes  innerhalb  des  Gepäckes 
des  Heeres.  Die  weiteren  (neugriechischen)  Bedeutungen  beruhen 
auf  Verallgemeinerung  eines  ursprünglich  spezielleren  Sinnes. 
Eine  mit  dieser  griechischen  parallele  Bedeutungsentwicklung, 
die  Jirecek  Arch.  f.  sl.  Phil.  22,  213  bemerkt  hat,  zeigt  bei 
ähnlichen  kulturellen  Verhältnissen  s.-kr.  stän  heute  'Wohnung', 
im  Westen  *Sennerei  im  Gebirge'  gegenüber  ar.,  c.  'Zelt',  aserb. 
(Gesetzb.  d.  Garen  Dusan)  'Gepäck  des  Reisenden'  in  ragus.  Ur- 
kunden 'Quartier'.  —  Chronologisch  folgen  auf  die  mittel- 
griechischen Belege  und  den  kirchenslavisch-bulgarischen  des 
Zaren  Konstantin  Äsen  die  lateinischen  aus  Ragusa  (1285):  ab 
Tino  catone,  in  catonem.  Das  o  dieser  Formen  bereitet  nur  schein- 
bar Schwierigkeiten.  Wir  haben  es  nämlich  mit  einer  gelehrten 
'Latinisierung'  eines  volkstümlichen  katun  zu  tun.  Da  nämlich 
in  den  lateinischen  Elementen  des  Altdalmatischen  einem 
volkstümlichen    -un    lat.    -oiiem    entsprach,     (vgl.    skr.    racun 

Einigen  Ersatz  gewährt  —  da  auch  die  photographische  Reproduktion 
der  Handschrift  selten  (z.  B.  mir  in  Wien  zurzeit  nicht  zugänglich  ist)  — 
die  Beschreibung  der  Handschrift  bei  Gorskij  und  Nevostruev,  Opis.  slavj. 
rukop.  n  2,  365  ff.  Nun  führen  die  Genannten  1.  c.  401  nach  Bl.  190  der 
Handschrift  an :  izgzinana  bysth  mm  is  katii  na  sedmh  dnii  (fStu  xfic 
TTap€|ußoXfic,  die  Stelle  handelt  von  der  Schwester  des  Moses).  Miklosich 
las  dies  Les.  Palaeosl.  284,  da  er  den  Passus  unter  kattim  zitiert,  mit 
leichter  Emendation  offenbar  is  katuna.  Hingegen  findet  man  bei  Srez- 
nevsky  Materialy  I,  1200  die  Stelle  nicht  unter  katum,  sondern  unter  kat», 
und  Berneker  folgt  E.  W.  494  in  der  chronologischen  Fixierung  nicht 
Miklosich,  sondern  Sreznevskij.  Übrigens  ändert  sich,  auch  wenn  man 
Miklosichs  Lesung  annimmt,  an  den  Daten  für  die  Wortgeschichte  nicht 
viel.  Der  Izbornik  Svjatoslava  v.  1073  wurde  nämlich  auf  Grund  einer 
ursprünglich  für  den  bulgarischen  Zaren  Symeon  angefertigten  Vorlage 
abgeschrieben  (Murko  Gesch.  d.  alt.  südsl.  Lit.  S.  65  f.,  Vondräk  Ksl. 
Chrestom.  164 f.,  A.  Archangel'skij  in  Brockhaus-Efrons  Enciklop.  slovar'. 
12,  816).  Die  Wortgeographie  weist  ohne  Zweifel  auf  die  Balkanhalbinsel 
als  Ursprungsland  des  Wortes.  Nun  ist  es  freilich  eine  gar  nicht  zu  ent- 
scheidende Sache,  ob  das  Wort  auch  im  big.  Archetypus  des  Izbornik, 
der  in  die  Zeit  um  900  fällt,  stand.  Sind  doch  lexikalische  Varianten  in 
den  verschiedenen  Abschriften  ksl.  Texte  häufig  (vgl.  Jagic  Entstehungs- 
gesch.  d.  ksl.  Spr.'  281  ff.).    Und  gerade  die  bei  Gorskij  und  Nevostruev 


Katim.  431 

'Rechnung' :  lat.  rafionem,  Bartoli  Das  Dalmatische  2,  299 ;  salhun 
[überliefert  in  älteren  Texten  aus  Arbe,  Spalato,  Zara  =  it. 
sabbione,  ragus.  saßun  dass,  (ebd.  300);  skr.  sapun,  in  Ragusa 
sapliin  *Seife'  aus  sapone  (ebd.),  skr.  stacun  'Kaufladen'  [in  Ra- 
gusa, Resetar  Arch.  f.  d.  Phil.  17,  42,  Jirecek  Die  Roman,  i.  d. 
Stadt.  Dalm.  1,  81),  Xobiles  de  Carbunne  [Zara  a.  1199],  lati- 
nisiert de  Carbone  [Jirecek  1.  c.  3,  14],  Razunat  'Beiname  eines 
ragusanischen  Kaufmannes'  [lat.  ratwnatus,  ebd.  S.  54],  rasun 
[Zara  1325  1.  c.  2,  4]  gegenüber  latinisierendem  rasoyi  [Brskovo 
1312,  geschrieben  von  einem  Ragusaner,  ebd.  S.  3],  presun  [Klage 
vor  dem  Gerichtshofe  von  Ragusa  1372]  'Gefängnis'  [ebd.  S.  17] 
gegenüber  stacon  [ib.]),  deserigion  (geschrieben  von  Ragusanern 
1302  1.  c.  2,  2)1),  so  wurde  nach  dem  Muster  dieser  Fälle  katun 
zu  catonem  umgestaltet.  Bedeutet  katun{t)  ursprünglich  nur  ein 
Hirtendorf  eines  Stammes,  so  finden  wir  später  im  Serbokr. 
auch  die  Bedeutung  'Distrikt'  (Statut  von  Poljica  s.  o.),  ferner 


1.  c.  angeführte  Stelle  hat  eine  Parallelstelle,  in  der  für  katii  na  ein  phha 
steht:  da  oMudena  bgdetb  vbni  pslka  sedmi  dnii  (Ctenija  1882,  4.  S.  126 
=  ä(popic9riTU)  eEuj  Tf|C  uapeußoXfic  V  r\]xipac.  (Man  beachte  übrigens, 
daß  hier  nicht  na  sedmt  dnii,  sondern  bloß  sedntb  dnii  steht.  Könnte  dies 
Miklosichs  Lesung  bestätigen?)  Xur  das  ließe  sich,  falls  man  die  Stelle 
überhaupt  zu  irgend  welchen  Schlüssen  verwerten  wollte,  erschließen, 
daß  das  Wort  schon  einige  Zeit  vor  1073  bei  den  Bulgaren  üblich  w^ar. 
Nach  der  Bedeutung,  der  heutigen  Verwendung  und  Verbreitung  des 
Wortes  handelt  es  sich  nicht  bloß  um  gelehrte,  sondern  um  volkstümliche 
Entlehnung,  die  wohl  nicht  auf  das  Griechische  zurückgeht.  (Vgl.  Vasmer 
Izvgst.  otd.  r.  jaz.  12,  2.  240,  a  1.)  Da  die  Bulgaren  bereits  im  10.  Jahr- 
hundert Mittel-  und  Südalbanien  beherrschten,  bieten  sich  für  die  An- 
nahme einer  vor  1073  erfolgten  Entlehnung  des  Altbulgarischen  aus  dem 
Albanischen  chronologisch  keine  Schwierigkeiten.  Doch  sei  dem  wie  ihm 
wolle,  jedenfalls  haben  wir  das  sichere  Zeugnis  des  Kekaumenos,  das  in 
die  gleiche  Zeit  führt  wie  der  Izbornik.  Nur  der  Vollständigkeit  halber 
mußte  auch  die  Frage  nach  der  Chronologie  des  Wortes  im  ksl.  behandelt 
werden.  —  Die  bei  Ducange  angeführten  Belege  sind  durchwegs  jünger 
als  Kekaumenos.  —  Dies  gilt  gewiß  von  allen  bis  auf  die  Glosse  zu  den 
Basiliken :  KÖctpov  tout^cti  qpöccav  r|v  ^^eic  KaXoOuev  KaxoOvav,  die  Ducange 
offenbar  Labbaeus  Veteres  glossae  verborum  iuris  quae  passim  im  Basilicis 
reperiuntur  (Paris  1606),  S.  131  entnommen  hat  (vgl.  auch  Otto  Thesaur. 
iur.  III,  1818).  Zeit,  Quellen  und  Wert  der  von  Labbaeus  aus  mehreren 
juristischen  Wörterbüchern  zusammengestellten  glossae  verborum  sind 
noch  nicht  festgestellt.  (Krüger  Gesch.  der  Quellen  u.  Liter,  d.  röm.  Rechts, 
S.  369 f.  u.  Anm.  67,»  S.  417  u.  Anm.  70.) 

1)  Auch  zeitlich  stehen  einige  der  angeführten  Schreibungen  mit 
-on  einem  catonem  nahe. 


432  Norbert  Jokl, 

'Gegend*  (vgl.  die  oben  angeführten  Belege).  Der  Bedeutungs- 
wandel erklärt  sich  so,  daß  das  Sippendorf,  daß  ursprünglich 
bloß  einen  Katun  umfaßte,  sich  später  bei  Anwachsen  der  Be- 
völkerung über  mehrere  Siedlungen  ausbreitete.  Vgl.  die  histo- 
rischen Belege  bei  Jireöek  Gesch.  d.  Serben  1,  137.  Zu  den 
ital.-alb.  Bedeutungen  von  hatunt  'Land,  Vaterland,  Stadt'  vgl. 
man  die  Bedeutungen  von  sizil.  |;a/si  regione,  tratto  di  terra, 
cittadetta,  borgo  o  villaggio,  patria  (Trajna  Nuovo  vocab.  sicil.- 
ital.,  S.  685)1).  gg  kann  sich  sehr  wohl  um  semasiologische 
Beeinflussung  des  Ital.-Aib.  durch  das  sizil.  handeln.  —  Das 
hier  über  den  Ursprung  des  Wortes  Gesagte  wird  durch  das 
Zeugnis  des  rumänischen  gut  veranschaulicht.  Im  Rumänischen 
wird  zwischen  dem  Doritypus  des  Hügellandes  der  Oltenia  und 
der  Muntenia,  dem  Weiler  {cätun)  und  jenem  der  Niederterrassen 
der  Donau  (der  unteren  Muntenia):  sat  unterschieden  (Grothe 
Zur  Landesk,  v.  Rumän.  S.  541).  Der  cätun  gehört  also  der 
Hügelregion  an,  was  zu  seinem  Charakter  als  Ansiedlung  der 
von  Viehzucht  lebenden  Hirtenbevölkerung  stimmt.  Der  eben 
dargelegten  Herkunft  der  Bezeichnung  entspricht  es,  daß  solche 
Niederlassungen  nach  dem  Berichte  der  österreichischen  Ver- 
waltungsdeputation von  1719  (zitiert  bei  Grothe  a.  a.  0.)  in  ihrer 
Anlage  und  Bauart  etwas  Provisorisches  und  zu  sofortigem  Ab- 
bruch Bereites  zu  verraten  schienen.  Und  damit  stimmt  auch 
die  Terminologie  der  serbischen  Urkunden  des  Mittelalters,  die 
für  die  'Gründung'  von  Hirtendörfern  {katuni)  sich  eines  be- 
sonderen Verbums  bedienen,  das  von  dem  für  die  Gründung 
von  Ackerbauerdörfern  gebrauchten  verschieden  ist.  So  heißt 
es  in  der  Urkunde  des  Garen  Stefan  v.  J.  1347  betr.  das  Bistum 
Ljesnovo  vom  Despoten  Oliver:  katum  Vlachb  nastroi  (Glasnik 
srpskog  u6.  drustva  27,  290.  Novakovid  Selo  143).  Bei  der  hier 
vertretenen  Erklärung  des  Wortes:  mkn  aus  *teniO^  lat.  fendo 
usw.  ist  auch  dies  verständlich.  In  späterer  Zeit  konnte  dann 
die  Bauart  der  Hirtendörfer  einen  etwas  solideren  Charakter 
annehmen.  Man  vergleiche  die  ausführlichen  Beschreibungen,  die 
Cviji6  von  den  Hirtendörfern  der  Kutzowallachen  und  Albanesen 
gibt  (Naselja  srpsk.  zem.  1,  129,  134  f.).  —  Eine  ältere  alb. 
Quelle,  nämlich  Bogdan,  Cuneus  prophet  (1685)  2,  99,  5  ver- 
wendet katund  in  der  Bedeutung  'Landhaus'.  (Das  entsprechende 
Wort  der  italienischen  Übersetzung  ist  villa).    Es  ist  dies  ein 

1)  Das  Zitat  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  des  Herrn  Dr.  Battisti. 


Ednard  Hermann,  Noch  einmal  das  Jmiglakonische.  433 

Notbehelf,  der  durch  die  in  den  Gebirgen  der  Balkanhalbinsel 
herrschenden  Siedlungsgewohnheiten  erklärlich  wird.  So  heißt 
in  dem  seit  1878  montenegrinischen,  früher  herzegowinischen 
Drobnjak  hatim  die  Gegend,  wo  das  Gesinde  mit  den  Herden 
den  Sommer  verbringt  und  wo  die  Sommerhütten  {kolihe)  er- 
richtet werden  (Tomic  Xaselja  srpsk.  zem.  1,  423  f.). 

Wien.  Norbert  Jokl. 


Noch  einmal  das  Junglakonische. 

In  meinem  kleinen  Aufsatz  über  das  Junglakonische 
BF.  32,  8  58  ff.  habe  ich  zu  beweisen  gesucht,  daß  die  Inschriften- 
sprache Spartas  in  der  Kaiserzeit  ein  Abbild  der  Umgangs- 
sprache Spartas  darstellt.  Thumb  war  und  ist  noch  der  An- 
sicht, daß  diese  Inschriftensprache  ein  künstliches  Gemenge 
von  Koine  und  der  Umgangssprache  der  Kynuria  sei. 
Das  sind  trotz  Thumb  zwei  verschiedene  Ansichten.  "Wäre 
das  nicht  der  FaU,  dann  brauchte  Thumb  nicht  den  Versuch 
zu  machen,  die  meinige  zu  bekämpfen.  Davon,  daß  ich  mit 
meinem  Aufsatz  um  so  und  so  viel  Jahre  zu  spät  gekommen 
sei,  kann  also  gar  nicht  die  Eede  sein.  Mein  Artikel  wäre  aller- 
dings dann  überflüssig  gewesen,  falls  das,  was  ich  begründet  habe, 
in  Thumbs  mir  selbstverständlich  sehr  genau  bekannten  Büchern 
stände.  "Was  ich  für  Erforschung  der  dem  Zakonischen  benach- 
barten griechischen  Mundarten  gesagt  habe,  hat  auch  seine  gute 
Berechtigung.  Nur  ist  hierfür  ein  Buch  wie  das  von  KouKouXec, 
das  Thumb  zum  Studium  empfiehlt,  nicht  ausreichend.  Da  das 
Zakonische  auch  neugriechische  Elemente  aufweist,  sind  moderne 
Beziehungen  zu  den  Xachbarmundarten  höchst  wahrscheinlich. 
Diese  Beziehungen  kann  in  genügendem  Umfang  nur  feststellen, 
wer  an  Ort  und  Stelle  zu  diesem  besonderen  Zweck  das  Zako- 
nische und  die  Nachbarmundarten,  auch  die  nichtgriechischen, 
durchforscht.  Solches  Verlangen  bedeutet  keine  Archaeomanie. 
Das  habe  ich  a.  a.  0.  S.  364  auch  noch  besonders  ausgesprochen. 

Sachlich  bin  ich  nicht  widerlegt.  Es  gibt  weiter  kein  Bei- 
spiel dafür,  daß  man  in  Griechenland  aus  archaistischer  Freude 
an  der  Mundart  eine  anderwärts  gleichzeitig  gesprochene 
Mundart   in   die   Koine    verwebt   hat.     Der   Fälscher   des 

ladogennanische  Forschangen  XXYTTT  29 


iM  A.Thumb,  Antwort. 

Timotheosdekretes  wird  sich  jungspartanische  Inschriften  zum 
Muster  genommen  haben.  Ich  muß  daher  dabei  bleiben,  daß 
das  Junglakonische  der  spartanischen  Inschriften  spartanische 
Mundart  war.  Der  sogenannte  Attizismus  liefert  nicht  entfernt 
eine  Parallele  für  das  Wiederauftreten  der  Mundart  in  Sparta. 
Hier  handelt  es  sich  in  allererster  Linie  um  lautliche  Eigen- 
tümlichkeiten, beim  Attizismus  spielen  diese  nur  eine  sekundäre 
Rolle.  Vor  allem  aber  ist  die  besondere  Art  der  Mischung 
von  Koine  und  Mundart  nur  zu  verstehen,  wie  ich  an  einzelnen 
Beispielen  gezeigt  habe,  wenn  man  in  gewissen  Kreisen  Spartas 
halb  Koine,  halb  Mundart  sprach.  Diese  Beispiele  hat  Thumb 
ebenso  wie  meine  sonstigen  Argumente  nicht  berührt. 

Demnach  habe  ich  keinen  Grund,  von  meiner 
Ansicht  über  das  Jungspartanische  abzuweichen.  Ich 
würde  nur,  wenn  jetzt  Anlaß  zu  einem  solchen  Aufsatz  für 
mich  vorläge,  meine  Untersuchung  auf  die  sämtlichen  jetzt  so 
bequem  zugänglichen  spartanischen  Inschriften  ausdehnen.  Auch 
würde  ich  a.  a.  0.  361  die  zwei  leicht  mißverständlichen  Wörter 
'als  T]',  die  von  'viel  eher  ä'  abhängig  zu  denken  sind,  weglassen. 

Thumb  behauptet,  dasselbe  wie  ich  gesagt  zu  haben.  Das 
ist  nicht  der  Fall.  Das  Mißverständnis  liegt  also  nicht  auf 
meiner  Seite.  Soll  ich  nun  den  Spieß  umdrehen  und  in  dem 
von  Thumb  ohne  vorausgegangene  Spannung  plötzlich  ange- 
schlagenen Ton  antworten?  Nun  ich  denke,  nur  Sachlichkeit 
fördert  die  Wissenschaft. 

Kiel.  Eduard  Hermann. 


Antwort. 


Ich  kann  die  Leser  nur  bitten,  Hermanns  und  meinen 
Artikel  genau  zu  lesen  und  dann  zu  urteilen.  Weiter  habe 
ich  nichts  zu  sagen. 

Albert  Thumb. 


Aug.  Zimmermann,  Erwiderung.  435 

Erwiderung. 

(Vgl.  IF.  32,  364.) 

In  meinem  Aufsatz  gegen  die  Aufstellungen  Schwerings 
(EF.  30,  220  ff.)  habe  auch  ich  der  Überzeugung  Ausdruck  ge- 
geben, daß  man  bis  jetzt  auf  die  Vermittlerrolle  der  Osker 
zwischen  Griechen  und  Eömern  zu  wenig  eingegangen  sei,  aber 
dabei  auch  erklärt,  "die  Tatsache,  daß  der  Künstler  Novius 
Plautius  ein  Osker  sei",  könne  ich  nach  genauer  Prüfung  der 
Sachlage  nicht  bestätigen,  sondern  höchstens  eine  Möglichkeit 
zugeben.  Kann  doch  auch  Mommsen,  auf  den  man  sich  in 
dieser  Hinsicht  beruft  —  siehe  Jahn  Die  ficoronische  Cista,  S.  61 
—  nicht  umhin,  in  seiner  Anmerkung  zu  CIL..1,  54  die  Ein- 
schränkung zu  bringen:  Plautiorum  .  .  lihertus  Novius  quo- 
minus  ex  Canqxinia  Graeciave  oviundus  fuerit,  nihil  impedit. 
Soll  aber  der  Künstler,  wenn  des  Künstlers  Xame  ^)  oder  eines 
der  Hersteller  der  cista  —  vgl.  darüber  was  Dessau  CIL.  14, 
4112  über  die  Entstehung  des  Kunstwerks  sagt  —  wirklich 
Xovios  Plautios  war,  darum  nach  Mommsen  ein  lihertus  gewesen 
sein,  weil  seine  Nomenklatur  eine  so  kurze  ist?  Drücken  sich 
doch  die  andern  Künstler  jener  früheren  Zeiten,  die  Manios, 
die  Buenos  noch  kürzer  aus.  Und  ebensowenig  wie  man  die 
zwei  letzten  Künstlernamen  als  nur  oskisch  ansprechen  kann, 
ebensowenig  ist  das  der  Fall  mit  dem  Individualnamen  Novius. 
Hat  doch  dieser  Xame,  ob  man  ihn  nun  von  novem  oder  von 
novus  herleiten  mag,  lautlich  betrachtet  gar  nichts  an  sich,  was 
dazu  berechtigte,  ihn  für  einen  besondern  italischen  Volksstamm 
zu  reklamieren.  Um  nun  nicht  schon  Gesagtes  zu  wiederholen, 
will  ich  vorerst  für  meine  Ansicht  "W.  Schulze  sprechen  lassen. 
Derselbe  sagt  S.  433:  "Für  die  grammatische  Wertung  der 
latinischen  Xamen  auf  -eins  haben  wir  glücklicherweise  ein 
paar  feste  Anhaltspunkte:  Novieius  CIL.  14,  3179  {Praeneste\ 
das  unverkennbar  vom  Pränomen  Novius  abgeleitet  ist".  Also 
der  latinische  Gentilname  Novieitis  ist  eine  Weiterbildung  von 
dem  —  dann  doch  offenbar  auch  latinischen  —  Pränomen 
Novius.  Ist  aber  hiernach  das  Pränomen  Novius  auch  in  Praemste 


1)  Nach  Mau.  bei  Pauli- VVissowa  s.  v.  cista  ist  es  aber  sehr  wohl 
möglich,  daß  die  Zeichnungen  von  einem  griechischen  Arbeiter  ausgeführt 
wurden  und  Novios  Plautios  nur  der  Fabrikherr  war. 

29* 


436  Aug.  Zimmermann,  Erwiderung. 

im  Gebrauch  gewesen,  in  derselben  Stadt  also,  in  der  die  cista 
gefunden  wurde  und  anscheinend  auch  die  Bestellerin  gewohnt 
hat,  dann  kann  auch  der  Künstler,  dessen  Gentilname  auf  prä- 
nestinischen  Inschriften  nicht  selten  vorkommt,  ein  Pränestiner 
gewesen  sein.  Und  der  Passus  der  Inschrift:  "Novios  Plautios 
med  Romai  fecid"?  Er  sagt  das  doch  nicht  selbst  von  sich; 
der  cista  wird  das  in  den  Mund  gelegt.  Von  wem?  Nicht  viel- 
leicht von  der  Bestellerin,  der  daran  lag,  daß  das  Kunstwerk 
als  ein  aus  einer  so  bedeutenden  Stadt  herrührendes  auch 
dem  entsprechend  geschätzt  würde?  Dies  Romai  soll  ein  Ur- 
sprungszeugnis sein  —  ob  ein  echtes  oder  unechtes,  darauf 
gehe  ich  hier  gar  nicht  ein,  ich  erinnere  nur  an  das  bekannte 
made  in  Germany  — ;  über  die  Herkunft  des  Künstlers  gibt 
es  uns  keinen  Aufschluß.  Derselbe  kann  auch,  wenn  er  nicht 
von  Praeneste  aus  nach  Rom  zog  und  sich  dort  einen  Namen 
machte,  in  Rom  selbst  geboren  sein,  und  wir  hätten  dann  den 
zwei  früher  von  mir  zitierten  römischen  Inschriften  mit  dem 
Pränomen  Novius  auch  diese  anzureihen.  Nun  "macht  nach 
Schwering  für  Noiios  Pomplios  (VI  30898)  auch  der  Gentilname 
die  Herkunft  mindestens  der  Familie  aus  oskischem  Sprach- 
gebiet sehr  wahrscheinlich" ;  ich  kann  sofort  darauf  nur  erwidern, 
daß  in  einer  Stadt,  deren  zweiter  König  Numa  PompiUus  nach 
der  Sage  hieß,  die  zum  dritten  Teil  von  Sabinern  besiedelt  sein 
sollte,  ein  derartiger  Name  gar  nichts  für  die  Herkunft  des 
Trägers  derselben  beweist.  Während  das  CIL.  10  nur  eine 
Inschrift  mit  dem  Namen  PompiUus  aufweist,  zähle  ich  unter 
den  inscrijjtiones  sepulcrales  von  VI  deren  5  auf;  eine  derselben 
24  579  bringt  sogar  einen  C.  PompiUus  C.  F.  Numa.  Nun  mag 
ja  der  Gentilname  Novius  in  Campanien  häufiger  vorgekommen 
sein,  als  in  Latium,  aber  nach  dem  Index  von  CIL.  14  ist  er 
dort  auch  vorgekommen,  und  eine  Schätzung,  die  die  Stadt 
Rom  grundsätzlich  dabei  nicht  berücksichtigt,  kann  doch  nicht 
als  maßgebend  gelten. 

Bezüglich  meiner  Etymologie  von  Äiax  muß  ich  den 
Lesern  dieser  Zeitschrift  überlassen,  sich  ihr  Urteil  zu  bilden. 
Ob  man  nach  dicax  loquax  auch  aiax  für  denkbar  hält  oder 
aiax  erst  nach  Aiax  geschaffen  ansieht,  darüber  laßt  sich 
streiten;  beides  ist  möglich.  Und  als  solch  eine  Möglichkeit 
habe  ich  meine  Herleitung  auch  nur  hingestellt.  Aber  sollte 
der  Umstand,  daß  der  in  der  Sage  mit  Aias  doch  so  häufig 


Druckfehler.  -437 

zusammen  auftretende  Odysseus  im  Latein  auch  sein  s  zn  x 
wandelt,  nicht  auf  einen  gleichen  Grund  des  Wandels  von  s  zn  x 
schließen  lassen  ?  Xach  P.  Kretschmer  E.  S.  280  "besaß  die 
messapische  Sprache  eine  Spirans,  welche  von  den  Eömern 
teils  mit  x  teils  s{s)  wiedergegeben  wurde"  und  ebenda  "die- 
selben Stämme  (die  illjrischen)  haben  auch  den  italischen  Völ- 
kern die  Sagengestalt  des  Odysseus  vermittelt".  Als  fernem 
Beitrag  zu  dieser  Frage  will  ich  nur  noch  erwähnen,  daß  der 
auf  römischen  Inschriften  sehr  häufige  Frauenname  Thalassa 
in  den  N.  d.  Sc.  1912,  S.  228,  Nr.  20  (Roma)  Thalwca  lautet 
München.  -^ug.  Zimmermann. 


Druckfehler. 


IF.  33.  S.  108  Z.  25  v.  o.  Hes  sk'elt  statt  Welt 
S.  110  Z.  26  V.  0.  lies  hrekdt  statt  hrekat. 
S.  111  Z.  6  V.  u.  lies  skaitit  statt  skaitU;  ebenso  Z.  3  v.  u. 
iatsU  statt  tatstt. 

S.  115  Z.  10  V.  0.  lies  mioskriesim  statt  mwskriesim. 


Sachregister. 


Ablaut  der  Suffixe  imGriech. : 
-ab-  zu  -b-  318 ;  sekundärer  im  Lit. 
und  Lett.  245  A. 

Ablautsentgleisung  im  Lett. 
199. 

Adverbienauf -ftaimGot.  281; 
griech.  des  Orts  mit  Akk.  72. 

Analogie  im  Ai.  137,  im  Lit. 
264,  im  Griech.  319.  420,  im  Anord. 
339. 

Aussprache  Schwierigkeit 
als  Dissimilationsgrund  372. 

Assimilation  von  m — jizMtnt- 
m  im  Idg.  369;  im  Germ.  379;  von 
s  an  0  im  Poln.  253.  254  A. 

Assoziations  Verschiebung 
255. 

Bedeutungsdoppelheit,  ur- 
zeitlich 244,  gemeinslav.  265,  im 
Germ.  323. 

Bedeutungsübereinslim- 
mung  zufäUig  259. 

Betonung.  Metatonie  bei  Sub- 
stantiv. Adjektiven  im  Lett.  107; 
im  Nomen  108;  Intonation,  lettische 
104;  die  der  lett.  Suffixsilben  105; 
Wechsel  der  Intonation  107. 

Betonung,  slav.  steigender  Ton 
wird  lett.  Dehnton  118;  slav.  fallen- 
der Ton  wird  lett.  fallender  Ton 
118,  Akzentverschiedenheiten  35. 36. 

Brechung  im  Anord.  346. 

Deklination  Akk.  und  Instr. 
PI.  der  o-Stämme  im  Lit.  120;  lit. 
Dual  auf  -e  123;  got.  Gen.  PI.  auf 
-e  272;  griech.  -(pi  275;  lat.  kelt. 
-T  als  Genetiv  275;   arm.  Gen.  PI. 


auf  -f  278 ;  Gen.  des  Pron.  pars,  im 
Germ.  275  f.  und  Ar.  275;  Kasus- 
ausgleich im  Ai.  135. 

Dissimilation:  von  tn-m  zu 
v-ni  im  Ai.  369 ;  von  tn-m  zu  f-nt 
im  Lat.  369;  von  m-m  zu  F-|ii  im 
Griech.  369;  von  m-ni  zu  m-ji  im 
Aw.,  Kelt.,  Slav.  370;  Dissimilations- 
richtung durch  die  Stehung  des 
Worttons  bedingt  370;  im  Griech. 
durch  die  Art  des  Tones  bedingt 
370;  von  9  zu  Ä  im  Griech.  414 A; 
von  Ol — Ol  zu  Ol — €1  imGriech.  416  A; 
Silbenverlust  infolge  von  Dissi- 
milation im  Got.  300;  von  z  zu  ^ 
im  Slav.  207;  von  mj«  zu  Oft  im 
Lat.  171. 

DittographieimAschwed.339; 
im  Anorw.  344. 

Dnjeprstromschnellen,  ihre 
Benermungen  405. 

Ellipse,  toOto  im  Griech.  128. 

Entwicklung  der  Laute  und 
Bedeutung  und  ihre  Nachweisbar- 
keit 36. 

Epenthese  des  »  im  Kur.  102. 

Flexionslose  Urzeit  40.  42. 
42  A. 

Gegensatzworteim  Aind.  154; 
im  Griech.  319. 

Gemütsstimmungen   55.  82. 

Heimat,  Entfernung  von  ihr 
am  Grad  der  Artikulationsverän- 
derung meßbar  381. 

Imperfektiv  250. 

Interjektion,  lettische  264. 

iDtonation,  lettische  104;  der 


Sachregister. 


439 


lett.  Suflixsilben  105;  Wechsel  der- 
selben 107. 

Junglakonisch,  keine  künst- 
liche Sprache  294. 

Verben  des  Redens  250. 

K  a  t  u  n ,  Bezeichnung  des  Balkan- 
hirtendorfes 426  f. 

Konsonantismus:  Ursprach- 
liche Lautvariation  im  Lit.  97 ;  got. 
-nn-  aus  -tiin-  305;  idg.  zg  wird 
zu  ai.  jj  135.  155 ;  ar.  zg  -\-  Kons, 
wird  zu  urind.  g  -j-  Kons.  136 ;  ai. 
<ig  aus  ar.  dg  39;  griech.  ex  aus 
zgh  aus  idg.  -^ä  +  st-Suffix  144; 
idg.  zgh  aus  idg.  Media  aspirata 
-f-  sÄr-Suffix  entstanden  144.  146 
ar.  z  nicht  gleich  ai.  d  oder  <^  146 
idg.  gg  wird  zu  ai.  jj  149.  155 ;  ai 
jj  wird  zu  klass.  (prakr.)  jt/.  dy  152 
ar.  z  -\-bh  wird  zu  ar.  h  -\-bh  153 
ar.  az  -f-  bh  wird  zu  ar.  o  -\- bh 
153 ;  ai.  ?  steht  für  s  153 ;  idg.  z 
ist  unhaltbar  158;  idg.  2"  +  T,  ß* 
h,  6  bewirkt  nicht  Schwund  des  z 
im  Urgriech.  164;  griech.  e\-  aus 
idg.  dhl- 165;  Rillenlaute  380;  Spalt- 
laute 380 ;  Lautverschiebungen  im 
Germ.  393;  got.  -h  173;  vorslav. 
in  -\-  Kons,  wird  zu  slav.  e  -\-  Kons. 
224;  tautosyllab.  m  im  Lett.  be- 
wahrt 101. 

Kontamination,  von  drum- 
aus  drup-  zu  drump-  im  Lett.  101 ; 
von  -€iav  und  -aiev  zu  -aiav  im 
Griech.  418;  im  Altnord.  344:  von 
ves-  und  fcn^Stämmen  im  Idg.  155 ; 
im  Kleinruss.  240 ;  von  püi-  und  pür- 
im  Idg.  311. 

Kontraktion  im  Lit.  125. 

Kuren,  waren  nicht  Finnen, 
sondern  Balten  96. 

Lautnachahmung  263. 

Lautvariation  im  Lit.  97. 

Einteilung  der  Lautverände- 
rung nach  Artikulationsart,  -stelle 
und  -form  379. 

Lautverschiebung  im  Germ, 
durch  Atemdruck  verursacht  393. 


Lehnwörter,  balt.-slav.  aus 
dem  Germ.  264;  slovn.  aus  dem 
Germ.  266;  lett.  aus  dem  Dtsch. 
267 ;  halt,  aus  dem  Slav.  269 ;  slovn. 
aus  dem  Kämt.  270 ;  lit.  aus  Slav. 
223.  229;  Lit.  Lehnwort  entweder 
aus  dem  Germ,  oder  Slav.  225;  üt. 
Lehnwort  aus  dem  Russ.  231.  254. 
262;  lit.  aus  dem  Dtschn.  235;  lit.- 
lett.  aus  dem  Slav.  253. 

Metatonie  bei  Substantiv.  Ad- 
jektiv im  Lett.  107 ;  im  Nomen  108. 

Mundarten,  idg.  372. 

Namenwanderung  98. 

Orthographie.  diejenige 
Kurschats  233  A. 

Palatalumlaut  im  Aschwed. 
und  Anorw.  342  £F. 

Perfektiv  250. 

Präpositionen,  griech.  mit 
Akk.  72. 

Proportionsbildung  im  Halt. 
101 A. 

Reimworte:  im  idg.  g(¥)hel-  zu 
ghel-  207 ;  im  Lit.  271. 

Rillenlaute  380. 

Rusa-Frage  394. 

Sandhi  im  Lit.  197. 

Sekundärablaut  im  Lit.  und 
Lett.  245  A. 

Spaltlaute  380. 

Sprachbeeinflussung  durch 
anderssprachige  Unterschichten  120; 
der  romanischen  Sprachen  durch 
das  Keltische  383. 

Sprachgefühl  33.  83. 

Sprachmischung  bedingt 
durch  Wanderung  377 ;  als  Ursache 
der  Veränderung  der  Artikulations- 
stelle 378.  383.  Keltisches  Substrat 
der  romanischen  Sprachen  383. 

Stammbildung  griech.  -ivbrjv 
315  A;  griech.  -ab-  317;  »-Forma- 
tionen im  Verhältnis  zu  e|o- Bil- 
dungen, -M-  zu  -ejio-  283 ;  -ejo-  aus 
-e-}0-  283;    got.  ->m  aus  -nin  305. 

Stellenverzeichnis:  s.  Stel- 
lenverzeichnis S.  85. 


440 


Sachregister. 


RV.  1.  30.  6,  S.  333. 
Käty.  Sr.  25.  5.  2,  S.  334. 
Mantra  -  Brähmanam    2.  1.   15, 
S.  355. 

Aristoph.  Vög.  42,  S.  316. 
Demosth.  20.  30,  S.  43. 
Eur.  Bacch.  460,  S.  43. 
Eur.  Bacch.  1268,  S.  365  A. 
Eur.  Herakl.  610,  S.  334. 
Eur.  Or.  757,  S.  334. 
Her.  1.  19,  S.  22. 
Her.  1.  180,  S.  17. 
Her.  2.  48,  S.  42. 
Her.  2.  49,  S.  18. 
Her.  2.  133,  S.  42. 
Her.  4.  6,  S.  22. 
Her.  4.  12,  S.  16. 
Her.  4.  181,  S.  3,  22. 
Her.  5.  92,  S.  22. 
Her.  7.  176.  5,  S.  16. 
Her.  8.  138.  3,  S.  16,  19. 
Hesiod  Theog.  144,  S.  24. 
Hesiod  Frag.  241,  S.  365A. 
Homer  A  606,  S.  336. 
Homer  H  321,  S.  351. 
Homer  I  11,  S.  316. 
Homer  M  134,  S.  351. 
Homer  M  296,  S.  351. 
Homer  =  37,  S.  332. 
Homer  =  340,  S.  336. 
Homer  =  347,  S.  413. 
Homer  =  434,  S.  365. 
Homer  n  174,  S.  364. 
Homer  P  263,  S.  364. 
Homer  0  168,  S.  364. 
Homer  0  268,  S.  365. 
Homer  <t>  326,  S.  364  f. 
Homer  X  415,  S.  316. 
Homer  X  510,  S.  336. 
Homer  V  58,  S.336. 
Homer  b  278,  S.  316. 
Homer  b  477,  S.  364. 
Homer  b  581,  S.  364. 
Homer  b  836,  S.  351. 
Homer  n  122,  S.  366. 
Homer  r\  188,  S.  336. 
Homer  n  241,  S.  851. 
Homer  n  284,  S.  364. 


Homer  y\  342,  S.  336. 

Homer  9  315,  S.  336. 

Homer  X  341,  S.  336. 

Homer  |li  56,  S.  351. 

Homer  v  195,  S.  351. 

Homer  E  437,  S.  351. 

Homer  u  232,  S.  336. 

Homer  c  375.  S.  351. 

Homer  t  340,  S.  336. 

Homer  9  294,  S.  319. 

Hyppokr.  599.  51,  S.  365. 

Find.  Pyth.  5.  14,  S.  334. 

Plato  Prot.  323  a,  S.  334. 

Plato  Korn.  (Arist.  ?)  I.  636  fr., 
S.  316. 

Plato  Kratyl.  402  D,  S.  21 A. 

Soph.  Ai.  326,  S.  333. 

Soph.  Ant.  742,  S.  334. 

Soph.  El.  1056,  S.  334. 

Soph.  El.  1095,  S.  334. 

Soph.  Oed.  T.  773,  S.  334. 

Soph.  Phil.  604  ff.,  S.  21 A,  26. 

Soph.  Trach.  768,  S.  352. 

Thuk.  2.  11.  4,  S.  334. 

Thuk.  3.  101  (Schluß),  S.  26. 

Thuk.  4.  64.  3,  S.  24. 

Thuk.  4. 113.  3,  S.  18,  26. 

Thuk.  6.  4.  5,  S.  21 A,  26. 

Thuk.  6.  4.  1,  S.  18. 

Xen.  An.  1.  2.  23,  S.  15,  18. 

Xen.  An.  1.  3.  20,  S.  17. 

Xen.  An.  1.  4.  9,  S.  18. 

Xen.  An.  1.  5.  4,  S.  15. 

Xen.  An.  1.  5.  10,  S.  15. 

Xen.  An.  1.  8.  19,  S.  47,  58. 

Xen.  An.  2.  4.  13,  S.  15. 

Xen.  An.  2.  4.  28,  S.  15. 

Xen.  An.  4.  5.  12,  S.  55. 

Xen.  An.  7.  3.  23,  S.  59. 

Xen.  An.  7.  8.  25  f.,  S.  17. 

Lykophr.  1424,  S.  319. 

Quint.  Smyrn.  13.  13.  S.  319. 

Inschrift  von  Lucera,  S.  285  ff. 

Caelius  ap.  Cic.  Fam.  8.  16.  2, 
8.  355. 

Horaz  C.  1.29.  19,  S.  353A. 

Livius  1.  26.  13,  S.  356. 

Ovid  Met.  11.  518,  S.  364. 


Sachregister. 


Ul 


Plautus  Amph.  276,  S.  316. 
Plautus  Amph.  717.  S.  355. 
Plautus  As.  78,  S.  355. 
Plautus  As.  250,  S.  355. 
Plautus  Aul.  682,  S.  354. 
Plautus  Cu.  438,  S.  355. 
Plautus  Men.  140,  S.  353. 
Plautus  Mi.  234,  S.  354. 
Plautus  Mi.  848,  S.  355. 
Plautus  Mi.  1316,  S.  355. 
Plautus  Mo.  999.  S.  355. 
Plautus  Pers.  249,  S.  354. 
Plautus  Pers.  545,  S.  354. 
Plautus  Pers.  533,  S.  355. 
Plautus  Pers.  683,  S.  355. 
Plautus  Ps.  66,  S.  355. 
Plautus  Ps.  1161,  S.  354. 
Plautus  St.  216,  S.  .355. 
Plautus  St.  649  f.,  S.  360. 
Plautus  Tr.  585,  S.  355. 
Terenz  Ad.  229,  S.  353. 
Tibull  2.  1.  24,  S.  356. 
TibuU  2.  5.  97,  S.  356. 
Tanum  Inschrift,  S.  338. 
Möjebroininschrift,  S.  348. 
Muspilli  25  f.,  S.  19. 
0.  3.  14.  21,  S.  322. 
Megenberg  65.  8,  S.  326. 
Parz.  117.  11,  S.  326. 
Walter  35.  7,  S.  326. 
M.  S.  1.  192  a    S.  326. 
Heinrich   v.    d.    Türlin      Krone 
27082,  S.  326. 

Blackmore  Cl.  Vaughan  XV., 
S.  321. 

Besant  and  Rice.  Ready  Mon. 
Mortiboy,  S.  322. 

Caine  Son  of  Hagar  11,  XIV,  S.  822. 

Coles  Adam  in  Eden  cl.  229, 
S.  322. 

Daniel  Ecclus  13.  59,  S.  320. 

Hardy  Ethelbert  93,  S.  322. 

Heber  Palestine  -261,  S.  321. 

Holland  Phny  2.  152,  S.  321. 

Latimer  öth  serm.  Edw.  VI.  154, 
S.  322. 

Lytton  Devereux  1.  11,  S.  321. 


Mahaffy  Soc.  Life  Greece  8.  252, 
S.  322. 

Mahaffy  Soc.  Life  Greece  11.  349, 
S.  322. 

Ouida  Marenuna  1.  17,  S.  321. 

Prophetess  I.  V,  S.  321. 

Roe  Nat.  Ser.  Story  XII,  S.  321. 

Scott  Guy  U,  S.  321. 

Shakespeare  Ant.  1.5.48,  S.  322. 

Smolett  Reproof  125,  S.  320. 

Stanyhurst  Aeneis  II.  55,  S.  321. 

State  Paper  Heinr.  VIII.  11.  230, 
S.  322. 

Thoresby   Lett.  to  Ray,   S.  322. 

Spitteler  Olymp.  Frühl.  *  2.  148, 
S.  41. 

Stichworte,  ihre  Auswahl  237. 

Stilbedürfnis  9. 

Suffixe.  Suffixwahl  im  Anord. 
337  f. ;  Verbalsubstantive  auf  -imas 
im  Lit.  119;  -g-  -gU-  im  Idg.    139. 

Syntax.  Analogie,  syntaktische 
30.  36.  43.  52.  76.  78;  Analogie- 
kampf 76 ;  Akkusative  :  des  be- 
strichenen Raumes  47.  51,  der  Ent- 
fernung 47.  66,  der  Richtung  48.  67, 
des  Zieles  48.  68.  des  Bereiches  71, 
innerer  im  Aw.  65,  der  Person  36, 
der  Unterordnung  39,  der  Zeit  48, 
des  Grades  66,  des  Teil(inhalt)s  29. 
37,  Subjektsakkusativ  32,  Akku- 
sativobjekt 6 ;  Bereichsakkusativ, 
aus  Analogie  nach  Neutren  43,  aus 
Vermischung  der  Stämme  mit  in- 
strumentalem -m  43,  aus  (unbe- 
kanntem) Akkusativ  44,  seine  Arten 
im  Griech.  49,  beim  Vergleich  60, 
seine  Benennung  71,  Entstehungs- 
zeit 75,  lat.  Nachbildung  des  griech. 
81,  Entstehung  84,  Ortsverhältnis 
in  der  Anschauung  45,  in  der  Be- 
ziehung 45,  'beanspruchtes'  45,  'ge- 
währtes' 46,  bezeichnet :  Einschlie- 
ßen 46,  Berührung  46,  Nähe  46; 
absoluter  Akkusativ  8,  'Stehenblei- 
ben' des  Akkusativs  4,  doppelter 
Objektsakkusativ  6,  Beziehungsak- 
I  kusativ  lA.,  Bereichsakkusati  wem 


a2 


Sachregister. 


Akkusativobjekt  verschieden  7,  Al- 
ter des  Bereichsakkusativs  bei  Ho- 
mer 39,  Bereichsakkusativ  nicht  aus 
dem  'Teilakkusativ'  35,  im  Griech. 
und  Aw.  28,  Variation  des  Objekt- 
akkusativs 5,  griech.  Präp.  mit  Akk. 
72,  Ortsadverbien,  griech.  mit  Akk. 
72,  'freie'  Bestimmung  10,  freier 
Akkusativ  39.  M;  Dativ,  sympathe- 
tischer 76;  Instrumental  der  Be- 
ziehung 81;  Lokativ  des  Bereichs 
78 f.;  Genetiv  des  Bereichs  79,  277, 
'partitiver'  Genetiv  48.  79,  Genetiv 
des  SachbetrefTs  81,  Genetiv  der 
Richtung  79,  der  Masse  80  A,  Prä- 
dikatsnominativ 3.  8,  näma-  als  sol- 
cher 19;  Gemütsstimmungen  55.  82, 
Alter  von  Sätzen  mit  'Name'  17.  27; 
Bedeutungsgipfel  17;  Sätze  ohne 
Kopula  18 A.  26;  Verquickung  von 
Satzformen  19;  flexionslose  Urzeit 
•40.  42.  42  A.;  Gliederungsverschie- 
bung 13;  Vorausnahme  des  Neben- 
satzsubjektes 13;  Aktiv  ohne  Passiv 
34,  Passiv  ohne  Aktiv  2,  Einkeilung 
des  Nebensatzsubjektes  12;  falsche 
Analogiebildungen  13.  14;  einzel- 
sprachliche Entstehung,  nicht  Er- 
erbung 27;  Vorausnahme  des  Ob- 
jekts 13;  Ganzes  und  Teil  11;  Appo- 
sition 3.  5,  keine,  trotz  Kasusgleich- 
heit 11;  syntakt.  Unterordnung,  ihr 
Wesen  40,  Wesen  der  syntakt.  Funk- 
tion 40. 


Systemzwang  im  Got.  305. 

Tendenzen  in  der  Lautent- 
wicklung im  Lit.  245  A;  im  Germ. 
378. 

Tocharisch.  308. 

Univerbierung  von  öipei  (öv- 
Tei  im  Griech,  335. 

Urverwandtschaft  269. 

Verbum.  3.  Plur.  Präs.  auf  -q 
im  Lit.  125;  Ut.  Partizipialformen 
auf  -e  123;  griech.  Optativ  auf  -ei 
407;  io-Präs.  im  Lit.  228. 

Vermischung  von  Wortsippen 
237.  266.-288.  303;  von  Verben 
259.  260. 

Vokalismus.  Got.  -e  aus  idg. 
-eian  280 ;  Vokalsynkope  im  Isl.  347 ; 
idg.  o j,  oj  im  Litauischen  245.  270 ; 
Vokalsynkope  im  Got.  301.  305,  Kür- 
zung von  Langdiphthongen  im  Lett.- 
Lit.  120 ;  lit.  -ais  aus  idg.  -äis,  nicht 
aus  -öis  121 ;  lit.  -ms  aus  -uns  122 ; 
idg.  Ou  wird  halt,  du,  wird  zu  au, 
uo  123. 

Völkerwanderung  als  Ur- 
sache der  Sprachmischung  377. 

Warägerfrage  395ff. 

Wortstellung  bei  näma-  18, 
Freiheit  der  29. 

Wurzelvariation  im  Lit.  97. 

Wurzelverwandtschaft  238. 

Zwischenstufen,  semasiolo- 
gische  271. 


Wortregister. 


I.  Indogermanische  Sprachen. 

[Ordnungsgrundsätze:  1.  Für  Wörter  in  eignen  Schriften  gilt 
deren  Buchstabenfolge;  Wörter  in  Umschrift  werden  in  der  Reihenfolge 
des  ABC  angeführt.  —  2.  Maßgebend  ist  die  Schreibung,  nicht  die  Lesung. 
—  3.  Ausgeschlossen  sind  nicht  oder  nicht  eindeutig  benannte  Wörter.] 


Altindisch. 

adarsam  413. 
•ddga-  141.  143.  144. 
ddhara-  301. 
Äditis  361. 
agnä  283. 
ÄgndyT  283. 
ajd-  160. 
ajina-  160. 
dk^i-  311. 
alajjata  152. 
alajji^ata  152. 
alajji^ätäm  152. 
alajji?ta  152. 
alalajjat  152. 
ana(fudbhis  147. 
anagludbhi/as  147. 
ana^udbht/äm  147. 
ana4utsu  147. 
ana(fvani-  147. 
anaivah-  146.  147. 
dnavapfgna  136, 
dnikam  304. 
antdr  304. 
aräla-  162. 
drbha-  141. 
drbhaga-  141. 
arbhakd-  141. 
asajja  152. 
««iVo-  107. 
asifrf-  107. 
aamdkah  275. 


asmdkam  275. 
as/Ä»  311. 
asvapnd-  140. 
dsvapnajas  140. 
avaprajjana  136. 
öÄa-  147. 
ahands-  313. 
ä/>-  362. 
babharja-  149. 
babharje  149, 
ÄarÄa-  169. 
bharatät  287. 
bharjate  149. 
bharjayati  149. 
bharjita-  149. 
bhra?ta-  149. 
bhra^fra-  149. 
bhrä^fra-  149. 
bhiJjana-  149. 
MT-i/af»  139.  149.  163. 
bh^'stis  357. 

bhfffvä  149. 
bhphd-  163. 
bhuraj-  149. 
i/-A(fM^  306. 
ÄT-Äof  306. 
i/-Äa<»  109. 
Ä/'Aa^/  306. 
bpnhafi  163. 
btbhatsate  207. 
bodhdyati  200. 


capala-  142. 

cardtha-  163. 
dan^äs  142. 
dardru-  165. 
darsat  413. 
dayü-  363  A. 
däiteya-  367  A. 
ddman-  367. 
dänam  310. 
ddnw-  310. 
de»rfs  363. 
derayati  363  A. 
dhavißyati  214. 
dhäman-  367. 
dhj-^ad-  166. 
dhj-^ag-  141. 
dhuk$dn  410. 
dhuk^dnta  410. 
dhukfdsva  410. 
dhunoti  214. 
(ii*d  335. 
divdm  363. 
divasdm  366. 
rftrö  363. 
divddive  363. 
dideti  366. 
rfidAc<»  366. 
dfdhitis  367. 
do^dsas  154. 
do^dsasca  154. 
dj'^ad-  166. 
df  Arn  413. 


444 


Wortregister. 


dfäSyam  413. 

dtirah  311. 

durd(i  311. 

dvdram  311. 

di/avf  363. 

rfyrfm  363. 

dyäüs  363. 

crfÄa«  160. 

«rfÄafe  160. 

edhi  160. 

erfÄiVa  160. 

gra^ifM  138. 

ga(ji,ura  138. 

gafimdn-  302. 

gavämayaneneyuh  334. 

^räft  245  A. 

^rä^Ärf-  163. 

gäyati  24:0  k. 

ghand-  313. 

ghar^ati  162. 

gh^^i-  150. 

^fiW-  166. 

^wr#  302. 

ÄaZa-  141  A. 

har^ati  162. 

hasati  155. 

Äö^a-  141  A. 

Ȁt  147. 

jani^eyam  412. 

janiydti  334. 

jasate  155. 

jafhdra-  355. 

jäfharas  355. 

j7r«a-  162. 

>MÄd<t  126. 

^■yä  152. 

kadanna-  152. 

kadapatyn-  152. 

kajjala-  152. 

kdkhati  330. 

A:d/ä-  199. 

A-a/ja/t-  196  A. 

kapj-th-  142. 

karda-  147. 

kardafa-  147. 

Arrfica  178. 

X;a/a  425  A. 

Arä/a-  166. 


khaiga-  139  f. 
/fct^a-  142. 
knüyate  148. 
Ä;oca-  146. 
kf^pd-  107. 
Äf ^wa-  107. 
k^odate  142. 
kubhra  146  A. 
Ä;?<Ä;a-  145.  146. 
kubra-  145. 
kucati  146. 
kumba-  145. 
kumpa-  146. 
küpa-  146. 
küpikä-  146. 
lagnah  152. 
lagnavän  152. 
lajate  152. 
/aj(;V7-  152. 
lajjate  152. 
lajjatäm  152. 
lajjayati  152. 
lajjeta  152. 
lajji$T$fa  152. 
lajjifyate  152. 
lajjitafy  152. 
lajjitä  152. 
lajjitvä  152. 
/a7>ä-  152.  166. 
/aÄ;M/a-  142. 
lalajje  152. 
?aj/a-   158. 
lälajjate  152. 
lälajjiti  152. 
/flZaA-^i  152. 
längaJa-  141. 
längüla-  141. 
lilajjifate  152. 
locdyati  248. 
lokdyati  248. 
»iod«7M  133.  137. 
madgura  138. 
madguras  134. 
madgtirasf  138. 
madgtia  134. 
fwarfA«  138. 
madhura  138. 
madhydihdinas  360. 


ma^na  136. 
»ta;jd  134.  136. 
majjdn  133.  136, 
majjana  136. 
majjas  136. 
mdjjati  134.  136. 
majjnas  137. 
majjnä  137. 
majjükä  137. 
mak^ati  136. 
mandhätar-  163. 
manobhis  153. 
manobhyas  153. 
mdtUhati  230. 
mantl-  163  A. 
mantu-  163  A. 
manktar  137. 
manktavya-  137. 
ma7Ji-<um  137. 
manktvä  137. 
mdthati  230. 
ma^t  275. 
matsya  139. 
matyäm  275. 
mäbhis  154. 
mäbhyas  154. 
madbhis  134.  154. 
mädbhyas  134.  154. 
mrf«  1.S4.  154. 
merfArf-  160.  163. 
medhdvin-  163. 
mddhira-  163. 
nirak$ati  136. 
mj'jati  136. 
mudgara-  146. 
mtidrä-  146. 
mwÄTÄa-  355. 
mukhya-  355. 
un'co  173. 
nadd-  141. 
naddha  147. 
na/»-  147. 
ndhyati  352  A. 
natsyati  147. 
watJfArar-  283. 
/iar/>ia-  283. 
ndviya-  283. 
ndtiyas-  283. 


Wortregister. 


445 


näma  14. 
nimank^ye  137. 
nityah  304. 
nü  kam  IIb. 
nyiibja  151. 
paddm  279  A. 
pakthd-  163. 
jyaktth  239. 
paldvah  283. 
2>ardÄ  300. 
pdrak  300. 
param  300. 
paramdh  301. 
paiiiadhtadbhis  155. 
paymadhvadbhyäm  155. 
pa?'sa  136  A. 
jjjaru  136  A. 
parus  141. 
2>an<<Ä-a  136  A. 
parvan-  141. 
pdsah  242. 
2)afa^a-  140.  309. 
patatri-  140. 
patatri'n-  140. 
patangd-  140.  309. 
pathe^thd-  354. 
pathi^fhd-  354. 
pavana-  148. 
pdvate  312. 
pavdyati  312. 
paväkdk  308. 
pdyate  236. 
pämsu  138. 
pämsura  138. 
jiävakdh  308. 
pävanah  308  f. 
payuÄ  238  A. 
phdlaka-  140.  143. 
phalgii-  139. 
phdlguna  139. 
phaliga-  140. 
2)lava-  140. 
plavaga-  140. 
pipyü^i  236. 
jrisäcdh  243. 
insunah  243.  244. 
pisdti  244. 
i)»VuÄ  238. 


pindh  245. 

jjrraÄ  236.  238  A.  245. 
prasajjante  152. 
prathamds  356. 
pfsatka  136  A. 
^/•^/Aa  136  A. 
puccha-  142. 
pudgala-  146  A. 
^Mrd  304. 
purändh  304. 
putriydti  334. 
pi7r  246. 
racdyati  250. 
rajjos  136. 
rajju-  156. 
rajjum  136. 
rayws  134.  136. 
rajjvam  136. 
rajjvä  137. 
rajjvam  137. 
rajjväs  136. 
rajvä  136. 
rajväm  136. 
rajyate  152.  166. 
rajyati  152. 
rangati  141. 
rathesthd-  354. 
rayas  152. 
rejate  141. 
rw-  148. 
/•ÄrfAa-  163. 
/•iry-  353  A. 
sahasram  161. 
sajafi  152. 
sajja-  152. 
sajjatia-  152. 
sajjate  152. 
sajjati  137. 
sajjayate  152. 
sajjayati  152. 
sajßkar-  152. 
sajjiyate  152. 
sajyate  152. 
sambhf^fa-  149. 
sarpsmayate  152. 
sanag-  141. 
sa>i<»  362. 
sanjati  152. 


sanjayati  137.  152. 
satavän  155. 
sädhate  160. 
sädhtis  160. 
sisank^ati  137. 
sik$ate  136. 
snätan-  159. 
somaprthd-  163. 
sphicau  141. 
sphig-  141. 
spÄ/^rj"  141.  362. 
sphijau-  141. 
sphik-  141. 
»phulinga-  148.  151. 
sphulingäyate  151. 
sphulita  151. 
sphurana-  148.  151. 
sphurati  151. 
sphiD'ita-  151. 
sfarf  303. 
sthagati  357. 
sthdlam  358. 
sfrf-  161. 
sudivdm  363. 
»uditth  363. 
*ücf  164. 
«üi-^ma-  164. 
sünäü  283. 
surah  311. 
spar  140. 
scargd-  140. 
svdtavadbhyas  154. 
sratavobhyas  134. 
svatavas  134. 
svavadbhyas  134.  154. 
»raras  134. 
svavän  155. 
sagdhi  412. 
.9aÄ;a-  147. 
ia^•af  412. 
sakema  412. 
*aÄ-/-^  147. 
äakyäm  412. 
Äa7a-  143. 
saläka-  143. 
sankii-  142. 
«iwArura-  142. 
sardd-  154. 


U6 


Wortregister. 


äaradbhif  löi. 
^aradbhyas  Ibi. 
ädri/ä-  141. 
^at/d  335. 
ääl-hä  257. 
äepa-  142. 
äepha-  141. 
^ephas-  141. 
äete  335. 
^iphä  141. 
^>%a^t  199. 
subhra-  157. 
^/vJ^ra-  140.  310. 
svabhyah  309. 
^ron-  309. 
ftfnä  335. 
taru^anta  412. 
tdru^ante  412. 
taru^ema  412. 
täram  358. 
fäyi/'s  367  A. 
tejdnam  356. 
tejani  356. 
tiram  358. 
ttrthdm  358. 
trädhvam  153. 
tj'^nag-  141. 
«/•/j>a-  283. 
tunga-  140. 
^«  175. 
tvagvant-  147. 
<p»>  157. 
M  177. 
MÄ/a  151. 
ubjann  151. 
ubjantu  151. 
udbheda  140. 
udMirf-  140. 
udbhidyate  140. 
udbhijja-  140. 
M<£r#  311. 
ukhasradbhia  155. 
ukhäsradbhyäm  155. 
«Ar^Ärf-  163. 
ülmuk-om  310. 
upabdd-  151  A. 
upabdi-  151  A. 
üpara-  301. 


«i)rfrt  311.  362. 
urubjd-  151  A. 
uftadbhis  134.  153  f. 
ttsddbhts  154. 
usant  153. 
M^ar-  312. 
it,yrfs  134. 
u$dsas  154. 
M^aso  154. 
u-^i^f-  141. 
«.so  154. 
u^o  154. 
usra-  311  f. 
t^sr/Ä  312. 
M<  151. 
Mc?Äar  308. 
udhnah  308. 
ür/rf  335. 
vadhar-  145.  147. 
vadhafi  145. 
vadhatra-  145. 
vadhil-  147. 
vaitasd-  141. 
valmtkah  367. 
vdmiti  371. 
vamrdh  367. 
vamrt  367. 
fJrtna-  139. 
vainig-  141. 
vanga-  139. 
varaii(}a-  140. 
varate  140. 
vdrga-  140. 
variia-  140. 
var-pu-  150. 
f-ar^ma-  164. 
vdrtanam  280. 
rrfiaÄ  275. 
ta.^/  275. 
vavri-  159. 
vagdm  275. 
vayas-  159. 
vayati  135  A. 
rayn  135  A. 
vägvant-  147. 
vägvid-  147. 
vägvin-  147. 
pä/a«  126.  269. 


mra-  140.  269. 
väraka-  140. 
värakena-  140. 
vehäyati  168. 
vema-  159. 
vefka-  168. 
vetasa-  159. 
vetra-  159. 
p/nä  304. 
vijjala-  149. 
vijjana-  149. 
vi$pitdtn  353  A. 
vfnda-  140 
r/Ärwa  137. 
vj-k?a-  142. 
vfscati  137. 
vf$nih  311. 
vf$an-  159. 
c/^nt  311. 
ydbhati  193. 
ydjati  353  A. 
yak$ati  136. 
yüdhyati  351. 
yugdm  351. 
yu^mäkam  275. 
yuvakah  308. 
yiivdm  275  A. 
yiivasdh  308. 
yuvatih  308. 
yuväku  275  A. 
yüydm  275. 

Mittelindisch. 

»■«Ä*  161. 

Pili. 

*Ao//Aa  149. 
khagga-  139. 

Prakrit. 
cheppa  142. 

Zigeunerisch. 
katüna  425. 

Awestisch. 

aAm<lAvm  275. 
apana-  304. 
apanötgma-  304. 


Wortregister. 


U7 


araezo  149. 
aväbiS  153. 
azdya-  160. 
äda-  147. 
hardz-  306. 
bdrdz-  306. 
*7nu.?  810. 
däzgra-  156. 
däzgräupay-  156. 
däzgrogav-  156. 
driway-  165. 
driicika-  165. 
duwwm  141  A.  142. 
rfMwwia-  142. 
frabda-  151 A. 
fräyebiS  153. 
gairi-  166. 
garöbCS  153. 
/yä  152. 
karata-  140. 
mae^a-  160. 
wai'bjm  zrayawho  362. 
mand-  163. 
manäbis  153. 
maoirti  367. 
mastay  163  A. 
masya  139. 
mazdä-  163. 
mazdäh-  163. 
mas-^ra  134.  136.  156, 
mazgam  134. 
mqzdra-  163. 
mantav-  163  A. 
naxtru-  154. 
nqmn  14. 
nizanta-  304. 
paitina-  304. 
^rä  153. 
jjarö  153. 
parSa  136  A. 
payäbiS  153. 
raoääbiS  153. 
raoöibyö  153. 
»o«/'-  141. 
söandayeinti  100. 
spaeta-  161. 
spayeiti  353  A. 
staoydbi^  153. 


<M  175. 
/MiVt  168. 
^a;»/-  262. 
&rüzdäm  153. 
ubjyaite  151. 
upabdi-  151  A. 
uzgastay-  155. 
taö^biS  153. 
rarf-  147. 
ratZa-  145.  147. 
cadar-  145.  147. 
»a«»n  275. 
Fanö-  139. 
varasa-  142. 
variniä  311. 
vara{n)gan-  126. 
r5  158. 
rö  153. 
xrvant  202. 
x^maksm  275. 
ar^iH^'  309. 
yaväksm  275. 
yäsaiti  136. 
yä  153. 
yö  153. 
yuzdtn  275. 
ytli  275. 
yüämäkam  275. 
0a7i-  155. 
0rft  160. 

Altpersisch. 

amäxam  275. 
öj»»-  362. 
rauöabiJ  153. 
vayam  275. 

Mittelpersisch. 

creeafc  149. 
aclzaÄ-tA  149. 
osrf  143. 
a^(7  148. 
iarÄan  149. 
brejan  150. 
irtifaÄ:  149. 
Jastan  155. 
Ä:ar»<f  167. 


ÄJört  140. 
niSinet  160. 
paväg  308. 
SampSer  140. 

Nenpersisch. 

a^flty  148. 
a^rw  143. 
bare/an  151. 
barezan  151. 
WrtÄa  149. 
biristan  149. 
biryän  151. 
&ur«  306. 
buzgah  147. 
(5afto  142. 
d^opaÄ  142. 
CO/?»,?  142  A. 
dardcÄ  167. 
güzak  145. 
«rped  161. 
Jahad  155. 
jahidan  155. 
Jastan  lob. 
karah  167. 
Ärar»  167. 
itärrf  140. 
Äröz  146. 

mayz  134.  136.  156. 
mäy  138. 
nieStn  160. 
niitnad  160. 
rayzah  134.  156. 

Gabri. 

güzek  145. 

Kurdisch. 

*rä^f  149. 

Afghanisch. 

im  148. 
imA;  148. 

Pamirisch. 

inr^am  149. 
wirzdam  149. 


448 


Wortregister. 


Balatschi. 

brejag  150. 
brifag  150. 

Armenisch. 

aiHp  279. 

air  284. 

ama(  279. 

anjanp  279. 

aramh  284. 

arambi  284. 

c^^r  14i.  145. 

a^n  144.  145. 

catr  166. 

cnanim  300. 

(orean  162. 

e;  149. 

«rcp  157. 

^ra/'t  162. 

Ä«rt  151. 

harkanetn  151. 

Äc^  279  A. 

Äo^^'m  246. 

holonem  246. 

Äroy  308.  311. 

hnop  308. 

Äur  308.  811. 

ijanem  149. 

iof  141  A. 

kork  167. 

kanamb  284. 

kanamhi  284. 

ÄJOn^A  142. 

^-l?^  284. 

j»ar(?  279. 

mardot  279. 

maur  167. 

mrjimn  869  A.  374  A. 

»i;/.un  369  A.  374  A. 

»MMr  167. 

mM^  146. 

nopin  279. 

o/or  162. 

olorn  162. 

orop  279. 

08t  141. 

phailetn  139. 

phailun  139. 


phalphalim  139. 
si-unrf  309. 
«r<tp  279. 
^äöAtm  357. 
thalun  151. 
thatkim  151. 
pof  150. 
varem  150. 
rarop  142. 
zarduf  279. 

Albanesisch. 

iardi  150. 
Aar.?  150. 
rfepre  135. 
de^^ro^  428. 
(ijAe<  427. 
rfife  427. 
benrf  427. 
hfnn  427. 
/?oÄr  424. 
giient  427. 
^röm  427. 
gründe  427. 
gakatar  428. 
gaketuar  428. 
p'in  424. 
gidtnon  428. 
Äwri  143. 
kaRijeU  428. 
kamis  428. 
kards^j  428. 
kardsM  428. 
kartsH  428. 
kataenenf.  428. 
katsiie  428. 
katund  421. 
Ä-a/«Mrf  421. 
kattindi  421. 
katim^i  421. 
i-a/Mne  428. 
Ä;a<Mn<  421. 
kazegniene  428. 
Ära^iVe  428. 
Äe^y  428. 
ArcAT^c  428. 
item^r«  428. 
Aieffem  427. 


Ä;€r/s«i  428. 
fc€<«e«  428. 
Ä;e<Mn  427. 
Mto  428. 
Ärorde  140. 
Äjo^un  421. 
ÄjrtVe  423. 
Ä:»ie/  427. 
/e.?e<({r  428. 
VeSatak  428. 
/'GMsrdr  221. 
matTe  423. 
maJ^  423. 
ma,9^  423. 
tnasiir  143. 
wone  428. 
mo^  428. 
mun€  428. 
trnint  427.  428. 
ndeime  427. 
ndeitmeja  427. 
Mc?c/a  427. 
ndena  4:21. 
ndej  427. 
Mt'ß/a  427. 
«rfß/f«  427. 
ndegoj  428. 
nrfe«  427. 
ndenetör  427. 
ndtnura  427. 
ndlagbn  428. 
ngdrkuet  427. 
n^'/"»)'  427. 
ngritf.  427. 
n^riy  427. 
n^rj«  427. 
MMg;  427. 
nng/a  427. 
pa»€  428. 
pasanik  428. 
pasuH  428. 
^/a  428. 
;)/W€  427. 
;)ö/e  429. 
I>i7/n€  429. 
fi-  427. 
Strungf.  427. 
/MM/  427. 


Wortregister. 


449 


&äj  427. 
Ȋte  427. 
Sjel'm  427. 
vendne  429. 
vent  429. 
»enf/ie  429. 
^one  428. 
zot  428. 

Griechisch. 

ÖTXi  352. 
ÖYXi.^oxnT'lc  320. 
ÖTXOÖ  281. 
äbeaXTdihaie  408. 
ctbrifpÖTOC  320. 
ABövaia  415. 
deeXßdZeiv  165. 
dOeXbexai  165. 
aiev  360. 
aixo^ai  149. 
oiKic  136  A. 
dKKÖp  298. 
ÖKpi  365. 
dKpißnc  164. 
dKpov  307. 
QKpOC  164. 
dXFov  283 A. 
dXu)(F)n  283  A. 
dAüuc  283  A. 
ctuapTti  352. 
dMUCTi  319. 
ä|iucTic  319. 
dvaqpavböv  319. 
dvevEYKai  415. 
dvevivKai  415. 
dvcTTixöbriv  318. 
dvSpujirri'ioc  282  A. 
äv0pujiroc  282  A. 
dTToXXdccoiaai  333. 
dTToXXaEeiuJv  333. 
airac  65. 
dTToeXiii/uj  164. 
dTroKT€ivvüvai  158. 
dpYuqpoc  281. 
dpiCTivbrjv  315  A. 
ApiCTiiuv  315  A. 
dpiuoT  353. 
äpTi  352. 


dpneirric  353  A. 
dproKÖTTOC  240. 
Äcdv€a  414. 
äcic  167. 
aiTfri  364. 
aÜTOi  281. 
auTÖc  324. 
dxdveia  329. 
dxavTjC  329. 
ßobireiv  316. 
ßdbov  316. 
ßdboc  316. 
ßaivuu  334. 
ßoppdc  303. 
ßopuc  302. 
^dcl  365. 
ßaciXeOc  282  A. 
ßaciXrjioc  282  A. 
Boi-ruXoc  299. 
ßöpuas  367. 
ßpiapöv  151. 
ßpuxaX^oc  163. 
ßpöxdo.uai  163. 
ßupuat  367. 
Bujpcea  414. 
YaXr|vri  157. 
fevvduj  300. 
Yepapöc  302. 
T^pac  302. 
Tn  358. 
TIC  159. 
TpaÜHJeie  417. 
Tpdqpo)aev  413. 
Tpdqpoia  417. 
TpdqpovTi  413. 
Tpdqpoiuev  410. 
Ypdcpoim  417. 
Tpdqpoic  417. 
Tpdq)iu  413. 
Ypöv^ai  417. 
Tpav+faiaTo  418. 
Tpdij»ainev  410.  417. 
YpdvyaivTO  418. 
Tpdvj^aic  417. 
Tpd\|;aiTe  417. 
Tpdvyei  417. 
TpdHJeia  411. 
Ypdnjciav  411.  417. 


Indogermanische  Forschungen   XXXIII. 


Tpdmeioc  417. 
Tpav|;e{riv  411. 
Tpdvpeijiev  418. 
Ypdvt/eiTe  418. 
Ypivoc  159. 
baivvum  158. 
baivvuuu  158. 
bdKpu  309. 
beiKvu|ii  251. 
beipdc  166. 
A^pa  166. 
Adpeiov  166. 
Aeppa  166. 
Aeppiov  166. 
becuoi  367. 
bfiXoc  363. 
btipdc  166. 
biabeSeie  408. 
bidbecuoc  351. 
biabpdKoi  413. 
bidZuuiaa  351. 
bioKcuXucei  408.  410. 
biaXuciav  408. 
biauTrepec  72. 
biacpepövTuuc  281. 
biboKTi  298. 
bibaKKTi  298. 
bibdcKTi  298. 
bibaxi  298. 
Aiei  364. 
bicivöc  366."^ 
AieiTpeqprjC  364. 
AiFeiBemc  363. 
birivcK^c  351. 
All  365. 
bimerric  364. 
biiqpiXoc  365. 
Aiyaieeuic  363. 
biKH  335. 
bioc  363. 
bopd  357  A. 
bpoiadbiiv  317. 
bpojLidc  317. 
bujpedv  316A. 
buupeid  418. 
bwpid  418. 
bujTivriv  316  A. 
^apivöc  365. 

30 


450 


Wortregister. 


^TTuduu  271. 
irf^Y]  271. 

^TJ^VTl   354:. 

^Ypctqpoiaev  410. 
JYPOH'a  411. 
^•fpoin/aiLiev  ^lO. 
Ifü)  275. 
IbpaKOv  -413. 

dexctcenv  165. 

iQXixva  164. 
eibÖTO?  155. 
elbObc  155. 
etriv  412. 
^Xaia  416. 
^XeTv  415. 
€i\0  159.  167. 
elm  334. 
eic  304. 

eic  äxavdc  329. 
dKeivoc  271. 
4Xdvri  164. 
^Xivvüu)  158. 
^Xivüuj  158. 
i\xd  276. 
d^ßaböv  316  f. 
djueeev  295. 
^inöv  275. 
^^TreXaböv  317. 
d|Li9dbriv  319. 
iv  304. 
gvbioc  363. 
^vl  304. 
lv\  304. 
^viKohe  414  A. 
ivvlrtw  219. 
^vc  304. 
ivrdv  298. 
^vrauGoi  281. 
^vTi  362. 
^EeXaüvoia  417. 
.«^TOMOv  358. 
^EopKiEmav  418. 
^tr^eoiev  418. 
Inccci  411. 
^nlKXnciv  14.  20.  21. 
^mXlTbnv  317. 
^nmpciTiCTOc  157. 
^Tro(nh€  414A. 


^uujvu|jiriv  14.  20.  21. 
^pÜKOvciiu  300. 
^pucißn  164. 
?pXO|iai  334, 
^Tpißw  161. 
irrdw  298. 
eöbia  366A. 
eubiaixepoc  366A. 
eubieivöc  365. 
eObi^crepoc  366. 
eöbioc  363. 
eöei  364. 
cöeiXdTOu  415. 
ei)Qiveia  313. 
euGev^u)  313. 
euBevric  313. 
eijpuxavbric  332. 
?xavov  318. 
iiuQi-  365. 
Fapnv  160. 
F^Xa  164. 
F^pKcai  408. 
F^pKCiev  4Ö8.  418. 
F^TOC  354. 
Fibma  414  A. 
?\fa  164. 
FoiK^ä  283. 
Fopöacia  414. 
FopGeiai  414. 
Föp^äE  367. 
Fopq)a(i)a  414. 
FpoGaiai  414. 
Fiupe^a  414. 
FiupSeiai  414. 
ZeO  115. 
ZeOYoc  354. 
Zeüc  115. 
Znva  363. 
f\  177. 
f\i  177. 
'riXiKia  156. 
•)^M€poc  302. 
^nepi-  365. 
fip^ac  283 A. 
i]piic  283  A. 
t^pDuc  283A. 
i]XiiJ  353 A. 
eea(  121. 


GeiXÖTiebov  366. 
QiXiu  231 A. 
Gcoi  121. 
Gcoic  121. 
Geöc  121. 
G€C|noi  367. 
GXacTÖc  165. 
GXduj  165. 
GXeißexai  164. 
GXn  165. 
GXfiTai  165. 
GXiß[e]i  164. 
GXißeiv  164. 
GXißiu  164. 
GX{vi;ic  164. 
Guvuj  214.  215. 
Güpba  318. 
Guuj  214. 
Guuj  214. 
iTO  164. 
ibpüuj  160. 
lep^a  283. 
lepeüc  283. 
i^peiuc  283. 
Mepdjvbäc  315 A. 
iGi  147. 
iGuc  160. 
iXuc  159. 
ivec  158. 
iviov  158. 
{Eöc  149. 
ilvc  149. 
Ittttiköv  279. 
icGi  160. 

'lcG^ol  281.  416A. 
IcKXai  149. 
{cTr)Xriv  161, 
icxpaTiiiJTric  161. 
tcxavduj  300. 
Iqpi  159  A. 
Kobfii'iioc  282  A, 
KdbMoc  282A. 
KaTxdJiu  331, 
KaiXoav  415, 

KaKK£lOVT€C   336. 

KaX^o^ai  25. 
KaX^uj  23. 
KaXf|v  420, 


Wort  register. 


^1 


KaXüic  281. 
Kovaxn  l-i3. 
Kctpvov  140. 
KäpÜKr|Fioc  282  A. 
Kdpcpoc  157. 
KoccripaTÖpiv  295. 
KOTTCtC  300. 

KOTiapaOceie  408. 
KaqpdZiuu  331. 
KaxdZii)  330. 
KaxXäJoi  331. 
KaxväZu)  331. 
Ke  415.  416. 
KeiToi  335. 
Keiovxec  335. 
K^Xaboc  317. 
Kepavvüuj  158. 
K^pac  159. 
KepKic  143. 
KepKoc  143. 
Kr\\dc  148. 
KnpÖKriiov  282  A. 
KiKXrjCKiu  23. 
KiKuvvoi  281. 
KXdboc  317. 
KXeövbäc  315  A. 
KXribrjv  317. 
KOITTI   336. 

KoiToc  336. 
KÖpuußoc  140. 
Kopiuvöc  283 A. 
KOTuXeai  416. 
KÖxXoc  329  A. 
Kpi  162. 
Kpißavoc  164. 
KpiGn  162. 
Kpifivov  162. 
xpinvöc  162. 
Kpi|avu)bric  162. 
Kpivu)  164. 
Kpiöc  159. 
KpußdZiu  317. 
KpOßba  317. 
Kpüßbnv  317. 
KußdZu)  317. 
Küßba  317. 

KUßlTOV    146. 

Küßoc  146. 


KußujXov  146. 

KÜußaxoc  143. 

Kufißri  146. 

Kuiaßoc  146. 

KUTOC  354. 

Kuqpöc  146. 

Köqpoc  146. 

KÜJTTri  195  A. 

Xafapöc  158. 

XoTfö^iw  141. 

Xaf-fiJuv  141. 

Xemujv  335. 

XcKdvri  221. 

XeKoc  221. 

X^cxn  158. 

XeuKÖc  100.  107.  150  A. 

XeüKoc  107. 

XeuKÖrric  150  A. 

XeuKoöv  150  A. 

X^xoc  158. 

XriKeuu  251. 

XiTba  317. 

Xi-fbn  317. 

XiTbnv  317. 

XiTboc  317. 

XiTTÜJv  335. 

Xomeic  416  A. 

XoEöc  221. 

AouKapia  290. 

XouKep  291. 

Aoux^pio  290. 

XuYoioc  166. 

Xurbn  317. 

Xüfbriv  317. 

Xirfboc  317. 

XÜTH  166. 

XiKÖqpuuc  150  A. 

XOfio  147. 

Xu^a  159. 

XOcca  223. 

Xibßri  152..  166. 

^labduü  139. 

Hdbov  139. 

Mabujvia  139. 

naeeiv  163. 

MoXeaKÖc  234  A. 

liapxvpoum  334. 

^acdo^al  357  A. 


\i4Xai  148.  167. 
H^unjaTToi  298. 
jiepic  358. 
li^cov  362. 
luripia  358. 
liripöc  358. 
mfdbnv  317. 
\xvfdc  317. 
fiovdbnv  317. 
laovdc  317. 
jiöpiov  358. 
liöcxoc  144. 
(iObiov  146. 
liuXaE  166. 
ILiOXXiu  166. 
laupioi  163. 
\iüp\ir\l  367.  374 A. 
fiupiLioc  867. 
liCiTiXoc  146. 
vaöqpi  275. 
veKuc  351 A. 
Nixaia  415. 
NiKeav  415. 
NiKeac  415. 
NiKriqpöpoc  170. 
vO  175. 
vu  Ke  175. 
vu  Kev  175. 
vuKxepi-  365. 

VUKTUUp    154. 

EeKaTOuviIuj  421. 
Euußaceiuuv  332. 
Eüußacic  332. 
Eu|ißrico|aai  332. 
öZoc  143. 
oiKei  416  A. 
ÖKXaböv  317. 
öXeinv  412. 
ö^iaböv  317. 
öuaboc  317. 
övo.ua  14.  15. 
övo^aiv^)v  335. 
ÖTTTaX^oc  151. 
öiTTdviov  151. 
öp^cxepoc  357. 
'Ope6(i)a  414. 
öpiiiKai  367. 
öpvieoc  143. 


30* 


452 


Wortregister. 


öpviE  143. 
öpvic  143. 
öpvixoc  143. 
öcqpüc  145. 
öcxoc  143. 
ouvo|uia  20. 
oÖTUJ  179. 
oÖTuuc  129.  281. 
ÖHJeiovrec  332  ff. 
övpeiiuv  333.  335. 
övjjic  333. 
iraFiiu  313  A. 
TTävöc  312. 
iravTaxoT  281. 
TTäC  65. 
uacTÖc  364  A. 
-neXdlw  317. 
ir^oc  242. 
ueiToiKe  415. 
TT^pä  300. 
irdpäv  300. 
iT^PYOuv  156. 
iT^puci  354.  365. 
TT^CCUJ   240. 
TT^H/ic  239. 
irriTn  151  A. 
■n'xbviu  236. 
TTieriKoc  196. 
mov  236. 
uXia  419. 
irXiavc  419. 
uXouTivbriv  315A. 
TT\out(ujv  315  A. 
TTviYnpöc  167. 
Ttv(Tiu  167. 
Tiob^cci  411. 
iTobriveK^c-  351. 
irobripric  351. 
iroi  281. 
troi^nv  239. 
iröXni  283. 
iTÖXi?  246. 
iröppiü  300. 
iTÖpciu  300. 
iTorrdv  298. 
noTTÖv  300. 
woO  281. 
npdEai|Lit  411. 


irpdEeiac  410. 
irpeiYeucdvTUJv  157. 
irpeiTova  157. 
TrpeYTeuTai  156. 
TTpeiTeuxdc  157. 
irpeiTU«;  157. 
irpeicßeiac  157. 
up^cßeec  157. 
irp^cßeia  157. 
irp^cßeipa  156. 
irp^cßeuc  156. 
TTpccßeucövxac  156. 
irpecßeurai  157. 
irpecßeuxdc  157. 
TTpecßcuxac  157. 
irpdcßuv  156. 
irp^cßuc  156. 
TTpecßOxac  156. 
irpecßuxepoc  156. 
irp^cßuuv  156. 
irp^CTeic  156. 
irpecYeuxai  156. 
irp^T^c  156. 
irpeuYeia  157. 
■npevfr\ia  157. 
itp/ificxoc  157. 
irpicYeiec  157. 
TTpOlKO  316  A. 
irpox^invuu  356. 
TTpoxepair)  414. 
irpoxepeiai  414. 
Trpoxoiari  356. 
irpouqpdbäv  319. 
uOp  308.  311. 
TtupiriKr|c  317. 
TTupöc  308.  311. 
ttAu  238  A.  239. 
^dßboc  317. 
itafdc  317. 
^arbaioc  317. 
i)d-xbr\v  317.  , 
f>an(c  143. 
f)i^Kcaie(v)  418. 
{)i^Kcai€v  408. 
'Pi^vaia  414. 
'Pnvaieüc  414. 
'Pi^veia  414. 
/)f1Xoc  142. 


f)ivöc  159.  164. 
f)iov  164. 
^uxic  148. 
f)ibH»  143. 
caXof^uu  148. 
caXdrn  i-^- 
caXeüuu  148. 
cdXoc  148. 
caqpüjc  281. 
cß^vvu|Lii  155. 
cßevvOui  158. 
c^eev  275. 
ceXoT^uj  140. 
ceXaTiZu»  140. 
c^OYOc  140. 
c^Xac  140.  164. 
ciToXöeic  157. 
ciyaXöuj  157. 
ciYÖu)  164. 
ciYH  164. 
ciKxöc  262. 
CKaipo)  303. 
CKebdvvu|ni  162. 
CKibvainai  162. 

CKITTUJV   142. 

CKOxeivöc  366. 
CKÖxioc  366  A. 
CKOxoißöpoc  366. 

CTT^P^UC   156. 

CTT^pxei  365. 
luepxeiöc  364.  365. 
CTTiXdc  245. 
CTTiXoc  245. 
ciTopdbr|v  317. 
CTTopdc  317. 
cxdcciev  408. 
cxaupöc  313. 
cx^Toc  357. 
cxeipa  303. 
cxepeöc  303. 
cxfipa  148. 
cxi^piTH  148. 
cxripiZIu)  148. 
cxö|Liaxoc  143. 
cxoxavböv  319. 
cxoxdc  319. 
cxpaxöqpi  276. 
cxpoOeoc  162. 


Wortregister. 


453 


CTuai  152. 
cu]u,uaxiKÖv  279. 
Zuja-rrXriYdbec  317. 
cuuTiXriT&nv  317. 
cxolv  145. 
cxoXairepoc  366  A. 
cxoXn  366 A. 
ToXaüpivoc  159. 
TOÖTO  128. 
Teyoc  357. 
Teivu)  427. 
xeicexe  413. 
reicoiui  413. 
reicovTi  413. 
reico)  413. 
xeicuj  |aev  413. 
Te]uvuj  262. 
xeGXiiauai  164. 
reuaxoc  143. 
Teuvuu  152. 
TeT|iTiKa  152. 
rrjueXeiu  262. 
Ti9einv  412. 
Tiuri  194. 
Ti,uiüvbäc  315  A. 
TiuaTui  152. 
r\if\f{X)  152. 
Tocaura  129. 
Tpeec  419. 
Tpißricouai  161. 
Tpißo|Liai  161. 
Tpi'ßuj  161. 
Tpiivc  419. 
Tpic  419. 
Tpici  419. 
Tpiiliv  419. 
xpü^iu  163. 
TÜ^ißoc  140. 
Tüuöc  140. 
Tüpöc  168. 
Tupöuj  148.  168. 
Tuiveia  407. 
T(j\\ie\av  407, 
TÜn/eiac  407. 
Tuvyeie  407. 
TÜ^ieiuev  407. 
ußpic  151. 
önepGev  72. 


ucTopiv  408. 

OcTepair)  414. 

<J^ll  354. 

öi^oc  354. 

imjoö  281. 

qpävöc  313. 

qpdcfovov  140. 

(peYTOC  100. 

qpeepai  409, 

(pifha  317. 

qpiXeiuv  335. 

q)Xctuu  165. 

qpXißnv  164. 

qpövoc  313. 

qppuYOVOv  157. 

cppuTiu  163.  150.  157. 

qpuYÖi  317. 

qpÜYbriv  317. 

Xctböv  318. 

XabeTv  318. 

XCtbriv  318. 

XctZeiv  318. 

Xdlu)  331. 

Xaivo)  318, 

Xauai  354. 

Xavbct  319. 

Xavbdvuu  314.  319. 

Xavböv  314.  318. 

XavboTTOTnc  320. 

Xavböc  314.  319, 

Xctvoc  329, 

XcicKuu  318.  329, 

XeiXioi  161. 

XeiiLiepi-  365, 

XeXeüc  283. 

X^Xoi  161. 

XEXioi  161. 

X^XXioi  161, 

X^Xüc  283, 

Xepoic  112. 

Xepiudc  162, 

X^uj  126. 

Xnv  329. 

XiXioi  161, 

XOiZöc  162. 

Xpaivuu  162. 

Xpiuj  162. 

i(>u>  165, 


vpOupa  165, 
uicxn  143. 

Mittelgriechisch. 

KOTOuva  421. 

Neugriechisch. 

KOTouvefia  421. 
KOTOuveuiu  421, 

Altlateinisch. 

parentatid  287, 
proiecitad  287. 
ffli  275, 
ftlius  275. 
fundatid  287. 

Lateinisch. 

ä  179. 
abella  192. 
acer  164. 
adüläre  269. 
adülo  192.. 
adierstis  355. 
aedes  192. 
aevom  360. 
agt  281, 
Aiax  436. 
airid  291, 
aice  192. 
alnus  192. 
altum  307, 
ancus  193. 
angeris  193. 
angit  352. 
antiquos  170  A. 
aper  193. 
aro  193. 
aHe  352, 
articulus  352. 
artus  353.  354, 
arvorsum  294. 
ossäres  291. 
ater  167. 
atigur  193. 
auröra  193. 
beta  193. 
bibo  193. 


4:04c 


Wortregister. 


blitum  193. 
bovid  291. 
caballus  193. 
cadaver  291. 
caelebs  193. 
caelum  193. 
caerimönia  193. 
caZeo  194. 
calfcem  429. 
ca^t^o  148. 
ca??is  194. 
cannabis  195. 
ca^er  142  A. 
capere  288. 
cap»o  195.  217  A. 
corpo  196. 
ccistrum  310. 
cattus  196. 
cauda  143. 
caudex  143. 
capco  196. 
censere  288. 
cep»  195  A. 
ctp/)MS  142.  197. 
cms  197. 
c^arfes  194.  198. 
clango  199. 
claudus  199. 
Clemens  199. 
cliens  199. 
cZ»no  199. 
c?Mco  200. 
cohors  362. 
columbo  200. 
commentator  163  A. 
commenticiiis  163  A. 
commircium  290. 
confü/o  200. 
conti  eo  201. 
conventionid  291. 
corn«  140.  310. 
cräbro  201. 
cremare  164. 
cretno  201. 
creper  202. 
crucem  429. 
cruentug  202. 
cubitum  146. 


cunctua  324. 
cunque  177. 
curvos  283  A. 
de  202. 
defendo  203. 
rf«H«  203. 
dentatus  203. 
derbiüsus  203. 
dc^rmtew^Mm  161. 
rfcMs  363.  367. 
dfco  251. 
dici'if  335. 
rftem  363. 
rftVs  361. 
digero  139. 
dinae  366. 
dtö  363. 
Diovis  363. 
dissipo  204. 
rfm  154.  205. 
diurnus  154.  366. 
dfvfnus  366. 
rftj^os  363. 
dölium  205. 
dönicum  205.  249. 
ducentum  163. 
erfo  205. 
egredior  139. 
gmungo  205. 
CO  205. 
equidem  271. 
esurio  334. 
extensio  353  A. 
/"aÄM/a  206. 
facio  207. 
/•a//o  207. 
/•«mcs  207. 
/'artio  207. 
fascium  207. 
fastidium  207. 
fastigiuni  357. 
fatigare  148. 
fntiscor  148. 
/"er/Mm  209. 
/•erio  208.  209. 
f«/  207. 
/?*«•  209. 
/?dc//a  210. 


/■fm»  210. 
flaccus  210. 
^ä<7»Vo  211. 
^a^rro  211. 
^dru«  211. 
^crtf  281. 
/itVere  288. 
^i^ro  165  A. 
/'orfäre  288. 
/'orferc  288. 
/^rfi  212. 
forf/o  211. 
/■oerfMS  207.  291. 
/"oräre  208. 
/bria  212. 
formtca  367. 
/•ormMS  212.  218. 
/•ra^for  212. 
frFgreo  212. 
frfgere  163. 
/•rf^o  139.  150. 
/"Wo  213. 
/"M^rjo  213. 
fM»  213. 
/•iZ^o  213. 
fütnus  214. 
fundäre  288. 
fundere  288. 
fünus  215. 
/"wr/"«»-  162. 
futuere  193. 
galbus  215. 
gannio  215. 
geniits  215. 
^^ero  215. 
^/eÄa  215. 
glomus  215. 
graculus  216. 
gradior  216. 
granum  162. 
gravis  302. 
grunda  216. 
ijrM/a  217. 
habena  135  A. 
Aaico  217. 
AaZ/i«  217. 
AaiMl  218.  271. 
AirA  218. 


Wortregister. 


455 


höce  290. 
hodie  361. 
Jiorior  218. 
horttis  362. 
hospes  218. 
humi  359. 
humiis  359. 
humulus  218. 
»iea;  218.  193. 
»n  218. 
infero-  301. 
iniecto  293. 
inqiiam  219.  258. 
inseque  258. 
»Mfer  304. 
intertrügo  1-48. 
interus  220. 
ioudicatod  292. 
ismaragdus  161. 
jM^rjs  354. 
iürare  148. 
iürigare  148. 
»Mor^a  351.  354. 
jutenis  170.  308. 
juventa  308. 
kapiafd]  288. 
/aÄo  220. 
/acer  220. 
lacertus  142.  221. 
?a«o  221. 
laevus  222. 
7äma  223. 
lämentum  223. 
/an>o  224. 
langueo  158.  223. 
/anx  221. 
/a/>pa  225. 
laqueus  221. 
läridum  225. 
/a^ro  225. 
dawäre  288. 
Safere  288. 
lentus  225. 
Zeo  225. 
/ei(Mm  226. 
/et'»«  225. 
/JÄer  226. 
/»6o  226. 


7»no  228. 
Zfnwm  228. 
«s  228. 
/»reo  229. 
/ocMS  229. 
7o?iMm  229. 
loquor  251. 
loucarid  290.  291. 
louceri  291. 
?OMc»  291. 
lottcom  291. 
louqviod  291. 
Zwcar  290. 
Ziiceo  229. 
Lücerenses  292. 
Lüceria  290. 
Lücerini  292. 
/mc«s  291. 
7uo  223. 
Zkj:)»  275. 
lutum  159. 
mäceria  229. 
tnadeo  139. 
madulsa  139. 
maior  230. 
malus  230. 
mamphur  230. 
mannus  193.  231. 
mens  232. 
mentio  163  A. 
menstis  163  Ä. 
wemirMW  231.  357. 
memini  232. 
merda  232. 
»nere«<fa  358. 
mergere  136. 
nxergo  150. 

mersTM«  138.  134.  136. 
m»co  232. 
minus  233. 
mi7ia  163. 
miV/e  163. 
Mircurios  290. 
Mirqurios  290. 
misceo  233. 
moderor  291. 
modestus  291. 
modw«  291. 


mö/es  233. 
mo7o  208.  235. 
musca  235. 
muticus  146. 
mutilus  146. 
nasare  291. 
nävus  235. 
necesse  351. 
nectere  287. 
neque  173. 
nFrfor  235. 
nocfü  154. 
noc^MrMMS  154. 
Mos  236.  276  A. 
nostrorum.  276  A.  278. 
nostrum  276  A. 
norem  236. 
«otjos  170  A. 
nundinae  361. 
occupäre  288. 
oculus  236. 
o?ea  236. 
oparae  291. 
opTmus  236. 
opTnor  237. 
opitulat  364  A. 
ojws  291. 
ornus  237. 
oa«s  310. 
ossw  310. 
Päcuvius  170. 
palam  237. 
^a?ea  237. 
palleo  238. 
pannus  238. 
paräre  288. 
parere  288. 
partes  238. 
jjösco  238.  260. 
passares  291. 
^a/eo  239. 
/Mi<ro  240. 
2)ecu  240. 
j>edu  240. 
pejero  242. 
pehus  242. 
2>ent»  242. 
penitus  324.  356. 


456 


Wortregister. 


perendinus  361. 
pet'opicuos  170  A. 
peHica  243. 
pes  24-3. 
pestis  2-l;3. 
^i'^cf  243. 
pingo  244. 
pinna  244. 
pitisäre  288. 
phisere  288. 
jji'nso  243.  245. 
pfntis  245. 
pltuita  238  A. 
j9?eo  246. 
^Zöro  247. 
ywo  247. 
jjoeZZ«  169. 
/>o//e?i  247. 
poUüceo  248. 
polluo  159. 
^öne  304. 
porrTgo  249. 
i)orrö  300.  301. 
portendere  301. 
^osct  281. 
postis  364  A. 
postulo  364  A. 
povero  169. 
priscus  157. 
profligäre  288. 
proiciat  288. 
promello  148. 
/>ucr  169. 
pürare  148. 

pürigare  148. 

^uanffö  205.  249. 

quandüne  205. 

gue  250. 

quisque  178. 

5M0d  178. 

juomjMC  178. 

racco  250. 

rationem  431. 

rorw«  252. 

ra/>»o  251. 

rä^um  252. 

remelfgo  148. 

»•?no  159.  253. 


rc«<ts  135. 
reo»*  253. 
rigare  152. 
röbigo  253. 
röbur  253. 
»•öius  253. 
Romünus  366. 
rwiw«  254. 
rMdts  254. 
rw^ra  148. 
rM()r/o  254. 
rugire  255. 
ruo  256. 
rMre  291. 
rfrws  253. 
Sablni  256. 
«accu«  256. 
saeto  256. 
saliva  159. 
sänus  256. 
saiis  256. 
satiust  293. 
scabere  165. 
Scabies  165. 
scalpo  256. 
scandida  257. 
scateo  257. 
scipio  142. 
scrtpturio  334. 
scrobis  257. 
scrütor  164. 
«cco  257. 
segnis  155. 
Semen  308. 
sementis  308. 
sentfna  167. 
Septem  257. 
«c?MOr  219.  257  f. 
servos  170  A. 
sextus  353  A. 
«fca  257. 
«»crf  288. 
simila  258. 
«i7ui<  293. 
aodälis  259. 
aoUerter  352. 
sonore  288. 
sordidus  167. 


spargo  259. 
spatium  353  A. 
»pec/o  238.  260. 
«j?e«  353  A. 
«^tro  260. 
spisse  353. 
spissus  353. 
stabulum  161. 
sterilis  303. 
»^erni  281. 
stircorium  290. 
stircus  290. 
strages  148. 
stratiis  148. 
striga  161. 
subitus  324. 
sublestus  168. 
sublica  260. 
«wrfi's  142. 
supäre  204. 
superne  304. 
super nus  304. 
super 0-  301. 
supra  301. 
taedet  261. 
iaZi«  262. 
/c7/hs  358. 
templum  262. 
tempus  262. 
tendit  353  A. 
/cnrfo  432. 
terebra  358. 
ierra  358. 
/errac  359. 
terrCnus  360. 
terrestris  357. 
<«rr€0  262. 
territorium  357. 
tesqua  262. 
Thalassa  436. 
Thitlaxa  436. 
tigillum  356. 
tignum  356. 
<im«o  262. 
<o«/a  357. 
/omirc  288. 
«onere  288. 
forpeo  263. 


Wortregister. 


457 


torreo  157. 

torn's  157. 

tötus  324. 

traho  263. 

trecentum  163. 

tribiilum  161. 

^rio  161. 

tritus  148. 

frtVi  161. 

trtia  263. 

trucilare  162. 

^r«ncMs  161. 

tumulus  140. 

turdus  150.  156. 

turgeo   168. 

turgto  148. 

fwrjo  148. 

M?Fa  270. 

umbra  270. 

MHWS  270. 

urviim  272. 

ustiilai  364  A. 

üvtdiis  170. 

radis  266. 

t-ae  263. 

ra/'er  264. 

FöZeo  264. 

Pannus  265. 

rärtis  266. 

ros  266. 

vecors  270. 

rcZ?e  272. 

Fenerws  291. 

vereor  266. 

ro-gro  267. 

vetinis  368  A. 

verpa  143. 

pescor  267.  270. 

vestrum  276  A. 

vestrorum  276  A.  278. 

f«fM»  267. 

Fenos  291. 

cenfM«  266. 

viesco  268. 

«reo  270. 

pi'r^a  168. 

viriae  270. 

rtWü«  301. 


cts  159. 
viscantes  149. 
viscare  149. 
viscidus  149. 
viscosus  149. 
i7t/ts  268. 
rtro  268. 
ro?a  271. 
po/o  272. 
voltus  272. 
rotno  272. 
rö«  276  A. 

Pränestinisch. 

Novieius  435. 
A'briMÄ  435. 

Faliskisch. 

(iotJtad  288. 

Oskisch. 

acwm  281. 
amiricatud  290. 
castroHs  310. 
cenÄOMm  288. 
cotnenci  304. 
dadehatted  289. 
deicmn  281. 
[d]uunated  289. 
fa^fcncKi  288. 
fatium  281. 
Aeriiad  288. 
jdtc  179. 
/rfa-  179. 
»»nÄ;  179. 
»oc  179. 
/mä;  179. 
mc  179. 
kaispatar  287. 
kastrti-  310. 
i-er*na t[t]ö-  284. 
krustatas  287. 
/mfA:«  291. 
menvutn  281. 
moltaum  281. 
perutn  300. 
pestlum  364  A. 
prüfatted  289. 


teeriim  358. 
<er«  359. 
teremnattens  289. 

Pälignisch. 
eoisatens  289. 

Umbrisch. 

kastru-  310. 
tnanuve  283. 
^<r>^M  364  A. 
l»r  308. 
j)t>  308. 
postne  304. 
p«re  308. 
purome  308. 
pustnaiaf  304. 

Romanisch. 
Spina  424  A. 

Italienisch. 

can^otie  422. 
capiseo  263. 

Sizilisch. 
j>am  432. 

Proven^alisch. 
porma  369. 

Französisch. 

embrasser  252. 
fourmiller  374. 
m«r^e  371. 

Knmänisch. 

caf«n  421.  427  A. 
«af  432. 

Montenegrinisch. 
katun  433. 
kolibe  433. 

Spanisch, 
»uti^o  351. 

Gallolateinisch. 
mesga  136. 


458 

Wortregister. 

Keltisch. 

rfrrts^-  156. 

CO/  199. 

Bregenz  306. 

draskl  156. 

coZ«  199. 

Brigantia  306. 

foirenn  140. 

drwdwy  162. 

Tasgetius  168. 

(7^d  331. 

^rj^-den  159. 

Tasgillus  168. 

/a«/  158. 

ieuanc  308. 

Tasgius  168. 

/carfi  168. 

//e«^  158. 

Tasgoduni  168. 

loss  143. 

matW  136. 

m/r  358. 

tnor  370. 

Gallisch. 

moirb  367. 

myr  370. 

Segomari  275. 

mwf  146. 

oddf  141. 

roi«<i  200. 

tresglen  156. 

Altirisch. 

slat  161. 

«rtttVi  162. 

bruighim  151. 

snäthe  161. 

yfiore  150. 

corn  140. 

sZ»s  161. 

ynvore  150. 

^  125. 

s7dM(i  161. 

ysgafnu  161. 

^c  351  A. 

Tarf^r  168. 

ysgaru  161. 

ecen  351  A. 

ür  308. 

t/s<)rrj/f?  161. 

fadb  Üb.  Ul.  - 

ys/a<Ä  161. 

f4  135  A. 

Althritannisoh. 

ysnoden  161. 

feith  159. 

Brigantes  306. 

ys^a/"e//  161. 

iiar  270. 

ysthrn  161. 

frace  142. 

Mittelbretonisch. 

ys^Zy«  161. 

5-5«  218.  264.  271. 

rfrasg-  156. 

ystrewi  161. 

gö  218.  264. 

drasql  156. 

5fr/an  162. 

sca/f  161. 

Altgermanisch. 

immedön  360. 

streuya  161. 

Burgund  306. 

ingen  304. 

strevya  161. 

/rtcc  158. 

«roMs  163. 

Germanisch. 

lacgad  158. 

Bornholm  306. 

7crf^  149. 

Bretonisch. 

Burgundarholmr  306 

Zasc  158. 

?o*^  143. 

Burgundiones  307. 

odi  141.  143.  145, 

<Mn  140. 

Burgundö  306. 

orgim  151. 
scaraim  161. 

Gälisch. 

Gotisch. 

</r  358. 

Icbb  168. 

rt^or  301. 

</r»m  358. 

»c;  159. 

a/"/o  305. 
aftana  305. 

Mitteliriach. 

Kornisch. 

ainfvaparamnteh  178. 

claideb  139. 

acruth  161. 

ainishun  178. 

imbärach  150. 

ainndhun  300. 

Zerfi  168. 

Kymrisch. 

ainöhun  178. 

<owm  140. 

ia/Au  148. 

ainummehun  178. 

bedd  212. 

ainshun  178. 

Irisch. 

iorau  150. 

anabiudan  200. 

breg  306. 

irainf  306. 

analaugniba  281. 

irt  306. 

cledd  139. 

analaiigna  281. 

J5r»<7»Y  306. 

c/«rff/y^  139, 

anapraggan  285. 

cail  143. 

cogail  142. 

andhruskan  164. 

Wortregister. 


459 


andstaurraidedun  302. 
andstaün-an  302. 
ara  311. 
arja  208.  209. 
armaiö  282. 
armaip  282. 
arms  282. 
aste  143. 
attane  273. 
atuppangaggand  174t. 
batrhtaba  281. 
Z>aiVÄte  281. 
bandwida  177. 
bandiriduh  177. 
barne  279. 
baurge  273. 
baürgim  273. 
iaMr<7s  306.  362. 
bidjandansuppan  17-4. 
binanhan   175.  176. 
bisunjane  277  Ä. 
Jj;^eÄ  177. 
blandan  285. 
blindaize  273. 
blindaizö  273. 
ÄruM/ia  309. 
bundans  337. 
rfoß^e  273. 
rfa/e»  280  A. 

rfi2uÄ^?»^a<174.177.180. 
dw^ron  308. 
duhpe  174. 
rfMÄ;e  174. 
dMJ5e  174. 
duppe  174. 
fadar  176  A. 
/•a/'ÄM  310. 
fairneis  300. 
/•aiVnÄ  300.  304. 
fatrra  300. 
fairraprö  300. 
/iaur  176  A. 
faüra  176  A. 
/?;•«  280. 
^n  308. 
fraOtnan  281. 
frumabaür  176  A. 
funins  308. 


/'MnjÄt«  309. 
gabaür  176  A. 
^raiet  217. 
gabeigs  217. 
gabigs  217. 
gaggan  285. 
gahmelida  177. 
garehns  250. 
^TrtÄ^e  273. 
gatatr  176  A. 
gataira  176  A. 
gappantrana  174. 
gauhaseh'i  174. 
gaulaubeis  174. 
^rtÄö  273. 
graban  285. 
5rri/5s  216. 
hairdje  274. 
hairtane  273. 
Aa/r<ö  310. 
hairtöna  310. 
harduba  281. 
AarrfMS  281. 
harje  274. 
ÄOMrn  140.  310. 
Äer  280.  373. 
Äirfre  174. 
ĻW  174. 
hirjats  174. 
hirjip  174. 
huhindi  305. 
ÄMnds  309. 
Ä;aÄ  177.  178. 
h'ammeh  177. 
fcana  178. 
/yanöA  177.  178. 
harjammih  178. 
harjatöh  177. 
h'arjizuh  178. 
tvazuh  177. 
Jvileiku  175  A. 
/t'i«  178. 
hizuh  178. 
Ä;öA  177. 
irfd/a  177. 
idd/MÄ  177. 
igqara  276. 
»>m  304. 


tnna  304. 
tnnana  305. 
innaprö  304.  305. 
mnuma  304. 
tnu  174. 
tnuA  174. 
lup  305. 
»upa  305. 
iupana  305. 
iupaprö  305. 
izwara  276. 
jabbiudis  174. 
jaddu  174. 
jaggahausida  174. 
ioÄ  176.  180. 
jaind  307. 
ya»ws  271. 
jalliban  174. 
jammundöp  174. 
janni  174. 
^*a«so  174. 

jappans  174. 
^■«  175. 

><7^«  308.  309. 
jüÄiza  308. 
junda  308. 

A;ar'  is<  178. 

kaürja-  302. 

kaürn  162. 

kunje  274. 

laikan  141. 

lasitcs  168. 

/ou«  223. 

Zi^ra«   158. 

moAfa»  283. 

mähte  273. 

mahtim  273. 

maihstus  176. 

»la/a  208. 

manageinö  273. 

mann  305. 

manna  148. 

mannan  305. 

manne  305. 

m«na  276.  278. 

midjungards  362. 

tnundön  163. 

na«Ä  175. 


460 


Wortregister. 


naühpan  175. 
natihpanuh  175. 
nefv  301.  351.  352. 
neh'a  301. 
neh'undja  305. 
nih  173. 
nissijai  174. 
nißjis  304. 
nippan  174. 
nippatei  174. 
qain-ei  302. 
qairrus  302. 
(/enat  283. 
jene  273.  279. 
qenitn  273. 
qepunuh  177.  180. 
5»y5a  177. 
3ij5m;j  177.  178. 
rahnjan  250. 
rinnan  281. 
saÄ  177. 
sa//y  175  A. 
sat'Jva  175  A. 
sa/fean  220.  251.  258. 
«•aM«  176  A. 
«etna  276. 
sijaippan  174. 
siWe  277  A. 
sinteins  361  A. 
«ÖÄ  177. 
stairnö  303. 
stairö  303. 
stiurjan  312. 
striks  161. 
«unau  283. 
suniwe  273. 
sunnö  309. 
svikna  157. 
«M^are  277  A. 
fa/Aun  176. 
tuggönö  273. 
pamma  Vll. 
pammuh  177. 
/a»  175. 
j&an«  177. 
ßanamais  305. 
ßattaseits  305. 
/oniiÄ  177.  178. 


panzuh  178. 

/rtruÄ  178. 

/afa  177. 

^a<'t*<  178. 

ia^MÄ  177.  178. 

j5a^'Mfe  180. 

/dwA  175. 

jöetAan  262. 

/c»na  262.  278. 

pisharuh  178. 

piudangardi  362. 

j^is-e  273. 

}5i>(J  273. 

j5t«MA  177.  178. 

i5öA  177. 

priskan  161.  281. 

püsundi  168. 

M/-ar  176  A.  301. 

ufarö  301. 

undar  301. 

tindarO  301. 

undatirnimats  304. 

unsara  276. 

urreisan  301. 

urrinnam  174. 

urrinnan  301. 

urriqiza  174. 

urrwis  174. 

usstagg  284. 

usstaggan  285. 

usstigg  284. 

Mf  301. 

M<a  301. 

ütana  305. 

veitvöds  155. 

if'at'r  176  A. 

wairpan  278.  280.  281. 

waldan  264. 

warjan  267. 

toastippan  174. 

»<a<ö  310. 

waürde  273. 

mljauh  177. 

K'Mon  278. 

Krimgotisch. 

m«ero  372. 


Langobardiäch. 
/Äina?  329. 

Althochdeutsch. 

aganahi  279. 
arn  311. 
aro  311. 
a«pa  237. 
icr/a»  209. 
iorön  208. 
ira^o  141. 
chinddhi  279. 
chrumbelingün  221. 
rfoA  175. 
dringan  161. 
drösca  163. 
«nes  277  A. 
eZira  192. 
eninchil  309. 
«rnt  311. 
/•«Am  310. 
ferro  300. 
/lAu  310. 
/irnt  304. 
^rs<  136  A. 
/iwr  308. 
fnaskazzan  167. 
/•o»  304. 
fowa  304. 
/•orn  304. 
foM^en  312. 
Fragunt  307. 
friscung  309. 
/•u»r  308. 
/"unc-Ao  308. 
furdir  311. 
gackazzen  330. 
gannazzo  329. 
^ran^o  325.  329. 
ö'eian  217  A. 
geinön  330. 
gifsta  162. 
gibuntan  337. 
gickazzen  330. 
^rm<  165. 
gumisgi  279. 
Äo/f/ra  135  A. 
Ae/iAan«a  307. 


Wortregister. 


461 


Hetan  346. 
hüciski  279. 
hogger  146. 
hoppezen  317. 
houtcan  147. 
hovar  146. 
Hruadun  307. 
jä»w?'  302. 
i'n^jan  304. 
innana  304. 
innar  304. 
»M  175. 
jugund  307. 
kanzo  325. 
leidunt  306. 
lohezen  317. 
/öS  223. 
Joscen  166. 
lougezen  317. 
lugizunga  317. 
^MO^r  158. 
/Msen  166. 
marag  136. 
marak  136. 
»näire«  163. 
tneriro  305. 
»n«ro  305. 
»neröro  305. 
mefo  310. 
nahtes  154. 
näA  301. 
nöÄMM«  306.  307. 
nihein  173. 
»itMires  211  Pl. 
noh  173  A. 
Purgunt  306. 
ruohhön  251. 
rwo  164. 
sogren  251. 
«rt/o  159.  167. 
sccütan  285. 
sceltan  285. 
scer»»  303. 
scinco  309. 
senava  159. 
simbles  211  k. 
smero  232. 
sprehhan  251. 


stanga  284. 
starablint  303. 
Staren  303. 
«^«•no  303. 
«^«»■»•0  303. 
sftMra  312. 
»torren  302. 
storro  302. 
strihhan  161. 
s^mW  312. 
swihhan  164. 
sunnan  152.  164. 
/aj/es  154. 
thana  305. 
thanana  305. 
thuesben  164. 
/ti/rj  312. 
tugund  307. 
ttceres  324. 
Miir  311. 
ünahsunt  307. 
«Hfar  304. 
untarn  304. 
untorn  304. 
rȀC  168. 
t?M^»V  308. 
tcalzan  285. 
icafjar  312. 
wer  Jan  267. 
tr»(i  159. 
wiega  168. 
wigan  168. 
M70)f  143. 
worphozen  317. 
H^ö/an  346. 
ra^a/  143. 
«ttmpo  142. 

Mittelhochdeutsch. 

Äo<  200. 
drSu  210. 
brüsche  169. 
erlesicen  168. 
gackezen  330. 
gagezen  330. 
gancze  325. 
ganzliche  325. 
gigezen  330. 


jro^e;  329  Ä. 
Aoflrer  146. 
hüren  152. 
tu;-re  302. 
Zin  158. 
meier  374. 
mugent  307. 
mur  373. 
nöÄ«tj<  306.  307. 
rwÄcA«  135. 
shichkczen  317. 
starren  303. 
»terre  303. 
«<err«n  303. 
«<&^  143. 
stürzel  143. 
«weichen  164. 
<«ren  312. 
FanA:e  100.  309. 
ureigen  168. 

Neuhochdeutsch. 

angeworden  268. 
*»cÄ  aufreiben  233. 
augenweide  260. 
as<  141. 
Balandan  102. 
iär  192. 
begatten  193. 
begreifen  263. 
bekommen  268. 
berichten  251. 
Äe«eZn  148. 
beunruhigen  234. 
brausche  169. 
brechen  223. 
i»-ttcÄ  223. 
entbrennen  218. 
erfassen  263. 
erstarren  303. 
erstehen  268. 
erzielen  248. 
CMrer  278. 
/a»«en  263. 
frühaufsteher  320. 
/•«//e»  246. 
gackeln  329. 
gackern  329. 


462 


Wortregister. 


gacksen  330. 

ganz  313. 

gatzen  330. 

gicksen  330. 

greifen  263. 

ÄaZi  135  A. 

ÄcZi  135  A. 

hopsen  317. 

Ä«?sf  199. 

humpeln  146. 

hurken  152. 

stcÄ  hüten  260. 

inbrunst  218. 

Jugend  307. 

fceZcÄ  429. 

Wrre  302. 

kommen  268. 

kratzen  165  A. 

kratze  165. 

kreuz  429. 

^aue  270. 

lauern  220. 

lavieren  220. 

loschen  166. 

marbel  370. 

marÄ,-  134. 

märbel  370. 

tn/W  235. 

richten  251. 

«acÄe  beherrschen  235. 

sarAe  mächtig  sein  235. 

schade  161. 

scheint  366. 

schluchzen  .317. 

schlucksen  317. 

schwarz  167. 

«jpct7  245. 

«2;t7Zc  244. 

spriessen  259. 

spritzen  259. 

«^arr  303. 

stehen  268. 

»<«rr  303. 

itürrig  302. 

tugend  307. 

umfassen  252. 

untrer  278. 

tra^r  nehmen  267. 


f<>oZf  192. 
jfO?Ä-c  166. 
zweig  135. 

Altsächsisch, 
irärfo  141. 
rffM  276.  278. 
eu»<>or  276. 
/an  304. 
/"er  301. 
/'erro  300. 
ferscang  309. 
/lur  308. 
/"orn  304. 
gibundan  337. 
Äer  373. 
iämar  302. 
mnana  304. 
iiiwer  276. 
mar^  136. 
OTfn  276.  278. 
muggia  126. 
nöÄ  301. 
nigein  173. 
noÄ  173  A. 
sin  276. 
thana  305. 
thanana  305. 
M»cr  276. 
verscung  309. 
wrisilik  164. 

Altniederdeutsch. 

«de?  145. 
«Z  145. 

drunkenschap  343. 
/■or»<  136  A. 
^rcMjf'c  264.  271. 
(/«(/eZ  329. 
gouwe  264.  271. 
Äfr  373. 
humpelen  146. 
humpen  146. 
mir  373. 
m»re  372. 
ö«<  141. 
querre  302. 
«<er<  143. 


Niederdeutsch. 

gfans  320. 
Ae;  323. 
hump  146. 
hümpel  146. 
2)0^e  147. 
spc/?e  147. 

Mittelniederländisch. 

gra^reZ  329. 
ganssen  330. 
miere  372. 
mMcr  373. 
mwre  372. 
ongansch  323. 

Niederländisch. 

dwars  324. 
gagelen  329. 
^ans  320. 
Aoep  145. 
marwier  370. 
meer  373. 
mier  .374. 
mier{e)  373. 
molper  371. 
mulhvdiid)  371. 
mulp»r  371. 
mulver  371. 
mure  373. 
mur^pal  371. 
murik  373. 
muring  373. 
muur  373. 
/jote  147. 
jjooÄ;  147. 
t<»ce^-  149. 
wurm  374. 
trurmen  374. 

Ostfriesisch. 

poker  147. 

Pommerisch. 
Ode/  167. 

Siebenbürgisch. 

goaseln  330. 


Wortregister. 


463 


Tirolisch. 

gänsern  330. 
gangen  330. 

Schwäbisch. 
storze  1'43. 

Altenglisch. 

adela  167. 
bedecian  148. 
bl(sc  148. 
cnticel  148. 
driigod  \bl. 
dryge  157. 
du5u<f  307. 
donan  305. 
ea?M  310. 
/■^or  301. 
flöican  247. 
/na«<  167. 
/■yr  308. 
gespannan  351. 
gesicican  164. 
grind  165. 
5050;  329. 
yinian  330. 
jano^  329. 
Seaj/  329. 
jeo  175. 
jcojud  307. 
^eomor  302. 
5*0  175. 
Äer  373. 
Äic//"  135  A. 
Äd/)  145. 
höpig  145. 
hoppettan  317. 
Ar^ac  148. 
Ärrfn  159. 
mn  304. 
innan  304. 
innemesf  304. 
lef  226. 
/e«<re  168. 
//cje^   317. 
lütan  166. 
/yj5re  223. 
menesc  279. 


ne'aÄ  301. 
r/sce  135. 
rixe  135. 
s/rcc  152. 
sid  160. 
sfeorra  303. 
stin^an  284. 
sicican  152.  164. 
^eoÄ  175. 
^eV«'»<  306.  307. 
pringan  161. 
prysce  163. 
pweores  324. 
i^^a'c  149. 
M-fZ  268. 
M?tr  270. 

Mittelenglisch. 

gagelin  329. 
Äa?e  148. 
ÄaZÄ-n  148. 
Ajte7e  148. 
Wednesday  346. 
ffÄe?A-e  148. 

Neuenglisch. 

armgaunt  322. 
become  268. 
distension  353  A. 
^ra^r^r/e  329. 
gannet  329. 
^awn/  320. 
gaunted  321. 
gauntlg  321. 
ganntness  321. 
gaunty  323. 
Äoop  145. 
hump  146. 
longing  353  A, 
luncheon  358. 
mea<  358. 
parch  149. 
parchen  149. 
pintle  143. 
/)OÄ;e  147. 
rations  358. 
rwÄÄ  135. 
«Arne«  366. 


span  351. 
Spans  351. 
Springs  365. 
fArusÄ  163. 
<»de  361. 
<»me  361. 

Altnordisch. 

iresfa  337. 
^>ro«f»n  337. 
brosinum  337. 
gatnan  330. 
firaM  329. 
ganta  330. 
ö-an^t  330. 
i^as  329. 
glymta  330. 
haitinas  338. 
Acimfa  330. 
Arr/mfa  330. 
lasinn  168. 
Zosna  168. 
Zejya  158. 
mawrr  372. 
sf'dr  160. 
skemta  330. 
slaginas  348. 
sZoarVMaB  339.  348. 
^1/1(7  329. 
para  159. 
ym^a  330. 

Nordisch. 

Jagund  307. 
JaZö  307. 
Jalund  307. 
Jegindö  307. 

Ostnordisch. 

t;^ra  276  A. 
«f«a  276  A. 
röra  276  A. 
tw»Ta  276  A. 

Altisländisch. 
Ä«-»a  209. 
Jorf  200. 
ir;ö«Ä;  169. 


464 


Wortregister. 


bruskr  168. 
dagr  283. 
draugr  157. 
fiarre  300. 
fi(fl  283. 
f^pZ  140.  143. 
flöriiH  283. 
fnasa  167. 
/"orn  304. 
fraudr  140. 
fraukr  140. 
/■wne  308.  309. 
funninn  337. 
fwr  308. 
fw'rr  308. 
fynninn  837. 
/•yrj  308. 
ßra^/  329. 
(??aÄ/r  282. 
<7(5»  282. 
grras  283. 
greni  283. 
S'rpn  283. 
hddegi  283. 
Äa/'r  142  A. 
Äa?e  143. 
hnipa  167. 
hnipenn  167. 
hnykr  148. 
hraukr  148. 
hreinn  159. 
hreyse  148. 
illgresi  283. 
inn  304. 
innan  304. 
innar  304. 
Ä;Mt<e  148. 
A:n«rr  302. 
Ä«/rr  302. 
7rf/"a/i/t  283. 
/e/ijrta  222. 
/e«c  158. 
lingim  224. 
/i(}«/r  143. 
Zti/a  166. 
^^jrunrf  307. 
tnerf^  136. 
mergr  136. 


w/n  276.  278. 
migdr  310. 
nrfn<i  305.  307. 
np'Md  305.  307. 
gl  310. 
o?mr  310. 
rä  267. 
r/an  152. 
r»«c  164. 
riüfa  165  A, 
s/n  276. 
Skadi  282. 
skiarr  303. 
sÄ;j7ta  198. 
smalke  148. 
stnalr  148. 
spraka  251. 
s^/Ä;  141. 
stiarna  303. 
stinga  284. 
s^pnpf  284. 
strykna  161. 
svarkr  148. 
svarre  148. 
fa^f  143. 
^c^rund  306. 
//n  276.  278. 
^ra«»V  282. 
pi'Qstr  156. 
jiMn<;r  262. 
«A'*  311. 
undorn  304. 
vaJpan  345. 
fa/J5t  345. 
valpir  345. 
va?^r  345. 
ra/^M  345. 
rar  276. 
rrfrr  276. 
ve»A-r  149. 
»e/to  285. 
veykr  149. 
ri«i-  168. 
wVMnd  306.  307. 
yrf(u)cr  276. 

Isländisch. 

bindine  340. 
6»<mn  838  A. 


ftoZp^iMn  338. 
Jraw<  345. 
briöta  343.  345. 
brostin  338. 
brotnum  345. 
brutu  345. 
bundin  340. 
bundinn  337.  338. 
Äynrfin  339. 
byndini  340. 
dreginn  343. 
drykkni  343. 
fenginn  343. 
funninn  344. 
hepan  347. 
Hepinn  346. 
Hiapningar  346. 
hiepan  347. 
Hiepinn  347. 
iaparr  346. 
kenna  347. 
kienna  347. 
Zcp^r  342. 
o^inn  345. 
Opinn  346. 
sunginn  344. 
synginn  344. 
syngva  344. 
tekinn  343. 

Altschwedisch. 

Jtnf/a  339. 
braten  343. 
bryggia  342. 
bryggin  342. 
iry^a  343. 
Äywrfin  339. 
byrghia  342. 
iyr^rÄ»«  342. 
dragha  343. 
draghin  343. 
drceghin  343. 
droÄrfcirt  342. 
drMMm  342. 
drykker  343. 
drykkia  343. 
drykküh  343. 
(fryitA^m  342. 


Wortregister. 


465 


drykkinskaper  342. 
falla  340. 
fallin  340. 
fallinn  340. 
fallnir  340. 
fcel  340  A. 
/•(p//^n  340. 
fmller  340  A. 
/ieWin  340. 
fcBllnir  340. 
/a?Zz  340  A. 
fceprine  340. 
fkerme  301. 
funninn  344. 
ganga  343. 
gangin  343. 
gengin  343. 
gr^ra  347. 
grceva  342. 
grcevin  342. 
S^yri  347. 
Äce/ia  342. 
A<Bpm  342. 
Hedenn  346. 
/TjdenM  346. 
-ff»;^!«  346. 
i-flrt«7  347. 
AMOÄ;a  148. 
Ä:»<  347. 
i-yft  347. 
/«Ka  342. 
te^jn  342. 
/t«rt  342. 
/<^er  342. 
litit  341. 
/M?a  341. 
/yrfA«n  341. 
lydhin  341. 
7^rfAiY  341. 
lytin  341. 
/y<»Y  341. 
meprine  340. 
o/>»n  345. 
siunga  341. 
siunka  341. 
s^ür  312. 
sungin  341. 
«unArtn  341. 


f<K  337. 
tcebundin  339. 
twbgndin  339. 
thryskia  342. 
thryskin  342. 
rcexa  342. 
voexin  342. 
i?rä  267. 
p»n«o  342. 
vynna  342. 
pynnin  342. 
yj)»n  345. 

Neuschwedisch. 

daska  156. 
drucken  342. 
dryckenskap  342. 
^an<  330. 
gantas  330. 
«/rt/t/i  344  A. 
Ä-»"«e/  347. 
/m/oi  341. 
tnyra  372. 
pi«  143. 
pykol  147. 
riksdalar  400. 
i?örfÄ  399.  404. 
Rodskarlar  399. 
Rodsmenn  399. 
sjungen  341. 
«/wnÄ'en  341. 
sÄrör  148. 
«iwi-  148. 

Altdänisch. 
Hithinui  348. 

Dänisch. 

o/m  310. 

drukkenskab  343. 
gante  330. 
^ran/^«  3.30. 
grau/  329. 
^//mfe  330. 
Aadi  (Aap)  115 
haöbokt  {havbugt)  115. 
myr^  372. 


Indogermanische  Forschongen  XXXIIL 


inW  143. 
«jbWe  330. 

Altnorwegisch. 

drykkinn  343. 
funninn  344. 
fynninn  344. 
HroBan  282. 
HroRBR  282. 
/a'to  342. 
/cfa  342. 
letenn  342. 
/i'na  276  A. 

Norwegisch. 

*y»7»»  344  A. 
rfosi-e  156. 
flra^/  329. 
gjenle  330. 
/«/  236. 
Rödsfolk  400. 
Rössfolk  400. 
Rösskar  400. 
sferf  143. 
«f/ar<  143. 

Dialektnorwegisch. 

knjüke  148. 
^wfc  147. 
pofc  147. 

Litanisch. 

altksnis  192. 
alkanis  192. 
arhpalas  237. 
cn^rÖÄ  119  A. 
an^ru  119  A. 
ankstybas  109. 
ankstybe  109. 
antras  108. 
apgduti  264. 
apgebau  217  A. 
aplamtnti  225. 
apleju  228. 
aptayftau  228. 
aptepimaa  251. 
aptepiu  251. 
dpmdzgoti  136. 

31 


466 


Wortregister. 


aprpde  231. 
aprejszkus  122. 
aprepiu  251. 
aprcpti  251. 
apryäti  121. 
apsiriede  231. 
apsiryedi  231. 
apskritus  162. 
apuSls  126. 
apvcldeti  265. 
äpveldu  265. 
äpveldziu  265. 
apvthi  269. 
apviliu  269. 
apwetdeimas  265. 
aptvilu  269. 
apybreszkis  150. 
ardyti  114. 
ar/(V  208. 
rtXt  108. 
arf*  352. 
aStnntaa  98. 
atduSimas  119. 
a<*o<j  206. 
atejüs  122. 
atkimpu  195. 
a<Ä:^2><t  195.  217  A. 
rt^Hrh"  195. 
atmenamas  232. 
atmieszti  233. 
atmintinas  232. 
atmintis  163  A. 
atsekti  257. 
atsisekti  257. 
atsisenkü  257. 
atskaitytunsius  122. 
atvyrs  270. 
audtms  120. 
äudims  120. 
«U(/t  119  A. 
rfH^f  124. 
üugMas  107. 
duguse  124. 
dugusiu  124. 
auilma«  119. 
aiufiteia  227. 
iof/y<i  241. 
ia/-rfo  114. 


ftairfy^t  114.  245  A. 
baisits  207. 
balaüdis  102. 
bandyti  99  A.  201. 
bandziü  200. 
*or»ii  208. 
barstyti  114. 
irfW»  208. 
iarw  208. 
bastaü  241. 
bastyti  241. 
bauslys  200. 
ÄoMs^t  200.  201. 
bebrinis  209. 
i/6r«s  209. 
*^Är«s  209. 
Äed^h"  211. 
Jerfw  211. 
beigti  110. 
berszta  150. 
6ef<t  114. 
i(?s<t  211. 
JeedeVt  240. 
Äe2rfM  271. 
ÄtÄru»  209. 
Äjf^j  114. 
bisteleti  240. 
btstumpabästum  241. 
blstupabastu  241. 
blzdas  240. 
bizdinSti  241. 
btzdinti  241. 
bizduHs  241. 
bizdzius  240.  241. 
WrM  114. 
WaA:e  103. 
blandyti  97. 
*?aBÄ;<i  97. 
bligstu  211. 
i/t.ys/M  211. 
blinginti  97. 
blinksäi  97. 
bliöcimas  119. 
6<W2iM«  207. 
6<yM  206. 
W/i  206. 
braüko  112. 
braükti  110. 


braukyti  112. 
breksMtna  150. 
brikszta  150. 
brhzko  150. 
bräziu  150. 
brizge'ti  163. 
brizgilaa  168. 
brizgü  168. 
brogas  150. 
brölts  115. 
ÄrwW»  207. 
irw^M  207. 
bruzduklas  168. 
bruzga  163. 
brüzgas  157.  168. 
bruzgu  163. 
bruzitns  163. 
iöHa  213. 
ÄM)tZ^-  213. 
iund«  200. 
ÄMrtmas  120. 
6!i«<t  200. 
4M<a«  213. 
iii/i  213. 
cyridis  104. 
cyrulys  104. 
rfa-  202. 
dabartinaa  205. 
daW/i  206. 
da%'  262. 
dantötas  203. 
dangujt  28  k 
dangujejis  284. 
dantutas  203. 
danii/ju  203. 
dantytas  203. 
dantyti  203. 
darbunse  122. 
dasiUiZU  229. 
dasilisti  229. 
rfauM  123. 
daMz/»  111. 
ddzgau  156. 
dazgyti  156. 
dijimas  120. 
rf«Ä/i  HO. 
<2e/i^  114. 
(f^nd  361  A. 


Wortregister. 


467 


deriau  204. 
dirti  2M. 
ddru  204. 
deszinas  223. 
deszine  223. 
deti  108. 
devintas  98. 
dievas  115. 
dt/Äa  110. 
rft7«<u  114. 
diW  114. 
diVitt  114. 
dilü  114. 
dirrau  204. 
dirft  203.  204. 
di>M  203. 
droztmas  119. 
dwrfd  116. 
Dubösgire  115. 
Diibösgtriä  115. 
dw/ts  213. 
dM/Är^-  213. 
rfü/ys  213. 
dümai  213. 
rfuöÄf  108. 
rfuoÄ/  123. 
düobti  108. 
rfw'oiy  108. 
duo^i  111. 
diirti  1.08. 
dvesiü  251. 
dr*s<»  114.  251. 
dvynas  108. 
dygsnis  210. 
rfyrau  204. 
dyriau  204. 
%ru  204. 
dziduti  110. 
dziovä  110. 
dzidvimas  119. 
dziövos  110. 
dziüvimas  119. 
ct^Tii  149. 
«m»  149. 
elksnis  192. 
/pt/i^  126. 
ezeras  127. 
gadinti  203. 


gaidijas  282. 

gaidrus  245  A. 

galvose  105. 

galvü  115. 

galvugale  115. 

^ran«  313. 

gandaü  155. 

gandinu  155. 

gandinti  155. 

gandras  330. 

gdudyti  264. 

gäras  218. 

garbingä  127  Ä. 

^ä5^u  155. 

^rawMH  264.  268.  271. 

^ra'M^t  264.  268.  271. 

gavaü  264. 

gavus  264. 

gedrä  310. 

gidras  245  A. 

gedrus  310. 

^f/rfi*  245  A. 

^ref^.^,-  121. 

^refs^j  111. 

gelimas  120. 

^re/^c«  211. 
geltönas  208. 
gdumbe  200. 
^r^ras  218. 
geretis  218. 
gerims  120. 

<7^»s  218. 
^cri«  218. 
^rßV^,-  108. 
gesan  155. 
gesian  230. 
gesyti  155. 
^e^j  155. 
5ffsa  113. 
^rf^^a  113. 
gieiumbe  200. 
gimstu  113. 
</m^»  113. 
5rt«<.'  109. 
^irjrt  166. 
giriu  218. 
«7««»  218. 


gitoetUoius  122. 
glaüsti  111. 
^rZ/ÄJ«  108. 
^Z/Ä^-  108. 
gliaümas  310. 
gliaumüs  310. 
globimas  119. 
gldstyti  112. 
glüdau  111. 
glüdoju  111. 
glüdoti  111. 
ördro^i  218. 
grdizyti  112. 
granda  216. 
grändai  216. 
^rrfMft  119. 
5rr^«  162.  227. 
prrÄt  162.  228. 
gt-fzti  111. 
gridiju  216. 
gridyju  216. 
grtdyti  216. 
grimsti  113. 
grimstü  113. 
grindis  216.  242. 
grindziü  242. 
grioju  216. 
grioti  216. 
^rfsft  242. 
grobstyti  112. 
grobti  111. 
grojimas  216. 
groju  216. 
ÖTOfi  216. 
gröwiau  119. 
groicimas  119. 
gruinys  121. 
grynas  121. 
gudinti  264. 
gudrduti  264. 
^rurfrws  264.  271. 
«/MÄt   113. 
guiüs  264. 
güvus  264. 
giivüs  271. 
5rwr«fM  302. 
^Mr<t  162.  302. 
gvaibti  121. 


31* 


468 


Wortregister. 


g{v)eibstü  113. 
g{v)emi  113. 
gyjü  268. 
gynimas  120. 
gyti  268. 
gyv4nti  268. 
gyvenü  268. 
r  218. 
f  218. 
iejdu  227. 
iigaü  227. 
Z^'y^'Ä  268. 
?5'y<t  268. 
;YetM  227. 
ilgas  108. 
j7>»s  108. 
imensti  230. 
'»n  218. 
indngti  219. 
»neßt  219. 
t%  219. 
inkatu  219. 
hilctoiu  219. 
inkraniu  219. 
ipesziü  244. 
fpiszti  244. 
iriedytai  232. 
iriedytaa  231. 
ir«<M  114. 
ir<»  114. 
/rw  114. 
jsimdnkyti  230. 
iszmauroti  375. 
iszbrtzga  168. 
iszgqstis  l.'iö. 
iszkadd  161. 
iszlaivöti  222. 
iszlydinti  228. 
iszmiszti  233. 
iazm'e'sziü  233. 
iazpditviju  245. 
iszpditviti  245. 
iszpijuai  236. 
iszrügöti  254. 
iszsimdnkinti  230. 
iszaimantyju  231. 
inzsimantyti  231. 
j««9»?tu  269. 


f*«pJ7<t  269. 
iszvomiju  272, 
iszvomiti  272. 
iszvyliau  269. 
IMaga  127. 
iäkeiniött  121. 
{iä)mokimas  119. 
ivairus  270. 
ivairüs  270. 
izbönas  161. 
izbradnius  161. 
izdrodyti  161. 
iäteieias  227. 
izlietas  227. 
»^/•»Yem  227. 
izrugoimas  256. 
ja«  175. 
jV^  125. 
jiezti  110. 
i^  125. 
jojlmas  119. 
id^t  206. 
kdimas  114. 
kaimynas  114.  245  Ä. 
kairas  108. 
Ä;afr/  108. 
Ärarsit  112. 
kaiträ  310. 
kaitrus  310. 
Ära/iu  208. 
kalnuojai  120. 
Ä;rf/^ja  135  A. 
kandis  108. 
fcrfrd««  139. 
karejwins  122. 
kdrsztas  201. 
karwediu  122. 
A;aM/t^i  110. 
i-rfu^j  108. 
t(iu<t  147. 
M«<t  212. 
A:?«/»  108. 
Ä-flwjV  212. 
kimas  245  Ä. 
Jt^/>h'  239. 
A:#ra«  143. 
kiemas  114. 
ArJnio  135  A. 


A:irno«  167. 

A-if/)<i  109. 

Hfsf»  110. 

A;l.?t»V  103. 

MaikSis  121. 

klaüptis  111. 

;fc//ijo  108. 

fc/^ij?«  108. 

kleiva  110. 

kleivas  110. 

kletpti  121. 

kleivas  121. 

kloßmas  119. 

klojlms  120. 

klojims  120. 

klmMß)is  121. 

kluikti  121. 

klüpan  111. 

klüpoti  111. 

fcd/M  119  A. 

koukMas  123. 

krankti  99. 

krasztus  122. 

kriisa  110. 

Ä;refras  103  A.  162.  222. 

kreivumas  110  A. 

A;/-(5j»/t  196.  202. 

krövitnas  119. 

krösnis  201. 

krüvinas  202. 

kruvinti  202. 

kruvinu  202. 

^röwd  148. 

ÄJMprJS   147. 

ÄrÄiÄja  121. 

^•«/^  108. 

A-Ä/^i  108. 

kümpas  146. 

kumpti  146. 

^•Mj)/a  146. 

kuprelis  146. 

kuprffä  146. 

kuokitas  123. 

W/J«)  195  A. 

kuriu.1  122. 

kurkiü  113. 

itKfA/»  113. 

ibiir/i  164. 


Wortregister. 


469 


kvdiSe  109. 
kvaiMi  109. 
hvepeti  246. 
krepiu  245  A. 
ktepti  246  A. 
Idibas  226. 
Idigyti  224. 
Zae«<aM  228. 
laistyti  228. 
Wisfyf»  112.  228. 
laitas  121. 
W/irfa  110. 
Idndzioti  109. 
langoti  141. 
Zan/fcy/t  220. 
laükas  107. 
WMi-f»  248. 
/ai>^'  103. 
/a/cM  226. 
?a^rfa  126. 
lebas  226. 
lecziu  229. 
/e'rfo«  149. 
/^7ft  228. 
/C?aj<  226. 
lejejas  227. 
lejimas  227. 
fe^M  226. 
/eief«  221. 
leketas  221. 
?/A-<t  111. 
/«Mft  224.  225. 
lendti  110. 
Ze'nÄ:^   109. 
lenketas  221. 
?e«ÄtM  221. 
/c«A-<t  109.  110.  221. 
lepinti  252. 
/cjDMs  252. 
lesas  226. 
7/«a«  226. 
lesti  229. 
?c<e^'  228. 
?Ä»  226.  228. 
levas  226. 
?^ca«  225. 
lecas  225. 
liaunas  222. 


Zj«Mfj  223. 

liatas  225. 

liejimas  119. 

liekas  102. 

Zie/"«^  226. 

Ztc/"i6e  226. 

liefinu  226. 

?jc/"^M  226. 

Ztrfa  227. 

Zi/2«  109.  111. 

lieicinis  226. 

llndau  111. 

lindoju  111. 

/i;K?oit  111. 

lingeti  141. 

?t«5rÄfj  141.  223.  224. 

Itnksminti  112. 

linkstinis  141. 

Unnas  147. 

?iMto  228. 

linksmas  112. 

/fs^t  109.  110.  111. 

/tü^ras  147.  166. 

Z/m/«s  223.  226. 

?oma  223. 

?oma  223. 

Zo/)y^t  108. 

ZM()rna»  147.  166. 

ZujYa«  121. 

lüobas  123. 

lumas  225. 

^y^r^t  113. 

/y^i  109. 

Zy^i  228. 

taukus  122. 

feieias  227. 

teimas  227. 

/eiu  227. 

mailius  233. 

mai7M«  233. 

maü^raü  233. 

maiszyti  233. 

mari^oi  109. 

md»^g  109. 

tnaitä  121. 

«a/dd  234. 

maidqs  234. 

maldaü  234. 


maldibe  234. 
maldingas  235. 
maldybe  234. 
maldyti  234.  235. 
maZtw  208. 
maltes  233. 
ma7ft  108.  233. 
m«[Zw  235. 
mandagus  147. 
»ufn^au  229. 
mdnkinti  230. 
mdnkyti  230. 
mastis  163  A. 
mankti  110. 
tnäzgas  143. 
mazgöjü  136.  156. 
mazgöte  136. 
mazgöti  134. 
mqstan  163  A. 
tnqstus  163  A. 
mästytojis  163  A. 
maurai  374. 
maurioti  374. 
mauröti  374. 
medega  147. 
medegas  147. 
medijas  282. 
»weä/s  147.  282. 
medzega  147. 
meldziii  234  A.  235. 
tnelsti  235. 
menafi  232. 
menqsis  232. 
mencziaü  230. 
menke  99. 
mcn/a  232. 
mcf«  122. 
menuofi  232. 
meni<  232. 
menufis  232. 
mergeta  124. 
mergefe  124. 
mfs<t  109. 
mesziu  233.  245  A. 
mes^f»  233. 
menf/  230. 
ntfzdra  357  A. 
mf^w  245  A. 


470 


Wortregister. 


mieguistas  120. 
miegiiostas  120. 
misä  231. 
miesös  231. 
miesziu  233. 
mildingas  235. 
mildus  234. 
mildybe  234. 
minetoias  232. 
min^ti  232. 
minetinas  232. 
m/n»  232. 
miniu  232. 
mhikyti  229. 
minti  108. 
mlrätu  113. 
wjf^t  113. 
minti  232. 
mfzti  109. 
moZß'  108. 
m(5<^  115. 
mtiitä  121. 
mükti  205. 
muldet  233. 
tnuldinät  233. 
mutwS  167. 
MtMsü  284. 
musüjis  284. 
muäimas  119. 
milSti  119. 
myliu  234  A. 
«,  p  219. 
namie  115. 
namiepi  115. 
nasrat  164. 
negälinde  124. 
nenufekami  257. 
neprifekamas  257. 
nefufekamas  257. 
nokimas  119. 
nosele  124. 
noHili  124. 
niidrauslum  122. 
nügyiiau  127  A. 
nu/e/o«  227. 
nuletus  227. 
nulietas  221. 
numazgojmas  136. 


nüogi  115. 

nusikti  167. 

nykstü  113. 

nyÄ:<j  113. 

q;«s  264. 

o^-sa^•  236. 

pabüklas  203. 

pabükle  213. 

paiszas  244. 

paiäos  121. 

{pa)li6vimas  119. 

pdlszas  238. 

paminet  232. 

paojeis  264. 

papesiu  243. 

papt'ieczejas  243. 

ptapiesz^jas  243. 

papljusi  236. 

i)rfr-  115. 

^rfr  plaukti  115. 

pasidontum  122. 

pasklandinti  99. 

pavüdeju  265. 

paveldefi  265. 

paveldu  265. 

pavildeti  265. 

pavilsti  265. 

pavojas  263. 

pavöjus  263. 

paweldziu  265. 

pMsakas  258. 

pSdsokas  258. 

peikenä  121. 

jiekus  240. 

pelega  147. 

;jeZ^'j*  238. 

pelenai  248. 

pelesiai  238. 

2>e//rt  238. 

pelnyti  109. 

petakas  143. 

;>^mjf  236.  238  A.  246. 

/>^;jas   193.  236.  238  A. 

245. 
;>eriti  161. 
pefvaras  266. 
^>«s^M  244. 
/»«««i^  244. 


p^«^*  244. 
j)e3ziu  244. 
peszti  244. 
/>eßM  244. 
^«;?eM  143.  147. 
pelene  247. 
peäimas  244. 
^^7ms  238.  245. 
i>/j;a  236.  238  A.  245. 
^irfMfi  108. 
pienas  102. 
pienüitas  120. 
pieniiotas  120. 
^iftfo*'  121. 
jpIZdyfi  246. 
j9j7Is  246. 
^j7to  242. 
piltavas  242. 
j:)«7<i  237.  242. 
piltuvas  242. 
2)»7iV  237.  242.  246. 
pilusis  246. 
pilutis  246. 
plningus  122. 
piövimas  119. 
^J«<t  243. 
ptsw  243. 
i>rM<^'  108. 
2)ZaM;u  228.  247. 
^Wm«  228.  247. 
2)?Ä/»  109. 
pleSims  120. 
pleSinis  120. 
p({«as  117. 
prabreszklmas  150. 
pramenu  232. 
praminimas  232. 
prausiu  259. 
praüsti  259. 
prgvoli  272. 
priidai  115. 
prileczia  229. 
priseku  258. 
prififtteimas  199. 
prififitejmas  199. 
priß/ciM  199. 
privalaü  272. 
pricalüs  272. 


Wortregister. 


471 


privalyti  272. 
pritcilu  269. 
prmas  108. 
prüse  108. 
prusnä  259. 
Prüsunsi  122. 
pryvoU  272. 
püdziau  230. 
puikenä  121.' 
piiikys  120. 
puiSos  121. 
pükys  120. 
pnokys  120. 
püposc  105. 
pydau  236. 
i>yd^<t  236. 
pylimas  246. 
raibas  114. 
rdicioti  109. 
rainas  121. 
ra'iias  121.  123. 
ranA-d  267. 
ydnkioti  109. 
rantyti  102. 
raszejas  282. 
raüpsas  165. 
rdzas  142. 
redau  232. 
r^rfa«  231. 
r^rfy/t  231. 
regsti  134. 
r/ia  110. 
rekszcziai  135. 
r/i/.-  110.  250. 
renku  269. 
re^^M  134. 
rezgis  134. 
rezgis  134. 
rjV»<»  109. 
»•i^«<t  134. 
rlmstu  113. 
rim/j   113. 
rinkinuczei  99. 
rjÄÄrfi  109.  267. 
rizgaü  134. 
röpjM  252. 
ro/jf»  252. 
rövimas  119. 


rügöju  254. 
rügöti  254. 
rügstu  255. 
rügsznys  255. 
rM()r/»  255. 
ruinas  121. 
ruinis  120. 
rwi^w  121.  123. 
rüjaus  menü  253. 
rujös  tnenu  253. 
rumbas  254. 
r«/  109.  112. 
rüpinti  112. 
ryzgu  134. 
«a^'d  152. 
sakaü  219. 
satg^ff  219.  251. 
sargus  122. 
säälavos  115. 
sqälavü  115. 
saüsas  109. 
sepriM  152, 
««}•(?  109. 
sejimas  119. 
»eA-j«  167. 
«eA-f»  257. 
«ei-ft  219. 
«eÄTM  219.  257. 
seÄrw  258. 
s^mimas  120. 
sinas  123. 
Ä^nis  123. 
«enMmK  122. 
septintas  98. 
sergii  113. 
»/f»  109.  256. 
«lÄ»  109. 
sijdju  258. 
«»;d<»  258. 
«f^r^i  113. 
skedziu  257. 
«i-e/tu  198.  257. 
si-^Z<t  108.  198.  257. 
sÄ-/«<»  257. 
skietas  102. 
skrebiu  157. 
«A;rÄt  162. 
skynims  120. 


«A:y«<aa  193. 
slanginti  149. 
slegiu  152. 
slinka  110. 
«/»■«iW»  110. 
s/o^ro'  152.  166. 
sloginti  152.  166. 
slogüs  152. 
slopstu  220. 
«/yp(i  229. 
smägenes  136. 
smarsas  232. 
smarstas  232. 
smarste  232. 
smarstvas  232. 
smarte  232. 
smirdeli  232. 
sniegas  109. 
spdrdyti  112. 
sparnus  122. 
spejimas  119. 
spekas  108. 
sp«ft  108. 
sp/<»  109. 
spiekü  122. 
sptlgä  147. 
spiövimas  119. 
spuogüotas  120. 
sprogimas  119. 
sprögti  111. 
sprüsti  259. 
spuogüitas  120. 
spunge  100. 
spyliai  245. 
spylys  245. 
statbulas  142. 
stembras  143. 
«<tJa  142. 
sttmbras  143. 
stogas  357. 
«<(fra«  116. 
gtöviu  107. 
sträzdas  156. 
stügti  151. 
stügti  151. 
stümimas  120. 
s<yro<»  303. 
SM  122.  353. 


472 


Wortregister. 


subtne'is  241. 
sublzdo  24;1. 
sudas  260. 
sugyv^nti  268. 
suMnkti  248. 
sumazgdja  136. 
sumiszan  233. 
sumiszti  233. 
sumijsztas  233, 
sumijsztu  233. 
sunkti  111. 
supaü  204. 
surüge'lit  255. 
suskati  257. 
sveikas  112. 
sveikinti  112. 
sveTkti  112. 
sre/j*  114. 
svtlstu  114. 
«t>i?<i  114. 
«pt/i'i  114. 
«w7m  114. 
svötas  259. 
swaiginSti  168. 
syÄ;*«  257. 
A^amid  194. 
«^^-  197. 

szeimyna  245  A. 
««^M  197. 
tiziliua  194. 
ss?e;u  228. 
*2//<t  199.  228. 
Sdukoti  111. 
Saükti  111. 
äeSkas  123  A. 
^iV~  125. 

^JWy/.-  112.  114. 
rfi«  125. 
iJ«<«  114. 
.^«/Ca«  114. 
i»/<»  114. 
.?//»<  114. 
i/rt»7a«  127. 
i/a;u«  127. 
i/oMÄ:o  111. 
Slaukyti  111. 
Soklmaa.  119. 
Sövimas  119. 


ivendrai  126. 
i»c«<a«  117.  127. 
dTpiVp^t  109. 
<ar  125. 
famsfi  310. 
tamsus  310. 
tarszketi  161. 
tasat  125. 
Taw^a  359. 
<e*;/ift  230  A. 
ft'Ä-^j  262. 
tempti  109. 
temytis  262. 
<eMÄ:M  262. 
f/t7ös  115. 
<t^  125. 
^t'^s^i  111. 
<j7p^j  110. 
tingeti  261. 
tingiu  261. 
^m^TM«  262. 
<lnft  262. 
<m«V  262. 
tlrszkinti  161. 
</«<«  262. 
toMdfV  122. 
trainöju  161. 
trainöti  161. 
trdnkau  161. 
trejetas  104. 
trenkiü  161. 
<re»Ä<»  101, 
triszkiu  161. 
<r»MM  161. 
triszu  262. 
<rü6rt  117. 
trüi?  117. 
tritkstqs  119  A. 
trükstu  119  A. 
tryiau  161. 
/r^s  105. 
/mjW»  121. 
turinöe  124. 
tvaikaa  121. 
mA»7»  151. 
u/ieZi   126. 
u/itnu  126. 
u/?«^  126, 


unA;«na  270. 

udega  141.  143. 

M«?im  236. 

ÄÄ:sat  236. 

uksanti  236. 

!«<»  236. 

üzdaras  232. 

uzdaras  232. 

uz  g  reit  162* 

uzsklanda  99. 

mrfM/t  266. 

vagosi  105. 

vajdti  264. 

raZaj"  192. 

va/aü  272. 

m/ar  269. 

valdaü  264. 

valdyti  264. 

vdlkioti  110. 

valszczius  265. 

valyti  272. 

vdrginti  112. 

vargstu  113. 

paf</<t  112.  113. 

»rfrwa  110.    123  A. 

mf«as  110.  110  A. 

vdrstyti  112, 

»affo  112. 

vartyti  112. 

»edw  147. 

r^t/eVe  102. 

veikti  114. 

r<y  w  264. 

reÄr^wd«  201. 

»e/A  270. 

v«t(5<t  270. 

»c/las  269. 

t'^«»  108. 

»*/y/»  272. 

vhnalaa  272. 

t)«m  jffwi«  120. 

rA«<»  272. 

»Äia«  245  A.  270. 

rerwiÄ  267. 

V0riä  266. 

('«rHma«  119. 

rerfciii  113. 

refW»  112.  113.  119. 


Wortregister. 


473 


versti  267. 
verii  266. 
verziaü  267. 
verziü  267. 
vefzti  267. 
vetuszas  267. 
cetuszis  268. 
vieversys  104. 
p»7t(5^t  269. 
t«7j'M  269. 
vilius  272. 
f»7las  109.  110  A. 
ci^Äv  109.  110  A. 
tilkti  110. 
vilkiins  122  A. 
rt7/u  204. 
mlti  269. 
n7fj«  272. 
vemalai  272. 
virbas  135  A. 
vlskinti  112. 
virszus  164. 
rq;>«  263. 
volunge  126. 
fora  140. 
po^t*  263. 
vuoSvele  124. 
vuoävele  124. 
ry?^'  270. 
vyliau  269. 
vylitis  268. 
vyritis  270. 
ryft  264. 
cy^ts  135  A. 
vyturys  104. 
icedega  145.  147. 
Mt7a/V  272. 
iciluofi  272. 
jrt7Ms  272. 
wittas  272. 
wirus  122. 
wizgöti  168. 
wotange  126. 
zdroda  161. 
zuikis  103. 
zvageti  104. 
za6as  135  A. 
z«'^»  135  A. 


zabaras  135  A. 
zaftas  218. 
ia/ios  127. 
zeffo«  218. 
i^Mig'  127. 
ziemq  114. 
z«/as  211. 
ii7<t  211. 
zmogüs  147. 
ztnones  147. 
im«  147. 
zo//  127. 
iiJZis  141  A. 
zumntas  215. 
zvageti  104. 
zcaizdf  114. 
zvengti  100. 
zvögatäi  104. 
zwengiu  151. 
iymf  114. 

Lettisch. 

afza  110. 
o/apa  116. 
dlavica  116. 
aplenkt  222. 
o^«a  237. 
drdj^  114. 
af^  108. 
afw  193.  208. 
aschas  148. 
aschenes  148. 
aschgi  148. 
ascÄt  148. 
astantes  97. 
atpiles  237. 
at-SRenst  100.' 
au^2<i)  119  A. 
aügsts  107. 
aügStas  107. 
ai}</M  119  A. 
awÄf  120, 
6rti<ft<  245  A. 
Äanitf  112. 
bangainis  96, 
barst  it  114. 
idra«^  114. 
iaru  208. 


Z>dM<ZHt  99  A. 
Äau/e  147. 
bausUba  200. 
Äowsfis  200. 
J«*ra  209. 
ieÄrs  209. 
if'rfa  117. 
Jeaef  245  A. 
5erf/-w  231  A. 
bei  gas  110. 
Äej><  110. 
fier/'u  150. 
fi^^rf  114. 
Ä^rf  114. 
ifrza  103, 
Jers-e  103. 
J^r^-s  103, 
ie/a«  240. 
Jidft  111. 
iiaj<  111. 
JtV^fc  150. 
ÄjfsiM  114. 
i»f^  114. 
ilftes  112.  114. 
WaJfc^s  103. 
bldnkstities  100. 
blenda  97. 
blensties  97. 
i^enr^  97. 
Äi'aM*  119. 
bl'uöda  116. 
irdZt  115. 
brälis  115. 
JrdttH  110. 
JroMctf  111. 
braükät  110. 
bräukt  111. 
bräfchu  212. 
^►rä/'w  168. 
ir?Ara  110. 
6r^Ä;a<  110. 
Jrkf  110.  112. 
brencinät  112. 
iwda  116. 
bultcäns  207. 
bundul{t)s  100. 
Jm/m  208. 
buzga  126. 


474 


Wortregister. 


bitzit  220. 
deminS  114. 
ciems  114. 
cifpe  109. 
ctrpt  109. 
crrs^  110. 
cirsties  110. 
cif/a  110. 
cirülis  104. 
dancis  97. 
dandzis  127  A. 
dandzis  97. 
dandzu  97. 
danga  96.  97, 
dankuoties  97. 
rfat<J<  111, 
daüzit  111, 
d^^rfef  114. 
dencis  98. 
dfnkts  98. 
dfnkuöties  97. 
depsis  126, 
(i^*^«7  108. 
rf^s/i7  108. 
rffs^s  108. 
rf/<;  108. 
rfe^  108. 
devantfs  97. 
devants  97. 
d»e(t')«  115, 
diezgan  115, 
(?J/«^M   114. 
dilstu  114. 
rfi/<  114. 
diZ<   114. 
rfif^a  109. 
rfifsrt  110. 
difsfnät  112. 
dJr«<  109.  112. 
dränaa  110. 
drumpaCas  101. 
drumutalas  101. 
drujHttas  101, 
drM/)<  101. 
drüpu  101. 
«//•«//Art«  207.  211, 
r;/W<^  208, 
(f/esee  230. 


d/c»<  155. 
rf/T^ra  147, 
rf/'i^ru«  147, 
rf/^firc  147. 
rf/"tjrÄ<  147. 
dwrfa  116. 
dümuojs  120. 
duncis  100. 
dMOÄe  108. 
rtfwöÄ/i  108. 
duöma  116. 
duötnät  116. 
duönis  103. 
rfi^Of   111. 
dMre  108. 
rf«f«  108. 
rfwr«  208. 
rfwia  118. 
dvesele  114. 
dvinis  108. 
rf^er^  108.  120. 
dsjÄf  113. 
dzilna  102. 
dzimstu  113. 
rfsimf  113. 
dzindzinät  100. 
dzindzindt  100. 
dzintars  96.  98. 
dzinteris  98. 
dzires  108, 
rf^^<  109. 
dzTtars  98. 
^/s<i^  111. 
^^8^  109.  110. 
e/ifrf^  109. 
erc(et)is  103. 
gäidit  111. 
gatdit  111. 
iirrt/Tid«  109. 
gatvas  105. 
^ranrf  117. 
Gavieze  102. 
iC/dsi/^  112. 
gläust  111. 
j7/cW  108. 
gräbdt  111. 
grdbstU  112. 
gräbstU  112, 


iyr<$A<  111.  112, 
grämata  116. 
grafzit  112. 
graizit  112. 
^T^da  117. 
greilis  103. 
greinis  103. 
greizus  103, 
^rr^Xs  117, 
grkmdet  113, 
grentzdt  101. 
grencet  101. 
griezt  111. 
grlezt  111. 
^riesr/  112. 
grlmstu  113. 
griihstu  113. 
grlmt  113. 
^T»?«^   113. 
gfr/"««  103. 
grundulainä  99. 
grundulis  98. 
gruözit  111, 
^rui«  101. 
^MȀ<  121. 
güldit  113. 
gulstuös  113. 
^^u/Ca  113. 
«/iiZ^a  113. 
gulties  113. 
gülties  113. 
gumba  101. 
gumbdt  101, 
jjrumä^u  272, 
e/uMJf  272. 
gumties  101. 
gurdens  302. 
gurstu  302. 
^rurf  302. 
güfcha  145. 
güwejs  271, 
^'Äiw  245.  A. 
^'/Ä<     13. 
gJÄ<  113. 
u  113. 

r^^w  113. 

115. 
itgantta  100, 


Wortregister. 


475 


ieiet  115. 
iekritis  115. 
ienaids   114. 
iesist  115. 
iJanda  115. 
t/^s  108. 
»r«<M  114. 
»f«<M  114. 
»r<  114. 
in  114. 
izvandit  100. 
t/s  159.  167. 
Jawi  115. 
Jdnis  115. 
kaiminä  114. 
A;a»*f  112. 
kaitindt  112. 
Ära/>«  116. 
i-aZ'M  208. 
kancindt  100. 
kankalis  100. 
käpuosti  117. 
käpuösti  117. 
kafeias  212. 
kaücindt  112. 
kaüka  110. 
kaükdt  110. 
ÄrdwÄ:^  110.  112. 
i-oiJ<  108. 
i-art  108. 
i-ie;7s  117. 
Warf/e/  199. 
klaigdt  111, 
klandzindt  99. 
Wdf  120. 
kUiusit  111. 
klaüsU  111. 
)l-%äf  199. 
kleinis  121. 
W^;jis  108. 
i7je5rf  111. 
kluburät  194. 
Wwrni  121. 
kndbdt  111. 
Ä;nai<  111. 
kndpdt  111. 
knäpt  111. 
knesch  235. 


i'nes^  235. 
knetet  235. 
knidet  235. 
Ä-»M<ief  236. 
i-Mt**r<  236. 
kraus  162. 
Ärram*^  201. 
krancindt  99. 
krantas  100. 
krantes  100. 
kräpju  196. 
kräsa  117. 
krauja  148. 
fcrawf  119. 
kratca   148. 
Arräjj^  202. 
Ärrö^^  196. 
Jl-rerZjs  103  A. 
^-ref/is  108. 
Ärrew«  108.  110.  222. 
krievs  117. 
Ärrümu  113. 
kruica   148. 
kuilis  117. 
ätm//!  108. 
^uÄ;wm«  146. 
kukurs  146. 
Arüma  116. 
kumpt  146. 

i'MWJ«    116. 

kuodaVa  123. 
käodel'a  123. 
kuökalis  116.      • 
kuökdl'i  116. 
kudpa  123. 
kiiorsviäi  104- 
Ä;u&rf  108. 
Ärwr  115. 
ÄriVrcM  113. 
kufkstu  113. 
A-iVrAf  113. 
ÄrMfA-^  113. 
i-Mfp  115. 
kurseäi  104. 

JfcMf/S    116. 

ÄTMru  208. 
Är'ems  108. 
k'epju  195. 


Ar'e;)/  195.  217  A. 
Ä;'er<  195. 
k'iselis  116. 
^aü^a  158. 
/af'A:«  252. 
laipns  114. 
läipns  114. 
7ai«/«  112. 
^atto  158. 
/a»Vß  229. 
^am^  111. 
/ä»>^  111. 
/afio   109. 
7ai>j/  108. 
/a^'Äß  103. 
/aÄÄ;a  110. 
7ä«A:Ä  107. 
/o»A»  107. 
^dtt^Mm«  100. 
läupit  112. 
/ö6m<^.*  220. 
?ä<  223. 
ZäM-a  223. 
ZäiTÄe«  220. 
/fca  116. 
legens  158. 
/fÄ-d/  111. 
/e/ji-/  222. 
/^Ä:<  111. 
lemesis  224. 
Zen^a  222. 
%u  228. 
;t^7«  107. 
ZiW»  107. 
««ts  102. 
/i«Ä:<  109.  112. 
/.e^  112. 
/f^s/e  141. 
ligstu  113. 
?J>  113. 
/iV  113. 
/jV  113. 
liksms  112. 
/ifcsfM  113. 
/fts^M  113. 
Zfivfna  114. 
«tf  113.  114. 
likt  113. 


476 


Wortregister. 


Itnät  109, 
litigät  100. 
list  109. 
IH  109. 
löpas  108. 
luncindties  97. 
Zmoc;<  112. 
Zuörfrf«   110. 
lügätli  141. 
/uöZ,-s  116. 
luöz{n)a  109. 
luöz{iiyd  109. 
Zmä-«<  24r8. 
/a«s«f  111. 
/«/"p^a  152. 
l'audis  193. 
l'aunfgs  222. 
Vaunütis  222. 
Zaun«  222. 
rau<  223. 
roM«  119. 
l'äwetes  220. 
rm*  224. 
mainit  112. 
mainit  112. 
mai'ss  109. 
mäkties  114. 
mäkuönis  114. 
mälis  108. 
mal'ttes  233. 
ma/it  108. 
»naZ«  208. 
mafgäju  136.  156. 
mafgat  136. 
m««  115.  124. 
mrt^e   115.  124. 
matpeniiia  101. 
maüka  110. 
mäwÄr«  110. 
waw/  163. 
mfduojs  120. 
menca  99. 
m«nce  99. 
mencis  99. 
menöu  99. 
men/e  230. 
mente  109. 
mew^c^  230. 


w^rde/  113. 

w^ri«  113. 

WJesa  231. 

mes«  111.  / 

m^W<  111. 

tn^felis  117. 

mieguojs  120. 

miezndt  111. 

»liC^Mi*    111. 

miltuojs  120. 

»iine  108. 

mlrstu  113. 

mifstu  113. 

m«f<  113. 

mJr<  113. 

mf«  108. 

ml<  112. 

tnizenät  112. 

mizene  114. 

m^««  109.  111.  112.  114. 

mtz«  109. 

wfi(i<  109. 

mutta  117. 

muÄ;<  205. 

mulk'is  210. 

mudcit  116. 

muöka  116. 

muscha  235. 

müA;«  205. 

nac  115. 

n<ic  115. 

na«Ärt  103. 

ne  104.1 

nfsei<  111. 

ncs<  111. 

niezas  108. 

niezef  113. 

niezti  108. 

ntkstu  118. 

ntA;«^u  113. 

nffcf  113. 

»liÄ-«  113. 

n/ra  147. 

nir<  147. 

Mir^a  147. 

nä/üÄ;«  248. 

nilk>  114. 

nuö  115. 


nt^irauÄro«  115. 
nuo-blenkt  97. 
nuödal'a  114. 
nuökrist  115. 
nüosist  115. 
nuöskriesim   115. 
nuö»<  115. 
nud«<(«)  115. 
ödega  141. 
o/fa  145. 
o/fMZa  145. 
iwtfr/«  102. 
ija/'t  237. 
pangainä  100. 
pants  100. 
^dr  115. 
/)ar«<  102. 
pärsist  115. 
pdsma  116. 
päsms  116. 
pätaga  117. 
Por»7s  116. 
^di's  117. 
^aps  117. 
peZc?«  247. 
pel'ina  109. 
;j^Z'7»a  109. 
^eZnt  248. 
j9«Znj7  109. 
pelütn  283. 
j:>eZMs  283. 
penteret  101. 
pepilst  246. 
peringa  99. 
j!)»e  114. 
piehraukt  115. 
piedarbs  114. 
piimineju  115. 
piV«s  102. 
piescelem  115. 
plesiat  115. 
pi7/  237. 
pintarAa  99. 
pintaimte  99. 
pirdgs  117. 
p»r»<  109. 
jMfia  109. 
i>/Aft  111. 


Wortregister. 


477 


plandities  99. 
pl'aüt  119. 
pl'aut  108. 
pUst  109.  111. 
pleat  112.  120. 
pleäas  109. 
plükt  110. 
j)lükas  110. 
yMÄ-ff<  110. 
pluosit  112. 
pluösit  112. 
prävas  116. 
^r»/  115. 
pH  ekel  is  115. 
prtekä  114. 
prieksaüts  114. 
prüschlet  259. 
pM<ief  230. 
jpü^'a   148. 
pupds  105. 
jjMi-a  117. 
puöstaäa  116. 
püsis  148. 
^MÄwe  148. 
pus-üotra  108. 
raibala  114. 
raibit  111. 
rdiī  111. 
rd/ös  114. 
rams  113. 
rankainä  99. 
ran/i7  102. 
räpäties  111. 
räpties  111. 
raM<?«t<  112. 
raüdzit  111. 
räudzit  111. 
raunas  252. 
raM<  119. 
i?»5ra  99. 
regfchis  1.35. 
rentdet  113. 
refchget  135. 
refchgis  135. 
r»<?J<  111. 
rJcÄf  109.  113. 
He^ef  113. 
ri/ifef  113. 


rimstu  113. 
rimsfi*  113. 
riw/  113. 
ri>n<  113. 
rindama  100. 
Rindzele  99. 
rüdindt  112. 
rujaslaiks  253. 
rüÄra  HO. 
rüÄri  252.  254. 
Hiyfc«  HO. 
rumpaca  99. 
ruobeza  117. 
rtU*  254. 
ruonis  120. 
rüpes  109. 
rüpeties  109. 
rtt/i/i  99. 
TTiz«  252. 
sa-dingt  98.  127  A. 
saime  245  A. 
sainitis  114. 
saj7e  109. 
sakstit  258. 
saspfandzet  100. 
saspranga  100. 
sasprangdt  100. 
sastingt  98. 
saükdt  111. 
sdwÄ-f  111. 
sawares  266. 
sawari  266. 
aaujäri  266. 
sawires  266. 
fcheberis  135  A. 
schRedens  257. 
scklcedet  257. 
schJcedu  257. 
schke fehlt  257. 
schRest  257. 
schRists  193. 
fchumbrs  142. 
fchüretes  193. 
»^itt  109. 
«cÄr«  257.  258. 
seA:u  257. 
«e/e;»  141  A. 
/•c/<«  211. 


se/iM  256. 
septatit^s  97. 
»^r<?a  113. 
Ȁ  109. 
seif  256. 
»ief  109.  114. 
«VdjV  112.  114. 
*j/sfM  114. 
*tÄ  114. 
*i/te  114. 
/■»w««  235. 
sifgstu  113. 
sirgstu  113. 
«if^rf  113. 
sir^  113. 
skabargs  148. 
skabrs  148. 
«idiV«  111. 
skaitit  111. 
skanditidt  101 A. 
sklandas  99. 
skräidit  112. 
sÄ:r»€<  112. 
skümstu  113. 
skumstu  113. 
«JTMm^  113. 
skumt  113. 
skundet  100. 
skufbstu   113. 
skürbstu   113. 
sÄrMfi«  113. 
sÄrMri«  113. 
»/ais  118. 
s/a^ra  152.  166. 
slaücU  111. 
släucit  111. 
slaücene  114. 
s/dMÄ:«  111.  114. 
«/enw  199. 
sZ«  199. 
slicindt  112. 
»««i«  117. 
s/»Ä:»<M  113. 
s/fÄ:s<M  113. 
««ifcf  112.  113. 
«/fArf  113. 
»/u^ra  152.  166. 
«/t!^s  152.  166. 


478 

smaidtt  112. 
smaidit  112. 
smidrs  121. 
smiet  112. 
stnudzi  126. 
smuidrs  121. 
sniedze  109. 
sniegs  109. 
so-mafgas  136. 
spardit  112. 
spärdü  112. 
spaiglis  244. 
8j)nngainis  96. 
spangainä  100. 
«/)^Ja  109. 
spf'Ä;«  108. 
si)^7  108.  109. 
«/>cr<  112. 
spilga  148. 
spilgans  151. 
spilwa  148. 
s^f/e  244. 
spl'aüt  119. 
sprägt  111. 
spranjüs  259. 
spranschlet  259. 
spranslat  259. 
spranslüt  259. 
spr^gdt  111. 
spulgans  151. 
spulgut  151. 
s^arf«  108. 
«^d</«  108. 
staigdt  111. 
stärasta  1 16. 
«<aps  107. 
»/dp.s  107. 
Ä<a»u   107. 
»«^»>«  111. 
sträddt  117. 
«<rn/(fo  156, 
stregele  212. 
8t regele  212. 
stregele  212. 
»trüga  117. 
ntüris  108. 
«<ür«  108. 
BÜkalaa  114. 


Wortregister. 

««M<  111. 

<a  115. 

«iiÄ;<  111.  114. 

<a  105.  115, 

suluojs  120. 

<awf  111. 

»iVorft«  117. 

<«rfca  110. 

SMOrfs   117. 

<^.A:<  110. 

süo'sis  117, 

<f//)a  110, 

»wo/?7  117. 

<^/«  117, 

«uoma  116. 

<en<er^<  101. 

suöma  116, 

<^(»)  115. 

suömazgas  115, 

<^~(t;>  115. 

sveTcindt  112. 

<je  125. 

sr^iX-s  112, 

«j^pirt  109. 

sveiks  112, 

tlepties  109. 

sretÄ:«  112. 

<j;i)<  110. 

«»(?<«<  117. 

<»nM  101.  262. 

sj;^<«  117. 

<£<  101. 

«rt/pe  109. 

<«  262. 

sriTpe«  109. 

«röt>f«  111. 

«»??/)<  109. 

traipU  111. 

svilstu  114, 

<ra/)«7  116. 

svilstu  114, 

<re»i<  101. 

s»t7i5  114. 

trinkdt  101.  111. 

sj)«7^  114, 

<r^nÄ:<  101.  111. 

^a/^as  110. 

trlekt  101. 

^aZÄ;<  110. 

<rfs  105. 

^OM^  119. 

trüba  117. 

i>f^Ze  108. 

<rMÄ-«<w  119A. 

i^e/^  108. 

tschuret  148. 

^^ei5  120. 

tschurga  148. 

^^tete  102. 

<u/yfc«  116. 

i^ie/«  111. 

<M0««  109. 

Sicindalas  100. 

«uöia  109. 

SRindama  100. 

tuöSdt  109, 

^^tndef  100. 

<Mr  115. 

mndindt  100. 

<Mf/)   115. 

^/'oMÄ-a  110. 

tväraks  117. 

M'aükdt  110. 

Ü5rs<«  236. 

ir^uÄ-f  110, 

üoms  117. 

i/ MÄ:<  111, 

Äo<r«  108. 

^r«Ä.vi/  111. 

uö<r«  108, 

/»aAa  110. 

hotruö-diena  108 

^a^-(J/   110. 

M/>r/«»  237. 

Aia^:«  110. 

vagds  105. 

rf;io«Ä:a  110. 

rd/c  108. 

Haükdt  110. 

»a/r/M  126. 

^()wi<  110. 

vaikdt  110, 

rfiir  115. 

i>a/)tu  110. 

/ufp(tt)  116. 

väls  108. 

Wortregister. 


479 


valstiba  lü. 
väluodze  126. 
väpet  116. 
värgstu  113. 
värgstu  113. 
cärgt   113. 
rdr^r^  113. 
värna  110. 
värsmis  126. 
fdrsm«  126. 
värstit  112. 
t;är^/7  112. 
vedzele  102. 
veikls  114. 
fejTr^  114. 
vikSenat  112. 
ceÄ^?^  112. 
FfV/fcM   109. 
pe//;  108. 
reV6i  112. 
j-VÄ^s  117. 
vücindt  112. 
rt/Ä:s  109. 
f«7Är«  110.  112. 
voleudze  126. 
jcaj  264. 
icaijät  264. 
watnt  267. 
wairüt  267. 
icalsti  265. 
tcarscha  142. 
j<;a;a  263. 
M^ö/fl^  264. 
Ji^a/scÄ  263. 
(ffl^s  263. 
jfi^'?«  168. 
jrjZe  270. 
(rtft  209.  272. 
wiltus  272. 
<ff/M  269. 
jfi7'M  269.  272. 
iiina  270. 
icinsch  270. 
tcedga  145.  147. 
/f//-a  nem<  267. 
icerfba  267. 
icerfgs  267. 
/<;cr/e<  230.  267. 


«rer/'f  267. 
M'cr«  266. 
wertes  266. 
»rerw  266. 
M?erM  267. 
M;er«s  267. 
iverfd  267. 
uerüs  266. 
uesels  267. 
zäbaks  117. 
^Ci><  239. 
zlema  114. 
ziemelis  114. 
ziemelis,  114. 
zimaia  114. 
^»me  114. 
«»r/)e  196. 
zttars  98. 
zvadzinät  100. 
zvaigala  114. 
zvaigdi  111. 
zväigzne  114. 
zvandzinät  100. 
zviegt  111. 
iawf  126. 
ia««  110.  119. 
z>7  116. 
zelabas  116. 
iftfe  116. 

Preußisch. 

a^r/o  310. 
o/m  310. 
amsis  144. 
osfm  243. 
aubirgo  150. 
blensky  213. 
bousai  413. 
bousei  413. 
brisgelan  168. 
debikan  126. 
greiwakatilin  103  A. 
kerpetis  196. 
i-övio  135  A. 
/arfw  149. 
laucks  107. 
^awÄ;«  229.  248. 
/cm/a»  224. 


Ifmants  224. 
limbtwey  224. 
limticey  224. 
merfrfo  310. 
mensä  231. 
pantko  310. 
panno  308. 
panustadan  308. 
paustocaican  121. 
l)ecÄ:u  240.  310. 
i>cc<»s  239. 
pelanne  248. 
pelanno  247. 
i)ß«ts  239. 
2)owe/a  269. 
stnüni  147. 
spanxti  100. 
siaii  125. 
strigeno  254. 
syrne  162. 
towfo  359. 
tresde  156. 
tüsimtons  168. 
waldüns  265. 
tcedais  413  A. 
weddeis  413  A. 
wedigo  145.  147. 
tceldütiai  265. 
wessals  267. 
M^Vie  135  A. 

Altslayisch. 

Wfdp  97. 
glfdajg  97. 
jfzyctnikü  144. 
<«yti«  141. 

Slawisch. 
Äw«&  396. 

Althnlgarisch 

(Kirchenslavisch). 
^Äro^ft  193. 
qfiroda  220. 
(j2^«  143. 
Ja^yt  207. 
ia/&;V  207. 
Ja«»  212. 


480 


Wortregister. 


211. 


bizati  230  A. 
blagoditi  207. 
bIag^  211. 
bliscati  sf  211. 
bliskati  «f  211 
blhStq  211. 
blhStati  211. 
bodq  212. 
bojt  210. 
fto/y?  208. 
Är#»fe>  211. 
brizgi  150 
brozenü  150. 
brunathm  209. 
Äruft>  207. 
b}-znja  208. 
Z>rS2»  282. 
Ä/-»zöj  282. 
ÄwdiY«  201. 
c#na  193. 
cigtcht  193. 
chabiti  sf  217. 
cÄ»)^/&  218. 
chvatiti  264. 
chvastü  142. 
rA«/<jV»  264. 
cAy<r8  264. 
ieporb  142. 
ifeso  178. 
c'tÄ/s  193. 
CM<t  197. 
(?u<»<t  197, 
ifr#p»  196. 
öriti  196. 
^»•»/)?  196. 
ilalekb  262. 
rfeW»  126. 
rfe/p»  205. 
dehva  205. 
(/«•^  165. 
dg(t  207. 
r/erf<»  236. 
devftyjh  236. 
r/»/»p«  205. 
rf»/y  205. 
dfnijq  154. 
drozgÜ  156. 
dttchati  214. 


(2uc/iB  214. 
^wn^  214. 
dunqti  214. 
gqgnqti  215. 
gasiti  155. 
gasnqti  155. 
glagolati  251. 
gnesti  242. 
gobino  217. 
gobizm  217. 
gobbztm  217. 
5'o/j'  143. 
.^OMÄ»  313. 
f/or«  166. 
goriti  150. 
govoriti  251. 
grebq  285. 
^Tfda  216. 
(/rfrf»  216. 
fl'r^jra  llOA. 
gruda  99. 
t7M  167. 
»w^rf^  249. 
tspo?»  242. 
mo;»  253. 
jablanh  192. 
jachati  205. 
^'ada  205. 
j'arf»  205. 
jazda  218. 
jazditi  205. 
^s'rfs  218. 
jazdhcb  206. 
Ja«»»  193. 
JerfSM»  270. 
Jehcha  192. 
Jesft  225. 
i#«rfo  218. 
jfzykü  144.  145  A. 
ief»  193. 
jM  175. 
iM^rä  364. 
A-a/Ä  166. 

^a^ux»  421.  429  A. 
kazati  251. 
;t(^/  249. 
A-^u  249. 
AVarfa  194. 


Ä:/adü'0  198. 

Ä:/a<t  198.  257. 

kljuditi  199. 

koüam  142. 

A;o/;9  198.  208.  267. 

koreni  143. 

korüda  140. 

^ofe^a  196. 

koteljarm  196. 

kovati  147. 

Ä;rf»ieM&  201. 

kremy  201. 

kremykb  201. 

krinica  162  A. 

krivü  162. 

Ärrow/  202. 

Ä;rsj-8«»  202. 

ktnfgZ)  215. 

ktnfgynji  215. 

ktnfzt)  215 

M/-»  143. 

Äryto  142. 

/afctw  208. 

?ai-Ä  208. 

/^^(jt  220. 

/qtJiYt  220. 

/?iB  248. 

/f(fc  221. 

/f^a/i  221. 

/<r/?  227.  259. 

;fA;a  220. 

^fip  221. 

//n»  158. 

/f«<»  220.  221. 

/es«/»  158. 

/«Äit-s  226. 

lijati  225. 

/»/rt/i  225.  237.  259. 

Ihjq  228. 

yi/din»  226. 

Ijuti  223. 

/o<f<?  208. 

lojh  225. 

/<muVi  223.  224. 

lomt  223. 

/w<fa7»  248. 

/mcV/i  248. 

lu£a  166. 


Wortregister. 


^1 


majati  234. 

majq  23i. 

malü  148. 

mqäiti  230. 

mcfdrü  147.  165. 

tnqka  230. 

tnqzi  148. 

»ie?/<?  208. 

mftiachi  230. 

nvbgnqti  233. 

mlachavb  210. 

tnlochavistvo  210. 

mhviti  251. 

motati  se  231. 

»1020-«   134.   136.  150  A. 

mozdanü  136. 

tnrakü  167. 

mraviji  367. 

mrar»  194. 

müzditi  147. 

narojb  253. 

narokb  250. 

nedggi  98. 

nerodt)  253. 

noStijq  154. 

ny  236. 

odinije  148. 

orfÄi  148. 

ogymati  271. 

oZi?>  236. 

opona  238. 

or;>  208. 

o^tö  142. 

oäibajq  sf  205. 

otinqdb  249. 

otilqCiti  220. 

otbnqdb  249. 

^acA»  260. 

^arfqt  240. 

paZtca  140.  143. 

poZiYt  139. 

palüka  143. 

j)amf<&  163  A.  263. 

jws?  238. 

j9a«a  260. 

joas^t  240.  260. 

pastyrb  238. 

pichyrT,  243.  260. 


^cÄ;?  239. 
po/m  238. 
perqf  151. 
i)^.?a  242.  243. 
i>«i/t  239. 
pe^<a  239. 
;>?<»•  238. 

2)jYa^t  236.  238.  245. 
^j»7#^»  236.  238. 
ptYt  236. 
pitotm  231 A. 
pizda  243. 
^jna  238. 
pbsotm  196. 
phsbsky  242. 
j»w»  242. 
plamf  247. 
plavati  247. 
plaviti  247. 
j:>Za»8  247. 
i>Zot?qi  228.  247. 
2>/M?t  247. 
pogymati  271. 
pokronfb  202. 
po/^Ä  222. 
i)oZ;e  237. 
poluciti  248. 
^o?B  242. 
pomSnqti  262. 
ponicati  201. 
poniäq  201. 
poniknqti  201. 
ponjava  238. 
popadq  240. 
popasti  240. 
popeh  248. 
porokb  250. 
posivb  197. 
povlditi  251. 
praskati  249. 
praviti  250. 
prMivarüi  267. 
prilamiti  224. 
prirokb  250. 
probrizgü  150. 
probrezgt  211. 
proprizgnqti  150. 
prorekq  250. 


Indogermanische  Forschungen  XXXIIL 


pn'orokzi  250. 

prügnqti  151. 

pryskati  259. 

prychamje  259. 

raskoh  257. 

rastpati  204. 

rasypati  204. 

rataji  193. 

razga  135. 

razlqöiti  220. 

ra2T>  135. 

rqgati  sf  255. 

ro^f»  255. 

roAra  267. 

reÄ;(f  250.  413. 

r#j>a  252. 

r^^y»  252. 

r#p2y»  252. 

r&?<»  250.  251. 

retJ(f  252. 

r(;a<»  152. 

»•act  413. 

rjer^  252.  2.54. 

r/w/?  252. 

r;M<t  252.  254. 

roÄ»  250. 

ropqt  252. 

ro;&  253. 

rozga  135. 

rozdijo  135. 

rttno  253. 

rM<i  252. 

riida  253. 

sakuh  256. 

«qfrfu  249. 

sedmyji  257. 

s#/qt  s^'a^i;  258. 

*^m&  197. 

sirmja  245  A. 

st«&  193. 

sftria  201. 

«Z^;-»  221. 

sZo^a  194. 

siw^ra  149. 

socÄa  257. 

«oAYt  219.  251.  258. 

soi-s  258. 

smijq  Sf  259. 

32 


482 


Wortregister. 


stMjati  sf  259. 
stanq  214. 
statt  214. 
suti  204. 
Sbcipiti  197. 
Sblqöati  220. 
stlqkb  221. 
gbluöajb  248. 
sbluöiti  8f  248. 
«»jjqi  204. 
s3>/>a#»  204. 
sJpO"?  204. 
s»r(y»  253. 
stroki  250. 
sisqd^  260. 
sbtqga  261. 
sypati  204. 
sy<»  256. 
syrt  257. 
^tJaZo  142. 
rfiÄaft  142. 
^/Mft7»  197. 
f^rf^  249. 
tqga  262. 
teöa-acht  230 A. 
«f^rnqtf»  261.  263. 
<f«  262. 
tfzah'  261. 
tfzq  261. 
<fzo  261. 
tfziti  261. 
<fiȀ:8  262. 
^&n(j  262.  263. 
tojq  367  A. 
frei^tVt  161. 
trtfje  105. 
tröskotati  161. 
«r»Ä-8  263. 
ftÄ»  262. 
«pars  238.  263. 
tvarogt  148.  168. 
tvoriti  238. 
<porJ  238. 
fprjcft  238. 
tygq^a  168. 
<y<»  168. 
ubojh  210. 
««ro  364. 


uzaaü  155. 
»arjV»  150.  267. 
varovati  sf  267. 
t-ar«  150. 
rerf^  147. 
vidi  231 A. 
r/rfÄt  231 A.  251. 
vijati  265.  266. 
vijq  266. 
»<?m&  231 A. 
veriga  140. 
verigy  272. 
veruga  140. 
ffe«e?»  267. 
resft  266. 
rfaa  148. 
»fz«  148. 
vichrt  214. 
riV-8  270. 
wVt  270. 
p/ac??  264. 
Vladimiri  230. 
Vladimird  230. 
p?os<t  264. 
vZas<&  265. 
pot^tYt  266. 
ving  304. 
p»nM  304. 
vtm  304. 
p»rJa  135  A. 
msplanqti  247. 
Vistqgt  261. 
vrüchü  164. 
zatvoriti  238. 
^4y>  259. 
^jya^t  259. 
27b<?»  207. 
«no/>  194. 
«s/ofta  281. 
zp^^qt  151. 
zvonü  151. 
zariti  150. 
ia«t«t  155. 
i«/Äi  231 A. 
ie/y  283. 
ierapj  212. 
zestokt  215. 
iM/»)t»  216. 


zirt  236. 
i/9^»  207. 
i^jrfa  207. 

Bulgarisch. 

birkam  207. 
<fe  250. 
öepor  143. 
rf^ra  205. 
driskam  212. 
driskati  212. 
gqgnati  215. 
gqffbnati  215. 
^rrcÄÄ  117. 
gigna  215. 
Ä5WJ<  116. 
JrfÄam  206. 
jasika  237. 
Ä:a<Mn  422.  425. 
katunin  422. 
katuniSte  422. 
ä;u»ib7  116. 
/om^i  224. 
?c^7o  158. 
le'mav  225. 
/em^i  224. 
///^a  116. 
WJa  248. 
/mä:»^  116. 
mrf^Ä;am  229. 
wrf/a  234. 
prdvja  250. 
pogodi  se  248. 
pogodjd  248. 
|)os(5Ä-a  220. 
2)r/(fAa  243. 
p^iiii'/ta  243. 
pnSav  249. 
^^ri/p  249. 
«(5^a  258. 
ssrfrf^  117. 
triskam  161. 
rtr(*rf  263. 
unvit  117. 
p»r<;rf  ««  234. 
zliöka  207. 
iW<?*o  207. 


Wortregister. 


483 


AIt£echisch. 

hospota  218. 
niestiß  192. 
zabrözdinie  150. 
zabfezek  150. 

Czechisch. 

ad  250. 
aüe  250. 
bida  117. 
ÄZa'Äa  211. 
blahati  211. 
boiida  116. 
brezditi  150. 
briziti  150. 
^>ro«i-  169. 
brunatny  209. 
bruny  210. 
WfÄfc  150. 
cAu<'  207. 
dlasmati  166. 
drozen  156. 
dfistati  212. 
durf^ff  116. 
duie  118. 
A>ia<  141. 
ÄorftYz  203.  248. 
ÄoZi<?Ä,-a  144. 
Ä/o  270. 
Arad  109. 
hramota  118. 
Ara'^e  109. 
hfada  117. 
Äy^a  141.  145. 
Ayie  141.  145. 
Ayi?e  141. 
jahoda  118. 
j'dM  270. 
i.ny  270. 
i-c«<'  194. 
kord  140. 
Äryto  142. 
lahati  158. 
ZrtJfcflrft  222. 
Z^rt  158. 
libin  226. 
/tAa^t  224. 
loa  192. 


?02<A7i  221. 
?OM<*rti  se  220. 
mluviti  251. 
mo2rt  136. 
mo^ei-  136. 
mozditi  147. 
myfo  117. 
ntestija  192. 
ww^4;  192. 
o<Zr  141. 
oÄ€«  312. 
opeska  242. 
opesly  242. 
osjÄra  237. 
pdsmo  116. 
pesky  242. 
/)^cAur  242. 
pichovati  242. 
pichovy  242. 
jj^cAy  242. 
jjÄ?t  242. 
pisniire  372. 
pidpol  247. 
prdviti  250. 
prdvo  116. 
i>riV  243. 
prieka  243. 
ijyr  309. 
i>i/r  309.  312. 
r//e  253. 
rjye  253. 
sWi  118. 
s?oto  194. 
slouäiti  221. 
sodeni  258. 
soöiti  258. 
so^•  258. 
sowie  109. 
siJ»7e  147.  244. 
Ä^rfr  116. 
«Mrf  261. 
</?o  118. 
tfiskati  161. 
Mm  117. 
M^^  143. 
tizgowity  143. 
rarf^a  266. 
t/s^'  117. 


icinek  159. 
2raro<i  266. 
zdvoditi  266. 

Kaschnbisch. 

«Zreya  254. 
re/io  253. 

Altpolnisch. 
brzcnk  150  A. 

Polniscli. 

acz  250. 
Äa<  148. 
btagad  211. 
Ä^jiÄrac  100  Ä. 
Ä%t  211. 
brud  167. 
brudny  167. 
brunatny  209. 
brzazg  150. 
brzezdzenie  150. 
ca^  142  Ä. 
cAfff  207. 
chwatki  264. 
ct^^  261. 
ciaea  261. 
rffiaf?'  206. 
do-  202. 
doi-9<Z  249. 
gfgnqd  215. 
i^ti  145. 
gizela  145. 
</?ed«  215. 
golanka  144. 
gorqcy  218. 
^^u^  145. 
»Y  159. 
yecA«^  206. 
jezdziec  206. 
kazaö  251. 
itp(iy  249. 
/fconno  206. 
Zad  237. 
Ze»  158. 
Zt</a(5  224. 
^rtcA  221. 
tqczye  221. 

32* 


*Si 


Wortregister. 


iazur  200. 
todyga  148. 
toi  192. 
tuczyö  248. 
mqciö  231. 
mifso  231. 
modta  235. 
tnodliö  235. 
m(Jp»(5  251. 
»nos-Ä;  150  A. 
orf^^rf  249. 
odsiaö  259. 
odziaö  148. 
odziennie  148. 
odziez  148. 
odzieza  148. 
opfte»  312. 
ot/dZe  217. 
o^rdZny  217. 
0(7(5^  217. 
o^rd^em  217. 
oÄ;»^d  142. 
osa  237. 
osaczyö  258. 
o»iÄ:o  237. 
osoczyö  258. 
osoÄ;a  258. 
Ofpat*  204. 
ostrzyca  148. 
palica  143. 
^/fca  143. 
parszywy  249. 
i)er^  312. 
pienka  195. 
piefzgnqd  151. 
podsiaö  259. 
powiedzieö  251. 
przeaiad  259. 
przyaoczyö  258. 
rdza  254. 
rd^e»  253. 
rozdie  135. 
nya  253. 
rypad  165. 
r«a/>  143. 
r«^/)  143. 
$aczyö  258. 
«<iF<;  261. 


«ft^u  261. 
»tat?  259. 
sieÄ;  142. 
siepaö  141. 
«ocÄa  257. 
soczyö  258. 
»u<?no  260. 
audzina  260. 
sukiennictwo  200. 
sukiennik  200. 
sukienny  200. 
sukno  200. 
strzaskaö  161. 
szpilka  147. 
^rzez  213. 
trqciö  161. 
<ruÄ:aef  163. 
ma^  266. 
wiejaczka  266. 
t<'?'e;y  266. 
tcierzch  206. 
tvierzchem  206. 
«<^t7a^  269. 
jf'iYiV  269. 
f^'jYo^^  269. 
witowac  269. 
«'(5r  159. 
worek  159. 
wymqciö  sif  232. 
wysiewad  259. 
^at^^drf  266. 
zdrada  161. 
zfqczyö  221. 
.?arf  218. 
^er<  218. 

Dialektpolnisch. 

/f<  225. 
«'öa'^  143. 

Altruäsisch. 

<f«/)»  195. 
grjada  216. 
jfcd^cj  206. 
komoM  193. 
kriviCi  117. 
ya<fa  116. 
mjateh  117. 


veriga  140. 
veruga  140. 
zaj)ogi  117. 
zestku  215. 
««»/u  215. 
ieaft»  215. 

Russisch. 

Äa*a  282. 
*aöc;  282. 
balamüti  207. 
*a%  117. 
batogt  148. 
batozith  148. 
ic<»  148. 
Ä^^faf'  111. 
i^drf  117. 
WrfÄy  211. 
6rj«fo  116. 
iograf  282. 
io^rafe;  282. 
bönddi-h  210. 
Ä(5^»a  193. 
ioft  148. 
Ä02»  148. 
irrf^ra  150.  209. 
brezgb  150. 
brezziti  150. 
brjuzzati  163. 
Är({n>  208. 
brünett  210. 
6»-»«7a  208. 
6ry«^^»  210. 
buchatz  136. 
i«do  116. 
*urfM  268. 
2>u^'a/»  136. 
JMrrfp/»  208. 
ÄurrffS  208. 
%/>  268. 
cepkij  195. 
cep»  195. 
cholöp  116. 
cAo»*^  116. 
cAva/»  264. 
da;>  142. 
öapaft  sja  142. 
(«tojü  193. 


Wortregister. 


485 


copi  142. 
delvi  205. 
djdgnut'  98. 
do-  202. 
dobüdu  268. 
dobytt,  268. 
dolukdti   248. 
do«<a/»  268. 
drebezü  148. 
drebezgü  148. 
drobizga  148. 
drobizi  148. 
di<da  116. 
d«;w  214. 
düma  116. 
dümat'  116. 
rf«^a  118. 
dufi  214. 
gajati  245  A. 
^rZofart  217. 
^rZofoAr»  217. 
jr/o<»  217. 
glyba  215. 

^orfÄJ  248. 

goluböj  200. 

gologölith  251. 

^ord  282. 

^rorrf«;'  282. 

5r<5rod  109. 

goröza  109. 

govoriti)  251. 

grdmota  116. 

(/r^cÄ  117. 

grjadd  117. 

</r;ad9  296. 

gugnati  215. 

ÄöBlV   117. 

j7«  159. 

jdlotica  116. 

irfsen»  2.37. 

jcÄa'rt  193. 

jVcAart  206. 

kaltiga  166. 

kapüsta  117. 

karjaka  143. 

ÄTjTafc  117. 

kisnut'  116. 

A-»«ff  142. 


148. 


Wfrt  142. 
Warf«  139.  198. 
Ä:o/Ja  199. 
koldyka  199. 
koldykati  199. 
i-oZorfa  194. 
Ä;or(7a  140. 
korenh  148. 
korenga  143.  148. 
krasd  117. 
ÄTMdo  205.  249. 
kudano  205. 
kükol  116. 
tum  116. 
i-Mma  116. 
i-iJpa  123. 
Idchma  221. 
lapüchi  225. 
Ijagdth  223. 
//M*»Yt  148. 
Ijubza  148. 
Z;«7&A.-a  229. 
löchma  221. 
/o^  192. 
Zor/ft  220. 
ZmJäs  248. 

luöitbsija  248. 

/MC»  248. 

/uÄ:»  116.  248. 

Zm^m?'  112. 

Zuif/e  225. 

mo/a  233. 

mdjaöit^  234. 

»id/a/niX-8  234. 

mdjath  233. 

mahga  148. 

malyj  148. 

fwa^^a  136. 

ma^'^a  136. 

melky  148. 

migdtt  233. 

tnjdso  231. 

mnuk  376. 

wio/i"  148. 

mostovdja  230. 

wo/rff»  231. 

mozga  136. 

mozzitb  147. 


muravej  375. 
mäf<o  117. 
nazitb  268. 
nymäe  250. 
otljagdtt  224. 
obJuiHti  220. 
ochdbith  217. 
opasdttsja  260. 
osoöUi  258. 
osrfAra  258. 
oäibdtbsja  205. 
pdchnuti  260. 
pdsmo  116. 
JKlt?  117. 
^»a  117. 
penikd  195. 
pepeii  248. 
pirog  117. 
|)?#na  237. 
p7/pa  237. 
p/otT»  247. 
p/y<»  247. 
pobudtti  201. 

pocapiti  142. 

pölomja  244. 

po/u  140.  143. 

poluciti  248. 

^jy  237. 

popdstt  240. 

posik  142. 

potügi  261. 

prdvo  116. 

pricipithsja  195. 

primozgnutt  136. 

priSptliti  245. 

prozitb  268. 

pryskati  259. 

psÄ»  242. 

^cÄ  117. 

püsioä  116. 

r;W/f»  231. 

roi^  250. 

rdzga  135. 

rMÄ<<z  117. 

rugdth  255. 

rttwo  253. 

sabogb  117. 

»o<fÄ>  258. 


486 


Wortregister. 


sakma  258. 
sapög  117. 
sejatt  258. 
Sinti  197. 
skrobdth  257. 
«/aS  118. 
«?^«i  117. 
soöith  258. 
sosiidi  260. 
stdrosta  116. 
s<o<s  268. 
sterzenh  253. 
straddt'  117. 
strezem  254. 
«^ru^  117. 
««<?  117. 
sud'jd  117. 
«u<i«T  117. 
««?»■<'  117. 
«Mm«  116. 
svigati  168. 
«tya<  117. 
svjatW  117. 
»&r^rt  201. 
shrienh  201. 
.?iia7&  205. 
^/ÄA;y  205. 
^jitVs  245. 
Spiltka  245. 
<e/o  118. 
(/rf^ra  261. 
tjdmiti  263. 
tjanüth  263. 
</rf/jo/&  263. 
<o^/t  116. 
<orÄ;a<&  J61. 
<o;Ä:5  161. 
toropeti  263. 
«rwÄrf  117. 
<u<7»;  261.  262 
<M(7(y  261. 
tvarög  117. 
UfirodÄ»  203 
u/u(f//»  248. 
um  117. 
«ze/»  143. 
uiasä  155. 
prfjaiY'  116. 


248. 


vedatb  235. 
vedomstvo  235. 
v'edomyj  235. 
verchömt  206. 
vercht  206. 
verenica  140. 
»eVe«»  272. 
i>e;a<»  265. 
P^sf'  117. 
vezzica  135  A. 
t7>7>7&  269. 
vizzocha  135  A. 
vjaziga  148. 
vjdzga  148. 
»«ufc  376. 
foW^c  109. 
völokü  109. 
völost'  114. 
tcJrocÄ  126. 
fdron  117. 
rorortrt  117. 
zdpachi  260. 
zavedath  235. 
iaZ'  116. 
zdloba  116. 
zanY&  218. 
zdrkij  218. 
2e?<  282. 
2cZ/e;a  282. 
zestkij  215. 
2t(i  116. 
z»rf(f  116. 
it>»  236. 
it<&  268. 


pgcttü  399. 

Dialektrussisch. 

(!'c/)a<»  195. 
<?erjoj  196. 
Jerr»  196. 
</m5»;  98. 
A:oZ/«76  217. 
koUökz  217. 
/Ȁ/py  226. 
aerpt  196. 
«/o^(i  194. 
0a.9<y  262. 
tjdmit*  262. 


Kleinrussisch. 

iai't;  282. 
bötva  193. 
broska  169. 
ir<i'»7y  240. 
(5«i<y  196. 
dÄrf^y  206. 
derty  165. 
diJrfa  116. 
hanyty  117. 
hotiibyj  215. 
Aord'y  282. 
ÄM^y^y  264. 
izrnda  161. 
koöan  142. 
Ijuiödfiyk  229. 
tel'ijaty  229. 
^odpa  148. 
^M^V  225. 
ma^Äa  136. 
wra  210. 
mZ'%  210. 
molha  148. 
m(5^o^  234. 
tnorokva  167. 
opastysja  260. 
osyÄra  237. 
pdsty  260. 
pezd'ity  240. 
»y(f  257. 
äipaty  141. 
t'dmyty  262. 
tjaknuty  262. 
»eZ'fty  272. 
t'er«nt'a  140. 
ztirbd  215. 
zuryfy  215. 

Weifirussisch. 

WdAy  210. 
bninyj  210. 
rfiof*  206. 
«Tttc'  196. 
/crorfa  161. 
it&en  142. 
<rrf/>i<*  116. 
zo/Aro  103. 
ittr/t«  »;a  216. 


Wortregister. 


487 


Serbisch. 

bat  148. 
bazga  126. 
hazag     126.  148. 
bälvan  207. 
bäsati  242. 
bäsätn  242. 
bdzati  241. 
bäzäm  241. 
Äy^rfa  117. 
4»  ^erfo  117. 
bjegati  111. 
jyw(?o  116. 
Ä77<n  210. 
budim  112. 
iurfiYt  112. 
(epur  142. 
J«<if»  197. 
c«^fi  196. 
düvati  197. 
drtökati  212. 
driskati  212. 
drozak  156. 
drozd  156. 
rfric  156. 
rfMcfa  116. 
<?Ä(?örft  116. 
düjem  214. 
dümäm  116. 
rfw^a  118. 
dwiM  118. 
rfw^t  214. 
govbriti  251. 
greda  117. 
gredu  117. 
jrr»  jeÄ  117. 
^Tiz/a/  141. 
5fM2  145. 
Ä/c^)  116. 
Ar/  116. 
jägoda  118. 
jäsen  237. 
jäsika  237. 
katuni  432. 
Ä-a^rörft  251. 
käzem  251. 
kisntiti  116. 
koöan  142. 


i-ra«  117. 
krdsa  117. 
krdsiti  117. 
Ä:r«srm  117. 
H^aft  110. 
itM/fcoy  116. 
fcwm  116. 
/i/en  158. 
njemäm  224. 
lijemati  224. 
/ye;;  114. 
/;m7;'  229. 
O'M'ya/i  229. 
/di)j7Ä  225. 
loptiha  225, 
/«/t  116. 
mtjeh  109. 
»irÖF  367. 
mr^  167. 
müciti  116. 
tnüka  116. 
narudaj  282. 
päsmo  116. 
Pörrto  118. 
p/tVj  247. 
polüciti  248. 
prävo  116. 
pHc?  115. 
prökola  257. 
i)M«<  116. 
rädim  253. 
räditi  253. 
regnetn  255. 
regnuti  255. 
re^  143. 
rögro«  254. 
rübiti  117. 
rMÄim  117. 
rwyfca  282. 
rj/no  253. 
seÄ7-»  256. 
sejati  258. 
s/ai  118. 
s/yVrf  117. 
»/5/a  194. 
s/M<rm  200. 
s/m'/iV»  200. 
snijeg  266. 


*5i-  258. 
strädäm  117. 
strddati  117. 
s^ör  116. 
*Mrf  117. 
surf»/»  117. 
si<<fa  117. 
«jJÄ  109. 
sre/  117. 
svetim  117. 
svetitt  117. 
iiia  142. 
/»/e/o  118. 
fra^r  263. 
fraijVt  263. 
fr^afi  263. 
/rM'äa  117. 
«w  117. 
M/(5/iVt  229. 
t'ö;  264. 
ca^nt  264. 
vljati  265. 
pye  266. 
tö<fi-a/i  212. 
vödim  212. 
vbditi  212. 
rran  110. 
vräna  110. 
zao  116. 
zirf  116. 

Kroatisch. 

ca^  142  A. 
»«/oÄap  210. 

Altslowenisch. 

veriga  140. 
veruga  140. 

Neuslowenisch. 

balvän  207. 
irf^ni<»  241. 
Jerfe»  210. 
ie^^f  148. 
Zöde«^'  210. 
b9zddm  241. 
b9zddti  241. 
ftaz^a  126. 


488 


Wortregister. 


bgznfti  241. 
bödnar  210. 
bödnatt  210. 
böndar  210. 
bolvän  207. 
ir«n  210. 
^tf^t  197. 
iütiti  197. 
drözg-  156. 
rffi(?  156. 
(7?Mi  215. 
ts^^>  192. 
kJestiti  194. 
i-oj?  142. 
Ijüljöen  229. 
W^tYt  220. 
/^JtY»  221. 
lopüh  225. 
Zffj?«  270. 
luötti  248. 
7MA;a<t  229. 
w/aW  234. 
mledsn  210. 
|)^sto  245. 
pdzdSti  240. 


|)/a<j  242. 
/)d^  242. 
p6la  242. 
poljem  242. 
prikla  243. 
r^p  143. 
rödim  253. 
röditi  253. 
«/f»  229. 
s//m  229. 
s?öÄr  220. 
«Zrt«  200. 
slütim  200. 
sZii^iYt  200. 
srm  194.  213. 
sr/i  213. 
steje  192. 
^ra^r  263. 
«r^ofj  263. 
traziti  263. 
vädlja  266. 
vevnica  266. 

Slovakisch. 
/taia/  217. 


Obersorbisch. 

dw/u  214. 
duV  214. 
iakaö  222. 
^0«  192. 
mozhy  136. 
njeroda  253. 
pyrid  309. 

Niedersorbisch. 

drozn  156. 
drozyn  156. 
flrfMft   215. 
Ä;is<Ä;o  142. 
faÄrai  222. 
miknus  232. 
rozga  135. 
rozdze  135. 
»ence  250. 

Polabisch. 

brezgoje  150. 


II.  Nichtindogerraanische  Sprachen. 


Arabiseh. 

qufün  426. 

Syrisch. 
^o/lra  142  A. 

Hebräisch. 

pö^r  142 A. 
miDT   143. 

T 

Türkisch. 

kutan  424. 
A-M<an  424  (A). 
ntasur  143. 
qufun  425 A. 

Magyarisch. 

oro««  401. 

Gießen. 


Finnisch. 

kuontalo  123. 
oros  401. 
^nu  309. 
WÄrst  400. 
Äuos«»  398. 
Ruotsi  398. 
urM«  401. 

Lappisch. 

laddelats  403. 
<nro  403. 
tarolats  403. 
Ruoscha  403. 
Ruotheladz  408. 
ÄMOfAt  403. 

Livisch. 
atrdnta  102. 
Äa/ac;  102. 


ia/az  102. 
rfa^rfz  97. 
A-tVZ  102. 
A:jff»das  102.  103. 
leign  102.  103. 
paländeks  102. 
i?«ü/«»  398. 
ÄMo<«/»  399. 
vägäl  102. 

Esthnisch. 

Äöte  398. 
Rötai  898. 

Siamesisch. 

ibÄorro  139. 


II.  Junker. 


ANZEIGER 


FÜR 


INDOGERMANISCHE  SPRACH-  UND  ALTERTCMSKÜNDE. 


BEIßLAH  Zu  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


WILHELM  STREITBERG 


DREIUNDDREISSIGSTER  BAND 


STRASSBURG 

VERLAG  VON  KARL  J.  TRÜBNER 

1914. 


M.  DttMont  Schaaberg,  Strasburg. 


Inhalt. 

XXXIII.  Band:  Anzeiger. 

Bücherbesprechungen :  Seite 

ßrugmann  K,  und  B.  Delbrück.    Grundriß  der  vergleichenden 

Grammatik  der  indogermanischen  Sprachen   (Karl  Brugmann)      1 

Meillet  A.    Altarmenisches  Elementarbuch  (J.  Karst) 2 

Maxudianz  M.  Le  parier  Armenien  d'Akn  (quartier  bas)  (J.  Karstj  3 
Meillet  A.   Aper<;u  d'une  histoire  de  la  langue   grecque  (Albert 

Thumb) 4 

Hermann  E.  Griechische  Forschungen  I  (W.  HaversJ  ....  5 
P  e  k  m  e  z  i  G.  Grammatik  der  albanesischen  Sprache  (Albert  Thumb)  12 
LambertzM.&G.Pekmezi.  Lehr-  und  Lesebuch  des  Albanischen 

(Albert  Thumb) 16 

Weigand  G.    Albanesische  Grammatik   im  südgegischen  Dialekt 

(Albert  Thumb) 17 

Schneider  N.    De  verbi  in  lingua  latina  coUocatione  (Hermann 

Ammann) 18 

Windisch  E.     Das  keltische  Britannien   bis   zu   Kaiser  Arthur 

(J.  Vendryes) 21 

Pedersen  H.    Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen 

(R.  Thurneysen) 23 

Morris  Jones  J.    A  Welsh  Gramm ar  Historical  and  Comparative 

(R.  Thurneysen) 37 

Meyer-Lübke    W.     Romanisches    Etymologisches    Wörterbuch 

(0.  Schultz-Gora) 38 

Kluge  Fr.    Urgermanisch  (Hermann  Möller) 52 

Bruch   Jos.    Der    Einfluß    der   germanischen    Sprachen   auf   das 

Vulgärlatein  (Karl  v.  Ettmayer) 59 

Classen  Ern.    On  Vowel  Alliteration   in  the  Old  Germanic  Lan- 

guages  (Erik  Noreen)      62 

Olsen  Magnus.    Stedsnavne-Studier  (M.  Schönfeld) 65 

WalschAug.  Das  ge-Praefix  in  verbalen  Kompositionen  in  Konrads 

von  Würzburg  'Engelhard  und  Engeltrud'  (Dr.  Thedieck)  ...    67 
Jellinek   M.  H.    Geschichte    der    neuhochdeutschen    Grammatik 

von  den  Anfängen  bis  auf  Adelung  I  (K.  v.  Bahder) 68 

Mitteilungen : 

Georg  Curtius-Stiftung 71 

Bopp-Stiftung 71 


ANZEIGER 

FÜR  DiDÖGERJIAiMSCHE  SPR.\CH-  UND  ALTERTÜMSKLÜDE. 

BEIBLATT  ZU  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 
HERAUSGEGEBEN 

VON 

WILHELM  STREITBERG. 
DREIUNDDREISSIGSTER  BAND. 


Brugmann  K.  und  B.  Delbrück.  Grundriß  der  vergleichenden  Grammatik 
der  indogermanischen  Sprachen.  Kurzgefaßte  Darstellung  der  Geschichte 
des  Altindischen,  Altiranischen  (Avestischen  und  Altpersischen),  Alt- 
armenischen, Altgriechischen,  Albanesischen,  Lateinischen,  Oskisch- 
Umbrischen,  Altirischen,  Gotischen,  Althochdeutschen,  Litauischen  und 
Altkirchenslavischen.  2.  Band:  Lehre  von  den  Wortformen  und  ihrem 
Gebrauch,  von  Karl  Brugmann.  3.  Teil,  erste  Lieferung:  Vorbe- 
merkungen. Verbale  Komposita.  Augment.  Reduplizierte  Verbalbildungen. 
Die  Tempusstämme  im  allgemeinen.  Präsens  und  starker  Aorist.  Die 
»-Aoriste.  Das  Perfekt  und  sein  Augmenttempus.  Zweite  Bearbeitung. 
Straßburg,  Kari  J.  Trübner,  1913.    Gr.  8°.  VII  u.  496  S.   14,50  M. 

Über  den  Fortgang  der  Neubearbeitung  dieses  Grundrisses  habe 
ich  zuletzt  Anz.  32  S.  1  f.  berichtet.  Der  vorliegende  Teil  entspricht  den 
S.  836 — 1263  des  zweiten  Bandes  der  1.  Auflage  und  behandelt  im  wesent- 
lichen die  Tempusbildungen :  das  Präsens  und  den  starken  Aorist  (Im- 
perfektpräsentia und  Aoristpräsentia),  den  sigmatischen  Aorist  und  das 
Perfekt  mit  seinem  Augmenttempus  (Plusquamperfekt).  Konnte  die  Dis- 
position der  1.  Auflage  iimerhalb  der  Hauptabschnitte  im  ganzen  bei- 
behalten werden,  so  sind  doch  namentlich  durch  stärkere  Berücksichtigung 
der  Beschaffenheit  der  Ablautbasen  mancherlei  Veränderungen  der  Dar- 
stellung im  einzelnen  notwendig  geworden.  Mehrere  Erweiterungen  weist 
der  Abschnitt  "Die  Tempusstämme  im  allgemeinen"  (S.  41  ff.)  auf:  er 
handelt  von  den  verschiedenen  Möglichkeiten  der  Einteilung  der  Tempus- 
bildungen, von  dem  Verhältnis  der  Tempusstämme  zum  Verbalstamm 
und  dem  Verhältnis  der  verbal-  und  tempusstammbildenden  Formantien 
zu  den  sogen.  Wurzeldeterminativen,  von  dem  Suppletivismus  in  den 
Verbalsystemen  und  von  den  Aktionsarten.  Dank  den  Fortschritten  der 
Wissenschaft  habe  ich  das  Irische  und  das  Armenische  jetzt  stärker 
heranziehen  können. 

Von  den  in  diesem  Teil  gebotenen  neuen  Versuchen,  die  Tempus- 
bildung betreffende  Tatsachen  verschiedener  Sprachen  in  den  Gang  der 
Sprachgeschichte  einzuordnen,  sind,  hoff  ich,  besonderer  Berücksichtigung 
wert  die  Deutung  des  Elementes  -nq-  in  der  slav.  Verbalklasse  dvignqti 
S.  321  ff.  und  die  Deutung  des  germ.  schwachen  Präteritums  S.  369  f. 
(vgl.  dazu  Verf.  PBrB.  39, 84  ff.  und  R.  Loewe  und  W.  Schulze  KZ.  45,  334ff.). 

Anzeiger  XXXIII.  1 


2  Meillet  Altarmenisches  Elementarbuch. 

Zur  Literatur  über  die  Desiderativa  (S.  344  Fußn.  1)  ist  jetzt  noch 
hinzugekommen  J.  Charpentier  Die  Desiderativbildungen  der  indo- 
iranischen Sprachen,  Archives  D'Etudes  Orientales  6,  1  ff. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


Meillet  A.  Altarmenisches  Elementarbuch  (Indogermanische  Bibliothek 
hg.  von  H.  Hirt  und  W.  Streitberg,  I.  Abt.,  Bd.  10).  Heidelberg,  C.Winter 
1913.    X,  212  S.    5,40  M. 

Vorliegendes  Lehrbuch  will  nur  eine  beschreibende  Darstellung 
des  sogenannten  klassischen  Armenisch  des  5.  Jahrhunderts  sein,  also 
daß  von  späteren  Sprachphasen  und  dialektischen  Eigentümlichkeiten 
grundsätzlich  Abstand  genommen  wird.  Das  Buch  zerfällt  in  einen  gram- 
matischen und  in  einen  chrestomathisch  lexikalischen  Teil.  Jener  wiederum 
gliedert  sich  in  6  Kapitel:  I.  Schrift  und  Aussprache  (9—25);  II.  Alter- 
nationen (26—27);  111.  Wortbildung  (28—40):  1.  Bildung  der  Zeitwörter, 
2.  Bildung  der  Nomina;  IV.  Nominalformen:  1.  Flexion  der  Nomina 
(41—83),  2.  Gebrauch  der  Nominalformen  (84 — 103);  V.  Verbalformen: 
1.  Flexion  der  Zeitwörter  (104—117),  2.  Gebrauch  des  Verbum  finitum 
(118—122),  3.  Gebrauch  des  Verbum  infinitum  (123-131),  4.  Zusammen- 
fügung der  Zeitwörter  (132 — 135) ;  VI.  Satzlehre.  Diese  von  den  älteren 
Lehrbüchern  abweichende  Disposition  des  Stoffes  hat  den  Vorteil,  daß 
unmittelbar  mit  der  Nominalflexion  die  Kasussyntax  verbunden  und  der 
Konjugationslehre  gleich  die  Lehre  vom  Gebrauch  der  Verbalformen  an- 
geschlossen wird,  wodurch  der  stofflichen  Zersplitterung  mit  feinem 
pädagogischem  Sinne  vorgebeugt  wird.  Überhaupt  liegt  die  Stärke  und 
Hauptbedeutung  dieses  neuen  Meillet'schen  Werkes  in  seinem  syntak- 
tischen Teile.  Ist  schon  im  allgemeinen  für  ein  einführendes  Sprach- 
lehrbuch die  Behandlung  der  Syntax  von  nicht  zu  unterschätzender  Be- 
deutung, so  desto  mehr  für  das  Armenische,  dessen  Konstruktions-  und 
Satzmethode  mehrfach  von  der  der  meisten  indogermanischen  Sprachen 
abweicht  und  ihre  eigenen  Wege  geht  (vgl.  z.  B.  den  kaukasoiden  Parti- 
zipialsatzbau dieser  Sprache,  der  freilich  unter  gräzisierenden  Einflüssen 
in  nachklassischer  Zeit  überwuchert  und  verdrängt  wird);  gerade  aber 
diese  ward  von  Meillets  Vorgängern  nebensächlich  und  ungenügend  be- 
handelt. Eben  der  diesbezügliche  große  Vorzug  von  Meillets  Handbuch 
verleiht  diesem  eine  grundlegende  Bedeutung  in  diesem  Bezüge.  Auch 
wäre  wohl  kaum  ein  zweiter  unter  den  lebenden  Armenologen  geeigneter 
gewesen  zur  Bearbeitung  dieses  Themas  als  dieser  Pariser  Gelehrte,  dessen 
zahlreiche,  meist  in  den  "Memoires  de  la  Soci^te  de  Linguistique  de 
Paris"  erschienenen  Abhandlungen  nicht  bloß  die  Laut-  und  Formenlehre, 
sondern  auch  die  Kenntnis  des  Satzbaus  und  Gefüges  des  Armenischen  be- 
deutend gefördert  haben.  Der  auch  in  seinem  chrestomathisch-lexikalischcn 
Teile  musterhaften  Arbeit  ist  eine  knappe  Einleitungsskizze  über  Schrifttum 
und  Literatur  der  Armenier  vorausgeschickt,  die  dem  Anfänger  willkommen 
sein  wird.  Als  "Elementarbuch"  ist  nämlich  Meillets  Werk  gedacht  und 
in  erster  Linie  berufen,  dem  bisher  auf  armenischem  Gebiete  so  schwer 
empfundenen  Mangel  an  einem  gediegenen,  praktisch  einführenden  Lehr- 
buch für  den  Studierenden  abzuhelfen ;  aber  es  ist  dieses  bescheidene 
"Elementarbuch"  durchweht  und  getragen  von  demselben  gründlichen, 
tiefgründigen  und  kritischen  Forschergeist,  der  desselben  Autors  treffliche 


Maxudianz  Le  parier  Armenien  d'AKn.  3 

"Esquisse  d'une  grammaire  comparie  de  V Armenien  classique"  (Wien  1903) 
hervorgebracht  hat,  dermaßen,  daß  es  eigentlich  ungerecht  wäre,  ein 
Werk  als  bloßes  elementares  betrachten  zu  wollen,  aus  dem  auch  der 
reifere  Armenologe,  ja  der  Sprachforscher  überhaupt,  dank  der  den  Ver- 
fasser kennzeichnenden  originellen  und  von  Schulmeinungen  unabhängigen, 
peinlich  abwägenden  und  doch  zugleich  liberal-weitherzigen  Arbeits- 
methode, reichlich  Belehrung,  Klärung  und  Anregung  zu  neuen  Gesichts- 
punkten, zu  neuer  Betrachtungsweise  alter  Probleme  zu  schöpfen  ver- 
mögen wird. 

Straßburg.  J.  Karst. 

Maxudianz,  M.  Le  parier  Armenien  d'Akn  (quartier  bas).  Gr.  80.  146  S. 
(Paris.  Librairie  Paul  Geuthner)  1912. 

Akn,  eigentlich  Aken  oder  Akyn  gesprochen,  das  Egin  der  Türken, 
liegt  im  Vilajet  Charput  auf  dem  Westufer  des  oberen  Euphrat  —  Karasu 
und  zählt  unter  seinen  20000  Einwohnern  (die  umliegenden  Dörfer  des 
Akn-Gebiets  einbegriffen)  etwa  10000  Armenier,  die  nach  der  herkömm- 
lichen Meinung  als  Kolonisten  vom  Wansee-Gebiet  gelten,  welcher  Ansicht 
der  Verfasser  vorliegender  Schrift  jedoch  eine  andere  Volkstradition 
gegenüberstellt,  wonach  das  armenische  Akn  vielmehr  eine  Siedelung  der 
alten  armen.  Metropole  Ani  sein  soll.  Der  Dialekt  von  Aken,  der  hier, 
und  zwar  zunächst  in  einer  besonderen  Spezies,  der  Mundart  der  Unter- 
stadt ('quartier  bas'),  zur  Darstellung  kommt,  zeigt  in  der  Tat  nächste 
Verwandtschaft  nicht  mit  dem  Van-ldiom  sondern  mit  der  Gruppe  west- 
armenischer Dialekte,  die  sich  als  Ableger  oder  Fortsetzungen  des  mittel- 
alterlichen Ani -Dialekts  ausweisen,  namentlich  mit  den  Mundarten  von 
Erzerum,  Achalzich  (im  Dongebiet),  Charput-Erzingien,  Sabin-Karahissar, 
Arabgir,  Polnisch-  und  Transsilvanisch-Armenisch. 

Diese  Dialektgruppe  hängt  nach  Süden  eng  mit  dem  KUikisch-Ar- 
menischen  zusammen,  so  daß  dem  Aken -Dialekt  als  Binde-  und  Ver- 
mittlungsglied zwischen  Kilikisch  -  Armenisch  einerseits,  Transsilvanisch 
und  Ani-Armenisch  anderseits  eine  besondere  Bedeutung  zukommt.  Wie 
der  Akn-Dialekt  ohne  den  kilikisch-syrischen  historisch  unvermittelt  und 
unerklärt  bliebe,  so  erhält  auch  letzterer  hinwieder  durch  jenen  eine 
wertvollere  Beleuchtung;  von  diesem  Standpunkte  aus  hält  sich  denn  auch 
die  vorliegende  Darstellung  eng  an  die  durch  Karst's  historisch -mittel- 
armenische Grammatik  bereits  vorgezeichneten  Grundrißlinien  für  die 
moderne  Dialektologie. 

Das  Werk  gliedert  sich,  abgesehen  von  einer  kurzen  Einleitung, 
die  über  Quellen,  Bibliographie  der  Dialekte  und  verwandtschaftliche  Dia- 
lektbeziehungen gut  orientiert,  in  zwei  Hauptteile:  I.  Phonetik,  II.  Morpho- 
logie. Das  Hauptgewicht  wird  auf  die  Ausarbeitung  der  Phonetik  gelegt, 
mit  Recht;  Maxudianz  zeigt  sich  hier  als  tüchtiger  Sprachbeobachter, 
als  würdiger  Schüler  Meillets,  dessen  Mitwirkung  und  Unterstützung  er 
sich  zu  dieser  seiner  Arbeit  zu  erfreuen  hatte.  Aber  auch  die  Formen- 
lehre kommt  zu  ihrem  Rechte;  namentlich  war  die  historisch -verglei- 
chende Nebeneinanderstellung  der  Paradigmenschemata  aus  den  ver- 
schiedenen Sprachphasen  ein  glückhcher  Gedanke.  Daß  Maxudianz  von 
jedem  Versuche  einer,  wenn  auch  nur  rudimentären  Syntax  dieses  Dialekts 
absieht,  dürfte  als  Mangel  umsomehr  empfunden  werden,  als  gerade  dieser 

1* 


4  Meillet  Apercu  d'une  histoire  de  la  langue  grecque. 

Zweig  der  armenischen  Grammatik  als  eigenartig  entwickelter  und  noch 
ungenügend  erforschter,  dringend  einer  baldigen  näheren  Bearbeitung  be- 
dürfte. Dafür  ist  als  großer  Vorzug  der  Arbeit  ein  Glossar  der  Lehn- 
wörter beigegeben,  das  gerade  für  dies  Grenzsprachgebiet,  das  vom  Türkisch 
stark  affiziert  und  zum  Teil  altaioid  modifiziert  ist,  von  Wichtigkeit  ist- 

Als  unpraktisch  und  für  die  armen.  Dialektologie  eher  verwirrend 
als  klärend  möchte  ich  an  dem  Buche  rügen  die  übrigens  auf  Meillet 
und  Frühere  zurückgehende  Transkription  der  präkonsonantischen  Di- 
phtongen  des  Altarmenischen  durch  iw,  ew,  aw,  usw.  statt  der  genaueren 
phonetischen  Wiedergabe  tu,  eu,  au,  die  doch  allenthalben  durch  das 
Neuarmenische  gestützt  und  postuliert  wird.  Unpraktisch  und  ein  für  alle- 
mal abzuweisen  ist  auch  die  slavoide  Transkription  x  für  ,  die  harte 
gutturale  Spirans,  zumal  wenn  es  sich  um  Eigennamen  handelt ;  so  z.  B. 
heißt  unser  Autor  nicht  Maksudianz,  zu  welcher  Aussprache  seine  Trans- 
skription Maxudianz  uns  Deutschen-Okzidentalen  verleiten  könnte,  sondern 
Machudianz,  und  ist  seine  Schreibung  Xarput  doch  entschieden  unserm 
hier  eingebürgerten  Charput  nachzusetzen.  Einige  Ungenauigkeiten  sind 
offenbar  teils  auf  Rechnung  allzu  gefügigen  doktrinären  Schul-  und 
Traditionsglaubens,  teils  auf  Übereilung  zurückzuführen;  so  z.  B.  bemerke 
ich  S.  77  die  Gleichsetzung  von  ak.-dial.  udiß  mit  einem  vermeintlich 
klassischen  utiß  'le  gras',  d.  h.  Tleischtag'.  Ein  klassisches  utiff  gibt's 
nicht,  das  gemeinte  Wort  ist  erst  mittelarmenisch-vulgärsprachlich  und 
ist  auch,  wie  Maxudianz  nach  den  Wörterbüchern  annimmt,  nicht  ein 
Deverbale  von  ut-el  'essen',  sondern  mittelarmenische  Entsprechung  des 
klassisch-altarmenischen  Xortik  Tleischessen,  fette  Mahlzeit'  (R-Ausfall 
vor  Konsonanz  und  nachträgliche  Assimilierung  an  utel  'essen'). 

Alles  in  Allem  ist  Maxudianz'  Buch  eine  erfreuliche  Leistung  und 
zu  begrüßen  als  ein  neuer,  wertvoller  Beitrag  zur  armenischen  Dialek- 
tologie. Möchte  die  schöne  Monographie  vorbildlich  wirken  in  ihrer 
Methode  der  Anknüpfung  der  modernen  Sprachphasen  an  das  Miltelar- 
menische;  erst  die  richtige  Berücksichtigung  dieser  historischen  Zu- 
sammenhänge zwischen  neuer  und  mittlerer  Sprachstufe  wird  dazu 
führen,  die  noch  zahlreichen  dunklen  Punkte  der  älteren,  sog.  klassischen 
Sprache  aufzuhellen. 

Straßburg  i.E.  Prof.  J.  Karst. 

Meillet  A.   Apercu  d'une  histoire  de  la  langue  grecque.    Paris  Hachette 
1913.   XVI,  368  S. 

"Man  kann  jetzt  die  Haupllinien  der  Entwicklung  des  Griechischen 
zeichnen,  ohne  sich  der  Gefahr  von  Irrtümern  auszusetzen,  es  sei  denn 
in  Einzelheiten"  —  so  sagt  der  Verfasser  in  der  Vorrede  (S.  IX),  und  er 
beweist  es  selbst  in  ausgezeichneter  Weise  in  dem  hübschen  Buch,  wo- 
mit er  uns  überrascht.  Auch  0.  Hoffmann  hat  diesen  Versuch  in  glück- 
licher Weise  gemacht,  aber  noch  steht  der  zweite  Teil  aus,  der  die  nach- 
klassische Geschichte  des  Griechischen  bringen  soll.  Meillet  aber  umspannt 
in  seinem  Buch  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  von  der  Urzeit 
bis  zum  Neu;?riechischen,  indem  er  die  Ergebnisse  der  Forschung  in  einer 
eleganten  und  klaren  Darstellung  mit  durchaus  persönlicher  Note  zu- 
sammenfaßt. Es  ist  wirklich  ein  Genuß,  dieses  Buch  zu  lesen,  das  ein 
so   schön   abgerundetes   und   fesselndes  Bild  einer   dreitausendjährigen 


Hermann  Griechische  Forschungen  I.  5 

Sprachentwicklung  uns  vor  Augen  führt.  "La  prehistoire  du  grec",  "Les 
langues  litteraires"  und  "Constitution  d'une  langue  commune"  sind  die 
drei  Hauptabschnitte,  wodurch  die  großen  Entwicklungslinien  der  griechi- 
schen Sprache  charakterisiert  werden.  Die  Dialekte  werden  im  4.  Kapitel 
des  ersten  Teils,  das  Neugriechische  unter  den  Titeln  "Dissolution  de  la 
KOivri"  und  "Constitution  d'une  nouvelle  Koivri"  in  den  letzten  Kapiteln 
des  dritten  Teils  behandelt.  Besonders  genannt  sei  das  6.  Kapitel  des 
2.  Teils  "Les  origines  de  la  metrique  grecque"  —  eine  Skizzierung  dessen, 
was  den  Sprachhistoriker  am  meisten  in  der  Metrik  interessiert.  In  der 
Frage  der  Dialektgruppierung  und  Dialektmischung  scheint  mir  jetzt  der 
Verfasser  mit  meiner  Darstellung  viel  mehr  übereinzustimmen,  als  er 
das  in  seiner  Besprechung  meines  Buches  getan  hat,  wo  die  "Kritik  der 
Kriterien"  stark  in  den  Vordergrund  trat.  Daß  in  der  Frage  des  Unter- 
gangs der  alten  Dialekte  i3-i8fr.)  ein  so  ruhig  urteilender  Sprachforscher 
wie  M.  noch  weiter  geht  als  ich  selbst,  d.  h.  den  Untergang  eher  noch 
früher  ansetzt,  stelle  ich  mit  Genugtuung  fest,  weil  meine  chronologische 
Fixierung  Widerspruch  gefunden  hat.  In  der  Beurteilung  der  Koine  nimmt 
M.  entschieden  gegen  Kretschmers  Theorien  Stellung.  Der  Einfluß  des 
Lateinischen  auf  die  Koine  (346  fr.)  wird  von  M.  etwas  unterschätzt. 

Es  fällt  schwer,  aus  dem  Buche  einzelnes  als  besonders  bemerkens- 
wert hervorzuheben:  das  Buch  ist  aus  einem  Gusse.  Aber  immerhin  sei 
hingewiesen  auf  die  anregenden  Ausführungen  über  das  Wesen  der  lite- 
rarischen Sprachen  im  Allgemeinen  (119  ff.)  und  die  griechischen  Lite- 
ratursprachen im  Besonderen  (140  ff.)  imd  die  attische  Literatursprache 
(241  ff.) ;  in  treffenden  Worten  ist  die  kulturgeschichtliche  Bedeutung  der 
Koine  charakterisiert  (277  f.).  Auch  der  Abschnitt  über  die  neugriechische 
Schriftsprache  (360  ff.)  enthält  gute  Urteile  über  die  heutigen  spsachlichen 
Verhältnisse,  woraus  die  Gegner  einer  vernünftigen  Sprachreform  in 
Griechenland  etwas  lernen  können  —  denn  Niemand  wird  wohl  sagen 
können,  daß  M.  als  Forscher  an  diesem  Kampf  der  Meinungen  irgendwie 
persönlich  beteiligt  sei.  Doch  bemerke  ich  nebenbei,  daß  er  die  Einheit 
der  neugriechischen  Dialekte  zu  hoch  einschätzt  (264):  das  Kappadokische 
und  Pontische  stehen  dem  sonstigen  Griechisch  viel  fremdartiger  gegen- 
über als  das  Rumänische  den  sonstigen  romanischen  Sprachen. 

Wie  man  sieht,  decken  sich  natürlich  meine  Anschauungen  nicht 
immer  mit  denen  Meillets.  Aber  das  gilt  doch  nur  für  ganz  wenige  Dinge. 
Soweit  sie  prinzipieller  Natur  sind,  werde  ich  sonst  Gelegenheit  haben, 
darauf  zurückzukommen.  Eine  Ungenauigkeit  ist  zu  berichtigen:  die  Tsa- 
konen  wohnen  nicht  im  Süden  des  Peloponnes  (S.  348),  sondern  an  der 
Ostküste.  Ferner  hat  der  ngriech.  Genetiv  feiTÖvou  nichts  mit  dem  alten 
Paradigma  TroXirric  uoXixou  zu  schaffen  (vgl.  mein  Handbuch  der  ngriech. 
Volkssprache  §  166). 

Straßburg.  Albert  Thumb. 


Hermann,  Eduard.     Griechische  Forschungen  I.     Die  Nebensätze  in  den 

griechischen  Dialektinschriften  im  Vergleich  mit  den  Nebensätzen  in  der 

griechischen  Literatur  imd  die  Gebildetensprache  im  Griechischen  und 

Deutschen.  Mit  zwei  Tafeln.   B.G.Teubner,  Leipzig  und  Berlin  1912.  10  M. 

Diese,  Berthold  Delbrück  zum   70.  Geburtstage  gewidmete  Schrift, 

nimmt  ohne  Zweifel  unter  den  in  den  letzten  Jahren  erschienenen  Arbeiten 


6  Hermann  Griechische  Forschungen  I. 

syntaktischen  Inhaltes  eine  der  ersten  Stellen  ein.  Im  Mittelpunkte  der 
Untersuchung  steht  durchaus  das  Griechische  mit  seinen  Relativpronomina 
und  den  Konjunktionen  des  Nebensatzes,  aber  über  das  Urgriechische 
hinaus  Umschau  haltend  zieht  der  Verfasser  auch  die  verwandten  Sprachen 
in  den  Kreis  seiner  Forschung,  sodaß  die  Arbeit  auch  ein  bedeutungs- 
voller Beitrag  zur  vergleichenden  Syntax  der  indogermanischen  Sprachen 
ist.  Ihr  Inhalt  ist  in  Kürze  folgender:  Der  erste  der  sechs  Abschnitte, 
in  die  das  Werk  sich  gliedert,  ist  der  Definition  des  Begriffes  'Nebensatz* 
gewidmet  (S.  1 — 7),  womit  der  Verfasser  sich  schon  früher  (KZ.  33,  483  f.) 
beschäftigt  hat.  Nach  einer  treffenden  Widerlegung  der  neuerdings  von 
A.  Ditlmar  Syntaktische  Grundfragen  (Progr.  Grimma  1911)  S.  3  f.  ver- 
suchten Begriffsbestimmung  kommt  er  S.  7  zu  folgendem  Resultat :  "Der 
Satz,  der  mehrere  Satzteile  der  Periode,  darunter  das  Prädikatsverbum 
enthalten  kann,  ist  der  Hauptsatz;  der  Satz,  der  nur  einen  Satzteil  der 
Periode  ausmachen,  aber  nie  ihr  Prädikatsverbum  enthalten  kann,  ist 
der  Nebensatz".  Der  zweite  Abschnitt  (S.  7 — 184)  gibt  in  alphabetischer 
Ordnung  das  Material  für  die  Konjunktionen  und  Relativpronomina  der 
griechischen  Dialektinschriften  mit  Ausschluß  des  Attischen.  Für  die 
Reihenfolge  der  Mundarten  innerhalb  jedes  einzelnen  Wortes  wurde 
Thumbs  Handbuch  zugrunde  gelegt.  Der  Sprachgebrauch  der  delphischen 
Freilassungsurkunden  wird  auf  einigen  Tabellen  zur  Anschauung  gebracht. 
Der  dritte  Abschnitt  (S.  134 — 180)  gibt  in  derselben  alphabetischen  Ord- 
nung eine  Übersicht  über  die  Pronomina  und  Konjunktionen  in  der 
griechischen  Literatur.  Der  Verfasser  stellt  sich  jetzt  die  Frage,  inwieweit 
das  in  den  beiden  vorhergehenden  Abschnitten  zusammengetragene  Material 
aus  den  griechischen  Inschriften  und  der  Sprache  der  griechischen  Literatur 
übereinstimmt  mit  den  Nebensatzbildungen  in  der  wirklich  gesprochenen 
Sprache  des  Alltags.  Die  Lösung  dieses  Problems  versucht  er  im  vierten 
Abschnitte  (S.  180— 221),  der  überschrieben  ist :  "Schrjiftsprache,  Ge- 
bildetensprache  und  Mundart".  Er  zerfällt  wieder  in  drei  Unter- 
abteilungen: A)  Die  ältere  Inschriftensprache  (S.  180—192),  B)  Die  Ent- 
stehung der  gesprochenen  Gemeinsprache  im  Altgriechischen  und  Deutschen 
(S.  192-219,  C)  Die  griechischen  Literatursprachen  (S.  219—220).  Im 
ersten  Teile  betont  der  Verfasser,  daß  die  Sprache  der  älteren  griechischen 
Inschriften,  abgesehen  von  den  Vaseninschriften  und  Fluchtafeln,  uns 
keineswegs  ein  treues  Abbild  der  wirklich  gesprochenen  Sprache  bietet. 
Die  Leute  jener  Zeit  waren  eben  nicht  imstande  zu  schreiben,  wie  sie 
sprachen,  sie  schrieben  nach  der  Norm  der  traditionellen  Schriftsprache, 
die  sie  in  der  Schule  mit  der  Schrift  lernten,  und  zwar  gilt  dies  nach 
Hermann  nicht  nur  für  die  Athener,  sondern  auch  für  die  Griechen  der 
literarisch  nicht  hervortretenden  Mundarten.  Angesichts  der  in  den 
Schulen  gelehrten  Schriftsprache  müsse  man  auch  mit  der  Möglichkeit 
rechnen,  daß  manche  griecliischen  Mundarten  nirgends  geschrieben  worden 
sind.  Ein  angesehener  Platz  konnte  nämlich  auf  einen  größeren  Umkreis 
derart  Einfluß  gewinnen,  daß  man  sich  auch  hier,  wo  die  Mundart  eine 
andere  war,  der  dort  bestehenden  Schriftsprache  anschloß  (vgl.  S.  184). 
Die  Sprache  der  Griechen  war  daher  wohl  weit  stärker  differenziert,  als 
es  die  vorhandenen  Überreste  zeigen,  weshalb  uns  auch  von  den  Neben- 
satzkonstruklionen  gar  manche  überhaupt  nicht  überliefert  sein  werden. 
Dazu  kommt,  daß  uns  der  durch  Jahrhunderte  hindurch  konservierte 
Sprachstil   der   Inschriften  mit  seinen  typischen   Formeln  die  Zustände 


Hermann  Griechische  Forschungen  I.  7 

der  wirklichen  Sprache  verschleiert  (S.  189 ff).  Bei  der  Behandlung  des 
Problems,  wie  man  in  den  einzelnen  griechischen  Landschaften  zur  Zeit 
des  Eindringens  der  Koine  in  die  Inschriftensprache  gesprochen  hat,  scheint 
dem  Verfasser  sowohl  Thumbs  wie  auch  Kretschmers  und  Schwyzers 
Ansicht  annehmbar  (S.  192  f.).  Sehr  eingehend  wird  dann  (S.  193  ff.)  als 
Parallele  zum  Griechischen  die  Entstehung  der  deutschen  Schriftsprache 
behandelt.  Im  Gegensatz  zu  der  bisher  allgemein  geltenden  Ansicht,  daß 
die  Entwicklung  und  Verbreitung  unserer  Schriftsprache  durch  den 
schriftlichen  Gebrauch  in  den  Kanzleien  und  Druckwerken  bedingt 
ist,  betrachtet  er  daneben  auch  die  gesprochene  Sprache  der  Gebildeten 
als  einen  sehr  wesentlichen  Faktor  bei  der  Ausbreitung  der  neuhoch- 
deutschen Schriftsprache.  Es  folgt  sodann  der  fünfte,  umfangreichste 
Abschnitt  (S.  221 — 326),  der  die  eigenthche  Behandlung  der  Relati\-pro- 
nomina  und  Xebensatzkonjunktionen  in  den  griechischen  Mundarten  ent- 
hält. Es  werden  zunächst  die  Relativpronomina  besprochen  (S.  221 — 237), 
an  die  sich  ein  umfangreicher  Passus  über  die  Assimilation  des  Relativums 
anschließt  (S.  237—248).  Es  folgen  die  Lokalpartikeln  (S.  248-257),  und 
die  Modal-  und  Komparativpartikeln  (S.  257 — 270),  wo  vor  allem  der 
lehrreiche  Artikel  über  ibc  (S.  259  ff.)  zu  beachten  ist.  Die  Behandlung 
der  Kondizionalpartikeln  und  fj,  f|  (S.  270—290)  ist  für  die  Syntax  der 
Bedingungssätze  von  Bedeutung.  In  Übereinstimmung  mit  den  Forschungen 
anderer  Gelehrten,  besonders  J.  M.  Stahls,  zeigt  hier  Hermann,  wie  sich 
die  Modi  der  Bedingungssätze  von  den  ersten  Anfängen  an  bis  zu  dem 
in  historischer  Zeit  vorliegenden  Zustande  entwickelt  haben.  Richtig  ist 
die  Beurteilung  des  Wechsels  von  Konjunktiv  und  Optativ  in  den  del- 
phischen Freilassungsurkunden  (S.  280 f.);  er  ist  kein  Reflex  der  wirkhch 
gesprochenen  Mundart  von  Delphi;  die  eine  Inschrift  ist  oft  nur  eine 
etwas  veränderte  Kopie  einer  ]?fachbarinschrift.  Es  folgen  die  Explikativ- 
partikeln (S.  290—294)  und  die  Temporalpartikeln  (S.  294  -  317),  sowie 
die  übrigen  jüngeren  Nebensatzpartikeln  (S.  317—327) ;  hier  tritt  bei  der 
Behandlung  von  biöxi  (S.  317  f.)  der  konservative  Charakter  der  attischen 
Inschriftensprache  klar  zutage.  "Obwohl  der  pseudoxenophontische  Staat 
der  Athener  und  Thukydides  biöri  schon  im  5.  Jahrb.,  und  zwar  in  der 
Bedeutung  'weil'  verwenden,  wird  es  in  den  Inschriften  gemieden  und 
dringt  erst  mit  dem  Umsichgreifen'der  Koine  von  300  ab  mit  Überspringung 
der  Kausalsätze  gleich  in  die  explikativen  Sätze  ein  .  .  .  Wie  unrichtig 
mögen  also  oft  unsere  Schlüsse  sein,  soweit  wir  mit  der  durch  die  In- 
schriften für  einen  Sprachgebrauch  gegebenen  Zeit  operieren!"  Der  letzte 
Abschnit  endlich  (S.  328—341)  behandelt  das  Relativum  und  die  Neben- 
satzpartikeln im  Vorurgriechischen,  d.  h.  es  soll  hier  die  Frage  beantwortet 
werden,  inwieweit  die  Nebensätze  aus  älterer  Zeit  ins  Griechische  ver- 
erbt worden  sind.  Verfasser  kommt  hier  S.  339  zu  dem  Resultat :  "daß 
an  Pronominibus  und  Partikeln  aus  alter  Zeit  vererbt  sind  *io8,  jos  qVis, 
*ios  qffid,  *io8  q¥e,  dazu  ♦jW,  *iodi,  alle  vom  Stamme  *io-,  vielleicht 
auch  *af\  Zwei  Tafeln  mit  den  Relativpronomina  und  Nebensatzkon- 
junktionen der  griechischen  Dialekte  beschließen  das  inhaltreiche  Buch. 
Ein  Sachindex  ist  dem  Werke  nicht  beigegeben;  ich  will  daher 
hier  noch  auf  einige  in  syntaktischer  Hinsicht  bemerkenswerte  Einzel- 
heiten aufmerksam  machen,  die  an  Hand  des  Inhaltsverzeichnisses  (S.  Yllf.) 
nicht  zu  finden  sind.  S.  13  wird  über  die  Modusassimilation  in  den 
eleischen   Nebensätzen   gehandelt   mit  Widerlegung   der  von   Jacobsthal, 


8  Hermann  Griechische  Forschungen  I. 

Der  Gebrauch  der  Tempora  und  Modi  in  den  kretischen  Dialektinschriften 
(Straßburg  1907)  S.  102  ausgesprochenen  Ansicht.  —  Wer  es  unternehmen 
will,  die  Vertauschung  der  BegrifTe  'wo',  'wohin'  und  'woher'  im  Griechi- 
schen zu  untersuchen  (vgl.  Br.  Keil,  Hermes  48,  121  Anm.),  wird  bei 
Hermann  viel  Material  finden,  vgl.  z.  B.  S.  17  über  delph.  di  1)  =  'wo* 
2)  =  'wohin',  S.  120  über  delph.  oö,  ferner  S.  134,  164,  250,  252  f.  und 
besonders  S.  330  ff.  Solange  wir  eine  solche  zusammenfassende  Unter- 
suchung über  die  Vertauschung  der  Ortstermini  in  den  einzelnen  indo- 
germanischen Sprachen  nicht  besitzen,  kann  ich  der  von  Hermann  S.  261 
ausgesprochenen  Ansicht  nicht  beistimmen,  daß  der  Ablativ  auf  -öd  die 
Bedeutung  'wo'  nicht  liefern  konnte.  Man  bedenke  nur,  daß  W.  Caland 
neuerdings  IF.  31,  105  f.  nachgewiesen  hat,  daß  sowohl  im  Avesta  wie  in 
altindischen  Texten  der  Ablativ  als  Wo-Kasus  und  als  Wohin-Kasus  an- 
getroffen wird.  —  S.  24  finden  sich  inschriftliche  Belege  für  b4.  im  Nach- 
satz, vgl.  auch  S.  144.  Auf  S.  37  ist  der  Accusativus  absolulus  in  Inschrift 
aus  Tegea  zu  beachten.  S.  55  bringt  eine  Erörterung  über  den  alter- 
tümlichen lokrischen  Nominativ  beim  imperativischen  Infinitiv.  S.  60  f. 
finden  sich  interessante  Belege  aus  delphischen  Inschriften  für  den  Über- 
gang vom  Akkusativ  in  den  Nominativ  in  der  Konstruktion  mit  ^qp'  ötuji, 
^q)'  dJiTE,  ^qp'  oiTe,  vgl.  auch  S.  133  oben.  S.  82  unten  beachte  man  die 
Attractio  inversa  in  der  Inschrift  aus  Kypern,  S.  83  und  98  den  relativen 
Anschluß,  S.  99  den  Imperativ  im  Relativsalz,  wo  das  Relativum  für  das 
Demonstrativum  eingetreten  ist  (vgl.  H.  Paul  Prinz*  S.  298),  S.  98  oben 
das  condicionale  Relativum  (ebenso  S.  101  und  112).  Die  bekannte  Tat- 
sache, daß  ein  lautärmerer  Ausdruck  im  Laufe  der  Sprachgeschichte 
durch  einen  vollertönenden  verdrängt  wird,  läßt  sich  bei  Hermann  ver- 
schiedentlich an  interessanten  Beispielen  beobachten :  so  wird  öctic,  ötic 
gelegentlich  genau  so  wie  öc  als  Relativum  ohne  den  Nebenbegriff  der 
Verallgemeinerung  gebraucht,  vgl.  S.  113  und  114  unten,  besonders  S.  233; 
im  Delphischen  läßt  sich  verfolgen,  wie  ibc  vor  dem  voller  tönenden 
KoBubc  zurückweicht,  vgl.  S.  128,  261  und  323;  das  ältere  ibc  muß  dem 
jüngeren  öitujc  weichen  (S.  268),  xaGd  macht  dem  stärkeren  Koödtrep  Platz 
(S.  321  f.);  S.  335  zeigt  Hermann,  daß  es  ein  urgriech.  ö  'als'  gegeben  hat, 
an  dessen  Stelle  später  öre  (öko,  öta)  getreten  ist,  vgl.  homer.  €k  öte 
neben  eic  ö  'bis',  vgl.  auch  S.  340.  —  Für  öti  oder  ibc  beim  Superlativ 
finden  sich  bei  Hermann  viele  inschriftliche  Belege,  vgl.  z.  B.  S.  119,  126, 
127,  128,  129  f.,  OTTO  beim  Superlativ  S.  161;  man  beachte  auch  die  Ver- 
bindung ÖTi  rdxoc  in  der  Koine-Inschrift  aus  Samos  S.  120  (vgl.  S.  134 
über  Theokrit  und  Pindar,  und  besonders  S.  293);  für  das  pleonastische 
ibc  ÖTi  beim  Superlativ  vgl.  die  Beispiele  bei  Hermann  S.  131  (S.  262). 
Da  es  sich  bei  diesem  Pleonasmus  um  die  Verdeutlichung  eines  abgenutzten 
Wörtchens  handelt,  berührt  sich  diese  Erscheinung  mit  der  soeben  er- 
wähnten Verdrängung  einer  lautärmeren  Form  durch  eine  vollertönende, 
vgl.  fürs  Lateinische  neuerdings  Löfstedt  in  seinem  Philol.  Kommentar  z. 
Peregrin.  Aeth.  S.  59  ff.  über  pleonastisches  itaque  ergo  usw.  —  S.  186, 
vgl.  auch  S.  189  oben,  gibt  Hermann  inschriftliche  Belege  für  den  Nomi- 
nativ in  der  Apposition.  Auch  hier  bietet  das  Lateinische  hübsche 
Parallelen,  vgl.  z.  B.  Audollent  Defix.  Tab.  270,  12  anima  et  cor  uratur 
Sextili,  Dionysiae  filitm  (Löfstedt  a.  a.  0.  S.  50  f.,  Konjetzny  Arch.  f.  lat. 
Lex.  15,  307  f.).  Wenn  dieser  Nominativ  auch  mit  Vorliebe  in  volkstüm- 
lichen Denkmälern  auftritt,  so  muß  doch  betont  werden,  daß  er  keineswegs 


Hermann  Griechische  Forschungen  I.  9 

als  eine  ausschließliche  Eigentümlichkeit  der  Volkssprache  zu  betrachten 
ist.  Ich  erinnere  nur  daran,  daß  diese  Konstruktion  sich  gerade  bei 
Goethe  und  Bismarck  häufig  findet,  vgl.  H.  Wunderlich  Der  dtsch.  Satz- 
bau 2*.  19 f.,  wo  z.  B.  aus  Goethe  (Leiden  des  jungen  Werthers}  zitiert 
ist:  "traf  ich  einen  jungen  V .  .  .  an,  ein  offener  Junge,  mit  einer  gar 
glücklichen  Gesichtsbildung" ,  aus  Bismarck :  "heute  tcerde  ich  bei  dieser 
(der  Kaiserin  Eugenie) . . .  dinieren,  in  kurzen  Hosen,  Schuh  und  Strümpfen, 
eine  Tracht,  in  der  ich  meine  eigne  Heiterkeit  errege''.  Aus  Bismarcks 
Reden  nenne  ich  noch  die  interessante  Stelle  Bd.  5,  304 :  "es  hat  seine 
übertriebene  Wichtigkeit  erst  durch  den  uns  ganz  unencarteten  Widerstand 
der  conservaticen  Partei  evangelischer  Confession  bekommen,  ein  Widerstand, 
in  dessen  Genesis  ich  hier  nicht  näher  eingehen  wiW ;  hier  hat  der  Heraus- 
geber Kohl  den  Nominativ  'ein  des  stenographischen  Berichtes  fälschlich 
in  den  Akkusativ  geändert.  —  Lehrreich  sind  auch  die  Beispiele,  die 
Hermann  S.  188  für  die  Verwechslung  der  ersten  und  dritten  Person  gibt 
in  Fällen,  wo  der  Verfasser  einer  Inschrift  von  sich  selbst  in  der  dritten 
Person  zu  sprechen  hat,  z.  B.  IG.  MI  3822  [Ejevöriuoc '  EmTeXouc  dvarieriTi 
TTiv  ibiav  boüXn[v] . . .  Kai  tö  il.  aurfic  Kopdciov  ZtuUav  . .  .  nn  TcpocnKoücac 
miT€  ^|ioi  |uiriT6  äXXuj  nn^^vi.  Mit  Bezug  auf  die  im  Anschluß  daran  zitierte 
Stelle  aus  Leskien-Brugmann  Lit.  VoIksHeder  und  Märchen  S.  266,  10: 
0  moczekai  lepe  gert  ir  valgyt  ir  nesikiszt  ape  mono  majontkq  'und  befalil 
der  Stiefmutter  zu  essen  und  zu  trinken  und  sich  nicht  um  sein  Hab 
und  Gut  zu  kümmern',  wo  mano  durch  Kontamination  der  direkten  und 
indirekten  Rede  entstanden  ist,  erlaube  ich  mir  den  Verfasser  zu  erinnern 
an  das  ähnliche  Beispiel,  das  er  in  seiner  Schrift,  Die  Entwicklung  der 
litauischen  Kojunktionalsätze  (Jena  1912)  S.  45  aus  Bezzenberger  Lit. 
Forsch.  (Göttingen  1882)  S.  39  zitiert :  2gds  sdke,  kad  ans  tan  zmägu  yr 
malddcfs,  kur  ture"  tan  stäge  ple^szt,  ir  suntfs  venam  zmd'gu  päsku,  kur 
mäna  müteris  peningus  i  dengu  nesz  'der  Jude  sagte,  daß  er  den  Mann, 
welcher  das  Dach  abreißen  sollte,  gebeten  und  einen  anderen  Mann 
nachgesandt  habe,  welcher  meiner  (=  seiner)  Frau  Geld  in  den  Himmel 
trägt'.  Durch  eine  solche  Kontamination  von  direkter  und  indirekter  Rede 
erklärt  sich  übrigens  auch  der  Nominativ  in  lateinischen  Beispielen  wie 
Varro  r.  r.  II  4,  2 :  dixit  celeriter  se  Hlos,  ut  scrofa  porcos,  disiecturum 
(vgl.  Lachmann  zu  Lucrez  S.  176).  —  S.  287  regt  Hermann  an  zu  der 
Untersuchung  über  den  Ausdruck  des  neuhochdeutschen  'als'  nach  Kom- 
parativen in  den  griechischen  Inschriften.  Soweit  sein  lückenhaftes  Material 
ein  Urteil  gestatte,  sei  der  Genitivus  comparationis  häufiger  als  f|,  das 
erst  allmählich  aufkomme.  Eine  solche  Untersuchung  würde  dann  auch 
wohl  über  das  rätselhafte  ou  liöXXov  f|  oö  Licht  verbreiten.  Doch  ich 
kann  hier  nicht  weiter  auf  Einzelheiten  eingehen,  die  Fülle  der  Belehrung 
und  Anregung,  die  das  Buch  bietet,  wird  nur  der  an  sich  erfahren,  der 
es  selbst  zur  Hand  nimmt.  Ich  will  nur  noch  kurz  auf  einige  Punkte 
eingehen,  in  denen  ich  mit  dem  Verfasser  nicht  übereinstimme. 

Hermann  leugnet  S.  223  f.,  daß  der  adjektivische  Gebrauch  von  6c 
urgriechisch  oder  gar  vorurgriechisch  sei,  6c  war  nach  ihm  von  Haus 
aus  nur  substantivisches  Relativ,  vgl.  auch  S.  240  und  330.  Der  adjek- 
tivische Gebrauch  von  öc  sei  erst  im  Laufe  der  griechischen  Sprach- 
entwicklung dadurch  entstanden,  daß  ein  als  Apposition  nachgestelltes 
Substantivum  in  den  Relativsatz  hineingezogen  wurde,  z.  B.  B  38  oOb^ 
TÖ  fibr\,  ä  ()o  Zeuc  linbero  Hpfa,  wo  das  von  Haus  aus  appositioneil  nach- 


10  Hermann  Griechische  Forschungen  I. 

gestellte  Ipya  später  mit  ä  zu  einer  engen  Einheit  verknüpft  worden 
wäre.  Abgesehen  davon,  daß  Ameis-Hentze  zu  Z  421  und  Anhang  zu 
ß  119  ähnlich  urteilen,  wird  man  hier  an  die  Erklärung  erinnert,  die 
Vogrinz  Grammatik  des  homerischen  Dialektes  (Paderborn  1889)  S.  196 f. 
für  die  adjektivische  Funktion  des  Demonstrativs  6  (ö)  bei  Homer  ver- 
sucht hat.  Auch  er  geht  nur  von  einem  substantivischen  6  aus,  wie 
es  z.  B.  in  B  402 :  aüxdp  8  ßoOv  i^peucev,  ävaS  ävbpiöv  Ayom^iixvujv  vor- 
liegt; durch  sekundäre  Verschmelzung  des  Demonstrativs  mit  der  nach- 
folgenden Apposition  sei  erst  auf  griechischem  Boden  der  adjektivische 
Gebrauch  von  6  entstanden.  Diese  Erklärung  von  Vogrinz  wird  bei 
Brugmann-Thumb  Griechische  Grammatik  S.  484  mit  Recht  zurückge- 
wiesen, weil  nach  Ausweis  der  verwandten  Sprachen  die  adjektivische 
Verwendung  des  Demonstrativstammes  *so  schon  urindogermanisch  war. 
Merkwürdigerweise  wird  nun  aber  die  von  Hermann  für  das  adjektivische 
Relativum  versuchte  Erklärung  bei  Brugmann-Thumb  a.  a.  0.  S.  642  ge- 
billigt, obwohl  sie  m.  E.  identisch  ist  mit  der  von  Vogrinz  für  das  De- 
monstrativum  aufgestellten  Hypothese.  Sie  scheitert  aber  ebenfalls  an 
der  Tatsache,  daß  der  adjektivische  Gebrauch  des  Relativs  nach  Ausweis 
des  Arischen  schon  indogermanisch  war,  cf.  Delbrück  Vgl.  Synt.  III  298  f. 
Auch  das  homerische  Sprachmaterial  führt  bei  ungezwungener  Deutung 
zu  dem  Schluß,  daß  das  adjektivische  Relativum  schon  vorhanden  war, 
man  vgl.  nur  Stellen  wie  A  44ff. :  aX  YÖp  Ott'  f\e\\iu  Ti  Kai  oüpaviy  dcxe- 
pöevTi  /  vaierdouci  tröXriec  ^Ttixöoviujv  ävepduTrujv, /rduiv  |ioi  itepi  Kfjpi 
TidcKexo  'IXioc  Ipr).  T  167:  8c  hl  k'  dvrip  oivoio  Kopeccduevoc  Kai  ^bujbr|C 
/  dvbpdci  .  .  .  TTo\e.ui2Ir),  /  GapcaX^ov  vu  oi  ritop,  ähnlich  A306:  8  c  bl  k' 
dvrip  diTÖ  djv  öx^ujv  ^rep'  dpiiiae'  iKrixai,  /  ^TX^'  öpeldcQw.  Die  letzte  Stelle 
zitiert  auch  Hermann  S.  223  f.  mit  der  Bemerkung,  daß  es  hier  noch 
möglich  sei,  'ävi]p  prädikativ  zu  fassen' ;  das  verstehe  ich  nicht.  Bei 
ungezwungener  Deutung  wird  niemand  das  6c  bi  k'  dvrip  der  beiden 
homerischen  Stellen  anders  auffassen  als  das  bei  Plautus  geläufige  qui 
homo  in  Stellen  wie  Most.  1041  Qui  homo  timidus  erit  in  rebus  dubiis, 
nauci  non  erit,  Aul.  790,  Cure.  380  usw.  Daß  an  manchen  homerischen 
Stellen  wirkliche  Apposition  vorliegt,  darin  stimme  ich  mit  Hermann  voll- 
kommen überein,  vgl.  z.  B.  a  69  f. :  KükXujttoc  KCxöXiuxai,  6v  öqp6a\|io0 
dXduucev,  /  dvxiöeov  TToXüqpriiaov,  aber  Hermann  geht  entschieden  zu  weit, 
wenn  er  S.  224  behauptet,  daß  Belege  für  rein  adjektivisches  6c  bei 
Homer  nicht  zu  finden  seien.  Wie  die  Mehrzahl  der  bei  Hermann  S.  223  f. 
genannten  Beispiele  zu  beurteilen  ist,  wird  sich  erst  entscheiden  lassen, 
wenn  die  Untersuchungen  über  die  Wortstellung  im  Griechischen  und  in 
den  verwandten  Sprachen  weiter  gediehen  sind,  und  zwar  denke  ich 
hier  vor  allem  an  Untersuchungen  über  die  sog.  'Verschränkung'  des 
Relativs  und  die  'Spaltung'  zusammengehöriger  Begriffe.  Letztere  liegt 
m.  E.  z.  B.  in  B  38  vor:  oüb^  xd  f|bn,  ä  ^a  Zeöc  luribexo  f pT«,  wo  ich 
Ipfa  nicht  mit  Hermann  (S.  223)  als  nachträgliche  Apposition  fasse. 
Auch  über  die  sog.  'Attractio  inversa'  wissen  wir  noch  zu  wenig  um, 
wie  Hermann  S.  224  das  tut,  behaupten  zu  können,  daß  der  Akkusativ 
«puXaKdc  in  K416:  qjuXoKdc  b' de  €ip£ai,  t^piuc,  oö  xic  K€Kp»M^vn  f)üexai 
cxpaxöv  oüb^  q)uXdccei  als  Assimilation  an  das  folgende  Relativum  auf- 
gefaßt werden  muß.  Ich  hoffe  demnächst  gelegentlich  einer  Untersuchung 
über  die  lateinische  'Attractio  inversa'  zeigen  zu  können,  daß  wir  auch 
hier  vom  adjektivischen  Relativum  ausgehen  können.  —  Bei  der  Behandlung 


Hermann  Griechische  Forschungen  I.  11 

der  Assimilation  des  griechischen  Relativuras  sagt  Hermann  S.  238  daß 
seine  Vorgänger  auf  diesem  Forschungsgebiete  'zu  einem  vollen  Verständnis 
der  Assimilation  nicht  vorgedrungen'  wären.  Zwei  Punkte,  die  für  die 
Erklärung  dieser  Erscheinung  von  wesentlicher  Bedeutung  sind,  haben 
aber  schon  Hermanns  Vorgänger  mit  Nachdruck  betont,  nämlich  einmal 
die  Tatsache,  daß  der  Relativsatz  sehr  oft  die  bloße  Umschreibung  eines 
Nominalbegriffes  ist.  und  sodann  die  sog.  Ellipse  des  Demonstrativs  vor 
dem  Relativ.  Daß  der  Relativsatz  'nominis  est  vicaria'  hat  schon  R. 
Foerster  De  attractione  enunt.  relativ.  (Berlin  1868)  S.  31  bemerkt,  vgl. 
auch  Fr.  Dietrich  De  attractionis  pronominis  relativi  usu  Sophocleo 
(Darmstadt  1878)  S.  off.  und  besonders  Karl  Reisert  Zur  Attraktion  der 
Relativsätze  in  der  griechischen  Prosa  (Neustadt  1889)  I.  Teil  S.  21.  Für 
die  Ellipse  des  Demonstrativs  vor  dem  Relativum.  worauf  Hermann  S.  239 
mit  Recht  großes  Gewicht  legt,  verweise  ich  z.  B.  auf  G.  T.  A.  Krüger 
Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  lateinischen  Sprache  (3  Teile,  Braun- 
schweig 1820 — 27)  S.  257  f.,  der  übrigens  hier  S.  28  f.  auch  schon  eine 
Bemerkung  Buttmanns  über  den  nominalen  Charakter  der  Relativsätze 
zitiert.  Daß  vor  sog.  umschreibenden  Relativsätzen  kein  Demonstrativ 
steht,  läßt  sich  in  verschiedenen  Sprachen  beobachten ;  instructiv  ist  z.  B. 
die  Stelle  in  der  altpersischen  Inschrift  NRa  §  4  (S.  90  bei  Weißbach): 
patikarä  didij  tiai[i\  gätum  bardtii  'blick  die  Bilder  (derer)  an.  die  den 
Thron  tragen'  =  'der  Thronträger'.  In  b  177  laiav  itöXiv  ilaXanälac  /  ai 
TrepivaieTciouciv  ist  der  Relativsatz  Umschreibung  des  Begriffes  'Nachbarn', 
und  in  der  Plautusstelle  Capt.  9-41 :  Quod  bene  fecisti,  referetur  gratia 
kann  man  den  Genitiv  beneficü  für  den  Relativsatz  einsetzen.  Auf  Grund 
der  oben  erwähnten  beiden  Punkte  (Relativsatz  =  Nominalbegriff  und 
Ellipse  des  Demonstrativs)  hat  sich  nun  Foerster  a.  a.  0.  S.  30  die  Er- 
scheinung der  Assimilation  an  folgendem  Beispiele  klar  zu  machen  ver- 
sucht: Tntellectu  destitutum  est  raöra  öuoid  den;  necessarium  est  com- 
plementum  dativo,  quem  ouoioc  notio  flagitat,  comprehensum,  ut  toTc 
coic  XÖToic,  pro  quo  si  enuntiatio  rel.  usurpatur,  dativus  ille  appareat 
necesse  est  in  pronomine  rel. :  oic  eiptiKac'.  Ich  muß  gestehen,  daß  ich 
durch  Hermanns  Ausführungen  S.  239  f.  auch  nicht  zu  einem  volleren 
Verständnis  der  Erscheinung  gekommen  bin.  —  S.  286  f.  beschäftigt  sich 
Hermann  mit  der  Erklärung  von  ri  'als'  hinter  Komparativen.  Mit  Brug- 
mann  geht  er  von  der  Bedeutung  'wie'  aus,  meint  aber,  daß  ein  Satz 
wie  Meiluiv  f|  c6  nur  verstanden  werden  könne,  wenn  vor  dem  r\  noch 
eine  Negation  stände,  d.  h.  'er  ist  größer,  nicht  (ist  er)  wie  du'.  Daß 
diese  Annahme  nicht  nötig  ist,  wird  schon  bei  Brugmann-Thumb  Griech. 
Gramm.  S.  625  betont.  Hermann  beruft  sich  für  seine  Theorie  aufs 
Litauische,  wo  hinter  positivem  Komparativ  meist  nekaip  =  'als'  ge- 
braucht wird.  Hier  dürfte  aber  die  Negation  ebenso  zu  erklären  sein, 
wie  in  den  bei  Ziemer  Junggramm.  Streifzüge  S.  14i  behandelten  Fällen, 
z.  B.  Jes.  Sir.  29,  14  'der  wird  dir  besser  sein  denn  kein  Gold'  nach 
'kein  Gold  ist  so  gut  tvie  er.  Diese  Konstruktion  findet  sich  übrigens 
auch  im  Lateinischen,  wofür  hier  ein  Beleg  aus  dem  Alt-  und  Spätlatein 
genannt  sein  mag:  Ennius  Sc.  428  topper  quam  nemo  melius  seit,  wo 
nemo  statt  quisquam  steht  (cf.  Frobenius  Synt.  d.  Ennius  S.  16  A4);  Petri 
diaconi  Liber  de  Locis  Sanctis  117,  22:  res  pulchriores  quam  in  nullo 
tnari  (P.  Geyer  Itinera  Hierosolym.  pg.  423).  —  Zur  Erklärung  von  öxi 
'weil'  sagt  Delbrück  Vgl.  Synt.  III  344  kurz:  "auf  xi  'warum?'  antwortete 


12  Pekmezi  Grammatik  der  albanesischen  Sprache. 

man  mit  öti  'weil'."  Hermann  S.  292  hält  diese  Deutung  für  überflüssig, 
nach  ihm  ist  öxi  das  Produkt  einer  Analogiebildung.  Ich  sehe  aber 
keinen  Grund  ein,  von  Delbrücks  Deutung  abzugehen,  da  sie  auf  einem 
für  das  Griechische  charakteristischen  Sprachgebrauch  beruht  und  durch 
ähnliche  Erscheinungen  in  anderen  Sprachen  gestützt  wird.  Arist.  Nub. 
214  heißt  es :  dW  y]  Aanebaiiaiuv  iroO  'cB' ;  fl:  öttou  'ctiv  ;  aOrril  =  'du  fragst, 
wo  es  ist  ?',  wozu  Kock  bemerkt :  'In  der  Wiederholung  der  F'rage  durch 
den  Gefragten  steht  regelmäßig  das  relativ-interrogative  Pronomen  und 
Adverbium',  vgl.  auch  Brugmann-Thumb  Griech.  Gramm.  S.  64ö.  Das  auf 
Ti  antwortende  öti  ist  dann  auf  ähnlichem  Wege  zur  kausalen  Konjunktion 
geworden,  wie  lat.  qiita  und  spätlat.  qiiare  (vgl.  franz.  cur  'denn'),  was 
im  Einzelnen  bei  Wackernagel  Verm.  Beitr.  S.  22  f.  ausgeführt  ist.  Wie 
sich  bei  öti  aus  der  Bedeutung  'weil'  die  explikative  Bedeutung  ent- 
wickelt hat,  zeigt  Delbrück  Vgl.  Synt.  3,  344 f.  —  Die  Erklärung  der  ver- 
schiedenen Bedeutungen  der  Konjunktion  idg.  *jod  leitet  Delbrück  Vgl. 
Synt.  3,  831  ff.  überzeugend  aus  einer  ursprünglichen  temporalen  Funktion 
her;  auszugehen  ist  von  Stellen  wie  RV.  3,  48,  2  ydj  jdyathOs  tdd  dhar 
apibah  'als  du  geboren  wurdest,  an  dem  Tage  trankst  du',  wo  der  Haupt- 
satz einen  Zeitbegriff  enthält.  Hermann  möchte  hier  lieber  von  den  sog. 
locker  angeknüpften  Kausalsätzen  ausgehen,  was  mich  nicht  überzeugt. 
S.  335  oben  gesteht  er  selbst,  daß  sich  ein  vorurgriech.  *iod  mit  tem- 
poraler Bedeutung  erschließen  läßt.  So  könnte  man  noch  in  manchen 
Punkten  anderer  Meinung  sein,  z.  B.  sehe  ich  keinen  Grund  ein,  mit 
Hermann  S.  309  von  der  bei  Brugmann-Thumb  a.  a.  0.  S.  599  gegebenen 
Erklärung  des  Infinitivs  nach  Tipiv  abzugehen,  auch  mit  dem  S.  229  aus- 
gesprochenen Zweifel  daran,  daß  ibc  'wie'  bei  Homer  digammiert  war, 
wird  Hermann  keinen  ungeteilten  Beifall  finden,  im  allgemeinen  aber 
sind  die  Aufstellungen  des  Verfassers  wohl  durchdacht  und  gut  begründet. 
Der  Druck  des  Werkes  ist  sorgfältig,  nur  folgende  Kleinigkeiten  sind 
mir  aufgestoßen:  S.  55  Z.  22  lies  V  285  st.  286.  S.  188  Z.  1  u.  fehlt  vor 
'ungeeignet^  wohl  die  Negation  'nicht.'  S.  229  Z.  19  unten  lies  Delbrück 
3,  339  St.  399.  S.  262  Z.  10  unten  lies  Ojc  l^piu  st.  ibc  öpuj.  Die  Anm. 
auf  S.  275  gehört  zur  folgenden  Seite. 

Leipzig.  W.  Havers. 


Pekmezi,  G.    Grammatik  der  albanesischen  Sprache  (Laut-  und  Formen- 
lehre). Wien,  Verlag  des  albanesischen  Vereins  'Dija'  1908.  IV,  294  S.  8  M. 
Lambertz,  M.  &  G.  Pekmezi.    Lehr-   und   Lesebuch  des   Albanischen. 
Wien  und  Leipzig,  Hartleben  o.  J.  (1913,  Die  Kunst  der  Polygloltie,  107). 
VIII,  182  S.    Gebunden  2  M. 
Weigand,  G.    Albanesische  Grammatik  im  südgegischen  Dialekt  (Durazzo. 
Elbassan,  Tirana).    Leipzig,  Barth  1913.    X,  189  S.    Gebunden  6  M. 
1.  Albanien  und  das  albanische  Volk  ist  durch  die  jüngsten  poli- 
tischen  Ereignisse   in  den  Gesichtskreis  europäischer  Interessen  gerückt 
worden.    Vor  wenigen  Jahren   noch  hatte  nicht  einmal  die  europäische 
Diplomatie   eine   richtige  Vorstellung  von  der  albanischen  Frage,  deren 
Bedeutung   den   Kennern   des  eigenartigen  Volkes  sclion  längst  klar  ge- 
worden  war.    Heute  sorgt  die  Presse  dafür,  daß  ein  w^eiteres  Publikum 
über  jenes  Volk  unterrichtet  wird  —  aber  über  die  ethnographische  und 
linguistische  Stellung  der  Albaner  begegnet  man  noch  oft  genug  falschen 


Pekmezi  Grammatik  der  albanesischen  Sprache.  13 

Ansichten,  die  um  so  sicherer  vorgetragen  zu  werden  pflegen,  je  weniger 
kompetent  ihre  Urheber  sind.  Doch  das  erwachende  Interesse  schafft  das 
Bedürfnis  nach  Belehrung,  und  das  kommt  auch  der  Sprachwissenschaft 
zu  gute,  da  es  grammatische  Hilfsmittel  hervorruft  und  so  unsere  Kenntnis 
der  Sprache  bereichert.  Es  ist  daher  kein  Zufall,  daß  uns  auf  einmal 
zwei  neue  Grammatiken  beschieden  werden;  beiläufig  genannt  sei  auch 
das  kurze,  im  wesentlichen  Paradigmen  enthaltende  Elementarbüchlein 
von  K.  Steinmetz  ('Albanische  Grammatik,  nordalbanische  Mundart', 
Sarajewo  1913,  40  S.)  und  desselben  Verfassers  'Albanisches  Notwörter- 
buch' (Sarajewo  1912).  Doch  hat  auch  vorher,  seit  dem  Erscheinen  von 
G.  Meyers  Alb.  Grammatik  (1888),  die  Produktion  nicht  still  gestanden. 
So  erhielten  wir  in  Piskos  Kurzgefaßtem  Handbuch  der  nordalban.  Sprache 
(Wien  1896)  ein  treffliches  praktisches  Hilfsmittel  zur  Erlernung  des  nord- 
gegischen,  insbesondere  skutarinischen  Dialekts,  wie  ich  selbst  an  mir  er- 
probt habe.  Librandis  Grammatica  albanese  con  le  poesie  rare  di  Variboba 
(Mailand  1897,  in  den  Manuali  Hoepli)  ist  eine  sehr  summarische  Be- 
handlung des  italienischen  Albanisch,  das  eine  neue  gründliche  Dar- 
stellung sehr  wohl  verdiente ;  ob  de  Radas  Caratteri  e  grammatica  della 
lingua  albanese  I  (Corigliano  Calabro  1894)  modernen  Anforderungen 
entspricht,  kann  ich  nicht  sagen.  Auch  auf  die  albanisch  geschriebenen 
Schulgrammatiken  möge  hingewiesen  werden,  nicht  nur  weil  sie  die 
grammatische  Terminologie  in  albanischer  Sprache  geben,  sondern  weil 
sie  auch  mundartliche  Besonderheiten  bieten.  Ich  nenne  das  Abetar  i 
ghuhes  shqip  (Brüssel  1899)  und  die  Grammatika  apo  folmarmja  shqype 
per  shkolla  (Sofia  1912);  die  in  Legrands  Bibliographie  albanaise  N'^  535 
und  605,  sowie  in  der  Alban.  Bibliographie  von  Manek,  Pekmezi  und  Stotz 
S.  90  und  116  verzeichneten  Grammatiken  sind  mir  nicht  bekannt.  Diese 
albanisch  geschriebenen  Bücher  zeigen,  wie  eine  wissenschafthch  noch 
kaum  ausgebildete  Sprache  bei  gutem  Willen  und  Geschick  solchen 
Zwecken  dienstbar  gemacht  werden  karm;  in  gleichem  Sinn  bemühten 
sich  auch  verschiedene  Aufsätze  der  im  Jahre  1909  nach  zehnjährigem 
Bestehen  leider  eingegangenen  Zeitschrift  'Albania'. 

Wer  sich  zunächst  einmal  ins  Albanische  einarbeiten  will,  für 
den  kommen  heute  neben  G.  Meyer  und  Pisko  die  hier  zu  besprechenden 
Werke  in  Betracht.  Die  bedeutendste  Leistung  ist  die  große  Grammatik 
von  Pekmezi,  die  ein  Gegenstück  zu  G.  Meyer  bildet,  weil  sie  die  alba- 
nischen Dialekte  auf  sprachwissenschaftlicher  Basis  behandelt.  Darin 
liegt  der  Vorzug,  in  gewissem  Sinn  auch  der  Nachteil  des  Buches,  sofern 
man  nach  didaktischen  Gesichtspunkten  das  Buch  beurteilt.  Pekmezi  geht 
vom  Mittelalbanischen  aus,  das  bis  jetzt  hterarisch  keine  Rolle  gespielt 
hat,  und  glaubt  so,  den  'normalen  allgemeinen  Typus'  darstellen  zu 
können,  indem  er  "die  gemeinsam  gegisch-toskischen  Züge  hervorkehrt, 
•  .  .  jedoch  auch  alle  dialektischen,  toskischen  und  gegischen  Abweichungen 
verzeichnet"  (S.  111).  So  tritt  also  weder  das  Gegische  noch  das  Toskische 
in  seiner  Eigenart  deutlich  hervor,  aber  diese  Stellung  der  Aufgabe,  die 
an  sich  gut  gelöst  ist,  scheint  mir  für  den  Lernenden  ungeeignet,  weil 
es  eben  noch  keine  mittelalbanische  Schriftsprache  gibt;  sie  ist  auch 
vom  wissenschaftlichen  Standpunkt  aus  nicht  gerade  glücklich,  weil  die 
Erfassung  des  Gegensatzes  von  Toskisch  und  Gegisch  mir  zunächst  wich- 
tiger scheint;  dieses  Mittelalbanische,  das  noch  wenig  erforscht  ist,  tritt 
uns  allerdings  durch  die  Grammatik  Pekmezis  deutlicher  vor  Augen  als 


14  Pekmezi  Grammatik  der  albanesischen  Sprache. 

bisher:  es  ist  die  Sprache  der  Heimat  des  Verfassers,  doch  ist  mir  nicht 
ganz  klar,  ob  er  nur  den  Dialekt  von  Elbassan  darstellt,  wie  ich  aus  S.  3 
vermute,  oder  ob  er  eine  gewisse  Durchschnittssprache  des  mittleren 
Albaniens  im  Auge  hatte.  So  reich  der  von  Pekmezi  gebotene  Sprachstoff 
ist,  so  ist  doch  die  Grammatik  von  G.  Meyer  daneben  nicht  entbehrlich 
geworden,  da  z.  B.  über  das  italienische  und  griechische  Albanisch  nichts 
gesagt  wird,  auch  in  der  Einleitung  nicht,  wo  ein  Hinweis  auf  G.  Meyers 
Alb.  Studien  5  und  6  und  auf  Straticö  Manuale  della  letteratura  albanese 
(Mailand  1896)  willkommen  wäre. 

Die  Einleitung  enthält  manches,  was  für  die  den  albanischen 
Studien  fernerstehenden  Leser  interessant  sein  wird,  über  Literatursprache, 
über  Volksliteratur.  Der  Abschnitt  über  die  albanischen  Alphabete  be- 
handelt etwas  eingehender  diese  für  die  künftige  Literatursprache  wich- 
tige Frage  (S.  9  ff.).  Ich  vermisse  einen  Hinweis  auf  das  'altalbanische' 
Alphabet  des  18.  Jahrhunderts,  das  zu  manchen  Phantasien  über  die 
älteste  Geschichte  der  europäischen  Alphabete  Veranlassung  gegeben  hat. 
Da  die  Albanesen  selbst  noch  nicht  zu  einer  Einigung  gelangt  sind,  so 
hat  Pekmezi  gut  getan,  nicht  etwa  ein  neues  Transkriptionssystem  auf- 
zustellen (eine  Entsagung,  die  den  meisten  Sprachforschern  schwer  fällt), 
sondern  sich  an  die  Schreibweise  G.  Meyers  im  Ganzen  anzuschließen. 
Sobald  die  Albaner  ein  eigenes  Staatswesen  bilden  werden,  müssen  sie 
sich  wenigstens  für  die  künftige  Staatssprache  über  eine  bestimmte  Ortho- 
graphie einigen,  und  der  Sprachforscher  wird  sie  zu  akzeptieren  haben, 
wie  er  die  Orthographie  sonstiger  Literatursprachen  akzeptiert.  Daß 
dieses  Einheitsalphabet  in  erster  Linie  dem  praktischen  Leben  und  nicht 
wissenschaflhchen  Zwecken  zu  dienen  hat,  ist  klar;  aber  mögen  sich  die 
Albanesen  wenigstens  von  wissenschaftlicher  Seite  beraten  lassen,  statt 
irgend  etwas  auszuklügeln,  was  weder  praktisch  noch  wissenschaftlich 
ist.  Das  Alphabet  der  Gesellschaft  Ba§kim  in  Skutari  scheint  mir  als 
Basis  geeignet,  nur  müßten  solche  Absonderlichkeiten  wie  x  =  z,  xh  :=  z 
beseitigt  werden.  Was  weiter  die  Aussprache  der  albanischen  Laute  be- 
trifft, so  hat  Pekezi  als  phonetisch  geschulter  Albanese  besonderen  An- 
spruch gehört  zu  werden.  Hier  gibt  die  Grammatik  z.  B.  über  die  Aus- 
sprache der  /-Laute  (S.  8),  über  den  Gegensatz  zwischen  der  expiratorischen 
Betonung  der  Tosken  und  der  musikahschen  Betonung  der  Gegen  (S.  16f.  4-7), 
über  die  Unterschiede  von  kurzen,  halblangen,  langen  und  überlangen 
Vokalen  (S.  17  f.,  46  ff.)  sehr  wichtige  und  neue  Auskunft.  So  treten  die 
phonetischen  Unterschiede  der  Dialekte  (die  S.  12  ff.  übersichtlich,  in  der 
Lautlehre  S.  46ff.  eingehender  erörtert  werden)  deutlicher  als  bisher  her- 
vor, geben  aber  auch  zu  neuen  Fragen  Anlaß,  deren  Beantwortung  der 
künftigen  albanischen  Dialektforschung  vorbehalten  sind.  In  der  Lautlehre 
habe  ich  gelegenthch  gegen  die  Formulierung  einer  Regel  oder  Beobachtung 
Bedenken.  Ich  hebe  das  Wichtigste  davon  hervor.  So  heißt  es  S.  47 : 
"Seiner  Stelle  nach  steht  der  Akzent  in  Grundwörtern  auf  der  letzten  Silbe 
und  nur  in  ganz  bestimmten  Fällen  auch  auf  der  vorletzten".  Richtiger 
wäre  es  eher  zu  sagen,  der  Akzent  ruht  in  der  Regel  auf  der  Wurzelsilbe; 
denn  charakteristisch  ist  für  die  indogermanischen  Bestandteile  des 
Albanischen  gerade  eine  Akzentzurückziehung  (vgl.  düh  xo^*ic,  baQt.  q)aKdc, 
hije  CKjd  u.  a.),  die  sich  gelegentlich  auch  in  griechischen  Entlehnungen 
äußert,  z.  B.  zärbtU  zu  Zepßöc,  fort  (cal.  for)  =.  <popd.  Die  Ausnahmen 
würde  ich  so  zusammenfassen :  nur  gewisse  wortbildende  Suffixe  fremden 


Pekmezi  Grammatik  der  albanesischen  Sprache.  15 

Ursprungs  ziehen  den  Akzent  auf  sich,  nämlich  -tar-,  -tuar-  itor),  -f-  (-/-). 
-im-,  -ist-,  beim  Yerbum  -o-  {-ue-),  -e-  (-ie-),  -is-,  -os-,  -as-;  dieser  allgemeinen 
Regel  wären  dann  die  einzelnen  Fälle  hinzuzufügen,  deren  Betonung  nur 
aus  der  Etymologie  zu  verstehen  ist.  Wenn  ferner  S.  öi  bej  'ich  mache' 
gegenüber  der  gedehnten  Form  prej  'ich  erquicke'  sich  leicht  aus  dem 
Satzakzent  erklären  soll,  so  wünschte  man  doch  über  diesen  Satzakzent 
und  seine  Regeln  einige  Aufklärung :  so  steht  die  Erklärung  in  der  Luft. 
Unklar  ausgedrückt  ist  die  Diphthongierungsregel  §  31  (S.  55).  Zu  noh 
neh.  äoh  seh  S.  57  bemerke  ich,  daß  es  sich  hier  um  keinen  Umlaut 
handeln  kann,  sondern  daß  eine  urindogermanische  Vokaldoppelheit  zu- 
grunde liegt,  wie  ich  Deutsche  Lit.-Zeitung  1913  Sp.  805  kurz  dargelegt 
habe ;  auch  S.  58  Z.  1  ist  die  Bezeichnung  'Umlaut'  ungeeignet.  Der  merk- 
würdige Abfall  des  auslautenden  r  in  bie  'ich  bringe'  und  Mie  'ich  werfe' 
(S.  67),  der  vom  Verfasser  einfach  konstatiert  wird,  und  mit  dem  auch 
G.  Meyer  nichts  anzufangen  wußte,  ist  m.  E.  lautgesetzlich  so  zu  formu- 
lieren: wenn  hinter  dem  r  in  der  indogermanischen  Grundform  nur  ein 
ungedeckter  Vokal  stand  {*bhero),  so  fiel  r  ab ;  es  blieb  aber  vor  idg.  -os, 
-es,  -is,  z.  B.  duar  idür)  =  idg.  *gheres  'Hände'.  Daß  der  Übergang  von  br 
in  vr  in  tosk.  vrim  gegenüber  geg.  brCtn  'Loch'  eine  'Assimilation'  sei,  ist 
mir  nicht  recht  verständlich. 

Die  'Lautlehre'  behandelt  nur  die  internen  albanischen  Vorgänge; 
die  Beziehungen  zu  den  Lauten  der  verwandten  Sprachen  werden  in  der 
Einleitung  S.  19  ff.,  die  Lautwandelungen  in  den  lateinischen  Elementen 
ebenda  S.  34  ff.  in  engster  Anlehnung  an  G.  Meyer  und  Meyer-Lübke  dar- 
gestellt. Die  Formulierung,  die  von  G.  Meyer  herrührt,  bedarf  einmal 
einer  durchgehenden  Nachprüfung  ;  denn  wir  müssen  heute  doch  manches 
anders  auffassen,  als  es  G.  Meyer  getan  hat.  Das  hat  sich  mir  bei  meinen 
Vorlesungen  über  albanische  Grammatik  öfter  ergeben,  und  die  trefflichen 
Arbeiten  von  Jokl  bestätigen  es. 

In  dem  Abschnitt  Formenlehre  treten  die  vergleichend-historischen 
Gesichtspunkte  ganz  zurück:  es  kam  dem  Verfasser  darauf  an,  die  Tat- 
sachen ausgiebig  darzustellen.  Vorangeschickt  ist  ein  Abschnitt  'Das 
wichtigste  vom  Verbum'  (S.  69  ff.),  dann  folgt  die  Flexion  des  Nomens 
und  Pronomens,  und  hierauf  die  eingehende  Behandlung  des  Verbums. 
Den  Nutzen  dieser  Einrichtung  sehe  ich  beim  ganzen  Charakter  des 
Buches  nicht  recht  ein :  durch  geschickte  Druckanordnung  hätte  derselbe 
Zweck  erreicht  werden  können.  Eine  reichliche  Verwendung  von  Petitsatz 
in  allen  Teilen  des  Buches  würde  dem  Lernenden  gute  Dienste  leisten. 
Denn  ich  habe  in  meiner  Vorlesung,  wo  ich  das  Buch  zugrunde  legte, 
von  meinen  Hörern  öfter  gehört,  daß  das  praktische  Erlernen  der  Sprache 
nach  dem  Buche  nicht  gerade  leicht  sei.  So  verwirrt  z.  B.  in  der  Deklina- 
tion die  Masse  von  Paradigmen,  die  nicht  in  einige  deutliche  Gruppen 
zerlegt  sind.  Der  Verfasser  hätte  außerdem  durch  Kleindruck  Raum  ge- 
wonnen, um  das  wenige  zu  notieren,  was  bis  jetzt  über  den  Ursprung 
der  albanischen  Flexionsformen  festgestellt  ist.  In  den  Arbeiten  von 
Bopp,  G.  Meyer,  Meyer-Lübke  u.  a.  ist  immerhin  das  eine  oder  andere 
morphologische  Problem  behandelt.  Gelegentlich  nimmt  auch  der  Ver- 
fasser den  Anlauf  zu  einer  neuen  Erklärung  (so  z.  B.  §  72,  Schluß),  aber 
vom  Prinzip  der  Analogiebildung,  das  auch  im  albanischen  Formensystem 
oft  zutage  liegt,  macht  Pekmezi  doch  nur  einen  ganz  spärlichen  Gebrauch: 
man  könnte  dadurch  manche  Form  verständlich  machen,  so  z.  B.  wenn 


16  Lambertz  Lehr-  und  Lesebuch  des  Albanischen. 

S.  172  über  die  Imperativformen  epni  und  ipni,  mirni  und  mimi  oder 
S.  180  ff.  über  die  Aoristbildung  auf  -ta  gehandelt  wird.  Bei  der  Behand- 
lung des  sogenannten  Admirativus  (S.  197  f.)  hätte  ich  endlich  eine  etwas 
ausführlichere  syntaktische  Beschreibung  gewünscht;  das  Partizipium 
fbamen  und  seine  Konstruktion  vermisse  ich  ganz  (vgl.  Pisko  S.  59). 
Dankenswert  sind  dagegen  die  Bemerkungen  zur  Wortbildung  (S.  219  ff.), 
in  der  freilich  lebendige  und  längst  erstorbene  Suffixe  (wie  -t-  in  dtte) 
nicht  gelrennt  werden,  die  Zusammenstellung  der  Präfixe  (über  die  jüngst 
Jokl  manches  gute  gesagt  hat)  und  die  Zusammenstellung  der  charak- 
teristischen Regeln  der  albanischen  Komposition,  die  durch  die  Häufigkeit 
von  Bildungen  wie  jetegate  'Leben-lang'  =  'langlebig',  uh^krüß  'Weg-Kreuz' 
=  'Kreuzweg'  ein  besonderes  Gepräge  hat. 

Das  reichhaltige  Wörterverzeichnis  am  Schlüsse  (S.  230—283)  ist 
nicht  nur  ein  Wegweiser  für  die  Benutzer  der  Grammatik,  sondern  gibt 
außerdem  einen  ganz  guten  Überblick  über  den  albanischen  Wortschatz. 

Unser  Urleil  über  das  Buch  zusammenfassend  dürfen  wir  sagen: 
Pekmezis  Grammatik  ist  eine  wertvolle  wissenschaftliche  Darstellung  des 
Albanischen,  die  eine  Grundlage  für  die  weitere  Erforschung  bilden  wird. 

2.  Die  kleine  Grammatik  von  Lambertz  und  Pekmezi  ist  wegen 
ihrer  praktischen  Anlage  sehr  gut  zur  Einführung  in  das  Albanische  ge- 
eignet. In  den  ersten  zehn  Lektionen  wird  zunächst  eine  ganz  kurze 
grammatische  Übersicht  mit  albanischen  und  deutschen  Übungssätzen 
geboten  unter  Zugrundelegung  des  nordgegischen  Dialekts  "wie  er  von 
den  nordalbanischen  Schriftstellern  verwendet  wird,  die  sich  um  Skutari 
als  geistiges  Zentrum  scharen"  (S.  2).  Der  Dialekt  ist  nicht  ganz  identisch 
mit  dem  von  Pisko  dargestellten  Dialekt,  denn  die  Verfasser  behalten 
z.  B.  die  Schreibung  des  e  bei,  das  in  Skutari  selbst  nicht  mehr  gesprochen 
und  daher  von  Pisko  völlig  ignoriert  wird.  Es  läßt  sich  nicht  leugnen, 
daß  die  Verwendung  des  e  wenigstens  in  der  Schrift  für  die  Einprägung 
und  das  Verständnis  mancher  Formen  vorteilhaft  ist.  Die  leidige  Alphabet- 
frage wird  durch  Annahme  des  auf  dem  nationalen  Kongreß  von  Monastir 
1908  beschlossenen  'Einheilsalphabets'  entschieden ;  ich  halle  gegen  dieses 
Alphabet  nichts  einzuwenden,  wenn  es  nicht  so  seltsame  Zeichen  wie 
f  =  tS,  oder  gar  x{h)  =  dz  [dz)  hätte,  und  würde  es  schließlich  hinnehmen, 
wenn  es  wirklich  das  Einheitsalphabet  wäre. 

In  Lektion  11 — 20  wird  an  der  Hand  eines  zusammenhängenden 
Textes  (Geschichte  des  Skanderbeg)  die  Grammatik  weiter  ausgeführt, 
darauf  folgen  weitere  Lesestücke,  die  durch  einen  sprachlichen  Kommentar 
(bis  Nr.  10)  und  ein  am  Schlüsse  beigegebenes  Glossar  verständlich  werden. 
Sie  sind  teilweise  im  toskischen  (auch  italienischen)  Albanisch  abgefaßt; 
über  die  Eigentümlichkeiten  des  Toskischen  wird  kurz  S.  113  ff.  orientiert. 
Dieser  Lesestoff  gibt  einen  trefflichen  Einblick  in  die  jüngste  Literatur- 
bewegung der  Albaner ;  man  begegnet  nicht  nur  Dichtern  wie  Geg  Postrippa 
und  Naim  Be  Fraäeri,  sondern  auch  den  Versuchen  einer  Kunstprosa. 
Die  Prosaliteratur,  die  zuerst  meines  Wissens  von  der  oben  genannten 
Zeitschrift  'Albania'  in  bemerkenswerter  Weise  gepflegt  wurde,  ist  gar 
nicht  so  unerheblich,  wie  man  bei  dem  'literaturlosen*  Volk  annehmen 
möchte.  Ich  vermisse  unter  den  Autoren  Faik  Bey  Konitsa,  den  Heraus- 
geber jener  Zeitschrift,  der  sich  um  die  Ausbildung  einer  albanischen 
Schriftsprache  große  Verdienste  erworben  hat. 


Weigand  Albanesische  Grammatik  im  südgegischen  Dialekt.         17 

3.  Einen  gleichen  praktischen  Wert  kann  ich  dem  Buch  von  Weigand 
nicht  zuerkennen.  Zwar  enthält  es  auch  Übungsstücke  (mit  deutscher 
Übersetzung)  und  leichtere  Texte  (meist  Märchen,  leider  ohne  Glossar!),  aber 
die  Tatsachen  und  Regeln  treten  nicht  mit  der  einfachen  Klarheit  hervor, 
wie  das  von  einem  'praktischen'  Lehrbuch  erwartet  werden  muß.  Seltsam 
berührt  die  Bemerkung  der  Vorrede,  daß  es  bis  jetzt  an  einer  praktischen 
Grammatik  gefehlt  habe,  als  ob  nicht  die  Grammatik  von  Pisko  einem 
solchen  Bedürfnis  für  das  Gegische  durchaus  genügte.  Weiter  aber  er- 
wartet man  von  einer  praktischen  Grammatik,  daß  sie  eine  Sprachform 
zugrunde  lege,  die  im  Land  selbst  eine  gewisse  literarische  Verwendung 
findet,  wie  das  Lambertz  und  Pekmezi  (2)  getan  haben.  Weigand  stellt 
den  südgegischen  Dialekt  dar,  "der  das  zwischen  Elbassan,  Durazzo, 
Kroja,  Dibra,  Struga  liegende  Gebiet  umfaßt",  und  wünscht  diesem  'Dialekt 
die  ihm  gebührende  Stellung'  zu  verschaffen,  obwohl  er  selbst  betont, 
daß  dieser  Dialekt  vorläufig  noch  gar  nicht  fixiert  ist.  Mag  auch  die 
Wahl  des  Südgegischen  als  der  künftigen  nationalen  Schriftsprache  durch 
sprachliche  Erwägungen  nahegelegt  sein  (vgl.  auch  meine  Bemerkungen 
zu  Pekmezis  Grammatik  oben  S.  13  f.),  so  wird  doch  der  Lernende  gut  tun, 
sich  an  eine  bereits  literarisch  verwendete  Form  des  Albanischen  zu 
halten;  denn  ob  einmal  der  Dialekt  von  Durazzo  die  offizielle  Schrift- 
sprache werden  wird  (ich  halte  es  nicht  gerade  für  wahrscheinlich),  hängt 
von  der  künftigen  Entwicklung  des  jungen  Staatswesens  und  der  jungen 
Literatur  ab,  und  da  kommt  es  weniger  auf  die  Sprachwissenschaft  als 
auf  die  Macht  der  Tatsachen  an. 

Aber  sehen  wir  von  diesen  praktischen  Gesichtspunkten  ab.  so 
muß  anerkannt  werden,  daß  Weigands  Grammatik  eine  sehr  erwünschte 
Bereicherung  unserer  Kenntnis  der  albanischen  Sprache  bedeutet.  Der 
Verfasser  beschreibt  den  Dialekt  von  Durazzo  usw.  auf  Grund  eigener 
Beobachtung  an  Ort  und  Stelle,  wobei  er  die  talkräftige  Unterstützung 
gebildeter  Einwohner  fand.  Wie  weit  die  Beobachtungen  richtig  sind, 
kann  ich  nicht  nachprüfen,  habe  aber  auch  keinen  Grund  daran  zu 
zweifeln.  Für  Phonetik,  Wortbildung  und  Syntax  ergibt  sich  wohl  der 
größte  Gewinn  —  das  let7.te  Kapitel  ist  ohnehin  in  den  bisherigen  Gram- 
maliken stiefmütterlich  behandelt.  In  der  Transkriptionsfrage  schließt  sich 
Weigand  im  Ganzen  an  das  Alphabet  der  Gesellschaft  Baskim  (s.  oben 
S.  14)  an,  hält  sich  aber  fern  von  so  merkwürdigen  Vorschlägen  wie  q  =  /c 
oder  gar  x  =  z  (vgl.  auch  das  oben  gesagte).  Da  die  Albaner  selbst  noch 
gar  nicht  einig  sind  (und  es  wohl  noch  lange  nicht  sein  werden),  so  wäre 
es  doch  vorläufig  am  besten,  wenn  die  Verfasser  von  albanischen  Gram- 
matiken sich  im  Ganzen  an  die  Transkription  von  G.  Meyer  hielten  — 
zum  Nutzen  der  Sache,  wie  das  Pisko  und  Pekmezi  (1)  getan  haben. 

Mit  sprachwissenschaftlichen  Erläuterungen  hält  der  Verfasser  zu- 
rück, soweit  sie  nicht  für  das  Verständnis  einer  Regel  nützlich  sind. 
Nicht  immer  kann  ich  jene  für  richtig  halten,  so  wenn  der  Genetiv  des 
Personalpronomens  i  ati  als  ein  ursprüngUcher  Dativ  erklärt  wird  (S.  62) ; 
ati  ist  doch  vielmehr  ein  richtiger  Genetiv,  der  wie  der  neugriechische 
Genetiv  auch  als  Dativ  verwendet  wird.  Endlich  muß  noch  ein  bedenk- 
licher Lapsus  ganz  anderer  Art  moniert  werden,  der  zeigt,  daß  der  Ver- 
fasser mit  der  (alt)griechischen  Sprache  auf  etwas  gespanntem  Fuß  steht : 
Weigand  spricht  stets  (z.  B.  111  ff.)  von  'Anomalia'.  Wie  denkt  sich  eigent- 
lich der  Verfasser  den  Singular  zu  diesem  griechischen  Worte?   Ja,  mit 

Anzeiger  XXXIII.  2 


18  Schneider  De  verbi  in  lingua  latina  collocatione. 

der  Kenntnis  des  Griechischen  geht  es  wirklich  sehr  bergab,  wenn  sogar 
Dozenten  der  Philologie  solche  elementare  Fehler  in  Lehrbüchern 
drucken  lassen. 

Straßburg.  Albert  Thumb. 


Schneider  N.  De  verbi  in  lingua  latina  collocatione.  Adhibiti  sunt  in 
quaestionem  praeter  Caesaris  de  hello  Gallico  et  de  hello  civili  commen- 
tarios  A.  Hirtii  de  hello  Gallico  et  anonymi  de  hello  Alexandrino  com- 
mentarius.    Diss.  Münster  1912.  —  108  S. 

Diese  Schrift  gehört  sicher  zum  Anregendsten  und  insofern  auch 
trotz  mancher  Mängel  im  einzelnen  zum  Erfreulichsten,  was  über  latei- 
nische Wortstellung  geschrieben  ist.  In  flüssigem,  eleganten  Latein  und 
lebendiger  Darstellung  wird  die  Stellung  des  Verhums  in  vielseitiger  — 
manchmal  zu  vielseitiger  —  Weise  und  mit  gelegentlich  treffender  Be- 
obachtung erörtert.  Eine  Menge  von  Problemen  werden  gestreift,  seltener 
freilich  auf  ihren  letzten  Kern  untersucht.  Ausdrücklich  bezeichnet  der 
Verfasser  sein  Verfahren  als  Induktion ;  eine  restlose  Beantwortung  der 
Fragen  gedenkt  er  nicht  zu  geben  ('quod  haec  ipsa  materia  penitus  exhauriri 
omnino  non  potest').  Nicht  ganz  folgerichtig  scheint  es  mir,  wenn  der 
Verfasser  seine  induktiv  gewonnenen  Gesetze  dann  doch  zu  den  obersten 
Prinzipien  der  Sprachgestaltung,  wie  sie  von  anderen  auf  deduktivem  Weg 
festgelegt  sind,  in  eine  keineswegs  immer  als  notwendig  einleuchtende 
Beziehung  zu  bringen  sucht.  In  den  allgemeinen  psychologischen  und 
phonetischen  Erörterungen  liegt  denn  auch  unverkennbar  die  Schwäche 
des  Werkes ;  hier  wäre  größere  Selbständigkeit,  besonders  in  der  metho- 
dischen Verallgemeinerung  der  oft  recht  guten  eigenen  Beobachtungen, 
zu  wünschen  gewesen.  So  stehen  denn  verschiedenartige  psychologische 
Grundanschauungen  unvermittelt  nebeneinander,  und  die  eigene  Ansicht 
des  Verfassers  wird  durch  die  Auseinandersetzung  mit  den  verschiedensten 
Standpunkten  mehr  verwischt  als  geklärt.  Daß  die  Motive  der  Wortstel- 
lung gelegentlich  (S.  47)  ins  'Unterbewußtsein'  verschoben  werden,  spricht 
nicht  für  besondere  Vertrautheit  mit  der  psychologischen  Terminologie. 
Es  ist  um  des  vielen  Guten  willen,  was  die  Arbeit  bringt,  bedauer- 
lich, daß  der  Verfasser  die  Nachprüfung  seiner  Ergebnisse  durch  einen 
doppelten  Fehler  fast  unmöglich  gemacht  hat.  Man  erwartet  nämlich, 
die  Beispiele  würden  jeweils  so  gewählt,  daß  für  sie  keine  andere  als 
die  gerade  in  Rede  stehende  Erklärung  in  Betracht  kommen  könnte,  was 
bei  dem  Umfang  des  Materials  doch  sicher  möglich  gewesen  wäre;  das 
ist  nicht  der  Fall,  und  sehr  häufig  könnte  die  Glaubwürdigkeil  der  Analyse 
auf  Grund  der  in  andern  Kapiteln  aufgestellten  Erklärungsprinzipien  ange- 
fochten werden.  Schlimmer  noch  als  diese  Willkürlichkeit  der  Auswahl 
ist,  daß  jeweils  nur  wenige  Stellen  ausgeschrieben  und  dann  nicht  etwa 
die  übrigen  mit  Buch-  und  Kapitelzahl  aufgeführt  werden,  sondern  nur 
die  ungefähre  Anzahl  der  dem  Verfasser  vorliegenden  analogen  Beispiele 
angegeben  wird.  Eine  vollständige  Angabe  der  Belege  würde  den  Umfang 
des  Buches  um  wenige  Texlseiten  vermehrt,  seinen  Wert  aber  außer- 
ordentlich gehoben  haben,  da  es  an  derartigen  Sammlungen  völlig  fehlt. 
Statistiken  ohne  Kontrollmöglichkeit  sind,  solange  die  Prinzipien  noch  nicht 
einwandfrei  feststehen,  wertlos. 


Schneider  De  verbi  in  lingua  latina  collocatione.  19 

Auch  sonst  lassen  sich  gegen  die  Methode  des  Buches  Bedenken 
geltend  machen,  die  durch  die  Sicherheit,  mit  der  die  Ergebnisse  vor- 
getragen werden,  nicht  zu  zerstreuen  sind.  Gerade  ein  induktives  Ver- 
fahren bedarf  sorgfältigster  Berücksichtigimg  aller  etwa  für  die  Erklärung 
in  Betracht  kommender  Einzelfaktoren;  hier  vermißt  man  Wesenthches, 
nicht  einmal  die  —  längst  erkannte  —  Sonderstellung  der  Nebensätze 
ist  zu  ihrem  Becht  gekommen.  Selten  findet  sich  Scheidung  nach  Bedeu- 
tungsklassen, Tempora,  Aktionsarten ;  das  bleibt  alles  in  Ansätzen  stecken. 

An  Versehen  im  einzelnen  fehlt  es  nicht.  Die  §-Überschriften  findet 
man  z.  T.  erst  im  Register.  Einiges  inhaltlich  Verfehlte  möchte  ich  ver- 
merken. §  8,  S.  34.  Gall.  6,  30,  2  magnae  ftiit  fortunae  omtii  militari 
instrumento  .  .  .  erepto  .  .  .  ipsum  effugere  mot-tem.  Hier  soll  dasVerbum 
effugere  enklitisch  an  ipsum  angelehnt,  also  schwachbetont  sein.  Gerade- 
sogut kann  man  ihm  den  Hauptakzent  des  Satzes  vindizieren.  —  S.  39 
wird  das  Verschmelzen  der  korrelativen  Demonstrative  mit  der  relativen 
(nach  dem  Muster  sowie,  sicut)  in  eine  ganz  imverständliche  Parallele 
gebracht  mit  Verbindungen  wie  sed  cum,  et  quoniam.  —  S.  4:1  wird  die 
Stellung  der  verba  dicendi  und  sentiendi  innerhalb  der  von  ihnen  abhängigen 
Konstruktionen  treffend  mit  der  der  'Schaltesätze'  wie  inquit,  credo  ver- 
glichen: aber  unter  den  Beispielen  tauchen  plötzlich  Verben  wie  coadus 
est,  consuecit  auf,  denen  doch  ganz  gewiß  keine  Schaltesätze  an  die  Seite 
gestellt  werden  können.  —  S.  35.  Das  Verbum  geht  voran,  wenn  es  die 
Wirkung  einer  vorhergenannten  Ursache  bezeichnet;  darunter  Gall.  1, 18,  2 
quaerit  ex  solo  ea,  qiiae  in  conventu  dixerat.  dicit  liberius  atque  audacius, 
wo  eben  die  Adverbien,  nicht  dasVerbum  den  Ausdruck  der  Folge  enthalten. 
Es  müßte  also,  wäre  das  Erklärungsprinzip  durchzuführen,  7.  d.  atque  aud.' 
heißen.  Das  Asyndeton,  das  doch  der  Wortstellung  geradezu  die  syntak- 
tische Funktion  der  fehlenden  Verbindungspartikel  aufnötigt,  ist  hier  wie 
durchgehend  unbeachtet  geblieben,  wohl  die  schlimmste  Unterlassung  der 
Arbeit.  —  S.  72/73  werden  Sätze  wie  cum  iam  defenderet  nemo  in  Gleichung 
gesetzt  mit  solchen  wie  neque  .  .  .  repertus  est  quisquam,  obwohl  im  einen 
Fall  die  Negation  selbst,  im  anderen  nur  eine  negationsverstärkende 
Partikel  die  'abnorme'  Stellung  einnimmt.  —  S.  74 :  daß  die  von  Eigen- 
namen abgeleiteten  Adjektive  tatsächlich,  von  formelhaften  Verbindungen 
abgesehen,  nicht  'post  substantivum  plerumque  inveniuntur',  hätte  der 
Verfasser  den  im  10.  Kapitel  meiner  IF.  29,  1  ff.  veröffentlichten  Abhand- 
lung enthaltenen  Zusammenstellungen  entnehmen  können.  —  S.  93  ist  der 
Begriff  Epexegese  nicht  scharf  erfaßt ;  sie  liegt  wirkhch  vor  in  civ.  3,  99,  2 
sie  enim  Caesar  existimabat,  eo  proelio  excellentissimam  viiiutem  Crastini 
fuisse,  was  aber  Gall.  1,37,7  coactos  esse  .  .  .  obstring  er  e'^sese  hier  zu  tun 
haben  soll,  ist  unerfindlich.  —  Durch  Druckversehen  ist  S.  64,  Z.  10 
unverständlich  geworden. 

Die  Schrift  zerfällt  in  folgende  Hauptteile :  enklitische  Stellung  des 
Verbums ;  AnfangssteUung  (gedeckte  Anfangsstellung  §  34) ;  Verdrängung 
des  Verbums  aus  der  Endstellung  durch  unbetonte  und  durch  starkbetonte 
Satzteile ;  Stellung  der  Adverbialien  hinter  dem  Verbum.  Es  folgen  dann 
noch  kleinere  Abschnitte,  nur  die  Stellungsverschiebungen  aus  Gründen 
der  Deutlichkeit  (§  48 — 56)  nehmen  einen  größeren  Raum  ein. 

Das  Prinzip  der  enklitischen  Stellung  des  Verbs  formuliert  Schneider 
dahin,  daß  das  schwachbetonte  Verbum  die  Neigung  zeigt,  sich  dem  ton- 
stärkslen  Wort  des  Satzes  anzuschließen,  wodurch  gelegentlich  syntaktisch 


20  Schneider  De  verbi  in  lingua  latina  collocatione. 

Zusammengehöriges  auseinandergerissen  wird.  Treffend  lehnt  er  dabei, 
neben  anderen  älteren  Ansichten,  den  Versuch  ab,  mit  dem  Ausdruck 
'Hyperbaton'  den  Sinn  einer  Erklärung  dieser  Tatsache  zu  verbinden.  Ich 
glaube  indes  auch  dem  Prinzip  des  Verfassers  nicht  ganz  die  Tragweite 
zusprechen  zu  können,  die  er  ihm  vindiziert.  Er  hat  es  nämlich,  offenbar 
von  der  Voraussetzung  ausgehend,  daß  der  Satz  als  Ganzes  von  vorn- 
herein konzipiert  sei  und  die  Modifikationen  der  Wortstellung  demnach 
als  nachträgliche,  auf  gewissermaßen  mechanischem  Gesetze  beruhende 
Verschiebungen  aufzufassen  seien,  unterlassen  im  einzelnen  Fall  zu  fragen, 
ob  das  Verbum  nicht  der  ursprünglichen  Konzeption  nach  vielleicht  wirk- 
lich am  Satzschluß  stand  und  das  Folgende  demnach  als  nachträglicher 
korrektiver  Zusatz  gedeutet  werden  könnte;  was  mir  gleich  bei  den  erst- 
genannten Beispielen  —  Gall.  5,  44,  8  casus  .  .  .  dextram  moratur  [manum] 
und  Hirt.  Gall.  8, 13,1  proelia  .  .  .,  quae  ad  vada  transitusque  fiebant  [paludis] 
—  durchaus  das  Wahrscheinlichere  dünkt.  In  anderen  Fällen  ließe  sich 
das  schließende  Glied  als  Träger  einer  Nebenmitteilung  fassen,  die  dem 
inhaltlich  schon  abgeschlossenen  Satz  nachträglich  grammatisch  einver- 
leibt wurde.  Einer  richtigen  Würdigung  der  Korreklurerscheinungen  — 
sie  werden  später  kurz  abgehandelt  —  stand  wohl,  neben  der  von  der 
gewählten  Bezeichnung  'traiectio'  ausgehenden  Suggestion,  hauptsächlich 
die  Wundtsche  Anschauung  im  Weg,  daß  der  Satz  als  Ausdruck  einer 
ursprünglich  einheitlichen  und  geschlossenen  Gesamtvorstellung  aufzu- 
fassen sei  und  sich  also  in  allem  Wesentlichen  des  Aufbaus  als  durch 
die  statische  Struktur  jener  bedingt  erweisen  lassen  müsse.  Nach  Abzug 
der  als  Korrekturen  erklärbaren  Stellen  würde  das  Material  des  Verfassers 
erheblich  zusammenschmelzen.  Doch  verdient  seine  These  auf  jeden 
Fall  aufmerksame  Verfolgung.  Freilich  darf  sich  eine  Untersuchung  dieser 
Art  dann  nicht  auf  das  Verhältnis  von  zwei  oder  drei  Satzteilen  be- 
schränken, sie  muß  in  jedem  Fall  jeden  einzelnen  Teil  des  Satzes  auf 
seine  innere  und  syntaktische  Beziehung  zum  Verbum,  auf  seinen  Mit- 
teilungs-,  Anschauungs-,  Expositions-  und  Orientierungswert  prüfen. 

In  seiner  Auffassung  vom  Verhältnis  des  rhetorischen  und  psycho- 
logischen Moments  kann  ich  dem  Verfasser  nicht  ganz  beistimmen.  Man 
muß  m.  E.  mit  Ausdrücken  wie  'natürliche'  Wortstellung  sehr  vorsichtig 
sein.  Das  Rhetorische  kann  in  der  Natur  des  einzelnen  Schriftstellers 
begründet  oder  ihm  durch  Gewöhnung  zur  'zweiten  Natur'  geworden  sein ; 
es  kann  andererseits  gerade  im  Affekt  den  unmittelbarsten  Ausdruck  echter 
Empfindung  darstellen.  'Künstlich'  sind  die  Figuren  der  Rhetorik  nicht 
an  sich,  sie  wirken  nur  künstlich  und  unwahr,  wo  sie  gewohnheitsmäßig 
auch  gegen  den 'Stil  des  y^voc  und  ohne  dessen  seelische  Voraussetzungen 
angewandt  werden.  Die  rein  logische  Abfolge  der  Redeteile  kann  jeden- 
falls auch  keinen  Anspruch  darauf  machen  als  die  natürlichste  zu  gelten ; 
gerade  in  der  ungezwungenen  Rede  passieren  die  sonderbarsten  Worl- 
verschränkungen,  die  man,  wo  sie  literarisch  auftreten,  dann  leicht  als 
unnatürlich  zu  bezeichnen  geneigt  ist. 

Im  zweiten  Abschnitt  behandelt  Schneider  die  Anfangsstellung  des 
Verbs.  Jespersens  Termini  'Gegendruck'  und  'Neuheilsdruck'  werden  rezi- 
piert, doch  nicht  ohne  auf  die  enge  innere  Verwandtschaft  hinzuweisen 
('cum  ipsum  novum  notiori  et  solito  sempcr  contrarium  sit'  S.  45).  Be- 
achtenswert scheint  mir  die  Beobachtung,  daß  in  Satzverbindungen  wie 
Gall.  7,  4,  2  sq.  expeltitur  ex  oppido  Oergovia ;  non  dtttitit  tarnen  —  der 


Windisch  Das  keltische  Britannien  bis  zu  Kaiser  Arthur.  21 

Gegensatz  durch  die  Voranstellung  des  Verbums  'exp.'  vorbereitet  ist.  — 
S.  55  Anfangsstellung  der  Verba  'quae  proxime  res  praecedentes  excipiunt'. 
Meist  steht  (S.  56)  das  Verbum  im  Praesens  historicum ;  das  eine  vom  Ver- 
fasser angeführte  Gegenbeispiel  im  Perfekt  Gall.  ■!■,  34,  4  secutae  sunt  .  .  . 
tetnpestates  gehört  mit  Rücksicht  auf  das  in  seiner  Bedeutung  liegende 
Beziehungsmoment  in  eine  andere  Kategorie. 

Allzu  rationaüstisch  scheint  mir  das  Argument,  mit  dem  der  Ver- 
fasser im  Anschluß  an  H.  Weil  die  Anfangsstellung  des  Verbums  z.  B.  im 
Märchenanfang  'es  war  einmal  .  .  .'  zu  rechtfertigen  sucht :  ''verbum  seil, 
substantivum  vel  auxiliare,  cum  multo  universiorem  habeat  notionem, 
multo  aptius  est  ad  illam  'expositionem'".  Gerade  der  von  Ph.  Wegener 
übernommene  Ausdruck  müßte  auf  das  Irrige  der  Anschauung  hinleiten. 
Das  'es  war  Einmal . . .'  des  Märchens  soll  durch  das  Tempus  des  Verbums 
unsern  Blick  von  der  Gegenwart  abziehen  und  auf  eine  ferne  Vergangenheit 
hinlenken,  der  Mangel  an  anschaulichen,  d.  h.  eben  exponierenden 
Werten  kann  höchstens  als  Spannungsmoment  gewertet  werden.  —  Im 
ganzen  möchte  ich  diesen  Abschnitt  als  den  gelungensten  bezeichnen. 

Aus  den  übrigen  Teilen  der  Arbeit  will  ich  nur  Einzelheiten  heraus- 
greifen. S.  67 :  Endstellung  von  se,  sese  im  Anschluß  an  das  Verbum  im 
B.  Gall.  nicht  nachzuweisen,  wohl  aber  in  dem  stiüstisch  lässigeren  B.  civ. 
S.  68  Endstellung  des  —  bereits  vorher  erwähnten  —  Namens  Caesar 
civ.  2,  32.  5 :  'hunc  locum  non  minus  facile  intellegeres,  si  omnino  deesset 
nomen  Caesaris'.  Hierzu  mag  man  meine  Ausführungen  a.  a.  0.  S.  23 
vergleichen.  —  Die  enge  Verbindung  des  Verbums  mit  voraufgehendem 
Objekt  in  Fällen  wie  legatos  miitunt  auxUium  petitum  ist  S.  90  ver- 
merkt, aber  nicht  gebührend  gewürdigt.  —  Trefflich  ist  die  Bemerkung 
(S.  91)  'apud  Caesarem  ipsas  causas  et  rationes  multo  magis  expressas 
et  servatas  esse ;  apud  Hirtium  et  anonymum  usu  et  consuetudine  latius 
interdum  fines  prolatos  esse' ;  das  führt  zu  weittragenden  Konsequenzen. 
Gerade  der  kultivierteste  Schriftsteller  wird  das  feinste  Gefühl  dafür 
haben,  von  welchem  Punkte  an  die  analogistische  Übertragung  von  stil- 
fremden Stellungstypen,  die  der  lässigen  Diktion  eignet,  die  Durchsichtig- 
keit des  in  der  Wortstellung  reflektierten  Bildes  der  Vorstellungsbewegimg 
gefährdet.  Gegenstücke  bietet  die  Alltagsrede  in  Menge.  —  S.  92  wird 
über  die  Nachstellung  der  Infinitive  gehandelt.  Sehr  ausgedehnte  Kon- 
struktionen folgen  dem  Verbum  nach,  gelegentlich  aber  auch  solche  'quae 
ante  verbum  collocatae  haud  ita  magnam  difficultatem  praeberent.  Sed 
in  huiusmodi  rebus,  quae  sensu  disceptantur,  certa  ratio  nunquam  statui 
poterit ;  et  similia  in  participii  constructionibus  eadem  lege  collocatis  in- 
veniuntur'.  Ein  geringer  Trost:  sollte  nicht  eher  in  beiden  Fällen  Anlaß 
zum  Zweifel  gegeben  sein?  — 

Eine  Abhandlung  gleichen  Gegenstandes  von  Axel  W.  Ahlberg  (de 
lat.  verbi  finiti  collocatione  et  accentu  quaestiones,  fran  Filol.  fören.  Lund 
1906)  ist  dem  Verfasser  leider  entgangen. 

Freiburg  i.  B.  Hermann  Ammann. 

Windisch,  E,  Das  keltische  Britannien  bis  zu  Kaiser  Arthur.  Leipzig, 
Teubner.  1912.  301  S.  8".  (Abhandlungen  der  philol.-hist.  Klasse  der 
k.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  Bd.  29,  Nr.  6).    9  M. 

Bien  que  cet  ouvrage  soit  avant  tout  destine  aux  philologues  et 

aux  historiens  du  moyen  äge  celtique,  les  linguistes  peuvent  en  tirer 


22  Windisch  Das  keltische  Britannien  bis  zu  Kaiser  Arthur. 

aussi  plus  d'un  enseignement  precieux.  L'auteur  s'est  propos6  d'y  donner 
un  exposö,  ample  et  approfondi  ä  la  fois,  des  questions  qui  se  rattachent 
aux  legendes  brittoniques  et  notamment  k  la  16gende  d'Arlhur.  C'est 
Arthur  qui  forme  le  centre  de  l'ouvrage,  et  qui  le  domine.  Mais  avant 
d'aborder  le  heros  lui-m6me,  l'auteur  r^sume  ce  que  nous  savons  des 
Bretons  depuis  les  origines,  de  leur  histoire,  de  leurs  moeurs,  de  leurs 
croyances.  Et  d'autre  part,  il  a  groupe  autour  d'Arthur  ses  comparses 
et  ses  acolytes,  Gwalchmai,  Gereint,  Owein,  Kei,  et  d'une  fa^on  generale 
tous  les  personnages  qui  rentrent  dans  le  cycle  d'Arthur,  y  compris  les 
h6ros  du  Graal  et  Tristan.  C'est,  comme  on  le  voit,  un  trös  vaste  sujet, 
et  qui  touche  ä  la  linguistique  par  plus  d'un  point.  Tout  celtiste  qui  ne 
limite  pas  l'ötude  du  langage  k  la  determination  des  sons  et  des  formes 
grammaticales,  tout  linguiste  qui  se  soucie  des  'Realien'  et  cherche 
derri^re  les  mots  les  idees  qu'ils  reprösentent  doit  savoir  gre  ä  M.  Windisch 
de  fournir  une  orientation  precise  au  milieu  d'un  dedale  de  textes,  de 
thöories  et  de  faits. 

Les  Premiers  chapitres  intöresseront  surtout  ceux  qui  se  mölent 
de  disserter  sur  les  origines  celtiques.  Dans  quelle  mesure  ces  origines 
nous  sont  revel6es  par  les  noms  propres,  c'est  ce  qu'il  etait  hon  une 
fois  de  pröciser.  Bien  des  historiens  sont  portes  ä  faire  cette  mesure 
trop  large  et  ä  bätir  sur  de  vagues  ressemblances  de  formes  des  theories 
aventureuses.  A  ceux-lä,  M.  Windisch  donne  une  le<;on  de  methode :  il 
faut  voir  avec  quelque  prudence  scrupuleuse  il  apprecie  les  etymologies 
onomastiques,  avec  quelle  juste  severitö  il  traite  les  fantaisies  mytholo- 
giques.  Certains  celtistes,  mfime  des  plus  illustres,  sortent  de  ses  dis- 
cussions  un  peu  malmenös;  c'est  une  excellente  lepon  pour  les  aulres, 
qui  n'ont  pas  l'excuse   de  l'äge  ni  la  consideration  des  Services  rendus. 

Les  chapitres  qui  sont  specialement  consacrös  ä  la  legende 
arthurienne  contiennent  (ja  et  lä  quelques  discussions  sur  les  textes: 
plus  d'un  passage  obscur  ou  conteste  s'y  trouve  interpr6t6  de  main  de 
maitre,  et  par  suite  le  sens  de  plus  d'un  mot  y  est  precis6.  C'est  encore 
du  hon  travail  linguistique,  tel  que  pouvait  l'entreprendre  M.  Windisch, 
qui  connait  si  bien  la  langue  de  l'^pop^e  irlandaise,  et  avait  ainsi  k  sa 
disposition  de  nombreux  points  de  comparaison. 

Un  chapitre  tout  enlier  est  consacr6  k  la  langue  (p.  238 — 250j;  il 
merite  d'etre  signal6  ici  particuli^rement.  A  vrai  dire,  sous  le  nom  de 
langue,  l'auteur  n'entend  parier  que  du  vocabulaire;  mais  juslement  le 
vocabulaire  des  r6cits  gallois  du  moyen  äge  offre  un  grand  int6ret.  On 
y  retrouve,  refletöes  comme  dans  un  miroir,  toutes  les  influences  qui  ont 
agi  sur  la  civilisation  galloise  et  qui  ont  contribu6  ä  former  la  litt^rature 
arthurienne.  Le  fran^ais  d'abord;  non  pas  celui  de  Crestien  et  de  B6roul, 
mais  celui  des  barons  normands  installes  dans  le  Pays  de  Galles  k  la 
suite  de  la  conqu6te,  et  qui  y  inlroduisaient  avec  leur  langue  des  id6es, 
des  habitudes  et  des  modes  fran^aises.  Ce  n'esl  guiire  par  des  raisons 
litt6raires  que  s'expliquent  les  emprunts  au  fran9ais;  il  y  a  plus  encore 
de  raisons  politiques  et  sociales  qui  expliquent  cette  invasion  de  mots 
fran^ais  en  gallois.  Cette  question  sera  sans  doute  traitöe  densemble 
un  jour  prochain.  Pour  le  moment,  M.  Windisch  a  bien  raison  de  rappeler 
la  thöorie  qu'il  a  donn6e  naguöre  des  'Mischsprachen';  eile  est  ici  tout 
k  fait  k  sa  place  et  trouve  dans  l'histoire  du  moyen  gallois  une  brillante 
conflrmation.    Aprös  l'influence  fran^aise,  il  faut  faire  une  place  k  l'in- 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.        23 

fluence  anglaise  et  ä  l'influenee  danoise,  sans  parier  de  l'influence  irlan- 
daise,  plus  delicate  souvent  ä  determiner,  mais  cependant  indeniable  et 
manifeste  en  quelques  beaux  exemples.  Sans  doute,  c'est  du  point  de 
vue  litteraire  et  pour  expliquer  la  formation  des  recits  gallois  que 
M.  Windisch  aborde  ainsi  Tetude  du  vocabulaire;  mais  les  resultats  qu'il 
6tabht  ont  un  interet  general.  Ce  n'est  pas  le  moindre  merite  de  ce 
bei  ouvrage  que  de  fournir,  outre  un  expose  philologique  aussi  varie 
que  solide,  des  aperQUS  linguistiques  d'une  reelle  portee. 

Paris.  J-  Vendryes. 

Pedersen  H.  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.  2.  Band. 

Bedeutungslehre    (Wortlehre).      Göttingen,    Yandenhoeck    &   Ruprecht 

1913.   842  S.   S-».    23  M. 

In  diesem  zweiten  Band  *)  führt  Pedersen  sein  großes  Werk  zu 
Ende,  indem  er  die  Stammbildung,  Flexion  und  Satzbildung  aller  keltischen 
Dialekte  behandelt,  die  syntaktischen  Teile  an  die  einzelnen  Wort-  und 
Flexionsformen  anknüpfend.  Auch  hier  tritt  überall  seine  ausgezeichnete 
Beherrschung  des  Stoffes,  die  Schärfe  seiner  Interpretation  und  die  Reich- 
haltigkeit seiner  Sammlungen  zutage.  Z.  B.  von  allen  Wörtern  und  Formen 
der  Würzburger  Glossen  scheint  er  ein  so  vollständiges  Verzeichnis  zu 
besitzen,  daß  man  wünschen  möchte,  es  veröffentlicht  und  der  Keltologie 
allgemein  zugänglich  gemacht  zu  sehen,  zumal  Ascoli  die  Partikeln  usw. 
meist  weggelassen  hat.  Auf  der  andern  Seite  findet  man  auch  in  diesem 
Bande  wieder  eine  Kühnheit  der  Erklärung,  die  mir  die  Grenzen  des 
bei  so  spät  überlieferten  Sprachen  Erklärbaren  gänzlich  zu  verkennen 
scheint.  Fast  nichts  bleibt  unerklärt;  überall  stellt  sich  irgend  eine  Hypo- 
these ein.  So  begegnet  es  z.  B.  Pedersen  (S.  379f.)  den  Umlaut  der  kymr. 
3.  Sing,  edwi/n  'er  kennt'  aus  der  Einmischung  der  urindogermanischen 
Medialendung  (ai.  jajne)  ins  Aktiv  zu  erklären,  die  unterstützt  worden 
sein  soll  durch  den  angeblichen  alten  Aorist  *b}ii[t  'er  schlug'  —  der 
ir.  Plur.  beotar  weist  für  bi  vielmehr  auf  eine  Grundform  *biue  (Handb. 
§  694  c)  — ,  während  jetzt  Morris  Jones  (Welsh  Gr.,  S.  355)  zeigt,  daß 
edwyn  eine  ganz  späte  Analogiebildung  für  älteres  adwaen,  atwen  ist. 
Nun,  hier  hat  sich  Pedersen  wenigstens  durch  ein  'vielleicht'  salviert; 
aber  anderwärts  treten  ganz  ebenso  luftige  oder  noch  luftigere  Hypothesen 
völlig  zuversichtlich  auf.  Das  macht  den  großen  Unterschied  seiner  Gram- 
matik von  der  Grammatica  Celtica  aus;  bei  dieser  trat  die  Erklärung 
ganz  hinter  die  Darstellung  des  tatsächlichen  Sprachbaus  zurück,  bei 
Pedersen  drängt  sich  die  Theorie  in  den  Vordergrund.  Daß  ihm  dabei 
auch  manches  Einleuchtende  eingefallen  ist  und  daß  er  auch  nach  dieser 
Richtung  Gutes  und  Neues  bringt,  brauche  ich  kaum  zu  bemerken;  ich 
verweise  etwa  auf  die  Gleichstellung  des  Suffixes  von  kymr.  cardotai 
'Bettler'  mit  dem  von  ir.  scelaige  'Erzähler'  (das  also  bessere  Schreibung 
ist  als  scelaide),  wodurch  die  abgeleiteten  Verben  (mit  ir.  -ag-)  Anschluß 
erhalten  (S.  23),  oder  auf  die  interessante  Beobachtung  über  die  Stellung 
der  Nebensätze  in  dreisätzigen  Perioden  (S.  240). 

Pedersen  hat  in  der  Besprechung  meines  Handbuchs  des  Altiri- 
schen*) eine  Art  Parallele  zwischen  unseren  zwei  Werken  gezogen.  Das 

1)  Zum  1.  Band  vgl.  IF.  Anz.  26,  24;  27,  13. 

2)  GGA.  1912,  S.  19  ff. 


24       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

möchte  ich  andern  überlassen,  auch  hier  nicht  auf  theoretische  Einzel- 
heiten dieser  Rezension  eingehen,  obschon  sie  einiges  genauer  formu- 
liert als  Pedersens  1.  Band,  sondern  nur  zu  einem  Punkt  etwas  Positives 
nachtragen.  Auf  Grund  der  von  Bergin  und  mir  aufgestellten  Theorie 
über  die  altirische  Konsonantenfärbung  habe  ich  (Handb.  §  157)  ausge- 
sagt, der  Stamm  von  orcun  'Töten'  Gen.  oircne  Akk.  orcuin  orcain  müsse 
zwischen  c  (=  g)  und  n  einen  hellen  Vokal  enthalten  haben  (im  Gegen- 
satz etwa  zu  fedan,  fednae),  während  Pedersen  1,  348;  2,  56  (vgl.  a.a.  0.  43) 
*orgonä  ansetzt.  Eine  erwünschte  Bestätigung  erhält  nun  unser  Ansatz 
durch  den  leider  früher  von  mir  übersehenen  Namen  eines  kalabrischen 
Volksstamms,  den  Mela  Orgenomesqui,  Plinius  Orgenomescy  {Orgcnomes. 
auch  inschriftlich)  und  deren  Stadt  Ptplemäus  ApYevöiaecKov  nennt 
(Holder  s.  v.).  Es  sind  'die  sich  am  Totschlag  Berauschenden',  Ich  halte 
überhaupt  meine  Färbungsregeln,  soweit  ich  sie  nicht  selber  als  zweifel- 
haft bezeichnet  habe,  in  den  Grundzügen  noch  für  zutreffend  '). 

Daß  anderseits  Pedersen  verschiedentlich  richtiger  oder  genauer 
als  ich  gesehen  hat,  und  daß  ich  seinem  Buch  auch  fürs  Altirische 
manche  Belehrung  verdanke,  erkenne  ich  gerne  an;  und  es  ist  selbst- 
verständlich, daß,  wer  sich  mit  altirischer  Grammatik  beschäftigt,  unsere 
beiden  Werke  wird  beiziehen  müssen.  Die  Wahrheit  liegt  manchmal  auf 


1)  Handb.  §  163  enthält  allerdings,  anlautendes  sm-  sp-  im  Neu- 
irischen  betreffend,  einen  Lapsus,  den  Pedersen  a.  a.  0.,  S.  44,  mit  Recht 
rügt.  Dagegen  besteht  zwischen  S.  105  und  S.  95  meines  Handbuchs 
der  Widerspruch  nicht,  den  Pedersen,  S.  37  A.  1,  zu  konstatieren  glaubt. 
Ich  spreche  S.  105  ausdrücklich  von  Konsonanten,  'die  nach  §  165  um- 
gefärbt sind',  also  von  Wörtern,  die  archaisch  noch  mit  e  erscheinen 
(wie  Mumen :  Muman).  In  orcun  usw.  dürfte  die  Verdumpfung  des  Vokals 
bedeutend  früher  eingetreten  sein,  zu  einer  Zeit,  als  die  «-Färbung  der 
Konsonanten  noch  völlig  lebendig  war. 

In  Bezug  auf  das  t  vor  palatalisierten  Konsonanten  bemerke  ich, 
daß  es  sich  bei  dessen  Bezeichnung  als  'Gleitelaut'  durchaus  um  keine 
'Verwirrung'  oder  'unwissenschaftliche  Ausdrucksv/eise'  oder  'pädagogische 
Rücksichten'  (Pedersen  a.a.O.,  S.  38  f.) -gehandelt  hat.  Vielmehr  halte  ich 
die  Auffassung,  die  ich  ja  selber  eine  Zeitlang  als  einer  der  ersten  ver- 
treten habe,  daß  es  von  Anfang  an  nur  zur  Bezeichnung  der  Kon- 
sonantenfärbung diente,  für  ungenügend  und  zweifle  nicht  daran,  daß 
beim  Aufkommen  dieser  Schreibung  das  i  ebenso  einen  hörbaren  Laut 
bezeichnete,  wie  das  u  vor  «-farbigen  Konsonanten  —  wo  ja  die  Ver- 
schleppung in  F'ällen  wie  beura  (Plur.  zu  biur)  an  der  Lautung  keinen 
Zweifel  aufkommen  läßt  — ,  und  daß  z.  B.  das  Altirische  darum  nur  die 
Schreibung  immaUe[i)  'zugleich'  kennt  im  Gegensatz  zu  aile  'anderer*  und 
zu  der  mittelirisch  nicht  seltenen  Schreibweise  immaille,  weil  damals 
das  i  noch  einen  Übergangslaut  ausdrücken  würde,  der  in  diesem  endbe- 
tonlen  Wort  nie  gehört  worden  ist.  Ebenso  halte  ich  a  in  menmae  und 
mir.  fear  für  einen  wirklichen  Gleitelaut,  der  dann  allmählich  den  eigent- 
lichen Silbenvokal  zum  Teil  völlig  verdrängt  hat.  Ich  kann  natürlich 
nicht  behaupten,  daß  für  jeden  Schreiber  die  Buchstaben  noch  diese 
Bedeutung  hatten,  wohl  aber  für  die  Begründer  der  Orthographie,  die  ja 
zur  Zeit  unserer  Glossen  noch  sehr  jung  war,  wie  das  unsichere  Schwanken 
der  archaischen  Sprachdenkmäler  zeigt. 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.       25 

der  Mittellinie.  Hatte  ich  z.  B.  §  249,  1  gelehrt,  daß  bei  Abstrakten  transi- 
tiver Verben  der  Handelnde  durch  den  Dativ  mit  do  ausgedrückt  wird, 
und  hatte  ich  als  ein  den  Gegensatz  zum  Deutschen  deutlich  einprägendes 
Beispiel  a  serc  duit  'deine  Liebe  zu  ihm'  gebildet,  so  zeigt  Pedersen 
(S.  144),  daß  das  Beispiel  nicht  gut  gewählt  war,  indem  bei  sei-c  vielmehr 
die  Präp.  la  steht  (Wb.  23  a  27).  Aber  weniger  richtig  ist  nun  seine 
Regel,  daß  überhaupt  in  solchen  Fällen  Ja  verwendet  werde.  Die  seither 
erschienenen  Sammlungen  von  Fräser  (ZCP  8,  20  und  49)  und  von  Baudis 
(ebd.  9,  398  ff.)  bestätigen,  daß  do  durchaus  das  Gewöhnliche,  la  viel 
seltener  ist. 

Auf  die  Einzelheiten,  zustimmend  oder  ablehnend,  einzugehen, 
hieße  eine  zweite  Grammatik  schreiben.  Ich  begnüge  mich,  ein  paar 
Punkte  herauszuheben,  namentlich  solche,  die  Tatsächliches  betreffen, 
komme  aber  auf  das,  was  ich  in  der  Besprechung  des  1.  Bandes  bemerkt 
habe,  nicht  zurück. 

S.  20.  Sollte  kymr.  dncs  'Türe',  das  sich  mit  ir.  dorus  lautlich  nicht 
wohl  vereinigen  läßt,  nicht  eher  zu  mir.  drut,  dniit  'Schließen',  nir.  druidim 
'ich  schließe'  (aus  *druzd-)  gehören? 

S.  28.  nti(a)ide  heißt  nicht  einfach  'neu',  sondern  glossiert  nouellti» 
Ml.  17  b  5,  18  d  5,  also,  der  Bildung  entsprechend,  'neuartig,  frisch'  (wie 
marbd{a)e,  beod{a)e  zu  ntarb,  beo). 

S.  38.  Kymr.  gweryd  akorn.  guei-et  ist  frz.  gueret  'Brachfeld* 
(ueruactum). 

S.  40.  Das  britannische  Partizipialsuffix  -{e)tic  (kymr.  caredig  etc.) 
scheint  mir  aus  dem  Lateinischen  {dediticius  usw.)  entlehnt.  Das  in  der 
Bedeutung  meist  abweichende  ir.  -thech  erklärt  sich  aus  der  gewöhnlichen 
Suffixkombination  -it-aco-. 

S.  49.  Gegen  ticut  aus  enklitischem  ocut  ist  lautlich  nichts  einzu- 
wenden. 

S.  55.  ten-lach  'Herd'  scheint  mir  zu  laigid  'liegt'  zu  gehören 
('Feuerlager'),  vgl.  Cormac  s.  v. 

S.  57.  *de-didan  erklärt  weder  Laute  noch  Bedeutung  von  ir.  de- 
thiden  'Sorge'. 

S.  61.  62.  Breton,  linam  'lituram'  scheint  mir  in  der  Bildung  nicht  mit 
ir.  Dat.  Plur.  lenomnaib  zu  identifizieren,  da  dessen  Nominativ,  nach  togle- 
namon  SG.  95  a  7,  104  b  2  (toglenemon  78  b  1)  zu  schließen,  als  lenamon 
mit  anderm  Mittelvokal  anzusetzen  ist  (mir.  lenmain).  Sollten  sich  diese 
altbretonischen  Infinitive  auf  -om  (douohinuam.  meplaotn)  nicht  mit  den 
sonst  isolierten  kymrischen  auf  -u  (S.  61)  vereinigen  lassen  {meplaom  = 
meflhau),  Grundform  etwa:  -umu-  oder  -omu-?  Vgl.  du  'schwarz'  aus 
*dubu-  und  gall.  diuertomu,  ociomu  (für  -mus?)  Kai.  von  Coligny.  — 
Ir.  Idnamain  'Ehepaar'  (S.  62)  ist  doch  wohl  Kompositum  Idn-emain 
'volles  Paar'. 

S.  64,  §  407,  1.  Das  zweite  Beispiel:  bü  lia  a  mairb  and  andat 
a  tnbt  ist  nur  ein  Fehler  von  LU  für  ar  mairb  .  .  ar  mbi  (s.  IT  261, 
Hs.  Egerton  93 ;  ZCP  4,  155,  Cod.  Vossianus).  Übrigens  kommt  masku- 
lines Geschlecht  des  prädikativen  Adjektivs  bei  völlig  bestimmten  Femi- 
ninen vor:  batar  imtholtanaig  na  tnna  IT  206,  12;  fristnbat  formdig 
ardHgna  ebd.  69,  19  (YBL). 

S.  80  und  117.  tüa{t)lnge,  das  sowohl  bei  singularischem  wie 
pluralischem  Verb  steht  (w  tualngi  Dia  IT  852,  Medb  ropo  thüalnge  Metr. 


26       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

Dindsenchas  III  868,41  gegen  ammi  tuailnge  Wb.  17  b  5)  wird  als  Plural  des 
Adjektivs  <«a/aM^,  jünger /Ma^am^r 'fähig,  im  stände' erklärt,  eines  angeblichen 
Ä-Stammes,  dessen  Pluralform  später  singularisch  gebraucht  worden  sei. 
Diese  ganze  Konstruktion  wird  unnötig,  wenn  wir  tua{ilnge  einfach  als 
prädikativen  Genetiv  des  femininen  Abstraklums  fassen  (Handb.  §  24r9,  3).  — 
Auch  daß  hinter  tualang  'ein  unflektierter  Infinitiv'  stehe  (S.  80 
und  415)  ist  ungenau ;  das  prädikative  tüala{i)ng  hat  fakultativ,  fhi  und 
adas  immer  den  wirklichen  Akkusativ  hinter  sich  (Handb.  §  251,  5; 
K.  Meyer,  Hail  Brigit,  S.  21).  Vgl.  außer  den  dortigen  Beispielen:  is  tua- 
laing  Dia  sin  'Gott  ist  dessen  fähig'  ZCP  7,  306;  am{al)  nibimmis  fiu 
ni  etir  'als  wären  wir  gar  nichts  wert'  Ml.  63  d  1 ;  do  thimpdn  crida  is 
fiu  mdin  'dein  zinnernes  Saiteninstrument  ist  einen  Schatz  wert'  Imram 
Brain  1,  39;  fiu  mor  do  maith  Mcel-Fabaill  'M.  F.  ist  viel  Gutes  wert' 
Versl.  I  54  =  II  76,  nidat  fiu  turcbdil,  taccu,  suas  .  .  'sie  (meine  Arme)  sind 
nicht  wert,  nein,  erhoben  zu  werden  .  .'  Otia  Merseiana  I  123  Str.  9 ; 
ar  niba  tüalaing  oirb   'denn  er  war  des  Erbes  nicht  fähig'  LL  315  b  50. 

S.  81.  fagabar  do  feraib  Herend  tairismi  comrama  frim  sa  IT  100,  22 
ist  nur  ein  Fehler  in  LU  für  .  .  oinfer  tairisme  comrame  .  .  (Hs.  H). 

S.  92.  Die  Deutung  von  fri-de{i)  'am  Tage'  aus  angeblicher  Enklise 
ist  mir  sclion  wegen  der  Länge  des  e  (Meyer  Contrib.  s.  v.  1.  dia)  un- 
wahrscheinlich. 

S.  106.  Der  Nom.  Plur.  sethir  'Schwestern'  ist  belegt  F61.  30.  Sept. 
(Hdb.  2,98\  seithir  Triads  of  Ireland  206—215,  B&t  Flur,  sethraib  F61.30.Aug. 

S.  129.  Die  Angaben  über  die  Zehnerzahlen  sind  irreführend,  da 
man  sie  nach  Pedersens  Worten  als  Feminina  fassen  müßte,  zumal  er 
S.  134  unter  den  Beispielen  dt  chaicait  'zwei(mal)  fünfzig'  ohne  irgend 
eine  Bemerkung  druckt  aus  einer  späten  Glosse,  die  der  Zeit  angehört, 
wo  man  dd  und  di  nicht  mehr  unterschied.  So  ist  z.  B.  Meillet  MSL  17, 
291  getäuscht  worden,  obschon  in  meinem  Handb.  §  388  (vgl.  323)  deut- 
lich steht,  daß  sie  nur  männlich  sind.  In  den  britannischen  Dialekten 
schließen  die  vor  kymr.  ugeint  usw.  multiplizierend  tretenden  Zahlwörter 
wenigstens  weibliches  Geschlecht  aus. 

S.  138.  139.  so  als  'Augens  der  1.  Sing.*  (vgl.  so  'ich'  §  516,  2) 
kommt  meines  Wissens  im  Altirischen  nicht  vor. 

S.  139.  Bei  der  1.  und  2.  Plur.  fehlen  die  unverstärkten  Formen 
sni  und  sii  (Wb.  25  a  3),  obschon  ein  Beispiel  für  sni  S.  237  angeführt  ist. 

S.  145.  Die  Beispiele  für  t  für  d  als  infigiertes  Pronomen  sind  sehr 
zweifelhafter  Natur,  das  erste  sicher  falsch.  In  fo-d-era  (zu  fo-fera)  hatte 
d  gewissermaßen  die  Funktion  eines  nominativischen  Relativpronomens 
angenommen  (Handb.  §  424).  Es  wurde  nun  auch  beibehalten,  wenn  ein 
anderes  Pronomen  hinzutrat,  z.  B.  senta  fo-m-d-era  croan  'das  Alter  (ist's), 
das  mich  zu  einem  Abscheu  (?)  macht'  Otia  Merseiana  1,  122,  Str.  1,  is 
ed  fu-d-d-era  'das  ist  es,  das  es  bewirkt'  Wb.  33  c  12  (keine  'jüngere 
Schreibung'  P.,  S.  146);  diese  letztere  Form  setzt  sich  im  späteren 
fotera  fort.  In  dutfidedar  (nicht  -etar,  wie  Pedersen  druckt)  Thes.  II  242, 13 
steckt  jedenfalls  eine  Verschreibung ;  ich  habe  daher  die  Korrektur 
dudfidetar  mit  Vertauschung  der  beiden  auffallenden  Dentalen  vorgeschlagen 
(Handb.  §  411).  Die  selten  mit  Pronomen  verbundenen  Präverbien  mi- 
und  remi-  endlich  werden  sich  an  das  ursprünglich  konsonantisch  aus- 
lautende fri-  (frit-,  frita-)  angeschlossen  haben,  so  daß  man  doch  t  nicht 
als  Nebenform  zu  d  bezeichnen  kann. 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.       27 

S.  152.  Was  die  Nebenformen  von  side  usw.  betrifft,  so  überzeugen 
mich  die  von  Pedersen  zusammengestellten  Belege  für  rfe,  di  von  der  Existenz 
dieser  gekürzten  Gestalt,  an  der  ich  bei  Abfassung  meines  Handbuchs 
noch  zweifelte.  Aber  in  is  he  ae  sis  SG.  201  a  3  ist  se  Nebenform  von 
so,  nicht  von  side,  da  dieses  nicht  mit  sts  verbunden  werden  kann.  Das 
ist  dann  auch  für  SG.  ib  12  entscheidend. 

S.  169.  In  cechtar  nathar  (cechtar  ndr)  zieht  Pedersen  das  n-  zu 
cechtar,  wodurch  die  Form  dem  Possessivpron.  ar"  ähnlicher  wird.  Doch 
ist  man  dann  gezwungen,  cia  nathar  Gr.  Gelt.*  1087  =^  Anecd.  III  27,  18 
als  Analogiebildung  zu  fassen;  und  nathar  scheint  mir  an  sich  leichter 
zu  erklären  als  athar,  obschon  Pedersen  in  diesem  hypothesenreichen 
Kapitel  auch  dafür  einen  Ausweg  sieht. 

S.  180.  Die  Beispiele  von  bloßem  sin  für  gewöhnliches  in.. sin 
sind  nicht  überzeugend.  Wb.  19  d  22  liegt  die  Besserung  von  far  failte 
sin  in  far  failte  si  (Thes.)  doch  gar  zu  nahe.  In  SG.  191  a  2  scheint 
mir  der  Thes.  mit  Recht  ein  Beispiel  des  selbständigen  Adverbs  sin  'hier' 
zu  sehen.  So  bleibt  nur  Ml.  40  d  16,  wo  ein  Versehen  des  unsorgfältigen 
Schreibers  wegen  des  Genetivs  {tri  indlach)  inna  taltnan  sehr  ver- 
ständlich ist. 

S.  182.  Für  die  Trennung  von  a"  'das,  was'  vom  Verb  des  Relativ- 
satzes, die  ich  Handb.  II  24  für  eine  unirische  Wortstellung  gehalten  habe, 
bringt  Pedersen  zwei  weitere  Beispiele.  Ich  kann  noch  hinzufügen :  an-di  ecnce 
ad-fet  dö  'was  von  Weisheit  ich  ihm  verkünde'  Imr.  Brain  I  15  Str.  29; 
an-do  ligdath  doadbat  'was  von  Farbenglanz  er  zeigt'   Eriu  II  11-i  §  39. 

S.  186.  Daß  sin  jemals  auf  das  Entferntere  wiese,  kann  ich  nicht 
finden;  es  geht  immer  anaphorisch  auf  vorher  Angedeutetes.  Auch  in 
in  tain  sin  'zu  jener  Zeit'  Wb.  3  c  14  ist  die  Zeit  durch  das  lat.  quae  per 
legem  erant  bestimmt.  So  ist  Wb.  28  d  22  für  in  maic  si  mit  dem  Thes. 
sin  zu  lesen  —  im  Hinweis  auf  die  vorher  erwähnten  nuiccu  — ,  nicht  mit 
Pedersen  st  =  se  zu  fassen.  Näher  liegt  das  auch  bei  a  maith  si  Wb.  14b  6; 
es  fehlt  beidemal  nur  der  n-Strich. 

S.  187.  Von  den  beiden  Formen  a-tuaid  und  an-tuaid  'von  Norden' 
halte  ich  die  zweite  für  die  ursprünglichere.  Denn  nach  c-an  'woher'  zu 
schließen,  hatte  die  Präposition  einst  einen  Vokal  hinter  n. 

S.  189.  Hier  wird  Zimmers  Irrtum  wiederholt,  daß  deseic  für  de 
suidiu  auf  Süd-Irland  weise.  Aber  nur  auslautendes  d,  nicht  altirisch  in- 
lautendes, wird  dort  zum  gutturalen  Verschlußlaut. 

S.  207.  'Dem  Gebrauch  zum  Trotz  unterliegt  es  keinem  Zweifel, 
daß  cid  und  cit  dem  Ursprung  nach  indikativisch  sind'.  Dieser  Satz  ist 
von  Pedersen  offenbar  nur  seiner  Erklärung  zuUeb  aufgestellt  (vgl.  S.423f.). 
Meine  Deutung  von  cith,  cid  und  mad  aus  dem  alten  Konjunktiv  *eseti 
scheint  mir  immer  noch  die  einfachste.  Über  den  Gebrauch  der  Partikel 
(tß  nach  cia  und  ma  gibt  Strachan  Rev.  Gelt.  21,  412  Genaueres  als 
Pedersen  S.  208  und  220;  es  sollte  also  hier  auf  ihn  verwiesen  werden. 

S.  217.  besu  Wb.  6b  23  relativisch  zu  übersetzen:  'welcher  .  .  sein 
mag'  statt  'er  ist  vielleicht'  hegt  kein  Grund  vor.  P.  scheint  sich  auch 
hier  von  seiner  Erklärungshypothese  leiten  zu  lassen. 

S.  246.  Hier  kommt  ein  sonderbarer  Angriff  auf  mich.  Es  wird  mir 
untergeschoben,  ich  betrachte  jedes  7-u-  für  ro-  als  Beweis  für  prokhtische 
Aussprache  der  Partikel,  und  ich  werde  von  Pedersen  belehrt,  daß  auch 
betontes  ro  in  gewissen  Stellungen  in  ru  übergehe.   Letzteres  ist  natürUch 


28       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

auch  meine  Lehre,  und  ich  gebe  Handb.  §71  und  73,  wo  ich  von  der 
Umfärbung  von  haupUonigem  o  zu  u  spreche,  eigens  Beispiele  wie  -rubad 
aus  ro-bith,  asrubart  aus  -ro-bert,  do  rumalt  aus  -ro-melt  (ferner  'rubai 
§  165).  Es  handelt  sich  also  nur  um  ro  in  den  Stellungen,  die  an  sich 
keinen  solchen  Klangwechsel  erwarten  lassen  und  jetzt  aus  Hessens  Ab- 
handlung ZCP  9,  1  IT.  leicht  herauszulesen  sind.  Ich  kann  mir  Pedersens 
Ausführungen  nur  daraus  erklären,  d.iß  ihm  die  Tragweite  von  Slrachans 
Untersuchungen  (Trans.  Phil.  Soc.  1895 — 98,  S.  184  ff.),  obschon  er  sie 
zitiert,  nicht  klar  geworden  ist.  Seit  dem  10.  Jahrh.  findet  sich  bekannt- 
lich oft  für  ro  an  zweiter  Stelle  vor  Konsonanien  bloßes  r  mit  folgender 
Lenierung,  z.B.  im  Saltair  na  Rann:  dia-rchoisc,  ni-rleicsetar  usw.; 
oder  der  Reim  beweist  Unbetontheit  des  ro  :  cond-ro-thallai  :  glannai  usw. 
(Strachan  a.  0.;  P.,  S.  24-7  f.).  Um  nun  zu  bestimmen,  ob  und  wo  schon 
in  altirischen  Prosatexten  solches  ro  den  Hauptton  nicht  trug,  ließ  sich 
Strachan  —  außer  durch  die  Stellung  infigierter  Pronomen  und  den 
Mangel  des  Schwundes  von  o  (m)  vor  anlautendem  Vokal  —  durch  die 
Beobachtung  leiten,  daß  der  Hauptschreiber  von  Wb.  für  o  in  unbe- 
tonten Partikeln,  die  zwischen  einer  Konjunktion  usw.  und  der  be- 
tonten Silbe  stehen,  also  auf  der  schwächsten  Betonungsstufe,  meist  u 
schreibt :  ma  du  gnether,  ma  nubbaitsem,  ma  rufesta,  ma  rudpredchisem, 
ma  nudfei,  an-dugniat,  an-dudesta,  an-dumelatn,  ar-rupridchad  usw., 
während  sonst  vortonige  da-,  no-,  ro-  erscheinen  (Strachan  S.  176,  vgl. 
Handb.  §  97).  Daraus  läßt  sich  nun  mit  voller  Sicherheit  schheßen,  daß 
nicht  nur  in  ni-ruanus  die  Partikel  ru  den  schwächsten  Ton  hat,  was 
schon  durch  den  erhaltenen  Vokal  angezeigt  wird  (gegen  Pedersen),  sondern 
auch  in  ni-ruthögaitsam,  ir-rufollnastar,  dia-ruchretsid  si,  ceta-rw 
chreti  (vor  ehr  wird  betontes  o  nicht  m)  usw.  usw.,  also  in  fast  allen  den 
Fällen,  die  Pedersen  auf  ru  betonen  will.  An  der  Hand  dieser  Beispiele  läßt 
sich  dann  auch  in  den  anderen  Texten,  die  jenen  Vokalwechsel  nicht 
mehr  befolgen,  zeigen,  daß  solches  ru  für  ro  fast  immer  schwach  betonte 
Silbe  anzeigt  und  so  die  Regeln  gewinnen,  die  ich  Handb.  §  38  formuliert 
habe.  Daß  trotzdem  einige  Fälle  zweideutig  sind,  habe  ich  dort  bemerkt 
und  mag  vielleicht  einmal  eine  Form  unrichtig  akzentuiert  haben.  Die 
Lenierung  hinter  ro  an  zweiter  Stelle  beweist  leider  gar  nichts  —  wie 
Pedersen  meint  — ,  da  sie  sich  sowohl  hinler  dem  haupt-  wie  schwach- 
tonigen  ro  findet.  Daß  haupttoniges  ro-  im  Verbum  jemals  sein  o  vor 
altem  vokalischem  Anlaut  bewahre,  ist  Pedersen  zu  zeigen  nicht  gelungen ; 
durch  das  Verhalten  der  Steigerungspartikel  in  ro-6lach,  später  ro-acairbe 
usw.  wird  es  natürlich  nicht  bewiesen. 

S.  255.  Ob  na  für  sich  allein  schon  altirisch  'so  daß,  auf  daß'  bedeuten 
kann,  scheint  mir  unsicher.  Wb.  16a  (8  und  9)  steht  über  der  latei- 
nischen Zeile:  c{on)nabiam  ingorti  usw.,  darunter  .i.nabiam  ingorti  usw., 
sodaß  man  das  zweite  als  einen  Fehler  oder  eine  Abkürzung  ansehen 
muß.  Nachinrogba  tiall  15  d  40  und  na-imroimser  20c  4  kann  man 
als  selbständige  Sätze  fassen.  Freilich  kommt  in  solchen  auch  ni  vor: 
ni-rohüa  üait  'möge  sie  (die  Gnade)  dir  nicht  entgehen'  30a  10.  was 
ich  Handb.  §  852  hätte  bemerken  sollen.  —  In  .  .  no  ndbeth  euit  dait 
IT  207,  12  ist  besser  'nd  =  in-nd  zu  lesen. 

S.  257.  In  in  nl  irr  (siu)  Ml.  77  a  10.  13.  15,  das  Pedersen  richtig 
'wirst  du  töten?'  übersetzt  (falsch  Handb.  §  854),  möchte  ich  jetzt  einfach 
eine  falsche  Trennung  des  Kopisten  für  inn-Urr  {aiu)  annehmen ;  U  war 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.       29 

geschrieben,  um  die  Lesung  u  zu  verhindern,  die  hei  dufiirr  126  d  1,  sei 
es  beim  Kopisten,  sei  es  bei  den  Herausgebern,  wirklich  eingetreten  ist. 

S.  261.  Pedersen  hat  recht,  dem  air.  afe  denselben  adversativen 
Sinn  zuzuschreiben  wie  nate,  während  ich  es,  gemäß  seinem  späteren 
Gebrauch,  als  Bekräftigungspartikel  aufgeführt  hatte  (Handb.  §  859,  vgl. 
IT  II,  2,  190  A.  1 ;  Rev.  Cell.  3,  176,  Z.  5  v.  u.).  Aber  daß  die  Negationen 
ohne  n-  'ganz  zweifellos'  unursprünglich  seien,  kann  nur  bei  acc,  aicc 
'nein'  für  älteres  nacc,  naicc  als  richtig  gelten.  Daß  aco  .  i .  nego  H.  3.  18, 
S.  80  (KB.  VI  462)  und  das  Kompositum  tacco,  taccu  etymologisch  zur 
Negation  gehören,  ist  mir  unwahrscheinlich. 

S.  271.  Warum  dessid  aus  de-en-s..  unregelmäßig  sein  soll,  sehe 
ich  nicht,  da  die  Präp.  en  -\-  s-  immer  ess-  ergibt :  es7iid,  es{s)air. 

S.  299.  672.  Pedersen  will  nicht  anerkennen,  daß  die  bisher  als 
od-  angesetzte  Präposition  vor  Vokalen  als  os(s)-.  vortonig  als  as-,  mit 
infigiertem  Pronomen  als  at-  erscheint.  Um  od-  zu  retten,  scheut  er  nicht 
vor  den  künstlichsten  Annahmen,  z.  B.  daß  in  asoilgi  'öffnet',  Abstr. 
oslucud  die  Präpositionen  umspringen  {ess-od-  und  od-ess-,  S.  563) ;  oder 
daß  in  atbobuid  'er  wies  zurück'  (vgl.  atroebaid  Salt.  n.  R.  3997)  das  Kom- 
positum mit  ess-  die  Bedeutung  von  *od-bond-  angenommen  habe  (S.  476). 
Was  er  gegen  die  Annahme  vorbringt,  ist  —  außer  dem  nichtssagenden 
Satze  'da  die  Zusammengehörigkeit  mit  skr.  ud  .  .  .  keinem  Zweifel  unter- 
liegt', der  ja  eben  erst  zu  beweisen  wäre  —  nur  das  in  der  Tat  auffällige 
einmalige  oslucud  Ml.  46  b  5  (S.  5641  neben  häufigem  tuas{s)ulcud  (tuasolcud), 
indem  diese  im  Mittelirischen  regelmäßige  Metathese  {Fedlimid  aus  Fedilmid, 
cethracha  aus  cethorcha,  dechnebar  aus  dechenbor,  so  auch  tiiaslucud)  den 
Mailänder  Glossen  sonst  noch  fremd  ist.  Wenn  man  darin  nicht  einen  Vor- 
läufer der  später  allgemeinen  Erscheinung  anerkennen  will  (vgl.  das  ebenso 
singulare  berli  Wb.  12d  4  für  air.  belre),  so  möchte  ich  am  ehesten  Einfluß 
von  leciud  und  seinen  Komposita  auf  die  Sprache  oder  auf  den  Schreiber 
annehmen.   Als  entscheidend  kann  ich  die  Form  jedenfalls  nicht  ansehen. 

S.  340£f.  Die  Personalendungen.  Pedersen  glaubt  nicht,  daß 
man,  wie  bisher  geschehen,  einige  der  Differenzen  zwischen  konjunkten 
und  absoluten  Personalendungen  auf  den  alten  Unterschied  der  indoger- 
manischen Sekundär-  und  Primärendungen  zurückführen  dürfe.  Er  setzt 
z.  B.  für  die  1.  Plur.  bermi  eine  'verhältnismäßig  junge  Verschmelzung' 
mit  dem  Personalpronomen :  *berom  ni  voraus,  worin  in  sonst  unerhörter 
Weise  mn  zu  mm  assimiliert  worden  wäre.  Die  2.  Plur.  berihe  führt  er 
dagegen  auf  eine  'uralte  Verschmelzung'  *bherete-wes  zurück  (also  immer- 
hin aus  einer  Zeit,  wo  kelt.  -eu-  nicht  mehr  zu  -oji-  wurde),  eine  Form, 
die  jedoch  die  britannischen  Endungen  auch  nicht  erklärt.  Auf  diese  Kon- 
struktionen, die  für  mich  nichts  Wahrscheinliches  haben,  würde  ich  dem  in 
dieser  Rezension  befolgten  Grundsatz  gemäß  nicht  eingehen,  wenn  ich  nicht 
an  einer  von  Pedersen  rekonstruierten  Form  weiterspinnen  möchte.  Aus 
dem  h,  das  im  Mittelirischen  sowohl  hinter  nt  'es  ist  nicht'  als  nach  der 
bloßen  Negation  ni  vor  Verben  bei  vokalischem  Anlaut  erscheint,  habe 
ich  geschlossen,  daß  hier  ein  Konsonant  vorhanden  gewesen  sein  müsse 
—  Pedersen  spricht  dem  h  und  der  Geminierung  von  Konsonanten  in 
den  Wb. -Glossen  meines  Erachtens  mit  Unrecht  etymologischen  Wert  ab  — , 
und  da  hinter  tiach,  naich  'daß  nicht  ist'  wohl  sicher  die  Form  idg.  -est 
geschwunden  ist,  habe  ich  auch  nt  aus  *nest  entstehen  lassen  und  ange- 
nommen, weil  für  *tie8t  vor  einem  Prädikat  auch  ohne  Kopula  *m/  gesagt 


30       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

werden  konnte,  habe  man  auch  vor  Verben  *ni  und  den  Nachkommen 
von  *nest  {ms)  wechseln  und  schließlich  das  zweite  siegen  lassen.  Von 
*nis  aus  hätte  sich  das  -s  einesteils  auf  andere  vokalisch  auslautende 
Präverbien  (ro-  no-  do-  usw.)  übertragen  und  ebenso  auf  das  positive 
*essi  (idg.  *esti)  'ist' ;  dieses  *essi-s  und  der  dadurch  beeinflußte  Plural 
auf  -nti-s  erkläre,  warum  hinter  air.  is[8)  und  it  das  so  eng  verknüpfte 
Prädikat  niemals  leniert  wird  (ZCP  I,  6).  Aus  ganz  anderen  Gründen  — 
weil  er  in  den  konjunkten  und  absoluten  Formen  dieselben  Endungen  sieht  — 
kommt  auch  Pedersen  zu  einer  3.  Sing,  auf  -tis;  er  läßt  air.  berid  aus 
*bheret  is  mit  suffigiertem  Subjektspronomen  entstehen,  dobeir  aus  *to- 
is-bheret  (S.  400 ").  Gegen  eine  solche  ideale  Grundform  3.  Sing.  *bheretis 
habe  ich  natürlich  nach  dem  obigem  nichts  einzuwenden,  mag  man  nun 
*bhereti-s  oder  *bheret-is  trennen,  wohl  aber  gegen  Pedersens  Zurück- 
führung  der  3.  Plur.  berit  auf  *bheront  ei,  gegen  die  meiner  Meinung  nach 
die  mangelnde  Lenierung  nach  it  'sie  sind'  spricht.  Dagegen  scheint  mir, 
daß  die  Annahme,  -s  habe  sich  von  irgend  einem  beslimmten  Ausgangspunkt 
aus  auf  verschiedene  Endungen  der  absoluten  Flexion  ausgebreitet,  die 
Gestalt  mancher  derselben  gut  erklären  würde  Der  Unterschied  der  selt- 
samen 1.  Sing,  biru  vom  konjunkten  biur  kann  auf  eine  ältere  Form 
*berü-s  {*bherö-s)  gegen  *  berü  weisen,  ebenso  im  Subjunktiv  bera  gegen 
'ber  auf  *beran-s  gegen  *'beran  {*bheräm).  Freunde  einer  kellischen 
2.  Sing,  auf  -ei  {*bherei),  zu  denen  ich  einstweilen  nicht  gehöre,  könnten 
auch  abs.*Äm  [cani)  gegen  konj.  bir  so  deuten.  Und  so  öffnet  sich  vielleicht 
endlich  ein  Weg  zum  Verständnis  der  2.  Plur.  auf  air.  -the.  Zur  Zeit,  als 
lange  Vokale  im  Auslaut  schon  gekürzt,  aber  vor  -s  noch  lang  waren, 
standen  in  der  1.  Sing.  *berü  und  *berüs  sich  gegenüber;  danach  könnte 
zu  konjunktem  *  berete  (=  späterem  berid)  ein  absolutes  *beretes  (=  berthe) 
gebildet  werden.  Ob  das  -s  in  letzter  Linie  pronominalen  Ursprungs  war 
(etwa  in  Pedersens  Weise)  oder  nicht,  bliebe  natürlich  fraglich.  Aber 
ich  möchte  zum  Schluß  auf  etwas  hinweisen,  was  den  wenigstens  teil- 
weise pronominalen  Ursprung  vielleicht  wahrscheinlich  macht ;  ich  meine 
das  bedeutungslose  -t,  das  namentlich  in  den  mitlelkymrischen  Präverbien 
ny-t,  na-t,  neu-t  erscheint,  und  das  Pedersen  (S.  233.  424'f.),  nach  Gebrauch 
und  Laut  unbefriedigend,  auf  die  Verbalpartikel  yd  zurückführen  will.  Es 
könnte  ein  mit  t  beginnendes  Subjektspronomen,  etwa  idg.  *tod,  sein  und 
zu  jener  mit  Dental  anlautenden  Klasse  der  infigierten  Pronomen  gehören, 
die  ich  Handb.  §  452  b  besprochen  habe  und  die  Pedersen  mir  mit  Unrecht 
zu  leugnen  scheint.  Wäre  diese  Erklärung  richtig,  so  würde  sie  Pedersens 
*to-i8-bheret  einigermaßen  stützen.  Freilich  ist  dann  sonderbar,  daß  sich 
Spuren  solcher  Einschiebung  von  Subjektspronomen  nur  nach  vokalisch 
auslautenden  Präverbien  finden. 

S.  346  ff.  Bei  den  schwierigen  Imperfektendungen  macht  Pedersen 
die  gute  Bemerkung,  daß  sich  drei  unter  ihnen  auf  aktive  Endungen, 
aber  mit  'unleniertem'  letztem  Konsonanten  zurückführen  lassen,  was 
meines  Erachtens  auf  Verdoppelung  weist:  1.  Sing,  ir.-brit.  auf  -n  [-nn) 
aus  *-o-n  (idg.  *-om\  2.  Sing,  bret.-korn.  -es,  1.  Plur.  ir.  -'mit.  Der  Grund 
dieser  Erscheinung  bleibt  aber  noch  zu  finden;  Pedersens  Ausführungen 
befriedigen  nicht. 

S.  35H.  Der  britannische  Subjunktiv.  Vielleicht  lassen  sich 
einige  Schwierigkeiten  dieser  Bildung  heben,  wenn  man  einen  starken 
Einfluß  des  Verbs  'sein*  annimmt.  Ist  dessen  Subjunktiv  eine  Umformung 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.        31 

des  alten  Konjunktivs  idg.  *esö  nach  den  Formen  mit  b eine  Vermutung, 

die  zwar  Pedersen  (S.  419)  'überflüssig'  nennt,  die  mir  aber  die  best© 
Grundlage  für  die  Erklärung  seiner  Formen  abzugeben  scheint  — ,  so 
würde  aus  *b-esö-\-\x,  das  im  Britannischen  antrat,  in  der  1.  Sing. 
*Je(A)f]Li  (woraus  k^Tnr.  bwyf),  aber  in  den  zahlreichen  Komposita  mit 
Synkope  *-bliT\k  entstehen;  dementsprechend  1.  Plur.  *behom..  und  *-b'hom.., 
3.  *be{h)ont  und  -b'hont.  Durch  Vermischung  beider  Flexionen  ergäbe 
sich  mkymr.  -htct/f  (z.  ß.  gwypwyf  aus  *gwyblucyf,  carhwyf)  und  mbret. 
-if  (guillif^,  im  Plural  mkymr.  bom,  bont  (gicypom.  gwypont;  carhom,  car- 
hont),  mbret.  1.  guelhomp,  körn.  3.  gallons,  um  Pedersens  Paradigmata 
(S.  352)  beizubehalten.  Man  müßte  dann  mit  Pedersen  die  Endung  -(Ä)a 
der  3.  Sing,  in  mkymr.  carho  mbret.- körn,  gallo  aus  dem  Einfluß  des 
Plurals  erklären.  Durch  verschiedene  Kreuzungen  würden  sich  so  die 
meisten  Formen  des  Präs.  und  Prät.  Subj.  deuten  lassen. 

S.  363.  Bei  der  Erwähnung  des  neuirischen  ed-Futurums  vermisse 
ich  das  Zitat  von  Bergin's  eindringender  Arbeit  'The  Future  Tense  in 
Modern  Irish'  Eriu  2,  36,  der  die  Bildung  aufgehellt  hat. 

S.  390.  Pedersen  meint,  in  Passivformen  wie  doformagar,  doad- 
badar  usw.  liege  die  Annahme  einer  analogischen  Restitution  für  syn- 
kopiertes *do- form  gar  usw.  sehr  nahe  und  dem  vereinzelten,  einmaligen 
itnfolngar  sei  mehr  Gewicht  beizulegen  als  dem  fünfmaligen  invfolan- 
gar.  Dabei  übersieht  er,  daß  dieselben  Verben  in  allen  Formen,  welche 
Synkope  erwarten  lassen,  diese  auch  zeigen,  z.  B.  doförmgat,  don-aidb- 
dem,  dun-aidbdet,  duaidbdetar,  dun-aidbditis,  taidbdid,  imfolngi  usw. 
Es  wäre  doch  sehr  auffallend,  daß  sie  immer  nur  in  der  einen  Form  die 
Restitution  vorgenommen  hätten,  und  ich  kann  keinen  anderen  Grund 
für  Pedersens  Annahme  finden,  als  daß  sie  ihm  die  Erklärung  des 
Passivs  (durch  Antritt  des  Reflexivums  *se)  erleichtert. 

S.  405  (u.  387).  Wenn  sämtliche  3.  Sing,  des  Deponens  auf  -ethar 
-edar  ausgehen,  nur  ein  einziges  Mal  Wb.  31  c  10  reucreatur  durch  ca 
armentar  feid  glossiert  ist,  so  ist  es  doch  ein  starkes  Stück,  gerade  in 
diesem  -tar  die  vereinzelt  erhaltene  lautgesetzliche  Form  zu  sehen  statt 
eines  einmaligen  Versehens  des  Glossators  oder  Kopisten,  der  durch  die 
lateinische  Endung  -iur  zu  einer  passivischen  Form  verführt  wurde.  Auch 
hier  scheint  mir  Pedersens  Erklärungstendenz  seine  kritische  Besonnen- 
heit vergewaltigt  zu  haben. 

S.  424.  Ob  man  die  Verbalpartikel  mkymr.  yd  bret.  ez  ir.  (t)d  mit 
Ebel-Pedersen  mit  ind.  ihd  'hier' identifiziert  oder  mit  hom.  Ihi  'und'  oder 
ein  Pronomen  auf  -d  mit  irgend  einem  Affix  annimmt,  hat  keine  besondere 
Bedeutung,  da  Etymologien  von  Partikeln  ja  zum  Unsichersten  gehören. 
Aber  nicht  zu  billigen  ist,  wenn  Pedersen  zunächst  den  Gebrauch  der 
Partikel  in  den  keltischen  Dialekten  sehr  genau  definiert,  dann  sie 
aber  zur  Erklärung  von  Formen  benutzt,  die  zu  diesem  Gebrauch  gar 
keine  Beziehung  haben.  Mkymr.  yttwyf  (neben  tcyf)  'ich  bin'  nkymr. 
ydwyf  (mit  dem  Hauptakzent  auf  y-I)  mbret.  edoff  körn,  esof  soll  nach 
ihm  die  Partikel  —  man  weiß  nicht,  weshalb  —  verdoppelt  enthalten, 
obschon  sie  überall  da,  wo  man  sie  syntaktisch  erwartet,  noch  einmal 
davor  erscheint  (mkymr.  yd-yttoed,  mbret.  ez  edoff).  Demgegenüber  möchte 
ich  noch  einmal  auf  meinen  Handb.  §  772  angedeuteten  Erklärungs- 
versuch hinweisen,  obschon  mir  einstweilen  die  Verdoppelung  des 
Dentals   im  Mittelkymrischen  nicht  klar  ist  (mit  Morris  Jones  S.  349  an 


32       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

eine  3.  Plur.  *yd-hynt  statt  -ynt  zu  denken,  fördert  niclit).  Im  Übrigen  lassen 
sich  die  aktivische  2.  Flur.  ir.  adib  und  mbret.  edouch  körn,  esough  mkymr. 
*yttyu>ch,  später  ydywch  ydych  (in  meinem  Handb.  ydwch  verdruckt)  auf 
eine  gemeinsame  Grundform  *ete-S}il  (für  *sete-sfit  oder  *este-sffT?)  zurück- 
führen, die  neben  der  1.  Plur.  mbret.  omp  körn,  on  kymr.  ym  (vgl.  ir.  ammt) 
den  Eindruck  zu  erwecken  geeignet  war,  daß  ed-  usw.  eine  Art  Präfix 
sei.  Danach  konnte  man  teils  ed-omp  usw.  in  der  1.  Plur.  bilden,  teils 
umgekehrt  die  2.  Plur.  zu  ouch,  ough,  ywch  kürzen;  und  das  Präfix  hat 
sich  dann  durch  das  ganze  Paradigma  verbreitet.  Aber  die  zuerst  von 
Strachan  gemachte  Beobachtung,  daß  im  Mittelkymrischen  die  3.  Personen 
ytt-iw,  ytt-ynt  für  yw,  ynt  nur  bei  bestimmtem  Subjekte  gebraucht  werden, 
harmoniert  aufs  beste  mit  einer  Erklärung,  die  die  2.  und  1.  Personen 
als  Ausgangspunkt  betrachtet,  da  deren  Subjekte  von  Natur  immer  be- 
stimmt sind. 

An  die  Darstellung  und  Besprechung  der  Konjugation  schließt  sich 
ein  alphabetisches  Verzeichnis  aller  der  —  namenthch  irischen  —  Verben, 
deren  Formen  irgend  eine  Besonderheit  zeigen,  mit  reichen  Belegen.  Das 
ward  dem  Leser  um  so  erwünschter  sein,  als  Ascoli  sein  Glossar  bekannt- 
lich unvollendet  hinterlassen,  auch  aus  spätem  Handschriften  weit  weniger 
aufgenommen  hat  als  Pedersen.  Auch  hier  bin  ich  mit  manchen  Einzel- 
heiten —  Erklärungen  oder  Zuteilungen  der  Formen  —  nicht  einver- 
standen. Aber  statt  darauf  einzugehen,  glaube  ich  dem,  der  sich  fürs  alt- 
irische Verb  interessiert,  besser  zu  dienen,  wenn  ich  einige  bemerkenswerte 
Formen,  die  bei  Pedersen  und  in  meinem  Handbuch  niclit  verzeichnet 
oder  sehr  schwach  belegt  sind,  zu  den  einzelnen  Nummern  hinzufüge. 

§  651  afameinn.  Weitere  Belege  zugehöriger  Formen  s.  Eriu  2,  67. 
Ferner :  afomensa  dognithea  'möchtest  du  tun'  Meyer  Contrib.  s.  v.  deimliu. 

§  652  ag-.  Ein  weiteres  Beispiel  des  Futurums  (S.  675)  ist :  eblaid 
a  samguboe  'sie  werden  die  Totenklage  um  sie  halten'  Tain  B.  C.  (ed. 
Strachan-O'Keeffe)  3450.  Vgl.  auch  ed.  Windisch  5842. 

§  654  al-.  Prät.  3.  Sing,  absolut  alt  IrT  138,  6,  relat.  altce  ebd.  139,  6 
=  Zu  ir.  Hss.,  S.  37,  Pass.  abs.  alte  ZCP  8,  311,  17.  Zum  Abstraktum 
vgl.  mi-altar  'schlechte  Erziehung'  Anc.  L.,  Gloss.  s.  v.  mi-,  das  wolü  die 
ältere  Form  bewahrt ;  auch  diailtri  ebd.  S.  236.  Altram  ist  nach  den 
Mustern  saltram  ZCP  6,  264,  13,  artram  Ml.  2d  10,  77  b  8  umgebildet 
(anders  Pedersen  2,  45). 

§  656  anag-.  Wegen  aingid  und  wegen  gall.  APOLLINI  ANEXTIO- 
MARO,  Anectius,  Anectio,  ANEXTLVS  (Holder  I  153.  152,  III  621)  besser 
als  aneg-  anzusetzen.  Subj.  1.  Sing,  tnanin-adhnas  Rev.  Celt.  10,  82. 
Prät.  Pass.  abs.  anachtai-aide  la  C(^i]nculaind  'dieser  wurde  durch  G.  ge- 
schützt' Tain  B.  C.  (ed.  Strachan-O'Keeffe)  2775. 

§  657  and-.  Mit  for-uss-  3.  Sing,  fofossndi  Anecd.  V  28,  12,  fot-don- 
osdd  LL  123a  7,  Prät.  Plur.  foruamaisiut  IT  III  1,  238,  110.  Etymo- 
logisch wohl  zu  griech.  ÖYÖpaE,  auch  öyOpiutroc  'der  mit  dem  leuchtenden 
Blick  oder  Antlitz';  vielleicht  ist  auch  gQxm.tandian  tundjan  'anzünden* 
(Fick  3*  154 f.)  in  t-and-  zu  zerlegen  und  ir.  adandai  gleichzusetzen  mit 
derselben  Präpositionsform,  die  man  in  z-agen  =  ir.  ad-dgathar  annimmt 
(Kluge  8.  v.  zag;  Pedersen  2,  291). 

§  659  ba-.  Fut.  2.  Plur.  bebt/ii  Anecd.  from  Ir.  Mss.  III  69,  2.  Das 
Abslr.  baath  'Sterben*  ist  zweisilbig  Rev.  Celt.  20,  170,  31,  spricht  also  für 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.       33 

meine  Wurzel  bas-,  die  auch  sonst  die  Formen  am  besten  erklärt  (vgl. 
auch  roman.  basire  'sterben'  Keltoroman.  83), 

§  660  Äa'tW-.  Warum  zweifelt  Pedersen  wohl  an  der  Gleichstellung 
mit  ai.  gähate  'taucht  unter'  griech.  ßäcca  ßncca,  ßaGOc  (ßeveoc  hat 
gewiß  sekundären  Ablaut  a:ev)?  Besser  können  Laut  und  Bedeutung 
gar  nicht  stimmen. 

§  622.  In  aupaith  epaid  'Zauber'  weisen  die  Laute  auf  ad  -\-  buith. 

§  663  beg-.  Präs.  Pass.  3.  Sing,  in  tan  tathbongar  O'Dav.  980  =  in 
tan  do-n-athmongar  Anc.  L.  V  506,  10,  Prät.  Pass.  fo  bith  to' n-aidbecht 
LU.  99  a  23. 

§  664  ben-.  Präs.  consuet.  (s.  Handb.  §  592) :  mo  claideb  derg  tinbi  cet 
'mein  rotes  Schwert,  das  hundert  zu  schlagen  pflegt'  IT  II  1,  185,  289 
(gewöhnlich  falsch  als  Prät.  übersetzt,  das  aber  ro  erfordern  würde).  Fut. 

1.  Sing,  coich  biu-^  Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  3592,  atabiu  ZCP  UI  216 
§  28,  3.  Sing.  rel.  bias  Tain  B.  C.  (ed.  Windisch)  3453. 

§  665  ber-.  Die  l.Sing.  Imperat.  Ätursa  belegt  E.  Gwynn  Metr.  Dind- 
senchas  III  210,  18;  Fut.  2.  Sing,  risa-tibre  Rev.  Gelt.  20,  12,20  (i.  J.909); 
Prät.    1.   Sing,   a-llaithi  dond'm-biuH  sa   Tain  B.  C.    (ed.  Str.-0"K.)    3556, 

2.  Sing,  atbirt  ebd.  1755 ;  3.  Sing.  rel.  berte  Fianaigecht,  S.  28.  Auch  das 
unkomponierte  ucc-  kommt  Imperativisch  vor:  uic,  tuic,  beir,  tabairl 
Tecosca  Cormaic  §  18.  Sollte  die  britannische  Nebenform  ro-  neben  rod- 
(S.  473)  nicht  auf  Einmischung  eines  zweiten  Verbs  =  ir.  7-ogud  '(Hin)- 
strecken'  beruhen,  namentlich  im  Kompositum  dyroi'?  Daß  mir  das  i  in 
rokymr.  rodi  (bret.  rei)  ir.  tarti  auf  die  Wurzel  dhe-,  nicht  dö-  zu  weisen 
scheint,  habe  ich  schon  Handb.  §  48  ausgesprochen. 

§  668  bond-.  2.  Sing.  Subj.  niobbais  ZCP  3,  454,  10;  3.  Sing.  Prät. 
atroebaid  'er  verweigerte'  Saltair  n.  R.  3997. 

§  673  bronn-.  3.  Sing.  Subj.  dobre  no  dobria  .  i .  diburndud. 
O'Dav.  620  (und  320).    Oder  zu  671.  brenn-?. 

§  678  cel-.  Part.  nee.  chthi  (Reim :  michi)  Fei.  Epil.  306. 

§  682  ci-  'weinen'.  Fut.  3.  Plur.  cichtt  Anecd.  from  Ir.  Mss.  V  29,  22. 

§  683  ci-  'sehen'.  Imperf.  3.  Sing,  asidchid  Cormac  s.  v.  prull;  Subj. 
2.  Sing,  conaiccther  Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  1556;  Fut.  3.  Plur.  at- 
chichset  Eriu  III,  30,  10  (wohl  jung);  Prät.  Pass.  3.  Plur.  conaccassa  Tain 
B.  C.  1413. 

§  684  cid-.  Vgl.  Meyer  Contrib.  s.  v.  4.  cess.  Zu  ticsdl  (S.  491)  vgl. 
Imperf.  doicsed  'er  nahm  heraus',  Prät.  don-icas  (so  zu  lesen)  Rev. 
Gelt.  25,  346. 

§  686  clad-.  Prät.  Subj.  1.  Sing,  ara-clasaind  Rev.  Celt.  10,  82;  Prät. 
Pass.  abs.  clasa  Eriu  VI  133,  7. 

§  687  clech-  dich-.  Conciuchail  (S.  493)  als  Fut.  steht  Anecd.  from 
Ir.  Mss.  II  8. 

§  689  cluin-.  Prät.  Pass.  cocloth  häuOg  in  Tain  B.  C.  (KZ.  28,  549), 
Plur.  roclotha  Fei.  24.  Aug.,  abs.  cHoisi  Anecd.  I  54,  28  (vielleicht  wichtig 
für  die  alte  absolute  Endung). 

§  692  coisecr-.   Prät.  Pass.  conasecrad  Gormac  s.  v.  Mairt  (Laud). 

§  700  dam-.  Prät.  3.  Plur.  damnatar  Mesca  Ulad  (ed.  Hennessy) 
S.  8 ;  atdamnatar  ZGP  3,  243  §  46  (also  weiter  verbreitet,  als  ich  Handb. 
§  699  annahm). 

§  707  do:  Ich  halte  die  Lostrennung  von  kymr.  deifio  'sengen' 
(und  bret.  devi)   von  dieser  Wurzel  (doji-)  für  unberechtigt.  In  deifio  ist 

Anzeiger  XXXIII.  3 


34       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

to  vor  j  zu  f  geworden  wie  in  dyfiau,  difiau  'Donnerstag'  für  dyw  tau; 
das  f  hat  sich  dann  weiter  ausgebreitet. 

§  711,  4  ind-ell:  Die  alte  3.  Plur.  Präs.  inlaat  (Zu  ir.  Hss.,  S.  34) 
weist  auf  andern  Ursprung.  So  wird  auch  inlaa  TBC  (ed.  Str.-O'K.)  695 
alt  sein. 

Hinter  §  714  einzuschieben  ess-:  abs.  3.  Sing.  Präl.  depon.  eissistir 
'er  bat,   verlangte'  The  Voyage  of  Bran  I  56,  7   (selten  belegte  Form!). 

§  716,  4.  dosn-ethat,  dan-ethat  in  LU  sind  nur  Schreibfehler  für 
-etat  (S.  644,  7),  wie  die  beiden  anderen  Hss.  zeigen  (Tain  B.  C.  1099. 
1599).  Dagegen  donethea,  donethe  LL  173  a  47,  b  13  ist  =  dognethe,  Prät. 
Subj.  Pass.  zu  dogni  'macht'. 

§  722  fiad-.  Imperat.  3.  Sing,  atfet  Anecd.  3,  52,  20;  Prät.  3.  Sing. 
inftd  LL  292b  6  und  7  (eine  Form,  die  ich  Handb.  §  693  also  richtig 
erschlossen  hatte).  Die  3.  Plur.  dazu  heißt  adfiadatar  Rev.  Celt.  11,  442, 5, 
atfiadhatar  Archiv  f.  G.  Lexicogr.  111  6,  1,  was  riadatar  (S.  601)  als  re- 
lativ alt  stützt.  Für  den  Singular  steht  adfiadar  IT  I,  212,  16;  213,  6. 
Mit  com-  3.  Plur.  atcuadatar  z.  B.  Rev.  Celt.  III,  1,  346,  prototoniert 
condecdatar  Org.  Bruidne  Da  D.  (ed.  Stokes)  S.  43  A.  8. 

§  723  fich-  fech-.  Fut.  Pass.  dofiastar  (viersilbig)  Fianaigecht  S.  36; 
Prät.  3.  Sing,  rofkh  (mit  Längezeichen)  LU  99a  3,  LL  23a  20,  330c  21; 
Prät.  Subj.  mit  fo-ro- :  foroesad  Cormac  s.  v.  Mugeme  (Laud). 

§  726  finn-.  Der  Subjunktiv  hat  nach  dem  Ausweis  der  Dichtung  bald 
langes,  bald  kurzes  e  (gegen  Handb.  §  613),  langes  im  F^lire :  2.  Sing. 
ro  fesser  (:  üasal :  crisen)  4.  Febr.,  dian  fesser  (:  üasal :  crhsen)  24.  Okt., 
aber  kurzes :  Prät.  Subj.  ro'fessad  (:  messar)  Saltair  n.  R.  7926.  Die  3. 
Sing,  nadfiastar  Wb.  22  d  3  ist  also  ebenso  berechtigt  wie  das  häufigere 
•festar.  Das  lange  e  (aus  ei)  wird  das  ältere  sein,  «aus  dem  passiven  Prä- 
teritum rofess  stammen. 

§  727  fo-.  Fut.  1.  Sing,  fiba  Eriu  II  3;  Pass.  fiibthir  Zu  ir.  Hss.  54; 
weitere  Belege  des  Futurums :  Mor  of  Munster  (ed.  O'Nolan)  S.  279.  Prät. 
3.  Plur.  fair  IT  139,  5. 

§  734  gaib-.  Mit  ms«-  (Pedersens  od-)  1.  Sing.  Fut.  ni  fuiceb,  nifuicfh 
Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  669. 

§  735  ^ram-.  Prät.abs.l.Sing.5renarsaTengaBithnua§9(EriuII102). 

§  738  gel-.  Prät.  abs.  3.  Plur.  geUadar  TBC  (ed.  Str.-O'K.)  247. 

§  739  gell-.  Prät.  1.  Sing,  da-rindgiult  TBC  1552,  3.  do-ringelt  2966. 

§  741  gläd-.  Fut.  3.  Sing.  nita{i)celladar  Cormac  s.  v.  prull. 

§  743  glenn-  mit   fo-.  Part.  nee.  fogailse  (fodailsi)  ZCP  3,  449,  10. 

§  746  gon-.  Prät.  3.  Sing.  rel.  is  tat  gegna  CuChul{aind)  LL  170b  42. 

§  749  guid:  Fut.  3.  Plur.  abs.  gigsit  LL.  122  b  37,  Prät.  Pass.  am{aV) 
ron-ges  Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  1518. 

§  751  ib-.  Fut.  1.  Sing,  iba  LL  119  b  41.  Vgl.  unten  zu  766. 

§  753  ith-.  Fut.  1.  Sing,  niisa  (=  /s  sa)  Eriu  V  234,  51 ;  Prät.  3. 
Sing,  dofuaid  Saltair  n.  R.  1287,  dodasfuaid  3860,  3.  Plur.  duatar 
(zweisilbig)  3328,  3332 ;  Pass.  du  in-dces  Vita  Trip.  180,  25  (=  du  aneass 
O'Clery  s.  v.  dinnid). 

§  755  laig-.  Prät.  Subj.  3.  Plur.  forsalestais  Tain  B.  C.  (YBL)  3451. 

§  760  le-n-,  Prät.  Subj.  3.  Sing,  araliad  ZCP  III  249,  65;  Fut.  3. 
Sing.  abs.  lilith  Eriu  5,  242,  178. 

§  766  long-.  Der  Subj.  lila-  mag  zwar  etymologisch  zum  schwachen 
Verb  longud  'essen'  gehören;    aber,   wie  die  Belegstellen  aus  'The  Mo- 


Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen.       35 

nastery  of  Tallaght'  lehren,  vertrat  er  in  gewissen  Dialekten  den  Sub- 
junktiv  zu  ibid  'er  trinkt',  der  anderwärts  eba-  lautete  (Nr.  751).  Dazu 
wohl  loimin  'Schluck'. 

§  767  lo-n-g-.  Fut.  3.  Sing,  folil  Eriu  II  208  §  28. 

§  769  lu-.  Mit  fo  3.  Plur.  Präs.  foluatar  O'Mulc.  368. 

§  773  maid-.  Subj.  3.  Sing.  abs.  mdis  LL  332  c,  Z.  6  v.  u.  (die  Länge 
war  also  Handb.  §  612  richtig  erschlossen). 

§  774  mair-n-.  Präs.  3.  Sing,  nimaird  IT  217,  10,  rel.  marnas 
LL  346  b  3  v.  u.  (mit  der  Färbung  von  rn,  die  ich  in  den  mehrsilbigen  un- 
synkopierten  Formen  für  die  altirische  halte,  Handb.  S.  333). 

§  778  mel-.  Prät.  2.  Sing,  doromailt  LL  246 a  8. 

§  780  mid-.  atotmtastar  (fünfsilbig)  Fianaigecht  S.  36.  —  Statt 
irmiih  Wb.  12  d  24  (S.  578.  385)  liest  die  Hs.  ismith  (ZCP  6,  538); 
Strachan's  Korrektur  is  tn[a]ith,  die  Pedersen  gar  nicht  erwähnt,  ist  also 
so  gut  wie  sicher. 

§  787  nig-.  Mit  uss-  Abstr.  ünach  >  folcadh  Leabhar  na  gCeart, 
S.  218 ;  vgl.  Cormac,  ed.  K.  Meyer,  Nr.  1288. 

§  791  org-.  Prät.  3.  Sing.  abs.  otrt  K.  Meyer  Hail  Brigit,  S.  6 ;  Prät. 
Pass.  tescmart  Anecd.  1,  59,  78.  dofuairc  (S.  590)  fasse  ich  anders  auf 
(Handb.  S.  457). 

§  792  rä-.  In  immrerce  ist  re  Reduplikation  (Handb.  S.  527) ;  vgl. 
3.  Plur.  ros-rersat  Ir.  Nennius  236,  121;  rersad  (Lee.)  ib.  232,  96.  Die 
Flexion  wie    bebw  bebais  'starb',    Plur.    bebsat  bebsatt;   doge'ni.  dogeinset. 

§  795  reg-.  Prät.  3.  Sing,  afrecht  Tain  B.  C.  (YBL)  397.  Warum 
dergtid,  airdergttd  nicht  vom  schwachen  rogud  abgeleitet  sein  soll,  sehe 
ich  nicht  ein. 

§  796  re-n-.  Präs.  mit  com  =  ro,  3.  Plur. :  imrobhrad  nad'escomhrad 
Tecosca  Corm.,  S.  96  Anm.  8  (vgl.  Handb.  1,  355). 

§  797  reth-.  Subj.  1.  Plur.  abs.  cia  resmai  Fei.  Prol.  257  (2  Hss.). 

§  798  riad-.  Präs.  3.  Sing,  doret  Orgain  ßruidne  D.  D.  (ed.  Stokes) 
§  52  Anm.  7;   nech  imrdt  ech  Eriu  II  204  §  23,   immotret  Metr.  Dinds. 

n  10,  4. 

§  803  Said-.  Präs.  3.  Plur.  rel.  sedda  IT  264,  5  (vgl.  12) ;  Pass.  sedair 
(oder  Imperat.  sedar'?)  Eriu  II  210  §  32 ;  Prät.  Subj.  3.  Plur.  forsasestais 
Tain  B.  C.  (YBL)  3451 ;  Prät.  (Narrativ)  1.  Sing,  cosessar  Vis.  MacCongl. 
93,  2 ;  Prät.  Perf.  3.  Plur.  doesetar  Tain  B.  C.  (YBL)  3164. 

§  805  saig-.  Fut.  3.  Sing.  abs.  siais  Egerton  1782, 18v,a;  Prät. 3.  Sing. 
siacU  oder  dosiacht  Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  1759,  1.  Plur.  ro- stach famar 
Anecd.  III  54,  9. 

§  819.  Neben  den  beiden  erwähnten  senn-  fehlt  das  'hervorströmen' 
oder  ähnl.  Bedeutende,  dessen  Belege :  Fut.  sifis  (auch  Anecd.  V  29,  10), 
Prät.  con-  (lies  co)sephaind  Stokes  KZ  37,  260  gibt. 

§  820  Sern-.  Präs.  3.  Sing,  fosernd  ZCP  8,  108,  Str.  4;  mit  in-: 
in-sernd  Tain  B.  C.  (YBL)  3469.  Hierher  gehört  das  Subst.  esair,  nicht 
zu  ess-\  vgl.  mit  ms-  :  ossär  osair  'Hinstreuen,  Lager'  ZCP  9,  336.  Das 
schwache  Verb  sritd  und  aisreuth  scheint  mir  nicht  unter  diese  Nr.  zu 
gehören. 

§  822  seth-.  Fiith,  fith  heißt  'Glätte'  (vgl.  Windisch  3.  feih;  Meyer 
Vis.  MacCongl.  s.  v.  fälishnass)  und  kann  sowohl  die  Glätte  des  Meeres, 
daher  'Windstille'  bedeuten  (Gegensatz:  anboth,  anfiid  'Sturm',  jünger 
anfeith,  anfeth  'Unruhe'),  als  auch  die  Glätte  der  Haut  des  wohlgenährten 

3* 


36       Pedersen  Vergleichende  Grammatik  der  keltischen  Sprachen. 

Menschen  (Gegensatz :  anf^ijth  gorta,  Cormac  s.  v.  prull),  dann  'Aussehen' 
überhaupt.  Daher  wohl  feto  'tüchtig,  wacker'  {fete  mit  übergeschriebenem 
d  Wb.  13  a  29). 

§  825  slaid:  Prät.  Pass.  Plur.  diarslassa  ZCP  8,  118,  31. 

§  834,  5.  Die  Erklärung  von  atroi  scheint  mir  nicht  gelungen ;  die 

1.  Sing,  addrö  und  das  Pass.  atroas,  atrös  weist  eher  auf  eine  Wurzel 
mit  schließendem  s.  Cditv^ra  LU  46  b  19  gehört  wohl  zu  as-ren-  'zahlen* 
(§  796).  Atroe  Coirpri  huad  heißt  nicht  'es  wendete  C.  von  ihm  (dem 
Hunde)  ab',  sondern  'C.  konnte  ihn  (den  Hund)  von  ihm  (dem  Freund) 
nicht  erhalten'. 

§  838  ta-.  Ich  denke,  daß  Pedersen  recht  hat,  wenn  er  niconetada 
Ml  129b  5,  aran-etatham  {n)i  Cam.,  die  ich  als  Präsenzien  ohne  Syn- 
kope gefaßt  hatte,  als  reduplizierte  Futura  erklärt,  wodurch  meine  Analyse 
(Handb.  §  675)  hinfällig  wird.  Mit  Unrecht  will  er  dagegen  initaste  Ml 
•43  d  20  in  itaite  ändern ;  diese  Passivformen  haben  immer  s,  z.  B.  Fut. 
Pass.  nietastar  Vita  Trip.  (Kuhns  Beitr.  7,  64),  Prät.  Pass.  itas  häufig 
(KZ.  28,  350);  nadetatais  Ml  124 d  9  ist  also  aktivisch  zu  fassen  'sie 
würden  nicht  erhalten'.  Daß  das  Verb  zur  Wurzel  *sthä  'stehen'  gehört, 
ist  somit  keineswegs  'zweifellos'.  Auch  ob  neuir.  is  fiidir  'es  ist  mög- 
lich' hier  unterzubringen  ist,  ist  sehr  fraglich.  Die  altir.  Form  ist  setir, 
8e{i)ter  neben  eiter,  vgl.  Tain  B.  C.  (ed.  Str.-O'K.)  1151. 1152,  Cormac  s.  v. 
prull  (in  in  setir  lat?),  Anecd.  III  59,  8,  das  t  seit  jeher  palatal. 

§  840  tiag-.  Zu  S.  641  Präs.  doscuat  carpat  sech  alaile  (sech  in  n-aile) 
'ein  Wagen  kann  ihn  (den  Weg)  am  andern  vorbei  fahren'  (Cormac  s.  v. 
roKt,  röt).  —  Prät.  2.  Sing.  abs.  can  lod  Rev.  Celt.  14,  406,  12 ;  olcc  hua(i)r 
lot  so  IT  III,  1,  236,  37,  vgl.  244,  24;    1.  Plur.  6  lodmar  ni  ib.  244,  49; 

2.  Plur.  bd  mad  lodsaid  Tain  B  C.  (ed.  Str.-O'K.)  823,  vgl.  870,  Prät.  Pass. 
do-eth  ib.  1126  (vgl.  etha  Pedersen  §  716).  Den  Imperat.  eirg  'gehe' 
{airgg  Tain  B.  C.  1197  in  YBL)  hätte  Pedersen  nicht  mit  Mg  'steh  auf 
zusammenwerfen  sollen  (S.  594);  auch  daß  ein  Imperat.  *tdig  'komme!' 
nur  zufällig  nicht  belegt  sei  (S.  648),  kann  man  nicht  sagen,  da  das  ja 
ir.  tair  heißt.  —  Mit  to-in-  (S.  644) :  Präs.  3.  Sing,  dan-autat  Tain  B.  C. 
(ed.  Str.-O'K.)  1720;  Stokes  Arch.  f.  C.  Lexicogr.  1,291;  tantat  IT  II,  2, 
210,  60.  63  =  213,  24.  27;  vgl.  oben  zu  716.  —  An  einem  Zusammenhang  von 
docoith,  ducuaid  mit  lat.  uado  (S.  648.  379)  zweifle  ich.  Nicht  daß  ich 
etwa  mit  Pedersen,  S.515,  rofadatar  Wb.  29  c  13  davon  trennen  möchte; 
aber  einmal  widerspricht  ihm  das  e  von  fethid,  do'feith  (Handb.  §  808) ; 
sodann  glaube  ich  jetzt,  daß  ich  a.  a.  0.  dem  d  von  rofadatar  zu  viel 
Bedeutung  beigemessen  habe,  weil  es  gerade  der  älteste  Beleg  ist.  Da 
alle  andern  Formen  auf  th  weisen  (auch  rofathatar  LL  119b  27),  wird 
es  als  eine  Entgleisung  des  Schreibers  angesehen  werden  müssen.  Pedersen 
bringt  den  Sing,  rofdith,  dofaith  fälschlich  unter  §  716,  3;  dofaeth 
(IT  98,  2),  das  er  ebenfalls  zitiert,  gehört  überhaupt  nicht  hierher,  sondern 
heißt  'wird  fallen'  (zu  §854);  rofaeth,  rofaed  für  rofdith  Amra  Chol. 
Gh.  §  63  ist  nur  Korruptel  einiger  Handschriften. 

§  854  tuit:  Prät.  3.  Plur.  docertar  Tain  B.  C.  (YBL)  2925,  rel.  do- 
chertar  Anecd.  III  62,  19. 

S.  669 — 678  bringt  Berichtigungen  und  Zusätze  (warum  tadelt  mich 
Pedersen  S.  666  zu  I  494  in  seiner  —  vergeblichen  —  Verteidigung  der 


Morris  Jones  A  Welsh  Grammar  Historical  and  Comparative.        37 

Identität  von  doig  'wahrscheinlich'  und  toich,  daß  ich  dieses  mit  'gehörig' 
übersetze,  da  er  selber  2,  267  is  toich  mit  'es  ist  gebührend'  wiedergibt? 
Toich  wird  im  Ablaut  zu  kymr.  teg  'schön'  stehen).  Vollständige  Ver- 
zeichnisse sowohl  der  besprochenen  keltischen  als  der  aus  anderen 
Sprachen  beigezogenen  Wörter  (681—832),  ergänzt  durch  einen  kurzen 
Sachindex  (837 — 842),  erhöhen  in  erwünschter  Weise  die  Benutzbarkeit 
der  zwei  inhaltreichen  Bände. 

Bonn.  R.  Thurnevsen. 


Morris  Jones  J.     A  Welsh   Grammar  Historical   and   Comparative.    8". 
XXVII,  477  S.     Oxford,  Clarendon  Press,  1913. 

Das  Buch  hat  gewissermaßen  zwei  Seiten,  eine  untadelige  und  eine 
der  Kritik  weit  ofTenstehende.  Es  enthält  einmal  eine  ausgezeichnete 
historische  Grammatik  der  kymrischen  Sprache  von  den  ältesten  Sprach- 
denkmälern bis  zur  heutigen  Schrift-  und  Volkssprache.  Der  Verfasser  ist 
ein  trefflicher  Kenner  der  älteren  und  jüngeren  Literatur,  namentlich  auch 
der  Poesie.  An  der  Hand  der  Reime  und  des  Versbaus  führt  er  uns  sicher 
durch  das  Labyrinth  des  Laut-  und  Betonungssystems  der  verschiedenen 
Jahrhunderte  hindurch,  unbeirrt  durch  den  vielfach  inadäquaten  schrift- 
lichen Ausdruck,  der  in  neuerer  Zeit  zum  Teil  durch  falsche  Auffassungen 
und  Sprachtheorien  beeinflußt  ist.  Besonders  dankbar  ist  zu  begrüßen,  daß 
die  zahlreichen  Proben  aus  der  schwierigen  Poesie,  in  der  sich  M.  J.  mit 
voller  Freiheit  bewegt,  immer  mit  Übersetzungen  versehen  sind. 

Den  schwachen  Teil  bilden  die  zahlreichen  sprachwissenschaft- 
lichen Erörterungen.  Man  sollte  denken,  zur  Erklärung  eines  britannischen 
Dialekts  würde  man  in  erster  Linie  die  beiden  anderen,  das  Bretonische 
und  das  Kornische,  beiziehen:  sie  werden  in  dieser  Grammatik  ganz  selten 
erwähnt.  Das  Irische  wird  mehrfach  verglichen,  aber  auch  nicht  ein- 
gehend genug ;  sonst  würde  z.  B.  nicht  der  mkymr.  Infinitiv  auf  -i  und 
-aw  auf  -tmen  und  -amen  zurückgeführt  (S.  386),  während  das  Irische 
gerade  hinter  t  und  ä  niemals  das  Suffix  -mn-,  nur  -mu-  und  -mä-  kennt. 
Meist  springt  der  Verfasser  direkt  vom  K^Tnrischen  ins  Urindogermanische, 
und  mit  der  Wirkung  des  ursprünglichen  Akzents  auf  den  Vokalismus  wird 
auf  eine  Weise  hantiert  und  Grundformen  werden  angesetzt,  daß  einem 
Hören  und  Sehen  vergeht.  Auf  die  Arbeiten  anderer  Gelehrter  wird  wenig 
Rücksicht  genommen.  Wenigstens  habe  ich  vergebens  nach  einer  Erörte- 
rung der  deponentialen  Formen  gesucht,  die  Loth,  Rev.  Celt.  31,  481  ff., 
in  der  alten  Poesie  gefunden  zu  haben  glaubt.  Und  wenn  S.  243  Zimmers 
Erklärung  des  Aquativs  aus  Abstrakten  auf  et  darum  zurückgewiesen 
wird,  weil  Zimmer  auf  das  vor  et  erscheinende  h  keine  Rücksicht  nehme, 
so  scheint  er  den  Artikel  gar  nicht  gelesen  zu  haben.  Denn  Zimmer  gibt 
ja  eben  KZ.  34. 184  eine  Menge  Beispiele  von  mittelkymrischen  Abstrakten 
wie  dahet,  duhet,  drycket,  tecket,  trymhet  usw.,  die  genau  dieselbe  Gestalt 
zeigen  wie  der  Äquativ;  es  fehlt  denn  auch  S.  231  Nr.  12  der  Hinweis 
auf  diese  ältere  Gestalt  des  Suffixes.  Unpraktisch  finde  ich  endlich  die 
gewaltige  Ausdehnung  der  einzelnen  Paragraphen,  die  durch  römische 
und  arabische  Ziffern  oft  in  eine  Unmenge  von  Unterabteilungen  zerlegt 
sind,  so  daß  man  sich  schwer  zurechtfindet. 

Also  für  das,  was  aus  der  mittelalterlichen  und  modernen  Sprache 


38  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

selber  herauszulesen  ist,  kann  das  Buch  als  trefflicher  Führer  empfohlen 

werden;   für   die    Spracherklärung  ist   es   nur   mit   großer   Vorsicht   zu 
gebrauchen. 

Bonn.  R.  Thurneysen. 


Meyer-Lübke  W.  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  Lieferung  1. 
Heidelberg,  Carl  Winter's  üniversitätsbuchhandlung  1911  (Sammlung 
Romanischer  Elementar-  und  Handbücher,  herausgegeben  von  Wilhelm 
Meyer-Lübke.    III.  Reihe:  Wörterbücher).    2  M. 

Nach  Körting's  Lateinisch  -  Romanischem  Wörterbuch  hat  gewiß 
jeder  Romanist  Meyer- Lübke's  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch, 
welches  nun  schon  bis  zum  Buchstaben  P  vorgedrungen  ist,  als  eine 
Erlösung  begrüßt.  Ein  absclüießendes  Urteil  wird  erst  möglich  sein,  wenn 
das  Ganze  mit  dem  Index  dazu  vorliegt,  aber  Hauptvorzüge  des  Werkes 
treten  natürlich  schon  jetzt  deutlich  hervor.  Sie  liegen  vornehmlich  in 
dreierlei:  einmal  in  dem  weiten  Überblick  des  Verfassers  über  das  ge- 
samte Gebiet,  der  eine  erfolgreiche  Heranziehung  auch  der  Dialekte  ge- 
währleistet, ferner  in  der  Neueinfügung  so  manchen  guten  Bausteines 
und  drittens  und  ganz  besonders  in  dem  kritischen  Scharfblick  von 
M.-L.,  der  ihn  sogleich  den  schwachen  oder  wenigstens  angreifbaren 
Punkt  einer  aufgestellten  Etymologie  erkennen  läßt. 

Dem  gegenüber  stehen  nun  aber  auch  einige  Mängel,  die  freilich 
mehrfach  mit  äußeren  Dingen  und  der  Anlage  zusammenhängen.  Hierzu 
muß  ich  zunächst  die  ungemeine  Kürze  der  Darstellungsweise ')  rechnen, 
die  noch  erheblich  über  die  Knappheit  hinausgeht,  welche  man  sonst 
von  dem  Verfasser  gewohnt  ist.  Diese  Gedrängtheit  mag  durch  den 
Rahmen  der  Winterschen  Sammlung  mit  hervorgerufen  worden  sein, 
aber  sie  bleibt  darum  nicht  minder  unangenehm,  denn  sie  hat  nicht 
selten  Undeutlichkeit  im  Gefolge  gehabt,  Undeutlichkeit  namentlich  für 
den  gebildeten  Laien  imd  für  den  Gelehrten  anderer  Disziplinen,  der 
sich  doch  auch  aus  dem  Buche  unterrichten  will;  daß  Letzterer  z.B.  bei 
den  Nummern  774  und  945  eine  klare  Vorstellung  von  dem  Sachverhalt 
wie  er  ist,  oder  wie  M.-L.  ihn  sich  denkt,  gewinnen  kann,  ist  ganz  un- 
wahrscheinlich. Jenes  fortwährende  Streben  nach  Kürze  hat  aber  den 
Autor  auch  dahin  geführt,  Behauptungen  selbst  da  ohne  Begründung  zu 
lassen  (man  denkt  unwillkürhch  an  das  bekannte  'so  ist's,  und  nun  ist's 
fertig'  der  Heiterethei),  wo  eine  solche  unbedingt  nötig  ist,  so  z.  B.  gleich 
unter  a,  ab,  wo  es  heißt:  'ä  bei  laisser,  faire  mit  Inf.  und  dergl.',  also 
etwas  als  sicher  hingestellt  wird,  was  für  Andere  noch  lange  nicht  aus- 

1)  Ich  habe  hier  nicht  diejenige  Raumersparnis  im  Auge,  welche 
durch  graphische  Zeichen  bewirkt  wird.  Solche  hat  M.-L.  in  durchaus 
praktischer  Weise  verwendet,  wie  Puscariu  in  Zschr.  f.  rom.  Phil.  37,  100 
mit  Recht  hervorhebt.  Sonderbar  kontrastieren  übrigens  damit  die  viel- 
fach langen  Reihen  von  Abkürzungsbuchstaben  für  periodische  Publi- 
kationen: warum  ist,  um  einen  nur  bescheidenen  Fall  herauszugreifen, 
das  Literaturblatt  für  germanische  und  romanische  Philologie  mit 
LBlGRPh.  abgekürzt,  statt  einfach  mit  LB.,  da  hierzu  eine  Konkurrenz 
nicht  vorhanden  ist  und  dem  Nichtkundigon  ja  doch  durch  das  Verzeichnis 
der  Abkürzungen  sogleich  der  SchlU.<}sel  gegeben  wird? 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  39 

gemacht  zu  sein  braucht.  —  Weiterhin  ist  es  mehr  als  störend,  daß  die 
Urheber  von  Etymologien  nicht  genannt  werden,  falls  sie  dieselben  in 
einem  Zeitschriftenartikel  vorgetragen  haben.  Wiewohl  schon  Schachardt 
in  der  Zschr.  f.  rom.  Phil.  35,  383  f.  dagegen  Einspruch  erhoben  hat,  ist 
die  Sache  wichtig  genug,  um  noch  einmal  berührt  zu  werden.  Also  wenn 
Thomas  seine  zahlreichen  in  der  Romania  erschienenen  etymologischen 
Aufsätze  nicht  gesammelt  hätte  erscheinen  lassen,  so  würde  bei  den 
vielen  Wörtern,  für  die  er  die  richtige  Herkunft  ermittelt  hat,  immer  nur 
der  betreffende  Romania-Band  angeführt  werden  können,  während  Andere, 
auch  wenn  sie  mit  viel  weniger  glücklicher  Hand,  aber  in  Buchform 
operiert  hätten,  stets  Namensnennung  erführen.  Die  Bevorzugung  des 
Buches  geht  aber  noch  weiter:  unter  Nr.  3  wird  zuerst  Thomas,  Mel.  14 
zitiert  und  dahinter  ZRPh.  26,  421 ;  nun  hat  aber  Thomas  gar  keine 
Etymologie  aufgestellt,  wohl  aber  hat  das  Schuchardt,  der  nicht  genannt 
wird,  an  der  betreffenden  Zeitschriftenstelle  getan,  indem  er  akzeptiertes 
*ahallinca  ansetzte.  Die  auf  S.  11  versuchte  Rechtfertigung  des  ganzen  Ver- 
fahrens mutet  eigentümlich  an:  'es  hütet  vor  dem  Abschreiben'.  Ist  denn 
das  Werk  nur  für  Studenten  verfaßt?  Und  wenn  ja,  dann  ist  zu  be- 
merken, daß,  falls  ein  Studierender  nicht  durch  den  Dozenten  soweit 
methodisch  geschult  ist,  daß  er  bei  Einzeluntersuchungen  sich  nicht  mit 
dem  bloßen  Namen  begnügt,  sondern  die  Sache  selbst  prüft,  man  schwer- 
lich erwarten  kann,  er  werde  dies  durch  die  Pädagogik  des  Autors.  Im 
Übrigen  liegen  die  Dinge  in  Wirklichkeit  doch  so,  daß  die  meisten  Nach- 
schlagenden überhaupt  nicht  die  Quellennachweise  ansehen ;  um  so  mehr 
darf  derjenige,  von  dem  eine  richtige,  oder  von  M.-L.  angenommene  Her- 
leitung stammt,  den  Anspruch  darauf  erheben,  genannt  zu  werden.  — 
In  der  Angabe  dessen,  was  alt  und  neu  ist,  herrscht  keine  Konsequenz. 
Unter  Nr.  525  heißt  es :  'prov.  ap\  während  unter  Nr.  8  steht :  'aprov. 
cibas,  abäf;  unter  Nr.  3  sieht  man  die  Formen  abe^anco,  aberlenco,  ame- 
lenco,  die  doch  nur  neuprovenzalisch  sind,  als  'prov.'  angeführt,  während 
unter  Nr.  6  barco  ausdrücklich  als  'nprov.'  bezeichnet  wird;  bei  Nr.  93 
werden  unter  'prov'.  lauter  neuprovenzalische  Formen  registriert,  und  bei 
asermar  (Nr.  75),  das  doch  nur  altprovenzalisch  ist,  steht  auch  nur  'prov.'. 
und  so  fort  in  zahllosen  Fällen.  —  Nicht  selten  findet  man  bezüglich  des 
Verbreitungsgebietes  eines  Wortes  zu  weit  gefaßte  Angaben.  So  wird 
z.  B.  unter  Nr.  15  ein  ital.  abburare  aufgeführt;  Petrocchi  aber  verzeichnet 
das  Wort  als  nur  auf  der  Insel  Elba  begegnend,  und  wenn  es  nach  M.-L. 
auch  noch  im  Logudoresischen  vorkommt,  so  ist  es  deshalb  natürlich  noch 
nicht  gemeinitalienisch.  Ähnlich  heißt  es  ebenda:  'frz.  bure  'Freuden- 
feuer",  indessen  begegnet  das  Wort  doch  nur  in  einzelnen  Dialekten  Nord- 
frankreichs. Oder  es  wird  unter  Nr.  245  [aestas)  gesagt,  daß  im  Proven- 
zalischen  der  Sommer  mehrfach  männlich  sei ;  nach  Gramm.  II  §  380, 
worauf  verwiesen  wird,  zu  urteilen,  kann  aber  nur  dauphinesisches  istd 
gemeint  sein  ').  —  Hinsichtlich  der  Bedeutungen  ist  man  sich  nicht  immer 
sicher.  Zwar  bemerkt  der  Autor  auf  S.  9 :  'Unter  dem  Stichwort  sind  die 
romanischen  Wortarten  in  der  oben  angegebenen  Reihenfolge  aufgeführt, 
so  zwar,  daß  die  Bedeutung  nur  dann  gegeben  wird,  wenn  sie  von  der 
des  Stichwortes  abweicht' ;  wie  aber,  wenn  ein  Wort  die  Grundbedeutung 
hat,  daneben  jedoch  noch  eine  andere?    Ist  durch  die  Angabe  der  letz- 

1)  Mistral  unter  ista  sagt  nur :  'dans  les  Alpes'. 


40  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

teren  Bedeutung  involviert,  daß  die  erstere  daneben  besteht?  Unter 
Nr.  6346  liest  man  z.  B. :  pedester  'zu  Fuß  gehend'  afrz.  peestre  nfrz.  piktre 
'armselig'  und  unter  Nr.  6314:  pedatio  'Grundlage',  afrz.  peaison  (wo 
übrigens  in  dieser  Form  belegt?),  prov.  peazo  'ausgemessenes  Stück  Land'. 
Während  indessen  pietre  heute  ausschließlich  'armselig'  bedeutet,  heißt 
peazo  im  Altprovenzalischen  nicht  nur  'ausgemessenes  Stück  Land',  son- 
dern auch  'Grundlage',  'Fundament' ').  —  Übler  als  das  Vorhergehende 
ist  es,  daß  ziemlich  oft  unrichtige  Wortgestalten  auftreten  (die  zum  Teil 
auf  Druckfehler  zurückgehen  mögen),  oder  Formen  verzeichnet  sind,  von 
denen  man  fragen  darf,  wo  sie  belegt  zu  finden  sind.  Schon  Jud  hat 
im  Archiv  127,  426  darauf  hingewiesen  und  reichliche  Berichtigungen 
vorgenommen;  aber  es  bleibt  nach  seiner  Rezension  sowie  nach  der- 
jenigen von  Thomas  in  der  Romania  40,  102  ff.  (und  41,  448  ff.)  immer 
noch  Verschiedenes  zu  erinnern  übrig,  wie  man  weiter  unten  sehen  wird. 
Das  hier  im  Einzelnen  Bemerkte  findet  vielleicht  bei  einer  neuen  Auflage 
Berücksichtigung,  wie  denn  dann  auch  die  vielfach  falschen  Ziffern  in 
den  Verweisnummern  (z.  B.  unter  474,  487,  491,  492)  gebessert  werden 
mögen. 

Ich  muß  mich  im  Folgenden  auf  die  Besprechung  der  ersten 
Lieferung  beschränken. 

4.  ab  ante. 

'Mit  Präfixwechsel  frz.  devanf  ist,  so  ausgedrückt,  unklar,  vgl. 
Rom.  Gr.  1,  487. 

17.  abellana. 

Schon  Thomas  hat  in  der  Romania  40,  104  auf  die  Existenz  von 
aprov.  aulana  neben  avelana  hingewiesen;  wenn  er  übrigens  dazu  Ro- 
mania 32,  472  heranzieht,  wo  doch  erst  aulana  aus  aillana,  wenn  auch 
gewiß  mit  Recht,  erschlossen  wird,  so  sieht  es  so  aus,  als  ob  es  nur  hier 
begegnete,  während  es  doch  schon  Raynouard  belegt  und  daher  auch 
Nigra  in  der  Zschr.  28,  641  richtig  aufführt.  —  Unter  den  Ableitungen 
fehlt  aprov.  avelaneta,  bzw.  aulaneta,  vgl.  Levy,  S.-W. 

18.  *abellania. 

Es  fehlt  aprov.  aulanha,  das  Raynouard  unter  'avelana'  in  der  Form 
aulaigna  aus  Palais  (nicht  Palazis)  belegt  und  daher  Thomas  Essais  S.  81 
und  Nigra  in  Zschr.  28,  640  verzeichnen.  Ein  zweiter  Beleg  findet  sich 
in  den  Auzels  cassadors  ed.  Monaci  2056;  auch  diese  Stelle  hat  Ray- 
nouard, schreibt  aber  aulana,  während  der  Text  bei  Monaci  aulanha  zeigt. 

22.  ab   hoc. 

Wenn  es  für  das  Altfrz.  nur  heißt:  'adv.  'zugleich",  so  erweckt 
das  den  Anschein,  daß  es  dort  nicht  als  Präposition  'mit'  auftrete,  was 
doch  sehr  häufig  und  seit  der  ältesten  Zeit  der  Fall  ist.  —  Die  alle  Her- 
leitung von  apud  hoc,  der  M.-L.  früher  selber  huldigte,  weist  er  jetzt  auf 
Grund  von  E.  Richter,  Ab  im  Romanischen  zurück :  'Bei  apud  hoc  Diez 
Wb.  513  bleibt  unerklärt  wie  in  Nordfrankreich  apud  neben  od  auch  *ap 
hätte  ergeben  können,  das  die  Grundlage  für  avuec  sein  müßte'.  Dem 
gegenüber  ist  wohl  der  Einwand  erlaubt,  daß  in  der  Verbindung  mit  hoc 
aus  apud  etwas  anderes  werden  konnte,  ja  mußte,  als  aus  apud  allein, 
oder,  genauer  gesagt,  daß  die  Verbindung  mit  hoc  eine  ganz  anders  enge 

1)  Die  Bemerkung  von  Thomas  Essais  356  nole  gegen  die  Be- 
deutungsangabe bei  Raynouard  ist  nur  zum  Teil  berechtigt. 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymolofnsches  Wörterbuch.  41 

war,  als  diejenige  mit  einem  folgenden  Substantiv  oder  Pronomen  personale. 

33.  ab  oc  ulis. 

Die  romanischen  Formen  sind  in  eckige  Klammern  einzuschließen. 

34.  abominatus. 

Das  s  von  afrz.  abosme  kann  nicht  als  fraglich  angesehen  werden, 
da  es  von  Anfang  an  auftritt.  Auch  Thomas  setzt  in  seiner  neuerdings 
vorgenommenen  Heiieitung  des  Wortes  (Romania  42,  370)  die  Ursprüng- 
lichkeit des  s  voraus,  und  gerade  dieses  s  spricht  neben  Anderem  gegen 
die  Herkunft  von  abominatus. 

44.  absinthi u m. 

Die  altprov.  Form  aussens  durfte  nicht  fehlen,  schon  nicht  wegen 
des  neuprov.  aussent. 

65.  *accaptare. 

Warum  *accapitare  zu  capiit  für  frz.,  prov.  an  den  italienischen 
Formen  scheitern  soll,  ist  nicht  ohne  Weiteres  ersichtlich,  vgl.  catiano 
aus  *capitanus  '). 

75.  *accismare. 

Für  das  Altprovenzalische  wird  nur  die  Form  aset-mar  genannt. 
Levy  Pet,  dict.  verzeichnet  allerdings  nicht  acesmar,  wohl  weil  Ray- 
nouard  es  unter  assemtar  nur  aus  Wilhelm  von  Tudela  und  dem  Girart 
de  Rossilho  belegt,  aber  diese  ältere  Form  begegnet  auch  bei  dem  Delfin 
von  Alvernhe  Gr.  119,  3  Str.  4  (Cod.  A,  Stud.,  ii  fil.  vom.  III,  S.  631). 

78.  *accognttio. 

Wo  ist  ein  afrz.  acoinson  'Bekanntschaft',  auf  Grund  dessen  M.-L. 
ein  accognitio  ansetzt,  anzutreffen*)? 

117.  actus. 

Man  erwartet  hier  wenigstens  frageweise  das  berühmte  afrz.  ait^) 
angeführt  zu  sehen,  das  fünfmal  im  Oxforder  Rolant  in  der  Verbindung 
a  at't,  ad  ait  erscheint  und  das  G.  Paris  im  Glossar  zu  den  Extraits  de 
la  chanson  de  Roland  von  actum    herleitete. 

119 — 120.  *acücula.  acücula. 

Der  Thesaurus  gibt  bei  acucula  keine  Quantität  an.  —  Es  mußte 
auch  Ebeling,  Auberee  S.  138—147  namhaft  gemacht  werden. 

139.  adaestimare. 

Hier  werden  asp.  aesma?;  asmar  neben  einander  gestellt  und  aus 
adaestimare  hergeleitet,  während  unter  Nr.  246  span.  asmar  als  aus  prov., 
kat.  esmar  erwaclisen  erklärt  wird.  Es  begegnet  übrigens  auch  ein  afrz. 
asmer  (amer)  gar  nicht  selten,  s.  die  Beispiele  bei  Godefroy  unter  esmer^ 
die  sich  leicht  vermehren  lassen. 

146.  adaptus. 

Entsprechend  dem  [afrz.  ate\  unter  Nr.  566  ist  hier  ein  [afrz.  aate\ 
anzufügen. 

163.  adescare. 


1)  Beiläufig  bemerkt,  fehlt  unter  Nr.  1634  ein  Sternchen  bei  diesem 
Worte,  während  capitaneus  (Nr.  1633)  ein  solches  nicht  zu  haben  braucht. 

2)  Ich  sehe  nachträglich,  daß  schon  Thomas  in  der  Romania  40, 
105  einen  Beleg  verlangt. 

3)  Godefroy  4,  403  a  stellt  gewiß  mit  Unrecht  unser  Wort  unter 
hait,  wenn  auch  nicht  geleugnet  werden  soll,  daß  später  eine  gewisse 
Vermengung  mit  hait  eingetreten  sein  mag. 


42  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

Warum  wird  nur  prov.  sd  azescar  'sich  nähren'  aufgeführt?  Tran- 
sitives a.  'ködern'  ist  gut  bezeugt ;  freiUch  steht  die  von  Raynouard  an- 
gezogene Stelle  aus  Rambaut  d'Aurenca  nicht  bei  Mahn  I,  79,  aber  sie 
ist  im  Cod.  A  zu  finden  (Studj  di  fil.  rom.  111,  lOi),  wo  das  Gedicht  zwei 
Strophen  mehr  aufweist.  —  Warum  soll  afrz.  aeschier  eine  Neubildung  sein? 

löi.   ad  id  ipsum. 

Aprov.,  afrz.  ades  heißt  nicht  nur  'sofort',  sondern  auch  häufig 
'immer',  'immer  fort',  was  bei  der  nicht  völlig  sicheren  Herkunft  des 
Wortes  nicht  ganz  unwichtig  ist.  Zwar  glaube  ich  nicht  mit  Ebehng 
(Zs.  24-,  525),  daß  'in  einem  fort'  die  Grundbedeutung  sei,  vielmehr 
wird  es  von  'sogleich'  erst  zu  'in  einem  fort'  gekommen  sein  (das  Um- 
gekehrte beobachtet  man  in  tout  de  suite),  so  daß  ein  Etymon  ad  id  ipsum 
für  die  Bedeutung  keine  Schwierigkeit  macht.  Ob  es  allerdings  nötig  ist, 
zu  dem  id  zu  greifen,  bleibt  mir  nach  wie  vor  zweifelhaft,  und  es  scheint 
mir  nicht  ausgeschlossen,  daß  das  d  in  prov.,  afrz.  ades  durch  das  des 
(aus  de  ipso ')  frühzeitig  festgehalten  wurde.  Gewiß  gehört  des  einer 
anderen  Wortklasse  an,  aber  es  fällt  die  temporale  Bedeutung  des  Wortes 
ins  Gewicht,  welche  das  sprechende  Volk  wohl  dazu  führen  konnte,  ades 
damit  in  Beziehung  zu  setzen  und  beide  als  zusammengehörig  zu  empfinden. 

190.  *adoperare. 

Fehlt  afrz.  aouvrer,  das  Godefroy  oft  belegt.  —  Wenn  *adoperare 
eine  besondere  Nummer  erhielt,  so  gebührte  das  Gleiche  einem  *adnoc- 
tare'^),  dessen  Reflexe  unter  nox  (5973)  Erwähnung  finden,  und  ebenso 
einem  *affructare,  besonders  da  aprov.  afruchar^),  afrz.  afruitier  auch 
unter  fructus  (3537)  nicht  genannt  wei'den. 

209.  adunare. 

Ein  aprov.  azunar  ist  nicht  belegt ;  das  von  Levy  Pet.  dict.  ver- 
zeichnete adunar  gründet  sich  nur  auf  dem  in  dem  Gedichte  des  Richard 
Löwenherz  begegnende  äunar. 

211.   ad  unum. 

Man  vermißt  afrz.  äun,  das  schon  Diez  zur  Passion  Str.  34  aus 
Beneoit  nachgewiesen  hat. 

231.  aegrotus. 

Afrz.  engrot  ist  hier  versehentlich  mit  'Krankheit'  glossiert.  Das- 
jenige engrot,  welches  'Krankheit'  bedeutet,  ist  ebenso  wie  engrote  (s. 
Godefroy  unter  egrote)  Verbalsubstantiv  zu  engroter. 

252.  *afannare. 

1)  Jetzt  zieht  M.-L.  unter  Nr.  2514  die  Herleitung  von  de  ex  der- 
jenigen von  de  ipso  vor,  die  er  doch  selbst  früher  lebhaft  befürwortet 
hatte,  allein  der  Grund,  den  er  anführt  (,rfc  ipso  .  .  .  muß  vielleicht 
darum  abgelehnt  werden,  weil  de  ex  in  lateinischer  Zeit  belegt  ist'),  kann 
nicht  als  stichhaltig  gelten.  Der  Thesaurus  gibt  nur  einen  Beleg  für  deex 
und  zwar  aus  der  Itala,  und  hier  bezeichnet  es  die  Herausnahme  aus 
einer  Mehrzahl,  hat  also  mit  dem  roman.  des  nichts  zu  tun.  Übrigens 
begegnet  im  Altprov.  mehr  als  einmal  die  von  M.-L.  nicht  genannte,  aber 
schon  von  Diez  verzeichnete  Form  deis,  s.  Levy  S.-W.  unter  des. 

2)  In  seiner  Hist.  Gram.  d.  franz.  Spr.  S.  1.33  (nicht  wie  der  Index 
aagt,  147)  läßt  M.-L.  das  Wort  unbesternt. 

3)  Vgl.  ital.  affruttato  (Pelrocchi). 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  43 

Wo  begegnet  eine  afrz.  Interjektion  ahan?  Mir  ist  nur  han  bekannt, 
das  eine  nasalierte  Form  zu  ha  sein  wird,  vgl.  Espe  Die  Interjektion  im 
Altfranzösischen  S.  17  f. 

254.  affectus. 

Ein  afrz.  Infinitiv  afiter,  von  dem  hier  die  Rede,  ist  m.  W.  nicht 
belegt.  Godefroy  hat  ihn  nach  stammbetonten  Formen  angesetzt,  die  aber 
ebenso  gut  zu  einer  Infinitivform  afitt'er  gehören  können,  indem  hier  der 
Stammvokal  eingedrungen  ist.  Wenn  es  weiter  heißt :  'afiter  ist  Neubildung 
(von  afit),  da  es  begrifflich  nicht  zu  ajfectare  paßt,  so  kann  man  dem 
nicht  beistimmen.  Lat.  affectare  heißt  ja  doch  auch  'angreifen',  und  das 
paßt  sehr  gut  zu  der  afrz.  Bedeutung  'beleidigen'. 

297.  agulia. 

Dieses  Wort  belegt  der  Thesaurus  nicht.  Es  wäre  sehr  erwünscht, 
daß  der  Autor  in  solchen  Fällen  seine  Fundstelle  angäbe. 

307.  alacer. 

Ein  afrz.  halaigre  darf  nicht  angeführt  werden,  am  wenigsten  als 
ausschließliche  Form,  nachdem  Förster  in  Böhmers  Rom.  Stud.  4,  53 
Anm.  die  große  Seltenheit  derselben  betont  und  M.-L.  selbst  in  der  Ein- 
führung* §  92  und  112  richtig  nur  haliegre  namhaft  macht.  Auch  für 
das  Nordfranzösische  wird  demnach  wie  für  das  Prozenzalische  eine 
Basis  *alecris  gefordert. 

316.  *albanus  'Weih'. 

Fehlt  afrz.  aubain.  s.  Godefroy  I,  492  b  Nr.  1.  Daß  ein  *albanxi8 
'Weih'  zu  albus  gehört,  kann  kaum  zweifelhaft  sein.  Sicher  ist  es  bei 
demjenigen  *albanus  der  Fall,  auf  welches  das  ebenfalls  nicht  verzeichnete 
afrz.  aubain  mit  der  Bedeutung  'weißes  Pferd'  zurückgeht,  s.  Godefroy 
1.  c.  Nr.  2. 

Hinter  Nr.  328  vermißt  man  albumen,  ital.  albume,  afrz.  aubun.  Von 
letzterem  behauptet  M.-L.  in  der  Zs.  31,  698,  daß  es  'Splint'  heiße  und 
daß  es  daher  unmöglich  die  Fortsetzung  eines  Wortes  sein  könne,  das 
'Eiweiß'  bedeutet.  Diese  Behauptung  ist  für  mich  nur  erklärlich  aus  einer 
momentanen  Verwechslung  mit  nfrz.  aubour  'Splint'.  Altfrz.  aubun  'Eiweiß' 
ist  gut  bezeugt,  s.  Godefroy  unter  aubun,  dessen  Stellen  noch  Montaiglon- 
Raynaud  Recueil  5,  107  anzufügen  ist,  sowie  ein  Passus  aus  dem  Cam- 
bridger Steinbuch,  s.  Zs.  25,  634. 

329.  alburnnm  'Splint'. 

Unter  den  Ableitungen  wird  afrz.  aubourne  neben  aubournaz  ge- 
stellt und  auf  Ott  Etüde  sur  les  couleurs  .  .  78  (schreibe  76)  verwiesen, 
wo  übrigens  eine  etwas  andere  Bedeutung  angegeben  ist.  Aber  aubourne 
(s.  Godefroy  unter  alborne  Nr.  2)  kann  doch  nur  von  dem  lat.  in  adjek- 
tivischer Verwendung  bezeugten  albumus  kommen,  wenn  auch  das  e 
einige  Schwierigkeit  macht,  sich  indessen  durch  Einfluß  der  Femininform 
erklären  ließe. 

345.   aliquem,   aliquid. 

Afrz.  auquea,  aprov.  auques  (schreibe  alque,  -es),  Span.,  portg.  algo 
leitet  M.-L.  von  aliquid  her.  In  der  Rom.  Gram.  II  S.  599  bezeichnete  er 
noch  als  Basis  aliquod,  und  diese  wird  jedenfalls  von  der  span.  und 
portg.  Form  verlangt. 

350.  *aliza. 

Im  Altfrz.  haben  wir  nicht  nur  o/t«,  sondern  auch  die  ursprüng- 
liche Form  alise,  z.  B.  Folque  de  Candie  701.    Nfrz.  alise  bedeutet  'Eis- 


il  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

beere',  wie  auch  afrz.  alise  die  Frucht  bezeichnen  kann,  so  in  den  vier 
Haimonskindern:  a  son  col  la  leva  iusi  comme  une  alise  (Rev.  d.  1.  rem. 
52,  231,  V.  15987).  Auch  die  Formen  lise  und  lis  begegnen  im  Afrz.: 
Folq.  de  Cand.  2949,  li  Nerbonois  7016  und  Folq.  de  Cand.  45.  P*  fol. 
134  roa.  —  Ein  langued.  alio  kann  mit  den  «-Formen  nichts  zu  tun  haben, 
sondern  setzt  ein  altes  *alia  voraus,  zu  dem  auch  afrz.  alie  stimmen 
würde.    Schon  Diez  hat  alle  von  alise  getrennt. 

387.  alt  US. 

Auch  das  Altprovenzalische  besitzt  einen  Reflex  von  in  alto,  näm- 
lich naut. 

411.   ambo,   2.  ambi,  -ae. 

Schreibe  nfrz.  ambesas  in  ein  Wort. 

•414.  *ambutrum. 

Zu  afrz.  amboure  war  nicht  zuerst  auf  Romania  11,  109  (Cornu) 
zu  verweisen,  sondern  auf  Diez  EW.,  da  dieser  zuerst  die  Herleitung  von 
*ambutrum  vorgetragen  hat,  wenn  er  sie  auch  später  durch  eine  andere 
ersetzte.  —  Für  das  in  Klammern  stehende  'begrifflich'  scheint  es  mir 
richtiger,  'funktionell'  zu  setzen. 

416.  amentia. 

Aus  dem  einen  von  Godefroy  für  amance  beigebrachten  Belege  er- 
gibt sich  nicht  die  Bedeutung  'Sorge',  'Schrecken',  sondern  nur  diejenige 
von  'Tollheit'. 

418.  amerina  'Weide'  (aus  Ameria). 

Nicht  amerina,  sondern  amarina  ist  die  aprov.  Form  (nprov.  ama- 
rino,  aumaritto),  also  vermutlich  sehr  frühe  von  amaru^  beeinflußt,  wie 
Thomas  Nouv.  Ess.  S.  159  ganz  richtig  bemerkt.  Die  von  Godefroy  Cpl. 
verzeichneten  afrz.  amerin  (Adj.)  und  amerine  waren  der  Aufführung  nicht 
unwert,  wenn  sie  auch  offenbar  dem  Provenzalischen  entnommen  sind, 
vgl.  Thomas  1.  c.  S.  362  zu  S.  154.  —  Daß  ein  prov.  amera  existiert  hat 
oder  existiert,  muß  ich  bis  auf  weiteres  bezweifeln;  sollte  nicht  eine 
Verwechslung  mit  dem  vulgärlat.  amera  vorliegen,  auf  dessen  Maskulin- 
form *amerus  Thomas  1.  c.  S.  137  (ohne  weiter  vom  Akzente  zu  sprechen) 
das  heutige  lyonesische  ambro  zurückführt? 

443.  ancilla. 

Ital.  ancella  hat  ein  f  und  nicht  ein  f,  wenigstens  nicht  im  Tos- 
kanischen. 

448.  andbahtjan. 

Wo  ist  ein  afrz.  Verb  ambassier  belegt?  Zum  Ganzen  sähe  man 
gerne  Thurneysen  Keltorom.  S.  29  ff.  zitiert. 

463.  angul  'Angel'. 

An  die  Existenz  von  einem  afrz.  soi  anghr  glaube  ich  nicht.  M.-L. 
hat  offenbar  aus  Godefroy  geschöpft,  der  eine  Stelle  aus  der  Chronik  des 
Godefroi  de  Paris  nach  der  Handschrift  anführt :  Les  poissons  sont  pris 
quant  soi  anglent.  Es  wird  hier  se  janglent  zu  schreiben  sein,  s.  refl. 
jangier  bei  Godefroy  belegt. 

464.  angulare  'Ecke'. 

Aprov.  anglar  heißt  nicht  'Ecke',  sondern  'eckiger  Stein" ')  und  ist 
ofTenbar  nicht  die  Fortsetzung  von  einem  angulare  'Ecke*,  das  übrigens 

1)  Wenn  Levy  Pet.  dict.  neben  'quartier  de  rocher*  mit  'pierre 
angulaire'  also  =  'Eckstein*  glossiert,  so  müssen  ihm  noch  andere  Be- 
legstellen als  die  bisher  registrierten  vorliegen. 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  45 

der  Thesaurus  nicht  verzeichnet ,  sondern  vielmehr  von  angularis,  welches 
schon  im  Lateinischen  als  Substantiv  anzutreffen  ist,  s.  Thesaurus  unter 
angularis  IL  Es  existiert  ferner  ein  aprov.  Adjektiv  anglar  (s.  Levy,  S.-W. 
unter  anglar) ,  sowie  afrz.  angler  aus  angularis,  und  es  ist  auch  des 
afrz.  Adj.  anglier^)  {angularius)  'in  den  Ecken  lebend'  zu  gedenken,  falls 
man  nicht  darin  eine  Weiterbildung  von  angle  sehen  will  und  es  dann 
unter  Nr.  465  zu  stellen  hat. 

465.  angulus. 

Warum  aprov.,  afrz.,  nfrz.  angle  nicht  volkstümlich  sein  sollen,  ist 
nicht  ersichtlich. 

494.  ante. 

Wir  erhalten  hier  einen  Verweis  auf  die  Rom.  Gram.  3,  533,  allein 
dieser  Verweis  stimmt  nicht ') ,  was  um  so  unerwünschter,  als  man  die 
im  EW.  angedeutete  Erklärung  der  assibilierten  Form  aus  der  Stellung 
vor  folgenden  Vokal  irgendwo  etwas  ausgeführt  sehen  möchte.  Ich  trete 
hier  auf  diesen  Punkt  nicht  näher  ein  und  möchte  nur  bemerken,  daß 
man  dann  doch  auch  ein  an^an  aus  ayite  anniim  erwarten  sollte.  Es  nutzt 
natürlich  nichts,  daß  man  anteamium,  wie  M.-L.  dies  unter  Nr.  495  tut, 
in  ein  Wort  schreibt.  Nimmt  man  aber  an,  daß  schon  antannum  erwachsen 
war,  bevor  in  ante  annum  eine  Assibilierung  eintreten  konnte,  dann  muß 
auch  gleich  *antannum  angesetzt  werden. 

495.  anteannum  'vorjährig'. 

Die  Glossierung  mit  'vorjährig'  an  Stelle  von  'vor  einem  Jahre' 
scheint  mir  nicht  richtig  zu  sein,  s.  die  Belegstellen  im  Thesaurus  II,  133 
unter  ante.    Im  Übrigen  s.  das  zur  vorigen  Nummer  Bemerkte. 

505.  antiphona,  2.  antephona. 

Wenn  antiphona  als  Basis  für  ein  afrz.  antoine  aufgeführt  wird, 
so  dürfte  das  auf  Grund  einer  Stelle  geschehen  sein,  die  Godefroy  Cpl. 
unter  'antienne'  nach  Du  Gange  aus  einem  Dokument  von  1382  anzieht. 
In  diesem  vereinzelten  und  späten  antoine  sehe  ich  nur  eine  dialektische 
Form  für  antaine  (Schw.-B.^  §  223  A.  1),  das  seinerseits  eine  (umgekehrte) 
Schreibung  für  undiphthongiertes  antene,  antenne  (s.  Godefroy  1.  c.)  darstellt. 

525.  apis. 

Ein  aprov.  ap  finde  ich  nirgends  verzeichnet.  Was  mag  es  bedeuten, 
wenn  es  heißt :  'afrz.  auch  es"  ?  Es  ist  doch  Nom.  Sing,  und  Obl.  PI.  zu  ef. 
Oder  liegt  Druckfehler  vor  für  ee  ?  Gedefroy  belegt  dies  ee  nur  aus  Prosa- 
texten, aber  daß  ein  zweisilbiges  Wort  vorliegt,  ergibt  sich  aus  Guiarts 
Reimchronik  ed.  Buchon  II  V.  8300  40  ees  im  Reim  mit  acerees  steht. 

565.  aptificare  'zurecht  machen'. 

Eine  afrz.  Form  attefier  gerade  mit  zwei  t  wird  sich  schwerlich 
nachweisen  lassen.  Vermutlich  ist  M.-L.  dazu  gekommen,  weil  er  bei 
Godefroy,  der  im  Cpl.  unter  atefier  auf  edifier  (1.  edefier)  verweist,  unter 
diesem  edefier  die  zu  einer  Stelle  gegebene  Variante  atefier  nicht  be- 
achtete, und   andererseits   sich  für  berechtigt  hielt,   für   das  actefier  bei 


1)  Siehe  Godefroy,  der  angler  und  anglier  unter  angler  zusammen- 
geworfen hat. 

2)  Vielleicht  ist  §  488  (S.  522)  gemeint.  M.-L.  zitiert  im  EW.  seine 
Romanische  Grammatik  nach  Paragraphen,  was  man  freilich  nicht  ohne 
weiteres  wissen  kann,  da  im  Index  zu  derselben  (ohne  daß  eine  Vorbe- 
merkung es  verrät)  nach  Seitenzahlen  zitiert  wird. 


"46  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

Godefroy,  auf  das  ich  weiter  unten  zu  sprechen  komme,  attefier  zu 
schreiben.  Wenn  man  nun  auch  mit  Puitspelu  gegenüber  Thomas  in 
atfier,  adfier  der  Mundart  von  Berry,  ebenso  wie  in  nfrz.  affier  eine 
regelrecht  entwickelte  Form  sehen  kann,  so  ist  doch  wohl  sicher,  daß 
atefier  {atußer,  actifier),  das  auch  im  Folque  de  Cändie  7137  begegnet, 
nicht  eine  solche  darstellt,  wie  Thomas  M61.  S.  6  mit  Recht  bemerkt 
hat,  mithin  nach  dem  sonstigen  Verfahren  von  M.-L.  in  Klammern  ein- 
geschlossen werden  müßte.  Vielleicht  könnte  man  noch  hinzufügen: 
'unter  Einfluß  von  edefier,  da  in  der  Verwendung,  wie  Thomas  nicht 
entgangen  ist,  eine  Vermengung  mit  edefier  eingetreten  sein  dürfte ;  für 
letzteres  sprechen  die  Beispiele  unter  edefier  bei  God.  im  Hptw.,  die  Va- 
riante atefier  zu  estefier  (=  esdefier)  bei  God.  unter  edefier  in  Cpl.  und 
die  Varianten  zu  atefie  im  Folq.  de  Cand.  7137,  wo  P^  edefie  und  B  desfie 
zeigt  {que  tes  sires  desfie,  1. :  qite  tes  aire  esdesfie).  Was  schließlich  die  Form 
actefier  angeht,  so  glaube  ich  nicht,  daß  sie,  wie  Thomas  1.  c.  S.  6  A.  1 
meint,  eine  'simple  graphie'  für  ein  *attefier  ist,  sondern  erkläre  sie  mir 
durch  Einwirkung  von  actif;  es  ist  nämlich  zu  beachten,  daß  die  be- 
treffenden handschriftlich  zitierten  Belege  aus  dem  'Ovide  moralis^' 
stammen,  also  aus  später  Zeit,  und  ferner,  daß  die  Bedeutung  an  der 
Mehrzahl ')  dieser  Stellen  'wachsen',  'sprießen'  ist,  also  verschieden  von 
der  sonstigen  von  atefier.  —  Es  überrascht,  daß  M.-L.  das  nfrz.  üffi^r 
mit  'Bäume  pfropfen'  glossiert.  Littr6  gibt  nur  an :  'planter  ou  provigner 
des  arbres  de  bouture'  *),  also  jedenfalls  nicht  'pfropfen'.  Auch  ist  es 
nicht  wahrscheinlich,  daß  diese  Bedeutung,  falls  sie  irgendwo  in  einem 
Dialekt  vorkommt,  die  ursprüngliche  ist;  da  sie  schlecht  zu  dem  Sinne 
von  aptificare  stimmen  würde.  Die  ursprüngliche  Bedeutung  ist  vielmehr 
m.  E.  'einen  Steckling  zum  Einpflanzen  zurecht  machen',  und  sie  erkenne 
ich  an  der  ersten  Stelle  aus  Beneoit,  die  God.  Hptw.  unter  'edefier'  gibt. 
Dann  heißt  es  auch  'einpflanzen',  so  an  der  oben  angeführten  Stelle  aus 
Folq.  de  Cand.  und  in  dem  zweiten  und  dritten  Beleg,  den  God.  1.  c.  aus 
viel  späterer  Zeit  bringt. 

570.  aqua, 

Afrz.  aigue  wird  nicht  aufgeführt,  vielleicht  weil  M.-L.  es  mit  Clara 
Hürlimann  als  eine  Entlehnung  aus  dem  Provenzalischen  ansieht,  in 
welchem  Falle  immerhin  hinter  prov.  aiga  zu  schreiben  gewesen  wäre : 
(zu  afrz.  aigue).  Allein  gegen  jene  Annahme  der  Entlehnung  überhaupt 
hat  Herzog  in  Zs.  28,  383  mit  Recht  Einspruch  erhoben. 

584.  *aquilentum. 

Warum  Berger  Lehnwörter  124  angezogen  wird,  ist  nicht  ersicht- 
lich, da  er  ja  gerade  noch  mit  dem  alten  *acuctdentum  operiert.  —  Aprov. 
aguilen  kann  nicht  volkstümlich  sein,  s.  Fröse  Die  lateinischen  Vorton- 
vokale  im  Altprovenzalischen  S.  81.  —  Das  Altprovenzalische  besitzt  auch 
aiglentier,  aiglentina. 

590.  Araba. 

Es  heißt  hier :  "prov.  ar<ibe  'habgierig,  geizig',  nprov.  arabro  'roh*, 


1)  An  den  beiden  übrigen  (der  ersten  und  letzten)  heißt  es  'ins 
Leben  rufen*,  'zum  Keimen  bringen*. 

2)  Würde  man  nicht  erwarten :  'planter  des  boutures  ou  provigner 
des  arbres'? 


Meyer-Lubke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  47 

auch  prov.  alabre  'gefräßig'".  Man  möchte  wirklich  wissen,  wo  ein  altprov. 
arabe  zu  finden  ist,  und  dasselbe  gilt  von  einem  altprov.  alabre. 

605.  arbitrium. 

Liegt  bei  arviere  ein  Druckfehler  vor  ?  —  Die  ursprüngliche  aprov. 
Form  arbire  *)  war  anzuführen  und  vor  albire  zu  stellen,  obgleich  sie 
seltener  begegnet  und  Levy  sie  nicht  bringt,  s.  z.  B.  Flamenca*  3205. 

614.  architriclinus. 

Wenn  lucch.  arcidecUno  angeführt  wird,  so  hat  auf  die  gleiche 
Ehre  afrz.  Ärchedeclin  Anspruch,  das  z.  B.  Aiol  7822  begegnet  (vgl.  im 
übrigen  Langlois  Table),  wiewohl  das  Wort  hier,  wie  bekarmt,  mißver- 
ständlich als  Eigenname  aufgefaßt  wurde. 

630.  arena. 

Es  fehlt  aprov.  arena  sowie  afrz.  areine  'Sand'  (s.  Varianten  zum 
V.  1036  des  Cliges),  'Mörtel'  (s.  God.  unter  'araine'). 

643.  argutare. 

Wie  unter  'arbitriare'  als  Ableitung  prov.  'albir'  genannt  ist,  so 
erwartet  man  hier  das  afrz.  argu,  falls  man  es  mit  Scheler  zum  Bastart 
de  Bouillon  4415  als  Verbalsubstantiv  zu  argüer  ansieht.  Wahrscheinlich 
aber  kommt  es  direkt  von  argutum.  das  substantiviert  wurde,  wenigstens 
weist  darauf  die  m.  W.  älteste  Stelle,  an  der  man  es  antrifft,  Folq.  de 
Cand.  1118  hin,  wo  der  Obl.  Plur.  arguz  im  Reime  auf  -uz  steht;  dann 
wäre  ein  besonderes  Stichwort  argutum  voimöten. 

647.  arir  (arab.)  'Lärm'. 

Für  das  afrz.  aride,  das  als  'Kriegsruf  der  Sarazenen'  bezeichnet 
wird,  sei  es  gestattet,  noch  besonders  auf  Romania  13,  24  V.  210  hinzu- 
weisen, weil  Godefroy  diese  Stelle  nicht  auiTührt  und  gerade  an  ihr 
aride  wirklich  als  Kriegsruf  der  Sarazenen  erscheint,  während  an  der 
zweiten  bekannt  gewordenen  Stelle  (Chanson  d'Antioche  6,  885)  die  Sache 
lange  nicht  so  klar  liegt.  Hier  ist  die  Situation  die,  daß  die  Sarazenen 
in  der  Nacht  von  den  in  die  Stadt  eindringenden  Christen  überrumpelt 
werden  und  in  die  ärgste  Bedrängnis  geraten;  dann  heißt  es  von  ilmen: 
'Aride!  Aride!',  hucent,  'Mahons!  quex  destorbier!'  Das  W^ort  scheint 
also  hier  eher  einen  Angst-  und  Klageruf  zu  bedeuten  und  würde  darui 
mehr  zu  dem  heutigen  span.  alarido  stimmen,  welches  Salvä  mit  'grito 
lastimero'  glossiert  *). 

667.  *arramire. 

Warum  fehlt  aprov.  aramir  ?  Gleiches  ist  zu  fragen  bezüglich  aprov. 
arazonar  (Nr.  669). 

704.  asinus. 

Das  Altprovenzalische  kennt  auch  die  Form  asne ;  sie  ist  offenbar 
versehenthch  bei  Levy  Pet.  dict.  fortgeblieben. 

707.  asparagus. 

Wo  ist  ein  afrz.  asparge  belegt?  Das  Wort  scheint  dem  Alt- 
französischen ebenso  fremd  zu  sein  wie  dem  Altprovenzalischen. 

724.  assequi. 


1)  Levy  Pet.  dict.  registriert  ein  arbir,  das  auch  schon  Raynouard 
unter  dem  Stichwort  albir  verzeichnet,  ohne  daß  sich  unter  des  letzteren 
Beispielen  ein  Beleg  dafür  wahrnehmen  läßt. 

2)  In  Cantar  del  mio  Cid  ed.  Menendez  Pidal  V.  606  heißt  es,  im 
Plural  stehend,  'Kriegsgeschrei';  übrigens  erheben  es  die  Christen. 


•48  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

Es  hätte  sich  empfohlen,  vor  die  afrz.  Form  as^ovir  die  fast  ebenso 
häufig  anzutreffende  und  ursprüngliche  Form  assevir  (s.  God.  unter  'as- 
sovir')  zu  setzen. 

735.  *assuaviare. 

Es  fehlt  das  aprov.  assuaujar. 

741.  asthmo. 

Man  vermißt  das  aprov.  asma,  das  freilich  auch  bei  Levy  Pet.  dict. 
fehlt,  s.  Lex.  Rom.  und  Zschr.  f.  rom.  Phil.  27,  596  zu  V.  1540. 

774.  au  (Schaltwort  für  das  Schreien  des  Katers),  2.  'Kater'. 

Wenn  frz.  matou,  wallon.  marku,  pikard.  käu^),  lolhr.  röw  *),  marlu, 
maro,  bearn.  arnau  auf  jenes  au,  welches  =  'Kater'  sein  soll,  zurückge- 
führt werden,  so  ist  das  doch  mehr  als  bedenklich,  und  der  Hinweis  auf 
Bhft.  I,  24  sowie  GRM.  I,  t537  beruhigt  keineswegs.  Saineanu  sagt  nur: 
Le  Suffixe  'ou  est  caracteristique  j^our  cette  nomenclature  et  para'it  re- 
monter  ä  'miau,  und  die  Bemerkungen  von  Meyer-Lübke  am  zuletzt  ge- 
nannten Orte  gegen  die  Herleilung  von  den  Eigennamen  Matwulf  (Ma- 
tulfj,  Markulf,  Radulf,  Marulf,  Arnold^)  überzeugen  nicht.  Die  Be- 
hauptung, daß  es  durchweg  gar  zu  seltene  Eigennamen  sind,  ist  teils 
nicht  richtig,  denn  Badulf  (heute  Raoul)  und  Arnold  sind  alles  andere 
als  selten,  teils  zu  kühn,  denn  die  Personennamenforschung  ist  für  das 
französische  Sprachgebiet  noch  so  wenig  angebaut,  daß  wir  vielfach  nicht 
in  der  Lage  sind,  über  die  Häufigkeit  oder  Nichthäufigkeit  eines  Namens 
ein  Urteil  zu  haben.  Für  die  Herleitung  von  Personennamen,  welche 
schon  Darmesteter  Vie  des  mots  §  58  b  vornahm,  spricht  einerseits  der 
Umstand,  daß  für  alle  Formen,  mit  Ausnahme  von  pikard.  kau  *) ,  ein 
lautentsprechender  Eigenname  zur  Verfügung  steht,  was  kaum  ein  Zufall 
sein  kann,  und  andererseits  die  Tatsache,  daß  das  Französische  doch 
auch  sonst  eine  nicht  geringe  Zahl  von  Tierbezeichnungen  besitzt,  die 
zweifellos  auf  Personennamen  zurückgehen:  carlin  %  fouquet,  guillemot, 
jacque,  jacquot,  martin,  tnartinet,  pierrot,  sansontiet  u.  a.  Gewiß  ist  in 
den  Benennungen  für  den  Kater  die  Laulreihe  a — u  beachtenswert,  aber 
es  scheint  mir  viel  plausibler  anzunehmen,  daß  man,  durch  die  beiden 
Vokale  im  Schreie  des  Katers  veranlaßt,  unwillkürlich  zu  solchen  Namen 
griff,  welche  in  den  beiden  aufeinanderfolgenden  Silben  diese  Vokale 
aufwiesen,  als  daß  man  zwischen  jene  Vokale  ganz  beliebige  Konsonanten 
einfügte. 

775.  *auctoricare. 
Es  fehlt  aprov.  autorgar. 
780.  auditus  'Gehör'. 

Man  möchte  gerne  die  Fundstelle  für  aprov.  auzit  erfahren;   ich 
kenne  nur  nprov.  ausido. 
786.  aura. 


1)  Saineanu  (Bhft.  I,  24)  gibt  caou  an. 

2)  Meyer-Lübke  nennt  in  GRM.  I,  637  nicht  röu,  sondern  raou. 

3)  Meyer-Lübke   führt  noch  ein  'Markold'  auf;    es   bedarf  aber 
dessen  nicht  für  eine  der  franz.  Wortformen. 

4)  Saineanu  bemerkt  wohl  mit  Recht,  daß  sich  hier  ca  =  chat  ein- 
gemischt haben  wird. 

6)  Carlin  sowie  fouquet,  jacquot  und  pierrot  'Spatz'  finde  ich  nicht 
bei  Meyer-Lübke. 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  49 

Prov.  aurön  'verrückt'  ist  wohl  nur  Druckfehler  für  aprov.  aurdn, 
dagegen  gehört  doch,  wie  mir  scheint,  nprov.  auroun  =  'essor',  'vol  d'un 
oiseau  d'un  lieu  ä  l'autre'  (Mistral)  hierher.  —  Ist  aprov.  aurat  'toll'  ab- 
sichtlich nicht  aufgeführt? 

789.  aurata. 

Wo  ist  ein  aprov.  aurada  belegt? 

848.  azkon  (bask.) 

Es  fehlt  aprov.  ascona,  escona,  ancona. 

859.  baca  'Beere'. 

Wenn  ital.  bagdtella  wirklich  zu  baca  gehören  sollte,  wie  das  Meyer- 
Lübke,  eine  alte  Vermutung  Schuchardt's  aufnehmend  und  Suchier's  Ety- 
mologie nicht  erwähnend,  als  sicher  hinstellt,  dann  könnte  doch  immer 
nur  ein  Deminutiv  von  *bacatum  vorüegen,  mithin  unser  Wort  nicht  ohne 
Weiteres  unter  die  Ableitungen  von  baca  gestellt  werden. 

867.  *bacculare. 

Es  heißt  hier:  'frz.  bäcler.  prov.  badar  Thomas,  Ess.  246'.  Allein 
Thomas  sieht  frz.  bäcler  als  aus  dem  Provenzalischen  übernommen  an, 
mithin  wäre  zu  schreiben  gewesen:  prov.  baclar  (zu  frz.  bäcler).  Hat 
Meyer-Lübke  für  seine  Anordnung  etwa  eine  Stelle  im  Complement  von 
Godefroy  aus  der  Pariser  Steuerrolle  von  1292  'Renost  qui  bacle'  im 
Auge  gehabt  (welche  Stelle  Thomas  entweder  übersehen  oder  bei  Seite 
gelassen),  so  hätte  er  besser  gesagt:  'afrz.  bäcler,  nfrz.  bäcler,  nprov.  baclar  . 

888.  bajulns. 

Die  Ableitungen  afrz.  bailif,  nfrz.  baüi  (schreibe  bailU)  sind  ver- 
sehentlich unter  Nr.  3  geraten;  sie  gehören  unter  Nr.  1. 

891.  balakhS  (arab.). 

Vgl.  unten  zu  Nr.  1087. 

897.  balazn  (breton.)  'Ginster'. 

Für  das  Altfranzösische  wird  balain,  balais  angegeben.  Die  Form 
balain  begegnet,  wenn  ich  nicht  sehr  irre,  nur  in  den  vier  Büchern  der 
Könige,  und  was  ein  balais  betrifft,  so  geht  m.  E.  aus  keiner  Stelle  her- 
vor, daß  das  s  stammhaft  sei,  und  wohl  ebensowenig  ist  das  in  prov. 
bcUai  der  Fall '),  von  dem  übrigens  nicht  einzusehen  ist,  warum  es  aus 
dem  Nordfranzösischen  entlehnt  sein  soll  *). 

899.  *halca. 

Warum  wird  nur  nprov.  bauko  (schreibe  bauco)  und  nicht  auch 
aprov.  balca  (Rom.  32,  282)  genannt?  Wenn  dann  Meyer-Lübke  aprov. 
terra  bauca  'Sumpfland'  vergleicht,  so  ist  es  wohl  erlaubt,  da  es  S.  10 
heißt:  'Unverändert  ist  selbstverständlich  auch  alles  geblieben,  was  aus 
alten  Texten  übernommen  wurde',  zu  bemerken,  daß  nur  die  Form  balca 
belegt  ist;  die  Bedeutung  wird  durch  den  Zusammenhang  an  der  ein- 
zigen Belegstelle  nicht  gesichert,  daher  denn  auch  Levy  Pet.  dict.  richtig 
ein  Fragezeichen  setzt. 

900.  bald. 


1)  Bei  Serveri  de  Girona  findet  man  den  Obl.  Sing,  balays  im  Reim 
auf  palaya  (Annal.  du  Midi  24,  51).  wozu  Jeanroy  nichts  bemerkt,  aber 
es  kann  Reimzwang  vorliegen.  In  dem  Liede  Gr.  46,  1  schreibt  allerdings 
Hs.  H.  lo  balais,  aber  Aa  haben  den  Plural  los  balais. 

2)  Schon  die  Gräfin  von  Dia  Gr.  46,  1  gebraucht  das  Wort;  die 
Stelle  fehlt  bei  Raynouard  und  Levy  S.-W. 

Anzeiger  XXXIII.  4 


50  Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch. 

Man  vermißt  die  provenz.  Ableitungen  und  für  das  Nordfranzösische 
baldour  und  das  interessante  baldoire. 

906.  baljos  (galL). 

Der  Verweis  auf  Romania  29,  432,  wo  man  etwas  Näheres  zu 
finden  hofft,  stimmt  nicht;  die  Stelle  läßt  sich  auch  nicht  durch  die  Table 
von  Bos  ermitteln. 

928.  *bandön  'Macht,  Erlaubnis'. 

Als  welcher  Sprache  angehörig  soll  man  sich  die  angesetzte  Form 
denken,  und  die  gleiche  Frage  muß  man  bezüglich  *ba-ut  'Koffer'  (Nr.  1008) 
stellen. 

957.  barga  'Uferböschung'. 

Schreibe  berge  für  bärge  (Druckfehler).  —  Ein  prov.  barga  mit  obi- 
ger Bedeutung  kenne  ich  nicht. 

988.  batare. 

Baherne  ist  die  belegte  Form,  nicht  baerne,  s.  God.  unter  'berne' 
und  vgl.  oben  zu  899. 

1008.  *ba-ut  'Koffer'. 

S.  oben  zu  928.  —  Eine  Bedeutung  'Koffer'  ist  für  das  aprov.  baue 
nicht  gesichert  (s.  die  Bemerkung  von  Levy  im  S.-W.),  das  überhaupt 
schwerlich  hierher  gehört. 

1016.  bed. 

Warum  fehlt  afrz.  bied,  das  doch  die  Herkunft  deutlich  hervor- 
treten läßt?  Zur  Erklärung  der  nfrz.  Form  bieg^)  wird  nichts  gesagt. 

1027.  bellus. 

Wo  ist  ein  komparativischer  Nominativ  belaire,  den  Meyer-Lübke 
auch  schon  Rom.  Gram.  2,  S.  85  aufgeführt  hatte,  im  Altfranzösischen 
belegt?  Ich  kenne  ihn  nur  aus  dem  Altprovenzalischen,  wie  denn  da 
auch,  wie  im  Norden,  bellazor  begegnet,  das  Meyer-Lübke  nicht  ver- 
zeichnet. Einen  neutralen  Komparativ  belais  nennt  er  nicht,  was  zunächst 
überrascht,  da  schon  Diez  Altrom.  Sprachd.  S.  22  das  im  Raoul  de 
Cambrai  2446  anzutreffende  belais  als  Neutrum  zu  belezour  ansah  und 
nach  ihm  ebenso  G.  Paris  im  Glossar  zum  Orson  de  Beauvais  *).  Viel- 
leicht aber  war  für  ihn  die  Erwägung  maßgebend,  daß  nur  im  Raoul  de 
Cambrai  belais  (mit  einem  e)  begegnet,  während  an  den  beiden  anderen 
von  G.  Paris  angezogenen  Stellen,  denen  ich  noch  P.  Meyer  Rec.  2.  339 
V.  bi  mit  del  mielz  et  del  balais  hinzufüge,  balais  steht  (im  Ors.  de  Beauv. 
V.  2  hat  die  Hs.  biaus  laiz),  und  daß,  wenn  auch  die  Verbindung  mit 
mielz  die  Annahme  eines  Komparativs  nahe  legt,  doch  auch  Folque  de 
Candie  7739  mit  lo  balais  et  la  flor^)  ins  Gewicht  fällt  und  man  daher 
an  den  Edelstein  balais  denken  könnte  *).  Nur  wäre  dann  eine  ent- 
sprechende Bemerkung  unter  Nr.  891  am  Platze  gewesen. 


1)  Godefroy  Cpl.  gibt  als  Titelkopf  bies  an,  aber  keine  seiner  Beleg- 
stellen, unter  denen  übrigens  Karlsreise  775  fehlt,  rechtfertigt  diese  Form. 

2)  Wohl  auf  Grund  hiervon  registriert  auch  Nyrop  in  seiner  Gram, 
bist.  II  §453  Nr.  3  belais,   während  es  bei  Schwan -Behrens  nicht  steht. 

3)  Dieselbe  Verbindung  findet  sich  auch  noch  V.  10913  im  2.  Bande 
des  Folque,  den  ich  vorbereite. 

4)  Eine  Anlehnung  dieses  aus  dem  Arabischen  stammenden  Wortes 
an  bei  wäre  erklärlich  genug,  vgl.  auch  die  Schreibung  bellais  in  der 
Herner  Hs.  zu  einer  Stelle  aus  Gautier  d'Espinal  (s.  God.  C})1.  unter  balaiti). 


Meyer-Lübke  Romanisches  Etymologisches  Wörterbuch.  51 

1029.  benedicere. 

Das  ursprünglichere  afrz.  beneist re  verdient  den  Vorzug  vor  spä- 
terem henistre. 

1050.  Berrovier  'Bewohner  der  Landschaft  Berry'. 

Warum  ist  gerade  die  provenzalische  Form  als  Stichwort  vorangestellt  ? 

—  Man  vermißt  aprov.  berroier  (s.  Levy,  S.-W.),  das  vom  berrovier  nicht  zu 
trennen  ist,  wenn  es  auch  eine  andere  Bedeutung  aufweist.  —  Den  Sinn 
von  'leichtbewaffneter  Krieger'  hat  m.  W.  das  afrz.  berruier  nicht. 

1059.  *besta. 

Es  bedarf  des  Sternchens  nicht,  s.  Thesaurus  II,  Sp.  1935. 

1061.  bestia. 

Wenn  afrz.  bisse  absichtlich  fortgelassen  ist,  dann  würde  man  ein 
besonderes  Stichwort  bistia  erwarten,  dessen  Existenz  schon  Parodi  an- 
nahm (vgl.  Romania  23,  315)  und  das  zweimal  bei  Gregor  von  Tours 
vorkommt,  s.  Thesaurus  II,  Sp.  1935. 

1075.  1079.  bibita.  bibitura. 

Hier  wird  boite  und  boiture  als  'afrz.'  bezeichnet,  wiewohl  das  eine 
zuerst  im  16.,  das  andere  im  15.  Jahrb.  nachgewiesen  erscheint.  Dem- 
entsprechend hätte  denn  auch  unter  1078  (*bibitoria)  ein  afrz.  boitoire 
figurieren  können,  s.  God.  I,  676  c. 

1080.  bibitus  'betrunken'. 

Auch  hier  möchte  man  wieder  gerne,  diesmal  wegen  der  Bedeu- 
tung die  Fundstelle  namhaft  gemacht  sehen.  —  Daß  bü  in  der  Mundart 
von  Reims  von  bibitus  kommen  soll,  leuchtet  nicht  ein ;  es  ist  offenbar 
das  alte  beu,  welches  bei  Villon  im  Sinne  von  'betrunken'  erscheint,  s. 
Bartsch -Wiese  93  b  V.  17. 

1084'.  *bicornis. 

Das  Wort  hat  versehentlich  ein  Sternchen  erhalten.  Es  scheint  mir 
recht  gewagt,  prov.  (d.  h.  neuprov.)  bigord  'verdreht'  darauf  zurückzu- 
führen, da  ein  etwaiger  altprovenzalischer  Reflex  nicht  zur  Verfügung  steht. 

1114.  *ö»roitMm 'zweirädriger  Karren'.    1115.  itro<«s 'zweirädrig'. 

Unter  der  ersten  Nummer  fehlt  Verweis  auf  Diez  54.  Frz.  brouette 
gehört  natürlich  unter  birotus  'zweirädrig',  wofür  besser  birotum  'zwei- 
rädriger Wagen'  zu  schreiben  wäre,  da  es  schon  im  Lateinischen  als  Sub- 
stantiv vorkommt.  Hier  würde  es  sich  auch  empfeiilen,  die  altfranzö- 
sischen Formen  anzugeben  (s.  God.  Cpl.  unter  brotiete). 

Über  die  Vollständigkeit  des  Werkes,  soweit  es  sich  um  die  Stich- 
wörter handelt,  wird  man  eigentlich  erst  reden  können,  wenn  der  Index 
vorliegt.  Immerhin  sei  schon  jetzt  wenigstens  an  ein  paar  solcher  er- 
innert, welche  innerhalb  der  ersten  Lieferung  fehlen,  und  von  denen  man 
nicht  sieht,  wo  sie  etwa  späterhin  behandelt  worden  sind,  oder  füglich 
behandelt  werden  könnten :  accubitare,  afrz.  acoder  nfrz.  accouder,  aprov. 
acodar  —  affundere,  afrz.  afondre  'anstürmen',  s.  Tobler  zum  Julian  2411 

—  aUquanti,  afrz.  auquant  —  alnetum,  afrz.  aunoi.  span.  alnedo  —  an- 
cora,  frz.  ancre  —  Andros.  afrz.  andre  in  cendal  d'andre  —  *appedatio, 
aprov.  apezazo  —  Basilia,  afrz.  Abi.  ballois,  balois  *)  (aus  basilensis  *). 

Straßburg  i.  E.  0.  Schultz-Gora. 

1)  G.  Paris  spricht  in  der  Romania  18,  145  von  ballois,  aber  diese 
ursprünglichere  Form  läßt  sich,  soweit  ich  sehe,  zufällig  nicht  nachweisen. 

2)  Für  diese  Form  s.  Thesaurus  II,  Sp.  1761  unter  'Basilia'. 

4* 


52  Kluge  Urgermanisch. 

Fr.  Kluge,  Urgermanisch.  Vorgeschichte  der  altgermanischen  Dialekte. 
(=  Grundriß  der  germanischen  Philologie  von  H.  Paul,  2.)  Dritte  ver- 
besserte und  vermehrte  Auflage.    Straßburg,  Karl  J.  Trübner  1913.    5  M. 

Kluges  'Vorgeschichte  der  altgermanischen  Dialekte'  erscheint 
unter  dem  Haupttitel  'Urgermanisch'  in  dritter  vermehrter  und  verbesserter 
Auflage.  Die  Vorzüge  des  allgemein  bekannten  und  unentbehrlichen, 
durchweg  interessanten  Buches  hier  hervorzuheben  ist  unnötig.  Kluge 
sagt  im  Vorwort,  man  werde  'im  vorliegenden  Buch  immer  nur  6ine 
Auffassung  vertreten  finden',  er  müsse  'also  darauf  gefaßt  sein,  daß  der 
subjektive  Charakter  vieler  Anschauungen  .  .  .  manchem  Fachmann  an- 
stößig sein'  werde.  Gegen  das  Prinzip,  dessen  notwendige  Folge  der 
Verfasser  richtig  vorausgesehen  hat,  will  ich  hier  nicht  opponieren:  ich 
will  nur  einige  Stellen  hervorheben,  wo  die  von  Kluge  vertretene  Ansicht 
m.  E.  unrichtig  ist,  und  einige  sonstige  Bemerkungen  machen  in  der 
Hoffnung,  daß  Kluge  einiges  von  dem  hier  vorgebrachten  richtig  und  für 
eine  neue  Auflage  verwertbar  finden  wird.  Alle  Punkte  zu  behandeln, 
in  denen  ich  abweichender  Ansicht  bin,  würde  viel  zu  weit  führen. 

Von  dem  Grundsatz,  nach  welchem  man  im  Buche  'immer  nur 
eine  Auffassung  vertreten  finden'  soll,  wird  wenigstens  in  einem  Falle 
abgewichen.  S.  78  oben  wird  tcissun  mit  Osthoff  Perf.  397  aus  *tritsnt 
hergeleitet;  dieselbe  Ansicht  Osthoffs  wird  S.  168  angeführt;  zwei  Seiten 
später  170  aber  läßt  Kluge  das  ss  in  ahd.  tvessa,  wissa  aus  vorgerra.  tt 
hervorgehen.  Beide  Ansichten  können  unmöglich  nebeneinander  bestehen, 
aber  Kluge  ist  hier  wohl  unsicher,  welches  die  richtige  ist.  Osthoffs  An- 
sicht ist  abzuweisen,  s.  jetzt  Collitz  Das  schw.  Präteritum  S.  22.  45  f. 

Zu  S.  6  unten.  Got.  kelikn  ist  nach  einer  mir  sehr  wahrschein- 
lichen Vermutung  von  G.  Schütte  (im  'Budstikke'  I  Nr.  5  (8.  Dec.  1898) 
S.  6  (Kgl.  Bibl.,  Kopenhagen,  nicht  im  Buchhandel))  nicht  dem  Gallischen, 
sondern  als  speziell  gotisch  dem  Galatischen  entlehnt,  analog  den  be- 
sonders von  Bugge  IF.  5,  168  ff.  nachgewiesenen  speziell  gotischen  Lehn- 
wörtern aus  dem  Armenischen. 

S.  31  bemerkt  Kluge  mit  Recht,  daß  die  Römer  germanische  Laute 
und  Lautgruppen,  die  sie  in  ihrer  eigenen  Sprache  nicht  besaßen,  'nostri- 
fizierten'. Er  sagt  richtig,  daß  germ.  x  als  ch  erscheint,  latein.  Autoren 
dafür  aber  auch  c  schreiben  (und  griechische,  was  Kluge  nicht  bemerkt, 
nach  römischem  Vorgang  k),  und  ebenso  germ.  ß  als  th  aber  auch  t, 
wir  erfahren  also  was  in  den  Hss.  steht,  woraus  zu  entnehmen  ist,  wie 
die  Römer  schrieben,  aber  die  Frage,  wie  sie  sprachen,  wird  nicht  auf- 
geworfen. Wenn  Kluge  als  Beispiel  der  'Nostrifizierung'  Chattet  (mit  c 
für  das  innere  x),  anführt,  so  kann  der  Leser  glauben,  daß  die  Römer 
sich  bei  dieser  Schreibung  für  den  Anlaut  bemühten,  das  x  oder  dafür 
die  Aspirata  ch  hervorzubringen,  während  sie  doch  sicher,  wo  es  sich 
um  Sprachlaute  von  Barbaren  handelte,  sich  nicht  die  Mühe  gaben,  sondern 
germ.  x  und  ß  unter  allen  Umständen  als  reine  Tenues  c  und  t  sprachen. 
Cauci,  Catti,  Tencteri  (welche  Formen  alle  belegt  sind),  auch  wo  sie  zur 
Andeutung  des  germanischen  Lautes  ch  und  th  schrieben.  Bemerkt 
könnte  noch  werden,  daß  die  Römer  offenbar  den  ch  und  th  für  germ. 
X  und  ß  gegenüber  rein  mechanisch  die  griechische  Regel  beobachtet 
haben,  nach  welcher  nicht  in  zwei  aufeinander  folgenden  Silben  zwei 
Aspiraten  geduldet  wurden,  daher  sie  in  solchen  Fällen  die  Aspirata 
höchstens  an  6iner  Stelle  schrieben,   daher  Chauci  und  Cauchi,  griech. 


Kluge  Urgermanisch.  53 

Kaöxoi,  Chatti  (nicht  *Chatthi)  und  Catthi  mit  tth  (nach  dem  Vorbild 
von  griech.  t6)  für  germ.  pß  nach  der  von  mir  Zda.  43,  172  ff.  darge- 
legten Ansicht,  (Thencteri  und  weit  öfter)  Tenchtheri,  Tenctheri,  Tenchteri 
(Belege  s.  bei  M.  Schönfeld  Wb.  der  altgerm.  Personen-  und  Völkernamen). 

S.  32,  35  schreibt  Kluge  lat.  Marcomanni,  die  jüngere  Form:  die 
ältere  lateinische  Form  mit  einfachem  ti  wird  nicht  berücksichtigt.  Die 
Römer  und  nach  ihnen  die  Griechen  schrieben  das  Wort  von  Cäsar  bis 
zum  markomannischen  Kriege,  also  länger  als  zwei  Jahrhimderte,  nur 
mit  einfachem  n  und  sprachen  es  mit  kurzer  vorletzter  Silbe,  also  lat. 
Marcömäni,  wie  bei  Tacitus'  Zeitgenossen  Statius  im  Verse  zu  sehn  (Silvae 
3,  3,  170  Mdrcömänös).  Erst  seit  dem  markomarmischen  Kriege  erscheint 
die  Schreibung  mit  nn ').  Die  Römer  hörten  also  zu  Cäsars  Zeit  den 
germanischen  Singular  in  der  Form  Markomanuz  und  schufen  dazu  ihrer 
Sprache  gemäß  den  Plur.  Marcömäni.  Zur  Zeit  des  markomannischen 
Krieges  aber,  als  der  Name  en  vogue  kam,  verbreitete  sich  die  Kunde, 
daß  derselbe  mit  doppeltem  n  zu  schreiben  und  zu  sprechen  sei.  In- 
zwischen war  also  im  germanischen  Plural  imd  in  den  obliquen  Kasus 
des  Singulars  das  nu  zu  nn  geworden,  welches  auch  bereits  durch  Tacitus 
Mannus  Germ.  2  vorausgesetzt  wird. 

37  oben.  Kluge  meint,  die  westgermanischen  Formen  für  'Bischof 
haben  'ein  höheres  Alter  als  eine  lateinische  Entlehnung  aufweisen  würde', 
daher  werde  ags.  bisceop  ahd.  biscof  'wohl  got.-griech.  Ursprungs  sein'. 
Diese  Annahme  könnte  für  das  p  zu  hd.  f  passen,  aber  wie  erklärt  sich 
denn  das  anlautende  westgerm.  und  nord.  b,  das  im  Hd.  zur  reinen 
Tenuis  p  [b)  wurde  zu  der  Zeit,  wo  das  2>  zu  f  ward  ?  Dieses  b  kann, 
soweit  ich  sehe,  nur  auf  Rechnung  des  Vulgärlateinischen  oder  Früh- 
romanischen   kommen,   es   ist   entweder  Wiedergebung   eines   roman.  b, 


1)  Begreiflicherweise  haben  spätere  Schreiber  die  jüngere  bekanntere 
Form  mit  doppeltem  n  vereinzelt  auch  in  die  Hss.  der  älteren  Schrift- 
steller hineingetragen,  so  bei  den  schlecht  überlieferten  Vellejus  und  (z.  T.) 
Cäsar.  Durchaus  einfaches  n  haben  das  Mon.  Ancyranum,  Strabo,  Statius, 
Tacitus  (in  allen  Hss.),  Arrian;  auch  Ptolemaeus"  Form  ist  sicher  MapKoujLidvoi 
(oder  -^avoi.  der  Akzent  schwankt  in  den  Hss.)  gewesen.  In  jüngerer 
Zeit  scheint  Cassius  Dio  wenigstens  z.  T.  nach  seinen  älteren  Quellen 
das  einfache  v  gebraucht  zu  haben,  und  vielleicht  unter  seinem  Einfluß 
schreiben  auch  einige  spätere  Griechen  noch  einfaches  v,  vielleicht  aber 
ist  die  Kunde  von  dem  in  dem  Namen  von  den  Germanen  selbst  ge- 
sprochenen nn  den  Griechen  in  geringerem  Maße  als  den  Römern  zu- 
gegangen. Die  Belege  im  einzelnen  s.  bei  Schönfeld  S.  161  f.,  der  aber 
seinem  Material  das  unrichtige  Hauptresultat  entnimmt,  römische  Schreib- 
gewohnheit sei  Marcomanni,  griechische  MapKO|iavoi  gewesen,  analog 
der  Schreibgewohnheit  für  den  jüngeren  Namen  der  Älamanni  (so  lat.), 
griech.  'AXaiuavoi.  Schönfeld  sagt,  'nicht  ganz  gesichert'  sei  die  Lesart 
bei  Cäsar,  er  habe  deshalb  in  seiner  Ansetzung  der  'normalen'  Form 
mit  nn  den  Vorzug  gegeben,  umgekehrt  aus  demselben  Grunde  der  Form 
mit  einfachem  v  für  Cassius  Dio.  (In  dem  jüngeren  Namen  der  Ale- 
mannen schrieben  die  Römer  nn,  weil  sie  es  hörten,  ebenso  wie  aus 
demselben  Grunde  im  Namen  der  Markomannen  seit  dem  Markomannen- 
kriege, während  die  griechische  Schreibung  AXafiavoi  vielleicht  analogisch 
war  nach  MapKOMavoi). 


54  Kluge  Urgermanisch. 

wie  in  portug.  hispo,  oder  (wie  in  dem  ahd.  nicht  belegten  aber  sicher 
mit  anlautendem  b  [p)  vorhanden  gewesenen  mhd.  Berne  aus  Verona) 
des  aus  diesem  b  hervorgegangenen  spirantischen  b  {v),  wie  in  span. 
obispo  katal.  prov.  evesque  usw. :  am  ehesten  liegt  ein  frühital.  *viscopo 
(vfscopo)  zugrunde  (mit  dem  lautgesetzlichen  ital.  p  statt  des  schrift- 
sprachlich gewordenen  r,  vgl.  sicil.  vispicu  mit  Umstellung  des  c  und  p). 
Die  romanischen  und  die  westgerm.-nord.  Formen  des  Wortes  tragen 
sprachgeschichtlich  betrachtet  einen  weniger  gelehrten  Charakter  als  die 
gotische  und  die  keltischen,  air.  epscop  usw. 

Zum  Konsonantismus.  Die  Behandlung  der  indogermanischen 
Verbindungen  sA-  st  sp  und  kt  tt  pt  im  Germanischen  (S.  54)  ist  nicht 
unter  'Störungen'  der  Lautverschiebung  aufzuführen,  wenn  nach  dem  von 
Meringer  Zog.  39,  140  f.  und  Noreen  Abr.  der  urgerm.  Lautl.  115  ver- 
muteten und  vom  Ref.  Ada.  25,  117  ff.  nachzuweisen  gesuchten  die  Ver- 
schiebung eingetreten,  aber  sekundär  in  den  Verbindungen  «x  ^P  «/"  "i^d 
XP  fp  lautgesetzlich  Spirant  nach  Spirant  zur  Tenuis  geworden  ist.  — 
S.  55  unter  e)  vermisse  ich  die  Anführung  von  CoUitz'  in  seinem  Schw. 
Präteritum  S.  105  ff.  dargelegten  Gesetz,  wonach  das  aus  idg.  gh  bh  ~\- t 
lautgesetzlich  entstandene  inlautende  ghdh  bhdh  nach  anlautendem  idg. 
bh  dh  gh  (germ.  b  d  g)  im  Germanischen  zu  (vorgerm.  ht  pt,  woraus 
germ.)  x^  P  geworden  ist,  was  mir  richtig  zu  sein  scheint.  —  S.  65  §  46. 
Wegen  ags.  hopian  :  hyht  vgl.  Ref.  Vergl.  idg.-sem.  Wb.  121 ;  wegen  mhd. 
steiften  :  s^wigen  ebd.  238;  wegen  ahd.  stiften:  ags.  stihtan  ebd.  233  unter 
st-,  234  unter  st{h)-g-.  —  S.  68.  Da  got.  asilus  'Esel'  und  *katilus  'Kessel' 
keinen  der  Konsonanten  (Labiale  und  Labiovelare)  enthalten,  die  den 
Übergang  eines  n  in  l  begünstigen  (wie  das  m  in  ahd.  chumil  aus  cumlnum), 
so  ist  anzunehmen,  daß  die  Wörter  aus  den  lateinischen  Deminutiven 
asellus  und  catiUiis  stammen.  Für  ahd.  igil  um  das  griech.  i^x^/oc  willen 
Entstehung  des  l  aus  n  anzunehmen  ist  gar  kein  Grund  vorhanden,  da 
es  sich  ja  hier  gar  nicht  um  ein  Lehnwort  handelt,  sondern  in  den  beiden 
Sprachzweigen  selbständige  Weiterbildungen  des  früher  kürzeren  indo- 
germanischen Wortes  vorliegen.  —  S.  69  §  51  zum  Schlüsse,  wo  wir 
lesen:  'Im  As.  ist  die  Regel  für  den  Nasalverlust  nicht  klar  bei  ahd. 
äband  kind  tnfndan  =  as.  äband  kind  mpndian,  vermißt  man  die  An- 
führung der  nahehegenden  Annahme,  daß  einfach  grammatischer  Wechsel 
vorliegt,  germ.  np  m  hd.  k-ind  aus  gdntom :  as.  kind  aus  §ent6m  usw. 
(S.  39  sollte  darum  zum  aslav.  (^fdo  statt  des  hd.  kind  das  as.  kind  ge- 
stellt werden :  wegen  des  slav.  ä  statt  des  zu  erwartenden  c  für  germ.  A- 
vor  i  ist  indessen  die  Entlehnung  des  slavischen  Wortes  aus  dem  Ger- 
manischen sehr  zweifelhaft,  s.  Berneker  Slav.  etym.  Wb.  154).  —  S.  73 
§  55b.  Für  got.  bairös  aus  bMrö^es,  an.  söl  =  got.  sauil  griech.  a(F)^\ioc, 
worin  Kluge  'Konlraktionserscheinungen'  sieht,  wird  zu  behaupten  sein, 
daß  im  Got.-nord.  y.  nach  ö  (aus  idg.  ä  oder  ö)  (das  im  Gotischen  vor 
Selbstlaut  zu  au  wird)  lautgesetzlich  schwindet  (vgl.  ohne  'Kontraktion' 
an.  *nT)a  'navium'  (das  got.  *naue  wäre)  in  Nöatün.  In  ahd.  stüen,  das 
S.  92  ohne  Erklärung  zu  got.  stöjan  mit  geschwundenem  y  gestellt  wird, 
ist  das  ü  Ablaut  des  üj«).  —  Zu  S.  79  §  65  Anm.,  wo  germanische  Fälle 
von  der  Art  wie  griech.  ^^rpov  aus  *mMro-m  aus  *mM-tro-m  ihre  Er- 
klärung finden,  wäre  m.  E.  auch  das  S.  142  anders  erklärte  as.  sedal, 
ahd.  sedal  aus  vorgerm.  *sMo-  aus  *sM-tlo-  (neben  got.  sitls  aus  sed-lo-t) 
zu  stellen  gewesen.  —  Für  die  Anlautgruppen  germ.  dl  und  //  wäre  in 


Kluge  Urgermanisch.  55 

§  66  zu  berichten  gewesen,  daß  in  ihnen  ebenso  wie  im  Lateinischen 
(und  zwar  im  Germanischen  erst  nach  der  Lautverschiebung,  da  vor 
der  Lautverschiebung  vorhanden  gewesenes  tl  zu  got.  pl  geworden  ist) 
der  anlautende  Dental  vor  dem  /  verloren  gegangen  ist,  wie  für  germ. 
tl  aus  idg.  dl  das  Adj.  got.  laggs  =  lat.  longus  (aus  *dlon'ghos)  zeigt, 
das  eine  nasalierte  Bildung  neben  griech.  boXixöc  skr.  dfrghd-  (aus  dl'gho-) 
ist.  —  S.  81  f.  zum  Schlüsse  des  'Konsonantismus'  finden  sich  unter  der 
Überschrift  'Metathesen'  wirkliche  Metathesen  von  der  Art  wie  and.  etik 
ahd.  ?zz\h  aus  lat.  acetum  (in  §  71)  mit  völlig  heterogenen  'Metathesen 
von  n  (§  72),  'r-Metathesen'  und  'Metathesen  bei  T  (§  73)  in  einem  Kapitel 
zusammengestellt.  Es  handelt  sich  bei  diesen  letzteren  nicht  um  jüngere 
Fälle  wirklicher  Metathese  von  der  Art  wie  ags.  cern  =  got.  razn  an. 
rann,  die  nicht  in  dieses  Buch  gehören,  sondern  um  germanische  u  vor 
Liq.  oder  Xasal  gegenüber  Hochtonformen  mit  Liq.  oder  Nasal  -{-  Vokal, 
wie  ags.  bord  :  bred,  got.  fuUs  {til  aus  /')  :  lat.  plenus  (e  aus  e"),  und 
um  ältere  Fälle  von  der  Art  wie  ahd.  nagal  (mit  o-Stufe  von  *{e)neght-) 
:  lat.  unguis  (o-Stufe  von  'en(e)gh"-),  ags.  broß  (mit  Schwundstufe  von 
bh{e)reu-)  :  lat.  ferveo  (aus  bhei\e)u-),  also  Fälle,  in  denen  nicht  der  mittlere 
Konsonant  bald  vor.  bald  hinter  den  Vokal  getreten,  sondern  in  denen 
wie  in  allen  ursprünglich  dreikonsonantigen  Wurzeln  je  nach  der  ursprüng- 
lichen Betonung  bald  der  dem  Konsonanten  vorhergehende,  bald  der  fol- 
gende Vokal  in  unbetonter  Stellung  geschwunden  ist,  alles  Fälle  also,  die 
gar  nicht  in  den  'Konsonantismus'  gehören. 

Den  von  Noreen  Abr.  der  urgerm.  Lautl.  S.  181  £f.,  Zupitza  KZ.  37, 
387  ff.,  Ref.  Semit,  u.  Idg.  S.  134  ff.  behandelten  vorindogermanischen 
grammalischen  Wechsel  finde  ich,  auch  unter  billiger  Berücksichtigung 
des  Umstandes,  daß  das  vorliegende  Buch  es  speziell  mit  dem  Germ, 
zu  tun  hat,  S.  53  §  34  unter  dem  Titel  'Vorgermanische  Störungen'  nicht 
genügend  behandelt,  indem  dort  nur  unter  a)  der  indogerm.  Wechsel 
Tenuis  :  Media  angeführt  ist,  (welcher  Wechsel  nicht  dem  Einfluß  eines 
Nasals  zuzuschreiben  ist,  da  er  sich,  wie  Kluge  selbst  erkennt,  auch 
findet,  wo  kein  Nasal  mitspielt,  und)  welcher  nicht  allein  im  Inlaut,  wofür 
Kluge  allein  Beispiele  gibt,  sondern  ebensogut  auch  im  Anlaut  vorkommt, 
wie  in  ahd.  {hynol  :  ags.  cnoll  (dessen  c  Kluge  S.  46  als  'unverschoben' 
betrachtet),  lat.  tango  :  got.  teka.  Neben  diesem  Wechsel  besteht,  von 
Kluge  gar  nicht  erwähnt, 

b)  der  Wechsel  der  indogermanischen  Medialaspiraten  1.  im  In- 
laut mit  Medien  (Noreen  187),  wie  in  skr.  dmbhas,  griech.  vecpoc  :  skr. 
dntbu  griech.  öußpoc,  skr.  {pra)-galbhd-  :  ags.  gielj),  sanskr.  budhnd-  griech. 
Tru6|nriv  :  an.  botn  ags.  botm,  griech.  Gupö  :  skr.  dvär-  (dessen  d  ursprünglich 
im  Inlaut  gestanden  hat,  s.  Ref.  Vergl.  idg.-sem.  Wb.  63),  griech.  xetxoc 
:  ags.  die,  sanskr.  ahäm  :  ifüj  usw.  (Kluge  erwähnt  allein  S.  54  diesen 
Wechsel  ffh  :  §,  indem  er  meint,  daß  'im  Indischen  h  für  g  in  einigen 
Fällen  eingetreten'  ist).  Die  indogermanische  Medialaspirata  wechselt 
2.  im  Anlaut  mit  der  Tenuis  (Noreen  186,  Zupitza  387  f.),  wie  in  lat. 
habeo  :  got.  haban  (von  Kluge  §  31  Anm.  besprochen),  as.  drokno  'trocken' 
:  griech.  rpÜTiu  'trockne',  ags.  bearh  :  lat.  porcxis  ahd.  farah  ags.  fearh. 
Kluge  erklärt  §  37  d  einige  anlautende  germ.  d  neben  p  mit  Bugges 
Zusatz  (Beitr.  12,  399)  zu  Verners  Gesetz,  m.  E.  mit  Unrecht  (daß  germ. 
ga-  =  lat.  co-  nach  den  Gesetzen  des  Inlauts  mit  Verners  Gesetz  zu 
erklären  ist,  glaube  indessen  auch  ich,   und  mit  blach-feld  neben  flach 


56  Kluge  Urgermanisch. 

mag  es  nach  E.  Schröder  Nachr.  d.  GGW.  ph.-h.  Cl.  1908  S.  15  ff.  seine 
eigene  Bewandtnis  haben). 

Ref.  glaubt  a.  a.  0.  bewiesen  zu  haben,  daß  diejenige  anlautende 
indogerm.  Tenuis  und  inlautende  indogerm.  Media,  die  mit  der  Media 
aspirata  wechselt,  vorindogermanisch  ein  anderer  Laut  gewesen  ist  als 
die  anlautende  und  inlautende  indogerm.  Tenuis,  die  mit  der  Media,  und 
indogerm.  Media,  die  mit  der  Tenuis  wechselt.  Der  Wechsel  a)  indogerm. 
Media  :  Tenuis  war  vorindogerm.  ein  Wechsel  emphatischer  Media  (die 
indogerm.  tönende  Media  bleibt  (die  labiale  emphatische  Media  die  idg. 
b  germ.  p  wird,  war  bereits  vorindogerm.  im  Anlaut  selten))  und  nicht 
emphatischer  Media  (die  indogerm.  zur  Tenuis  verschoben  wird);  b)  der 
indogerm.  Wechsel  der  Medialaspiraten  war  vorindogerm.  ein  Wechsel 
emphatischer  Tenuis  (zu  idg.  bh,  dh,  §h,  gh)  und  nicht  emphatischer 
Tenuis  (die  indogerm.  im  Inlaut  Media  wird,  das  so  entstandene  b  ist 
indogerm.  außer  neben  Sonoren  zu  y.  geworden).  Dazu  kommt  noch  c) 
ein  seltenerer  indogerm.  Wechsel  der  Medialasp.  mit  der  Tenuis  im  Inlaut 
(im  Anlaut  indogerm.  nicht  vom  vorigen  zu  unterscheiden),  hervorge- 
gangen, wie  ich  glaube,  aus  dem  Wechsel  eines  vorindogerm.  emphatischen 
und  nicht  emphatischen  tonlosen  Spiranten.  Der  Wechsel  ist  nach  A. 
Trombetti  (Mem.  della  R.  Accad.  di  Bologna,  Sc.  stor.-fil.,  Tomo  V,  1911 
S.  3  ff.)  ursprünglich  derselbe  wie  er  in  vielen  andern  Sprachen  alle 
Konsonanten  je  nach  dem  Charakter  des  daneben  stehenden  Vokals  be- 
troffen hat,  indem  dieselben  durch  diesen  teils  gutturalisiert  (emphatisch), 
teils  palatalisiert  (nicht  emphatisch)  worden  sind. 

Zum  Vokalismus.  Da  ich  zu  keiner  Zeit  Osthoffs  Erklärung  der 
idg.  t  M  in  MU.  4  (im  Gegensatz  zu  F.  de  Saussures  genialer  Erklärung 
derselben  t  m)  habe  als  richtig  erkennen  können,  stört  mich  in  Kluges 
Etym.  Wb.  und  andern  Arbeiten,  also  auch  im  vorliegenden  Buche,  seine 
Ansetzung  germanischer  und  indogermanischer  Wurzeln  mit  mittlerem 
i  ü.  Nur  wo  wirklich  ü  und  ü  nebeneinander  vorkommen,  wie  in  germ. 
luk-  kann  ich  die  Bezeichnung  gelten  lassen,  und  fürs  Germanische  auch 
die  Ansetzung  von  »-Wurzeln  mit  i  wenn  die  Wurzeln  mit  germanischen 
Konsonanten  angesetzt  werden,  indem  das  t  dann  als  Bezeichnung  des 
tatsächlich  vorliegenden  germ.  i  des  Präsens  gelten  kann,  nicht  aber 
(für  die  t-Wurzel,  wenn  mit  indogermanischen  Konsonanten  angesetzt) 
in  Fällen  wo  ein  (nicht  aus  idg.  ei  ey,,  sondern  aus  idg.  ej  ey  und  fol- 
gendem ursprüngl.  Laryngal  durch  Reduktion  entstandenes)  idg.  i  ü  nie 
vorhanden  gewesen  ist,  und  nicht  in  Fällen,  wo  nur  »  ü  (nicht  i  ü)  vor- 
kommt. 

Kluge  der  (den  f  ü  analog)  idg.  /•  /  als  'zweite  Tiefstufe',  d.  h. 
als  Zwischenstufe  zwischen  er  el  oder  re  le  und  2'  /  faßt,  nimmt  ferner 
(S.  112.  116)  mit  Unrecht  an,  daß  diese  f  /  im  German.  durch  ar  al  ver- 
treten seien.  Idg.  /•  /  (wenn  in  dieser  Form  fürs  Indogerm.  richtig  an- 
gesetzt) oder  älter  /'/'(=/*/  ~l"  Laryngal)  sind  vielmehr  im  German. 
mit  einfachem  /•  /  zusammengefallen  (wie  in  got.  fuUa  =  skr.  püt-pd-), 
entsprechend  idg.  p  ^  (von  denen  Kluge  115  sagt,  daß  ihre  Vertretung 
im  German.  'noch  nicht  klar'  sei)  mit  p  ip,  vgl.  Streitberg  Urgerm.  Gramm. 
293,  Ref.  Ada.  20,  135  Note  3.  Kluges  in  Frage  stehende  germ.  ar  al 
nach  anlautendem  Konsonanten  (im  Anlaut,  d.  h.  nach  ursprünglich  an- 
lautendem *  oder  sonstigem  Laryngal,  kann  nämlich  'rf  auch  e-stulig  sein) 
sind  im  German.  überall  Vertreter  der  o-Stufe,  teils  einfach  aus  idg.  or 


Kluge  Urgermanisch.  57 

ol,  teils  (wo  die  Reduktion  sanskr.  ür  oder  Tr  ist)  aus  or'  ol\  Wenn 
Kluge  S.  82  schreibt :  'got.  straujan  und  ahd.  strö  aus  straw  =  stf-w 
(griech.  cxop  ind.  star)\  so  nimmt  er  (stillschweigend)  an,  daß,  wie  2" 
durch  ru,  so  f  auch  durch  germ.  ra  vertreten  sein  könne  (während  germ. 
strau-  hier  die  o-Stufe  von  st{e)reu-  ist):  daß  Kluge  hier  und  in  andern 
Wörtern  vor  S.  112  i?  105  ^  statt  r  und  ebenso  /  statt  /  setzt  (wie  S.  82. 
111  bei  germ.  fitUa-  ags.  füll),  rührt  wohl  daher,  daß  hier  von  f  /  noch 
nicht  die  Rede  gewesen  ist. 

S.  115  §  112.  Das  e  in  got.  nemun.  gebun.  gaqems  kann  nicht 
mehr  durch  'urindogermanische  Ersatzdehnung'  erklärt  werden.  Lat.  rer 
an.  vär  ist  nicht  aus  tiesr-  sondern  aus  uesr-  entstanden.  —  S.  116  §  114. 
Kluge  (der  die  e-Slufe  'Mittelstufe',  die  o-Stufe  'Hochstufe',  die  Schwund- 
stufe 'Tiefstufe'  nennt)  läßt  beim  Ablaut  e  :  d  :  ä  {tekan  :  taitök  :  an.  taka, 
griech.  ^rn-vum  :  IppiuT«)  unbegreiflicherweise  das  ö  'Mittelstufe'  und  e 
'eine  Tiefstufe'  sein. 

Zu  der  S.  123  §  124  besprochenen  t-  und  u-Epenthese  erlaube  ich 
mir  zu  bemerken,  daß  ich  (Idg.-sem.  Wb.  106  f.  Note)  eine  zur  Bildung 
von  Deminutiven  verwandte  idg.  i'-Epenthese  zwischen  dem  2.  und  3. 
Wurzelkonsonanten  nachzuweisen  gesucht  habe,  wie  in  an.  griss  aus 
*gh{e)reis-  neben  ghj-s-  (in  sanskr.  ghfivi-.  ghfsti-  'Eber')  von  *gheres-, 
und  (ebd.  S.  198  Note)  eine  idg.  «-Epenthese  zur  Bildung  von  Kollektiven, 
wie  got.  laufs  an.  lauf  urspr.  Koll.  'Laub'  neben  lit.  läpas  'Blatt'.  — 
Griech.  ^eüGepoc  (S.  110)  kann  m.  E.  nicht  idg.  th  gehabt  und  dann  also 
nicht  mit  hd.  liederlich  zusammengestellt  werden  (vgl.  Vergl.  idg.-sem. Wb.  11 
Note,  wo  ich  die  Gleichung  ^eOBepoc  :  leus-  (got.  laus  'los')  =  KOÖapöc 
:  kas-  (lat.  castus)  aufgestellt  habe). 

S.  130ff.  Zu  Kluges  Fassung  der  Auslautsgesetze  wäre  ver- 
schiedenes zu  bemerken,  doch  würde  mich  dieses  zu  weit  führen.  S.  136 
§  142  wäre  wohl  zu  bemerken  gewesen,  daß  e  in  ahd.  tcolfes,  icortes 
bleibt,  weil  ein  o  (germ.  a)  folgte  {-eso).  während  in  der  2.  Person  ahd.  -is 
das  e  zu  i  geworden  ist,  weil  ein  i  folgte  {-est),  ebenso  wie  in  der  3. 
-id  ahd.  -it  (-eti).  —  S.  137  §  143.  Statt  zu  sagen,  daß  die  'gemeinwest- 
germanischen Auslautsgesetze'  im  Angelsächsischen  wirken  'nach  dem  Ein- 
tritt des  Umlauts',  im  Deutschen  'lange  vor  der  Periode  der  Umlaute', 
wäre  es  wohl  besser  gewesen,  darauf  hinzuweisen,  daß  der  Umlaut  von 
Norden  nach  Süden  vorgeschritten  und  also  im  Engl.-Fries.  früher  ein- 
getreten ist  als  im  Hd. 

Zur  Flexion.  S.  163  §  169.  Der  üblichen  Erklärung  von  as. 
bium  ags.  beoni  ziehe  ich  die  einfache  lautgesetzliche  Herleitung  aus 
*bheu-mi  vor.  Das  ahd.  bim  könnte  aus  *bemmi  (mit  mm  aus  j«»iJ,  wie 
in  an.  snemma,  snimma  =  ahd.  sniomo  ags.  smome,  got.  sniumundo)  ent- 
standen sein.  —  Wie  in  der  2.  Sing,  das  -t  in  ahd.  bist  richtig  als  das 
t  der  Präteritopräsentia  erklärt  wird,  so  köimte  in  derselben  Weise  das 
Fehlen  des  -t  in  der  3.  Sing.  as.  ags.  is  erklärt  werden  (aus  *ise  statt  ^sti 
mit  dem  -e  in  jföjde:  das  i  aus  e  erklärte  sich  aus  der  Stellung  in  der 
Enklisis). 

S.  171.  Daß  unnum  aus  *unznum  entstanden  und  das  s  in  ansts 
wurzelhaft  sei  (S.  141  Anm.  3),  bestreite  ich  durchaus:  ich  erkläre  das 
nn  in  ann,  unnum  genau  wie  in  kann,  kunnum  (s.  Semit,  u.  Idg.  291 
Anm.  2,  Idg.-sem.  Wb.  S.  10  unter  *an  zum  Schlüsse). 


68  Kluge  Urgermanisch. 

S.  193.  Ahd.  fater  als  ursprüngliche  Akkusalivform  kann  nicht 
aus  paterm,  nur  aus  -^ffp,  oder  analogischem  -erom  entstanden  sein.  — 
S.  194  oben.  Ich  glaube,  daß  die  Genetivendung  -sio  ursprünglich  der 
pronominalen,  -so  der  nominalen  Deklination  angehört,  nicht  umgekehrt. 
Die  Annahme,  daß  die  /-Maskulina  urgerman.  ihren  Genetiv  auf  {gasti-)so 
(woraus  got.  gastis  usw.)  bildeten,  ist  zweifellos  unrichtig :  die  Endung  ist 
einfach  Analogiebildung  nach  den  o-Stämmen,  die  erst  nach  dem  Schwund 
des  i  der  Endungen  des  Nom.  Akk.  Sing,  eingetreten  sein  kann.  —  S.  197. 
Die  Endung  {dag)e  aus  -em  (mit  Zirkumflex,  der  in.  Kluges  Buch  völlig 
ignoriert  wird)  ist  aus  -eom,  nicht  aus  -eem  entstanden  (die  Endung  des 
Gen.  Plur.  der  konsonantischen  Deklination  ist  Analogiebildung  nach 
dage.  Ebenso  ist  die  gotische  Endung  des  Gen.  Plur.  der  »-Stämme  {gast)e 
Analogiebildung  nach  dage,  nicht,  wie  Kluge  S.  74  annimmt,  aus  -ejem 
entstanden). 

Von  der  'schwachen  Deklination'  der  Adjektiva  ist  in  Kluges  Buche 
weder  bei  der  Adjektivdeklination  (S.  208  ff.)  noch  bei  der  DekUnation 
der  n-Stämme  die  Rede,  obwohl  das  'schwache  Adjektiv'  gemeinger- 
manisch und  ohne  Zweifel  auch  urgermanisch  gewesen  ist.  In  einer 
grammatischen  Darstellung  des  Urgermanischen,  soweit  es  erschließbar 
ist,  könnte  auch  die  Frage  wenigstens  aufgeworfen  werden:  wenn  die 
schwache  Form  der  adjektivischen  o-Stämme  Mask.  Gen.  -enaz  (got.  -itis, 
aus  idg.  -enos),  Plur.  Nom.  -anez  (got.  -ans)  oder  -önez  (aus  idg.  -dnes) 
usw.  lautete,  wie  lauteten  denn  die  schwachen  Formen  der  adjektivischen 
*■-  und  «-Slämme,  die  doch  auch  einmal  bestanden  haben  müssen  ?  Eine 
Antwort  habe  ich  in  Kluges  Zs.  f.  d.  Wortf.  4,  110  Note  3  für  eine  Form 
derjenigen  »-Stämme  zu  geben  gesucht,  die  in  der  DekUnation  den  Di- 
phthongen -ej-  {-oj-)  als  Stammausgang  zeigen :  der  Nom.  Plur.  dieser 
Stämme  lautete  in  der  ältesten  erschließbaren  Form  vorgerm.  -ejdnes 
(woraus  für  die  entsprechenden  ««-Stämme  (mit  -ejt-  -ou-)  die  Form  -euönes 
zu  erschließen  ist),  doch  konnte  (wie  in  griech.  -ovoc  für  -^nos  usw.)  an 
Stelle  des  älteren  e  das  o  der  starken  Kasus  eindringen,  also  vorgerm. 
-ojänes,  welche  Form  wir  mit  germ.  aj  aus  oi  in  Ingy.-,  Istfi-aeones 
haben,  wie  Herminones  die  schwache  Form  des  Nom.  Plur.  von  germ. 
*ermena-  war.  Eine  Vermutung  über  eine  schwache  Form  eines  Ad- 
jektivs von  einsilbigem  konsonantischem  Stamme  s.  ebd. 

S.  208.  Daß  der  Dental  lautgesetzlich  in  got.  fva  aus  k^od  ab- 
gefallen sei,  glaube  ich  nicht,  vielmehr  glaube  ich  mit  Tamm  Beitr.  6, 
400 ff.,  daß  germ.  t  aus  vorgerm.  d  in  einsilbigem  Worte  nach  kurzem 
Vokal  im  Auslaut  lautgesetzlich  erhalten  ist  in  an.  hvat  ahd.  hwaz  usw. 
(wonach  analogisch  im  Adjektiv).  Got.  fva  ist  vielmehr  *k"om  mit  der 
Endung  der  nominalen  Deklination :  got.  h'a  verhält  sich  zu  an.  hvat  wie 
got.  Neutr.  blind  zu  bUndat{a).  —  S.  211.  Das  altobd.  dei  des  Nom.  Akk. 
Plur.  Neutr.  ist  gewiß  eine  alte  Dualform  (mit  derselben  Endung  wie  in 
ztcei,  erhalten  im  Oberd.  in  pluralischer  Bedeutung  gleich  dem  bair. 
Dual  der  2.  P.  des  persönlichen  Pronomens),  und  ebenso  das  an.  patt 
(mit  au  aus  vorgerm.  -ou  aus  urspr.  -ü\i  {-^  in  pau  ist  in  ursprünglichem 
Auslaut  vor  folgendem  Wort  geblieben,  auch  wenn  -a\ia  zu  an.  -ä  wurde): 
diese  Endung  war  Dual  des  Maskulins,  dieselbe,  die  ich  Z.  ahd.  Allitt.- 
poesic  8ßf.  für  ahd.  sunufatarungo  als  zugrunde  liegend  angenommen 
habe ;  die  Endung  ist,  weil  Dual  Mask.  (im  Indogermanischen  auch  für 
Mask.  -{-  Fem-  gebraucht)  und  Plur.  Neutr.  in  -ö  dieselbe  Endung  hatten, 


Bruch  Der  Einfluß  der  germanischen  Sprachen  auf  das  Vulgärlatein.     59 

im  Nord.  Plur.  Neutr.  geworden).  —  S.  212.  Ahd.  Nom.  Plur.  Mask.  dea, 
das  Kluge  fragend  aus  *piai  herleitet,  ist  aus  wieder  haupttonig  ge- 
wordenem de  hervorgegangen,  das  als  untonig  aus  pai  entstanden  war, 
s.  Braune  Ahd.  Gramm.  *238.  —  S.  217.  Das  got.  -a  in  meina  gegenüber 
an.  as.  ahd.  mfn  habe  ich  KZ.  42,  177  unten  f.  (wozu  S.  178  Note)  zu 
erklären  gesucht.  —  S.  218  läßt  'klar'  ahd.  unsih  ags.  üsic  .'nach  ahd. 
»IIA  usw.  gebildet'  und  entsprechend  ahd.  iuu-ih  ags.  eotcic  'vom  Singular 
beeinflußt'  sein.  Durchaus  möglich  ist  diese  Annahme  ja  allerdings,  aber 
'klar'  finde  ich  die  Sache  keineswegs:  warum  kann  nicht  neben  germ. 
üns{e)  ein  ünse-k{e)  bestanden  haben?  Wenn  das  idg.  -§e  germ.  -ke  im 
Singular  mich  ursprünglich  soviel  bedeutet  hat  wie  'für  meinen  Teil',  'im 
Gegensatz  zu  andern'  oder  dgl.,  so  kann  im  Plural  das  germ.  linseke  den 
exklusiven  Plural  bezeichnet  haben  =  franz.  'nous  autres'  im  Gegen- 
satz zum  inklusiven  unse  'nous*. 

S.  220  §  255.  Daß  'vom  indogerman.  Standpunkt  aus'  das  idg.  o 
in  ufk"o-s,  germ.  tculfaz  'als  Suffix  zu  bezeichnen'  ist,  bestreite  ich 
durchaus  (vgl.  Fick  HB.  1,  1  IT.) ;  anders  steht  es  mit  den  »,  u  der  Endun- 
gen -is,  -US,  denen  in  der  Tat  (nicht  ein  »-,  u-,  sondern)  ein  i-,  w-Suffix 
zugrunde  liegt. 

Ein  Versehen  ist  S.  48  (auch  schon  in  *S.  365)  die  Ansetzung 
von  got.  finf  mit  n  statt  m.  —  S.  60  (und  bereits  in  *329,  *372)  wird 
das  y  in  an.  ngra  versehentlich  durch  ^-Umlaut  erklärt,  obwohl  das 
Wort  dem  ahd.  nioro  und  dieses  S.  65  (nicht  in  '•^)  dem  griech.  veqppöc 
gleichgesetzt  wird.     Der  Umlaut  muß  von  einem  /  stammen. 

Ein  aus  *S.  468  beibehaltener  Druckfehler  ist  S.  219  Z.  17  v.  u. 
nordfries.  gat  (auch  S.  266  in  dieser  Form  in  den  Index  aufgenommen) 
für  jat  'ihr  beide'  (so  auf  Amrum,  im  Moringer  Dial.  usw..  Sylt  at,  in 
keiner  nordfriesischen  Mundart  mit  anlautendem  g). 

Die  Liste  der  lateinischen  Lehnwörter,  die  sich  in  den  beiden 
ersten  Auflagen  fand  ('309  ff.  *  333  ff.),  wird  man  vorläufig  ungern  ver- 
missen :  sie  soll,  wie  Kluge  im  Vorwort  S.  VIII  mitteilt,  in  seinem  'Alt- 
germanischen Wörterbuch'  eine  Stelle  finden. 

Kopenhagen.  Hermann  Möller. 

Bruch  Jos.  Der  Einfluß  der  germanischen  Sprachen  auf  das 
Vulgärlatein.  (Sammlung  romanischer  Elementar-  und  Handbücher, 
herausgegeben  von  Wilhelm  Meyer -Lübke  V,  Reihe  1.  Heidelberg, 
C.  Winter  1913).   5  M. 

Wie  schon  der  Titel  des  Buches  zeigt,  weiß  Bruch  der  Lehnwort- 
frage eine  neue  Seite  abzugewirmen,  welche  mit  den  gegenwärtigen  sach- 
geschichtlichen Interessen  des  modernen  Linguisten  in  grundsätzlichem 
Zusammenhange  steht.  Als  die  Lautgeschichte  fast  ausschließlich  in  den 
sprachwissenschaftlichen  Untersuchungen  dominierte,  wurden  die  Lehn- 
worte als  interessante  Kennzeichen  für  die  Chronologie  einzelner  Laut- 
wandel wohl  geschätzt  und  eifrig  untersucht.  Heute  aber,  wo  die  Wort- 
forschung durch  ihre  Verbindung  mit  dem  Studium  der  Wortbedeutungen 
sich  von  der  Hegemonie  der  formalen  Grammatik  einigermaßen  befreit 
hat,  nehmen  auch  die  Lehnworte  in  der  Wissenschaft  einen  anderen 
Standpunkt  ein.  Der  kulturelle  Kontakt  zweier  Sprachgebiete,  der  in 
ihnen  zum  Ausdruck  kommt,  ist  das  eigentliche  Ziel,  das  Bruch  in  seiner 
Untersuchung  verfolgt,  dem  alle  anderen  Probleme  untergeordnet  werden. 


60    Bruch  Der  Einfluß  der  germanischen  Sprachen  auf  das  Vulgärlatein. 

Es  gibt  gerade  in  der  Kulturgeschichte  Fragestellungen,  die  gleich 
der  vorliegenden  bei  hundert  Gelegenheiten  aufgerollt  werden  müssen  und 
tatsächlich  aufgerollt  werden  und  die  wir  seit  jeher  genötigt  waren,  mehr 
oder  weniger  nach  'allgemeinen  Eindrücken'  und  'ungefähren  Resultaten' 
zu  beantworten.  Der  kleinste  Schritt,  den  die  exakte  Forschung  in  solche 
dunkle  Gebiete  an  der  Hand  konkreter  Materialien  zu  tun  imstande  ist, 
lohnt  jede  aufgewandte  Mühe.  Und  man  muß  dem  Verfasser  das  Zeugnis 
ausstellen,  daß  er  sich  redlich  bemüht  hat,  unter  Anwendung  aller 
kritischen  Hilfsmittel  seiner  Aufgabe  gerecht  zu  werden. 

Er  trachtet,  den  germanischen  Wortschatz  des  Vulgärlatein  (bis 
zum  V.  Jahrhundert),  soweit  er  uns  durch  Überlieferung  und  linguistische 
Rekonstruktion  erkennbar  ist,  zu  bestimmen.  Ein  zweiter  Hauptabschnitt 
soll  uns  die  Gründe,  Ausgangspunkt,  Zielpunkt  und  Zeit  der  Entlehnungen 
begreiflich  machen  (Br.  nennt  dies  die  äußere  Geschichte  der  german. 
Lehnworte)  während  der  dritte  Teil  des  Buches  in  der  'inneren  Geschichte' 
derselben  eine  vollständige  Laut-,  Formen-  und  Bedeutungslehre  der  germ. 
Elemente  des  Vulgärlatein  dem  Leser  bieten  will. 

Grundlegend  ist  natürhch  der  erste  Teil  und  hier  ist  es  auch,  wo 
die  Kritik  am  meisten  Verbesserungen  für  die  Zukunft  in  Vorschlag  zu 
bringen  hat.  Es  ist  zweifellos  ein  Hauptverdienst  der  'Einführung  in  die 
roman.  Sprachwissenschaft'  Meyer- Lübkes,  daß  sie  in  die  germanischen 
Lehnworte  im  Romanischen  Ordnung  gebracht  hat.  Da  von  den  übrigen 
einschlägigen  Arbeiten  manche  veraltet,  andere  recht  mangelhaft  sind,  so 
werden  wir  erst  dann  in  dieser  Frage  eine  vollständige  Übersicht  gewinnen, 
wenn  Meyer -Lübkes  Materialien  in  seinem  Etymolog.  Wörterbuch  uns 
zugänglich  gemacht  sein  werden.  Schon  aus  den  augenblickhch  vorHe- 
genden  sechs  Lieferungen  dieses  Werkes  ist  zu  erkennen,  daß  die  germ. 
Lehnwortliste,  die  Bruch  auf  S.  87  seines  Buches  zusammenstellt,  zu  vielen 
Bemerkungen  Anlaß  gibt. 

Es  gibt  noch  manchen  etymologisch  dunkeln  Wortstamm  wie  *dan- 
sare,  *drappum,  *gafa,  *gIoba,  *kampto,  *palta,  bei  denen  die  Möglichkeit 
einer  frühzeitigen  Entlehnung  aus  dem  Germanischen  gegeben  ist.  Andere, 
sicher  germanische  Entlehnungen  können  unter  Umständen  vor  der 
Völkerwanderung  von  den  Romanen  aufgenommen  worden  sein  (boro, 
krappa,  kruska):  auch  in  den  romanischen  Abkömmlingen  zu  den  Verben 
bautan,  brikan,  brustjan,  gripan,  manvjan  sind  wahrscheinlich  teilweise 
sehr  alte  Entlehnungen  eingestreut,  die  herauszufinden  und  zu  erörtern 
die  Aufgabe  des  Verfassers  gewesen  wäre.  Endlich  hätten  —  wenn  auch 
in  negativem  Sinne  —  einzelne  weilverbreitete  Ausdrücke  einer  späteren 
Entlehnungsperiode  wie  andbahta,  barda,  bausi,  dubba,  fat,  iska  eine 
kurze  Erwähnung  vielleicht  verdient. 

Aber  auch  zu  den  positiven  Ansätzen  Bruchs  ist  manche  Ergänzung 
und  Berichtigung  noch  zu  gewärtigen,  für  welche  allerdings  nicht  der 
Autor,  sondern  die  Schwierigkeit  der  von  ihm  behandelten  etymologischen 
Probleme  verantwortlich  zu  machen  ist.  Beim  Worte  parricum  (S.  8)  ver- 
traute Bruch  vielleicht  allzusehr  dem  bekannten  Aufsatze  Baist's.  Hätte 
er  diese  Etymologie  (deren  Festlegung  in  Meyer-Lübke's  etymolog.  Wörter- 
buch ihm  offenbar  noch  nicht  bekannt  war),  statt  aus  der  wissenschaft- 
lichen Literatur  heraus  direkt  aus  den  Quellenmaterialien  bearbeitet,  so 
wäre  es  ihm  nicht  entgangen,  daß  der  Form  parricum  eine  zweite  *bar- 


Bruch  Der  Einfluß  der  germanischen  Sprachen  auf  das  Vulgärlatein.     61 

ricum  namentlich  in  den  südlichen  Landschaften  zur  Seite  steht.  Die 
größeren  toskanischen  Wörterbücher  (Tomrnoseo,  Fanfandi  verzeichnen 
barco  und  parco  für  'Pferch'.  Ersteres  ist  namentlich  in  Oberitalien  als 
barco,  barch,  bareg  romagn.  berch  verbreitet  (Boerio,  Pajello.  Cherubini 
Nachtrag  und  Arrighi.  Tiraboschi,  Melchiori,  Monti,  Morri.  Matlioli  usw.) 
und  bedeutet  bald  'Hürde',  bald  'Ruheplatz  für  das  Vieh',  in  der  Romagna 
'Heuschober',  in  Parma  (Peschieri)  'aufgestelltes  Reisig  zum  Einspinnen 
der  Seidenraupen',  in  Rovereto  (Azzolini)  'Holzstoß',  in  Verona  (Bolognini- 
Patuzzi)  und  den  Etschlagunen  (Mazzucchi)  ist  barchesa  resp.  barchessa 
'überdachter  laubenartiger  Raum',  trotz  der  scheinbar  abliegenden  Be- 
deutungen hierher  zu  rechnen').  Auch  nach  Unteritalien  scheint  sich  barco 
zu  erstrecken  (vgl.  neap.  barchetto  =  loggia  bei  d' Ambra  und  Finamore 
Vocab.  abbruzz.  unter  barche).  Andrerseits  ist  aber  auch  in  Südfrankreich 
barj,  bardzo  nach  den  Ausweisen  des  Registerbandes  zum  Atlas  linguistique 
verbreitet,  wozu  altprov.  barri  (Levy)  zu  stellen  ist,  und  meist  für  'Ein- 
friedung, Heuboden',  in  der  Gascogne  (barquia)  auch  für  'Wassereservoir' 
verwendet  wird,  welch'  letzteres  mit  geändertem  Suffixe  in  Savoyen  als 
berye  (Constantin  &  Desormeaux)  als  'lieux  humide,  marecageux'  wieder- 
zukehren scheint.  Für  'Heuschober'  wird  das  Wort  im  ganzen  Westen 
bis  in  die  Normandie  hinauf  gelegentlich  verwendet  und  ist  auch  im  Alt- 
französischen als  bärge,  barche  (Godefroy)  belegt.  Daneben  bietet  der 
Atlas  die  interessante  neuprovenzalische  Form  bargena  (Heuschober),  das 
in  span.  genauer  astur,  bdrgana  (Zaun,  lebende  Hecke)  sich  fortsetzt. 
Auch  die  Formen  mit  p  sind  im  ganzen  westromanischen  Sprachgebiete 
verbreitet  und  sind  namentlich  m  Frankreich  (auch  im  Süden,  vgl.  neupr. 
par  Dach,  Tenne,  Mauerwerk  im  Atlas  ling.  Registerbd.)  und  in  ItaUen 
altes  volkstümliches  Sprachgut.  Mitunter  wird  *barricum  und  *parricum 
begrifflich  differenziert  (bearn.  barquie  'Wasserreservoir'  parguie  'Viehhof), 
doch  bewegen  sich  beide  Ausdrücke  in  denselben  BegrifTssphären. 
Charakteristisch  ist  auch,  daß  beide  Typen  allenthalben  in  Ortsnamen 
vertreten  sind,  am  häufigsten  in  Italien  und  Frankreich,  am  seltensten 
auf  der  iberischen  Halbinsel. 

Die  Form  barricum  ist  unschwer  mit  barricare  resp.  barra  zu  ver- 
binden. Dieses  wieder  ist  mit  dem  auch  von  Meyer-Lübke  angenommenen 
gallischen  barros  verwandt,  wie  einerseits  rätorom.  bargua  'Schopf  einer- 
seits, venez.  barena  andrerseits  erweisen  dürften.  *barrictim  würde  seinen 
Grundbedeutungen  nach  teils  'Schopf  (Schober),  teils  'Zufluchtsstätte' 
(Pferch)  bedeuten,  und  *  barricare  nebst  dem  Deverbal  ban-a  wären 
sekimdär  aus  unserem  barricum  abgeleitet.  Für  gallische  Herkunft  der 
ganzen  Wortsippe  spricht  auch  die  Nebenform  *barric5.  das  als  bargun, 
margun  {maregien)  'Alpenhütte'  in  den  Alpen  (worüber  ünterforcher 
ZfrPh.  35,  514)  weit  verbreitet  ist,  als  margongh  von  den  Lombarden  bis 
nach  Piazza  Armerina  in  Sizilien  verschleppt  wurde  (Roccella),  und  wieder 
in  Ortsnamen  als  Bargone,  Barcone,  Margone  in  ganz  Oberitalien  bis 
Sestri  Levante  und  Urbino  nachweisbar  erscheint.  Der  Anlautwechsel 
von  m  und  b  zeigt  hier  m.  E.  die  Wirksamkeit  der  keltischen  Konsonanten- 
lenition.  Um  nun  das  zuerst  in  deutschen  Rechtsquellen  auftretende 
parricum  in  seinem  Anlaute  zu  erklären,  müssen  wir  uns  doch  wohl 
entschließen,  eine  Entlehnung  dieses  weit  über  das  ehemalige  Kelten- 

1)  Vgl.  auch  Meyer-Lübke  in  W.  u.  S.  I  S.  118  A. 


62      Classen  On  Vowel  Alliteration  in  the  Old  Germanic  Languages. 

gebiet  hinaus  verbreiteten  Ausdruckes  ins  Germanische  vor  der  ersten 
Lautverschiebung  anzunehmen,  das  dann  zur  nhd.  Form  Pferch  weiter- 
führte. Wie  sich  die  span.  Formen,  auf  die  sich  Baist  beruft,  zu  *barri- 
cum  verhalten,  bleibe  dahingestellt.  Vielleicht  liegen  iberische  Laut- 
entstellungen vor,  vielleicht  vulgärlateinische  oder  romanische  Konta- 
minationen mit  lat.  parien  oder  parare.  Mit  dem  deutsch-spätfat.  parricum 
haben  sie  gewiß  keinen  unmittelbaren  Zusammenhang. 

Wie  sich  mithin  j)arricum  als  ein  bisher  nur  halbgelöstes  Problem 
erweist,  so  dürften  auch  melca,  crucea,  veno  (das  übrigens  Holder  als 
re7id  ansetzt)  und  vielleicht  auch  andere  Etyma,  die  Bruch  behandelt, 
als  noch  nicht  definitiv  aufgeklärt  zu  gelten  haben. 

Unter  den  aus  dem  Latein  selbst  belegten  germanischen  Lehn- 
worten, auf  die  sich  der  Verfasser  beruft,  dürften  ihrer  drei  auszuschalten 
sein.  Die  Inschrift  CILXIII  10017,46  ist  trotz  der  im  Thesaurus  sub  canna 
gebotenen  etwas  selbstsicheren  Deutung  so  mangelhaft  zu  entziffern,  daß 
wir  wohl  den  Beleg  des  Wortes  canna  bei  Ven.  Fortunatus  als  den  ältesten 
gesicherten  anzusehen  haben.  Das  Wort  guitanos  CILVI  1208  gehört 
wohl,  wenn  kein  Eigenname,  als  Adjektiv  zu  mauros  und  nicht  zu  ger- 
manos  und  endlich  ist  die  Übersetzung  von  sinnu  (CILIX  2893)  mit  'Sinn* 
wenig  einleuchtend  und  lat.  signu  in  jeder  Hinsicht  wahrscheinlicher. 

Daß  auch  mancher  von  den  aus  wortgeographischen  Gründen  für 
das  Vulgärlatein  in  Anspruch  genommenen  germanischen  Wortstämmen 
(wie  kamarling,  halla,  knapp)  kritische  Bedenken  erweckt,  sei  nur  an- 
gedeutet ')■  Als  mangelhaft  ist  endlich  der  kurze  Abschnitt  über  die  ger- 
manischen Suffixe  zu  bezeichnen  (S.  86).  Wirklich  wertvoll  scheint  mir 
hingegen  die  sorgsam  ausgearbeitete  Laut-  und  Formenlehre.  Da  das 
ganze  Werk  in  erster  Linie  auf  der  Fachliteratur  und  erst  in  zweiter 
auf  den  primären  Quellen  aufgebaut  ist,  so  kann  man  allerdings  auch 
diesen  Abschnitt  keineswegs  als  abschließend  betrachten,  wie  auch  die 
den  Schluß  bildende  Bedeutungslehre  mehr  zu  weiteren  Arbeiten  anregt, 
statt  unseren  Wissensdurst  endgillig  zu  befriedigen.  Im  ganzen  aber  kann 
man  sagen,  daß  Bruch  sein  Möglichstes  getan  hat,  um  auf  einem  Ge- 
biete, auf  dem  wir  auf  Schritt  und  Tritt  noch  im  Dunkeln  tappen,  durch 
eine  methodische  Zusammenfassung  des  bisher  Bekanntgewordenen,  einen 
Weg  zu  bahnen,  welcher  der  Wissenschaft  von  großem  Nutzen  sein  kann. 

Innsbruck.  Karl  v.  Ettmayer. 


Classen,  Em.  On  Vowel  Alliteration  in  the  Old  Germanic  Languages. 
University  of  Manchester  Publications,  Germanic  Series  No.  I.  Man- 
chester 1913.    (Diss.  Würzburg). 

Zur  Erklärung  der  vokalischen  Alliteration  sind  —  nach  Classen  — 
drei  Theorien  vorgeführt  worden;  erstens  'the  glottal-catch  theory',  die 
eine  supponierle,  jedem  Vokal  vorliergehende  glottale  Explosiva  ('Knack- 
laut') zum  Träger  der  Alliteration  macht;  zweitens  'the  sonority  thcory', 
welche  den  allen  Vokalen  gemeinsamen  Stimmton  (vox)  als  genügende  Er- 
klärung betrachtet;  drittens  Axel  Kocks  'iheory  of  identical  vowels*, 
welche  annimmt,  daß  ursprünglich  nur  identische  Vokale  alliteriert  haben; 

1)  Vgl.  mittlerweile  die  eingehende  Besprechung  Brückners  in  Zffrz. 
Spr.  u.  Lit.  41,  2  bes.  S.  8. 


Classen  On  Vowel  Alliteration  in  the  Old  Germanic  Languages.       63 

als  später  die  anlautenden  Vokale  lautgesetzlich  verändert  und  dadurch 
mehrfach  differenziert  worden  sind,  habe  man  die  dadurch  traditionell 
gewordene  Alliteration  ungleicher  Vokale  auch  in  neuen  Gedichten  ver- 
wendet. —  Der  Verfasser  der  vorliegenden  Abhandlung  hat  Beweise  für 
diese  letztgenannte  Theorie  liefern  wollen. 

Eine  Hauptschwäche  der  Abhandlung  liegt  darin,  daß  der  Verfasser 
die  vorhandene  Literatur  nur  sehr  unvollständig  verwertet  hat.  Vor  allem 
hätte  man  fordern  können,  daß  er  den  ihm.  als  einer  mit  schwedischen 
Verhältnissen  vertrauten  Person,  wie  ich  vermute  nicht  ganz  unbekarmten, 
trefflichen  Aufsatz  0.  Gjerdmans  'Om  vokalallilterationen  och  dess  för- 
klaring'  (Spräk  och  stil  12.  1912,  S.  57  ff.)  benutzt  hätte.  Die  Klarheit 
und  Logik  dieses  Aufsatzes  hätte  vielleicht  dazu  beitragen  können, 
die  Begriffe  des  Verfassers  etwas  aufzuklären,  was  unbedingt  vonnöten 
gewesen  wäre.  —  Auch  im  übrigen  scheint  seine  Literaturkenntnis  ziem- 
lich gering  zu  sein.  Ein  Beispiel,  das  eine  Nebensache  betrifft :  auf  S.  16 
(vgl.  auch  S.  17,  20,  21,  30)  behauptet  der  Verfasser  (im  Anschluß  an 
Gering)  ohne  weiteres,  daß  "in  Old  Norse  there  are  cases  of  alliteration  of 
vowel  and  w-^\  und  er  scheint  keine  Ahnung  davon  zu  haben,  daß  (nicht 
nur  Mogk  sondern  auch)  der  Referent  ('Om  allitterationen  pä  v  i  fornis- 
ländskan',  Studier  i  nordisk  filologi  utgivna  genom  H.  Pipping,  3,  ö)  und 
L.  F.  Läffler  ('Om  nägra  underarter  av  Ijööahättr,  ebd.  4,  1.  S.  102 ff.)') 
es  versucht  haben,  Gerings  Ansicht  als  hinfällig  zu  erweisen. 

Wie  oben  genannt,  verficht  der  Verfasser  die  Kocksche  Theorie  von 
der  ursprünglichen  Identität  der  alliterierenden  Vokale.  "The  only  pos- 
sible  way  of  testing  Kock's  theory  is  to  trace  back  to  their  old  Germanic 
forms  the  actually  existing  alliterative  lines.  Such  procedure  would  ne- 
cessarily  be  notbing  more  than  an  experiment  for  the  purpose  of  demon- 
stration ;  for,  of  course,  the  Heliand  did  not  exist  before  the  ninth  Cen- 
tury, nor  Beowulf  before  about  730,  nor  the  poems  of  the  Edda  before 
850.  or  later.  All  these  works,  however,  contain  alliterative  lines,  many 
of  which  doubtless  show  a  traditional  framework  of  greater  antiquity 
than  the  poems  which  contain  them.  If,  then,  these  historically  later 
lines  show,  when  traced  back,  a  larger  percentage  of  identical  vowels, 
we  may  be  justified  in  drawing  conclusions  as  to  the  character  of  the 
older  (though  lost)  poetry",  sagt  der  Verfasser  S.  21 — 22.  Er  hat  darum 
in  dieser  Weise  den  ganzen  Beowulf,  hundert  Verse  von  dem  Heliand 
sowie  vier  eddische  Gedichte  (Volundarkuijja,  Hyndloliöp,  Prymskui{)a, 
Hymeskui|)a)  untersucht.  Als  nun  "it  appears  that  the  frequency  of  iden- 
tical alliteration  considerably  increases  when  older  forms  are  substituted^ 
is  one  justified  in  considering  the  result  as  evidence  in  favour  of  Kock's 
hypothesis",  meint  der  Verfasser  (S.  23).  Meines  Erachtens  mit  Unrecht. 
Denn  es  ist  klar,  daß,  wenn  wir  z.B.  altisländische  Verse  ins  Urger- 
manische zurückführen,  Alliteration  zwischen  identischen  Vokalen  häufiger 
eintreten  wird,  da  ja  das  Altisländische  eine  größere  Anzahl  Vokale  be- 
sitzt als  das  Urgermanische.  Es  wäre  ja  möglich,  daß  auch  unter  Berück- 
sichtigung dieses  Faktors  die  Anzahl  identischer  alliterierender  Vokale 
im  Urgermanischen   größer   wäre.     Um   darüber   ins   reine   zu   kommen, 


1)  Vielleicht  ist  Läffiers  Abhandlung  zu  spät  erschienen,  als  daß 
der  Verfasser  sie  hätte  benutzen  können. 


64      Classen  On  Vowel  Alliteration  in  the  Old  Germanic  Languages. 

müßte  eine  sehr  schwierige  Untersuchung  vorgenommen  werden,  und  das 
hat  der  Verfasser  nicht  getan. 

Anderes  wäre  zu  diesen  Untersuchungen  allgermanischer  Gedichte 
zu  bemerken,  allein  ich  halte  es  für  unnötig.  Denn  der  Ausgangspunkt 
des  Verfassers  ist  falsch:  daß  das  Prinzip  der  Alliteration  in  der  Iden- 
tität der  alliterierenden  Laute  liege  (S.  1).  Ich  kann  nicht  umhin,  hier 
ein  Zitat  aus  Gjerdmans  oben  genanntem  Aufsalz  zu  geben,  das  auch 
dieser  Äußerung  des  Verfassers  (S.  21)  ihre  richtige  Beleuchtung  gibt:  "Is 
not  a  b  much  more  closely  related  to  a  p,  to  most  people,  than  an  i  to 
an  0?  Thal  this  is  the  case  is  shown  by  the  fact  that  nobody  confuses 
«■  and  0,  though  many  people  confuse  b  and  p.  and  cannot  distinguish 
them".  Gjerdman  schreibt  (a.  a.  0.  S.  QQ)  *) :  "S  in  sitta  klingt  etwas  ver- 
schieden von  s  in  sucka.  Daß  wir  diese  etwas  verschiedenen  s  als  einen 
und  denselben  Laut  auffassen,  beruht  offenbar  darauf,  daß  wir  von  der 
Verschiedenheit  bei  ihnen,  der  verschiedenen  Räsonanz,  abstrahieren, 
und  nur  das  Gleiche  und  Gemeinsame  beachten.  Die  Verschiedenheit 
zwischen  s  in  sitta  und  s  in  sucka  beruht  auf  der  Veränderung,  welche 
der  von  den  lautbildenden  Sprechorganen  hervorgebrachte  Laut  in- 
folge der  Artikulation  der  räsonanzbildenden  Organe  erleidet.  Wo- 
rauf beruht  die  Verschiedenheit  der  Vokale?  Ebenfalls  ja  auf  der  ver- 
schiedenen Räsonanz  im  Ansatzrohr,  nicht  auf  der  Artikulation  der 
lautbildenden  Organe.  Ebenso  wie  wir  alle  auf  Räsonanz  beruhenden 
«-Variationen  mit  einem  einzigen  Zeichen  s  bezeichnen,  können  wir  alle 
Vokalvariationen  mit  einem  Zeichen,  z.  B.  x^  wiedergeben.  Der  Unter- 
schied zwischen  s  und  x  beruht  auf  der  Artikulation  der  laulbildenden 
Organe.  Vergleichen  wir  nun  z.  B.  a  :  e  mit  k  :  g,  finden  wir,  daß  diese 
sich  infolge  Verschiedenheit  in  der  Artikulation  der  lautbildenden 
Organe  unterscheiden  wie  a  und  x,  während  a  und  e  nur  auf  der  Artiku- 
lation der  räsonanzbildenden  Organe  beruhende  Variationen  des  x,  der 
Stimmton  (vox)  sind.  Die  Verschiedenheit  k :  g  ist  also  anderer  Art,  als 
die  Verschiedenheit  a:e  (=  x  »,  x  e).  —  Hieraus  geht  klar  hervor,  daß 
man  recht  hat,  die  Wahrheit  von  Kocks  Behauptung  zu  bestreiten,  daß 
zwei  verschiedene  Vokale  einander  nicht  mehr  gleich  sind  als  zwei  ver- 
schiedene Konsonanten".  Noch  deutlicher  als  die  Verschiedenheit  der 
5-Laute  tritt  die  Verschiedenheit  zwischen  ha,  hi,  hu  usw.,  die  jedoch  mit 
einander  alliterieren,  hervor. 

Daß  es  in  modernen  germanischen  Sprachen  Alliteration  zwischen 
nicht  identischen  Vokalen  gibt,  scheint  dem  Verfasser  unbekannt  zu  sein. 
Er  behauptet  (S.  41),  daß  im  heuligen  Englisch  nur  identische  Vokale 
alliterieren,  und  man  muß  ihm  wohl  als  Engländer  glauben.  Was  aber 
sicher  ist,  ist  daß  im  modernen  Schwedisch  (wo  nebenbei  bemerkt  'Knack- 
laut' verhältnismäßig  selten  ist)  Alliteration  zwischen  ungleichen  Vokalen 
vorkommt.  Ich  verweise  auf  Gjerdman,  der  auch  als  Beweis  dafür,  daß  diese 
Alliteration  auch  von  nicht  Gebildeten  empfunden  wird,  folgendes  erzählt : 
"Als  ich  vor  einiger  Zeit  einen  Arbeiter  fragte,  welches  schöner  klinge: 
änga  strör  :  utanför  oder  vardagsbröd  :  överflöd,  antwortete  er: 
'Änga  strör  :  utanför'.  Auf  meine  Frage:  wieso?  bekam  ich  die  Antwort: 
'Sie  reimen  besser*.  Als  ich  ihn  darauf  aufmerksam  machte,  daß  es  ja 
in  vardagsbröd  :  överflöd   auch  einen  Reim   bröd:flöd  gibt,   ver- 


1)  Hier  ins  Deutsche  übersetzt. 


Olsen  Stedsnavne-Studier.  65 

setzte  er:  "Ja  aber  änga  reimt  besser  mit  uian  als  vardag  mit  over". 
Daß  änga  strör  :  utanför  nach  seinem  Gefühl  besser  reimte  als  var- 
dagsbröd  :  överflöd  konnte,  soweit  ich  finden  konnte,  nur  darauf  be- 
ruhen, daß  jene  Ausdrücke  auch  mit  einander  vokalalliterieren.  Durch 
Kontrollversuche  mit  anderen  ähnlichen  Ausdrücken  fand  ich  nämlich, 
daß  sobald  ein  derartiges  Reimpaar  auch  vokalalliterierte,  'reimte'  es 
besser  nach  dem  Gefühl  des  betreffenden  Mannes"  (a.  a.  0.  S.  76 — 77). 

Auch  im  Keltischen  und  Finnischen  alliterieren  —  wie  der  Ver- 
fasser mit  großer  Ehrlichkeit  uns  mitteilt  —  ungleiche  Vokale.  Was  die  ro- 
manischen Sprachen  betrifft,  so  scheint  man  im  allgemeinen  anzunehmen, 
daß  Alliteration  zwischen  ungleichen  Vokalen  nicht  vorkommt.  In  einem 
neuerdings  erschienenen  Heft  von  der  'Zeitschrift  für  romanische  Philo- 
logie' hat  indessen  Martin  Scholz  eine  Abhandlung  über  'Die  Alliteration 
in  der  altprovenzalischen  Lyrik'  veröffentlicht.  Für  diese  Sprache  hält 
er  diese  Alliteration  nicht  für  ganz  ausgeschlossen  (a.  a.  0.  37,  387  f.). 

Classens  Buch  ist  hübsch  ausgestattet.  Ein  Verdienst  ist  sein 
mäßiger  Umfang ;  es  beträgt  nur  XVI  und  91  Seiten. 

Uppsala,  August  1913.  Erik  Noreen. 


Olsen,  Magnus.    Stedsnavne-Studier.    8°.  130  S.    Kristiania,  1912. 

Welche  interessanten  Fragen  sich  an  die  altnordische  Ortsnamen- 
forschung knüpfen  und  wie  man  durch  umsichtig-methodische  Unter- 
suchungen auf  weiterliegende  Probleme  ein  Licht  werfen  kann,  zeigt  der 
bekarmte  Namenforscher  Magnus  Olsen  in  einem  vorzüglichen  Buche,  das 
namentlich  in  seinen  ersten  vier  Abschnitten  die  Aufmerksamkeit  wei- 
terer Kreise  beanspruchen  darf,  da  hier  der  Versuch  gemacht  wird,  auf 
dem  Wege  der  Namenforschung  Beiträge  zur  Geschichte,  zum  Aberglauben, 
zu  Mythus  und  Literatur  zu  liefern.  Wenn  man  nicht  immer  den  durch 
glänzende  Kombinationsgabe  gewonnenen  Ergebnissen  zuzustimmen  ver- 
mag, so  ist  daran  lediglich  die  Dürftigkeit  des  Materials  schuld,  nicht 
die  Art  und  Weise,  wie  der  Verfasser  seine  Aufgabe  erfüllt  hat:  diese 
ist  geradezu  ausgezeichnet.  —  Im  ersten  Abschnitt  läßt  0.  Ortsnamen  und 
Runeninschriften  sich  gegenseitig  aufhellen,  um  Anhaltspunkte  für  früh- 
historische Einwanderungen  aus  Dänemark  in  West-Norwegen  zu  gewinnen. 
Bekanntlich  nennt  Jordanes  die  Ärochi  =  an.  Hgrdar,  die  Bewohner  von 
Hprda-land  (um  den  Hardangerfjord),  was  auffällig  an  das  jetzige  flar-Syssel 
in  Jütland  anklingt.  Nun  hat  Kjaer  darauf  hingewiesen,  daß  im  alten  Lande 
der  Egdir  (der  Äugandzi  des  Jordanes)  im  Südwesten  Norwegens  nicht 
weit  von  einander  Mar-stad  und  Älle-stad  (an.  *M(erings-8tadir  und  *AUa- 
stadir)  liegen ;  die  ersten  Glieder  dieser  Komposita  sollen  mit  zwei  in 
einer  dänischen  Runeninschrift  vorkommenden  Personennamen  Martha 
und  Ala  identisch  sein.  Einen  ähnlichen  Fall  sucht  0.  im  alten  HorSa- 
land  nachzuweisen  und  zwar  bei  dem  Inselnamen  Varalds-e,  dessen  erster 
Teil  an.  *Varaldr,  urno.  *Wara-  {Warja-?)icaldaB,  mit  ahd.  Warald 
(Werold)  übereinstimmt.  Derselbe  Name  soll  in  einer  nicht  weit  von 
Varaldse  gefundenen  Runeninschrift  la{n)da  u:arin§ar,  an.  *Landi  Veringr, 
d.  h.  'Lande  aus  dem  Varingr-Geschlecht'  *)  vorliegen.   Dieser  Zusammen- 

1)  So  wenigstens  interpretiert  Bugge  die  Inschrift  von  Tervik, 
doch  gibt  es  auch  andere  Deutungen. 

Anzeiger  XXXIII.  5 


66  Olsen  Stedsnavne-Studier. 

hang  wird  nicht  zufällig  sein,  aber  der  Mann,  dessen  Name  in  Varalds-0 
fortlebt,  gehört  wohl  zu  demselben  Geschlecht,  das  auf  dem  Runenstein 
genannt  wird,  und  da  der  Name  sonst  nicht  in  Norwegen  vorkommt, 
war  dieser  *Varaldr  —  nach  der  etwas  kühnen  Folgerung  des  Verfassers 
—  der  Führer  einer  aus  Dänemark  in  Norwegen  einfallenden  Völkerschar. 
Den  Lesern  würde  dieser  weitgehende  Schluß  mehr  einleuchten,  wenn 
0.  hier  nachgewiesen  hätte,  daß  *  Varaldr  in  Dänemark  ein  üblicher  Name 
gewesen  sei.  —  Man  weiß,  daß  auch  auf  dem  nordgermanischen  Sprach- 
gebiet namentlich  Fischer  und  Schiffer  bisweilen  aus  abergläubischer 
Furcht  vor  bestimmten  Wörtern  die  ursprünglichen  Namen  durch  andere 
ersetzt  haben  und  daß  solche  Ersatzwörter  —  wie  Olrik  gezeigt  hat  — 
öfters  in  die  altnordische  Dichtersprache  als  Kenningar  übergegangen  sind. 
Derartigen  Ursprung  vermutet  Olsen  im  zweiten  Abschnitt  seines  Werkes 
beim  Namen  der  Insel  Selbjarn,  an.  Sal-bjqrn  'Saalbär',  indem  er  das 
Wort  als  'Hund'  deutet,  mit  Rücksicht  auf  die  in  den  jüngeren  Bjarkamäl 
vorkommende  Kenning  {vid-)bjgrn  veggja  '(Holz)bär  der  Wand'  =  'Maus'. 
So  muß  die  Insel  einst  einen  dem  Worte  Hund,  an.  hundr  ähnlichen 
Namen  gehabt  haben,  welcher  von  den  Fischern  mit  Hund  identifiziert 
und  aus  Aberglauben  durch  die  genannte  Umschreibung  ersetzt  wurde. 
Und  dieser  ursprüngliche  Name  soll  dann  *Hund  (zu  got.  hunßs,  hinpan) 
'Fangstelle'  gewesen  sein,  welches  Wort  er  später  (S.  93  ff.)  auch  in  Hurum 
(älter  d  Hud-rimum,  urno.  *Hunpa-  \*Hunpi-]riman-)  vermutet.  So  lange 
aber  nichts  auf  diesen  vermutlich  älteren  Namen  von  SelbJBrn  direkt 
hinweist  und  so  lange  *hund  als  Appellalivum  nicht  im  Altnordischen 
nachgewiesen  ist,  wird  wohl  bei  manchem  starker  Zweifel  bestehen  bleiben, 
umsomehr  als  das  Femininum  *hund  (aus  *hundi-  oder  *hundö)  und  das 
Maskulinum  hundr  nicht  ganz  zu  einander  stimmen.  Wer  weniger  skep- 
tisch ist,  findet  sich  vielleicht^  auch  mit  der  ähnlichen  Beweisführung 
über  den  Inselnamen  AUten  {Alpst)  (S.  43—48)  ab ').  —  Am  wenigsten 
gelungen  scheint  mir  der  dritte  Abschnitt,  wo  der  Verfasser  die  bekannte, 
plausible  Deutung  von  Seeland  {Sjceland)  als  'die  an  Seehunden  reiche  Insel' 
ablehnt  und  die  urnordische  Grundform  *Selhundi-  mit  ags.  sulh  'Pflug, 
Furche'  verknüpft,  um  zu  erklären,  warum  der  Pflugmytbus  der  Göttin 
Gefjon  gerade  auf  Seeland  lokalisiert  ist  {Gefjon  gaf  nafn  ok  kalladi 
Selimd).  Hier  kommt  der  Verfasser  in  Widerspruch  mit  der  später  von 
ihm  selbst  gegebenen  Regel  (S.  105  und  108),  'at  man  ikke  uden  grund 
skal  gaa  udenfor  det  nordiske  ordforraad*  bei  der  Deutung  von  nordischen 
Namen.  —  Dagegen  gewinnt  er  die  schönsten  Ergebnisse  im  vierten  Ab- 
schnitt, wo  er  über  Hävamäl  Str.  78  handelt : 

Fullar  grindir 

sä  ek  fyr  Fitjungs  sonum, 

nü  bera  {)eir  vdnarvol. 
Er  erweist  hier  die  Unrichtigkeit  der  üblichen  Deutung  von  Fitjungr  als 
'Fettling'  und  gibt  eine  bessere  Ableitung,  nämlich  von  fit  F.  (Gen.  Sing. 
fitjar)  'Wasserland,  Aue',  welches  Wort  mehrfach  als  Hofname  vorkommt. 
Da  die  Hävamdlstrophe  auf  einen  damals  allgemein  bekannten  Großbauern 


1)  Jedenfalls  unrichtig  ist  hier  (S.  47)  die  Deutung  des  Inselnamens 
Vectia,  ir.  Icht,  jetzt  Wight,  aus  dem  Lateinischen.  Welche  auch  die 
genaue  Bedeutung  dos  Namens  sein  mag,  die  keltische  Herkunft  ist  nicht 
zweifelhaft;  vgl.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 


WaJsch  Das  ge-Praefix  in  verbalen  Kompositionen.  67 

hinweist,  ist  wohl  der  Besitzer  des  öfters  in  der  altern  Literatur  ge- 
nannten Hofes  Fiijar  (eig.  Plur.  zu  Fit),  eines  störbii  in  Horöa-land,  ge- 
meint, welcher  schon  vor  dem  9.  Jahrhundert  berühmt  war  und  dann 
+  900  in  den  Besitz  des  Königs  Haraldr  Härfagri  überging.  Und  die 
Strophe  verdankt  ihre  Entstehung  wahrscheinlich  diesem  Ereignis,  wodurch 
die  einst  so  mächtigen  Großbauern  an  den  Bettelstab  kamen.  Auch  für 
die  Entstehungszeit  dieser  Strophe,  über  die  sich  die  Gelehrten  bis  jetzt 
nicht  einigen  konnten,  bietet  dieses  Resultat  einen  erwünschten  Anhalt. 
—  Die  letzten  fünfzig  Seiten  enthalten  eine  Anzahl  Proben  zur  Deutung 
bestimmter  geographischer  Namen,  wobei  der  Verfasser  durch  genaue 
Beobachtung  der  geographischen  Lage  öfters  zu  gesicherten  Ergebnissen 
kommt,  z.  B.  Ämle,  älter  (/)  Andblaöa,  urspr.  =  'Förde,  welche  zwei 
blattförmige,  nach  einander  zugewandte  Landspitzen  hat',  oder  SJcogn, 
älter  Skatin  'Schild',  in  metaphorischer  Anwendung.  Mitunter  gibt  Olsen 
auch  mehr  problematische,  wenn  auch  immer  erwägenswerte  Deutungen, 
z.  B.  von  Billingstad,  älter  i  Biliarstadum,  aus  *Bilgjarnsstadir  {^Bilgjarn 
Personenname  zu  an.  bilgjarn  'cunctator'),  wo  ein  Vergleich  mit  ahd. 
BiUen-husen,  Bili-stat  u.  a.  (Förstemann-Jellinghaus  Altd.  Namenb.  2^,  453) 
zur  Vorsicht  mahnen  darf.  Oder  bei  Blaker  und  Bleke,  älter  d  Blakxim 
und  *Blekin ,  die  zu  an.  *blok  (Gen.  Sing,  blakar),  in  nhd.  Blachfeld, 
vlämisch  blak  'flach'  vorliegend,  gehören  sollen,  wobei  aber  zu  bedenken 
ist,  daß  diese  Deutung  auf  Falk-Torps  keineswegs  gesicherter  Etymologie 
(vgl.  ebenda  Nachtr.  s.  v.  blcek)  beruht.  Aber  da  dieser  ganze  Abschnitt 
mehr  lokales  Interesse  hat,  soll  hier  auf  eine  nähere  Besprechung  dieses 
Teiles  nicht  eingegangen  werden. 

Hilversura  (Niederlande).  M.  Schönfeld. 


Walsch  Aug.   Das  ge-Praefii  in  verbalen  Kompositionen  in  Konrads  von 

Würzburg  'Engelhard  und  Engeltrud'.  Mähr.-Schöneberg.  Progr.  1912. 
Die  ganze  Anlage  der  kurzen  Abhandlung  zeigt,  daß  der  Verfasser 
sich  eng  an  Eckhardt :  Das  Präfix  ge-  in  verbalen  Zusammensetzungen 
bei  Berthold  von  Regensburg  angeschlossen  hat.  Er  kommt  auch  zu  den- 
selben Resultaten  wie  Eckhardt  und  erwähnt  in  seinem  Schlußsatze  die 
perfektivierende  Kraft  von  ge-  nicht,  obwohl  er  sie  an  einigen  Stellen 
zugeben  muß,  z.  B.  bei  geligen,  gesizen,  gesten,  "bei  denen  das  ge-  noch 
den  Begriff  der  eintretenden  Handlung  auszudrücken  hat".  Bei  der  Be- 
handlung des  ge-  beim  part.  praet.  und  bei  Hilfszeitwörtern  erwähnt  er 
ebenfalls  die  Perfeklivierung  durch  diese  Partikel.  Bei  anderen  Verben 
spricht  er  von  "verschiedener  Bedeutung"  des  Simpl.  und  des  Komp.,  wo 
die  Beispiele  klar  eine  Perfektivierung  durch  ge-  zeigen,  wie  es  in  der 
Übersetzung  W.'s  auch  manchmal  zum  Ausdruck  kommt,  vgl.  1996  ir  reinez 
herze  ir  dd  geriet,  daz  si  gar  stille  siceic  da  zuo  =  durch  einen  Rat 
veranlassen ;  3225  «/"  den  boiim  ez  dö  gestuont  =  sich  niederlassen ; 
4492  ob  mir  es  got  der  herre  gan,  so  triuwe  ich  tcol,  daz  ich  gesige  =  den 
Sieg  davon  tragen.  Im  letzten  Teile  endlich,  wo  ge-,  nach  ie,  ietner,  nie, 
niemer  etc.,  in  verallgemeinernden  Sätzen  und  in  Sätzen  steht,  die  etwas 
Zukünftiges  ausdrücken,  sind  die  ge-Komposita  ohne  alle  Schwierigkeit 
perfektiv  zu  fassen,  z.  B.  212  ich  hau  si  .  .  .  iif  den  tcdn  getihtet,  daz 
sich  nach  mines  herzen  ger  dd  bi  gebezzer  eteicer  bedeutet  doch  nicht 
"auf  dem  Wege  der  (sittlichen)  Besserung  sein",  sondern  es  kommt  auf 


68  Jellinek  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Grammatik. 

das  Ziel,  die  endgültige  Besserung  an.  1452  daz  du  mich  ie  gemeintest 
=  lieb  gewinnen.  3i4  swenne  iemen  dir  gertte  ziio  'durch  Reiten  zu  dir 
kommt'.  Die  Beispiele  ließen  sich  beliebig  vermehren ;  jedoch  ist  die  Frage 
längst  zugunsten  der  perfektiven  Bedeutung  der  ge-Komposita  gelöst,  so 
daß  es  sich  nicht  verlohnt,  noch  mehr  Beispiele  anzuführen. 

Wenn  W.  zum  Schluß  die  Ansicht  ausspricht,  "daß  sich  feste  Regeln 
für  die  Anwendung  und  Nichtanwendung  des  wandelbaren  ge-  kaum 
irgendwo  geben  lassen ;  denn  in  jeder  Gruppe  kommen  neben  Sätzen  mit 
ge-Kompositis  andere  ohne  ge-  vor,  wo  es  doch  bei  der  Gleichheit  der 
Satzverhältnisse  auch  eintreten  sollte",  so  folgt  aus  diesem  Satze  doch 
einfach,  daß  ein  ie,  iemer,  nie,  niemer  usw.  nicht  der  Grund  dafür  sein 
kann,  ob  ge-  in  solchen  Sätzen  auftritt  oder  nicht,  daß  es  vielmehr  einen 
andern  Grund  geben  muß,  wenn  ge-  gebraucht  wird,  und  dieser  Grund 
liegt  in  dem  perfektiven  Sinne  der  Sätze  mit  ge-Kompositum. 

Die  Schwierigkeit  bei  der  ganzen  Frage  liegt  eben  darin,  daß  uns 
dieses  Mittel  zur  Perfektivierung  verloren  gegangen  ist  und  damit  auch 
das  Gefühl  für  die  perfektive  Bedeutung  der  ge-Komposita  im  Mittelhoch- 
deutschen usw.  Wo  unsere  Vorfahren  noch  das  ge-Kompositum  haben 
anwenden  müssen,  da  genügt  uns  schon  das  Simplex,  weil  uns  beim 
Gebrauch  des  Simplex  der  Sinn  des  Satzes  schon  klar  und  deutlich  genug 
sagt,  ob  die  Handlung  in  ihrer  Dauer  oder  im  Hinblick  auf  den  Moment 
ihrer  Vollendung  dargestellt  werden  soll;  zur  Übersetzung  genügt  uns 
daher  meistens  schon  das  Simplex,  wie  in  den  oben  angeführten  Versen 
ich  hän  si  üf  den  tvün  getihtet,  daz  sich  nach  mhies  herzen  ger,  da  bl 
gebezzer  etewer. 

Graudenz.  Dr.  The  die  ck. 


Jellinek,  M.  H.  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Grammatik  von  den 
Anfängen  bis  auf  Adelung.  1.  Halbband  (Germanische  Bibhothek  hsg. 
von  W.  Streitberg,  2.  Abt.  Untersuchungen  und  Texte  7  I).  Heidelberg 
1913,  C.  Winter.    7,50  M. 

Der  Verfasser  bemerkt,  er  habe  seinem  Buche  eigentlich  denselben 
Titel  geben  sollen,  wie  einst  E.  C.  Reichard  dem  seinigen,  nämlich  'His- 
torie der  deutschen  Sprachkunst'.  Eine  solche  fortlaufende  Geschichte 
der  grammatischen  Theorie  im  Neuhochdeutschen,  wie  sie  hier  vorgelegt 
wird,  besaßen  wir  bisher  noch  nicht.  Wohl  hat  sich  das  Interesse  seit 
einigen  Jahrzehnten  (nachdem  R.  v.  Raumer  1851  vorangegangen  war)  den 
ältesten  Grammatiken  zugewendet,  die  auch  in  neuen  Ausgaben  vorliegen, 
aber  für  die  Grammatiker  des  17.  und  18.  Jahrhunderts  war  man  immer 
noch  in  der  Hauptsache  auf  die  unzureichenden  Bemerkungen  von  Rückert 
in  seiner  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Schriftsprache  und  die  Über- 
blicke bei  Socin,  Engelien,  Matthias  u.  A.  angewiesen.  Es  ist  ein  Glück 
zu  nennen,  daß  dem  lange  vernachlässigten  Gebiet  in  Jellinek  ein  Be- 
arbeiter ersteht,  der  mit  so  außerordentlicher  Umsicht  und  Gründlichkeit 
an  sein  Thema  herangeht,  sich  durch  die  Öde  und  Geistlosigkoit  der 
meisten  in  Betracht  kommenden  Schriften  nicht  abschrecken  läßt,  und 
alles  nach  seiner  Bedeutung  für  die  Geschichte  der  nhd.  Grammatik  und 
der  nhd.  Schriftsprache  würdigt.  Einer  solchen  Arbeil,  die  eine  Fülle 
von  Quellen  neu  erschließt,  vieles  andre  wenig  Bekannte  zum  ersten  Mal 
ausführlicher  bespricht  und  zergliedert,    wird  man  durch  ein  genaueres 


Jellinek  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Grammatik.  69 

Eingehen  auf  den  Inhalt  am  besten  gerecht.  Am  meisten  konnte  sich 
Jellinek  im  16.  Jahrh.  auf  seine  Vorgänger  stützen,  da  ihm  hier  die  vor- 
treffliche Arbeit  von  Joh.  Müller,  sowie  die  Einleitungen  zu  den  Neu- 
drucken des  Clajus,  Ölinger  usw.  zustatten  kamen.  Bei  Albertus  (S.  71) 
tritt  er  mit  Recht  der  gewöhnlichen  Ansicht  entgegen,  daß  der  Ausfall 
auf  'balbi  illi  barbari  —  qui  nos  puriores  Germanos  de  natura  et  pro- 
prietate  nostrae  linguae  instruere  audent'  auf  Luther  gemünzt  sei  und 
möchte  in  den  unbefugten  Sprachlehrern  hochdeutsch  sprechende  Nieder- 
deutsche sehen.  Bei  Helber  (S.  55)  wiederholt  er  die  Zschr.  f.  deutsches 
Alt.  52, 182  ff.  entwickelte  Ansicht,  daß  der  Verfasser  des  Syllabierbüchleins 
aus  dem  bairisch-österreichischen  Sprachgebiet  gebürtig  gewesen  sei.  da 
namentlich  das  über  die  e-  und  ö- Laute  Angegebene  sich  am  besten  aus 
dem  bairischen  Dialekt  erkläre ;  ich  meine  indes,  daß  wir  mit  den  Laut- 
verhältnissen des  östlichen  Schwabens  (wo  Helber  zuerst  auftaucht)  auch 
ganz  gut  auskommen,  und  die  Wortwahl  spricht  entschieden  mehr  für  das 
Schwäbisch-Alemannische  als  für  das  Bairische.  Die  der  Tätigheit  der 
Sprachgesellschaften  unmittelbar  vorausgehenden,  bisher  wenig  beachteten 
Werke  des  Olearius,  Werner,  Brücker  u.  a.  werden  eingehend  behandelt. 
Besonders  verdienstlich  ist  die  Darstellung  der  von  den  Sprachgesell- 
schaften ausgehenden  grammatischen  Bestrebungen;  hier  sind  an  der  Hand 
der  Quellen  die  inneren  Zusammenhänge  aufgedeckt,  die  Werke  von 
Gueintz,  Schottet,  des  vielangefeindeten  Zesen  sind  nach  ihren  Licht- 
und  Schattenseiten  gewürdigt.  Eine  für  die  Geschichte  der  Schriftsprache 
wichtige  Frage  war  hier  zu  berühren,  die  nach  der  geltenden  Sprach- 
norm, die  Stellung  der  schlesischen  Theoretiker  gegenüber  den  Meißnern. 
die  Gegensätze  zwischen  Gueintz  und  Schottel,  Harsdörfer  und  Schottet 
werden  beleuchtet.  In  der  Beurteilung  Bödikers  (S.  196f.)  weicht  Jellinek 
stark  von  Rückert  ab,  der  Bödikers  Bedeutung  überschätzt ;  sicher  ist 
dessen  Grammatik  an  sich  durchaus  keine  hervorragende  Leistung,  auch 
darf  man  ihm  keine  ganz  neuen  Anschauungen  über  die  Aufgaben  des 
Grammatikers  zuschreiben,  aber  es  bleibt  sein  Verdienst,  die  Unabhängig- 
keit des  Hochdeutschen  von  den  oberdeutschen  Dialekten  zuerst  ausge- 
sprochen und  damit  auch  der  Beeinflussung  der  Schriftsprache  durch  das 
Niederdeutsche  theoretisch  die  Bahn  gebrochen  zu  haben.  Auch  über 
Gottsched  wird  wenig  günstig  geurteilt:  'es  fehlt  ihm  das  grammatische 
Talent  und  die  Lust  zum  Handwerk'  (S.  229).  Wie  nichtssagend  und  un- 
klar oft  seine  Regeln,  wie  unüberlegt  und  oberflächlich  ihre  Begründungen 
sind,  wird  an  vielen  Beispielen  gezeigt.  Mit  Recht  wird  er  aber  gegen 
den  Vorwurf  in  Schutz  genommen,  daß  er  ein  blinder  Verehrer  des  Meiß- 
nischen gewesen  sei;  die  feststehende  Tradition  der  Schriftsprache  war 
für  ihn  unbedingte  Autorität,  nur  da  'wo  die  Schriftsprache  versagt,  tritt 
die  obersächsische  Umgangssprache  in  die  Lücke'.  Auch  dem  Gram- 
matiker zog  er  ziemhch  enge  Grenzen,  nur  wenn  der  Sprachgebrauch 
schwankend  ist,  soll  er  nach  der  Analogie  die  Entscheidung  treffen. 
Diese  Klarheit  seines  Standpunkts  und  die  bestimmten  Regeln,  die  er 
immer  zu  geben  in  der  Lage  war,  erklären  den  außerordentlichen  Erfolg 
seiner  Sprachkunst.  Die  sich  teils  an  ihn  anlehnenden,  teils  ihn  be- 
kämpfenden grammatischen  Schriften  werden  im  folgenden  Kapitel  be- 
sprochen, wobei  Jellinek  viel  neues  Material  zugänghch  macht ;  gegenüber 
Kluge's  bekannten  Ausführungen  wird  S.  248  mit  Recht  betont,  daß  in 
den  Sprachkämpfen  der  landschaftliche  Gegensatz  eine  weit  größere  Rolle 


70  Jellinek  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Grammatik. 

spielt  als  der  konfessionelle.  Hervorheben  möchte  ich  besonders  die  ein- 
gehende Würdigung  Fulda's  S.  274  ff.  und  die  Besprechung  der  ortho- 
graphischen Reformversuche  S.  286  ff.  Das  letzte  Kapitel  ist  Adelung 
gewidmet.  Dreierlei  wird  (S.  332)  an  ihm  gerühmt :  Kenntnis  der  sprach- 
lichen Tatsachen,  das  Geschick  das  von  ihm  und  Andern  Erkannte  zu- 
sammenzufassen und  sein  praktischer  Blick,  'das  richtige  Gefühl  für  das, 
was  der  Zeit  not  tat'.  Vielleicht  dürfen  wir  deip  noch  ein  Viertes  an 
die  Seite  stellen:  sein  feines  Sprachgefühl,  das  ihn  im  Wörterbuch  be- 
fähigte, trotz  seines  beschränkten  Standpunkts,  treffende  Bemerkungen  über 
den  Gebrauch  der  Worte  zu  machen.  Im  Ganzen :  kein  bedeutender  Kopf, 
verworren  und  oberflächlich,  aber  ein  Grammatiker,  der  seine  Vorgänger 
bei  weitem  überragte.  —  Wir  hoffen,  daß  der  zweite  Halbband  des  be- 
lehrenden und  anregenden  Werkes,  der  uns  noch  tiefer  in  die  gramma- 
tischen Schriften  einführen  soll,  nicht  zu  lang  auf  sich  warten  lassen  wird. 

Leipzig-Gautzsch.  K.  v.  Bah  der. 


Mitteilungen. 


Georg  Curtias  -  Stiftung. 

Der  dieses  Jahr  zu  vergebende  Preis  ist  Herrn  Privatdozent 
Dr.  Ernst  Fraenkel  in  Kiel  zuerkannt  worden  auf  Grund  seiner  letzt- 
jährigen Veröffentlichungen  auf  dem  Gebiete  der  altgriechischen  Sprach- 
wissenschaft. 

Leipzig,  30.  Januar  1914. 
Dr.  K.  Brugmann.  Dr.  H.  Lipsius.  Dr.  E.  Windisch. 


Bopp  -  Stiftung. 

Der  Zinsertrag  der  von  der  Königlich  Preußischen  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Berlin  verwalteten  Bopp  -  Stiftung  ist  bestimmt,  all- 
jährlich am  16.  Mai  entweder  1.  zur  Unterstützung  eines  jungen  Gelehrten, 
wes  Landes  immer,  der  seine  Studien  auf  der  Universität  bereits  vollendet 
hat,  behufs  Fortsetzung  derselben,  wo  es  auch  sei,  oder  2.  zu  Preisen  für 
vorliegende  wissenschaftliche  Leistungen  oder  zur  Unterstützung  wissen- 
schaftlicher Unternehmungen  verwendet  zu  werden,  —  beides  unter  Be- 
schränkung auf  das  Gebiet  der  Sanskrit-Philologie  sowie  der  vergleichenden 
Sprachforschung  namentlich  innerhalb  des  indogermanischen  Völkerkreises. 
Bewerbungen  müssen  bis  zum  1.  Februar  des  Jahres,  zu  dessen  16.  Mai 
die  Verleihung  erfolgen  soll,  an  die  Akademie  gerichtet  werden. 


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M.33 


indogenaanische  Forschungen 


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