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Full text of "Internationales Archiv für Ethnographie"

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I 



ARCHIVES INTERISTATIONALES 

D'ETHNOGRAPHIE 

PUBLIÉES 



PAR 

Prof. D. ANUTSCHIN, Moscou; Prof. F. BOAS, New- York, N. Y.; Dr. G. J. DOZY à la 

Haye ; Prof. E. H. GIGLIOLI , Florence ; Prof. E. T. HAMY , Paris ; Dr. W. HEIN, 

Floridsdorf près de Vienne ; Prof. H. KERN, Leide ; J. J. MEYER, Wonogiri (Java) ; 

Prof. F. RATZEL, Leipsic ; Prof. G. SCHLEGEL, Leide ; Dr. J. D. E. SCHMELTZ, 

Leide ; Dr. HJALMAR STOLPE, Stockholm ; Prof. E. B. TYLOR, Oxford. 

REDACTEUR: 

Dr. j. D. e. SCHMELTZ, 

Directeur du Musée National d'Ethnographie, Leide. 



Nosce te ipsum. 



VOLUME XIIL 



Avec 22 planches et plusieurs gravures dans le texte. 



LIBRAIRIE ET IMPRIMERIE, ci-devant E. J. BRILL, LEIDE. 

ERNEST LEROUX, PARIS. - C. F. WINTER'SCHE VERLAGSHANDLÜNG , LEIPZIG. 

On sale by KEGAN PAUL, TRENCH, TROBNER & Co. (Limd.), LONDON. 

1900. 



INTERNATIONALES AROHIV 



FÜR 



ETHNOGRAPHIE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

Prof. D. ANUTSCHIN, Moskau; Prof. F. BOAS, New- York, N.Y.; Dr. G. J. DOZY m 

Haag ; Prof. E. H. GIGLIOLI , Florenz ; Prof. E. T. HAMY, Paris ; Dr. W. HEIN, 

Floridsdorp bei Wien ; Prof. H. KERN, Leiden ; J. J. MEYER , Wonogiri (Java) ; 

Prof. F: RATZEL, Leipzig ; Prof. G. SCHLEGEL, Leiden ; Dr. J. D. E. SCHMELTZ, 

Leidfn ; Dr. HJALMAR STOLPE, Stockholm ; Prof. E. B. TYLOR, Oxford. 

REDACTION : 

De. J. D. E. SCHMELTZ, 

Director des Ethnographischen Reichsmuseums in Leiden. 



Nosce te ipsum. 



BAND XIIL 



Mit 22 Tafeln und mehreren Textillustrationen. 



BUCHHANDLÜNa und DRÜCKEREI vormals E. J. BRILL, LEIDEN. 

ERNEST LEROUX, PARIS. - C. F. WINTER'SCHE VERLAGSHANDLÜNa, LEIPZIG. 

On sale by KEGAN PAUL, TRENCH, TRÜBNER & Co. (Lim<i.), LONDON. 

1900. 



DRUCK VON P W. M. TRAP, IN LEIDEN 



1 






1 s' i^ > if 



SOMMAIRE. 



IISTHALT. 



Pag. 

BüLOW, W. von: Beiträge zur Ethnographie der Samoa-Inseln : 

VIL Ein räthselhaftes Steininstrument in Samoa (Mit Textabb.) . 55 

VIII. Zur Besiedelung der Insel Savaii. (Mit Kartenskizze) . . 58 

IX. Die Muscheln im Leben der Eingebornen . . . .177 

X. Die Nahrungsquellen der Samoaner 185 

JuYNBOLL, Dr. H. H.: Wajang Këlitik oder Kérutjil. (Mit Tafel V-XIV) . . 4, 97 

Karutz, Dr.: Weitere Bemerkungen zur Ethnographie der Matty-Insel (Mit Textabb.). 217 
Kunze, Friedrich: Der Birkenbesen, ein Symbol des Donar (Eine mythologische 

Untersuchung) 81 , 125 

LiNG Roth, H. : Stray Articles from Benin (Illustrated.) 194 

— — Artificial Skin Marking in the Sandwich-Islands (Illustrated.) . . 198 
Parkinson , R. : Die Berlinhafen-Section , Kaisei*- Wilhelmsland. (Mit Tafel XV — XXII 

und Illustrationen im Text.) 18 

SiERiCH, Dr. jur. 0.: Samoanische Märchen (Einleitung & N^. 1 — 8.). . • . 223 
Titelbach , Prof. Vl. : Das heilige Feuer bei den Balkanslaven. (Mit Tafel I— IV und 

Illustrationen im Text.) 1 



NOUVELLES ET CORRESPONDANCE. - KLEINE NOTIZEN UND CORRESPONDENZ. 



Karutz, Dr.: Mittheilung von R. Parkinson über Gegenstände von der Oster-Insel 

Koeze, G. A.: Dr. Lehmann Nitsche's Mittheilungen über Lepra praecolumbiana 

ScHMELTZ, J. D. E. : Ein Flachgräberfeld bei Worms . 

— — Ausgrabungen auf der Stätte von Nippur . 

— — Extracts from the Diary of Dr. Samwell . 

— — Japanischer Farbenholzschnitt 

— — Fragebogen über Thieraberglauben 

— — Beitrag zur Urgeschichte der Musikinstrumente 

— — Kretschmer's Deutsche Volkstrachten 

— — Prähistorische Keramik Nord-Brasiliens 

— — Graf Al. Bobrinski's: Ornamente der Tadschiks von Darwar 



201 
201 
204 
205 
205 
205 
205 
206 
206 
206 
207 



— VI — 



MUSEES ET COLLECTIONS. — MUSEEN UND SAMMLUNGEN. 

Pag. 

Ethnogr. Museum in Basel 207 

Elsassisches Volksmuseum 207 

Koloniaal Museum, Haarlem 208 

Museum für Völkerkunde, Lübeck 207 

Die afrikanische Ausstellung der St. Petrus Claver Sodalität in Wien (Dr. W. Hein). 

Mit Abbildungen 162 

REVUE BIBLIOGRAPHIQUE. — BIBLIOGRAPHISCHE UEBERSICHT. 

DozY, Dr. G. J.: 71, 120, 170, 208, 238 

Kern, H.: Verzameling van bouwstoffen voor de volksbeschrijving van den Kaukasus. 77, 240 

— — Mededeelingen van 't oudheidk. , geschied- en volkenkundig Genootschap 

van Kazan 212 

— — Ziwaja Starina, 9e jaargang 1899 . . 218 



LIVRES ET BROCHURES. — BÜCHERTISCH. 

BüLOW , W. VON : Carl Marquardt, Die Tätowirung beider Geschlechter in Samoa 
Dozy, G. J.: Jos. D. Me G u ire, Pipes and Smoking Customs 

— : J. Deniker: Les races et les peuples de la terre 

JuYNBOLL, Dr. H. H.: Th. Wilson, The Swastika 

— — Dr. W. Hein, Indo7iesische Schwertgriffe 
Kern, H.: J. P. Dubrowa, De levenswijze der Kalmukken van 't Gouv. Stawropol 

— — S. G. Reibakof, Muziek en liederen der Uralsche Muzdmannen 

— — G. E. Grum-Grzimailo, Beschrijving eener reis 7iaar Westelijk China 

— — W. A. Obrucef, Centraal-Azié ^ Noord- China en Nan-Sjan . 
ScHMELTZ, J. D. E. : Dr. 0. Frankfurter, Elements of Siamese Grammar 

— — Prof. Dr. 0. Weise: Die deutschen Volksstämme . 

— — F. Blumentritt: Verzeichnis phüipp, Sachwörter . 

— — Herm. Strebel: Ueiber Thierornamente auf Thongefässen aus 

Alt-Mexico 

— — Archiv für Religionsgeschichte Bd. I dt II . 



78 
173 
178 
124 
174 
78 
78 
123 
124 
214 
214 
214 

242 
245 



EXPLORATIONS ET EXPLORATEURS, NOMINATIONS ETC. — REISEN UND 

REISENDE, ERNENNUNGEN ETC. 

Brinton Memorial Chair 175 

Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte 176, 215 

Deutsche anthropol. Gesellschaft 176, 215 

Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stettin 176 

Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde 215 

Lehrstuhl für Anthropologie an der Univ. Zürich (Prof. R. Martin) . . . .215 



— VII — 

Personalia : 

Dr. A. Bastian 176, 216. - Dr. G. Fritsch 176. - Dr. A. Gramatzky 176. — 
Dr. H. H. JuYNBOLL 176. — Dr. Jos. Marquart 176. — Ludw. Lindenschmit 216. — Dr. 
F. VON LuscHAN 176. — Prof. Emil Schmidt 216. - Prof. Karl Schumacher 216. — 
Dr. Heinr. Schurtz 216. — Dr. K. von den Steinen 176. — Dr. Hjalmar Stolpe 246. — 
Jhr. Victor de Stuers 176. - Prof. R. Virchow 216. - Dr. K. Weule 216. 

Nécrologie, — Necrologe. 

Dr. Ose. Baumann 176. - Prof. Dr. D. G. Brinton 176. - N. Charusin 176. - 
Eduard Dämel 216. - Sir Wm. H, Flower 176. - Dr. F. Jaqor 176. - Dr. Max 
Jahns 216. - Dr. Nyman 246. - Prof. Ph. Paulitschke 216. - Prof. E. Petri 216. - 
Prof. Dr. Herm. Riegel 216. — General Pitt Rivers 216. 

TABLE DES PLANCHES. — VERZEICHNIS DER TAFELN. 

Pag. 

Taf. I — IV. Prof. Vl. Titelbach: Das „Heilige Feuer'' bei den Balkan-Slaven. 1 

jf V — XIV. Dr. H. H. Juynboll: Wajang Kélitik oder Kérubjil ... 4 

„ XV— XXII. R. Parkinson: Die Berlinhafen-Section , Kaiser- Wilhelmsland . 18 



DAS „HEILIGE FEUER" BEI DEN 

BALKANSLAVEN. 



EINE STUDIE 



VON 



Prof. VL. TITELBACH, m Belgrad. 

(Mit Tafel I— IV). 



Allen slavischen Stämmen ohne Unterschied der Culturstufe ist das Feuer am Herde 
des Hauses heilig. Es darf nie durch Blasen mit dem Munde angefacht werden. Die Braut 
wird, beim Eintreten in's neue Heim, vom Brautführer dreimal um den Herd gefühlt; 
sie muss mit dem Schürhaken das Feuer schüren und dabei sprechen: „So viel Funken 
sprühen, so viel Hausvieh, so viel männliche Nachkommen sollen das neue Heim beleben." 




Fig. 1. 

Der Feuer-Bock hat in den Bauernhäusern eine seit uralter Zeit gebräuchliche Form 
(Fig. 1), die eine Hälfte die einer Schlange, die andere die des Hahnenkopfs, oder die eines 
Hausthieres (Fig. 2). 

Das Feuer am Herde darf nie ausgehen, es ist das ewige — heilige — Feuer im 
ganzen Bauernhofe. Geht das Feuer aus, so bedeutet dies Unglück oder es ist ein Zeichen, 
dass ein GUed der Familie sterben werde. 

T. A. f. E. XIII. 1 



- 2 - 

Um das Feuer versammelt sich das Hausgesinde und verbringt unter lebhaftem Gespräch 
die langen Herbst- und Winterabende. 

Am Weihnachts- Abend wird das beilige Holzscheit, Badujak^ angezündet, das der 
Hausvater mit Wein, Olivenöl und Honig begiesst. 

Am Sanct Ivanstage, werden die Ivansfeuer angefacht, und die ganze Nacht unterhalten. 
Die Doitjugend versammelt sich hier und tanzt den ^KoW\ alte Lieder dazu singend. 

Aber am meisten wird das „lebendige Feuer" hochgeachtet, denn es hat, nach dem 
Glauben der Slaven, — besonders jener auf der Balkanhalbinsel und jener in den Kar- 
pathen, — besondere Heilskiaft. 

Das lebendige Feuer wird folgendermassen erzeugt: Zum Anfachen desselben werden 
im Schar- Gebirge , in Alt-Serbien, zwei Kinder, ein Mädchen und ein Knabe zwischen 11 




Fig. 2. 

und 14 Jahren gewählt, welchen aufgetragen wird das Feuer zu erzeugen (Siehe Taf. I Fig. 1). 
Man führt sie in eine vollkommen finstere Kammer, wo sie sich aller Kleider ent- 
ledigen müssen, ohne ein Wort zu sprechen. Nun giebt man ihnen zwei ganz trockene 
walzenförmige Lindenhölzer, welche sie wechselweise schnell aneinander reiben, bis sie 
sich entzünden ; dann wird an dem so entstandenen Feuer der Zündschwamm angebrannt 
und zu Heilzwecken verwendet. Diese Art Feuer anzumachen ist die älteste und jetzt 
schon fast ausser Gebrauch. 

Eine andere Methode ist im westlichen Macédonien unter den Serben in Gebrauch 
(Siehe Taf I Fig. 2). Zu dem Zwecke rammt man zwei Eichenscheite fest in die Erde 
und macht am oberen Ende zwei runde Löcher, um in selben ein rundes Lindenholz so 
anzubringen dass es leicht in rotirende Bewegung gesetzt werden kann. Um den unteren 
Theil der zwei aufrechten Hölzer wird ein starker Strick gebunden, um das Auseinander- 
springen zu verhindern. Nun wird eine primitiv gefertigte Fiedel hergestellt, deren Strick 
einmal um das Lindenholz gewunden wird; durch das Hin- und Herbewegen der Fiedel 
wird das Rundholz in schnelle Umdrehung gebracht und dadurch eine Reibung am zuge- 
spitzten Ende erzeugt, durch deren Hitze der anliegende Zündschwamm entbrennt. 

Anders sah ich im Herbst 1899 die Erzeugung des heiligen Feuers im Kosmaj-Hügelland 



- 8 - 

vornehmen (Siehe Taf. IL Fig. 2). Zwei Bauern schlugen zwei halbwalzenförmige Hölzer 
in die Erde und umbanden selbe mit einem Stricke. Das Lindenholzstück stemmten sie so 
dazwischen, dass es mit einem Seile, welches einmal darum gewickelt war, durch Hin- 
und Herziehen in drehende Bewegung gebracht wurde, so dass es sich an beiden Enden 
bald entzündete. 

In Bulgarien sah ich bei den Schafhirten zu, wie sie das lebendige Feuer — zivâ vatr'a — 
anmachten. Zu dem Ende (Siehe Taf. II Fig. 1) suchten sie einen abgehauenen Baumstamm 
im Walde auf. Oben auf die Schnittfläche befestigten sie ein prismatisch zugeschnittenes 
Lindenholz und zogen quer darüber ein zweites hin und her, bis es Feuer fing. 

Nun erübrigt zu erklaren, zu welchem Zwecke das heilige Stück oder lebendige Feuer 
im Bauernhause gebraucht wird. Auf einer vor einigen Jahren unternommenen Studienreise 
im Inneren des grossen Waldgebietes Serbiens, hatte ich durch Zufall Gelegenheit selbst 
zugegen zu sein, und zu sehen wie das heilige Feuer zu Heilzwecken verwendet wird. 

Es war im Herbst; im Dorfe Setonje, am Fusse des Homoljegebirges, grassirte eine 
allgemeine Epidemie unter den Kindern, welche die Landleute aus Vorurtheil vor der 
Behörde verheimlichten, damit der Bezirksarzt nicht komme. 

Zwei alte Weiber, beide müssen Stana heissen (von static stehen bleiben, sich nicht 
verbreiten) begeben sich an einen bestimmten Ort ausser dem Dorfe. Eine nimmt einen 
kupfernen Handkessel voll Wasser, die andere ein altes Wohnungsschloss mit Schlüssel 
mit und nun fragt die eine Alte: „Wohin gehst du", worauf die mit dem Schlosse in der 
Hand antwortet: „Ich kam um das Dorf vor dem Unglück zu schliessen." Mit diesen 
Worten schliesst sie das Schloss und wirft es sammt dem Schlüssel in den mit Wasser 
gefüllten Kessel. Dann umschreitet sie dreimal das Dorf, um jedesmal bei dem „Kessel- 
weibe" dieselbe Procedur vorzunehmen. 

Inzwischen haben sich alle Dorfbewohner an einem Versammlungorte eingefunden, 
alle ohne Unterschied festlich gekleidet; zuvor haben sie aber das Herdfeuer zu Hause 
ausgelöscht. 

Zwei rüstige Bauern (Siehe Taf HI) machten nun an einer kleinen Erhöhung, an der 
rechten Seite eines Eichbaumes einen Tunnel, so hoch dass man auf allen Vieren bequem 
durchkriechen konnte. Der Länge nach legten sie ein breites Brett und am Tunnel-Ausgange 
ein zweites der Quere nach, so dass beide ein T bilden. Unterdessen machten ein altes 
Weib und ein alter Mann das lebendige Feuer, auf die oben beschriebene (Taf. I Fig. 1) 
abgebildete Art an, und fachten es, auf beiden Seiten am Tunnel Feuer anlegend, an. 
Als alles so weit fertig war, stellte sich das Weib mit dem Kessel rechts am Eingange 
beim Feuer und die mit dem Schlosse am anderen Ende auf. Am Ausgange links postierte 
sich eine Bauersfrau, vor welcher ein grosser Topf mit Milch stand; sie reichte einem 
jeden mit einem Holzlöffel etwas in den Mund , auf der anderen Seite stand ein Topf mit 
zerlassenem Schweinefette in dessen Oberfläche sich jeder Hindurchkriechende besah. Sodann 
machte eine dritte Bäuerin mit einem Holzkohlenstücke ein Kreuz auf den Rücken. Als 
alle hindurchgekrochen, legte ein jeder von den glühenden Kohlen einige in einen Topf 
und eilte nach Hause um an diesen glühenden Kohlen das Feuer am Herde anzuzünden; 
sodann warfen sie dort etwas von der Holzkohle in ein Geföss mit Wasser und tranken 
davon, um vor der Epidemie gefeit zu sein. 

Dass es einen Feuerfabrikanten zu Heilzwecken gebe, erfuhr ich auf dem Wege und 
begab mich in Begleitung eines Landmannes zu ihm in die Werkstatt. 



- 4 - 

Es war ein Veifertiger von Holzgefässen, der auf seinem primitiv hergestellten Drechsler- 
apparate das heilige Feuer erzeugte und Theile desselben um 20 Para — 20 Centimes — 
verabfolgte. 

Taf. IV zeigt seine Werkstatt sammt den Werkzeugen genau dargestellt. Die Vor- 
richtung ist mit zwei Hebelsystemen in Bewegung zu bringen, wie das aus der Zeichnung 
klar ersichtlich ist. 

Belgrad, am 24 Oct. 1899. 



WAJANG KËLITIK oder KÈRUTJIL 



VON 



Db. h. h. juynboll, 

Directorial-Assistent am Nieder!. Reichsmuseum für Völkerkunde, Leiden. 

Mit Tafel V-XIV. 



EINLEITQNG. 

Bekanntlich findet sich ein Schattenspiel bei mehreren Nationen. Nach Dr. F. von 
LuscHAN (Internat. Arch. Il, S. 1 sq., 81 sq. und 125 sq. und speciell S. 140) wäre es 
kaum denkbar, dass alle diese Völker (die Chinesen, Javanen, Siamesen und Türken) an 
verschiedenen Orten unabhängig von einander dieselbe Sache erfunden hätten und wäre 
es wahrscheinlich, dass die verschiedenen Formen des Schattenspiels einer gemeinsamen 
Quelle entsprossen sind, welche Meinung er noch neuerdings wieder (Globus, LXXI, 
n®. 20, S. 324) äusserte. Nach ihm wäre diese Quelle in China zu suchen. Dass letzteres 
betreffs der türkischen Karagöz-Komödien unrichtig sei, ist schon von Dr. Georg Jacob 
(Schejtan dolaby, Berlin, 1899, S. III— IV) gezeigt, aber auch für Java und Siam wird 
einem etwaigen chinesischen Ursprung des Schattenspiels schon durch das Faktum wider- 
sprochen, dass alle javanischen „termini technici" im Wajang ursprünglich javanisch 
sind und dass das Schattenspiel ursprünglich ein Bestandtheil des uralten malayo-polynesi- 
schen Cultus der alten Javanen war (G. A. J. Hazeu: Bydrage tot de kennis van het 
Javaansche tooneel, Leiden, 1897, S. 20 — 24 und S. 39—57). Dass aber die Siamesen ihr 
Schattenspiel den Javanen verdanken und nicht umgekehrt, wie Dr. Serrurier {Wajang 
Purwa^ 8® Ausgabe, S. 285) meint, ist, auf linguistischen Gründen basirt, schon von 
Dr. Hazeu bewiesen (O.e., S. 28 — 88). 

Hier soll im Verfolg nur vom javanischen Wajang die Rede sein und auch von 
diesem wird nur eine Unterabtheilung in Betracht gezogen werden. Die TTo/an^-Arten 
sind die folgenden: 

1®. Wajang Punoa^ dessen Inhalt den Parwan des Mahâbhârata (daher der Name 
Purwa ^ nicht das Indische pûrwa sondern corrumpirt aus parwan\ dem Râmâjana (speciell 



- "- — «^ ■ >-: 



- 5 - 

dem Rama Këling) und der javanischen Kosmogonie Manik Maja (wie z. B. der Lakon 
Djamur dipa) entlehnt ist und welches nur mit Puppen aus Büffelleder gespielt wird. 

2^ Wajang Gëdog^ das ebenfalls mit ledernen Puppen aufgeführt wird, aber dessen 
Inhalt den Pawdjt-Romanen , deren Held Pandji Kuda Wanengpati ist, entlehnt worden ist. 

3®. Wajang Këlitik oder Kerutjü^ wobei nicht die Schatten^) der Puppen, wie bei den 
vorigen Wajang- Arten , aber die Puppen selbst vorgeführt werden und dessen Hauptpersonen 
der Zeit von Padjadjaran und Madjapahit angehören. Der Held ist Damar Wulan. 

4°. Wajang Golek^ mit runden, hölzernen, bekleideten Puppen aufgeführt; hierin 
treten nicht nur Damar Wülan c. s. sondern auch die Helden aus dem mohammedanischen 
Amir-Hambjahcylics (Vgl. hierüber Dr. Ph. S. van Ronkel, de Roman van Amir Hamza, 
Leiden, 1895) auf. Diese Wajangart verdrängt die vorige (Raden Mas Utojo in Tijdschr. 
Binnenl. Best. X, afl. 6, S. 398). 

5^ Wajang Topeng ^ von Menschen mit Masken aufgeführt. Das Repertoire ist den 
Wajang Purwa^ Gëdog und Këlitik entlehnt. 

6®. Wajang Wong^ hier treten Menschen ohne Masken an Stelle der Puppen. Reper- 
toire dasselbe wie n^. 5. 

7^ Wajang Beber ^ wobei Abbildungen auf Rollen Papier statt Personen gezeigt werden 
und dessen Repertoire nicht nur aus Dramen des Wajang Purwa und Gedog (Hazeü, 
Bydrage, S. 72) sondern auch aus denen des Wajang Këlitik besteht, wie dies durch eine 
derartige Abbildung im Besitze des Reichsmuseums für Völkerkunde zu Leiden bewiesen 
wird (Inv. N^ 37/567). 



BEDEUTUNG UND ALTERTHUM- 

Dr. Hazeu hat schon deutlich gezeigt (0. c. S. 86) , dass die Wörter Këlitik und Kërutjil 
mittels der Infixe ël und ër abgeleitet sind von Worten, die „klein, gering, mager" u. s. w. 
bedeuten: kelttik ist stammverwant mit sëtitik (ein wenig), ngalitik (abmagern) und Mitikan 
(Nippsachen), kerutjü aber mit dem malayischen ketjü (klein). Die Puppen sind so genannt, 
weil man bei dieser Wajang-Art die Puppen selbst und nicht die — natürlich viel grös- 
seren — Schatten derselben sieht. Diese Benennung ist daher der Form oder Grösse der 
Figuren entlehnt und nicht dem Repertoire, wie dies beim Wajang Purwa und Wajang Gëdog 
der Fall ist. Richtig sagt Dr. Hazeü, dass es consequenter wäre, die beiden letztgenannten 
Wajangarten Wajang wëlulang zu nennen („ledernes Wajang*'). Ferner weist er nach, wip 
das Wajang Këlitik {Kërutjil) jüngeren Ursprungs ist als Wajang Purwa und Gëdog. Man 
begann später platte (bemalte, aber noch nicht bekleidete) hölzerne Puppen zu machen und 
man stellte nun nicht mehr ihre auf den Schirm {Kelir) projicirte Schatten vor, aber man 
machte in der Mitte des Schirms eine grosse quadratische OeflFnung, sodass die Puppen 
selbst sichtbar wurden. Dies ist der sogenannte Kelir dadakan, der improvisirte Schirm 
(PoENSEN, in Med. Zend. Gen. XVI, S. 65). Später verschwand der Schirm hier gänzlich, 
aber die Thatsache dass dieser Kelir mit der OeflFnung erwähnt wird, beweist genügend, 
wie die Puppendarstellung sich aus der Schattendarstellung entwickelte. Ein anderer Beweis 



*) Für diese und die folgenden Wajang- Arten ist der Name wajang eigentlich .unrichtig , denn dieses 



Wort bedeutet im Javanischen „Schatten". 



- 6 - 

für ihre Entwicklung aus ledernen Puppen, dessen Dr. Hazeü nicht erwähnt, ist, dass 
die KerutjüFupißen lederne Arme haben. Dr. Serrurieb sagt, um den spätem Ursprung 
des Wajang Këlitik zu beweisen: „Auch die histoire contemporaine verlangte man jetzt 
aufgeführt zu sehen; da aber von Schatten von Zeitgenossen gar keine Rede sein konnte 
(in der Periode von Madjapahit) ^ fing man an, mit platten hölzernen Puppen die Helden- 
thaten Damar Wülan's und seiner Genossen aufzuführen ; daher die so grosse Aehnlichkeit 
der G^dog und Ä'^tttt/c-Puppen in der Kleidung" (Octavo-Ausgabe , S. 219). Herr Serrurier 
beweist aber nicht, dass diese Wajang-Art wirklich in der Periode von Madjapahit ent- 
standen ist und was er sagt ist daher nur eine Conjectur. Richtiger sagt Dr. Hazeu (0. c. 
S. 91) dass die Darstellung der Schatten der alten, verehrten Helden und Ahnen des 
Javanischen Volkes eine religiöse Färbung zeigt, deren Spuren sich im jetzigen Wajang 
Purwa noch finden. Dies war schon anders mit den Pandji-Erzählungen und ganz anders 
mit den Damar FFwtew-Erzählungen. Hier wurde die Aufführung gänzlich weltlich , dieselbe 
geschah im Tageslichte und diente nur zur Belustigung: der alte religiöse Duft, die alte 
Weise der Auff'ûhrung nach den alten minutiösen Regeln verschwand hier gänzlich; nur 
einzelne alte Adats blieben längere Zeit auch hier noch fortleben, jetzt ohne Bedeutung, 
aber durch ihre zähe Fortdauer in späterer Zeit ein Beweis der grossen religiösen Bedeutung, 
die in früheren Zeiten die kindliche Vorstellung den echten Schattenspielen beilegte. 

Dr. Serrurier erwähnt (0. c. S. 50) einer Mittheilung aus Wânâ^iri (Res. Surakarta), 
in welcher Brawidjaja V (A^ 1315) genannt wird als der Erfinder des Wajang Kerutjü 
oder Këlitik. Diese Mittheilung ist aber wie die ganze Wajangchronik sehr wenig glaub- 
würdig. Es giebt noch eine andere Angabe über das Alter des Wajang Kerutjü (Këlitik) aus 
der altjavanischen Litteratur : In dem Prosawerke Nawarutji *) findet sich eine Stelle (S. 57 

von Coi 8450& aus dem Leg. van der Tuuk), wo von «i«>mÄ^> «»a»Mi'ft«s»N »m-^ânAjfs und 

tun^^wtçiscnji^ dlo Rodo ist. TjihrwL ist das Skr. cihna (Zeichen) oder es ist eine verkehrte 

Schreibweise statt tjina^ in welchen Falle Wajang Tjina „chinesisches Schattenspiel" 
bedeuten würde, tjarita ist das bekannte Wort für „Erzählung, Geschichte", kuritjü 
dasselbe Wort als das javanische kerutjü, Anjlakitak vom Radix tjlakitak ist in Dr. van der Tuuk, 
Kawi-Balinesisches Wörterbuch I, S. 640 unerläutert geblieben. Er verweist zwar nach 
ruhet ^ aber auch da (1. c. S. 814) findet man nur die citirte Stelle aus dem Nawarutji: 
wajang tjarita mwang kuritjü^ anjlakitak (L anjlakitak) sinrang dening ruhet ^ ohne einige 
Erläuterung. Das W ort 4jlakitak^ welche Bedeutung es auch haben möge, hängt immerhin 
etymologisch zusammen mit unserem kalitik. Im selben Wörterbuche (II, S. 70) giebt 
Dr. VAN DER Tuuk s. v. kurutjü noch die folgenden Stellen : Mal. 367 p. Hiermit wird der 
balinesische Pandji-roman McUat gemeint. Obgleich sich aber mehrere Manuscripte dieses 
Romans in der Handschriftensammlung des „Legatum Warnerianum" hieselbst finden, ist es 
mir leider nicht gelungen, diese Stelle aufzufinden, vielleicht wegen eines Druckfehlers in 
den citirten Ziifern. Weiter wird noch citirt R(ama) sas. Z. 1, 4. Diese Stelle lautet nach Cod. 
125 aus dem Legate van der Tuuk: Djënënge sang Dasarata^ wayang karutjü djadjare 
(1. djëdjêre)^ nagarane Widyapura^ sang präbu Lasar ata ^ kala djënëng ing ratUy Dasarata 
tanpasama. (Sein Name war Daçaratha, der im Wajang Karutjü auftritt, seine Residenz 



») Beschrieben von Dr. van der Tuuk in: Journ. R. As. Soc. , New series, XIII, S. 53-54 und Kawi- 
Bal. Wdb. I, S. 542—548 s. v. Die Javanische Umarbeitung Bima Sutji oder Dewa Rutji ist beschrieben 
in Prof. Vrbbde's Cat. der Jav. en Mad. HSS., S. 248-252. 



- 7 - 

war Widyapura [Skr. Äyodhyäpura], als er auftrat als König war Daçaratha ohne Gleichen). 
Diese Stelle ist merkwtlrdig, nicht weil daraus das hohe Alterthum der betreffenden 
Wajang-Art hervorgeht, aber als ein Beweis, dass auf Lombok die Personen aus dem 
Rämäjana^ die auf Java nur im Wajang Purwa auftreten, auch im Wajang Kerutjü zur 
Verwendung kommen. Herr Pleyte, der kurzhin von einer längern Reise nach Nieder- 
ländisch-Ostindien und zumal Bali zurückgekehrt ist , erzählte mir , dass auf Lombok im 
Wajang blecherne Puppen auftreten und dass davon Exemplare im ethnographischen Museum 
der „Batav. Genootsch. v. Künsten en Wetenschappen" ') vorhanden sind. 

Ueber den Ursprung des Wajang Kerutjü theilt Prof. Poensen (Med. Zend. Gen. XVII, 
S. 139—141) eine üeberlieferung mit, derzufolge die Wajangpuppen Pandji SEPüH(d. h. der 
alte Pandji) und Nyai Gandrüng (seine Gemahlin) in Baumstämmen , die letztere in einem 
Zirfor-Stamme , entdeckt wären. Diese Legende beansprucht natürlich gar kein historisches 
Interesse, ist aber wichtig, weil daraus erhellt, dass mit dem Wajang Kendjü^ nach der 
Meinung der Javanen, anfangs nur Personen aus dem Pandji-Cyclus vorgeführt wurden. 
Aehnliche Erzählungen von der Entstehung von Menschen aus Baumstämmen oder Bambus 
finden sich auch in der Litteratur anderer malayo-polynesischer Völker, z. B. in der 
malayischen Hikäjat Sëri Râma^ wo Mandudari aus einem Banibu Betung geboren wird, 
in der ebenfalls malayischen Hikäjat Radja-Radja Pasei^ S. 1 — 2 (Ed. Dulaurier) und in 
der buluschen Naasarëm bija si Mamanua (übersetzt in Med. Zend. Gen. VII, S. 326). 

Ein Beweis für das ziemlich hohe Alterthum des Wajang Këlitik ist das Faktum, 
dass schon in einem malayischen Pandji-Romaxi (Cod. 3288 Leg. Warner), dessen Inhalt 
alterthümlicher als der der javanischen Pawd/i-Romane , die Aufführung des Lakon Damar 
WuLAN erwähnt wird (S. meinen Catalogus der Mal. und Sund. HSS. der Leidsche 
Bibliotheek, Leiden, 1899, S. 114). 

Das Wajang Purwa und Gëdog sind aber jedenfalls früheren Ursprungs als das 
Wajang Këlitik. 



LITTERATUR DES WAJANG KELITIK. 

Im Wajang Këlitik werden die Helden aus der Epoche von Padjadjaran und Madja- 
PAHiT vorgeführt. Der Hauptheld des ersteren Zeitraums ist Sijung (Jav.) oder Tjiüng- 
(Sund.) Wanaba, dessen Geschichte in mehreren javanischen Chroniken, z. B. in Adji 
Saka (S. 262) und Babad Tanah Djawi (S. 12 Ed. Meinsma), ferner in dem Sunda- 
nesischen Codex 2023 (Leg. Warner), S. 60—92, in Roorda van Eysinga's Land- en 
Volkenkunde (1841), III, A, p. 499—501 und in Dr. Brandes, Pararaton (1896), S. 92 
erzählt wird. Ausserdem giebt es noch einen vulgär malayischen Text, der den hier 
beschriebenen und abgebildeten Wajangpuppen *) beigefügt ist , und welchen wir hier mit- 



») Diese Mittheilung wird durch eine andere von Hr. M. Bartels bestätigt (Verhandl. berl. anthr. Gesellsch. 
1893, S. 386): „Zu nennen sind ferner eine aus Blech geschnittene kleine Heldenfigur für ein Wayang- 
Spiel". Dr. Schmeltz weist darauf hin (Int. Arch. f. Ethn. VIII, S. 25) dass auch in der Sammlung des 
Erzherzogs Franz Ferdinand, aus Aaru, einige aus Blech geschnittene Wajangfiguren erwähnt werden, 
die aber von Lombok stammen dürften. Vgl. Int. Arch. f. Ethn. VII, S. 210 und Führer durch die Samm- 
lungen von der Weltreise seiner Kaiserlichen Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand, S. 38. 

') Dieselben werden vom Reichsverweser von Surakarta, Raden Adipati Sasra d[ ningrat, nach der 
Ausstellung Paris 1900 geschickt und wurden mir von HeiTn C. M. Pleyte, der sie zu diesem Zwecke 
aus Java mitgebracht, freundlichst zur Verfügung gestellt. 



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theilen, da nach Herrn Pleyte die Vf BÎB,ng-Këlitik- Aufführungen oft im Malayischen 
geschehen. Wir fügen diesem Text eine Uebersetzung hinzu für diejenigen, welche der 
malayischen Sprache nicht mächtig sind. 

I. 



Tjërita dari hal ihwalnja') Raden 

SlJUNG WaNÂRÂ. 

Raden Sijung Wanârâ itulah anak enda ^) 
Prabu GÂNDA Kusüma atau Pamékas di Pa- 
DJADJARAN, maka ija mënipu ajah enda*) di 
suruh masuk di gédong bési, lalu di tutup 
dan di buwang ka kali Krawang. 

Haria Tanduran sudaranja tuwa raden 
SiJüNG Wanârâ, srenta*) déngar kalu ajah 
enda di buwang di kali Krawang amatlah 
marahnja, ija sigra brangkat héndak melang- 
gar kapada raden Sijung Wanârâ, maka 
djadilah bërprang jang tërlalu bësar, akan 
tëtapi Hariâ Tanduran alahlah, dan raden 
SiJUNG Wanârâ lalu naek djadi radja di 
Padjadjaran. 

Hariâ Tanduran mélindungkén diri di 
romahnja djanda dukuh Kali Gunting, di 
situ maka ija muafakat déngan rajatnja 
djanda dukuh Kali Gunting, përgi minta 
tanjak *) kapada adjar jang bértapa di gunung 
Kombang, bërnama adjar Süwida, sadatengnja 
bërtëmu djuga dëngan adjar Suwidâ, dan 
Hariâ Tanduran di suroh përgi ka hutan 
Teri, di mana ada puhun mâdjâ jang pahit 
rasa buwahnja supaja lëkas raulai babad 



Erzählung von Raden Sijung 
W anârâ's ^) Schicksalen. 

„Raden Sijüng Wanârâ war der Sohn des 
Fürsten Gândâ Kusumâ odei* Pamëkas di 
Padjadjaran. Er betrog seinen Vater, indem 
er ihm befahl, in einen eisernen Käfig zu 
gehen, welchen er nachher verschloss und 
in den Fluss von Krawang warf. 

Als Hariâ Tanduran, der ältere Bruder 
von Raden Sijung Wanârâ, hörte, sein 
Vater sei in den Fluss von Krawang ge- 
worfen, war er heftig erzürnt. Er begab sich 
schnell auf den Weg um Raden Sijüng 
Wanârâ anzufallen und es entstand ein 
sehr grosser Krieg, aber Hariâ Tanduran 
ward besiegt, und Raden Sijung Wanârâ 
stieg zur königlichen Würde in Padjadjaran 
empor. 

Hariâ Tanduran versteckte sich im Hause 
einer Wittwe im Orte Kali Gunting. Da 
einigte er sich mit den Dienern der Wittwe 
im Orte Kali Gunting, um hinzugehen, und 
einen (heiligen) Lehi'er^), der auf dem Berge 
Kombang der Ascèse lebte und der Suwidâ 
hiess, zu befragen. Als er dort angekommen 
war, traf er den Lehrer Suwidâ auch wirk- 
lich, und Hariâ Tanduran ward befohlen, 
nach dem Walde Teri zu gehen, wo ein 



>) Das arabische Jî^i Jb^. ^ S. Tafel VII, Fig. 2. 

') Lies Anakanda oder anakda „fürstliches Kind" von ^1 mit dem Suffixe ^ {nda) oder O {da), 
altjav. f^ oder asn\ 

*) Die richtige Aussprache ist ajahanda. 

*) Bat.-Mal. = ^zuj^ im klassischen Malaiisch. 

•) Die richtige Schreibart ist tanja, 

') Beiläufig sei hier bemerkt, dass Herrn Grünwedel's Ableitung (Verh. berl. anthrop. Gesellsch. 1890, 
S. 268) von adjar aus dem Skr. äcdryya gänzlich falsch ist. Adjar ist ein echt mal. pol. Wort (Vgl. z. B. 
Bai. asar in aasarën). In der citirten Abhandlung finden sich überhaupt viele Fehler, z.B. wird Ardjuna 
König von Ngalengkâ genannt, Dâsâmukâ von Ngastinâj Kon-té-o (d.i. Kaunteya oder Kunti's Sohn) von 
Ihcârâwatij Somhâ wird Sohn des Königs von Ngaiéngkâ genannt, u. s. w. 



- 9 - 



hutan di situ, HabiI Tanduran mëngikut 
apa jang di prentahkên oleh adjar di gunung 
Kombang, tiba tiba söwaminja anak enda 
bëranak sa orang laki-laki, lalu di ambil 
anak tiri oleh adjar di gunung Kombang, 
dan di bri nama raden Hadan Ningeukg, 
maka Haria Tandüran dêngan rajatnja 
brangkat babad hutan Teri, lama kalamaan 
djadi nëgri bësar, törsöhur ') nama Mâdjâ 
Pahit, dan Hariâ Tanduran naek djadi 
radja di situ. 



Mâdjâ-baum war, dessen Früchte bitter 
schmeckten, damit er bald beginne, den 
dortigen Wald urbar zu machen. HariI 
Tanduran gehorchte in Allem den Befehlen 
des Lehrers auf dem Berge Kombang. Plötz- 
lich ward seine Gemahlin eines Sohnes ent- 
bunden , welcher vom Lehrer auf dem Berge 
Kombang an Kindes statt adoptirt und 
Raden Hadan Ningkung genannt wurde. 
Hariâ Tandüran und seine Diener setzten 
ihre Arbeit, den Wald Teri urbar zu machen 
fort. Allmählich wurde es eine grosse Stadt, 
deren Name als Mâdjâ Pahit berühmt wurde , 
und Hariâ Tanduran stieg zur königlichen 
Würde daselbst empor." 



Die Ursache, derenthalben Sijung Wanârâ seinen Vater im eisernen Käfig in den 
Fluss von Krawang warf, wird im obigen malayischen Texte nicht näher angegeben. Aus 
dem javanischen Babad und Ädji Saka kann zur Ergänzung das Folgende gesagt werden: 

MuNDiNG Wangi (Sundanesisch = wohlriechender BüflPel) heisst hier Sijung Wanârâ's 
und Baden Tanduran's Vater. Der Namen Ganda (Skr. Gandha=^ Geruch) Kusuma (Skr. Blume), 
den er hier trägt, ist mir noch nie vorgekommen. Er hatte ausser vier andern Kindern 
auch einen Sohn bei einem Kebsweibe; aber in Folge der Prophezeiung eines Büssers, 
der ungerechter Weise von Munding Wangi getödtet war, dass sein Tod gerächt werden 
würde, falls er je einen unehelichen Sohn bekäme, wollte er denselben in seiner Jugend 
tödten. Die Schönheit des Kindes verhinderte ihn jedoch dies selbst zu thun ; er schloss es 
in ein Kistchen und liess dasselbe von einem seiner Reichsbeamten in den Krawang-Fluss 
werfen. Das Kistchen, vom Strome flussabwärts geführt, wurde von einem Fischer*) auf- 
gefangen , welcher das Kind bis zu dessen zwölftem Jahre wie das seinige erzog , wo er es , 
weil es zu grossen Hofliiungen berechtigte, nach Padjajaran führte und es der Obhut seines 
Bruders, der ein tüchtiger Schmied war, anvertraute. Er gab ihm den Namen Banjak 
Wide. Der Jüngling ward bald eben so erfahren, als sein Oheim, und schmiedete nach 
der Ueberlieferung das glühende Eisen mit den Fingern. Er ward das Oberhaupt der 
Fände oder Schmiede und zum täglichen Umgang mit seinem Vater Munding Wangi 
zugelassen. Ein eisernes Zimmer oder Käfig, der des Königs Aufmerksamkeit in hohem 
Maasse auf sich lenkte, gab dem Banjak Wide Veranlassung, seinen Vater einzuladen, in 
demselben zu schlafen , worauf er ihn in den Krawang-Fluss {Bab, Tanah Djam S. 18) oder 
in das Meer {Adji Saka S. 277) warf. 

Baden Suung WanIrâ's älterer Bruder heisst in den zwei obgenannten javanischen 
Quellen Baden Susuruh; im Babad (S. 19) heissen die Söhne der Wittwe von Kali Gunting *), 



>) Von der letzten Silbe des arabischen mas(jhûr wird t^aëhur abgeleitet mittelst des malayischen 
Präfixes <9r. 

*) In Babad tanah Djawi, S. 14 heisst er Kyahi Bujut ikg Kabawanq. 
^ GuNTUNG bei Roorda van Eysinga, UI, A, S. 500 ist verkehrt. 

L A. f. E. XUI. 2 



- 10 - 

El WiBO, El NambiO and Ei Bavdab. Der Ascet auf dem Berge Eombang wird dort 
nicht SuwiDA, aber Adjâb Tjakaba Tuhqoal genannt 



Wenden wir uns jetzt dem Helden der Madjapahit-Periode zu, die sich nach Dr. Bbakdss' 
Untersuchungen von 1216 bis 1390 erstreckte. Dies ist Damab Wulan, dessen Geschichte 
im gleichnamigen javanischen Gedichte (Ed. van Dorf) und der WiNTEB'schen Prosa- 
bearbeitung mitgetheilt wird. In Roobda vam Etsinga's Land- en Volkenkunde, lU, A, 
S.Ô02 sq. und B— C, S. 30—31 findet sich eine ausführliche Inhaltsangabe. Höchst interes- 
sant ist Dr. Brandes: Het Damar-Wulan verhaal in lakon-vorm medegedeeld (Tijdschr. 
Bat Gen. XXXVm, S. 457-486). Vgl. auch Vbeedb, Cat. der Jav. en Mad. HSS. S. 174—183. 

Wir werden hier wieder zuerst den malayischen, den Wajangpuppen beigefügten 
Text geben: 

IL 



Tjérita dari hal ihwalnja raden 

Damar Wulan. 



Erzählung von Raden Damar 
Wülan's Schicksalen. 



Raden Damar Wulan itulah anak endah 
Hario HudarI jang dulu patih di Mädjä 
Pahit, brénti djadi patih lalu pêrgi bértapa, 
dan raden Damar Wulan tinggal di Paluh 
Hämbä. 

Apabila raden Damar Wulan télah dewasa, 
përgilah ija ka Mädjä Pahit héndak méngham- 
bakén dirinja, mènudju di romahnja patih 
Logênder, sébab tahu kalu ü^ misih suda- 
ranja muda döngan ajah enda. 

Adapon patih Logènder trima djuga dari 
përmiûtaanja raden Damar Wulan, akan 
tëtapi ijalah pikiran tjémburuwan, kérana 
raden Damar Wulan elok parasnja dan 
gilang gumilang tjuwatjanja, sa-handenja ija 
djadi hulubalangnja radja istri di Mâdjâ Pahit, 
nistjaja anaknja sêndiri raden Lajang SbtI 
dan Lajang Eumitir sia-sialah, makanja ija 
lalu di suroh djaga kuda naekan, dan satiap 
hari pôrgi potong rumput buwat makannja 
kuda duwa bôlas ekor. 



Raden Damar Wulan war der Sohn von 
H A RIA HuDÂRÂ, der früher Reichsverweser 
von Mâdjâ Pahit gewesen, aber jetzt aufgehört 
hatte Reichsverweser zu sein. Nachher weihte 
er sich der Âscese, und Raden Damar Wulan 
blieb in Paluh Hâmbâ. 

Als Raden Damar Wulan erwachsen ge- 
worden war, ging er nach Mâdjâ Pahit, 
um dort seine Dienste anzubieten. Er begab 
sich nach dem Hause des Reichsverwesers 
LoGËNDER ^), weil er wusste, dass dieser noch 
ein jüngerer Bruder seines Vaters war. 

Patih LoGËNDER bewilligte zwar Raden 
Damar Wülan's Bitte, aber innerlich war 
er eifersüchtig, weil Raden Damar Wulan's 
Antlitz schön und sein Glanz strahlend war. 
Falls jener General der Fürstin von Mâdjâ Pahit 
würde, würden sicherlich seine eigenen Kinder, 
Raden Lajang SetI^) und Lajang Kumitir 
bedeutungslos werden. Daher befahl er ihm, 
Sorge für seine Reitpferde zu tragen, und 
täglich hinzugehen, und Gras als Futter für 
zwölf Pferde zu schneiden *). 



«) Adji Saka S. 283: Ki PALra. *) S. Tafel X, Fig. 1. ») S. Tafel X, Fig, 2. 

*) S. Tafel Y, Fig. 1. Raden Damab Wulan po^^ rumput, d.i. als Grasschneider. 



- 11 - 



Alkesah dewi Handjas MârI >) anak 
enda patih Logëndëb, döngarlab ija kalu 
raden Damab Wulan bökördja jang amat 
sangsara, sigra meDdatöngi dan bawa raden 
Damab Wulan ka romahnja, lalu börgön- 
dakan, maka raden Lajang Seta dan raden 
Lajang Kühitib tau tingkah djalannja dewi 
Handjas MâbI, djadi bërgëndak dëngan 
raden Damab Wulan amatlah marika itu 
marahnja, lalu brangkat prang dëngan raden 
Damab Wulan, akan tëtapi alahlah raden 
Lajang Seta dan raden Lajang Kumitib, 
maka ija minta bantu kapada ajah enda patih 
LoGËNDEE, raden Damab Wulan dan dewi 
Handjas MâbA di tangkëp dan di masukën 
pëndjara bërsama-sama. 



Dewi Handjasmâbâ'), die Tochter des Reichs- 
verwesers LoGËNDEB, hörte dass Baden Damab 
Wulan eine sehr schwere Arbeit zu ver- 
richten hatte. Schnell begab sie sich zu Raden 
Damab |Wulan und führte ihn nach ihrem 
Hause, worauf sie der Minne pflegten. Als 
Raden Lajang Setâ und Raden Lajang 
Kumitib das Betragen Dewi HandjasmAbI's 
vernahmen, wie sie eine Liebschaft mit 
Raden Damab Wulan begann, waren sie 
heftig erzürnt. Nachher fingen sie an mit 
Raden Damab Wulan zu streiten, aber Raden 
Lajang SetI und Raden Lajang Kumitib 
wurden besiegt, worauf sie die Hülfe ihres 
Vaters, des Reichsverwesers Logëndeb, er- 
flehten. Raden Damab Wulan und Dewi 
Handjasmâbâ wurden erhascht und zusam- 
men in den Kerker geschlossen. 



Im Javanischen Serai Kanda ist Logendbb nicht der Bruder Udaba's, aber der Sohn 
eines andern früheren Patih. Er hat nur einen Sohn, Lajang Setba Kumitib genannt. 
(Bbandes, Pararaton, S. 186, N. 2). 

Damab Wulan's Vater heisst in der metrischen Damar-Wulan-Edition (van Dobp) 
Mahudaba (z.B. S. 13) oder Mahundaba (z.B. S. 116), in der prosaischen Edition (Winteb) 
aber, wie hier, Udaba*). Als Ascet verwechselt er seinen Namen in Tunggul Manik 

(Van JL/OBP, D. \ô\ imaojditEA ^9n.jn9jianji^»ni£a\ im^na<n»ji^tmß^(rniJti^<rnMM9rna UUd OOd» 2152 
Warner ) [irOSaj, ö. Ol (u^'rtti»ntjn»M(un»m*mMjnnr}M9mmrit%iip2»c^ 

Nachdem Udaba fortgegangen ist, verliebt sich sein jüngerer Bruder Djëdjêtan, der 
spätere Patih Logëndeb, in Udaba's Weib, die Njahi Patih, welche aus Furcht vor 
Djëdjêtan (Logëndeb) mit ihren beiden Dienern, Sabda Palon und Naja Genggong, zu 
ihrem Vater in Paluhamba sich flüchtet. In dem von Dr. Bbandes (T. B. G. XXXVIII) 
herausgegebenen Lakon heisst Damab Wulan's Grossvater irrig Adjab Pamënggëb (S. 459 
und 467). In diesem Lakon besteht Damab Wulan auf seinem Wege nach Mâdjâ Pahit noch 
viele Abenteuer. Er wird von drei Dënawa's angefallen, die er besiegt mittelst zweier 
Affen (Djanur renda und Topeng Reges). So bald Damab Wulan nach Mâdjâ Pahit kommt 
hat er Lajang Seta und Lajang Kumitib zu bestreiten. Es dauert sehr lange, ehe Damab 
Wulan sich entschliesst , Dewi AndjasmAbI in ihr Haus zu folgen. In der poetischen 
Edition fängt Damab Wulan's Geschichte eigentlich erst auf S. 116 an. Die Einschliessung 
des Liebespaares in den Kerker wird erst auf S. 241 daselbst erzahlt, in Cod. 2152 Warner 



Das arabische SUofiJl. 

') Andjcismàrà, Javanisch äMtan^Tts 

») S. Tafel V, Fig. 2. *^ 

*) Bei Ssbrurijsr: De Wsgang Poerwä, S. 144 (8^. Edition) heisst er irrig Hoedàtoà, 

») Vreedb: Catalogus der Jav. en Mad. HSS. S. 176, CXV. 



- 12 - 

(Prosa) aber schon auf S. 37 und auch im Lakon schon bald (Uebersetzung S. 460, Text 
S. 470, T. B. G. XXXVIII). In Roobda van Eysinqa's Land- en Volkenkunde findet sich 
diese Geschichte in Band III, A, S. 506—613, nach einer andern Redaction als der Edition 
VAN DoRP, sehr weitschweifig beschrieben. 

III. 



Tjërita dari hal ihwalnja 
RÂNQGÂ Lawe Tuban. 

RÂNGGÂ Lawe itulah Hadipati Tuban, 
sudaranja muda dêngan ibu enda^) Ratu 
Këntjâna Wungü radja di Mâdjâ Pahit, 
maka Ratu Këntjâna Wungü amatlah ma- 
rahnja, kërana di pinta oleh Prabu Hürü 
BiSMA*) Radja di Balambangan supaja djadi 
suwaminja, lalu |ja möndjatuhken prentah 
kapada Rânggâ Lawe Tuban, dan Haria 
Sureng Rana Hadipati Dâhâ, mëlanggar 
Prabu HuRü Bisma ka Balambangan, tiada 
antara lama brangkatlah bala tëntra Mädjä 
Pahit, Tuban dan Dâhâ, këpalanja prang 
RÂNGGÂ Lawe dan Hariâ Sureng Rânâ. 
Adapon hulubalang Balambangan tëlah sëdia 
buwat mëngalokën bala tëntra Mâdjâ Pahit 
dan lain-Iainnja , di këpalai oleh patih Hang- 
KAT BuTÂ dan Hongkot Buta, tëlah Jbërtën- 
tanganlah duwa pihak barissan itu lalu 
mulai bërprang, jang tërlalu amat bësar, 
dan Hariâ Sureng Rânâ Hadipati Dâhâ 
dëngan rajatnja abislah padëm di tëngah 
medan. 

Maka Rânggâ Lawe Tuban marah lalu 
brangkat bantu prang dëngan amat gagah 
braninja, hulubalang Balambangan tiada ada 
jang kuwat mëlawan, pëtjahlah bala tëntra 
Balambangan di sërang oleh Rânggâ Lawe 
Tuban, Patih Hangkat Buta dan patih 
Hongkot Buta undur mëngaduh kapada Prabu 

HURU BiSMÂ. 



Geschichte von RâNGoâ Lawe 
von Tuban«). 

RâNGoâ Lawe war der Adipati von Tuban, 
der jüngere Brader der Mutter von Ratu 
KËNTjâNâ WuNGU, der Fürstin von Mâdjâ 
Pahit«). Ratu KËNTjâNâ Wungu war heftig 
erzürnt, weil Prabu Huru BËsnâ, der Fürst 
von Balambangan, ihr einen Heirathsantrag 
gemacht hatte. Darauf ertheilte sie dem 
RâNGGA Lawe von Tuban, und dem ARiâ 
Sureng RâNâ, dem Adipati von Dâhâ, den 
Befehl, Prabu Huru Bésma in Balambangan 
anzugreifen. Nicht lange nachher brachen 
die Heerscharen von Mâdjâ Pahit, Tuban 
und Dâhâ auf, unter Anführung von RâNGoâ 
Lawe und Aria Sureng RâNâ. Die Feld- 
herren von Balambangan aber hatten sich 
schon gerüstet, die Heerscharen von Mâdjâ 
Pahit u. s. w. fort zu jagen , angeführt von 
Patih Angkat BuTâ und Ongkot BuTâ. Die 
beiden Heere befanden sich schon einander 
gegenüber. Darauf fing eine sehr grosse 
Schlacht an, und ARiâ Sureng RâNâ, der 
Adipati von Dâhâ wurde mit seinen Unter- 
thanen auf dem Schlachtfelde getödtet. 

RâNGGâ Lawe von Tuban war zornent- 
bmnnt. Darauf brach er zur Hülfe im Streite 
auf, mit sehr grosser Tapferkeit und Muth. 
Unter den Feldherren von Balambangan war 
keiner ihm gewachsen und die Heerscharen 
von Balambangan wurden zerstreut, ange- 
griffen von RâNGGâ Lawe von Tuban. Der 
Patih Angkat BuTâ und Patih Ongkot BuTâ 



>) Lies bunda. «) S, Tafel VIII , Fig. 1. 

^} L. Huru Bésma (Jav. Mm-nß^), 



«) S. Tafel VI, Fig. 1. 



18 - 



Apabila Prabu Huru Bismâ dëngar kalu 
bala tôntranja petjah lari kasana sini amat 
marahnja, maka ija brangkat mënghalo 
RÂNGGÂ La WE Tuban, döngan di iringkën 
hulubalangnja jang bëlom pérgi prang, maka 
bërprang lagi lëbih bësar dari pada jang 
sudah, lama lama Rânoqâ Lawe dëngan 
rajatnja djuga abis padëm di tëngah medan. 



zogen sich zurück, um sich beim Fürsten 
Huru BËsnâ zu beklagen. 

Als der Fürst Huru BËSMâ hörte, dass 
seine Heerscharen zerstreut und nach allen 
Seiten geflüchtet waren, war er heftig erzürnt. 
Er brach auf, um RâNGGâ Lawe von Tuban 
fort zu jagen , begleitet von seinen Feldherrn , 
die noch nicht gestritten hatten. Es entstand 
eine Schlacht, die noch heftiger war als die 
vorige. Schliesslich ward auch RâNGoâ Lawb 
mit seinen Kriegern auf dem Schlachtfelde 
getödtet. 



Der Fürst von Balambangan heisst gewöhnlich, und in Winter's Prosa- Ausgabe immer, 
Menak Djingga. In der metrischen Edition (van Dorf) wird er abwechselnd auch oft 
Huru BËSMâ genannt., in der Prosaedition (Winter) aber nicht. Als Menak Djingga der 
Fürstin von Madjapahit einen Heirathsantrag machen will, versucht der Ädjar (Lehrer) 
Pamënggër ihn davon zurückzuhalten, aber Menak Djingga verharrt bei seinem Vorhaben 
und schickt Kotbuta (nicht Hongkotbuta, wie er hier genannt wird) und Angkatbuta 
als Gesandte nach Madjapahit. Die Namen beider Gesandten sind corrumpirt aus dem alt- 
javanischen Worte Kadbhuta , d. i. Präfix ka und Skr. adbhuta ^) (wunderbar) ; wie schon 
von Dr. Brandes, Pararaton, S. 188, n. 1 bemerkt is. Erst als sein Heirathsantrag abge- 
lehnt ist, schickt Menak Djingga ein Heer nach Madjapahit. Nachher werden Aria Sureng 
Rana , der Adipati von Daha und EÄNGoa Lawe von Tuban besiegt und getödtet. Letzteres 
wird in der metrischen Bearbeitung (van Dorf) auf S. 110 beschrieben, also früher als die 
Geschichte von Damar Wulan's Ankunft in Madjapahit. Roorda van Eysinga erzählt 
obige Geschichte von EâNGoâ Lawe's Tod im 17en Kapitel (S. 514—528). In dem von 
Dr. Brandes herausgegebenen Lakon findet sie sich S. 460 — 462 (Uebersetzung) und S. 471 — 
475 (Text). Der Adipati von Daha wird wie der von Tuban getödtet vom Dipati von 
Tjantjangan. Nach RâNGGâ Lâwe's Tode versuchen seine beiden Söhne ihn zu rächen. 
Dieselben heissen Raden Buntaran*) und Raden Watangan; im Sërat Kanda aber hat 
RâNGoâ Lawe nur einen Sohn, Raden Buntaran Watangan genannt (Brandes, Pararaton, 
S. 186, N. 2). Sie werden von Menak Djingga 's Truppen gefangen genommen, aber später 
wieder von Menak Kontjar^) von Lümadjang befreit, der von Dëmang Gatul gehört 
hatte , dass dessen Herren besiegt und gefangen genommen waren. Menak Kontjar heirathet 
nachher RâNGoâ Lawe's Tochter, Dewi Sékati (van Dorf, S. 143 — 181, Roorda van 
Eysinga, S. 530—541, Brandes, 1. c. S. 462—468, Uebersetzung, S. 475-476, Text). 



>) Kadbhuta findet sich z. B. häufig in dem Rawi-Râmâjana : III, 39 (Balinesische interlineare Ueber- 
setzung kàbinawa)^ Y , 51 (Bal. kagagatook)^ VI, 100, 158; VlII, 78 (B. kagawokan: erstaunt), XU, 89, 
XXI, 153 (B. gatook)j XXIV, 3 (B. krüra: staunenswerth) u. 8.w, 

*) S. Tafel Vm, Fig. 2. ») S. Tafel VH, Fig. 1. 



- 14 - 



IV. 



Tjërita dari hal ihwalnja Prabu 

HuRU BiSMâ. 



Erzählung der Schicksale des 
Fürsten Hürü BËsnâ '). 



Prabu HuRU Bisnâ itulah anak tirinja 
adjar Pamënggër, tötkala Prabu BRâ WiDjâjâ 
jang përtama misih idup, Prabu Hürü BisMâ 
hanjalah djadi Hadipati, dan mënaung di 
bawah pventahnja karadjaan Mâdjâ Pahit, 
sölamanja Ratu KËNTjâNâ Wungü möngganti 
ajah enda, Prabu Hurü BisMâ bërasa kuwat 
dan naek djadi radja, lagi tiada mau di 
bawahkën oleh radja istri. 



Adapon Ratu KËNTjâNâ Wunqu amatlah 
duka tjitanja, kërana RâNOGâ La we Tuban 
dan Hariâ Sureng RâNâ Hadipati Dâhâ dan 
rajatnja abis padëm di tëngah medan, bër- 
pikir tiada ada jang sampe kuwat punggawa 
punggawa di Mâdjâ Pahit, di bantukën prang 
mëlanggar Prabu Hurü BiSMâ, tiba-tiba pada 
suwatu malëm Ratu KciNTjâNâ Wungu kéda- 
tëngan dewa nama Batara NARâDâ, ijalah 
mëmbri tau kalu jang boleh mëmbinasakën 
Prabu HuRU BisMâ sa orang laki-laki raden 
Damar Wulan namanja, jang di masuken 
pëndjara olih Patih Lügender. 



Apabila Ratu KËNTjâNâ Wungu dapët tjë- 
rita bagitu amatlah girang atinja, dan lalu 
prentah panggil raden Damar Wulan dari 
pëndjara, maka dëngan sigra ija mëngadap 
di hadepannja radja istri. 

Ratu KËNTjâNâ Wungu bërsabda kapada 
raden Damar Wulan, kalu brani prang dan 
bolih panggal lehernja Prabu Huru BiSMâ 
bësarlah «a dapët kurnia*). 

Raden Damar Wulan trima apa jang di 



Der Fürst Huru BËSMâ war der Stiefsohn 
des Lehrers Pamënggër. Als der erste Fürst 
BRâ WiDjâiâ noch lebte, war Fürst Huru 
BËSMâ nur Adipati (Regent), und stand er 
unter dem Schutze des Reichs von Mâdjâ 
Pahit. So lange als die Königin KËNTjâNâ 
Wungu ihrem Vater in der Regierung gefolgt 
war, fühlte Fürst Huru BËSMâ sich stark 
und erhob er sich zur königlichen Würde, 
und wollte nicht länger ein Vasall der Königin 
sein. 

Die Fürstin KËNTjâNâ Wungu aber war 
sehr betrübt; weil ElâNGGâ La we von Tuban 
und Ariâ Sureng RâNâ, der Adipati von 
Dâhâ mit ihren ünterthanen auf dem Schlacht- 
felde erschlagen waren , bedachte sie , dass es 
keinen Feldherm in Mâdjâ Pahit mehr gab, 
dessen Kräfte der Aufgabe, um ihr im Streite 
gegen den Fürsten Huru BËSMâ Hülfe zu 
leisten, gewachsen waren. Da erschien in 
einer Nacht plötzlich der Fürstin KËNTjâNâ 
Wungu ein Gott, Batara NARâuâ genannt. 
Dieser berichtete , dass dor Fürst Huru BËSMâ 
getödtet werden konnte von einem Manne, 
Raden Damar Wulan genannt, der vom 
Patih Logënder ins Gefängniss geworfen war. 

Als die Fürstin KËNTjâNâ Wungu diesen 
Bericht vernahm, war sie sehr erfreut, und 
nachher befahl sie , den Raden Damar Wulan 
aus dem Gefängnisse heraus zu holen, und 
bald erschien er in Gegenwart der Fürstin. 

Die Fürstin KËNTjâNâ Wungu sagte zum 
Raden Damar Wulan, wenn er den Muth 
hätte, gegen den Fürsten Huru Bësma zu 
streiten und dessen Hals abzuschneiden, 
so würde er eine grosse Belohnung erhalten. 

Raden Damar Wulan versprach alles was 



I) S. Tafel IX , Flg. 1. 



*) Kumia ist corrumpirt aus ^^1-^, das Skr. kdrunya. 



sabdakën radja istri, dan lalu milita idin 
brangkat ka Balambangan , hanjalah duwa 
orang pudaknja jang turut, akan tétapi \ja 
mëndjalankën akal budinja mënudju di ro- 
mahnja dewi WxHiTâ dan dewi Pujéngan, 
maka marika itu suwaminja Prabu Huru 
BiSMâ, amatlah bimbang liât rupa dan tju- 
watjanja Raden Damar Wulan, lalu djadi 
bërgëndakan, dan muafakat hëndak padëm 
Prabu HüRü BisMâ, apa rasianja jang mën- 
djadi kuwat prang di buka kapada raden 
Damar Wulan. 



Maka raden Damar Wulan lëkas brangkat 
prang dëngan Prabu Huru Bisnâ, dan bala 
tentranja sa-orangpon tiada jang taoe, bër- 
prang sëndirian di dalëm kébon, Prabu 
Huru Bisiiâ alahlah dan di panggal lehernja, 
lalu di bawa ka Mâdjâ Pahit, dëngan di 
antërkën oleh bala téntra Balambangan tëi- 
sambah Ratu KÊNTjâNâ Wungu. 



Adapon Ratu KËNTjâNâ Wungu amat suka 
tjita liât këpalanja Prabu Huru BÉsnâ, raden 
Damar Wulan di kuiniai pangkat bésar dan 
di ambil suwami oleh Ratu KÊNTjâNâ Wungu. 



15 - 

die Fürstin verlangte zu thun, und darauf 
ersuchte er um Urlaub, um nach Balam- 
bangan zu gehen. Nur seine zwei Diener 
folgten ihm, aber er ersann eine List, um 
in das Haus von Dewi Wahita *) und Dewi 
Pujéngan hinein zu kommen. Dieselben waren 
Gemahlinnen des Fürsten Huru BËSMâ. Sie 
waren sehr verliebt, als sie Raden Damab 
Wulan's Gestalt und Glanz sahen. Darauf 
knüpften sie eine Liebschaft mit ihm an, 
und sie beschlossen , den Fürsten Huru BËSMà 
zu tödten. Alle Geheimnisse, mittelst welcher 
er im Kriege stark war, wurden von ihnen 
dem Raden Damab Wulan geoflfenbart 

Raden Damab Wulan zog schnell zum 
Streite mit dem Fürsten Huru BÉSMâ aus^ 
und ohne dass einer seiner Krieger es wusste, 
lieferten sie einen Zweikampf im Garten. 
Der Fürst Huru BËSMâ ward besiegt und 
sein Hals wurde abgeschnitten und sein 
Haupt wurde" nachher nach Madja Pahit ge- 
bracht, begleitet von den Heerscharen Balam- 
bangan's, welche sich der Fürstin KËNTjâNâ 
Wungu unterwarfen. 

Die] Fürstin KËNTjâNâ Wungu aber war 
sehr erfreut, als sie das Haupt des Fürsten 
Huru BÉsMâ erblickte. Raden Damar Wulan 
wurde zu einer höheren Würde erhoben und 
von der Fürstin KËNTjâNâ Wungu zum 
Gemahl [erkoren *). 



Im vorhergehenden Text wird also BRâwiDjâyâ I der Vater der Prabu KËNYâ (jung- 
frauliche Fürstin) genannt, nicht aber im javanischen Gedichte „Damar W%dan'\ wo er 
der dritte, oder im y^Sérai Kanda'\ wo er der vierte Fürst dieses Namens ist. Im Damar 
Wulan wird der Held erst von Menak DjiNGoâ getödtet und erst später auf Fürbitte der 
beiden Gemahlinnen Menak DjiNGGâ's (Dewi WAHiTâ von Djapan und Dewi Pujéngan von 
Waleri) wieder zum Leben erweckt, worauf er den Menak DjiNGGâ besiegt und tödtet (van 
Dorf, S. 360 — 376, Roorda van Eysinga: Land- en Volkenkunde, S. 548—651, Brandes 
I.e. S. 464 (Uebersetzung) und S. 479— 480 (Text). Menak DjiNGGâ kann nur mittelst gelben 
Eisens (Jav. wéai kuning) oder Kupfers getödtet werden. (Roorda van Eysinga, S. 560). 
Dies ist also das Bahasia (Geheimniss) , dessen der malayische Text erwähnt. Als Damar 
WüLAN mit Menak DjiNGoâ's Haupte nach Mâdjâ Pahit zieht, wird er unterwegs heim- 
tückisch von seinen beiden NeflPen, Lajang SETâ und Lajang Kumitir, überfallen und 



>) S. Tafel IX, Fig. 2. «) S. Prabu Damar Wulan oder Damab Wülan als Fürat, Tafel VI. Fig. 2. 



- 16 - 

getödtet (VAN Dorp , S. 388). Er wird aber von seinem Vater, dem Adjar Tünggül Makik , 
wieder zum Leben erweckt (Ibid. S. 408, Roorda van Eysinga, S. 684). Er geht wieder nach 
Men AK DjiNGoâ's Weibern zurück und tödtet dessen Feldherren KoTBUTâ und Angkat BuTâ. 
Nachher erscheint er mit allen diesen fürstlichen Gemahlinnen vor der Königin von M&djâ 
Pahit, der die beiden Raden's (Lajang SETâ und Kumitir) fälschlich mitgetheilt hatten, 
dass sie es waren, welche den Menak DjiNGoâ getödtet. Es entsteht jetzt ein Zweikampf 
zwischen Damab Wülan und seinen Neffen, die besiegt aber von ihm begnadigt werden. 
In dem von Dr. Brandes herausgegebenen Lakon geschieht der Kampf gegen Lajang SETâ und 
KüMiTiR früher als der gegen Kotbut& und Angkat BuTâ (S. 465 Uebersetzung, S. 485 Text). 
Aus Obigem geht hervor, dass der malayische Text aus den javanischen Bearbeitungen 
des Damar-Wulan-Romans berichtigt und ergänzt werden kann. 



Ausser dem malayischen Text, den verschiedenen Damar-Wulan-Romanen (Siehe 
Dr. Brandes, Pararaton, S. 156 N. und Prof. Vreede's Catal. der Jav. en Mad. HSS. cod. 
CXIV, CXV, CXVI, CXVII, CXVIII, CXIX und CXX) und dem von Dr. Brandes heraus- 
gegebenen Lakon giebt es noch ein WajangBeber^ eine Vorstellung auf Papier, die abgerollt 
wird. Das Reichs Museum für Völkerkunde zu Leiden besitzt deren eines, wie schon vom 
erwähnt, mit javanischen Beischriften bei den Vorstellungen, die aber nicht die richtige 
Reihenfolge haben. Es sind u. a. folgende : 



JUL. (unten)! ^miutasn^fqnMîinntpnjtcrn^jnojttoê (^ 
C| 4N» «m «^ ni <n «o It» «Ji «>» «sn «J| ui «ci »n^ \ 

111. (oben) \ «yna^ajVT) i) itinsnoJtMitrvuCjtKnnêmnMà 
tjnjÊ n im iTi Jfn arm *) Ki(kM iL»iLmnji^»aiiutru9JtMitn9n^ajf 



^n^(undi*A»êrn''nê47»'nnta 



«^ ni t en oj» iCi c« «Ol .^ <n t>n 



tTiMên^vus 



ö 



lV.(Unten)l 'ri«sn£>ta^(Ltt>n«Biarn«nn«oii«n4E«'nc| 

(ftx «>» «sn 4^ «o «A ) c| Mi I 



O Q Q Q t O- O 



-fvS«*? 



'd0oj> 



VI. (unten) I Ajnic|<«»n«/nncnit^«Àitcn0O.^*rriic>)ai« 



^nÊOÊtjnjtiSt 



«î. 



*;x 



VU. (oben)! 9<n»JKti^»m»tnimasneainßtrnni(rn%m *) 



Q 

:eii«sn\ 



Der Patih Logênder beschämt beim Hören 
der Worte Dewi WAHiTâ's und Dewi Pu- 
jèngan's. 

ANDJASMâRâ geht aus der Thûre heraus, 
um Raden Damar Wülan zu folgen. Sie 
weint den ganzen Weg entlang. Unaufhörlich 
wischt sie ihre Thränen ab, rechts und links. 
Sie ruft nur um ihren altern Bruder (Gemahl) 
Raden Damar Wülan. Ihre zwei Wärterinnen 
versuchen sie zurück zu halten, aber sie 
können nicht und kehren zurück. 

Die Fürstin von Mâdjâpahit befragt die 
Prinzessinnen von Djapan und Walen, Dewi 
(WAHiTâ und Dewi) Püjenoan. 

Die gefangenen Prinzessinnen von Bëlam- 
bangan im Begriff nach Mädjäpahit zu gehen, 
begleitet von Raden Damar Wülan und 
seinen Kriegern. 

Der Patih Angkat BüTa sitzt im Palaste, noch 
nicht wissend, dass sein Herr gestorben ist. 



*) L. àMtanfjÊ'Yi\ [Andjasmàrà). >) L. ffn«^«ij|> {nusuT). ') L. Jfi(nnêmji\ (këndat), 
4) L. ßorntax (nglênggahi). •) L. uiii {durung). 



i 



- 17 - 



VJLLi. (UDt6n) ! aJiTi tA^Kn(»a»^nKm9najuiKiên.£*§in 

«ft>n « 0ot tiOQ n ni c| i«n fài «n« 07 «3l «Ol 4JI «^ «n t U rù «^ 

JL. (UIlt6n) ! lùn ên/t Kn »sn njitui ^o<A'r}rf(sarffrrit'qp2{i^ 
t?» «ij cm 41 «m f 4sn c/i «Ol £i AÀ «n t>n 1 01 «o «n «Ol fo oj» 0^ > 

JLI. (0u6D) ! »nfi»ji asn^n9<n9Kniisnna(m$K<mt/n^])9>M 



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JLy 111» tAiâsnfrn 



nrt9n^9ma/nMêœiEAin»mpi<Ea'rtvf(Bap2»*ri^ ô' 



nênunntcntti 



a 






o 



Die gefangenen Prinzessinnen aus Bëlam- 
bangan , im Begriff nach Mädjäpahit zu geben, 
sind im Wagen. 

Die Prinzessinnen, welche sich bereit halten, 
um nach Mädjäpahit zu gehen, gefangen ge- 
nommen vom Raden Damab Wülau. Alle 
Prinzessinnen, welche im Palaste von Bëlam- 
bangan zurückbleiben, sind dankbar. 

Angkat BuTä kämpft sehr heftig. Viele 
seiner Krieger sind bewaffnet mit Lanzen 
und Schwertern, aber keines zeigt eine 
Wirkung. 

Der Patih KoTBUTä hält gerade die Wache 
im Palaste, umgeben von allen Dipati und 
Tumenggung , Man tri , Punggäwä und Satrijä. 
Dewji WAHiTä und Dewi Pujêngan sprechen 
gerade über die Fürstin von Mädjäpahit. 

Dies ist in Menak DjiNOoä's Palaste, die 
fürstlichen Tänzerinnen und Sängerinnen, 
Trommeln, Gong, Geige, Kenong (topfartiges 
Musikinstrument). 

Die sechs Prinzessinnen im Palaste denken 
gerade, dass sie dankbar sind, es habe jemand 
gegeben, der Menak DjiNGoä getödtet hat, 
und dass sie glücklich sind , weil sie gefangen 
fortgeführt sind. 



Aus dem Obigen ist ersichtlich, dass in diesem Wajang Beber hauptsächlich nur die 
Geschichte von Damar Wülan's Sieg über Menak Djingga und die Entführung der 
Prinzessinnen Balambangan's vorgestellt sind. Die Reihenfolge ist aber, wie oben schon 
bemerkt verkehrt. So sieht man z. B. in Fig. XIII Menak Djingga und Damar Wulan im 
Zweikampf, und schon in Fig. X, wie Damar Wülan Menak Djingga's Hals abschneidet. 

In einem folgenden Kapitel werden wir das Theater und die einzelnen Puppen besprechen. 

Schhéss folgt, 

*) L. amtjpiy {atieng), ^ L. êairftsntrfÊÂAixn»nif\ {kabofofigan). 

') L. '7<u)^ (dening). *) L. ^tj»vfasn9oojf\ (këdatan), •) L. tjntfp2\ (aneng). 



L A. f. E. XIII. 



DIE BERLINHAFEN-SEOTION. 

EIN BEITRAG ZUR ETHNOGRAPHIE DER NEUGUINEA-KÜSTE 

VON 

R. PARKINSON, Ralum, Bismarck- archipel. 

(Mit Tafel XV -XXII). 



I. ALLGEMEINES. 

Seitdem Dr. Finsoh die Küste von Kaiser- Wilhelms-Land bereiste , haben wir aus jener 
Gegend nicht viel Ausführlicheres und Neues über die dortigen ethnographischen Verhält- 
nisse erfahren. 

Auch die Sammlungen, die Dr. Finsch aus diesen Gegenden nach Deutschland brachte 
blieben bis heute die vollständigsten die Deutschland bisher besitzt. Beamte der Neu-Guinea- 
Kompagnie, sowie verschiedene Sammler, haben seit jener Zeit vielfach Gelegenheit gehabt 
neue und theilweise vollständigere Sammlungen anzulegen, doch die meisten derselben sind 
in ausserdeutsche Museen oder in Privatbesitz gewandert. Die werthvollen Beobachtungen 
Dr. Finsch's, welche ihrer Natur nach nicht Alles umschliessen konnten und manche Lücken 
aufweisen, keimten bisher nicht vervollständigt werden. 

Solche Vervollständigungen dürfen jedoch nicht aufgeschoben werden, denn auch in 
Kaiser- Wilhelms-Land verschwindet das ethnographische Material auffallend schnell. Seit 
dem Jahre 1887 habe ich diese Gegend verschiedentlich besucht und kann heute bestätigen, 
dass in den seitdem verflossenen Jahren die ethnographische Eigenthün^lichkeit der Volks- 
stämme auch dort stellenweise stark in Abnahme begriffen ist. 

Im Jahre 1893 lernte ich die Küste von Dalimannhafen bis Berlinhafen näher kennen. 
Zu jener Zeit war es eine Kleinigkeit dort Gegenstände einzutauschen. Auf Reisen in 
derselben Gegend, Ende des Jahres 1898 und Mitte 1899, fand ich zu meinem Erstaunen, 
dass manche Sachen, die vor fünf Jahren häufig vorhanden waren, kaum mehr zu erlangen 
und andere bereits in Nachahmungen, welche in der Ausführung nicht im Entferntesten 
an die alten Sachen heranreichten, vorhanden waren. 

Ein Vortheil ist uns allerdings seit jener Zeit darin entstanden, dass es jetzt möglich 
ist sich mit den Eingebornen einiger massen zu veiständigen. Hie und da sind Anfänge von 
Handelsstationen gegründet worden ; ferner hat sich seit drei Jahren eine katholische Mission 
auf der Insel Tamara, unweit Berlinhafen, angesiedelt und besitzt seit etwa einem Jahr eine 
Zweigniederlassung auf der Küste des gegenüberliegenden Festlandes. Einzelne Eingeborne, 
welche im Dienst der Weissen waren, sind im Stande als Dolmetscher aufzutreten, so dass 
man heute weit genauere Auskunft erlangen kann als dies im Jahre 1895 , und vor dieser 
Zeit, durch Hülfe der allein gangbaren Zeichensprache möglich war. 

Wenn ich im Nachstehenden versuche die Gegend im Osten und Westen von Berlin- 



- 19 - 

Hafen ethnographisch zu schildern , so hoflFe ich , dass meine Beiträge zur Kenntnis jener 
Küste um so willkommener sein werden, als auch Dr. Finsch diese Küste nur flüchtig 
berührte und , soweit mir bekannt , nirgends landete. Dank der liebenswürdigen Einladungen 
der Kommandanten S. M. S. „Möwe", der Herren Korvetten-Kapitäne Herten und Dumbab, 
hatte ich 1898 und 1899 Gelegenheit die Küste westlich von Berlinhafen bis zur 
Humboldt-Bucht während eines längeren Aufenthalts eingehend kennen zu lernen und 
dadurch meine Beobachtungen aus dem Jahre 1895, welche sich von Dallmannhafen bis, 
Berlinhafen erstreckten, zu ergänzen. Zum grössten Dank bin ich ferner den Herren 
Missionären in Tamara verpflichtet, welche ihre reichen Erfahrungen und Beobachtungen 
mit Bereitwilligkeit zu meiner Verfügung stellten. 

Dr. FiNSCH hat auf Seite 179 seiner „Erfahrungen" die Küste von Kaiser- Wilhelms- 
Land in drei ethnologische Sectionen getheilt. Unter Section 3 begreift er die Küste von 
Dallmannhafen bis zur Humboldt-Bucht. Als charakteristische Unterschiede dieser Section 
giebt er an: 

„Haarkörbe und Brustschmuck selten; Verwendung von rothen Abrus-Bohnen zu 
„Schmucksachen; besonderer Brust-Kampf-Schmuck sowie Haarkämme; eigenthümliche 
„Kopfruhegestelle; sonderbare Holzmasken und sogenannte Götzen; Schaamkalebassen ; 
„schön verzierte Bogen und Pfeile; besondere Art Schilde und Kürasse." 

Dr. FtNscH hat auf seiner Reise grösstentheils von Bord eines Schiffies aus beobachtet, 
und da ist es selbstverständlich, dass ihm manches entgehen musste und dass er nicht 
im Stande war die von ihm angegebenen Sectionen scharf zu umgrenzen. Betritt man jedoch 
die einzelnen Dorfschaften nach einander, so lernt man schnell die charakteristischen 
Eigenthümlichkeiten kennen, welche einen Küstenstrich von dem benachbarten unter- 
scheiden und die Berechtigung geben gerade diesen Strich als eigene ethnologische Section 
zu kennzeichnen. Dort, wo der Verkehr mit einer benachbarten Section ein reger ist, 
treffen wir Eigenthümlichkeiten , welche wir bald als Fremdes von dem wirklich Originellen 
unterscheiden lernen; selbst wo der Uebergang ein sehr langsamer ist, lernt das geübte 
Auge doch bald das aus anderen Gegenden angenommene unterscheiden. Stellenweise ist 
der Uebergang schroff" und unvermittelt, eine Folge des geringen Verkehrs und der fehlenden 
freundschaftlichen Beziehungen. 

Der Kürze halben werde ich die zu beschreibende Section die „Berlin-Hafen- 
Section" nennen, obgleich diese Benennung kaum eine zutreffende genannt werden kann, 
weil auf den Inseln welche um den Berlin-Hafen liegen sehr viele Eigenthümlichkeiten 
vorkommen, die sonst in der Section fehlen, und die von der im Osten liegenden Nachbar- 
Section, mit welcher die Berlin-Hafen-Insulaner einen regen Verkehr unterhalten, herrühren. 
Berlin-Hafen bildet jedoch geographisch ungefähr das Centrum der Section, und ich glaube 
daher keine bessere Bezeichnung wählen zu können. 

Die Begrenzung der Berlin-Hafen-Section würde im Osten etwa halbwegs zwischen 
Dallmann- und Berlin-Hafen sein, nach Westen bildet die Landschaft Serra oder Serr die 
äusserste Grenze, die Section erstreckt sich demnach etwa 80 Seemeilen westlich und ebenso 
weit östlich von Berlinhafen der Küste entlang. 

Eine kurze Schilderung der Section dürfte hier am Platze sein. Wenn man von 
Westen kommend die Humboldt-Bucht und den Angriff'shafen (Mumre) passirt hat, trifft man 
als letzte Ansiedelung dieser Section, welche ich als Humboldt-Bucht-Section bezeichnen 
möchte, das Lagunendorf Lektre (bei Dr. Finsch irrthümlich Masilia genannt). Von Lektre 



- 20 - 

an ist die Eûste etwa 15 Seemeilen weit unbewohnt; die Berge treten hier nahe an die 
Küste heran, steile Vorgebirge, mit dazwischenliegenden sandigen Einbuchtungen, bildend. 
Etwa 30 Seemeilen westlich von Berlinhafen treten die Gebirge von der Küste zurück 
und an ihrer Basis breitet sich eine weite Ebene aus, durchströmt von vielen Flüssen, 
die jedoch ausnahmslos an der Mündung von Barren geschlossen sind, welche nur bei 
günstigen Witterungsverbältnissen für kleinere Boote passirbar werden. Das erste Dorf der 
Berlin-HafenSection welches man, von Westen kommend, antrifft ist Serra oder Serr, 
darauf folgen der Reihe nach die Landschaften S i s s a n ö , das Lagunendorf W a r r p ù oder 
War pu 11, die Landschaften Arrop und Malol. Diese Landschaften sind am Strande 
sich hinziehende Ansiedelungen, durch Flussläufe getrennt. Das Hinterland bis zum Fuas des 
Gebirges ist sumpfig und von vielen grösseren und kleineren Lagunen durchzogen; eine 
der grössten ist die in welcher das Pfahldorf Warrpu gelegen ist, ich schätze sie auf 
wenigstens 50 D Kim. 

Die Ansiedelungen liegen auf dem wenig über Meeresfläche erhobenen üferwall, dicht 
umgeben von Kokospalmen; Warrpu allein macht eine Ausnahme. Inlanddörfer giebt es 
in der Niederung nicht; auf den Berghängen sind mit dem Femglas Abholzungen erkennbar 
und gelegentlich sieht man dort Rauch aufsteigen; ein Verkehr, jedenfalls kein friedlicher, 
scheint zwischen den Strand- und den Inland-Bewohnern hier nicht zu bestehen. 

Nähern wir uns Berlinhafen so treten die Korallenerhebungen abermals der Küste 
näher und bilden in der Ebene isolirte Höhenzüge, welche von Eingebornen besiedelt sind, 
die mit den Strand be wohnern östlich von Kap Lapar friedlich verkehren. Die Inseln 
Tamara, Ali, Seleo und Angel sind ebenfalls gehobene Korallenforroationen. Die 
diesen Inseln gegenüberliegende Küste, von den Eingebornen Wal mann genannt, oder 
Walmanntja, ist wiederum flach und reich an Lagunen und ausgedehnten Sümpfen; 
dahinter thûrmt sich das mächtige Torricelli-Gebirge empor, dessen Ausläufer, je weiter 
wir nach Osten vorschreiten, sich mehr und mehr dem Strande nähern und die Ebene 
beschränken. Auch hier liegen die Dorfschaften unter Palmen am Strande; die letzte 
derselben ist die dichtbevölkerte Landschaft „Ta gai" (von Dr. Finsch so genannt, den 
Eingebornen scheint der Name unbekannt zu sein), wo bereits starke Einwirkungen der 
weiter östlich gelegenen Nachbar-Section sich bemerkbar machen. 

Die noch weiter östlich gelegenen Inseln Bertrand und Guilbert glaube ich noch zur 
Berlin hafen -Section rechnen zu dürfen; meine Gründe werde ich später anführen. Die 
Bewohner dieser Inseln, namentlich die der erstgenannten, sind unternehmende Seefahrer, 
welche nicht nur einen regen Verkehr mit der gegenüberliegenden Küste unterhalten, 
sondern bis Berlinhafen im Westen und bis zu d'Urvillelnsel im Osten verkehren; gelegent- 
lich auch noch darüber hinaus. Wir finden daher auf diesen Inseln Eigenthümlichkeiten 
der beiden aneinander grenzenden Sectionen neben einander, in gleichem Maasse, vertreten. 

Im Ganzen darf behauptet werden, dass im Westen der Uebergang von einer Section 
in die andere viel schärfer ausgeprägt und unvermittelter ist als im Osten, wo die vor- 
liegenden Inseln durch ihren ausgedehnten Seeverkehr die Eigenthümlichkeiten einer Section 
mit denen der Nachbarn vermischt haben. 

Die ganze vorbeschriebene Küstenstrecke ist unzweifelhaft schon seit langer Zeit von 
Malayischen Seefahrern besucht worden. Noch im Jahre 1895 drangen dieselben bis Berlin- 
hafen vor. Auf Bertrand traf ich im Jahre 1893 Eingeborne die vor Jahren mit Malayen die 
Insel Temate besucht hatten. Auch auf Mosch u waren malayische Einflüsse erkennbar. 



- 21 - 

Die Worte Tuan (Herr) und Klappa (Kokosnuss) sind an der Küste fast überall bekannt. 
Herr Lückbs in Berlinhafen zeigte mir ein auf der Insel Ali gefundenes altes Eisenge wicht » 
welches die Bezeichnung 1768 oder 1738, nebst der Bezeichnung 4 ^ trug. Dr. Finsoh 
erwähnt einer alten Venetianischen Glasperle, welche er in dieser Gegend fand. In Warrpu 
erstand der verstorbene Händler Kärnbach 'vor Jahren einen Messing-Handgriff eines 
Malayischen Eris. Alles dies deutet darauf hin, dass seit alter Zeit unternehmende See- 
fahrer der Ostindischen Inseln ihre Züge längs der Küste Neu-Guinea's unternahmen, und 
bei näherer Bekanntschaft werden wir wohl noch manche weitere Ueberreste der Malayischen 
Seefahrer in jenen Gegenden auffinden. 

lieber den Charakter der Eingeborenen sich ein richtiges Urtheil zu bilden, hält recht 
schwer. Die Leute sind in ihren Entschlüssen, Wünschen und Leidenschaften vielfach 
unberechenbar, und man darf noch lange nicht aus dem, was man Jemanden thun sieht 
einen fertigen Schluss auf dessen Charakter ziehen. Ich bin der Ansicht dass die Einge- 
bornen sehr zur Gutmüthigkeit neigen. Hass, Neid und Zorn stacheln allerdings auch sie 
gelegentlich an blutige Rache zu nehmen, doch sind diese Untugenden vielfach Eingebungen 
des Augenblicks, Folgen des Zufalls oder einer plötzlichen Erregung. Im Allgemeinen ist 
mit den Leuten gut fertig zu werden, und wenn man nicht gerade grosse Forderungen 
an ihre physischen oder geistigen Kräfte stellt, ist es nicht gerade schwer sie zu diesem 
oder jenem zu bewegen. Unter einander und in der Familie sind die Eingebomen zumeist 
recht verträglich. 

Die Frau und das Kind nehmen eine nicht gerade untergeordnete Stellung ein und 
können sich über ihr Loos nicht beklagen. Verwandtschaftliche und freundschaftliche 
Beziehungen werden sehr gepflegt. Kommt jemand von einem Dorf ins andere, und er hat 
dort Verwandte oder Freunde, so findet er stets einen gastlichen Tisch. Mit Wohnungen 
und Kanoes, mit Speisen und Geräthen helfen sie sich oft gegenseitig aus. 

Neben diesen guten Eigenschaften giebt es aber auch recht grosse Schattenseiten im 
Charakter des Eingebornen. Er ist lügnerisch, diebisch, faul, zornig und grausam. Man 
kann ziemlich sicher sein, dass er lügt, wenn er sich oder einen anderen durch das 
Bekenntnis der Wahrheit einer Unannehmlichkeit aussetzen würde. Auch ohne jeden 
Grand lügt er, weil es so seine Gewohnheit ist, und wenn er in dieser Woche zehn Mal 
gelogen hat, so kommt er in der nächsten doch wieder und rühmt sich er wäre „ein 
grosser Mann , ein Mann von Wort" (lama ahem , lama aling pamata). Einen Unterschied 
zwischen Mein und Dein macht ein Eingebomer nicht; wenn er ungestraft stehlen kann, 
so versäumt er niemals die Gelegenheit und wenn der Besitzer es an der nöthigen Wach- 
samkeit fehlen lässt, dann wird er ein Opfer dieses Hanges, der alle irgend wie nur 
brauchbare Sachen als ein geeignetes Objekt ansieht. In den Dörfern bestehlen sich die 
Bewohner weniger, Fremde, die zum Besuch kommen, thun sich jedoch keinen Zwang an; 
wenn sie in die Heimath gehen, folgt ihnen stets eine Anzahl von allen möglichen brauch- 
baren Gegenständen. Am meisten bestohlen wird der Europäer , denn nach der Meinung 
der Eingebornen darf man ihn noch so stark rupfen , er braucht nur auf das grosse SchiflF 
zu gehen, das dann und wann ankommt, um alles wieder reichlich ersetzt zu erbalten. 
Die Eingeboraen, die ihre Schwächen gegenseitig kennen, suchen das Stehlen dadurch zu 
verhüten, dass sie den Gegenstand mit einigen alten Dachfetzen des Paräk (Siehe unten, 
pg. 32) umwickeln, dies Mittel hält wenigstens die weiblichen Langfinger ab. 



- 22 - 

Die Faulheit der Eingebornen ist ohne Gleichen. Die Stunden welche sie der Arbeit 
widmen sind geringe Bruchtheile der freien Zeit; Tabackrauchen , Betelkauen, Singen, 
Tanzen, Essen, Plaudern, das sind die Leibfreuden der Leute, namentlich der Männer, 
alles andere was sie an ihrem Nichtsthun hindert ist vom Bösen. Der Eingebome arbeitet 
nur für seine Wohnung und für seinen Magen, und. Dank der üppigen Natur des Landes, 
wird auch diese Anstrengung ihm niemals allzuschwer. 

Zorn und Bachsucht beherrschen den Eingebornen meist nur wenn ein äusserer Grund 
vorliegt, dann kennt er aber auch keine Grenzen und in der Regel fliesst Blut; damit ist 
aber auch die Sache abgemacht, und die Geschichte vergessen. Nicht selten treiben diese 
Eigenschafben ihn zu unmenschlicher Grausamkeit, dann schlägt der Mann die Frau mit 
dem ersten besten Holzscheit auf den Kopf, oder er rückt ihr sogar mit einem Feuerbrand 
zu Leibe und bringt ihr schmerzhafte, manchmal zum Tode führende Verwundungen bei. 

Kinder werden nie von den Eltern misshandelt oder gezüchtigt; sie mögen noch so 
eigensinnig und ungezogen sein, den Eltern lallt es dennoch nie ein ihnen die nothwendige 
Strafe angedeihen zu lassen, das bringt man nicht übers Herz. Wenn einem aber ein 
Kind unbequem ist, dann macht man sich nichts daraus, es ins Meer zu werfen; ein 
sonderbares Gemisch von falscher Liebe und unmenschlicher Grausamkeit. Der Eingeborne 
ist eben ein grosses Kind, welches wenige individuelle Charakter-Eigenschaften hat und 
sich meist von besonderen Eindrücken leiten lässt. 

So weit man bis jetzt zu beurtheilen vermag, ist die Bevölkerung in langsamer 
Abnahme begriffen. Die Ursachen dieser Erscheinung sind theils offener, theils geheimer 
Natur. Als erstere sind zu nennen: Kriege und Streitigkeiten, Krankheiten und Epidemien, 
die Lebensweise der Eingebornen. Mehr geheimer Natur sind die Scheu der Eltern vor 
einer grösseren Anzahl von Kindern, moralische Verkommenheit, Heirathen innerhalb der 
Familie. Betrachten wir diese einzelnen Gründe des Näheren. 

Kriege und Feindschaften erfordern noch immer ein verhältnismässig grosses Opfer 
an Menschenleben. Der Eingeborne kennt hier noch keinen höheren Herrn und Gebieter, 
der ihm etwas verbieten könnte; er ist sein eigener Herr und weiss sich, wo es eben 
geht, sein wirkliches oder scheinbares Recht selbst zu verschaffen. Glaubt er sich darin 
verletzt, in seiner Ehre gekränkt, so greift er zu Pfeil und Bogen; ein milderes Mittel 
kennt er nicht. Betrifft der Streitfall Privatsachen, so giebt es Feindseligkeiten im Dorfe 
und Parteibildungen; betrifft die Sache ein mehr öffentliches Interesse, und sind Angehörige 
anderer Dörfer und Stämme dabei betheiligt, so giebt es einen kleinen Krieg. Bei solchen 
Fehden nun müssen gewöhnlich Einer oder Einige ihr Leben lassen. Dass solche Kriege, 
die nach kurzem Frieden immer wiederkehren, die Bevölkerung, die sich ohnehin nur 
schwach vermehrt, stark decimiren liegt auf der Hand. Auf Tamara, wo der Einfluss der 
Mission sich bereits geltend macht, kommen immerhin jährlich noch zwei solche gewalt- 
same Todesfälle auf 300 Eingeborne vor und in anderen Gegenden ist die Zahl wohl viel 
grösser. 

Ein grosser Theil der Bevölkerung geht ferner alljährlich durch Krankheit zu Grunde. 
Im Jahre 1895 traten die Pocken in dieser Section stark auf und nach den Erzählungen 
der Eingebornen müssen dieselben schrecklich gewüthet haben. Von den Einwohnern Selao's 
mag damals ein gutes Viertel gestorben sein , heute noch sieht man dort verfallene Hütten 
mit den Skeletten der verstorbenen Insassen. In dem Dorfe Serr fand ich 1898 zahlreiche 



- 23 - 

verlassene Hütten deren Bevölkerung ebenfalls der Seuche erlegen waren. Ebenso decimirend 
wirken die häufig auftretenden Erkältungsepidemien. Die Missionäre auf Tamara berichten 
über eine solche Epidemie im August 1897. Sämmtliche Einwohner litten darunter und 
die folgende, kurze Statistik zeigt wie schwer die Bevölkerung betroffen wurde: 

Dorf Sapi 89 Einwohner 2 Tote. 

„ Enamul 85 „ 2 „ 

„AU ca 80 . „ 4 „ 

„ Anopehs 34 „ 1 » 

Summa . . 288 Einwohner 9 Tote. 



Einen weiteren Beitrag zu der hohen Sterblichkeitsziffer liefert auch die Lebensweise 
der Eingebornen. Von Reinlichkeit hat der Eingeborne keine Ahnung, ebensowenig von 
sanitären Maassregeln. In fast jedem grösseren Hause liegen einige Todte begraben, deren 
Leiber nur mit einer etwa 20 cM. hohen Sandschicht bedeckt sind. Der Eingeborne sitzt 
fast den ganzen Tag, und oft noch einen Theil der Nacht, auf dem feuchten Boden. Alle 
diese Dinge sind natürlich nicht von günstigem Einfluss auf die Gesundheit, besonders nicht 
der Neugebornen, die nach dortiger Sitte mit den Müttern gegen drei Monate in den 
niedrigen , dumpfen Hütten zubringen müssen , ehe sie eine öffentliche Existenzberechtigung 
erlangen. 

Schäden mehr geheimer Natur, welche die geringe Bevölkerungs-ZifFer erklären, sind 
wohl, wie schon oben erwähnt, die Faulheit der Eingebornen, die den Unterhalt einer grös- 
seren Kinderschaar fürchten, moralische Schlechtigkeit und das viele Heirathen innerhalb 
der Familie. Wird die Kinderlast drückend, dann wirft man einen unliebsamen kleinen 
Ankömmling einfach ins Meer, besonders trifft das solche Kinder die nach dem Tode des 
Vaters geboren werden. Manches Kind wird auch getödtet, ehe es das Tageslicht erblickt 
hat und die Eingebornen machen daraus kein Geheimnis. Selten nur sucht sich der Ein- 
geborne eine Frau aus einem andern Stamm und wenn im eigenen Verband kein Mädchen 
zu finden ist bleibt er lieber Junggeselle. Die folgende Tabelle die ich der Güte der Mission 
auf Tamara verdanke, zeigt am besten wie es mit den Leuten steht: 



Dorf. 



Ein- 
wohner. 



Häuser. 



Männl. 



Weibl. 



Männer. 





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ce 



Si 
O 



Geburten. 



Todesfälle. 



in 28 Monaten. 



Sapi . . . 



Enamul . 



Anopehs. 



89 in 


18 


47 


42 


18 
a—h 
15—2 


26 

a — 5 
16-10 


13 


3 


16 


13 


8 


84. 


21 


40 


44 


16 
a-b 
14—2 


23 
a—b 

15-8 


8 


5 


17 


15 


8-9 


34, 


8 


16 


18 


9 
a—h 
6-3 


8 
a— Ô 
6—2 


7t 


2 


7 


8 


6 



darunter 
10^ nur 2 
Frauen. 



9 
sämtlich Männer. 



6 
davon 5 weiblich. 



a. Die Verheiratheten. 5. Die Wittwer oder Wittwen. 



^ 24 - 

Von den Männern in Sapi ist einer un verheirathet , einer hat zwei Frauen, von den 
Männern in Enamul hat einer zwei Frauen. 

Die Tabelle giebt ein genaues Bild der Verhältnisse in drei Dörfern auf Tamara; in 
den grossen Dörfern auf dem Festlande sind die Verhältnisse womöglich noch ungünstiger, 
lassen sich jedoch nicht so genau controliren. 



IL ETHNOGRAPHIE. 

Die Männer (Vergl. für das Folgende Taf. XV) sind von Mittelgrösse und gut propor- 
tionirt; sie haben breite Schultern, schmale Hüften und muskulöse Arme, Beine und 
Waden. Die Hautfarbe wechselt zwischen Hellbraun und tiefem Dunkelbraun. Innerhalb 
dieser beiden Grenzen findet man die grösste Verschiedenheit in der Farbe der Eingebornen ; 
die einen neigen mehr diesem, die andern jenem Extrem zu. Albinos habe ich nirgend 
beobachtet. Im Ganzen sind die Männer dunkler als die Weiber, welche aus der Ferne 
schon durch ihre hellere Farbe von den Männern zu unterscheiden sind. Ebenfalls sind 
die Weiber kleiner und zierlicher gebaut; junge Mädchen haben nicht selten regelmässige 
und angenehme Gesichtszüge und stets kleine Händchen und Füsschen, welche den Neid 
mancher Europäerin erregen würden. Dagegen sind die alten Weiber insgesammt so 
garstig wie man nur denken kann, und ihr Charakter scheint denselben Entwickelungsgang 
genommen zu haben, denn diese alten Hexen waren die einzigen die bei unsern Besuchen 
in den Dorfschaften keifend und zankend davon liefen, während die Männer und die 
jungen Weiber nach einigem Zögern sich näherten und nicht selten aufs Höchste belustigt 
schienen über die keifenden Alten, die uns hinter den schützenden Hüttenthüren hervor 
wohl nicht gerade mit Schmeichelreden überschütteten. 

Auffallend ist in der westlichen Section bei den Männern eine Form der Nase welche 
von dem papuanischen Nasentypus abweicht. Die Nase ist nämlich nicht von der gewöhn- 
lichen plattgedrückten Form sondern eher spitz zu nennen und stark überhängend , so dass 
sie aussergewöhnlich lang erscheint. Im Profil gesehen ist diese Nasenform besonders 
auffällig; solche Langnasen unterscheiden sich sonst in ihrem übrigen Körperbau nicht von 
ihren breitnasigen Landsleuten. 

Elephantiasis scheint häufig aufzutreten; Männer mit einem abnorm grossen Scrotum, 
manchmal von der Grösse eines Menschenkopfes , sind in jedem Küstendorf anzutreffen , 
ebenso Männer und Weiber mit stark angeschwollenen unteren Extremitäten. 

In Krankheitsfällen ist das Blutentziehen durch zahli*eiche kleine Hauteinschnitte auch 
hier üblich; bei einem jeden Spaziergang durch die Döifer sah man diese Operation aus- 
führen. Die Haut ist dadurch mit zahlreichen Narben bedeckt, welche nicht zu den Zier- 
narben gerechnet werden dürfen. Die letzteren kommen jedoch auch hier vor, und Dr. Finsch 
giebt in seinen Samoa fahrten, Seite 334, eine gute Abbildung derselben. Die Weiber 
sind nicht selten tätowirt, auf ihrer helleren Haut treten die Muster recht deutlich hervor; 
Gesicht und Brust sind mit einzelnen symmetrischen Linien bezeichnet, dagegen der ganze 
übrige Körper untätowirt. 

Wenn irgend ein Volk die Bezeichnung „kraushaarig" verdient, so sind es die Bewohner 
dieser Section. Kraushaarig ist kaum eine genügende Bezeichnung, „filzhaarig" würde der 



- 25 - 

Wirklichkeit ara Nächsten kommen. Dr. Finsch, vom Osten kommend, traf diese eigen- 
thümliche Haartracht zuerst in der, von ihm Tagai benannten Landschaft und giebt, 
Samoa fahr ten, Seite 325, eine Abbildung. Hatte dem Zeichner die ursprüngliche 
Perrücke vorgelegen, die Dr. Finsoh einem dortigen Eingebornen abschnitt, so wäre das 
Bild wohl anders ausgefallen. Der „Tagai-Häuptling" in den Samoafahrten ist viel zu 
künstlich frisirt, seine krausen Locken entsprechen nicht der Wirklichkeit. Diese eigen- 
thümliche Frisur, die einer Alonge-Parücke au& alter Zeit nicht unähnlich sieht, ist ein 
vollständig verfilzter Haarwuchs, eine harte, fast undurchdringliche Masse bildend. Man 
stellt die Frisur dadurch her, dass man die Haare frei wachsen lässt, ohne jemals einen 
Versuch zu machen dieselben zu entwirren, im Gegentheil, man befördert die Verfllzung 
durch künstliche Mittel. Der Vorderkopf von Ohr zu Ohr über die Stirn hin ist kahl 
rasirt und die verfilzten Haare verbreiten sich nun nach vorn über die Stirn und nach hinten 
über Ohren und Nacken. Blatt 45 bis 48 des Papua-Album von Meyer und Parkinson 
zeigen eine Anzahl Ali-Eingeborne mit dieser Frisur. Obgleich für diese Section charakter- 
istisch, ist sie dennoch nicht allgemein gebräuchlich; man findet eben so viele Männer ohne 
dieselbe. Auf Bertrand und Guilbert, dann und wann auch auf den Inseln am 
Berlinhafen beobachtet man die sogenannte Haarkorbfrisur, welche das Kopfhaar durch 
ein oben offenes, konisches Flechtwerk zwängt, über welche hinaus es als grössere oder, 
kleinere Haarwolke frisirt ist; dies ist jedoch eine aus dem Osten herübergenommeue 
Eigenthümlichkeit und gehört ursprünglich nicht hierher. Westlich von Berlinhafen sind 
keine Haarkörbe in Gebrauch. Etwas Besonderes scheinen diese abnormen Frisuren nicht 
zu bedeuten, denn gegen ein Angebot von wenigen Glasperlen, ein Artikel der bereits 
sehr an Werth eingebüsst, war ein Jeder geneigt seine Frisur zu opfern und so gern ich 
auch einige derselben erstanden hätte, so wenig getraute ich mir meinen liebenswürdigen 
Gastgebern auf der Move diese Insekten-Grossstädte an Bord zu bringen. Kalk zum Ein- 
reiben der Haare wird nicht verwendet , das Kopfhaar hat seine natürliche, dunkelkastanien- 
braune Farbe. 

Die Weiber cultiviren niemals die obenerwähnten monströsen Frisuren. Sie rasiren 
den Kopf in der Regel ganz kahl und nur junge Mädchen und Frauen tragen von der Stirn 
bis zum Hinterkopf eine schmale Raupe aus kurzen Löckchen. Die alten Weiber verzichten 
jedoch auch auf diese Verschönerung und scheinen als einziges Bedürfnis nur noch das 
Bestreben zu haben , sich so unschön wie möglich zu machen. Alte Männer rasiren eben- 
falls den Kopf oder tragen das Haar kurz, ich erinnere mich nicht eines einzigen mit der 
verfilzten Perücke. 

Der Bartwuchs der Männer ist üppig, gepflegte Barte jedoch sehr selten; die Barthaare 
werden mit der Wurzel ausgerissen. In der östlichen Hälfte der Section treten hie und da 
gepflegte Barte auf, eine Nachahmung der östlichen Nachbarsection ; westlich von Berlin- 
hafen habe ich keine Barte beobachtet. 

Kämme im eigentlichen Sinne des Worts sind nicht in Gebrauch, sie würden bei der 

gangbaren Frisur nutzlos sein. Lange Haarstocher, an einem Ende mit bunten Vogelfedern 

geziert, triflfb man hie und da, dieselben dienen theils als Schmuck, theils als Waffe gegen 

allzulästige Haar parasi ten. Als weiterer Kopfschmuck sei hier noch erwähnt: Büschel von 

Paradiesvogel-, Papagaien- und Krontaubenfedern ; sie werden einzeln oder zu mehreren in. 

die Frisur gesteckt, aber nur bei festlichen Gelegenheiten. Allgemein trägt Alt und Jung als 

Haarschmuck die rothen Blüthen des fizftiscws-Strauches, Sowohl in Leming, Berlinhafen 
I. A. f. E. XIII. . 4 



- 26 - 

gegenüber, wie in Warrpü erhielt ich Stirnbinden von eigen thümlicher Form und Aus- 
schmückung. Sie bestehen aus feinem Fadenflechtwerk, worin die grauen Samenkerne der 
Coix lachrymae eingewebt; diese Binden sind etwa 42 cM. lang, in der Mitte 12 cM. breit, 
nach beiden Enden spitz zulaufend (Taf. XVIII Fig. 14). Die Männer befestigen den Schmuck 
etwa drei Finger breit über die Augenbrauen uud die Binde zwängt dann die sonst vorn- 
überfallende Wulst der Frisur in die Höhe und nach hinten. 

Charakteristisch für diese Section ist der Brustschmuck den Dr. Finsch verschiedentlich 
beschreibt und abbildet (Ethnologischer Atlas, Taf. XXIII Fig. 2; Erfahrungen 
und Belegstücke, Taf. XVI (8), Fig. 2). Man findet kaum zwei vollkommen gleiche 
Exemplare ; auch die Grösse variirt erheblich , es giebt StücRe von 36 cM. Länge und 
30 cM. obere Breite, bis hinunter zu 18 cM.. Länge und 15 cM. Breite (Taf. XVIII Fig. 8 & 9). 
Das geflochtene Gerüst ist mit Rändern von ^a«8a-Schnecken umfasst, und dasselbe 
Material begrenzt verschiedene, manchmal regelmässige, manchmal un regel massige Felder 
von verschiedener Grösse, die wiederum mit rothen und blauen -46n«- Bohnen dicht belegt 
sind, welche durch eine gummiartige Masse, womit das Gerüst auf der Aussenseite 
beschmiert ist, festgehalten werden. Die gespaltenen Eberhauer, welche den Mitteltheil 
des Geflechts mit den Seitentheilen verbinden sind an beiden Enden mit dem Drillbohrer 
(Taf. XIX Fig. 9) durchbohrt und mit dem Gerüst fest verschnürt; sie sind stets so ange- 
ordnet dass der längste Zahn den Oberrand bildet, die darauf folgenden Zähne werden 
immer kürzer. Die angebrachten Eberhauer variiren an der Zahl; kleinere Stücke haben 
auf jeder Seite 5 — 6, grössere Stücke nicht selten 12 bis 14 Eberhauer. Die Ränder 
der Brust-Kampf-Schilde haben eine Franse von 10 bis 20 Centim. langen Schnüren woran 
hin und wieder kleine menschliche Knochen, kleine Bündelchen Pandanusblätter etc. 
befestigt sind; wohl Amulete welche den Träger gegen Verwundung, Krankheit, Zauberei 
u. s. w. schützen sollen. 

Obgleich dieses Brustschild nun wohl zunächst als Schmuckgegenstand dient, so ist es 
doch unzweifelhaft, dass es nebenbei auch einen effectiven Schutz der damit bedeckten 
Brust gewährt. In Arrop hatte ich Gelegenheit eine Schaar von Kriegern zu beobachten, 
welche den Vorpostendienst gegen das benachbarte feindliche Dorf Warrpü versahen. Jeder 
hatte den später zu beschreibenden breiten Schutzgürtel um den Bauch und auf der Brust 
den Kampfschmuck wie oben beschrieben; der Vordertheil des Oberkörpers war dadurch 
ziemlich vollständig gegen Pfeilschüsse gesichert. In den Dörfern sieht man den Schmuck 
nur selten tragen, er verdient daher wohl eher die Bezeichnung als Kampf-Schmuck. 
Nach Westen hin treffen wir denselben Schmuck in der Humboldt-Bucht-Section , de Clercq 
und ScHMELTZ (Ethnogr. Beschrgving etc.) bilden auf Taf. VI, VIII & IX ganz ähnliche 
Stücke aus Wandisia, westlich von Humboldt-Bucht, ab. Er gehört jedoch hier zu den 
Seltenheiten und stammt aus der Berlinhafen-Section wo er, wie ich gesehen, nicht nur 
von den Männern überall angefertigt wird, sondern auch allgemein gebräuchlich ist. Als 
mir in '99 in der Humboldt-Bucht solche Stücke angeboten wurden, sagte man mir auf 
meine Frage, sie kämen auf dem Wege des Tauschhandels vom Osten her und man kannte in 
Tobadi den Namen des Dorfes Serr. Die Mumre-(Angriffshafen-)Leute wie die Le kt re- 
Leute wiesen ebenfalls als Ursprung der Brustschilde nach Osten, es ist daher wohl 
zweifellos, dass diese charakteristischen Brustschilde der Section Berlinhafen angehören. 

Ohrschmuck ist nicht häufig. Sehr viele Eingeborne haben überhaupt koine durch- 
bohrten Ohrläppchen. Im westlichen Theil der Section treten Ohrringe auf welche aus den 



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verkümmerten Schwungfedern des Kasuars , ringförmig zusammengebogen , bestehen ; einem 
gleichen Zweck dienten dünne, grätenartige Knochen. Auf den Inseln um Berlinhafen 
besteht der Ohrschmuck bereits aus Schildpattringen, worauf kleinere Muschelringe und 
geflochtene Zierrathe angereiht sind; sie verrathen deutlich ihre Herkunft aus dem Osten. 
Ein fdr diese Section charakteristisches Schmuckstück besteht aus einer Kette einzelner 
sauber geflochtener Gheder, welche von einem Ohrläppchen bis zum andern über die 
Bnist hinabfallend getragen wird. Solche Ketten werden auch als Halsschmuck getragen 
und kleinere Stücke beobachtete ich häufig an Armbänder und Halsbänder angeknüpft. 

Halsschmuck (Taf. XIX Fig. 4 — 6) in Gestalt von Ketten und Schnüren ist ziemlich 
allgemein gebräuchlich. Charakteristisch ist eine Halskette aus schwarzen Perlenschnüren 
welche zu mehreren mit einander verflochten sind (Taf. XIX Fig. 7). Die einzelnen Perlen 
bestehen aus einem schwarzen Samenkern von IJ bis 3 mM. im Durchmesser. Auf den 
zwei gegenüberliegenden Seiten ist ein Segment abgeschliflFen und der innere weiche Kern 
durch die entstandene Oeffnung entfernt. In Verbindung mit diesen schwarzen Peilen- 
schnüren werden auch Muschelringe, Muschelplatten und -îToôsa-Schnecken verwendet und 
die weissen Muschelornamente in bestimmten Abständen zwischen den schwarzen Perlen- 
schnuren bilden einen sehr eflfectvollen Schmuck. Muschelringe und -Platten allein werden 
auch in bestimmten Abständen an Schnüre befestigt und mehrere solche Schnüre um den 
Hals gelegt. Andere weisse oder grauweisse Seeschnecken werden ebenfalls zu Halsbändern 
verarbeitet; die obere Wölbung wird zertrümmert und die Schneckengehäuse an 4— 5 mM. 
breite, geflochtene Bänder befestigt. 

Auf den Inseln am Berlinhafen trugen Weiber verschiedentlich einen eigenthümlichen 
Halsschmuck; derselbe bestand aus zwei Paar menschlichen Rippen die zu einem Doppel- 
ring aneinander befestigt waren. In der Ostlichen Nachbarsection ist die Sitte menschliche 
Knochen als allerlei Zierrath zu tragen, sehr verbreitet, ich nehme daher an, dass wir es, 
wo in der Berlinhafen-Section menschliche Knochen als Körperschmuck verwendet werden, 
und dies ist nur äusserst selten, mit einer Nachahmung eines weiter östlich vorkom- 
menden Gebrauchs zu thun haben. 

Ein recht häufig vorkommender Schmuck sind zwei etwa 1 cM. breite Bänder (Taf. XIX 
Fig. 8) welche mit einer Wellenlinie von ^öwsa-Muscheln bestickt sind; die Bänder gehen 
über die Schulter und unter dem entgegengesetzten Arm durch, auf der Brust sich kreuzend. 

Halsbänder aus Hundezähnen, überhaupt Schmucksachen aus diesem Material sind aus 
der östlichen Section eingeführt. 

Armbänder sind ziemlich gebräuchlich ; am häufigsten ist ein etwa 2 bis 4 cM. breites 
geknüpftes Band (Taf. XVIII Fig. 5 & 6) aus grauem , sehr feinen Faserstoff. In dieses Band 
sind weisse Muschelringe vcm verschiedener Grösse, bis zu 4 cM. Durchmesser, in bestimmten 
Abständen hineingeflochten. Die Zahl der Ringe ist verschieden , selten jedoch über zehn. 
Die Weiber fertigen diesen Schmuck an, er wird jedoch ausschliesslich von Männern 
getragen und scheint hoch geschätzt zu werden. Ein anderes Armband (Taf- XVIII Fig. 7) 
aus demselben Faserstoff geknüpt, ist an den Rändern mit J/o^o-Schnecken verziert und 
Querstreifen desselben Materials theilen das Band in mehrere Felder, die ab und an mit 
^brttô-Bohnen beklebt sind. Solche Bänder werden manchmal auch unterhalb des Knies 
befestigt. 

Bei festlichen Gelegenheiten tragen die Männer einen Schurz aus bi*aunem Rindenzeug 
der mit JVossa-Schnecken in verschiedenen Mustern bestickt ist, auch wohl einzelne mit 



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ÄbricS'Bohnen beklebte Felder hat (Taf. XVIII Fig. 1—4). Die Muster sind sehr verschieden 
und bestehen aus geraden und gebogenen Linien , Rauten und Rosetten aus Nassa gebildet. 
Der Schurz wird durch zwei Baststreifen um die Taille befestigt; darunter liegt das einzige 
hier gangbare Bekleidungsstück, nämUch ein Stück Rindenzeug welches zwischen den 
Beinen durchgezogen ist und durch ein zweites, welches um die Hüften geschlungen, fest- 
gehalten wird. Dies Bekleidungsstück wird von Männei*n wie von Weibern getragen ; im 
östlichen Theil der Section tragen beide Geschlechter ausserdem einen unverzierten , vorn 
herabhängenden Schurz aus Rindenzeug, der etwa halbwegs bis zu den Knieen reicht 

Kleine Kinder werden von den Müttern in einem Stück Bastzeug getragen, dasselbe 
ist über eine Schulter geschlagen und am Rücken verknotet. Die Kinder werden vorn 
in den Falten eingehüllt so dass nur der Kopf hervorschaut. 

Die Männer tragen Leibgürtel (Taf. XX Fig. 6—12) welche aus einem dichten Flecht- 
werk dünner Bastfaden bestehen; sie sind mit NassaSchnecken ^ Goix-Kernen und Äbrus- 
Bohnen in verschiedenen Mustern bestickt und beklebt, das Grundgeflecht häufig roth und 
rothbraun gefärbt. Die Breite der Gürtel variirt von 4 bis 8 cM. 

Auf Bertrand und Guilbert werden verschiedene Schmuckgegenstände getragen die 
ich hier nicht weiter erwähne, weil sie eine Importation aus der östlicher gelegenen Section 
sind. Im Ganzen unterscheidet sich die Berlinhafen-Section von der östlich gelegenen 
Section durch ihren verhältnismässigen Mangel an Schmuckgegenständen. Im Osten sieht 
man kaum einen Mann oder eine Frau die nicht mit Schmuckstücken überladen sind, in 
der Berhnhafen-Section ist es eine Seltenheit einen mit Schmuck behängten Eingebornen 
zu sehen. 

Das Kriegsgeräth der hiesigen Eingebornen besteht hauptsächlich aus Bogen und Pfeilen 
sowie in geringem Maasse aus Speeren für den Fernkampf, ferner aus Keulen und Dolchen 
für den Nahekampf; als Schutzwehr dienen grosse Holzschilde und breite Schutzgürtel aus 
Baumrinde. 

Die Bogen sind sehr sorgfältig gearbeitet; etwa 2 Meter lang, in der Mitte 4 bis 5 cM. 
breit und an beiden Enden allmählich in eine Spitze auslaufend. Das Material ist das äussere 
harte Holz einer gewissen Palmenart. Etwa 10 bis 16 cM. von jedem Ende ist ein gefloch- 
tener Knauf oder Ring aus Rotang-Streifen angebracht und darauf folgt ein bald mehr, 
bald weniger verzierter Theil des Bogens. Die Verzierungen bestehen aus verschieden aus- 
geführter Beflechtung und Umwickelung des Bogens mit gel blich weissen, rothen und 
schwarzen Baststreifen, dazwischen sind recht häufig Theile des Holzes mit vertieften 
Schnitzereien verziert (Taf. XXI Fig. 39— 40); als weiterer Bogenschmuck werden an diesem 
Theil des Bogens noch Büschel von bunten Fasern, Federbüscheln, ßaststreifen und der- 
gleichen befestigt. Die Sehne besteht aus einem einfachen Rotan-Streifen , etwa 1 cM. Breit; 
das eine Ende ist zu einer Schlinge geformt, das andere Ende steckt in einem losen Rotan- 
ring; die Schlinge ist über das eine spitze Ende des Bogens gelegt und der dort befestigte 
Rotanring hält die Schlinge in Position, das andere Ende der Sehne ist von aussen durch 
den losen Ring gesteckt der seinerseits über das andere Ende des Bogens gestülpt wird, 
die Sehne fest an denselben klemmt und durch den dortigen festen .Knauf am Weitergleiten 
verhindert wird. Eine beliebige Spannung der Bogensehne geschieht dadurch, dass man 
den Bogen gegen den Boden stemmt, das andere Ende des Bogens nach innen biegt und 
die Sehne durch den losen Ring nach Belieben verlängert oder verkürzt, indem man sie 
aus dem Ring um ein Geringes hervorzieht oder um ein Geringes weiter hindurch steckt. 



- 29 - 

Die Form des Pfeils ist eine höchst mannigfache. Der Schaft besteht aus einem 
leichten Rohr, im Durchschnitt etwa 1 Meter lang; die Spitze variirt an Länge, von 30 
bis 50 cM. Beide Theile sind durch saubere ürawickelung gut an einander befestigt. Eine 
detaillirte Beschreibung der Pfeilspitzen wüide zu weit führen, die Abbildungen (Taf. XXI 
Fig. 1 — 38 & 41 — 54) zeigen eine Anzahl der Hauptformen, es würde jedoch leicht sein 
dieselbe bedeutend zu vermehren, denn die Mannigfaltigkeit in der Anordnung der Wider- 
haken, in. der Bemalung und in der Schnitzerei, sowie der sonstigen Verzierung der Pfeil- 
spitzen ist eine wahrhaft staunenswerthe. 

Der Speer gelangt in dieser Section weniger zur Verwendung, man sieht ihn dann 
und wann in den Händen der Eingebornen, jedoch ist es leicht erkennbar, dass er als 
Waffe weit hinter Pfeil und Bogen zurücksteht und wohl nur selten gebraucht wird. Er ist 
drei bis drei ein halb Meter lang aus schwerem Holz gemacht, etwa 2^-3 cM. dick und an 
beiden Enden zugespitzt; in der Mitte des Speerschaftes sind häufig Kasuarfedern man- 
chettenartig um dieselben befestigt; die Schwere des Speeres macht selben zu einer unge- 
nauen und unbehülflichen Waffe die höchstens als Lanze zu gebrauchen ist. Speer- Wurf- 
hölzer kommen in dieser Section ursprünglich nicht vor, sie sind eine Eigenthümlichkeit 
der weiter östlich gelegen Section und wenn man sie hie und da im Osten der Section 
antrifft, so sind sie stets auf dem Wege des Tauschhandels eingeführt. Ich will hier, bei 
dieser Gelegenheit, die Verwendung des Neu-Guinea Wurfholzes näher beschreiben, da es 
mir scheint, als ob dieselbe noch nicht allgemein bekannt ist. Dass der Speer mittelst des 
Wurfholzes fortgeschleudert wird ist bekannt, anscheinend dagegen nicht die Herrichtung 
der Speere, welche mit dem Wurf holz geschleudert werden. Prof. von Lüschan giebt in seinen 
„Beiträgen zur Völkerkunde" eine Abbildung (Seite 66) wie er sich das Speer- 
weifen denkt; die Sache verhält sich in Kaiser Wilhelmsland jedoch etwas anders. Zunächst 
wird der Speer nicht mit dem Ende in das Wurf holz gesteckt; die zum Schleudern aus einem 
Wurf holz verwendeten Speere haben etwa in der Mitte des Schafts, im Balancirpunkt , 
einen kurzen schräg vorspringenden Dorn, der mittelst Rotan- oder Baststreifen fest mit 
dem Schaft verschnürt ist; nicht das Speerende, sondern dieser Dorn wird gegen das 
hintere Ende des Wurfbrettes gestemmt und der Speer dann durch einen schnellen Ruck 
mit dem Wurfholz fortgeschleudert. Es sollte mich nicht wundern wenn in heimischen 
Museen diese Speere vertreten sind, man scheint jedoch die Bedeutung des Dorns bisher 
nicht gekannt zu haben. 

Keulen sind ziemlich häufig, spielen aber als Kriegswaffe, ebenso wie der Speer eine 
untergeordnete Rolle. Sie sind aus dem äusseren harten Palmenholz angefertigt, mit einem 
lanzettförmigen langen Blatt und auf einer Seite häufig mit eingeritzten Zeichnungen ver- 
sehen (Taf. XIX Fig. 16), die manchmal sehr sorgfältig und sauber ausgeführt ist. Das obere 
Ende der Keulen ist häufig ein flaches Dreieck oder eine Scheibe mit rautenförmigem Aus- 
schnitt. Eine gangbare Waffe dieser Section ist ferner ein Dolch aus dem Oberschenkel- 
knochen des Kasuars (Taf. XIX Fig. 13 — 14) der Knochen ist vom Gelenk an gespalten 
und endet in eine sorgfältig geglättete Spitze, die Aussenseite ist häufig mit einem einge- 
ritzten Muster versehen. Der Dolch wird gewöhnlich im Armring des linken Oberarms 
getragen, die Spitze nach hinten gekehrt; das Oberende steckt um 5 — 6 cM. über den 
Armring hervor und wenn sich Gelegenheit bietet ist die Waffe stets durch einen Griff 
mit der rechten Hand leicht in Bereitschaft zu halten. 

Die Schilde dieser Section (Taf. XIX Fig. 17 — 19) sind viereckige Holzplatten, auf der 



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Aussenseite schwa-ch gebogen. In der Mitte ist durch zwei Löcher eine Schleife gezogen, 
welche gross genug ist um dem Träger zu erlauben den ganzen Arm durchzuschieben und 
die Schlinge über die Schulter zu legen ; dadurch hat er beide Arme und Hände zu freier 
Verfügung und versteht es hinter dem Schild hervor seine Pfeile zu entsenden. Die Aussen- 
seiten der Schilde sind stets in Flach-Relief geschnitzt und die Figuren mit rother, schwarzer 
und weisser Bemalung versehen. Es ist schwer in diesen Schildverzierungen ein bestimmtes 
System zu erkennen; einige Figuren scheinen Menschen und Thiere vorstellen zu sollen, 
anderen scheint ein Blattmotiv zu Grunde zu liegen, wieder andere Stücke zeigen concen- 
trische Figuren, gebogene und gerade Linien. Die Abbildungen geben eine kleine Auswahl 
verschiedener Schilde. 

Der Schutzgürtel aus Baumrinde (Taf. XIX Fig. 16) ist in dieser Section ein charak- 
teristisches Merkmal Diese Gürtel werden aus einem Stück Rinde angefertigt, etwa 
2~2i Meter lang und 25-30 cM. breit. Nachdem das Rindenstück auf beiden Seiten glatt 
geschabt worden und auf der Aussenseite mit einem eingeritzten, complicirten Muster 
versehen, rollt man dasselbe mehrmals um einen runden Holzklotz und lässt es alsdann 
langsam trocknen; nach vollständiger Austrocknung behält das Rindenstück eine spiralige 
Form. Beim Gebrauch legt man die Rindenspirale um den Bauch, so dass der obere Rand 
etwa unter dem Brustbein zu liegen kommt; der Gürtel schützt dann sämmtliche Bauch- 
theile auf höchst eflFectvoUe Weise und ist für Pfeile und Speere undurchdringlich. Durch 
die spiralige Form legt sich der Gürtel schon fest um den Bauch, manchmal schnürt man 
ihn ausserdem durch kurze Schnüre vollständig fest. Gegen die hier gebräuchlichen Waffen 
konnte man kaum einen besseren Schutz erfinden. 

Obgleich die Bewohner der Section am Strande wohnen so sind sie doch keine grossen 
Seefischer. Der Grund hiefür mag wohl sein, dass das Meer überall an der Euste schnell 
zu bedeutenden Tiefen abfällt, und dass während der Hälfte des Jahres die Brandung so 
stark gegen den Strand schlägt, dass es unmöglich wird der Seefischerei nachzugehen. Die 
Fischerei beschränkt sich daher auf Lagunen- und Flussflscherei und für diesen Zweck hat 
man verschiedene sinnreiche Geräthe und Vorrichtungen. Handnetze und Hamen findet 
man in jedem Dorf ^ daneben mehrzinkige Fischspeere und Pfeile. In den Lagunen rammt 
man Pfähle ein und zwängt dazwischen hinein Eokosblätter so dass ein fester Zaun ent- 
steht; in bestimmten Abständen sind kleine Oefihungen und diese werden durch kegel- 
förmige Fischreusen geschlossen, in denen sich die Fische fangen. Diese Fischreusen sind 
aus schmalen Bambusstreifen angefertigt; über die Längsstreifen bindet .man schmale Quer- 
streifen, welche rings um die Reuse laufen, und auf diese Weise wird ein fester und 
widerstandsfähiger Fangapparat hergestellt. Der äussere Kegel ist bedeutend grösser, an 
der Basis desselben ist ein eben so weiter, aber bedeutend flacherer Kegel angebracht, 
dessen Spitze abgestutzt ist und ein etwa 10—15 cM. weites Loch bildet, die Spitze des 
äusseren Kegels ist so eingerichtet, dass sie durch ein Band zugeschnürt werden kann; 
durch die Oeffnung des kleinen, inneren Kegels gerathen die Fische in die Reuse, man 
entleert den Inhalt dadurch, dass man die Schlinge welche die Spitze verschliesst öffiiet 
und die Fische ausschüttet 

Der Kanoebau ist in der ganzen Section aufs höchste entwickelt. Namentlich auf den 
Inseln baut man grosse, seetüchtige Kanoes mit denen man weite Touren unternimmt. 
Ausser diesen Fahrzeugen giebt es kleinere, nach denoselben Princip gebaut und auf dem 
Festlande hat man daneben noch lange Einbäume ohne Ausleger, welche für Fluss- und 



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Laguneofahrten verwendet werden. Im „Papua- Album" von A. B. Meyeb & R. Pabkinsom , 
zeigt Taf. 45 eins der giossen Segelkanoes von der Insel Ali. Der Schiffskörper selber 
besteht aus einem einzigen ausgehöhlten Baumstamm, beide Bordrander werden erhöht 
durch eine breite Planke, welche mittelst Rotanstreifen fest mit dem SchifTskörper ver- 
schnürt sind; die Nathe werden mit zerstampten Nusskernen der Parinarium lawrinum 
verschmiert und gedichtet. Diese Bordplanken sind in der Regel geschnitzt und bemalt. 
Auf Bug und Stern sind knieförmig nach oben gebogene, beschnitzie und bemalte Schnäbel 
angebracht; das im Bug aufgerichtete Kokosblatt ist ein Erkennungszeichen, und kenn- 
zeichnet das hier abgebildete Kanoe als zur Insel Ali gehörend. Höchst kunstvoll sind die 



Q rosses Handetskanoe. 

Ausleger mit dem Kanoekörper verbunden. Zwei lange Rundhölzer von 10—15 cM. Durch- 
messer gehen, etwa 1} Meter von einander entfernt, quer über den Kanoekörper; an der 
einen Bordseite ragen sie 1^-2 Meter hervor, an der andern, etwa 4—5 Meter vom Bord- 
rand, tragen sie den schweren Schwimmer, welcher dem Eanoe Stabilität verleiht. Mit den 
beiden Auslegern sind nach oben gerichtete, knieförmige Hölzer fest verschnürt und diese 
tragen ein viereckiges Verdeck worauf wiederum rechts und links 1 bis IJ- Meter hohe 
Gerüste aufgebaut sind, die zum Verstauen von allerlei Waaren und Geräthen verwendet 
werden. Alle diese Seekanoes tragen einen Mast, dessen Befestigung wiederum ausser- 
ordentliche Sorgfalt und grosses Geschick verrath. Das untere Ende des Mastes hat eine 
tiefe Kerbe und diese ruht auf dem dem Schwimmer entgegengesetzten Bordrand; um dem 



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Mast den noth wendigen Halt zu verleihen, sind an beiden Auslegern zwei winkelförmige 
Kniehölzer so befestigt, dass sie schräg über beide Borde binausstehen ; zwei Querhölzer 
werden nun mit diesen Hölzern so verschnürt, dass das eine rechts, das andere links vom 
aufgerichteten Mast liegt und der Mast selber wird nun durch feste Umschnürung mit 
den beiden Querhölzern verbunden; zwei starke Rotantaue, welche von der Mastspitze 
nach Bug und Stern gehen, geben dem Mast einen noch besseren Halt. Die Mastspitze ist 
immer mit Büscheln, Fähnchen, kleinen Schnitzwerken und Federn geziert; an dieser 
Mastverzierung erkennt man die Insassen- des herannahenden Kanoes. Jede Sippe oder 
Familie hat ihr eigenes, wohlbekanntes Erkennungszeichen, woran sie von ihren Freunden 
schon in der Ferne erkannt werden; dieselben eilen dann herbei um bei dem Aufschleppen 
des Kanoes auf den Strand, bei dem Entladen, u. s. w. behülflich zu sein. Der Mast trägt 
ein viereckiges Segel , in der Regel aus zusammengenähten Pan dan usblattst reifen ; die zwei 
Stäbe woran das Segel befestigt ist sind mit Federbüscheln geziert. Kreuzen kann man 
mit diesen grossen Kanoes nicht, es ist nur möglich vor dem Winde zu fahren, bei 
widrigen Winden greifen die Insassen zu den Paddeln, Taf. XX Fig 1 — 5. Diese grossen 
Kanoes sind die eigentlichen KauflFahrer der Section, man sieht sie von Tamara kommend 
mit Töpfen hoch beladen nach den Stranddörfern des Festlandes gehen und, eine Rückfracht 
von Sago einnehmend, wieder zurückkehren. Von Ali aus bringen sie Seefische nach dem 
Festlande und andere Nahrungsmittel zurück. Immer aber führen sie eine Bemannung 
von 10 bis 20 Menschen, gewöhnlich den ganzen männlichen Theil der Sippe, der diese 
Gelegenheit benutzt einen Besuch bei Freunden und Verwandten abzustatten. 

Die kleineren Auslegerkanoes sind ganz nach dem Model der grösseren gebaut, doch 
fehlen ihnen häufig das Verdeck und die korbartigen Aufsätze, auch führen sie nie Mast 
und Segel. 

Auf dem Festlande sieht man in grosser Anzahl Einbäume ohne Ausleger, welche für 
Fluss- und Lagunenfahrten benutzt werden; sie sind in allen Grössen vorhanden, von 4 
Meter bis zu 20 Meter Länge. Sie sind nicht sehr stabil , und die Ruderer hocken auf dem 
Boden sobald die Oberfläche des Wassers nur einigermassen bewegt ist; Weiber und 
Kinder, welche nicht rudern, legen sich einfach der Länge nach hin. Häufig sind diese 
Kanoes an beiden Enden auf der Aussenseite mit einem complicirten Ornament einge- 
schnitzt, unter dem lang hervorragenden Vorder- und Hintersteven sind als Zierrath 
Büschel von Pflanzenfasern befestigt und die zur Verstärkung der Schnäbel im Innern des 
Kanoes angebrachte Längsrippe ist ebenfalls sorgfältig geschnitzt. Die beiden Abbildungen 
solcher Kanoeschnäbel , pg. 33, zeigen die künstliche Verschlingung des eingeschnitzten 
Ornaments. 

Sowie die Eingebornen in der Herrichtung und Verzierung ihrer Kanoes grosse Sorgfalt 
erkennen lassen, so beurkunden sie dieselbe auch in der Herstellung und Ornamentirung 
ihrer Paddel-Ruder. Das lanzettförmige Blatt derselben ist stets sorgfältig mit geschnitzten 
Ornamenten versehen (Taf. XX Fig. 1 — 5) welche unschwer Vogel-, Fisch- und Eidechsen- 
Motive erkennen lassen. Um den charakteristischen Unterschied in der Ornamentirung zu 
zeigen, füge ich den Abbildungen ein Ruderblatt aus der östlichen Section (Dalimannhafen) 
und ein solches aus der westlichen Section (Humboldt-Bucht) bei. 

Die Anordnung der Dorfschaften ist eine unregelmässige. Man baut anscheinend die 
Häuser wo man eben einen geeigneten Platz findet. Dennoch liegen die Hütten der ein- 
zelnen Sippen oder Verbände immer beisammen und bilden eine Gruppe für sich, getrennt 



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durch GebOscb, oder durch primitive Zaune; solcher Platz hat daoD immer einen bestimmteD 
Namen und bildet einen Dorftheil für sich. Der Bau der einzelnen Hauser ist verBchieden 
je nach der Verwendung oder dem Zweck derselben. Charakteristisch fQr diese Section ist 
ein Gfebaude, welches einzig und allein dem Geister-Kultus dient und den Namen Parak 
(Tat XVII Fig. 1) führt; im Papua-Album von A. B. Meyer & R. Pabäimsof Taf. 49 und 
auf der hier beigegebenen Tafel XVII Fig. 2 ist ein solches (Jeisterhaus von der Insel 
Seleo abgebildet. Ausserhalb der Berlin hafen- Section werden die Parak nicht ai^etroffen. 
Die ersten derselben trifft man, vom Osten kommend, auf Bertrand und Guilbert; 
von da an sieht man die hohen Giebel derselben in allen Sti-anddörfern über das Gebüsch 
emporragen; auf den Inseln von Berlinhafen sind sie ebenso häufig und erstrecken sieb 



Verzierung eines Kanoes von Malol. 



Verzierung eines Kanoee von Malol. 

nach Westen hin bis zum Distrikt Serra. Darüber hinaus verschwinden sie gänzlich, 
in Lektre und Humboldt-Bucht ist nichts derartiges vorhanden. Diese Gebäude sind 
eine ganz .bestimmte Eigentbümlicbkeit der Section. 

Ich werde spater Ober die Verwendung der Parak naher berichten. Das Vorkommen 
dieser Geisterhauser zeigt uns, dass der Kultus überall wo diese Gebäude vorkommen 
derselbe ist, ich habe daher auch die Guilbert^ und Bertrand-Insel, zu dieser Section 
gerechnet weil auch hier der Paraft- Kultus herrschend ist, ein Zeichen des innigen geistigen 
Zusammenhangs mit der ganzen Section. Das Versammlungshaus auf Moschû (Papua-Album 
V. Meyer & Pabkibson Taf 43) ist allerdings ahnlich verziert, dient jedoch einem ganz, 
andern Zweck und ist, wie der Name sagt, einfach ein Versammlungshaus der Manner 
und hat mit dem Geisterglauben der Eingebornen keinen Zusammenhang. 

Auf den Bau des Parah verwendet der Eingeborne seine ganze Sorgfeit. Das Höchste was 
er in der decorativen Kunst, in Malerei und Schnitzerei, zu leisten im Stande ist wird 
zur Ausschmückung dieser Wohnung der Geister verwendet, und in der That muss man 

I. A. f. E. xm. 5 



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gestehen, dass er hier eine Leistung fertig bringt, welche ihn den grossen Künstlern der 
Steinzeit ebenbürtig zu Seite stellt. 

Der Bau eines Parak ist ungefähr wie folgt. Grosse Baumstämme werden in den 
Boden gepflanzt und bilden zunächst die senkrechten, bis zum Dachstubl reichenden 
Stützen dés Gebäudes. Etwa 1\ Meter über dem Boden werden wagerechte Hölzer gelegt 
und mit den senkrechten Stützen fest verschnürt; auf diesen wagerechten Hölzern ruht 
der Fussboden, in der Regel aus schmalen Latten hergestellt, die äussere harte Holzschicht 
einer bestimmten Palme. Etwa 2 Meter über dieser untern Flur wird eine zweite horizontale 
Lage von Hölzern befestigt und darauf ein zweiter Fussboden gelegt; der obere Raum., 
oder das' «weite Stockwerk ist etwa 1 Meter hoch und darüber wird ein. steiles, hohes 
Dach errichtet, welches die Form einer abgestumpften, viereckigen Pyramide hat und 
dessen untere Ränder ziemlich weit über die Wände hervorragen. Die First des Daches 
ist stets von zwei schräg hervorspringenden Ausläufern versehen, welche an der Unter- 
seite bemalt sind. Die Wände des Parak sind mit Holzbrettern, grösstentheils jedoch 
mit den aufgerollten Blattscheiden einer gewissen Palmenart bekleidet und mit Figuren 
in rothbraun, schwarz, gelb und weiss verziert. Diese Figuren sind unzweifelhaft ein 
Augenornament, jedoch wage ich nicht zu behaupten, ob wir es hier mit einem stilisirten 
Menschen- oder Thier-Ornament zu thun haben. Ich habe zahlreiche dieser Häuser gesehen , 
aber die Ornamentirung , obgleich im Grossen und Ganzen dieselbe, neigt sich bald einem 
Menschen-Ornament, bald einem thierähnlichen zu, und dazwischen findet man die 
mannigfachsten Abstufungen. Die flachen Wände tragen ferner noch hervorspringende 
schnabelartige Ansätze, die ebenfalls in demselben Stil bemalt sind. An den vorsprin- 
genden Rändern der Fussboden, am Rande des Daches, sowie an den Firstverlängerungen 
ist eine fortlaufende dichte Franse aus Faserstoflf angebracht. Die Ecken des Parak sind 
in der Regel mit rohgeschnitzten und bemalten, aufrechtstehenden menschlichen Figuren 
geschmückt, theils das männliche, theils das weibliche Geschlecht person ifizirend. Da das 
Gebäude zweistöckig ist, und ausserdem die erste Flur über dem Erdboden erhöht ist, so 
ist es selbstverständlich, dass man um ins Innere zu gelangen, Treppen oder Leitern vor 
den ThüröfFnungen angebracht hat. Diese Leitern sind stets aufs sorgfältigste durch 
geschnitzte Ornamentirung geschmückt, und diese Verzierung ist so eigenthümlich , dass 
ich dieselbe hier näher beschreiben will. Die Leiter besteht einfach aus zwei Längshölzern, 
die in entsprechenden Abständen durchbohrt sind, um die beiden Enden der Sprossen auf-^ 
zunehmen. läne jede Leiter hat ausserdem auf jeder Seite ein Geländer und dieses ist. 
stets aufs Eigenthümlichste geschnitzt; bei allen Parak ^ mögen dieselben nun zwei oder: 
nur eine . Leiter i haben , ist die Ornamentirung der Geländer immer dieselbe, wenn auch 
hie und da der Künstler kleine Abweichungen angebracht hat ; überall lässt sich jedoch 
dasselbe Motiv erkennen. , 

• Eins der Geländer ist stets in der Form eines Krokodils geschnitzt; das Krokodil- 
fasst mit den* Kiefern eine groteske menschliche Figur , manchmal auch ein Schweiin ; ich* 
will hier nebenher erwähnen , dass in dieser Section der Glaube verbreitet ist , die Seele eines 
Verstorbenen gehe in den Körper eines Schweins über. Das Krokodil wird am Schwanz, 
von einer oder von mehreren menschlichen Figuren festgehalten. Das andere Geländer hat; 
stets eine Reihe von Figuren, welche wohl Menschen vorstellen sollen, jedoch ein auffallende 
Aehnlichkeit mît Affen haben; diese Figuren sind hinter einander in sitzender Stellung) 
angebi'acht^ die Arme der einen Figur halten stets die Schultern des Vorder mannqç , die 



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fast ganz ausgestreckten Beine reiehen bis an dessen Gesäss. Manchmal besteht; diese» Reihe 
aus 7 hintereinander sitzenden Figuren. Bei der grossen Scheu der Elngebojnen vor denii 
Parak und Allem was damit in Zusammenhang steht, ist es schwer über die Bedeutung 
der Malereien und der Schnitzwerke Auskunft zu erhalten; dass die menschenähnlichen 
Figuren der Treppengeländer keine wirkliche Menschen vorstellen scheint mir klar, es^ 
mögen dadurch die Geister personificirt werden. Jedenfalls ist die auffällige Affenform 
ititeressant, da, soweit bisher bekannt, in Neu-Guinea keine Affen vorkommen, und in 
diesem Fall das Vorkommen der Aflfenfigüren auf eine Kenntnis des viel weiter im Westen, 
vorkommenden Thieres deutet. ; / 

Das Innere eines Parak ist in der Regel leer , die einzigen Geräthe die man in deo^ 
beiden Räumen findet sind die aus längeren und kürzeren Stücken Bambusrohr hergestelltem 
Flöten, worauf die zeitweilig in den Parak versteckten Männer blasen um anzudeuten, 
dass der Geist jetzt die Räume bewohnt ; ferner eine , aus einem ausgehöhlten Baumstamm 
hergestellte Trommel, welche demselben Zweck dienlich ist. 

Die ParaÄ-Gebäude gehören unstreitig zu den kunstvollsten Bauten ganz Neu-Guinea's ; 
die grossen Junggesellenhäuser in Tobadi (Humboldt-Bucht), sowie die gewaltigen Häuser 
mit mächtigen, thurmartigen Giebelenden am mittleren Lauf des Kaiserin-Augusta-: 
Flusses, sind allerdings räumlich grösser, stehen jedoch mit Bezug auf Ausschmückung 
den Parak weit nach. 

Nicht ganz so grossen Aufwand macht der Eingeborne in der Errichtung der Alöl^ der 
Gemeindehäuser des Dorfbezirks, Berathungshäuser oder Junggesellenhäuser (Papua^ Album 
von A. B. Meyer & R. Parkinson, Taf. 47, das Haus hnks mit vorspringender First; 
beide Häuser auf der Tafel 48, sowie unsere Tafel XVI Fig. 1). Die Flur dieser Häuser 
ist über den Erdboden erhöht, die Wände vielfach mit denselben Figuren bemalt wie das. 
Parak ^ von dem Rande des Daches hängt eine Blätterfranse herab, die First ist verlängert 
aber niemals so stark wie bei dem Parak ; vom Rande des Daches hängen häufig kleine 
buntbemalte Töpfe und Holzschnitzwerke herab. Eine Leiter führt zum Eingang etopor, 
jedoch nicht immer mit einem geschnitzten Geländer, Diese Art von Häusern ist immer.» 
nur einstöckig. Sie dienen den Junggesellen der Dorfgemeinschaft zum Aufenthalt, aberi 
auch die verheiratheten Männer kommen hier zusammen um zu berathen und über solche- 
Sachen zu sprechen, die in Gegenwart der Weiber nicht erwähnt werden dürfen. Auf: 
einem kleinen Regal werden die Schädel der Verstorbenen aufbewahrt. Sowie das Parak \ 
der Aufenthaltsort der Geister ist und dem Kultus derselben, wenn überhaupt von einem;: 
solchen die Rede sein kann, geweiht, so ist das -4Zo7 die Stätte des Ahnenkultus, worunter 
hier wohl nur die Erinnerung an die Verstorbenen gemeint sein kann. Jede Sippe eines-.! 
Dorfes hat ein gemeinschaftliches Alöl (Taf XVI Fig. 1) ; den Weibern und Kindern ist das . 
Betreten dieser Gebäude untersagt, jedoch hat man vor denselben nicht die abergläubische! 
Furcht wie vor dem Parak ^ dem Platz worauf dasselbe steht, und vor dem. was mit- 
demselben in Verbindung steht. Daher liegen auch dicht Q.m Alol herum die eigentlichen f 
Wohnhäuser der Eingebornen , und ohne Scheu sieht man Weiber und Kinder neben den- i 
selben herumgehen oder sitzen. - • ; i ' . ! 

Noch weniger Sorgfalt verwendet man auf die Wohnhäuser. Im östlichen Theil der Section-' 
sind dieselben entweder nach der Art der Alöl gebaut, mit einem über dem. Boden auf 
Bfählen gelegten Fussboden, aber ohne irgend welche Ausschmückung; oder sie sind . direct ' 
auf den Boden gestellt, ohne Fltir, und die Bewohner schlafen auf einer Kokosmatte, auf; j 



-se- 
der Erde. Im westlichen Tbeil der Section ist neben den i4^-ähnUchen Wohnhäusern eine 
bienenkorbförmige Hütte im Gebrauch, welche einen Uebergang bildet zu den Hütten 
mit pyramidenförmigen, vier- oder sechsseitigen Dächern, wie sie in der Humboldt-Bucht 
gebräuchlich sind. Diese Hütten, welche von Malol an westlich bis Serrä angetroffen 
werden, sind manchmal von 8 bis 10 Meter hoch; das Dachgerüst reicht bis an den 
Erdboden und im Innern ist ein aus Palmholzplatten hergestellter Fussboden, etwa 1 bis 
14 Meter über dem Erdboden, auf Pfählen errichtet. Sie sind in Folge ihrer grossen Höhe 
stets kühl und luftig, wenn auch vollständig dunkel, da die einzige Oeffnung in den 
Wänden die Thüröffnung ist, welche dicht verachlossen werden kann. Auf Tamara, 
wo die Alol-^tiulichen Wohnhäuser häufig sind, dient der untere offene Raum unter dem 
Fussboden zur Aufbewahrung von Feldfrüchten, fertigen und unfertigen Töpfen, Töpfer- 
lehm, Brennholz und dergleichen. 

Die Geräthe der Eingebornen sind nicht mannigfach , jedoch sind einige derselben 
höchst charakteristisch. Zunächst ziehen die Steinäxte unsere Aufmerksamkeit auf sich ; sie 
sind namentlich in dem westlichen Theil der Section heute noch das ausschliessliche Hand- 
werksgeräth, und sind in jeder Hütte zahlreich vorhanden (Taf. XIX Fig. 1—2). Die Axt- 
klingen sind aus einem dunkelgrauen, ziemlich spröden Gestein hergestellt und in allen 
Grössen vorhanden. Die Befestigung ist folgende: Die Khnge steckt in einem konischen 
Holzfutter welches durch geflochtene Rotan-Ringe und Umwickelung mit Rotan-Streifen 
verstärkt wird. Das Holzfutter ist wiederum durch Rotan-Streifen mit dem winkeligen 
Handgriff verbunden. Die Klingen stehen entweder rechtwinklig zum Stiel oder parallel 
zu demselben. Ganz ähnlich ist die Befestigung der Sagoklopfer (Taf. XIX Fig. 3). In der 
westlichen Nachbarsection , von Lektre an, finden wir eine ganz andere Befestigung; hier 
steckt die Axtklinge zwar ebenfalls in einem Holzfutter, dieses aber wiederum in einem 
geraden, an einem Ende durchlochtem Holzheft (Finsch, Atlas Taf. I Fig. 6). 

In allen Dorfschaften findet man ferner in den Hütten einen primitiven Drillbohrer 
(Taf. XIX Fig. 9) bestehend aus einem circa 50 cM. langen Stab , welcher durch eine halbe 
Eokosnussschale hindurchgesteckt ist, so dass dieselbe etwa.l5cM. über dem unteren 
Ende steht. Ein flaches Brettchen mit einem Loch in der Mitte ist dann von oben herab 
über den Stab geschoben, bis an die Kokosschale und mittelst Schnüren an diese befestigt. 
Diese Vorrichtung dient beim Gebrauch als Schwungrad. Am unteren Ende des Stäbchens 
ist ein scharfkantiges Stückchen Quarz befestigt. Der Bohrer wird in rotirende Bewegung 
gesetzt, indem man einen etwa 90 cM. langen Streifen Rindenzeug mit beiden Enden an 
ein Stäbchen von etwa 30 cM. Länge befestigt. Die Mitte des Streifens wird mit dem 
Pinger an dem oberen Ende des Stäbchens festgehalten und dann der Streifen um daa 
Stäbclien gewunden, durch leises Nachhelfen mit der Hand wird nun der Apparat in 
Bewegung gebracht ; die immer schneller werdende Drehung windet nun das Band bald nach 
rechts, bald nach links um das Stäbchen wodurch dieses in fortwährender Rotation ver- 
bleibt^ bald links bald rechta sich drehend, jenachdem der Zeugstreifen sich rechts oder 
links abwickelt; die eine Hand leitet den Bohrer, die andere hält das Querstäbchen und 
leitet dasselbe am Stäbchen auf und ab, jenachdem die Windungen der Streifen sich 
abwickeln oder wieder um das Stäbchen legen. 

Weit interessanter ist jedoch der in dieser Section angetroffene Bohrer, zum Durchbohren 
von Muschelplatten, den ich zuerst im Jahre 1893 auf der Insel Angel (Berlinhafen) 
beobachtete und im Internat. Archiv, Band VU, Seite 89 beschrieb und abbildete. Dieser 



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Bohrer wirft zuerst ein Licht auf die Art UDd Weise wie andere Volker der Steinzeit wobl 
ihre Axtklingen , Keulenknaufe etc. durchbohrten. Prof. voh Luschah hat dann im Jahre '97 
in seinen „Beiträge zur Völkerkunde" Seite 74 & 75, anknüpfend an ein Exemplar 
des Bohrers, welches dem Museum für Völkerkunde in^ Berlin in '96 zukam, weitere 
Betrachtungen gegeben. Die Abhandlung giebt eine Darstellung des Bohrers allein, 
zeigt jedoch nicht die Anwendung wie ich dieselbe bereits im Jahre '94 abbildete ; eine kleine 
Nebenfigur zeigt die Art wie von Luschah sich die Anwendung denkt, dieselbe ist jedoch 
irreleiteod, denn das zu durchbohrende ^uschelstQck wird niemals durch Pflöcke 
befestigt , sondern liegt frei auf einer Holzplatte, am Rande umflochten mit Schnüren, wodurch 

dem Bohrer Führung gegeben wird ; auch wird 
das Instrument niemals von Männern, 
sondern ausschliesslich von Weibern 
gehandhabt. Besser wie irgend eine Beschrei- 
bung, wird die hier gegebene Abbildung den 
Apparat, wie dessen Verwendung erklären. Die 
Originalphotogiaphie wurde von mir im Jahre 
1898 an Ort und Stelle aufgenommen. Auch 
diese Bohrer gehen allmählig ihrem Untergang 
entgegen ; 1893 waren sie recht häufig, dagegen 
1898 schon so selten, dass es mir nur mit 
grosser Mühe gelang auf Angel ein Exemplar 
einzutauschen. Obgleich nun dieses höchst 
interessante Bohrwwkzeug vor der Hand allein 
aus der Berlinbafen-Section bekannt ist, und 
zwar von Angel und von den Bertrand's, so 
bin ich doch der Aneicht, dass dasselbe weiter 
im Osten seine eigentliche Heimath hat. Auf 
dem Pestlande Neu-Öuinea's weiches diese 
Section ausmacht, kommt es nirgends vor, 
was man dort an durchbohrten Muschelringen 
sieht, ist auf dem Wege des Tauschhandels 
eingefClhrt. Ich habe Gelegenheit gehabt mich 
zu überzeugen, dass von Lektre bis Tobadi 
Wetb auf Angel mit dam Bambus-Bohrer ein kein derartiger Gegenstand bekannt ist ; die 
Stück Tridacna-Muschel durchbohrend. östlich gelegene Nachbar-Section weist dagegen 

viele und sauber ausgefClhrte durchbohrte 
Kuschelringe auf, ist mir aber nicht genügend bekannt um das Vorkommen des Bohrers 
feststellen zu können. Spatere Beobachtungen werden jedoch wohl meine Annahme bestä- 
tigen, dass die östliche Nachbarsection die eigentliche Heimath des Ringbohrers ist. 

Kopfbanke (Taf. XIX Fig. 10—12) wie solche in der weiter nach Osten gelegenen 
Nachbar-Section vielfach vorkommen, sind in der Berlinhafen-Section nur vereinzelt vor- 
banden und zwar nur in der Osthälfte der Section. Ich beobachtete zwei Formen , die eine 
derselben ist in der Grundform genau so angelegt wie die Eopfbänke aus Dallmannhafen 
(vos LuscHAK, Beiträge zur Völkerkunde, Seite 70), aber nur mit Rudimenten von 
Schnitzereien; die zweite Form ist bedeutend von der ersten vei-schieden und besteht aus 



- 38 - 

einem Holzblock etwa 20 cM. hoch, mit elliptischem Durchschnitt von etwa 10 cM. Dieser 
Block ist derart geschnitzt dass zwei elliptische Endplatten mit einer mittleren elliptischen 
Platte durch Schnitzerei in durchbrochener Arbeit verbunden sind. Auch diese Art von 
Kopfstützen scheint nicht häufig zu sein. 

Die einzige Industrie die man in der Section antrifft ist, wenn wir von der Töpferei 
auf Tamara absehen, die ziemlich beschrankte Anfertigung von Waffen allerlei Art, 
und von geknüpften Taschen aus feinem Bindfaden, häufig mit verschiedenen bunten Mustern 
geschmückt, ferner der vorher beschriebene Kampf-Brust-Schmuck; alle bilden Tauschartikel 
gegen welche der Eingeborene Produkte aus anderen Gegenden einhandelt. Die Töpferei auf 
Tamara (Taf. XVI Fig. 2) verdient jedoch eine ausführlichere Darstellung. Die Töpferei kann 
nur dort betrieben werden wo das nöthige Material, nämlich der Lehm vorhanden ist. In 
den angeschwemmten Strand-Niederungen des Festlandes, die den bewohnten Theil der 
Section bilden, ist dies Material nirgend vorhanden. Tamara besteht zum Theil aus 
gehobenen, krystallinischen Kalkmassen, welche durch Verwitterung einen geeigneten 
Lehm für Töpfereizwecke liefern. Die Töpferei ist hier, wie überall, eine Beschäftigung der 
Weiber und die Männer besorgen allein den Vertrieb der fertigen Waare. Zunächst graben 
die Weiber den Lehm aus den Rissen und Höhlen des Kalkfelsens; darin enthaltene 
grössere Steinchen werden zuerst herausgelesen, dann lässt man die einzelnen Lehm- 
klumpen an der Sonne trocknen. Eine sorgfältige Reinigung des Lehms wird nach voll- 
endeter Austrocknung dadurch hergestellt, dass man die trockenen Klumpen mit einem 
Stein zerschlägt und zerpulvert und alle kleine harten Theile entfernt. Auf diese Weise 
gewinnt man einen feinen Lehmstaub der, mit Wasser vermischt, einen völlig homogenen 
Lehm bildet, vorzüglich geeignet zur Anfertigung der Töpferwaaren. Das Handwerksgeräth 
ist sehr einfach: ein faustgrosser platter Rollstein, ein flaches Brettehen und eine Kokos- 
schale mit Wasser. Die Töpferin formt zunächst den Boden des Gefässes indem sie ein 
Lehmklümpchen mittelst Stein und Brettchen flach klopft, daran wird ein weiteres Lehm- 
klümpchen gehängt, immer unter Benutzung der beiden Geräthe. Der Stein wird gegen 
die Innenwand des Topfes gelegt und der Lehmklumpen mittelst des angefeuchteten Brett- 
chens darüber breitgeklopft. Wenn die Wölbung des Bodens geformt ist so stellt die 
Töpferin das soweit fertige Stück während einiger Zeit zur Seite, um dasselbe etwas 
antrocknen zu lassen, formt vielleicht mittlerweile einen zweiten oder dritten Topfboden, 
nimmt dann den ersten wieder zur Hand und baut nun abermals mittelst Stein und 
Brettchen die Seitenwand des Gefässes weiter ; so werden der Reihe nach die angefangenen 
Töpfe behandelt bis sie bis zum oberen Rand fertig sind, worauf man mit dem Finger- 
nagel oder mit einem Stückchen Holz Verzierungen (Taf. XXII Fig. 1 — 8) in den noch 
weichen Lehm drückt, oder Lehm zu einem Faden ausrollt und diesen an den Rand befestigt, 
theilö um denselben zu verstärken , theils um als Verzierung zu dienen. Die fertigen Töpfe 
werden dann im Schatten langsam getrocknet und dann gebrannt. Letzteres ist sehr 
einfach ; man stellt das Gefäss auf den Boden und richtet dünne Holzstäbchen ringsherum 
an den Seiten ; dürres Gras , dürre Baumzweige und dergleichen werden dazwischen hinein- 
geschoben und das Ganze dann angezündet. Von einem wirklichen Brennen kann kaum 
die Rede sein, es ist mehr eine starke Austrocknung, langsam und vorsichtig durch Feuer 
herbeigeführt. Die fertigen Töpfe werden unter dem Fussboden der Häuser aufbewahrt 
bis eine genügende Anzahl vorhanden, womit das Kanoe der Familie dann nach der Fest- 
landküste fährt um dafür namentlich Sago einzuhandeln. 



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Die Form der Topfwaaren ist ziemlich verschieden. Man verfertigt flache Schalen, in 
der Form eines Kugelsegments: der obere Eand dieser Schalen ist in der Regel in kleinen 
Abständen ausgebuchtet, jede Ausbuchtung ein flaches Kreissegment darstellend; dies ist 
nicht ausschliesslich Verzierung sondern hat einen praktischen Zweck. Diese flachen 
Schalen werden häufig als Deckel der grossen Sago-Koch-Töpfe benutzt; die flachen Segmente 
am Rande lassen dann einen geringen Theil des im Kochtopf erzeugten Wasserdampfes 
entweichen, während, wenn dies nicht der Fall wäre die Dämpfe den Deckel herab- 
schleudern würden. Die eigentlichen Kochtöpfe haben eine kugelige Form, manchmal mit 
einem ausgebuchteten oberen Rand, manchmal ohne einen solchen. Die Ränder sind durch 
aufgelegte dünne Lehmwülste geziert, manchmal ein einzelner solcher Wulst, manchmal 
zwei oder mehrere unter einander, manchmal geradlinig verlaufend, manchmal eine gewellte, 
manchmal eine Zikzack-Linie bildend. Die eingepressten Ornamente, werden in der Regel 
mit dem Fingernagel hervorgebracht, die einzelnen Nagelmarken bilden dann Kreise, 
Rauten, Linienornamente, je nach dem Geschmack der Verfertigerin. Ausser den Koch- 
töpfen fertigt man auch Gefässe zum Aufbewahren von Wasser oder Kokosöl. Diese Töpfe 
haben dieselbe kugelrunde Gestalt, jedoch mehrere Oeffnungen, manchmal drei oder vier 
kreisrunde Löcher, manchmal ein grösseres Loch in der Mitte und darum hin eine Anzahl 
von kleineren kreisrunden Oeffnungen. 

Die oben beschriebene Art der Töpferei ist die gewöhnliche, manchmal jedoch sieht 
man eine andere Methode, welche wohl nur dann Verwendung findet wenn es sich darum 
handelt schnell eine grössere Anzahl von Töpfen herzustellen. Man bildet dann aus langem' 
Gras oder aus den einzelnen Kokosnussblättchen ein halbkugeliges Gefäss, einfach in der 
Art dass man einen Gras- oder Blätterbündel an einem Ende fest zusammenschnürt, die 
einzelnen Halme dann nach allen Richtungen gleichmässig nach aussen biegt und dann mit 
Lehm auf der Innenseite belegt; der Rand wird dann ein wenig ausgebuchtet. Die Halme 
oder Blätter werden von dem Lehm festgehalten und trocknen mit demselben zusammen. 
Beim Brennen verzehrt das Feuer die Blätter oder Blattumhüllung und der gebrannte Topf 
zeigt dann die Abdrücke derselben auf der Aussenseite. 

Die Nahrung der Eiogebornen besteht namentlich aus Fischen und solchen Vögeln die 
sie zu erlegen vermögen, vor allem jedoch aus Sago. Die sumpfigen Niederungen der 
Festlandküste bieten eine nie versiegende Quelle dieses Nahrungsmittels. Vollständige 
Sago-Dickichte dehnen sich über weite Strecken aus und so viele Sagopalmen man auch 
alljährlich fällen mag, so viele wachsen immerwährend nach. Sago ist daher in allen 
Dörfern die gangbare Nahrung. Ich beobachtete zwei Formen der Zubereitung, nämlich 
pfannkuchenähnliche Sagofladen, und Sagobrei der in grossen Kochtöpfen bereitet wurde. 
Eigentlicher Feldbau existirt anscheinend nicht, von einer Bebauung des Bodens ist keine 
Rede; an geeigneten Stellen säubert man eine Fläche durch Abbrennen der Büsche und 
Bäume, und pflanzt ohne weiteres Taro, Bataten und Yams hinein; der Ertrag ist daher 
auch ein geringer, da beide Pflanzen einer ziemlich sorgfältigen Pflege und Kultur bedürfen 
um sich zu entwickeln. Diese Anpflanzungen sind ausserdem nur von geringer Bedeutung 
und Ausdehnung, man sieht dass der Eingeborne viel lieber mit dem Sago vorlieb nimmt 
der ohne sonderliche Mühe und ohne welchen eigentlichen Feldbau zu gewinnen ist. 

Schweine sind in allen Dorfschaften in grosser Anzahl vorhanden und im Walde wie 
in den Sümpfen trifft man eine weitere grosse Zahl von Wildschweinen. Das Schwein 
scheint in den meisten Dorfschaften den Fleischbedarf zu liefern , man sieht in den Hütten 



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lange Reihen von Schweine-Unterkiefern zur Erinnerung an abgehaltene Schmausereien* 
Auf Tamara essen die Männer kein Schweinefleisch^ weil nach ihrer Meinung die Seele 
des Verstorbenen in den Schweinekörper iährt. Dieser Aberglaube giebt uns einen Anhalts- 
punkt um das Verschmähen des Schweinefleisches durch andere Volksstämme, z.B. durch 
die Männer der Gazelle-Halbinsel zu erklären, obgleich bei Letzteren der eigentliche Grund 
dieses Gebrauches längst in Vergessenheit gerathen ist. 

Ferner liefern Brodfrucht, Kokosnüsse und verschiedene wildwachsende Früchte einen 
wohlschmeckenden Beitrag zur Küche, und man darf wohl sagen dass es den Eingebornen 
niemals an Nahrungsmitteln gebricht, in Folge dessen ihr Aussehen denn auch überall 
ein wohlgenährtes genannt werden kann. Höchstens auf den Inseln herrscht gelegentlich 
Mangel. Die Inselbewohner sind auf das Festland angewiesen mit Bezug auf ihren Bedarf 
an Sago. In der Zeit des Nordwest Monsun steht übemll auf der Küste eine so starke 
Brandung dass Kanoes weder landen noch absetzen können. Die Insulaner schaffen daher 
während des S. 0. Passat, während dem die See ruhig und das Festland zugängUch ist, 
ihren Bedarf an Sago an; dauert nun der N. W. Monsun lange, so geht ihnen der 
Vorrath aus und dann ist eine zeitweilige, unfreiwillige Hungerkur die Folge. 

An Musikinstrumenten haben die Eingebornen dieser Section grosse Holztrommeln, 
d. h. Theile von Baumstämmen, innen ausgehöhlt und mit einer langen schlitzförmigen 
Oeffnung, wie solche überall bei den Papuas vorkommen; ferner die sanduhrförmigen 
Holztrommeln, das eine Ende bespannt mit Jlfom^or-(Eidechsen-)Haut, das andere offen. 
Die grossen Holztrommeln sind häufig recht zierlich geschnitzt und mit Büscheln von 
Faserstoff verziert. 



III. ETHNOLOGIE. 
Sitten, Gebräuche, Sagen und Religiöser Glaube. 

• 

Der Eingeborne dieser Section scheint sich unter einer Heirath nicht viel besonderes 
vorzustellen. Dieser Act ist denn auch mit so wenig Ceremonien und Gebräuchen ver- 
bunden, dass man gar nicht merkt ob zwei Bekannte Mann und Frau geworden sind. 
Der Bräutigam geht zu den Eltern der Braut und hält um die Hand der Tochter an; 
manchmal geschieht diese Brautwerbung schon jahrelang vor der Ehe, wenn beide Theile 
noch kaum dem Kindesalter entwachsen sind; andere melden sich erst kurz vor der 
Heirath; wieder andere, die nicht sogleich ein Jawort der Braut-Eltern erhoffen dürfen, 
offenbaren sich der Braut allein und warten auf eine günstige Gelegenheit, die Bewerbung 
passend und mit Erfolg anzubringen. Ein Anderer endlich stiehlt sich ohne viele Umstände 
bei Nacht und Nebel unter seinen Bekannten eine Frau, allerdings wohl nicht ohne Ein- 
willigung der Letzteren. Ernstliche Streitigkeiten scheinen daraus nicht zu entstehen. 

Wenn die Angelegenheit so weit zwischen den Brautleuten gediehen ist, dass sie zur 
Ehe schreiten wollen, so macht die Braut ein kleines Essen zurecht, ladet dazu den 
Bräutigam ein uud damit ist die Heirath fertig. Die Heirathen geschehen wohl meist aus 
gegenseitiger Neigung der Kontrahenten zu einander. 

Monogamie und Polygamie treten neben einander auf, es wäre unrichtig die eine 



- 41 - 

oder die andere als gangbare I^el hinzustellen. Wenn Polygamie herrscht, so leben die 
Frauen, selten mehr wie zwei, in der Begel recht friedlich neben einander. Ehelosigkeit 
scheint eine Seltenheit zu sein. 

Die Frau hat in Sachen des Hauses immer ein wichtiges Wort mitzusprechen, der 
Mann hört auf ihren Rath und mir im Zorn kommt er dazu sie zu schlagen. Hat die Frau 
noch lebende, nahe Verwandte, so wird er überhaupt nicht leicht dazu kommen sie zu 
misshandeln , denn solche Vergehen werden von den Verwandten meist blutig gerächt. 

Bei der Geburt eines Kindes werden auch nicht viele Ceremonien beobachtet. Die 
ersten 6 bis 8 Tage nach ihrer ersten Niederkunft, verbringt die Mutter mit dem Säugling 
in einem jämmerlichen Häuschen, das in der Nähe der Wohnung oder auch im Walde, 
aber fast immer am Wasser liegt. Die Frau darf während der Zeit keinen Mann sehen, 
selbst nicht den eigenen Gatten. Sind diese 8 Tage vorüber, so begiebt sich die Mutter 
nach Hause und in den nächsten drei Monaten kommt sie selten ans Tageslicht, dann aber 
tritt der junge Weltbürger an die Oeffentlichkeit. Bei einer zweiten und weiteren Geburt 
geht die Mutter nicht immer in das Geburtshäuschen, sondern hält sich zu Hause oder 
bei Verwandten auf, auch kommt sie nach wenigen Wochen schon wieder ans Tageslicht, 

Der junge Erdenbürger wird schon früh daran gewöhnt Sago, Kokosnuss, Fische und 
sonstige Speisen zu sich zu nehmen, er braucht blos zwei bis drei Wochen alt zu sein, 
dann sieht man schon wie die besorgte Mutter ihn mit den guten Dingen dieser Erde 
förmlich stopft. 

Von einer Erziehung der Kinder ist nicht die Eede. Die Kinder sind auch in reiferem 
Alter noch immer recht anhänglich an die Eltern und sorgen für einander, und umgekehrt 
diese an die Kinder, das ist auch das Einzige was Kinder und Eltern sich gegenseitig 
leisten. Die Kinder gehorchen ihren Eltern meist nur dann wenn es ihnen gefällt. Sind 
sie ungehorsam, so wird geschimpft, selten jedoch gestraft. 

Ehetrennungen sind häufig; oft erfolgt die Trennung schon bald, oft auch erst, nachdem 
die Leute Kinder haben; einmal geht die Sache von der Frau, ein andermal von dem 
Manne aus. Gewöhnlich schreiten beide Theile bald nach der Trennung zu einer neuen 
Heirath. Wenn die Kinder eines entlassenen Ehetheils grösser sind, so besuchen sie oft 
den Vater oder die Mutter, die sich anderwärts verheirathet haben, ohne dass die Stief- 
Mutter oder der Stief-Vater viel dagegen hätten. 

Die Knaben folgen von Kindheit an den Männern, lernen Pfeil, Bogen und Speer 
gebrauchen und nehmen Theil an den Tänzen und Festen. Es scheint jedoch nicht als ob 
bestimmte Gebräuche beobachtet werden wenn der Knabe erwachsen ist und als Mann 
angesehen wird; er ist dann eben ein Erwachsener und die einfache Thatsache genügt ihn 
den übrigen Männern gleich zu stellen. Mit den Mädchen verhält es sich ähnlich. 

Der Lebenslauf eines Eingebornen ist demnach nicht reich an Familienfesten* und 
damit verknüpften Ceremonien. Bei dem Tode wird etwas mehr Aufwand gemacht. 
Ist der Verstorbene ein Mann, dann wird sofort die grosse Trommel gerührt; die Leiche 
liegt 12—24 Stunden in der Hütte ehe sie der Erde anvertraut wird. Der Todte ist meist 
in halbsitzender Stellung an ein Brett gelehnt, man behängt die Leiche mit allerhand 
Schmucksachen und eine Anzahl Weiber hält die Todtenwache. Verwandte und Bekannte 
bestreichen Gesicht und Brust zum Zeichen der Trauer mit Lehm. Aus dem Sterbehause 
erschallen fortwährend die Todtenklagen in langgezogenen, klagenden Tönen, oft dauert 
dieser Gesang die ganze Nacht hindurch. Zum Zeichen der Trauer wirft man mittlerweile 

L A f. E. Xm. G 



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allerhand Geschirr aus dem Hause über die Schwelle und bleiben dort die Scherben während 
längerer Zeit liegen ; ebenso fällt man einige Kokos-, Brodfrucht- oder andere Frucht-Bäume 
die dem Verstorbenen gehörten. Kommt die Zeit des Begräbnisses heran, so legt man den 
Todten in einen Sarg mit Deckel; derselbe ist hergestellt aus aneinander geschnürten Palm- 
holzplatten. Die Beerdigung findet entweder in dem Hause oder neben demselben statt. 
Ist das erstere der Fall, so legt man auf den Lattenfussboden eine Lage von Baumrinde 
und Bast, schüttet darauf Sand, stellt den Sarg darauf und schüttet nun diesen 15—30 cM. 
hoch mit Sand zu. Wird der Todte neben dem Hause begraben , so macht man eine flache 
Grube und stellt den Sarg hinein. Ueber einem solchen Grabe wird ein kleines Schutzdach 
gebaut (Siehe Taf. XVI Fig. 1, und Meyer & Parkinson: Papua- Album Taf. 47). 

Beim Begräbnisse sind in der Regel ziemlich viele Leute versammelt, die Thränen 
fliessen reichlich und das Klagegeschrei will nicht verstummen. Die Ceremonien sind viel- 
fach verschieden; einigen Todten giebt man Bogen und Pfeile mit ins Grab, Schmucksachen 
womit die Leiche während der Aufbahrung geschmückt war werden vor der Beerdigung 
grösstentheils wieder entfernt, nur wenige Stücke folgen ins Grab; andere bekommen ein 
Ruder mit. Einige werden roth bemalt, oder der todte Körper wird mit gekochtem Sagobrei 
bestrichen. Manchmal stellen sich zwei Männer mit ihren Bogen und Pfeilen am Kopf- und 
Fussende des Grabes auf und schiessen ihre Pfeile über Kreuz in dasselbe hinab. Am 
Grabe wird anfangs während einiger Zeit ein Feuer unterhalten, in dem Sterbehause hält 
vielfach eine nähere weibliche Verwandte, als Frau, Mutter, Schwester, Nichte, einige 
Wochen hindurch Todten-Wache ; die betreffende Person darf nur im Nothfalle das Haus 
verlassen und stimmt ab und an eine Todtenklage an. 

Die Eingebornen glauben ganz bestimmt an die Fortdauer der Seele nach dem Tode, 
haben auch eine dunkle Ahnung von einer Belohnung der guten und Bestrafung der 
schlechten Seelen, nehmen dabei aber eine Art von Todtenverwandlung an, wobei der 
Mensch in einen Fisch oder ein Schwein verwandelt wird. 

Nach dem Tode feiert man noch öfters das Andenken der Verstorbenen; man setzt 
auch wohl dem einen oder andern eine Art Denkmal. Dieses besteht aus einem Baume 
mit möglichst vielen Zweigen; derselbe wird in der Nähe des, oder bei dem Grabe aufge- 
stellt nnd mit allerhand Gegenständen behangen als Gürteltücher, Täschchen, Perlen, 
Töpfen, Sagobündeln, Bataten etc. etc.; auch lehnt man wohl einen Holzschild daran, der 
mit einigen 10—20 Pfeilen gespickt ist. Nach längerer Zeit, cca ein bis drei Jahren, 
werden die Gebeine des Todten wieder ausgegraben. Handelt es sich um Gebeine eines 
Mannes so finden dabei grosse Feste statt: von Bogen und Pfeilen wird ein kleiner Zaun 
errichtet, derselbe wird über und über mit Schmucksachen behangen und am Morgen findet 
ein grosses Essen statt woran sich viele männliche Personen, auch Jünglinge betheiligen. 
Gegen Mittag werden die Gebeine ausgegraben. Bei Frauen finden nur wenige Feierlich- 
keiten statt. Das folgende Schema veranschaulicht wie es mit den Ceremonien bei der 
Ausgrabung der Todtengebeine gehalten wird. 



- 43 - 



stand der 
Person. 



Wird ausgegraben 



von: 



Der Schädel und ein 

Schenkelknochen 

kommen in: 



Nachher findet ein 
Mahl statt: 



Wache: 



Mann. 



Verwandten oder 

Männern desselben 

Dorf bezirkes {anitjôll). 



den alöl (Haus des 
Dorf bezirkes). 



an dem sich allein 
die männlichen Ver- 
wandten und Nach- 
baren im alöl be- 
theiligen. 



Ein Mann wacht 
eine Zeit lang im 

(ÜÖl 



Frau. 



Weibern aus allen 

Theilen der Gemeinde 

oder des Stammes. 



im Hause der Todten 
aufbewahrt falls sie 
Kinder oder Neffen 
und Nichten hat, 
sonst werden die 
Knochen in die tjoll 
pdru geworfen. 



kleines Essen von 
Männern und Frauen 
im Hause der Ver- 
storbenen gehalten. 



Jüngling. 



dem Vater, der Mut- 
ter oder von Ver- 
wandten. 



im Hause aufbe- 
wahrt. 



kleines Essen im 
Hause : Jünglinge , 
Mädchen u. Männer 
nehmen Theil. 



Jungfrau. 



Idem. 



Idem. 



Mädchen und Weiber 
nehmen Theil. 



Kind. 



Idem. 



Idem. 



Kinder essen im 
Hause. 



Die vorerwähnte tjoU paru ist ein Ort , wo Knochen-Sargüberreste hingeworfen werden. 
Es giebt eine tjoU paru für männliche Personen die bereits den Gürtel tragen , eine zweite 
für Weiber und für Knaben die noch nicht den Gürtel tragen. Die tjoll paru der Männer 
ist neben dem alöl in einem kleinen Gebüsch, die der Frauen im Wald. Beim Ausgraben 
der Todten werden dahin die andern Knochen, Sargreste u. s. w. geworfen; noch gut 
erhaltene Schmuckstücke nimmt man wieder an sich. Einige Knochen nimmt man auch 
mit sich und verwendet sie gelegentlich als Anhängsel von Schmuckgegenständen, andere 
trägt man auch als Mittel für oder gegen Zauberei. Der Mann der im alol bei dem aus- 
gegrabenen Schädel eines Mannes Todtenwache hat, muss dort stillschweigend verweilen 
oder darf nur leise flüstern , ebenso die welche dort speisen. Die Schädel werden auf einem 
kleinen tischähnlichen Gerüst im alol aufbewahrt mit einem der Schenkelknochen. Ist das 
Tischchen voll und es kommen noch neue Schädel dazu, so wirft man die ältesten, so 
weit es nöthig ist in die tjoU paru, Todte werden öfters von den Lebenden angerufen, 
dass sie z. B. den Wind stillen etc., man verwendet bei diesen Anrufungen auch die 
Knochen der Verstorbenen, die man an sich genommen. 

Zauberei und Zaubermittel sind wohl vorhanden aber wenig bekannt, und werden 
meistentheils in Krankheitsfällen angewendet. Ist die Krankheit eine leichte, so kümmert 
man sich nicht viel darum, ist die Sache aber gefährlicher, so muss sicher irgendwie eine 
Behexung vorliegen und der JkföÄs, ein böser Geist, ist dabei im Spiele. Um ihn abzuhalten 
legt man gewisse Kräuter auf die Schwelle des Hauses , andere werden am Dache aufgehängt, 



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wieder andere am Feuer gedörrt und dann der Kranke damit berührt und bestrichen, öfters 
schlägt man auch wohl unter geheimnisvollem Gemurmel den Kranken mit Kräutern, 
spuckt ihn mit Betelspeichel an, zieht an seinen Fingern herum, u. s. w., alles um den 
bösen Geist fern zu halten. Bei schweren Krankheiten gehen die Leute vielfach in das 
Haus eines Verwandten, um den Möhs irre zu leiten; oder einige Männer gehen auf 
Reisen um zu erfahren ob nicht von einem Nachbarstamme oder Dorfe aus der Kranke 
behext worden sei. Diese Behexung geschieht durch den tjapel. Ein Eingeborner der einem 
andern übel will, sucht sich etwas von dessen Sachen: Kleid, Haare, Speise, Speichel, 
Auswurf U.S.W, zu verschaffen, wickelt das in Blätter, oder sonst wie ein, und wirft es 
ins Feuer mit dem Wunsch, der oder der möge sterben. Dies heisst tjapel machen. Aus 
Furcht vor dem tjapél hüten die Leute sich wohl, irgend etwas ihnen gehöriges zu ver- 
lieren; Bedürfnisse werden immer in der See verrichtet, Speisereste abseits in den Busch 
geworfen u. s. w. Wenn jemand glaubt ein anderer habe ihm tjapél gemacht, greift er 
unter Umständen zu Pfeil und Bogen um den Feind aas dem Wege zu schaffen. 

Ich will hier noch erwähnen, dass auf der Insel Ali am Berlinhafen eigenthümliche 
durchbohrte Steine gefunden werden welche der Zauberei dienen. 

Die Bewohner der besagten Insel überfielen im Jahre 1896 völlig unmotivirt ein 
Détachement S. M. S. Möwe, welches für Vermessungszwecke an Land gegangen war und 
verwundeten mehrere der Matrosen ziemlich schwer. Die Möwe sandte darauf einen Theil 
ihrer Mannschaft an Land und liess das Dorf einäschern. Die Neu-Guinea Kompagnie, 
welche auf der benachbarten Insel Seleo eine Handelsstation besass, sandte nun von Zeit 
zu Zeit Arbeiter nach Ali um die dortigen Kokos-Bestände auszunutzen. Bei dieser Gelegen- 
heit fanden sie eigenthümliche, durchbohrte Steine auf den alten Hausplätzen, die dem 
Agenten, Herrn Lückes, auf Seleo gebracht wurden und, so viel ich weiss, von diesem 
Herrn an das Düsseldorfer Museum geschenkt wurden. Diese durchbohrten Steine sind den 
heutigen Einwohnern so zu sagen unbekannt, obgleich sie behaupten, dass sie der Zauberei 
dienen, etwa in der Form des tjapel. Ich habe einen grossen Theil dieser Steine in Händen 
gehabt und kann dieselben folgendermassen klassificiren : 

1. Steine von un regelmässiger , länglicher Form und rauher Oberfläche mit einem 
Loch durch die Längsachse von 1 bis 1| cM. Durchmesser. Das Loch ist kreisrund, mit 
völlig glatten Seitenwänden und muss gebohrt worden sein. 

2. Steine von unregelmässiger Form, etwa faustgross und darüber, an einer Seit« 
durchbohrt. 

3. Scheibenförmige, geschliffene Steine mit einem Loch im Centrum, dies Loch ist 
hergestellt : 

a. durch Durchschlagung oder Durchstossung mit einem härteren 
Stein; die Durchbohrung ist von beiden Seiten erfolgt und hat daher die 
nebenstehende Form; 

6. durch Durchbohrung mit einem röhrenförmigen Instrument, etwa wohl von der 
Form des heutigen in dieser Gegend gefundenen Ringbohrers , weshalb die Seiten vollständig 
glatt sind und der Durchmesser des Loches überall ein gleicher ist. Diese Steine erinnern 
an die scheibenförmigen Keulensteine aus Südost-Neu-Guinea, mit denen sie in der Form, 
namentlich wie unter a beschrieben völlig übereinstimmen. 

4. Steine mit konischer Durchbohrung wie unter 3a, aber von rundlicher Form, wie 
die Steinknäufe der Keulen der Gazelle-Halbinsel. Ein einziger Stein mit ebensolcher Durch- 




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bohrung, die Aussenseite jedoch mit eingeschliflfenen Längs- und Querrippen, so dass der 
Stein einer Ananas ähnlich sieht, ist ebendaselbst gefunden worden und ist identisch mit 
ähnlichen Steinknäufen aus Südost-Neu-Guinea. Sämmtliche Steine dieser Art, und deren 
Herkunft sind den heutigen Eingebornen unbekannt. Sie haben nicht einmal einen Namen 
dafür, und stellen sie mit abergläubischen Gebräuchen in Verbindung. 

Auf der Meta-Insel bei Dallmannhafen schreibt man einem, dort noch aufbewahrten 
durchbohrten Stein die Eigenschaft zu , reichen Fischfang herbeizuführen , und bat flehentlich 
den Stein doch dort zu lassen. Auf Tamara erklärte ein alter Mann, dass man in das 
Loch ein Stück Zeug oder einen Gegenstand irgend eines Eingebornen stecke, die Enden 
verstopfe und dann den Stein vergrabe, wodurch dem Eigenthümer ein Leid geschehen 
würde, in der Art des tjapél. 

Ich muss gestehen dass, abgesehen von den durchbohrten Steinen die die Form 
von Keulenknaufen haben, und ursprünglich auch wohi solche gewesen sind, die Bedeutung 
und Verwendung der übrigen durchbohrten Steine mir unklar ist. Völkerverschiebungen 
haben wohl auch in Neu-Guinea in früheren Zeiten in grossem Umfang stattgefunden; die 
heutigen Bewohner eines Theils von Südost-Neu-Guinea gebrauchen noch heute scheiben- 
förmige Keulen und solche mit rundem Knauf oder mit ananasähnlichem Knauf, Waffen 
die in der Berlinhafen-Section wie in den Nachbarsectionen im Osten und Westen heut 
ganz unbekannt sind. 

Herr Pater Erdweg auf Tamara hat die Güte gehabt bei den Eingebornen über deren 
Glauben , ihre Ansichten über eine Zukunft nach dem Tode und namentlich über die Parak- 
Gebräuche Nachforschungen anzustellen Wenn auch nun die Insel Tamara nur einen 
geringen Theil der ganzen Berlinhafen-Section ausmacht, so glaube ich dennoch, dass ein 
Grundgedanke durch die ganze Section geht und dass, was in Tamara die gangbare Ansicht 
ist, wohl mit geringer Abweichung als Grundgedanke der ganzen Section angesehen 
werden darf. Pater Erdweg theilt mir Folgendes mit: 

Die Tumleo- oder Tamara-Leute, so armselig auch deren geistiges Eigenthum und 
Bildungsgrad sein mögen, wissen von einem überirdischen Wesen, von einem Wesen über 
den Menschen erhaben. Hören wir was die Leute über dieses WesQn, und wie sie zur 
Erkenntniss desselben gekommen sind, berichten. 

Vor alten Zeiten lebte in der Nähe von Gap Lapar (von den Eingebornen wol langen 
sauvnn genannt) ein Volksstamm, Sael genannt. Das Dorf der SaeZ-Leute befand sich etwas 
landeinwärts zwischen den beiden Flüssen Ei tape und Ranjatun, die dort ins Meer 
fliessen. Die Sad-Lente verehrten eine weibliche Gottheit: Mokrakun genannt, die bei ihnen 
wohnte. Eines Tages kam ein grosses Unglück über Sael. Durch starke Regengüsse ange- 
schwollen wälzten beide Flüsse ihre Fluthen gegen das Dorf. Da die Häuser nicht sehr fest 
gebaut und der Boden zudem sandig ist, so hielten die Grundpfosten nicht lange Stand, ein 
Haus sank nach dem andern in Trümmer und bald war das ganze Dorf vernichtet. Die 
Saei-Leute, durch dieses Unglück entmuthigt, wagten es nicht mehr ein neues Heim an 
Stelle des alten aufzuführen; sie zerstreuten sich unter benachbarte Stämme und ver- 
schmolzen allmählig mit diesen, so dass heute keine Spur von ihnen zu finden ist. 

Als mit den Hütten der Eingebornen auch die Wohnung des Geistes in Trümmer 
sank , rettete sich dieser auf einen herumtreibenden Balken , der eine kleine Höhlung hatte. 
Darin verkroch sich der Geist Mokrakun; der Sturm aber führte den Balken in die See 
und ein günstiger Wind brachte ihn an die benachbarte T u m 1 e o-Küste. 



j 



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Einige T u m 1 e o -Frauen aus dem Dorfe S a p i waren um diese Zeit gerade mit Wasser- 
holen beschäftigt; sie sahen den Balken der im Meere herumtrieb und hörten wie aus 
demselben eine Stimme drang, die immer tjo wu&p^ tjo vm^ sagte, was natürlich ihre 
Neugierde erregte. Sie riefen das unbekannte Wesen, welches sich im Baumstamme 
befand an und baten es doch an Land zu kommen. Der Geist fürchtete sich anfangs, 
liess sich aber endlich durch die Bitten der Frauen dazu bewegen. Die Weiber brachten 
den Balken nun vollends ans Land und suchten in der Höhlung nach dem Geiste; sie 
fanden ein kleines, weibliches Wesen, die Mokrakun^ nahmen es heraus und verbargen es 
in einem tjik^ d. i. ein Zaun in dem man trockene Kokosblätter aufbewahrt, die beim 
Fischen als Fackeln verwendet werden. 

Die Männer erfuhren bald von der Sache, vertrieben eines Tages alle Weiber aus dem 
Dorfe, suchten und fanden den Geist und brachten ihn in ein alol. Sodann gingen sie 
daran dem Geiste ein eigenes Haus zu bauen, Parak genannt, und brachten nach dessen 
Vollendung den Geist dahin. 

Mit der Zeit gebar Mokrakun mehrere Kinder, und zwar lauter Mädchen. Die Sapi- 
Leute schenkten die ersten drei an die drei übrigen Dörfer, Einamul, Anapes und Ali, 
dann theilten sie auch den benachbarten Stämmen von ihrem Geiste mit; dasselbe thaten 
auch die drei übrigen Dörfer, nachdem sie von ihrem Schutzgeiste mit Kindern beschenkt 
worden waren. So gab Sapi einen Schutzgeist an Angel, Einamul nach Salep, Anapes 
nach der Insel Ali; ebenso erhielten die L e m i n g-Leute , und nach und nach alle Küsten- 
bewohner die mit den Tumleo in freundschaftlichem Verkehr stehen, einen Schutzgeist. 
Diese Schutzgeister haben alle den gemeinschaftlichen Namen tapun. Es waren lauter 
weibliche Gottheiten nur einen einzigen Sohn gebar die erste Mutter, genannt Tdmkato. 
Dieser that später seiner Mutter Gewalt an und zeugte mit ihr mehrere Kinder; schliess- 
lich wurden der Schutzgeister so viele, dass in Tamara fast jede Familie oder anitjol^ d. i. 
Bezirk eines Dorfes , einen solchen Geist hat. Diese Geister haben auch verschiedene Namen : 
Äpukranij Parakalin^ Parakter^ Taminsalin^ Meintatz^ Timgohn^ Almout etc. etc. 

Die Tapun sind gute Geister, die denen, welche sie in Ehren halten. Glück bringen. 
Hat der Tumleo Glück auf der Jagd , beim Gewerbe , gelingt es ihm einen reichen Fischzug 
zu machen, eine Schildkröte zu fangen, erlegt er ein Schwein, einen Kasuar oder ein 
Känguruh, so schreibt er dieses glückliche Ereignis dem Schutze seines Hausgeistes zu. 
Derselbe schützt ihn auch in der Fremde, sorgt für Sago und andere Nahrungsmittel, die 
der Tumleo bei andern Stämmen einhandeln muss. Hat man dagegen die Gunst des Tapun 
verscherzt, so bringt das sowohl Unglück auf der Jagd als im Handel und Verkehr, er 
hat kein Glück beim Fischfang, wird keine oder wenige Nahrungsmittel einhandeln, 
dagegen kann es geschehen, dass er in der Fremde sein Leben verliert, da der zornige 
Tapun die dortigen Leute zu Feindseligkeiten aufieizt. 

Die Verehrung des Geistes geschieht zunächst dadurch, dass man dafür sorgt das 
Parak immer in gutem Zustand, sowie den Platz worauf das Haus steht, rein und sauber 
zu halten. Jedes Jahr vor dem Einsetzen des Südost- Windes wird das schadhafte Parak 
ausgebessert und der Platz gereinigt. Damit ist stets eine grössere Feierlichkeit verbunden ; 
ist die Reparatur eine grössere, so dauert das Fest mehrere Tage. Schon des Morgens 
früh hört man aus dem Parak die dumpfen Töne der Bambus- Wasserflöten , die in dem 
Tempel von den Jünglingen geblasen werden ; den Takt zu der Musik schlägt man auf der 
grossen Holztrommel die sich ebenfalls im Parak befindet. Allmählig versammeln sich die 



- 47 - 

Männer des Dorfes, um die Arbeiten vorzunehmen. Am Abend wird ein Schmauss gehalten^ 
zu dem jede Familie ihren Beitrag geliefert hat. 

Auch sonst werden auf dem Paraft-Platz kleinere und grössere gemeinschaftliche Mahl- 
zeiten gehalten, und immer mit Flöten- und Trommelspiel eingeleitet; solche Mahlzeiten 
finden immer statt, wenn irgend einer im Dorfe einen besonders reichen Fischzug gemacht 
hat oder grosses Glück auf der Jagd hatte. Ein Theil der Beute wird dann immer auf 
dem Para/c-Platz gemeinsam verzehrt. Sonderbar ist es, dass das Betreten des Parak^ 
trotzdem die Tapun doch als weibliche Wesen gedacht werden, den Weibern und Kindern 
verboten ist; dies zeigt sich im öffentlichen Leben wie im privaten, ja sie dürfen nicht 
einmal auf dem Platz der das Parak unmittelbar umgiebt verweilen. Bei den Hauptfesten 
und wenn etwas am Parak restaurirt wird, müssen sämmtliche Weiber und Kinder sobald 
die Musik ertönt in den Busch gehen; erst am Abend, wenn die Väter und Brüder ihre 
Mahlzeit vollendet haben, dürfen sie zurückkommen. Bei den gewöhnlichen ParaÄ-Festen 
dürfen sie zwar zu Hause bleiben, müssen aber in der Hütte bei geschlossener Thür 
verweilen und sich nicht sehen lassen. Die Männer benutzen die Wahnvorstellung, dass der 
Geist den Weibern nicht hold ist, dazu um diese in Botmässigkeit zu halten und sie dazu 
zu bringen möglichst viele Speisen für die ParaÄ-Feste zu bereiten. 

Wenn eine Frau das Paraft-Haus betritt, ein Fall der wohl nie vorkommt, oder nur 
auf dem Para/c-Platz sich aufhält, so wird sie krank; dasselbe tritt ein wenn eine Fi-au 
sich bei einem grossen Parak-Fest ausserhalb des Hauses zeigt oder sich nicht in den 
Wald begab. Auch benutzt man alte Sachen, die zum Parak gehörten, z.B. Dachmatten, 
um sie an Gegenstände zu binden und es so den Frauen zu verbieten diese anzurühren. 

Wenn bei einer Para/c-Feier die Flöten ertönen so klingt nach der Meinung der Männer 
das Wort durch: tjo wuep-tjo wuep^ paap manaen^ aefis manaën^ d.h. „ich wünsche Fische 
zu essen, Sago zu essen", oder mit andern Worten, der Geist hat Hunger; die Frauen 
müssen eine grosse Mahlzeit herrichten und zum Dank sich aus dem Dorf entfernen. Die 
Männer bringen die Speisen nach dem Parak und sagen nachher den Frauen der Tapun 
habe alles verzehrt. Wenn die Männer sich über Para/c-Feste unterhalten dürfen Frauen 
und Kinder nicht zuhören, man schickt sie fort und spricht mit leiser Stimme; selbst 
wenn ein kleines Kind sich auf den Platz verirrt, wird es von der Mutter mit ängstlichen 
Geberden angerufen den bösen Platz zu verlassen. 

Ausser den ParaÄ-Geistern giebt es noch andere überirdische Wesen die sich hier 
oder dort versteckt halten. So wohnt ein Geist, Mensavl tamin in dem Berge auf Tamara 
in einer Schlucht. Beim Regen kommt er hervor um im Dorfe Sago zu stehlen. Nachher 
macht er auf dem Berge Feuer um sich den Sago zu kochen, und selbst beim dichtesten 
Regen geht ihm das Feuer nicht aus. Ein anderer Geist, Auwang^ wohnt in einem dichten 
Gestrüpp hinter dem Dörfchen Anapehs. In den Jahren *95 und '96 hatte dieser Geist 
eine bösartige Pockenepidemie hervorgerufen. Manche andere Stellen sind mit solchen bösen 
Geistern besetzt und solche werden immer mit einer gewissen Scheu umgangen. 

Von der Fortdauer der Seele nach dem Tode haben die Eingebornen folgende Vorstel- 
lung. Wenn der Mensch gestorben ist, so ist nicht alles aus mit ihm, sein Leib ist zwar 
todt, aber das was in dem Lebenden spricht, hört, sieht und fühlt, das stirbt nicht; es ist 
fortgegangen, hat den Leib verlassen. Dieses Wesen nun, von dem die Vorstellung aller- 
dings nur sehr dunkel und unbestimmt ist, nennen sie, sobald es den Körper verlassen 



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« 

hat, Mölia. Der Uöhs kommt nach dem Tode an einen unterirdischen Ort, der sieb auf 
Tamara tief im Boden befindet. Dort wohnt ein Geist , Su aain tjakin , d. h. das grosse Übel. 
Die Wohnung desselben befindet sich bei einem grossen Wasser welches jeder Mô?is passiren 
muss, lieber dieses Wasser führt eine Leiter, die sich im Gewahrsam des Geistes Su asin 
tjakin befindet. Jeder der diese Leiter benutzen will, muss dem Hüter eine kleine Abgabe 
entrichten. Um es dem Todten zu ermöglichen, diesen Tribut zu zahlen, giebt man ihm 
einen Ohrring von Schildpatt mit einem kleinen Muschelring und ein Armband mit einem 
darin geflochtenen Muschelring mit ins Grab. Kommt der Möhs bei dem grossen Geiste 
an, so fragt dieser: Willst du mir das Armband geben wenn ich Dich hinüberlasse ? 
Stimmt der Todte bei und ist der Su asin tjakin bei guter Laune, so kommt der Mö?i8 
ungestört über die hingelegte Leiter und gewinnt das jenseitige Ufer. Wehe aber dem, 
der es wagen würde ohne Entgelt die Leiter zu benutzen; alsbald würde der Geist 
gewahren, dass er noch keinen Tribut erhalten, da der Todte noch immer den Arm- oder 
Ohrring trägt. Er fährt diesen an: Weshalb hast du mich um mein Eigenthum betrügen 
wollen, das musst du büssen! Er kehrt die Leiter um und der Möha fällt in das tiefe 
Wasser, aus dem es keine Rettung mehr giebt. 

Kommt jedoch der Todte glücklich hinüber, so erwarten ihn am jenseitigen Ufer zwei 
andere Mö?is die ihn auf einem Kanoe von Tamara aus nach Sissanö an den grossen Fluss 
Rien palep bringen. In diesem Fluss befinden sich drei unterirdische Todtenstädte : 
Parimo, Similamat und genannt; dort nimmt der Geist seine Wohnung. Er kann 
nach Belieben diese Wohnung verlassen und die Stätte seiner früheren Wirksamkeit 
besuchen und dort, jenachdem. Glück oder Leid hervorbringen. 



IV. SPRACHE. 



Neu-Guinea ist, wie bekannt, das wahre Babel mit Bezug auf Sprachen. Die Berlinhafen- 
Section ist ein sprechender Beweis dafür. Jedes Dorf hat seine selbständige Sprache und 
die Inlanddöifer unterscheiden sich wiederum von den Stranddörfern, daneben bestehen 
verschiedene Dialekte der einzelnen Sprachen. Die kleine Insel Tamara hat ihre eigene 
Sprache, die also allein von 280 bis 300 Menschen gesprochen wird und merkwürdigerweise 
noch in zwei Dialekte zerfällt. Die Einwohner der Insel Ali, Seleo und Angel haben 
ihre eigene Sprache, die jedoch von der Tamara-Sprache nicht mehr verschieden ist als 
etwa das Holländische vom Deutschen. Viele der zwischen beiden bestehenden Verschieden- 
heiten in der Wortbildung sind nach bestimmten, leicht erkennbaren Regeln entstanden. 
Die Sprache der Leute welche östlich von Seleo auf dem Festlande wohnen, zeigt auch 
noch viele Anklänge an die Sprache von Tamara, während auffallenderweise das Idiom der 
an der gegenüberliegenden Küste wohnenden Leming-Leute total von dem Tamara-Dialekt 
verschieden ist; diese beiden gleichen einander nicht mehr als das Deutsche dem Französi- 
schen, trotzdem die Leute einen lebhaften Verkehr mit einander unterhalten. Nur an den 
grammatikalischen Regeln und Wortbildungen ersieht man, dass doch eine Aehnlichkeit 
in der Bildung und in dem Aufbau beider Sprachen besteht. So sind manche Ausdrücke 
und Bilder , die ja in verschiedenen Sprachen vielfach anders wiedergegeben werden , nicht 
wörtlich aus der einen in die andern übertragbar. Die Arop- und Malol-Leute, sprechen 
wieder eine eigene Sprache, die von den Eingebornen auf Tamara nicht verstanden wird. 



- 49 - 

Die Sprache der letztgenannten Insel wird von den übrigen Eingebornen die „cUing Tundeo rë* 
d. h. Sprache der Tumleo- oder Tamara-Leute genannt. Das Tumleo weicht in seiner 
Bildung, Biegung, betreffs seines Wortschatzes und seiner Begriffe völlig von unseren 
Europäischen Sprachen ab. 

Das Alphabet besteht aus folgenden sechzehn oder siebenzehn Buchstaben: a, e, A, i^ 
j, /c, i, w, w, 0, p, r, t^ u^ w; ob es ein b in der Sprache giebt oder alle die bezüg- 
lichen Laute harte J9-Laute sind, darüber ist es schwer ein Urtheil zu fällen; sicher 
scheint es, dass man den genannten Buchstaben gut entbehren kann, da er, wenn er 
wirklich vorkommt, nur in ganz wenigen Worten sich findet i). 

Von den Umlauten hat man ü und ä; von Diphtongen ei und aw, doch wird ähnlich 
wie im Italienischen kein reines au gesprochen sondern mehr ein ati, wobei der zweite 
Vokal etwas mehr durchklingt. Die Silbe ng kommt oft in der Sprache vor, dagegen ist g 
unbekannt, und daher schreibt man am besten um sich diesen Buchstaben zu sparen, der 
sich ja sonst nicht im Alphabet findet , die betreffenden Worte nach spanischer Schreibweise 
mit einer Tilde ««wie z.B. im Worte Espana ^ um den ng-Lhut auszudrücken'-^). Eine sehr 
häufig vorkommende Verbindung ist t]\ z.B. in tjangatjeng (Eisenholz), geschrieben tjanatjen. 

Silben in denen mehr als zwei oder auch nur zwei Consonanten unmittelbar auf ein- 
ander folgen sind in der Tumleo , wie in den verwandten Sprachen selten ; kommen solche 
Silben dennoch vor, so hat man es vielfach mit zusammengesetzten Worten zu thun von 
denen das erste auf einen Consonanten endet, das zweite mit einem solchen beginnt. 

Einen Artikel hat das Tumleo nicht, auch in den Sprachen des gegenüberliegenden 
Festlandes scheint ein solcher nicht vorzukommen. 

Abstrakte Substantive sind unbekannt, wie z.B. Liebe, Hass, Demuth; ebenso fehlen 
sämmtliche Hauptworte die eine Thätigkeit ausdrücken und die im Deutschen meist auf 
er endigen , z. B. Fischer , Schiffer. 

Eine Biegung ist in den Sprachen nicht wahrnehmbar, weder in der Form einer 
Declination noch einer Conjugation. Beim Sprechen werden die Worte einfach neben 
einander gesetzt. Die Zugehörigkeit jeder Art wird durch die Worte jei und re ausgedrückt; 
diese ersetzen somit in manchen Fällen den Genitivus possessivus. So heisst z. B. das 
Haus des Vaters = laum eitja jei = Haus Vater sein. 

Eine Mehrzahl ist auch insofern unbekannt, als dieselbe eine von der Einzahl ver- 
schiedene Form aufweist. So kann lapü das, ein Schiff und Schiffe heissen. Um zu 
bezeichnen ob man nun ein Schiff oder mehrere meint sagt man lapü oder mit Nachdruck 
lapü pamata = ein Schiff; sind es mehrere so giebt man solange dieselben noch gut zu 
zählen sind , ihre Anzahl an ; da jedoch das gute Zählen bei den Eingebornen schon mit 
fünf oder noch eher aufhört, sagt man einfach wenn mehrere Schiffe gemeint sind, deren 
Zahl nicht gleich erkennbar ist: naaun lapü laup-laüp = ich sehe Schiffe viele. 

Die Eigenschaftsworte werden zumeist nach den Hauptworten gesetzt zu denen sie 
gehören , z. B. das schöne Schiff = lapü (Schiff) woni7i (schön) ; das alte Schiff z= lapü aktL 
Eine Steigerung des Adjectivums durch Comparativ und Superlativ ist dem Tumleo und 
auch wohl den andern Sprachen der Section unbekannt; man drückt das Verhältnis auf 



') In den im Folgenden aufgeführten Sprachproben findet sich mehrfach auch der Buchstabe „s", der 
hier in der Aufzählung fehlt. Räl, 

^) Der Verfasser irrt hier. Das Spanische n deutet den Klang des Französischen „gn" an , z. B. in 
„canyaagne". Der „wy "-Klang wird wissenschaftlich durch n und nicht durch n wiedergegeben. Kern. 

I. A. f. E. xin. 7 



- 50 - 

andere Weise aus ; beim Comparativ dadurch , dass man die beiden Begriffe einander gegen- 
überstellt, z. B. ich bin grösser als du, dafür sagt ein Eingeborner: ich bin gross, du bist 
klein. Die Art der Betonung bringt den Gegensatz wirksamer zum Ausdruck und somit 
heisst es dann: auéo lama Umwén^jiji rakühn = ich langer Mensch, du kurzer. 

Eine Biegung des Zeitwortes ist ganz unbekannt, man unterscheidet weder bestimmte 
Formen für die einzelnen Personen , noch auch für die verschiedenen Tempora. Das Zeitwort 
bleibt immer im Infinitiv stehen. So kann z.B. kapdl = sprechen, ich sprach, ich werde 
sprechen heissen. Die entsprechende Bedeutung muss man jedesmal aus dem Sinne heraus- 
lesen. Die einzelnen Personen unterscheidet man durch Vorsetzung der persönlichen 
Fürwörter. Diese Fürwörter sind : auéo oder etét = ich , jiji = du , jeijei oder reré == er , 
etét laup'laûp =: wir (unbestimmte Anzahl, sonst heisst es etét pâlo = wir zwei, etét tiU = 
wir drei etc. etc.), jiji laup-laüp z= ihr (ebenso), jeijei oder reré laup4aüp =: sie (ebenso). 
Wenn man die Vergangenheit zum Ausdruck bringt, so thut man das durch Vorsetzung 
einer Partikel, welche die Vergangenheit bezeichnet. Im Tumleo sind das inatén oder 
sarön = früher. Ebenso wird entsprechend die Zukunft durch aauwi = zukünftig, oder 
ndpu ndto = bleiben, oder adverbial = nachher ausgedrückt. Die befehlende Form giebt 
man durch ent^sprechende Betonung des Infinitivs kund. So heisst also: 

ich spreche = aitéo (etét) kapâl, wir sprechen = etét laup4aüp kapài^ 

du sprichst = jiji „ , ihr sprecht = jiji n n ni 

er spricht = jeijei {reré) „ , sie sprechen = jeijei (reré) „ „ „ , 
Ich sprach = atiéo kapcU matén wird genau so conjugirt wie das vorige, nur wird matén 
hinzugefügt. Auch wird in manchen Fällen die Vergangenheit durch Vorsetzung von ei 
zum Infinitiv gebildet. Ueber die Bedeutung des ei, welches auch Adjectiven beigefügt 
wird herrscht noch Unklarheit. Somit könnte: ich spreche = aicéo kapäl auch heissen 
auéo eikapäl ; ich werde sprechen = sauioi auéo kapdl oder ndpu (ndto) auAo kapdl u. s. w. 
wie beim Praesens, nur dass vor dem persönlichen Fürwort stets das Wort sauwi oder 
ndpu {ndto) gesetzt wird. 

Ueber die Zeitwörter ist noch folgendes zu bemerken. Unsere deutschen Hülfszeitwörter 
fehlen ganz, so: sein, haben, sollen, mögen, müssen. Einige werden ersetzt durch ähnliche 
wirkliche Verba, z.B. sein, wenn es ein Bleiben ausdrückt durch kdpu oder nato^ welches 
bleiben heisst; wollen, durch Befehlen das etwas geschieht; mögen, durch ich liebe, wie 
das Englische I like; haben, gleich besitzen durch kaàp = sich halten (z.B. einen Hund). 
Das sein und haben als reine Hilfsverba werden nicht gebraucht, z.B.: ich bin schön = 
ich schön := auéo wonin \ ich habe Hunger = ich Hunger = auéo jatulkaün. 

Bei den Zeitwörtern werden zum Anfang die Buchstaben ä, n, ^ und r vielfach mit 
einander verwechselt; diese Verwechslungen, bei solchen Wörtern wo sie zulässig sind, 
entscheidet der Wohlklang. Bestimmte Regeln darüber aufzustellen, bei welchen Wörtern 
die Verwechselung zulässig ist, geht kaum an, man muss. diese Wörter durch den Gebrauch 
kennen lernen. Ebenso werden s und A, wenn auch seltener verwechselt; dazu kann des 
Wohlklangs wegen dem Verbum die Silbe ma vorgesetzt oder re und je angehängt werden, 
ohne dass gerade das Wort dem Sinne nach verändert würde. Somit kann es heissen: 
sprechen = kapdl ^ napdl^ tapdl, rapdl oder mdkapdl^ mAnapdl^ mdtapdl^ rnärapdl. 

Endlich wird, wenn es nicht nöthig ist, das persönliche Fürwort nicht immer 
gebraucht, man sieht dann aus dem Sinne welche Person gemeint ist, z. B. kapälje 
ané = ich habe es ihm doch gesagt, wörtlich: doch sagen es ihm. 



- 51 - 

Unter den Adverbien kennt der Eingeborne nur die ursprünglichen des Orts, der Zeit und 
der Art und Weise. Abgeleitete Adverbien giebt es nicht, ihre Form ist ganz gleich der des 
Adjectives, z. B. das Haus ist schön = laum wonin; du singst schön = jiji mardmoa wonin. 

Präpositionen fehlen z. B. irii Tumleo vollständig , wodurch die Sprache sehr undeutlich 
wird, das Verständnis erschwert und es geradezu unmöglich wird einige Ausdrücke 
bestimmt so zu formuliren dass z. B. auf eine Frage die richtige Antwort erfolgen muss; 
das wird sich aus dem Folgenden ergeben. Einige lassen sich durch Adverbien des Ortes 
ersetzen wie z. B. die Ausdrücke: „unterhalb" des Hauses = laum apinsi^ d. h. die 
unter dem Hause befindliche Flur, die untere Flur; oder: „es befindet sich „oberhalb" 
des angemerkten Zeichens z= kapu tanu joten^ d. h. es befindet sich oben bei dem Merk- 
zeichen; es ist „innerhalb" des Zauns = käpu tjihk Iei7i8ei^ d.h. es ist in dem mittleren 
Kaum des Zaunes. 

Andere Präpositionen werden durch das Verbum käpu oder näpu ausgedrückt, z.B.: 
er ist im Hause = käpu laum^ wörtlich: er Haus bleiben; 

es ist in der Kiste = käpu jup , „ es Kiste bleiben ; 

lege es auf den Tisch = kanän näpu tapel^ „ legen es Tisch bleiben; 
nimm es aus der Kiste heraus = tjatjisi su pijeohn käpu jup^ wörtlich: herausnehmen 
was Kiste bleiben. 

Wo man ganz auf Umschreibung verzichten muss entsteht eine grosse Unklarheit der 
Sprache. So muss z.B. der Antwortende es halbwegs rathen wenn man ihn fragt: Womit 
hast du das gemacht? Woraus! ist das gemacht? Wozu ist das gemacht. Um diese Aus- 
drücke einigermaassen wieder zu geben müsste man folgendermasseh sagen: 

Womit hast du das gemacht? = Jiji kajém su pijeôhn kajém dsüesi? Wortlich: Hast 
du das gemacht und Stemmeisen gebraucht? Der Frager braucht nämlich letzteres Wort um 
den Gefragten darauf zu bringen was er will. Hat er das Stemmeisen dazu gebraucht, wird 
er ja sagen, wo nicht so sagt er meist: Das oder das habe ich bei der Arbeit gebraucht. 
Ebenso wäre die Frage: Woraus hast du das gemacht? zu stellen. Wozu hast du das 
gemacht? Dafi\r fragt man: Warum hast du das gemacht? kämte kai jiji kajém su pijeohu? 

Die Zahlen-Reihe ist in den verschiedenen Sprachen ziemlich entwickelt und die 
Tumleo- oder Tamara-Leute wissen z. B. ziemlich gut mit kleineren Zahlbegriffen zu operiren ; 
es kommt wohl daher, weil sie ein Handelsvolk bilden welches einen lebhaften Tausch- 
handel unterhält. Die Grundzahlen sind folgende: 

1 zu mäta (pämata) ; 2 = lo {pälo) ; 3 = tul (pätul) ; 4 =z u (päu) ; 5 = leim (pâMm) ; 
6 = limanâmata\ 7 = limanâlo] 8 = leimtûl] 9 = leimü; 10 = wollim; 11 = woUim 
mata; 12 = wöllim lö; 13 = wôUim tul] 20 = lôlui lo\ 30 = lolui tvl\ 40 = Ului u; 
50 = lölui leim; 60 =: lôlui limanamata; 70 = lolui limanido; 80 = lôlui leimtül; 90 = 
lolui leimü; 100 = lolui woüim oder raput sapin =: ein ganzes Hundert, oder rapid 
pämata = ein Hundert. Von da ab giebt es keine Zahlen mehr. Der Eingeborne zählt 
jedes Hundert für sich und nennt es ein ganzes Hundert. Um die Zahl der Hundert 
herauszufinden, trennt er das eine Hundert etwas vom andern und zählt dann wie viel 
Stück oder Häufchen von Hundorten er hat. 

Ordnungszahlen sind in der Tamara-Sprache nicht bekannt. Wohl hat man Bezeich- 
nungen für die Ausdrücke: „ich bin der erste, ich gehe zuerst, du bist der zweite oder 
gehst an zweiter Stelle u. s. w. bis vier, von da ab wird das Zählen unbestimmt, wie aus 
dem folgenden Beispiele erhellt: Ich gehe zuerst = auéo kaum matén; du gehst an zweiter 



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Stelle = jiji kauwi lein; er kommt an dritter Stelle = jeijei kaum jamül; er kommt an 
vierter Stelle = jeijei kauwi jamuiteZ Sind noch mehr als vier da, so sagt man vom 
dritten , vierten , fünften u. s. w. Sie gingen in der Mitte , der letzte und vorletzte weiden 
immer als jamiUtel und jamül bezeichnet. 

Weiter kennt man noch einige Zahlenausdrûcke , pati und tt, welche etwa dem 
deutschen „ein", wenn es nicht unbestimmter Artikel sondern mehr Zahlwort ist, ent- 
sprechen z. B. Gieb nur eines = kötak auéo ti oder pati; das eine ist da, das andere 
dort = pati käpu ohn^ pati nae. Dann warimatd = zuerst, an erster Stelle. 

Die deutschen Vertheilungszahlen werden durch Verdoppelung der Grundzahlen ersetzt, 
z. B. es einmal thun = kajém pamäta pamäta ; jedes Ding zweimal aufzählen = su tartar 
kaihs pàlo polo. Dazu gehören auch die Zahlen: je eines, je zwei oder zu zwei, je drei 
oder zu dritt u. s. w.; z. B. lege die Bücher zu zwei und zwei in die Kiste = kaip püku 
kanân ndpu jüp lölo; die Krieger stellen sich zu drei und drei auf = läma aleo rarir pätui 
pätuL Zum Schluss ist noch zu bemerken, dass die Zahlen von eins bis fünf mit oder 
ohne Vorsetzung von pa gebraucht werden, wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist; 
der Sinn erfährt dadurch keine Veränderung. 

Ein Passiv und Reflexiv giebt es im Tumleo nicht, man muss sich anderer Ausdrücke 
oder der Umschreibung bedienen, z. B. ich wurde von ihm geprügelt, giebt man wieder: 
er prügelte mich; ich fürchte mich = auéo matä^ ich schäme mich = au£0 sank meijén^ 
ich fürchte, ich schäme. 

Zu bemerken ist , dass Substantive oft die Stelle von Verben vertreten müssen , z. B* 
auéo jatül = ich habe Hunger oder mich hungert; dasselbe findet bei Adjektiven statt 
z.B. auéo or papou = ich habe einen trockenen Hals = mich dürstet, ich habe Durst. 
Umgekehrt müssen Verba häufig die Stelle der Substantive vertreten, besonders wenn es 
sich um abstrakte Begrifle handelt. 

Die Sprache enthält ferner mehrere Partikeln die der Verschönerung wegen an das 
Wort angehängt werden. Solche sind o bei Substantiven und Adjectiven, awß, lepané^ 
tapä^ re bei Verben, panaüs und sen. Einige Beispiele mögen den Gebrauch erklären. 
Ich habe Schmerzen = auso lalal^ besser und schöner = auéo lalälq; ich habe es gethan =: 
au^o kajém ^ oder aiœo kajém aué^ =■ ich habe es ja schon gethan, sicher ich habe es 
gethan ; was lief da über den Weg ? Es war ein Hund = seiji kahil käpu tjoUtanin ohn ? 
Äun lepané =■ das musst du doch auch wissen, das war ja ein Hund; Arop.^ ja das ist 
ein Land, da giebt es Sago, Schweine == Ärop^ tjoll wonin laup-laup^ jiji naaün aehs 
tapd pvi tapa = da kannst du Sago, da kannst du Schweine sehen, oh die Menge; ich 
fange Fische, gehe auf den Fischfang = auéo kali paâp oder auéo sen kalire paap. Ausser 
den Angeführten giebt es noch manche andere derartige Partikeln, so: Gieb es mir doch = 
kötak kötak oder kotak panauhs; sprich doch = kapäl oder kapäljete; wirf es weg = kali 
oder kalinah. 

Dies mag genügen um in etwas ein Bild, wenigstens einer der Sprachen, der Tutnleo 
zu geben. Man könnte aus dem Angeführten schliessen, dass wegen der grossen Mängel, 
welche der Bau der Sprache aufweist, es für einen Europäer sehr schwer sein müsse, 
seinen Gedanken den entsprechenden Ausdruck zu geben. Doch ist das nicht so schwer 
wie es scheinen mag, falls man sich bemüht in den Geist der Sprache einzudringen; man 
wird dann finden, dass z. B. die Art der Betonung, des Sprechens, die beim Sprechen 
nothwendigen Gesten, die Modulation der Stimme, der Rede eine Kraft und einen Nach- 



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druck zu geben vermögen, dass man selbst darüber staunen muss. Besonders vortheilhaft 
zeigt sich das wenn ein Eingeborner selbst mit Begeisterung spricht, wobei er immer mit 
Gesten und Geberden den Worten den nöthigen Nachdruck verleiht. 

Um noch kurz die dialektischen Verschiedenheiten zu streifen, die sich im Tumleo 
finden , so wäre zunächst zu sagen , dass zwei Dörfer der Insel, Sapi und Enamul, sich des 
einen, bessern Dialekts bedienen, das kleine Anopehs und Ali des andern, der nicht so 
entsprechend klingt. 

Die dialektischen Verschiedenheiten zeigen sich: 

1) In einer Reihe verschiedener Worte, die verschieden im ersten, anders im zweiten 
Dialekt lauten z. B. : 

Sapi. Anopehs. 

Vater — eitja — jei. 

Messer — eleserompoäp — djatjeil. 

Süsskartoflfel — sopéi — wariäk. 

Morgen früh — tjimkatjéyn — tjomtjom u. s. w. 

2) In der Veisetzung und Veränderung einiger Vokale beim Sprechen , z. B. : 

Brett — reparap — reparèp. 

Enkel — tapün — iapaün. 

Wer? — seiji? — seijei. 

3) Die Vokale u und i im Sapi-Dialekt , werden oft in au und ei im Anopehs-Dialekt 
verwandelt , z. B. : 

Fuss - manjin — * manjein. 

wahrhaftig — malimdlin — malimcUein. 

Kanarinussbaum — talihs — taleihs. 

Woge — nu — nau. 

Stumpf — solopün . — solopaün. 

kurz — rakün — rakatln. 

Dazu sprechen die Anopehs-Leute vielfach das Schluss-a ähnlich wie die Bayern und 
Oesterreicher nach o hin aus , z. B. gehen = käioa , gesprochen käwoh. 



TAFELERKLARUNG. 

TAFEL XV. 
Fig. 1. Weiber auf der Insel Angel. 

„ 2. Eingeborne aus 6inanoo. 

TAFEL XVL 

Fig. L Alôl, Junggesellenhaus, davor ein eingedachtes Grab. 

- 2. Töpferinnen auf Tamara. 

TAFEL XVn. 
Fig. L Parak. 

„ 2. Altes Parak auf Seleo, namentlich die Treppen Verzierung zeigend. 

TAFEL XVIIL 

Fig. 1, 2, 3 & 4. Schurzen aus Rindenzeug mit Nassa-Schnecken in vei'schiedenen Mustern bestickt, theil- 
weise (wie in 3) die Felder mit rothen Abrusbohnen bestickt. 
„ 5 & 6. Armbänder aus Fadengeflecht mit Nassa-Muscheln bestickt. 
„ 7. Armbänder mit eingeflochtenen Muschelringen und mit Coix-Samen bestickt. 



- 54 - 

Fig. 8 & 9. Brust-Kampfschmuck aus mehreren Reihen von gespaltenen Eberhauem, das Schild mit Nassa- 
Schnecken bestickt in verschiedenen Mustern, die Felder mit rothen Abrusbohnen beklebt. 

„ 10 & 11. Armringe aus Tridacna-Schale , mit dem Bambusbohrer gebohrt. N®. 11 theilv^eise mit ein- 
gravirten Mustern versehen. 

„ 12 & 13. Schaber aus Kokosnuss-Schale ; die äussere gewölbte Seite mit eingeritzten Mustern verziert. 

„ 14. Stirnbinde bestehend aus einem dichten Fadengeflecht mit Coix-Samen bestickt. 

TAFEL XIX. 

Fig. 1. Steinaxt. Klinge rechtwinklig zum Stiel. 
„ 2. „ „ paraUel „ „ 

„ 8. Sagoklopfer. 

„ 4. Halsband aus durchbohrten Muschelringen. 

„5. n n Seeschnecken, deren obere Wölbung eingeschlagen. 

„6. » » kleinen durchbohrten Muschel-(Conus) Scheiben. 

„7. » n schwarzen Perlen (durchlöcherte Samenkerne) mit aufgezogenen Muschelringen. 

„ 8. Brustschnüre , mit bestickter Wellenlinie aus Nassa, kreuzweise über die Brust getragen. 
„ 9. Drillbohrer. 
„ 10, 11, 12. Kopfbänke, N». 12. Beriinhafenküste , N». 10 und 11 östlich von Dallmannhafen , um zu 

zeigen wie aus dem Ornament 10 und 11, das Ornament 12 entstanden sein mag. 
„ 13 & 14. Dolche aus Kasuarknochen mit eingravirter Ornamentirung. 
„ 15. Oberende einer Keule mit eingeritzter Ornamentirung. 
„ 16. Omamentirtes Ende eines Kampfgûrtels aus Baumrinde. 
„ 17, 18 & 19. Holzschilde aus An'op. 

TAFEL XX. 

Fig. 1, 2, 3, 4 & 5. Kanoe-Faddeln; N». 2 & 4 aus Arrop, N«. 3 aus Malol. 

Zum Vergleich zeigt N®. 1 eine Paddel aus der östlichen Nachbarprovinz (D'Urville-L). 
N*. 6 eine solche aus der westlichen Nachbarprovinz (Tobadi in Humboldt-Bucht). 
„ 6 bis 12. Gürtel aus Fasergeflecht, mit Coix-Samen und Nassa-Sch necken bestickt; verschiedene 
Muster zeigend; in N^ 12 sind die Felder mit rothen Abrusbohnen beklebt. 

TAFEL XXL 

Fig. 1—9. Pfeile mit glatten Spitzen aus Bambus, mehr oder weniger mit eingeritzten Mustern verziert. 
„ 10 — 23. Pfeile mit Widerhaken, die Spitze aus Bambus, theilweise (10 bis 13) mit eingeritzten Mustern. 

OA QQ i 

** ' i Pfeile mit Holzspitzen, theils glatt (46-47), theils mit Widerhaken an einer Seite. 

24 — 38 & 41, theils mit solchen auf beiden Seiten 42 — 45 und 48 bis 53 : Oberer Schaft geschnitzt 
und mit bunter Bemalung, bunten Federn, Coix-Samen etc. verziert. 

„ 54. Fisch- Pfeil. 

„ 39—40. Omamentirte Enden von Bogen. 

TAFEL XXIL 

Fig. 1 & 4. Kugelförmige Töpfe mit Ornament, bestehend aus aufgelegten Lehmwülsten. 
„2. „ n n Reihen von Lehmwülsten und dazwischen eingedrückten Strichen. 

„ 3. Ovaler Topf mit verdicktem oberen Rand und eingeritztem Strichornament. 
„ 5. Topf mit weiter kreisförmiger Oeffnung und spitz zulaufendem Boden. Obere Hälfte mit ein- 
gedrückten Facetten, dieselben mit eingedrückten Strichornamenten verziert. 

Mittelrand aus vier Reihen von eingedrückten Strichornamenten. 

Boden verziert mit bogenförmigen Wülsten, dazwischen eingedrückte Strichornamente. 
„ 6. Kugelförmiger Wassertopf mit 7 Oeffnungen, decorirt mit eingedrückten Strichomamenten. 
ff 1- f, an ^^^^ Oeffnnngen, decorirt mit aufgelegten Lehmvnilsten. 

f, 8. Halbkugelförmiger Topf mit Randornament aus aufgelegten Lehmwülsten. 
„ 9 & 10. Flache Schalen. Innenrand verziert durch aufgelegte Lehmwülste. 
. 11 & 12. Kochtöpfe mit umgebogener und mit halsförniiger Oeffnung. 



BEITRAGE 

ZUR 

ETHNOGRAPHIE DER SAMOA-INSELN ^> 

VON 

W. VON BÜLOW, 

Matapoo, Sayaii, Samoa-Inseln. 



VII. EIN BÄTHSELHAPTES STEININSTRUMENT IN SAMOA. 

In der Vorrede des Herausgebers zu 0. Stuebel: „Samoanische Texte", finden 
wir S. IV. die Mittheilung, dass in dem Artikel „Die Geschichte der Entstehung 
S a m as", der in der Vorrede wörtlich aufgeführte Schlusssatz nicht mit übersetzt sei. 

Der für den jetzt lebenden Samoaner allerdings recht dunkle Schlusssatz hat wenig 
ethnologisches Interesse, wenn es nicht dies ist, dass eben die Samoaner nicht mehr Alles 
verstehen, was die alten Sagen ihnen aufbewahrt haben. Doch sind die letzten Worte 
dieses Schlusssatzes für mich von äusserstem Interesse. Dieselben lauten: 

le taofi faäsamoa^ e tupu lava Samoa i Samoa lava; oder zu Deutsch: Die Samoa- 
nische Ansicht ist es, dass die Samoaner in Samoa selbst entstanden seien. — Anthropo- 
logisch-Ethnologisch ausgedrückt , müssen diese Worte folgendermassen wiedergegeben 
werden: „Die Samoaner stammen von einer, mit vielen verschiedenen Einwanderungen 
vermischten Urbevölkerung ab." 

In diesem Sinne hatte ich mich bereits früher und zuletzt bei Aufstellung einer 
Besiedelungskarte der Insel Savaii geäussert. 

Meine Beweise lagen, bisher nur in den Sagen der Samoaner, besonders in der Sage 
von Mausautele und der Nachricht von Manga und Pai, die nach den Sagen der Samoaner 
zur Urbevölkerung gehört haben. 

Neuerdings habe ich nun ein bisher noch nicht erklärtes Steininstrument gesehen, 
von welchem ganz entschieden anzunehmen ist, dass es nicht von der jetzigen Bevölkerung 
herrührt. Auch der Stein, aus dem das Instrument gefertigt ist, kommt hier wohl kaum vor. 

Der Sachanhalt ist folgender: Ein Beamter der deutschen Mulifanua-Pflanzung (Upolu), 
Herr Clemens Wetzel , stiess zu Anfang Juli 1896 bei der Arbeit des Grabens von Pflanz- 
löchern für irgend eine tropische Handelspflanze, auf eine kleine Vertiefung, deren Seiten und 
Boden ausgepflastert waren. In dieser Vertiefung, anscheinend in vermoderte Pflanzenreste 
eingebettet, lagen zwei steinerne Instrumente, von denen das eine durch die Grabarbeit 
des melanesischen Arbeiters in drei Theile zerbrochen war. — Die Form beider Gegenstände 
war die gleiche. Gleich war die Stein masse, beide waren aus einem Stück gearbeitet; 



') Siehe Bd. XII pg. 129 ff. 



- 56 - 

beide glichen sie der Nachbildung eines gewöhnlichen Eüchenquirls , nur dass die Aus- 
zackung des Quirls fehlte. (Siehe Abbildung). 

Von diesen beiden Stücken ging das zerbrochene als Geschenk in den Besitz des 
Stabsarztes Dr. Martin von S. M. S. „Bitssard*' über, während das unten abgebildete 
noch im Besitze des Herra Wetzel sich befindet. 

Für mich, der ich seit 18 Jahren in Samoa lebe, ist dieses Stück vollständig neu, 
nicht aber der Fundort. — Wie in der Pili-Sage bereits angedeutet war, pflegte man die 
Faticaiga — d. i. das Handwerkszeug, welches man in Ermangelung von eisernen Instru- 
menten benutzte um Vegatabilien zu reinigen und zum Kochen vorzubereiten, sowie um 
Holz zur Anheizung des Kochofens zu zerkleinern, sorgsam zu bewahren und zu ver- 
wahren. — Dasselbe thaten die tufuga d. i. die Zimmerleute (für Haus- und Bootbau), die 
tavläitu (taula =z Priester, aüu = niederer Gott) d. i. die weiblichen Priester oder Aerzte 
und die tautai d. i. die Fischer mit dem für ihren Gewerbebetrieb nöthigen Handwerkszeuge. 

Solche Gruben finden die Eingebornen öfters. Sie enthalten gewöhnlich geschliflfene 
und ungeschHffene Steinäxte, mitunter sogar noch mit Schaft versehen, oder, wenn die 
Cocosbastbänder , mit denen der Stein am Schafte befestigt war, abgefault, der Schaft 
neben der Axt liegend; ferner Cardmm-Schalen , die als Säge, -4rm-Schalen die als Bast- 
schaber dienten, und des Alles vielfach in Tapastofl" gewickelt. Steininstrumente wie die 
oben erwähnten dürften noch nie gefunden sein. 




V4 nat. Gr. 




a. GmndriBS des Stieles. h. Grnndrlss der Scheibe. c. Abgebrochenes Stück. 

Da es verschliessbare Kisten nicht gab, so pflegten diese Leute im Walde Gruben 
auszuheben, dieselben auszupflastern, die zu verwahrenden Gegenstände hineinzulegen, 
mit Blättern (meistens wohl Bananen- oder Brodfrucht-Blättern) zu bedecken und dann das 
Loch wieder mit Erde zu füllen. — Wenn auch jedes Familienhaupt in seiner Familie, 
jeder Häuptling in seiner Sippe Priester war und auch weibliche Priester einzelnen Aitu*s 
dienten, so waren die allgemeinen Priester der Gottheit doch meistens die tufuga^ welche 
Institution man bei Malaien als batuwah^ bei Ja van en als dukun^ bei Maoris als 
tohunga^ bei Tahitiern als tahua^ bei den Hawaiiern als kahuna {k = t^ h =z /*), 
bei Tonganern als tufaga^ in Mangaia als tauga^ bei den Mangareven als 
toh/uga (h =■ f)^ in Pau motu als tahuga und in Moriori als tohonga wieder findet. 

Dass Priester, Künstler und Aerzte sich durch Geheimniskrämerei einen gewissen 
Nimbus zu geben suchen, haben nicht nur die Kulturvölker erfahren. Auch die Natur- 
völker aller Abstammungen und Hautfarbe-Schattirungen wissen davon zu berichten. — 
So auch die Samoaner. Durch die fast communinistischen Verhältnisse des Privatbesitzes 
der Klassen unter den Samoanern, die nicht zu Häuptlingen gezählt wurden, wurde das 
Bestreben der Priester, Künstler („Boot- und Hausbauer") und Aerzte unter ihnen, ihr Hand- 
werkszeug und ihre Mittel zur Erreichung ihrer Zwecke, zu verbergen, nur noch bestärkt. 

Weiterer Begründung der Sitte, Dinge im Erdboden zu verbergen, — eine Sitte, die 



- 57 - 

übrigens auch jetzt noch oft in Anwendung kommt, bedarf es also nicht. — Der Fundort 
ist demnach erklärlich, nicht das Fundobject. 

Das Fundobject, die Steininstrumente, können wir nicht so leicht erklären. — Wie 
gesagt, die jetzigen Samoaner kennen diese Instrumente nicht; dass sie zu dem Hand- 
werkszeuge von Bootbauern oder Hauszimmerleuten gehört hätten, ist durch ihre Form 
ausgeschlossen. — Ich dachte daher daran, dass sie vielleicht zu Kultusgegenständen oder 
zu derselben Kategorie von Zaubermitteln gehörten, wie die goeliga iguliga) der Malayen 
oder die moestika {mustika) Batavischer Malayen oder die heiligen Töpfe {tempajan oder 
djawet) der Dajaks (Siehe S. 619 u. 581 der „Vergelykende Volkenkunde" von Dr. G. A. Wilken) 
oder die beseelten Töpfchen — btdibidi — der Insel Buano (Siehe S. 557 ebendaselbst). 

Die „Donnerkeile" oder „Blitzsteine" der Malayen, die zu Wetter- (und anderen) 
Beschwörungen verwendet werden, sind hier ebenfalls zu erwähnen. 

Schliesslich kommt hier noch die Kunst Samoanischer Eingeborner Krankheiten durch 
Besprechung oder Beschwörung zu heilen, in Betracht. 

Abgesehen von dem Umstände, dass in einigen Fällen die von Samoanern angewendeten 
Mittel sehr zweckdienlich sind, wie das sehr beliebte lomüomi oder Kneten des Körpers 
des Patienten, die Behandlung der Elephantiasis etc., sowie deren Thätigkeit in der 
Geburtshülfe , kann man doch behaupten, dass alle für innere Leiden angewandte Mittel 
der Eingebornen durchgehends schädlich auf den Kranken wirken. 

Aber nicht diese Seite der Thätigkeit des „Arztes", in welcher er Mittel irgend einer 
Art zur Hebung von Leiden anwendet, kommt hier in Betracht, sondern vielmehr jene 
in der der „Arzt" allein durch Besprechung und Beschwörung „Geister austreibt", welche 
das Leiden verursachen. Er beräuchert den Kranken, bläst ihn oder filchert ihn an, er 
reibt die schmerzhafte Stelle, bestreicht oder quetscht sie, er hext die Krankheit in einen 
Stein, oder in eine stachelige Koralle die er in's Meer wirft oder vergräbt, oder in ein 
Stück Holz oder einen Lappen, die er verbrennt etc. etc. 

Von dem Besitzer des Steines erfuhr ich, dass professionirte Ethnologen ihm gesagt 
hätten, diese Steininstrumente seien ehemals zum „Wettermachen" oder „Regenmachen" 
verwendet worden. 

Nun, während meines 18-jährigen Aufenthaltes in Samoa — und ich habe mich recht 
eingehend mit Samoanern beschäftigt — habe ich von „Wet ter mach ern" oder „Regen- 
machern" nichts erfahren. 

Dagegen sagt Turner, 19 years in Polynesia S. 347; "Some of the Polynesian 
stone gods were supposed to cause pigs to multiply ; others were prayed to for the removal 
of storms; and others were supposed to act as rain-makets and rain-stoppers. There 
was one of these rain-controlhng stones in a district in Samoa. (Schade, dass der 
District und der Besitzer des Steines nicht genannt sind !). When there was too much rain , 
those who kept the stone , put it to the fire to dry , and cause the rain to stop. If there 
was great drought, they took the stone to the water and dipped it, thinking that by 
wetting the stone, rain would be the consequence-" 

Aber die Steine die Turner darstellt, sind natürliche, im Flussbette geschliffene Steine. 

Aus dem Vorstehenden geht nun hervor, dass: 

1) Das gefundene Instrument der jetzigen Bevölkerung Samoas nicht bekannt ist. 

2) Dass es allerdings Sitte der Samoaner war und zum Theil noch ist, Handwerkszeug 
und unverderbliche Werthobjecte zu vergraben. 

I. A. f. £. XIII. 8 



- 58 - 

3) Dass die Samoanischen Aerzte Fetische hatten und zum Theil noch haben (im 
Geheimen). 

4) Dass Steine zu diesen Fetischen gehören. 

5) Dass künstlich geformte Steine jedoch, die als Fetische benutzt worden seien, der 
jetzigen Bevölkerung unbekannt sind. 

6) Dass die Kunst des „Wettermachens" und „Regenraachens" der jetzigen Bevölkerung 
Samoa's zwar unbekannt ist, dass aber nach Aussage Tubneä's ihm ein Fall in Samoa 
bekannt ist, wo „Wetter" mittelst eines Steines „gemacht" wurde. 

Dieser Stein war allerdings anscheinend kein bearbeiteter Stein. 

7) Dass indonesische Malayen bearbeitete Steine als Fetische benutzten. 

8) Dass die Eingebornen von Samoa selbst annehmen , dass eine Urbevölkerung Samoa's 
existirt habe, und diese Behauptung auch durch Sagen begründen. 

Zu diesen acht Punkten kommen nun noch meine eigenen Erfahrungen und das Resultat 
der Umfragen, welche ich in Folge der Besichtigung des WETZEL'schen Steines gehalten 
habe. Aus den in Folge dessen erhaltenen Nachrichten entnehme ich nun, dass in alter 
Zeit in Mulifanua, — wo jenes Steininstrument doch gefunden wurde —, ein kannibalischer, 
nicht Samoanischer Stamm hauste, der von dort später nach der Insel Savaii und zwar 
nach der Bucht von A sau übersiedelte, in der er eine kleine Landzunge bewohnte, die 
Vaimanino — (klares Gewässer) — benannt wird, wohl wegen seines guten Trinkwassers. 

Dass Asau übrigens ein ganz eigenes Völkchen beherbergt — Leute von 6 Fuss und 
mehr sind keine Ausnahmen — kann man an Wuchs, Hautfarbe und Schnitt des Gesichtes 
erkennen. 

Ueber die Herkunft dieses Stammes weiss man nichts. 

Entweder waren es Tonganer, die nach der Vertreibung der Tonganer durch Tuna, 
Fata und Savea, die Söhne Atiogie's, (Siehe Intern. Archiv für Ethnographie 
Bd. XI, 1898, S. 123, „7te und 8te Generation Samoanischer Königsgeschlechter" und 
Globus Bd. 68 N^ 23. S. 365 „die Tonga-Kriege") in Samoa zurückgeblieben waren; 
oder aber es waren Theile der oft erwähnten — bisher nur aus Sagen nachgewiesenen 
Urbevölkerung. 

Von jenem Stamme rühren vielleicht noch jene Steininstrumente her. 

Ueber die vorausgesetzte Urbevölkerung ist nur bekannt, dass sie sich mit Samoanern 
vermischte. Ob dieselbe a.ber aus Melanesiern oder aus den Vorläufern der Malayisch- 
Polynesischen Völkerwanderung bestand — das Letztere möchte ich annehmen — (wie 
etwa die Urbevölkerung von Aotere, die Hiti, — das Maori H ist das Samoanische F, 
und das Samoanische F ist das Polynesisch-Melanesische V, also: Hiti-Fiti-Viti) — ist 
nicht mehr festzustellen; — die Steininstrumente werden vielleicht den Museumsgelehrten 
Anhaltspunkte liefern. — 



VIII. Zur besiedelung der insel Savaii. 
(Mit Belegstücken und einer Kartenskizze). 

Dass die Eingebornen von Samoa schon in sehr früher Zeit ihre Grundbesitzverhältnisse 
regelten und den Grundbesitz der Häuptlinge abgrenzten, beweist die Sage „0 le niavaega 
a le Atiogie*' = die letzwillige Verfügung des Atiogie. 



- 59 - 

Atiogie (8te Tafel 7te Generation des Stammbaumes der Könige von Samoa i), der 
Sohn des Feepö, theilte die Inseln Upolu und Savaii unter seine beiden Söhne Le Alali 
und Savea. Der letztere erhielt den Atua- und Tuamasaga-District (vermuthlich mit 
Manono) und Le Alali die ganze Insel Savaii und die Districte von Aana. 

Nachdem Atiogie so die Herrschaft über Samoa vertheilt hatte, begab sich Le Alali 
nach der Insel Savaii, um diese an die Unterhäuptlinge und deren Familien zu vertheilen. 

Die Grenzen der Districte wurden durch Steinwälle bezeichnet, zu denen das Material 
in dem Lavagerölle der Insel sehr reichlich vorhanden ist. 

Die Eingeborenen der Faasaleleaga nennen sich noch heute „o tagata o le atiatipä 
a Salafai*' = die Leute der Errichtung von Steinwällen auf Salafai (= Savaii). 

Savaii wurde in folgende Districte vertheilt: Itu Fogalele unter FAToaFE, einem 
Einwanderer von Viti, Itu Salega unter Lega (3te Tafel, 9te Generation d. St. K. S.), 
einer Tochter der Tochter des Königs von Tonga mit einem Vitier; die Districte Itu o 
teine, Itu o tane und Faasaleleaga behielt Le Alali vorerst zu seiner Verfügung , 
während der District A la tau a schon früher durch die PEA-Familie, — der Sage nach von 
Tonga aus — besiedelt wurde. 

Auf diesem reservirten Grundbesitze macht Le Alali dann später Utu in Matautu, 
Tana in Sataua (3te Tafel , 9te Generation d. St. K. S.) und La valu in Salelavalu ansässig. 

Nach der Einwanderung von Vaasilifiti mit seiner Schwester Fotütele (3te Tafel, 
lOte Generation d. St. K. S.) wurde Fotütele in Safotu und von den Söhnen des Vaasili- 
fiti, FüNE in Safune und Lafai in Safotulafai angesiedelt (3te Tafel, Ute Generation d, 
St. K. S.) '). 

Von Lafai erhielt die Insel Savaii den mythologischen Namen Salafai — dem Lafai 
gehörig — , da dieser die Oberherrschaft über Savaii ausübte. 

FuNE gründete die Kolonien Vaisala, Iva, Tufu sili auf der Insel Savaii 3) und einem 
Theil von Faleata auf der Insel Upolu; während die Nachkommen des Lafai, — die 
unehelichen (iama o le po) — , die Dörfer Satupaitea und Palauli (siehe 3te Tafel, 13te Gene- 
ration d. St. K. S.) bevölkerten. 

Aus obiger Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die Insel Savaii von Viti — zum 
kleinen Theile vielleicht auch von Tonga — aus besiedelt wurde. 

Doch es wäre falsch anzunehmen, dass die Insel bei der Einwanderung der Vorfahren 
der jetzigen Bevölkerung unbewohnt gewesen wäre. 

Im Gegentheil beweist die Sage von Maüsautele, dass angenommen wird, dass 
Maüsautele von den Bergen im Innern der Insel abstammt*). 

Auch Maüga, der Samauga bewohnte und seine Schwester Pai, die Satoalepai bevöl- 
kerte, werden als Urbewohner genannt. Von diesen letzten Beiden sind nur noch die 
Namen erhalten. 

Von LiAVAA, der in Aopo lebte, und von Tutjleamaaga oder Tuüleamaana*), von 
Loa, der über Fagaloa herrschte«) und von Tui Aana le Tavaetele, dem Oberhäuptlinge 
von Aana 7) nehmen die Eingeborenen selbst an, dass sie zur Urbevölkerung gehört haben. 



*) Siehe dieses Archiv Bd. XI pg. 101 ff. ^ Siehe auch die folgende Sage: le tala ia Vflasüißi, 
') Siehe die Sage: „0 le tupuga a falefagafua a Safune". *) Siehe: U gafa a MavtëaïUele, 
*) Globus, Bd. 69, 1896, S. 324; Pratt, Grammar and Dictionary of the Samoan language S. 41: 
Intern. Archiv, Bd. 11, 1898, S. 14. 

•) Intern. Archiv Bd. 11. 1898. S. 7. ') Ebenda Bd. 11. 1898. S. 15 u. flgd. 



- 60 - 

Wenn nun auch Savaii und ein Theil der Insel Upolu von Westen aus bevölkert 
wurde, so ist nicht ausgeschlossen, dass für die übrigen Samoa-Inseln , — Theile der Insel 
Upolu, die Inseln Tutuila und Manua — , eine Einwanderung von Osten her nachweisbar 
ist, die für die Insel Savaii fast als ausgeschlossen gelten kann ^). 

Kämpfe scheinen zwischen den ersten Bewohnern und den späteren Ankömmlingen 
nie vorgekommen zu sein. 

Es bleibt nun noch zu erörtern, zu welcher Menschenrace die ersten Bewohner wohl 
gehört haben könnten. Die einfachste und vielleicht auch die zutreffendste Annahme dürfte 
die sein , dass die ersten Bewohner der Vorhut oder den Vorläufern der grossen Malayischen 
Völkerwanderung angehörten , deren Weg von den Malayischen Inseln nach Süden bis Viti 
oder vielleicht sogar bis Neuseeland führte, wo die Ureinwohner*) Hiti^) genannt werden. 
Von Viti aus führte der Weg bis nach Tonga und den westlichen Samoa-Inseln. 

Die bezüglichen Belege (Sagen) mögen hier folgen: 



1) le mavaega a le Atiogie (Pule in Safotu). 
Die letzwillige Verfügung des Atiogie. 



Sa fai o le mavaega o le Atiogie nai Tulimatala 
(0 le malae i Faleula). 

Ona fai atu o le Atiogie ia le Alali: 

Sau ia ina e nofo i Leulumoega, a e faaraamalu 
le Launiu saelua taofi ai ma lou fale alii (o le 
mea e i ai o le maota a Saga); 



a sau ia Savea, ina nofo ma faafailele Tuisamau 
ma Auimatagi (faafailele = tausi, puipui, failele) ae 
e faamamalu o Faleata; 



ae tua i gauta o lou fale, alii (Sa Tuisamau) a 
faafofoga mai i ai Atua. 

le tofiga muamua lea o le Atiogie. 

le upu ina ua tea mai o Le Alali i Salafai. 

na ua uma o le atiatipa ona ui lea i le Itu o 



Atiogif, der in Tulimatala, der Malae (Versamm- 
lungsplatz) von Faleula wohnte, machte seine letzt- 
willige Verfügung. 

Daher sprach Atiogie zu le Alali: 

Komme her, damit du in Leulumoega^) wohnest; 
du schützest das „in der Mitte getheilte Kokos- 
palmblatt" *), und nimmst von deinem Häuptlingshaus 
Besitz (dies war dort, wo das Häuptlingshaus des 
Saga ist); 

komm her Savea, bleibe hier und schütze Tuisa- 
mau und Auimatagi (— die Hauptdörfer der Tua- 
masaga — ), [faafailele = als Wöchnerin behandeln; 
puipui = schützen, tausi = pflegen; failele =■ Wöch 
neiin, wörtlich = fliegen machen); 

Du beschützt Faleata; demnächst ist [tua) land- 
einwärts dein Häuptlingswohnsitz«) {Sa Tuisamau) ^ 
wo Atua auf Dich hört. 

Dieses war die ei*ste Willensäusserung des Atiogie. 

In Folge dieser Worte begab sich Le Alali nach 
Salafai (Savaii). 

Als die Aufführung der Steinwälle (der Grenzen 



*) Siehe jedoch die Pili-Sage. ") Nach Tregeab, Comparative Dictionary. 

3) Das Maori H wird in Samoa F, in Viti V, wie z. B. huxi (M.) = fua (S.) = vua (V.) = die Frucht 
oder hou (M.) = fou (S.) = vou (V.) = neu, u. v. A.). 

*) Von alters her ist Savaii von Leulumoega und Tutuila von Lufilufi abhängig. Tuisamau allein hatte 
keine solche Dependencen, da die Insel Manono sich bald der einen , bald der anderen der Tumua zuwendete 
und Manua eigene Oberhäuptlinge wählte. 

») Die Dörfer Fasitoo und Fasitouta pflegen vor dem Kriege ein lebendes Schwein , grade auf dem 
Rückgrat in zwei Theile zu zerreissen. Dieses Opfer heisst Launiu saelua. — Die beiden Hälften des 
Schweines wurden roh von den Häuptlingen und Sprechern der genannten beiden Ortschaften verschlungen. 
Spricht man von den Launiu saelua, so meint man daher nicht das Opfer, sondern die Ortschaften. 
Launiu = Kokospalmblatt; saelua = in der Mitte der Länge nach durchreissen. 

») Falealii = Häuptlingshaus, Häuptlingsversammlung. Während das Neujahrsfestes (pa) (Palolofestes) 
wird mit falealii eine zum Schmause versammelte Häuptlingsversammlung genannt, in welcher der Häupt- 
ling mit seinen Unterhäupthngen {mo aZü) und Sprechern das Falolofest begeht. 



- 61 - 



Fogalele, ona fonofono mai lea o Fatoäfe — (o le 
alii i Tufugatai^ai) — i le Fatufasaga (o le pa i le 
tuaoi a Palauli ma Salelaloga) ; ua fetaiai ai , ua fesili 
le Alali: Po ai? Ua tali Fatx)äfe: Au natinati 
mai nei; ina nei au le mau tofiga. 



Ua tali atu o le Alali: Sau la, ina atoa lau itil. 

Ua lagona .foi e Lega, ona sau foi lea; ua la 
fetaiai. Ua fesili o le Alali: Po ai. 

Ua tali atu: au o Lega, au natinati mai nei, 

ina nei au le mau tofiga. Ua tali atu o le Alali: 

Sau ia, ina pau mai o le itü a Fatoäfe i Salai! ua, 
a ua atoa lau itü. 



der Districte) beendigt war , begab er sich nach dem 
Districte Fogalele (auf der Südseite der Insel Savaii), 
als FAToäFE — (der Häuptling von Tufugataivai) — 
an dem Fatufasaga (dem Steinwall an der Grenze 
von Palauli und Salelaloga) eine Versammlung abhielt. 
Sie begegneten sich. Es fragte Le Alali: Wer ist 
es? Es antwortet FAToäFK: Ich wage es mich in 
Erinnerung zu bringen, damit ich nicht etwa nicht 
ein Amt bekomme. 

Es antwortet Le Alali: Komm her, dies ist dein 
ganzer District. 

Da hörte auch Lega davon und kam ebenfalls. 
Sie begegneten sich. Es fragte Le Alali: Wer ist 
es? Sie antwortet: 

Ich bin Lega, ich wage es mich in Erinnerung 
zu bringen, damit ich nicht etwa nicht ein Amt 
erhalte. Es antwortet Le Alali: Komm her; bis zu 
dem Districte des Fatoüfe in Salailua reicht dein 
ganzer District. 



2) lü tala la Vaasilifiti. 
Die Geschichte von Vaasilifiti (erzählt durch Pule in Safotu). 



Ua manao mai o Lafafaetoga, o le afafine a Tui- 
toga ia Tupailelei; faa ua manaia ma le lelei; a ua 
pau lava o lona igoa o Tupai lelei. 



Ua sau lea o teine, ua vaai lea ua leaga, ona nofo 
lea ia Tupai na tuna. 

Ua to le tamaitai. 

Fai atu o Lafafaetoga, ua faapea o le mavaega a 
lona tamä, ia ola atu i Toga. 

Ona alu lea o le folauga. Ua taesea o le vaa i 
Fiti; ua siU i Fiti o le vaa, a ua le taunuu i Toga. 

Ua fanau lea o le tamaitai, o le tama. Ua igoa o 
le tama o le Vaasilifiti, auä ua sili i Fiti latou vaa. 



Toe to le tamaitai. 

Ua fai atu o Lafafaetoga, ao le nei tama ia ola i 
lona tamä i Toga. 

Ua alu le vaa, taesea mal i Samoa. 

Ite*) Samoa a ua ola o le tamaitai, o le teine. 



Lafafaetoga (3te Tafel 9^ Generation des Stamm- 
baumes der Könige von Samoa), die Tochter des 
TuiTOGA (Königs von Tonga), wünscht sich den 
Tupai lelei (den „schönen" Tupai), da sie glaubte, 
dass er schön und ansehnlich sei. Dies war aber 
nur sein Name Tupai der Schöne. 

So kam das Mädchen, sah dass er nicht schön 
(hässlich) war und verband sich mit Tupai na tuna 
(dem Bruder des Tupai lelei). 

Die Häupthngstochter wurde schwanger. 

Da sagte Lafafaetoga, dieses sei dor Abschieds- 
wunsch ihres Vaters, dass sie in Tonga nieder- 
komme. 

Da wurde die Reise unternommen. Das Fahrzeug 
segelte irre nach Viti; nach Viti segelte es weiter, 
aber traf nicht in Tonga ein. 

Da kam die Häuptlingstochter mit einem Knaben 
nieder, der den Namen Vaasilifiti erhielt, da ihr 
Schiff (vaa) zu weit segelte (si?r) bis nach Viti (Fiti). 
(Stammbaum : 3te Tafel lOte Generation). 

Die Häuptlingstochter wurde abermals schwanger. 

Da sagte Lafafaetoga, was dieses Kind beträfe, 
so möge es bei ihrem Vater in Tonga zur Welt 
kommen. 

Das Fahrzeug segelte ab, segelte irre hieher nach 
Samoa. 

Samoa kam in Sicht als die Häuptlingstochter mit 



*) Natinati = to tease, to be importunate Pratt; eine Höflichkeitsform. 
*) Ite = in den Gesichtskreis kommen. 



- 62 - 



Ua igoa o le teine o Samoa ua fotu, aua pei ua 
fotu mai Samoa ua fanau loa o le tamaltai. 



le tupuga lenei o Safotu. 

Toe alu o le vaa, taunuu i Tuamasaga. Ua nofo 
ai ia Yaasilifiti Feata, o le tamaitai Faleata, toe nofo 
ai Feenaga, o le tamaitai Sagana. 



Toe foi mai o le malaga i Savaiî. 

Ua fananau uma tamaitai toalua. tama tane o 
la tama. 

Uu sau lea o le vaa ua tafea atu o le Fune o le 
ulu, tau togiai o la. Fai atu lea o Feenaga: Ua 
maua o le igoa o lau tama o le Fune tau togi ia, 
e i ai Safune. 



Toe sau le vaa, ona tuli lea o le fai, ua fai ma 
la le vaa; ona fai atu o Feeata: ua au maua foi o 
le igoa o lau tama, o Lafai, auâ o le fai fai ma la; 
e 1 ai Safotulafai. 



Tau nuu o le vaa tala atu o le nuu o Salelaloga, 
vaaî atu Vaasili ua tau tama, ua tau ai i pulu ma 
monoi ulu ua taufao oie laueleele. Toe sau i Iva, 
ona faapeina foi. 



Ona fai lea o le tofiga a Vaasili : 
Ua nofo Lafai i sasae, a sau Fune i sisifo, a ua 
nofo i la vaa Fotu, e fai ma puluvaga. 

A ulamua o Fune faasaga i ai Fotu ma au ma 
Lafai; a ula mua Lafai, faasaga i ai Fotu ma au 
ma Fune. 



einem Mädchen niederkam. Der Name des Mädchens 
war Samoa üa fotü, da es schien (bei der An- 
nährung) als ob Samoa empor wachse {fotu) als die 
Häuptlingstochter niederkam. 

Dies ist der Ursprung von Safotu. 

(Stammbaum : 3«« Tafel lOte Generation). 

Das Fahrzeug segelte weiter und traf in (dem 
Districte) Tuamasaga (auf der Insel Upolu) ein. 
Vaasilifiti verband sich mit Feata, einer Häupt- 
lingstochter von Faleata, dann verband er sich mit 
Feenaga, einer Häuptlingstochter von Sagana*). 

Dann kehrte die Reisegesellschaft nach Savaii 
zurück. 

Beide Häuptlingstöchter gebaren. Beider Kinder 
waren Knaben. 

Während das Fahrzeug weiter fuhr, trieb das 
Herz {Fune) einer Brodfrucht entlang, nach welchem 
Fische schnappten. Da sagte Feenaga: Ich habe 
einen Namen für mein Kind gefunden; Fune, nach 
welchem Fische schnappen, daher stammt Safune. 

(Stammbaum: 2*« Tafel 11*« Generation). 

Während das Fahrzeug weiter fuhr fing es einen 
Stachelrochen 2) welcher als Segel des Fahrzeuges 
benutzt wurde. Da sagte Feeata : Ich habe ebenfalls 
einen Namen für mein Kind gefunden; Lafai, wegen 
des fai y der als Segel — la — benutzt wird. Daher 
stammt Safotulafai. (Stammbaum: 8^ Tafel 11^ Ge- 
neration). 

Es landete das Fahrzeug jenseit des Dorfes Sale- 
laloga (auf der Insel Savaii); da bemerkte Vaasili 
wie die Knaben sich prügelten , sich mit den faserigen 
Hüllen der Kokosnüsse {pulu) warfen und sich Faust- 
schläge {monoi) an die Köpfe gaben, sie stritten um 
den Landbesitz. Damuf kamen sie nach Iva (das 
westlich von vorigen gelegene Nachbardorf), dort 
war es ebenso. 

Da entschied Vaasili: 

Es wohne Lafai im Osten (Safotulafai), Fune da- 
gegen gehe nach Westen (Safune) und in ihrer Mitte 
wohne Fotu (Safotu) und diene als Vermittlerin. 

Beginnt Fune den Streit so verbünde sich Fotu 
mit Lafai; beginnt Lafai den Streit, so nehme 
Fotu die Partei des Fune. 



3) le tupuga a fale fagafua a Safune. 
Die Entstehung der vier Kolonien von Safune. (von Taulealea in Safune). 

Na aumoe») o Fune ia Sinalaüa, o le tamaitai i Fune machte der Sinalaua, einer Häuptlings- 
Falelima. tochter von Falelima,*) Heirathsanträge. 



J) Feeata soll Faleata, Feenanga aber Sagana gegründet haben. 

-) Trygon pastinaca - fai — ein platter fast viereckiger Fisch mit langem Stachel-Schwänze. 

') Bezüglich aumoe mit dem Hauptwort aumoega siehe 0. Stuebel, Samoanische Texte S. 113 u. ff. 

*) Dorf auf der Südwest-Seite der Insel Savaii. 



- 63 



Ona alu ifo ai lea o Tagaloa a lagi ma o tulafale 
toalua Tagaloataoa ma o Tugaga. 

üa alu ifo iia tootuli Fune i vae o le tamaitai. 

E i ai le upu faasamoa: Ua e sau ua tootuli 
Fune. 

Sa faaalo Fune ia Tagaloa a lagi, ua tu i ai o le 
tamaitai; ona faaalo mai i ai lea o Tagaloa a lagi ia 
Fune ona fai atu ia Fune: 

Sau ia ina alu ma lou ao o le Tagaloa, ma le val 
lenä, le taulua ma tulafale toalua. 



Da kam Tagaloa a lagi (vom Himmel) hernieder 
mit seinen beiden Sprechern Tagaloataoa und 
Tügaga. 

Er kommt hinzu, wie gerade Füne zu Füssen 
der Häuptlingstochter kniet. 

Hierauf bezieht sich die Samoanische Redewendung: 
Du kommst , aber es kniet Füne »)• 

Fune erwies dem Tagaloa a lagi Ehrerbietnng 
und trat ihm die Häuptlingstochter ab; weshalb 
auch Tagaloa a lagi den Fune ehrte und zu Füne 
sagte: 

Komm her, gehe dahin mit meinem göttlichen 
Häuptlingstitel {ao)^ dem Tagaloa, mit dem Wasser- 
behälter, zwei ausgehöhlten und zusammengebun- 
denen Kokosnüssen, (tauliia)j und mit den beiden 
Sprechern. 



Die Samoanischen Häuptlingstitel sind meistens erblich in der Familie. Der Inhaber 
des Titels ist durch Gebrauch heilig und gilt innerhalb der Familie als Representation der 
Gottheit. 

Die Titel der Oberhäuptlinge der Dörfer — Sao — werden in gleicher Weise vererbt. 
Die Person des Titelträgers ist heilig, unantastbar; ihr werden verschiedene übernatürliche 
Kräfte zugeschrieben: Wer aus Gelassen isst oder von Speisen geniesst, die der Sao 
angerührt hat, wird von dem mai fvlafula — einer Krankheit befallen, die durch 
Anschwellung der Gliedmassen sich bemerklich macht etc.. 

Eine dritte Art sind die Äo^ die Häuptlingstitel, die von Göttern auf Menschen über- 
tragen wuiden und denen ein Theil der Göttlichkeit anhaftet. 

Den Äo wird göttliche Verehrung zu Theil. Verschiedene Speisen — Thiere — dürfen 
nur von ihnen genossen werden. 

Sie haben Diener — agai — die mit bestimmten Namen belegt sind, deren Amt in 
bestimmten Familien erblich ist. 

Ein solcher Äo ist nicht erblich, sondern wird nach dem Tode des Inhabers von 
Ortschaften und Districten einem anderen Häuptlinge, der jedoch bestimmten Familien 
angehören muss, übertragen, der dann für Uebertragung des Titels den Sprechern der 
Ortschaften und Districte eine grosse Menge feiner Matten — ie toga — überantworten muss. 

Solche Äo sind die Titel des Tui Aana, des Tui Atua, Tamasoaalii, Gatoaitele, 
ToNüMAiPEA, LiLOMAEAVA, Fetafüne uud der hier in Rede stehende Tagaloa von Saftme, 
der seit Uebertragung an Fune mehrere Generationen hindurch immer wieder dem Sohne 
des letzten Tagaloa übertragen wurde. Der jetzige Titelträger ist Mataapa seit 1886, 
der bis jetzt aber noch nicht die erwähnten ie toga vertheilt hat. 

Der Diener — agai — des Tagaloa heisst Gie o le Tagaloa, der stets aus den 
Familien der Sprecher Moana und Tüliatü von Safune gewählt wird. 

Der Südsee-Häring — Ätule — ist ihm heilig und darf deshalb nicht mit tief- 
gehenden Netzen gefangen werden. 



*) Wenn nämlich ein Dorf zu einem Bündnisse aufgefordert wird, nachdem es soeben ein solches 
Bündnis mit der Gegenparthei geschlossen hat. 



- 64 - 

Das Attribut des Tagaloa von Safune ist ein aus zwei leeren, zusammengebundenen 
Kokosnüssen bestehender Wasserbehälter, aus dem das Wasser entnommen wird, um 
diejenigen zu besprengen, die mit dem Tagaloa in persönlichen Verkehr treten — etwa 
wie Weihwasser. — Dieser letztere Gebrauch wird nur bei festlichen Gelegenheiten durch- 
geführt. Der Stammbaum der TAöALOA-Familie , d. h. der Familien, die die Anwartschaft 
auf den Titel haben, falls sie gewählt werden, ist aus dem Stammbaum der Könige von 
Samoa , 2te Tafel ersichtlich ; der Stammbaum der Tagaloa ist mit dem der TupuA-Linie 
jetzt vereinigt. 



Ona moe mai lea o Fune ia Taufasala; ua tautau 

le taulua i le ua pö. 

Ua alu ane o le imoa ona sala o le afa o le 
taulua: 

Ona igoa ai lea o le nuu o Taufasala ia Yaisala. 
Ona tofia lea o tulafale toalua o Gale ma Tuiasau 
e nofo ai i Vaisala; a e nofo Tugaga ma Tagaloataoa 

1 Safune. 

Toe alu Fune i Vaiafai, ona tofia ai lea o Sae ma 
Fataloto o Taulauniu foi toalua. 

Toe alu Fune i Sili tofia ai lea o Talivaa ma Fiu. 

fale a Safune ua toafâ: o Safune, o Vaisala 
Vaiafai i Iva, o Sili i Tufu. 

le mea lea ua taua ai o nuu lenâ o fale<) faga- 
fua a Safune*). 



Darauf schlief Funk in Taufasala; die Wasser- 
gefässe hing er auf, da es Nacht war. 

Da kam eine Ratte und zerbiss — sola — das 
Kokosfaserband der Wassergefässe — vai — sodass 
sie herabfielen. 

Daher heisst der Ort Taufasala jetzt Vaisala '). 

Nun wurde es bestimmt, dass die zwei Sprecher 
Gale und Tuiasaü in Vaisala blieben, während 
Tugaga und Tagaloataoa in Safune wohnten. 

Dann ging Fune nach Vaiafai*), und bestimmte 
Sae und Fataloto, zwei Sprecher von Taulauniu 3) 
dort zu bleiben. 

Ferner ging Fune nach Sili (auf der Südseite von 
Savaii) und bestimmte Talivaa und Fiu. 

Vier Kolonien des Fune giebt es: Safune, Vai- 
sala, Vaiafai in Iva, Sili in Tufu. 

Deshalb werden diese Orte die fale fagafua von 
Safune genannt. 



Wenn ich auch nicht der Ansicht bin, dass alle Samoanischen Sagen als eitel baare 
Münze anzusehen sind, deren Nominalwerth die Wissenschaft sofort in landläufige Werthe 
umzusetzen berechtigt ist, so glaube ich doch, — da die Richtigkeit der Angaben vieler 
dieser Sagen noch heute bis in das Kleinste nachprüfbar ist, — dass Thatsachen vielfach 
den Sagen zu Grunde liegen. 

Ich fürchte daher nicht, mich einer Abenteuerlichkeit schuldig zu machen — (etwa 
„volkskundliche Fragen mit Hülfe der Phantasie zu beantworten") — oder auch den Spott 
des göttlichen Sauhirten*) mir zuzuziehen, wenn ich die in vorstehenden Sagen über die 
Besiedelung der Insel Savaii gemachten Angaben deute und in tabellarischer Form und 
als Kartenskizze (Vergl. Seite 70) dem Leser vorführe: 



») Daher ist keine Quelle in Vaisala, da dieser Ort die Wassergefässe des Tagaloa nicht in Acht nahm. 

*) Dorftheil von Iva in der Faasaleleaga. 

') Mythologischer Name von Safune. 

*) Fale = Haus; fä = vier; fua = Endung bei Abzahlung von Früchten, Häusern etc.; ga eine des 
Wohlklanges 'wegen eingeschobene Silbe. 

*) Das Dorf Faleata im Districte Tuamasaga, auf der Insel Upolu gehört nicht in diese Reihe von 
Kolonien. 

Faleata wurde durch Nachkommen von Safune-Leuten bevölkert, welche während eines Krieges, — wie 
man sagt, unfreiwillig — dort angesiedelt worden waren. 

•) EuMAios, Odysseus als Africaumsegler und Americaentdecker. Leipzig, Gustav Fock, 1898. 



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- 66 - 



4) le gafa a Mausautele. 
Der Stammbaum des Mausautele (SoALO-Samauga). 



Saanâ na usu ia Tafunâ (Saanâ ma Tafunâ o 
mauga elua) fanau lea o Maugaloa uta. Usu Manga- 
loauta îa Putefane, fanau o Mangaloatai. 

Usu Mangaloatai îa Fonaafaese, fanau o Olo. 

Usu Olo ia Uluitavae, fanau lea Lauiôa ma Taga- 
tapopoto, tamaloa o le auuso; o tagata lenei faatoa 
mana. 

Ua sau lea o le ulugaaliî, o Futi ma Sao o la 
igoa ma o la tama o Sinafetuna o le teine, au mai 
6 faanofo ia Tagatapopoto ua tau atu ua i Samoa 
nei; auâ o la nuu o Fiti. 

Ua taunuu ai i le Faga, i le va o tolotolo talatu 
Safotu. 

Ua faata ai o le malau o le teine na aumai mai 
Fiti. 

Ona faaigoa ai lea o le vai i luga o le papa o le 
vai Malau. 

Ua igoa nei ona po o le ma tu loto i le va o 
tolotolo Vai Malau, e i ai foi nei onapo o le 
vaipuna i luga o le ma. 



Ua usu le malaga o le taeao, ua aga ai i luga 
i le Toafa. 

Ua galo le aluga lei i le Faga ona toe tau oloolo 
ifo lea le amiga o le aluga o le teine, a ua fai 
atu le tamaloa: Aumai ia a tatou oo a igoa ia o 
lenâ F'aga ia Alugalei; ua oomai i onapô nei ua 
igoa a Fagalei. 

Ua savali loa o le malaga, ua malolo i Ava iti 
(i lalo le Mauga o Tiafou) ona toe faata ai o le 
malau o le teine, ona ua malolô; ua e i ai o le vai 
ua igoa foi o le vai o Malau onapo nei. 



Ua toe savali o le malaga, taunuu atu lea ia 



Saâna verband sich mit Tafunâ >), zeugten dann 
Maugaloa uta. Es verband sich Maugaloa üta 
mit Putefane und zeugte MAUGALOATâi. 

MAUGALOATäi Verband sich mit Fonaafaese, 
zeugte Olo. 

Olo verband sich mit Uluitavae -) zeugte Lauifla 
und Tagatapopoto. Beide Bruder waren Männer. 
Sie waren die ersten Menschen. 

Da kam ein Ehepaar, Futi und Sao war ihr Name, 
mit ihrem Kinde, Sinafetuna, einem Mädchen, 
welches sie brachten um es mit Tagatapopoto ') zu 
verheirathen , der, wie man berichtete in Samoa 
lebe; denn ihre Heimath war Viti. 

Sie trafen in der Bucht ein , welche zwischen den 
beiden ßergvorsprungen jenseits (östlich) von Safotu 
liegt. 

Das Mcädchen Hess hier einen Malau*) umher- 
schwimmen, den sie von Viti mitgebracht hatte. 

Da wurde die Quelle auf einem Felsen, (der im 
Meere, innerhalb der Lagune liegt), die Quelle des 
Malau genannt. 

Es heisst noch heutigen Tages (Nacht) der meer- 
umgüi-tete Stein zwischen den beiden Bergvor- 
sprüngen der Vai o Malau y auch befindet sich dort 
heutigen Tages die Quelle (sprudelnde Wasser) auf 
dem Steine. 

Morgens brach die Reisegesellschaft auf und erstieg 
die Höhe des Toafa*). 

Sie vergassen ein Elfenbein-Nackenkissen •) in der 
Bucht. Man wollte zur Aufsuchung des Nacken- 
kissens des Mädchens hinabsteigen, aber der Mann 
(Vater) sagte: Kommet, lasst uns gehen doch die 
Bucht soll Alugalei ^) heissen; noch heutigen 
Tages (Nacht) heisst sie Fagalei. 

Die Reisegesellschaft ging weiter und ruhte sich 
in Ava iti aus, (am Fuss des Berges Tiafou), 
wo abermals das Mädchen den Malau frei umher- 
schwimmen liess, als sie sich ausruheten. 

Dort ist noch heutigen Tages (Nacht) die Quelle 
des Malau. 

Die Reisegesellschaft wanderte weiter und ti*af 



*) Saanä und Tafunä sind Bei-ge. 

^) Bis hierher bezeichnen sämmtliche Namen Berge im Innern der Insel Savaii. 
*) Tagaixt = Mensch; papoto = klug, erfahren. 
*) Einen gezähmten Fisch, Myripristis sp.? 

*) Dies ist der Name des Hochplateaus auf den beiden Felsvorsprüngen. 

•) Siehe Turner: 19 Yeai's S. 216; Ethnographisch-anthropologische Abtheilung des Museum Godeffroy 
S. 185. 

Alu^a = das Nackenkissen, syn. ali; lei = Elfenbein. 



- 67 



Tagatapopoto. Fai atu lea o Tagatapopoto : Oulua 
maJiumai >). Ona fai atu lea o le uluga alii: 

Ua ma oomai e tu atu o ma tama, o le teine o 
Sina la te oe; auä ua taunuu atu o le tala ia te oe 
i Piti. 

Tali atu lea o Tagatapopoto: Talofa, ua oulua 
maomai. 

Au nel ua popoto o lau tino, a au le poto^ i le 
mea ai. A aumai ia oulua tama e nonofo i lou uso 
Lauifia. 

Ona nofo ai lea o le teine, fanau o Mausautele >). 

Sa usu Mausautele ia Sina Lalotava, o le afafine 
a Soalo, fanau o Taumatamu. 

ÜSU Taumatamu ia Mua o le puso, fanau Samoa- 
nagalo. 

Usu Samoanagalo ia Fiti maupologa o le tamaitai, 
fanau o tama toalua, o Sanaalala ma Latuivai. 



bei Tagatapopoto ein. Es sagte nun Tagatapopoto: 
Seid mir willkommen. Worauf das Ehepaar ant- 
wortete: 

Wir kommen, um unser Kind, das Mädchen Sina 
Dir zu bringen; da die Nachricht von Dir in Vit! 
eintraf. 

Antwortet Tagatapopoto : Ich habe Mitgefühl mit 
Euch Beiden, da Ihr vergebens kommt. 

Ich hier, habe zwar einen gewandten Körper, 
aber ich bin nicht klug in Bezug auf Nahrung. 
Kommt daher, und gebt Eure Tochter meinem 
Bruder Laüipia zur Ehe. 

So verband sich ihm (Lauifia) das Mädchen zur 
Ehe, gebar Mausautslb. 

Mausautele*) verband sich mit Bisa Lalotava, 
der Tochter des Soalo (von Samauga) und zeugte 
Taumatamu. 

Taumatamu verband sich mit Muaolepuso und 
zeugte Samoanagalo. 

Samoanagalo verband sich mit Fiti maupologa *), 
einer Häuptlingstochter und zeugte zwei Knaben, 
Sanaalala (Illte Tafel 16^ Generation des Stamm- 
baumes Sam. Könige) und Latuivai. 



5) le tala ia Tigilau. 
Die Geschichte des Tigilau (von Pule in Safötu). 



Tigi le tane o Lau o le fafine, o le uluga alii. 

Fanau o la tama, o le tama tane. 

Ona saili lea o se igoa, ona faatasi lea o la igoa 
e fai ma le igoa o le tama, o Tigi ma Lau, e i ai 
Tigilau. 

Toe ave ane o le igoa o la tulafiüe o Olo ona 
maua lea o Tigilau ma Olo. 

Sa i ai la na fafaga o Tigilau i le itu mal o 
Puapua. manini o ia. 

Ona 00 ifo lea o le utugasami o fafine Tapueleele, 
a ua alu Tigilau e galue. 

Ua alu ai i tai i le mea sa i ai o ia, ua alu ifo, 
ua sa fafäsi o fafine. 

Ua momoe Tigilau, e tuli loa o fafine. Ua fasia 
o foflne ia Tigilau. 

Ua maua ai o fasi ia elua. Ua aumai, ua tausi 
lelei iai. 



Tigi hiess der Mann, Lau die Frau, ein Paar. 

Sie zeugten ein Kind, einen Knaben. 

Da suchten sie einen Namen und vereinigten ihre 
beiden Namen, die sie dem Knaben gaben, aus 
Tigi und Lau entstand Tigilau. 

Dann fügten sie den Namen ihres Sprechers Olo 
hinzu und so entstand Tigilau ma Olo {ma = und). 

Da waren Fische die Tigilau fütt-erte diesseits 
(westlich) von Puapua. Die Fische waren manini. 

Während Tigilau auf Arbeit gegangen war, kamen 
Frauen von Tapueleele') um Salzwasser zu 
schöpfen. 

Er kam nach dem Strande, an den Ort, wo sich 
die Fische aufhielten. Er kam hernieder (und fand) 
dass sie durch die Frauen getödtet waren. 

Da lief Tigilau und verfolgte die Weiber. Die 
Weiber wurden durch Tigilau geschlagen. 

Er erhielt zwei Stücke der Fische zurück. Diese 
brachte er zurück und hob sie sorgsam auf. 



1) Maliumai contrahirt aus: malieoomai, >) Poto, redupl. popoto. 

') Mausautslb heisst bei den Eingeborenen o le tama o le lauäeele = Sohn des Landes = Urbewohnôr. 

^) Mausautele ist Stammvater der Dörfer Samauga und Paia. 

*) Die Sclaven haltende Yitierin. 

•) Dorf im Innern, südlich von Puapua-Amoa. 



68 ^ 



Ona alu Tigilau i galue, ua toe foi mai ua ai lona 
tuafaûne o fasi ia. le igoa o le teine o Sina. 



Ua fai atu Tigilau ia Sina, a ua ai Sina o lona 
ia, ia fanau mai iai ni ia ia to ia. 

Ua fanau Sina, o laumei elua. igoa o ia o 
Leutuutu ma Toga. 

Ona po ia sa aimau') ai o le tulafale o Ae mai 
Fiti. Ua faiatu o le tulafale ia momoli o ia ua fia 
alu i Fiti. — Ua sa faasaga o Tigilau e faaputu toga, 
saili vaa. Fai atu Ae, e oo ane ia e momoli i ia. 



Ua faasaga Tigilau e fau o le fata lele, e lau i 
ai toga. 

Fai atu Tigilau ia tautua ana ia, ia tama a lona 
tuafafine. Ona alu lea o le malaga, ua taunuu foi 
i Fiti. 

Ua fai atu ia, na alu ia, na alu i uta. 

Ua faalata Ae o ia ia paulia. 

Ona valaau lea Ae ia Fiti e oo ane e fasi o ia. 

Ua maua o Leutuutu a ua sao Toga. 

Ua ita nei Toga ua te va. 

Ua tigä tele o Tigilau ona o tama o lona tua- 
£sifine. 
Ua saili o se togaâti ia maua mai Ae. 

Ua moe i malae o Tigilau. 

Ua 00 i le malae a Salelavalu. 

Ua 00 ane aitu fai gapiâ e fai o le fono ma Tigilau. 

Ua alu le amiga a Ae; ua alu i ai aitu. 

Latou sii po mai Ae; aumai ma faamoe i le fale 
a Tigilau. 
Ua 00 i se isi itu po, taulata i le ao. 



Da ging Tigilau (abermals) auf Arbeit, kehrte 
zurück (und fand) dass seine Schwester die Stücke 
Fisch gegessen hatte. Der Name des Madchens 
hiess Sina. 

Da sagte Tigilau zu Sina, dass wenn Sina seine 
Fische gegessen hätte, so solle sie ihm Fische ge- 
bären. 

Sina gebar zwei Schildkröten»). Der Name der 
Fische war Leutuutu ») und Tonga. 

In jenen Tagen (Nächten) bot sich ihm als Sprecher 
an der Sprecher Ae von Viti. Es sagte der Sprecher, 
man möge ihn , da er nach Viti zurückkehren wolle 
fortsenden. — Da unternahm es Tigilau, sammelte 
feine Matten*) ein, und besorgte ein Fahrzeug. Da 
sagte Ae, es mögen die „Fische" (Schildkröten) ihn 
nach Hause geleiten. 

Da machte Tigilau sich daran und stellte eine 
Tragbahre her, auf welche die feinen Matten geladen 
wurden. 

Darauf schärfte Tigilau (dem AÉ) ein, er möge 
für die Kinder seiner (des Tigilau) Schwester 
(nämlich die Schildkröten) Sorge tragen. So ging 
die Reise von statten und sie ti-afen in Viti ein. 

Da sagten die Schildkröten, er möge nun gehen, 
sich an's Land begeben. 

Ae aber verlockte die Fische, so dass sie in nie- 
driges Wasser geriethen. 

Dann rief Ae den Vitiern zu, sie möchten hin- 
gehen und die Fische (Schildkröten) tödten. 

So wurde Leutuutu erschlagen, während Toga 
entkam. 

Toga war nun erzürnt und ging zornig von da. 

Tigilau war sehr erzürnt, wegen der Kinder 
seiner Schwester*). 

Er suchte daher einen Kunstgriff ausfindig zu 
machen, wie er sich des Ar bemächtigen könnte. 

Daher schlief er den Malae ^). 

So kam er auch in die Mdlae von Salelavalu. 

Da kamen Aitu, welche befreundet waren, und 
hielten Berathung mit Tigilau. 

Man machte sich daran Ae einzufangen. Aitu 
machten sich auf den Weg. 

Während der Nacht hoben sie Ae auf, brachten 
ihn und legten ihn schlafend in des Tigilau Haus. 

So ging OS bis zu einer anderen Stunde der Nacht; 
der Anbruch des Tages war nahe. 



') Die der Samoaner „Fische" nennt. 

2) LeutuiUu = die Wassermarke am Strande. 

') Äimau = aialii; siehe dasselbe, 0. Stubbbl: Sam. Texte S. 126 u. 127. 

*) Als Geschenk für den Sprecher. 

') Siehe Vertragsverhältnis zwischen Bruder und Schwester, Globus 1895 S. 140, „Gründung der Dörfer 
des Stammes der Itu o tane". 

') Malae ist der Versammlungsplatz, auf dem aber auch gottesdienstliche Handlungen vorgenommen 
werden. In der Mdlae schlafen = bei den Göttern Klage führen. 



- 69 ~ 



Ua fai atu Tigilau, Ala ia sei la talatala ia le alii 
Tigilau na i Samoa. 

Ua nofo mai ia faapea o Tuifiti. 

Ua fai lona tala ua palau vale ma upu leaga ia 
tigilau. 

Ua vivine o le moa a Tigilau ua moe i le taua- 
luga lona fale. 

Ua fai atu lea o Ae, ua faapea foi o le moa o le 
puaa lenä sa au i ai i Samoa. 

Tali atu Tigilau : Moi ») lava. 

Ona malamalama loa lea ua ao. 

Ua vaai atu lea Ae, o Tigilau. 

Ona fai atu lea Ae: Ua au nofo atu fua nei, a 
au Ae. 

le upu lenä a fai lauga fai soo lava i nei ona po. 

Ona faasaga atu i ai Tigilau e fasi Ae. 
Sa laga atigilima ma atigivae; sa sali mata. 
Ua oti Ae. 

Ua e i ai i Amoa i nei onapô o le vaivai ua taua 
le Vaivai o Ae. 



Da sagte Tigilau, er möge erwachen, damit sie 
sich unterhielten über den Häuptling Tigilau, der 
im Samoa lebte. 

Er richtete sich auf und dachte Tuipiti sei es. 

Er erzählt und schimpft in bösen Ausdrucken 
über Tigilau. 

Da ki-ähte der Hahn des Tigilau, der auf dem 
Dachfirst des Hauses schlief. 

Worauf Ae sagte: Grade so krähte auch der Hahn 
des Schweines, bei dem ich in Samoa war. 

Antwortet Tigilau: In der That also! 

Da wurde es hell, der Tag brach an. 

Da erjcannte Ab den Tigilau. 

Deshalb sagte Ae: Ich sitze hier zwar vor dir, 
ich bin aber Ae. 

Dieser Rednerausdruck wird auch heute noch 
häufig gebraucht 2). 

Da machte Tigilau sich daran und ei*schlug Ab. 

Er löste ihm die Fingernägel ab und die Nägel 
der Fusse; er grub die Augen aus. Ae ist todt. 

Es ist in Amoa noch jetzt ein Tümpel vorhanden, 
der der Tümpel des Ae genannt wird'). 



Zu den ältesten Sagen der Polynesier gehört die Sage von Tiöilau — Tinilau — 
TiNiRAU oder Kinilaü, die sich bei allen Stämmen mit ganz gleichem oder doch ähnlichem 
Verlaufe w^iederfindet. 

TiNiRAü — nach Tregear, Comparative Dictionary — ist bei den Maori ein 
Sohn des Gottes Tangaroa und lebt auf der heiligen Insel Motutapu. 

Seine Heimath war umgeben mit Fischteichen, in denen Fische laichten. 

Das Wasser der Teiche diente seiner Gattin Hina — (in Samoa heisst seine Schwester, 
die ihm zwei Schildkröten gebar, Sina), — als Spiegel. 

Er hatte mehrere gezähmte Walfische, — (in Samoa Schildkröten) —, deren einen er 
Kae — (in Samoa Ae) — lieh, um Kae nach Hause zu tragen. Die Heimath des Kae 
(Ae) war nach den Einen Viti, nach Anderen Tonga. 

Kae tödtet den Fisch und auf Befehl des erzürnten Tinirau geht Hina mit anderen 
Frauen aus, um E[ab einzufangen. 

Es gelang ihnen, sie brachten Kae nach Motutapu, wo er getödtet — (nach Anderen 
gekocht und gegessen) — wurde. 

Der Name des Fisches war Tutu nui — der grosse Tu tu und in Samoa heisst die 
von Ae getödtete Schildkröte Le utu utu^ die Wassermarke am Strande, während tutU 
(Syn. tafolä) der Walfisch heisst, ein Wort, dessen Bedeutung in der Maori-Sprache durch 
viele andere Worte ersetzt ist. 

In Mangaia war Tinirau das Kind der obersten Gottheit Vari ma te takere — 
der Anfang aller Dinge. 



') Moi ist conti'ahii't auB moni; und moni ist contrahirt aus maoni oder maoi; dieses Wort kommt nur 
noch in Composition vor als faamaoni und faamaoi = wahrlich. 
*) „Ich sitze hier zwar, ich bin aber schuldig", ist der Sinn. 
•) Hier soll Ae zu Tode gemartert sein. 



Er war im Geis- 
terlande geboren, in 
Avaiki = Ha- 
waiki ~ Ha- 
waii, — Savaii 
oder Avaui. 

Motutapu war 
ihm als Erbtheil 
gegeben ; er war 
Gott der Fische. 

Auch in Manga- 
re w a-Sagen sind 
TiNiBAU und E[ae 
erwähnt und ein 
Gtesang bespricht 
den Tod des Kae 
durch die Axt des 

TiNIRAÜ. 

Schliesslich wird 
in Hawaii aus 

TiNIRAU — ELlNI- 

LAü, der aber von 
menschlichen El- 
tern abstammt. 



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- 71 - 



IV. REVUE BIBLIOGRAPHIQUE. - BIBLIOGRAPHISCHE UEBERSICHT. 
Pour les abréviations voir pag. 28 y 111, 166, 185 et 232 du Tome précédent. 



GÉNÉRALITÉS. 

I. M. le prof. YiRGHOw, dans un discours à rassem- 
blée générale des sociétés anthropologiques allemande 
et autrichienne à Lindau, (Corr. A. G. XXX p. 80 : Mei- 
nungen und Thatsachen in der Anthropologie) s'étend 
sur les rappoits entre l'anthropologie et l'archéologie. 
Le même journal contient une étude comparative 
sur des sculptures babyloniennes et des bronzes ita- 
liens, du Dr. M. HoERNKS (p. 85: Die Anfänge der 
bildenden Kunst. Av. flg.); des observations archéo- 
logiques du Dr. Helm (p. 96: Ueber die Bedeutung 
der chemischen Analyse bei vorgeschichtlichen 
Untersuchungen); une étude du Dr. H. Klaatsch 
(p. 154 : Die Stellung des Menschen in der Primaten- 
reihe und der Modus seiner Hervorbildung aus einer 
niederen Form); et une nouvelle contribution à la 
question du pithecanthropus, du Dr. J. Bumuelleb 
(p. 157: Menschen- und Affen-Femur). 

M. P. G. Mahoudbau (Rev. mens. IX p. 365) 
publie une étude sur les premières manifestations 
de la matière vivante. Les langues humaines sont le 
sujet d'essais de M. R. V. Cust (Language, its Birth, 
Development and Life, Decay and Death. London); 
et de M. R. C. Temple (Ind. Ant. XXVIII p. 197, 
225: A. Theory of Universal Grammar, as apphed to 
a Group of Savage Languages). M. C. B. Davenport 
(Statistical Methods with special reference to Biolo- 
gical Variation. New- York) publie un manuel à l'usage 
des naturalistes, qui peut être de quelque utilité aux 
anthropologistes qui s'intéressent à l'étude quantita- 
tive des espèces. 

La deuxième édition du livre de M. Cabl Buecueb 
(Arbeit und Rhytmus. Leipzig) a reçu une augmen- 
tation considérable. Am. A. contient le discours pré- 
sidentiel de M. Mcqee , dans l'Académie des Sciences 
à Washington (New Series I p. 401 : The Trend of 
Human Progress) ; des articles de M. F. Boas (p. 448 : 
The Cephalic Index); M. J. W. Powell (p. 475, 695: 
Sociology, ot the Science of Institutions); M. W. J. 
McGEE (p. 646: The Beginning of Mathematics); 
et une notice de M. 0. T. Mason (p. 789: How Bas- 
kets are Rounded), à propos de l'article de M. Gushing 
(Manual Concepts). M. J. Denikeb (The Races of Man. 
London. Av. 170 fig. et pi.) publie un manuel très 
pratique d'anthropologie et d'ethnographie. La ques- 
tion des races est traitée encore par le Dr. Kollmann 
(Corr. A. G. XXXI p. 1: Die angebliche Entstehung 
neuer Rassentypen). 

Des questions religieuses sont traitées par M. Hans 



Haas (A. R. III p. 52: Der Zug zum Monotheismus 
in den homerischen Epen und in den Dichtungen 
des Hesiod, Pindar und Aeschylus); il. Louis H. 
Gray (A. R. Ill p. 18: The Indo-Iranian Deity Apam 
Napat); M. F. B. Jevons (F. L. X p. 369: The Place 
of Totemism in the Evolution of Religion); et Dr. R. 
Lasch (Gl. LXXVII p. 110: Die Verbleibsorte der 
abgeschiedenen Seelen der Selbstmörder). M.M. le 
prof. Dr. L. Lewin et Dr. M. Brenning (Die Frucht- 
abtreibung durch Gifte und andere Mittel. Berhn) 
publient une étude d'ethnographie comparée. M. K. 
Knortz (Folkloristische Streifzüge. Leipzig) publie 
diverses contributions au folklore. 

EUROPE. 

Corr. A. G. contient le discours d'ouverture du 
Dr. Waldeybr à l'assemblée générale des sociétés 
d'anthi'opologie allemande et autrichienne à Lindau 
(Universitäten und anthropologischer Unterricht). 
M. G. A. DoRSEY (Am. A. p. 462) publie des notes 
sur les musées anthropologiques de l'Europe cen- 
trale. M. J. Deniker donne une étude sur l'indice 
céphalique en Europe (Les races de l'Europe. Paris), 
dans une publication de l'Association française pour 
l'avancement des sciences. F. L. (X p. 450) rend 
compte d'un essai de M. Sophus Bugge (The Home 
of the Eddie Poems, with special reference to the 
Helgi-Lays). Proc. I. A. publient des contributions de 
M. G. T. Plunkett (V. p. 338: On a Cist and Ums 
found at Greenhills, Tallaght. Av. fig.); M. T. J. 
Westropp (p. 348: Notes on the lesser Castles or 
"Peel Towers" of the County Clare. Av. pi. et fig.); 
le rev. F. E. Clarke (p. 374: Notes on the Tinnecra 
Cromlech near Boyle. Av. pi.); et le rapport d'une 
commission pour l'examen de stations préhistoriques 
près de Roundstone, Connemara. 

M. Ad. Thieullen (Bull. S. A. X 4me série: Silex 
ante-classiques présentés à la Société normande d'étu- 
des préhistoriques) revient à sa théorie des pierres 
taillées. Le rapport de M. Ph. Salmon (Rev. mens, 
p. 379: L'anthropologique au Congrès de Boulogne- 
sur-mer) contient des communications sur une série 
d'explorations archéologiques, celle de M. Dubail- 
RoY (p. 388) sur les dernières fouilles dans les grot- 
tes de Cravanches, étant accompagnée de la figure 
d'un vase en terre cuite. M. Paul Sébillot (Nantes) 
raconte des légendes locales de la Haute-Bretagne. 
M. Gaston Vuillikb (T. du M. livr. 43 suiv. Av. ill.: 
Chez les magiciens et les sorciers de la Corrèze. Av. 
ill.) nous introduit dans les recoins peu fréquentés 



- 72 - 



du Limousin. Nous remarquons dans les communi- 
cations du Dr. Karutz (Verh. A. G. p. 292: Volks- 
thùmliches aus den Baskischen Provinzen), que 
l'auteur n'a retrouvé aucune trace de la couvade; 
il parait que les Basques, leur langue exceptée, n'ont 
retenu que très peu de traits caractéristiques. 

Verh. A. G. contiennent des contributions de M. 
R. Andrée (p. 295: Webe-Brettchen aus der Lûne- 
burger Heide. Av. flg.); M. H. Busse (p. 296: Fisch- 
Speere aus der Spree-Gegend bei Fûrstenwalde, Kreis 
Lebus. Av. flg.); M. F. von Luschan (p. 401: Sichel- 
artige Hau-Messer aus Kärnthen und aus Lykien. 
Av. flg.); M. CoNWENTz (p. 404: Photographien neu 
gefundener Gesichts-Urnen. Av. fig) sur des trou- 
vailles archéologiques en Prusse orientale; M. Buch- 
HOLZ (p. 453: Ein Bronze-Schwert von Französisch- 
Buchholz. Av. fig.); M. E. Jackschath (p. 459: Ein 
deutsches Beschwörungs-Buch), manuscrit écrit sur 
la fin du 18nie siècle; M. P. Reinecke (p. 506: Der 
Warteberg bei Kirchberg in Nieder-Hessen. Av. des 
flg. de fragments de poterie; p. 510: Die Goldfunde 
von Michalkow und Fokoru, Ost-Galizien. Av. flg.). 

Le discours du Dr. Montelius (Corr. A. G. XXX 
p. 83: Ueber die Chronologie der Pfahlbauten) arrive 
à la conclusion que les stations lacustres, où Ton 
trouve des objets en bronze , datent d'au moins vingt 
siècles avant notre ère , les stations néolithiques avec 
une population agricole se trouvant déjà en Europe 
centrale plus de trente siècles avant J. G. Le même 
journal publie des communications de M. Kollmann 
(p. 86: Fingerspitzen aus dem Pfahlbau von Corce- 
lettes, Neuenburger See); Dr. E. comte Zeppelin 
(p. 91: Ueber die ethnographische Verhältnisse der 
prähistorischen Bodensee- Bevölkerung), avec une 
réfutation des opinions émises, par le prof. Virchow; 
Dr. EiDAM (p. 103 : Ausgrabungen bei Gunzenliausen) ; 
Dr. KöHL (p. 112: Neue steinzeitliche Gräber- und 
Wohnstättenfunde bei Worms); Dr. Montelius (p. 127: 
Die Einwanderung der Slaven in Norddeutschland; 
Dr. L. WiLSER (p. 139: Zur Stammeskunde der Ale- 
mannen); Dr. J. NüEscH (p. 142: Neue Grabungen 
und Funde im Kesslerloch bei Thayngen; p. 145: 
Neuer Fund von Pygmäen der neolithischen Zeit 
aus der Grabhöhle beim Dachsbüel bei Herblingen, 
Canton Schaff hausen); M. J. Ranke (p. 151: Zur 
jüngsten Heidenzeit in Bayern). 

M. MoRiz Heyne (Das deutsche Wohnungswesen 
von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 
16ten Jahrhundert. Leipzig. Av. 104 fig.) donne des 
détails sur la vie domestique des anciens Allemands. 
Le Uvre de M. F. Zkll (Bauernmöbel aus dem 
bayerischen Hochland. Frankfurt a. M.) donne trente 
planches avec texte explicatif. Celui du Dr. M. Höfler 
(Deutsches Krankheitsnamen-Buch. München) offre 



des détails d'intérêt ethnologique. M. le Dr. 0. Schubch 
(Neue Beiträge zur Anthropologie der Schweiz. Bern. 
Avec 18 planches reproduisant des mâchoires et des 
crânes préhistoriques) publie des observations an- 
• thropologiques sur la Suisse. 

M. le Dr. Franz Tappeineb (Z. E. XXXI p. 201 : 
Die Capacitât der Tiroler Schädel) publie une étude 
crâniologique. Z. 0. V. publie des articles de M. Josbf 
Blau (V p. 198: Flachsbau und Flachsverwerthung 
in der Rothenbaumer Gegend); du prof. F. Wilheim 
(p. 202 : Alte Stein-Kreuze und Kreuz-Steine im nord- 
westlichen und westlichen Böhmen. Suite. Av. fig.); 
et du Dr. M. urban (p. 226: Volks-Hirtenlieder aus 
dem vorigen Jahrhundert). 

M. J. W. Fewkes, dans Am. A. (p. 795: Figurines 
of Domesticated Animals in Austrian Folk-Religion) 
rend compte d'un article du Dr. W. Hein, publié 
dans la Z. f. Volkskunde, en remarquant le paral- 
lélisme curieux entre certaines croyances populaires 
de l'Autriche et les cérémonies des Hopi. CL. (VIH. 5) 
publie des contributions de MM. J. Zitek et F. Liskovec 
sur des fêtes populaires tchèques à Toccasion de la 
Pentecôte; de M. C. Zibbt sur des énigmes slovaques; 
de M. Z. Nejedly sur la toiture de la maison tchèque; 
de M. R. Tyrsova sur les études ethnographiques de 
Josef Mores; de M. J. L. Holüby sur des chants 
populaires slovaques; de M. J. E. Konopas (VIII. 6) 
sur les festivités à la Ste Anne à Boleslav; de M. 
J. KosTAL sur les esprits domestiques dans la tradi- 
tion populaire; de M. V. Schulz sur des amusements 
nocturnes de la jeunesse au 16nie et au 17me siècle; 
de M. J. Janca sur le costume populaire à Teschen; 
de M. B. CiEKovA sur la médecine populaire en Silésie 
orientale; de M. J. Vluka sur les cérémonies nup- 
tiales en Silésie; de M. Z. Nejedly sur les dépendances 
de la maison tchèque; de MM. J. V. Vesely etK.V. 
Adamek sur des danses tchèques, avec la mélodie et 
les paroles. Les premiers numéros du IX™« volume 
du même journal contiennent des articles de MM. 0. 
PiscH et. F. J. Cecetika sur des restes de la féo- 
dalité en Bohème; de M. F. Kretz sur la fabrication 
de dentelle tchèque ; de M. Al. Malec sur le costume 
des Croates en Moravie; de M. D. Jarkovic sur la 
décoration des façades en Valachie; de M. A. Hlavinka 
sur la nature comme marraine du chant populaire; 
de M. F. Lego sur le costume cosaque; de M. C. Zibrt, 
essai d'explication rationnelle de quelques supersti- 
tions slaves; de M. F. Silhavy sur les champignons 
dans la tradition du peuple en Moravie occidentale; 
de M. R. Tyrsova sur la renaissance de la broderie 
en Bohème; de M. J. L. Holuby sur des chansons 
slovaques. 

M. le Dr. R. Temesvary (Volksgebräuche und Aber- 
glauben in der Geburtshilfe und der Pflege des Neu- 



- 73 - 



gebornen in Ungarn. Leipzig. Av. 16 fig.) décrit des 
superstitions en rapport aux nouveau-nés. M. A. 
Flachs (Rumänische Hochzeits- und Todtenge- 
bräuche. Berlin) donne des détails de la vie domes- 
tique en Rouraénie. La communication du Dr. S. 
Watjofp (Verh. A. G. p. 437: Zwei bulgarische 
Bruchbänder. Av. fig.) est remarquable pour la mé- 
decine populaire. L'article de M. F. von Vincenz 
(Gl. LXXVII p. 46 : Ein Besuch auf der Insel Telos) 
est illustré de types grecs. M. G. Jacob (Karagöz 
Komödien. Berlin) publie une nouvelle étude sur 
les ombres chinoises chez les Turcs, avec la trans- 
cription et la traduction de quelques pièces. 

Une livraison supplémentaire de l'album publié 
par M. Axel 0. Heikel (Mordvalaisten pukuja ja 
kuoseja. Trachten und Muster der Mordvinen. Hel- 
singissa) donne l'Introduction et le texte explicatif. 
Une autre contribution à l'ethnographie de la Finlande 
est publiée par M. H. J. Heikel (Die Brandgräber 
yon Päiväniemi, Säijoki und Kirmukarmu in Sata- 
kunta. Helsinki. Av. 8 pl. et fig. Texte en finnois 
et allemand). M. D. H. Anoutchine publie en langue 
russe une étude illustrée sur la culture des kour- 
ganes de Kostroma et spécialement sur les ornements 
et les symboles religieux qu'on y a trouvés. M. le 
docteur S. Weissenberg (Gl. p. 130: Beiträge zur 
Volkskunde der Juden) publie des chansons popu- 
laires de juifs de la Russie méridionale. 

ASIE. 

L'aiticle de M. Max Ohnefalsoh-Richter (Verh. 
A. G. p. 298, 401: Neues über die auf Cypern ange- 
stellte Ausgrabungen. Av. beaucoup de figures) rend 
compte de découvertes intéressantes sur l'écriture 
syllabique hétitique et sur les relations de la civi- 
lisation ancienne de Chypre avec celle de Mycènes 
et avec celle de l'Étrurie. M. le prof. M. J. de Goeje 
(Versl. Ak. d. W. p. 9: De Legende der Zevenslapers 
van Efeze) publie une étude sur une ancienne légende 
chrétienne. Z. E. publie des nouvelles de l'expédition 
Belck en Arménie (XXXI p. 236. Comp. Verh. A. G. 
p. 487). Cette expédition donne lieu à une étude de 
M. R. ViRCHOW (Corr. A. G. XXX p. 146: Ueber den 
Ui-sprung der Bronzecultur und über die armenische 
Expedition). M. le Dr. C. Fr. Lehmann (A. R. Ill 
p. 1 : Religionsgeschichtliches aus Kaukasien und 
Armenien) publie une étude sur les idées religieuses 
en Caucasie et Arménie. 

M. H. Zimmern (Ritualtafeln für den Wahrsager, 
Beschwörer und Sänger. Leipzig) publie un album 
de 19 planches reproductives de textes cunéiformes, 
qui se trouvent dans le Britih Museum, avec la 
transcription et la traduction. Les moeurs des Baby- 
loniens font le sujet d'un livre de M. A. H. Sayce 
(Babylonians and Assyrians. Life and Customs); leur 
I. A. f. E. XIII. 



religion d'un livre de M. L. W. King (Babylonian 
Religion and Mythology. London). La religion pri- 
mitive des Israélites fait le sujet d'une étude de 
M. C. Grünmsen (Der Ahnencultus und die Urreligion 
Israels. Halle). M. F. Hommel (Die südarabischen 
Altertümer des Wiener Hofmuseums und ihr Heraus- 
geber D. H. Müller. Mit einem Exkurs über den 
Mondkultus der alten Araber. München. Av. ill.) fait 
des observations sur la collection E. Glaser. L'Arabie 
fournit encore des siyets à M. 0. Procksch (Ueber 
die Blutrache bei den vorislamischen Arabern und 
Mohammeds Stellung zu ihr. Leipzig); et au Dr. W. 
Lemanski (R. T. p. 87 : La psychologie de la femme 
arabe: la vie à la maison). L'art persan est illustré 
par des spécimens reproduits par M. F. R. Martin 
(The Persian Lustre Vase in the Imperial Hermitage 
at St. Petersburg. Stockholm; Figurale persische 
Stoffe aus dem Zeitraum 1550—1650. Stockholm). 

M. le comte W. de Rottermund (T. du M. livr. 48 
suiv.: En chemin de fer de la Caspienne à Samar- 
kand. Av. ill.) publie ses notes de voyage. Gl. 
(LXXVII p. 108: die Jurte der Omsker Kirgisen. 
Av. ill.) décrit la vie sous la tente des Kirgises. 
Bull. S. G. (XX p. 308: Voyages en Mongolie Occi- 
dentale de 1885 à 1897. Av. carte) contient la tra- 
duction d'un article russe de M. Dmitri Klementz. 
M. H. Vambéry (Noten zu den alttürkischen In- 
schriften der Mongolei und Sibiriens. Leipzig) publie 
dans les Mémoires de la Société finno-ougrienne XII 
des notes sur les inscriptions de l'Orkhon, avec des 
observations sur la condition sociale des anciens 
Turcs. L'article du général Krahmer (P. M. p. 228: 
Der Anadyr-Bezirk. Suite) d'après M. A. W. Olssufjew, 
donne une description ethnographique des Tchoukches 
et des Lamoutes. Verh. A. G. publie un article de 
M. N. Melnikow (p. 439: Die Burjaten des Irkuts- 
kischen Gouvernements); et Am. A. publie des notes 
de M. Berthold Laufer '(p. 747: Petroglyphs on the 
Amoor. Av. fig.). 

M. le prof. G. Schlegel continue la publication 
de ses notes géographiques dans T. P. (n°. 5: XIII 
Tantan or Dan-dan, Dondin: XIV Kola or Ko-la 
Pu-sa-lo, Kora or Kora Besar; XV Moan-la-ka, 
Malacca). M. A. H. Smith (Village Life in China. 
New York. Av. ill.) décrit la vie villageoise en Chine. 
Ostas. Ll. XIII contient des articles sur les six 
langues de Pékin (p. 758); sur le caractère psycho- 
logique des lettres chinoises (p. 793, 827); sur le 
bouddhisme chinois (p. 949, lOOT); sur des sociétés 
de jeunes filles, d'après von der Goltz (p. 1047); 
sur la croyance et la superstition chez les Chinois 
(p. 1087, 1112); sur la propriété foncière en Chine 
et rimpôt qui en est payé (XIV p. 87). Verh. A. G. 
publient des communications de MM. M. Bartels et 

10 



^ 74 - 



F. W. K. Müller (p. 527: Japanische Votivbilder. 
Av. fig.); et de M. F. W. K. Müllbb (p. 632: Eine 
Abbildung eines „Tret-Bildes" aus der Zeit der 
Christen-Verfolgungen in Japan. Av. flg.). M. E. 
Deshaybs, dans ses conférences au Musée-Guimet 
publie des notes sur les Ciseleurs d'accessoires de 
sabres, sur les laqueurs dlnros, les sculpteurs de 
Netzkés, sur les cuirs importés ou fabriqués au Japon, 
sur les matières pour „Ojimès", coulants dans les- 
quels on passe les cordons des objets suspendus à 
la ceinture, cités ou décrits dans le Sokenkisho, 
ouvrage japonais publié en 1781 et appartenant, à la 
bibliothèque du Musée Guimet (14 janvier 1900); et 
des observations sur les courtisanes et les acteurs, 
d'après des estampes japonaises (28 janvier). 

I. Ant. publie des articles de M. G. A. Grierson 
(p. 262 : On the East-Central Group of Indo- Aryan 
Vernaculars); et du rév. A. Westcott (p. 270: The 
Copper Coinage of Madras Presidency). M. H. BrOnn- 
HOFKR (Verh. A. G. p. 478: Die Herkunft der Sans- 
krit-Arier aus Armenien und Medien) publie des notes 
sur Torigine des Ariens de l'Inde. M. J. Dahlmann 
(Das altindische Volksthum und seine Bedeutung 
für die Gesellschaftskunde. Köln) publie des notes 
sur l'histoire sociale de l'Inde ancienne. Les notes 
de M. M. A. Stein (Notes on the Monetary System 
of Ancient Kasmir. London. Av. 1 pi.) sont très 
importantes pour la numismatique ancienne. M. A. 
FoucHER (T. du M. livr. 46 suiv.: Sur la frontière 
Indo-Afghane. Av. ill.) publie son journal d'excursion 
* dans le district de Peshavar. M. R. Durand (Making 
a Frontier: Five Years' Experiences and Adventures 
in Gilgit, Hunza Nagar and Eastern Hindu-Kush. 
London. A v. ill ) raconte sa vie de camp sur la fron- 
tière afghane. M. R. C. Temple (F. L. X p. 384: The 
Folklore in the Legends of the Punjab) publie une 
contribution au folklore de l'Inde. M. A. GRtïNWEDEL 
{Gl. p. 72: Bronzen aus Chotan. Av. fig.) décrit des 
bronzes, d'après un article russe de M. S. von Olden- 
burg sur l'art bouddhistique. M. Max Müller (Rama- 
krishna. His Hfe and sayings. London-Bombay. CR. 
dans A. R. III p. 85) donne la légende d'un saint 
hindou contemporain. 

Le livre de MM. M. et B. Farrars (Burma. London) 
est illustré de 450 pi. et âg. d'après des photogra- 
phies. M. E. VON Hesse- Wartegg (Siam, das Reich 
des weissen Elefanten. Leipzig. Av. 18 pi. et 120 fig.) 
fait une description très intéressante de l'empire de 
Siam. M. le comte de Barthélémy (Bull. S. G. p. XX 
p. 330 : Au pays des Mois) décrit les tribus sauvages 
du sud de l'Annam. Les notes publiées par les Drs. 
CoGNACQ et MouGEOT (Do la lèpre en Ck)chinchine 
et dans la presqu'île malaise. Saigon. Publication de 
la Société des Études indo-chinoises CR. dans Rev. 



mens. X p. 25) contiennent des observations sur la 
thérapeutique indigène. M. le Dr. Rudolf Martin, 
dont le discours lu à la Illme assemblée combinée 
des Sociétés d'anthropologie est publié dans une édi- 
tion séparée (Die Ureinwohner der malayischen Halb- 
insel. München), publie des notes de voyage dans 
les Mitth. d. Naturw. Ges. Winterthur C 1900 Heft 
II : Ueber eine Reise durch die Malayische Halbinsel). 
M. le Dr. K. Th. Preuss (Z. E. XXXI p. 137: Die 
Zauber-Muster der Orang Semnang in Malaka. Av. 
ill.) continue la publication des matériaux recueillis 
par M. H. V. Stevens. I. Ant. contient la suite des 
notes de M. E. H. Man (p. 253: Notes on the Nico- 
barese). 

Le discours du prof. A. Bastian (Verh. A. G. p. 420: 
Mittheilungen von seiner letzten Reise nach Nieder- 
ländisch-Indien) contient entre autres des commu- 
nications sur la mythologie javanaise. M. le Dr. Hanus 
BoHATTA (Z. A. 0. S. V. p. 48: Einige Bemerkungen 
zur Aufnahme von Fremdwörtern im Javanischen) 
publie des observations sur la langue javanaise. B^dr. 
publient des contributions du Dr. H. H. Juijnboll 
(LI p. 102 : Bijdrage tot de kennis der Oudjavaansche 
letterkunde) ; de M. J. Habbema (p. 110: Bygeloof in 
de Preanger-regentschappen), sur des superstitions à 
propos de bâtisses, texte soudanais avec ti*aduction; 
et de M. H. Kern (p. 139: Over de taal der Jotafa's 
aan de Humboldtbaai). Bat. G. (XXXVII afl. 3) con- 
tient une description des objets, provenants de la 
Gampong Teungkoe awé geutah à Pasangan et offerts 
par M. le Dr. C. Snouck Hurgronjb; et une descrip- 
tion brève de la collection faite par M. Th. Vogelen- 
ZANG en Nouvelle Guinée. T. I. T. publie des obser- 
vations de M. J. P. Moquette (XLII p. 1: Eenige 
opmerkingen omtrent de Hindoe-munten van Java. 
Av. pi.); des remarques critiques sur un article publié 
dans I. G., par M. A. F. von Dkwall (XLII p. 40: 
De pelandoek djinaka. Vertalingen en conjectures, 
alsmede Maleische Tropen en Figuren van den Heer 
J. van Dissel); des remarques à propos de l'article 
de M. E. L. Westenenk sur les contes pelandoek, 
par le Dr. H. H. Juynboll (p. 125: De folklore van 
West-Borneo); et un essai linguistique par le mis- 
sionnaire A. J. H. VAN der Velden (p. 57: Proeve 
eener spraakleer van de Laoraneesche taal). M. Beyfuss 
(Verh. A. G. p. 448: Schwerter aus Borneo. Av. ûg.) 
et M. W, H. Furness (Folk-Lore in Borneo. Walling- 
ford , Penna. Av. 6 pi.) publient des communications 
ethnographiques sur Bornéo ; M. Alb. C. Kruyt (Versl. 
A. V. W. III p. 147 : Het koppensnellen der Toradja's 
van Midden Celebes en zyne beteekenis) décrit et 
explique les coutumes sauvages de l'intérieur de 
Celebes. Les îles Philippines fournissent des sujets 
à M. A. B. Meyer (The Distribution of the Negritos 



- 75 - 



in the Philippine Islands and elsewhere. Dresden. 
Traduction anglaise par Mile. C. S. Fox); et à M. F. 
Blumrntritt (Mus. Dresden, Festsch. 1899 n°. 1: 
Verzeichniss philippinischer Sachwörter aus dem 
Gebiete der Ethnographie und Zoologie). M. le 
docteur B. Hagen (Corr. A. G. p. 94: Demonstration 
ostasiatischer und melanesischer Gesichtstypen) publie 
les résultats d'observations personnelles. 
AUSTRALIE ET OCÉANIE. 

Les tribus indigènes de l'Australie font le sujet 
d'un Hvre de M. J. Mather (Eaglehawk and Crow. 
Study of Australian Aborigines, including Inquiries 
into their Origin and Survey of Australian Languages. 
London. Av. ill.); de notes par M. A. Lang (F. L. X 
p. 489: Australian Religion); d'un article de M. R. H. 
Mathews (Am. A. p. 595: Native Tribes of Queens- 
land); et d'un livre de M. W. D. Campbell (Abori- 
ginal Carvings of Port Jackson and Broken Bay. 
Sidney. Av. 29 pi.). Austr.» A. J. publie divers 
vocabulaires de dialectes australiens et des obser- 
vations sur des noms de places; une légende sur 
l'origine de la lune chez les indigènes de Queensland, 
par M. A, Fraser (p. 194: The Moon Myth); la 
reproduction photographique d'une impression de 
pied humain dans la roche calcaire (p. 196); une 
communication de M. A. L. P. Cameron (p. 217: On 
some Tribes of Western New South Wales); une 
note sur le dieu d'une tribu australienne, par M. M. 
Fox (p. 223: Traditions regarding Beer-ong-o-lee) ; 
des communications de M. C. S. Kable-Erambie 
(p. 224: Myths of the Lachlan River Aborigines) et 
de M. F. W. BiDDULPH (p. 225: Myths of the Spring- 
sure Aborigines). 

La deuxième édition du livre de M. H. Ling Roth 
(The Aborigines of Tasmania. Halifax. Av. pi.) est 
revue et augmentée avec l'assistance valuable de 
M. J. Backhouse Walker qui a une connaissance 
extensive de la Tasmanie. M. H. Schurtz (Gl. LXXVII 
p. 53: Schnitzereien der Maori. Av. fig.) décrit des 
sculptures en bois de la Nouvelle Zélande, conser- 
vées dans le musée municipal de Brème. Le livre 
du Dr. Max Krieger (Neu-Guinea. Berlin. Av. pi. et 
fig.) qui fait les parties V et VI de la Bibliothek der 
Länderkunde, contient une contribution à l'ethno- 
graphie de la Nouvelle-Guinée par le Dr F. von 
Luschan. m. B. Hagen (Unter den Papuas. Beo- 
bachtungen und Studien über Land und Leute, 
Thier- und Pflanzenwelt, in Kaiser- Wilhelmsland. 
Wiesbaden) décrit la Nouvelle Guinée allemande. 
M. R. Blumenreich (Verh. A. G. p. 485: Unter- 
suchungen der Haare von Neu-Irländern) publie le 
résultat de ses expériences. M. A. Bastian (Die 
mikronesischen Colonien aus ethnologischen Gesichts- 
punkten. Ergänzung L Berlin) donne une réimpres- 



sion des études de M. Kubary sur la procédure 
criminelle et l'inhumation dans les îles Pelau, en 
y «youtant des notes ethnologiques. M. W. Hein 
(Mitth. G. G. Wien p. 309: Zur Tätowierung der 
Samoaner. Av. fig.) publie des notes sur le tatouage 
aux îles Samoa. M. G. H. Cookb (Rep. N. M. 1897 
p. 83: Te Pito te Henua, known as Râpa Nui, 
commonly called Easter Island , South Pacific Ocean) 
décrit Tile de Pâques et les habitants présents avec 
un vocabulaire de leur langue. 

AFRIQUE. 

M. G. Medina (R. T. VII p. 70) publie une étude 
sur Tage du bronze en Libye et dans le bassin oc- 
cidental de la Méditerranée. M. le Dr. A. Loir (R. T. 
p. 54 Av. fig.) décrit la circoncision chez les indigènes 
Israélites et musulmans de Tunis; et fait des obser- 
vations (R. Se. nov. 1899) sur l'esclavage en Tunisie. 
M. E. A. Wallis Budge publie trois volumes (Egyptian 
Ideas of the Future Life; Egyptian Magic; Egyptian 
Language. London. Av. pi ) offrant un exposé suc- 
cinct et clair de la vie spirituelle des anciens Égyp- 
tiens. M. Ü. WiLCKEN (Griechische Ostraka aus 
Aegypten und Nubien. Leipzig) publie une contribution 
à rhistoire économique des anciens Égyptiens. L'ar- 
chéologie égyptienne est représentée encore par des 
contributions de M. A. DANiNos-Pacha (Les Monu- 
ments funéraires de PÉgypte ancienne. Paris. Avec 
une lettre de G. Maspéro , 12 pi. et fig.); M. A. Braulik 
Altägyptische Gewebe. Stuttgart. Av. 126 ill. repré- 
sentant des échantillons d'une très riche collection); 
M. G. ScHWEiNFURTH (Vorh. A. G. p. 496: Aegyp- 
tischer Ring aus Kieselmasse; p. 538: Bega-Gräber. 
Av. fig.); M. F. W. BissiNG (Z. Aeg. Spr. u. Alt. 
XXXVII. 1: Eine altägyptische Mädchen tracht); 
M. F. VON Oefele (ibid.: Zur Erklärung der Veteri- 
närpapyrus von Kahun); M. Lefebure (Sphinx vol. 
III fasc. 2: Le Sacrifice humain d'après les rites de 
Busiris et d'Abydos). M. G. Fritsch (Corr. A. G. p. 133: 
Ueber die Körperverhältnisse der heutigen Bevöl- 
kerung Aegyptens) publie une étude anthropologique 
sur rÉgypte moderne. 

M. J. Eysséric (T. du M. livr. 7 suiv. : Exploration 
et captivité chez les Gouros. Av. ill.) publie ses 
souvenirs de la Côte d'Ivoire et le royaume de Baoulé. 
D. K. B. publie un rapport sur Texpédition en Ada- 
maua (X p. 838. Av. ill.); un rapport du Dr. Plehn 
(p. 186) sur son voyage à Nzimu et Bayanga; et la 
description du culte Mungui chez les Bakundu (p. 852), 
par le missionnaire N. Lauffek. Dans l'intérêt de 
la science nous ne pouvons que déplorer que le 
missionnaire a fait bmler les instruments de ce culte, 
tout abominable qu'il fût, et qui maintenant parait 
être détruit. Mitth. D. S. publient des communi- 
cations de M. Fr. Hüpfeld (XII p. 175: Die Eisen- 



- 76 - 



industrie in Togo. Av. fig.); et de M. G. Conrau 
(p. 201: Im Lande der Bangwa, Kamerun). M. Lich 
H. MosELEY (G.J. XIV p. 630: Regions of the Ben ue) 
publie ses notes de voyage. M. H. C. Koviman (Leiden) 
décrit une collection ethnographique de l'Afrique 
équatoriale. M. P. Kollman (The Victoria Nyanza; 
the Land, the Races and their Customs, with Spe- 
cimens of some of the Dialects. London. Av. 372 ill.) 
décrit la partie la plus florissante de TAfrique équa- 
toriale. 

A. T. M. (p. 369. Av. ill.) publie des notes de 
M. V. GoEDORP sur les Somalis. L'Afrique orientale 
allemande fournit des sujets à M. C. Veltkn (Kikami, 
die Sprache der Wakami in Deutsch-Ostafrika. Würz- 
burg); à M. A. Seidel (Z. A. O.S. V p. 1: Grundzüge 
der Grammatik der Sprache von Karagwe und Nkole 
in Deutsch-Ostafrika. Mit Texten und einem Wöiter- 
verzeichniss. Fin; p. 20: Etymologische Forschungen 
auf dem Gebiet der Bantusprachen ; p. 44: Zur Lehre 
von den Präpositionen im Suaheli; p. 76: Sprich- 
wörter der Wa- Bonde in Deutsch-Ostafrika); à M. 
Aug. Declercq (ibid. p. 16: Quelques notes sur la 
langue des Bena Lulua); au missionnaire K. Walther 
(ibid. p. 28: Beiträge zur Kenntniss des Moshi- 
Dialekts des Ki-Chagga, Kilimandjaro); et à M. R. 
VON SowA (ibid. p. 63: Skizze der Grammatik der 
Ki-Bena, Ki-Hehe, in Deutsch Ostafrika). M. H. M. 
DE Mathüibieulx (A. T. M. p. 25, 33: En colonne au 
Ménabé Av. fig.) donne des détails sur les Sakalaves , 
Bat. G. (XXXVII afl. 1) contiennent une liste d'objets 
recueillis en Madagascar par M. Simonnar. 

AMÉRIQUE. 

Mlle Cornelia Horsford (App. M. déc. 1899: Vin- 
land and its Ruins. Some of the evidences that 
Northmen were in Massachusetts in Pre-columbian 
days. Av. fig.) reprend la thèse des colonies norvé- 
giennes en Amérique. M. G. Friederici (Indianer 
und Anglo-Amerikaner. Braunschweig) publie un 
essai historique sur les relations entre les Américains 
et les Indiens. M. Harlan I. Smith (Am. M. N. H. II 
p. 129: Archaeology of Lytton, British Columbia. 
Av. pi.) publie une partie des résultats de la Jesup 
North Pacific Expedition. Rep. N. M. publie des 
études de M. J. D. Mcguire (1897 p. 361 : Pipes and 
Smoking Customs of the American Aborigines, based 
on material in the United States National Museum. 
Av. 5 pi. et fig.); et de M. 0. Tüpton Mason (p. 725: 
The Man's Knife among the North American Indi- 
ans. Av. fig.). 

La Société anthropologique de Washington a adopté 
la désignation d'Amerind pour la race indigène de 
l'Amérique (Am. A. p. 582: Amerind: A Designation 
for the Aboriginal Tribes of the American Hemisphere); 
M. 0. Mason en a fait usage dans see contributions 



à ce journal (p. 583: Amerindian Arrow Feathering; 
p. 585: How the Amerind bored a long Hole in 
Wood). Le même journal contient encore des articles 
de M. J. W. Fewkes (p. 522: The Alosaka Cult of 
the Hopi Indians. A v. pi.); M. Cyrus Thomas (p. 552: 
Maudslay's Archaeological work in Central America); 
M. E. H. Hawlby (p. 587: An Inverted Double Reed), 
notice sur un instrument de musique en usage en 
Colombie Brittannique; M. Charles Brower (p. 597; 
Sinew- working at Point Barrow, Alaska), notice 
sur les différents usages que les Indiens d'Alaska 
font des nerfs séchés des cerfs; M. F. Boas (p. 601: 
Property Marks of Alaskan Eskimo. Av. fig., p. 758: 
Anthropometry of Shoshonean Tribes); M. W. H. 
Holmes (p. 614: Preliminary Revision of the Evidence 
relating to auriferous gravel Man in California II. 
Av. fig.); M. P. B. Pierce (p. 675: The Origin of the 
„Book of Mormon"; M. W. R. Gerard (p. 586: The 
Adopted Indian Word „Poquosin". Comp, la notice 
de M. W. W. TooKER , p. 790) M. W. Hough (p. 789 : 
Material of the Mexican Codices). 

M. G. H. Pepper (Mon. Rec. n°. 1: Ceremonial 
Deposits Found in an Ancient Pueblo Estufa in 
Northern New Mexico. New York. Av. photos) décrit 
les résultats des fouilles de Texpédition Hyde. Le 
recueil mensuel The Open Court publie une com- 
munication de M. F. Starr (XIII p. 385: Survivais 
of Paganism in Mexico. Av. pi. et fig.). Gl. publie 
des articles du Dr. G. A. Neef (LXXVII p. 24: Die 
Passionisten des Südwestens von Nordamerika. Av. 
ill.); M. K. Sapper (p. 28: Ein Besuch bei den 
Chirripo- und Talamanco-Indianern von Costarica. 
Av. fig); M. Albert S. Gatschet (p. 87: Central- 
Amerika's Sprachstämme und Dialekte. Av. des fig. 
de types indiens). Am. Folkl. XII contient des con- 
tributions de M. A. S. Gatschet (p. 255: Water- 
monsters of American Aborigines); M. R. Steineb 
(p. 261 : Superstitions and Beliefs from Central Georgia); 
Mlle Anne Weston Whitney (p. 273: Items of 
Maryland Belief and Custom); et un compte-rendu 
(p. 284: Osakie Legend of the Ghost Dance) d*un 
article de M. William Jones, publié dans Harvard 
Monthly. Mlle F. D. Bergen publie un recueil de 
folklore par rapport aux plantes et aux animaux 
(Animal and Plant Lore Collected from the Oral 
Tradition of English-speaking Folk. Boston. Comp. 
Am. Folkl. p. 291). 

la Haye, mars 1900. G. J. Dozy. 

II. Mao'ßcTifi 06u;ecTBa Apxeo/ioriH, HcxopiH h 3tho- 
rpa4>lH npH MMnepaxopcKOMi» KaaancKoMi» yHHBepcHTerß. 
(Mededeelingen van het Oudheid-, Geschied- en Vol- 
kenkundig Genootschap te Kazan). XV, 3 en 4. 

De 3<io Afl. opent met een opstel van S. M. 
Matwjbjef over de „Begrafenis- en nagedach- 



« 77 - 



tenis-plechtigheden by de gekerstende Ta- 
taren in 't Ooevernement Ufa." De schryver, 
die jaren lang onder de Tataai-sche bevolkingen ge- 
leefd heeft en als geestelyke voortdavend in nauwe 
aanraking kwam met de gedoopte Tartaren, geeft 
ons In zun voortreffelyk geschreven opstel niot alleen 
een helder overzicht van de begrafenis- en herden- 
kingsplechtigheden en van wat er elgenaardig in is, 
maar vergunt ons ook een buk te slaan in 't ziele- 
leven dier tot het Christendom bekeerde Tataren, 
by wie oude heidensche vooretellingen , zooals men 
denken kan, nog niet geheel zyn uitgevrischt. 

„De historische liederen der Kazansche 
Tataren" is de titel van eene bydrage van Katanof. 

Onder het hoofd „Ethnografische Materialen" vin- 
den we eene bydrage tot de kennis van Kirgizische 
bygeloovigheden , n.l. eene ethnografische schets van 
A. A. DiwAJEF, getiteld „De Baksy als genees- 
heer en toovenaar." De baksy, Mongoolsch 
bachsi, is sjamaan, geneesheer, kwakzalver, too- 
venaar in één persoon. By de Kirgizen worden 
inzonderheid die geneesheeren geroemd , welke ver- 
keer hebben met Geesten en over dezen macht 
hebben. Om het geloof in hun wondermacht te ver- 
sterken, bedienen zy zieh van allerlei kunstjes, o.a. 
van buikspreken. In de incantaties, waarvan Diwa- 
JEP eenige in tekst en vertaling mededeelt, vindt 
men een zonderling mengsei van inheemsche en 
Mohamraedaansche heiligen, zelfs Salomo, die aan- 
geroepen wordt als heerscher over de wateren. 

De 4^e Afl. bevat o.a. de Notulen der Algemeene 
Vergadoringen van 't Kazansch Genootschap, van 
19 Maart 1895 tot 20 December 1897. 

H. Kern. 

III. CoopHUKi» MaTepia^ioBi) 4.111 onucaniH MiiCTHocTeâ 
H rMeMeHi) KasKsaa. H34aHie ynpaB^ieHifl KaeKaacKaro 
yneGnaro OKpyra. BbinycKi> 4Ba4uaTb mecToft. T»^AHcrh, 
THnorpa(t>iH : Kani^e^HpiH r^aBHOHanayibCTByiou^aro rpa- 
jK4aHCKoio nacTiio na KaBRas'B h K. KoSyioBCKaro 1899. 

De eerste afdeeling van dezen bundel opent met 
eene reeks opstellen van M. ö. Dzjanasjwili onder 
den algemeenen titel „Berichten van Gruzi- 
8che kronieken en geschiedschry vers over 
den Chersonesus, Gotenland, Ossetiö, Cha- 
zariö, Didoötiö en Rusland". Het eerste stuk, 
een uittreksel in Gruzischen tekst met Russische 
vertaling heeft betrekking op de prediking van het 
Christendom in genoemde streken; de drie volgende 
„Verbalen" van de Chazaarsche vorsten Dzjimpeb I 
an II, en van „Chosro en Mzetsjabuk" be- 
hooren tot den cyclus van historische gedichten der 
12de eeuw, die op Gruzischen bodem onder den 
invloed van 't Perzische epos ontstaan zyn; deze 



hebben geen waarde als brennen voor de geschie- 
denis der Chazaren, maar wel als prototyp der 
Kaukasische heldenballaden. 

Het opstel getiteld „De werkelyke naam van 
de Heilige die 't licht des geloofs in Gruziö 
verbreid heeft", van den Rédacteur Lopatinskij 
behandelt het vraagstuk van den eigenlyken naam 
der Heilige Nina. 

M. Sagabadze geeft in zyne körte, maar levendig 
geschreven monografle over „Gewoonten en ge- 
loofsvoorstellingen in Imeretiö" een donk- 
beeld van eenige zyden uit het volksleven van de 
Imeretische Gruziörs. 

Verder bevat de eerste afdeeling de vertaling van 
Prof. Hugo Schüchardt's artikel „Over de geo- 
grafie en statistiek der Karth welische 
talen, dat oorspronkelyk in Petermanns Mitthei- 
lungen versehenen is. By 't opstel behoort eene kaart. 

Eene bydrage van den op 26 Mei overleden ge- 
leerde N. I. Gulak heeft ten titel „Over den ver- 
maarden Perzische dichter Nizâmi van 
Gandzji en diens gedieht „Tocht der Rus- 
sen tegen Berda", en bevat o.a. eenige mededee- 
hngen over den tegenwoordigeu Staat van Gandzji, 
Nizâmi's geboorteplaats, het hedendaagsche Eliza- 
wetpol en de daar levende bevolking, die niets van 
de vroegere beschaving heeft overgehouden. 

De tweede afdeehng bestaat uit ethnografische 
materialen, en wel: „Talysjinsche legenden 
en bygeloovigheden," meegedeeld door F. B. 
Bairam Alibekof; voorts „Tataarsche volks- 
letterkunde in Transkaukasiö", zynde legen- 
den , bailaden en overleveringen : sprookjes en anek- 
doten. Daarop volgt *teen en ander „Uitdenkring 
van bygeloovigheden en mondeling over- 
geleverde litteratuur der Tereksche Ko- 
zakken," opgeschreven door E. Baranof; en ein- 
delyk „Eenige Gruzische legenden en ver- 
halen", meegedeeld door M. Sjamberop. In eene 
uitvoerige voorrede op deze afdeeling behandelt A. 
BoGOJAWLJENSKij de motieven der vertellingen en 
geeft hy tevens een index van de daarin voorkomende 
eigennamen. 

In de derde afdeeling vinden we vooreerst eene 
ryke verzameling van Adygische (Tsjerkessische) 
spreuken en spreekwoorden , meegedeeld door P. 
Tambijef, in oorspronkelyken tekst en Russische 
vertolking. 

Het opstel van wylen Gulak „Over de plaats 
die de Gruzische taal in de famille der 
Indo-europeesche talen inneemt", is als 
proeve van betoog geheel waardeloos. H. Kebn. 



- 78 - 



V. LIVRES ET BROCHURES. - BÜCHERTISCH. 



I. Ja. p. Dubrowa. BuTb Ka/iMUKOBi» Crapono^ibc- 
Kott ry6epHiH. (De levenswyze der Kalmukken van 't 
Goevernement Stawropol. (Deel XV, 1—2 van de 
Izwêstija van 't Oudheid-, Geschied- en Volken- 
kundig Genootschap aan de Keiz. Kazansche Uni- 
versiteit). Kazan, 1899. 

De Kalmukken kwamen in 1630 uit Groot-Tartarye, 
d. i. Mongolie en vestigden zieh onder hun Chan Cho- 
Urlùk in zuid-oostelük Rusland, waar z\j zieh van 
de Steppen aan deze z\jde der Wolga meester maak- 
ten en tevens de noraadenstammen aan beide oevers 
van genoemde rivier aan hun gezag onderwierpen. 
Hoewel reeds de zoon en opvolger van Cho-Ürlük 
zyn wensch te kennen gaf een gotrouw onderdaan 
te willen zyn van Tsaar Alexis, diiurde het nog 
meer dan eene eeuw vöördat het Russisch gezag 
zieh met kracht kon doen gelden. Het voor ons 
liggende werk be vat een overzieht van de gesehie- 
denis der Kalmukken sedert hun eerste optreden op 
Russisch gebied tot 1892, on besehryft de opeen- 
volgende bestuursmaatregelen waardoor de Keizer- 
Hjke regeering getracht heeft de toestanden in de 
door de Kalmukken bewoonde steppen te regelen. 

Het grootste gedeelte van het werk is gewjjd aan 
de beschryving der maatschappelyke toestanden, 
gewoonten, zeden, karaktereigenaardigheden van de 
Kalmukken in 't Goevernement Stawropol. Met dat 
alles toont de Sehr, zeer vertrouwd te zyn en de 
onpartydigheid, waarvan hy by de beoordeeling van 
personen en zaken blyk geeft, boezemt den lezer 
vertrouwen in. Van *t karakter der Kalmukken, 
zooals ons dat geschetst wordt, krygt men over 't 
algemeen geen ongunstigen dunk. Vooral opmer- 
kelyk, als men de zeden der naburige bevolkingen 
in aanmerking neemt, is de groote kuischheid der 
mannen en de nog groote re der vrouwen. Daaren- 
tegen is hun vuilheid grenzeloos. H. Kern. 

II. S. G. RwGakof. MyawKa h fl-fecHH ypa/ibcKHxi. 
Mycyyi-bwaHT* cb onepKoM-b HXb 6hiTa. (Muziek en Lie- 
deren der Uralsche Muzelmannen met een schets 
van hun levenswyze). Mémoires de l'Académie Im- 
périale des Sciences de St. Pétersbourg. Ville Série. 
Tome II , N«. 2). St. Petei-sburg 1897. 

Dit hoofdwerk over de muziek der Uralsehe 
Muzelmannen bevat 204 melodieön met tekst en Rus- 
sische vertaling; voorts karakteristieken van muzi- 
kanten, en schetsen van de reis des Schryvers; 
eindelyk twee Bylagen, waarvan de eerste is het 
„Aziatisch muzikaal journaal, uitgegeven 
door Dobrowol'skij, Astrachan 1816--rl816"; 



het tweede eene „Proeve van een bladwyzer 
op de litteratuur der liederen van de niet- 
Russische stammen." 

Aan *t einde van *t werk vindt men een kaart 
van de Goevernementen Ufa en Orenburg. 

H. Kern. 
III. D. A. KoêNEF. OsepR« iopH4HHecKaro 6biTa 
flKyroBi». (Schetsen van het rechtswezen der Jakoe- 
ten). Kazan 1899. 

Over de Jakoeten bestaat reeds eene aanzienlyke 
litteratuur, doch, zooals de schryver van bovenstaand 
werk opmerkt, is de hoedanigheid niet in evenredig- 
heid met de hoeveelheid. Zelfs in betrekkelyk deug- 
delyke geschriften vindt men de grofste dwalingen, 
een gevolg van gebrekkige taalkennis. 

In bovenstaande monogi'afie, die D. XV, Afl. 5 
en 6 der Izwôstija van *t Kazansch Genootschap 
van Oudheid-, Geschied- en Volkenkunde vormt, 
geeft de Heer Kocnef, na eene kritiek van vroegere 
geschriften, welke op hetzelfde onderwerp betrek- 
king hebben, zyne eigene op studio der brennen en 
op persoonlijke waarnemingen onder de Jakoeten, 
gegronde uitkomsten van zyn onderzoek. Van dat 
onderzoek kunnen wjj hier alleen zoggen dat het zieh 
kenmerkt door volledigheid en grondigheid; de Sehr, 
geeft niet enkel eene duidelyke beschryving der 
tegenwoordige reehtstoestanden en hun beteekenis 
in 't maatsehappelyk leven, maar tracht ook de 
phasen van ontwikkeling die de instellingen der 
Jakoeten doorloopen hebben, op te sporen, waarby 
hy vooral steunt op de werken van Kowalefsky, 
Engels en Lubbock. 

Het geheel mag beschouwd worden als een aan- 
winst voor de ethnologisch-juridische Studien. 

H. Kern. 

IV. Carl Marquardt: Die Tatuirung beider 
Geschlechter in Samoa. Berlin, Dietr. Reimer, 
1899. fol. 

Dies werthvolle Buch beschreibt auf Grund von 
Forschung an Ort und Stelle die Tatuirung beider 
Geschlechter in Samoa und deren praktische Aus- 
führung, benennt die einzelnen Formen der Tatuirung 
und sucht den Grund und Endzweck derselben zu 
deuten. 

Marquardt war der Erste, der auf Grund eigener 
Anschauung und eigenen Studiums an Ort und Stelle 
diese schwierige Aufgabe unternahm; denn von 
LuscHAN hatte seine Studien an den Mitgliedern der 
seiner Zeit in Berlin auftretenden Samoa-Truppe 
gemacht, die weniger nach ethnologischen Rück- 



- 79 - 



sichten, als unter Berücksichtigung von Reclame 
machenden Formen und gutem Körperbau zusammen- 
gestellt war. 

Ich muss aus eigener langjähriger Beobachtung 
dem Verfasser bestätigen, dass der grössere Theil, 
auch der weiblichen Bevölkerung, ausser an Händen 
und Armen, an den Körpertheilen vom Nabel ab- 
wärts mehr oder weniger tatuiit ist, wenn auch die 
„PMniaZo"-Tatuirung , die ein Europäer übrigens nur 
selten, und dann gelegentlich, zu schauen in die Lage 
kommt , meistens erst bei Mädchen angebracht wird, 
die bereits Hymens Freuden gekostet haben. 

CJebrigens spricht auch 0. Ehlers (Samoa, die 
Perle der Südsee, ö. 84) recht humoristisch von 
dieser ausserordentlich discret angebrachten „Ta- 
tuirung". 

Dass die Sitte des Tatuirens der Frauen eine recht 
alte und eingewurzelte ist, wird dadurch am besten 
bewiesen, dass die Tatuirung unter der jetzt üblichen 
Tracht des weiblichen Geschlechtes für gewöhnlich 
verborgen bleibt. Früher, als weniger und kürzere 
Kleidung getragen wurde, war sie aber sichtbar. 

Und trotzdem halten die Samoanerinnen an dieser 
Sitte fast. 

Auch darin muss ich dem Verfasser beipflichten, 
dass fast alle Männer tatuirt sind und dass, wenn 
sie es nicht sind, — wenn sie also, wie die an- 
sässigen Europäer sich scherzhaft auszudrücken 
pflegen , „die Hosen nicht an haben", — seitens des 
weiblichen Geschlechtes nicht als voll angesehen 
werden. 

Solche Leute werden als pülaü bezeichnet, — als 
eine Art wilden Tarons, der für minderwerthig ge- 
halten wird, weil er einen Übeln Geruch habe oder 
als verrotteter Taro. 

Den Schülern — „Studenten"! - der Missions- 
schule in Malua (der Londoner Missionsgesellschaft) 
ist es nicht gestattet, sich während ihrer Studienzeit 
tatuiren zu lassen. 

Sie besorgen daher dieses Geschäft meistens vorher, 
ehe sie in diese Schule eintreten. 

Oft brechen sie aber auch plötzlich ihie Studien 
ab, um — wie sich dann herausstellt — sich tatuiren 
zu lassen und kehren dann als reuige Sünder zu 
den Füssen ihres Hiiten zurück, der, nach be- 
kanntem Vorbilde, sie auch in Gnaden wieder auf- 
nimmt. Wird doch überaU mit Wasser gekocht! 

So sind es im Grunde genommen nur wenige 
Samoaner, die nicht tatuirt sind. 

Die Tatuirer, wie alle Kasten, haben natürlich 
das Interesse, sich als mit Göttern in Verbindung 
stehend hinzustellen. 

Dies gelingt ihnen aber, nicht weil die Tatuir- 
kunst eine Institution der Götter ist, sondern weil 



Alles, was Naturvölker treiben, als unter dem Ein- 
flüsse der Götter stehend betrachtet wird. 

Wie viel mehr muss solches mit dieser Kunst 
der Fall sein, der oft genug, in Folge von Schwäch- 
lichkeit des zu Tatuirenden oder in Folge unvor- 
sichtiger Behandlung während der Dauer der Ope- 
ration, oder in Folge von Scropheln, angeborener 
Syphilis oder dergleichen , Menschenleben zum Opfer 
fallen. Der geschäftsmässige Ausdruck für solche 
Unglücksfälle ist: o le lama ua avea d. i. die schwarze 
Farbe (lama) — welche den Tatuirern als Färbe- 
mittel dient — ist hinfort genommen (ua avea) — 
nämlich durch einen Aüu, 

Ein tieferer Sinn Hegt hinter der Sitte des Ta- 
tuirens nicht versteckt; mythologische Erinnerungen 
oder gar Gebräuche eines heidnischen Kultus haben 
mit ihr nichts zu thun. 

Die Triebfeder, sich der schmerzhaften und oft 
langdauernden Procedur des Tatuirens zu unter- 
werfen ist die Sitte und die allen Geschöpfen eigen- 
thümliche Sucht, sich dem anderen Geschlechte in 
möglichst günstiger Beleuchtung zu zeigen. 

Die Tonganer hatten dieselbe Tatuirung wie die 
Samoaner, jedoch nicht die Zunft der Tatuirer — 
wie alte Tonganer behaupten. — Sie fuhren daher 
alljährlich auf ihren Kriegsbooten nach Samoa, um 
das heranwachsende Geschlecht mit dem Schmucke 
der Männlichkeit versehen zu lassen. Ueber tatuirte 
Tonganerinnen habe ich jedoch nichts in Erfahrung 
bringen können. 

Da die Tonganische Regierung jetzt das Tatuiren 
verboten hat, so suchen nach Samoa kommende 
Tonganer diesen Schmuck sich im Samoa anzu- 
eignen und kehren dann unbehelligt nach Tonga 
zurück. 

Der Tatuirer heisst bei den Samoanern o le tufitga 
ta tataUj o le tufuga {fau fale) der Hausbauer und 
U tufuga {fau vaa) der Bootbauer. 

Diese drei Gilden oder Kasten heissen im gewöhn- 
lichen Leben tufuga (spr. tufunga), werden aber 
während ihrer Arbeit mit dem Ehrentitel agaiotupu 
(siehe Pratt) benannt. 

Das Netzstricken gehört jedoch nicht zur Arbeit 
der tufuga , sondern zu der der Gilde oder Kaste 
der tardai — der Fischer. 

Im Bezug auf das Handwerkszeug des Tatuirers 
berufe ich mich auf meine diesbezügliche Arbeit in 
Band XII, 1899, des Internationalen Archivs für 
Ethnographie. 

Die alten Tatuirer kannten nur die drei von mir 
angeführten Tatuir-Instrumente. — Erst in neuerer 
Zeit — wahrscheinlich in Folge einer Umbildung 
des Geschmacks — werden diese Instrumente ia 
allen Grössen angefertigt und benutzt. 



- 80 - 



Dass die Kämme der Tatuir-Instrumente jetzt, oder 
früher, jemals aus Menschenknochen hergestellt 
worden seien, wie Turner, Nineteen years in 
Polynesia und jetzt auch Marquardt behauptet, 
ist mir nicht recht wahrscheinlich, da der Glaube 
an das Fortleben der Verstorbenen nach dem Tode 
in menschlicher Gestalt, und an die Macht der Ver- 
storbenen über die TJeberlebenden — mit einem 
Worte der Ahnencultus — diesem Gebrauche ent- 
gegen steht. 

Die Ansicht, dass die immerhin selten vorkom- 
mende Tatuirung der Nasenflügel oder der Nasen- 
spitze eine Strafe gewesen sei, ist nicht zutreffend. — 
Ich führe diesen Irrthum auf ein Missverstehen 
Samoanischen Sprachgebrauches zurück. Dem Frage- 
steller wird auf die Frage, was diese Tatuirung be- 
deute, geantwortet worden sein: „o îe tagata ulavale". 

Ulavale heisst unnütz, unmoralisch, kurz Alles, 
was den durch Missionäre importirten Sittengesetzen 
widerspricht. 

Zwischen christlichen und altsamoanischen Sitten- 
gesetzen besteht nun aber ein himmelweiter Unter- 
schied. 

Verbrecher oder Sträfling bedeutet ulavale nicht. 

Jeder Sohn eines grossen Häuptlings pflegte stets 
einige Freiwerber - Soa — (Siehe 0. Stübel, Samo- 
anische Texte) um sich zu haben, welche bei 
Häuptlingstöchtern für ihn werben mussten. Unter 
diesen befand sich dann auch gewöhnlich ein faaluma 
oder Spassmacher. 

Zu Letzteren wurden gewöhnlich besonders miss- 
gestaltete Personen gewählt — Buckelige, Lahme, 
Taubstumme und andere Krüppel; mitunter waren 
diese faaliima aber auch ganz wohl geformte Leute. 

Solche Leute suchten dann durch aussergewöhn- 
liche Gesichtstatuirung sich zu entstellen und gleich- 
zeitig sich als faalüma kenntlich zu machen. 

Da die Splisse dieser faalüma sich nicht sehr eng 
an moralische Regeln anschlössen, so werden sie 
jetzt vielfach als tagata ulavale bezeichnet. 

Also eine Strafe ist diese Nasentatuirung nicht. 

Das vom Verfasser wiederholt angeführte Buch 
„Old Samoa" des Missionärs Stair ist eine höchst 
zweifelhafte Autorität; wie man denn in ethnologi- 
schen Fragen überhaupt die meist dogmatisch, ten- 
denziös gefärbten Berichte von Missionären möglichst 
homöopathisch benutzen sollte. 

Ich komme nun noch zu einigen linguistischen 
Fragen : 

Es ist nicht ganz zutreff'end; wenn man die Be- 
deutung der Anfangsworte des Schlachtgesanges der 



Samoaner in dem Befreiungskriege gegen die Ton- 
ganer als nicht bekannt hinstellt: nuUamata = sehen, 
ansehen (nach Pratt); mee^) = Tanz (Tong. nach 
Shirley Baker), mëke = Tanz (Viti, nach Kern 
„Fidjitaal"). Matamatamee (nicht matamatamê) = 
„sehet den Tanz an !" Die Samoaner tanzten nämhch 
vor den Tonganern, um sie sicher zu machen und 
sie dann zu überfallen. 

Faxivala heisst weitläufig machen, unterbrechen. 
Die Zeichnung der Tatuirung unterbricht nämlich 
die, in der Hauptsache schwarze Tatuirung und 
dehnt das Bild bei weniger Schlägen mit dem Sausan 
über eine grössere Fläche aus. 

MalU scheint mir die weiche Parthie in der Knie- 
kehle zu bezeichnen: malü = weich (nach Pratt). 

Es ist wohl denkbar, dass das Tatuirmuster nach 
dem Orte seiner Anbringung benannt ist. 

Entschieden falsch ist die durch den Verfasser 
gegebene Uebei*setzung des Wortes Punialo: puni 
und pupuni = schliessen, abschliessen; alo = der 
Unterleib; daher punialo = Abschluss des Unter- 
leibes. Diese Bezeichnung scheint wir ganz hervor- 
ragend für den Ort der Anbringung dieser Tatuirung 
zu passen. 

Dass ein Kreuz keine alte Saraoanische Tatuirung 
ist, geht schon aus dem Namen toluse oder tuluae 
hervor. Denn toluse ist die Samoanische Aussprache 
des durch Englische Missionäre eingeführten Engli- 
schen Wortes cross = Kreuz , während tuluse die Aus- 
sprache des durch katholische Missionäre eingeführten 
lateinischen Wortes crux ist. 

Im Allgemeinen muss davor gewarnt worden, 
den Versuch zu machen, Samoanische Eigennamen 
und die Samoanischen Bezeichnungen für Gegen- 
stände, Begriffe etc. wörtlich in eine Kulturspi*ache 
zu übersetzen, ehe man der Samoanischen Sprache 
vollständig mächtig ist. 

Weder Pratt*s Wörterbuch, noch viel weniger 
mehr oder minder berichtigungsbedürftige Voca- 
bularien sind so vollständig, dass sie als sichere 
Rathgeber für solche Deutungsversuche dienen 
könnten. 

Die Illustrationen entsprechen der Ginindlichkeit 
der Arbeit. 

Wenn ich schon erwähnte, dass die mühevolle 
und höchst dankenswerthe Arbeit Marqüardt's von 
gründlichem Studium der Tatuirkunst der Samoaner 
zeugt, so hat auch die Verlagshandlung ihr Mög- 
lichstes gethan , das Werk entsprechend auszustatten. 

Auch der Druck ist gross und klar. 

Matapoo, 4/12. '99. Werner von Bülow. 



*) Meemee = Reduplication von memee (sich freuen nach Pratt) Sam. 



DER BIRKENBBSEN 
EIN SYMBOL DES DONAR, 

EINE MYTHOLOGISCHE UNTERSUCHUNG 

VON 

FRIEDRICH KUNZE, 

Volksschullehrer zu Suhl in Thün 



EINLEITUNG. 

Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auf dem weiten Gebiete des deutschen 
Volksglaubens ist u. a. auch dem sonst unansehnlichen Birkenbesen beizumessen. Fast 
in jedem volkskundlichen Werke wird seiner theils mehr, theils weniger gedacht. Immerhin 
mangelt es aber noch an einer gründlichen Erörterung seiner mythologischen Beziehungen. 
Zwar hat ja Prof. Chr. Petersen eine ziemlich umfangreiche Abhandlung in Gestalt des 
„XXI. Berichts der Königl. Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für Sammlung 
und Erhaltung vaterländischer Alterthümer" über den sogen. „Donnerbesen" geschrieben — 
dieselbe liegt mir als Separat-Abdruck (Kiel 1862) vor und wird in meinen Untersuchungen 
als solcher auch angezogen werden — doch ist das darin niedergelegte Resultat nach 
meinem Dafürhalten nichts weniger als überzeugend. Die gesuchten Beziehungen des 
Donnerbesens zu dem „streifigen Gewitterregen*', welche sich gewissermassen wie ein 
rother Faden durch Petersen's sonst treffliche Arbeit hindurchziehen, dürften sehr wohl 
zu berechtigten Zweifeln Anlass geben. 

Meine nachstehenden Auseinandersetzungen knüpfen sich übrigens mehr an den Birken- 
besen im Allgemeinen , von dem Petersen (a. a. 0. S. 6) mit Recht behauptet , dass es bis 
jetzt nicht gelungen sei, „die zu Grunde liegende Vorstellung mit Sicherheit zu bestimmen.*' 
Nun sind zwar seit Erscheinen der genannten Schrift Petersen's noch eine ansehnliche 
Reihe volkskundlicher Werke herausgegeben worden , doch bieten sie nur spärliche Notizen 
bezüglich des Besens, welche behufs einschlägiger Verwendung erst der kritischen Sichtung 
bedurften. Ich habe nun eine zusammenhängende Verarbeitung jener volkskundlichen 
Anschauungen und Meinungen vom Birkenbesen versucht und zwecks besserer Durch- 
sichtigkeit den gesammten Stoff, soweit er mir zugänglich war, unter gewisse Gesichtspunkte 
gebracht. Dabei sei bemerkt, dass „Donar" nicht gerade als spezifisch altdeutsche Gottheit 
aufgefasst worden ist, sondern dass dieser Name gewissermassen den in ganz Europa 
gekannten indogermanischen Donnerer (Vgl. Mannhardt, Germanische Mythen, 1858, 
S. 1 flf. 143; HoLTZMANN, Deutsche Mythologie, 1874, S. 56 ff.; Grimm, Deutsche -Mythologie, 
3e Aufl. S. 153 flf.) mit seinen mancherlei göttlichen Funktionen umkleidet. Hieraus erklärt 
sich denn auch der Umstand , dass neben deutschen Sitten , Bräuchen , Glaubenssätzen etc. 
auch slavische, römische, griechische u. s. w. im Laufe der Abhandlung mit zu Grunde 

gelegt worden sind. 

I. A. f. E, Xin. 11 



- 82 - 

Eingedenk der wahren Behauptung Petersen's (a.a.O., S. 11), dass bei der Betrach- 
tung des Birkenbesens auch „die Heiligkeit der Birke" mit/ ins Auge zu fassen sei, ist 
dann auch behufs Erzielung eines gefestigteren Ergebnisses zunächst die Birke nach der 
erforderlichen Richtung hin behandelt und hierauf erst der Besen zum Gegenstande der 
Erörterung gemacht. Hoffentlich ist der ganze Versuch kein misslungener gewesen! 



A, DIE BIRKE ALS EIN HEILIGER BAUM DONARS. 

Neben der altehrwürdigen Eiche dürfte wohl kein Baum eine so wichtige Rolle im 
deutschen Volksglauben spielen, wie gerade die Birke, welcher Umstand eben den untrüg- 
lichsten Beweis von ihrer bevorzugten Stellung im altgermanischen Götterkultus ablegt. 
Pfannenschmid bemerkt in seinem vortrefflichen Werke über „Germanische Erntefeste" 
(Hannover 1878. S. 11), dass die Birke dem gewaltigen Donar heilig gewesen sei und 
weist zur Begründung hin auf eine Stelle aus Brockhausen (Die Pflanzenwelt Niedersachsens 
in ihren Beziehungen zur Götterlehre. Hannover 1865, S. 57), welche jedoch am betref- 
fenden Orte selbst der Bekräftigung durch entsprechende Belege ermangelt. Immerhin birgt 
aber die Behauptung Pfannenschmid's tiefe Wahrheit in sich , selbst auf die Gefahr hin , 
dass Petersen (S. 38) meint, von der Birke sei es „noch nicht sicher, dass sie dem 
Donar geheiligt war." 

Unsere weisse Birke {Betvla alba) war und ist noch ein sehr bekannter Baum des 
europäischen Nordens^), wo schon Buchen- und Eichenwälder seltener auftreten. Weil die 
Birke bereits ihre Blätter entfaltet, wenn die Tageswärme 7J** erreicht, und das Laub 
auch erst verhört, wenn der Spätherbst unter dieses Wärmemass herabsinkt, und da sie 
obendrein, wenn es die Ortslage erheischt, ihre ganzen Wachsthumsverrichtungen auf drei 
Monate einzuengen vermag, — so dringt sie eben bis zum äussersten Norden vor, weit 
über die Immergrüngrenze des Nadelholzes. So trifft man in Island vorwiegend Birken- 
buschwerk ^) und bezeichnet als Wald im Allgemeinen das dort häufig auftretende Birken- 
gehölz. (Vgl. Weinhold, Altnordisches Leben. 1856, S. 83). 

In den nördlichen Gegenden nun, wo „in bleicher Silbertracht die Birkenstämme 
prangen, als wäre daran aus heller Nacht das Mondlicht bleiben hangen" (Lenau), schien 
dieser zarte Baum mit seiner blendend weissen Rinde ^) die Aufmerksamkeit unserer ger- 
manischen Vorfahren, als eifrige Verehrer des Lichtprinzips*), ganz besonders auf sich zu 
lenken.*) Man hegte wohl die naheliegende Ansicht, dass der viel vermögende Sonnen- und 
Feuergott Donar die „weisse Dame im grünen Schleier" — wie Früqüe die Birke sinnig 
betitelt — ganz besonders bevorzuge, und in Wirklichkeit eignete sich auch kein Baum 
besser, das göttliche Lichtprinzip in seiner ünzerstörbarkeit so deutlich zu verkörpern, 



DasB der Birkenbaum schon früh zum Brennholz Nordeuropas ausei'sehen wurde, besagt eine Edda- 
stelle (Vgl. SncRooKs „Edda" 5^ Aufl. 1874, S. 233), und über seine heutige Bedeutung für den Norden 
handelt Dr. Eraüsb im „Globus" 1892, S. 166 ff. 

*) Masius, Naturstudien. 9. Aufl. 1880. I. S. 31. 

•) Plinius. (Hist. nat. 16, 30) nennt ihn schon „einen gallischen Baum von wunderbarer Weisse." 

^) Ueber den nachweisbaren Lichtkultus der alten Germanen vgl. Habruann, Deutsche Mythologie, 
1898, S. 220/21. 

*) MüLHAUBE, die ürreligion des deutschen Volkes. 1860, S. 212. 



- 83 - 

wie gerade unsere „weisse Birke'' in der nordischen Winternacht. (Vgl. auch Menzel, 
Litteraturblatt. 1844, S. 8). Weil sich femer die poetische Betula alba am ersten belaubt 
und andererseits sehr spät entblättert, so glaubten die heidnischen Germanen auch wohl 
in diesen augenfälligen Erscheinungen eine ganz spezielle Bekundung ihres Natur- und 
Vegetationsgottes Donar wahrzunehmen, während dagegen der von Petersen (S. 32) ange- 
nommene Grund , „weil sie zuerst mit im Anfang des Frühlings ihre Blüthenkätzchen zeigt", 
weniger in Betracht fallen dürfte. Man verspürte eben in dem frühen Grünwerden der 
Birke eine wohlwollende Offenbarung des machtbegabten Wachsthurasgottes , den Bethäti- 
gungstrieb des „Dämons der gesammten Vegetation", um mit Mannhardt zu reden. 

Donar spendete als himmlische Sommerkraft der grünenden Saat das Gedeihen und war 
überhaupt der die gesammte Pflanzenwelt schützende Frühlingsgott , wie Wolf in seinen 
„Beiträgen zur deutschen Mythologie" (1852. I, S. 70—80) und Mannhardt (Germanische 
Mythen. 1858, S. 135 ff.) hinreichend beweisen. Dieser göttliche Patron schützte nicht nur 
den Winter über das keimende Leben der Pflanzen (Vgl. ühland. Der Mythus von Thor. 
1836, S. 48), sondern er suchte dasselbe auch durch Fruchtbarmachung der Erde mittels 
„Regen und Sonnenschein" seiner sommerhchen Vollendung entgegenzuführen *). Mit dem 
langersehnten Erwachen des Lenzes, das sich im europäischen Norden schon in der 
Belaubung des Birkenbaumes offenbarte, begann gleichsam Donar seine wohlwollende 
Regierung; deshalb war ihm in Finnland die Zeit des hereinbrechenden Frühlings, des 
hervorspriessenden Wachsthums geweiht, nämlich der Monat März, wie Finn Magnüssen 
in seinem mythologischen Lexikon (Lex. Mythologiae) S. 945 und 1011 mittheilt*). 

Die Finnen kannten aber den März als maiisku = Birkensaftmonat — die östlichen Slaven 
Europas nannten ihn im Hinblick auf die saft- und laubtreibende Birke brêzen — weiche 
Bezeichnung den klimatischen Einflüssen zufolge bei den Litauern erst dem April beigelegt 
wurde (Cassel, Aus Litteratur und Symbolik, 1885, S. 305). Lippert (Christenthum , Volks- 
glaube und Volksbrauch. 1882. S. 598) nimmt dagegen an, dass dieser Name nicht auf das 
Wiederergrünen der Birke bezugnehmend sei, sondern vielmehr auf die weitverbreitete 
Sitte, um diese Zeit dem saftstrotzenden Baume das süsse Blut abzuzapfen. 

Für die Annahme, dass die Birke ein heiliger Baum Donars war, spricht ferner auch 
der Umstand, dass der Kukuk, welcher diesem nordischen Frühlingsgotte geweiht war 3), 
zu ihr in naher Beziehung steht, was Mannhardt an mehreren Stellen seines mit erstaun- 
lichem Fleisse und seltener Belesenheit verfassten Aufsatzes „Der Kukuk", in der „Zeit- 
schrift für deutsche Mythologie" IIL S. 209—289, 309, 895-408, 418 beweist; man ver- 
gleiche z. ß. S. 221, 238, 289, 298, 401. „Wenn der Kukuk ruft, wenn erwachen die 
Lieder", da bringt auch die frühgrüne Birke den Gruss des wiedererwachenden Lebens: 
es ist Frühling*), die Zeit der beginnenden Regierung des menschenfreundlichen Gottes 



*) Mannhardt, Germanische Mythen S. 140, 144; Müller, Gesch. u System der altdeutschen Religion, 
1844, S. 237; Mannhardt, Götter der deutschen u. nordischen Völker, 1860, S. 207; Golshorn, Deutsche 
Mythologie, 2© Aufl. 1877, S. 122 ff.; Herrmann, deutsche Mythologie. 1898. S. 342. 353. 

Die letztere Stelle (Lex. Myth. 1011) besagt eigentlich, dass der Monat März im Norden überhaupt 
dem Thor geheiligt war (Vgl. auch Zeitschrift für Mythologie etc. II. S. 322, sowie Wolf, Beiträge zur 
deutschen Mythologie I. S. 72), denn die leuchtende und wärmende Sonne wurde in diesem uralten 
„Lenzmonat" (Weinhold, Monatnamen. 1869, S. 48/9) wieder fühlbarer, und „Gott Donar als Frühlingsgott 
zog dann nach dem Glauben des Volkes mit Macht ins Land herein". (Vgl. Rochholz, Alemannisches 
Kinderlied etc. 1867, S. 480). 

") Zeitschr. f. Mythol. IIL S.211, 218, 238. Mannhardt, Germ. Mythen, S. 237. Wuttke, Der deutsche 
Volksaberglaube 2e Aufl. 1869. § 20, 161. 

*) Grimm, Deutsche Mythologie 3« Aufl. S. 640, 641; Simrock, deutsche Mythologie 2« Aufl. S. 517; 



- 84 - 

D n a r 1). Wenn man den an und ftlr sich ermüdenden Ruf des lenzverkündenden Kukuks 
nachahmt, so weint der so verhöhnte Vogel nach norwegischer Volksmeinung Blut auf der 
Zunge oder auf den Beinen, welches auf den 'Blättern der Birke als rothe Flecken erscheint 
(LiEBRBCHT, Zur Volkskuude, 1879 S. 332). Stand nun aber der Kukuk als ein dem Schutze 
Donar's anbefohlener Vogel«) — nach Castren-Schibpner , Finnische Mythol. 1833 S. 201 
macht er auch durch sein Schreien sogar die Erde fruchtbar — in so naher Beziehung zur 
Birke, in deren Gebüsch er häufig Aufenthalt nimmt ^, so muss auch diese dem altdeutschen 
Donnergotte und allmächtigen Wetterpatrone heilig gewesen sein. 

Die würdige Verehrung Donar's, des altgermanischen Beschützers von „Licht und 
Leben", geht nun aus zahlreichen Bräuchen hervor, die sich heute an einige festlich aus- 
gezeichnete Tage der Frühlings- und Sommerzeit knüpfen. Im Winter, während der ermattete 
Donnergott schläft (Uhland , a. a. 0. , S. 102), der Sommergott zur Unterwelt hinabgestiegen 
war (Kuhn, Westfälische Sagen II, 8), hatten götterfeindliche Wesen, die winterlichen 
Dämonen, die Oberhand gewonnen (Nork, Mythologie der Volkssagen. 1848, S. 280. Müller, 
Altd. Religion, S. 139). „Drei Wochen vor dem Mittwinterfest begann die lange Nacht. 
Dann zogen ungestört die unseligen Geister durchs Ijand, die Trollen kamen von den 
Bergen und hatten grössere Macht zu zaubern als sonst. Dann durfte man Wolf, Fuchs, 
Maus und andere Thiere nicht beim rechten Namen nennen, weil Hexen oder böse Geister 
in ihrer Gestalt zu vermuthen waren." (Vgl. Mannhardt, Germ. Mythen S. 521). 

Als aber mit dem hereinbrechenden Frühlinge Donar erwachte und jene feindlichen 
Mächte gänzlich besiegte, (Uhland^ a.a.O., S. 100, Colshorn, a.a.O., S. 164; Mannhardt, 
Götter, S. 202), da feierte man zu Ehren des gewaltigen Kämpfers grossartige Frühlingsfeste, 
von denen später, bei Einführung des Christen thums , verschiedene Bräuche auf Petri 
Stuhl fei er (22. Febr.), Fastnachten, Ostern, Walpurgis, Pfingsten und Johanni (24. Juni) 
übergingen. An diesen Tagen spielt nun auch die Birke eine hervorragende Rolle *), besonders 
zu Walpurgis, Pfingsten und Johanni, weil sie um diese Zeit besser zur Wachsthumsent- 
faltung und somit in den vermeintlichen Besitz hervorragender Kräfte gelangt ist. Nicht 
nur im fernen Russland*) und in Belgien*), sondern auch in Mähren 7) und Böhmen®), in 
Schwaben ®) und Westfalen ^®) werden am Walpurgisabende Birken als sogen. „Maibäume" ") 
vor den Häusern errichtet. „Die Aufstellung von Birkenbäumchen geht den ganzen Böhmer- 



Rbinsbbrg— DüBiNGSFELD, Festkalender aus Böhmen. 1862, S. 184. Prätobius, Weltbeschreibung I. 656, 
II. 491. WuTTKE, a.a.O., § loi. In Bezug auf die alten Griechen und Römer, vgl. Aelian, Thiergesch. 
(III, 30), ScHWENCK, Sinnbilder der alten Völker. 1851, S. 262, 263. 

*) Rochholz, Alemann. Kinderl. S. 480. Wolp, Beiträge I. S. 79. 

») Indra, der altindische Donnerer, erscheint im Râmâyana als singender Kukuk (Gübernatis, 
die Thiere in der indogerm. Mythologie 1874. IL S. 615), und Zeus, Griechenlands Blitzeschleuderer, nahte sich 
als solcher der SCera (Grimm a a S 644) 

5) BiRLiNGBB, Nimm mich mit (Kinderbüchlein). 1871, S. 88 N» 28. Richter, Kinderleben. 1856. S. 75. 

'*) Die Hausfrauen Niederösterreichs nehmen zum Backen der Fastnachtski*apfen am liebsten ^ birkene 
Scheitlein", (Baümgarten, Das Jahr und seine Tage etc. 1860, S. 4) jedenfalls deswegen dass sie „besonders 
schmackhaft werden" wie z.B. in Litauen angenommen wird (Pieper: Volksbotanik, 1897, S. 453) in 
Schlesien werden Kreuze aus gespaltenem Birkenholz, am Abende vor Ostern in der Stube oder auf 
dem Felde aufgestellt. (Am Urquell VI. 1888, S. 188). 

») Mannhardt, Baumkultus der Germanen. 1875, S. 313. 

«) Zeitschrift für deutsche Mythologie I. S. 176. 

^) KüLDA, Aberglaube und Volksgebrâuche in der Mähr. Walachei, S. 111. 

•) Reinsberg— DÛRINGSPBLD, a.a.O., S. 213. 

») Meier, Schwab. Sagen 1852. S. 396. 

«») Kuhn, Westftl. Sagen, n. S. 156. 

^1) Hrrtz, (Deutsche Sage im Elsass. 1872, S. 31) nennt den Maibaum mit Recht ein „Siegeszeichen 
des Sommergottes". 



- 85 - 

• 

wald entlang bis weit nach Oberfranken hinein" ^), schreibt Schönwerth, (Aus der Oberpfalz» 
1857. I. S. 314) und bemerkt nebenbei, dass man mit diesen „Wolpembäumen" die Hexen 
hätte fernzuhalten gesucht, eine zutreffende Ansicht, die im Verlaufe dieser Abhandlung 
noch besonders gekräftigt werden wird. 

Wenn Wuttke (a. a. 0. § 178) schreibt: „Die am Walpurgistage aufgerichteten Maibäume 
waren ursprünglich grüne, nach oben gerichtete Besen", was er aus dem Umstände schliesst, 
dass „oft jetzt noch ein Besen oben aufgesteckt sei", so ist diese Annahme als eine 
durchaus irrige zu bezeichnen, denn der Besen ist im deutschen Volksglauben weit jünger 
als der Baum, wie weiter unten ersichtlich sein wird. 

Da ehemals mit der Einführung des christlichen Pfingstfestes viele Gebräuche der 
altgermanischen Maifeier auf dieses mit übertragen wurden, so ist es auch erklärlich, dass 
die Birke zu Pfingsten in ganz hervorragender Weise das Fest mit verherrlichen hilft, 
umsomehr, da um diese Zeit ihr zarter Blätterschmuck am ansprechendsten ist. Man holt 
hier und da den noch als „Maie" gekannten Baum feierlichst aus dem Walde herbei, um 
ihn auf einem freien Ortsplatze zu errichten *). Fast allgemein ist es auch Sitte , dass die 
ländlichen Burschen ihrer Herzallerliebsten in der Pfingstnacht eine Birke unters Fenster 
setzen^), soweit kein polizeiliches Verbot wegen der unvernünftigen Waldverwüstung 
diesem uralten Brauche zu steuern benöthigt ist. Der weitverbreitete Pfingstbaum hat 
übrigens dieselbe Bedeutung wie der vorerwähnte Maibaum (Vgl. auch Wuttke, a. a. 0. § 90), 
was später noch besonders ersichtlich gemacht werden soll. 

Eine der bevorzugtesten Festlichkeiten unserer germanischen Vorfahren war aber das 
lichtvolle Mittsommerfest (Vgl. Pfannenschmid , a.a.O. S. 18, 382 fiF.), welches man seitens 
übereifriger christlicher Bekehrer später mit dem „Heiligenmäntelchen" des biblischen 
Evangelisten Johannes umkleidete. „Dem Mittsommer legte man vorzugsweise den 
Namen der Sonnenwende zu; es war ein Freudenfest über die volle Pracht des Sommers. 
Noch jetzt werden die Häuser innen und aussen, die Strassen und Brunnen grün geschmückt", 
bemerkt Weinhold in seiner akademischen Rede „über die deutsche Jahrtheilung" (1862. S. 9). 

Weil sich eben vom Mittsommerfest „vielerlei altheidnische Gebräuche auch unter den 
schirmenden Fittig des Pfingstfestes geflüchtet hatten", um mit Pfannenschmid (S. 838) zu 
reden, und weil beide Feste auch — abgesehen von der kirchlichen Pflngstfeier — in ein 
und demselben Zwecke gipfelten, in der Verehrung des Licht- und Vegetationsgottes, so 
treffen wir zu „Johanni" ebenfalls wieder die Birke an*). Dass Donar um diese Jahres- 
gegend, wo die strahlende „Königin des Tages" ihren höchsten Stand erreichte und den 
ausgiebigsten Gebrauch von ihrem leuchtenden und erwärmenden Glänze machte, eine 
besonders intensive Verehrung genoss, geht aus zahlreichen Zeugnissen unserer volkskund- 
lichen Litteratur hervor"). „Die Erscheinung und Wiederkehr der Gestirne, Tageszeiten 



») Vgl. „Der Maiengang" in Schöppner's „Sagenbuch der Bayerischen I^nde" 1852, S. 274. 

*) Kuhn und Schwartz, Norddeutsche Sagen. 1848, S. 386 ff. - Seifakt, Hildesh. Sagen und Märchen. 
1860 I S 128 

») köHLBBJ Volksbrauch im Voigtlande. 1867, S. 176; Kuhn, Westfäl. Sagen II, S.156, 168/9; Peöhle, 
Harzbilder, 1856. S. 67. Rackwitz, Sitte und Brauch im Helmegau, S. 26; Zeitschrift des Vereins für Volks- 
kunde VI. S. 18, VII. S. 78; Lynker, Hessische Sagen und Sitten 2e Aufl., )860, S. 246. 

*) Reinsbero-DOringsfbld, Das festliche Jahr. 2e Aufl. 1898, S. 226 ; Peter, Volksthûml. aus Oesterreich- 
Schlesien 1867, II, S 287; Sbifart, a.a.O. IL, 8. 141; Kuhn, MArkische Sagen, 1843, S. 381. Auch da, 
wo einfach vom „Johannisbaum" die Rede ist, wird meistens die Birke gemeint sein. Ueber Birken, die am 
Johannistage feierlich umtanzt wurden, siehe Witzsghel, Thür. Sagen II, S. 210, Nordd. Sagen, S. 387. 

*) Pfannenschmid, a. a. 0., S. 325; Wolf, Beiträge I. S. 79. Mannhardt, Germ. Mythen, S. 141; 



- 86 - 

und Jahreszeiten ist zu grossartig und auffallend, als dass sie sich nicht mit dem Glauben 
an Götter vermählt haben sollte", bemerkt Jakob Grimm ganz richtig in der Widmung 
seiner deutschen Mythologie (1. Aufl. S. XXVII) an Dahlmann. 

Hiermit am Schlüsse des ersten Abschnittes angelangt, würde der Inhalt desselben 
mit nachstehenden Sätzen kurz zusammengefesst werden können: Die Birke wurde wegen 
ihrer blendend weissen Rinde und infolge ihrer frühen Belaubung und verhältnismässig 
späten Entlaubung von den Bewohnern des dunklen, kalten Nordens als ein durch den 
Licht- und Wachsthumsgott Donar besonders ausgezeichneter Baum angesehen. Diese 
Thatsache scheint auch durch die beiden Umstände unterstützt, dass der Kukuk als 
„Herold Donars" zur Birke in naher Beziehung steht und dass dieser Baum an den 
ehemals zu Ehren Donars begangenen Frühlings- und Sommerfesten eine wichtige Rolle 
spielte 1). Uebrigens trug auch das zweite Anlautzeichen des altgermanischen Runen- 
Alphabets (B) den Namen der gottgeweihten Birke, nämlich biörk (biärkan)*). 



B. DER BIRKENZWEIG IM DIENSTE DONARS. 

I. DIE BEDEUTUNG DES ZWEIGS IM ALLGEMEINEN. 

Da der Birkenbesen, dessen Stellung im deutschen Volksglauben diese Abhandlung zu 
erforschen die Aufgabe hat, aus einzelnen Birkenruthen zusammengesetzt ist, so macht sich 
zunächst eine nähere Betrachtung des Birkenzweiges erforderlich, die aber wiederum nur 
von dem Zweige im Allgemeinen ausgehen kann. 

Es ist thatsächlich erwiesen, dass alle heidnischen Völker einen sogen. „Baumkultus" 
trieben, vom dem sich selbst das auserwählte Volk Israel nicht zu befreien vermochte^). 
Dass unsere germanischen Urvettern nicht minder diesem allgemeinen „Hainkult" ergeben 
waren*), beweisen neben den frühchristlichen Verboten*), welche gegen diesen „groben 
Unfug" geschleudert wurden , gewisse Bräuche und Meinungen , die sich heute noch bei uns 
als überrestliche Wald- und Baumverehrung forterhalten haben. Man dachte sich ehemals 
die Bäume — in gewissem Grade selbst Kjäuter und Gräser •) — von einem geisterhaften 



Müller, Altd. ReL S. 237; Kuhn, Herabkunft des Feuers und des Göttertranks, 2e Aufl. 1886, S. 90; 
Westf. Sagen II. S. 175; Meyer, German. Mythologie 1891. S. 197; Kolbe, Hess. Sitten und Gebräuche, 
2« Aufl. 1888. S. 71; Montanus, Volksfeste etc. 1854. I. S. 33; Rochholz, a.a.O., S. 480. 

*) Auf einem „Birkenhügel", überhaupt unter Birken opfert man im Norden Europas für die guten 
Geister Milch und Bier, also Getränke, welche — wie unten noch dargethan wird — dem Donar geweiht 
waren. (Zeitschrift für Volkskunde VIII, S. 139. 141. 142). 

») Weinhold, Altnord. Leben S. 409 (Schrifttafel), 413; Montanus, a.a.O., II. S. 153; Pergbr, Pflanzen- 
sagen. 1864. S. 307; Jäger, Deutsche Bäume u. Wälder, S. 35. 

') Winer, Bibl. Realwörterbuch, 3e Aufl. 1847, I. S. 455. Schenkel, Bibellex. 1869 unt^r „Haine". 
EiBHM, Handwörterb. des bibl. Alterthums 1884. I. S. 454 ff. 

'•) Mannhardt, Baumkultus der Germanen etc. 1875; Höpler, Wald- u. Baumkult Oberbayerns 1892. 
Friedreich, Symbolik und Mythologie der Natur 1859. S. 180 ff.; Grimm, Myth. 3e Aufl. S. 613 ff.; Meyer, 
a.a.O., S. 83 ff.; Tylor, Anfänge der Kultur 1873 I. S. 468/9. II. 9, S. 149 ff., 216-230; Bötticher, 
Der Baumkultus der Hellenen 1856, S. 529 ff.; Schultze, Der Fetischismus 1871, S. 189 — 194; Brosow, 
Ueber Baumverehrung der littauischen Völkergruppe. (Programm) 1887. S. 435. 

*) Fehr, der Aberglaube und die kath. Kirche etc. 1857, S. 31, 59; Höfler, a.a.O., S. 6 Anmerk. 1; 
Mannhardt, Baumkultus, S. 29, 70 ff. 

•) KoBERSTEiN, Uober die Vorstellung von dem Fortleben menschhcher Seelen in der Pflanzenwelt. 
Weimai". Jahrbuch I. S. 99. 



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Wesen, Dämon, beseelt, dessen Leben an das der Pflanze selbst gebunden sei. Mit der 
Zeit steigerte sich diese heidnische Anschauung gar zu der Meinung, der Baum bilde die 
Wohn- und Wirkungsstätte eines übernatürlichen Schutzgeistes, eines göttlichen Wesens. 
„Es hegt dem kindlich fühlenden Menschen nahe, dass ihn beim leisen Rauschen oder 
feierlichen Schweigen hochaufstrebender Bäume, die mit ihrem dichten Gezweig wie in 
geheimnissvolle Dämmerung den Wanderer einschUessen , die Ahnung von der Nähe der 
Gottheit durchschauert. 

Für die ursprünglich heilige Bedeutung des Baumes, insbesondere für den Glauben, 
wie demselben die ungemischte Gotbeskraft eingeboren sei und seine ganze Substanz 
erfülle, liefert auch die verschiedenartige Verwendung seiner Zweige bei den heiligen Riten 
und gottesdienstlichen Gebräuchen ein sehr beredtes Zeugnis. In Glaube und Brauch der 
Völker überdauerte sogar der Zweig den Baum, der Theil das Ganze, so dass sich in 
vorgeschritteneren Zeiten ein besonderer Zweigkult herausbildete. In den rauschenden 
Aesten barg die baumbeseelende Gottheit ihr Antlitz, und bereits nach den indischen 
Brahmanas werden diese oberirdischen Ausläufer des Stammes persönhch gedacht und als 
Verkörperung einer Gottheit angesehen (Vgl. Mannhardt, Baumkultus, S. 275)^). So enthält 
auch der altindische Atharva-Veda (III, 6) einen Acratthazweig ^ wie Kuhn, (Herab- 
kunft des Feuers etc. 2. 198) mittheilt und zugleich auf Grund voraufgehender Ausführungen 
bemerkt, dass die dem Zweige beigelegte Kraft „aus dem Bhtz und DonnerkeiF' stamme, 
also gleichsam vom allmächtigen Donnergott ausgegangen sei, was von Wichtigkeit für 
unser Thema ist. Auch bei den Aegyptern, Armeniern und Persern konnte Niemand vor 
die Gottheit treten und sakrale Handlung verrichten, wenn er nicht eine heihge Pflanze, 
wenigstens einen Zweig in der Hand führte, wie Böttioheb (a.a.O., S. 321) berichtet^). 
Nach Athenaeus XIL § 40 wird dem trägen König Ninus von Assyrien zum Vorwurf 
gemacht, dass er nie bei den Magiern das heilige Feuer erregt, noch mit Ruthen diesen 
„Gott'' berührt habe. 

Ganz besonders war der Zweigkultus bei den klassischen Hellenen ausgebildet. Den 
olympischen Göttern konnten sie niemals heilige Verrichtungen ohne beglückende Aeste 
widmen. Beständig heilige Zweige tragen bedeutete bei den Griechen soviel als ewig, ohne 
Unterbrechung, den Dienst der Gottheit versehen. Ueberall erscheint der Zweig oder ein 
aus Gebüsch geflochtener Kranz als ein Zeichen der heiligen Weihe des damit ausgestatteten 
Gegenstandes und bei Personen als Symbol der Gemeinschaft mit Gott. Niemals fehlte 
bei der Zurüstung sakraler Geräthe der weihende Glückszweig. Wenn nach Festüs (Vgl. 
Böttioheb S. 221) die römischen Götterbüsten als struppi(=Bunäe aus glücklichen Zweigen) 
bezeichnet wurden und man an Stelle jeder besonderen Gottheit deren Zweige setzte, so 
war in Altitalien die nämliche Verehrung der beblätterten Baumtheile anzutreffen. Haben 
doch selbst die biblischen Ebräer durch alle Zeiten hindurch ihr Hosianna unter Tragung 
von Palmen-, Myrten- oder Weidenzweigen gesungen (Böttioheb, S. 526), ebenso wie der 
Sprengwedel, bei ihren Lustrationen und Weihen gebraucht, ein Stäbchen aus Cedernholz 
war, an welchem oben drei Tsopzweige mittelst eines wollenen Purpurbandes befestigt 
waren (Vgl. 8. Mose 14,4; 6.49 ff.)- 



*) Ein Oberbrahmane der Hindus segnete seinen Kultzweig mit den Worten: „Der Baum, von welchem 
ihr genommen seid, möge viel Früchte tragen, möge der König des Waldes sein und die Verehrung 
annehmen, die ich euch erweise". (Böttichkb, S. 505). 

^ Vgl. auch ÜNGEB, Botanische Streifzüge. 1859. IL S. 57. 



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Erklärlich ist es nun auch, dass unsere germanischen Altvordern dem Zweigkult 
huldigten, denn Tacitüs (Germania, Kap. 10) berichtet, dass sie unter Zuhilfenahme von 
Fruchtbaumreisern ihre Götter beft^agt hätten, und nach Plinius (a.a.O., S. 16,95) verrich- 
teten die keltischen Druiden niemals heilige Handlungen ohne Mistel- oder Eichenzweige >). 
„Uralt sind auch bei den germanischen Stämmen die von den Zweigen der Waldbäume 
und Sträucher entnommenen Rechtssymbole, welche bildlich die Vollbringung eines Rechts- 
geschäfts bezeichnen, das sich auf Grund und Boden bezieht. „Dahin gehört bei Waldgrund 
die Uebergabe von einem Besitzer auf den anderen durch Ueberreichung eines an Ort und 
Stelle abgebrochenen Zweiges und das Einstecken desselben in die Erde als ein Zeichen der 
Besitzergi'eifung", schreibt Berg in seiner „Geschichte der deutschen Wälder etc." 1871, S. 43 
(Vgl. auch Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer 3e Aufl. S. 130; Am-Urquell V. S. 142, sowie 
Steüdener, Antiquarische Streifzüge. Halle 1868. S. 22 ff. , Anmerk. 3, wo mehrere einschlä- 
gige Beispiele verzeichnet stehen). Als Symbol der Gemeinschaft mit Gott wird bereits jener 
Oelbaumzweig angesehen, den die Taube Noahs nach der biblischen Arche brachte (1. Mose 
8,11), und noch im Mittelalter war der grüne Zweig ein Sinnbild des angebotenen Friedens 
(Reynitzsch, lieber Truhten etc. 1802, S. 311). Wer den Zweig besass, der hatte eben die 
Gottheit und somit die Macht auf seiner Seite — Vgl. die Redensart: „Auf keinen grünen 
Zweig kommen!" —, doch wer dagegen den Stab oder Ast aus der Hand gab, entledigte 
sich somit seiner Gewalt, übertrug sie bezw. auf eine andere Person. Hegung und Bann, 
z. B. gegen Weidevieh , wurden im Mittelalter durch eingesteckte Zweige auf Aeckem oder 
Wiesen angedeutet, ebenso wie dem Verbote des Betretens oder Befahrens gewisser Privat- 
wege durch eingesteckte Aeste am betreffenden Orte öffentlich Ausdruck verliehen wurde, 
und heute noch ist dieser symbolische Rechtsbrauch in Sachsen und Thüringen anzutreffen. 

Der Stab oder Zweig erschien aber auch als Zeichen der höchsten richterlichen Gewalt 
bei unseren alten Vorfahren, und noch im 16. Jahrhundert wurde in mehreren Marken 
Hannovers dem gewählten und bestätigten „Holzgreven" ein solcher in die Hand gegeben 
wie Berg (a. a. 0., S. 44) mittheilt. Diesen Stab, der meistens geschält sein musste 
ergriff der Richter zum Zeichen der Eröffnung des Dinggerichts und legte ihn nach Been 
digung desselben wieder aus der Hand. Die im Stabe verkörperte Macht war dem Richter 
als Stellvertreter Gottes gleichsam „von oben herab" verliehen worden, ein Privilegium 
das unsere „Herrscher von Gottes Gnaden" heute noch innehaben und im Szepter, Krumm 
Stabe etc. zur Schau tragen, doch in weit idealerem Maasse als die despotischen Horden 
häuptlinge mit ihrer robusten „Keule". „Der griechische Name des Stabes, Sceptron^ ward 
von den Römern und den neueren Völkern angenommen, um den Stab des höchsten 
Machthabers und die höchste Gewalt, wenn sie eine königliche ist, zu bezeichnen", bemerkt 
ScHWENCK (Sinnbilder d. alten Völker, S. 460), und Bötticher (a.a.O., S. 232) rechnet 
Szepter, Stäbe und Lanzen, „deren Bedeutung und Verehrung in die älteste Zeit des 
Bilderkultus hinaufreicht", in die Gattung der symbolischen „Götterbilder". Man maass eben 
den Stäben, Szeptern, Lanzen, Keulen u. s. w., obgleich sie zu dem todten, un beseelten 
Holze gehörten, geradezu eine göttliche Bedeutung bei, gestützt auf die uralte Vorstellung 
vom grünen Zweige. Galt doch auch den alten Slaven das Fortschaffen abgestorbenen und 
baumentfallenen Gezweigs aus den heiligen Hainen als unverzeihliche Sünde. (Vgl. Ecker- 
mann, Religionsgeschichte IV. S..122). 



») MoNE, Gesch. des Heidenthums im nördJ. Europa. 1823. II. S. 402. 



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Wie man nun aber schon sehr frühe übernatürliche Kräfte unbefugt zur Wirkung 
kommen lassen mochte, so auch in diesem Falle. Aus dem Umstände, dass im alten 
Griechetilande die sogen. „Bittzweige" und Lorbeerwedel, welche anfangs als Schutz- und 
Abwehrmittel gegen leibliche und geistige Noth dienten, alles mit ihnen Geschmückte und 
Berührte unter göttlichen Schutz stellten, sowie gegen die unheilbringende Einwirkung 
böser , dämonischer Kräfte sicherten , zog nämlich eine abergläubische Richtung , die ja in 
keiner Religion jemals geschlummert hat, leichtfertigerweise die Mittel, Fascinationen zu 
verrichten, Zauber fernzuhalten und abzuwehren, sowie solchen hinwegzutreiben und aus- 
zubannen. Wie z. B. der Priester des Lykäischen Zeus mittels des Eichenzweigs 
Regen über Arkadien vom Lykaion herabpraktizierte, wie ferner der Lorbeer als einge- 
pflanzter Zweig, Besen und Sprengwedel, Krankheiten der Saaten und Früchte abwies, 
auch Sünde und Befleckung von Menschen, Vieh und Land hinwegnahm, so bannten 
andere Zweige wiederum anderen Zauber. Bedienten sich doch persische Magier eines 
Zweigs der Aglophotis zur Zitierung der Geister (Plin., Hist. nat. 24, 102), und die Seher 
der alten Skythen bemühten sich, mit Reisern der Myrike zu orakeln (Hero dot, IV. S. 67). 
Wenn ferner der biblische Erzvater Jakob durch Ruthen, welche ringweise geschält und 
so mit magischen Kreisen versehen wurden, ansehnlichen Herdensegen zu erlangen wusste 
(1. Mose 30, 37 — 39), so ist auch hierbei an ein zauberhaftes Hülfsmittel zu denken. 
Der sogen. „Zauberstab" war bereits im frühgeschichtlichen Morgenlande ein machtbegabt-er 
Talisman (Vgl. Lenormant: Die Geheimwissenschaften Asiens 1878, S. 59 ff.), wie denn 
auch Mo si s Stab übernatürliche Wunderkraft besass (2. Mose 4, 2; 7, 9; 4. Mose 20, 8) 
und zu der Propheten Zeiten mittelst Stäben Wahrsagungen vorgenommen wurden (Hosea 
4, 12). Dass auch unsere altgermanischen Vorfahren von solchen Anschauungen nicht 
befreit waren, geht aus einer Mittheilung des Tacitus (Germ. 10.) hervor, laut welcher 
sie Fruchtbaumzweige, die mit geheimnisvollen Zeichen versehen waren, beim Erforschen 
der Zukunft durcheinanderwarfen. Aber selbst noch die „jungen Deutschen" glauben an 
eine übernatürliche Wirkung der Ruthe, wovon nicht nur der nächstfolgende Abschnitt 
dieses Aufsatzes , sondern auch so manche Stelle unserer volkskundlichen Litteratur ^) 
beredtes Zeugnis ablegt. 

n. DIE BIRKENBÜTHE IM BESONDEREN. 

Wenn der Baumzweig im allgemeinen ein so grosses Wort spricht*) — man denke 
nur an die vielgepriesene Wünschelruthe ^) — so muss die Birkenruthe im besonderen um- 
somehr eine namhafte Rolle spielen, weil sie im Dienste einer ganz bestimmten und zwar 



») Müller, Altd. Rel., S.83; Wolf, deutsche Sagen. 1845, S.481; Zeitschr. für Mythol. I, S.243. Witz« 
SCHEL, Thüring. Sagen u. Sitten 1878, 1, S. 170, 202. Grimm, Deutsche Sagen 2e Aufl. I, S. 125. Vernalekkn, 
Mythen u. Bräuche aus Oesterreich 1859, S. 144. Rochholz, Aargauer Sagen. II, S. 170. Panzer, Bayerische 
Sagen und Bräuche I, S. 251. Zeitschr. für Volkskunde I, S. 291. Afzelius, Schwed. Sagen I, S. 42, 43. 
Lemke, Volksthüml. in Ostpreussen 1884. I, S. 16. Bezzenberger , Litauische Forschungen. 1882, S. 70; 
Mannhardt, Baumkultus, S. 275, 279, 281, 284-290, 293-299 u.s.w. 

^) Ausführliche Mittheilungen „über das Symbol des Zweiges" bringt Steüdener in seinen bereits 
angedeuteten „Antiquarischen Streifzügen", S.'l — 56, doch leidet die ganze Abhandlung an einer gewissen 
Planlosigkeit. 

») Kuhn, Herabkunft des Feuers. 2e Aufl., S. 180-183, 185-188, 201, 206-211; Lynker, Hessische 
Sagen etc. 2e Aufl., 1860, S. 102. Zeitschr. f. Volkskunde I, S. 291. li, S. 67 ff.; Schindler, Aberglaube 
des Mittelalters. 1858, S. 218 ff.; Meyer, Aberglaube des Mittelalters. 1884, S. 66 ff. 

L A. f. E. Xin. 12 



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machtvollen Gottheit steht, nämlich in dem Dienste Donars, jenes altgermanischen 
Donnerers und „Freundes der Menschheit". Aus den nachstehenden Ausführungen wird 
sich nun ergeben, dass das gottbegabte Birkenreis im allgemeinen ein Dreifaches zu 
verrichten imstande ist, nämlich gewisses über Menschen, Thiere und Pflan- 
zen hereingebrochenes Unheil zu beseitigen, drohende Uebel fernzu- 
halten und Gutes zu fördern, also Segen zu bewirken. Gehen wir denn behufs 
Begründung zu den Einzelheiten über! 

a. Die Birkenruthe als Waffe gegen freizügige böse Geister. Es ist 
bekannt, dass sich unsere germanischen Vorfahren ebenso wie andere heidnische Völker 
(Pfannenschmid a. a. 0., S. 446 fiF.) ganz und gar von geistigen Wesen als Elfen und 
Gnomen, Gespenstern und Manen, Dämonen, Kobolden, Nixen u. s. w. umgeben, umschwärmt, 
ja auch belästigt wähnten. Mannhardt (German. Mythen S. 51, 269, 297, 709) huldigt 
wohl mit Recht der Ansicht, dass diese elbischen Dinger in Gemässheit des Volksglaubens 
aus den Seelen der Verstorbenen hervorgegangen seien ^). Aus zahlreichen Sagen, Bräuchen 
und Meinungen deutschei* Völkerschaften ist nun deutlich ersichtlich, dass unsere heidni- 
schen Vorfahren ebenso wie die Bibel, überhaupt morgenländische Völker (Lenormant: 
Die Geheimwissenschaften Asiens, S. 68 flf.), gute und böse Geister kannten, die jedoch 
verschiedene Namen führten ^). Weil nun die bösen Dämonen den Menschen als unheil- 
bringende, zerstörungslustige und darum schadenstiftende „Plagegeister" lästig und unbe- 
quem wurden ^) , so übernahm der gewaltige Donnergott als wahrer „Freund der Menschen", 
als der „wohlthätige Luft- und Feuergott" das schwere Werk der Bekämpfung dieser 
satanischen Wesen*), wobei ihm sein unwiderstehlicher und stets zur schwingenden Hand 
zurückkehrender Hammer Mjölnir {= Zerschmetterer) die vorzüglichste Waffe abgab. Dieser 
Hammer nun, sowie das kreuzähnliche Zeichen, welches stellvertretend für ihn gebraucht 
wurde — (Vgl. Näheres darüber weiter unten!) — ferner alles, was man sich von dem 
Donner-, Feuer-, Licht- und Vegetationsgotte ausgehend dachte, ja sogar alles, was schon 
äusserlich an ihn erinnerte, galt mit der Zeit als wirksames Abwehrmittel*) gegen böse 
dämonische Einflüsse auf Menschen , Thiere und nutzbringende Pflanzen. 

Es ist daher leicht erklärlich , dass man noch heute allerhand Unholde durch Trommeln, 
Schiessen, Peitschenknallen, Läuten, Pochen und andere den Donner nachahmende Getöse, 
sowie durch Feuer, lacht, Rauch, rothfarbige oder aus gewissen Ursachen dem Donar 



•) Vgl. noch NoRK, Myth. d. Volkss., S. 162 und 188; Mook, Germ. Mythologie (in Pauls, Grundriss d. 
Germ. Philologie. 1891), S. 999, 1001, 1004, 1007; Gültheb, German. Mythol. 1896. S. 122, 145; Tylor, 
Anfänge der Kultur. 1876, II, S. 27, 110/111, 200; Meier, Schwab. Sagen, S. 141; Simrock, a.a.O., S. 482. 

^ MoGK, a. a. 0., S. 1039; Pfannenschmid, S. 92, 97; Grohmann, Apollo Smintheus. 1862, S. 66; 
CoLSHORN, a. a. 0., S. 349; Nork, Etymolog.-mythologisches Wörterbuch, 1843, unter „Geister" und ^Pall 
der Engel". 

•) Weil die Seelen nach dem Tode wieder ins „Reich der Lüfte" zurückkehren, um hier ihr Wesen 
weiter zu treiben, so versetzte man folgerichtig die bösen Geister in die Luftregion, welche nach uralter 
Anschauung den Himmelsraum von der Erde trennte. Hier „oben" versuchten nun jene feindseligen 
Dämonen Licht und Wärme, sowie den befruchtenden Regen, der gleichfalls in der Lichtwelt seinen 
Ursprung hatte, von der menschenbewohnten Erde abzuhalten. Selbstredend mussten sich in diesem weiten 
Luft- und Himmelsraum auch die göttlichen Mächte bethätigen, welche die bösen Eiben besiegten und 
somit für das Wohl der Menschen wirkten. (Vgl. Grohmann, Apollo Smintheus, S. 39). 

*) Zeitschrift für deutsche Mythologie III. S. 107, 210, 276; Grohmann, a. a. 0., S. 15; Herrmann, 
Mythologie, S. 342. Afzeliüs, Schwed. Volkssagen. I, S. 22, 23, 40; Mannhardt, Germ. Mythen, S. 168, 
184, 207-210; Golther, a. a. G., S. 119; Müller, Altd. Rel. S. 237, 243/244; Colshorn, a. a. G., S. 164 ff.; 
Grimm, a. a. G., S. 170, 429. Zeitschrift des Ver. f. Volksk. X, S. 195 flf. 

*) Vgl. u. a. Meykr, German. Mythol., S. 187, 138. 



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geweihte Thiere und Pflanzen, Gegenstände etc. zu verscheuchen oder fernzuhalten theils 
mehr, theils weniger bemüht ist. 

Eines der wirksamsten Bekämpfungsmittel der schadenbringenden Dämonen bot und 
bietet noch die aus den oben bereits namhaft gemachten Gründen zu Donar in sehr naher 
Beziehung stehende Birkenruthe dar. Da nun gerade in der ersten Mai- oder der Walpur- 
gisnacht, sowie am Vorabend des Johannistages alle unheimlichen SJaubermächte losgebunden 
umherschweifen ')i und weil ferner viele Gebräuche jener beiden altheidnischen Feste 
(Maifeier, Mittsommerfest) später auf die christliche Pfingsten mit übertragen wurden^), 
so ist es erfindlich, dass gerade an diesen Festen, bezw. in den ihnen vorangehenden 
Nächten , das Reis der Birke eine ganz bedeutende Rolle spielt. Vereinzelt tritt es auch in 
den Gebräuchen des Gründonnerstags, Kai'freitags- und Osterfestes auf, an welchen Ter- 
minen gewisse Ueberbleibsel altdeutscher Frtihlingsfeierlichkeiten und damit verknüpfte 
Vertreibungen winterlicher Däuionen haften geblieben zu sein scheinen. 

In Ostpreussen werden z.B. zu Ostern die Wohnungen mit Birkenbüschen geschmückt, 
falls diese grün sind (Lemke, a. a. 0. L, S. 16); doch weil die Betida alba um diese Zeit 
noch nicht beblättert ist, so wird auch sonst nirgends vermeldet, dass sie als Osterschmuck 
dient. Destomehr tritt der Birkenbusch zu Walpurgis auf, also mit Beginn des altdeut- 
schen Sommers und der ihm eigenthümlichen „Wunne und Weide". 

In Schwaben werden am Walpurgisabende — in der Nacht zum 1. Mai — Birken- 
büsche auf die Düngerstätte gesteckt und zwar nach der Zahl der im Stalle befindlichen 
Rindviehstücke. (Meier, Schwab. Sagen, S. 397)*). Früher wurden dort diese hexenver- 
scheuchenden Birkenzweige des Walpurgisabends gleichsam für heilig gehalten, denn der 
unbekannte Verfasser des Werkes: „Selam oder die Sprache der Blumen, 2© Aufl. Wien 
1832" bemerkt darüber (S. 365) aus der Welzheimer Gegend : „Niemand darf sich an den 
heiligen Bäumen oder Zweigen vergreifen, auch hört man nicht, dass dieses geschieht". 
Ferner wird mitgetheilt, dass diese „Birkenbüschchen" mehrere Wochen auf ihrem Platze 
stehen bleiben , um dann endlich an Oit und Stelle mit Dung *) überdeckt zu werden. 
Schliesslich heisst es noch mit Recht: „Dieser Brauch ist allem Vermuthen nach sehr alt 
und dürfte bis in die heidnische graue Vorzeit zurückreichen. Sollten wir hier nicht einen 
Ueberrest von der uralten Verehrung finden, die unsere noch heidnischen Vorfahren der in 
Feld und Wald sich wohlthätig gegen sie und ihre Hausthiere bezeigenden Gottheiten 
leisteten?" — Aber nicht nur in Schwaben, sondern auch in der Oberpfalz steckt man 
Birkenzweige nach der Anzahl der im Stalle vorhandenen Stücke Rindvieh am Vorabende 



») WüTTKE, § 88 u. 92; Schönwerth, Aus der Oberpfalz, 1867. I. S. 3)3; Mogk, S. 1023; Schmitz, 
Sitten und Bräuche des Eifler Volkes. 1856. I. S. 35; Grohmann, Apollo Smintheus, S. 102; Birlinger, 
Volksthümliches aus Schwaben. 1861. I, S. 278; Golther, a. a. 0., S. 573; Montanus, a.a.O., I. S. 28; 
LiPPERT, Volksbmuch , S. 649: Meyer, a.a.O., S. 119; Maurer, Island. Volkssagen, 1860. S. 172. 

•) Pfannenschmid, S. 19, 20, 338; Wuttke, § 90; Weinhold, Deutsche Jahrtheilung, S. 9 tf.; Mann- 
HARDT, Germ. Mythen, S. 18; Reinsberg — Düringsfeld, Das festl. Jahr. 2e Aufl., S. 186. 

*) Vgl. auch BiRLiNGER, Aus Schwaben. 1874. I. S. 387. 

*) Weil Donar allmächtiger Beschützer der Rinder war (Vgl. Germ. Mythen S. 10), so galt selbst der 
Dünger dieser Thiere für gottgeweiht und zauberkräftig (Temme, Volksaagen aus der Altniark. 1839, S. 79; 
Schönwerth, III, S. 19), weshalb er vielfach durch Hexen untüchtig gemacht wird (Schönwerth, I. S. 322, 
333, 369; Leoprechting , Aus dem Lechrain 1855. S. 28 ff.). Dass der „Mistkäfet" dem Donar heilig war 
(Afzeliüs, L, S. 28; Müller, Siebenbürg. Sagen 2e Aufl., S. 156), hatte wohl darin seinen Grund, dass 
dieses Insekt beständig im Dünger herumwühlt. Er spielte schon in der orii ntalischen Religion eine 
wichtige Rolle. (Friedrich, Symbolik u. Mythol. der Natur, 1859. S. 620 — 622. In Schulenburg's Wend. 
Volkssagen etc. 1880. S. 156, erscheint ein Mistkäfer als glückbringender Kobold. 



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zum 1. Mai auf den Düngerhaufen (Vgl. Schön wbrth, Aus der Oberpfalz 1857. I, S. 322)^ 
nicht minder auch in Oesterreich.-Schlesien *) und im Voigtlande, in letzterem angeblich 
deshalb, „damit Vieh und Milch nicht behext werden"^). Sehr frisch und ursprünglich 
hat sich diese Anschauung aber in Mähren erhalten, wovon Müller auf S. 824 seiner 
„Beiträge zur Volkskunde der Deutschen in Mähren, 1893" folgenden Beleg giebt: „Da 
nach dem Volksglauben in der Mainacht die Hausthiere von den Unholden viel zu leiden 
haben, werden die Stallthüren, unter deren Schwelle man Messer legt, und die Dünger- 
haufen mit Birkenreisem besteckt, um die Grausigen fernzuhalten und so das liebe Vieh 
vor Ungemach zu schützen." 

Weit ausgiebiger wird aber zu Pfingsten Gebrauch gemacht von dem zauberkräftigen 
Birkengebüsch. Da werden nicht nur menschliche Wohnungen mit frischen, grünen Birken- 
ruthen ausgeschmückt, sondern auch Kirchen, Viehställe, Brunnen, Baugerüste und an 
Meeresgestaden selbst die Schiffe^). In Böhmen steckt man am Pfingstheiligabend Birken- 
ruthen in den Flachs, damit er recht hoch werde*). Auch die bei der Prozession des 
Fronleichnamfestes*) umhergetragenen Birkenbüsche können diesen geheimnissvollen Dienst 
verrichten, wie in manchen Gegenden Baierns geglaubt wird, wo jene Art von Birken- 
ästchen sogar von der evangelischen Bevölkerung sehr bevorzugt wird (Vgl. Bavaria III, 
S. 342). Man ist sich natürlich dabei nicht mehr bewusst, dass man mit diesen belaubten 
Birkenruthen als Wahrzeichen des alhnächtigen Donar die bösen Eiben fernhält, mag 
das nun (zu Pfingsten) in „Haus und Hof" geschehen — Mannhabdt, Baumkultus, S. 160 ff. 
lässt sie zur Sicherung übernatürlicher Segnungen seitens höherer Wesen dienen, was 
jedoch erst als indirekte Wirkung anzusehen ist — oder auf der gesegneten Flur statt- 
finden. Aus diesem Grunde, wiewohl absichtslos, bediente man sich auch bei den christ- 
lichen Flurprozessionen, welche als ehemals heidnische Festlichkeiten*) den gütigen Vege- 
tationsgott verherrlichten^), des zarten Birkenbusches. Schmückte man schon in England 
während der Tage dieses feierlichen Bittganges die Strassen mit Aesten der weissen Birke ®), 
so heisst es wiederum in einem Berichte über einen vor ungefähr 120 Jahren in Schwaben 
stattgefundenen Flurumgang wie folgt: „Die Mädchen tragen grosse Birkenreiser in der 
Hand, die man Maien nennt und an denen seidene Tücher, Bänder und Stücke von Gold- 
flitter hängen" (Vgl. Journal von und für Deutschland. VI, S. 189). 

Je weiter nämlich das Wachsthum der Feld- und Gartenfrüchte vorwärts schritt, 
umsomehr musste man auf ihren Schutz gegenüber den schädigenden Dämonen bedacht 
sem, zu welchem Zwecke eben allerhand Mittel, die zu Donar in sehr naher Beziehung 
standen, ausersehen wurden, darunter auch die Birke. So findet zu Lichtensee in Niederbaiem 
folgender einschlägiger Brauch statt: „Ein am Ostersamstag geweihtes Birkenreis, eine 
Handspanne lang, unten zum Einstecken in den Boden zugespitzt, wird am oberen Ende 



Petbr, Volksthüml. aus Oesterreich Schlesien. 1867, II., S. 252. 

^ KöHLKB, Volksbrauch im Voigtlande. 1867, S. 175. 

') Rbinsberg-Dübingsfald, Das festliche Jahr. 2e Aufl., S. 186. Witzschul, Sagen, Sitten und Gebräuche 
aus Thüringen 1878, II, S. 201; Lynker, Hess. Sagen, S. 246; Strackbbjan, Sagen und Aberglaube aus 
Oldenbui-g. 1867. II, S. 46; Zeitschr. für Volkskunde VII, S. 317. Sommer, Sagen, Märchen und Gebräuche 
aus Thüringen. 1846, S. 151; Hintz, Die alte gute Sitte in Alt-Preussen , 1862, S. 62; Babtsch, Sagen, 
Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg. 1879, II, S. 270; Kühn, Sagen etc. aus Westfalen, II, S. 164. 

♦) WuTTKB , a. a. 0. , § 657. 

*) Diese Feier dürfte wohl mit Recht als eine christlich stellveitretende für ein altheidnisches Sommer- 
fest (NoBK, Festkalender. 1847, S. 965) anzusehen sein. 

•) Pfannknsghmid, S. 360-865. Pfannenschmid, S. 62. ") Ebendaselbst. 



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kreuzweis gespalten. In diese Spalte wird ein kleiner Span vom Säbenbaum (= Sadelbaum ^ 
Juniperus ScHnna L.) und ein Palmzweig mit Samenkätzchen gesteckt, so dass, wenn das 
Birkenreis aufrecht steht, die beiden letzteren im wagerechten Sinne ein Kreuz bilden, 
welches man „Antlasskreuz" nennt. Man steckt es in die Mitte eines jeden Ackers und 
begiesst es mit nJohanniswein" (Panzer, a.a.O. IL, S. 212; Höplbr, Baumkult, S. 187). 
In Bockholt werden am Johannistage die Häuser mit Birken geschmückt, wie Kuhn in 
seinen Westf. Sagen, 11, S. 173 mittheilt, und in Oesterreich. Schlesien besteht nach Peter 
<a. a. 0. IL , S. 287) eine ähnliche Sitte. Am Mittsommerfeste — einstmals zu Ehren 
Donars gefeiert — musste eben die Birke um so zauberkräfbiger wirken. Das Bestecken 
des letzten Erntefuders (Kuhn, Westf. Sagen. II, S. 187^); Mannhardt, Baumkultus ^ 
S. 193, 203) oder selbst des Stoppelfeldes (Mannhardt, Baumkultus, S. 195; Meier, 
Schwab. Sagen S. 439) mit einem Birkenbusche bezweckt nichts anderes als die Vertrei- 
bung oder Abwehr der „Felddänionen", die jedoch in verschiedener Gestalt auftreten und 
schädigen können'). 

Nun schweifen aber die freizügigen „Hexen" — dieses Wort tritt meistens als KoUektiv- 
begriflf für die schädlichen Dämonen auf — nicht nur auf der Erde umher, sondern sie 
treiben auch in den „höheren Regionen" ihr Wesen, indem sie „gedeihliche Witterung" 
zu verhindern suchen^) und schädliches „Unwetter" herbeizuführen unaufhörlich bestrebt 
sind*). Dieses Unwetter kann nun bestehen in Wirbelwind*), Gewitter'), HageF) oder 
auch wohl in gänzlicher Dürre «), welche meteorische Erscheinungen man ti*effenderweise 
als „ Hexen wetter" •) bezeichnet, während die bösen Eiben, — der nordische Ausdruck 
„Trolle" besagt ungefähr dasselbe^®) — welche das letztere erzeugen, für „Wetterhexen"") 



>) Diese Stelle besagt eigentlich, dass Birkenreiser vor dem Einbringen des letzten Fuders über der 
„Niederthüre" aufgesteckt werden. 

*) Vgl. Mannhardt's einschlägige Werke: Roggenwolf und Roggenhund, 2e Aufl., 1866; Die Korn- 
dämonen 1868; Baumkultus, 1876; Feldkulte, 1877. Jahn, Opfergebräucbe bei Ackerbau und Viehzucht. 1884. 
Pfannenschmid , a. a. 0., S. 92, 97. Mülleb, Altd. Rel. S. 397 ff., Mogk, S. 1035/36. Golthbb, S. 573, 
Zeitschr. f. Volkskunde VIL S. 187. 191. Kohlrusch, Schweizersagen, 1854, S. 65; Ztschr. f. Myth. II. S. 75. 

») Grimm, Myth., S. 1026, 1040, 1042. Grohmann, Apollo, S. 39, 43, 47; Herrmann, Deutsche Myth., S. 346. 

*) Hertz, Deutsche Sage, S. 59, 204 ff. Zinoerlb, Tiroler Sitten, Bräuche und Meinungen, 2e Aufl., 
1871, S. 60 ff. Zeitschr. f. Volkskunde. VII, S. 191, 194, 251. Müller, Siebenb. Volkss. 2e Aufl., S. 311; 
WoLPP— Haltrich, Siebenb. Volkskunde. 1085, S. 311 ff.; Birlingeb, Aus Schwaben. I, S. 125. 

») Meier, Schwab. Sagen, S. 256. Strackrrjan. I, S. 144. Birlingeb, Volksthüml. I, S. 192, 324. 
Vonbun, Sagen Vorarlbergs. 2e Aufl., 1889, S. 154. Babtsch II, S. 213. Schönwbbth II, 113. Zeitschr. f. Myth. 
II, S. 29. Knoop, Volkssagen aus Hinterpommern. 1885, S. 82. Lemke, a. a. 0., II, S. 289; Schwabtz, 
Ursprung, S. 24, 101, 115 ff.; Gbohmann, Abergl. aus Böhmen, S. 35. „Wenn ein Wirbelwind entsteht, 
ist eine Hexe oder ein Hexenmeister daran schuld". (Zingeblb, Tir. Sitten, 2e Aufl., S. 63). Vgl. Stbackbbjan, 
a. a. 0. , I , S. 324. 

•) Birlingeb, Volksthüml., I, S. 278, 321; Vonbun, Beiträge zur deutschen Mythologie. 1862, S. 86. 
Schmitz, a. a. , I, S. 99. Meier, Schwab. Sagen, S. 119; Zeitschr. f. Myth., II, S. 76; Reiser, Sagen etc. 
des Allgäues. 1898, I, S. 193. Laistnbr, Nebelsagen, 1879, S. 157 ff. 206, 242, 289, 347 ff. Meyer, S. 135. 

^) Zeitschr. f. Vlkk., V, S. 409. Müller, Siebenb. Sagen, S. 129, Grohmann, Apollo, S.7; Grimm, Myth. 
8e Aufl., S. 1040 ff.; Hebbmann, S. 59; Goltheb, S. 118 u. 120. Zingeblr, Tiroler Sagen, 2e Aufl., 1891, 
8. 456 ff. Menghin, Aus dem deutschen Südtirol, 1884, S. 119. 

') Haupt, Lausitzer Sagen 1862, I, S. 195; Gbohmann, Apollo Sminth., S. 45. „Die Leichen unehelicher 
Kinder verursachen, bulgarischem Volksglauben gemäss, im Sommer anhaltende Düne", wie Stbauss (a. a. 0., 
S. 454) bemerkt und aus einem sagenhaften Beispiel ei'sehen lässt, dass ein solcher körperentwichener, 
„unsauberer Geist" selbst Hagel erzeugte. 

•) ZiNGEBLE, Sitten, S. 61. Vonbun, Myth. S. 86. Schönwbbth, I, S. 160. Alpenbubg, Alpensagen 
1861, S. 362, 363; Wuttkb, § 216. Gbimm, Mvth. 3e Aufl., S. 1042. 

»•) Vgl. Gbimm, Mythol. 3e Aufl., S. 493, 956, 993. Mauber, a. a. 0., S. 36 ff.; Vernaleken, Mythen 
u. Bräuche des Volkes in Oesterreich. 1859, S. 227 ff.; Meyer, Germ. Mythologie, S. 116; Mogk, a. a. 0., 
S. 1020 , 1022 , Zeitschrift V. f. Vlkk. X , S. 196. 

") KoHLRUscH, S. 115; NoRK, Volkssagen, S. 562 ff.; Alpbnbürg, Alpens., S. 47, 266 ff.; Alpbnburg, 
Tiroler Sagen, S. 300. Schönwbrth, III, S. 183; Grimm, a. a.O., S. 1042. 



- 94 - 

gehalten werden. Zwar ist ja, wie wir wissen, Donar germanischer Gewittergott, auch 
Spender des erquickenden Regens und Lenker wohlthuender Winde (2feitsch. f. Myth. I^ 
S. 71. III, S, 209; Mogk, S. 1092), aber wenn, um mit Tasso zu reden, 

„Der Hagel stürzt mit Donnerwuthgebrülle 
Herab, zerschlägt und Oberschwemmt die Au'n, 
Der Sturmwind tobt, der Bäume rings zersplittert, 
Nicht Eichen nur, auch Fels und Hügel zittert" 

da sind jene feindlichen Machte der Luft im Spiel: Riesen — an Charakter den Eiben 
gleich (Maurer, a.a.O., S. 89; Meyer, Myth., S. 141; Qolther, S. 122, 159 — ), Zwerge, 
Eiben und Trolle , die ungezählten und ungezähmten Elementargewalten ^). Diese bekämpft 
nun der allmächtige Donar mit seinem zerschmetternden Hammer und verscheucht sie durch 
den rollenden Donner. „Beim ersten Donner im Lenze gehen alle Geister des betreflFenden 
Jahres zu Grunde" — behaupten die Bulgaren (Strauss, a. a. G., S. 454)«). Infolge dessen 
wird durch den göttlichen „ Drachen töd ter" Donar „die Luft gereinigt" und die Erde fruchtbar 
gemacht*). „Da der schrecklich krachende Donner, dessen unwiderstehliche Wirkung man oft 
in der Erde, in Wäldern und Felsen gewahr wurde, seltener dem Menschen Schaden zufügte, 
so glaubte man annehmen zu können , dass der Donner nicht eigentlich gegen die Menschen, 
sondern besonders zur Züchtigung der Dämonen, die sich an den Stellen aufhielten, wo 
der Donner einschlug, gebraucht werde. Von der Meinung nun, dass diese bösen, den 
Menschen Schaden bringenden Geister durch den Donner bezwungen würden, war der 
Uebergang leicht, Thor für den Beschützer der Menschen anzusehen und durch Gebete und 
Opfer seinen Beistand anzuflehen, da man immer befürchtete, von den Dämonen belästigt 
zu werden"*). Wir verstehen nun auch den Ausruf bei Finn Magnussen (Lex. Mythol.S. 651): 
„Wäre Thor nicht, so zerstörten Trolle die Welt", oder, wie die noch deutlichere Redensart 
der Schweden heisst: „Wäre nicht das Donnerwetter da, so nähmen die Kobolde die ganze 
Welt in Beschlag." ) 

Ist nun aber Donar thatkräftiger Besieger der den zeitweisen Aufruhr der Elemente — 
besonders im Gewitter — verschuldenden Dämonen, so muss, wie angedeutet, auch der 
ihm gehörigen Birke eine die bösen Wettergeister bannende Kraft zugeschrieben werden, 
wenigstens bildet sie ein wirksames Mittel zur Verscheuchung derselben. „Wenn man eine 
Pflngstmaie im Hause aufbewahrt, dann schlägt der Blitz nicht ein", heisst es im Branden- 
burgischen »). In Böhmen schützen gewöhnliche Birkenruthen nicht minder wie die am 
Fronleichnahmsfeste geweihten vor dem Einschlagen des Blitzes ?) , weshalb noch lange nach 



>) Mannhardt, Mythen, S. 44 ff., 712 ff., 720 ff.; Mogk, S. 1021. Golther, Mythol. S. 118, 120. Laistner, 
Räthsel der Sphinx. 1889, I. S. 35, II. S 190; Panzer, II. S. 164, 208, 267. Wüttkk, § 216. Schwartz, 
Indogerm. Volksglaube. 1885, S. 204. Schwartz, Der heutige Volksglaube. 2e Aufl. 1860, S. 221 ff. Menghin, 
a.a.O., S. 118. Vernalekbn, Alpensagen, 1858, S. 131. Schönwerth, III, S. 183. 

*) Vergl. auch ühland, Thor, S. 139. Grohmann, Apollo, S. 10, 39. Grohmann, Aberglaube aus Böhmen etc., 
S. 36. Herrmann, Deutsche Mythologie. 1898, S. 346. Vf.rnaleken, Mythen u. Bräuche etc., S. 227. Mann- 
hardt, Baumk., S. 128, 138. Afzelius, a. a. 0. I, S. 22, 23. Golther, S. 183, 245. Müller, Altd. Rel. 
S. 243. Mogk, S. 1094. Mannhardt, Götter, S. 210. Weinhold, Die Riesen des german. Mythus (Sep. 
Abdr. 1858), S. 44 ff. 50, 58. 

') Mogk, S. 1098. Weinhold, Riesen, S. 50. Friedreich, Symbolik der Natur. 1859, S. 90. Schwenck, 
Sinnbilder, S. 195. Müller, Altd. Rel., S. 256—57. Schönwerth, 11, S. 140. Linnig, Deutsche Mythen- 
Märchen. 1883, S. 49 ff. Mannhardt, Götter, S.210. Herrmann, a a. 0., S. 342, 350, 353. Colshorn,S. 164. 

*) Nyerup-Sandkr, Wörterb. der skand. Myth. 1816, S. 104. 

») Afzelius, a.a.O. II, S. 355. Ghimm, Myth. 4eAufl., Ill, S.68. Vgl. auch Ztschr. V. f. Vlkk. X, S. 195 ff. 

•) Engelien u. Lahn, Der Volksniund in der Mark Brandenburg. 1868, S. 272. 

^) In der Überpfalz werden behufs Abwehr der Gewitter Hollunderbüsche und Ha.selstauden an den 



- 95 - 

I 

diesem Feste die „Questen" der Betida alba an den Fenstern stecken bleiben. Hier und da 
trennt man auch wohl die belaubten Aeste von den festlichen Maienbäumen, um sie an 
den Wänden des Wohnzimmers — meistens hinter Spiegeln und Bildern — zu befestigen 
(Festkalender aus Böhmen, S. 217 u. 287). 

Es erscheint uns nun mindestens sonderbar, wenn man in der Oberpfalz meint, dass 
gerade die Birke den Blitz anziehe 0, weil eben die „das Wetter zum Aufstehen gebrachten", 
unholden Wesen, die sogen. „Wetterhexen", die Birke als einen feindlichen Baum ver- 
nichten, „zerreissen" möchten. Als Grund für die Birkenfeindschaft der Hexen führt 
ScHÖNWBRTH an einer anderen Stelle (I, S. 314), den Umstand ins Feld, dass letzteren 
am Walpurgisabende durch „Aufstellung von Birkenbäumchen" das schadenstiftende Ein- 
dringen in die Viehstätte vereitelt würde. Diese Annahme dürfte aber schon insofern 
unhaltbar werden, als man sie für einen Widerspruch ansehen muss, denn ebenso, wie 
die „Walpurgishexen" durch Birken unschädlich gemacht werden, so sind auch die gleich 
gearteten „Wetterhexen" machtlos gegen den gottgeweihten Baum, Es liegt vielmehr hier 
einer der im deutschen Volksglauben oftmals auftretenden Fälle vor, in denen gewisse 
Ursachen gerade die gegentheiligen Wirkungen der folgerichtig zu erwartenden hervorrufen. 
Diese Beispiele sind besonders im Aberglauben streng katholischer Länder (z. B. Baiern , 
Tirol, Belgien etc.) häufig anzutreffen, und zwar jedenfalls aus dem Grunde, weil hier die 
fortdauernd priesterliche Einwirkung auf das „Dichten und Trachten" des Volkes die 
ursprünglichen, aus dem Heidenthum stammenden Religionsanschauungen gerade ins 
Gegentheil „verkehrt" hat. Uebrigens kommt es auch häufig vor, dass infolge Unzuläng- 
lichkeit des menschlichen Denkens sich so manche volksthümliche Vorstellung „in ein 
Zweiseitiges und Zweideutiges, in ein Rechts und Links, kurz in unreine Symbole des 
Glaubens verwandelt", wie Rochholz ^) in begründender Weise des Weiteren ausführt. 

Ausser den körperlosen, umherziehenden Dämonen giebt es nun auch solche, die in 
Thierleiber gehüllt sind und gleichsam in greifbarer Gestalt ihr Unwesen treiben^). Nach 
Mannhardt*) sind es ganz besonders Insekten-Gestalten, in denen Seelen, Eiben, Mare und 
drgl. Wesen erscheinen, überhaupt könnte man mit einem Worte das sogen. „Ungeziefer" 
als verkörperte freizügige Dämonen ansehen. Wenn, wie bereits oben (S. 90) bemerkt, im 
Volksglauben Seelen zu Eiben werden (Vgl. auch Mannhardt, Germ. Mythen, S. 724), und 
wenn man andererseits wieder die Seelen als Mäuse^), Wiesel*), Schmetterlinge^), 
Mücken®) und andere niedere Thiere auflfasst, so kann es nicht Wunder nehmen, wenn die 
in Eiben oder Dämonen übergegangenen Seelen unter den Gestalten solcher Thiere auftreten •). 
Eiben verwandeln sich bekanntlich auch in Hexen *•) oder Wichte^'), und diese, sowie andere 



Fenstern befestigt (Schön werth, II, S. 118), denn: „Die alten Weiber glauben gewiss — geweihte Zweige 
sichern vor Donnerschmiss*' (Montanus, II, S. 153). 

») Schön WERTH, a.a.O., III, S. 187. Wuttkb, § 107; Der Globus 1863, S.46. 

') Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der heidnischen Vorzeit. 1867, I., S 64 ff. 

8) Vgl. Meykr, Germ. Mythologie. S. 113 (§ 165); Mannhardt, Mythen, S. 135, 272, 356, 490; Grimm, 
Mythol. 3e Aufl., S. 430, 967; Wolf, Beiträge. IL, S. 268; Jahn, Opfergebräuche, S. 95. 

*) Germ. Mythen S. 353—356, 367 ff. 370, 729. 

») Müller und Schambach, Niedersächsische Sagen etc. 1855, S. 237. Wolf, Hessische Sagen. 1853, S. 60. 
Herrmann, Deutsche Myth., S. 19 ff. 27. Nork, Volkssagen, S. 404. Sommer, Thüring. Sagen, S. 46. 

•) WoLP, Hess. Sagen, S. 62. Rochholz, Glaube und Brauch, I., S. 136; Laistnbr, Nebelsagen, S. 128. 
Jahn, Volkssagen aus Pommern. 2e Aufl., S. 390; Herrmann, a.a.O., S. 19 ff., 331. 

^) Zingerle, Tiroler Sitten, 2e Aufl., S. 3. Grimm, Myth. 3e Aufl , S.430 ff. Mannhardt, Mythen, S.371. 

•) Mannhardt, a.a.O., S. 370, 729. Herrmann, a.a.O., S. 25. 

•) Rochholz, Drei Gaugöttinnen. 1870, S. 177. Kühn, Westfäl. Sagen. IL, S. 113. 

»•) Wolf, Beiträge. II, S. 229. ") Grohmann, Apollo Sminth., S. 23, 60, 62, 71. 



- 96 - 

teuflische Störenfriede, erscheinen meistens in schwarzen Thieren '), denn Schwarz ist Teufels- 
tarbe ^), weshalb auch nur schwarze Zwerge („Nachtelben") gefürchtet werden "). Das „Unge- 
ziefer" weist nun fast durchgängig die schwarze Farbe auf, und nicht nur bei den Südslaven 
gilt es als satanisch *) , sondern auch im deutschen Volksglauben treffen wir Hexen an unter 
der Gestalt von Mäusen'), Maulwürfen«), Schmetterlingen 7), Raupen®), 
Käfern*), Hummeln, Wespen und Bienen^®), Fliegen"), Mücken **), Spin- 
nen ^s) und andern niederen Thiersorten. Diese uralte Meinung von der vollkommeneren 
Beseelung des sogen. „Ungeziefers" — dasselbe kann Menschen und höheren Thieren auch 
„angehext" werden '*) — veranlasste auch die tragikomische Thatsache der mittelalterlichen 
Zitierungen dieser als persönliche Wesen betrachteten ^*) Engerlinge, Raupen, Heuschrecken, 
Bremsen, Fliegen etc. vor die Schranken des Gerichts, um ihnen in aller Form Rechtens 
den Process zu machen ^«). 

Wie alle bösen Geister, so standen auch die im lästigen Ungeziefer verkörperten unter 
Donars Allgewalt, weshalb man sie ebenfalls durch Birken zu vertreiben suchte. „Steckt man 
in der Fastnacht Birken in einen Hoff (Garten), dass sich das Vieh daran reibet, so soll 
es vom Ungeziefer befreit bleiben", schreibt Männlinö in seinen „Denkwürdigen Curiosi- 
täten" (1713, S. 207), und in der Mark Brandenburg, überhaupt in Norddeutschland, kann 
man mittels eines Busches von der Pfingstbirke die lästigen Raupen — die übrigens auch 
angehext werden können (Ztschr. für Myth, ü, S. 74) dadurch vom Kohl vertreiben, dass 
man den betr. Krautplatz dreimal umschreitet und dabei spricht: 

„Raupen packt euch! 
Der Mond geht weg, 
Die Sonne kommt!" '^) 



Ï) ScHöNWERTH, III. , S. 107. WuTTKE , § 41, 58, 216. Die Flöhe sind nach Krauss (Märchen und 
Sagen der Südslaven, 1884, IL, S. 153) aus den schwarzen Schuppen der bibl. Paradiesespflanze entstanden. 

^ NoRK, Volkss., S. 412. Herrmann, a.a.O., S. 231. Strackerjan, Oldenb. Sagen. II, S. 68. 

') Vernaleken, Mythen, S. 206. Grimm, Myth. S. 414, 1164; Norddeutsche Sagen, S. 431. 

*) Krauss, Volksglaube und religiöser Brauch der Südslaven. 1890, S. 112. 

») Grohmann, Apollo Sminth., S.57. Gubernatis, a.a.O., S.391, 396. Am Urquell II., S. 71. Golther. 
S. 157 ff. 

«) Gubernatis, a. a. 0., S. 396 ff., Apollo etc., S. 54; Grohmann, Abergl. u. Gebräuche aus Böhmen, 
1863, S. 62. 

'^ Jahn, Opfergebräuche, S. 95. Grimm, Deutsche Myth. 3e Aufl., S. 430 ff. Herrmann, Deutsche Myth. > 
S. 27 ff. Schulenbürg, Wendische Volkssagen etc. 1880, S. 167. Zingerle, Tiroler Sitten. 2e Aufl., S. 96. 

») NoRK, Volkssagen, S. 417. Wuttke, § 393. 

•) Strackerjan, L, S. 358. Meier, a.a.O., S. 183. Nork, Volkss., S. 407. 

*®) KoHLRüscH, Schweizersagen, S. 233, 245. Vernaleken, Alpens. , S. 128. Sommer, Thüring. Sagen, 
S. 33. VoNBUN, Mythol., S. 83. Norddeutsche Sagen, S. 150. 

*0 Grimm, Deutsche Sagen. 2eAufl., II, S. 51. Herrmann, Myth., S. 25, 26; Reiser, Sagen', Gebrauche 
und Sprichw. des AUgäues. 1898, I., S. 197. Strackerjan, I., S. 250. Lippert, Kulturgesch. IL, S. 392. 
Zingerle, Tiroler Sagen. 2e Aufl. S. 460, 462. Pröhle, Harzsagen. 2e Aufl., S. 73. Witzschel, Thüring. 
Sagen I., S. 85. Krauss, Südslaven, S. 165. 

**) Strackebjan, I, S. 250. Müller, Siebenbürg. Sagen. 2e Aufl., S. 149. Niedersächs. Sagen, S. 186. 

*') ScHöNWERTH, I, S. 202. Meieb, S. 184. CuRTZE, a. a. 0., S. 587. Rochholz, Aargauer Sagen. I, 
S. 335, bemerkt, dass im Schwedischen für Spinne und Zwerg ein Ausdruck bestehe, und in Bulgarien 
erzählt sich das Volk, dass die Spinnen aus ^jSeelen" hervorgegangen seien, welche sich gegen Gott 
„empört" hatten und deshalb verflucht wurden. „Diese Seelen wurden zu Teufeln im Wasser, in den 
Wolken und in der Erde". (Strauss, Die Bulgaren. 1898, S. 75). 

14) WuTTKE, § 393. Strackerjan, L, S. 298. 

*') Orientalische Völker maassen den Insekten sogar prophetische Gaben bei (Lenormant, Die Geheim- 
wissenschaften Asiens, S. 473. 

*•) Mannhardt, Germ. Mythen, S. 368. Zeitschr. für Mythol. IV., S. 119. Nork, Sitten und Gebräuche 
der Deutschen. 1849, S. 942 ff. Amira, Thierstrafen und Thierprocesse (Sopar.-Abdr). München, 1891. 

'^) Wuttke, g 107; Kuhn, Mark. Sagen, S.382; Temme, Altmärk. Sagen, S. 78; Engelien u. Lahn, Volks- 
mund etc., S. 273; Perger, a. a. 0., S. 309; Kobell, Ueber Pflanzensagen und Pflanzensymbolik. 1875, S. 10. 



- 97 - 

In der Unterharzgegend müssen in solchem Falle die Krautpflanzen geradezu mit Birken- 
ruthen geschlagen werden. „Geschieht das, so sterben die Raupen, gleichviel, ob man sie 
bei dem Schlagen trifft oder nicht." ^) Es ist also jene zauberhafte Wirkung der Birken- 
ruthe, welche hier in Betracht kommt bei der Verscheuchung der Raupen. Die Reiser der 
Pflngstmaien, dreimal gesegnet, in die Krautbeete gesteckt, „wehren den Schaden der 
Erdflöhe ab und sind sonst noch gut", wie der gegen jeglichen Aberglauben eifernde Ver- 
fasser der „Gestriegelten Rocken-Philosophia" (1706. IV. bd. S. 19) andeutet. Aus dem Anhal- 
tischen berichtet Dr. Härtung in Cöthen (vergl. Zeitschr. f. Volkskunde. 1897. S. 78) von 
einem einschlägigen Brauche mit folgenden Worten: „Um die Raupen und anderes Unge- 
ziefer zu vertreiben , trug man in Wtirflau bis vor 20 Jahren die Pfingstmaie , auch wenn 
ihre Blätter längst vertrocknet waren, um das betreffende Ackerstûck herum, doch so, 
dass etwa ein Fuss breiten Landes an der völligen Umkreisung fehlte, damit dort den 
Raupen und dem anderen Gewürm ein Weg bleibe, das Ackerstück zu verlassen. So 
schützte also selbst die vertrocknete Maie noch die Felder." Birkenlaub von solchen pfingst- 
feßtlichen Maibäumen in Ställen zum Räuchern benutzt, vertreibt nach Pommer'scher Volks- 
meinung dem lieben Vieh das angehexte Ungeziefer. ^) Aber selbst menschenplagende 
Schmarotzer wurden mit Hülfe der BetiUa alba beseitigt, denn das Peitschen früherer Be- 
sucher der Badestuben mit „besem", d. h. Birkenreisern , 3) sowie die vorgebundenen Schür- 
zen aus Birkenblättern, sollen nach Kleinpaul, Das Mittelalter, S. 379, angeblich zur Ver- 
treibung des damals so massenhaft auftretenden Ungeziefers gedient haben. 

Fortsetzung folgt. 



Fortsetzung von Seite 17, 

WAJANG KELITIK oder KERUTJIL 

■ 

VON 

Dr. H. H. JUYNBOLL, 
Directorial-Aasistent am Niederl. Reichsmuseum für Völkerkunde, Leiden. 



BESCHREIBUNG DER PUPPEN UND DES THEATERS. 

Nachdem wir nun die Geschichte Sijung Wanara's und Damar Wulan's im Allge- 
meinen geschildert haben , wollen wir jetzt die einzelnen Personen näher in Betracht ziehen. 
Vorher aber lassen wir folgen, was Dr. Serrurier (De Wajang Poerwâ, 8® Ausgabe, 
S. 133 flg.*) und 4® Ausgabe, S. 241 flg.) über diese Wajang-Art sagt: 

„Dir Wajang kalitiq oder ÄH^ij-Puppen sind gewöhnlich ± i cM. dick und werden von 
leichtem, aber dauerhaftem Holze verfertigt (leicht um den JPalang nicht zu sehr zu 



») Aus der Heimath. Sonntagsbeilage des Nordhäuser Courier. 1896, N^. 11. 

*) Jahn, Hexenwesen und Zauberei in Pommern. 1886, S. 13. 

') HöPLER,' Baumkult, S. 137; Schultz, Höfisches Leben 2e Aufl.. S. 227; Rochholz, Kinderlied, S. 540. 

*) Vgl. Raden Mas ütaja in Tydschr. Binnenl. Bestuur, X (1865)', S. 393. 

I. A. f. E. XIIJ. 13 



- 98 - 

ermüden), und zwar aus mehreren einzelnen Brettchen (in Tjitjalëngkâ bisweilen auch von 
Carton), welche an einander genagelt, geleimt oder gebunden sind." 

Dieses leichte Holz heisst Randu (d. h. das Holz des Kapok-Baumes oder ScUmalia 
malabarica)^ wie der Javane, der Herrn Pleyte aus Ostindien hieher begleitet, mir mit- 
theilte. Es finden sich auch dickere Puppen , die den Uebergang zum Wajang Golek bilden , 
wie Men AK Klüngkung (N®. 44), Menak Pretjet (N^. 45) und Gendino Tjluring (N"". 46). 

Dr. Serrurier sagt femer : „Ein jeder", sagt mein Berichterstatter aus Bérbëk , „kann 
diese Puppen machen, aus Brettchen von mentaos- oder këmiri-Holz^ auf welche dann die 
Wajangpuppe, welche man machen will, gezeichnet wird, worauf das Holz nach der 
Zeichnung ausgeschnitten wird." 

Das Këmiri'B.o\z ist viel schwerer als das Randu-holz. So fühlt man z. B. gleich beim 
Aufheben , dass Angkat BütA und Ongkot Buta (N®. 36 und 37) von Këmirù , Ratu On- 
TJÂNÂ WuNGU (N®. 4) aber von Randu-Üolz verfertigt ist. 

Dr. Serrurier verfolgt: „Ist die Figur fertig, dann wird dieselbe mit Pulas bemalt, 
bisweilen auch mit Vergoldung überzogen". Wie die hier abgebildeten Puppen zeigen, 
wird Vergoldung sehr häufig angewandt. Man darf hierbei aber nicht vergessen, dass 
dieselben schöner sind als diejenigen, welche man gewöhnlich auf Java findet. 

„Die Arme sind gewöhnlich von Leder. Der Preis einer derart Wajangpuppe variirt 
von f 1.50 bis f 2.—'' (d.h. von 2 Mk. 50 Pf. bis 3 Mk. 40 Pf.). „Der Gapiif' (etymologisch 
„Klemmer" von der Wurzel pit) der Stiel für den jpcUang reicht nicht, wie bei den 
Wajang Purwä und GMog^ bis zum Haar, aber nur bis zum Knie des nach hinten gerich- 
teten Beines und ist sehr kurz. Der Jpalang hält die Puppe am hinterwärts stehenden Bein , 
wodurch seine Fertigkeit bei Vorstellung eines Streites nicht erhöht wird." Dies ist deutlich 
sichtbar an allen hier abgebildeten Figuren. „Die Haartracht und die Kleidung sind denen 
des Wajang Gëdog ähnlich — nach Berichten aus Blitar ist aber der Haarwulst viel kleiner. 
Die feineren Wajang zeigen das Haar nach hinten aufgekämmt, und übrigens lose herab- 
hängend während sie einen Kris im Gürtel tragen." 

Letzteres wird bestätigt durch die meisten „Männer" vorstellende Puppen, welche 
hier abgebildet werden. „Die Fürsten tragen Kronen (Makiitâ) gleich denen der Satriyâ im 
Wajang Purwä ^ d. h. oben offen und hinten mit dem Garudâ Mungkur (rückwärts gerich- 
tetem Adler). Eigenthümlich ist es dass die Stutzer, wie Menak Kontjar und Pütut Llwi 
versehen sind von rontje (pntje^ ontjen-ontjen) d. h. an einander gereihten Blumen, die man 
an den Ohren trägt, und dass einige Halbriesen, wie Menak Klüngkung, eine Prieme im 
Munde haben." Menak Klüngkung ist bei unsrem Spiel von schwerem Këmiri-Rolz und 
fast eben so dick wie die TTa^angr-öoteA-Puppen. 

„Erwähnenswerth -ist noch , dass nach Raden Mas Utâjâ *) die Wajang këlitik etwas 
hüpfen {mintjek-mintjek) ^ was besser mit der Wirklichkeit als der schwebende Gang der 
Wajang purwä-Fup^en übereinstimmt." 

„Es ist mir nicht bekannt, ob das Wajang kalitik für mëruwat verwendet wird, aber 
eine phallische Haltung der Hände ist, wie aus der Vorstellung auf nebengehenfler Tafel 
ersichtlich, nicht unbekannt und die Figur Sëmar's sieht man in jeder Hinsicht derjenigen 
im Wajang purwä ähnlich, hinter dem Fürsten gehend vorgestellt". Die Puppen, welche 



1) Tjjdschr. v. h. Binnenl. Bestuur, X., p. 394. 



- 99 ^ 

auf der erwähnten Tafel abgebildet sind und deren Namen Herr Serrubier nicht nennt, 
sind Sabdâ palon, BrâwidjâjI, Ratu aju Këntjânâwati und Menak Djingga. Es ist ein 
Irrthum Serrurier's, dass er meint, Sëmab werde im Wajang këlitik aufgeführt, denn die 
Rolle des Narren wird hier von Damar Wülan's Dienern Sabdâ Palon und Nij Geno- 
QONG gespielt. 

„Noch eine Eigenthümlichkeit betreffs des Wajang kalitik ist erwähnenswerth , d. h. 
der larapan oder panggungan (Sëmarang). Dies ist der Name von ein Paar Balken von Djati- 
Holz mit einer Anzahl Löcher, um die Gapü-{^i\e\Q) der Puppen hinein zu stecken, gleich 
wie man dieselben bei den Wajang purwâ und gëdog in Pisang-StÄmme steckt. Auch hier 
ist es ein längerer und ein kürzerer; der erstere ist auch etwas höher als der zweite 
befestigt, damit die Helden niedrigeren Ranges ehrfurchtshalber, etwas unterhalb ihrer 
Vorgesetzten stehen können. Diese Balken ruhen nach obengenanntem Berichterstatter auf 
Gestellen, welche man tapak dârâ oder Tau benspuren (d. h. Eindrücke der Pfoten) 
nennt, da sie, jedes mittelst dreier Fusse, auf dem Grunde stehen." Die zu den hier beschrie- 
benen TTajawflr-Puppen gehörenden Gestelle haben aber nur zwei Fusse. 

„In den Mittheilungen aus Sragen wird berichtet, und nach dem auf S. 50 mitgetheilten 
scheint hervorzugehen, dass die Bälkchen, dort nicht larapan sondern plangkan genannt, 
ursprünglich zu den Wajang purwâ und gëdog gehörten , und dass die Pisangstämme später 
an deren Stelle traten. Als Beweis hierfür gilt, dass dieselben in jener Abtheilung bei 
vornehmen Eingebornen für die genannten Schattenspiele an der linken und rechten Seite 
des JPalang aufgestellt werden, und also für die Reserve-Puppen dienen, während vor dem 
jPcUang die gadëbog oder Pisangstämme liegen. Auch aus Madiun wird dasselbe berichtet: 
„„.... wenn die Puppen nicht gebraucht werden, in einem hölzernen Balken, worin 
Löcher gemeisselt sind (pëlarapany* Ich kann aber kaum glauben, dass ein Naturprodukt, 
wie ein Pisangstamm , an die Stelle eines Industrieprodukts wie der plangkan getreten sein 
sollte. Ausserdem erscheint es mir wenig wahrscheinlich, dass der conservative Ja vane 
beim klassischen Wajang purwâ ein neues Theatergeräth eingeführt und dass sich das von 
altersher übliche bei den profanen Spielen erhalten hätte. Der Reserve-PZang'Äan für die 
nicht sofort gebrauchten Puppen beweist hier nicht viel; es ist ja deuthch, dass bei sehr 
verwickelten Scenen der jpalang auch aus den Reservepuppen auf den ersten GriflF, wie 
aufe Gerathewohl, die Wajangpuppe welche er braucht muss fassen können. Aus der 
Kiste oder dem Deckel derselben kann er sie nicht so schnell erfassen als aus einem Paar, 
an seiner linken und rechten Seite auf dem Boden stehender Larapan ; und es ist daher 
kein Wunder, dass einige Valang dieses Hülfsmittel dem Wajang kalitik entlehnt haben, 
um so mehr, als dadurch in die Darstellung selbst keine wesentliche Veränderung gebracht 
wurde, ja selbst die Accessoires keine Abänderungen erfahren haben." 

Diese Accessoires, die von Herrn Serrurier nicht weiter speciflcirt werden, sind die 
folgenden, deren Namen der „Pratelan nama-narnanja wajang kalitik*^ (Aufgabe der Namen 
des Wajang kalitik)^ welche den Puppen beigefügt ist, entlehnt sind: 

1**. Gunungan oder pohonan^ d.h. ein herzförmiges Stück Leder mit der Darstellung 
eines Waldes auf einem Berge mit Wild , das in die Mitte des Balkens gesetzt wird. 
Pohonan ist der malayische Name (in den malayischen Wörterbüchern nicht erwähnt) des 



1) Vbeedb, Jav. Wörterbuch, S. 968 s. v. <mjô\'und Poensbn in Med, Ned. Zend. XVI, S. 70. 



- 100 - 

javanischen kajon (von kaju^ Holz). Im Wajang Kelitik wird aber oft statt des gunungan 
ein aus strahlenförmig ringsum eines menschlichen Antlitzes befestigten Pfauenfedern [badak) 
bestehender Schirm gebraucht (Poensen, in Med. Ned. Zend. Gen. XVI, S. 70 und Serrurier, 
o, c. S. 138, N. 1). Eine Darstellung eines Gunungan findet sich auf dem Atlas zur 4** Ausgabe 
des Wajang purwä. Derselbe dient, um anzudeuten, dass die Vorstellung noch nicht be- 
gonnen oder schon geendet ist. Daher der javanische Terminus technicus t^tQ^cnjfMtrfuutMjf \ 

„das Bäumchen wird eingesteckt" beim Ende einer Scene. Herr Serrurier sieht, gleich 
Dr. Bastian (Reisen in Siam im Jahre 1863) in der äusserlichen Form des gunungan die yonij 
den stylisirten „Blumenbaum" — und in der grossen Blume in der Mitte des Stammes 
noch einmal — den linggam, (0. c. S. 176). 

2°. Harimau^ (ein Tiger). 

3°. Praynpogan^ vom javanischen rampog^ ein breites Stück Büffelleder, in dem Wajang- 
figuren mit pajung (Sonnenschirmen) und Lanzen in der Hand und Darstellungen von 
Kanonen ausgemeisselt sind.^) Bisweilen wird dieser rampog auch wol baris (Heer) genannt, 
wenn es einem ratu sabrang (überseeischen Fürsten) gehört (Serrurier, 1. c. S. 110, 
ÜTaja in Tydschr. B. B. X, S. 381 und Poensen in Med. Zend. Gen. XVI, S. 69). 

4^ Banteng^ (ein wilder Büffel). 

5®. Kuda. (ein Pferd). 

6°. Kambing duwa ekor^ (zwei Ziegen). 

7®. Burung tiga ekor ^ (drei Vögel). 

8®. Smapang duwa putjukj (zwei Gewehre). 

9°. Bedang duwa mata^ (zwei Schwerter), 

10°. Bindi duwa putjuk^ d. h. zwei Streitkeulen (abgebildet bei Serrurier, 4° Ausg, 
n° 26 V. T. 182/183. Damar Wulan tödtet den Menak D.iinggâ mittelst eines bindi^ van 
Dorf, S. 375). 

IV. Keris duwa mata^ (zwei Krisse). 

12®. Panah duwa mata., (zwei Bogen). 

13°. Arit tiga mata^ d. h. drei Grasmesser (abgebildet, 1. c. n° 31). 

14°. Pajungnja radja., (fürstlicher Sonnenschirm). 

15°. Surat bungkusan, (Brief in einer Enveloppe.) 

16°. Tjupu Manik., meistens wird hinzugefügt astagina. Es ist im Javanischen der Name 
eines Zauberbechers aus Edelstein, worin die Prinzessinen verborgen werden, um unsichtbar 
von den Helden mitgenommen werden zu können. Sie werden sehr oft in malayischen und 
javanischen Erzählungen erwähnt. Abgebildet bei Serrurier, o. c. n° 40. 

17°. Tumbak duwa mata., d. h. zwei Lanzen. 

18°. Kmdi Pratola. Javanisch £icrm ^ „eine feine irdene Wasserkaraffe mit engem Halse 

und einer Tülle" und ^»^«s>,».n.» n Name einer besondern Art von khidi mit eisernem oder 

kupfernem Beschläge. Prof. Vreede hatte die Freundlichkeit auf die folgende Stelle im Ge- 
dichte Bale Gala-Gala (S. 557) meine Aufmerksamkeit zu lenken: QtfM^xmtj^^EJiJiQ^rmtf^ > ^ 

fqasntrur|tTntrf^t»a^^<mlHlJ|^ Aussordeiu habe ich es erwähnt gefunden im Gedichte Amad Moha- 
mad (S. 204 des mir gehörenden Manuscripts). 



*) Vreede, o.e., S. 224, s.v. oi*y,»i^»rtT»^\ und Poensen in Med, Ned. Zend. Gen. XVI, S. 69. 



• »• 



- 101 - 

19°. Krandjang duwa buwah^ d. h. zwei grob geflochtene Bambuskörbe. 

20®. Këprak, Dies sind zwei dünne hölzerne oder blecherne Platten , die an der Wajang- 
kiste hängen (Siehe Tafel bei S. 88 von Serbürier's 8° Ausgabe) und , ausser um Kriegslärm 
anzudeuten, auch dazu dienen um den Musikanten ein Zeichen zu geben, dass sie be- 
ginnen müssen. Der jpcUang schlägt mit seiner rechten Fusssohle oder mit dem Tjèmpâiâ 
gegen dieselben (Serrurier, O.e. S. 108 und Vreede, Jav. Wörterbuch, S. 818, s. v. £l^»a>J|^). 

21°. Tjëmpâtâ duwa buku^ d. h. zwei Tjëmp&lâ. Dies ist der Name eines Stückes Holz 
oder Horn (Poensbn, in Med. Zend. Gen. XVI. S. 72) womit der Jpalang während der Auf- 
führung bisweilen auf die këprak schlägt (Vreede, o.e. S. 179, s. v. ß«^Tw %). Nach Ser- 
rurier heisst es in den Preanger Regen tschappen tjepaia und sonst auch wohl tabuh këprak. 
Tabuh ist im javanischen dasjenige, womit geschlagen wird (Vreede, o. c. S. 450 s. v. «n«;n?). 

22®. Gawangan, Dies ist eigentlich speciell der Name des Gestells auf Füssen, welches 
beim Batikken verwendet wird, um das Tuch während der Arbeit darüber zu hängen, aber 
hier in der Bedeutung von Reck beim Wajang, um das Leinen darauf zu hängen, wenn 
kein kehr oder Schirm gebraucht wird (Siehe Serrurier, O.e. S. 54, wo man aber statt 
garangan: gawangan lesen muss). Gawangan wird hier in derselben Bedeutung gebraucht 
wie larapan oder panggungan (sehe oben). Dies erhellt aus dem Anfange des malayischen 
Textes, der den Wajangpuppen hinzugefügt ist. Derselbe lautet wie folgt: 



Pratelan sumpingan^) wajang 

Kalitik. 



Verzeichnis der Stelle, wo die 

Wajang-Këlitik'Fuppen ran- 

girt werden. 



Sumpingan itu toajang jang teratur di ga- 
wangan berdei'ek'derek ^) , mulai dari kanan 
kering ^) udjungnja gawangan ; gagangnja 
tërmasuk di löbanganja gaioangan; wajang 
di gawangan kering rmikanja rata-rata me- 
ngadëp kakering^ maka di lobangan bërtanda 
noniër Rum^ dan wajang di gaioangan kanan 
sëmuwa mukanja djicgalah mëngadëp ka 
kanan ^ di lobangan bërtanda nomër Gianda^ 
sabagi di bawah ini katrangannja. 



Die Stelle, wo die Puppen auf dem Reck 
in einer Reihe geordnet werden, beginnt an 
der rechten und linken Seite der Endpunkte 
des Recks; die Stiele (der Puppen) werden 
in die OefFnungen des Reckes gesteckt; die 
Puppen auf dem linken Reck haben alle ihr 
Antlitz links gewendet, und die OefFnungen 
tragen römische Ziffern ; die Puppen auf dem 
rechten Reck haben alle ihr Antlitz nach 
rechts gewendet, und die Oeffnungen tragen 
holländische Ziffern, wie hier unten näher 
bezeichnet werden wird. 



Es folgt jetzt die Liste der Personen und die Stelle, wo sie eingesteckt werden: 



') Sumpingan ist im Javanischen die Stelle, wo die Wajangpuppen rangirt werden. (Vreede, o.e. Verb- 
Btjv., S. XL). 

Î) Jav. derek-derek „in einer Reihe neben einander gehen" mit dem malayischen Präfixe her. 
*) Kering ist javanisch (KW. und KN.) statt des malayischen kiri. 



- 102 - 



N*. 


Gawangan jang di kering 


Gaioangan jang di tèngah 


N«. 


Qawangan jang di kanan 


(die linke Seite der Recke). 


(Mitte der Recke). 


(rechte Seite der Recke). 


I. 


TUNDJÜNG SrËNGGI. 


Tjuma isi gunungan 


1 


PUTUT LÂwl. 


II. 


Anokat Büta. 


dan sëdia mêndjàlankën 


2 


Prabu Brâ Widjâjâ. 


m. 


HONGKOT BUTÂ. 


prang, hërdudukan dan 


8 


Prabu Djâjâ Prabângsâ. 


IV. 


HuntArI Buwânâ. 


lain-lainnja. (Wird nur 


4 


Prabu Djäja SudabgI. 


V. 


Pbabu Sijüng Wanârâ. 


besetzt von dem Schirm 


5 


Prabu Damar Wulan. 


VI. 


Patih Lügender. 


und ist bestimmt um 


6 


Raden Damar Wulan. 


VIL 


Tundjung SktI. 


Schlachten, Hochzeiten 


7 


Raden Pandji Sumilir. 


VIII. 


HuntIrJL Bümi. 


U.S.W, darzustellen). 


8 


Prabu Kalânâ MahesI Sas[. 


IX. 


Prabu Huru Bésmâ. 




9 


RAnggâ La we. 


X. 


Raden Watangan. 




10 


Brâmâ Hadji. 


XI. 


Raden Buntaran. 




11 


BrâmA Këdiri. 


XTT. 


Raden Kuda Wirangin. 




12 


Raden Kudâ Bandjaran Sari. 


xm. 


Raden Mbnak Kontjar. 




13 


Raden Damar Wulan potonq rumput. 


XIV. 


Raden Lajang Seta. 




U 


Raden KudA Tilarsâ. 


XV. 


Raden Lajang Kümitir. 




15 , Raden Kumalâ Sasi. 


XVI. 


Gadjah MÂDÂ. 




16 Dewi Murdanning rum. 


XVII. 


Raden Gândâ Supênâ. 




17 


Ratu Kêntjânâ Wungu. 


xvm. 


Pbabu Pandji Wülüng. 




18 


Dbwi KéntjAnâwatl 


XTX. 


Gending Tjlühing. 




19 


Dewi AndjasmârA. 


XX. 


Mbnak Pretjet. 


1 


20 


Dewi Pujëngan. 



Hier werden also nur 40 Personen genannt. Ausserdem kennen wir noch eine Liste, 
in der 57 Personen verzeichnet werden, und welche wir jetzt folgen lassen. Zugleich 
werden wir betreffs jeder Person, so weit uns dies möglich ist, das Nöthige mittheilen; 
leider haben wir aber nicht alle Personen im Damar Wulan Roman angetroffen. 



Pratdan nama-namanja wajang-kalitik. 
(Verzeichniss der Namen der wajang-kaHtik-PnpTßen). 

1. Prabu Brâwidjâjâ, tërmasuk sumpingan di gawangan N** 2 (in die Oeffnung N** 2 
des Recks gesteckt). S. Tafel VI, Fig. 2. Mit derselben Figur wird auch Prabu Damar 
Wulan, d. h. yjDamar Wulan als Fürst'' dargestellt. Brâwidjâjâ ist n.l. der Name des 
Vaters der Prabu Kenya (jungfräulichen Fürstin) und auch Damar Wulan's, nachdem er 
die Fürstin geheirathet und selbst Fürst von Mâdjâpahit geworden ist. Betreffs des alten 
Fürsten giebt der javanische Text nur wenig. In der Ausgabe van Dorf, S. 6 liest man nur : 

wird vom grossen Fürsten Mâhâ Brâwidjâjâ gesagt, das er ein Weltherrscher war. Er 
hatte wirklich einen starken Arm und war in der Welt berühmt und ausgezeichnet." 
RooRDA VAN Eysinga (III, A, S. 503) sagt von ihm das Folgende: 

„Brâwidjâjâ hatte seines Gleichen nicht; er war ein gerechter Fürst, hülfsbereit, 
ohne Gleichen auf Erden , wirklich ein erhabener Fürst , im Streite gefürchtet ; alle Länder 
auf Java und die überseeischen Gegenden waren ihm tributpflichtig." 

Diese Figur gehört zu den Puppen des edlen Typus (Serrurier, o. c, S. 75): 



- 103 - 

Nasenrücken und Stirn liegen in einer Linie; die Nase ist lang und fein; die Augen mehr 
oder weniger spaltförmig mit übereinstimmender, mandelfönniger Pupille; das Kinn 
zurückgezogen; der geschlossene Mund deutet auf sanftmüthigen Charakter, gleich der 
feinen Gestalt. Die Haltung der Finger ist die gewöhnliche, wobei der Zeigefinger über 
den Daumen gekrümmt ist und die drei letzten Finger gerade hervorgestreckt sind. Die 
Kleidung und die Zierathen sind die gewöhnlichen eines Fürsten. Den flügeiförmigen Rücken- 
zierrath, der im Lakon Prëgiwâ prâbâ genannt wird, und der nach Serrurier (o.e., S. 82) 
ein Distinktiv fürstlichen Ranges ist, sieht man auch hier. Hier ist die Kopfbedeckung 
ein Diadem, in der Abbildung bei Serrurier (S. 134—186) aber ein Turban. 

2. Dewi KëntjInâwati , eingesteckt in N® 18. Sie ist die Prinzessin von Bali imd 
gehört zu den von Damar Wulan erbeuteten Prinzessinnen. Bei Roorda van Eysinga 
(in, A., S. 559) heisst sie Kennoko Wati. Dies ist ein Synoniem von Këntjânâwati , 
denn Kennoko (ÄI#aKw) ist das Skr. ^^^ und Këntjânà das Skr. »i^h . Beide Worte haben 

dieselbe Bedeutung (Gold). 

3. Raden KumalI Sasi, eingesteckt in N° 15. Mir unbekannt. 

4. Ratu Këntjânà Wungu, eingesteckt in N° 17. Die Fürstin von Mâdjâpahit. 

Tafel VI n^ 1. Von ihr wird in der metrischen Redaktion (Van Dorf S. 8) gesagt: 

4Ea -jnnrt^vm en njkci M nutnji \ ûAfÊsnMjciMifMênea \ ««««lOy* Aa«0'r>(a^nmi'r)Aj«^ > vtaavfhtne/ii^asn^&iKn^Mnrji \ twifl 

auu^MÄ(^fiM > d. h.: „Denn der Fürst hatte nur eine Tochter, bei DÂJÂ swârâ. Diese war 
wie eine Blume, die vorzüglichste der Prunkjuwelen unter den Blumen, die schöne Dewi 
Kantjânâ Wungu, ein verzärteltes Kind. Bei dem Tode des Fürsten war sie noch unver- 
heirathet, sie war 14 Jahre alt." Roorda van Eysinga (S. 503) hat kürzer: „BrâwidjâjI 
verschwand (starb) und hatte keinen Sohn, aber eine Tochter, ein erhabenes Mädchen auf 
Erden, genannt KusumA Këntjânà Wungu (goldene Purpurblume); sie war 14 Jahre alt und 
wollte nicht heirathen." Alles was oben sub N** 1 gesagt ist, gilt auch von dieser Figur, 
nur die flügeiförmige Rückenverzierung fehlt hier. Diese Puppe bestätigt die folgenden Worte 
Serrurier's (S. 76.): „Eine kleine und zumal feine (restait ist dem edeln Typus eigen." 
Kleidung und Schmuck sind die gewöhnlichen einer Fürstin. In der Prosa-redaction (Winter, 
S. 126 und Cod. 2152, S. 201) wird ihre Kleidung beschrieben wie folgt: ,jj-^^«>n^«n7gt 

«»^ N ^Kiif^mM^r^^t^t^Qênji s „Die Fürstiu kleidete sich. Sie trug ein Kleid von vielfarbigem 

geblümtem seidenem Stoff. Wenn man sie ansah, strahlte sie. Sie trug ein Ohrgehänge von 
der Form bapang '), mit schönen Karfunkeln verziert und als tjunduk *) ein Garuda mung- 
kur (Grreifvogel mit dem Rücken nach vorn gewendet). Sie trug einen diamantenen Ring". 
Auf einer andern Seite (Winter, S 132, MS. S. 210) heisst es von ihr: ârmffoârf(rmê3i^êKt\ 

•y»/»ii'r>«rA?c«â#ôi X d. h. „Ihr Kleid war von gi-ünero geblümtem seidenem Stoff und sie trug 
kein Ohrgehänge." 

5. Pi-abu Damar Wulan oder Damar Wulan als Fürst, eingesteckt in N® 5. Diese 
Figur wird mit derselben Puppe dargestellt wie n'*. 1 (BrâwidjIjâ). 



1) Diese Form (cn«>) ist an der Vorderseite breit (Vbebde, Jav. W. S. 1109). 

*) »Jkvv»^ ist was auf dem Kopfe oder ins Haar gesteckt wird zum Zierrath (z. B. eine Blume oder 
Kamm oder Haarnadel). 



- 104 - 

6. Raden Damak Wulan oder Damar Wülan als Jüngling, eingesteckt in N^ 6, 
S. Tafel XI, N° 1. Wenn man diese Figur mit Tafel VI, N® 2 (Prabü Damar Wulan) 
vergleicht, sieht man, wie dieselbe Person als Raden ein vergoldetes, als Prabu aber 
ein weisses Antlitz hat. Serrurier sagt richtig: „Die Gesichtsfarbe scheint eine Sache 
wenigen Interesses zu sein" (O.e., S. 77). Auch sieht man, wie der flügelförmige Rücken- 
zierrath des Fürsten beim Raden noch fehlt. Selbstverständlich ist auch die Kleidung 
verschieden , z. B. die Beinkleider des Fürsten fehlen hier. Betreffs dieser Hauptperson sagt 
RooRDA V. Eysinga ^II , B und C, S. 27): 

„Damar Wulan unterscheidet sich immer günstig und verschmäht den Antrag, um 
das Ungeheuer, Menak Djinggâ, schlafend zu tödten; immer zeigt er sich als ritter- 
licher Held". 

7. Raden Damar Wulan potong rumput^ d. h. Raden Damar Wulan als Grasschnei- 
der, eingesteckt in N°. 13. S. Tafel V, N° 1. Auch hier ist das Antlitz weiss, wie beim 
Prabu Damar Wulan (VI, N® 2), aber es fehlen hier die beiden Oberarmringe des Prabu 
und des Raden (XI, N°. 1). Als Grasschneider trägt er Beinkleider, als Raden aber nicht; 
statt der Krisse, die er als Raden und Prabu trägt, hat er hier das Grasmesser (Javanisch 
arü). Betreffs der Kleidung Damar Wulan's als Grasschneider und als Raden wird in 
VAN DoRp's Ausgabe S. 134 — 135 gesagt (der Patih Logénder ^^v\cht) \ »mnjtuM ^^^ùi n «m 

Öa. o ..oo Q Q a Q a Q o 

o orjO'>^ ^ o o o o 

tuntisnxji \ dJauei jgityii»j|»j) >^ njiuttHi ^mê<ni^i(rmni(mtMjiM9n ^ix^ênjf v,,,,, , 

Q o o Q > o o 

nÂiui»n^ên^jt'r}(tn^Ai'-naayi \ asniEA^^ajtnaMiicm \ cn<M«oej«oi«ij(£« \ <M4Jifaj| 

/ùciT) \ MSojii^\«n<ijn^ên \ omtBi^'nKnoJi'n^pi^t^ \ âjÊtfmvk^aynaji \ (Ka»n ^l'fîxn'ntfniMnj^ \ Q. h. ,yJÜngling, 

mein Sohn. Ich bitte dringend, dass Sie nicht Ihre schönen Kleider, wie ein Satriyä^ 
anziehen, denn dies würde nur Unglück verursachen. Diese dodot^) von Lurik ^) *prakutut 
ist geschickt zum Grasschneiden und heilbringend auf dem Wege und schadet nicht, und 
diese weisse Sabuk*) ist vorzüglich, heilbringend und rein, und dieses Tragband kann auch 

sehr gut gebraucht werden zum Bauchgürtel und ich gebe Ihnen ein Grasmesser 

von vorzüglichem Zinn Ihre frühern Zierathen und Ihren. Kris werde ich aufbewah- 
ren. Es wird leicht sein, später wenn Sie reich geworden sind, wie würde es beschwer- 
lich sein, sie Ihnen wieder zurück zu geben." 

In der Prosa-Redaction (Winter, S. 13 und Cod. 2152 Warner, S. 21) sagt der Patih: 

Q^ Q O . . O ' O • 

aruênpi'n'^ % oji ri ni ^ n»nri*<n 9 n iJ» itn »xi iiAien ni aanâTftmt'r^ (i^ \ »m àÂM 9Sri (tn rt tun 9 (fn ru 

»K iE/t lun ^ etn 1^ Tt tn t ti to 9 tsn .zAnn VI ri9 JE tn M ni 3JI ..^pini nr:n^ttn »m ^mm asna tu Jisn ni^ntmintJi/fJixn 

n<m93ihi,ûn^ni»œjÊ \ ^ ao 'E1 tJi tu »n rnp tn jji iru *à iui zn n am i \tinunjnnirfi4ntnt,t9^t/n»<iâiKa9mn»<n.tJinjirui^ 

-iy#aiij^^^t/nfm^.x^ii«j»jÄ'»y«i^AÄi/n'T),i^^r:m > d. h. : „Und woltor , da du ein Grasschneider geworden 



*) iqM9rfnntfsnjf \ K. N. »oie>^^ v K. I. Hof- Oder Galakleid vornehmer Männer, in das sie den Unterleib 

hüllen, wenn sie am Hofe erscheinen. Dasselbe hängt mit einer Schleppe über die Hose. (Vreedk, J. W.). 

2) (na'^*rnji\ K. N. gestreift, gestreiftes Leinen. (Vreede, o.e. S. 649). Es giebt verschiedene Varietäten. 

(S. PoENSEN in Med. Zend. Gen. XXI, S. 213, s.v., wo aber diese Varietät, Lurik prakututj nicht 
erwähnt wird). 

') ojivntrnji \ Gürtel von Kattun oder Seide, breiter Lendengürtel. (Vkeede, o. c. S. 566). 



- 105 - 

geht, geziemt es sich nicht, dass Du so gekleidet bist, z.B. dass Du Armbänder, ein Diadem, 
Ohrringe, ein Galakleid, ein saruwal^) und einen mit Gold eingelegten Kris trägst. Dies 
alles nehme ich. Es geziemt sich, dass Du ein bëbëd lurik^) trägst ..... Dakar Wülan 
bekam andere Kleider, ein abgenutztes bëbëd lurikj einen Gürtel von Ziegenleder, eine 
Mütze von gambas^) und es wurde ihm ein Grasmesser und ein Korb gegeben." 

8. Dewi Andjâsmâra, eingesteckt in N° 19. S. Tafel V, N° 2. Das Antlitz ist weiss. 
Betreffs dieser Hauptperson sagt Ex)orda van Eysinga: „Die Liebe Handjâsmârâ's ist 
durchaus orientalisch und stimmt überein mit der Gemüthsbeschaffenheit eines Mädchens, 
das an nichts denkt als an den Gegenstand seiner Liebe. Nur aus der Art der Hofgebräuche , 
und vielleicht aus der Furcht vor Damar Wülan's Leben ist es zu erklären, wie sie 
zugeben konnte, dass er die Königin heirathete; nichtsdestoweniger blieb sie nach orientali- 
scher Sitte seine erste Gemahlin; auch ist es nicht zu leugnen, dass Unterwerfung unter den 
Willen der Götter, welche Damar Wülan die beschwerlichsten und sonderbarsten Wege 
entlang zur königlichen Würde führten, sie die Probe bestehen Hess, um eine Nebenbuh- 
lerin zu dulden." Im Prosatexte des javanischen Romans (Winter, S. 16 und Cod. 2152, 

fe. 2/) wird sie beschrieben wie folgt! nurit^JtiL» ^m^r^*mycQn\miL$(t>u^iiinA9inri»n*niiui^^ 



am 



èi»St»jnunrnrfajnM > ßtfmrfmrfvitefmn'q.vt'rfcnt^aKt x^ d. h. : „Es wird gesprocheu Über KtfaM Patih 

Logënder's jüngstes Kind. Dies war eine Tochter, Andjâsmâra genannt, schön von 
Gestalt. Wenn man ihr Aeusseres genau beschreiben wollte, würde der Beschreiber sicher- 
lich ermüdet werden und ihre Schönheit würde noch nicht volkommen geschildert sein. 
Sie war lieblich, elegant, süss, gesprächig, lebhaft, sodass sie harmonisch war, nur ein 
wenig mangelhaft im Sprechen. Sie sah aus als ob sie, wenn sie ein Mann gewesen wäre, 
andere Männer anzugreifen den Muth gehabt hätte, aber sie verstand es zu dienen. 
Glücklich würde derjenige sein, der sie zum Weibe bekommen würde." 

In der poetischen Recension (Ed. van Dorf , S. 20) wird von ihr das Folgende gesagt : 

O OOQ.O o.O o .. 

oQoo Q Q ooo.o. 
«sn^«u<ic«^^tj*2/f ^ an»q'rfên»p*jntn^Os».^»oji '^ ^Mêfn^Jint^ntinam \ «sntn 

iminênMfA'n'ri \ ^jmjnm.r^^jnttrvi^'r^'h tarnten \ «n ^^«jn ru asn .jn »oAnji ieoje \ ünnuianjiin^nimnAtnyE \ • 

ojtMTiasnoAn^pi^JtMJI ^ éntKAtfojt.jntnji^êfrm'^'rKmaoÊ \ rrr)^|x«iJooi.ât«i^uiU'n*o n n^Majiêti^iuji 

o. Q Qg Q OoO o a a 

'y^xji \ &&9^tL»'rtên'r»[§n»^ \ vt cn gD^ni iisn en ^ <rn tisna ^ ^amtMtmannMfnpruaru \ «n 



>) [tt*^'^ ^ Eine weite Hose, bis über die Kniee (Arabisch J'jj-*'), Vrebde, o. c. S. 487. 
») «Wß-to|x Männerkleid aus einem Stücke Leinen bestehend, das 4Vi bis 6 Ellen lang ist, und um 
die Mitte befestigt, den Unterleib deckt. (Vreedb, o. c. S. 1130). Lurik s. o. n. 2. 

') nm^iKMji\ Name einer Schlingpflanze, einer Cucurbitacee, (Vreede, o. c. S. 1022). 

i. A. f. E. xm. 14 



- 106 - 

amtffcnttsnj^'riMtmftâii^aA» > Snnjiff»ffo^M»Ji9n^»Ji»nÊ \ jyn<t:,T«>»«$nciii^«a'nc««snj ^ • . • . • 

...•• nojitton.jntK'UtmiM^KnnfitJn \ kinâantntJiMXiajiêq s »oißjtxaaAtKm^'rt \ nis/iM^KntUÊ 

„Die jüngste war eine Tochter, Raden Dewi Andjâsmârâ, wirklich die Blume des 

Gesanges , die Jungfrau im Hause des Patih Sie ward von ihrem Vater verzärtelt. 

Ihre gut proportionirte Gestalt war in Uebereinstimmung mit ihrer Geübtheit in der Arbeit. 
Sie war erfahren in den Geheimnissen der Litteratur. Die Kawisprache war ihr geläufig, 
da sie sich von jung an in derselben geübt hatte. Das Râmâyana und Gada balik ') , den 
WiwâJia und Bomataka ^), und das Kawi -werk Pëndawa lare ^), Sasrabahu und Krsnaputra *), 
dies alles hatte die Jungfrau gelesen. Es gab kein Kawiwerk, das ihr unbekannt war, 
und wenn sie den Qorân singend las *) , hatte sie eine gute Aussprache *) und eine liebliche 
Stimme. Sie war behend und elegant im Recitiren der GlaubensformeF) und liess die fünf 
täglichen Gebetsstunden nicht vorübergehen. Sie verrichtete verdienstliche Werke im 
Uebermaass®) und fastete. Sie war wirklich gottesfürchtig. Auch vergass sie ihre Batik- 

arbeit nicht. Sie wob vergoldetes Passement und bemalte es mit Figuren und sie 

wob limar ®) , jeden Tag zwei këbar ^°). Sie spann fein und durchstickte , vergoldete und 

wob kuluk^^) Sie war wirklich die Königin der Erfahrenen, nett und elegant in 

ihren Bewegungen, lieb und leicht in ihren Manieren, wirklich fein, und Liebe einflös- 

send Wohin sie sich wendete , verbreitete sie Wohlgerüche , Zibeth und Moschus , 

unaufhörlich. Moschus- und boreh ") -Gerüche wurden nicht vergessen ; sie war mit Rosen- 
was'ser besprengt. Ihr Körper war warm und heiss, wenn er nicht jede Stunde gesalbt 
wurde. Sie war die Jungfrau im Hause des Patih. Jeder, der sie sah, wurde verliebt in 



>) fmêacnA»<fiji \ d.h. die Rückkehr Angoada's, eines aus dem Edmdjarta bekannten Affen, ist viel- 
leicht ein diesem Epos entlehntes Werk, das aber verloren gegangen ist. 

3) &iunm \ ist das altjavanische Gedicht Ardjuna Wmâha und v^KmtiviKnton das Bhomartidka oder 
Bhomakäioya genannte Gedicht. Beide sind von Priederich herausgegeben in Verh. Bat. Gen. XXin und XXIV. 

') Qnrmiutrurini \ d. h. die Pändawa als Jünglinge, ist uns nicht bewahrt geblieben. Aus dem Titel 
erfolgt, dass es dem MaMbMrata und zwar dem Àdiparwan desselben entlehnt ist. 

<) ov»^-<K'j>n ^ ist das altjavanische Gedicht ^rti/unaSa^sra&d/iu (der tausendarmigeArcU una), «n^«^«.«^ 

aber ist unbekannt. Es scheint auch dem Uahdbhdrata entlehnt zu sein , wie hervoi'geht aus dem Namen 
{Krsna^s Sohn oder Söhne). 

') Aaru^asnji > Ist das arabische ^^' , das Lesen oder Singen, speciell des Qorânaj für einen Todten. 

Das Folgende ist natürlich ein grober Anachronismus, denn man muss nicht vergessen, dass die ganze 
Geschichte als in der Zeit vor der Einführung des Islams spielend dargestellt wird. 

') *jiTfoji»ntêaiji \ ist das arabische H^^^aa^S (Eloquenz). 

') Knofifc«^ ist das arabische iUi/'(was gesagt wird, Wort) in der Bedeutung von 80L4-Ä JUl/(die Glau- 
bensformel: M ôy^j ^H^^J ^' ^' ^' ^.) 

') (KnKndsnjf s ist das arabische ^l*^ (Gehorsamkeit) in dieser speclellen Bedeutung. 

^) A^ \ ist der Name eines geblümten seidenen Stoffes. (Vrbede, 0. c. S. 681). 

'0) tQ«^ ist ein Stück Leinen, genügend für zwei bëbëd oder sarong (Vreedb, 0. c. S. 840). 

>i) Mi^»^ ist der Name der Galamütze oder des Galahutes, nach oben enger zulaufend, ohne Rand, 

welche von javanisdien Grossen und Beambten bei Geremonien und von einem Bräutigam bei der Hochzeit 
getragen werden. 

'<) vfETnt^-r}^ \ iät eine aus Kräutern und Blumen gemachte Schmiere, Salbe oder Schminke (Vbeedb, ' 

0. c. S. 1056). 



- 107 - 

sie. Sie hatte nur einen Fehler: als sie später verheirathet war, konnte sie keine Neben- 
buhlerin dulden. Sie war sehr eifersüchtig, schwer zu befriedigen von ihrem Geliebten 

Ihre Späher waren zahlreich , aber sie war überaus gut versorgt wenn sie nur keine 

Nebenbuhlerin bekam, oder eine Concubine ihr vorgezogen wurde, die Jungfrau AndjâsmIrâ. 
Was würde das geben! Sie würde (ihre Nebenbuhlerin) an den Haaren ziehen'* u. s.w.. 

9. Prabu Pandji Wulüng, eingesteckt in N°. XVIII. Dies ist der Name des Fürsten 
von Sulebar, der vom Patih Logënder aufgehetzt wird, um Mâdjâpahit anzugreifen. 
Zuletzt ergiebt sich aber, dass er ein Sohn des Patih UdarA und also ein Bruder Damar 
Wulan's ist. (Vgl. Vreede, Catalogus der Jav. und Mad. MSS., S. 178). In der Prosa- 
redaction (Ausgabe Winter) fängt diese Geschichte an auf S. 179, in Cod. 2152 auf S. 281 
flg. und in der Ausgabe van Dorf , auf S. 536 flg. 

10. Prabu Kalana Mahesa Sasi, eingesteckt in N'^. 8. Dieser ist von Dakar Wulan's 
Vater, dem Patih UnâRâ, bei Sukesi erzeugt. Er ist ein Prinz von Kambodja. In Cod. 
1845 Warner (S. 803 flg.) heisst er MAEsâ Wulan. Wulan ist die Krâmâform, Sasi die 
Ngokoform. Beide Worte bedeuten „Mond" (Cod. 1845, Warner, S. 303 flg.. Vgl. Catalogus 
der Jav. und Mad. HSS., S. 181). Im selben Codex heisst er ANoâsâ Sasi, ein Synonim 
von MAHEsâ WüLAN, denn andâkâ ist eine Corrumpirung von Nandaka^ wie der Stier im 
Pancatantra heisst, und mahesa ist das Skr. iri^ (Büfiel). 

11. Dewi MuRDANiNG RUM, oingosteckt in N®. 16, vielleicht dieselbe als Djuwitaning 
RUM wie eine der drei Hauptgemahlinnen Menak Djinggâ's in der Ausgabe van Dorf (S. 
346) genannt wird. 

12. Patih Udara und 13) Baqawan Tungöul Manik. Wir haben oben (S. 11) schon 
gesagt, dass Tunggul Manik der Name ist, den Patih Unâiiâ als Ascet sich beilegt, und 
dass derselbe Damar Wulan's Vater ist. In der Ausgabe van Dorf (S. 6) wird er beschrie- 
ben wie lOlgtl un^pi9n^ßsn^(rrm^'r}('M \ »fnitAnMiennäA'nteati^{KnamiK0<i^9^ \ ajn%j<VA.tEa»jniuinr» \ ikaiti iJ m9 un 

Aj»«ooT)#n«|^ > »^^rfnrn^[^rjtJi^K:n'in»n\Kn$snê \ •••.,••• axiM'hê/nritn^UKrn \ 

00i\0. O O Q O C) O Q O 

êKwiM \ •aiß«^^«g^««A/n«n'r? X d.h.: „Der Patih, welcher des Fürsten Vormund, dem die Bürde 

der Regierung über die Insel Java aufgetragen worden, war der Dipati MAHunânâ, ein 

mächtiger sehr erfahrener Held-, berühmt in der Regierung des Landes erhört von 

den erhabenen Göttern ein Weiser , götthch von Qemüth Kyahi patih 

war der Sohn des Dipati GADJAHMânâ, der zwei Kinder hatte, beide Söhne; der älteste 
war Kyahi MAHunana, u. s. w.. Im Babad Tan ah Djawi (S. 22) ist er ein Sohn des 
Patih Wahan. Er kommt später oft als ein Dens ex machina seinem Sohne Damar 
Wulan zu Hülfe, und macht ihn wieder lebendig, als er tod is. 

14. Raden Kunâ Wirangin, eingesteckt in N®. XII. Im Damar-Wulan-Roman heisst 
er Kunâ Rarangin. Er war der Sohn des Patih Unânâ und der Tochter eines Geistlichen 
im Weiler Pas a wahan. Bei seiner Geburt starb seine Mutter und er wurde von einer 
Wittwe angenommen; ihr Weiler war sehr arm, er besass keine Reisfelder, die gross 
genug waren um einen Büffel zu halten. Er war sehr vernünftig und seine Pflegemutter ^ 
die arm war, wurde bald reich. Später suchte er seinen Vater und kam auf dem Ma- 
hameru zu dem Büsser Tunqgul Manik. Dieser ertheilt ihm den Rath, sich zu verstecken 



») statt ^ in der Ausgabe lese man ^ 



- 108 - 

und Alle , die vorübergehen , zu tödten. Wenn er hundert Häupter hätte , würde er seinem 
altern Bruder Damar Wulan begegnen. Er begegnet Lajang S^ita und Lajanö Kümitib, 
die ihn statt zu seinem Bruder zu dem Heere von Wand an und Anggris führen, wo 
er das Heer seines Bruders bestreitet in der Meinung, dass es dessen Feinde sind. Nachher 
wird er fortgejagt^) und geht wieder zum Büsser Tünögül Manik. Er begegnet seinem 
Jüngern Bruder Kudâ TiLARsâ und bestreitet ihn, ohne ihn zu kennen. Als sie hören, 
wer sie sind, bestreiten sie zusammen den Fürsten von Mâdjâpahit, bis sie erfehren, 
dass dieser ihr Bruder Damar Wulan ist. Auch später leisten sie ihrem Bruder Hülfe in 
dessen Kriegen mit seinen Feinden. (Roorda van Eysinga, IH, B und C, S. 8 flg., und 
Ausgabe van Dorf, S. 475 flg.). 

15. Baden Kunâ TiLARsâ, eingesteckt in N° 14. Dieser war der Sohn des Patih 
UnâRâ und der Prinzessin von Pratokal. Nach einer andern Angabe aber (Winter, S. 
149, Cod. 2152, S. 235 und van Dorf, S. 494) war er ein Sohn ÜDajia's und eines Mad- 
chens aus der De sa Padukuhan. In seiner Jugend ging er täglich in die Dörfer und 
liess Hähne und andere Vögel fechten. In der Nähe war ein grosser Wald, wohin ihm 40 
Diener folgten, um Hirsche, Steinböcke, wilde Stiere und Rehe zu jagen. Der Adjar 
TuNQGUL Manik (sein Vater) kam zu Kunä TiLARsâ, küsste seine Fusse und sagte: „Wie 
ergiebst du dich so dem unsteten Leben, und kümmerst dich nicht darum, einen höhern 
Rang zu erwerben ? Strebe nach der Gunst deines Vaters , der Glück und Erfolg darbietet." 
Kunâ TiLARsâ antwortete: »Ich kann den Weg dahin nicht finden." Der Einsiedler sagte: 
„Mein geliebter Sohn, in der Stadt Mâdjâpahit regiert ein König, Prabu Anom (Damar 
Wulan), der jetzt Krieg führt; folge ihm in den Streit und lerne Krieg führen; eile dich, 
ihn aufzusuchen." Kunâ TiLARsâ zog mit seinen Truppen fort; im Walde sah er einen 
weissen Hirsch, den er gleich verfolgte; jener flüchtete sehr schnell, ward fortwährend 
umringt, aber nicht getroffen. Kunâ TiLARsâ sah, dass er nicht getroffen ward; er war 
erEürnt und rief: „Was bist du, wenn du kein Wild bist." (Roorda van Eysinga, 1. c. 
S. 13). Dieser Hirsch ist Kunâ TiLARsâ's Bruder, Kunâ Rarangin. In der Prosa-Redaktion 
(S. 150 = S. 237 von Cod. 2152) und in der Ausgabe van Dorf (S. 495) wird nur erzählt, 
wie die beiden Brüder einander im Walde begegnen, aber nicht dass Kunâ TiLARsâ die 
Gestalt eines Hirsches hat. Das Uebrige betreffs der beiden Brüder ist oben schon gesagt 
(sub N® 14). Im Sôrat Kanda ist er später Fürst von Sukadana (Pararaton, S. 192). 

16. Raden GâNnâ SupËNâ, eingesteckt in N**. XVH. Derselbe ist ein Bruder Menak 
DjiNGGâ's oder Urü BÊSMâ's. Gewöhnlich heisst er Menak SupËNâ. Er wird vom Adjar 
Pamênggér (Menak DjiNGoâ's Rathgeber) aufgehetzt, um BRâwiojâjâ (Damar Wulan) ver- 
rätherisch zu tödten und erhält zu diesem Zwecke die Zaubermittel. BfiâwiDjâjâ verliert 
sein Bewusstsein, aber Tunggul Manik kommt zu Hülfe und rettet ihn. Menak SupöNa 
und Adjar Pamênggër werden besiegt (Vreede, Cat. der Jav. und Mad. HSS. S. 175 und 
Codex 1797, S. 385 flg.). In der Ausgabe van Dorf (S. 510)^) wird erzählt, wie Menak 
SupËNâ vom Adjar Pamênggër geschickt wird, um Menak DjiNGoâ's Tod zu rächen. Er 
geht nach Mâdjâpahit (S. 512) und verlockt Damar Wulan in einen Wald zu gehen 
(S. 516), wo er ihn tödtet und seine Gestalt annimmt (S. 519). Tunggul Manik macht ihn 



>) LoQENDEB sagt, er sei der Sohn einer Hexe (Ausgabe van Dobp, S. 493, Ausgabe Winter, S. 147 
und Cod. 2152, S. 233). 

2) Vgl Ausgabe Wintkb, S. 158 und Codex 2152 (Prosa-redaction) , S. 260 flg. 



- 109 «- 

wieder lebendig (S. 522). Nachdem Menak SuPÊNâ besiegt ist, bekämpft er mit Adjar 
Pamënggér's Hülfe Damar Wülan wieder (S. 530). Piesem wird aber Hülfe geleistet von 
TuNGGUL Manik (S. 531). 

17. Prabu Sijüng WAN^Râ, eingesteckt in N® V. Ueber diesen Fürsten ist bereits 
das Nöthige gesagt (S. 8 und 9 vorn). Er ist abgebildet Tafel VII, Figur 2. Die Augen 
sind nicht so spaltförmig mit mandelförmiger Pupille, als z. B. bei Damar Wulan, übri- 
gens aber gehört er doch zum edlen Typus Serrurier's. Die Gesichtsfarbe ist hier, wie 
man sieht, die gewöhnliche. 

18. Prabu Djâjâ SuDARoâ, eingesteckt in N° 4. Dieser ist der Schwiegervater Bfiâwi- 
Djâjâ's. Er wird von Sijung WANâRâ befreit (Brandes, Pararaton, S. 188). Er gehört 
also zum Sijung- Wanârâ-cyclus (S. oben S. 8 — 9). 

19. Dewi MuRDANiNG siH. Vielleicht ist hierunter Djuwitaning sih verstanden, eine 
der drei Hauptgemahlinnen Menak DjiNGoâ's. (Ausgabe van Dorf, S. 346). 

20. Prabu Djâjâ Prabângsâ, eingesteckt in N° 3. Diese Person ist mir unbekannt. 

21. Prabu Uru Bësmâ, eingesteckt in N"" IX. S. Tafel IX. Figur 1. Dieser zeigt in 
jeder Hinsicht den gewaltthätigen Typus: Die Nasenwurzel ist stark accentuirt, die Stirn 
bombirt, das Kinn ist zurück gezogen, die Nase ragt keulenartig hervor, ist an der 
Spitze aufgewippt und in der Mitte breit; die Augen sind weit geöffnet mit kugelrunder 
Pupille. Auch der Mund ist geöffnet. Er tragt einen langen Kinnbart. Diese Puppe ist 
grösser als die anderen. Aus dem Mund ragen Hauzähne hervor. Eigenthûmlich für diese 
Figur ist der Klumpfuss, der bei keiner andern Puppe sich findet. Der Körper ist dicker als 
bei den Puppen des edeln Typus. Auch die Schnur Glasperlen mit orangefarbenen Quasten 
findet sich nur bei ihm und bei Menak Kontjar. Die Stellung der Hände ist phallisch 
(Serrurier, 0. c. S. 82 — 83). Roorda van Eysinga nennt diese Person richtig: „thie- 
risch'' (0. c. S. 28). In der Winterschen Ausgabe, S. 23 = Codex 2152 S. 37 wird er 

DeSChneben wie lOlgtr n»ait»Ji(uiJisn tjn xnr» inÂ^aTtooatMaxaxiriA \ 'Yi9Snru»nzx^»aikJKn9sn^aK(rn»n 

d. h. : „Es wird gesprochen vom Fürsten von Balanbangan, Menak Djingga genannt. Er 
war ein mächtiger Fürst, in der Welt berühmt als ausgezeichnet und erfahren in vielen 
Künsten. Unter allem, was vom Hammer geschmiedet war aus Eisen, gab es nichts, was 
ihn verwunden konnte." Roorda van Eysinga (HI, A, S. 514) sagt: „Er war ein tapferer, 

heldenmüthiger Fürst im Streite er war unverletzlich ; weder Stein , noch Feile , 

noch Eisen konnte ihm schaden". In der Ausgabe van Dorf (S. 7) wird er beschrieben wie 

ÜAJiQrfM^ X »fli^^^xManSni^iaji^ x ê^tfM^icfitnâ'iMt^Knêi x d. h. : „Dor Adipati vou Bélambangan 

hiess Menak Djingga. Er war tapfer, mächtig und hochmüthig, unverletzbar durch Stahl 
und alles was die Spuren des Schleifsteins und die Ueberbleibsel des Feilens trug; stand- 
haft, unverwundbar und weltbesiegend. Nur einen Fehler hatte er: er war hasslich von 
Farbe , unangenehm ^ um zu beschreiben , aber er verdiente es , gefürchtet zu werden von 
seinen Feinden und geschont zu werden von Inseln und Ländern." Im Sërat Kanda 



*) »^'nS^'^füfCfp ist eine Kawi-Construction statt; oj»nnrfaMiSirfpit(M ^ 



- no - 

T¥ird Menak DjiNGoâ vom Adjar Pamënggër aus einem rothen Hunde geschaffen. Daher war 
seine Stirn wie die eines Hundes und er hatte keine Schulter (Brandes, Pararaton, S. 191). 

22. Dewi Wahitâ. S. Tafel IX, Figur 2. Sie wird in Roorda van Eysinga's Inhalts- 
verzeichnis (III , A. S. 549) RÊTN& Dewi genannt. Sie war eine Prinzessin von Djapan *) 
und gezwungen bei Menak Djinggâ zu sein, aber sie hasste ihn; sie wurde von allen an- 
deren Fürstinnen geehrt und geliebt. Sie und Dewi Pujëngan gaben dem Damar Wülan 
das gelbe Eisen {wësi kuning),^) mittelst dem dieser den Menak Djingga, der sonst unver- 
letzlich war, tödten konnte (S. oben S. 15). In der Winterschen Ausgabe (S. 89) wird sie 
und Dewi Pujèngan folgendermaassen beschrieben: foiM-^tfyiMVuyntnak^fii^-nf^i^ofcj^MA;» > «j^ 

„Es wird erzahlt diejenigen, die im Hause waren, waren zwei gefangene Prinzessinnen. 

Beide waren von gleich schöner Gestalt , wie WiDâDARi's in Indra's Himmel Ihr 

Glanz war hell und strahlend die eine hiess Dewi Wahitâ, die andere Dewi Pujèngan. 

23. Dewi Pujèngan, eingesteckt in N° 20. S. Tafel XII, Figur 2. Alles was oben von 
Dewi Wahitâ gesagt, gilt auch von ihr. Sie ist die Prinzessin von Waleri. 

24. Adjar Pamënggêr. S. Tafel XIV. Figur 2. Diese Puppe gehört wie Urü Bésmâ 
zum gewaltthätigen Typus Serrurier's. Eigenthûmhch ist hier die Priesterkleidung, die 
von der der andern Puppen durchaus verschieden ist. Hier sieht man z. B. die klumpen- 
förmigen Schuhe, von welchen Serrurier spricht (Wajang PurvA^ S. 79). Die Haltung 
der Hände ist nicht die gewöhnliche, aber eine phallische (0. c, S. 82). Auf dem Papier, 
das auf die Puppe geklebt ist, steht in Malayisch: jang ambü anak tiri Prabu Menak 
Djingga. d. h. : „der den Fürsten Menak Djingga als Stiefkind annahm." Er ist Menak 
DjiNGGâ's vertrauter Rathsmann. Der Fürst hört aber nicht nach dem Rath, den er ertheilt, 
um der Fürstin von Mädjapahit keinen Heirathsantrag zu machen. ^) Als Damar Wulan 
Fürst von Mâdjâpahit geworden ist, will der Adjar Pamënggêr ihn tödten, um Menak 
Djinggâ's Tod zu rächen. Er wird aber besiegt vom Adjar Tunggul Manik (Roorda van 
Eysinga , ni. B und C. S. 17 — 18). Nach Menak Djinggâ's Tode wird er Panditâ Pamënggêr 
von Gambir Sakë/i (Vreede, Cat. der Jav. & Mad. HSS. S. 175) nach seiner Einsiedelei 
(padepokan) genannt, S. Ausgabe Winter, S. 158 und Cod. 2152 (Prosa-redaction), S. 249. 
In VAN DoRp's Ausgabe (S. 510) wird von ihm das Folgende gesagt: 'âiênAêatQ^tfénéS» ^ oj, 

êOÉ \ êln(un^âsnMrfêrnrfnjfpi > ■l^l**S^*'5''î ^ ^ «fcj»a(jjp istto^m i|ot>«t^ > d. h. ! t^AIS der FÜrSt UrU 

Bësmâ noch regierte, war Pamënggêr Gegenstand seiner höchsten Verehrung. Es ward als 
Vater behandelt und frei gelassen. Sein Rath wurde begehrt. Hätte er dem Rath des 
Lehrers gefolgt, so würde der Fürst Uru Bësmâ nicht getödtet sein, aber er folgte nur 
seinen Begierden, hochmüchtig und widerspenstig. 

25. Dewi Pudjâwati, wahrscheinlich eine der (xemahlinnen Menak Djinggâ's. 

26. PuTUT LÂWÂ, eingesteckt in N° 1. Er ist der Bruder des Menak Djingga oder, 
nach einer andern Angabe, der Vater Menak Kontjar's (s. u.). 



') Nach dem Sérat Kanda aber aus Balega (Pararaton, S. 191). 

s) Im Sêmt Kanda einen vergifteten Knüppel (Pararaton, S. 190). 

») Ausgabe Winter, S. 24—26, Cod. 2152, S. 40-41 und Ausgabe van Dorp, S. 269-271. 



- Ill - 

27. Menak Kontjar, eingesteckt in N® XIII. S. Tafel VII, Figur 1. Diese Puppa 
gehört zum edeln Typus Sbrrurier's. Sie trägt, wie üru Bësmâ, eine Schnur Glasperlen 
mit orangefarbenen Quasten. In der Winterschen Ausgabe, S. 82 = Codex 2152, S. 131 
wird von ihm das Folgende gesagt: ^^«ôi«;«aiiaoiA^4%»nfm^«i|c«t«c4>?i«oaot^%«iM^«oâf \ äjn-ntfM 

nj»*jMMji ^ d. h. : „Zur Abwechseling wird gesprochen vom Lande Lumadjang. Da war 
ein trefflicher Ksatriya^ Menak Kontjar genannt, hochherzig, von wohl proportionirter 
Gestalt, und siegreich auf dem Schlachtfelde, ausgezeichnet in Tugenden, und ausseror- 
dentlich tapfer." Auf dem an diese Figur gehefteten Papier steht in Malayischer Sprache: 
adipati Lumadjang^ anaknja Patut Lowo (Regent von Lumadjang, der Sohn des Patut 
Lowe). In der Liste aus Pökalongan heisst Patut Lowo aber Menak Djingga's Bruder. Er 
befreit Raden Buntaran und Raden Watangan, die Söhne des RIngga La we von Tu ban 
aus ihrer Gefangenschaft. Später heirathet er deren Schwester Dewi Sêkati und wird Regent 
von Lumadjang (Roorda van Eysinga, III, B und C S. 6). Auch nachher bleibt er 
dem Damar Wülan zur Seite stehen in dessen Kriegen mit seinen Brüdern Kudâ Raran- 
GiN, Kudâ TiLARsl, Pandji Wulung von Sulebar, Menak Supëna, dem Adjar Pamëng- 
GÊR , u. s. w. 

28. RÂNGGA La WE, eingesteckt in N°. 9. S. Tafel VIII, Figur 1. Er gehört auch zum 
edeln Typus Sbrrurier's. In der Prosa-Edition Winter's S. 35 (Cod. 2152 S. 56) wird er 

lOlgendermaSSen beschriebene «|4i^4^«Q(«^'^<HT}*o«<Kn0n.£A^«^ar|<ru^#«U^ \ aaii'rf»a»ntsnioi»n^ênnM9iaji.£A 

Q Q .O o cu " ' o Ct a„ o Q Q o... 

»Jicrm^ri^jnt'rtinÂitJiMj^ \ ^ia»ßä(Uitin*m(m\jnkA\iJiKn(inu<eAV^»mtnpxt^mh^ \ musna^ tut im ornrm 

mM^JKmnrtnên \ na^nntHUMtruenfiuucncrn > •oru0kj../iY£««i^»m^fiS«sn t/ncAorn^ ^ d. h. ! »Die UrSaChe ^ 

warum die jungfräuliche Fürstin unaufhörlich siegte im Streite, und gefürchtet war und 
dass ihr der Tribut von allen Fürsten gebracht wurde, das war aus Ehrfurcht vor dem 
RâNGGâ La WE von Tuban , der ausgezeichnet war , und tapfer und sehr mächtig im Kriege, 
gut proportionirt und schön von Gestalt. Im Streite war er ruhig. Als er siegte verfolgte 
er den Feind nicht. Wenn er besiegt war, flüchtete er nicht, sondern wollte nur sterben 
auf dem Schlachtfelde. So war der Charakter des trefflichen Feldherrn. Es geziemte ihm 
ein Gegenstand des Lobes zu sein. Alle seine Unterthanen fürchteten und liebten ihn , weil 
seine Befehle kühl waren und er es verstand, das Herz der geringen Leute zu gewinnen. 
Sein Meer (d. h. seine Freigebigkeit) war breit. Seine Geschenke strömten wie Wasser* 
Sein Gemüth war rein und fest und weise." ^ 

29. Raden Buntaran, eingesteckt in N^ XL S. Tafel VIII, Figur 2. Wie sein Vater, 
Rangga La we , gehört er zum edeln Typus Serrürier's. Roorda van Eysinga (III , B und C. 
S. 28) sagt von ihm und seinem Bruder, Raden Watangan: „Buntaran und Watangan 
stehen den niederträchtigen Kotbuta und Angkatbüta günstig gegenüber." In der Ausgabe 
VAN DoRp (S. 19) wird er folgendermassen beschrieben: *>ißan^|j^-r,,o£l»Ä#^ > Ä^nruansw^a:* 

^<rn^»Si»sn \ ^»^»jurf^tKnêfnKnrfieMta^iji \ d.h.: „Das mittlere Kind war Buntaran. Er war schön. 



») S. übrigens S. 12 flg. Tveiter vorn. 



- 112 - 

und scharfsinnig und flösste denjenigen, die ihn sahen, Liebe ein." Er und sein Bruder 
streiten mit Menak DjinggI, um den Tod ihres Vaters zu rächen. Sie werden aber besiegt 
und gefangen genommen. Menak Kontjar befreit sie. Später wird Buntaran Regent von 
Tuban und heirathet Rëtnâ Dewi Rarasati (Roorda van Eysinga , III , B und C. S. 6). Er 
gehört zu den treuesten Vasallen Damar Wulan's. Im Sérat Kanda ist er und sein Bruder, 
Raden Watangan , eine und dieselbe Person, Buntar Watangan genannt (Pararaton, S. 192). 

30. Raden Watangan, eingesteckt in N®. X. S. Tafel XI, Figur 2. Auch er gehört, 
wie sein Vater RâNGoâ Lawe und sein Bruder Raden Buntaran zum edeln Typus Ser- 
rurier's. Er wird bei van Dorf (S. 19) folgendermassen beschrieben: .i^«^<;^«*y<ui»o«^<ci»2l^ 

oä<m«n«n«oi'n90A«^nj ^ êotnjÊ^t/nTiojixncncrnoaê \ ^jtUM^'ntMaKecn^mtMrt» \ Û» h. I yt^^T JUUgStO War RadOU 

Watangan. Er war sehr schön und ausserordentlich stolz. Beide Jünglinge hatten das Man- 
nesalter noch nicht erreicht^)''. Uebrigens gilt Alles, was oben über seinen Bruder Raden 
Buntaran gesagt, auch von ihm. 

31. Gagak SENâ. Es ist mir nicht gelungen, die Identität dieser Person festzustellen. 
82. Raden Pandji Sumilir, eingesteckt in N*^. 7. Von dieser Person gilt das nämliche. 
38. Patih Logënder, eingesteckt in N^ VI. S. Tafel X, Figur 1. Diese Puppe gehört 

zum edeln Typus Serrurier's, obgleich er im Gedichte keine edle Rolle spielt. Roorda 
VAN Eysinga sagt richtig (III, B und C, S. 29): „Logënder, der als der Geist des Uebels 
immer Unheil braut, ruht nimmer und bedroht jedesmal den Mâdjâpahitschen Thron und 
es geUngt ihm fast, auf schlaue Weise Kudâ Rérangin und Kudâ TiLARsâ zum Streite 
gegen ihren Bruder zu bewegen." Es ist oben (S. 11) schon gesagt, dass er früher Djêdjë- 
TAN hiess. Dies ist aber nur in der Prosa- Ausgabe (Winter) der Fall, denn in der von 
VAN DoRP heisst er immer (z. B. schon S. 7) Ki Lugender. Als Damar Wülan Fürst 
geworden ist in Mâdjâpahit, geht Logënder mit seinen beiden Söhnen zu den Fürsten von 
Anggris und Wan dan, um ihre Hülfe zu erflehen und als diese besiegt sind, gehen 
sie zum gleichen Zwecke zu dem Fürsten von Sulebar. Zum Schlüsse wird auch dieser 
Fürst besiegt und Logënder met seinen Söhnen gefangen genommen. In Roorda van 
Eysinga's Inhal tsverzeichniss behandelt Damar Wulan sie grossmüthig und macht den 
Logënder zum Fürsten von Kandi. Hierüber sagt Roorda van Eysinga, 1. c: „Die Erhö- 
hung aber Logënder's und seiner Söhne hat etwas unvereinbares mit dem Billigkeits-. 
gedanken; aber ihr Empörungsgeist ward von Damar Wulan deshalb verziehen, weil er 
dem Gedanken an seine frühei'e Inferiorität entsprossen war." In van Dorp's Ausgabe wird 
aber nur gesagt, dass er und seine Söhne von Damar Wulan Verzeihung erhalten und nach 
Hause geschickt werden (S. 562). Auch in der Prosa-Redaktion (Winter) und in den 
Handschriften 1797, 2152, 1866, 2117, 2192 und 1838 wird nicht gesprochen von Logën- 
der's Erhebung zum Fürsten. Roorda van Eysinga hat also ein anderes Manuscript gehabt. 
34. Raden liAJANG Seta, eingesteckt in N°. XIV, S. Tafel X, Figur 2. Auch diese 
Person gehört zum edeln Typus, obgleich Roorda van Eysinga ihn und seinen Bruder, 
Raden Lajang Kumitir, richtig „niederträchtige Menschen" (Niederl. „aterlingen") nennt (1. c). 
In der Ausgabe van Dorf werden sie folgendermassen beschrieben (S. 19): #.nûcj^^tii,y<^,«„ x 



>) (tmicanA \ oder (tmiEAtru^airu (vielleicht corrumpirt aus Skr. ^wt^tsftt^j Jünglingsalter) ist das Alter von 
13 à 14 Jahren. 



- 113 - 

ici'na:nn'n!untixnnicrn s ä}nmril^nnäm»Jt'ri^(uniui9n» \ n/ùatoJi»Oinrni^aKKi»fn \i U. S.W.I jj-L'ôr äit6St6 W3.r IjAJâNG 

SETâ, Lajang Kumitir war der mittlere. Beide waren stolz, weil sie die Söhne des Patih 
und die Günstlinge der Fürstin waren. Der Patih hatte sich vorgespiegelt, dass einer 
seiner Söhne ein Amt erhalten würde von der Fürstin, dem Juwele der Erde, und dass 
er später vielleicht über die Köpfe aller Einwohner Mâdjâpahits sich erheben würde." u.s.w. 

35. Raden Lajakg Kumitir, eingesteckt in N**. XV. S. Tafel XIII. Figur 2. Er gehört 
zum edeln Typus, obgleich er dieselbe schlechte Rolle spielt wie sein Bruder. In Roorda 
VAN Eysinga's Inhaltsangabe wird er zum Schlüsse König von Siam, und sein Bruder 
Lajang SETâ König van Sulebar. Oben ist schon gesagt, dass in den Ausgaben Winter's 
und VAN DoRp's und in den hiesigen Manuscripten hievon keine Rede ist. Seine Gesichts- 
farbe ist die gewöhnliche, die seines Bruders aber weiss. 

36. Angkat BuTâ, eingesteckt in N*'. IL S. Tafel XIV, Figur L Diese Puppe gehört 
zum gewaltthätigen Typus Serrurier's. Dies ist ersichtlich aus der keulenförmig hervor- 
tretenden Nase, dem kugelrunden Auge, dem geöffneten Rachen, der grossen und plumpen 
Gestalt, den Hauzähnen und der phallischen Haltung der Hände. Dieser Feldherr Menak 
DjiNGGâ's, der immer mit KoTBUTâ zugleich genannt wird, wird in der Winterschen Aus- 
gabe, S. 23 = Cod. 2152, S. 38 folgendermassen beschrieben: ^tn^ffo*^toaa.»a.».t5.e«>»i87AoÄ n 

«OTciruj^»flXjl«Ä^»oi^ini^»/n«jjfl^'üi.Kn )fc Q. h. I yjDor lurchtelnflössende Patih war 

ANGKATBüTa genannt, der andere hiess Kotbuta. Beide waren sehr erfahrene Krieger. Sie 
verstanden es, das Gebiet ihrer Feinde zu verringern und das Gebiet ihres Fürsten auszu- 
breiten. Sie waren wählerisch im Suchen ihres Widersachers auf dem Schlachtfelde, vertraut 
vom Fürsten. Alle Geschäfte des Königs waren ihnen anvertraut. Sie waren mit der unbe- 
schränktesten Gewalt bekleidet. Alle, die unter des Königs Botmässigkeit standen, ge- 
horchten ihnen." Er und KoTBUTâ werden von Damar Wulan getödtet mit dem Schwerte 
Kumitir, das dieser vom Einsiedler Tunggul Manik erhalten hatte (Roorda van Eysinga, 
III, A , S. 555-556). 

37. HoNGKOT BUTâ, ciugesteckt in N°. III. S. Tafel XII, Figur 1. Auch er gehört zum 
gewaltthätigen Typus. Betreifs seines Namens ist oben schon gesagt, dass er KoTBUTâ ge- 

■ 

schrieben wird in den beiden Ausgaben und allen Manuscripten, sowie dass es eine Corrum- 
pirung des altjavanischen Wortes KäDBHUTA ist (S. 13 weiter vorn). Uebrigens gilt alles, 
was von Angkatbüt^ gesagt ist, auch von ihm. 

38. Raden KuDâ Bandjaran Sari, eingesteckt in N°. 12. Diese Person gehört zum 
Sijung Wanàrâ-Cyclus, Er ist der Sohn des Fürsten von Méndang Kamulan, KuDâ 
Lalejan, und der Grossvater des Fürsten Munding Wangi (Roorda van Eysinga, III, A, 
S. 454-455 und S. 496.). Seine Geschichte wird sehr ausführlich behandelt im Sörat 
Adji Sâkâ (S. 83. flg.). 

39. TüNDJUNG SETâ, eingesteckt in N** VII. Dieser ist ein Fürst von R a n t j a n g K a n t j â n â. 

40. TuNDJüNG Srënggi, eingesteckt in N°. I. Diese Person ist mir nicht bekannt. 

Es gibt zwar einen Menak Gadjah Srënggi unter Menak DjiNGoâ's Vasallen (van Dorf, 
S. 149 und 266), aber es ist nicht sicher, ob dieser derselbe ist als Tukdjung Srënggi. 

41. HuNTâRâ BuwâNâ, eingesteckt in N*^. IV. Die Identität dieser Person festzustellen 
war mir unmöglich. 

I. A. f. E. XIII. 15 



- 114 - 

42. HuNTâRâ BüMi, eingesteckt in N^ VUI. Dieser Name hat dieselbe Bedeutung als 
HuNTâRâ BuwâNâ, da Bumi = BuwâNâ = „Erde, Welt" bedeutet. Es ist ein Beispiel 
davon, wie die Javanen aus einer Person zwei machen. 

43. Gadjah Mânâ, eingesteckt in N^ XVI. S. Taf. XIII, Fig. 1. Diese Puppe gehört 
der Form der Nase und der Pupille des Auges nach zum gewaltthätigen Typus Serrüribr's, 
obgleich die von ihr dargestellte Person einen edleren Charakter zeigt als z. B. der Patih 
LoGÊNDBR und seine Söhne, die dem edeln Typus angehören. 

Gadjah Mârâ ist der Name des bekannten Reichsverwesers von Mâdjâpahit. Sein 
Name wird z. B. genannt im Codex 1845 (Vreede, Cat. der Jav. en Mad. HSS. S. 181), und 
im Anfange der Ausgabe van Dorf (S. 6.): tmtK^^MÜAJuarfaju > j^^/fc/nto-rjasjao % Äti^th^c^««/» 

Ä«^-^ N d.h.: Gadjah Mâoâ war sein (BRâwiDjâjâ's) Patih, Kyahi MAHUD&Râ war der Sohn 

des DipatI Gadjah MâDâ." Er kommt auch in der malayischen Litteratur oft vor, z.B. in 
der Hikdyat Bandjar dan Kotaringin^ in der Hikdyat radja-radja Pasei und im Hikäyat 
Hang Tuwah (Ausgabe Niemann, 1870, I, S. 8). Er war Patih von 1268-1290 Çaka 
(1346 — 1368 A. D.). ^) In der javanischen Ueberlieferung ist er noch bekannt als der Patih 
des Fürsten BRâwiDjâjâ ^). In der Si^rat Kanda ist er derselbe als Lajang SetrI Kubhtir , 
nachdem dieser Patih geworden ist. 

44. Menak Kalüngkung. Dieser ist ein Bruder Menak DjinggSL's und Fürst von Bali. 
Es ist schon oben bemerkt, dass diese Puppe zu denen gehört, die den Uebergang zum 
Wajang Golek bilden. Dasselbe gilt von N^. 45 und 46. 

45. Menak Pretjet, eingesteckt in N®. XX. Diese Person ist mir unbekannt. 

46. Gending Tjlüring, eingesteckt in N®. XIX. Vielleicht ist diese Person dieselbe 
wie EMPü LoBANG der zweiten Liste (s. u.) , der im Pararaton Mpu Gandring genannt wird. 
Dies ist aber nicht sicher. 

47. EMPÜ BRâMâ Këdali. Im Sërat Kanda heisst er Adjar Kendali. Er ertheilt dem 
Häuptlinge der Schmiede Supa den Rath nach Balambangan zu gehen, wo er den Kris 
finden würde, den er mit Süratman für den Fürsten BRâwiDjâjâ machen musste (Brandes 
Pararaton, S. 198). 

48. BRäMa Hadji, eingesteckt in N°. 10. Es ist mir nicht gelungen, die Identität dieser 
Person festzustellen. 

49. BRâMâ Kèdiri, eingesteckt in N®. 11. Betreffs dieser Person gilt das nämhche. 

60. EMPÜ Süratman. Er wird im Sörat Kanda erwähnt als einer der Häuptlinge 
(lurah) der Schmiede {ëmpu) die vom Patih Gadjah MäLD& aufgerufen werden, um einen 
neuen Kris für BRâwiDjâjâ (Damar Wulan) zu machen, nachdem ein Kris Djâxâ Süruh's 
verloren gegangen war (Brandes, Pararaton, S. 198). 

51. SuDA Palon. Dies ist gewiss eine Corrumpierung für Séda oder Sëbda Palon, wie 
einer der Diener Damar Wulan's heisst. Der andere heisst Naja Genggong. Roorda van 
Eysinga beschreibt sie folgendermassen (III, B und C, S. 29): „SASüa Palon und Naja 
Genggong sind die Clowns der Engländer , der Omar Amy ah (sie) ') der Araber ; sie zeigen 
den echten Stempel eines naschhaften, halb-javanischen Narren und bilden bisweilen 
einen scharfen Gegensatz in traurigen oder rührenden Scenen." Sie spielen im Wajang 



*) Dr. Brandes, Pararaton, S. 168 und S. 244 s. v. 

') Babad Tanah Djawi, S. 24. Hier wird erzählt, wie er die Prinzessin von Tjëmpà für seinen Herrn, 
BrâwidjIjI, abholt. 

*) Hiermit is natürlich ^Amr ibn Omajjah , der im Amir Hamza Romane eine Hauptrolle spielt, gemeint. 



- 115 «- 

këlitik dieselbe Rolle als Sëmar mit seinen Söhnen NâLâ Gareng und Petrük im Wajang 
purwâ und gëdog. In der Ausgabe van Dorf (S. 118) werden sie folgendermassen beschrieben : 

0*0.0 o»» oO • •'» 

q- * o o / o / Q, a. oO OT ^ C?> Q* 

a ooooQ, /^oo o 

d.h.: „Es wurden ihm zwei Erzieher gegeben, beide Blutsverwandte HyangTunggülManik's. 
Sêbba Palon war der Aelteste, Naja Genggong hiess der jüngere Bruder. Sie waren im 
Geheimen "Weise, die ihre Worte versteckten, witzig in allen ihren Handlungen. Wenn 
sie begraben wurden', würden sie nicht schimmelig und von Feuer würden sie nicht ver- 
brannt werden. In allen ihren Worten und Handlungen waren sie glücklich. Ihr Lob war 
den Göttern wohlgefällig. Die beiden Diener waren unzertrennbar von Raden Mantri (Damar 
Wülan)". Ihr Aeusseres wird noch genauer beschrieben ebendaselbst S. 126. 

52. Pak Melik ist vielleicht ein anderer Name Naja Genggong's (s. o.). 

53. Hangkrok Gati. Es ist mir nicht gelungen, die Identität dieser Person festzustellen. 

54. Dajün ist der Name eines Dieners Menak DjiNGGâ's. Er zeigt dem Menak DjiNooâ 
an, dass Damar Wülan sich bei Dewi WAHiTâ und Dewi Pujëngan befindet (Ausgabe Winter 
S. 93 = Cod. 2152, S. 149) und ist also die Ursache, dass Damar Wülan von Menak Djinggä 
getödtet wird. Er muss Damar Wülan's Körper bewachen, nachdem derselbe von Menak 
DjiNGoâ getödtet, aber er föllt in Schlaf, wodurch es Dewi WAHiTâ und Dewi Pujëngan 
möglich wird, sich ihm zu nähern. Später bringt er Menak DjiNooâ's Leichnam nach dem 
Rësi auf den Meru (van Dorf, S. 479). Als Menak DjiNGoâ die beiden Söhne des RâNGoâ 
La WE von Tuban, Raden Buntaran und Raden Watangan, tödten lassen will, räth ihm 
Dajun dies ab und ihm wird ihre Bewachung anvertraut^). Sie werden später von Menak 
KoNTjAR befreit. 

In RooRDA VAN Eysinga's Inhaltsverzeichnis wird er z. B. noch genannt auf S. 547, 
648 (er wird befreundet mit Damar Wülan's Diener SABnäL Palon) und S. 550. 

55. Kapi MENüa. Es ist nicht bestimmt zu sagen, welcher Affe {kapi) hier gemeint 
ist. Vielleicht ist es derselbe wie Djanür renda, der Affe den Damar Wülan schafft, 
um die drei dënawa, die ihn angreifen, zu bekämpfen (Brandes in Tijdschr. Ind. T. L. en 
Vk. XXXVIII, S. 459 und S. 468). Es ist aber auch möglich, dass er zum Sijung Wanârâ- 
Cyclus gehört, in welchem Affennamen nicht selten sind; z.B. Sijung WâNâRâ .(w?awara = 
Skr. wdnara (Affe), Lutung Kurung (Vreede , Cat. der Jav. en Sund. HSS. , S. 185) und Lutung 
Kasarung in den Sundanesischen Erzählungen. (S. meinen Cat. der Mal. und Sund. MSS. S. 336). 

56. WiDJATMâKâ ist mir unbekannt. 

57. Djemblek. Auch diesen Namen kann ich nicht klar stellen. 

58. Anak kötjil (ein kleines Kind). 



Ausser diesem Namenverzeichnis liegt mir noch eine Liste vor, die einer andern 
Sammlung Wajang-kelitik-Fupipeii ^ aus der Desa Kédung wungi (in Pökalongan), 
welche jetzt in den Besitz des Museum für Völkerkunde in Berlin übergegangen ist, 
beigefügt war. Da hier einige Namen, die in der anderen Liste fehlen, genannt werden, 



*) RooRDA VAN Eysinga, III, A, S. 537. In der Winterschen Ausgabe (S. 72) ist es aber PamënggËb, 
der abräth, die beiden Baden's zu tödten. 



- 116 - 

wollen wir auch dieses Namenverzeichnis hier folgen lassen ; die Ziffern hinter den Namen 
beziehen sich auf die vorige Liste. 

1. Prabu BsâwiDjâjâ (1 = Tafel VI, Figur 2)- 

2. Dewi KusuMâ KÉNTjâNâ Wüngu, ratu (Köningin von) Ma d j â p a h i t (2 = Tafel VI, Fig. 1). 

3. LoGÊNDER, Patih Mâdjâpahit (33 = Tafel X, Figur 1) 

4. AîTDJASMâRâ, Tochter Logénder's (8 = Tafel V, Figur 2). 

5. UnâRâ, Patih Mâdjâpahit (12). S. o. S. 107. 

6. Damab Wülan, Sohn UnâRâ's (6 = Tafel XI, Figur 1). 

7. Lajano SETBâ (34 = Tafel X, Figur 2) und 7 A Lajang Kumitir, (35 = Tafel XIII, 
Figur 2), Söhne Logéndee's. 

8. SABDâ Palon (51) und 8 A Nâjâ Genggokg, Diener Damar Wülan's. (S. o. S. 114—115). 

9. Menak DjiNGGâ, Ratu (Fürst von) Blambangan (21 = Tafel IX, Figur 1). 

10. Angkat BuTâ (36 = Tafel XIV, Figur 1) und 10 A, KoTBurâ (37 = Tafel XII, 
Figur 1), Gesandte Menak DjiNGoâ's. [Sie werden nach Mâdjâpahit geschickt, um der 
Ratu KÉNTjâNâ Wüngu Menak DjiNOGâ's Heirathsantrag mitzatheilen (Ausgabe Winter, 
S. 24 = Cod. 2152, S. 39). Später sind sie Menak DjiNGoâ's Feldherren]. 

11. ARiâ Paménggér, Schreiber Menak DjiNGoâ's (24 — Tafel XIV, Fig. 2). 

12. RâNGGâ Lawe, Patih Tuban (28 = Tafel VIII, Figur 1). 

13. Dewi Sékati, seine Tochter. Dieselbe wird, wenigstens unter diesem Namen, in 
der vorigen Liste nicht genannt, obgleich sie im Gedichte erwähnt wird. In der Ausgabe 
VAN DoRP wird sie folgendermassen beschrieben (S. 19): .35#mui«yM,^.Ö^Ä^. y«ttu#^«Ä«>n«» 

„Ihre Tochter hiess RÉTNâ Sékati. Sie war vorzüglich, reizend, von wohlproportionirter 
Statur, erfahren in allen Sachen. Ihre Stimme war klar, ihr Antlitz sanft, wie eine Prin- 
zessin von Astinâlâjâ (Hâstinapura)". Sie heirathet später Menak Kontjab, den Befreier 
ihrer Brüder, Raden Büntaran und Raden Watangan. 

14. Raden Büntaran (29 = Tafel VIII, Figur 2) und 14 A, Raden Watangan *) 
(30 = Tafel XI , Figur 2) , ihre Brüder. 

15. Dëmang Gatül ^) ihr Vormund. Dieser kommt in der vorigen Liste nicht vor. Er 
wird mit Raden Büntaran und Raden Watangan von ANOKATBüTa und KoTBUTâ gefangen 
genommen (van Dorf, S. 152). Später entflieht er und fleht Menak Kontjar um Hülfe an. 
Er gehört zu den Spassvögeln (S. van Dorf, S. 186). In der Prosa-Redaktion (Ausgabe 
Winter und Cod. 251) wird er zum ersten Male auf Seite 64 = S. 104 MS. erwähnt: 

Vormund, der Dëmang Gatül hiess, war aus Lumadjang gebürtig. Als er noch jung war, 
war er tapfer. Jetzt war er aber schon alt." 

16. Ariä, Sisimfing, ihr Oheim. Auch dieser wird nur in dieser Liste erwähnt. Er wird 
geschickt, um seine beiden Neflfen, die ausgezogen sind ihres Vaters Tod zu rächen, 
zurückzuholen (Ausg. Winter , S. 64 = Cod. 2152 , S. 104 und Roorda van Eysinga , A , S. 532). 
Er bleibt aber bei ihnen, bis sie ihres Vaters Leichnam gefunden haben. Dann wird er von 
ihnen mit diesem nach Tuban zurückgeschickt (R. v. E. S. 536). Er schreibt für die Fürstin 
einen Brief an Menak Djingga, worin sie verspricht, sich diesem zu unterwerfen (0. c. S. 542). 

17. Raden Menak Kontjar, Sohn des Patih von Lumadjang (27 = Taf. VII, Fig. 1). 



*) In der Liste steht irrig Watangoan. ^ Gtjtul in der Liste ist falsch. 



- 117 - 

18. Dewi Mantar Sari, seine Gattin. 

19. ÉMPU LoBANG, Schreiber des Fürsten von Mâdjâpahit. Derselbe fehlt in der vorigen 
Liste. Er bringt den Brief der Fürstin nach Menak DjiNGGâ (Roorda van Eysinga , S. 542 — 
544) und wird ein Schmied genannt. In dem von Dr. Brandes herausgegebenen Lakon 
heisst er Pün Salomba (Tijdschr. L T. L. Vk. XXXVIII, S. 463 und 479), im Pararaton 
aber Mpu Gandring und ist Waffenschmied in Lui um ban g (S. 11, Z. 12 und 13, Z. 34). 
Er ist ein Zeitgenosse Ken Angrok's und wird von diesem getödtet; seine Krisse sind sehr 
berühmt und derjenige, welchen er für Ken Angrok (Radjasa) macht, spielt im Pararaton 
eine wichtige Rolle (S. Brandes, Pararaton, S. 11, 13, 237 s. v. Gandring und 
S. 54 oben). 

20. Dewi PujËNGAN, Prinzessin von Waleri (23 = Taf. XII, Fig. 2). 
2L Dewi WAHiTâ, Prinzessin von Djapan (22 = Taf. IX, Fig. 2). 

22. Adjar Tunggül Manik, Einsiedler (13). 

23. Küüa Rérangin, Sohn UoâRâ's bei einem Weibe aus Pasawahan (14). 

24. KudSL TiLARsâ, Sohn desselben bei der Tochter des indischen Fürsten Pratokal (15). 

25. Prabu Pandji Wulang (lies Wulung), ratu (Fürst von) Sulebar (9). 

26. Sabuk Kula und Sabuk Mimang, Polizeidiener von Blambangan. Dieselben 
werden in der vorigen Liste nicht erwähnt. Bei Roorda van Eysinga (A, S. 531) werden 
unter den Getödteten Sabuk Kalü und Sabuk Giwang genannt; vielleicht sind dies die- 
selben , obgleich sie dem Zusammenhange nach eher Reichsgrosse von Tuban zu sein scheinen. 

27. Prabü Mündingwangi , ratu (Fürst von) Padjadjaran. Es ist sonderbar, dass 
dieser nicht in der vorigen Liste erwähnt wird, da er doch zu den Hauptpersonen des 
Sijung-Wanârâ-Cyclus gehört (S. oben S. 8 und 9). 

28. Raden Pager Djurang, Prinz von Mâdjâpahit (fehlt in der vorigen Liste). 

29. DjâKâ Sund A, Name Siung WANâRâ's (17 = Taf. VII, Fig. 2). Ein anderer Name 
derselben Person ist Banjak Wide (Babad Tanah Djawi, S. 17). 

30. Gadjah MâDâ, Patih Mâdjâpahit (43 = Taf. XUI, Fig. 1). 

31. La WE ') HiDJO von Tjitjing Geling (fehlt in der vorigen Liste). Im Sërat Kanda 
wird er erwähnt als ein Bote Rängga Lawe's an Menak DjiNooâ. Er streitet später mit 
SËTRâpRAMEjâ von Andaluhur (Pararaton, S. 191—192). 

32. Kunâ Pèngrawit und Kunâ Sëmbagi, satrijâ Gembong, werden nicht erwähnt in 
der vorigen Liste. 

33. ARiâ Sapu Lâoâ, Patih Gembong. Auch dieser fehlt in der anderen Liste. Im Sërat 
Kanda heisst er Sapü Djagat und ist Dipati von Prâbâlinggâ. Er wird den Fürsten 
von Wan dan und Inggris entgegen geschickt. Er erbeutet eine grosse Kanone, die 
seinen Namen erhält, während er selbst von da ab Sapu lâgâ heisst. Später wird DjâKâ 
Sëngara ihm zugefügt, und nachdem dieser Bali erobert, kehrt er mit diesem auf einem 
von Krokodilen geleiteten Flosse nach Mâdjâpahit zurück (Pararaton, S. 196 und 197). 

34. KLâNâ TuNDJUNG SETâ, ratu (König von) Ngrantjang Kontjânâ (39). 

35. Landjak PRAoâïâ, Patih ratu (des Fürsten von) Ngrantjang Kéntjânâ, fehlt 
in der vorigen Liste. 

36. Bambang TRiDjâjâ von Ngrantjang Kéntjânâ (nicht in der vorigen Liste). 

37. Menak Klungküng, Bruder Menak DjiNGoâ's, ratu (Fürst von) Bali (44), 



^) Llw in der Liste ist irrig. 



^ 118 - 

38. Patut Lâwâ, Bruder Menak DjiNGoâ's (26. In der andern Liste heisst er Menak 
Kontjar's Vater). 

39. Pbabü DRUwËSEsâ, ratu (Fürst von) Träte wulung (fehlt in der vorigen Liste). 

40. DjâKâ SuRUH von Mâdjâpahit (auch dieser fehlt daselbst). Derselbe ist der Sohn 
des Fürsten Mündinö Sëkar oder Munding Sari von Padjadjaran. Er gehört also zum 
Sijung- Wanârâ-Cyclus , denn er ist Sijung WANäiRa's Bruder. Im Babad Tanah Djawi (S. 18) 
und Sérat Adji Sâkâ (S. 274 flg.) heisst er Raden Süsüruii. Er ist bekannt als der Stifter 
MäxJjapahit's (Babad Tanah Djawi, S. 21). Oben (S. 8) heisst er ARiâ Tanduran. 

41. Adjar Tunggul Miäü (l. Manik), Einsiedler des Gunung (Berg) Wilis. Dieser 
ist derselbe als N*'. 22. Es ist der Name, den UcâRâ als Einsiedler sich beilegt. 

42. Tjantrik (Lehrling eines Einsiedlers), fehlt in der vorigen Liste. 

43. Lürah (Häuptling) » » » » » 

44. Njai Pagedongan n n n n n 

Sie erscheint dem Raden Susurüh und weissagt ihm, dass er und seine Nachkommen 
über Java herrschen werden und dass sie selbst als Fürstin der Sëgârâ Wëcli (Sandsee) 
sie beschirmen wird (Sérat Adji Sâkâ, S. 282-283). Im Babad Tanah Djawi (S. 20-21) 
ist es ein Adjar (geistlicher Lehrer) von Tjamârâ Tunggal, der sich in eine Frau 
verwandelt, aber als Raden Susurüh sich in sie verliebt, wieder die Gestalt eines 
Mannes annimmt. 

Die dazu gehörigen ledernen Accessoires werden hier nicht einzeln erwähnt. Obiges 
Namen verzeichniss hat Herr Pleyte vom Dalang der Desâ Buwaran erhalten. Wenn 
man es mit dem vorigen, das wir bequemlichkeitshalber A und dieses B nennen werden, 
vergleicht, sieht man dass zwar viele Namen (28) in beiden Listen übereinstimmen, dass 
aber 29 Namen der Liste A auf der Liste B fehlen, dagegen 19 Namen der Liste B sich 
nicht auf der Liste A finden. 

Zum Schlüsse muss hier noch erwähnt werden, welcher Gamëlan diese Wajangart 
begleitet. Herr Poensen nennt (Med. Zend. Gen. XVI, S. 76—86) 20 Gamélan-arten. Die 
erste ist der Gamelan-Salendro , der bei den Wajang purwâ , wajang wong und wajang topeng 
gespielt wird. Dann folgt der Gamelan-Pdog ^ der beim Wajang gëdog angewendet wird. 
Zum Wajang këlifik aber gehört der Gamëlan-laras-miring. Die Instrumente dieses Gamë- 
lan sind die folgenden: 

1. Këndang^ eine längliche Tromm'el, näher beschrieben in Med. Zend. Gen. V, S. 130 
und XVI, S. 118. 

2. Rëbàb^ eine Geige mit zwei kupfernen Saiten (s. Med. Zend. Gen. V, S. 128 und 
XVI, S. 96). 

8. Kënong^ beschrieben ebendaselbst, V, S. 180 und XVI, S. 109. 
4. Këtuk, ein kupfernes Instrument in der Form eines kleinen Gong (s. Med. Zend. 
Gen. XVI, S. 109). 

6. Këmpvi^ ein kleiner Gong (beschrieben 1. c, S. 112). 

6. Gambang, eine Art Napf, worauf hölzerne Brettchen als Tasten liegen (Med. Zend. 
Gen. XIV, S. 108 und V, S. 130). 

7. Saron-barung ^ ein Instrument mit metallenen Tasten (Med. Zend. Gen. XVI, S. 105). 
In einem Verzeichnis aus Surabaja wird aber dieses Instrument nicht erwähnt. 

8. Gong, Dieses Instrument wird indes nicht immer hierbei gebraucht. 



- 119 - 

Nach Raden Mas Utâjâ wird aber in Bandar bisweilen der Gamëlan Salendro 
gebraucht (T\jdschr. Binnenl. Bestuur, X, S. 391). 

Wir endigen diese Abhandlung mit folgenden Worten Prof. Poensen's (Med. Zend. 
Gen. XVII, S. 144): „Sehen wir also im Wajang purwä die älteste und erste Form des 
Wajang^ das Wajang karuijü haben wir dann als eine jüngere, abgeänderte Form zu 
betrachten. Es bedeutet einen ersten Schritt auf dem Wege der Entwicklung und Voll- 
endung, auf welchem später wieder ein Schritt geschah, als der Pangeran Adipati Manqkü 
NagIba I im 18^*^ Jahrhunderte das Wajang wong einführte, in welchem Menschen an die 
Stelle der Puppen treten. Verdient dann das Wajang purwä der Ansicht der Javanen 
nach, und nicht nur der ihrigen nach, den Vorzug vor dem Wajang karutjü^ wir können 
dafür keine andere Ursache finden, als das höhere Alterthum des erstem und seine mehr 
klassischen Erzählungen und Bilder, welche letzteren diejenigen des Wajang karuijü an 
Kunstwerth übertreffen. Der Versuch des sich entwickelnden Verstandes und des Geschmacks 
der Javanen schlug dann auch nur theilweise fehl, als sie die Form des Wajang ver- 
bessern wollten durch die Verfertigung der Puppen des Wajang karuijü^ die die mensch- 
liehe Statur getreuer nachahmen mussten, weil die Kunst der Verfertigung der Puppen 
damals noch sehr wenig entwickelt war, und seitdem stehen geblieben ist. Wären der 
Einfluss und die Führung der Hindu's bestehen geblieben, und wäre die Entwickelung 
und Bildung der javanischen Bevölkerung in dieser Hinsicht regelmässig weiter geschritten 
und zugenommen, dann würden jetzt die Puppen des Wajang karutjü auch sicher viel 
besser aussehen, als es heut wirkhch der Fall ist." 



Alphabetisches Verzeichnis der Hauptquellen fQr das Studium des Wajang këlitik. 

Brandes (Dr. J. L. C), Het Damar-Wulan verhaal in lahon-vorm medegedeeld (in Tüdschr. v. Ind. 
Taal- Land- en Volkenk. XXXVIII , S. 457—486). 

Brandes (Dr. J. L. C), PararcUon {Ken Arok) of het boek der Koningen van Tumapöl en van Mi^'apa- 
hit (Thell XLIX, 1« Stück der Verhandelingen v. h. Bataviaasch Genootschap v. K. en W.), 1896. 

Hazeu, (Dr. G. A. J.), Bydrage tot de kennis van het Javaansch tooneel, Leiden, 1897. 

LiTH (Mr. P. A. van der), Nederlandsch Oost-Indiö, S. 325—328 (erste Ausgabe.) 

Mechelen (Ch. te), Ben en ander over de Wajang (in T|jdschr. Ind. T. L. en Vk. XXV S. 72 — 107). 

Meinsma (J. J.), Bdbad Tanak JDjawi, in proza; Javaansche geschiedenis. 's Gravenhage , 1874 (speciell 
S. 12—24, wo die Geschichte Sijung WanIra's erzählt wird). 

PoENSEN (C), De Wajang^ (in Mededeelingen van wege het Nederl. Zendelinggenootschap, XVI, S. 
59—116, S. 204-222, S. 233 -280, und XVII, S. 138—164). 

Raffles (Sir S.), History of Java, I, p. 375 und p. 379 (erste Ausgabe). 

RooRDA VAN Eysinga (P. L.) , Handbook der Land- en Volkenkunde, geschied-, taal-, aardrtjks- en 
Staatkunde van Nederlandsch Indiö, III, A. S. 502. fgl. und B-C. S. 1—30. 

Sërat Damar Wulan, matoi kasekaraken (in Poésie), G. C. T. van Dorp en C®. 1873, und tanpasêkar 
(Prosa), herausgegeben von Winter in Verh. Bataviaasch genootschap und Codex 2152 Warner. 

Serrurier (Dr. L.), De Wajang poerwà, 4? und 8** Editie, Leiden, 1896. 

UtIjâ (Raden Mas), Beantwoording der vragen, gesteld dor Dr. L. Serrurier (in Tydschr. voor het 
Binnenlandsch bestuur, X, S. 361—406). 

Veth, (P. J.), Java, I, S. 450—467. 

Vrbedk (Dr. A. C), Catalogus van de Javaansche en Madoereesche HSS. der Univeraiteitsbibliotheek 
te Leiden, 1892, (speciell, S. 174 — 183, wo die Damar-Wulan-Manuscripte beschrieben sind). 

Winter (F. L.), Sërat Ädji Sâkà (speciell der letzte Theil, Sijung Wanârâ's Geschichte.) 



- 120 - 



IV. REVUE BIBLIOaRAPHIQUE. - BIBLIOGRAPHISCHE UEBERSICHT. 
Pour les abréviations voir pag. 71. Ajouter: 6. = La Géographie. 



^ 



GENERALITES. 
II. M. Fb. Schrader (R. E. A., p. 117: L'homme 
devant les grands phénomènes terrestres) publie un 
cours de géographie terrestre. La même revue con- 
tient une étude de M. H. Thtjlié (p. 126: Les pri- 
mitifs et Tâme). M. le prof. H. L. Strack donne une 
nouvelle édition remaniée de son livre sur les super- 
stitions concernant le sang (Das Blut in Glauben 
und Aberglauben der Menschheit. München). M. le 
Dr. R. Lasch (A. R. III. p. 97: Die Finsternisse in 
der Mythologie und im religiösen Brauch der Völker) 
traite de l'effet des éclipses du soleil et de la lune 
sur rimagination des peuples primitifs et sur la 
superstition populaire. Le livre de M. W. Robertson 
Smith (Die Religion der Semiten. Uebers. von Dr. 
R. Stuebe. Av. fig. Cr. par M. E. Hakdy dans A. R. 
p. 207) est intéressant pour l'ethnographie comparée 
pai* ses observations sur le totémisme, le tabou etc. 
Les origines de la musique font le sujet d'un essai 
de M. C. K. Wead (Am. A. II p. 75: The Study 
of primitive Music). Celles de la monnaie sont traitées 
par le col. R. C. Temple (A. I. N. S. II p. 99. Av. 
pi.). Des études d'ethnographie comparée sont publiées 
encore par MM. le Dr. A. Malbec et H. Bourgeois 
(R. E. A. p. 108: Les flèches et les armes empoison- 
nées. Av. fig.); et par M. E. Mckinnon (Austr. A. J. 
III p. 9: Linguistics). M. J. W. Powell (Am. A. II 
p. 1: The Lessons of Folklore) donne cette défini- 
tion: l'étude du folklore est l'étude des superstitions; 
M. E. S. Hartland (Folklore: What is It and What 
is the Good of It? London) plaide Tutilité de cette 
étude. 

EUROPE. 
Ymer pubUe des articles de M. C. 0. E. Arbo (p. 
25: Er der foregâet nye invandringer i Norden? 
Avec un résumé en français) sur la question s'il y 
a eu des immigrations successives dans la péninsule 
Scandinave; et de M. G. Retzius (p. 76: Vara förfä- 
ders kranieform) sur les formes crâniennes des 
anciens Scandinaves. 

M. D. Mac Ritchie publie diverses communications 
archéologiques (Scott. Ant. janv. 1800: Memories of 
the Picts; Scott. N. & Q. mars: Underground Dwel- 
lings; The Ant. févr., mars: Fairy Mounds). L'ar- 
chéologie brittannique est encore représentée par des 
articles du cap. C. Duncombe (A. I. N. S. I p. 150: 
Evidence of Lake Dwellings on the Bank of the 
Costa near Pickering, North Riding of Yorkshire. 
Av. pi.) M. R. B. Holt (A. I. p. 155: Marriage Laws 



and Custons of the Cymri); M. G. Clinch (A. I. II 
p. 124: Prehistoric Man in the Neighborhood of the 
Kent and Surrey Border; Neolithic Age. Av. pi.). Le 
même journal publie une étude sur le moyen âge, 
du Dr. Bkdloe (p. 142: On the mediaeval population 
of Bristol). 

R. E. A. publie un essai de M. André Lefèvrb 
(p. 89: Les préjugés historiques) sur les origines du 
peuple français; et une étude sur deux nouvelles 
séries de crânes anciens de la vallée du Rhône, 
Vallais, par M. E. Pitard (p. 136. Av. fig.). Morgenl. 
publie un article de M. I. Goldziher (p. 601: Die 
Su'ubijja unter den Muhammedanern in Spanien). 
M. C. Grianti (üsi, credenze, proverbi e racconti 
popolari di Isnello) publie des contributions au folk- 
lore de la Sicile septentrionale. 

Des communications archéologiques sont publiées 
par M. K. Brunner (Nachr. p. 81 : Steinzeitliche 
Gefasse aus Schlesien. Av. flg.; p. 82: Bronze-Fund 
von Stanomin, Kreis Inowrazlaw. Av. fig.; p. 85: 
Römischer Fund von Möhnsen, Kreis Lauenburg. 
Av. fig); Dr. J. Bols (Nachr. p. 88: Steinkammer- 
Gräber von Fickmühlen bei Bederkesa im Kreise 
Lehe); et Dr. P. Reinecke (Corr. A. G. p. 10: Prä- 
historische Varia. Die südöstlichen Grenzgebiete der 
neolithischen brandverzierten Keramik. Av. fig.; p. 
26: Zur Chronologie der jüngeren Bronzezeit). M. le 
Dr. F. Tetzner (Die Slowinzen und Lebakaschuben. 
Berlin. Av. pl.) donne une description ethnographique 
de la Pomméranie orientale. 

Z. V. V. contient des contributions du Dr. R. M. 
Meyer (X. p. 1: Goethe und die deutsche Volks- 
kunde); du Dr. K. Muellenhofp (p. 16: Zur Ge- 
schichte der Bienenzucht in Deutschland); de M. 
0. Schell (p. 37: Bergische Hochzeitsgebräuche); 
de mile Marie Rehsener (p. 48: Von den Tieren 
und ihrem Nutzen nach Gossensasser Meinung); 
de M. 0. Schütte (p. 26: Braunschweigische Segen); 
de M. A. M. Stiefel Cp. 71 : Zu Hans Sachsens „Der 
plint Messner"); de M. F. P. Pigkr (p. 80 : Faschings- 
gebräuche in Prutz im Oberinnthal); du Dr. Oskar 
Härtung (p. 85: Zur Volkskunde aus Anhalt); de 
mile Marie Eysn (p. 90: Pranger- oder Reifstangen 
im Herzogtum Salzburg. Av. flg.); de M. K. Wein- 
hold (p. 99: Zu den Niedersächsischen Zauberpup- 
pen. Av. flg.). Le deuxième volume de Touvrage de 
M. R. WossiDLo (Mecklenburgische Volksüberliefe- 
rungen. "Wismar) traite des locutions populaires ayant 
rapport aux animaux. Mlle E. Lemke (Volkstümliches 



- 121 - 



in Ostpreussen. Th. Ill Allenstein) publie des con- 
tributions au folklore de la Prusse Orientale. M. le 
Dr. Reiser (Sagen, Gebräuche, Sprichwöri;er des 
Allgaus. Kempten) continue ses communications 
folkloristiques. 

M. J. Grillmayer (Mitth. A. G. Wien XXIX p. 
237: Alte ländliche Wohnstätten aus der Umgebung 
des Schlosses Wûrting in Oberösterreich. Av. pl.) 
publie une étude d'architecture rurale. La sixième 
partie des études de M. G. Bancalari (Mitth. A. G. 
Wien XXX p. 1: Forschungen und Studien über 
das Haus) traite des dénominations populaires des 
meubles et ustensiles de ménage. Z. 0. V. publie 
la fin de Tarticle de M. Josef Blau (V. p. 241: 
Flachsbau und Flachsverwertung in der Rothenbau- 
mer Gegend); et des communications de M. S. 
üdziela (VI p. 1: Die Krakauer Gürtel. Av. fig.); 
du Dr. 0. HovoRKA von Zderas (p. 4: Die Poganica 
und ihre Varianten), étude sur la medicine populaire 
en Dalraatie; de M. E. Lilek (p. 23: Familien- und 
Volksleben in Bosnien und in der Herzegowina) de 
M. L. Mlynek (p. 36: Das „Rekawka-Fest" zu Zuk- 
luczyn); et de M. Demeter Dan (p. 37: Warum 
trinkt die Eule nur Regenwasser? légende roumaine 
de la Boukowina; Der Maulwurf im rumänischen 
Volksglauben der Bukowina). Corr. A. G. contient 
des observations du Dr. Sima Trojanovic (p. 18: 
Die Trepanation bei den Serben); et de mile J. 
Mestorf (p. 9: Nachklänge zum Lindauer Congress), 
à propos du discours de M. Montblius sur l'invasion 
de l'Allemagne par les Slaves. L'influence germani- 
que sur les Slaves fait le sujet d'une étude de M. 
Jan Karlowicz (A. R. p. 184 : Germanische Elemente 
im slavischen Mythus und Brauch). 

ASIE. 

Les idiomes turcs et leur littérature font le sujet 
d'un ouvrage de M. W. Radlofp (Die Sprachen der 
türkischen Stämme. Proben der Volkslitteratur. Mund- 
arten der Osmanen. Ges. und übers, von J. Kunos. 
Leipzig). M. le Dr. G. Jacob (Morgenl. p. 621: Bekri 
Mustafa) publie une comédie populaire de Brousa, 
dans le texte turc avec la traduction allemande et des 
notes explicatives. M. P. H. Lammens (Al — M. n°. 6) 
publie des notes ethnographiques sur les Grecs Mel- 
chites. M. W. L. H. Duckworth (A. I. II p. 145. 
Av. fig.) pubhe une notice sur un crâne syrien. 

M. le prof. J. C. Matthes (Theologisch Tijdschrift 
XXXIV n®. 2: Rouw en Doodenvereering in Israel) 
publie une étude sur le culte des ancêtres chez les 
anciens Israélites. La Revue d'Assyriologie et d'Ar- 
chéologie Orientale publie des contributions de M. 
Leon Heuzey (V n^ 2: Construction antérieure à 
Our-Nina, notes complémentaires, d'après les dé- 
couvertes de M. de Sarzec. Av. pl.) et de M. Jules 
L A. f. E. XIIL 



QppERT (Les Poids Chaldéens). M. R. Campbell 
Thomson (The Reports of the Magicians and Astro- 
logers of Nineveh and Babylon in the British Museum. 
London) publie des textes cunéiformes avec la tra- 
duction et des notes. M. P. X. Kugler (Die baby- 
lonische Mondrechnung. Freiburg. Av. 13 pl.) publie 
un essai sur les systèmes solaire et lunaire et sur 
les tables planétaires des Chaldéens. M. F. Justi (A. 
R. p. 194) donne un aperçu du livre du Dr. E. Leh- 
mann (Zarathusti*a, en bog om Persernes gamle tro. 
Kobenhavn) sur les origines de TAvest. M. G. Saint- 
Yves (R. Se. févr. 1900) publie des notes sur les peu- 
plades retrouvées de l'Asie Centrale. 

M. le prof. G. Schlegel (T. P. Série II vol. I p. 
95: The Secret of the Chinese Method of Transcri- 
bing Foreign Sounds) nous révèle le secret de la 
transcription de mots étrangers en chinois. M. W. 
Harding Smith (Trans. J. S. V p. 42: The Cha-no-yu, 
or Tea Ceremony. Av. pl. et fig.) décrit la façon 
cérémonieuse dont on prend le thé au Japon. M. 
Marcel Monnier (G. p. 35: A travers la Corée. Av. 
fig.) publie des notes de voyage intéressantes. Ostas. 
Ll. contient des articles sur les tribus sauvages 
de l'île de Formose (p. 107); la peste en Mongolie 
(p. 147); les troubles suscités par les „Boxer" (p. 
152); la poussière de Pékin (p. 165), par le Dr. 
C. Stuhlmann. Le compte rendu illustré de la con- 
férence de M. E. Deshayes (1 avril) traite les es- 
tampes japonaises du musée Guimet, les lutteurs 
et sujets divers. 

A. I. publie des contributions du colonel T. H. 
Holdich (II p. 2: Swatis and Afridis; p. 10: The 
Arab Tribes of our Indian Frontier); et de M. W. 
Crooke (I p. 220: The Hill Tribes of the Central 
Indian Hills). Mile F. M. le Gall (A. T. M. p. 73: 
Av. ill.) décrit des intérieurs musulmans à Peshawar. 
Bombay publie des communications de M. Sarat 
Chandra Mitra (V n®. 1 : On Rain Ceremony in the 
District of Murshidabad); M. P. B. Joshi (On Kurn, 
Kuru-Kshetra, and Koravas); M. T. M. Nathubhai 
(On Hindu Wills); et du receveur de la Khandesh 
Lillah (On the Koli Caste in Khandesh District). 

M. W. W. Skeat (Malay Magic. London. Av. pl. et, 
fig.) publie des contributions au folklore et à la reli- 
gion populaire de la péninsule malaise. M. le Dr. 
Snouck Hurgronje (I. G. p. 236 , emprunté au jour- 
nal Javabode) donne des détails sur la position des 
chefs spirituels, les oulémas, dans TAtchin. Bydr. 
contiennent des contributions du prof H. Kern (p. 
263: Bijdragen tot de spraakkunst van het Oud- 
javaansch); du Dr. H. H. Juynboll (p. 272: Het oud- 
javaansche Brahmandapurana); de M. G. P. Rouf- 
faer (p. 284: £en paar aanvullingen over bronzen 
keteltrommen in Nederlandsch-Indié); de M. G. A. N. 

16 



- 122 - 



SoHBLTEMA (p. 308: Zeveti dierenverhalen, traduction 
avec notes). M. le Dr. W. Hein (Hofm. p. 317: Indo- 
nesische Schwertgriffe. Av. 101 fig.) décrit les gardes 
de sabre en Indonésie. M. L. Tiemebsma (I. 6. p. 
261 : Maria-vereering op het eiland Flores) publie une 
contribution à la religion populaire de File de Flores. 
M. F. Blumkntritt (Die Philippinen. Hamburg) donne 
un aperçu de la situation ethnographique et politique 
de cet archipel. 

AUSTRALIE et OCÉANIE. 

A. L publie des communications de M. D. W. Car- 
negie (N. S. I. p. 30: On a Bark-bundle of Native 
Objects from Western Australia. Av. fig.); M. W. 
DüNLOP (L p. 22: Australian Folklore Stories); Rev. 
W. Gray (I. p. 127: Notes on the Natives of Tanna. 
Av. pi.); Prof. Baldwin Spencer (I p. 275: Some 
Remarks on Totemism as applied to Australian Tribes); 
M. J. G. Frazer (I p. 281 : Observations on Centi-al 
Australian Totemism); M. Herbert Perkins (II p. 
152: Some Australian Tree Cai-vings. Av. pL); Dr. A. 
0. Haddon (II p. 213), note sur la tribu Yaraikana 
au nord du Queensland, visitée par la Cambridge 
Expedition. Am. A. publie des communications de 
M. R. H. Mathews (II p. 139: The Toara Oeremony 
of the Dippil Tribes of Queensland ; p. 185 : Divisions 
of some West Australian Tribes). M. A. C. Macdou- 
GALL (Austr. A. J. N. S. Ill p. 7: An Aboriginal 
Custom) décrit une espèce de jugement de Dieu. 

M. P. W. Schmidt (Mitth. A. G. Wien XXIX p. 246: 
Die sprachlichen Verhältnisse Océaniens in ihrer Be- 
deutung für die Ethnologie) publie une étude sur les 
rapports entre la linguistique et l'ethnologie de TOcé- 
anie. M. £. Treoear (Am. A. II p. 163) publie des 
observations sur les indigènes de la Nouvelle Zélande. 
A. L publie encore des notes du rév. A. E. Hunt 
I p. 5: Ethnographical Notes on the Murray Islands, 
Torres Straits); de M. R. E. Guise (I p. 205: On 
the Tribes inhabiting the Mouth of the Wanigela 
River, New Guinea); de M. C. G. Seligmann (II 
p. 211), notice sur les dubus ou clubs des indigènes 
de la Nouvelle Guinée et sur la seclusion des jeunes 
filles; du rév. Samuel Ella (II p. 154: Dialect Chan- 
ges in the Polynesian Languages); de M. F. W. 
Christian (I p. 288 : On Micronesian Weapons, Dress, 
Implements, etc. Av. pi.). Le rapport du Dr. Schnee 
Mitth. D. S. p. 75: Bericht über eine Fahrt nach der 
Südküste Neu-Pommerns) donne peu de détails eth- 
nographiques. M. H. Stolpe (Mus. Dresden Fest- 
schrift 1890 n*. 6: lieber die Tatouirung der Oster- 
Insulaner. Av. 21 fig.) décrit le tatouage des indi- 
gènes de Tîle de Pâques. 

AFRIQUE. 

M. R. Karutz (Die afrikanischen Bogen, Pfeile 
und Köcher im Lübecker Museum für Völkerkunde. 



Av. 5 pl.) décrit des arcs et des flèches africaines. 
M. le prof. W. M. Flinders Pétrie (A. I. N. S. II 
p. 204: Alphabet) publie une notice sur les origines 
de l'alphabet, en comparant des caractères retrouvés 
sur de la poterie égyptienne datant de 25 siècles 
avant notre ère. M. P. Blanchet (Ann. G. p. 141) 
décrit Toasis et le pays de Ouargla. M. le Dr. A. Loir 
(R. T. p. 142:) publie une note sur les Aisseouas 
charmeurs de seipents. 

Bull. S. 6. publie un rapport du cap. £. Salbsses 
(XX p. 365: De Conakry au Niger) avec des détails 
sur les Peuls, les Malinkés et les Sousous, leurs 
moeurs et coutumes. M. P. Prins (G. p. 177 : Vere le 
Tchad) décrit ses impressions durant une année de 
résidence auprès du sultan de Baguirmi, et (p. 193) 
les résultats scientifiques d'un voyage au Dar Rounga, 
avec une courte note ethnographique. M. J. Eysséric 
(T. du M. livr. 8 suiv. Av. ill,) décrit son exploration 
et sa captivité chez les Gouros. Le Congo français 
fournit des sujets à M. Albert L. Bennett (A. I. 
II p. 66: Ethnographical Notes on the Fang. Av. 4 
pi.); et à M. H. Avblot (111. p. 90: L'art et la mode 
chez les Pahouins. Av. des fig. de coiffures, de 
dessins, d'armes etc.). M. Oh. H. Robinson (Nigeria: 
Our Latest Protectorate. London) publie des notes 
sur les Haoussas. 

M. R. H. Stone (In Africa's Forest and Jungle: or 
Six Years among the Yorubans. London) publie ses 
notes sur un séjour de six ans au Joruba. M. Nolte 
(D. K. B. p. 284: Bericht über einen Besuch beim 
Sultan von Tibati) publie un rapport sur une mis- 
sion dans l'intérieur du Cameroun. A. I. publie des 
articles de M. F. Shrubsall (I. p. 9ö: Notes on 
Ashanti Skulls and Crania. Av. âg.); M. H. P. Fitz- 
gerald Marriott (II p. 21: The Secret Societies of 
West-Africa); Comte C. N. de Cardi (II p. 51: Ju-ju 
Laws and Customs in the Niger Delta. Av. pL); 
MM. R. K. Granville et Felix N. Roth (p. 104: 
Notes on the Jekris, Sobos and Ijos of the WaiTi 
District of the Niger Protectorate. Av. pi. et flg.); 
cap. Guy Burrows (I p. 35: On the Natives of the 
Upper Welle District of the Belgian Congo. Av. fig.); 
et une série de photos, reproduisant des costumes 
d'indigènes de Sherbro, Côte occidentale d'Afrique, 
par M. T. Alldridge (II p. 64: Exhibition of Lan- 
tern Slides). 

M. L. Reinisch (Dr. A. W. Schleichers Somali- 
Texte. Wien) publie des contes et fables somalis, 
oeuvre posthume du Dr. Schleicher. P. M. publie 
une étude élaborée du Dr. A. Widenmann (Ergän- 
zungsheft 129 : Die Kilimandscharo-Bevölkerung. 
Anthropologisches und Ethnographisches aus dem 
Dschaggalande). Mitth. D. S. publient des communi- 
cations sur l'Afrique orientale allemande, du lieut. 



- 128 - 



Bäumst ABCE (p. 45: Die Warangi); cap. Richtbb 
(p. 61: Einige weitere ethnographische Notizen über 
den Bezirk Bukoba); et cap. Kannsnbbbo (XIII 
p. 3: Durch die Marenga Makali). 

A. I. publie des articles du prof. T. Rupert Jones 
(I. p. 48: Exhibition of Stone Implements from Swazi- 
land, South- Africa. Av, pi.); M, F. Shbubsall (p. 
55: A Study of A-Bantu Skulls and Crania. Av. pi); 
M. MiNETT E. Fbames (p. 251 : On some Stone Imple- 
ments found in Griqualand-East , Cape Colony. Av. 
pi); M. Q. Leith (p. 258: On the Caves, Shell- 
mounds and Stone Implements of South-Africa. Av. 
pi). M. le générai Galliéni (G. p. 30, 111) continue 
ses notes sur l'île de Madagascar. 

AMÉRIQUE. 

Mgr. Legal (Bull S. G. p. 450: Au Nord-ouest 
canadien) fait une description ethnographique des 
Pieds-noirs. M. Th. Wilson (Rep. N. M. 1897 p. 811: 
Arrowpoints, Spearheads and Knives of Prehistoric 
Times. Av. 65 pi) décrit des armes préhistoriques. 
A. I. publie des communications de M. E. B. Tylob 
(I p. 133: On the Totem-post from the Haida Village 
of Masset, Queen Charlotte Islands, now erected in 
the Grounds of Fox Warren, near Weybridge, Av. 
pi; p. 136: On two British Columbian House-posts 
with Totemic Carvings, in the Pitt-Rivers Museum, 



Oxford. Av. pi; p. 138: Remarks on Totemism with 
especial reference to some modern theories respec- 
ting it); et de M. W. Cobneb (II p. 29: Mitla; an 
archaeological Study of the Ancient Ruins and Re- 
mains in that Pueblo. Av. 7 pi). 

Am. A. contient des contributions de M. W. A. 
Phillips (II p. 37 : Aboriginal Quanies and shops at 
Mill Creek, Illinois. Av. fig.); M. J. W. Fewkes (p. 80: 
The New-fire Ceremony at Walpi. Av. pi); M. D. 
Boyle (p. 188: Indian Canoe Making); M. Cybus 
Thomas (p. 53 : Mayan Time Systems and Time Sym- 
bols); M. Otis T. Mason (p. 63: Linguistic Families 
of Mexico); M. Walteb Hough (p. 66: Oriental In- 
fluences in Mexico); M. C. P. Bowditch (p. 145: The 
Lords of the Night and the Tonalamatl of the Codex 
Borbonicus). 

M. Otis T. Mason (The Latimer Collection of Anti- 
quities from Porto Rico in the National Museum and 
the Guesde Collection of Antiquities in Pointe-a- 
Pitre, Guadeloupe, West-Indies. Washington. Sm. 
Inst. Av. pi et fig.) décrit des collections archéolo- 
giques des Indes Occidentales. M, G. Papillault (R. 
E. A. p. 143: La crâniologie dans la République 
Argentine et en Australie) publie une étude d'anthro- 
pologie comparée. 

LA Haye, juin 1900. G. J. Dozy. 



V. LIVRES ET BROCHURES. - BÜCHERTISCH. 



V. G. E. Grum-Grzimailo. OnncaHie nyTemecTBifl bi> 
3ana4Hbiä Kuraä. (Beschrijving eener reis naar Wes- 
telük China). D. II. Met kaart, 27 fotografieën, 1 gra- 
vure en 10 zinkogi-afleön in den tekst. St. Peters- 
burg 1899, 

Dit tweede deel van een reiswerk, welks eerste 
deel reeds in dit Archief besproken is geworden, 
behandelt den tocht des reizigers „dwars door Bei- 
tgan en Nan-sjan naar het dal der Gele Rivier." De 
drie eerste hoofdstukken zyn gewyd aan „het histo- 
risch verleden van Bei-sjan in verband met de 
geschiedenis van Middel-Aziö." In de drie volgende 
hoofdstukken vindt men eene beschrüving van den 
tocht dwars door Bei-sjan, benevens eenige mede- 
deelingen over het Chineesch tooneel en de Chinee- 
sche muziek. De b^gevoegde phototypen geven eene 
goede voorstelling van de kostumen der tooneel- 
spelers en van de inrichting des tooneels. BJijzondere 
opmerking verdient wat de Sehr, zogt van de zorg 
waarmede men in de historische stukken getrouw 
de kostumen van het tydperk, waarin een stuk 



speelt, tracht weêr te geven. De kostumen verdieneu 
dus, geiyk hü opmerkt, een gedetailleerde studio 
door ethnografen en geschiedkundigen. 

In 't zevende hoofdstuk beschryft de reiziger zjjn 
verblyf in 'tland der Tanguten; wat w\j in dit hoofd- 
stuk aantreffen is hoofdzakel\jk land- en plaatsbe- 
schryving. Het volgende hoofdstuk, getiteld ^Over 
de blondharige autochthonen van Cen- 
traal-Aziö" heeft het karakter van eene verhan- 
deling, waarin de Sehr, zijn theorieön meedeelt over 
de afkomst der Chineezen, de bakermat hunner 
beschaving, en de verhouding waarin het van de 
Chineezen onderscheiden blondharige ras der volgens 
hem vöör-Chineesche bevolking tot eenige Noord- 
Aziatische en Europeesche volken staat. Anthropo- 
logie, ethnologie en taalkunde worden te hulp ge- 
roepen om het vraagstuk op te lossen. Men kan niet 
zeggen dat het den Sehr, gelukt is zQn theorieön 
aannemeiyk te maken, en daarom beamen w^j wat 
nog onlangs door Prof. Fb. Hirth in zQn opstel over 
de Wolga-Hunnen werd opgemerkt: >) »Wie so 



Sitzungsberichte der philol.-hist. Cl. der k. B. Ak. der Wiss. München, 1899. B. H, H. H, S. 277. 



- 124 - 



manches andere Problem der Sinologie bedarf auch 
die Frage der blonden Rassen in Centralasien drin- 
gend einer gründlichen Neubearbeitung." 

De volgende vier hoofdstukken bevatten het ver- 
volg van het reisverhaal. 

Vorder bevat het boekdeel 6 Belagen , meestal 
lysten van op de expeditie verzamelde en door ver- 
schillende geleerden bewerkte Fauna. De eerste 
Belage bevat eene antikritiek op Katanof's recensie 
van 't eerste Deel; de laatste eene woordenlijst van 
den Tangutischen tongval Panaka. 

Eenige nuttige bladw^jzers besluiten het geheel. 

H. Kern. 

VI. W. A. Obrucef. UeHTpa/ibHafl Aain, OsBepnufi 
KHTaft H HaHb-ITTaHb (Gentraal-Aziö , Noord-China en 
Nan-8jan). I. St. Petersburg 1900. 

Dit werk behelst het verslag eener reis, onder- 
nomen volgens opdracht van 'tKeiz. Russisch Aard- 
rykskundig Genootschap in de jaren 1892—1894 door 
den möningenieur Obrucef. De door den reiziger 
volbrachte tocht strekte zieh uit over Oostelflk Mon- 
golie, de provincies Tsji-li, Sjan-si, Sjen-si en Han- 
sji, Ofdos, Alasjan en Oostelyk Nansjan. Het voor 
ons liggend Iste deel bevat het zeer uitvoerige reis- 
joumaal van den afgelegden weg in niet minder dan 
615 bladz. 4°. met 8 marschroute-kaarten , 39 photo- 
typieön en 112 tekstplaten. Hoewel de inhoud van 
dit deel van zuiver geografischen en geologischen 
aard is, en geen mededeelingen over volkenkunde 
bevat, hebben wy gemeend de aandacht onzer lezers 
op dit werk te moeten vestigen. H. Kern. 

VIL Thomas Wilson, The Swastika, the 
earliest known symbol, and its migrations; 
with observations on the migration of cer- 
tain industries in prehistoric times. From 
the Report of the U. S. National Museum for 1894, 
pages 757—1011 (and appendix pages 1013-1041), 
with plates 1—25 and figures 1—374, Washington 
1896. (Appendix 1900?) 

In this work Mr. Wilson has tried to compilate 
all the literature existing on this important subject. 
Although the enumeration of the English and Ame- 
rican writers seems to be complete , we cannot agree 
with Prof. Sayce's statement: "Nothing seems to 
have escaped your notice" (Appendix, p. 1018). The 
bibliography (p. 984—986 and addenda p. 1020) prove 
the author does not know the following works or 
notes on the swastika: M. von Zmigrodzki, Die 
Mutter bei den Völkern des arischen Stammes , Mün- 
chen, 1886, § 274: System der Suastika, § 275: 



Geschichte der Suastika, p. 405—409; G. DuMOirriBR 
Les symboles, les emblèmes et les accessoires du 
culte chez les Annamites, Paris, 1891, p. 18—20 ;,la 
croix gammée" and some of the literature cited in 
the note on p. 20—21; A. R. Hein, Die bildenden 
Künste bei den Dayaks auf Borneo, Wien 1890, 
p. 83; the same author „Mäander, Kreuze, Haken- 
kreuze und urmotivische Wirbelornamente in Ame- 
rika, Wien 1891; K. von den Steinen in Bastian- 
Festschrift, 1896; Prof. Dr. M. Büchner, Primitive 
Ornamentik (Die Umschau, 1898, 8 Jan. n«. 2, II 
Jahrg. p. 19 — 23; L. C. van Panhuys in Intern. 
Archiv f. Ethnographie, XI, p. 85—86 and many 
treatises in the Zeitschrift für Ethnologie (vide 
Register). 

In the chapter on the dispersion of the Swastika 
(p. 799—905) some countries are forgotten, as Annam, 
Borneo, Russia, Portugal, even in the appendix 
(p. 1013—1018). 

It is remarkable to see, how the same author, 
who does not dare to ascribe a definite significance 
to the swastika, though its solar significance is suf- 
ficiently proved by many scholars (f. i. the count 
d'Alviella), is bold enough, to ascribe the introduc- 
tion of the Swastika into America to Buddhistic 
influences. The late D. G. Brinton in his disser- 
tation on the Taki, the Swastika and the cross in 
America (read before the American Philosophical 
Society, December 21, 1888), is of a quite different 
opinion. 

In his Appendix Wilson does mention the occur- 
rence of the Swastika on the island of Java: ''Mr. R. 
E. Martyr notifies of the occurrence of variations of 
the swastika occurring in Solo , a dialect of western 
Ssuch'uan, citing Baber's Travels in 1881; also a 
Journey in that country, by Mr. F. S. A. Bourne, 
Parliamentaiy Papers C. 5371/88, China n». 1, 1888." 
We suppose that here some Ijnes are omitted 
accidentally , for we cannot believe the author think- 
ing really Solo, the capital of a Javan residency, 
to be a ;,Chinese dialect." 

We have noted the foregoing shortcomings in order 
to warn against the eulogistic criticisms in Wilson's 
Appendix (p. 1018—1020). As we intend to write an 
ampler criticism on a following occasion, we shall 
not add more to this, excepting to express our 
conviction , that Wilson's work notwithstanding the 
afore said is a valuable treatise. 

Dr. H. H. Jüynboll. 



- 125 - 



Fortsetzung von Seite 97. 

DER BIRKENBESEN 
EIN SYMBOL DES DONAR. 

EINE MYTHOLOGISCHE UNTERSUCHUNG 

VON 

FRIEDRICH KUNZE, 
Volksschullehrer zu Suhl in Thüringen. 



6. Die Birkenruthe als Waffe gegen lokale „Plagegeister." — Während 
im voraufgehenden Abschnitte besonders solche Dämonen in Betracht kamen, welche gleich- 
sam Menschen und Thiere von aussen anfechten und deshalb an keinen bestimmten Ort 
gefesselt sind , so werden wir nun sehen , dass die Birkenruthe auch ein Bekämpfungsmittel 
derjenigen satanischen Wesen ist, welche aus dem heimgesuchten Körper von innen nach 
aussen schädigend wirken und ge Wissermassen als lokale Plagegeister Krankheiten aller 
Art erzeugen. Die Völker des Alterthums fassten nicht wie wir die mannigfaltigen „Uebel 
des Leibes und der Seele" vom natürlichen Standpunkte auf, sondern sie führten jede 
Störung des leiblichen u. geistigen Normalzustandes auf die gewaltsame Einwirking gewisser 
dämonischer Wesen zurück. ') Auch bei unseren germanischen Vorfahren war diese 
Anschauung vertreten,*) und noch heute bezeichnen unsere Bauern die Epilepsie als „das 
böse Wesen" oder „das wilde Spiel", wie andererseits der sogen. „Hexenschuss" eine kreuz- 
lähmende Krankheit ist , welche man ehemals den schiessenden Eiben zuschrieb , ^) worüber 
besonders Meyer, Germ. Mythologie, S. 119 — 120, eingehender berichtet. Wenn bei den 
Dajaks auf Borneo Krankheit soviel bedeutet als „von einem Geist geschlagen sein",*) so 
kann das nicht Wunder nehmen, denn noch in Westfalen sagt man von einem elend 
aussehenden Menschen : „Dar sin die elwen ane", ') während in der Lausitz mit der fallenden 
Sucht Behaftete „die Eiben" haben«) und bei Fürsten walde schwarze, rothe und weisse 
Eiben Kopfweh und Gedächtnisschwäche verursachen. 7) 

Da nun nach dem voraufgehenden Abschnitt viele Insekten und andere niedere Thiere 



») Tylor. Anfänge der Kultur I. S. 126 flf., IL S. 114, 123, 125 ff., 137, 176, 216, 406. Zeitschr. f. 
Volkskunde 1895. S. 1 ff. Ploss, Das Kind 2e Aufl. IL S. 211 ff. Riehm, Bibl. Wörterbuch und Schenkel, 
Bibel— Lexikon unter ;, Besessene". Lenormant, a.a.O., S. 37 ff. Lippebt, Volksbrauch S. 120, 179 ff., 245, 
561. Friedreich, Realien in der Iliade und Odyssee 2e Aufl. 1856. S. 167, 168 Anmerk. Friedreich, Zur 
Bibel. 1848. S. 193; Weber, Indische Studien I. S. 217 Anm.. 

*) Sehr ausführlich handelt davon Höfler („Krankheits-Dämonen") in Achelis' „Archiv füi* Religrions- 
wissenschaft". IL Bd 1899, S. 86— 164. Vgl. ferner Grimm, Mythol. 3e Aufl. S. 429, 1106; Goltheb, S.118, 
120, 132; SiMRocK, Mythol. S. 496; Jahn, Hexenwesen S. 10; Laistner, Räthsel etc. I. S.32, 37 ff., 73. 
II. S. 271; WüTTKE, § 380, 395, 476, 528: Kuhn, Westf. S. IL S. 19; Fossel, Volksmedizin 2e Aufl. 
1886. S. 9. ff. 

») Meier, Schwab. Sagen, S. 191; Zeitschrift für Volksk. VII. S. 252; Herrmann, Deutsche Mythol. 
S. 61, 134; Golther, S. 120, 132; Höfler, bei Achelis, Archiv IL, S. 128. 

*) Tylor, a.a.O., L, S. 126. 

*) Woeste, Volksüberlieferungen aus der Grafschaft Mark 1848, S. 41; Kuhn, Westf. Sagen IL, S. 19. 

•) Haupt, Sagenbuch I., S. 65. 

") Norddeutsche Sagen, S. 443; Vgl. auch Haupt, Zeitschr. für d. deutsche Alterth. IV, S. 389. 

I. A. f. E. XIII. 16* 



- 126 - 

mit den Eiben als gleichbedeutend erkannt werden, auch die Würmer (Golther, S. 132), 
so sah man auch solch unheimliches Geschmeiss als Krankheitserreger an. i) Betrunkene 
haben einen „Käfer", Dumme, Geistesarme haben „Maden im Kopfe", und doch „wurmt" es 
selten bei solchen Personen ob ihrer Mängel. Man vergl. auch Nordd. Sagen S. 518 unter XIII. 

Wenn nun der hammerechwingende Donar als Eibenbeherrscher auch die krankheit- 
bringenden Dämonen bekämpfte (Ztschr. f. Myth. IIL, S. 107) und dadurch gleichsam zum 
altdeutschen Heilgott oder Gesundheitspatron emporstieg,*) so musste selbstredend auch 
die ihm geweihte Birke befähigt sein, alle als Krankheit sich äussernden „Anfälle" der 
tückischen Dämonen abzuwehren , wie denn überhaupt gegen Krankheiten jeglicher Art im 
deutschen Volksglauben alle diejenigen Mittel zur Anwendung gelangen, welche auch zum 
Schutze gegen den Blitz dienen. 

Fieberkranke Ostpreussens begeben sich in einen nahen Birkenwald , rütteln einige der 
weissen Bäumchen und sprechen dabei: „Schüttle mich, wie ich dich, dann höre auf!"») 
Gichtbehaftete Personen Böhmens wiederum stechen sich am 1. März mit einer Nadel in 
den schmerzgepeinigten Körpertheil , fangen das Blut in einem reinen neuen Tuche auf und 
praktizieren es unter die Rinde einer Birke*), und in der Schweiz werden Kinder mit 
Bruchschäden „unbeschrieen" in den Wald getragen und dort durch eine eigens zu diesem 
Zwecke gespaltene Birke gezogen. „Wenn der schnell verwachsene Baum wieder heil ist, 
so ist auch der Leibschaden verwachsen" '). In dem 1861 von Pfeiffer veröffentlichten 
„Buch der Natur" heisst es auf S. 331 : „pirkenholz wer daz pei im tregt, daz ist für den 
Krampf gtu>f\ 

Von heilsamer Wirkung ist besonders die Birkenruthe. Schlägt man mit ihr Wahn- 
sinnige, so sollen sie wieder „vernünftig" werden*) — welches Wunder nach Pliniüs 
(Hist. nat. XX, 51) bei den alten Römern um die Schläfen gewundene Lorbeerbüsche 
erzielten 7) — , und wenn in Westpreussen das Uebel eines Kranken nach dessen Meinung 
von einem „bösen Menschen" herrührt, so braucht man nur des Patienten Urin zu sammeln 
und denselben (vor Sonnenuntergang) nach Beimischung von Salz über dem Feuer zu 
sieden und ihn dabei tüchtig mit Birkenruthen zu peitschen, wie mir Herr Alexander 
Treichel auf Hoch-Paleschken bei Danzig schreibt. Gegen den Stich der Natter wird in 
der Oberpfalz folgendes Mittel empfohlen: „Man bindet das Bein ober der Wunde mit 
einem birkenen Widl (Reis) und legt auf die Wunde Blätter davon; dann entsteht eine 
Blase, die man aufsticht."») Werden südungarische Zigeuner von Gliederlähmungen heim- 



1) WuTTKE, § 476; Hrrrmann, deutsche Myth., S. 134; Menohin, a.a.O., S. 135; Schönwerth, IIL 
S. 250; Lammert, Volksmedizin in Bayern 1869, S. 129: Wlislocki, Volksgl. der siebenb. Sachsen 1893, 
S. 105 flf.. Sagt man doch auch von krank aussehenden Menschen in Westfalen: „Der sieht aus, als liätte 
er Heimchen gegessen*' (Kühn, Wsetf. Sagen IL S. 80), welche Redensart sich mithin dem Sinne nach 
mit der vom Elbenbesessensein (Kuhn, a.a.O., IL S. 19) deckt. (VgL Höflbr bei Achelis, a.a.O., S. 109). 
Die hin und wieder im menschlichen und thierischen Körper vorkommenden leibhaftigen Würmer schienen 
dergl. Anschauungen noch zu bekräftigen. Aber auch bei den Slaven war der Wurm „Ausdruck des bösen 
Prinzips". (Haünsch, Slav. Mythologie, 1842. S. 188). 

») Meyer, Mythol. S. 210; Müller, Altd. Rel. S. 246; Mannhardt, Germ. Mythen, 8. 134; Zeitschr. 
f. Myth. I. S. 72, IL S. 318, 319; Nork, Volkssagen, S. 279, 285; Mannhardt, Götter, S. 97 ff.; Herr- 
mann , a. a. 0. , S. 342. 

•) Toppen, Aberglauben aus Masuren, 2e Aufl., 1867, S. 53. 

*) Grohmann, Aberglauben etc. S. 183. 

*) Rochholz, Alem. Kinderlied, S. 336; Pbrger, Pflanzensagen S. 309. 

•) Ko bell, Pflanzensymbolik, S.'4. 

) Die alten Griechen suchten sich und ihre Hausthiere durch Anpflanzung von Lorbeerreisern vor den 
Wohnungen gegen Leibes- und Gemüthskrankheiten zu feien. (Bötticher, Baurakultus, S. 360 fif.). 

») Schönwerth, III. S. 266. 



- 127 - 

gesucht, so wird das betroffene Glied mit Birkenreisern, die einige Tage hindurch in 
Salzwasser lagen, unter Hermurmelung nachstehenden Spruches gepeitscht: 

Wer drinnen ist, der komm heraus! 
Drei gute Urmen rufen ihn, 
Drei gute Urmen treiben ihn 
In den grünen grossen Wald. 

• 

Die so ausgedienten Ruthen werden dann in ein Baumloch des nächsten Waldes 
gesteckt.^) Wenn in Westpreussen der Säugling seine ersten Zähne „leicht kriegen" soll, 
so werden ihm mittels Birkenruthen „trockene Aufschläge", d. h. Hiebe, auf das Hinter- 
theil verabfolgt (Alex. Treichel), und Warzen vertreibt man in der Spreewaldgegend durch 
Peitschen derselben mit „abgebrochenen Zäckchen" der Birke, besonders während des Kirchen- 
geläutes; sie sollen dann bald darauf verschwinden.*) Um die verlorene Manneskraft wieder 
zu erlangen, ist nach Jahn (Hexen wesen, S. 188) in folgender Weise zu verfahren: „Mache 
stillschweigend aus Birkenzweigen einen Kranz und lass den Urin darauf, so bist Du 
davon befreit." Birkenrinde in die Schuhe gelegt, soll gut sein gegen heftige Fussschmerzen, ^) 
während man in Baiern mit Birkenschwämmen Frauenblutungen zu stillen sucht,*) und 
„Birken theer'V) unter das Bett der Wöchnerin gestellt, schützt nach dem Glauben der 
Galizischen Juden den Säugling vor Ausschlägen jeglicher Art. *) 

In vielen Gegenden — auch in meiner Heimath , unweit Nordhausen — sucht man mittels 
Birkenlaub der schmerzhaften Gicht heilsam zu begegnen. 7) Fuchsschwanz (Amaranthus 
candatus) und Birkenblätter verwendet man im Oesterreich. Schlesien zum Einräuchem 
des sogen. „Lendensteines", eines Schmerzes im Kreuz, zwischen den Hüften. 8) „Das grüne 
Birkenlaub, beim Ausschlagen klein gehackt und mit Weissbier drei Wochen lang gären 
gelassen und dann destilliert, dies so gebrannte Wasser soll ein Mittel gegen den Brand 
und den fressenden Krebs sein", berichtet Höfler (Baumkult, S. 187). Nicht weniger wirkungs- 
voll als dieser Extrakt ist auch der natürliche Saft der Birke im Volksglauben, doch darf 
man keineswegs mit Petersen (Donnerbesen, S. 11) annehmen, dass auf der heilsamen 
Wirkung des Birkensaftes die Bedeutung der Betuia alba als Entzauberungsmittel bei 
Krankheiten beruhe, nein, umgekehrt muss man folgern: weil die Birke dem allmächtigen 
Donar heilig war, so hielt man sie — also auch den Saft — für ausgestattet mit über- 
natürlichen Kräften. Birkensaft gilt nach Baumgartbn^) in Niederösterreich als „ungemein 
gesund". In Baiern und am Niederrhein ist der Birkensaft ein Stärkungsmittel für „brüchige 
Männer", die früher als impotent galten, sowie für die am „Schwinden" Leidenden, i®) „Birken- 



*) Wlislocki, Volksglaube und religiöser Brauch der Zigeuner 1891, S. 170. Auf S. 107 desselben 
Werkes hat der Verfasser die Abbildungen zweier roh geschnitzter Holzfiguren beigebracht, deren eine 
„die Mutter der Krankheitsdämonen" - Ana — nach der Einbildung der Zigeuner darstellt. Aus Birken- 
holz kunstlos geschnitzt, werden diese rohen Gebilde den Krankheitsdämonen als Opfer dargebracht, um 
ihnen ge Wissermassen einen vermeintlichen Ersatz für gefordei*te Menschen zu bieten. 

") Schulenburg, Wendisches Volksthum 1882. S. 103. 

•) Neidhardt, Die Pflanzen in religiöser, abergl. und volksthüml.'Beziehung. 1867, S. 51. 

-») Höfler, a.a.O., S. 138. 

„Der Schwam, so an den Bircken wachset, stillet das Blut, und die überflüssige güldene Ader" 
heisst es im Kräuterbuche des Thomas Panoovius (1656. S. 21), während die Brühe von ausgekochten 
Birkenblättern ein heilsames Getränk ist, das „die Wassersucht vertreiben" soll. 

*) Ueber die heilsame Verwendung von Birkentheer und Birkenessenz bei mancherlei Krankheiten, 
vgl. Krebel, Russische Volksmedizin etc. 1858, S. 121. •) Am Ur-Quell. IV. S. 171. 

^) KoBELL, a.a.O., S. 10; Pbrger, Pflanzensagen, S. 309; Montanüs, II. S. 153. 

8) Peter, a.a.O., IL S. 241. ») Das Jahr und seine Tage, Ö. 4. 

>») Höfler, Baumkult, S. 136; Montanüs, II. S. 153. 



-> 128 - 

saft wird getrunken als Mittel gegen Rheumatismus. Reibt man dagegen die Kopfhaut 
damit ein, so wird dadurch der Haarschwund gehindert", heisst es im Bergischen (Am 
Urquell IV. S. 154), und in der Gegend von Nordhausen soll er, eingerieben, sogar die 
„Krätze" beseitigen können. Das im Monat Mai gesammelte „Blut" der Birke vertreibt 
die Sommersprossen^) und „macht hübsch", wenn man im März — also in dem heiligen 
Monat Donars (Vgl. S. 83 !) — das Gesicht damit bestreicht, ^) wie denn überhaupt Waschungen 
des Gesichts mit Birkensaft viel zur Verschönerung und Pflege der Haut beitragen. 3) 
Trinken böhmische Frauen den im Mai gesammelten Birkensaft, so bleibt ihnen dauernde 
Gesundheit erhalten und eheliche Fruchtbarkeit gesichert.*) Ja, „Helmont (Philosoph und 
Arzt) rühmt den Birkensaft, sowie die jungen Zweige als bewährtes Mittel wider die 
Zauberei und sonderlich wider solche, die zu ehelichen Werken untüchtig macht. Der 
gelehrte Arzt Garrichtbr sagt, er habe dergleichen Zaubereien häufig geheilt, so man nur 
sein Wasser durch birkene Reisenbesen gelassen, die noch niemals gebraucht woi'den". *) 
Es ist mithin der Birkensaft ein sich vorzüglich bewährendes Heilmittel für die Menschen. «) 
Weil nun die argen Krankheitsdämonen auch gern das dem Menschen nützliche Vieh 
plagend heimsuchen,^) so spielt die Birkenruthe, sowie ihre Blätter etc. bei den verschie- 
denen Leiden und Beschwerden des letzteren ebenfalls die Rolle des nützlichen „Gegen- 
gifts", denn Donar steht in sehr naher Beziehung zu den Hausthieren, welche sich stets 
seines göttlichen Schutzes erfreuen. ») Am Sonntag nach Fronleichnam bricht das mährische 
Landvolk von den bei der feierlichen Prozession mitgeführten Birkenbäumchen Aeste ab 
und steckt sie in den Stall, um das Vieh vor Krankheit zu schützen,*) welchen Zweck 
wiederum die Böhmen erreichen, wenn sie am „Kuhfest" (1. Mai) das Rindvieh mit geweihten 
Birkenruthen rückwärts aus dem Stalle treiben. *®) „Ein Schlag mit der Birkengerte am L Mai 
den Hausthieren verabreicht, schützt diese (in Böhmen) das ganze Jahr hindurch vor 
Verwundung" i^), woraus hervorgeht, dass der Zweig der Betula alba gleichsam eine Zauber- 
ruthe ist, denn sie verhütet sogar drohende Beschwerden. Gegen das „rothe Wasser" der 
Kühe hilft im Brandenburgischen ein Kreuz aus solchen Maienzweigen, die in der Kirche 



*) Sommersprossen oder „Rossmucken" (Pferdemücken), in Schwaben „Sommervögel" genannt (Meikk; 
a.a.O., S. 609), sind gleichsam böse Eiben, welche in Gestalt von Insekten dem Menschen Krankheit 
verursachen (Germ. Mythen, S. 31; Laistneb, Nebelsagen, Ö. 329). Keineswegs können sie aber vom 
Kukuk herrühren, wie in der Zeitschr. für Myth. III. S. 246 angenommen wird, und unter keinen 
Umständen darf dereelbe als „Vater des elbischen Gewürms" angesehen werden (Zeitschr. für Myth III. 
S. 273), denn er ist ein heiliger Vogel Donars - der hin und wieiler später mit diesem Gotte verketzert 
und satanisch gemacht wurde - , des machtvollen Elbenbesiegeis. Wenn der Kukuk nach einem Dessauer 
Kinderreim (Fikdleb, Anhalt -Dessauer Kinderreime 1847, S. 94) die Sommersprossen „abwaschen" soll 
(Vgl. auch Bezzenbebger , Litauische Forschungen. 1882, S. 74), und wenn er nach Schleicher (Volks- 
thüml. aus Sönneberg 1858, S. 134) beim ersten Frühlingsschrei die Wanzen vertreibt, so ist das die 
ursprüngliche Volksmeinung von ihm. 

>) Grohmann, Abergl. aus Böhmen. S. 102; Böhm. Festkalender, S. 108. 

^) Lammert, Bayer. Volksmedicin, S. 177; Boecler-Kreutzwald, Der Ehsten abergl. Bräuche, Weisen 
etc. 1854, S. 142. *) Grohmann, Abergl. S. 102. ») Montanus, II S. 153. 

•) Beiiaupten die wendischen Spreewaldbewohner, dass die Kinder Kopfläuse bekommen, „wenn sie 
den Saft von Birken viel lecken", (Vgl. Schulenburg, Wend. Volksthum, S. 163), so verräth diese abwei- 
chende, gegentheilige Meinung eine absichtliche Verwischung der uralten richtigen Anschauung, was häufig 
im Aberglauben vorkommt und wohl auf priesterliche Einwirkung zurückzuführen ist. Vergl. oben S. 95! 

^) Kohlrüsch, S. 65; Meier, Schwab. Sagen, S. 175, 178. Leoprechting , Lechrain, S. 47; Nord- 
deutsche Sagen, S. 416; Grimm, Mythol. 3e Aufl., S. 426; Alpenburg, Sagen Tirols, S. 75-77; Wuttke, 
§ 377, 380; Höfler in Achklis' Archiv II. S. 154 ff.; Maurer, Isländische Volkssagen, S. 4, 11, 57. 

*) Mannhardt, Germ. Mythen, S. 10 ff. Meyer, Germ. Mythol , S. 214. 

•) Müller, Mähr. Volkskunde, S. 325. '») Reinsberg-Düringsfeld, Böhm. Festkai., S. 110. 

"') Rank, Aus dem Böhmerwalde, S. 127. 



- 129 - 

geweiht wurden. Sobald die kranke Kuh durch dieses birkene Gezweig harnt und sie alsbald 
mit demselben gerieben wird, dann bessert sich ihr Zustand, *) denn die „Hexen", welche die 
Kuh belästigten, sind damit ausgetrieben. In Westpreussen wird ein junges Kalb, wenn 
es „verrufen", d. h. also „behext''^) ist (Vgl. darüber Wuttke § 380!), mit drei Birken- 
]iithen gepeitscht, wie Herr Alexander Treichel berichtet, und in Steiermark streicht die 
Bäuerin vor Sonnenaufgang des Pfingstmorgens die Stallkühe der Reihe nach mit einer 
frisch geschnittenen Birkenruthe unter Hersagung eines Spruches auf dem Rücken, „um 
die Thiere das ganze Jahr vor Zauber und Verhexung zu schützen." (Zeitschr. f. Volks- 
kunde Vn. S. 251). Selbst Milch und Butter, welche auch häufig der Behexung unter- 
worfen sind^), werden mit Birkenruthen geschlagen,*) ebenso wie man sie am Harz mit 
einem Dornbusche ') und in der Oberpfalz mit Schlehen- oder Hagedornsträuchern peitscht. *) 
Als einst ein Schweizer mit einer Birkengerte in der Milch rührte, weil sie sich wie sonst 
wieder „brechen" wollte, da trat sofort ein Weib zu ihm mit der dringenden Bitte, doch 
von dieser Thätigkeit Abstand zu nehmen. Da er indes so lange in der Milch rührte, bis 
diese eingesotten war, da starb das Weib, „weil sie eben eine Hexe war."'') Wenn Birken- 
laub, zu Pulver gestossen und den Hausthieren unters Futter gegeben, „viele innerliche 
Krankheiten heilt," 8) oder wenn diese Blätter mit Kohlen vom Osterfeuer vermischt in 
Böhmen, sobald sie in dem Stalle niedergelegt werden, „allerlei Krankheit" des lieben 
Viehs rückgängig machen sollen,®) so ist überhaupt wohl nicht zu bestreiten, dass die 
vielvermögende Birkenruthe auch eine unwiderstehliche Besiegerin aller krankheitbringenden 
Dämonen für Menschen und Thiere ist. Selbst „Gebrechen" der Pflanzenwelt werden mit 
ihr aus dem Felde geschlagen, denn in meinem Heimathorte Craja, unweit Nordhausen, 
pflanzt man gern ein Birkenreis in den Garten , „dann kriegen die Obstbäume keinen Krebs". 
Verwandt mit den Krankheitsdämonen sind diejenigen elbischen Wesen, welche 
vorübergehend von dem menschlichen oder thierischen Körper Besitz nehmen , ohne jedoch 
einen leidenden Zustand zu bewirken. Sie werden ebenfalls mit Hülfe der Birkenruthe aus 
dem eingenommenen Wohnsitze verdrängt oder, wie der technische Ausdruck lautet, „aus- 
getrieben". Dieses Wort bekundet aber unzweideutig eine gewisse Anwendung von Gewalt. 
So wird in der Lausitz und in manchen anderen Gegenden Deutschlands der sogen. 
„ Wechsel balg" ^°) mit Birkengerten geschlagen, damit der „unsaubere Geist" wieder aus 
dem Säugling entweiche. *') Die eigentliche Therapie in den Fällen, wo Wöchnerinnen von 
„alten Weibern" (Hexen) berufen oder „vermeint" sind, besteht auch in Baiern nach 
Dr. Höfler '^) in „Schlägen mit der hochheiligen Haselgerte oder Birkenruthe, um den Alp, 
Kobold u. s. w. aus dem Körper (Balg) hinauszuprügeln , wenn nöthig unter Drohworten". 
Wenn andererseits die Wöchnerin durch Hammer und Donnerstein vor dem Wechselbalg- 



Engelikn u. Lahn, Volksmund, S. 276. 

^) Verhexte Kühe schlägt man dreimal mit dem Zweige des Vogelbeerbaumes (Grafsch. Mark: Jahn, 
Opfergebr. S. 297), oder man züchtigt sie mit „Donneiruthen" (Oberpfalz: Schönwerth I. S. 335), im Wal- 
deckschen dagegen mit den Sprösslingen des Kreuzdoms (Cürtze, a.a.O., S. 393). 

3) Wuttke, § 137; Peter, a.a.O., IL S. 72; Panzer, Bayerische Sagen IL S.280; Cürtze, a. a. 0., S. 393. 

*) Lemke, a.a.O., L S. 83, 84; Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann 1870 S. 91. 

5) Zeitschr. f. Myth. I. S. 200. «) Schönwerth, I. S. 337. 

') Henne am Rhyn, Die deutsche Volkssage, 2e Aufl., 1879. S. 95. 

8) Pommern: Jahn, Hexenwesen. S. 13. ») Reinsberg-Düringsfeld , Böhm. Festkai., S. 287. 

") üeber den „Wechselbalg" vgl. Zeitschr. f. Volkskunde VI. S. 52-67; Ploss, Das Kind etc. 2e Aufl. 
1884. I. S. 117; Müller, Altd. Religion, S. 338; Nork, Mythologie der Volkssagen. 1848, S. 163; Wuttke § 359 ff. 

*') Zeitschr. f. Mythologie, III. S. 112; Peter, a.a.O., IL S. 11; Haupt, Sagenbuch der Lausitz, LS. 69. 

'») Zeitschr. für Volkskunde VI. S. 57. 

I. A. f. £. XIIL 17 



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dämon gesichert wird , ^) so ergiebt sich auch hieraus die Bedeutung der jenen beiden 
Schutzmitteln gleichgestellten Birkenruthe als Donarsymbol. 

Nicht minder als Krankheits- und Wechselbalgserscheinungen schien man im alt- 
germanischen Volksglauben auch Bosheit und Ungezogenheit, die sich im Kindesalter am 
deutlichsten offenbaren , auf die Einwirkung böser Geister zurückzuführen. Wenn Lippert ^) 
bemerkt: „Zu den Krankheiten, welche am längsten als Folgen von Besessenheit erscheinen, 
gehören die plötzlich hereinbrechenden Epidemien, dann Geistesstöi-ungen , Epilepsie, Hys- 
terie, Gichtleiden, Gliederreissen , St. Veitstanz, Lähmungen ohne äusseren Anlass und, 
nach dem Zeugnisse des Neuen Testaments, selbst Taubstummheit" — , so hätte er die 
„Bosheit", welche schon lautlich an „die Bösen" erinnert und nach Wuttke (§ 399) „ange- 
hext" werden kann, auch namhaft machen können. Wie man nämlich bei normalen 
Verhältnissen annahm, dass die den Körper bewohnende Seele dem Leibe auch Leben 
verleiht, durch ihn denkt, spricht und handelt, so erklärte eben dasselbe Prinzip auch 
abnorme Zustände von „Leib und Seele", indem es die neuen, auffälligen Erscheinungen 
als durch den unvortheilhaften Einfluss eines zweiten seelenähnlichen Wesens, eines fremden 
Geistes, hervorgerufen ansieht. ^) Zu solchen seltsamen, ungewöhnlichen Aeusserungen konnte 
man nun sehr leicht auch die offenkundige Bosheit rechnen , welche oft sogar körperverzerrend 
wirkt und, dem Sprachgebrauche gemäss, ebenfalls „ausgetrieben" werden muss wie jeder 
andere „böse Geist". Gab doch noch Anno 1698 ein gewisser K. F. Paullini ein Buch 
heraus, dass sich betitelte: „Flagellum Salutis oder Heilung durch Schläge in aller- 
hand schweren Krankheiten", und in vielen Gegenden Deutschlands schlägt man kleine 
Kinder, welche bei bösartigen Heulschauern, „ausbleiben", solange, bis sie „wieder zu sich 
kommen". Auch die aus dem alten Heiligenwesen und mittelalterlichen Mönchsthum 
bekannten asketischen Uebungen, sowie das zur Zeit der grossen „Landplagen", besonders 
des „schwarzen Todes" (1347 — 1350), von schwärmerisch veranlagten Menschen vorgenom- 
mene „Geissein" des eigenen Körpers bezweckte wohl nichts weiter als die Vertreibung 
der Bosheitsgeister, die den Leib heimgesucht, und war gleichsam eine aufgefrischte Kultsucht 
des Alterthums. 

Im Vordergrunde der Züchtigungsmittel zur Bekämpfung des „bösen Wichts" im 
Kindeskörper (Vgl. „Bösewicht"!)*) stand nun wohl die gottgeweihte Birkenruthe, wie 
schon aus Rochholzen's trefflichem Aufsatze „die Ruthe küssen" ^) sattsam hervorgeht. Auch 
jener weitverbreitete Aberglaube, dass man Kinder nur mit Ruthen der Birke schlagen 
dürfe, ß) weil sie sonst nicht wüchsen, t) dürfte für diese Annahme sprechen. Heute noch 
werden in Baiern die „lieben Kleinen" gern mit Birkengerten gezüchtigt, „damit sie nicht 
räudig werden". Nicht minder zeugen verschiedene sprichwörtliche Redensarten von der 
einstigen „Schlagfertigkeit" des Birkenreises;®) so z. B. bedeutet im Rudolstädtischen 
„jemand mit der Birke bekannt machen" soviel als ihn schlagen, was in der „Bedeutung 
der Blumen" ») ausgedrückt wird mit „Birken tragen ohne Laub". Muss im Kanton Wallis 



») Meyer, Germ. Mythol., S. 209. ^) Kulturgesch. II. S. 415. «) Tylor, Anfange etc. II. S. 123 flf. 

*) Grimm, Mythol. 3e Aufl., S. 409; Herrmann, Deutsche Myth. S. 126. Im Mittelalter machte auch 
der „Bosheitsteufel" viel von sich reden. 

») Alemann. Kinderlied, S. 513—542. *) Baümgarten, Das Jahr etc., S. 4. 

7) Pbrger, a.a.O., S. 311; Kobell, a.a.O., S. 10. 

') Dass man dieses schwanke „Straf holz" bereits im römischen Alterthum fürchtete, weil eben die 
^Fascea" (Ruthenbündel) der Liktoren aus Birkenreisern bestanden, bezeugt Pliniüs, a.a.O., XVI, 30. 
') Peroer, Pflanzensagen, S. 311. 



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der Vater sein Kind züchtigen, so giebt er ihm scherzweise „birchis Brod" (d.h. Brot aus 
Birkenholz) zu kosten , oder er kuriert es mit dem „Doktor Bircher". Ein deutsches Gedicht 
des 16. Jahrhunderts*) erkennt rühmend an, dass „ein Birk mit weisser Rind" von Gott 
„zur Straff der bösen Kind" im Walde gepflanzt ist. 

Thöricht aber wäre es, Kinder mit Birkenruthen zu schlagen, die aus einem abgenutzten 
Besen stammen, denn sie würden „die Auszehrung bekommen" (Wuttke, § 369) oder 
„nicht mehr wachsen" (Wuttke § 603), ja ganz und gar „absiechen", wie man nach Kulda 
(a.a.O., S. 130) in Mähren wähnt. In Schlesien glaubt man, dass solche Kinder „ver- 
dorren", wie aus dem Ergänzungsbande zu Grimm's Mythologie (III. , S. 475) hervorgeht. ^) 
Das Schwinden und Dürrwerden wird* hier im Hinblick auf den abgenutzten und vertrock- 
neten Besen symboUsch als folgerichtig angenommen. 3) So darf man in Westpreussen 
selbst Pferde nicht mit dürren Birkenzweigen treiben, „weil sie sonst vertrocknen", wie 
mir Herr Treichel mittheilt. Man scheint nämlich ehemals auch die Bosheit der Thiere 
mittels Birkengerten „ausgetrieben" zu haben, wie denn schon die alten Römer ihre 
Meierhöfe mit schwarzen Weinreben zum Schutze gegen Raubvögel bepflanzten. *) Nach 
einer bairischen Sage werden mit Hülfe einer gewöhnlichen Ruthe drei wilde Thiere mit 
ihren blutdürstigen Begierden von der menschlichen Nähe ferngehalten. ^) Kein Wunder 
also, wenn in Böhmen geweihte Birkenruthen geeignet befunden werden, mit einander 
kämpfendes — also bosheitbekundendes — Hornvieh zu besänftigen.«) 

c. Die Birkenruthe als glückbringendes Zaubermittel. — Wenn 
nun das Birkenreis, wie wir gesehen, nicht nur das von den bösen Geistern herauf- 
beschworene Uebel beseitigen, sondern auch selbst das drohende Unheil abzuhalten 
vermag, so erhält es dadurch den Charakter einer Zauberruthe. Als solcher wohnt dieser 
sogar die Kraft inne, das Menschen und Thieren Heilsame direkt zu fördern, unmittelbar 
zu bewirken, wodurch sie sich geradezu als echte Glückbringerin bewährt. Wenn Professor 
Birlinger7) schreibt: „Am 1. Mai wird bei Buch jedem Stück Vieh sein Maien und 
Birkenreis auf die Miste gesetzt: soviel Stück Vieh, soviel Maien; das bringt Glück", — 
so handelt es sich hier nur um eine indirekte Glückserlangung, nämlich um Fernhaltung 
der unheilstiftenden Dämonen. Dass mit diesem Umstände zugleich das Gute verknüpft 
ist, kann folgerichtig nicht verneint werden. „Wem man nicht wohl will, dem steckt man 
keinen Maien", lautete ehemals eine volksthümliche Redensart (Selam etc., 2e Aufl. S. 129), ®) 
welche unzweideutig erkennen lässt, dass die Birke, und ihre Zweige menschliches 
Wohlergehen befördern. Zu dem letzteren gehört nun in erster Linie Gesundheit. So peitscht 
die schwedische Mutter am Karfreitag bei Sonnenaufgang ihr Kind mit dem Zwergbirken- 
reis, „um es gesund zu erhalten."®) Es kann überhaupt eine mehr oder weniger kräftige 
Berührung mit der Birkenruthe zu gewissen heiligen Zeiten sehr gesundheitfördernd wirken. 
Sie theilt dann wie ähnliche andere Gerten von uralten heiligen Bäumen den damit 



*) Masiüs, Naturstudien, 9e Aufl. I. S. 365. 
*) Vgl. auch Ploss, Das Kind, 2e Aufl., II. S. 208. 

^) Vgl. auch „Nachrichten aus den Lausitzen". 1882. S. 436, ^o es heisst: „Wer mit Ruthen aus einem 
gebrauchten Besen geschlagen wird , der muss vertrocknen". 

*) Pliniüs, a.a.O., XXIII, 17. ») Panzer, a.a.O., II. S. 95. 

«) Böhm. Festkalender, S. 219/20. Reinsbbrg-Düringsfeld , Das festliche Jahr, 2e Aufl. 1898, S. 175. 

7) Aus Schwaben , 1874 , I. S. 387. 

8) Vergl. auch Schöppner, „Sagenbuch der Bayerischen Lande". 1852. II. S. 248, unter „Der Maiengang". 

9) Meyer, Germ. Mythol., S. 137. 



- 132 - 

geschlagenen Kreaturen — Menschen und Thieren — Lebens- und Wachsthumskrafb mit und 
verhütet zugleich jegliche dämonische Beeinflussung von gegentheiliger Wirkung, worüber 
Mannhardt in seinem oben schon öfter angezogenen Buche vom „Baumkultus der Ger- 
manen" unter dem Kapitel: „Der Schlag mit der Lebensruthe" (S. 251 — 303) ausführlich 
berichtet. 

Im Voigtlande und sächs. Erzgebirge werden am zweiten Weihnachtstage die Frauen 
und Jungfrauen mit Birkenruthen gepeitscht, welche obendrein noch mit einem rothen 
Bande — Roth ist die Farbe Donars ! — umwickelt sind , *) und in der Umgegend Weimars 
„kindelt" *) man sich gegenseitig am nächsten Tage (27 Dezbr.) mit Birkenreisein , ^) ebenso 
auch im Rudolstädtischen , *) während im Bayreuthischen der nämliche Brauch am 28. 
December geübt wird, und zwar mittels Birkenruthen, die durch vorheriges Einstellen in 
Wasser — am Tage St. Barbara (4. Dezbr.) — zum Ausschlagen gebracht und mit einem 
rothen Band umwickelt worden sind. ^) „Am Kindestag binden Knechte und Buben mehrere 
Besenreiser in Büschel und hauen damit die Weibsbilder um die Fusse herum. Dass 
heissen sie Kindein. Dafür bekommen sie von diesen Bier oder Schnaps, oder Aepfel u. dgl. 
Das Kindein ist eine Ehre für die Weibsbilder und geschieht, wie man sagt, damit sie 
nicht räudig werden.'' •) Im Mecklenburgischen wird zu Fastnacht mit Birkenruthen ge- 
kindelt. 7) Auch Holsteinsche Langschläfer werden in der Frühe dieses Tages mit Bir- 
kenruthen aus dem Bette geholt, während altmärkische Knechte am Fastnachtsabend von 
Hof zu Hof ziehen, um weibliche Personen aller Stände mit Birkenreisern auszupeitschen.®) 
Nicht minder übt man auch in Pommern, Polen, Schlesien und Littauen diese Sitte zu 
Fastnachten mittels der Birkenqueste ®) während sie im Erzgebirge^®) und in Ostpreussen ") 
auch wohl am Auferstehungsfeste stattfand und deshalb „Schmeckostern" genannt wurde. 
Dass man einen gewissen Segen von jenen Hieben mit den Sprösslingen der Betula alba 
erwartete, geht schon aus dem Umstände hervor, dass die mit ihr umgehenden Personen 
hier und da auch Geschenke erhielten, wie Mannhardt an verschiedenen Stellen im Baum- 
kultus darthut. 1^) Sollen doch in Westpreussen solche Leute, welche nicht „schmeckostern", 
nach Herrn Treichel's Mittheilung „viele Flöhe bekommen'*. — Das liebe Vieh nahm nicht 
minder Antheil an den Segnungen der Schläge mit Ruthen altheiliger Bäume, unter welch 
letzteren Eiche, Eberesche, Birke und Hasel im Vordergrunde standen. „Inder wie Ger- 
manen hatten die Sitte, das Jungvieh beim erstmaligen Austrieb auf die Weide mit dem 
Zweige eines heiligen Baumes zu schlagen, um es kräftig und milchreich zu machen", 
schreibt Kuhn ^3), und Mannhardt **), sowie Jahn *•) bringen gleichsam die Begründung dieser 
richtigen Behauptung bei. Hier kommen nun besonders die Beispiele in Betracht, nach 
welchen sich das Birkenreis durch Verleihung von Gesundheit, Wachsthum und Frucht- 
barkeit als wahre „Glücksruthe" beweist. 



») Mannhardt, Baumk., S. 265; Köhler, Voigt]. S. 174; Spiess, Erzgeb. S. 9. 

*) Kindein oder Kindern nannte man den Brauch wegen der irrthümlichen Ansicht, dass er zum 
Gedächtnis des Herodianischen Kindermordes (Matth. 2, 16) stattfinde. 

') Schade, Klopfan. 1855, S. 57. *) Sigismünd, Landeskunde des Purstenthums Schwarzb.-Rudolst., 
1862. I. S. 88. ») Reinsberg-DCringspeld, Das festliche Jahr, 2e Aufl. 1898, S. 468. 

«) PANZEft, Bayb. Sagen IL, S. 307. ») Bartsch a. a. Or IL, S. 254. 

8) Mannhardt, S. 254; Kühn, Mark. Sagen, S. 307. 

9) Knoop, a.a.O., S. 180; Grimm, Myth. 3e Aufl., S. 557, Anm.; Mannhardt, Baumkult., S. 259, 261. 

10) Spiess, a a.O , S. 11. >») Lemke, Volksth. I. S. 72. 

* I-) Vgl. noch ScHüLENBURG, Wend. Volksthum, S. 171; Böhm. Festkalender, S. 593; Panzer, a.a.O., 
IL S. 307; Engelien u. Lahn, Volksmund etc. S. 231. 

») Herabkunft etc., 2e Aufl., S. 167. »*) Baumk., S. 271, 294, 298. •*) Opfergebr., S. 297-302. 



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In Westpreussen jagt man hier und da das Vieh mit Birkenruthen auf die Weide ^ 
welche der dafür beschenkte Hirt am Ostermorgen überbracht hat, denn ,,dann kehrt das Vieh 
stets gesund und wohlerhalten zurück." *) Wie dieses Austreiben mit der glückbringenden 
Ruthe vorgenommen wird, ersehen wir gleichsam bei Peter a. a. 0. IL, S. 251, wo es 
heisst: „Bevor der Gemeindeschäfer das erste Mal seine Herde auf die Weide treibt, 
sammelt er sich eine Anzahl Birkenruthen , geht zu den einzelnen Bauern und Schaf haltern 
und überreicht jedem eine solche Ruthe mit den Worten : 

► Do bräng ich a Rutt mit siiba Zweige, 

Dass'r fill Schoofe hatt zum Austreibe. 

Diese Ruthe wird in Ehren gehalten und lange aufbewahrt." 

In Niederbaiern werden bereits am Schluss der Weidezeit, zu Martini, die geheimnis- 
vollen Gerten an die heerdenbesitzenden Bauern vertheilt, und zwar seitens der „Rinder- 
hirten", unter Hersagen eines glückwünschenden Reims. „Die Gerten bestehen aus einem 
Birkenreis , ^) dessen Blätter und Zweige bis an die Gipfel, wo einige stehen bleiben, 
gestreift sind. Die stehen gebliebenen Zweige werden mit Eichenlaub und Wacholderzweigen 
durch eine „Wid" (eine strangförmig gedrehte Gerte) zu einem Busch gebunden. Der Hirt, 
wenn er die Gerte überreicht, spricht: 

Im Namen Gottes trot ich herein, 

Im Namen Gottes tret ich wieder hinaus, 

Gott behüte Euer Haus, u. s. w." 

Im weiteren Verlaufe dieses und eines ähnlichen, angegebenen Spruches werden sowohl 
Martinus als auch Petrus, zwei christliche Vertreter des altgermanischen Gottes Donar 
genannt, in deren „Namen'* (d. h. Auftrage) der Hirt erscheint, um Fruchtbarkeit der 
Heerden, gesegnete Weide und eine gute Ernte für das nächste Jahr zu wünschen. Jede 
Dirne treibt im Frühjahr zum ersten Male mit solch einer geschenkten Birkengerte das Vieh 
aus dem Stalle. ^ Ein fast gleicher Brauch ist nach Wurth *) in Nieder-Oesterreich anzu- 
treflFen, indem die Viehhirten von Haus zu Haus gehen, mehrere Birkenruthen in der 
Hand haltend, um einzutreten und je eine Ruthe abzugeben, dabei einen langathmigen 
Reim hersagend, nämlich: 

So viel als die Ruthen Zweige hat, 

So viel soll auch der Bauer Vieh haben. 

Nehmt Ihr die Ruthen in Eure Hand, 

Steckt Ihr sie wohl auf über der Wand, 

Wohl hinter das Dach. 

Am Sankt Gregoriustag •) 

Nehmt es mit Freuden herab. 

Treibt das arme Vieh aus. 

Durch alle Engeln*) aus. 

Durch aller Engeln Garten, 

Gott wird Euch das Vieh auswaiten 

etc. etc. etc. 



Ï) Neue Preuss, Provinzial-Blätter, X. S. 118. 

*) Nicht wegen ihres Saftreich th ums kam bei diesem Weidebrauche die Birke in Anwendung, wie 
Kuhn (Herabkunft, 2e Aufl., S. 167) meint, sondern ihrer „Heiligkeit" wegen. 

») Panzer, a.a.O., S. 40, 41. -•) Zeitschr. f. deutsche Myth. IV, S. 26. 

*) Am St. Gregoriustage , 12. März, wurde bei guter Witterung das Vieh zum eratenmale ausgetrieben. 

•) Die „Engel" sind hier wohl als ehemalige Schutzgeister aufzufassen, bezw. als gute Elfen. (Vgl. 
Meyer, G. Mythol. S. 308 ff.; Wolf, Beitr. II. S. 231; Nork, Volkss., S. 172; Herrmann, Myth., S. 41). 



- 134 -- 

Mit der empfangenen Birkenruthe mussten im nächsten Jahre die betr. Bauern ihr 
Yieh austreiben, um es aller Segnungen Donars theilhaftig zu machen. — In Steiermark 
werden die Kühe der Reihe nach am ersten Pfingsttage vor Aufgang der Sonne von der 
Bäuerin mit frisch geschnittenen Birkenruthen auf den Rücken gestrichen , um sie das 
ganze Jahr hindurch vor Verzauberung zu schützen. ^) 

Es ist mithin aus der Anwendung der birkenen „Lebensruthe" ersichtlich, dass sie 
nicht bloss Unheil abwenden, sondern geradezu Segen bringen sollte, was Mannhardt^) in 
folgendem Satze zusammenfasst : „Die Absicht des Brauches ging dahin, die Geister des 
Miswachses und der Krankheit auszutreiben und dadurch reichlichen Ertrag und Gesund- 
heit hervorzurufen.". 

Zum menschlichen Glück gehört aber auch Reichthum, und weil Donar Schatzgott 
war und zum Golde in sehr naher Beziehung stand,*) so nimmt es nicht Wunder, dass 
sich Birkenzweige oft nach deutschen Sagen in pures Gold verwandeln, *) wenigstens werden 
die zarten Blätter der Betula alba hier und da zu Gold.*) Nach Rackwitz, Sagen aus dem 
Helmegau {S. 34), ist die Birke auch Wohnstätte eines sogen. „Goldmännchens", d.h. eines 
goldbringenden Kobolds. 

Am Schlüsse des zweiten Kapitels angelangt, dürften wir die Ueberzeugung gewonnen 
haben , dass der grüne Birkenzweig ein ganz vorzügliches' Zaubermittel ist , welches , beseelt 
mit göttlicher Kraft, beeinflusst von Donars Allgewalt, nicht nur die bösen Geister 
besiegt, bezw. fernhält,*) sondern selbst das Glück in jeglicher Gestalt herbeiführt. 



C. DER BIRKENBESEN EIN SYMBOL DONARS. 

Wenn die schlichte Birkenruthe schon eine so wunderbare Zauberkraft bethätigt, wie 
sie in dem voraufgehenden Kapitel B mehrfach beleuchtet worden ist, dann muss der aus 
lauter solchen Reisern zusammengesetzte Besen eine noch weit bedeutendere Gewalt über- 
natürlicher Art in sich bergen , denn auch hier gilt das Sprichwort : „Einigkeit macht stark !" 
Da bereits im griechischen und römischen Alterthum Bündel sogen, „glücklicher Zweige" 
geradezu als Götterbilder verehrt wurden, 7) so konnte auch das ungekünstelte Birken- 
ruthenbündel , der Besen, ein göttliches Symbol unserer germanischen Altvordern sein, 
nämlich das viel vermögende Wahrzeichen des Donnergottes. „Der Besen spielt im Zauber- 



») Zeitschr. f. Volkskunde, VII, S. 251. 

Î) Mytholog. Forschungen, herausgegeben von Patzig, 1884, S. 140. 

') Mannhardt, Germ. Mythen, S. 149—164; Schuster, Deutsche Mythen ans Siebenbürgen, im Archiv 
f. siebenbürg. Landeskunde N. T. IX. S. 411, 428; Zingerle, Tir. Sitten, S. 117 (1040). 

^) Beckstein, Thüring. Sagen 1885, II. S. 209; Danz, Schwarzburg-Rudolst. Sagen, 1892, S. 115; 
YxRi^ALBKEN , Alpensagen, S. 64. 

*) ZiNGEHLB, Kinder- u. Hausraärchen 1854. S. 29; Grohmann, Sagen aus Böhmen 1863, S. 125; 
Savi-Lopez, Alpensagen. 1892, S. 265). 

•) Dieser Umstand lässt es auch erklärlich erscheinen, dass den argen „Druden" die Birke verhasst 
ist, und zwar derart, dass sie gern ihren Zorn an diesem Baume auslassen. Finden diese elbischen 
Unholdinnen Birken, „so drücken sie dieselben dergestallt, dass keinStammrundbleibt". (Zingerle, Tiroler 
Sagen 2e Aufl., S. 481). In östen-eich-Schlesien fühlte sich eine Bäuerin veranlasst, eine nahe Birke 
allnächtlich „yîïq ein Alp" zu drücken. Als ihr Mann den so heimgesuchten Baum mit Stumpf und Stiel 
ausroden liess, starb sie sofort (Peter, a. a. 0. IL, S. 25). Eine ähnlich handelnde Frau im Preuss. 
Schlesien siechte an der „Auszehrung" hin, nachdem der Mann die Birke hatte fäUen und ins Haus 
schaffen lassen. (Am Ur-Quell, IL, S. 72). 

') BöTTiCHER, a.a.O., S. 221. 



- 135 - 

und Hexen wesen eine grosse Rolle; wahrscheinlich stand derselbe in irgend einer noch 
nicht hinreichend nachgewiesenen Beziehung zu Thor, sei es als ein Sinnbild der aus- 
einander fahrenden Blitze, sei es, weil das sogen. Besenkraut {Sarothamnits W.) dem 
Gotte geweiht war", schreibt Spiess. ^) Indes , nicht jeder Besen , sondern nur der aus 
Birkenreisern gebundene war dem Donar heilig. Wenn ihn Mülhaüse (Urreligion S. 24) 
für den „Zauberspiess Gungner" ansieht, so ist das ein Irrthum, während seine spätere 
Auffassung,') wonach der Besen an Stelle von Donars Hammer Möimr getreten sein 
soll, den Kern der Sache weit besser trifft. Der Birkenbesen war eben dem Donar geweiht, 
und galt als erstes Symbol dieses germanischen Gottes, 3) weshalb er in weit höherem 
Maasse als die Birkenruthe Böses überwinden, Unheil verhüten und dadurch unmittelbar 
Segen stiften kann. Das Nähere hierüber ergiebt sich aus den einzelnen Abschnitten dieses 
Kapitels, welche sich nun den vorstehenden einleibenden Zeilen anschliessen mögen! 

I. DER BESEN ALS BÄNDIGER DER „UNSAUBEREN GEISTER". 

a. Vertreibung der in „Haus und Hof" lästigen Dämonen. — Da 
sich schon die Birkenruthe als Besiegerin der bösen Geister bewies, so rauss, der aus 
einer grösseren Anzahl solcher Reiser bestehende Besen erst recht als Dämpfer der 
argen „Hexen" gelten. Weil nun aber jene unholden Wesen dem Menschen von der 
Wiege bis zum Grabe schadenbringend entgegen zu treten sich anstrengen , so ist der 
Birkenbesen als Symbol Donars schon in der Stunde, welche dem Menschen das Leben 
schenkt, für diesen von hoher Bedeutung, denn er steht im Dienste des genannten 
Gottes, der als wahrer „Freund der Menschen'' auch ein machtvoller Beschützer der Geburt 
ist.*) Wie f^st alle Völker der Erde, so meinten auch unsere deutschen Vorfahren, dass 
dem neugeborenen Kinde böse, unholde Wesen in jeglicher Gestalt Schaden zuzufügen 
trachteten. ^) Hier musste eben der menschenfreundliche Dämonenbesieger Donar abwehrend 
eintreten, ja seine mancherlei Symbole, so auch der Besen, vermochten schon stellver- 
tretend zu helfen. „Axt und Besen oder ein Kreuz auf der Schwelle schützt das Neugeborene 
vor Hexe und Kobold" im hessischen Kreise Schmalkalden. (Thür. Monatsblätter, 1899, S. 95). 
In Franken darf während der Entbindung einer Frau niemand über den Besen schreiten, 
sonst gebiert sie schwer, und ihr Kind wird ein sogen. „Buttling", d.h. es bleibt klein und 
dickköpfig. Ist aber jemand aus Versehen doch über den Besen geschritten — und hat damit 
zugleich dessen bannende Kraft beeinträchtigt —, so muss die betr. Person wieder zurück - 



•) Abergl., Sitten u. Gebr. des Sachs. Erzgeb., S. 28. 

•) Die aus der Sagenzeit stammenden Gebräuche etc, 1867, S. 4. 

') Petersen, a.a.O., S. Il, 34. Es ist daher auch erklärlich, dass einst überm üthige Mädchen, wglche 
fluchten — also jedenfalls das „Kreuzdonnerwetter" im Munde führten - sogleich zu ihrem Schreck 
bemerkten, wie sich ein naher Besen in den tollsten Sprüngen rührte, gleichsam gegen diese Gottes- 
lästerung Front machte (Eiselen, Sagenbuch des Voigtlandes. 1871, S. 167. Vgl. auch Gress, Holzland- 
sagen, 1870, S. 52). 

*) Meyer, Germ. MythoL, S. 209; Herrmann, Myth., S. 342; Petersen — Riess, Gottesdienst und 
Götterglauben des Nordens 1882, S. 42 ff.; Mannhardt, Götter, S. 226. 

*) Ploss, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker, 2e Aufl. 1884, I., S. 111—116: Herrmann, 
deutsche Myth., S. 94 ff., 467; Grohmann, Abergl., S. 14; Peter, Volksthümliches etc. II., S. 51; Nord- 
deutsche Sagen etc., S. 29, 104, 162 ff.; Kuhn, Westfal. Si\gen IL, S. 17 u. 18; Goldschmied, Volks- 
medizin im nordwestlichen Deutschland. 1854, S. 57. 



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gehen. Besen befördern die Nachgeburt bei den Wöchnerinnen. ^) Damit die Unge- 
tauften •) nicht vertauscht oder beschädigt werden — von den bösen Eiben — werden in 
Franken Besen „verkehit" vor die Thüre gestellt,*) d. h. das Birkengezweig nach oben 
gerichtet, der besseren Wirksamkeit wegen*). Auch in Mähren muss ein Besen „stiel- 
unten" vor die Thüre gestellt oder ein Messer in die Ecke des Bettes gelegt werden, um 
die Wöchnerin vor den Druden zu bewahren. 0) Sucht gemäss siebenbürg. Volksglaubens 
der Alp den zarten Kleinen Böses zuzufügen, so schützt nach Fronius^) der Besen, und 
muss das Kind mal allein im Zimmer zurückgelassen werden , dann legt man ihm einen 
Besen, ein Brot und ein Gesangbuch, auch wohl ein Messer, die Schneide nach oben 
gerichtet, in die Wiege.®) Wenn in Westfalen die Hebamme den Täufling zur Kirche 
trägt , muss sie über eine Axt und einen Besen schreiten , welche kreuzweise auf die Thür- 
schwelle gelegt sind, „sonst könnten die bösen Wesen dem Kinde einen Schaden zufügen''.®) 
Axt und Besen kommen oftmals zusammen vor und sind gegenseitig stellvertretend, näm- 
lich als Donarattribute. ^®) Auch in Hessen werden diese beiden Gegenstände in Form 
eines Kreuzes auf die Thürschwelle gelegt zum Schutze gegen Wöchnerinnen besuchende 
Frauen, ^^) denn es könnten Hexen unter diesen Gästen sein, *^) gegen welche eben allerhand 
Donarsymbole sichern. Die beim Uebereinanderlegen dieser beiden gleichbedeutenden Wahr- 
zeichen Donars — Axt und Besen ^^) — beobachtete Kreuzesform ist von hoher Wichtig- 
keit, denn es wird damit der gewaltige Donnerhammer markiert, **) der wirksamste Hexen- 
dämpfer durch stellvertretende Gegenstände nachgebildet, woher denn überhaupt die nach- 
theilige Wirkung des Kreuzes auf die bösen Geister, z. B. in der Walpurgisnacht, zu 



WüTTKE, § 574, Bavaria IIL, S.308. üeber das Rückwärtsgehen vgl. Wuttke § 250 und Grohmann, 
Abergl. S. 220. 

*) HiLLNEE, Volksth. Glaube und Brauch im siebenbürg. Sachsenlande, 1877 (Programm) S. 26. 

') Betreffs der „Macht des Satans über die üngetauften" ist zu vergleichen: Sepp, Völkerbrauch etc. 
1891. S. 110—114; Ploss, Das Kind etc., 2e Aufl. I, S. 208. 

<) Wuttke, § 354. 

*) In Würzburg beert man eine gegontheilige Meinung (Vgl. Zeitsch. f. Volkskde VI, S. 416). 

•) KüLDA, a.a.O., S. 89. ^) Siebenbürg. Bauernleben, 3e Aufl., S. 19. 

^) Hillner, a. a. 0., S. 24. Im Mecklenburgischen 1st fast der nämliche Brauch zu finden. ^Bartsch, 
a.a.O., II, S. 51, 132. 

») Westfäl. Sagen, II, S. 34. 

<*) Petersen, S. 11. Weil Donar den Blitzhammer als vielvermögende Waffe führt, so ist der Hammer 
überhaupt sein Symbol (Petersen-Riess, S. 95; Meyer, Mythol. S. 204, 208 ff.; Rochholz, Aargauer 
Sagen I, S. 69; Nork, Volkss., S. 280 ff.) und gilt als sichei-stes Schutzmittel gegen die Bösen (Kuhn, 
Herabkunft S. 177: Zeitschr. f. d. Mythol. II, S. 297; Grohmann, Apollo, S. 10). Indem nun sowohl das 
alte Steinbeil als auch unsere heutige Axt (Beil) jenem Götterhammer ähnlich ist, so gelten sie ebenfalls 
als Mittel zur Bekämpfung der mancherlei „Hexen" und „Teufel" (Zeitschr. f. d. Mythol. III, S. 105). 
Unsere Axt ist aus Stahl gemacht, welcher ebenso wie Eisen geisferfeindlich ist (Rochholz, Kinderl. S.406; 
CuRTZE, a.a.O., S. 390; Schönwerth, III, S. 123; Mannh. Germ. Mythen, S. 13; Am Urquell IV, S. 89, 
V, S. 7--9, 153; Vonbün, Myth. S. 81), jedenfalls aus dem Grunde, weil das Feuer, Donars heiliges Element, 
beim Schmieden eng mit ihnen vermengt war, weshalb wiederum glühendes Eisen ganz besonders wirksam 
gegen Hexen und ihre bösen Künste ist (Vonbun, Mythol., S. 86; Vonbun, Sagen, 2e Aufl., S. 157; 
Menghin, a. a. 0., S. 146; Strackerjan, I, S. 348; Zingfrle, Tiroler Sagen, 2e Aufl., S. 669, 674; 
Alpenbürg, Alpensagen, S. 65). 

") MOlhause, Gebräuche etc., S. 3. 

**) Vgl. auch Zmigrodzki, Die Mutter bei den Völkern des Arischen Stammes, München 1896, § 49. 

*■) Es kann der Besen auch mit einer Gabel (Baumgarten, das Jahr etc., S. 24) oder selbst mit einem 
Stück Rasen (Zeitschr. f. Volkskde IV,-S. 84) gekreuzt werden, ja Messer und Beil (Strackerjan, I, S. 355) 
oder gar zwei Strohhalme (Strackerjan, I, S. 365) schützen in Kreuzesform gegen Hexen. 

'*) Das christliche t ist nach Petersen-Riess (a.a.O., S. 98) jünger als der altheidnische Gotteshammer, 
dem es nachgebildet ist (Kuhn, Herabkunft etc., S. 177; Mannhardt, Germ. Mythen, S. 16, 24; Meyer, 
Genn. Mythol., S. 209; Petersen-Riess, S. 58, 67; Holtzmann, Deutsche Mythologie, 1874, S. 61). Aus- 
führlich handelt davon Hartmann auf S. 138—145 seiner „Bilder aus Westfalen" (1871) sowie Rochholz, 
Aarg. Sagen II, S. 205 ff.; die alten Preussen beteten noch den Hammer an (Tettaxt u. Temme, S. 28). 



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erklären ist. *) Der Besen ist aber auch ein vortreffliches Mittel zur Verscheuchung solcher 
Hexen, welche heute noch hier und da in Frauengestalt ihr Wesen treiben sollen, wenigstens 
im geisturanachtenden Aberglauben gewisser Leute „die nicht alle werden". Fast in jedem 
Winkel Deutschlands werden diese „unholden Weiber" noch gefürchtet und fernzuhalten 
gesucht, besonders mit dem zauberkräftigen Birkenruthenbûndel. Man braucht nicht einmal 
mit dieser Waffe dreinzuschlagen wie in Ostpreussen , *) sondern sie nureinfach stielunten 
aufzustellen , oder vor die Thüre zu legen. ^) Man kann mittels des Besens sogar die Hexen 
erkennen, denn Weiber mit Hexencharakter umgehen ihn in weitem Bogen oder stossen 
ihn fort,*) weshalb man geradezu von einer sogen. „Hexenprobe" spricht.^) 

• Unter diesen Umständen muss es nun allgemein Wunder nehmen, dass der Birken- 
besen als echter Hexenverscheucher andererseits ein wichtiges Beförderungsmittel der 
luftdurchsegelnden Hexen ist, besonders in der sagenumwobenen Walpurgisnacht. In fast 
allen Gegenden Deutschlands tritt der Besen im Volksglauben als Hexenvehikel auf.*) 
Wohl könnte man daher mit dem Dichter ausrufen: „Erkläret mir, Graf Oerindür, diesen 
Zwiespalt der Natur!'* „Die Hexe weicht vor dem Besen — denn vor dem fegenden Besen 
verlässt die Seele das Haus ; — aber die Hexe reitet auch auf dem Besen , denn die Seele 
hat hinter dem Herde ihren Wohnsitz, wo der Besen aufbewahrt wird.'' So folgert 
Herrmann (Deutsche Mythologie, S. 60), ohne jedoch damit das schwierige Räthsel zu 
lösen. Wenn Spiess (a.a.O., S. 28) sagt: „Hexen reiten auf Besen durch die Luft, respek- 
tieren aber auch ihr eigenes Wahrzeichen, darum legt man zu Walpurgis Besen vor die 
Stallthûre" — vgl. auch Wüttke § 178 — , so ist das eine oberflächliche Behauptung, 
und Brockhausen 7) ruft mit Recht aus: „Wie aber, wenn man den Besen als Werkzeug 
des Heils und Segens betrachtete, wie kam man nur darauf, ihn auch zum Werkzeuge des 
Bösen zu machen und ihn u. a. den Hexen zum Reiten durch die Luft zum Teufelsfeste 
hinzugeben?" Nun, der Grund dieses scheinbaren Widerspruchs liegt in dem vielsagenden 
Begriffe „Hexe", sowie in dem verschwommenen Wesen derselben, über welche Punkte 
selbst die heutigen Fachgelehrten noch nicht einig sind. ^) Ich als Laie vermag den dichten 
Schleier, der über dem Charakter der Hexe liegt, erst recht nicht zu lüften, erlaube mir 



>) CuBTZE, S. 394; Menghin, S. 118, 120; Temme, Altmärk. Sagen, S. 85; Schönwerth, I., S. 435. 
Selbst gegen die bösen Gewitterelben wirkt das Kreuz (f) besiegend; MENomn, S. 134; Schmitz, Eifelsitten 
II., S. 117; BiBLiNGER, Volksthümliches etc. I., S. 192. 

*) Toppen, Abergl. aus Masuren, 2e Aufl., S. 30. 

') Vgl. u.a. hier nur folgende Beispiele: Witzschel, Thüringer Sagen IL, S. 266, 269; Zingerle, Tiroler 
Sagen, 2e Aufl., S. 468; Strackerj^^n, I., S. 357; Schönwerth, L, S. 215, 367. III., S. 175; Cürtze, 
S. 392; Meier, Schwab. Sagen, S. 177; Festkalender aus Böhmen, S. 211; Montanüs, IL, S. 111; Zingerle, 
Sitten, 2e Aufl., S.66; Wolf, Beiti-äge L, S.226; Alpenbürg, Alpensagen, S. 288 ff.; Kehrein, Volkssitten 
in Hessen-Nassau, 1872, S. 258; Spiess, Erzgeb. Sitten, S. 13; Lütolf, Schweizer Sagen 1865, S. 227. 

*) Daraus dürfte sich folgender Aberglaube im Oesterreich. Schlesien erklären lassen : „Fällt der Besen 
vor der Thüre um, so ist das Frauenzimmer, welches zuerst zur Thüre hereinkommt, eine Hexe". (Peter, 
a.a.O., IL, S. 252). Vgl. Kuhn, Westf. Sagen IL, S. 28; Strackerjan, L, S.355; Spiess, Volksthümliches 
aus dem Fränkisch-Hennebergischen 1869, S. 153; Witzschel, a. a. 0., IL, S. 266: Schulenburg, Wend. 
Volkssagen etc. 1880, S. 157. 

*) Voqes, Braunschw. Sagen 1895, S. 81; Peter, IL, S. 252. 

•) WuTTKE, §215; Schönwerth, L, S. 209, 367, 374; Köhler, Voigtl. Sagen S. 418; Grimm, MythoL 
4e Aufl. HL, S. 442; Spiess, S. 28; Cübtze, S. 230, 388; Pröhlk, Harzsagen, 2e Aufl., S. 62; Strackerjan, 
L, S. 159; Wislocki, Volksgl. d. Zigeuner, S. 122; Nordd. Sagen, S. 410; Birlinger, Aus Schwaben, L, 
S. 179; 1 1RLINGER, Volksthüml. L, S. 310; Rochholz, Aarg. Sagen IL, S. 173; Mannhardt, Mythen, 
S. 35. Im Norwegischen schneidet man ein t auf den neuen Reisbesen, „damit ihn die Hexen nicht 
nehmen sollen, um darauf zu reiten" (Liebrecht, Volkskunde 1879, S. 320). 

') Pflanzenwelt Niedersachsens etc., S. 58. 

^) Vgl. Mogk, Germ. Mythol. 2e Aufl. (Sep. Abdr.) 1898, S. 45; sowie Herrmann, deutsche Myth S.66. 
I. A. f. £. XIII. 18 



- 188 - 

aber doch zu der Sache selbst, soweit sie mein Thema berührt, einige Bemerkungen zu geben. 
Nach den voraufgehenden, und spater noch folgenden Ausfahrungen ist der Birken- 
besen ein zauberkräftiges Abwehrmittel gegen allerhand böse Geister, welche auch vielfach 
„Hexen" heissen, besonders diejenigen weiblichen Geschlechts, während männliche Dämonen 
als „Teufel" gelten. Die nach gewissen Bergen ; ') in Norddeutschland meistens nach dem 
Brocken, reitenden Hexen der Walpurgisnacht werden nun bekanntlich im Volksglauben 
für körperliche, mit „Fleisch und Bein" ausgestattete Wesen weiblichen Geschlechts 
gehalten. Wenn nun der Birkenbesen als göttliches Wahrzeichen Donars jene mainächtlichen 
Gestalten, welche bereits nach einer Eddastelle ^) „im Fluge durchfahren die Luft", auf 
übernatürliche Art befördert, so müssen sie ehemals im Dienste Donars oder Thors 
gestanden haben. Das erhellt schon aus dem Umstände, dass heirathslustige Mädchen 
Hessens, Mecklenburgs, Ostpreussens etc. in der Sylvesternacht auf Besen nach gewissen 
Orakelplätzen reiten, um hier den Hochzeits- und Ehegott Donar über ihren künftigen 
Mann zu befragen. (Vgl. unten S. 157-158). Jene walpurgisnächtlichen Orgien auf den 
verschiedensten „Hexentanzplätzen" sind aber wohl als schattenhafte Ueberreste altdeutscher 
Opfergelage, die man in der Nacht des Sommerbeginnes (1. Mai) zu Ehren des mächtigen 
Sonnen- und Wachsthumsgottes veranstaltete, anzusehen. „Das teuflische Hexenmahl lässt 
sich gut zu dem des Donnergottes halten", sagt Grimm, ®) und auch Simrock*) giebt 
dahingehende Andeutungen. ') An den altheidnischen Opferfestlichkeiten •) schienen sich 
nun auch weibliche Personen göttlichen Geschlechts zu betheiligen , 7) geführt von einer 
himmlischen . Oberin , Holda, Berchta etc. Zur schnelleren Erreichung des festlichen 
Platzes bedienten sich aber die jungfräulichen Wesen, welche weise Frauen, Disen oder 
Walküren heissen^) oder andere Namen führen mochten, gewisser Thiere und Gegenstände, 
welche ausschliesslich dem Donar geweiht waren, z.B. des Ziegenbocks, •) des Besens und 
der Ofengabel ^% Als mit der Zeit des beginnenden Christenthums die germanischen Göt- 
tinnen mit ihrem Gefolge verketzert wurden, sanken eben die gedachten weiblichen Wesen 
zu böswiUigen Unholdinnen herab , ") und ihre ehemaligen menschenfreundlichen Verrich- 
tungen nannte man verächtlich „Zauberei".*^) Das war jedenfalls der Zeitpunkt, welcher 
nach dem Volksglauben eine Verschmelzung der bösen, elbischen Wesen ^^) mit den gött- 



») Kuhn, bringt auf S. 74 des I. Theils seiner Westfôl. Sagen eine ansehnliche Reihe von Litteratur- 
stellen bei, welche Hexen Versammlungsplätze namhaft machen. *) Vgl. Simrock, die Edda 1874, S. 6H; 
GoLTHEE, c5. 119. ») Mythol., 3e Aufl., S. 1208 *) Mythol.. 2e Aufl. S. 492. 

») Vgl. ferner: Zeitschr. f. Mythol. I., S. 294, sowie Zeitschr. f. Volkskunde VII, S. 185. 

•) Weil diese auf baumbestandenen Höhen stattfanden, so dih*fte Weigands Erklärung (Wöiterb. I., 
S. 804) des Wortes Hexe, „Waldweib", zutreffend sein. Vgl. auch Golther, a. a. 0., S. 117. 

7) Herrmann, Deutsche Myth., S. 65. 

■) Vgl. SiMBOCK, Mythol., ö. 492; Müller, Altd. Religion, S. 364. 

») Germ. Mythen, S. 15, 48. Jahn, Opfergebr. S. 112. 

") Wenn nach Schönwerth I. , S. 387 ein Besen mit einer Ofengabel tanzt, so müssen beide einander 
ähnlich, verwandt sein, nämlich als Donarsymbole, was die Ofengabel dem Umstände verdankt, dass sie 
aus Eisen ist und beständig mit dem Feuer, Donars heiligem Element, in Berührung kommt. 

»0 Jak. Grimm, (Mythol. 3e Aufl., S. 1007) bemerkt: „Die Hexen gehören zum Gefolge ehemaliger 
Göttinnen, die von ihrem Stuhl gestürzt, aus gütigen angebeteten Wesen in feindliche, gefürchtete ver- 
wandelt, unstät bei nächtlicher Weile uminen und statt der alten feierlichen Umzüge jiur heimliche, 
verbotene Zusammenkünfte mit ihren Anhängern unterhalten". 

'*) Die Zauberei ist jene niedere Stufe des religiösen Bewusstseins, auf welcher der Glaube Wirkungen, 
deren Ursachen man nicht erkennt, auf eine übernatürliche Weise entstehen lässt (Vgl. auch Grimm, 
Myth., S. 983 ff.), was mit Beginn der christlichen Bekehrung besonders der Fall zu sein schien. 

*•) Weinhold (Die Frauen im Mittelalter, 2e Aufl., I., S. 79) erblickt in den Hexen eine „Verbindung 
der elbischen Waldfrauen und der weisen Frauen" und Höpler (Archiv f. Religionswissensch. II, S. 162) 
bezeichnet sie im einzelnen als „Vertreterin der weiblichen Dämonen". 



- 139 - 

licherseits bevorzugten „Frauenzimmern" des Heiden thums ^) vor sich gehen liess. Bock, 
Besen und Ofengabel musste man ihnen natürlich als althergebrachte Fahrzeuge belassen, 
und WoESTE hat Recht mit seiner Behauptung, „dass die Hexen ursprünglich im Dienste 
Thunars und seiner Mutter den Besen führten". ^) Donar s) selbst wurde zum Teufel degra- 
diert,*) der bei den mainächtlichen Hexengelagen als gebietender „Meister Urian" fungierte. 
Der Besen gehörte nun hinfort den Hexen als ein „zünftiges" Attribut. Ein Tiroler 
Verschen bei Zingerle (Sitten, 2e Aufl., S. 60) lautet: 

Soviel Blumen , soviel Stengel , 
Soviel Sterne, soviel Engel, 
Soviel Hexen, soviel Besen. 

Hexe und Besen bildeten schliesslich einen Begriff und waren so eng mit einander 
verknüpft, dass das Wort „Besen" als beschimpfende Nebenbezeichnung des weiblichen 
Geschlechts gäng und gäbe wurde- „Besen" bezeichnet aber nicht das Dienstmädchen, wie 
Genthe^) annimmt, sondern es führen vielmehr ältere Frauen die Benennung Besen oder 
Feger. «) „Alte Weiber und stumpfe Besen — sind in ihrem Leben noch nie nix gewesen", 
heisst es in einem anonymen Werkchen über „Weisheit und Witz in Reimen", 2e Aufl. 
1881, S. 10, und in Aachen 7) stellt man ebenfalls j,alte Weiber" — Spitzname für altger- 
manische Göttinnen, Asinnen, Schlachtenjungfrauen etc. — mit Besen zusammen, nämlich: 

Alte Mangeln"), stumpfe Besen, 
Alte Weiber, alte Kessel. 

RocHHOLz*) hat einerseits Recht in der Annahme, dass jenes Studentenwort in 
Göthe's Faust: 

Die Hand, die Samstags ihren Besen führt, 
Wird Sonntags dich am besten karessieren, — 

nicht zur Erklärung des Schimpfwortes „Besen'* ^^) ausreiche , doch ist aber keineswegs , wie 
er annimmt, das Besenkraut (Sarothamnus und Sysimbrium sophia) mit massgebend 
gewesen, sondern Donars Birkenbesen, das sprichwörtlich gewordene Hexengefährt. — — 
Nach diesem kurzen Verweilen auf Nebenwegen wollen wir unserem ursprünglichen 
Ziele wieder zusteuern. Es wurde eingangs dieses Abschnittes bemerkt, dass der Besen 



') Auch die alten Griechen und Römer kannten nächtliche Züge, welche von übernatürlichen Jung- 
frauen unternommen wurden. (Soldan, Geschichte der Hexenprozesse 1843, S. 24, 71). 

") Zeitschr. f. Mythol. II., S. 87. 

») Wenn die zu jenem Reitbesen verwandten Birkenäste nach Thüring. Volksglauben im März geschnit- 
ten sein müssen (Witzschel, a. a. 0., II., S. 60), so weist das nach den Ausführungen auf S. 83 oben 
deutlich auf Donar hin. 

*) Vgl. unten, S. 151. Anm., S. 161 Anm. ») Deutsches Slang 1892, S. 7. 

«) Nach oberflächlicher Annahme soll „Besen" auch auf die langen Kleider zurückzuführen sein, mit 
denen die Frauen beim Gehen die Strassen „fegen". In Fbischlins Hohenzollern-Hochzeit (Ausgabe von 
BiBLiNGBB 1860 S. 53) wird erzählt, dass „zwei Matronen mit einander daher fegen, dann ihre Röckh den 
Boden berühren." 

^ Vgl. Schollen , Volksthümliches aus Aachen , 1881 , N°. 50. ») Mangeln = alte , deckellöse Körbe, 

•) Deutscher Glaube u. Brauch, II, S. 42. 

>•) Eine sagenhafte Deutung des räthselhaften Spitznamens lautet wie folgt: „Die Würzburger Studenten 
veranstalteten einmal eine grosse Schlittenfahrt und luden alle Schönen der Stadt dazu ein. Die Herren 
Studiosen erhielten aber abschlägige Antworten. Um dieses zu vergelten, setzte jeder Student in den Renn- 
schlitten, den er leitete, einen Kehrbesen mit nut und Schleier hinein, und so fuhren sie durch alle 
Gassen der Stadt. Von dieser Zeit an sind die Mädchen in der Studentensprache „Besen" geheissen bis auf 
den heutigen Tag". (Schöppneb, Bayr. Sagenbuch, 1852, II, S. 228). 



- 140 - 

angethan sei, die uns von der Wiege bis zum Grabe nachstellenden Dämonen fernzuhalten» 
Mit dem Tode des Menschen nehmen eigentlich die bösen Eiben ihren Anfang, denn sie 
sind, wie bereits oben (S. 90) bemerkt wurde, aus dem Seelenreiche hervorgegangen. Aus 
diesem Grunde werden eben die Seelen Verstorbener gefürchtet i) , weshalb«) wiederum 
hier und da auf Leichenhügel allerhand Reisig gehäuft wird , ») so auch Birkenbüsche- *) 
Selbstredend hilft nun auch der Birkenbesen gegen die gefürchtete Wiederkehr solcher 
Spukseelen. So wird im Voigtlande nach dem Hinaustragen der Leiche die Stube, in der 
sie lag, ausgekehrt und dann der Besen sammt dem Kehricht auf den Gottesacker geworfen *), 
damit der Todte nicht wiederkomme, d. h. seine Seele nicht zurückkehre,*) ein Glaube, 
der auch im Hennebergischen anzutreffen ist. 

Die zurückkehrenden Todtengeister heissen in katholischen Ländern, besonders in 
Tirol und Baiern, „arme Seelen", die eigenthch aber arge Dämonen sind. 7) Kehrt man in 
der Oberpfalz mit dem Besen den Tisch ab, so werden angeblich die armen Seelen ver- 
scheucht,®) weil eben der Birkenbesen ein Schreckmittel gegen Dämonen ist,®) obgleich in 
Oesterreich behauptet wird, dass sich nur gute Geister auf dem Tische auf halten ^o). Kehrt 
man Tische und Bänke mit Besen ab, so bekommt man Flöhe ^*) oder ansteckende Krank- 
heiten, besonders die fallende Sucht,") ja es tritt wohl gar der Tod ein. ^^^ -y^^j. gj^j^ 
auf eine solche Bank setzt, bekommt Blasen,**) die ihm nur durch jene verscheuchten 
Dämonen („armen Seelen") zugefügt werden. Die bösen Geister treten eben in allen 
Gestalten und unter verschiedenen Bezeichnungen auf, um ihr schadenbringendes Wesen 
zu treiben, weshalb der Birkenbesen sehr häufig helfend eingreifen muss. In Ostpreussen 
wird der Mar vertrieben, wenn man einen Besen quer über die Schwelle legt^^) (Treichel), 
und in Westpreussen ist man gegen die Böswilligkeit des Alps geschützt, wenn man einen 
Besen vor das Bett stellt, wie Tettau und Temme (S. 275) berichten. ^«) 

Aber auch die dem lieben Vieh nachstellenden „Hexen" müssen vor der besiegenden 
Macht des Besens weichen. Ist im Samlande eine Kuh behext, so melkt man aus ihren 
übers Kreuz gezogenen Strichen Milch zwischen ihren Koth, rührt diese Masse mit einem 
struppigen Besen um und giebt das der Kuh dreimal hintereinander nach Sonnenuntergang 
ein. Hierauf wird der Besen dreimal 24 Stunden in den Rauch gehängt, um darnach im 
Düngerhaufen oder unter der Dachtraufe vergraben zu werden, worauf die Kuh wieder 
Milch giebt. „Wie nämlich im Rauch der Besen noch mehr ausdörrt, so vertrocknet auch 
die Hexe, welche sich dann erst wieder erholt, wenn der letzte Saftrest aus dem Besen 
verschwunden ist. Will man den Tod der Hexe, so muss eben der Besen mit Stump und Stiel 
verbrannt werden," sagt Frischbier noch ergänzend. *7) im Mecklenburgischen werden unbe- 



«) Tylor II, S. 27, 111. ») Vgl. Tylor II, S. 126. 

') KoLBE, Hessische Sitten u. Gebräuche, 2e Aufl., 1888, S. 78 ff.; Am Urquell I, S. 121, IV, S. 15, 
16, 53; VI, S. 220. 

*) Bartsch I, S. 156, 157. ») Köhler, S. 254. «) Vgl. auch Wuttkr, § 737. 

7) GoLTHER, S. 126; LiPPERT, Volksbrauch, S. 591. ») Sghönwerth I, S. 288. 

•) Wenn nach Sghönwerth III, S. 279, der Kehricht Sonntags aus der Stube geschafft sein muss, 
damit die „arme Seele" des letzten Todten hinter der Thüre „eine reine Ecke haben yrill", so ist das nicht 
der ursprüngliche Glaube, nach welchem der Besen geister verjagend wirkt. 

>•) Vrrnaleken, Mythen, S. 353. ") Buch vom Abergl., 1790, S. 201. »-) Wuttkb, § 609. 

Ï») Am Urquell IV, S. 94. ") Sghönwerth m, S. 279. 

") Ebenso kann nach oberpfälzischem Volksglauben die Trud nicht in die Stube, wenn der Besen 
vor der Thüre lehnt (Sghönwerth I, S. 215). 

") Falsch ist aber die daselbst verzeichnete Annahme, dass sich der Alp auf dem Besen ausruhend 
niederlasse; nein, er bleibt eben gänzlich fern. >^) Hexenspruch und Zauberbann, S. 91. 



- 141 - 

nutzte Besen in den Kuhstall gestellt, um die Thiere zu schützen vor den „bösen Leuten" >) 
und in den bairischen Alpen wird „der Schratt" vom Stalle abgehalten, wenn man den Besen 
„untersüberse", d.h. auf dem Stiele stehend, an die Wand lehnt.*) Dieselbe Wirkung, 
ja vielmehr eine weit grössere, wird in Westfalen erzielt, wenn man einen Besen mit 
einer Axt auf die Hofpforte legt. ^) Im Rudolfstädtischen wähnt man verirrte Rinder durch 
einen an die Raufenkette gebundenen Besen zurückzulocken. *) Um das Verhexen der 
Butter zu verhindern , wird in Pommern ein Besen unter das Butterfass gelegt. ^) „Sind die 
Hühner behext, sodass sie Windeier legen, so muss man das Futter in einen neuen 
Besen streuen und die Hühner daraus fressen lassen". ^) Es können mithin schon die bösen 
Geister durch Stoffe, Körper etc. vertrieben werden, welche mit dem Besen in nähere 
Berührung kommen oder gekommen sind, was deutlich von der ganz besonderen Kraft 
des letzteren zeugt. Es ist darum kein Wunder, dass selbst der durch den Besen zusam- 
mengehäufte Kehricht'') eine zauberkräftige Wirkung aufweist. Kuhdünger, mit einem 
Stallbesen zerrieben, vertreibt, als Räucherung angewandt, nach böhmischer Volksmeinung 
die Hexen aus Gehöften und Ställen®). Kehricht, durch kreuzweises Fegen der Stube 
zusammengebracht und geräuchert, schützt gegen das sogen. „Beschreien" des Kindes, 
wie in der Oberpfalz geglaubt wird,®) während derselbe Kehricht nach voigtländischer 
Meinung das unruhige Kind, dem er unters Kopfkissen gelegt wird, zum Schlafen bringt. *°) 
Kehricht soll man nicht in der Schürze hinaustragen, sonst können einem die Hexen 
etwas anhaben oder man wird bezaubert, wie in Franken behauptet wird. '0 In der Sterbe- 
stunde eines Kranken macht man im Voigtlande drei Häufchen Salz, kehrt sie hinaus und 
wirft den betr. Besen sammt dem salzvermischten Kehricht auf den Gottesacker, um die 
Rückkehr des Todten zu verhüten , ") wie denn überhaupt das Kehren hinter dem Sai'ger 
her in vielen Gegenden als Schutzmittel gegen das Wiederkommen der Seele üblich ist , ^^) 
denn dieselbe kann zum „bösen Geist" werden. Ziemlich unverfälscht hat sich dieser 
volksthümliche Wahn bei den Bulgaren erhalten, obgleich man sich wohl auch dort der 
Ursache des einschlägigen Brauches nicht bewusst ist. NämUch an dem nächsten Tage, 
der auf eine Beerdigung folgt, wird das Haus, in dem die Leiche lag, von einem Waisen- 
mädchen gefegt und gereinigt, damit das Glück von neuem ins Haus einziehe. „Während 
das Waisenmädchen die Stube fegt, hält es in der linken Hand eine brennende Wachskerze 
und ein von den Hinterbliebenen erhaltenes Geschenk. Der Kehricht wird sammt dem 
Besen vom Gehöft weit weggeworfen. Dieses Fegen der Stube wird auch in den Häusern 



«) Bartsch II, S. 132. — .,Böse Leute" sind wohl von bösen Eiben besessen, schadenbringende Per- 
sonen, zu welchen man in Kärnthen sogar die Zigeuner rechnet, welche darum auch ohnmächtig gegen 
den Besen sind." (Vkbnaleken, Alpens., S. 417.) Vgl. auch Veckenstedt, Wend. Sagen, 1860, S. 468. 

') Reiser, Sagen, Gebräuche und Sprichw. des Allgäus, 1899, II, S. 426. 

') Westf. Sagen II, S. 447. *) Sioismünd, Schwarzb. Rudolst. Landeskunde I, S 91. 

») Knoop, S. 17]. «) Petersen, S. 8. 

'') WiTzscHEL, Eisenacher Sitten u. Gebräuche (Programm) 1866, S. 11 bemerkt, dass der Kehricht 
des 22. Febr. um Eisenach „Petersdreck" heisse, was auf Donar hinweist, der christlicher Stellvertreter 
St. Peters wurde. Man schüttete im südwestl. Thüringen am 22. Februar den „Petersdreck" vor die Stuben- 
thüre, damit der Flachs besser wachse. (Wiïzschel, Thür. Sagen II, S. 219). In der Oberpfalz kehren die 
Hexen rücklings und tragen dann den Kehricht in solche Häuser, wo sie Unfug treiben wollen (Sohön- 
werth III, S. 174). 

^) Festkalender aus Böhmen, S. 680. ») Schönwerth I, S. 187. 

'0) WüTTKE, § 587. »•) WUTTKE, § 98, 610. 

»*) Köhler, S. 418; Wüttke, § 737. 

*') WüTTKE, § 737; Spiess, Volksthüml. im Fränk.-Hennebergischen, 1869, S. 154; Hintz, Die alte gute 
Sitte in Altpreussen, 1862, S. 101; Curtze, S. 384; Friese, Sitten der Altenburger Bauern, 1887, S. 24. 



- 142 -. 

aller Verwandten des Verstorbenen vorgenommen". Es ist schliesslich das Kehren und 
Fegen selbst geisterbannend geworden , ^) besonders , wenn dabei den machthabenden 
Göttern geweihte Gegenstände in Anwendung kamen. Nach Tylob II, S. 200 kehren die 
Neger der Goldküste Afrikas von Zeit zu Zeit ihre Dörfer mit Keulen und Fackeln aus, 
um die böswilligen Dämonen zu verscheuchen, und die alten Griechen kehrten mit einem 
Besen aus Büschen des Lorbeers — derselbe war ihrem Donnerer geweiht — Opferplätze, 
sowie Fussböden der Häuser und Tempel, sobald sie diese Stätten zur Verrichtung gött- 
licher Dienste weihen und zu diesem Zwecke die Bösen hier verscheuchen wollten. ^) Eine 
niedersächsische Bäuerin kehrte die Diele, auf welcher sich eine Hexe stehend aufgehalten, 
mit einem Besen, damit die viehschädigende Unholdin nicht wiederkommen konnte*), und 
nach Rochholz *) wird ein Stall mit einem Besen gekehrt, um den dort hausenden „Flaschen- 
geist" zu bannen. Wenn man das Haus mit einem in den Zwölften •) gebundenen Besen 
kehrt, „denn is man vor Hexen sicher", wie in Mecklenburg geglaubt wird (Bartsch II, 
S. 249). Soll doch einstmals im Unterinnthale eine besenhassende Hexe in Hinsicht auf 
das Geläut der Wetterglocken der nahen Dörfer ärgerlich ausgerufen haben: 

Wann der Schwazei* Besen kehrt 
Und der Brixener Stier bleart 
Und das Salverhündl kollt(=bellt), 
So haben wir nimmer G'wolt! 7) 

Meier berichtet in seinen Schwäbischen Sagen ») dass man im Schwarzwalde um 12 Uhr 
der Karfreitagsnacht die Stube mit einem neuen Besen kehre und diesen dann auf den 
ersten besten Kreuzweg werfe, wo man am anderen Morgen ganze Haufen dieser Birken- 
reiserbündel wahrnehmen könne. Nachdem also die bösen Eiben durch Fegen vertrieben 
worden sind, und zwar wieder nach den Kreuzungspunkten von Wegen, wo sie sich fast 
stets aufhalten®), wirft man ihnen noch den bannenden Besen nach, um sie gänzlich 
unschädlich zu machen. Am 1. März fegen bulgarische Frauen „die Wohnungen sorgfältig 
aus und werfen den Kehricht weit weg vom Hause". Mit diesem Tage beginnt nach bul- 
garischer Volksmeinung der Frühling, das Regiment des Licht- und Donnergottes, darum 
werden durch Fegen die argen Dämonen verscheucht und vom Hause entfernt. Auch wird 
Haus , Hof und Garten gegen die bösen Geister mit Weihrauch ausgeräuchert. ^®) 

Wir haben also aus diesem Abschnitte ersehen, dass nicht nur der Besen und alles 
von ihm berührte Staubzeug , sondern sogar das blosse Kehren und Fegen selbst hexen- 



») Stkaüss, Die Bulgaren, S. 451. ^) Vgl. auch Lukas 11, Vers 24—26. 

') BöTTiCHKR, a. a. 0., S. 372. „Nach Vabro werden einer Gebärerin drei Götter zu Hütern gegeben, 
damit nicht zur Nachtzeit der Gott Si Ivan us bei ihr einkehre und sie plage. Diese Götter (Interci- 
dona, Pilumnus undDeverra) vorzustellen, gingen drei Männer nachts um das Haus, die Schwellen 
der Thür ei-st mit der Axt, dann mit der Keule schlagend, und nachdem mit einem Besen abfegend, um 
durch diese Sinnbilder des Ackerbaues (?) den Dämon der Wildnis vom Eintritt abzuhalten." (Bastian, 
Der Mensch in der Geschichte, 1860, II, S. 128). 

*) Schambach u. Müllbr, Sagen Nieders., S. 176. *) Aarg. Sagen II, S. 140. 

«) Die zwölf heiligen Nächte bildeten ehemals die altdeutsche „Julzeit", das hohe „Fest der wieder- 
geborenen Sonne" und waren dem Lichtgotte Donar geweiht (Meyer, Mythol., S. 410; Golthek. S. 582; 
SiMRocK, a. a. 0., S. 577; Mannhardt, Götter, S. 202). Besen, in dieser dem Donar geheiligten Zeit 
gebunden, waren besonders gut (Kuhn, Mark. Sagen, S. 386) und schützten ausgezeichnet gegen die 
widerwärtigen Hexen und deren Zaubereien (Bartsch, Mecklenb. Sagen II, S. 231, 2&, 249. Norddeutsche 
Sagen, S. 410). 

') Alpenbürg, Alpens., S. 91. ») S. 389; Vgl. auch Wüttke, § 87. 

•) Wüttke, § 108; Cürtze, S. 389; Lippert, Volksbrauch, S. 437, 469; Herrmann, Deutsche Myth. S. 41, 

»•) Strauss, a. a. 0., S. 335. 



- 148 - 

bannend wirken , ') doch ist diese Wirkung des „ Auskehrens" nur dem Birkenbesen ^) zu 
verdanken. ^) 

Nun giebt es aber auch verkörperte, thiergestaltige Dämonen in „Haus und Hof," 
nicht minder 

b. auf „Feld und Flur'', sowie auf „Haut und Haar", — nämlich das 
buntscheckige „Ungeziefer", von dem bereits oben (S. 95) die Rede war,*) dahingehend, dass 
in dieser niederen Thiergruppe Verkörperungen teuflicher Wesen erblickt wurden. Wenn 
nun schon die an und für sich schwache Birkenruthe zum erfolgreichen Kampfe gegen 
diese unheimlichen Gäste verwendet wird, so muss der Besen als verbundene Sammlung 
von Reisern der Betvla alba noch weit besser geeignet sein , das düsterfarbige „Geschmeiss" 
zu überwinden und zwar, wie. wir sehen werden, besonders an solchen Tagen, welche als 
ehemalige Termine von Festen zu Ehren Donars anzusehen sind. Hin und wieder kommen 
dabei bestimmte Tage auch nicht in Betracht. So berichtet Schulenburg ') aus dem Spree- 
walde folgendes: „Wenn viele Raupen auf dem Kohle sind und eine Leiche vorbeikommt, 
soll man sie mit einem Besen herunterfegen und sprechen: Nimm mit, nimm mit!" Im 
Voigtlande wird für gut befunden, beim ersten Mittagsläuten die Stube hinterrücks zu kehren 
und dann den Kehricht über den Zaun zu werfen, denn „dies hilft gegen die Flöhe"*), und 
wenn man im Brandenburgischen die Obstbäume vor Sonnenaufgang mit einem Besen umkehrt, 
so kommen keine Raupen in den betr. Garten 7). Ja im Erzgebirge sucht man sich schon 
beim Pflanzen des Kohls dieser argen Schmarotzer zu erwehren, dadurch, dass in jede 
Ecke des Feldes ein Besen gesteckt wird, wie Spiess S. 28 vermeldet. Mecklenburgische 
Bauern bestreichen die Krautpflanzen mit dem Zwölften besen , um sie vor Raupen zu 
sichern,«) während es im Oldenburgischen heisst: „Kohl muss Johanni gefegt werden, 
um von Raupen befreit zu bleiben." ®) Die Maulwürfe hält der böhmische Bauer von seiner 
Wiese fern , wenn er am Karfreitag dieselbe mit einem Besen umreitet. '®) 

Auch die Mäuse '^) werden durch den Besen und das Fegen mit demselben ferngehalten. 
So kehrt man zu Kuttenberg in Böhmen am Sonnabend der Karwoche alle Winkel des 
Hauses aus, um somit die Mäuse zu vertreiben , ^^) und in Prag fegt man am Karfreitag 
mit einem tags zuvor (Gründonnerstag) gekauften Besen in sämmtlichen Zimmern des 
Hauses die Dielen, um nicht nur das Ungeziefer, sondern sogar das Unglück aus dem 
Hause zu bannen (Ebenda). Auch im Schwäbischen kehrt man fleissig vor dem Sonnen- 
aufgang dieses wichtigen Tages, um das Haus vor Kröten und Schwaben zu schützen, '^) 



*) In Island (Sepp, Religion der Deutschen 1890, S. 7^ und Schweden (Afzelins II, S. 312) fegt man 
angeblich zu dem Zwecke, den guten Eiben ein reines Plätzchen zu bereiten. Glaubt man in Schwaben, 
dass sich beim Stubenkehren der Brotteig vermindere (Aus Schwaben I, S. 414), so scheint in dieser Schädi- 
gung ein Racheakt der durch das Fegen verscheuchten Bösewichte vorzuliegen. — Vgl. auch Seifert, 
Hildesheimer Sagen II, S. 66. 

Ï) Nach Grohmann (Abergl. S. 244) kehren selbst Geister mit dem Besen, was, im Traum gesehen, 
nach der Volksmeinung der Venetianer als tod verkündendes Anzeichen gilt (Reinsbebo-Düringspeld, 
Ethnogr. Curiositäten , 1879, II, S. 113). ») Vgl. Lippert, Volksbrauch, S. 465, 615. 

*) Vgl. noch zu Seite 95, Anmerk. 5—8, Wuttke § 404; Töpfen, S. 77; Nork, Volkss., S.407; Krauss, 
Sudslaven, S. 112; Grohmann, Apollo etc. S. 36, Norddeutöche Sagen, S. 416. 

») Wendische Volkssagen, S.242. «) Köhler, S. 357. 7) Engrlien und Lahn, a. a. 0., S. 273. 

8) Bartsch II, S. 249. *) Strackerjan I, S. 67. »<>) Grohmann, Abergl., S. 59. 

") Über die Mäuse als verkörperte Dämonen handelt Grohmann's bereits angezogenes Werkchen „Apollo 
Smintheus etc." fast auf jeder Seite. In Tirol (Zingerle, Sitten, 2e Aufl., S. 64) glaubt man, dass Mäuse 
von Hexen gemacht werden können. Vgl. auch Wolf, Niederländ Sagen, 1843, S. 486, 487. 

") Grohmann, Apollo, S. 61. 

") BiRLiNGER, Aus Schwaben L, S. 385, 468, 472; IL, S. 78; Volksthumliches etc. I., S. 472. 



- 144 - 

während sogar zu Komarom in Ungarn geglaubt wird, durch diese fegende Verrichtung 
die Frösche der Umgehend „zugrunde richten" zu können, i) 

Besonders wirksam ist das Kehren am Karfreitag gegen die plagenden Flöhe, ^) ebenso 
wie zu Fastnachten 3) und am ersten Ostertage vor Sonnenaufgang. In Böhmen nimmt 
man hierzu gern solche Besen, welche in der Karwache gebunden wurden und glaubt, 
dass sie auch zu anderen Zeiten gut zum „Flöheausschütteln" sind. *) Unweit Danzig wirft 
man, laut Treichel's Mittheilung, den am Ostermorgen zusammengefegten Kehricht auf den 
Düngerhaufen, dem damit die gehassten Flöhe überliefert werden. Aehnlich verhält man 
sich in Pommern,*) wo das, „GemüU" auf benachbartes Gebiet geschüttet und somit die 
verhasste Flohsippe dorthin verbannt wird. Wenn im Spreewald der Kehricht wohlweislich 
nach Westen geworfen wird, weil die Flöhe, wenn man ihn in östlicher Richtung trans- 
portiert, „wiederkommen" würden,«) so ist dabei erklärend zu bemerken, dass von Osten 
das geisterverscheuchende Sonnenlicht kommt. „Karfreitagskehricht auf die Schwelle eines 
anderen Hauses getragen, verursacht dort Flöhe", 7) und im Oesterreich. Schlesien wirft 
man ihn dem Hirten des Dorfes, sobald er das Vieh (Kühe) zum erstenmale austreibt, mit 
dem Wunsche nach, „er möge die Flöhe mit aufs Feld nehmen." ») Zu Mitterode in Hessen 
wird am Tage Petri Kettenfeier (1. August) aus frisch geschnittenen Birken ein Besen 
gemacht und mit diesem die Stube gekehrt, dann „kommt kein Ungeziefer" hinein.®) 
Die Läuse müssen nämhch nicht minder als die Flöhe dem Besen weichen. „Vieh mit dem 
Zwölftenbesen gestrichen, bekommt keine Läuse", heisst es im Mecklenburgischen/®) wo- 
selbst auch, in der Gegend von Ludwigslust, folgender Brauch besteht: „Wenn man am 
1. Mai vor Sonnenaufgang mit einem stumpfen Besen dreimal die Stube fegt und dabei 
sagt; „Lüs, Flöh rut, gat all na 't drüdde Nawershus!" und dann den Besen selbst auf 
des dritten Nachbars Gebiet in die Nähe seines Hauses wirft, so verschwinden alle Läuse 
und Flöhe aus dem Hause, sobald der besagte Besen von Jemand aus dem Hause des 
dritten Nachbars berührt wird.*' Aus Dehmern, ebenfalls im Mecklenburgischen, wird 
berichtet, dass man vor Sonnenaufgang des ersten MaiiTiorgens das Haus mit einem neuen 
Besen fegt und dabei sagt: 

Flöh un Lus, 

Rut ut rain Hus, 

Ga hen na Nawers Hus! 

Der Besen wird dann auf nachbarliches Gebiet geworfen. ^^) Um und in Ellwangen jagt 
man am Weihnachtsvorabende nach stattgefundenem Gebet die sogen- „Schaben" hinaus, 
indem man mit Besen Stube und Küche ausfegt. ^'^) Dass selbst Käsemaden , die ebenfalls 



Zeitschr. f. Volkskunde IV, S. 395. 

Ï) BihLiNGER, Volkskunde I., S. 472; Wüttke, §87. In Westfalen darf man am Karfreitage nicht kehren 
in den Stuben, sonst bekommt man Flöhe (Kühn, Westf. Sagen II, S. 134). Dass dieselben böse Geister 
sind, besagt u. a. folgender Aberglaube: ^Wenn in einem Hause viel Flöhe sind, so ist es in schlechter 
Zeit gebaut worden" (Bezzenberger, Lit. Forsch., S. 81), wo gleichsam die argen Dämonen hausten. — 

s) WuTTKE, § 98; Köhler, Voigtland S. 369; Spiess, Volksth. a.d. Erzgeb., S. 10; Witzschel, Thür. 
Sagen II, S. 190; Schön werth, Oberpfalz III, S. 279; Bezzenberger, Litauische Forschungen 1882, S. 80. 

*) Festkalender aus Böhmen, S. 135. •) Knoop, S. 174. •) Schulenburg, Wend. Volkss., S. 253. 

7) Volksthuml. aus Ostpreussen I, S. 14. Veckenstedt, Wend. Sagen, S. 442 (71). 

8) Peter, a.a.O., II, S. 248. 

*) Pfizer, Hess. Sagen, S. 164. — Der Kehricht, den man in Mecklenburg am Ostermorgen mit einem 
Zwölftenbesen zusammenkehrt und vor des Nachbars Thür trägt, sichert vor Ungeziefer (Bartsch II, S. 261). 
»•) Bartsch, IL, S. 249. »') Bartsch, IL, S. 267. Vgl. auch Veckenstedt, a.a. 0., S. 442 (72) 

»=) Birlinger, Volksthuml. L, S. 468. 



^ 145 - 

durch Hexen erzeugt werden können , ') mit Hilfe des Besens vertrieben werden , geht aus 
einem alten Hausrezept in „Des deutschen Landmanns Practica" von Grässe hervor, 
welches (S. 60) lautet: „Man lege Birckenlaub oder einen newen Besen auflf die Kese", 
ebenso wie es gut sein soll „BirckensafFt in Milch gethan, dad keine Maden in Kesen 
wachsen, so darauss gemacht werden." 

Nun, ausser den bisher betrachteten freizügigen Bosheitseiben giebt es noch eine 
besondere Gruppe dieser grossen Abtheilung, nämlich die, welche 

c, in „Wind und Wetter" ihr unheimliches Wesen treiben, wie wir bereits oben 
(S. 93 ff.) gesehen haben. Auch gegen sie wirkt der birkene Besen mit zauberhaftem Erfolge. 
In Böhmen stellt man beim Herannahen von Gewittern Besen unters Dach oder man legt 
deren zwei kreuzweise übereinander, um vor Blitzschlägen gesichert zu sein, 2) denn einmal 
glaubt man, dass der aus den Zweigen von Donars heiliger Birke bestehende Besen, und 
mit ihm der ganze Hauskomplex, nicht vom Blitze berührt werde, und ausserdem schützt 
der Besen auch gegen die bekannte Böswilligkeit der „Wettej'hexen". Jene Vorsichtsmass- 
regel scheint ehemals ganz allgemein geübt worden zu sein, so dass dieser gewitterbannende 
„Donnerbesen"') nicht nur in natura^ sondern sogar in bildlicher Gestalt blitzabwehrend*) 
sein musste , nämlich als Emblem an vielen norddeutschen Bauernhäusern , *) wie denn 



Vgl. Zeitschr. f. Volkskde V., S. 408; Steackbrjan, I., S. 298. 

Ï) Gbohmann, Abergl. aus Böhmen S. 37; Wüttke, § 445. 

') Die Bezeichnung „Donnerbesen" wurde mit der Zeit auf alle büschelartigen Vereinigungen gewisser 
Strauchpflanzen und Baumzweige übertragen, so auch auf die in der Mythologie so bedeutsame Mistel 
(Meyer, Mythol., S. 86). Es war eben ein Bündel von lebendigen, dicht bei einander stehenden Ruthen, 
von denen doch jede einzelne, wie wir oben gesehen (S. 86—89), von göttlicher Kraft beseelt sein konnte. 
Im Oldenburgischen heissen ;,die krankhaft, wie zu einem Nest, verschlungenen Zweige eines Birken- 
baumes" auch wohl „Hexennester" (Strackerjan I, S. 364, 379, II, S. 74), ja in Litauen sogar „Hexenbesen" 
(Bezzenbkrger, Litauische Forschungen, S. 66), denn man meinte dort (Strackerjan I, S. 379) wie auch in 
anderen Landern (Wolf, Beitr. II, S. 271, Panzer, a. a. 0., II, S. 298, Bartsch II, S. 3, Kühn, Herab- 
kunft, S. 204, Grimm, Mythol., 3e Aufl., S. 898, 1041), dass in diesen Sprösslingsbündeln umherschweifende 
Windelben rasteten, woraus eben jene sonderbaren Bezeichnungen dafür zu erklären sind, als z.B. Maren- 
tacken (Marzacken), Alpruthen, Hexenfüsse, Laumesziota (slav.), Hexenbesen, Rübezahls Bart u. s. w. 
(Vgl. Bartsch iï., S. 3; Sohns, Unsere Pflanzen etc. 1897, S. 71. MOllenhopf, Die Natur im Volksmunde 
1898, S. 13; Grimm, Myth., 3e Aufl., S. 168, 170. Ill, 4e Aufl., S. 68; Laistner, Nebels. S. 328; Kuhn, 
Westf. Sagen, IL, S. 55; Rochholz, Aarg. Sagen, IL, S. 183, 202; Panzer IL, S. 298; Zeitschr. f. Volkskde L, 
S. 287; WüTTKE, § 20; Schiller, Thier- und Kräuterbuch III, S. 36; Brosow, Littauischer Baumkultus, S. 9). 
IXass der „Donnerbesen" ^deswegen von dem gemeinen Mann also genannt wird, weil er seiner Meinung 
nach von denen Strahlen oder Blitz des Gewitters herrühren solle", lesen wir in Zinckens „Oeconom. 
Lexicon, 2e Aufl., L, S. 566" des vorigen Jahrhunderts. Auch Grimm (Myth., 3e Aufl., S. 168) gedenkt 
dieses Aberglaubens. Nach Stracker jan L, S. 364 und Wüttke § 147 ist der Donnerbesen gut gegen 
Behexung — also auch gegen die Wetterhexen im Gewitter und Hagelschlag 1 (Vgl. auch Vernalekbn, 
Mythen, S. 271) — und norddeutschem Aberglauben gemäss wfrd der bei Regenwetter aus ihm fallende 
„Traur darunter befindlichen Personen insofern gefähriich, als diese Alpdrücken oder einen schlimmen Kopf 
bekommen (Norddeutsche Sagen, S. 419, Westfäl. Sage IL, S. 55), also von Hexen mit Krankheit 
geschlagen werden. „Donnerbesen" ist auch ein Pluchwort resp. Ausdruck der Verwünschung (Zeitsch. f. 
Myth. IL, S. 86; Mannhardt, Germ. Mythen, S. 35), desgleichen auch Schimpfname gegen weibhche 
Personen (Petersen, S. 38; Rochholz, Deutscher Glaube etc. IL, S. 42). In meiner Heimath (ünterharz) 
ist „Donnerbesen" besonders auf solche „ Weibesleute'* gemünzt, welche in ungekämmten, struppigen 
Haaren einhergehen und zänkischer Natur sind. 

*) Der Donnerbesen war eben aus demselben Grunde wie der Birkenbesen im Besitze dieser wetter- 
bannenden Kraft, selbst wenn er nur aus einzelnen „mythischen Pflanzen" (Petersen, S. 23) besUnd. 
Wenn in Böhmen der Blitz da nicht einschlagen soll, wo er verbrannt wird (G rohmann, Abergl. S. 37), 
so ist aus weiter unten (S. 160—161) beigebrachten Gründen diese Volksmeinung keine ursprüngliche, sondern 
eine priesterlich erzeugte, während die gegentheilige bei Fromm a nn (Mundarten V., S. 473), wonach man jene 
„krankhaften Auswüchse" nicht zu verbrennen wajgt-, die richtige ist, deshalb nämlich, weil der Donnerbesen 
nicht nur „zu Donar zu gehören scheint" (Meyer, Myth., S. 58), sondern sein unbestrittenes Symbol ist. 

») Vgl. Petersen, S. 38 ff. nebst den dort am Schlüsse beigefügten 7 Pigurentafeln, Meyer, Deutsche Volks- 
kunde, 1898, S.71, sowie Weinholds Zeitschr. f. Volkskunde, VL, S.359, 360. (Als „Zeitschr. f. Volkskunde" 
zitiere ich stets nur Weinholds „Zeitschrift des Vereins für Volkskunde", nicht das Organ Vbckenstedts). 

L A. f. E. Xm. 19 



I 

1 



- 146 - 

auch schon die alten Griechen und Römer architektonische „Blitzbündel" — aus Büschen 
des dem Donnerer Zeus-Jupiter geweihten Lorbeers vereinigt — an manchen Gebäuden 
anbrachten. *) Wenn Petersen (S. 39) bemerkt: „Sollte nicht Donnerbesen ein gemeinsamer 
Name aller gegen das Gewitter schützenden Besen gewesen sein, übertragen vom Gewitter- 
regen, dessen Symbol sie sind?" — so hat er im ersten Theil dieser Annahme recht, 
während der Schlusszusatz falsch und unbewiesen ist, was auch Schwartz^) anerkennt, 
obgleich ich die sonstigen Anschauungen, die der letztere Forscher vom Besen hegt, ^) 
keineswegs zu theilen vermag.*) 

Der Birkenbesen schützt aber nicht nur gegen Gewitterschäden, sondern auch gegen 
Sturm und findet deshalb auch seine Verwendung auf dem Meere, wo ungünstiger Wind 
den „schwimmenden Häusern" gefährlich werden kann. Donar als wettermachender Gott *) 
war zugleich allmächtiger Patron der Schiffer und Seefahrer**) und vermochte als „Herr- 
scher der Winde" (Lex myth., S. 926) meerbefahrenden Feinden durch Erzeugung von 
Gegenwind stets besiegend entgegen zu treten 7). Selbstredend musste denn auch sein 
Besen gegen die argen Sturmdämonen anzukämpfen die Kraft haben. „Die Beziehung des 
Besens auf den Wind liegt deutlich genug ausgesprochen in dem alten Hamburger See- 
mannsglauben, dass, wenn ein Schiff lange Gegenwind gehabt hat und es einem andern 
begegnet, welches vor dem Winde herankommt, es dann genüge, diesem einen alten 
Besen vor den Bug zu werfen, um selbst guten Wind zu bekommen'*, schreibt Heims auf 
S. 70 seines interessanten Werkes „Seespuk'' (Leipzig 1888), und Treichel vermeldet aus 
Westpreussen denselben Brauch , ergänzend noch , dass der besenwerfende Seeman ausrufe : 
„Den Bossen fa di, den Wind fa mi", d.h. „Den Besen für dich, den Wind für mich." An 
der Oldenburgischen Küste übt man ebenfalls diese winderzeugende Sitte,*) ja, wenn man 
in den Ostseehäfen „einem mit gutem Winde in entgegengesetzter Richtung ab- oder vorbei- 
fahrenden Kahne einen Reisigbesen nachwirft, so dreht sich der Wind für den Besenwerfer 
in günstiger Weise." (Treichel). Sobald man eben den birkenästigen Dämonenbesieger weg- 
geworfen hat, ist Donars Einfluss auf „Wind und Wetter" gleichsam aufgehoben;') die 
Lufteiben lassen nun mehr oder minder starken Wind eintreten, den sich Seefahrer event, 
zunutze machen können. Soll es doch in Schlesien schon windig werden, wenn die Katze 
am Besen kratzt, *^) also die Kraft dieses Dämonendämpfers mindert. „Mit einem ins Wasser 
geworfenen Besen kann man Wind machen", ^^) während in der Umgegend von Solothurn 
der schädliche Mehltau von den Kohl- und Bohnenpflanzen abgehalten wird, sobald man 
diese Freitags mit einem neuen Besen gestrichen hat "). Dieser Umstand bestätigt ebenfalls 



') BöTTiCHEB, Baumkultus, S. 365, 372. =) Der heutige Volksglaube etc., 2e Aufl., 1862, S. 130. 

") Volksgl. 2e Aufl. 1893, S. 130; Ursprung d. Myth. S. 222; Poetische Naturansebau ungen IL, S. 66; 
Prähistor. anthropol. Studien 1884, S. 270. 

*) Mannhardt (German. Mythen, S. 35), der auf Grund der Zeitschr. f. Myth. IL, S.86 und III., S. 390 
den Besen als „Symbol des Blitzes" betrachtet, trifft die Sache besser, vorausgesetzt, dass man unter 
Blitz nicht nur den elektrischen Riesenfunken, sondern den Blitzhamraer oder Donnerkeil versteht. Den 
Donnerbesen hat Kuhn, Herabkunft, 2e Aufl., S. 204, sehr richtig als „Verkörperung des Donnerkeils" 
bezeichnet. 

») Zeitschr. f. Myth. L, S. 71. IIL, S. 209. 

•) Mannhardt , G. Mythen , S.147; Petersen-Riess , S.43; Golther, S.249if., Zeitschr. f. Myth. IL S. 313. 

7) Genthe, Windgottheiten bei den indogerm. Völkern 1861, S. 6; ühland, Thor, S. 23; Zeitschr. f. 
Myth. IL, S. 313. ») Strackerjan L, S. 106. 

•) „In Pommern, an der Seeküste, soll es als sicheres Mittel gelten, guten Wind zu bekommen, 
wenn man einen Besen ins Feuer wirft, aber so, dass der Stiel dorthin zeigt, woher der Wind gewünscht 
wird". (Heims, Seespuk S. 70). »®) Philo v. Walde, Schlesien in Sage und Brauch, 1884, S. 148. 

»») WuTTKE, § 178. »=) Schild, Grossätti us* em Leberberg, 2e Aufl. 1881, IIL, S. 170. 



- 147 - 

die jegliche Unbilden der Witterung verhütende Macht des dämonen verscheuchenden Besens. — 
Aber nicht nur die freizügigen »Hexen", sondern auch jene lokalen Plagegeister, welche 
d. in „Leib und Seele" als tückische Erzeuger von Krankheits- und Bosheiteerschei- 
nungen thätig sind,*) finden in jenem Birkenreiserbündel ihren überlegeneren Feind. Um 
in Ostpreussen das kalte Fieber zu beseitigen, muss der betr. Patient auf einem Besen 
aus dem Hause nach dem nächsten Kreuzwege reiten, jedoch lautlos, hier das dürre 
Reisigpferd liegen lassen und eben so still wieder nachhause eilen. ^) Zu Riedlingen in 
Schwaben wurden noch in der zweiten Hälfte dieses Jahrh. in der St. Veits-Kapelle ") zahl- 
reiche Besen gegen die bösen „Aissen" (Eiterbeulen) niedergelegt, desgleichen auch in der 
Remigius-Kapelle zwischen Hasslach und Rauerz, sowie in der Kapelle zu den 14 Noth- 
heifern unweit Donsdorf. *) In der Schweiz hat man ehemals gegen „Eiszen und Geschwüre", 
sowie gegen „räudig sein" theils richtige Besen, theils kunstlose Bündel Birkenruthen 
geopfert, wie Lütolp a.a.O., S. 367 mittheilt. Wenn Aissen „angehext** werden können,*) 
so sollten jene Besen unstreitig Schutzmittel gegen die Krankheitsdämonen abgeben. In 
Rheinpreussen kann man Zahnschmerzen los werden und auf andere übertragen, wenn 
man einen Besen in die Kirche legt; sie gehen dann auf denjenigen über, der zuerst über 
ihn hinwegschreitet. *) Wadenkrämpfe heilen sich Oldenburgs Bewohner dadurch , dass sie 
sich einen Birkenbesen ins Bett legen , t) und nach Siebenbürg. Volksglauben verschwinden 
Flechten, wenn man sie mit der Asche des Birkenbesens bestreut.®) 

Mit einem Besen Warzen bestrichen, dreimal, und ihn dann wieder, ohne ein Wort 
dabei zu sprechen, an seinen Ort gelegt, macht diese höckerigen Auswüchse nach west- 
preussischer Volksmeinung verschwinden (Treichel). Ja , nach Veckenstedt, a. a. 0. , S. 457, 
erreicht man diesen Zweck auch, wenn man Kehricht unter Hersagung einer Formel 
„dreimal auf die Warze drücken", würde. Haben sich die Letten eine Brandwunde zuge- 
zogen, so beten sie folgende Formel her: „Ein rother Hahn läuft ums Feuer. Nimm liebe 
Mahre (Maria) einen Besen, schlage und spritze, schlage und spritze, damit das Übel 
schwindet wie ein Feuerfunke.') Selbst Gemüthsbewegungen vermag der Besen zu stillen. 
Lässt man in Baiern letzteren in der Stube stehen, so kann man nicht schlafen. ^®) Er muss 
also vor der Hausthüre liegen, damit die beunruhigenden Hexen nicht darüber hinweg- 
können. *') „Wenn ein Weib über etwas erschrickt oder sich erzürnet, so soll sie alsbald 
durch einen alten Besen brunzen, so schadet es ihr nicht", wurde nach der oben bereits 
angezogenen „Rocken-Philosophia II. N®. 3 in den Sächsischen Landen behauptet. 

Besonders häufig findet aber der Besen seine Anwendung bei den mancherlei Erkran- 
kungen der Hausthiere, in erster Linie der Kühe.**) Damit gekauftes oder zum erstenmale 



*) Vgl. die litter. Nachweise oben, Seite 125, ausserdem Hertz, Deutsche Sage im Elsass, S. 59; 
Grasse, Preuss. Sagen, II., S. 1101; Meieb, Schwab. Sagen, S. 174; Kohlrusch, a. a. 0., S. 65; Aarg. 
Sagen, I., S. 358; Schönwerth L, S. 363; Alpenburg, Alpensagen, S. 299. 

') Toppen^ S. 53. 

') Kapellen wurden meistens im Anfange des Christenthums an solchen Plätzen erbaut, welche Kult- 
stätten unserer heidnischen Vorfahren waren, denn man wollte deren liebgewordene Heiligthumer nicht 
mit einem Schlage vernichten, sondern sie geräuschlos in christliche umwandeln. (Pfannenschhid, Ernte- 
feste, S. 31, 39; Derselbe, Das Weihwasser, 1869, S. 59; Höfler, Baumkult, S. 25 ffX An diesen alt- 
heidnischen Orten waren aber die «armen Seelen" (Dämonen) stets zuhause (Wuttke, § y63). 

*) BiRLiKGER, Aus Schwabeu I., S. 55; Dei-selbe: Volksthüml. IL, S. 444, 484/85; Bück, Medizin. 
Volksgl. aus Schwaben, 1865, S. 26. ») Schönwerth, III., S. 202. •) Wuttke, § 178. 

7) Strackerjan, I., S. 85; Wuttke, § 107, 337. ») Wlislocki, Volksgl. der Siebenb. 1893, S. 91. 

») Zeitsch. f. Volkskde V., S. 8. ") Wuttke, § 610. ") Vgl. Bartsch L, S. 48. 

") Ueber das nahe Verhältnis des germanischen Donnerers zu den Kühen handelt ausführlich Mann- 
hardt in seinen Germ. Mythen, S. 10-38. Donais Birke spielt deshalb beim Rindvieh eine grosse Rolle. 



- 148 - 

auf die Weide getriebenes Vieh nicht „behext", d. h. mit Krankheit geschlagen wird, legt 
man Besen auf die Schwelle des Stalles, wie schon oben (S. 140 u. 141) angedeutet wurde. ^) 
In Priegnitz wird eine Kuh , sobald sie von einem Wiesel „gezeichnet", d. h. ins Euter gebissen 
worden ist*), dreimal mit einem Besen aus den Zwölften gestrichen, welcher dann still- 
schweigend unter die Krippe gelegt wird 3), wie denn überhaupt der Zwölfbenbesen von 
besonders heilsamer Wirkung ist (Vgl. oben S. 142). „Futter, das durch solche Besen 
gegossen ist, heilt und sichert das Vieh vor Krankheiten. Das Wasser, welches hindurch 
gegossen ist, wird dem Vieh zum Saufen gegeben, wenn es behext ist. Ist die Milch einer 
Kuh lang, so wird sie durch einen Zwölfterbesen gegossen, oder es werden neun Knospen 
von dem Zwölfterbesen abgepflückt und der Kuh eingegeben, oder die Kuh wird mit dem 
Zwölfterbesen dreimal stillschweigend längs dem Rücken gestrichen , worauf der Besen hinter 
die Kuh gestellt wird. Auch hat er die Kraft, blaue Milch wieder weiss und geniessbar 
zu machen". So glaubt man im Mecklenburgischen,*) und giebt in Schlesien die Kuh 
blutige Milch, so wird diese durch einen Besen hindurch gemolken.*) Die böswilligen 
Hexen suchen nämlich nicht nur die uns sehr dienlichen Hausthiere mit Krankheit heim , •) 
sondern sie bewirken auch Abnahme, sowie Ungeniessbarwerden der Milch. 7) Wenn in 
Ostpreussen die Kuhmilch nach dem Melken gerinnt, dann giesst man sie auf drei Schwellen 
und schlägt mit dem Besen so lange darauf, bis sie trocken sind, dann ist die Milch, 
welche die Kuh nun giebt, wieder gut. ») Soll im Hessischen die Kuh nach dem Kalben 
bald wieder Milch geben, so bekommt sie drei Keime von einem gebrauchten Besen ins 
Saufen , ») ebenso wie im Mecklenburgischen , sobald sie hier am sogen. „Einschuss" ^^) zu 
leiden hat"). 

Zum Schutze der Schweine werden im Oldenburgischen die auf S. 145 ff. erwähnten 
„Hexennester" — Verfllzungen der Birkenzweige — in die Ställe gehängt. ") Auch gewisse 
Uebelstände bei den Hausvögeln kann man mittels des Besens heben. So werden im 
Mecklenburgischen die Hühner, wenn sie die bekannten „Schaleier" legen, durch den 
Zwölftenbesen gefüttert. ^^) In Ungarn wird ein solches Ei mit einem Besen geschlagen, 
denn es zeigt an , dass unter einer der Personen des betr. Hauses „die Erde weich geworden 
ist", d. h. es wird bald ein Todesfall eintreten. ^*) Wollten die Hühner der alten Esthen 
überhaupt nicht legen, so wurden sie mit einem alten Besen geschlagen, und sofort stellte 



In der Gegend von Eisenach verwandelte sich einstmals eine feurige Kuh infolge des Gebets eines ihr 
begegnenden Mannes in eine Birke (Witzschel, Thür. Sagen I., S. 115). „2 leuchtende, 2 stechende, 
4 Kegelchen und 1 Besen" ist ein welschtiroler Räthsel, welches die Kuh bezeichnet (Schneller, Sagen 
aus Wälschtirol. 1867, S. 253). 

>) Vgl. auch CüRTZE, S. 406; Wolf, Beiträge L, S. 219; Köhler, Voigtl. Sagen, S. 427. Zeitschr. f. 
Volkskde IV.. S.397; Bartsch II., S. 141; Baumgarten, das Jahr etc., S. 24; Wuttke, § 691; Zeitschr. f. 
VolkskdeL, S.187; Norddeutsche Sagen, S.410; Schiller, Mecklenburg. Thier- und Kräuterbuch. 1861.11.8. 3. 

Î) Das Wiesel ist hier als verkörperter Krankheitsdämon (Siehe „ CJngeziefer'*) aufzufassen, welcher den 
Kühen Schaden zufügt. Vgl. auch Grohmann, Apollo, S. 15; Wuttke § 170, 419. 

») Nordd. Sagen, S. 410. *) Bartsch, IL, S. 248. ») Wuttke, § 700. 

•) KoHLRuscH, S. 65; Meier, S. 174, 178; Leoprechting , Lechrain, S. 47; Nordd. Sagen, S. 416. 

') Kohlrusch, S. 65; Volksthüml. aus Schwaben I., S. 306; Vonbün, Mythol., S. 151; Zeitschr. f. 
Volkskunde, VIL, S. 251; Alpenburg, Alpensagen, S. 290; Zingerle, Tir. Sitten, S. 64. VgL auch Kuhn, 
Westf. Sagen IL, S. 28, wonach man die „rothe Milch'* der Kühe den Hexen zuschreibt. 

») Wuttke, § 706. •) MOlhause, Gebräuche, S. 59. 

*') Unter „Einschuss" versteht man dort „ Milch vei*satz an Brust und Euter" (Bartsch, IL, S. 434). 
Wuttke hat hinter dem Worte ein? stehen (§ 495). Der Ausdruck erinnert an das Schiessen von krank- 
heitserzeugenden Pfeilen der Eiben (Vonbun, Mythol., S. 83; Grimm, Myth., 3e Aufl., S. 429). Vgl. „Hexenschuss". 

") Bartsch, IL, S. 434. »») Strackerjan, L, S. 364. >^) Bartsch, IL, S. 227 ff. 

^*) WiSLocKi, Volksglaube der Magyaren, 1893, S. 77. 



- 149 - 

I 

sich der langersehnte Segen an Eiern wieder ein. ^) Ja selbst Krankheiten der Pflanzen 
können mit Hilfe des Birkenbesens verhütet werden, denn am Unterhai'z wird behauptet; 
„Damit der Weizen den Brand nicht bekommt, wird derselbe gekalkt. Zu dieser Arbeit 
muss man einen neuen Besen nehmen und den Samen nur nach einer Seite umarbeiten. 
Dann muss man drei Kreuze in den Weizen eindrücken. Die ganze Arbeit muss schweigend 
verrichtet werden." *) Zu Alberingwerde in Westfalen kehrt man auf der Scheune beim 
Dreschen das Getreide mit dem Zwölftenbesen zusammen , „dann kommt kein Brand hinein". ^) 

Dass auch der mit dem Besen berührte Kehrstaub zauberkräftig gegen die Krank- 
heitseiben ist, darf uns nicht Wunder nehmen. So galt es zu Wittingau in Südböhmen 
noch im vorigen Jahrhundert für gefährlich, Kehricht vor der Hausthüre liegen zu lassen, 
weil die Hexen dadurch in den Stand gesetzt würden, die Menschen zu lähmen und noch 
ausserdem zu erfahren, was im Hause vorgehe.*) Diese Volksmeinung beweist das Vor- 
handensein unklarer Anschauungen, indem angenommen wird, dass die tückischen Eiben 
mittels Kehricht zu hexen verständen. *) In Wirklichkeit wurden sie aber durch den 
Umstand schädigend, dass der gegen sie schützende Kehricht hinausgeschafft worden war, 
worüber unten (S. 157) weiter abgehandelt wird. Die Galizischen Juden hüten sich peinlich 
vor dem Hinauswerfen des Kehrichts bei Nacht — Zeit der umtreibenden Dämonen — 
denn „sonst läuft man Gefahr zu sterben".«) Das ist die uralte Anschauung! 

Aber auch Bosheitserscheinungen und andere „Anfälle" sucht man bei Menschen und 
Thieren mit dem Birkenbesen zu kurieren. Wenn z. B. in Siebenbürgen die Kuh beim 
Melken nicht stehen will, so schlägt man sie mit einem umgekehrten Besen. 7) Im allge- 
meinen wurde aber ehemals mehr die Birkenruthe im einzelnen als der Besen zum Straf- 
werkzeug ausersehen, erstens der bequemeren Handhabung wegen und sodann in Hinsicht 
auf ihre empfindlichere Wirkung. Wenn unsere mittelalterlichen Dichter vom „pesem, 
besem etc." als Züchtigungsmittel sprechen,^) so sind immer nur Birkenruthen gemeint, 
selbst da, wo von dem häufig angewandten, „Staupbesen" die Redeist.») Auch ist zu 
bedenken, dass der Birkenbesen aus dürren Ruthen besteht und dass man sich wohl aus 
diesem Grunde schon scheute, die letzteren im einzelnen zur Züchtigung zu verwenden, 
damit sie nicht auch Dürre und Abmagerung bei dem damit berührten Körper von Menschen 
und Thieren erzeugen (Vgl. oben S. 130). „Man darf die Kinder nicht mit einer Ruthe 
schlagen , die aus einem alten Besen gemacht wurde : sonst bekommen sie die Auszehrung", 



») Boecler-Kreutzwald, a. a. 0., S. 123. Hierzu wird von Kreutzwald noch folgende, unser Thema 
berührende Bemerkung beigebracht: „Zu Boecler's Zeit müssen alte Besen bei der Estnischen Nation in 
besseren Ruf gestanden haben als jetzt, \yo man sie nicht nur bei den Hühnern nicht anwendet, sondern 
von einer zuàUigen Berührung immer Nachtheil wahrnimmt. Wenn — was zuweilen vorkommt - die 
Hühnereier ohne Kalkschale gelegt werden und nur einen hautigen üeberzug haben, dann muss die 
Henne mit einem Besen berührt worden sein und es darf ein solches Ei nicht zu Speisen benutzt werden, 
weil die Esser dadurch erkranken würden. Geht bei einem Hunde der Bandwurm ab, so sagen die Esten: 
Jemand muss unsern Hund mit einem Besen geschlagen haben, denn die Gedärme gehen ihm ab." 

») „Aus der Heimath", Beil. zum Nordhäuser Courier. 1896 N*. 11. 

») Zeitschr. f. Volkskunde I., S. 394. -•) Andrée, Ethnogr. Parallelen, 1889, S. 11. 

») Vgl. auch ScHöNWERTH L, S. 318; III., S. 174; Menghin, S. 119. «) Urquell, IV., S. 74, 273. 

7) Haltrich-Wolpp, S. 277; Wlislocki, Siebenb. Volkskde, S. 120. 

») Oswald von Wolkenstein (XIX, 9) ruft aus: „Gut muoter, hand ir nie gelesen Vor langer zeit: 
ye lieber Kind, ye grösser pesen". Vgl. auch, Rochholz, Alem. Kinderlied, S. 520. 

*) Das sogen. Besenti*agen kam im Mittelalter auch zuweilen als Bestrafungsmittel vor. So hatte nach 
dem Weisthum von Seligenstadt (1390) jede Frau, sobald sie sich mit einer anderen in der Kirche oder 
auf dem Kirchhofe gezankt hatte, drei Sonntage hindurch „vor dem ambt" barfuss einen Besen um die 
Kirche zu tragen. — 2 Besen und 1 Schere war nach Goslar. Stadtrecht die Busse derjenigen, welche ihr 
Recht mit Diebstahl, Raub etc. verwirkt hatten. Bodemeyer, Hannoversche Rechtsalterthûmer 1857, S. 167. 



- 150 - 

heisst es in Böhmen, ebenso wird dort behauptet: „Ein Kind, wenn es mit einem Besen 
gehauen wird, siecht hin. Darum fürchtet die Zigeunerin nichts mehr als den Besen."') 
Menschen und Thiere mit Besen geschlagen werden nach dem Glauben der Erzgebirgs- 
bewohner dürr (Spiess, S. 28); überhaupt soll kein lebendes Wesen mit diesem dürren 
Ruthenbündel gezüchtigt werden, denn wie dieses verschleisst , „so vergeht alles Leben- 
dige." *) „Schlägt man Menschen oder Thiere mit dem Besen, so bekommen sie den Schwund'*, s) 
wird aus Schlesien vermeldet. „Wer mit einem abgenutzten Besen geschlagen wird, ver- 
trocknet bei lebendigem Leibe", schreibt Veokenstedt auf S. 461 seiner Wendischen Sagen. 
Vieh mit dem Besen geschlagen, ist jedem Unglück preis gegeben (Kohlrüsch, S. 34), 
kann nicht fett werden,*) hat überhaupt in neun Jahren kein Gedeihen,*) ja, „Gott kehrt 
es weg, es krepiert". •) Am Unterharz meint das Landvolk, dass Würmer in den Speck 
desjenigen Schweines kommen, welches mit einem Besen geprügelt wird. 7) Nach schwei- 
zerischem Volksglauben soll man nicht einmal Thiere mit dem Besen jagen, wie Rothenbaoh 
in seinem Werkchen „Vplksthüml. aus dem Kanton Bern", 1876, S. 85, berichtet, ohne 
aber die gefürchteten Folgen namhaft zu machen. Es scheinen bei dieser sonderbaren 
Volksanschauung über die nachtheiligen Wirkungen des Schiagens mit dem Besen auch 
noch andere mythologische Beziehungen maassgebend gewesen zu sein, doch vermag ich 
dieselben wegen unzulänglicher Beispieleanzahl nicht herauszufinden. Sind nach südslav. 
Volksglauben Hunde — auch Katzen — mit einem Schürhaken (Ofengabel) oder Besen 
geschlagen worden, so sollen die „Pestfrauen" keine Furcht mehr vor ihnen haben, ») d.h. 
die aus dem Walde kommenden Krankheitsgeister werden sie plagend heimsuchen. In Wirk- 
lichkeit müssten sich doch die gefährlichen Dämonen von solchen mit Birkenbesen berührten 
Kreaturen fernhalten. Ob nicht eine absichtliche Verdrehung des ursprünglichen Glaubens 
vorliegt? Indessen spricht aber die Dürre und Verschrumpftheit des Besens wohl mit das 
erste Wort. 

Schliesslich sei noch erwähnt, dass auch Anfälle von Scheu durch den Besen aufge- 
hoben werden und mithin auch ehemals auf dämonische Einwirkungen zurückgeführt 
worden sein dürften. „Wird ein Pferd aus dem Stalle geführt, so muss man die Stallbesen 
auf die Schwelle legen und dreimal auf denselben spucken", ®) heisst es in Böhmen , *^) und 
in der Oberpfalz jagt man neue Hühner, wenn sie sich gewöhnen sollen, über einen vor 
die Thür gelegten Besen hinaus. ^0 Ja, Besen auf den Kopf (Stiel) gestellt, zieht in Meck- 
lenburg verlaufene Hühner wieder herbei , ^') denn der mit den Ruthen nach oben gerichtete 
„Feger" vertreibt mit Leichtigkeit alle die Hühner scheumachenden Dämonen. 

Wir haben nun zur Genüge ersehen, dass der Birkenbesen ein unübertrefflicher 
„Hexenbändiger" ist, ein Vorzug den er, wie ob^n schon hin und wieder angedeutet 
wurde , u. a. auch mit dem Feuer , dem heiligen Element Donars theilt. ^3) Tritt nun gar 
eine Verbindung dieser beiden Donarsymbole ein, so muss die geisterbannende Wirkung 



Grohmann, Abergl. S. 112. 

Ï) Hagen i.W. Vgl. Zeitschr. f. Mythol. IL, S. 86. ») Urquell IIL, S. 41. <) Peter, a.a.O., IL, 
S. 250. ») Bartsch, IL, S. 144. ») Strauss, die Bulgaren 1898, S. 282. Aus der Heimath, 1896, 
N«. 50. Vgl. auch Weinholds Zeitschrift für Volkskunde X. , S. 209. ») Krauss , a. a. 0. , S. 67. 

•) Der Speichel hatte ebenfalls geisterbannende Kraft (Vgl. Grimm, Myth., 3e Aufl. S. 634; Wolf, Bei- 
träge IL, S. 371; Tylor, Anfänge der Kultur L, S. 103; IL, S. 441, 443; Wuttke, § 251; Cürtzk, 
S. 392; Am Urquell IIL, S. 54 — 58. Eine ausführliche Abhandlung über die mystische Bedeutung des 
Speichels bringt Nork in seinem Etymolog.-symbol. Realwörterbuch unter „Speichel". 

>•) Wuttke, § 713. ") Schönwerth, L, S. 348. »») Bartsch, IL, S. 334. 

»») Vrgl. S. 138, 151, 152 und 458. 



i 



- 151 - 

eine desto weitgehendere sein , und in Wirklichkeit findet auch der brennende Besen heute 
noch seine symbolische Verwendung. Im Norwegischen wird der neue Besen vor seinem 
Gebrauche über ein flammendes Feuer gehalten und damit „eingeweiht", i) Mit Vorliebe 
zündeten noch vor Jahrzehnten — in manchen Gegenden besteht heute noch dieser Brauch — 
deutsche Lahdleute abgestumpfte Besen an gewissen Festfeuern an, welche im Freien 
loderten und als überrestliche Opfer- und Freudenfeuer des germanischen Heidenthums 
anzusehen sind , ^) wo sie wohl vorzugsweise zu Ehren des Frühlings- und Wachsthums- 
gottes Donar brannten. ') Durch solche Loderfeuer suchten die alten Hirten und Ackerbauer 
Germaniens die elbischen Erzeuger von Krankheit, Misswachs, Ungeziefer etc. im Namen 
Donars fernzuhalten,*) wie aus unzahligen volksthümlichen Aeusserungen hervorgeht. 
Kannte man doch das Osterfeuer geradezu als ein „Hexenverbrennen" *) oder „Judas- 
brennen". «) An dem Osterfeuer entzündete man nicht nur Fackeln, 7) die hin und wieder 
aus dem Holz der Birke bestanden,^) sondern es wurden auch Besen in demselben ange- 
brannt, und mit diesen zogen die Knaben durch die Fluren, sie ungestüm hin- und her- 
schwenkend. ®) In Niederschlesien heisst der originelle Brauch das „Judassuchen" ^^) und 
scheint dort noch so lebenskräftig zu sein wie in Sachsen und Thüringen, wo er, wie ich 
aus Erfahrung weiss, alljährlich frisch vollzogen wird, und zwar meist auf kahlen Anhöhen, 
„Osterbergen". Die gleiche Ueblichkeit wird in Böhmen am Walpurgisvorabend vorgenom- 
men, indem man am flammenden „Hexenfeuer" alte Besen anzündet und mit diesen wie 
rasend durch Flur und Wiesen eilt, auch wohl ab und zu diese „höllischen Fackeln" im 
Bogen durch die Luft wirft, um zu verhindern, „dass die Hexen durcb ihre Tänze nicht 
die Saaten beschädigen". ^0 In vielen anderen Gegenden kennt man ebenfalls das uralte 
„Hexenbrennen" mittels am „Maifeuer" angebrannter Besen. ^^) Im Mährischen zündeten 
junge Burschen am Vorabend des 1. Mai die in Pech getauchten Besen auf Anhöhen an 
„und schleuderten sie unter Sprüchen in die Lüfte, um die Hexen zu vertreiben." ^^) 
Beim Johannisfeuer, am Abend des 23. Juni, wiederholen sich fast dieselben Vorgänge^*), 
und wenn man es in Niederschlesien „Flöhebrennen" nennt,") so beweist schon dieser 
Ausdruck, dass man auch durch solches Feuer die bösen Geister verscheuchen wollte, denn 
unter den Flöhen sind Eiben zu verstehen , wie wir oben (S. 144) sahen. Wenn in Böhmen 
die brennenden Theerbesen beim Johannisfeuer von den Burschen und Mädchen in die Luft 
geworfen werden und zwar unter Hersagen des Reimes: 

„Sage uns, 

Grosser Gott, heiliger Johann, 

Werden wir lange leben? 

In wieviel Jahren sterben dann?"*«) 



LiBRECHT, Volkskunde, S. 314. 

Ï) GoLTHER, S. 569 ff. ») Mannhardt, Götter, S. 200 ff.; Meyer, MythoL, S. 198; Ppannenschmid , 
Erntefeste, S. 492; Grohmann, Apollo, S. 7. -•) Vgl. Golther, S. 570 ff. 

») Birlinger, Volksthümi. IL, S. 62, 63; Simrock, Myth., S. 558. •) Grohmann, Apollo, S. 54; ür- 
Quell VI, S 155. '') Bavaria III., S. 956. ' «) Westfäl. Sagen IL, S. 135, 141. 

») Am Urquell VI., S. 155; Zeitschrift f. Myth. L, S. 79: Mannhardt, Baumkult, S. 507. 
. >o) Urquell VI., S. 155 ff. 

^0 Reinsbero-Dürigsfeld: Böhm. Festkalender, S. 211 ff.; Laube, Volksthümi. Ueberlieferungen aus 
Teplitz etc. 1896, S. 39. 

'*) WiTzscHEL, Thür. Sagen IL, S. 262; V^uttke, § 89; Nordd. Sagen, S. 377; Grimm, Myth. 3e Aufl. 
S. 594; Dähnhardt, Volksthumliches aus dem Königreich Sachsen. 18^. L, S. 81; Desgl. Sfiess, Erzgeb., 
S. 13; Eiselen, Voigtl. Sagen, S. 210. 

»») Müller, Mähr. Volkskunde, S. 324. '*) Vgl. Laube, Volksthümi. aus Teplitz etc. 1896, S. 41. 

'^) Urquell VI., S. 156. »•; Festkalender, S. 311. 



- 152 - 

so erblickt man darin mit Leichtigkeit altheidnische Anschauungen, indem es sich um 
Befragung des „grossen Gottes" Donar handelt, an dessen Stelle beim Beginn des Christen- 
thums u.a. der h. Johannes trat. Johannisfeuer helfen in Westpreussen nicht nur gegen 
Gewitter, Hagelschlag und Viehsterben, sondern überhaupt gegen allerlei Zauber,*) und 
die an denselben angezündeten und kräftig im Kreise geschwungenen Besen ^) erzielen 
natürlich dieselbe Wirkung. *) Die im Feuer liegen gebliebenen oder beim Umzüge verlorenen 
Besenstümpfe steckt man mit Vorliebe seitens der böhmischen Bauern in die Krautgärten 
und in Mähren in die Aecker, um Mäuse, Mücken, Raupen u.a. Ungeziefer — also böse 
Eiben — fernzuhalten. •) Wenn serbische Hirten am Vorabende des Johannistags mit 
brennenden Birkenrindenfackeln die Schafhürden und Ochsenzäune umschreiten, sodann 
auf die Berge steigen und ihre Holzbrände hier ausglimmen lassen , •) so wollen sie einmal 
die Krankheitsdämonen von ihren Herdenthieren fernhalten und sodann die schädlichen 
Hexen der Flur überhaupt vertreiben. Gegen Zahnweh trifft man in den Vierlanden bei 
Hamburg folgende Massregel: man zieht aus einem neuen Besen ein Reis, verbrennt das- 
selbe an einem Lichte, wischt den austräufelnden Saft in die Zähne und wirft das birkene 
Ueberbleibsel stillschweigend über den Kopf. 7) Also auch in diesem Falle gilt es mit dem 
brennenden Besen Dämonen zu vertreiben, nämlich die schmerzerzeugenden Krankheits- 
eiben. ®) 

n. DER BESEN ALS STIFTER UND FÖRDERER VON GLÜCK UND WOHLERGEHEN. 

Wenn nun, wie wir gesehen, der Besen alle den vielgeplagten Menschen, sowie seine 
nützlichen Thiere und Pflanzen bedrohenden und belästigenden Dämonen fernhält oder ver- 
scheucht, besonders noch, wenn er mit Feuer verbunden ist — Feuer „reinigt" die Luft,®) — 



*) Die Beziehungen des Johannistages zu Donar gehen aus zahlreichen Bräuchen hervor (Vgl. Zeitschr. 
f. Myth. L S. 107; Grohmann, Apollo, S. 97), und häufig vertritt Johannes in der Sage den altdeutschen 
Sommer- und Gewittergott (Scholtz, Der Johannisname und seine Bedeutung im deutschen Volksglauben. 
Osterprogr. d. Gymnasiums zu Gr. Glogau, 1864, S. 3, 6, 13, 14, 15, 18 — 20). Weil man in Bekehrungs- 
zeiten das germanische Mittsommerfest mit dem Mantel des h. Johannes deckte, so ei*scheint im Kultus 
des letzteren Donar als Lebens-, Ehe-, Herd- und Heilgott, sowie als Spender des Pflanzenvrachsthums. 
Da aber beim Uebergang vom Heidenthum zum Christenthum , die alten Gerraanengötter verketzert und 
lächerlich gemacht wurden , so übertrug sich auch dies und jenes auf die neuen Heiligen , in deren Namen 
man spöttische Beziehungen zum Heidenthum einschmuggelte, woraus der steife Michel, dumme Peter, 
alberne Hans, sowie der dumme und starke Hans unserer Sagen und Märchen zu erklären sind. Obgleich 
der Name Johannes zauberkräftig gegen den Teufel und die V^ettergeister ist (Stracker jan , I, S. 73; 
Beckstein, Thünng. Sagen, H, S. 16; German. Mythen, S. 26; Vulpius, Curiositäten 1818, III, S. 330. 
Schmitz, Eifeler Sagen, II, S. 99), so sind doch Hans und Michel in der Oberpfalz keine guten Namen 
(ScHöNWERTH, I., S. 165), denn „Hans" ist gleichbedeutend mit dem Teufel (Witzschel, a.a.O., II., S. 48; 
Wüttke, § 41), soweit dieser aus dem Donar hervorgegangen ist, also „satanisiert" wurde (Vonbun, Myth., 
S. 22, 23; Rochholz, Aarg. Sagen IL, S. 204—207; Ztschr. f. Myth. IL, S. 311; IV., S. 119). Vom Blitz 
erschlagene Menschen hat in der Oberpfalz „der Teufel geholt" (Schönwerth IL, S. 125). Da nun der 
Besen Donars Symbol ist, also auch dem „Hans" geholt, so ist nachstehendes Räthsel erklärlich: „Unse 
Hans, de dumme — güng in *t Holz herümme — un as hei hadd naug gähn — gûng hei hinner de Dör 
stahn". Lösung: Der Besen. (Gilhoff, Mecklenb. Räthsel, 1892, S. 77). 

») Tettaü und Temiie, a.a.O., S. 277. 

') Böhm. Pestkalender, S. 306-9; Pröhle, Harzbilder S.67; Vernaleken, Mythen, S.307 ff.; Külda, 
a.a.O., S. 311; Peter, Oesterreich. Schlesien IL, S. 287; Schmitz, Eifelsagen, S. 43. 

*) Wüttke, § 93. *) Böhm. Festkalender, S. 307; Müller, Mähr. Volkskde, S. 266. 

>) Mannhardt, Baumkult, S. 512. 

^ Petersen, S. 8. Die Asche von einem verbrannten Zwölftenbesen gilt in Ostpreussen für gut und 
heilbringend, weshalb man sie sorgsam aufbewahrt (Frischrier, Hexenspruch, S. 143). 

») üeber den brennenden Besen beim Michaelisfeuer vgl. Kuhn, Westföl. Sagen IL, S. 99, 135, sowie 
SoHMiTZ, Eifelsagen, IL, S. 45. •) Schönwerth HL, S. 19. 



- 158 - 

also des Menschen Wohlergehen an Leib und Seele mit Leichtigkeit herbeizuführen, ja zu 
erhalten vermag, so ist er ein „Bringer des Glückes" in des Wortes weitgehendster 
Bedeutung. Das Wort Glück ist nun aber ein vielsagender Begriff, weshalb denn auch hier 
zunächst unser Besen als Bringer des Glücks im allgemeinen betrachtet werden möge. 

In manchen Gegenden Deutschlands, besonders in nördlichen Gauen, wird beim Richten 
eines neuen Hauses anstatt des sonst üblichen Kranzes oder Bäumchens ein Besen auf die 
Giebelspitze gesteckt, damit das Gebäude und seine späteren Bewohner vor Unglück 
bewahrt, also des erstrebten Glückes theilhaftig werden. Voigtländische, überhaupt thüringisch- 
sächsische Sitte ist es, in die zu beziehende Wohnung zuerst Salz, Brot und einen neuen 
Besen hineinzutragen , „dann hat man Glück darin", i) Denselben Brauch kennt und übt 
man auch bei Karlsbad.') Ln westfälischen Kreise Altena wurden ehemals Besen vor die 
unverschlossene Hausthüre gelehnt ') oder auch grüne Reiser oben an derselben befestigt *). 
Ein durch Altena gehender Mann wurde sogar von einem kleinen Mädchen , welches sich 
eben von dem heimathlichen Hause entfernen wollte, bittend aufgefordert, ihm den Besen 
an der Thüre, welche unverschlossen war, zu befestigen, woraus zu schliessen ist, dass 
man sich das Haus in Abwesenheit seiner Insassen durch Anbringung des Besens unter 
götthchem — Donar's — Schutze stehend dachte.^) Daraus geht wiederum hervor, dass 
der Besen ein Symbol des Glücks ist, weshalb denn auch das Berühren desselben glück- 
bringend sein soll, wie man in Mecklenburg wähnt. ^) „Wer als Soldat seine erste Wache 
thut, muss über einen vorgehaltenen Besen springen", berichtet Sohulenburg '') aus dem 
Spreewalde, ohne jedoch eine Begründung des Brauches beizufügen. Jedenfalls ist dieser 
Besensprung glückbedeutend, indem der betreffende Soldat vor jegUchem „Anfall", der ihn 
auf dem einsamen Posten treffen kann, auch wohl vor einem plötzlichen „Ueberfall" seitens 
der revidierenden „Ronde", verschont bleiben will. Zu Klein-Schenk in Siebenbürgen muss 
der erste Pflug über eine ins Thor gelegte „Kehrruthe" fahren,®) jedenfalls deshalb, damit 
diese Berührung des Pfluges durch dem Besen Donars dann auch segensreich und frucht- 
bringend für den Acker und seine Saat wirken soll. 

Am meisten wird nun aber der Kehrstaub vom Besen berührt, und so kommt es, dass 
von jeher auch der Kehricht für glückbringend galt, wie oben (S. 141) bereits angedeutet 
wurde. „Mit dem Kirchenbesen kehrt man das Haus und die Schwelle, das bringt Glück, 
oder man streut den Auskehricht der Kirche ins Haus und kehrt ihn mit dem Kirchen- 
besen wieder zusammen", berichtet Wuttke (§ 198) aus Böhmen , und Grohmann ») bemerkt 
noch ergänzend hierzu: „so wird man glücklich sein". Am Gründonnerstage^^) kauft die 



? 



») Köhler, Voigtl. Sagen, S. 429; Wüttke, § 608. 

') Vgl. Wilhelm, Aberglaube und Volksbrauch im Karlsbad-Dippauer Gelände. 1891, S. 78. 

") Zeitschr. f. Mythol. II., S. 86. *) Kühn, Westf. Sagen II., S. 61. 

*) Vgl. auch Rochholz, Glaube u. Brauch II., S. 43. 

«) Bartsch IL, S. 817. In Südtirol dagegen herrscht folgender, entgegengesetzter Glaube: „Kinder 
soll man nicht ankehren lassen, sonst wachsen sie nicht mehr" (Menqhin, S. 106). 
Wendische Volkssagen etc. 1880. S. 157. 
Heinrich, Agrar. Sitten etc. aus Siebenbürgen (Frogr.), 1880, S. 9; Haltrich- Wolff, S. 305. 

») Apollo, s. 61. 

*•) Der Gründonnerstag war ursprünglich ein dem Donar geweihter Tag (Cürtze, S. 398; Wüttke § 85, 
Oberle, Ueberreste germ. Heidenthums etc., 1883, S. 96; Holtzhann, Deutsche Mythol., S. 68). Flöhe 
(Eiben I) kommen nicht in die Betten, wenn man sie am Gründonnerstage lüftet (Strackerjan IL, S. 111). 
Der Donnei'stag war überhaupt ein dem Donar geweihter und nach ihm benannter Festtag (Kork, Volkssagen, 
S. 278 ff.; Wolf, Beiträge I., S. 169 ff.; Petersen-Riess, Götter, S. 54 ff.; Qüiizmann, Religion der 
Baiwaren, S. 54; Herrmann, Deutsche Myth., S. 344/45; Meyer, Mythologie, S. 140; Mannhardt, German. 
Mythen, S. 15 ff.), worüber Rochholz, deutscher Glaube und Brauch II., S. 28—50, sehr ausführlich 

I. A, f. E. XIII. 20 



- 154 - 

ländliche Hausfrau Böhmen's „einen Besen , ein Kauf bei dem sie nichts abhandeln darf, 
dann kehrt sie allein, während sie Gebete spricht, das ganze Haus, trägt den Kehricht 
in die Mitte der Stube und verbrennt ihn im Ofen. Das schützt nicht nur gegen das Ein- 
schlagen, sondern bringt auch Glück", schreibt Reinsberg-Düringsfeld, ^) Dass das Verbrennen 
des Kehrichts segenbringend sein soll, entspricht nicht den ursprünglichen Anschauungen, 
wie weiter unten (S. 160) dargethan werden soll. Man könnte vielleicht nur ein Vermengen 
des zauberkräftigen Kehrichts mit dem heiligen Feuer annehmen und hieraus jene über- 
natürliche Wirkung erklären. Auch in Ostpreussen wird der in den „Zwölften" gesammelte 
Kehricht „verbrannt" und als sogen. „Zwölften-Asche" sorgfältig aufbewahrt, damit 
später das weidende Vieh zum Schutze gegen „Verhexung" segnend damit bestreut werden 
kann.*) Der ostpreussische Fischer legt den Kehrstaub geradezu ins Netz, um Glück zu 
haben. ^) In manchen Gegenden Ungarns wird zu Weihnachten die Stube nicht gefegt, 
„dass man das Glück nicht auskehre." *) Indessen , der Stubenstaub an und für sich kann 
erst dann nur eine glückverleihende Rolle spielen, wenn er mit dem göttlichen Birkenbesen 
zusammengebracht wird, darum ist es fast überall für ein böses Omen anzusehen, zu 
gewissen Zeiten, z. B. in den Zwölften oder am Abende, den gegen die in jenen Zeiten 
umgehenden Dämonen schützenden Kehricht hinauszuwerfen. In Ostpreussen wird während 
der zwölf heiligen Nächte der zusammengefegte Kehricht nicht hinausgetragen , *) eine 
Sitte, welche Kuhn«) auch aus Westfalen vermeldet, jedoch ohne Angabe der damit ver- 
knüpften Folgen. „Das Müll darf man nach Sonnenuntergang nicht aus dem Hause tragen, 
weil sonst der Segen hinauskommt ; 7) auch darf man es nicht über die Schwelle fegen ", 
bei den Bulgaren darf kein Mädchen die Thürschwelle selbst kehren, „sonst werden ihre 
Brüste gross, was nicht schön ist". ^) Grosse, lange Brüste sind aber bei den Südslaven 
„der Inbegriff aller Hässlichkeit" und Kennzeichen der sogen. „Pestfrauen", also dämoni- 
scher Wesen ®). 

Ebenso wenig soll man in der Mittagsstunde ausfegen, „sonst fegt man den 
Segen heraus", heisst es in der Gegend von Potsdam, i®) und auch im Venetianischen wird 
behauptet: „Abends fegt man nicht aus, sonst verscheucht man das Glück". ^^) Nicht 
minder halten es die Österreich. Südslaven für schädlich, nach Sonnenuntergang das Haus 
auszukehren, „weil das Glück des Hausvorstandes darunter leidet". i^) Wer den Kehricht 
über die Schwelle fegt ^^) oder auf den Düngerhaufen wirft , verjagt damit sein Glück , '*) 



handelt. „Hans Bonnerstag" ist in Müllenhoff's Schlesw.-Holst. Sagen, S. 578, Name eines „Unterirdischen". 
Der Donnerstag ist überhaupt ein Tag der thätigen Eiben (Nork, Volkssagen, S. 169), ein „Hexentag" 
(ZiNOERLE, Tir. Sagen, 2e Aufl., S. 663). 

») Böhm. Festkai., S. 123. Vgl. auch Grohmann, Apollo Smintheus 61, sowie Wüttke § 615, wonach 
am Karfreitag, bezw. Karsamstag, mit diesem Gründonnerstagsbesen gekehrt wird. 

») Vgl. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann, S. 143, 148. 

») Toppen, 2e Aufl., S. 120; Wuttke, § 716. '•) Zeitschr. f. Volkskunde IV., S. 313, 319. 

») Wuttke, § 74; Frischbier, a.a.O., S. 143. «) Westf. Sagen IL, S. 313. 

7) Bartsch, a. a. 0., IL, S. 132. Vgl. auch Zeitschr. f. Volkskunde L, S. 188, desgl. Vkckknstedt, 
Wend. Sagen, S. 434. ») Strauss, Die Bulgaren, S. 299. •) Kraüss, a.a. 0., S. 59. 

»0) Engelien-Lahn , Volksmund etc., S. 267. 

») Reinsberq-DOrinqsfeld, Ethnogr. Curios. H., S. 116. >^* Krauss, Sreca, 1886, S. 138. 

^*) Die galizischen Juden fegen ihren Kehricht überhaupt nur von der Thür der Stube aus nach der 
Zimmermitte zu, um das Glück nicht hinausgelangen zu lassen (Urquell IIL, S. 94), und auch in Ungarn fegt 
man am Neujahr die Stube in dieser Weise, „weil man sonst das Glück hinauskehrt" (Zeitschr. f. Volks- 
kunde IV., S. 319). ;,Beim Fegen der Stube muss man den Kehricht von der Thüre gegen den Herd zu 
kehren: dies bringt Glück" (Strauss, Die Bulgai'en, 1898, S. 282). Vgl. auch Am Urquell IV., S. 94 und 
Wilhelm a. a. 0., S. 77. 

»0 Urquell IIL, S. 246; Wuttke, § 610. Vgl. auch Veckenstedt, a.a.O., S. 434. 



- 155 - 

ebenso wie das Kehren nach Sonnenuntergang mit der Verscherzung des Glücks gleich- 
bedeutend ist,i) denn der dämouenbannende Kehricht darf Nachts, wenn die Bösen 
„umgehen", nicht ausserhalb des Hauses sein, darum: „Wenn man Abends fegt, reitet 
der Teufel auf dem Besen". ^) „Nach Sonnenuntergang soll man den Schafstall nicht fegen, 
denn die Thiere erkranken".^) In meiner Heimath (Unterharz) kehrt man schon nach der 
Vesperstunde (3 Uhr) die Stube nicht gern aus, um das Glück nicht fortzuschaffen. 
„Mägde müssen vor Sonnenuntergang gefegt haben, sonst gehen sie nach dem Tode um", 
meinen die Oberpfälzer.*) Wenn ein Ermländischer Aberglaube den Rath giebt, eine Stube 
nicht eher zu fegen, bezw. den Kehricht derselben hinauszuschaffen, als bis der einge- 
kehrte „Besuch" voraussichtlich die Ortsgrenze hinter sich habe (Urquell HL S. 231), so 
scheint hiernach der betr. Besuch satanischen Charakters zu sein. Erst wenn der dämo- 
nische Gast die geisterbannende Grenze hinter sich hat, bedarf man des ihn abwehrenden 
Kehrichts nicht mehr. Heisst es ferner in der Oberpfalz : „Am Samstage muss der Kehricht 
aus der Stube sein, denn, wenn die letzte verstorbene Seele des Hauses kommt in der 
nächsten Nacht, will sie da eine reine Ecke finden",^) so ist zu bedenken, dass die „arme 
Seele", wie oben schon angedeutet wurde, als arger Dämon aufzufassen ist, der natur- 
gemäss die mit Kehricht bedeckte Stätte meidet. „Zwergkehricht", welchen Ausdruck 
Meyer«) durch ein ? anzweifelt, war in Wirklichkeit eine „Zwergscheuche". 

Der Besen ist aber auch mit der wunderbaren Kraft ausgestattet, die finanzielle 
Lage des Menschen zu bessern, den Reichthum, der für ungezählte Erdenbürger ebenfalls 
Glück bedeutet, zu mehren. „Kauft man Besen, so wird man reich", heisst es in der 
Mark Brandenburg. 7) Wenn in der Wesergegend ein Schiff verkauft, also eine Geld- 
einnahme erzielt werden soll, so bindet man einen alten Besen an seinen Mast,») und 
SiGiSMUND») berichtet aus dem Rudolstädtischen : „Befördert wird das Handelsglück, wenn 
man dem weggeführten Thier einen Besen nachwirft und dasselbe an sieben Aeckern 
naschen lässt." Aber auch der Kehricht wirkt mit zum Eeichwerden, nicht nur, dass er 
sich hier und da zu Gold und Geld verwandelt, ^^) nein , er bildet auch häufig die indirekte 
Ursache zur Vermehrung von „Geld und Gut". Wer Kehricht vor der Thüre findet, 
gewinnt im Lotto , behaupten die Venetianer. ^i) Ja , Kehricht aus dem Hause eines Reichen 
in die Wohnung eines Armen getragen, macht diesen auch vermögend, wie man in Böhmen 
glaubt.'^) Während sich der Teig im Backtroge befindet, auch dann, wenn er schon im 
Ofen bäckt, darf in verschiedenen Gegenden Deutschlands die Stube nicht ausgekehrt 
werden , sonst bekommt man ein Brot weniger. '3) Bierausschank ^*) vermehrte eine gersten- 



1) Urquell III., S. 246. *) Königsberg i. Pr. Urquell I., S. 48. ') Strauss, Die Bulgaren, S. 286. 
ScHöNWERTH III., S. 279. ») ScHöNWERTH III., S. 279. •) Mytholologie. , S. 136. 
Zeitschr. f. Volkskde L, S. 179. «) Strackerjan II., S. 144. 
») Schwarzb.-Rudolst. Landeskunde, 1862. I, S. 92. 
") Kuhn, Mark. Sagen, S. 82; Nordd. Sagen, S. 174; Sommer, Thüring. Sagen, S. 173; Böhm. Fest- 
kalender, S. 315; ScHAMBAGii und Müli^r, Niedei-sächs. Sagen, S. 136, 138. 



^ 



»') Ethnogr. Curiositâten IL, S. 117. ^■) Wuttke, § 398. 



BiRLiNGER, Aus Schwabeu L, S. 414; Am Urquell IIL, S. 246; Rocken-Philosophia L, N*. 33. Diese 
Verminderung des Nahrungsmittels und somit des irdischen Gutes lässt auf einen Eacheakt des dämoni- 
schen Geschmeisses schliessen (Vgl. S. 143 Anm. 1), den es wegen seiner durch Fegen vorgenommenen 
Vertreibung ausübt. Bei den Bulgaren (Strauss, a.a.O., S. 282) besteht ein ähnlicher Aberglaube, nämlich: 
i,An dem Tage, an welchem der Hausvater verreist 1st, darf man im Hause niclit kehren, sonst kehlt er 
nimmer heim oder es trifft ihn ein Unglück". 

^*) Das Bier steht in einer sehr nahen Beziehung zum altdeutschen Donnerer, der als Wachsthums- 
und Fruchtbarkeitsgott auch „Hopfen und Malz" gedeihen liess. Sehr ausführlich über diesen germanischen 
j,Gambrinus" verbreitet sich Mannhardt in seinen German. Mythen, S. 101 — 103. 234. Weil eben das Bier 



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saftverkaufende Frau zu Budissin am 6 Dezbr. 1677 dadurch, dass sie Nachts um 12 Uhr 
ihre Magd „bei Peter Stephan, der auch Bier schänkte", schickte, wo sie „mit einem 
Flederwische sein Kegelloch aussäubern, vor der Hausthür herumkehren und den Kehricht 
in der Schürze in ihr Haus bringen sollte. Dies sollte dazu helfen, dass sie gut Glück im 
Bierschank habe und die Biergäste von dort weg sich möchten bei ihr einfinden*'. ') Bier- 
trinkende Gäste bringen dem Schankwirthe in finanziellem Sinne gleichsam Glück, darum 
heisst es auch in der Umgegend von Karlsbad : „In einem Gasthause darf die Gaststube 
Abends nach dem Entfernen des letzten Gastes nicht ausgekehrt werden, sondern erst am 
nächsten Morgen , damit man die Gäste nicht hinauskehrt". *) Kehrt man in Böhmen den 
vor der Thüre hegenden Staub in den Laden, so hat man Absatz,') dagegen behaupten 
wieder die Bulgaren: „Abends soll man im Geschäftslokal nicht kehren; man kehrt die 
Käufer weg."*) Kehricht den Kühen eingegeben, macht diese fruchtbar und trächtig, ver- 
mehrt also den Reichthum*). In der Oberpfalz legen die Hühner mehr Eier, wenn sie den 
Geruch von Kehricht haben , welcher vor Sonnenaufgang des Fastnachtmorgens auf des 
Nachbars Düngerhaufen , den sie durchstöbern , getragen wurde. •) Wer in Ostpreussen 
nach Sonnenuntergang den Kehricht hinausträgt, „wirft seine Habe mit hinaus". 7) Ist vom 
Lande jemand „mit Vieh zu Markte, so darf in seinem Hause nicht gekehrt werden, sonst 
fegt man ihm die Käufer hinweg", wird in Mecklenburg und Brandenburg behauptet, und 
in Ostpreussen wirft man zum Verkauf hinausgeführte Thiere oder Gegenstände mit einer 
Handvoll Kehricht, damit sich viele Käufer zu denselben finden.®) Mit dem Besen sucht 
man auch dem Niedergange des Glückes im allgemeinen vorzubeugen. So bericht Wilhelm 
(a. a. 0., S. 40) aus der Karlsbader Umgegend folgenden Brauch: „Führt der Schinder 
(Abdecker, Caviller) ein Stück gefallenes Vieh zum Hofe hinaus, so soll man ihm einen 
alten Besen nachwerfen , dann führt er nichts mehr aus diesem Hofe hinaus." Diese Maass- 
regel richtet sich weniger gegen den Abdecker, obgleich derselbe im Rufe eines Zauberers 
steht, ^) sondern gegen die bösen, todbringenden Geister, welche, das liebe Vieh vermin- 
dernd, in Thüringen durch Wassernachgiessen ferngehalten werden. ^°) 

Ein Tiroler Bauer hatte im Uebermuth zu seiner, ihn mit dem Besen umfegenden 
Magd gesagt: „Jetzt kannst du meinetwegen das Glück hinauskehren, jetzt habe ich alles, 
was mein Herz begehrt." In der folgenden Nacht entlud sich nun ein Gewitter, welches 
sein Haus und seine Grundstücke wegschwemmte.") Wenn nämlich Personen umkehrt 
werden, so wird ihr Glück mit weggefegt, *^) jedenfalls deswegen, weil der heilbringende 



Donar's Getränk ist (Vgl. auch Nork, Volkssagen S. 290), so trank man es im Mittelalter gern aus Gefässen 
von Birkenholz, „Birkenmeyer" genannt (Montanus IL, S. 154. Am Urquell IV., S. 244/5), Kleinpaul, 
Das Mitt-elalter, 1894, bringt auf S. 175 die Abbildung einer „kleinen Saufraette", welche uns auch die Form 
jener Birkenholz-Becher zeigt. Tröpfelbier fuhrt in Oesterreich die Bezeichnung „Hansel" (Zeitschr. f. 
Volkskde VI., S.264), also den Namen des aus Donar hervorgegangenen (Nork, Volkssagen, S. 289; Grimm, 
Myth. 3e Aufl., S. 166, 965) Teufels. Die Eiben, Donars Feinde, suchen häufig das Bierbrauen zu ver- 
hindern (Stracker JAN I., S. 356), wie denn auch der braune Gerstensaft „verhext" werden kann (Strao- 
KRRJAN L, S. 306). Darum wird im Oldenburgischen Bierhefe, ehe man sie in die Maische legt, mit belaubtem 
Zweige von Donar's heiliger Eiche gestrichen (Straokerjan I., S. 107) und im Mecklenburgischen das Bier 
bei Gewittern durch Zwölftenbesen geschützt (Bartsch II., S. 249). Ja, ehemals rührte man sogar saures 
Bier mit einem Besen um (Schranka, Das Bier, 1886 I., S. 268). Bier aus Fässern mit Birkenholzhähnen 
verschenkt, geht beim Verkauf schnell ab. (Rockenphilos. II. N". 1). Vgl. auch Witzschkl, a.a.O., II., S. 277. 

>) Haupt, Sagenbuch der Lausitz L, S. 195. ^ Wilhelm, a.a.O., S. 64. ») Wuttre, § 717. 

*) Strauss, a.a.O., S. 286. ») In Steiermark, Zeitschr. f. Volkskde VIL, S. 191. 

«) StiHöNWERTH, L, S. 349. Toppen, a.a.O., S. 102. ") Wüttke, § 710. 

») Vgl. Wuttke, § 206, 688, 778. »•) Wuttke, § 686. ") Alpenburg, Alpens., S. 291. 
") Bartsch IL, S. 317; Kulda, Mähr. Gebr., S. 117. Bei den Esthen raussten solche Personen befürchten, 
„nie mehr als Taufzeuge geladen" zu werden, also die Fathenschaft bei Kindern einzubüssen (Boecler, S. 24). 



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Kehricht aus ihrer Nähe entfernt wird. ') Auch Zerstreuen des Kehrichthaufens hebt das 
Glück auf,*) ebenso wie das Ueberschreiten desselben, 3) das sogar zum Tode führt.*) 

Das Glück des Menschen liegt nun zum grossen Theil mit in der Liebe, ^) und auch 
hier zeigt sich der Besen begünstigend, so dass er als getreuer Unterstützer jeglicher 
Liebes- und Eheangelegenheiten betrachtet werden muss. Als Symbol Donar's, des Weihers 
altdeutscher Ehebündnisse, ®) ist auch diese seine vermittelnde Rolle erklärlich, umsomehr, 
da auch die Birke an und für sich in einer gewissen Beziehung zur Heirath steht, 7) ebenso 
wie der auf dieser sich aufhaltende Kukuk , ®) welcher Umstand denn wiederum bestätigt , 
dass letzterer Donar's heiliger Vogel ist. 

Schon bei den mancherlei Liebesorakeln wird der Besen hilfeleistend mit ins Feld 
geführt.*) Kehrt z.B. in Thüringen ein ehelustiges Mädchen am späten Sylvesterabend die 



^) Jedenfalls ist der auf S. 153 Anm. 5 namhaft gemachte Aberglaube Südtirols über das Ankehren der 
Kinder und die davon abhängige Wachsthumsstockung hieher zu rechnen. 

») SCHÖNWERTH III., S. 279. 

') Buch vom Aberglauben 1791, S. 196; Dähnhardt, Volksthüml. aus dem Königreich Sachsen, 1898, I, 
S.97; Wendische Volkss., S. 244; Bavaria III., S. 309; Lammebt, Volksmedizin in Bajwn. 1869, S. 38. 
Rockenphilosophie I. N®. 18. 

*) Schuller, Volksthüml. Brauch aus Siebenb. , I., S. 28. 

*) „Das Glück ist die Liebe, die Liebe ist das Glück. Ich hab' es gesagt, und nehm's nicht zurück". 
<Ch AMISSO, Frauen-Liebe und Leben). 

«) Siehe auch Wolf, Beiträge I., S. 81; Nork, Volkssagen, S. 285; Petersen-Riess , S. 43flf.; Golther, 
S. 245, 251 flf.; Schuster, Siebenb. Mythen a.a.O., S. 420; Mannhardt., Mythen, S. 130; Herrmann, 
Deutsche Mythen, S. 335 ff., 471. Wenn Golther a. a. 0., S. 251 (Note 3) bemerkt: „Dem Gebrauch des 
Hammers zur ßrautvireihe kommt nach E. H. Meyer, Germ. Myth., S. 212/3 nicht rechtliche, vielmehr 
phallische Bedeutung zu", — so dürfte dieser Notiz mit Recht zugestimmt werden. Der Hammer an und 
für sich hat schon hinsichtlich seiner Form phallische Beziehungen aufzuvireisen. Man vergl. die mit „Der 
KüfergesftU" überschriebenen Lieder bei Mannhardt, Zeitschr. f. Myth. III., S. 86 ff. In der Oberpfalz hat 
die Bäuerin, wenn der Mann stirbt „ihren Hammer verloren" (Sepp, Völkerbrauch, 1891, S. 78). Am Unterharz 
wird die Vollziehung des Coitus als „Hämmern" oder „Beekern" (Pökern, Pochen) hingestellt, und auch 
der bekannte Ausdruck „Kreuzung" im thierischen Geschlechtsleben hängt hiermit zusammen, da Hammer 
und Kreuz gleichbedeutend sind, wie oben (S. 136) gezeigt wurde. In Tirol verheisst das Hämmern des 
„Herdschmiedeis" (Pochkäfers, Holzbohrers) baldige Hochzeit (Zingerle, Sitten, 2e Aufl. S. 11). 

') Der in unseren Volksreim-Büchern auftretende „Zug ins Besenreis" (Rochholz, Alemann. Kinderl,, 
S. 475; Meier, Schwab. Kinderreime, S. 38, 39, 64; Zingerle, Sitten, S. 241; Spiess, a.a.O., S. 78; 
BiRLiNGER, Komm mit, 2e Aufl. 1871, S. 59; Böhme, Kinderlied und Kinderspiel 1897, S. 195) bedeutet 
soviel als der Liebe huldigen — nicht nur der platonischen I — und ist in dem nämlichen Sinne aufzu- 
fassen als „In den Haseln gehen", über welch letztere Redensart Mannhardt tZeicschr. f. Myth. IIL, 
S.96ff.) ausführlich abhandelt. Beide Reime sind zuweilen zusammen verschmolzen (Böhme, S. 196; Ztschr. 
f. Myth. III., S. 97). Die Zärtlichkeit zweier Liebenden wird bei Firmenich, Völkerstimmen IL, S. 783, 
unter dem Bilde von zwei Birken veranschauhcht, welche, dicht bei einander stehend, im Windessäusein 
sich innig berühren. Ein interessanter russischer Liebesbrauch, im Birkenwalde abgewickelt (Vgl. Mann- 
hardt, Baumkult, S. 434) gehört auch hierher, ebenso wie das Treiben der oberpfälzischen Braut, die statt 
des Rosmarins iBrkenbüschchen trägt (Schönwerth L, S. 79), mit Birkenruthen in die Hochzeitskirche 
getrieben wird (Schönwerth L, S. 87). Während am Altare das Jawort der Brautleute ausgetauscht wird, 
kann in Ostpreussen ein rachsüchtiges Mädchen des Eheglück stören, wenn es ein Birkenreis zerbricht 
.{symbolisch!) und dabei einen entsprechenden Reim hermurmelt (Lemke, a.a.O., I., S. 112). 

8) Vgl. Zeitschr. für Myth. I., S. 441. Der Kukuk prophezeit ünverheiratheten die Wartezeit bis zur Ehe- 
schhessung (Ztschr. f. Myth. IIL, S. 255 ff.; Stöber, Elsäss. Volksbüchlein, 2e Aufl. 1859, S. 79). „Wenn 
der Kukuk schreit, Ist für die Liebe Zeit" — heisst es in Tirol, wie Zingerle, Sitten S. 85 mittheilt. 
Vgl. auch Hanusch, Slav. Mythus. S. 317. Der Kukuk hat nach verschiedenen Reimen, sieben oder gar 
zwölf Weiber, ist also ein Ehebrecher. Vgl. auch die ihn angehenden Reimfragen bei Schneller, a.a.O., 
S. 245, sowie Blochwitz, Kulturgeschichtliche Studien. 1882, S. 193. 

») Auch sonst vermag man mittels des Besens Dinge, welche sich die Götter vorbehalten, in Erfahrung 
zu bringen. ;,Da, wo drei Grundstücke zusammenstossen, stellt man sich auf einen Besen, dann hat man 
Zukunftserscheinungen", berichtet Vernaleken (Mythen, S. 345) aus Niederösterreich, und in Schleswig- 
Holstein fegt man in der letzten Nacht des Jahres aus allen vier Ecken der Stube mit einem Besen den 
Staub hervor; „aus einer Ecke wird dann auch herausgekehrt, was einem im kommenden Jahre bevorsteht". 
(Handelmann, Weihnachten in Schleswig-Holstein, 1866, S. 59). Ja in einigen Gegenden Ungarns glaubt 
man den Gesang der Engel hören zu können, wenn man in der Weihnacht den Kehricht der Stube 
hinausträgt und sich auf den zu Boden geworfenen Besen stellt (Zeitschr. für Volkskunde IV., S. 313). 



- 158 - 

Stube mit einem neuen Besen , so wird es seinen zukünftigen Ehemann erblicken. ^) Ihre 
gleichgesinnten Schwestern Hessen's reiten auf einem Besen vor das Ofenloch, um den 
Herzallerliebsten darin zu sehen. 2) Im Mecklenburgischen begeben sie sich auf dem näm- 
lichen „Steckenpferde" nach dem nahen Schweinestalle, um aus den grunzenden Aeusser- 
ungen der borstigen Bewohner desselben die einschlägigen Schlussfolgerungen zu ziehen, 3) 
und aus Saraland wird folgendes vermeldet: „Das Mädchen reitet auf einem Besen bis an 
die Thür des Pferdestalles und horcht. Wiehert ein Pferd , so kommt sie mit ihrem Schatz 
im neuen Jahre in die Ehe; hört sie dagegen die laute Blähung eines Pferdes, so muss 
sie im kommenden Jahre Kindtaufe geben, ohne einen Mann zu haben/'*) Wenn in 
Mähren entkleidete Mädchen unter der Christmette den Stubenstaub nach dem Spiegel zu 
kehren , um dann in diesem ihren späteren Ehegatten zu erblicken , *) so ist das trotz der 
Abweichung des Zeitpunktes derselbe Brauch, denn im Mittelalter begann bekanntlich das 
Jahr mit Weihnachten, *) und vor dem anhebenden Jahre wollte man erst das von Göttern 
enthüllte Schicksal befragen, über „die schwarzen und die heiteren Loose*' bezüglich der 
Liebe und Ehe im Klaren sein. Dass vor allem dabei Donar in Betracht kam, wird durch 
den Umstand erhärtet, dass die unbemannten pfälzischen Schönen ihren Besen mit einem 
Spruche ins Feuer stecken und sich mit gefalteten Händen hinter den Ofen setzen, wo 
ihnen dann der Herzallerliebste erscheint. "0 Der Besen und das Feuer , beide Donarsymbole , 
wirken hier gewissermassen gemeinsam ehefördernd. Man vergl. auch folgenden Alkofener 
Brauch bei Baumgarten (a. a. 0., S. 11): „Wenn man in der Mettennacht das Vorhaus 
auskehrt und auf einem dreifüssigen Stuhl, der aber genau in der Mitte des Vorhauses 
stehen muss, ein Kerzenlicht anzündet, so kommt derjenige, den man heirathet, nimmt 
das Licht in die Hand und setzt sich auf den Stuhl". Aber nicht nur dem Besen, sondern 
auch dem damit zusammengebrachten Kehricht wird in Sachen der Minne eine hohe 
Bedeutung beigemessen.®) So kehrt in Mähren das Mädchen während der Weihnachtsmette 
nackend in einer Stube, in welcher der Thür gegenüber ein Spiegel hängt, den Kehricht 
nach dem Spiegel zu, den BHck nach der Thür gewandt. Sobald sie sich dann umsieht^ 
erblickt sie den Liebsten im Spiegel,») also in der Richtung, wo der Kehricht angehäuft 
wird. Oesterreichische Ehekandidatinnen tragen am Christabend den in der Stube zusam- 
mengefegten Kehricht in den Hof und setzen sich darauf; „von welcher Seite zuerst ein 
Hahn kräht, daher kommt der künftige Mann." ^^) Eine ähnliche Sitte wird in Mähren 
auch am Stephanstage (26. Dezbr.) beobachtet, wobei dann herzufliegende Vögel weisend 
sind. ") In der öylvesternacht „um 12 Uhr soll ein Mädchen im Finstern die Hausflur kehren 
und, wenn es klopft, die Thüre öffnen. Steht dann ein Mann davor, so ist es der 
Zukünftige", berichtet Dähnhardt ^^) aus Schwarzenberg. Dem Kehricht wohnt mithin eine 



J) WiTzscHEL, a.a.O., IL, S. 180; Denselben Brauch ei-wähnt Schleicher, (a.a.O., S. 141) aus Sonne« 
berg, doch mit dem Zusatz, dass sich die Mädchen nicht umsehen dürfen, sonst würden sie sterben. 

') WüTTKE, § 358; ') Bartsch IL, S. 490. In Hessen versuchen die hehathsfähigen Schönen ihr 

Heil auf dieselbe Weise vor dem Hühner- oder Schafstalle, jedoch in der Matthiasmitternacht (24. Febr.). 

WülTKE, § 341. 

*) Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann, S. 166. *) Vernaleken, Mythen, S. 340. 

•) Tille, Gesch. des Weihnachtsfestes, S. 6. ') Wuttke, § 362. 

") Damit z. B. recht viele Burschen die Spinnstube, jenes ländliche „Heiraths-Bureau", besuchen^ 
kehren mährische „Madel" den Staub aus allen vier Winkeln des Zimmers nach der Mitte und sprechen: 
„Wir kehren zusammen, Jünglinge und Witwer, es komme, wer da wolle vom Berg und Thal und von 
der Scheuer!" Den Kehricht nimmt dann eins der Mädchen in die Schürze und trägt ihn auf den nächsten 
Kreuzweg (Külda, S. 126). ») Wüttke, § 362. »») Vernaleken, Mythen, S. 330; Wuttke, § 341. 

n) Kulda, a.a.O., S. 106. »^ Volksthümliches aus dem Königreich Sachsen. 1898. I, S. 78. 



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liebeszauberkräftige Bedeutung inné. Wenn dai'um ein Mädchen dem andern mit dem 
Besen über die Fusse kehrt, „so will es ihm damit nur den Bräutigam fortnehmen", 
schreibt Treiohel aus Westpreussen. Das Beseitigen des Kehrichts wirkt hier also ehe- 
hindernd , ') und es wird uns auch jener ostpreussische Aberglaube «) erklärhch , wonach 
die Mädchen scherzweise beim Auskehren der Stube mit dem Besen um einen jungen 
Mann herumfegen — also den Staub auf ihn zufegen! — „damit die Bräute um ihn 
herumgehen". Entgegengesetzter Ansicht ist die heirathslustige Venetianerin, welche 
meint, ehelos bleiben zu müssen, wenn ihr Kehricht auf die Fusse gefegt wird, weshalb 
sie jeder mit einem Besen hantierenden Person zuruft: „Befege mich nicht, denn ich will 
heirathen !" ^) 

Wir haben oben (S. 85) gesehen , dass geliebten heirathsfähigen Mädchen zu Pfingsten — 
hin und wieder auch wohl am Maitage — eine grünende Birke unters Fenster gestellt 
wird. Aber nur tugendsame Vertreterinnen der unverehelichten Damenwelt wird diese 
birkene Widmung zu theil, während unkeusche oder gar gefallene Mädchen mit dem dies- 
mal ungern gesehenen Besen fürlieb nehmen müssen,*) welche eigenartige Sitte einen 
besonderen symbolischen Hintergrund hat.*) 

Selbstredend kann der dem altdeutschen Ehegott gewidmete Besen auch am Hochzeits- 
tage «) nicht fehlen. So muss in Hessen das Brautpaar über einen auf der Thürschwelle 
mit einer Axt gekreuzten Besen schreiten, damit es nicht behext wird. 7) Im Waldeck- 
schen findet die Ueberschreitung dieser beiden Donarsymbole bei der Rückkehr aus der 
Hochzeitskirche statt, ^) und aus Tirol berichtet Zingerle:^) „Wenn ein neues Ehepaai* 
ein Haus zum erstenmal betritt, muss es über einen Besen schreiten, dann wird es nicht 
verhext", i'*) Der Besen ist das Erste, was man im Preussischen Werder vom Altare heim- 



*) Auch das üeberschreiten eines Kehrichthaufens, welches, wie oben S. 156 gezeigt wurde, glück-- 
vernichtend wirkt, kann ehehindernde Folgen für junge Leute haben, welche ;,sich einander gut" sind, 
wie in Thüringen geglaubt wird: 

„Schreit* ju noch iber'sch Kehricht wack, 
Sunst fällt d'r deine Liebe in Drack" 
singt der humorvolle Anton Sommer in „Bilder und Klänge aus Rudolstadt", IL Aufl. 1881. II, S. 120. 

») Am Urquell. I, S. 12. 

') Reinsberg-DObingspbld, Ethnogr. Curiositäten , II, S. 108. 

*) Böhm. Festkalender, S. 213; Kühn, Westf. Sagen II, S. 168; Pröhle, Harzbilder, S. 67: Mann- 
HARDT, Baumkult, S. 167. 

^) Düires, abgestorbenes Holz ist nach der Bibel das Sinnbild der moralisch verkommenen Menschen- 
natur, das Symbol der Gottlosigkeit, während umgekehrt die Gerechten den grünen, fruchttragenden 
Bäumen gleichen (Psalm 92,13; Spr. Sal. 11,28; Jes. 61,3; Ps. 1,3; Luk. 23,31). Ebenso wie der grün 
gewordene Stab Ar o ns die göttliche Bevorzugung seines hohenpriesterlichen Trägers bekundete (4. Mose 17 : 8), 
so giebt es auch in deutschen Sagen Beispiele, welche darthun, dass durch Grün- bezw. Dürrwerden 
Gottesfurcht und Gottlosigkeit, Schuldlosigkeit, bezw. Schuld u. s. w. angedeutet wird, wobei auch die 
Birke (Zingerle, Tir. Sagen, 2e Aufl., S. 494; Alpenburo, Alpens., S. 112), ja sogar der Besen (Knoop, 
a.a.O., S. 152; Jahn, Pommereche Sagen, 2e Aufl., S. 562) in Betracht kommt. Der Besen unter des 
Mädchens Fenster deutet also auf Unmoral hin, gegenüber der lebensfnschen Birke, dem Sinnbild keuscher, 
gottgeweihter Liebe. Vgl. auch Meyer, Deutsche Volkskunde, 1898, S. 165. 

«) Der Donnerstag war von jeher der bevorzugteste Ehetermin (Wolf, Beitr. L, S. 80; Meter, S. 213), 
ja in Hamburg und Leiden finden an diesem Tage noch heute die „fashionabelsten Trauungen" statt, wie 
mir Herr Dr. J. D. E. Schmeltz (Leiden) mittheilt. 

^) Mülhause, Urreligion, S.200; Wuttke, § 563. «) Gurtze, S.376. ») Tir. Sitten, 2eAufl., S.21. 

*o) In diesem Falle scheint die angebliche „Verhexung" auf eine Verhinderung der „ehelichen Pflichten" 
seitens sogen, „böser Leute" (Wuttke § 563 und 564) gerichtet zu sein. Eiben beneiden den Bräutigam, 
(Afzelius, II, S. 95), und Hexen nehmen gern dem Manne die Potenz (Schönwerth, III, S. 293). „Sie 
verhindern die Bosch wängerung des Weibes durch den Gatten", heisst es schon von altchaldäischen 
Dämonen (Lenormant, a. a. 0., S 33) - und sie verführen ihn auch (Herrmann, Myth., S. 127). Vgl. 
auch Meyer, Aberglaube des Mittelalters, 1884, S. 263, sowie Achelis, Archiv für Religionswissen- 
schaft n, S. 146. 



- 160 - 

"kehrender Braut überreicht (nach Treichel), ebenso, wie man in die von dem jungen 
Ehepaare zu .beziehende Wohnung — hier und da überhaupt in jede neue Wohnung^) — 
unter anderen glückbedeutenden Sachen (Brot , Salz etc.) auch einen neuen Besen bringt , «> 
der hier in Suhl noch ganz besonders bunt ausgeputzt und von einem Knaben oder 
Mädchen dem eigentlichen Transport der zur Wohnung geschafften Hochzeitsgeschenke ^ 
Möbelstücke etc. feierlichst vorausgetragen wird. In Meiderich am Niederrhein pi-angt der 
„mit bunten Bändern geschmückte Besen" mit anderen Gegenstanden der Ausstattung auf 
dem Hochzeits wagen. ^) Dieses sonst nichtssagende Ding soll für das junge Ehepaar gan2i 
besonders segenbringend sein und zwar — im Namen Donars. 

in. DER VERNICHTETE BESEN. 

Wenn der schlichte Birkenbesen nach den voraufgegangenen Abschnitten nicht nur 
als mächtiger Besieger böser Geister aller Arten, sondern selbst als Bringer und Förderer 
des Glücks in allen Gestalten eine so hervorragende, ja sogar übernatürliche Rolle spielt^ 
so muss andererseits seine gänzliche Vernichtung von erheblichem Nachtheil für den 
Menschen sein. Das ist in Wirklichkeit auch der Fall. Die gänzliche Vernichtung des 
Besens ist aber nur möglich, wenn man ihn verbrennt. Wie nun das Verbrennen solcher 
Gegenstände, die behext sind oder von Hexen kommen, zu einem Mittel wird, den 
Hexenbann zu brechen, den Zauber unschädlich zu machen, so wird auch das Verbrennen 
solcher Dinge, welche hexenbesiegend sind — zu diesen gehört unstreitig der Besen — 
ein Mittel, den zaubernden Gewalten zum Siege zu verhelfen. Aus diesem Grunde ver- 
brennt man nicht gern Besen, wenigstens nicht im gewöhnlichen Feuer,*) sondern man 
legt sie zurück bis zum nächsten Osterfeuer, wie ich aus Erfahrung weiss. „Es ist nicht 
gut, wenn man die alten Besen verbrennt'*, heisst es in der oben bereits angezogenen 
„Rockenphilosophie" (V. 107). Man gelangt nämlich dadurch unter die Gewalt der Hexen. *> 
„Alte Besen soll man nicht im Ofen verbrennen, sonst können Hexen und böse Leute 
Einem etwas anthun", behauptet man in Schwaben.*) Wird der Donnerbesen im Hause 
verbrannt, dann schlägt der Blitz ein, 7) wie man in Böhmen ®) meint. Aber auch Wind kann 
durch Verbrennung von Besen entstehen , *) weshalb es in Ostpreussen heisst , sobald der 
Wind fehlt: „Steckt doch a paar alte Besen in'n Oben", i®) Auch wenn sich die Richtung 
des Windes ändern soll, muss man alte Besen verbrennen, wie im Brandenburgischen 
geglaubt wird,^*) und ebenso „in Pommern soll es als sicheres Mittel gelten, wenn man 
einen Besen ins Feuer wirft, aber so, das? der Stiel dorthin zeigt, woher der Wind 
gewünscht wird.''^') In Westpreussen kann infolge Verbrennens abgenutzter Besen sogar 



t) Köhler, Voigtl., S. 429; Witzsohel, Thüring. Sagen II., S. 286; Spiess, Volksthûml. aus dem 
Fränk.-Hennebergischen, 1869, S. 148. 

«) Am ürqueU I, S. 46; Witzschel II, S. 233; Schmidt, Sitten und Gebräuche bei Hochzeiten etc. 
in Thüringen, 1863, 8. 45. *) Dirksen, Zur deutschen Volkskunde, 1895, S. 13. 

*) Vgl. Mannhardt, Germ. Mythen, S. 15. Anm. 2. Nach Pliniüs (a.a.O., S. 15, 40) durfte man den 
Lorbeer, der ebenfalls dem Donnerer geweiht war, nicht einmal zu Sacra verbrennen. 

») Bartsch, IL, S. 132; Wuttke, § 609. «) Meier, Schwab. Sagen, S. 498 

") Das kann schon geschehen, wenn man Waldreisig verbrennt (Wüttke, § 447). 

») Grohmann, Aberglaube, S. .37. 

») Nordd. Sagen, S. 454; Ür-Quell, VI, S. 66; Raabe, Allgem. Plattdeutsches Volksbuch, 1854, 8.231; 
Wbinholds Zeitschr. f. Volkskunde L, S. 191. >») Lemke II., S. 289. »«) Enoelien- Lahn , S. 283. 

»») Heims, Seespuk, S. 70. 



- 161 - 

Sturm entstehen , wie Treiohel meldet. In meinem Heimathsort Craja unweit Nordhausen 
sagen die Bewohner scherzhaft, sobald sich stürmisches Wetter einstellt: „In Ascherode 
müssen sie den Besen verbrannt haben". Dieses Dorf liegt etwa \ Meile westlich von 
Craja, in einem Grunde und bildet überhaupt dort das „Wetterloch". 

„Wenn ein Besen verbrennt , so kommt Besuch", heisst es in Thüringen ^) weshalb 
denn auch am Unterharz die Leute, wenn sich die Besuche bei ihnen drängen, ausrufen: 
„Ich muss ja den Besen verbrannt haben!"*) Man hat bei diesen Gästen jedenfalls an 
„böse Leute" resp. „alte Weibei*" d. h. an „Hexen" zu denken, gegen welche eben der 
Besen schützt. „Wenn'n *n Stuw'n Bessen verbrennt, den kricht'n denn' Dag noch Besäuk 
von vel Frugenslüd" — meint man auch im Mecklenburgischen, s) „Will man gern Besuch 
haben, so muss man drei Besen in den Ofen stecken, dann kommt welcher", heisst es in 
der Sachs. Schweiz.*) Ja in Westpreussen befürchtet man, dass Juden nach dem Dorfe 
kommen, sobald man Besen verbrennt (Treiohel). Diese orientalische Rasse scheint dort 
für ebenso dämonisch zu gelten wie in Ostpreussen die Zigeuner (Lemke, a.a.O. I. S. 111), 
vor deren „schädlichen Einfluss" sich die Wenden dadurch bewahren, dass sie „einen alten 
Besen auf die Schwelle der Stuben thüre legen und Salz darauf streuen" (Veokenstedt, 
Sagen, S. 468). Es dürfte daher schliesslich im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen 
nicht Wunder nehmen, wenn in Mecklenburg und Schwaben behauptet wird, dass man 
mit der Verbrennung des Besens das Glück aus dem Hause jage und lange Zeit hindurch 
kein Gedeihen habe , ja geradezu das Unglück hereinziehe. *) — — 

Am Schlüsse meiner Erörterungen angelangt, dürfte wohl rekapitulierend kurz 
behauptet werden, dass der Birkenbesen eines der vorzüglichsten Symbole des altgermani- 
schen Donnergottes war, und zwar einzig und allein aus dem Grunde, weil er eine bündel- 
artige Vereinigung von Ruthen der, diesem altgermanischen Bhtzschleuderer geweihten 
Birke bildet. 



INHALTSVERZEICHNIS. 



A. DIE BIRKE ALS EIN HEILIGER BAUM DONARS Seite 82 

Ihre blendende Weisse, S. 82. — Wichtigkeit als Frühlingsbaum, S. 83. — Verhältnis 
zum Kukuk, S. 84. — Die Birke als Maibaum, S. 85. — Pfingstbaum, S. 85. — und 
Johannisbaum , S. 85. 

B, DER BIRKENZWEIG IM DIENSTE DONARS „ 86 

I. BEDEUTUNG DES ZWEIGS IM ALLGEMEINEN „ 86 

II. DIE BIRKENRUTHE IM BESONDEREN „ 89 

a, als Waffe gegen freizügige böse Geister „ 90 

Allgemeines, S. 90. — Birkenreiser an Vorabenden von Frühlingsfesten aufgesteckt, 



WüTTKE, § 296. ») Aus der Heimath 1896. N». 10. ») Bartsch II, S. 132. 

*) Vgl. Dähnhardt, Volksthûml. aus d. Königreich Sachsen I, S. 97. 

») Bartsch II, S. 132; Birlinger, YolksthQmliches aus Schwaben I, S. 495. — Die sagenhaften 
Erscheinungen feuriger Besen (Haupt, Laus. Sagen I, S. 276; Urquell II, S. 205) gehören nicht hierher, 
sondern veranschaulichen nach abergläubischer Volksmeinung den Drachen („Stäppchen") » den in Teufels- 
natur verkehrten Donar. Bei Eiselen, Voigtl. Sagen, S. 157, erscheint der Drache in Gestalt einer Biertonne 
mit besenförmigem Schv^anze. Zuweilen ist der Besen gleichbedeutend mit dem Teufel (Zeitschr. f. Volks- 
kunde I, S. 217. Vgl. auch Birlinger, Aus Schwaben, I, S. 133). 

I. A. f. £. XIII. 21 



- 162 - 

s. 91. - Walpurgis, S. 9t. - Pfingsten, S. 92. - Johanni, S. 93. - Wetterhexen, S. 93. 

Gewitterdâmonen , S. 94. — Birkenruthe als Bekämpferin derselben, S. 94—96. — Böse 

Geister im Ungeziefer und deren Besiegung, S. 95-97. 

&, als Waffe gegen lokale Plagegeister Seite 125 

Ki-ankheitsdämonen , S. 125. — Birkenruthe gegen Krankheiten der Menschen, S. 126. — 

und Thiere, S. 128 ff. ~ Bosheitsdämonen, S. 130. — Dürre Birkenruthen schädlich, 

S. 131. - Thierdämonen , S. 131. 

c, als glückbringendes Zaubermittel „ 131 

Sie fördert als „Lebensruthe" Gesundheit der Menschen und Thiere, S. 131 ff. — und 

beweist sich als Mehrerin des Reichthums, S. 134. 

0. DER BIRKENBESEN EIN SYMBOL DONARS » 134 

I. DER BESEN ALS BÄNDIGER DER UNSAUBEREN GEISTER „ 135 

a. Vertreibung der in „Haus und Hof lästigen Dämonen . . . . „ 135flf. 

Allgemeines, S. 135. — Dämonen gegen Geburt und Besen, S. 135. - Besen und Axt 
vereint, S. 136. — Besen als Hexengefährt, S. 137 ff. — „Besen" ein Schimpfwort, S. 139. — 
Todtengeister, S. 140. — Viehplagende Dämonen, S. 140. — Kehricht, S.14i. — Kehren 
gegen Geister, S. 142. 

b. Dämonenvertreibung auf „Feld und Flur'', sowie auf „Haut und Haar". „ 143ff. 

Besen gegen Ungeziefer, S. 144. 

c. Verscheuchung der Geister in „Wind und Wetter" „ 145fF. 

Gewitter („Donnerbesen"), S. 145. - Sturm, S. 146. - Wind, S. 146. 

d. Bannung der Dämonen in „Leib und Seele" „ 147ff. 

Krankheit der Menschen und Thiere, S. 147. — Kehricht, S. 149. — Bosheitsgeister, 
S. 149. — Besen als Straflnstrument, S. 149. — Thierscheu, S. 150. — Brennende Besen 
bei Oster-, Mai- und Johannisfeuern , S. 150 ff. 

II. DER BESEN ALS STIFTER UND FÖRDERER VON GLÜCK UND WOHLERGEHEN „ 152 ff. 

Glückbringung desselben im allgemeinen, S. 153. ~ Kehricht ist glückbedeutend , 
S. 154 ff. - Reichthum, S. 155 ff. - Liebe und Ehe, S. 157 ff. 

III. DER VERNICHTETE BESEN „ 160 ff. 

Verbrennung des Besens, S. 160. — Folgen derselben, S. 160, 161. 



III. MUSEES ET COLLECTIONS. - MUSEEN UND SAMMLUNGEN. 



I. Die afrikanische Ausstellung der 
St. P^etrus Claver-Sodalität in Wien. (Mit 
15 Abbildungen')). — Angeregt durch die von Car- 
dinal Lavigerib entfaltete Thätigkeit zur Gründung 
von Antisklaverei-Gesellschaften hat Gräfin M. Th. 
Ledöchowski, ehemalige Hofdame der Grossherzogin 
von Toscana, sich im Jahre 1889 als Schriftstellerin 
unter dem Namen Alexander Halka in den Dienst 
dieser Bewegung gestellt und bereits ein Jahr später 
die Zeitschrift ;,Echo aus Afrika" in's Leben ge- 
rufen, welche über die gesammte ^katholische Mis- 
sionsthatigkeit auf afrikanischem Boden Berichte 
bringt und selbstverständlich auch mancherlei ethno- 
graphische Schilderungen enthält. Im Jahre 1894 



gründete die Frau Gräfin die obengenannte Sodalität, 
deren interne Mitglieder nur weiblichen Geschlechtes 
sind und eine religiöse Genossenschaft bilden; sie 
sind eine Art von Hilfsmissionärinnen , welche die 
afrikanischen Missionen und das Werk der Sklaven- 
befreiung auf jede nur mögliche Weise unterstützen; 
durch externe Mitglieder und Förderer, deren Ge- 
sammtzahl sich zu £nde des Jahres 1898 bereits auf 
rund 1300 belief, wurden die Missionäre in Afrika 
in so reichlichem Masse in ihrem Wirken gefördert, 
wozu auch nicht wenig die von der Sodalität her- 
ausgegebenen Schriften, namentlich das ,Echo aus 
Afrika" und die „Kleine Afrika-Bibliothek" beitrugen, 
dass die Missionäre in Erkenntlichkeit dieser ünter- 



*) Die Abbildungen wurden von Robert Carl Lischka in Wien gezeichnet. 



Stützung der Sodalität ethnographische Qegenstftnde 
und Photographien einsandten, die bald zu einer 
nennenswei-then Zahl anwuchsen. Die Sodalitat konnte 
an ihrem Haupteitzorte Salzburg — sie hat ausser- 
dem Filialen in Innsbruck, Krakau, Triest, Wien, 
Breslau und München — bereits im Mw 1895 eine 
afnkanJBche Ausstellung veranstalten, der im No- 
vember desselben Jahres eine in Innsbruck folgte. 
Die dritte und vierte Ausstellung fanden 18dÖ in 
Salzburg und Triest, die fünfte November 1898 in 
Breslau statt. Seit Dezember 1898 befindet sich das 
kleine Museum in den RAumen der Sodalit&t zu 
Wien, I. Backerstrasse 20, wo die mehr als 500 
Stücke zahlende ethn<^Taphische Sammlung zwar 
eine recht bescheidene Aufstellung gefunden hat, 
aber doch auch dem Fachmann einiges von Belang 
bietet Ein geschriebener Katalog, auf Grund dessen 
die folgende Zusammenstellung gegeben werden 
konnte, giebt über Herkunft und Sammler knappe 
Auskunft. 

Yen der Goldküste besitzt die Sammlui^ eine 
Beihe von P. Maxikiliah Albkbt eingesandter Qe- 
genstfLnde, von welchen zu nennen sind: ein Dolch, 
ein Kocher mit Pfeilen, eine „muhammedanÎBChe" 
Waffe, Mützen, Körbchen, ein Taschchen, ein Amulet 
und zwei Loffelchen zum Ooldwiegen. Figur 1 zeigt 
ein derartiges LOffelchen aus Messingbronze, das 
b.i cm. lang ist und dessen ziemlich breiter Stiel 
mit eingeschlagenen Verzierungen versehen ist. In 
welcher Weise diese LOfTet gehandhabt werden , lAsst 
sich nicht erkennen. Mohnieb giebt ein Bild von 
Goldwiegem in der Arbeit, das 
er aber leider nicht erklärt. ') de 
Bsx ') schreibt : „Sie haben kleine 
kupfFeme Schalen, die aeyn rundt 
und aussgegraben wie ein Schale 
von einem Pomerantzen ApfTel, 
mit langen Cordehi und einen 
kurtzen Balcken ohne eins Zange, 
und stehet zwischen beyden Scba^ 
flg. i. iqu gjn klein Zünglein, in wel- 

LöffBlchBD zum Gold- . . . . , , . , , . , . 

wiegen. Quidkü>te. "hem ist ein kleines Löchlein, 
da sie ein Dr&htletn durchstecken, 
wann sie dann etwas wegen wollen, so fessen sie 
diss Drahtlein mit dem Finger und dem Daumen, 
und heben also die Schalen auff und nider. — Die 
unsern kOnnen nietat wol etwas mit ihren Schalen 
wegen, dann der sie gebrauchen will, muas sonder- 



lich damit wissen umbzugehen, und muss einer wol 
Achtung drauff geben, dann wann einer meynet er 
habe sein vollkommen Gewicht, so fehlet es ofFtmals 
wol umb die Helfft«, dass er weniger hat, als ihm 
gebührt zu haben." Auch Dapper') beschreibt offen- 
bar nach dem vorigen Berichte diese Goldwagen, 
mit welchen unser Löffel wol nichts zu thun hat: 



„Das Gold zu wSgen haben sie sonder barliche Wage- 
Bchahien, welche sie vom Kupfer gemacht, wie auch 
das Gewichte, netamlich rund und hohl, wie eine 
Fomerantzenachale, mit gantz langen Bändern. Hier- 
mit wissen sie sehr geschwinde und genau zu wAgen." 
Es wäre recht wünschensweith , über die Verwen- 
dung derartiger LofTel , die oben am Stiele durchbohrt 
sind, genaue Aufklärung zu erhalten. 

Von den Fanti besitzt das Museum zwei Kämme 
und drei s<^enannte .Fetische", von welchen einer 
in Figur 2 in Vorder-, Rücken- und Seitenansicht 
abgebildet ist. Der Kopf der weiblichen Figur ist in 
ein flaches viereckiges Brettchen ausgearbeitet, das 
rückwärts durch Brennen geschwärzt und mit ein- 
geritzten Linien verziert ist, welche die HaarAisur 
vorstellen; vorne und hinten zeigt der cylindrische 
Rumpf Narben Verzierungen; den Fuss bildet ein 
Kegelstutz. Die Figur verdient schon w^en der 
ausserordentlichen Stilisirung und wegen ihrer un- 



') Marcel Monnibr, France noire (Côte d'ivoire et Soudan). Paris 1894. Abbildung „Peseurs d'or" 
zu S. 148. 

■) Hü Bry, Warhafllige Beschreibung dess gewaltigen Goltreichen Königreichs Guinea. Frankf. a.M., 
1603. S. 38. 

") Dappeb, Umbstandliche und Eigentliche Beschreibung von Africa. Meurs, 1670. S. 474. 



gewöhnlichen Form grössere Beachtung. Vielleicht 
liesse sich eine eigene Gruppe von solchen mensch- 
lichen Darstellungen zusammenstellen, die keines- 
wegs roh gearbeitet sind und doch die einzelnen 
Theile des menschlichen Körpers in vollkommen 
stilisirten Formen wiedei^eben. ') 

Die Aachanti sind durch drei Gewichte zum 
Goldwiegen vertreten, von denen ich eines nicht 
auffinden konnte; die beiden anderen, einen Vogel 




und einen Mann, der ein Huhn schlachtet, zeigen 
die Figuren 3 und i. Macdonald ') bildet 20 ver- 
schiedene derartige Gewichte ab, von denen es nach 
seiner Versicherung 3& Arten mit vei-schiedenem 
Gewichts- und Geldwerthe bei den Aschanti und Fanti 



gibt*}; auf Seite 120 seineu Buches führt er diese 86 
Gewichte mit ihren einheimischen Namen nach dem 
Wertlie geordnet auf. 

Auch Kemp bringt die Abbildung von vier Gewich- 
ten. *) Ober Ooldgewichte bei den Aschanti's schrieb 
ScHLiEMANK ausführl icher, da er auf einigen, die er 
auch abbildet, das Hakenkreuz fand. ') 

Staudinoer") konnte in den von G. A. Ebaubb in 
Kete [Togogobiet) und Salaga gesammelten Aechanti- 
Goldgewichten durch Abwiegen kein beatimrates 
System feststellen, meint aber, daas man vielleicht 
bei den kleinen Messinggewichten, weiche man in 
den vei^schiedenen Sammlungen besitzt und au wel- 
chen auch die vorhegenden beiden Stucke gehören, 
eine Übereinstimmung hemuaOnden können wird. 
Die Verwendung von Goldgewichtlein erwähnt schon 
Dapper. ') Die reichste Samralimg von derartigen 
Gewichten dürfte wohl das Museum für Völkerkunde 
in Berlin besitzen;') ferner finden sich einige in 
dem Kgl. ethnographischen Museum zu Kopenha- 
gen.') Das Museum der Missionsgesellachaft in 
Basel besitzt ungefähr 85 Stück. ") Sechs Ooldge- 
wichte im Museum zu Zwolle beschreibt J. D. E. 
ScHMELTZ im „Gatalogus der ethnographische Ver- 
zameling"") dieses Museum. Nach db Bbt '») haben 
die Bauern, so vom Lande kommen, aus Holz 
verfertigte Gewichte, auch verwenden sie rote und 
schwarze Bohnen (offenbar die Paternostererbse, die 
auch Staitdikoer als Gewicht erwähnt). Mühqo 
Park nennt als Goldgewicht die Tüikissi-Bohnm, 



') Fbi.ix von Luschan hat in seinem Werke „Beitr^e zur Völkerkunde der deutschen Schutzgebiete," 
Berlin 1897, auf Tafel XXI in Fig. 1 — 3 zwei ganz ähnliche Figuren und die Rückseite des Kopfes einer 
dritten Figur abgebildet. Zwei von diesen stammen von Accra an der Goldküste, eine von den Aschantis. 
Auf Seite 45 desselben Werkes nimmt Luschan mit Recht gegen die unglückselige, nichtssagende Bezeich- 
nung „Fetisch", die ja doch nur die Unwissenheit des Europäers bemänteln soll und cndgiltig aus der 
Ethnographie verschwinden muss, wenn Klarheit geschaffen werden soll, Stellung. Die Bezeichnung „Puppe" , 
welche Luschan für diese Holzflguren im Verzeichnisse des Herrn Schanker fand, ist vielleicht auch wieder 
nach der anderen Seite zu weitgehend. Jedenfalls aber hat Luschan vollkommen Recht, wenn er die bei den 
Ethnographen so beliebten „einfachen geometrischen Muster" auf der Rückseite des Kopf brettchens als 
Haarti-acht erklärt und wenn er die „Puppen" Fig. 10—12, welche aus den Haussaländern und von Accra 
stammen, zu den vorbesch rieben en in Vergleich stellt. Sie gehören zu einer besonderen Gruppe, die einmal 
im Zusammenhange behandelt werden sollte. Im Musée cantonal in Lausanne sah ich eine der unsrigen 
ganz ähnliche Figur, die aber aus Missverständnis verkehrt und mit dem Geeicht gegen die Wand befestigt 
war. Oben auf dem Kopfe waren Haare eingesetzt und auf dem Hinterhaupte eine querliegende Eidech- 
senfigur eingeritzt. Diese Holzfigur hatte Th. Esblkb von der Ooldküste heimgebracht. 

*) Qeoroe Macdonald, The Oold Coast past and present. London 1893. S. 101, 113. 

>) A. a. 0. p. 110. 

*) Rev. Dennis Kehp, Nine years at the Gold Coast. London 1898. Tafel zu S. 248. 

') ScHLiEMANN, Ilios, S. 396; vgl. auch Zeitschrift für Ethnologie, Bd. XXVIII, S. (138) und Loschan's 
oben angeführte „Beiti%e zur Völkerkunde", S. 46. 

') Zeitschrift für Ethnologie, Bd. XXVIII, S. (224)-(225). 

T) Dappbr, a. a. 0. Seite 46. 

■) Das ethnogr. Reichsmuseum in Leiden besitzt weit über 100 aus dem Anfang dieses Jahrhunderts 
stammende Stücke. Die Bed. 

•) Steinhaukb's Handkatalog für die Besucher, Copenhagen 1886, Seite 48. 

'*) Vgl. Dr. J. D. E. SuBKaLTz, Ethnographische Musea in Midden-Europa, Leiden 1896, 3.41, wo auch 
vier von den Goldgewichten des Leidener Museums abgebildet sind. 
, ") Leiden 1892, Seite 47 und 48. "} A. a. 0. Seite 38 ff. 



die man zuweilen In betrügerischer Absicht in Butter 
legt, um Bie schwerer zu machen, ja er hnt sogar 
einen Eieael gesehen, dem man die Form einer 
Tilikiasi gegeben hatte. ') Einige Namen von Ge- 
wichten findet man bei de BryI verzeichnet, der 
auch ihre entsprechenden Werthe angiebt. Neuer- 
dings verdienen diese Kleinarbeiten wcstafri dänischer 
Qoldschmiedekanst eine erhöhte Aufmerksamkeit, 
da nioht nur manche Formen stark an solche unter 
den kürzlich aufgefundenen Benin-Alterthümern ge- 
mahnen, sondeni auch ihre Herstellung ganz in der 
Weise der g^ossenen Beninbronzen erfolgte. Mac- 
dohald') boschreibt den Vorgang ausführlich, wie 
folgt: „Sufficient bees' wax for making the model of 
the article wanted is worked out upon the model- 
ling block or table by the side of the fire on which 
stands a pot of water; the modelling stick, a piece 
of flat, hard wood, is dipped into this, and with 
this the wax is made of the requisite softness for 
working; it takes the workman about a quarter of 
an hour to make the model of a ring. When the 
model of the article wanted is finished, it is enclosed 
in a case of wet clay and charcoal, which, being 
closely pressed round the model, forms a mould. 
This is then dried in the sun, and has a small cup 
of the same materials attached to it (in which to 
put the gold for melting) communicating with the 
model by a very small aperture. When the whole 
model is finished, and the gold for the article to be 
made enclosed safely in the cup, the whole is placed 
in a charcoal fire with the cup undermost. When 
the gold has bad time to become fused, the cup is 
turned uppermost, in order that it may run into the 
place of the melted wax, and take its place in the 
mould; when cool the claymould is broken, and 
the article taken out, which if not perfect is again 
melted and the whole process gone through again."') 
Ebenso berichtet Dr. Kkbbting >) aus dem Hinter- 
lande von Ti^o: „Wenn mir irgend oin Broniie-Theü 
an meinem Bett-Gestell zerbricht, so formt ihn der 
Dorf-Schmied in Wachs und giesst ihn in beliebiger 
Legirung in einer Thonfonn". Der Vorgang, Gegen- 



stände mit Hilfe des verlorenen Wachses zu giessen, 
ist demnach in Westafrika sicher von altersher al^e- 
mein geübt worden. Von der Kunst der Aschantis, 
Thierformen aus Gold zu giessen, berichtet schon 
Hutchison in Bowdich's Reisebericht •). Für das 
Veretandnis der Benin-Alterthü- 
mer ist es jedenfalls unerlässlich, 
die gesammte Kultur von Sene- 
gambien südwäits bis zum Kon- 
gogebiet und ostwärts bis tief in 
die Haussaländer hinein einem 
aufmerksamen Studium zu unter- 
ziehen. Ich zweifle nicht, dass 
sich dann die Boden etändigkeit 
der Benin-Kultur von selbst er- 
geben wird. Sind europÄiache 
Einflüsse vorhanden, so spielen 
sie sicherlich eine nur unterge- 
ordnete Bolle. 

Von Malanga im Kame- 
rungebiet besitzt das Museum 
eine grössere Zahl von Körben 
und Matten, ferner zwei Musik- 
instrumente, von welchen das 
eine in Figur 5 abgebildete ein 
Saiteninstrument, das andere in 
Figur 6 in Vorder- und Seiten- 
ansicht dargestellte eine Trom- 
mel ist. Bastian ') nennt das 
für ganz Westafrika typische 
Saiteninstrument eine Guitarre, 
die den einheimischen Namen 

Kg. 5. SaltenlMtrument „Sambi" führt. H. H. JOHH- 

STON ') rühmt die wirkliche 
Schönheit des Tons der fünfsaitigen Leier vom Kongo, 
auf welcher die eingeborenen Musiker ebenso selt- 
same als rührende Melodien zu spielen verstehen. 
Die pentatonische Scala ist allein im Gebrauch und 
die Töne sind G, D, E, G, A, C;die vierten und sie- 
benten Noten unserer Tonleiter fehlen. In dem Werke 
,Im Innern Afrikas" von Wisshann, Wolf, François 
und MoELLER ist auf Seite 253 ein ähnliches Instru- 



') MuNoo Park's Reisen in Afrika. Neu bearbeitet von Dr. Friedrick Stkoer. Leipzig 1856. Seite 236. 

=) A. A. 0., S. 88. 

") George Macdonald, The Gold Coast past and present, Seite 109. Diese Beschreibung ist wörtlich 
aus Bowdich's Mission nach Ashantee entnommen; vgl. die deutsche Ausgabe, Weimar 1820, Seite 415. 
Ebenda, S, 416, sind auch die Gewichte erwähnt. 

') Vgl. dazu noch Capt. Brandon Kibby's „A Journey into the Interior of Ashanti" in Froc. of the 
Royal Geograph. Soc. Vol. VI (]884| S. 449: „Gold ornaments, etc., are all cast, a wax model being first 
made and then cast from clay." *) Zeitschrift fur Ethnologie, 1899, Seite (188). 

') Mission der Englisch- Afrikanischen Compagnie von Cape Coast Castle nach Ashantee. Uebersetzt 
von Lbidenfrost. Weimar 1820, Seite 491. 

T) Bastian, Die deutsche Expedition an der Loango-Küste , Jena 1874 — 76. I. Bd., Seite 162. Abgebildet 
im IL Bd. auf Taf. II, Fig. 2. 

«) H. H. Johnston, Der Kongo. Uebersetzt von W. v- Fbeeden. Leipzig 1884 Seite 403 — 104. 



166 



ment abgebildet als .ein mandolinenartiges Saiten- 
instrument (der Bakuba), Lukotide genannt, welchea 
etwa ein Mittelding zwischen Mandoline und Quitaire 
ist. Der an einem Ende offene Resonanzboden des- 
selben ist gewölmlich mit feinen Schnitzereien ver- 
sehen. Die Saiten sind feine Fäden aus Bast, Gras, 
Rotang oder der Raphia, liegen ähnlich wie bei der 
Guitan-e neben einander und verbinden den Reso- 
nanzboden mit fünf von demselben ausgehenden fin- 
gerdicken gebogenen Stäbchen. Das Instrument wird 



Flg. e. Vorder- und Seltei 



it einer Trommel 



durch straffes Anziehen der Saiten gestimmt. Die 
Töne und verschiedenen Accorde sind für das Ohr 
ai^nehm , und der Spieler pflegt dieselben mit 
improvisirtem Gesang zu begleiten. Die Wiedergabe 
einer bestimmten Melodie schien Jedoch nicht mög- 
lich zu sein." In Ratzel's Völkerkunde, ]. Auflage, 
I. Band, Seite 148, ist eine ähnliche mit Qrasaaiten 
bezogene Guitarre aus der Christ;- Collection in Lon- 
don at^ebildet. Kürzlich bracht« das grosse englische 
PrachtwerK über die Benin-Alterthümer die Abbildui^ 



einer der unsrigen nahe verwandten „West African 
harp" mit vier Saiten , auf deren Resonanzboden fünf 
geschnitzte Mensch en flguren sitzen. '} Uniäugbar ge- 
hört auch dieses Musikinstrument zu dem altererbten 
Kulturbesitze wostafrikanischer Völker. Ein reich aus- 
gestattetes Schnitzwerk bildet die in Figur 6 darge- 
stellt« und als „Fetiscli" bezeichnet« Trommel von 
Malanga, wie ich deren zwei im ethnographischen 
Museum des Rotterdamer zoologischen Gartens sah. 
Auf einem schvrarzbemalten viereckigen Postament 
mit rotbraunen Kanten steht ein weisser, schwarz- 
gefleckter Vierfüsser, der einen nach vorne ofl'enen 
und in zwei übereinanderliegende Fächer getheilten 
Schrein trägt Die beiden Seiten desselben rahmt je 
eine mit dem Kopfe nach abwärts hängende, zwei- 
mal geringelte Schlange ein, die in den geschuppten 
Theilen gelb, sonst rotbraun bemalt ist; in den zwei 
Fächern sitzt je ein Men seh en paar , die unbekleidete 
und rotbraun bemalte weibliehe Figur in hockender 
Stellung, die männliche mit gekreuzten Beinen; 
letztere ti-ägt im unteren Fache weisse Jacke und 
schwarze Hose, in dem oberen Fache schwarze Jacke 
und weisse Hose; oben sitzt die männliche Figur 
rechts von der weiblichen, unten links. Zwischen 
dem unteren Paare liegt eine kleinere braun bemalte 
Figur, die mit einem Messingring befestigtist; hinter 
dem oberen Paare steht eine europäisch gekleidet« 
Figur. Der obere und untere Abschluss des Schrei- 
nes ist schwarz l>emalt; ganz oben steht die schwarze 
Trommel, gleichsam aus einem Kelch herausgewach- 
sen, am oberen Rande unterhalb des Trommelfelles 
mit einem rotbraunen Streifen verziert. Vor der 
Trommel sitzt ein rotbrauner, weissgefl eckte r Vogel 
mit schwarzem Halse, zu beiden Seiten je eine männ- 
liche Figur mit weisser oder schwarzer Jacke und 
mit schwarzer oder weisser Hose bekleidet; die Hände 
derselben sind rotbraun bemalt, jene der übrigen 
Figuren neapelgelb; auch die Gesichter sind neapel- 
gelb; die Augen sind aus Glas. Säm m tli che Figuren 
Bind eingesteckt. Hinten hängt von der Trommel der 
mit Rohr überflochtene Schlägel herab. Die Höhe des 
ganzen Schnitzwerkes tieträgt 97.6 cm. Die mit dem 
Kopfe nach abwärts hängenden Schlangen scheinen 
für den westafnkanischen Kulturkreis recht be- 
zeichnend zu sein. Ich erinnere diestrezüglich an 
Nybhdael's Bericht über die Stadt Benin*), in wel- 
chem er von dem hölzernen Thurme beim Eingange 
in den Königspalast erzählt, dass man oben in ihm 
eine eherne Schlange sieht ,mit dem Kopf nach 
unten zu aufgehangen, welche so künstlich gegossen 



■) Crarlbs Hkrcolss Read und Obhondb Maddock Dalton, Antiquities from the City of Benin and 
- from other parts of West Africa in the British Museum. London 1899, 3. 55. 

') In Wilhelm BossMAHH'e Reise nach Guinea, Hamburg 1708, Seite 556. 



und einer lebendigen Schlange so ahnlich, dass man 
selbige fuglich unter die Raritäten des Landes Benin 
zählen könne". Auch in einem zweiten Thiiime sah 
er eine derartige Schlange. Capitain Landolphe sah 
auf einem der alten Königsgraber von Benin eine 
aus Elfenbeinzahnen zusammengesetzte Schlange mit 
olTenem Rachen und kupferner Zunge; sie schien 
vom Firste zu kommen und lünga der Decke hin- 
zugleiten, um in das Grab einzudringen.') Vier 
herabhAngende Schlangen zeigt ein von F. Heobb 
beschriebenes Elfen be in schnitz werk unbekannter Her- 
kunft, das sich im k. k. naturhistorisclien Hofmuseum 
in Wien befindet; es stammt zweifellos, wie HKaea 
nachgewiesen hat, aus Westafiika. ') Auch die achtei- 
fOrmige Doppel ringelung der Schlangen scheint recht 
charakteristisch zu'sein, wie die Löffelstiele zeigen, 
welche F. Hbqer beschrieben und abgebildet hat. ') 

Von Hüilla in Weatafrika (nördlich vom 
Hamaqualand) hat Fr. (îrabowsky eine Sammlung 
von 36 Nummern eingeschickt, von welchen ich 4 
Speere, Pfeile, einen Bogen, eine Keule, 4 Messer 
in Scheiden, Perlenhalsbänder, Ai-mbänder, Perlen- 
gOrtel, ein Zauberhorn mit Qift und 8 Baststolfe 
erwähne. 

Von Sibollo stammen 4 Lanzen und der inFig.7 
abgebildete „Zauberstab", dessen Seitenansicht deut^ 
lieh den Januskopf zeigt, der für eine gewisse Gat- 
tung westafrikanisch er Stäbe typisch ist. Ähnlich ist 
der in Fig. 3 dargestellte Kommandostab , der jedoch 
weder mit Herkunfts- noch mit Bestimmungsangabe 
versehen war. Ratzel bildet in seiner Völkerkunde, 
2te Auflage, L Bd, Seite 67, eine aus M. Buchnbb's 
Sammlung im ethnographischen Museum zu München 
stammende „geschnitzte Keule aus Lunda" ab, welche 
am Kopfende statt der beiden Vögel einen Reiter 
zeigt; ähnliche Keulen ßndet man unter der Bezeich- 
nung Kommandostäbe auf Tafel IV, Fig. 2 und 8, 
der „Originial-MiUheilungen aus der ethnologischen 
Abtheilung der kgl. Museen zu Berlin", (1885), doch 
ohne Herkunftsangabe. Fig. 8 zeigt die Voll- und 
Seitenansicht des Stabes und dazwischen die Ver- 
zierung des Haarputzstroifens auf der nicht abgebil- 
deten Seite. Dass diese Vei'zieiung, sowie die ganze. 



den Doppelkopf einschliessende und beiderseits nach 
unten in einen, übrigens sehr typischen Fortsatz 
auslaufende, verschiedenartig gestrichelte Platte eine 
Haarzopfflechtung darstellen soll, wird man aus einem 
Vergleiche mit den Holzfiguren der Waguha leicht 
erkennen.*) In ganz gleicher Weise sind die Haar- 



é 



Flg. 7, Voll' und Selten- Flg.S. Voll- aud Seltenuulclil eltiei 

uiilcht eine« .Zauber- Kommuidortabea tod Weatftfttti,; 

■tabea" toq Sibollo. nebat DeUil «lue* B 



Zöpfe an den altrömiachen weiblichen Portraitb Osten, 
namenthch an jenen der Vestalinnen, zum Ausdruck 
gebracht. Von den übrigen aus Westafiika stam- 
menden Gegenständen erwähne ich besonders eine 
Armbrust, die als Bogen von grossem Werthe und 
als seltene Waffe angeführt wird; eine nähere Her- 
kunftsangabe fehlt; es ist aber zweifellos, dass diese 
gut bekannte Armbrust von den Fan lieirührt. ') 
Ferner sind noch zu nennen zwei , Wahrsagerstäbe", 



■) Citirt bei Franz Hbgbr, Benin und seine Alteithümer, in den „Hittbeilungen der Anthropologischen 
Gesellschaft in Wien", Bd. XXIX (1899), Sitzungsberichte, Seite 4. 

') Franz Heoer, Alte Elfenbeinarbeiten aus Afrika in den Wiener Sammlungen; in „Mitth. der 
Anthrop. Gesellsch, in Wien", Bd. XXIX (1899), Taf. IV, Fig. 1. 

') Ebenda, Taf. V; vgl. auch die betreffende Tafel in Read und Dalton, Antiquities from the City 
of Benin. 

') Vgl. meine Abhandlung .Holzfiguren der Waguha" im Supplement zu Bd. IX (18961 des Intern. 
Ai-chiva f. Ethnographie, S. 13—21 und Tafel II, und den auf Tafel III Fig. 4 und 4a der „Original Mit- 
thellungen", Berlin 1885, abgebildeten Bogenhalter der Waguha, der mir damals leider entgangen war. 

') Vgl. die Abbildungen in Ratzri.'s Volkerkunde, I. Band, Seite 48 der Einleitung (Seite 31 der 
2. Auflage) und Figur 33 auf Seite ITO. 



■von welchen der eine in Figur 9 in Vordei-, Seiten- 
und Rûckenan sieht, der andere in Fig. 10 at^ebildet ist. 
Diese Stäbe schlieeaen sieb den vorhin besprochenen 
Kommandostflben an; doch haben sie kein Doppel- 
gesicht. In Figur 9 ist die Kre uz narben Verzierung 
im Gesicht beacbtensweith, in Figur 10 der durch 
eingeritzte Linien angedeutete Eaarputz, der das 
Gesicht dicht umschliesst. 





Fig. 11. 



Flg. V. Vo^de^. Bellen- und 
RQckciuiuloht eioes „Wahnager- 

»xabm" »on Wtwufrlkt "«- "■ 

Flg. 10. „1 , 

TOD WcMâlHta. 
Flg. IL .Blook einet Zau- 
berers" Wwlaftika. 

P. Trillks sandte eine grössere Sammlung ein, 

welche ausser der erwähnten Armbrust folgende 
StQcke enthält; einige Lanzen, darunter eoiche mit 
angeblich vergifteten Spitzen, einen Bogen, vei'giftete 
Pfeile, einen Säbel mit Scheide, ein Kriegermesaer , 
ein Messer für Weiber, ein Operationsmesser, dessen 
heisse Klinge auf die Haut gelegt wird, Körbe aus 
Lianen, einen Korb zum Ölpressen, Löffel für Wei- 
ber, Männer und Kinder, eine Harfe „Fang", eine 
Zauberglocke, einen „Fetisch der Soldaten, umOlQck 
zu haben," einen „Fetisch zum Schutz der Kinder," 



ein seltenes Tanzkostüm, einen „Anzug der Weiber 
aus Rinde des Sucu», mit einem Stock ausgeklopft, 
ist das einzige, was die Weiber trugen, schwer jetzt 
zu bekommen, da es durch englische Webereien 
ersetzt ist," einen Blasebalg der Schmiede, ein Spiel 
„Utxouge" mit kleinen Körnern der Frucht „Rocou" 
(das bekannte ManAafei-spiel , das überall verbreitet 
ist, wohin m u ham med an isc her Einfluss drang), ') 
ferner Muscheln und Schnecken, wie sie die Weiber 
essen, weil sie Fleisch nicht essen düifen. Zur sel- 
ben Sammlung gehören der in Figur 11 abgebildete, 
reich geschnitzte „Stock eines Zauberers" und eine 



zum Aufstecken eingerichtete Holzfigur, die in Figur 
12 in Voi-der-, Rücken- und Seitenansicht darge- 
stellt ist. Der Katalog bezeichnet sie als ,Buri", 
einen Kationalgott, welcher einen Becher zum Opfer- 
bringen in den Bänden hält; das Yerzeichnis fügt 
hinzu; „Sehr selten; die Fangen geben ihn nicht 
gern." Beachtensweith sind die um den Nabel und 
auf dem Rücken angebrachten hufeisenförmigen 
Narben Verzierungen. Die Äugen sind durch einge- 
achl^ene Messingnagel dargestellt. Die Figur war 
aus falschen Schickllchkeitsrücksichten um die HQf- 



') Vgl. Stewart Culin, Mancala, the national game of Africa im Report of the U.S. National Museum 
for the year ending June 30. 1894, S. 597— 607 mit 15 Abbildungen und ö Tafeln; ein Auszug davun „Das 
Mancalaspiel und seine Verbreitung" im Globus, Bd. LXXII, Seite 31-32, mit 3 Abbildungen, Eine gute 
Erklärung des Spieles gab Herhan Almkvist in seinen „Kleinen Beiträgen zur Lexikographie des Vulgär- 
arabischen" in den Actes du huitiëme Congrès international des Orientalistes, tenu en 1889 à Stockholm et 
à Christiania, Leiden 1891, Sect. I, 1er fascic, S. 440-442. 



ten mit einem Stück europftischen Zeuges um-nickelt, 
das in der Zeictinung weggelassen wurde. 

Die Dinka Bind durch S Aim- und Beinringe, 
Uganda durch eine seiner bekannten Thonpfeifen, 
■welche die .weissen Vater" eingeauhickt haben, 
Centralafrika durch ein Gewebe aus Baumrinde 
und durch Armringe vertreten. 

Von Boroma am Sambesi stammen ein Kopf- 
schmuck aus immerriechendem Holz, eine Perlen- 
schnur, 3 hölzerne und ein irdenes Teüerchen, 3 
Pfeifenköpfe und 2 Kugeln gestampften Tabaks. Die 
Umgebung von Bororoa lieferte drei Kriegatrommeln 
„Batugtie", von welchen zwei aus Hacanga nördlich 
von Boroma her- 
rühren. Die Fig. 
18 zeigt eine 
derartige Trom- 
mel, zu welcher 
der Katalog be- 
merkt : „Batu- 
qtie" aus der 
Umgebung von 
Boroma» Die M a- 
canga- und Bo- 
roma-Neger 
haben ungear 
SO verschiedene 
Sorten solcher 
Kriegstrommeln, 
die zusammen- 
spielend eine 
grossartige Wir- 
kung theils 
— — durch ihre Har- 

PlS. 13. Trommel „BaCnque" monio, thells 

von Hacuigk. durch ihren 

furchtbaren 
Ernst hei-vorrufen. Es sind diese das N^ertelephon; 
von einem Orte werden bestimmte Schlftge mit 
bestimmten Pausen auf der Trommel gegeben, 
und in 5 Hinuten weiss ee schon eine ganze 
Provinz, ob Krieg loa ist, ob Gefahr droht, oder 
ob ein Löwe eingebrochen ist etc., indem nämlich 
sofort die Leute der Nachbardörfer das nftmliche 
Zeichen auf ihren Batuque schlagen. Die eigentliche 
grosse Krlegstrommel unrtunri ist mannshoch, steht 
und bleibt mitten im Doife, während die kleine- 



ren auf den Kriegszug mitgenommen werden. Die 
Träger haben sie umgehängt und schlagen sie In einer 
tänzelnden Harschart mit (nach ihrer Meinung) sehr 
graziösen Schwenkungen des Köi-pers. Eine neue 
Kriegstrommel wird eingeweiht, indem man einem 
Kriegsgefangenen oder sonst einem Neger den Kopf 
abschneidet und sein Blut über das Trommelfell 
rinnen lässt. Ziegenblnt, sagen sie, mag wol auch 
genügen, aber Menschenblut ist besser und wirk- 
samer. Die zwei Trommeln von Macanga haben in 
der Mitte eine Öffnung, ausgefüllt mit einem kleinen 
Kürbis, der bei den geschickten Exemplaren abge- 
brochen ist (Vgl. die Abbildung), und über die Öffnung 
ist ein Spinngowebe gespannt; die beiden Trommel- 
felle sind mit einer grösseren oder geringeren Menge 
Kautecfauk beschmiert, um ihnen eine gewünschte 
Tonhöhe zu geben, und Alles (Öffnung und Kaut- 
schuk) hat den Zweck , einen mehr surrenden Ton 
zu bekommen. Hier im friedlichen Gebiete von Que- 
limane kennt man nur die Tanz-fia/u<{u« für Freu- 
den- und Trauertânze." Eine ganz ähnliche Trommel, 
welche ebenfalls zwischen zwei Henkeln die oben- 
erwähnt« Öffnung zeigt, aber etwas anders verziert 
ist, findet man bei Serpa Pinto abgebildet als eine 
Trommel, die bei den Festen der Ambuellas ge- 
braucht wird. ') F. A. Pinto nennt sie „batuqtte;" 
sie wird nach ihm zwischen den Beinen gehalten 
und mit den Händen gespielt. ') Unserer Trommel 
lag ein Schlägel mit Kautsch ukkiiopf bei, der mög- 
licherweise nicht dazu gehört; er wurde mit abge- 
bildet. Dieselben Mittheilungen, welche der Gewährs- 
mann unseres afrikanischen Museums über diese 
Trommeln machte, finden wir bei R. A. Frbbiiah 
von den Trommeln bei den Aschanti: ,The large 
war drums were mostly conical or cylindrical in 
shape , and their suiËtcea were black and shiny as 
though they had been coated which pitch; which 
appearence, I was told, was produced by rubbing 
tliem with human blood, presumably that of slain 
enemies".') ,1 learnt afterwards from an Aahanti 
fugitive who aooompagnied us te Bontûku, that each 
of these drum and horn calls has a particular meaning 
and corresponds to a ceitain definite sentence which 
is quite intelligible to the natives."^) Vom Sam- 
besi stammt auch die in Fig. 14 abgebildete Eben- 
bolzkeule, die ein , Grosser" von Sumbo dem P. 
Superior schenkte. 



■) Sebpa Pinto's Wanderung quer durah Afrika, -übersetzt von H. ' 
S. 806. Wieder abgebildet in Ratzbl's Völkei^unde, 2te Aufl., I. Bd., 
Doi^ltrommel der Baluba, welche der vorliegenden gleicht. 

») F. A. Pinto, Angola e Congo, Lisboa, 1888, S. 149: ,0 mais commum é o tambor comprido, a que 
chamam batuque.... Bato-se com as mäos, sustontando-o em posiçao com as pernas." 

■) Richard Austin Frbkiun, Travels and life in Ashanti and Jaman, Westminster 1898, S. 101. 

*) Ebenda, S. 98. 
L A. f, E. Xni. 22 



Von den übrigen Gegenständen nenne ich nur 
noch eine geflochtene Tasche, die in Figur 15 abge- 
bildet ist. Sie enthält, wie das Verzeichnis besagt, 



9 



mm^ 



^EnOchelchen {amatambo\ aus den Knien der wilden 
Böcke und Antilopen, womit die Wahrsager wahr- 
sagen. Einem alten Wahrsager abgenommen, der 
Katholik wurde." Von den Ib Knöchelchen sind, je 



8. mit MoBBing- und Eisendraht umfasst. Derartige 
Wahraagerwürfel auB Knochen, von welchen auch 
daa Wiener k. k. naturhistoriache Hofmuseum einige 
besitzt, scheinen in Süd-Afiika nicht selten zu sein. ') 
Die vorliegende Tasche wurde dem Museum von P. 
M. B. P. Mbykr in Natal eingesandt 

Die übrigen aus Südafrika (Namaqua- und Zu- 
luland, Natal) stammenden Sammlungen enthal- 
ten eine grosse Zahl von Gegenständen, die unver- 
kennbar europaische Beeinflussung zeigen und daher 
hier nicht besprochen werden aollen. 

Von den 281 Photographien, welche daa Museum 
besitzt, ist wohl keine vom ethnographischen Stand- 
ptnkte aus verwerthbar, weil sie zumeist das Mis- 
sionsleben betreffen. 

Zum Schlüsse ist es mir eine angenehme Pflicht, 
der Oberin der St. Petrus Claver-Sodalität , Frau Gr4- 
fln M. Th. Ledochowski, für die Erlaubnis, einige 
der ausgestellten Gegenstände zeichnen lassen und 
von dem handschriftlichen Verzeichnisse eine Ab- 
schrift nehmen zu dürfen, den verbindlichsten Dank 
abzustatten und ihr die Bitte an's Herz zu legen, 
die Missionare, welche von der SodalitAt mit Geld- 
mitteln unterstützt werden, zu veranlassen, gewis- 
senhaft und ohne Voreingenommenheit Alles zu 
sammeln und aufzuzeichnen , was das gesammt« 
Leben der Eingeborenen ausmacht. In dieser Hin- 
sicht mag die Zendelings-Oenootschap in Rotterdam 
als ein anerkennenswerthes Beispiel gelten. 

Fioridsdorf bei Wien. Dr. Wilhelm Hbin. 



IV. REVUE BIBLIOGRAPHIQUE. - BIBLIOGRAPHISCHE UEBERSICHT. 



Pour lee abréviations voir pag. 71, 130. 

GÉNÉRALITÉS, 
in. M. W. WuNDT (Völkerpsychologie. Eine Un- 
tersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, 
Mythus und Sitte. Leipzig. Av. flg.) publie des recher- 
ches sur les lois régissant l'évolution de la langue, 
des mythes et des moeurs. La première partie qui 
Tient de paraître , après une introduction générale, 
traite lea moyens d'exprimer les sentiments par gestes 
et les éléments psychologiques du langage. Le livre 
de M. VicTOB Mbunibb (Les ancêtres d'Adam. Histoire 
de l'homme fossile. Paris) est la réimpression de 
l'édition supprimée de 1875, augmentée de quelques 
chapitres; et précédée d'un hommage chaleureux à 
M. Boucher de Peri;hes avec la relation des persécu- 
tions pusillanimes, que les investigations de ce savant 
ont eu à subir. R. E. Â. publie un cour^ de sociologie 



de M. Gh. Lktoobneau (p. 149: L'évolution du lan- 
gage); et une conférence de linguistique et d'ethno- 
giaphie de M. P. Rbgnadd (p. 181 : Le Rig-Véda et 
la religion Indo- Européen ne). M. G. St. Clair (Biblia 
XIII p. 1 : The Serpent in Scripture and Myth) publie 
un essai sur le culte du serpent. 

Des études d'ethnographie comparée sont pubheee 
par M. R, C. Temple (I. Ant. XXIX p. 29, 61: 
Beginnings of Currency. Av, pi.); et par MM. A. 
Malbkc et H. BoDBOBOis (R. E. A. p. 167, 190: 
Les flèches et les armes empoisonnées. Av. fig. Fin). 
M. Karl Pbnka (Mitth. A. G. Wien p. 25: Die 
ethnologisch-ethnographische Bedeutung der megali- 
thischen Grabbauten) publie une étude archéologi- 
que sur les sépultures mégalithiques. M. Fb. Russow 
(Beiträge zur Geschichte der ethnographischen und 



') Vgl. auch die Abbildung von Würfeln und Amuletten eines Bamangwato-Zauberers 
Völkerkunde, I. Aufl., l. Bd., Seite 303. 



Ratzbl'b 



- 171 - 



anthropologischen Sammlungen der Kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg) 
donne Thistorique des collections dont est formé en 
1837 le musée d'ethnographie de Saint-Pétersbourg, 
avec des notices sur une fête à la cour de Timpéra^ 
trice Anne, sur la collection Cook, Tinstruction très 
étendue de M. G. F. Müller pour l'adjoint J. E. 
Fischer et un mémoire de M. E. E. von Babr sur 
le cabinet d'anatomie. 

EUROPE. 

M. B. Kahle (Z. V. V. p. 194: Aus schwedischem 
Volksglauben) publie la traduction de légendes et 
croyances suédoises, recueillies par Mad. Eva Wig- 
8TR0EH. M. Chk. Villads Cristensen (Baareproven, 
dens historié og stilling i fortidens rets-og naturop- 
fatt^lse. Kopenhagen) publie une thèse doctorale sur 
une forme de jugement de Dieu, dont il trouve 
Torigine dans une coutume des temps payons. K. 
Celt, publie des études de M. Seymour de Ricci (XXI 
p. 10: Le Calendrier celtique de Coligny); et de M. 
Salomon Rrinach (p. 76: Les croisants d'or irlan- 
dais. Av. fig.). 

Des contributions archéologiques sont publiées par 
M. H. Busse (Nachr. XI p. 1: Das Urnenfeld bei 
Wilmersdorf, Kreis Beeskow-Storkow. Av. pl. etfig.); 
et par le Dr. P. Reinecke (Corr. A. G. p. 34: Prä- 
historische Varia V. Die figuralen Metallarbeiten des 
von-ömischen Eisenaltei-s und ihre Zeitstellung; Mitth. 
A. G. Wien p. 44: Brandgräber vom Beginne der 
Hallstattzeit aus den Östlichen Alpenländern und die 
Chronologie des Grabfeldes von Hallstatt. Av. fig.; 
ibid. p. 50: Grabhûgelfund von Joschewa in Serbien. 
Av. 2 fig.). 

La publication de M. 0. J. van der Haer (La 
superstition des campagnards. Arnhem) est une com- 
pilation folkloristique , qui fait preuve d'une lecture 
très étendue. Z. V. V. contient des contributions du 
Dr. Max Bartels (p. 117: Was können die Toten?), 
étude comparative des superstitions à Tégard des 
Dioi-ts; du Dr. A. Petzold (p. 142: Pfingstquaas), sur 
les façons souvent grossières dont la Pentecôte est 
fêtée; de M. J. Bacher (p. 151: Von dem deutschen 
Grenzposten Lusern im V7älschen Südtirol); de M. 
0. Schell (p. 162: Bergische Hochzeitsgebräuche); 
de Mlle Helene Raff (p. 181 : Münchener Stadtsagen 
und Sprüche); de M. J. Bolte (p. 186: Volkstümliche 
Zahlzeichen und Jahresrätsel); de M. P. Passler 
(p. 202: Ein Hochzeitbrauch aus dem Wippthale in 
Tirol); de M. R. Reichardt (p. 208: Volksanschau- 
ungen über Tiere und Pflanzen in Nordthüringen); 
de M. HoEFLBR (p. 219: St. Northburga auf Ziegel- 
platten. Av. fig.), notice sur des tuiles illustrées en 
Bavière; de M. 0. Schütte (p. 221: Deutung der 
Tierstimmen im Braunschweigischen, p. 223: Zur 



Heilung der Pferdekolik; Braunschweigische Tauf- 
und Hochzeitsgebräuche); et de M. K. Weinhold 
(p. 206: Zum Hochzeitcharivari , note supplémen- 
taire à l'article de M. Passler; p. 227: Ein oberbay- 
rischer Palm. Av. fig.; p. 227: Das Halmmessen; 
p. 229: Aberglaube und Besprechungen aus Zoll- 
mersdorf in der Nieder-Lausitz). 

M. Edme Vieillard (T. du M. livr. 23 suiv.: En 
Autriche. Av. ill.) décrit ses excursions dans la Car 
rinthie et la Carniole, avec des obsei'vations sur les 
Slovènes. M. G. Bellucci (Amuleti Italiani contem- 
poranei. Perugia) donne le catalogue descriptif d'une 
collection exposée à Turin, illustrant les superstitions 
populaires en Italie. M. G. Pitre (Feste patronali in 
Sicilia. Torino-Palermo. Av. 24 ill.) décrit les fêtes 
annuelles en l'honneur du Saint-patron, célébrées 
en Sicile. M. V. Smiljanic (Abh. G. G. Wien H p. 21 : 
Beiträge zur Siedelungskunde Sûdserbiens. Av. 3 fig. 
illustrant des types de villages serbes) publie des 
observations sur la population de la Serbie méridio- 
nale. M. le docteur Georg Jacob (Türkische Littera- 
turgeschichte in Einzeldarstellungen. Berlin. Av. fig.) 
a commencé la publication d*une série d'études lit- 
téraires, dont la première a pour objet le théâtre 
des ombres chinoises, qui prend une place si remar- 
quable dans la vie populaire en Turquie. 

, ASIE. 

Verh. A. G. (p. 30: Bericht über die armenische 
Forschungsreise der HHrn W. Belck und C. F. 
Lehmann Av. ill.) publient un rapport détaillé des 
investigations archéologiques en Arménie. M. le Dr. 
Paul Rohrbach (Verh. G. E. p. 128: Armenier und 
Kurden) y ajoute des observations ethnographiques. 
M. P. H. Lammens (Âl-M. n^ 6, 8) publie des notes 
archéologiques sur le Liban. L'archéologie babylo- 
nienne fournit un sig'et à M. R. Zehnpfund (B. Ass. 
S. S. IV n®. 2: Zuqaqipu, das Schröpfinstrument der 
Babylonien Av. fig.). M. Hartwig Hirschfeld (I. 
Ant. p. 146: New Researches into the composition 
and exegesis of the Qoran) publie une étude sur les 
origines du Koran. M. H. Oldenberg (Morgenl. LIV 
p. 49: Vedische Untersuchungen) publie une étude 
védique. 

M. A. R. RxJDOLF Hoernle (As. S. B. LXVIII 
extra-n*. 1 : A Collection of Antiquities from Central 
Asia; I. Ant. p. 63, 89: A note on the British Col- 
lection of Central Asian Antiquities. A v. fig.) s'occupe 
de Tarchéologie de TAsie centrale. M. E. H. Parker 
(As. S. Ch. B. XXXI p. 4) publie des remarques cri- 
tiques sur les inscriptions de TOrkhon déchiffrées 
par M. ViLH. Thohsen. Le même journal publie une 
étude de M. Thos. W..Kingsmill (p. 61 : The Chinese 
System of Family Relationship and its Aryan Affi- 
nities). 



- 172 - 



^tas. LI. contient des articles sur les relations 
des Japanais avec les peuples altaïques (p. 284); sur 
la cour impériale de Pékin (p. 284); sur la femme 
en Chine (p. 251); sur Confuce en rapport avec la 
Chine de nos jours, par M. C. Voskamp (p. 289, 
806); et sur le Dhammapada ou Sentier de la vérité 
des Bouddhistes. Le journal de voyage du général 
sir Richard Stbachey (G. J. p. 394: Nari-ative of a 
Journey to the Lakes Rakas-tal and Manasarowar in 
Western Tibet, undertaken in Sept. 1848) est illustré 
de figures de types tibétans. Le même journal publie 
des notes d'excursion de M. Fred. W. Carey fp. 486: 
Journeys in the Chinese Shan States. Av. âg.). M. le 
vicomte DE Vaulserrb (G. p. 449: Le Fleuve bleu 
de Sui fou à Ta 11 foa. Av. fig.) publie la relation 
d'une reconnaissance dans TAnnam avec des notes 
ethnographiques sur les Lolos. Mlle Charlotte M. 
Salwey (L As. Q. R. p. 373: Japanese Monographs. 
VII On ornamental Metal-work applied to Japanese 
weapons) publie des notes sur la ciselure des armes 
japonaises. 

M. P. D. BoNERji (The Fighting Races of India. 
Calcutta) publie une contribution à l'ethnologie de 
rinde. M. B. A. Banja (Navjgot, or the Thread 
Ceremony among the Parsis. Bombay) publie des 
prières en langue Zend et Gi\jurati. I. As. Q. R. con- 
tient une communication sur la secte des Jains, par 
M. Sultan Singh Jaini (A brief Account of the 
Jains in India). I. Ant. publie des articles de sir J. 
M. Campbell (p. 45: Notes on the Spirit basis of 
Belief and Custom) , notes sur la sorcellerie de l'Inde 
actuelle; M. R. C. Temple (p. 73, 89, 163: The 
Folklore in the Legends of the Pandjab; p. 117: The 
Thirty-seven Nats (Spirits) of the Burmese; p. 103, 
125: The Andamans in the XVIIIth Century, extraits 
des Bengal Consultations dans I'lndla Office, avec 
des détails ethnographiques assez rares); M. A. Stein 
(p. 145: Preliminary Note on an Archaeological Tour 
on the Indus); M. M. R. Pedlow (p. 60, 88: Super- 
stitions among Hindus in the Central Provinces); 
M. W. Irvine (p. 140: Etymology of the word Pind- 
hari), dérivation d'une contrée nommée Pandhar; 
rév. G. U. Pope (p. 57: Leaves from an old Indian's 
Note book), chants tamils du Vl^e siècle en hon- 
neur de la reine Eannagi, qui fut répudiée par son 
époux Pegan. 

M. le Dr. Snouck Hurgronje (T. Bat. G. XUI 
n«. 5 : Islam und Phonograph ; T. L T. XLII p. 142 : 
Atjehsche taalstudién) publie des études linguistiques. 
Le dernier journal contient encore des notes archéo- 
logiques (p. 263) de MM. J. André de la Porte et 
J. Knebel sur les ruines de Panataran; et une com- 
munication du Dr. J. Brandes (p. 131: Nog eenige 
Javaansche piagems uit het mohammedaansche tyd- 



vak afkomstig van Mataram, Banten en Palembang. 
Suite). Les notes publiées par M. C. W. Plbytb (T. 
A. G-. XVII p. 1, 206: Herinneringen uit Oost^Indié. 
Av. pi.) ont rapport à la côte occidentale de File de 
Sumatra. M. J. E. W. Quarles van üfford (I. G. 
p. 663: De „Orang Mamma" in Indragiri) publie des 
notes critiques à propos d'une communication de M. 
G. Schneider, publiée dans 111. Z. de 29 mars. Les 
Not. Bal. G. contiennent une note (p. XCIII) du 
contrôleur de Sapoeran, M. H. G. Onland, sur une 
sorte de manteau, 'en usage chez les habitants de 
la dosa Mergelangoe, rés. Bageien; une liste (p. XCVUQ 
des psvjoengs ou parasols d'état officiels en usage 
dans le Pakoe-alam, rés. Jogjakarta; une description 
concise (p. CI) d'objets en usage chez les habitants 
de Sub Toba et Dairi, offeits par M. E. A. James; 
un rapport (p. CIV) du régent de Modjokerto et 
Djembang sur ses recherches provisoires concernant 
les antiquités de Eedaton, rés. Sourabaya. Av. pL). 
M. le Dr. A. W. Nibuwenhuis (T. A. G. p. 177: 
Tweede reis van Pontianak naar Samarinda in 1896 
en 1899) décrit les résultats de son voyage à travers 
Bornéo. Cette île fut encore l'objet d'un voyage de 
M. Charles Hose (G. J. XVI p. 39: In the Heart 
of Borneo. Av. ill.). Bgdr. publient des articles de 
M. H. H. JuTNBOLL. (LI p. 102: Bgdrage tot de kennis 
der Ou^javaansche letterkunde); M. J. Hobbbma 
(p. 119: Bögeloof in de Preanger-Regentschappen); et 
Dr. H. Eern (p. 139: Over de taal der Josafa's aan 
de Humboldtbaai). M. Senfft (D.E. B. p. 416: Ueber 
die Bewohner von Yap) publie un rapport sur une 
excursion dans la Nouvelle Guinée allemande. 

AFRI9ÜE. 

La vie villageoise en Egypte fait le sujet d'un 
livre de M. A. A. Boddy (From the Egyptian Ramleh. 
Sketches of Delta Life and Scenes in Lower Egypt. 
London. Av. 270 ill.). Le Sahara fournit des siyets 
à M. A. Fermé (Le Touareg. Paris); et à M. J. Pom- 
merol (une femme chez les Sahariennes. Entre 
Laghouat et In-Salah. Paris. Av. 95 ill.). M. G. Bastard 
(A. T. M. p. 131, 139: Une ville du Niger. Dienné. 
Av. fig.) décrit l'ancien marché arabe dans le Soudan. 

G. J. publie des notes de voyage de M. H. J. 
Mackinder (XV p. 453: A Journey to the Summit 
of Mount Eenya, British East Africa. Av. fig.). 
Mitth. D. S. publient des communications du lient. 
H. FoNCK (p. 128: Ueber Waffen, Geräthe, Trachten 
etc. in Urundi und Ruanda. Av. 9 pi. illustrant les 
coiffures, le tatouage, les armes et la poterie); de 
M. Richter (p. 115: Notizen über Lebensweise, Zeit- 
rechnung, Industrie und Handwerk der Bewohner 
des Bezirks Bukoba); et de M. Eannenbero (p. 144: 
Reise durch die hamitischen Spi achgebiete um Eon- 
doa. Av. fig.). 



- 173 - 



T. du M. (livr. 14 suiv.) continue la relation illustrée 
du voyage du général Qalliéni autour de Madagascar. 
M. E. F. Gautier (J. As. XV n*. 2: Les Hova sont- 
ils des Malais?) publie une étude comparative entre 
les dialectes Hova et Sakalava. 

AMÉRIQUE. 

M. F. Ehrenrbich (Z. E. XXXII p. 1 : Mittheilun- 
gen über die wichtesten ethnographischen Museen 
der Vereinigten Staaten von Nord-America. Av. ill.) 
donne un aperçu des principales collections ethno- 
graphiques dans les États-Unis. M. Livingston Far- 
rand (Mem. Am. M. N. H. II p. 391: Basketry 
Designs of the Salish Indians. Av. pi. et fig.) publie 
des résultats de l'expédition Jesup L'aiticle de M. 
O. H. HowARTH (Scott, p. 342: The Cordillera of 



Mexico and its inhabitants. Av. fig.) ne donne, en 
fait d'ethnographie, que quelques notes supei-ficielles. 

Le rapport du Dr. E. A. Gk>BLi>i (Ëxcavacoee 
archaeologicas en 1895 executadas pelo Museu Pa- 
raense no làttoral da Guyana Brazileira entre Oyapock 
e Amazonas. P. 1 : As cavernas funerarias de Indios 
hoje extinctos no Rio Cunany) est publié dans les 
Mémoires du Musée de Para et illustré de 4 planches 
de céramique indienne provenant de tribus aigourdhui 
éteintes. M. F. Moncousin (G. p. 389) publie des 
notes sur les Tehuelches et sur les indigènes de la 
République Argentine. T. du M. (livr. 17—22) donne 
la fin du récit de voyage en Fatagonie, par M. le 
comte H. de la Vaulx. 

LA Haye, juillet 1900. G. J. Dozy. 



V. LIVRES ET BROCHURES. - BÜCHERTISCH. 



VIII. J. Dbnikbr: Les races et les peuples 
de la terre. — Éléments d'anthropologie et d'eth- 
nogi*aphie. 1 volume, cartonné, avec 176 planches 
et figures, et 2 cartes. 8^. 

Librairie C. Reinwald-Schleicher Frères, éditeurs 
Paris, 15, rue des Saints-Péres, 16, Paris. 

Un des traits cai-actéristiques de notre époque, 
c'est rintérôt que provoquent dans le grand public 
les études concernant les races et les peuples pri- 
mitifs ou même civilisés, études si étroitement 
liées à celles des questions sociales et de la coloni- 
sation. Cependant, on n'avait pas, jusqu'à présent, 
de bon résumé de l'état actuel des sciences ethno- 
anthropologiques. L'ouvrage que vient de pubUer 
l'anthropologiste bien connu, M.J. Denixer, comble 
donc une véritable lacune. Le savant bibliothécaire 
du Museum est parvenu à condenser dans un petit 
volume de 692 pages tout ce qu'il y a d'important 
à savoir en Anthropologie et en Ethnographie. Dans 
un langage simple et précis à la fois, en expliquant 
les termes scientifiques , il traite des caractères phy- 
siques de l'homme et de ses caractères linguistiques 
et sociologiques (vie matérielle, vie psychique, vie 
familiale, vie sociale). Il donne ensuite un aperçu 
des classifications et passe successivement en revue 
les races et les peuples de la terre. Les nombreuses 
notes bibliographiques au bas des pages permettent 
à ceux qui voudraient complét-er les notions élémen- 
taires par une étude plus approfondie de faire un 
choix judicieux des ouvrages à consulter. Les tables 
des principales mesures du corps humain annexées 
au volume, seront surtout appréciées par les spéci- 
alistes, tandis qu'un index très complet facilitera à 
tous les recherches à faire dans le texte. Les illus- 
trations, pour la plupart des photogravures d'après 
les sujets authentiques, sont choisies et exécutées 



avec un grand soin. Elles complètent d'une façon 
heureuse cet excellent ouvrage qui devra se trouver 
entre les mains de tous ceux qui, spéciahstes ou 
non, s'intéressent à l'étude de l'homme. . — . 

IX. Joseph D. McGuirs: Pipes and Smoking 
Customs of the American Aborigines, 
based on material in the U. S. National Museum. 
Washington, 1899. &^, 

Pai'mi les effets de la découverte de l'Amérique 
l'usage du tabac prend une place considémble. Dans 
le coui-s de trois siècles il s'est répandu parmi tous 
les peuples civilisés, il a donné lieu à une culture 
qui va s'accroissant toigours, il est devenu une 
jouissance ou un réconfortatif à des millions. Ce 
n'est pas étonnant, que le tabac a sa bibliographie, 
qui pourrait s'élever à des milliers de titres. Depuis 
qu'un écrivain royal, Jacques I d' AngleteiTo , l'a 
décrié comme contraire à la loi divine, et qu'un 
médecin anversois, Éqidb Évbrard, l'a célébré comme 
un panacée, le tabac a été l'objet d'appréciations 
bien divergentes. 

Ce n'est que dans ces derniers temps, que la 
préhistorique pour ainsi dire du tabac a occupé des 
savants, qui s'adonnant à l'archéologie de l'Amérique 
y retrouvaient des ti-aces de la façon dont les indi- 
gènes du Nouveau Monde fumaient avaat la Con- 
quête. M. McGuiRE, dans une publication du Smith* 
sonian Institution, donne un aperçu élaboré des 
renseignements que nous trouvons chez les auteiUB 
contemporains de la découveite, avec la description 
des pipes précolombiennes, que les fouilles dans les 
différents états de l'union ont mises au jour. La 
solidarité des formes, trait principal de toute civili- 
sation primitive, se manifeste aussi dans cette 
matière et rend cette étude doublement intéressante 
au point de vue ethnographique. 



« 174 - 



A Haiti Colomb ne remarquait que le cigare, des 
lierbes enroulées dans une feuille séchée, dont le 
nom indien est resté au tabac. Au nord on trouve 
la pipe, que nous retrouvons sur les sculptures et 
des bas reliefs mexicains et mayas. Dans l'Amérique 
du Sud on n*a trouvé aucune pipe, bien que quel- 
ques auteurs fassent mention de la coutume de 
fumer dans cette partie du Nouveau Monde. L'usage 
de prendre une prise de tabac au moyen d'une tube 
bifurquée, dont on a retrouvé quelques spécimens, 
y parait avoir été générale. 

Contrairement à leurs imitateurs, les Indiens, en 
général du moins, n'étaient pas fumeurs par dés- 
soeuvrement ou par habitude. M. MoGuire s'efforce 
de démontrer qu'ils y attachaient une impoitance 
sérieuse et souvent sacramentelle, soit qu'ils consi- 
déraient la fumée comme une offrande aux dieux 
ou qu'à l'aide des qualités narcotiques du tabac les 
prêtres tombaient dans des transes, qui les mettaient 
en état de communiquer avec les esprits. 

D'ailleurs le tabac n'était pas la seule herbe , qu'ils 
fumaient, et souvent ils le mêlaient avec d'autres 
feuilles ou avec le suc résineux d'un arbre, que les 
Espagnols désignaient comme de l'ambre liquide. 
On observait pour ces mélanges des règles précises, 
comme c'est encore le cas chez certaines tribus 
indiennes à l'occasion de leurs fêtes religieuses. 
Comme dérivation de sa destination religieuse la 
pipe devint un symbole de conciliation, la pipe de 
la paix, et un gage de bienvenue et d'amitié. Ainsi 
s'expliquent aussi les vertus médicales, que les 
Indiens attribuaient au tabac. Que les médecins du 
XVIme et du XVIIme siècle se sont faits les échos 
trop âdèles de ces assertions gratuites ne saurait 
nous étonner. La ténacité d'une superstition est 
prouvée par le fait que l'habitude indienne de guérir 
les plaies en y mettant une feuille de tabac est 
souvent pratiquée encore de nos jours dans les 
classes inférieures malgré les effets désastreux, qui 
peuvent en résulter. 

Le livre de M. McGumx est consacré pour la 
majeure partie à la forme des pipes précolombiennes, 
qu'il divise en quinze classes, une série de 239 
figures dans le texte montre le développement de 
la pipe depuis la simple tube en ai'gile jusqu'à l'in- 
strument qui ne diffère guère de nos pipes actuelles, 
et qui souvent est orné de sculptures représentant 
des animaux totémiques. L'auteur est d'avis que ces 
formes étaient particulières aux diverses tribus , dont 
elles peuvent servir à apprendre les migrations. Des 
cartes syoutées au livre viennent à l'appui de cette 
hypothèse très vraisemblable. 

L'étude approfondie dont M. Me Guire fait preuve, 
rend son livre une contribution impoitante à l'his- 



toire d'une coutume qui pour être générale n'en 
l'esté pas moins assez singulière pour les peuples 
civilisés. G. J. Dozy. 

X. Dr. W. Hein, Indonesische Schwert- 
griffe. (Annalen des k. k. naturhistorischen Hof- 
museums, XIV, S. 317-858. (Mit 101 Abbildungen 
im Texte). Wien, 1900. 

De beide breeders Hein z)jn reeds bekend door 
verachillende publicaties over de ornamentiek der 
D<v)aks, 0. a. A. R. Hein door z|jn werk: „Die bil- 
denden Künste bei den Dayaks auf Borneo". (Wien, 
1890) en W. Hein door verschillende kleinere ver- 
handelingen, b. v.: „Die Verwendung der Menschen- 
gestalt in Flechtwerken". (Mittheilungen der Anthro- 
pologischen Gesellschaft in Wien, XXI, S. 45— 5Q) 
en „Zur Entwickelungsgeschichte des Ornamentes 
bei den D^gaks" (Annalen des k. k. naturhistorischen 
Hofmuseums, X, S. 94-114). In de laatstgenoemde 
verhandeling betoogde de schrijver, dat „diesen in 
Vierecken eingeschlossenen Mustern, die nur mehr 
aus Kreisen und Spiralen zu bestehen scheinen, 
eine Dreiheit von Menschenfiguren zu Grunde liege". 
Ditzelfde tracht hü nu ook aan een reeks van 
zwaardgevesten aan te toonen (fig. 1—61 en 67), die 
voornameiyk op Borneo, by de Kegan-Dajaks , het 
meest typisch zijn , doch ook zelfs in Celebes voor- 
komen , by de Tora^ja's , waaruit hfl tot een verwant- 
schap tusschen de koppensnellers van Midden-Celebes 
met die van Borneo besluit. Tot een tweede groep 
brengt hy de „einfachen Rachengriffe", die door ge- 
heel Indonésie verspreid z^n. Eene bijzondere afdee- 
ling hiervan wordt gevormd door de zwaardgevesten 
van Sulu, Mindanao en Noord-Borneo, die een „seit- 
lichen Rachen" en een secondairen „Scheinrachen" 
aan het boveneinde vertoonen (fig. 74—77). Ook de 
zwaardgevesten van Timor (fig. 64— 65) en Rôti staan 
op zieh zelf. Dr. Ten Kate meent, dat zu oor- 
spronkeiyk een dierenkop vooi^telden. Vorder zjjn 
ook de gevesten van Nias (fig. 80 — 87) gelokaliseerd 
en hierby sluiten zieh de Sulusche gevesten, die op 
Vogelkoppen geiyken, (fig. 88 — 89) aan. De derde 
hoofdgroep wordt gevormd door de gevesten met een 
staande figuur, die vooral op Java inheemsch, doch 
over geheel Indonésie verbreid zyn en op Celebes 
byzondere vormen aangenomen hebben (fig. 96). De 
laatste groep wordt door Dr. Hein slechts voUedig- 
heidshalve behandeld en hy verwyst hierby naar de 
verhandeling van Dr. Schmrltz over „Indonesische 
Prunkwaffen" (Intern. Archiv f. Ethnogr. HI, p.86— 
118). In een „Nachtrag" spreekt de schqjver het 
vermoeden uit, dat de „eichelartig eingesetzte 
schwarze Masse" in fig. 19 — 21 moet dienen, om 
aan den zwaardgi'eep het voorkomen van een penis 
te geven , waarby hy aan de perforatio penis denkt. 



- 175 - 



Het slot wordt geyormd door een alphabetische lyst 
van Javaansche y Maleische , Bataksche , Boegineesche 
en D^aksche benamingen van zwaarden en messen, 
die door hem vertaald worden. Hierby vermeldt hy 
ook VAN DER Tüuk's afleidlng van pëdang uit het 
Portugeesche espadad, die natuurl|jk kant noch wal 
raakt. Beeds de vergelQking met parang had hem 



van de dwaasheid dezer yergelyking kunnen over- 
tuigen. Over het algemeen kan men zeggen, dat 
Dr. Hein in zijne verklaring der zwaardgrepen good 
geslaagd is en dat hü daarbü niet zooveel van de 
verbeeldingskracht vergt, als in zip ne vroegere ver- 
handelingen. 
Leiden. Dr. H. H. Jüynboll. 



VI. EXPLORATIONS ET EXPLORATEURS, NOMINATIONS, NECROLOOIE. - 
REISEN UND REISENDE, ERNENNUNGEN, NEUROLOGE. 



■ L Brinton Memorial Chair in the Uni- 
versity of Pennsylvania. Scholars the world 
over are appreciative of the achievements of the 
late Daniel Garrison Brinton, for he established on 
a firm basis the branches of learning to which he 
devoted his life. He is justly named the „Founder 
of American Anthropology." 

A close student of the intricate problems of his 
science, he possessed the rare art of clearly and 
concisely presenting facts at their true valor. He 
believed in *'The general inculcation of the love of 
truth, scientific, veritable truth" and that know- 
ledge should subserve usefulness. 

A keen observer, a classical scholar, an adept in 
the methods of logic and philosophy. Dr. Brinton 
liad ever the practical application of truth in view. 
To the systematic study of man he brought to bear 
his all rounded culture to further the happiness 
and fulness of the individual life. He regarded the 
individual as the starting point and goal of anthro- 
pology. Upon individual improvement, he claimed, 
depended group or racial improvement, social ame- 
lioration , and the welfare of humanity. 

Anthropology, the New Science of Man, in Dr. 
Brinton's own words "is the study of the whole of 
man, his psychical as well as his physical nature, 
and the products of all his activities, whether in 
the past or in the present." 

This broad comprehension indicates the signifi- 
cance of anthropological study. Its limits of attain- 
ment are limited only by the nature of man 
himself, and Dr. Brinton asks *'who dares set a 
hmit to that?" 

Although the youngest of the modern sciences 
anthropology is none the less one of the most impor- 
tant of the sciences , for in its development is bound 
closely the progress of society. To carry out the 
aims of anthropology are required the results obtai- 
ned from the study of ethnography, ethnology, 
psychology, folk-lore and archaeology, — more espe- 
cially pre-historic archaeology which concerns itself 
not only with the ancient but with „the sim- 



plest and most transparent and therefore the most 
instructive." 

Notwithstanding the extension of this work in 
America, comparatively few professorships of anthro- 
pology or its branches exist, and the limited oppor- 
tunity afforded students to qualify themselves for 
investigation in these various subjects is manifest. 
Dr. Brinton pointed out the insufficiency of facilities 
for students to acquire the necessary preliminaiy 
training to fit them for research, and he advocated 
and urged that anthropology should be studied gene- 
rally in our colleges. Provost Harrison referred to 
this in his address at the Brinton Memorial Meeting 
held in Philadelphia in January last, and stated that 
Dr. Brinton had the utmost confidence in anthro- 
pology as a science and also in its practical worth 
as an applied science in politics, education and legis- 
lation. 

It is proposed in recognition of the great services 
he rendered to the world by his teachings, nume- 
rous publications, and untiring zeal in unearthing 
the false and proclaiming the true, to establish in 
his memory a Brinton Chair of American Archae- 
ology and Ethnology in the University of Penn- 
sylvania. 

This proposition has received the universal com- 
mendation and approval of anthropological scholars 
both in Europe and America. 

At the Memorial Meeting the plan was favorably 
mentioned and grateful recognition accorded to Dr. 
Brinton's unselfish devotion to his chosen life work. 
Provost Harrison thought that to honor hie memoiy 
no more worthy tribute could be given than the 
foundation of a Brinton Memorial Chair in the Uni- 
versity of Pennsylvania. Professor Putnam, following 
these remarks, said that he trusted the suggestion 
would not be dropped but that something tangible 
would come from Provost Harrison's words. 

The choice of this place for the seat of the Brin- 
ton Memorial seems especially appropriate since the 
University of Pennsylvania now possesses Dr. Brin- 
ton's valuable library, his own gift, shoiUy before 



- 176 - 



his death. The association of Bbinton's name with 
the dnivei-sity from 1886, when the chair of Ame- 
rican Archaeology and Linguistics was created for 
his occupancy, may in this way be made permanent. 

In order to accomplish the proposed plan it will 
be necessary to secure an endowment of fifty thou- 
sand dollars from individual sources. 

Patrons of science and others interested in the 
endowment may apply to the Bbinton Memorial 
Committee, 44 Mount Yemen Street, Boston, Mass., 
where further information is to be obtained if desired. 

Messrs. Drexel & Co., Bankers, Philadelphia, have 
kindly consented to act as Treasurers on certain 
conditions which will be explained to contributors 
on application to the Brikton Memorial Committee. 

n. Die Gesellschaft deutscher Natur- 
forscher und Aerzte wird ihre diesjährige (72«te) 
Versammlung in Aachen vom 17—22 September 
halten. Als Einführender der Section für An- 
thropologie und Ethnographie fungiit 
Dr. Th. Delius, als Schriftführer Dr. Eberh. Vooel. 
Bis jetzt sind für dieselbe Vorträge von Prof. J. Koll- 
mann (Basel) über „Die angebliche Entstehung neuer 
Varietäten des Menschen" und von Dr. Lehmann- 
NiTSCHE (Buenos-Aires) über „Der Mensch und das 
Grypotherium in Süd-Patagonien" angemeldet. 

III. Die deutsche anthropologische Ge- 
sellschaft wird ihre Jahresversammlung von 24— 
27 Sept. d. J. in Halle a/S abhalten. Als Lokalge- 
schäftsfuhrer fungirt Major a. D. Dr. Förtsch. 

IV. Die Gesellschaft für Erd- und Völker- 
kunde zu Stettin, deren Bericht über die ersten 
beiden Vereinsjahre 1897/98 & 1898/99 wir kurzhin 
erhielten , erfreut sich eines regen Vereinslebens unter 
Vorsitz von Dr. G. Büsghan. Dieselbe zählt schon 
über 250 Mitglieder; in den 17 ordentlichen Sitzungen 
wurden, theils von auswärtigen Gelehi-ten, Vorträge 
aus den verschiedensten Gebieten der Erd- und Völker- 
kunde gehalten. 

V. Dr. A. Bastian und Dr. G. Pritsch wurden 
zu ordentlichen Honorarprofessoren, und Dr. F. von 
LuscHAN und Dr. K. von den Steinen zu ausser- 
ordentlichen Professoren an der Univei^ität Berlin 
ernannt Wir begrüssen diese Förderung der Wissen- 
schaft vom Menschen seitens der preussischen Be- 
gierung mit ganz besonderer Freude. 

VI. Zu Assistenten am Ethnographischen Reichs- 
Museum in Leiden sind Dr. H. H. Juijnboll für die 
Abtheilung Indonesien, und Dr. Jos. Marquart, 
seither Privatdocent in Tübingen, für die Abthei- 
lungen Afrika und Amerika ernannt. 

VII. Unser Mitarbeiter Herr Dr. A. Gramatzky 



ist als Lehrer an die Schule für ft*emde Sprachen in 
Kkiö bei-ufen. 

VIII. Prof. A. Bastian feierte am 7t«> August 
sein fünfzigjährigen Doktoijubileum. 

IX. Am lt«n Juli waren 25 Jahre verflossen seit 
Jonkherr Victor de Stukrs, Dr. jur., als Referendar 
für Kunst und Wissenschaft im Ministerium des 
Innern der Niederlande auftrat. Wie ihm die Wieder- 
belebung des Interesses für die vaterländische Kunst 
in den Niederlanden zu danken ist, hat derselbe 
auch die Interessen der Völkerkunde thatkräftig 
gefördert und ist der neue Aufschwung, den das 
ethnographische Reichsmuseum seit ungefähr 20 
Jahren genommen, zu einem nicht geringen Theil 
sein Verdienst Auch unserem Archiv war der Jubilar 
seit der Begründung desselben ein opferbereiter 
Freund. Am löten juli fand die Feier des Jubiläums 
statt: es wurde eine auf den Jubilar geschlagene 
Medaille, zu deren Kosten mehr als 800 Personen 
beigesteuert, nebst einem Album überreicht, viele 
Vorsteher der den Interessen von Kunst und Wissen- 
schaft geweihten Anstalten brachten Glückwünsche 
und Geschenke dar und die berliner anthropologische 
Gesellschaft ernannte den Jubilar zu ihrem corres- 
pondirenden Mitglied. 

X. t Dr. Oscar Baümann der bekannte Afrika- 
Reisende starb am 12 October 1899 in Wien, wo er 
am 25 Juni 1864 geboren ward. 

XL t Prof. Dr. D. G. Brinton, to whom Ameri- 
can ethnology and philology so much are indebted, 
died at Media, Pa., July 81»t 1899. He was bom May 
13«! 1837. 

XII. t TEthnographe russe, M. Nie. Charusin, 
est décédé à Moscou en avril dernier. 

XIII. t Sir Wm. h. Flowbr, formerly Director of 
the Natural History Dept. of the British Museum 
and as an Anthropologist well known, died at 
London July l»t 1899. 

XIV. t Dr. P. Jagob, der bekannte Reisende, 
dem zuerst genauere Berichte über die Philippinen 
zu danken sind, und dem das Kgl. Museum für 
Völkerkunde, sowie das Kgl. Kunstgewerbe Museum 
zu Beriin wahrhaft mustergültige Sammlungen, 
zumal aus Brittisch Indien verdanken, starb am 
11 Febr. 1900, 83 Jahre alt in Beriin. Sein Vermögen 
erbte die Stadt Berlin zur Fundirung volksthümlicher 
Anstalten; die berliner anthropologische Gesellschaft 
erhielt ein Legat von 1000 Mark. — Eine Würdigung 
der Verdienste des Verstorbenen aus der Feder 
R. ViRCHOw's finden wir in den Verh. der berl. 
anthrop. Gesellsch. , 1900 pg. (91) & (92). 

Dr. J. D. E. ScHHKLTz. 



BEITRÄGE 



ZUR 



ETHNOGRAPHIE DER S AMO A-INS ELN ') 



VON 



W. VON BÜLOW, 

Matapoo, Insel Savait, Samoa-Inseln. 



IX. DIE MUSCHELN IM LEBEN DEB EINGEBOBNEN. 

„Die Verräther unseres Innern sind Augen, Mundwinkel, Nasenflügel und Finger- 
spitzen. Bei jedem Menschen ein anderer dieser Theile. Welcher — das lehrte andauernde 
Beobachtung", sagt Otto von Leixnee in „Aus meinem Zettelkasten". 

So richtig, wie dieser Satz ist, so richtig ist es auch, wenn ich behaupte: Der Grad- 
messer für die Veranlagung und den Charakter der Naturvölker ist die Art und Weise, in 
welcher sie die Erzeugnisse der Natur ihren Lebensbedürfnissen dienstbai* machen. 

Die Registrierung dieser Art und Weise ist eine der Aufgaben der Ethnographie. 

So unscheinbar und selbst unwichtig auch oft die Verwendung von Naturproducten 
im Leben der Naturvölker sein mag, so ist doch gerade diese für den „sehenden" 
Betrachter das, was ihm bei Beobachtung des Einzelnen „das Sprühen der Augen", „das 
Zucken der Mundwinkel", „das Heben und Senken der Nasenflügel" und „das Trommeln 
der Fingerspitzen" ist, — ein Merkmal des Charakters der Völker. 

Wenn wir von J. D. E. Schmeltz lernen, dass Muscheln zur Herstellung oder Ver- 
zierung von Schwertern bei den Eiugebornen von West- und Südost-Bomeo , der Philip- 
pinen und der Insel Timor verwendet werden — („Schnecken und Muscheln im 
Leben der Völker Indonesiens und Océaniens") —, dass Speere bei den Eiu- 
gebornen des Salomo- Archipels , von Neu Britannien und der Insel Ceram mit Muscheln 
montirt werden, dass Muscheln als Handwaffe dienen bei den Eingebornen von Nukuor 
und des Gilbert- Archipels , dass die Eingebornen der Viti-Inseln, des Salomo-Archipels , von 
Neu Britannien, von Ost-Neu-Guinea und den d'Entrecasteaux-Inseln Muscheln als Keulen 
oder als Zierrath solcher verwenden, dass Pfeilspitzen aus Muscheln hergestellt werden bei 
den Eingebornen des Salomo- Archipel , von Nord-West-Neu-Guinea und der Insel Flores, 
dass bleierne Flintenkugeln durch Muschelansatz in Spitzkugeln verwandelt werden bei den 
Eingebornen von Sumatra (Atjeh) und dass schliesslich viele andere Südsee- Völker Schilde, 
Panzer, Brustschilde, Jacken, Kopfbedeckungen als SchutzwafiFen durch Muscheln verzieren, 
so muss man vermuthen, dass diese Völker mehr kriegerische und zu Gewaltthätigkeiten 



») Siehe vorn pg. 55 ff. 
I. A. f. £. Xin. 23 



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neigende Charaktereigenschaften haben, wie Völker, die Muscheln nur dazu verwenden, 
sich ihre Leben sbedürftiisse und die dazu erforderhchen Geräthe zu beschaffen oder für Fest 
und Tanz sich zu schmücken, nie aber zur Verzierung oder zur Herstellung von Waffen. 

Wie geringfügig auch die Verwendung der Muscheln im Leben der Völker sein mag, 
so zeigt uns doch, bei näherem Eingehen auf die Kunstfertigkeiten derselben , gerade die Ver- 
wendung der Muscheln, wie erfinderisch der menschliche Geist auch in den Köpfen der 
sogenannten „wilden", oder Naturvölker sich erweist. 

Noch augenfälliger wird diese Thatsache, wenn man in Betracht zieht, dass die Kultur- 
völker vielfach nichts Besseres zu thun wussten und noch zu thun wissen, als ihr eigenes 
Handwerkszeug den Muschelinstrumenten der „Wilden", allerdings in Eisen, Stahl, Messing 
oder edleren Metallen, nachzubilden. 

Was ist ein gewundenes Posthorn, — ich meine diejenige Form, welche bei der Thurn 
und Taxischen Post im Gebrauche war —, oder ein Jagdhorn anders, als die Nach- 
ahmung des gewundenen Ganges einer Muschel trompete, — des Schneckenhauses des 
Tritonium tritonis — , was ist ein Theelöffel anglers als eine Asaphis ^) mit einem Griff; 
was ist ein silbernes Theesieb, ein Zuckersieb oft anders, als die Nachbildung einer 
Muschel mit regelmässiger Schale; auch der Bowlen-Schöpflöffel hat vielfach die Form einer 
Tridacna. Die bei den Eingebornen vielfach als Bohrer verwendete Muschel, — ^Fad" —, 
hat in einem hölzernen Instrumente Nachahmung gefunden, welches auf Schiffen bei der 
Operation des Zusammenspleissens von Tauenden Verwendung findet und „Spieker" 
genannt wird. 

Die Zähnung einer Säge gleicht der Nachahmung einer als Säge benutzten Muschel, 
Area und Asaphis. 

Muscheln dienen als Teller für „Ragout fin" auf der Tafel reicher Leute, in deren 
Rauchzimmer Muscheln mit oder ohne metallenem Fuss als Aschbecher sich finden, und 
in den Kirchen sind Muscheln als Weihwasserbehälter aufgestellt. 

Alle diese Verwendungsarten der Muscheln sind auch den Naturvölkern bekannt und 
von den ehemaligen Naturvölkern, theils in ihren Kulturzustand mit übernommen, theils 
erst später den Naturvölkern entlehnt werden. 

Die Liste der bei den Eingebornen von Samoa verwendeten Conchylien ist sehr gross 
und von mir in sechszehnjährigem Aufenthalte in Samoa aufgestellt worden, macht aber 
in Bezug auf die zur Nahrung dienenden Conchylien noch nicht den Anspruch auf Voll- 
ständigkeit. 

Eins ist auffällig bei den Samoanern; nämlich dass verschiedene Muscheln, — drei an 
der Zahl — , bei ihnen schon seit Menschengedanken in Gebrauch sind und bei ihnen schon 
von den ersten Ansiedlern seit Menschengedanken in Gebrauch gefunden wurden, die in 
Samoa, wenn überhaupt, so doch sehr selten vorkommen. 

Dies ist die Oimla ovum (sam. Pide paipai (6) '), welche als Zierrath am Vordersteven 
der Bonito-Kanoes — (vaa-alo) — und der zweischnäbeligen Boote der Ortschaften — 
{taumtialica [taumica] der Vordersteven, dita zwei; Vorder- und Hintersteven sind nämlich 
gleich geformt) — verwendet wird, wie dies auch G.Turner in 19 years in Polynesia 



Für die Aufgabe der lateinischen Namen der Muscheln bin ich verantwortlich; dieselben sind in 
üebereinstimmung mit der von mir seiner Zeit in den Cat-alogen des Museum Godeffroy befolgten Nomen- 
clatur, auf Grund der von Herrn von Bülow eingesandten Belegexemplare festgestellt. Schmeltz. 

>) Die Zahlen sind die Nummern der Muscheln in der am Schluss folgenden* Nach Weisung. 



- 179 - 

S, 269 bezeugt; doch nennt er die Muschel Cypraea ovula; dann die Mdeagrina margarir 
tifera (18) — die Perlmuschel — (sam. Tifa) — aus welcher der Schaft der Bonito- 
Fischhaken verfertigt wird (G. Turner, S. 273); und drittens Nautilus pompüivs (28), — 
(sam. Fuiono) — , aus der der Kopf- (Stirn-) Schmuck der Häuptlinge (sam. Pale fuiono) , 
ein Stirnband von schwarzen Rindenstreifen der Musa uranospatha (Soä sam.), auf die 
glänzende Stücke des Nautilus mit Bastbändern von der Rinde des Pipturus propinquus 
genäht worden sind, besteht. 

Diese Muscheln wurden früher von den Tonga- und Viti-Inseln eingeführt, zu jener 
Zeit, als Europäer ihre Handelsbeziehungen bis auf alle diese »Menschenfresser-Inseln" noch 
nicht ausgedehnt hatten. 

Hieraus allein müsste man schon schliessen, — wenn man es nicht schon aus den 
Sagen- und Stammbäumen der Eingebornen wüsste, — dass der Verkehr unter diesen 
Inselvölkern schon in für sie vorgeschichtlicher Zeit, ein sehr reger gewesen ist. 

Dieser oben erwähnte und von G. Turner, S. 317 beschriebene Häuptlingskopfputz 
wird nicht im Kriege getragen, wie Turner mittheilt, sondern zu Tanz und festlichen 
Aufzügen — (sam. talolo) — angelegt (G. Turner, S. 205). 

Der Mann setzt eine Perrücke von eigenem Haare auf und bindet das mit Nautilus- 
Schalen geschmückte Stirnband über die Stirne an der Stelle, wo die Perrücke die Stirne 
berührt; sodass man nicht feststellen kann, ob das Haar der Perrücke das natürlich 
gewachsene oder das aufgebundene Haar ist. 

Die Perrücke (sam. Tuiga) besteht nämlich aus einer dichten Reihe von Haarbüscheln, 
welche auf einen Bindfaden aufgereiht und mittelst desselben um den Kopf gebunden 
werden. Je länger die Haare der Perrücken sind, je besser dieselben durch Kalk gebleicht 
und in die Höhe gerichtet sind, um so mehr entspricht die Perrücke den Schönheits- 
begrifFen der Insulaner. 

Da nun festliche Aufzüge und wilde Tänze, — die, wenn bei Tage aufgeführt, Siva^ 
bei Nacht aufgeführt aber Poula genannt werden — , den Kriegen voranzugehen pflegen , 
so ist man zu dem falschen Glauben gelangt, dass die Häuptlinge mit diesem Schmucke 
in das Gefecht gingen (G. Turner, S. 317). 

Dem ist aber nicht so, wenigstens jetzt nicht mehr. 

Die Samoauischen Häuptlinge sind auch darin manchen Häuptlingen civiüsierterer 
Völker ähnlich, dass sie als Drohnen in des Wortes verwegenster Bedeutung, dem Volke 
ausser aller anderen Arbeit auch die Vertheidigung ihrer höchsteigenen Sicherheit über- 
lassen, vom Kampfgewühle aber sich möglichst weit entfernt halten. 

Seit der Einfuhr von Feuerwaffen ist es in Samoa üblich geworden, für die höchsten 
Häuptlinge hinter der Gefechtslinie Gruben zu graben, in denen sie sich während des 
Gefechtes aufhalten. — Auch auf europäische Anführer dehnten die Eingeboi'enen diese 
Gepflogenheit aus. 

Doch es soll hiermit nicht angedeutet werden, dass es unter den hohen Häuptlingen 
Samoas nicht auch recht tapfern Leute gäbe. Die Namen Suatele z. B. und Tamasese le 
Alofi, welch letzteren besonders Otto Ehlers in seinem liebenswürdigen Buche, 
„Samoa, die Perle der Süd see", als tapfern Mann rühmt, haben auch in Samoa 
unter Weissen, wie Eingebornen einen guten Klang. 

Pu — Trompete — nennen die Eingebornen Tritonium tritonis (1), die Trompeten- 
muschel und benutzen sie auch in der dem Namen entsprechenden Weise. 



- 180 - 

Ebenso auch wird palaau (27) als Trompete benutzt und mitunter auch „Pw" benannt 
(Cassis comuta). 

Zum Fange des Tintenfisches (Octopics macropus oder indicus?)^ samoanisch Fee^ bedient 
sich der Eingeborne der PiUe (3), Gypraea Arabica^ und nur in Ermangelung einer solchen 
der C. tigris, ebenfalls einer Porcellanschnecke derselben Gattung, deren es mehrere Andere 
in Samoa giebt, die aber lediglich als Nahrung dienen (4 und 5). 

Der Apparat, der mit Benutzung dieser Muscheln zum Tintenfischfange dient, ist von 
Dr. J. D. E. ScHMELTz bereits beschrieben, auch die Sage, welche mit der Konstruktion 
des Apparates verknüpft ist, ist von ihm erzählt (S. 18 und 19 der citierten Schrift). 

Dass der Tintenfisch dem Glauben der Eingebornen nach einst auf dem Lande lebte, 
geht auch aus 0. Stüebels, „Samoanischen Texten" hervor. Auch auf dem Lande 
dachte man sich ihn in einer Höhle wohnend, die er nur verliess, um auf Nahrungssuche 
auszugehen. Auch sonst schrieb man ihm noch übernatürliche Kräfte zu , wie z. B. der 
Kampf des „Fee'' (Octopiis) mit dem Gott des unterirdischen Feuers, Mapuie (bei anderen 
Südseevölkern contrahirt in Maui) beweist. Er ist demnach das Sinnbild der Urkraft. 

Auch hier habe ich wiederum darauf hinzuweisen, dass der pyramidale Stein, welcher 
zu diesem Apparate verwendet wird, sich nicht in Samoa findet, sondern von den Tonga- 
Inseln eingeführt werden muss. — Der Tintenfischfang ist ebenfalls nicht etwa eine erst 
neuerdings erlernte Kunst; dieselbe wurde vielmehr schon, lange ehe Europäer diese 
Inseln besuchten geübt. — Der Verwendung von Ovula ovum (6) habe ich bereits eingangs 
erwähnt. 

Vielseitig ist die Verwendung der Pipi (7). — Asaphis —, einer länglichen Herzmuschel ; die 
als Nahrung — und , zuweilen Kindern und Kranken als Löffel , dient und auch als Schaber 
benutzt wird, um die Rinde von Oa — Bischof fia Javanica — abzukratzen, deren rother 
Saft zum Färben oder besser Bemalen der aus Baumrinde gefertigten Zeuge der Einge- 
bornen benutzt wird. Der Baum, dem diese Rinde angehört, wird bei Pratt (Grammar 
and Dictionary of the Samoan language) Broussonetia papyrifera^ bei Türneb 
(19 years in Polynesia) Mortis papyri ferus benannt, ist aber nach Dr. F. Reinecke — 
Breslau — nach einer Anmerkung zu meinem Aufsatze. „Die Samoa-Inseln und ihre ein- 
heimischen Nutzpflanzen" (Gartenflora 1896 S. 412 S.) der Pipturus incanus. 

Die Eingebornen sind jetzt schon mit Werkzeugen der Kulturvölker so gut ausge- 
rüstet, dass sie nicht mehr die gezähnten Ränder der Asaphis als Säge zu benutzen 
gezwungen sind. 

In alter Zeit dagegen bedienten sie sich hier bei der Arbeit in ihren Pflanzungen 
ausser den Händen, noch des Feuers und einiger ÄsaphisSchBien, 

Nachdem das Unkraut gejätet war, wurden die Urwaldstämme an der Wurzel mit 
Feuer getödtet und die Schlingpflanzen und stärkeres Unterholz, soweit es nicht mit der 
Wurzel ausgerissen werden konnte, mittelst der Pipi-Schalen abgesägt. Während der Mann 
arbeitete, trug er eine Pipi-Schale zwischen den Zähnen. 

Haus- und Bootzimmerer bedienten sich neben der Steinaxt der Pipi-Schalen um die 
Enden der Hölzer in bestimmte Form zu bringen. Das Abstammen der Bäume geschah 
wohl mit Feuer und Steinaxt. 

In ähnhcher Weise wurde auch Asi (9) eine Area benutzt. Hatte die Sägearbeit mit 
der dünnen Asaphis einen genügenden Einschnitt geschaffen, so wurde diese Arbeit mit 
der stärkeren Area fortgesetzt. Auch diese Muschel wird als Schaber, und zwar für die 



- 181 ~ 

Rinde (tutuga) des oben erwähnten Pipturus incanus und verschiedener wilder Ficua- und 
-4rtocarpi«- Arten verwendet. Zu diesem Zwecke wird die Muschel auf einem Wetzstein 
ifoaga) so geschliffen, dass die Zähne der Muschel durch eine grade Schneide ersetzt werden. 

Als Schaber für die Rinde des Pipturus propinquus^ deren Faser zu Netzgarn ver- 
arbeitet wird, dient eine aufgeschnittene Valufau (21) — ein Conus — und als Schaber 
für Kokosnüsse diente die Matatitai (20) — ein Spondylus — die auf einen Dreifuss 
aufgebunden wurde, den Dr. J. D. E. Schmeltz beschrieben hat. 

Jedoch soll hier nicht unerwähnt gelassen werden , dass dieses Instrument auch jetzt 
noch im Koehhause jedes Samoaners zu finden ist und dass selbst auf den Gehöften der 
Europäer das Federviehfutter mit diesem Werkzeuge bereitet wird. Die S^ondylus-Schale ist 
jetzt aber überall durch ein sägenförmig gezähntes Fass-Bandeisen ersetzt. 

Die Mageo (8) ist eine Venus ^ deren rauhe Aussenseite dazu benutzt wird, die 
fleischigen Rindentheile des Pipturus incanus^ P. propinquus und der Ficus- und Artocarpus- 
Arten, welche nach dem Schaben den Fasern noch anhaften, zu entfernen. 

Die Rinde der Frucht der Artocarpus-kxtBu wird vor dem Backen mittelst einer Sde (19), 
die als Schaber dient, entfernt. Sete heisst schneiden und auch das Messer; der 
Name deutet die einstige Verwendung dieser Muschel als Schneideinstrument an. 

Die Pole (10), Uu (11) und Tofe (12) dienen den Frauen, welche feine Matten, — 
ie toga — , aus den Blättern des Lauie^ einer Pandanus-Krt — Garludovica palmata — 
flechten, als Blattspalter. 

Die einzelnen Fäden dieser Matten sind so fein, — das Geflecht eines Panama-Hutes 
ist oft bedeutend gröber wie das der ie toga — , dass nur die dünnsten und kleinsten 
Muscheln als Blattspalter verwendet werden können. 

Ueber den Werth dieser ie toga spricht sich Arthur Baessler in seinen „Süd see- 
bilde rn" S. 16. aus; wenn es auch ein Irrthum ist, dass der Besitz feiner Matten dem 
Besitzer einen höheren Rang verleiht. Vielmehr reizt der Besitz feiner Matten die einzelnen 
Stämme, dem Eigen thümer, falls er sonst einer Häuptlingsfamilie angehört, einen Titel zu 
übertragen, wofür sie mit feinen Matten entschädigt werden. Wer also einen höheren 
Rang erhält, wird jedenfalls um seine feinen Matten erleichtert. 

Die Äliao (16) — Trochus —, die Patupatu (17) — Turbinella —, die Tifa (18) — 
Mdeagrina margarüifera — , die Matapoto (22) — Conus — , die Palaau (26) — Ptero- 
ceras — und die Faisua (29) — Tridacna — , sowie Deckel von Alüi (14) und die Puga(SO) 
werden zu Schäften von Fischhaken verarbeitet; die Tifa zu grösseren Fischhaken zum 
Fange des Thymnus pdamys^ aber auch zu kleineren solchen, alle übrigen jedoch nur 
zu Schäften kleinerer Fischhaken. 

Die Tifa kommt in Samoa nur selten vor. 

Die Patupatu hat wegen der den Twr&meZZa- Arten eigen thûm liehen gebuckelten Form 
den Streitkolben der Maori ihren Namen y^Patupatu'* geliehen. 

Schliesslich ist noch die Mapu — „Pfeife** — (24) und die Fao (25) — Terébra — 
zu erwähnen. Die erstere wird von Kindern als Pfeife benutzt und letztere ist früher von 
Samoanern als Holzbohrer verwendet worden. 

Die noch nicht erwähnten drt» Twroo- Alten (13, 14 & 15), und äieSasä — Ricinula — (23) 
sind nur als Nahrung nennenswerth. 

Von den dreissig Nummern sind OviUa ovum (6) und Nautilus pompüius (28) als 
eingeführt zu betrachten. 



- 182 - 

Die Vcdufau (21) — Conus — ist ungeniessbar und wird von den Eingebornen als 
„giftig" bezeichnet. 

Die verbleibenden siebenundzwanzig Arten sind sämmtlich essbar und dienen den 
Eingebornen als Nahrung. 

Es sei noch erwähnt, dass Turner in seinem oft citierten Buche (S. 224.) berichtet, 
dass Stücke von Muscheln und Haifischzähne als chirurgische Instrumente zum Oeffhen 
von Geschwüren benutzt worden seien. — Die Muscheln werden zwar nicht genannt, 
doch nehme ich an, dass es Stücke einer Äsaphis sind, die als Lancetten im Gebrauch 
waren. Jetzt sind Solinger und Shefflelder Stahlwaaren in Jedermanns Gebrauch. 

Als die Forscher die Urheimath der Arischen Stämme, unserer Ahnen, feststellen 
wollten, und zu diesem Zwecke die Anhaltspunkte in der Volkssage zu finden hofften, 
geriethen sie in eine Sackgasse. 

Erst als die Sprachforschung zu Hülfe genommen wurde, fanden sie (Dr. Ernst 
Krause, „Tuiskoland, der Arischen Stämme und Götter Urheimath" S. 27: Die 
Zurückbesinn ung der Sprache) dass die Urheimath der Arier im Norden Europas, also in 
Deutschland zu suchen sei. 

So ähnlich ist es mir auch mit den Muscheln ergangen : Als ich versuchte die ältesten 
Leute zu vermögen, sich zu erinnern, auf welche Weise diese oder jene Manipulation 
ausgeführt worden sei zu einer Zeit, als die „Weissen" ihre Werkzeuge noch nicht ein- 
geführt hatten, stiess ich stets auf die grösste Gleichgültigkeit und erhielt die Antwort: 

„Dessen können wir uns nicht mehr entsinnen." 

Bei dem Studium der Samoanischen Muschelnamen fand ich dann N^. 19 Sde^ d. i. 
Messer; N^ 20 Matatuai^ d. i. das eiserne Instrument welches zum Kokosnuss- 
schaben benutzt wird; N^ 21 Valufau^ d.i. valu = schaben, und fau heisst die Rinde 
von Pipturus propinquus und anderer Bäume; n^ 24 Mapu^ d. i. Pfeife und n^ 25 Fao^ 
d.i. der Nagel und der Vorbohrer. 

An der Hand dieser Uebersetzungen hatten meine an die Eingebornen gerichteten 
Fragen einen günstigeren Erfolg, den ich in nebengehender Tabelle zusammengestellt habe. 

In ähnlicher Weise musste ich verfahren um festzustellen, in welcher Weise die 
Eingebornen, ohne im Besitz eiserner Hölfsmittel zu sein, die Schäfte für ihre Fisch- 
haken herstellten. 

Jetzt, nach Einführung europäischen Handwerkszeuges ist der Hergai^g folgender: 
Aus einer Muschel wird mit einer Säge ein vierkantiges Stück in der Breite des projec- 
tirten Fischhakens herausgeschnitten. Das erlangte Stück wird auf einem glatten Steine 
oder auch wohl auf dei* Seiten wand eines gedrehten europäischen Schleifsteines so lange 
geschliffen, bis es die gewünschte Form erlangt hat und in diesen, in seinem Umfange 
fertigen Schaft werden mittelst des in der ganzen Südsee bekannten Bohrers, dem eine 
eiserne Spitze — eine Segelnadel — eingesetzt ist, die für Befestigung des Hakens 
erforderlichen Löcher gebohrt. 

Ehe man Sägen hatte, wurden mittelst einer Pipi Einritzungen in die Muschel an 
deijenigen Stelle gemacht, die den projectirten Schaft begrenzte; dann wurde mit einem 
geeigneten Steine die Muschel zertrümmert, wobei die Einritzungen es bewirkten, dass die 
Muschel ungefähr gerade an der gewünschten Stelle zerbrach. 

Das so erlangte Stück wurde dann , wie auch wohl heute noch auf einem glatten 
Steine — y^foaga'* — unter häufigem Anfeuchten in die gewünschte Form geschliffen. 



- 188 - 

Der verwendete Bohrer war ganz so, wie auch heute noch construiert; wie er in der 
Südsee, und Indien als solcher verwendet wird und wie er (nach Dr. Ernst Krause, 
S. 317 und 318) bei den Irokesen, bei den Sioux- und Dacota-Indianern, ja 
ähnlich bei den Eskimos als Feuerquirl Verwendung findet. Bei Türner, 19 years in 
Polynesia findet sich auf Seite 274 eine Abbildung. 

Auf einen Stab von hartem Holze, an dessen unterem Ende eine eiserne Spitze einge- 
setzt ist — etwa eine Segelnadel — , wird eine runde durchlochte Scheibe von schwerem 
Holze aufgeschoben. 

An dem oberen Ende dieses Stabes wird eine, an einem kleineren Stabe befestigte 
Sehne mit ihrer Mitte festgebunden und dann so um den grossen Stab gewickelt, dass bei 
dem geringsten Drucke der Hand auf den kleinen Stab, der grosse Stab mit der Scheibe 
es veranlasst, dass die Sehne sich ab und, in der entgegengesetzten Richtung, wieder um 
den Stab wickelt und der leiseste Druck der Hand fortwährend denselben Erfolg erzielt. 

So weit wäre es ja ganz schön, wenn man nur nachweisen könnte, welches Mittels 
sich die Eingebornen bedienten, um den erwünschten Erfolg zu einer Zeit zu erzielen, 
als sie Segelnadeln , die sie jetzt als Spitze des Bohrers verwenden , auf ihren Inseln noch 
nicht kannten. 

Die Eingebornen wissen über die einfachsten Dinge des täglichen Lebens aus jener 
Zeit nichts mehr zu berichten. 

Ich muss daher wieder aus der Sprache meine Kenntnisse schöpfen: 

Livaliva ist der Name jener Schwungscheibe. Jener längere Stab, in welchen die 
Segelnadel als Bohrer eingefügt wird, also der Stiel des Bohrers heisst o le au o le mata- 
vafia; die treibende Sehne heisst fau; die Segelnadel heisst matavana und das ganze 
Instrument heisst ebenso. — Fau^ Bindfaden, heisst nun aber die Rindenfaser des Pipturus 
propinquits^ die auch jetzt noch zur Herstellung jener Sehne benutzt wird. 

Vana ist ein Seeigel, ein Echinus (Acrodadia?) ^ mit langen und starken Stacheln. 

Matä a vänä heisst ein Stachel des Seeigels. Aus diesen Worten ist durch Kontraction 
ein Wort, mätävana^ geworden. 

Es scheint also, — und es ist sehr glaublich —, dass ein Stachel eines Seeigels —, ob 
es nun der eines Vana^ oder des iwa, oder des Savai^ oder des Vatue^ oder des Alamea 
war , denn dies sind die fünf hier vorkommenden Echinus- Arten , lasse ich unentschieden — , 
als Spitze des Bohrinstrumentes benutzt wurde. 

Dieses Instrument hat den Eingebornen die Veranlassung zu einem Sprichworte 
gegeben, welches so lautet: 

E tenetene pua le livaliva. 

A e sagasaga ai le mâtâvâna , d. i. Sorglos tanzt das (Livaliva) Schwungrad , während 
der Bohrer sich ruhig tiefer frisst. 

Dass will sagen, dass der Eine tanzt und springt und sich mit unnützen Dingen 
beschäftigt, während ein Anderer durch stetige Arbeit sein Ziel erreicht, — und es charak- 
terisiert so recht das Verhältnis der Thätigkeit der Naturvölker zu der der Kulturvölker. 

Schliesslich weise ich noch darauf hin, dass die Beschreibung des Lebens der Natur- 
völker auch in seinen nichtigsten und scheinbar unwichtigsten Beziehungen ein für die 
Völkerkunde erspriessliches Resultat liefert , muss aber für die Schwächen des Vorstehenden 
um so mehr um Nachsicht bitten, als ich weder Ethnologe noch Conchyliologe bin. 

Vivat sequens — besonders wenn er mich berichtigt. 



-. 184 - 



NACHWEISÜNG der im Leben der Eingebornen von Samoa zur Verwendung gelangenden Muscheln. 



»3ê 



VERWENDUNÖSART. 



Samoanischer 

Name 
der Muscheln. 



Lateinischer 

Name 
der Muscheln. 



1. 


Pw . . . . 


2. 


JPute . . . . 


3. 


» .... 


4. 


tt . . . • 


5. 


» .... 


6. 


PuU paipai . 


7. 


Pipi .... 


8. 


Mageo . . . 


9. 


Asi .... 


10. 


Fole .... 


11. 


Uu . . . , 


12. 


Tofe .... 


13. 


Alüi, . . . 


14. 


Alüi .... 


16. 


Aim moana . 


16. 


Aliao . . . 


17. 


Patupatu . . 


18. 


Tifa. . . . 


19. 


Sele . . , . 


20. 


McUatuai . . 


21. 


Valufau . . 


22. 


Matapoto . . 


23. 


Sasä .... 


24. 


Mapu . . . 


26. 


JF'ao .... 


26. 


Palaau . . . 


27. 


Palaau, „Pu". 


28. 


Fuiono . . . 


29. 


Faisua . . . 


30. 


Puja. , . . 



Trüonium tritonis L 

Cypraea tigris L. 

C. Arabica L, . . 

C. Mauritiana L. 

C. Isabella L. ») . 

Ovula ovum L. . 

Asaphis deflorata L 

Venus purpera L, 

Area scapha Gh.. 

Pinna saccata L.? 

Modiola plumescens 
Dkr 

Perna costellatus Conb 

Turbo argyrosto- 
mu8 X. . . . 

Turbo margarita- 
ceus L 

Turbo petholatus L. » 

Trochus nüoticus L 

Turbinella cerami- 
ca L 

Meleagrina margari- 
tifera X. . . . 

Dolium per dix L. 

Spondylu sducalis Ch 

Conus textile X., éh 
C. geographus L. 

Conus jniles L. . 

Ricinula hystrix L. 

Jopas Francolinus 
Brug 

Leuœzonia smarag 
dula X. . . . 

Terebra subulata L. 

Pteroceras radix bry- 

oniae Ch. . . . 

Pteroc. chiragra^ L 

Strombus Imtigino- 

sus L 

Cassis comuta L. 

Nautilus pompiliusL 

Tridacna, . . . 

Magüus antiquus. 






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1 



1 
1 



1 
1 



1 



1 



1 



• . * • 



Aus Viti 
und Tonga ein- 
geführt. 



Mit weissem 
Operculum. 

Mit farbigem 
Operculum. 

...Mit emaillier- 
tem Operculum. 



In Samoa sehr 
selten. 



Weil „giftig", 
nicht essbar. 



1 



Aus Viti 

und Tonga ein- 
geführt. 



») In den Belegen fanden sich auch 0. lynx L., erosa L, und caput serpentis L. (Schmbltz). 
«) In den Belegen fand sich auch T, chrysostomus L, (Schmeltz). 



- 185 - 



X. DIE NAHRUKGSQUELLEN DEB SAHOANER. 

Man kann sich kaum ein Volk denken, welches in Bezug auf Qualität der Speisen 
genügsamer wäre — d. h. wenn es die Verhältnisse verlangen — wie die Samoaner. — 
Obgleich ihre Heimath mit einer grossen Auswahl von essbaren Erzeugnissen gesegnet ist, 
begnügen sie sich aus Bequemlichkeit — alias Trägheit — oft mit einer Nahrung, mit der 
ein Europäer glauben würde nicht bestehen zu können. Was daher ihrer Ernährung an 
Qualität abgeht, bringen sie naturgemäss durch die Quantität wieder ein; denn sonst 
könnten diese gross gewachsenen Leute, die durchschnittlich über mittelgross und gut 
gebaut sind, dabei auch wohlgenährt aussehen, oft von ihrer Nahrung nicht leben. — Die 
Arbeitskraft, die sie verwenden, um ihre Lebensmittel zu erlangen ist sehr gering, wenn 
man nicht die Schwere der Traglasten, die jeder am Freitagabend aus dem Walde heim- 
bringt und welche die Nahrung der Familie vom Sonnabendmorgen bis Montagabend ent- 
halten , als eine bedeutende Arbeitsleistung auffässt. — Dies ist es nämlich nicht für einen 
Samoaner, der von Kindesbeinen an gewöhnt ist, schwere Lasten zur Befriedigung der 
Nahrungsbedürfnisse seiner Familienangehörigen aus dem Walde heranzuschleppen. — 

Mit den pflanzlichen Nahrungsquellen beginnend ist vor Allem der Taro — talo der Ein- 
gebornen — Ärum esculentum — zu erwähnen, von welchem sehr viele Arten und Spiel- 
arten — (Taro variirt sehr leicht bei wiederholter Anpflanzung derselben Art auf dem- 
selben Lande) — bekannt sind, von denen jetzt, — doch ist dies ganz Geschmacks- und 
Modesache —, der tcUo manua^ eine von der Insel Manua propagirte Spielart, die beliebteste 
ist. — Taro vertritt bei den Südsee-Insulanern das, was bei meinen Pommerschen Lands- 
leuten die Kartoffel ist. Sie können nöthigenfalls ganz davon leben. — In Samoa bekannte 
Taro- Arten und Spielarten, die sich alle durch Farbe der Blätter, der Blattstengel, der 
Wurzelstöcke, und des Wurzelhalses und Wurzelfleisches, oder durch Form der Blätter 
und oft auch der Wurzelstöcke und verschiedene Zeichnungen am Zusammenlauf der 
Blattrippen und zwischen den Blattrippen mehr oder weniger unterscheiden, sind folgende: 

Talouli hat schwarze Blattstengel, Talofiti hat gelblich graues Wurzelfleisch, Talo- 
mamia hat gräulichweisses Wurzelfleisch und starken Wuchs, SugcUe hat bunt geßlrbte 
Blattstengel, röthliche Haut des Wurzelstockes und blutroth gefärbten Wurzelhals, Ptda 
mit goldgelbem Wurzelfleisch hat viele Unterarten: Pulaau, Pulau^ Pulauli^ Pulausolega^ 
Pviafdo^ Pulafui^ Pulalupe^ Pulamamm^ Pulanefu^ Pulasina; sehr geschätzt ist Magauli^ 
Magauliputôy MagaiUitalamoU ; verästelten Wurzelstock und sehr guten Geschmack haben 
Magasiva^ Magasiva vHi und Magasiva nonu; geschätzt wird auch Magaloso wie Tuitalo. 
Talo papalagi — „Taro der Fremden" — wird von Eingebornen nicht gegessen; er treibt 
viele Wurzelknollen, die wie Kartofieln schmecken; die alten Knollen sind wässerig. Die 
Blätter liefern einen sehr guten Ersatz für Kohl, ferner ist diese Pflanze als Zierpflanze 
geeignet; nur als Nothbehelf wird Sasavii^ ferner Sasauli faamai^ Sasaulisina^ Palamanu^ 
Faadeele und Levela genossen; gute Arten sind dagegen Sugale^ Sugale ulu, Aalii; die von 
Niué eingeführten Talo niué^ Talo niué titsituM^ Talo niué uli^ Talo niué samasama („bunter, 
schwarzer, gelber Niuétaro"); von Futuna ist Talo futuna eingeführt; aus dem Dorfe 
Fagaloa im Atua-Districte stammt Talo fagaloa; schliesslich sind noch Seesee ^ Matalë, Talo 
sina mit weissem Wurzelfleisch und hellgrünen Blättern, Pueutu^ Ooa und Ooa sasau zu 
nennen. — Dieses sind die Namen, welche Tarospielarten bezeichnen, wie sie die Einge- 

I. A. f E. XIII. 24 



- 186 - 

bornen geflinden zu haben glauben. Ob wissenschaftlich dieselben als Arten oder als Spiel- 
arten oder gar als geringfügige Variationen zu betrachten sind, kann nur die Forschung 
von Fachleuten entscheiden. Bei solcher Gelegenheit dürfte sich dieses Verzeichnis dann 
auch vergrössern. — Auch in Bezug auf den Nährwerth der verschiedenen Arten ist noch 
nichts festgestellt. Doch scheint es sicher, dass sowohl die Arum- Arten wie die Collo- 
cosio- Arten einen bedeutenden Procentsatz Stärkemehl enthalten. — Falls der Taro aufge- 
zehrt oder noch nicht ausgewachsen ist, falls er also geschont werden soll, wird er durch 
Arten von Taamü {CoUocasia indica und C. costata) ersetzt: Laufola^ Lauoo^ Äpegataia^ 
Ape magauli und die minderwerthige Fiasega; eine sechste Art ist erst kürzlich aufgetaucht, 
daher noch nicht gegessen worden, eignet sich aber sehr als Zierpflanze und eine siebente, 
Faga^ soll giftig sein. — Erst wenn auch Taamü nicht vorhanden ist, greift der Einge- 
borne zum PtUä {Caladium). 

Im Monat Juli beginnen die Yam -- Ufi — (Dioscoreä)^ die etwa im Monat October 
gepflanzt worden sind, zu reifen. In dieser Zeit schont man den Taro und lebt von Yam 
(D. sativa , D, pentaphyüa , D. batatas und viele andere). — Doch , da die Samoaner sehr 
träge, das Yampflanzen aber, — vorausgesetzt, dass es gut ausgeführt wird, und dies 
muss geschehen wenn es einträglich sein soll, — eine recht mühsame Arbeit ist, so 
pflegt der Yamvorrath nur einige Wochen vorzuhalten und es ist dann nöthig wieder 
zum Taro zurückzugreifen. — Die Eingebornen kennen viele Arten des Yam: Ufi ula^ U. 
Samoa ^ TJ. masoä hat gelbes Wurzelfleisch, U, poa^ U, pula^ U. sina^ U. tau^ ü. toga^ 
U. vao^ U. soi, Fatasoa^ Ufi lei mit den Unterarten: U, lei afa^ ü. Ui lüa^ U. lei ulu^ 
TJ. lei sê^ U.taga^ von der Insel Tan na durch Missionare eingeführt, ebenso von Va te, aus 
den Neu-Hebriden , Lena^ üfluago^ Tamlua^o (drei wilde Yam), U.asoaso^ U.asoaso viumoa^ 
Aveave^ Paiai. — Ob einige Unterarten der Ufi lei nicht zu den Ipomaeae gehören, ist 
wohl noch nicht festgestellt. Die Soi, D. daemonum{?)^ ist giftig. — Die Brodfrucht, Ulu^ 
Artocarpics incisa und A. integrifolia ^ deren es viele Spielarten giebt, die gich durch Vari- 
iren fast jährlich vermehren, trägt drei bis vier Mal jährlich, je nach der Lage des Landes, 
und liefert sehr verschiedene Ernten, je nach der Intensivität der feuchten Niederschläge 
der Luft. Sie ist ein echter Lückenbüsser. — Wenn Taro oder Yam geschont werden 
sollen, wenn Besuch im Orte ist und grosse Quantitäten an Feldfrüchten herbeigeschafft 
werden müssen, wenn schnell grosse Mengen Nahrungsmittel zubereitet werden sollen, so 
pflückt man die Brodfrüchte von den Bäumen, die neben dem Hause stehen, deren Aeste 
vielleicht grade über das Haus ragen. — Eine halbe Brodfrucht genügt einem Europäer 
vollkommen als Zubrod zu seiner Mahlzeit; für einen Eingebornen muss man zwei bis 
drei Brodfrüchte für eine Mahlzeit rechnen. Die bekanntesten hiesigen Brodfruchtarten sind 
folgende: Der Ulu puö — A. incisa — gilt als der ursprüngliche einheimische Brodfrucht- 
baum; U. uea soll von den Wallis-Inseln stammen, die minderwerthige^) U. maa^ dann 
U. fau^ U, faafiapuö^ U. avdoloa (syn. U. avetetde)^ U. moamocUega^ U. moamoamaga^ 
U. se, U. sina^ U. gutufagu^ U. mafala^ U. peti sollen Varietäten der ersten beiden 
sein. U. mamui stammt von der Insel Manua und Vasivasi kommt auf der Insel 
Tutuila vor. Der U. maopo dürfte der einzige „ganzrandige" {integrifolia) Brodfruchtbaum 
in Samoa sein — abgesehen von dem eingeführten „Jack tree". 



*) 0. Stuebel, Sam. Texte, S. 143. Anm., behauptet U. maa sei besonders gute Brodfrucht. Dagegen 
siehe Pratt: Dictionary! 



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Die Brodfrucht verschuldet es, nach meiner Ansicht, dass die Samoaner so träge sind. 
Der diese Früchte tragende Baum, wächst nämlich in Samoa überall. — Neben den 
Häusern, an der Dorfstrasse, auf dem Versammlungsplatze, neben den Gräbern, überall 
ist er nicht gepflanzt, sondern ohne menschliches Zuthun aufgeschossen. — Einige Brod- 
fruchtarten wachsen, da sie wie die Bananen durch Kultur die Fähigkeit verloren haben 
Samen zu producieren, nicht aus Samen sondern aus Wurzelschossen. Die Eingebornen 
behaupten sogar, dass Brodfrucht nie aus Samen wachse. Vom Gegentheile kann man 
sich aber täghch überzeugen. — Wird ein Stück Land geklärt, wird eine Taropflanzung 
angelegt, überall schiessen junge Brodfrucht wurzel triebe auf, von Brodfruchtbäumen, die 
vielleicht vor vielen hundert Jahren von den Eingebornen dort kultivirt Und, nach 
Aussterben von Generationen vom Urwalde überwuchert wurden und nun ein zwerghaftes, 
verkrüppeltes, verkümmertes Dasein führen, bis abermals der Urwald gelichtet wird und 
Licht und Luft ein üppiges Wachsthum gestatten. 

Dass die Samoa-Inseln einst sehr bevölkert waren, beweisen die vielen Hausplätze, 
Steinpflasterungen und Steinanschüttungen, welche sich im Urwalde vorfinden. — So sind 
die Inseln eigentlich grosse Brodfruchthaine, die Jahr um Jahr, drei bis vier Mal jährlich, 
mühelos für die anspruchslosen Bewohner ihre Fruchtspende liefern. — Wer sollte es 
unter diesen Umständen den „Wilden" verdenken, dass sie träge sind. 

Aehnlich verhält es sich mit dem Masoä^ dem Pfeilwurz — Tacca pinnatifida und 
dem werth volleren , weil fruchtbareren Masoä fanau — Marantha arundinacea ^ welch 
letzterer zwischen den Dörfern Sasina und Aopo , auf der Insel Savaii und auf den , nur 
sogenannten, Wüstenstrecken zwischen den Dörfern Safotu und Matautu, bis an den Grat 
des Tuasivi, die Hauptbodenbedeckung bildet — auf dem „Toafa". Auch sie schiessen 
beide alljährlich aus Samen oder in der Erde gebliebenen Wurzelstöcken auf, werden in 
den Monaten August und September ausgegraben und zu Stärke verarbeitet. — Dass die 
Pfeilwurz {Tacca pinnatifida) in Blatt- und Blüthenstengel die bekannte Tacca-Faser liefert, 
die hier, wie Coir und viele andere Faserstoffe, unbenutzt bleibt, lasse ich unberücksich- 
tigt. — Neuerdings, d. h. seit etwa 65 Jahren — seit Missionare in Samoa „arbeiten" — 
Uefert auch der siebenblätterige Manihot {Manihot utüissima) und der später eingeführte 
M. Äipi^ die von den Eingebornen Ufi laau genannt werden, ein ähnliches Stärkemehl. — 
Die Umala^ auf anderen Südseeinseln Umara^ Kumara^ Kumala und Kamote genannten 
süssen Kartoffeln oder Bataten, Ipomaea batatas^ deren es hier rothe und weisse, runde 
und längliche Spielarten zu geben scheint, lieben die Samoaner zwar nicht, pflanzen sie 
aber, falls Hungersnoth im Anzüge ist, wegen ihres schnellen Wachsthumes und geniessen 
sie dann auch. — Die Bananen, deren ursprünglich wohl eigentlich nur drei Arten {oder 
vier?) oder Spielarten in Samoa vorkamen, sind jetzt durch unausgesetzte Einfuhr neuer 
Arten und durch Variirung und Entartung auf wenigstens 25 Spielarten und Arten ange- 
wachsen, deren Stammmutter (die ungeniessbare und samenbehaftete Früchte trägt) 
wohl die Taemanu — Musa sapientum ist. 0. Stuebel, Samoan. Texte S. 143, bezeichnet 
diese Banane und den Laufao^ Hdiconia Bihai^ als „besonders gute, im Busche wach- 
sende Sorten". Tae manu = Unrath der Vögel ! Die Vögel fressen den Samen und streuen 
ihn im Walde aus, wodurch sie dafür Sorge tragen, dass diese sonst werthlose Pflanze 
nicht ausstirbt. 

Es giebt hier drei Bananenarten, welche im Gegensatz zu den übrigen Arten und 
Spielarten nicht traubenartig hängende sondern aufrecht stehende Früchte tragen. Es sind 



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dies die Bergbanane — Soa (Mvsa uranospatka) mit der Spielart Socm und die Puputa und 
Sulasula {Musa troglodytarum) ^ welch letztere auch FaafiapuptUa genannt wird. — Auf 
diese Bananenarten bezieht sich die Sage von dem Kriege zwischen den Bananenarten, 
welche Türner in „Nineteen years in Polynesia" S. 251 — 252 erzählt. — Ausser 
den genannten Bananenarten kennt und benennt der Samoaner auch die folgenden: Fai 
toga^ Äunudie^ Mageo^ PiUu^ Tapua^ Pâpâ^ Tapuamüi^ Faiöta^ Usi^ Usiulu^ UsitiùaniUy 
Usüogaj Laitaviam^ Fuatautau^ Saume ^ Mamae^ Mamae ula^ Mamae si^ Mamae uLu^ 
Puatado^ Masoli^ Malafatu^ Masoli ula^ Masoli sina^ Faisuisega; Fai sini wird von Ein- 
gebornen so benannt, weil diese sich vorstellen, dass diese Art von Sidney aus eingeführt 
sei; Fai misi Lute ist durch den jetzt verstorbenen Leiter der Firma H. M. Rüge und (?*. 
eingeführt , Fai papaHagi fuamaulalo („die niedrige Banane") = Musa sinensis , Fai papalagi 
fuamaudluga („die hochstämmige Banane") -- M. Gavendishii — und die Fai papalagi logcUua 
(„die mittelhochstämmige Banane der Fremden") M. paradisiaca. — Auch die Bananen 
werden nur gepflanzt, nicht weiter — wie in der Pflanzung der Weissen — bearbeitet 
und tragen viele Jahre unausgesetzt die grossen , traubenartig geordneten Fruchtbündel , die 
in reifem Zustande ein herrliches Tafelobst, aber in unreifem Zustande einen vollständigen 
Ersatz für Kartoffeln bieten. — Auch das Solanum oleraceum muss hier erwähnt werden, 
weil dessen Blätter einen guten Ersatz für Taroblätter und wie diese für Kohl bilden. — 
Früchte liefern der Spondias dxücis — Fi-Baum , die Eugenia Malaccensis — der Malayapfel- 
baum, dessen Arten nonufiafia (die rothe Früchte trägt) und nonuui (die weisse Früchte 
trägt) genannt werden, ferner die Änanasa sativa^ ^.jproZz/era und eine noch nicht bestimmte 
riesenhafte Art — fala genannt, und der Garica papaya oder Mameiapfel — Esi, — 
Die Wurzel des Ti, einer Dracaena — Cordylina terminalis liefert ein nahrhaftes Getränk, 
welches durch den Saft des Tolo — Sacharum officinarum — Zucker — schmackhaft gemacht 
wird. Die wichtigste Nahrungsquelle der Samoaner ist jedenfalls die Kokospalme — Niu — 
Coœs nucifera. Einige Arten derselben sind: Niuafa^ Muaiava^ Niuui^ Niufetepvlu^ Niu- 
laita^ Niulea^ Niumea^ Niutetea; die Utogau trägt Früchte, deren Kern sowohl wie dessen 
Hülle — pulu — essbar sind und süss schmecken und die Sasave trägt (nach Pratt, 
Grammar and Dictionary) Früchte ohne Stengel. — Als Narcoticum dient die 
Wurzel des Kava — Piper methisticum — Ava^ von welchem es drei Arten giebt, ava lea^ 
ava laau und ava talo; der zuerst genannte ist der geschätzteste. 

Das Thierreich ist im Gegensatz zum Pflanzenreich, welches vielfach, wohl aber 
noch nicht Alles erschöpfend, durchforscht wurde, wissenschaftlich noch wenig auf seinen 
Bestand hin festgestellt. Von Säugethieren kommen nur zwei in Betracht, das Schwein 
und der fliegende Fuchs. — Die Arbeit über Samoanische Ornithologie von Dr. A. 
Kraemer habe ich mir leider noch nicht verschaffen können. — Von den Süsswasser- und 
Meeres-Thieren sucht man vergebens in Büchern die wissenschaftlichen Namen. Käfer 
sind nicht sehr zahlreich; nicht zahlreicher sind die hier nicht in Betracht kommenden 
Schmetterlinge, unter denen Nachtfalter am besten vertreten sind. — Sollten nicht auch 
diese Forschungsgebiete einem unternehmenden Gelehrten recht lohnende Ausbeute liefern ? — 

Schweine, — puaa — die hier seit langer Zeit als Hausthiere gehalten werden und auch 
im Urwalde verwildert leben, werden von jeder Samoanischen Familie in grossem Umfange 
gezüchtet, mit Kokosnüssen gemästet und dienen zur Bewirthung von Gästen und zur 
Verherrlichung von Festen. Nur wenige Eingeborne haben Voraussicht genug Schweine 
zum Verkauf zu züchten. Für sich selbst und seine Familie schlachtet der Samoaner, 



- 189 -- 

durch Ortgesetze — ok siïo le lafo — verhindert, nie ein Schwein. — Das Huhn — moa — , 
das seit unbekannten Zeiten in Samoa zahm und verwildert lebt, dient als Handelsartikel, 
als Bezahlung der von Missionaren verzapften „Arzneien", als Krankenkost und zur 
Bewirthung von Gasten. Nur selten ist der Eingebome in der Lage für sich selbst und 
seine Familie ein Huhn schlachten zu können. 

Dass Hühner in der Wildnis die Farbe ihrer Stammeltern wieder annehmen ist schon 
oft behauptet worden. Interessant dürfte es daher sein< dass die hiesigen Wildhühner 
fast sämmtlich die Farbe und Gestalt des zahmen BanMva mit grossem Kamme haben, 
eine Form, die unter den hiesigen Haushühnem selten ist. Noch ein weiterer kleiner 
Schritt rückwärts führt zum Gallus Bankiva Temminck, mit kleinem Kamme, dem Urahn. 
Die Wildhühner werden in primitiven Klappfallen lebend gefangen, sind als Speise aber 
ebenso zähe und trocken, wie Battus peäoralis — Vea — der ausserdem auch in Farbe 
und Lebensgewohnheit seinem heimischen Vetter „Wachtelkönig" sehr gleicht. Vielen 
gegentheiligen Behauptungen gegenüber theile ich mit, dass es Wachteln (Goturnix) in 
Samoa nicht giebt (! Richard Oberlaender, Océanien). — Auch die beiden Arten Manu- 
alii — , Porphyrio Samoensis und der von Kubary festgestellte Pareudiastes pacificus — , 
werden gelegentlich gegessen. — Wilder Tauben giebt es hier verschiedene Arten: Die 
grösste von Allen, — Lupe — Garpophaga pacifica — ähnelt in der Farbe unsern 
deutschen Holztauben, hat aber einen stärkeren Schnabel und, je nach Alt-er, einen grösseren 
oder kleineren Nasenhöcker, etwa wie die Columba dimacha Birmingliamensis ; sie ist eine 
der grössten Tauben und nährt sich von Atone — Muskatnuss — (Myristica) ^ von Samen 
des Mosooi — Cananga odorata — , der Maota — Dysoxyhn , des Tavai — Rhus Taitensis — 
und anderer Waldbäume; alles Früchte, die viele ölige und ätherische Bestandtheile ent- 
halten und daher den Fettansatz der Taube in unglaublicher Weise fördern. Mitunter 
sollen auch sehr vereinzelte weisse Exemplare vorkommen, die doch wohl auf Rechnung 
des Leudsmus zu stellen sind. — Die Columba ca^taniceps — Fiaui — ist eine schwarze 
Taube; sie ähnelt in Form und Grösse unseren Feld tauben. — Ausserdem giebt es noch 
einige kleinere taubenähriliche Arten: Den Manutagi — Ptüinopus fasciatus^ aus dem wohl 
durch Leudsmus der Manumä — Ptüinopus Perousei entstanden ist, den Tu tautifa — 
PJüegoenas Stairi — mit seinem Weibchen „Tu aimeo** d. i. „die futterneidische" und 
schliesslich der merkwürdigste von Allen der Manumea — Didunculus strigirostris. — 
Auch Holzwürmer, die Larven, Äfato^ eines grossen Käfers, Aviivii^ zur Klasse der Cteraw- 
bydden^) gehörig, sind für die Eingebornen ein Leckerbissen; ihm beabsichtige ich einen 
besonderen Artikel zu widmen. Auch einer grossen Landkrabbe — Du — Birgus latro^ 
wird eifrig nachgestellt; man sagt ihr nach, dass sie die Kokosnüsse selbst von Baume 
pflücke und selbst öffne, um den süssen Inhalt zu verzehren. Sie kommt auf allen Samoa- 
Inseln vor und scheint sogar auf allen Südseeinseln, soweit das Klima (Temperatur) es gestattet, 
heimisch zu sein. Die kleinen Paflruri^-Krebse werden ebenfalls gegessen, aber noch öfter 
als Lockspeise für Fische beim Angeln benutzt. Es giebt etwa vier streng getrennte Arten der- 
selben — üga. — Der fliegende Fuchs — der nach Pratt's Dictionary, welches Werk 
bis jetzt noch immer — nicht zur Ehre Deutscher Regsamkeit, bei allen linguis- 
tischen, botanischen und zoologischen Fragen der einzige authentische 
Rathgeber ist — in drei Ai1;en vorkommt — Pteropus Keraudrenii^ Pt. Samoensis^ 



*) Ergotes sp.? (Schmbltz). 



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Pt. Whitmeei — liefert einen sehr schmackhaften Braten, den hypercivilisierte Europäer 
allerdings, vielleicht weil er von einem einheimischen Thiere kommt und von den 
Eingebornen geschätzt wird, sich scheuen zu versuchen. Wenn gut enthäutet und scharf 
gebraten verschwindet der Pea, d.i. der Geruch. — Von einigen Eingebornen — Sippen — 
Stämme kann man nicht sagen, denn alle Polynesier bilden ein Volk, alle Samoaner 
einen Stamm — werden auch die Schlangen — gata — als Speise geschätzt. — Die 
Samoaner unterscheiden die gata üli (schwarz) und die gata ula (roth), die wohl beide zu 
einer Gattung — Boa — und Art ') gehören , und einmal das Thier in der alten Haut und 
ein zweites Mal in der neuen, nach der Häutung bezeichnen. Ferner giebt es eine grüne 
Baumschlange, deren Name nicht bekannt ist und eine gelblich graue Landschlange — 
Sulusululatoi — , deren Biss aber nicht wie der der vorigen giftig ist (Pratt). Zu diesen 
kommen noch zwei Seeschlangen, Mootai syn. Galio — Pelumis bicolor — und die Solo- 
(üocüo^)^ die noch nicht bestimmt ist. — Da ich in 17 Jahren nicht von deren Giftigkeit 
gehört habe , zweifele ich daran. — Während wilde Schweine mit Hunden gehetzt werden , 
werden wilde Tauben im Netze im Fluge gefangen, ein Sport welcher Seuga lupe heisst. 

Das Walddorf Aopo im District Itu o tane auf der Insel Savaii ist bis in die neueste 
Zeit hinein die Pflegerin der Fertigkeit und der Gebräuche beim Taubenfange; doch hält 
man , seit Einführung der FeuerwafiFen , die Benutzung dieser zur Ausübung der Taubenjagd 
für bequemer. — Obgleich die Samoa- Regierung die Abgabe von Schiessbedarf an Eingeborne 
verboten hat, kann man doch täglich geschossene Tauben von Eingebornen kaufen. — 
Der fliegende Fuchs — Pea — wird mit einem Dornenbündel des ^waoso-Strauches — 
Caesalpinia Banducella — , welches an die Spitze eines dünnen Bambusrohres — ofe — 
Bambusa vulgaris^ gebunden ist, gefangen. Der Jäger stellt sich unter einen Baum, von 
welchem er weiss, dass die Thiere ihn mit Vorliebe aufsuchen und fährt mit dem Bambus- 
rohre dem Fluge der schwärmenden Pea nach. Berührt auch nur ein einziger Dorn den 
Pea^ so legt er beide Flügel an den Dornbüschel an und kann sich nicht mehr befreien. — 
Ist der Baum hoch, so setzt sich der Jäger auf den Baum. Am erträgnisreichsten ist 
diese Jagd, wenn der Kapok ^ Bombax malabaricuSj in Blüthe steht, im Monat August 
und September, da die Blüthenblätter dieses Baumes den Pea anziehen. Diese Jagd heisst 
ebenfalls Seuga ^ aber zum Unterschiede von dem Seuga lupe^ das Seuga pea. — Die Zeit 
gleich nach Sonnenuntergang und ganz mondhelle Nächte sind für diese Jagd allein 
geeignet. 

Von den in Flüssen und im Meere lebenden Thieren geniessen die Samoaner alle, 
mit Ausnahme derer, die sie als giftig bezeichnen. — Dies geschieht betreffs eines Meer- 
fisches — Mumea —, der wissenschaftlich noch nicht bestimmt ist; ebenso soll Pelupdu^ 
ein der Sardine ähnlicher Fisch, welcher nach der Laichzeit, wenn er von den Meeres- 
gewächsen innerhalb der Lagune, aber auch nur an gewissen Stellen, sich genährt hat, 
tödliches Gift enthalten. — Zu anderer Zeit wird er jedoch ohne Schaden genossen ; wissen- 
schaftlich ist auch er, wie die Quelle seines Giftes, noch nicht festgestellt und benannt, — 
Der Haifisch — Garcharias und Mustela — , den die Eingebornen in vielen Arten kennen 
und im allgemeinen Malie, als besondere Arten aber Mago^ Moemoeao^ Tanifa^ Tanifaui^ 



Enygrus Bihronii D. & B. — Aus den dem Museum Godeffroy zugegangenen Sammlungen wurde 
uns nur diese eine Landschlange bekannt. Es wäre sehr interessant falls in der That drei solche, wie der 
Herr Verfasser angiebt, auf Samoa vorkommen. (Schmeltz). 

Platurua fassicUtis Daüd.? Schmeltz. 



- 191 - 

Tanifatea^ MataitcUiga — Sphyrna tudes — u. s. w. benennen, wird wegen seines pene- 
tranten Amoniakgeruches von den Europäern verabscheut, ist aber eine Lieblingsspeise 
der Eingebornen, obgleich es feststeht, dass bei Thieren dieser Art, wenn sie in der 
Lagune ihre Nahrung an Abfallstoffen gefunden haben , die Leber und Kiemen giftig sind. — 
Auf hoher See gefangene Haifische sind, so weit die Erfahrung der Eingebornen reicht, 
nicht giftig *) trotz gegentheiliger Behauptung der Seeleute. — Dasselbe ist mit der 
Muräne — Maoae^) — der Fall. Auch zwei Landkrabben, der Patea — Gecarcinus^) — 
und der Vaolo sind giftig und zwar zu jeder Zeit. — Ausserdem fürchten sich die 
Samoaner vor dem Genuss des Munua^ einer Phocena^ — Schweinfisch, und des Masi- 
masi^ — Ddphinus Delphi? (welche meistens nicht unterschieden werden), weil nach 
der Sage Häuptlinge von Tutuila, welche auf hoher See von einem Orkane überrascht 
wurden und ertranken, in Munua verwandelt seien. — Bestärkt wird dieser Glaube 
dadurch, dass diese Fische meistens wohlgenährt sind und dass dieselben, wenn sie spielend 
sich um die Schiffe und Boote tummeln , ächzende Laute von sich geben , wie die schwim- 
mender Menschen und dass deren Eingeweide ein ähnliches Aussehen haben sollen, wie 
die eines Menschen. — Auch eine Muschel — Valufau — *) soll giftig sein, und eine 
Echinus- Art ^ Älamea^^) wird nicht gegessen, weil die Verwundung mit ihrem Stachel 
grosse Schmerzen verursacht. Um diese zu lindern, zu heilen — fo — wird eine 
Älamta mit der Bauchseite auf die wunde Stelle gelegt — lau — damit sie die in der 
Wunde abgebrochenen Stachelspitzen aussauge. Diese Operation hat den Erfolg, dass der 
Schmerz nachlässt. Die Samoaner nennen sprichwörtlich folancUamea eine Handlung, 
welche einen verursachten Schaden durch die Ursache des Schadens wieder aufhebt. Wie 
es denn auch in der deutschen Sprache heisst: 

Auf des Hundes Biss, „Hundshaar" nicht vergiss; 
Und auf viel Wein lass Wein das beste Pflaster sein. 

Ausser den hier genannten geniessen die Samoaner alle in Seen, Flüssen und im 
Meere vorkommenden Thiere. 

In Flüssen und Seen sind es die Süsswasser-Aale , die zwar sehr dick, aber kürzer 
und weniger fett sind, wie Fische derselben, in Europa bekannten Gattung. Sie sollen in 
drei Arten vorkommen : Tuna , Tunafaüaulau , Tunagata. ®) 

Die Sesele^ gleichfalls ein Süsswasserfisch , hält sich vorzugsweise in den unterirdischen 
Bachläufen der Insel Savaii auf, gefangen wird er daher selten. Die Süsswasserkrabben — 
Ulavai"^)^ Palaemon — sind sehr geschätzt, weniger zwei Süsswasserschnecken — Sisi 
und Ugavai^). 

Alle im Meere vorkommenden Thiere, Mollusken, Crustaceen, Echinodermen und Aca- 
lephen, also mit Ausnahme von Fischen und Schildkröten, nennen die Samoaner Figota. — 
Die am meisten geschätzten Meeresthiere sind: Die Schildkröte die in zwei Arten bekannt 
ist und Laumd — Ghdonia imbricata und Gh. virgata — genannt wird ; der Atu — Bonito — 



*) Zu den nicht giftigen gehört auch der Fai—Trygon — und der Fairnrnnu—DicerohcUis — . 

') Liuranus semiànctuSj Bknn. ? (Schmeltz). ^) Sesarma? (Schmeltz). 

*) Siehe den vorstehenden Aufsatz. Valufau ist der samoanische Name für die Arten der Gattung 
Conus. Es ist seit langem bekannt dass diese Thiere, deren Zunge mit denen einer Schlange ähnlichen 
hohlen und mit einem Giftkanal in Verband stehenden Zähnen besetzt ist, durch Hervorschnellen der 
Zunge gefährliche Verwundungen der Hand erzeugen können. Schmeltz. 

*) Echinothrix Turcarum Rumph? (Schmeltz). 

«) AnguxUa Bengalensis Gray, ä. bicolor M'Clell. & A. Sidat Bleek? (Schmeltz). 

') P. ornatus Ol. (Schmeltz). ■) Jlfctonta- Arten ? (Schmeltz). 



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Thymnua pelamys^ für dessen Fang noch jetzt die durch den alten Heidencultus und den 
Glauben an den Gott Taqaloa a lagi vorgeschrieben Gebräuche in Kraft sind; der Ätule^ 
ein Südsee-Häring , der dem Häuptling Tagaloa der Dörfer Safune, Vaisala, Iva und 
Sili heilig ist, (der Häuptling ist, wie schon der Name vermuthen lässt ein Nach- 
komme Taoaloa a lagi's), der f/Zua, ein Fisch der Gattung Holocentrum ^ der in jüngerem 
Alter McUauli genannt wird. Hier ist zu erwähnen, dass Malauli und die Motow- Arten 
ganz verschiedene Fische sind. Während der Malauli zur Gattung Holocentrum gehört, 
gehört Malau mit seinen Unterarten, von denen mir 12 verschiedene bekannt sind, zu 
den Myripristis. Dieselben sind: Malau ^ Malauloa^ Maiaumatapuaa (syn. Maiaufaiumu) ^ 
Maiaumataputa {syn. Malauulu) ^ MalaupuUy Malaufala ula^ Malautala^ Malautea^ Malautui 
(syn. Malauau)^ Malauatu^ Malauo und Malauula. — Ein geschätzter Fisch ist auch der 
io, ebenso der Älogo ^) und der Fuga mit den Unterarten Fugausiy Fugafuga und Fugamea. 
Der Palaia ist zwar sehr klein, tritt aber in grossen Schwärmen auf. Schmackhaft ist 
Urne (Naseus unicornis?)^) mit seinen Unterarten Umealeva^ ümelei^ Umelolo^ Tuagau (syn. 
Umemasimasi), Der Tuuu ist ein kleiner sehr grätiger, für Kulturmenschen schwer essbarer 
Fisch mit den Abarten Tuuu sarna^ Tuuu taumatalumani, — Der Matapula ist wohl ein 
Berycide. Porte — Acanthurus — , Gatala — Serranus, sind Fische, die ein sehr wohl- 
schmeckendes Fleisch liefern; dasselbe gilt von Laotale — Äntennarius coccineus (nummifer?^ 
SoH.) — Gege^ Gaito und Gaitolama^ Saola — Pristis antiquorum — und Pttsi, die eine 
kleinere Art, oder dieselbe Art in jüngerem Alter wie der obengenannte Maoae (Muraena) 
ist. Abarten dieses letzteren sind: Pusiainga^ Pueialavaulu ^ Pusiuli^ Pusigatala^ Pusi- 
maoae j Pusisina und Pusitafailautalo. Ferner sind zu nennen der Sue — Triodon bur- 
sarius^) — der aber mitunter giftig sein soll, der Sapatü^ der dadurch mitunter dem Fischer 
gefährlich wird, dass er sich mit grosser Kraft aus dem Wasser schnellt und mit seinem 
spitzen Kopfe gegen den Körper des Menschen anspringt, wo er ein rundes Loch verur- 
sacht, wie das von einer Bûchsenkugel herrührende. Erst kürzlich starb ein hiesiger 
Eingeborner an solcher Wunde. — Der Sugala — Anabas scandens *) — der Labyrinthfisch 
ist geschätzt; von ihm unterscheiden die Eingebornen folgende Unterarten: Sugaleula^ 
Sugalefala^ Sugalegasufi^ Sugalelupe^ Sugalematapaogo , Sugalepagotä und Sugalemanutagi, — 
Ebenso hat der Sumu^ zur Gattung Balistes gehörig, eine grosse Anzahl Unterarten, die 
alle eine sehr beliebte Speise liefern: Sumu^ina^ SumufcUa^ Sumuali^ Sumulaulau^ 
Sumupae. Ferner sind zu nennen der Tautu — Diodon hystrix^ der Tifitifi^) — Chaetodon 
Pdewen8is{?)j der Filoa — Pristipoma coro (?) — , der Tauleia — Mullus surmuletusi?) ^), der Mutu — 
Chüodactylus vittatus \ der Ali — Pleuronectus \ der Ise — Belone Choram Forsk. und der 



J) Globus: „Der Sam. Heidenglaube". 1895. Bd. 68, S. 366. 

Ï) Âcanthuras lineatus L. Siehe A. Garrett's: Fische der Südsee beschrieben von Alb. C. L. G. Günther. 
(Journ. des Museum Godeffroy), Bd. I, S. 111. (Schmeltz). 

') Urne ist nach Garrett, I.e. S. 124, der Name des Naseus lituratus C. & V. auf den Sandwich-Inseln. (Schm.) 

*) Wahrscheinlich Tetrodon margaritatus Rüpp. (Schmeltz). 

') Aus den seiner Zeit dem Museum Godeffroy zugegangenen Sammlungen ist uns das Vorkommen 
dieses Fisches bei den Samoa-Inseln nicht bekannt geworden, sondern nur von Singapore. Auch eine Reihe 
der übrigen von Herrn von Bülow aufgegebenen wissenschaftlichen Namen dürften weiterer Bestätigung 
bedürftig sein. Soweit uns möglich haben wir die einheimischen mit den wissenschaftlichen Namen zu 
identificieren versucht (Schmeltz). 

«) Heniochus chrysostomus Sol. heisst nach Garrett, I.e. S. 49, auf den Gesellschafts-Inseln „Tihitihi" (Schm.) 

') Upeneus Malaharicus C. & V. ? (Schm.). 

') Wohl eher eine Art der nahestehenden Gattung Cirrhites? von der mehrere Arten bei Savaii vor- 
kommen. Chilodactylus kommt soviel uns bekannt u. A. bei den Chinchas-Inseln vor (Schm.). 

•) Rhomhoidichthys pantherinus Rüpp.? (Schm.). 



- 193 - 

Moamoa — Ostracion comutus und schliesslich der bei Europäern beliebteste und bekannteste , 
der Änae^ der MuUet der Engländer oder die Meerbarbe der Deutschen — Mtigü argenteus. — 
Es ist bis jetzt noch nicht möglich, die meisten Seethiere, die den Samoanern als Nahrung 
dienen , mit anderen als den Namen der Eingebornen aufzuführen , da die wissenschaftliche 
Klassificirung und Benennung — wie bereits erwähnt — noch nicht genügend vorgeschritten ; 
von Fischen führe ich daher nur die wichtigsten an und gebe auch nur die wenigen 
bekannten wissenschaftlichen Namen mit aller Reserve, da es ein eingehendes Fachstudium 
erfordert, um die vielen Eingebornen-Namen , die oft denselben Fisch in einem anderen 
Lebensstadium und selbst je nach dem Seegrunde, auf welchem er sich nährt, auch in 
anderem Farbenkleide bezeichnen , zu unterscheiden ; so werden z. B. die wahrscheinlich zu 
einer Gattung und Art gehörigen, oben nicht aufgeführten Usiusi^ Laea^ Solosolo ^ Galo 
oder Auüy Aualde und Anae (Mugü argenteus?) oder auch Porte ^)^ Ponepone^ Palani nur 
verschiedene Formen derselben Fische bezeichnen. 

Von den von Samoanern, wie oben erwähnt, als Figota bezeichneten Thieren, die 
übrigens Alle gegessen werden, sind die beliebtesten der Fee — Odopits*)^ einige Krebs- 
arten -- Cardnus — , der Pahlo — „Palolo viridis*^ oder y^Lysidice viridis'* oder 
„Eunice** oder „Nereis'* etc. — , welch letzterer durch sein Erscheinen das neue Jahr 
„vaipalolo'* einleitet; ferner der Lumane — Actir\ea —, eine Seeanemone, die hauptsächlich 
an der Südküste der Insel Upolu heimisch ist , der Ula — Pdlinurus ^) — der bei den Einge- 
bornen den Hummer vertritt und auch bei Europäern Anklang findet, der kleine UlaiAii — 
Caris(i)^ dem obenerwähnten Palaemon ähnlich, der Vcdo — Squilla maculata und andere. 
Ferner ist zu erwähnen der Lomu^ eine MoUuscoide —, die Echini: Savai^ Vatue, Vana^ Ina^ 
der stachellose Echinus Palutu und die bereits erwähnte Folaualamea^ die nicht essbar 
sein soll. (Die Echini ofaofa lauago und ofaofa sina sind mir an der Insel Savaii nicht 
bekannt geworden). ^ 

Schliesslich nenne ich noch die Holothurie Fugasea und deren Unterarten Loli, Fuga- 
fuga^ Fugafugauli^ Fugafugagatoe und Fugafugasina. — Die Schnecken und Muscheln sind 
sehr zahlreich : Pu — Tritonium tritonis — , fünf Gypraea- Arten , von denen Cypraea tigris 
am häufigsten ist — Pule — ; dann Ptde paipai^ Ovula ovum^ ist hier sehr selten, wes- 
halb die für den Schmuck der Kanus benutzten Muscheln von anderen Inseln eingeführt 
werden; dasselbe gilt von der Tifa — Meleagrina margaritifera — und von Fuiono — 
Nautilus pompüius. — Eine Sanguinolaria — Pipi — diente früher als Messer und Säge 
der Zimmerleute; sie hat einige Unterarten: Mageo^ Pipitu^ Pipüala^ Pae, Die Schabmuschel 
für die Rinde des Pipturus incarnes heisst Asi — Area — ; drei verschiedene Muscheln 
dienen als Schabmuschel und Blattspalter bei der Anfertigung feiner Matten, Tofe, Uu^ 
Fole; mehrere Turbo- Arien — Alüi — und — Alüi moana —, Aliao^ Patupatu^ Selefatu^ 
Matapoto (syn. Figota)^ Sasa^ Mapu^ Fao^ Palaau — Pteroceras (?) ^ die Kriegstrompete 
(Palaau (syn. Pu) — Cassis comuta — , eine kleine Tridacna — Faisua und endlich die 
Schabmuschel Matatu4ii (syn. Fatuaua) ein Spondylus. Da ich die Muscheln im vorher- 
gehenden Aufsatz getrennt behandelt habe, so konnte ich mich kurz fassen, desgleichen 
bezüglich des Palolo und des Aviivii-KSSers. 



*) Acanthurus Achillea Shaw.; Garrbtt 1. c. S. 115. (Schm.). 
*) Siehe vorstehenden Aufsatz! (Schm.). 
') Palinurus penicillatus Gray. (Schm.). 

l. A. f. E. Xni. 25 



- 194 - 

Ueber die Nahrung der Fische ist bis jetzt noch nichts bekannt. Ich lasse daher einige 
wenige Notizen folgen: 

Es nährt sich der Matade von Krabben, der Pone^ Ponepone^ Palani an Korallen; der 
Malau frisst Krebse, Krabben und Fische, der Atu lebt von Fischen, desgleichen der 
SapatU; der Mu lebt von kleinen Krabben; der Avaava frisst Unrath vom Meeresstrande, 
wenn die Fluth denselben mit sich führt ; der Ulapo und der Funa leben von Korallen und 
Meeresgewächsen. Der Bor frisst Würmer (Palolo) und Korallensand. Der Pelupdu lebt 
von Meeresgewächsen und Maoae und Pusi fressen lebende Thiere und animalische Abfälle 
jeder Art, vorzugsweise aber Fische. 

Wenn ich diese wenigen Beobachtungen hier aufführe, so thue ich es, um zu zeigen 
wie wenig erst über diesen Theil des Thierreiches bekannt ist, und ich hoffe, dass doch 
endlich ein Fachgelehrter sich die Erforschung der Zoologie der Samoa-Inseln zum Ziele 
setzea möge. 



STRAY ARTICLES FROM BENIN 

BY 

H. LING ROTH, (Halifax, England). 



Although a very large amount of the bronze and ivory work brought from Benin to 
Europe has been illustrated there remains still a considerable quantity in private hands, 
as well as in public museums, neither illustrated nor described. Nor has the find in situ 
been exhausted, so that we shall from time to time hear of more antiquities from the 
notorious city. In the meanwhile the following notes and illustrations may not be uninter- 
esting. They have been made from some articles which at one time were warehoused at 
the Army- and Navy-Stores and from others which were on exhibition at the United 
Service-Institution, London. They are now dispersed and I much regret to find I have 
not taken measurements of all. 

In Fig. 1 we have a well executed bronze statuette of a European soldier in the pose 
of firing off his flint lock gun. The details are well carried out, but in many points the 
touch of the native artist makes itself visible; thus we have the shapeless contour of the 
right arm and the little fusils which bedeck the mans thighs — a species of decoration , 
namely the dabbing of a miniature figure on to a large one , so characteristic of savage 
art. The sword or knife (fig. 2) carried by this military man, like the rest of the figure 
has every indication of having been copied from a European model and the guard much 
resembling a Toledo rapier (fig. 3) of the middle of the seventeenth century. Two very 
curious groups are depicted in figs. 4 and 5, the upper one being specially curious on 
account of the representation of women so rarely shown on any of the Benin castings or 
ivories. Fig. 6 shows a portion of the relief of fig. 5 with alternat« inverted heads. 

In fig. 7 we have depicted what may possibly be a scalespan and although this 
particular sample comes from Benin, somewhat similar work is met with up the Niger 
and far into the Sudan, so that this class of work may presumably have its origin up 
country if not on the shores of the Mediterranean , although in this particular specimen 



s 



Kl 




the various designs od the arras (fig. 8) are similar to those found on Benin work generally. 

Every arm has a different design and is about half an inch or 12 mm. wide; two of the 

arms are cracked and have been rivetted 
together by means of pieces of brass 
plate (a) and copper rivets (ft). The dia- 
meter of the pan is about 15 inches 
(38 centimetres). Fig. 9 depicts on a 
larger scale the support of another 
similar pan. It will be observed that 
the two hawkbells depending above 
the mannikins in fig. 7 are of different 
pattern from those hanging on the other 
support, the ornamentation being zigzag 
on one of the two and arched on the 
other. I have elsewhere pointed out that 
one of the dominant features of Benin 
art is its variety. 

The knife illustrated by fig. 10 is of 
unusual shape for a native made article. 
Fig. II is regularly perforated, but in 
fig. 12 the holes are placed at irregular 
intervals and are not so distinctly visible. 
The blade of fig. 11 appears to be iron , 
nickel plated and it is furnished with 
an iron ring 12 in: (30Vj cm.) diameter; 
the blade in fig. 12 is brass. The length 
of the knife fig. 10 is 31 inches (79 cm.), 
the length of the instrument fig. 11 is 
36 inches (91 cm.) and that of fig. 12, 
38'/i in: (97'/i cm.). As to these last two 
fishshaped instruments (figs. 11 and 12) 
so far no satisfactory explanation has 
been obtainable as to their use. In Warri 
it is stated they are used by the women 
at certain dances but this statement is 
doubtful ; my brother Dr. Felix N. Roth, 
who was present at the taking of King 
Nana's town in 1894, tells me a large 
quantity of these articles were then 
found ; they were mostly electro silver 
plated and bore the name of a well 
içri. known Birmingham silver plating firm. 

Kit.'. II. Fij: 12. Before long we may perhaps discover 

their uses. 



ARTIFICIAL SKIISr MARKING IN" THE 

SANDWICH-ISLANDS 



BY 



H. LING ROTH, (Halifax, England). 



The first account of tatuing by these islanders comes from the pen of Opt. King, the 
companion of their discoverer, who says: 

^The custom of tattowing the body, they have in common with the rest of the 
natives of South Sea Islands; but it is only at New Zealand and the Sandwich Islands 
that they tattow the face^). There is also this difference between the two last that, in 
the former it is done in elegant spiral volutes, and in the latter in straight lines, crossing 
each other at right angles. (Cook's 3rd Voy. Bk V. ch. VII)". Portlock (Voy. p. 77), writing 
in June 1786, says of the natives of Oahu "their faces were tattooed so as to appear quite 

black." KoTZEBUE (New Voy. II 174) speaking generally of the 
islanders says "their faces were frequently marked with lines 
crossing each other at right angles," while the guide Makoa is 
thus described by Ellis (Narrative p. 100): "His small eyes were 
ornamented with tatoued Vandyke semicircles. Two goats, im- 
pressed in the same indelible manner, stood rampant over each 
of his brows; one, like the supporter of a coat of arms, was 
fixed on each side of his nose, and two more guarded the corners 
of his mouth." 

The tatuing of the tip of the tongue of females is first men- 
tioned by King (op. cit.) and he correctly surmised that it was 
**intended as a sign of mourning on the death of a chief, or any 
other calamitous event. For we were often told, that such a 
particular was in memory of such a chief; and so of the rest." 
KoTZEBUE (New Voy. II. 174) likewise mentions of the islanders 
that "some men had their tongues tattooed." According to Ellis 
(p. 166) this badge of mourning was "assumed principally by the chiefs" and consisted of 
"a black spot or line." He thus describes the operation (pp. 169-170): "A few days after 
the interment of Queen Kamehamaru's mother-in-law I went into a house where a number 
of chiefs were assembled, for the purpose of having their tongues tataued, and the artist 
was performing this operation on Kamehamaru when I entered. He first immersed the face 
of the instrument , which was a quarter of an inch wide , and set with a number of small 
fish-bones, into the colouring matter, placed it on her tongue, and giving it a quick and 
smart stroke with a small rod in his right hand, punctured the skin, and injected the 




Fig. 1. Portrait of Makoa, 

ELLis'guide (Tour through 

Hawai). 



This statement, as we now know, is incorrect. 



199 



dye at the same time. Her tongue bled much, and a few moments after I entered, she 
made a sign for him to desist. She emptied her mouth of the blood, and then held her 
hands to it to counteract the pain. As soon as it appeared to have subsided a little, I 
remarked that I was sorry to see her following so useless a custom, and asked if it was 
not exceedingly painful? She answered. He eha nui no, he nui roa ra kuu arsha! Pain, 
great indeed; but greater my affection! After further remarks; I asked some of 
the others why they chose that method of shewing their affectionate remembrance of the dead. 
They said, Aore roa ïa e naral That will never disappear or be obliterated!" 



Pigs 2— B. From Choris' Voyage Pittoresque, Paris, fol.; 




Pig. 2. 



Fig. 3. 



Pig. 4. 



;. 2. Portrait of a chief of Hawai. 
8. Portrait of a man of Hawai; on the same plate 

men, but this man only ia tatued. 
4. Goats tatued on arm of a man (compare thia with flg. 1); basket work pattern tatued 

a man (compare this with flg. 2). 



which this appears, CaoRis has drawn many 
breast of 



According to Kins," the hands and arms of the women are also 
very neatly marked," while Kotzebue (op. cit} says "pretty drawings 
were frequently seen on the hands and arms of the women." Chobis 
{Voy. Pittoresque) sketches many women but shows no tatuing on 
them. That tatuing was not a universal institution amongst the 
. islanders is evident from the remarks of Cook, Ellis (p. 22) and 
À Chamisso (p. 251) and Chob:s, who has drawn many men not tatued, 
(p. 246), while Lord Byron (Voy. H. M. S. Blonde , Lond. 1826, p. U2) 
describes the costumes at a dance , but makes no mention of tatuing. 
Thus Cook says (bk. Ill ch. XII). "The men are frequently punctured, 
though not in any particular part as the Otaheitians or those of 
Tongatabu. Sometimes there are a few marks upon their hands or 
arms, and near the groin, but frequently we could observe none at 
all; though a few individuals had more of this sort of ornament than 
we had usually seen at other places, and ingeniously executed in a 
great variety of lines and figures, on the arms and forepart of the body; on which latter 
some of them had the figure of the taame, or breast-plate, of Otaheite, though we did 



- 200 - 

not meet with the thing itself amongst them." Ât Honuapo (Ellis, p. 192): ^A number of 
people had their lips tataued after the manner of the New Zealand tribes. There was more 
tatauing here than we had observed at any other place; but it was very rudely done, 
displaying much less taste and elegance than the figures on the bodies of either the New 
Zealanders, Tahitians, or Marquesians which are sometimes really beautiful." Portlock (p. 77) 
calls attention to the tatuing at Oahu , being totally different from that of the rest of the 
Sandwich islanders and remarks on the body being tattooed in "a variety of forms", but 
this variety of forms was evidently a characteristic of the group, which had made little 
progress in decorative art. This is shown by the accompanying illustrations and may be 
inferred from Chamisso's statement (p. 251) : "It is remarkable that this national ornament 
has borrowed foreign patterns. Goats, muskets, even letters of the alphabet, name and 
birthplace are frequently tattooed along the arm." Kotzebue (p. 245) tells us "Kahumanna, 
as well as Nomahanna has the date of Tameamea's death marked upon her arm, otherwise 
they are not tattooed, which indeed few are, and those only the most aged people." 
While however they were partial to foreign designs, if so they can be called , it is evident 
from Ellis' enumeration of the decorations on their calabashes, that their own designs were 
used as tatu marks; according to him they consisted of (p. 377) "rhomboids, stars, circles, 
or wave and straight lines in separate sections, or crossing each other at right angles, 
generally marked with a degree of accuracy and taste." Choris shows calabashes with 
men, birds and goats drawn on them. Judging them then from their tatu marks, the 
Hawaians cannot be considered decoratively artistic. 

According to King (op. cit.) "the lowest class are often tattowed, with a mark that 
distinguishes them as the property of the several chiefs, to which they belong." 

Pickering (Races of Man, Bohn Edition, p. 89, 1851) says he was informed by a 
highly intelligent Hawaiian lady: "The natives are unable to form any conjectures as to 
the origin or object of the practice of tattooing. Formerly , the body was much more covered 
with these markings than at present, one side often being completely blackened; and, to 
a certain extent, it would have been possible to designate individuals by the copy of the 
pattern. At present, letters are frequently inscribed; and I remarked, in some instances, 
the name of the individual." 

Mr. W. T. Brigham, the Director of the Bernice Pauahi Bishop Museum, 
writes me of the Hawaians: "One peculiarity was in tatuing one leg and the opposite arm. 
For instrument they used fishbones and a round stick for hammer. The dye was usually 
kukui nut or sugar cane charcoal. In modern times they used needles." 

As is fast becoming the case in the other islands of the Pacific, tatuing is now a lost 
art if it ever attained to that dignity. That it could never have played an important part 
in the life of the people would appear from the meagre references to it in the various 
accounts of the diflerent explorers who visited the islands, some of whom appear to make 
no mention of the custom as for instance Beechey and Vancouver. Hale too would pro- 
bably have told us more about it than he does (Ethnography, Philadelphia 1846, p. 40), 
had the custom been an important one. 

Mention having been made above as to the use tatuing was put to on the occasion 
of the death of a chief, the following skin deforming methods of memorialising the departed 
may not be out of place here. Thus Arch. Campbell (Voy. round the World, 8** Edinb. 
1816, p. 142) writes that during the funeral of the king's brother in 1809. "Many of them. 



- 201 - 

particularly the women disfigured themselves, by knocking out their front teeth, and 
branding their faces with red hot stones and the small end of calabashes, which they held 
burning to their faces, till a circular mark was produced." "Another method, very gene- 
rally practised by all classes on these occasions, was that of burning on their skin a large 
number of semicircles , disposed in different forms. It was not done by a heated iron , but 
having stripped the bark from a small branch of a tree, about an inch in diameter, they 
held it in the fire, till one end of the bark was perfectly ignited, and in this state applied 
it to the face or bosom, which instantly raised the skin, and after the blister had subsided, 
the scars remained a number of days. Ellis (op. cit p. 170)." 



I. NOUVELLES ET CORRESPONDANCE. - KLEINE NOTIZEN UND CORRESPONDENZ. 



L Mittheilung über Gegenstände von 
der Oster-Insel etc. Herr R. Parkinson, 
schreibt mir in einem, Ralum (Neu Britannien) den 
18 Januar 1900 datirten Brief in Veranlassung meiner, 
in diesem Archiv Bd XII pg. 151 ff. veröffentlichten, 
Mittheilung das Folgende: 

„Sie sind vollständig im Recht wenn sie den Taf. 
IV Fig. 5 abgebildeten Gegenstand als von den 
Anchorites-Inseln kommend angeben. Sie können 
sich glücklich preisen, dass Sie ein solches Exem- 
plar besitzen. Diese Gegenstände werden nicht mehr 
gemacht; es ist meiner Ansicht nach aber falsch, 
wenn man dieselben Aexte oder Axtstiele nennt. 
Ursprünghch sind wohl die Ceremonialäxte in solch- 
em Stiel befestigt gewesen, die späteren Exemplare 
zeigen jedoch keinerlei Spur von einer eventuellen 
Anbringung einer Steinklinge. Der Gegenstand wird, 
oder richtiger wurde, als Renommierstück über die 
Schulter getragen, heute ist auf den Anchorites 
auch nicht ein einziges Stück zu finden. Zweck und 
Bedeutung wird, wie so manches Andere, uns stets 
ein Räthsel bleiben. Giglioli's Axt ist ein Unicum 
aus alter Zeit, heute findet sich kein Gegenstück, 
aber es ist ein Stück, das mit dem Ihren nicht ver- 
wechselt werden kann .... Die vier Köpfe auf Ihrem 
Stück sind zu deutlich als Anchorites-Typen zu er- 
kennen. 

Ich möchte Ihnen hier noch die Mittheilung 
machen, dass die sog. Speiseschüsseln aus den An- 
chorites auch Renommierstücke sind, welche die 
jungen Männer unter dem Arme tragen oder trugen, 
denn auch diese sind verschwunden. 

Ueber Ihre Figuren 3 & 4 bin ich mir nicht ganz 
klar. Dieselben scheinen durchaus nicht Salomo- 
Insel-Figuren zu sein. Ueber die Süd-Salomonen 
bin ich zwar weniger unterrichtet, aber auch da ist 
dieser Typus niemals vorgekommen. Für den Norden 
ist er positiv als ausgeschlossen zu betrachten. Die 
I. A. f. E. XIII. 



Figuren 1 & 2 sind Oster-Insel ohne Zweifel, ich 
habe ähnliche 1878 von dort direkt erhalten, ob 
Figur 3 & 4 von dort, will ich nicht behaupten. 
Ihre Gründe scheinen mir jedoch überzeugend. 
Soviel ist gewiss, keine Salomo-Figur würde wie in 
Fig. 4 die Nackenhaare in solcher Weise zeigen; 
das ist eine in den Salomo-Inseln völlig fremde Frisur 
und deutet auf Nackenhaare, künstlich als herab- 
hängende Strähnen oder Locken frisirt, wie man 
dies bei Kindern noch heute häufig in Samoa und 
Tonga sieht!" 

Lübeck 24 Juli 1900. Dr. Karutz. 

IL Dr. R. Lehmann Nitsche's Mittheilungen 
über Lepra praecolumbiana. — In dieser Mo- 
nographie, oder wie der Autor sie nennt, diesem 
„Ensayo critico," beginnt Dr. Lehmann Nitsche mit 
dem Hinweis darauf dass Dr. Ashmead in New- York 
der erste gewesen ist, welcher die Frage der Lepra 
praecolumbiana aufgeworfen hat nach Anleitung von 
Veränderungen krankhaften Uraprungs welche an 
altperuanischen Gefässen dargestellt waren. Virchow 
fand diese Mutilationen denen der Syphilis ähnlich 
und untersuchte die Sammlung des Kgl. Museums 
für Völkerkunde zu Berlin, während Bastian in 
der Versammlung der berl. Gesellschaft für Anthro- 
pologie etc. Gefässe vorzeigte, welche dieselben Ver- 
änderungen darboten. Virchow erklärte die Muti- 
lationen an einem dieser zwei vorgelegten Objecte 
für syphilitisch, die des anderen aber als durch 
Lepra verursacht. Ashmead, der beide Gefässe ein- 
gehend in einer Amerikanischeil Zeitschrift (Journal 
of American Medical Association) beschrieb, weist 
darauf hin , dass die Veränderungen nicht von Lepra 
herrühren können, weil am Gesicht Abweichungen 
von den Lepragebilden vorliegen. Virchow hat dann 
diese Publicationen auf dem LeprarCongres in Berlin 
(1897) besprochen, und auch noch andere Gefässe 
vorgezeigt, an welchen dieselben Veränderungen 

26 



- 202 - 



dargestellt und welche, seiner Anschauung nach, doch 
wohl von Lepra herrühren könnten. Polakowsky 
dagegen fand in der Spanisch-Amerikanischen Lit- 
teratur keine positiven Angaben für die Lepra prae- 
columbiana, während Dr. Carrasquilla von Bogota 
sich dahin aussprach , dass die Lepra durch den Spar 
nischen Eroberer Jimbnbz de Qussnada eingeschleppt 
ist und dass sie bei den Eingebornen Columbia's, 
welche nicht mit Europäern in Verbindung stehen, 
nicht vorkommt. Die Frage wurde hierdurch nicht 
gelöst und darum besprach Virchow sie wieder auf 
der Versammlung der obengenannten Gesellschaft 
am 16 Oct. '97. Herr Polakowsky wiederholt hier 
seine Meinung, sich darauf stützend dass dieselben 
Mutilationen wie an den Füssen und dem Gesichte, 
bei Lepra auch an den Händen und Fingern vor- 
kommen, was hier nicht der Fall ist. Dr. Carras- 
quilla nimmt an dass es sich um Bilder bestrafter 
Pereonen handelt (bei jugendlichen Verbrechern 
wurden nur die Nase und die Oberlippe mutiliei*t; 
bei altern oder Recidivisten oder schon einmal Ent- 
flüchteten, die Fusse amputiert). Er verspricht Herrn 
Polakowsky wo möglich bessere Auskunft mitzu- 
theilen (s.u.). 

Alles dies hat HeiTn Lehmann Nitschb veranlasst, 
die Fi'age eingehend zu untersuchen und auf dem 
Congi'eso Gientifico Latino-Americano zu besprechen. 
(Buenos-Aires 10—20 Apr. 1898). Das Museum in La 
Plata besitzt eine seltsam reiche Sammlung dieser 
altperuanischen Gefässe und einige derselben zeigen 
die vorerwähnten Mutilationen. Nach seinem Dafür- 
halten handelt es sich hierbei nicht um Lepra, 
sondern um Krankheiten, denen die Bettler in ihren 
ungünstigen sozialen Verhältnissen so oft ausgesetzt 
sind (Nach Virchow kommt die Syphilis nicht in 
praecolumbianischer Zeit vor). Lupus und Syphilis 
können dieselben Producte erzeugen und wurden 
früher vielfach miteinander verwechselt. Dies ver- 
anlasste eine lebhafte Discussion; Dr. Valdes Moro 
(von Santiago) hielt die Veränderungen für Producte 
des Lupus, weil bei Lepra die Nase niemals allein 
betheiligt ist. Dr. Sommer (von Buenos-Aires) wies 
darauf hin dass bei Lepra die Nase hypertrophisch 
wird und nicht destruiert, und dass bei Lupus die 
Mutilationen sehr unregelmässig und ungleich auf- 
treten; während hier eine grosse Regelmässigkeit in 
den Veränderungen sich zeigt; auch die Verände- 
rungen der Fusse können nicht von Lepra stammen 
da diese letztere stets nur die ganze Extremität, und 
nicht, wie hier, nur einige Zehen befällt. 

Später kam in der Gesellschaft für Anthropologie 
zu Berlin die Frage nochmals zur Behandlung. HeiT 
WiLH. VON DEN STEINEN ist nach Untersuchung der 
Süd-Amerikanischen Litteratur der Meinung,- dass 



es sich wirklich um eine Krankheit handelt, während 
die Herren Bastian und Middbndorf der Annahme 
einer beabsichtigten, künstlichen Verunstaltung zu- 
gethan sind. Herr Seler sagte dass Lepra in Mexico 
in praecolumbianischen Zeiten vorkam. Herr Jime- 
nez DE LA EsPADA glaubto dass es sich weder um 
Lepra noch um künstliche Mutilationen handle, da 
sich Bettler nicht in Peru fanden und Leibesstrafen 
(mit Ausnahme der Todesstrafe) in Peru nicht in Ge- 
brauch waren. Seiner Ansicht nach hat man es hier 
mit Beispielen einer eigenthümlichen Krankheit zu 
thun, einer Varietät der Tuberculose, Llaga oder 
HuUa genannt, welche früher in Peru einheimisch 
war und noch vorkommt, zumal an Nase und Ober- 
lippe (als Lupus) und am Gaumen und Pharynx (als 
Tuberculose). 

Herr Polakowsky vertheilt die Objecte in zwei 
Gruppen; bei der einen sind die Verunstaltungen 
der Nase wirklich pathologischen Ursprungs bei der 
anderen stellen sie Zeichen dar einer chimrgischen 
Operation. Einige Geiässe stellen ohne Zweifel Bettler 
vor, aber es dürfte bezweifelt werden ob alle Ge- 
fôsse wirklich aus praecolumbianischer Zeit stam- 
men (dieser Meinung ist auch HeiT Seler zugethan). 
Er ist auch nicht der Ansicht des Dr. Carras- 
quilla, weil die Untersuchung der Litteratur nur 
negatieve Resultate ergab; er hält die Veränderun- 
gen für pathologische, nur nicht für Lepra, von 
DEN Steinen beschi'eibt die Gefässe des Kgl. Mu- 
seums : sie zeigen alle eine verunstaltete Nase, einige 
auch eine verunstaltete Oberlippe, und bei einigen 
prominiert auch der untere Theil des Gesichtes. 
Herr Virchow sagt dass er vorläufig die Diagnose 
nicht genau stellen kann. Vielleicht handelt es sich 
doch um Lepra, vielleicht auch um die Llaga des 
Herrn Jimenez de la Espada; weitere Untei*suchun- 
gen über die letztere bieten seines Erachtens nach 
ein grosses Interesse. 

Bei der Untersuchung welche Herr Lehmann Nit- 
SGHE darauf hin angestellt hat, hat denn auch die 
Llaga den Hauptstoff gebildet; HeiT Carrasquilla 
daraufhin befragt , bleibt bei seiner früher ausgespro- 
chenen Meinung. 

Zuerst giebt Herr Nitsche nun eine Beschreibung 
einiger der untersuchten Objecte, welche wir hier 
kurz zusammenfassen. 

I. Kopf, zeigt deutliche Spuren eines krankhaf- 
ten Leidens (eingesunkene Wangen; mattes, 
entstelltes Gesicht; prominierende Augäpfel; 
die Nase und die Oberlippe fehlen. 
II. Kniestück : Die Nase ist mutiliert , nicht aber 
die geschwollene Oberhppe. Die Untersuchung 
der Fusse ergab ein zweifelhaftes Resultat, 
ni. Ibid. Die Nase und die Oberlippe sind arro- 



- 208 - 



diert (anscheinend auch die Unterlippe, was 
bisher noch nicht gefunden wurde). 
lY. Ibid. Das Gesicht sehr torpide und dumm, 
die Augapfel prominieren, die Wangen sind 
eingesunken, die Nase in der Mitte einge- 
druckt, die Oberlippe ist halbmondförmig ein- 
geschnitten, 80 dass die Z^ne sichtbai* sind. 
V. Knieende Figur. Die Nasenflügel sind einge- 
sunken, die Nasenspitze kleeblattförmig arro- 
diert, das Septum destruiert; die Unterlippe 
prominiert, und auch die Oberlippe ist afficiert, 
die Zähne sind sichtbar. 
VI. Kniestück, die Spitze der Nase fehlt, die Ober- 
lippe in der Form eines Dreieckes mutiliert, 
die Augen sind geschlossen (Blindheit!), die 
Fusse amputiert. 
VIL Ibid. Die Oberlippe ist bogenförmig ausgeschnit- 
ten, die Zähne sind sichtbar, die Unterlippe 
prominiert-, die Nase ist destruiert, die Fusse 
fehlen. 
Vni. Ibid. Die Unterlippe prominiert, die Oberlippe 
ist bogenförmig arrodiert. Die Spitze der Nase 
fehlt, die Fusse sind amputiert. 
IX. Ganzer Körper, auf dem Bauche liegend. Die 
Nase und die Lippe fehlen, die Zähne sind 
sichtbar, die Beine fehlen. 
X. Kniestück. Die Fusse fehlen, die Nase ist ver- 
unstaltet. 
Resümierend sagt Herr Nitsche dass nur an II 
die Nase allein afficiert ist, an einigen Beispielen 
kommt auch ein AflTect der Unterlippe vor. Er hält 
sie nicht, wie Herr Polakowsky für vei'schiedene 
Typen. 

Das wort „Llaga" bezeichnet eigentlich Ulciia oder 
Blase, wie sie durch Verbrennung, durch Vesicatore 
oder durch harte Arbeit oder Druck entstehen kann. 
Auf eine bezügl. Frage antwortete Herr Cabbas- 
QUiLLA dass in Columbia eine Krankheit vorkommt, 
welche der peruanischen Llaga sehr ähnlich ist und 
„Buha oder Bubon de Velez" genannt wird. (Hier- 
von giebt Herr Azuebo in der Revista Medica de 
Bogota, XIX Jahrgang, Oct. 1897, eine eingehende 
Beschreibung, welche von Herrn Nitsche gi'össten- 
theils reproduciert wird). Ein Vergleich dieser Krank- 
heit mit der Llaga kann sie beide identificieren , 
oder scharf von einander trennen. 

Sehr oft wird die Benennung Llaga auch für 
venerische Ulcéra gebraucht (zumal wenn sie im 
Pharynx vorkommen). Wenn Llaga wirklich Lupus 
1st, sagt Herr Cabbasqüilla, so kann es unmöglich 
scheinen dass auf den Gefössen diese Krankheit vor- 
gestellt ist, da Lupus und Tuberculose vor der Spa- 
nischen Zeit in der Neuen Welt unbekannt waren. 
Dr. R. Lenz hat für Herrn Nitsche in allen Dia- 



lecten die Bezeichnungen des Wortes Llaga in Chili 
und anderen Ländern Süd Amerika's untersucht und 
festgestellt dass Lkiga für eine nicht traumatische, 
eiternde Wunde gebraucht wird. In fmhem Zeiten 
wurde das Wort mehr allgemein gebraucht In Chili 
kommen diese Wunden viel vor, sind aber nicht eine 
selbstständige Krankheit, sondern Symptome verschie- 
dener Affectionen. Auch Herr Lenz glaubt nicht an 
die praecolumbianische Lepra. In der letzten Zeit 
wurde auch wohl in Chili Lepra constatieit, aber 
immer konnte Einschleppung nachgewiesen werden. 
Andere arrodierende Ulcéra kommen auch in Chili 
unter den Eingebornen vor, und vielleicht hat sich 
in Peru derselbe Begriff verbreitet. 

Herr Lehmann Nitsche glaubt nicht an eine Va- 
rietät der Tuberculose, so lange die Aetiologie noch 
nicht festgestellt ist. Auch vom Worte Hutta gelten 
dieselben Begriffe. 

Auch verdient noch eine andere Krankheit genannt 
zu werden welche früher mit der Llaga identificiert 
wurde, nl. Mal de los Andes, eine Krankheit die in 
den Gebirgen auftritt, und von einigen als eine Art 
Carcinom aufgefasst worden ist; in Argentinien wird 
diese Krankheit Puna, in Chili Soroche genannt. 

Hen* Cabbasqüilla hat Herrn Polakowsky weitere 
Auskunft ertheilt und daraus citiert Herr Nitsche fol- 
gendes : 

l». Herr C. glaubt nicht an praecolumbianische 
Lepi*a. Wohl findet man Angaben dass Lepra schon 
frühzeitig vorgekommen ist (in der Colleccion de 
documentes inédites sobre la Geogi-afia y la Historia 
de Colombia T. II pg. 463) und dass in den Llanos 
eine Leprosenbevölkerung hauste; aber diese Angaben 
stammen von Laien und gelten daher nicht als sehr 
glaubwürdig, umsoraehr da man alle Hautkrank- 
heiten Lepra nannte, wie aus einer Erzählung von 
Padre Rivebo hervorgeht. Dieser erzählt nämlich von 
den Tuneba, einem äusserst dummen schmutzigen 
Volke, dass sie mit einer eigenthümlichen Hautkrank- 
heit inficiert sind, welche characterisiert ist durch 
blaue und weisse Flecke, „Carate" genannt wird, und 
nach seinem Dafürhalten eine Art Lepra ist. 

2". Die Eingebornen, sofern sie nicht mit Euro- 
päern in Beziehung stehen, leiden nicht an Lepra. 

3". Der erste, wirklich genau diagnosticierte Fall 
von Lepra »betrifft den Spanischen Conquistador 
Jimenez de Quesnada, welcher also die Lepra einge- 
schleppt hat. 

4». Die Mutilationen an den Gefässen zeigen nicht 
den Character der Lepra. 

a) Weil diese immer regelmässige Contouren haben; 

b) weil die Mutilation an den Händen fehlt und 
diese doch bei Lepra mehr vorkommt als an den 
Füssen; 



- 204 - 



c) weil bei Lepra die Nase abgeflacht wird durch 
zu Grunde gehen der Cartilagines; und Haut und 
Knochen und auch die Oberlippe werden nicht von 
Lepra afficiert; 

d) weil andere Verstümmelungen (zumal die starken 
Difformitäten der Ohren und die allgemeine Facies 
leonina) etc. fehlen. 

e) weil die alten Künstler sicher keine Kranken 
abgebildet liaben. 

5«. Bleibt also übrig die künstliche Verstümmelung 
wie Kestrepo sie auch von den Chibchas annimmt. 
(Von diesen sagt er dass die Nase und Ohren zur 
Strafe abgeschnitten wurden; für gröbere Verbrechen 
erhielt man eine Qeisselung). 

Alles dies veranlasst Herrn Carrasquilla zur Aus- 
sage dass Lepra nicht vor der Eroberung in America 
vorgekommen ist, diese wurde also wie Tuberculose 
und Syphilis eingeschleppt. Die Llaga kann auch 
nicht die Ursache der Veretümmelung sein, weil sie 
immer die Beine frei lässt. 

Andere Mediciner und Gelehrte sind derselben Mei- 
nung zugethan, allein sagt Nitsghe, dass Virchow 
noch immer der alten Meinung ist. 

Es erübrigt noch andere Krankheiten als die Ur- 
sache anzunehmen und die künstliche, strafrechtliche 
Verstümmelung, welche Carrasquilla aus Restrepo 
citiert hat. Herr Nitsohb hat diese Arbeit nicht nach- 
schlagen können, aber er zweifelt ob dergleichen ge- 
richtliche Strafen in Peru vorkamen (wie Herr Jimenez 
DE LA EspADA Sagt kamen Leibessti'afen in Peru 
nicht vor), da die alten Peruaner nicht mit den Chib- 
chas in Verbindung standen. 

Was dann die Verstümmlung durch andere Krank- 
heiten betrifft, so haben Rivero und Tschudi bewie- 
sen dass man die Wunden immer nur mit Kräutern 
und BalsamJca behandelte, niemals aber chirurgisch 
eingriff. 

Herr Ambrosetti meint dass die altperuanischen 
Künstler, wie die Calchaqui, nur den oberen Teil des 
Körpers abbildeten, HeiT Nitsche aber ist nicht dieser 
Meinung, da neben den verstümmelten Füssen immer 
auch Verunstaltungen des Gesichtes vorkommen. 
Viele Darstellungen zeigen jedoch einen Stock in der 
Hand als Stütze, was sicherlich für verstümmelte 
Beine spricht. 

Aber auch mit Herrn Carras^juilla ist Herr Nit- 
sche es nicht eins, sodass eine pathologische Ursache 
übrig bleibt, welche jedoch für alle Abbildungen nicht 
dieselbe zu sein braucht und vielleicht auch für die 
verschiedenen Theile eine verschiedene ist. Vielleicht 
handelt es sich hier um eine, von uns nicht gekannte 
Krankheit, aber nach Herrn Nitsche sicher nicht 
um Lepra. 

Später hat Herr Carrasquilla noch mitgetheilt 



dass Herr Ashmbad bei seiner Bestreitung der Mei- 
nung ViRCHOws, dieselben Gründe angeführt hat als 
er und er citiert auch noch Stellen aus Büchern 
woraus hervorgeht dass die Spanier wirklich die 
Leibesstrafen anwandten, welche sie entweder von 
Europa aus eingeführt hatten, oder von den Mexi- 
canern erlernt. 

Mit einer Anzahl Abbildungen hat Herr Nitsche 
seine Abhandlung verdeutlicht und am Ende eine 
ausführliche Bibliographie gegeben. 

In der Sitzung der Gesellschaft für Anthrop. u.s. w. 
zu Berlin [22 Oct. 1898] hat Herr Polakowsky einen 
Brief von Dr. Ashmead üben-eicht, welcher wieder 
über denselben Stoff handelt, nämlich über einen 
amputierten Fuss, der nach dem Dafürhalten von 
Mr. Saville vom American Museum, und von Prof. 
Bandeliek, sicherlich aus pi'aecolumbianischer Zeit* 
stammt, was durch andere Autoritäten bezweifelt 
wird. Der Fuss zeigt deutliche pathologische Cha- 
raktere, welche HeiT Ashmead für syphilitisch hält; 
Lepra kam sicherlich in praecolumbianiscber Zeit 
nicht vor, Syphilis und Tuberculose haben seiner 
Ansicht nach derzeit floriert. Er macht Herrn Vir- 
chow den Vorwurf noch immer an seiner Meinung 
festzuhalten, während viele andere Gelehrte, die 
er mit Namen anfühlt, schon lange überzeugt sind, 
dass, was man früher Lepra nannte, doch wohl 
Syphilis ist, und dass Lepra in Süd-Amerika heute 
wohl vorkommt, aber immer nur in den niederen 
Spanischen Klassen und unter den Mestizos. 

Herr Virchow sagt, dass nun die Frage so weit 
gelöst ist, dass die Ansicht des Herrn Carrasquilla, 
als stellten die abgebildeten Verstümmelungen, die 
Folgen einer Bestrafung dar, wohl widerlegt ist. 
Seiner Ansicht nach ist aber die Aufgabe selbst noch 
nicht gelöst. Lupus ist nur ein Sammelname, welcher 
bald der Tuberculose, bald der Syphilis zugerechnet 
wird. Das Vorkommen praecolumbianiscber Syphilis 
ist noch unentschieden. Immer hat aber Herr Virchow 
nur die Möglichkeit der praecolumbianischen Lepra 
hervorgehoben, nimmer aber sie für positiv gehalten. 

Zuletzt wollen wir des Berichtes des Herrn Leh- 
mann Nitsche im Centralblatt für Anthropologie 
Vr Jahrgang, Heft I Seite 28, gedenken, wo er aus 
Restrepo citiert, dass (wie auch Herr Carrasquilla 
gezeigt hat) aus alten Dokumenten hervorgeht, dass 
der Eroberer Columbiens Gonzalo Jimenez de Ques- 
NADA an sich selbst die Lepra eingeführt hat, dass 
die Krankheit sich dann aber sehr schnell ver- 
breitete und viele Edikte zur Bestreitung erlassen 
wurden. Jedenfalls war die Lepra nicht praecolum- 
bianisch. G. A. Koeze. 

HL Ein Flachgräberfeld mit sogen, flie- 
genden Hockern" wurde am 5 Sept. auf dem 



- 205 - 



Hügel „Adlerberg" bei Worms unter Leitung von 
Dr. KoEHL ausgegraben. Die Skelette lagen in der 
Regel von Ost nach West; als Beigaben fanden sich 
plumpe Gefässe ohne jedes Ornament, Steinwerk- 
zeuge, Kupferartefacte und Schmucksachen aus 
Muscheln, Knochen und Zähnen. 

IV. Ueber die Ausgrabungen auf der Statte 
von Nippur durch Prof. Herm. Hilprecht, 
Philadelphia, und die dieselben betreffenden Ver- 
öffentlichungen des genannten Gelehrten giebt L. 
Henning im 76 Bande der Zeitschrift „Globus" 
eine zusammenfassende Uebersicht. In derselben wird 
u. A. gezeigt wie unser Wissen von der Geschichte 
der Menschheit in Folge jener Arbeiten schon heut 
bis hinauf in das 8*« Jahrtausend vor unserer Zeit- 
rechnung reicht, also um Jahrtausende aufwärts 
erweitert ist. Wir müssen uns auf diesen kurzen 
Hinweis auf den genannten, hochinteressanten Auf- 
satz beschränken. 

V. Extracts from the Diary of DhSamwell, 
Surgeon of the Discovery during Cooks 3th voyage 
(1776 — 79), which is now in the British Museum, 
have just been published in the Journal of the 
Polynesian Society. These extracts are of an ex- 
tremely great value, because they show us customs 
and the use of implements by the aborigines of 
Tasmania, Tonga, Tahiti, Prince Williams Sound, 
Halibut Island , Oonalaska and the Hawaiian Islands, 
which have become extinct since long. Ethnologists 
will be thankfuU to Mr. Partington for the ti'ouble 
which he has taken in excavating these notes. 

VI. Den Stand des Japanischen Farbenholz- 
schnitts am Anfange dieses Jahrhunderts führte 
dasjenige, was auf der im Sommer 1899 im ethno- 
graphischen Reichsmuseum zu Leiden abgehaltenen 
Ausstellung für Japanische Kunst sich davon fand, 
dem Beschauer vor Augen. Welch schöne Resultate 
diese Kunst, trotz des dabei auch heut noch geübten 
primitiven Verfahrens, auch jetzt noch zeitigt, das 
beweist wiederum der uns kurzhin zugegangene 
Catalog der Pflanzenexportflrma L. Boehmer & Co. 
in Yokohama. Beinahe jede Seite desselben zeigt 
dem Text derselben entsprechende, farbige Abbil- 
dungen von Pflanzen und Blumenvasen, deren An- 
ordnung von vielem Geschmack zeugt und die eine 
Weichheit der Farbentöne zeigen, und eine Natur- 
wahrheit erkennen lassen um die mancher europäische 
Bücher-Illustrator den japanischen Künstler, der hier 
seine Kunst in den Dienst des Handels stellte, be- 
neiden dürfte. — Der auch auf Japanische Weise 
gebundene Katalog ist bei T. Hasegawa in Tokio 
gedruckt und gereicht der Firma zur Ehre. 

VII. Den nachstehenden uns mit dem Ersuchen 
um Verbreitung zugegangenen Fragebogen über 



Thieraberglauben empfehlen wir der freund- 
lichen Beachtung unserer Leser. Wir zweifeln nicht 
dass jeder in seinem Kreise etwas finden wird, das 
werth ist einen Baustein zu bilden für eine zusam- 
menfassende Behandlung alles dessen was noch heut 
in einer oder der andern Weise sich in den An- 
schauungen des Volkes findet und sich der Mühe 
der Mittheilung an den Verfasser des Fragebogens 
lohnt. 

1. Welche Tiere (Vögel, Fische, Insekten u. s. w.) 
sollen für denjenigen, der sie sieht. Glück (bzw. 
Unglück) bedeuten? 

2. Welche Tiere sollen dem Hause, in dem sie 
sind, Glück (bzw. Unglück) bringen? 

3. Welche Tiere sollen einen Todesfall verkünden? 

4. Welche Tiere sollen den Preis des Kornes, die 
Reichhaltigkeit der Ernte u. s. w. voraussagen ? 

5. Wird den letzten Kornhalmen ein Tiername bei- 
gelegt? Sagt man, dass ein Tier durch das Feld 
laufe, wenn das Korn sich vor dem Winde 
wiegt? 

6. Werden Tiere (Vögel u. s. w.) im Hause gehalten, 
um das Glück festzuhalten, um Krankheiten zu 
wehren u. s. w.? Soll man das Erstgesehene 
einer Tiergattung im Frühling fangen , grüssen 
u. s. w.? Giebt es Tiere (Vögel, Eier u. s. w.), 
die man nicht nach Hause bringen soll? 

7. Welche Rolle spielt die Farbe des Tieres im 
Aberglauben? Werden weisse Tiere bevorzugt? 

8. Giebt es Tiere, die örtlich für heilig gehalten 
werden, d. h. die man weder töten noch essen 
darf, die man ungern sieht, deren Körper, Nes- 
ter u. s. w. man ungern berührt, und deren ge- 
wöhnlichen Namen man nicht nennt? 

9. Werden gewisse Tiere nur einmal im Jahre, 
oder einmal im Jahre mit besonderen Feierlich- 
keiten, gegessen? 

10. Giebt es Tiere, die einmal im Jahre gejagt oder 
bei Volksbelustigungen getötet werden? oder 
von einer Höhe herabgestürzt oder feierlich in 
Freiheit gesetzt werden? Oder solche, die ver- 
folgt oder gepeitscht werden? Oder Vögel, deren 
Eier man ausnimmt und zeratört? 

11. Werden Tiere oder Tiergestalten umhergeführt, 
ins Osterfeuer geworfen u. s. w. ? Werden Vögel 
oder Insekten einmal im Jahre verkauft? Wer- 
den sie gekauft , um in Freiheit gesetzt zu werden ? 

12« Glaubt man besondere Heil- oder Zauberkräfte 
zu erlangen, indem man das Fleisch von ge- 
wissen Tieren isst , dieselben berührt oder in der 
Hand sterben lässt? In welchem Alter soll man 
dies vornehmen? 

13. Welche Tiere wendet man in der Zauberei und 
der Volksmedizin an und zu welchen Zwecken? 



- 206 - 



Wann sollen die dazu bestimmten Tiei-e erlegt 
werden ? 

14. Werden Kuchen in Tiergestalt oder sonstige 
Tierfiguren gemacht, oder solche, denen man 
einen Tiernamen beilegt? 

15. Glaubt man, dass die Toten Tiergestalt annehmen? 

16. Glaubt man, dass die Hexen Tiergestalt annehmen? 

17. Welche Tiere sollen die menschliche Sprache 
verstehen ? 

18. Welche Tiere sollen Menschengestalt in anderen 
Ländern annehmen , oder nach Belieben als solche 
erscheinen? Welche Tiere sollen verwünschte 
Menschen sein? 

19. Welche Tiere sollen die kleinen Kinder bringen 
und woher? 

20. Werden Märchen von Schwaneryungfrauen bezw. 
-Jünglingen ei-zählt? Oder solche von Vorahnen 
in Tiergestalt oder mit tierischen Körperteilen, 
von Tiergeburten u. s. w. ? 

21. Spielen Tiere eine Rolle in Geburts-, Hochzeits- 
und Begräbnisceremonien? Was für Gerichte 
werden dabei verzehrt? 

22. Werden Tierköpfe oder -schädel an den Giebeln 
angebracht, oder um die Felder aufgestellt? 

23. Welche Tiere findet man als Wirtshausschilder 
und als Wetterfahnen? 

24. Giebt es Kinderspiele, die nach Tieren genannt 
oder worin man Tiere nachahmt? Werden Eier- 
spiele, -laufe U.S. w. zu Ostern veranstaltet? 

25. Werden gewisse tot aufgefundene Tiere aus 
abergläubischen Gründen begraben , zu Fastnacht 
beerdigt u.s. w.? 

Es wird gebeten: 

1. Jedesmal den Ort anzugeben. 

2. Auch dialektische Tiernamen (mit hochdeutscher 
Übersetzung) mitzuteilen. 

3. Bei Beantwortung der 14. Frage womöglich die 
Kuchen selbst, sonst Abbildungen derselben ein- 
zuschicken. Zur Eriäuterung der sich auf Frage 22 
beziehenden Antworten sind Abbildungen auch 
erforderlich. N. W. Thomas. 

The Anthropological Institute, 3 Hanover Sq. 

London. 
VIIT. Einen Beitrag zur Urgeschichte der 
Musikinstrumente legte Leo Bouchal, veran- 
lasst durch Wallaschek's Mittheilungen über die 
Urgeschichte der Saiteninstrumente, in der Sitzung 
der Anthrop. Gesellschaft in Wien vom 10 Juni 1899 
(Siehe Mitth. A. G. Wien 1899 pg.[ll]) vor. Nachdem 
Verfasser eine Reihe von Angaben betreffs des Vor- 
kommens der Bambuscither in Indonesien gemacht, 
stellt derselbe die Frage ob dies Instrument auch 
auf Java vorkomme. Befremdlicher Weise scheint 
dem Verfasser unsere, denselben Gegenstand aus 



gleicher Veranlassung behandelnde Notiz im Xl^en 
Bande dieser Zeitschrift pg. 213/14 entgangen zu sein. 
Wir haben dort schon eine Beihe von Angaben be- 
treffs der geographischen Verbreitung des genannten 
Instrumentes in Indonesien, auf Grund authentischen 
Materials, das uns im ethnographischen Reichsmu- 
seum vorliegt, gemacht und auch Java als Provenienz 
genannt. Wir tragen jetzt hier nach dass das be- 
treffende Stück (Inv. N». 626/88) durch den jetzt als 
Professor der Javanischen Sprache an der Indischen 
Schule in Delft wirkenden Herrn C. Poensen in 
Kediri gesammelt wurde, der Name ist „Goembëng 
rëhahj und gehört das Instrument zu einer dem 
Museum durch den genannten Herrn geschenkten 
Sammlung Kinderspielung, von welcher sich eine 
Beschreibung im Niederl. Staats-Courant von 23 Nov. 
1889 findet. 

HeiT Alb. C. Kruyt, theilt uns unterm 17 Juni 
1899 mit, dass die in Central-Celebes allgemein verbrei- 
tete Form der Bambuscither nur von einei* Saite ver- 
sehen ist. Das Instrument heisst dort „dunde** und 
ist an einem Ende geschlossen , während der andere, 
offene, während des Spiels theils oder ganz mit der 
Hand bedeckt wird. 

IX. Von Alb. Kbetschmer's Deutschen Volks- 
trachten erscheint bei Ad. Weigel, Leipzig, eine 
neue wohlfeile Lieferungsausgabe, deren Preis auf 
à 75 Pf. normirt ist. Die ausserordentliche Voll- 
endung und Genauigkeit in der Wiedergabe der 
Einzelheiten in den prächtigen Tafeln dieses Werkes, 
lässt den Preis als einen ganz ausserordentlich bil- 
ligen erscheinen. Wir hoffen daher dass dies die 
Ursache sein werde um dies Werk auch in weitere 
Kreise dringen zu lassen, damit das Verständnis fur 
die täglich mehr verschwindende Eigenheit der ein- 
zelnen deutschen Stämme, mehr und mehr gefördert 
werde. An anderer Stelle hoffen wir s. Z. auf das 
Werk zurückkommen zu können. 

X. Für die Kenntnis der prähistorischen 
Keramik Nord-Brasiliens scheint die vom 
Museum in Para, unter Leitung des Directoi-s Prof^ 
E. A. GoKLDi ausgerüstete Expedition ins Littoral 
von Brasilisch Guyana eine bedeutende Erweiterung 
zur Folge haben zu sollen. Im Monte Curu, in der 
Nähe der Aldeia de Cunany wurden zwei, mit Granit- 
scheiben verdeckte Gräberschachte entdeckt, welche 
eine Reihe von Graburnen und Schalen enthielten, 
deren Form und Verzierung ausserordentliches 
Interesse erweckt, und welche mit Knochenfrag- 
menten, scheinbar von mehreren Personen, gefüllt 
waren. Besonders auffallend sind, ihrer Form* und 
Verzierung wegen, fünf Gesichtsurnen; bei einigen 
derselben sind auch Arme, Brustwarzen und Nabel 
angedeutet. Von den Schalen zeigen einige Vogel- 



- 207 - 



und eine Froscbomamentik. Als die Verfertiger 
dieser Gegenstände glaubt Prof. Goeldi eine Aru- 
waken Bevölkerung annehmen zu sollen; die Fi*age 
1st indes noch nicht ais abgeschlossen zu betrachten. 
Näheres über den Gegenstand, begleitet von aus- 
gezeichneten, meist farbigen Abbildungen enthält 
das 1« Heft der „Memoiias do Museo Paraense de 
Historia Natural e Ethnographia" unter dem Titel 
„Excavaçoes archaeologicas em 1895" von 
der Hand des obgenannten Directors; ein weiteres 
Hefb ;,Zwischen Ocean und Guamâ" enthält 
die Schilderung einer Reise in dem genannten Gebiet, 
als einen Beitrag zur Kenntnis des Staates Pai'a, 
aus der Feder der Herrn Dr. K. von Kraatz— 
KoscHLAU & Dr. Jaques Hubbb und ist von einer 
sehr guten Karte der in Rede stehenden Gebiete 
und einigen Landschaftsbildern begleitet; der Inhalt 
1st indes mehr speciell geographischen, geologischen 
und botanischen Interesses. 



Wir hoflTen dass es dem rührigen Director gelingea 
möge, noch viele Bausteine für unsere Kenntnis des 
erwähnten Gebietes beizutragen. 

XL Ueber die Ornamente der Tadschiks 
von Darwar, hat Graf Al. Bobrinski in Moscau 
ein nicht im Buchhandel erschienenes Werk in 
hoch 4° in russischer Sprache publicirt. Dasselbe ist 
mit 20 photolithographischen Tafeln, wovon 5 farbig, 
ausgestattet, die sämmtlich Gewebemuster zur An- 
schauung bringen. Abgesehen von sogen, geometri- 
schen Mustern, spielen auch Pflanzen- und Thier- 
motive in denselben eine Rolle; so scheint z.B. für 
die Muster auf Taf. II-VIII der Hahn als Vorbild 
gedient zu haben und in mannichfacher Weise 
stilisiert zu sein. Wir hoflTen an anderer Stelle auf 
diese werthvolle VeröflTentlichung zurückkommen 
zu können. 

Dr. J. D. E. SCHMELTZ. 



IIL MUSEES ET COLLECTIONS. - MUSEEN UND SAMMLUNGEN. 



IL Behufs Enlchtung eines Elsässischen 
Yolksmuseums hat sich in Strassburg i/E. ein 
Comité gebildet. Dasselbe soll die Volkstrachten, 
Möbel etc. der Bewohner des Elsass enthalten und 
sind schon beträchtliche Summen zur Förderung des 
Unternehmens gezeichnet Ein gleichzeitig errich- 
teter Volkstrachten verein soll der Erhaltung 
der Volkstrachten und der Sitten und Gebräuche 
gewidmet sein und zeitweise die Abhaltung von 
Volkstrachtenfesten fördern. 

III. Ueber das Ethnographische Museum in 
Basel hat F. Sarasin in den Verhandl. der Naturf. 
Gesellschaft in Basel einen „Bericht über die Ver- 
waltung, Vermehrung etc. während des Jahres 1899" 
gegeben, dem wir das Folgende entnehmen. Die 
Neuaufstellung wurde in dem in Folge der Verlegung 
der Universitätsbibliothek frei gewordenen Saal, der 
in Folge seiner Bauart in drei Abtheilungen zeifäUt, 
vollendet. Klare Uebersichtlichkeit wurde angestrebt; 
Doubletten wurden ausgeschieden und in, dem Pu- 
blikum nicht zugängliche Schränke verwiesen. Auf 
eingehende Etikettirung wurde grosse Sorgfalt ver- 
wandt; auch die Katalogisirung wurde bis auf einen 
kleinen Rückstand vollendet. 

Unter den Neuerwerbungen nimmt Benin die 
erste Stelle ein; aus Gaben von Gönnern der An- 
stalt konnten fr. 4500 hiefür verwendet werden. Ein 
mit Schnitzwerk bedeckter Elephantenzahn; ein 
Bronzekopf, ein Hahn, ein Schlangenkopf, eine 
Platte mit der Reliefdarstellung eines Kriegers, eine 
Glocke, ein Scepter und ein Armband, alles aus 



Bronze; sowie ein Brett mit einer mythischen Figur 
en relief konnten dafür erworben werden. 

Femer wurden u. A. aus afrikanischem Gebiete 
angekauft die Ausrüstung eines Massai-Kriegers; 
geschenkt wurden drei steinerne Idole aus Sherbro. 

Aus China ward eine Sammlung antiker, in 
Kiautschau gefundener Bronzen erworben; aus 
Japan Götterfiguren, u. A. Ftido (Holzschnitzarbeit) 
und eine Nackenstütze. 

Aus Vorder-Indien gelangte ein Haus- Altar 
aus Benares ins Museum. 

Aus dem malayischen Archipel stammt eine 
Sammlung aus Sumatra, Silberschmuck von Java 
und ein steinerner Sarg aus der Minahassa, mit 
Reliefdarstellungen des Celebesbüffels am DeckeL 

Aus Océanien wurde erworben eine alte Keule 
von den Markesas, ein Stück Baumstamm mit Men^ 
schenknochen (Ueberrest eines Kannibalen-Mahls) von 
Viti, Rüstung eines Kriegers von Kingsmill, und 
von Neuseeland ein Beil und ein Amulet aus Nephrit 
sowie ein hölzerner Wasserschöpfer. 

IV. Museum für Völkerkunde, Lübeck. 
Während des Jahres 1899 erfreute sich diese An- 
stalt, die jetzt der Sorge von Dr. ELarutz als Con- 
servator anvertraut ist, einer aussergewöhnlich 
reichen Vermehrung. Aus allen fünf Erdtheilen 
wurden Gegenstände erworben, die im Verwaltungs- 
bericht einzeln aufgezählt sind. Wir erwähnen u. A. 
acht singhalesische Teufelstänzermasken , von denen 
die eine den Raja-Mulu-Sanni mit seinen 18 Unter- 
sannis darstellt; eine Sammlung meist cultureller 



- 208 - 



Gegenstände aus Thibet, einen Panzer aus Bûffelhom- 
platten und Messingketten von den Sulu-Inseln, eine 
Anzahl Gegenstände der Bali (Afrika) aus der Samm- 
lung des verstorbenen Dr. Zintoraff, eine Sammlung 
altperuanischer Grabfunde y eine Anzahl Gegenstände 
aus West-Australien , ferner Sammlungen aus Neu- 
Guinea, von der Matty-Insel etc. etc.. 

Y. Koloniaal Museum, Haarlem. Der kürz- 
lich erschienene Verwaltungsbericht über das Jahr 



1899 giebt ein sehr anschauliches und befriedigendes 
Bild der vielseitigen, nützlichen Thätigkeit dieser 
Anstalt. Unter den Neuerwerbungen findet sich das 
Folgende von ethnographischem Interesse: Bogen 
und Pfeile, Pfeilköcher und Wurfspiesse von den 
Pageh-Inseln, ein Kris von Bandjermassin 
und ein Hackmesser mit geschnitzter Scheide von 
Bali; Dachpfannen und Dach Verzierungen von 
Japan und Chinesische Schriftproben von Bali. 

J. D. E. SCHMELTZ. 



IV. REVUE BIBLIOGRAPfflQUE. - BIBLIOGRAPfflSCHE UEBERSICHT. 



Pour les abréviations voir pag. 71, 120. 

GÉNÉRALITÉS. 

IV. Le livre de M. J. Denikbb (Les races et les 
peuples de la terre. Éléments d'anthropologie. Paris. 
Av. 176 pi. et fig.) sera très utile à tous ceux qui 
désirent se faire une idée générale des sciences eth no- 
anthropologiques ou acquérir des notions essentielles 
sur différentes parties de ces sciences. Le principe 
de révolution dans Thistoire de l'humanité est exposé 
dans le hvre du Dr. Matteuzzi, traduit par Mlle I. 
Gatti de Gamond (Les facteurs de révolution des 
peuples ou l'influence du milieu physique et telluri- 
que et de l'hérédité des caractères acquis dans l'évo- 
lution et la dissolution des peuples. Bruxelles-Paris). 
La part de l'esclavage dans l'économie sociale est 
étudiée par le Dr. H. J. Nieboer (Slavery as an indu- 
strial System. Ethnological Researches. The Hague). 
M. J. Darinsky (Z. V. R. XIV p. 149: Die Familie 
bei den kaukasischen Völkern) traite des règles qui 
régissent le principe de la famille. M. S. Rundstein 
(Z. V. R. p. 211: Die Blutrache und das System der 
Compositionen in zwei Urkunden polnischen Rechts 
des 13 Jahrhunderts) donne des exemples de la ven- 
detta chez les Polonais. A. R. (p. 249: Allgemeine 
Einleitung in die Mythologie) publie le premier cha- 
pitre d'un livre de M. H. Steinthal, un discours de 
M. D. S. Lamb (Am. A. II p. 277: Mythical Monsters. 
Av. 1 pi.) a donné lieu à une discussion de Mlle J. 
0. Hall et M. F. A. Lucas. 

M. le prof. R. Virchow (Verh. A. G. p. 615: Pla- 
giocephaler Schädel von Tisens. Av. flg.; p. 617: 
Schädel mit Os Incae tripai-titum von Beli Breg. Av. 
fig.) publie des contributions à la crâniologie; et 
décrit un enfant né avec une queue (Verh. A. G. 
p. 647. Av. photos). M. le chevalier J. von Schmaedel 
(Oorr. A. G. p. 49: Ueber Lichtwirkung auf den 
menschlichen Körper mit Rücksicht auf die Klei- 
dung) publie des observations intéressantes sur l'in- 
fluence de la lumière sur le corps humain et sur les 
exigences de vêtements rationnels dans les régions 



tropiques. M. le docteur Richabd Lasch (A. G. Wien 
Sitzb. p. 181: Weitere Beiträge zur Kenntnis der 
Geophagie) pubhe de nouveaux exemples de l'usage 
de se bourrer le ventre de terre. Bull. Penna publie 
une étude de M. Stewart Culin (p. 235: The Origin 
of Ornament); et (p. 181) le catalogue d'une collec- 
tion d'éventails appartenant à Mad. J. Drexel, avec 
des figures d'un éventail en or, du Portugal, et d'un 
éventail d'église en argent, de la Syrie. M. W. M. 
Flinders Pethie (A. 1. p. 295: Sequences in prehis- 
toric Remains. Av. pi.) publie un essai archéologique. 
M. Ed. Krause (Verh. A. G. XXXI p. 576: Die Ver- 
wendung von Celluloid-Lack zur Conservirung von 
Alterthûmem aus Silber, Bronze, Bernstein, von 
feineren Eisen- Alterthüniern, sowie von Holz, Stoff- 
resten und Papier, namentlich alten Zeichnungen, 
Drucken, Acten in Archiven usw.) donne une recette 
pour la conservation des collections. 

EUROPE. 

M. F. Haverfield (A. L p. 306: Notes on the 
Roman Origin of a Mediaeval Charm) donne des 
explications d'une formule d'exorcisme usité au moyen 
âge. M. le docteur Hoefler (A. R. p. 274: Les Orvals) 
publie une note sur des esprits qui agissent sur l'air 
et sur les eaux, superstition de la Franche-Comté. 
M. le docteur A. Beets (Volkskunde juillet 1900: 
Palmpaasch) décrit la façon dont Pâques est célébré 
aux Pays-Bas). 

Le livre du prof. Dr. 0. Weise (Die deutschen 
Volksstämme und Landschaften. Leipzig. Av. ill.) 
donne un aperçu concis et assez superficiel. Les 
pages consacrées aux Pays-Bas sont très flatteura, 
mais l'auteur parait ignorer que les Frisons, dont 
d'ailleurs il ne fait aucune mention, et non les Francs 
font le fond de la majorité du peuple néerlandais, ce 
qui explique la différence entre ce peuple et les 
Belges. Verh. A. G. publient des contributions arché- 
ologiques de M. Otto Schoetensack (p. 566: Die 
neolithische Niederlassung bei Heidelberg, av. flg.); 



- 209 - 



du prof. R. ViRCHOW (p. 646: Flachbeil aus Jadeit 
von der Beeker Heide am Nieder-Rhein); de Mlle E. 
Lemke (p. 652: Volksthûmliches Neujahrsgebäck in 
Ostpreussen. Av. flg.); de M. Ed. Krause (p. 656: 
Drei HQgelgraberfelder bei Tegel, Kreis Nieder-Bai- 
chim); du Dr. Wilke (p. 657: Urnen-Fund von 
Boberson bei Riesa. Av. flg.), trouvaille probléma- 
tique dans une colline de sable. Les flèches ont un 
caractère exotique, probablement africain. Des fouilles 
sont encore décrites par M. Max Schlosser (Corr. A. 
G. p. 41 : Die Ausgrabungen im Durrloch bei Schwaig- 
hausen nordwestlich von Regensburg); M. D. von 
Teoeltsch {Con: A. G. p. 53: Pfahlbauten bei Lindau 
und Bregenz); M. H. Busse (Nachr. XI p. 1: Das 
TJmenfeld bei Wilmersdorf, Kreis Beeskow-Storkow. 
Av. flg.). 

Z. V. V. contient des contributions de M. Paul 
Drechsler (p. 245, 325 : Schlesische Pfingstgebrâuche); 
M. G. Polivka (p. 254 : Tom Tit Tot. Ein Beitrag 
zur vergleichenden Märchenkunde); M. R. Mielkb 
(p. 272: Verschwindende Erntegebräuche. Av. 31 flg.); 
M. J. R. Buenker (p. 288: Eine heanzische Bauern- 
hochzeit); M. J. Bacher (p. 306: Von dem deutschen 
Grenzposten Lusern im wftlschen Südtirol. Suite); Dr. 
M. HoEPLER (p. 319: Der Klausenbaum), notice sur 
la fête de St. Nicolas en Bavière; M. K. Weinhold 
(p. 339: Anfrage über Gebrauche und Aberglaube, 
die sich an den Anbau des Hirses knüpfen). 

Mitth. A. G. Wien publie une étude archéologique 
du Dr. M. HoERNES (p. 65: Bronzen aus Wien und 
Umgebung im k. k. naturhistorischen Hofmuseum 
und die Bronzezeit Niederösterreichs im Allgemeinen. 
Av. pl. et flg.); et un essai anthropologique du Dr. 
A. Weisbach (p. 79: Die Deutschen Kärntens). Signa- 
lons encore la notice sur des ex-votos de M. J. R. 
BuBNKER (A. G. Wien Sitzb. p. 185: Eiserne Opfer- 
thiere. Av. flg.); des contributions à Tétude de la 
médecine populaire, de M. E. K. Blubmml (A. G. 
Wien Sitzb. p. 183: Die Gemskugel (Aegragropili) im 
Glauben des XVII Jahrhunderts); et de M. F. Branky 
(A. R. p. 284: Zur Volksmedizin); et des notes sur 
les cimetières dans les Alpes autrichiennes, du Dr. 
Hans Schukowitz (A. R. p. 275: Rosengärten). 

C. L. contient des contributions de M. B. Bat'ha 
(IX n^ 3) sur la situation judiciaire de la population 
rurale en Bohême; M. F. Krbtz sur la céramique 
disparue en Moravie; M. J. Vyhlidal sur la nour- 
riture, les maladies et la mortalité des enfants en 
Silésie; M. Ö. Holas sur des chants populaires tchè- 
ques; M. J. Vluka sur le costume en Silésie orien- 
tale; M. V. Petru sur le costume cosaque; M. P. J. 
Cecetka {n\ 4) sur des idées populaires regardant 
les phénomènes de la nature; M. A. Blazer sur les 
fantômes de gens décédés; M. J. Kobtal sur des 

L A. f. E. xm. 



exorcismes; M. J. Tykaö, contes populaires de cloches 
englouties par les eaux en Bohême; M. R. Tyrsova 
sur les études ethnographiques de Jos. Mânes; M. C. 
ZiBRT sur le costume à Jicinsk Tan 1826; M. F. 
Kretz (n®. 5) sur une noce à Derfle; M. J. Manöal 
sur le costume des habitants mâles à Zales; M. A. 
HAJNy sur le personnel domestique, contribution aux 
us et coutumes à Nywbur; M. A. Fiala sur des 
spécimens de céramique slavo-hongroise; M. F. V. 
PsBiNKA sur quelques superstitions en Moravie au 
XVIIIme siècle; M. L. Quis sur les études de K. 
Hovlicek sur la forme du chant national tchèque; 
M. C. ZiBRT sur le costume de Chrudiwsk Tan 1825: 
M. B. Mach, le printemps des fllateurs dans le 
Riesengebirge. 

Les deux volumes, publiés par le Dr. J. Janko 
(Herkunft der magyarischen Fischerei. Budapest-Leip- 
zig. Av. pl. et flg.) en langues magyare et allemande, 
font partie des résultats du comte Eugène Zichy 
qui, dans son introduction, rend comte du but qu'il 
s'était posé, d'élucider deux questions relatives aux 
origines du peuple magyare, savoir la pêcherie des 
peuples ougro-ônnois et les relations entre les Ma- 
gyares et les Ostiaks. Le livre de M. R. Temesvary 
(Volksbrâuche und Aberglauben in der Geburtshilfe 
und der Pflege der Neugeborenen in Ungarn. Leipzig. 
Av. flg.) est le résultat d'un questionnaire adressé à 
120 médecins et 170 nourrices. M. Kalman von 
MisKE (Verb. A. G. p. 652: Pomana oder Dac, ein 
Todten-Cultus bei den Serben und Rumänen der 
Gegend von Temes-Kubin) publie une notice sur les 
restes d'nn culte ancien des Serbes. 

ASIE. 

M. A. GoETZB (Verh. A. G. p. 561 : Analyse eines 
Eisen-Klumpens aus der prähistorischen Schicht von 
Troja) rend comte d'un examen par rapport à la 
question de l'emploi du fer dans les temps préhis- 
toriques. M. Fr. Hommel (Verh. A. G. p. 667: Ge- 
wisse Zeichen auf einem Commandostabe von Keda- 
beg) publie une not« sur des signes interprétés 
comme étant un nom héthltique, ce qui est remar- 
quable vu que l'objet en question a été trouvé dans 
un tombeau préhistorique. L'expédition arménienne 
de MM. Belck et Lehmann fait le sujet d'une série 
de communications (Z. E. XXXI p. 281; Verh. A. 
G. p. 579, 586, 661, lettre de M. Belok contenant le 
résultat de recherches intéressantes sur la route 
suivie par Xénophon avec ces 10000 Grecs; Mitth. 
Hamburg XV p. 1 , 189; XVI p. 16). 

M. G. Saint Yves (G. p. 81. Av. fig.) publie des 
notes sur la distribution des plantes en Sibérie et 
dans l'Asie centrale. Des explorations dans la pro- 
vince de l'Amour donnent lieu à des communications 
de M. Berthold Laufer (Am. A. I. p. 746. Av. fig. : 

27 



- 210 - 



Petroglyphs on the Amoor. Av. fig.; Am. A. II p. 297: 
Preliminary Notes on Explorations among the Amoor 
Tribes. Av. fig.). MM. Waldbyeb, von Luschan et 
R. ViBCHOW (Verh. A. G. p. 748: Koreaner-SchÄdel. 
Av. fig.) publient une contribution à la crâniologie 
coréenne. T. P. publie la continuation de Tétude du 
prof. G. Schlegel (p. 219: The Secret of the Chinese 
Method of Transcribing Foreign Sounds); et le compte 
rendu (p. 268) du livi-e de M. Chamberlain: Introduction 
to the Study of Japanese Writing, dont M. A. Gba- 
MATZKY expose le haut mérite. Le môme journal (p. 
277) rend encore compte d'un livre du R. F. S. Cou- 
VBEUR S. J. (Li Ki ou Mémoires sur les Bienséances et 
les Cérémonies. Texte Chinois, avec une double traduc- 
tion en français et en latin). Ostas. Ll. publie des 
articles sur Dadauhui, société secrète en Chine (p. 
300); sur la vie en hôtel dans Tintérieur de la Chine 
(p. 445); sur les disputes entre Chinois, les façons 
de vider les querelles (p. 467); et sur Fong-Shui, la 
croyance du surnaturel, par M. A. H. Bach (p. 505). 
M. le docteur H. Läufer (Beiträge zur Kenntnis der 
Tibetischen Medicin. Berlin) publie un livre sur la 
pratique de la médecine en Tibet. M. Edward Amund- 
sen {Qt, J. p. 620: A Journey trough Southwest Sechuan) 
donne des détails sur le peuple Mili, sujet au 
Tibet, M. Strauch (Verh. A. G. p. 562: Japanische 
Votivbildern. Av. fig.) publie une notice sur des 
images japonaises; et M. B. Smith Lyman (Bull. 
Penna p. 246) donne des notes illustrées sur une 
cloche préhistorique et sur un miroir en métal du 
Japon. 

M. W. Crookb (A. L p. 271: Primitive rites of 
disposal of the dead, with special reference to India) 
publie une étude sur les rites funéraires primitifs 
dans rinde. I. Ant. XXIX contient un essai de feu 
M. K. F. Burkhardt (p. 1 : Essays on Kasmiri Gram- 
mar), traduit et annoté par M. G. A. Grierson; un 
article de M. Naratana Sastbi (p. 8 : On the Indian 
Epics) , démonsti-ation que le Ramayana est antérieur 
au Mahabharata; une note de M. M. R. Pedlow (p. 
28: Superstitions among Hindus in the Central Pro- 
vinces). M. le prof. E. Mueller (A. R. p. 217: Die 
Sage von Uppalavannâ) fait des observations sur une 
légende pâli, qui se retrouve en différentes versions 
dans la littérature bouddhistique et en Tibet, mais 
dont on rencontre l'argument encore chez plusieurs 
poètes du moyen âge. M. G. Verschuur (T. du M. 
lîvr. 25 suiv.) donne des esquisses illustrées de Tile 
de Ceylan. Verh. A. G. publient une lettre de M. F. 
Noetling (XXXI p. 651 : Reise in der Saltrange und 
birmanische Waldmesser. M. R. C. Temple (I. Ant. 
XXVIII p. 323: Miscellaneous Papers relative to the 
Settlements in the Andaman Islands in the XVIIIth 
Century) publie un rapport du capitaine Blair avec 



une notice sur les indigènes andamans qu'il suppose 
être d'origine africaine. 

M. F. Grabowsky (Z. A. 0. S. p. 176: Malaiisch- 
holländisches Wörterverzeichniss für Aerzte) publie 
une liste de mots malais à l'usage des médecins aux 
Indes, d'après le vocabulaire de M. Roorda van 
Eysinga. m. g. a. N. Schelteha (Bydr. p. 766: 
Toevoegsel tot de b|jdrage: „Zeven dierenverhalen") 
donne un supplément aux contes d'animaux publiés 
dans le numéro précédent de ce journal. M. C. Poen- 
SBN (Ned. Zend. XLIV p. 1 : Een treffende Javaan- 
sche term) retrouve un reste de l'ancien hindouisme 
chez des auteurs mahométans. M. Charles Hosb 
(G. J. XVI p. 39: In the Heart of Borneo. Av. fig.) 
donne des détails sur les Madangs et les Punans dans 
le district de Serawak. La suite du journal de voyage 
du Dr. A. W. Nieuwenhuis (T. A. G. p. 411: Tweede 
reis van Pontianak naar Samarinda in 1898 en 1899) 
contient quelques contributions sur les superstitions 
des Dayaks. MM. Dr. N. Adrtani et Alb. C. Kruyt 
(Ned. Zend. XLIV p. 135: Van Posso naar Mori) 
publient des notes d'excursion dans l'île de Celebes; 
le dernier y ajoute (p. 215) des notes ethnographi- 
ques sur les Toboungkou et les Toraori, le premier 
(p. 249) analyse les langues de ces tribus. M. Alb. 
C. Kruyt (Versl. Ak. v. Wet. Ill p. 147: Hetkoppen- 
snellen der Tora^ja's van Midden-Celebes en zyne 
beteekenis) publie encore une étude sur l'usage de 
couper des têtes; et donne des détails (T. A. G. p. 
436: Het rjjk Mori) sur une peuplade dans l'intérieur 
de Celebes. M. J. H. De Vries (T. A. G. p. 467: Reis 
door eenige eilandengroepen der residentie Amboina) 
donne des détails sur les habitants des îles Key et 
Arou. M. F. Blumentritt (Mitth. G. G. Wien p. 87: 
Die Igorroten von Pangasinan) donne de nouveaux 
détails sur les Philippines, d'après les communica- 
tions du missionnaire P. Fr. Mariano Rodriguez. 
AUSTRALIE et OCÉANIE. 

Austr. A. J. publie des communications sur le 
sens des noms de places etc. en Australie (p. 80); 
la tribu Mootaburra (p. 82); la tradition Emu et le 
Tewha-Tewha (p. 83). Des objets de la Nouvelle 
Zélande sont décrites dans A. I. par M. Edge Par- 
tington (p. • 305 : New Zealand Kotahas or Whip 
Slings for Throwing Darts, in the British Museum. 
Av. pL; Note on a Stone Battle Axe from New Zea- 
land. Av. fig.); et M. C. H. Read (Note on a Carved 
Canoe Head from New Zealand. Av. fig.). D. Kolbl. 
(p. 630) publie un rapport sur une excursion du gou- 
verneur impérial accompagné du professeur Dr. Koch 
dans l'île de Neu-Mecklenburg. Mitth. Hamburg 
publient une étude posthume de M. J. Kubary (p. 
71 : Beitrag zur Kenntniss der Nukuoro- oder Mon- 
teverde-Inseln. Av. flg.) sur un des groupes des îles 



- 211 - 



Carolines. M. A. Sbnpft (Z. A. 0. S. p. 97; Wörter- 
verzeichniss der Sprache der Marshall-Insulaner) 
publie la fin de son vocabulaire. Le nouveau livre 
de M. Arthur Babssleb (Neue Südsee-bilder. Ber- 
lin. Av. pi. et fig.) contient une description ethno- 
graphique, des légendes et des généalogies de nie 
de Tahiti avec les résultats d'une excursion dans les 
îles Marquises et les îles Ck)ok et des notes sur le 
dernier voyage de M. W. Joest, à la mémoire duquel 
le livre est dédié. 

AFRIQUE. 

M. le prof. R. Virchow (Verh. A. G. p. 554: Schädel 
aus dem Lande der Bedja. Av. fig.) décrit des crânes 
trouvés par M. Schweinfurth dans des sépultures 
du désert égyptien. M. le comte N. de Léontiepf 
(Q-. p. 105 : Av. fig.) rend compte de son exploration 
des provinces équatoriales d'Abyssinie. M. Westeb- 
MARCK (A. L XXIX p. 252: The Nature of the Arab 
Ginn, illustrated by the present Beliefs of the 
People of Morocco) publie une étude sur les génies 
des Arabes, il combat Topinion de ceux qui leur 
attribuent un sens totémique et opine que les génies 
représentent les forces occultes de la nature. 

M. A. Clark (A. I. p. 310: On the Judicial Oaths 
used on the Gold Coast) publie une étude sur les 
seiments judiciaires usités chez les nègi'es de la 
Côte d'Or. M. von Luschan (Verh. A. G. p. 633: 
Eine Benin Platte) décrit un plateau gravé en métal 
provenant de Bénin et d'autant plus curieux qu'il 
se trouvait à Londres plusieurs années avant l'occu- 
pation de la ville. Le même journal contient une 
communication de M. P. Staüdinger (p. 621: Eine 
Gussform der Akkra-Goldarbeiter). Les antiquités de 
Bénin font encore le sujet d'un article du Dr. Karl 
Hagen (W. a. Hamburg XVII: Altertümer von 
Benin im Museum für Völkerkunde zu Hamburg). 
Les notes de voyage de M. P. B. Pearce (G. J. p. 
612: Notes on the country between lake Chiuta and 
the river Lull, Central Africa. Av. fig.) contiennent 
la description d'un village. Le môme journal publie 
la relation d'un voyage du capitaine G. H. Gorges 
(XVI p. 78: A Journey from Lake Naivasha to the 
Victoria Nyanza. Av. fig.). Verh. A. G. donnent des 
communications de M. von Luschan (p. 634: Bogen 
und Pfeile der Watwa vom Kiwu-See. Av. fig.), avec 
une note du voyageur Dr. Kandt qui a visité ces 
pigmées; et de M. P. Staudingbr (p. 622: Ein altes, 
vielleicht prähistorisches Gefäss aus Usambara. M. 
H. DE Mathuisieulx (T. du M. livr. 27 suiv. : L'Omo. 
Av. ill.) décrit le voyage d'exploration, dans le pays 
des Somalis et l'Ethiopie méridionale, de la mission 
Bottego. M. le lient, col. J. R. L. Macdonald (A. I. 
XXIX p. 226: Notes on the Ethnology of Tribes 
met with during progress of the Juba expedition of 



1897—1899) donne des détails sur les tribus Masai 
et Karamojo. 

Z. A. G. S. publie des articles de M. A. Seidel 
(p. 158: Uza und uliza im Suahili; p. 163: Der 
Narr und sein Weib, conte égyptien, étude de 
folklore comparé; p. 165: Die Sprache von Ufiomi 
in Deutsch- Ostafrika) d'après des notes du cap. Kan- 
nenberg et du heut. Glauning; et une contribution 
du capitaine Kannenbkrg (p. 161 : Beiträge zur afri- 
kanischen Sagenkunde). M. M. Haberlandt publie 
une lettre de feu M. Oskar Baumann (Verh. A. G. 
p. 668: Conträre Sexual-Erscheinungen bei der Neger- 
Bevölkerung Zanzibars. Av. fig.) illustrative des 
moeurs à Zanzibar. G. (p. 1) publie un article sur 
Madagascar, du général Galliéni. 

AMÉRIQUE. 

M. Bartels (Verh. A. G. p. 747: Ein Eismesser 
der Eskimo in Grönland. Av. fig.) décrit un instru- 
ment des Eskimos. M. James Teit (Mem. Am. M. 
N. H. II : The Thompson Indians of British Colum- 
bia. Av, 20 pi. et 315 fig.) publie la 4me partie des 
résultats de la Jesup North Pacific Expedition. Am. 
A. publie des articles de M. John R. Swanton (p. 
199: Morphology of the Chinook Verb.); M. H. R. 
VoTH (p. 238: Oi-aibi Maniage Customs. Av. fig.); 
M. George A. Dorsey (p. 247: The Department of 
Anthropology of the Field Columbian Museum. A 
Review of six yeai*s); M. Roland B. Dixon (p. 
266: Basketry Designs of the Maidu Indians of Cali- 
fornia. Av. fig.); M. A.. E. Jenks (p. 292: A remar- 
kable Counterfeiter. Av. pi.), notice sur certain Erick- 
son qui a montré une dextérité extraordinaire à 
contrefaire des antiquités; M. Otis T. Mason (p. 
346: The Hudson Collection of Basketry), notes sur 
la collection très riche de vannerie indigène , recueilUe 
par le docteur Hudson en Californie et acquise par 
le National Museum; et des notes biographiques et 
souvenirs personnels à M. Cushing, par MM. W. J. 
McGee, w. h. Holmes, J. W. Powell, Mlle Alice 
C. Fletcher, MM. Washington Matthews , Stewart 
CuLiN et J. D. McGuiRE (p. 354: In Mem oriam Frank 
Hamilton Cushing). 

M. Stewart Cultn (Bull. Penna p. 113: The Dic- 
keson Collection of American Antiquities. Av. pi. et 
fig.) décrit une collection très intéressante d'anti- 
quités provenant des mounds ou sépultures indiennes 
explorées en Mississippi et Louisiana. Le même 
journal (p. 191) publie une note du Dr. Gatschet, 
sur les jeux des Indiens Micmac. Av. flg.); et le 
catalogue raisonné, par feu M. Daniel G. Brinton, 
d'une riche collection de manuscrits et livres 
sur les différents idiomes américains, recueillis par 
M. Berendt. M. F. Starr publie (Shrines near Cochiti, 
New Mexico. Chicago. Av. fig.) la description de quel- 



- 212 - 



ques enclos de pierres, lieux de culte indiens; (Proc. 
Davenport Ac. VIII: Notes upon the Ethnography 
of Southern Mexico. Av. fig.) les résultats de trois 
expéditions durant lesquels l'auteur a visité dix sept 
tribus indiennes; et (Bull. Un. Chicago IV: Recent 
Mexican Study of the Native Languages of Mexico. 
Av. des portraits d'auteurs) un supplément à la liste 
de M. Icazbalceta, des notes sur 75 livres pubhés 
depuis 1865 sur des idiomes mexicains, la langue 
maya exceptée qui à elle seule fournirait matière 
à toute une bibliographie. M. Ed. Seler (Verh. A. G. 
p. 670: Die Monumente von Copan und Quirigua 
und die Altar-Platten von Palenque. Av. fig.) donne 
de nouvelles contributions à Fétude des antiquités 
mayas. 

M. le docteur Carl Sapper (Verh. A. G. p. 622: 
Huacas der Halb-Insel Nicoya. Av. fig.) décrit des 
résultats de fouilles en Nicaragua, des enceintes en 
pierre qui entouraient les sépultures indiennes. Le 
même journal publie encore des communications de 
M. P. Staudinger (p. 618: Ein eigen thümliches Bronze- 
Artefact aus Bolivien. Av. fig.); et du Dr. Buscalioni 
(p. 650: Reise zu den Apinagés in Brasilien). M. F. 
L. Giorlette (Bull. S. G. Anvers XXIV p. 133) publie 
une notice sur Tltinéraire d*un voyage de Callao à 
Iquitos, fait vera 1890 — 1892, avec des cartes et 
des photos de réprésentants de diverses tribus indien- 
nes. M. W. Barbrooke Grubb (Scott, p. 418: The 
Chaco Boreal: The land and its people) décrit ses 
expériences pendant un séjour de onze ans dans 
l'intérieur de TAi-gentinie. 

la Haye, septembre 1900. G. J. Dozy. 

V. Hae-ßcTifi Oôu^ecTsa Apxeo>ioriH, HcTopïH h 8tho- 
rpa<|>iH npH HMnep. KaaaHCKOMii YHHBepcHTeT'B. T. XVI, 
1—3. 1900. Mededeelingen van 'tOudheid-, Geschied- 
en Volkenkundig Genootschap van Kazan. 

Dit tydschrift bevat ook ditmaal, geltjk gewoonlyk, 
onderscheidene bû'dragen tot de volkenkunde in den 
ruimsten zin. Wy laten daarvan een kort o verzieht 
hieronder volgen. 

Een opstel van £[atanof behandelt „Volksge- 
neesmîddelen by de Basjklren en geker* 
étende Tataren van 't Goevernement Ufa". 
Als btjdrage „Tot het vraagstuk van de over- 
eenkomst van Oostturksche vertellingen 
met Slavische" levert I. Roganowic „Twee 
Servische vertellingen over de vrouw," 
met aanteekeningen van Katanof. Onder den titel 
„De Baksa" (een soort van geestenziener en toove- 
naar) geeft Alektorof eeneschets „Uitdewereld 
van Kirgizische bögeloovigheden". Een vol- 
gens de Redactie voortreffel^ke Kirgizische tekst 
van een „Huwelykslied van Dos-Chodja ter 
eere van Sultan Kenisara Kasymszoon", 



met vertaling, is van de hand van A. D. Nebtkrof. 

Onder den titel „Muzelmansche verhalen 
over den staf van Mozes" bespreekt Katanop 
eenige Uigurache, Turksche, Perzische, Dzjagataische 
bewerkingen dier stof uit de U^e en 16de eeuw, 
met vergeiyking van 't Arabische en Hebreeuwsche 
verhaal. 

Zeer merkwaardig z^n de „L lederen, opge- 
schreven in 't dorp Groot Borla" door M. L 
IzwosiKOF, die grootendeels het karakter van oude 
Bylina's di*agen en uitmuntend van vorm z\jn. 

Van de Boekbeschouwingen in de eerste Afl. ver- 
melden w\j de beknopte, maar zaakrjjke overzichten 
van Duitsche, Oostenr^ksche en Belgische t^dschrif- 
ten die aan Oosterache studiön gew^jd z\jn. Vorder 
vlndt men een vrtj uitvoerige aankondiging van „D i e 
Körperstrafen bei allen Völkern von den 
ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart," 
van Wrede en Dohrn, een werk dat als een wel- 
geordende compilatie geprezen wordt. Het bekende 
geschrift van Melioransxij „Gedenkteeken ter 
eere van Kül-Tegin" wordt besproken door 
Katanof. 

In de 2do Afl. bevat het opstel van K. S. Rjabinskij 
getiteld „Het kerspel Arda van 't distrikt 
Kozmodemiansk" mededeelingen over de hei- 
densche geloofsvoorstellingen en gewoonten der Tqe- 
remissen en over de T^eremissische bevolking in 
'talgemeen. Meer om den titel dan om den inhoud 
kan men als ethnografisch materiaal beschouwen een 
kort „Ethnografisch-satirisch liedje aan 
de Kama" medegedeeld door W. K. Magnitseu. 

Tot de Belagen behoort eene vei*zameling, door 
A. K. Nasyrof en P. A. Poljakof van „Sprookjes 
der Kazansche Tataren, vergeleken met 
sprookjes van andere volken". Deze bydrage 
vindt men voortgezet in de 8ß^ Afl., doch is ook 
daarin nog niet ten einde. 

Katanof geeft eene uitvoerige en nauwkeurige 
„Beschrfl ving van een metalen spiegel 
met Arabisch opschrift, toebehoorende 
aan *t Minusinsche Museum," met vermelding 
van soortgeiyke reeds vroeger gevonden spiegeis met 
dergeHjke opschriften. Eene korte ethnograflsche by- 
drage van Öibrikof heeft tot onderwerp „Volks- 
gejieesmiddelen en bezweringen tegen 
ziekten in *t Goevernement Kazan". 

In de Bibliografle geeft Katanof eene opsomming 
van verechillende artikelen , betrekking hebbende op 
Oudheid-, Qeschied- en Volkenkunde, die versehenen 
zijn in de tweede helft van 1899 in Russische dag- 
bladen en tydschriften , voor zoover deze bjj het 
Kazansche Genootschap ingekomen waren. 

Onder de Belagen is, behalve het vervolg van de 



- 213 - 



reeds bovenvermelde „Sprookjes der Kazan- 
sche Tataren" opgenomen een „Index van 
boeken, opstellen en aanteekeningen in 
dagbladen en tydschriften over de Kirgi- 
zen'* door Alektobof, met eene uitvoerige inlei- 
ding, waarin de uitkomsten der v^aarnemingen en 
nasporingen op Kirgizisch gebied zljn samengevat. 

H. Kern. 
VI. /KHBan OrapHHa (2iw£ga Staiina). 9<io jaargang 1899. 

Deze jaargang opent met een stuk van W. N. Do- 
BR0W0L*8KY, gotitold: „Verbalen uit h et leven 
in de velden van 2i8drinsk\j Poljes*," z;jnde 
schetsen uit bet Russische dorpsleven in volkstaal. 
Vervolg in de 2^e Aflevering. 

Het tweede stuk „Ethnografische opmer- 
kingen op een tocht van Nikolsk tot Tot'- 
ma", van de hand des bekenden reizigers Potanin, 
bevat eene menigte van levendige en belangrjjke 
opmerkingen en waamemingen van algemeen geo- 
grafischen en in 't b\jzonder ethnografischen aard 
over land en volk van een uithoekje in Noordelyk 
Europeesch Rusland. Hoewel het opstel van 1872 
dagteekenty heeft het nog niets van zun waarde 
verloren. Ook van dit stuk komt het vervolg voor 
in de 2^e Aflevering. 

Onder den titel „Indeeling der bewoners 
van *t Wilajet Bitol naar hun nationaliteit 
en geloofsbelijdenis in 1897", geefb A. Rost- 
KOFSKij in hoofdzaak statistieke listen, benevens 
een kaart van genoemd gebied in Europeesch Turkye. 

Nagenoeg in diezelfde streek vrorden wjj vei'plaatst 
door de lezing van de „Verzameli ng van Pana- 
jot Djinowsky uit het dorp Gadicnik (in 
Dibra)." Wat ons in deze aflevering meegedeeld 
wordt door P. A. Rawinskij, zfln korte beschr^jvin- 
gen van zeden en gewoonten onder de Slavische 
bevolking dier streek, en wel in den oorspronke- 
Ijyken Servischen tekst. Het vervolg, in de 2^e Afl. 
voorkomende, bevat ook eenig materiaal van topo- 
graûschen aard. 

Eene schets uit het leven in NoordelQk Rusland 
in verhalenden vorm geeft A. A. Sustikop in ztjne 
bydrage „By de gemeenteiyke landver- 
deeling." 

Vorder vinden wy „Vier sprookjes van de 
inbooriingen van Minusinsk", medegedeeld 
door eene dame, A. Kuznbtsowa. 

Behalve de reeds vermelde vervolgen behelst de 
2de Afl. „Materialen voor een woordenboek 
der Tungusische tongvallen," door den stu- 
dent Iw. Skublatof; voorts „Het sprookje van 
den schurftigen Sjamaan Wapys'chalaul 
Jumozyl", meegedeeld door Bogobazof. 

Onder de rubriek „Kritieken en Bibliografie" vin- 



den wy een aantal van korte aankondigingen van 
T^achische, Duitsche, Servische en Russische wer- 
ken: tydschriften, studiön, enz. De belangrykste zyn 
„Slovan sky Prehled", onder redactie van A» 
ÖEBNy. Vôstnik Slovanskych Starozitnostf. 
Indicateur des travaux relatifs à l'anti- 
quité slave. Vydâvâ L. Niedkble; Die Bul- 
garen. Ethnographische Studien; von A. 
Stbaüsz. Servische volksliederen, verza- 
meld door Wuk Karacit'; Piv'esne ludu 
Slovenského. Vydâvâ Museâlna slovenska 
spolocnost; Bei den Huzulen im Pruth- 
thai. Ein Beitrag zur Hausforschung in 
Oesterreich. Von Kaindl. 

Van zuiver taalkundigen aard is het stuk van 
I. Endzelin over de „Ontleeningen uit de Sla- 
vische talen in *t Lettisch", waarmee de 3de 
Afl. begint. De lyst van ontleende woorden kan 
strekken tot aanvuUing van wat Bbückneb gegeven 
heeft in 't bekende werk: Die Slavischen 
Fremdwörter im Litauischen." 

Het daaropvolgende artikel, van A. Kalacef, is 
een „Schets van den tegenwoordigen öko- 
nomischen toestand der Basjkiren in *tGoe- 
vernement Ufa." 

Over de volkstaal van *t Tsjudomsche 
distrikt van 't Goevernement Kostroma" 
door Th. Pokbowskij, is van zuiver taalkundigen 
aard. Tot den kring der volksverhalen behooren: 
„Vertelling van Elendi en zyn zonen (ver- 
taling uit het Tsuktsjisch)" en „Drie 
sprookjes, opgeschreven in *t Kolyma-ge- 
bied", beide medegedeeld door W. G. Bogobazof. 

De boekbeschouwingen hebben betrekking op 
„Slovenske narodne pesmi (Sloveensche 
volksliederen)", geordend door Stbbkelj; „Mo- 
ravské Kravarsko"; „Statystyka liednosci 
Kaszubskiej, (Statistiek der Kassubische 
bevolking), door Stkf. Ramult"; „Kleine Schrif- 
ten von Reinhold Köhleb, I Band, herausgegeben 
von J. Bolte", by wier aankondiging de beoordeelaar 
Jawobskij de groote Verdiensten van den overleden 
geleerde ten opzichte van de Studie der „folklore" in 't 
licht stelt. Dezelfde recensent geeft ook eene aan- 
kondiging van 'tgeschrift „Die Zeugung in Sitte, 
Brauch und Glauben der Südslaven" (von 
Dr. F. C. Kbaüss) en van „Srpske narodne pri- 
p w e t k e" (Servische volksverhalen) verzameld door 

NiKOLlé. 

De Mengelingen bevatten vooreerst eene bydrage 
van K. I. Bogolepof: „Huweiyksgebruik der 
beeren van 't Kurgominsche rechtsgebied, 
Goevernement Archangel," voorts „Gods- 
dienstige volksbygeloovigheden en legen- 



- 214 - 



den," opgeschreven door W. I. Suwobop in *tGoe- 
vernement; Twer, eindelyk eenige opmerkingen door 
£. WoLTJBB naar aanleiding der „Statistiek van 
Litausche boeken in Pruisen gedrukt van 1864 tot 
1896". Daaruit bl^kt dat het aantal van die drukken 
gestadig toenemend is, even als 't aantal nadrukken 
in andere landen. In Noord- Amerika verschonen 
twee degeiyke Litausche tydschriflen , zoodat de ver- 
spreiding van het Litausch, eene taal die naar men 
meende aan 'tuitsterven was, gaandeweg toeneemt. 
£ene lezenswaardige b^drage tot de kennis van 
't Grootrussische boerenhuis levert het opstel van 
M. SiNOZERSKiJ over „De huisbouw der beeren 
van 't distrikt Ljewoca, provincie Boro- 
wice, Goevernement Nowgorod," waarmee de 
4de Afl. begint. De daaropvolgende ethnisch-histori- 
sche en politieke studio van N. A. Aristop, getiteld 
„De Anglo-Indische „Kaukasus". De aanra- 
kingen van Engeland met de Afghaansche 
b ergs tarn men" geeft een uit de beste brennen 
samengesteld overzicht van het in den titel vermelde 



onderwerp en is als zoodanig zeer verdienstel\jk. Het 
is echter slechts een eei'ste gedeelte van het geheel. 

De afdeeling voor volks-taal en -letterkunde bevat 
vooreerst eene „Lyst van Tobolskische woor- 
den en uitdrukkingen" alphabetisch gerang- 
schikt door Nikolajef, voorts „L lederen en 
anekdoten", opgeschreven door Potanin in 'tdorp 
Aksenjiewa. „Bynamen der beeren van *t dé- 
partement Chmelef, raedegedeeld door A. A. 
SüSTiKOF , „V oiks w 00 r den en bünamen in 
de factory Sj'sert, Goevernement Jekate- 
rinburg," door Jarkop, eindelijk eene mededeeling 
van Ja. Küznetsop over „Het Huwelijk in het 
kerspel Chmelewice, Goevernement 
K s t r m a". 

Eene kleine bydrage van A. Bülop over „De 
heilige Andreas en de heilige Katharina 
in 't Russisch volksgeloof* in de rubriek Men- 
gelingen, besluit dezen jaargang van het door ver- 
scheidenheid uitmuntende tydschrift. H. Kern. 



V. LIVRES ET BROCHURES. - BÜCHERTISCH. 



XI. 0. Frankfurter, Ph. D.: Elements of 
Siamese Grammar with Appendices. Bang- 
kok-Leipzig, Karl W. Hiersemann, 1900. 8®. 

This valuable linguistic publication of onr colla- 
borator is by its Appendices also of an ethnological 
interest. They are entitled: 

I. Palace language, which is distinct from the 
language used conversationally. 

II. On the nobles of Siam, and 

III. Chronology of Siara. 

In the Palace language, treated in the first of these 
appendices, we have .a parallelism to the use of a 
different language in Java in adressing persons of 
a higher rank or spoken by them; in the second ap- 
pendice is pointed out the difference between nobles 
in Siam and those in Western Countries. Instead 
of being in the latter an hereditary class, the cus- 
tom regarding them is in Siam near to that prevail- 
ing in China , whore dignity and office are combined. 
If a person has a dignity, he occupies at the same 
time an office. If he leaves such office, his dignity 
ceases, unless the King allows him to keep his dig- 
nity on account of services rendered. 

For further particulars we recommend our readers 
the study of Mr. F.'s work. 

XII. Prof. Dr. O.Weise: Die deutschen Volks- 
stämme und Landschaften. Leipzig, B. G. 
Teubner, 1900. 8«. 

Das vorliegende mit zahlreichen Abbildungen aus- 



gestattete Werkchen will das Verständnis für die 
Eigenai't der deutschen Stämme und für den Einfluss 
der Landschaft, resp. Gegend auf Temperatur und 
geistige Anlage des Menschen fördern. Wir glauben 
dass die gestellte Aufgabe erreicht ist; trotz des be- 
schränkten Raumes enthält das Buch eine Menge 
interessanter Daten über Industrie, Sitten und Ge- 
bräuche, Sagen und Märchen etc., so dass es auch 
demjenigen der sich in ethnographischer Beziehung 
in kurzer, leicht verständlicher Weise über die deut- 
schen Stämme unterrichten will , mit gutem Gewissen 
empfohlen werden kann. 

XIII. F. Blümentritt: Verzeichnis philip- 
pinischer Sachwörter aus dem Gebiete 
der Ethnographie und Zoologie. Berlin, 
F. Friedländer und Sohn, 1899. 4». 

Der bekannte, hochverdiente Forscher auf dem 
Gebiete philippinischer Ethnographie und Geschichte 
bietet uns in der vorliegenden Arbeit eine Gabe 
die von allen unsern Fachgenossen freudig begrüsst 
werden dürfte. 

Die Inhalt ist, soweit ethnographischen Charakters, 
vertheilt nach Wohngebäuden nebst Bestandtheilen , 
Kleidung und Schmuck; — Holzgefässe und Löffel; — 
Irdene und Metall-Gefässe; - Körbe, Taschen etc. — 
Feuerzeug und Beleuchtungsgegenstände , — Rauch- 
und BeteluLensilien, — Messer, Waffen etc. — Hand- 
werksgeräthe, Chirurgische Instrumente, — Land- 
wirthschaftliches etc. — Fischerei und Jagd — 



- 215 - 



Schiffahrt — Musik und Dichtung, incl. Tanz — und 
Yaria. 

Von jedem Worte wird die Erklärung gegeben 
und oft auf die Publicationen von Jagor, A. B. Meykb, 
Hans Meyer etc. hingewiesen. Die befolgte Ortho- 
graphie ist die Dr. Rizal's. Ein Vergleich der Namen 
vieler Gegenstände mit jenen gleicher auf Java, 



Sumatra etc. zeigt wiederum deutlich die Zugehörig- 
keit der Philippinen-Stämme zur grossen malayo- 
polynesischen Völkerfamilie. 

Die Publication reiht sich den Abhandlungen und 
Berichten aus dem Königl. Zoolog, und Anthrop. 
Ethnogr. Museum in Dresden würdig an. 

J. D. E. SCHHELTZ. 



VI. EXPLORATIONS ET EXPLORATEURS, NOMINATIONS, NECROLOGIE. - 
REISEN UND REISENDE, ERNENNUNGEN, NEUROLOGE. 



XV. Eine Schweiz. Gesellschaft für VoLks- 
kunde (Société suisse des traditions populaires), 
welche ein eignes Organ (Schweizerisches Archiv 
für Volkskunde) erscheinen lässt, wurde im Jahre 
1896 errichtet. Die Thätigkeit der Gesellschaft er- 
streckt sich auf: 

1. Anthropologische Beobachtungen und 
Statistiken. 

2. Siedelungs-, Wohn- und Nahrungsver- 
hältnisse: Anlage der Ortschaft und des ein- 
zelnen Hofes; Bauart, Disposition und Einrich- 
tung des Hauses; Hausmarken; Geräthe; Art 
und Betrieb der bäuerlichen Beschäftigung; Ge- 
sinde; Volksspeisen und Getränke; Bereitung 
und Gestaltung des Brotes; Speisen zu bestimm- 
ten Festzeiten etc 

3. Trachten. 

4. Hausindustrie und volksthümliches 
Kunstgewerbe. 

5. Sitten, Gebräuche und Feste: 

a) Geburt, Taufe, erste Kommunion, Firmung, 
Werbung, Hochzeit, Krankheit, Tod und Be- 
gräbnis. 

b) Weihnacht, Dezembernächte, Sylvester, Neu- 
jahr, Berchtoldstag, Dreikönige, Fastnacht 
und Kirch weih, Karwoche, Ostern, Früh- 
lingsfeste , Pfingsten , Sonnwendfeste, einzelne 
Tage etc. 

c) Kirchliche und weltliche (historische) Lokal- 
feste; Landsgemeinden: Schützen-, Sänger-, 
Turn- und Jugendfeste. 

d) Gebi-äuche bei Hausbau und Gesindedingung; 
Schulgebräuche; Kiltgang und Spinnstube. 

e) Landwirthschaftliche Gebräuche; Kaienderund 
Wetterregeln etc. 

f) Gebräuche der Sennen, Hirten, Fischer, 
Jäger, Spielleute, Handwerksgesellen etc. 

6. Volksmeinungen und Volksglauben: 
Seelenkult, Gespenster, Hexen, Zauberei, Schutz- 
mittel und ähnliches; Thief-, Pflanzen- und 
Gestirnglaube; Glücks-, Ehe-, Todesorakel etc. 

7. Volksthümliche Rechtsalterthümer. 



8. Volksdichtung: Volks- und Kinderlieder, 
Reimsprüche, Inschriften; Sprichwörter; Räthsel; 
Sagen , Märchen ; Legenden ; Schwanke (Fabliaux) ; 
Volksschauspiele. 

9. Spiele. 

10. Musik und Tanz: Allgemeiner Charakter 
der Musik, Melodien (namentlich der Volks- und 
Kinderlieder), Instrumente; Art, Zeit und Ort 
der Tänze. 

11. Volkswitz und -Spott: Ortsneckereien , 
Spottreden auf Stände, Berufe und dgl. 

12. Redensarten: Allgemeines; bildliche Aus- 
drucksweise,Grussformel,Höflichkeitswendungen, 
Schelten, Rufe etc. 

13. Namen, bezw. üebernamen von Men- 
schen, Thieren, Pflanzen, Häusern, geographi- 
schen Punkten etc. 

14. Sachlich geordnete lexikalische Zu- 
sammenstellungen verschiedener Art 

XVI. Die Gesellschaft deutscher Natur- 
forscher und Aerzte erwählte Hamburg, von 
wo eine Einladung des Senates vorlag, zu ihrem 
nächstjährigen Versammlungsort. Da zur diegährigen 
Versammlung in Aachen nur zwei Anthropologen 
erschienen waren, konnte die betr. Section nicht 
constituirt werden und fanden keine einschlägige 
Vorträge statt. 

XVII. Die Jahresversammlung der Deutschen 
anthropologischen Gesellschaft in Halle 
a/S. vom 24 — 27 Sept. nahm einen sehr günstigen 
Verlauf. Von den dort gehaltenen Vorträgen sei 
zumal der des Malier a. D. Dr. 0. Förtsch über „die 
prähistorischen Verhältnisse der Provinz Sachsen" 
erwähnt , aus dem u. A. hervorgeht dass Römerzeit , 
Völkerwanderungsperiode und Merovingerzeit für 
Sachsen nicht scharf zu trennen sind und dass die 
slavische Zeit dem Lande keinen Kulturgewinn ge- 
bracht. — Die nächste Jahresversammlung wird in 
Metz abgehalten. 

XVIII. An der Universität Zürich ist eine ordent- 
liche Professur für Anthropologie geschaffen; die- 
selbe ist Dr. Run. Martin, der schon seit einem. 



- 216 - 



Jahre als aunserordentlicher Professor fungirte, über- 
trafen« Wir freuen uns dieses Beschlusses der 
7jiit'utUeT Beh^^rden nicht nur unserer Wissenschaft, 
der da^Jurch eine zweite Heimstätte an den Hoch- 
HcUnUin deuts^;her Zunge ersteht, sondern auch 
dc-s Irihah>ers des neuen Lehrstuhls halben, der seit 
Jahren unermüdlich bestrebt gewesen durch Schrift 
und Wort Verständnis für die Wissenschaft vom 
Menschen zu erwecken und sich durch seine For- 
s<;hun«HreiHe nach Malaka vortheilbaft bekannt ge- 
ma/;ht hat 

XIX* Prof. A. Basti A M wurde vom König von 
PreuKH^^n der rothe Adlerorden 2^ Klasse verliehen. 

XX. Der bisherige Konservator des Römisch- 
Oermanischen Museum in Mainz, Ludw, Lindenschmit 
wurde zum ersten, und Prof. Kabl Schumachbr in 
Karlsruhe zum zweiten Director des Reichs Limes- 
MuHf^ums auf der Saalburg bei Homburg ernannt. 
Man hofft den Wiederaufbau des dortigen Römer- 
KastelTs In zwei Jahren vollendet zu haben. 

XXI. Dr. Heinb. Schübtz in Bremen wurde von 
der Fürst]. Jablonowskischen Qesellschaft zu Leipzig 
für s^^ine Arbeit ;,Das afrikanische Gewerbe" ein 
Preis zuerkannt. 

XXII. Dr. K. Weulb wurde zum Directorial- 
assistenten am Museum für Völkerkunde in Leipzig 
ernannt imd hat sich an der dortigen Universität 
mit einer Habilitationsschrift über afrikanische Pfeile 
als Privatdocent habilitirt. 

XX III. Dr. Kmil Schmidt, Professor der Anthro- 
pologie und F^thnologie an der Universität Leipzig 
ist in den RuhoHtand getreten (Natura Novitates). 

XXIV. Prof. R. ViRCHOw, wurde von der Wiener 
Akademie der Wissenschaften zum Ehrenmitglied 
ernannt. 

XXV. t Am 8»en September starb in Hamburg, 
im Alter von 70 Jahren, Eduard Dämel, der sich 
in naturwissenschaftlichen Kreisen durch seine drei 



Sammelreisen nach Australien und den Viti-Inseln, 
zumal der von denselben heimgebrachten schönen 
entomologischen Sammlungen halben einen guten 
Namen erwarb. Die dritte Reise wurde durch D. im 
Auftrage des Museum Godefl^oy, an dem er als 
unser Assistent einige Jahre vorher gewirkt, ausge- 
führt. Mit ihm ist der vorletzte, noch lebende Send- 
bote jener Anstalt heimgegangen; durch sein biederes, 
treues Wesen hatte er sich viele Freunde erworben. 

XXVL t Dr. Max .Jahns, Verfasser einer Reihe 
kriegswissenschaftlicher Werke, u. A. auch der fur 
ethnographische Forschungen wichtigen „Entwick- 
lungsgeschichte der alten Trutzwaffen", 
starb am 19 Sept. in Berlin 64 Jahre alt. 

XX VIL t Prof. Philipp Paulitschks, bekannt 
durch seine Reisen in den Somali- und Galla-Ländem 
und die darüber veröffentlichten wichtigen Arbeiten 
starb in Wien am 11 Dec. 1899, 45 Jahre alt. Für 
Näheres, den Lebensgang und die Arbeiten des Ver- 
storbenen betreffend, verweisen wir auf die Schil- 
derung von Dr. W. Hein in Mitth. der anthropol. 
Gesellschaft in Wien, 1899 pg. 70 ff. 

XXVIII. t I>r. med. Ed. Petri, Professor der 
Geographie und Ethnologie an der Universität St. 
Petersburg, starb am 10 Oct. 1899 in Alter von 46 
Jahren. Der Veretorbene gehörte in der Erstzeit des 
Bestehens dieser Zeitschrift der Redactions-Commis- 
sion an. 

XXIX. t I)er Director des Herzogl. Museums in 
Braunschweig, Prof. Dr. Hebm. Riegel, verstarb im 
August d. J. 67 Jahre alt. 

XXX. t General Pitt Rivers, formerly known as 
Col. Lane Fox, who presented long ago his collec- 
tions to the University of Oxford, forming now the 
„Pitt Rivers Museum", and to whom the study of 
Anthropology in Great Britain is so much indebted, 
died 4 May 1900. 

J. D. £. SCHMELTZ. 



WEITERE BEMERKUNGEN 

ZUR 

ETHNOGRAPHIE DER MATTY-INSEL 

VON 

Dr. KARUTZ, Lübeck. 



Bereits einmal, im XII. Bande dieses Archivs, habe ich Gelegenheit nehmen können, 
zu dem interessanten Problem der Matty-Ethnographie einen kleinen Beitrag zu liefern, 
der im Wesentlichen in der Beschreibung einiger neuer Formen ethnographischer Gegen- 
stände sowie in der Darstellung der auf den Stücken unseres Museums vorkommenden 
Ornamente bestand. Von weitergehenden spekulativen Deutungen der letzteren oder von 
ihrer Verwerthung für die Frage, woher die Matty-Kultur gekommen ist, habe ich damals 
mit Willen Abstand genommen. Inzwischen fand ich einiges Material, theils in der 
Litteratur, theils in unserer Sammlung, das auch für jene Frage von Belang ist, das sie 
keineswegs löst, im Qegentheil fast noch mehr zu verwickeln scheint, das aber in der 
Reihe vergleichender Untersuchungen, die über die Matty-Kultur noch werden angestellt 
werden, nicht fehlen darf. Ja, es ist vielleicht von besonderer Wichtigkeit, dass die 
Fingerzeige, die es uns bietet, bereits jetzt, im ersten Beginne aller dieser Untersuchungen, 
beachtet werden können. 

Eine Anzahl von Meinungsäusserungen über die Herkunft der Matty-Bevölkerung 
bezw.-Kultur liegt bereits vor. Miklucho-Maclay erklärte 1878, gestützt auf den Eindruck, 
den die körperliche Erscheinung einzelner Individuen auf ihn machte, die ganze Bevöl- 
kerung der Ninigo-Gruppe für mikronesisch. von Luschan wies auf die Unzulänglichkeit 
dieser Beobachtung hin (dieses Archiv, Bd. VIII, S. 54) und kam am Schlüsse seiner 
Ausführungen zu dem Resultate, dass es „bei dem bisherigen Stande unserer Kenntnisse 
unthunlich sei , den Matty-Insulanern eine bestimmte Stellung im ethnographischen Systeme 
anzuweisen, dass es aber wahrscheinUch sei „dass sie nicht Abkömmlinge, sondern Brüder 
von Mikronesiern sind." Die Aehnlichkeit einzelner Waffen mit modernen mikronesischen 
sei nur eine oberflächliche und willkürhche. 

Dieses Letztere bezog sich auf die zahnbewehrten Waffen , die allerdings auf den ersten 
Blick sich denen der Gilbert-Inseln anzugliedern scheinen, deren Typus aber, wie von Luschan 
hervorhebt, einerseits mehrfach in Polynesien vorkommt, andererseits auf Matty originell 
ausgebildet uns entgegentritt. Ebenso seien die Schildkrotbeile bisher ohne Analogie, wenn 
auch das Material anderswo, vor Allem in Mikronesien die gleiche Verwendung fände. 
Nach Partington (Refer, in diesem Archiv, Bd. IX, S. 208) sind Schildkrot-Beile bekannt 
von der Ellice-Gruppe, den Freundschafts-Inseln , Gilbert-Inseln und der Savage-Insel (Niué). 

Parkinson meinte dagegen, wie aus den im gleichen Bande des Archivs, S. 248, und 
in Bd. IX, S. 90 abgedruckten Briefen hervorgeht, die Verwendung der Haiflschzähne 

L A. f. E. XIIL 28 



- 218 - 

weise auf mikronesischen Einfluss hin, und andererseits sei auch ein malayischer Einfluss 
nicht ausgeschlossen. In seinen ^Beitragen zur Ethnographie der Matty- und Durour-Inseln" 
(Bd. IX. d. A.) führte er dann aus, dass dieser Einfluss namentlich in den eigenthûmlichen 
langen Holzschwertern hervortrete. Ueber mikronesische Beziehungen findet sich hier nur 
die Bemerkung: ^ausser einem Fischnetze mit Schwimmern und Senkern weist die Sammlung 
noch einen Hamen an einem langen Stiel auf, „welcher sich nicht wesentlich von derartigen 
ähnlichen Instrumenten aus den Karolinen etc. unterscheidet". 

Für mikronesischen Einfluss auf Matty hatte sich ferner inzwischen Hofrath Dr. Meyer 
in seiner Arbeit „Zwei Hauwaffen von Matty" ausgesprochen. Im Jahre 1897 hielt dann 
Herr Dr. Hagen vom Hamburger Museum für Völkerkunde auf der Lûljecker Anthropologen- 
Versammlung seinen Vortrag „über die Ornamentik der Matty-Insulaner", in welchem er 
gleichfalls auf die Beziehungen zu Mikronesien, namentlich zu den Karolinen, hinwies. 
So erinnerten ihn die auf den Gegenständen dargestellten menschlichen Figuren an die 
grossen rohen Holzgotzen von Nukuor; besonders aber waren es die Fisch-Darstellungen — 
realistische und ornamental geometrisch abgeleitete — , die ihn zu dem Schlüsse kommen 
Hessen, dass die Ornamentik der Matty-Insulaner derjenigen der Karolinen anzureihen sei 
(Correspond. Blatt der Deutsch. Gesellsch. f. Anthrop. , Ethnol. u. Urg. 1897. S. 155). 

Die nächste über Matty publicierte Arbeit, aus dem Berliner Museum — Hans Wohl- 
bold „Beitrag zur Kenntnis der Ethnographie der Matty-Insel, dieses Archiv, Bd. XI, S. 41 —, 
brachte die Beschreibung einer neuen Sammlung und der hauptsächlichsten in ihr ver- 
tretenen Ornamentfornien , ohne in eine nähere Erörterung der Kulturbeziehungen Matty's 
einzutreten. Vielmehr sprach sich der Verfasser ablehnend dahin aus, dass „wir nicht 
vermögen die Ornamente der Matty-Insulaner zu erklären oder nur ihre Verwandtschaft 
mit irgend einem Völkerkreis der Südsee nachzuweisen." Ebensowenig überschritt von Lüschan 
in seinen „Neuen Beiträgen zur Ethnographie der Matty-Insel" (dieses Arch. Bd. XII. S. 122) 
die Grenzen beschreibender Darstellung ethnographischer Gegenstände. 

Wir l^sitzen mithin nur wenige vergleichende Untersuchungen über die Matty-Kultur, 
diese aber scheinen vorläufig nach Norden und Nordosten zur mikronesischen Inselwelt zu 
weisen, wobei in der Ornamentik sich mehr deren westlicher, in der Verwendung der 
Haiflschzähne mehr der östliche Theil wiederfände. 

Das Letztere trifft freilich wohl nur auf den ersten Eindruck der mächtigen Hauwaffen 
zu , welche an diejenigen der Gilbert-Inseln gemahnen ; der Gebrauch der Zähne zur Waffen- 
armierung ist ebenso auf den Karolinen bekannt und nöthigt daher an sich nicht zu einer 
Weiterführung seiner Herkunft über diese hinaus zu den Gilbert-Inseln — dass er sich 
auch bei polynesischen Völkern findet, wie bekannt, wird uns weiter unten noch beschäf- 
tigen — , um so weniger , wenn man an den betreffenden Karolinischen Gegenständen die 
gleiche Decklage oder Sicherung von weissem Kalk findet, wie an den Waffen von Matty. 
KuBARY erwähnt in seinen Beiträgen zur Kenntnis des Karolinen-Archipels (Bd. I. S. 57) 
die „Mejenpuof?* genannten Speere von Ruk, die mit Rochenstacheln, Belone-Kiefern und 
zuweilen Menschenknochen bewaffnet sind. „Diese Stücke werden erst mit dem Zwirn am 
Speere befestigt und darauf mit einer dicken, eiförmigen Umlage aus Kalkkitt auf dem 
Ansätze umgeben, woher der Name: „Kalkspitzen." 

Hierher gehören ferner die Karolinischen Schlagringe, die im Katalog des Godeffroy- 
Museums (S. 321), von Kubary und Finsch (Annal, d. Wiener Hofmus. Bd. VIII. S. 317) 
beschrieben worden sind. Kubary sagt über sie (I.e. Heft II, S. 156): „Zu den ältesten 



- 219 - 

Waffen der Einwohner (Pelau-Insulaner) gehOrt auch der Kareäl, ein auä Farnstengeln 
zusammengewickelter Ring, auf dessen einer Seite Haifischzähne oder Sehwanzstacheln des 
Naseus befestigt sind." Auf der Tafel XXII sind zwei derartige Kareâls abgebildet, an 
denen man die Schnurbefestigung der Zähne frei liegen sieht. Für mich gewinnt daher 
besonderes Interesse ein Exemplar, welches in unserem Museum liegt, und welches mit 

einem Kalküberzug gleich dem der 
Matty-Waffen versehen ist. Abbil- 
dung 1 zeigt unseren von der Insel 
Pulusuk stammenden, unter N". 5490 
katalogisierten Schlagring , der. läng- 
lich oval ans zwei mit einander ver- 
schnürten Pflanzenstengeln gebogen, 
einen grösseren Durchmesser von 
f 9{ cM., einen kleineren von 3î cM. 

hat. Die Schlagseite ist mit sieben 
Haifischzähnen armiert, die an ihrer 
Basis durchlocht, durch Schnüre 

- — befestigt und darüber von einer 

Pjg 1 dicken Kalkschicht überzogen sind. 

Die Aehnlichkeit der ganzen An- 
ordnung z. B. mit den in Baummark-Scheiden liegenden kurzen Handwaflen von Matty ist 
unverkennbar. 

Zufällig dagegen mögen Anklänge sein, die aus einem anderen Stücke 
Karolinischen Kulturbesitzes herauszuhören sind, aus dem in Fig. 2 abge- 
bildeten, zum Kusaie-Kettebock gehörigen Pflock. Die Spitze, mit der dieser 
aus hartem Holz geschnittene Pflock in das weiche Holz des Bockes einge- 
schlagen wird, erinnert an die Kegelspitzen der Matty-Tanzkeulen. Doch lege 
ich keinen sehr grossen Werth auf diesen Punkt, die Aehnlichkeit mag, 
wie gesagt, eine zufällige sein und soll der Möglichkeit der Entstehung der 
Matty-Form aus raalayischen oder chinesischen Vorbildern (Hüte?) nicht im 
Wege stehen. 

Weitere Beweisstücke für einen Zusammenhang der Matty-Kultur mit 
deijenigen der Karolinen scheint die Ornamentik beider ethnographischen 
Provinzen zu üefein. Ich habe bereits oben erwähnt, dass schon von Eaqen 
auf diesen Punkt aufmerksam gemacht worden ist, indem er die Aehnlich- 
keiten in den figuralen Darstellungen, namentlich solchen von Menschen und 
Fischen hervorhob, und möchte dem noch einige andere Analogien hinzufügen. 
Fig. 2. Zunächst erinnere ich an die Karolinischen Tätowtrungs-Muster. Man 

veigleiche z. B. die von Edge Partington auf Taf. 63 der Serie III seines 
Album of the Pacific abgebildeten Zeichnuugeu, in denen die charakteristischen Fischgräten- 
muster von Matty wiederkehren, und die von Kubart (1. c. I. Taf. SI) aus Sonsol mit- 
getheilten, welche die Ueberein Stimmung auch für die westlichen Karolinen bestätigen: 
Meselben Leisten mit den parallelen nach der einen Seite abgehenden kurzen Querlinien, 
dieselben baumartigen Verzweigungen, dieselben, hier mehr in die Länge gezogenen , blatt- 
spitzenartigen vollausgemalten Dreiecke, dieselben Wellenlinien und Doppelhaken. 



- 220 - 

Ich erinnere ferner an die Dachbalkenverzierungen, die Kübary auf Taf. XL des III. 
Heftes seiner Beiträge abbildet ; das „ Tahardkl*' -Unstev der Figur 5 entspricht genau einem 
Theile der als Angelhaken aufgefassten Bilder der Matty-Ornamente. Ich sage absichtlich, 
einem Theile, da für andere theils die Verbindung mit Wellen oder Fischen, theils die 
ausgesprochenere Hakenform die Bedeutung als Angelhaken gewährleistet; aber für sehr 
viele Hakenreihen in den Matty-Mustern dürften die Beziehungen zu dem genannten 
Taharäkl sicher sein, das seinerseits wieder erklärt wird durch Fig. 11 der Taf. XXVIII in 
Heft I desselben Werkes (die Industrie der Pelau-Insulaner). Sie zeigt eine „TaharakV 
genannte Hängevorrichtung, zu der Kubary auf Seite 197 Heft II, bei der Beschreibung 
des Inneren eines Pelau-Hauses , bemerkt: „Längs des oberen Randes sämmtlicher Wände 
verläuft ein „Taharàkr\ ein aus regelmässig neben einander verbundenen Haken gebildetes 
Gehänge, an dem die sämmtlichen Utensilien des Haushaltes aufgehangen werden". 

Zwei andere Dachsparren, aus einem Hause von Ruk, sind auf Taf. IX im Heft I 
desselben Werkes abgebildet, in deren Ornamentik die Sternflguren und Punktreihen der 
Matty-Speere wieder zu erkennen sind. 

Figur 27 und 28 der Tafel XXIII (Heft II) sind zwei Kalkrohre, die, zu den Ruk- 
Tänzen gebraucht, mit besonderer Sorgfalt und Schönheit verziert sind. In der Art dieser 
ornamentalen Verzierung erkennt man sofort Matty-Analogien : in Figur 27 die lang- 
gezogenen Dreiecke, wie sie auf den Matty-Tanz (!) Keulen vorkommen, in Figur 28 die 
Wûrfelquadrate mit dem Punkt in der Mitte, wie sie von Wohlbold beschrieben sind. 
Typisch scheint mir an beiden Exemplaren auch die Vertheilung der Muster auf regel- 
mässige Felder zu sein, die durch breite Ringstreifen gegen einander abgegrenzt sind, und 
auf die bereits von Hagen und mir bei den Matty-Gegenständen hingewiesen worden ist. 

Scheinen wir somit zahlreiche Beweise für einen Zusammenhang zwischen der Matty- 
Bevölkerung und derjenigen der Karolinen aus einer vergleichenden ethnographischen 
Betrachtung gewonnen zu haben, die allerdings nur von bescheidenem Umfange sein 
konnte, so liegt mir andererseits daran, vor übereiligen Schlüssen zu warnen, und zu 
betonen, dass man nun noch nicht berechtigt ist, von einer direkten Beeinflussung der 
Matty-Kultur oder von einer direkten Besiedelung der Matty-Insel durch Mikronesier bezw. 
Karolinen-Bewohner als von einer klar bewiesenen Sache zu sprechen. Hatte ich selbst 
diesem Gedanken auf Grund der im Vorstehenden mitgetheilten Beobachtungen eine Zeit 
lang Raum gegeben, so bin ich durch eine andere Beobachtung, die mir im Interesse vor- 
sichtiger Beurtheilung unseres Falles erwähnenswerth dünkt, wieder davon abgekommen. 

Es handelt sich um zwei bunt bedruckte Tapa-Stoffe unserer Sammlung, die auszugs- 
weise in den Figuren 3 — 5 wiedergegeben sind. 

Das Stück der Fig. 3 und 4 - N^ 2018 unseres Katalogs - ist 3 M. lang und 2,8 M. 
breit und in 35 fast quadratischen , ca. 48 : 42 grossen Vierecken mit einem reichen Muster 
in Streifen angeordneter Ornamente bedeckt, die in den einzelnen Feldern gewissen 
Abweichungen unterliegen, in den Hauptzügen dagegen übemll wiederkehren. Figur 3 zeigt 
ein zusammenhängendes Stück von vier Feldern , Figur 4 einige gesondert herausgenommene 
Muster derselben Matte. 

Sehen wir uns nun diese Muster genauer an, so werden wir ausser von dem im Matty- 
Stil gehaltenen oberen und unteren Grenzstreifen, sofort von den eigenartigen Bildern der 
Diagonalstreifen gefesselt, deren Punktreihen, schräglaufende Parallellinien und Fischgräten- 
muster uns von den Matty-Gegenständen her vertraut sind. Neben diesen sind uns alte 



- 221 - 
Bekannte die eigenthûmlichen Schräglinien mit den kurzen, nach einer Seite horizontal 



Fig. 3. 



Fig. 4. 
und parullel abgehenden Seitenästen. Der horizontale Streifen, der die beiden oberen Felder 



- 222 - 

von den beiden unteren trennt, zeigt Figuren, die offenbar denjenigen der Figur 24 auf 
Tafel V der WoHLBOLD'schen Arbeit entsprechen und Fische vorstellen. Die kleine Abwei- 
chung des nicht ausgemalten Körpei-s kommt umsoweniger in Betracht, als dieselbe Tafel 
in anderen Mustern ebenfalls durch elliptische Linien ausgedrückte Fischkörper bringt. 

In der Abbildung 4 sind noch einige andere Formen der Ornamentik aus den übrigen 
Feldern derselben Matte auszugsweise wiedergegeben, alle neun Bilder wiederholen mit 
nicht geringerer Deutlichkeit in ihren übereinandergesetzten Pyramiden, ihren Fischgräten- 
mustern, den quergeastelten Linien von Fig 6, den diagonalen Punktreihen die Ornamente 
der Matty-Gegenstände. 

Als neu kommen hier noch die symmetrische Reihe von Spitzwinkeln hinzu, wie ich 

sie von einem unserer Matty-Speere 

beschrieben und in Fig. 28, Taf. VIII 

• meiner Arbeit abgebildet habe, sowie 

die durch gekreuzte Parallellinien 
entstandenen gitterartigen Bilder , 
denen wir auf dem Schafte einer 
unserer Schildkrotzacken-Schlagwaf- 
fen wieder begegnen {vergl. Fig. 18, 
Taf. IX derselben Arbeit). 

Die Abbildung 5 stellt eine Matte 
dar, deren Farbendruck wesentlich 
einfachere Muster zeigt. Aber auch 
diese Muster entsprechen ihrem 
ganzen Charakter wie der Ausführ- 
ung im Einzelnen nach denjenigen 
der Matty-Gegenstände; man ver- 
gleiche mit ihnen die Fig. 18 auf 
Tafel IX und 19 auf Tafel VUI 
meiner Arbeit, Fig. 21 und 22 auf 
Tafel V der WoHLBOLo'schen , um 
die Zusammengehörigkeit und Ueber- 
einstimmung all dieser Master sofort 
zu erkennen. 
|^etu(^f.s«2. So haben wir also Matty-Muster 
. ^ auf den Karolinen gefunden, Karo- 

FiB- 5- linische und Matty-Formen auf un- 

seren Tapa-Stoffen, der Kreis wäre 
geschlossen, die mikronesische Natur der Matty-Ornamentik erwiesen, die Besiedelung der 
Matty-Insulaner durch Mikronesier, besser, durch Karolinen-Bewohner sichergestellt — wenn 
unsere Matten von den Karolinen stammten. Das ist nun leider aicht der Fall. Die zweite 
der beiden beschriebenen stammt von Samoa, die erste ist uns vor Jahren mit der 
Provenienz „Neue Hebriden" zugegangen. Ich glaube nitht an diese letztere Angabe, halte 
das Stück vielmehr ebenfalls für samoanisch, einmal weil sie mit saraoanischen Ethnogra- 
phicis zusammen bei uns eingeliefert worden ist, dann aber vor Allem deshalb, weil sich 
ganz ähnliche Muster auf Matten und Schurzen unserer Sammlung finden, deren samoani- 



- 223 - 

scher Ursprung ausser allem Zweifel steht. Es kommt hierauf übrigens gar nicht so sehr 
an, es genügt für unseren Zweck vor der Hand festzustellen, dass die Stücke polynesisch 
sind; welcher Insel Polynesiens unsere Matty- Analogien entstammen thut man wohl gut 
für später im Gedächtnis zu behalten, aber man wird bei dem heutigen Stande der Dinge 
daraus keinerlei Schlüsse ziehen wollen. Polynesisch aber sind die Stoffe jedenfalls, selbst 
wenn sie von den Neuen Hebriden stammen sollten, und sie beweisen, dass es mit einer 
rein mikronesischen Ornamentik auf Matty nichts ist, dass für eine direkte Besiedelung 
Mattys durch Eingeborne der Karolinen bislang keinerlei einwandsfreier Beweis vorliegt. 
Sie machen es vielmehr wahrscheinlich, dass heute noch der Ausspruch von Luschan's, 
die Matty-Bewohner seien Brüder von Mikronesiern , nicht Abkömmlinge von ihnen, der 
Wahrheit am nächsten kommt; — dass wir in ihnen eine polynesische Enklave Melanesiens 
zu sehen haben, die, weder ohne Rassenvermischung noch ohne kulturelle Beeinflussung 
gebUeben, doch in sich kraftvoll genug war, in ihrer Abgeschlossenheit sich eine Originalität 
zu schaffen , zu der fremde Motive und eigene Reminiscenzen den Grundstock geliefert haben. 
Verwickelt sich somit das Matty-Problem noch mehr, so erscheint es andererseits richtig, 
sich daran zu erinnern, dass allein der Blick auf Mikronesien nicht alle die Wege umfasst, 
die zur Lösung des Problems führen, dass wir daneben — vom Malayischen Archipel 
abgesehen — auch Polynesien unsere Aufmerksamkeit zuwenden müssen. 



SAMOAJSriSCHE MÄRCHEN 

VON 

Dr. jur. O. SIERICH, 

AUF Savaii, Samoa-Inseln. 



EINLEITUNG. 

Während eines mehrjährigen Aufenthalts in Samoa, der mich in häufigen Verkehr 
mit den Eingebornen brachte und mir Gelegenheit bot mich einigermassen mit deren Sprache 
vertraut zu machen, wurde ich mit einigen Bruchstücken samoanischer Erzählungen 
bekannt, die sogleich mein Interesse erregten; zunächst vielleicht wegen des ganz fremd- 
artigen Schimmers der im Stoff und der Behandlungsweise derselben liegt. Ich begann 
einzelne dieser Erzählungen Wort für Wort nach den mündlichen Mittheilungen samoani- 
scher Freunde, die Geduld und Nachsicht mit meiner Laune, über welche sie lächelten, 
hatten, niederzuschreiben und ins Deutsche zu übersetzen. Auf diese Weise ist die 
Sammlung von Märchen und Sagen der Samoaner allmählich zu Stande gekommen , welche 
jetzt nach und nach den Lesern des Archivs vorgelegt wird. 

Die Quelle aus welcher der Stoff geschöpft, ist klar und gut, nämlich der Volksmund 
selbst. Ob ich nun berechtigt bin diesen Theil meiner Reise-Erinnerungen aus Samoa einem 
grösseren, als dem nächsten Freundeskreise, dem man seine Reise-Kuriositäten zu zeigen 
pflegt, zur Schau zu stellen: — Diese Frage wird, nun ich trotz mancher Zweifel die 
Veröffentlichung unternommen, nicht lange unbeantwortet bleiben. 



- 224 - 

Ich glaube nicht dass, ausser der von Dr. F. W. K. Müller herausgegebenen, bisher 
eine grössere Sammlung samoanischer Einzahlungen in vollständiger und unverkürzter 
Form in einer europäischen Sprache gedruckt wurde. 

Einzelne Erzählungen sind von den Missionären, besonders von den enghschen die 
bereits im Jahre 1830 auf Samoa Fuss fassten , und während der sechzig Jahre ihrer Wirk- 
samkeit werthvoUe Arbeiten über Sitten und Sprache des lindes publiziert haben, 
gelegentlich veröffentlicht worden. So z. B. eine Erzählung in der PßATT'schen Grammatik 
der samoanischen Sprache. Neuerdings hat auch George Turner in seinem Buch „Samoa'' 
als Beilage und Illustrationen zu seinen Sitten-Schilderungen eine ganze Reihe samoan. 
Geschichten und Erzählungen mitgetheilt, meistens aber nur auszugsweise und wohl 
nur ganz selten dem Wortlaut nach. Einige der von mir gesammelten Erzählungen habe 
ich in diesem Werk angetroffen, jedoch wie gesagt in verkürzter Form, Bearbeitung oder 
Ueberbearbeitung, welche dem Verfasser in seiner Stellung als Missionär geboten erscheinen 
mochte, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus aber nicht zu billigen ist. ^) 

Betreffs der Uebersetzung ins Deutsche bemerke ich, dass ich mich so weit es irgend 
nur thunlich war, treu an den samoanischen Wortlaut gehalten habe. Dass ich einige wenige 
Zusätze die ich für das Verständnis des deutschen Lesers nöthig erachtete, als solche 
durch Parentbesenzeichen kenntlich gemacht und dass ich schliesslich nun und dann durch 
Einschaltung von Conjunktionen die Verhältnisse von Sätzen und Satztheilen, die im Texte 
durch die Tendenz der einfachen samoanischen Syntax coordinirt neben einander gereiht 
waren, etwas verschoben habe, ohne jedoch im Geringsten den Sinn zu entstellen, dies 
wird wie ich glaube leichterer Lesbarkeit zu Gute kommen. 

Die Gesänge, welche sich in den meisten der Märchen finden, und die wirklich im 
Volksmunde lebendig sind, werden beim Vortrag der Märchen, nach verschiedenen mir 
sehr monoton erscheinenden einfachen Weisen, mit gedämpfter Stimme gesungen. Ein 
Versmas oder irgend eine Kunstform im Versbau habe ich mit wenigen Ausnahmen, wo 
ein bescheidener Endreim sich fand, nicht entdecken können. Wo ein Reim vorhanden 
war habe ich soweit es anging, versucht in der Uebersetzung ebenfalls Reime anzubringen, 
im Uebrigen habe ich diese Stücke zwanglos wiedergegeben. 

Zu leichterem Verständniss des Inhalts des Folgenden und zu schnellerer Orientierung 
des Lesers mögen hier noch die folgenden Erläuterungen, soweit sie nicht in dem Texte 
beigefügten Anmerkungen erledigt werden konnten, ihren Platz finden. 

Ohne dem Urtheil der Leser vorgreifen zu wollen , aber auch um irrigen Erwartungen 
vorzubeugen, bemerke ich zunächst, dass der Genius der samoanischen Dichtung kein 
Riese ist, kein Geist, der von gewaltigen Fittigen getragen in die Schauer der ünendhch- 
keit sich wagt oder sicheren Schrittes die lichten Gefilde der Schönheit durchwandelt, 
kein Zauberer der mit Meisterhand ins volle Menschenleben greift und eine verklärte Welt 
vor unsern Augen entstehen lässt. Der Genius der samoanischen Dichtung ist ein kleiner 
nackter brauner muthwilliger Knabe mit nur ganz zarten Ansätzen kleiner, an seine 
himmlische Herkunft gemahnender, Flügel. Urwüchsig und unverfälscht tritt er uns ent- 
gegen; frisch und fröhlich lacht er uns an und erzählt was er bei dem kindlichen Volke, 
bei dem er geboren und aufgewachsen ist, gesehen, gehört und gelernt hat. 



*) Man vergleiche die Nummern 18, 25 und 12 mit der entsprechenden Wiedergabe derselben in Herrn 
Turner's Buch, Seite 109, 216 u. 218. 



- 225 ^ 

Wie allen rechten Kindern ist auch ihm in seiner paradiesischen Unschuld der Unter- 
schied zwischen Gut und Böse unbekannt. 

Ueber ethische Probleme grübelt er daher nicht mehr als unumgänglich nöthig und 
dogmatische und Tendenz-Dichtungen sind ihm fremd, falls man die unschuldigen Thier- 
fabeln, mit oft nur schwach zu erkennender Moral, nicht etwa zu dieser Art rechnet. 

Die einheimische Inselgmppe hat dieser kleine Genius nie verlassen; dass es ausser 
den samoanischen Inseln noch eine Welt giebt, scheint er nicht zu wissen; jedenfalls 
bekümmert er sich darum nicht. Alles aber, alles und jedes, was die einfachen Lebens- 
interessen seines Volkes angeht , hat er belauscht und nimmt nicht den geringsten Anstand 
auch Alles getreulich wieder auszuplaudern. 

Mit der lächelnden Sicherheit des Kindes berührt er das Gefährliche und Schûpfrige 
und hüpft darüber hinweg. Nur dürfen wir bei der Leetüre dieser einfachen Poesien nie 
vergessen dass sie für denselben einfach kindlichen Sinn, aus dem sie flössen, auch 
gedichtet sind. 

Alle hier mitgetheilten samoanischen Erzählungen gehören zu jener Gattung samoani- 
scher Poesien welche die Samoaner selbst j^Tagogo'' nennen^). Dieselben sind theils novel- 
listischen Inhalts, — lediglich zum Vergnügen der Zuhörer erzählt — theils aber haben 
sie einen mehr oder minder deutlich hervortretenden lehrhaften Charakter, ja einige der 
Thiererzählungen tragen alle Merkmale der aesopischen Fabel ^). 

Ueber den poetischen Werth dieser Märchen wird sich der Leser bald sein Urtheil 
bilden. Was mich selbst anbelangt, so muss ich gestehen dass mir in diesen einfachen 
Dichtungen manches Erfreuliche entgegengetreten ist. ^). Auch glaube ich, dass der Leser 
sich manchesmal über das Erzählertalent freuen wird, das in der einen oder andern 
Dichtung sich offenbart : in geschickter Anordnung des Stoffes sowohl, als auch in treffender 
Charakteristik, die sich auf die nothwendigsten Mittel beschränkt und alles überflüssige 
Beiwerk und Ueberladung verschmäht. Ich will hier nur an die ebenso knappe wie gelungene 
Charakteristik der eifersüchtigen und neidischen Schwester im Märchen N®. 14 erinnern, 
sowie an die, eines Gottfried August Bürger nicht unwürdigen wirkungsvollen, Pinselstriche 
mit welchen das Gespenst im löten Märchen skizzirt ist. 

Wie viele niedliche Genrebildchen sind nicht auch hier und dort mit sicheren Strichen 
im Umriss skizzirt; z. B. das Kind welches sich damit amüsirt auf der einsamen Land- 
strasse Grashüpfer zu fangen (Märchen N®. 18), das sich über einen Fluss beugende und 
den Arm nach Blumen ausstreckende Mädchen (Märchen N**. 19); etc. etc.*). 

Das der Composition gespendete Lob bezieht sich aber gewiss nicht auf alle mitge- 



^) Eine einzige Ei-zählung (N°. 8) macht eine Ausnahme; der sie mir erzählende Samoaner nannte 
dieselbe im bestimmten Gegensatz zum Tagogo eine TalUy was etwa mit Sage, Ueberlieferung, übersetzt 
werden durfte. Diese Tala, sagte er, sei eine wahre Geschichte, während die Tcigogo's doch nur erdich- 
tetes Zeug seien. 

^ Trotz dieser Yerschiedenheit ihres Inhalts, glaubte ich mich berechtigt die gesammten Erzählungen 
unter dem Titel „Samoanische Märchen" zusammenzufassen. 

") Ich verweise hier z. B. auf die schöne Scene des Wiedersehens zwischen Bruder und Schwester, 
im Märchen N*». 9. 

*) Die niedliche Gruppe (im Märchen N°. 17) wo der Yater Tingilau auf dem Boden liegt und mit 
seinen beiden kleinen Kindern spielt, die ihm auf dem Rücken sitzen; dann die Gruppe der Frauen des 
Polygamisten Tuiolema (Märchen N°. 20) welche sich auf dem Wege aufgestellt hatten, um zuzuschauen 
wie ihr gemeinsamer Gatte mit einer neu erworbenen Frau den ersten Spaziergang maclit oder die humo- 
ristische Scene, welche uns diesen selben Tuiolema zeigt, wie er voraichtig von ferne zuschaut wie seine 
neue Frau mit einer seiner alten Gattinnen sich auseinandersetzen wird. 

I. A. f. E. XIII. 29 



- 226 ~ 

theilten Stücke, ja bei manchen lässt sich sogar ein richtiger Abschluss und eine Abrun- 
dung vermissen. Mit geringer Mühe hätte ich diesem Uebelatande abhelfen können. Dies 
unterblieb indessen aus dem obeu bereits erwähnten Grundsatz : den originalen Stoff in 
der mir entgegengetretenen Gestalt so treu wie möglich wiederaugeben. 

Einen weiteren Anspruch auf das Interesse des Lesers dürfen die vorliegenden Dich- 
tungen dann wohl deshalb erheben, weil sich in ihnen ein Volksleben widerspiegelt, welches 
die Weltcivilisation unserer Tage noch wenig berührt hat. Es sind dies Erzählungen aus 
der Zeit des Pouliuli — der Finsternis, wie sich die Samoaner ausdrücken — also aus der 
noch gar nicht lange hinter ihnen liegenden Zeit des Heidenthums. 

Man wird sich bei der Leetüre überzeugen , dass der Einfluss der Missionäre sowie der 
Kaufleute — wo immer sonst auch die Spuren der Thätigkeit derselben in dieser Insel- 
gruppe sich zeigen mögen — bei der Gestaltung dieser Dichtungen noch nicht zu spüren 
ist, dass wir es hier noch mit einem ursprünglichen und originellen Monument des samo- 
anischen Volksgeistes zu thun haben, mit einem stilvollen Denkmal dessen Charakter durch 
fremde Ornamente noch nicht verwischt oder unkenntlich geworden ist. In dieser Erwägung 
wird der Ethnologe ebenso wie der Anthropologe durch diese Sammlung sich angezogen fühlen. 

Der Umstand, das wir es hier mit Poesien zu thun haben aus einer Kulturperiode 
die zwar nicht chronologisch, aber sachlich noch weit z.B. hinter der homerischen zurück- 
liegt, wird die nähere Prüfung derselben nicht weniger einladend machen. 

Und was nun den Kulturzustand anbelangt, der aus diesen samoanischen Phan- 
tasien reflectirt, so glaube ich, dass man kaum einen viel ursprünglicheren sich vorzu- 
stellen vermag. Bei den allbekannten Schwierigkeiten die sich den Versuchen entgegen- 
gestellt haben , aus dem gegenwärtigen Zustand der Polynesischen Rasse auf deren Ver- 
gangenheit zu schliessen, ist es nicht möglich eine Vermuthung darüber aufzustellen wie 
lange der, von den Europäern auf den polynesischen Inseln vorgefundene Zustand schon 
gewährt haben mag. Man hat versucht Kulturbilder, ja wohl selbst Kultur-Novellen und 
Romane über Zeitperioden zu schreiben , welche soweit zurück liegen und so wenig Anhalts- 
punkte bieten, wie z. B. die Pfahlbautenzeit. Sollte es Jemandem einfallen solche Kultur- 
bilder aus der paradiesischen oder eben nach paradiesischen Zeit zu entwerfen, so dürfte 
derselbe vielleicht in den vorliegenden samoanischen Phantasieskizzen werthvolle Winke 
erspähen können. 

Die Südsee ist so häufig ein Paradies genannt worden. Der stille Frieden und die 
farbensatte Schönheit der Landschaft, die Weltabgeschlossenheit der in den blauen Wellen 
schwimmenden Inseln , die üppige Fruchtbarkeit einer gütigen verschwenderischen Natur, das 
muthmassliche ehrwürdige Alter des bei den Polynesiern vorgefundenen Kulturzustandes, 
vor allem aber der Polynesier selbst, rechtfertigen diese Bezeichnung eines irdischen Para- 
dieses. Der Mensch dessen Heimath in diesem Garten Eden liegt und welchen die Noth, 
die auf diesen begnadeten Inseln noch eine Fremde ist, weder zum Guten noch zum Bösen 
führen konnte, tritt uns noch in kindlicher Unschuld entgegen. Der Edelmuth und die 
Güte der sie ernährenden Natur hat sich auch diesem sanften, gastfreien Menschen mit- 
getheilt. Niedrige Leidenschaften, Geiz und Habsucht und alle aus der bitteren Noth 
entspringenden Begierden und Laster haben in seiner Bnist noch keine Wurzel gefasst. 

Die Schönheit seines Körpers ist der klare Abdruck seiner Seele. Von den Leiden- 
schaften scheint die Liebe allein sich seiner bemächtigt zu haben. Die Liebe ist die Alles 
absorbirende Leidenschaft — die Liebe, allerdings mit ihrem Schatten, dem Hass und 



- 227 - 

ihrem Zerrbild der Eifersucht, So war der Polynesier als die Schiffe des weissen Mannes 
zum ersten Male in den Buchten dieser stillen Inseln Anker warfen. 

Und in dieser edlen Gestalt, mit kräftigem Fuss leicht über den Schmutz der Erde 
dahinschreitend , tritt uns auch der Mensch in unsern samoanischen Poesien entgegen. 

Indessen dürfen wir vermuthen dass schon seit langer, langer Zeit eine Stabilität der 
Zustände eingetreten sei, und dieser selbe Kulturzustand sich bereits schon seit hunderten, 
vielleicht seit tausend und mehr Jahren so ziemlich unverändert erhalten habe. ^) 

Bei dem rollenden Donner der Eisenbahnen, unter welchem der europäische Kontinent 
erzittert, lallt es schwer sich eine so absolute, friedliche Einsamkeit zu träumen wo die 
Geräusche nur das Säuseln des Windes, die Stimmen der Thiere und Menschen, das 
Rauschen des Stillen Oceans bilden; wo der seltene schrille Pfiff der Dampfpfeife noch 
die Natur in Schrecken zu setzen scheint, nur einsame weisse Segel hin und nieder aus der 
blauen Fluth auftauchen um aus dem fernem Weltgetriebe verspätete Kunde zu bringen. 

Es möge mir deshalb erlaubt sein der Phantasie des Lesers, welcher mit Genuss und 
Verständnis die hier gesammelten Märchen lesen will zu Hülfe zu kommen, durch eine 
kurze Schilderung der Scenerie, welche den Hintergrund, und des Menschen, welcher den 
Gegenstand dieser Dichtungen bildet. 

Als den Hauptschauplatz fast sämmtlicher Erzählungen muss man sich ein samoanisches 
Dorf denken. Meistens liegt es im Vordergrunde der Bühne, auf welcher die Handlung sich 
abspielt und wir befinden uns mitten zwischen den laubgedeckten Häusern die in einer 
weiten Bucht am Meeresstrande liegen, hier und dort verstreut über eine grüne, ebene 
Rasenfläche, beschattet von einem Hain mächtiger Kokospalmen und alter ehrwürdiger 
Brodfruchtbäume; das Sonnenlicht das über die ganze Landschaft einen flimmernden und 
glitzernden, beweglichen Aether ausgiesst, dringt nur hier und dort durch diese Laubkronen 
und malt goldig schimmernde Flecke auf die grüne Rasenfläche und die braunen Dächer 
der Häuser. 

Im Hintergrunde dieser Dorfschaft, sind die vulkanischen Gebirge sichtbar. Die Linien 
dieser Berge sind der Hauptsache nach rund und lieblich, nur hier und dort erhebt sich 
über der übrigen Gebirgsmasse der abgestumpfte Kegel eines uralten, ausgebrannten Kraters '). 

Vom Fuss bis zum Gipfel sind diese Berge mit dichter Vegetation bedeckt. So erscheinen 
die nahen Berge in einem dunklen satten Grün, das allmählich an den entfernteren 
Gipfeln in das Blau der Ferne übergeht. Wenn die Sonne hoch steht so haben diese Gebirge 
wegen der Monotonie der matten Mittagsbeleuchtung zwar das Ansehen einer flachen, lang- 
weiligen Gebirgswand. Das ändert sich aber wenn das Sonnenlicht schräge in die Gebirgs- 
masse fällt, die Vorberge von den dahinter liegenden Bergmassen ablöst, und die 
Schluchten und vielgestaltigen Gipfel zeigt oder wenn gar in ganz frischer Morgenkühle 
weisse Wolkennebel zwischen den Bergen herumwehen und die verschiedenartigen Tinten 
der Fernsicht so recht zur Anschauung bringen. 

Ringsum die Samoa-Inseln ziehen sich breite Korallenriffe, über welchen das Wasser 
zur Ebbezeit so niedrig ist, dass die Eingebornen fast überall darüber hin waten können. 



>) Derselben Meinung scheint E. B. Tylor zu sein in seinem Vorwort zu ;, Turner: Samoa" 1884: 
^Political theorists among us have been speculating about communism, but the Samoans, like other 

"peoples, near the same level of culture, have for ages been living it". 

=) Einer der Berge auf Savaii ist 4000 Fuss hoch. Die Berge von Upolu und Tutuila sind 2000 und 

9000 Fuss hoch. Die Berge sind die Schlupfwinkel der bösen Geister und Kiesen. 



- 228 - 

Allerdings bringt sie dies oft, wenn sie mit ihren Speeren auf den Fischfang ausgehen, 
bis zum Halse ins Wasser. Fern, dem Horizont nahe, sieht man die weissen Wogenkämme 
der Brandung, dort wo das Riff aufhört und die Wogen der See sich überschlagen. Wenn 
es ganz still ist, besonders also des Nachts, hört man ganz deutlich das ferne Getöse 
dieser Brandung. Dahinten , auf der blauen tiefen See ziehen die weissen Segel der grossen 
Schiffe der Fremden vorüber. Soweit das Riff geht hat die See bei stillem Wetter einen 
hellgrünen Schimmer, der oft bei Abendbeleuchtung eine prachtvolle smaragdene Färbung 
erhält. Auf diesem Riffwasser schwimmen die kleinen Fischerkähne hin und wider und 
die von den Weissen eingeführten Ruder- und Segelböte. 

Am Ufer eben oberhalb der Hoch Wasserlinie, in den Schatten der Kokospalmen gezogen , 
liegen grössere und kleinere Fischerkähne ; Gruppen fröhlicher jubelnder Kinder, mit glänzend 
schwarzen lustigen Augen, treiben zwischen den Kähnen ihre Spiele und wetteifern mit 
einer Schaar klaffender, ruppiger Hunde im Lärmen und in ausgelassenstem Herumtollen. 
Dann kommen nach und nach die Fischer heim und ziehen, von den Kindern mit Freude 
begrüsst, ihre Kähne ans Ufer und tragen Speere und Ruder und die gefangenen Fische in 
ihre Hütten. Auch einzelne Frauen und junge Mädchen, die nahe dem Ufer nach Krabben 
und dem geschätzten „Bêche de mer" gefischt, kehren jetzt heim*). 

In den geräumigen , sauber gehaltenen Häusern , welche eigentlich nur aus einem ovalen 
und sehr kunstvoll konstruirten Dach bestehen, das auf einem grossen Mittelpfeiler und 
einer Anzahl von mannshohen Seitenpfosten ruht, wurden .sie bereits erwartet. Die alten 
Leute und die Mütter mit ihren Säuglingen begrüssen die Ankömmlinge und mustern den 
Inhalt der Fischkörbe. 

Die Arbeiten , welche die im Hause Zurückgebliebenen den Morgen hindurch beschäftigt , 
werden bei Seite gelegt. Ein alter Mann rollt bedächtig sein Knäuel Kokosfaserzwirn 
zusammen, welches er am Morgen sorgfältig geflochten; die Frauen falten die Siapostoffe 
zusammen, welche sie aus den langen zerklopften Streifen der Borke des Maulbeerbaumes 
bereiteten und vermöge eines eigenthüralichen mechanischen Processes mit allerhand farbigen 
Mustern bedruckten. Junge Leute kehren von den Pflanzungen im Gebirge zurück, mit 
einer schweren Last Taro und Kokosnüssen, die sie in grossen, von Kokosblättern gefloch- 
tenen Körben herbeischleppen. Andere, welche auf die Jagd gegangen, legen mit zufrie- 
denem Stolze ihre Jagdbeute, die schmackhaften grossen Tauben auf den Estrich. Dann 
gehen einige der Männer in das etwas seitwärts gelegene Kochhaus, um in dem in den 
Boden gegrabenen Ofenloch , vermittelst glühender Steine die Speisen für den Tag zu bereiten. 

So wirken und schaffen die Mitglieder der einzelnen Familien, welche in einem Hause 
zusammenwohnen und gemeinschaftlich für alle ihre Bedürfnisse sorgen, friedlich und 
fi-eundlich einander unterstützend, zusammen und der nachdenkliche Fremde, welcher 
vielleicht gerade in ihrer Mitte bei ihnen zu Gaste sitzt, hat Gelegenheit das interessante 
Schauspiel einer communistischen Gemeinde zu geniessen und zu studiren. ^) 



^) Eine gute wahrheitsgetreue Schilderung des täglichen Lebens der Sampaner im ^^Globus", heraus- 
gegeben Yon Dr. RiCHABD Kispbbt, 47 Band 1885, pg. 70 und 86: „Aus dem samoanischen Familienleben*' 

von J. S. KUBABY. 

^ Ueber Kommunismus sagt E. B. Ttlor in seiner Vorrede zu Samoa von Gbobqx Tu&nsb: ^Political 
theorists among us have been speculating about communism; but the Samoans, like other peoples, near 
the same level of culture, have for ages been living it. Among them might be, and perhaps in some 
measure stiU may be seen practical common property, where each may freely borrow another's boat or 
tools or clothes, and live as long as he pleases freely in any house of a clansman. Here is a people who 



- 229 - 

Die Zeit bis zur Mahlzeit wird nun rauchend , und plaudernd und scherzend verbracht. 
Ein junges hübsches Mädchen macht sich daran eine Kawa zu bereiten. Dies ist ein 
ehrenvolles Amt der Jungfrauen und eine hochwichtige Verrichtung im samoanischen 
Haushalt. 

Es würde hier zu weit führen und die Aufgabe dieser Einleitung überschreiten eine 
genaue Beschreibung der häuslichen Verrichtungen und Industrien der Samoaner zu geben. 
Im Vorbeigehen soll hier aber die Gelegenheit benutzt werden, gegen ein altes Vorurtheil 
welches sich häufig in älteren Reisebeschreibungen findet, und von oberflächlichen Beobachtern 
wiederholt worden ist, Protest zu erheben. 

Es ist eine althergebrachte, stereotype Phrase dass die Polynesier indolent und träge 
seien. Ein Jeder welcher Gelegenheit gehabt hat während längerer Zeit die Samoaner, Marque- 
saner, Tahitier etc. in ihren vielfilltigen Beschäftigungen zu beobachten, weiss dass dieses 
eine Verleumdung ist. Ihre einfachen Bedürfnisse, ihre nüchternen Gewohnheiten und die 
milde Freigebigkeit des Klimas zwingen sie nicht zu hastiger angstvoller Erwerbsthätigkeit 
und lassen ihnen Musse genug auch zum Ausruhen und zum Genuss, zur Siesta, und zum 
Tanz und Gesang. In diesem Umstände besteht das ihnen vom Himmel geschenkte Glück 
dieser Völkerstämme, welches die minder Bedachten vielleicht mit einem gewissen Neide 
erfüllen konnte. 

Vornehmheit ihres Charakters und ihres Benehmens, ihre Unabhängigkeit, sind die 
Konsequenzen dieser glücklichen Umstände. 

Die Polynesier sind unter den Völkern dasselbe wie die glücklichen Erben reicher 
Vorfahren. Sie bedürfen keiner grossen Anstrengungen um den Luxus das Lebens in ihrer 
Weise zu erfassen und zu geniessen : Unabhängigkeit, Reinlichkeit, Familienleben, Ueberfluss. 

Wer wollte diese bevorzugten Erben reichen Besitzes dafür tadeln, dass sie ihr glück- 
liches Erdenloos geniessen? 

Auch hinsichtlich der Ausfüllung ihrer Mussestunden können wir hier kaum Ausführ- 
liches geben, sondern müssen uns darauf beschränken, auf die Mittheilungen Anderer 
hinzuweissen ; insbesondere wieder auf Turner's Werk, in welchem die Tänze, die Spiele 
der Kinder wie der Erwachsenen, etc. eingehend geschildert werden und auch manche 
Erzählungen der Samoaner, mit welchem sie sich die traulichen Abendstunden vertreiben, 
mitgetheilt werden. 

Die folgende Märchensammlung soll zu diesem Kapitel, zu welchem sie Material herbei- 
Schaft, einen Beitrag und eine Illustration bilden. 

Falls diese Arbeit auch nur im Geringsten dazu beitragen wird die Kenntnis des 
Samoanischen Volksstammes zu fördern , so 1st ihr Zweck erfüllt. 



heai* with wonder, that among the white men the poor can be hungry and houseless. From this sorrow 
and disgi-ace the Samoans aie free; but they pay dearly for this good in a social state where work is 
unprofitable and progress is checked because the earnings of the industrious pass into the common property 
of workers and idlers." 



- 230 - 



I. 



le tuagane ma ona tuafafine 
e to'o lua. (0 le Fagogo). 

Tafitofau ma Ogafau la lenei, ona fanau lea o 
sia la tama o le teine SinafagaiTata, ona toe fanau 
lea o Sinalagi, ona toe fanau lea o le tama le 
Maluôsamoa. 

la ona ô'o lava lea ile isi asa, ona sau lea o le 
fuatau TuiQti, i le tuagane o Slnafaga'ifata, ma 
Sinalagi, le Maluôsamoa, Vo tietie nai teine 1 
luga lo la fata. 

Ona momoe ifo lava o le teine matua o Sina- 
faga'lfata. 

Ona fai atu lea I le Maluôsamoa, „paga lea o le 
fuatau le la le sau mai tai". 

Ona fai alu lea le Maluôsamoa. 

„Se fuatau a fea" ? ona fai atu lea a Sinafaga'ifata. 
jyTa'ilo, ou le masalo o le fuatau a Tuifiti", ona fai 
a tu lea. le Maluôsamoa, „o fea 'oi ai îa Sinalagi"? 

Ona tali atu lea o Sinafaga'ifata. „0 le la le i luga 
ilo ma fata". Ona momo'e lava lea o Sinafaga'ifata 
ia Sinalagi, ;,fai mai lo ta tuagane: le Maluôsamoa 
ta le ö ane i lalô la te nonofo ai , *ae o le'a alu i le 
taua ma Tuiflti'*. 

Ona fai atu lea o Sinalagi: «io ua lelei lava", ona 
Ö ifo lava lea i lalo. Ona fai lava lea o Lavalava o 
le tama o le Fuipani, ma le Titifatufuna j ma lona 
Selupau, ma lana Ula, ma, seluselu lona fa'amalu- 
malu. 

Ona alu a'e lava lea le Maluôsamoa o tu a'e le 
atali'i o Tuiôti, o lona igoa. le Toa. 
Ona fai mai lea le Maluôsamoa, „talofa alii ua". 

„A faalologa lou gutu" o le tali lea A le toa. 

Ona oso atu loa lava lea le Maluôsamoa, ona 
taia loa lava lea i lana Uatogi sa 'u'u, ona lafotu 
loa lava lea le toa ua maliu. 

Ona liliu loa lava lea o le fuatau a Tuiflti, ua 
vaivai. la ona momo'e ifo lava lea le Maluôsamoa 
i nai ona tua fafine o tau fai tagi a'e lava. Vaai â'ë 
fotu ae le Maluôsamoa ona toe ûafia loa lea. la 
ona nonofo foi lea o sia latou aiga e mau lava teine 
i lo la fata ae mau le Maluôsamoa i lona fo'i fale. 

Ona o'o lea i le isi aso vaai atu teine o sau le 
fuatau a Tuitoga, ona momoe ifo foi lea i lalo i 
Sinalagi I le Maluôsamoa, „paga lea! o le fuatau a 
Tuitoga le la le sau mai tai". Ona fai atu lea le 
Maluôsamoa. „Sui mai sa'u ula" ona nofo lea o 



Die Kämpfe des Lemaluosamoa. 



Tafitofau und Ongafau hatten drei Kinder, zwei 
Töchter, Sinafangaifata und Sinalagi, und einen 
Sohn welchen sie Lemaluosamoa nannten, welches 
soviel bedeutet wie „der Schatten von Samoa". 

Eines Tages erechien in Samoa eine Kriegsflotte, 
welche dem Tuifiti, dem König von Fiji gehörte. 
Die beiden Schwestern Sinafangaifata und Sinalagi 
ruhten gerade in ihrem Hause auf ihren erhöhten 
Sitzen als die Flotte in Sicht kam. 

Da eilte die ältere Schwester zu dem Hause ihres 
Bruders und rief aus: 

„Ach, lieber, sieh aus nach dem Meere, da segelt 
eine Kriegsflotte heran". 

„Welche Kriegsflotte ist es denn ?" fragte ihr Bruder. 

Ich weiss es nicht, sagte Sinafangaifata, ich 
glaube aber es sind Tüifiti's Schiffe! Dann fragte 
Lemaluosamoa nach ihrer Schwester Sinalagi. 

„Sie ruht oben im Hause", sagte das Mädchen, 
lief zu ihrer Schwester und sagte ihr: 

„Unser Bruder will dass du mit mir hinunter in 
sein Haus kommst während er mit Tuifiti kämpfen 
muss. 

„Das ist recht I" sagte Sinalagi, und so gingen 
die beiden Schwestern nach und brachten ihrem 
Bruder den schwarz gefärbten Lendengurt und den 
Halsschmuck und den Kamm um sein schattenvolles 
Haar zu kämmen. 

Dann ging er nach dem Strande wo Tüifiti's Sohn, 
Le Toa, auf ihn wartete. 

Und Lemaluosamoa redete ihn an: „Sei gegrüsst, 
Häuptling, wann " 

„0 schweig still!" unterbrach ihn Le Toa. 

Da aber stürzte sich Lemaluosamoa auf ihn mit 
geschwungener Kriegskeule und erschlug ihn auf 
der Stelle. 

Entmuthigt segelte die Kriegsflotte von dannen, 
Lemaluosamoa begab sich aber zu seinen weinenden 
Schwestern, die erst bei seinem Anblick wieder 
froh wurden. Und nun lebten sie nach wie vor 
glücklich und zufrieden mit einander. 



Eine Zeit nachher, — die Mädchen ruhten wieder 
auf ihren erhöhten Sitzen in ihrem Hause, und 
schauten aufs Meer hinaus, — erschien eine andere 
Kriegsflotte, welche dem Tuitonga, dem König von 
Tonga, gehörte. Da eilte die jüngere Schwester zu 



- 231 - 



Sinalagi ma sui le ula, 'ae nofo Sinafagai fata ma 
fatu le titefatupona. 



la ona uma lea, ona fai lea o teuga a le Malu- 
osamoa ua paga mai nei le manaia! ona tuta loa 
lava lea o le fua o Toga ona moonoe ifo lea o le 
atalii o Tuitoga i le matafaga -ma lana tao. 

Ona alu ae lava lea le Maluosamoa. Ona fai atu 
lea: „Talofa alii ua outou". 

„A faalologo se lou gutu". 

Ona oso loa atu lava lea le Maluosamoa ona 
taia loa lava lea i si ona ua togi o 'u*u, ona lafotu 
loa lava lea o Pogisa. 

Ona laga loa lava lea o Toga ma Tuitoga, ona alu 
fo'i lea o'le fua i Toga ua vaivai ua maliu la Pogisa. 

Ona raomo'e ifo fo*i lea le Maluosamoa i uta o 
lau fai tagi ifo i'a na'i ona tuafafine. 

Ona toe fiafia fo'i lea. la ona nonofo fo'i lea ona 
'o'o lava lea i le isi aso ua leva vaai atu a tu Tigilau 
ma faapea mai: „0 lea nio ta faiva a fai?'' 

I le Maluosamoa, „'Eâ 'ea le taua'i pelu?" 

Ona fai mai lea o Tigilau , „e leaga o faiva fafine". 

Ona fai atu lea le Maluosamoa. „Tau a'i uatogi ?" 
Ona fai mai lea o Tigilau „amea faiva na o tane". 

Ona oso loa mai lava lea o Tigilau , ona taia lava 
lea le Maluosamoa alofia toe taia alofia. 



Ona taia loa lava lea le Maluosamoa, ona mutu 
le isi lima o Tigilau, toe taia motu le isi lima 
ona pa'n lea lava lea o Tigilau ma ifo mai I le Malu- 
osamoa. Ma fai mai „ia ou ola" ona fai atu lea le 
Maluosamoa ia se ua lelei, ona tago atu ai lea. 

le Maluosamoa faatü a'e 1 luga Tigilau, ma 
faapipi'i ona lima ma ave ane lea i fale. 

Ona soso'o lelei lava lea o lima o Tigilau: Ona 
fai atu lea ua lelei se ua 'ou olu 'ae o le 'a aumai 
lou n'io'u Savavau e fai ma o'u togiola e faia lau 
malo. Ona fai atu le a le Maluosamoa „ua lelei lava". 

Ona lele mai lava lea o le lupe a Tigilau o Nonu. 

Ona fai atu lea a Tigilau „alu fai a lotu nu'u e 5 
mai ua lava a nofo se isi ua mü le foaga ua ou 
vaivai I le Maluosamoa. lea faao'o nei E le Malu- 
osamoa ma ona tuafaône la'u nofo. Ma 'au mai 
Sinalë'u'uni". 



ihrem Bruder und rief: „Ach, sieh nur, da kommen 
Tuitonga's Kriegsschiffe!" „So mache mir eine Hals- 
kette!" sagte Lemaluosamoa , und Sinalagi machte 
dieselbe und die ältere Schwester brachte den Len- 
dengurt. 

Da legte er seinen Kriegsschmuck an ; er sah sehr 
schön und stattlich aus. 

Als dann die Tongaflotte landete, sprang Tuitonga's 
Sohn mit seinem Speer an 's Land. 

Da ging Lemaluosamoa hinunter zu ihnen an den 
Strand und sagte : „Sei gegrüsst, Häuptling, wann . . . ." 

„0 halt den Mund !" wurde er wieder unterbrochen. 

Da sprang Lemaluosamoa auf ihn zu und erschlug 
ihn mit seiner Kriegskeule und Pogisa, der Sohn 
des Königs von Tonga stürzte todt nieder. 

Die Tonga-Krieger und ihr König Tuitonga ret- 
teten sich aber auf die Flotte und segelten davon, 
denn sie hatten den Muth verloren. 

Da kehrte Lemaluosamoa zu seinen weinenden 
Schwestern zurück und tröstete sie. 

Und dann lebten sie wieder eine Zeit lang glück- 
lich zusammen, bis eines Tages Tigilau zu ihnen 
kam und fragte: „Mit welchen Waffen wollen wir 
zusammen kämpfen?" 

„Mit Schwertern!" 

„Nein, sagte Tigilau, das ist eine Kampfait für 
Weiber!" 

„Dann mit Keulen!" sagte Lemaluosamoa; 

„Oh, das ist die Kampfart für Männer!" warTiGi- 
lau's Antwort. 

Dann stürzte er sich auf Lemaluosamoa und hieb 
aus nach ihm mit seiner Kriegskeule. Der aber 
sprang zur Seite. Da holte er noch einmal zum 
Schlage aus, aber der andere wich der Keule vrie- 
derum aus. 

Nun aber sprang Lemaluosamoa auf den Tigilau 
los und brach mit einem Keulenschlage dessen Arm. 
Da stürzte Tigilau nieder und bat um Gnade. 

„Schenke mir mein Leben!" sagte er. 

Und sein Gegner schenkte ihm das Leben. 

Dann half Lemaluosamoa dem Gefallenen auf, 
verband dessen Wunden und brachte ihn in sein 
Haus. 

Und da sagte Tigilau wieder: „Schenke mir mein 
Leben, und ich will dir dafür alle meine Leute über- 
antworten; so dass sie dir untergeben werden!" 
„Es ist gut, sagte Lemaluosamoa, so sei es!" 
Da kam Tigilau's Taube, welche den Namen 
Nonu hatte, in's Haus geflogen. 

Und Tigilau sprach zur Taube : „fliege zu meinen 
„Leuten und befiehl ihnen allen hierher zu kommen; 
„sollte einer zurückbleiben so soll er verbrannt wer- 
„den; denn ich bin von Lemaluosamoa besiegt 
„worden. Er und seine Schwestern sind die Erben 



- 282 - 



Ona lele lava lea o le lupe ma talai ia Ssvavau 
ia 'upu a Tigilau. Ona faoe'e loa lava lea o le fua a 
Savavau ma atu i le nu'u le Maluosamoa, ma ona 
tuafafine a Sinafaga'ifata le telne matua ma Sinalagi 
le teine itiiti. Ona sau lava lea o le faa a Savavau 
ona fai lava lea le Maluosamoa ma latau tupu. 

(von Caecilia An ab, Juni 1890). 



„meines Titels. Bringe auch meine Schwester Sina- 
„le'ü'üni hierher I" 

So flog denn die Taube nach Savavau , dem Lande 
des Tigilau, und überbrachte dessen Befehle. Da 
segelte die Flotte von Savavau nach dem Lande 
des Lemaluosamoa und seiner beiden Schwestern 
und machte den Lbhaluosamoa zu ihrem Herrscher. 



O le Fagogo i le auso e to'o fa. Die Gründung eines Zauberreichs. 



Malau, ma Pone, ma Manaia ma Âuleaga. 

Ona 'o'o lava lea i le isi aso ona alu ane lava lea 
i latou luma fale o le malaga. teine e toatolu 
ma siolatou tama. 

Ona fai atu Isa a „Auleaga" 'au'e si malaga. 

Ona fai atu lea a Pone , „o fea oi ai ?" 

Ona tali atu lea a „Auleaga, aea lae lei ane". Ona 
fai atu lea o Manaia. Vala'au e ö mai „ona vala'au 
lava lea e Auleaga". 



n- 



,Afe mai si outon malaga" — „a faalologo se" o le 
upu lea Malau „e te tautala lava o'e le mea leaga 
Vo fea oi ai ia Manaia". 

Ona tu loa a'e lava lea i luga. Ma tago atu ia 
Pone na teteva lava lea, i uta i le vao. 



Ona pö lava lea o lena aso ua le 'a'ai lava nai 
tama ua nao le momoe lava. la ona äö lava lea, 
ona alausu lava lea oie malaga a nai tama. Savâli, 
savali, savali lava lea ona Uu atu lava lea i fale 
pala ua liu laupapa ma lefulefu. 

la savali lava nai lama ia toe tau atu i le fale 
ua pala ae nao pou o tutu mai. 

la ona fai atu lea o Auleaga: „ta no nofo ia 
ionei? ona fai atn lea o Pone aua faamalosi pea ua 
lata ona ta filemû". 



la savali, savali, ia ona tau lea i fale o rai afi e 
le pepë ona fai atu lea o Auleaga, ta nonofo ia 
'iinei? Ona fai atu lea o Pone 'aua ta o pea ia savali, 
savali ona tau atu lava lea i le tupua aulo o taatia 
mai i le au ala. 



Da wai'en einmal vier Brüder, die hiessen Malau, 
Pone, Manaia und 'Aülbanga. 

Die sassen eines Tages in ihrem Hause als eine 
Gesellschaft von Wanderern vorbeikam : drei Schwes- 
tern mit ihrem Vater. 

„Oh, sagte *Aüleanga, da kommen Reisende I" 

„Wo sind sie?" fragte Pone. 

„Da gehen sie ja vorbei," sagte 'Auleanga. Und 
Manaia sagte: „Rufe sie doch herein!" Daraufrief 
Auleanga sie herein. „Kommt doch herein, ihr 
Wanderer!" sagte er. 

„Ach, halte deinen Mund, rief Malau, der älteste 
Bruder, was hast du hier zu reden, du hässliches 
Ding; wo ist Manaia?" 

Kaum waren diese gehässigen Worte gefallen, 
als Pone sich entrüstet erhob, seinen jüngsten Bruder, 
den er sehr lieb hatte , bei der Hand nahm und mit 
ihm landeinwärts dem Walde zuging. 

Als die Nacht hereinbrach legten sie sich im Walde 
zum Schlafen nieder, ohne an diesem Tage irgend 
etwas gegessen zu haben. Bei Tagesgrauen machten 
sie sich wieder auf den Weg und wanderten und 
wanderten bis sie an die zerfallenen Trümmer eines 
Hauses gelangten. 

Und weiter wanderten die Knaben bis zu den 
Ruinen eines andern Hauses; da standen nur noch 
die Hauptpfosten. 

Da sagte 'Auleanga zu seinem Bruder: „Wollen 
wir hier nicht lieber bleiben?" „Nein, sagte dieser, 
bleibe stark , wir werden bald an einem guten Ruhe- 
platz angelangt sein!" und wieder wanderten sie 
und wanderten sie bis sie endlich zu einem leeren 
Hause kamen , wo das Feuer noch in der Feuerstelle 
ghmmte. 

Da fragte 'Auleanga wieder: „Wollen wir hier 
nicht ausruhen?" Pone aber sagte Nein, lass uns 
weiter marschiren !" 

Da wanderten sie wieder weiter und weiter als 
sie plötzlich ein goldenes Idol fanden, welches auf 
dem Wege lag. 



-. 288 - 



Ona fai atu lea o Auleaga, „aue le mea": ona fai 
atu lea a Pone o fea o lea le igoa? lele le taatia 
ifo, ou te le ilea. 

Ona punou leai lolo o Pone, ma to a'e le tupua 
aulo ma matamata i ai. Ma feliuliu a'i ma mata- 
mata i le tua oi ia le igoa faapea 'ae tigaina fufulu 
le tupua. 

Ona foapea lava lea a Pone sei la fufulu ina le 
tupua. 

Ona fufulu lava lea va'ai atu ua fessofi mai tagala 
ai e afe ma afe tagala ma faune, ma tama iti. Ma 
faapea mai ia Pone, ma Auleaga. „Olea lo oulua 
tigaina"? ,,0 lea lo oulua tigaina"? „ona fai atu lea 
a Pone ma Auleaga o so ma fale" ona tali mai lea 
^io ua lelei, io ua lelei". 



Vaai atu tama ua tu mai lo la fale nianaia lava 
ua fola mai 1 ie toga, o ona lau o Toga, o na pola, 
o toga, na fa' ose' e o togo o ona papa o toga. Ua 
paga lava le manaia o le fale o Pone ma Auleaga. 



Ona faapea lea o le mafaufau o Pone, e lelei pe'a 
80ia le toe o ia tagata. Ae nonofo pea e fai ma 
latou miu, ona 'o'o le ile isi uso, ona faapea atu 
le Pone ia Auleaga: „ Auleaga e, e lelei pea soia 
le 5 tagata ae vavao". 



E fai ma tatou nu'u, ona fai atu lea o Auleaga 
„la, e a ea", ia ona ö lava lea o nai tama i le fai 
lai ia ona nonofo lava ua fai nei ia Pone, mo latou 
tupu. Ae fai ia Auleaga, ma sui tupu. Ona nonofo 
lava lea paga lava le manaia o si'ä latou 'a'ai! ia 
ua leai lava se 'a'ai e faapea le lelei. la ua 'a'ave 
solo tala le manaia o tama, ma sio la nu'u ua 
so'ona lalelei lava. 

(von Caecilia An ab, Juni 1890). 



„Ach, was ist denn dieses hier ?" rief 'Aulkanga aus. 

„Wo? was ist es?" sagte Ponb. 

„Hier, da liegt es jal" war die Antwort," ich 
weiss nicht was es istl" 

Und Pone bückte sich nieder, hob das goldene 
Idol auf und dann betrachteten sie es. Sie besahen 
es von allen Seiten und bemerkten dann, dass auf 
der Rückseite die Worte geschrieben waren : „Wenn 
du dich in Noth befindest, so wasche dieses Idoll" 

Und Pone beschloss, den Versuch zu machen, 
das Idol zu waschen. 

Als sie nun das Idol wuschen, erachienen plötzlich 
Männer und Frauen und Kinder und riefen aus: 
„Pone und 'Aüleanga was fehlt euch? Pone und 
'Auleanga was fehlt euch?" 

Da antworteten sie : „Wir möchten gern ein Haus 
für uns selbst haben!" 

„Das sollt ihr haben , ja, das sollt ihr haben !" riefen 
da die Leute aus. 

Auf einmal sahen da die Brüder ein wunderschönes 
Haus vor sich stehen, zu welchem nur die feinsten 
Matten verwandt waren. Da war die Dachbedeckung 
aus den feinsten Matten, die man Je^og^a-Matten 
nennt, die seitlichen Vorhänge aus demselben Stoff, 
ebenso war der seitliche niedrige Anbau mit letonga- 
Matten bedacht und behangen, auch die gewöhn- 
hchen Flurmatten desgleichen. Ach wie herrlich 
schön war das Haus von Pone und 'Auleanga. 

Dai'auf überlegte sich Pone ob es nicht besser sei, 
wenn er die Leute nicht wieder fortliesse und wenn 
sie doit auf dem Lande blieben und sich nieder- 
liessen. Deshalb sagte er eines Tages zu seinem 
Bruder: ^'Auleanga wir wollen die Leute doch nicht 
wieder gehen lassen, sondern sie hier bei uns be- 
halten." 

Der war einverstanden und so sagten denn die 
beiden Brüder den Leuten was sie wollten. 

Da Hessen sie sich denn alle auf dem Lande nieder, 
machten den Pone zu ihrem König und den 'Auleanga 
zu ihrem Vize-König. 

Und das schönste Dorf, das man je gesehen , wurde 
gebaut. Und die Kunde von diesem schönen Dorf 
der beiden Brüder Pone und 'Aüleanga verbreitete 
sich im ganzen Lande. 



IIL 



le Autetea ma sio latou uso 

Sina. 



Die Albinos und ihre Schwes- 
ter Sina. 



O Vi ma Vo , ona fanau lea o la la tama oie Tetea I, 
toe fonau o le Tetea II, toe fanau o le Tetea IH, 
toe fanau o le Tetea VI, toe fanau o le Tetea V, 
I. A. f. E. XIIL 



Vi und Vo hatten zehn Albino-Töchter, die nann- 
ten sie Tetea 1, Tetea 2, Tetea 3 u. s. w. bis 
Tetea 10; ausserdem aber .noch eine Tochter, die 

30 



- 234 - 



toe fanau o le Tetea IV, toe fanau o le Tetea VII, 
toe fanau o le Tetea VIII, toe fanau o le Tetea IX, 
toe fanau o le Tetea X. Ona toe fanau le o Sinatalau. 

la ona '0*0 lava lea i le isi aso, ona fai atu lea 
o matua „funa e, Tetea ma Sina", „0" ole tali mai 
lea a teine. 

Ona fai atu lea Vi ma Vo ; „0 outou ^tou te to'a 
tele 'a'o Sina e toa tasi. la outou alolofa lava la 
Sina le'a fai mei mo outou taupou ö Ina fai sina 
ona fata, e nonofo nonofo ai. E fai iai la outou 
taulaga. Aua lava nei mea ma'alilia le manava Sina 
ia outou tausi faalelei lava i ai. Ma ia aua lava tou 
te ita iai, ma te ilea a'e lava pe'a ma oti ia outou 
tausi lava ina upu. le'a ma oti." 



Ia ona oti lava lea, oi na leaga lava le taufai tagi 
ia le Autetea ma siô latou, uso Sina. 

Ona Ô lava leao isi teine fai ane le 'aüagi 'ae 5 
isi i le talai ane siapo ma ie toga ma ie sina. Ia 
ona Ö ane foi lea iai le nu*u, ona ave lea iai 
mea 'ai ma tali foi toga. 



Ona 'o'o lava lea i le isi aso ua aga leaga le Autetea 
ia Sina, ua fai fai lea gaina lava ia Sina. Ua le alolofa 
lava iai, ua le faia foi Sina mo latou taupou. Ua 
sofai foi i lalo, le fata Sina, ua le toe fai foi ni 
sua a Sina, ua mea maalilia pea le alo Sina. Ua 
le tausi fo'i faalelei ia Sina, ia ma ua ita fo'i ia Sina. 
Ua le tausi lava i sina upu laitiiti lava, a Vi ma Vo. 



Ia ona o'o lava lea i le isi aso, ona manatu lea 
le Tetea matua, e lelei pe'a fa'atö ia Sina i se 
mea, pe lelei pe'a fasi oti ia Sina. 

Ona fai atu lea le Tetea matua, „funa IX", ona 
fai mai lea Tetea IX, '0 lea 'ea Tetea I. 

„Ona fai mai lea Tetea I" ia ina ta'e'ele ma Sina. 
Ia ona 5 lava lea Tetea IX e ta'e 'ele ma Sina. 



Ona fai atu lea Tetea I: „0 mai ia pe'a faapefea 
nei se togafiti e fai ia Sina", ona itali atu lea isi 
teine: »'Eä pe'a fasi oti, ona fai atu lea Tetea X:" 
Aua le fasi oti ina sio tatou uso, e lave fo'i ia 
tatou i se aso, 'ae ana le fasi, pela lea sina ana 
mea na fai mai ia i tatou. A'ua talou soli foi polo- 
a'iga a tatou matua, ia s'ei aua foi le fasi oti ina 
sio tatou uso, tatou te ilea lava so tatou malaia." 



jüngste, welche Sina hiess und keine Albino war. 



Eines Tages sagten die Eltern: „Ihr Mädchen, 
ihr Albinos und Sina!" und alle antworteten: „Hier". 

Da sprachen Vi und Vo: „Da sind viele von euch 
„Albinos, da ist aber nur eine einzige Sina. Ihr 
„müsst Sina lieb haben und sie zur repräsentirenden 
„Jungfrau der Familie machen; zu eurer Taupou. 
„Ihr müsst ihr einen erhöhten Sitz herrichten, um 
„darauf zu ruhen. Ihr müsst sie bedienen und mit 
„Allem versehen. Ihr dürft Sina keine kalten Speisen 
„essen lassen und sollt sie gut pflegen. Streitet 
„und zankt auch nicht mit ihr. Vergesst diese Be- 
„fehle nicht, denn wir beide müssen jetzt sterben!" 

Da starben Vi und Vo, und die Albinos und ihre 
Schwester Sina weinten bitterlich. 

Dann gingen einige von den Mädchen aus um 
Sachen zum Essen für die Bestattungsfeier zu holen, 
andere aber öffneten die Packete, in welchen sie 
ihre Siapo-Stoflfe , ihre feinen letoga- und lesina- 
Matten aufbewahrten. Als dann die Leute aus der 
Umgegend zum Begräbnis kamen, gaben sie ihnen 
zu essen und machten ihnen Geschenke von Siapo- 
Stoffen und feinen Matten. 

Da nun aber die meisten der Albinos ihre Schwester 
Sina nicht leiden konnten, so fingen sie bald an 
unfreundlich gegen sie zu sein und sie schlecht zu 
behandeln. Sie behandelten sie keineswegs vrie die 
repräsentirende Jungfrau der Familie , sie zerbrachen 
ihren Ehrensitz; sie bedienten sie nicht und ver- 
sorgten sie mit Nichts; sie kochten nicht für sie 
und Sina's Magen war kalt weil er keine warme 
Nahrung mehr erhielt; sie pflegten sie überhaupt 
nicht und stritten und zankten mit ihr. Sie küm- 
merten sich um keinen der Befehle von Vi und Vo. 

Dann kam ein Tag da die älteste Tetba darüber 
nachsann ob es nicht besser sei Sina auf irgend eine 
Weise los zu werden oder sie gar zu ermorden. 

Und die älteste Tetea rief daher: „Du Mädchen 
Numero Neun!" »Hier", war die Antwort, „was 
willst du?" 

„Gehe mit Sina zum Baden!" sagte die älteste 
Schwester. Und so gingen Sina und die neunte 
Tetea fort um zu baden. 

„Jetzt kommt, sagte die älteste Tetea, und lasst 
uns überlegen was wir mit der Sina anfangen wol- 
len!" Da sagten einige von den andern Mädchen: 
„Wie war's, wenn wir sie umbringen würden?" 
Die jüngste Schwester aber rief aus: „Ihr dürft 
„unsere Schwester nicht ermorden; sie möchte uns 
„einmal noch von gi'ossem Nutzen sein; tödtet sie 
„nicht, denn sie hat uns nichts Uebles gethan. Wir 



- 235 - 



„'A faalologo ia lou gutu, 'ae lelei laya le fai aso 
ia i tatou o lea maile/' o le upu lea a Tetea III. 

jyOna tagl tagl lava lea o Tetea X, ma fa*apea:" 
,'Auë VI e, ma Vo mana lava lenei ma siö o*u 
uso Sina, lenei lava le falfai leaga ina e le Autetea." 

i ua leaga lava le ita o le Autetea ia Tetea X. 

Ia ona i'u lava lea o le fono a le Autetea, o le'a 
Ô e faase'e i le Palapipii. 

Ona va'ai atu lea ua ö mai le taelega a Sina, ma 
Tetea IX. Fa'alogo mai Sina o tagi atu ia Tetea X, 
ona faapea lava lea o Sina, 'aue o Tetea X le la le 
tagi mai," fa'alogo atu ia Tetea IX o tagi mai. Ona 
taufai tagi loa lava lea o Sina, ma Tetea IX. Ona 
o'o atu loa lava lea i lumâ fale, ona tu loa mai 
lava lea o Tetea I, ma fai mai: „Tatou faase'e ane 
ia i le Palasese'e," ona tali atu lea o Tetea II, ua 
letei lava, mo atu ia". 



Ia ona ö lava i le faase'ega i le Palasese'e, ona 
fa'apea atu loa lava lea o Tetea III: „Alu ane ia 
Sina ina faase'e muamua ane." 

Ona faapea lea a Sina: „Paga siula ou te le ilea 
lava lena mea , sei alu ane se isl inâ fa'aa'o a'o mai. 
Ou te le ilea lava faase'e." 

Ona fai atu lea o Tetea I : „E le mafai ona mua- 
mua se isi ia te'oe, matou te fefefe i mavaega *aö 
tatou matua". 

la ua leai nei se isi na te talia le 'upu a Tetea I. 

Ona oso loa atu lava leao Tetea I; ma Tetea II, 
ona tulei loa lava lea i lalo o Sina i le Palasesée 
ona oso loa atu lava lea o Tetea IX, toe oso atu ia 
Tetea X , ona mimiti faatasi lava lea o le Palasese'e. 

Ua leaga lava le tau fai tagi o le 'Autetea, ua 
àlolofa ia Tetea IX, ma Tetea X. 

Ona Ö lava lea i tai ua fiafia nia ua oti o Sina. 

'E û ifo latou tua, 'ae felelei ane ia matua o 
teine. I le toe tasisi ae i luga. Ona faapea atu lea 
o Yi: „0 lea le mea ua e faapea ai?" 



„missachten die Befehle unserer Eltern, wenn vnr 
„die Schwester tödten, und ynr werden in grosses 
„Unglück gerathen." 

„Ach, halte deinen Mund, es ist gut sie zu tödten, 
„die Hündin thut mit uns was ihr gefällt!" Dies 
waren die Worte der dritten Tetea. 

Da weinte die jüngste Tetea bitterlich und rief 
aus : „ A ch Vi und Vo , hier bin ich nun und Schwester 
Sina. Wie schlecht behandeln uns die Albinos I" 

Ach, wurden da aber die Albinos auf die jüngste 
Tetea böse! 

So nahm denn die Berathung der Albinos damit 
ein Ende , dass sie beschlossen auf dem schlüpfrigen 
Sumpf, der Palapipii hiess, zu gleiten.*) 

Und da kamen Sina und die neunte Tetea von 
ihrem Bade zurück. Und als Sina hörte dass die 
jüngste Tetea weinte, rief sie aus: „0 weh, da 
weint ja die jüngste Tetea !" und Tetea die Neunte 
hörte auch das Weinen. Und da fangen die Beiden, 
Sina und ihre Begleiterin an zu weinen. Als sie 
dann vor dem Hause angekommen waren, erhob 
sich plötzlich die älteste Tetea und sagte: „Kommt 
lasst uns gehen und auf dem schlüpfrigen Sumpf 
glitschen!" „Das ist gut, geht zu!" sagte die zweite 
Tetea. 

So gingen sie denn fort und als sie am schlüpf- 
rigen Sumpf angelangt waren sagte Tetea die dritte : 
„Gehe du doch voran, liebe Sina, und gleite du als 
die Ei-ste!" 

„Ach, liebe Madchen, antwortete Sina, das ver- 
„stehe ich nicht, lasst jemand andei-s vorangehen 
„und es mir zeigen; ich kann nicht glitschen!" 

Und die älteste Tetea sagte heuchlerisch: „Es 
„darf Niemand vor dir den Vortritt haben; wir müs- 
„sen die letzten Befehle unserer verstorbenen Eltern 
„in Ehrfurcht befolgen." 

Niemand erwidert« etwas auf diese Worte der 
ältesten Tetea. 

Plötzlich aber sprangen die älteste und zweite 
Tetea auf Sina zu und stiessen sie hinunter in den 
Sumpf. Die neunte und die jüngste Tetea aber, die 
Sina sehr lieb hatten sprangen ihr nach und der 
schlüpfrige Sumpf verschlang sie alle mit einander. 

Da fingen viele von den Albinos an zu weinen, 
denn sie hatten die neunte und die jüngste Tetea 
sehr lieb. 

Nun begaben sich die Albinos vdeder nach dem 
Strande und freuten sich darüber, dass Sina todt sei. 

Als sie aber ihren Rücken gewandt hatten kamen 
die Eltern der Mädchen herbeigeflogen und zogen 
sie wieder aus dem Sumpfe heraus. Und Vi und Vo 
fragten: „Was ist denn hier geschehen?" 



*) „glitschen". 



- 236 - 



Ona fai atu lea o Sina, „o au ua aga leagaina 'e 
5 matou uso, ia ua le mafai ona 5 ai o Tetea X, 
ma Tetea. 'A'ua la feosofi mai îa te a'u, matou te 
oti fa'atasi ai lava ma a'u. Ia lela ua'ö ua fiafia fal 
â latou ua 'ou oti." 



Ona fai loa atu lava lea o Vi, ma Vo, ia o mai 
funa 'ina tatou ö. Ona M atu lea o teine. „lo, ua 
lelei". 

Ia ona 5 lava lea, savali, savali lava lea, ona tau 
atu lava lea 1 le toga Tetaumago. Ona tu'u ai lea o 
Tetea X, ma Tetea IX, ma Sina. 

'Âe Ö i la'ua i tai i le faleva'a o le al'u o Tuialemu. 



Ona o'o lava lea i le taeao, ua leaga nei manu le 
tau fai valo , ua valo gatai , valo ga'uta. Ua leagal lava 
manu 'a pepë. 

Ona faapea atu lea a Tuialemu: „S'ei ö lava Tui- 
atamai ma Tuivalea, s'ei oulua asia gatai, ma ga'uta, 
ua leaga lava mann a pepë." 

Ia 'ona alu 'ae o Tuivalea 1 ga'uta, 'ae alu 'ae 
Tuiatamai i gatai. Ona savali lava lea o Tuivale tau 
atü lava lea i teine o taatitia mai. 

Ona faapea lava lea a Tuivalea, pe'a na togia, 
pe 'ata, pe tagi, a' ata o le tagata, a tagi o le 'aitu. 



Ia ona tago loa lava lea o Tuivalea i le togi Sina, 
togi Tetea X, i le togi ma Tetea IX. Ona nonofo 
a'e loa lava i luga o teine, ma toe, ma faapea; Aue 
le vale a Tuialemu, Tuivalea, ma toe lava teine 
i le vale. 

Ona momo'e ifo lava lea i tai o Tuivalea, 'ae alu 
'ae foi ia Tuiatamai ma lana ia tala, o Yi ma Yo. 
E momo'e a'e foi Tuivalea ma lana tala o Sinatalau, 
ma Tetea X ma Tetea IX, ia Tuialemu. 

Ia ona fai atu loa lea o Tuialemu, ia oulua vave 
atu lava e'a'ami ia Yi ma Yo. Ona ö ifo lava lea i 
Uta ona fai atu lea o Tuialemu: „0 lea le mea ua 
oulua nonofo ai i le afolau, 'ae le ö mai i fale." 
Ona faapea atu lea o Yi ma Yo: „E tusa lava, e le 
afaina." 

la ona feii atu lea o Tuialemu: |,Tuiatamai, ma 
Tuivalea toe ô ina 'a'ami Sinatalau, ma Tetea X, 
ma Tetea IX." la ona ô fo'i lea o Tuiatamai ma 
Tuivalea, ona ô mai lea o Sina ma Tetea X, ma 
Tetea IX. 

Ona lai atu lea o Tuialemu: lea le mea ua outou 



„Ach, sagte Sina, ich wuixie so schlecht von 
„meinen Schwestern behandelt; nur die neunte und 
„die jüngste Tbtea hielten nicht zu den Schwestern, 
„sondern sie sind mit mir in den Sumpf gesprungen 
„um mit mir zu sterben. Die andern aber sind da 
„hinunter gegangen, sie freuen sich sehr, weil sie 
„glauben, dass ich todt sei." 

Yi und Yo aber sagten: „Kommt jetzt ihr Mäd- 
chen, wir wollen fortgehen", und die Mädchen sagten: 
„Es ist gut, wir kommen!" 

Dann brachen sie auf und wanderten und wan- 
derten bis sie zu einer Qruppe von TäaumangO' 
Bäumen gelangten. Dort blieben die jüngste und 
die neunte Tetea und auch Sina. 

Die beiden Eltern gingen aber nach dem Strande 
zu und traten in ein Haus des Häuptlings Tuialbm0, 
welches aus gewöhnlichem Bauholz hergestellt war. 

Als dann der Morgen anbrach war der Gesang der 
Yögel voller Angst, am Strande sowohl wie in den 
Bergen. 

Es war als ob die Yögel sterben wollten. 

Da sagte Tuialemu zu seinen Söhnen: „Du Tui- 
„ATAMAi und du Tuivalea geht und seht im ûebirge 
„und am Meere nach den Yögeln, weshalb sie so 
„angstvoll singen!" 

Und Tuivalea ging in die Berge und Tuiatamai 
ging an den Meeressti*and. Tuivalea wanderte fort 
und fort bis er endlich den Platz erreichte wo die 
Mädchen sich gelagert hatten. 

Er dachte wenn die Mädchen lachten im Falle 
er sie mit einem Stein werfen würde, so seien es 
lebendige Menschen, würden sie aber schreien so 
müssten es Gespenster sein. 

So warf er einen Stein auf Sina und einen auf 
die neunte und einen auf die jüngste Tetea. Da 
setzten sich die Mädchen aufrecht und liefen: „Ach, 
seht da ist ja Tuivalea , des Tuialemu's näiTischer 
Sohn!" und dann lachten sie alle ihn tüchtig aus. 

Da lief Tuivalea wieder bergab und Tulatamai 
bergauf um dem Tuialemu Nachricht zu bringen 
von Yi und Yo und von den drei Mädchen. 

Und Tuialemu sagte zu seinen beiden Söhnen: 
„Jetzt geht und holt Sina und ihre beiden Schwestern". 
Als die Mädchen darauf kamen fragte er sie : „Warum 
kommt ihr denn nicht in's Haus?" „Ach das thut 
nichts", sagten sie, „das ist gleichgültig!" 

Darauf sagte Tuialemu zu seinen Söhnen: „Nun 
geht und holt Yi imd Yo". Auch diese fragte er: 
„Warum „kommt ihr denn nicht in's Haus sondern 
sitzt da draussen?" „Ach", sagten auch sie, „das 
thut nichts, das ist gleichgültig!" 

Eines Tages fragte dann Tuialemu. ^Yi und Yo, 



- 287 - 



le 5 mai ai i fale nei ona tali mai lea o le teine 
Sina: „Ë le afaina e tusa lava/' Ona fai atu lea o 
Tuialemû: „Vi e, ma Vo, 'eä 'ea pe'a fai Sina ma 
'au ava", ona tali mai lea o Vi, ma Vo, Ua lelei 
lava. „la ona o'o lava lea i le isi aso , ua iai le tama 
a Sina, ma Tuialemû o Matilaalefau , o le tama." 

la le tama e talu lava lona fanau, e fa'ata'olo 
lava i luga o tua o manu e selau, ma fa'alelelele 
lava, e faapenâ lava i aso uma. 

Ona o'o lava lea i le isi aso o le'a matua fo'i le 
tama, ua savali. Ona faalelelele, i uta, ma tai i 
lumâ fale o lo latou fale, ona faapea lea o le tama, 
„auë, le mea le la le uliuli mai." Ona fai atu lea o 
le isi faône, ua te va*ava'ai ina le tama. „0 fea 
'oi ai?" ona tali atu lea o le tama, „le la le uliuli 
mai i sisifo". 



Ona fai atu lea o le fafine ia Sina: Sina fai mai 
a le tama o le'a ö 'e fia matamata, i le mea fai 
mai e uliuli." Ona fai mai lea o Sina: „0 iai le lua 
manu e afe e asi poo lea." Ona alu lava lea o le 
^ne i le fai fa'apenâ ia Matilaalefau. Ua le mafai 
le tama ona nofo ua fia alu tele lava e fia matamata. 

la ona felelei lava lea o manu 'ae ti*eti'e lava le 
tama io latou tua. Tau atïï o^le nu'u o le Autetea, 
ona fai atu lea o le tama i manu, „'aue o a igoa o 
la mea papa'e le tutu mai?" ona tali atu lea o 
manu, „o le Autetea". Ona fai atu lea o le tama: 
Tatou ave ane ea," ona fai atu lea a manu, io ua 
lelei". la ona laga atu loa lava lea o manu i le tapu'e 
le Aut-etea. 



Ona Ö lava lea i lo latou nu'u, ua leaga nei lava 
le faasaunoa o Matilaalefau i le Autetea. 

Ua tatipi ane ia lima o isi fafine i le ave ma ilsr 
mutu Matilaalefau e ai. Ua leaga ua pa'e'e lava 
ia le Autetea i le faasaunoa lava iai o Matilaalefau. 



Ona o'o lea 1 le isi aso, ona fai atu lea a Sina: 
„Le Autetea e, ö mai ia o a'u lava lenei o Sina, 
ma Tetea X, ma Tetea IK, na outou tulei i le 
Palapip'u." 

Ona tau fai tagi loa lava lea o le Autetea. la ua 
lelei lava sio latou fîafia i sio latou nu'u. 

(Casciliâ Anak 26 Juni 1890). 



was sagt ihr dazu , ich möchte Sina gerne zu meiner 
Gemahlin nehmen 1" worauf Vi und Vo antworteten : 
„Es ist gut!" Darauf wurde dann den Gatten eines 
Tages ein Kind geboren, ein Knabe, der Matilaa- 
lefau genannt wurde. 

Dieser Knabe aber lag seit dem Tage seiner Ge- 
burt auf dem Rücken der hundert Vögel, welche 
Tag für Tag dort umherflogen. 

So wuchs der Knabe mit der Zeit auf. Eines Tages 
als er schon gehen konnte und die Vögel wieder vor 
dem Hause auf und nieder, in die Berge und an's 
Meer flogen, sagte der Knabe: 

„Ach , was ist denn das da für ein schwai-zes Ding?" 

Da sagte eine von den Frauen , die auf das Kind 
zu passen hatten: „Wo ist es?" 

„Da im Westen das schwarze Ding," antwortete 
der Knabe. 

Darauf sagte die Frau zu Sina: „Ach Sina, der 
„Junge will mit den Vögeln gehn, um zu sehen was 
„das Schwarze da hinten ist!" Worauf Sina sagte: 
„Lass zwei Tausend Vögel hinfliegen und sehen was 
„es ist!" Dann gingen die Frauen hin und sagten 
dem Knaben dass er dableiben solle; der aber mochte 
nicht bleiben, so sehr wünschte er selbst zu sehen. 

So flogen die Vögel dahin und der Junge saas auf 
ihrem Rücken. 

Wo sie aber hingelangten da war das Land der 
Albinos und der Knabe sprach zu den Vögeln: 

„Ach, was sind denn das für weisse Dinge, die 
da stehen?" 

„Das sind Albinos!" antworteten die Vögel. 

„Lasst uns die mitnehmen!" rief der Junge. 

„Jawohl!" sagten die Vögel, stürmten hinweg und 
fingen die Albinos ein. 

Dann nahmen sie dieselben mit sich in ihr Land, 
wo Matilaalbfau sie grausam misshandelte. Da 
Hess er einigen von den Albinos die Arme oder ein 
Bein abschneiden und gab die Glieder seiner Ver- 
wandschaft zum Verspeisen. ') Und die Albinos 
wurden äusseret mager weil Matilaalbfau sie so 
schlecht behandelte. 

Eines Tages sagte dann Sina: „Ihr Albinos, hier 
bin ich Sina , und die jüngste und die neunte Tbtea, 
die ihr einst in den schlüpfrigen Sumpf gestossen 
habt!" 

Als sie das hörten fingen die Albinos bitterhch an 
zu weinen. Nachher lebten sie dann aber wieder ganz 
glücklich und vergnügt auf ihrem eigenen Lande. 

{Fortsetsmng folgt). 



1) Reminiscenz an Kannibalismus. 



- 238 - 



IV. REVUE BIBLIOGRAPfflQUE. - BIBLIOGRAPfflSCHE UEBERSICHT. 



Pour les abréviations voir pag. 71, 120. 

GÉNÉRALITÉS. 

VIL L'exposition de Paris a pris une si large place 
dans la pensée des peuples pendant cette dernière 
année du siècle , qu'il serait étonnant , si je n'avais 
pas à rendre compte de quelque publication relative 
à cette foire du monde. M. L. Capitan (R. £. A. 
p. 245. Av. fig.) consacre un article à l'anthropologie 
préhistorique à l'exposition de 1900; et M. le Dr. 
Faul Oibod^ dans le même journal (p. 293: La Ck)l- 
lection Massénat-Girod à l'exposition de 1900) y 
ajoute la description d'une collection paléolithique 
remarquable. 

Les observations astronomiques des peuples anciens, 
qui ont eu tant d'influence sur la marche de leur 
civilisation, fait le sujet d'une étude de H. R. Bbown 
(Researches into the Origin of the Primitive (Constel- 
lations of the Greeks, Phoenicians and Babylonians. 
London). M. G. Oppebt (Verb. A. G. p. 102: Ueber 
die Entstehung der Aéra Dionysiana und den Ur- 
sprung der Null) nous apprend comment on est 
arrivé à établir un signe pour le zéro. M. Yict. Ch. 
Mahxllon (Catalogue descriptif et analytique du 
Musée instrumental de Bruxelles. Vol. III. Gand) 
publie des communications intéressantes sur divers 
instruments de musique exotiques. 

EUROPE. 

M. Max Bartels (Z. E. XXXII p. 52 : Isländischer 
Brauch und Volksglaube in Bezug auf die Nach- 
kommenschaft) publie une contribution à l'étude 
des superstitions relatives à la procréation et la 
postérité qui se retrouvent encore en Islande. M. 
MiELKE (Verh. A. G. p. 76 : Zeichnungen von Wand- 
Verzierungen an Fachwerk-Hâusem. Av. fig.), décrit 
des dessins usités dans l'architecture rurale en 
Allemagne. Le même journal contient des commu- 
nications archéologiques de M. E. Friedel (p. 68: 
Das Königsgi-ab bei Seddin, Kreis West-Priegnitz); 
Dr. J. NuESCH (p. 99: Die prähistorischen Funde am 
Schweizersbild und im Eesslerloch) , nouvelles preu- 
ves de la coexistence de l'homme et du mammouth; 
M. L. Schneider (p. 173: Prähistorische Forschun- 
gen in Böhmen. Av. fig.). Ajoutons-y les contributi- 
ons, pubhées dans Nachr., de M. H. Busse (p. 17: 
Das Umenfeld bei Wilmersdorf, Kreis Beeskov^- 
Storkow. Suite. Av. fig.); M. A. Goetze (p. 33: Grä- 
berfeld der römischen Kaiserzeit bei Grossneuhau- 
sen, Sachsen Weimar. Av. fig.); et M. H.Schümann 
(p. 47: Mäander-Urnen aus Geiglitz in Hinterpom- 
mem. Av. fig.). Une troisième révision du livre de 



M. le Dr. Adolf Wuttkx (Der deutsche Volksaber* 
glaube der Gegenwart. Berlin) est donnée par M. 
Elabd Hugo Meyer. Le rôle des animaux dans la 
medicine populaire en Allemagne fait le sujet d'un 
livre de M. Joh. JOhlino (Die Tiere in der deut- 
schen Volksmedicin alter und neuer ZeiL Mitweida). 

M. Georges Hervé (R. E. A. p. 328. Av. fig.) décrit 
des monuments mégalithiques de l'île de Molène, 
Finistère; et (R. £. A. p. 213: La Race basque. 
Ck>nclusions et théories) rend compte des théories 
sur la race basque, qui selon lui ont tous fait fail- 
lite, sans qu'il s'aventure à les remplacer par une 
conclusion meilleure. Des fouilles archéologiques 
sont décrites par M. P. Reinecks (Verh. A. G. p. 
159: Ausgrabungen G. Bonsor's und anderer For- 
scher bei Carmona in Spanien. Av. fig.). Port., ma- 
tériaux pour l'étude du peuple portugais, contient 
des contributions de MM. R. Severo et Fonseca 
Cardoso (O Ossuario da Freguezia de Ferreiro. Av. 
fig.); M. F. Adolpuo Coelho (p. 201: A pedagogia 
do povo Portugues. Suite); M. Rocha Peixoto (p. 
227: Industrias populäres. Os olarias de Prado. Av. 
94 fig.); M. José da Silva Picao (p. 271: Ethnogra- 
phia do Alto Alemtejo); M. A. Sampaio (p. 281: 
As „Villas" do Norte de Portugal. Suite); M. R 
Seveko (p. 325: Ex-voto de bronze da colleccao Manoel 
Negiâo. Av. pi. et fig.); M. B. D. Coklho (p. 369: 
Industria caseira de fiaçao, tecelagem e tingidura 
de substancias textis no districto de Yianana do 
Castello. Av. pi. et fig.); M. P. Febnamdes Thomas 
(p. 379 : Notas ethnographicas do concelho da Figueira. 
II A pesca fluvial. Av. fig.); M. J. Nunes (p. 384: 
Costumes algarvios); M. F. A. Coelho (p. 398: 
Alfaia agricola portuguesa. Av. fig.); et des commu- 
nications archéologiques sur les résultats de fouilles 
en Portugal (p. 333). 

M. le Dr. P. Traeger (Z. E. XXXTI p. 33: Mit- 
theilungen und Funde aus Albanien. Av. fig.) publie 
des observations anthropologiques et archéologiques, 
résultats d'un voyage scientifique en Albanie. M. le 
Dr. A. Kluyver (Hand, en Med. Maatsch. Ned. Lett, 
p. 45: Eene onuitgegeven lyst van v7oorden, afkom- 
stig van Zigeuners uit het midden der 16<ie eeuw) 
publie un vocabulaire tsigane, datant du XYIi^e siècle. 

ASIE. 

B. 0. R. publie des notes de M. W. St. C. Bosca- 
V7EN (YIII no. 11: Notes on Babylonian Legal and 
Commercial Inscriptions) sur des inscriptions baby- 
loniennes. M. le Dr. Hartwig Hibschfeld (I. Ant. 



- 239 - 



p. 173, 201: New Researches into the Composition 
and Exegesis of the Qoran) continue ses notes sur 
les origines de l'islamisme. Al-M. (no. 13) publie des 
articles de M. J. G. Thabet, sur le damasquinage 
des armes; et de M. P. J. Tatai, sur l'éducation au 
Liban. M. E. H. Parker (Ch. R. XXIV no. 4, 5: 
The Early Turks) publie des notes sur la race turque 
d'après des sources chinoises. Le livre de MM. A. 
K. Nasyroff et P. A. Polakofp (Die Märchen der 
Tart^ren von Kasan. Kasan) donne le texte tartare 
avec la transcription et la traduction russe et une 
étude comparée sur les légendes des peuples oural- 
altaiques. M. C. F. Lehman (Verh. A. G. p. 140) 
publie des communications archéologiques de M. 
Ellsworth Huntington, sur les fouilles en Armé- 
nie; et (Verh. A. G. p. 152: Photographien einer 
Gruppe von Trachten der Hauptvölker Transkauka- 
siens. Av. 1 pl.) rend compte d'un don de Mad. A. 
VON Seidlitz à la Société anthropologique de Ber- 
lin, consistant en une série de photos illustratifs 
des principales tribus de la Transcaucasie. Le livre 
du comte A. Bobrinski (Moscou) sur les ornements 
des Tadjiks de Darwar est écrit en langue russe et 
illustré de 17 planches coloriées. M. Max Bartels 
rend compte (Z. E. p. 105) d'une étude de M. A. 
Tarenetzky (Beiträge zur Skelett- und Schädelkunde 
der Aleuten, Konagen, Kenai und Koljuschen, mit 
vergleichend anthropologischen Bemerkungen) publié 
dans les Mémoires de l'Académie Impériale de St. 
Pétersbourg, vol. IX no. 4. 

M. le prof. ViRCHOw, dans le même journal (p. 
107), rend compte des rapports médicaux publiés 
dans „China Imperial Maritime Customs", sur la peste 
(Shanghai), en observant que les descriptions les 
plus intéressantes sont d& la main du Dr. Matig- 
non. Le livre de M. Arthur H. Smith a paru 
dans une libre traduction allemande de M. F. C. 
During (Chinesische Charakterzûge. Würzburg. Av. 
18 pl.). Le même auteur publie une contribution à 
la connaissance du caractère chinois dans Ch. R. 
(XXIV no. 5: The Sacredness of Human Life in 
China). M. A. Grünwbdel (Mythologie des Buddhis- 
mus in Tibet und der Mongolei. Leipzig. Av. 188 
ill.) publie un guide à travers la collection lamais- 
tique du prince E. TJchtomsky. Ostas. Ll. contient 
des articles de M. A. H. Bach sur le culte des an- 
cêtres en Chine (p. 570, 594: Der Ahnendienst im 
alten China), et sur les montagnards sauvages de 
rile de Hainan, les Miao-tze, que Tauteur préfère 
de beaucoup aux Chinois (p. 619, 642: Eine Reise 
durch Hainan); et une explication de la doctrine 
du Karma (p. 674) comme la loi de la causalité. 
Les Japonais se donnent la peine de nous expliquer 
eux mêmes le caractère du peuple japonais. M. I. 



HiTOMi (Le Japon. Paris. Av. 74 ill.) publie un essai 
sur les moeurs et les institutions de son pays; M. 
J. NiTOBE (Bushido, the Soul of Japan: An Exposi- 
tion of Japanese Thought. Philadelphia) nous explique 
la façon de penser des Japonais. M. le comte Hans 
VON KöNiGSMARCK (Japan und die Japaner. Berlin. 
Av. 24 pl.) nous raconte ses propres expériences du 
pays sans trop approfondir. 

L'excellent manuel de M. Alb. GrOnwedel (Bud- 
dhistische Kunst in Indien. Berhn. Av. 102 ill.) a 
paru dans une deuxième édition. M. J. Vinson (Lé- 
gendes boudhistes et Djainas. Paris) donne une 
contribution à la littérature boudhistique. M. H. 
Brunnhofer (Verh. A. G. p. 80: Das Alter des 
Kigveda, nach Maasgabe der Açvinau-Hymnen) pu- 
blie des notes sur la chronologie védique. M. E. 
Hültzsch (South-Indian Inscriptions. Ill Miscella- 
neous Inscriptions from the Tamil Country. Madras. 
Av. 6 pl.) donne une reproduction avec la traduction 
de divei-ses inscriptions tamiles. M. S. M. Burrows 
(The Buried Cities of Ceylon. Colombo) décrit les 
restes des anciennes cités de Tîle de Ceylan. I. Ant. 
publie des contributions du colonel J. Davidson (p. 
214: Some Notes on the Language of Chitral and 
Idiomatic Sentences and Translations of ten Oriental 
Stories); de sir J. M. Campbell (p. 224: Notes on 
the Spirit Basis of Belief and Custom. Suite), sur 
les sortilèges; et de M. R. C. Temple (p. 190: The 
Thirty-seven Nats of the Burmese. Suite), contribu- 
tion au folklore birman. M. le Dr. 0. Frankfurter 
(Elements of Siamese Qrammar. Bangkok-Leipzig) 
ajoute à la partie grammaticale de son livre des 
essais supplémentaires sur la langue du palais, sur 
la noblesse siamoise et sur la chronologie du Siam. 
M. Nelson Annandalb (Scott, p. 505: The Siamese 
Malay States. Av. fig.) donne un résumé des résul- 
tats ethnographiques d'une expédition scientifique. 
Mad. Isabelle Massieu (R. D. M. p. 607: A travers 
rindo-Chine) publie des notes sur les moeurs et 
coutumes des Laotiens. 

Le livre du Dr. H. Breitenstein (Einundzwanzig 
Jahre in Indien. II Java. Leipzig Av. ill.) est basé 
sur les observations personnelles de l'auteur. Le 
livre de MM. G. P. Roufpaee et H. H. Jüynboll 
(Die Indische Batikkunst und ihre Geschichte. 
Haarlem. Av. pl.) est publié avec le texte en alle- 
mand et en hollandais. M. C. J. Westenberg (Eigen 
Haard pag. 484: Twee Batakstammen. Av. fig.) 
publie des notes ethnographiques sur les Bataks 
Karô et Timor ou Simeloungoun. M. Leo Bouchai. 
(Verh. A. G. p. 72: Schwerter aus Borneo) fait des 
remarques critiques sur le discours du Dr. Beyfuss. 
M. J. Dos Santos Pkreira Jardin (Port. p. 855: 
Notas ethnographicas sobre os povos de Timor) 



- 240 - 



Xmblie un article sur la population du Timor portu- 
gais. La biographie du R. P. le Cocq d'Akmandvillx, 
publiée par M. W. van Nieuwenhopf. S. J, (Am- 
sterdam) contient des communications ethnographi- 
ques sur les Iles de Flores, de Céram et sur la 
Nouyelle Guinée. 

OCÉANIE. 

M. P. W. Schmidt (Z. E. p. 87: Ein Beitrag zur 
Kenntniss der Yalman-Sprache) publie une étude 
linguistique sur la langue des îles Tumleo, Saliu 
et Ali sur la côte de la Nouvelle Guinée allemande, 
d'après les communications du missionnaire P. Vos- 
MANN. M. VON LuscHAN (Verh. A. G. p. 87: Stein- 
Geräthe aus Neu-Guinea. Av. fig.) décrit des usten- 
siles en pierre provenant de la Nouvelle Guinée; 
et (ibid. p. 86: Die Stabkarten der Marschallaner) 
publie des notes sur les curieuses cartes maritimes en 
us^e chez les insulaires des îles Marshall. M. G. 
Thilenius (Verh. A. G. p. 95: Die Besiedelung der 
nordwest-polynesischen Insein) traite la question 
beaucoup discutée des relations ethnographiques 
entre les divers groupes d*lles de l'Océan Pacifique. 

AFRIQUE. 

Le livre du Dr. A. Wiedemann (Die Toten und 
ihre Reiche im Glauben der alten Aegypter. Leip- 
zig) nous transporte dans l'ancienne Egypte. M. H. 
Stumme (Märchen der Berbern von Tamazratt in 
Südtunisien. Leipzig) a traduit des contes berbères 
de la Tunisie méridionale. M. G. Delbrbl (G. p. 
167: De Fez à TOranieà travers le pays des Ghiata, 
vallée de Tlnaoun) publie son journal de 'voyage en 
Maroc. 

M. R. ViRCHOw (Verh. A. G. p. 136: Av. fig.) 
décrit le crâne d'un chef mhehe, envoi du Dr. W. 
GoETZE. Mitth. D. S. publient des rapports du lieu- 
tenant Eggers (p. 185: Ueber eine Reise nach dem 
Okavangogebiet); et du doct. Richard Kandt (p, 
240: Bericht über meine Reisen und gesammte 
Thätigkeit in Deutsch-Ostafrika). Les notes de voyage 
de M. E. S. Grog an (G. J. p. 164: Through Africa 
from the Cape to Cairo) contiennent des détails 
ethnographiques sur plusieurs tribus et notamment 
sur une tribu offrant une ressemblance remarquable 
avec les singes et très chevelue. 

AMÉRIQUE. 

M. Carl Lumholtz (Mem. Am. M. N. H. III: 
Symbolism of the Huichol Indians. Av. pi. et fig.) 
publie une contribution à Tétude des cérémonies 
religieuses chez les tribus indiennes. M. Ed. Sbler 
(Verh. A. G. p. 188: Einiges mehr über die Monu- 
mente von Copan und Quirigua. Av. flg.) continue 
ses communications sur les hiéroglyphes mexicains. 
Le rapport du Musée national de Costa Rica con- 
tient des articles archéologiques sur des monuments 



récemment découverts dans la république, par M. 
T. PovEDANO (p. 12: (}omunicacion acerca del mono- 
lito escultural de San Isidro); M. J. F. Febraz (Ompa- 
ontla-neci-tetl , o Piedra trasparente, Mesa Altar de 
Piedra Calada, de San Isidro); et M. A. Navasbxtb 
(p. 37: Très piezas del Museo Nacional). 

LA Haye, oct. 1900. G. J. Dozy.- 

yill. C6opHHKi> MaTepia>ioirb a^h onBcanifl M-ßcTHocreft 
H lueMeHi» KasKaaa. ll34aHie ynpas^ieHiH KasKaacKaro 
yneGHaro ÛKpyra. BunycKi» 4iia4uaTb ce^bMoil. Th4»ihci. 
1900. 

Deze 27"te aflevering der ,,Materiaalverzameling 
voor de p]aats- en volkbeschrQving van den Eakausus" 
is even rjjk en veelzQdig als hare voorgangsters. 

De l8te Afdeeling, ingeleid door een voorbericht 
van Lopatinskij, opent met een opstel van Dzja- 
NASJWiLi, getiteld: „Het beleg van Konstan- 
tinopel door de Skythen, dat ztjn de Rus- 
sen, en de krijgstocht van Keizer Hera- 
clius naar Perzie". Eene beschrtjving van bedoeld 
beleg, dat in 626 plaats had, komt voor in een oud 
Gruzisch HS. van 1042, eene beschrijving die in veel 
punten overeenkomt met hetgeen by Byzantynsche 
schnjvers te vinden is, maar toch ook sommige 
bvizonderheden bevat die men elders nog niet heeft 
teruggevonden. De Byzantynsche schryvers noemen 
onder de belegeraars op Awaren, Bulgaren en Slaven, 
maar er is geen sprake van Skythen of Russen. De 
reden is duidelQk : de „Russen" genoemde Zweedsche 
"Waringen iiebben zieh eei*st twee eeuwen later onder 
Slaven gevestigd en heerschappy uitgeoefend, zoodat 
er van eene belegering van Konstantinopel in 626 
door die eigenlyke Russen geen sprake kan wezen. 
Het Hgt dus voor de hand dat de Gruzische schryver 
in de ll<ie eeuw onder Skythen Slaven verstond, 
die hy daarom ook Russen noemde, omdat toen ter 
t\jd eene Russische, d. i. ooi'spronkelyk Zweedsche 
dynastie in 't Slavische Kiöf troonde. 

Het opstel van Chotsiatofskij : „O verzieht van 
de flora der omstreken van *t Goktsja- 
meer" is van zuiver botanischen aard. 

„De Arabieren en Türken in *t distrikt 
Baku en de invoering van den Islam", van 
Karpowic, geeft een schets van de onderwerping 
van genoemde streek door de Türken en van de 
invoering van *t Mohomedanisme , tengevolge waarvan 
de Iraansche elementen der oudere bevolking, de 
Taten en Talysjen, op den achtergrond werden ge- 
drongen. 

In 't opstel getiteld „Het klo oster Karmir- 
wank" beschryft Tbr-Markarof een van de oudste 
Aimenische kloosters in 't dal van den Arakses. 
Eene af beelding vindt men op de plaat bg blz. 56. 

In zeker opzicht kan het artikel ;,Het Goktsja- 



- 241 - 



me er" door Paul beschouwd worden als aanvulling 
van bovenvermelde botanische bijdrage, daar het 
een karakteristiek geefb van de in dat meer 't meest 
voorkomende vischsoorten. 

Mel*nikof-Razwkdenkop levert eene historische 
bjjdrage over: ;,Steden van *t noordelijk ge- 
deelte van *t oosterstrand der Zwarte 
Zee", als vervolg op een artikel van denzelfden 
Bchrijver over „De Kimmerische Bosporus", 
dat vroeger versehenen is in All. XXI van het tyd- 
schrift. 

Onder den titel „De Mektebs (lagere scholen) 
en Med res (school van hooger klasse) in de s tad 
Mesjhed" deelt Ghalilof allerlei bQzonderheden 
mede over den toestand van *t schoolonderwys in 
Perziß, inzonderheid te Mesjhed in de provincie 
Chorasan. De schets is van des te meer waarde, 
omdat die toestand in Europa zoo goed als onbekend is. 

In *topstel „Een uithoek van Letsjchum" 
van MoisEJEP wordt in de eerste plaats de economi- 
8che toestand beschreven der bevolking van Lailasji, 
vroegere hoofdplaats van de kreits Letsjchum, Goe- 
vernement Kutaïs, doch vorder weidt de Seh. ook 
uit over de toestanden in de geheele kreits. 

DzjANASJWiLi deelt in een körte bjjdrage getiteld 
„De Iwerißrs in Spanje" een uittreksel mede 
uit een Gruzische kroniek, waaruit blykt dat de 
Gruziërs in de 10<îe eeuw meenden met de Iberiörs 
van Spanje ver want te zgn. Die meening berustte 
op de overeenkomst in klank tusschen den volks- 
naam „Iwenërs" in den Kaukasus en de be woners 
van 't Iberische schiereiland. Eenige andere grond 
voor die meening dan de toevaUige klankgeljjkheid 
bestond er niet. 

De 2de Afdeeling, ingeleid door een voorbericht 
van èuLYiN, is hoofdzakel^k aan plaatsbeschqjving 
gew\jd. Slechts één artikel van Kozenbero over 
;,De Duitsche kolonie Semenofko" bevat 
ook een historisch overzicht en een beschitjving van 
den maatschappeiyken toestand der kolonisten. 

In de beschr^jving van „Het dorp Satsjilawo, 
Goevernement Kutals'*, bydrage van Kapana- 
DZE, komt veel voor, dat ook voor de volkenkunde 
van belang is, nl. overleveringen , sprookjes, spreek- 
woorden, raadsels en bygeloovigheden van de zuiver 
Gruzische bevolking. 

De 3de Afdeeling bevat twee bydragen , beide van 
Yolkenkundigen aard. De eerste bestaat uit „Kara- 
nogasche historische volksoverleverin- 
gen", verzameld door Ananjep en in vertaling 
door hem medegedeeld. Deze overleveringen, waarin, 
zooals bfina van zelf spreekt, de geschiedkundige 
kern gehuld is in allerlei dlchterl\jke toevoegselen 
€ener weelderige verbeelding leveren naar de op- 

I. A. f. E. xm. 



merking van Lopatinskij ruimschoots stof tot ver- 
gel^jking met gelijjksoortige verbalen der Turksche 
en Mongoolsche volken. De tweede b|jdrage, die 
den algemeenen titel draagt van „Dit de Osse- 
tische volkslitteratuur" bestaat uit verschil- 
lende kleine stukken: nl. „Eene overlevering 
aangaande 'tParadys"; „Eene overlevering 
aangaande Koningin Tamar", en „Eene 
overlevering aangaande Koning Osibaga- 
tar", alle drie medegedeeld door Sulyin. Vorder 
maken we kennis met het sprookje „Keuze der 
bru id", waarvan de strekking is de waarheid aan- 
schouwelyk te maken van den stelregel, dat een 
trouwlustige zyne bruid meet zoeken in zijn eigen 
kring. In de daaropvolgende legende „Van St. Joris 
den Zeeghafte" wordt in den vorm van een 
verielling de deugd der gastvryheid verheerlykt. 
Beide stukjes zîjn medegedeeld door Takojep. Om- 
trent den inhoud der Legende merkt Lopatinskij 
in de voorrede op, dat dezelfde aanpqjzing van de 
deugd der gastvqjheid in verscheidene Ossetische 
Verteilingen voorkomt , o. a. in de legende : „St. Joris 
de Zeeghafte te gast bjj de oudjes", dat eene 
verwonderlîjke overeenkomst vertoont met de mythe 
van „Philemon en Baucis" b\j Ovidius. Ein- 
deltjk vinden wy door Baranop een onderwerp be- 
handeld „Uit de bygeloovige voorstellin- 
gen der Ossete n", en een jagersprookje , waarin 
„Awsaty", de beschermgeest der viervoetige dieren 
en Vogels optreedt. 

De 4de Afdeeling opent met een artikel van Kar- 
piNSKiJ over „De Kozakken van den Bergrug 
en hunne liederen", dat als vooitzetting dient 
van andere werken van denzelfden schry ver in vorige 
jaargangen van het tydschrift, o. a. van „Het Rus- 
sische epos aan den Terck". 

Het volgende opstel van Gleib „Over de af- 
komst van het Gruzische volk en zîjne 
ta al", waarin verband gezocht wordt tusschen het 
Gruzisch en de Semitische en Ural-altaische talen, 
is — het spijt ons dit te moeten zeggen — ten 
eenenmale waardeloos , vooreerst om het gebrek aan 
wetenschappelijke méthode, en tevens om de grove 
fouten die de Schrjjver maakt, waar hy zieh aan 
taalvergelijking waagt. Een paar staaltjes zullen vol- 
doende wezen om deze bewering te staven. *t Gru- 
zisch gwelif veld, wordt vergeleken met een Finsch 
wâîa, dat niet bestaat, en ook met Hongaarsch vélo, 
dat ongelukkigerwfjze „merg" beteekent. Klaar- 
bl^keiyk heeft de Sch. in een Hongaarsch-Duitsch 
woordenboek als vertaling van vdö gevonden: „das 
Mark", dat hy verwajd heeft met „die Mark", 
grens. Niet minder verkeerd is de vergelyking van 
Gruzisch stoili, zoon, met Hongaarsch szÛH, baart, 

31 



- 242 - 



teelt. Nu is stcüi eene afleiding van een wortel so, 
waarvan 't verbaalsubstantief luidt soba, 3 ps. enk. 
Aor. actief hsioa, passief iswa, terw\jl in sziill de II 
b\j den verbaalslam behoort. Daarenboven trans- 
cribeert de Sehr, het Hongaarsche woord met èyl, 
en toont daardoor dat h\j niet eens 't Hongaarsche 
alphabet kent, want de klank van é wordt in 't 
Hongaai*sch voorgesteld door s, terw^l de sz de 
waarde heeft van onze s. 

Het volgende stuk „Etymologie van Karth- 
v^elische volks- en plaatsnamen" door 
DzjANASJWiLi Hjdt aan dezelfde gebreken als *c voor- 
gaande. Onder de vele onhoudbare etymologieön is 
de buitensporigste wel de verklaring van de namen 
Eran en Turan uit het GruzischI E-ran heet ont- 
staan uit e „deze", en een nlete beteekenend ran) 
Tu-ran uit tu (dat niet bestaat) „die" en datzelfde 
denkbeeidige ran. Nu is het algemeen bekend dat 
Eran, alsook Iron y zooals de Osseten zieh noemen. 



een jongere vorm is van een Oud-iraansch Airyâna 
(in de Zend-Avesta gespeld Airyana), en dat Turdn 
gevormd is met hetzelfde suffix, dat ook in 'tLatün 
voorkomt in Romanusy Africanus, enz. en Avestisch 
tûray vyand, Turaniör. 

Eene belangr^jke b^jdrage tot de Tsjerkessische 
Volkskunde z^n de door Tambi£f meegedeelde 
„Adygsche teksten", in Kabardisch en Kjach- 
tisch dialekt. 

De twee toegevoegde Belagen bevatten: 1«. aan- 
wyzingen omtrent de beste wy'ze waarop onder- 
wjjzers en andere schoolbeambten te werk moeten 
gaan om berichten te verzamelen aangaande de ver- 
schillende oorden van den Kaukasus; 2^. vraagpunten 
nopens sagen, sprookjes, bijgeloovige zeden en ge- 
bruiken. Beide stukken zouden zeer geschikt wezen 
om tot leiddraad te strekken voor soortgelijk onder- 
zoek ook op ander gebied dan de Kaukasus. 

H. Kern. 



V. LIVRES ET BROCHURES. - BÜCHERTISCH. 



XIV. Hkrm. Stbkbel : Ueber Thierornamente 
auf Thongefässen aus Alt-Mexico (Veröffentl. 
des Kgl. Mus. für Völkerkunde, VI Bd.; Is Heft) Berlin, 
W. Speman, 1899. 4». 

Es gab eine Zeit während der man als den hervor- 
ragendsten Charakterzug des geborenen Hamburgers, 
das Verständnis für eine gute Ernährung bezeichnete. 
Ein oft ausserhalb Hamburgs, das dortige Leben 
kennzeichnen sollender Ausspruch lautete: „Man 
habe dort für nichts anderes Interesse als für Beef- 
steak und Austern". Wiewohl offen zugestanden 
werden soll dass die Be wohner jenes grossen Handels- 
emporiums nach des Tages Last und Mühen, in 
harter, ernster Arbeit dem heiteren Lebensgenuss , 
auch materieller Art, durchaus nicht abhold sind, 
muss doch bestritten werden dass nur hierauf das 
ganze Denken und Fühlen derselben gerichtet sei. 
Wer solcher Annahme zuneigt hat Unrecht; im 
Gegentheil, sei es denn auch in der Stille, auch die 
geistigen, resp. idealen Interessen haben in Hamburg 
seit altersher sich st^ts einer eifrigen Pflege erfreut ! 
Kaum ist uns eine zweite Stadt Deutschlands bekannt 
in der sich z. B. eine eben grosse Menge Sammlungen 
auf künstlerischem und wissenschaftlichem Gebiet 
im Besitz von Privaten befindet, und was die in 
den letzten Jahrzehnten so prächtig emporblühenden 
wissenschaftlichen Staatsanstalten betrifft, wie viele 
derselben danken nicht ihr Entstehen der Initiative 
und der Opferbereitschaft der Bürger selbst. Schon 
hieraus ergiebt sich dass eine rege Antheilnahme an 
wissenschaftlichen Betrebungen von Seiten der Laien 



bestehen muss und ein schönes Zeugnis derselben 
bietet wiederum die vorhegende Arbeit. Der Ver- 
fasser derselben, seinem Berufe nach Kaufmann, hat 
längere Zeit in Mexico gelebt und dann, nach seiner 
Rückkehr, seine Freistunden dem Studium der Natur- 
wissenschaft und Völkerkunde jenes Landes geweiht, 
als dessen Resultat er uns schon mit einer Reihe 
von zoologischen und archaeologischen Arbeiten be- 
schenkt hat. 

Das vorliegende Werk , welches gleich den früheren 
des Verfassers, von Ernst der Behandlung und 
Vertiefung in die ihm gestellte Aufgabe zeugt, 
ist so recht auf ihn zugeschnitten, indem hier 
sowohl der Zoologe als der Ethnograph zur Sprache 
kommt. Das Thema welches dieselbe behandelt ist 
gei-ade während der letzten Jahrzehnte ein wichtiges 
geworden; haben uns doch die Untersuchungen von 
Karl von den Steinen , von Luschan , Schürtz u. A. 
gelehrt dass der allergrösste Theil desjenigen, was 
bisher in der Ornamentik der Naturvölker mit dem 
Namen ;,geometrische Motive" belegt wurde, weil man 
es nicht anders zu erklären fähig war, nichts anderes 
ist als Motive die entstanden sind durch fortgesetztes 
Umbilden, resp. Stylisken der der Natur entnom- 
menen Vorbilder pflanzlicher oder thierischer Art. 
Solchergestalt wurde jener vor vielen Jahren von 
berufener Seite aufgestellte Satz , dass die Ornamentik 
schriftloser Völker, Texte enthalte in denen selbe 
zu uns reden, bewahrheitet und auch Strebel's 
Arbeit bildet wieder einen neuen Beweis für die 
Richtigkeit jenes Ausspruchs. 



- 243 - 



Das derselben zu Grunde liegende vom Verfasser 
•während vieler Jahre zusammengebrachte Material, 
stammt aus dem Staate Vera Cruz und gehört zwei 
Kultui'gruppen an, deren eine, die vom Verfasser 
„Cerro montoso" genannte, im einem nördlichen 
Theil , während die zweite „Ranchita de las animas", 
in dem südlich an den ersteren grenzenden Theil 
des Gebietes vertreten ist; die Fundstätten ergaben 
ein derart reiches Material dass sich ein ziemlich 
vollständiges Bild der, daselbst vor der Eroberung 
vertretenen Kultur gewinnen liess. 

Die beiden Kulturgruppen vertreten entschieden 
Stammesverschiedenheiten; die Namen der Stämme 
festzustellen wurde in einer früheren Arbeit („Alt 
Mexico") versucht, und ebenfalls die Lösung der sich 
dabei ergebenden Widersprüche zwischen den ge- 
schichtlichen Thatsachen und dem voriiegenden 
Material. Die Frage war im wesentlichen, welche 
der beiden Kulturgruppen den Totonacas zuzusprechen 
sei und nahm Verfasser derzeit an, dass sich hiefür 
die „Cerro montoso"-Gruppe viel eher eigne, als die 
andere oben genannte. 

Spätere Funde drängten eine Lösung der Frage 
noch mehr in den Vordergrund und ist Str. jetzt 
zu dem Resultat gelangt dass die Cerro montoso- 
Gruppe ausschliesslich den Totonacas zuzuweisen 
sei, während die zweite (Ranchito de las animas) 
die Eigenart der Bewohner von Cuetlachtlan vertritt. 
Diese Lösung passt sich, wie der Verf. sagt, weit 
natürlicher den geschieh tUch en Qeberlieferungen, 
wie den durch die Funde gebotenen Thatsachen an. 
Indes ist mit der heut vorgeschlagenen Lösung die 
Frage nach den besonderen Kulturverhältnissen 
noch keinesweges gelöst; denn wenn wir auch über 
die Totonacas einiges wissen, über die Bewohner 
von Cuetlachtlan wissen wir gar nichts. Da aber die 
Kenntnis der Kulturverhältnisse erforderlich ist um 
gewisse Erscheinungen an den Kunsterzeugnissen 
erklären zu können, so hat Verf. den Ausweg ge- 
wählt, die für solchen Zweck dienlichen Hauptzüge 
der Kultur der bedeutendsten, hier in Frage kom- 
menden Stämme als Grundlage zu benutzen. 

Das in der vorliegenden Arbeit besprochene Material, 
ist durchweg aus Grabungen, aus Ruinenstätten, Grä- 
berfeldern oder Gräberhügeln , deren Situation näher 
geschildert wird, gewonnen; dasselbe befindet sich 
heut zum grösseren Theil im Besitz des Kgl. Museum 
für Völkerkunde zu Berlin, und zu einem anderen 
im dem des Museum für Völkerkunde zu Leipzig. 
Der Verfasser hat für sich selbst nur eine kleine 
Sammlung behalten. Wir haben es, wie sich schon 
aus dem Beherrechen der Technik, sowie den Dar- 
stellungsformen erkennen lässt, hier mit vorge- 
schrittenen Kunsterzeugnissen zu thun, für deren 



Altersbestimmung sich keine Anhaltspunkte gewin- 
nen Hessen; aus den Funden ist aber mit Sicherheit 
zu schliessen dass die Begründer der Niederlassungen 
schon die wesentlichsten Kulturelemente mitgebracht 
haben müssen, sodass das Material nur das Ende 
der Entwicklungsreihe der Kunst und nicht den 
Anfang, der irgendwo anders gesucht werden muss, 
repräsentiert. 

Von beiden Gruppen steht die „Cerro montoso" 
in vieler Beziehung auf höherer Stufe, was besonders 
in dem grösseren Umfang des benutzten Arbeits- 
materials für Schmuck und Geräthe zum Ausdruck 
kommt. Bei den Gefassen bieten Formen, Farben- 
zusammenstellung und Decor eine vorgeschrittenere 
Technik; es zeigen sich oft Gefasse mit Füssen, 
welche in der Ranchito de las animas-Gruppe nur 
selten auftreten. Der Thon wurde nicht nur wie 
er sich fand verwandt, sondern man suchte auch 
durch Mischungen etc. neue Farbentöne zu gewinnen; 
besonders interessant ist ein Auftragsweiss das, frei 
von Kohlensäure, neben Kalkphosphat, ein Metall, 
Vanidin, enthielt. Die Freude an der Mannigfaltig- 
keit der Formen kommt auch in der Vielseitigkeit 
deijenigen der Spinn wirtel zum Ausdruck, während 
in der R. de las animas-Gruppe, diese immer die 
gewöhnliche Form eines Kugelabschnittes haben. 
Eine Eigenthümlichkeit der R. de las animas-Gruppe 
ist andererseits die Verwendung eines, meist als 
Grundirfarbe verwandten, aus Kreidethon beste- 
henden Weiss; die damit bemalten Gefässe wurden 
dann gewöhnlich mit andern Farben übermalt. Be- 
treffs weiterer Einzelheiten in den Unterschieden 
beider Gruppen verweisen wir auf die Arbeit selbst. 

Was der Verfasser nun über die, aus dem Ge- 
sammtmaterial vorei-st für das gegenwärtige Werk 
herausgehobene Gruppe der Thierornamente , und 
im Anschluss daran über die Darstellung des Men- 
schen sagt, ist in klarer leicht fasslicher Weise ge- 
geben und wird durch 199 Abbildungen, sämmtlich 
von der kunstgeübten Hand des Verfassers, auf 19 
Tafeln in höchst erwünschter Weise erläutert. 

Die in der Ornamentik zur Vejwendung gelangten 
Thiere sind die folgenden: 1) Affe, 2) Vogel (Adler, 
Quetzal, Königsgeier und vielleicht der rothe Gua- 
camayo), 3) Käfer, 4) Tausendfuss, 5) Fische, 
6) Schlange, 7) Leguan, 8) Fledermaus , 9) Nasenbär 
und Greifstachler. Jeder dieser Abtheilungen ist 
ein besonderer Abschnitt gewidmet in der, unter 
Verweisung nach dem Sammlungsmaterial, dessen 
Etikettirung vom Verfasser selbst mit peinlichster 
Sorgfalt geschehen, die Verwendung der Ornament- 
motive, deren Umformung resp. Stylisierung, der 
Zusammenhang der dargestellten Thiere mit religiösen 
et«. Anschauungen, resp. die Bedeutung derselben 



244 - 



im Leben der Verfertiger der in Rede stehenden 
Thonaitefacte etc. geschildert werden. Vorangeht 
dieser Behandlung im Einzelnen, ein kurzer Abschnitt 
über die Bedeutung des Thierornaments im Allge- 
meinen und über die Benutzung des vorliegenden 
Materials , das zum Theil beim Kultus, zum grösseren 
Theil aber wohl als Todtenbeigaben Verwendung 
gefunden haben dürfte. 

Die Verwendung des Thierornamentes überhaupt 
erklärt Str. aus religiösen Voi"stellungen der Volks- 
seele, die in der Kunst zum Ausdruck kommen ; dass 
Thiermotive nur aus dem Vergnügen Naturobjekte 
nachzubilden, entstanden sind, glaubt Veif. nicht. 
Dass viele Thiere, und in wie weit, in Beziehungen zu 
den Gottheiten standen lehrt uns die UeberUeferung, 
vielmehr aber noch wird dies durch die rituellen 
Bilderschriften erwiesen. Ferner haben gewisse Thiere 
eine ausgesprochene Bedeutung als Tageszeichen die 
unter dem Patronate bestimmter Gottheiten stehen 
und von denen ein bestimmter Einfluss auf die Ge- 
schicke des Menschen angenommen wurde. Eine 
weitere und vielleicht maassgebende Bedeutung des 
Thierbildes ist die des Stammes- oder Familien- 
abzeichens, im Verband mit totemistischen Vorstel- 
lungen. Wenn hiefür auch aus Mexico directe Be- 
weise fehlen so darf selbe doch, ihres Vorhandenseins 
bei den nördlich und südhch angrenzenden Eingebor- 
nen-Stämmen halben, als vorhanden gewesen ange- 
nommen werden. Aus den diesbezüglichen weiteren 
Ausführungen des Verfassers erklärt sich dann die 
Verwendung der Thiergestalten in der Ornamentik mit 
ziemlicher Leichtigkeit. 

Ein Eingehen auf die Einzel betrachtungen über 
die verschiedenen Thiere müssen wir uns, einerseits 
aus Raummangel, besonders aber darum versagen 
weil die Besprechung einzelner, aus dem Zusammen- 
hang gerissener Theile das Verständnis unserer Leser 
eher verwirren, als fördern würde. Kurz erwähnt 
möge werden dass der Affe, das elfte der 20 Tages- 
zeichen unter dem Protektorate des Gottes des Tanzes, 
Gesanges und Spiels Macuüaochitl , ausserdem aber 
auch in Beziehungen zum Wind-Gotte, Quetzalcoatl 
steht. Von den in der Ornamentik auftretenden 
Vögeln war der Adler das Zeichen des 15 Tages 
unter dem Protektorat des kriegerischen Gottes 
TlcUlanqui {Xipe Totec), Der Quetzal und der rothe 
Guacamayo sind durch Sblbr als Himmelsvögel, 
letzterer besonders als Sonnen vogel genannt; beider 
Federn bildeten vielfach Götterschmuck und die des 
Quetzal durften nur von hohen Würdenträgern als 
Schmuck getragen werden. An den Käfer knüpften 
sich ungünstige abergläubische Anschauungen; die 
Bedeutung des Tausendfusses ist Verf. nicht bekannt 
geworden. Betreffs der Fische, die nur in der Ran- 



chito de las animas-Gruppe als Decor gefunden 
wurden, dürften besondere Beziehungen zum Götter- 
kultus nicht vorliegen. Die Schlange ist das fünfte, 
unter dem Protektorate der Göttin Calchikuülicue 
stehende Tageszeichen, dessen Bedeutung für die 
unter demselben Geborenen ungünstig. Der Leguan 
galt von altersher als beliebte Speise der Indianer 
und als Heilmittel gegen Nieren- und Blasensteine; 
seine Darstellung findet sich in der Ranchito de las 
animas-Gruppe häufiger wie die jedes anderen Thieres. 
Die Fledermaus, nur der Cerro montose-Gruppe an- 
gehörig, finden wir im Fledermaus-Gott, Itzpapolotl, 
vertreten. 

In einem Schlusskapitel bespricht Str. die Eigenart 
der in dem untersuchten Material sich äussernden 
dekorativen Kunst im Zusammenhange. Die Kunst 
stand, wie alle socialen Factoren unter dem Zwange 
eines vom Aberglauben durchtränkten Kultus, der 
in grobsinnlicher Weise das Verhältnis dos Menschen 
zu den Gottheiten nur im engsten Anschluss an 
materielle Lebensinteressen zu gestalten suchte und 
dem im Allgemeinen eine ideale Auffassung noch 
fern lag. Dies schloss ein freies Ausgestalten der 
Kunst als Selbstzweck aus und nur von einem 
Kunsthandwerk kann gesprochen werden. Allein auch 
der hier zum Ausdruck kommende Kunsttrieb düifte 
sich in verhältnissmässig engem Gesichts-resp. 
Formenkreis bewegt haben , da die Vorbilder der 
umgebenden "Welt nur soweit dafür herangezogen 
wurden, als selbe eine religiöse oder profane Bedeutung 
hatten. Da nun diese Bedeutung sich mit den sie 
bedingenden, ziemlich einseitigen Anschauungen 
decken musste, und das betr. Vorbild nur im Lichte 
jener Bedeutung betrachtet wurde , so war ein künst- 
lerisches Eingehen auf die Einzelheiten der Originale 
so ziemhch ausgeschlossen. Bei der Nachbildung kam 
es nur darauf an dass sie algemein erkennbar war, 
dass die für charakteristisch gehaltenen Merkmale 
hervorgehoben wurden, eine derartige Nachbildung 
kann künstlerisch nur eine mangelhafte sein, und 
wird mit der Zeit einen stets mehr convention eilen 
Charakter annehmen. Wurden hier dem Kunsttrieb 
in der Nachbildung von Naturformen verhältnismässig 
enge Grenzen gezogen , so suchte er sich auf andere 
Weise mehr zu äussern und zwar in der Mannig- 
faltigkeit und selbst dem Luxus der Ausschmückung 
von Kleidung, Waffen, Geräthen etc. 

Zu dieser allgemeinen Charakterisierung altmexika- 
nischer Kunst giebt Str. dann noch eine Anzahl 
Beispiele aus der praktischen Anwendung derselben. 
Mit der Darst.ellung der Götterbilder beginnend, die 
typisch menschliche Gestalt, und nur seltene thierische 
haben , sagt Str. dass selbe auch groteske, das Wesen 
der Gottheit charakterisierende Abweichungen aeigen. 



- 245 



Die Erhabenheit der Gottheit fand keinen Ausdruck, 
nur Furcht und das Gefühl der Abhängigkeit von 
der göttlichen Uebermacht. Bei der Darstellung des 
Menschen wurde eine individuelle Ausprägung nur 
selten angestrebt; der Kopf wird bei Mensch und 
Thier bevorzugt; die Geschlechtsunterechiede wurden 
meist nur durch die Tracht angedeutet, üeberhaupt 
war man im Allgemeinen in den Darstellungen sehr 
decent, Geschlechtstlieile wurden nur selten, und 
dann meist nur bei besondern Repräsentanten der 
Fruchtbarkeit dargestellt. Die Darstellung von Aflfecten 
war ebenfalls eine sehr beschränkte. 

Was die Technik angeht, so wurden die Gefässe 
meist auf der Drehscheibe hergestellt; die Behandlung 
des Materials, das Brennen, etc., die Vielseitigkeit, 
theils complicierter Formen, die Art und Weise des 
Ornamentirens , alles zeugt von einer lang erwor- 
benen und geübten Handfertigkeit. 

Mit einer Besprechung der Ornamentmotive, für 
welche weder eine symbolische Bedeutung vorliegt, 
noch das ursprüngliche Vorbild nachweisbar ist , und 
einer Anzahl Ausführungen über die Anwendung 
der Thierornamente schliesst der Verfasser und be- 
merkt dann betreffs der besondere Erscheinungen 
in der decorativen Kunst beider Völker das Folgende: 

Die Cerro montoso-Kulturgruppe besitzt 
einen reicheren Formenschatz an sogenannten geo- 
metrischen Motiven und solchen, die symbolische 
Bedeutung haben, dagegen nicht an Thiermotiven , 
deren ornamentale Umbildungen auch nicht so man- 
nigfaltig sind. Die Decors im Allgemeinen aber und 
besonders die Stylisierungen des Thierbildes stehen 
auf einer höheren Stufe decorativer Kunst, auch 
zeigen diese Stylisierungen den konventionellen 
Charakter weit strenger durchgeführt. Hand in Hand 
mit der höheren Auffassung vom decorativ Wirk- 
samen geht eine grössere Sicherheit in der technischen 
Ausführung. 

Ueber die Ranchito de las animas-Kultur- 
gruppe wird nach dem Ausgeführten nur kurz 
gesagt, dass in ihrer decorativen Kunst das Thier- 
blld mit seinen mannigfaltigen Umbildungen im 
Vordergrunde des Interesses gestanden zu haben 
scheint, und dass sich dabei, neben dem Streben 
nach konventionellen Ausdrucksformen, doch eine 
grössere künstlerische Freiheit und ein Vergnügen 
an phantastischen Abwechslungen in der Behandlung 
der Motive geltend macht. 

Schlussfolgerungen von allgemeiner Bedeutung zu 
machen, hält der Verfasser, bei dem jetzigen Stande 
unserer Kenntnis der in Betracht kommenden Stämme, 
nicht für richtig. 

Mit dem der Betrachtung der Gestalt des Menschen 
in der Ornamentik gewidmeten Nachti-ag schliesst 



des Verfassers schöne Arbeit, für welche wir ihm 
dankbar verpflichtet sind. Möge es ihm gegeben sein 
unsere Kenntnis mexicanischer Sitten und Gebräuche 
noch oft und lange zu fördern. 

XV. Archiv für Religionswissenschaft. 
Herausgegeben in Verbindung mit Fachgelehrten 
von Prof. Dr. Ths. Achelis, Bd I & IL Tübingen, 
Freiburg i/B. und Leipzig, J. C. B. Mohr (Paul Sie- 
beck) 1898-1899. 8«. 

Auf das Erscheinen dieses Organes haben wir in 
Bd. XI pg. 134 dieses Archivs die Aufmerksamkeit 
unserer Leser zu lenken versucht. Seitdem liegen 
zwei Bände vollendet vor und ist der dritte im Er- 
scheinen begriffen. Dies dürfte als ein erfreuhclies 
Zeichen dessen, dass die Zeitschrift sich ihren 
Leserkreis erworben hat, aufzufassen sein und haben 
wir dies, wo einer unserer fleissigsten Mitarbeiter 
am Aufbau der Ethnologie , sich dem ziemlich mühe- 
vollen und oft undankbaren Amt der Redaction 
gewidmet, kaum andere erwartet. Es dürfte daher 
an der Zeit sein eine Uebersicht des Inhalts der 
beiden vorliegenden Bände zu geben und zugleich 
hie und da auf die einzelnen Arbeiten näher einzu- 
gehen. 

Bd. 1 beginnt mit einer Einleitung von der Hand 
des Herausgebei's in welcher derselbe Zweck und 
Ziel der Zeitschrift näher erläutert. Unseres Er- 
achtens nach hat derselbe seinem Organ ziemlich 
weite Grenzen gesteckt , wie wir dies schon a. a. 0. 
betonten ; allein erfüllt sich das Programm auch nur 
zu einem kleinen Theil, so würde das Archiv den- 
noch eine sehr beachtenswerthe Ergänzung der 
seitens des Musée Guimet in Paris seit lange eiTich- 
teten „Revue de l'histoire des Religions" bilden. 
Und dies ist unserer Meinung nach schon heut der 
Fall. 

Die Abhandlungen eröffnet ein Aufsatz von Prof. 
Dr. E. Hardy: Was ist Religionsforschung? 
in welchem der Verfasser einen Beitrag zur Methodik 
derselben giebt. Er fordert auch hier, falls wir ihn 
gut verstehen, für dieses Fach, das Recht freier 
Forschung und theilt, wohl aufgemerkt: als Professor 
der Kathol. Univ. Freiburg i. d. Schweiz ! nicht ein- 
mal die Furcht vor einer Pofanierung der Religion 
längs solchen Weges. 

Eine Menge interessanten Materials bringt der dann 
folgende Aufsatz Dr. W. H. Roscher's: Ueber den 
gegenwärtigen Stand der Forschung auf 
dem Gebiete der griechischen Mythologie 
und die Bedeutung des Pan; uns interessierte 
zumal dasjenige was hier über die Beziehungen 
dieses Gottes zum Hirtenleben , zur Jagd , dem Fisch- 
fang etc. in leichtfasslicher Weise gegeben wird und 
mancherlei Neues enthält. — Prof. Dr. Ernst Sikcks 



- 246 - 



sucht dem Ursprung der Gestalt des vedi- 
schen Gottes Rudra auf den Grund zu kom- 
men und geht hierbei von der Ueberlieferung des 
Rig Veda aus; Dr. Otto Waseb giebt eine Studie über 
Charon, worin er einleitend auf die weite Ver- 
breitung der Vorstellung eines Schiffes und eines 
Fährmannes auf dem Wege ins Jenseits hinweist. 
Martin Hartmann*s: ;,Aus dem Religions- 
leben der Lybischen Wüste" enthält eine 
Menge, auch ethnographisch wichtiger Daten; eine 
darauf folgende Miscelle unseres Mitarbeiters Dr. Fb. 
S. Kbauss bringt, in Veranlassung der als Schwindler 
entlai'vten, schlafenden Fakire der Milleniunis-Aus- 
stellung in Budapest, Material bei zur Kenntnis des 
Yoga-Schlafes bei den Sûdslaven und giebt als Beleg 
für das Gesagte ein Guslarenlied in Urtext und 
üebersetzung. Eigenthümlich liest es sich dass Ver- 
fasser auf Wunsch des Verlegers gewisse, mitunsern 
„verfeinerten Sitten" nicht im Einklang stehende 
Theile seines Aufsatzes und des Liedes, hier in einer 
wissenschaftl. Zeitschrift streichen musste. Ein Auf- 
satz von Prof. PoLivKA, „Nachträge zur Poly- 
phemsage," sowie die Üebersetzung einer Arbeit 
von Prof TiKLE (Leiden), die Frage nach dem Alter 
des Avesta betreffend, schliessen den ersten Band. 
Von dem Inhalt des 2ten Bandes möchten wir 
für unsere Leser zumal zwei Arbeiten A. C. Winters 
„Die Birke im Volksliede der Letten" und 
-Birkenverehrung bei den Jakuten" als 



eine äusserst wichtige Bereicherung der ethnobota- 
nischen Litteratur hervorheben. Dr. M. Höfler's 
„Erankheitsdämonen" zeigt, obwohl sich in der 
Hauptsache mit früheren Anschauungen beschäfti- 
gend, wiederum wie viel von der ursprünglichen 
Vorstellung dass eine Krankheit das Werk eines 
bösen Geistes sei , noch im Volke wurzelt. P. Sabtobi 
verbreitet sich über den Gebrauch und die Bedeutung 
der Totenmünze; zu ihrer Deutung stets den Charon 
oder den Glauben an eine Ueberfahrt über den Todten- 
fluss herbeizuziehen, ist wie Verf. zeigt, nicht stich- 
haltig. Weiland D. G. Bbinton behandelt die Ent- 
stehung des heiligen Namens Jahva, A. Viebkandt 
die Psychologie des Aberglaubens. Ethno- 
graphisches Material in Fülle enthält wiederum 
C. Hahn*8 Die alte Hierarchie bei den Chew- 
suren etc., Roscheb giebt schliesslich Vier Briefe 
Wilh. Mannhardt's und B. Kohlbach behandelt 
Mythos und Kult der Ungarn, welch letztere 
Arbeit zeigt wie Reste früheren Sonnen- oder Mond- 
glaubens, also ehemaligen Heidenthums, sich bis 
auf den heutigen Tag erhalten haben. 

Miscellen , Litteraturberichte etc. füllen den übrigen 
Theil der beiden Bände. 

Wir wünschen der Zeitschrift ferner alles Gute! 
Mögen Herausgeber und Verleger sich durch einen 
reichen Leserkreis belohnt sehen. 

J. D. E. Schmeltz. 



VL EXPLORATIONS ET EXPLORATEURS, NOMINATIONS, NECROLOGIE. - 
REISEN UND REISENDE, ERNENNUNGEN, NEUROLOGE. 



XXXL Das auswärtige Mitglied unserer Redac- 
tions-Commission Dr. Hjalmar Stolpe, ist im Oc- 
tober 1899 zum Direktor der ethnographischen Ab- 
theilung des Naturhistorischen Reichsmuseums in 
Stockholm ernannt und trat im Beginn dieses Jahres 
sein Amt an. 

Die Sammlungen werden neu geordnet, Asien ist 
fertig; Raummangel zwingt zur Magazinierung aller 
Gegenstände aus Océanien, doch ist Hoffnung auf 
Stiftung eines neuen Gebäudes vorhanden. 



XXXir. t In München erlag der Malaria, auf der 
Heimkehr von einer mehrjährigen Studienreise im 
Malayischen Archipel undNeu-Guinea, der schwedische 
Botaniker Dr. Nyman, 34 Jahre alt. Der Verstor- 
bene brachte in Deutsch Neu-Guinea eine cca 1000 
Stücke zählende ethnographische Sammlung zu- 
sammen, 

J, D. E. Schmeltz. 



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INT. ARCH. P. ETHN01ÎR. 



13 14 15 16 IT 18 19 



21 22 33 



24 25 20 

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41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 62 53 54 

PhuUitypiu E^inrJk & Biogur. 



INI. AUCH. F. ETHNOGK. 




Bd. XIII. TAP. XXII. 







Pbotgtyple Knirlk & Binger.