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Full text of "Internationales Archiv für Ethnographie"

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ARCHIVES    INTERNATIONALES 

D'ETHNOGRAPHIE. 


PUBLIEES 


PAK 


Prof.  D.  ANUTSCHIN,  Moscou;     Prof.  F.  BOAS,  New- York,  N.  Y.  ;     Dr.  G.  J.  DOZY,  la 

Haye;      Prof.  E.  H.  GIGLIOLI,   Florence;      Prof.  M.  J.  DE  GOEJE,   Leide;      Prof. 

E.  T.  HAM Y,  Paris  ;     Prof.  H.  KERN,  Utrecht  ;     J.  J.  MEYER ,  Banjoemas  (Java)  ; 

Dr.  J.  D.  E.  SCHMELTZ,  Leide;     Prof.  E.  B.  TYLOR,  Oxford. 


REDACTEUR: 


Dr.  J.  D.  E.  SCHMELTZ, 

Directeur  du  Musee  National  d'Ethnographie,  Leide. 


Nosce   te   ipsum. 
VOLUME    XVII. 


Avec  XIII  planches  et  24  gravures  dans  le  texte. 


LIBRAIKIE  ET  IMPRIMERIE,  ci-devniit  E.  J.  BRILL,  LEIDE. 

ERNEST  LEROUX,  PARIS.  —  C.  F.  WINTER'SCHE  VERLAGSHANDLUNG,  LEIPZIG. 

On  salo  by  KEGAN  PAUL.  TRENCH,  TRÜBNER  &  Co.  (Linid.),  LONDON. 

1905. 


INTERN A1MONALK8   ARCHIV  <l^^      ^^v>*^^ 

FÜR 

ETHNOGRAPHIE. 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

Prof.  D.  ANUTSCHIN,  Moskau;     Prof.  F.  BOAS,  New  York,  N.  Y.;     Dr.  G.  .J.  DOZY,  im 

Haag;     Prof.  E.  H.  GIGLIOLI,    Florenz;      Prof.  M.  J.  DE  GOEJE,  Leiden;     Prof. 

E.  T.  HAMY,  Paris;     Prof.  H.  KERN,  Utrecht;     J.  .1.  MEYER,  Banjoemas  (Java); 

Dr.  J.  D.E.  SCHMELTZ,  Leiden;     Prof.  E.  B.  TYLOR,  Oxford. 

REDACTION: 

Dr.  j.  d  e.  scjhmeltz, 

Direktor  des  Ethnographischen  Reichsniuseunis  in  Leiden. 


Nosce   te   ipsum. 
BAND    XVII. 


Mit  XIII  Tafeln  und  24  Textillustrationen. 


BUCHHAN DLUNa  und  DRUCKEREI  vormals  E.  .1.  BRILL,  LEIDEN. 

ERNEST  LEROUX,  PARIS.  —  C.  F.  WINTER'SCHE  VERLAGSHANDLUNG,  LEIPZIG. 

On  sale  by  KEGAN  FAUL,  TRENGH,  TRÜBNER  &  Co.  (Lim<J.),  LONDON. 

1905. 


DKUCK    VON    P.    W.    M.    TEAP,    IN    LEIDEN. 


IHECEnVCEMtER 

UPMPY 


ÖÜMMAIRK  -  INHALT. 


Pag. 

Chevallier,  Henri:  Les  charrues  des  Indes  neeiiandaises  (Avec  pl.  XII  &  XIII)  .  189 
Groneman,  Dr.  J. :    Het    njirami   of   de  jaarlijksche    reiniging   van   de  eifwapens  in 

Midden  Java  (Met  eene  afb.  in  den  tekst) 81 

HoEVELL,   G.  W.  W.  C.  Baron  van:    Het    paard    in  de    Gorontalosche   landschappen 

(Met  plaat  XI  &  1  afb.  in  den  tekst) 178 

Kersten,  Dr.  L. :    Die   Indianerstämme   des   Gran  Ciiaco  bis  zum  Ausgange  des   18ten 

Jahrliunderts.  (Mit  zwei  Karten.  Taf.  VII  &  VIII) 1 

ÖCHMELTz,  Dr.  J.  D.  E. :    Beiträge  zur  Ethnographie  von  Neu-Guinea. 

X.    Die   Stämme   in  der  Nachbarschaft  des  Merauke-Flusses 

(Mit  Taf.  I— VI  &  18  Abb.  im  Text)  .         .         .         .194 
XL    Zwei   Gegenstände   von   Nieder).   Nord  Neu-Guinea  (Mit 

2  Abb.  im  Text) 219 

SiERiCH,  Dl-,  jur.  0.:    Samoanische  Märchen  (Schluss) ,         .     182 

NOUVELLES  ET  CORRESPONDANCE.  -  KLEINE  NOTIZEN  UND  CORRESPONDENZ. 

Fischer,  H.  W.  :    Een    beuten    klopper    om    boombast    te    bewerken    van   het   eiland 

Nias  (Met  afb.) - 222 

HoEVELL,  G.  W.  W.  C.  Baron  van:    Zittend    Ravana-beeld    op   gevleugelde    Raksasa. 

(Met  afb.) 221 

WoLTERBEEK- Muller,  J.  :  De  manpiirengke-fee^ten  in  de  Minahassa  ....  222 
Parkinson,   R. :    Baumrindenkleidung   in    Deutsch    Neu-Guinea   (Erwiderung  an  Prof. 

p.  Schmidt) 222 

Schmeltz,  J.  D.  E.:    Die   Kupfertrommel    von   Alor.   —   Berichtigung  zu  Kersten,  die 

Indianerstamme  des  Gran   Chaco ■       .     221 

MUSEES  et  COLLECTIONS.  —  MUSEEN  UND  SAMMLUNGEN. 

Zeller,  Dr.  R. :    Ethnographische  Sammlung  in  Bern 76 

REVUE  BIBLIOGRAPHIQUE.  —  BIBLIOGRAPHISCHE  ÜBERSICHT. 
DozY,  Dr.  G.  J. :    Revue  bibliographique 225 


VI 


LIVRES  ET  BRUCHURES.  —  BÜCHERTISCH. 

Pag. 
ScHMELTZ,  J.  D.  E. :    Richard    Andree,    Braunschioeiger   Volkskunde        .         .         .     233 

—  —  T.  J.  B  e  z  e  m  e  r ,  Javaansche  en  Maleische  Fahelen  en  Legenden.  — 

Prof.  Dl'.  R.  Langenbeck,  Landeskunde  des  Reic/ts^andes  Elsass- 
Lothringen.  —  Heiniich  K  e  r  p ,  Landeskunde  von  Skandinavien. 
Fror'.  Dr.  Arnold  Jacob  i,   Tiergeographie  .....     2:~)4 

—  —    -      Dr.  C.  H.  St  ratz,    Der  Körper  des  Kindes.  —  Le  H.  p.  .J.  J.  M. 

von   der   Bürgt,   Dictionnaire  francais-kirimdi  .         .         .         .     235 

EXPLORATIONS  ET  EXPLORATEURS,    NOMIN ATIONS,  NECROLOGIE.  — 
REISEN  UND  REISENDE,  ERNENNUNGEN,  NECROLOGE. 

Personalia : 

Dr.  Alfr.  Götze.    —    Prof.  Di'.  Hbrm.   Klaatsch.    —    Alb.  C.  Kruyt.    —   Prinz 
RuppRECHT    V  0  n    B  a  y  e  r  n      .         .         .         .         .         .         .         .         .         .         .         .     236 

Necrologie  : 

Dr.  W.  Hein  (Mit  Porträt)  von  F.  Heger 78 

Prof.  Karl  Ujfalvy -^36 

TABLE  DES  PLANCHES.  —  VERZEICHNIS  DER  TAFELN. 

Taf.          I — VI.    Dr.  J.  D.  E.  Schmeltz:    Beiträge  zur  Ethnograpliie  von  Neu-Guinea  .  194 

„      VII— VIII.    Dr.  L.  Kersten:    Die  Indianei'stämme  des  Gran  Chaco        ...  1 

,           IX— X.    Dr.  JoH.   Weissenborn;    Tierkult  in  Afiika 91 

„  XI.    G.  W.  W.  C.  Baron   van  HoEvell:    Het   paard   in   de  Gorontalosche 

landschappen      177 

„     XII— XIII.    Henri  Chevallier:    Les  charrues  des  Indes  neerlandaises  .         .         .  189 


E  R  R  A  T  U   M. 

Seite  177  lies  (lisez)  im  Titel  „Hoevell"   statt  (au  lieu  de)  „Höeveli," 


DIE 

INDIANERSTÄMME  DES  GRAN  CHACO 

BIS  ZUM  AUSGANGE  DES  18.  JAHRHUNDERTS. 

EIN  BEITRAG  ZUR  HISTORISCHEN  ETHNOGRAPHIE  SÜDAMERIKAS 

■  VON 

Dr.    LUDWIG    KERSTEN. 

(Mit  Taf.  VII  &  VIII). 


INHALTSVERZEICHNIS 


Einleitung g         2 

I.  ABSCHNITT:  Die  Quellen  unserer  Kenntnis  von  den  Chaco-Indianekn  (bis  etwa  1800).         ,         5 
n.  —  Die  allgemeinen  Grundlinien  der  Geschichte  der  Chaco-Indianee  seit 

Ankunft  der  Spanier ]^2 

a.  Allgemeine  Zurückdrängung  der  Cliaco-Indianer ]2 

b.  Kolonisationsversuclie  der  Spanier 22 

c.  Innere  Uinwandelung  der  Indianer  infolge  der  Berülirung  mit  den  Weissen    .  "      .        .  16 

d.  Einführung  des  Pferdes     .       ' ,16 

e.  Zucht  von  Haustieren 20 

/■-   Mission !       20 

IIL  ABSCHNITT:    Die   Stammesgeschichte   der  Chaco-Indianer  in  ihren  einzelnen  Zügen 

BIS  ZUM  Ende  des  18.  Jahrhunderts 24 

A.  Vorbemei'kungen 24 

B.  Historische  Entwicklung  der  einzelnen  Stämme  und  Völkergruppierung  im  Gran  Chaco 

gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts 28 

I.  Die  Indianer-Stämme  südlich  des  Gran  Chaco 28 

IL  Die  Guaikurü-Stämme 30 

a.  Die  Abipön 3^ 

b.  Die  Mokovf 34 

c.  Die  Toba,  Pilaga  und  Aguilot 37 

d.  Die  Guaikurü-Mbayä ^2 

e.  Die  Payaguä ^g 

f.  Die  Guachi  (Guatschi) 52 

III,  Die  Mataco-Mataguayo-Stämme 50 

IV.  Die  Lule-Vilela-Stämme 5g 

V.  Die  ethnischen  Verhältnisse  des  südöstlichen  Chaco  boreäl  am  Ausgange  des  18.  Jahr- 
hunderts          g2 

a.  Vorbemerkungen g2 

&■  Lengua I       62 

c.  Enimagä go 

d.  Guentuse g3 

e.  Machicuy g^ 

VI.  Die  Zamuco 

VII.  Die  Chiriguano  oder  Chiriguanä 

VIII.  Die  Nu-Aruak-Stämme  des  Gran  Chaco 


64 


69 


Zusammenfassung  und  Rückblick 73 


EINLEITUNG. 


Das  Bild,  das  die  autochthonen  Bewoliner  Südamerikas  dem  Etlinologen  darbieten, 
lässt  erkennen,  wie  Einflüsse  des  Bodens  und  des  Klimas  in  beständiger,  untrennbarer 
Wechselwirkung  bei  der  Gliederung  dieser  nur  für  den  flüchtigen  Betrachter  scheinbar  ein- 
heitlichen Völkermasse  differenzierend  tätig  gewesen  sind.  In  drei  grosse  Gruppen 
lässt  sich  im  allgemeinen  die  Gesamtheit  der  Südamerikaner  scheiden,  Völkergruppen, 
deren  jede  weniger  durch  gleiche  Sprache  oder  physische  und  anthropologische  Gleichheit, 
als  vielmehr  durch  solche  Gemeinsamkeiten  der  Sitten  und  Gebräuche,  der  Gefühls-  und 
Denkweise,  der  geistigen  und  materiellen  Kultur  und  anderer  Erscheinungen  zusammen- 
gehalten wird,  wie  sie  die  Einwirkungen  gleicher  oder  ähnlicher  Naturbedingungen  erzeugen. 
Der  Gruppe  kulturlich  höherstehender  Völker,  denen  die  Anden  ein  Wohn- 
gebiet mit  wesentlich  gleichen  Existenzbedingungen  trotz  der  gewaltigen  meridionalen 
Erstreckung  boten,  steht  jene  andere  Gruppe  reiner  Naturvölker  gegenüber,  die,  gewöhn- 
lich als  tropisch e ■  Stämme  Südamerikas  zusammengefasst,  das  Orinoco-  und  Amazonas- 
becken sowie  das  ostbrasilianische  Gebirgsland  bewohnen,  ein  Völkermeer,  aus  dem 
Karaiben,  Ges,  Nu-Aruak  und  Tupf  sich  herausheben.  Als  dritte  Gruppe  endlich  erscheinen 
jene  Pampas-  und  Reiter  Völker  der  Ebenen  des  Südens,  deren  Angehörige,  im 
wesentlichen  der  einst  von  d'Obbigny  konstruierten  Pampasrasse  entsprechend,  im  Gran 
Chaco  sich  keilförmig  zwischen  jene  anderen  beiden  grossen  Gruppen  schieben  und  am 
oberen  Paraguay  bis  tief  in  das  Herz  des  Kontinentes  eindringen. 

Der  Gran  Chaco,  jenes  durch  die  Gebirge  im  Westen  und  Osten  umschlossene,  wie 
eine  Mulde  in  den  Kontinent  hineingelagerte  Naturgebiet,  besitzt  bei  dem  zwingenden 
Einflüsse  der  Bodengliederung  auf  die  Völkergruppierung  wie  in  geographischer,  so  auch 
in  ethnischer  Hinsicht  eine  Zwischenlage,  und  seine  Bewohner,  deren  Zusammenhang 
mit  den  südlichen  Völkern  weniger  genetisch ,  als  vielmehr  auf  gemeinsame  Kulturmittel 
begründet  ist,  nehmen  infolgedessen  vielfach  eine  Übergangsstellung  zu  den  tropischen 
Stämmen  Südamerikas  ein,  die  besonders  im  Norden  deutlich  zu  Tage  tritt,  wo  die  niedrige 
Bodenschwelle,  die  das  Stromgebiet  des  La  Plata  und  des  Amazonas  trennt,  nicht  wie  die 
Gebirge  im  Westen  und  Osten  des  Chaco  genügend  scharf  sondernd  wirken  kann.  Daher 
im  Norden  ein  bieites  Gebiet  grenzlosen  Überganges  zwischen  den  Gruppen  der  tropischen 
und  der  südlichen  Indianer.  Der  nur  gelegentlich  und  oberflächlich  betriebene  Feldbau  stellt 
den  Chaco-Indianer  in  die  Mitte  zwischen  den  fleissigen  Ackerbauer  im  Westen,  Norden 
und  Osten  und  den  stolzen  Sohn  der  Steppe  dos  Südens,  dem,  wie  dem  Pehuenchen,  der 
Ackerbau  als  entehrend  galt. 

Die    Macht    gleichen    Bodens   und    gemeinsamer    Lebensbedingungen    hat    den    Chaco- 
Stämmen   trotz  der  Verschiedenheit  ihrer  Sprachen  und  damit  ihrer  Abkunft  in  ethnogra- 
phischer Beziehung  eine  gewisse  Gleichartigkeit  aufgeprägt,  die  uns  berechtigt,  sie  im 
Sinne  einer  anthropogeographisch  wohlcharakterisierten  Einheit  zusammenzufassen. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  1 


-    2    - 

Kaum  anderswo  können  die  Beziehungen,  die  sich  zwischen  Boden  und  Mensch  knüpfen, 
in  ihrer  Wirkungsweise  einen  deutlicheren  Ausdruck  finden  als  in  dem  Gegensatze  zwischen 
den  geschichtlichen  Wirkungen  der  Ebene  und  der  Gebirge,  des  Chaco  und  seiner  gebir- 
gigen Nachbargebiete.  Diese  geographische  Bedingtheit  der  im  weitesten  Sinne  gefassten 
geschichtlichen  Erscheinungen  zeigt,  dass  erst  eine  Betrachtung  des  Wohngebietes  die 
Geschichte,  das  Wesen  und  die  Eigenart  der  Chaco-Stämme  völlig  begreifen  lehrt.  Die 
Naturumgebung,  Boden  und  Landschaft  als  Ganzes,  wirkt  nicht  nur  psychologisch  auf 
Sitte,  Brauch  und  religiöse  Anschauungen,  sondern  bestimmt  auch  den  ethnographischen 
Besitz  eines  Volkes,  das  Material  seiner  Werkzeuge  und  Waffen. 

Der  G]'an  Chaco  ist  jenes  geologisch  junge  und  jüngste  Gebiet,  welches  das  alte  Schol- 
lenland im  Osten  Südamerikas  mit  dem  Andensysteme  zusammenfügte,  nachdem  lange  ein 
seichtes  tertiäres  Meer  diese  beiden  Hälften  getrennt  hatte.  Über  einer  Schicht  diluvialer 
Schutt-,  LÖSS-  und  Lehmablagerungen  liegt  eine  meist  nur  dünne  Decke  alluvialen  Ursprungs. 
Wie  schon  die  Flussrichtungen  andeuten,  zeigt  der  ebene,  fast  steinlose,  nur  von  verein- 
zelten Flussbarrancas  tief  durchschnittene  Boden  eine  leichte  Neigung  von  NW  nach  SO. 
An  den  Mittel-  und  Unterläufen  der  Flüsse  finden  sich  ausgedehnte  Sumpf  bildungen ,  die 
bei  hohem  Wasserstande  jede  Abgrenzung  zwischen  den  verschiedenen  Flussgebieten  ver- 
wischen  und  die  Erforscher  des  Chaco  vor  manches  hydrographische  Rätsel  gestellt  haben. 

Geographisch  betrachtet  wird  der  Chaco  in  drei  Abschnitte  zerlegt  durch  Pilcomayo 
und  Ber mejo-Teuco,  die,  den  bolivianischen  und  argentinischen  Anden  entströmend 
und  auf  ihrem  einander  parallelen  Laufe  vielfach  zerfasert,  diagonal  den  Chaco  durchkreuzen 
und  ihr  Wasser  dem  Rio  Paraguay  zuführen.  Ausser  diesen  Hauptströmen,  zu  denen 
sich  noch  der  Rio  Salado  des  Chaco  austral  gesellt,  findet  sich  auf  dem  Ostrande  noch 
eine  Masse  von  Arroyos,  kleineren  Flüssen.  Infolge  des  Wechsels  zwischen  Trockenzeit 
und  Regenzeit  ist  die  Wasserführung  aller  Flüsse  grossen  Schwankungen  unterworfen. 

Politisch  teilt  sich  der  Chaco  heute  ebenfalls  in  drei  Teile,  zwischen  den  Republiken 
Argentinien,  Bolivia  und  Paraguay. 

Mit  dei-  eingeengten  jetzigen  staatlichen  Begrenzung  des  Chaco  decken  sich  keineswegs 
seine  Natur  grenzen,  die  im  Westen  von  den  mit  dichten  Wäldern  bedeckten  Vorbergen 
der  Anden,  im  Norden  durch  die  Llanos  de  los  Chiquitos  und  jene  Ausläufer,  die 
das  Hochland  von  Mato  Grosso  nach  Westen  zu  entsendet,  sowie  im  Osten  durch 
Paraguay  und  Paranä  gebildet  werden.  Nach  Süden  hin  setzt  sich  zwar  in  geologischer 
Hinsicht  der  Boden  des  Chaco  in  den  Pampas  fort,  aber  dennoch  vollzieht  sich  ein  beinahe 
unmerklicher  Übergang  hinsichtlich  der  Vegetation;  als  Südgrenze  setzt  man  den  Rio 
Salado  oder  Rio  Saladillo  (Dulce),  wo  die  gewaltigen  Salzpfannen  wie  die  Laguna 
de  los  Porongos  und  die  Salinas  grandes  —  die,  in  der  Regenzeit  weite  Flächen 
bedeckend,  bei  längerer  Trockenheit  verschwinden  und  eine  Schicht  bitteren  Salzes  zurück- 
lassen —  die  landschaftliche  Veränderung  am  deutlichsten  erkennen  lassen  i). 

Während  die  Tiefebene  des  Amazonas  wegen  ihres  westöstlichen  Verlaufes  einheit- 
lichen Vegetationscharakter  trägt,  bedingt  die  nordsüdliclie  Erstreckung  des  Chaco  über 
mehr  als  zwölf  Breitengrade  einen  wechselnden  Charakter  der  Vegetation.  Die  tropischen 
Wälder  Amazoniens  und  des  Mato  Grosso,  der  „Hylaea"  Humboldts,  lösen  sich  nach  Süden 


')   Der  Chaco  misst  in  seiner  grössten  Länge  von  N  nach  S  ca.  1560  km.,   in  seiner  grössten  Breite 
ca.  670  km.,  und  er  bedeckt  einen  Fläciienraum  von  gegen  500.000  km". 


-    3    - 

zu  iiielir  und  mehr  auf.  Obgleich  die  Flüsse,  wie  besonders  Pilcomayo  und  Bermejo,  von 
der  Tiopenfülle  üppiger  Wälder  begleitet  sind,  wird  nach  Süden  der  Charakter  der  offenen 
Landschaft  dominierend.  Wenn  im  Norden  der  Wald  und  im  Süden  die  baumlose  Chanar- 
steppe  und  Pampa  vorherrscht,  so  ist  das  mittlere  Gebiet  landschaftlich  ein  Zwischenglied 
zwischen  Waid  und  Steppe:  ein  Gebiet  der  Savannen  mit  wechselnden  Gehölzen  und 
Wiesentlächen  und  dem  parkartigen  Baumwuchse  der  nahrung-  und  holzspendenden  Algar- 
roba-  (Prosopis  dulcis)  und  Copernicia-Haine  {Copernicia  cerife.ra],  hie  und  da  unterbrochen 
von  einförmigen  Schilfdickichten  und  dem  häufigen,  doppelt-mannshohen  Duragnello-Strauch 
(Bougainvillea  praecox).  Es  ist  wie  bei  allen  grossen  Ebenen  ein  Charakter  der  Eintönigkeit, 
der  nach  den  Schilderungen  aller  Reisenden  dem  Landschaftsbilde  des  Chaco  anhaftet. 
„Chacü",  d.i.  Treibjagdfeld,  grosses  Jagdgebiet  der  Inkas,  nannten  ihn  einst,  wie  Lozano, 
Guevara  und  Dobrizhoffer  übereinstimmend  berichten,  die  Aymarä-Quechua-Indianer 
wegen  seines  Wildreichtumes. 

Die  Wirkungen  der  Tatsache,  da.ss  sich  im  Chaco  Wald  und  Steppe  gleichsam  durch- 
dringen, drücken  sich  in  seinen  Bewohnern  insofern  aus,  als  diese  Merkmale  beider,  der 
Waldindianer  der  Selvas  von  Amazonien  sowohl  wie  der  Steppenvölker  Patagoniens  und 
Asiens  zeigen.  Vor  allem  war  es  die  Einführung  des  Pferdes,  die  sie  letzteren  und  den 
Steppen-  und  Prairiejägern  Nordamerikas  vergleichbar,  ähnlich  gemacht  und  ihnen  eine 
gleiche  geschichtliche  Rolle  zugeteilt  hat.  Mannigfache  Parallelen  könnte  der  Anthropo- 
geograph  zwischen  ihnen  finden  und  daraus  Gesetze  des  Lebens  der  Völker  ableiten.  — 

Die  vorliegende  Arbeit  will  versuchen,  die  historische  Entwickelung  der  Indianer- 
stämme des  Gran  Chaco  festzulegen  und,  indem  sie  gleichsam  die  heutigen  Lagerungs- 
verhältnisse um  hundert  Jahre  nach  rückwärts  projiziert  zeigt,  eine  Darstellung  der 
ethnischen  Zustände  im  Chaco  zu  geben,  wie  sie  sich  an  der  Wende  des  18.  Jahrhunderts 
darboten.  Schon  seit  mehr  als  einem  Jahrzehnt  bringt  die  aufstrebende  Völkerwissenschaft, 
wie  insbesondere  die  Forschungen  von  Karl  von  den  Steinen,  S.  A.  Lafone  Quevedo, 
Pelleschi,  Brinton,  Felix  Gutes,  Boggiani  und  Koch  zeigen,  der  Geschichte  und  den 
Sprachen  der  autochthonen  südamerikanischen  Bevölkerung  ein  lebhaftes  Interesse  entgegen, 
das  vollauf  gerechtfertigt  wird  durch  die  Wichtigkeit  der  zahlreichen  Probleme,  die  es  zu 
lösen  gilt.  Da  beim  Chaco  bisher  aber  die  Forschung  zumeist  auf  linguistische  Unter- 
suchungen und  Klassifizierungen  sich  beschränkt  und  überhaupt  sprachliche  Momente 
weitaus  am  meisten  in  den  Vordergrund  gestellt  hat,  so  sucht  die  gegenwärtige  Arbeit  haupt- 
sächlich darin  ihr  Ziel,  das  historische  und  geographische  Element  herauszuheben. 
Sie  versucht  Einblick  zu  gewähren  in  die  geschichtlichen  Ereignisse  der  Vergangenheit  und 
in  den  Mechanismus  der  Wanderungen  und  Völkerbewegungen  im  Chaco.  Und  zugleich 
damit  will  sie,  soweit  dies  angängig,  aus  dem  Nebeneinander  der  Völkerlagerung  ein  Nach- 
einander und  eine  Zeitfolge  herzustellen  streben,  um  so  einer  Forderung  Friedrich  Ratzels  i), 
dass  die  Völkerkunde  Entwickelungswissenschaft  werden  und  dass  in  ihr  der  Blick  in  die 
Tiefe  neben  der  Gewohnheit  flächenhaften  Sehens  zu  seinem  Rechte  kommen  müsse,  auch 
an  ihrem  Teile  gerecht  zu  werden. 

Äussere    und    innere    Gründe   sind    es,    die    es    erklären,    dass    unsere    entwickelungs- 


')  Fr.  Ratzel,    Die  Zeitforderung   in  den  Entwickelungswissenschaften  (in  Ostwalds    „Annalen   der 
Natuvpiiilosophie,"  Bd.  I). 


-    4    - 

geschichtliche  Darstellung  der  Chaco-Stämme  mit  der  Wende  des  18.  Jahrhunderts  Halt 
macht:  äussere  insofern,  als  damals  eine  intensive  Forschertätigkeit  der  ethnographischen 
Kenntnis  des  Chaco  einen  breiten  Strom  reichen  Materiales  zuführte,  der  ein  Bild  der 
dortigen  Völkergruppierung  zu  zeichnen  zum  ersten  Male  überhaupt  ermöglicht,  während 
die  gleichen  Versuche  für  einen  früheren  Zeitpunkt  bei  dem  Mangel  an  genügendem  Induk- 
tionsmaterial und  bei  dei-  verworrenen  Nomenklatur  zu  dem  Auskunftsmittel  gewagter 
Vermutungen  würden  greifen  müssen.  Neben  diese  äusseren  Momente  treten  bemerkens- 
werte innere  hinzu:  eine  Betrachtung  der  Geschichte  der  Chaco-Stämme  wird  zeigen, 
welche  bedeutsamen  Wandlungen  sich  in  dem  Zeiträume  von  1750—1800  vollzogen  haben. 
Möge  diese  Abhandlung  als  Beitrag  zur  historischen  Ethnographie  Süd- 
amerikas das  ursprüngliche  Völkerleben  des  Chaco  und  damit  zugleich  das  Bild  einer 
historischen  Landschaft  in  Sinne  Carl  Ritters  verstehen  und  das  füi-  die  Entwickelung 
der  Chaco-Indianer  vorhandene  Interesse  noch  mehr  vertiefen  helfen.  Wenn  Ethnographie 
und  Geschichte  stets  der  Erkenntnis  des  primären  Zustandes  der  Völker  nachgehen  müssen, 
mn  dadurch  eine  Erklärung  für  das  Gewordene,  für  die  sekundären  Erscheinungen  der 
Gegenwart  zu  gewinnen,  so  findet  damit  auch  unsere  Untersuchung  ihre  innere  Be- 
rechtigung. 


I.  ABSCHNITT. 


Die  Quellen  unserer  Kenntnis  von  den  Cliaco-Indianern    (bis  etwa  1800). 

Da  bei  der  monographischen  Behandlung  der  Chaco-Stämme  nur  eine  induktive  Methode 
in  Betracht  kommt,  so  ist  es  nötig,  zunächst  die  Grundlagen  kennen  zu  lernen,  auf  denen 
unsere  Kenntnis  beruht. 

In  dem  ganzen  fast  300-jährigen  Zeiträume  von  1516,  wo  der  Reichspilot  Jüan  de 
SoLis  als  erster  Weisser  am  Silberflusse  landete,  bis  zum  Ende  der  spanischen  Kolonial- 
herrschaft ist  der  Ethnographie  der  La  Plata-Länder  nur  in  den  ersten  fünfzig  Jahren, 
zusammen  mit  den  geographischen  Ergebnissen  der  Konquistadorenzüge,  und  dann  erst 
wieder  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  18.  Jahrhunderts  ein  beträchtlicher  Gewinn  zuge- 
flossen. Die  Zwischenzeit  wäre  nahezu  völlig  unfruchtbar  geblieben,  wenn  nicht  in  dieser 
Epoche  wirtschaftlicher  und  geistiger  Abschliessung  der  spanischen  Kolonien  die  Jesuiten 
am  La  Plata,  in  Paraguay  und  Tucuman  selbst  eine  in  völkerkundlicher  Hinsicht  bemer- 
kenswerte Tätigkeit  entfaltet  und  über  ihre  Erfahrungen  mit  den  Eingeborenen  und  ihre 
auch  geographisch  interessanten  Missionsreisen  in  zahlreichen  Relationen  Kunde  gegeben 
hätten.  Vieles  derartige,  im  Archiv  von  Cördoba  niedergelegte  Material  ist  freilich  bei  der 
Katastrophe  des  Ordens  vernichtet  oder  zerstreut  worden ;  der  Rest  ist  fast  bis  zur  Gegen- 
wart unverarbeitet  geblieben.  Selbst  dei'  protestantische  Forscher  muss  den  Jesuiten  das 
Verdienst  zuerkennen,  dass  sie  die  Gründer  der  südamerikanischen  Ethnologie  sind. 

Die  spanische  Regierung  dagegen  hat  bei  der  Erforschung  von  Land  und  Leuten  von 
Anfang  an  bis  zuletzt  versagt.  Überall  sind  ihre  wichtigsten  Interessen  auf  die  Ausbeu- 
tung der  Schätze  des  Landes  gerichtet  gewesen,  und  nur  insoweit  wurden  Geographie  und 
Ethnographie  gepflegt,  als  sie  sich  in  diese  Interessenkreise  einfügten.  Aber  selbst  die 
wenigen  Früchte  offizieller  Erhebungen  blieben  unzugänglich.  Europäische  Forscher  wurden 
ängstlich  ferngehalten,  Karten  des  La  Plata-Gebietes  als  Staatsgeheimnis  gehütet.  Die 
Archive  von  Asunciön  waren  selbst  noch  für  Azaka  lantie  verschlossen. 

Bei  der  menschheitsgeschichtlich  so  bedeutungsvollen  Erweiterung  des  Weltbildes  im  16. 
Jahrhundert  ist  auch  der  Völkerkunde  ein  namhafter  Beitrag  zugute  gekommen.  Für  die 
Kenntnis  der  damaligen  ethnischen  Zustände  des  Chaco  verdienen  besondere  Beachtung  die 
Reisebeschreibung  Ulkich  SchmidelsI)  aus  Straubing  sowie  des  Alvar  NuiiEz  Cabeza  de 
Vaca2)  Kommentare,   die   nach  dem  Tode  des  Adelantado  von  dessen  Geheimschreiber  im 


')  Ulrich  Schmidel  (Schmidt),  Warhafftige  vnd  liebliche  Beschreibung  etlicher  fürnemen  Indianischen 
Landtschafften  vnd  Insulon/  die  vormals  in  keiner  Chronicken  gedacht/  vnd  erstlich  in  der  ScliifTart  Vleici 
Schmidts  von  Straubingen/  mit  grosser  gefahr  erkündigt/  vnd  von  ihm'  selben  auffs  fleissigst  beschrieben 
vnd  dargethan.  Fiaiikfurt  1567  Für  den  Zeitraum  1534-54.  -  Ausser  den  von  Ha.ntzsch  (Deutsche 
Reisende  des  16.  Jahrhunderts,  Lpz.  Studien  I,  p.  -50)  angeführten  drei  Handschriften  und  18  gedruckten 
Ausgaben  sind  noch  vorhanden  eine  spanische,  lig.  von  Gabeiel  Garden as,  1731,  und  eine  englische 
Ausgabe,  hg.  von  Luis  Dominguez,  in  Bd.  81  der  Veröffentlichungen  der  Hakluyt  Society,  London  189L 

2)  Alvak  NufiEZ  Cabeza  de  Vaca,  Zeitraum  1541—1.544.  Ausgaben:  1.  La  relacion  y  comentarios  del 
gobernador  Alvak  Nüüez  Cabecja  de  Vaca,  de  lo  acaecido  en  las  dos  jornadas  que  hizo  ä  las  Indias.  — 
Comentarios  de  Alvar  Nuhez  Cabeza  de  Vaza,  por  Pedro  Heenandez,  escribano  del  adelantando,  Valla- 


-    6    - 

Jahre  1555  veröffentlicht  wurden.  An  dritter  Stelle  sei  ferner  genannt  die  das  erste  Jahr- 
hundert spanischer  Herrschaft  am  La  Plata  behandelnde,  bereits  im  Jahre  1612  verfasste, 
aber  erst  1835  von  de  Angelis  mit  einem  ausführlichen  Index  herausgegebene  „Historia 
Argentina"  des  Rui 'Diaz  de  GuzmanI),  des  Sohnes  des  Conquistadors  Alonso  Riquelme  de 
GuzMAN  und  Schwiegersohnes  des  Domingo  Martinez  de  Irala.  Rui  Diaz  war  seit  früher 
Jugend  Offizier  in  Paraguay ;  sein  Werk  stellt  eine  geschichtliche  Quelle  von  hoher  Wichtig- 
keit dar,  während  die  Sammelwerke  des  Oviedo  y  Valdes  und  Hebeera,  weil  zu  allgemein 
gehalten,  in  ethnographischer  Hinsicht  nur  untergeordnete  Bedeutung  für  den  Chaco  besitzen. 

Wie  in  der  Geschichte  der  Geographie  das  Zeitalter  der  grossen  Entdeckungen  im  be- 
ginnenden 17.  Jahrhundert  durch  eine  Epoche  langsamer  Fortbildung  und  Verarbeitung  der 
Resultate  abgelöst  wird,  so  folgte  in  engerer  Beziehung  auch  in  den  La  Plata-Provinzen 
auf  die  litterarisch  ziemlich  produktive  Zeit  der  Conquista  eine  150-jährige  Periode,  in  der 
die  völkerkundlichen  Quellen  gänzlich  versiegt  sein  würden,  wenn  nicht  diese  wissenschaft- 
liche Dürrezeit  durch  die  bereits  besprochenen  jesuitischen  Forschungen  oft  unterbrochen 
worden  wäre.  Man  könnte  diese  anderthalbe  Jahrhunderte,  in  denen  in  Südamerika  die 
Wissenschaft  fast  ausschliesslich  bei  Religiösen  Pflege  genoss,  mit  dem  scholastisch-ecclesias- 
tischen  Mittelalter  Europas  vergleichen. 

Eine  reiche  Ausbeute  ethnographischer  Beobachtungen  liefert  die  „Historia  Provinciae 
Paraquariae"  des  Paters  del  TechoS).  Nicolo  del  Techo  ,  eigentlich  Toict,  wurde  1611  in 
Lille  geboren,  kam  1640  nach  Paraguay  und  stieg  dort  bis  zum  Provinzial  der  Jesuiten 
auf.  Er  starb  1685  in  der  Mission  Los  Apostoles  bei  den  Guarani. 

Auch  LozANOs  weitschweifige  Beschreibung  des  Chaco  3)  wird  trotz  ihrer  zahlreichen 
Mängel  und  Einseitigkeiten  immer  eine  Hauptquelle  für  die  Kenntnis  dei-  alten  Völker- 
lagerung in  diesem  Gebiete  bleiben.  Pedro  Lozano  ■*)  wurde  1697  in  Madrid  geboren,  kam 
1712  nach  Paraguay  und  hatte  später  am  „Colegio  mäximo"  zu  Cördoba  in  Tucuman 
bis  zu  seinem  Tode,  im  Jahre  1759,  einen  Lehrstuhl  für  Philosophie  und  Theologie  inne. 
Von  seinen  zahlreichen  Schriften  historischen  und  theologischen  Inhaltes  sind  am  bekanntesten 
geworden   die   „Historia  de   la  Conquista  del  Paraguay"  und  die  „Historia  de  la  Compaiiia 

de  Jesus." 

Von  Pater  Machoni^),  einem  Sardinier,  der  im  ersten  Viertel  des  18.  Jahrhunderts  bei 


dolid  1555.  —  Darin  Bericht  des  Heenando  de  Ribera  über  seinen  Streifzug  gegen  die  Indianer  des 
Chaco  —  ''.  In  Bd.  2  der  Histoviadores  primitives,  hg.  von  Barcia,  Madrid  1749.  —  3.  In  Bd.  ^^  aer 
Biblioteca  de  Autores  espanoles,  hg.  von  Rivadeneyea,  Madrid  1863.  -  4.  In  Bd.  3  der  Voyages,  Relations 
et  Memoires  originaux  poiir  servir  ä  l'histoire  de  la  decouverte  de  l'Amerique,  lig.  von  Teenaux-Oompans, 
Paris  1837—41  -  5.  Luis  Dominguez,  Gesandter  der  argent.  Rep.  in  London,  The  Commentaries  ot  Altar 
NufiEZ  Cabeza  de  Vaca,  in  Bd.  81  der  Veröff.  der  Hal^luyt  Society,  London  1891.  . 

')  Rui  Diaz  de  Guzman,  Historia  Argentina,  verf.  1612,  gewidmet  dem  Herzog  von  Medina-Sidonia, 
in  DE  Angelis,  Colecciön  de  obras  y  documentos  relatives  a  la  historia  antigua  y  moderna  de  las  provincias 

del  Rio  de  la  Plata.  Bd.  I,  Buenos  Aires  1835.  ,    ,^„„  ,  ,       •,<•,■,         ,  ,         «„,.„co 

2)  NicoLO  del  Techo,  Historia  provinciae  Paraquariae,  Leod.  16.3  foL,  vielfach  übersetzt.  —  boMMEE- 
vogel.  Bibliotheque  de  la' Com pagnie  de  Jesus,  Paris  1892  ff.  Bd.  VIII,  p.  62 

ä)  LozANO,  S.  J.,  Descripcion  chorografica  del  Terreno,  de  los  Rios,  Arboles  y  Animales  de  las  dilatis- 
simas  Provincias  del  Gran  Chaco  Gualamba  y  de  los  Ritos  y  Costumbres  de  las  innumerables  Naciones 
barbaras  e  infieles  quo  le  habitan,  con  una  cabal  relacion  historica  de  lo  que  en  ellas  han  obrado  para 
conquistarias  algunos  governadores  y  ministros  reales  y  los  misioneros  jesuitas  para  reducirlas  a  ia  iö  üei 
verdadero  Dios,  hg.  von  P.  Machoni,  Cördoba  1733. 

■•)  Sommervogel,  Bibliotheque,  Bd.  V,  p.  130,  1894.  ,    ,    .     j    ,    ,  t    i 

')  Sommer  VOGEL,  Bibliotheque,  Bd.  V,  p.  263,  1894.  -  Machoni,  Arte  y  vocabulario  de  la  lengua  Lule 
y  Tonocote.  Catecismo  y  doctrina  cnstiana  en  la  lengua  Lule  y  Tonocote,  Madrid  1732.  —  Buenos  Aire& 
1877—1894  hrsg.  von  Laf.  Quevedo,  Los  Lules  (Boletin  del  Inst,  geogr.  Arg.  Bd.  XV). 


-    7    - 

den  Lule  in  Miiaflores  missionierte  und  zu  der  Würde  eines  Rektors  der  Universität 
Cördoba  und  eines  Provinzials  von  Paraguay  gelangte ,  besitzen  wir  einige  wichtige  Relationen 
linguistischen  Inhalts. 

PiEBKE  FRANgois-XAViER  Charlkvoix  1) ,  einer  der  Vielschreiber  des  vorvorigen  Jahr- 
hunderts, widmete,  selbst  Jesuit,  einen  Teil  seiner  bedeutenden  Arbeitskraft  dem  Dienste 
seines  schon  damals  angefeindeten  Ordens  und' schrieb  zur  Rechtfertigung  desselben  seine 
etwas  tendenziöse  „Geschichte  von  Paraguay",  die  jedoch  in  ihren  ethnographischen  Partien 
als  völlig  einwandfrei  gelten  darf.  Charlevoix,  geboren  1682  zu  St.  Quentin,  hat  sich 
nie  in  Südamerika  aufgehalten ,  doch  wissen  wir  von  zwei  Reisen ,  die  er  nach  Nordamerika 
unternommen  hat. 

Wie  die  Veitreibung  der  Jesuiten  aus  den  La  Plata-Provinzen  für  das  Schicksal  der 
Indianer  vielfach  einen  entscheidenden  Wendepunkt  bezeichnet,  so  hat  sie  auch  indirekt 
dadurch,  dass  sie  wieder  das  allgemeine  Interesse  auf  diese  Gebiete  lenkte,  die  nach  Europa 
deportierten  Missionare  zur  Verteidigung  ihrer  Wirksamkeit  und  zur  litterarischen  Verar- 
beitung ihrer  Beobachtungen  veranlasst.  Aus  den  letzten  Jahrzehnten  des  18.  Jahrhunderts 
besitzen  wir  daher  so  viel  ethnographisches  Material  über  den  Chaco,  dass  es  an  Umfang 
dasjenige  der  vorausgehenden  zwei  Jahrhunderte  weit  übertrifft. 

Wenn  wir  aus  der  Fülle  dieser  Schriften  nur  die  wichtigsten  herausgreifen,  so  müssen 
wir  an  erster  Stelle  nennen  die  „Historia  de  Abiponibus"  des  deutschen  Missionars  Martin 
DoBRizHOFFER ,  ein  Werk,  das  trotz  seiner  Weitschweifigkeit  als  eine  der  ersten  Darstel- 
lungen eines  engeren  ethnographischen  Einzelbezirkes  für  die  Kenntnis  der  Chaco- 
Indianer  und  infolge  seiner  Auffassung  und  Beurteilung  der  Naturvölker  für  die  Ethno- 
logie überhaupt  von  einer  gewissen  Bedeutung  geworden  ist. 

Da  vom  Lebensgange  Dobrizhoffers  bisher  nur  wenige,  einander  meist  widersprechende 
Angaben  vorliegen ,  so  dürften  hier  einige  biographische  Daten  angebracht  sein  2). 

DoBRizHOFFER  ist  vou  Geburt  Österreicher.  Er  wurde  am  7.  September  1717  geboren; 
der  Geburtsort  lässt  sich  nicht  mehr  feststellen  3) ,  doch  ist  mit  vieler  Wahrscheinlichkeit 
anzunehmen,  dass  er  in  Steiermark  liegt.  Im  Jahre  1734  trat  Dobrizhoffer  in  Wien  in 
die  Societas  Jesu  ein  und  absolvierte  in  den  folgenden  Jahren  sei  Noviziat  in  Trentschin 
und  Skalitz  in  Ungarn.  1740  finden  wir  ihn  wieder  in  Wien,  wo  er  philosophische  Studien 
trieb.  Seit  1743  war  er  als  Lehrer  der  Grammatik,  Rhetorik  und  Philosophie  an  den  Kol- 
legien und  Gymnasien  in  Linz,  Steyr  und  Laibach  tätig  und  studierte  darauf  in  Graz 
Theologie.  Auf  sein  Ansuchen  wurde  er  im  Jahre  1748  mit  mehreren  anderen  Jesuiten 
nach  Südamerika  gesandt,  wo  er  zunächst  am  Colegio  mä.ximo  zu  Cördoba  in  Tucumän 
seine  Studien  zum  Abschlüsse  brachte,  um  dann  als  Missionar  in  den  nicht  mit  Unrecht 
als  Jesuitenstaat  bezeichneten  Organismus  einzutreten,  der,  auf  der  Grundlage  einer  Art 
von  hierarchischem  Socialismus  ruhend,  die  Ideen  von  Campanellas  Sonnenstaat  mit  der 
Staatsform  des  Inkareiches  verband  und  zu  verwirklichen  suchte.  Nach  einigen  Reisen  in 
der  Sierra  de  Cördoba  und  nach  einem  vorübergehenden  Aufenthalte  in  der  MokoviReduk- 

'">  Sommervogel     Bibliotheque  Bd.  IL  p.  1075.. ff.  -  Charlevois;  Histoire  du  Paraguay.  6  vol.  Paris 
1757.  —  Davon  2  deutsclie.  eine  engl.  u.  eine  lat.  Übersetzung.  g;     .  ui.  r<ius 

Titt'lR"r,M!^n^w''*'°'l''''""^''"  '"  "/o^,  Wien  Freiberg  i.  Mähren,  Skalitz  und  Trentscliin  diente  folg. 
Litt,  als  Giundlage:  Sommebvogel  Bibl.  de  la  Comp,  de  Jesus),  Biogr.  Le.xika  von  Wurzbach  Ersch  u 
Grüber  etc;  Biogr.  genörale  ed.  Hoefeb;  Stoeger,  Scriptores  provinciae  Austriacae.  ^''^''^'"'  ^''^''^^  "' 
o.,<-  T  .  Angaben  dass  D.  aus  C7iaz,  und  jene  andere,  dass  er  aus  Fieiberg  i.  Mähren  stamme,  beruhen 
auf  Irrtum,  wie  Anfragen  daselbst  ergaben.  =>i.<»"j"ie,  ueiunen 


tion  San  Javier  bei  Santa  Fe  war  Dobrizhoffer  mehrere  Jalire  liindurcii  bei  den  Abipön 
in  den  lieute  verschwundenen  Missionen  Concepciön,  San  Jerönimo  und  San  Fernando,  mit 
Unterbrechung  durch  zwei  Reisen  quer  durch  den  Chaco  nach  Santiago  del  Estero, 
missionarisch  tätig,  bis  ihn  die  andauernden  Entbehrungen  und  Anstrengungen  zwangen, 
seine  Gesundheit  in  den  alten  Guarani-Reduktionen  am  Rio  Paranä  und  Rio  Uruguay 
wiederherzustellen.  Darauf  hat  er  bis  176ä  in  der  Mission  San  Joaquin  bei  dem  Guarani- 
Stamme  der  Itatingua  im  nördlichen  Paraguay  in  den  Matedistrikten  am  oberen  Yhü 
gewirkt.  Ein  Befehl  des  Provinzials  in  Asunciön  rief  ihn  zu  den  Abipön  zurück,  denen  er 
dann  die  Reduktion  San  Carlos  y  Rosario  zwischen  Rio  ßermejo  und  Rio  Paraguay,  gegen- 
über der  Mündung  des  Tebicuari,  anlegte.  Da  er  bei  einem  Angriffe  der  Toba  durch 
einen  Pfeilschuss  verwundet  worden  war,  musste  er  zurückgerufen  werden.  Der  Ausweisungs- 
befehl traf  ihn  in  San  .Joaquin.  Als  Gefangener  wurde  er  nach  Spanien  deportiert.  Seine 
letzten  Lebensjahre  —  er  starb  in  Jahre  1791  —  verbrachte  er  in  Wien,  wo  er  am 
Professhau.se  eine  Anstellung  als  Lehrer  und  Bibliothekar  und  später  auch  als  Prediger  an 
der  Sankt-Teresa-Kapelle  erhalten  hatte. 

Ausser  seiner  „Geschichte  der  Abiponer"i),  die  in  mehrere  fremde  Sprachen  übersetzt 
wurde  und  im  Auszuge  in  einer  Reihe  von  Zeitschriften  erschien,  besitzen  wir  von  ihm 
einen  Brief  linguistischen  Inhaltes,  den  Murr  abdruckte,  und  Predigten  in  deutscher  und 
abiponischer  Sprache.  Nach  seinem  Abipön-Vokabular  und  seinei-  Grammatik  dei'  Abipön- 
Sprache  waren  dagegen  bisher  alle  Nachforschungen  vergeblich  2). 

Eine  eingehende  Beschreibung  der  Mokovi,  ein  Gegenstück  zur  Geschichte  der  Abiponer, 
verdanken  wir  einem  Ordensbruder  Dobrizhoffers ,  dem  im  Jahre  1719  zu  Witzingen  in 
Schlesien  geborenen  Florian  Baucke  oder  Pauke  3) ,  der  sich  seit  1748  als  Missionar  zuerst 
in  Cördoba  in  Tucuman,  dann  in  den  Mokovi-Missionen  San  Javier  und  San  Pedro  y  Pablo 
im  Chaco  austräl  aufgehalten  hat.  Das  Manuskript  seines  Werkes,  das  die  Cistercienser  zu 
Zwetl  in  Verwahrung  genommen  hatten,  publizierte  zuerst  Fräst  im  Jahre  1829  und  dann 
auch  Kobler4). 

Da  Dobrizhoffer  und  Baucke  jahrelang  unter  den  Indianern  gelebt  haben  und  in  die 
dem  Weissen  sonst  verschlossene  Tiefe  des  Geistes-  und  Gemütslebens  des  primitiven 
Menschen  haben  eindringen  können,  so  besitzen  ihre  aus  unmittelbarster  Erfahrung 
geschöpften  Beschreibungen  einen  hohen  ethnologischen  Wert. 

Vermutlich  ebenfalls  von  einem  der  zahlreichen,  damals  in  Südamerika  tätigen  deut- 
schen  Missionare   stammt   eine   kurz  vor  der  Ausweisung  des  Jesuitenordens  in  spanischer 

')  Historia  de  Abiponibus,  equestri  bellicosaque  Paraquanae  natione,  locupletata  copiosis  baibararum 
gentium,  urbium,  fUiminum,  feraram,  amphibioram,  insectorura .  serpentinm  praecipuorum ,  piscium, 
avium,  arborum,  plantarum,  aliarumque  eiusdem  provinciae  proprietatum  observationibus,  authore  Maetino 
DOBRIZHOFFEE,  Presbytero  et  per  annos  duo  de  viginti  Paraquariae  missionario  —  Viennae  1784,  III  vol.  — 
Deutscli:  Geschichte  der  Abiponer,  einer  berittenen  und  Icriegerischen  Nation  in  Paraguay,  bereichert  mit 
einer  Menge  Beobachtungen  über  die  wilden  Völkerschaften,  Städte,  Flüsse,  vierfüssigen  Tiere,  Ampliibien, 
Insekten,  merkwürdigsten  Sclilangen,  Fische,  Vögel,  Bäume,  Pflanzen  und  andere  Eigenschaften  dieser 
Provmz,  verfasst  von  M.  Dobbizhoffer  ,  a.  d.  Lat.  von  A.  Kreil,  3  Bde.,  Wien  1783—84.  —  Engl  ■  An 
Account  of  the  Abipones,  an  equestrian  People  of  Paraguay,  London  1821,  3  Vol. 

-)  MuEE,  Journal  zur  Kunstgeschichte  und  zur  allg.  Litt.,  Nürnberg  1780,  Teil  IX,  p.  98—106.  —  Ein 
von  Lafone  Quevedo  (Revista  del  Museo  de  La  Plata  IV,  1893,  p.  371)  erwähntes  Manuskript  linguisti- 
schen Inhalts,  angeblich  von  Dobrizhoffer  stammend,  könnte  die  DoBBizHOFFERSchen  Abipön-Arbeiten 
enthalten. 

')  SoiaMERvoGEL,  Bibhothequo  III,  1895.  —  Kobler,  Fl.  Baucke,  Einleitung. 

*)  Fräst,  Flokian  Pauke's  Reise  etc.,  Wien  1829.  —  Kobler,  P.  Florian  Baucke,  ein  Jesuit  in 
Paraguay,  Regensburg  1870. 


-  y  - 

Sprache  niedergescliriebene  Übersicht  über  die  ytämme  des  Gran  Chaco,  die  erst  vor  kurzer 
Zeit  von  HuoNnER  i)  veröffentlicht  worden  ist.  i 

Der  Catalonier  Jose  Jolis  2),  der  in  den  letzten  Jahren  des  Jesuitenregimentes  als 
Missionar  in  den  Reduktionen  am  Rio  Salado  wirkte  und  1767  nach  Italien  deportiert 
wurde,  schrieb  in  italienischer  Sprache  eine  Naturgeschichte  des  Chaco,  in  der  auch  die 
ethnographischen  Verhältnisse  eine  eingehende  Berücksichtigung  finden.  Die  dem  Buche 
beigegebene  Karte  3)  erhebt  sich  weit  über  das  Niveau  der  bis  dahin  bekannten  kartogra- 
phischen Darstellungen  dieses  Gebietes  und  bietet  besonders  auch  eine  Fülle  von  völker- 
kundlich wertvollen  Angaben. 

Eine  auf  wissenschaftliche  Gesichtspunkte  gegründete  sprachliche  Einteilung  der 
Indianer  Südamerikas  suchte  zuerst  der  gelehrte  Jesuit  HERväs  4)  mit  erstaunlicher 
Gelehrsamkeit  durchzuführen.  Unter  allen  Jesuiten  gebührt  ihm  am  ehesten  der  Beiname 
eines  Gründers  der  südamerikanischen  Linguistik.  HERväs  war  von  Geburt  Spanier  (geb. 
173.5  in  Horcajo),  wurde  1767  aus  seinem  Vaterlande  ausgewiesem  und  lebte  dann  bis  zu 
seinem  Tode  (1809)  fast  ohne  Unterbrechung  in  Italien,  zuletzt  in  Rom  als  Bibliothekar 
am  Quirinal  5).  Da  sich  HERvas  niemals  in  Südamerika  aufgehalten  hat,  bezog  er  seine 
Informationen  von  den  dorther  deportierten  Ordensbrüdern. 

Die  deutschen  Sprachforscher  Adelung  und  Vater  ß)  versuchten  die  HERvas'schen 
Gedanken  weiterzuführen ,  ohne  dass  ihnen  aber  dies  gelungen  wäre. 

Eine  nebensächliche  Rolle  spielen  ethnologische  Interessen  in  der  „Historia  del  Paraguay" 
des  P.  Jose  Guevara  7),  der  (geb.  1719  zu  Rexas  bei  Toledo)  seit  1732  in  Paraguay  weilte, 
1767  ausgewiesen  wurde  und  1806  in  Italien  starb.  Guevara  übergab  1767  das  Manuskript 
seines  einseitig-jesuitischen  Geschichtswei-kes  den  Dominikanern  in  den  Lule-Missionen; 
DE  Angelis  hat  es  1836  teilweise  publiziert. 

Mancherlei  ethnographische  Beobachtungen  finden  sich  auch  in  einer  der  zahlreichen 
mathematischen  und  geographischen  Arbeiten  des  Jesuiten  Jose  Quiroga,  der  1758  ver- 
fassten  „Descripciön  del  Rio  Paraguay"  S).  Geboren  1707  in  der  Provinz  Galicia,  widmete 
sich  Quiroga  zuerst  dem  Seemannsberufe,  doch  quittierte  er  den  Dienst  und  trat  1739  in 
den  Jesuitenorden  ein.  Lange  Zeit  war  er  in  Buenos  Aires  Dozent  der  Mathematik.  Am 
bekanntesten  ist  er  durch  die  Reise  längs  der  Terra  Magellanica  geworden.  Im  Jahre  1767 
wurde  er  des  Landes  verwiesen  und  starb  1784  zu  Bologna  9). 

Während  in  Europa  durch  diese  im  allgemeinen  nicht  tendenzfreie  Litteratur  der 
Jesuiten  die  Kenntnis  der  La  Plata- Länder  eine  bedeutende  Bereicherung  erfuhr,  war  gleich- 
zeitig  auf  südamerikanischem    Boden   ein    Forscher   tätig,  der,   sowohl   was   Umfang   und 


')  HuoiJDEK,  Die  Völkergruppiening  im  Gran  Chaco  im  18.  Jahrhundert.  Globus,  Bd.  81 ,  1902,  p.  387  ff. 

-)  Jolis,  Saggio  sulla  storia  naturale  della  provincia  del  Gran  Chaco,  Faenza  1789.  —  Sommervogel, 
Bibliotheque  IV,  p.  812. 

')  Lafone  Quevedo  nennt  sie  „el  niejor  que  yo  he  visto  de  la  regiön  a  qiie  se  refiere",  Bol.  del.  Instit. 
geogr.  Arg.  XVII,  1896.  Ebendort  ein  Facsimile  der  Karte. 

■*)  HERvas,  Idea  dell'  Universo,  22  Bde.,  und  Catälogo  de  las  lenguas  de  las  naciones  conocidas  y  enu- 
nieracion,  division  y  clases  de  estas  segun  la  diversidad  de  sus  idiomas  y  dialectos,  6  Bde.,  1800-1805, 
Bd.  I:  Lenguas  y  naciones  americanas,  Madrid,  1800. 

')  So.MMEKVOGEL,  Bibliotheque  IV,  318  ff. 

^)  Adelung- Vater,  Mithridates,  Berlin  1806-1817. 

")  Guevara,  Historia  del  Paraguay,  Rio  de  la  Plata  y  Tucumdn,  bei  de  Angelis  II,  1836.  -  Sommer- 
vogel, Bibliotheque  III,  1892. 

')  Quiroga,  Descripciön  del  Rio  Paraguay  desde  la  boca  del  Xauru  hasta  la  confluencia  del  Parana, 
bei  DE  Angelis  II,  Buenos  Aires  1836. 

')  SoMiiERvoGEL,  Bjbliotheque  VI,  1895.  —  de  Angelis  II,  Noticias  biograficas. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  2 


-    10   - 

Ausdehnung  als  auch  Gründlichkeit  und  Glaubwürdigl<eit  seiner  Beobachtungen  anlangt, 
die  meisten  Reisenden,  die  mit  ihm  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  in  dem 
gleichen  Gebiete  exploratorisch  tätig  gewesen  sind,  um  Haupteslänge  überragt:  Don  Felix 
DE  AzARA,  hier  der  erste  Forscher  mit  wirklich  wissenschaftlichen  Zielen  und  Gesichtspunkten. 

Bei  der  ausserordentlichen  Bedeutung,  die  Azaba  für  die  Kenntnis  der  Indianer  des 
südlichen  Amerika  besitzt  —  Bertuchs  geographische  Ephemeriden  stellen  ihn  mit  Humboldt 
in  die  gleiche  Linie  —  sollen  hier  einige  biographische  Daten  i)  dieses  ausgezeichneten 
Mannes  folgen,  der,  wie  im  Norden  Südamerikas  A.  v.  Humboldt,  am  La  Plata  von  aussen 
her  zuerst  die  Schranken  durchbrach,  die  Spanien  in  seinem  Kolonialreiche  gegen  die  freie 
Forschung  aufgerichtet  hatte.  Geboren  am  18.  Mai  1746  zu  Barbunales  bei  Balbastro  in 
Aragonien ,  machte  Don  Felix  de  Azara  seine  Studien  auf  der  Universität  zu  Huesca  und 
trat  darauf  in  die  Militärakademie  zu  Barcelona,  um  sich  der  militärischen  Laufbahn  zu 
widmen.  Auf  dem  algerischen  Feldzuge  wurde  er  schwer  verwundet.  Als  auf  Grund  des 
Vergleiches  von  lldefonso  (1777)  und  des  folgenden  Friedens  von  Pardo  Spanien  und  Portugal 
die  seit  dem  Vertrage  von  Tordesillas  (1493)  schwebende  Grenzfrage  in  Südamerika  durch 
eine  beiderseitige  Kommission  endlich  zu  regeln  beschlossen,  wurde  Don  Felix,  der  damals 
als  Ingenieur-Oberstleutnant  zu  San  Sebastiano  in  Garnison  stand,  nebst  drei  spanischen 
Marineoffizieren  zum  Mitgliede  derselben  berufen.  Die  Abreise  musste  so  rasch  erfolgen, 
dass  Azara  nicht  einmal  Zeit  zur  Mitnahme  von  Büchern  und  Instrumenten  fand.  Zwanzig 
Jahre  (1781 — 1801)  dauerte  sein  Aufenthalt  in  Südamerika.  Nachdem  er  die  Aufgabe  der 
Grenzbereinigung  schnell  vollendet  hatte,  wurde  er  durch  die  spanischen  Gouverneure, 
gegen  deren  Intriguen  er  fortwährend  zu  kämpfen  hatte,  von  der  Heimkehr  zurückgehalten 
und  —  wie  er  selbst  sagt  —  so  gleichsam  gezwungen,  sich  als  Forschungsreisender  zu 
betätigen.  Nach  seiner  lange  ersehnten  Rückkehr  hielt  er  sich  einige  Jahre  in  Paris  bei 
seinem  Bruder  Don  Nicolo,  dem  doi'tigen  spanischen  Botschafter,  auf  und  starb  1811  als 
Mitglied  der  „Junta  de  fortiflcaciones  y  defensa  de  ambos  Indias".  Seine  in  alle  geogra- 
phische und  naturwissenschaftliche  Wissenszweige  einschlagenden  Arbeiten  sind  in  zahl- 
reichen Schriften  niedergelegt.  Wie  die  Kartographie  der  La  Plata-Länder  ihm  und  seinen 
Begleitern  die  ersten  auf  genaue  Messungen  und  Ortsbestimmungen  gegründeten  Karten 
verdankt,  so  hat  auch  die  Ethnographie  der  von  ihm  bereisten  Gebiete  durch  ihn  eine 
grosse  Erweiterung  erfahren.  Im  zweiten  Bande  seiner  „Voyage"  lieferte  ei"  die  für  uns 
vor  allem  in  Betracht  kommende  ethnographische  Beschreibung  der  Indianei'stämme  des 
Chaco,  in  deren  Gebiet  er  sich  wiederholt  als  Koramissar  des  nordwestlichen  Grenz- 
abschnittes aufgehalten  hat. 

Der  besonders  von  den  modernen  Linguisten  empfundene  Mangel,  dei'  Azara  in  sprach- 
lichen Dingen  anhaftet,  wird  ausgeglichen  durch  die  Beobachtungen  seines  Begleiters  Don 
Juan  Francisco  Aguirre,  dessen  1793  verfasstes  dreibändiges  Manuskript  erst  neuerdings 
wieder  in  der  Biblioteca  Nacionäl  zu  Buenos  Aires  aufgefunden  worden  ist.  Enrique  Peua  -) 


')  Azara,  Voyages  dans  l'Amerique  meridionale ,  1781  bis  1801,  hg.  v.  Walckenaes  ,  4  Bde  m.  Atlas, 
Paris  1809.  Deutsch:  Berlin  1810,  Bd.  31  vom  „Magazin  merlcwürdiger  neuer  Reisebescln'eibungen";  Leipzig 
1811,  3  Bde.  -  Allgemeine  geogr.  Ephemeriden,  Bd.  XXIX,  1809  (m.  Bild).  -  de  Angelis,  Oolecciön  II, 
Discurso  preliminar  ä  la  Descripciön  del  Tebicuari. 

-)  Enrique  Peüa,  Etnografia  del  Chaco,  im  Boletin  del  Institute  geogräfico  Argentino,  B.  Ai.  1898, 
Bd.  XIX,  p.  465-510.  —  Diariü  del  capitäu  de  fragata  de  la  Real  Armada  Don  Juan  Francisco  Agüibre 
en  la  demarcaciön  de  limites  de  Espana  y  Portugal  en  )a  America  meridional,  dedicado  al  Rey  N.  S.  En  la 
Asunciön  del  Paraguay  por  Don  Pedro  Rodriguez,  oficial  2°  en  la  factoria  general  de  Reales  rentas  de 
Tabaco,  ano  MDCCLXXXXIII. 


-  11  - 

hat  daraus  elon  ;uif  den  Ctiaco  bezüglichen  ethnographischen  Teil  herausgegeben.  Agüirres 
Verdienst  liegt  daiin,  dass  er  zuerst  genaue  vei-gleichende  Wörtertabeilen  einer  Reihe  von 
Chaco-Sprachen  geliefert  hat.  Erst  an  der  Hand  dieser  Wöiterlisten  ist  es  möglich  gewesen 
einigermassen  Ordnung  in  das  Chaos  verwirrender  Angaben  der  älteren  Autoren  zu  bringen. 

Durch  eine  Anzahl  von  Denkschriften  und  Reiseberichten  aus  den  Jahren  1774  bis 
1800,  die  unten  noch  genauere  Erwilhnung  finden  werden,  erhalten  wir  Kunde  von  den 
Indianern  des  Innern,  besonders  über  die  längs  des  Bermejo  wohnenden  Stämme. 

Von  portugiesischer  Seite  endlich  ist  uns  durch  die  „Historia  dos  Indios  Cavalleiros 
ou  da  nagäo  Guaycurü"  des  Rodrigues  do  Prado  i)  eine  Beschreibung  der  nördlichen  Chaco- 
Stümme,  besonders  der  Mbayä,  zugekommen.  Diese  kleine  Monographie  ist  179.5  im  Presidio 
Coimbra  am  oberen  Paraguay  —  wo  damals  do  Prado  Kommandant  war  —  entstanden. 

')  Jornal  o  Patnota,    p.    U   ff.,  .Juli    1814  und  Revista  do  Instituto  liistorico  e  geographico  do  Brazil 
Bd.  I.  p.  2o-o7,  Rio  de  Janeiro  1856.  <=    o    r  , 


II.    ABSCHNITT. 


Die  allgemeinen  Grundlinien  der  Geschichte  der  Chaco-Indianer  seit  Ankunft  der  Spanier. 

a.  Allgemeine  Zurückdrängung  der  Chaco-Indianer.  —  Im  ganzen  trägt  die  Geschichte 
der  Chaco-Indianer  seit  dem  16.  Jahrhundert  bis  heute  dieselben  einheitlichen  Züge  und 
Merkmale:  es  ist  ein  Prozess  stossweiser,  unaufhaltsamer  Zurückdrängung  und  Isolation 
durch  den  Weissen  zu  beobachten,  ein  Vorgang,  gegen  den  nur  eine  abgesonderte  Lage 
hat  schützen  können.  In  diesem  bald  blutigen,  bald  unblutigen  Kampf  um  Raum  gegen 
den  roten  Mann  wird  das  Vorrücken  des  Europäers  von  Süden  nach  Norden  etappenweise 
bezeichnet  durch  die  einzelnen  Flüsse  und  Flussabschnitte.  Nachdem  vom  La  Plata  aus 
bald  eine  dauernde  Verbindung  durch  die  Pampa  nach  Chile  und  über  Tucuman  nach  Peru 
hin  hergestellt  und  damit  zuerst  Bresche  in  das  zusammenhängende  indianische  Wohn- 
gebiet des  Südens  gelegt  war,  bildeten  Saladillo  und  Salado  die  Grenze.  Ende  des  18-  Jahr- 
hunderts war  der  Rio  Bermejo  erreicht  und  der  grosse  Abschnitt  des  Chaco  austi'äl  im 
allgemeinen  für  die  Kolonisation  gewonnen.  Wenn  dann  neuerdings  der  argentinische 
General  ViCTomcä  die  Indianer  des  Chaco  bis  an  den  Pilcomayo  und  darüber  hinaus 
zurückgetrieben  hat,  so  ist  dieses  Vordringen  nichts  anderes  als  ein  erneuter  sichtbarer 
Ausdruck  jener  Bewegungsrichtung,  die  in  ihrer  Wirksamkeit  älter  als  350  Jahre  ist. 
Dieser  langsamen  Zurückdrängung  nach  Norden  entspricht  eine  östliche  und  westliche 
Einengung  des  Wohngebietes  der  Chaco-Indianer,  wobei  auf  der  einen  Seite  der  Rio  Para- 
guay und  auf  der  anderen  der  östliche  Teil  der  Provinz  Tucuman  die  gegebenen  Angriffs- 
basen für  die  Weissen  waren. 

Aber  diese  Entwickelung,  wie  wir  sie  mit  wenigen  Strichen  gezeichnet  haben,  vollzog 
sich  keineswegs  gleichmässig  und  ohne  schwere  Störungen;  wir  werden  erfahren,  wie 
während  eines  Zeitraumes  von  über  hundert  Jahren  die  Spanier  in  dem  Kampf  um  Raum 
infolge  einer  in  ihren  Ui-sachen  noch  zu  charakterisierenden  Expansion  der  Indianer  eher 
an  Boden  verloren  als  gewonnen  haben. 

b.  Kolonisationsversuche  der  Spanier.  —  Wenn  der  Chaco  auch  schon  von  den  ersten 
Conquistadoren  berührt  und  in  seinem  nördlichsten  Teile  von  Ayolas  und  Irala  auf  ihren 
Zügen  nach  dem  sagenhaften  Goldlande  im  Nordwesten  durchkreuzt  worden  war,  so 
begannen  doch  erst  die  eigentlichen  Versuche  zu  seiner  Eroberung  und  Kolonisation,  nach- 
dem die  Nachbargebiete  im  0,  S  und  W  bereits  eine  zahlreiche  weisse  Bevölkerung 
trugen.  Weder  die  Natur  des  Landes  noch  die  rauhe  Sinnesart  der  Chaco-Indianer  mögen 
für  die  Spanier  besonders  verlockend  gewesen  sein. 

Der  von  Peru  zur  Kolonisation  der  Provinz  Santa  Cruz  de  la  Sierra  ausgesandte 
Kapitän  Don  Andres  Manso  hatte  auf  dem  Marsche  dahin  im  Gebiete  der  Chirguano  in 
den    Llanos    des    nordwestlichen    Chaco   eine  Stadt  anzulegen    begonnen,   wurde  aber  mit 


-    18    - 

seinen  Leuten  von  den  Indianern  ermordet,  üas  vom  Vizekönig  Don  Francisco  de  Toledo 
mit  der  Bestrafung  der  Cliiriguano  beauftragte  Heer  entging  nur  mit  genauer  Not  der 
Verniclitung  ^. 

Glückliciier  waren  die  Städte,  die  in  den  tucumanesischen  Grenzgebieten  des  Cliaco 
entstanden  waren-):  Tausende  von  Chaco-Indianern  wurden  von  ihnen  bis  zum  Ende  des 
16.  Jalirlnmderts  unterworfen  und  in  Encomiendas  veieinigt.  In  der  Jurisdiktion  von 
Santiago  del  Estero  waren  angebiicli  allein  -17000  (?)  Juri  und  Tonocote  impatroniert^). 

Eine  dieser  Stadtgründungen  hatte  ein  ausgesprochen  militärisches  Motiv:  Esteco^), 
zuerst  1567  von  Diego  de  Heredia  30  Leguas  von  Santiago  del  Estero  entfernt  unter 
26°  30'  s.Br.  am  Rio  Salado  angelegt,  später  aber  wegen  der  beständigen  Angriffe  der 
Indianer  nach  dem  oberen  Salado  nach  rückwärts  verlegt,  sollte  als  Aussenposten  die 
Städte  Salta,  San  Miguel  und  Santiago  gegen  die  Invasionen  der  Chaco-Stämme  decken, 
wurde  aber  1692  durch  ein  Ei^dbeben  völlig  zerstört  und  aufgegeben.  Trotz  der  grossen 
militärischen  und  kommerziellen  Bedeutung,  zu  der  sich  die  Stadt  bald  aufgeschwungen 
hatte,  wurde  Esteco  nicht  wieder  aufgebaut. 

Einen  nicht  minder  unglücklichen  Ausgang  nahm  ein  Kolonisationsversuch  an  der 
entgegengesetzten  Seite  des  Ghaco:  die  zur  Abwehr  der  allmählich  überhand  nehmenden 
Angriffe  der  Indianer  im  Jahre  1585  von  Alonso  de  Vera  y  Aragon,  dem  Gouverneur 
von  Corrientes,  am  Rio  Bermejo  mit  so  grossen  Hoffnungen  für  die  Zukunft  gegründete 
Stadt  Concepciön  de  buena  Esperanza^)  wurde  im  Jahre  1631  von  den  Eingeborenen,  beson- 
ders den  Mokovl,  zeistört.  Dieser  Vorposten  hatte  dazu  dienen  sollen,  die  Verbindung 
zwischen  den  getrennten  Gebieten  östlich  und  westlich  des  Chaco  herzusteilen.  Die  Jesuiten 
hatten  seine  Bedeutung  sehr  früh  erkannt  und  aus  ihm  ein  Centrum  für  die  Christiani- 
sierung des  Chaco  zu  machen  gedacht.  Concepciön  del  Bermejo  lag,  30  Leguas  vom  Rio 
Paraguay  entfernt,  im  Gebiete  der  von  den  Spaniern  wegen  ihres  Gebrauches,  die  Haare 
oberhalb  der  Stirn  abzuscheren ,  gewöhnlich  als  Frentones  6)  bezeichneten  Indianer. 

Seitdem  aber  die  Spanier  sich  üljerzeugt  hatten,  dass  die  Eroberung  des  Chaco  mit 
viel  grösseren  Opfern  verbunden  sein  würde  als  die  der  benachbarten  Gebiete,  beschränkten 
sie  sich  lediglich  auf  die  Defensive  und  überliessen  es  der  Mission  —  deren  Wirksamkeit 
unten  eine  eingehendere  Behandlung  finden  wird  —  ihnen  auf  filedlichem  Wege,  mit  der 
„Conquista  espiritual",   vorzuarbeiten.    Gleichwohl   zwangen   die   Angriffe  der  Indianer,  die 


')  DE  Angelis,  Colecciön  I,  Indice  pp.  XXI,  LIV  f.  —  Hmonder,  MS  p.  390.  —  Chaelevoix  I,  p. 
262  ff.  —  LozANO  p.  58.  -  ca.  1560. 

2)  Santiago  del  Estero,  von  Aguieee  1563  am  Rio  Dulce  gegr.;  San  Miguel  del  Tucumän,  gegr.  1564 
von  Don  Diego  Villaroel  beim  Cerro  de  Aconqiiü'a,  1585  wegen  ungünstiger  (resundheitsverliältnisse  verlegt 
(GüZMAN,  p.  120  f.i;  Esteco  gegr.  1567  (Guzmak  p.  121  f.);  Cördoba,  gegr.  1.573  von  D.  Jeeoximo  Luis  de 
Cabrera;  in  dem  gleichen  Jahre  S^i  Fe  von  Juan  de  Gaeay  angelegt  (Guzman  p.  139):  Salta  (Guzman  p.  10) 
verdankt  seine  Entstehung  (1.58-2)  dem  Gonzalo  de  Abreu  y  Figueeoa.  Später  verlegte  der  Gouverneur 
Hehnando  de  Leema  die  Stadt  aus  dem  Tale  von  Siancas  an  den  Ort,  wo  sie  sich  heute  befindet.  (Guzman 
p.  10.)  -  Sa  Cruz  de  la  Sierra  1560  von  Chaves  unter  18°  4'  s.  B.  gegr.;  1575  nach  dem  jetzigen  Orte, 
17^  49',  verlegt. 

■'')  (tuzman,  Hist.  Arg.  pp.  10.  82. 

*)  Guzman  p.  121  f.  -  de  Angelis  I,  Ind.  zu  Guzman  p.  XXXI.  -  Hüondee.  MS.  p.390.  Die  Stadt  lag 
zuerst  am  Ostufer  des  Salado,  musste  aber  wegen  der  Angriffe  der  Indianer  auf  die  andere  Seite  des 
Flusses  verlegt  werden. 

»)  del  Techo,  Lib.  I,  cap.  41.  -  Huonder  MS.  p.  .390.  —  Guevaea  ,  bei  de  Angelis  II,  p.  157.  —  de 
Angelis  1,  Indice  zu  Guzman  p.  XXIII.  —  Dübrizhopfer  III,  p.  6.  —  Diego  de  Alvear.  Relaciön  geogr. 
y  hist.  de  la  prov.  de  Misiones,  p.  30,  bei  de  Angelis  IV.  -  de  Angelis  IV.  Proemio  zu  Gakcia  de  Sola- 
LiNDE,  Proyectos  de  colonizaciön  del  Chaco.  —  Lozano  p.  93. 

^)  CtUzman  p.  11  u.  Indice  p.  XXXIl.  S.  n.  p.  30  f. 


-    14    - 

sich  seit  der  Einfülirung  des  Pferdes,  wie  wir  weiter  unten  näher  ausführen  werden,  in 
ausserordenthcher  Weise  verstärkten,  zu  enei'gischen  Gegenmassregeln  und  von  Zeit  zu 
Zeit  zu  Gegenstössen ,  um  die  Flut  zurückzudämmen. 

Im  Jahre  1628,  also  drei  Jahre  vor  der  Zerstörung  von  Concepciön,  plante  die  spanische 
Kolonialregierung,  wie  del  Techo  i)  berichtet,  nichts  geringeres,  als  eine  feste  Verbindung 
von  den  oberen  Zuflüssen  des  Bermejo  quer  durch  den  Chaco  herzustellen  und  damit  den 
Weg  von  Peru  nach  Asunciön  —  der  über  Cördoba  und  Santa  Fe  führte,  seitdem  der 
Chaco  boreäl  zuletzt  1565  von  Francisco  Ortiz  de  Vergara  und  Nuflo  de  Chaves  durchquert 
worden  war  —  um  fast  die  Hälfte  zu  verkürzen.  Aber  der  Gouverneur  von  Paraguay, 
der  im  Osten  in  den  Chaco  eindrang,  sah  sich  wegen  der  offensiven  Haltung  der  Indianer 
zum  schleunigen  Rückzuge  genötigt,  und  die  militärische  Expedition  Martin  Ledesmas, 
des  Gouverneurs  von  Tucumän,  kam  im  Westen  nicht  über  das  Gebiet  der  Mataguayo 
am  oberen  Bermejo  hinaus.  Die  damals  von  Ledesma  unterhalb  der  Mündung  des  Rio 
Centa  am  Bermejo  de  Tarija  gegründete  Stadt  Santiago  de  Guadalcazar  2)  hatte  eine  nur 
ephemere  Existenz,  denn  die  Mataguayo,  der  ewigen  Plackereien  müde,  griffen  zu  den 
Waffen  und  jagten  die  spanische  Bevölkerung  schon  im  Jahre  1635  wieder  aus  ihrem  Lande. 

Der  Grund  aller  spanischen  Misserfolge  war  der  viel  zu  geringe  Aufwand  von  Kräften: 
AlonsD  de  Vera  gilindete  Concepciön  mit  135  Soldaten,  mit  29  bekriegte  Ledesma  die 
OcotäesS).  Aus  gleicher  Ursache  sind  auch  die  Expeditionen,  die  Gouverneur  Angel  Peredo 
von  Tucumän  seit  1670  unternommen  hatte,  um  die  Anfälle  auf  Jujuy  und  Esteco  abzu- 
stellen, ohne  Ergebnis  geblieben  4).  Das  Heer,  mit  dem  der  Maestro  de  campo  Amusategui 
1671  die  Mataguayo  züchtigte,  wurde  aus  Kontingenten  von  Esteco,  Salta,  Jujuy  und  Tarija 
gebildet  und  bestand  trotzdem  nur  aus  110  Veteranen,  von  denen  noch  dazu  die  von 
Salta  und  Fuerte  de  Guadalupe  zurückkehrten  und  andere  am  Rio  Ocloyas  blieben  5).  Wenn 
auch  damals  (1672)  Don  Diego  Marin  de  Armenta  y  Zurate  mit  einem  Corps  von  Tari- 
janern  den  Pilcomayo  weit  abwärts  vordrangt),  so  übten  doch  derartige  Streifzüge  weit 
in  das  unbekannte  Land  hinein  keinen  wesentlichen  Einfluss  auf  den  allgemeinen  Gang 
und  das  Ergebnis  des  Kampfes  aus. 

Da  nach  der  Zerstörung  von  Esteco  (1692),  die  den  Verlust  der  gesamten  Jurisdiktion 
dieser  Stadt  nach  sich  zog,  die  Ostgrenze  von  Tucumän  offen  lag,  erbaute  der  Gouverneur 
EsTEVAN  DE  Urizar  y  Arespacochaga  1710  am  Salado  unterhalb  der  Ruinen  der  Stadt 
das  Presidio  Valbuena  und  suchte  die  Chaco-Indianer  durch  mehrere  Feldzüge  einzuschüch- 
tern. Dabei  drangen  seine  Maestros  de  campo  Fernando  de  Lisperguer  und  Juan  de. 
Elisondo  den  Bermejo  abwärts  bis  zu  den  Chunupi  und  Vilela  vor.  Das  Resultat  aller 
Kämpfe  war  unbedeutend  genug:  gelang  es  doch  nur,  einige  unberittene  Stämme  sesshaft 
zu  machen,  wie  die  Lule,  die  später  den  Kern  der  Bevölkerung  von  Valbuena  bildeten. 
Letzteres  musste  für  lange  Jahi-e  allein  den  Grenzschutz  gegen  die  Indianer  übernehmen, 
konnte  aber  die  verheerenden  Züge  derselben  nicht  im  entferntesten  abwenden  '). 


')  DEL  Techo,  Lib.  VIII,  cap.  15.  ^  t,  .      j        i     ■ 

=)  HuoNDEE,  MS.  p.   390.  -  DB  Angelis  IV,  Proemio  zu  Gaecia  de  boLALiNDE,  Proyectos  de  coloni- 
zaciön.  —  Lozano  p.  5. 

3)  DE  Angelis  IV,  Proemio  zu  Qarcia  de  Solalinde. 

4)  _         _         VI,         „         „    Matobbas,  Diariode  laexpediciönhechaen  1774.  -  DoBRizHOFFEBlil,pb. 

5)  _         -         IV^         l         „    Solalinde. 

6)  _         -         VI,         „         ,.    Matoheas.  ,.  ..     ,      u  1    - 
')  Lozano  p   399  ff.  -  de  Angelis  VI,  Proemio  zu  Matobbas,  Diario  de  la  expedicion  liecha  en  el  ano 

1774.  -  DE  Angelis  I,  Indice  zu  (Iuzman,  p.  XXXI.  -  Chaelevoix  VI,  p.  227  ff.  -  Dobrizhoffer  III,  p.  7  ff. 


-    15    - 

Ein  aggressives  Vorgelien  der  Spanier  ist  seit  ilcr  Einfülirung  des  Pferdes  stets  an  der 
Beweglichkeit  der  Indianer  gescheitert,  denen  die  Weiträumigkeit  ihrer  Wohngebiete  als 
bestes  Kampfmittel  noch  obendrein  zur  Verfügung  stand.  Wenn  trotzdem  die  Spanier 
wieder  allmählich  an  Boden  gewannen,  so  war  das  weniger  die  Folge  ihrer  kriegerischen 
Expeditionen  als  vielmehr  einer  langsamen  Kulturarbeit,  besonders  auch  der  Missions- 
tätigkeit, die  seit  dem  18.  Jahrhundert  am  oberen  Salado  kräftig  einsetzte  i). 

Wenn  man  absieht  von  unbedeutenderen  Expeditionen ,  die  fast  alljährlich  von  Milizen 
diesei"  oder  jener  Grenzstadt  des  Chaco  zur  Bestrafung  der  häufigen  indianischen  Überfälle 
ausgefühlt  wurden,  hat  es  fast  fünfzig  Jahre  hindurch  an  einer  grösseren,  von  Seiten  der 
Kegierung  ausgehenden  Unternehmung  militärischer  und  kolonisatorischer  Art  gefehlt. 
Erst  1759  wurde  in  Tucuman  wieder  ein  Kriegszug  ins  Werk  gesetzt;  der  Gouverneur 
Don  JoAQUiN  EspiNOSA  Y  Davalos  trat  mit  zwei  Heerhaufen,  die  von  Fuerte  de  San  Fer- 
nando und  Valbuena  au.sgingen  und  sich  in  der  Gegend  von  Tren  de  Espinosa  am  oberen 
Bermejü  vereinigten,  in  den  Chaco  ein,  während  gleichzeitig  von  Osten  her  ein  Verstoss 
gemacht  wurde.  Ein  den  Bermejo  abwärts  vordringendes  kleines  Corps  vermochte  eine 
Verbindung  nicht  herzustellen,  da  es,  nur  noch  35  Leguas  von  Cori'ientes  entfernt,  die 
Richtung  verlor  und  umkehi'te  2). 

Ein  sehr  unrühmliches  Ende  nahm  ein  Zug,  den  1764  der  Offizier  Arrascaeta  und  80 
Tucumanier  mit  Hilfe  eines  befreundeten  Kaziken  von  Macapillo  ausfühiten:  in  der  „Can- 
gaye"  genannten  Gegend  am  Bermejo  von  den  Mokovi  umzingelt,  konnten  sie  sich  nur 
unter  schändlichen  Bedingungen  vor  der  Niedermetzelung  bewahren  3). 

Mit  der  Verbannung  der  Jesuiten  (1767—68)  begann  allenthalben  für  die  Indianer  eine 
neue  Periode  ihrer  Entwickelung.  Als  damals  die  spaniische  Regierung  sich  plötzlich  vor  die 
schwere  Aufgabe  gestellt  sah ,  die  Aufsicht  über  die  verlassenen  Indianer-Missionsstationen 
und  die  Paziflzierung  der  freien  Stämme  des  Chaco  austral  selbst  zu  übernehmen ,  begriff 
auch  sie  bald,  dass  nur  auf  friedlichem  Wege  eine  dauernde  Okkupation  und  Sicherung 
dieses  Gebietes  möglich  wäre.  Die  eigentliche  Erschliessung  des  südlichen  Chaco  ist  dann 
eines  der  sonst  geringen  Verdienste  der  Spanier  in  den  letzten  Jahrzehnten  ihrer  Herr- 
schaft geworden. 

Die  Indianergrenze  vom  Rio  Salado  bis  zum  Bermejo  vorzuschieben  und  damit  den 
Chaco  austräl  gegen  Norden  abzuschliessen,  war  das  Ziel  aller  Kolonisationspläne.  Zwar 
verlief  der  Zug  des  Matorras'*),  der  1774  von  Fuerte  del  Valle  ausging,  ziemlich  ergeb- 
nislos, da  in  Cangaye  am  Bermejo  eine  Oppositionspartei  im  Feldlager  den  Führer  zur 
Rückkehr  auf  geradem  Wege  nötigte;  aber  schon  1780  gelang  es  dem  Obersten  Don  Fran- 
cisco Gavino  Arias^),  der  auf  Grund  einer  königlichen  Cedula  „Informationen  über  den 
Zustand  der  Indianer  am  Bermejo  einziehen  und  die  Neuanlegung  von  festen  indianischen 
Siedelungen  zum  Zwecke  der  Abstellung  der  räuberischen  Überfalle  ins  Auge  fassen  sollte", 
die   Reduktionen    San    Bernardo    und    Santiago    oder    Cangaye    am    mittleren    Bermejo    zu 


l)  S.  u.  p.  22. 

'■)  DE  AiNGEi.is  VI.  Discurso  preliminar  zu  Matorras,  Diario. 

')  -        —        VI 

<)  Matorras,  Don  Geronimo,  Gobernador  del  Tucuman,  Diario  de  la  expediciön  hecha  en  1774  ä  los 
paises  del  Gran  Chaco  desde  el  Fuerte  del  Valle,  bei  de  Angelis  VI,  1837  (erste  Ausgabe). 

*)  Arias.  Don  Francisco  Gavino,  Coronet  del  regimiento  de  caballeria  San  Fernando.  Diario  de  la 
expediciön  reduccional  del  ano  de  1780,  mandada  pi-acticar  por  orden  del  Virey  de  Buenos  Aires,  hg.  von 
DE  Ancjelis  VI,  1837.  —  de  Angelis  IV,  Proemio  zu  Garcia  de  Solalinde.  Provectos  de  colonizaciön. 


-    16    - 

gründen,  die  der  Obhut  der  Franziskaner  unterstellt,  später  jedoch  zeitweilig  wieder  auf- 
gegeben wurden.  In  jenen  Jahi-en  eifriger  Kolonisationstätigkeit  fand  auch  zuerst  das  alte 
Problem  der  Herstellung  einer  schiffbaren  Verbindung  zwischen  Jujuy  und  Corrientes  seine 
Lösung,  indem  Cornejo  i)  den  Bermejo  1790  bis  zu  seiner  Mündung  befuhr.  Die  Tagebücher 
CoRNEJOS  und  seines  Kaplanes  während  seiner  ersten,  gescheiterten  Expedition  (1780),  des 
Franziskaners  Morillo2),  enthalten  sehr  wichtige  ethnographische  Beobachtungen  und 
werden  uns  vielfach  als  Quelle  dienen. 

Zur  Sicherung  des  gewonnenen  Bodens  hatte  Arias  eine  Kette  von  Presidios  vom  Fort 
San  Fernando  am  Rio  del  Valle  bis  zum  Bermejo  anlegen  wollen,  ein  Plan,  den  Cornejo 
dadurch  vereinfachte,  dass  er  die  Bermejo-Linie  dui'ch  die  befestigten  Punkte  von  Zapal- 
larcito.  Tren  de  Espinosa,  Encrucijada  de  Macomita,  Esquina,  San  Francisco  und  Genta 
zu  decken  vorschlugt).  Dass  sich  die  Regierung  auch  weiterhin  mit  ei'nsten  Projekten  trug, 
zeigen  die  Gutachten,  die  sie  von  Azaea  und  Garcia  de  Solalinde  in  Sachen  der  Koloni- 
sation des  Gran  Chaco  einforderte  *).  Wenn  freilich  damals  Gargia  die  Pazifikation  des 
Chaco  austnil,  die  Ansiedelung  der  Indianer  und  die  Bevölkerung  mit  Weissen  in  weniger 
als  sechs  .Jahren  ohne  viel  Kosten  für  möglich  hielt,  so  haben  ihm  die  Ereignisse  nicht 
Recht  gegeben,  denn  erst  den  letzten  zwanzig  Jahren  des  19.  Jahrhunderts  blieb  diese 
Aufgabe  vorbehalten. 

c.  Innere  TJmioandelung  der  Indianer  infolge  der  Berührung  mit  den  Weissen.  — 
Haben  wir  die  allgemeinen  äusseren  Folgen  dieser  Kolonisationsversuche  ins  Auge  gefasst, 
so  hebt  sich  zugleich  noch  die  Frage:  welche  Wirkungen  verbanden  sich  mit  der  Berührung 
der  Spanier  und  Indianer  hinsichtlich  des  inneren  Zustandes  der  letzteren? 

Die  Umwandelungen  waren  sehr  bedeutend:  einzelne  Stämme  haben  sich  aus  ihrem 
Naturzustande  herausgeschwungen  und  sind  meist  der  stärksten  Waffe  des  Euiopäers, 
seiner  Kultur,  zum  Opfer  gefallen;  andere  sind  auf  ihrer  tieferen  Stufe  verharrt,  ohne 
sich  aber  den  Kultureinwirkungen  völlig  entziehen  zu  können.  Infolge  friedlicher  Koloni- 
sations-  und  Missionsbestrebungen  und  nicht  zuletzt  durch  die  Ausbreitung  zahlreicher, 
bis  dahin  in  Amerika  unbekannter  Krankheiten,  die,  wie  Schnupfen,  Masern  und  Blattern, 
pestartig  verheerend  wirkten,  haben  die  Völkerverhältnisse  im  Chaco  allmählich  eine  viel- 
leicht nachdrücklichere  Umgestaltung  erfahren  als  durch  die  rein  mechanischen  Einwir- 
kungen der  Waffen. 

d.  Einführung  des  Pferdes.  —  Die  Einführung  des  Pferdes  war  es  vor  allem ,  die  das 
ganze  Dasein  der  Indianer  der  Ebenen  des  südlichen  Amerika  umgestaltend  beeinflusst  und 
zugleich  den  durch  die  gleiche  Umwelt  begonnenen  Prozess  der  Angleichung  und  ethno- 
graphischen Vereinheitlichung  dieser  Stämme  befördert  hat.  So  wie  uns  die  Chaco-Indianer 
und  die   patagonischen  Indianei- Völker   am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  und  heute  entgegen- 


I)  CoENEJO  D.  Juan  Adrian  Fernandez,  Diario  de  la  primera  expediciön  al  Chaco,  emprendida  en 
1780  por  el  coronel  Cornejo,  hg.  von  de  Angelis  VI,  1837.  —  Cornejo,  Expediciön  al  Chaco  por  el  Rio 
Berniejo,  1790,  bei  de  Angelis  IV,  1837.  ^      .     ,  ,  ,,.  ,  -^-    r^         ■    ,,noA.         * 

-)'Morillo,  Fray  Francisco,  del  Orden  de  San  Francisco,  Diano  del  Viage  al  Rio  Bermejo  (1/80);  erste 

Ausgabe  bei  de  Angelis  VI ,  1837.  ,        ,  ^.,  -,^       .  r,  o 

3)  DE  Angelis  IV ,  Proemio  zu  Proyectos  de  colonizacion  del  Chaco  por  Don  Antonio  Gaecia  de  boLALiNDE. 
■•)  Informes  de  Don  Felix  de  Azara  sobre  varios  proyectos  de  colonizarel  Cliaco,  hg.  von  de  Angelis  IV, 

Buenos  Aires  1836.  (verf.  1799.)  -  Proyectos  de  colonizacion  del  Chaco  por  Don  Antonio  CIabcia  de  Solalinde 

(verf.  1799),  hg.  von  de  Angelis  IV.  Garcia  de  Solalinde  hatte  als  Unternehmer  eines  Holzfällerei-Betnebes 

mehrere  Jahre  am  Bormejo  im  Innern  des  Chaco  gelebt. 


-    17    - 

treten ,  .sind  sie  in  ihrer  Eigenart  und  in  ihrer  gesamten  Lebensweise  nicht  zu  begreifen 
ohne  den  Besitz  des  Pferdes,  das  mit  ihrer  Existenz  aufs  engste  verknüpft  ist. 

Rui  DiAZ  DE  GüZMAN  1)  (1612)  berichtet,  dass  von  jenen  fünf  Stuten  und  sieben 
Hengsten,  die  bei  Irai.as  eiligem  Abzüge  von  Buenos  Aires  zurückgelassen  worden  waren, 
alle  jene  zahlreichen  Rudel  von  Pfeixlen  stammen,  „de  los  cuales  el  dia  de  hoy  ha  venido  ä 
tanto  multiplico  en  menos  de  70  anos,  que  no  se  puede  numerar;  porque  son  tantos  los 
caballos  e  yeguas,  que  parecen  grandes  montanas,  y  tienen  ocupado  desde  el  Cabo  Blanco 
hasta  el  Fuerte  de  Gaboto,  que  son  mas  de  80  leguas,  y  llegan  adentro  hasta  la  Cordillera." 

Die  Indianer  haben  sich  der  eingefangenen  Pferde  bald  zu  bedienen  gelernt,  ja  bald 
wussten  sie  geschickter  mit  ihren  Reittieren  umzugehen  als  selbst  die  Spanier  ~).  Die 
schwerfällige,  nach  europäischem  Muster  gerüstete  spanische  Kavallerie  hat  seitdem  gegen 
sie  nur  selten  etwas  ausrichten  können.  Die  Natur  des  Landes  und  seine  Weiträumigkeit, 
deren  schnelle  Überwindung  erst  durch  das  Pferd  möglich  geworden  war,  sind  für  die 
Indianer  stets  das  stärkste  Verteidigungsmittel  geblieben. 

Die  meisten  eingeborenen  Völker  der  südlichen  Ebenen  bis  nördlich  über  den  Rio 
Pilcomayo  sind  beritten  geworden,  so  ausser  den  Indianern  der  Pampas,  die  Charrüa,  die 
Calchaqui,  Abipön,  Mokovi,  Toba,  Mbayä,  Chiriguano,  Malbalä  und  die  meisten  übrigen 
Stämme  der  Mataco-Mataguayo-Sprachfamilie  3).  Typische  Reitervölker  sind  besonders  die 
Stämme  der  Guaikurü-Familie  geworden,  weniger  diejenigen  der  Mataco-Mataguayo-Gruppe, 
die,  wie  auch  die  Vilela,  Ghunupi  und  Lule,  nur  wenige  Pferde  besassen.  Der  Mangel  an 
Nachrichten  über  die  nördlichen  Chaco-Stämme  macht  es  unmöglich  festzustellen,  wie  weit 
damals  das  Pferd  nach  Norden  hin  Eingang  gefunden  hat.  Um  das  Jahr  1800  pflegten  die 
unberittenen  Zamuco-Chamacoco  hoch  im  nördlichen  Chaco  von  den  benachbarten  Mbayä 
Pferde  zu  kaufen  "*).  Übrigens  ist  der  Zeitpunkt  der  Einführung  des  Pferdes  bei  den  ein- 
zelnen Stämmen  nicht  einmal  für  den  Chaco  austräl  anzugeben,  aber  sicherlich  ist  diese 
nicht  rasch  erfolgt.  Am  frühesten  besassen  das  Pferd  die  Indianer  am  unteren  Paranä 
und  am  La  Plata.  Die  Abipön  sollen,  wie  ein  sehr  alter  Angehöriger  dieser  Nation  Dobriz- 
iiOFFER  erzählte,  von  den  Calchaqui,  die  damals  schon  in  das  Gebiet  der  Stadt  Santa  Fe 
verpflanzt  waren,  im  ersten  Drittel  des  17.  Jahrhunderts  ihre  ersten  Pferde  gestohlen 
haben  5).  Im  Jahre  Ißil  besassen  nicht  nur  schon  die  Abipön  Pferde,  sondern  auch  selbst 
die  Stämme  am  mittleren  Bermejo,  wie  P.  Pastoe  auf  seiner  Missionsreise  zu  den  Abipön 
feststellte 6).  Noch  früher,  1630,  als  Martin  de  Ledesma  längs  des  Bermejo  vordrang, 
wurden  die  Vilela  und  Chunupi,  sowie  benachbarte  Stämme  im  Besitze  von  Pferden  ange- 
troffen'^). Hundert  Jahre  später  freilich  berichtet  Lozano^),  dass  die  Vilela  unberitten  seien. 

Da  die  meisten  der  später  berittenen  Stämme,  selbst  die  schon  Spuren  höherer  Kultur- 
entwickelung aufweisenden   Calchaqui  von  Tucumän ,  schweifende  Jäger  waren  und  keinen 


')  GüZMAN,  Historia  Argentina,  bei  de  Angelis  I,  p.  10.  Die  Hacendados  der  Banda  orientäl  belohnten 
diejenigen,    welche    die   verwilderten  Pfeide  töteten,  da  diese  das  Yieli  zerstreuten;  de  Akgelis  I,  Indice 

zu   GUZMAN   p.   XI. 

2)  LozANO,   p.  79  ff.    Estan   el  dia  de    hoy   mas  diestros  en  cavalgar,  que  los  mismos  Espanoles;  rara 
vez  los  dan  alcance  los  Espanoles. 

')  DoBRizHOFFEK,  Gesch.  der  Abiponcr  JII  p.  17. 
<)  Martius,  Beiträge  zur  Ethnographie  und  Sprachenkunde  I,  p.  248. 
')  DoBRizHOFFER,  a.a.O.  III  p.  10  f.  -  Über  die  Jlbay;i  s.  u.  p.  43. 
')  -  IIL  p.  10,  124.   -  Charlevoix  II.  414. 

")  LozANO ,  p.  86  f. 
s)        -         p.  399. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  3 


-    18    - 

oder  geringen  Ackerbau  trieben,  so  vollzog  sich  der  Übergang  zum  Pferdenomaden  um  so 
leichter.  Der  schwerfällige  Ackerbauer  dagegen,  wie  der  Guarani,  der  Lule,  der  Vilela, 
der  Chiriguano,  haftete  zu  fest  am  Boden;  er  hat  nicht  das  Pferd  in  den  Mittelpunkt  seiner 
gesamten  Existenz  gerückt,  dessen  Besitz  seine  Bodenständigkeit  bedroht  und  ihn  zur 
Unstetigkeit  geführt  hätte.  Das  Beispiel  der  den  Ackerbau  treibenden  Araukanern  i)  ver- 
wandten Auca,  die,  als  sich  die  Trupps  der  verwilderten  Pferde  nach  Westen  bis  an  den 
Fuss  der  Cordillere  verbreitet  hatten,  in  die  Ebene  hinabstiegen  und  zum  schweifenden 
Leben  übergingen,  steht  ganz  vereinzelt  da 2).  Zugleich  aber  zeigt  dieser  letztere  Vorgang, 
wie  tiefgehende  Wirkungen  auf  die  ethnischen  Zustände  die  Einführung  des  Pferdes 
gehabt  hat:  die  Auca-Araukaner  haben  seitdem  die  patagonischen  Stämme  zurückgedrängt 
und  sind  heute  als  Paraperos  die  herrschenden  Stämme  jener  Gebiete  gewoi'den  3).  Schon 
AzARA  hat  geschildert,  wie  die  Gruppierung  der  Pampasvölker  mit  der  wechselnden  Aus- 
breitung der  Pferde-  und  Rinderherden  im  Zusammenhange  steht  *). 

Der  Indianer,  dem  mit  dem  Besitze  des  Pferdes  die  Möglichkeit  zur  Beherrschung 
weiter  Räume  in  die  Hand  gegeben  war,  gewann  damit  sofort  an  Defensivkraft  und  ging 
selbst  zur  Offensive  über.  Das  plötzliche  Aufflackern  aller  Widerstandskräfte  und  die 
Tendenz  nach  Expansion,  die  alle  berittenen  Chaco-Stämme  seit  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
nach  einer  Zeit  der  Ruhe  und  Erschöpfung,  seit  der  ersten  Eroberung  des  Landes  zeigten, 
gehen  in  ihren  Ursachen  zurück  auf  den  Gebrauch  des  Pferdes.  So  vermochten  auch  die 
Chaco-Lidianer  auf  mehr  als  hundert  Jahre  lang  aus  der  wesentlich  passiven  Rolle  heraus- 
zutreten, die  sie  die  ganze  Zeit  vorher  und  nachher  wieder,  seit  dem  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts bis  heute  gespielt  haben.  Nur  der  Besitz  von  Pferden,  der  das  unstäte  Dasein 
jener  Wildstämme  noch  mehr  beflügelt  hat,  kann  eine  Erklärung  geben  für  die  grossen, 
bis  dahin  in  Südamerika  unbekannten  Raub-  und  Beutezüge  der  Indianer  des  Chaco,  Züge, 
die  hinsichtlich  ihrer  Ausdehnung  nur  in  denjenigen  der  asiatischen  Horden  ihr  Analogen 
finden.  Dabei  fällt  es  nicht  schwer,  nachzuweisen,  dass  der  zur  Zeit  der  Conquista  noch 
unbekannte  Gebrauch  von  Speer  und  Lanze,  wie  in  Afrika,  als  Ausdruck  und  Folgeerschei- 
nung dieser  Entwickelung  zu  einer  kriegerischen  Organisarion  aufzufassen  ist^). 

Das  uns  bekannte  Beispiel  der  AbipönG)  mag  sich  auch  bei  anderen  Stämmen  wieder- 
holt haben  und  möge  deshalb  hier  als  typisch  angeführt  werden.  Waren  sie,  solange  sie 
noch  keine  Pferde  besassen,  froh,  ihre  Freiheit  zu  behaupten,  so  begannen  sie  seit  Mitte 
des  17.  Jahrhunderts  als  berittene  Krieger  und  Jäger  expansiv  zu  werden.  Zunächst  setzten 
sie  den  Matarä,  einer  den  Spaniern  schon  früher  unterworfenen  Nation,  sowie  den  Calchaqui 
heftig  zu  und  jagten  anderen  Stämmen  Schrecken  ein.  Bald  aber  erschienen  sie  wie  auch 
die  Mokovi  und  Toba  als  Räuber  in  den  Haciendas  der  Grenzansiedler  und  stahlen,  nach 
Süden  bis  über  den  Rio  Segundo  vordringend,  Pferde,  Rinder  und  Schafe.  Dobrizhoffer 
schätzt  die  Zahl  der  innerhalb  eines  Zeitraumes  von  fünfzig  Jahren  von  ihnen  weggetrie- 
benen  Pferde  auf  gegen  100000  Tiere;    es  kam  oft  vor,  dass  sie  bei  einem  einzigen  Über- 


')  Fe.  Müllee,  Allg.  Ethnographie,  1879,  p.  275. 

-)  AZAEA  II,  p.  48.  „  T  T,  1 

')  Waitz,  Anthropologie  der  Naturvöll<er  III.  p.  494.  -  Lafone  Quevedo.  La  raza  Pampeana  y  la  raza 
Guarani  ö  los  Indios  de  la  Plata  en  el  siglo  XVI.    Buenos  Aires  1900,  Bol.  del  Inst,  geogr.  Arg.  XA.. 

■■)    AZARA    II,    p.    36    ff.  ,.,„.,  ^       ■  ,_         j-       -iT      u 

')  Cf.    Hatzel,   Die  geogr.   Verbreitung  des  Bogens  und  der  Pfeile  in  Afrika.  (Berichte  über  die  Verh. 
der  K.  S.  Ges.  der  Wiss.,  phil.  bist.  Klasse,  1887,  pp.  233  ff.) 

»)   DOBEIZHOFFER   III,    p.    10   ff. 


-    19    - 

falle  4000  Pferde  mitnahmen.  Allein  aus  den  Estancias  der  Stadt  Santa  Fe  sind  innerhalb 
von  zwanzig  Jahren  15000  Pferde  weggeführt  worden,  i)  Die  Städte  Santa  Fe,  Asunciön, 
Corrientes,  Santiago  del  Estero,  San  Miguel,  Cördoba  sowie  die  „alten"  Reduktionen  der 
Guarani  am  Paranä  haben  schwer  unter  den  blutigen  Invasionen  der  Guaikurü-Stämme 
gelitten.  Mehr  als  eine  Grenzansiedelung  ist  zerstört,  viele  Hunderte  von  Kolonisten  und 
friedlichen  Reisenden  sind  ermordet  oder  in  die  Sklaverei  geführt  worden.  2) 

Nirgends  war  damals  unter  den  weissen  Ansiedlern  der  fröhliche  Wagemut  der  Con- 
quistadoren  noch  vorhanden;  nirgends  hat  man  sich  zu  einem  grossen,  geschlossenen, 
einheithch  organisierten  Angriffe  auf  die  Indianer  zusammenfinden  können.  So  konnte  e.s 
kommen,  dass  beinahe  während  des  ganzen  Coloniaje  die  berittenen  Indianer  eine  Geissei 
der  benachbarten  Provinzen  Paraguay  und  Tucumän  bildeten.  Selbst  die  Jesuiten  mussten 
damals  ihre  Pläne  der  begonnenen  friedlichen  Eroberung  des  Chaco  zeitweilig  zurückstellen. 
Daher  blieb  auch  die  geographische  Kenntnis  dieses  Gebietes  lange  auf  dem  Stande  der 
ersten  hundert  Jahre  der  spanischen  Herrschaft  im  La  Plata-Becken  stehen.  Erst  gegen 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts  konnte  man  wieder  ei-nstlich  das  alte  Projekt  aufnehmen,  von 
Tarija  aus  quer  durch  den  Chaco  auf  dem  Pilcomayo  nach  Asunciön  zu  gelangen,  ein 
Problem,  das  1744  mit  dem  Tode  seines  eifrigsten  Förderers,  des  Paters  Castaüaees,'  der 
auf  einer  Missionsreise  von  Mataco-Mataguayo-  oder  Toba-In dianern  erschlagen  wurde, 
unglücklich  endete  und  bekanntlich  erst  vor  zwei  Jahrzehnten  gelöst  wurde. 

Es  war  bereits  darauf  hingewiesen  worden,  wie  die  Reiterstämme  des  Chaco  lange 
Zeit  für  Südamerika  dieselbe  geschichtliche  Rolle  gespielt  haben  wie  die  Prairie-Indianer 
für  Nordamerika  und  die  Horden  der  Turkvölker  und  Steppennomaden  für  Asien.  Wie 
diese  haben  sie  sich,  hervorbrechend  aus  ihren  Steppen-  und  Waldgebieten,  über  ihre 
Nachbarn  ergossen;  doch  sind  ihre  raschen  Einfälle  meist  nur  Raubzüge  geblieben,  von 
denen  sie  sich  alsbald  wieder  zurückzogen.  Eine  Umwandelung  selbst  ihres  inneren  Cha- 
rakters, die  mit  ihnen  seit  ihrem  Übergange  zum  Pferdenomadentum  vorgegangen  ist,  hat 
sie  den  asiatischen  Reitervölkern  ähnlicher  gemacht:  sie  sind  zäh  und  ausdauernd,  energisch 
und  aktiv  wie  diese  geworden.  Schon  älteren  Beobachtern  3)  ist  die  Überlegenheit  der 
berittenen  Stämme  des  Chaco  über  die  unberittenen  aufgefallen,  und  sie  haben  richtig 
erkannt,  dass  diese  Superiorität  seit  Einführung  des  Pferdes  datiert.  Mit  Recht  wies  Azara  4) 
in  semer  dem  Vicekönig  Don  Antonio  Olagueb  Feliü  1799  unterbreiteten  Denkschrift  auf 
die  Schwierigkeiten  hin,  die  sich  der  Unterwerfung  und  Kolonisation  des  Chaco  darböten, 
seitdem  die  Indianer  Pferde  besässen  und  nicht  mehr  stationär  wären.  Erst  lange  nach  der 
Ansiedelung  der  unberittenen  Stämme  ist  es  gelungen,  auch  die  „Indios  Caballeros"  ses.s- 
haft  zu  machen. 

Noch  muss  auf  die  eigenartige  Erscheinung  aufmerksam  gemacht  werden,  dass  das 
Pferd  unter  den  modernen  Chaco-Indianern ,  etwa  bei  den  Toba,  bei  weitem  nicht  mehr  so 
sehr  im  Vordergrunde  des  gesamten  Lebens  steht  wie  damals,  als  Dobeizhoffer  unter  den 
Abipon  seine  Beobachtungen  anstellte.  Ich  glaube,  dass  eine  Erklärung  dafür  sehr  nahe 
hegt;  die  „Conditio  sine  qua  non"  für  die  Betätigung  dieser  Art  des  geschilderten,  bei  den 

')  LozANO,  p.  79. 

ä)  DOBBIZHOPFER   I,   p.    146. 

AngLs,  Iniice  z.  GuzmaTp.'xI.''''  '"'   ^'''■""-   '    "  ''  ^'^  *^  ''^  "  ''■    '    ^^^^^^^  ?"  ^^9  f-    -    dh 
')  AzARA,  Infornies  sobre  varios  proyectos  de  colonizar  el  Chaco,  p.  6,  bei  de  Angelis  IV. 


-    20   - 

Turkvölkern  Asiens  am  längsten  und  klarsten  in  Erscheinung  tretenden,  expansiven 
Nomadismus  ist  das  Vorhandensein  grosser  Räume.  Das  Gebiet  der  Chaco-Indianer  aber 
sehen  wir  im  19.  Jahrhundert  mehr  und  mehr  eingeengt  werden  und  diese  selbst  succes- 
sive  zum  Ackerbau  übergehen. 

e.  Zucht  von  Haustieren.  —  Im  Vergleiche  zur  Einführung  des  Pferdes  hat  die  Zucht 
von  Schafen,  Ziegen,  Rindern  und  anderen  Haustieren  bei  den  Chaco-Stämmen  viel  lang- 
samer und  zeitlich  später  Eingang  gefunden;  sie  hat,  schliesslich  aber  dennoch  intensiver 
betrieben,  indem  sie  die  raschen  Kriegs-  und  Beutezüge  erschwerte,  zu  einem  mehr  boden- 
ständigen Leben  führen  müssen  und  auf  den  Charakter  des  ganzen  materiellen  Besitzes, 
auf  Material  der  Kleidung  und  des  Schmuckes  modifizierend  eingewirkt.  Die  durch  Salazar 
(1555)  oder  de  Gabay  (1580)  i)  zuerst  nach  dem  La  Plata  gebrachten  Rinder  bildeten  bald 
den  Reichtum  des  Landes,  den  auch  die  Eingeborenen  zu  ihrem  Vorteile  zu  verwenden 
verstanden  haben,  zunächst  freilich  nur  so,  dass  sie  Tausende  Stück  von  Hornvieh  den 
Grenzansiedlern  seit  Beginn  des  18.  Jahrhunderts  wegtrieben.  Die  Abipön  und  Mokovi 
DoBKizHOFFERS  Und  Baugkes  Verwerteten,  wie  noch  heute  die  patagonischen  Stämme, 
an  den  gestohlenen  Rindern  nur  das  Fleisch.  Die  Missionare  pflegten  ihre  Zöglinge  zur 
Zucht  von  Haustieren  anzuhalten  in  dei"  bestimmten  Absicht,  sie  damit  bodenständiger  zu 
machen;  denn  sie  merkten  bald,  dass  der  wichtigste  Schritt  zur  Zivilisation  der  Indisiner 
getan  war,  wenn  es  gelang,  sie  von  der  schweifenden  Lebensweise  abzubringen.  Bei  dem 
Mangel  an  genaueren  historischen  Dokumenten  lässt  sich  im  einzelnen  der  Übergang  vom 
schweifenden  Jäger  zum  Rindernomaden  nicht  verfolgen.  Diese  Entwickelung  liegt  im 
wesentlichen  abgeschlossen  hinter  uns,  wenn  wir  heute  bei  den  Toba  des  Rio  Pilcomayo 
neben  dem  Pferde  Rind,  Schaf  und  Ziege  finden.'-) 

f.  Mission.  —  Die  christliche  Mission  ist  mit  der  Geschichte  der  Chaco-Indianer  aufs 
engste  verknüpft,  weshalb  es  gei'echtfertigt  erscheint,  wenn  wir  hier  ihrer  eingehend 
gedenken.  Nirgends  im  spanischen  Amerika  haben  katholische  Ordensgesellschaften  eine 
umfassendere  Tätigkeit  entfaltet  als  in  den  La  Plata-Provinzen ;  nirgends  hat  ihr,  gerade 
für  die  Naturvölker  am  wenigsten  heilsamer  Bekehrungseifer  so  tiefe  Spuren  im  Leben  der 
Eingeborenen  hinterlassen  als  hier. 

Neben  den  Dominikanern  und  Franziskanern  haben  die  Jesuiten,  die  nicht  lange  nach 
Gründung  ihres  Ordens  im  spanischen  Südamerika  erschienen  S) ,  eine  bedeutende  Rolle 
gespielt:  ist  ja  von  ihnen  eine  der  merkwürdigsten  Staatengründungen  ausgegangen,  welche 
die  Weltgeschichte  zu  verzeichnen  hat.  Die  Jesuiten  hatten  die  Konzessionen,  die  ihnen 
die  spanische  Regierung  für  ihr  amerikanisches  Kolonialreich  schon  im  16.  Jahrhundert 
gemacht  hatte,  allmählich  zu  erweitern  gewusst.  Unter  dem  Vorgeben,  die  Indianer  vor 
den  Bedrückungen  der  Nachkommen  der  Conquistadoren  zu  schützen,  denen  durch  die 
Einführung   des  Systemes  der  Repartimientos  und  Encomiendas  Eingeborene  als  Leibeigene 


1)  Rein,  Geogr.  Zeitschrift,  Bd.  VI,  1900,  p.  310.  —  Waitz,  Anthropologie  der  Naturvölker  III,  p.  494 
Anm.  Nach  de  Angeus  I,  Ind.  z.  üuzman,  gebührt,  dies  Verdienst  dem  Lizenziaten  Juan  Torres  db 
Vera  y  Aragon,  der  von  Charcas  (Alto  Peru)  4000  Stück  Rindvieh,  4000  Schafe,  500  Ziegen  und  zahlreiche 
Pferde  nach  den  La  Plata-Provinzen  bringen  und  in  den  Bezirken  von  Buenos  An'es ,  Santa  Fe  und  Cor- 
rientes  verteilen   liess.  —  Nach  Ctuzman,   Hist.  Arg.   p.  71,   führte   Nufi.o  de  Chaves  Ziegen  und  Soliafe 

nach  Paraguay  ein.  ^       ,.    t   j-  ,       ^ 

2)  Nach  den  E.Kpeditionsberichten  desMATORRAS,  Coenejo,  Arias,  Morh.lo  wurden  die  Indianer  des  oberen 
und  mittleren  ßermejo  in  den  Jahren  1774-90  überall  im  Besitze  von  Schafen  betroffen.  Die  Machicuy  des 
nördlichen  Chaco  hatten  sich  dagegen  erst  zur  Zeit  Azabas  einige  Hunde  verschafft  (Azaba  II,  p.  157.) 

»)  1588  wurde  in  Asunciön  ein  Jesuitenkolleg,  1610  die  erste  Paranä-Mission  gegründet. 


-    21    - 

zugewiesen  worden  waren ,  hatte  es  die  Gesellschaft  Jesu  zu  erreichen  verstanden ,  dass 
ihr  von  Spanien  einige  Distrikte  am  Uruguay,  Paranä  und  Paraguay  und  bei  den  Chiquiten 
und  Mnjos  im  Norden  und  Nordwesten  des  Chaco,  Gebiete  die  die  Kolonisationsarbeit 
nicht  recht  zu  lohnen  schienen,  unter  beinahe  völliger  Ausschliessung  aller  staatlichen 
Gewalt  überwiesen  wurden,  wo  sie  ihre,  auf  Komiimnisinus  und  einer  Art  hierarchischem 
Staatssozialismus  beruhenden  Staatsmaxiiiien  durchführte,  lange  bevor  St.  Simon  seine  Ideen 
vom  sozialen  Staate  ausbaute. 

Es  kann  nicht  meine  Aufgabe  sein,  hier  näher  auf  Wesen  und  Organisation  dieses 
Jesuitenstaates,  wie  man  ihn  nicht  mit  Unrecht  genannt  hat,  einzugehen,  i)  Es  ist  bekannt, 
dass  eine  Zeitlang  vielleicht  sogar  die  Möglichkeit  bestanden  hat,  dass  sich  dieses  eigen- 
artige Staatsgebilde,  das  mit  seiner  hierarchisch-sozialistischen  Grundlage  zugleich  als  Fort- 
bildung des  Inkareiches  erscheint  und  Campanellas  Sonnenstaat  in  die  Wirklichkeit  umzu- 
setzen suchte,  gänzlich  aus  dem  spanischen  Kolonialverbande  loslöste,  zumal  die  spanische 
Krone  diese  Losreissungstendenzen  noch  dadurch  unterstützte,  dass  sie  das  Verbot  der 
Zulassung  nichtspanischer  Jesuiten  aufhob.  Nur  mit  Gewalt  konnte  schliesslich  dieser 
bedrohlichen  Entwickelung  durch  Austreibung  der  Gesellschaft  (1767 — 68)  ein  Ende  ge- 
macht werden. 

Der  Schwerpunkt  der  Missionstätigkeit  der  Jesuiten  lag  bei  den  Guarani  Paraguays, 
besonders  im  heutigen  Districto  de  las  Misiones,  nachdem  die  Provinz  GuayraS)  am  Alto 
Paranä  wegen  der  fortgesetzten  Einfälle  und  Sklavenjagden  der  Paulisten  oder  Mameluken , 
der  portugiesisch-indianischen  Mischbevölkerung  von  Säo  Paulo,  hatte  geräumt  werden 
müssen  (1631).  Ein  zweites  Missionszentrum  befand  sich  im  Norden  des  Chaco  bei  den 
Chiquiten  und  im  Moxos-Lande;  die  doi'tigen  Etablissements  wurden  im  Unterschiede  zu 
den  „antiguas  misiones"  bei  den  Guarani  als  „nuevas  m.isiones"  bezeichnet.  3) 

Das  bei  den  Guarani  mit  so  grossem  Erfolge  durchgeführte  Experiment,  das  allerdings 
zuletzt  auch  die  völlige  Entmündigung  der  Indianer  und  ihr  rasches  Dahinsterben  nach 
sich  zog:  ihre  Vereinigung  in  sogenannten  Reduktionen  oder  Doctrinas  mit  einer  auf  kom- 
munistischen Prinzipien  beruhenden  Arbeitsteilung,  hatten  die  Jesuiten  auch  auf  die 
Hordenvölker  des  Chaco  auszudehnen  vei'sucht,  nachdem  sie  dieses  weite  Gebiet  schon 
vorher  auf  ihren  zahlreichen  Missionsreisen  durchstreift  hatten. 

Zunächst  freilich  stellten  sich  nur  Misserfolge  ein:  eine  grosse  Zahl  von  Missionaren-*) 
hat  den  Glaubenseifer  mit  dem  Tode  büssen  müssen.  So  rühmenswert  auch  den  Religiösen 
das  Martyrium  erschien,  so  führte  doch  praktisch  diese  Art  von  Heroismus  zu  nichts. 
Aber  mit  einer  fast  bewunderungswürdigen  Hartnäckigkeit  und  Glaubensfreudigkeit,  der 
selbst  der  Gegner  derartiger  Missionsbestrebungen  seine  Anerkennung  nicht  versagen  dürfte, 
ist  es  der  Kirche  endlich  dennoch  gelungen,  nach  und  nach  rings  um  den  Chaco  eine  Kette 
von  Missionsstationen  zu  ziehen,  die  sich  —  zumal  seit  17.50  —  immer  mehr  in  das  Innere 


')  Eine  eingehende  Behandlung  dieses  Gegenstandes  lieferten  Gothein:  Der  christlich-soziale  Staat  der 
Jesuiten  in  Paraguay  (in  Schmoi.lers  Forschungen  Bd.  IV,  4.  Heft.  188:3.),  sowie  Pfotenhaueu:  Die  Mis- 
sionen der  Jesuiten  in  Südamerika,  3  Bde.,  1891-93. 

-)  DE  Angelis  I,  Indice  p.  XLIV.  —  Zimmermann,  Die  europ.  Kolonien,  1.  1896  p.  137. 

»)  In  den  zehn  Kolonien  der  Chiquito  wurden  im  Jahre  1767  5173  Familien  mit  23788  Köpfen  gezahlt, 
in  den  32  alten  Guarani-Missionen  gegen  lOOoOO  Cluisten,  während  noch  im  .Tahre  1732  ihre  Zahl  um  die 
Hälfte  grösser  war.  Dobrizhoffer  I,  178  f.,  III,  505.  -  Diego  de  Alvear,  Kelaciön  de  la  prov.  de  Misi- 
ones, bei  DE  Angelis  IV,  p.  87.  —  Düblas,  Memoria  sobre  la  prov.  de  Misiones,  bei  de  Angelis  III,  p.  5. 

")  Dobrizhoffer  zählt  am  Ende  des  III.  Bandes  ihre  Namen  auf. 


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vorschoben.    Sogar   an    einem    „Heiligen    und    Apostel   des   Chaco"  hat  es  nicht  gefehlt,  i) 

Schon  gegen  Ausgang  des  16.  Jahrhunderfcs  sind  im  südwestlichen  Grenzgebiete  des 
Chaco  die  in  den  Jurisdiktionen  von  Santiago  del  Estero  und  Esteco  zahlreich  in  Encomiendas 
konzentrierten  Indianer,  vor  allem  Lule,  Tonocote  und  Juri,  zwangsweise  zu  Christen 
bekehrt  worden  2),  aber  die  Flucht  dieser  Indianer  in  den  Chaco  austräl,  die  Zerstörung 
von  Esteco  und  die  durch  die  Einführung  des  Pferdes  herbeigeführte  expansive  Haltung 
der  freien  Chaco-Indianer  haben  lange  auf  die  „Conquista  espiritual"  hemmend  eingewirkt. 
Erst  nach  den  Feldzügen  des  Urizar  y  Arespacochaga  kam  es  am  oberen  Salado  zu  dauer- 
hafteren Reduktionsgründungen,  wie  sich  denn  überhaupt  die  Lule  und  Vilela  jener  Gegenden 
noch  am  ehesten  der  Katechese  zugänglich  gezeigt  haben,  da  sie,  von  den  Mokovi  u.a. 
arg  bedrängt,  von  vorn  herein  in  den  Weissen  ihre  Verbündeten  erblicken  mussten. 

Die  im  Jahre  1767  vorhandenen  Reduktionen  und  Ansiedelungen  von  Indianern  am 
oberen  Salado,  an  den  Quellflüssen  des  Rio  Bermejo,  sowie  bei  den  Chiriguano  beweisen, 
mit  welchem  Eifer  und  Erfolge  die  Jesuiten,  an  deren  Stelle  dann  meist  Franziskaner 
traten,  hier  tätig  gewesen  sind.  Die  für  den  Ethnographen  interessanteste  Erscheinung  ist 
bei  alledem,  zu  beobachten,  wie  durch  die  Verpflanzung  in  Missionsorte,  die  oft  weit  von 
den  Stammesgebieten  ablagen,  die  einzelnen  Indianerstämme  durcheinander  geworfen  und 
dort  zu  einer  „Colluvies  gentium"  zusammengeschmolzen  worden  sind.  Minder  glücklich 
waren  die  Jesuiten  am  östlichen  Rande  des  Chaco.  Zwar  gelang  es  ihnen ,  die  einst  so 
gefürchteten  Abiponer  und  Teile  der  benachbarten  Mokovi  in  einer  Anzahl  von  Missions- 
stationen zu  vereinigen  und  selbst  dem,  nach  dem  Urteile  aller  Autoren  wildesten  Reiter- 
stamme der  Mbayä  eine  Reduktion  zu  erbauen,  aber  die  Bekehrung  dieser  Guaikurü-Stämme 
hat  nicht  standgehalten ,  und  die  Missionen  verfielen  und  verschwanden  später  meist  wieder. 
Da  die  Patres  die  Kranken  und  Sterbenden  zu  taufen  pflegten ,  so  hatte  sich  unter  den 
der  Katechese  unterstehenden  Indianern  die  Anschauung  verbreitet,  dass  das  „Kopf- 
waschen", die  Taufe,   tötlich   sei  —  ein  Umstand,  der  sehr  erschwerend  ins  Gewicht  fiel. 

Die  Jesuiten  fassten  selbst  die  Wiedererbauung  der  alten  Stadt  Concepciön  del  Bermejo 
ins  Auge,  3)  um  von  da  aus  den  Chaco  central  zu  christianisieren,  und  dieser  Gedanke 
war  auch  1780  bei  Gründung  von  San  Bernardo  und  Santiago  am  Bermejo  lebendig. 

Zweifellos  waren  bei  der  Anlage  von  Reduktionen  im  Chaco  neben  religiösen  Absichten 
besonders  praktische  Gesichtspunkte  massgebend.  Nicht  nur  suchte  man  eine  direkte 
praktikable  Verbindung  zwischen  den  alten  Missionen  am  Paranä  mit  denjenigen  bei  den 
Chiquiten  und  Mojos  im  Nordwesten  herzustellen  —  ein  Versuch,  dessen  Ausführung 
endlich  1767  dem  P.  Jose  Sanchez  Labrador  von  der  Mbayä-Mission  Bolen  aus  gelang  4)  _ 
sondern  man  hoffte  auch,  die  Indianer  durch  Ansiedelung  und  durch  Darbietung  einer 
gesicherten  wirtschaftlichen  Basis,  die  sie  von  den  Zufälligkeiten  der  Lebensbedingungen 
unabhängig  machte,  allmählich  von  ihren  Raubzügen  abzuhalten.  Freilich  musste  diese 
Änderung  der  gesamten  Lebensverhältnisse  notwendig  von  nachteiligem  Einflüsse  sein. 
Trotz    der    Fürsorge   der    Missionare    brachen    in    den    Reduktionen   immer   wieder  heftige 


')  Francisco  Solang,  dessen  Name  wegen  der  Vorhersage  der  Zerstörung  von  Esteco  zu  hohen  Ehren 
gelangte,  wurde  kanonisiert. 

-)  LozANo  pp.  94,  108,  113,  119.  —  Oharlevoix  I,  308  ff.  IL  411.  —  Dobrizhoffer  III,  122.  —  de 
Angelis,  Indice  z.  Güzman  pp.  XXXI,  LXXIII.  —  Als  Missionare  sind  bekannt  Francisco  Solang, 
AfiASCO  und  BäRCENA. 

ä)  DE  Angelis  IV,  Proemio  zu  Garcia  de  Solalinde. 

*)  AzARA  II,  230.  —  Dobrizhoffer  I,  126. 


-    23    - 

Epidemien  von  Schnupfen,  Schuiiacli,  Masern  und  Blattern  aus,  und  lulufig  verödeten  die 
Stationen  wieder.  Was  der  Gewalt  der  Waffen  nicht  so  völlig  gelungen  war,  vermochte 
die  Mission  und  mit  ihr  die  Kolonisation  zu  erreichen :  eine  nachdrückliche  innere  und 
äussere  Modifikation  des  gesamten  A''ölkerlebens.  Lebensweise  und  Kulturbesitz  der  Chaco- 
Indianer,  ja  selbst  iiire  religiösen  Vorstellungen  i)  haben  einen  veränderten  Charakter 
angenommen,  und  das  ethnische  Bild  wenigstens  des  Chaco  austräl  ist  ein  völlig  anderes 
geworden. 

Es  ist  nicht  leicht,  zu  einer  objektiven  Beurteilung  der  Missionstätigkeit  im  Chaco  zu 
gelangen.  Doblas  und  Diego  de  Alvear^)  suchen  den  Verfall  der  Missionen  und  den 
Rückgang  der  Zahl  der  eingeborenen  Bevölkerung  nach  der  Austreibung  der  Jesuiten  unter 
der  weltlichen  Organisation  der  Directorios  zahlenmässig  nachzuweisen,  während  Azaea  2) 
das  System  der  Religiösen  heftig  vei'urteilt.  Mag  auch  das  Urteil  des  letzteren  in  vieler 
Hinsicht  einseitig  sein  —  wissen  wii-  ja,  dass  sein  Bruder  Jose  Nicolo  als  spanischer 
Botschafter  in  Rom  grossen  Einfluss  auf  den  Papst  besass  und  eines  der  treibenden  Werk- 
zeuge bei  Aufhebung  der  Societas  Jesu  war  —  so  sind  doch  die  Jesuiten  nicht  von  dem 
Vorwurfe  freizusprechen,  dass  es  ihnen  bei  ihrer  Tätigkeit  lediglich  auf  äusserliche  Formen 
ankam.  So  nur  ist  es  zu  erklären,  wenn  die  Neophyten  trotz  der  Predigt  und  der  Schulen 
unmittelbar  nach  dem  Sturze  des  Ordens  vielfach  in  die  schlimmste  Barbarei  zurückver- 
fielen. Die  Indianer  sind  in  der  strengen  Ordnung  und  traurigen  Einförmigkeit  des  Lebens 
in  den  Doctrinas  völlig  entmündigt  und,  meist  mit  Stämmen  anderer  Abkunft  absichtlich 
zusammengewürfelt,  ihrer  nationalen  und  individuellen  Eigenart  zu  ihrem  Schaden  entkleidet 
worden,  genau  so,  -wie  es  Humboldt  ■*)  von  den  Indianern  in  den  Orinoco-Missionen  berichtet. 
Was  will  dagegen  besagen,  dass  auch  ihre  Sitten  sich  gemildert  haben,  ihre  barbarischen 
Gebräuche  abgestellt  worden,  dass  sie  sesshaft  und  der  Ordnung  gefügig  geworden  sind? 
Das  düstere  Temperament  der  Missionsindianer  ist  schon  Humboldt  aufgefallen.  Eine  traurige 
Sprache  reden  die  voi'handenen  Missionsstatistiken:  die  Sterblichkeit  der  Indianer,  eine 
Folge  veränderter  Lebensverhältnisse,  war  in  den  Reduktionen  sehr  bedeutend,  und  die 
Jesuiten  mussten  selbst  zugestehen,  dass  die  Seelenzahl  fortdauernd  abnahm,  obwohl  immer 
wieder  freie  Indianer  durch  Geschenke  zur  Ansiedelung  bewogen  wurden. 

Anderseits  freilich  haben  Geographie  und  Ethnographie  Südamerikas  für  einen  Zeitraum 
von  150  Jahren  den  Religiösen  —  und  infolge  der  eifersüchtigen  Absperrung  der  spanischen 
Kolonien  nach  aussen  beinahe  ihnen  allein  —  jegliche  Förderung  und  Bereicherung  zu 
verdanken.  Ein  blühendes  wissenschaftliches  Leben  entfaltete  sich  damals  in  den  La  Plata- 
Provinzen.  Noch  heute  verwertet  die  Linguistik  Resultate  von  sprachlichen  Untersuchungen 
jener  alten  Zeiten.  Auf  dem  Colegio  maximo  zu  Cordoba,  der  grossen  Jesuiten-Universität, 
wurden  sogar  Indianersprachen  vom  Katheder  gelehrt,  und  die  zahlreichen  Arbeiten,  die 
aus  diesem  geistigen  Centrum  hervorgegangen  sind,  zeugen  noch  heute  von  dem  litterari- 
schen Fleisse  der  Jesuiten, 


')  K.  V.  D.  Steinen:  Der  Paradiesgarten  als  Schnitzmotiv  der  Pavaguä-Indianer  (im  Ethnoi.  Notizblatt, 
Berlin,  II,  2,  p.  60  ff.,  1901)  znm  Vgl. 

-)  DuBLAs,  floNZALü,  Memoria  historica,  geografica,  politica  5'  economica  sobre  la  provincia  de  Misiones 
de  Indios  Guaranis.  verf.  1785,  gedr.  b.  de  Angelis,  III,  1839.  -  Diego  de  Alvear,  Relaciön  geografica 
y  historica  de  la  provincia  de  Misiones,  gedr.  b.  de  Angelis,  IV.  —  In  Misiones  hat  die  Seelenzahl  von 
1767—1801  rapid  abgenommen.  Während  man  dort  1767  noch  100000  Christen  zählte,  waren  es  nach 
AzARA  (II,  p.  338,  ca.  1790)  nur  noch  67000,  von  denen  im  Jahre  1801  nur  noch  14000  übrig  waren. 

')  AzAKA  II,  223  ff. 

■*)  Humboldt,  Reise  in  die  Aequinoktialgegenden ,  Kap.  9. 


in.    ABSCHNITT. 


Die  Stammesgeschichte  der  Chaco-Indianer  in  ihren  einzelnen  Zügen  bis  zum 

Ende  des  18.  Jahrhunderts. 

A.    Vorbemerkungen. 

Geschickte  muss  Universalgeschichte  sein.  —  Ei'st  seitdem  die  Geschichte  aufgehört  hat, 
allein  die  Kulturwelt  und  ihre  Völker  in  ihre  Kreise  zu  schliessen,  und  seitdem  sie  sich 
auch  für  die  Naturvölker  zu  interessieren  begonnen  hat,  kann  sie  Anspruch  erheben, 
wahrhaft  Universalgeschichte  zu  sein.  Kein  Volk  ist  geschichtslos ,  jeder  Stamm  hat  seine 
Eigengeschichte,  die  zur  Betrachtung  auffordert.  Freilich,  wenn  bei  der  Geschichte  der 
Kulturvölker  gar  viele  historische  Vorgänge  der  Aufklärung  ermangeln,  um  wieviel  mehr 
muss  dies  der  Fall  sein  bei  derjenigen  der  Naturvölker,  deren  Überlieferungen,  Sitte  und 
Sprache  man  erst  ziemlich  spät  zu  verzeichnen  der  Mühe  wert  gehalten  hat.  Daher  kann 
auch  unsere  Darstellung  nur  eine  lückenhafte,  sprunghafte  sein;  sie  wird  häufiger  mit 
Vermutungen  operieren  müssen  als  die  Geschichtsschreibung  der  Kulturvölker. 

Sprachliche  Zusammengehörigkeit  als  Einteilungsprinzip.  —  Es  empfiehlt  sich  aus  Gründen 
der  Zweckmässigkeit,  von  vorn  herein  eine  Einteilung  der  zahlreichen  Chaco-Stämme  zu 
treffen  und  auf  deren  Basis  die  entwickelungsgeschichtliche  Behandlung  der  einzelnen 
engeren  Stammesverbände  und  die  Fixierung  der  historisch-ethnischen  Zustände  im  Chaco 
durchzuführen.  Da  es  nirgends  zur  Ausbildung  fester  Nationalitäten  oder  zur  Staaten- 
gründung gekommen  ist,  so  bleibt  dabei  als  Einteilungsprinzip,  ja  bei  der  vorliegenden 
Gleichartigkeit  physisch-anthropologischer  Merkmale  und  des  Kulturbesitzes  als  einzig  ver- 
wertbares Unterscheidungskriterium  überhaupt,  allein  die  sprachliche  Zusammengehörig- 
keit übrig. 

Antizipation  der  Ergebnisse  heutiger  Sprachforschungen  und  Einteilung  nach  modernen 
linguistischen  Gesichtspunkten.  —  Da  aber  in  unseren  Quellen  aus  dem  18.  Jahrhundert  nur 
immer  der  sofort  augenfälligen  Ähnlichkeiten  des  Habitus,  der  materiellen  Existenz,  der 
Sitten  und  Gewohnheiten  gedacht,  und  dabei  eine  Gemeinsamkeit  oder  Verwandtschaft  der 
Sprachen,  wie  sie  tatsächlich  vorhanden  ist,  nur  bedingt  anerkannt  oder  überhaupt  geleugnet 
wird,  so  lag  es  für  uns  nahe,  von  den  heutigen  Sprachforschungen  auszugehen  und  ihre 
Ergebnisse  antizipierend  in  die  Vergangenheit  zu  übertragen.  Es  zeigt  sich  dabei,  dass  das 
den  älteren  Autoren  und  Beobachtern  schier  unentwirrbar  erscheinende  Chaos  der  Chaco- 
Sprachen  bei  Anwendung  moderner  Methoden  der  Sprachvergleichung  zu  lösen  wohl  möglich 
ist.  Der  argentinische  Linguist  S.  A.  Lafone  Quevedo  und  Guido  Boggiani  haben  dazu 
den  Weg  gewiesen. 

In  einer  auf  den  wissenschaftlichen  Resultaten  der  zahlreichen  detaillierten  Sprach- 
forschungen basierenden  Zusammenstellung  von  grundlegender  Bedeutung  hat  Lafone 
Quevedo   eine   Übersicht    und    Klassifikation    der    Indianer   des    Rio    de  La  Plata-Gebietes 


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gegebeil  i).  Darnach  zerfallen  alle  diese  in  zwei  grosse  „Razas",  deren  Kriterien  nicht  nur 
in  einer  gewissen  Verschiedenheit  der  physischen  Erscheinung  beruhen,  sondern  vor  allem 
in  der  Spraciie  ihren  deutlichsten  Ausdruck  finden.  Der  durch  dialektische  Abweichungen 
kaum  geschiedenen  grossen  S])rachfoinilie  der  Guarani  (Tupf)  steht  gegenüber  der  Komplex 
aller  nicht  guarani  redenden,  unter  einander  gleichartigen  Stämme  des  La  Plata-Gebietes, 
die  im  allgemeinen  südlich  und  westlich  vom  Sprachgebiete  der  Guarani,  also  in  Entre-Rios, 
in  der  Banda  orientäl,  vor  allem  aber  im  Chaco  wohnen.  Hinsichtlich  der  Sprache  werden 
diese  Nicht-Guarani,  vorwiegend  nomadische  Bewohner  der  Ebene,  in  eine  Reihe  von  unter- 
einander teils  verwandten,  teils  fremden  Sprachgruppen  eingeteilt. 

Die  bei  Ankunft  der  Spanier  um  das  La  Plata-Ästuar  herumwohnenden,  im  N  an  die 
Guarani  und  an  die  Chaco-Stämme  grenzenden  zahlreichen  Stämme  werden  unter  den 
Gruppen  der  Charrüa,  der  Querandi  und  Chand-Timbü  zusammengefasst -). 

Bei  den  eigentlichen  Bewohnern  des  Chaco  ist  die  Linguistik  3) ,  teilweise  unter  Rekon- 
struktion der  primären  "Verhältnisse,  zur  Aufstellung  folgender  Sprachgruppen  gelangt: 

1.  Guaikurü:  Abipön,  Mokovi,  Toba,  Mbayä-Kadiueo,  Payaguä.  Von  allen  diesen 
einst  im  allgemeinen  die  östliche  Hälfte  des  Chaco  bewohnenden  Stämmen  existieren 
heute  nur  noch  die  Toba  sowie  geringe  Reste  der  Mbayä-Kadiueo  und  Payaguä. 
Wahrscheinlich  gehörte  auch  der  kleine  Stamm  der  Guatschi  den  Guaikurü  an. 


')  S.  A.  Lafone  Quevedo,  Progresos  de  la  etnologia  en  el  Rio  de  La  Plata  durante  el  ano  1898.  (Boletin 
del  Instituto  geografico  Argentino,  XX  p.  3 — 64,  1899). 

■)  Lafone  Quevedo,  a.  a.  0.  p.  60  f.  —  Los  Indios  Chanases  y  su  lengua,  con  apuntes  sobre  los  Que- 
randies,  Yaros,  Boanes,  Güenoas  o  Minuanes,  Bol.  XVIII,  1897,  p.  115  ff. 

')«)  Lafone  Quevedo,  Bol.  XV,  1894,  Los  Lules;  Bol.  XV,  Calepino  Lule-Castellano,  Vademecum  para 
el  arte  y  vocabulario  del  P.  Machoni.  —  La  lengua  Vilela  ö  Chulupi.  estudio  de  filologi'a  chaco-argentina, 
fundado  sobre  los  trabajos  de  HerviIs,  Adelung  y  Pelleschi,  Bol.  XVI,  p.  37  ff. ,  87ff. ,  1895 — 96. —  Lenguas 
Argentinas:  griipo  Mataco-Mataguayo  del  Chaco,  dialecto  Nocten,  Bol.  XVI,  p.  343  ff.  —  Lenguas  Argen- 
tinas: grupo  Mataco-Mataguayo,  dialecto  Vejoz,  Bol.  XVII,  p.  121  ff.,  1896.  —  Los  Indios  Matacos  y  su 
lengua  por  el  P.  Remedi,  hg.  von  Lafone  Quevedo,  Bol.  XVII,  p.  331  ff.  —  Progresos  de  la  etnologia, 
Bol.  XX,  p.  58—64,  1899.  —  Principios  de  gramätica  Mocovi,  Revista  del  Museo  de  La  Plata  I,  1890—91.  — 
Vocabulario  Mocovi-Espanol ,  Revista  del  Museo  de  La  Plata  IV,  1892.  —  Arte  de  la  lengua  Toba  del  P. 
BäECENA,  Revista  del  Museo  de  La  Plata  V,  1893.  —  Idioma  Mbaya,  Buenos  Aires  1896.  —  Idioma  Abipön, 
Buenos  Aires  1896-97. 

h)  Juan  Pelleschi.  Los  Indios  Matacos  y  su  lengua,  Bol.  XVII,  p.  559  ff.,  1896;  Bol.  XVIII, 
p.  173  ff.,  1897. 

c)  Daniel  Beinton,  The  american  Race.  A  linguistic  Classification  and  ethnographic  description  of  the 
native  tribes  of  North  and  Soutli  America,  New-York  1891.  —  The  linguistic  Cartography  of  the  Chaco 
Eegion  ,  Philadelphia  1898.  (Auch  in  A^ol.  XXXVII  der  Proceedings  of  the  american  philosophical  Society, 
held  at  Philadelphia  for  promoting  useful  knowledge.) 

d)  Guido  Boggiani,  I  Ciamacooo,  (in:  Boll,  della  Soc,  geogr.  Italiana,  Ser.  III,  Vol.  VII,  p.  466—510, 
und  Atti  della  Soc.  Rom.  d'Antropologia  VII,  fasc.  1)  Roma  1894.  —  I  Caduvei  (Mbaya  o  G-uaycurü),  viaggi 
d'un  artista  nell'  America  meridionale,  Roma  1895  (darin  Einl.  von  Golini,  Notizie  storiche  ed  etnografiche 
sopra  i  Guaycurü  e  gli  Mbaya).  —  I  Caduvei,  Studio  intorno  ad  una  tribu  indigena  dell'  alto  Paraguay  nel 
Matto  Grosso,  Roma  1895  (auch  in  Mem.  della  Soc.  geogr.  Ital.  V,  Roma  1895).  —  Vocabulario  dell'  Idioma 
Guana  (in  Atti  della  R.  Accad.  dei  Lincei,  Ser.  V,  1895),  —  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII, 
1897,  p.  613-625.  -  Los  Indios  Chamacocos  (in  Revista  del  Instituto  Paraguayo,  April  1898).  —  Guaikurü 
(in  Mem.  della  Soc.  geogr.  Ital.  VIII,  p.  244-294,  Roma  1898-99).  -  Compendio  de  Etnografia  Paraguaya 
moderna,  Asunciön  1900.  —  Linguistica  sud-americana:  Data  para  el  estudio  de  las  idiomas  Payaguä  y 
Machicuy.  Buenos  Aires  1901. 

e)  Theodor  Koch,  Die  Lenguas-Indianer  in  Paraguay,  Globus  78,  N°.  14  u.  15,  1900.  -  Die  Guaikurü- 
Stiimme,  Globus  81,  N°.  1,  3,  5,  7;  1902.  -  Die  Maskoi-Gruppe  im  Gran  Chaco,  in  Mitt.  der  Anthropol. 
Geselisch.  in  Wien,  XXXII,  p.  130-148,  1902.  -  Die  Guaikurü-Gruppe,  in  Mitt.  der  Anthrop.  Ges.  in 
Wien,  XXXIII,  1903. 

f)  Karl  v.  d.  Steinen,  Die  Schamakoko-Indianer ,  Globus  67.  1895. 

g)  Amadeo  Baldeich,  Las  comarcas  virgenes;  el  Chaco  central  norte,  Buenos  Aires  1890. 

L  A.  f.  E.   XVIL  4 


-    26   - 

2.  Mataco-Mataguayo:  Mataco,  Mataguayo,  Vejoz,  Nocten ,  Choroti,  Guisnai, 
Malbalci,  Matarä,  Tonocote.  Sie  bewohnen  in  kompakter  Masse  die  Gebiete  des 
mittleren  Cliaco,  westlich  der  Toba. 

3.  Vilela-Lule:  Vilela,  Lulei),  Chunupi.  Einst  im  Süden  der  Mataco-Mataguayo, 
bilden  sie  heute  nur  noch  wenige  Trümmer. 

4.  Maskoi- Gruppe  (früher  fälschlich  auch  als  Lengua-Enimaga-Ennima  bezeichnet): 
Lengua,  Angaite,  Sanapanä,  Sapuqui  und  Guanä.  Ihr  Wohngebiet  befindet  sich 
heute  im  Chaco  boreäl,  wo  es  sich  von  Villa  Concepciön  am  Rio  Paraguay  in  nord- 
westlicher Richtung  in  das  Innere  zieht. 

5.  Eine  gemeinsame  Sprachgruppe  bildeten  die  jetzt  verschollenen  Stämme  der  Lengua, 
Enimagä   und   Guentuse  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts. 

6.  Samucu -Gruppe:  Zamuco-Samucu,  Chamacoco,  Tumanahä  (Timanahä),  Moro 
(Morotoco),  mit  Wohnsitzen  im  Norden  und  Nordosten  des  Chaco  boreäl. 

7.  Ein  von  der  Stammfamilie  der  Tupi-Guarani  räumlich  getrennter  Zweig  sind  die 
Chiriguano  im  nordwestlichen  Chaco,  die,  im  Gegensatze  zu  den  übrigen  genannten 
Stämmen  des  Chaco,  in  nachkolumbischer  Zeit  das  sesshafteste  Bevölkerungselement 
gebildet  haben. 

8.  Guanä-Chane,  Untergruppe  des  Mojo-Mbaure-Zweiges  der  Nu-Aruak-Familie 
(Aruaco,  Maipure):  Chane  im  bolivianischen  Chaco,  Quiniquinäo  (Kinikinau)  bei  der 
Laguna  de  los  Xarayes,  Tereno  und  Guanä  2)  am  Rio  Miranda  (Mondegp)  in  Brasilien. 

Allmähliche  Herausbildung  der  heutigen  Nomenklatur.  —  Erst  allmählich  haben  sich 
diese  heutigen  Stammesnamen  herauskrystallisiert,  wie  denn  überhaupt  eine  der  Haupt- 
schwierigkeiten für  die  Lösung  historisch-ethnischer  Probleme  in  der  chaotischen  Verwirrung 
der  älteren  Nomenklatur  besteht.  Es  ist  bis  heute  nicht  völlig  geglückt,  in  dieses  Gewirr 
von  Namen  Ordnung  zu  bringen  und  einzelne  Gruppen  von  Stämmen  sondernd  herauszu- 
heben, umsoweniger  als  eine  Reihe  der  älteren  Stämme,  besonders  derjenigen  im  Mündungs- 
gebiete des  La  Plata,  verschollen  oder  ausgestorben  ist.  Erst  verhältnismässig  spät  ist  man 
dazu  gekommen,  sich  von  den  nur  äussere  Merkmale  berücksichtigenden  und  deshalb  meist 
nicht  die  tieferen  ethnischen  Verwandtschaften  charakterisierenden  Stammesbezeichnungen 
zu  emanzipieren  und  die  Eigenbenennungen  der  Indianer  anzuwenden. 

Wirrwarr  der  älteren  Nomenklatur.  —  Es  sind  Gründe  mannigfacher  Art,  auf  welche 
die  komplizierte  Nomenklatur  der  älteren  Zeit  zurückgeht.  Zunächst  musste  die  häufige 
Korrumpierung  der  Namen  und  die  selbständige  Verwendung  von  Hoi'dennamen  zur  Auf- 
stellung neuer  zahlreicher  „Nationen"  führen.  Sind  ja  sogar  aus  den  Namen  der  Kaziken 
mitunter  Stämme  geschmiedet  worden  3).  Sodann  hat  eine  streng  ausgebildete  Geisterfurcht 
beim  Todesfalle  des  Häuptlings  oft  den  Wechsel  aller  Namen  veranlasst.  Wie  in-eleitend 
die  Benennung  nach  äusseren  Merkmalen  oder  der  Lebensweise  sein  konnte,  zeigt  das  Beispiel 
der  Frentones*).  Ebenso  ist  —  ähnlich  wie  in  Brasilien  der  jeglicher  gemeinsamen  ethnischen 
Unterlage  entbehrende  Begriff  „Coroados"  —  die  Bezeichnung  „Lenguas"  für  alle  den  Lippen- 


')  Diese  Lule  (des  P. Machoni)  sind  wohl  zu  scheiden  von  den  Lule  am  Cerro  de  Aconquya  in  Tucumän 
(Lule  des  BäRCENA). 

■)  Diese  G-uanä  (Nu)  sind  nicht  zu  verweohsehi  mit  den  Guana  der  Maskoi'-G-ruppe. 

■*)  DoBRizHOFFER  I,  159;  d'ORBiGNY,  Voyage  dans  rAmerique  möridionale,  rhomme  americain  p.  191, 
Paris  1839. 

■*)  Siehe  oben  p.  13  und  unten  p.  30. 


-    27    - 

pflock  tragenden  und  deshalb  dem  Anscheine  nach  eine  zweite  Zunge  besitzenden  Indianer 
der  La  Plata-Provinzen  die  Ursache  jahrhundertelanger  Verwechselungen  gewesen.  Endlich 
sind  die  verschiedensten ,  vorwiegend  Fischfang  treibenden  Stämme  als  Canoeros  (Canoeiros), 
die  berittenen  hilufig  als  Caballeros  (Cavalheiros)  bezeichnet  worden. 

Die  natürliche  Folge  dieses  Überflusses  an  Stammesnamen  war  die  Anschauung,  dass 
der  Chaco  eines  der  bevölkertsten  Gebiete  der  Erde  sein  müsse.  Dieser  Auffassung  ent- 
spricht es,  wenn  Pater  Fernanden  i)  nicht  weniger  als  vierhundert  Tokios  von  verschie- 
denen Nationen  im  Chaco  nennt,  wenn  eine  andere  Relation  2)  von  54  Nationen  und  wenn 
LozANO  3) ,  der  aus  Manuskripten ,  die  er  in  Cördoba  fand ,  kritiklos  alle  Namen  für  seine 
Übersicht  der  Indianerstämme  übernahm ,  von  „innumerables  naciones  del  Gran  Chaco" 
redet,  del  Techo  und  Dobrizhoffer  ■*)  wissen  sich  die  Entstehung  dieses  Völkergemisches 
nur  dadurch  zu  erklären,  dass  sie  nach  der  Eroberung  Perus  und  Tucumans  zahlreiche 
rings  um  den  Chaco  wohnende  Stämme  aus  Furcht  vor  den  Spaniern  im  Schutze  desselben 
als  einer  natürlichen  Festung  Zuflucht  suchen  lassen;  „denn  wie  die  Spanier  den  Chaco 
für  einen  Sammelplatz  des  Elendes,  so  sehen  ihn  die  Indianer  hingegen  als  ihr  gelobtes 
Land  und  als  ihr  Elysium  an".  Es  bestand  in  alten  Zeiten  in  der  Tat  nach  Pelleschi  5) 
die  Tradition  bei  den  Eingeborenen,  dass  grosse  Einwanderungen  in  den  Chaco  stattge- 
funden hätten  und  zwar,  wie  Lozano^)  berichtet,  auch  schon  vor  der  Invasion  der  Spanier, 
da  die  Inkaherrschaft  den  Indianern  sehr  drückend  erschienen  sei. 

Wenn  auch  bereits  del  Techo  ")  nicht  mehr  als  zehn  „Nationen"  in  den  südlichen 
Gebieten  des  Chaco  aufzählt,  so  steht  er  doch  damit  ganz  vereinzelt  in  seiner  Zeit.  Erst 
das  von  Huonder  publizierte  spanische  Manuskript  sowie  Jolis  suchen  die  übertriebene 
Zahl  der  Stämme  auf  ihr  wahres  Maass  zurückzuführen  ^). 

Ansätze  zu  vertiefter  Auffassung  der  sprachlichen  Verhältnisse.  —  Die  Zusammen- 
gehörigkeit und  Verwandtschaft  einzelner  Indianersprachen  des  Chaco  haben  bereits  teilweise 
die  jesuitischen  Missionare,  die  durch  ihr  Bekehrungsgeschäft  zu  Sprachstudien  hingeführt 
wurden,  erkannt.  Nachdem  schon  Lozano^)  bemerkt  hatte,  dass  die  Toba,  Mokovi  und 
Yapitalagä  einerlei  Sprache  hätten ,  hat  Dobrizhoffer  if*)  zuerst  einen  inneren  Zusammen- 
hang der  Idiome  der  heutigen  Guaikuri'i-Gruppe  am  klarsten  ausgesprochen.  Im  übrigen 
war  aber  um  das  Jahr  1800  die  irrige  Anschauung,  wie  sie  selbst  noch  Azara  vertritt, 
durchaus  herrschend,  dass  die  Sprachen  der  einzelnen  Stämme  völlig  verschieden  seien, 
dass  es  also  ebensoviele  selbständige  Idiome  als  Stammesverbände  gäbe.  Agüirres  synop- 
tische Übersicht  einer  Reihe  von  Chaco-Sprachen ,  die  am  ehesten  hätte  klärend  wirken 
können,  verstaubte  unterdessen  in  den  südamerikanischen  Archiven.  Lorenzo  HERväs  legte 
aber  in  derselben  Zeit  mit  seinem  Catalogo"),  seiner  Zeit  weit  vorauseilend,  den  Grund- 
stein, auf  dem  dann  die  wissenschaftliche  Sprachforschung  aufbaute. 


')  Pernandez,  Relaciön  bist,  de  los  Chiquitos,  p.  419. 

2)  Erwähnt  von  Arenales,  Noticias  historicas  sobre  el  gran  pais  del  Chaco.  (ca.  1828),  p.  86. 

ä)  LozANo,  p.  51  ff. 

*)  DEL  Techo,  Historia  provinciae  Paraquariae  Lib.  VIII.  cap.  15.  -  Dobrizhoffer,  I.  158  f. 

«)  Pelleschi,  Los  Indios  Matacos  y  su  lengua,  Bol.  XVII,  1896,  p.  569. 

«)  LozANo,  p.  47  ff.  Cf.  G-ARCiLASo  DE  LA  Vega  ,  Com.  reales  Lib.  V,  cap.  36.  (Flucht  von  Peruanern  in 
den  Chaco). 

')  DEL  Techo.  Lib.  VIII,  cap.  15:  Taimviae  (mit  188  Dörfern!),  Teutae  Mataguaiae,  Agoiae.  Tobae, 
Mosobiae,  Yapitalapae ,  Churumatae,  Tonocotae,  Abipones. 

")  HuoNDER,  Globus  81,  1902  p.  387  ff.  —  Jolis,  Saggio,  Paenza  1789,  p.  392. 

»)  LozANO ,  p.  77.         '»)  Dobrizhoffer  ,  II.  p.  191 ,  242. 

")  HERväs,  Catalogo  de  las  Lenguas,  Vol.  1..  Longuas  y  naciones  americanas,   Madrid  1800. 


28 


B.    Historische  Entwickelüng  der  einzelnen  Stämme  und  Yölkergruppierung 
IM  Gran  Chaco  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts. 


I.    Die   Indianerstämme    südlich    des    Gran    Chaco. 

Die  wenigsten  der  zahlreichen,  von  den  Autoren  der  Conquista  genannten  Nationen 
des  Chaco  existierten  noch  am  Ende  des  18.  Jahrhundeits.  Wenn  auch  dieses  Verschwinden 
hier  vielfach  nur  auf  Rechnung  einer  veränderten  Nomenklatur  zu  setzen  ist,  so  hat 
hingegen  bei  den  —  den  Indianern  des  Chaco  nach  Lebensweise  und  vielleicht  auch  nach 
Abkunft  nahestehenden  —  Stämmen  südlich  des  31.  Grades  s.  Br.  bis  zu  dieser  Zeit  eine 
fortschreitende  Ausbreitung  des  weissen  Elementes  zum  völligen  oder  nahezu  völligen 
Untergange  geführt. 

Die  von  Lafone  Quevedo  i)  unter  dem  Namen  Chana-Timbü  zusammengefassten  Stämme 
der  Ghana,  Mbegua,  Timbü,  Caracara,  Coronda  u.  a.  im  Gebiete  von  Espiritu  Santo  und 
Santa  Fe  sind  zeitig  unterworfen  und  in  Encomiendas  vereinigt  worden.  Um  die  Mitte  des 
17.  Jahrhunderts  wurden  sie  bekehrt  und  in  San  Domingo  Soriano,  das  1708  an  den  Rio 
Negro  verlegt  wurde,  angesiedelt.  Bereits  Cabot  (1527)  war  bei  seiner  Stromfahrt  mit  den 
Caracara  und  Timbü  in  Beziehungen  getreten  und  hatte  in  ihrem  Gebiete  bei  der  Mündung 
des  Carcaranal  die  Festung  Espiritu  Santo  angelegt.  Hatte  sich  schon,  wie  wir  von  Guzman 
erfahren,  die  Zahl  dieser  Stämme  um  das  Jahr  1600  von  8000  auf  IßOO  Köpfe  vermindert, 
so  waren  Ende  des  18.  Jahrhunderts  nur  noch  wenige  unvermischte  Individuen  vorhanden, 
die  anscheinend  in  San  Domingo  Soriano  lebten.  Indianer  der  Gruppe  Chana-Timbü  mögen 
vor  allem  am  Aufbaue  des  jungen  hispano-amerikanischen  Bevölkerungselementes  dieser 
Gebiete  stark  beteiligt  gewesen  sein  2). 

Viel  früher  ist  der  Name  der  Querandi,  der  Carendies  Schmidels,  welche  die  Pampas 
von  Buenos  Aires  weithin  bewohnten,  von  der  Völkertafel  des  La  Plata-Landes  ver- 
schwunden. Nach  blutigen  Kämpfen  mit  den  Spaniern  sind  sie  nach  Süden  gedrängt  woi'den 
und  haben  dort  andere  Namen  angenommen.  Nach  Azara  sind  die  Pampas  und  Puelche 
die  Nachkommen  der  Querandi;  neuere  Forscher  jedoch  halten  das  Querandi-Problem  und 
die  Frage  nach  der  ethnischen  Stellung  der  Querandi  noch  jetzt  für  keineswegs  so  leicht 
gelöst  3). 

Die  den  Querandi  sprachlich  vielleicht  verwandten  Chariiia  mit  den  Jarö,  Minuanes, 
Chana  („salvajes"),  Bohanes  und  Güenoa  in  Entre  Rios  und  der  Banda  orientäl  waren 
durch  die  Annahme  und  den  Gebrauch  des  Pferdes  widerstandskräftiger  gewoi-den  und 
haben  sich  infolge  dessen  bis  ins  19.  Jahrhundert,  wenn  auch  in  geringer  Zahl,  erhalten 
können;  ausgenommen  jedoch  sind  die  Jarö  und  Bohanes,  die  bereits  im  18.  Jahrhundert 
von  den  Charrüa  ausgei-ottet  wurden.  Der  Reichspilot  (Piloto  mayor)  Juan  de  Solis,  der 
Entdecker  des  Silberstromes,  dürfte  Indianern  der  Charrüa-Gruppe  zum  Opfer  gefallen  sein 


')  Lafone  Quevedo,  Los  Chanases,  Bol.  XVIII,  p.  115  ff.;  Bol.  XX,  p.  60. 

-)  ScHMiDEL,  Ausg.  Langmantel  p.  38.  —  de  Angelis  I,  Indice  p.  XL.  —  Guzman,  Hist.  Arg.  p.  10, 
schildert  die  Umwohner  von  Espiritu  Santo  als  „gente  de  buena  masa  y  volundad,  son  afables  y  labradores 
y  tienen  sus  pueblos  fundados  sobre  la  costa  del  rio". 

')  Schmidel,  p.  28  ff.  —  Guzman,  p.  9.  —  de  Angelis  I,  Indice  p.  LXX.  —  Azara  II.  p.  35  f.  — 
Brinton,  Linguistic  Cartography,  p.  200.  —  Lap.  Quevedo,  Bol.  XX,  3  ff.  XVIII.  Los  Clianases,  p.  115  ff. 


-    29    - 

(1516).  Die  noch  lange  gefürchtote  Macht  der  Chanüa  wurde  endlich  im  Jahre  1832  durch 
die  Uruguayer  gebrochen;  seitdem  sind  sie  gänzlich  zerstreut,  in  den  nördlicher  wohnenden 
Stammen  (Tupi-Guarani)  aufgegangen  i). 

Ein  in  diese  Gegenden  am  Rio  de  la  Plata  eingepflanzter  fremder  Zweig  sind  die 
Calcliaqui  ~).  Ursprünglicli  lag  das  Wohngebiet  der  Calcliaqul ,  nach  deren  Häuptling  Tucu- 
MANiio  die  Provinz  Tucumän  iliren  Namen  erhalten  hat,  im  westlichen  Teile  der  alten 
Provinz  Tucumän  des  Virreinato  de!  Rio  de  la  Plata  bei  Catamarca  und  Salta  am  Rande 
der  Andes  und  bildete  einst  als  Provinz  Colla-Suyu  eine  der  vier  Hauptprovinzen  des 
Inkareiches.  Dort  zeugen,  zumal  im  Valle  de  Calchaqui,  noch  heute  zahlreiche  archäolo- 
gische Gegenstände,  besonders  Graburnen  und  Idole,  sowie  Ruinen  grossartig  angelegter 
Bauwerke  von  ihrer  Anwesenheit 3).  Den  Inkas  niemals  völlig  unterworfen,  setzten  die 
äusserst  kriegerischen  Calchaqui  und  die  südlicher  wohnenden  Diaguita,  den  Spaniern  von 
Anfang  an  den  hartnäckigsten  Widerstand  entgegen.  Erst  1664  gelang,  nach  mehr  als 
hundertjährigem  Kampfe,  dem  Gouverneur  Alonso  Meecado  die  Expatriation  ihres  letzten 
Stammes,  der  Quilmes,  die  teilweise  bei  Buenos  Aires  angesiedelt  wurden,  wo  die  Ort- 
schaft Quilmes  noch  jetzt  an  sie  erinnert. 

Die  Frage  ist  noch  offen,  ob  jene  Calchaqui,  die  bei  Concepcion  del  Bermejo  encomen- 
diert  waren ,  sich  später  aber  der  drückenden  Herrschaft  der  Spanier  entzogen  und  im 
Bunde  mit  den  benachbarten  Frentones  diese  Stadt  zerstörten ,  mit  dem  gleichnamigen 
Stamme  in  Tucumän  zu  identifizieren  sind.  Zwar  behauptet  Lozano*),  dass  es  zwei  Nationen 
dieses  Namens  gebe,  aber  sonst  sehen  wir  eine  Unteischeidung  von  keinem  anderen  Autor 
festgehalten.  Nach  de  Angelis  5)  sollen  vielmehr  die  zu  Christen  bekehrten  Calchaqui  aus 
Tucumän  nach  Concepcion  übergefühlt  worden  sein. 

Wie  dem  auch  sei,  die  Calchaqui  bei  Concepcion  gerieten  in  Krieg  mit  den  Abipön 
und  mussten  sich  nach  Süden  in  die  Gegend  von  Santa  Fe  zurückziehen.  Im  Jahre  1665 
versuchten  sie  diese  Stadt  zu  überrumpeln,  wurden  aber  von  einem  indianischen  Hilfsheere 
aus  den  Reduktionen  am  Uruguay  besiegt  6).  Später  wurden  sie  wieder  unterworfen  und 
hatten  stark  unter  den  Angriffen  der  Abipön  zu  leiden,  bis  sie  infolge  einer  Seuche  im 
Jahre  1718  beinahe  verschwanden.  Neun  oder  zehn  Familien  der  Calchaqui  siedelten  sich 
damals  bei  Buenos  Aires  oder  an  der  Strasse  dahin  an  7) ,  vielleicht  am  Rio  Carcaranal , 
denn  Dobrizhoffer  S)  berichtet,  dass  dort  noch  Reste  der  Calchaqui  in  der  Zahl  von 
zwanzig  Köpfen  lebten.  Sie  bildeten  anscheinend  die  Bewohnerschaft  des  Ortes  Calchaqui 
an  der  Carcaranal-Mündung,  der  sich  auf  Azara's  Karte  findet. 

So  sind  es  also,  wenn  wir  von  den  Charrüa  absehen,  nur  noch  Völkertrümmer,  die 
wir  gegen  Ende  des  Coloniaje  südlich  des  80  Grades  antreffen. 


')  AzAKA  II,  pp.  7,  28  f.  —  DE  Angelis  I,  Iiidice  p.  XVII.  —  Beinton  p.  198. 

i)  Die  Litteratur  über  die  Calchaqui  ist  sehr  umfangreicli.  Es  sei  aus  der  Masse  nur  das  folgende 
lierausgegriffen :  Iheuing  ,  Die  Calchaqui  (Ausland  1891.  Jahrg.  64  p.  941  ff.  964  ft".  —  «lobus  72. 1897.  p.  159. — 
DE  Angelis  I,  Indice  p.  XII.  —  Wah-/..  Anthropologie  der  Naturvölker  III  p.  480.  —  Brinton,  Calchaqui, 
in  American  Anthropologist,  N.S.  Vol.  I,  Jan.  1899,  u.  Bol.  del  Instit.  geogr.  Arg.  XX,  1900,  p.  503  ff.  — 
Bkinton,  Lingiiistic  Cartograpliy,  p.  201  ff.  —  Adan  Quikoga.  Calchaqui,  Tucumän  1897.  —  Bürmeister. 
Physik.  Beschr.  der  Rep.  Arg.  p.  100  ff. 

■■")  Nach  Brinton,  a.  a.  Orten,  haben  wir  dagegen  in  den  Calchaqnf  nicht  die  Erbauer,  sondern  die 
Zerstörer  dieser  Bauwerke  zu  sehen. 

*)  LozANO,  p.  92.        ')  DE  Angelis  I,  Indice  XII  f.        °)  Charlevoix.  IV,  p.  28.        ')  Lozano.  p.  93. 

')   DOBEIZHOFFER,    111,   p.   13. 


-so- 


ll.  Die   Guaikurü- Stämme. 

Der  Chaco  ist  viel  länger  als  die  benachbarten  Gebiete  ethnographisch  eine  Terra  incog- 
nita  geblieben.  Zwar  hatten  die  ersten  Durchquerungen  des  Chaco  boreäl  durch  die  Con- 
quistadoren  und  später  die  gelegentlichen  Missionsreisen  der  Jesuiten ,  die  sich  bis  tief  in 
die  Wildnis  hinein  erstreckten ,  zu  —  freilich  nur  flüchtigen  —  Berührungen  mit  den 
Indianern  des  Innern  geführt,  aber  gerade  in  der  Fülle  der  Stammesnamen  spricht  sich  die 
geringe  Kenntnis  aus,  die  man  in  Wirklichkeit  besass. 

Von  den  Aymara-Quechua-Völkern  in  Tucuman  übernahmen  die  Spanier  die  Benennung 
Suri  oder  Juri  i)  für  die  schweifenden  Chacostämme  und  bezeichneten  damit  auch  die 
ethnisch  unter  einander  sehr  verschiedenen  Elemente,  die  sie  in  raschem  Anprall  eine 
Zeitlang  bei  den  neugegründeten  Städten  an  der  Südwest-Grenze  des  Chaco  in  Encomiendas 
zu  konzentrieren  vermochten  -).  Es  unterliegt  keinem  Zweifel ,  dass  diese  Juri  hauptsächlich 
Stämme  der  Guaikurü-Familie  umschlossen  3). 

Im  1-5.  Jahrhundert,  so  erzählt  Garcilaso  de  la  Vega,  soll  ein  wildes  Nomaden volk, 
die  Chancas,  die  Ostgrenze  Perus  bedroht,  jedoch  von  dem  Inka  Viracocha  besiegt,  sich 
nach  Osten  gewandt  haben.  Ob  wir  nun  auch  in  diesen  Chancas  mit  Lafone  Quevedo  und 
BoGGiANi  Guaikurü-Stämme  erkennen  dürfen,  erscheint  jetzt  nach  den  von  Koch*)  vor- 
gebrachten überzeugenden  Gegenargumenten  mehr  als  zweifelhaft. 

Solange  Concepciön  am  Bermejo  bestand,  bezeichneten  die  Spanier  die  zahlreichen 
umwohnenden  Stämme  ohne  Rücksicht  auf  die  tieferen  Verschiedenheiten  in  Sprache  und 
Abkunft,  lediglich  nach  der  ihnen  gemeinsamen  eigentümlichen  Sitte,  das  Haar  über  der 
Stirn  so  abzuscheren,  dass  die  Stirn  vergrössert  erschien,  als  „Stirn-Indianer",  Frentones 
oder  Frontones 5).  Garcilaso  de  la  Vega  schreibt  ihnen  sogar  peruanische  Abkunft  zu, 
und  DEL  Techo  hat  sie  auf  gegen  100000  Seelen  geschätzt  ^').  Sie  sollen  in  vierzehn  Stämme 
mit  ebensovielen  verschiedenen  Sprachen  zerfallen  sein ''). 

Neben  einigen  Gliedern  der  Mataco-Mataguayo-Gruppe,  wie  z.B.  den  Matarä,  umfasste 
der  Begriff  der  Frentones  vorwiegend  Stämme  der  Guaikurü  wie  die  Abipön,  Mokovi  und 
Toba**).  Daher  gibt  uns  auch  eine  Betrachtung  der  Frentones  Aufschluss  über  diese 
Guaikurü-Stämme  für  eine  Zeit,  wo  ihre  späteren  Namen  noch  unbekannt  sind. 


1)  Juri  =  Sun'  =  Strausse,  Oviedo  y  Valdes,  Historia  de  las  Yndias,  Lib.  47,  cap.  3  sagt:  Son  tan  ligeros, 
que  los  indios  comarcanos  los  llaman  per  proprio  nombre  jun'es,  quo  quiere  decir  avestruges,  e  son  tan 
os-ados  e  denodados  en  el  pelear,  que  uno  de  ellos  acomete  a  diez  de  caballo. 

=)  Lafone  Quevedo,  Bol.  XX  p.  30;  Arte  de  la  lengua  Toba  del  P.  Buroena,  Revista  del  Museo  de  La 
Plata  V,  p.  133,  1893  —  94.  —  Ein  Nachklingen  des  Namens  Juri-Suri  und  eine  an  seine  Bedeutung  (Strausse) 
anknüpfende  Vorstellung  von  fabelhaften  Wesen  finde  ich  in  den  Suripchaguin  am  Pilconiayo  (=  Straussen- 
füsse),  die  Lozano  (p.  73)  erwähnt. 

')  Lafone  Quevedo,  Bol.  XX  p.  SO;  Principios  de  gramäticaMocovi,  Revista  del  Museo  de  La  Plata  I,  p.  115. 

■•)  Koch,  Mitt.  der  Anthrop.  Gesellschaft  in  Wien,  XXXIII,  p.  8  ff.,  1903. 

*)  „Frentones"  ist  die  Übersetzung  des  Guarani- Wortes  töbä,  d.i.  „Stirn".  Mit  Toha  bezeichneten  die 
Guarani  die  Chaco-Indianer.  Lafone  Quevedo,  Revista  del  Museo  de  La  Plata,  V,  1893.  —  Koch,  Mitteil. 
der  anthr.  Gesellsch.  XXXIII,  p.  23.  S.  u.  p.  37. 

'^)  Gaecilaso  de  LA  Vega  ,  Comentarios  reales,  Lib.  V,  cap.  26.  —  del  Techo,  Lib.  III  cap.  28  (ano  1628), 
Lib.  I,  cap.  41. 

')  Guzman,  p.  11  und  Indice  p.  XXXII.  —  Lozano,  p.  63.  —  Dobeizhofper,  II,  15. 

')  Lafone  Quevedo,  Arte  y  vocabulario  de  la  lengua  Toba,  Revista  del  Museo  de  La  Plata  V,  p.  140.  — 
DE  Angelis  I,  Indice  zu  Guzman  p.  XXXII,  sagt  von  den  Pi'entones:  Se  ignora  su  historia  ä  pesar  de 
haber  estado  en  contacto  con  los  misioneros.  Los  conquistadores  espafioJes  no  tuvieron  ninguna  relacion 
con  ellos.  Lo  ünico,  que  sabian,  era  que  entre  las  provincias  del  Tucumän  y  el  Paraguay  habia  muchos 
naciones  barbaras,  que  ocupaban  un  vasto  territorio. 


-    31    - 

Es  ist  den  Spaniern  in  Concepciön  del  Bermejo  bald  gelungen,  einzelne  friedliche 
Stämme  der  Frentones,  wie  die  Matani ,  zu  impatronieren  i).  Zu  ihrer  Bekehrung  kamen 
1690  die  Patres  Fönte  und  Angulo  von  Tucuman  quer  durch  den  Chaco  herüber  nach 
Concepciön  2).  Die  Patres  Bi'iRCENA  und  Aüasco,  die  bei  den  Matarä  mit  grossem  Erfolge 
missioniert  hatten ,  versuchten ,  nachdem  sie  zuvor  die  verschiedenen  Idiome  der  Frentones 
mit  vieler  Mühe  gelernt  und  Wörtertabellen  sowie  Grammatiken  derselben  zusammen- 
gestellt hatten,  bereits  in  den  Jahren  1591  und  1592  auch  die  Guaikurü-Frentones  zu 
bekehren,  mussten  aber  unverrichteter  Sache  zu  den  Matarä  umkehren •5).  Im  Jahre  1608 
berührte  P.  Diego  Torres  diese  Frentones  aufs  neue,  und  „da  ihn  ihres  Heidentumes 
jammerte",  so  reiste  ei-  nach  Europa  zurück  und  machte  auf  den  Universitäten  von 
Spanien  und  Italien  für  die  Heidenbekehrung  im  Gran  Chaco  Propaganda  4). 

Seit  der  Zerstörung  von  Concepciön^)  durch  die  Frentones  (1631)  ist  der  Name  der- 
selben verschwunden ,  und  die  einzelnen  Stämme  dieses  Sammelbegriffes  treten  seitdem 
allmählich  hervor. 

a)    Die  Abipön. 

Durch  DoBRizHOFFERS  eingehende  Beschreibung  —  neben  Granz'  Geschichte  von  Grön- 
land eine  der  ersten  ethnographischen  Monographien  überhaupt  —  haben  die  Abipön  in 
der  älteren  völkerkundlichen  Litteratur  eine  gewisse  Berühmtheit  erlangt  und  in  zahl- 
reichen „Kulturgeschichten"  zitiert  gleichsam  zur  Illustrierung  der  verschiedenartigsten 
Erscheinungen  dienen  müssen.  Wenngleich  sich  das  Werk  „Geschichte  der  Abiponer" 
nennt,  so  ist  es  jedoch  neben  den  wahrhaft  trefflichen  Schilderungen  der  Sitten  und 
Gebräuche  vergleichsweise  sehr  wenig,  was  sich  darin  über  die  ältere  historische  Ver- 
gangenheit und  die  Wanderungen  der  Abipön  findet. 

ScHMiDEL^)  erzählt  von  einem  grossen  Indianervolke,  das  er  acht  Tagereisen  unterhalb 
der  Paraguay-Mündung  am  Rio  Paraucä  fand,  den  Mapenuss.  „Diese  sindt  starckh  in  die 
100000  man,  wonen  allennthalbenn  im  landt,  so  pey  40  meil  weit  und  preit  [ist]  unnd 
mögen  auf  dem  was^er  unnd  landt  in  2  tagen  all  zusamen  khumen ;  haben  mehr  canaen 
oder  Zilien ,  dann  kein  nazion ,  die  wir  pis  zu  inen  gesehen ;  es  mögen  in  einer  caneo  oder 
Zillen  faren  piss  in  die  20  person.  Diss  folckh  [emp]fing  unnss  auff  dem  wasser  kriegsweis 
mit  500  canaen  oder  zillen,  haben  aber  nit  vil  ann  uns  gewunen,  wir  habenn  ir  fil  mit 
pixen  erlegt,  dann  sie  heten  nie  khein  pixen  noch  einigen  Criesten  gesehen.  Als  whir 
aber  zu  ihren  heuseren  khamen,  mochten  wir  inen  nichts  abgewinen,  dann  es  whas  ein 
meil  Wegs  von  dem  wasser  Paranaw,  da  wir  unnser  schieff  hetten  unnd  umb  diesen  ihren 
fleckhen  ist  umb  und  umb  sehr  diefs  wasser  dess  sess,  also  das  wir  mit  inen  nichts  künden 
ausrichten,  noch  etwas  abgewinen;  dann  250  cananen  oder  zillen  fannden  whir,  die  haben 
wir  verprennt  unnd  zerstört.  Wii-  durften  auch  nicht  weit  vonn  unnseren  schieffen,  die- 
weil  wir  pesorgten ,  das  sie  mochten   die  schieff  auf  einer  annderen  seiden  angrieffen ;  so 


')  S.  u.  p.  53. 

2)  DE  Angelis  IV,  Proemio  zu  Garcia  de  Solalinde. 

3)  DEL  Techo,  Lib.  I,  cap.  40-44. 
*)    -         -       Lib.  III,  cap.  28. 

")  S.  0.  p.  13. 

")  ScHMiDEL,  Ausg.  Langmantel  p.  4L 


-    32    - 

kerten  wir  wieder  umb  zu  unnseren  schieffen;  dann  ir  krieg  ist  sonnst  nie  dann  auf  dem 
Wasser". 

Wahrscheinlicli  sind  diese  „Mapenuss"  oder,  wie  sie  sonst  iieissen,  die  Mapenis  oder 
Mepenes  mit  den  Abipön  identisch,  deren  Name  in  dieser  Form  erst  im  17.  Jahrhundert  — 
anscheinend  zuerst  bei  del  Techo  i)  —  vorkommt.  Nach  Dobrizhoffee  und  Azara  hiessen 
die  Abiponer  einst  Meponer  (Mepones) ,  und  die  Kommentatoren  Schmidels  sowie  Burmeister 
haben  diesen  Stamm  des  16.  Jahrhunderts  den  späteren  Abipön  gleichgestellt  2).  Koch  3) 
sieht  in  der  Form  Mepenes  einfach  eine  Korrumpierung  von  Abipones.  Gegen  die  Identität 
beider  Namen  würde  die  Bemerkung  Schmidels  sprechen,  dass  die  „Mapenuss"  stets  auf 
dem  Wasser  ihre  Kriege  führten,  dass  sie  also  —  was  denn  auch  der  Besitz  der  zahl- 
reichen Kanus  andeutet  -  ihre  gesamte  Existenz  nach  Art  der  stammverwandten  Payaguä 
mit  dem  Wasser  verknüpft  hatten ,  während  uns  die  Abipön  später  immer  als  schweifendes 
Jägervolk  entgegentreten.  Aber  Dobrizhoffer  berichtet  uns  von  einer  bereits  im  17.  Jahr- 
hundert von  den  Spaniern  nahezu  aufgeriebenen  Horde  der  Abipön,  die  sich  von  den  beiden 
übrigen  Horden  dialektisch  stai'k  geschieden  und  Yaaukaniga ,  d.  i.  Leute  des  Wassers , 
genannt  habe  4).  Diese  Yaaukaniga  könnten  also  mit  den  Mapenuss-Mepenes ,  dem  Fischer- 
und Flusspiratenvolke  der  alten  Historiographen ,  identisch  sein. 

Auch  in  den  „Gulgaissen"  Schmidels  und  den  Quilvasas  des  P.  del  Techo  dürften 
wir  die  späteren  Abipön  vor  uns  haben,  denn  diese  erscheinen  in  der  älteren  Zeit  vielfach 
unter  dem  Namen  Callagäes,  Callages,  einer  Verstümmelung  von  Callagaic,  d.  i.  die 
Benennung  der  Abipön  bei  den  Mokovi,  Toba  und  PilagäS). 

Die  Abipön  zeigen  wie  auch  die  Mokovi  und  Toba  seit  dem  17.  Jahrhundert  eine  bis 
zur  Mitte  des  folgenden  Jahrhunderts  anhaltende  Wanderungstendenz  von  Norden  nach 
Süden,  die  wir  in  Zusammenhang  bringen  müssen  mit  der  Einführung  des  Pferdes,  der  ja 
überall,  wie  wir  schon  oben  ausführten,  ein  starkes  Expansionsstreben  parallel  läuft.  Erst 
bei  der  Einengung  ihres  Wohngebietes  seit  ca.  1750  sind  die  Guaikurü-Stämme  aus  dem 
Zustande  einer  in  Permanenz  erklärten  Unstetigkeit  gezwungenerweise  zu  einer  grösseren 
Sesshaftigkeit  übergegangen. 

Im  17.  Jahrhundert  lagen  die  Wohnsitze  der  Abipön  an  den  Ufern  des  Bermejo  in  der 
Gegend  von  Concepciön.  Bereits  1641  verhandelten  dort  die  Patres  Pastor  und  Cerqueira 
-  nach  der  Durchquerung  des  Ghaco  von  Santiago  aus  -  mit  dem  nomadisierenden  Jäger- 
stamme über  die  Anlegung  einer  Missionsstation,  ohne  dass  aber  später  der  Superior  der 
Missionen  dem  Wunsche  der  beiden  stattgegeben  hätte.  Von  del  Techo,  Lozano  und 
Charlevolx  besitzen  wir  eine  Beschreibung  dieser  interessanten  Entdeckungs-  und  Missions- 
reise 6).  Im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  wanderten  die  Abipön,  angeblich  um  den  Kriegs- 
zügen der  Spanier  von  Salta  und  Tucumän  auszuweichen,  vom  Bermejo  nach  Süden  in 
den    Chaco  austrdl,   wo  sie  die  Matard,  mit  denen  sie  schon  1641  im  Kriege  lagen  7),  ver- 


')  DEL  Techo,  Lib.  I,  cap.  43;  VIII,  cap.  15  (aiio  1628). 

-)  AzAEA,  II,  164.   -  Burmeister,  Physik.  Besehr.  der  Arg.  Rep.  p.  35. 

•')  Koch.  Mitteil,  der  Anthrop.  Ges.  in  Wien  XXXIII,  p.  33,  1903. 

*)  S.  u.  Anm.  4  pg.  33.  —  Cf.  die  Darlegungen  von  Benigno  Marti'nez  vor  dem  wissenschaithchen 
lateinisch-amerikanischen  Kongresse,  Bol.  XIX,  p.  355,  1898. 

■')  Koch,  Mitt.  der  Anthrop.  Gesellsch.  XXXIII,  p.  32  f.,  1903.  -  Schmidel,  p.  38  f.  -  Dobriz- 
hoffer II,  p.  15. 

8)  DEL  Techo,  Lib.  XIII,  cap.  4—5.  —  Lozano,  p.  185  ff.  —  Charlevoix  II,  410  ü. 

?)  Lozano,  p.  185  ff. 


-    33    - 

niehteten  und  den  bei  Santa  Fe  impatronierten  Calchaqui  hart  zusetzten  und  ilii-  Gebiet 
in  Besitz  nahmen  i).  Nach  Lozano^)  lagen  zu  seiner  Zeit  (1733)  die  Hauptsitze  der  Abipön 
am  rechten  Ufer  des  unteren  Bermejo  bis  zu  seiner  Mündung.  Bis  gegen  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  hatten  sie  —  damals  etwa  1000  Krieger  stark  —  den  ganzen  Chaco 
austräl  zwischen  Parana  und  unterem  Bermejo  bis  nach  Santa  Fe  und  bis  zu  den  Bezirken 
von  Cördoba  und  Santiago  del  Esteio  hin  als  Nachbarn  der  Mokovi  inne.  Von  hier  aus 
suchten  sie  bald  die  Reduktionen  bei  den  Guarani,  bald  die  spanischen  Ansiedelungen  und 
Haciendas  im  Süden  und  Westen  mit  Raub  und  Mord  heim  und  verwandelten  die  bis 
dahin  blühenden  Grenzprovinzen  in  eine  traurige  Einöde.  Selbst  die  von  Santa  Fe  nach 
Cördoba  und  längs  des  Dulce-Saladillo  durch  Tucumän  nach  Peru  führende  Hauptverkehrs- 
strasse  verödete,  da  die  festen  Plätze  La  Ensenada  und  La  Estacada  sie  nicht  genügend 
zu  schützen  vermochten  ^).  Dobrizhoffer  hat  uns  die  einzelnen  Episoden  des  grausamen 
und  an  dramatischen  Wendungen  reichen  Grenzkrieges  mit  ermüdender  Weitschweifigkeit 
geschildert. 

Zur  Zeit  des  Jesuiten-Regimentes  zerfielen  die  Abipön  in  drei  Haupthorden :  die  Riikahe 
(Leute  des  Feldes),  die  Nakaigetergehe  (Leute  des  Waldes)  und  die  1750  schon  erloschenen 
Yaaukaniga  *). 

Ein  gleichzeitiger  Krieg  mit  den  ihnen  an  Zahl  überlegenen  Mokovi  soll  nach  Azara 
die  Abipön  gezwungen  haben ,  den  Schutz  der  Spanier  anzurufen ,  während  dagegen 
DoBEizHOFFEH  berichtet,  dass  die  Spanier  sich  den  Frieden  erbettelt  hätten.  Nachdem 
endlich  im  Jahre  1747  der  Friede  mit  den  Abipön  zu  Stande  gekommen  war  5),  wurde 
innerhalb  weniger  Jahre  fast  das  ganze  Volk  in  den  vier  Reduktionen  Jerönimo,  Concepciön, 
San  Fernando  und  San  Rosario  y  San  Carlos  (mit  der  Estancia  Timbö)  unter  Aufsicht  der 
Jesuiten  vereinigt  6). 

Die  Lage  dieser  heute  verschwundenen  Missionsstationen,  in  denen  sich  im  Jahre  1767 
über  2000  Abipön-Indianer  aufhielten  '),  vermögen  wir  nach  den  Karten  und  Beschreibungen 
von  Dobrizhoffer,  Jolis,  Azära  und  HERvds  festzustellen.  San  Jerönimo  befand  sich  nahe 
der  Mündung  des  Arroyo  del  Rey,  etwa  unter  29°  8'  s.  Br. ;  San  Fernando  lag  ebenfalls 
auf  dem  rechten  Paranä-Ufer,  etwa  unter  27°  28'  s.  Br. ,  gegenüber  von  Corrientes.  Rosario 
war  in  dem  Winkel  gelegen,  den  Paraguay  und  Bermejo  mit  einander  bilden,  unter 
26°  24'  s.  Br. ,  einige  Leguas  westlich  von  Timbö  am  Rio  Paraguay.  Concepciön  endlich  ist 
nicht  weniger  als  vierzehnmal  verlegt  worden:  zuerst  lag  es  am  Unterlaufe  des  Rio 
Salado  —  nach  Jolis'  Karte  unter  29°  45'  s.  Br. ,  —  dann  nach  einander  an  verschiedenen 
Stellen  im  Chaco  austräl,  südwestlich  von  San  Jerönimo,  endlich  am  Rio  Dulce  unter 
29°  26'  s.  Br.  bei  der  Laguna  de  los  Porongos. 

Alle  diese  Kolonien  mit  Ausnahme  von  San  Jerönimo  fristeten  nur  ein  kurzes  Dasein, 
da  die   Indianer  nach  der  Deportation  der  Religiösen  teilweise  wieder  in  die  Wälder  fiohen 


')  S.o.  p.  29.  -  Dobrizhoffer  II,  3,  15,  III,  7,  13  f.,  28  ff. 

t)  LozANo,  89. 

ä)  Dobrizhoffer  II,  13,  III,  a.  v.  0.,  bes.  13  ff.    -    Charlevoix  VI,  1-30.  -  Quiroga,  Desciipciön  del 
Rio  Paragua}',  bei  de  Angelis  ll,  7. 

")  Dobrizhoffer  II,  122  ff.,  237  f.  -  HERväs,  177.  -  Jolis,  454. 

')  Azara  II,  165.  —  Dobrizhoffer  III,  50. 

6)  Dobrizhoffer  III,  506.  —  Charlevoix  VI,  117  ff.  —  Quiroga,  7. 
_       ')  Jolis,  528.  —  Hervüs,  176  f.,  192.  —  In  S.  .Jerönimo  (gegr.  1748)  waren  823,  in  Concepciön  (1749)  400, 
in  S.  Fernando  (1750)  440   und   in   Rosario-Timbö  (1763   von   Dobrizhoffer  gegr.)  350  Indianer  vereinigt. 
Nur  eine  kleine  Zahl  davon  war  getauft.   Übrigens  fluktuierte  die  Bevölkerung  fortwährend  ab  und  zu. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  5 


-    34    - 

und  in  Barbarei  zurückverfielen.  San  Fernando  wurde  sclion  1769  von  den  miteinander 
verbündeten  Toba  und  Mol^ovi,  Timbö  von  den  Moliovi  zerstört  i).  Der  Krieg  gegen  diese 
„Indios  bravos"  dauerte  in  unverminderter  Heftiglceit  fort,  wie  selir  sich  auch  der  Gouver- 
neur von  Tucumän,  Matoeras,  sowie  Oberst  Ariaö  bemühten,  am  Bermejo  den  Frieden 
herzustellen  2).  War  schon  im  Jahre  1760,  noch  unter  den  Jesuiten,  eine  Anzahl  Abipön 
teils  an  den  Bermejo,  teils  über  diesen  nach  Norden  hinaus  in  die  alten  Stammessitze 
zurückgewandert,  die  inzwischen  von  den  Toba  und  Mokovi  besetzt  worden  waren  S),  so 
verliess  im  Jahre  1770  ein  Teil  der  im  Chaco  austräl  verbliebenen  und  in  San  Jerönimo 
noch  ansässigen  Abipön,  um  den  Angriffen  der  Mokovi  und  Toba  zu  entgehen,  das  rechte 
Paranä-Ufer  und  siedelte  sich  jenseits  desselben  in  dem  Bezirke  von  Corrientes  bei  Las 
Garzas  und  Goya  an  4),  wo  sie  Azara,  trotz  der  Mission,  ohne  eine  Spur  von  Christentum 
und  ohne  Zivilisation  und  an  ihren  alten  Gebräuchen  festhaltend,  vorfand. 

Mit  der  Vereinigung  in  Reduktionen  hatten  die  Abipön  als  selbständiger  Stamm  zu 
existieren  aufgehört.  Ihre  Zahl  ist  dauernd  zurückgegangen.  Hatte  um  die  Wende  des 
16.  Jahrhunderts  der  Pater  Juan  Fönte  bei  ihnen  Dörfer,  d.h.  vorübergehende  Niederlas- 
sungen einzelner  Horden ,  von  angeblich  8000  Einwohnern  gefunden  S) ,  so  zählte  nach 
DoBRizHOFFER  gegen  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  der  ganze  Stamm  nur  noch  5000  Köpfe, 
eine  Zahl,  die  infolge  der  zahlreichen  Kriege,  des  Brauches  der  Kindestötung  und  Abor- 
tation,  sowie  infolge  von  Epidemien,  die  wiederholt  —  so  besonders  in  den  Jahren  1590 
und  1591,  1616,  1718  —  unter  ihnen  wüteten,  und  hauptsächlich  infolge  der  ihnen  auf- 
gezwungenen Sesshaftigkeit  rasch  abnahm.  Haben  ja  gerade  die  ehemaligen  Reitervölker 
gegen  Krankheiten  in  den  Reduktionen  wenig  AViderstandskraft  gezeigt  ^').  Reste  der  Abipön 
haben  sich  nach  Koch  ')  möglicherweise  bis  zur  Gegenwart  erhalten. 

b)  Die  Mokovi. 

Die  Mokovi  und  Toba  sind  wegen  ihrer  nahen,  schon  von  Lozano  erkannten  Sprach- 
verwandtschaft häufig  zu  Unrecht  als  ein  und  derselbe  Stamm  angesehen  worden,  so 
zuerst  von  d'Orbigny  und  dann  von  Waitz^).  Aber  eine  wesentliche  Übereinstimmung  des 
äusseren  und  inneren  Charakters, der  Lebensweise  als  schweifende  Jäger  und  Fischer,  ferner 
der  Waffen  und  Geräte,  auf  die  sich  bei  seiner  Identifikation  d'Orbigny  beruft,  besteht 
nicht  nur  zwischen  Toba  und  Mokovi,  sondern  ganz  allgemein  zwischen  allen  Gliedern  der 
Guaikurü-Gruppe  und  im  weiteren  Sinne  den  Chaco-Indianern  überhaupt.  Anlass  zu  der 
Identifikation  beider  Stämme  konnte  neben  der  sprachlichen  Verwandtschaft  die  Tatsache 
geben,  dass  die  Toba  und  Mokovi  in  den  letzten  Jahrzehnten  der  Jesuitenherrschaft  stets 
verbündet  erscheinen,   dass  sie  ihre   Kriege   gegen   die  Abipön  und  die  Mataco-Mataguayo- 


')  DE  Angelis  vi,  Discurso  preliminar  al  Diario  de  Matorbas  p.  XI.  —  Aguirre,  504.  —  Rosario  ging 
jedenfalls  bereits  1767  ein. 

■)  Azara  II,  165.  —  Diario  de  Matobras  22,  24  bei  de  Angelis  VI.  —  Abias,  25,  30. 

')   DOBRIZHOPFER    II,    15.   QUIB.OGA,   7. 

••)  AzABA  II,  165.  —  Koch,  Globus,  Bd.  81  p.  110,  1902.  —  Jon.  Severin  Vater,  Litteratur  der  Gram- 
matiken, Lexica  etc.  Berlin  1815,  p.  4. 

*)  LozANO,  89. 

*)  DoBBizHOFFER  II,  III,  a.  V.  0.  -  .JoLis  454.  -  HERvds,  178. 

')  Koch,  Globus,  81  p.  111;  Mitt.  der  anth.  Gesellsch.  in  Wien  XXXIII,  p.  32,  1903. 

»)  d'Orbigny,  Voyage  dans  l'Amerique  meridionale;  riiommo  aniericain  de  l'Am.  merid.,  Paris  1889, 
p.  229.  —  Waitz,  Anthropologie  der  Natur- Volker,  III,  474.  -  Lozano,  77. 


-    35    - 

Stämme   immer  gemeinsam   ausfbchten  und  endlich,  dass  sicii  grosse  Teile  der  Mokovi  bei 
der  Zersetzung  des  Stammes  an  die  Toba  anschlössen  i). 

Möglicherweise  haben  wir  in  den  „Kueremagbeis"  Schmidels^),  die  acht  Tagereisen 
oberhalb  der  Wohnsitze  der  „Mapenuss"  an  einem  „fliesenten  Wasser  mit  namen  Paraboe" 
(Rio  Paraguay)  südlich  der  Einmündung  des  Jepedy  (Ypitd,  d.i.  roter  Fluss,  Rio  Bermejo) 
hausten,  die  Mokovi  vor  uns.  Burmeister 3)  nennt  die  Kueremagbeis  auch  Curumoba  und 
identifiziert  diese  mit  den  Mokovi.  Schmidel  berichtet  von  diesem  Stamme:  „Haben 
annderst  nichts  zu  essen,  dann  fischs  unnd  fleischs  unnd  vonn  dem  Johannesprot  oder 
poxhernen,  daraus  sie  auch  wein  machen;  dis  folckh  erpot  sich  gar  woll  gegen  unns  unnd 
gaben  unns  all  unnser  nohtturft.  Sinndt  lanng  unnd  gross  leut,  zugleich  man  und  frauen. 
Diese  mannspilt  habenn  ein  löchlein  auflf  der  nasen,  darein  sie  zu  zir  ein  papageyfederen 
steckhen;  diese  weibspilt  haben  lanng  plab  gemalte  strich  unnder  dem  anngesicht,  die 
pleiben  inen  ir  leben  lanng;  ir  schäm  ist  von  paumwilens  dichlein  vom  nabel  pis  zu  denn 
knien  bedeckht.  Es  ist  vonn  den  ernanten  Mapenniss  zu  diesen  Kurgmaibeis  40  meil  wegs; 
plieben  pei  ynen  3  tag." 

Als  Teilstamm  der  Frentones  haben  die  Mokovi  an  der  Zerstörung  von  Concepciön  am 
Bermejo  initgewirkt.  Unter  den  Mogosnae  und  den  Mosobiae  del  Techos  sind  wohl  die 
Mokovi  zu  verstehen  4).  Seit  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  drängten  sie  vom  Bermejo  nach 
Süden  und  unternahmen  ausgedehnte  Raubzüge  bis  nach  Tucumän,  durch  die  Salta, 
Jujuy,  San  Miguel  del  Tucumän,  Esteco,  Santiago  del  Estero  und  selbst  Cördoba  mit  dem 
Untergange  bedroht  wurden  s).  Diese  plötzliche  Steigerung  der  Aktivität  können  wir  auch 
hier  nur  auf  die  Wirkungen  zurückführen,  welche  die  Einführung  von  Pferden  überall  mit 
sich  brachte.  Für  die  Stämme  am  oberen  Salado  (Rio  Juramento)  waren  die  Angriffe  der 
Mokovi  insofern  von  Bedeutung,  als  sie  die  von  diesem  Guaikurü-Stamme  bedrängten  Lule 
u.  a.  zum  Anschluss  an  die  Spanier  veranlassten  6).  Im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts 
hatten  die  Mokovi  die  Malbalä  aus  ihren  Sitzen  in  der  Gegend  von  Valbuena  nach  dem 
Bermejo  hin  verjagt  7).  Ei'st  die  Expeditionen  Urizars  setzten  dem  weiteren  Vordringen 
der  Mokovi  auf  dieser  Seite  des  Chaco  ein  Ziel  8).  Dafür  fiel  nun  die  ganze  Last  des 
Krieges  auf  Corrientes  und  Santa  Fe  9).  Ihre  Räubereien  in  den  Estancias  der  Grenz- 
ansiedler  und  ihre  Angriffe  auf  die  „Indios  mansos"  in  den  Reduktionen  haben  indessen 
die  Mokovi  noch  lange  fortgesetzt,  ohne  dass  ihnen  die  Spanier  beikommen  konnten.  In 
dem  Kampfe  mit  den  Abipön  waren  die  Mokovi  entschieden  im  Vorteile  W). 

Gleichwohl  befanden  sich  die  Mokovi  seit  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  in  einem  Zustande 
des  Rückganges,   wenn   sie  auch   noch   d'Orbigny  ")   zu  seiner  Zeit  als  mächtigen  Stamm 

Bol.Xvtn.^fsOT/p.^iTl  ^''"■'°  ''*'  Matoeeas,  pp.  22,  24.  -  Juan  Pelleschi,  Los  Matacos  y  su  lengua, 
=)  Schmidel, 'p.  42,  Ausg.  Lakgmantel. 

')   BURMEISTEE,   p.  35. 

XVir  Tsge'^'n"  «59  "^"  //.IfR"  ^°  ^°Jf^^  Cf  Pelleschi,  Los  indios  Matacos  y  su  lengua,  BoL 
sVr  ~  Lafone  Quevedo,  Bol.  XX,  p.  39.  .^  &      > 

n   qs  ff    95f^ff  ^'  ^f  ^'  ~  J^OBEizHOFPER,  III  a.  V.  0.  —  HuoNDEE,  Manuskript,  p.  390.  —  Charlevoix  IV 
p.  dö  ff.,  231  ff.  —  Lafone  Quevedo,  Revista  I,  1890—91,  p   115  v  >  i-  ^    ■       vhahlevoix  i v  , 

")  b.  u.  p.  ;j9. 

■)  Chablevoix  IV,  p.  240. 

2  r. ^^'  P-  2'^0.  -  Baucke,  p.  863  ff. 

9)  DOBRIZHOFFER   III,   n.   8. 

'»)  S.  0.  p.  33. 

")  d'Oebigny,  a.a.O.  p.  230. 


-    36    - 

gelten  lässt.  Noch  1764  zwang  ihr  Kazike  Lachikirin  das  Detachement  Aerascaetas  zur 
Preisgabe  aller  militäi-ischen  Ehren  i).  In  dieser  Zeit  erscheinen  sie  stets  als  Verbündete 
der  Toba^),  und  ihr  Wohngebiet  reichte  vom  Be,rmeio,  dessen  beide  Ufer  sie  unterhalb 
der  Toba  bewohnten ,  nach  Südwesten  weit  in  den  Chaco  austral  hinab ,  wenn  auch  nicht 
mehr  bis  zum  Rio  Salado.  Nach  Jolis'  und  Azaras  Karte  lagen  ihre  Hauptsitze  unter 
26°  s.  Br.  am  Bermfjo. 

Über  die  Zahl  der  Mokovi  liegen  sehr  verschiedene  Angaben  -vor:  das  Manuskript 
HuoNDERS  (ca.  1765)  schätzt  sie  auf  2000  bis  3000  Seelen,  während  der  Reisebericht  der 
Expedition  Matorras  (1774)  die  Zahl  der  Mokovi  und  Toba  zusammen  auf  mehr  als  7000 
Köpfe  veranschlagt;  nach  P.  Gonzalez,  auf  den  sich  Aguirre  (1793)  stützt,  zählten  die 
Mokovi  500  waffenfähige  Männer.  Im  Gei!;ensatze  dazu  gibt  Azara  an,  dass  sie  2000 
Krieger  in  vier  Haupthorden  besässen  3).  Im  übrigen  schildert  er  sie  als  stolze,  kriegerische 
Nation  und  hält  sie  für  bei  weitem  grausamer  als  die  Abipön. 

Als  im  Jahre  1780  Oberst  Don  Francisco  Gavino  Arias  am  Bermejo  Erhebungen  über 
eine  eventuelle  Ansiedelung  der  Eingeborenen  anstellte,  baten  gegen  300  schon  bekehrte 
Mokovi  um  eine  Reduktion.  Damals  wurde  ihnen  unter  der  Leitung  der  Franziskaner  bei 
Cangaye  die  Mission  Santiago  de  Mocobies  angelegt  4).  Sechs  Jahre  voi'her  hatte  sich  schon 
der  Kazike  Paikin  in  Cangaye  dem  Gouverneur  Matorras  unterworfen  5).  Einige  kleinere 
Horden  der  Mokovi,  die  sich  bereits  vor  der  Mitte  des  Jahrhunderts  in  dem  Bezirke  von 
Santa  Fe  festgesetzt  hatten  und  mit  den  Spaniern  in  freundschaftlichen  Verkehr  getreten 
waren,  hatte  man  mit  Aufwand  von  viel  Geld  und  Mühe  ebenfalls  endlich  pazifizieren  und 
in  blüheuden  Reduktionen  ansiedeln  können  %  Aber  nachdem  bereits  früher  alle  derartigen 
Experimente  misslungen  waren  —  so  z.  B.  Ende  des  17.  Jahrhunderts  die  Christianisierung 
in  einer  alten  Mission  San  Javier  bei  Esteco  am  Salado  7)  —  so  sind  auch  diese  Jesuiten- 
Reduktionen  bei  Santa  Fe  infolge  der  Ausweisung  des  Ordens  nicht  von  dauerndem  Bestände 
gewesen.  Zu  Azaras  Zeit  existierten  zwar  noch  die  drei  Kolonien  von  San  Javier,  die 
Francisco  Burges  1743  gegründet  hatte  und  die  später  der  deutsche  Missionar  Florian 
Baucke  verwaltete  8),  ferner  diejenigen  von  San  Pedro  y  Pablo  und  von  Ynispin,  aber  in 
allen  dreien  befanden  sich  die  Mokovi  noch  fast  im  Zustande  der  Wildheit,  da  ihre  geistlichen 
Lehrer  —  wohl  Franziskaner  —  mit  ihren  milden  Erziehungsmitteln  und  mit  ihrem  auf  der 
Beichtgewalt  beruhenden  Regierungssystem  durchzugreifen  auch  nicht  annähernd  im  Stande 
waren.  Auch  Santiago  am  Bermejo  scheint  bald  wieder  eingegangen  zu  sein  9). 

Die  letzten  Reste  der  Mokovi  aus  den  alten  Missionen  von  Santa  Fe  durchziehen  heute 
zum  Teil  als  zerlumpte  und  demoralisierte  Hosenindianer  vagabundierend  das  Gebiet  dieser 


')  S.  0.  p.  15.  —  DE  Angelis  vi,  Disc.  prelim.  zum  Diario  des  Matorras,  p.  V. 

2)  Matorras,  17,  20.  —  Moeillo,  18.  —  Arias,  24,  30. 

3)  HuoNDER,  a.a.O.  p.  390.  —  Matorras,  22.  —  Bei.  XIX,  1898,  468.  —  Azara  II,  p.  163. 
■•)  Arias,  Diavio,  bei  de  Angelis  VI,  33. 

^)  Matorras,  Diario  bei  de  Angelis  VI.  Paikin  wird  „prinier  caporal  dal  Chaco"  genannt. 

»)  DoBRizHOPFER  II,    135  ff.  —  Charlevoix  VI,  120  ff.  —  Baucke,  a.  v.  0. 

7)  _  _  III ,  141  ff.  —         -  -         IV ,  38  ff. 

s)  Koblee,  Florian  Baucke,  ein  Jesuit  in  Paraguay,  Regensburg  1870. 

5)  Azara  II,  164,  329  ff,,  337  f.  —  Nach  Jolis'  Karte  und  nach  Hervüs  (p.  179,  192)  lag  San 
Javier  unter  30°  30'  s.  Br.  einige  Leguas  westlich  vom  Paranä  und  San  Pedro  y  Pablo  (gegr.  1765)  unter 
30'  südlicher  Breite  in  12  Legaas  Entfernung  N.W.  von  San  Javier.  Ynispin  gibt  Azaras  Karte  unter 
30"  s.  Br.  nahe  bei  S.  Pedro  y  Pablo  an.  Im  Jahre  1767  sollen  sich  nach  HERväs  (p.  192)  in  San  .lavier 
gegen  1000  Mokovi  aufgehalten  haben ,.  während  die  Zahl  der  Bewohner  von  San  Pedro  y  Pablo  zwischen 
150  und  300  schwankte. 


-  l-it   — 

Stadt,  während  sich  andere,  vereinigt  mit  den  Überbleibseln  der  freien  Mokovi,  im  Norden 
an  die  Toba  angeschlossen  haben  i). 

c)   Die  Toba,  PilagiI  und  Aguilot. 

Die  Toba.  —  Während  in  der  Gegenwart  alle  übrigen  Guaikurü-Stämme  völlig  ver- 
schwunden oder  bis  auf  geringfügige  Trümmer  ausgestorben  sind,  hat  sich  in  den  nach 
zuverlässigen  Schätzungen  noch  jetzt  4000  Seelen  zählenden,  nomadischen  und  kriegerischen 
Toba  ein  für  die  nördlichen  Grenzprovinzen  Argentiniens  nicht  zu  verachtender  Gegner 
erhalten-').  Der  Wissenschaft  haben  sie  dui'ch  die  Ermordung  zahlreicher  Forscher, 
daruntei'  Crevaux',  bis  in  die  neueste  Zeit  herein  unersetzliche  Verluste  zugefügt.  Die  auf 
die  Säuberung  der  südlichen  Gebiete  des  Chaco  abzielende  Expedition  ViCTORicas  (1884—85) 
ist  ziemlich  wirkungios  geblieben;  die  berittenen  Toba  sind  nicht  eben  leicht  zu  stellen. 
Vielleicht  hätte  man  mehr  Erfolg  gehabt,  wenn  man  auf  das  von  den  Missionaren  ange- 
wandte System  friedlicher  Ansiedelung  zurückgegriffen  hätte. 

Im  16.  Jahrhundert  bezeichneten  die  Guaranf  die  ihnen  zunächst  wohnenden  Chaco- 
Indianer  wegen  eines  schon  erwähnten  Gebrauches  des  Scherens  des  Vorderhaupthaares  als 
„Tobä",  d.  i.  Stirnen.  Die  spanische  Benennung  Frontones  ist  die  Übersetzung  davon.  Als 
sich  der  Sammelbegriff  Frontones  verlor  und  in  eine  Reihe  von  zum  Teil  noch  heute 
gebrauchten  Stammesnamen  auflöste,  ging  die  Guarani-Benennung  Toba  auf  den  noch  jetzt 
so  benannten  Stamm  über  3).  Die  Selbstbezeichnung  der  Toba  ist  Ntakebü  oder  Ntokowit. 
Daher  hat  man  in  dem  alten  Stamme  der  Natica  bei  del  Techo  die  Toba  erkennen  wollen  *). 
In  den  uns  zugänglichen  Quellen  wird  des  Stammesnamens  Toba  zum  ersten  Male  Erwäh- 
nung getan  im  Zusammenhange  mit  der  Expedition  Ledesmas  im  Jahre  1628.  Schon  damals 
müssen  sie  ihre  Streifzüge  weithinauf  an  den  Bermejo  bis  ins  Gebiet  der  Mataguayo  aus- 
gedehnt haben,  denn  Pater  Osorio  traf  sie  auf  einer  Missionsreise  in  jenen  Gegenden  an. 
OsoRio  schrieb  seinem  Provinzial  darüber  u.a.,  dass  es  ihm  bei  genügender  Unterstützung 
wohl  möglich  wäre,  bei  den  Toba,  Mokovi  und  Zapitalagä  drei  Missionsstationen  einzu- 
richten; er  fügte  seinem  Berichte  hinzu,  „Indios  in  interioribus  regionibus  adeo  proceros 
esse,  ut  vix  eorum  capita  elata  manu  attingeret"  5). 

Beinahe  jegliche  Kunde,  die  uns  über  die  Toba  bis  gegen  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 
hin  zugekommen  ist,  stammt  aus  dem  Munde  ihrer  Missionare  oder  hat  Bezug  auf  die 
Missionstätigkeit. 

Bereits  seit  1591  versuchte  man  ohne  Erfolg  von  Concepciön  am  Bermejo  aus,  wie 
wir  schon  oben  sahen 6),  die  Guaikurü-Frontones  zu  bekehren.  Eine  Grammatik  und  ein 
Wörterverzeichnis,  die  zu  diesem  Zwecke  die  Patres  BaRCENA  und  Aüasco  zusammen- 
gestellt haben,   sind    vor   einiger  Zeit  wieder  aufgefunden  und  als  Toba  erkannt  worden"). 


')  Koch,  Globus  81,  p.  110:  Mitt.  der  Anthrop.  Gesellscli.  in  Wien,  XXXIII  p.  27  f.,  1903.  —  Juan 
Pelleschi,  Bol.  XVIII,  p.  174.  1897. 

2)  Koch,  Mitteil,  der  Anthrop.  Gesellschaft  in  Wien,  XXXIII,  p.  20  f.,  1903. 

»)  S.  0.  p.  30. 

■*)  DEL  Techo,  Lib.  I,  cap.  43.  —  Lafone  Quevedo,  Bol.  XX,  p.  39.  —  Koch,  a.  a.  0.  p.  20  ft'. 

')   —        -        Lib.  VIII.  cap.  15.  —  S.  o.  p.  14. 

6)  S.  0.  p.  31. 

')  DEL  Techo,  Lib.  I,  cap.  41-44.  -  Bol.  XVII,  p.  566,  1896.  —  Lafone  Quevedo  hat  sie  heraus- 
gegeben in  der  Revista  del  Museo  de  La  Plata  V,  1893,  Arte  y  lengua  Toba  por  el  Padre  Alonso  BäRCENA 
S.  J.,  p.  129  ff. 


-   38    - 

In  einer  von  den  Jesuiten  angelegten  Kolonie  San  Rafael  am  Rio  Genta,  deren  Lage 
näher  zu  bestimmen  nach  Lozanos  Karte  möglich  ist,  wurden  Anfang  des  18.  Jahrhunderts 
die  Patres  Juan  Antonio  Solinas  und  Ortiz  de  Zabate  von  den  Toba  und  Mokovi  erschlagen  i). 

Wie  die  übrigen  Guaikurü-Stämme  suchten  auch  die  Toba  seit  dem  17.  Jahrhundert 
bis  in  die  Gegenwart  herein  die  Grenzgebiete  des  Chaco  mit  ihren  beständigen  Überfällen 
heim.  Wie  weit  sie  ihre  erst  infolge  des  Gebrauches  von  Pferden  möglichen  Züge  aus- 
dehnten, zeigt  sich  darin,  dass  ein  Teil  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  in 
Tucuman  erschien  und  gleichzeitig  eine  andere  Streifschar  im  Norden  die  Zamuco-Doctrina 
San  Ignacio  angriff-)-  Die  Diöcese  von  Tucumän  im  Westen  hat  besonders  schwer  unter 
ihnen  leiden  müssen,  und  dahei-  sind  auch  von  dieser  Seite  her  immer  wieder  Versuche 
ausgegangen,  die  westlichsten  Horden  der  Toba  zu  bekehren  und  ansässig  zu  machen. 
Endlich  im  Jahre  1756  gelang  es  den  Jesuiten,  die  Reduktion  San  Ignacio  am  Rio  Ledesma 
ins  Leben  zu  rufen  und  mit  Toba  und  Mataguayo  zu  bevölkern  S).  Die  Franziskaner  aber, 
die  auch  hier  als  Nachfolger  der  Jesuiten  eingetreten  sind,  konnten  ihre  Zöglinge  —  ihre 
Zahl  betrug  nach  den  Angaben  der  Jesuiten  im  Jahre  1767  600  Personen  4)  —  trotz  der 
Nähe  der  Forts  am  Rio  Ledesma  und  Rio  Negro  so  wenig  im  Zaume  halten,  dass  sie  nicht 
einmal  die  blutigen  Fehden  der  Toba  mit  den  ebendort  angesiedelten  Mataguayo  verhindern 
konnten  5).  Fray  Antonio  Tamajuncosa  6)  erzählt,  dass  die  Toba  sich  wiederholt  empört 
und  die  benachbarten  Indianerstämme  angegriffen,  ermordet  und  beraubt  hätten.  Die  Strafzüge 
der  Regierungstruppen  blieben  erfolglos,  da  die  Toba  dann  jedesmal  in  den  Chaco  retirierten. 

Die  1762  von  dem  schon  mehrfach  erwähnten  Jesuiten  Giuseppe  Jolis  am  Rio  Dorado 
del  Chaco  gegründete  Toba-Mission  San  Juan  Nepomuceno  ging  bereits  nach  kurzer  Zeit  in 
den  Kämpfen  mit  den  indianischen  Bewohnern  von  Valbuena  wieder  zu  Grunde  7). 

Beachtenswert  ist  eine  Erscheinung,  die  häufig  wiederkehrt:  die  Mission  war  syste- 
matisch bestrebt ,  ihre  Neophyten  von  ihren  alten  Sitzen  möglichst  weitweg  zu  verpflanzen, 
weil  sie  mit  der  Herausreissung  aus  dem  angestammten  Boden  und  Hineinverlegung  in  ein 
neues  Milieu  am  ehesten  die  wilde  Sinnesart  der  Indianer  schwinden  sah.  Wenn  sich  auch 
bei  den  Toba  an  der  Grenze  von  Tucumän  die  erwarteten  Folgen  dieser  Massregel  zuerst 
nicht  einstellten,  so  hat  sich  jedoch  bei  der  grossen  Zahl  der  Indianer,  die  als  Völker- 
trümmer in  den  Missionen  des  östlichen  Tucumän  sowie  am  Rio  Salado  angesiedelt  waren, 
ihre  Richtigkeit  und  Wirksamkeit  nur  zu  gut  erwiesen. 

Die  freien  Toba  des  Innern  sind  den  Bestrebungen  der  Mission  gegenüber  stets  in 
ablehnender  Haltung  verharrt.  Wenn  sich  auch  1780  gegen  500  Toba  vor  Aeias  S)  zur 
Ansiedelung  in  der  damals  gegründeten,  von  den  Franziskanerpatres  Lapa  und  Mokillo 
verwalteten  Mission  San  Bernardo  de  Tobas  am  mittleren  Bermejo  bereit  erklärten ,  so  hat 
doch   die  Katechese  bei  ihnen  niemals  dauernd  Fuss  fassen  können,  so  sehr  sich  auch  die 


>)  DoBEizHOFFKR  III,  p.  499.  ~  Cf.  LozANOS  Karte. 

■)  Chaelevüix  V  u.  VI.  a.  V.  0.  ,„         ^  -       r>        ,r 

')  HEBvas  p.  176.  -  HuoNDEE ,  Manuskript  p.  390.  —  Aeias  p.  13.  -  Coenejo  p.  o  u.  9.  —  Mobillo 
p   1    _  San  Ignacio  de  Tobas  lag  unter  23°  50'  s.  ßr.  am  Rio  Ledesma. 

")  HERvas,  p.  176  und  192.  Die  Hälfte  davon  waren  Katechumenen. 

5)  HüONDER  p.  390.  —  Aeias  p.  13.  —  Coenejo,  p.  23,  44.  —  Mobillo,  p.  7.  _        ^     ,       .        , 

«)  Tamajuncosa,  Descripciön  de  las  misiones,  al  cargo  del  Colegio  de  Nuestra  Senora  de  los  Angeles 
de  la  Villa  de  Tarüa,  hg.  zuerst  von  de  Angelis  V,  1836.  Tamajuncosa  besuchte  die  Franziskaner-Missi- 
onen an  der  westlichen  Chaco-Grenze  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts. 

")  HEBväs,  p.  180. 

')  Akias,  Diario  bei  de  Angelis  VI,  33. 


-   39   - 

Kirche  und  die  spanisclien  Gouverneure  bemüht  haben  i).  Garcia  de  Solalinde^)  befand 
sich  im  einem  schweren  IiTtume,  wenn  er  1799  in  seiner  Denkschrift  an  den  Vizekönig 
AviLiis  die  baldige  freiwillige  Unterwerfung  der  Toba  in  Aussicht  stellte. 

Die  Toba  zerfielen  in  eine  grössere  Anzahl  von  Unterstämmen  oder  Horden,  als  deren 
bekannteste  die  Cocolote  im  Chaco  central,  die  Tapicosique,  die  Dapicosique  und  Abaguilote 
unterschieden  werden  3);  letztere  werden  uns  unten  als  Aguilot^)  begegnen. 

Liessen  sich  schon  die  Stammesgrenzen  der  alten  Abipön  und  Mokovi  trotz  der 
Berührung  mit  spanischen  Bezirken  nur  schwer  bestimmen,  so  würde  es  dagegen  für  einen 
so  wenig  sesshaften ,  in  ruhelosem  Nomadismus  lebenden  Stamm,  wie  die  Toba,  überhaupt 
undui-chführbar  sein,  das  Wohngebiet  oder  vielmehr  Ausbi'eitungsgebiet  im  18.  Jahrhundert 
festzulegen,  wenn  uns  nicht  die  Möglichkeit  zu  Gebote  stünde,  von  den  heutigen  Verhält- 
nissen ausgehen  zu  können. 

Bei  den  Toba  muss  man  scheiden  zwischen  einem  Gebiete,  über  das  sich  ihre  Streif- 
züge erstreckten,  und  einem  solchen,  das  sie  faktisch  dauernd  im  Besitze  hatten.  Heute 
wohnen  die  Toba  in  beträchtlicher  Stärke  auf  beiden  Ufern  des  Pilcomayo  bis  tief  in  den 
nördlichen  Chaco  hinauf  und  in  geringerer  Anzahl  pazifiziert  in  den  Chiriguanen-Missionen 
der  Franziskaner  in  Bolivia,  doch  dehnen  sie  ihre  schnellen  Beutezüge  bis  weit  über  den 
Berraejo  nach  Süden  aus  5).  Im  18.  Jahrhundert  dagegen  reichte  ihr  Wohngebiet  selbst 
nach  Südwesten  bis  hinab  in  den  Chaco  austral,  wo  sie  als  Nachbarn  der  Vilela  genannt 
werden,  aber  ihr  Hauptgebiet  lag  doch  schon,  wie  noch  heute,  zwischen  Bermejo  und 
Pilcomayo,  östlich  und  südöstlich  der  Wohnsitze  der  Mataco-Mataguayo-Stämme 6).  Der 
Chaco  austral  ist  von  den  Toba  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  mehr  und  mehr  geräumt 
worden.  Einen  Teil  dieser  südlichen  Toba  nahm  wohl  die  Mission  San  Bernardo  de  Tobas 
(seit  1780)  auf,  während  die  Hauptmasse  ihren  Schwerpunkt  damals  in  den  zentralen 
Chaco  verlegt  haben  dürfte,  wie  man  aus  den  Worten  des  Garcia  de  Solalinde  7)  schliessen 
könnte.  Das  Gebiet  in  dem  Winkel,  den  Paraguay  und  Bermejo  miteinander  bilden,  hatte 
einst  den  Abipön  gehört,  war  aber  von  den  Mokovi  und  Toba  in  Besitz  genommen  worden. 
Wir  hatten  bereits  gesehen»),  wie  es  seine  alten  Besitzer,  die  Abipön,  seit  1760  rekla- 
mierten und  sich  dort  zum  Teil  in  der  neuen  Doctrina  Rosaria- Timbö  ansiedelten.  Nach 
Norden  erstreckte  sich  das  Gebiet  der  Toba  über  den  Pilcomayo  hinaus  angeblich  bis  zu 
den  Quellen  des  Yabehiri  9).  Über  die  ethnischen  Lagerungsverhältnisse  am  mittleren  Pil- 
comayo, wo  jetzt  die  Toba  gemischt  mit  Mataco-Mataguayo-  und  Tupi-Stämmen  leben, 
haben  uns  erst  die  Forschungen  der  letzten  Jahrzehnte  Aufschluss  gegeben.  Dass  sich  im 
Nordwesten  Toba  und  Chiriguano  berührten,  war  jedoch  schon  längst  bekannt.  Pater 
Patiuo,  der  1721  den  oberen  Pilcomayo  befuhr,  traf  die  Toba  dort  in  der  Nachbarschaft 
dieses  Tupi-Stammes,  und  Jolis  verzeichnet  auf  seiner  Karte  am  Pilcomayo  unter  21°  s.  B.  = 
22°  „Ind.  infed.  creduti  di  nazione  Toba"  W). 


')  AZARA  II,  161.  ■)  Garcia  de  Solalinde,  bei  de  Angelis  IV,  9. 

'■')  Cf.  Jolis'  Karte;  Huondeu,  Manuskript,  388.  —  Moeillo,  21. 

*)  Matorras,  Diario  p.  21.  —  Ö.  u.p.  40. 

')  Koch,  Mitteil,  der  Antlirop.  Gesellsch.  in  Wien,  XXXIII,  p.  20.  —  S.'  u.  p.  -59. 

p  HuoxDER,  388.  —  Aguirre,  Bol.  XIX.  p.  469.  —  Azara  II,  160. 
)  Garcia  de  Solalinde,  bei  de  Angelis  IV,  p.  9.  »)  ö. o.  p.  33. 

^)  HuüNDER,  388.  Diese  Naclinclit  ist  wenig  wahrscheinlich,  da  diese  Gebiete  im  Besitze  der  Lengua 
u.  a.  Ütamme  waren.  —  S.  u.  p.  62. 

'")  DE  Angelis  V,  Proemio  zu  Tamajuncosa.  -  Auf  Jolis'  Karte  sind  am  oberen  Pilcomayo  alle  Breitea 
um  1"  nach  N  gerückt. 


-    40    - 

Da  die  Toba,  mit  Recht  als  einer  der  stcärksten  und  volkreichsten  Stämme  bezeichnet, 
damals  noch  mehr  als  heute  gefürchtet  waren ,  so  muss  es  uns  wundern ,  dass  Azaea  und 
Agüiree  die  Zahl  ihrer  Krieger  auf  nur  500  Köpfe  veranschlagen  i) ,  während  die  Angaben 
gleichzeitiger  Beobachter  bedeutend  höher  lauten  2).  Wahrscheinlich  ist,  dass  Azara  und 
ACtUibre  in  ihren  Schätzungen  um  deswegen  zu  niedrig  gegriffen  haben,  weil  sie  anschei- 
nend nur  die  Toba-Horden  des  unteren  Pilcomayo  und  Bermejo  gekannt  haben. 

Die  Pilagä.  —  Die  von  den  älteren  Autoren  bis  herab  auf  Azara  als  eigene,  jedoch 
den  Toba  nach  Sprache,  äusserem  Habitus  und  Sitten  als  nahe  verwandt  bezeichnete 
Nation  der  Pitilaga,  Yapitalagä  oder  Zapitalaga,  der  heutigen  Pilagä  3),  die  noch  jetzt 
ebenso  wie  am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  den  Lagunendistrikt  zwischen  dem  unteren 
Pilcomayo  und  dem  Rio  Paraguay  inne  hat,  gilt  gegenwärtig  als  Unterstamm  der  Toba 4). 
Zur  Zeit  Azaras  und  Aguirres  zählten  die  Pilagä,  die  schon  del  Techo  als  Zapitalaga 
1628  erwähnt,  200  Krieger  und  beraubten  häufig,  mit  den  Toba  verbündet,  die  jenseits 
des  Paraguay  liegenden  Estancias  ihrer  Pferde  und  Herden  5). 

Am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  sassen  die  Pilagä  wohl  erst  kurze  Zeit  in  ihrem  oben 
angegebenen  Gebiete.  MorilloG)  (1780)  nennt  als  Bewohner  des  zentralen  Chaco  südöstlich 
der  Mataguayo  einen  Stamm  der  Pitaleäes  oder  Pitelahä,  in  denen  wir  zweifellos  nur  die 
Pitilagä-Pilagä  Aguirres  und  Azaras  wieder  erkennen  müssen.  Eine  weitere  Bestätigung 
für  unsere  Vermutung  einer  Wanderung  der  Pitilagä-Pilagä  liefern  neben  dem  älteren 
Zeugnisse  del  Techos  die  ethnographischen  Eintragungen  auf  den  Karten  Lozanos  und 
JoLis'  7).  Bei  der  Annahme  ursprünglicher  Stammessitze  tief  im  Innern  findet  auch  die  von 
AguirreS)  verzeichnete  befremdliche  Notiz,  dass  sich  bei  den  Pitllagä  einige  gefangene 
Chiriguano  befunden  hätten  —  eines  Stammes,  der  damals  (1793)  schon  weit  von  ihnen 
getrennt  wohnte  —  eher  ihre  Erklärung.  Einige  Pitilagä-Indianer  befanden  sich  übrigens 
unter  den  Toba  der  kurzlebigen  Missionsstation  S.  Juan  Nepomuceno^). 

Der  Grund  für  die  Auswanderung  der  Pitilagä  lässt  sich  nicht  klar  erkennen;  sicher 
aber  ist  es  nicht  rein  zufällig,  dass  um  dieselbe  Zeit  die  Aguilot  W)  vom  Bermejo  her 
sowie  die  Inimacä  (Enimagä)  und  Muchicoi  (Machicuy) ") ,  die  wir  später  im  nördlichen 
Chaco  wiedertreffen  werden ,  ebenfalls  ostwärts  wanderten.  Wahrscheinlich  gab  den  Anstoss 
zu  allen  diesen  Wanderzügen  das  durch  den  Druck  der  Weissen  gegen  den  Bermejo  hin 
erzeugte  Nachdrängen  der  Mokovi  und  Toba  von  Süden  her. 

Die  Aguilot.  —  Die  Aguilot  —  ein  kleiner  Stamm  von  hundert  Kriegern,  der  bisweilen 
in  der  Form   Abaguilote  als  Unterstamm  der  Toba  bezeichnet  wird  i2)  —  verliessen  gegen 

')  Azaea  II,  160.  —  Aguihre,  Bol.  XIX,  p.  469.  u  ^        n«  o    xr  ,,    sqr 

2  Matorras,  22,  30:  Mokovi  und  Toba  zusammen  7000  Seelen;  nach  dem  M.S.  Huondeks,  p.  -räbb, 
Toba  20— 30,000  Seelen,  davon  allein  die  Stämme  am  Rio  Grande  (Bermejo)  4-5000  Seelen;  nach  d  Oebiuny 
(1839),  p.  192,  Toba  und  Mokovi  14000  Seelen.  .    ,■     tj     ,-^-^    v 

3')'boggiani,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII,  1897,  p.  619,  bezeugt  die  Identität  diesei 
älteren  und  neueren  Stammesnamen.  .,  „        «„o         -n  „  n 

*)  Azaea  II,  161  f.  —  Dobeizhoffer  I,  160.  —  Huonder  M.S.  p.  388.  —  Boggiani,  a.a.O. 

5)      —      II,  161  f.  —  Aguiree,  469.  —  del  Techo  Lib.  VIII  Cap.  lo. 

V)  DErTECHO^;  Lib.  VIII,  cap.  15.  -  Auf  Lozanos  Karte  finden  sich  zwischen  22-23°  s.  Br.  südl  des 
Pilcomayo  die  Zapitalagua  eingetragen.  -  Jolis  lässt  auf  seiner  Karte  unter  25  im  Chaco  central  die 
„nazione  Yapitalagä  o  Guacurure"  wohnen. 

')  AouiERE,  468. 

9)  HERväs,  180.  —  S.'o.  p.  33.        '")  S.  weiter  unten. 

")  MoEiLLO,  21.  -  S.u.  p.  63.  ,,...„,■.  QQQ 

'=')  So  auf  .ToLis'  Karte  und  in  dem  von  Huonder  publizierten  Manuskripte,  p.  d»». 


-    41    - 

Ausgang  des  vor  vergangenen  Säkiilums  ihre  Wohnsitze  am  Bermejo  im  Innern  des  Landes 
und  wandelten  ostwärts  bis  zur  Pilcomayo-Mündung,  wo  sie  sich  mit  den  ebengenannten 
Pitilagii  verschmolzen  i).  Nach  Azara  waren  die  Aguilot  eine  Horde  der  Mokovf.  In  Über- 
einstimmung damit  berichtet  Lozano^),  dass  sie  unter  den  Mokovi  lebten.  Im  Jahre  1710 
hielten  sie  sicli  mit  diesen  zwischen  Salado  und  Bermejo  auf  und  bedrohten  Valbuena^). 
Auf  den  Karten  von  Lozano,  Jolis  und  Azara  finden  sich  die  Aguilot  unter  25"  s.  B.  am 
Bermejo  verzeichnet.  Ebendoit  nennt  sie  ein  Bericht  des  Gouverneurs  von  Santa  Fe  über 
seinen  Zug  an  den  Bermejo  (1790)'*). 

Das  spanische  Manuskript  Huonders  sowie  HERväs^)  sprechen  von  drei  flüchtigen 
Indianern  eines  Stammes  der  Yacurure,  der  neben  den  Toba  im  Chaco  central  gewohnt 
habe  und  von  seinen  Feinden,  den  Abipön  und  Mokovi,  Ende  der  30er  Jahre  des  18.  Jahr- 
hunderts überfallen  worden  sei.  Möglicherweise  sind  diese  Yacurure,  wie  der  Verfasser  des 
Manuskriptes  vermutet,  mit  den  Yapa  oder  Guaj^curuti  oder  Guayuquines  identisch,  deren 
Name  sich  auf  der  von  den  Jesuiten  1732  herausgegebenen  Karte  ihres  Missionsgebietes  6) 
sowie  auf  Lozanos  Karte  eingetragen  findet;  aber  wahrscheinlicher  erscheint  mir,  dass 
die  Yacurure  des  Manuskriptes  mit  den  Guacurure  oder  Yapitalaga-Pilagä  auf 
JoLis'  Karte  im  Chaco  central  zu  identifizieren  sind,  die  uns  schon  oben  beschäftigt  hatten. 

d)  Die  GuAiKUEÜ-MBAYa. 

Bis  in  die  neuere  Zeit  herrschte  die  Anschauung,  so  noch  bei  AVaitz,  dass  die 
Guaikurü  ein  zwar  den  Mbayä  verwandter,  im  übrigen  aber  selbständiger  Stamm  des 
nördlichen  Chaco  gewesen  seien.  Konnte  man  sich  dabei  doch  auf  eine  lange  Reihe  von 
Autoren  und  vor  allem  auf  Azara  berufen,  der  die  Guaikurü  als  die  einst  mächtigste  und 
stolzeste,  aber  zu  seiner  Zeit  bereits  bis  auf  ein  einziges  Individuum  ausgestorbene  Nation 
nennt").  In  Wirklichkeit  haben  —  wie  in  den  gründlichen  Untersuchungen  Boggianis  und 
Kochs  gezeigt  wird  ^)  —  die  Spanier  und  Guarani  von  Paraguay  ohne  Rücksicht  auf  die 
Stammesgliederung  mit  Guaikurü  zusammenfassend  alle  schweifenden  Indianer  des  Chaco 
bezeichnet,  vorzugsweise  allerdings  zuerst  die  Stämme  der  heutigen  Guaikurü-Gruppe  und 
später  in  engerem  Sinne  die  Mbayä.  Die  moderne  Linguistik  hat  diesen  Kollektivnamen 
für  eine  ganze  Sprachgruppe  akzeptiert. 

Die  verschiedenen   Erklärungsversuche  der  Namen   Guaikurü   und   Mbayä  hat  Koch  9) 


')  Azara  II,  p.  162.  —  Aguirbe,  p.  469. 

2)  Lozano,  p.  78. 

3)  Charlevoix  IV,  p.  23.3  ff.  —  Lozano,  p.  399. 
*)  d'Oebigny,  p.  191. 

*)  HuoNDER,  M.  S.  p.  389.  —  HERvas,  p.  184  f. 

^)  Vogt,  Materialien  zur  Ethn.  u.  Spr.  der  Guayaki-Indianer,  Ztsclir.  f.  Ethnol.  1902.  —  Dobrizhoffer 
(I,  162)  erwähnte  einen  Stamm  der  Giiaycuruti  in  dem  felsigen  Gebiete  um  Villarica  am  Tebicuari  in 
Paraguay. 

')  Azara  II,  p.  146  ff.  —  Auch  Aguirre,  p.  469,  sagt:  La  naciön  Guaycurü  se  extinguiö  del  todo  sin 
quedar  memoria  do  su'lengua,  sino  solamente  de  los  sitios  que  ocuparon' entre  Lenguas,  Machicuis  y 
Mbayaces,  que  habitaban  entre  el  Pilcomayo,  Araguay  y  Yabebiri  ö  rio  Confuso. 

»)  ßoGGiANi,  Guaicurü,  in  „Memorie  della  Societä  geografica  italiana"  VIII,  1898,  p.  244  ff.  —  Koch, 
Mitteil,  der  Anthrop.  Gesellschaft  in  Wien,  XXXIII,  1903,  p.  3  ff.  —  Ähnliche  Erscheinungen  solcher 
Sammelnamen  sind  häufig  auf  südamerikanischem  Boden.  Die  „wilden"  Indianer  der  verschiedensten 
Stämme  heissen  in  Peru  Jivaros,  in  Brasilien  Bugres.  Erinnert  sei  auch  an  die  durchaus  nicht  ethni- 
schen Begriffe  „Coroados"  und  „Frentones". 

')  Koch,  Mitteil,  der  Anthrop.  Ges.  XXXIII,  p.  11  ff. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  6 


-    42    - 

zusammengestellt.  Während  „Mbayä",  noch  jetzt  der  Name  des  jeweiligen  Kadiueo-Häupt- 
lings,  ein  m-sprünglicher  Stammesname  gewesen  zu  sein  scheint,  ist  „Guai]<urü"  von 
BoGGiANii)  u.a.  als  eine  Benennung  gedeutet  worden,  die  den  verhassten  Chaco-Indianern 
von  den  benachbarten  Guarani  beigelegt  worden  wäre  und  etwa  bedeutete  „räudige 
Verräter". 

Dass  Guaikurii  eine  Kollektivbezeichnung  sei,  hat  zuerst  der  deutsche  Missionar 
Florian  Baucke^)  aufs  klarste  ausgesprochen.  Erst  später  sagte  der  Franziskaner  Fray 
Feancisco  MobilloS)  in  seinem  „Diario  del  Viage  al  Rio  Bermejo"  von  einigen  Indianer- 
stänimen  dieses  Flusses:  „Ä  todos  los  de  estas  naciones  llamamos  los  Espanoles  Guaycurüs, 
no  porque  haya  naciön  de  Guaycurüs,  sino  porque  esta  voz  guaycurü  significa  inhumanidad 
6  fierza".  Nach  Martius  *)  verstanden  die  Spanier  und  Brasilianer  unter  Guaikurü  alle  jene 
Chaco-Indianer,  die  sich  den  Gebrauch  des  Pferdes  angeeignet  hatten.  Ebenso  fasst  Rodri- 
GUES  DO  PradqS)  als  Guaycurü  oder  „Cavalleiros"  die  Mbayä,  Lengua  und  Chiriguano 
zusammen.  Und  während  endlich  Dobrizhoffer  die  Lengua  und  Mbayä  beide  ohne  Unter- 
schied auch  „Guaykurü"  nennt,  berichtet  Jolis,  dass  die  verschiedensten  Chaco-Stämme 
von  den  Grenzbewohnern  als  „Guaicurü"  bezeichnet  würden  6).  Erst  seit  der  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  ist  die  Bezeichnung  Guaikurü  bestimmter  auf  den  Mbayä  haften  geblieben. 
So  sind  z.  B.  unter  den  bei  Eschwege  und  Castelnau  erwähnten  Guaikurii  die  Mbayä  zu 
verstehen  7). 

Schon  die  ältesten  Historiographen  der  Laplata-Länder  berichten  von  Guaikurü  und 
Mbayä.  Cabeza  de  Vaca  S)  erzählt  von  einem  Stamme  der  Guaycurü,  der  im  Jahre  1542 
gegenüber  von  Asunciön  gewohnt  und  die  Guarani  ihres  Gebietes  auf  dem  Westufer  des 
Paraguay-Flusses  beraubt  habe.  Wahrscheinlich  handelt  es  sich  dabei  um  die  Mbayä  oder 
einen  ihrer  Unterstämme,  denn  diese  nannten  sich  selbst  u.  a.  Eyiguayegi  oder  Eyiguayegui  i'), 
d.  i.  „Bewohner  der  Palnienregionen",  wie  sie  sich  allein  am  unteren  Piicomayo  vorfanden. 
Damit  ist  zugleich  die  ursprüngliche  Ausdehnung  des  Stammesgebietes  der  Mbaya-Guaikurü 
angedeutet.  Eine  Bestätigung  unserer  Vermutung  fanden  wir  bei  BoggianiIO),  nach  dem 
die  Mbayä  einst  bis  über  den  25°.  s.  Br.  nach  Süden  reichten.  Diese  Mbaya-Guaikurü  gegen- 
über von  Asunciön  waren  bei  allen  benachbarten  Indianern  verhasst.  Sie  rühmten  sich 
selbst  vor  dem  Adelantado  Cabeza  de  Vaoa,  niemals  besiegt  worden  zu  sein,  bis  sie  in 
den  Spaniern  ihre  Meister  gefunden  hätten  ").  Ihi'e  Zahl  muss  ziemlich  gross  gewesen  sein , 
denn  allein  die  von  den  Spaniern  unter  Alvar  Nuuez  Cabeza  de  Vaoa  zersprengte  Hoi'de 
zählte  angeblich   4000   Krieger.   Wunderlich   erscheint,    dass  diese  Mbayä-Guaikurü  damals 


')  BoGGiANi,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII,  1897,  p.  617.  -  Vogt,  Mat.  zur  Ethnogr.  u. 
Sprache  der  auayaki-Ind. ,  Ztschr.  für  Bthnol.  1902,  p.  30-45. 

2)   BaUCKE,  hg.   V.   KOBLEE,   p.  177. 

')  MoEiLLO,  p.  21  (1780). 

•')  Martius,  Beiträge  zur  Ethnographie  und  Sprachenkunde  I,  p.  226. 

')  DO  Prado,  Historia  dos  Indios  Cavalleiros  ou  da  naijäo  Guaycurü,  in  „Revista  do  Inst.  hist.  e  geogr. 
do  Bi-azil",  I,  p,  25.  1856. 

«)  DOBKIZHOFFEK  I,  p.  75,  160.  -  JoLis ,  p.  481.  —  HERvds,  p.  182. 

')  Eschwege,  .lournal  von  Brasilien  II,  268  ff.,  1818,  -  Castelnau,  Exped.  dans  les  parties  centrales 
de  l'Am,  du  Sud,  Paris  1850,  II,  p.  392,  479.  ..    ,.. 

»)  Cabeza  de  Vaoa,  Ausg.  der  Hakluyt  Society,  p.  135  ff.,  138,  140,  142,  147  ff.,  152  ff.,  155,  157.  - 
Desgl.  DEL  Baeco  Centeneea,  La  Argentina,  bei  de  Akgelis  II,  p,  28.  -  Cf.  auch  Azaea  II,  p.  146. 

8)  Brinton,  Ling.  Gart.  p.  183.  -  Bol.  XVIII,  1897,  p.  367.  —  de  Angelis  I,  Indice  zu  Guzman  p.XLII  ff. 

'«)  BoGGiANi,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII,  p.  617. 

")  Cabeza  de  Vaoa,  p,  153, 


-    43    - 

grosse,  aber  leichte,  tragbare  Häuser  von  500  Schritt  Länge  besasseni),  während  sie  sich 
am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  in  elenden  Toldos  notdürftig  gegen  die  Witterung  schützten. 

Die  Mbaya,  mit  denen  wir  die  Guaikurü  gegenüber  von  Asunciön  identifizierten, 
hatten  weite  Gebiete  auf  dem  Westufer  des  Rio  Paraguay  inne.  Zwischen  dem  20°  und 
22°  s.  B.  werden  sie  besonders  häufig  genannt  2).  Dort  fand  sie  auch  Schmidel^),  70  Leguas 
nordwestlich  vom  Pan  de  Azucar:  „Khamen  zu  einer  nazionn,  haisst  Maieaiess,  ist  ein 
grosse  mennig  des  voickhs.  Diese  Mayeaiess  seindt  lanng,  geratht  unnd  streitparlich  leut, 
welchs  alis  sein  fleis  auff  denn  krieg  wennt."  Eine  Horde  der  Mbayä,  die  20000  Mann 
stark  gewesen  sein  soll,  suchte  die  Spanier  zu  überrumpeln,  wurde  aber  mit  einem  Ver- 
luste von  1000  Kriegern  zurückgetrieben.  Bei  der  Verfolgung  stiessen  die  Sieger  auf  eine 
andere  Mbayä-Horde,  die  für  die  Hinterlist  ihrer  Stammesgenossen  büssen  musste.  „Also 
muest  der  unnschuldig  des  schuldigenn  entgelten ;  dann  do  wir  zu  diesen  Mayaiess  khamen, 
schluegenn  wir  zu  todt  und  namen  gefanngen  mann,  weib  unnd  khindt  pis  in  die  3000 
personn  unnd  wann  es  tag  wehr  gewest,  als  nacht,  so  wehr  ir  keiner  darvonne  khummen." 

Mögen  auch  die  von  Schmidel  angegebenen  Zahlen  noch  stärker  übeitrieben  sein  als 
diejenigen,  die  wir  oben  von  Cabeza  de  Vaca  angeführt  haben,  so  waren  doch  trotzdem 
die  Mbayä,  wie  ein  Vergleich  mit  anderen  Zahlenangaben  dieses  Miles  gloriosus  lehrt, 
einer  der  stärksten  Stämme  im  Ghaco. 

Die  Stämme  der  „Zchennte"  (Chane-Guanä)  und  der  „Thohannes"  waren  den  Mbayä 
unterworfen-*).  Auf  das  eigentümliche  Untertanenverhältnis  der  Guanä  zu  den  Mbayä, 
das  fast  bis  heute  fortbestanden  hat ,  werden  wir  noch  zu  sprechen  kommen  S). 

Die  Mbayä  waren  schon  in  der  Conquista  ein  Eroberervolk  und  sind  es  immer  geblieben. 
Schon  die  scharfe  Einteilung  des  Stammes  in  Adelige,  Krieger  und  Sklaven  ist  dafür 
bezeichnend  6).  Nachdem  die  Mbayä  bei-eits  zu  Rui  Diaz  de  Guzmans  Zeit  (ca.  1600)  oft 
die  Umgegend  von  Asunciön  unsicher  gemacht  und  die  Bewohner  zahlreicher  Haciendas 
ermordet  hatten  7),  gingen  sie  im  Jahre  1661,  -  bis  dahin  Bewohner  des  Ghaco  boreäl,  — 
in  grösseren  Massen  über  den  Rio  Paraguay  und  zwangen  durch  ihre  Angriffe  die  Jesuiten 
zur  Aufgabe  der  bei  den  Itati'n-Guarani  unter  22°  5'  s.  Br.  angelegten  Reduktion  Santa 
Maria  de  Fe.  Nach  Zerstörung  der  spanischen  Stadt  Xerez  kehrte  der  grössere  Teil  der 
Mbayä  in  die  alten  Sitze  im  Westen  des  grossen  Flusses  zurück,  während  sich  der  kleinere 
in  dem  eroberten  Gebiete  festsetzte.  Diesen  östlichen  Mbayä  gelang  es  1672,  bei  einem 
nächtlichen  Angriffe  auf  die  Ortschaft  Pitun  oder  Ypane  einige  Pferde«)  davonzuführen ; 
später  haben  sie  ihre  Besuche  mehrmals  wiederholt  und  sind  als  berittene  Räuber  die 
unumschränkten  Herren  der  ganzen  Provinz  Ytati  (Itatfn)  geworden,  die  sich  vom  Jejuy 
im  Süden  bis  zum  Tacuary  und  den  Xarayes-Sümpfen  im  Norden  erstreckte  und  deren 
von  Missionaren  teilweise  schon  in  Doctrinas  vereinigte  Bevölkerung  durch  die  Sklaven- 
jagden   des    portugiesisch-indianisch-afrikanischen    Mischvolkes   der    „Mameluken"    von    Säo 


,„„'^  Cabeza  de  Vaca,  p.  147.  -  Chaklevoix  I,  104.  -  Erinnern  diese  langen  Häuser  der  Mbayä  von 
lo&ü  niclit  an  die  strassenaitig  aneinandergereihten  Hütten  der  jetzigen  Kadiueo,  der  Nachkommen  der 
alten  Mbaya? 

■)  Azaka  II,  100.  -  Lafone  Qüevedo.  Bei.  XX.  1899.  p.  61. 
')  Schmidel,  Ausg.  Langmantel,  p.  85  flf. 
<)  Schmidel,  p.  88.  *)  S.  u.  p.  70. 

«)  DO  Peado,  p.  27.   Die  Portugiesen  pflegten  die  Adligen  „Capitaes"  und  ihre  Weiber  galant  „Donas" 
zu  nennen.  f  n 

')  GUZMAN,   p.    11. 

')  Cf.  dazu  DO  Prado  p.  27. 


-    44    - 

Paulo  stark  dezimiert  war  i).  Ein  gewaltiges  Gebiet  war  damit  für  die  Kultur  verloren. 
Ypane  und  das  benachbarte  Guaranbare,  sowie  Atirä  waren  schon  1673  beim  Nahen  der 
Mbayä  von  ihren  Bewohnern  verlassen  worden.  Selbst  bis  in  das  Gebiet  der  heutigen 
Republik  Paraguay  haben  die  Mbaya  in  der  folgenden  Zeit  ihre  wilden  Beutezüge  ausge- 
dehnt: sie  zwangen  die  Einwohner  von  Tobaty  (25°  1'  35'  s.  Br.)  zur  Auswanderung, 
richteten  dann  ihre  Angriffe  gegen  die  Stadt  Curuguaty,  zerstörten  die  Ansiedelungen  bei 
der  Hauptstadt  Asunciön  und  stellten  den  Bestand  der  nördlichen  Bezirke  von  Paraguay 
ernstlich  in  Frage,  bis  ihnen  der  tapfere  Gouverneur  Eafael  de  la  Moneda  (1744)  ener- 
gischen Widerstand  entgegensetzte.  Besonders  übel  hatten  sie  den  jungen  Reduktionen 
San  Estanisiao  und  San  Joaquin  mitgespielt  2).  Die  „Guaycurü",  von  denen  Lozano  ^) 
berichtet,  dass  sie  wiederholt,  so  im  Jahre  1677,  die  Stadt  Asunciön  zu  überfallen  ver- 
sucht hatten,  sind  wohl  ebenfalls  mit  den  Mbayä  identisch. 

Die  westlichen  Mbayä  verheerten  mehrmals  die  Provinz  der  Chiquiten  und  vertrieben 
die  Einwohner  der  Reduktion  Santo  Corazön  de  Jesus  *).  Zwischen  den  Einfällen  der 
Mbayä  und  der  von  den  Jesuiten  bewirkten  Räumung  des  Landes  der  Zamuco  (zu  19°  u. 
21°  s.  Br.)  durch  die  Versetzung  des  grössten  Teiles  des  Zamucovolkes  zu  den  Chiquiten 
im  Norden  lässt  sich  leicht  ein  Zusammenhang  konstruieren  S). 

Hatten  die  Mbayä  schon  im  17.  .Jahrhundert  den  Sklavenzügen  der  Paulisten  nach 
dem  oberen  Paraguay  für  immer  ein  Ende  gemacht,  so  brachten  sie  im  folgenden  Jahr- 
hundert die  jungen  Kolonien  der  Poitugiesen  in  Mato  Grosso,  deren  rückwärtige  Verbin- 
dungen mit  Säo  Paulo  und  Rio  de  Janeiro  fast  ausschliesslich  auf  dem  —  nur  durch  zwei 
niedrige  Pässe  in  der  Serra  do  Mar  und  der  Serra  Cayapö  unterbrochenen  Flusswege 
beruhten,  in  arge  Bedrängnis,  besonders  seitdem  sie  im  Jahre  1719  mit  den  Payaguä  einen 
Bund  geschlossen  hatten  und  zu  „Canoeiros"  geworden  waren  6).  Die  sumpfigen  Niederungen 
am  oberen  Paraguay  mögen  wohl  dem  Gebrauche  des  Pferdes  wenig  günstig  gewesen  sein. 
Als  Flusspiraten  pflegten  seitdem  die  verbündeten  Mbayä  und  Payaguä  den  alljährlich  mit 
ihren  tragbaren  Kanus  auf  den  Rios  Tacuary,  Paraguay  und  Cuyabä  nach  den  Minen  von 
Mato  Grosso  reisenden  Goldsuchern,  Kolonisten  und  Kaufleuten  empfindlichen  Schaden  an 
Gut  und  Blut  zuzufügen.  Nachdem  sie  unter  ihnen  wiederholt  blutige  Metzeleien  ange- 
richtet hatten,  denen  jedesmal  mehrere  Hunderte  von  Weissen  und  Indianern  zum  Opfer 
fielen,  sandte  endlich  im  Jahre  1734  die  portugiesische  Regierung  unter  General  Manoel 
RoDRiGUES  DE  Cabvalho  eine  Strafexpedition  aus ,  die  aber  so  wenig  nachdrücklich  ausfiel , 
dass  schon  in  den  nächsten  Jahren  wieder  Ansiedelungen  bei  Cuyabä  verwüstet  und  diese 
Stadt  selbst  beunruhigt  wurde.  Nach  do  Prado^),  der  im  Jahre  1793  Kommandant  des 
Presidios  Coimbra  war  und  dort  seine  „Historia  dos  Indios  Cavalleiros  ou  da  nagäo  Guay- 
curü'" verfasste,  sind  von  den  Mbayä  und  Payaguä  nicht  weniger  als  4000  Portugiesen 
getötet  und  Waren  im  Werte  von  drei  Millionen  Milreis  erbeutet  worden.  Erst  als  sich 
1768  der  Bund  der   Mbayä  und   Payaguä  löste,   gewannen  die  Portugiesen  allmählich  das 


')  Charlevoix  II,  a.  V.  0.  —  de  Angelis  I,  Indice  p.  XLIX. 

2)  Aguiere,  Bol.  XIX,  p.  474  ff.,  1898.  -  Azaba  II  p.  100  ff.  -  Quikoga,  Descripcion  del  Rio  Paraguay, 
bei  DE  Angelis  II,  cap.  IL 

3)  Lozano,  p.  60  ff. 

")  Azara  II,  p.  100  ff.  —  DO  Prado,  p.  56. 
')  Cf.  dazu  unten  p.  65. 

«)  DO  Peado,  p.  40  ff.  —  QUIROGA  II,  p.  14  ff. 
')        —  p.  4.5. 


-    45    - 

Übergewicht  am  oberen  Paraguay,  wie  sich  denn  überhaupt  beobachten  lässt,  dass  in  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  bei  den  Mbayä,  die  Widerstandskraft  ebensosehr 
erlahmte  wie  bei  den  übrigen  Guaikurü-Stämmen.  Dass  die  Mbaya  viel  von  ihrer  früheren 
Schrecklichkeit  eingebüsst  hatten,  zeigt  schon  die  Tatsache,  dass  sich  das  1775  gegründete 
Presidio  Coimbra  sowie  die  Posten  Albuquerque  und  Fuerte  Olimpo  oder  Borbon  trotz  der 
Angriffe  der  umwohnenden  Stämme  behaupten  konnten.  Die  Besatzung  von  Olimpo  ist 
allerdings  zweimal  von  den  Mbayu  überfallen  und  in  Coimbra  sind  einst  fünfzig  Brasilianer 
ermordet  worden.  Im  Jahre  1791  endlich  schloss  Joäo  de  Albuquerque  de  Mello  Pereira 
E  Caceres,  der  Generalkapitän  von  Mato  Grosso  und  Cuyabd,  mit  der  „Nagäo  Aicurü" 
feierlich  Frieden;  den  Wortlaut  des  Friedensvertrages  hat  uns  do  Prado  überliefert  i). 

Mit  den  Spaniern  waren  die  Mbayd  schon  1746  und  dann  aufs  neue  1774  einen  Frieden 
eingegangen,  den  sie  getreulich  hielten  2).  Denn  seit  dieser  Zeit  unternahmen  sie  nur  mehr 
gegen  Eingeborene,  wie  die  Caayguä,  Guachie,  Aguitequedichaga  und  Ninaquiguila  Kriegs- 
züge, um  sich  Sklaven  zu  verschaffen-'').  Eine  Ausnahme  allein  machten  die  den  Portugiesen 
seit  1791  verbündeten ,  bereits  seit  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  am  Fecho  dos  Morros  ange- 
siedelten Mbayä,  die  den  Spaniern  auch  fernerhin  jedmöglichen  Schaden  zufügten,'*)  ein 
sehr  bemerkenswertes  Zeichen  dafür,  welche  starke  Rivalität  in  diesen  Gebieten  am  oberen 
Paraguay  zwischen  den  beiden  Kolonialmächten  herrschte.  Ausser  den  genannten  Stämmen 
hatten  vor  allem  die  „Indios  monteses",  die  Waldindianer  der  Ges-Familie  im  Osten,  wie 
die  südlichen  Cayapö  jenseits  der  Cordilheira  Amambahy  nach  dem  oberen  Paranä  hin, 
unter  den  Anfällen  und  Sklavenjagden  der  Mbayä  zu  leiden  5).  Die  Mbayä  sind  immer  ein 
Herrenvolk  geblieben,  das  die  benachbarten  Stämme  mit  Verachtung  behandelte:  In  ihren 
Aldeas  befanden  sich  gefangene  Indianer  zahlreicher  Stämme,  so  der  Guachie  (Guaxi),  Guanä, 
Guatö,  Cayvaba,  Bororö,  Coroä,  Cayapcj,  Chiquito  und  Chamacoco^). 

Nachdem  sich  schon  in  älterer  Zeit  Missionare  bei  den  westlichen  Mbaya  aufgehalten 
hatten,  legte  im  Jahre  1760  der  Pater  Jose  Sanchez  Labrador,  vormals  Professor  der 
Philosophie  am  Colegio  maximo  zu  Cördoba,  kurz  vor  der  Mündung  des  Rio  Ypane,  etwa 
unter  23^°  s.  Br.,  eine  Reduktion  Nuestra  Senora  de  Belen  7)  an,  in  der  sich  1767  gegen 
260  Ml)aya  aufhielten.  Nur  wenige  davon  waren  Christen,  denn  die  Bekehrungserfolge 
entsprachen  bei  weitem  nicht  der  aufgewendeten  Mühe.  Am  Ausgange  des  18.  Jahrhunderts, 
nach  der  Verbannung  der  Jesuiten,  war  Belen  ein  elendes  Dörfchen  mit  einigen  dorthin 
verpflanzten  Indianern.  Die  umwohnenden  Mbayä,  die  Horde  der  Apacachodeguo ,  nahmen 
nur  wenig  Notiz  von  Belen,  obgleich  sie  sich  mit  Vorliebe  Mbayäs  Belenistas  nannten«). 
Bei  den  nördlich  von  diesen  wohnenden  Mbayäs-Ichagoteguos  übte  in  den  Jahren  1769  —  74 
Fray  Miguel  Mendez  in  einer  Missionsstation  die  Katechese  aus,  musste  sich  aber  aus 
Mangel  an  Unterstützung  zurückziehen  ^). 


>)  DO  Prado,  p.  44  ff.  -  Aguirre,   Bol.  XIX,  1898,  p.  474  ff. 

'')  -  -  p.  56,  erzählt,  ein  spanischer  Pater  habe  diesen  dadurch  angebahnt  und  herbeigeführt, 
dass  er  alle  Gebrauche  und  Sitten  der  Mbaya  annahm  und  sich  unter  ihnen  sogar  verheiratete. 

')  Aguirre,  pp.  478,  482  f.  —  Azaka  II,  p.  103.  —  do  Prado,  p.  56.  —  Über  die  CHiachie,  Aguiteque- 
dichaga und  Ninaquiguila  s.  u.  pp.  51,  66  f. 

■*)  DO  Prado,  p.  57.  —  Martius,  Beiträge  I.  p.  227. 

*)  -       -        p.  26.  —  Aguirre,  p.  485  IT. 

«')   -       -        p.  38.  — säo  täo  soberbos  quo  a  todos  os  gentios  confinantes  tratam  com  desprezo, 

e  estes  de  alguma  sorte  os  respeitam. 

')  Dobrizhoffer  I,  p.  126.  —   Hertus,  pp.  180  f.,  192. 

')  Aguirre,  p.  475  f.  ')  Aguirre,  p.  476. 


-    46    - 

Über  die  weiteren  Schicksale  und  das  Dahinschwinden  der  Mbaya  im  19.  Jahrhundert 
hat  Koch  1)  gehandelt,  und  ich  verweise  hier  auf  seine  gründliche  Arbeit.  Noch  von 
DoBRizHOFFER  als  die  wildeste  und  stärkste  Nation  im  Chaco  bezeichnet  und  von  dem 
Verfasser  des  spanischen  Manuskriptes,  sowie  von  Aguirre  und  Azara  auf  3000  bis  4000 
Seelen  geschätzt  2),  sind  sie  heute  bis  auf  die  ca.  100  Individuen  der  modernen  Cadioeo 
oder  Kadiueo  zwischen  Rio  Branco  und  Rio  Miranda  (21°  s.  B.)  östlich  des  Paraguay  zusam- 
mengeschmolzen, während  die  westlichen  Mbaya  anscheinend  völlig  verschwunden  sind  3). 
Die  Chamacoco  sind  in  ihre  Sitze  im  Westen  des  Rio  Paraguay  eingerückt. 

Das  Wohngebiet  der  Mbaya  hatte  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  18.  Jahrhunderts 
bereits  eine  beträchtliche  Einengung  erfahren  ^).  Den  Rückgang  können  wir  freilich  nur 
am  Paraguay-Flusse  genauer  verfolgen,  wo  sie  nach  Quiroga  (1753)  auf  beiden  Seiten  alles 
Gebiet  vom  Rio  Jejuy  bis  zum  Tacuary  und  nach  Jolis  (1789)  nur  noch  vom  Ypane  bis 
zum  Tacuary  im  Besitze  hatten,  während  sie  do  Prado,  dessen  Angaben  durch  den  1790 
zur  navigatorischen  Aufnahme  des  Rio  Paraguay  entsandten  Piloten  D.  Ignacio  de  Pasos 
bestätigt  werden,  nur  mehr  bis  zu  19°  36"  s.  B.  nach  Norden  reichen  lässt^).  Für  die 
Bestimmung  dei-  Ausbreitung  der  Mbaya  nach  Westen  in  den  Chaco  boredl  hinein  fehlt 
uns  jede  zuverlässige  Kunde;  im  Osten,  wo  sie  auf  die  Ges-Völker  drängten,  mag  wohl 
die  Cordillere  von  Amambahy  die  Grenze  ihres  Gebietes  gewesen  sein  6). 

Nach  DOBRIZHOFFER  7)  nannten  sich  die  Mbaya  auf  dem  westlichen  Ufer  Quetia-Degodis, 
diejenigen  im  Osten  des  Rio  Paraguay  Eyiguayegis.  Im  einzelnen  zerfielen  die  Mbaya  in 
eine  Reihe  von  Unterstämmen,  deren  Zahl  und  Namen  in  den  Quellen  durchaus  wechselnd 
und  schwankend  angegeben  werden.  Aguirre,  dessen  Angaben  hier  diejenigen  Felix  Azaras 
und  der  übrigen  Autoren  an  Genauigkeit  weit  übertreffen,  kennt  sechs  Stämme  der  Mbayä, 
während  das  Manuskript  von  sieben  bis  neun  und  Jolis  von  sieben  Stammesgruppen  spricht. 
Azara  nennt  nur  vier  Hauptstämme  der  Mbaya,  wobei  er  allerdings  seine  Catiguebo 
(Kadiueo)  in  drei  Unteistämme  zerlegt S). 

Zwischen  Rio  Ypane  und  Rio  Apa  (einst  Rio  Corrientes),  östlich  des  Paraguay,  vor- 
wiegend am  Aquidabän,  hauste  der  Mbaya-Stamm  der  Apacachodeguo^),  die,  von  den 
Guarani  „Nandureta",  —  d.i.  Bewohner  der  Straussenebene  —  genannt,  anscheinend  zuerst 


')  Koch,  Globus  81,  p.  3  ff.;  die  Guaikuru-Stämme,  Mitt.  der  anthrop.  Gesellsch.  in  Wien,  XXXIII, 
1903,  p.  6  ff. 

=)  HuoNDER,  p.  389.  —  Aguikee,  p.  487.  —  Azara,  II,  100. 

3)  BoctGIANI,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII,  1897,  p.  617. 

")  RoDEiGUES  DO  Pbado ,  p.  27,  sagt:  Antipuamente  os  Cavalleiros  senhoreavam  mas  vasto  terreno,  o 
quäl  pouco  a  pouco  foram  perdendo  com  as  povoa^öes  que  formavam  os  Portuguezes  e  Hespanhöes,  estes 
forgando  as  correntes  do  Paraguay,  e  aquelles  acompanliando  as  suas  aguas. 

^)  Quiroga,  cap.  IL  p.  7.  —  Jolis,  p.  481  ff.  —  do  Prado,  p.  2-5.  —  de  Pasos,  Diario  de  una  navega- 
cion  y  reconociraiento  del  Rio  Paraguay,  desde  la  ciudad  de  la  Asumpcion  liasta  los  presidios  portugueses 
de  Coimbra  y  Albuquerque  (ca.  1790),  hg.  v.  de  Angelis  IV,  Buenos  Aires  1836. 

•>)  Cf.  Quiroga,  cap.  II,  p.  14. 

')  DoBRizHOFFEE  I,  p.  160.  —  Nouerdings  hat  Guido  Boggiani  von  den  Kadiueo  in  Erfahrung  gebracht, 
dass  sich  der  ganze  Stamm  Eggiuägeg  (=  Eyiguayegis)  nenne,  wodurch  die  Angaben  Dobeizhoffee's  eine 
überraschende  Bestätigung  finden.  Die  Quetia-Degodis  sind  mit  dem  untergegangenen  Mbayä-Stamme  der 
Uettiadiiu  auf  dem  Westufer  des  Paraguay  identisch ,  in  dem  wir  wohl  die  Gueteadebo  oder  Gueteadeguo 
Azaras  und  Aguikkes  wieder  erkennen  müssen.  Die  Gueteadebo-  Gueteadeguo-  Uettiadau  wohnten  bei 
Puerto  14  de  Mayo  (Puerto  Chamacoco  oder  Puerto  Pacheco).  Azara  II,  p.  104.  —  Aguirre,  p.  477.  — 
Boggiani,  Apuntes  sueltos  de  la  lengua  de  los  Indios  Caduveos  del  Chaco  Paraguayo,  in  Bol.  XVIII,  1897, 
p.  367  ff. 

8)  Aguirbb,  p.  47.5  ff.  —  HuoNDER,  MS.  p.  389.  —  Joi-is,  p.  481  f.  —  Azaba  II,  108  f. 

»)         —         p.  47.5  f. 


-    47    - 

von  Westen  her  über  den  Paraguay  gewandert  waren  und  einst  alles  Gebiet  bis  zum  Rio 
Jejuy  im  Süden  besessen  hatten.  In  einem  gewissen  Gegensatze  zu  den  übrigen  Mbayä, 
den  Mbaya-guazü,  die  sich  noch  1760  zeitweise  in  dem  ehemaligen  Stammesgebiete  im 
Westen  aufhielten,  nannten  sich  die  Apacachodeguo  auch  Mbaya-mini  i).  Der  ganze 
Stamm  —  der  etwa  600  Köpfe,  darunter  220  Männer,  zählte  —  zerfiel  in  sieben  Horden, 
die  aber  die  Autorität  eines  gemeinsamen  Stammesoberhauptes,  zu  Aguirres  Zeit  des 
Kaziken  Loeenzo,  anerkannten.  Häufig  kam  es  vor,  dass  sich  der  Stamm  vereinigte  oder 
auch  wieder  in  grössere  oder  kleinere  Verbände  auflöste. 

Nördlich  des  Rio  Apä  bis  gegen  den  21°.  s.  Br.  hin,  vorzugsweise  im  Osten  des  Para- 
guay, fand  Aguirre  die  Mbayä-Ichagoteguo^),  die  unter  etwa  400  Personen  180  Erwach- 
sene besassen. 

AzARA^)  gibt  als  Bewohner  des  Gebietes  zwischen  dem  21.  Grade  und  dem  Rio  Ypane 
zwei  Unterstämme  seiner  Mbayä-Catiguebo  (Caduveo,  Kadiueo)  in  einer  Kopfzahl  von 
zusammen  800  Personen  an;  die  Hauptmasse  der  Catiguebo,  bei  Aguirre  Catibebo,  in 
einer  Stärke  von  1000  Köpfen  mit  dem  alten  Kaziken  Nabidrigui  oder  Camba  lässt  er 
westlich  des  grossen  Flusses  unter  21°  5'  s.  Br.  wohnen.  Mag  auch  dieser  Widerspi'uch  in 
unseren  Quellen  bemerkenswert  erscheinen,  wichtiger  ist  es,  dass  Azara  an  einer  anderen 
Stelle 4)  angibt,  dass  eine  Payaguä-Horde  der  Cadigue  unter  21°  ö'  s.  Br.  —  also  genau 
wie  seine  Mbayä-Catiguebo  —  am  Paraguay  gewohnt  habe.  Zwar  könnte  es  scheinen,  als 
sei  dieses  Zusammentreffen  zweier  fast  gleicher  Namen  auf  gleichem  Wohngebiete  auf  eine 
Verwechselung  zurückzuführen,  aber  Azara  sagt  ausdrücklich,  dass  die  Sitze  der  Cadigue- 
Paj'aguä  erst  nach  deren  Verpflanzung  nach  Asunciön  S)  von  den  Mbayä  eingenommen 
worden  seien.  Ausserdem  mag  wohl  die  in  jenen  Gegenden  wachsende  Pflanze  „Cadi", 
nach  der  sich  z.  B.  die.  Mbayä-Catiguebo  in  ihrem  eigenen  Idiom  als  „Cadigueeguo"  bezeich- 
neten 6),  auch  den  Cadigue-Payagud  ihren  Namen  geliefert  haben. 

Die  Catibebo  Aguirres,  die  bei  de  Pasos  Guativevo  und  bei  Azara  —  wie  wir  sahen  — 
Catiguebo  genannt  werden  ,  wohnten  unter  21°  s.  Br. '').  Dieser  Stamm  der  Mbayä  setzte 
sich  aus  vier  „Toldos"  zusammen,  von  denen  sich  zwei  auf  dem  Ostufer  des  Rio  Paraguaj'' 
und  die  beiden  anderen  jenseits  des  Flusses  tiefer  im  Innern  des  Chaco  befanden.  Aguirre 
schätzte  die  Zahl  seiner  Catibebo  auf  800  Personen  (dai'unter  300  Männer) ,  während  bei 
Azara  allein  die  westlichen  Catiguebo  auf  1000  Köpfe  veranschlagt  wurden.  Der  Kazike 
dieser  letzteren.  Pedro  Nabidrigui  oder  Camba,  dessen  Körpergrösse  die  Spanier  in  Erstaunen 
setzte,  soll  ein  Alter  von  ungefähr  120  Jahren  besessen  haben,  denn  er  war  ein  Knabe, 
als  der  Bau  der  Kathedrale  von  Asunciön  (1689)  begann  S). 

An  die  Catibebo  schloss  sich  nach  Osten  hin  der  kleine  Stamm  der  MbayäOcotegueguo 9) 
an;  er  umfasste  nur  200  Individuen. 

Auch  über  die  nördlichen  Stämme  der  Mbayä  gehen  die  Angaben  Aguirres  und  Azaras 
auseinander.  Während  Azara  lO)  die  drei  Stämme  der  Tchiguebö,  Gueteadebö  und  Beutuebö 


')  Mini  =  klein,  gtiazii  —  gross,  Guarani. 
=)  Aguirre,  p.  475  f. 
')  Azaba  II,  p.  103  f. 
*)      —      II,  p.  119.  ')  S.  u.  p.  51. 

«)  Aguikke,  p.  476.  Los  Mbayäs  absoliitamente  se  denoniinan  por  las  circiinstancias  de  la  lierra  en  qua 
viven,  p.  475. 

')  AouHiKE,  p.  476.  —  DE  Pasos,  p.  33. 

')  Azara  II,  p.  104.  -  do  Peado,  p.  26.  9)  Aguirre,  p.  476  f.  '»)  Azaea  II,  p.  104. 


-    48    - 

mit  einer  Seelenzalil  von  zusammen  2000  zwischen  21°  und  20°  40'  im  Osten  des  Rio  Paraguay 
auf  den  Hölienzügen  von  Noatequidi  und  Noateliyä  wohnen  lässt,  hatten  nach  Aguirbe  i) 
die  Gueteadeguo  unter  ihrem  damaligen  Kaziken  Pablo  EmadicxUi  und  die  Echigueguo  unter 
Jaime  NiYOCOLADi,  beide  Stämme  je  500  Seelen  stark,  beide  Ufer  des  Paraguay  um  den 
20.  Grad  im  Besitze.  Wenn  auch  die  von  Aguirbe  angeführten  Namen  sich  mit  denen  der 
Gueteadebö  und  Tchiguebö  bei  Azara  decken  mögen,  so  bleiben  doch  hinsichtlich  der 
Kopfzahl  und  der  Lage  der  Wohnsitze  noch  bedeutende  Widei-sprüche  bestehen.  Im  Jahre 
1799  Hess  sich  bei  Coimbra  ein  Haufen  von  800  „Guaycurüs"  nieder,  deren  Zahl  in  den 
folgenden  Jahren  durch  Zuzüge  aus  dem  Chaco  bis  auf  fast  2000  Köpfe  stieg  -).  Alle  diese 
nördlichen  Mbayä  an  der  matogrossenser  Grenze  —  die  später  nach  Martius  (ca.  1820)  in 
sieben  Aldeas,  vermischt  mit  Guanä  und  Ghamacoco,  hausten  —  machten  im  18.  Jahr- 
hundert einen  Entwickelungsprozess  vom  Pferdenomaden  zum  typischen  Flussnomaden 
durch;  diese  durch  die  Naturumgebung  begonnene  Umwandelung  wurde  besonders  durch 
den  Bund  mit  den  Payaguä  gefördert  S). 

Das  eigenartige,  halb  freiwillige,  halb  gezwungene  symbiotische  Verhältnis,  in  dem 
der  friedsame  ackerbauende  Nu-Stamm  der  Guanä  zu  den  stolzen  und  herrischen,  an  Zahl 
ihm  bedeutend  unterlegenen  Mbayä  stand,  kam  nicht  nur  dadurch  zum  Ausdrucke,  dass 
zahlreiche  Guana-Indianer  einzeln  innerhalb  von  Stammesgemeinschaften  der  Mbayä  lebten, 
sondern  auch  in  einer  Durchsetzung  des  Mbayä-Gebietes  mit  Enklaven  von  geschlossenen 
Guanä-Horden.  Bei  der  Betrachtung  der  Nu-Stämme  im  nördlichen  Chaco  werden  wir 
versuchen ,  die  Wohnsitze  der  Guanä  genauer  festzulegen  *). 

e)    Die  PAYAGua. 

Die  heute  im  Hafenviertel  von  Asunciön  hausenden,  dui-ch  Alkohol  und  Geschlechts- 
krankheiten arg  degenerierten  40  bis  50  Payaguä  5)  sind  der  klägliche  Rest  eines  Stammes , 
der  einst  den  Rio  Paraguay  beinahe  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  beherrschte.  Grosse, 
weitverzweigte  Flusssysteme  haben  immer  die  Ausbildung  einer  solchen  Art  von  Wasser- 
nomadismus begünstigt,  wie  er  bei  diesem  Zweige  der  Guaikurü-Familie  zur  Auspi'ägung 
gelangt  ist.  Die  wie  so  viele  andere  Stämme  dieser  Gebiete  den  Lippenpflock  tragenden  und 
daher'' mitunter  —  so  von  Azaras  Begleiter  Pedro  Cerviiio  —  als  „Lenguas"  bezeichneten 
Payaguä  waren  „Canoeros" '  x«r'  l^o^v'  und  als  solche  zugleich  gefürchtete  Flusspii-aten  6). 
Man  hat  von  ihrem  Namen  das  Wort  „Paraguay",  ursprünglich  „Payaguay",  d.  i.  Fluss  der 
Payaguä ,  ableiten  wollen  ''). 

Schon  bei  der  Ankunft  der  Spanier  zerfielen  die  Payaguä  in  zwei  Unterstämme,  von 
denen  nach  Azara»)  der  eine,  die  Gadigue,  unter  21°  5'  und  der  andere,  die  Magach  — 
so   genannt   nach  dem  Kaziken  Magach  -  unter  25°  17'  s.  B.  auf  dem  Paraguay  woimte. 


')  Aguiere,  p.  477. 

?  AGUirE'   p"4^ -DO  Ibado    p.  40.  -  Martius.  Beiträge  I,  p.  228.  ^)  S.  u.  p.  69. 

^1  Koch     Die'GSLm-Stämme    aLbus  Bd.  81,  p.  111;  Mitt.  der  Authr.  Gesellsch.  in  Wien  XXXIII, 

^'  ^Vdo'prado,  p.  40,  sagt:  , Payagoäs,  os  quaes  podemos  ter  quasi  por  ampliibios,  pelo  grande  uso 

que  fazem  das  aguas,  e  pelo  muito  que  nella  säo  destros. "  P^rao-ncv" 

')  AZA.BA    II     p    119.  Umgekehrt  deutet  Ruiz  de   IVIontoya  ihren  Namen  als   „Volle  des   Paiaguay 
(paragutyguara).  Cf-    Martius  ,  Beiträge  I,  p.  225.  -  Siehe  darüber  die  ausführlicheren  Angaben  Kochs  in 
den  Mitt   d.  Antlir.  Gesellsch.  in  Wien  XXXIII,  p.  34.  ')  Azara  II,  p.  119  f. 


-    4ü    - 

Die  alte  Nation  der  Agaces,  die  —  in  Lebensweise  völlig  den  Payaguä  gleichend  — 
im  IH.  Jaiirhundeit  am  unteren  Paraguay  nördlich  der  Bermejo-Mündung  sass,  dürfen  wir 
wohl  mit  AzARA  als  Payagua  selbst  ansprechen  oder  wenigstens  mit  Brinton  oder  Lafone 
QuEVEDO  als  nächste  Verwandte  der  Payagua  unter  die  Sprachgruppe  Guaikurü  einreihen  i). 
Nach  Azara  2)  bezeichneten  einst  die  Spanier  nur  die  nördliche  Horde  der  Payagua,  die 
Cadigue,  mit  Payagua,  während  sie  den  Namen  der  südlichen  Horde,  der  Magach,  in 
Agaces  korrumpierten. 

Mit  den  Agaces- Payagud  traten  die  Spanier  schon  sehr  früh  in  Berührung,  denn  das 
Aktionsgebiet  dieser  Indianer,  der  Paraguay,  ist  bald  Hauptverkehrsader  des  Landes 
geworden.  Bei  der  ersten  Befahrung  des  Paraguay  durch  Sebastian  Gaboto  (1527)  suchten 
die  Agaces  der  Flottille  des  Admirals  40  Leguas  oberhalb  der  Mündung  des  Flusses  mit 
mehr  als  300  Kanus,  die  sie  in  drei  Geschwadern  aufgestellt  hatten,  die  Durchfahrt  zu 
versperren,  wurden  aber  blutig  zurückgeschlagen.  Auch  die  Expedition  des  Pedro  de 
Mendoza  hatte  zehn  Jahre  später  mit  ihnen  an  derselben  Stelle  einen  Kampf  zu  bestehen  ^). 
Von  unserem  Landsmanne  Schmidel  "*)  haben  wir  einen  Bericht  über  dieses  Zusammen- 
treffen mit  den  Agaces:  „Khamen  zu  einer  nazion,  heisen  Aigeiss,  habenn  auch  fischs  unnd 
fleischs;  item  sindt  lanng  unnd  geradt  zu  peiden  teilen,  die  frauenpilter  .sindt  schönn , 
sindt  gemalt  unnd  umb  die  schäm  bedeckht.  Wie  wir  zu  diesen  khamen ,  stellen  sie  sich 
zu  wehr  unnd  pegerten  wieder  unns  krieg  zu  füren ;  damit  sie  unns  nit  weiten  lassen  fort 
passiren ;  do  wir  solches  vernamen,  da  khain  mittl  entzwischen  helfen  weit,  befalen  wirs 
got  dem  almechtigen  unnd  machten  alsdann  unnser  ordinanz  zu  wasser  unnd  zu  lannd 
wieder  sie,  schlugen  mit  ihnen  und  prachten  der  Aigas  sehr  vil  umb  unnd  sie  uns  pey  15 
man  eilegten.  Gott  genat  inen  allensampt.  Diese  Aeiges  sein  die  dreflichsten  oder  pesten 
kriegsleut,  so  auf  dem  wasser  erfunden  werden,  aber  zu  lannt  sind  sie  nicht  dergleichen."  — 
Kurze  Zeit  darauf  rächten  die  Spanier  im  Bunde  mit  den  Carlos  (Guarani)  ihre  gefallenen 
Kameraden:  „Do  unnser  oberster  hauptman  solches  alles  beschlossen,  nam  er  300  Spanier 
unnd  diese  Carlos  unnd  zugen  das  wasser  abwertz  unnd  darnach  zu  landt  die  30  meil,  da 
die  genanten  Aigais  woneten.  Also  fannden  wirs  am  foringenn  plaz,  da  wirs  gelassen, 
unnd  überfülen  sie  un versehener  dieng  in  iren  heyseren,  da  sie  noch  schlieffenn,  morgens 
fru  zwischen  3  und  4  urn,  dann  die  Carlos  hettens  ausgespirt  oder  gespecht:  da  schluegenn 
wir  jung  unnd  alt,  alle  menschenn  zu  todt,  dann  die  Carlos  habens  in  prauch,  wens 
kriegen  unnd  obliegen,  so  muss  es  alles  dran,  haben  kein  erparmung  über  das  folckh. 
Demnach  namen  wir  500  cannanon  oder  zillen  unnd  verpreneten  alle  die  fleckhen,  die 
wir  fanden ,  unnd  tehten  grosenn  schadenn". 

Cabeza  de  Vacä  5)  schloss  mit  den  Agaces  Frieden,  den  sie  aber  nicht  hielten,  wes- 
halb sich  wiederholt  StrafzQge  nötig  machten.  Als  ihre  Räubereien  und  Angriffe  auf  die 
Umwohner  von  Asunciön  überhand  nahmen,  wurden  Alonso  Riquelme  de  Guzman,  der 
Vater  des  Historiographen ,  und  Rui  Garcia  Mosquera  mit  200  Soldaten  und  1000  befreun- 
deten Indianern  zu  ihier  Unterwerfung  ausgesandt.  Damals  wurden  die  Agaces  zum  grössten 


')  xVzAEA  II.  119  ff.  -   Brinton,  Linguistic  Cartography,  p.  200.  -  Lafone  Quevedo,  Bol.  XX,  p.  61, 
1899.  -  Cf.  DE  Angelis  I,  Indiue  pp.  II,  XL,  LXIV.  -   Waitz  III.  p.  468. 
")  AZAEA  II,  p.  119  ff. 

')  Guzman  (1612i,  Historia  Aigentiiia,  pp.  20,  37. 
">  CCHMIDEL,   p.   42  f.,  p.  46  f. 
'*  Cabeza  de  Vaca,  Ausg.  Dominguez,  pp.  131  ff.,  L50,  L58,  238  f. 

L  A.  f.  E.     XVIL  7 


-    50    - 

Teile  gefangen  oder  getötet  i).  Dies  scheint  auch  der  wahre  Grund  zu  sein,  warum  seitdem 
der  Name  der  Agaces  verschwindet,  während  Azara  2)  behauptet,  dass  die  Spanier  nach 
dem.  Tode  Magachs,  nach  dem  sich  der  Stamm  nannte,  die  Bezeichnung  „Agaces"  ver- 
gessen und  dafür  den  Namen  „Payaguä"  auch  auf  die  Reste  der  Agaces  überti-agen  hätten. 

Die  nördliche  Horde  der  Payagua,  die  schon  mehrfach  erwähnten  Cadigue  oder  —  wie 
sie  von  den  Spaniern  genannt  wurden  —  Sarigue^),  hat  über  zweihundert  Jahre  lang 
mit  den  Weissen  im  Kampfe  gelegen,  ehe  sie  vor  ihnen  die  Waffen  streckte.  Die  Sarigue- 
Cadigue,  die  Guzman  verräterisch  und  hinterlistig  nennt,  waren  es,  die  1537  den  Juan  de 
Ayolas  mit  seinen  200  Spaniern  auf  der  Rückkehr  von  der  Suche  nach  einem  Goldlande 
im  Nordwesten  ermordeten  4).  Ihr  Gebiet  lag  damals  am  Pan  de  Azucar,  der  in  Schmidel 
so  lebhafte  Erinnerungen  an  seinen  heimatlichen  „Pogenberg"  wachiief,  sowie  am  Mariä- 
Lichtmess-Hafen  (Puerto  de  Candelaria,  21°  5'  s.  Br.)  S).  Später  zerstörten  sie  einen  spani- 
schen Marktflecken  am  Rio  Jejuy  und  die  Ansiedelung  der  Ohoma-Indianer  6)  und  bedrohten 
beständig  die  Kolonien  längs  des  Rio  Paraguay,  wie  sie  denn  überhaupt  die  hartnäckigsten 
Feinde  der  Weissen  geblieben  sind.  Im  Jahre  1703  wurden  die  Patres  Bartolome  Ximenez 
und  Johann  Baptist  Neumann  und  zwölf  Jahre  später  die  zur  Aufsuchung  eines  direkten 
Weges  zu  dem  Chiquitenlande  ausgesandten  Missionare  Arge  und  Blende  von  den  Payagua 
aufs  grausamste  ermordet').  Solange  die  Payagua  mit  den  Mbaya  verbündet  auftraten 
(1719  bis  1768)8),  ^ar  eine  gedeihliche  Entwickelung  der  portugiesischen  Kolonien  am 
oberen  Paraguay  und  an  dessen  Zuflüssen  unmöglich.  Quiroga  9)  erzählt,  dass  sich  die 
Cuyabaner  schliesslich  gezwungen  sahen,  alljährlich  eine  Kriegsschaluppe  nach  dem  oberen 
Tacuary  zu  schicken,  um  Überfälle  der  Payagua  und  Mbaya  auf  die  paulistischen  Handels- 
karawanen zu  verhindern. 

Obgleich  die  Payagua,  über  deren  Lebensweise  Azara  und  Dobrizhofper  eingehendere 
Mitteilungen  machen  lO),  ihre  Streifzüge  in  Kanus,  die  vierzig  Mann  fassten,  bis  nach 
Cuyaba  und  zum  oberen  Tacuary  im  Nordosten  und  bis  weit  über  Asunciön  hinaus  nach 
Süden  ausdehnten,  so  hielten  sie  sich  doch  hauptsächlich  in  der  Nähe  des  Mbayä-Landes 
auf  11).  Dort  traf  sie  auch  der  Pilot  Ignacio  de  Pasos  i2)  zahlreich  an ,  und  Jolis  i3)  ver- 
zeichnet sie  als  „Corsari  del  Paraguay"  zwischen  dem  21.  und  25.  Grade.  Zu  bemerken 
bleibt   dabei,   dass  sich   die  südliche   Horde   der   Payagua,   die  Tacunbii  oder  Siacua,  nach 


')  GczMAN  p  111.  Auch  Barco  Centenera  hat  diesen  Sieg  seiner  Landsleute  besungen:  La  Argentina 
o  \A  conquista  del  Rio  de  la  Plata,  poema  histörico,  Lissabon  1602.  Bei  de  AnCxElis  II,  p.  28,  Buenos 
Aires,  1836. 

■)  Azara  II.  p.  119.  ^    ^  _,■  r^nr 

3)  Azara  II,  p.  120.  -  HERväs,  p.  186  f.  -   de  Angelis  I,  Indice  p.  LXIV. 

4)  Guzman,  pp.  38,  71.  -  Barco  Centenera,  a.a.O.  p.  43.  -  Schmidel,  p.  51.  -  Cabeza  de  Vaca, 
p.  182.  -  Charlevoix  I,  p.  73.   -  Azara  II,  p.  120. 

5)  Schmidel,  p.  48  ff.  -  Cabeza  de  Vaca,  p.  185.  ,      ,,.    •      o,  T^• 
«)  Die  Ohoma  oder  Mahoma  wohnten  nach  den  älteren  Autoren,  z.B.  Guzman  {p.  11),  im  Uiaco.    Uie 

Laguna  de  las  Perlas  bei  der  zerstörten  Stadt  Concepciön  del  Bermejo  hiess  nach  ihnen  einst  Laguna  de 
los  Ohomas.  —  de  Angelis  I,  Indice  zu  Guzman,  p.  LI.  i£,r,      .    ,    j      .]     *.    i 

')  Charlevoix  IV,  p.  293.  -  HERväs,  p.  187.  -  Nach  Dobrizhopfer  I,  p.  127,  starb  der  deutsclie 
Jesuit  Neumann  infolge  der  Strapazen  der  Reise. 

8)  DO  Prado  p.  40  ff.  -  S.  0.  p.  44. 

")  Quiboga,  cap.  II,  p.  14  ff.  -   dg  Prado,  p.  40  ff. 

'»)  Azara  II,  pp.  119-145.  -  Dobbizhoffer  I,  pp.  147-152. 

")  Letti-es  edifiantes  et  curieuses,  1717-22,  Teil  XIV,  Bd.  7.    Lettre  du  P.  de  Haze  (1718),  p.  202  ff.  - 

HUONDEB,   MS.    p.   389.  T.r  ofl   «■ 

'2)  Ignacio  de  Pasos,  Diario  de  una  navegacion,  bei  de  Angelis  iV,  p.  ^b  n. 
■3)  JoLis,  p.  459  u.  Karte. 


-    51    - 

AzARA  die  Reste  der  Af^iaces,  damals  schon  in  Asunciön  befand,  wo  sie  der  Gouverneur 
Rafael  de  LA  MoNEDA  nacli  dem  Abschlüsse  eines  für  sie  sehr  vorteilhaften  Schutz-  und 
Trutzfriedens  im  Jahre  1744  angesiedelt  hatte  i).  Als  fünfzig  Jahre  später  auch  die  Cadigue- 
Sarigue  im  Norden  die  Aussichtslosigkeit  ihres  Kampfes  gegen  die  Spanier  einsahen, 
schlössen  sie  sich  den  TacunbüSiacuä  an  2).  Beide  Horden  zusammen  zählten  damals 
1000  Seelen  3).  Obgleich  sie  mit  den  Einwohnern  von  Asunciön  in  einem  regen  Handel 
mit  Fischen ,  Flechtwerk  und  Kanus  standen ,  dessen  Ertrag  sie  meist  in  Schnaps  um- 
setzten, so  haben  sie  doch  ihre  Gebräuche  und  Zeremonien  noch  lange  streng  bewahrt. 
Vor  allem  haben  sie  sich  gegen  die  Mission  ablehnend  gezeigt,  dergestalt,  dass  sie  mit 
Wiederaufnahme  der  Feindseligkeiten  drohten,  als  1792  ein  übereifriger  Gouverneur  153 
Kinder  unter  zwölf  Jahren  taufen  liess'').  Wir  erwähnten  schon,  wie  sehr  die  Zahl  der 
Payaguii  bis  heute  abgenommen  hat.  Noch  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  zählten 
sie  200  Individuen ;  der  Kontakt  mit  der  Zivilisation  und  besonders  der  blutige  Paraguay- 
Krieg  brachten  sie  dem  Untei-gange  nahe  5). 

In  den  noch  von  Eschwege  und  Rengger  •>)  am  oberen  Pai'aguay  erwähnten  Payagua 
haben  wir  diejenigen  Angehörigen  dieses  Stammes  vor  uns,  die  innerhalb  des  Bereiches 
der  Portugiesen  lebten  und  daher  nicht  von  den  Spaniern  nach  Asunciön  verpflanzt  worden 
waren.    Wie  die  Mbaya  versprachen  auch  sie  im  Jahre  1791  fortan  Frieden  zu  halten'^). 

f)    Die  GuACHi  (Guatschi). 

Das  kleine  Volk  der  Guachi  oder  Guachie,  deren  Identität  mit  den  von  den  ältesten 
Autoren  8)  genannten  Guarapayo,  Guasarapo,  Baschereposs  oder  Guaxarapo  gesichert 
erscheint,  reiht  Koch 9),  auf  dessen  gründliche  Untersuchungen  hier  verwiesen  sei,  unter 
die  Sprachgruppe  „Guaikurü"  ein.  In  ihrer  Lebensweise  als  Fischer  und  Flusspiraten  waren 
die  heute  als  Stamm  wohl  erloschenen  Guachi  den  Payaguä  und  Guatö  ähnlich,  wie  schon 
QüiROGA  10)  bezeugt.  Zu  Azaras  Zeit  zählten  die  Guachi  immerhin  noch  annähernd  sechzig 
Krieger  und  wohnten  in  entlegenen,  fieberreichen  Schlupfwinkeln  nördlich  des  20.  Parallels 
am  Rio  Mondego  oder  Rio  Guachie  (Rio  Guasarapo,  heute  Rio  Miranda)  ").  Geschworene 
Feinde  der  Payagua,  standen  sie  zu  den  Mbaya  wohl  in  dem  gleichen  nahen  Bundes-  und 
Abhängigkeitsverhältnisse  wie  die  GuanaiS).  Die  Jesuiten  in  der  Provinz  Itatin  hatten  bei 
den  Guachi  bereits  im  17.  Jahrhundert  missioniert,  jedoch  wegen  der  Einfälle  der  „Mame- 
lucos"  von  Säo  Paulo  ohne  dauernden  Erfolg  i3). 


')  HEBväs,  p.  186  f.    -    AZARA  II,   p.  120. 

J)  Aza  RA  II,  p.  120. 

')  HuüNDER,  MS.,  p.  389.  —  DO  Prado,  p.  41. 

■*)  AzAKA  II,  122  f.  —  AzAEA,  Informes  sobie  varios  proyectos  de  colonizar  el  Chaco,  bei  de  Angelis  IV, 
p.  4.  —  HERväs  p.  186.  —  DoBRizHOFFEH  I.  p.  148.  —  Guevara,  Historia  del  Paraguay  p.  200.  —  Qüiroga,  p.  7. 

*)  Koch,  Milt.  der  Anthrop.  Ues.  XXXIII,  p.  36. 

«)  Eschwege,  .loiirnal  von  Brasilien,  Weimar  1818,  II  p.  287.  —  Rengger,  Reise  nach  Paraguay 
(1818-26).   Aaiau  1835,  p.  135  f. 

')  S.o.  p.  45.  -  DO  Prado,  p.  44  ff. 

»)  ScHMiDFL,  p.  62.  —  Cabeza  DE  Vaca,  p.  189  ff.,  222  ff.  —  GuzMAN,  p.  38.  43,  61.  -  Cf.  Azara  II, 
p.  78  ff.  —  Aguirre,  p.  483.  —  do  Prado,  p.  38. 

9)  Koch,  Globus  81,  p.  111  f.;  Mitteil,  der  Anthrop.  Ges.  XXXIII,  p.  38  ff. 

'")  QuiROGA ,  cap.  II ,  p.  7. 

")  Azara  II,  p.  78  ff.  -  Martius,  Beiträge  I,  p.  243  f. 

'■)       -       11,  p.  80.  —  DO  Prado,  p.  38.  —  Aguirre.  p.  483.  —  HERvas,  p.  192. 

")  HERväs,  p.  191.  —  Adeluno-Vater  (Mithridates  od.  allg.  Sprachenkunde,  Berlin  1806-17,  Teil  III, 


52 


III.    Die  Mataco-Mataguayo-Stämme. 

Das  vom  Pilcomayo  im  NO,  den  Stammessitzen  der  Toba,  Molcovi  und  Abipön  im  SO 
und  dem  Rio  Juramento  (oberer  Salado)  sowie  den  Anden  im  W  begrenzte,  also  die  west- 
liche Hälfte  des  mittleren  und  südlichen  Chaco  umfassende  Gebiet  wurde  einst  von  zahl- 
reichen Stämmen  bewohnt,  deren  heute  teils  kaum  mehr  unvermischte  Überbleibsel,  teils 
nach  dem  Innern  hin  noch  fast  unberührte  Nachkommen  in  spi-achlicher  und  demnach  in 
einem  engeren  Sinne  genetischer  Hinsicht  zwei  Gruppen  angehören,  die  der  argentinische 
Sprachforscher  nacli  den  beiden  Hauptstämmen  als  Mataco-Mataguayo  und  Vilela-Lule 
bezeichnet  i). 

Der  heutigen  Lagerung  und  Zusammensetzung  der  Mataco-Mataguayo-Gruppe 
aus  den  bereits  genannten  2),  wesentlich  durch  die  wackere  Mitarbeit  der  Franziskaner- 
Missionen  Boliviens  S)  erforschten  Einzelstämmen  und  ihrer  i'äumlichen  Ausbreitung  gehen 
völlig  andere  Verhältnisse  voraus.  Welche  von  den  zahlreichen  Stämmen  und  Stammes- 
namen, die  im  Laufe  von  350  Jahren  in  diesen  Gebieten  des  westlichen  Chaco  erscheinen, 
dieser  Gruppe  zuzuzählen  sind ,  lässt  sich  heute  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  mit  einiger 
Bestimmtheit  feststellen.  Es  hat  sich  gezeigt*),  dass  nicht  nur  die  Mal  bald  und  Matara, 
sondern  dass  auch  die  im  ersten  Jahrhundert  der  spanischen  Herrschaft  vielgenannten 
alten  Tonocote  Glieder  ebenderselben  Gruppe  waren.  Erst  seitdem  es  gelungen  ist,  die 
unheilvolle  Verwirrung  zu  lösen,  die  MachoniS)  mit  seiner  Behauptung  angerichtet  hatte, 
dass  die  Tonocote  gleichen  Stammes  mit  den  Lule  wären,  ist  man  über  die  älteren  Völker- 
verhältnisse im  südwestlichen  Chaco  einigermassen  genauer  unterrichtet. 

Was  wissen  wir  nun  über  die  Ge.schicke  der  Mataco-Mataguayo-Stämme,  ihre  Wan- 
derungen und  ihre  geographische  Verbreitung? 

In  ausgesprochenem  Gegensatze  zu  den  Guaikurü-Stämmen  werden  sie  als  friedfertig, 
dem  Ackerbau  und  Handel  geneigt,  dabei  aber  als  sehr  hinterlistig  und  feig  geschildert 6). 
Wie  sie  sich  ihren  Erbfeinden  gegenüber,  den  Guaikurü,  stets  unterlegen  gezeigt  haben, 
so  geschah  auch  deren  Expansion  nach  S  und  SW  fast  überall  auf  ihre  Kosten.  Überhaupt 
überwiegen  in  ihrer  Geschichte  mehr  die  passiven  Züge.  Brinton ')  will  aus  der  Tatsache, 
dass  sie  in  geschlossenem  Zusammenhange  wohnen,  gleichsam  wie  durch  äusseren  Druck 
zusammengepresst,  die  Wahrscheinlichkeit  ableiten,  dass  sie  das  älteste  Bevölkerungs- 
element im  Chaco  darstellen. 


p.  469,  473  f.)  machen  über  die  Gruachi  mehrere  offenbar  unrichtige  Angaben.  Die  Identifikation  des 
Fischervölkchens  der  Guatö  (an  der  Laguna  de  la  Cruz,  am  Tacuary,  Säo  Laurenze  und  Paraguay  selbst, 
z.  T.  in  Aldeas  bei  Albiiquerque)  mit  den  Guachi  ist  unhaltbar. 

')  Lafone  Qqkvedo,  Lenguas  argentinas;  grupo  Mataco-Mataguayo;  dialecto  Nocten ,  Bol.  XVI,  p.  343  ff. 
1806;  Dialecto  Vejoz,  Bol.  XVII;  Los  Indios  Matacos  y  su  lengua,  Bol.  XVII;  Progresos  de  la  etnologia, 
Bol.  XX,  p.  62.  —  Juan  Pelleschi,  Los  Indios  Matacos  y  su  lengua,  Bol.  XVII,  XVIII,  1896-97.  — 
Brinton,  Linguistic  Cartography,  1898,  p.  181  u.  194.  —  Amadeo  Baldrioh,  El  Chaco  central  norte, 
Buenos  Aires,  1890. 

-)  S.  0.  p.  26. 

')  P.  Cakdüs,  Las  misiones  franciscanas  entre  los  infleles  de  Bolivia,  Barcelona  1886.  —  Lafone 
QuEVEDO  u,  a   bezogen  ihre  Informationen  von  den  Franziskanerpatres. 

■■)  Lafone  Quevedo,  Los  Lules,  Bol.  XV.  —  Pelleschi,  Matacos,  Bol.  XYIL 

')  Machoni,  Prologe  zum  Vocabulario  de  la  lengua  Lule  y  Tonocote,  Madrid  1732.  —  S.  o.  p.  6.  — 
HEEväs,  p.  166   ff. 

6)  HEHvas,  p.  164:  naci6n  mas  vil  del  Chaco...  —  Huonder,  MS.  p.  388. 

')  Beinton,  Linguistic  Cartography,  p.  181  f. 


-    53    - 

An  aniieier  .SlcUe ')  ist  bereits  angedeutet  worden,  dass  im  16.  Jahrhundert  viele 
Tausende  von  Tonocote-Indianern  des  oberen  Salado,  von  den  Spaniern  zu  Hörigen  herab- 
gedrückt und  in  i'^ncomiendas  vereinigt,  in  den  Bezirken  von  Esteco,  Santiago  del  Estero 
und  San  Miguel  del  Tucuman  lebten  und  dass  hier  die  Mission  unter  Francisco  Solang, 
dem  „Apostel  des  Chaco",  schon  sehr  zeitig  ihre  Tätigkeit  -  wenn  auch  ohne  tieferen 
Erfolg  -  begann.  Wenngleich  es  auch  sicherlich  Übertreibung  ist,  wenn  berichtet 2)  wird, 
dass  allein  30000  Männer  der  Tonocote  bei  Esteco  impatroniert  gewesen  seien,  so  ist  doch 
die  Tatsache  nicht  wegzuleugnen,  dass  die  Tonocote  sehr  volkreich  gewesen  sein  müssen. 
Übrigens  scheint  es  mir,  als  sei  Tonocote  nicht  der  Name  eines  einzelnen  Stammes, 
sondern  ein  Sammelbegriff  für  alle  bis  dahin  bekannte  Indianer  gewesen,  die  verwandte 
Idiome,  nämlich  der  heutigen  Mataco-Mataguayo-Gruppe,  sprachen.  Nur  so  werden  nicht 
allein  die  hohen  Zahlenangaben  des  16.  und  17.  .Jahrhunderts  annehmbarer,  sondern  auch 
der  in  den  Quellen  3)  oft  wiederkehrende,  auffällige  Wechsel  in  der  Bezeichnung  eines  bei 
Concepciön  del  Bermejo  wohnenden  Stammes  der  Mataco-Mataguayo-Familie,  der  bald  als 
Matara,  bald  als  Tonocote  erscheint,  findet  damit  seine  Erklärung.  Wir  müssen  uns  hier 
versagen,  weiter  auf  die  Frage  über  das  "Verhältnis  der  altberühmten  „Tonocote-Nation"  zu 
den  Matarä  des  Bermejo,  ein  Problem,  das  zuerst  HERväs^)  zum  Gegenstande  seiner 
Untersuchungen  gemacht  hat,   näher  einzugehen. 

Der  Name  der  Tonocote  hat  sich  im  17.  Jahrhundert  verloren  5).  Die  Indianer  dieses 
Namens  sind  infolge  der  Bedrückungen  durch  die  Spanier  allmählich  .stark  zusammen- 
geschmolzen 6) ,  der  grösste  Teil  aber  entzog  sich  der  Herrschaft  derselben ,  indem  er  mit 
zahlreichen  Lule-Indianern  nach  Norden  zum  Rio  Pilcomayo  wanderte '').  Vieles  spricht 
dafür,  dass  sich  diese  Wanderung  an  der  Wende  des  16.  Jahrhunderts  vollzog.  Nach  einer 
alten  Tradition  S)  freilich  fällt  diese  Flucht  an  den  Pilcomayo  schon  in  die  Zeit  der  Ankunft 
der  Conqui.stadoren.  Wie  dem  auch  sei:  an  sich  bleibt  das  Faktum  einer  grossen  W^anderung 
bestehen.  Wenn  auch  noch  Lozano^)  Tonocote  am  Pilcomayo  und  Yabebiri  erwähnt  und 
in  seinem  Berichte  über  die  Missionsreise  des  P.  Osorio  (1630)  bemerkt,  dass  dieser  Tonocote 
am  Oberlaufe  dieses  Flusses  angetroffen  habe,  so  blieben  doch  die  Indianer,  denen  man  im 
16.  Jahrhundert  diesen  Namen  beigelegt  hatte,  im  Innern  des  Chaco  verschollen,  bis  erst 
jetzt  Pelleschi  10)  jn  dem  Stamme  der  Noctene  oder  Notene,  der  heute  zwischen  Pilcomayo 
und  Itiyüro  südöstlich  von  Caiza  wohnt,  die  Tonocote  der  Conquista  wiedererkannt  hat. 

Unter  den  schon  wiederholt  H)  genannten,  einst  in  der  Nähe  von  Concepciön  am 
Bermejo  hausenden  Matarä,  die  bisweilen  auch  als  Tonocote  und  Frentones  bezeichnet 
wurden,   begannen   bald   nach  der  Gründung  von  Concepciön  jesuitische  Missionare,  zuerst 


')  S.o.  p.  13,  22.  —  Cf.  HERväs,  p.  164  if. 

2)  HERväs,  p.  164  ff.,  169.  —  de  Angelis  I.  Indice  zu  Guzman,  pp.  XXXI,  LXXVIII. 

')  Machoni,  Piülogo,  cit.  nach  HERväs,  p.  166  ff.,  berichtet,  dass  bei  Concepciön  del  Bermejo  60000 
Tonoootd  gewohnt  hätten,   del  Techo,  Lib.  I,  cap.  41  ff.  u.a.  erwähnen  nur  Matarä  in  dieser  Gegend. 

■•)  HERväs,  p.  168—171.  —  Ferner  handelte  über  diese  Streitfrage  Juan  Pelleschi,  Los  Matacos  5'  su 
lengua,  Bol.  XVII,  p.  .596  ff. 

')  LozANo,  p.  i96. 

^)  HERvds,  p.  169. 

')  Macho.ni,  Piölogo.  —  DE  Angelis  I,  Indice  zu  Guzman,  p.  LXXVII. 

»)  LozANo,  p.  54;  auch  HERväs  p.  167  und  Adelung-Vatek.  Teil  III,  p.  506  ff. 

')      -  p.  174  f.  —  HERViis,  p.  167. 

'")  Pellesciii,  Matacos,  Bol.  XVII,  p.  596  ff.  —  Sclion  vorher  hat  HERvas,  p.  167,  die  Tonocote  des 
P.  OsoRio  mit  den  alten  Tonocote  identifiziert. 

■')  S.o.  p.  13  u.  p.  31. 


-    54     - 

FoNTE  und  Angulo  und  dann  BäKCENA  und  Aüasco,  die  der  Gouverneur  Alonso  de  Vera 
von  Tucumdn  berufen  hatte,  das  Evangelium  zu  predigen  (1591),  angeblich  mit  solchem 
Erfolge,  dass  man  den  ganzen  Stamm  von  7000  Köpfen  taufen  konnte  i).  Ein  grosser  Teil 
der  Matarä  lebte  später  impatroniert  in  Dörfern  %  Durch  den  Fall  von  Concepciön  (1635) 
wurde  der  Stamm  zwar  von  seinen  spanischen  Schutzherren  befreit,  geriet  aber  bald  mit 
den  von  N  und  NO  heranflutenden  Guaikuni-Stämraen  in  Konflikt  und  wurde  seitdem 
mehr  und  mehr  vom  Bermejo  weg  in  den  Chaco  austral  abgedrängt  3).  Die  Patres  Pastor 
und  Gerqueira  berührten  dort,  100  Leguas  von  Santiago  del  Estero  entfernt,  auf  ihrer 
Missionsreise  im  Jahre  1641  das  Gebiet  der  Matara  und  fanden  noch  schwache  Spuren 
christlicher  Gebräuche  und  Anschauungen  bei  ihnen  vor  4).  Schliesslich  brachten  die  Abipön 
den  noch  immer  starken  Stamm  dem  Untergange  nahe  5).  Seine  Reste  wurden  im  begin- 
nenden 17.  Jahrhundert  in  einem  unter  28°  6'  am  Salado  gelegenen  Dorfe  Matarä  —  der 
Name  der  Stadt  Matarä  gibt  dort  noch  heute  von  dem  Stamme  Kunde  —  angesiedelt. 
Nach  JoLis  lebten  1767  daselbst  700-800  Matarä-Indianer,  die  der  adeligen  Familie 
Ureyola  tributpflichtig  waren  6).  Daneben  gab  es  aber  wohl  noch  „freie"  Matarä,  die  in 
einer   von    d'Orbigny  7)   citierten   Denkschrift   von    1790   als   Mabatara   im   südlichen   Chaco 

erscheinen. 

Traten  so  die  südlichen  Zweige  der  Mataco-Mataguayo-Familie,  die  Tonocote  und  Matarä, 
schon  frühzeitig  ins  Licht  der  Geschichte,  so  gelangte  dagegen  von  den  Stämmen  im 
Innern  des  Landes  am  Bermejo  und  Pilcomayo  erst  viel  später  unbestimmte  Kunde  zu  den 
Spaniern.  Leider  sind  die  teilweise  noch  von  Lozano  benutzten  Berichte  der  Jesuiten  über 
ihre  Missionsreisen,  die  sie  im  17.  Jahrhundert  weit  ins  Gebiet  der  Mataco-Mataguayo-Stämme 
ausdehnten  und  deren  ethnographischer  Nebengewinn  sicher  nicht  unbeträchtlich  war,  nicht 
auf  uns  gekommen;  sie  sind  jedenfalls  wie  so  vieles  andere,  für  die  Kenntnis  der  einstigen 
Völkerlagerung  im  Chaco  wichtige  Mateiial  verloren  gegangen  oder  bei  der  Ausweisung  der 
Religiösen  vernichtet  worden»).  Es  ist  daher  kaum  mehr  bekannt,  als  dass  sich  die  Paloma, 
Ojata  (=  Ocotäes?)9)  und  Churumata  um  den  oberen  Bermejo  gruppierten  lO). 

In  engere  Beziehungen  zu  den  Mataco-Mataguayo-Stäramen  —  zunächst  den  west- 
lichsten, der  Provinz  Tucumän  benachbarten  Zweigen  —  kamen  die  Spanier  erst  infolge 
der  Feldzüge  Ledesmas  und  während  der  kurzen  Lehensdauer  von  Guadaloazar  ").  Im 
Umkreise  dieser  Stadt  nahe  der  Centa-Mündung  hausten  die  Mataguayo,  deren  Name  in 
der  Form  „Mataqua"  zuerst  bei  Pater  Diego  Torres  (1608)  Erwähnung  findet  i2).  Angeblich 
zählten   sie  zur   Zeit  Ledesmas    30000  Seelen  i3).    Nach  der  Vertreibung  der  Spanier  missi- 


I)  DEL  Techo,  Lib.  I,  cap.  41,  42.  —  Machoni,  Prölogo.  —  HEEvas,  p.  164  ff. 

•i)  Lozano,  pp.  89,  94. 

3>       _         n   196.  —  Cf.  Pelleschis  Karte  im  Bol.  XVII. 

*)  DEL  Techo,  Lib.  XIII,  cap.  4,  5.  -  Lozano,  p.  196  f.  -  Charlevoix  II,  p.  411.  -  Dobbizhoffeb 
III,  p.  122.  -  de  Angelis  I,  Indice  p.  XXXI. 

*)  S  o.  pp.  18.  .32.  —  DoBRizHOFFEB  III ,  p.  10  ff.  -  Chaelevoix  IV,  p.  31. 

e)  Lozano,  p.  194.  -  Jolis,  p.  451.  -   HERvds,  p.  168.  -  Adelung- Vater,  III,  5U6  ff 

')  d'Orbigny  p  191.  Auch  die  Montaraces,  die  Lafüne  Quevedo  (Revista  del  Museol,  1890-91,  p.  115) 
auf  einer  Karte  des  Guillermo  Araos  (von  wann?)  fand,  sclieinen  Matani  gewesen  zu  sein. 

8)  de  Angelis  VI,  Diseurso  preliniinar  zu  Matoeras,  p.  III. 

9|  Ojata-Ocotaes .  s.o.  p.  14. 

1")  Chaelevoix  I,  p.  2.52;  IV,  pp.  1,  245.  -   Bol.  XVII.  p.  619. 

")  S.o.  p.  14. 

'-)  del  Techo,  Lib.  III,  cap.  28. 

'3)  -         -        Lib.  VIII,  cap.  15. 


-    55    - 

onierten    zeitweilig   Jesuiten    bei    den    Mataguayo    und    erneuerten    trotz  ilii-er  Misserfoige 

immer  wieder  ihre   Beliehrungsversuclie  ').    Wenn  wir  die  sonst  wenig  al<tiven  Mataguayo 

in   der   zweiten    Hälfte   des   17.  Jahrliunderts   mit   Macht   nach    W  und  SW   dräno'en    und 

die   Grenzstädte    wie   Jujuy    und    Esteco   anfallen    sehen,    sodass  sich   die  Strafexpedition 

Amusateguis  nötig  machte^),  so  möcliten  wir  darin  nicht  so  sehr  eine  spontane  oder  auch 

in    ihren    Ursachen    auf  den    Besitz    von   Pferden   zurückgehende    Expansion   erblicken  als 

vielmehr   die   Folge   eines    Druckes,    den   sie  von   Seiten    der  Guaikurü-Stämme  erfuhren. 

Denn    die   östlichen    Stämme    der   Mataco-Mataguayo    lagen    fortgesetzt   mit  den  Toba  im 

Kampfe   und  zogen   dabei  meist  den  kürzeren,  bis  sich  ihre  Stämme  der  Nocten,  Guisnay, 

Choroti    später    mit  ihren    Feinden   selbst  verbündeten   oder   teilweise  sogar  mischten  und 

mit  deren  Hilfe  ihre  eigenen  Stammesbrüder  im  Westen  häufig  bekriegten  3).    Diese  hatten 

ihrerseits  mit  den  Städten  Salta,  Jujuy,  San  Miguel  del  Tucuman  und  Santiago  del  Estero 

seit  etwa  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  Freundschaft  geschlossen,  waren  als  Arbeiter  in 

den  Holzfällereien  und  Zuckerrohrplantagen  tätig  und  bildeten  übei'haupt  als  ein  friedliches 

Element    von    Ansiedlern    die   Grenzmauer   gegen    die    „Indios  braves"    des   Chaco  4).     Die 

Jesuiten  machten  Angehörige  dieser  westlichen  Mataco-Mataguayo,  besonders  des  Mataguayo- 

Stammes  im  engeren  Sinne,  ausser  in  der  bereits  genannten  5)  Toba-Mission  San  Ignacio  de 

Ledesma  bei   den    Chiriguano  in   dei-   Reduktion  Nuestra  Seflora  del  Rosario  de  las  Salinas 

ansässige).    Die   Franziskaner,   denen  seit   1767—68   die   ehemaligen  Jesuiten-Stationen  an 

dem  östlichen   Abhänge  der  Anden    unterstellt  wurden,  fügten  diesen  im  Jahre  1779  eine 

weitere    hinzu,    Nuestra   Seflora   de  las  Angustias  del  Genta,   wo  Mataguayo-  und  Ve.joce- 

Indianer  Aufnahme  fanden  ').  Als  im  folgenden  Jahre  Oberst  Arias  seine  Expedition  «)  zum 

Zwecke  der  Pazifizierung  der  Bermejo-Stämme  unternahm,  waren  auch  alle  übrigen,  längs 

des  Rio   Berraejo   wohnenden   Mataco-Mataguayo  bereit,  in  festen  Ansiedelungen  unter  die 

Katechese  der  Franziskaner  zu   treten  9).    Damals   waren   schon  gegen  tausend  Mataguayo 

christianisiert  10);  davon  befand  sich  später  eine  grössere  Anzahl  in  San  Bernardo  de  Tobas 

am  mitteren  Bermejo  ii). 

Wie  einst  die  Bezeichnung  Tonocote  für  eine  Anzahl  von  untereinander  verwandten 
Einzelstämmen  Anwendung  gefunden  hatte,  so  wurde  im  18.  Jahrhundert  der  Name  der 
den  Spaniern  in  Tucumän  zunächst  wohnenden  Mataguayo  auf  die  nach  Osten ,  also  dem 
Innern  zu,  wohnenden  Stämme  ausgedehnt,  da  die  Jesuiten  bald  erkannt  hatten,  dass 
diese  und  die  Mataguayo  Dialekte  eines  und  desselben  Idiomes  sprachen  i2).  Die  „Mataguayo- 
Nation"  der  letzten   Jahizehnte  der  Jesuiten-Herrschaft  umfasste  ausser  den  eigentlichen 

')  DEL  Techo,  Lib.  XIII,  cap.  24.  -  Chaelevoix  IV,  30  ff.  -  HERvas,  p.  164  ff. 
-)  b.  0.  p.  14. 

D'ORBirNY''T  qk  f^'^'^T'  ^°^-  -"^X^^VP-  ^^^  ^-  -   '^"°^^^'  Explorations  dans  l'Aui.  du  Sud,  Paris  1891.  - 
DURBIGNY,  p.  9o  f.   -  Baldeich,  Las  Comarcas  virgenes,  p.  '^60 

VI,   p.^*u.Tv°'p   To'   ^'   ^^^'  ~  ^'"^^'   ^'''™'   P'    '■^-  ~   MORILLO,  pp.  6,  8.    -  CORNEJO,   bei  DE  Angelis 

'  ')  S.  0.  p.  38. 

.    j  'l^^^^^^'  PP-  }6-i.  192.  -   Tamajuncosa,  p.  51.    -    N.  S.  del  Rosario  (s.  u.  p.  68)  lag  unter  21°  50'  s  Br  • 
i.  J.  176^  waren  unter  den  310  Bewohnern  100  Mataguayo- Indianer  ■  ' 

7)   lAMAJüNcosA,  pp.  36,  51.  —  Über  die  Vejoce,  s.  u.  p.  56 

')  ö.  0.  p.  lo. 

»)  Arias,  Diario,  an  vielen  Stellen.  —  Matorras    d    10 

">)    —        pp    18  f.,  33,  38.  '  ^'      ' 

")  DE  Angelis  IV,  Proeinio  zu  Garcia  de  Solalinde.  —  k  o   p   38 

■)  HERvas,  p.  164.  —  Adelü.ng-Vater,  Teil  III,  p.  493. 


-    56   - 


Mataguayo  die  Mataco,  Abucheta,  Hueshuo,  Pesatupe  und  Imaca,  Stämme,  deren  Identität 
mit  den  bei  del  Techo  und  Lozano  genannten  Teuta,  Agoya,  Curumata  (Cluu-umata) , 
Tainoa  (Taynuyes),  Paloma,  Ojata,  Tafii  und  Xolota  meiirfach  bezeugt  wird  i).  Anscheinend 
gingen  fast  alle  diese  Einzelbezeichnungen  der  —  später  von  der  Linguistik  konstruierten  — 
Mataco-Mataguayo-Gruppe  verloren,  als  die  Jesuiten  diese  Gebiete  verliessen,  denn  Cornejo 
und  MoBiLLO  wissen  nur  von  den  Mataguayo  auf  dem  nördlichen  Ufer  des  Bermejo,  den 
Mataco  südlich  des  Flusses  und  den  Vejoce  (Bejose)  auf  dem  linken  Ufer  des  Bermejo  de 
Tarija  unterhalb  der  Centa-Mündung  —  wohl  schon  damals  bis  zum  Itiyüro  reichend  — 
zu  berichten.  Cornejo  bezeichnet  letztere,  von  denen  wir  einen  Teil  in  der  Franziskaner- 
Mission  am  Rio  Genta  wiederfanden,  bereits  als  Zweig  der  Mataguayo.  Übrigens  waren 
die  Stämme  im  Norden  und  Süden  des  Bermejo,  obgleich  verwandt,  geschworene  Feinde 2). 

Ist  es  bei  den  bisher  behandelten  Mataco-Mataguayo-Stämmen  nicht  immer  möglich, 
sie  im  Laufe  ihrer  geschichtlichen  Entwickelung  auseinandei-zuhalten,  so  treten  dagegen 
die  Malbalä  stets  als  scharf  umrissener  Einzelstamm  hervor.  Dieser  wenig  zahlreiche,  aber 
sehr  kriegerische  Stamm,  der  während  des  ganzen  17.  Jahrhunderts  mit  benachbarten 
Vilela-Stämmen,  besonders  den  Chunupi,  in  einem  engen  Bundesverhältnisse  stand,  war 
durch  die  Überflutung  des  südwestlichen  Chaco  mit  Guaikurü-Stämmen  aus  seinen  alten 
Sitzen  am  mittleren  Bermejo  vertrieben  worden  und  zeigte  sich  deshalb  den  "Wünschen 
des  Gouverneurs  Ubizar  y  Abespacochaga,  der  ihn  1710  bei  Buenos  Aires  ansiedeln  lassen 
wollte,  zunächst  sehr  gefügig 3).  Aber  auf  dem  Marsche  dahin  töteten  die  Malbala  ihre 
spanischen  Begleiter  und  flohen  in  ihre  Heimat  zurück.  Gleichwohl  ist  es  später  gelungen, 
den  grösseren  Teil  des  Stammes  in  der  Jurisdiktion  von  Buenos  Aires  ansässig  zu  machen  *). 
Weiterhin  wird  berichtet  5),  dass  schon  vorher  Malbalä-Indianer  bei  der  Gründung  von 
Miraflores  und  Valbuena^)  am  Salado  angesiedelt  worden  seien. 

Es  scheint,  als  ob  die  Jesuiten  diesen  Stamm  irrtümlicherweise  für  nahezu  erloschen 
gehalten  hätten',  denn-  nach  HERvas^),  dessen  Angaben  fast  ausschliesslich  auf  die  aus 
Südamerika  ausgewiesenen  Missionare  zurückgehen,  existierten  von  den  Malbala  im  Jahre 
1767  nur  mehr  wenige  Familien,  die  zerstreut  unter  Mokovi,  Vilela  und  Mataguayo  lebten 
und  deren  Sprache  angenommen  hatten.  Wenige  Jahre  später  aber  erfahren  wir,  dass 
nicht  nur  unter  den  400  christianisierten  Indianern  der  Vilela-Gruppe,  die  sich  haupt- 
sächlich in  der  Reduktion  Macapillo  aufhielten,  eine  beträchtliche  Anzahl  den  Malbalä 
zugehörte 8),  sondern  dass  es  neben  diesen  Jndios  mansos"  auch  noch  freie  Malbalä  gab, 
die  zusammen  mit  Völkersplittern  der  Vilela-Ötämme  das  rechte  Bermejo-Ufer  oberhalb 
San  Bernardo,  etwa  unter  dem  25.  Parallel,  inne  hatten  9).  Die  MalbaUi,  Chunupi  und 
Sinipe   bildeten    unter  einem  gemeinsamen  Oberhaupte  ein  Ganzes  lO),  wie  denn  überhaupt 


')  JoLis.  Karte:  nazione  Mataguaya.  —  Hervös,  p.  164.  -  Adelung-Vatee  Teil  III,  p.  493.  —  del 
Tkcho    Lib    VIII,  cap.  5.  -  Lozako,  p.  77.  —  Huonder,  MS.,  p.  388.   -   Waitz  IH,  p.  478. 

-)  MoRiLLO.  pp.  11,  21.  -    Cornejo,  pp.  27,  44  (1780).  -   S.o.  p.  b5 

ä|  Lozano,  pp.  84,  85.  -  Chaelevoix  IV,  p.  236  ff.  ,        ,      .     ■,     -.r  i,    i 

••  -  p  85  -  Es  ist  über  diese  Malbalä  am  La  Plata  nichts  beliannt,  weder  ob  sie  ihr  VolkstiitB 
noch  längere  Zeit  erhalten  haben,  noch  ob  sie  schon  bald  nach  ihrer  Ansiedelung  ausgestorben  sind. 

*)  DE  AnctEIjIs  IV,  Proemio  zu  Gaecia  de  Solalinde. 

6)  S.  u.  p.  59. 

')  HEEVas,  p.  175    -  Auch  Adelüng-Vatek,  Teil  III,  p.  494. 

8)  Aeias,  pp.  18  f.,  33,  38.  -  Morillo,  p.  16.  -  Coenejo  (1790),  p.  31.  -  S.  u.  p   61. 

')  Nach  den  Expeditionsberichten  des  Matorras,  Arias  und  Coenejo,  a.  v.  o.  -  b.  o.  p.  lo.  —  uiese 
Malbala  zählten  etwa  100  Krieger. 

'»)  Abias  (1780),  p.  18  f.  -  MoRiLi.o  (1780),  p.  14.  -  Coenejo  a<90),  p.  20. 


-    57    - 

die  schwachen  Stämme  des  mittleren  Bermejo  zeitig  zu  einem  Zusammenschlüsse  hinge- 
fülirt  worden  sind  i). 

Der  Versuch,  die  Ausbreitung  der  Mataco-Mataguayo-Familie  und  die  Vülkerlagerung 
im  südwestlichen  Chaco  für  die  zweite  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  festzulegen,  ist  mit 
einiger  Genauigkeit  nur  für  die  Stämme  längs  des  Bermejo  durchführbar.  Für  die  Gebiete 
im  Osten  am  Pilcomayo  muss  auf  die  Möglichkeit  einer  Rekonstruktion  der  dortigen 
Volkerverhältnisse  von  vorn  herein  verzichtet  werden,  da  um  jene  Zeit  die  Kenntnis  nur 
dunkel  oder  überhaupt  nicht  bis  dahin  reichte. 

Im  Westen  waren  die  Mataco-Mataguayo  im  allgemeinen  —  und  der  Stamm  der 
eigentlichen  Mataguayo  insonderheit  —  hineingelagert  in  die  von  den  Quellflüssen  des 
Bermejo  gebildeten  Buchten  zu  Füssen  der  majestätischen  Ostkette  der  Cordilleren,  die 
zugleich  die  Grenze  gegen  die  unterworfene  Aymarä-Quechua-Bevölkerung  und  das  der 
Kultur  einbezogene  Gebiet  der  Spanier  bildete.  Die  Doctrina  am  Ledesma  —  wo  Mata- 
guayo zusammen  mit  Toba  wohnten  —  sowie  diejenige  am  Genta  —  wo  Mataguayo  und 
Vejoce  angesiedelt  lebten  —  endlich  diejenige  von  Salinas  bezeichneten  ohne  Zweifel  die 
Peripherie  der  westlichen  Ausbreitung  der  Mataguayo,  wenn  diese  auch  noch  vereinzelt 
bei  Humahuaca,  nördlich  von  Jujuj',  genannt  werden  2).  Die  Reduktion  Nuestra  Senora 
del  Rosario  de  las  Salinas,  in  der  sich  neben  Chiriguano  auch  Mataguayo  vorfanden,  war 
wohl  der  Grenzort  dieser  beiden  Stämme,  die  sich  auf  einer  Linie  von  hier  nach  Osten  bis 
zum  Itiyüro  breit  berührten  3).  Die  Toba  des  oberen  Pilcomayo  scheinen  gegen  den  22. 
Parallel  hin  Nachbarn  der  Mataco-Mataguayo-Stämme  gewesen  zu  sein.  In  dieser  Gegend 
fiel  wohl  im  Jahre  1744  der  Pilcomayo-Forscher  Pater  Castahaees  der  Rache  der  Mataguayo 
oder  Toba  zum  Opfer  ■<).  Beide  Ufer  des  Rio  Bermejo  östlich  der  Wohnsitze  der  eigentlichen 
Mataguayo  bis  hinab  in  die  Gegend ,  wo  später  Esquina  grande  entstand ,  befanden  sich  in 
ausschliesslichem  Besitze  von  Mataco-Mataguayo-Stämmen ;  und  zwar  wurde  das  rechte 
Ufer  eingenommen  von  den  Mataco,  die  der  Rio  del  Valle  im  Süden  von  den  Lule-Vilela 
trennte,  und  das  linke  bis  zum  Itiyüro  im  Norden  ausser  von  den  Vejoce  von  den  Stämmen 
der  Mataco,  Hueshuo,  Abucheta,  Pesatupe  und  Imaca,  Stämmen,  auf  die  seit  der  Verban- 
nung der  Jesuiten  die  Bezeichnung  Mataguayo  Ausdehnung  fand.  Von  Esquina  grande  an 
bis  hinab  nach  der  Mission  San  Bernardo  (25°  30'  s.  Br.)  teilten  die  Malbala  die  Uferland- 
schaften südlich  des  Bermejo  mit  den  kleinen  und  kleinsten  Wildstämmen  und  Bruch- 
stücken der  Vilela-Gruppe  5),  wie  denn  überhaupt  der  Grundzug  der  damaligen  Völker- 
verhältnisse am  mittleren  Bermejo  eine  weitgehende  Zersplitterung  ist,  die  zurückgeht 
einmal  auf  die  Völkerwellen  der  Guaikurii-Stämme,  die  von  Südosten  über  diese  Gebiete 
dahingebrandet  sind,  und  dann  auf  die  Angriffe  der  Spanier  und  besonders  auch  auf  die 
Eingriffe  der  Mission  vom  Salado  her.  Auf  dem  nördlichen  Ufer  des  Bermejo  bis  zum 
Parallel  von  San  Bernardo  hinab  überwogen  entschieden  die  Mataco-Mataguayo.  Zwischen 
den   Jahren   1767 — 80   scheinen   sie  die  dort   noch   von   den  Jesuiten'^)  genannten  und  auf 


')  LozANO,  pp.  84,  399. 

*)       —        pp.  55,  75  f..  294.  399.   —  Matoreas,  p.  9.  —  Arias.  pp.  14, 15.  —  Jolis'  Karte.  —  Huonder, 
MS.  p.  388.  —  Cf.  die  Angaben  d'Okbigny's  von  1839,  p.  235. 

')  GuzMAN,  p.  11.  —  HERvas,  p.  164.  —  Tamajuncosa,  p.51.  —  Karte  des  Giuseppe  Jolis.  —  Ht;o.\DEB, 
MS.  p.  388.  —  Matorras,  p.  29.  —  Arias,  p.  14. 

■*)  DoBRizHOFFER  III,  p.  500.  —  Charlevoix  VI,  p.  125  ff. 

')  S.  u.  p.  59  f. 

")  So  auf  JoLis'  Karte  und  im  MS.  IIuonders  p.  388. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  8 


-   58    - 

den  Karten  derselben  verzeichneten  Vilela-Stämme  der  Chunupi,  Vacaa,  Atalalä,  Yecoanita, 
Yooc  und  Ocole  nach  Süden  über  den  Fluss  gedrängt  zu  haben,  denn  Cornejo  i)  (1790) 
bezeugt  ausdrücklich,  dass  nur  mehr  Mataguayo  im  Norden  des  Bermejo  sässen,  und 
MoRiLLO  (1780)2)  gibt  an,  dass  das  südliche  Ufer  dieses  Flusses  unterhalb  von  Esquina 
grande  von  Westnach  Ost  von  den  Chunupi,  den  Ocole,  Sinipe,  Malbalä,  Atalalä,  Pazaines 
und  den  eigentlichen  Vilela  eingenommen  wurde.  Im  Ghaco  central  schlössen  sich  nach  Osten 
und  Südosten  hin  an  die  Mataguayo  an  die  Toba-Horde  der  Cocolote,  ferner  die  1780  noch 
in  ihren  alten  Sitzen  wohnenden  Pitalea  oder  Pitelaha,  die  wir  als  Pitilagä  oder  Pilaga 
wenige  Jahre  später  im  Lagunendreiecke  zwischen  Paraguay  und  Pilcomayo  wiederfanden, 
sowie  die  später  im  Norden  des  Pilcomayo  im  Cliaco  boreäl  erscheinenden  Enimaga  (Inimacä) 
und  Machicuy  (Muchicoi  y  Sotenahä)  3).  Über  die  ethnische  Stellung  der  Orejones  („Ohren- 
indianer") und  Pelichoco*)  zwischen  Bermejo  und  Pilcomayo  lässt  sich  Genaueres  nicht 
sagen ;  möglicherweise  haben  wir  in  ihnen  Zweige  des  vielästigen  Stammes  der  Mataco- 
Mataguayo  zu  erkennen.  Wenn  Pelleschi  5)  für  diese  Gruppe  eine  einstige  Ausbreitung 
bis  nahe  an  den  Paraguay  und  bis  übei-  den  Pilcomayo  annimmt  und  Brintonö)  sie  gar 
bis  zum  Paraguay  selbst  im  Osten  reichen  lässt,  so  ist  damit  zugleich  eine  Zurückdrängung 
und  ein  Überlagerungsvorgang  mit  jüngeren  Schichten  angedeutet.  Dieser  Prozess  hat  sich 
teilweise  erst  in  historischer  Zeit  abgespielt,  und  wir  hatten  schon  mehrfach  Gelegenheit, 
auf  ihn  hinzuweisen  ^).  In  seinen  einzelnen  Phasen  liess  er  sich  allerdings  nur  bei  den 
Matarä  verfolgen,  aber  überall,  wo  Toba  und  Mataco-Mataguayo  aufeinanderstossen ,  ist 
seine  fortdauernde  Wirksamkeit  noch  heute  zu  beobachten  »). 

Die  Mataco-Mataguayo-Stämme  galten  im  18.  .Jahrhundert  als  eine  der  zahli'eichsten 
Chaco-„Nationen"  9).  Ihre  Gesamtzahl,  die  sich  noch  heute  auf  ungefähr  20000  Köpfe 
beläuft",  wurde  von  den  Jesuiten  auf  12—14000  Individuen  allein  für  die  eigentlichen 
Mataguayo  geschätzt  W).  Dabei  sei  bemerkt,  dass  die  von  Lozano  ")  gelieferten  Zahlen  werte 
deshalb  unbrauchbar  sind,  weil  bei  seiner  verwirrenden  Nomenklatur  ein  unsei'en  Mataco- 
Mataguayo  entsprechender  ethnischer  Begriff  nicht  zu  konstruieren  ist. 

Wie  für  die  Guaikurü-Stämme,  so  begann  auch  für  die  Mataco-Mataguayo  gegen  den 
Ausgang  des  18.  Jahrhunderts  ein  neuer  Abschnitt  der  Entwickelung,  denn  die  west- 
lichen Zweige  traten  damals  in  engere  Beziehungen  zur  Zivilisation  und  Mission.  Ihrer 
Eigenart  sind  die  „Matacos  mansos"  an  der  Gi-enze  von  Tucumän  seitdem  grösstenteils 
verlustig  gegangen,  denn  sie  verdingen  sich  heute  als  Arbeiter  in  den  Zuckerrohrplantagen 
und  als  Vaqueros   und  Peones  in  den  Estancias.    Anders  die  östlichen  Zweige:  als  „Indios 

1)   COENEJO   (1790)    p     25.  „      „      ,„  n  ,^r,ar^^    v>r.    07    QR     A-t 

2  MoKiLLO,  p.  21.  -  Cf.  Lozano  p.  85.  -  Matoreas,  pp.  6,  9,  10.  -  Cobnejo  (1780)  pp.  27  38,  44  - 
MoRiLLO,  pp.  9-17.  -  AEIAS,  pp.  8,  n,  14-18,  21 ,  29.  -  C:oene.jo  (1790),  p.  4  f..  17,  19  ff.,  .4  f.,  27  ff. 
31.  -  Gaecia  de  Solalinde,  p.  4.  -  d'Orbigny,  p.  191. 

3)  MoEiLLO,  p    21.  -  JoLis'  Karte.  -  S.o.  p.  38  ff.  -  S.u.  p.  62  u.  6H.  ,      •        ,  >   ■ 

<  -  Diario    pp   6,  9,  21.   —   Ein  Stamm  der  Orejones  begegnet  uns  im  Ghaco  noch  emmal  bei 

der  Xarayes-Lagune;  um  diese  Orejones  hat  sich  ein  reicher  Kranz  von  Sagen  und  Fabeln  gebildet.  Auch 
den  Orejones  schrieb  man  peruanische  Abkunft  zu.    Chaelevoix  I,  p.  136. 

5)  Pelleschi,  Bol.  XVIII,  Karte. 

")  Bkinton,  Linguistic  Cartography,  Karte  u.  p.  181. 

')  S.o.  pp.  52,  54.  ,_,  „_  , 

«)  Baldeich,  Las  Comarcas  virgenes,  Buenos  Aires  1890,  p.  260.  -  d'Oebigny,  pp.  95  f. 

')  Abi  AS,  pp.  15  f.  ,.,,.•     mno 

'»)  HuoNDEK,  MS.  p.  388.  -  Sievers,  Süd-  und  Mittelamerika,  Leipzig  1903. 

")  Lozano,   pp.  52  f.,  76.    -    d'Oebigny  (1839),   p.  236,   hat   die   Zahl   seiner   „Nation  Mataguaya     auf 
6000  Seelen  gescliätzt. 


-    59    - 

bravos"  zwischen  Bermejo  und  Pilcomayo  haben  sie  sich  ihre  frühere  Unabhängigkeit 
bewahrt,  wenn  sie  auch  in  jahrliundertelanger  Fehile  von  den  Toba,  mit  denen  sich  iiire 
Stämme  der  Choroti,  Noctene  und  Guisnai  jetzt  meist  gemischt  haben,  viel  erleiden 
mussten  i). 

IV.    Die   I. ule- Vilela-Stämme. 

Bei  seinen  Studien  über  die  alten  Indianersprachen  der  argentinischen  Republik  ist  der 
Linguist  und  Ethnolog  Lafone  Quevedo  zu  dem  Ergebnisse  gelangt,  dass  die  bereits  von 
HERViis  ausgesprochene  Vermutung  einer  Verwandtschaft  der  Lule  und  Vilela,  die  sich 
einst  im  westlichen  Teile  des  Chaco  austräl  den  Mataco-Mataguayo  im  Süden  vorlagerten 
und  sich  in  einem  nach  Nordosten  gerichteten  Keil  am  mittleren  Bermejo  zwischen  die- 
selben schoben,  auf  Richtigkeit  beruht 2). 

Schon  die  Lage  der  Wohnsitze  dieser  Gruppe  zwischen  der  Provinz  Tucumän  im  SW 
und  den  expansionskräftigen  Guaikurü-Stämmen  im  0  musste  für  sie  eine  wechselvolle 
Geschichte  bedingen.  Dass  dieser  aber  alle  Züge  von  Heroismus  fehlen,  begreift  man  erst, 
wenn  man  weiss,  dass  die  Lule-Vilela  nächst  ihren  Nachbarn  im  Norden  die  friedlichsten, 
schüchternsten  Indianer  im  Chaco  waren ,  sodass  die  alten  Historiographen  ihre  Ursitze  in 
Peru  suchen  zu  müssen  glaubten  S).  Daher  die  grossen  Erfolge,  die  die  Mission  bei  ihnen 
stets  gehabt  hat. 

Der  Stamm  der  Lule,  der  in  die  vier  Horden  der  eigentlichen  Lule,  der  Isistine, 
■Toquistine  und  Oristine  zerfiel,  wurde  wie  die  Tonocote  und  andere  Chaco-Indianer  bereits 
von  den  Conquistadoren  in  ihren  Encomiendas  in  den  Grenzbezirken  von  Tucumän  kon- 
zentriert und  von  den  Jesuiten  BäscENA,  Moneoy,  Viana  und  Solano  evangelisiert,  verliess 
aber  mit  den  Tonocote  seine  ihm  zugewiesenen  Dörfer  am  Salado  und  verschwand  seitdem 
aus  dem  Gesichtskreise  der  Spanier,  bis  er  nach  länger  als  hundert  Jahren  in  den  trockenen 
Steppen  östlich  des  mittleren  Salado  wieder  aufgefunden  wurde  ■*).  Von  den  Mokovi  schwer 
bedrängt 5),  waren  die  Lule  damals  (1710)  gern  bereit,  sich  unter  den  Schutz  der  Weissen 
zu  begeben.  Der  Gouverneur  Ueizar  y  Arespacochaga  siedelte  darauf  den  Stamm  unter 
den  Mauern  der  Presidios  von  Valbuena  und  Miraflores  am  Rio  Salado  an  und  übergab 
seine  Missionierung  den  Jesuiten  6).  Als  aber  die  GuaikuriVStämme  ihre  Angriffe  fortsetzten, 
ging  ein  grosser  Teil  der  Lule  wieder  zum  schweifenden  Leben  über.  Erst  im  Jahre  1752 
kehrten  die  Lule  in  ihre  alte  Mission  Miraflores  oder  San  Esteban  zurück;  im  Jahre  vorher 
hatten  sich  schon  die  Lule-Horden  der  Isistine  und  Toquistine  in  Valbuena  oder  San  Juan 
Bautista  niedergelassen,   während   die  Oristine  verschollen  blieben").    Von  allen  Doctrinas, 


')  ViviEN  DE  St.  Martin,  Dictionnaire  de  Geographie  III,  p.  715. 

2)  Lafone  Quevedo.  Los  Liiles.  Bol.  XV,  1894:  La  lengua  Vilela  ö  Chiilupf,  Estudio  de  filoiogia  Chaco- 
Argentina.  Bol.  XVI,  1895.  -  HEEväs,  Catälogo  p.  175.  -  Die  hier  behandelten  Lule  (sog.  Lule  des  P. 
Machoni)  sind  nicht  identisch  mit  den  Lule  am  Cerro  de  Aconquija  (Lule  des  BäiicENA) 

ä)  HuoNDEE,  MS.  p.  388.  -  Gakcilaso  de  LA  Vega,  Com.  reales,  Lib.  V,  cap.  36. 

')  S.  0.  pp.  13,  22,  53.  —  Machoni  (1732),  Prölogo,  (Cf.  Bol.  XVII,  p.  588  f.).  —  Lozano,  p.  89  ff.  — 
Chablevoix  I,  309  ff.  —  Lafone  Quevedo,  Bol.  XV.  p.  193. 

')  S.o.  pp.  14,  22,  35  f. 

«)  Chaelevoix  IV,  p.  250  ff.,  VI,  p.  140  ff.  -  HEEvas,  p.  171.  -  Bol.  XVli,  p.  588  f.  -  Damals 
missionierte  P.  Machoni  unter  den  Lule  in  Miraflores  neun  Jahre  lang  und  schrieb  eine  Grammatik  der 
Lulesprache. 

')  HERväs,  pp.  165,  171,  192.  -  .ToLis  p.  528.  —  Nach  Heevus  war  Oristine  eine  Selbstbezeichnung 
aller  Lule,  die  auf  den  Wanderungen  vermutlich  verloren  ging. 


-    60    - 

die  die  Jesuiten  im  Cliaco  oder  an  den  Grenzen  desselben  anlegten,  waren  diejenigen  am 
oberen  Salado  die  volkreichsten  i),  wie  überhaupt  die  Bekehrungserfolge  unter  den  Lule 
und  Vilela  sehr  beträchtliche  waren  und  diejenigen  bei  den  übrigen  Chaco-Stämmen  bei 
weitem  übertrafen. 

Die  ersten  Beziehungen  der  Spaniei'  mit  den  Vilela  datieren  aus  dem  Jahre  1710,  wo 
ein  Detachement  die  Ufer  des  mittleren  Bermejo  erreichte  und  dort  mit  Vilela-Horden 
Frieden  und  Freundschaft  schloss.  Lange  galten  diese  friedsamen,  gelehrigen  Leute,  die 
beständig  unter  den  Angriffen  der  Guaikurü-Stämrae  litten  und  sich  nur  im  Bunde  mit 
den  Malbala  mühsam  behaupten  konnten ,  als  Nachkommen  von  entflohenen  christianisierten 
Indianersklaven.  Mit  heiligem  Eifer  zerschlugen  die  Spanier  und  ihre  fanatischen  Priester 
die  geschnitzten  und  mit  Kreuzen  bemalten  Ahnensäulen,  die  sich  überall  in  den  Rancherias 
vorfanden  und  als  Zeugnisse  des  Rückfalles  in  das  Heidentum  gedeutet  wurden  2).  Fünf- 
undzwanzig Jahre  später,  noch  ehe  sich  die  Lule  dauernd  in  Missionsorten  niederliessen , 
wurde  die  Horde  der  eigentlichen  Vilela  zum  grössten  Teile  nach  dem  Salado  veipflanzt 
und  in  einer  Ortschaft  San  Joseph  oder  Petacas  unter  der  Obhut  von  Weltgeistlichen 
angesiedelt.  Die  Jesuiten,  denen  der  Bischof  von  Tucuman  im  Jahre  1757  die  Mission 
übertragen  hatte,  verlegten  vier  Jahre  danach  diese  Reduktion  aus  dei-  Gegend  von  Moppa 
(28"  am  Salado)  weiter  nach  Norden  auf  das  östliche  Salado-Ufer  (unter  27°  s.  Br.)^).  Im 
Jahre  1763  vereinigten  sie  weitere  Vilela-Indianer,  besonders  die  Horden  der  Pazaines 
und  Umuampa  (Omoampa),  die  bis  dahin  auf  dem  Südufer  des  Bermejo  unterhalb  des 
Sumpfes,  den  der  Rio  del  Valle  bildet,  gewohnt  hatten,  in  den  zwei  Missionsorten 
Macapillo  (oder  Nuestra  Senora  del  Pilai-)  und  Ortega  (oder  Nuestra  Senora  del  Baen  Con- 
sejo).  Aus  den  von  den  Jesuiten  mit  anscheinend  grosser  Sorgfalt  geführten  Statistiken 
ist  zu  ersehen,  dass  sich  im  Jahre  1767  in  jeder  dieser  beiden  letztgenannten  Stationen 
gegen  200  Indianer  aus  den  Vilela-Horden  der  Pazaines,  Omoampa,  Yeconoampa,  Ipa  und 
Chunupi  befanden,  während  in  Petacas  656  eigentliche  Vilela  ansässig  waren.  Ausserdem 
wird  berichtet,  dass  die  Einwohner  der  den  Franziskanern  unterstellten  kleinen  Ortschaft 
Chipeona,  4  Leguas  westlich  von  Cördoba,  ebenfalls  der  Vilela-Gruppe  zugehörten  ■*). 

Auf  beiden  Ufern  des  Bermejo  —  dabei  das  rechte  mit  den  Malbala  5)  teilend  —  von 
Esquina  grande  bis  nach  San  Bernardo  schweiften  die  schwachen,  zersplitterten  Vilela- 
Horden  der  eigentlichen  Vilela,  der  Chunupi,  Sinipe  (Sivinipe),  Yooc,  Yecoanita,  Ocole, 
Vacaa  und  Atalalä.6).  Die  alten  „Nationen"  der  Guamaica  und  Tequetes,  die  die  Vilela- 
Sprache  redeten ,  waren  bereits  zu  Herväs'  Zeit  infolge  von  Epidemien  oder  Kriegen  unter- 
gegangen   oder    lebten    tiefer   im    Innern  7).    Es  ist  schon   erwähnt   worden,    dass   es   den 


')  Nach  den  Statistiken  der  Jesuiten  vom  Jahre  1767  (HERväs,  p.  192;  Jolis,  p.  528;  Huonder,  MS. 
p.  388,  390),  waren  die  550  bezw.  740  Einwohner  von  San  Esteban  (25^20'  s.  Br.  am  Salado)  und  San  Juan 
Bautista  (25°  24'  am  Salado)  sämtlich  Christen  —  freilich  wissen  wir,  dass  die  Bekehrung  nur  eine  äusser- 
liche,  oberflächliche  war. 

■)  S.o.  p.  14.  —  LozANo,  pp.  85  fr.,  399. 

')  HERväs,  pp.  178,  192.  -  Jolis,  Karte.   -  Huonder,  IVIS.  p.  391. 

■•)  HERväs,  pp.  173  f.,  192.  —  Huonder,  iVIS.,  p.  390  f.  —  Jolis,  Karte.  —  Ortega  lag  nach  der  Karte 
von  Jolis  auf  dem  Siidufer  des  Salado  zwischen  Miraflores  und  Valbuena,  Macapillo  -  wo  in  den  letzten 
Jahren  des  Jesuiten-Regimentes  Giuseppe  Jolis  unter  den  Pazaines  missionierte  -  weiter  im  Osten  dort, 
■wo  der  Salado  aus  der  Ostrichtiaig  nach  Süden  umbiegt.  Die  auf  den  alten  Jesuitenkarten  angegebenen 
Längen  und  Breiten  sind  durchweg  ungenau. 

')  S.  0.  p.  56  u.  57. 

'^)  HERvds,  p.  174.  —  Huonder,  MS.,  p.  388.  —  Jolis,  p.  892;  Karte.  Alle  diese  Horden  am  Bermeio 
umfassten  nach  HEEväs  (p.  174)  höchstens  1200  Köpfe.  ?)  Heevüs,  p.  174. 


-   61    - 

Anschein  hat,  als  ob  die  Mataco-Mataguayo-Stämme  die  Viiela- Horden  in  den  Jahren 
1767—80  auf  das  Südufer  des  Bermejo  zurückgedrängt  hätten ,  denn  dieses  war  durch  die 
Ansiedelung  der  Omoampa,  Yeconoampa,  Ipa,  Pazaines  und  des  grössten  Teiles  der  eigent- 
lichen Viiela  frei  geworden  i).  Zahlreiche  Pazaines  aus  Macapillo  mögen  allerdings  nach  der 
Wegführung  der  Jesuiten  aufs  neue  in  ihre  alten  Wohnsitze  am  Bermejo  gezogen  sein, 
denn  sie  werden  dort  1780  als  Horde  neben  den  übrigen  Viiela- Wildstämmen  wieder  aus- 
drücklich genannt 2).  Auch  Viiela  aus  Petacas  hatten  sich  diesen  wiederum  beigesellt; 
daher  die  Verdoppelung  der  Zahl  der  Indianer  aus  der  Vilela-Horde  im  Jahre  1780  3). 
An  Stelle  dieser  Pazaines  und  Viiela  abei'  vereinigten  die  Franziskaner  und  Dominikaner 
Chunupi,  Sinipe  und  Atalala  mit  Malbala  in  den  Salado-Missionen  ■!). 

Von  diesen  schon  am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  stark  geschwächten  Vilela-Horden 
des  Bermejo  existieren,  wie  ein  neuerer  Chaco-Forscher,  Juan  Pelleschi S),  berichtet, 
heute  nur  noch  geringfügige  Reste,  die,  mehr  oder  weniger  gemischt,  als  Chulupi  oder 
Viiela  im  Osten  des  Chaco  central  zwischen  Toba  und  im  Westen  untei-  Mataco  ange- 
troffen wurden. 

V.    Die  ethnischen   Verhältnisse  des   südöstlichen    Chaco   boreal 
am   Ausgange  des   18.   Jahrhunderts. 

a)  Vorbemerkungen.  —  Mit  dem  Chaco  boreal  betreten  wir  ein  Gebiet,  das  für  die 
Völkerkunde  noch  jetzt  ein  völliges  Neuland  darstellt.  Erst  die  Forschungen  Guido  Bog- 
GiANis^),  der  nun  leider  vor  kurzem  wie  so  viele  andere  Chaco-Forscher  ebenfalls  ein  Opfer 
der  Wissenschaft  geworden  ist,  haben  das  über  den  Indianern  dieser  Regionen  lagernde 
Dunkel  gelichtet  und  die  für  eine  sprachliche  Gruppierung  nötigen  Grundlagen  geschaffen, 
auf  denen  Lafone  Quevedo  7)  und  Koch^)  dann  weiterbauten.  Wir  wissen  jetzt,  dass  sich 
heute  von  Villa  Concepciön  am  Rio  Paraguay  aus  eine  familienhafte  Giuppe  von  Stämmen 
nach  NW  in  den  Chaco  hineinzieht,  deren  einzelne  Glieder  die  Toösle,  Süjen  (Suhen), 
Lengua,  Anguaite,  Sanapanä,  Sapuqui  (Sapuki)  und  Guanä  (del  Chaco)  sind,  Stämme,  für 
die  die  frühere,  irreleitende  Bezeichnung  Enimaga  oder  Ennima  mit  der  historisch  besser 
begründeten  Mascoy  oder  Maskoi  vertauscht  worden  ist.  Gerade  bei  dieser  ganzen  Frage 
über  die  Maskoi-Gruppe  hat  sich  der  Nutzen  historisch  ethnischer  Untersuchungen  aufs 
klarste  erwiesen,  denn  es  ist  gelungen  festzustellen,  dass  wir  in  den  genannten  modernen 
Lengua,  die  schon  jahrelang  unter  englischen  Missionaren  stehen,  die  Verwandten  oder 
eine  Teilgruppe  der  alten  Machicuy  oder  Mascoy  Azaras,  Aguirres  und  anderer  alten 
Autoren  vor  uns  haben,  nicht  aber  die  Lengua  des  ausgehenden  18.  Jahi'hunderts,  wie 
man   lange  geglaubt  hat,  ehe  das  erst  vor  wenigen  Jahren  wieder  aufgefundene,  im  Jahre 


')  S.  0.  p.  58. 

")  MOEILLO,    p.  21. 

^)        —  p.  21.  —  Diese  Viiela  zählten  nach  HEBvas  (1767)  200  Individuen,  nach  Azara  (II,  167)  und 

Aguirre  (p.  469)  allein  100  Krieger,  also  etwa  400—500  Personen  insgesamt.  Die  Chunupi  besassen  eben- 
falls 100  Krieger  (Azara,  Aguirre),  und  im  Ganzen  zählten  sie  400  Seelen.  Cornejo  (1790)  p.  5. 

*)  Arias.  pp.  18,  33,  38.  —  Morillo  p.  16.  —  Cornejo  (1790)  p.  31.  —  S.o.  p.  56. 

*)  Boletin  del  Inst,  geogr.  Arg.  XVI,  p.  53. 

«)  Boggiani,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bei.  XVIII,  1897. 

')  Lafone  Qüevedo,  Progresos  do  la  etnologia  en  el  Rio  de  la  Plata,  Bol.  XX,  1899,  p.  48  ff.,  p.  63. 

')  Koch,  Die  Lenguas-Indianer  im  Oran  Chaco,  Globus  78,  1900,  p.  235  ff.  —  Die  Maskoi-Gruppe  im 
Gran  Chaco,  Mitt.  der  antliropol.  Gesellsch.  in  Wien.  XXXII,  1902,  pp.  130—148. 


-    62    - 

1793  von  Aguirre  in  Asunciön  verfasste  Manuskript  der  Spracliforschung  mit  den  Wörter^ 
listen  einer  Reihe  von  Chacospraclien  zu  Hilfe  kam.  Ein  weiteres  Ergebnis  der  modernen, 
auf  Aguirres  synoptischen  Wörterlisten  fussenden  Sprach vei'gleichung  ist  der  JSfachweis, 
dass  die  alten  Lengua  zusammen  mit  den  Enimagä  und  Guentuse  des  18.  Jahrhunderts 
einer  gemeinsamen  Sprachgruppe  angehörten,  wenn  auch  Azara  selbst,  der  erste  Erfor- 
scher dieser  Stämme,  eine  Verwandtschaft  ihrer  Sprachen  geleugnet  hat.  Während  aber 
die  heutigen  Maskoi-Stämme  mit  den  alten  Machicuy-Mascoy  in  Beziehung  zu  setzen  sind, 
hegen  hingegen  die  Schicksale  der  Lengua-Enimagä-Guentuse,  die  um  die  Wende  des  18. 
Jahrhunderts  nur  kurze  Zeit  hervortraten,  völlig  im  Dunkeln,  denn  es  gibt  im  Chaco, 
soweit  er  uns  bekannt  ist,  keinen  lebenden  Stamm,  der  diesen  Lengua-Enimaga-Guentuse 
sprachlich  nahestünde. 

b)  Lengua.  —  Von  allen  Stämmen  des  südöstlichen  Chaco  boreäl  hatte  man  um  die 
Mitte  des  vorvorigen  Jahrhunderts  nur  geringe  Kunde.  Gewöhnlich  i)  wurden  sie  zusam^ 
mengefasst  als  „Lenguanation",  da  man  aus  dem  fast  allen  Indianern  dieser  Gebiete 
gemeinsamen  Gebrauche  eines  eigentümhchen,  eine  zweite  Zunge  vortäuschenden  Lippen- 
pflockes auf  eine  ethnische  Gemeinsamkeit  schloss.  Zwar  sind,  da  dieser  Lippenpflock  im 
La  Plata- Becken  eine  äusserst  weite  Verbreitung  hatte,  die  verschiedensten  Stämme,  wie 
z.B.  auch  die  Payagua,  als  Lengua,  „Zungen-Indianer",  bezeichnet  worden,  aber  allmählich 
war  diese  Bezeichnung  bei  langsamem  Fortschreiten  der  Kenntnis  von  Land  und  Leuten 
allein  auf  jenen  Indianern  haften  geblieben,  deren  Sitze  sich  in  dem  mächtigen,  vom 
Paraguay  und  Pilcomayo  gebildeten  Winkel  ausbreiteten. 

Die  aus  den  letzten  Jahren  der  Jesuiten-Herrschaft  stammende  Handschrift  2)  spiegelt 
den  damaligen  niedrigen  Stand  des  Wissens  über  die  Lengua  wieder,  wenn  sie  von  ihnen 
nur  zu  sagen  weiss:  „Ihre  Zahl  ist  nicht  bekannt,  noch  wie  viele  Stämme  zur  Nation 
gehören,  noch  ihre  Eigenart,  Gesinnung  u.  s.  w..  Dass  sie  kriegerisch  sind,  beweisen  ihre 
häufigen  Kriege  mit  den  Nachbarvölkern  und  ihre  räuberischen,  feindseligen  Einfälle  in  das 
spanische  Gebiet."  Sie  schweiften,  wie  auch  Quiroga^)  und  HERväs-*)  bezeugen,  an  dem 
nördlichen  Ufer  des  Pilcomayo  und  weiterhin  nach  Norden  bis  zum  Yabebiri  und  bis  zum 
22.  Parallel  in  die  Nachbarschaft  der  Mbayä. 

Von  diesen  einst  mächtigen  und  stolzen  Lengua  existierten  zur  Zeit  Azaras  und 
Aguirres  (1793 — 94),  die  beide  ihre  Informationen  über  die  Indianer  nördlich  des  Pilcomayo, 
vorzüglich  über  die  bei  ihnen  zuerst  genauer  beschriebenen  Lengua,  Enimagä,  Guentuse 
und  Machicuy,  von  Pater  Don  Francisco  Gonzalez  bezogen,  infolge  von  Krieg,  Krank- 
heiten und  der  Gewohnheit  des  Abortierens  nur  noch  22  Individuen ,  von  denen  sich  einige 
unter  den  Schutz  des  P.  Gonzalez  begeben  hatten,  während  die  übrigen  unter  den  Pilagä 
und  den  Machicuy  lebten,  um  der  Bekehrung  und  Unterwerfung  zu  entgehen  5). 

c)  Enimagä.  —  In  der  Nachbarschaft  dieser  Lengua  Hessen  sich  die  Enimagä  O)  nieder. 


')  So  nooh  bei  Quiroga  (II,  p.  7),  dem  MS.  Huonders  und  Dobrizhoffek. 

=)  HuoNDER,  MS.,  p.  389. 

')  Quiroga  II,  p.  7. 

•*)  HERväs,  p.  185.  —  Auf  JoLis'  Karte  erscheint  zwischen  Pilcomayo  und  Yabebiri  eine  „Nazione  de  Lenguas". 

')  ..  por  no  cristianizarse  ni  sujetarse  . .  Aguirre,  p.  469.  —  Azara  II,  p.  148  ff.  —  Adelung- Vatee, 
III.  Teil,  p.  491  ff.  —  Diese  von  den  Spaniern  „Lengua"  genannten  Indianer  bezeichneten  sich  selbst  als 
Juiadje  oder  Oujadje.  Bei  benachbarten  Stämmen  hiessen  sie  Cocoloth,  Manapen,  Cadalu,  Quiesmagpipo, 
Cochaboth. 

')  Aguirre,  p.  468.  —  Azara  II,  p.  1-57.  —  Adelung- Vater,  III.  Teil,  p.  491  ff.  Die  Enimagä  nennen 
sich  selbst  sowie  die  Lengua  Cochaboth  und  heissen  bei  den  Machicuy  Etabosle. 


-    63    - 

Dieser  Staiiim  hatte  vorher  am  südlichen  Ufer  des  Pilcomayo  im  Innern  des  Chaco  central 
gewohnt.  In  den  „Inimacä",  die  dort  im  Jahre  1780  von  Morillo  i)  als  Nachbarn  der 
Pilaga ,  Cocolote  und  Muchicoi  (Machicuy)  genannt  werden ,  möchten  wir  die  Enimagä 
AzARAS  und  Aguirres  wiedererkennen.  Azara  berichtet  von  einer  alten  Tradition,  nach 
der  die  Enimagä  in  vorkoJumbischer  Zeit  die  Mbaya  in  einer  Art  von  Sklaverei  gehalten 
hätten,  dass  diese  aber  den  durch  Kriege  dezimierten  Enimagä  entwischt  und  nach  Norden 
gewandert  seien.  Mit  allen  benachbarten  Stämmen,  ausgenommen  allein  den  stammver- 
wandten Guentuse  und  Lengua,  lagen  einst  die  äusserst  kriegerischen  Enimagä  in  Fehde, 
wurden  aber  dadurch  so  stark  geschwächt,  dass  endlich  eine  ihrer  beiden  Horden,  nur 
noch  150  Krieger  stark,  durch  die  Toba  und  Pilagä  zum  Verlassen  des  Landes  gezwungen 
werden  konnte.  Diese  unfreiwillige  Wanderung  dei-  Enimagä  fällt  wohl  erst  um  das  Jahr 
1790,  denn  neben  Morillos  Zeugnis,  der  sie  noch  1780  im  Chaco  central  erwähnt,  und 
ferner  neben  demjenigen  des  P.  Francisco  Amancio  Gonzalez  2),  der  sie  noch  1789  als 
Anwohner  des  Rio  Bermejo  nennt,  geht  aus  den  Worten  Aguirres  hervor,  dass  die  Enimagä 
damals  (179.3)  in  ihrem  neuen  Gebiete  noch  nicht  zur  Ruhe  gekommen  waren.  Dieses  lag 
im  Chaco  im  Quellgebiete  eines  Flusses,  der  unter  24° 24'  gegenüber  der  Ortschaft  Guai'epoti 
in  den  Rio  Paraguay  mündet S).  Trotz  der  starken  Verminderung  ihrer  Zahl  durch  Kriege 
und  Epidemien  blieben  die  Enimagä  ein  äusserst  feindseliger  Stamm,  der  fortwährend  auf 
dem  Kriegspfade  wandelte  *}. 

Der  Rest  der  anderen  Horde  dei-  Enimagä,  nur  22  Männer  und  eine  entsprechende 
Anzahl  Weiber  und  Kinder,  hatte  sich  in  der  Nähe  von  Asunciön  in  die  missionarische 
Obhut  des  P.  Gonzalez  begeben  5). 

d)  Guentuse.  —  Der  mehrfach  erwähnte  Stamm  der  Guentuse  oder  Quentuse^)  wohnte 
einst  in  dei-  Nachbarschaft  der  Enimagä  im  Chaco  central  und  hielt  mit  ihnen  so  gute 
Freundschaft,  dass  er  sich  bei  der  Wanderung  derselben  nach  Osten  anschloss  und  am 
Rio  Aguaray-guazü  niederliess.  Die  Guentuse,  Verwandte  der  Enimagä  und  Lengua,  waren 
f|-iedliche  Leute,  trieben  etwas  Ackei'bau  und  zerfielen  in  zwei  Horden  mit  zusammen  300 
waffenfähigen  Männern. 

Auf  dem  westlichen  Ufer  des  Rio  Paraguay  waren  dui-ch  die  schon  im  17.  Jahilumdert 
beginnende  und  noch  am  Ende  des  achtzehnten  anhaltende  Bewegung  der  Mbayä  nach 
Osten  und  dann  vor  allem  durch  das  Dahinschwinden  des  räumlich  einst  sehr  ausgebreiteten 
Stammes  der  Lengua  weite  Gebiete  füi'  die  Aufnahme  neuer  Elemente  offen  geworden. 
Ein  breiter  Streifen ,  der  an  dem  Scheitel  des  vom  Paraguay  und  Pilcomayo  gebildeten 
Winkels  seinen  Ausgang  nahm  und  sich  in  nordwestlicher  Richtung  bis  über  den  22.  Gi-ad 
hinaus  tief  in  den  Chaco  boreäl  hineinzog,  wurde  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  vorvorigen 
Jahrhunderts  durch  Zuwanderungen  von  Stämmen  des  centralen  Chaco  in  Besitz  genommen, 
im    Süden    durch    Pitilagä,    Enimagä    und    Guentuse,   im    Norden,    etwa   nördlich   des   24. 


')  MoRiLLO  (1780),  Diario,  p.  21.  —  S.o.  p.  40,  p.  58. 

-)  P.  Gonzalez,  Brief  an  Francisco  Aguiere,  Bol.  XIX,  1898,  p.  471. 

^)  Azara  II.  158.  —  Aguirre,  p.  468.  —  Dieser  Fluss,  nach  Aguirre  ein  Rio  Verde,  wurde  von  den 
Eingeborenen  Flagmagmegtenipela  oder  Etacanietguischi  oder  Tahaagui  genannt  und  ist  wohl  mit  dem 
heutigen  Rio  Agiiaraj^-guazü ,  der  lange  als  Arm  des  Pilcomayo  galt,  identisch. 

•i)  P.Gonzalez  (1793)  sagt  von  ihm:  tiene  guerra  implacable  con  todas  las  naciones  que  hay  bajo  de!  cielo. 

*)  Aguirre,  p.  468.  —  Azara  II,  p.  158.  —  Anscheinend  lag  die  Mission  des  P.  Gonzalez  gegenüber 
von  Asunciön. 

^)  Azara  II,  p.  159.  —  Aguirre,  p.  469.  —  Adelung-Vater  III,  p.  491  ff.  Auf  Azaeas  Karte  finden 
sich  die  Guentuse  im  Chaco  central  eingezeichnet. 


-    64    - 

Parallels,  durch  die  Machicuy,  von  denen  die  einzelnen  Zweige  der  heutigen  Maskoi-Gruppe 
abzuleiten  sind. 

e)  Machicuy.  —  Die  Machicuy  i)  oder  Mascoy  hausten,  wie  Azara  und  Agüiree 
berichten,  an  einem  dem  Pilcomayo  von  Norden  her  zufliessenden  Flusse,  den  sie  selbst 
Lacta,  ütugualacta  oder  Nelguata  nannten  2).  Nach  Norden  erstreckte  sich  ihr  Gebiet  bis 
zu  den  Grenzen  der  Chiquiten  3).  Die  Einwanderung  der  Machicuy  in  den  nördlichen  Ghaco 
erfolgte  gleichzeitig  und  im  Zusammenhange  mit  derjenigen  der  Pitilaga,  Enimaga  und 
Guentuse.  Noch  1780  sassen  sie  im  zentralen  Chaco,  wo  sie  auch  Azaras  Karte  ver- 
zeichnet 4).  Somit  erscheint  auch  die  von  Langmantel  5)  versuchte  Identifikation  der  Mach- 
kaisies  Schmidels  im  Chaco  boreäl  oder  in  Hochperü  mit  den  Machicuy  hinfällig.  Die  nach 
Hawtrey  6)  unter  den  modernen  sogenannten  Lengua  (Maskoi)  westlich  von  Villa  Concepciön 
bestehende  Überlieferung,  dass  sie  aus  NW  gekommen  seien,  ist  der  Möglichkeit  einer 
ursprünglichen  Abkunft  der  Machicuy  aus  dem  zentralen  Chaco  keineswegs  hinderlich, 
denn  die  Machicuy-Maskoi  haben  sich  tatsächlich  in  den  letzten  hundert  Jahren  weiter 
nach  Osten  und  Südosten  hin  ausgedehnt  in  das  Gebiet,  das  einst  von  den  Payagua,  den 
Enimaga  und  Guentuse  eingenommen  wurde'). 

Die  Machicuy  waren  ein  sehr  volkreicher  Stamm:  er  setzte  sich  aus  16  oder  19  Horden 
zusammen  und  zählte  insgesamt  80Ö  bis  1200  Krieger.  Jede  Horde  besass  ein  besonderes 
Wohngebiet,  doch  unterstanden  alle  Horden,  die  bis  auf  vier  oder  fünf  im  Besitze  von 
Pferden  waren,  einem  gemeinsamen  Oberhaupte.  Während  aber  die  alten  Machicuy  ein 
einziges  Idiom  sprachen,  ist  heute  unter  den  Stämmen  der  Maskoi-Gruppe  zugleich  mit 
der  sprachlichen  Differenzierung  das  Gefühl  der  Zusammengehörigkeit  und  selbst  der  gemein- 
same Name  Machicuy-Mascoy  verloren  gegangen »). 

VI.    Die   Z  a  m  u  c  0. 

Das  rege  missionarische  Leben,  das  die  Jesuiten  für  lange  Zeit  im  Herzen  Südamerikas 
in  den  Llanos  des  Moxos-Landes  bei  Nu-Aruak-Völkern  am  Mamore,  Guapore  und  anderen 
Zuflüssen  des  Madeira  sowie  in  den  „Nuevas  Misiones"  9)  bei  den  Chiquiten  zwischen 
Santa  Cruz  de  la  Sierra  und  dem  oberen  Paraguay  entfalteten ,  zog  auch  die  Stämme  des 
nördlichen  Chaco  in  seine  Kreise:  die  Chiriguano  und  verwandte  Tupi-Stämme,  die  Chane- 
Guanä  (Nu-Aruak,  Mojo-Mbäure)  und  die  Zamuco  (Samucu). 

In  den   Missionsberichten  lO)  aus  den  Nuevas  Misiones  wird  in  den  ersten  Jahrzehnten 


')  Azara  II    p.  154  ff.  -   Aguiere,  p.  469  f.,  501.  —  Adelüng-Vateb,  Teil  III ,   p.  498. 

2)  Nach  P.  Gonzalez  an  einem  Rio  Araguäy,  der  dem  Pilcomayo  zufliesse.  Es  handelt  sich  wohl  um 
den  Rio  Turbio  oder  Tinto  der  Spanier.  „.     .  ,  ,     T^  ,    u     -i   ^ 

3)  Die  Zamuco  (s.  u.)  galten  als  Zweig  der  Chiquiten  in  administrativer  Hinsicht.  Demnach  berührten 
sich  die  Machicuy  und  Zamuco  tief  im  Innern  des  Chaco. 

*)  MoRiLLO,  Diario,  p.  21. 

5)  Schmidels  Reise,  hg.  v.  Langmantel,  p.  94  ff.  „„,  .     t  ,    r  .,         ^v  t     *■■<■  f.. 

6)  Hawteey  The  Lengua  Indians  of  the  Paraguayan  Chaco,  p.  294  in  Journal  of  the  anthrop.  Institute 
of  Great  Britain  and  Ireland,  vol.  XXXI,  1901.  —  H.  war  Missionar  der  Lengua. 

')  Lafone  Quevedo,  Progvesos,  Bei.  XX,  p.  19. 

8)  Koch,  Die  Lenguas-Indianer,  Globus  78,  p.  235.  »,  s.o.  p.  21.  .  ,.«     j.         ^ 

'«)  P  Fernandez,  Relaciön  historica  de  los  Indios  Chiquitos,  Madrid  1726.  -  Lettres  ediflantes  et 
curieuses  Paris  1717—22:  pars  XII,  Etat  des  missions  des  PP.  Jesuites  parmi  les  Indiens  de  1  Anierique 
meridionale,  appelles  Clhquites:  pars  X,  Abrege  d'une  Relation  espagnole  de  la  vie  et  de  la  mort  du 
P  Cypeien  Babaze,  fondateur  de  la  mission  des  Moxes.  -  Erbauliche  Geschichten  derer  Chiquitos  und 
anderer  bekehrter  Völker,  Wien  1729.  —  Chaulevoix  I-VI,  an  vielen  0. 


-    65    - 

des  18.  JiihilnuHierts  ein  Volk  der  Zamuco  oder  Samucu  erwähnt,  das  im  Süden  dieser 
den  Jesuiten  zur  Missionieiung  überwiesenen  Provinz  Chicfuitos,  etwa  zwischen  dem  19. 
und  21.  Grade,  im  nördlichen  Chaco  wohnte  und  von  den  Horden  der  Zamuco,  Ugarono, 
Zatieno,  Morotoco,  Caipotorades,  Imono,  Tunacho,  Cucutades  und  Timinahä  gebildet  wurde  ^). 
Für  alle  diese  wurde  der  Name  iler  zuerst  bekehrten  Zamuco  Gemeinbezeichnung.  Trotz 
mancherlei  anfänglicher  Misserfolge-)  konnte  bald  ein  Teil  des  Zamuco-Volkes  in  einer 
Reduktion,  San  Ignacio  de  Zamucos^)^  mitten  in  dem  noch  heute  fast  unbekannten  Chaco 
boreäl  von  den  .Jesuiten  angesiedelt  werden;  Morotoco  und  andere  Zamuco-Indianer  waren 
schon  1726  in  der  Chiquiten-Mission  San  Juan  Bautista  untergebracht).  Schliesslich  wurden 
alle  Zamuco  mit  Ausnahme  der  Horde  der  Timinahä  bekehrt  und  —  wohl  wegen  der  ver- 
heerenden Einfälle  der  Mbayä  5)  —  aus  dem  Chaco  boreäl  in  das  Land  der  Chiquiten  im 
Norden  weggeführt,  wo  sie  die  Jesuiten  in  den  Doctrinas  Santo  Corazön,  Santiago  und 
San  Juan  Bautista  ansässig  machten  und  sich  nach  Kräften  bemühten ,  sie  zur  Annahme 
der  Chiquito-Sprache  und  der  politischen  und  sozialen  Ordnung  des  Missionslebens  zu 
bewegen  ^).  Nur  die  heidnischen  Timinahä  blieben  auch  fernerhin  im  Chaco  zurück '). 
Allem  Anscheine  nach  ist  die  Reduktion  San  Ignacio  aufgegeben  und  verlassen  worden. 
Übrigens  wurde  auch  die  von  den  Religiösen  mit  der  Verpflanzung  des  Zamuco-Volkes 
angestrebte  Sicherheit  vor  den  wilden  Angriffen  der  Mbayä  keineswegs  erreicht,  denn  diese 
erschienen  nach  wie  vor  raubend  und  mordend  bei  den  Zamuco  und  Chiquito  und  holten 
sich  Sklaven  S).  Diese  ohnehin  schwer  bedrängten  Zamuco-Missionen  Santo  Corazön,  San 
Juan  Bautista  und  Santiago  gerieten  durch  den  Sturz  der  Jesuiten  in  völligen  Verfall, 
denn  die  eingesetzten  weltlichen  Administratoren  beuteten  die  Indianer  aus  und  bedrückten 
sie  mit  hohen  Steuern  und  Fronden  9). 

Bei  dem  Kenntnisrückschritte,  der  für  diese  Gebiete  der  Vertreibung  der  Jesuiten- 
Missionare  folgte,  hat  man  diese  Missions-Zamuco  und  ihre  Stammesbrüder  im  Chaco 
gänzlich  aus  den  Augen  verloi^en,  und  man  hat  geglaubt,  dass  sie,  ohne  Reste  zu  hinter- 
lassen, verschwunden  wären.  Zwar  erkannte  Boggiani  ^O)  die  Übereinstimmung  der  Namen 
der  von   ihm   erforschten   Ciamacoco  (Chaniacoco,  Schamakoko)  und  der  alten  Zamuco  an, 


0  HERvas,  p.  162  ff.  —  HuoNDER,  MS.  p.  889.  —  Jolis,  Karte. 

-)  Im  Jahre  1718  wurde  der  Jesuit  Alberto  Romero  von  den  Zamuco  ermordet.  —  Dobrizhoffer  III, 
p.  499.  —  LozANo,  Karte  (1733). 

^)  Dieser  Ort  findet  sich  schon  1733  auf  Lozanos  Karte  verzeichnet.  Er  lag  (nach  den  Karten  von 
Chaelevoix  und  Jons)  unter  etwa  20°  .50'  s.  Br.  Cf.  Charlevoix  VI,  p,  112  ff.  —  Vom  Rio  Paraguay  lag 
S.  Ignacio  20  Leguas  westlich. 

■•)  P.  Feenandez.  Relaciön  historica,  pp.  316.  371,  394,  cit.  nach  Brinton,  LinguisticCartography,  p.  190. 

°)  S.  0.  p.  44. 

^)  HEEvas,  p.  162  ff.  —  HüONDEE,  MS.,  p.  389.  —  d'Obbigny,  p.  253.  —  Chahlevoix,  V  u.  VI.  a.  v.  0. 

")  Auf  Jolis'  Karte  wird  das  Gebiet  der  Zamuco  bezeichnet  als  „Paese  anticaniente  abitato",  es  nuiss 
also  geräumt  worden  sein,  worauf  auch  die  Eintragung  hindeutet:  „Tribu  de  Zamucos  oggi  cristiani  tia 
Chiquitos".  Die  Timinahä  zwischen  20°  und  21°,  im  SO  von  S.  Ignacio,  werden  bezeichnet  als  „non 
ancora  ridotti". 

')  DO  Peado  sagt:  (p.  56)  „Desde  entäo  foi  que  os  povos  de  S.  Cora^äo,  S.  Tiago  e  S.  Joäo  ficaram  no 
estado  de  abatimento  em  que  hoje  se  veem ;  as  aldeas  ermas,  as  casas  reducidas  a  pardieiros,  os  campos 
seni  cultura:  tudo,  emflm ,  cm  tal  estado,  que  faz  suppör  a  um  viajante  que  aquella  provincia  acaba  de 
soffrer  uma  devorante  peste,  uma  guerra  de  religiäo,  ou  alguni  monstro,  que  com  o  seu  corrupto  halito 
tem  inflcionado  tudo  o  que  e  criado  sensivel." 

')  Viedma,  Descripciön  de  la  prov.  de  Sa  Cruz  de  la  Sierra,  bei  de  Angelis  III,  §§453ff. ,  521  ff.  (1788). 

'»)  BoGGiANi,  I  Ciamacoco,  p.  466  ff.  (Bell,  della  Soc.  gcogr.  Ital.  Ser.  IlL  vol.  VII,  Roma  1894).  — 
BoGGiANi,  Los  Indios  Chamacocos,  in  Revista  del  Institute  Paraguayo,  April  1S98.  —  Boggiani,  Guaicurü, 
in  Mem.  della  Soc.  geogr.  Italiana  VIII.  p.  266,  Roma  1898-99.  —  Boggiani,  Etnografi'a  del  Alto  Paraguay, 
Bol.  del  Instit.  geogr.  Arg.  XVIII,  1898. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  9 


-    66    - 

aber  er  hielt  die  Identität  beider  Stämme  selbst  für  ausgeschlossen.  Erst  Karl  von  den 
Steinen  i)  ist  es  dann  gelungen ,  auf  Grund  einer  in  seinem  Besitze  befindlichen ,  alten 
handschriftlichen  Jesuiten-Grammatik  der  Zamuco-Sprachen  überzeugend  nachzuweisen, 
dass  das  Zamuco  enge  Verwandtschaft  mit  dem  modernen  Chamacoco-Idiom  zeigt  und  dass 
die  heutigen  Chamacoco  tatsächlich  ein  Zamuco-Stamm  sind.  Die  Amerikanisten  haben 
daraufhin  eine  Sprachgruppe  Samucu  aufgestellt,  die  neben  den  Zamuco  oder  Samucu  die 
heutigen  Stämme  der  Chamacoco,  der  Moro  (Morotoco)  und  Tumanaha  umschliesst 2). 
Puerto  Pacheco  liegt  in  der  Mitte  des  Gebietes  der  Chamacoco;  nach  Süden  reichen  sie 
bis  Fuerte  Olimpo,  nach  Norden  unternahmen  sie  früher  ihre  Streifzüge  bis  Coiumba, 
kommen  jetzt  aber  nur  noch  selten  über  Puerto  Pacheco  nach  Norden  hinaus  3). 

Wenn  die  Zamuco  zur  Zeit  der  Jesuiten  tief  im  Innern  des  Chaco  wohnten,  so  zeigt 
die  soeben  skizziei'te  Verbreitung  der  heutigen  Chamacoco-Stämme,  dass  eine  Wanderung 
der  Zamuco-Chamacoco  nach  Osten  an  den  Paraguay  stattgefunden  hat.  Diese  Bewegung 
dürfen  wir  wohl  mit  dem  allmählichen  Verschwinden  der  gefürchteten  Mbayä  aus  dem 
Chaco  boreäl  in  Zusammenhang  bringen.  Sie  scheint  bald  nach  dem  Jahre  1767  eingesetzt 
zu  haben,  denn  1803  lebten  einige  Hundert  Chamacoco  schon  bei  Fuerte  Coimbra  am 
Paraguay  angesiedelt  ■*).  Bereits  im  Jahre  1795  aber  ist  ein  Stamm  der  „Xamacoco"  dem 
Portugiesen  Rodeigues  do  PkadoS)  wohlbekannt;  obgleich  sie  von  den  Mbaya  grausam 
befehdet  wurden,  pflegten  sie  an  diese  doch  schon  damals,  wie  es  noch  18-18  Cuyabaner 
Akten  —  aus  denen  Karl  von  den  Steinen ö)  einige  Angaben  macht  —  berichten,  ihre 
Kinder  gegen  Beile  und  Messer,  später  gegen  Pferde  und  Baumwolle  zu  verkaufen. 

Mit  Alcide  d'Obbigny^)  können  wir  die  Stämme  der  Aguitequedichaga  und  Ninaqui- 
guila  vielleicht  ebenfalls  als  Angehörige  der  Zamuco-Familie  ansprechen.  Erstere  sassen, 
höchstens  50  Krieger  stark ,  nach  Azara  »)  als  friedliche  Landbauer  in  festen  Wohnsitzen 
auf  der  niedrigen  Sierra  de  San  Fernando  nahe  des  Rio  Paraguay  gegen  den  18.  Parallel 
hin  und  galten  wegen  des  von  ihren  Weibern  geübten  Gebrauches,  die  Ohren  bis  fast  auf 
die  Schultern  herabzudehnen,  als  Reste  der  Orejones  des  16.  Jahrhunderts,  deren  Ursprung 
man  in  Peru  suchte.  Die  Ninaquiguila  oder  Potorera  hausten  in  mehreren  Horden ,  ziemlich 
zahlreich,  in  dem  Walde,  der  sich  zwischen  dem  Chaco  und  dem  Chiquitenlande  (18—19°) 
ausdehnte  und  von  ihnen  niemals  verlassen  wurde.  Beide  Stämme  wurden  durch  die 
Sklavenjagden  der  Mbaya  beständig  dezimiert  9). 

VII.    Die   Chiriguano   oder   Chiriguanä. 

Die  ganze  westliche  Hälfte  des  Chaco  boreal  sowie  die  im  W  und  N  angrenzenden 
Gebiete  der    ehemaligen    Präsidentschaft    Alto   Peru   oder   Charcas   und   der  Provinz  Santa 


1)  Karl  von  den  Steinen:  Die  Schamakoko-Iiidianer.  Globus  67,  p.  .325  ff.,  1895. 

2)  Lafone  Quevedo,  Progresos  de  la  etiiologia  en  el  aüo  1898,  Bei.  del  Inst,  geogr.  Arg.  XX. 
')  BoGGiANi,  I  Ciamacoco;  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII,  Karte. 

■')  Mautius,   Beiträge  zur  Ethnographie  und  Sprachenkunde,  I,  p.  248.  —  Castelnau,  Expedition,  11, 
p.  397,  405. 

*)  DO  Prado,  p.  38. 

«;  Karl  v.  d.  Steinen,  Unter  d.  Naturvölkern  Zentralbrasiliens,  1894,  p.  548  L 

')  d'Orbigny,  p.  253. 

«)  Azara,  II,  p.  81  ff.  —  Adelung- Vateb,  Teil  III,  p.  4/3  f.  .,      •  ^     v        •.    .        n,v,      •    • 

'■»)  S.o.  p.  4.5.  Nach  Adelung- Vater  (III,   p.  474)   lebten   die    Ninaquiguila  jedoch   mit   den   Mbaya   in 
freundschaftlichem  Einvernehmen. 


-    67    - 

Cruz  de  la  Sierra  bis  hinauf  zum  15.  Grade  waren  und  sind  grossenteils  noch  heute  im 
Besitze  von  Zweigen  der  weitverbreiteten  Tupi-Famiiie,  im  einzelnen  der  Stämme  der 
Siriones,  Guarayo,  Guaranoca,  Yanaigua,  Palmares  und  Tapietes,  vor  allem  aber  der 
Chiriguano.  Schon  im  17.  und  18.  Jahrhundert  fielen  diese  Tupi  den  damals  bei  ihnen 
missionierenden  Jesuiten  i)  durch  ihre  enge  Sprachverwandtschaft  mit  den  Guarani,  die 
gleichfalls  der  Tupi-Gruppe  angehören,  auf,  umsomehr,  als  sie  im  übrigen  ein  wildes, 
fast  nacktes  Reitervolk,  in  Habitus  und  Lebensweise  eher  den  Chaco-Stämmen  glichen. 
Für  diese,  bereits  von  Guzman-)  beobachtete,  bemerkenswerte  Erscheinung  sprachlicher 
Zusammengehörigkeit  bei  gleichzeitiger  weiter  räumlicher  Trennung  suchte  man  frühzeitig 
nach  einer  Erklärung,  und  man  fand  sie  in  einer  grossen  Wanderung  von  Guarani-Stämmen 
nach  NW.  Dabei  laufen  zwei  Versionen  neben  einander  her.  Der  Geschichtschreiber 
Perus,  der  Inka  Garcii.aso  de  la  Vega,  berichtet,  dass  die  Chiriguano  im  15.  Jahrhundert 
nach  NW  gezogen  und  an  den  Grenzen  Perus  von  dem  Inka  Yupanqui  bekämpft  worden 
seien  "^).  Den  Namen  Chiriguano,  nach  Waitz*)  vielleicht  eine  Kollektivbezeichnung  aller 
jener  wilden  Guarani,  die  in  Peru  eingebrochen  waren,  leitete  man  ab  von  dem  Quechua- 
Worte  „chiriguan",  das  „frieren"  bedeutet  5).  Nach  der  anderen,  weniger  glaubhaften  Tradi- 
tion 6)  haben  sie  ihre  Wohnsitze  in  der  Provinz  Guayra  am  Alto  Parana  aus  Furcht  vor 
der  Rache  der  Portugiesen  wegen  der  Ermordung  ihi-es  Landsmannes  Aleixo  Garcia  ver- 
lassen, der  nach  Guzman  7)  schon  1-526  von  Säo  Vincente  aus  quer  durch  den  Kontinent 
bis  Peru  hin  vorgedrungen  sein  soll. 

Ausser  diesen  Tupi  im  NW  wohnten  einst  auch  am  Ostrande  des  Chaco  Angehörige 
dieser  Familie.  Westlich  des  Paraguay,  in  der  Gegend  der  Pilcomayo-Mündung,  sassen  im 
16.  Jahrhundert  Guarani-Stämme,  die  aber  von  da  bald  verschwunden  zu  sein  scheinen, 
da  sie  schon  die  Hilfe  des  Alvar  Nuhez  Cabeza  de  Vaca  anrufen  mussten  ^). 

Wenn  die  Guarani,  sesshafte  Ackerbauer,  niemals  in  dem  Masse  wie  die  Chaco- Völker 
eine  starke  Widerstandskraft  gezeigt  haben,  sondern  überall,  schnell  unterworfen,  mit  den 
Conquistadoren  in  enge  freundschaftliche  Beziehungen  getreten  sind,  so  unterscheiden  sich 
auch  darin  die  stammverwandten  Chiriguano  des  nordwestlichen  Chaco  von  ihnen. 

xVls  mutiges  und  sehr  zahlreiches  Eroberervolk  haben  die  Chiriguano  schon  der  ersten 
spanischen  Invasion  ihres  Gebietes  den  heftigsten  Widerstand  entgegengesetzt  9)  und  sind 
niemals  von  den  Spaniern  unterworfen  worden,  ebensowenig  wie  vorher  von  den  Inkas. 
Oft  sind  die  Chiriguano,  die  unversöhnhchsten  Feinde  der  Spanier,  aus  ihrem  Lande 
hervorgebrochen  und  haben  in  den  Bezirken  Chichas,  Pilaya,  Laguna  und  Sa  Cruz  de  la 
Sierra  grosse  Metzeleien  verübt  und  zahlreiche  spanische  und  indianische  Niedei-lassungen 
zerstört,  u.a.  die  Städte  Pilaya  und  Paspaya  lO). 

Die  christliche  Mission   versuchte  die  Chiriguano  schon  im  17.  Jahrhundert  wiederholt 


.)  DoBKizHOFFER  1,  p.  160.  Gsographiaciies  be: 

-)  Ctuzman  I,  p.  u.  <1<  ü.  Lsiuzi». 

')  LozANO,  p.  57  ff. 

■•)  Waitz  III,  p.  41L 

5)  DE  Angelis  I,  Indice  zu  Guzman,  p.  XXI. 

<')   LoZANO,   p.   57.   —  DOBRIZHOFFEE   I,  p.    160. 
')   GüZMAN   I,   p.   15  ff. 

«)  Cabeza  de  Vaca,  p.  135  ff. 
")  S.o.  p.  12/13. 

'")  LozANo,   p.  56  ff.   —   Chablevoix  I.  p.  262  ff.   —   Huoxder,  MS.  p.  390.   —   de  Angelis  I,  Indice 
p.  XXI,  LIV  f. 


-    68    - 

zu  bekehren,  ohne  aber  jemals  dauernd  festen  Fuss  fassen  zu  können.  Mehrmals  wurden 
die  zu  ihnen  entsandten  Missionare  vertrieben  oder  erschlagen,  aber  mit  einer  Zähigkeit, 
die  Bewunderung  verdient,  gelang  es  den  Jesuiten  immer  wieder,  sich  bei  den  Chiriguano 
Zutritt  zu  verschaffen,  zuletzt  (ca  1730)  mit  Hilfe  der  Chiquiten  und  ihrer  gefürchteten 
Giftpfeile  1).  Guevara 2)  erzählt  uns,  dass  sie,  von  den  Religiösen  mit  dem  ewigen  Feuer 
der  Hölle  bedroht,  antworteten,  sie  würden  sich  dann  dadurch  zu  helfen  wissen,  dass  sie 
die  Kohlen  von  dem  Feuer  hinwegnähmen.  Im  Jahre  1734  kam  es  endlich  zur  Anlegung 
der  ei'sten  Chiriguanen-Reduktion  Nuestra  Senora  -del  Rosario  de  las  Salinas  südöstlich  von 
Tarija,  in  der  später  auch  Mataguayo  Aufnahme  fanden  3).  Eine  zweite  Station  kam  ein- 
unddreissig  Jahre  danach  (1T65)  in  der  Diöcese  von  Santa  Cruz  zustande:  Santa  Rosa*). 
Die  Franziskaner,  in  deren  Hände  das  150  Jahre  lang  von  den  Jesuiten  betriebene  und 
vom  „Colegio  de  Propaganda  fide"  in  Tarija  einheitlich  organisierte  Bekehrungsweik  über- 
ging, vermehrten  die  Zahl  der  Missionsdörfer  bei  den  Chiriguano  bald  um  das  Zehnfache, 
doch  war,  scheint  es,  in  diesen  Orten  —  die  sich  in  einer  Kette  vom  Rio  Piray  bei  Santa 
Cruz  im  N  bis  zu  den  nördlichen  Quellflüssen  des  Bermejo  im  S  längs  der  Cordilleren 
hinzogen  —  immerhin  nur  ein  kleiner  Teil  des  Stammes  untergebracht.  Von  Viedma  (1788) 
und  Tamajuncosa  (1799),  die  in  drei  Denkschriften  ihre  Informationen  über  die  Franziskaner- 
Missionen  niederlegten,  wissen  wir,  dass  sich  diese  keineswegs  in  blühendem  Zustande 
befanden.  Das  Regierungssystem  der  Jesuiten  mit  der  fast  völligen  Abschliessung  nach 
aussen  und  der  absolut  herrschenden  Stellung  des  Patei's  hatte  auch  bei  den  Gründungen 
der  Franziskaner  Anwendung  gefunden,  und  es  besteht  dort  im  allgemeinen  noch  heute  fort  5). 

Versuchen  wir  jetzt,  die  Ausbreitung  der  Chiriguano  für  die  zweite  Hälfte  des  vor- 
vorigen Säkulums  festzulegen ! 

Nach  JoLis  und  Herväs  waren  sie  über  ein  Gebiet  verbreitet,  das  sich  von  Tarija  im 
W  über  50  Leguas  (ca  250  Km.)  nach  Osten  und  von  Süden  nach  Norden  über  100  Leguas 
(ca  500  Km.)  erstreckte 6).  Über  die  Grenzen  desselben  erfahren  wir  folgendes:  Nach  Norden 
reichte  es  etwa  bis  zum  17.  Parallel  und  grenzte  nach  Nordosten  hin  an  den  Missions- 
distrikt der  Jesuiten  im  Chiquiten-Lande,  während  es  sich  im  Süden,  etwa  unter  22°  s.  Br., 
bei  Salinas,  Itau  und  am  oberen  Pilcomayo  mit  demjenigen  der  Mataco-Mataguayo  und 
Toba  berührte.  Gegen  Westen  hin  sassen  Chiriguano  bis  in  die  Nachbarschaft  von  Chichas, 
Pilaya,  Laguna  und  Valle  grande  in  festen  Dorfschaften  unter  erblichen  Kaziken '').  Die 
Behauptung  Viedmas,  dass  der  Rio  Parapiti  die  Ostgrenze  ihres  Landes  gebildet  habe, 
dürfen  wir  nur  für  den  Unterlauf  dieses  Flusses  gelten  lassen,  wenn  wir  den  im  Innern 
des  Chaco  boreäl  mitunter  als  Tapui  oder  Tapiete  bezeichneten ,  noch  jetzt  sehr  volkreichen 
Chiriguano   mit  Herväs   und   Jolis   von   Tarija  aus  eine  Ausbreitung  von  fünfzig  Leguas 


')  LozANO.  p.  130,  27:3,  316,  323  ff.  —  Charlevoix  I,  p.  258,  341.  —  HerviIs,  p.  144.  —  Fray  Antonio 
Tamajuncosa,  Descripciön  de  las  misiones,  al  cargo  del  Colegio  de  Nuestra  Seüora  de  los  Angeles  de  la 
Villa  de  Tarya,  pp.  11,  30  ff.  (1799)  bei  de  Angelis  V.  —  Dobrizhoffee  III,  p.  498  f.:  1689  wurden  die 
PP.  OsoRio  und  RiPARio,  1645  Romeeo  und  Fernandez  und  später  Lizaedi  ermordet. 

■)  Guevara,  Historia  del  Paraguay,  Rio  de  la  Plata  y  Tucuman  I,  p.  33  bei  de  Angelis  II. 

3)  HERvas,  p.  143,  192.  —  S.  o.  p.  55. 

■•)  HERväs,  p.  143.  —  Viedma,  Descripciön  de  la  provincia  de  Santa  Cruz  de  la  Sierra  (1788),  §§  312, 
323,  bei  de  Angelis  III.  -  Sa.  Rosa  lag  nach  Hervüs  unter  17°  11'  s.  Br.,  22  Leguas  von  Sfi  Cruz  entfernt. 

')  Viedma,  s.  Anm.  4,  sowie  a.  v.  0.  der  Descripciön  de  las  reducciones  de  los  indios  Chiriguanos,  bei 
DE  Angelis  III.  —  Tamajuncosa,  s.  diese  Seite,  Anm.  1. 

")  JoLis,  p.  394.  -  HERvds,  p.  143. 

')  Lozano,  p.  130.  —  HuoNDER,  MS.  p.  388.  —  Viedma,  Descr.  de  las  reducciones,  a.  v.  0.  —  Tama- 
juncosa, p.  3  f.  —  de  Angklis  I,  Ind.  p.  XX. 


-    69   - 

nach  Osten  geben.  Diese  von  uns  gezeichneten  Grenzen  der  Chiriguanen  haben  im  grossen 
ganzen  noch  heule  ihre  Giltigkeit;  nur  im  Westen  ist  die  bolivianische  Indianergrenze  bis 
zu  den  Missionen  auf  den  Vorbergen  der  Anden  vorgeschoben  worden  ^. 

Die  Chiriguano  galten  im  18.  Jahrhundert  für  die  bedeutendste  und  angesehenste 
Nation  im  westlichen  Chaco.  Die  Angaben  über  ihre  Zahl  sind  sehr  schwankend  und 
bewegen  sich  mit  der  üblichen  Übertreiliung  und  Übei-schätzung  zwischen  dem  Maximum 
von  41000  Waffenfähigen  und  dem  Minimum  von  15000  Kriegern-')-  Der  Wert  dieser  an 
und  für  sich  schon  wenig  zuverlässigen  .Zahlenangaben  wird  noch  dadurch  geringer,  dass 
darin  überall  die  innerhalb  des  Ghiriguanen-Stammes  lebenden  Chane  3)  eingeschlossen 
erscheinen. 

VIII.    Die    Nu-Aruak-Stämme   des    Gran    Chaco. 

Die  weitverbreitete,  in  überraschender  Kontinuität  ihres  Vülkerzuges  von  den  Küsten 
des  Antillenmeeres  in  südwestlicher  Richtung  bis  zu  den  bolivianischen  Anden  nachweisbare 
Nu-Aruak-Familie  (Aruaco,  Maipure)  entsendet  aus  dem  Gebiete  der  Mojo  Mbaui'e-Stämme 
(Nu-Aruak)  am  Mamore  und  Guapore  zwei  Zweige:  der  eine,  nach  Osten  gerichtet,  um- 
schliesst  die  Pareci  sowie  Kabisi  in  den  Quellgebieten  des  Tapajoz  und  Arinos  und  findet 
in  den  Mehinakü  und  Kustenaü  an  den  südlichen  Xingü-Zuflüssen  seine  äussersten  Vor- 
posten. Der  andere  Zweig  durchzog  in  weitem  Bogen  den  nördlichen  Chaco  bi.s  hinüber 
nach  Brasilien  •*). 

Die  Nu-Völker  des  Chaco,  von  dei-  Linguistik S)  als  nächste  öprachverwandte  erkannt, 
erscheinen  im  18.  Jahrhundert  unter  den  Namen  Chane  und  Guanä,  wobei  im  allgemeinen 
als  Guanä  der  Komplex  de]-  östlichen  und  mit  Chane  derjenige  der  westlichen  Tribus 
zusammen gefasst  wurde.  Sie  zeigen,  wie  in  mancher  Hinsicht  auch  die  Chiriguano,  zu 
den  übrigen  dortigen  Stämmen  stai'ke  Gegensätze,  durch  die  sie  fast  zu  einem  in  den 
Chaco  eingelagerten  fremden  Elemente  werden:  sesshaft  und  friedlich,  leben  sie  —  soweit 
sie  nicht  vorgezogen  haben,  ihre  nationale  Sonderexistenz  aufzugeben  —  in  festen,  mit 
Pallisaden  geschützten  Ortschaften  und  treiben  intensiven  Ackerbau.  Sie  verstehen  sich 
auf  das  Spinnen  der  Baumwolle  und  sind  wie  alle  Nu-Völker  ausgezeichnete  Töpfer.  Der 
Brauch  des  Kindesmordes  sowie  Polygamie  sind  ihnen  fremd,  und  die  .lesuiten  rechneten 
es  ihnen  hoch  an,  dass  sie  weder  Idole  noch  Götzenbilder  besassen  C). 

Die  beiden  Nu-Stämme  des  Chaco,  die  Chane  im  W  und  die  Guanä  im  Osten  des 
Chaco  boreäl,  wohnten  innerhalb  des  Gebietes  der  Chiriguano  und  Mbayä  und  standen  zu 
diesen   in   einem   Untertanen-   und   Abhängigkeitsverhältnisse,   das  örtlich    und  nach  Form 


')  NussERrAspoET ;  Die  Stämme  der  östl.  Indianer-Grenze  in  Bolivia,  Globus  71,  1897    p   160  ff 
-ncT  ^'  LozANo  (1733),  p.  59:   25—30000  Waffenfähige.   —   MS.  40-50000  Seelen.   —   Jolis  (p.  394):  41000 
Waffenfähige.  —  Gilij,   Saggio  di   storia  americana,  Rom  1780,  cit.  n.  HESvas,  p.  148-  15-^0000  Krieger 
in  160  Ortsehiiften.  " 

')  S.  den  folgenden  Abschnitt, 

')  Ehrenreich,  Die  Einteilung  und  Verbreitung  der  Völkerstämme  Brasiliens,  Pet.  Mitt  1891  — 
K.  V.  D.  Steinen,  Unter  di.-n  Naturvölkern  Zentralbrasiliens.  1894. 

»)  Lafone  Qukvedo.  Proyresos,  Bol.  XX,  „Grupo  Guana-Chane".  Diese  Nu  haben  nichts  •jemein  mit  den 
Maskoi-Guana  oder  den  Chana-Timbu  des  imteien  Paianä.  -  Guana  =  „Mensch"  oder  „viele  Menschen" 
(AzABA  II,  p.  86,  Aguirke  p.  471),  nach  Martius,  Beiträge  zur  Ethnogr.  u.  Sprachenkuade  II,  p.  172,  788 
eine  Bezeichnung  der  Guarani,  die  eine  Hochscliätzung  ausdrückt,  etwa  „edles  Volk",  die    Gelehrten" 

«)  Jolis,  p.  511.  —  HEBväs,  p.  191.  -■  Hüonder.  MS.  p.  389. 


-    70    - 

verschieden  war;  während  es  bei  dem  Chane- Vollie  völlig  demjenigen  zwischen  Herren  und 
Sklaven,  zwischen  Siegern  und  Kriegsgefangenen  entsprach,  fand  es  bei  den  Mbaya  den 
Guana  gegenüber  ungleich  mildere  Anwendung,  dergestalt,  dass  diese  teils  als  Verbündete 
mit  annähernd  selbständigen,  geschlossenen  Gemeinwesen,  teils  als  Vasallen  und  Schützlinge 
der  Mbaya  erscheinen.  Die  kriegerischen  Mbaya  pflegten  ihre  Weiber  mit  Vorliebe  aus  den 
Stämmen  der  Guanä  und  Chamacoco  zu  nehmen,  und  so  findet  wohl  auch  die  Erscheinung 
ihre  Erklärung,  dass  Weiber  und  Kinder  der  Mbayä  teilweise  ein  etwas  anderes  Idiom  als 
die  Männer  i'edeten.  Schon  Schmidel  i)  weiss  von  einem  Volke  der  Zchennte  zu  berichten , 
das  wir  nach  der  Lage  seiner  Wohnsitze  für  die  Guanä-Chane  halten  müssen:  „Sindt 
baisailles  (Vasallen)  oder  underthanen  der  Mayaiess,  als  hie  zu  landt  die  paurenn  under- 
thenig  sindt  irem  herren".  Auch  in  dem  Stamme  der  Queanaes,  der  nach  einer  von 
d'Orbigny-)  erwähnten  sehr  alten  Relation  von  den  benachbarten  Chiriguano  unterworfen 
und  zum  Bebauen  der  Felder  gezwungen  worden  sein  soll,  möchten  wir  bereits  die  Chane 
erkennen,  die  im  18.  Jahrhundert  als  Kriegsgefangene  der  Chiriguano  in  besonderen  Sklaven- 
dörfern —  nach  ihnen  Chanes  genannt  —  angesiedelt  lebten  S).  Wenn  Lozano^)  berichtet, 
dass  die  Chiriguano  ihre  Sklaven  „Chanos"  nannten,  so  finden  wir  in  dieser  Bezeichnung 
einen  ethnischen  Inhalt.  Das  Untertanenverhältnis  des  Chane  zu  dem  Chiriguano  kam 
schon  dadurch  zum  Ausdrucke,  dass  der  Chane  diesen  als  „cheya"  =  mein  Gebieter, 
bezeichnete,  während  er  umgekehrt  bei  den  Chiriguano  „tapii"  =  Sklave  hiess^). 

Das  wenige,  was  wir  sonst  von  den  Chane  in  diesen  weltentlegenen  Gebieten  des 
nordwesthchen  Chaco  wissen,  hat  ausnahmslos  Bezug  auf  die  Missionstätigkeit  der  Jesuiten 
und  Franziskaner  des  Collegiums  von  Tarija.  Erstere  scheinen  sie  schon  im  17.  Jahrhundert 
gleichzeitig  mit  den  Chiriguanen  im  Christentume  unterwiesen  zu  haben,  doch  kam  es  erst 
1714  zur  Anlegung  einer  Doctrina  in  der  Nähe  von  Santa  Cruz,  die  —  ihr  Name  war 
San  Juan  de  los  Porongos  —  noch  1767  unter  Weltgeistlichen  fortbestand*^).  Nur  mit 
schwerer  Mühe  konnten  weitere  Chane  in  den  beiden  Missionen  Asero  und  Itl  in  den 
Jahren  1767  und  1789  reduziert  werden'').  Ferner  erfahren  wir  aus  einem  Berichte  eines 
Paters  Pedro  de  Babtolome  vom  Jahre  1792  an  Francisco  Aguirre,  dass  die  Bevölkerung 
der  Franziskaner-Station  Filipili  aus  Chane-Indianern  bestand,  deren  Stammesgenossen, 
meist  mit  Chiriguanen  vermischt,  an  den  Grenzen  von  Chuquisaca  und  Santa  Cruz  hausten  S). 
Viedma9),  cler  1788  die  Chiriguanen-Missionen  besuchte,  fand  im  Dorfe  Parapiti  Indianer 
der  Chane  und  der  Chiriguano  unter  der  Katechese  von  Franziskanern  zusammenwohnen. 
Die  Missionsarbeit  unter  den  Chane  musste  notwendig  eine  Lösung  des  alten  Abhängig- 
keitsverhältnisses derselben  zur  Folge  haben:  in  der  Tat  begannen  sich  seit  der  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  bei  den  Chane  grosse  soziale  Umwälzungen  vorzubereiten,  denn  sie  strebten 
sich  aus  ihrer  Knechtschaft  freizumachen  ^^). 

Reste  der  Chane   haben   sich   anscheinend    bis  zur  Gegenwart   erhalten,  denn  neuere 


')  Schmidel,  p.  88. 

')  d'Oebigny,  p.  237. 

")  HuoNDEB,'MS.  p.  388. 

■•)  LozANo,  p.  58. 

5)  DE  Angelis  I,  Indice  p.  XVII.  —  Brinton,  Ling.  Cart.  p.  198. 

<^)  HERVils,  p.  146.  —  S.  J.  de  los  Porongos  lag  4  Leguas  von  S»  Cruz  entfernt. 

')  Chablevoix  V  u.  VI,  a.  V.  0.  —  Tamajuncosa  p.  4,  26,  28,  51. 

*)  Agüiree,  Bol.  XIX,  p.  502.  —  Die  genaue  Lage  alier  dieser  Stationen  lässt  sicli  nicht  angeben. 

9)  ViEDMA,  Desc.  y  estado  de  las  redueciones  de  los  Indios  Ohiriguanos,  bei  de  Anüelis  III,  p.  181. 

'0)  JoLis,  p.  394.  —  HEKvds,  p.  146. 


-    71    - 

Chaco-Reisende   haben   den    Namen   dieses   Nu-Stammes  auf  ihren   Karten  eingezeichnet  i). 

Wie  im  nordwestlichen  Ciuico  infolge  der  entgegenlaufenden  Wanderungsrichtungen 
der  Tupi-Guarani  und  der  Nu-Völker  eine  Durcheinanderlagerung  der  Chiriguano  und  Chane 
stattfand,  so  durchdrangen  sich  nach  Osten  hin  in  den  Guand  weitere  Angehörige  der 
Nu-Aruak  mit  den  Mbayä-Guaikurü.  In  beiden  Fällen  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit 
sagen,  ob  die  Nu  die  ältere  Schicht  darstellen,  aber  man  möchte  fast  vermuten,  dass  die 
Einwanderung  der  Chiriguano  und  Mbaya  erst  nach  derjenigen  der  Nu  erfolgt  sein  müsse. 
Abgesehen  von  alten  Traditionen  -')  scheint  dafür  die  Hörigkeit  der  Guanä  und  Chane 
beweisend  zu  sein:  auch  anderwärts  lässt  sich  vielfach  die  Beobachtung  machen,  dass  die 
zuletzt  Zugewanderten  sich  im  Besitze  der  Herrschaft  über  früher  eingewanderte,  ältere 
Elemente  befinden. 

Die  Guana  sind  bereits  von  den  Conquistadoren  bei  ihren  wiederholten  Versuchen ,  vom 
oberen  Paraguay  nach  dem  Goldlande  Peru  vorzudringen,  flüchtig  berührt  worden.  Von 
allen  Stämmen  und  Stammesnamen,  von  denen  uns  da  berichtet  wird,  lassen  sich  allein 
die  Guanä  oder  —  wie  sie  nach  ihrer  Eigenbenennung  bezeichnet  wurden  —  Chaneses 
identifizieren.  Die  Wohnsitze  der  Chaneses-Guana  lagen  damals  im  nördlichen  Chaco 
zwischen  18°  und  23°  s.  Br.  und  erstreckten  sich  nach  Westen  bis  an  die  G]-enzen  von 
Peru  3).  Da  bei  Cabeza  de  Vaca,  der  sie  auch  im  Norden  an  der  Einmündung  des  Rio 
Cuyabä  oder  Rio  Cheane  in  den  Paraguay  vorfand,  wiederholt  davon  die  Rede  ist,  dass 
die  Chaneses  wie  auch  die  Chii'iguano  im  Zusammenhange  mit  der  Unternehmung  des 
Portugiesen  Aleixo  Garcia  dorthin  gekommen  seien,  so  hat  man  bis  in  die  neueste  Zeit 
herein  —  so  noch  Waitz  und  Brinton  —  die  Chane-Guanä  für  einen  Unterstamm  der 
Chiriguano,  also  für  Tupi-Guarani,  gehalten. 

Die  Nachricht  bei  Azaea*),  dass  ein  grosser  Teil  der  Guanä  wie  die  Mbaya  seit  dem 
Jahre  1673  nach  Osten  über  den  Paraguay  gezogen  und  in  die  Sitze  der  Itatin-Guarani 
eingerückt  sei,  kann  sich  nur  auf  diejenigen  Horden  beziehen,  die  seit  jeher  —  schon 
ScHMiDEL  und  andere  alte  Historiographen  berichten  uns  davon  —  als  Hörige  innerhalb  der 
Stammesverbände  der  Mbaya  lebten.  Soweit  dagegen  die  Guanä  als  Verbündete  der  Mbaya 
noch  in  geschlossenen  Massen  lebten ,  dürften  sie  erst  gegen  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 
hin  und  später  ausgewandert  sein.  Denn  ausser  den  Angaben  Agl'ieres5),  der  diese  Guanä 
erst  seit  1746  nach  Osten  in  langsamem,  durch  Rückwanderurigen  unterbrochenem  Zuge 
voi-dringen  und  sie  auch  erst  seit  dieser  Zeit  zu  den  Mbaya  in  ein  bestimmtes,  nach  ihm 
aber  durchaus  freiwilliges  Bundes-  und  Dienstverhältnis  treten  lässt,  haben  wir  die  Zeug- 
nisse der  Jesuiten  6),  dass  die  Guanä  bis  gegen  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  in  geschlossenen 
Verbänden  nur  westlich  des  oberen  Paraguay  sassen.  Dort  hat  sich  auch  wiedei'holt  die 
Mission   versucht;    sie   ging  aber  ein,   als  die  Guanä-Missionare  Pedro  Roiiero  und  Mateo 


')  Cardüs,  Las  misiones  fianciscanas  de  Bolivia.  Barcelona  18S6.  —  Thouar,  Explorations  dans 
l'Amerique  du  Sud,  Paris  1891.  —  Queracchi,  £1  Colegio  franciscano  de  Tarija  y  sus  misiones,  1884  rCit 
nach  Brinton,  Ling.  Gart.  p.  197  f.). 

-)  Die  Chiriguano  sollen  aus  SO  gekommen  sein,  und  die  Mbaya  sollen  in  alter  Zeit  von  den  Enimaga 
im  Chaeo  central  in  Sklaverei  gehalten  worden  sein.    S.  o.  p.  63. 

=•)  Cabeza  de  Vaca,  Ausg.  Dominguez,  p.  102  f..  168,  191,  197,  202  f.,  231  f..  —  de  Angelis  I,  Indice 
p.  XVII.  —  AzARA  II,  p.  86  ff.  —  Aguirbe,  p.  471. 

•>)  Azara  II ,  p.  86  ff. 

>)  Aguirre,  p.  471  ff. 

«)  HuüNDER,  MS.  p.  380.  —  QuiKOGA  II,  p.  7.  —  JoLis,  Karte:  zw.  21°  u.  22'  s.  Br.  und  820°  der  Länge 
westlich  des  Paraguay  die  Guanä  oder  Ghana.  —  HERväs,  p.  187:  zw.  20"  und  22=  s.  Br. 


-    72    - 

Fernandez  1645  von  umwohnenden  Stämmen  ermordet  wurden.  Über  hundert  Jahre  später 
erst,  1761,  wurden  die  Guana  aufs  neue  besucht  und  missioniert.  Die  von  Pater  Labrador 
vorbei'eitete  und  von  Manuel  Duran  ausgeführte  Reduktionsgründung  von  San  Juan  Nepo- 
muceno,  von  dei-  man  sich  bei  den  guten  Anlagen  der  Guanä  grosse  Erfolge  versprach  i), 
musste  jedoch  bereits  nach  wenigen  Monaten  von  den  Jesuiten  infolge  der  Verti'eibung 
ihres  Ordens  wieder  geräumt  werden  und  verschwand  bald  völlig  -'). 

Die  Patres  Camauo  und  Jolis  haben  zuerst  den  Stamm  der  Guanä  in  fünf  oder  sieben 
Horden  zerlegt,  die  im  allgemeinen  den  fünfundzwanzig  Jahre  später  von  Azaha  und  Agüirre 
gezählten  entsprechen  3).  Die  Schätzungen ,  die  wir  über  die  Zahl  der  Guanä  besitzen , 
scheinen  samt  und  sonders  übertrieben  zu  sein,  doch  geht  aus  ihnen  immerhin  hervor, 
dass  sie  den  Mbayä  an  Menge  bedeutend  überlegen  waren  4). 

Die  zeitlich  einander  folgenden  Angaben  der  Jesuiten,  Azaras  und  AguirresS)  gestat- 
ten, die  bei'eits  oben  ei'wähnte  Wanderung  der  Guanä  nach  Osten  und  deren  Ausstrahlung 
über  weite  Gebiete  jenseits  des  Paraguay  in  den  einzelnen  Phasen  festzulegen.  Besonders 
bemerkenswert  erscheint  diese  allgemeine,  in  den  letzten  drei  Jahrzehnten  des  vorvorigen 
Jahrhunderts  vor  allem  zu  beobachtende  Bewegung  der  damals  noch  geschlossen  wohnenden 
Guanä  deshalb,  weil  sie  zeigt,  dass  die  grosse  Wanderung  der  Nu-Völker  —  deren  südöst- 
lichste Avantgai'de  die  Guanä  darstellen  —  unter  Innehaltung  der  füi'  den  südlichsten  — 
die  Gruppe  Chane-Guanä  umfassenden  ■ —  Zweig  der  Nu-Aruak  charakteristischen  nordwest- 
lich-südöstlichen Bewegungsrichtung  bis  weit  an  die  Gegenwart  heran  angedauert  hat.  Als 
Agüirre  1793  in  Asunciön  sein  Manuskript  niederschrieb,  waren  bereits  sämtliche  Guanä 
mit  alleiniger  Ausnahme  der  kleinen  Horde  der  Neguecagetemi  oder  Niguecactemic,  die 
unter  211/0°  im  Chaco  zurückgeblieben  war,  auf  das  Ostufer  des  Paraguay  gewandert 6). 
Einige  Jahre  früher  wohnten  nach  Azara  ausser  der  eben  genannten  Horde  die  Ethelenä 
und  Equiniquinao  noch  zur  Hälfte  in  den  alten  Stammessitzen.  Die  andere  Hälfte  der  volk- 
reichen Ethelenä  hatte  sich  im  Osten  des  Pai'aguay  unter  21°  s.  Br.  auf  der  niedrigen 
Sierra  Echatiyä,   östlich  der  Nogona-Hügel ''),  niedergelassen,  während  der  andere  Teil  der 


')  HERväs,  p.  !88,  nennt  die  Guana  „naciön,  qua  es  paciflca,  döcil  y  trabajadora". 

■)  DoBHiZHOFFiiR  I,  p.  123  ff.  —  HEBvds,  p.  188  f.;  192.  —  Huonder,  MS.  p.'391.  —  Aguieke  p.  472  f. — 
S.  .1.  Nepomiiceno,  gegr.  1767,  lag  nach  Jolis'  Karte  unter  22°  2'  s.  Br.  und  320°  16'  der  Länge,  also  nord- 
westlich von  Belen,  im  Chaco  boreäl;  1767  waren  dort  600  Indianer  ansässig. 

Jolis,  p.  511:  Die  Guanä 


')  CamaiIo. 
p.  187  ff. 


bei  Hebvus, 


Layana. 
Echoaiadi. 
Eterena  ) 

Equiniquinao  S 
Ghana. 


p.  511: 
in  7  Ortschaften .  deren 
kleinste  1767  6000  Fers. 
(!)  zählte. 
Lajana. 
Echoaiadi. 
^Vier  Horden  der  Eterena 
(    od.  Equiniquinao. 
Neguecagetemi. 


Azara  II.  p.  86  fif. 

Layana-Equacchigo  (1800). 
Ghabarana-Echoaladi  (2000). 
Ethelenä  (8000). 
Equiniquinao  (600). 
Niguecactemic  (300). 
Echoroanä  (zw.  Mbaya). 


")  S.o.  Aiim.  3. 


Agüirre,  p.  4i1  ff. 

Layana  (-500  Krieger). 

Echoaladi-Echenoana  (1000  K.). 

Etelenoe  od.  Etelena  (1000  K.). 

Equiniquinao  (600  K.). 

Neguecagetemi  (200  K.). 

Zus.  3300  Krieger;  dazu  kom- 
men noch  diej.  Guanä,  die  als 
Hörige  unter  den  Mbayä  lebten. 

30000  Seelen.  —  Azara: 


.loLis:  ca.  30-45000  Seelen.    —    Huonder,  MS.  p.  .389 
ca.  8000  Köpfe.  —  Agüirre:  3300  Krieger  (S.o.)  oder  8200  Köpfe  (p.  474,  487). 

*)  Azara    nuiss   seine    Beobachtungen    über   die  Guanä  früher  als  Aguibbe  niedergeschrieben  haben, 
denn  die  Echoaiadi  (s.  u.)  hatten  sich  zu  seiner  Zeit  eben  erst  bei  Caazapä  niedergelassen.  Azara  II,  p.  87. 

")  Aguirbe,  p.  471  ff. 

')  Leider  war  es  selbst  auf  älteren  Karten  nicht  möglich ,  diese  anscheinend  mit  indianischen  Namen 
bezeichneten  Lokalitäten  aufzufinden. 


-    73    - 

Equiniquinao  wie  die  ganze  Horde  der  Echoroand  völlig  innerhalb  der  Stammesverbände 
der  Mbayd  lebte  (incorpore).  Übrigens  erschienen  solch  hörige  Guanä  1793  vor  Coimbra  und 
stellten  sich  unter  den  Schutz  der  Portugiesen,  um  sich  der  Herrschaft  der  Mbayä  zu 
entziehen!).  Später  wohnten,  wie  Martius^)  von  Portugiesen  erfuhr,  Guanä  auch  am  Rio 
Amambahy  und  auf  der  Wasserscheide  nach  dem  Corrientes-Apsi  hin.  Zwei  Horden  der 
Guani'i,  die  Layana  und  die  Echoaladi,  schoben  sich  nach  Südosten  hin  weit  in  das  spanisch- 
guaranische  Gebiet  der  heutigen  Republik  Paraguay  vor  und  lösten  damit  zugleich  zu  den 
Mbaya  alle  Beziehungen  ihres  räumlichen  Nebeneinanderwohnens.  Die  Layana,  die  einst  die 
südlichste  Horde  der  Guanä  im  Chaco  gewesen  waren  und  1767  —  damals  Chand  genannt  — 
unter  der  Katechese  der  Jesuiten  gestanden  hatten  3),  siedelten  sich  nördlich  des  Rio  Jeju;^ 
unter  24°  s.  Br.  an,  und  die  Echoaladi  fassten  unter  26"  U'  im  Zentrum  von  Paraguay, 
in  dem  Berglande  um  Caazapa ,  festen  Fuss  4). 

AzARA'"')  sah  oft  Scharen  von  50—100  Guanä  den  Paraguay  hinabfahren,  die  sich  an 
die  Spanier  bis  hinab  nach  Buenos  Aires  verdingen  wollten.  Viele  von  ihnen  Hessen  sich 
dann  als  ein  friedliches  Element  von  Ackerbauern  dauernd  in  spanischen  Ortschaften  nieder  6). 
Gerade  die  Mojo-Mbaure-Stämme  haben  sich,  wie  alle  Ackerbauer  am  La  Plata,  der  Kultur 
leichter  gefügig  gezeigt  als  die  schweifenden  Jäger  des  Chaco,  sind  ihr  aber  auch  ebenso 
rasch  erlegen.  Die  Layana  und  Echoaladi  sind ,  rings  umgeben  von  einem  Gebiete  spanisch- 
indianischer Halbkultur,  bald  guaranisiert  worden  und  leben  anscheinend  noch  heute  in 
den  Guayana  oder  Gualachen  in  Paraguay  fort ''). 

Von  allen  übrigen  Guanä  des  ausgehenden  18.  Jahrhunderts  haben  sich  nur  einige 
wenig  zahlreiche  Horden  bis  zur  Gegenwart  erhalten.  Am  Rio  Miranda,  dem  Mondego  des 
18.  Jahrhunderts,  hausen  die  Guana  und  Tereno,  die  nach  Boggiani  s)  mit  der  alten  Ethe- 
lenä-Horde  identisch  sind,  und  am  oberen  Paraguay  sind  in  den  lange  irrtümlich  für 
Guaikurü  erklärten  Quiniquinäo  (Kinikinau)  auf  dem  Westufer  zwischen  Corumbä  und 
Albuquerque  ebenfalls  Nu-Aruak  erkannt  worden  9). 

Zusammenfassung  und  Rückblick. 

Wenn  wir,  noch  einmal  zurückschauend,  die  aus  der  Betrachtung  der  verschiedenen 
Stamm esgruppen  und  der  Darstellung  ihrer  historischen  Entwickelung  gewonnenen  Einzel- 
bilder zu  dem  Gesamtbild  einer  historischethnischen  Landschaft  vereinigen,  so  erscheinen 
uns  darin  als  ausgeprägteste  Züge  einmal  der  weite  Komplex  der  Tatsachen,  wie  sie  sich 
aus  der  Berührung  zwischen  Weissen  und  Indianern  und  aus  dem  gegenseitigen  Aufein- 
anderwirken der  verschiedenartigsten  Kräfte  kulturlichen  und  primitiven  Lebens  ergaben , 
sodann  aber  vor  allem  die  fortwährenden  Wanderungen,  Pressungen,  Schiebungen,  Über- 
lagerungen und  sich  beständig  durchkreuzenden  Völkerbewegungen  und  Völkerbeziehungen. 


')  DO  Prado,  p.  38. 
-)  Martius,  Beiträge  I,  p.  236  ff. 

=)  HERväs,  p.  189  f.  —  Adelung-Vater,  Teil  III.  p.  474  ff. 
*)  AzARA  II,  p.  87  ff.  -  Aguirre,  p.  471  ff. 
')  Azara  II,  p.  97. 

6)  Adelung- Vater,  Teil  III,  p.  474  ff. 
')  Lafone  Quevedo.  Bol.  XX,  p.  64  ff. 

«)  Boggiani,  Etnografia  del  Alto  Paraguay,  Bol.  XVIII  p.  620,  1897. 

')  Boggiani,   Etnografia.    Bol.  XVIII.   —    Boggiani,  Guaicurü,   p.  252  f.,  in  Mem.   della   Soc.  geogr. 
Ital.  Vlir,  1898. 

I.  A.  f.  E.    XVIl.  10 


-    74    - 

Die  Geschichte  der  Chaco-Indianer  äusserte  sich ,  wenn  wir  es  zusammenfassend  ausspre- 
chen, hauptsächUch  in  Bewegungen  in  weiterem  Sinne;  in  ihnen  mussten  wir  dort,  wo 
nähere  Kunde  fehlte,  vielfach  das  einzige  sichtbare  Merkmal  geschichtlicher  Betätigung 
überhaupt  zu  erblicken  uns  gewöhnen. 

Für  die  Wanderungen  selbst  waren  mannigfaltige  Ursachen  massgebend.  Schon  der 
Boden  des  Chaco  an  sich ,  sein  Wechsel  zwischen  Überreichtum  an  Wasser  und  Trocken- 
heit und  Unfruchtbarkeit,  musste  jahreszeitliche  Oscillationen  erzeugen,  die  sich  dann, 
im  Verein  mit  den  in  den  Chaco-Indianern  wie  in  allen  Steppen-  und  Ebenenvölkern 
liegenden  natürlichen  Bewegungstrieben,  ihrer  Lust  zu  Raub  und  Eroberung,  zu  einer 
aussergewöhnlichen ,  durch  die  Einführung  von  Pferden  unter  diesen  Indianern  während 
eines  Zeitraumes  von  hundert  Jahren  in  ungeahnter  Weise  gesteigei'ten  Expansionsfähigkeit 
und  zu  einer  ausgesprochenen  Tendenz  schrankenloser  Ausbreitung  verstärkten.  Und 
zugleich  mit  diesen  innei'en  Momenten  gaben  Anstösse  von  aussen  immer  wieder  die  Ver- 
anlassung zu  Verschiebungen  und  Verschmelzungen:  durch  die  Kriegszüge,  die  Kolonisations- 
bestrebungen und  die  von  uns  im  einzelnen  eingehender  gewürdigte  Missionstätigkeit  der 
Weissen  sahen  wir  das  Wohngebiet  der  Indianer  besonders  im  Süden,  Osten  und  Westen 
eingeengt  und  an  den  Grenzen  desselben  mit  einer  Schicht  domestizierter  Indianer  oder 
Mestizen  bedeckt  werden.  Da  aber  das  Bild  des  Völkerlebens  im  ganzen  die  Züge  dauernden 
Wechsels  trägt,  so  kann,  zumal  bei  der  Unzulänglichkeit  der  zu  Gebote  stehenden 
Quellen,  die  Lokalisation  der  Stammesgebiete  der  Chaco-Bewohner  und  die  Festlegung  der  in 
einem  Zustande  fortwährenden  Fliessens  befindlichen  Grenzen  nur  Anspruch  auf  annähernde 
Richtigkeit  erheben  und  im  besten  Falle  immerhin  nur  für  einen  Moment  dei-  Wirklichkeit 
entspi'echen. 

Nach  den  voi'waltenden  Richtungen  dei-  Wanderzüge  können  wir  im  Chaco  zwei 
Gebiete  unterscheiden.  Vom  Bermejo  her  griffen  seit  etwa  16.50  die  durch  den  Gebrauch 
von  Pferden  erstarkten  Guaikurii-Stämme  der  Abipön ,  Mokovi  und  Toba  nach  Süden  und 
Südwesten  weit  in  den  Chaco  austräl  vor,  vertrieljen  die  Calchaqui  nach  Santa  Fe  hin, 
rollten  Angehörige  dei-  Mataco-Mataguayo-Gruppe  wie  die  Matai'a  gegen  den  Salado  hin  auf 
und  trieben  die  schwachen  Stämme  der  Lule-Vilela-Familie  der  vom  oberen  Salado  her  dem 
Heranfluten  der  Guaikurü  zielbewusst  entgegenarbeitenden  Mission  und  Kolonisation  in  die 
Arme.  Diese  ausgesprochene,  nach  Süden  und  Südwesten  gerichtete  Bewegung  sahen  wir 
um  die  Mitte  des  18.  .lahrhunderts  zum  Stillstande  kommen  und  bald  dai'auf  umschwen- 
kend sich  nach  Norden  wenden.  Der  Druck  der  über  den  Bei-mejo  nach  Norden  zurück- 
drängenden Guaikurü  hatte  im  Chaco  central  anscheinend  eine  Stauung  zur  Folge,  die 
durch  neue  Stammeswanderungen  ausgelöst  wurde:  die  Richtung  derselben  aber  ist  eine 
west-östliche  im  Gegensatze  zu  der  süd-nördlichen  Bewegungstendenz  südlich  des  Bermejo, 
die  wir  seit  etwa  1750  beobachteten.  Ausgenommen  bei  den  Chiriguano,  die  aus  NO  oder 
0  von  dem  Ausstrahlungszentrum  der  Tupi-Völker  anscheinend  schon  in  praehistorischer, 
d.  h.  praekolumbischer  Zeit  nach  dem  nordwestlichen  Chaco  kamen  und  dort  in  verhältnis- 
mässig sesshaftem  Zustande  verharrten ,  finden  wir  bei  allen  Stämmen  des  nördlichen 
Chaco  ebenfalls  diese  west-östliche  Bewegungsrichtung  wieder.  Nu- Völker,  wie  die  Chane 
und  Guana,  wanderten  schon  zeitig  aus  dem  Moxos-Lande  im  NW  ein  und  bildeten,  soweit 
wir  zurückzuschauen  vermögen,  einen  breiten  Streifen,  der  sich  durch  den  ganzen  Chaco 
boreiil  erstreckte.  Die  Mbaya,  in  denen  man  zusammen  mit  Toba,  Mokovi  und  Abipön 
die  Chancas,   die  zur  Zeit  der  Inkas  weit  im  Westen  an  den  Grenzen  von  Peru  wohnten, 


-    75    - 

hat  wiodeierkenneii  wollen,  siedelten  seit  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  nach 
dem  Ostufer  des  Paraguay-Flusses  über  und  verbreiteten  sich  nach  Osten  bis  zum  Rande 
der  Chapadil,  wo  sie  auf  Ges-Völker  drängten.  Im  Zusammenhange  mit  dieser  Auswan- 
derung der  Mbayä  stand  eine  Ausstrahlung  der  Guana  nach  Osten  und  Südosten,  die  zur 
Zei'reissung  des  Stammes  geführt  hat.  Die  durch  das  Zusammenschmelzen  der  alten 
mächtigen  Lengua  und  durch  die  Riiumung  des  rechten  Paraguay-Ufers,  wo  vorher  die 
Mbayä  und  Guansi  sassen,  fi-ei  gewordenen  weiten  Gebiete  wurden  bald  durch  Zuwander- 
ungen neuer  Elemente  besetzt:  aus  Nordwesten  her  rückten  die  Zamuco-Chamacoco  in  die 
ehemaligen  Sitze  der  Mbayä  und  Guanä  ein,  während  von  Südwesten  und  Westen  her  die 
Machicuy,  die  Enimagä  und  Guentuse,  die  Pilagä  und  Aguilot  aus  dem  zentralen  Chaco 
einwanderten  und  sich  in  das  Land  der  Lengua  teilten.  Zwischen  Piicomayo  und  Bermejo 
aber  zeigten  die  Toba  starke  expansive  Kräfte;  sie  besetzten  nicht  nur  die  früher  von  den 
Aguilot  und  Pilaga  bewohnten  Sitze,  sondern  dehnten  sich  auch  nach  Westen  zu  auf 
Kosten  von  Mataco-Mataguayo-Stämmen  aus,  die  ihrerseits  wiederum  die  schwachen  Bruch- 
stücke der  Gruppe  Lule-Vilela  auf  das  Südufer  des  Bermejo  beschränkten. 

So  erscheint  uns  der  Chaco  unter  dem  Gesichtswinkel  universaler  Geschichtsauffassung 
als  geschichtlicher  Boden  und  als  der  Schauplatz  eines  reichgestalteten  Völkerlebens,  das 
für  uns  an  Mannigfaltigkeit  noch  gewonnen  hätte,  wenn  nicht  weite  Strecken  des  mittleren 
und  besonders  des  nördlichen  Chaco  —  Gebiete,  deren  Erforschung  erst  dem  ausgehenden 
19.  Jahrhundert  vorbehalten  war  —  der  Kenntnis  des  18.  Jahrhunderts  verschlossen  geblieben 
wären.  Einen  Hinweis  aber  und  eine  Erklärung  für  dieses  Vorwiegen  der  aktiven  Kräfte 
in  der  Geschichte  der  Chaco-Indianer  versuchte  eine  Sage  i)  zu  geben,  die  die  Mbayä  in 
der  Fülle  ihrer  Macht  zu  erzählen  wussten :  Allvater  Tupa,  der  den  Guaikurü  erst  schuf, 
als  er  bereits  alle  übrigen  Völker  geschaffen  und  an  diese  alle  Güter  der  Erde  gegeben 
hatte  —  Tupa  habe  dem  Guaikurü  eine  Waffe  geschenkt  und  durch  den  Vogel  Caracarä 
verkünden  lassen,  dass  er  ungesti-aft  seine  Nachbarn  überfallen  und  deren  Land  weg- 
nehmen dürfte. 

Inzwischen  hat,  um  mit  den  Abiponern  Dobbizhoffers  zu  reden,  der  Mais  viele  Male 
geblüht.  Der  Guaikurü  und  der  übrigen  Chaco-Indianer  aber  sind  immer  weniger  geworden, 
und  die  Zeit  wird  vielleicht  nicht  mehr  fern  liegen,  wo  auch  sie  für  den  weissen  Mann 
eine  „Quantite  negligeable"  geworden  sein  werden.  Mit  der  fortschreitenden  Europäisierung 
und  Zivilisieiung  der  Erde  scheint  sich  das  Schicksal  aller  Naturvölker  rasch  vollenden  zu 
wollen.  Hoffentlich  gelingt  es  allenthalben  rechtzeitig,  ihren  ethnographischen  Besitz  als 
unersetzliche  Dokumente  für  die  Zukunft  zu  retten. 


DO  Pkado,  Hist  dos  Indios  Cavalleiros,  p.  35.  —  de  Angehs  I,  Indice  p.  VIII. 


76 


III.   MUSEES  ET  COLLECTIONS.   -   MUSEEN  UND  SAMMLUNGEN. 


I.   Ethnographische    Sammlung    in  Bern. 

Wie  vielerorts  bildet  auch  in  Bern  die  ethnogra- 
phische Sammlung  nicht  ein  selbstständiges  Institut, 
sondern  sie  ist  ein  Annex  des  Bernischen  his- 
torischen Museums  und  füllt  den  einen  Flügel 
des  Erdgeschosses  während  der  andere  die  praehis- 
torisch-archaeologische  Abteilung  beherbergt,  so  dass 
die  berühmten  Pfahlbausammlungen  in  der  gegen- 
überliegenden ethnographischen  Abteilung  ihre  neu- 
zeitlichen Parallelen  finden. 

Der  Grundstock  der  Sammlungen  für  Völkerkunde 
besteht  aus  Schenkungen  und  Depositen  überseeischer 
Landsleute,  zu  denen  nun  immer  mehr  systematische 
Ankäufe,  in  erster  Linie  ebenfalls  von  aus  der 
Fremde  heimkehrenden  Bernern  hinzutreten.  Begin- 
nen wir  einen  kurzen  Überblick  des  vorhandenen 
Materials  mit  Europa,  so  ist  da  vor  allem  eine 
sehr  gut  ausgewählte  Sammlung  von  Bosnien- 
Hercegowina  zu  erwähnen ,  welche  im  Tausch  gegen 
Pfahlbauavtefakte  vom  Museum  in  Sarajewo  erwor- 
ben wurde. 

Nicht  schlecht  ist  Afrika  vertreten:  Nordafrika 
erwartet  allerdings  erst  gründliche  Aufbesserung  des 
bisherigen  Bestandes  aus  Marokko,  dafür  ist  West- 
afrika von  Senegambien  bis  Kamerun  ziemlich  gut 
repräsentiert.  Eine  gute  Sammlung,  namentlich 
mit  prachtvollen  Mandingo-Lederaibeiten,  stammt  von 
Französisch  Guinea;  dann  ist  von  der  Gold- 
küste die  Sammlung  von  Amuletten  und  Kultus- 
gegenständen des  Missionars  Laedrach;  von  Benin 
besitzt  Bern  leider  nur  eine  jüngst  erworbene  frei- 
istehende  Gruppe  und  eine  Glocke,  hingegen  sind 
die  bekannten  Goldgewichte  der  Ashanti 
in  grösserer  Anzahl  (200)  und  guter  Auswahl  exakt 
bestimmter  Stücke  vorhanden ,  welche  die  Grundlage 
einer  demnächst  erscheinenden  Publikation  bilden. 
Von  Metallarbeiten  sind  ferner  zu  erwähnen  einige 
der  gepunzten  Messingplatten,  welche  aus  Qu  eis 
Nupe  stammend  als  old  Calabar  plates  etwa 
an  die  Küste  kommen.  Auch  Dahome  (Sammlung 
Barth)  und  Nigeria  sind  durch  gute  Serien  reprä- 
sentiert. Von  Kamerun  sind  ausser  2  Kanu- 
modellen mit  Schiffsschnäbeln  (wovon  der  eine  bei 
Feobenius  abgebildet),  einige  gute  Masken,  auch 
Hörnermasken,  besonders  zu  erwähnen.  Am  Schlimm- 
sten stehts  in  der  Abteilung  Kongogebiet,  wo 
einige   zufällig   erworbene  Beile  nur  eine  schwache 


Ahnung  von  der  reichen  Waffentechnik  dieses  Ge- 
bietes geben  können.  Doch  steht  auch  hier  Zuwachs 
in  Aussicht. 

Von  Süd  Westafrika  ist  gerade  soviel  da,  um 
von  der  eigenartigen  Kultur  der  Herero  und 
0  V  a  m  b  0  einen  Begriff  zu  geben.  Um  so  besser  steht 
es  mit  Südostafrika.  Die  Sammlung  LtrscHEE, 
welche  das  ganze  Gebiet  von  der  Delagoa-Bay  bis 
Mozambique  umfasst  und  die  erst  durch  eine 
neuerliche  Schenkung  in  erfreulicher  Weise  comple- 
tiert  worden  ist,  zeigt  einen  in  Europäischen  Museen 
seltenen  Formen-Reichtum  jener  Messing  umspon- 
nenen Waffen  (Wurflanzen  und  Äxte).  Deutsch- 
und Britisch -Ostafrika  sind  wiederum  unbe- 
deutend, dagegen  ist  das  obere  Nilbecken  in 
einigen  guten  alten  Sachen,  die  von  S.  Zuebuchbn, 
einem  Leibarzte  Gordons  herstammen,  nicht  übel 
vertreten.  Sie  umfassen  dasGebiet  von  der  Gezireh 
bis  zu  den  Niam-Niam  und  Monbuttu.  Endhch 
sind  in  3  Vitrinen  vergleichende  Gruppen  afrikani- 
scher Musikinstrumente  zusammengestellt  und  an 
der  Südwand  sind  die  ostafrikanischen  Speere,  Pfeile 
und  Bogen ,  sowie  die  afrikanischen  Schilde  in  über- 
sichtlichen Gruppen  vereinigt  worden,  während  die 
übrigen  Wände  ob  den  Schränken  für  die  Ausstel- 
lung der  Textilien,  sowie  für  bildliche  Dai-stellungen 
(z.  B.  das  MARTiN'sche  Anthropologische  Tafelwerk) 
Verwendung  gefunden  haben. 

Während  Afrika  in  eigenem  Saale  aufgestellt  ist, 
sind  Asien,  Australien,  Oceanien  &  Amerika  in  einem 
grössern  Räume,  dem  ersten  beim  Eintreten,  ver- 
einigt. Asien  ist  sehr  ungleichmässig  vertreten.  So 
fehlt  fast  ganz  Sibirien,  auch  Vorderasien  weist  nur 
Einzelnes  auf;  von  Persien  ist  nicht  viel  Bedeutendes 
da,  hingegen  zeigt  Indien  eine  Serie  guter,  reich 
geäzter  Waffen  sowie  ein  altes  Bilderwerk,  das  noch 
der  nähern  Bestimmung  bedarf ').  Diese  Sachen  sowie 
ein  reich  geschnitztes  Modell  des  Tempels  von 
Madura  sind  alle  schon  durch  einen  schweizerishen 
Offizier  in  Diensten  der  Ostindischen  Compagnie , 
Ende  des  18.  .Jahrhunderts  nach  Bern  gekommen. 
Hinterindien  zeigt  in  dem  wenigen,  was  vorhanden 
ist,  keine  Besonderheiten;  von  China  besitzt  das 
Museum  eine  kleine,  meist  von  Missionar  Kutter 
herrührende  Sammlung,  die  sich  aber  ziemhch 
gleichmässig  über  alle  Gebiete  chinesischer  Kultur 
erstreckt.    Wertvoll   ist  ein   altes  Rollbild  mit  Dar- 


')  Nach   Prof.   Grünwedel    sehr   charakteristische   südindische   Darstellungen   aus   dem   Jugendleben 
Krischnas. 


-    77    - 


stellungeil  chinesischen  Lebens,  das  vom  Spital- 
meistor Herport,  der  Mitte  des  16.  Jahrluindert 
China  besuchte  und  darüber  eine  „Ostindianische 
Reissbeschreibung"  veröffentlichte,  mitgebracht  wor- 
den ist.  In  der  japanischen  Abteilung  besteht 
das  Hauptstück  aus  drei  vom  Hohen  Schweiz. 
Bundesrat  deponierten  Rüstungen,  die  derselbe  von 
einer  Gesandschaft,  welche  anlässlich  der  Umwäl- 
zungen von  1868  Europa  bereiste,  als  Geschenk 
erhielt.  Der  übrige  Bestand  ist  erst  in  diesem  Jahre 
durch  einen  grössern  Ankauf  guter  Kultussachen 
etwas  gehoben  worden  und  auch  die  japanische 
Kunst  ist  dabei  zu  ihrem  Rechte  gckonunen,  nicht 
zum  Mindesten  in  Folge  einer  reichen  Schenkung 
von  Herrn  G.  Jakoby  in  Berlin,  dem  das  Museum 
eine  gute  Serie  von  Stichblättern  und  Inros  ver- 
dankt '). 

Durch  frühere  und  neuere  Schenkungen  und  Ankäufe 
ist  die  indonesische  Abteilung  in  erfreulicher 
Weise  gewachsen  und  namentlich  die  malayische 
Waffentechnik  wird  durch  eine  grössere  Formen- 
reihe von  Krissen  und  Dolchen  ordentlich  veran- 
schauhcht.  Der  übrige  Kulturbesitz  der  holländischen 
Kolonien  ist  noch  etwas  dürftig  und  herrscht  das 
kleine  Modell  zu  sehr  vor.  Dagegen  sind  die  Phi- 
lippinen durch  eine  reiche  Sammlung,  namentlich 
an  Waffen  gut  repräsentiert. 

Für  Australien,  das  bis  dahin  gar  nicht  vertreten 
war,  ist  erst  jüngst  durch  Tausch  die  Erwerbung 
einer  kleinen  Typensammlung  möglich  geworden; 
Neuseeland  zeigt  einige  alte  Nephritgegenstände 
der  sogleich  zu  erwähnenden  Sammlung  Wäber,  sowie 
die  FiscHER'schen  Parafflnabgüsse  berühmter  Tikis. 
Die  Hauptstücke  der  Berner-Sammlung  aber  liegen 
in  der  Abteilung  Oceanien. 

Hier  besteht  der  Grundstock  aus  vier  Sammlungen, 
die  alle  noch  der  guten  alten  Zeit  angehören.  Da 
ist  in  erster  Linie  zu  nennen  die  Sammlung  Wäber. 
Es  war  dies  der  Zeichner,  welcher  Cook  auf  seiner 
dritten  Reise  begleitete.  Von  ilmi  stammt  der  schöne 
und  sehr  gut  erhaltene  Federmantel,  ein  Federhelm, 
sowie  andere  Gegenstände  (Hand- Waffen  &  Schmuck) 
von  Hawaii.  Dann  prächtige  alte  Steinbeile  und 
Fischereigerätschaften  von  Tahiti,  Flechtarbeiten 
und  Matten  von  den  Freundschaftinseln,  sowie 
eine  reiche  Reihe  alter  Tapa  von  Hawai  und 
Tahiti.   Ebenso   die  massiven  Perlmutterschmuck- 


sachen der  Tahitier.  Die  ganze  Sammlung  wurde 
schon  1791  der  Stadtbibliothek  geschenkt.  Die  zweite 
ältere  Sammlung  verdankt  das  Museum  einem  Herrn 
J.  J.  BiscHOPF,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahr- 
hundorts in  Manila  lebte  und  1859  seine  Sammlung 
dem  Museum  schenkte.  Sie  beschlägt  hauptsächlich 
Samoa,  Alofi  und  Fidschi  und  zeigt  nament- 
lich einige  schön  geschnitzte  Lanzen.  Eine  kleinere 
aber  ebenfalls  gute  ältere  Sammlung  aus  Neu- 
kai edonien  ist  ein  Geschenk  von  Dr.  0.  Lindt  in 
Aarau  und  endlich  hat  Prof.  Tu.  Studer,  der  seiner- 
zeit die  Gazelle-Expedition  mitmachte,  eben- 
falls eine  reiche  Sammlung  guter  Sachen  mitgebracht 
wie  die  bekannten  Keulen  und  die  Potwalhalsbänder 
der  Fidschinsulaner  sowie  Waffen  und  Schmuck  aus 
Neuguinea  und  dem  Bismarckarchi  pel.  Die 
Studersche  Sammlung  aus  diesen  letzteren  Gebieten 
ist  nun  in  diesem  Jahre  durch  Kauf  und  Tausch 
bedeutend  vermehrt  worden,  so  dass  Neuguinea, 
wenn  wir  von  grossen  Schnitzwerken  absehen,  für 
ein  Provinzialmuseum  ausreichend  vertreten  ist. 

Nach  den  Südsee-Reliquien  bilden  wohl  die  nord- 
amerikanischen Indianersach  on  den  wertvollsten 
Bestand  der  Sammlung.  Zunächst  hat  Wäber  von 
der  Cookschen  Reise  auch  einige  gute  Stücke 
aus  Nord  Westamerika  mitgebracht,  dann  gelang  es 
mit  der  Zeit  die  Sammlungen  einiger  Berner  zu  er- 
werben, so  dass  die  Wald-  und  Prärie-Indianer 
(Canada,  Ciamath,  Sioux)  namentlich  was  Kleidung 
anbetrifft,  gut  vertreten  sind.  Zu  erwähnen  sind 
speziell  zwei  grosse  mit  Pictographien  versehene 
Büffelfelle.  Im  Vergleich  zu  Nordamerika  ist  die 
südamerikanische  Abteilung  mehr  als  ärmlich.  Eine 
mit  Federn  verzierte  Hängematte,  scuiptierte  Cocos- 
schalen,  Bogen  und  Pfeile  etc.  sollen  den  Kulturbesitz 
der  Amazonasgegend  repräsentieren.  Argenti- 
nien zeigt  die  obligaten  Gauchoartikel,  von  Feuer- 
land ist  ganz  weniges  da,  Chile  hat  etwas  Schmuck. 
Die  altamerikanische  Kultur  der  Westküste  ist  erst 
in  jüngster  Zeit  durch  eine  Serie  von  40  Thongefässen 
der  Ghimü  zur  Darstellung  gekommen. 

iDie  ethnographische  Sammlung  in  Bern  besitzt 
demnach  neben  den  gewöhnlichen  übiquitäten  eine 
Anzahl  von  Gegenständen  von  hohem  Werte,  welche 
dieselbe  über  den  Rang  eines  blossen  Curiositäten- 
Kabinets  herausheben.  Da  sie  zugleich  die  bedeu- 
tendste  Sammlung  der   Schweiz  ist,  so  ergibt  sich 


')  Neuerdings  wurde  von  Herrn  Spörry,  dem  Verfasser  des  bekannten  Werkes  über  den  Bambus, 
dessen  Japan-Sammlung  für  frcs  5900.-  angekauft.  Dieselbe  besteht  aus  auserlesenen  guten  Stücken  und 
umfasst  cca  100  gute  alte  keramische  Objekte,  die  wichtigsten  Werkstätten  repräsentierend;  Lacke, 
zumal  Sakeschalen,  diverse  Ethnographica,  63  der  auserlesensten  Netsukes  in  Holz,  Elfenbein  etc..  und 
endlich  die  Sammlung  Stempel,  welche  als  Grundlage  für  das,  das  Stempelwesen  in  Japan  behandelnde 
Werk  des  genannten  Herrn  gedient. 


78    - 


daraus  von  selbst  die  Forderung,  die  vorhandenen 
Lücken  nach  MögHchlceit  auszufüllen,  so  lange  es 
noch  Zeit  ist.  Man  muss  anerkennen,  dass  die  Auf- 
sichtsbehörde dem  dahinzielenden  Bestreben  der 
engern  Leitung  dieser  Abteilung  in  liberalster  Weise 
entgegenkommt;  beläuft  sich  doch  der  Zuwachs  von 
1903   auf  800  Nummern.  Zugleich   wird  die  Samm- 


lung jetzt  neu  aufgestellt  und  mit  gedruckten  Eti- 
quetten  versehen,  welcher  Modus  nach  den  Erfahr- 
ungen des  Schreibers  wohl  etwas  teuer  zu  stehen 
kommt,  aber  für  das  Studium  weitaus  am  besten  ist. 
Ein  neuer  Katalog  wird  mit  der  Zeit  naclifolgen. 
Bern,  November  1903.  Dr.  R.  Zellee. 


VI.    EXPLORATIONS  ET  EXPLORATEURS,  NOMINATIONS,  NECROLOGIE. 
REISEN  UND  REISENDE.  ERNENNUNGEN,  NECROLOGE. 


L  t  Dr.  WiLH.  Hein.  In  Wien  starb  am  19. 
November  1908  nach  längerem  Krankenlager  Dr. 
Wilhelm  Hein,  Kustos- Adjunkt  am  K.k.  naturhis- 
torischen Hofmuseum  und  Privatdozent  an  der 
Universität  im  43.  Lebensjahre.  Er  wurde  am  7. 
Januar  1861  in  Wien  geboren  und  besuchte  dort 
das  Real-  und  Ober-Gymnasium  auf  der  Landstrasse. 
Schon  damals  zeigte  er  ein  be- 
sonderes Interesse  für  sprach- 
liche Studien,  was  darin  seinen 
Ausdruck  fand,  dass  er  schon 
in  den  letzten  vier  Gymnasial- 
klassen die  semitischen  Kolle- 
gien des  Professors  Dr.  D.  H. 
Müller  an  der  Universität  als 
ausserordentlicher  Hörer  be- 
suchte. Nach  abgelegter  Maturi- 
tätsprüfung war  er  in  den  Jahren 
1881-1885  ordentlicher  Hörer 
der  philosophischen  Fakultät  der 
Wiener  Universität,  wo  er  haupt- 
sächhch  die  semitischen  Spra- 
chen studierte;  ausserdem  nahm 
er  als  ordentliches  Mitglied  des 
historischen  Seminars  auch  an 
dessen  üebungen,  sowie  an  jenen 
des  germanistischen  und  geogra- 
phischen Seminars  teil.  Am  22. 
Juli  1885  wurde  er  zum  Doktor 
der  Philosophie  promoviert.  Um 
sich  für  sein  spezielles  Fach 
weiter  auszubilden,  studierte  er 
in  den  .Jahren  1886-1887  an 
der  Universität  zu  Strassburgim 
Elsass  bei  Euting,  Nöldeke  und  HIjeschmann.  Um 
eine  feste  Lebensstellung  zu  gewinnen,  trat  er  im 
Oktober  1887  als  Volontär  bei  der  anthropologisch- 
ethnographischen Abteilung  des  K.k.  naturhistori- 
schen  Hofmuseums  ein,  wo  er  bald  nach  der  Eröff- 
nung des  Museums  im  .Jahre  1889  zum  wissenschaft- 
lichen Hilfsarbeiter  ernannt  wurde. 

Nachdem  Hein  sich  mit  dem  gesammten  Museums- 
material  vertraut  gemacht  hatte,   wendete  er  seine 


Dr.  WiLH.  Hein,  in  arab.  Kleidung, 

während  seiner  Arabien- Reise  „Muhsin  ben 

Abdallah"  genannt. 


Hauptaufmerksamkeit  den  Verzierungsformen  der 
Völker  mit  primitiven  Kulturen  zu.  Seine  erste 
selbstständige  Arbeit  erschien  in  den  Mitteilungen 
der  Anthropologischen  Gesellschaft  in  Wien.  Bd.  XX 
S.  51—59:  „Ornamentale  Parallelen".  —  Dnnn 
folgte  im  Bd.  XXI  S.  45—56  eine  Arbeit  unter  dem 
Titel:  „Die  Verwendung  der  Menschenge- 
stalt in  Flech  t  wer  ken", 
nachdem  er  schon  frülier  an  der 
grossen  Arbeit  seines  Bruders 
Professor  Alois  Raimund  Hein 
über  die  Ornamentik  derDayak: 
„Die  bildenden  Künste 
bei  den  Dayaks  aufBorneo 
(Wien,  Alfred  Holder,  1890),  u.  A. 
durch  Bearbeitung  eines  sehr 
wertvollen,  zumal  die  malay- 
ischen  etc.  Ausdrücke  klar  stel- 
lenden Registers,  regen  Anteil 
genommen  hatte.  Eine  weitere 
Folge  dieser  Studien  war  die 
Herausgabe  einer  selbstständi- 
gen, in  den  Annalen  des  K.k. 
naturhistorischen  Hofmuseums 
in  Wien  erschienenen  Arbeit: 
„Zur  Entwicklungsge- 
schichte des  Ornamentes 
bei  den  Dayaks",  im  Bd.  X 
S.  94—114  (1895)  sowie  dieje- 
nige über  Indonesische 
Schwertgriffe  in  denselben 
Annalen  Bd.  XIV  (1899)  S.317— 
358,  in  der  er  in  mustergültiger 
Weise  die  Verzierungen  an  den 
Griffen  der  Dayakschwerter  analisierte. 

Hein  hatte  ein  tiefes  Ver.ständnis  für  die  Volks- 
seele; dabei  hatte  er  eine  gute  Art  und  Weise,  mit 
dem  Volke  umzugehen  und  in  nähere  Beziehungen  zu 
ihm  zu  treten.  Er  verdankte  dieser  glücklichen  Eigen- 
schaft manchen  tiefen  Einblick  in  das  Denken  und 
Fühlen  des  Volkes,  welcher  anderen,  in  dieser  Be- 
ziehung weniger  günstig  ausgerüsteten  Gelehrten 
versagt  blieb.    Auf  seinen  zahlreichen  Wanderungen 


-    79 


in  verschiodoncn  Gegenden  unserer  Monarchie  liatte 
er  immer  ein  aufmerksames  Auge  auf  die  Sitten, 
Gebräuche  und  sonstigen  geistigen  Lebensänsserungen 
des  betreffenden  Vollces,  dessen  charakteristische 
Seiten  er  mit  richtigem  Blick  lierauszugreifen  wusste. 
So  entstanden  mehrere  seiner  besten  folkloristischen 
Arbeiten,  die  er  nach  und  nach  an  verschiedenen 
Stellen  publizierte  und  deren  wichtigste  sind:  Die 
Todtenbretter  im  Böhmerwalde,  Mitth.  der 
Wiener  anthrop.  Gesellschaft  Bd.  XXI.  -  Die  geo- 
graphische Verbreitung  der  Todtenbret- 
ter, Ibidem  Bd.  XXIV  (1894)  pg.  56-71.  -  Hexen- 
spiel, Ein  salzburgisches  Bauernstück;  in  „Zeit- 
schrift des  Vereins  für  Oesterr.  Volkskunde,  TJalirg. 
S.  43—53  &  74-79.  -  Hexennachspi  II ,  Ibid. 
III  Jahrg.  (1897)  S.  168—176.  -  Das  Huttier- 
laufen, in  Zeitschrift  des  Vereins  für  Volkskunde 
zu  Berlin  (Jahrg.  1899)  S.  109-123.  -  Eiserne 
W  eihef  i  gu  ren,  ebenda  S.  324-26.  —  Die 
Opferbärinutter  als  Stachelkugel,  Ibid. 
Jahrg.  1900,  S.  420-26.  —  Das  Prettauer 
Faustusspiel,  in  „Das  Wissen  für  Alle"  I.  Bd. 
(1901)  S.  681  ff. '). 

Obgleich  ihm  diese  folkloristische  Richtung  ur- 
sprünglicli  etwas  ferne  lag,  so  war  das  Kultivieren 
derselben  doch  eine  gute  Vorschule  für  seine  späteren 
praktischen  Arbeiten  auf  ethnologischem  Gebiet  und 
hätte  dies,  wäre  ihm  ein  längeres  Leben  beschieden 
gewesen,  noch  manche  schöne  Frucht  gezeitigt. 

Mit  richtigem  Blicke  hatte  Hein  bald  erkannt, 
dass  es  heute  für  den  modernen  praktischen  Museums- 
Ethnographen  geradezu  unerlässlich  sei,  die  ver- 
schiedenen ethnographischen  Museen,  deren  Ein- 
richtung und  Material  kennen  zu  lernen.  So  sehen 
wir  ihn  denn  alljährlich  seine  Urlaubszeit  dazu  be- 
nützen, um  sich  auf  derartigen  Musealreisen  die 
nötigen    Kenntnisse  zu  verschaffen.    Er  beschränkte 


sich  dabei  niciit  nur  auf  die  grossen  Museen,  sondern 
verschmähte  es  in  der  ihm  eigenen  gründlichen  Art 
und  Weise  auch  nicht,  die  kleineren  Sammlungen 
des  Landes,  das  er  eben  boreiste,  kennen  zu  lernen, 
die  ja  bekanntlich  manche  von  der  Allgemeinheit 
noch  weniger  gewürdigte  Perle  enthalten.  (Studien- 
reise 1898:  Museen  in  Bayern,  Mainz,  Frankfurt  a/M., 
Holland,  Belgien  und  Schweiz,  in  Annalen  etc.  Bd. 
XIV  1899).  Auch  beteiligte  er  sich  vielfach  an  Fach- 
kongressen und  an  Fachausstellungen.  So  nimmt  er 
im  Jahre  1886  an  dem  VII.  internationalen  Orien- 
talisten-Kongresse in  Wien,  1889  an  dem  VIIL Kon- 
gresse in  Stockholm,  1891  an  dem  IX.  Kongresse  in 
London  und  1899  an  dem  X.  Kongresse  in  Rom  teil. 
Auf  dem  Kongiess  in  London  erhielt  er  für  seinen 
Vortrag  aus  seiner  Dissertationsarbeit  über  den  Kha- 
lifen  Omar  IL  ein  Diplom.  Desgleichen  besuchte  er 
im  Laufe  der  Jahre  mehrere  der  Kongresse  der  Deut- 
schen Anthropologischen  Gesellschaft  (Wien  1^9, 
Innsbruck  1894,  Lindau-Bodensee  1899.  Halle  a/d 
Saale  1900  und  Metz  1901)  und  nahm  an  vielen  der 
von  der  Wiener  Anthropologischen  Gesellschaft  ver- 
anstalteten Exkursionen  Teil,  von  welchen  jene  im 
Jahre  1895  nach  Bosnien  und  der  Herzegowina  be- 
sonders hervorgehoben  zu  werden  verdient. 

Im  Jahre  1892  beteiligte  sich  Hein  an  den  Ar- 
beiten der  ethnographischen  Fachgruppe  der  Wiener 
Theater-  und  Musik-Ausstellung  und  wurde  darauf 
noch  in  demselben  Jahre  als  offizieller  Vertreter  der 
österreichischen  Abteilung  der  Columbus-Ausstellung 
nach  Madrid  gesendet,  wo  er  während  vier  Monaten 
verblieb  und  die  österreichische  Ausstellung  instal- 
lierte. Für  seine  Verdienste  um  diese  Ausstellung 
wurde  ihm  damals  der  Orden  Isabella  der  Katholi- 
schen verliehen. 

In  den  Jahren  1893-1895  sehen  wir  den  rastlosen 
Mann  wieder  folkloiistisch  tätig.  Er  besucht  in  dieser 


')   Ausser    zahlreichen    Recensionen    neuer  ethnologischer    Erscheinungen,    kürzeren   Berichten    über 
Museen,  seine  Reisen  etc.,  sei  es  gestattet  noch  folgende  Arbeiten  des  Verstorbenen  hier  zu  erwähnen: 

Beiträge  zur  Ethnographie  von  Borneo.  Intern.  Archiv  für  Ethnographie  IV  (1891)  pg  ''85f  - 
Holzfiguren  der  Waguha,  Ebenda,  Suppl.  zu  Bd.  IX  (1896)  pg.  13  f.  —  Die  ethnographische 
Ausstellung  der  St.  Petrus  Claver  Sodalität  in  Wien.  Ebenda  Bd.  XIII  (1900)  pg  16->  f  — 
Die  Kopftrophäen  der  Jivaro's.  Mitth.  der  Antluopol.  Gesellsch.  Wien  Bd.  XXIII  (1893)  (Heiv 
löste  hier  durch  scharfsinnige  Untersuchungen  das  Rätsel  der  Erzeugung  jener  getrockneten  Köpfe]  — 
Die  Grotte  Schweizorsbild  bei  Seh  äff  h  ausen.  In  „Mitth.  der'Section  für  Naturkunde  -des 
OesteiT.  Touristenclub  Jahrg.  X  (1898)  N».  3.  —  Ein  Beitrag  zur  Verwendung  der  Menschen- 
gestalt in  Dayakischen  Flechtwerken,  in  „Veth  Albuin"  pg.  273  f.  (Leiden  1894).  —  Da.s 
Huttierlaufen  in  Rum  bei  Hall,  Tirol,  in  Nachr.  der  Section  „Austria"  des  Deutschen  und 
Oesterr.  Alpenvereins.  Wien  1898.  —  Zur  Pflege  des  Volksliedes  in  den  Alpen  vereine  n 
Ebenda,  1899.  —  Armringe  von  Eibesthal  in  Niederösterreich  und  von  Ukaniba  in 
Afrika,  in  „Mitth.  anthr.  Ges."  Wien  Bd.  28  (1898)  pg.  [.53  ff.].  —  Tiroler  Weisen  in  „Meraner 
Zeitung"  1899  N».  33.  —  Das  Musee  du  Congo  in  Tervueren  in  Mitth.  K.K.  geogr.  Gesellsch. 
Wien,  1899.  —  Der  Schneider  im  Pongauer  Perch tenla ufen  in  Correspbl.  Dtsch.  Anthropol. 
Gesellschaft.  München,  1899.  —  Mährische  Marteln  und  rumänische  Erin  neru  ncsk  reuze 
m  „Zeitschrift  des  Vereins  für  Volkskunde",  Berlin.  1899.  -  Zur  Tätowirung  der  Sanfcaner  in 
Mitth    K.K.  geogr.  Gesellsch.  Wien  1899.  7?,.(f 


-   80 


Zeit  die  vielen  kleinen  tschechoslavischen  Ausstel- 
lungen in  Böhmen  und  Mähren,  welche  zur  Vorbe- 
reitung der  grossen  ethnographischen  Ausstellung  in 
Prag  dienen  sollten  und  studierte  bei  dieser  Gelegen- 
heit die  slavischen  Volksgebräuche.  Aus  diesem 
Anlasse  wurde  ihm  bei  der  erwähnten  Prager- Aus- 
stellung eine  Anerkennungsmedaille  zugesprochen. 

Inzwischen  war  Hein  im  Jahre  1894  in  seiner 
Anstellung  am  Hofmuseum  zum  Assistenten  vor- 
gerückt, nachdem  er  noch  in  demselben  Jahre  im 
Vereine  mit  Dr.  Habeel.4NDT  den  Verein  und 
das  Museum  für  österreichische  Volks- 
kunde gegründet  hatte,  von  denen  er  sich  jedoch 
später  nach  mehrjähriger  Arbeit  wieder  zurückzog. 
Im  Jahre  1901  avancierte  er  zum  Kustos-Adjunkten 
und  habilitierte  sich  noch  im  gleichen  Jahre  als 
Privatdozent  für  Ethnographie  an  der  Wiener  Uni- 
versität. 

Von  seiner  ferneren  Tätigkeit  ist  noch  zu  erwähnen, 
dass  Hein  in  den  Jahren  1891-1896  als  Sekretär- 
Stellvertreter,  von  1900  an  bis  zu  seinem  Tode  als 
Erster  Sekretär  der  Wiener  Anthropologischen 
Gesellschaft  tätig  war.  Im  Jahre  1894  wurde  er 
ins  Redaktionskomite  des  Internationalen  Ar- 
chiv  für   Ethnographie    gewählt. 

Alle  diese  Arbeiten  und  Studien  waren  jedoch  für 
den  unermüdlich  tätigen  Mann  nur  als  vorbereitende 
aufzufassen.  Seiner  wissenschaftlichen  Hauptaufgabe 
wandte  er  sich  erst  zu,  als  ihn  die  kaiseriiche  Aka- 
demie der  Wissenschaften  in  Wien  mit  der  Erfor- 
schung gewisser  südarabischer  Dialekte  betraute  und 
er  Veranlassung-  fand ,  selbst  auszuziehen ,  um  diese 
zu  erforschen.  Am  3.  Dezember  1901  trat  er  diese 
Reise  in  Begleitung  seiner  stets  an  seiner  Seite 
wirkenden  Gattin  an ,  von  der  er  nach  Ueberwindung 
mancher  Schwierigkeiten  und  Pähriichkeiten  am  19. 
Mai  1902  glücklich  zurückkehrte.  Während  dieser 
Zeit  hielt  er  sich  66  Tage  lang  in  Gischin  an  der 
südlichen  Küste  Arabiens  auf,  wo  er  trotz  mancher 
Hindernisse  unausgesetzt  sprachliche,  ethnographi- 
sche, statistische  und  geographische  Forschungen 
trieb.  Als  erste  Frucht  dieser  Reise  ist  in  den  Mit- 
teilungen  der   K.k.   geographischen   Gesellschaft   in 


Wien  (1903,  pg.  219-264)  der  Aufsatz  erschienen: 
„Ein  Beitrag  zur  Statistik  Südarabiens". 
Für  die  Denkschriften  der  kais.  Akademie  der  Wis- 
senschaften wurden  folgende  Arbeiten  vorbereitet: 

Seine  in  Gischin  aufgesammelten  Texte  von  Mär- 
chen,  Erzählungen,  Gedichten  und  Bräuchen,  seine 
ethnographischen  Aufsammlungen,  seine  geographi- 
schen Notizen  u.  s.  w. 

Zur  vollständigen  Ausarbeitung  seiner  auf  dieser 
Reise  gesammelten  wissenschaftlichen  Resultate,  die 
auf  einer  bereits  projektierten  zweiten  Reise  nach 
denselben  Gebieten  vervollständigt  werden  sollten, 
sollte  es  aber  leider  nicht  mehr  kommen.  Anfangs 
Juli  1908  erkrankte  er,  nachdem  er  sich  schon  seit 
längerer  Zeit  mühsam  herumgeschleppt  hatte  und 
musste  sich  legen.  Ein  schleichendes  Übel  hatte 
ihn  ergriffen,  dem  er  mit  seiner  starken  Willens- 
kraft vergebens  Widei'stand  zu  leisten  versuchte, 
bis  er  der  tückischen  Krankheit  am  19.  November 
1908  erlag. 

Hein  war  eine  eigenartige,  sehr  selbständige  Natur. 
Wenn  er  einmal  etwas  als  richtig  erkannt  hatte,  so 
verfolgte  er  mit  seinem,  mitunter  an  Starrsinn  gren- 
zenden eisernen  Willen  die  ihm  vorschwebende 
Aufgabe  und  gab  sich  ihr  mit  vollem  Eifer  und 
besonderer  Gründlichkeit  hin.  Dies,  sowie  sein  reiches 
Wissen  auf  verschiedenen  Wissenschaftsgebieten, 
womit  er  dem  behandelten  Stoffe  immer  neue  und 
interessante  Seiten  abzugewinnen  wusste,  kamen 
seinen  Arbeiten,  welche  sich  durch  tiefe  Erfassung 
des  Themas  und  erschöpfende  Ausarbeitung  aus- 
zeichnen überall  zu  Gute.  In  der  Erfüllung  seiner 
Museumsaufgaben  war  er  stets  von  peinlicher  Ge- 
nauigkeit und  Gewissenhaftigkeit,  so  dass  die  von 
ihm  verfassten  Museumsinventare  als  Musterarbeiten 
bezeichnet  werden  können.  Sein  frühes  Hinscheiden 
muss  daher  nicht  nur  für  die  Wissenschaft  im  All- 
gemeinen, sondern  ganz  besonders  für  das  Institut, 
dem  er  16  Jahre  hindurch  angehörte,  als  ein  schwerer 
Veriust  bezeichnet  werden.  In  diesem  hat  er  sich 
durch  seine  Arbeiten  ein  würdiges  und  unvergäng- 
liches Denkmal  gesetzt. 
In  See  im  Januar  1904.  Franz  Hegeb. 


HET     NJIRAMl 


OK 


DE   JAARLiJKSOHE   REINlGiNG    VAN    DE 
ERFWAPENÖ    EN  ANDERE  POESAKA'S 

IN     MIDDEN-JAVA 

DOOR 

Dr.  J.    G  R  O  N  E  M  A  N. 


Ondanks  't  belijden  van  den  Islam  is  de  Javaan  nog  altijd  animist,  als  zijn  voorouders 
uit  den  tijd  van  't  Hindoe'isme  en  't  Boeddhisme  of  van  een  nog  veel  vroeger  verleden. 

Dat  ontwaart  men  telkens,  als  men  dieper  in  zijn  leven  en  zijn  gewoonten  tracht 
door  te  dringen,  dan  bij  een  oppervlakkigen  omgang  als  van  meerdere  en  mindere,  van 
heer  en  dienaar,  mogelijk  is.  Maar  ook  dan  is  de  .Javaan  lang  niet  altijd  de  mindere, 
vooral  niet  in  beschaving  en  wellevendheid. 

Bij  't  smeden  van  zijn  gewijde  wapens  —  ik  weet  geen  beter  woord  dan  dit,  als  men 
niet  van  heilige  v\'apens  of  erfstukken  [poesäkä)  spreken  wil  —  leert  men  zien  hoe  hij 
die  voortbrengsels  van  zijn  hoogen  kunstzin  als  bezielde  wezens  behandelt.  En  dat 
gebeurt  evenzoo  bij  de  plechtige  jaarlijksche  reiniging,  't  njirami  vooral  van  de  als  heilig 
vereerde  erfstukken,  körissen  en  lansen  en  klankbekkens  {gong  en  andere),  ook  die  niet 
meer  als  gamelan-m'ätYümenten  gebruikt,  maai"  uit  eerbied  voor  hun  hooge  v?aarde  als 
voorvaderlijke  poesäkä's  verzorgd  worden. 

Met  den  Javaan  bedoel  ik  den  man  van  't  volk,  niet  den  veel  meer  maatschappelijk 
of  ook  wetenschappelijk  ontwikkelden  man  van  opvoeding,  priahi  van  geboorte  of  door 
ambtelijke  verheffing,  of  ook  zonder  adellijken  of  ambtelijken  rang,  maar  die  aan  't 
animistische  gelooven  en  denken  van  zijn  landgenooten  voor  goed  ontwassen  is,  ook  al 
brengt  hij  geen  verandering  in  de  voorouderlijke  adat,  en  duldt  hij  dat  zijn  poesäkä's 
behandeld,  zijn  edele  wapens  gesmeed  worden,  als  zag  hij  zelf  daarin  nog  bezielde  wezens, 
door  goede  en  kwade  invloeden  beheerscht. 

Ook  de  enkele  körissen,  die  ik  nog  als  gedachtenissen  van  nu  reeds  lang  overleden 
javaansche  vrienden  bezit  —  vier  liet  ik  in  1890  in  't  Rijks-Ethnografisch  Museum  te 
Leiden  achter  —  worden  op  dezelfde  wijze  behandeld  en  in  dezelfde  maand,  de  eerste 
van  't  arabisch-javaansche  maanjaar,  omdat  ze  daardoor  goed  onderhouden  worden. 

't  Is  de  maand  Soerä  en  bij  voorkeur  wordt  daarvoor  de  dinä  SSläsä-kliwon  of ,  zoo  die 
in  die  maand  niet  voorkomt,  de  djoemoewah-kliwoii  gekozen.  Waarom?  Er  zijn  er  die 
beweren  dat  de  maand  Soerä  aan  den  oorlog  herinnert  waarin  Hasan  en  Hoesein,  de  klein- 
zonen    van    den    profeet    MoehammaüI),    gesneuveld   zouden   zijn,   wat  geschiedkundig  niet 


')  Ik  volg  de  javaansche  schrüfvvys. 
I.  A.  f.  E.    XYII.  11 


-    82    - 

juist  is.   De  wapens  waren   toen   ook  door  bloed  verontreinigd  en  werden  daarom  schoon- 
gemaakt,  maar  dat  is  meer  gebeurd  in  later  oorlogen. 

De  seläsä-  (Dinsdag-)MM'OW,  de  oud-javaansche  anggära-kasih ,  wordt  als  een  heilige 
dag  uit  den  Hindoe-tijd;  de  Y  rij  dag-kliwon  daarentegen  als  een  groote  dag  uit  den  tijd  der 
negen  wali's  [wali  sängä),  de  eerste  JsMm- predikers ,  ge6erd  i).  'tGebeurt  echter  ook  veel, 
zooals  bij  de  plechtigheid ,  die  ik  beschrijven  wil ,  dat  de  bizondere  redenen  een  anderen 
dag  doen  kiezen. 

Reeds  in  1889,  toen  ik  als  kraton-  of  hofarts  nog  vrijen  toegang  in  den  kedaton,  de 
vorstelijke  woning  van  Z.  H.  den  Sultan,  had,  had  ik  Z.  H.  verzecht  de  jaarlijksche 
reiniging  in  de  eerstvolgende  maand  Soerä  te  mögen  bijwonen  en  beschrijven,  maar  mijn 
vertrek,  in  December  van  dat  jaar,  naar  Europa  heeft  dat  plan  toen  verijdeld. 

Ik  wist  echter,  dat  die  reiniging  met  groote  plechtigheid  geschiedde  en  dat  de  voi'st 
zelf  en  alle  daarbij  tegenwoordige  en  medewerkende  prinsen  en  edelen  met  de  koeloeq,  de 
staatsie-muts ,  gedekt,  en  dus  deftig  gekleed  waren,  uit  eerbied  voor  de  heiligheid  vooral 
van  de  drie  hoogste  poesäkä  ageng  of  groote  erfstukken,  de  lans:  kangdßng  kjahi 
ageng  Plered,  en  de  beide  kerissen:  k.  kj.  ageng  Kopeq  en  de  k.  kj.  ageng  Betoq^). 

Nu  was  ik  onlangs,  dat  is  op  den  9  Maart  van  dit  jaar,  begonnen  met  het  volgen 
en  bestudeeren  van  't  smeden  van  zulke  wapens,  en  wel  door  den  empoe  of  wapensmid 
van  't  huis  Pakoe  Alam,  Karja  di  Krama,  aan  wien  ik  namens  den  Oostenrijkschen 
Regeeringsraad  Fr.  Heger  de  vervaardiging  van  vijf  kerissen  had  opgedragen,  elk  dezer 
5  wapena  versierd  met  een  van  de  vijf  oer-javaansche  pamor's.  Men  moet  zulk  een 
gelegenheid  waarnemen,  als  men  zoo  iets  zien  wil,  want  die  empoe's  zijn  arm,  omdat  hun 
werk  niet  als  kunst  maar  als  handwerk  betaald  wordt  en  zij  dus  nooit  uit  eigen 
beweging,  maar  alleen  op  bestelling  arbeiden.  Bovendien  duurt  het  smeden  van  zulk  een 
wapen  met  immor-üguren  geruimen  tijd,  minstens  eenige  weken  (Vrijdags  wordt  niet 
gewerkt),  en  wie  geen  tijd  heeft  om  dien  arbeid  geregeld  te  volgen,  leert  dien  niet 
grondig  kennen. 

Nu  heb  ik  op  mijn  ouden  dag  echter  tijd  genoeg  voor  onderzoek,  en  daarom  besloot 
ik  tot  een  studie,  die  mij  ongeveer  een  half  jaar  zal  bezighouden,  Indien  ik  die  behoorlijk 
tan  einde  zal  brengen. 

Maar  Zondag,  den  3den  dezer  maand  (April),  kon  't  werk  weder  geen  voortgang  hebben, 
omdat  die  dag  gekozen  was  geworden  voor  de  jaarlijksche  reiniging  der  poesäkaa  van 
'thuis  Pakoe  Alam,  en  daarbij  was  de  empoe  de  man;  de  deskundige,  de  onmisbare 
medewerker. 

Ook  die  reiniging  had  eigenlijk  op  Dinsdag-Ä/wow ,  den  29sten  Maart,  moeten  geschieden; 
maar  toen  kon  'twel  reeds  aangewezen,  maar  nog  niet  als  zoodanig  bevestigde  nieuwe 
hoofd  van  't  kleine  vorstenhuis  nog  niet  te  Jogjäkartä  terug  zijn.  Baden  mas  Soera  Ardja, 
de   nog  geen  23  jaren  teilende  aanstaande  pangeran  adipati,  de  opvolger  van  zijn  in  1902 


')  De  anggära  kasih  of  gunstige  of  geliefde  Dinsdag,  wordt  ook  anggärä  moelja  genoemd,  d.i. 
de  heerlyke  of  luisterrüke  anggdra.  De  dubbele  iiamen  der  dagen  wyzen  op  't  samentreffen  van 
denzelfden  dag  der  ze  ven-daagsclie  vveek  (woekoe)  met  denzelfden  dag  der  vyfdaagsche  pasar-  of  markt- 
week  (pasaran,  hgo-,  pekenan),  dus  eenmaal  om  de  35  dagen.  Anggdra  is  ook  de  Sanskrit-naam  van  de 
planeet  Mars. 

2)  Zie  over  deze  drie  hoofd-poesafcö's  mtjn  door  't  Koninklijk  Instituut  voor  de  Taal-,  Land-  en  Volken- 
kunde  van  Ned.-Indie  in  1895  uitgegeven  werk:    „De   Garebeg's  te  Jogjakarta".    bl.  58—60. 

De  q  vertegenwoordigt  de  stomme  k  aan  't  einde  van  een  lettergreep  of  de  Arabisclie  hainza. 


-    83   - 

oveiieden  vader,  pangeran  adipati  Pakoe  Alam  VI,  zou  eerst  de  Hoogere  Burgerscliool  te 
Semarang  verlaten  en  niet  voor  Zaterdag,  2  April  hier  zijn,  en  dus  werd  de  plechtigheid 
tot  den  onmiddeliyic  daarop  voigenden  Zondag  uitgesteld,  opdat  de  eerste  belanghebbende, 
'toieuwe  hoofd  van  de  dynastie,  daaraan  zou  Itunnen  deelnemen. 

Daarom  werd  'tnjirami  dit  jaar  niet  op  D  i  n  s  d  a  g-Zcfew« ,  maar  op  Z  o  n  d  a  g-Wwow 
van  de  maand  Soerä  bepaald ,  en  werd  het  mij  vergund  daarvan  op  dien  dag  getuige  te  zijn. 

Er  zijn  echter  veel  meer  erf-wapens  dan  op  dien  eenen  morgen  behandeld  kiinnen 
worden  en  daarom  worden  alleen  de  hoogste  of  meest  gewijde  op  dien  dag,  de  vele  minder 
hoog  gehenden  op  den  eerstvolgenden  en  de  later  volgende  Donderdagen  gereinigd,  elken 
keer  een  deel  en  dan  zondor  deftig  ceremonieei,  en  dat  gebourt  dan  alleen  door  den' gwooe 
en  enkele  helpeis. 

Om  8  nur  werd  ik  door  pangeran  Nata  di  Rädja  in  de  sewa  tämä,  de  voorhal  van 
den  dalem,  de  vorstelijke  woning,  ontvangen.  Als  alle  andere  prijahi'a  was  de  prins  in 
deftigen  Javaanschen  dos  gekleed,  maar  niet  met  den  koeloeq,  doch  met  den  hoofddoek 
(iM,  hgj.:  destar)  gedekt  en  droeg  hij  den  Mris  (doetooeng ,  hoftaal :  xoangkimgan)  j-echts 
achter  in  den  gordel  (sabceq,  pmingset). 

De  hoogsten  volgens  gebeerte  of  ambtelijken  i-ang,  zaten  in  stVrt-houding  op  den  met 
matten  (klcisä,  hgj.  gelaran)  belegden  verhoogden  binnenvloer  der  pfndäpä;  de  minder 
hooge  edellieden  op  den  lageren  vloer  van  de  omloopende  emper;  de  pMgoeloe  met  zijn 
ondergeschikte  geestelijken  en  de  overige,  niet  adellijke,  volgelingen  op  de  bloote  aarde 
onder  de  tratag  of  't  afdak. 

Mij  werd  eerst  een  stoel  in  een  der  kamers  van  den  westelijken  zijvleugel  aangewezen 
en    van    däär  zag  ik  allen   naar  achteren   gaan  ,   de  hoogere  gasten  met  den  prins  binnen 
door   't  hoofdgebouw ;  de   minderen   buiten   om,    en   weldra   werd  ook  ik  uitgenoodigd  hen 
naar  binnen  te  volgen. 

Natiiurlijk  was  ik,  niet  om  den  hoogen  rang  van  den  gastheer,  dien  ik  als  oudere 
vriend  en  oud-huisarts  gewoonlijk  in  't  wit  bezocht,  maar  om  de  hooge  waarde  Aev  poesäkä's 
m  gekleede  zwarte  jas  gekomen.  Ik  wist  dat  ik  daardoor  den  prins  en  zijn  gasten  aan- 
genaam  zou  zijn  en  een  blijk  van  takt  zou  geven.  In  den  kedaton  van  den  Sultan  zou  ik  bij 
'tremigen  der  poesäkä'^  in  zvvaiten  rok  hebben  moeten  verschijnen,  ook  toen  ik  däär  nog 
als  hofarts  m  gewone  kleeding  binnenkwam.  Men  bezoekt  Z.  H.  nooit  anders  dan  in  een 
rok,  m  umform  (groot  tenue)  of  in  ambtelijk  kostuum  i).  De  hoogste  erfstukken  worden 
trouwens,  zoowel  in  den  kraton  als  in  den  dalem  van  andei'e  vorsten  en  gi'ooten  hoo-er 
gesteld  dan  de  eigenaren  zelf2).  '        '^ 

Voor  mij  was  een  stoel  met  een  klein  tafeltje  gereed  gezet  onder  de  tratag,  die  de 
acitergalenj  van  'tzuidelijke  hoofdgebouw,  de  mädjä  penganti,  met  d.e  prähäjSqsa ,  de  voor- 
hal  ^van  Ae  kapoeiren  of  de  vrouwenwoning  ,  't  noordelijke  binnenhof  of,  juister  nog  met  de 
sewa  rlngga  de  overdekte  Vierkante  open  ruimte  vöör  ^praba^qsä,  verbindt.  De'steenen 
vloer  van  deze  ,exoa  renggä  was  met  matten  belegd  en  daarop  stond  aan  de  westzijde  een 
klein  laag  tafeltje,  dat  met  een  stuk  lawon  of  wit  katoen  overdekt  was. 


-    84 


Vlak  vöör  mij  stonden  op  den  vloer  van  de  tratag  twee  volledige  stellen  offergaven 
{sadjen,  hgj.  sahosan  an  ladosan)  gereed,  't  eene  voor  den  hoogstwaardigen  keris  {doetooeng, 
hofj.  wangkingan) ,  't  andere  voor  de  eerste  lans  {toembaq,  wahos  of  penoeroeng). 

AI  't  andere  benoodigde  stond  buiten  de  sejoä  renggfi  en  de  tratag's,  bezuiden  'tweste- 
lijke  gedeelte  van  de  tratag  präbajeqsä.  't  Waren  enkele  gepaai'de  honten 
rakken  [pläntjä)  van  den  liiernevens  geschetsten  vorm ,  en  kleine  Vier- 
kante tafeltjes,  geli.jk  aan  't  reeds  genoemde,  maar  hooger,  benevens  een 
grootere  en  stevigere  bamboe-bank  of  amben,  en  te  midden  van  al  deze 
met  wit  katoen  (lawon)  overdekte  voorwei'pen,  bestemd  om  de  poesrtA'a's 
gedurende  de  bewerking  op  te  nemen,  stond  de  „gouden"  pajoeiig, 
de  vorstelijke  songsong  keiitjänu,  geopend  op  zijn  geelkopei'en  drievoet 
.{pläntjä). 

Op  den  grond  stonden  nogettehi'kenieu.vfepengaron'sendjembajtgan's 

of  aarden    vaten,   enkele   met  water  gevuld  ,   andere   ledig,  en  twee  of 

drie  metalen  pPdoepan's  of  wierook-komforen  ,  wier  houtskolenvuur  {geiti  areng)  door  middel 

van   eenvoudige   waaiers   van    gevlochten    bamboe-reepen    (tepas)  in  gloed  gehouden  en  met 

wierook-hars  {nmijan,  hgj.  seid)  bestrooid  werd  i). 

Ook  dat  reukoffer  gold  äe  poesäkä's  of  juister,  de  goede  geesten  die  hen  bezielden,  de 
demit's  en  de  dewä's  of  de  door  dezen  met  de  bewaking  er  van  belaste  danjang's  of  schuts- 
geesten.  En  de  sembaJt ,  de  eerbiedige  groet  der  opgeheven  plat-saraengevouwen  banden , 
waarmede  allen  de  poesäkä's  naderden,  was  ditmaal  alleen  aan  hen  gewijd  en  niet  aan 
den  persoon  van  den  eigenaar,  den  jeugdigen  vorstentelg,  of  van  zijn  prinselijken  oom 
en  voogd. 

De  open  ruimte ,  die  al  deze  voorwerpen  bevatte ,  was  in  't  westen  begrensd  door  een 
steenen  gebouwtje,  de  bandjar-wangoenan ,  op  den  vloer  van  welks  voorgalerijtje  (de 
emper)  een  derde  sadjen  aangerecht  was,  ten  l)ehoeve  van  de  beide  oude  gong's  en  nog 
twee  andere  bronzen  klankbekkens,  die  niet  meer,  tenzij  bij  uitzondering,  om  den  klank 
te  onderhouden,  als  5ram("?a«-instrumenten  bespeeld  worden. 

Op  en  bij  de  tafeltjes  werden  half  doorgesneden  lemmetjes  {djeroeq  2}tijel,  Citrus 
limonellus  Hasskakl),  aan  bamboepennen  gestoken,  en  paardeharenborstels  en  penseelen 
{sikat)  met  bamboe  of  van  touw  gevlochten  handvatten,  een  paar  scheppers  {siwoer), 
gesteelde  batoq's  of  krambü-  (keläpä-)  of  kokosdoppen  en  een  of  meer  platte  bakken 
(nampan)  vol  kawoel  of  bamboeschraapsel  gereed  gehouden  en  op  de  tafeltjes  stonden  ook 
nog  eenige  witte  kommetjes  met  enkele  stukken  rattekruit  {warangan). 

AI  dat  vaatwerk  moet  nieuw  zijn  en  mag  wel  nog  voor  hetzelfde  doel  voor  andei'e 
poesäkä's^  maar  dan  ook  voor  niets  andei's  meer  gebruikt  worden,  maar  wordt  daarna 
vernield. 

De  sadjcn's  bestonden  uit  verschillende  gerechten  en  vruchten ,  alle ,  behalve  de  kegel- 
vormige  ioenipeng's  rijst  en  de  aarden  kmdi'^  of  kruiken  met  water,  met  stukken  pisang- 
blad  (godong  gedang.,  hgj:  dahon  of  oedjmngan  pisang)  bedekt.  Bij  elk  stel  brandde  een 
kleine  dijan  of  dilah.,  een  oliepit  (soemboe)  van  kapoeq  of  boomwol,  in  een  klein  aarden 
schaaltje    (tßlaipaq   grabah).    De   vele   lekkernijen,   die,    nadat  de  geesten   de  sari  er  van 


')  Sel&  (iets  anders  dan  stilä)  is  ook  't  lioogjav.  woord  voor  steen  en  voor  klontjes  suiker,  die  evenals 
de  hars  op  steen  geljjkt. 


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genoten   zuUen    hebben,  door  den  nnpoe  of  wapensmid  en  anderen  naar  huis  medegenoinen 
worden,  zai  ik  later  noemen. 

Vöör  de  bandjar  wangoenan  zat  de  pmgoeloe  op  't  zand  met  zijn  kHib's  en  modin'a  en 
andere  dienende  geesteli.jken,  die  de  vevtrekken,  waar  de  poesäka'ü  bewaard  werden,  moesten 
Stoffen  of  aanvegen  {njajMe).  Tussclien  de  pläntjcVs  en  tafeltjes  waren  de  prijahi'a  (edelen 
en  ambtenaren)  en  abdi's  dalSm  (onderdanen)  op  den  grond  gezeten,  en  onder  hen  de  Smpoe 
of  wapensniid,  Karjä  di  Krämä,  die  als  eerste  abdi  dalhn  of  mantri  evenals  de  andere 
aöf/fs  de  geie  sai)n7-  ^)  om  den  iiais  droeg  en  den  khis  in  den  gordel. 

Raden  mas  Soera  Ardjä  en  pangeran  Natä  di  Radjä  waren  naar  binnen  gegaan  om 
de  iioogstwaardige  wapens  uit  liun  bergplaatsen ,  in  de  binnenruimte  van  de  präbäjfiqsä, 
naar  buileii  te  brengen  en  de  körissen  op  iiet  tafeltje  in  de  seivä  ranggä,  de  Jansen  op  de 
naastb^j  staande  pkhitjä  neder  te  leggen.  Die  körissen  worden  in  een  eigen  kist  (pisarelian, 
dus  rustplaats)  bewaard,  acliter  de  pPsarehan  ageng,  't  alleen  voor  de  huisgeesten, 
Bahne  ReqsS,,  bestemde  praalbed.  Die  lausen  in  hun  houten  kisten  [glodog) ,  aan  de  oost- 
zijde  van  dat  pronkbed.  De  andere  lansen  staan  in  houten  plimtjä's  of  standaards. 

Pangeran  Nätä  di  Radjä  droeg  die  lansen  over  den  rechter  schouder  in  de  rechter 
band,  de  punt  naar  voren,  met  de  houten  scheede  bedekt  en  't  geheele  wapen  met  zijn 
zeer  oud  i/iwrie'-zijden  overtrek  {singep)  omkleed.  De  kerissen  lagen  ook  nog  in  hun  scheeden 
van  hout  (saroengan  of  ook  tvrongkä)  en  metaal  (pmdoq),  hgj.  [kandi'lan)  en  in  hun  tjinde 
overtrekken  gehuld. 

De  oom  en  de  neef  spraken  onderling  de  beleefde  taal,  't  krämä;  de  eerste  als  oudere 
tegen  den  jongere  maar  voor  hoogeren  rang  bestemde,  de  neef  tegen  den  andere  als  oom 
en  oudere.  Later,  als  hij  tot  vorst  verheven  zal  zijn,  dan  voegt  het  zijn  oom  de  hoftaal, 
't  krämä  inggil  tot  hem  te  spreken. 

De  hoogste  poesäkä's  van  't  huis  Pakoe  Alam  zijn  volgens  hun  rang  de  Jansen  (toembaq, 
wahos  of  p&noeroeng) : 

kangdjPng  kjahi  ageng  Boejoet  en 

„  „  „       Pakoe  Baroe;  en  de  körissen  (hgj.  doewa;ng  of  ivangkingan): 

„  „  ,       Boentit, 

„  „  „      Sekambang, 

„  „  „      Bagas  Pati,  en 

,,  »  „       Maritja,  en  daarna  volgen  nog  de  broederwapens  (pencßreq): 

n  „        Gringsing,  een  patrem  of  kleinere  vrouwenkeris,  en  de 

„  „        Danoe  "iVara. 

Natuurlijk  werden  ook  de  bovengenoemde  penoeroeng's  door  pender eq's  gevolgd  {di  dereq). 

De  eerste  lans  kwam  't  meest  nabij  de  se'icä  ränggä,  dus  't  meest  oostelijk  te  liggen; 
de  andere  westelijk  daarvan  naar  volgorde  van  rang. 

Ook  de  körissen  worden  aldus  gerangschikt. 

De  klankbekkens  zijn  twee  groote  gong's: 

de  kjahi  Gambir  en  de  kjahi  Anom;  een  kSnong,  de  kjahi  Mangoe,  en  een  bende,  de 
kjahi  Djimat.  Zij  werden  in  hun  oude  rood  laken  oveitrekken  (sm^'r/))  naar  buiten  gedragen, 
maar  op  de  amben  daarvan   ontdaan   en   de  singeb'a  in  de  nabijheid  te  luchten  gehangen, 


')  Zie  over  dit  ondersdieidingsteeken  niün  plaatwerk :    „In  den   kt^ ilaton   te  Jogjäkartä,"  (Leiden, 
E.  J.  Bbili,,  1888.  bl.  13  en  U  van  den  tekst.  '^  "  ■  <=j  ^  , 


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even  als  de  singeb  tjinde  der  Jansen  en  kerissen.  Daarvoor  waren  lijnen  (tali,  hgj.  tangsoel) 
tusschen  enkele  vruchtboomen  gespannen,  waarover  zij  in  't  zonlicht  hingen  even  als  de 
wapens  op  hun  rakken  en  tafeltjes  door  't  volle  zonlicht  besehenen  werden. 

Eerst  werden  de  boogstwaardige  wapens  door  raden  mas  Soeeardja  zelf  en  zijn  com 
onder  de  gouden  pajoeng  van  hun  omkleedsels  bevrijd,  terwijl  anderen  äe  pender eq's  en  de 
bekkens  ontkleedden. 

Toen  begaven  de  neef  en  de  com  zieh  naar  de  gong's  en  bestreken  zij  eerst  de  pentjoe's , 
de  blanke  ronde  verhevenheden  op  't  midden  van  de  even  blanke  bronzen  buitenvlakten , 
en  daarna  ook  deze,  met  Tamarinde- water  (banjoe  of  tojä  asem).  Groote  paardeharen  sikat's 
dienden  daarbij  als  kwast  of  penseel.  De  verdere  behandeling,  't  afspoelen  met  water  en 
't  afdrogen  door  middel  van  kaiooel,  werd  toen  aan  anderen  overgelaten.  Vooi'  't  afspoelen 
werd  een  groote  siwoer  of  schepper  gebruikt. 

Intusschen  waren  de  beide  hoofdpersonen  naar  de  lansen  gegaan  oni  die  van  hun 
beuten  scheeden  te  ontdoen  en  met  citroensap  te  bestrijken.  Dit  dient,  volgens  den  Javaan, 
ora  't  oude  ivarangan  te  verwijderen.  Juister,  om  't  oude  uitei'st  dünne  laagje  arsenik-ijzer 
door  oplossing  min  of  meer  weg  te  nemen. 

De  beide  prinsen  namen  daartoe  een  der  aan  een  bamboestaafje  (tjekelan  of  tjepengan) 
gestoken  halve  djerceq's,  die  zij  soms  ook  los  tusschen  de  vingers  der  i'echterhand  drukten, 
en  wreven  dan  met  het  uitgedrukte  sap  de  klingen  aan  beide  zijden  geruimen  tijd  en 
herhaaldelijk  af,  totdat  ze  nagenoeg  blank  werden. 

Daarna  werden  de  klingen  met  water  afgespoeld ,  met  kawcel  afgedroogd  en  in  de 
zonnehitte  gelegd  en  telkens  omgekeerd,  om  beide  zijden  gelijkelijk  aan  de  inwerking  der 
zonnestralen  bloot  te  stellen. 

Na  de  lansen  kwamen  de  kerissen  aan  de  beurt.  De  beide  prinsen  ontdeden  die,  den 
een  na  den  andere,  van  de  scheeden,  die  door  helpers  overgenomen  werden.  De  houten 
gevesten  of  oekiran's  waren  met  een  groen  lakensch  zakje  omkleed ,  dat  gedurende  de 
geheele  bewerking  behouden  bleef.  De  empoe  Karja  di  Kräma  was  met  enkele  anderen 
den  hoofdpersonen  behalpzaam. 

Pangeran  Nata  di  RadjI  bracht  de  kostbare  wapens  achtereenvolgens  naar  buiten , 
naar  't  hoogere  tafeltje  naast  bij  de  sewä  rSnggä.  Hij  droeg  ze  in  de  rechterhand,  den 
vöorkant  {landep  ngarepan  of  ngadjengan)  naar  voren  gekeerd  en  de  punt,  poetjceq, 
naar  boven.  Ze  werden  op  't  tafeltje  gelegd  met  de  punt  naar  buiten  gericht,  dus  naar 
't  Westen.  Daar  woi'den  ze  dan  met  djeroeq-sap  afgewreven ,  en  in  de  zon  gelegd  {di  pepe) , 
even  als  de  lansen ,  na  afgespoeld  en  met  kawcel  afgedroogd  te  zijn. 

Ongeveer  kvvart  over  9  was  dat  afgeloopen  en  konden  de  wapens  de  hoofdbewerking 
ondergaan,  't  marangi.  Daartoe  waren  de  witte  kommetjes  met  een  raelkachtig  wit  mengsei 
van  -warcmgan  (rattenkruit)  en  citroensap,  juister  'tsap  van  lemmetjes,  djcroeq  petjel  (Citrus 
limonellus)  ^  gevuid  en  lagen  de  zwart-paardeharen  sikat's  met  eenvoudige  bamboe  of  touwen 
handvatten  {tjekelan  of  tjepengan)  gereed.  Natuurlijk  pasten  de  beide  hoogste  prinsen  de 
bewerking  weder  't  eerst  op  de  voornaamste  wapens  toe ,  daarin  door  anderen ,  vooral  ook 
door  den  vakman,  den  empoe  ^  bijgestaan  en  door  de  overige  prijahi's,  die  de  minder  hooge 
poesäkä'ü  behandelden ,  gevolgd.  De  afdruipende  vloeistof  werd  door  andere  Javanen  in 
aarden  kommen  {pengaron)  opgevangen,  om  later  bij  eigen  wapens  gebruikt  te  worden, 
die  daardoor  als  een  afstraling  van  de  heiligheid  der  hooge  poesäkä's  zouden  oveinemen. 

Ook  dat  marangi   (passivum:    di   warangi)    werd   geruimen   tijd   volgehouden   en,    na 


-   87    - 

afspoeling    van    de   wapens,    minstens   driemalen    herhaald.    Soms  doet   men   dat  nog  wel 
meer,  als  de  wapens  erg  vuil  heeten. 

Toen  weiden  ze  nog  eens  ruim  en  zorgvuldig  afgewasschen  en  daarna  afgedroogd, 
niet  door  ze  met  liet  zachte  en  hygroskopische  bamboeschraapsel  (kawcel)  af  te  vegen  of 
droog  te  wrijven,  maar  door  ze  daarmede  te  omsluiten  en  te  bedrukken.  En  toen  dit 
afgeloopen  was,  werden  ze  nog  eens  met  fijnere  paardeharen  penseelen  afgestoft,  om  alle 
achtergebleven  /cajüce^deeltjes  te  verwijderen,  en  weder  te  drogen  gelegd,  maar  nu  niet 
meer  in  de  zon ,  doch  in  de  schaduw,  om  ze  winddroog  te  doen  worden  {di  isis)  zonder  ze 
te  verbitten.    De  pläntjä's  en  tafeltjes  werden  daartoe  onder  de  tratag  terugged ragen. 

Eerst  toen  ook  dit  geschied  was,  konden  ze  aan  de  laatste  bewei'king  onderworpen 
worden,  't  olien  of  lengani  (hgj.:  lisahi) ,  mindei-  evenwel  om  't  staal  voor  roest  te  bevei- 
ligen,  daar  dit  doel  veel  beter  bereikt  wordt  door  't  marangi,  dat  het  metaal  met  een 
zeer  dun  beschermend  laagje  arsenikijzer  bedekt  i). 

Men  gebruikt  voor  dat  olien  een  mengsei  van  twee  vluchtige  olien,  de  lengä  of  lisah 
tjmdänn  (sandelhout-olie)  en  de  läigä  gändäpoerä,  met  een  weinig  kokosolie,  lengä  krambil 
of  lisali  klentiq. 

Dat  arsenikijzer  geeft  aan  't  staal  den  fraaien  dof-donkeren  glans,  waarop  't  blanke 
Tpamor  zoo  goed  uitkomt  en  bij  oude  wapens  des  te  duidelijker  wordt,  omdat,  volgens 
de  bewering  der  Javanen,  de  oppervlakte  van  't  staal  langzaam  afneemt  en  die  van  't 
pamor  niet.  Nu  is  't  waar  dat  dit  pamor  zieh  bij  zeer  oude  wapens  een  weinig  boven 
't  staal  schijnt  te  verheffen,  wat  verklaard  zou  kunnen  worden  door  de  grootere  hardheid 
van  't  meteooi-ijzer,  waardoor  dit  niet  gelijkelijk  met  het  staal  zou  slijten;  maar  dan  moet 
men  tevens  aannemen  dat  't  citroenzuur  bij  de  jaarlijksche  reiniging  't  staal  meer  aantast 
dan  't  pamor;  want  bij  poesäkä's,  die  maar  eenmaal  in  't  jaar  uit  de  scheede  genomen 
worden,  kan  aan  andere  slijting  niet  gedacht  worden,  een  slijting  waardoor  trouwens  't 
donkere  arsenik-ijzer  't  eerst  verdwijnen  en  de  2-)amor-teekening  dus  minder  zichtbaar 
worden  zou  dan  de  ervaring  leert. 

Wat  de  oorzaak  is  dat  wel  't  staal,  maar  niet  't  pamor  onder  de  arsenik-hehandeling 
een  donkeren  tint  aanneemt,  weet  ik  niet.  Misschien  de  koolstof  van  't  staal?  Maar  er 
zijn  wapens  met  pamor  uit  den  tijd  toen  de  Javanen  zeker  nog  geen  staal  {wädja)  gebruik- 
ten,  maar  gewoon  ijzer  {loesi).  Ik  heb  eens  een  keris  gekregen  van  den  langoverleden 
hoofdregent-kratonkommandant,  raden  toemenggoeng  Merta  Negara,  een  erfstuk  van  diens 
overgrootvader,  den  eersten  Sultan.  Dit  wapen,  een  Nägä  Seloeman  met  t^mor  beras  (of 
was)  woetah,  was  (natuurlijk  zonder  de  later  vervaardigde  houten  scheede  en  de  gouden 
pendoq)  ergeus   in   't  ßj^en^'-gebergte  opgegraven  en  dus  vermoedelijk  ettelijke  eeuwen  oud. 

Of  zou  't  ijzer  {wesi)  meer  koolstof  opnemen  uit  't  houtskolenvuur  dan  't  hardere 
famor'>   Dat  zou  door  bevoegde  scheikundigen  onderzocht  kunnen  worden  % 

Vöör  't  olien  werden  de  winddroge  kerissen  eerst  nog  in  de  scheeden  gestoken,  om  ze 
aan  de  temperatuur  van  de    scheedeholten   te   gewennen.    Die  scheeden  waren  toen  reeds 
door  helpers  schoon   geraaakt,    uitwendig,   door  ze   met  witkatoenen  doeken  af  te  vegen 
mwendig  door  ze  met  een  paardehai-en  wisser  uit  te  wissen. 

')  Zie  boven. 

')  Meteooryzer  is  zeer  zuiver  en  bevat  hoogstens  een  zeer  geringe  hoeveelheid  nikkel  of  mangaan. 


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't  Olien  der  voornaamste  körissen  was  weder  de  taak  van  de  beide  eerste  prinsen. 
't  Geschiedde  met  een  fijn  paardeharen  penseel.  Daarna  werden  ze  eerst  met  kaiocel  en 
vervolgens  met  katoenwatten  (kapas)  afgedroogd  en  wederom  door  middel  van  penseelen 
van  de  laatste  katoonvezeltjes  bevrijd. 

Baden  mas  Soerardjä  bevestigde  ze  daarna,  difcmaal  voor  goed,  in  de  sclieeden,  en 
pangeran  Nata  di  Radja  omkleedde  die  weder  met  liun  tjinde  overtrekken. 

De  overige  körissen  werden  door  anderen  op  dezelfde  wijze  geölied. 

De  gong's,  de  kenong  en  de  bende  waren  al  vroeger  gereed  gekomen  en  met  liun  rood 
laken  iioezen  omkleed  geworden  en  naar  hun  bewaarplaatsen  binnen  in  de  präbäjf'qsä  achter 
't  praalbed  teruggebraclrt,  om  daar  weder  een  jaar  lang  met  i'ust  gelaten  te  worden. 

Dit  moest  nu  ook  met  de  wapens  gebeuren. 

Terwijl  om  kwart  vöor  elf  de  mindere  Javanen  de  pengaron'a  met  't  kostbare  badvocht 
begonnen  weg  te  dragen  en  de  rakken  en  tafeltjes,  die  niet  meer  gebruikt  werden,  naar 
buiten  te  brengen,  had  pangeran  Nata  di  Radja  den  kjahi  ageng  Boejoet,  de  punt  door 
de  honten  scheede  gedekt  en  't  geheelwedei-  met  zijn  tjinde-omhahel  omkleed,  opgenomen 
en  droeg  hij  dat  wapen  over  den  rechter  schouder,  de  punt  naar  voren,  naar  binnen,  door 
raden  mas  Soeeardja  begeleid.  Däar  werd  de  heilige  lans  aan  de  Oostzijde  van  't  pi-aalbed 
in  haar  standaard  (glodog)  geplaatst. 

De  tweede  lans,  de  kjahi  Pakoe  Baroe,  werd  toen  op  dezelfde  wijze  weggebracht 
raaar  door  den  prins  alleen ,  onvergezeld. 

't  Was  over  11  uur  toen  ook  de  körissen  geolied  waren  en  door  oom  en  neef  weder 
naar  binnen  werden  gebracht. 

Toen  werd  ook  de  gouden  pajoeng  uit  den  standaard  genomen  en  toegevouwen  en 
weggeborgen ,  en  werden  de  laatste  p/äntjä's  en  tafeltjes  weggehaald. 

Juist  had  een  der  mindere  Javanen  de  bijna  uitgebrande  lampjes,  die  bij  de  sadjen's 
stonden,  nog  eens  van  olie  voorzien.  Dat  ging  later  mee  naar  huis,  met  al  de  offergaven 
wier  sari  (geur,  essence)  door  de  demit's  en  de  d4wä's  genoten  waren,  de  düalis  brandend 
en  de  pedoepan's  rookend,  misschien  wel  nadat  die  eerst  nog  met  versehe  menjan  bedeeld 
waren. 

En  toen  was  ook  voor  mij  de  tijd  gekomen  om  mijn  beide  gastheeren  voor  hun 
vriendelijke  ontvangst  en  voor  de  vele  welwillend  gegeven  inlichtingen  te  danken  en  in 
mijn  warm  zwart  pak  onder  de  liefelijke  koestering  der  middagzon  (28°  C.  in  de  schaduw) 
naar  mijn  6  minuten  gaans  verwijderde  woning  terug  te  wandelen. 

Jogjiikartfi,    5  April,  1904. 

de  sadjen  voor  de  lansen. 

1.  ToempSng  püoe,  getjoq  mripat  mahesä,  dat  is:  zeven  toempeng'ä  rijst  met  toebehooren , 
en  daarbij  't  oog  van  een  buffel  of  kebo  (hgj.:  mahesä)'^]. 

2.  Tjmgkaroeq  gimbal,  satoenggal  wadah ,  d.  i.  een  portie  of  schotel  rijstgebak  met  jav. 
suiker,  in  ronde  koekjes. 


')  El-  waren  slechts  vier  toempeng's  by  ledere  sadjm  belialve  de  twee  afzondedyk  genoemde.  Een 
toempcnri  is  een  kegelvormige  klomp  rijst,  zooals  die  uit  de,  van  bamboereepen  gevlochten  koekoesan  komt, 
waarin  zjj  bovon  een  koperen  dandang  met  kokend  water  gaar  gestoomd  is. 


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3.  Gapoelä,  satoenggal  wadali,  d.i.  tjcii  poitie  rijstpap. 

4.  Kembany  pari ^  satoenggal  loadaJt ,  il.  i.  kleefrijst  met  kokosiiooL  (;n  jav.  suiker. 

5.  Pisang  ajoe  sag  abSnipcen,   sat.  londah.   d.  i.  gedang  rädjä  (konings-pisawr/)  met  toe- 
behooren. 

6.  Toembasan  peken,  sat.  wadah,  verschillende  zaken,  zie  beneclen. 

7.  DjSnang  abrit,  s.w.,  roode  rijstpap  met  jav.  suiker,  d.i.  suiker  uit  den  bloemstengel 
van  den  kokospaim. 

8.  Djcnang  petaq ,  s.io.,  witte  rijstpap  als  7. 

9.  „        baro-baro ,  s.  lo. ,  djenang  met  santtn  i). 

10.  Sekcel  golong ,  s.w.,   bolvormige  rijstklompen  in  bladeren. 

11.  „       woedceq,   s.w.,  rijst  met  geraspte  kokosnoot  met  zout,  bladeren  en  sporerijen. 

12.  „      geboeli,  s.to.,  rijst  met  eieren  en  specerijen  gebraden. 

13.  Toempeng  robjong,  s.  w.,  een  met  buffelleverreepen  en  toebehooren  versierde  rijstkegel. 

14.  „  panggang    s.w.,  een  onversierde  rijstkegel  met  gepoft  vleesch. 

15.  Roedjaq  dcgan,  s.w.,  't  vleesch  van  halfrijpe  kokosnoten  met  jav.  suiker. 

16.  DilaJi  inggal,  satoenggal  tvidji,  een  nieuw  bakje  met  olie  en  een  brandende  soemboe, 
zie  boven. 

17.  Lantingan,  mawi  lambaran,  sat.  widji,  een  nieuwe  aarden  waterkruik  met  onderstel. 

18.  Gelaran  bongkä  s.  widji,  een  ruwe  van  pawdaw-bladei-en  gevlochten  mat. 

19.  Äjmi  djaler,  satoenggal  toidji,  een  (levende)  haan. 

DE  sadjen  vooe  den  keris. 

1.  Tßngkaroeq  gimhal,   s.  wadah. 

2.  Gapoelä,  „        , 

3.  Kembang  pari,  „        „ 

4.  Pisang  ajoe,  saq  abenipcen,   sat.  wadah. 

5.  Djenang  abrit,  ^^         ^ 
6-        >,         P''taq, 

7.  „         baro-baro , 

8.  Sekcel  golong, 

9.  ,,       looedoeq , 

10.  ,,      geboeli, 

11.  Toempeng  robjong, 

12.  „         panggang, 

13.  Dilah  inggal,  „     widji. 
li.  Lantingan ,  mawi  lambaran ,    „         „ 

15.  Gelaran  bongkä,  „ 

16.  Toempeng  pitoe,  getjoq  mripat  mahesä. 

17.  Ajam  djaler,  sasoenggal  widji. 


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')  Santen  is  een  melkwitte  omulsie  van  't  zachte  vleesch  on  't  waler  van  lialfrype  kokosnoten  (degan). 


90 


DE  sadjm  vooR  ue  yong's. 

1.  Toempi'ng  pitoe  gctjoq  nirntak  ajam  Ijrinrng  moeloet  kalijan  rahipivn^  als  boven,  maar 
inet  rauw  vleesch  en  bloed  van  een  zuiver  z warte  kip. 

2.  Tjengkaroeq  gimbal,  satoenggal  waclah. 

3.  Gapoelä,  „  „ 
i.  Kcmbang  pari,            '                 „  „ 

5.  Pisang  ajoe  saq  äbmipcvn ,  „  „ 

6.  Toembasan  peken,  „  „ 

7.  Dßnang  abrit,  „  „ 

8.  „        pctaq,  „  „ 

9.  „        baro-baro ,  „  „ 

10.  „        dodol,  „  „ 

11.  Sckcel  golong,  saq  abhiipmi,      „  „ 

12.  „       woe(kieq,  „  „ 

13.  „       gcboeli,  „  „ 

14.  Toempmg  robjong  „ 

15.  „  panggang  „ 

16.  Poemir  ketan,  sat.  wadak,  kleefrijst  met  koenir  (kurkuma)  toebereid. 

17.  Dilah  inggal,  satoenggal  widji. 

18.  Lantingan,  maioi  lambaran,  sat.  loidji. 

19.  Gelaran  bongkä,  sat.  widji. 

20.  Lawe,  sat.  loidji.,  d.i.  een  streng  ongeweven  garen. 

21.  Goelä  kelcipä,  sat.  widji. 

22.  Äjam.  djaler  satoenggal  loidji,  sat.  tvidji. 

Toembasan  peken,  laag  jav.  toekon  pasar  in  een  kleine  verzameling  van  onveranderlijke 
zaken,  die  men  op  de  markt  {peken ,  pasar)  voor  een  vaste  waarde  van  ongeveer  17  centen, 
vroeger  224^  duit,  koopt.  Daartoe  behooren  gedang  of  pisang  rädjä  en  gedang  poeloet, 
ketelä-  en  andere  worteis  (ketM  pmclern),  verschillend  gekleurde  djenang-,  serabi- ,  en 
andere  ketan  (kleefrijst-)  en  rijstspijzen,  inlandsclie  geneesmiddelen  {tninbä) ,  enkele  bloenien 
(kcmbang,  hgj.  sekar),  boreh,  een  door  kurkuma  geel  gekleurd  huidsmeersel  en  wierookliars, 
menjan.  Ik  herinner  mij  een  half  europee-sche ,  half  inlandsche  familie,  die  veel  dochters 
maar  geen  fortuin  had,  en  nu  en  dan  op  de  prapatan^s,  de  viersprongen  der  wegen, 
toekon  pasar  deed  neerleggen  om  de  geesten  te  bewegen  haar  dochters  aan  mannen  te  helpen. 


Ti ERKULT    ]N    AFRIKA. 

EINE   ETHNOLOGISCH-KULTURHISTORISCHE    UNTERSUCHUNG 

VON 

JOHANNES    WEISSENBORN,   Bre.me.x. 
(Mit  Tafel  IX  &  X). 


L     KAPITEL. 
Tatsachen  des  Tierkultes  in  Afrika. 


VORBEMERKUNG. 

Wenn  in  diesem  Kapitel  die  Tatsachen  des  Tierkultes  in  Afi-ika  im  Zusammenhang 
besprochen  werden  sollen,  so  ist  es  zuvor  unbedingt  erforderlich,  den  Begriff  Kult  scharf 
zu  umgrenzen.  Wir  fassen  Kultus  hier  im  w^eitesten  Sinne  als  die  Summe  der  Äusserungen 
und  Handlungen  des  Menschen,  die  als  Reaktionen  auf  wunderbare,  ihm  unerklärliche 
Erscheinungen  in  seiner  Umwelt  zu  verstehen  sind.  Empfindungen,  hervorgerufen  durch 
Einwirkungen  der  den  Menschen  umgebenden  Natur  (dem  Naturmenschen  gilt  die  ganze 
Natur  für  beseelt)  und  ausgelöst  durch  zufällige  äussere  Anstösse,  verdichten  sich  zu 
Gedankenreihen,  die  in  Gefühlsäusserungen  übergehen  und  in  Handlungen  ausfliessen, 
ohne  dass  man  feste  Grenzen  zwischen  den  Einzelerscheinungen  ziehen  oder  angeben 
könnte,  wo  in  dieser  Entwickelungsreihe  das  religiöse  Moment  einsetzt.  Dass  dieses  aber 
schon  sehr  früh  einsetzt,  das  lehi't  der  geistige  Kulturschatz  auch  des  niedrigsten  Volkes  i), 
vorausgesetzt,  dass  wir  den  Begriff  Religion  im  umfassendsten  Sinne  anwenden,  eine 
Forderung,  deren  Notwendigkeit  in  diesem  Zusammenhange  von  vornherein  einleuchten 
muss,  wenngleich  wir  uns  nicht  ohne  Weiteres  der  Ansicht  von  Mayers  anschliessen 
möchten,  der,  unseres  Brach tens  mit  Recht,  den  Kern  aller  Religion,  das  religiöse Urgefühl 
in  der  Erkenntnis  der  lebendigen  Mächte  der  Umwelt,  im  Glauben  an  eine  lebendig  tätige 
Welt  sehen  will,  aber  wohl  zu  weit  geht,  wenn  er  behauptet,  dass  die  Menschheit  von 
ihrei-  Geburtsstunde  an,  die  v.  Mayer  als  das  erste  Aufblitzen  des  Ich-Bewusstseins 
definiert,  die  Natur  sofort  aus  ihrem  eigenen  Innern  begriff 2).  Jedenfalls  gilt  für  uns  der 
Satz,  den  Ratzel  in  seiner  Völkerkunde  formuliert:  „Die  Ethnographie  kennt  keine  religions- 
losen   Völker,    sondern    nur    vei'schieden    hohe    Entwickelung    religiöser   Ideen",    und   den 


')  SiKBECK,  278.  —  ScHURTz:  Urgeschichte,  554.   Derselbe,  Speiseverbote,  13  und   Katechism.  der 
Völker-kunde,  27.  —  Geeland,  279  ff.  —  Orelli,  562. 
2)  V.  Mayer,  51.  50;    vgl.  Dorner  60. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  ]2 


-    92    - 

ScHUETZ  hinsichtlich  des  Begriffes  Religion  erweitert,  wenn  er  sagt:  „Es  giebt  sehr  viele 
Völker,  bei  denen  von  Religion  in  unserem  Sinne  nicht  die  Rede  ist;  aber  es  giebt  keines, 
das  nicht  Anfänge  der  Religion  in  einer  oder  dei-  anderen  Form"  (nämlich  Kultus,  Mytho- 
logie, Mystik)  „besässe"  1). 

Im  Folgenden  soll  die  religiöse  Gedankenwelt  samt  ihi-en  Äusserungen  bei  den  Völkern 
Afrikas  behandelt  werden ,  soweit  sie  in  Beziehungen  zui-  Tierwelt  tritt  und  hierbei  wieder 
unter  den  Begriff  Kult  fällt  2),  und  zwar  zunächst  bei  den  afrikanischen  Naturvölkern. 
Die  Reihenfolge  der  behandelten  Tiere  schliesst  sich  an  das  System  in  Brehms  Tierleben 
an,  soweit  eine  Rubrizierung  nach  den  Angaben  der  Berichte  möglich  war. 


I. 
Tierkult   bei   den  afrii<anisclien   Naturvöll<ern. 

Säugetiere. 

I.   Ordnung:   Affen  (Pitheci). 
1.  Familie:    Schmalnasen   (Catarrhini). 
M  e  n  s  c  h  e  n  a  f f e  n   (AnthropomorpJii). 
1.  Gattung:    Gorillas  (Gorilla). 

In  seinem  Berichte  über  die  deutsche  Loango-Expedition  erzählt  Güssfeldt,  dass  er 
in  Ntonda,  einem  kleinen  am  Lubomo  (Nebenfluss  des  Kuilu)  gelegenen  Dürfe,  einen  jener 
für  das  Bakunya-Land  besonders  charaktei'istischen  Tierschädelfetische,  Buim  genannt, 
gefunden  habe,  die  auch  an  der  Küste  bekannt  sind,  dort  jedoch  weit  seltener,  so  z.B. 
bei  Massabe-Tschibona  (nach  Soyaux  Tschibonne):  „Sie  bestehen  aus  Anhäufungen  der 
Schädel  solcher  Tiere,  die  auf  der  Jagd  erlegt  worden  sind  und  von  dem  Jäger  zur  Erhaltung 
seines  Jagdglücks  dem  Fetisch  gewissermassen  als  Opfer  dargebracht  werden"  bez.  nach 
Lenz  dem  Fetisch  der  Erde  geweiht  sind,  von  dem  man  alljährlich  bei  feierlichen  Tänzen 
und  Umzügen  gute  Ernten  und  erfolgreiche  Jagden  erbittet.  Unter  diesen  Schädeln  findet 
man  sehr  häufig  Gorilla-  (Mpungu-)Schädel ;  die  Tierschädelfetische,  die  die  Bakunya  mit 
den  Bayaka  und  Bayornbe  teilen,  können  geradezu  als  Führer  dienen  zur  Feststellung  des 
Verbreitungsgebietes  des  Gorilla,  das  beinahe  6  Breitengrade  umfasst.  Lenz  weist  auch 
darauf  hin,  dass  man  in  den  sog.  Gri-Gri-Häusern  in  Westafrika  (Gebiet  des  Gabun  und 
Ogowe)  allenthalben  Gorillaschädel  als  Fetische  aufgehängt  findet  3).  Dem  Leipziger  Museum 
für  Völkerkunde  sind  im  vergangenen  Jahre  zwei  Gorillaschädel  zugegangen,  die  von 
A.  DiEHL  auf  dem  Grabe  eines  Mannes  in  Assam ,  im  Gebiet  des  oberen  Cross-River 
(Manyu)  gefunden  wurden;  ca.  2  Stunden  von  Assam  entfernt  erhebt  sich  ein  kegelförmiger 


')  Ratzel,  Völkerkunde  I.,  37.  —  Schurtz:  Religion  131.    Derselbe,  Völkerkunde  118.  —  Hoernes, 
84  ff.  —  ScHiNZ,  181.  —  Henning  im  Globus  LXXI,  125  ff.;  vgl.  Junod  377:  riiomme  est  un  ötre  religieux. 

2)  ErsRheinunj,'en  also,  die   in  das  Gebiet  des  Aberglaubens  im  engeren  Sinne  gehören,  wie  das  Arau- 
lettwesen  und  vor  allem  die  Speiseverbote  u.a.,  sind  im  allgemeinen  nur  gestreift  worden. 

3)  Güssfeldt  in  VE  II,  212  und  Loango-Expedition,  123,  200.  —  Soyaux  I;  263.  —  Lenz,  193. 


-    93    - 

Berg,  auf  dem  Massen  von  Gorillas  voikoniiiien  sollen  ^).  Das  ethnographische  Reichs- 
museum in  Leiden  besitzt  einen  Jägerfetisch  mit  Gorillaschädel  von  den  Bakunda, 
Kamerun  (Inv.  N°.  1393/292)  2). 

2.    Gattung :   S  c  h  i  m  p  a  n  s  e  n   {Simia). 

Die  Bakwiri  (Kamerun),  denen  die  Schimpansen  als  von  bösen  Geistern  besessene  Tiere 
gelten,  glauben  dass  die  Seele  eines  der  Ihren,  der  im  Busche  starb  oder  vi^egen  Armut 
keine  Ziege  ins  Grab  bekam  (vgl.  S.  138  unter  6)),  in  einen  Schimpansen  fahren  müsse  3). 

H  u  n  d  s  a  f f e  n   (Cynopilhecini). 

8.    Gattung:   Meerkatzen  {Cercopithecus). 

In  Bukoba  (am  Viktoria  Nyansa)  bestehen  sog.  Kabüa  (Vereinigungen  von  Leuten,  die 
dieselben  Beziehungen  zu  bestimmten  Tieren  haben,  bez.  sie  verehren);  eine  dieser  Kabila 
huldigt  dem  Glauben,  dass  sie  durch  die  blos.se  Berührung  mit  einer  Meerkatze  schädlichen 
Einflüssen  ausgesetzt  sei  •*). 

> 

11.   Gattung:   Paviane  {Cynocephalus). 

Am  ausgeprägtesten  findet  sich  die  Verehrung  der  Affen  (nach  den  Autoren  meist  der 
Paviane)  in  Togo,  und  zwar  vornehmlich  in  Kete-Kratschi  (am  Volta);  sie  gelten  dort  für 
heilig,  weil  sie  den  heiligen  Hain  bei  Kratschi  bewohnen.  Die  Eingeborenen  stellen  täglich 
Yams  zur  Mahlzeit  für  die  Affen  bereit,  die  deshalb  mit  ihren  Verehrern  auf  sehr  gutem 
Fusse  stehen.  Als  einst  ein  nichtsahnender  Händler  einen  dieser  heiligen  Affen  getötet 
hatte  (worauf  Todesstrafe  steht),  sollen  die  Kratschi-Leute  den  Leichman  des  Tieres  wie 
den  eines  Menschen  mit  dem  bei  Menschen  üblichen  Schiessen  begraben  haben  5).  Symbol 
des  Stammes  und  deshalb  unverletzlich  ist  der  Pavian  bei  den  Bakatla  („Affenvolk"), 
einem  Betschuanenstamm,  de.ssen  Zauberer  u.  a.  auch  Pavianköpfe  zu  ihrer  Arbeit  brau- 
chen '').  Göttliche  Ehren  erweisen  dem  Pavian  die  Kunama  und  Barea  (am  Mittellauf  des 
Atbara  südlich  von  Kassala) "). 

Nicht  näher  Bestimmbare. 

BüTTiKOFER  erzählt  aus  Liberia,  dass  die  Fetischdoktoren  ihren  Klienten,  die  sie  von 
einem  auf  ihnen  lastenden  Zauber  befreien  sollen,  u.a.  allerlei  Vorschriften  über  das  Ver- 
meiden gewisser  Speisen,  so  auch  des  Affenfleisches,  machen  —  Verbote,  die  allem  Anschein 
nach  erblich  werden  können  8).  Gewisse  Affenarten,  besonders  solche,  die  sich  in  der  Nähe 
eines  Friedhofes  aufhalten,   gelten  in   Westafrika,   speziell  den  Eweern,  als  von  Geistern 


')  Material  im  Museum  für  Volkerljunde  in  Leipzig. 
•)  Nacli  einer  liebenswürdigen  Mitteilung  des  Direktors  Dr.  Schmeltz'. 
•■)  Seidel,  in  B  K  III.  194  f. 
•*)  RiCHTKK,  in  M  Seh  XII.  83  f. 
»)  Klose.  340  ff 

6)  Fritsch,   3  Jahre,  338.  —  Ratzel  II,  43.  —  v.  Hellwald.  Naturgeschichte,  67,  83.  —  Bastian, 
Loangoküste  I.  186. 

")  V.  Hellwald,  Naturgeschichte  257;  vgl.  Platz  143. 

«)  BÜTTIKOFER  II,  333  f. 


-    94    - 

oder  Gottheiten  bewohnt  i).  „In  Killibium,  einem  Benny  (an  der  Nigermündung)  gegenüber 
gelegenen  Dorfe,  wird  eine  langgeschwänzte  Affenart  als  Fetisch  verehrt",  und  wer  an  der 
Westküste  Afriivas  den  seiner  FainiHe  heiligen  Affen  tötet,  muss  nach  seinem  Tode  zur 
Strafe  den  Körper  eines  Affen  annehmen  ~).  In  manchen  Gegenden  hält  man  die  Affen 
für  Menschen,  die  bei  der  Schöpfung  verunglückt  sind  (in  Akkra  an  der  Goldküste)  oder 
für  Sünder,  die  zur  Strafe  verwandelt  wurden  (bei  den  Serrakolet  am  oberen  Niger  und 
Senegal,  in  der  Landschaft  zwischen  den  Quellen  des  Rio  Grande  und  des  Gambia  und  auf 
Madagaskar) ;  man  hütet  sich  sie  zu  töten  aus  Furcht  vor  der  Rache  ihrer  Verwandten  3). 
Die  Matebele  (am  Sambesi  und  Limpopo)  verehren  nächst  dem  Nilpferd  (vgl.  S.  109  unter  8)) 
eine  kleinere  Affenart*).  Von  den  Baschilange  und  Manyema  werden  Affen  nicht  getötet, 
wie  PoGGE  meint,  aus  der  unbestimmten  Annahme,  dass  vielleicht  die  Seele  eines  Ver- 
wandten in  dem  Tiere  sich  aufhalten  könne  5). 

Erwähnt  seien  hier  die  Steinidole  aus  dem  Hinterland  von  Scherböi'O  zwischen  dem 
Boom-  und  Kittam-River,  die  Rütimeyer  beschrieben  hat;  es  finden  sich  unter  ihnen  Tier- 
figuren, die  Affen  darstellen.  Ob  die  Veranlassung  zu  ihrer  Nachbildung  im  Ahnenkult  zu 
suchen  ist,  ist  nicht  sicher*^).    (Vgl.  8.  103).; 

IL  Ordnung:  Halbaffen  {Prosimii). 
1 .  Familie :  L  e  m  u  r  e  n  (Lemuridae). 
1.   Gattung:    Indris   (Lichanotus). 

Die  Betanimena  (an  der  Ostküste  Madagaskars)  sehen  in  dem  Babakoto  (Keller: 
Babakota)  (L.  brevicaudatus)  eine  Verkörperung  der  Geister  ihrer  Vorfahren  {Fady)  und 
scheuen  .sich  deshalb  das  Tier  zu  töten  ''). 

9.    Gattung :    0  h  r  e  n  m  a  k  i  s   {Otodinus). 

Nach  ScHWEiNFüRTH  fürchtou  die  Bongo  (am  oberen  Nil)  böse  Waldgeister  (Ronga), 
die  sie  u.  a.  in  der  Gestalt  des  Riesengalago  {Otodinus  crassicaudatus) ,  eines  Halbaffen, 
an.beten  s). 

3.    Familie:   Fingertiere  (Leptodadyla). 
Einzige  Gattung:   Fingertiere  [Ghiromys). 

Dieselbe  Stellung  wie  der  Babakoto  nimmt  bei  den  Betanimena  der  harmlose  und 
furchtsame,  eichhornartige  Aye-Aye  {Ghiromys  madagascariensis)  ein,  dessen  Vernichtung 
ebenfalls  verboten  ist  9). 


')  Wilson  161.  —  Müller,  Fetu,  97.  —  Zündel  in  Z  G  E  XII,  434;  vgl.  Tyloe,  Anfänge  II,  7. 
J)  Bastian,   Bilder  14.5,  160  f. 

■■"l  MoLLiEN,  237.  —  MoNBAD,  156.  —  Waitz  II,  177  f.  —  Madagaskar  gehört  in  ethnographischer  Hinsicht 
nicht  zum  afrikanischen  Kontinent,  wird  aber  vergleichsweise  des  öfteren  hier  mit  gestreift. 
")  HoLUB  in  Z.  E.  XXV,  197. 

»)  Wissmann,  Quer  durch  Afrika  373;  vgl.  A  E  XIV,  207. 
«)  A  E  XIV.  197,  207. 

')  SiBEEE,  302.  —  Keller,  Inseln,  68.  —  Brehm,  I.  276. 
')  Hartmann,  211.  —  Paulitschke,  Sudanländer,  263. 
»)  SiBREE,   302. 


-    95    - 

III.  Ordnung:    Fl  iit  t  ert  i  ere   {Chiroptera). 

2.    Hauptabteilung:    Glattnasen   [Gymnorhina). 
2.    Gattung:    Nach  tych  wi  rrer   {Vespertüio). 

Die  eben  erwähnten  Ronga  oder  Bongo  erscheinen  bisweilen  auch  als  Fledermäuse 
(Mäuseohr:  V.  umrimis)  ^) ,  während  auf  Madagaskar  die  Geister  von  nicht  begrabenen 
Toten  in  Fledermäusen  umherschweifen  oder  gar  sich  in  solche  verwandehi  müssen  -). 

3.  Hauptabteilung:  Blattiiasen  (Tstiophora). 
3.  Gattung:   Vampire  {Phyllostomä). 

In  Abessinien  hält  man  die  Vampire  (P/t.  spectriim)  für  Wahrsagerinnen,  besonders 
solche,  die  etwas  fettleibig  sind  und  sich  nächtlicherweile  verwandeln,  um  sich  mit  ihrem 
schweren  Körpergewicht  auf  Schlafende  zu  legen  und  ihnen  das  Blut  auszusaugen  3). 

IV.  Ordnung:  Raubtiere  {Carnivora). 
1.  Familie:  Katzen  (Felidae). 

1.  Gattung:  Eigentliche  Katzen  [Felis). 

Die  Hauskatze  (F.  maniadata  domestica),  ein  Haustier  afiikanischen  Ursprungs 4),  gilt 
als  Schicksalstier  an  der  Goldküste,  d.  h.  wenn  ein  Neger  ein  wichtiges  Unternehmen  im 
Vertrauen  auf  eine  Katze,  die  ihm  zufällig  in  den  Weg  lief,  glücklich  vollendet  hat,  so 
erhebt  er  die  Katze  zu  seinem  Fetisch,  seiner  Gottheit,  dei'  er  dann  täglich  opfert;  auch 
meint  man ,  dass  die  Seelen  Verstorbener  in  Katzen  fahren  5).  Bei  den  Waschambaa  (Usam- 
bara)  werden  die  Katzen  heilig  gehalten  (nach  der  Vermutung  des  Berichterstatters  als 
Vertilger  der  zahlreichen  Ratten);  diese  Sitte  soll  aus  dem  Nachbargebiet  Kwambugu 
stammen.  Wenn  in  einer  Waschambaa-Familie  Krankheit  ausbricht,  die  man  auf  den  Tod 
einer  Katze  zurückführt,  so  wird  folgender  Gegenzauber  in  Szene  gesetzt:  „ein  Schaf  wird 
um  den  Kranken  viermal  im  Kreise  herumgeführt,  dann  geschlachtet;  der  Kopf  des  Tieres 
wird  vergraben.  Eine  lebendige  Katze  wird  eingefangen  und  derselben  ein  Stück  vom  Her- 
zen des  Schafes,  bestrichen  mit  Honig  und  Fett,  zu  fressen  gegeben.  Nimmt  die  Katze 
das  Fleisch  nicht,  so  ist  die  Krankheit  auf  eine  andere  Ursache  zurückzuführen.  Schliesslich 
erhält  die  Katze  ein  dunkles  Band  um  den  Hals  und  wird  wieder  freigelassen"  % 

Die  Schädel  kleinerer  Katzen  gehören  zum  Behang  der  Votivbäume,  die  nach  Emin 
Pascha  in  den  Schuli-  und  Madidörfern  (am  oberen  Nil)  gepflegt  werden.  7) 

Ob  es  sich  in  den  angeführten  Fällen  tatsächlich  um  die  allerdings  auch  in  Afrika 
weitverbreitete  Hauskatze  oder  um  eine  ihier  wilden  Schwestern  handelt  (in  Frage  würden 
kommen  vielleicht  Felis  cahis,  Cattis  ferus,  die  Wildkatze,  deren  Vorkommen  in  Nordafrika 
aber   höchst   zweifelhaft  ist,   oder  Felis  maniciüata,  die  Falbkatze,  die  man  mit  ziemlicher 


')  Hartmann,  211.  —  Paulitschke,  a.a.O.  —  Suhneideh,  196. 

■)  SlBKRE,  302  f. 

')  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  265;  vgl    Pesch.  90:  Vampire  bei  den  Mundingo. 

*)  Keller,  Haustiere,  81  tf. 

*)  BosMAN,  444.  —  Mülleh,  Fetii  97:  vgl.  Ratzel  II,  43. 

')  Stokch  in  M.  Seh.  IX,  313.  325,  vgl.  Johanssen  in  N.  M.  1892,  143;  1896,  26;   M.  J.,  XI.  108. 

')  Ratzel  II,  42. 


-   96    - 

Bestimmtheit  als  die  ötammmutter  unseier,  zuerst  von  den  Ägyptern  gezähmten  Hauskatze 
ansprechen  darf),  ist  schwer  zu  entscheiden  i). 

Der  Löwe  (in  Betracht  kommen  hier  der  Berberlöwe,  F.  leo  barbarus,  der  Senegallöwe, 
F.  leo  senegalensis ,  ausgezeichnet  vor  dem  vorigen  durch  eine  lichte  Mähne  am  Vorderteil, 
die  an  der  Unterseite  schwach  ist  oder  ganz  fehlt,  und  der  Kaplöwe,  F.  leo  capensis,  der 
durch  besondere  Grösse  auffällt,  wie  vermutlich  auch  sein  abessinischer  Vetter),  der  schon 
bei  vielen  alten  Völkern  das  Symbol  des"  Heldentums  war,  geniesst  diesen  Vorzug  noch 
heute,  besonders  bei  Naturvölkern.  Am  Kongo,  von  mehreren  Sambesistämmen  und  von 
den  Sulu  werden  die  Löwen  als  Aufenthalt  der  Seelen  verstorbener  Fürsten  verehrt  2).  Nach 
LiviNGSTONE  glauben  die  Leute  am  Sambesi,  dass  sich  ein  Häuptling  beliebig  zeitweise  in 
einen  Löwen  verwandeln  könne,  um  als  solcher  irgend  einen  Feind  zu  erlegen  3).  Mit 
diesen  Vorstellungen  von  der  fürstlichen  Natur  des  Löwen  mag  der  Glaube  zusammen- 
hängen, der  sich  am  Kongo  und  in  Senegambien  findet,  dass  nämlich  der  Löwe  „keinen 
Menschen  angreife,  wenn  er  höflich  gegrüsst  werde,  und  dass  er  Frauen  aus  Galanterie 
schone,"  wiewohl  sich  in  Verbindung  gerade  mit  diesen  Anschauungen  keine  ausgesprochen 
religiöse  Verehrung  vorfindet  4).  Bei  den  Sulu  (Angoni)  „ist  es  ein  allgemeiner  Wunsch  und 
Ehrgeiz,  im  Körper  eines  Löwen  sein  zukünftiges  Dasein  verbringen  zu  können" s).  Der 
Glaube,  dass  sich  Menschen  in  Löwen  verwandeln  können,  findet  sich  auch  bei  den  Hot- 
tentotten und  Herero^).  Ob  die  Gepflogenheit  der  Kalahari-Bewohner,  „einen  alten  Löwen, 
der  dann  gerade  für  Menschen  gefährlich  wird",  ungestraft  und  widerstandslos  in  ihren 
Kraalen  morden  zu  lassen  aus  Furcht  vor  etwaigem  Unheil,  mit  dem  Verwandlungsglauben 
der  Hottentotten  innerlich  zusammenhängt,  lässt  sich  nicht  nachweisen  7).  Jedenfalls  aber 
gilt  der  Löwe  den  Bakalahari  als  Stammessymbol,  ebenso  den  Batau  oder  Bataung,  einem 
östlichen  Betschuanenstamm ,  dessen  Name  „Löwenvolk"  bedeutet.  Tötung  eines  Löwen 
zieht  demzufolge  eine  Verunreinigung  des  Jägers  nach  sich  S).  Die  Wayao  (Verwandte  der 
Sulu,  östlich  und  südlich  am  Nyassa)  nehmen  an,  dass  böse  Zauberer  die  Menschen  nach 
ihrem  Tode  in  Löwen  verwandeln  können  9).  In  der  Gegend  um  Tete  (portugiesischer  Ort 
am  Sambesi)  herrscht  der  Glaube,  dass  Menschen  die  Gestalt  von  Löwen  anzunehmen  und 
sich  auch  wieder  zurückzuverwandeln  vermögen  lO).  Bei  den  Wambugwe  (am  Südende  des 
Manyarasees  in  DeutschOstafrika)  gelten  die  Löwen  als  Geister  Verstorbener  H) ;  bei  den 
Bari  (im  oberen  Niltal  und  auf  dem  anliegenden  Gebirgsland ,  etwa  zwischen  dem  4°  und 
6°  N.)  sind  sie  nach  dem  Volksglauben  Organe  der  Zauberer  i2).  in  Togo  vergräbt  man, 
wenn    man    dem  Ewe-Fetisch   Legba  eine  Tonfigur   errichten  will,   unter  derselben  u.a. 


')  Brehm  I,  417,  424,  426.  ff.  —  Hahn,  237  ff.  —  Greve  in  Z  J,  VI,  67  f. 

2)  Bastian,  Loangoküste  II,  244.  —  Livingstone,  Missionsreisen  176.  Vgl.  auch  Müller,  Petu  97. 

')  Andbee,  Forschungsreisen,  369. 

■•)  Bastian.  Menscli  III,  199.  —  Waitz  II,  179.  vgl.  Reville,  65. 

s)  Wiese  in  Z.  E.  XXXII,  199;   vgl.  Sievers-Hahn  230,  329. 

«)  Bastian,  Fetisch  59.  —  Schinz  183;  vgl.  Sievers-Hahn,  123. 

')  Fritsch,   3  Jahre,  399. 

9)  Waitz  II,  413.  —  v.  Hellwald,  Naturgeschichte,  67.  —  Ratzel  II,  43.  —  Bryce,  113;  vgl. 
Schneider  141.  —  Zu  der  Stellung  der  Betscliuanen  gegenüber  den  Tieren  vgl.  auch  Wangemann,  57. 
Ausland  LIll,  654. 

ä|  Andeee,  Forschungsreisen  II,  359. 

'»)  a.  a.  0. 

")  Baumann,  Massailand,  187. 

'•)  Jephso.v  und  Stanley,  132. 


-    97    - 

einen  Löwenkopf i).  Noch  mögen  die  wundersamen  Erzäiilungen  Erwälinung  finden,  die  bei 
den  Eingeborenen  am  Tanganyika  in  Umlauf  sind  und  von  ihnen  für  zweifellos  wahr  gehalten 
werden.  Danach  werden  die  Löwen  von  den  Bewohnern  eines  Dorfes  Ukaranga  am  Tanga- 
nyika wie  ihresgleichen  behandelt  und  verkehren  auch  ihrerseits  mit  den  Eingeborenen 
auf  das  freundschaftlichste.  Jedenfalls  sind  derartige  Anschauungen  Ausflüsse  des  Glaubens 
an  Verwandlungen  von  Menschen  in  Löwen  -). 

Der  Behandlung  des  Leoparden  an  dieser  Stelle  ist  zweierlei  vorauszuschicken. 

1).  Es  finden  sich  in  einigen  Reiseberichten  Notizen  über  die  Verehrung  des  Tigers 
bei  verschiedenen  Völkern.  Nun  aber  fehlt  in  Afrika  der  echte  Tiger  vollständig;  wir  haben 
vielmehr  in  dem  Tiger  der  Berichte  mit  ziemlicher  Sicherheit  den  Panther  oder  Leoparden 
zu  vermuten  3). 

2).  Panther  und  Leopard  sind  zwei  Bezeichnungen,  die  sich  in  einem  zoologischen 
System  nicht  unterscheiden  lassen;  es  handelt  sich  hierbei  nur  um  eine  Art,  die  über 
ganz  Afrika  verbreitet  ist: 

Felis  pardus,  von  den  Bantu  in  Westafiika  Ngo  genannt*),  bez.  Felis  panthera.  Wir 
haben  also  hier  die  Berichte,  soweit  sie  von  dem  Panther  oder  von  dem  Leoparden 
sprechen,  zu  einem  einzigen  Gesamtbild  zu  vereinigen,  wobei  zu  berücksichtigen  ist.  dass 
in  dieser  Darstellung  vermutlich  auch  die 

3.    Gattung:   Jagdleoparden   (Cynaihirus) 

durch  eine  afrikanische  Art  vertreten  sein  dürfte,  die  von  den  Forschern  Fahhad,  von 
den  Kaffern  Ngulule,  von  den  Herero  Onguirira  genannt  wird.  Die  von  den  einzelnen 
Quellen  angegebenen    Bezeichnungen  sind  beibehalten  worden. 

Das  Centrum  des  Leopardenkultes  in  Afrika  ist  Dahome,  wo  der  Leopard  —  abgesehen 
von  der  Küste  (Weida)  mit  ihrer  intensiven  Schlangenverehrung  (vgl.  S.  114  ff.)  —  als  bevor- 
zugte Gottheit  gelten  darf,  und  das  benachbarte  Togo  5).  Labarthe  bezeichnet  den  Tiger 
geradezu  als  eine  angesehene  Untergottheit  neben  der  Schlange  in  Dahome,  „wo  man  glaubt, 
dass  der  von  einem  Leoparden  Zerrissene  besonders  glückselig  im  anderen  Leben  sein  wer- 
de" 6).  Schon  Bruns  hat  die  Vermutung  ausgesprochen  (um  1800),  dass  der  „Tiger"  der 
Dahomeer  der  Leopard  sei '').  In  Togo  gelten  Zähne  und  Köpfe  von  Leoparden  als  Amulette 
und  Fetischzeichen,  die  vergraben  werden,  und  über  denen  man  dann  wie  über  einer 
Opferstelle  Tonfigui-en  zur  Versöhnung  böser  Geister  errichtet  8). 

Über  dieses    Centrum   hinaus  findet  sich  bei  den  Benue-  _und  Uiger-Stämmen  (bei  den 


')   Klose,  271. 

^)   Cameron  II.  75  f. 

')   Sievers-Hahn,  98,  174.  179. 

')   Brehm  I.  464  f.  —  Kirchhoff  93.  —  Geeve  in  Z.  J.  VI.  T4  f.  —  Klein  und  Thome,  317:  vgl.  326. 

*)  Dalzel  XXIX.  —  Zöller,  Kamerun  I,  53,  89.  —  Hartmann,  214.  —  Ausland.  1852,  47:'  1891,  570. 

«)  Labarthe  153.  —  Waitz  II.  178.  Die  Mitteilung,  die  Berghaus  (II.  43)  über  die  Annahme  des 
Tigers  von  selten  der  Dahomeer  zur  Gottheit  macht,  sei  hier  wiedergegeben:  den  Europaern,  die  sie  nach 
dem  Grund  dieser  Wahl  befragten,  antworteten  sie  „wir  mü.ssen  mit  diesem  zufrieden  sein;  der  bessere 
Gott,  welcher  den  Weissen  so  viel  Gutes  gewährt  hat,  hat  sich  uns  noch  nicht  offenbart." 

')  Bruns  V.  156. 

»)  Klose,  Togo.  358,  368.  371. 


-    98    - 

Akpoto,  Ibo  und  in  Neu-Calabar) ;  die  das  Krol^odil  verehren  (vgl.  S.  127),  nebenherlaufend 
auch  der  Leopard  bez.  Tiger  als  gefürchteter  Fetisch  i).  Über  eine  merkwürdige  Sitte 
berichtet  Bastian  aus  den  Städten  am  Calabar  (Nigerdelta).  Dort  findet  alle  zwei  Jahre 
eine  Reinigung  der  Ortschaften  von  allen  Teufeln  und  bösen  Geistern  statt.  Diese  Reinigungs- 
ceremonie  heisst  Ndök  und  wird  durch  eine  Vorbereitungszeit  bis  zu  vier  Wochen  eingeleitet; 
man  fertigt  rohe  Tierfiguren,  Nabikem  oder  Nabikim  genannt,  darunter  auch  Leoparden, 
aus  Stöcken,  Stricken,  Gras  und  Tüchern  und  verteilt  sie  hier  und  da  in  der  Stadt, 
besondei'S  an  den  Kreuzwegen.  In  diesen  Figuren  sollen  nach  einer  gewissen  Zeit  (drei 
Wochen)  alle  bösen  Geister  ihren  Aufenthalt  genommen  haben,  worauf  die  Nabikim 
unter  grossem  Hallo  an  einem  vorher  bestimmten  Tage  vernichtet  werden  %  Unter  den 
Bronze-Arbeiten  aus  Benin  finden  sich  zum  Tiiil  sehr  lebenswahre  Darstellungen  von 
Leoparden  3),  doch  lässt  sich  über  eine  Bedeutung  dieser  Nachbildungen  etwa  für  den  Kult 
nichts  sagen.   Den  Bakwiri  gelten  die  Leoparden  als  von  bösen  Geistern  besessene  Tiere  *). 

Auch  nach  Westen  scheint  der  Leopardenkult  sich  noch  über  Togo  hinaus  auszudehnen; 
denn  Müllee  nennt  als  Aufenthaltsort  für  die  Seelen  Verstorbener  an  der  Goldküste  (Fetu) 
u.  a.  den  Tiger,  während  v.  Hellwald  den  Panther  unter  den  Trägern  böser  Geister  bei  den 
Aschanti  aufzählt  5). 

In  besonderem  Ansehen  steht  der  Leopard  {Fume-Chicumbo  oder  Fume-Ungo)  in  Loangg, 
wo  ei-  für  einen  Fetisch  fürstlicher  Natur  gilt.  Bastian  schreibt  von  ihm,  dass  er  von  den 
Loango- Negern  als  Prinz  des  Waldes  verehrt  wird;  deshalb  wird  ein  gemeiner  Neger,  der 
einen  Leoparden  getötet  hat,  gebunden  vor  die  Prinzen  des  Landes  geführt,  „da  er  einen 
der  Ihrigen,  einen  ihres  Gleichen  erschlagen  habe."  Vor  diesen  muss  er  sich  dann  pro 
forma  damit  rechtfertigen,  „dass  der  von  ihm  getötete  Prinz  ein  Prinz  des  Waldlandes,  also 
ein  Fremder  gewesen  sei".  Auf  Grund  dieser  Ausrede  wird  der  Angeklagte  frei  gesprochen 
und  von  den  Pi'inzen  sogar  belohnt.  „Der  tote  Leopard  wird  dann  aufgeputzt  und  mit  einer 
fürstlichen  Mütze  geschmückt  im  Dorfe  ausgestellt,  wo  zu  seiner  Ehre  nächtliche  Tänze 
stattfinden."  Den  Beweis  für  die  prinzliche  Natur  des  Leoparden  sieht  der  Neger  nach 
Bastian  auch  in  seiner  Überlegenheit  über  den  wilden  Büffel,  in  dem  Hartmann  allerdings 
den  kleineren,  weniger  wehrhaften  Bos  brachyceros  vermutet.  Bastian  erwähnt  noch, 
dass  der  glücklich  gelungene  Fang  eines  Leoparden  in  alter  Zeit  eine  der  seltenen  Gelegen- 
heiten bot,  bei  denen  der  König  von  Loango  sein  Schloss  verlassen  durfte 6).  Pogge 
berichtet  aus  Lunda  von  geschnitzten  Holzklötzen ,  schwarz  und  weiss ,  oder  rot  mit  Ton 
bestrichen,  die  vor  den  Hütten  der  Eingebornen  stehen  und  Leoparden  und  andere  Tiere 
vorstellen  sollen^).  Cameron  weiss  ebenfalls  von  Fetischen  zu  erzählen,  die,  rot  und 
weiss  gefleckte  Gebilde  aus  Ton,  Leoparden  oder  andere  wilde  Tiere  darstellen  und  von  ihm 


>)  Waitz  II,  178.  —  Ausland  1880,  169;  vgl.  Schneider,  196. 

2)  Bastian,  Fetisch  21  f.  Die  Geisteraustreibung,  die  Bastian  erlebte,  fand  Anfang  Dezember  statt; 
etwas  Näheres  darüber  konnte  er  nicht  erfahren,  wahrsclieinlirh  weil  man  die  der  Ceremonie  ursprünglich 
zu  Grunde  liegende  Idee  selbst  nicht  mehr  kannte. 

')  Vgl.  z.  B.  die  Abbildungen  Globus  LXXII,  312  Fig.  9;  Hagen,  Altertümer  von  Benin,  Tafel  IL 
Fig.  2  (Jahrb.  der  Hamb.  Wiss.  Anstalten  XVII);  Schuhtz,  Urgeschichte,  510  Fig.  2;  Jahresbericht  des 
Ethnogr.  Reichsmuseums  in  Leiden  1900/01.  Tafel  XII,  Fig.  24. 

<i  Seidel,  in  B  K  III,  194. 

*)  Müller,  Fetu  97;  vgl.  Klemm  III,  363.  —  v.  Hellwald,  Naturgeschichte,  154.  —  Wuttke,  62. 

")  Bastian,  Loangoküste  243,  f.  —  Z  E  VI,  95.  —  Hartmann,  215.  —  Schneider,  196;  vgl.  auch 
Bastian  in  V.A.,  I,  86. 

')  PoGOE,  118;  vgl.  Thonnek  61. 


-    99    - 

in  l.ovalo  gefunden  wurden  i).  Aus  Ton  gefertigte  Tiergestalten  sah  Wissmann  bei  den 
Bascliilange  als  Vertreter  der  Baschangi,  der  Geister  der  verstorbenen  Eltern  des  Häuptlings 
Tschingenge^).  Holub  beobachtete  im  Marutse-Mambunda- Reiche,  dass  nach  dem  Erlegen 
eines  Leoparden  ein  Tanz  mit  Festgesang  veianstaltet  wurde 3).  Zauberer  stehen  an  der 
Westküste  Afrikas  in  dem  Rufe,  sich  in  Leoparden  verwandeln  und  als  solche  ihre  Um- 
gebung in  beständiger  Furcht  und  Aufregung  erhalten  zu  können  *).  Waitz  weist  darauf 
hin,  dass  die  Neger  am  Kap  der  guten  Hoffnung  nicht  wagen,  dem  Leoparden  trotz  des 
Schadens,  den  er  anrichtet,  nachzustellen,  und  vermutet,  dass  dein  ähnliche  Beweggründe 
unterzulegen  seien  wie  der  Leopardenverehrung  in  Dahome  (vgl.  S.  7)  ^). 

Im  Osten  Afrikas  ist  der  Leopard  vielfach  Gegenstand  der  Verehrung  und  des  Abei'- 
glaubens,  so  bei  den  Kosa  oder  Xosa,  dem  südlichsten  aller  Kaffernstämme,  bei  den  Wayao 
(in  derselben  Weise  wie  der  Löwe  —  vgl.  S.  6),  bei  den  Makonde  (in  der  Gegend  nördlich 
vom  unteren  Rovuma)^).  Die  Bewohner  des  Latuka-Gebirges  (südöstlich  von  Lado)  und  die 
Madi  (im  Niltal  südlich  von  Dufile  bis  zum  Albertsee)  glauben ,  dass  sich  Menschen  in 
Leoparden  verwandeln  können ; ")  die  Madi  bemalen  die  Wände  ihrer  Hütten  mit  seltsamen 
Abbildungen  von  Leoparden  und  behängen  nach  dem  Zeugnisse  Emin  Paschas  Votivbäume 
u.a.  mit  Schädeln  und  Zähnen  von  Leoparden  S).  Die  Bari  sind  der  Überzeugung,  dass 
Leoparden,  wenn  sie  Menschen  oder  Vieh  angreifen,  das  nur  auf  Befehl  von  Zauberern 
tun.  Auch  gilt  ihnen  die  Haut  vom  Bauche  des  Leoparden  oder  Panthers  als  Wundermittel, 
das  von  dem  Zauberarzt  {Punök)  an  Leidende  verpachtet  wird  ^). 

v.  Hellwald  berichtet  von  dem  Glauben  der  Nuba,  dass  aus  dem  Munde  ihrer  Kudjur 
(Priester)  bei  wichtigen  Gelegenheiten  irgend  ein  Schutzgeist  spreche,  so  z.  B.  aus  dem 
Kudjur  kaijkum  (d.  i.  das  politische  und  kirchliche  Obei'haupt)  der  „Amt  el  nimmer",  der 
Geist  des  Panthers.  Der  Kudjur  besteigt  einen  mit  einem  Pantherfell  bedeckten  Betschemel, 
ahmt  das  Geschi'ei  des  Panthers  nach  und  verkündet,  nachdem  der  Amt  el  nmitner  in 
ihn  gefahren  ist,  unter  Verzückungen  die  Zukunft  des  Volkes  lO). 

4.  Gattung:    Frettkatzen  [Gryptaprocta). 

Die  Katze,  die  bei  den  Madagassen  dieselbe  Rolle  spielt  wie  die  Fledermaus  (vgl.  S.  5 
unter  2))  im  Zusammenhang  mit  den  Seelen  unbestatteter  Leichname,  ist  wohl  die  auf 
Madagaskar  heimische  Frettkatze  oder  Fossa  (C.  /eroo;)");  da  es  eine  schwere  Strafe  für 
eine  Seele  bedeutet,  in  einer  Katze  wohnen  zu  müssen,  hält  man  diese  Tiere  gar  nicht 
im  Hause  '2). 


)  Cameron  II.  146  f.  vgl.  Platz  167. 
-)  Wissmann.  Quer  duich  Afrika  102. 
'i  HüLUB,  Marutse-Mambunda  62. 
")  Wilson,  164. 

5)  Waitz  II.  178. 

6)  Kropf,  207.  —  Andrek,  Forschungsreisen  396.  —  Ratzel  II.  43. 
')  Stühlman  801.  —  Feobenius,  Heiden-Neger  862. 

S)  R.VTZEL,  II.,  42.  44. 

'')  JEPHS0^•  und  Stanley  132.  —  Kaufmann,  189;  vgl.  auch  Ratzel,  Völkerkunde  1.  Au.fl.,  L,  267. 

1°)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte  235 

i'>  SiBRKE  302  f.  vgl.  Bhehm  I.  543.  -  Wallace  II.  220. 

'2)  Vgl.  WuTTKE,  84.  —  Waitz,  11.,  441.  —  Pesch  42. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  13 


-    100   - 

4.  Familie:  Hyänen  {Hyaenidae). 
1.  Gattung:  Hyänen  {Hyaena). 

Besonders  hinzuweisen  ist  liier  auf  die  Tüpfelhyäne  (H.  cromta),  die  vom  17".  N.  aus 
über  ganz  Afrika  südwärts  verbreitet  ist  {Marafil  der  Araber,  Tigerwolf  am  Kap  der  guten 
Hoffnung),  und  auf  die  Streifenhyäne  (H.  striata),  deren  Südgrenze  in  Afrika  im  allgemeinen 
durch  den  Aequator  gebildet  wird  i). 

In  Akkra  setzt  sich  jeder  einer  schweren  Strafe  aus,  der  eine  der  göttlich  verehrten 
Hyänen  tötet 2).  Den  Eweern  gilt  die  Hyäne  als  ein  von  einem  Geiste,  einer  Gottheit 
bewohntes  Tier  3).  Unter  den  Stammestieren  der  Betschuanen  wird  auch  die  Hyäne  genannt *). 
Wenn  v.  Hellwald  von  den  Kaffern  berichtet,  dass  bei  mehreren  Stämmen  des  Inneren 
die  Leichen  ärmerer  Leute  den  Hyänen  zum  Frasse  ausgesetzt  werden,  so  ist  wohl,  da 
die  Wohlhabenderen  demnach  ihre  Toten  beisetzen,  nicht  an  eine  Übersiedelung  der  Seele 
des  Verstorbenen  in  die  Hyäne  zu  denken  S).  Bei  den  Wayao  (vgl.  S.  6  unter  9)  und  S. 
9  unter  6))  vermögen  nach  dem  Volksglauben  die  Zauberer  Menschen  nach  ihrem  Tode  in 
Hyänen  zu  verwandeln  ß).  Die  Angoni,  die  an  eine  Seelen  Wanderung  glauben,  verabscheuen 
das  Fortleben  als  Hyäne  ganz  besonders;  sie  sind  der  Ansicht,  dass  nur  Hexen  und  Zauberer 
in  die  liCiber  von  Hyänen  wandern  7)  (vgl.  S.  6  unter  5)).  Ein  regelrechter  Hyänenkult 
besteht  bei  den  Massai  (zwischen  Kenia  und  Kilimandjaro)  und  bei  den  Wanika  (bei  Mom- 
bas),  obwohl  Fischer  und  Thomson  nichts  davon  gefunden  haben.  Die  Hyäne  gilt  als  das 
Stammtier  der  Wanika;  es  ist  daher  das  grösste  Verbrechen,  sie  zu  töten,  und  wer  „die 
Stimme  einer  Hyäne  nachahmt,  muss  Strafe  zahlen"  8).  Die  Massai  beerdigen  ihre  Toten 
nicht,  sondern  bestreichen  sie  mit  Rindsfett,  hüllen  sie  in  eine  Haut  und  legen  sie  unweit 
des  Kraals  unter  einen  Baum;  wird  eine  Leiche  nicht  schon  am  ersten  Tage  von  den 
Hyänen  gefressen,  so  gilt  dies  als  Unglückszeichen;  es  werden  nunmehr  vier  Rinder 
geschlachtet,  und  der  Tote  wird  abermals  mit  Fett  bestrichen  9). 

Hildebrandt  zieht  bezeichnende  Vergleiche  zwischen  der  Stellung  des  Häuptlings  und 
der  Hyäne  bei  den  Massai  und  Wanika:  Stirbt  eine  Hyäne,  so  trauert  der  ganze  Stamm 
mit  allen  Ceremonien;  stirbt  ein  Häuptling,  so  wird  nur  in  seinem  Dorfe  eine  Trauerfeier 
veranstaltet.  Der  Totschlag  eines  Menschen  kann  bei  den  Massai  mit  Blutgeld  gesühnt 
werden  ;  der  einer  Hyäne  aber  muss  durch  Blut  gerächt  werden  ;  doch  lässt  sich  hierfür 
in  Unika  auch  Sühngeld  entrichten  i"). 

In  Latuka  glaubt  man,  dass  Menschen  sich  in  Hyänen  verwandeln  können;  die  Bongo 
schreiben  diese  Kunst  besonders  alten  Weibern  zu,  die  sich  nächtlicherweile  verwandeln, 
ohne  dass  jemand   etwas   davon   merkt  n).   Die  Bari  halten  die  Hyänen  für  Menschen ,  die 


')  Greve.  100  f. 

•i)  BowDicH,  362.  vgl.  Waitz,  IL,  178.  Ratzel  II.  43. 
')  ZüNDEL,  in  Z  AE  XII.  413. 
■•)  Schneider,  141. 

*)  V.  Hellwald,  Naturgescliichle  66. 
^)  Andree,  Forschungsreisen  IL,  369. 
7)  Wiese  in  ZE  XXXIL,  199. 

')  Waitz  IL,  424.  —  Bastian,  Mensch  IIL,  199.  —  Hildebrandt  in  Z  E  X.  383;  vgl.  Fischer  in  M  H 
1882/83  77.  Thomson  396  f. 

^)  Bau.mann,  Massailand  163.  —  Fischer  a.a.O. 

'")  Hildebrandt  in  Z  E  X.  383;  vgl,  Bastian,  Loangoküste,  244. 

")  Stuhlmann,  801.  —  Frobenius,  Heiden-Neger,  362. 


-    101     - 

diese  Gestalt  angenommen  haben,  um  Unheil  anrichten  zu  l<önnen,  die  Abessinier  füi 
Wahrsagerinnen,  die  so  den  Ziegen  und  Schafherden  nachstellen,  und  die  Fundsch,  ein 
Volksstamm  in  Hochsennar  (nach  Marko)  für  Zauberer,  die  auf  diese  Weise  nächtliche 
Orgien  feiern  '). 

5.  Familie :   Hunde  (Canidae). 
1.  Gattung:    Wölfe  {Canis). 

Ausser  dem  Schakal  (C.  aureus)  ist  hier  auch  der  „Buschhund"  der  Berichte  mit  zu 
behandeln,  in  dem  wir  jedenfalls  den  Schakal  zu  sehen  haben;  denn  der  echte  Buschhund 
(C.  venaticus)  kommt  nur  in  Brasilien  vor. 

Der  Schakal  wird  an  der  Goldküste  verehrt  (Ussue,  Akkra,  Ningo).  Isert  erzählt, 
dass  der  Buschhund,  der  ihn  in  "seiner  Grösse  und  seinem  Benehmen  sehr  an  den  europäi- 
schen Wolf  erinnerte,  trotz  seiner  empfindlichen  Räubereien  (Kinder  und  Schafe  sind  seine 
hauptsächlichste  Beute)  nicht  getötet  werden  darf,  sondern  auf  Ningo  sogar  in  einem 
besonders  für  ihn  errichteten  Tempel  allabendlich  Esswaien  vorgesetzt  erhält 2).  Bisweilen 
gilt  er  als  Ti'äger  der  Seelen  Verstorbener  3).  „Pogge  glaubt  sich  zu  der  Annahme  berech- 
tigt, dass  bei  einzelnen  Baschilange  der  Glaube  vorhanden  sei,  die  menschliche  Seele  könne 
in  einen  Hund  übergehen...  Ob  eine  Art  Verehrung  des  Hundes...  stattfindet,  wagt  er 
nicht  zu  behaupten"  4).  Bei  den  Maravi  (am  Nyassa)  gehen  die  Seelen  böser  Menschen  nach 
dem  Tode  in  Schakale  über  5).  Von  den  Massai  und  Wakuafl  wird  der  Hund  sehr  geschätzt; 
jedes  Massaikind  hat  seinen  Hund;  „wenn  dieser  stirbt,  wird  das  Haupt  des  Kindes  als 
Trauerzeremonie  in  wechselsweisen  Streifen  geschoren"  6).  Die  Bari  und  Dinka  sehen  in 
dem  Schakal  ein  Unglückstier,  auf  dessen  Treiben  genau  geachtet  wird;  sein  Heulen  in 
der  Nähe  eines  Hauses  bedeutet  den  Tod  des  Eigentümers  7).  Manche  Stämme  auf  Mada- 
gaskar verachten  den  Hund  8). 

Vn.  Ordnung:   Nagei'  {Rodentia). 
1.  Familie:   Mäuse   (Muridae). 

Die  Maus  (am  verbreitetsten  sind  in  Afiika  u.a.  die  sog.  Rennmäuse:  Merionidinae) 
wird  nur  an  einer  Stelle  als  Träger  der  Seelen  Verstorbener  neben  der  Schlange  bei  den 
Sulu  genannt  9).  es  dürfte  sich  hier  vermutlich  um  eine  in  den  menschlichen  Wohnungen 
hausende  Mäuseart  handeln. 

9.   Familie:   Stachelschweine    {Hystrichidae). 
Erdstachelschweine   {Hystrichinae). 


')  Jephson  und  Stanley  132.  —  v.  Hellwald.  Naturgeschichte  265.  237;  vgl.  Bastian,  Fetisch  59. 

'-»  Isert  176.  —  Monkad,  33;  vgl.  Klemm  III.  363. 

')  Müller,  Fetu  97. 

■•)  Wissman.n-,  Quer  chuch  Afrika  379  f. 

')  Waitz  II.  419;  vgl.  hierzu  Andree,  Parallelen  I.  91. 

0)  KiiAPF  im  Ausland  1857  442. 

')  Jrphson  und  Sta.nley  132.  —  Fkobenius,  Heiden-Neger  343;  vgl.  Pogge  in  M.  A.  IV.,  255.  259. 

')  Keller,  Inseln  68. 

'i  Kranz,  106;  vgl.  Platz,  107. 


-    102    - 

1.  Gattung:   Stachelschweine    {Hystrix).    vertreten   durch    H.   cristata   (Sene- 

gambien  und  Sudan),  und 

2.  Gattung:   Qu  astenstachle  r  {Atherura),  vertreten  durch  A.  africana  (West- 

afrika  von   Sierra   Leone   bis   Benguella);   die    1.  Gattung  scheint  die 
vei'breitetere  zu  sein. 

Sobald  der  König  auf  Fernando  Pöo  den  Thron  bestiegen  hat,  ist  es  ihm  untersagt, 
Fleisch  vom  Stachelschw^ein  zu  geniessen  i).  Lubbock  teilt  (nach  Aebousset)  mit,  dass  einige 
Baperi  (ein  Betschuanenstamm)  das  Stachelschwein  anbeten  2). 

13.   Familie:    Hasen   (Leporidae). 
1.   Gattung:    Hasen   {Lepus). 

Afrikanische  Hasen  sind  L.  saxatüis,  L.  crassicaudatus  und  L.  capensis. 

Der  Hase,  der  Götterbote  im  Mythus  der  Hottentotten,  gilt  ihnen  nach  dem  Zeugnis 
eines  Missionars  als  Zufluchtsort  der  Seelen  Verstorbener;  deshalb  essen  die  Hottentotten 
auch  in  der  grössten  Hungersnot  keine  Hasen,  wie  denn  schon  Peter  Kolbe  bezeugt, 
dass  wenigstens  den  Männern  unter  ihnen  das  Hasenfleisch  vei'boten  sei;  das  von  Kolbe 
gleichzeitig  erwähnte  Verbot  des  Kaninchenfleisches  fällt  ohne  Zweifel  mit  dem  Verbot 
des  Hasenfleisches  zusammen  3).  Die  Bari  kehien ,  wenn  ihnen  ein  Hase  quer  über  den 
Weg  läuft,  sofort  nach  Hause  zurück  und  bleiben  den  Rest  des  Tages  in  ihrer  Hütte;  sie 
halten  den  Hasen  also  anscheinend  für  einen  Unglücksboten  oder  die  Verkörperung  eines 
bösen  Geistes  *). 

IX.   Ordnung:   Rüsseltiere  {Proboscidea). 
Einzige  Familie:    Elefanten   {Elephantidae). 
Einzige  Gattung:    Elefanten   (Elephas). 

Die  Verehrung  des  Elefanten  {E.  africanus)  findet  sich  ausser  in  Dahome  hauptsächlich 
an  der  Ostküste  Afrikas,  an  der  sonst  der  Tierkult  mehr  zurücktritt.  Wahrscheinlich 
dürfen  wir  hier  eine  Übertragung  von  Indien  her,  besonders  Slam  and  den  benachbarten 
Ländern,  annehmen,  eine  Vermutung,  für  die  wir  in  dem  regen  Handelsverkehr  zwischen 
Ostafrika  und  dem  asiatischen  Kontinent  (zunächst  Arabien),  der  sicher  bestanden  hat, 
vielleicht  einen  Beweis  sehen  können  S),  wenn  auch  nicht  mit  absoluter  Gewissheit,  wovor 
bereits  Tylor  gewarnt  hat,  indem  er  zugleich  auf  die  allgemeine  Vorliebe  des  Menschen 
hinwies,  „ungewöhnliche  Tiere,  Pflanzen  oder  Steine  mit  abergläubischen  Gefühlen  der 
Ehrfurcht  oder  des  Grauens  zu  betrachten"  ß).  Jedenfalls  bleibt  die  Tatsache  auffällig,  dass 
neben  den  Kaffern,  bei  denen  freilich  die  Tierverehrung  an  der  Ostküste  Afrikas  am 
weitesten   ausgebildet  ist,  auch   die   Bewohner  von   Ennarea  (südlich  von  Abessinien)  und 


')  Bastian,  San  Salvador  319. 

•)  Lubbock,  231;  vgl.  Schneider  141. 

')  Chantepie  de  LA  Saüssaye  L,  23.  —  Berghaus  II.  88.  —  Kolbe  487. 

■*)  Jephson  und  Stanley,  132. 

')  Vgl.  Weule  in  der  Polit.-Antropolog.  Revue  I.  772. 

«)  Tylor,  Urgeschichte  352. 


-    103    - 

der  we.sllicli  davon  gelegenen  Wildnis  Bakko  den  Elefanten  und  zwar  den  hellfarbigen  oder 
sog.  weissen  als  den  Beschützer  (Adbar)  der  Menschen  betrachten  und  ihm  eine  derartige 
Verehrung  zollen,  dass  jeder,  der  einen  solchen  töten  würde,  seine  Tat  mit  dem  Leben 
büssen  müsste,  während  die  Waml)Ugwe  u.  a.  die  Elefanten  als  Träger  der  Geister  längst 
Verstorbener  ansehen,  ihnen  also  eine  Stelle  in  ihiem  Ahnenkult  zuweisen,  der  bei  ihnen 
eine  grosse  Rolle  spielt  i). 

Wenn  die  Kaffern  einen  Elefanten  jagen,  so  lufen  sie  ihm  zu:  „Töte  uns  nicht, 
grosser  Häuptling,  tritt  nicht  auf  uns,  mächtiger  Häuptling!"  und  wenn  er  tot  ist,  ver- 
sichern sie  ihm,  sie  hätten  ihn  nicht  absichtlich  getötet,  worin  ihre  Ehrfurcht  vor  ihm 
als  einem  höheren  Wesen  zum  Ausdruck  kommt;  auch  essen  sie  „aus  Achtung  vor  seinem 
Verstände  nicht  von  seinem  Fleische";  seinen  Rüssel  vergraben  sie,  „denn  der  Elefant  ist 
ein  mächtiger  Häuptling,  und  sein  Rüssel  ist  seine  Hand"  2).  (Vgl.  hiermit  den  Gebrauch 
des  Schwanzendes  eines  Elefanten  als  Scepter  am  Kongo)  3). 

In  Dahome  ist  der  Elefant  ein  angesehene!'  Nationalfetisch,  „dessen  Tötung  zwar  nicht 
verboten  ist,  aber  umständliche  Reinigungsceremonien  erforderlich  macht"  *).  Wilson 
bemerkt,  dass  man  in  Westafrika  Elefanten,  die  Pflanzungen  zerstören,  für  Zauberer  hält, 
vor  denen  man  in  beständiger  Furcht  lebt  5).  Den  Bakwiri  erscheinen  böse  Geister  in 
Elefanten  6).  Elefantenschädel  als  Fetische  erwähnen  Römer  aus  der  Gegend  der  Voltamün- 
dung  und  Soyaux  von  der  Loangoküste  (Tschibönne  am  Luemme)^).  —  Vgl.  die  S.  4  unter  6) 
erwähnten  Sleinidole,  die  u.a.  auch  Elefanten  darstellen. 

X.    Ordnung:   Unpaarzeher  (Perissodactyla). 
1.    Familie:   Pferde  (Equidae). 
Einzige  Gattung:   Pferde  (Equus). 

Von  einer  Verehrung  des  Pferdes  berichtet  Waitz  aus  Benny  und  Wadai.  In  Wadai, 
wo  es  sich  wohl  um  das  sog.  Berberpferd  handelt,  schreibt  man  dem  schnellen  Rosse 
unsichtbare  Flügel  zu  und  entnimmt  ihm  glück-  und  unglückverheissende  Vorbedeutungen »). 
Von  abergläubischen  Gebräuchen,  die  sich  an  das  in  die  Gattung  der  Pferde  gehörende 
Zebra  (E.  zebra)  knüpfen,  spricht  Bastian.  „If  a  Bakwain"  (ein  Westbetschuanenstamm) 
„is  bitten  by  a  zebra,  he  is  expelled  the  tribe  and  obliged  to  take  his  wife  and  family 
away  to  the  Kalahari"  9).  (Vgl.  S.  125  unter  ^).  Im  Marutse-Mambunda- Reiche  fand  Holub 
Zebra-Schädel  auf  den  Giäbern  dei-  -Jäger  lO). 

XL    Ordnung:    Paarzeher  [Artiodactyla). 
3.   Familie :   H  o  r  n  t  i  e  i-  e  ( Bovidae). 
Böcke   [Caprinae). 

Was    von    der    Verehrung   des    Bockes   im    allgemeinen    erzählt    wird,    gehört   allem 


')  Krapf,  89.  —  Baumann,  Massailand  157;  v^;!.  Tylor  a.a.O. 
J)  "Waitz,  II,  178;  vgl.  441.  —  Lichtenstein,  1,  412. 

')  Nach  einer  liebenswürdigen  Mitteilung  des  Herrn  Dr.  Schmeltz  in  Leiden.  Siehe  dessen  „Album  of 
the  Ethnography  of  tlio  Congo  Basin"  pl.  41  fig.  7—8  (Inv.  N».  958/90  &  48.5/7.) 
*)  Waitz,  II,  178;  vgl.  Burkhardt— Grundeman,  I.  Abt.  54. 
')  Wilson,  164.  <■)  Seidel  in  BK,  III,  194. 

')  RciMER,  62.  —  Soyaux,  I,  263;  vgl.  105.  «;  Waitz,  II,  178  f. 

»)  Bastian,  Mensch,  III,  199.  '»)  Holub.  Marutse-Mambunda,  45. 


-     104    - 

Anschein  nach  zum  teil  in  das  Reich  der  Fabel  i).  Im  Anschluss  an  Zuchelli  berichtet 
Bruns  von  einem  Bocli,  der  in  einer  Wüste  in  Angola,  an  den  Hörnern  zwischen  zwei 
Bäumen  angebunden,  lange  Zeit  Gegenstand  der  Verehrung  und  Empfänger  von  Opfergaben 
gewesen  sei,  bis  ihn  Missionare  getötet  und  verbrannt  hätten.  Auch  weiss  Bruns  von 
einem  anderen  Bock  in  Niederguinea  zu  berichten,  der  einem  Fetisch  geweiht  war  und 
den  man  mit  in  die  Schlacht  nahm;  aus  seinem  Vorgehen  oder  Zurückweichen  schloss 
man  auf  den  Ausgang  der  Schlacht;  wurde  ei-  erschossen,  so  ergriff  das  ganze  Heer 
die  Flucht  2).  . 

Eine  besondere  Verehiung  geniesst  der  Bock  bei  den  Bari,  während  unter  den  Feti- 
schen der  Schuli  die  hölzerne  Nachbildung  eines  Bockes  genannt  wird  S). 

Die  Gruppe  der  Böcke  zerfällt  zoologisch  im  zwei  Gattungen  *). 

1.   Gattung:  Ziegen  [Capra). 

Die  Bijagos  (Bewohner  der  Inselgruppe  westlich  vom  Mündungstrichter  des  Rio  Grande) 
beten  u.a.  Tierbilder  an,  die  durch  ihre  naturgetreue  Darstellung  auffallen;  allerdings  glaubt 
DoELTER  annehmen  zu  müssen,  dass  es  sich  hier  nur  um  Symbole  höherstehender  Gott- 
heiten handelt.  Unter  diesen  Tierbildern  steht  die  Ziege  obenan.  Dass  die  Bijagos  an  eine 
Wanderung  der  Menschenseelen  nach  dem  Tode  in  Tierleiber,  also  auch  in  die  der  Ziegen, 
glauben,  wurde  Doelter  erzählt;  doch  vermochte  er  sich  von  der  Wahrheit  dieses  Glaubens 
nicht  zu  überzeugen  s).  Als  Schutzgötter  gegen  böse  Mächte  werden  in  Liberia  heilige 
Tiere  gehalten ;  als  solches  fand  Büttikoper  in  Cobolia  am  Massa  River  eine  heilige  weisse 
Ziege  6).  An  der  Goldküste  (Fetu)  gehören  Ziegenköpfe  zum  Bestände  der  Schädelfetische  7). 
Gelegentlich  eines  Besuches  bei  dem  „Könige"  Akwa  ,  dessen  Dorf  einige  Meilen  von  Alt- 
Calabar  landeinwärts  liegt,  fand  Soyaux  in  unmittelbarer  Nähe  des  königlichen  Thrones 
eine  wohlgenährte  Ziege  angebunden,  die  von  Seiten  der  Eingeborenen  hohe  Verehrung  zu 
geniessen  schien  und  vor  jeder  Berührung  durch  Weisse  sorgfältig  gehütet  wurde.  Leider 
konnte  Soyaux  ausser  ihrem  Titel  „Gesetzesziege"  nichts  näheres  über  sie  erfahren  8). 
Bastian  berichtet  von  der  Egboziege  am  Kamerun,  deren  Anblick  dem  Volke  nur  selten 
gestattet  wird,  die  man  aber  vorzuführen  pflegt,  um  einen  Besuch,  besonders  einen  euro- 
päischen, auszuzeichnen  9).  In  San  Salvador  wurde  nach  demselben  Autor  eine  Ziege  ver- 
ehrt, die  man  abgerichtet  hatte,  dass  sie  mit  ihren  vier  Füssen  auf  einem  kleinen  Stein 
stand  10).  Neben  der  Kuh  (vgl.  S.  107  unter  5)  wählt  der  Familiengeist  der  Makalaka  (Kaffern- 
stamm  zwischen  den  Makarikari-Salzpfannen  und  dem  Matoppo-Gebirge  nördhch  vom  Lim- 
popo)  gern  die  Ziege  als  Aufenthaltsort ").  Die  Schuli  haben  unter  ihren  hölzernen  Fetischen 
auch  solche,  die  Ziegen  darsteUen  i2). 


')  Dass  in  den  Reisewerken  naineiitlicli  der  älteren  Zeit  mitunter  die  Phantasie  des  Autors  ihr  Spiel 
treibt  dafür  mögen  als  Beleg  einige  Erzählungen  in  „Reise  des  Pater  Zuchelli  nach  Congo"  etc.,  Samm- 
lung nierkwürd.  Reisen  in  d.  Innere  v.  Afrika,  ed.  Cühn,  Lpzg.  1790,  dienen,  z.B.  S.  19.  20. 

-■)  Bruns,  IV,  106.  116;  vgl.  Bastian,  San  Salvador.  82. 

3)  Vita  Hassan,  I,  47,  55. 

")   Vgl.    BREHM,  III,    169.  ')  DOKLTEH,    124. 

")  BüTTiKOFER  in  AE,  I,  86;  derselbe,  Liberia,  II,  238. 

')  Müller,  Fetu  50.  ")  Soyaux,  I,  106  f. 

')  Bastian,  Fetisch  12.   Der  Egbo-Orden  (Eßk)  ist  ein  Geheimbund. 

'»)  Bastian,  San  Salvador  207;  vgl.  Bekghaüs,  II,  73. 

")  Schneider,  196.  ")  Vita  Hassan,  I,  55. 


-    105    - 

Enthaltung'  vom  Genüsse  des  Ziegenfleisches  ist  sehr  weit  verbreitet,  teils  aus  rein 
abergliiubischen  Gründen,  teils  zu  Ehren  einer  Gottheit,  so  an  der  Gold-  und  Guineaküste  i), 
in  Togo  (auf  Befehl  Odentes,  eines  mächtigen  Fetischs)^),  an  der  Loangoküste  („damit 
die  Haut  nicht  abschilfere");  die  Weiber  der  Bayaka  haben  das  Vei'bot  des  Ziegenfleisches 
dem  Fetisch  Muiri  zu  verdanken  3).  Ferner  ist  der  Genuss  des  Ziegenfleisches  einem  Stamm 
der  Buschmänner  untersagt  (obwohl  die  Ziege  hier  das  häufigste  Haustier  ist) 4),  ebenso 
auf  Madagaskar  und  anderwärts  5). 

2.    Gattung:   Schafe  (Ovis). 

Von  einer  eigentlichen  Verehrung  des  Schafes  kann  kaum  die  Rede  sein,  obwohl  es 
neben  dem  Rind  ein  bevorzugtes  Nutztier  in  Afrika  ist;  wo  eine  solche  behauptet  wird, 
haben  wir  wohl  vielmeiir  Erscheinungen  vor  uns,  die  auf  Opfergebräuche  zurückzuführen 
sind.  Meist  handelt  es  sich  um  Speiseverbote.  So  fand  Müller  in  Fetu,  dass  gewissen 
Personen  das  Schaffleisch  verboten  war  6).  Bei  den  Warundi  (nordöstlich  am  Tanganyika- 
See)  ist  es  den  Weibern  nicht  gestattet,  Schaffleisch  zu  essen  7).  Wenn  Klose  hervorhebt, 
dass  in  Kete  Kratschi  ausser  Hunden  und  Schafen  kein  Vieh  gehalten  werden  darf,  so  ist 
diese  Bevorzugung  der  beiden  genannten  Tiere  nicht  etwa  ein  Akt  religiöser  Verehrung, 
sondern  lediglich  der  Ausfluss  einer  Laune  des  mächtigen  Fetischs  Odente  (eines  1894  von 
Dr.  Grüner  hingerichteten  Gauners),  der  speziell  weisse  Schafe  als  Opfer  verlangte  *). 
Herold  berichtet  von  den  deutschen  Ewe-Negern  (vor  allem  aus  Aneho  oder  Klein-Popo), 
dass  sie  gelegentlich  eines  Festes  zu  Ehren  ihres  Fetischs  Nanyo  einen  grossen  Umzug 
um  die  Stadt  veranstalten,  wobei  sie  Ziegen,  Schweine  und  Hunde,  denen  man  unterwegs 
begegnet,  niederschlagen  und  später  zu  Ehren  Nanyos  verzehren;  nur  Schafe  werden  dabei 
verschont 9).  Eine  Erklärung  für  diese  merkwürdige  Erscheinung  giebt  Herold  nicht;  viel- 
leicht ist  hierbei  derselbe  Gedanke  massgebend  wie  bei  einem  Gebrauch  der  Kaftern :  wenn 
ein  junger  Sulu  Zauberpriester  gewoi-den  ist,  biingt  er  Schlachtopfer  dar,  sonderbarerweise 
aber  nie  Schafe;  als  Grund  dafür  giebt  Ratzel  nach  der  Aussage  eines  Eingeborenen  an, 
dass  die  von  den  Sulu  geschlachteten  Opfertiere  schreien  müssen ;  da  aber  das  Schaf,  wenn 
es  geschlachtet  wird ,  lautlos  stirbt,  scheidet  es  aus  dei'  Reihe  der  Opfertiere  aus  lO).  Schädel 
von  Schafen  als  Amulette  in  Fetischhütten  nennt  Römer  für  die  Gegend  an  der  Volta- 
mündung  n) 

Rinder  ( Bovinae). 
4.    Gattung:   Rinder  (ßos). 

Das   Rind    (gewöhnlich    das  Sanga-   oder  Sanka-Rind,   Bos  africanus^  das  ausserafrika- 


')  Labat,  I,  297.  -  Bruns,  V,  153.  -  Bastian,  Fetisch  54  (nach  Müller). 

■)  Klose,  341. 

')  Bastian,  Loangoküste,  I,  185.  —  Güssfeldt,  200. 

■•)  Ratzel,' I,  689 

')  SiBREE  303;  vgl.  Rat>,el,  II,  43.  -   Vinson,  15.  —  Baumann,  Massailand,  223. 

^)  Bastian,  Fetisch,  54  f.  (z.  t.  nach  Müller,  Fetu). 

')  Baumann,  Massailand  223. 

')  Klose,  341.  —  Richter  in  „Die  evangel.  Mission",  II,  63. 

')  Herold  in  M.  Seh.,  V,  148. 

'")  Ratzel,  Völkerkunde,  1.  Aufl.  I,  269. 

")  Römer,  62. 


-    106    - 

nischen,  nach  Durst  asiatischen,  Ursprungs  ist,  heute  aber  nur  in  Ägypten  und  der 
Libyschen  Wüste  fehlt  i))  nimmt  im  Kult  der  afrikanischen  Naturvölker  eine  ausgesprochene 
Doppelstellung  ein:  einerseits  ist  es  ein  bevorzugtes  Opfertier,  andererseits  bei  mehreren 
Völkern  Gegenstand  einer  besonderen  Verehrung,  die  um  so  erklärlicher  wird,  wenn  man 
die  hervorragende  Bedeutung  des  Rindes  für  die  speziell  viehzuchttreibenden  Völker  bedenkt 
und  erwägt,  dass  in  gewissen  Gegenden,  so  z.B.  im  Norden  Deutsch-Südwest-Afrikas,  die 
Existenz  der  Viehzüchter  geradezu  von  dem  Bestände  ihier  Rinderherden  abhängt. 

Ein  Blick  auf  die  von  Ratzel  entworfene  Kulturkarte  Afrikas  belehrt  uns,  dass  die 
vorzugsweise  viehzüchtenden  Naturvölker  im  Süden  vom  10.  Parallelkreise  an,  sowie  am 
oberen  Nil  zu  suchen  sind,  und  bei  diesen  Völkern  finden  wir  auch  die  Rinderverehrung 
am  meisten  ausgebildet. 

Am  Oberlaufe  des  Weissen  Nils  kommen  hier  besonders  in  Betracht  die  Dinka,  Schilluk, 
Nuer  und  Bari.  Die  Dinka,  die  „gegen  alles  Übersinnliche  sehr  gleichgiltig  sind",  ti'agen 
um  so  gi'össere  Sorge  um  ihre  Rinder,  die  ihnen  für  rein  und  edel  gelten  und  niemals 
geschlachtet  werden  (der  Dinka  verzehrt  nur  die  gefallenen  oder  die  von  anderen  getöteten 
Rinder)  2).  Der  Stier  wird  unter  dem  Namen  Madjok,  der  grosse  Gott,  verehrt.  „Der 
Madjok-Kult  besteht  in  einem  Congo  (=  Fest),  den  man  um  das  Tier  mit  Gesang,  Musik 
und  Tanz  aufführt;  diese  Ceremonie  wird  manchmal  mehrere  Tage  hinter  einander  wieder- 
holt. Wenn  das  Tier  dabei  zu  brüllen  anfängt,  so  wird  dies  als  ein  Zeichen  seiner  Befrie- 
digung angesehen,  und  der  Congo  geht  lustig  weiter.  Das  arme  Tier,  das  von  dieser 
Demonstration  nichts  versteht,  brüllt  dann  noch  stärker"  3).  Über  die  Verehrung  des 
Rindes  bei  den  genannten  vier  Stämmen  teilt  v.  Hellwald  nach  den  Angaben  des  engli- 
schen Reisenden  Petherick,  der  1862/63  Centralafrika  und  speziell  die  westlichen  Nilstämme 
erforschte,  folgendes  mit;  „Man  erwählt  zur  Heiligung  den  schönsten  Schecken  weit  und 
breit.  Von  jedermann  geliebkost  und  verhätschelt  bekommt  der  Bulle  sehr  rasch  das 
Bewusstsein  seiner  Würde  und  schreitet  stets  der  Herde  voran.  Seine  Beine  und  Fesseln 
werden  mit  ausei-lesensten  Eisen-  und  Kupferringen  verziei't,  und  von  den  Spitzen  seiner 
langen  Hörner  wehen  zum  Schmucke  Kuh-  und  Giraffenschwänze.  Gesänge  weiden  zu  seinem 
Preise  verfasst  und  seine  Hilfe  zur  Abwendung  von  Unheil  angerufen.  Nach  seinem  Tode 
wird  der  heilige  Schecke  unter  grossen  Feierlichkeiten  beerdigt,  seine  Hörner  aber  an  einem 
Pfosten  befestigt,  der  das  Grab  seines  Eigentümers  bezeichnet  oder  bezeichnen  soll."  Leider 
ist  aus  Pethericks  Bericht,  wie  v.  Hellwald  hervorhebt,  nicht  zu  ersehen,  ob  eine 
derartige  Verehrung  des  Stieres  bei  allen  oder  nui-  bei  einigen  Stämmen  des  Weissen  Nils 
gefunden  wurde.  4)  Für  die  Bari  ist  die  Verehrung  des  Stieres  etwa  30  Jahre  später 
bezeugt.  5)  Auch  wird  mehrfach  mitgeteilt,  dass  von  den  Nuer  der  Stier,  der  die  Herde 
führt,  fast  abgöttisch  verehrt  wird;  „er  wird  als  der  schützende  Genius  der  Familie 
beti-achtet,  und  sein  Verlust  gilt  als  das  grösste  Unglück;  in  ihm  verehrt  der  Nuer  den 
Begriff  alles  Schönen  und  Starken,  ja  er  bezeichnet  ihn  mit  demselben  Namen  Nyeledit 
(d.h.  der  Höchste,  Grösste,  Mächtigste),  welchen  er  dem  kaum  in  dunkelster  Ahnung  ihm 
vorschwebenden  Begriffe  von  einem  höchsten  Wesen  und  dem  Donner  beilegt".  6) 


')  Müller,  Wiilschaftstiere,  I,  19  ff.;  vgl.  Globus,  LXVI,  181. 

-)  ScHWEiNFURTH,   I,    175,   f.    —   Marno,   348.   —   Pesch,   95.   —   Andree,    Parallelen   I,   122,    (nach 
Schweinfurth);   vgl.  Hahn,  106. 

^)  Vita  Hassan,  I,  58  f.  ••)  v.  Hellwald,  Naturgeschichte,  215  f.  *)  Vita  Hassan,  I,  47. 

«)  Marno,  in  M  L  1873,  6;  derselbe,  Reisen  343,  347  ff'.;  vgL  A  M  VII,  34. 


-    107    - 

Ob  die  Latukii  dem  Stier  eine  \viri<liche  Verehrung  zu  teil  werden  lassen  oder  ihn 
nur  seiner  Klugheit  wegen  (weil  er  im  stände  ist  sich  seine  Nahrung  zu  verschaffen, 
ohne  zu  arbeiten)  bewundern,  ist  nicht  festzustellen.!)  —  zu  bemerken  ist,  dass  bei  den 
Somali  schwarze  Rinder  als  unheilbringend  gelten.  2) 

Richter  fand  in  dem  Bezirk  Bukoba  Anklänge  an  die  Verehrung  des  Rindes  in  einer 
Kabila  (vgl.  S.  3  unter  4),  die  keine  inneren  Teile  des  Rindes  geniessen  darf;  doch  bemerkt 
er,  dass  ein  Glaube  an  Abstammung  von  Tieren  oder  an  Seelen  Wanderung  in  Tiere  nicht 
besteht.  ^)  Die  Ahnen  der  Sultane  und  Grossen  der  Wahehe  leben  in  den  schönsten  und 
stärksten  Rindern  weiter -i).  Die  Makalaka  huldigen  der  Anschauung,  dass  der  Familiengeist 
gern  in  einei'  Kuh  .seinen  Aufenthalt  nimmt.  5)  Der  Kaffer  schlachtet  nur  bei  feierlichen 
Gelegenheiten  eins  seiner  schwärmerisch  verehrten  Rinder.  6) 

Wenden  wir  uns  nach  der  Westseite  Afrikas,  so  finden  wir  Verehrung  des  Rindes 
bei  den  Ovaherero  oder  Damara  in  Deutsch-Südwest-Afrika  7).  Das  heilige  Rind  heisst 
Oviririke  (das  ist  nach  Missionar  Hahn  ein  Rind,  das  in  Lobliedern  besungen  und  gepriesen' 
wird).  Die  Damai-a  sind  in  sog.  Ejanda  (eine  Art  Kasten)  eingeteilt;  je  nach  der  Ejanda, 
deren  es  6  oder  7  giebt,  sind  die  von  ihr  zu  verehrenden  Rinder  nach  Farbe,  Gestalt, 
Wuchs  der  Hörner  u.  s.  w.  duich  Gesetze  genau  bestimmt,  wozu  noch  Vorschriften  über 
Speiseenthaltung  kommen  S).  v.  Rohden  schildert  eine  Opfermahlzeit,  ein  heiliges  Festessen, 
das  die  Ovaherero  bei  gewissen  Gelegenheiten  zu  veranstalten  pflegen.  Dabei  erwähnt  er, 
dass  den  Ovaherero  ein  bestimmtes  Stück  Fleisch  von  der  inneren  Seite  des  rechten 
Hinterviertels  eines  jeden  Rindes,  das  „Ehango'\  als  heilig  gilt 9)  (vgl.  S.  144  unter  3)). 

In  den  Schädelpyramiden  an  der  Loango-Küste  fanden  sich  auch  Ochsenschädel.  lO) 
Bastian  nennt  unter  den  Tierflgui'en ,  die  bei  dei-  Geisteraustreibung  am  Calabai-  zur  Ver- 
wendung kommen  (vgl.  S.  98  unter 2)),  solche  von  Kühen;  auch  konstatiert  er,  dass  in 
Guinea  (an  der  Goldküste)  sich  manche  des  Rindfleischgenusses  enthalten  i^).  Neben  der 
Ziege  (vgl.  S.  104  unter  ^))  dient  als  Idol  bei  den  Bijagos  die  Kuh  i2). 

Der  in  Afrika  heimische  Kap-  oder  Kafferb üffel  (Bos  caffer)  tritt  als  Objekt  der 
Verehrung  nur  bei  den  Sulu  auf,  denen  er  neben  der  Schlange  als  Verkörperung  der 
Geister  Vestorbener  gilt.  i3)  Schädel  von  Büffeln  trifft  man  in  den  Skelettpyramiden  im 
Bakunya-Lande  und  an  der  Loango-Küste,  hier  besonders  am  Ausgange  des  Walddorfes 
Tschibonne,  wo  der  in  der  ganzen  Gegend  verehrte,  dem  Erdgeist  geweihte  Tierschädel- 
fetisch M-kissi-nsi  sich  befindet,!*)  dann  an  der  Goldküste  als  Amulette  in  den  Fetisch- 
häusern !5)  und  an  den  Votivbäumen  der  Madi  i^). 


')  Peety,  Antliropologie.  II,  85.  —  Pesch,  96. 

')  Globus,  LXVI,  184. 

')  Richter,  in  M.  Seil..  XII.  83  f. 

■•)  Engelhardt,  in  BK  III,   78  f. 

*)  Schneider,  196. 

°)  Fritsch,  in  V.  A.  1879,  288;  vgl.  Hahn,  107  f.  —  Andree,  Parallelen  I.  122.  (nach  Peitsch). 

')  Hahn,  107. 

")  Andree,  Parallelen,  I,  123  f.:  vgl.  Waitz.  II,  416.  —  Anderson,  im  Ausland.  1856,  45. 

»)  V.  Rohden,  in  A  M  V,  354  f. 

'")  Lenz,  193. 

")  Bastian,  Fetisch,  22,  54  f.;  vgl.  Bruns  V,  158.  —  Bowdich,  362. 

'2)  DoKi.TER,  124.  '')  Peitsch,  Eingeborene,  139. 

'<)  Chavanne,  407.  —  GüssFELDT,  123.  —  Falkenstein,  I,  218.  —  Soyaux,  I.  263;  vgl.  105. 

>')  Römer,  62;  vgl.  Ratzel,  II,  43.  '«)  Ratzel,  II,  42  (nach  Emin  Pascha). 

I.  A.  f.  E.    XVII.  U 


-    108    - 

Antilopen  {Antilopinae). 
6.  Gattung :    Antilopen  (Antilope). 

Gazelle  {A.  dorcas). 
19.  Gattung:   Schopf antilopen  (Cephalolophus). 
Duck  er  (C.  mergens). 

Die  Antilope  (Gazelle,  Ducker)  ist  das  Stammtier  mehrerer  Betschuanenstämme :  der 
Bamangwato  im  Westen  und  der  Baputi  im  Osten ;  der  Name  dei'  Letzteren  weist  auf  den 
Ducker,  Puti  genannt,  direkt  hin.  Man  vermeidet,  die  dem  Stamm  geweihte  Antilope  zu 
töten,  ihr  Fleisch  zu  geniessen  und  ihr  Fell  zu  gebrauchen.  Aufgabe  eines  guten  Zauberers 
ist  es,   an   den  zu  einer  Ortschaft  führenden  Pfaden  zwei  Antilopenhörner  zu  vergraben  i). 

In  den  Schädelfetischen  an  der  Loango-Küste  spielt  der  Antilopenschädel  eine  Haupt- 
rolle 2).  Das  Verbot,  vom  Fleische  einer  durch  den  Fetischdoktor  speziell  bezeichneten 
Antilopenart  zu  essen ,  fand  Büttikofee  in  Liberia  3) ;  hierher  ist  wohl  auch  das  Verbot 
des  Rehfleisches  zu  rechnen ,  von  dem  Bruns  aus  Fetu  berichtet.  ^)  Nach  Ratzel  findet  sich 
Antilopenverehrung  bei  den  Buschmännern.  An  den  Votivbäumen  der  Schuli  hängen  Anti- 
lopenschädel 5) ;  ebenso  liegen  im  Marutse-Mambunda-Reiche  Antilopenschädel  auf  dem  Grabe 
des  Jägers  6).  Dodo,  vermutlich  eine  böse  Gottheit,  wird  nach  der  Anschauung  der  Afo-Neger 
(am  Benue)  repräsentiert  durch  eine  tönerne  Tiergestalt  mit  vier  Antilopenhörnern  auf  dem 
Rücken  und  zwei  menschlichen  Gesichtern.  7) 

8.  Familie:   Schweine  {Suidae). 

2.  Gattung:   Höckerschweine   (Potamochoerus). 

Pinselschwein   (P.  porcus),  in  West-  und  auch  Ost- Afrika  vertreten. 
■  F 1  u  s  s  s  c  h  w  e  i  n   (P.  africanus). 
4.  Gattung:    Warzenschweine   (P/mcochoenis). 

Warzenschwein  [P.  africanus),  in  Ost-  und  Mittel- Afrika  heimisch. 

Hartläufer   (P.  aethiopicus) ,  in  Süd-Afrika  vorkommend. 

An  der  Goldküste  (bei  den  Aschanti)  gehört  das  Schweinefleisch  zu  den  Speisen,  die 
einzelnen  Pei^sonen  verboten  sind ;  nach  Cruickshank  gilt  dieses  Verbot  auf  Lebenszeit  und 
geht  auch  auf  die  Kinder  übei';  die  Begegnung  mit  einem  Ferkel  muss  durch  einen  Zauber- 
spruch wirkungslos  gemacht  werden  8).  Den  Jaga  ist  der  Genuss  des  Schweinefleisches 
ebenfalls  verboten  9).  In  den  von  der  Loango-Expedition  aufgefundenen  Tierschädelanhäu- 
fungen waren  Schädel  von  Pinselohrschweinen  vorhanden  lO).  Die  Häuptlinge  der  Bondo  und 


')  Fritsch,  3  .Jahre,  388.  —  Holüb,  Süd- Afrika,  I,  478  (412).  —  Beyce,  113;  vgl.  v.  Hkllwald, 
Naturgeschichte,  67.  —  Ratzel,  II.  43. 

■)  GüssFELDT,  123.  —  Lenz,  193.  —  Soyaux.  I,  263:  vgl.  105.  —  Chavanne,  407. 

3)    BÜTTIKOFEB,   II,   333   f. 

<)  Beuns,  V,  153. 

s)  Ratzel,  I,  690;  II.  42. 

')  HoLUB,  Marutse-Mambunda,  45. 

')  RüHLFS,  It,   199  f. 

')  BowDicH.  362.  —  Cruickshank,  220;  vgl.  Waitz,  II,  200.  —  Falkenstein,  I,  217. 

')  Bastian,  .San  Salvador,  207.  Die  Jaga  sind  ein  altes  Volk,  dessen  Herkunft  liypothetisch  ist  und 
das  durch  seine  Einfälle  (auch  in  das  Kongo-Gebiet)  viel  Schrecken  verbreitet  hat;  später  sclieint  man  mit 
Jaga  eine  Art  Häuptlinge  zu  bezeichnen.  Vgl.  Bastian,  a.a.O.,  11  ff.,  150. 

'»)  GÜSSFELDT,  123.  —  Falkenstein,  I,  218. 


-    10'.)   - 

Hollo,  z.  t.  auch  der  Kalunda  und  Baluba  (Central-Afrika)  dürfen  kein  Schweinefleisch  essen  i). 
Fritsch  berichtet,  dass  versciiiedene  Stämme  der  Betschuanen  das  Schwein  verabscheuen, 
doch  nicht  so  konsequent  wie  den  Fisch,  so  dass  sie  sich  schliesslich  bewegen  lassen, 
Schweinefleisch  zu  essen  2).  Auf  Madagaskar  •  ist  das  Schwein  in  einigen  Stämmen  und 
Familien  verpönt  3),  ebenso  bei  den  Sulu  ■•).  Schweineschädel  gehören  bei  den  Madi  zum 
Behang  der  VotivbäumeS). 

9.  Familie:   Plumptiere  (Hippopotamidae). 

Einzige  Gattung:   Flusspferde  (Hippopotaynus). 

Chavanne  nennt  den  Schädel  des  Fluss-  oder  Nilpferdes  (H.  amphibius)  als  Bestandteil 
der  Skelettpyi-amlden  der  Bafiote  (Bewohner  der  Loangoküste)  am  Kongo;  aus  Holz 
geschnitzte  Fhisspferde  gelten  hier  als  Fetische  und  werden  als  Aufbewahrungsorte  für 
Zaubermittel  benutzt  6).  Die  Sulu  betrachten  Flusspferde  als  Erscheinungsformen  von 
Seelen  Verstorbener").  Von  den  Matebele  (vgl.  S.  94  unter  4))  wird  das  Flusspferd  verehrt; 
es  darf  nicht  getötet  und  sein  Fleisch  nicht  gegessen  werden  8). 

XIII.   Ordnung:    Waltiere    (Cetacea). 

Waitz  berichtet  von  den  Bewohnern  Madagaskars  (nach  Owen),  dass  sie,  wenn  sie 
das  Junge  eines  Walfisches  getötet  haben,  sich  bei  dessen  Mutter  entschuldigen  und  sie 
bitten,  sich  zu  entfernen,  „ganz  so  wie  die  Kaffern  zu  verfahren  pflegen,  wenn  sie  einen 
Elefanten  erlegt  haben"  9).    (Vgl.  S.  103  unter  2)). 


Vögel. 


Der  Raum ,  den  die  Vögel  im  Kult  der  afrikanischen  Naturvölker  als  dii-ekte  Objekte 
der  Vei-ehrung  einnehmen,  ist  ein  verhältnismässig  geringer.  Vogelkult  im  allgemeinen 
(ohne  nähere  Bestimmung  der  Art)  wird  mehrfach  erwähnt.  So  ist  er  üblich  an  der  Küste 
von  Guinea  (Fetu)iO),  am  Kongo")  und  in  Ostafrika  i2).  Alle  Kabilas  in  Bukoba  (Vgl.  S.  93 
unter  •*))  verehren  einen  bestimmten  Vogel  is)  (ausser  den  Tieren,  zu  denen  sie  in  besonderen 
Beziehungen  stehen).  Niekam ,  der  Stammgott  der  Schilluk ,  erscheint  bisweilen  als  Vogel "). 
Unter  den   Nabikem   am  Kamerun    finden    sich    u.  a.   auch  Darstellungen   von   Vögeln  ^^). 


')  WissMANN,  Im  Iiinein  Afrikas,  128. 

'•)  Fritsch,  3  Jahre,  399. 

')  SiBHEF,  303;  vgl.  Waitz,  II,  441.  —  Keller,  Inseln,  68. 

*)  Platz,  107. 

»)  Ratzel.  II,  42. 

6)  Chavanne,  407,  409;  vgl.  Soyaüx,  I,  263,  105. 

")  Fritsch,  Eingeborene.  139. 

■')  HoLUB  in  ZE,  XXV,  197. 

9)  Waitz,  II,  441. 

'»)  Bruns,  V,  152.  -  Monrad,  33. 

")  Frobknius,  Weltanschauung,  44  ff. 

'■•)  Storch  in  M.  Seh.,  IX,  313. 

")  Richter  in  M.  Seh.,  XH,  83. 

'•*)  Petermann  und  Hassenstein,  in  P  M  E  B.  II,  22;  vgl.  Ratzel,  II,  44. 

")  Bastian,  Fetisch  22. 


-    110   - 

Ähnliche  Vogelfiguren  gelten  den  Akwapira  (an  der  Goldküste)  als  Fetische  i).  Die  Sulu 
glauben ,  dass  ihre  Vorfahren  als  Vögel  wiederkehren  2).  Die  Massai  legen  ihre  Toten  den 
Vögeln  zum  Frasse  vor  3).  Wakamba  und  Wanika  beobachten  den  Flug  der  Vögel  4).  In 
Guinea  und  bei  den  Nuer  ist  der  Genuss  des  Vogelfleisches  verboten  S). 

Im  einzelnen  wei'den  folgende  Vögel  verehrt  oder  in  den  Kreis  des  Aberglaubens 
gezogen. 

I.  Ordnung:    Bauravögel   (Goracomithes). 
6.  Familie:   Honigsauger  (Nedariniidae). 

Einzige  Gattung:   Erzhonigsauger  (Nedarinia) 

Erzhonigsauger  {N.  metallica). 

Die  Kosa- Kaffern  verehren  den  Erzhonigsauger  6). 

10.  Familie:    Waldsänger  (Sylvicolidae). 
Stelzen    (Motacillinae). 

Stelzen  werden  von  den  Bari  verehrt "). 

46.  Familie:    Eulen    (Strigidae). 

Die  Eulen  gelten  als  Vögel  schlimmer  Vorbedeutung  bei  den  Bari  8)  und  Dinka^),  bei 
den  WanjoroiO),  auf  Madagaskar"),  bei  den  Bakundu  i2)  und  an  der  Goldküste  i^),  als  böse 
Geister  bei  den  Bakwiri  i*) ,  den  Bongo  i^)  und  auf  Madagaskar  i6). 

III.  Ordnung:    Taubenvögel   (Peliornithes). 
1 .  Fa m i  1  ie :     Tau  b  e  n    ( Golumbidae). 

Im  Nigerdelta  verehit  man  Tauben  i^). 

VI.  Ordnung:   Kranichvögel   (Geranornithes). 
1.  Familie :     Kraniche   (Gruidae). 

Verehrung  ^eniessen  die  Kraniche  bei  den  Matebelei^);  als  Unglücksboten  gelten  sie 
den  Balubai9). 


')  V.  Hellwald,  Naturgeschichte.  155. 

=)  Kra.nz,  106.  -   Platz,  107. 

')  Fischer  in  M  H,  1882/83,  72. 

')  Waitz,  IV,  200,  423. 

')  Labat,  I,  297.  -  Marno,  349. 

")  Kkopf,  206;  vgl.  Bastian,  Mensch,  TU,  199. 

')  Jephson  und  Stanley,  132.  ')  a.  a.  0. 

'■>)  FKüBENiuy,  Heiden-Neger,  343.  ">)  Platz,  226. 

")  SiBBEE,  307.  '2)  Schwaez,  256. 

'■')  MüLLEK,  Fctu  100.  ")  Seidel  in  B  K,  III,  194. 

'■'■)  Hahtmann,  211;  vgl.  Paulitschke,  Sudanländer,  263  (nach  Schweinpueth). 

'8)  SiBKEE,  302  f.  ")  Bastian,  Bilder.  160. 

'»)  HüLUB  in  Z.  E.,  XXV,  197.  ")  Wissmann,  In  Innern  Afrikas,  157. 


-  111  - 

X.  Ordnung:   Stossvögel   (Pelargornithes). 

1.  Familie:   Falkenvögel   (Falconidae). 
Geier   ( Vulturinae). 

Der  Geier  ist   Gegenstand   der  Verehrung  in   Ascliantii),  bei  den  Kosa- Kaffern  2) ,  bei 
den  Wadschagga  und  Wataita  •'). 

4.  Familie:   Reiher  (Ardeidae). 

4.  Gattung:   Nachtreiher   {Nycticorax). 

Den  Nachtreiher,  auch  Nachtrabe  genannt,  verehren  die  Kunama  und  Barea^). 

6.  Familie :   S  t  ö  r  c  h  e   ( Ciconiidae). 

3.  Gattung :    K  r  o  p  f  s  t  ö  r  c  h  e   (Leptoptilus). 
M  a  1'  a  b  u    ( L.  crumenifer). 

Eine    gewisse    Verehrung    zollen    die    Massai    dem    Marabu  5);    den   Baluba  gilt  er  als 
Unglücksbote  ^). 

7.  Familie:   Hammer  köpfe  (Scopidae). 
Einzige  Gattung:   Schattenvögel  (Scopus). 
Schatten vogei    (S.  umbretta). 

Die  Kalahari-Bewohner ")  und  die  ßasuto  §)  verehren  den  Schatten  vogei. 

8.  Familie:   Ibisse   (Ibidae). 
Ibisse   (Ibidinae). 

2.  Gattung:   Ibisse    (Ibis). 

Verehrung  des  Ibis  {I.  aethiopica)  ist  bekannt  von  den  Nuba  ^)  und  Basuto  lO). 

10.  Familie:   Scharben   (Phcdacrocoracidae). 
Seh  langen  halsvögel    (Plolinae). 

2.  Gattung:   Schlan  gen  hals  vögel   (Plotus). 

Den  Schlangenhaisvogel  (P.  levaillantii)  verehrt  man  in  Kamerun  H). 


')  BowDicH,  362,  436.  =)  Kropf.  207. 

»)  HiLDKBEANDT  in  Z  E.  X,  383;  vgl.  Waitz.  II,  518. 

*)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  257;  vgl.  Klemm.  III,  363. 

')  Fischer  in  M  H,  1882/83,  72.  ')  Wissmann,  Im  Innern  Afrikas,  157. 

')  Fritsch,  3  Jahre,  399.  ')  Ratzel,  II,  43. 

»)  M  J,  II,  18;  vgl.  auch  Monbad,  33. 

'»)  Endeman.v  in  Z  E,  VI.  43  und  in  A  M,  III,  8.5:  vgl.  Hartmann,  225.  —  Klose  399. 

")  CoNRAU  in  M.  Seh.,  XI,  200. 


112 


Kriechtiere. 


I.  Ordnung:   Schuppenkriechtiere  (Squamata). 
1.  Unterordnung:   Eidechsen   (Lacertilia). 
4.  Familie:   Leguane  (Iguanidae). 
3.  Gattung:   Basilisken   (Basüiscus). 

Nach  V.  Hellwald  glauben  einzelne  Stämme  der  Buschmänner  an  ein  schlangenartiges 
Wesen ,  das  er  als  Basilisk  bezeichnen  möchte  i). 

,  8.  Gattung:   Leguane   (Iguana). 

Die  Hauptgottheit  in  Dahome  und  in  Bonny  (Nigerdelta)  war  bis  in  die  zweite  Hälfte 
des  vorigen  Jahrhunderts  die  Eidechse ,  Iguana  oder  Guana  genannt.  Die  Berichte  erzählen 
folgendes  von  ihr.  Sie  ist  ein  schwarzes,  hässliches  und  ungeschlachtes  Tier,  das  dem 
Menschen  unschädlich  ist,  unbelästigt  überall  in  den  Strassen  und  Häusern  umhei-schleicht 
und  selbst  von  dem  Gefühle  seiner  Heiligkeit  durchdrungen  zu  sein  scheint,  da  es  sich 
„kaum  die  Mühe  nimmt  auszuweichen".  Jeder  geht  den  Iguanas  aus  dem  Wege  „um  sie 
nicht  zu  stören  und  den  Besuch  dieses  Ehrengastes  nicht  frevelhafter  Weise  abzukürzen; 
ja  man  scheut  sich  sie  anzublicken  oder  auf  sie  hinzuweisen,  so  heilig  hält  man  sie." 
Bastian  schildert,  wie  sich  die  Neger  beeilen,  jeden  Leguan,  der  zufällig  in  den  Fluss 
oder  in  einen  der  von  Haifischen  wimmelnden  Kanäle  gerät,  ehrfurchtsvoll  aufzufischen 
und  ans  Land  zu  bringen,  „da  es  das  traurigste  Omen  für  den  Staat  sein  würde",  wenn 
eins  dieser  Tiere  von  einem  Hai  beleidigt  oder  gefressen  werden  sollte  2).  Waitz  erwähnt 
bei  der  Beschreibung  einer  Fetischhütte  in  Bonny  an  den  Wänden  hängende  Bilder,  die 
die  Guana-Eidechse  darstellen.  >^) 

Mehrfach  führte  die  Verletzung  einer  dieser  Eidechsengotthoiten  durch  fremde  Matrosen 
zu  Aufständen,  bis  Bischof  Crowther  (ein  Neger)  im  April  1867  dem  Gotte  den  Krieg 
erklärte  und  ihn  tatsächlich  absetzte.  *) 

Mit  dem  Leguan  scheint  identisch  zu  sein  ein  Daboue  oder  Deboiie  genanntes  Tier, 
das  fast  die  Gestalt  einer  grossen  Eidechse  hat,  aber  ungefähr  2  Fuss  lang  ist  und  mit 
einer  Art  Pfoten  sich  fortbewegt.  An  anderer  Stelle  wird  seine  Länge  auf  nur  1  Fuss 
angegeben.  Eine  Gemeinschaft  von  Weibern  bringt  diesem  heiligen  Tiere  seine  tägliche 
Nahrung  nach  einer  Hütte,  die  eigens  zu  diesem  Zwecke  gebaut  worden  ist;  kein  unein- 
geweihtes Weib,  noch  weniger  aber  Männer  dürfen  dahin  kommen,  ohne  das  Leben  zu 
verwirken  &). 

Die  Verehrung  der  Eidechse  wird  auch  aus  dem  Hinterlande  von  Dahome,  dem  König- 
reiche Borgu ,  bezeugt  6) ,  ebenso  aus  Fetu ,  *■)  während  den  Schilluk  ihr  Stammgott  Niekam 


')  V.  Hellwald.  Naturgeschichte,  II,  21. 

2)  Bastian,  Bilder,  160.  —  Koelkr  in  M  B,  IV,  148;  vgl.  Brdns,  V,  1.56. 

')  Waitz,  II,  200;  vgl.  Zöllee,  Kamonin,  I,  89. 

*)  Globus,  X,  285,  XII,  256. 

*)  Pruneaü  de  Pommegoege,  195;  vgl.  Vinson,  15.  —  Fesch,  85. 

°)  Bekghaus,  55. 

')  Bruns,  V,  152.  —  Müller,  Fetu,  48. 


-    118    - 

u.  a.  in  der  Gestalt  einer  Eidechse  erscheint  i).  Nach  dem  Glauben  der  Sulu  können  sich 
Menschen  in  Eidechsen  verwandeln.^)  Richter  erzählt  aus  Bukoba  von  einer  Kabila,  die 
keine  Eidechse  berühren  darf,  ohne  Hautausschlag  zu  bekommen.^)  Den  Betschuanen  gilt 
die  lilidechse  als  Urheberin  grossen  Übels.  ■*) 

Am  ausgeprägtesten  und  zugleich  in  den  .sonderbarsten  Formen  findet  sich  die 
Eidechsenverehrung  auf  Madagaskai-.  Sibree  berichtet  von  dort  über  ein  merkwürdiges 
Tier,  Fanany  genannt  (auch  Fanatiimpitoloha ,  „das  Fanany  mit  sieben  Köpfen"),  „das 
verschiedentlich  als  Eidechse,  Wuim  oder  Schlange  beschrieben  wird."  Dieses  Fabeltier 
„soll  aus  dem  Leichname  der  Toten  von  adeligem  Blute  kommen  und  eine  Verkörperung 
ihrer  Geister  sein.""') 

2.  Unterordnung:    Wurm  zun  gl  er    (BMptoglossa). 
Einzige  Familie:   Chamäleons  (Chamaeleontidae). 

Von  den  Betschuanen  wird  das  Chamäleon  als  Unglückstier  wie  die  Eidechse  aufgefasst. 
Den  Madagassen  flösst  es  „eine  Art  von  religiöser  Scheu"  ein  6). 

3.  Unterordnung:   Schlangen    (Ophidia). 

Es  kommen  hier,  soweit  wir  sehen  werden,  besonders  in  Betracht 

2.  Familie:   Stummelfüsser  (Boidae). 

Pythonschlangen   (Pythoniae). 
1 .  Gattung :    Felsenschlangen   (Python). 

Natalfelsensch lange   (P.  natalensis). 

Assala   (P.  sebae  oder  Coluber  sebae). 

Boaschlangen   [Boinae). 

4.  Gattung:   Schlinger  {Boa). 
Königsschlange   [Boa  constridor). 

5.  Familie:    Nattern    (Colubridae). 

Erste  Reihe:   Glattzäh ner  (Aglypha). 
Echte   Nattern   ( Colubrinae). 
8.  Gattung:    Baum  schlangen    {Dendroplds). 

Glanznatter  [D.  pictus  oder  Leptophis  pictus  oder  Ahaetulla  belli). 

„De  tous  les  animaux ,  le  plus  generalement  revere  par  les  Noirs  d'Afrique,  c'est  le 
serpent".  Mit  diesen  Worten  leitet  Reville  seine  Charakteristik  des  Schlangenkultes  bei 
den  afrikanischen  Naturvölkern  ein ,  und  wir  schliessen  uns  ihm  ohne  weiteres  in  seinem 
Urteile  an  ^).  Die  Verehrung  der  Schlange  in  Afrika  ist  fast  allgemein  zu  nennen  und  wird 
von  den  meisten  Roisendi-n  erwähnt,  bez.  bestätigt. 


')  Ratzel,  II,  43.  •...,, -X  Tylor,  Anfänge,  II,  7. 

3)  RicHTEB  in  M  Seh,  XS,  83  f.  ^)  Sievees— Hahn,  196. 

<■)  Sibree,  309  f.;  vgl.  263[>—  Keller,  Inseln,  76.  —  Frobenius.  Weltanschauung,  51  ff. 

«)  Sievees-Hahn,  196.  — JWaitz,  II,  441. 

')  Reville.  I,  65;  vgl.  "RteTKE,  I,  63.  —  Vinson.  15. 


.1 


-    114    - 

Ganz  besonders  ausgebildet  tritt  uns  der  Sclrlangenliult  entgegen  in  Daliome,  dann 
bei  den  Kaffern  und  endlich  bei  den  Stämmen  am  oberen  Nil. 

In  Westafrika  stossen  wir  von  Norden  her  zuerst  auf  Schlangenvei-ehrung  bei  den 
teils  zum  Islam  sich  bekennenden,  teils  heidnisch  gebliebenen  Mandingo  (zwischen  dem 
oberen  und  unteren  Niger  und  der  Küste),  denen  die  Schlange  als  Verkörperung  ihres 
Schutzgeistes  gilt  und  deshalb  ein  ehrerbietigst  geduldeter  Hausgenosse  ist  i).  In  Buluma 
am  Fisherman  Lake  (Liberia)  fand  Büttikoper  eine  grosse  heilige  Schlange,  die  als  unver- 
letzliche Schutzheilige  der  Stadt  gegen  böse  Mächte  galt  und  gefüttert  wurde  2).  Dieser 
vereinzelte  Fall  erinnerte  Büttikofer  an  den  berühmten  Schlangendienst  in  Daliome,  den 
wir  jetzt  im  Anschluss  hauptsächlich  an  die  ausführlichen  Schilderungen  von  Isert, 
Labarthe,  Wilson,  Repin  und  Zöller  erörtern  vsrojlen. 

Als  Mittelpunkt  des  interessanten  und  verhältnismässig  reich  ausgestatteten  Schlangen- 
kultes in  DahomeS)  wird  die  Hafenstadt  Weida  (mit  der  umliegenden  Landschaft  ein  Teil 
des  alten  Reiches  Ardra)  genannt,  östlich  von  Gross-Popo  gelegen.  4)  In  Klein-Popo  noch 
unbekannt,  beginnt  der  Schlangenkult  in  milder  Form  bei  Gross-Popo  und  erreicht  den 
Höhepunkt  seiner  Entwickelung  in  Weida,  „wo  den  nicht  giftigen  Schlangen  und  nament- 
lich den  sehr  zahlreichen  Boas  eine  ähnliche  Verehrung  dargebracht  wird  wie  im  alten 
Ägypten  dem  Apis."5)  Der  Schlangengott  als  solcher  führt  den  Namen  Danh-gbi^).  Der 
grösste  der  zahlreichen  Schlangentempel  gilt  als  die  erste  Sehenswürdigkeit  von  Weida.  7) 
Als  Grund  für  die  Heilighaltung  der  Schlangen  giebt  Wilson  an,  dass  man  glaubt,  die 
Seelen  der  Toten  seien  in  sie  übergegangen  8);  jedoch  fügt  Wilson  hinzu,  dass  dieser 
Glaube  ursprünglich  wohl  die  Veranlassung  zu  ihrer  Verehrung  gegeben  habe,  mit  der 
Zeit  aber,  „wie  es  in  solchen  Dingen  gewöhnlich  zu  geschehen  pflegt",  in  Vergessenheit 
geraten  sei,  worauf  man  die  Verehrung  auf  die  Tiere  selbst  übertragen,  die  sie  angeblich 
bewohnenden  Geister  aber  vernachlässigt  habe.  Durch  schonende  und  aufmerksame  Behand- 
lung sind  die  heilig  gehaltenen  Tiere  schhesslich  zahm  und  gelehrig  geworden  und  unter- 
scheiden sich  nun  .so  auffalleml  von  anderen  wilden  Tieren,  „dass  die  abergläubischen 
Begriffe  der  Eingeborenen  in  dieser  Erscheinung  einen  wesentlichen  Stützpunkt  finden."  Die 
Berichte  über  den  Ursprung  des  Schlangenkultes  gehen  auseinander.  Bosman  erzählt,  dass 
nach  den  Angaben  der  Eingeborenen  vor  vielen  Jahren  eine  Schlange  aus  fremdem  Lande 
wegen  der  Bosheit  der  dort  wohnenden  Menschen  zu  ihnen  nach  Weida  gekommen ,  hier 
mit  grosser  Freude  aufgenommen ,  unter  Ehrenbezeugungen  in  einer  seidenen  Decke  nach 
einem  Hause,  dem  jetzigen  Tempel,  getragen  und  bis  auf  den  heutigen  Tag  gepflegt  worden 
sei.  Das  betreffende  Exemplar  lebte  während  Bosman's  Besuch  in  Weida  angeblich  noch.  9) 
Ursprünglich   war  der  Schlangenkult  auf  Weida  beschränkt.   Als  die  Dahomei-  von  Norden 


')  Pesch,  90.  —  Schneider,  165,  196. 

'-')  Büttikofer  in  AE,  I,  86.    Derselbe,  Liberia,  II,  328  f. 

3)  Nach  Hornberger,  (P  M  1867,  48>  bedeutet  Daho-me  soviel  wie  „Da  wo  me"  oder  „im  Bauch 
der  Schlange." 

•")  Pruneaü  de  Pommegorge,  195.  —  Dalzel,  XXIX.  —  Büttner,  7  f.  —  Burkhaedt— Grundemann, 
1.  Abt.,  55.  —  Haktmann,  215.  —  Berghaus,  II,  42.  —  Ausland,  1852,  47  (nach  Forbes).  —  Labat,  II, 
129.  —  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  150.  —  Bruns,  V,  154,  156.  -  Vinson,  16.  —  Schneider,  197  f.— 
Pesch,  85.  —  Meinkrs,  I,  205  ff. 

')  ZöLLEK,  Kamerun,  I,  53  f. 

<")  Seidel  in  ZA,  1897,  161. 

")  Züller,  Kamerun,  1,  52  f.;  vgl.  Iskrt  ,  140. 

8)  Wilson,  155,  161  f. 

9)  Bosman,  448;  vgl.  Waitz,  II,  179. 


-Hö- 
her Anira  (Weida)  angriffen,  sandten  ihnen  die  Bewuiuier  von  Weida,  statt  sich  in  einer 
Sclilacht  zu  verteidigen,  unter  grossen  Ceremonien  eine  ihrer  heiligen  Schlangen  entgegen, 
die  der  andringenden  Armee  Einhalt  tun  sollte;  da  sie  das  nicht  vermochte,  gaben  die 
Weidaer  allen  Widerstand  auf  und  Hohen  i).  Ihre  Überwinder,  die  Dahonieer,  nahmen 
aber  den  tichlangendienst  selir  bald  auch  an  -).  Nach  Labat  datiert  die  Verehrung  der 
Schlange  in  Weida  überhaupt  erst  seit  dieser  Schlacht '^K  während  Andree^)  schreibt,  dass 
die  vorzugsweise  verehrte  Schlangenart  nacii  dem  Glauben  der  Weidaer  von  einer  riesigen, 
Jahrhunderte  alten  Schlangenmutter  abstamme,  die  einst  Göttin  des  "Volkes  von  Ardra 
gewesen  sei,  „diese  Leute  machten  sich  aber  ihres  Schutzes  unwürdig,  und  deshalb  übertrug 
die  Schlange  denselben  auf  jene  in  Weida,  in  deren  Lager  sie  während  einer  Schlacht 
überging."  Isert,  der  die  „Fetischschlange"  als  ein  „herrliches  Tier"  schildert,  von  grauer 
Farbe  mit  gelben  und  braunen  Flecken  überstreut  und  von  der  Länge  und  Dicke  eines 
Menschenarmes,  erklärt  die  Schlangenverehrung  in  Dahome  aus  einer  zufälligen  Ursache: 
man  halie  einmal  bemerkt,  wie  die  jetzt  verehrte  harmlose  Schlange  eine  Giftschlange  in 
dem  Augenblicke  tötete,  als  diese  im  Begriff  war,  einen  Menschen  zu  beissen,  und  an 
dieser  Handlung  habe  man  sie  als  Schutzgottheit  erkannt.  5)  In  bedeutend  höherer  Sphäre 
bewegt  sich  die  Deutung,  die  Zöller  giebt:  die  Eingeborenen  hätten  ihm  auf  Befragen 
erklärt,  die  Schlangen  seien  nicht  selbst  Götter,  sondern  Verkörperungen  „eines  sehr 
mächtigen  und  einflussreichen  göttlichen  Princips",  mit  dessen  Hülfe  Kranke  Heilung  und 
treue  Anhänger  der  Schlangen  Reichtum  erlangen  könnten.  Wie  man  sich  dieses  Prinzip 
vorstellt,  konnte  Zöller  nicht  in  Erfahrung  bringen.  6) 

Über  den  Kult  selbst  berichten  Bosman,  Labarthe,  der  sich  auf  Bosman  zu  stützen 
scheint,  und  Zöller  eingehend.  Wer  eine  der  vollkommen  ungefährlichen  Schlangen  findet, 
ist  gehalten,  sie  in  den  Schlangentempel  zu  bringen;  wer  dies  unterlässt,  setzt  sich 
schwerer  Strafe  aus. '')  Der  Schlangentempel  wird  von  Bosman  als  ein  sehr  schön  gebautes 
Haus,  auf  einer  zwei  Meilen  von  des  Königs  Dorf  entfernten  Höhe  gelegen  und  von  einem 
Baume  überschattet,  geschildert.  S)  Die  sachlichsten  Beschreibungen  geben  der  französische 
Marinearzt  Repin,  Zöller  und  Büttner.  Die  beiden  letzteren  sprechen  nur  von  einem 
Tempel  und  zwar  in  Weida,  während  Repin  noch  einen  zweiten  zwei  Wegstunden  von 
dem  Fort  Weida  nach  Norden  entfernten  Tempel  in  Xavi  besucht  hat.  Bosman  hat  anschei- 
nend nur  den  zweiten  gesehen;  demnach  wäi'e  der  Tempel  in  der  Stadt  Weida  selbst 
jüngeren  Datums.  Duncan,  dei-  1845  in  Weida  war,  hat  Schlangenhäuser  in  mehreren 
Teilen  der  Stadt  gefunden.  Büttner  beschieibt  den  Tempel  als  „ein  nicht  bedeutendes, 
ummauertes,  mit  einigen  Bäumen  bestandenes  Gebiet  inmitten  der  Stadt",  das  „in  einigen 
offenen  Pavillons"  eine  ganze  Anzahl  verschiedenartiger  Schlangen  enthält.  Nach  Repin  ist 
der  Tempel  selbst  „situe  non  loin  du  fort,  dans  un  lieu  un  peu  isole,  sous  un  groupe 
d'arbres  magnifiques.  Ce  curieux  edifice  consiste  simplement  en  une  sorte  de  rotonde  de 
dix  ä  douze   meti;ps  de  diametre   et  de  sept  ä  huit  de  hauteur.  Ses  murs  en  terra  seche, 

')  Im  Jahre  1727;  vgl.  Schurtz  in  Helmoi.ts  Weltgeschichte,  III,  453. 

■')  NoEKis,  396.  —  Lab-.rthe,  149.  —  AHR,  333  f.  —  Ausland,  1891,  570;  vgl.  Waitz,  II,  179. 
')  Labat,  II,  133. 
■*)  Andree,  im  Globus,  VIII,  247. 

^')  Isert,  142  f.,  175.  —  Bosman,  448,  459;  vgl.  Labat,  II,  133.  —  A.H.  R.  333. 
j)  Zöller,  Kamerun,  I,  54. 

)  Isert,  143.  —  Repi.n,  in  Tour  du  monde  1863.  1.  Band,  72.  —  Labarthe,  149;  vgl.  Büttner,  8.— 
Wittum,  75. 

«)  Bosman,  448. 
I.  A.  f.  E.    XVIL  15 


-    116    - 

comme  ceux  des  cases  des  habitants,  sont  perces  de  deux  portes  opposees,  par  lesquelles 
eiitrenfc  et  sortent  librement  les  divinites  du  lieu".  Das  Innere  dieses  Raumes  wimmelt 
förmlich  von  Schlangen.  Die  Tiere,  die  Repin  genau  schildert  und  in  die  Familien  der 
Pythonschlangen  und  Nattern  einordnet,  halten  sich  mit  Vorliebe  unter  dem  Dache  auf 
einem  rund  herumlaufenden  Sims  auf,  entweder  zusammengerollt  oder  ihre  Riesenleiber 
zum  teil  herabhängen  lassend.  In  diesem  Tempel  sollen  nach  Repin  über  100,  nach  Zöller 
über  1000,  in  ganz  Weida  3000  heihge  Schlangen  leben.  Die  kleineren  von  ihnen  gehor- 
chen bis  zu  einem  gewissen  Grade  den  Weisungen  ihrer  Priester;  die  grösseren  dagegen 
scheinen  vermöge  ihrer  Kräfte  sich  vollkommen  frei  bewegen  zu  dürfen.  Repin  beschreibt 
die  Schlangen  als  1  bis  3  Meter  lang,  spindelförmig,  doch  in  der  Mitte  ein  wenig  dicker, 
mit  einem  Schwanz,  der  ungefähr  1/3  "^er  Körperlänge  ausmacht;  der  Kopf  ist  breit,  abge- 
plattet und  dreieckig,  jedoch  mit  abgerundeten  Ecken,  und  sitzt  auf  einem  Hals,  der 
etwas  kürzer  ist  als  der  Körper.  Ihi-e  Farbe  schwankt  zwischen  hellgelb  und  grünlich  gelb, 
wahrscheinlich  entsprechend  dem  Alter.  Die  Mehrzahl  hat  zwei  braune  Linien  auf  dem 
Rücken;  die  anderen  sind  unregelmässig  gefleckt,  i) 

An  den  eigentlichen  Schlangentempel  schliesst  sich  ein  gewöhnliches,  aber  sehr  langes 
Gebäude  an,  das  Wohnhaus  der  Priester.  Neben  den  Priestern  stehen  in  speziellem  Dienste 
der  heiligen  Schlangen  eine  Anzahl  Priesterinnen  (nach  Labarthe  12,  nach  Repin  6),  die 
gleich  den  Vestalinnen  ehelos  bleiben  müssen,  freilich  nur,  um  im  Geheimen  desto  zügel- 
losere nächtliche  Orgien  mit  den  Schlangenpriestern  zu  feiei'n.  Waitz  weist  einerseits  auf 
diese  groben  sinnlichen  Ausschweifungen  der  Priester  hin,  leitet  andererseits  aus  den  der 
Schlange  zugeschriebenen  göttlichen  Wirkungen  (vgl.  S.  118  unter  *))  ihre  Bedeutung  als  Symbol 
der  schaffenden  Naturkraft  ab  und  bringt  dann  beide  Momentein  ursächlichen  Zusammenhang, 
indem  er  vermutet,  dass  der  ganze  Schlangenkult  den  Priestern  nur  dazu  diene,  unter 
dem  Deckmantel  der  Religion  sich  sinnlichen  Ausschweifungen  hinzugeben.  Eine  solche 
Vermutung  liegt  nahe  und  ist  nicht  ohne  weiteres  von  der  Hand  zu  weisen ,  bleibt  aber 
aus  dem  uns  vorliegenden  Material  unbewiesen.  Allerdings  würden  dann  die  angeführten 
Erzählungen  über  die  Entstehung  des  Schlangendienstes  an  Wahrscheinlichkeit  verlieren,  2) 
wenn  man  nicht  annehmen  will,  dass  diese  Erklärung  —  falls  sie  wirklich  auf  Äusserungen 
von  Schlangenpriestern  zuiückginge  oder  ihren  Überzeugungen  entspräche  —  keine  ursprüng- 
liche-, sondern  eine  erst  später  aus  vorliegenden  Tatsachen  konstruierte  ist. 

Die  Priesterinnen  beziehen  ein  halbjährliches  Gehalt  (5  Kabeschen  Kauris)  vom  Könige, 
der  ihnen  ausserdem  4  Sklaven  znr  Bebauung  des  ihrem  Unterhalte  dienenden  Landes  zur 
Verfügung  stellt  3).  Für  ihi-en  Beruf  werden  sie  von  den  Priestern  durch  einen  raffinierten 
Betrug  gewonnen,  den  diese  aus  Habgier  und  zu  unzüchtigen  Zwecken  (in  der  angedeuteten 
Weise)  alljährlich  inscenieren.  Bosman  berichtet  von  dem  Glauben  des  törichten,  durch  die 
Priester  irregeleiteten  Volkes,  dass  in  der  Zeit  von  der  Getreidesaat  im  Mai  an  bis  dahin, 
wo  das  Getreide  (Mais)  Mannshöhe  erlangt  hat,  die  heiligen  Schlangen  zur  Abend-  und 
Nachtzeit  die  schönsten  jungen  Mädchen  in  eine  Art  heilige  Raserei  versetzen,  so  dass 
diese  zum  Zwecke  ihrer  Heilung  auf  mehrere  Monate  in  ein  besonders  dazu  gebautes  Haus 
gebracht  werden  müssen,  während  ihre  Eltern  in  dieser  Zeit  auf  das  reichlichste  für  ihren 


1)  REPfN,    a.  a.    0.   71    f.,    74.  —  Zöller,   Kamerun,   I,   55  f.  —   Büttner,  7  f.  —  AHR.  338. 
Ausland,  1846,  1157. 

•■i)  Waitz,  II,  179  f.;  vgl.  hierzu  die  Evlclärang,  S.  115,  unter  6). 
^)  Labaethe,   149  f. 


-    117    - 

Unterhalt  zu  sorgen  haben ,  wobei  natürlich  der  Hauptanteil  auf  die  Priester  entfällt. 
Auch  glaubt  man,  dass  die  Schlange  die  Macht  habe,  eine  Jungfrau  aus  verschlossenem 
Hause  weg  zu  entführen.  In  Wahrheit  aber  werden  die  betreffenden  jungen  Mädchen  von 
den  Priestern  durch  Drohungen  gezwungen,  die  Raserei  zu  heucheln  und  ihnen  in  jeder 
Weise  zu  Willen  zu  sein,  während  die  Eltern  meinen,  dass  ihre  Töchter  von  dem  Schlangen- 
gott zu  Gattinnen  begehrt  worden  seien  ')• 

Um  zu  verstehen,  wie  sich  solche  Anschauungen  im  Volke  erhalten  können,  ohne 
dass  der  Priesterbetrug  eines  Tages  öffentlich  entlarvt  wird,  muss  man  bedenken,  dass  die 
Priester  der  Menge  gegenüber  über  eine  unbeschränkte  Macht  verfügen  und  jeden,  der 
ihre  Wege  zu  kreuzen  sich  unterstehen  sollte,  ohne  weiteres  stumm  machen  würden. 

Schon  der  Verfasser  der  „Allgemeinen  Historie  der  Reisen"  (1749)  konstatiert,  dass 
sich  seine  Quellen,  soweit  sie  einerseits  von  den  rasenden  Weibern  und  andererseits  von 
den  Priesterinnen  der  Schlange  berichten ,  nicht  recht  vereinigen  lassen  2).  Der  Grund  für 
diese  sehr  berechtigte  Bemerkung  scheint  darin  zu  liegen,  dass  die  Schilderungen  der 
älteren  Reisenden  den  Anschein  erwecken,  als  stände  das  Institut  der  Schlangenpriesterinnen 
in  keinem  inneren  Zusammenhang  mit  den  eben  gekennzeichneten  nächtlichen  Vorgängen 
zur  Zeit  der  Getreidereife,  während  wir  mit  Sicherheit  annehmen  können,  dass  es  sich  bei 
diesen  Vorgingen  tatsächlich  darum  handelt,  Kandidatinnen  für  das  künftige  Priesterinnen- 
amt zu  gewinnen,  eine  Ansicht,  die  besonders  durch  die  Ausführungen  Repins  sehr  gestützt 
wii-d  3).  Danach  greifen  die  alten  Priesterinnen  an  den  bezeichneten  Abenden  von  den 
Priestern  überredete  junge  Mädchen  im  Alter  von  10  bis  12  Jahren  auf,  halten  sie  eine 
Zeit  lang  gefangen  und  unterrichten  sie  in  den  heiligen  Biäuchen  und  Tänzen,  zeichnen 
sie  ausserdem  durch  in  die  Haut  eingeschnittene  Schlangenüguren  als  Eigentum  des  Gottes  4). 
Nachdem  man  ihnen  über  alles,  was  mit  ihnen  vorgegangen  ist,  Schweigen  auferlegt  hat, 
werden  sie  wieder  zu  ihren  Eltern  gebi'acht,  müssen  von  Zeit  zu  Zeit  im  Tempel  zu  Ehren 
der  Gottheit  tanzen,  um  schliesslich,  wenn  sie  mannbar  geworden  sind,  mit  dieser,  d.h. 
mit  den  Schlangenpriestern,  vermählt  zu  werden  und  damit  endgültig  in  den  Stand  der 
Priesterinnen  einzutreten 5).  Später  dürfen  einige  von  ihnen,  wie  Repin  mitteilt,  sich  mit 
gewöhnlichen  Sterblichen  (simples  mortels)  verheiraten,  ohne  indes  dadurch  etwas  von 
ihrem  geweihten  Charakter  zu  verlieren.  Hierin  scheint  es  begründet  zu  sein,  dass  die 
Zahl  der  eigentlichen  Priesterinnen  nur  auf  12  oder  6  angegeben  wird,  während  doch  die 
Zahl  der  aufgegriffenen  Mädchen  unbeschränkt  bleibt  (schon  des  daraus  erzielten  Gewinnes 
wegen),  und  hierin  dürften  sich  die  scheinbar  auseinander  gehenden  Quellen  vereinigen. 

Sehr  interessant  ist  hier  eine  Bemerkung  Oj.dendoep's  ,  der  unter  den  Negern  auf  den 
caraibischen  Inseln  um  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  als  Missionar  tätig  war;  er  behandelt 
in  seiner  Geschichte  dieser  Mission  u.  a.  die  Religion  der  afrikanischen  Neger,  wobei  er 
ausdrücklich  betont,  dass  er  sich  auf  mündliche  Mitteilungen  der  von  ihm  unterrichteten 
Neger  stützt.  Diese  haben  ihm  erzählt,  dass  in  Weida  eine  Negerin  bei  einer  grossen 
Schlange  Daboy  das  Priestertum  verwalte  und  junge  Mädchen,  die  jährlich  mit  Gewalt 
aufgegriffen   werden,   in   den   Religionsgesängen  und  Tänzen  unterrichte,  künstlich  zeichne 


')  BosMAN,  449  fr.  —  AHR,  342;  vgl.  Bastian,  Mensch,  III,  202.  —  Globus,  VIII,  247  f. 

■)  AHR,  348. 

h  Repin,  i\.a.  0.  74,  2.  Spalte. 

■*)  Klemm,  IlT,  363,  (nach  Isert). 


'I  A.  H.  K.  345  ff. 


-    118    - 

und  schliesslich  gewissermassen  mit  der  grossen  Schlange  verheirate  und  zu  ihren  Prie- 
steriiinen  weihe  i). 

Die  Schlangen  werden  mit  Ratten  und  Hühnern  gefüttert,  wohl  auch  mit  kleinen  in 
den  Sümpfen  gesammelten  Tieren.  Nach  Labarthe  glaubt  das  Volk  allerdings,  die 
Schlangen  nähmen  überhaupt  keine  Nahrung  zu  sich.  Jedenfalls  werden  alle  anderen 
Opfertiere,  die  die  Menge  der  Schlange  darbringt,  von  den  Priestern  vei'zehrts). 

Zu  Ehren  der  Schlange  fand  früher  in  jedem  Jahre  ein  grosses  Fest  mit  feierlichem 
Zug  nach  dem  Schlangentempel  statt.  Der  König  und  sein  Statthalter  beschenkten  bei 
dieser  Gelegenheit  die  Schlange  und  ihre  Priesterinnen  reichlich;  für  die  Teilnehmer  wurde 
ein  Ochse  geschlachtet,  dessen  Blut  und  Geschlinge  man  heimlich  der  Schlange  gab; 
auch  stiftete  der  König  Branntwein  und  5  Kabeschen  Kauris.  Das  Fest  dauerte  unter  den 
ausschweifendsten  Lustbarkeiten  gewöhnlich  7  Tage  lang  3).  Doch  bemerkt  schon  Bosman, 
dass  der  König  (wahrscheinlich  der  grossen  Kosten  wegen)  dieses  Schlangenfest  abgeschafft  habe. 

Nach  dem  Glauben  des  Volkes  werden  alle  Schmerzen  geheilt,  sobald  man  den 
leidenden  Köi'perteil  mit  einei-  heiligen  Schlange  in  Bei'ührung  bringt;  schwangere  Weiber 
erbitten  von  ihr  eine  glückliche  Niederkunft,  indem  sie  ihr  Geschenke  darbringen,  unfrucht- 
baie  flehen  sie  um  Kindersegen  an.  Die  Priesterinnen  wissen  diesen  Aberglauben  natürlich 
bestens  auszunützen.  In  dürren  und  nassen  Zeiten  wird  die  Schlange  um  Hülfe  angerufen; 
Bastian  spricht  von  einer  Prozession ,  die  man  in  Zeiten  der  Teuerung  nach  dem  Schlangen- 
tempel vei'anstaltet.  Von  der  Schlange  hofft  man  günstigen  Einfluss  auf  das  Gedeihen  des 
Viehes  und  der  Feldfrüchte,  selbst  auf  den  Ausgang  eines  Krieges.  Dass  dabei  reiche 
Opfer  dargebracht  werden  müssen,  besonders  vom  Könige,  deren  Löwenanteil  der  Priester- 
schaft zu  gute  kommt,  ist  selbstverständlich'*). 

Sehr  oft  geschieht  es,  dass  eins  der  heiligen  Tiere,  die  zu  wissen  scheinen,  dass  man 
ihnen  nichts  zu  leide  tut,  den  Tempel  verlässt  und  einen  Streifzug  in  die  Stadt  unter- 
nimmt, „so  dass  fast  stündlich  dort  aufgefangene  Schlangen  wieder  zum  Tempel  gebracht 
werden",  wobei  man  die  grösseren ,  die  unter  Umständen  gefährlich  werden  könnten ,  In 
einen  Sack  steckt,  während  die  kleineren  auf  den  Armen  getragen  werden  S). 

Wer  vorsätzlich  eine  heilige  Schlange  tötet  oder  auch  nur  verletzt,  wird  unwidei'- 
ruflich  mit  dem  Tode  bestraft  und  zwar  angeblich  auf  dem  Scheiterhaufen  Selbst  ein 
Europäer,  der  sich  an  einer  der  nicht  giftigen  Schlangen  vergreifen  wollte,  würde  dies 
schwer  büssen  müssen  und  wohl  auch  durch  die  Macht  des  Königs  nicht  vor  der  Volks- 
wut geschützt  werden  können  6).  Die  Berichte  darüber,  ob  dieser  kritische  Fall  schon  ein- 
getreten sei,  widerstreiten  sich  übrigens  7). 

Daneben  besteht  eine  besondere  Form  der  Sühne  für  diejenigen,  die  aus  Versehen, 
etwa  bei  der  Feldarbeit,  eine  heilige  Schlange  getötet  haben.  „Sie  müssen  sich  freiwillig 
beim  ersten  der  Schlangenpriester  melden ,  und  einmal  im  Jahre  wird  alsdann  für  alle 
gleichzeitig  das  Verfahren  der  Reinigung  vorgenommen.    Bis  dahin  bleiben  sie  auch  äusser- 


')  Oldendorp,  I,  328. 

'-)  Bosman,  460.  —  Labarthe,  140.  —  Zöller,  Kamerun  I,  56;  vgl.  AHR,  332. 

»)  Bosman  ,  448  f.  -  Labarthe,  150  f.;  vgl.  Bastian,  Mensch  III,  202.  —  Globus  VIII,  247.  -  Waitz  II,  180. 
••)  Labarthe,  150.  —   Bosman,  446  f.    ~    Bastian,  Mensch  III.  202.  —   Zöller,  Kamerun  I,  .56;  vgl. 
AHR,  339.  -   Bruns,  V,  154.  —  Waitz,  II,  179. 

*)  IsERT,  142.   -  Zöller,  Kamerun  I,  56.  —  Vinson,  16.  —  Schneider,  197. 

')  Bosman,  455.   —  Isebt,  142.  —  Zöller,  Kamerun  I,  53.  56;  vgl.  Bruns  V,  155.  —  Hartmann,  215. 

')  Vgl.  AHR,  334  f.  —  Globus  VIII,  248.  -  Zolles,  Kamerun  I,  56.  -  Haetmann,  215. 


-    119    - 

lieh  als  Ausfiestossene  gekonnzeiclinet.  Dif  Reinigung  besteht  darin,  rlass  alle  gleichzeitig 
und  zwar  zusammen  mit  ychvveinen  und  Hühnern"  —  die  wohl  als  Sühnnpfei'  zu  gelten 
haben;  betr.  des  Schweines,  vgl.  hieiunten  unter 2)  —  „in  ein  Haus  eingesperrt  weiden,  an 
das  man  Feuer  legt.  Sobald  die  Zerstörung  des  Hauses  soweit  vorgeschritten  ist,  dass 
die  .\usgestossenen  hindnrchbrechen  können,  rennen  sie,  von  den  Umstehenden  mit  Prügeln 
Piiipt'angen,  zur  Lagune,  um  sich  hineinstürzend  ihre  halbverbrannte  Haut  zu  kühlen.  Mit 
der  ICahlscherung  des  Kopfes  ist  die  Reinigung  beendet,  und  die  bis  dahin  Ausgestossenen 
erfreuen  sich  wieder  derselben  Rechte  wie  alle  übrigen".  ')  Selbst  Tiere,  die  einer  heiligen 
Schlange  ein  Leid  antun,  müssen  für  diese  Schandtat  büssen.  Im  Jahre  1697  hatte  in 
Weida  ein  Schwein  eine  heilige  Schlange  gefressen,  worauf  der  König  befahl,  alle  Schweine 
zu  vertilgen  -). 

Von  Weida  aus  greift  der  Schlangenkult  in  die  benachbarten  Gebiete  über.  Er  findet 
sich  in  abgeschwächten  Formen  fast  an  der  ganzen  westafrikanischen  Küste  wieder.  Noch 
verhältnismässig  am  auffallendsten  tritt  er  in  Gross-Popo  an  der  Mündung  des  Mono-Flusses 
hervor,  weil  dort  die  gewaltige  Boa  constrictor ,  die  zu  der  Klasse  der  giftlosen  und  heiligen 
Schlangen  gehört,  bei  weitem  häufiger  vorkommt  als  in  Weida.  Sie  steht  hier  ebenfalls  in 
holirin  Ansehen  und  darf  auch  von  einem  Europäer  nicht  belästigt  werden,  wenn  dieser 
sich  nicht  sehr  grossen  Unannehmlichkeiten  aussetzen  bez.  mit  hohen  Summen  loskaufen 
will.  Jeder,  der  eine  solche  Schlange  findet,  muss  den  Fetisch priester  rufen  lassen,  und 
dieser  befördert  das  Tier  mit  kühnem  Griff  in  einen  Sack  und  dann  nach  der  Schlangen- 
in.sel,  die  hier  die  Stelle  des  Schlangen tempels  zu  vertreten  scheint.  Doch  bereits  in  Ague 
(zwischen  Gross-  und  KleinPopo)  und  anderwärts  „dürfte  jeder  Weisse  es  ohne  besonders 
grosse  Gefahr  wagen,  ein  solches  Tier  zu  töten"  3). 

Wie  nichtige  Ursachen  der  Verehrung  eines  Tieres  zu  Grunde  liegen  können,  zeigt  die 
Veranlassung,  aus  der  einzelne  Eweer  (vor  allem  solche  weiblichen  Geschlechts)  der  Riesen- 
schlange göttliche  Ehren  erweisen.  Der  Missionar  Zündel  schreibt  hierüber  folgendes.  „Man 
verehrt;  eine  gewisse  Riesenschlange,  weil  einheimische  Kaufleute,  die  mit  Glasperlen 
handeln,  dem  Volke  eingeredet  haben,  diese  Perlen  stammten  von  der  Haut  einer  grossen 
Schlange  (nach  anderer  Version  sind  sie  die  Exkremente  der  Schlange).  Da  nun  die  Perlen 
von  den  Frauen  sehr  begehrt  wurden,  zogen  sie  vorgeblich  den  Regenbogen,  in  Wirklich- 
keit aber  jene  geheimnisvolle  Schlange,  deren  Symbol  der  Regenbogen  ist,  weil  sich  in 
ihm  die  Hautfarben  der  Schlange  ab.spiegeln,  in  den  Kreis  ihrer  Götterverehrung  in  der 
Hoffnung,  dadurch  den  Geist,  der  die  geschätzten  Perlen  verwaltet  und  den  sie  in  der 
Schlange  verkörpert  glaubten,  zu  reichlicherer  Spendung  seiner  Kostbarkeit  veranlassen  zu 
können."  Diese  Riesenschlange  ist  natürlich  ein  mythisches  Gebilde;  doch  gelten  kleinere 
Arten  der  Boa  als  ihre  sichtbaren  Boten  *). 

Wilson  hebt  besonders  hervor,  dass  die  Schlange  von  Popo  sehr  zahm  und  gut  abge- 
richtet sei  5).  Neben  der  nicht  giftigen  Boa  constrictor  verehren  die  Eweer  noch  eine  giftige 


')  Zöller,  Kamerun,  I,  56  f.;  vgl.  Hartmann,  215.  —  Vinson  16. 

=)  BosMAN,  461.  —  Labat,  II,  133.  —  A  H  R  336;  vgl.  Bastian,  Mensch,  III,  198.  Nach  Isert,  (324  f.; 
vgl.  Klemm,  III,  .363),  ist  allerdings  nicht  die  Schlange,  sondern  di.e  Schnecke  die  von  den  Schweinen 
beleidigte  Gottheit  gewesen;  doch  da  Isert  die  Schnecke  als  Wurm  bezeichnet,  liegt  es  nahe,  mit  den 
anderen  Autoren  an  eine  (kleine)  Schlange  zu  denken,  zumal  die  Schnecke  sonst  nirgends  als  ..Favorit- 
gottheit"  der  Weidaer,  wie  sie  Isert  bezeichnet,  genannt  wird. 


')  Zöller,  Togoland,  156,  192.  —  Derselbe,  Kamerun,  I,  53.  89. 
*)  Zündel,  in  ZGE,  XII,  413,  417  f.  —  Zur  Deutung  des  Mythus  vgl. 


*)  Zündel,  in  ZGE,  XII,  413,  417  f.  —  Zur  Deutung  des  Mythus  vgl.  Frobenius.  Weltanschauuns,  82  ff. 
»;  Wilson,  162.  " 


-    120   - 

Schlange  als  das  Symbol  des  Schlangengottes  Vocluda;  dieser  Kult  stammt  aus  Glewe 
in  Dahome  i). 

An  der  Goldküste  (von  der  Volta-Mündung  bis  zum  Dreispitzenkap)  tritt  uns  die 
Schlangenverehrung  mehrfach  entgegen,  so  in  der  Nähe  der  Volta-Mündung,  wo  man  eine 
ausgestopfte  Schlangenhaut  als  Fetisch  beim  Schwur  gebraucht,  und  in  der  alten  dänischen 
Kolonie  Fetu  (hinter  Friedrichsburg)  2).  Nach  Cruickshank  führt  hiei-  die  Schlange  als 
Gegenstand  des  Kultes,  ebenso  vfie  alle  anderen  Kultobjekte  die  Bezeichnung  „Souman"^). 
Reville  erzählt  aus  den  Aufzeichnungen  des  Missionars  Ramseyer,  wie  dieser  im  Aschanti- 
lande eine  ihm  unbequeme  Schlange  töten  wollte,  aber  von  den  Eingeborenen  daran  gehin- 
dert wurde  unter  dem  Vorgeben ,  dass  diese  Schlange  der  Nachkomme  einer  heiligen 
Schlange  sei ,   deren  Grabhügel  in  der  Stadt  Abankoro  der  Gegenstand  eines  Kultes  war  4). 

Wie  nach  Westen,  so  erstrecken  sich  Ausläufer  des  Schlangenkultes  in  Weida  auch 
nach  Osten  und  Norden.  In  Borgu  wird  die  Boa  constrictor  ebenso  verehrt  wie  im  Niger- 
Delta,  speziell  in  Brass-Town  5).  Eine  Schlange,  die  Menschen  tötet,  gilt  den  Duala  an  der 
Küste  Kameruns  und  ihren  nördlichen  Hinterleuten,  den  Bakwiri,  sowie  den  an  der  West- 
küste verbreiteten  Kru,  deren  Heimat  das  Hinterland  von  Liberia  bis  Kap  Palmas  ist,  als 
von  einem  bösen  Geist  besessen  6).  Die  Bakwiri  haben  ausserdem  vor  einer  dicken ,  ^j^  M. 
langen,  gelb  und  schwarz  gemusterten  Blindschleiche  eine  Abneigung,  da  sie  nach  ihrer 
Meinung  vom  Himmel  fällt  (deshalb  Nyam  a  loba  oder  Gottestier  genannt)  "i).  Im  allgemeinen 
sieht  man  aber  in  ganz  Afrika  in  den  Schlangen  Verkörperungen  guter  Hausgeister  und 
verehrt  namentlich  in  den  Riesenschlangen  die  Seelen  verstorbener  Häuptlinge  *).  Nach  der 
Beschreibung  Bastians  wird  auf  Fernando  Pöo,  wenn  ansteckende  Kinderkrankheiten  aus- 
brechen, eine  Schlangenhaut  auf  einen  Pfahl  in  der  Mitte  eines  Platzes  aufgesteckt,  von 
deren  Berührung  durch  die  Säuglinge  sich  die  Mütter  Gutes  versprechen.  In  dem  Dorfe 
Issapoo  war  die  Erneuerung  dieser  Schlangenhaut  zu  einer  jährlichen  Feierlichkeit  geworden, 
und  alle  in  demselben  Jahre  geborenen  Kinder  mussten  die  Haut  schon  im  Voraus 
berühren  9).  —  Beachtenswert  ist  eine  Verordnung  des  britischen  Konsuls  für  die  Bucht 
von  Biafra  und  Fernando  Pöo  (Artikel  12  des  Vertrags  vom  17  November  lS5ß):  „Da 
bisher  so  lange  eine  Zurückhaltung  im  Handel  stattgefunden  hat  und  unter  den  Eingebo- 
renen viel  Zorn  erregt  worden  ist,  weil  eine  gewisse  Ai't  von  Boa  constrictor^  welche  die 
Häuser  besucht  und  welche  den  Brassmen  ju-jxi  oder  geheiligt  ist,  durch  die  weissen 
Männer  in  ihrer  Unwissenheit  getötet  wurde,  so  wird  hiemit  allen  britischen  Untertanen 
verboten,  irgend  eine  solche  .Sclilange  zu  beschädigen  oder  zu  vernichten"  lO). 

Bruns  weiss  von  den  Bewohnern  der  Provinz  Sundi  (von  San  Salvador  aus  nach  Nord- 
osten bis  an  den  Kongo  sich  ersti-eckend)  zu  erzählen ,  dass  sie  die  Schlangen ,  die  sich  auf 
Bäumen  sehen  lassen,  als  ihre  SchuLzgottheiten  verehren  ii).    Figuren,  aus  Lehm  gefoj-mt, 


1)  Spieth,  in  MJ  1893,  86.  —  Seidel,  ui  ZA  1897,  161  f.;  vgl.  Afrika  1898,  115. 
■)  Müller,  Fetu,  48  f.  —  Römer,  74.  —  Bruns,  V,  152. 
ä)  Cruickshank,  217. 

••)  Reville,  66;  vgl.  Schneidee,  198.  —  v.  Hellwald,  Naturgeschichte,  154. 

■^)  Crowther,  im   Cluirch  Missionary  Intelligencer,  1866,  223.  —  Bastian,  Bilder,  160:  vlg.  Globus, 
X,  285.  —  Z.V.  XVII,  269.  —  Berghaus,  II,  55. 
«)  Ausland,  1880,  169. 
')  Seidel,  in  BK  III.  194. 
«)  Ausland,  1888,  -589 

°)  Bastian,  San  Salvador,  318,  f.  (Man  denke  an  unsere  Schutzpockenimpfung). 
'»)  Mitgeteilt  (nach  M'Lennan)  bei  Spencer,  I,  403. 
")  Beuns,  IV,  106;  vgl.  1.53. 


-   121    - 

die  Sclihviigen  vorstellen,  fand  ToutiE  in  Lunda  unter  kleinen  Strohhütten  in  der- Nähe  der 
Wasserplätze  i).  Derselbe  Reisende  beobachtete  in  Mussumba  gelegentlich  der  Hochzeit  einer 
Tochter  des  Muata  Jamwo,  dass  einer  etwa  zwei  Fuss  langen,  daumenstarken  braun- 
grünlichen Blindschleiche,  die  hier  als  gutes  Omen  gilt,  gehuldigt  wurde.  Er  bemerkt  dazu, 
dass  die  Schlange  an  der  Küste  und  in  Songo  (10°  S.  17/18°  0.)  als  böses  Omen  betrachtet  wird  2). 

Fritsch  berichtet:  „Die  meisten  schwarzen  Stämme  Süd-Afrikas  haben  einen  unüber- 
windlichen Widerwillen  gegen  Fisch,  ohne  dass  sie  dafür  irgend  einen  bestimmten  Grund 
angeben  könnten.  Die  Antwort,  welche  man  gewöhnlich  bei  einer  einschlägigen  Frage 
erhält,  ist,  dass  die  Fische  Schlangen  wären,  und  sie  sich  daher  fürchteten,  dieselben  zu 
essen".  Kolbe  macht  die  beachtenswerte  Angabe,  dass  den  Hottentotten  das  Essen  von 
Fischen  ohne  Schuppen,  also  z.B.  von  Aalen,  verboten  ist:  die  Ähnlichkeit  des  Aales 
und  der  Schlange  liegt  auf  der  Hand.  Darin ,  dass  der  Fisch  das  nationale  Tier  z.  B.  der 
ßatlapi  ist,  vermutet  Fritsch  kaum  „den  wahren  Grund  für  den  herrschenden  Widerwillen, 
da  sich  dieser  über  die  verschiedensten  Stämme  verbreitet  zeigt",  ohne  freilich  das  Rätsel 
endgültig  zu  lösen,  indem  er  sagt:  „Wenn  sie  manche  Tiere  grundsätzlich  nicht  töten, 
so  geschieht  es  aus  einem  unklaren  Aberglauben,  der  sich  auf  mannigfache  Dinge  aus- 
dehnt, ohne  dass  ein  besonderer  Grund  dafür  angegeben  wird"  3).  Sollte  nicht  eben  diesem 
„unklaren  Aberglauben"  die  über  ganz  Afrika  verbi'eitete  Idee  zu  Grunde  liegen,  dass  in 
den  Schlangen  die  Geister  Verstorbener  wohnen?  Man  hält  die  Fische  für  eine  Abart  oder 
Verwandte  der  Schlangen  und  scheut  sich  deshalb,  sie  zu  essen.  Vielleicht  wird  diese 
Anschauung  noch  verstärkt  durch  den  Gedanken,  dass  die  Fische  die  im  Wasser  umge- 
kommenen Menschen  verzehren,  wie  sich  die  Schlangen  nach  dem  Volksglauben  von 
Leichenstaub  nähren. 

Weite  Kreise  zieht  die  Schlangenverehrung  bei  den  Eaffervölkern  im  Südosten  Afrikas. 
Casalis  schreibt:  „Les  Cafres-Zoulous  s'imaginent  que  leurs  ancetres  les  visitent  le  plus 
souvent  sous  la  forme  de  serpents.  Aussi,  des  qu'un  de  ces  reptiles  se  montre  pres  de 
leurs  demeures,  se  hätet-on  de  le  saluer  du  nom  de  pere,  de  placer  des  jattes  de  lait  sur 
son  passage  et  de  l'econduire  doucement  avec  le  plus  grand  lespect"  ■*).  Tylor  spricht  es 
aus,  dass  die  Sulu  den  Glauben  am  vollkommensten  ausgebildet  haben,  „dass  die  Toten 
zu  Schlangen  werden,  zu  Geschöpfen  also,  deren  Hautwechsel  schon  so  oft  mit  dem 
Gedanken  an  Auferstehung  und  Unsterblichkeit  in  Zusammenhang  gebracht  worden  ist"  ■''). 
Bleek  spricht  von  Innyoka  bei  den  Sulu  und  versteht  darunter  unschuldige  Hausschlangen, 
die  als  Träger  der  Geister  verstorbener  Familien-  und  Stammeshäupter  gelten  und  durch 
Opfer  (Rinder,  Ziegen  etc.)  veisöhnt  werden  %  Zeigt  sich  auf  dem  Grabe  eines  Verstor- 
benen eine  Schlange,  so  glaubt  man,  dass  dessen  Seele,  bei  den  Sulu  I-hlozi  (Mehrzahl 
Ama-hlozi)  oder  Isiciuta,  bei  den  Kosa  U'mshologu  (Mehi-zahl  Jmi-shologu)'')  genannt,  in  ihr 
Wolmung   genommen    lial)e8).    Freilich    ist   das   nicht  so  zu  verstehen,  dass  er  dauernd  in 


')  POGGE,  117  f.  (Vgl.  S.  126  unter  8'. 

-)    PoGGE.    195. 

')  Fritsch,  3  .Jalire  338  f.  Derselbe.  Eingeborene  107.  139.  —  Kolbe.  487;  vgl.  Andree,  Parallelen. 
125.  —  Sievers-Hahn,  123. 

■")  Casalis,  259  f.  —  Fritsch,  Eingeborene.  139;  vgl.  Kranz,  112.  ^  Haaehoff,  94. 

')  Tylor,  Urgeschichte,  II,  7;  vgl.  Kranz.  111  f.  —  Platz,  107. 

«)  Bleek  im  Ausland,  1857,  744. 

')  U'mshologu,  bezeichnet  besonders  den  (Jeist  eines  bestimmten  fiüheren  Häuptlings,  ohne  dass  man 
sich  über  dessen  Person  klar  ist. 

»)  Ausland,  1857,  744.  —  Fritsch.  Eingeborene  98,  139.  —  Bastian,  Mensch.  III.  201.  —  Waitz.  II.  413. 


-    122    - 

ihr  wohnt,  sondern  so,  „dass  er,  wenn  er  Menschen  zu  besuchen  wünscht,  ihre  Gestalt 
annimmt"!).  Diese  Schlange  gilt  als  Itongo  (i\Iehrzahl  Amalongo),  Schutzgeist,  Gott  des 
Hauses;  ihre  Besuche  in  den  Hütten  der  Verstorbenen  sind  sehr  erwünscht  und  werden 
im  Notfalle  durch  ein  Schlachtopfer  erbeten,  das  um  so  wirksamer  ist,  je  lauter  das 
Opfertier  schreit  (Vgl.  S.  105  unter  ^^)).  Eine  Schlange,  die  beim  Anblick  von  Menschen 
umkehlt,  ist  kein  Itongo.  Verletzung  einer  Itowg'o-Schlange  zieht  die  Rache  des  sie  bewoh- 
nenden Geistes  nach  sich;  sie  kann  nur  durch  umständliche  Reinigungszeremonien  (ßrand- 
opfer)  gesühnt  wei'den  -).  Übrigens  kann  man  wohl  eine  Schlange  vernichten ,  aber  den  sie 
bewohnenden  I-hlozi  nicht 3).  Stirbt  jemand,  der  die  Schlange  gereizt  hat,  an  ihrem  Riss, 
so  sieht  man  darin .  eine  gerechte  Strafe  für  irgend  eine  Untat  ^).  Es  handelt  sich  hier 
nebenbeibemerkt  nicht  um  eine  bestimmte  Gattung  von  Schlangen,  sondern  man  kennt 
besondere  Arten  für  die  Geister  der  Häuptlinge,  andere  für  die  des  gemeinen  Volkes  und 
wieder  andere  für  die  der  Weiber.  Es  werden  gelbe,  grüne  und  braune,  in  der  Regel 
unschädliche  Schlangen  verehrt,  und  die  Kaffern  sollen  wünschen,  „nach  dem  Tode  in  eine 
gelbe  Schlange  verwandelt  zu  werden",  die  in  den  Häusern  zum  Mäusefangen  benutzt 
wird  5).  Tötet  man  eine  dem  Geiste  eines'  Häuptlings  zur  Behausung  dienende  grüne 
Schlange,  so  wird  ihr  Skelett  am  Tore  der  Niederlassung  auf  die  Umzäunung  gesteckt  6). 
Die  Kosa  und  die  Matebele  bringen  der  grünen  Schlange  eine  besondere  Verehrung  ent- 
gegen und  suchen  den  sie  bewohnenden  Geist  durch  Opfer  sich  günstig  zu  stimmen  '^).  Die 
Kosa  verehi'en  ausserdem  noch  die  Wasserschlange  (Icanti) ,  der  sie  Versöhnungsopfer  dar- 
bringen,  „damit  Unglücksfälle  durch  Ertrinken  nicht  so  häufig  geschehen  möchten",  und 
die  Riesenschlange,  die  ihnen  ein  Bild  der  Unüberv^findlichkeil  ist  und  die  bei  Todesstrafe 
niemand  umbringen  darf,  weil  dadurch  dem  Orte  und  Lande,  wo  .sie  lebt,  Schutz  und 
Sicherheit  genommen  wird.  Eine  Erinnerung  an  früheren  Schlangenkult  fimd  Merensky 
bei  den  Basuto  in  Nord-Transvaal  darin ,  dass  die  Mädchen  bei  der  Koma  (Mannbarkeits- 
feier) um  eine  aus  Lehm  gebildete  Schlange  tanzen  ^).  Die  Baronga  (an  der  Delagoa-Bai) 
erzählen,  dass  eine  Frau,  die  von  den  Früchten  eines  den  göttlichen  Schlangen  geweihten 
Baumes  ass,  sterben  musste^). 

Spuren  von  Schlangenverehrung  finden  sich  bei  einigen  Volksstämmen  nördlich  vom 
Sambesi  gegen  den  Nyassa-See  hin,  so  bei  den  Maravi,  nach  deren  Anschauung  die  "Seelen 
guter  Menschen  nach  dem  Tode  in  gewisse  Schlangen  übergehen  lO). 

In  Deutsch-Ostafrika  steht  die  Schlange  bei  einigen  Völkern  mehr  oder  weniger  im 
Ansehen  eines  heiligen  Tieres.  Schwarze  und  Pythonschlangen  werden  von  den  Wascham- 
bafi  (Usambara)  selten  getötet,  da  ihr  Tod  Ki'ankheit  nach  sich  ziehen  würde;  deshalb  ruft 
der  von  Krankheit  heimgesuchte  Mschhambaa  ihre  Hilfe  an,  indem  er  sie  durch  ein  Schaf- 
oder Ziegenopfer  zu   versöhnen  sucht  ").    Bei  den   Wapai^e  (im  Pare-Gebige  südöstlich  vom 


')  Bryce,  112  f. 

-)  Fkitsch,  Eingeborene  106.  —  Waitz.  II,  178.  —  Kranz  106.  —  Hartmann,  216. 
^)  Diesen  Gedanken  bezeichnet  Blkek  als  eine  neue  Erscheinung  in  der  Dogmengeschichte  der  Sulu. 
••)  Fritsch  .  Eingeborene,  !06. 

*)  Kropf,  192.  —  Ausland  1875,  667.  —  Hartmann,  216.  —  Ratzel,  II,  44.  —  Tylor  ,  Urgeschichte, 
II,  7.  —  V.  Hkllwald,  Naturgeschichte,  65. 
«)  Kropf,  192.  -    Ratzel,  II,  44. 
')  Kropf,  192,  285. 

*)  Merensky.  Erinnerungen,  38  f.;  vgl.  Ausland,  1875,  667. 
»)  .Jü.voD,  385,  vgl.  auch  397  f.,  469. 

'")  Waitz,  II,  419.  —  Brehm ,  VlI,  217  (nach  Livingstone).  —  Schneider,  146.  —  Platz,  154. 
")  Storch,  in  M.Sch.,  IX,  313.  —  .Tohanssen,  in  N  M  1892,   143;  vgl.  MJ  XI,  108. 


-    123     - 

Kilimamijaro),  von  denen  diese  Auffassung  stammt,  wagen  nur  die  Mutigsten  eine  solciie 
Schlange  zu  erlegen,  und  auch  das  nicht,  ohne  sie  sofort  danach  durch  ein  Opfer  zu  ver- 
söhnen; erkrankt  trotzdem  ein  Familienglied,  so  muss  der  Medizinmann  ein  Huhn  oder 
eine  Ziege  opfern  und  die  Krankheit  besprechen ;  die  Knochen  des  Opfertieres  aber  werden 
gesammelt,  hinter  dem  Rücken  zu  einem  Baum  getragen  und  dort  niedergelegt  i).  In 
Unyanyembe,  einer  Landschaft  im  südlichen  Uniamwesi,  beobachtete  Cameron,  wie  seine 
Leute  eine  grosse  10  Fuss  lange  Boa,  die  sich  in  eine  Hütte  eingeschlichen  hatte,  langsam 
aus  dem  Dorfe  hinaustrieben;  sie  duldeten  nicht,  dass  Cameron  sie  erlegte,  da  sie  ein 
Pepo,  ein  Geist  sei  und  ihr  gewaltsamer  Tod  den  Bewohnei'n  des  Dorfes  ein  Unglück 
bringen  würde 2).  Die  W.akerewe  (auf  Ukei'ewe  im  Viktoria  NyauHa)  töten  keine  Schlange, 
„sondern  sehen  ruhig  zu,  wenn  diese  Reptilien  ihre  Hütten  besuchen,  und  preisen  die- 
jenigen glücklich,  die  durch  den  Biss  einer  Giftschlange  getötet  werden"  3).  Im  Bezirk 
Bukoba  besteht  Schlangenkultus  in  Verbindung  mit  dei-  Anschauung,  dass  die  Seelen  der 
Abgeschiedenen  die  Scliutzgeister  der  Lebenden  sind  und  mit  diesen  beständig  verkehren  *). 
Es  ist  daher  anzunehmen,  dass  man  in  den  Schlangen  Träger  menschlicher  Seelen  sieht. 
Als  heilig  gilt  vor  allen  Dingen  eine  grosse  schwarze  (giftige),  in  Ihangiro  (südlich  von 
Bukoba)  nebenbei  noch  eine  kleine  dicke  (ungiftige)  Art,  in  Usindja  (am  Südufer  des 
Viktoria  Nyansa)  die  Riesenschlange.  Die  Verehrung  der  Schlange  in  Bukoba  ist  sym- 
bolisch; in  dem  ihr  geweihten  Hain  muss  nicht  notwendig  eine  Schlange  vorhanden  sein, 
denn  man  stellt  sich  ihre  Anwesenheit  daselbst  geistig  vor,  ebenso  wie  ihre  Fütterung 
mit  reifen  Bananen  symbolisch  ist.  In  jedem  Dorfe  wohnt  ein  Katikiro  (Unterhäuptling), 
der  hauptsächlich  für  die  Beeidigung  heiliger  Schlangen  zu  sorgen  hat;  wer  auf  seinem 
Grundstück  eine  tote  heilige  Schlange  findet,  hat  dies  dem  Katikiro  unter  Beifügung  eines 
weissen  Schafes  und  zweier  Ketten  (200  Stück)  Kauris  zu  melden ,  worauf  dieser  am  späten 
Abend  die  Schlange  begräbt,  nachdem  er  sie  mit  dem  Schaffell  zugedeckt  hat.  Am  nächsten 
Tage  darf  kein  Weib  die  Hütte  verlassen.  Auch  gilt  das  Anrufen  einer  heiligen  Schlange 
unter  gewissen  Ceremonien  als  Gottesurteil;  nach  Ablauf  einer  bestimmten  Frist  stirbt 
dann  entweder  der  Beklagte  oder  aber  der  Kläger,  falls  seine  Anschuldigungen  erfunden 
waren,  woi'auf  die  Angehörigen  des  Verstorbenen  die  Schlange  durch  Opfer  versöhnen 
müssen  ^). 

Bei  den  Völkern  in  dem  weitverzweigten  Quellgebiet  des  Nils ,  welchem  der  Bezirk 
Bukoba  genau  genommen  schon  zuzurechnen  ist,  tritt  der  Schlangenkult  wieder  tiefer 
eingewurzelt  und  in  grösserer  räumlicher  Ausbreitung  auf  als  in  südlicheren  Gegenden. 
Die  Bari  glauben  von  der  schwarzen  Viperschlange  abzustammen;  sie  nennen  sie  Yukanye 
(Grossmutter)  und  bewirten  sie  mit  Milch  6).  Bei  den  Dinka  findet  sich  fast  in  jedem 
Hause  eine  ungeheure  zahme  Schlange,  eine  Python,  die  völlig  harmlos  ist,  dem  Locken 
ihres  Herrn  folgt  und  sich  mit  Milch  füttern  lässt,  sie  wird  besonders  wegen  ihrer  pro- 
phetischen Gaben  verehrt  und  gilt  auch  hier  als  Ahnherrin,  deren  gewaltsamer  Tod  L^nheil 
bringt.    Kaufmann    berichtet,    dass    man    ihr   zu   Ehren,   wenn   sie  in   das  Lager  kommt, 


')  Storch,  in  M  Seh.  IX,  31.3. 

2)  Cameron,  I.  162. 

3)  KüLI.MANN,   97. 

■•)  Richter,  in  M  Seh.  XII,  97. 
■i)  Richter,  in  M  Seh,  XII.  100  f..  90  f. 
«)  Kaufmann,  127,  188;    vgl.  Ratzel  II,  44. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  16 


-    I-Ai    - 

einen  Ochsen  schlachtet  i).  In  ähnücher  Weise  wird  die  Schlange  auch  von  den  Schilluk 
und  Makaraka  (im  Quellgebiet  des  Gazellenflusses)  heilig  gehalten;  sie  ist  übrigens  das 
einzige  Tier,  dem  die  Dinka  sowohl  wie  auch  die  Schilluk  göttliche  Verehrung  zollen  2). 
Von  den  Nuer  sagt  Marno  ausdrücklich,  dass  sie  die  Schlange  verabscheuen,  wobei  zu 
bemerken  ist,  dass  Kaupmann  auch  von  den  Dinka  und  Schilluk  den  Eindruck  empfangen 
haben  will,  dass  ihnen  die  Schlange  als  das  Symbol  des  bösen  Prinzips  gilt,  während 
ScHWEiNFURTH  orzählt ,  dass  die  Dinka  die  Schlangen  als  „ihre  Brüder"  bezeichnen  und  die 
Schilluk  ihren  Gott  und  Stammvater  Niekam  in  der  Schlange  verkörpert  sehen  %  Die 
Agow  (östlich  vom  Tana-See)  haben  eine  grosse  Achtung  vor  den  Schlangen,  füttern  sie 
und  schliessen  aus  ihrem  Fressen  oder  Nichtfressen  auf  die  Zukunft  *). 

Die  Galla,  und  zwar  vorzugsweise  die  östlichen  (Schoa),  sehen  die  Schlange  als  die 
Mutter  des  Menschengeschlechtes  an  und  zollen  ihr  eine  hohe  Verehrung;  sie  opfern  ihr 
Milch  und  wenden  sich  hauptsächlich  an  sie,  um  Heilung  von  Krankheiten  zu  erlangen. 
Krapf  weist  hierbei  auf  die  Schlangen  Verehrung  im  altäthiopischen  Götzendienste  hin  und 
bemerkt,  dass  auch  die  Abessinier  behaupten,  vor  ihier  Bekehrung  eine  grosse  Schlange 
angebetet  zu  haben ,  woraus  wir  auf  eine  früher  noch  viel  bedeutendere  Ausbreitung  des 
Schlangenkultes  in  diesen  Gegenden  schliessen  dürfen  ^).  Heute  greift  er  nach  Norden  bis 
zum  15.  Breitengrade  voi-,  wo  die  Kunama  und  Barea  noch  als  seine  Anhänger  gelten 
können  6).  Im  Kunama-Lande  hat  übrigens  noch  heute  jeder  Gau  ein  bestimmtes  Tier  als 
seinen  besonderen  Gaugott,  genau  wie  einst  in  Ägypten. 

Nachtigal  erwähnt  den  Glauben  der  Inselbewohner  des  Tsad-Sees,  speziell  der  Budduma, 
an  ein  fabelhaftes  mächtiges  Wesen,  das  das  höchste  Ansehen  geniesst  und  bei  wichtigen 
Anlässen  um  Rat  und  Hülfe  gebeten  wird;  dieses  Wesen,  das  den  Geist  des  Sees  darstellt, 
denkt  man  sich  in  einer  riesigen  im  Wasser  lebenden  Schlange  verkörpert  7).  —  Nach 
Bastian  hat  jedes  Quartier  in  Kairo  eine  Schlange  als  Schutzgeist  S). 

Auf  Madagaskar  spielte  die  Schlange  eine  Rolle  als  Symbol  des  Gottes  der  Heilkunde 
Ramahavaly ,  des  Hauptidols  der  Centralprovinz.  Bei  den  Umzügen  dieses  Götzen  musste 
jeder  seiner  Begleiter  eine  Schlange  in  der  Hand  tragen,  die  durch  ihre  Windungen  den 
Schrecken  der  Zuschauer  erregen  sollte.  Diese  Schlangen  sind  nach  der  Deutung,  die 
Frobenius  gegeben  hat,  als  Werkzeug  der  Rache  Ramahavahjs  aufzufassen,  durch  die  er 
jede  Beleidigung  rächte,  während  seine  getreuen  Anhänger  dui-ch  die  Freundschaft  mit 
Schlangen  ausgezeichnet  waren  % 

II.  Ordnung:   Panzerechsen   {Emydosauria). 
Einzige  Familie:   Krokodile   (Crocodüidae). 

Das   typische    Beispiel    für    die    Heilighaltung    des    Krokodils   unter  den  afrikanischen 


')  Kaufmann,  126  f.  —  Casati  I,  42.  —  Vita  Hassan  I.  58  f.  —  Brehm  VII,  217  (nach  Heuglin); 
vgl.  Ratzel  II,  44. 

2)  Kaufmann,  12G.  —  VrrA  Hassan  I,  61.  —  Schweinfurth  I,  169.  —  Sievers-Hahn,  123. 

3)  Marno,  350.  —  Kaufmann,  126.  —  Schweinfurth  I,  169.  (Schweinfurth  nennt  3  Schlangenarten, 
die  er  im  Dinka-Lande  fand;  Psammophis  ■punctatus  Dun.,  Psam.  siUlans  1,.  und.  Ahaetulla  irregulär ish^Aca.). 
Petermann  und  Hassenstein  in  PMEB  II,  22. 

■')  Bruns,  II,  179.    Zur  Situation  vgl.  die  Karte  bei  Waitz,  II. 

*)  Krapf,  I,  99  f.  104.  —  Waitz,  II,  518.  —  Hartmann,  215.  —  Brehm,  VII,  217.  —  Ratzel  11,44. 

^)  V.  Hellwald,  Naturgeschiciite.  257.         ')  Nachtiual,  369. 

«)  Bastian,  Menscli,  III,  201.  •>)  Sibree.  300;  vgl.  Pesch,  39.  —  Frobenius,  Weltanschauung,  59. 


125    - 


NaturvC.lkern  bieten  die  Betscluianen  und  zwar  speziell  die  Bakwena,  deren  Wohnsitze 
sicli  heute  von  den  nordwestlichen  Quellflüssen  des  Limpopo  (Krokodilfluss)  in  der  Gegend 
von  Kolobeng  über  Molepolole  in  nordwestlicher  Richtung  nach  der  Kalahari  zu  erstrecken ; 
für  diesen  Volksstanim  ist  das  Krokodil  geradezu  das  nationale  Tier,  obgleich  nach  Fritsch 
von  einem  eigentlichen  Kultus  kaum  die  Rede  sein  kann",  vielmehr  die  nationalen  Tiere 
('auch  anderer  Betschuanen-Stämme)  für  die  Eingeborenen  nur  Gegenstand  des  Aberglaubens 
sindi).  HoLUB  bestätigt  dies,  indem  er  feststellt,  dass  die  Betschuanen  keine  eigentliche 
Religion  besitzen,  sondern  nur  gewissen  Tieren  eine  Art  Verehrung  zollen,  die  sich  darauf 
beschränkt,  dass  sie  das  Tier  nicht  töten,  sein  Fleisch  nicht  geniessen  und  sein  Fell  nicht 
gebrauchen.  Unter  diesen  geweihten  Tieren  hebt  Holub  bei  den  Bakwena  das  Krokodil 
hervor  und  erklärt  Ba-kwena  als  „die  Leute,  die  das  Krokodil  ehren,  d.  h.  seinen  Tanz 
begehen";  etwas  näheres  über  diesen  Tanz  teilt  er  leidfer  nicht  mit 2).  Dass  wir  aber  gerade 
in  "diesem  Tanz  und  den  damit  zusammenhängenden  Gebräuchen  den  Ausdruck  religiöser 
Empfindungen  der  Bakwena  sehen,  braucht  nach  unserer  im  Eingang  gekennzeichneten 
Stellung  zu  dem  Problem  der  Religion  bei  den  Naturvölkern  kaum  bemerkt  zu  werden. 
Nach  Bastian,  der  berichtet,  dass  die  Bakwena  vor  einem  Krokodil  (B.  schreibt  irrtümlich 
^, Alligator")  ausspeien  mit  den  Worten:  „Hier  ist  Sünde",  könnte  man  vermuten,  dass 
das  Krokodil  ihnen  als  Verkörperung  eines  bösen  Princips  gilt  3). 

Eine  ähnliche  Stellung  wie  bei  den  Bakwena  scheint  das  Krokodil  in  dem  religiösen 
Anschauungskreise  der  Basuto  einzunehmen,  des  südlichsten  Stammes  der  Ost-Betschuanen 
(östlich  vom  Oran.je-Freistaat  zwischen  dem  Caledon-Fluss  und  den  Draken-Bergen) ,  und 
zwar  gelten  die  Ki'okodile  hier  „für  Wassergeister,  die  Menschen  und  Vieh  mit  ihrem  Blicke 
töten  und  sie  unter  Wasser  ziehen",  also  für  ausgesprochen  böse  Geister;  dies  bestätigt 
der  Missionar  Endemann  in  seinen  Berichten  über  die  Sotho-Neger  (Basuto),  in  denen  er 
mitteilt,  dass  bei  diesen  ein  von  einem  Krokodil  Gebissener  verbannt  wird,  während  nach 
Bastian  bei  den  Bakwena  (und  Bamangwato)  diese  Massregel  schon  platzgreift,  wenn 
jemand  durch  ein  Krokodil  nur  mit  Wasser  bespritzt  worden  ist  4).  (Vgl.  S.  103  unter  9)). 
Dass  das  Krokodil  das  Totemtier  der  Basuto  ist,  geht  daraus  hervor,  dass  ihre  Redner  in 
den  Volksversammlungen  die  Zuhörer  als  „Söhne  des  Krokodils"  anzureden  pflegen  5). 
Bastian  erklärt  diese  Erscheinung  in  anderem  Zusammenhange,  indem  er  sie  zurückführt 
auf  ein  ursprüngliches  Speiseverbot,  gestützt  auf  Hahn,  der  von  den  Herero  bemerkt, 
dass  sich  die  Speiseverbote  nach  der  Ejanda  (Eganda),  d.h.  Abkunft  (vgl.  S.  107  unter  »)) 
richten,  von  wo  aus  das  betreffende  „nationale  Tier"  leicht  in  die  Bedeutung  eines  Stammes- 
wappens übergeht,  zum  Symbol  der  Stammesgruppe  wird  6).  Hierzu  stimmt  vielleicht  ein 
Ausspruch  des  Basuto-Häuptlings  Moschesch  (t  1870),  den  uns  Casalis  mitteilt:  „Es 
scheint  uns,  dass  die  Welt  seit  immer  dagewesen  sein  muss,  ausgenommen  freilich  Men- 
schen und  Tiere,  die  nach  unserer  Anschauung  einen  Ursprung  genommen  haben,  und 
zwar  zuerst  die  Tiere  und  hierauf  die  Menschen"'?).   Schneider  meint,   dass  die  Sitte  der 


')  Peitsch,  3  Jalira.  338. 

=)  Holub,  Süd-Afrika  I,  41-2,  478.    Derselbe  in  ZE  XXV,  197. 

■•)  lUsTiAN,  Mensch  ni.  200;    vgl.  Waitz,  II,  413.  ,    _  ,, 

*)  Bastian,   Mensch   III,    199  f.   -    Endemann   in   Z  E  VI,   43   und   in   A  M  III,  85;  vgl.  Waitz,  11, 
413.  —  Hartmann,  225. 

')  Beyce,  113;    Vgl.  LippERT,  Kulturgeschichte  der  Menschheit,  420. 
')  Bastian.  Loangoküste  I.  186;    vgl.  Ratzel,  II,  43. 
')  Haakhoff.  90:  vgl.  Waitz,  II,  413. 


-    126    - 

Betschuanen,  sich  nach  Tieren  zu  benennen  und  diese  zu  verehren,  dem  Glauben  an  eine 
Beeinflussung  oder  Beseelung  derselben  durch  die  Barimo  (die  Geister  der  Abgeschiedenen) 
entstainme  ^). 

Auf  Madagaskar  werden  die  Krokodile,  von  denen  alle  Flüsse  und  Seen  wimmeln  und 
denen  zahlreiche  Menschenleben  zum  Opfer  fallen,  vielfach  als  göttliche  Wesen  angebetet, 
weil  man  ihre  vermeintlich  übernatürliche  Macht  fürchtet.  Von  den  Eingeborenen  am 
Itasy-See  (westlich  von  Antananarivo)  wird  berichtet,  dass  sie  nicht  einmal  wagen,  einen 
Speer  über  einem  Flusse  zu  schütteln  aus  Scheu  vor  der  Rache  der  beleidigten  Reptilien. 
In  scheinbarem  Widerspruch  damit  steht  ihre  Gepflogenheit,  alljährlich  in  einem  feierlichen 
Aufruf  an  die  Krokodile  diesen  für  jedes  geraubte  Menschenleben  blutige  Rache  anzudrohen, 
indem  sie  gleichzeitig  alle  gutgesinnten  Krokodile  ermahnen,  sich  abseits  zu  halten,  da  sie 
nur  ihren  bösgesinnten  Verwandten  etwas  anhaben  wollten  ^).  Doch  findet  sich  dieser  Zug 
allenthalben  und  nicht  nur  bei  Natui'völkern  wieder,  dass  man  gefürchtete  Wesen  durch 
Versprechungen  zu  gewinnen  oder  aber,  wenn  man  augenblicklich  vor  ihnen  sicher  ist, 
durch  Drohungen  einzuschüchtern  sucht  3).  Vielleicht  ist  die  fast  vollständige  Schonung  der 
Krokodile  zum  teil  auch  auf  den  Glauben  zurückzuführen ,  der  sich  besonders  bei  den 
Antankarana  (im  äussersten  Norden  von  Madagaskar),  aber  auch  bei  den  Betsileo  und 
ebenso  bei  den  Antarayes  findet,  dass  nämlich  „die  Geister  ihrer  Häuptlinge  in  Krokodile 
übergehen,  während  die  des  niederen  Volkes  in  andere  Tiere  verwandelt  werden""*).  Eine 
grosse  Rolle  spielt  auf  Madagaskar  das  Krokodil-Ordal ,  das  hauptsächlich  bei  den  Antay- 
mour  gebräuchlich  ist  und  darin  besteht,  dass  der  Angeklagte  durch  einen  Fluss  schwim- 
men  muss,    in   dem   sich   viele   Krokodile  aufhalten,  die  als  Richter  angerufen  werden  5). 

Als  mehr  oder  weniger  heilig  gelten  die  Krokodile  den  Kaffern  ß),  während  in  der 
Gegend  von  Tete  der  Glaube  herrscht,  dass  lebendige  Menschen  zeitweise  die  Gestalt  von 
Krokodilen  annehmen  könnten  '^). 

An  der  Westküste  Afrikas  findet  sich  die  Verehrung  des  Krokodils  vom  südlichen 
Kongobecken  bis  nach  Senegambien.  In  Lunda  stellt  man  aus  Lehm  gebildete  Krokodile 
unter  kleinen  Strohdächern  an  den  Wasserplätzen  auf  8)  (Vgl.  S.  121  unter  i).)  Die  Bafiote 
(an  der  Loango-Küste  vom  Kongo  bis  zum  Kuilu)  fertigen  Tierfiguren  als  Aufenthaltsorte 
für  unsichtbare  Fetische,  mit  Höhlungen  im  Innern  zur  Aufbewahrung  von  Zaubermitteln, 
die  vielfach  durch  Tierhautstücke  verschlossen  werden ;  sie  sind  aus  Holz  geschnitzt  und 
mit  Takula-Farbe  oder  mit  Asche  und  Tonmergel  eingerieben  und  —  wenn  schon  länger 
im  Gebrauch  —  mit  zahlreichen  Nägeln  und  spitzen  Eisenfragmenten  beschlagen,  wodurch 
Ihre  Wirksamkeit  bei  der  Entdeckung  von  Verbrechen  bezeugt  wird.  (Vgl.  oben  unter  3).) 
Diese  Tierfiguren  stellen  u.a.  häufig  Krokodile  dar 9).  Felszeichnungen,  die  zweifellos  Kroko- 


I)  Schneider,  141. 

■•')  SiBEEE,  301  f.;  vgl.  Keller,  Inseln,  76. 

'')  Vgl.  hierzu  das  Einsclilagen  von  Nägeln  in  Fetische,  um  sie  durch  den  ihnen  damit  vermeintlich 
verursachten  Schmerz  zu  gevyissenhafter  Erfüllung  ihrer  Pflichten  anzuspornen.  So  Bastian;  vgl.  Lenz, 
183.  —  Vgl.  ferner  E.  S.  Hartland:  The  Legend  of  Perseus  Vol  II,  199.  Abbildungen  der  betr.  Fetische 
bei  ScHMELTZ,  I  A  f  E  VII,  144  und  Album  of  the  Ethnogr.  of  the  Congo  Basin  pl.  205.  —  Chavanne409. 

■■)  Sibkee,  .302.  -  Waitz,  II,  179. 

>l  Waitz,  II,  440,  etc. 

«I  Kropf,  206. 

')  Andrer,  Forschungsreisen,  369. 

')  POÖGR,    117  f. 

9)  Chavannk,  408  f. 


-    127   - 

dile  nachbilden  sollen,  fand  Passarge  in  Adamaua  (Nordkamerun)  bei  Garua  (am  Benue) 
und  ahnliche  auch  in  Kassa.  Passarge  vermutet,  dass  die  Zeichnungen  aus  der  Heidenzeit 
stammen  und  die  Bedeutung  von  Fetischen  haben;  die  von  ihm  befragten  Haussa  erkannten 
die  seltsamen  Figuren  nicht,  wohl  aber  sofort  sein  Boy,  der  aus  Ida  am  Niger  stammte, 
ein  Umstand,  der  an  Interesse  gewinnt  durch  Vergleichung  mit  einer  Tatsache,  die  Zöller 
aus  Ronny  mitteilt,  dass  sich  nämlich  dort  im  Fetischhaus  Holzschnitzereien  finden,  die 
namentlich  Rieseneidechsen  und  Krokodile  darstellen;  auch  die  Volksstämme  am  Niger 
aufwärts  bis  zum  Einfluss  des  Benue,  so  die  Ibo,  Akpoto  u.a.,  sollen  das  Krokodil  ver- 
ehren i).  Bastian  nennt  unter  den  Nabikem  am  Calabar  (vgl.  S.  98  unter  2))  auch  Krokodile. 
Von  einer  mehr  oder  minder  ausgeprägten  Verehrung  des  Krokodils  wird  uns  ferner 
berichtet  aus  dem  Königreich  Borgu,  aus  einzelnen  Gegenden  Togos  (das  Krokodil  gilt 
speziell  als  Schutzgott  von  Klein-Popo),  aus  Ada  an  der  Volta-Mündung, 'von  der  Goldküste 
und  aus  Aschanti,  wo  die  Krokodile  für  böse  Geister  gelten  2).  An  der  Goldküste  wird 
besonders  das  Krokodil  von  Dixcove  genannt,  das  angeblich  auf  ein  gewisses  Pfeifen  dem 
Menschen  über  Land  folgt,  sobald  dieser  einen  weissen  Vogel  in  der  Hand  trägt  3).  Bastian 
bestätigt,  dass  sich  fast  an  der  ganzen  Westküste  neben  dem  Kultus  anderer  Tiere  her- 
laufend der  des  Krokodils  finde,  und  bemerkt,  dass  nach  dem  landläufigen  Glauben  die 
Seele  dessen,  der  ein  Krokodil  tötet,  falls  dieses  das  seiner  Familie  heilige  Tier  ist,  in  den 
Körper  eines  solchen  fahren  wird,  worin  man  eine  ganz  besonders  schwere  Strafe  erblickt 4). 
Die  Bewohner  von  Liberia  bringen  an  den  Flussufern  eigens  zum  Schutze  der  Wasch-  und 
Trinkplätze  gegen  Krokodile  Grigris  (Fetische:  nämlich  Strohwische,  Tuch'.appen,  leere 
Flaschen,  Bretter  u.s.  f.)  an  5).  In  Senegambien  sah  Bastian  Teiche,  in  denen  Krokodile 
gefüttert  wurden  wie  einst  im  See  Möris  (Ägypten);  doch  scheint  man  dies  mehr  aus 
Vorsicht  (da  die  gesättigten  Tiere  weniger  gefährlich  sind)  als  aus  Verehrung  zu  tun, 
wenigstens  nach  dem  Zeugnisse  von  Anne  Raffenel:  „Les  Senegambiens  n'ont  ni  respect 
ni  adoration  pour  les  cäiinans,  ä  la  difference  de  certains  Guineens:  ils  les  redoutent 
simplement  comme  dangereux  et  comme  des  individus  adonnes  ä  la  magie''^). 

III.    Ord nung :    S  c  h  i  hl  k  r  ö  t  e  n  (Chelonia). 

Das  Vorkommen  eines  Götzenbildes,  das  möglicherweise  eine  Schildkröte  darstellt, 
bezeugt  Buchholz  von  den  Akwapim  (etwa  von  Akkra  an  der  Goldküste  bis  zum  Voltaknie 
bei  Kpong);  er  bezeichnet  die  betreffende  Figur,  deren  Einweihung  zum  Fetischbilde  er 
beiwohnte,  als  eine  rohe  versilberte  Nachbildung  eines  Tieres,  das  ihm  eine  Schildkröte  zu 
sein  schien. '')  Bbrghaus,  dem  eine  ältere  Quelle  vorgelegen  haben  muss,  nennt  die  Schild- 
kröte unter  den   Fetischen  des  Königreichs  Boigu  S). 


I)  Passarge,  90.   -  Zölleb,  Kamerun,  I.  89.  -  Waitz,  11,178;  vgl.  Schnkider,  196.  -  Ausland  1880, 169. 

-)  MoNRAD,  33.  —  Klemm.  Ill,  363  (nach  Hutton).  -  Berghaus,  II,  55.  -  Waitz.  II,  179.  — 
Wilson.  161.  -  Zöller,  Kamerun  I.  53.  -  Ratzel,  II,  48.  -  v.  Hellwald,  Naturgeschiclite  154.  — 
BoWDicH,  362.  —  Ausland,  1891,  570.  ' 

•')  Wilson,  155,  162. 

■■)  Bastian,  Bilder,  145,  161;  vgl.  Pesch,  42.  -   Tylor,  Anfänge,  II,  7  f. 

*)  BÜTTIKOFEB,   II,   329. 

6)  Bastian,  Bilder,  161.  —  Raffenel,  Voyage  dans  l'Afrique  occidentale  (1846),  84:  vgl.  Vinson,  1(. 
')  Ausland,  1880,  167;  vgl.  v.  Hellwald,  Naturgeschichte,  155. 
')  Berghaus,  II,  55. 


-   128   - 


Fische. 

I.  Ordnung:   Stachel  flosser  {Acanthoptenjgü). 
6.  Unterordnung;   Seh  wertfischförmige   {Xiphiifornnes). 
15.  Familie:   Schwertfische  (Xiphiidae). 

Die  Verehrung  des  Schwertfisches  beschränkt  sich  —  soweit  bekannt  —  auf  die 
Guineaküste  (nach  Klemm  auf  Weida)  i).  Lubbock  berichtet,  gestützt  auf  Astley,  dass  die 
Verehrung  der  Guinea-Neger  für  den  Schwertfisch  soweit  gehe,  dass  sie  ihn  nie  absichtlich 
fangen;  wenn  er  aber  doch  zufällig  in  ihren  Besitz  gerät,  verzehren  sie  ihn  erst  dann, 
nachdem  sie  sein  Schwert  abgeschnitten  haben,  das  sie  trocknen  und  als  Fetisch  betrachten  2). 

8.  Unterordnung:   Groppen-   und   Makrelen  förmige  (Gottoscombriformes). 
22.  Familie:   Makrelen   (Scombridae). 

Ausser  der  eigentlichen  Makrele  ^)  verehrt  man  an  der  Guinea-Küste  einen  Fisch 
Namens  Bonito,  Bonite  oder  Thon fisch;  es  ist  das  eine  Makrelenart,  dem  zur  zweiten 
Gattung  der  Makrelen  gerechneten  Thunfisch  verwandt  {Tliynnus  pelamys)  •*). 

IV.  Ordnung:   Edelfische  (Physostomi). 
29.  Familie:    Aal  fische   {Muraenidae). 

HiLDEBßANDT  erzählt,  dass  auf  der  Comoro-Insel  Johanna  in  einem  Bache  ein  grosser 
Aal  lebt,  zu  dem  die  Eingeboi'enen  in  Zeiten  der  Dürre  oder  anderer  Notstände  hinaus- 
ziehen; sie  beten  zu  ihm,  essen  dann  und  werfen  ihm  schliesslich  die  Speiseüberreste  zu. 5) 

Vni.  Ordnung:  Knorpelflosser  (Chondropterygii). 
1.  Unterordnung:  Quermäu  1er  (P/aöriostorwato). 
1.    Sippschaft:    Haie  {Selachoidei). 

An  erster  Stelle  unter  den  Fischen,  die  von  den  afrikanischen  Naturvölkern  mit  aber- 
gläubischer Furcht  betrachtet  werden,  steht  der  Hai,  der  schon  durch  seine  Gefrässigkeit 
die  Aufmerksamkeit  erregen  muss.  Der  Mittelpunkt  seiner  Verehrung  ist  das  Niger-Delta, 
besonders  das  Land  am  Neu-Calabar  (Bonny  und  Umgegend)  6).  Nach  Wilson  kommt  dieser 
Gott  „täglich  zum  Ufer  empor,  um  zu  sehen,  ob  irgend  ein  menschliches  Opfer  zu  seiner 
Mahlzeit  bereit  liegt".  Bisweilen  gelten  die  Haie,  die  alle  Fische  in  den  Flüssen  vertilgen, 
auch   für   verzauberte   Menschen.  '^)    Früher  stand  auf  dei'  Erlegung  eines  Haies  die  Todes- 


')  AHR,  179;  vgl.  Klemm,  III,  363. 
')  Lubbock,  231. 

■<)  AHR,  a.a.  6.;  Vgl.  Deutsche  Kolonialzeitung,  1904,  304. 
s)  HiLDEBKANDT,  in  ZE,  X,  383. 

«)  Globus,  X,  285,    (nach  Crowther) ;  vgl.  Waitz,  II,  178.  —  Ratzel,  II,  43.  —  Schneider,  196.  — 
KoELER,  in  MB,  IV,  82. 
'j  Wilson,  161  f.,  164. 


-    129   - 

strafe,  da  die  Tiere  sicii  aber  infolgedessen  dermassen  vermehrten,  dass  täglich  Frauen  und 
Kinder  beim  Wasserholen  von  ihnen  verschlungen  wurden,  soll  ihnen  eine  Art  religiöser 
Revolution  um  1850(?)  den  Charakter  der  Unverletzlichkeit  genommen  haben,  i)  Eine  der 
Gottheiten,  deren  Kulte  in  den  religiösen  Gepflogenheiten  des  levhe-Ordens  in  Togo  ver- 
einigt sind,  ist  Atv'leketi,  ein  Meeresgott,  dessen  Abzeichen  der  Hai  ist,  wodurch  der 
Zusammenhang  mit  der  Verehrung  des  Haifisches  angedeutet  wird  '■^). 

Dass  die  Speiseverbote  sich  auch  auf  den  Fisch  erstrecken ,  ist  schon  erwähnt  worden 
mit  der  Begründung,  dass  man  die  Fische  vielfach  für  Wasserschlangen  hält.  (Vgl.  S.  31 
f.  unter 3).)  Wie  streng  man  dieses  Verbot,  besonders  in  Südafrika,  beobachtet,  zeigt 
Feitschs  Äusserung,  dass  viele  sicher  eher  verhungern  als  eine  „Wasserschlange"  auch 
nur  kosten  würden  3).  An  der  Goldküste  ist  das  Fisch-Essen  einzelnen  Personen  an  be- 
stimmten Tagen  oder  überhaupt  verboten.  4)  Die  Mitglieder  des  schon  erwähnten  levhe- 
Ordens  haben  sich  des  Fisches  Adepe  zu  enthalten.  S)  Die  Wadschagga  verschmähen  den 
Fisch  als  Nahrungsmittel.  ^) 

Das  typische  „Fischvolk",  d.h.  die  Leute,  die  sämtliche  Fische  ehren  oder,  wie  sie 
sich  selbst  ausdrücken,  den  Tanz  der  Fische  begehen,  sind  die  Batlapi,  ein  Betschuanen- 
stamm  in  der  Gegend  von  Kuruman  (Britisch-Betschuanenland)  7).  (Vgl.  S.  121). 


Insekten. 


I.    Ordnung:    Käfer  (Coleoptera  oder  Eleutherata). 

F  ü  n  f  z  e  h  e  r  [Col.  pentamera). 
14.    Familie:    Blatthornkäfer  {Lamellicornia  oder  Scarabaeidae). 

Mistkäfer  [LamelUc.  laparostictica). 
1.    Sippe:    Mistkäfer  im    engeren  Sinne  (Coprophaga). 

Eins  der  merkwürdigsten  Tiere  ist  der  Skarabaeus  »)  oder  heilige  Pillendreher  (Atetichus 
sacer  oder  Ateuchus  Aegyptiormn) ,  ein  Käfer,  der  bei  den  Hottentotten  und  einigen  ost- 
afrikanischen Völkern  göttliche  Ehren  geniesst  und  schon  im  alten  Ägypten  zu  den  bevor- 
zugten Tiergottheiten  gehörte.  Livingstone,  Baker  und  Fritsch  schildern  den  Pillendreher 
übereinstimmend  als  ein  sehr  nützliches  Insekt:  er  beseitigt  in  emsiger  Tätigkeit  ;|ede  Spur 


')  Bastian,  im  Ausland,  1859.  —  Derselbe,  Bilder,  160. 

■-')  SpiETH,  im   Monatsblatt  der  Norddeutschen  Missionsgesellschaft,  1893.  53.  —  Derselbe  in  M  J,  1893 
85.  —  Seidel,  in  ZA,  1897,  161. 

3)  Fritsch,  3  Jahre,  338;  vgl.  Schurtz,  Speiseverbote,  24,  Anm.  30. 

")  Labat,  I,  297.  —  Falkenstein,  I,  217. 

')  Spieth.  in  M  J,  1893,  86. 

")  V.  HöHNEL,  in  PM  E.  IC.  22, 
TT     '1  HoLUB,   in  ZE,   XXV,  197.  —  Fhitsch,  3  Jahre,  338.  —  Bastian,  Loangoküste,  186;  vgl.  Ratzel, 
11,  42.  —  LippERT,  Kulturgeschichte  der  Menschheit,  420.  —  Livingstone,  Erforschungsreisen.  149. 

')  Skarabäu»   ist   eigentlich   das   in   Stein  geschnitzte  Bild  dieses  Käfers;   doch   wird  auch  der  Käfer 
selbst  so  bezeichnet. 


-    130    - 

von  tierischen  Exlirementen ,  indem  er  aus  dem  Dünger  Kugeln  von  der  Grösse  einer 
Walinuss  oder  eines  Billardballes  formt  und  diese  dann  in  der  Weise  fortrollt,  dass  er 
rückwärtsgehend  den  Ball  mit  den  emporgehobenen  Hinterfüssen  schiebt,  während  er  den 
Kopf  zur  Erde  neigt.  Wo  dieser  Käfer  häufig  vorkommt,  wie  in  Kuruman,  sind  die  Dörfer 
infolgedessen  sehr  reinlich.  Sind  die  Kugeln,  deren  jede  von  einem  Käferpaar  gemeinschaft- 
lich angefertigt  wird,  an  einen  sicheren  und  geeigneten  Ort  mit  weichem  Boden  gerollt, 
so  gräbt  der  Pillendreher  so  viel  Erde  unter  der  Kugel  weg,  dass  sie  völlig  im  Boden 
versteckt  ist,  und  das  Weibchen  legt  dann  je  ein  Ei  in  jede  Kugel,  in  der  die  heran- 
wachsende Larve  genügende  Nahrung  findet,  bis  sie  selbst  für  ihr  Fortkommen  sorgen 
kann.  Der  Käfer  erscheint  kurz  nach  dem  Anfange  der  nassen  Jahreszeit  und  setzt  seine 
Arbeit  fort,  bis  der  Regen  aufhört,  worauf  er  dami  wieder  verschwindet,  i)  Er  wird  2,5 
bis  3  cm.  lang,  ist  schwarz,  wenig  glänzend,  an  Kopf,  Thorax  und  Beinen  schwarz 
gefranst  und  hat  auf  den  Flügeldecken  schwache  Längsrippen ;  die  Larve  ist  dem  Engerling 
ähnlich,  auf  dem  Rücken  grau  gefleckt,  und  hält  sich  bis  zum  nächsten  Jahre 
verborgen. 

BuKCKHARDT,  der  1813/14  Nubien  bereiste,  konstatiert  dort  am  Westufer  des  Nils  das 
Vorkommen  des  Skarabäus;  er  vermutet,  dass  der  Skarabäus-Dienst  der  alten  Ägypter  in 
Nubien-  entstanden  sei,  bringt  aber  keine  Beweise  dafür.  Nach  seinen  Angaben  fürchten 
die  Nubier  den  Käfer,  weil  sie  glauben,  er  sei  giftig  und  vergifte  die  Speisen.  Burckhardt 
meint,  man  könne  dieses  Tier  mit  Recht  als  ein  Sinnbild  der  leidenden  Ergebung  in  den 
Willen  der  göttlichen  Vorsehung  betrachten;  denn  unmöglich  könnten  diese  Käfer  auf  den 
Sanddünen,  auf  denen  sie  sich  aufhalfen,  je  Wassei-  trinken,  und  ihre  Nahrung  müsse 
höchst  kärglich  sein;  man  sehe  sie  jedoch  stets  beschäftigt,  und  sie  arbeiteten  sich  uner- 
müdet  airf  ihren  Wegen  über  den  Sand  fort  2). 

Eine  eigentliche  Verehrung  scheint  dieser  Käfer  ausser  bei  den  Hottentotten  in  Afrika 
nicht  zu  finden.  Von  den  letzteren  berichtet  schon  Peter  Kolbe,  dass  sie  einen  Käfer 
verehren,  dem  sie  Schafe  und  selbst  Ochsen  schlachten;  doch  ist  es  zweifelhaft,  ob  die 
Angaben  Kolbe's  nicht  auf  die  Heuschrecke  zu  deuten  sind,  die  tatsächlich  von  den 
Hottentotten  verehrt  wird.  Allerdings  bestätigt  Peters  neuerdings  den  Skarabäus-Kult  bei 
den  Hottentotten  und  beschreibt  diese  Hottentottengottheit  als  einen  grünen  halbflnger- 
langen  unseren  Schrötern  verwandten  Käfer,  wobei  zu  beachten  ist,  dass  Peters  in  dieser, 
der  altägyptischen  analogen  religiösen  Anschauung  einen  Beweis  für  die  Verwandtschaft 
der  Hottentotten  mit  den  Ägyptern  sehen  will  3).  Hartmann  erwähnt  nach  dem  Bericht 
des  belgischen  Reisenden  Pruyssenaere  den  Gebrauch  des  heiligen  Rüsselkäfers,  „eines 
schön  grünen  in  Süd-Sennar  gemeinen  Skarabäus"  als  Amulett  bei  den  Berta  (am  oberen 
Blauen  Nil)  und  erkennt  darin  den  Pillendreher  der  alten  Ägypter  wieder  4).  Noch  mag  der 
Anschauung  dei-  Kosa  gedacht  werden,  die  den  Mistkäfer  {Uqonqotwane)  aus  ausgekautem 
und  weggeworfenem  Zuckerrohr  entstehen  lassen,  ihm  also  einen  wunderbaren  Ursprung 
zuschreiben  5). 


')  LiviNGSTONE,  Missionsreisen,   I,  57  f.  —   Baker,  257.   —  Fritsch,  3  Jahre,  29  f.  —  Derselbe, 
Süd-Afrika,  I,  219;  vgl.  Klein  und  Thome,  277. 

2)  BURCKHAHDT  ,    40. 

3)  KoLBE,  416,  f.  —  Peters,  291  f.;  vgl.  Waitz,  II,  343.  —  Ratzel,  I,  705  f.  —  Pütz,  II,  582  f. 

*)  Hartmann,  208.  Die  Bezeichnung  Rüsselkäfer  ist  unzutreffend;  die  Rüsselkäfer  bilden  eine  ganz 
andere  Familie,  die  „Curculionidae". 
5)  Kropf,  207. 


VI.  Oidnung:    Kaukerfe,   Geiiid  II  ü  gle  r   {Gymnognniha ,  Orthoptera). 
Gesellige  Kaukerfe   [Orthoptera  gregaria). 
5.  Familie:    Termiten    {Termitina). 

Bastian  berichtet  (nach  d'Uk villi:)  von  einer  Anbetung,  die  in  manchen  Gegenden 
der  Westküste  den  Hügeln  der  Btiglmgs  oder  „weissen  Ameisen"  d.i.  Termiten  gezollt  vpird; 
sie  bezieht  sich  häufig  auf  die  abgeschiedenen  Geister  vornehmer  Häuptlinge,  die  in  solchen 
Nestern  begraben  werden ,  damit  die  als  Reliquien  aufzubewahrenden  Knochen  möglichst 
rasch  und  vollkommen  vom  Fleische  gelöst  werden  i).  Nach  Winterbottom  hält  man  die 
Erdhaufen  der  Termiten  für  Sitze  von  Geistern,  denen  man  opfert;  die  Opfer  gelten  als 
angenehm ,  wenn  die  Termiten  sie  verzehren  2). 

Schreitende  Kaukerfe   {Orthoptera  gressoria). 
7.  Familie:    Fan gsch  )•  ecken    {Mantodea). 

Die  Gottesanbeterin  {Mantis  religiosa) ,  von  den  Busch  Völkern  Cagn  genannt,  geniesst 
von  Seiten  der  Buschmänner  und  vermutlich  auch  der  Hottentotten  eine  ausserordentliche 
Verehrung,  obwohl  Fritsch  Bedenken  dagegen  geltend  macht,  indem  er  meint,  dass  irgend 
welche  abergläubische  Gebräuche  in  zufälliger  Verbindung  mit  irgend  welchen  Tieren  die 
Forscher  veranlasst  hätten,  hieraus  Tierkult  anzunehmen  3).  Leider  fehlen  weitere  Angaben 
in  der  Litteratur,  die  diesen  Fall  eingehender  zu  untersuchen  und  zu  beurteilen  gestatteten. 
Das  Voikommen  der  Mantis  religiosa  konstatiert  Soyaux  ausdrücklich  in  der  Gegend  von 
Mpungu-au-döngo  (portugiesische  Grenzfeste  in  Westafrika),  spricht  aber  von  keiner  Ver- 
ehrung derselben  4). 

Von  manchen  Buschmännern  wird  eine  Raupe  Ngo  verehrt;  sie  wird  angeblich  von 
einem  Geist  bewohnt,  der  gute  .Jagdbeute  zu  spenden  im  stände  ist^). 


Weichtiere. 


Die  Schnecke  wurde  nach  Iserts  Beobachtung  von  den  Mokas  angebetet,  gleichzeitig 
aber  auch  gegessen;  also  scheint  diese  Verehrung  nicht  sehr  tief  gegangen  zu  sein,  oder 
es  handelte  sich  um  ein  Speiseverbot  nur  für  einzelne.  Dass  die  Schnecke  in  Weida 
„Favoritgottheit"  war,  ist  bei  dem  dort  herrschenden  intensiven  Schlangenkult  sehr  unwahr- 
scheinlich (Vgl.  S.  29  unter  Anm.  2))6).  Nach  dem  Glauben  der  Kosa  entstehen  aus  den 
Eiern  der  Schnecken  nicht  wieder  Schnecken,  sondern  Schlangen  7). 


')  Bastian,  Bilder,  181.  ■■')  Vgl.  Klemm,  111,  .S63.  —  Ratzel,  II,  44. 

■■')  Frobenius,  in  „Afrik.a",  V,  241.  — Peitsch,  Eingeborene,  340.  —  VA  1890,  265;  vergl.  Bukkh.\rdt- 
Grundemann,  2.  Abt.,  104.  —  Hartmann,  226  t. 

••)  Soyaux,  II.  53.  '•  Ratzel,  I,  690.  —  Pesch  44. 

«)  Isert,  324.  ')  Kropf,  207. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  17 


132    - 


Zusammenfassender   Überblick. 


Stellen  wir  die  Ergebnisse  unserer  bisherigen  Untersuchungen  in  der  Weise  zusammen, 
dass  wir  für  jedes  einzelne  Tier  die  Gebiete  innerhalb  Afrikas,  in  denen  es  Gegenstand  des 
Kultes  ist,  kartographisch  umschreiben,  so  tritt  die  Frage  auf,  ob  sich  diese  Gebiete  mit 
dem  Verbreitungsbezirke  dfes  betreffenden  Tieres  überhaupt  decken  oder  nicht,  mit  anderen 
Worten:  ob  jedes  Tier,  das  in  Afrika  Verehrung  findet,  in  seinem  ganzen  Verbreitungs- 
bezirke verehrt  wird,  woran  sich  die  weitere  Frage  anschliessen  könnte,  ob  alle  Tiere, 
die  in  Afrika  vorkommen,  verehrt  werden  oder  nicht. 

Dass  die  Beantwortung  der  angedeuteten  Fragen  erheblichen  Schwierigkeiten  begegnet, 
liegt  darin  begründet,  dass  einmal  die  Verbreitungsbezirke  der  Tiere  in  den  meisten  Fällen 
infolge  der  ihnen  zustehenden  Möglichkeit  einer  freien  Bewegung  nicht  scharf  umschrieben 
werden  können,  dass  ferner  unsere  Kenntnis  der  Tatsachen  des  Tierkultes  zum  teil  noch 
recht  lückenhaft  ist,  und  dass  schliesslich  auch  der  Tierkult  nach  Massgabe  der  Völker- 
verschiebungen einer  gewissen  Beweglichkeit  unterworfen  ist  i).  Wir  müssen  uns  deshalb 
hier  auf  die  Andeutung  der  genannten  Umschreibungslinien  im  grossen  und  ganzen  beschrän- 
ken und  in  der  Hauptsache  damit  begnügen ,  die  angeregte  Frage  etwas  genauer  zu  formu- 
liei-en,  wobei  wir  in  erster  Linie  nur  die  Tiere  berücksichtigen  können,  die  einerseits 
möglichst  allgemein  verehrt  werden  und  andererseits  in  der  zoogeographischen  Litteratur 
bereits  übersichtlich  bearbeitet  worden  sind  2). 

Die  folgenden  Ausführungen  schliessen  sich  an  die  beigegebenen  Orientierungs- 
karten (Siehe  Taf.  X)  an. 

Zu  Karte  I.  —  Der  Gorilla  ist  auf  das  Gebiet  zwischen  dem  2.°  N ,  dem  5.°S, 
der  Westküste  und  dem  16."  0  beschränkt.  Er  lebt  vorzugsweise  in  den  heissesten  Wald- 
regionen an  den  Mündungen  des  Ogowe,  Gabun  und  Muni  und  im  Gebirge  Sierra  do  Cristal, 
dringt  aber  nur  ganz  selten  bis  zur  Küste  vor.  Sein  Verbreitungsgebiet  war  früher  ver- 
mutlich grösser  (vgl.  die  Gorillajagd  der  Karthager  unter  Hanno).  Für  diese  Annahme  scheint 
das  Vorkommen  von  Gorillaschädeln  in  Nord-Kamerun  zu  sprechen  (vgl.  S.  93  unter  i)  &  2)), 
wo  lebende  Gorillas  heute  nicht  mehr  getroffen  werden,  vorausgesetzt,  dass  man  die 
erwähnten  Gorillaschädel  als  Jagdtrophäen  betrachten  darf.  Jedenfalls  scheint  dem  häufigeren 
Vorkommen  des  Gorilla  ein  intensiverer  Kult  zu  entsprechen  3). 

Meerkatzen  und  Paviane  sind  fast  über  ganz  Afrika  verbreitet  mit  Ausnahme  des 
Nordostrandes,  die  Meerkatzen  besonders  in  Waldgebieten.  Die  Rolle,  die  beide  im  Kult 
spielen,  ist  demgegenüber  nur  gering *).  Auch  die  weiterhin  angegebenen  Gebiete,  in 
denen  sich  Verehrung  von  (nicht  näher  bestimmbaren)  Affen  findet,  verschwinden  gegen- 
über dem  grossen  Verbreitungsbezii'k  derselben.  Doch  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  z.B.  in 
Senegambien,  dessen  Affenreichtum  besonders  hervorgehoben  wird  5),  auch  Affenkult 
existiert. 


')  Vgl.   Bauthel,   in   ML   1893.   —   Frobenius,  in  PM,  1897,  225  ff.  —  Wundt,  Logik,  II,  2,  S.  453  f. 

»)  KiECHHOFP,  85.  —  Hektwig,  138  f.;  vgl.  Wallace,  I,  43  ff.  —  Wagneb,  Lehrbuch,  I,  603  ff.  — 
Feiedriuh,  90  ff.,  250  ff.,  265  ff. 

')  Bkehm,  I,  60.  —  Lydekkeh,  246.  —  Haauke  und  Kuhnert,  III,  47.  —  &ievers— Hahn,  381.  — 
Allenthalben  sind  zu  diesem  Abschnitt  zu  vergleichen  Mabshalls  Atlas  und  Wallaces  Tabellen. 

4)  BkEHM,   I,    128,   167.  —    LV'DEKKER,  315  f. 

*)  Schmarda,  273. 


-    138    - 

Die  Verehrung  der  Leiiiuriden  scheint  sicli  gegenüber  ihrem  Vorl<ommen  auf  ein 
Miuimum  zu  beschränlcen  i). 

Zu  Karte  II.  —  Die  Feliden  im  ganzen  genommen  sind  über  das  gesamte  Afriica 
verbreitet.  Die  Gebiete  für  die  einzelnen  Arten  hat  Greve  übersichtlich  umschrieben;  doch 
decken  zieh  z.  ß.  seine  Angaben  über  Felis  maniculata  nicht  mit  den  Gebieten,  in  denen 
heute  eine  Katze  verehrt  wird,  die  uns  Felis  maniculata  zu  sein  scheint,  weshalb  wir  die 
Frage  vorläufig  noch  offen  lassen  müssen  2).  Der  Löwe  hat  im  Laufe  der  Zeit  an  Ausbreitung 
verloren;  er  findet  sich  aber  mit  Ausnahme  der  Südspitze  und  des  Nordwest-  und  Nordost- 
randes, sowie  der  engeren  äquatorialen  Gebiete  zwischen  Niger  und  Kongo  noch  heute  in 
ganz  Afrika 3).  Die  Gebiete,  in  denen  er  verehrt  wird,  sind  im  Verhältnis  zu  seiner  Ver- 
breitung sehr  klein.  Der  Leopard,  bez.  Panther  ist  über  ganz  Afrika  verbreitet;  ihm  gesellt 
sich  der  Jagdleopard  {Cynailurus)  zu,  der  vom  Kap  aus  bis  etwa  zum  19.°  N.  gefunden 
wird  •*).  Eine  Verehrung  des  Leoparden  findet  sich  im  Verhältnis  dazu  nur  in  geringer 
Ausdehnung,  dann  aber  meist  über  mehrere  benachbarte  Völker  vei'breitet. 

Zu  Karte  III.  —  Hyänen  kommen,  mit  Ausschluss  von  Ägypten  etwa,  in  ganz 
Afrika  vor  5);  der  Hyänenkult  konzentriert  sich  fast  ausschliesslich  auf  Ostafrika. 

Eletantenkult  trifft  man  nur  an  wenigen  Stellen,  vorzugsweise  in  Ostafrika.  Der 
Elefant  ist  im  letzten  Jahrhundert  allenthalben  stark  zurückgedrängt  worden;  so  liegt  z.B. 
das  Gebiet  des  Elefimtenkultes  der  Kaffern  heute  vollkommen  ausserhalb  des  Verbreitungs- 
bezirkes dieses  Tieres  6). 

Die  Ziege,  dieses  für  Afrika  so  wichtige  Haustier,  ist  ohne  Zweifel  aus  Asien  einge- 
wandei-t.  Die  detaillierten  Angaben  bei  Müller  über  ihr  Vorkommen  lassen  sich  kartogra- 
phisch nur  in  grösstem  Massstabe  wiedergeben  '').  Die  Vei-ehrung  der  Ziege  beschränkt  sich 
auf  wenige  kleine,  von  einander  unabhängige  Gebiete. 

Das   Rind   findet   sich   überall    in    Afrika  8).    Zur  Verbreitung  seines  Kultes  vgl.  S.  16. 

Die  Antilopen  bevölkern  ganz  Afrika  9);  doch  ist  ihre  Verehrung  nur  aus  verhältnis- 
mässig kleinen  Gebieten  bekannt. 

Zu  Karte  IV.  —  Über  die  Verbreitung  der  Flusspferde  wurden  keine  bestimmten 
Angaben  gefunden. 

Die  Verteilung  der  Eidechsen,  die  in  ganz  Afrika  vorkommen,  hat  Palackj-  eingehend 
untersucht.  Es  ist  bemerkenswert,  dass  die  Gebiete,  die  er  als  besonders  reich  an  Eidechsen 
bezeichnet,  auch  Eidechsenkult  aufweisen:    Westafrika,  Südafrika  und  Madagaskar  W). 

Die  weite  Ausdehnung  und  relativ  reiche  Ausgestaltung  des  Schlangenkultes  steht  mit 
der  Verbreitung  und  dem  auffallenden  Wesen  dieses  Tieres  vollkommen  im  Einklang. 

Der  Kult  des  Krokodils  ist  aus  Ägypten  und  seinen  Nachbarländern  verschwunden; 
er  findet  sich  heute  vorzugsweise  an  der  West-  und  Südseite  Afrikas. 


')  Brehm,  I,  271/77.  —  Lydekkee.  316. 

-)  Geeve,  59.  —  Derselbe  in  Z  J,  VI.  68.  —  Kellee,  Haustiere,  81  ff 

')  Pechuel-Loesche  in  Z  J,  III,  705.  —  Geeve,  60  ff.  —  Derselbe  in  Z  J.  VI,  69  ff. 

*)  Bfehm,  I,  461  f.  —  Geeve,  66  ff.  —  Derselbe  in  Z.T.  VI,  74  f.  97.  —  Kleix  und  Thome,  317. 

s)  Brehm.  IT,  6  ff.  —  Geeve,  100  ff.  —  Lvdekker.  321.  —  Sch.marda,  280. 

'S)  Breiim.  III,  11  ff. 

')  Hahn,  Haustiere,  147  ff.  —  Müller,  Wirtschaftstiere,  98  ff.  —  Schmarda,  282.  —  Haacke  und 
KuHNEET,  452.  —  Kellee.  Haustiere,  203  ff. 

»)  Hahn,  Haustiere,  105  ff.  —  Müller,  Wirtschaftstiere,  19  ff.  —  Sievees— Hahn.  101.  —  Klein  und 
Thome,  271  f.  --  Haacke  und  Kuhnert,  449.  —  Pechuel— Loesche,  in  ZJ,  III,  707  f.  —  Keller, 
Haustiere,  116  ff.,  125  ff. 

')  Lydekker,  332.  —  Haackk  und  Kuhnert,  103.  '»)  Palackv,  m  Z  J,  XII,  26/  ff. 


-    134    - 

Auffallend  ist,  dass  die  Bezirke  mit  Eidechsen-  und  Krokodilkult  fast  ausschliesslich 
in  Gebiete  fallen,  in  denen  Schlangenkult  vorkommt. 

Überblicken  wir  die  Reihe  der  Tiere,  für  deren  Stellung  im  Kult  wir  Belege  haben, 
so  ist  zunächst  zu  bemerken,  dass  bis  jetzt,  soweit  die  in  Betracht  kommende  Litteratur 
durchgesehen  wurde,  kein  Tier  gefunden  worden  ist,  dessen  Kultgebiet  sich  auch  nur 
annähernd  mit  seinem  Verbreitungsbezirk  deckt.  Vielmehr  stehen  die  Gebiete  auch  der 
ausgedehntesten  Tierkulte,  so  das  des  Schlangendienstes,  hinter  den  Bezirken  des  Vorkom 
mens  der  betreffenden  Tiere  an  räumlicher  Ausdehnung  erheblich  zui'ück.  Inwieweit  fi-eilich 
bei  dieser  Erkenntnis  der  Umstand  in  Rechnung  zu  ziehen  ist,  dass  wir  über  viele  Völker 
nur  sehr  geringe  oder  noch  gar  keine  Nachrichten  hinsichtlich  ihrer  religiösen  Anschau 
ungen  besitzen,  lässt  sich  zunächst  nicht  sagen.  Jedenfalls  kann  das  Ergebnis  der  vor 
liegenden  Untersuchungen  nur  erst  als  ein  vorläufiges  gelten. 

Ferner  ist  zu  beachten,  dass  die  Gebiete  der  Verehrung  eines  um!  desselben  Tieres  oft 
räumlich  weit  von  einander  entfernt  sind.  Ob  sich  dazwischen  liegende  Lücken  auf  Grund 
späterer  Erfahrungen  und  Foi'schungen  werden  ausfüllen  lassen ,  oder  ob  Völkerwanderungen 
gewisse  Kulte  von  einem  Centrum  aus  nach  anderen  Gegenden  verpflanzt  haben,  ohne  in 
den  durchzogenen  Gebieten  Spuren  zu  hinterlassen,  kann  vorläufig  ebensowenig  entschieden 
werden. 

Am  auffallendsten  ist  wohl  die  Tatsache,  dass  von  einer  Verehrung  mancher  äusserst 
charakteiistischer  Tiere,  wie  der  Giraffe,  des  Schuppentieres,  des  Webervogels,  des 
Strausses,  nirgends,  soweit  wir  sahen,  die  Rede  ist  —  eine  Erscheinung,  die,  wenn  auch 
nur  negativ,  doch  vielleicht  geeignet  ist,  zur  Lösung  des  Problems  von  der  Entstehung 
des  Tierkultes  das  Ihrige  beizutragen. 


ANHANG. 
Tieropfer  bei  den  afril<anischen  Naturvöli<ern. 

Julius  Happel  stellt  in  seiner  Preisschrift  über  die  Anlage  des  Menschen  zur 
Religion  den  Satz  auf:  „Man  will  die  Gottheit  nicht  bloss  erforschen,  man  will  sie 
auch  haben ,  geniessen ,  man  will  duich  die  innigste  Lebensgemeinschaft  mit  ihr  verbunden 
sein,  so  dass  der  Mensch  in  Gott  und  Gott  in  ihm  ist:  das  ist  vornehmlich  die  Aufgabe 
des  Opfers,  Gebets"  i)  Dies  trifft  wie  bei  jeder  Religion,  so  auch  bei  der  der  afrikanischen 
Naturvölker  zu,  und  es  erscheint  deshalb  gerechtfertigt,  in  einem  Anhang  im  Anschluss 
an  den  eigentlichen  Tierkult  das  Tieropfer,  das  sog.  blutige  Opfer,  bei  den  Naturvölkern 
Afrikas  in  seinen  Hauptzügen  zu  chai-akterisieren. 

Die  Zahl  der  zu  opfernden  Tiere  ist  naturgemäss  beschränkt:  es  kann  sich  hier  in  der 
Hauptsache  nur  um  Haustiere  handeln,  da  der  Begriff  des  Oj)fers  stets  das  Moment  der 
Entäusserung  materiellen  Besitzes  von  selten  des  Opfernden  in  sich  schliesst.  Wir  folgen 
in  der  Behandlung  der  in  Betracht  kommenden  Tiei'e  wieder  der  Anordnung  nach  Brehms 
Tierleben. 


Hai'pel,  37;  vgl.  Schuktz,  Volkerkunde,  116.  —  Perty,  Ethnograpiiie  372.  —  Doknee,  292  ff. 


-    135    - 

Die  Katze  dient  als  Opf'eitier  iin  der  Westküste  (Guinea).  Bohnek  beschieibt  einen 
Fall,  in  dem  zum  Zwecke  einer  Krankenheilung  eine  Katze  lebendig  unter  einer  Schüssel 
vor  dem  Eingang  des  Hauses  begraben  wurde.  Ellis  zählt  die  Katzen  untei'  den  Opfer- 
tieren auf,  die  bei  den  Eweern  als  Ersatz  für  frühere  Menschenopfer  von  einer  hohen 
Estrade  herabgestüi-zt  werden  i). 

Der  Hunil.  —  Lichtenstein  berichtet  von  den  Eingeborenen  Südafrikas,  dass  .sie 
Krankheiten  zum  teil  dem  Zorn  gewisser  Wesen  zuschreiben,  die  sie  in  den  Flüssen 
wohnend  glauben ;  zu  ihrer  Versöhnung  wird  ein  vierfüssiges  Tiei-,  oft  ein  Hund,  in  Stücke 
geschnitten  und  ins  Wasser  geworfen  -).  Das  wirksamste  Opfer  der  Ovambo  in  Krankheits- 
fällen ist  das  Hundeopfer  {fombua-mbua),  das  in  Szene  gesetzt  wird,  wenn  ein  vorher 
dargebrachtes  symbolisches  Hundeopfei'  (aus  Bohnen  bestehend)  die  eizürnten  Ahnen  (aasisi) 
nicht  besänftigt  hat.  Dem  Hunde  wird  mit  der  Wurfkeule  der  Schädel  zertrümmert;  einen 
mit  Palmblättern  umwickelten  Stab  taucht  man  in  das  im  Schädel  geronnene  Blut  und 
bestreicht  dann  damit  dem  Kranken  Gesicht,  Arme  und  Beine.  Die  eigentlichen  Opferteile, 
Leber,  Herz  und  Nieren,  werden  in  heisser  Asche  geröstet  und  von  dem  Kranken  gege.s- 
sen,  nachdem  er  den  aasisi  davon  geopfert  hat;  doch  darf  ei'  die  Opferteile  nicht  mit  den 
Händen  berühren,  sondern  nur  mit  den  Zähnen  davon  abbeissen.  Das  Fleisch  des  Hundes 
wird  gekocht,  ein  Teil  davon  geopfert  und  das  Übrige  von  den  Gästen  verzehrt'^).  In  Kaffa 
(nördlich  vom  RudolfSee)  werden  den  Flussgenien  ebenfalls  Hunde  durch  Ertränken  im 
Flusse  geopfert 4).  Bastian  erwähnt,  dass  für  vornehme  Leute  an  der  Westküste  bei  Krank- 
heit Hunde  als  Ersatz  für  die  früher  üblichen  Sklavenopfer  dienen ;  der  betreffende  Hund 
wird  vor  der  Hütte  des  Patienten  eingegraben  und  muss  elend  umkommen  S).  Auch 
Müller,  Bosman  und  Bruns  nennen  die  Hunde  unter  den  Opfertieren  an  der  Westküste 6). 
Hierbei  ist  auf  die  Bemerkung  Monrads  hinzuweisen,  dass  der  Hund  an  der  Westküste 
unheilig  sei  ")■  Schwarze  Hunde  nennt  BERCfHAUs  unter  den  den  Tiergottheiten  in  Borgu 
jährlich  einmal  darzubringenden  Opfern  ^).  Ebenso  dienen  in  Gäbberi  Hunde,  die  unter 
einer  grossen  Sykomore  (djimes)  geschlachtet  werden ,  als  Opfei-  für  die  Gottheit  ^). 

Dei  Hase  nimmt  nach  Lichtenstein  als  Opfertier  bei  den  Eingeborenen  Süd-Afrikas 
dieselbe  Stellung  ein  wie  der  Hund  lO). 

Das  Pferd.  —  Die  Hova  auf  Madagaskar  pflegten  früher  beim  Tode  ihres  Königs 
einige   der   schönsten   Pfeide  des  verstorbenen  Hellsehers  zu  opfern  in  der  Weise,  wie  die 


I)  BoHNER.  ■242.  —  Ausland.  1891,  571;  vgl.   Bosman,  184. 

-)    LiCHTENSTKIN.    I,    414. 

3)  ScHixz,  315  f. 

")  Paulitschke,  Nordostafrika  .50. 

^)  Bastian,  Bilder,  146;  vgl.  Sanimluny  iiierkwürdigor  Reisen  eil.  Cüun,  1,  105  (nach  der  Schilderung 
eines  hollandischen  Offiziers). 

6)  Miii.LER.  Fetn.  71.  —  Bosman,  184:  vgl.  A  H  R.  IV.  431  —  Brüns,  V,   1.50,  153. 

')  Mü.VBAD,  34. 

')  Bekghaus,  II,  55. 

')  Barth,  1.11,  571;  vgl.  A  E,  VIII,  144.  —  Zn  beachten  ist  die  Notiz  bei  Schweinfurth  (I  299),  dass 
bei  den  Bongo  tote  Hnnde  nicht  begraben  werden  ciinfen,  sondern  aufs  Feld  geworfen  werden,  da  sonst 
die  Saaten  ohne  Regen  bleiben  würden.  —  Vgl.  auch  oben.  S.  15  unter  9). 

'")  Lichtenstein,  I,  414. 


-    136   - 

Sihanaka  noch  heute  bei  Begräbnissen  Rinder  schlachten  (vgl.  S.  145  unter  5)  i).  Pferdeopfer 
laufen  bei  den  Eweern  den  Katzenopfern  parallel  2). 

Das  Kamel.  —  Der  einzige  Fall,  dass  das  Kamel  eine  Rolle  im  afrikanischen  Tierkult 
spielt,  findet  sich  bei  Marno  verzeichnet,  der  von  der  Karamah*)  der  Sudanesen  im  Gebiete 
des  Blauen  und  Weissen  Nils  erzählt,  worunter  eine  Art  Opfer  (Bitt-,  Dank-,  Versöhnungs- 
oder Totenopfer)  zu  verstehen  ist,  das  bei  Geburts-  und  Todesfällen,  bei  Hochzeiten,  vor 
und  nach  Reisen,  bei  grosser  Sterblichkeit  des  Viehes  und  darnach  und  bei  ähnlichen 
Gelegenheiten  von  der  Dorfgemeinde  dargebracht  wird  und  darin  besteht,  dass  man  u.a. 
ein  Kamel  schlachtet  und  das  Fleisch  entweder  verteilt  odei-  verkauft;  Marno  bemerkt  dazu, 
dass  der  ursprünglich  mit  dem  Opfer  verbundene  Sinn  in  Vergessenheit  geraten  sei,  der 
Brauch  aber  sich  aus  der  Heidenzeit  erhalten  habe  ^). 

Der  Bock  ist  das  Schlachttier  bei  dem  sog.  Id-Nerüs-Opfer**)  der  südlichen  Somali, 
wobei  der  Läb-Tanz  aufgeführt  wird,  und  bei  den  Boräna-Galla,  bei  denen  alle  Jahre  im 
Frühling  ein  hervorragender  Häuptling  einen  schwarzen  Bock  als  Opfer  abschlachtet  *). 
Zu  den  Begräbnisgebräuchen  der  Dinka  gehört  es,  einen  Bock  um  das  Grab  zu  führen  und 
dann  in  den  Wald  zu  jagen  s). 

Die  Ziege,  „für  manchen  Negerstamm  fast  das  einzige  Nutztier",  gehört  zu  den 
beliebteren  Opfertieren.  Sie  wird  in  dieser  Hinsicht  teils  in  gewissen  Fällen  ausschliesslich, 
teils  unterschiedslos  neben  anderen  Haustieren  verwendet,  im  letzteren  Falle  vielfach  von 
den  Wohlhabenderen  an  Stelle  des  verbreitetsten  Opfertieres,  des  Huhnes  6). 

Als  Opfergabe  für  die  Gottheit  im  allgemeinen  oder  speziell  für  den  guten  Gott  dient 
die  Ziege  voi-zugsweise  an  der  Westküste  (Togo,  Fernando  Pöo  und  anderwärts)  7),  aber 
auch  im  Osten  bei  den  Galla,  die  ihren  Untergottheiten  Oglia  (männlich)  und  Atete  (weib- 
lich) an  bestimmten  Festtagen  Ziegen  opfern  und  aus  deren  Eingeweiden  die  Zukunft 
lesen  8),  ferner  bei  den  Schill uk  zum  Danke  gegen  Niekam  nach  glücklichem  Kampfe  9), 
sowie  bei  den  Basiba  (in  der  Nähe  von  Bukoba),  deren  Gott  Wamälla  in  Kitöma,  westlich 
von  Ngäramo,  eine  grosse  mnde,  von  einigen  Wächtern  geschützte  Hütte  besitzt,  in  die 
man  ihm  Ziegen  bringt,  um  ihn  günstig  zu  stimmen  lO) ;  dem  Untergott  Mkassa  in  Bukoba 
werden  weisse  Ziegenböcke  geopfert "),  und  in  Bagirmi  schlachtet  man  dem  höchsten 
Wesen  Ziegen  an  einem  heiligen  Pfahl,  der  mit  Blut  bestrichen  wird  i2).  Die  Latuka 
bedürfen   des   Blutes  von  Ziegen,  um  ihre  bösen  Geister  zu  besänftigen;  wird  jemand  von 

')  SiBREE,  265.  —  Pferde  opfert  man  wolil  in  dem  Glauben,  dass  der  Verstorbene  sie  im  Jenseits 
nötig  habe.  -)  Ausland,  1891,  571. 

•)  Kardma  ist  ein  arab.  Wort,  das  auch  wohl  für  „Festmahlzeit"  gebrauelit  wird,   de  Goeje. 

')  Maemo,  201. 
")  Id-Nerüs  bedeutet  „Neujahrsfest"  ('Id  ist  arabisch  =  „^''est",  neuruz  persisch  =  Neujahr),  de  Goeje. 

■*)  Paülitschke,  Nordostafrika,  46  f.  *)  Kaufmann,  130. 

")  Vgl.  Müller,  Wirtschaftstiere,  98.  —  Hahn,  Haustiere,  147. 

')  Müller,  Fetu,  71  ff.  —  Römer,  59.  —  Labarthe,  148.  —  Ceuickshank,  218.  —  Klose,  301.  — 
Baumann,  Fernando  Pöo,  108;  vgl.  A  H  R,  IV,  433.  —  Bruns,  V,  153.  —  Bürk;h.a,edt— Gründemann , 
1  Abt.  57.  -   M  Seh,  V,  148.  —  Bastian,  Mensch,  II,  15. 

')  Paulitschke,  Nordostafrika,  I[,  47.  —  Isenberg,  I,  44;  vgl.  Krapf,  I,  99. 

ä)  Petermann  und  Hassenstein,  in  P  M  E  B,  II,  22. 

">)  Stuhlmann,  726. 

")  Richter,  in  M  Seh,  XII,  97  f. 

'■')  Nachtigal,  II,  685. 


-    137    - 

diesen  im  Traume  belästigt,  so  muss  eine  Ziege  geschlachtet  werden,  mit  deren  Blut  man 
die  Lagerstätte  des  übel  Träumenden,  auch  die  Ecken  seiner  Felder  oder  die  Hörner  seiner 
Tiere  besprengt  i).  Ähnlich  fand  Krapf  bei  den  Abessiniern  die  Gewohnheit,  zur  Abwehr 
böser  Geister  Ziegen  zu  opfern,  und  zwar  mussten  diese  von  roter  Farbe  sein  2).  Die 
Manyema  (westlich  vom  oberen  Tanganyika-See)  haben  geschnitzte  hölzerne  Ahnenbilder, 
denen  sie,  wie  Livingstone  erzählt,  bei  gewissen  Gelegenheiten  Ziegenfleisch  opfern,  das 
dann  von  den  Männern  verzehrt  wird  3). 

Vielfach  werden  Ziegen  zur  Abwendung  von  Krankheiten  geschlachtet.  Die  Waschambaa, 
die  die  Entstehung  einer  Krankheit  der  Schlange  zuschreiben  (vgl.  S.  122  unter"),  suchen 
diese  durch  ein  Ziegenopfer  zu  versöhnen;  man  beruft  hierzu  einen  besonderen  Priester 
msembezi,  Versöhner),  der  meist  ein  Mpare  ist;  dieser  führt  das  Opfertier  im  Kreise  um 
den  Kranken  herum  und  bittet  dabei  die  Schlange  um  Heilung,  ihr  gleichzeitig  die  Ziege 
als  Sühnopfer  anbietend;  Kopf  und  Knochen  der  Ziege  werden  gekocht  und  mit  einigen 
Zutaten  der  Schlange  geweiht*).  Die  Ovambo  opfern  in  Krankheitsfällen  den  erzürnten 
Ahnen  oft  eine  Ziege  {oyula  j'oshikoynbo  =  Ziegenopfer)  &)  (vgl.  S.  140  unter  5)).  Am  Kamerun 
giebt  man  Kranken  die  Halsdrüse  einer  geopferten  Ziege  zu  essen  6).  Von  den  muhamme- 
danischen  Arabern  in  Algier  berichtet  man  übrigens  ebenfalls,  dass  sie  in  schweren  Krank- 
heitsfällen eine  Ziege  opfern,  deren  Fleisch  man  vergräbt,  während  das  Blut  getrunken 
werden  muss  '). 

An  die  Opfer  für  Kranke  schliessen  sich  die  Totenopfer  an.  Die  Wanika  schlachten 
bei  der  Bestattung  eine  Ziege,  geben  dem  Toten  ein  Stück  von  der  Stirnhaut  des  Tieres 
in  die  Hand  und  besprengen  mit  dem  Blute  das  Grab  auf  drei  Seiten ;  das  Fleisch  wird 
unter  die  Anwesenden  verteilt  8).  Die  Waschambaa  und  Wanyamwesi  opfern  beim  Tode 
einer  alten  Frau  eine  Ziege,  deren  Fleisch  gegessen  und  deren  Blut  auf  die  Erde  gesprengt 
wird  9).  Nach  einem  anderen  Berichte  wird  von  den  Waschambaa  bei  jedem  Todesfall  eine 
Ziege  in  einem  mit  Wasser  gefüllten  Mörser  erstickt  und  dem  Geist  des  Verstorbenen 
geweiht,  damit  er  keine  Krankheit  sende;  jeder  der  bei  dem  Totenopfer  Anwesenden, 
auch  die  kleinen  Kinder,  schlägt  mit  der  Hand  auf  den  Kopf  der  Ziege  und  erhält  dann 
aus  dem  Fell  des  geopferten  Tieres  einen  Streifen ,  den  er  um  das  Armgelenk  trägt  w). 
Ist  eine  Familie  der  Wassukuma  nicht  vermögend  genug,  für  einen  Verstorbenen  ein  Rind 
zu  opfern,  so  schlachtet  sie  eine  Ziege  unter  den  gleichen  Ceremonien  wie  S.  143  unter  8) 
augegeben  n).  Die  Wadschagga  führen  eine  Ziege  aus  dem  Besitzstande  des  Toten  um  das 
in  der  Hütte  befindliche  Grab  herum  (dreimal  beim  Tode  eines  Mannes,  viermal  beim  Tode 
einer  Frau) ,  töten  sie  dann  ausserhalb  der  Hütte  durch  Einstechen  eines  Messers  in  die 
Brust,  nachdem  sie  ihr  auf  die  Stirn  gespuckt  haben,  und  schneiden  aus  der  Stirnhaut 
Fingerringe  für  die  Veisammelten ;  einige  Stücke  des  Tieres  werden  den  Geistern  vorgelegt, 


')  Stuhlmann,  801. 
=)  Krapf,  I,  100. 

•■"j  A  E,  vn,  21. 

■•)  JoHAXssES,   in  N  M.   1892.    143:   vgl.   M  J.   XI,  108.  Eine  ähnliche  Sitte  besteht  bei  den  Wapare; 
vgl.  S.  123  unter  '). 
')  ScHINZ.  315. 

«)  Bastian.  Bilder,  146. 
')  Bruns,  vi,  264. 

8)  V.  D.  Deckkn,  I,  216,  vgl.  Schneider,  158.  —  Pl.viz.  254. 

9)  N  M,  1900,  111.  —  V.  Götzen.  83. 
'»)  M  J.  XI.  107  f. 

")  Kollmann.   123. 


-    138    - 

das  Übrige  verzehren  die  Trauernden ;  später  werden  zur  Besänftigung  des  Geistes  am 
Grabe  Ziegenopfer  wiederiiolt  i).  Bei  den  Warangi  ist  die  Ziege  das  Totenopfer  für  alle 
Verstorbenen,  ausgenommen  die  Krieger 2).  Die  Wambugwe  schlachten  beim  Tode  eines 
Angehörigen  eine  Ziege  und  reiben  mit  ihrem  Fett  die  Augen  des  Verstorbenen  ein,  damit 
sein  Geist  die  neugeborenen  Kinder  nicht  sehen  und  ihnen  durch  bösen  Blick  nicht  schaden 
kann  3).  Ziegen  werden  von  den  Sulu  den  Familiengeistern  geopfert*).  An  der  Westküste 
sind  während  der  Leichenfeierlichkeiten  Ziegenopfer  üblich  bei  den  Bube  auf  Fernando  PöoS) 
und  bei  den  Bakwiri^),  in  der  Gegend  um  Buea  in  Kamerun  (hier  werden  die  Ziegen  mit 
in  das  Grab  gelegt)  7),  im  Niger-Delta  S),  bei  den  Akkra^)  und  Mandingo^o),  ebenso  in 
Bagirmi  und  Umgegend,  wo  man  zu  Häupten  und  Füssen  des  Toten  eine  geschlachtete 
Ziege  legt ") ,  sowie  bei  den  Soni-hay  i^).  Die  Wapare  öffnen  nach  Jahresfrist  das  Grab , 
das  sich  in  der  nach  wie  vor  bewohnten  Hütte  befindet;  stellt  es  sich  dabei  heraus,  dass 
dem  Toten  der  Unterkiefer  fehlt,  so  wird  eine  Ziege  geschlachtet  und  ihr  Unterkiefer  zu 
dem  Menschenschädel  gelegt,  damit  „der  Tote  kauen  könne"  und  so  diohendes  Unheil 
abgewandt  wird  i*). 

Neben  den  bisher  genannten  Fällen  bieten  noch  die  mannigfaltigsten  Gelegenheiten 
Veranlassung  dazu,  je  nach  Volkssitte  eine  Ziege  zu  opfern:  Dank  gegen  den  Fetisch- 
priester für  geleistete  Hülfe  während  schwerer  Geburt  bei  den  Bassarileuten  (Togo)i''),  die 
Geburt  eines  Knaben  bei  den  Somali  und  manchen  Danakili^),  Auszug  in  die  Schlacht  bei 
den  Waganda^ö),  gewisse  Feste  bei  den  Aschanti^^),  Vorbeugung  gegen  Feuersgefahi'  am 
TanganyikaSee  18)^  Sühne  für  einen  Mord  am  Nyassa  i^).  Hans  Meyer  erzählt  von  einem 
Friedensvertiag,  den  er  mit  den  Eingeborenen  am  westlichen  Kilimandjaro  schliessen 
musste,  wobei  beide  Parteien  einer  Ziege  mehrfach  auf  die  Stirn  spuckten  und,  nachdem 
der  Ziege  der  Kopf  abgeschnitten  worden  war  („damit  sich  Blut  und  Speichel  nhsche"), 
Ringe  an  den  Mittelfinger  dei-  rechten  Hand  gesteckt  bekamen,  die  aus  der  losgelösten 
Stirnhaut  der  Ziege  geschnitten  wurden  20).  Die  Berta  schliessen  einen  Freundschaftsbund 
in  der  Weise,  dass  die  Beteiligten  die  Hände  in  das  Blut  einer  Ziege  tauchen  und  dann 
einen  blutigen  Händedruck  wechseln  ^i). 

In  Benny  und  auf  Fernando  Pöo  pflegt  man  die  Opfertiere,  so  auch  die  Ziegen,  auf 
dünne    in    den    Boden   gepflanzte   Stöcke   zu   spiessen ,    wo   sie   bleiben,    bis  sie  infolge  der 


')  WiDENMANN,  Sil  P  M  E  H,  129,  49;  vgl.  33. 

■■)  Baümstakk,  in  M  Seh,  XIII,  56;  vgl.  S.  143  unter"). 

■')  Baumann,  Massailaiid,  187. 

"i  Bleek,  im  Ausland,  1857,  744;  vgl.  oben  S.  31,  unter  <>). 

*)  Baumann,  Fernando  Pöo,  97. 

»I  Ausland,  1880,  169:  vgl.  Seidel,  B  K,  III,  195. 

7)  Preuss,  in  M  Soli,  IV  134. 

S)  B.\sTiAN,  Bilder  165;  vgl.  185:  vgl.  Pesch,  82. 

ä)  Steiner,  im  Globus,  LXV,  229. 

'")  Mungo  Park,  324. 

")  Nachtigal,  II,  687:  vgl.  Platz,  345. 

")  Pesch,  93. 

")  N  M,  1892,  51  f.  Das  geheimnisvolle  Verschwinden  des  Unterkiefers  wird  nicht  näher  erklilrt. 

'■•)  Klose,  509. 

'■i  Paulitschke,  Nordostafrika,  47. 

'«)  Ratzel,  II.  46. 

")  BowDiGH,  368  (f. 

'»)  Cameron,  II,  102  ff. 

")  Merensky,  Deutsche  Arbeil.  133. 

•»)  Meyer,  Gletscherfahrtun,  217:  vgl.  Widenmann,  in  PMEH,  129,  35,  —  Volkens,  255,—  Post,  40, 

2')  Post,  39. 


-    139    - 

Verwesung  vollkommen  skelettiert  sind.  Kein  Eingeborener  darf  wagen,  ein  solches  Opfer- 
tier, solange  es  noch  frisch  ist,  wegzunehmen  i).  Ziegenopfer  sind  noch  heute  in  entlegenen 
Gegenden  Madagaskars  üblich  2).  Von  den  Kosa  berichtet  Kropf,  dass  sie  früher  jedes 
Schlachten  eines  Tieres  (Rind  und  Ziege)  als  Opfer  betrachteten:  nachdem  mit  dem  Spiess 
eine  Öffnung  in  den  Bauch  gemacht  worden  war,  wurde  die  Herzarterie  abgerissen;  es 
durfte  kein  Blut  ausströmen  und  zur  Erde  fallen;  dann  wurde  ein  Stück  Fett  aus  der 
Bauchhöhle  genommen  und  ins  Feuer  geworfen,  damit  die  Geister  seinen  Rauch  beriechen 
konnten  ^).  Einen  ganz  ähnlichen  Gebrauch  finden  wir  von  Marno  in  seiner  Schilderung 
eines  Marktes  in  Woad  Medineh,  einer  alten  verfallenen  muhammedanischen  Stadt  am  West- 
ufer des  Bahr  el  Azrak*),  beschrieben:  „An  einer  anderen  Stelle  haben  sich  die  Fleischer 
angesiedelt.  Die  Rinder,  Schafe  und  Ziegen  werden  an  Ort  und  Stelle  unter  religiösen 
Gebräuchen  geschlachtet";  das  Tier  wird  gefesselt  und  mit  dem  Kopfe  nach  Osten  gerichtet; 
unter  dem  Hersagen  einer  Gebetsformel  wird  ihm  die  Kehle  durchgeschnitten,  und  erst 
nach  den  letzten  Zuckungen  wird  die  Zerlegung  vorgenommen ,  nachdem  Kopf  und  Füsse 
abgeschnitten  woi'den  sind  ■*). 

Das  Schaf  wird  als  Opfertier  für  die  Gottheit  genannt  bei  den  Völkern  der  Gold- 
küste, den  Aschanti^)  und  Fan  6),  sowie  bei  den  Bewohnern  der  Volta-Mündung  7) ;  von 
den  Fan  wird  der  Götze  mit  dem  Blute  des  Opfertieres  beschmiert;  an  der  Volta-Mündung 
erhält  der  Fetisch  nur  etwas  Eingeweide.  Die  Eweer  und  die  Leute  von  Bassari  opfern  in 
der  Regel  weisse  Schafe,  zum  teil  als  Ersatz  für  frühere  Menschenopfer  8).  In  Weida  und 
Umgegend  gilt  das  Schaf  für  das  Opfertier  der  Vornehmen  bez.  des  Königs,  das  u.a.  der 
heiligen  Schlange  geweiht  wird,  freilich  nur  nominell,  denn  die  Opfernden  pflegen  das  Tier 
selbst  zu  verzehren  9).  Die  Bube  opfern  ihrem  Geist  Lobe  Schafe  lO).  Die  Hottentotten 
schlachteten  ihrem  Käfergotte  (vgl.  oben  S.  130  unter  3)),  wenn  er  ihre  Niederlassungen 
besuchte,  zwei  Schafe").  In  Ost-  und  Nordost-Afrika  sind  Schafopfer  üblich  in  Bukoba 
(hier  weisse  Tiere  für  Irungu,  den  Jagdgott,  und  Yangomhe,  den  Gott  des  Viehes)  i2),  bei 
den  Bei-tai»),  bei  den  muhammedanischen  Danakil  und  ihren  Nachbarn  ")  und  bei  den  Galla 
(für  Wak,  die  oberste  Gottheit,  sowie  für  Oglia  und  Atete)^^).  In  Bagirmi  (Gäbberi)  i«) , 
Bornu  1')  und  Borgu  i»)  werden  ebenfalls  Schafe  geopfert,  in  Borgu  nur  solche  von  schwar- 
zer Farbe. 


')  KoELER,  in  M  B,  IV,  150.  —  Baumann,  Fernando  Pöü,  109. 

-)    SiBEEE,    341.  ,,  ,         TTT      f^n 

3)  Kropf,  in  V  A,  1888,  45.  Derselbe,  Kosakaflfern,  188;  vgl.  Bastian,  Mensch,  III,  99. 
•)  Bahr  el  Azruk  —  der  blaue  Fluss  (Nil),  de  G-oejk. 
■•)  Mabxo,  147. 

5)  Ausland,  1849,  514. 

6)  Cruickshank,  218. 

')  RÖMEK,   .59. 

s)  Klose,  268,  301,  341  ff.  490.  ,,^         ^  .r    i-o 

«)  BosMAXN,  184,  187.  —  IsERT,  175;  vgl.  Müller,  Fetu,  71.  —  Lababthe,  148.  —  Bkü>Js,  V,  lod.  — 
Bubkhardt-Grundemaxx,  1  Abt.  57. 
'")  Baumann.  Fernando  P6o,  108. 

")  KoLBE,  416  f.:  vgl.  V  A,  1890,  265.  —  Ratzel,  I,  705  f. 
'■-)  Richter,  in  M  Seh,  XII,  98. 
")  Klemm,  III.  362. 
")  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  248. 
'ä)  Krapf,  I,  99,  105. 
'6)  Langkavel,  in  A  E,  VIII,  144. 
")  Pesgh,  93.  '")  Bebghaüs,  55. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  ^S 


-    140    - 

In  Krankheitsfällen  opfern  die  Eweer  ein  Schaf,  das  sie  zu  der  vom  Priester  vorge- 
schriebenen Stunde  an  einem  bestimmten  Orte  für  den  beleidigten  Fetisch  bereitstellen  i). 
Die  Ovambo  pflegen  zur  Besänftigung  der  aasisi,  die  eine  Krankheit  verursachten,  in 
gewissen  Fällen  ein  Schafopfer  {oyula  fonsi)- darzubringen  -)  (vgl.  S.  137  unter  S)).  Bei  den 
Waschambaa  tritt  an  die  Stelle  der  Ziege  in  dem  S.  137  unter  ■*)  beschriebenen  Falle  oft 
ein  Schaf.  Schafe  gelten  als  Expiationsopfer  bei  den  Somali 3)  und  in  Algier*),  (vgl.  auch 
S.  95  unter  ")). 

Den  Toten  werden  Schafe  geopfert  von  den  Fan  und  Akkra  (und  zwar  seit  dem  Verbot 
der  Menschenopfer  durch  die  englische  Regierung)  5)  und  anderwärts  an  der  Goldküste  6),  in 
Yoruba^),  in  Kamerun  (von  den  Bakwiri)  8)  und  in  Adamaua  (von  den  Arnani,  Tengelin 
und  Falli)9),  auch  bei  den  Herero  (vgl.  S.  143  unter  i)),  ferner  von  den  Wassukuma  (alter- 
nierend mit  Ziegen;  (vgl.  S.  137  unter")  bez.  S.  143  unter  lO))  lO)^  den  Wadschagga  ") ,  den 
Wanika  12)  und  den  Wanyaturu,  die  einen  Toten,  dessen  Geist  sich  durch  Sendung  von 
Krankheiten  unangenehm  bemerkbar  macht,  ausgraben  und  mit  einem  Opferschaf  neuer- 
dings beerdigen  iS).  Die  Frauen  eines  verstorbenen  Kikuyu  schlachten ,  sofern  sie  in  mehreren 
Hütten  wohnen,  jede  für  ihren  Gatten  ein  Schaf;  ebenso  wird  beim  Trauermahl  für  einen 
verstorbenen  Jüngling  oder  eine  Jungfrau  ein  Schaf  verzehrt  i*).  Die  Dinka  zünden  nach 
vier  Tagen  über  dem  Grabe  ein  Feuer  an ;  der  Zauberpriester  führt  ein  Schaf  um  das  Grab 
herum,  worauf  die  Leidtragenden  das  Tier  langsam  ersticken,  indem  sie  sich  daraufsetzen, 
oder  es  in  den  Wald  jagen  und  den  wilden  Tieren  zur  Beute  überlassen  i^)  (vgl.  S.  13ö 
unter  5)).  Es  sei  hierbei  auf  ein  auf  Madagaskar  gebi-äuchliches  Sühnopfer  {Fäditra)  hinge- 
wiesen ,  bei  dem  ein  Mann  ein  Schaf  auf  die  Schultern  nimmt  und  in  eiligstem  Laufe  v^^eit 
fort  trägt,  im  Dahineilen  alles  Übel  und  Unheil,  das  das  Opfer  hinwegnehmen  soll,  auf 
das  Tier  herabrufend  is). 

Nach  glücklich  überstandener  Krankheit  oder  günstigem  Ausgang  eines  Gottesurteils 
opfern  die  Völker  um  Tete  (hauptsächlich  die  Marutse  und  Mambunda)  ein  Schaf,  dessen 
Blut  sie  als  Libation  für  die  Seele  eines  Verstorbenen  ausgiessen  ").  Die  Akkra  und  Akira 
danken  dem  Gott  der  Erde  für  den  Fund  eines  Goldklumpens  durch  ein  Schafopfer  i^).  Die 
"Wanika  legen  Streitigkeiten  durch  folgende  Ceremonie  (das  sog.  Schaflecken)  bei:  Die 
Beteiligten  bilden  einen  Kreis;  ein  Schaf  wird  um  diesen  herumgeführt  und  um  Beseitigung 
des  Streites  gebeten ;  dann  wird  dem  Tiere  rasch  der  Bauch  aufgeschnitten ,  das  noch 
pulsierende    Herz  herausgenommen   und    mit   Blut,    Exkrementen   und   Kräutern   zu  einer 


')  Herold,  in  M  Seh,  V,  151  f. 

■)  SCHINZ,   315. 

3)  Paulitschke,  Nordostafrika,  47. 

")  Beüns,  vi,  264. 

*)  Cruickshank,  262  f.  —  Steiner  im  Globus,  LXV,  229. 

I>)   MONRAD,   27. 

')  Bastian,  Bilder,  184  f. 

')  Ausland,  1853.  169.  —  Preuss,  in  M  Seh,  IV,  134. 

9)  Passauöe.  500. 

'»)  Kollmann,  123. 

")   VOLKENS,  253  f. 

'•)  BuRKHARDT— Geundbmann,  3.  Abt.  19.  —  Platz  ,  254. 
")  Baumann,  Massailand,  190  f.;  vgl.  hierzu  Platz,  360  f. 
'<)  V.  Höhnel,  in  P  M  B  H,  99,  26;  vgl.  S.  143  unter  ">). 
'5)  Kaufmann.  130;  vgl.  Schneider,  163. 


1» 


)  SiisREE,  342;  vgl.  Platz,  48. 


")  Livi.N'GSTONE,  Missionsreisen,  II,  301. 
"")  Römer,  154;  vgl.  Wuttke,  132. 


-    141    - 

Mischung  verarbeitet,  an  der  jeder  Beteiligte  lecken  muss,  worauf  die  Aussöhnung  voll- 
zogen isti).  Freundschaftsbündnisse  schliessen  unter  Opferung  eines  Schafes  die  Berta2), 
sowie  die  Bafuen  und  Bamunda  (Nordkamerun)  3).  Schafe  opfert  man  in  Aschanti  und 
Darfur  bei  grossen  Nationalfesten  •*) ,  in  Weida  bei  stürmischer  See,  wobei  man  das  Blut 
des  Opfers  ins  Meer  fliessen  lässtS),  bei  den  Warundi  und  Wanyamwesi  gegen  Besessen- 
heit 6),  in  Togo  bez.  bei  den  Eweern  nach  Unglücksfällen  und  bei  der  Priesterweihe  7), 
zur  Verhütung  von  Diebstahl  und  Missernten  »),  bei  den  Herero  nach  dem  Errichten  einer 
neuen  Feuerstätte  9) ,  bei  den  Massai  und  Wakuafl  in  dürren  Zeiten  lO),  bei  den  Wanyam- 
wesi und  Waganda  vor  dem  Auszug  in  den  Kämpft).  (Vgl.  auch  S.  95  unter«),  S.  139 
unter  •*)  und  Marno,  201).  Besonders  zu  erwähnen  ist  der  Brauch  der  Herero,  kurz  nach 
der  Geburt  eines  Kindes  unter  Beobachtung  der  orw^o- Vorschriften  i^)  ein  Schaf  zu  schlachten, 
von  dem  ein  Hinterschenkel  zu  anderweitigen  religiösen  Ceremonien  im  Hause  aufbewahrt 
wird  (vgl.  S.  107  unter  9)  und  S.  144  unter  3)  i3). 

Das  Rind  i*).  —  In  Dahome  werden  dem  Leoparden  als  dem  höchsten  Gott  an 
Stelle  der  früheren  Menschenopfer  jetzt  Stiere  geschlachtet  is).  In  Weida  und  anderwärts 
an  der  Westküste  sind  ebenfalls  Opfer  von  Rindern  für  die  Gottheit  üblich;  sie  werden 
zum  teil  unter  Bäumen  dargebracht,  die  man  für  Wohnungen  der  Götter  hält;  das  Opfer- 
blut wird  an  die  Wurzeln  gegossen  und  an  die  Zweige  gesprengt,  Haut  und  Hörner  der 
geweihten  Tiere  werden  auf  die  Äste  gehangen  i6).  Die  Eweer  schlachten  ihrem  Gott 
Nyikplä  jährlich  einen  Ochsen  als  Sühnopfer").  Die  Stiere,  die  dem  Fetisch  in  Gross- 
Bassam  geopfert  werden,  müssen,  wenn  das  Opfer  Erfolg  haben  soll,  vorher  weinen;  dies 
kann  nur  durch  den  Gesang  der  Frauen  erreicht  werden,  die  den  Tieren  gleichzeitig 
Maniokmehl  und  Palmwein  in  die  Augen  spritzen  i«).  Die  Hottentotten  opfern  ihrem 
Käfergott  bisweilen  Ochsen  i9).  Bei  den  Kaffern  soll  es  vorkommen ,  dass  zu  opfernde 
Ochsen  lebendig  verbrannt  werden  20).  in  Deutsch-Ostafrika  ist  das  Opfern  von  Rindern 
fast  allgemein  üblich.  In  Bukoba  weiht  man  dem  Jagdgott  Irungu  und  Mkassa,  dem 
Untergott  (Katikiro)  im  Geisterreiche  Wamaras,  der  obersten  Gottheit,  weisse  Rinder, 
Mkassa   namentlich   dann,  wenn   er  durch   Blitzschlag   Rindvieh   getötet  hat,    um  ihn  zu 


1)  BuBKHARDT— Gründemann,  3.  Abt.,  18  f.  —  Baumgarten.  347;  vgl.  „Afrika".  I,  83. 
■)  Post.  39. 

')  HUTTER.  438;  vgl.  450. 
<)  BowDicH.  368  ff.:  vgl.  Waitz,  II,  198. 
")  Bruns,  V,  154. 
«)  Baumann,  Massailand,  223,  235. 
')  Z  E  1902.  209.  M  J,  1893.  88. 

«)  Hebold,  in  M  Seh,  V,  147  f.:  vgl.  oben  S.  105  unter  ").  —  Bohner,  95. 
')  A  M,  V,  353:  vgl.  Ausland,  1856,  46. 
1°)  Kkapf,  im  Ausland,  1857,  442. 

")  Ratzel,  II,  46.  —  Richter,  40.  —  Platz,  228.  .        ,     ,     .. 

'■)  Unter  oruzo  (Mehrzahl   otozo)  versteht  man  eine  Gruppe  von  Familien ,  denen  ganz  bestimmte  traai- 
tiouelle  Vorschriften  hinsichtlich  der  Haartracht,   der  Zubereitung  von   I'leischspeisen  etc.  gemacht  sind 

(SCHINZ.   164). 

")  SCHINZ,   167  f. 

'*)  Vgl.  oben  S.  106  Einleitung. 

15)  Ausland.  1852,  47  (nach  Fobbes,  Dahomey  and  the  Dahomans).  _ 

•«)  BuRKHABDT— Geundemann,  1.  Abt.,  57.  —  Bruns,  V,  158,  150;  vgl.  auch  Bohner,  y3,  231,  249. 

>')  ZüNDEL,  in  Z  G  E,  XII,  416. 

18)  Bastian,  Mensch.  III,  102. 

'S)  KoLBE,  416  f.;  vgl.  oben  S.  130  unter '). 

■o)  LifHTENSTEiN ,  I.  413.  —  V  A.  1890,  265. 


-    142    - 

versöhnen  1).  Die  Basiba  schlachten  dem  Wamälla  Ochsen,  wenn  sie  ihn  sich  günstig 
stimmen  wollen  2),  ebenso  die  Massai  (mit  Ausnahme  der  Wakuafl)  ihrem  götthch  verehrten 
Oberzauberer  Mbatyan^  Bei  den  Bari  fand  Maeno  in  den  Gehöften  Baumstämme  (Opfer- 
pfähle), an  denen  Stirnteile  und  Hornzapfen  von  Rindern  hingen  4).  Die  Dinka  opfern 
einen  Ochsen,  wenn  ihr  Schlangengott  sie  besucht 5).  Wak^  Oglia  und  Atete,  die  Gott- 
heiten der  Galla,  erhalten  ebenso  Rinder  zum  Opfer  wie  Niekam,  der  Gott  der  Schilluk, 
nach  glücklich  bestandenem  Kampfe  6),  sowie  der  Nationalgott  der  DanakiP).  Schwarze 
Stiere  werden  den  Göttern  in  Borgu  geschlachtet  8). 

Als  letztes  Hilfsmittel  in  gefährlichen  Krankheitsfällen  opfern  die  Dinka  dem  Teufel 
einen  Ochsen ;  der  Tyet  (Zauberpriester)  nimmt  den  warmen  Kot  aus  den  Eingeweiden 
des  Tieres  und  streicht  ihn  über  den  Körper  des  Kranken;  das  Fleisch  wird  zwischen  dem 
Priester  und  den  Angehörigen  geteilt  9).  Bei  den  Waschambaa  wird  in  denselben  Fällen 
den  Wasimu  (den  Geistern  der  Verstorbenen)  ein  Rind  dargebracht  lO).  Die  Sulu  schlachten 
bei  Krankheit  ein  Rind,  dessen  Fleisch  und  Blut  sie  den  Ama-hlozi  (vgl.  oben  S.  121  unter  ')) 
in  einer  gut  gereinigten  und  verschlossenen  Hütte  eine  Nacht  lang  zur  Verfügung  stellen; 
darnach  wird  das  Fleisch  verteilt,  während  man  die  Knochen  meist  verbrennt  H).  Als 
wirksames  Opfer  für  Kranke  gilt  bei  den  Ovambo  das  Ochsenopfer  {oyula  fongombe).  Handelt 
es  sich  um  ein  krankes  Kind,  so  muss  dieses,  nachdem  man  durch  den  Tierkörper  in  der 
Gegend  des  Herzens  ein  grosses  Loch  gebohrt  hat,  durch  die  Öffnung  hindurchkriechen, 
um  sich  vollständig  mit  dem  Blute  des  Opfers  zu  waschen.  Die  Brust  des  Tieres  wird 
geröstet  und  von  den  Anwesenden  verzehrt  i2).  Bei  den  Ceremonien,  die  die  Negerin 
Algier  zur  Rettung  Schwei'kranker  voi'nehmen,  spielt  das  Opfer  eines  Kalbes  eine  Haupt- 
rolle 13). 

Eine  hervorragende  Stelle  nimmt  das  Rind  als  Opfertier  für  die  Toten  ein  i^).  Fulbe 
und  Mandingo  schlachten  am  Begräbnistage  einen  Ochsen,  den  man  unter  die  Trauer- 
versammlung verteilt  15),  ein  Brauch,  der  sich  auch  anderweit  an  der  Westküste  findet, 
besonders  wenn  es  sich  um  die  Beerdigung  hervorragender  Personen  handelt  '6).  Im  nörd- 
lichen Adamaua  huldigen  die  Tengelin ,  Fall!  und  Arnani  demselben  Brauche  i'^).  Die  Herero 
schlachten  bei  der  Bestattung  eine  Menge  Ochsen  je  nach  dem  Besitzstande  des  Verstor- 
benen; die  Grabstätten  sind  durch  Bäume  mit  gebleichten  Ochsenschädeln  kenntlich.  Die 
zuj-  Opferung  bestimmten  Rinder  {ozongoncljoza),  oft  viele  Dutzende,  aus  den  Lieblingsherden 
des   Toten,   werden   mit  Speeren  erstochen,  nicht  wie  bei  anderen  Gelegenheiten  erstickt. 


')  Richter,  in  M  Seh,  XII,  98. 

=)  Stuhlmann.  726;  vgl.  oben  S.  136  unter  '»). 

ä)  Baumann,  Massailand,  164. 

^)  MO,  1876,  189. 

')  Kaufmann,  127;  vgl.  oben  S.  124  unter  '). 

»)  Keapf,  I,  99,  105.  —  Peteemann  und  Hassenstein  in  P  M  E  B.  IT,  22;  vgl.  Schneidee,  162. 

')  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  248. 

')  Berghaus,  55. 

^)  Kaufmann,  129;  vgl.  Paulitschke,  Sudanländer,  245. 

'»)  Dahlgeün,  in  M  Seh.,  XVI,  229. 

")  Hartmann,  224;  vgl.  Ausland,  1888,  588. 

'=)  SCHINZ,  316  f. 

")  V.  Hellvvald,  Naturgeschiclite,  317  f. 

n)  Vgl.  zu  diesem  Abschnitt  oben  S.  100  unter  '■>). 

")  Doelter  197;  vgl.  Mungo  Park.  324. 

'«)  Cruickshank,  262  f.  -   Wilson.  170. 

")  Passarge,  500. 


-    143    - 

samt  dem  Fell  in  .Stücke  zerlegt  und  dann  als  unrein  weggeworfen;  nur  die  Ovambandjera 
düifen  Fleisch  von  den  ozongoncljoza  essen,  die  anderen  (westlichen)  Hei-ero  nicht.  Die 
Schädel  werden  auf  die  der  Grabstätte  zunächst  stehenden  Bäume  gestecltt.  , Ausser  den 
ozongondjoza  werden  zu  gleicher  Zeit  auch  noch  einige  ozomaze  oder  fette  Ochsen 
geschlachtet,  mit  deren  Fett  sich  die  Trauei-nden  den  Körper  beschmieren  müssen,  und 
deren  Fleisch...  von  den  Anwesenden  an  Ort  und  Stelle  verzehrt  werden  darf"  (Schinz). 
Alljährlich  treiben  die  Herero  die  Rinder  des  Verstorbenen  nach  seinem  Grabe,  klopfen 
dort  an  und  erbitten  sich  unter  Hinweis  auf  seine  geliebten  Ochsen  die  Gunst  des  Toten  i). 
Nach  Ablauf  iler  Trauerzeit  findet  ein  Reinigungsopfer  (Ovemä)  statt,  das  vermutlich  auch 
in  Rindein  besteht 2).  Die  Kaffern  opfern  dem  Toten,  der  sofort  nach  dem  Verscheiden 
unter  die  Familiengötter  aufgenommen  wird,  ein  Rind  oder,  wenn  der  Verstorbene  ein 
Häuptling  ist,  Hunderte  von  Rindern  auf  seinem  Grabe;  von  dem  Sulu-König  Tschaka 
wird  berichtet,  dass  er  beim  Tode  seiner  Mutter  Mnante  über  1000  Rinder  opfern  liess»). 
Die  Völker  zwischen  Rovuma  und  Rufidji  und  die  Wadschagga  suchen  die  Geister  ihrer 
Toten  durch  Opfer  von  Rindern  bei  guter  Stimmung  zu  erhalten*).  Die  Waschambaa 
schlachten  einen  Stier  beim  Tode  eines  ei'wachsenen  Mannes  5),  die  Warangi  beim  Tode 
eines  Kriegers")  und  die  Wanyamwesi  für  den  verstorbenen  Grossvater  (vgl.  oben  S.  137 
unter  10)  *■).  Am  Grabe  eines  Sultans  opfern  die  Wassukuma  ein  Rind,  dessen  Fell  sie  über 
den  Leichnam  des  Häuptlings  breiten;  erst  nachdem  die  Trauerversammlung  das  Fleisch 
des  Rindes  verzehrt  hat,  wird  das  Grab  geschlossen  8).  Die  Wapare  giessen  vor  der  S.  138 
unter  i3)  beschriebenen  Ceremonie  das  Blut  eines  geopferten  Ochsen  in  das  offene  Grab  und 
verbrennen  die  Leber  des  Tieres.  Erscheint  den  Wambugwe  ein  Toter  im  Traum,  so 
fordert  der  Zauberpriester  auf  Befragung  meist  das  Opfer  eines  schwarzen  Stieres,  dessen 
Nabel  im  Grabe  verscharrt  wird  9).  Die  "Wanika  schlachten  bei  der  Bestattung  eine  Kuh 
unter  denselben  Gebräuchen,  wie  sie  S.  137  unter »)  beschrieben  worden  sind.  „Stirbt  ein 
älterer  Kikuyu  oder  eine  seiner  Frauen ,  so  wird  ein  Trauermahl  gehalten  und  hierzu  ein 
Ochse  geschlachtet".  (Die  Kikuyu  wohnen  vom  37."  0.  /  1.°  S.  nach  dem  Südostabhang 
des  Kenia  hin)  lO).  Wohlhabende  Dinka  opfern  beim  Begräbnisse  einen  Ochsen ,  der  von 
den  Beteiligten  verzehrt  wird  ").  Das  Grab  des  Bari  wird  mit  einem  Pfahle  geschmückt, 
auf  den  man  Schädel  und  Hörner  von  Ochsen  steckt  i2).  Bei  den  Galla  schlachten  die 
Kinder  ihren  Eltern  eine  Kuh ,  die  sie  noch  vor  der  Bestattung  verzehren ;  ihre  Toten 
sollen  sie  in   Rindshäute  einwickeln  i^).    Paulitschke   giebt  eine  ausführliche  anschauliche 


'i  Im  Anschluss  hieran  findet  ein  Opfer  von  Ochsen  und  Schafen  statt,  deren  Fleisch  in  symbolischer 
Handhnig  auf  das  Grab  gelegt  und  dann  gegessen  wird  (Schinz,  184i. 

=)  Anderson,  im  Ausland.  18-56,  45.  —  Hahn,  in  Z  0  E,  1869,  495  f.  —  GCrich,  in  M  H,  1891/92, 
117.  —  RiTTNER— L.,  im  Ausland,  1888,  588.  5-  Schinz,  174  f.,  184. 

5)  Casalis.  264.  —  Mkeensky,  im  Ausland,  1875,  668.  —  Rittner— L..  a.a.  0.  —  Kranz.  57.  -  Vgl. 
auch  oben  S.  121  anter  «).  —  Pesch,  51.  —  Ähnliche  Massenmorde  von  Tieren  zu  Totenfeiern  sind  noch 
heute  bei  den  Bakwiri  und  Bakossi  (vgl.  Deutsche  Kolonialzeitung,  1904,  289)  und  bei  den  Balanten 
(DoELTER.  199)  üblich. 

')  V.  Behr,  in  M  Seh.  VI,  83.  —  Widenmann,  in  P  M  E  H,  129,  33. 

=)  Ruccius,  in  N  M,  XIV,  111;  vgl.  oben  S.  137  unter  ">). 

*)  Baumstark,  in  M  Seh,  XIII,  56;  vgl.  oben  S.  138  unter  2). 

')  V.  Götzen,  83;  vgl.  auch  Speke,  I,  244. 

«)  K0LI.MANN,  123. 

9)  Baumann,  Massailand,  187. 

'»)  v.  Höhnel,  in  P  M  E  H,  99,  26;  vgl.  oben  S.  140  unter  '■"). 

")  Kaufmann,  130. 

1;)  Bakee,  69.  —  Vita  Hassan,  I,  46;  vgl.  Platz,  360. 

")  Haktmann,  Abessinien  I.  159. 


-    144   - 

Schilderung  der  Ceremonien ,  die  das  Opfer  eines  Rindes  für  den  Genius  des  Hauses  bei 
den  Danakil,  Galla  und  Somali  begleiten  i).  Bei  den  Bogos  (nördlich  von  Massaua)  schlachtet 
beim  Begräbnisse  und  an  den  folgenden  Tagen  „jeder  der  Verwandten  eine  Kuh  am  Grabe, 
indem  er  ihr  unter  Ausstossung  kriegerischer  Drohungen  mit  einem  Schlage  die  Hintei'- 
beine  abschlägt;  am  nächsten  Sonntage  (die  Bogos  waren  früher  Christen),  dann  am  30. 
Tage,  ferner  nach  6  Monaten  und  am  Jahrestage  wird  in  dem  Hause  des  Verstorbenen 
wieder  eine  Kuh  geschlachtet"  -). 

In  Weida  bedarf  es  des  Opfers  eines  Rindes  durch  den  Oberpriester,  um  die  stürmische 
See  zu  beruhigen  (vgl.  oben  S.  141  unter  5)).  Die  Akkra  und  Akim  opfern  dem  Gott  der 
Erde  einen  Ochsen  zum  Dank  für  einen  besonders  reichen  Goldfund  (vgl.. oben  S.  140  unter  is)). 
Bei  den  Herero  beschliesst  das  Opfer  eines  Ochsen  die  Ceremonie  der  Gründung  einer  neuen 
Feuerstelle  (vgl.  oben  S.  141  unter  9),  und  die  Beschneidungsfeier  wird  bei  ihnen  durch  das 
Schlachten  von  Ochsen  eingeleitet,  deren  linke  Hinterschenkel  —  angeblich  weil  die  Kühe 
von  dieser  Seite  gemolken  werden  —  man  für  späteren  Gebrauch  auf  bewahrt  3)'.  Betschu- 
anen  und  Basuto  opfern  bei  Unglücksfällen  an  den  Gräbern  der  Häuptlinge  einen  schwarzen 
Ochsen,  dessen  Blut  und  Mageninhalt  samt  den  Knochen  auf  die  Gräber  gelegt  wird, 
während  man  das  Fleisch  isst  *).  Basuto  und  Kosa  schlachten  Ochsen  als  Bittopfer,  besonders 
bei  anhaltender  Dürre,  die  Kosa  auch  vor  dem  Auszug  in  den  Kampfs).  Das  Bespritzen 
mit  Galle,  die  einem  lebenden  Kalbe  aus  dem  Leibe  geschnitten  wird,  gilt  bei  den  Sulu 
als  religiöses  Reinigungsopfer  6).  Die  Matebele  feiern  beim  ersten  Vollmond  nach  dem 
Sommer-Solstitium  ein  grosses  Fest;  der  3.  Festtag  ist  der  Tag  des  Opfers:  eine  Herde 
von  2—300  Stück  Hornvieh  wird  bereit  gestellt;  nachdem  man  aus  ihr  die  Opfertiere  aus- 
geschieden hat,  allen  voran  10  ganz  schwarze  fehlerfreie  Ochsen,  werden  diese  von  dem 
Induna  mit  der  Assegai  geschlachtet;  in  einer  Stunde  sind  über  100  Tiere  verblutet.  Das 
Fleisch  wird  an  die  Krieger  für  das  folgende  Festmahl  verteilt,  nur  das  Fleisch  und  Blut 
der  10  fehlerfreien  „heiligen"  Ochsen  wird  in  den  Königskraal  gebracht  und  doi't  zu 
Arzneimitteln  verarbeitet  (vermutlich  dient  es  den  Amasis  oder  „Regenmachern"  zum 
Festmahle)  7).  Um  schweres  Unheil  abzuwenden,  vergräbt  man  in  Ostafrika  wohl  auch 
eine  Kuh  lebendig,  nachdem  man  ihr  die  Augen  mit  schwarzem  Stoff  verbunden  hat»). 
Die  Wanyamwesi  und  Waganda  opfern  schwarze  Stiere  vor  dem  Auszug  in  die  Schlacht  9). 
Die  Agau  (Abessinien)  schlachten  alljährlich  an  der  Nilquelle  (Blauer  Nil?)  eine  Kuh,  ver- 
zehren das  rohe  Fleisch,  den  Kopf  ausgenommen,  und  verbrennen  die  Knochen  lO).  Die 
Bogos  opfern  bei  der  Hochzeit  eine  Kuh  vor  dem  Hause  der  Braut,  deren  Verwandte  das 
Fleisch  verzehren,  Kopf  und  Knochen  aber  sorgfältig  vergraben").  Bei  den  Nubiern  gilt 
das  Opfern  eines  Rindes  als  Regenzauber  i2).    In  Darfur  (vgl.  oben  S.  141  unter  ■*))  und  bei 

')  Paulitschke,  Nordostafrika,  48. 
:)  Hunzinger,  in  Z  A  E,  VII,  334;  vgl.  VI,  108. 
3)  ScHiNZ,  168  f.   -  Vgl.  hierzu  oben  S.  107  unter  '>). 

■")  Ausland  1875,  668  (nach  Merensky);  vgl.  Haetmann,  224  f.  und  Lichtenstein,  I,  420. 
')  Lichtenstein,  I,  417.  —  Endemann,  in  Z  E,  VI,  42.  —  Kranz,  114.  -  Kropf,  191.  —  Haabhofp, 
109;   vgl.  108. 
«)  Kranz,  112 
')  Spillmann,  222. 

8)  N  M,  II,  127. 

9)  Platz,  228;  vgl.  oben  S.  141  unter  n). 
'»)  Bruns,  II,  179. 

")  Hunzinger,  in  Z  A  E,  VU,  332. 
>:)  H  J,  II,  18. 


-    145    - 

den  üroniö  (in  Nonlost-Afrika)  i)  werden  heute  Ochsen  an  Stelle  von  Menschen  geschlachtet, 
und  in  Togo  genügt  heute  das  Blut  eines  Ochsen  zum  Anfeuchten  des  Lehmes  für  die 
Altilre,  die  man  dem  Fetisch  Odente  baut,  während  früher  hierzu  das  Blut  eines  Menschen 
nötig  war-').  Opfer  von  Rindern  können  auch  in  den  S.  136  unter  3)  beschriebenen  Fällen 
eintreten.  Der  Fulup  (am  Gambia),  der  von  Unglück  heimgesucht  oder  von  einer  schlimmen 
Vorbedeutung  bedroht  wird,  befragt  durch  Vermittelung  des  Priesters  seinen  Gott  Bakim 
(Geist)  unter  Opferung  eines  Och.sen  nach  seinem  Willen  3).  Eine  anmutige  Szene,  bei  der 
das  Opfer  eines  Ochsen  wesentlich  ist,  schildei-t  Rebmann  aus  dem  Bura-Gebirge  (in  Ost- 
Afrika)*).  Es  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass  die  Opfer  von  Rindern  auf  Madagaskar 
bei  den  verschiedensten  Gelegenheiten  unter  Beobachtung  besonderer,  komplizierter  Cere- 
monien  eine  gi'osse  Rolle  spielen  S),  —  Zur  Erklärung  der  Mora,  der  Eingeweideschau  bei 
geopferten  Tieren,  speziell  Rindern,  erzählt  Platz,  auf  den  Kardinal  Massaja  sich  stützend, 
dass  die  Oramö  glauben,  ein  ihnen  vor  Zeiten  von  Gott  gesandtes  Buch  sei  von  einer 
Kuh  aufgefressen  worden;  wollen  sie  nun  etwas  aus  diesem  Buche  wissen,  so  müssen 
sie  nur  ein  Rind  schlachten  und  können  dann  aus  dessen  Eiiigeweiden  das  Gewünschte 
herauslesen  ^]. 

Das  Schwein  wird  nur  von  Bosman  als  Opfertier  in  Guinea  genannt,  vielleicht  in 
Zusammenhang  mit  der  S.  119  unter  2)   berichteten  Vertilgung  aller  Schweine  in  Weida  ^. 

Das  Krokodil  bezeichnet  Ellis  als  Ersatzopfer  für  Menschen  beim  Tode  des  Königs 
in  Dahome  *^). 

Das  Huhn  ist  im  allgemeinen  das  verbreitetste ,  aber  geringwertigste  Opfertier,  das 
die  weniger  Bemittelten  darbringen ,  oder  das  den  Göttern  zweiten  Ranges  ges{)endet  wird , 
soweit  nicht  in  einzelnen  Fällen  etwa  besondere  Vorstellungskreise  und  Gedankenreihen 
sich  gerade  an  das  Opfer  eines  Huhnes  anschliessen.  Mithin  ist  das  Huhnopfer  das  häufigste, 
das  sich  wohl  bei  allen  Völkein  findet,  die  einerseits  Tiere  zu  opfern  pflegen  und  anderer- 
seits Hühner  besitzen,  und  das  Vorhandensein  von  Hühnervieh  wird  selbst  bei  den  abge- 
schlossenen Völkern  des  inneren  Afrika  konstatiert  9). 

Die  Mandingo  opfern  den  untergeordneten  Geistern,  denen  Gott  die  Weltregierung 
anvertraut  hat,  von  Zeit  zu  Zeit  ein  weisses  Huhn,  das  sie  an  die  Zweige  eines  Baumes 
hängen  lO).    AI«  Opferspende  für  die  Gottheit  im  allgemeinen  werden  Hühner  ferner  genannt 


')  Paulitschke  ,  Nordostafrika  49. 

"■)  Klose,  346;  vgl.  oben  S.  139  unter  '). 

3)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  163. 

<)  V.  D.  Decken,  II,  60  f. 

*)  SiBBEE,  248,  250,  255,  262  f.,  265—271,  305  ff.,  341,  345,  354  ff.  —  v.  Hellwald,  Naturgeschichte, 
337.  —  Pütz,  II,  594:  vgl.  Keller,  Inseln,  70  f.  76.  —  Vgl.  auch  oben  S.  139  unter"). 

«)  Platz,  386  f. 

')  Bosman,  184:  vgl.  Fkobenius,  Weltanschauung,  63,  65. 

9)  Paulitschke,  im  Ausland,  1891,  671  (nach  Ellis). 

')  Frobeniüs,  Weltanschauung,  44  f..  47,  49.  —  Sievees— Hahn ,  103:  vgl.  auch  Fbobenius,  in 
„Afrika",  IV,  369.  —  Hahn,  303.  —  Mit  der  weiten  Verbreitung  des  Huhnes  steht  im  Einklang  die 
Häufigkeit  der  Fälle,  in  denen  sich  die  Speiseverbote  mit  ihm  befassen;  vgl.  u.a.  Andree,  Parallelen. 
123;  Bastian,  Fetisch,  54,  53;  Derselbe,  Loangoküste.  I,  185;  Beuns,  V,  153;  Büttikofee,  II,  333; 
Cruickshank,  220;  Güssfeldt,  200;  Hautmann,  Abessinien  159;  Marko.  349:  M  J,  II.  17:  Nachtigal, 
178;  Waitz,  II,  518. 

'»)  Mungo  Paek,  320;  vgl.  Schauenburg,  I,  153.  —  Klemm,  III.  362. 


-    146    - 

in  Berichten  über  die  Aschanti  (für  ihren  Krokodilgott)  i),  die  Eweer  (die  Fetischfigur  wird 
mit  dem  Blute  des  meist  weissen  Huhnes  bestrichen ;  von  allen  Teilen  des  Tieres  wird  ihr 
ein  wenig  vorgelegt),  die  Kunya-  und  Bassari-Leute  2) ,  die  Anhänger  des  Schlangengottes 
in  Weida^),  die  Leute  von  Ardra*),  die  Afo  (zwischen  Benue  und  Niger)  s),  die  Duala^), 
die  Völker  südlich  von  Yakoba  (bei  Kano)7)  und  andere  Völker  Westafrikas  ohne  nähere 
Bezeichnung  8).  Bei  den  Aschanti  wechseln  die  Könige  hinsichtlich  der  Farbe  der  von 
ihnen  geopferten  Hühner:  der  eine  König  bringt  nur  schwarze,  der  nächste  nui-  weisse 
Tiere  dar.  In  Kete-Kratschi  (Togo)  werden  die  Hühner  auf  Befehl  des  Fetischs  lediglich 
zu  Opferzwecken  gehalten  9).  In  Ostafrika  schlachten  die  Galla  ihren  Göttern  Oglia  und 
Atete  Hühner  10).  Die  Bagirmi  (in  Gäbberi)  opfern  ihre  Hühner  unter  einer  Sykomore  n), 
die  Bewohner  von  Bornu  auf  einem  heiligen  Steine  i2).  in  Abessinien  gilt  die  Opferung 
roter  Hühner  als  Abwehr  gegen  böse  Geister  i3).  Interessant  ist  die  Bemerkung  Zündels, 
dass  bei  den  Eweern  nach  der  Vertieibung  böser  Geister  aus  einem  Oite  alle  Hähne  ver- 
tilgt werden  mü.ssen,  damit  die  Geister  nicht  etwa,  durch  das  Hahngeschrei  geleitet,  den 
Weg  zum  Dorfe  zurückfinden  möchten  i*). 

In  Bonny  binden  sich  Kranke  ein  Hühnchen  auf  dem  Herzen  fest,  damit  die  Krank- 
heit auf  das  Tier  übergehe;  am  Schreien  und  Zappeln  des  Huhnes  bemisst  man  die  Wirkung 
des  Mittels  15).  Hühneropfer  {oiula  j'ondjuyua)  für  Kranke  finden  sich  bei  den  Ovamboi"). 
Die  Basuto  hängen  dem  Kranken  die  Haut  eines  geopferten  Hahnes  um  den  Hals '7).  Das 
Opfern  von  Hühnern  ist  in  Krankheitsfällen  unter  Umständen  nötig  bei  den  Wapare 
(vgl.  oben  S.  123  unter  i),  bei  den  Eweern  i^)  und  bei  den  Negern  in  Algier,  die  bei  dieser 
Gelegenheit  ein  grosses  Opferfest,  Derbdah  genannt,  veranstalten  i^). 

Als  Totenopfer  dienen  Hühner  bei  den  Wanika*"),  im  Nigerdelta  (an  Stelle  früherer 
Menschenopfer)'")  und  bei  den  Eweern,  von  denen  Herold  mit  berechtigter  Ironie  äussert: 
„Es  kommt  auch  vor,  dass  ein  Toter  durch  die  Priester  die  Verwandten  bitten  lässt,  ihm 
ein  Huhn  zu  opfern.  Die  Angehörigen  bringen  alsdann  ein  gekochtes  Huhn  zur  Fetisch- 
hütte,   und    der    Priester   übermittelt   es   dem   Toten;    die   Knochen   des  Huhnes  giebt  der 


')  Klemm,  III,  363,  (nach  Hutton);  vgl.  Wuttke,  62.  —  Ausland,  1849,  514.  -  Vgl.  oben  S.  127  unter ••'). 
■)  Hekold,  in  M  Seh,  V.  1-54.  —  Klose,  268,  301,  342,  490. 
')  Zöller.  Kamerun,  I,  56.  —  Vinson,  16. 
')  A  H  R.  IV,  433. 
^)  Pesch,  92. 

")  Buchholz,  Land  und  Leute,  37.  Derselbe,  Reisen,  145. 
')  Passarge,  497. 

*)  BosMAN,    184,    187.   —  Römer,   59.    ~   Iseet,    175.  —  Labaethe,    148.   —  Cruickshank,    218.   — 
Bastian,  Bilder,  165.  —  Bkuns,  V,  150,  vgl.  156.  —  Burkhardt— Grundemann,  1.  Abt.,  .57. 
")  Klose,  341,  343  f.;  vgl.  auch  Baumann,  Massailand,  223. 

'»)  IsENBERG,    I,   44. 

")  Barth,  III,  571;  vgl.  Langkavel.  in  A  E,  VIII,  144. 

'-■)  Pesch,  93. 

13)  Kbapf,  100;  vgl.  Bastian,  Fetisch,  50;  vgl.  oben  S.  137  unter  2). 

M)  ZüNDEL,  in  Z  ß  E,  XII,  415. 

")  Andres,  Parallellen,  .30  (nach  Bastian);  vgl.  Bohner,  69. 

'«)  ScHi.Nz,  315;  vgl.  üben  S.  137  unter  »)  und  S.  140  unter •■'). 

")  Casalis,  263  f. 

")  Herold,  in  M  Seh,  V,  151;  vgl.  Cruickshank,  218(?). 

")  Ausführlicher  Bericht  in  der  VViener  Abendpost  vom  29.  August  1878,  abgedruckt  bei  v.  Hellwald, 
Naturgeschichte,  316  f.  —  Vgl.  Bruns,  VI,  264.  —  Einen  eigenartigen  Tanz,  den  Kranke  mit  Hühnern  in 
der  Hand  um  ein  Feuer  herum  aufführen,  schildert  Baumann  (,Deutsch-0.stafrika  169,  und  in  P  M,  1889, 
46)  aus  Mrtsinde  (Usambara). 

-'')  Burkhaedt — (trundemann,  1.  Abt.  19. 

■')  Bastian,  im  Ausland  18-59,  820.  Derselbe,  Bilder,  139,  165;  vgl.  Pesch,  62. 


-    147    - 

Priester  den   Verwandten    znrflck  als  Zeichen,  das«  der  Tote  es  mit  gutem  Appetit  geges- 
sen hat"  •). 

Das  Opfer  eines  weissen  Huhnes,  das  mit  einem  Bein  an  einen  bestimmten  Baum 
gebunden  wird,  soll  in  den  Gegenden  am  Senegal  die  Geister  des  Waldes  für  eine  zu 
unternehmende  Reise  günstig  stimmen  '-').  In  Liberia  opfern  kindei'lose  Frauen  ein  weisses 
Huhn,  um  den  auf  ihnen  lastenden  Zauber  zu  heben-').  Als  Bitt-  und  Dankopfer  ist  das 
Huhn  gebräuchlich  an  der  Goldküste  •*)  und  in  Bagirmi  (hier  auch  vor  kriegerischen  Unter- 
nehmungen) •'^).  Die  Eweer  opfern  Hühner  (meist  von  weisser  Farbe),  um  Diebe  und  Gift- 
mOrder  ausfindig  zu  machen  (vgl.  oben  S.  141  unter  8),  oder  in  Unglücksfällen,  wobei  das 
Huhn  nach  Sonnenuntergang  auf  freiem  Felde  geschlachtet  und  in  einen  Topf  mit  geweihtem 
Wasser  getaucht  wird ;  mit  diesem  Wasser  wird  dann  die  vom  Unglück  betroffene  Person 
gewaschen  *^).  Die  Bassari-Leute  bringen  Hühner  dar  bei  schweren,  Miss-  oder  Totgeburten, 
Zwillinge  gelten  ihnen  als  böses  Omen;  Klose  teilt  hierüber  mit:  „Sind  Zwillinge  die 
Erstgeborenen,  so  wird  ein  Kind  behalten,  während  das  andere  in  einen  grossen  Topf  getan 
und  lebendig  begraben  wird  ....  um  gewissermassen  die  Zugehörigkeit  der  Zwillinge  zu 
einander  anzudeuten,  wird  ein  Huhn  geopfert  und  in  zwei  Hälften  geteilt.  Die  eine  Hälfte 
wird  dem  zu  begrabenden  Kinde  mitgegeben ,  die  andere  Hälfte  wird  in  einem  Topfe  neben 
der  Gi-abstätte  des  Kindes  eingegraben.  Dieses  Opfer  soll  gleichsam  den  Fetisch  versöhnen 
und  den  Geist  des  verstorbenen  Kindes  an  die  nahe  Beziehung  zu  dem  lebenden  Zwilling 
erinnern,  damit  er  sich  nicht  an  ihm  rächt','  ').  Bei  dem  Eintritt  in  den  Jevhe-Orden  (Togo) 
haben  die  männlichen  Kandidaten  weisse,  die  weiblichen  weisse  und  schwarze  Hühner  zu 
opfern,  deren  Blut  ihnen  auf  das  Haupt  gegossen  wird«).  Bei  verschiedenen  Geremonien 
der  Bali  (Nord-Kamerun)  spielt  das  Huhn  ebenfalls  eine  Rolle  ").  In  San  Salvador  giebt  der 
Fetisch priester  bei  einer  Eheschliessung  jedem  Gatten  ein  Huhn,  der  eine  muss  es  für  den 
anderen  zubereiten,  bez.  das  für  ihn  zubereitete  essen  '").  Will  bei  den  Völkern  am  Nyassa 
ein  entflohener  Mörder  wieder  in  seine  Heimat  zurückkehren,  so  entledigt  er  sich  nach 
vorangegangenen  anderen  Geremonien  durch  das  Opfer  eines  Huhnes,  das  er  mit  der 
Familie  des  Ermordeten  isst,  des  auf  ihm  ruhenden  Fluches  i^).  Die  Umwohner  um  Tete 
opfern  nach  einer  Krankheit  oder  einer  anderen  Gefahr  der  Seele  eines  verstorbenen  Ver- 
wandten ein  Huhn  •'-').  Am  Tanganyika  werden  Hühner  zum  Schutz  gegen  Feuersgefahr 
geschlachtet,  wobei  kein  Blut  verloren  gehen  darf,  oder  (in  Urua)  bei  Befragung  des. 
Medizinmannes  (Waganga)  ^'^). 

Vielfach  findet  sich   an   der   Westküste  der  Brauch,    die    Hühner  lebendig  an    einen 
Pfahl  zu  binden  und  so  langsam  absterben  zu  lassen  i-*).   Eine  Erläuterung  für  diese  Gepflo- 


')  Herold,  in  M  ScIi ,  V,  155;   vgl.  Ausland  1891,  571.  —  Schneider,  131  f.  —  Junod,  392  ff. 
•-)  Mungo  Pakk  ,  81. 

3)    BÜTTIKOFER,  il,   333. 

*)  Römer,    58,   154.  —   Steiner  im   Globus,   LXV,   231;    vgl.  Wuttke,    132;   vgl.  auch  oben   S.  140 
unter  '«)  und  S.  144. 

»)  Nachtigal,  6«5;  vgl.  Z  G  E,  1873,  342.  —  Pesch,  94. 

")  Zündel,  in  Z  G  E,  XII,  414.  —  Mischlich,  in  Z  E,  1902,  209. 

')  Klose,  509  f. 

s)  SpiETH,  in    M  J,  XII,  86;  vgl.  88.  —  Seidel,  in  Z  A,  1897,  168. 

9)   HUTTEB,    450. 

'")  Bastian,  San  Salvador,  88.  —  Vgl,  auch  Bohner.  89. 

I')  Meeensky,  Deutsche  Arbeit  133;  vgl.  oben  S.  138  unter  "). 

'■-)  LiviNGSTüNK ,  Missionsreisen,  II,  301;  vgl,  Platz,  120.  Vgl.  oben  S.  140  unter  '")• 

>3)  Camekon.  II,  102  ff.  —  Hartmann,  220. 

'<)  IsEBT,  165  f.  —  MoNRAD,  31.  —  BASTIAN,  Bilder,  139,  165. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  19 


-    148    - 

genheit  in  Krankheitsfallen  findet  sich  bei  v.  Hellwald:  je  langsamer  der  Tod  des  Opfers 
eintritt,  je  mehr  es  im  Todeskampfe  leidet,  um  so  annehmbarer  ist  es,  da  sich  das  Leiden 
des  Kranken  um  das  Leiden  des  Opfertieres  mindert  i). 

Eine  wichtige  Rolle  spielt  das   Huhn   in   manchen   Gegenden   Afrikas  als   Orakeltier, 
worüber  Frobenius  sich  schon  ausführlich  geäussert  hat  2).     Wir  vervollständigen  die  von 
Fbobenius  gegebenen  Beispiele  für  die  Westküste  durch  Hinweis  auf  Bastian:  „Die  Leiche 
eines   Verstorbenen   wird   mit  dem   Blut   von   ....  Hühnern   besprengt,    und   der  kopflose 
Rumpf  eines   Huhnes  auf  dieselbe   gelegt.    Schlägt   es   bei   der   Köpfung    lebhaft    mit   den 
Flügeln,  so  gilt  es  als  ein  gutes  Zeichen  für  die  künftige  Wohlfahrt  des  Verstorbenen"  3). 
Für  Ost-Afi-ika  können   wir   uns  der  Vermutung  Frobenius,  dass  dort  das  Hühnerorakel 
zu  fehlen  scheine  mit  Ausnahme  der  Randvölker  des  Viktoria  Nyansa,  anschliessen.  Wollen 
die   Wassukuma  beim   Tode   eines   Menschen   ausfindig   machen,    ob   dieser   oder  jener  der 
Zauberei   (Darm)   schuldig,   d.  h.   Urheber  des   Todesfalles   ist,    so    wird   einem    lebendigen 
Huhn  der  Bauch  aufgeschnitten  und  nach  Befund  der  Eingeweide  die  Schuldfrage  erledigt  ^). 
Die    Warundi   halten   nach   Baumann   die  Hühner   lediglich   zum  Zwecke  des  Orakeins  aus 
ihren    Gedärmen,    die    Wanyamwesi   erforschen    aus   den    Eingeweiden    eines   Huhnes    die 
Ursache   oder   den   Urheber   von    Todesfällen  ^ ).    Ähnliche  Gebräuche   werden   aus  Uganda 
(von    den    Bafumo)'')    und    Bukoba^),    sowie    von    den    Danakil  » )   berichtet.    Der  Bänge- 
Trank»)   ist  auch  in  Unjoro  üblich,   wo  die  Hühner  ebenfalls  nur  für  die  Ceremonien  der 
^Mdiwr  (Doktoren)  gehalten  werden:    ein  schwarzes  Huhn,  in  gewissen  Fällen  ein  weisser 
Hahn,  bekommt  eine  Abkochung  von  einer  Wurzel  zu  trinken;  der  Eintritt  des  Erbrechens 
oder   des   Todes   gibt    die    Entscheidung  i»).    Eine   andere  Form   ist  die,    dass   man  einen 
Hahn  eine  Zeit  lang  unter  Wasser  taucht;  erholt  er  sich  wieder,  so  gilt  dies  als  günstiges 
Zeichen    (so    bei    den   Niam-Niam)  i ').    Das   Hühnerorakel   kann   —   soweit  jetzt    bekannt 
ist  —  als  eine  raumlich  zusammenhängende  Erscheinung  bezeichnet  werden,   die  sich  vom 
Viktoria   Nyansa   und   den   Niam-Niam   an  quer  durch    Afrika    hindurch    bis    zur    Guinea- 
Küste  erstreckt. 

Im  Anschluss  hiei-an  sei  eine  andere  Art  des  Tierorakels  {bifanda-wingdm)  erwähnt, 
die  den  Indikibü,  Yaunde  und  anderen  Stämmen  Südost-Kameruns  geläufig  ist.  Um  über 
den  Ausgang  eines  Unternehmens  oder  über  den  Urheber  eines  Verbrechens  Gewissheit 
zu  erlangen ,  wendet  man  sich  an  den  Medizinmann ,  der  zu  dem  ihm  bekannten  Loch  einer 
bestimmten  grossen  Krabbenart  (bei  den  Yaunde  der  grossen  Erdspinne,  ingam  genannt) 
geht  und  es  mit  Hölzern  oder  Blättern  kreisförmig  umstellt;  Hölzer  bez.  Blätter  sind  mit 
Zeichen    versehen,  denen   der   Medizinmann   eine   bestimmte   Bedeutung  beigelegt  hat,  das 

•)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  317;  vgl.  Koeleb,  in  M  B,  IV,  150  und  oben  S.  138/139  unter  '). 
=)  Frobenius,  in  M  Seh,  Vit,  265/70.   Derselbe,   Weltanscliauung  49  f  o„,„,„^    or, 

')  Bastun,  Bilder,  165;  vgl.  auch  Junkers  Reisen,  [,  502;  II,  262,  282.  313,  455.  -  Stanley,  364.  - 
Berenger— Feraud  ,  236. 
■•)  Kollmann,  105  f. 

5)  Baumann,  Massailand ,  223,  235. 

6)  Richter,  42. 

')  Richter,  in  M  Seh,  XII,  91;  vgl.  101. 
«)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  246. 
•1)  Vgl.  Fkobicnius,  in  M  Seh,  VII,  265. 

''"1  FROBENiuT^n  m'sS;,   VII,  269  f.  -  (Jlobus,  XXI,  132.  -  Vgl.  Casati  ,  1.206  f.  -  Schurtz,  Urge- 
schichte ,  59.  —  Platz  ,  364. 


-    149    - 

Ganze  wird  mit  einem  Gefilss  oder  mit  Pisangblättern  zugedeckt.  Am  nächsten  Morgen 
sieht  man  nach :  das  Tier  hat  dann  das  eine  oder  andere  Holz  bez.  Blatt  in  .sein  Loch 
gezogen,  und  je  nach  der  vorher  hineingelegten  Bedeutung  erkennt  man  daraus  Glück 
oder  Unglück  oder  eine  bestimmte  verdächtige  Person  ').  Noch  anders  verfahren  die  Bakoko 
(Kamerun)  vor  einer  grösseren  Reise:  eine  kleine  Landschildkröte  wird  am  Eingange  des 
Dorfes  auf  den  Weg  gesetzt,  so  dass  ihre  linke  Seite  dem  Dorfe  zugekehrt  ist;  wendet 
sich  die  Schildkröte  vom  Dorfe  weg,  so  ist  dies  ein  gutes  Zeichen;  kriecht  sie  dagegen 
dem  Dorfi^  zu,  so  unterbleibt,  wenn  irgend  möglich,  die  Reise-). 

Die  Erwähnung  der  Taube  als  Opfertier  wurde  nur  einmal  und  zwar  für  die 
Aschanti  gefunden  3).  Ebenso  wird  einmal  angegeben,  dass  die  Mandingo  zur  Besänfti- 
gung der  die  Welt  regierenden  Geister  von  Zeit  zu  Zeit  einen  Schlangen-Kopf  opfern  •*). 
Nach  einer  Notiz  bei  Frobeniüs' bekommt  Obatala,  der  Hauptgott  der  Yoruba,  Schnecken 
zum  Opfer  ^). 

Überblicken  wir  zum  Schluss  die  Opferhandlung  bei  den  afrikanischen  Naturvölkern, 
soweit  sie  das  Tier  betrifft,  als  Ganzes,  so  kommen  wir  zu  dem  Ergebnis,  dass  das 
Wesentliche  und  Kostbare  beim  Opfer  das  Blut  des  dai-gebrachten  Tieres,  nicht  in  erster 
Linie  das  Tier  als  solches  ist«).  Dafür  sprechen  die  Tatsachen,  dass  man  einmal  nicht 
etwa  einen  besonderen  Wert  darauf  legt,  in  einem  bestimmten  Falle  gerade  dieses  oder 
jenes  Tier  zu  opfern  (anders  freilich  verhält  es  sich  mit  der  Beobachtung  gewisser  körper- 
licher Merkmale  des  in  Frage  kommenden  Tieres),  sondern  der  Gottheit  einen  Teil  seines 
Besitzes  weiht  je  nach  Vermögen  und  Veranlassung,  beim  täglichen  Opfer  ein  gering- 
wertigeres Tiei-,  bei  wichtigen  Gelegenheiten  ein  kostbareres  —  und  dass  andererseits  in 
vielen  Fällen  das  Tieropfer  aus  einem  früheren  Menschenopfer  hervorgegangen  ist '').  Der 
Opfergegenstand  ist  also  ein  anderer  geworden,  während  das  Moment  des  Blutvergiessens 
geblieben  ist.  (Gleichzeitig  dokumentiert  sich  hierin  das  Bestreben,  die  wertvollere  Spende 
durch  eine  weniger  kostbare  zu  ersetzen:  Schürtz,  Urgeschichte  586).  Ferner  ist  darauf 
hinzuweisen,  dass  —  wie  viele  Reisende  als  wesentlich  betonen  —  das  Blut  des  geschlach- 
teten Tieres  auf  die  Fetischfigur  gesprengt  oder  (beim  Totenopfer)  auf  bez.  in  das  Grab 
gegossen  wird  »).  Ausser  dem  Blute  erhält  der  Fetisch  meist  nur  die  Eingeweide,  die 
Knochen  oder  die  Federn  (die  oft  mit  dem  Blute  an  die  Götzenfigur'  geklebt  werden), 
zuweilen  das  Fett,  im  günstigsten  Falle  einen  geringen  Teil  vom  Fleische  des  Opfertieres  "); 
mitunter  aber  muss  er  sich  mit  dem  Fettdufte  des  Schlachtopfers  allein  begnügen  lO).    Das 


')  Matüdal  im  Museum  für  Völkerkunde  in  Leipzig.  -  Vgl.  Zenker,  in  MScli,  VIII,  46  f.  —  Hoesemann, 
ebenda,  XVI,  177  f.  —  Schmarda,  276. 

-)  V.  ScHKOPP,  in  B  K,  IV,  .531. 

3)  Ausland,  1849,  514. 

••)  Mungo  Park,  320;  vgl.  Schauenbükg,  I.  153. 

5)  Fkobeniüs.  Weltanschauung,  350.  —  Vgl.  schliesslich  auch  oben  S.  118  ""ter  ■). 

«)  Bastian,  Mensch,  III,  99;  vgl.  Autenrieth,  in  M  J,  XII,  93  f.  -  Ausland,  1891,  570.  —  Vgl.  auch 
ScHURTZ,  Speiseverbote,  30  f.  —  Platz,  332.  -  Schinz,  316  f.  j       m-  ,    r.  f„..  „„v 

')  ScHURTZ,  Speiseverbote,  27;  vgl.  Platz,  171.  311.  Bei  den  Mambettu  werden  Tiere  als  üpfei  nur 
über  den  Gräbern  geringerer  Persönlichkeiten  geschlachtet  (Casati,  I,  162).  ■     ,,  c  i     -ir   i-. 

8)  Cruickshank,  218.  —  Rohlfs.  II,  200.  —  Bastian,  Bilder,  184  f.  —  Herold,  in  M  Seh ,  V  l.o4.  -- 
MiscHLicH,  in  Z  E,  1902,  209  —  v^  d.  Decken,  I,  216.  —  Burkhakdt— Grundemann,  2.Abt.,  ^i-a;  vgl. 
Bruns,  V,  155.  —  Pesch,  92.  —  Palittchke,  Sudanländer,  189. 

')  Römer,  -59;  vgl.  Keller,  Inseln,  76. 

">)  V.  Hellwald,  Naturgeschichte,  248. 


-    150    - 

Fleisch  fällt  entweder  den  Priestern  zu,  die  deshalb  auch  vielfach  das  Tier  bestimmen, 
das  geopfert  werden  soll,  oder  es  wird  von  den  Opfernden  selbst  bei  mehr  oder  weniger 
festlichem  Mahle  verzehrt,  bisweilen  in  Gemeinschaft  mit  den  Priestern  i).  Durch  besondere 
Ceremonien  ausgestattete  Opfermahlzeiten  finden  sich  bei  den  Herero:  Die  Opfertiere 
werden  dazu  nicht  geschlachtet,  sondern  erstickt,  damit  ja  kein  Blut  verloren  gehe;  das 
Fleisch  wird  gekocht;  ein  Stück  davon  zerreist  der  Pi'iester  {Onmrangere)  mit  den  Fingern, 
salzt  es  mit  Asche  und  giebt  jedem  Gaste  (es  dürfen  nur  Männer  teilnehmen)  einen  Bissen 
in  den  Mund ;  darnach  kann  jeder  nach  Belieben  zulangen.  Nur  das  Ehango  (vgl.  oben 
S.  107  unter  9)  und  S.  144  unter  3))  wird  an  einem  heiligen  Orte  aufbewahrt  und  bei  beson- 
ders feierlichen  Gelegenheiten  (Besuch  eines  Häuptlings,  Bundesschliessung)  roh  verzehrt, 
indem  einer  es  dem  andern  vor  den  Mund  hält  und  ihn  ein  Stück  abbeissen  lässt  2).  Die 
Opferhandlungen  der  Kosa  scheidet  Kropf  in  Versöhnungsopfer  (Reinigungsopfer),  Bittopfer, 
Dankopfer,  Stärkungsopfer  und  eine  Art  Huldigungsopfer  :^).  Wieweit  ein  derartiges  System 
auf  die  mannigfachen  Opferhandlungen  anderer  afrikanischer  Naturvölker  anwendbar  ist, 
lässt  sich  vorläufig  nicht  entscheiden,  solange  unsere  Kenntnis  ihrer  Religion  noch  eine 
beschränkte  und  ungleichmässige,  zum  teil  auch  verworrene  ist*).  Das  Opferwesen  der 
nordostafrikanischen  Völker,  das  wir  genauer  kennen,  steht  zu  sehr  unter  dem  Einflüsse 
des  Islams,  als  dass  es  hier  zum  Vergleich  herangezogen  werden  könnte'^). 


IL 

Tierkult   bei   den   alten   Ägyptern. 

Eine  eingehende  systematische  Untersuchung  und  Darstellung  des  ägyptischen  Tier- 
kultes kann  hier  nicht  unsere  Absicht  sein.  Vielmehr  kommt  es  in  diesem  Zusammenhange 
darauf  an,  die  Ergebnisse  der  Forschungen  von  Ägyptologen  und  Religionshistorikern 
hinsichtlich  der  Tierverehrung  in  Ägypten  zusammenzuftissen  und  dann  mit  dem  Tierkult 
bei  den  afrikanischen  Naturvölkern,  soweit  dies  angängig  ist,  in  Parallele  zu  stellen.  Es 
bleibt  nachher  zu  untersuchen,  ob  und  inwieweit  sich  die  in  Frage  kommenden  Gedanken- 
kreise und  Volksanschauungen  etwa  mit  einander  decken  oder  gegenseitig  ausschliessen, 
wobei  zu  ermitteln  wäre,  ob  zwischen  dem  alten  Kulturvolk  der  Ägypter  und  seinen  erst 
in  neuerer  Zeit  in  das  Licht  der  Geschichte  eingetretenen  näheren  und  ferneren  Nachbarn 
ein  Zusammenhang,  mithin  auch  eine  wechselseitige  Beeinflussung  auf  religiösem  Gebiete 
angenommen  werden  darf. 

Eine  übersichtliche  Zusammenstellung  der  einschlägigen  Quellen  von  religionsgeschicht- 


1)  Müller,  Fetu,  72,  74.  —  Mungo  Paek,  324.  —  Klose,  301.  —  Bohnee,  96.  —  Cameron,  II,  102  ff.  — 
V.  EoHDEN.  in  A  M,  V,  353.  —  Pbitsch,  Eingeborene,  341.  —  v.  d.  Decken,  I,  216.  —  Richtee,  m 
MSch,  Xll,  98.  —  V.  Hellwald,  a.a.  0.  —  Burkhardt— Grundemann,  2.  Abt.  177,  246.  —  Vgl.  bcHURTZ, 
Urgeschichte.  586. 

2)  V.  KoHDEN,  in  A  M,  V,  354  f.:  vgl.  Ratzel,  II,  52. 

3)  Kküpf,  188,  ff.  .         ..       .  ,  Q- 

■•)  Es  ist  zu  beachten,  dass  Reisende  unter  Umständen  Ceremonien,  die  einen  ganz  anderen  binn 
haben,  irrtümlich  für  Opferhandlungen  zu  halten  geneigt  sind;  vgl.  z.  B.  Globus,  LXXIII,  231  ff.  und 
LXXXV,  101  ff. 

*)  Vgl.  Paulitsuhke,  Nordostafrika,  46  ff. 


-    151    - 

lichem  Standpunkte  aus  findet  sicli  Ijei  Chantepie  de  la  Saussaye,  verbunden  mit  einer 
Würdigung  ilires  Inlialtes,  und  im  Anschluss  daran  eine  l<urze  Darlegung  der  versciiiedenen 
Ansicliten  über  die  ilgyptisclie  Religion,  also  auch  den  ägyptischen  Tieriiult'). 

„Sobald  man  den  Versuch  macht;,  sich  nach  den  vorhandenen  Darstellungen  der  ägyp- 
tischen Religion  über  die  Ergebnisse  der  modernen  Forschung  zu  orientieien ,  wird  man 
bemerken,  dass  die  Anschauungen  dei-  bewährtesten  Meister  der  Ägyptologie  ausserordent- 
lich divergieren"  ~).  Versuchen  wir  zunächst  einen  Ül)f;rblick  über  den  ägyptischen  Tierkult 
als  gegebenen  zu  gewinnen.  Manche  Tiere  wurden  allgemein  oder  ziemlich  allgemein  verehrt, 
andere  nur  in  einzelnen  Gauen  heilig  gehalten,  in  einzelnen  aber  gehasst  und  verfolgt  3). 
Es  handelt  sich  hierbei  um  die  Verehrung  ganzer  Tiergattungen.  Daneben  steht  der  eigent- 
liche, engere  Tierkultus,  bei  dem  ein  einzelnes,  besonders  ausgewähltes  Tier  der  Gegenstand 
göttlicher  Verehrung  war.  Dieser  Tierkult  reicht  zeitlich  soweit  zurück  als  man  die  Geschichte 
Ägyptens  verfolgen  kann  ■• ).  Die  bis  jetzt  bekanntesten  heiligen  Tiere  waren  der  Stier  Apis 
in  Memphis,  der  Stier  Mnevis  in  Heliopolis  und  der  Widder  (oder  Ziegenbock?)  in  Mondes '). 
PiETSCHMANN  liebt  licrvor ,  dass  die  in  der  Pyramidenzeit  verehrten  Stiei'e  noch  keineswegs 
der  Apis  zu  sein  brauchen,  dass  also  der  Verehrung  des  Stieres  als  Individuum  eine 
Verehrung  der  Stiergattung  vorausgegangen  sein  mag  «).  Eine  hervorragende  Stellung  im 
Kreise  der  ägyptischen  Tiergottheiten  nehmen  ferner  ein  die  Katze,  die  Ebers  als  das 
heiligste  der  von  den  Ägyptern  verehrten  Tiere  erscheint '),  die  Schlange  (von  dieser  beson- 
ders unschädliche  Arten),  das  Krokodil,  der  Skarabäus,  Ibis  und  Sperber,  die  teils  allge- 
mein, teils  in  bestimmten  Bezirken  mit  göttlichen  Ehren  behandelt  wurden.  Möglicherweise 
ist  ein  lokalisierter  Kult  für  jedes  Tier  das  Ursprüngliche,  während  einzelne  Tiere  mit  der 
Zeit  im  ganzen  Lande  die  Stellung  von  Gottheiten  erlangten  ^).  Hieran  schliesst  sich  eine 
lange  Reihe,  ein  vollkommenes  „Pantheon"  von  Tieren,  die  mehr  oder  weniger  der  Gegen- 
stand religiöser  Huldigungen  waren  ■').  Über  die  Art  der  Verehrung  'O)  sind  wir  —  ausge- 
nommen den  Kult  des  Apis  ii)  und  den  des  Krokodils  ^^),  der  von  Hekodot  ähnlich  geschil- 
dert wird  wie  oben  S.  127  zum  teil  nach  Bastian  beschrieben  —  weniger  unterrichtet 
als  über  allerhand  ßegleit-  und  Folgeerscheinungen  der  einzelnen  Kulte  im  öffentlichen  i^) 
und  privaten  '-*)  Leben,  in  Kunst  i^)  und  Wissenschaft  (=  Theologie  bez.  Philosophie;  '«). 


')  Chantepie  de  i-a  Saussate,  I,  91  ff..  102  ff.  (Der  Abschnitt.  iUier  die  Ägypter  ist  von  Lange. 
Kopenhagen,  veifasst).  Vgl.  aueti  Orelli,  107  ff..  130  ff.  —  Xayser,  26  f. 

•)  Für  den  ganzen  folgenden  Abschnitt  sind  zu  vergleichen  Chantepi*:  de  la  Saussaye,  l,  103—112, 
121.  125  und  Orelli,  130—134,  136-138,  155. 

'1  Maspero,  46.  —  [Jhlemann,  II,  202 

■•)  Orelli,  131.  —  Pietschmann,  in  Z  E,  X.  162  ff. 

')  LiNDNEE,  659;  vgl.  Preiss,  239  ff. 

^)  Pietschmann,  a.  a.  0..  —  Vgl.  Kraft,  122. 

')  Vgl.  Brehm,  I,  426  ff,  —  Hahn,  237  ff. 

8)  Vgl.  LiPPERT,  Kultuigesohichte  der  Menschheit,  402. 

ä)  Dappeh,  122  fl.  —  Uhlemann,  II,  202  ff.  —  Lippert.  Priestertuni  436—448.  —  Sepp,  I.  320  ff.  — 
V.  Steaüss  und  Torney,  458.  —  Meyer,  Ägypten,  83  f.  —  Spiegelberg,  in  A  P,  1900.  340  f. 

'»)  Uhlemann,  II.  203  ff. 

")  Stern.  81  f.  —  Meister,  in  A  W,  XIII,  722.  —  Meinehs.  I.  197  ff. 

'2)  Vgl.  Steindorff,  112. 

'■■')  Vgl.  u.a.  Maspero,  46  f.  —  Meyer,  Ägypten,  III,  249  f.  Derselbe,  Altertum,  I,  66  ff.  —  Lippebt. 
Kulturgeschichte  der  Menschheit,  401.  —  Eeman,  II,  375.  —  Kayser,  34.  51.  —  Preiss.  255  f. 

'")  Le  Page  Renouf,  148.  —  Preiss.  255. 

I')  Le  Page  Renouf,  180.  —  Perrot  et  Chipiez,  59  ff.  —  Bastian,  in  Z  E,  I,  161  f.  —  'Stein- 
dorff, 52,  113. 

'6)  Brugsch.  177,  385.  —  Steindorff,  122.  —  Le  Page  Renouf,  220  ff.  —  Kayser,  32  ff.  —  Pbeiss, 
241  ff.  —  Sepp,  I,  318.  —  Vatke.  413  ff.  —  Müller,  Physische  Religion,  376. 


-    152    - 

Dass  man  die  Cadaver  der  heiligen  Tiere  einbalsamierte  und  mumisierte,  ist  uns  aus  den 
zahlreichen  Funden  solcher  Mumien  geläufig.  Lippert  meint,  dass  man  von  einzelnen 
Tieren  (wahrscheinlich  denkt  er  an  solche,  von  denen  keine  Mumien  gefunden  wurden) 
nicht  mehr  v?issen  könne,  „ob  sie  noch  in  lebenden  Individuen  oder  nur  in  Abbildern,  wie 
sie  die  jüngere  Zeit  kennzeichnen,  verehrt  wurden"  i).  (Vgl.  hierzu  z.B.  den  Skarabäus- 
dienst).  Dagegen  melden  uns  die  Berichte  von  vei-schiedenen,  zum  teil  mythischen  Theorien, 
die  schon  die  alten  Ägypter  über  die  Entstehung  bez.  zur  Erklärung  ihres  ihnen  selbst 
unklaren  und  rätselhaften  Tierkultes  aufstellten,  von  denen  jedoch  keine,  soweit  wii- sehen, 
das  Rätsel  auch  wirklich  löst-).  Daraus  ergibt  sich,  dass  die  Anfänge  der  Tierverehrung 
vermutlich  in  eine  Zeit  fallen,  aus  der  keine  Spur  einer  schriftlichen  Überlieferung  vorhanden 
ist,  auch  keine  mündliche  Tradition  in  Form  von  Sagen  und  ähnlichem  existiert  —  nicht 
einmal  für  die  alten  Ägypter,  geschweige  denn  für  uns.  Doch  können  wir  schon  heute 
an  der  Hand  der  uns  zugänglichen  Quellen  mit  einiger  Sicherheit  die  einzelnen  Phasen  der 
Entwickelung  verfolgen,  die  der  ägyptische  Tierkult  in  geschichtUcher  Zeit  durchlaufen  hat. 
Die  älteste  hierher  gehörige  Nachricht  besagt,  dass  Menes,  der  als  erster  ägyptischer  König 
genannt  wird,  den  Kult  des  Apis  und  der  Krokodile  eingeführt  habe.  Mit  grösserer 
Bestimmtheit  wird  Kaieohos  (aus  der  zweiten  Dynastie)  die  Stiftung  des  Apisdienstes  in 
Memphis,  des  Mnevisdienstes  in  Heliopolis  und  des  Widderdienstes  in  Mendes  zuge- 
schrieben 3).  Hierbei  ist  besonders  hervoi'zuheben ,  dass  — •  wrie  Steindorff  bemerkt  —  die 
Kulturentwickelung  der  Ägypter  in  der  Zeit,  da  sie  zum  ersten  Male  mit  ihren  Denk- 
mälern als  historisches  Volk  auftreten,  schon  auf  einer  beträchtlichen  Höhe  angelangt  ist, 
dass  u.  a.  ihre  religiösen  Anschauungen  damals  schon  zu  einem  systematischen  Abschluss 
gekommen  sind  ■*).  An  die  genannten  Tiere  reihten  sich  —  wie  schon  gesagt  —  mit  der 
Zeit  immer  neue  an,  denen  eine  hochgespannte  Phantasie  in  dem  sich  mehr  und  mehr 
ausgestaltenden  Göttersystem  auch  Plätze  anzuweisen  wusste.  In  der  Perserzeit  nimmt 
die  Tierverehrung  „den  vollen  Aufschwung  weit  über  Apis  und  Mnevis  hinaus",  und  in 
dei'  Ptolemäer-  und  Römerzeit  blieb  kein  Tier  „von  einer  kindisch  gewordenen  Frömmigkeit 
verschont"  5).  Es  scheint  also  festzustehen,  dass  der  Tierkult  der  Ägypter,  wie  wir  ihn 
kennen,  das  Erzeugnis  einer  geschichtlichen  Periode  ist  und  zu  einer  Zeit  einsetzte,  da  das 
Volk  bereits  ein  geklärtes  religiöses  System  besass. 

Aus  welchem  Bedürfnis  heraus  wurde  aber  dann  ein  Kult  geboren ,  der  —  neben 
einem  hochentwickelten  philosophisch-theologischen  Göttersystem  herlaufend  —  bei  den 
Griechen  berechtigtes  Staunen  und  bei  den  Römern  ebenso  berechtigten  Spott  hervoi-rief? 
Entweder  vermochte  sich  das  mythologische  Bewusstsein  der  Ägypter  auf  dem  Gipfel  seiner 
Fortentwickelung  wohl  zu  einer  begrifflichen  Gottheit,  wie  sie  im  System  sich  darstellt, 
zu  erheben,  auf  die.sen  Höhen  aber  nicht  zu  erhalten;  man  wollte  die  abstrakt  gedachte 
Gottheit  auch  sinnlich  erblicken  und  griff  deshalb  aus  der  sichtbaren  Umwelt  etwas 
heraus,   das  man  der  Gottheit  als  Sinnbild,   als  Symbol  zugesellte^).  Es  ist  nun  denkbar, 


')  Lippert,  Kultargeschichte  der  Menschheit,  401.  —  Steindorff,  114. 

2)  Lippert,  a. a.  0.  —  Meyer,  Ägypten,  I,  35,  40.  —  Vgl.  Le  Page  Renouf,  7  f.  —  Uhlemann,  II, 
210  ff.  —  ScHURTZ,  Speiseverbote,  10  f.  —  Vgl.  auch  Maspero.  hi  Revue  de  riiistoire  des  religions,  I, 
119,  V,  89. 

=').NiEBUHu,  in  Hühnolts  Weltgeschichte,  III,  589,  6H7.  —  Maspero,  55.  —  Bunsen,  545. 

■*)  Steindorff,  in  der  Realencyklopädie  fih-  protestantische  Theologie  und  Kirche,  3.  Aufl.,  I,  208.  Zeile  54  ff. 

*)  NiKBUHE,  a.  a.  0.  667.   —  Vgl.  Steindorff,  114.  —  Le  Page  Renouf,  221. 

')  V.  Stkauss  und  Tobney,  I,  454  f.  —  Maspero,  45.  —  Pehrot  et  Chipiez,  59  f.  Vgl.  auch  Wundt, 
System,  670. 


-    153    - 

dass  die  Ägypter  in  diesem  Streben,  zumal  sie  besonders  dazu  befähigt  waren,  die  Natur 
zu    beobachten    und    das    Geistige    in    sinnlichen    Erscheinungen    wahrzunehmen'),    eine 
Anleihe   bei   der  sie  umgebenden  Tierwelt  machten,   die  in  ihrem  oft  rätselhaften  Treiben 
und   mit  ihren    geheimnisvollen   Kräften  ihnen   als  Organ  einer  göttlichen  Macht  erschien: 
eine   Anschauung,    die  sich   als   Episode  im  Geistesleben  jedes  Volkes  nachweisen  lässt  2). 
Oder  die  Religion  der  alten  Ägypter  setzt  sich  aus  zwei  Elementen  zusammen,  so  nämlich, 
dass  in  vorhistorischer  Zeit  ein  semitischer  Stamm  aus  Asien  nach  Nordostafrika  eindrang, 
dort  die   einheimische   Negerbevölkerung   unterjochte   und   sich  mit  ihr  vermischte,  worauf 
sich   ein   beide  Völkeielemente  umfassendes  einheitliches  Staatssystem  entwickelte.   In  das 
Streben,  die  Eigenart  beider  Völker  zu  vereinigen,  wurde  auch  die  Religion  hineingezogen; 
das  Bestehende  wurde  beibehalten  und  mit  dem  Bekenntnis  der  Sieger  in  Einklang  gebracht, 
indem  man  den  alteingewurzelten  Tierkult  dem  Polydämonismus  oder  —  wenn  man  schon 
so   weit  vorgeschritten    war  —   Polytheismus  der  Eindringlinge  assimilierte  in  der  Weise,, 
dass    man    gewissen    Gottheiten    gewisse    Tiere   als    ihre   sichtbaren    Repräsentanten,    als 
Symbole  beiordnete.    Hier  würden   die   beiden   angeführten    Hypothesen   zusammenfliessen. 
Hatte  sich   eine  solche  Anschauung,    die  in   dem    im   Tempel  des  Gottes  gepflegten  Tiere 
dessen   Inkarnation   zu   sehen   sich   gewöhnte,  erst  einmal   festgesetzt,   so  entwickelte  sie 
sich   ohne  Rücksicht  auf  ihren  Ursprung  weiter.   Zu  den  einzelnen  heiligen  Tiergattungen 
gesellten   sich   neue;    im   Zusammenhang  mit  den   Lokalgottheiten   entstanden  lokale  Tier- 
kulte;   aus  der  heiligen    Tiergattung    wurde    ein    bestimmtes,    besonders   ausgezeichnetes 
Exemplar   herausgegriffen   als   eigentlicher   Sitz   der   Gottheit   und  mit  einem  Hofstaat  von 
Pflegern   und    Priestern    umgeben,    der   sich   durch   die   wachsende  Zahl   der  Vei-ehrer  des 
betreffenden   Tieres  zu  einer  kleineren  oder  grösseren  Gemeinde  entwickelte,   bis  vielleicht 
schliesslich    einzelne    Tiere    aus    Lokal-   oder   Gaugottheiten    zu    mächtigen    Landesgfittern 
wurden   und   zuletzt,    „als  die  Religion    mehr  und  mehr  an  innerem  Leben  verloren  hatte 
und    das    Volk    sich    lediglich    an    Äusserlichkeiten    klammerte",    wieder   alle   Exemplare 
der  heiligen   Gattungen  als  göttlich   angesehen  wurden  »).   Dass  am  Ende  das  heilige  Tier 
in   einzelnen   Fällen   über  die  ihm   ursprünglich   übergeordnete  Gottheit  als  das  Sichtbare 
gegenüber  dem   Unsichtbaren   das   Übei'gewicht  erlangte,   besonders  bei  dem  urteilslosei'en 
Volke,   ist  denkbar.    Doch    bemerkt    noch  Herodot  ausdrücklich,   dass  man   den   Gott  des 
Tieres,    nicht  aber   das   Tier  des  Gottes  anbetete,    woraus  deutlich  hervorgeht,  dass  der 
Tierkult    ein    späteres    Accidenz   im    religiösen    System   oder   —    wie  Le    Page    Renouf  es 
bezeichnet  —  nicht  Prinzip,   sondern  Consequenz  ist,  wie  denn  überhaupt  die  ägyptischen 
Götter  keineswegs  mit  den  Tieren  identisch  sind,  in  denen  sie  sich  manifestieren,  so  dass 
sich  sogar  die  Angaben  über  die  Gottheit,  die  in  einem  bestimmten  Tiere  zur  Erscheinung 
kommen  soll,   bisweilen  widersprechen  •*).   Ebenso  denkbar  ist  es,  dass,  wie  man  die  Tiere 
ursprünglich   auf  Grund    einer    besonderen    natürlichen    Eigenart   zu    ihren    Gottheiten    in 
Beziehung  setzte  (wie  z.  B.  den  Schakal  als  charakteristisches  Wüstentier  zu  dem  Wüsten- 


1)  Müller,  Ethnographie,  570.  —  Brugsch,  177,  385.  —  Vatke.  417.  —  Pfleidereb,  Religions- 
philosophie, 78.  .„  _ 

•■i)  Meyer,  Ägypten,  34.  —  Vgl.  Le  Page  Re.nouf.  219  f.  —  Lenoemant,  III,  211  f.  —  Brugsch,  a.a.O. 

')  Steindokff",  109,  112  f.  —  Derselbe  in  Realencyklopädie  für' protestantische  Theologie  und  Kirche, 
I,  208.  —  Tiele,  27  f.  —  Meyer,  Ägypten,  33  ff.  —  Lindnee,  661.   -  Vgl.  auch  Schdetz,  Speise  verbot«, 

34,  Anni.  55.  .     „  t^     -t-     ,ß->  «■ 

■■)  V.  Steauss  und  Tobney.  I,  459.  —  Meyee.  Ägypten,  3.5.  —  Pietschmann,  in  Z  E,  X,  162  n.  — 
Maspeeo,  45.  —  Uhlemann^  II,  215.  —  Kraft.  121.  —  MOllee.  Physische  Religion,  271.  —  Wiedemann, 
in  Recueil  de  tiavaux  d'erudition  offert  a  mgr.  Charles  de  Harlez  etc.  372. 


-    154    - 

gott  Anubis  oder  den  Skarabäus  wegen  seiner  schnellen  und  geheimnisvollen  Entstehung  — 
vgl.  oben  S.  129  f.  —  zu  Ptah,  dem  Gott  des  schöpferischen  Anfanges),  späterhin  Tiere 
wegen  irgend  einer  sie  auszeichnenden  Eigenschaft  unabhängig  von  einer  Gottheit  göttlich 
verehrt  wurden  (so  der  Stier  Apis  wegen  seiner  gewaltigen  Kraft  und  Fruchtbarkeit,  den 
man  erst  später  auf  Grund  theologischer  Spekulationen  mit  dem  Lokalgott  von  Memphis, 
Ptah,  in  Zusammenhang  zu  bringen  versuchte,  indem  man  ihn  für  „die  Wiederholung  des 
Ptah"  erklärte)!).  Wieviel  bei  solchen  Entwickelungsgängen  auf  Rechnung  allmählicher 
Umbildungen  in  den  Volksanschauungen  oder  auf  Rechnung  philosophischer  Spekulationen 
der  Priester  zu  setzen  ist,  entzieht  sich  vorläufig  unserer  Beobachtung  '^). 

Somit  erscheint  uns  der  ägyptische  Tierkult  entweder  als  das  Ergebnis  einer  dem 
Bedürfnis  des  Volkes  nach  Anschauung  entsprungenen  übertriebenen  Spekulation,  gegründet 
auf  eine  aufmerksame  Naturbeobachtung,  oder  als  eine  uralte  lokale  Erbschaft,  die  dem 
.Spekulationsbedürfnis  einer  jüngeren,  bereits  zum  Polydämonismus  vorgeschrittenen  Zeit 
willkommene  Symbole  zur  Verfügung  stellte  »).  Im  ersten  Falle  bleibt  zu  erklären,  weshalb 
die  Naturbeobachtung  sich  gerade  auf  die  Tierwelt  konzentrierte,  im  zweiten  Falle,  woher 
der  Ursprung  des  alteingewurzelten  Tierkultes  abzuleiten  ist.  Unternehmen  wir  es,  diesen 
Fragen  näher  zu  treten,  indem  wir  der  Entstehung  des  Tierkultes  überhaupt,  hier  an  der 
Hand  der  Erscheinungen  der  Tierverehrung  in  Afrika  nachzugehen  versuchen. 


2.     KAPITEL. 
Entstehung  und  Entwickelung  des  Tierkultes. 


Der  Versuch,  die  ersten  Beweggründe  zu  entdecken,  die  den  Naturmenschen  bestimm- 
ten, gewisse  Tiere  zu  verehren,  gehört  unstreitig  zu  den  schwierigsten  Aufgaben  der 
Wissenschaft;  gleichwohl  hat  kaum  ein  Problem  der  Mythologie  und  Ethnologie  ein  so 
grosses  Interesse  hervorgerufen  „wie  das  grosse  Fragezeichen,  das  in  der  Weltanschauung 
der  Naturvölker  zwischen  Animalismus  und  Manismus,  zwischen  Tierwertschätzung  und 
Menschenseelenbeobachtung  gemalt  werden  muss  ...  das  Problem  der  heiligen  Tiere"'*). 
„Wir  müssen  uns  dabei  zuerst  vor  dem  sehr  allgemeinen  Fehler  hüten,  für  jeden  religiösen 
Gebrauch  nur  immer  einen  Beweggrund  anzunehmen"  ■'). 

Es  ist  der  Fall  denkbar,  dass  dem  primitiven  Menschen  irgend  ein  Tier,  das  er 
zunächst  vielleicht  gar  nicht  oder  als  sich  gleichstehend  betrachtete  «),  vermöge  einer  es 
besonders  auszeichnenden  Fähigkeit  zum  Gegenstande  des  Aufmerkens,  des  Staunens  wird; 
dies  Staunen  wird  sich  zur  Bewunderung  steigern ,  wenn  die  in  Frage  kommende  Fähigkeit 


')  StEINDORFF,    116.   113  f.    —   HlKSCHFELD,    152   f. 

•■')  Müller,  Ethno^'raphie ,  570. 

')  Vgl.  LiPPEBT,  Knltiirgeschichte  der  Menschheit.  401.  —  Kayser,  36. 
-')  Fbobenius,  Völkerkunde,  184.  —  Müller,  Ursprung  der  Religion,  129. 
')  MüLLEE,  a.  a.  0.  -    Derselbe,   Anthropologische  Religion.  121. 

«)  Frobenius,    in   „Afrika"  1897,    253  f.  352.  —  Waitz,   II,    177.  —  Schültze,   Psychologie,  245.  — 
Frobeniüs,  Völkerkunde,  96  f.  —  Achelis,  375. 


-    155   - 

das  betreffende  Tier  als  dem  Menschen  überlegen  kennzeichnen  i),  zum  Schrecken  aber, 
sobald  sich  die  Kraft  des  Tieres  als  eine  dem  Menschen  feindliche  offenbaren  wird.  Dieser 
wird  jetzt  etwaige  Angriffe  des  Tieres  vermutlich  zurückzuweisen  oder  von  vorn  herein 
von  sich  abzuwenden  trachten;  in  diesem  Streben  aber  ist  von  dem  Versuch,  aus  physi- 
scher Kraft  dem  Tiere  Einhalt  zu  tun,  der  jedoch  in  den  meisten  Fällen  zunächst  miss- 
lingen  wird,  nur  noch  ein  Schritt  zum  Gebet  in  seiner  rohesten  Form  und,  da  auch 
dieses  den  gewünschten  Erfolg  nicht  zeitigt,  ein  weiterer  zum  Opfer  in  seiner  ursprüng- 
lichsten Gestalt:  das  Tier  ist  zur  Erscheinungsform  des  Göttlichen  geworden  -). 

Allein  das  Erstaunen  über  eine  ein  Tier  vor  anderen  und  vor  dem  Menschen  auszeich- 
nende Eigenschaft  an  sich  kann  schon  genügen,  den  Beobachter  zu  seiner  Verehrung  zu 
veranlassen,  so  z.B.  die  aus  der  erfehrungsgemäss  langen  Lebensdauer  der  Schlange  resul- 
tierende Anschauung  von  ihrer  Unsterblichkeit,  also  Göttlichkeit  3). 

Entdeckte  man  an  einem  Tiere  die  Kraft,  ein  anderes  dem  Menschen  schädliches  Tier 
etwa  zu  vertreiben  oder  zu  vernichten  oder  aber  in  andei'er  Weise  sich  dem  Menschen 
dienstbar  zu  erzeigen  (z.  B.  als  Nahrung  spendendes  Nutztier),  so  war  nichts  natürlicher, 
als  dass  der  Mensch,  vorausgesetzt,  dass  er  diese  Handlungsweise  des  Tieres  nicht  als 
eine  selbstverständliche,  sondern  als  eine  von  dem  Belieben  des  Tieres  bez.  —  auf  einer 
schon  geförderteren  Stufe  der  Anschauung  —  des  dem  Tiei-e  einwohnenden  Geistes  abhän- 
gige betrachtete,  ihm  seine  Dankbarkeit  zu  beweisen  und  seine  Gunst  sich  zu  erhalten 
bemüht  wai-,  woraus  wiederum  Opferhandlungen  folgen  mussten  ■* ).  Die  Beobachtung,  dass 
ein  sonst  schädliches  Tier,  wenn  es  durch  Opfei'gaben  gesättigt  war,  relativ  unschädlich 
wurde,  konnte  den  Menschen  in  seinem  Handeln  nur  bestärken  ^j. 

Wurde  der  Mensch  nicht  durch  die  bisher  gekennzeichneten  Beobachtungen  in  Verbin- 
dung mit  reflektierender  Selbstbeobachtung  —  so  nämlich,  dass  er  in  sich  ein  Geistwesen 
wenn  auch  nicht  erkannte,  so  doch  ahnte  •=)  und  darauf  Schlüsse  aufbaute  —  auf  die 
Vorstellung  von  geheimnisvollen  Mächten,  von  Geistern  geführt,  als  deren  ausführende 
Organe  ihm  die  Tiere  erscheinen  mussten  ')  (was  man  aber  in  vielen  Fällen  wohl  als 
gewiss  annehmen  darf),  so  doch  auf  anderem  Wege  sicher  durch  die  Tatsache,  dass 
gewisse  Tiere  die  Leichname  Verstorbener  verzehrten,  also  Seelen  in  sich  aufnahmen,  deren 
Betätigungsweise  der  Mensch  kannte  und  nun  erklärlicherweise  aus  dem  betreffenden  Tiere 
sich  äussernd,  in  dem  Tiere  handelnd  sich  vorzustellen  veranlasst  wurde.  Hieraus  konnte 
sich  dann  der  umfangreiche  Ahnenkult  entwickeln  mitsamt  dem  Totemismus,  den  wir 
nicht  als  Ursache  (wie  M^^lennan)  ^),  sondern  als  Folgeerscheinung  des  Tierkultes  auffassen 
möchten,  da  doch  erst  eine  genügend  begründete  Wertschätzung  und  Verehrung  eines 
Tieres  dem  Menschen  eine  veiständliche  Ursache  dafür  geben  kann,  das  Tier  zum  Stammes- 
symbol  und   zum  göttlich  verehrten  Stammvater  zu  erheben,  und  zwar  musste  er  in  dem 


')  Vgl.  z.  B.  oben  S.  107  unter')   —  Tyloe,  Anfänge,  II,  230  f.  —  Peety,  Anthropologie,  II,  3o8. 

■)  Bastian,  Mensch,  I,  169  ff.  —  Achelis,  375  f.  —  Happel,  159.  —  Dor.ner,  3;8.  —  Vgl.  augh  Wundt, 
System,  663  f.  ^^      ^„ 

')  Peety.  Anthropologie.  II,  85.  —  Lippert,  Kulturgeschichte  der  Menschheit,  11,  403.  —  bCHULTZE, 
Psychologie,  245.  —  Achelis,  376.  —  Vgl.  u.a.  auch  die  Entwickeking  der  Stierverehrung  bei  den  Dinka  und 
ihren  Nachbarn  (oben  S.  106).  '  r,      ,,  ,       -mo 

^)  Vgl.  z.  B.  oben  S.  98  unter  *).  —  Pebeot  et  Chipiez,  66.  —  Waitz.  II,  176.  —  Andbee,  Parallelen,  Ui. 

s)  Bastian,  Mensch,  I,  169  ff.  —  Fkobenius,  Völkerkunde,  187. 

6)  Vgl.  Wundt,  Einleitung,  350,  354.  -  Derselbe,  Psychologie,  368  ff.  —  Dornkb,  60. 

')  Vgl.  Tylor,  Anfänge  II,  197. 

»)  In  Fortnightly  Review  1869/70;  vgl.  Tylor.  Anfänge,  II,  236  ff. 
I.  A.  f.  E.    XVIL  20 


-   156   - 

Tier  das  vollkommenste  beseelte  Wesen  erblicken  i).  Eine  Scheidung  in  gute  und  böse 
Geister  bez.  Tiere  lag  nahe;  eine  dementsprechende  Trennung  der  Opferhandlungen  war 
nicht  nötig,  da  sie  ohne  praktischen  Wert  blieb.  Die  Erfahrung,  dass  ein  und  dasselbe 
Tier  bisweilen  sich  nützlich,  bisweilen  schädlich  erwies,  wie  die  Schlange  (vgl.  oben  S.  113  ff.), 
musste  die  Vorstellung  von  einer  Seele  befestigen,  die  dem  Menschen  bald  wohl,  bald  übel 
gesinnt  war  2).  Die  Erforschung  der  dieser  Erscheinung  zu  Grunde  liegenden  Tatsachen 
war  die  nächste  Aufgabe  für  den  reflektierenden  Menschengeist,  die  aber  bereits  über  den 
Ideenkreis,  in  dem  sich  der  eigentliche  Tierkult  bewegt,  hinausführte. 

Wir  können  uns  weiter  vorstellen,  dass  der  Mensch  irgend  ein  Tier,  das  ihm  zufällig 
beim  Ausbruch  eines  Naturereignisses  entgegentritt,  mit  diesem  in  ursächlichen  Zusammen- 
hang bringt,  also  die  in  der  Naturerscheinung  angestaunte  höhere  Macht  in  dem  Tiere 
verkörpert  sieht  und  es  deshalb  zum  Objekte  seiner  Kulthandlungen  macht  3).  Hieraus  folgt 
dann  später  die  Symbolisierung  von  Naturphänomenen  und  Himmelskörpern  in  Tieren  (so 
z.B.  die  der  schaffenden  Naturkraft  in  der  Schlange:  vgl.  oben  S.  115  unter 6)  und  S.  118 
unter*)  oder  die  der  Fruchtbarkeit  in  dem  Stiere:  vgl.  oben  S.  154  unter  i)).  In  ähnlicher 
Weise  konnte  ein  Tier,  das  zufällig  oder  häufig  in  der  Nähe  von  Grabstätten  gesehen 
wurde  oder  nach  dem  Tode  eines  Familiengliedes  in  die  Wohnung  kam  und  sich  vielleicht 
dort  niederliess,  für  den  Träger  dei-  Seele  des  Verstorbenen  gehalten  und  als  solcher  ver- 
ehrt werden.  Dass  man  bald  bestimmte  Tiere  im  Ahnenkult  (wie  im  Kult  überhaupt) 
bevorzugte,  auch  gewissen  Tieren  die  Leichen  absichtlich  zum  Frasse  vorlegte  (vgl.  oben 
S.  100  unter 9)).  ist  einleuchtend  4).  Ein  einzelnes  Tier,  das  dem  nach  einer  Vorbedeutung 
forschenden,  auf  eine  ihn  bewegende  Frage  Antwort  suchenden  Menschen  plötzüch  auffällt, 
etwa  ein  auffliegender  Vogel,  wird  ihm  zum  Fetisch,  den  er  verehrt,  solange  er  ihm 
wirksam  erscheint;  das  Tierorakel  konnte  von  hier  aus  sich  zu  seinem  umfassenden  Ein- 
flüsse entwickeln,  der  bei  den  geistig  höchststehenden  Völkern  noch  heute  nachklingt. 

Dass  der  Tierkult,  einmal  in  die  Erscheinung  getreten,  eine  divergierende  Entwickelung 
nehmen  musste,  geht  aus  der  psychologischen  Tatsache  klar  hervor,  dass  jeder  Stamm 
die  Tierwelt  unter  anderen  äusseren  Umständen  und  inneren  Gesichtspunkten,  also  anderen 
Voraussetzungen  betrachtete,  dass  ein  unstetes  Volk  ein  Tier  mit  anderen  Augen  ansah 
als  etwa  ein  Jägervolk,  ein  Nomadenvolk  anders  als  ein  ackerbauendes  Volk '^). 

Eine  scharfe  Trennung  zwischen  ausgesprochen  positiver  Verehrung  eines  Tieres  und 
abergläubischer  Furcht  vor  ihm  ist  schon  deshalb  schwer  möglich,  weil  aus  dem  zweiten 
sehr  leicht  das  erste  resultieren  wird.  Jedenfalls  ist  kaum  anzunehmen,  dass  je  ein  Volk 
vollkommen  gleichgültig  an  der  Tierwelt  vorüber  gegangen  sei.  Damit  ist  freilich  noch 
nicht  gesagt,  dass  jedes  Volk  auf  der  gleichen  Altersstufe  sich  dem  Tierkult  zugewandt 
habe;  vielmehr  wird  der  Übergang  von  einer  blossen  Tierbeobachtung  zur  Tierverehrung 
je  nach  der  Volksindividualität  zu  verschiedenen  Zeiten  erfolgt  sein.  Vermutlich  mussten 
die   entscheidenden   Beobachtungen   an    der   Tiei'welt   hier   öfter   gemacht   werden  als  dort, 


8)  AciiELis,  374,  391.  —  Schuetz,  Speiseverbote,  35  ff.  —  Feobbnius,  in  „Afrika",  IV,  367  f.  — 
MüLLEi!,  Anthropologische  Rehgion,  121.  —  Happel,  161.  —  Schultze,  Psychologie,  246.  —  Lippeet, 
Kulturgeschichte  der  Menschheit,  390  ff.  —  Dornee,  60. 

■-)  Vgl.  Bastian,  Mensch,  I,  169  flf. 

3)  Happel,  156  f.  —  Vgl.  Spinoza,  Ethik,  II,  18.  III,  14. 

■•)  Waitz,  II,  177.  —  Spencer,  II,  421.  —  Mullee,  Ursprung  der  Religion,  129.  —  Frobenius, 
Völkerkunde,  I.  133. 

')  Happel,  162.  —  Vgl.  Z  V,  I.  Einleitung  49.  —  Wundt,  Logik,  II,  2,  Seite  448. 


-    157    - 

ehe  sie  den  Fortschritt  von  einer  andeien  (niederen)  Weltanschauung  zu  der  der  Beseelung 
der  Tiere  mit  höheren ,   göttlichen  Wesen  oder  Geistern ,  also  zur  Anerkennung  von  Geist- 
wesen    zur   Folge   hatten   —  ähnlich   wie   Entdeckungen   oder   Erfindungen   oft  mehrmals 
-emacht  werden  mussten,  ehe  sie  einflussreiche  Wendungen  im  Menschen-  und  Völkerleben 
hervoniefen     Auch  muss  nicht  jedes  Volk  notwendig  zu  derselben  Höhe  der  Tieranschauung 
sich  erheben-  gröbere  und  unklare  Vorstellungen  werden  hier  ein  Volk  auf  einer  niedrigeren 
Stufe   der    Zoolatrie   festhalten,    während    dort   eingehende    und    angestrengte    Reflexionen 
-eläuterte    Vorstellungen  erzeugen   werden,   die  sich    über  die  eigentliche  Zoolatrie  hinaus 
bis   zu   einer  Symbolisierung   unsichtbarer  göttlicher  Kräfte  und  Äusserungen   m  dem  Tier 
als   sichtbarem '  Idol   und   schliesslich   zur   Therianthropie   durcliringen   werden.    Wiederum 
wird  von  einer  höheren  Stufe  des  Tierkultes  aus  ein  Rückfall  eintreten  können,  und  einen 
solchen    werden    wir    bei    der   Mehrzahl    aller    Völker,    die    Tiere    verehren,    anzunehmen 
haben-   denn   nichts  ist  einleuchtender,  als  dass  der  Sohn,   der  den   Vater  ein  Tier  aus 
diesem   vielleicht  klar  bewussten  Gründen  mit  göttlichen  Ehren  behandeln  sah,  dies  auch 
tat     wenngleich  schon  mit  geringerer  Klarheit  der  Überlegung  und  des  Bewusstseins,  und 
ohne   sichren    und   ganz   Rechenschaft   über  sein    Handeln   abzulegen;   in   den   folgenden 
Generationen   wird  der  Tierkult  mehr  und  mehr  zur  äusserlichen  Gewohnheit  herabsinken, 
besonders  da,   wo   nicht  nur  eine   Anregung  zur  Selbstkritik  mangeln,  sondern  auch  eine 
selbstsüchtige  Priesterschaft  geflissentlich   unklare   und   unwahre  Anschauungen   in    einem 
stumpfen    Volke    pflegen   wird.    Hier  wird   dann   der  ursprünglich    sinnreiche  Tierkult  zu 
sinnloser     Äusserlichkeit   depraviert,    aus   der    die    zahlreichen    Widersprüche,  ja  zum  teil 
kindischen   Ansichten,   die  sich  in  ihm  finden,  erklärt  werden  müssen,  wie  z.B.  der  Fall, 
dass  man  ein  für  göttlich  geachtetes  Tier  trotzdem  jagt  und  erlegt  und  ihm  dann  einredet, 
man  habe  es  ganz  unabsichtlich  getötet  ')•  ,.     ^      t^  • 

Überblicken  wir  nun  die  Gesamtheit  der  angeführten  Möglichkeiten,  die  den  Keim  zur 
Tierverehrung  in  sich  tragen  können  -  wobei  auf  Vollständigkeit  durchaus  kein  Anspruch 
erhoben  werden  soll  -  und  fragen  nach  dem  ihnen  allen  gemeinsamen  Moment,   nach  der 
Grundidee     die  aus  ihnen    heraus  den  Tierkult  zur  Entfaltung  bringt,  so  scheint  uns  dies 
das   im  Innern   des  Menschen   aufdämmernde   Ahnen  einer  Weltseele  zu  sein:  eine  dunkle 
Vorstellung   sagt   dem    Menschen,    dass  in    der  gesamten   Natur,   ihn  selbst  nicht  ausge- 
schlossen, ein  Etwas  wirksam  ist,  das  er  nicht  unmittelbar  fühlen  oder  fassen,  woh    aber 
mittelbar  sehen  und  beobachten  kann  in  dem  Walten  und  Wirken  der  Natur,   und  dessen 
negative   Seite  ihm   der  Tod   in"  den   verschiedensten    Formen   täglich   greifbar  vor  Augen 
führt    Ein  unbestimmbarer  Drang  in  seinem  Innern  treibt  ihn  zu  dem  Versuch  an,   dieses 
Etwas  zu  fassen  und  zu  erfassen;  er  strebt  nach  Anschauung  dieser  ihm  in  ihrem  Wesen 
unbegreiflichen   Macht;  denn   er   hat  die  mehr  oder  weniger  klare  Empfindung,  dass  er  zu 
ihr     die  auch  ihn   selbst  erfüllt   und   in  ihm  tätig  ist,  irgendwie  Stellung  nehmen  müsse. 
Rel'ativ  am   deutlichsten  und  greifbarsten  scheint  sie  ausser  in  anderen  Erscheinungen  der 
Natur  in   der  Tierwelt  ihm  entgegenzutreten,  mit  der  ihn  „das  Gefühl  der  Gemeinsamkeit 
des   Lebensprinzipes"    am    innigsten    verbindet,    die   ihm    aber   auch    gleichzeitig   fragende 
Verwunderung  abnötigt  dadurch,  dass  sie  vielfach  ein  Verhalten  zeigt,  das  sich  in  anderer 
Weise    äussert    als    das    der    Menschen,    also    zu    aufmerksamer    Beobachtung    heraus- 


.)  So  die  Kaffern  gegenüber  dem  Elefanten  (vgl.  oben  S.  103  unter  =)  -  Vgl.  ferner  oben  S.  108  unter»). 
Ratzel,  I,  37  f. 


-    158    - 

fordert  1).  Auf  der  Basis  demnach  eines  Mensch  und  Tier  gleicherweise  beherrschenden,  in 
seinen  Äusserungen  aber  divergierenden  Prinzips,  ausgelöst  durch  zufällige  Ursachen,  wie 
oben  skizziert,  tritt  die  den  Menschen  beherrschende  Grundidee,  die  Seelenbeobachtung,  in 
die  Erscheinung  als  differenzierter  Seelenkult  2),  für  dessen  Betätigung  ihm  die  Tierwelt 
aus  angegebenen  Gründen  ein  hochwillkommenes  und  zugleich  dankbares  Objekt  ist. 

Bestimmte,  scharfumrissene  Anfänge  des  Tierkultes  konstatieren  zu  wollen  erscheint 
uns  ebensowenig  angängig  wie  jeder  Versuch,  seine  Motive  in  ein  Schema  restlos  einzu- 
ordnen ^).  Denn  einerseits  wie  vergleichsweise  in  den  in  ununterbrochenem  Wechsel  auf- 
und  abflutenden  Wogen  des  Meeres  eine  neue  Küste  bald  auf-,  bald  wieder  untertaucht, 
um  vielleicht  erst  nach  langem  und  erbittertem  Ringkampfe  endlich  eine  feste  Gestalt  zu 
gewinnen,  ohne  dass  man  ihr  auch  jetzt  feste  Grenzen  anweisen  könnte,  so  werden  sich 
ähnlich  die  Einzelerscheinungen  des  auf-  und  niederwogenden  Geisteslebens  der  Menschheit 
wohl  kaum  durch  Grenzlinien  umschreiben  lassen;  andererseits  treten  diese  Einzeler- 
scheinungen beim  Naturmenschen  oft  —  wenn  auch  vielleicht  nur  scheinbar  —  ganz  unver- 
mittelt auf;  er  verfährt  in  seinen  Konsequenzen  so  sprunghaft  und  unberechenbar,  dass 
mit  einem  logischen  System  oder  einem  Schema,  dem  nur  schwer  beizukommen  ist,  wozu 
für  uns  die  ungeheure,  fast  unüberwindliche  Schwierigkeit  tritt,  uns  in  das  Seelenleben 
und  den  Anschauungskreis  eines  Naturmenschen  zurückversetzen  zu  müssen.  Wir  haben 
uns  deshalb  darauf  zu  beschränken,  die  Erscheinungen  lediglich  zu  gruppieren,  sind  aber 
vorläufig  nicht  im  stände,  auch  die  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Ursachen  zu  systema- 
tisieren ■*). 

Es  ist  nach  diesen  Erwägungen  nicht  wohl  anzunehmen,  dass  der  Tierkult  bei  den 
alten  Ägyptern  etwa  auf  andere  Beweggi'ünde  zurückgeführt  werden  müsste  als  bei  den 
sog.  Naturvölkern  Afrikas,  sobald  wir  nämlich  diese  Beweggründe  bis  auf  ihre  ersten  im 
primitiven  Seelenleben  sich  äussernden  Anfänge  zurück  verfolgen  und  nicht  bei  dem 
Stadium  ihrer  äusserlich  sichtbaren  Verwirklichung  stehen  bleiben.  Offen  ist  dann  noch 
die  Frage,  ob  der  Tierkult  eine  Erscheinung  ist,  die  man  als  selbständige  Erfindung  jedes 
Volkes  bezeichnen  darf,  oder  ob  er  zum  teil  auf  Entlehnung  zurückzuführen  ist^),  eine 
Frage,  deren  Beantwortung  selbstverständlich  nur  theoretischen  Wert  haben  kann.  In 
Afrika  haben  wir  den  Tierkult,  soweit  Naturvölker  mit  Einschluss  der  heidnischen  alten 
Ägyptei-  in  Betracht  kommen  und  genügende  Quellen  vorhanden  sind ,  über  weite  Gebiete 
verbreitet  gefunden  ^),  wenngleich  hier  mehr,  dort  weniger  ausgebildet.  Eine  wechselseitige 
Beeinflussung  oder  wenigstens  Befruchtung  der  einzelnen  Völker  hinsichtlich  des  Tierkultes 
kann  man  im  allgemeinen  wohl  da  annehmen,  wo  ein  Verkehr  zwischen  ihnen  statt- 
gefunden hat  oder  stattfindet.  Dass  die  alten  Ägypter  schon  um  1000  v.  Chr.  bedeutende 
Kenntnisse  über   ihre  Nachbarn   besassen,   steht   fest');   also  ist  ein,  wenn  auch  noch  so 


')  BuNSEN,  545  f.  —  Vgl.  ScHULTZE,  Psycliologio,  217  ff.  —  Pkobenius,  Völkerkunde,  185.  —  Hoernes, 
91.  —  ScHUBTZ,  Urgeschichte,  554  ff.  —  Lippert,  Kulturgeschichte  der  Menschheit,  409.  —  Happel, 
163.  —  Hegel,  I,  235  f.  —  Hartmann,  107.  —  Roskopf,  125.  —  Tobleb  in  Z  V,  II,  212  f.  —  Schinz, 
181.  —  Vgl.  auch  die  sog.  Lykanthropie,  zum  teil  an  den  angeführten  Stellen. 

-)  Vgl.  hierzu  das  in  der  Vorbemerkung  (oben  S.  91  f.)  Gesagte. 

3)  Vgl.  z.B.  Tylor,  Anfänge,  II,  238.—  Peschel,  234.  —  Spenceb,  I,  396—426.  —  Müller,  Anthro- 
pologische Religion,  125. 

*)  Vgl.  Perrot  et  Chipiez,  67.  —  Happel,  159  f. 

*)  Vgl.  Weule,  in  der  Politisch-anthropologischen  Revue.  I,  678. 

6)  Vgl.  die  Karte  (Taf.  IX). 

')  Ratzel,  Die  Erde  und  das  Leben,  1,8.  vgl.  14. 


-    159    - 

beschränkter  gegenseitiger  Verkelir  anzunehmen,  der  schon  an  sich  weitere  Schlüsse  hin- 
sichthch  einer  Beeinflussung  auch  auf  geistigem  Gebiete  zuiässt  und  in  der  unzweifelhaften 
Verwandtschaft  z.  B.  des  Apiskultes  in  Ägypten  mit  der  Stierverehrung  bei  den  benach- 
barten Völkern,  namentlich  im  Süden,  eine  wesentliche  Stütze  erhält  ').  Doch  nicht  genug 
damit!  Die  Stellung  Ägyptens  bereits  in  frühester  Zeit  als  Durchgangsgebiet  ist  in  ihrer 
Wichtigkeit  für  die  Entwickelung  der  Kultur  in  Afi-ika  längst  erkannt  und  anerkannt, 
wenn  auch  in  ihrer  ganzen  Tragweite  vielleicht  noch  nicht  hinlänglich  gewürdigt  worden. 
Die  geographischen  Kenntnisse  eines  Ekatosthenes,  eines  Ptülemäus  z.B.  hinsichtlich  des 
Nilquellen  Problems,  die  erst  durch  Forschungen  unserer  Zeit  ihre  glänzende  Bestätigung 
erfahren  haben,  lassen  uns  auf  alte  Völkerbeziehungen  schliessen,  die  tief  in  das  Innere 
Afrikas  eingegriffen  haben  müssen.  Wie  solche  Beziehungen  innerhalb  weniger  Jahrzehnte 
in  hohem  Grade  umgestaltend  auf  den  Zustand  eines  davon  berührten  Volkes  wiiken 
können,  davon  zeugt  z.  B.  die  erstaunlich  rasche  Annahme  der  ägyptischen  (materiellen 
und  geistigen)  Kultur  durch  Nubier  und  Neger  in  der  Gegend  des  vierten  Nilkatarakts 
etwa  um  das  16.  vorchristliche  Jahrhundert,  zu  einer  Zeit  also,  da  die  Ägypter  im  allge- 
meinen über  den  20."  N  nicht  hinausdrangen  2).  Wenn  somit  der  Übergang  geistiger  und 
materieller  Kulturfaktoren  von  einer  Menschheitsgruppe  auf  eine  andere  nicht  an  eine 
dauernd  oder  direkte  Berührung  mit  dem  älteren  Träger  dieses  entlehnten  Besitzes  gebunden 
ist,  so  liegt  auf  der  Hand,  dass  die  geographische  Erschliessung  neuer  Gebiete  zu  einem 
Kulturträger  ersten  Ranges  wird  3).  Es  dürfte  demnach,  sobald  wir  die  zahlreichen  Völker- 
wanderungen und  -Verschiebungen  der  Beachtung  würdigen,  die  Afrika  mit  einem  Netz 
von  Wandei-linien  und  A^ölkerstrassen  übei'zogen  haben  •* ),  z.  B.  der  Schluss  aus  der  Tat- 
sache von  Völkerbewegungen  westwärts  einerseits  5),  aus  den  Erklärungen  des  Schlangen- 
kultes in  Weida  und  Umgebung  als  einer  von  Norden  her  stammenden  Kultform  anderer- 
seits «),  auf  Zusammenhänge  der  eben  erwähnten  Schlangenverehrung  mit  dem  altägyptischen 
Tierkult  nicht  zu  kühn  erscheinen.  Namentlich  wenn  man  auf  anderen  Gebieten  sich 
zeigende  auffallende  Verwandtschaftsbeziehungen  in  den  genannten  Räumlichkeiten  in 
Rechnung  stellt,  wie  sie  z.B.  in  der  geographischen  Verbreitung  gewisser  Saiteninstrumente 
hervortreten  '),  gewinnen  die  ausgesprochenen  Vermutungen  manches  an  Wahi-scheinlichkeit. 
Angeregt  durch  eine  Sammlung  ethnographischer  Gegenstände  vom  Kongo  im  anthropolo- 
gischen   Museum    in    Florenz    ist  Mochi   den   Spuren   ägyptischer  Kultur  unter  den  Natur- 


')  Vgl.  hierzu  Weule  über  Ausgrabungen  und  Verkehr  an  der  Ostküste  Afrikas. in  der  Polit.-anthrop. 
Revue,  I,  733  (auch  oben  S.  102  unter^));  fernei-  Mekker  über  geistige  bez.  religiöse  Verwandschaft  der 
Israeliten  und  Massai  (Vortrag  in  der  Beil.  Anthropol.  (iesellscliaft  am  18.  VII.  1903;  Berichte  darüber  im 
Leipziger  Tageblatt).  Vgl.  Tiele,  24;  oben  S.  105  ff. 

•')  KoACK,  in  Z  J,  II,  301.  -   Hahn,  456  ff.  -  Weule,  in  Weltall  und  Menschheit,  III,  354,  330,  332. 

ä)  Weule,  a.a.  0.,  373.  .       .        -        . 

")  Neumann,  in  Z  G  E,  XXII,  293.  —  Baethel  über  die  Völkerbewegungen  auf  der  Südhälfte  des 
afrikanischen  Kontinents  in  ML,  1893.  -  Vgl.  hierzu  die  interessanten  Ausführungen  MOllees  (Wirtschafts- 
tiere) über  die  Wanderungen  des  Rindes  in  Afrika,  19  ff. 

5)  Vgl.  Ratzel,  II,  405.  Eine  beachtenswerte  Bemerkung  findet  sich  bei  Müller  a.a.  0.  20:  „Noch 
heute  durchzieht  der  Stamm  der  Fulbe  den  Kontinent  von  Ost  nach  West,  und  längs  dieser  Züge  finden 
wir  das  Langhornrind  bis  Senegambien." 

«)  Vgl.  oben  S.  114  f. 

■)  Die  hauptsächlichsten  Saiteninstrumente  der  alten  Ägypter:  Harfe,  Lyra  und  Guitarre  nehmen  heute 
in  charakteristischer  Anordnung  „einen  breiten,  südlich  der  grossen  Wüste  quer  durch  den  ganzen  Erdteil 
ziehenden  und  etwa  bis  zum  Äquator  reichenden  Landgürtel"  ein;  der  Weg  ihrer  Verbreitung  ist  durch 
den  Lauf  des  Nils  gegeben.  So  Ankeemann,  in  E  N,  III,  Heft  1,  121  ff.  -  Vgl.  u.a.  auch  die  auffiilHgen 
Hinweise  auf  charakteristische  altägyptische  Merkmale  in  der  Bronzetechnik  der  Beninneger  (Stoll  in 
A  E,  XV,  164). 


-    160    - 

Völkern  Afrikas  nachgegangen  und  hat  ein  interessantes  Belegmaterial  für  diese  Beziehungen 
aus  der  Litteratur  zusammengestellt,  illustriert  durch  eine  instruktive  Kartenskizze  M- 
Manche  der  dabei  ausgesprochenen  Behauptungen  und  Vermutungen  mögen  vorläufig  noch 
zweifelhaft  und  sehr  hypothetisch  erscheinen  und  sind  deshalb,  wie  Verfasser  selbst  betont, 
mit  Vorsicht  aufzunehmen.  (Es  sei  bei  dieser  Gelegenheit  an  die  Hypothese  einer  Abstam- 
mung südafrikanischer  Völkerschaften,  speziell  der  Hottentotten,  von  den  Ägyptern 
erinnert,  die  z.  B.  von  Hahn  und  Peteks  vertreten  wird  2)).  Von  vornherein  unmöglich 
ist  jedoch  keine  der  als  wahrscheinlich  angegebenen  Kulturübertragungen  von  einem  im 
Nordosten  Afi'ikas  gelegenen  Centrum  aus,  wobei  durchaus  nicht  etwa  ausschliesslich 
Ägypten  als  ursprüngliche  Quelle  in  Frage  kommen  muss  3).  „I  Bantii  e  gli  altri  Negri 
devono  averlo  certo  imparato  da  una  delle  popolazioni  camitiche,  ma  niente  ci  autorizza  a 
ritenere  che  questa  popolazione  sia  stata  in  ogni  caso  l'egiziana"  *). 

Ein  abschliessendes  Urteil  wird  auch  hier  vielleicht  erst  dann  möglich  sein,  wenn  aui 
Grund  umfassendster  Kenntnis  der  Geschichte  Afrikas  die  Probleme  der  Abstammung  und 
der  Verwandtschaftsbeziehungen  der  einzelnen  Völker  untereinander,  sowie  der  Veränderung 
des  ethnologischen  Charakters  durch  Natureinflüsse  und  Kulturbedingungen,  wie  sie  Wundt 
aufstellt,  gelöst  sind  ^). 


')  Bollettino  della  Soeietä  Geografica  Italiana.  Aprile-Maggio  1903,  361—74. 

°)  Hahn,  in  Z  G  E,  IV,  226  ff..  481  ff.  —  Peters,  291  f. 

')  Vgl.  oben  S.  159  Anmerkung '). 

■*)  Bollettino  della  Soeietä  Geografica  Italiana.  Aprile— Maggie,  1903,  372. 

')  Wundt.  Logik,  II,  2,  Seite  448  vgl.  454,  453. 


L  I  T  T  E  R  A  T  U  R  N  A  C  H  W  E  I  S.  ') 


Andree,  Karl,  Forschungsreisen  in   Arabien   und  Ost-Afrika  nach  den  Entdeckungen  von  Bürton, 

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—  Die  deutsche  Expedition  an  der  Loangoküste.  Jena  1874/75. 

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Dappek,  Umbständliche  und  Eigentliche  Beschreibung  von  Afrika  .  . '.  Auss  unterschiedlichen  neuen  Land- 
und  Reise-Beschreibungen  mit  fleiss  zusammengebracht.  Amsterdam  1671. 


')  Die   Stich  werte,    nach  denen  im  Texte  zitiert   worden  ist  (bei  mehreren  Werken  desselben  Autor- 
Namens),  sind  hier  gesperrt  gedruckt. 


-    162    - 

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Deutsche  Universal-Bibliothek  für  Gebildete.  XXIX.  Band. 
Fritsch,  3  Jahre  in  Südafrika.  Breslau  1868. 

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Fbobenius,  Hekman,  Die  Heideu-Neger  des  ägyptischen  Sudan.  Berlin  1893. 

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Magazin  von  merkwürdigen  neuen  Reisebeschreibungen.  5.  Band. 

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Vita  Hassan,   Die  Wahrheit  über  Emin  Pascha.    Aus  dem  Französischen  von  Mobitz.  Berlin  1893. 

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—  Unter  deutscher  Flagge  quer  durch   Afrika   von  West  nach  Ost.  4.  Auflage.  Berlin  1889. 

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AHR  —  Allgemeine  Historie  der  Reisen.  4.  Band.  Leipzig.  1749. 

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Caspari,  Die  Urgeschichte  der  Menschheit.  Leipzig  1878. 

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Aus  den  Flegeljahren  der  Menschheit.  Hannover  1901). 
Gebland,  Anthropologische  Beiträge.  Halle  1875. 

V.  Hellwald,  Kulturgeschichte  in  ihrer  natürlichen  Entwickelung.  1.  Band.  4.  Aufl.  Leipzig  1896. 
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LiPPEET,  Allgemeine  Geschichte  des  Priestertums.  1  Band.  Berlin  1883. 

—  Die  Kulturgeschichte  in  einzelnen  Hauptstücken.  3,  Abteilung.   Leipzig  und  Prag  1886. 
Das  Wissen  der  Gegenwart.  Deutsche  Üniversal-Bibliothek  für  Gebildete.  48.  Band. 

LiPPEET,  Kulturgeschichte  der  Menschheit  in  ihrem  organischen  Aufbau.  Stuttgart  1886/87. 
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V.  Mayee,  Die  Lebensgesetze  der  Kultur.   Halle  1904. 
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—  Die   Anthropologie   als  die   Wissenschaft   von   dem   körperlichen    und   geistigen    Wesen    des 
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Peschel,  Völkerkunde.  7.  (1.)  Aufl.   Leipzig  1897. 

Post,  Afrikanische  Jurisprudenz.  Oldenburg  und  Leipzig  1887. 

Pütz,  Charakteristiken  zur  vergleichenden  Erd-  und  Völkerkunde.  2.  Band.  Cöln  1860. 

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—  Die  Speise  verböte.  Hamburg  1893.  Sammlung   gemeinverständlicher  wissenschaftlicher  Vor- 
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Tyloe,   Forschungen   über  die   Urgeschichte   der  Menschheit  und   die  Entwickelung   der  Civilisation. 

Deutsch  von  Müllee.  1866. 
Tyloe,   Die  Anfänge  der  Kultur.  Deutsch  von  Spengel  und  Poske.   Leipzig  1873. 
ViGNOLi,  Mythus  und  Wissenschaft,  eine  Studie.   Leipzig  1880. 
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MÜLLER.  Max,  Vorlesungen  über  den  Ursprung  und  die  Entwickelung  der  Religion.   Strassburg  1881. 

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_  _      Physische  Religion.  Aus  dem  Englischen  von  Franke.   Leipzig  1892. 

_  _      Anthropologische  Religion.  Aus  dem  Englischen  von  Wintebnitz.  Leipzig  1894. 

V.  ÜRELLij  Allgemeine  Religionsgeschichte.  Bonn  1899. 
Pesch,    Der  Gottesbegriff  in   den  heidnischen  Religionen  der  Neuzeit.   Ergänzungshefte  zu  den  „Stimmen 

aus  Maria-Laarh".  Ergänzungsband  11.   Freiburg  i.B.  1888. 
Pfleiderer,  Die  Geschichte  der  Religion.   Leipzig  1869. 

—  Religionsphilosophie  auf  geschichtlicher  Grundlage.  3.  Aufl.  Berlin  1896. 

Prkiss,  Religionsgeschichte.  Leipzig  1888. 
Reville.  Les  religions  des  peuples  non-civilises.  1883. 
RosKOFF,  Das  Religionswesen  der  rohesten  Naturvölker.  Leipzig  1880. 
Schneider,  Die  Religion  der  afrikanischen  Naturvölker.  Münster  1891. 
ScHULTZE,  Der  Fetischismus.  Leipzig  1871. 

ScHUBTZ,  Der  Begriff  „Religion"  vom  Standpunkte  der  Völkerkunde.  Overgedrukt  uit  den  Feestbundel 
van   Taal-,    Letter-,    Geschied-   en   Aardrykskundige   Bydragen   ter   gelegenheid   van   zvjn   tachtigsten 
geboortedag  aan  Dr.  P.  J.  Veth. 
Sepp,  Das  Heidentum  und  dessen  Bedeutung  für  das  Christentum.  Regensburg  1853. 
Seydel,  Die  Religion  und  die  Religionen.  Leipzig  1872. 
Siebeck,  Lehrbuch  der  Religionsphilosophie.  Preiburg  und  Leipzig  1893. 
Vatke,  Religionsphilosophie.  Bonn  1888.  ed.  Preiss. 
Vinson,  Les  religions  actuelles.  Paris  1888. 

Wagner,  G.,  Die  heidnischen  Kulturreligionen  und  der  Fetischismus.   Heidelberg  1899. 
WuNDT,  Logik,  II,  2.  2.  Aufl.  Stuttgart  1895. 

—  System  der  Philosophie.  2.  Aufl.   Leipzig  1897. 

—  Grundriss  der  Psychologie.   4.  Aufl.  Leipzig  1901. 

—  Einlei tu)ig   in  die  Philosophie.  1.  und  2.  Aufl.   Leipzig  1901  und  1902. 
WuTTKE,  Geschichte  des  Heidentums.  Breslau  1852/.53. 


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Geeve,  Die  geographische  Verbreitung  der  jetzt  lebenden  Raubtiere.  Halle  1894.  Nova  Acta  der  Ksl.  Leop.- 

Garol.  Dlschen  Akad.  der  Naturforscher.  Band  LXIII,  Nr.  1. 
Haacke  und  Kuhnert,  Das  Tiei'leben  der  Erde.  3.  Band.  Berlin  (1901). 

Hahn,  Eduard,  Die  Haustiere  und  ihre  Beziehungen  zur  Wirtschaft  des  Menschen.  Leipzig  1896. 
Hertwig,  Lehrbuch  der  Zoologie.  2.  Aufl.  Jena  1893. 
Keller,  Die  Abstammung  der  ältesten  Haustiere.    Zürich  1902. 
Kirchhoff,  Pflanzen-  und  Tierverbreitung.  Prag,  Wien,  Leipzig  1899. 
Klein  und  Thome,  Die  Erde  und  ihr  organisches  Leben.  2.  Band.  Stuttgart. 
Lydekkee,   Die    geographische  Verbreitung   und  geologische  Entwickelung  der  Säugetiere.   Deutsch   von 

Siebert.  2.  Aufl.  Jena  1901. 
MÜLLER,  Robert,  Studien  und  Beiträge  zur  Geographie- der  Wirtschaftstiere.  1.  Band.   Leipzig  1903. 
Schmarda,  Die  geographische  Verbreitung  der  Tiere.  2.  Band.   Wien  1853. 
Wallace,  Die  geographische  Verbreitung  der  Tiere.  Deutsch  von  A.  B.  Meyer.  Dresden  1876. 


-    166    - 

A  E  Internationales  Archiv  für  Etlinographie. 

A  M  Allgemeine  Missionszeitschrift,  ed.  Warneck. 

A  P  Archiv  für  Papyrusforschung. 

A  W  Abhandlungen  und  Berichte  der  Kgl.  Sachs.  Gesellschaft  der  Wissenschaften.  Philo!.-  histor.  Klasse 

B  K  Beiträge  zur  Kolonialpolitik  und  Kolonialwirtschaft. 

E  N  Ethnologisches  Notizblatt. 

M  A  Mitteilungen  der  afrikanischen  Gesellschaft  in  Deutschland. 

M  B  Monatsberichte  über  die  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 

M  H  Mitteilungen  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg. 

M  J  Mitteilungen  der  Geographischen  Gesellsch.aft  (für  Thüringen)  zu  Jena. 

M  L  Mitteilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Leipzig. 

M  0  Österreichische  Monatsschrift  für  den  Orient. 

M  Seh  Mitteilungen    von   Porschungsreisenden    und    Gelehrten    aus   den   deutschen    Schutzgebieten,    ed.  v. 

Danckei.man. 

N  M  Nachrichten  aus  der  ostafrikanischen  Mission. 

P  M  Petermanns  Mitteilungen.    E  B  Ergänzungsband. 

E  H  Ergänzungsheft. 

V  A  Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

V  E  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 
Z  A  Zeitschrift  für  afrikanische  und  oceanische  Sprachen. 

Z  A  E  Zeitschrift  für  allpemeine  Erdkunde.  Neue  Folge. 

Z  E     Zeitschrift  für  Ethnologie,  ed.  Viechow. 

Z  G  E  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 

Z  J     Zoologische  Jahrbücher.  Abteilung  für  Systematik,  Geographie  und  Biologie  der  Tiere. 

Z  M     Zeitschrift  für  Missionskunde  und  Religionswissenschaft,  ed.  Ahndt. 

Z  V     Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft,  ed.  Lazarus  und  Steinthal. 

Afrika.  Herausgegeben  vom  Evangelischen  Afrika-Verein  zu  Berlin. 

Ausland,  Das. 

Gaea  (Natur  und  Leben),  ed.  Dr.  Klein. 

Globus. 

Theologische  Studien  und  Kritiken. 

Für   Litteraturangaben: 

Archiv  für  Anthropologie,  ed.  Ranke. 
Paulitschke  ,  Afrika- Litteratui'. 

Schneider,  Die  Naturvölker.  Missverständnisse,   Missdeutungen  und  Misshandlungen.  2.  Teil.  Pader- 
born und  Münster  1886. 
Strümpfel,  Wegweiser  durch  die  wissenschaftliche  und  pastorale  Missionslitteratur. 
Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache  und  Altertumskunde. 

Ausserdem: 

Andrbe,  Handatlas.  4.  Aufl.  1899. 

Brehms  Tierieben.  3.  Aufl.  von  Pechüel-Loesche. 

Grundemann,  Neuer  Missions-Atlas.  Calw  und  Stuttgart  1896. 

GuNDEKT,  Die  evangelische  Mission,  ihre  Länder,  Völker  und  Arbeiten.  Calw  und  Stuttgart  1894. 

Marshall,  Atlas  der  Tierverbreitung.   Gotha  1887. 

Meyers  Konversationslexikon.  5.  bez.  6.  Aufl. 

Recueil  de  travaux  d'erudition  offert  ä  mgr.  Charles  de  Harlez  etc. 

Scobel,  Geographisches  Handbuch  zu  Andrees  Handatlas.  Bielefeld  und  Leipzig  1894. 

Sievkrs— Hahn,  Afrika.  2.  Aufl.   Leipzig  und  Wien  1901. 

Wagnek,  Hermann,  Lehrbuch  des  Geographie.  1.  Band.  Hannover  und  Leipzig  1903. 


SACH-KEGISTER. 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Aalfische  (Aale)        .        .     121.  128 

Angola 

104 

Bahr  el  Asrak  . 

.      139 

Aasisi        ....     13n.  140 

Angoni 

96. 

100 

Bakalaliari  s.  Kalahar 

.  . 

Abankoro 12i) 

Animalismiis    . 

154 

Bakatla      . 

.       93 

Abessinien  (Abessinier)  95.  96.  101. 

Antananarivo    . 

126 

Bakim 

.     145 

102.  124.  137.  144.  146 

Antankarana    . 

126 

Bakko 

.     103 

Acanthopterygh.        .        .        .128 

Antarayes 

126 

Bakoko 

.     149^ 

Ada 127 

Anlaymour 

126 

Bakossi 

.     143 

Adamaua  .        .        .    127.  140.  142 

Anthropomorphi 

92 

Bakundu    . 

.    HO 

Adbar 103 

Antilopen  . 

108. 

133 

Bakunya  . 

92.  107 

Adepe 129 

Antilopinae  s.  Antilopen. 

Bakwena  . 

103.  125 

Ägypten  96.  106.  114.  124.  127.  129. 

Anubis 

154 

Bakwiri    93.  98. 

103. 

110. 

120.  138. 

130.  133,  1.50—1.54 

Apis  .        .    114.  150. 

152. 

154. 

159 

140.  143 

Äthiopien 124 

Arabien  (Araber) 

100. 

102. 

137 

Balanten   . 

, 

.    143 

Affen         .        .        .       92-94.  182 

Ardeidae    . 

111 

Bali    . 

.    147 

Afo-Neger.        .        .        .     108.  146 

Aidra 

114. 

115. 

146 

Baluba       . 

108. 

109. 

110.  111 

Agau 144 

Arnani 

140. 

142 

Bamangwato     . 

. 

108.  125 

Aglypha 113 

Artiodactyla 

103 

Bamunda  . 

.     141 

Agow 124 

Amt  el  nimmer 

99 

Baiitu 

.      98 

Ague j19 

Aschanti  98.  108.  111. 

120. 

127. 

138. 

Baperi 

.     102 

Ahaetulla  .        .        .        .    113.  124 

139. 

141. 

146. 

Baputi 

. 

.    108 

Ahnen,  bez.  Ahnenkult  94.  96.  103. 

Asien 

133. 

153 

Barea. 

93. 

111.  124 

107.  123.  135.  137.  156.  157 

Assala 

113 

Bari   96.  99.  100- 

-102 

106 

110.123. 

Akini         ....     140.  144 

Assani 

92 

142.  143 

Akkra     94.  100.  101.  127.  138.  140. 

Athara 

93 

Barinio 

.     126 

141.  144 

Atetc  . 

136. 

139. 

142 

146 

Baron  ga     . 

.     122 

Akpoto      .        .        .        .      98.  127 

Ateuchua   . 

129 

Baschangi. 

.      99 

Akwa  (König)  ....     104 

Atherura  . 

102 

Baschilange 

94 

.  99.  101 

Akwapim ....     HO.  127 

Ausgrabungen 

159 

Basiba 

136.  142 

Albertsee 99 

Aw'leketi  . 

. 

129 

BmtiUscus . 

.     112 

Algier        .        .    137.  140.  142.  146 

Aye-Aye    . 

94 

Bassani 

. 

.     141 

Alligator 125 

Bassari 

138. 

139. 

146.  147 

Ama-hlozi  s.  I-klozi. 

Babakoto  (Babakota) 

94 

Basuto       .    111. 

122. 

125. 

144.  146 

Amasis 144 

BrtJije-Trank     . 

148 

Batau  (Bataung) 

.      96 

Amatongo  s.  Itongo. 

Raflotc 

109 

126 

Batlapi 

121.  129 

Ameisen  (weisse)     .        .        .131 

Rafuen 

141 

Baumschlangen 

.     113 

Amulett    .        .   92.97.105.  107.180 

Bafunio 

148 

Banmvögel 

.    110 

Aneho 105 

Bagirnii     .     13 

X  138. 

139. 

146 

147 

Bayaka 

92.  lO.T 

168 


Seite. 

Seite. 

Seite, 

Bayombe  . 

92 

Canis  s.  Canidae. 

Bodo. 

.    108 

Benguella . 

, 

102 

Capra 

104 

Brake nberge 

.     125 

Benin 

98. 

159 

Caprinae  . 

103 

Dreispitzenkap . 

. 

.     12Ö 

Benue        .        .      97. 

108. 

127. 

146 

Caraibische  Inseln   . 

117 

Daala 

.     146 

Berberlöwe  s.  Löwe. 

Carnivora . 

95- 

-101 

Ducker 

.     108 

Berta.        .        .    130. 

138. 

139. 

141 

Catarrhini 

. 

92  f. 

Dufile 

.      99 

Betaniraena 

94 

Catus 

95.  99 

Betschuanen     93.  96. 

100. 

102. 

103. 

Cephalolophus   . 

108 

Edelfische. 

.    128 

108.  109.  113. 

125. 

129. 

144 

Cercopithecus     . 

93. 

132 

Eflk  s.  Egbo-Orden. 

Betsileo     . 

126 

Cetacea 

109 

Egbo-Orden 

.     104 

Biafra 

120 

Chamäleons  s.  Chamäleontidae. 

Ehango     . 

. 

107.  1.50 

Bifanda-mngdm 

148 

Chamäleontidae. 

113 

Ejanda 

. 

107.  125 

Büagos 

, 

104. 

107 

Chelonia    . 

127 

149 

Eidechsen.        .     11 

2.  113. 

133   134 

Blatthornkäfer 

129 

Cliiromys  . 

94 

Eingeweideschau 

.     145 

Blattnasen 

95 

Chiroptera. 

95 

Elefanten  .        .     102.  109. 

133.  157 

Blindschleiche 

120. 

121 

Chondropterygii 

128 

Elephantidae  s.  Elefanten. 

Boa   . 

113. 

114. 

119. 

120 

Ciconüdae . 

111 

Elcutherata 

.    129 

Böcke 

108. 

136 

Cobolia 

104 

Emydosauria    . 

.    124 

Bogos 

, 

144 

Coleoptera . 

129 

Ennarea    . 

.    102 

Bohnen     . 

, 

185 

Coluber 

113 

Equidae     . 

, 

.    103 

Boidae 

. 

113 

Colubridae. 

113 

Eratosthenes . 

159 

Boinae 

, 

110 

Colubrinae 

113 

Erdspinne. 

.     148 

Bondo 

, 

, 

108 

Colmnbidae 

110 

Erdstachelschweine 

s.Hys 

.richinae. 

Bongo        .        94.  95. 

100. 

110, 

135 

Comoro-Inseln  . 

128 

Erzhonigsauger. 

. 

.    110 

Bonito  (Bonite) 

128 

Congo  (Fest)     . 

106 

Ethnologie 

. 

.     154 

Benny  94.103.112.12 

7. 128. 138. 146 

Coprophaga 

129 

Eulen 

.     110 

Boom-River 

, 

. 

94 

Coracornithes    . 

110 

Ewe  (Eweer)    93.  9e 

.  100. 

105.  119. 

Boräna  .s.  Galla. 

Cottoscombriformes   . 

128 

135.  136.  139.  140.  141. 

146.  147 

Borgii        .     112.  120. 

127. 

189. 

142 

Crocodilidae 

124- 

-127 

Born  LI 

139. 

146 

Cross-River 

93 

Fäditra     . 

.     140 

Bos  s.  Bovinae. 

Ceowther  (Bischof) 

112 

Fady. 

. 

.      94 

Bovidae     . 

103 

Cryptoprocta     . 

99 

Fahhad     . 

, 

.       97 

Bovinae 

, 

98. 

105 

Cynailurus 

97. 

133 

Falbkatze  . 

. 

.      95 

Brasilien   . 

. 

101 

Cynocephalus     . 

93 

Falconidae  s.  Falkenvögel 

Brass-Town 

. 

120 

Cynopithecini    . 

93 

Falkenvögel 

.     111 

Bronze-Arbeiten  s.  Benin. 

Falli  . 

. 

140.  142 

Bube 

138. 

139 

Dahoue 

112 

Fan    . 

139.  140 

Bildduma  . 

124 

Daboy 

117 

Fananimpitoloha 

.    113 

Buea .... 

, 

138 

Dahome  (Dahomer)  97 

.  99. 

102. 

103 

Fanany     . 

. 

.    113 

Büffel 

107 

112.  114.  115 

120  141 

145 

Pangschrecken . 

.    131 

Bugbug 

, 

, 

131 

Damara  s.  Herero. 

Felidae     . 

95 

-97.  133 

Bukoba  93.  107.  109. 

113. 

123. 

1.36. 

Danakil      .    138.  139. 

142. 

144 

148 

Felis  s.  Felidae. 

139. 

141. 

148 

Danh-gbi  . 

. 

114 

Felsenschlangen 

.    113 

Buluma.    . 

114 

Darfur 

114 

Felszeichnungen 

.    126 

Bunsi 

92 

Dana. 

, 

148 

Ferkel 

.     108 

Bina-Gebrige    . 

145 

Bebaue  s.  Daboue. 

Fernando  Pöo  .     102.  120. 

136.  138 

Buschhund  s.  Schakal. 

Delagoa-Bai 

, 

. 

122 

Fetisch  92.  93.  95— 

98.  103 

104.  105. 

Buschmänner    . 

105. 

112 

131 

Dendrophis 

, 

113 

110.  126.— 128.  140.  141. 

145.  146. 

Derbdah     . 

146 

149.  1.56 

Cagn. 

. 

. 

131 

Djinws 

135 

Fetischdoktor  s.  Zauberer. 

Calabar      .      98.  104. 

107. 

127. 

128 

Dinka   101.  106.  110. 

123. 

124, 

136. 

Fetischhütten  107. 112. 126 

.  127. 136 

Caledonfluss     . 

125 

140. 

142. 

143 

155 

Fetu  s.  Goldküste. 

Canidae     . 

lül 

Dixcove     . 

127 

Fingertiere 

94 

169    - 


Fische 


Seite. 
109.  121.  128.  129 


.    lU 

.      95 

95.  99. 

Museum  .    158 

.    109.  133 


Fisherraan  Lake 

Flattertiere 

Fledermäuse     . 

Florenz,  Anthropol. 

Flusspferde  .    • 

Flusssclnvein    . 

Frettkatzen  (Fossa) 

Friedrichsburg . 

Fulbe 

Fulup 

Fünfzeher 

Fume-Chicumho  {Fume-  Ungo) 

Fundsch    . 


üahbevi 
Gabun 

Galla     124.  136.  139 
Gambia 
Garua 
Gazelle 

Gazellenfluss    . 
Gebet 
Geier. 

Geisteraustreibun 
Geradflügler 
Geranornithes  . 
Giraffe 
Glanznatter 
Glattnasen 
Glattzähner 
Glewe 

Goldküste  (Fetu)  94 
105.  107.  108.  110 
129 


Gorilla 

Gottesanbeterin 

Gottesurteil 

Griechen   . 

Gri-Grt-Häuser 

Grigris 

Groppenförmige 

Gross-Popo  s.  Pope 

Gruidae    . 

Geünek,  Dr.     . 

Guana 

Guinea  104.  105.  107 

Guitarre    . 
Gymnognatha   . 
Gymnorhina     . 

Haie  (Haifisch) 


.     108 

.      99 

.    120 

142.  159 

.     145 

.     129 

98 

101 


95. 


137 


142- 


139. 

92. 

-144. 

94. 


106, 


146 
132 
146 
145 
127 
108 
124 
134 

ni 

98 
131 
110 
134 
113 
95 
113' 
120 ', 
104.1 
127. 
,  147 
,  132 
131 
.  140 
153 
92 
127 
128 

110 
105 
112 
135. 
148 
159 
131 
95 


113.  128.  129 


Halbaffen  . 

Hamiten    . 

Hammerköpfe  . 

Hanno 

Harfe 

Hartliiufer. 

Hasen 

Hauskatze 

Haussa 

Haustiere  . 

Heliopolis. 

Herero  96. 97. 107. 125. 140- 

Heuschrecke     . 

Hexen       .... 

Himmelskörper 

Hippopotamidae 

Höckerschweine 

HoUo 

Honissauger     . 
Horntiere  .... 
Hottentotten  96.  102.  121. 
131. 


95.98 

112. 
139. 
92 


101 

120. 

140 

93 


123.  126 


Hova 

Huhn    118.  119.  123.  136. 

Hunde       .        .        .     101. 

HundsafFen 

Hyänen     .        .        .100. 

Hi/änidae  s.  Hyänen. 

Hystrichidae 

Hystrichinae     .  ■     . 

.Jägerfetisch 
i  Jaga 

Jagdleoparden  . 
j  Ibidae        .... 

Ibisse  s.  Ibidae. 

Ibo    . 

Icanti 

Ida    . 

Id-Nerüs 

Idol    . 

Jevhc-Orden 

I guana 

Iguavidae,. 

Ihangiro 

I-hlozi 


Seite.  , 
.        94! 

.    160 

.     111 

.     132 

.    159 

.     108  j 

102.  135' 

.      95] 

.     127 

105.  134 

150.  152 

-144. 150 

.    130 

.     100 

.     156 

.     109 

.     108 

.     109 

.    110 

.    103 

129.  130. 

139.  141 

.    135 

145—148 

105.  135 

.       93 

101.  133 


Insekten  . 

lübanna  (Insel). 

I'ombua-mbua  . 

Trungu 

Isiduta 

Islam. 

Israeliten  . 

Issapoo 

Istiophora. 

Itasy-See  . 

Itongo 


Seite. 

.  181 

.  128 

.  135 

139.  141 

.  121 

.  114 

.  159 

.  120 

.  95 

.  126 

.  122 


96.  103.  111 


119. 

'.148 


10 


102 
101 


199 


128. 
145 


.    121 

Imi-shologu  s.  ü'nishologu 
Indien 
Indikibü 
Indris 
Induna 
Ingam 
Innyoka 


.      93 

.     108 

97.  133 

111.  151 


.     122 

.    127 

.    136 

107.  159 

129.  147 

.     112 

.     112 

.    123 

122.  142 


100 


102 
148 

94 
144 
148 
121 


Kabila  .  .  93.  107.  109. 
Käfer.  .  .  .  129.  139. 
Kaffa 

Kaffern     97.  99.  100.  102.  103. 

107.  109.  110.  114.  121.  122. 

133.  141.  148, 

Kaiechos  . 

Kaiman 

Kairo. 

Kalahari    . 

Kalunda  s.  Lunda. 

Kamel       .... 

Kamerun  93.  104.  109.  111. 

132.137.138.140.141.147 

Kaninchen 

Kano  .... 
Kapbüffel  .... 
Kap  der  guten  Hoffnung  99. 

Kaplöwe  s.  Löwe. 

Kap  Palmas 

Karamah  . 

Karthager 

Kassa 

Kassala 

Katikiro    . 

Katzen      95.  99.  133.  135. 

Kankerfe  . 

Kenia 

Kete-Ki-atschi  .        .      93. 

Kikuyu 

j  Kilimandjaro    .        .     100, 
'  Killibium  . 

Kitöma 

Kittam-River    . 

Klein-Popo  s.  Popo 

Knoi-pelflosser  . 

Königsschlange 

Kolobeng  . 

Koma 

Kongo    96.  108.  108.  109 


123. 
136, 

100, 
105, 
140 
123 


120. 
183, 


113 
141 
135 
105. 
126. 
157 
152 
126 
124 
1-25 

l;->; 

,  120. 

.149. 
102 
146 
107 

.  133. 

120 
136 
132 
127 

93 
142 
150 
131 
143 
146 
143 
138 

94 
136 

94 

128 
113 
125 
122 
126. 
159 


170 


Seite.  1 

Seite. 

Seite. 

Kosa    99.   110.   111.   122.   130.   131.  i 

Lubomo 92 

Mnevis 

.     150.  152 

137.  144.  150 

Luemme 103 

Möris. 

.     127 

Kpong 127 

Lunda       .        .      98.  109.  121.  114 

Mokas 

131 

Krabbe 148 

Lykanthropie    ....    158 

Molepolole. 

125 

Kraniche HO 

Lyra 150 

Mombas     . 

100 

Kranichvögel  s.  Kraniche. 

Mono-Pluss 

114 

Kratschi  s.  Kete-Kratsciii. 

Madagaskar  (Madagassen)  94.  95.  99. 

Mora .        .        .        . 

145 

Krieclitiere       ....    112 

101 .   109.  110.  113.  124.  126.  133. 

MOSCHESCH 

125 

Krokodil  98;  124-127.  133.  14.3. 146. 

135.  139.  140.  145 

MotacilUnae 

110 

151.  152 

Madi  ...        95.  99.  107.  109 

M'pare 

132 

Krokodilfluss    .        .        •        .125 

Madjok 106 

Mpitngu     . 

92 

Kropfstörohe     .        .        •        -Hl 

Mäuse        .        .        .        .        .101 

Mpungu  a.u  dongo    . 

131 

Kru 1-^0 

Mäuseohr 95 

Msembezi . 

137 

Kudjur Ö9 

Makalaka  ....    104.  107 

Muata  lamwo  . 

121 

Kuh  s.  Rind. 

Makaraka 124 

Mniri 

105 

Kuilu         ....      92.  126 

Makarikari-Salzpfannen    .        .    104 

Mumien     . 

1.52 

Kult  91.  92.  109.  115.  120.  128.  134. 

Makonde 99 

Muni. 

132 

151.  152 

Makrelen  .        .        ...        .128 

Muraenidae 

128 

Kultur       .        .        .91.  106.  141. 

Mambettu 149 

Muridae    . 

101 

Kunama    .        .      93.  111.  124.  130 

Mambunda        ....    140 

Mussumba. 

121 

Kunya- Leute    .        .        .        .146 

Mandingo   95.  114.  138. 142. 145. 149 

Mystik 

92 

Kuruman 129 

Maniok 141 

Mythologie 

.       92.  154 

Kwanibugu       ....      95 

Manismus 154 

Mantis  religiosa        .        .        .131 

Nabikem  (Nabikim) 

98.   10 

9.  127 

Läb-Tanz 136 

Mantodea 131 

Nachtrabe . 

.    111 

Lacertilia 112 

Manyara 96 

Nachtreiher 

.     111 

Lado 99 

Manyema .        .        .        .94.  137 

Nachtschwirrer. 

.       95 

Lamellicornia    ....    129 

Mänyu       ....               92 

Nager. 

.     101 

Lanshornrind    ....     159 

Marabu Hl 

Nanyo 

.     105 

Latuka      .        .      99.  100.  107.  136 

Maraßl 100 

Natalfelsenschlange 

.     113 

Lefjba 96 

Maravi       .        .        .        .     101.  122 

Nattern     . 

.     11 

3.  116 

Leguane 112 

Marutse-Mambunda  99. 102. 108. 140 

Natur 

.       91 

Leiden.    Ethnograph.    Reichs- 

Masinde  146 

Naturerscheinungen 

.     156 

museum        .        .        93.  98.  103 

Massabe-Tschibona  .      92.  103.  107 

Ndök. 

.       98 

Leipzig,   Mu.seum  für  Völker- 

Massai      .    100.  101.  110.  111.  U\ .   Nedarinia. 

.     110 

kunde    ....      93.  149 

142.   159 

1  Nectarinüdae  s.  Nee 

tarinia. 

Massa  River      ....     104 

Neu-Calabar  s.  Cala 

bar. 

Lemurklae  s.  Lemuren. 

Massaua 144 

,  Ngararao   . 

.     i:iö 

Leopard     ...   97  ff.  133.  141 

Matebele    .      94.  109.  110.  122.  144 

Ngo  (Leopard)  . 

.       97 

Leporidae  ....     102.  135 

Matoppo-Gebirge       .         .        .104 

Ngo  (Raupe) 

.     131 

Leptodaclyla      ....      94 

]\fbatyan 142 

Ngulule     . 

.       97 

Leptophis 113 

Medizinmann  s.  Zauberer. 

Niam-Niam 

.     148 

Leptoptüus        .        ■        ■        .111 

Meerkatzen       .        .        .93.  132 

Niekam      .     109.  11 

2.  124.  136.  142 

Liberia  93. 104. 108. 114. 120. 127. 146 

Memphis  .        .        .    150.  152.  154 

Niger  94.  97.  98.  11 

2.  114.  120.  126. 

Libysche  Wüste       .        .        .106 

Mendes      ....     150.  152 

i                                 1' 

!8.  133.  138.  146 

Lichanotus        ....      94 

:  Menes 150 

Nil      95.  96.  99.  10 

6.  114.  123.  130. 

Limpopo    .        .        .94.  104.  125 

',  Menschenaffen  .        .        .        .92 

144.  158 

Loango  (Loango-Küste)  96.  98.  103. 

Menschenopfer     135.  139.  140.  141. 

Nilpferd     . 

.      94 

107.  108.  109.  126 

145.  146.  149 

Ningo 

.     101 

Loango-Expedition ,  deutsche  92.  108 

Mistkäfer  ....    129.  130 

Ntonda 

.      92 

Lobe 139 

Mkassa      .        .        .        .136.  141 

Nuba. 

.      99.  111 

Löwe.        .        .        .96.  97.  99.  133 

M-kissi-nsi        .        ■        .        .     107  i  Nubien  (Nubier) 

.     130.  144.  1.58 

Lovale 99 

Mnante 143 

1  Nuer . 

.     106.  1 

10.  124 

-    171    - 


Seite. 

Seite. 

^rlte. 

Nyam  a  loba    . 

, 

.     120 

Pkyllostoma 

.       95 

Rüsseltiere 

.    102 

Nyassa      .      96.  101 

122. 

188.  147 

Phyaontomi 

.    128 

Rufidji 

.     143 

Nycticorax 

•     111 

Pillendreher 

129  f 

Nyeledit     . 

.     106 

Pinselschwein  . 

.     108 

Säugetiere. 

.      92-109 

Nyikplä    . 

. 

.     141  j 

Pitheci 

.       92-  94 

Saiteninstrumente   . 

.     159 

l'lagiostomata  . 

.     128 

Sambesi    . 

94.  90.  122 

Obatala 

.     149 

Plotinae    . 

.        .     111, 

Sanga-  (Sanka-)  Rind 

.     105 

Odente 

, 

105.  145  1 

Plumptiere 

.     109 

San  Salvador   . 

102.  104.  108, 

Oglia.        .        .    136 

139. 

142.  146 

Polydämonismus 

.    153.  154 

120.  147 

Ogowe 

92.  132 

Polytheismus    . 

.    153 

Scarabaeidae     . 

.    129 

Ohreninakis 

, 

.      94 

Pope . 

105. 

114.  119.  127 

Scepter 

.    103 

Omurangere 

.     150 

Potamochoerus  . 

.    108 

Schaf  95.  101.  105.  122.  123.  139— 

Ongnirira . 

, 

.       97 

Priester  (vgl.  auch  Zauberer)      116. 

141.  143 

Opfer  vgl.  Tieropfer 

131. 

135.  136. 

117.  118.  150 

Schaflecken 

.    140 

143 

Priesteriunen   (der  iSchlange)  116— 

Schakal     . 

.     101.  1.53 

Opferhandlung .    149 

.  150. 

154.  156 

118 

Scharben  . 

.     111 

Opfermahlzeiten 

.     150 

Proboscidea 

.     102 

Sohattenvögel  . 

.     111 

Ophidia 

113—124 

Prosimii    . 

.      94 

Schildkröten     . 

.     127 

Oranje-Freistaat 

. 

.    125 

Psammophis      . 

.    124 

Schilhik        106.  109. 

111.  124.  136. 

Ordal  s.  Gottesurteil. 

Ptah . 

.     157 

142.  148 

Ororao 

.     145 

Ptolemäus 

.    159 

Schimpansen    . 

.      93 

Orthoptera. 

.     131 

Punök 

99 

Schlangen     97.  101. 

107.  113—124. 

Oruzo 

.     141    Puti  . 

.     108 

131.  133.  134.  137. 

139.  149.  154. 

OtoUcnus  . 

.       94 

Pythoniae  . 

113. 

116.  122    123 

156.  159 

Ovaherero  s.  Herero 

Pythonschlangen 

s.  Pythoniae. 

Schlangenhalsvogel  . 

.    111 

Ovambandjera  . 

.     143 

Schlangeninsel . 

.    110 

Ovambo     .        .     135 

.  137 

140.  146 

Quastenstachler 

.     102 

Schlangentempel 

.    114—119 

Ovemä 

.     143 

Querniäuler 

.    128 

Schlinger  . 

.    113 

Ovirike 

.     107 

Schmalnasen     . 

.       92—93 

Ovis  .... 

.     105 

Bamahavaly     . 

.     124    Schnecke  . 

119.  131.  149 

Ozomase    . 

.     143 

Ratten 

.      95.  118   Schoa 

.     124 

Ozongondjosa    . 

142.  143 

Raubtiere . 

.      95—101    Schopfantilope  . 

.    108 

O/ula  j'ondjuxtM 

.     146 

Raupe 

.     132   Schuli 

95.  104.  108 

Oxula  fongombe 

115. 

118.    119. 

Regenbogen 

.     119   Srhuppenkriechtiere 

.    112 

150 

.  153.  157 

Regenmaclier   . 

.     144    Sehuppentier    . 

.     134 

Oxula  j'onzi 

.     140 

Reh  . 

.     108   Schutzpockenimpfung      .        .    120 

Oyula  foshikombo  . 

• 

.     137 

Reiher 
1  Religion    . 

.     111    Schwein    .        .     10c 
91.  92.   Schwertfische  . 

.  108.  119.  145 
.     128 

Paarzeher. 

.     103 

Religion ,  ägyptische 

.    151—154   Scombridae 

.     128 

Palmwein . 

. 

.     141 

1  Rhiptoglossa 

.     113 

Scopidae    . 

.     111 

Panther    . 

97.  99.  133 

Rieseneidechsen 

.     127 

Scopus  s.  Scopidae. 

Panzerechsen   . 

124-127 

Riesengalago     . 

.       94 

Seelenkult 

.    158 

Pare-Gebirge     . 

.    122 

Riesenschlange 

.    123 

Selachoidei 

.    128 

Paviane     . 

93.  132 

Rind      100.  104. 

105. 

107.  118.  121. 

Semiten 

.    153 

Pelargornithes  . 

111 

124.  130.  133. 

136. 

139.  141-145. 

Senegal 

.       94.  147 

Peliornithes 

.     110 

151 

155.  156.  159 

SenegallOwe  s.  Löwe. 

Pepo  . 

.     123 

j  Rio  Grande 

.       94.  104 

Seneganibien    .     96 

.  102.  126.  127. 

Perlen 

.     119 

Roden  tia    . 

.     108 

132.  159 

Perissodaclyla  . 

.     103 

Römer 

.     152 

Sennar 

.    101.  130 

Perser       .        , 

.    152 

Ronga 

94.  95 

Serrakolet. 

.      94 

Pferde 

Wc 

i.  135    136 

[  Roviuua    . 

.       99.  143 

Sherboro    . 

94 

Phacochoerus    . 

.     108    Hiidolfsee . 

.     135 

Siani . 

.     102 

Phalacrocoracidae 

. 

.     111 

Rüsselkäfer 

.     130 

Sierra  de  Cristal 

.    132 

-    172   - 


Seite. 

Sierra  Leone    ....    102 

Sihanaka 136 

Simia 93 

Skarabäus.        .    130.  131.  152.  154 
Sklavenopfer  s.  Menschenopfei-. 
Somali       .    106.  136.  138.  140.  144 

Songo 121 

Sonrhay 138 

Sotho-Neger  s.  Basuto. 

Souman 120 

Speiseverbote      92.  93. 102.  105. 107. 
108. 109. 125. 129. 145. 149. 156 


Seite. 

129.  136.  138.  141.  145.  147 
Tonflguren  .  .  .  96—99 
Totemisnuis      ....    155 

Transvaal 122 

Tsad-See 124 

TSCHAKA 143 

Tschibonne  s.  Massabe-Tschibona. 
Tschingenge      ....      99 
Tüpfelliyäne     .        .        .        .100 
Tyet 142 


Sperber     . 
Squamata . 
Stach  elflosser    . 
Stachelschweine 
Steinidole. 
Stelzen 
Störche 
Stossvögel. 
Strauss 

Streifenhyäne  . 
Strkjidae  . 
Stummelfüsser. 
Sudan  (Sudanesen) 
Suidae 

Solu        96.  101.  105 
121.  12' 
Sundi 
Sykomore . 
SylvicoUdae 


.  151 
.  112 
.  128 
.  101 
94.  103 
.  110 
.  111 
.  111 
.  134 
.  100 
.  110 
.  113 
102.  136 
.108  f. 

.  109.  110.  113. 

2.  138.  142.  144 

.    120 

135.  146 

.    110 


Tana-See 124 

Tanganyika  97.  105.  137.  138.  147 
Tanz.  93.  99.  106.  125.  129.  146 
Tauben      .        .        .        .     110.  149 

Tempel 101 

Tengelin    . 
Termiten  . 

Tete  .        .        .96.  126. 
Therianthropie . 
Thon-  (Thun-)fisch 
Tierbilder . 

Tierflguren        94.  98.  99. 
109.  117.  120.  122. 
Tieropfer  .... 
Tierorakel 
Tierschädelfetische    92.  96, 


Uganda     .... 

Uhelie  s.  Wahehe. 

Ukerewe  s.  Wakerewe. 

U'mshologii 

Uniamwesi  s.  Wanyamwesi. 

Uiiika  s.  Wanika. 

ünjoro 

Unpaarzeher 

ünyanyembe    . 

Uqonqotwane    . 

ürua  . 

ürundi  s.  Warundi. 

Usambai'a .        .        .95. 

Usindja 

Ussue 


Vampire    . 
Verbreitungsgebiete 

bez.  ihrer  Kulte 
Veapertilio. 
Viktoria  Nyansa 
Viperschlange  . 
Voduda 
Vögel 

Völkerbewegungen 
Volta.      93.  103.  lO: 


Tiger 

Tigerwolf . 

Togo .        .  93.  96.  97. 


08. 


140. 

142 
131 

Votivbäame 

140. 

147 
157 

VuUurinae 

128 

Wadai 

99. 

104 

Wadschagga     1 

104. 

107. 

Waganda  . 

126. 

127 

Waganga . 

134. 

150 

Wahehe     . 

148. 

157 

Wahrsagerinnen 

99. 

107. 

Wak  . 

108. 

109 

Wakamba. 

97.  98 

Wakerewe 

100 

Wakuafl    . 

119. 

127. 

Waldgeister 

111. 


148 


121 


.  148 

.  103 

.  123 

.  130 

.  147 

22.  146 

.  123 

.  101 


Seite. 
Waldsänger       .        .        .        .110 

Waltiere 109 

Wamalla  ....    136.  142 

Wamara 141 

Wamhugwe  .  96.  103.  138.  143 
Wanika      100. 110. 137.  140.  143. 146 

Wanjoro 110 

Wanyamwesi       123.  137.  141.  143 

144  148 
Wanyaturu  ....  140 
Wapare  .  122.  137.  138.  143.  146 
Waratigi  ....  138.  143 
Warundi  .  .  .  105.  141.  148 
Warzenschweine  .  .  .  108 
Waschambaa     .   95.   122.  137.  140. 

142.  143 


Wasimu    . 

Wasserschlange 

Wassukuma 

Wataita     . 

Wayao 

Webervogel 

Weichtiere 


137, 


.  142 
122.  129 
143.  148 

.  111 
96.  99.  100 

.     134 

.     131 


Weida    97.  114.  116.  119.  120.  128. 

1.31.  139.  141.  144.  145.  146 

Widder      .        .        .        .160.  152 


96 


der  Tiere 


132  fr. 
.  95 
93.  123.  148 
.  123 
.  120 
156 


Wildkatze. 
Woad  Medineh. 
Wölfe 
Wurfkeule 
Wurm 
Wurmzüngler  . 


113. 


95 
139 
101 
135 
119 
113 


109—111 


95 


120. 
99. 


132.  159 
127.  139 
107.  108. 
109.  122} 
.     111 


.     103 

29.137.140.143 

138.  141.  144 

.     147 

.     107 

95.  100 

139.  142 

.     HO 

.     123 

101.  141.  142 

.      94 


Xavi 115 

Xiphüdae 128 

Xiphiiformes  s.  Xvphüdae. 
Xosa  s.  Kosa. 

Yakoba 146 

Yams 93 

Yangombe 139 

Yaunde     ....    148.  149 

Yoruba      ....     140.  149 

Yukanye 123 

Zauberer    93.  96.  99.  100.  101.  103. 
108. 123. 138. 140. 148  144.  147. 148 

Zebra 103 

Ziege      93.  101.  104.  107.  121.  122. 

133.  136—89.  140.  150 

Zoolatrie 157 


AUTOREN-KEGISTKR. 


Seite. 
ACHELIS  .  .  .  154  155  156 
Andekson.        .  107.  143 

Andres,  Karl,  96.99.100.115.126 
Andbee,  Richard,    101.   106.  107. 
121.  145.  146.   155 


Ankekmann 
Abbousset 

ASTLEY 
AüTENBIETH 


129. 


Bakee 

Barth   .   .    .   . 

Baethkl  .    .    .   . 

Bastian  98.  94.  96.  98. 
108—110.  112.117—121 
129.  i:^l.  135—141.  145 


Baumann       96    100. 
138- 
Baümgarten    . 
Baumstark 
Behr,  V., 

Bekenger-Feraud  . 
Berghaus      97.  102. 


103. 
-143. 


Bleek 
Bohnee 

Bosman 

Bowdick 


104. 
120,  127.  135. 
.    121. 
146. 
115. 
139. 
108. 


135.  141, 
95.  114. 
135, 
100.  107. 


Brehm  92.  94.  96.  97.  99. 

124.  132- 

Brugsch  .        .        .        . 

Brüns   97.  104.  105.  107- 

114.  118.  120.  124. 135- 

140.  141.  144- 


130. 

135 

132 
100— 
124- 
-149. 

1 55. 
105. 

146. 

138. 


112. 

139 

122. 

147. 
117- 

145. 

111. 

138. 

104, 
-134 

151. 
-109. 
-137. 
-146 


159 
102 
128 
149 

143 
1-16 
159 
105. 
127. 
151. 
156 
136 
148 
141 
143 
143 
1-18 
114, 
142 
1.38 
1-50 
119. 
146 
127 
141 
122 
151 
153 
112. 
139. 
149 


Seite. [  Seite. 

Bryce  .  .  96.  108.  122.  125 '  Falkenstein  .  .  107.108.129 
Büchholz.  .  .  .  127.  146!  Fischer  .  .  .  100.  110.  111 
Böttikofee  93.  104.  108.  114,    Fürbes      ....     114.141 

127.  145.  147  i  Friedrich  .  .  .  .132 
Büttner  ....  114—116  Fritsch  93.  96.  107.  109.  111.  121. 
Bunsen     ....    152.1581  122.125.129—131.150 

Burckhardt     ....    130!  Feübenius,  H.,        .     99—101.  HO 
Bubkhabdt-Geundemann   103.  114.  j  Feobenius,  L.,    109.  113.  119.  124. 
131.  136.  139—141.  146    149.  150'    131.  j32. 145. 148.  149. 154— 1-56.  1-58 


Cameron  97—99. 123.  1 38.  1 47. 1 50 
Casalis  .  121.  125.  143.  146 
Casati  .  .  .  124.  148.  149 
Chantepie  de  LA  Saussaye  102  151 
Chavanne        .        .    107—109.  126 

CoNRAU       ....      111 

Crowther        .        ,     112.  120.  128 

Cruickshank       108.  120.  136.  139. 

140.   142    145.  146.  149 

Cuhn 104.  135 


Gerland  . 

(iöTZEN,    V. 

Oreve 

GÜEICH 

GOssfeldt 


.  91 

.    137.  143 

96.  97.  100.  133 

.  143 

92.  105.  108.  145 


Haacke  und  Kuhneri'    .    1-32. 
Haakhoff        .        .121.  125. 

Hagen      

Hahn,  Ed., 


133 
144 


.  d. 


riAHLGRÜN 

Dalzel 
Dapper 
Decken , 

DlEHl, 

Doelteb 

Dorner 

Durst 

DUNCAN 


Ebers 

Ellis 

Emin    Pascha 

Endemann 

Engelhaedt 

Erman 


97. 


137.  145.  149, 


104. 


14-J 

114 

151 

1.50 

.       92 

107.   142.   143 

134.  155.156. 

106 

.     115 

.     151 

.     135.  145 

95.  99.  107 

111.  125.  144 

.     107 

.     151 


96.   106.  107. 
136.   145. 
Hahn  ,  Jos. ,     107. 125. 143.  1 59, 
Happel     .        .134.  15-5.  156 
Hartmann      94.95  97.98.111. 
118.  119.  122.  124.  125.  130. 
142-145. 
Hartmann  ,  v.  , 
Hartland        .... 

Hegel 

Hellwald     93.95.96.98—101. 
108.  110—112.  114.  120.  122. 
127.  139.   142.  145.  148- 


Hei.molt 

Henning 

Herodot 

Herold 

Hertwig 


.    115. 

.    151. 
105.140.141.146.147 


133. 
151 

,160 
1.58 

114. 

131. 
147 
158 
126 
158 

106. 

124. 

-1.50 
152 
92 
153 
149 
132 


174    - 


Seite. 

Seite. 

Seite. 

Heuglin   . 

.    124 

154—156.  158 

Pesch        .     95.  99.   106.  107.  112. 

HiLDEBKANDT    . 

.     100.  111.  128 

LlVINGSTONE 

96.  122.  129.  130. 

114.    124.  127.  131.   188.  139    143 

Hirschfeld     . 

.         .         .     154| 

187.  140.  147 

146.  147 

HÖHNEL,    V. 

.     129.  140.  143 

LUBBOCK     . 

.     102.  128 

Peschel 158 

HOERNES    . 

.      92.  158 

Lydekker. 

.     132.  133 

Petermann  und  Hasse.nstein    109. 

HOESEMANN 

.     149 

124.   136.   142 

HOLUB         94.    99. 

103    108.  109.  110. 

Mabno          100. 

L06.  HO.  124.  186 

Peters      ....     136.  160 

125.  129 

189   141.  142    145 

Petherick        ....     106 

Hornberger     . 

.     114 

Marshall. 

.     132 

Pfeiderer        ....     153 

Hotton    . 

.     127.  146 

Maspero   . 

.    151—153] 

PlETSClIMANN      .            .                   151.    153 

HUTTER       . 

.     141.  147 

Massaja    . 

.         .         .     145  1 

Platz     93,   98.    101.   109.  110.  122. 

Mayer,  v. 

.      91 

137.  138.  140.  141.   143.   144.  145. 

Jephson  und  Stanley     96.99.101. 

MeI.N'ERS     . 

.    114.  151 

147.  148.  149 

102.  110 

Meister    . 

.    151 

Pogge        .        94.  98.  IDI.  121.  126 

JOHANSSEN 

.      95.  122.   137 

Mere.nskv. 

122.  138.  144.  147 

Post 138.  141 

ISENBERG    . 

.    136.  146 

Merke K     . 

.     159 

Preiss 151 

ISERT     101.    114. 

115.  117—119.  131 

Meyee,  Eduard 

.    151-153 

Peeuss      ....    138.  140 

139.  146.  147 

Meyer,  Hans, 

.     138 

Pruneau    de  Pommegokge  112.  114 

Junker     . 

.     148 

M  ISCHLICH 

.     147.  149 

Pruyssenaere.        .        .        .180 

JUNOD 

.       92.  122.  147 

M'Lennan. 

MOCHI 

.     120.  155 
.     159 

PrCtz        .        .        .    '     .    130.  145 

Kaufmann     99. 

123.  124.  136.   140. 

MOLLIEN'      . 

.      94 

Raffenel 127 

142.  148 

Monrad          94. 

101.  109.  111.  127. 

Ramseyer 120 

Kayser     . 

.     151.  154 

185.   140.  147 

Ratzel       92.  98.   95.   99.   100.  105. 

Keller    94.  95. 

101.  109.  IIB.  124, 

Müller,  Friedr 

.     153.  154 

107.  108.  109.   111.  113.  122   128. 

138.  145.  149 

Müller,  Max, 

.    151.  153.  154. 

124.  125.  127—131.   138.  189.  141. 

Kirchhoff 

.      97.  132 

156.  158 

1.50.  157—159 

Klein  und  Thome  .      97.  130.  133 

Müller,  Robert 

,   106.  183.136.159 

Kebmann 145 

KLE.MM    98.   101. 

111.  117.  119.  127 

Müller,    W.  J., 

94_96.  98    101. 

Repin 115.  116 

128.  131 

104.  105.  108. 

HO.   112.  120.135. 

Reville    .        .      96.  113.  117.  120 

Klose       93:  -97. 

105.  111.  136.  138. 

136.  139.  1.50 

V.  Rhoden        .                .    107.  1.50 

139.   145-147.  150 

Mungo  Park    . 

188.  142.  145.  147. 

Richter,  Jul.,         .        .        .148 

KOELER        . 

112.  128.  139.  148 

149.  150 

Richter   (Leuüiiint)    9-3.   107,   109. 

KOLBE         .     10-2 

121.  130.  139.  141 

MUNZINGBR 

.     144 

113.  123.  136.  139.  141.   150 

KOLLMANN       123 

137.  140.  143.  148 

Rittnek,  L. ,    .        .        .        .     143 

Kraft   . 

151.  153 

Nachtigal    124 

1.36.  138.  145.  147 

Römer  103.  105.  120.   136.  1:^,9.  140. 

Kranz  101.  110 

121.  122.  143.  144 

Neumann . 

.     159 

146    U7.  149 

Keapf           101. 

108.  124.  136.  137. 

Niebuhr   . 

.     152 

Rohlfs      .        .        .        .108.  149 

139.  141.   142.  146 

NOACK 

.     152 

ROSKOFF 158 

Kropf    99.  110. 

111.  122.  126.  130. 
131.  139.  144.  150 

NüREIS 

Oldendorp 

.     115 
.     117.  118 

Ruccius 143 

RüTIMEYEE         ....        94 

Labarthe      97. 

11-5.  116.  118.  136 

Orelli 

.       91.  151 

Schaüenbueg  .        .        .     145.  149 

139.  146 

Owen 

.     109 

ScHiNZ     92.  96.  135.  137.  140—144. 

Labat    105.  110 

.114.  115.  119.  129 

146.  149    158 

Lange 

.     151 

Palacky  . 

.     133 

V.  Schkopp       ....     149 

Langkavel 

.    139.  146 

Passarge  . 

127.  140.  142.  146 

Schmaeda        .        .     132.  133.  149 

Lenokmant 

.    153 

Paülit.schke    . 

94.  95.  HO.  135. 

SCHMELTZ.         .         .       93.   108.  126 

Le.nz  . 

■     92.   107.  IDS.  126 

136.    138.  140. 

142.  148.  144.   145. 

ScHNEiDEE       95.   96.    98,    100.  112. 

Le  Page  Renouf    .        .    151—153 

149.  150 

104.   107.  114.  120.  122.  125    126 

Lichtenstein    . 

103.  135.  141.  144 

Pechuel-Lösche 

.     133 

128.  137,  140.  142.  147 

Lindner    . 

.     151.  158 

Perrot  et  Chipiez  151. 152. 155. 158 

Schultze  .        .    134.  155.  156.  158 

Lippert 

125.  129.  151.   152. 

Perty 

.    107.  134.  154 

ScHUBTZ  92.  98.  115.  129.134,148- 

175    - 


Seite, 
150.  152.  153.  156.  168 

SCIIWAHZ 110 

SCHWKINFUBTH^  94.  106. 110. 124. 135 

Seidel     93.  98.  103.  110.  114.  120. 

129.  138.  147 

Sepp 151 

SiBREE    94.  95.  99.   105.   109.  110. 
113.  124.  126    139.  140.  145 

Siebeck 92 

Sievers-Hahn       96.  113.  121.  124. 

132.  133.  145 

SoYAUX      92. 103. 104, 107-109. 131 

Speke US 

Spencer    .        .        •    120.  150.   1.58 
Spiegelbekg     .        .  151 

Spieth      .        .        .    120.  129.  147 
Spillmann        ....     144 

Spinoza 156 

Stanley    (vgl.  Jephson    und 

Stanley)  ....  148 
Steindobff  .  .  151—154 
Steiner  .  .  •  138.  140.  147 
Stern 151 


Seite. 

Stüll 159 

Storch      .        .      95.  109.  122    123 
V.  Strauss  lind  Torney      151.  152 

Stuhlmann       .     100   136.  137.  142 


Thomson 
Thonner 

TlKLE 

Tobler 


100 

98 

153' 

158 


Tyloe     94.  102.  103.   113.  121.  122. 
127    15.5.   158 


Uhlemann 
d'Urville. 


1.51—153 
.    131 


Vatke       .        .        .  151.  153 

ViNSON      .  105.  112-114.  118    119. 

127.  146 
Vita  Hassan  104.106.124.143.148 
VOLKENS    ....     138.  140 

Wagneb,  Hebmann        .        .    132 
Waitz  94.  96—101.  103.  107— 


111.  113.  115.  116. 
124.  125.  127. 

Wallace  . 

Wangemann     . 

Weule 

Widenmann 

Wiedemann 

Wiese 

Wilson  94.  103. 

Winterbottom. 
Wissmann        94.  99. 
Wittum     . 

WUNDT 

Wuttke  98.  99. 


Seile. 

118.  121.  122. 

128.  130.  141. 

145.  1.56 

.      99.  132 

96 

102.  158.  159 

.     134.  143 

.    153 

.      96.  100 

114.  119.  127. 

128.  142 

.    181 

101.  109—111 

.     115 

132   152.  160 

113.  140.  146. 

147.  155.  156 


Zenker 149 

Zöllek  97.112.114-116.118. 

119.  127 

ZüCCHELLl  .  .  .  .104 

ZöNDEL        94.100.  119. 141. 146. 147 


ERRATA. 


Seite 

92 

Zeile 

5 

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„Tschibönne" 

JJ 

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JJ 

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JJ 

„Oromö" 

JJ 

„Oranio" 

149 

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3 

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unten 

JJ 

„Paulitschke" 

JJ 

„Palittchke" 

HET   PAARD   11^   DE  GORONTALOSCHE 

LANDSCHAPPEN 


DOOR 


G.  VV.  W.  C.  Baioii  VAN  HOEVELL, 

OuD-GouvERNEüR  VAN  Celebes  en  Onderhoorigheden. 
(Met  plaat  XI). 


Als  bijvoegsel  tot  Deel  VII  vaii  het  „Internationales  Archiv  für  Etlinogra- 
phie"  gaf  wijlen  Prof.  P.  J.  Veth  eene  Monographie  ovor  „het  Paard  oncier  de  Volken  van 
het  Maleische  ras".  —  Die  verhandeling  is  natuurlijk,  zooals  de  schrijver  /.elf  aan  het  slot 
erkent ,  nog  voor  aanvulling  vatbaar.  -  Zoo  komt  daarin  o.  a.  weinig  voor  over  het  paard 
in  Noord-Celebes  of  liever  wordt  er  in  't  geheel  niet  van  gerept.  —  Tijdens  mijn  verblijf 
te  Gorontalo,  tusschen  de  jaren  1885 — 1891,  maakte  ik  eenige  aanteekeningen  omtrent  dit 
onderwerp,  die  nu  hier  eenigszins  uitgewerkt  eene  plaats  mögen  vinden. 

In  de  verschillende  geschriften,  toeti  geheeten,  omtrent  den  legendarischen  oorsprong 
en  de  geschiedenis  der  Gorontalosche  stammen  en  geslachten,  waarvan  sommige  opklimmen 
tot  de  14de  eeuw,  wordt  van  het  paard,  in  het  Gorontaleesch  ivadala*)  genaamd,  nergens 
gerept.  — 

Volgens  de  overlevering  zuu  het  paard  van  uit  Kajeli,  Palos  over  Parigi  in  de  Goron- 
talo-landschappen  zijn  ingevoerd,  doch  is  met  zekerheid  niet  te  zeggen  wanneer  zulks  zou 
hebben  plaats  gehad.  .Somniigen  stellen  dat  tijdstip  op  300  ä  400  jaar  geleden.  Waar- 
schijnlijk  is  het  Gorontalosche  paard  das  verwant  aan  het  Makassaarsche  ras. 

Zeker  is  het  dat  nog  langen  tijd  en  nu  zeker  niet  minder,  na  het  tot  stand  komen  eener 
stoomvaartverbinding,  paarden  uit  de  Tominibocht  van  Parigi  en  Todjo  te  Gorontalo  werden 
ingevoerd.  —  Vroeger  geschiedde  dat  transport  met  blottd's,  groote  prauwen  of  vlotten, 
waarbij  vele  paarden  in  zee  verdronken.  —  Zie  hierover  o.  a.  von  Rosenberg,  der  Mal. 
Archipel  blz.  270. 

Hoewel   het   ras   zeer  zeker   in   den   loop  der  tijiien  reeds  eenigszins  gedegenereerd  is, 


')  De  n;iam  loadala  is  ongetwyfekl  evenals  de  namen  voor  piiard  op  het  eiland  Rotti  in  gebruik,  als 
dara,  rara.  lala,  ndalu,  ndara  duoi  lettbivvisseling  van  djaran  o{  djarang  af  te  leiden.  -  In  't  voorby- 
gaan  wil  ik  er  hier  even  op  wjjzen  dat  de  woorden  aikaramio,  aikarano  en  nikaranjo.  door  niy  in  myne 
verhandeling  over  de  dialecten  der  Auibonsche  landstaai  voor  paard  opgegeven,  inderdaad  juist  zun.  —  Prof. 
Veth  tv^üfelde  eenigszins  aan  de  jiiistlieid  dezer  niededeeling,  dochliet  schont  hem  ontgaan  te  zyn  dat  ik 
op  blz.  40  van  genoenide  verhandeling  [Bydragen  van  het  Koninklyk  Instituut  voor  de  Taal-.  Land-  en 
Volkenkunde  4e  volgreeks  Dl.  I  (1877)]  er  in  de  noot  op  wees  dat  het  zeer  zeker  te  verwonderen  is  dat, 
hoewel  apen  en  paarden  op  de  .Vmbonsche  eilanden  niet  inheemsch  zyn,  men  toch  voor  beide  dier- 
soorten  oorspronkelyke  namen  in  de  land.staal  aantreft.  —  Vergelyk  overigens  Prof.  W.  Joest.  dii'  in  deel 
VIII  van  het  I.  A.  für  Ethn.  blz.  61  il8!)."i)  müno  niededeeling  omtrent  aikarano  hevestigt. 

I.  A.  f.  E.    XVII.  23 


-    178    - 

heeft  het  toch  nog  vele  van  de  oude  deugden  behouden  en  onderscheidt  het  zieh  door  ziju 
zekeien  gang,  zijn  groot  weerstandsvermogen  tegen  afmattenden  arbeid,  bitte,  ontbering  en 
siecht  voedsel.  In  ki-acht,  sneiheid,  grootte  en  fraaiheid  Staat  het  echter  bij  andere  rassen 
van  den  Archipel  achter.  —  De  paarden  zijn  niet  zeer  gestrekt,  eerder  gedrongen,  hebben 
een  kort  hoofd,  tamelijk  lange  ooren,  een  vrij  breede  borst  en  stevige,  goed  gevormde 
beenen,  ietwat  opstaande  manen  en  een  weinig  behaarden  staart.  Om  in  dit  laatste  gebrek 
verbetering  te  brengen  schei'en  de  inlanders  den  staart  geheel  kaal  en  laten  slechts  een 
klein  bosje  haar  aan  de  punt  over.  —  Ook  de  manen  worden  steeds  kort  gehouden.  — 
De  hoogte  van  volwassen  paarden  varieert  van  3  voet  5  duim  tot  3  voet  10  duim. 
Slechts  uiterst  zelden  wordt  tegenwoordig  een  paard  van  4  voet  gevonden. 

Men  treft  paarden  aan  van  allerlei  kleur,  zoowel  licht-  als  donkerbruine,  vosseri, 
valken,  isabellen,  rauisvalen  en  schimmeis.  Alleen  zwarte  paarden  komen  zelden  voor. 
Onder  paarden  van  allerlei  kleur  vindt  men  goede  en  siechte,  en  de  inlander  heeft  ten 
deze  geen  preferentie.  Als  een  hoofd  zijn  paard  wat  donkerder  van  kleur  wenscht,  plaatst 
hij  het  in  een  zeer  duisteren  stal,  wat  hierop  van  invloed  schijnt  te  zijn. 

Over  't  algemeen  besteedt  de  inlander  weinig  zorg  aan  zijne  paarden,  laat  ze  los 
rondloopen  en  vangt  ze  op  als  hij  ze  noodig  heeft.  Verscheurende  dieren  zijn  hier  niet, 
zoodat  hij  in  dit  opzicht  niet  bezorgd  behoeft  te  zijn.  In  't  ongunstige  jaargetijde  stalt  hij 
ze  onder  zijne  woning  en  slechts  enkele  hoofden  houden  er  afzonderlijke  verplaatsbare 
stallen  oi'  gadogan  op  na.  —  Een  inlander  roskarat  zijn  paard  nooit;  wel  laat  hij  het  nu 
en  dan  baden,  en  is  het  na  een  zwaren  rit  erg  vermoeid  dan  zag  ik  het  beest  ook  wel 
eens  afwrijven  met  een  dot  droog  gras. 

't  Dier  moet  zijn  voedsel  zelf  zoeken.  Slechts  de  hoofden  en  meer  gegoeden  geven 
hunne  paarden  ma'Isbladeren  te  eten,  wat  een  uitstekend  voedsel  is,  mits  ze  niet  te  jong 
zijn,  daar  ze  in  dat  geval  buikloop  veroorzaken.  De  paarden  worden  er  vet  van  met  een 
glimmende  robe.  Woi'den  jonge  maisbladeren  door  paarden  niet  verdragen,  door  kai'bouwen 
en  sapi's  echter  worden  ze  zonder  schadelijke  gevolgen  met  graagte  genuttigd. 

Maisvruchten ,  die  hier  't  hoofdvoedsel  der  bevolking  uitmaken,  leveren  mede  een  uit- 
stekend paardevoedsel  op.  Ze  worden  niet  gepeld,  doch  voor  't  gebruik  slechts  ongeveer 
een  nur  in  water  geweckt.  De  ma'Is  is  echter  klein  van  klos  en  wordt  in  den  regel  te 
jong  geplukt,  zoodat  ze  spoedig  door  worm  wordt  aangetast  en  niet  lang  bewaard  kan 
worden.  —  De  Gorontalees  kent  wel  14  soorten  mais,  in  de  taal  des  lands  binte  geheeten. 
De  tijd  van  rijping  verschilt  van  70 — 120  dagen. 

In  tijden  van  groote  droogte  en  schaarschte  woi'den  het  paard  ook  wel  baniboebladeren 
voorgezet. 

Nooit  snijdt  een  Gorontalees  opzettelijk  gras  om  dit  zijn  paard  te  eten  te  geven.  — 
Het  weidegras  is  van  inferieure  kwaliteit  en  groeit  op  een  bodem  van  graniet,  waarvan 
nog  slechts  eene  zeer  dünne  laag  tot  verweering  is  overgegaan.  Het  gras,  dat  op  de 
sawah's  groeit,  nadat.de  rijst  geoogst  is,  is  van  betere  hoedanigheid  en  wordt  door  de 
paarden  gezocht.  -  Twee  in  't  gras  voorkomende  planten  (die  ik  helaas  niet  nader  deter- 
mineeren  kan)  doch  bij  den  Gorontalees  bekend  zijn  onder  de  namen  tobile  en  pockhoe  ver- 
oorzaken, als  ze  door  paarden  gegete.n  worden,  hevige  buikziekte,  waarbij  de  dood  dikwijls 
spoedig  intreedt.  Ook  een  soort  Imperata,  hoehoelongo  geheeten,  heeft  dezelfde  ziekte  ten 
gevolge,  doch  zelden  met  doodelijken  afloop. 

De   meest  voorkomende  ziekten  onder  de  paarden  zijn  behalve  de  genoemde  buikloop, 


-    17'.)    - 

in  't  Gorontaleoscli  tidoepo  genaanid,  wchuift  en  woiideii.  Droes  komt  zelden  voor.  Als 
voorbelioedniiddel  maakt  de  inlander  dikwijis  kleine  incisies  boven  de  neusgaten.  —  Bij 
buikziekten  worden  de  zieke  paarden  met  klapperolie  ingewreven,  geeft  man  ze  arak,  dan 
wei  water  van  zeei-  jonge  klappers  te  drinken  of  laat  men  ze  in  't  zweet  draven.  —  Is 
een  paard  kreupel  goworden,  dan  wordt  de  lioef  eerst  goed  schoon  gemaakt  en  nagezien 
oni  eventueel  «teentjes  of  iets  dergelijk.s  eruit  te  verwijderen.  Dan  zet  de  inlander  hat 
zieke  deel  van  het  been  in  een  pap  van  gekookte  spaansche  peper,  malüa,  vermengd  met 
kalk.  De  pap  wordt  tot  diiemaal  toe  ververscht,  daarna  afgenomen  en  liet  zieke  deel  met 
droge  kalk  ingewreven.   Deze  beliandciing  heeft  mee.stal  spoedige  genezing  ten  gevolge. 

Wonden  worden  op  de  volgende  wijze  behandeld.  Na  goed  schoongemaakt  te  zijn  doet 
men  er  een  pap  van  fijn  gestooten  vruclitjes  van  bidara*)  vermengd  met  kiapper-  of  kemiri- 
die  op.  Als  opdrogend  middel  wordt  gebrand  leder  gebi'uikt;  terwijl  men  spinrag  bezigt 
cm  bloeding  te  stelpen. 

Om  een  paard  vet  en  stei-k  te  maken  begint  een  inlander  met  iiet  schoonmaken  der 
kiezen,  zoodat  het  voedsel  belioorlijk  kan  worden  vermalen.  Blijkt  dit  niet  voldoende  dan 
laat  hij  eenige  malen  per  dag  den  buik  van  't  paard,  dat  tot  aan  de  borst  in  de  rivier 
wordt  gezet,  met  een  rond  stuk  hout  door  twee  personen  flink  wrijven,  waarschijnlijk  om 
de  peristal tische  heweging  der  darmen  op  te  wekken  en  alzoo  de  spijsverteering  te  bevor- 
deren. Eene  ruiniere  voeding  gaat  met  deze  wrijfmethode  gepaard,  en  die  't  betalen  kunnen 
geven  dan  ook  wel  pap  van  mai's,  gemengd  met  vruchten  van  pisang-batoe  te  eten. 

De  hoeven  der  paanien  worden  siecht  vei'zorgd  en  nooit  gesneden.  .Slechts  zeei-  enkele 
hioofilen  laten  ze  soms  met  een  beitel  afsteken.  Toch  worden  slechts  weinig  paarden  met 
gespletan  hoeven  aangetrofFen. 

De  prijs  der  paarden  wisselt  tusschen  80  ä  120  gülden.  —  Voor  25  ä  40  gülden  kan 
men  echter  ook  al  een  minder  mooi  paard  koopen. 

Koopt  een  inlander  een  paard ,  dan  let  hij  behalve  op  de  goede  en  kwade  teekenen , 
waarover  hieronder  woi-dt  gehandeld,  er  op  of  de  hals  en  de  boi'st  breed  zijn,  het  voorhoofd 
plat  is,  de  beenen  dun  en  goed  gevormd  zijn.  Gave  en  donkergekleurde  hoeven,  kleine  recht- 
opstaande  ooren,  groote  heldere  oogen  zijn  vorder  kenteekenen  van  een  mooi  paard.  Ook 
moet  het  haar  fijn,  glänzend  en  kort  zijn,  want  men  zegt  dat  paarden  met  lange  hären 
lui  zijn.  Het  meeste  echter  let  hij  op  de  gunstige  en  ongunstige  teekenen  en  niet  licht 
zal  hij  er  toe  overgaan  een  paai'd  te  koopen  als  die  teekenen  ongunstig  zijn,  ook  al  zij 
het  nog  ZOO  mooi.  Hij  let  daarbij  voornamelijk  op  de  haarkringen  of  haarkronkels  hier 
lilingo  geheeten.  Tot  de  siechte  lilingo  behooren  een  kruin  in  de  hären  op  het  voorhoofd 
als  deze  niet  vlak  tusschen,  of  te  hoog  boven  de  oogen  valt,  dan  wel  een  kruin  ter  zijda 
van  de  borst.  Een  kruin  op  het  midden  van  de  borst,  vlak  boven  en  tusschen  de  oogen, 
dan  wel  op  de  achterheupen  zijn  zeer  goede  teekenen  en  bewijzen  dat  het  paard  sterk  en 
niet  lui  is.  Ook  een  zwarte  sti-eep  over  den  rüg  is  bij  muisvalen  on  valken  een  gunstig 
teeken  en  zoo'n  dier  zal  den  eigenaar  geluk  aanbrengen. 

Om  den  leeftijd  van  een  paard  te  bepalen  heeft  de  Goiontalees  geen  ander  middel  dan 
wat  overal  eiders  in  gebruik  is,  namelijk  het  onderzoek  van  landen  en  kiezen.  Is  het 
gebit  voltallig  en  gaaf,  dan  zegt  hij  dat  het  dier  vijf  jaren  of  iets  daarboven  is.  Ontbreken 
nog  een   of  meer  kiezen,  en  heeft  het  dier  nog  niet  van  snijtanden  gewisseld,  dan  is  liet 


•)  Zizyphus  Jujuha  I;AM.  | Filet,  PUmtk.  Woordenboek  N».  1157  &  9111. 


-    180   - 

jonger  en  kan  hij  den  leeftijd  nog  nauwkeuiig  bepaleii.  Is  het  paard  ouder  daii  vijf  jareii 
dan  weet  hij  den  ouderdom  niet  zoo  juist  op  te  geven,  daar  hij  dan  slechts  te  rade  kan 
gaan  met  den  toeytand  der  snijtanden ;  hoe  meer  deze  zijn  afgesleten,  hoe  ouder  het  dier  is. 

Vroeger  werd  het  paard  in  de  Gorontalo-landschappen  alleen  als  rij-  en  lastdier  gebruikt. 
In  de  laatste  jaren  echter  zijn  ook  bendie's  in  gebruik  gekomen ,  zoodat  iiet  nu  ook  als 
trekdier  dienst  doet. 

Een  Gorontaleesch  paard  kan  onder  den  man,  of  niet  te  zwaar  belast,  op  den  vlakken 
weg  met  gemak  25  ä  30  palen  per  dag  afleggen. 


Treiis  en  ttugel,  wangodoe,  luv.  N».  776/22. 


Voor  hoofdstel,  trens  en  teugel  gebruikt  de  inlander  meest  eenvoudig  een  stuk  ineen- 
gedraaid  rotantouw,  wangodoe  genoemd.  Beschouwt  men  de  ti'ens  als  kooi'de,  dan  kan 
men  den  teugel  en  het  hoofdstel  als  twee  uitgerekte  bogen  beschouwen ,  waarvan  de 
längste  als  toom  dient,  terwijl  de  andere  achter  de  ooren  van  het  paai'd  geschoven  wordt. 
Het  aan  de  trens  bevestigde  lange  rotantouw  houdt  de  laiiter  in  de  hand,  opdat  het  paard , 
als  hij  er  soms  mocht  afvallen ,  niet  door  kan  gaan. 

Vroeger  wai-en  ook  veel  koperen  rfoen'-stangen  en  trensen  in  gebruik,  doch  aan  deze 
marteling  zal  in  de  laatste  jaren  wel  een  einde  gekomen  zijn,  door  de  sedert  daartegen 
uitgevaardigde  verbodsbepalingen. 

Het  eenvoudigste  Gororrtalosche  rijzadel,  wapidoe  limboe-limboe  (Fig.  1  van  boven,  Fig.  2 
van  onder  gezien.  Inv.  N°.  776/18)  bestaat  uit  niets  anders  dan  een  stijf  met  boomschors 
saamgebonden ,  van  droge  pisang-  of  sitor-bladeren  vervaardigd  küssen.  'tZijn  vier  naast 
elkander  liggende  rollen  ter  niiddellijn  van  4;  8  centimeter.  In  't  midden  wordt  dit  zadel 
uit  den  aard  der  zaak  bij  belasting  plat  gedrukt.  Meestal  wordt  het  met  grof  zaklinnen  of 
een  ongelooide  geitenhuid  overlrokken.  *)  —  Meer  afgewerkt  worden  deze  zadels  ook  wel 
met  ongebleekt  katoen  overtrokken  en  ook  wel  met  kapok  opgestopt.  Zij  zijn  in  de  lengte 
gespleten  en  ieder  deel  afzonderlijk  gepolsterd.  De  hierbij  gevoegde  afbeeldingen,  alle 
afkomstig  van  voorwerpen  in  's  Rijks  ethnographisch  Museum  te  Leiden,  door  mij  aan  die 
instelling  geschonken,  zullen  eene  duidelijke  voorstelling  geven  van  de  zadels  zoowel  als 
van  het  dekkleedje. 


•)  Fig.  3  &  4  geeft  den  onder-  en  bovenkant  van  een  van  de  Wereldtentoonstelling  te  Paiijs.  1878, 
afkomstig  exemplaar  te  zien  (Inv.  N».  300/1736).  —  In  Bd.  XIV  van  de  Piibl.  aus  dem  Kgl.  Ethnogr. 
Museum  zu  Dresden  (Celebes  I:  Sammlung  P.  &  F.  Saeasin)  worden  deze  zadels  op  bldz. 89  wel  beschreven, 
doch  niet  afgebeeld.   De  körte  zadels  zjjn  lang  43  centim. .  breed  vöör  23-,  achter  33  centimeter. 


-    181    - 

De  zadels  zijii  voor  een  i»f'  twee  personen  ingericht,  in  't  liuitste  geval  wat  langer  van 
vorm,  ze  worden  dan  wapidoe  /laja-haja  (Fig.  5  &  6)  genoemd. 

Onder  de  zadels  wordt  een  met  kapok  opgevuld  kussentje,  doeloe,  gelegd  eri  over  alles 
heen  een  dekkleedje,  depoehoeii-lo  wapidoe  (Fig.  7,  Inv.  N°.  776/20),  van  verschillende 
stukken  gekleurd  katoen  vervaardigd,  zog  bont  mogeüjk,  .somy  nog  van  stikwerk  voorzien. 
Als  buiksingei  dient  eenvoudig  een  stuk  rotan  en  't  zadel  iigt  zeer  los  op  't  paard.  —  Van 
stijgbeugels  wordt  geen  gebi'uik  geinaakt,  en  de  beenen  van  den  ruiter  zijn  als  die  eener 
ledepop  in  voortdurende  sneile  beweging  tagen  de  flanken  van  't  paard,  waardoor  zij  'tbeest 
aanzetten.  Men  kan  zieh  bi.jna  geen  bespotte! ijker  vertooning  denken  dan  zoo'n  hollenden 
Gorontalees  op  zijn  paard,  welks  gladgeschoren  staart,  met  siechts  een  klein  bosje  haar 
aan  de  punt,  gedurende  den  rit  bijna  recht  in  de  lucht  steekt.  —  De  vrouwen  houden 
eveneens  veel  van  paardrijden,  doch  altijd  in  gezelschap  van  een  man,  d.  w.  z.  achter  dezen 
op  hetzelfde  paard  gezeten.  —  De  adat  wil  dat  geen  man  met  zijne  eigene  vrouw  te  paard 
zit,  maar  voor  zoo'n  ritje  steeds  eene  andere  gezellinne  moet  kiezen.')  —  Vooral  bij 
maneschijn  is  rijden  en  rossen  hun  lust  en  hun  leven.  Twee  siechte  gewoonten  zijn  ten 
nadeele  van  het  paardenras,  vooi'eerst  dat  zij  de  beesten  steeds  laten  teilen,  waardoor  deze 
zwak  op  de  voorhand  worden  en  ten  tweede  dat  zij  de  veiilens  te  jong  berijden,  waardoor 
vele  paarden  een  zoogenaamden  zadelrug  krijgen.  —  Terwijl  ruinen  niet  bekend  zijn, 
worden  alleen  hengsten,  nooit  merries  bereden.  —  Tot  voor  ongeveer  50  jaren  hield  men 
bij  groote  feesten  ten  hove  wediennen,  waaraan  alleen  de  kleine  man  een  werkzaam  aan- 
deel  nam,  doch  waai'bij  radjas  en  i'ijksgrooten  soms  aanzienlijke  sommen  op  het  spei  zetten. 

Van  pakzadels  wordt  geen  gebruik  gemaakt  en  de  lasten  verbunden  door  een  rotan- 
touw  eenvoudig  over  den  rüg  van  't  paard  gehangen ,  zoodat  de  pakken  onophoudelijk 
tegen  de  flanken  van  't  dier  schüren.  Zijn  vele  rijpaarden  tengevolge  van  de  primitieve 
wijze  van  opzadelen  gedrukt,  de  di'aagpaarden  hebben  nog  meer  te  lijden  en  bijna  allen 
hebben  bloederige  wonden  of  ontvellingen  op  rüg  of  flanken. 

Voor  veredeling  of  cioiseering  van  het  ras  wordt  niets  gedaan.  —  Ook  onder  het 
vroegere  vorstenbestuur  hielden  noch  de  vorst,  olongia^  noch  de  rijksgrooten ,  djoegoegoe  en 
marsaoleh  zieh  ooit  ernstig  met  de  paardenfokkerij  bezig.  —  Dit  belette  echter  niet,  dat 
zij  dikwijls  zeer  goede  paarden  hadden,  welke  zij  den  kleinen  man,  die  taillable  et  corve- 
able  ä  merci  was,  wel  afhandig  wisten  te  maken.  —  Om  deze  vexatie  der  hoofden  te 
ontgaan  sneed  de  mindere  man,  als  hij  eens  een  bizonder  sterk  paard  in  eigendom  had, 
het  eenvoudig  de  ooren  af,  of  verminkte  het  op  zoodanige  wijze  dat  het,  zonder  iets  van 
zijne  goede  hoedanigheden  te  verliezen ,  de  hebzucht  der  hoofden  niet  meer  opwekte. 

Bij  sterfgevallen  onder  de  aanzienlijken  liet  men  oudtijds  bij  de  doodenfeesten  paarden 
vechten ,  en  werden  de  vechthengsten  van  den  overledene,  zoolang  die  feesten  duurden, 
des  morgens  en  des  avonds  in  het  wit  gedöst  en  met  koi'alen  versierselen  behangen  naar 
diens  graf  geleid.  —  Hoewel  dit  gebruik  van  paarden  te  laten  vechten  thans  niet  meer 
gevolgd  wordt,  ziet  men  toch  nog  bij  begrafenissen  van  voorname  hoofden,  dat  het  rijdier 
van  den  overledene  met  een  wit  kleed  bedekt  den  lijkstoet  naar  iiet  graf  volgt. 

Hoewel  de  Gorontalees  Mohammedaan  is,  en  de  rechtzinnige  geloovigen,  zooals  Prof.  Veth 
in   zijn   opstel   reeds  opmerkte,   het  eten    van    paardevleesch   ontraden,  zieh  grondende  op 


en  Fig 


■)  Een  met  zakliiinen  overtrokken  zadel  voor  twee  personen,  wapidoe  haja-haja,  is  in  Fig.  5  (bovenkant 
^ig.  6  (onderkant)  afgeheeld.   Inv    N".  776,19.   Lengte  71  centini..  breedte  vöör  29-.  achter  40  centimeter. 


-    182    - 

Koran plaatsen  als  sura  VI:  143  en  sura  XL: 79,  is  hij  van  dat  voedsel  geenszins  afkeerig.  — 
Ik  veronderstel  dat  hij  deze  gewoonte  van  de  vrij  talrijke  Boegineesche  kolonisten  heeft 
overgenonien ,  vpant  op  Zuid-Celebes  is  't  eten  van  paardevleesch  zeer  algemeen.  —  Even 
als  daar,  woi-den  gestolen  paarden  hier  zeer  dikw^ijls  geslacht  en  gegeten  om  ze  zoodoende 
als  corpora-delieti  te  doen  verdvi^ijnen. 

Leiden,  Mei  1904. 


SAMOANI8CHE   MÄRCHEN 


VON 


Dr.  jiu.    0.    SI  ERICH, 

AUF  .Sa VAU,  Samoa-Inseln ')• 


"XXIIL 


0  le  usu  -)  e  toakia  o  Mü  ma  Vea.  Ua  nuaofo  le 
nu'u.  Ua  fai  atu  Mü,  e  5  ane  fai  lo  la  taua.  Ua  ö 
i  fafo,  ua  tau.  Ua  velosia^)  Mu,  ua  tau  lo  la  taua, 
ua  tulla*)  Vea.   Ua  toe  oso  mai  Vea,  ua  velosiaMü. 


Ua  oti  Mii,  ua  alu  atu  Vea. 

-Ola  Mü,    01a  Mü,   01a  Mü". 

Ua  ola  ia  Mü. 

Ua  nonofo  i  1h  nuni,  ua  faapea  atu  Vea:  oleä  o  e 
si'i  *)  le  tau  i  se  nu'u. 


Ua  o  atu,  5  fai  le  saofaHga'^)  a  le  nu'u.  Ua  5  i  le 
tasi  fale,  ua  nonofo  ai,  ua  moe  Vea,  a'e  aia  Mü 
va'ai  atu  Mü,  ua  sau  le  fiia')  tau. 


Ua  0  mai,  ua  si'o')  le  fale,  ua  fafagii  Mu  ia  Vea. 
„Vea'  6,  ala  ia!"  Ua  si'omia^)  täUa  '"). 


')  Fortsetzung  und  Schluss  von  Bd.  XVI  pg.  110. 

-)  brotliers,  Pkatt,  0.  c.  s.  V. li)      ^)  velo.v.  1)  to  dar 
••)  tuli,  V.  to  drive,  to  chase,  pass.  tulia.         *)  .si'i,  v. 
circle  of  Chiefs  seated.        ')  fua,  s.  a  fleet  of  c;anoes. 
to  Surround.        '")  taua.  we  two. 


W  u  n  d  e  !•  b  a  r  e  s    K  r  i  e  g  s  a  b  e  n  t  e  u  e  r. 

Da  waren  einmal  zwei  Brüder,  die  Mu  und  Vea 
hiessen.  Als  die  einmal  bei  einander  sassen  sagte 
Mü:  Komm'  wir  wollen  mal  mit  einander  kämpfen!" 
So  gingen  sie  hinaus  und  kämpften  mit  einander. 
Mu  wurde  dann  von  einem  Speer  getroffen,  Vea 
wurde  aber  zurückgetrieben.  Da  sprang  Vea  wieder 
heran  and  ein  zweiter  Speerwurf  traf  den  Mu. 

Da  starb  Mu  und  Vea  kam  heran  um  den  Bruder 
zu  besehen. 

„Lebe  auf  Mu",  rief  er  aus,  „Lebe  auf  Mu!",  „Lebe 
auf  Mu!" 

Da  wurde  Mu  wieder  lebendig. 

Und  sie  sassen  wieder  friedlich  beisammen  in 
ihrem  Dorf,  als  eines  Tages  Vea  ausrief:  „Was 
„sitzen  wir  hier,  komm  lass  uns  mit  einer  andern 
„Dorfschaft  kämpfen!" 

Da  machten  sie  sicli  auf  den  Weg  und  gelangten 
in  eine  Dorfschaft,  wo  sie  die  Häuptlinge  zu  einer 
Berathung  im  Kreise  versammelt  fanden.  Sie  begaben 
sich  in  ein  anderes  Haus,  wo  sie  sich  niedersetzten 
und  Vea  sich  schlafen  legte,  während  Mu  Wache 
hielt.  Da  sah  Mu  dass  einige  Leute  kampfgerüstet 
herankamen. 

Als  dieselben  näher  kamen  und  das  Haus  um- 
zingelten weckte  Mu  seinen  Bruder  Vea  auf.  „Wach' 
„auf  Vea!"  rief  er,    „wir  sind  umzingelt!" 


t,  to  oast  a  dart  or  spear.  2)  to  push  otf  a  canoe  etc. 

to  carry  war  into  a  district  etc.         '■)  fiaofa'iga,  s;  a 

")  si'o,  V.  to  Surround.        ')  si'omia,  pass.  n.  M'o 


-    183 


Ua  fai  ;itu  Vea:  tu  i  fafo  e  tau  ina  le  lui'u.  Ua 
OSO  atu  Mü,  ua  fai  le  taua  mn  le  lui'u.  üa  tantau') 
tulia  Mü.    Ua  velosia  Mn.   Ua  'alaga-). 


Vea'etü,  vea'etu!    Ua  lali  mal  Vea: 

Tauatu  Mü.  tauatu  Mu!  Ua  velosia  Mü  oti.  Ua 
OSO  atu  Vea,  ua  täpale^)  i  le  nn'u.  Ua  fa'auma 
tagata  i  le  nu'u. 

A  üa  foi  mai  Vea  ia  Mu,  ua  vala'au:  01a  Mü. 
Ola  Mn.    Ua  uiiia  le  uu'u  ua  leai  se  tasi  e  ola. 

Mitgetlieilt  von  Losa.  Vailu'utai 
d.  10.  Februar  1891. 

Erklärt  von  Taitua,  Taiunuafa. 
26.  Februar.  1891. 


Üa  sagte  Vea  „Stelle  dich  draussen  hin  und  kämpfe 
„mit  den  Kerlen!"  Da  sprang  Mu  auf  und  nahm 
den  Kauipf  mit  den  Männern  auf.  Seine  Kraft  er- 
lahmte aber  bald  und  er  wurde  von  einem  Speer 
getroffen.   Da  rief  er  aus: 

„Vea.  komm'  heraus,  Vea  komm'  heraus!"  Vea 
aber  antwortete: 

„Mu,  mach'  den  Kampf  aus,  Mu,  mach  den  Kampr 
aus!"  Da  wurde  Mu  zu  Tode  gespeert.  Nun  sprang 
aber  Vea  hinaus  und  hieb  nach  allen  Seiten  um 
sich  in  die  Krieger  bis  er  alle  Mann  erschlagen  hatte. 

Dann  begab  sich  Vea  zu  seinem  Bruder  zurück 
und  rief:  „Lebe  auf  Mu!",  „Lebe  auf  Mu!",  worauf 
derselbe  wieder  auflebte. 

Übersetzt  Vailu'utai  18.  März  1891. 


XXIV. 


A  o  Soe  la  lenei  nia  Soe.  Ua  nofonofo  lava.  ua 
fai  atu  Soe  fafine:  oleä  alu  fagota.  Ua  maua  le 
fe'e*)  tele,  ua  alu  a'e  le  faiva.  Ua  fai  atu  lana  tane: 
se'i  au  mai  ni  talo  e  iga'i  le  fe'e. 


Ua  alu.   Ua   nofo   le  fafine  nia  tao  le  fe'e.  Üa  ave 
age,  ua  ai  uma. 


L^a  alu  ifo  Soe.    Ua  leai  se  fe'e. 

Ua  ita.  Ua  alu  i  loga  ilamutu^)  o  le  manuali'i. 
Ua  fai  mai  le  manuali'i:  Ua  e  san?  flau  sau  e  te 
alu  ane  e  te  aiga  le  fafine. 


„E  te  fa^amaom" «). 
„loe".  Ua  alu  Soe  i  lo  la  fale. 
Ua  Paalogo  atu   ua  „o"  mai  le  manualii.   Ua  tagi 
le  fafine. 
0  lea  tagi. 

E  Soe,  e  Soe 

faalogo  i  le  manu  le  e 

pe  e  mai,  pe  e  ese, 


Strafe    einer    schlechten    Hausfrau. 

Dieses  ist  die  Geschichte  von  Soe  und  seiner  Frau, 
die  auch  Soe  hiess.  Die  lebten  ruhig  zusammen,  als 
eines  Tages  die  Frau  sagte:  „Komm,  wir  wollen 
fischen  gehen!"  Dann  fingen  sie  einen  grossen 
Dintenfisch  und  brachten  ihn  nach  Hause.  Und  der 
Mann  sagte:  „Jetzt  will  ich  etwas  Taro  holen,  um 
„es  mit  dem  Dintenfisch  zu  essen!" 

So  ging  er  fort;  die  Frau  aber  blieb  zu  Hause  um 
den  Dintenfisch  zu  braten.  Als  er  fertig  zugerichtet 
war  gab  sie  aber  davon  an  ihre  Freunde  und  sie 
assen  Alles  auf. 

Dann  kam  der  Mann  zurück  und  der  Dintenfisch 
war  fort. 

Da  wurde  er  böse  und  ging  zu  seinem  Verwandten, 
dem  Vogel  Manualii  {Porphijrio  samoeftsis).  Der  fragte 
ihn:  „Nun,  kommst  du  auch  einmal?"  „Ja",  ant- 
„wortete  der  Mann,  „ich  komme  um  Dich  zu  bitten, 
„dass  du  meine  Frau  auffrisst!" 
.     „Ist  das  dein  Ernst?"  fragte  der  V^ogel. 

„Ja,"  sagte  der  Mann  und  ging  nach  Hause. 

Da  hörte  die  Frau  wie  das  Geschrei  des  Manualii- 
Vogels  näher  kam  und  fing  an  zu  weinen. 

Sie  sang: 

Ach  SoE,  ach  Soe 

Hörst  Du  da§  Geschrei  des  Vogels? 

Gilt  es  uns,  oder  gilt  es  einem  andern? 


')  tautau,  V.  to  hang,  to  hang  up.        '■')  alaga,  to  shout  out. 

^)  täpale,  V.  to  strike  on  every  side,  to  knock  about. 

■•)  fe'e  s.  the  cuttlefish  iOctopus).       ')  coitsin.        «)  fa'atnaoni,  v.  to  be  in  earnest.  to  speak  the  truth. 


184    - 


faitalia  ona  oa  solang 
ou  alu  0  fai  fe'e 
talia'i  loii  fa.i  oge. 

0  lea  tagi  le  tamaloa: 

se  le  manu 

le  fafine  lou'a  mata'u 

ua  ia  ai  le  avevalii 

a'e  le  tu  se  ave  ma  au. 

Ua  sau  le  manuali'i,  ua  ai  le  fafine. 


Mitgetlieilt  von  Losa.  Vaikrutai. 

d.  10.  Februar  1891. 
Erklärt  von  Willie  Laurenson. 

Taumuafa,  26.  Feb.  1891. 


Aber  ich  kann  vielleicht  noch  fortlaufen. 

Ich  will  dir  schnell  einen  Dintenflsch  bereiten, 

Weil  ich  dir  vorher  niclits  davon  abgegeben  habe. 

Darauf  antwortete  der  Mann: 

Da  ist  dei'  Vogel! 

Die  Frau  bekommt  es  mit  der  Angst. 

Weil  sie  alle  acht  Arme  des  Dintenflsches  verspeist 

Und  kein(3n  einzigen  mir  nachgelassen  hat. 

Da  war  der  Vogel  angekommen  und  frass  dies 
Weili  auf. 

Übersetzt  Vailu'utai  d.  19.  März  '91. 

[Morgens  früh,  eben  fertig  mit  der  Übersetzung 
als  der  Kampf  zwischen  den  Dörfern  Vailu'utai  und 
Fasitotai  begann]. 


XXV. 


Weshalb    die    F 1  e  il  e  r  in  ä  u  s  e ,    wenn 

sie   rasten   wollen,    sich   bei   den 

Beinen    aufhängen. 


Le  uo  ma  le  pea ')  ma  le  isumu. 

Tautala  le  pea  i  le  isumu:  alii'e  tali  ane  nialo  ta 
to'oto'o.   Aumai  ou  apa'au,  so'u  fa'asao. 


Ua  ane  apa-au  o  le  pe'a  i  le  isumu ,  ua  sola  ma 
le  isumu,  Ua  lele  i  luga,  ua  vala'au  o  le  pe'a,  au 
mai  ia  o'n  apa'au. 

Ua  musu  le  isumu,  ua  alu  lava  le  isumu  ma 
apa'au. 

0  le  pe'a  a  ua  nofo  le  pea  i  lalu  ma  le  to'oto'o, 
ua  fai  atu  le  pe'a: 

loe,  a  ona  tau  lava  ia  ,,e",  tautau  i  ou  vae  ma 
„e"  mimi  i  lou  nlu  ma  ou  mata. 


Mitgetheilt  von  Tafao.  Vailu'utai. 

12.  Febr.  '91. 
Mit  Hülfe  von  Fa'alataina. 

Erklärt   von    Taitua.    Taumuafa. 
26.  Februar.  1891. 


Da  waren  einmal  zwei  Freunde:  Dei-  tliegende 
Fuchs  und  die  Ratte. 

Eines  Tages  sprach  die  Ratte  zum  fliegenden  Fuchs: 
Mein  Herr,   warten   Sie   hier  ein  bischen  mit  ihrem 

Spazierstock    und „Leihen    Sie   mir  doch   mal 

„Ihre  Flügel,  ich  möchte  versuchen  zu  fliegen!" 

Da  gab  der  fliegende  Fuchs  seine  Flügel  an  die  Ratte. 

Diese  aber  lief  damit  weg  und  flog  in  die  Luft. 

Da  schrie  der  fliegende  Fuelis:  „Bringen  Sie  mir 
„doch  meine  Flügel  zurück!" 

„Das  fällt  mir  gar  nicht  ein!"  rief  die  Ratte  zurück, 
indem  sie  auf  den  Flügeln  des  fliegenden  Fuchses 
dahinflog. 

So  setzte  sich  denn  der  fliegende  Fuchs  mit  seinem 
Spazierstock  nieder  und  schrie  aus: 

„Jawohl,  geh  nur  zu,  und  mögest  Du  Dich  in  Zu- 
„kunft,  (wenn  du  rasten  willst)  bei  den  Beinen 
„aufhängen,  so  dass  Dir  Dein  eigener  Unrath  auf 
„den  Kopf  und  in's  G-esicht  fällt." 

[Deshalb  hängen  sich   noch   heute   die   fliegenden 

Ratten,  wenn  sie  rasten  wollen,  bei  den  Beinen  auf.] 

Übersetzt  Vailu'utai  d.  18.  März.  1891. 


«)  Fliegender  Fuchs  (Pteropus  Keraudrenü  Q.  &  G.  -   PI.  Samoensis  Peale). 


185 


XXVI. 


0  Tafitofau  ma  Ogafau  la  lenei. 

Fanau   lea  o  le  teine,  toe  fanau  lea  o  le  leine  o 
Siga  e  te  vS  ma  Siga  a  le  u  unu. 
Ua  nonofo  teine  ua  mananao  so  la  tuagane. 


Ua  alu  le  teine  i  uta  i  lo  la  niatua. 


I  so  la  tua  gane,  ua  niana  le  tania. 
Ua  igoa  ia  Maluafiti,  ua  alu  ifo  le  tama. 


Ua  alu  ifo  ma  le  sua  i  ona  tua  fafine. 

Oga  fai  atu  lea  o  teine,  o  lea  ö  e  faasoa  se  avä. 

Ua  5  teine,  savali  savali  ua  muta  le  nu'u. 
Ua  a'au  i  le  sami,  ua  ta-u  nu'u  i  le  nu'u  ulu. 

Ulu-Sele-a-ata-mai  ma  Ulu-Sele-a-valea. 

Ua  0  a'e  teine,  ua  momoe  i  le  fuefue. 
Ua  asi  e  Ulii-Sele-ata-mai,   ua  tau  manu  i  luga 
0  teine. 
Ua  momoe  pe'a  lava  ua  momoe  pe'a  lava. 

Toe  alu  ifo  Ulu-se-le-valea. 
Ua  mata  pomä  i  le  lä  lelei  o  teine. 
Ona  fa'apute ')  lea  o  teine. 
Ona  ala'e  lea  le  teine. 

Ua  5  a'e   iuta  i  le  fale.   Oga  nonofo  a'i  lea.   A'e 
fai  le  umu  a  Ulu-sele-ata-mai  ma  Ulu-sele  valea. 
Oga  fue  age  lea  o  le  umu  Ua  ai. 

Ua  savali  a'e  i  le  fale  o  le  taupou  -),  olea  tagi. 

Sinä  le  Uunu. 

Sinä  Ete  vä. 

E  te  ala  toa. 

Ala  tofä. 

Lou  tuagane  ta  lu  sä. 

E'i  a'iai  tapegä. 

Malu-o-fitii  'i. 
Malu-a-fitii  tutai  a  ua  ao. 


Mit  Tafitofau   und  dessen  Gattin  Ongafau  be- 
ginnt diese  Geschiolite. 
Ihnen  wurden  zwei  Mädchen  geboren;  die  hiessen 

SiNAETEVä   und   SiNAALEUUNÜ. 

Als  nun  die  Schwestern  eines  Tages  so  bei  ein- 
ander Sassen  empfanden  sie  den  sehnsüchtigen 
Wunsch  einen  Bruder  zu  besitzen. 

So  machten  sich  die  Mädchen  auf  und  gingen  in 
die  Berge,  wo  ihre  Eltern  wohnten  und  sprachen 
zu  ihnen: 

„Ach,  lasst  uns  auch  einen  Bruder  haben!" 

Dann  gingen  die  Mädchen  wieder  hinunter.  Die 
Eltern  besorgten  ihnen  aber  einen  Bruder,  den  sie 
Maluafiti  nannten. 

Der  ging  nun  eines  Tages  zum  Strande  hinunter 
um  seinen  Schwestern  etwas  zu  essen  zu  bringen. 

Die  Schwestern  sagten  wir  gehen  und  trachten 
ein  W«ib  für  Dich  zu  erlangen. 

Sie  gehen  bis  der  Weg  zu  Ende  war. 

Sie  schwimmen  in  der  See ;  sie  kommen  zu  einer 
kleinen  Insel,   Ulu  genannt. 

Da  waren  auf  Ulu  zwei  junge  Leute,  Ulu  Selea- 
atamai  und  Ulu  Seleavalea. 

Die  beiden  Mädchen  schliefen  in  den  Pflanzen. 

Ulu  seleatamai  geht  spazieren,  alle  Vögel  ver- 
bergen die  Mädchen. 

Das  Geräusch  des  Schlafes  der  Mädchen  ver- 
breitet sich. 

Darauf  kam  der  muntere  Jüngling  herunter. 

Er  zögerte  weil  die  Mädchen  so  schön  waren. 

Er  erschreckte  die  beiden  Mädchen. 

Sie  erwachten. 

Die  Mädchen  gingen  landeinwärts  zum  Hause, 
blieben  dort  und  lebten  mit  dem  Valea 

Dann  brachten  sie  das  Essen,  sobald  es  gesche- 
hen war. 

In  das  Haus  gehend  sangen  dann  die  Mädchen: 

Mein  Name  ist  Sina  le  Uunu. 

Meiner  Schwester  Name  ist  Sina  Ete  va. 

Glaube  nicht  dass  wir  gemeines  Volk  sind. 

Wir  schlafen  mit  Euch  so  lange  wir  wollen. 

Unsers  Bruders  Mangel  ist  die  Ursache  unsers 
Hierseins. 

Wäre  es  nicht  unsers  Bruders  halben,  wir  würden 
nicht  hier  sein. 

Maluofitii. 

Konnn  heran  mit  Deinem  Kanoe,  es  ist  Tag. 


I)  faapute,  to  frighten. 
I.  A.  f.  E.    XVII. 


•)  taupou,  virgine. 


')  Maluofitii  =  igoa  o  le  =  brother. 


•24 


186 


Malou  ala  le  nui  ua  ala  tui  le  tae  ao. 


Du   kannst  den  Vorgang  sehen,  es  ist  zu  schade, 
ihn  moigen  früh  zu  sehen. 

Mitgeteilt  von  Tualaiga  (le  avä  o  Ege) 
le  uso  0  Tu,  (mit  dem  Pferdehieh  in's  Gesicht). 
Vailuutai  12.  Feb.  1891. 


XXVII. 

Strafe  des   Menschenfressers   Liavaa. 


Tafitofau  ma  Ogafau  fanau  o  Liava'a;  toe  fanau 
Ogafau  ua  ai  Liava'a,  toe  fanau,  ua  ai  Liava'a,  ua 
soosola  Tafitofau  ma  Ogafau. 


Soosola  i  le  mauga.  toe  fanau  fo'i  lea,  Tau-tasi- 
agamu'a. 

Ua  fai  atu  lea  o  le  tama:  po  oleä  le  lä  mea  e  tu'u 
mai  i  tai? 

Ua  fai  atu  le  matua:  o  le  sami. 

Ua  fai  atu  o  le  ta'ma:  au  mai  ni  sami ')  ou  te  avea. 

Oga  fai  atu  lea  oga  matua:  ta  e  ■•)  te  fefe  ne'i  ai 
oe  e  lou  uso. 

Aumai  pea,  i'a  o'u  te  alu. 

Oga  alu  lea. 

Ua  alu  atu,  o  fagota  o  Liava'a,  ma  fai  atu  lea  i 
loga  uso  0  fea  o  iai  lou  tama?    ,.0  lo'o  atu  efagota". 


Oga  tuli   lea  o  le  tama  Iai  titi  ma  le  sami  oga  fai 
mai  lea  o  le  tama. 

Ou  te  fefe  i  l'ou  tamä  alu  pea  ia. 

Ona  alu   lea  o   le   tama  ma  le  sami.   Ua  sau,  na 
uma  ona  fu'e  o  i'a.  Ona  alu  lea  i  ona  matua. 


Ua  fai  atu  le  tama,   „o  mai  i  ua  a'ai  i'a".    Ua  o'o 
i  le  tasi  aso. 
Ua  toe  alu  le  tama,  e  toe  u  toeutu  sami. 

Ua  poloa'i  jjiava'a  a  sau  le  ali'a  fai  atu  i  ai  e  alu 
e  tau  ma  au  i'a. 


Tafitofau  und  seine  Gattin  Onc^afau  hatten  einen 
Sohn,  den  Liavaa,  dann  bekamen  sie  noch  ein  Kind. 
Das  wurde  aber  von  Liavaa  aufgefressen.  Als  sie 
dann  noch  ein  Kind  bekommen  hatten  und  dieses 
auch  von  Liavaa  verschlungen  wurde,  flüchteten 
sich  Tafitofau  und  Ongafau. 

Sie  flüchteten  sich  in  die  Berge,  und  hier  wurde 
ihnen  noch  ein  Kind  geboren,  welches  sie  Tautasi- 
anamua  nannten. 

Eines  Tages  nun  fragte  das  Kind  seine  Eltern: 
„Was  ist  das  denn  da  für  ein  Ding,  dort  nach  dem 
„Strande  zu?" 

„Das  ist  das  Meer!"  antworteten  sie. 

„Ach  gebt  mir  doch  einige  Kokosflaschen ,  ich 
„möchte  etwas  davon  heraufholen !"  sagte  der  Junge. 

„Mein  liebes  Kind ,"  riefen  die  Eltern ,  „wir  haben 
„Angst,  dass  Dein  Bruder  Dich  auffressen  wird!" 

„Seid  nur  nicht  bange;  ich  möchte  so  gerne  gehen!"  ' 

Und  so  ging  er  fort. 

Als  er  unten  angekonunen  war  Liavaa  gerade 
auf  den  Fischfang  gefahren.  Er  fragte  daher  seine 
beiden  Brüder  (welche  Liavaa  nachher  wieder  aus- 
gespien hatte):  „Wo  ist  denn  Euer  Vater?"  „Der 
„ist  zum  Fischen  fort!"    antworteten  die  Beiden. 

Dann  trug  er  seinen  beiden  Brüdern  auf  ihm 
Seewasser  zu  holen.  „Denn  ich  fürchte  mich  vor 
Eurem  Vater,"  fügte  er  hinzu. 

„Ach,  der  tut  Dir  nichts",  sagten  dit?  Beiden, 
„geh  nur  zu !" 

So  ging  er  denn  fort  und  füllte  sich  seine  Kokos- 
fliaschen  mit  Seewasser.  Und  als  er  in's  Haus  des 
Liavaa  zurückkam  nahm  er  dessen  Fische  fort, 
packte  sie  in  einen  Korb  und  ging  zu  seinen  Eltern 
zurück. 

„Nun   kommt   und  esst  Fische!"  rief  er  ihnen  zu. 

Nach  einigen  Tagen  machte  er  sich  denn  wieder 
auf  den  Weg  und  holte  sich  Seewasser,  ^l 

Nun  gab  aber  Liavaa  den  Befehl,  dem  Herrn, 
wenn  er  wieder  käme,  zu  sagen,  er  möge  mit  .seinen 


')  sami  ~  cocoanut  bottles  to  carry  seawater.  -)  my  pet. 

^)  Seewasser  gebrauclien  die  Polynesier  vielfach  zur  Zubereitung  ihrer  Speisen. 


-    187    - 


Ua  alu  le  tania,  ua  tau  mai  i'a,  ua  mate  i'a.  0  na 
ave  lea  e  le  tama  o  i'a.   Ua  ai  ina  le  inatua. 


Ua  to-e  alu  ifo.  Ua  toe  tau  ma  le  pua'a,  ua  mate 
le  pua-a.  0  na  faatiau  lea  o  le  pua'a.  Ua  ave  gao. 
Ua  alu  i  ona  inatua ,  ua  ai  ma  latou. 


Oiia  sau   lea  o  Liava'a,   ua  tina  lo  loto,  ua  si'i  le 
ta'ua  i  le  tama. 


Ua  alu,  ua  fa  ta  na  o  ti  le  tama. 


Faagogo  a  tagi: 

Pe'e  mo'i  pe'e  pepelo, 
Tautasi,  na  lu  ae, 
Tu  ia  i  Inga  ia  ta  pale. 

la  uma  Dna  tu  lea  o  le  tama.  Ua  tapale  ia  uma. 
Ona  fa'asao  lea  o  le  toalua.  Ua  tutü  le  vae.  0  le 
tasi  ae  tutu  le  laulaufaiva. 

0  le  tasi  ua  alu  ifo  i  tai.   Ua  fesili  atu  ali'i. 


Ua  faapepea  le  taua,  ua  taii  mai. 

Ua  oti  uma  lava  le  iln  i  tana  o  Liava'a. 

Ona  toe  alu   lea  o  le  itu  tana  a  Liava'a.   Ua  toe 
tau  le  tana. 
Faagogo  a  tagi: 


beiden  Fischen  einen  Kampf  aufnehmen. 

Als  dann  der  junge  Mensch  wiederkam,  kämpfte 
er  mit  den  beiden  Fischen  und  sclilug  sie  tot. 
Darauf  nahm  er  dieselben  mit  sich  und  verspeiste 
sie  mit  seinen  beiden  Eltern. 

Als  er  dann  wieder  einmal  hinunter  ging  hatte 
er  mit  den  Schweinen  des  J.,iavaa  einen  Kampf  zu 
bestehen.  Und  auch  die  Schweine  tötete  er.  Dann 
schnitt  er  ihnen  die  Bäuche  auf,  nahm  das  Fett 
an  sich,  brachte  es  zu  seinen  Eltern  und  verspeiste 
es  mit  ihnen. 

Als  da  aber  Liavaa  luich  Hause  kam  ärgerte  er 
sich  ■^ehr ')  und  beschluss  einen  Kampf  mit  dem 
jungen  Menschen  zu  beginnen. 

Und  er  suchte  ihn  mit  vielen  seiner  Leute  in  den 
Bergen  auf  Der  junge  Mensch  aber  legte  sich  nieder 
und  stellte  sich  tot. 

Da  erhob  seine  Mutter  den  folgenden  Gesang: 

„Ob  Du  nun  wirklicli  tot  bist,  oder  dich  nur  so  stellst, 

„Tautasi'''),  spring  auf, 

„Und  hau  sie  mit  der  Keule  nieder!" 

Da  sprang  der  junge  Mensch  auf  und  teilte  nach 
allen  Seiten  Keulenschläge  aus.  Nur  seine  beiden 
Brüder  verschonte  er.  Einem  der  Leute  schlug  er 
einen  Fuss  ab,  einem  andern  schnitt  er  die  Zunge  aus. 

Der  Mensch,  dem  der  Fuss  abgehauen  war,  ent- 
floh nach  dem  Meeresufer.  Den  fragte  einer  von 
Liavaa's  Partei. 

„Wie  steht  der  Kampf?" 

„Alle  Leute  von  Liavaa's  Partei  sind  erschlagen!" 
war  die  Antwort. 

Da  liefen  noch  mehr  Leute  von  Liavaa's  Kriegs- 
partei hinauf  und  begannen  den  Kampf  von  Neuem. 

Da  erhub  die  alte  Frau  wieder  ihren  Gesang: 


Tautasi  anamu'a  e. 
Tu  la  i  luga, 
Ia  tapale  lava  ia. 
Fa'a  uma  ona  tä  lea 
0  le  fiti  i  sasa'e 
Ua  tapale  mai. 
Tu'u  mai  ia  Liava'a, 
To'e  täle  fiti  sisifo. 


„Taütasianamda  , 

„Spring  auf, 

„Hau  mit  der  Keule  um  Dich 

„Und  erschlage  sie  Alle. 

„Stiu'ze  dich  nach  dem  Osten 

„Und  erschlage  sie  auf  dem  Flügel, 

„Lass  nur  allein  den  Liavaa  am  Leben, 

„Dann  hau  sie  auf  der  westlichen  Seite  nieder!" 


Ua  toe  tapale   mai,   ua  tu'u   mai  ia  Liava'a,  ua 
to'e  tä  le  fiti  iuta. 


Und  da  schlug  Tautasi  wiederum  mit  der  Keule 
drein.  Nur  den  Liavaa  liess  er  stehen.  Dann  stürmte 
er  wieder  den  Berg  hinauf,  immer  mit  der  Keule 
um  sich   hauend.    Wieder  liess  er  nur  den  Liavaa 

stehen. 


1)  Liavaa  ärgerte  sich  (weil  nämlich  der  Bergjunge  früher  die  Fische  gestohlen  hatte). 
•)  Tautasi-agamua  =  der  Name  des  Knaben. 


188 


Ua  toe  tapale   inai,   na  tu'u  mai  ia  Liava'a.   Ona 
fai  atu  lea  pe  la  oe  a  ola. 

Ona  fai  atu  lea  o  Liava'a:    ia  ou  ola 

Ona  fasi  oti  lea  Liava'a 

Ua  ta,  ua  motu  le  ulu  mua. 

Ua  oti. 

Mitgeteilt  von  Ene,   Vailuutai  12.  Feb.  1891. 
Erklärt   von   Taitua   in  Taumuafä  (Vaimoso) 
den  26.  Februar  1891. 

(Meine  aiga  u.  Luisa  gegenwärtig). 


Dann  schrie  er  aber  dem  Liavaa  7a\,    „Ich  lasse 
Dich  auch  nicht  am  Leben!" 
Liavaa  aber  rief  aus ;    „Schenke  mir  das  Leben !" 
Tautasi  aber  erschlag  den  Liavaa. 
Dann  schnitt  er  ihm  den  Kopf  ab '). 
So  endete  Liavaa. 

Übersetzt  in  Vailuutai,  den  19.  März  1891. 


KINDERLIEDER. 


1. 

Sau  mai  umü. 

Tatä  pate. 

o     —    —    — 

Matia  ulu  pü. 

O  —  CJ     ü  u       — 

Sile  Sile-) 

O  —      ü  — 

Apela  le  faivae. 

ü   —   O      ü     —  CO  — 

(Lotte  Volkmann). 


Sasafla   tuipala   tuipala. 

—  Ü— O      ÜO —  O        CO  —  o 

Oi  oi  oi  fia   ai   alaga   fafaga. 

CO      O  —  O  ü   —   u 

(Lotte  Volkmank). 


Teine  ma  tama. 
Omai  Ina  matamata. 
I  le  iiia'oma'o '). 
0  lea  fai  ana : 

(Lotte  Volkmann). 

4. 
Si   teine   meamea*). 

Ma   si   tama   meamea. 

Ua   la   tau    uma. 

ü       —        o         —     o 

Le   tona   seasea  ^). 

(Lotte  Volkmann). 


')  Noch   heute   existiert    bekanntlich   der   Kriegsbrauch   dem   getöteten   oder   gefangenen   Gegner   das 
Haupt  abzuschlagen  und  als  Siegestrophäe  aus  dem  Kampf  zu  bringen. 
=)  Sili,  le  faifeau  Samoa  tuea  ma  Apela. 
3)  Ma'oma'o,  s. ,  the  name  of  a  bird.  (Leptornis  Samoensis). 
*)  „Ti  tu",  lang  gezogene  Nachahmung  eines  Vogelrufs. 
')  Meamea,  a. ,  j'oung,  of  infants. 
8)  Seasea,  s.,  1)  the  name  of  a  tree  and  its  fruit  (Eugenia  sp.?).   2)  a  child's  penis. 


LE8    CHARRLIES 
DES   INDES    NEERLANDAISES 


PAE 


HENRI    CHEVALIER,    Paris. 
(Avec  pl.  XII  &  XIII). 


Nous  nous  proposons  d'etudier  dans  cette  note  les  charrues  employees  aux  Indes 
Neeilandaises  en  y  joignant  quelques  types  des  Philippines.  La  plupart  des  instrunients 
que  nous  allons  decrire  fönt  partie  des  riches  collections  du  Musee  d'Ethnographie  de 
Leide,  et  c'est  grfice  ä  l'obligeance  de  son  savant  dliecteur  que  nous  avons  pu  mener  ä 
bien  cette  etude.  Monsieur  le  Dr.  .1.  D.  E.  Schmeltz  nous  a  en  effet  coramunique  des 
photographies ,  des  croquis  et  des  notes  sur  les  modeles  du  Musee  dont  nous  sommes 
heureux  de  le  reniercier. 

On  remaiquera  ([ue  certains  types  n'ont  aucune  ressemblance  avec  les  charrues  d'Asie, 
le  mode  d'attelage  du  Keraboti*),  au  moyen  d'un  collier  h  fourche  emmanche  sur  deux 
brancards,  est  tout  ä  fait  particulier  aux  lies  de  la  Sonde,  nous  ne  l'avons  rencontre 
nulle  part  ailleurs,  il  en  est  de  meme  de  la  charrue  d'Atjeh  qui  ne  rappeile  aucun 
type  connu. 

Nous  allons  passer  en  revue  d'abord  les  instruments  de  Java  puis  ceux  de  Sumatra 
et  de  Celebes  et  enfin  les  charrues  des  Philippines,  en  employant  indifferemment 
le  nom  de  charrue  ou  celui  d'araire,  quoique  ce  dernier  soit  le  veritable  terme  pour  designer 
des  charrues  saus  avant  ti'ain  ce  ([ui  est  precisement  le  cas  de  toutes  celles  que  nous 
allons  examinei'. 

Java. 

PI.  XII,  fig.  1.  C'est  au  Musee  d'ethnographie  de  Hambourg  que  nous  avons 
trouve  la  plus  simple  des  charrues  employees  ä  Java.  Elle  est  composee  de  trois  pieces 
de  bois  assemblees  deux  a  deux.  Malgre  cette  grande  simplicite  la  charrue  est  stable, 
solide  et  facile  h  diriger,  eile  n'a  ni  fer,  ni  versoir,  ni  aucun  moyen  de  reglage;  le 
timon  est  tres  court  et  tres  bas.  Par  ses  proportions  generales  ce  type  se  rapproche  de 
nos  charrues  vigneronnes. 

On  peut  ajouter  ä  cette  charrue  un  fer  plat  triangulaii-e  attache  d'une  fagon  quel- 
conque  sur  la  pointe  du  sep;  mais  nous  pensons  que  le  fer  doit  etre  fixe  ä  la  partie 
superieure  du   biseau   et   non   en   dessous,  comme  c'e.st  le  cas  pour  le  modele  du  Musee 


•)  Box  BubaluK.    Büffle. 


-    190   - 

de  Leide,  PI.  XII,  fig.  2  (Ser.  659  N°.  140).  Le  joug  est  une  piece  de  bois  traversee 
par  cinq  fiches  egalement  en  bois,  ceile  du  milieu  seit  ä  attacher  la  corde  de  tirage  et  les 
quatre  autres  eniboitent  deux  ä  deux  le  garrot  des  boeufs,  des  cordes  passant  sous  le  cou 
des  animaux  retiennent  le  joug  en  place. 

A  l'Exposition  universelle  de  Paris  en  1900  il  y  avait  un  araire,  PI.  XII,  flg.  3,  pour 
la  culture  du  riz,  assez  fort,  tout  en  bois,  avec  inclinaison  variable  de  la  fleche  au  moyen 
de  trous  perces  dans  l'etangon  d'avant.  Le  mancheron  est  fort  peu  incline  vers  rarriere  et 
legerement  recourbe  en  avant,  ce  qui  est  tres  rare  et  donne  moins  de  force  au  laboureur, 
ce  mancheron  est  fixe  ä  la  fois  sur  le  sep  et  sur  l'etangon  d'arriere. 

Les  labours  de  rizieres  ne  pi'esentent  pas  de  grandes  resistances  puisqu'on  les  fait 
generalement  pendant  la  periode  d'irrigation ,  les  socs  en  fer  ne  sont  pas  indispensables  et 
les  Charmes  en  bois  ne  s'abiment  pas  ä  l'eau  comme  les  charrues  en  fer,  il  ne  faut  donc 
pas  trop  se  häter  de  critiquer  ces  modeles  qui  ont  au  moins  le  grand  avantage  d'etre  fort 
economiques. 

Le  joug,  PI.  Xn,  flg.  4,  se  compose  d'une  forte  piece  de  bois  horizontale  posee  sur  le 
cou  des  animaux.  Au  milieu  de  cette  piece  un  renflement  muni  d'une  cheville  servant  ä 
fixer  la  corde  par  la([uelle  se  fait  le  tirage,  ä  droite  et  ä  gauche  des  clavettes  glissant 
dans  les  mortaises  du  joug,  ces  clavettes  sont  assez  Jongues  pour  permettre  ä  de  petites 
traverses  de  les  reunir  en  passant  sous  l'encolure;  ces  petites  traverses  sont  maintenues  en 
place  par  des  cordes.  Ces  jougs  qui  rappellent  beaucoup  ceux  qui  sont  usites  en  Algerie 
et  en  Tunisie  ont  le  grand  inconvenient  de  blesser  les  boeufs  au  garrot  des  que  le 
travail  est  un  peu  penible. 

Nous  retrouvons  un  joug  ä  peu  pres  pareil  sur  la  fleche  de  la  PI.  XII,  fig.  5  (Serie  370 
N°.  3958),  dans  la  Photographie  ce  joug  est  ä  l'envers,  la  grosse  traverse  devant  etre  en 
haut  et  les  petites  en  bas,  enfln  remarque  generale  ces  jougs  ne  sont  pas  toujours  attaches 
directement  sur  la  fleche,  mais  relies  avec  eile  par  une  corde  de  tirage  comme  on  le  voit 
dans  le  petit  modele  PI.  XIII,  flg.  23.  Cet  araire  forme  de  trois  pieces  de  bois  est  muni 
d'un  petit  fer  triangulaire ,  le  sep  taille  en  pointe  se  releve  et  s'elargit  vers  la  droite  de 
facon  ä  former  versoir,  la  pointe  du  timon  est  gracieusement  decoree. 

Se  rapprochant  beaucoup  de  la  precedente,  cette  charrue,  PI.  XII,  fig.  6,  (Ser.  300 
N°.  882),  presente  un  emmanchement  de  fer  un  peu  different,  quoique  le  fer  manque  il 
devait  etre  plus  long  et  muni  d'un  tenon  fixe  dans  le  sep.    Le  versoir  est  assez  allonge. 

Dans  la  figure  PI.  XII,  fig.  7,  (Ser.  16  N°.  37),  le  ver.soir  est  tres  developpe,  le  fer  est 
simplement  emmanche  k  emboitement.  Le  joug  est  analogue  ä  celui  de  la  fig.  4,  les  petites 
traverses  inferieures  sont  seulement  remplacees  par  de  grosses  cordes.  II  y  a  un  peu  de 
jeu  dans  la  mortaise  du  mancheron  oü  pas.se  la  fleche,  l'inclinaison  de  celle-ci  peut  donc 
varier  legerement  suivant  la  hauteur  des  animaux  et  permettre  au  laboureur  de  regier 
l'entrure  ä  volonte.  Ges  trois  charrues  sont  au  Musee  de  Leide,  tandis  (|ue  les  trois 
suivantes  sont  au  Musee   d'Amsterdam  (Natura  artis  magistra). 

La  premiere  PI.  XII,  fig.  8,  est  munie  d'un  etangon  ä  l'avant  permettant  de  faire  varier 
IMnclinaison  de  la  fleche  tout  en  assurant  sa  fixite,  le  sep  forme  ä  la  fois  soc  et  versoir  et 
est  quelquefois  muni  d'une  pointe  de  fer.  Les  deux  autres  different  de  la  premiere  en  ce 
qu'elles  n'ont  plus  de  versoir,  le  .soc  releve  rejette  la  terre  egalement  ä  droite  et  a  gauche, 
la  pointe  du  type  N".  9  (PI.  XII,  fig.  N°.  9),  en  fer  de  lance  legerempnt  bombe  et  celle  du 


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N°.  10  (PI.  Xll,  fig.  N".  10),   plate   munie  en   dessous   d'un  etrier  qui  emboite  rextieniite 
du  sep.    Cette  extremite  a  la  forme  d'un  toit  ä  deux  pentes  tres  releve  vers  l'arriere. 

Sumatra. 

On  tiuuve  ä  Sumatra  trois  genres  bien  differents  de  charrues:  le  premier  caracteris^ 
par  l'araire  Batak,  PI.  XII,  flg.  11,  le  deuxieme  qui  ressemble  aux  charrues  de  Java, 
enfin  le  troisieme  tout  ä  fait  particuliei-  avec  soii  attelage  ä  collier  et  brancards  et  dont 
le  versoir  rudimeutaire  est  ä  gauche. 

La  charrue  Batak,  Fig.  11,  (Serie  340  N°.  92),  est  composee  de  deux  pieces  de  l:)ois 
dont  une  en  forme  de  pioche  sert  ä  la  fois  de  mancheron,  de  corps  de  charrue  et  de  sep, 
l'autre  est  la  fleche ,  le  fer  tres  etroit  se  prolonge  en  arriere  par  une  longue  soie  qui  traverse 
le  Corps  de  charrue  et  s'appuie  sur  le  sep.  La  fleche  et  le  mancheron  ont  chacun  environ 
un  mi'tre  de  long.  Cet  instiument  ties  leger  ne  peut  produii-e  beaucoup  de  travail,  il  gratte 
la  terre  sans  la  retourner,  mais  peut  convenir  dans  les  sols  tres  pierreux.  II  exige  une 
certaine  adresse  du  laboureur  par  suite  de  son  instabilite. 

La  charrue  Toba,  PI.  XII,  flg.  13,  du  Musee  d 'Amsterdam  differe  surtout  des 
precedents  par  le  fer  qui  au  lieu  d'etre  pointu  est  plat  et  plus  large  en  avant  qu'en  arriere. 

La  charrue  de  Benkoulen,  PI.  XII,  flg.  12,  (Ser.  820  N".  26),  est  tout  aussi  primitive 
que  la  precedente,  mais  plus  grossiere  et  plus  lourde;  ses  proportions  sont  diffei-entes,  le 
mancheron  n'a  plus  que  0.60,  tandis  que  le  timon  atteint  1.67  de  long.  Le  joug  fort  simple 
est  represente  sur  la  flgure  attacht'  provisoirement  a  la  fleche,  il  ne  mesure  que  0,46?  et 
ne  peut  convenir  (ju'ä  de  tres  petits  animaux.  Les  deux  charrues  PI.  XII,  fig.  11  &  12 
sont  au   Musee   de  Leide. 

Avec  l'araire,  PI.  XII,  flg.  14,  (Ser.  40  N°.41),  des  Lampong-districts,  on  retrouve 
les  formes  des  Instruments  usites  ä  Java  avec  une  plus  grande  inclinaison  du  mancheron 
et  fort  peu  de  longueur  du  soc,  dont  la  surface  superieure  de  foi'me  triangulaire  est  forte- 
ment  inclinee  sur  la  droite  poui'  rejeter  les  terres.    II  n'y  a  pas  de  fer. 

L'exageration  de  l'inclinaison  du  mancheron  est  encore  plus  sensible  dans  la  charrue, 
PI.  XII,  flg.  15,  (Ser.  300  N°.  884),  dont  l'extremite  doit  trainer  d  terre  en  revanche,  ie 
timon  en  est  tres  releve.  Cette  chari'ue  est  employee  dans  les  parties  montagneuses  du 
district  de  Padang,  le  fer  est  tres  aigu.  Dans  les  charrues  du  troisiCwiie  genre,  la  traction 
est  faite  par  un  seul  animal  le  Kerabou,  le  joug  est  le  plus  souvent  muni  d'une  fourche 
ou  collier  ouvert,  et  est  relie  aux  deux  brancards  qui  sont  flxes  sur  l'äge  ainsi  qu'on  le 
voit  dans  une  charrue  de  Benkoulen,  PI.  XII,  flg.  16,  (Ser.  .57  N°.  18),  le  joug  est  une 
simple  traverse  de  bois  et  le  fer  une  longue  barre  emmanchee  dans  la  mortaise  du  sep, 
ni  mancheron,  ni  versoir,   ni  mode  de  reglage. 

L'araire  du  centre  (Manindjou),  PI.  XIII,  flg.  17,  (Ser.  268  N".  408),  pour  un  tmireau 
mieux  etudie  et  plus  soigne  dans  son  execution  possede  un  joug  ä  fourche,  le  mancheron 
est  termine  ä  sa  partie  superieure  par  une  poignee  representant  un  oiseau  et  ä  sa  partie 
inferieure  par  un  sep  soutenant  un  fer  tres  long,  fixe  dans  une  mortaise  par  le  veisoir 
dont  le  talon  forme  coin,  on  peut  mettre  un  versoir  ä  droite  ou  un  versoir  ä  gauche, 
fig.  17  et  17a.    M.  A.  L.  van  Hasselt  i)   a  etudie   cette  charrue  dans  le  Sumatra  central 


')  Cfr.  A.  L.  VAN  Hasselt:   Ethnograpliische  Atlas  van  Midden  Sumatra  (Leiden.  1881)  pg.  38  et  pl. 
LXXXIX  fig.  2. 


-    192    - 

oü  eile   porte  le  noni  de  Bacljag  Djawi.    Voici  d'apres  cet  auteui-  les  noms  des  differenfces 
pieces  qui  la  coraposent,  ainsi  que  les  essences  de  bois  employees: 


a.  Mancheron 

— 

pitounggomo 

en 

bois  de 

b.  Brancard 

= 

tali  rotigoueng 

» 

c. 

= 

tali  badjag 

» 

d.  Joug 

= 

pasangan 

n 

e.  Äge 

= 

palang 

» 

f.  Traverse 

= 

pdsag 

s 

g.  Poignee 

= 

bouroucng-bourc 

meng 

!) 

h.  Versolr 

= 

singka 

)! 

i.    Fei- 

= 

gigi     ■ 

!) 

soicrian  [Cedrela  serrtdata  Miq.,  Filet: 
Plantk.  Woordenb.  van  Nederl.  Indie 
N°.  8072.] 

Pahnier  dit  „anaii"  [Arenga  saccharifera 
Lab.  Filet,  O.e.  N".  320.] 

Bambou  ^batoueng". 

sourian. 

» 
anau. 

sourian  piraioe  [Cedrela  sp."?]. 
sourian. 
anau. 


Cette  chaiTue  pour  im  Kerabon^  PI.  XIII,  ttg.  18,  (Ser.  268  N".  409),  analogue  ä  la 
precedente  porte  le  nom  de  Badjag  kabo^),  celle  des  Lampong-districts,  PI.  XIII, 
fig.  19,  (Ser.  370  N°.  50),  est  plus  robuste  et  le  joug  s'emmanche  d'une  fagon  differente 
sur  les  brancards.  Ceux  ci  ne  sont  pas  fixes  ä  demeure  sur  l'äge,  munis  de  deux  traverses, 
ils  peuvent  tourner  sur  l'äge  comnie  autour  d'un  axe ,  la  charrue  s'incline  librement  ä  droite 
ou  h  gauche  sans  fatiguer  le  cou  de  l'animal,  fer  long  et  etroit.  Le  versoir  manque,  mais 
doit  etre  pareil  ä  celui  des  araires  N".  17  et  18. 

Bien  plus  legere  est  la  charrue  PI.  XIII,  fig.  20,  (Ser.  870  N".  29),  les  brancards  .sont 
en  bambou  le  joug  est  rolle  aux  brancards  par  des  cordes;  une  sorte  de  gourmette 
egalement  en  corde  passe  sous  le  cou  de  l'animal,  et  est  attachee  aux  deux  branches  de 
la  fourche.  Le  mancheron  au  lieu  d'etre  du  meme  morceau  de  bois  que  le  sep  est  emmanche 
ä  tenon  sur  l'äge  et  le  fer  est  maintenu  par  un  coin  en  bois;   il  n'y  a  pas  de  versoir. 

Une  charrue  fort  curieuse  est  celle  d'Atjeh  (Musee  de  Leide)  PL  XIII,  fig.  27, 
(Ser.  636  N°.  1).  Le  corps  de  charrue  de  forme  presque  tronconique  est  traverse  ä  sa  partie 
inferieure  par  un  fer  trüs  long  dont  la  pointe  est  elargie  en  feuille  de  laurier.  La  fleche 
droite  et  longue  de  2m  75  traverse  la  partie  moyenne  du  corps  de  charrue,  conti-e  lequel 
vient  se  fixer  une  perche  verticale  qui  sert  de  mancheron  ä  l'instrument  et  traverse  la 
fleche  pour  la  maintenir  en  place.  La  traction  est  operee  par  un  seul  animal  dont  l'encolure 
s'appuie  sur  un  arc  de  cercle  en  bois  fixe  d'un  bout  sur  la  fleche  et  retenu  de  l'autre 
par  une  corde  fixee  au  mancheron.  La  place  de  la  tete  de  l'animal  est  determinee 
sur  l'arc  par  deux  chevilles  en  bois,  la  traction  ne  se  fait  donc  plus  par  le  garrot 
comme  dans  tous  les  modeles  que  nous  avons  examines  ici,  mais  par  la  poitrine  et  les 
epaules,  il  parait  indispensable  que  l'animal  soit  muni  d'une  sorte  de  coUier  pour  eviter  la 
compression  de  la  gorge.  Cet  Instrument  tres  primitif  ne  comporte  aucun  moyen  de  reglage, 
il  faut   remarquer  toutefois  que  la  forme  du   corps  de   charrue  a  ete  etudiee  de  fagon  ä 


')  Cfr.  A.  L.  VAN  Hasselt:  O.e.  pg.  39  et  pl.  LXXXIX  fig.  3.  —  Le  modele  est  fait  aussi  a  Manin- 
djou.  Les  difFerentes  pieces  sont  fabriquees  dos  meines  especes  de  bois  comme  ceu.K  de  la  charrue  prece- 
dente, seulement  a  est  fait  en  bois  „si  tapou",  b  et  e  sont  faites  en  homhou-hatoumg ,  f  en  bois  sourian  et 
g  en  bois  pirmve  [Psidium  Guajava  L.  cfr.  Filet,  0.  c.  N".  1911]. 


-    198    - 

soulever  les  terres  et  les  rejeter  sur  le  cöte.    Cependant  la  position  verticale  du  mancheron 
est  tres  defavorable  pouv  regier  Ig  labour  tant  en  profondeur  qu'en  direction. 
Gas  charrues  sont  au   Musee  de   Leide. 

Bai.1. 

Dans  l'ile  de  Bali  on  se  sert  d'une  charrue  de  construction  savante,  PI.  XIII,  fig.  21, 
(Ser.  370  N°.  857).  Le  corps  coude  ä  angle  droit  se  termine  en  un  long  sep  sur  lequel 
s'appuie  un  fer  long  et  etroit  maintenu  dans  une  mortaise  par  le  talon  du  versoir.  Un 
timon  de  1.10  de  long  s'emmanche  dans  le  corps  de  charrue  et  est  fixe  par  un  coin  en 
bois,  dont  la  partie  la  plus  forte  est  en  avant  et  s'appuie  sur  la  base  du  mancheron  en 
forme  de  S.  Afin  d'empecher  le  timon  de  sortir  de  la  mortaise,  une  cheville  est  placee  en 
arriere  comme  cela  se  fait  generalement.   Musee  de  Leide. 

Celebes. 

La  charrue  de  Makassar  (Sud  de  Celebes)  PI.  XIII,  fig.  22,  (Ser.  1009  N".  90),  est 
analogue  ä  la  precedente  mais  plus  simple  de  construction ;  le  mancheron  n'est  plus  une 
piece  differente  du  corps  de  charrue  (La  Photographie  represente  le  fer  separe  du  sep  et  le  coin 
de  serrage  tombe):  on  voit  tres  distinctement  la  corde  de  tirage  qui  relie  le  timon  au  joug. 

Le  petit  modele  indigene,  PI.  XIII,  fig.  23,  (Ser.  37  N°.  273),  represente  une  charrue 
tiree  par  deux  boeufs ,  on  remarquera  que  malgre  la  tres  grande  longueur  du  timon  les  boeufs 
tirent  par  l'intermediaire  d'une  corde  flxee  au  joug,  qui  est  attache  sur  les  cornes. 

Dans  l'araire,  PI.  XIII,  fig.  24,  (Ser.  1008  N°.  75),  au  contraire  le  timon  est  exces- 
sivement  court  et  l'on  comprend  qu'une  corde  soit  indispensable.  Le  versoir  tres  eleve  au 
dessus  du  fond  de  la  raie,  agit  sur  la  terre  comme  une  oreille,  c'est  ä  dire  en  ecartanb 
plutot  qu'en  retournant.  Dans  ces  charrues  de  Celebes  les  versoirs  sont  ä  droite,  comme 
c'est  l'usage  dans  presque  tous  les  pays. 

Ces  modeles  sont  au   Musee  de   Leide. 

Philippines. 

La  charrue  des  Philippines,  PI.  XIII,  fig.  25,  se  trouve  ainsi  que  la  suivante  au 
Musee  du  Trocadero  ä  Paris.  Elle  se  compose  d'un  sep  en  bois  termine  par  un  soc 
en  fer  ayant  la  forme  d'un  coin  aplati  ä  la  partie  superieure,  le  mancheron  est  tres  inclinö 
vers  l'arriere  et  regoit  un  äge  long  et  retrousse  en  avant  qui  forme  la  fleche,  un  etanqon 
tres  fort  soutient  l'äge  et  sert  en  memo  temps  de  coütre.  L'äge  et  l'etangon  sont  assembles 
ensemble  et  la  fixite  assuree  par  un  coin  en  bois. 

Le  modele,  PI.  XIII,  fig.  26,  est  plus  perfectionne,  le  sep  assez  long  porte  un  soc  en 
fer  de  meme  forme  que  le  precedent,  mais  plus  allonge  et  sur  lequel  vient  buter  un  versoir 
en  fer  fixe  contre  Tetangon  au  moyen  de  deux  oreillettes  qui  fönt  partie  de  sa  face  arriere. 

En  resume  toutes  ces  charrues  sont  tres  primitives,  si  elles  sont  en  general  legeres 
et  peu  coüteuses,  elles  ne  peuvent  convenir  qu'ä  des  labours  peu  profonds  et  fönt  dans 
bien  des  cas  un  grattage  plutot  qu'un  veritable  labour. 


L  A.  f.  E.    XVII.  25 


BEITRÄGE   ZUR   ETHNOGRAPHIE 
VON    NEÜJ-GUINEA 


VON 

Db.'J.   D.    E.    SCHMELTZ,    Leiden. 
(Mit  Tafel   I— VI   und    18   Abbildungen    im   Text). 


X.     DIE   STÄMME   IN    DER   NACHBARSCHAFT    DES   MERAUKE-FLUSSES. 

Als  Fortsetzung  unserer  Beiträge  lassen  wir  heute  die  Beschieibung  der  ersten  der  drei, 
von  Herrn  W.  de  Jong  dem  Museum  geschenkten  Sammlungen  2)  aus  Süd  Neu-Guinea 
folgen,  während  wir  die  beiden  anderen  in  einem  feineren  Beitrage  in  Bd.  XVIII  zu  schil- 
dern gedenken.  — 

Die  im  Folgenden  besprochenen  Gegenstände  wurden  der  Hauptsache  nach  durch  den 
Schenker  während  der  Fahrten  des,  von  ihm  derzeit  befehligten  Regierungsdampfers  van 
Doorn,  auf  dem  Merauke-Fluss  oder  in  dessen  nächster  Nachbarschaft  zusammengebracht 3); 
ausserdem  werden  einige  andere  seitdem  erworbene  gleicher  Provenienz  durch  uns  hier 
gleichzeitig  mit  behandelt.  Letztere  entstammen  zumeist  der  Schenkung  eines  bewährten 
Freundes  des  Museums,  des  Herrn  Controleur  M.  C.  Sghadee*),  sowie  einer  anderen  die 
Herrn  Ltnt.  z/S.  B.  J.  HeilbronS)  zu  danken  ist.  Einige  andere,  weiter  unten  ebenfalls 
besprochene  Gegenstände,  so  z.  B.  der  interessante,  verstärkte  Bambusbogen,  wurden 
zufällig   mit   anderen,    teils  anderer  Provenienz,  auf  Auktionen  in  Amsterdams)  erworben. 

Herr  W.  de  Jong  stellte  uns  ausserdem  eine  Anzahl  Photographien,  den  Gebrauch  etc. 
einzelner  Gegenstände  erklärend,  zur  Verfügung,  von  welchen  einzelne  untenstehend  repro- 
duciert  sind.  Ausserdem  erhöhte  derselbe,  gleich  Herrn  Heilbbon,  den  Wert  seiner 
Schenkung  durch  die  Angabe  einheimischer  Namen  und  anderer  Bemerkungen,  die  unten 
an  entsprechender  Stelle  wiedergegeben  sind.  Hier  sei  vorweg  genommen  dass  Herr  de  Jong 
die  Richtigkeit  der  Benennung  „Toro"  für  einen  Volksstamm  bezweifelt,  und  eher  geneigt 
ist  anzunehmen  dass  dies  der  Name  eines  Landstriches  ist. 

Ebenso  bestreitet  Herr  de  Jong  in  bestimmtester  Weise  die  anderweitig  ausgesprochene 
Ansicht  das  die  Tugeri  Kannibalen  sind. 

Schliesslich     war     Herr    Schadee    so     freundlich    unsere    Aufmerksamkeit    auf    den 

Report   on    British    New-Guinea,    1898",    in    dem    eine    Anzahl    Gegenstände  etc. 

von    den   Tugeri   abgebildet   sind,    zu    lenken.    Wir   konnten    diesen   Report   und   andere 

Jahrgänge   desselben,    in    Folge    freundlichen    Entgegenkommens    Sr.    Excellenz  des   Herrn 


')  Siehe  Bd.  XVI  S.  194  ff.        2)  Siebe  Bd.  XVI  S.  201.        ')  Serie  1392.        ••)  Sei'ie  1476. 
N  Serie  1500.        «)  Serie  1441  &  1462. 


-    195    - 

Ministers  für  die   Niederländischen    Kolonien   für  unsere  Arbeit  benutzen  und  citieren  den- 
selben im  Verlauf  derselben  als   „Report   1897/98  etc." 

I.    Nahrung  und  Narkotica  und  dafür  benutzte  Gegenstände. 

Die  Kenntnis  der  Töpfer kunst  besitzen  die  Tugeri  nach  Herrn  de  Jono's  An- 
gabe nicht  1). 

In  unserem  Beitrage  I,  Bd.  VIll,  erwähnten  wir  pg.  156  einer  polierten  Kokosnuss 
als  Wasserbehälter;  die  Sammlung  des  Herrn  de  Jong  enthält  zwei  derartige  Geräte.  Das 
eine  (Ser.  1392/-59)  ebenfalls  aus  einer,  jedoch  unpolierten  Kokosnuss  verfertigte,  Taf.  V 
Fig.  6  abgebildete  Exemplar  ist  als  Wasserbehälter  für  Frauen  bezeichnet  und 
wird  haggre  genannt.  Das  nach  oben  eine  Schlinge  bildende  Trageband  besteht  aus  ketten- 
ähnlichem Geflecht  von  Kokosfaser;  das  untere  Ende  ist  von  einem  Knoten  versehen,  der 
sich  innerhalb  der  Nuss  befindet  und  dort  durch  einige,  ebenfalls  im  Ausgussloch  steckende 
Rohrleistchen  zurückgehalten  wird  -). 

Eine  Bereicherung  unseres  Wissens  betreffs  der  in  diese  Gruppe  gehörenden  Gegen- 
stände bildet  ein  Wasserbehälter  für  Männer,  dirari  (Ser.  1392/60;  Taf.  V  Fig.  3). 
Derselbe  besteht  aus  zwei  Bambusinternodien ;  die  Wand  zwischen  beiden  ist  durchstossen, 
während  die  des  einen  Endes  den  Boden  bildet  und  die  Mitte  jener  des  andern  durchlocht  ist. 
Die  Epidermis  ist  mit  Ausnahme  eines  breiten  Streifens  längs  der  Mitte,  der  eingeritzte 
winklig  zusammentretende  Striche  zeigt,  entfernt.  Das  Trageband  besteht  aus  braunem 
losem  Faserstoff  und  ist  mit  einer  Schlinge  um  das  obere  Ende  befestigt,  während  dasselbe 
am  unteren  um  eine  lange,  aus  der  Wand  hervortretende  Spitze  geschlungen  ist. 

Dem  in  unserem  ersten  Beitrage  I.e.,  besprochenen  Rauchrohre  können  wir  heute 
zwei  weitere  hinzugesellen.  Das  eine  ist  von  Herrn  de  Jong  eingesandt  (Ser.  1392/65; 
Taf.  III  Fig.  4)  und  wird  nach  dessen  Angabe  hange  genannt.  Dasselbe  besteht  aus  einem 
ganzen  und  einem  Teile  eines  zweiten  Internodiums,  in  dessen  Nähe  sich  das  Loch  für 
den  Tabak  befindet,  die  Scheidewände  sind  beide  durchstossen;  wie  aus  unserer  Abbildung 
ersichtlich,  ist  das  Rohr  rund  um  das  Loch  mit  einem  Querband  kurzer  eingeritzter  Zick- 
zacklinien verziert. 

Das  zweite,  Herrn  Schadee  zu  verdankende  Exemplar  (Ser.  1476/37)  weicht  von  dem 
eben  besprochenen  in  mehrfacher  Hinsicht  ab.  Nur  die  Wand  am  unteren,  dem  Mundende, 
ist  durchstossen  und  oberhalb  des  Rauchloches  bildet  ein  Teil  der  Wand  einen  zungen- 
förmigen  Fortsatz,  während  überdem,  auf  derselben  Seite,  das  Rohr  mit  zwei  parallelen 
Längsbändern  von  zahlreichen  eingeiltzten ,  einander  kreuzenden  Linien,  wodurch  Rauten 
gebildet  werden,   verziert  ist  3). 

Herr  de  Jong  bemerkt  zu  seinem  Stücke:  „Das  trockene  Tabaksblatt  wird,  in  ein 
Blattstück  gerollt,  in  das  Loch  nahe  dem  einen  Ende  gesteckt;  vor  das  letztere  wird  dann 
die  eine  Handfläche  gehalten ,  während  am  anderen  gesogen  wird.  Bei  älteren  Leuten 
angetroffen"  *). 


1)  Töpferarbeiten  ans  der   Gona-Bai,    iN.  0.   Küste   Br.   N.  O.   sind   Report  1897/98  (Brisbane,  1899). 
Taf.  5  und  von   Wautntu.   an  demselben  Küstenstrich,  I.e.  Taf.  13  abgebildet. 

2)  Siehe  Report  1897/98  Taf.  26. 

■')  Ein  rauchendes  Ehepaar  von  den   Kaile,    Br.  N.  G.  ist  Report  1897/98  Taf.  1  abgebildet. 
■")  I)ie    Kenntnis   des   Rauchens   dürfte   für   die    Tugeri    nunmelir   genügend   bezeugt  sein.   Vergleiche 
Bd.  XVT  S.  209. 


-    196   - 


II.    Kleidung  und  Schmuck. 

Betreffs  der  Frisur  und  des  Schmuckes  schreibt  Herr  de  Jong:  „Tugeri's  in  deren 
Familie  ein  Sterbefall  vorkommt,  entledigen  sich  ihres  Haarschmucks  sowie  der  Körper- 
zieraten. Nach  und  nach  werden  aber  die  gewohnten  Schmuckstücke  wieder  angelegt. 
Das  krause  Haar  wird  zu  langen  dünnen  Strähnen  verflochten,  welche  auch  wohl  mit 
anderem  Haar  verlängert  und  mit  Schilf  umwunden  werden." 

Diese  Haartracht  veranschaulichen  unsere  untenstehenden  Abbildungen  1  (stehender 
Mann)  und  2  (sitzende  Frau),  beide  zusammengehörend,  und  zwar  zumal  der  erstere 
sehr  gut.  Die  Sammlung  des  Herrn  de  Jong  selbst  enthält  ausser  einer  abgeschnittenen 
ganzen   Frisur,   dapies,   (Ser.   1392/21)   auch    noch    eine    einzelne   Flechte,    welche  an 


Abb.  1. 


Abb.  2. 


einer  Casuar-Flügelfederpose  befestigt  (Ser.  1392/20)  und  dort  mit  Schnur  umwunden  ist 
(Taf.  III  Fig.  3).  Wir  vermuten  dass  derartige  Flechten  zur  Ergänzung  der  Frisur  verwandt 
werden  i). 

Um  die  Frisur  zusammenzuhalten  bedient  man  sich  eines  Haarbandes  ^angjurke" 
{Ser.  1892/24),  das  aus  hell-  und  dunkelbraunen  Rohrfasern  diagonal  geflochten  ist.  Die 
Vorderseite  zeigt  erhabene  Längsstreifen  in  Fischgrat-Mustf^r,  nach  hinten  endet  das  Band 
in  dicke  gedrehte  Schnüre  von  gleichem  Material.  —  Gleichem  Zwecke  dient  nach  Herrn 
DE  Jong  eine  Art  Kragen  aus  Casuarfedern ,  simbu,  der  über  den  Haaren  getragen  wird. 
In  der  Sammlung  desselben  ist  dieser  nicht  vorhanden,  wohl  al)er  ist  ein  derartiges  Stück 
{Ser.  1476/27)  durch  Herrn  Schadee  eingesandt.   Die  Casuarfedern  sind  zu  kleinen  Büscheln 


')  Ähnliche  Frisuren  hei  Eingeborenen  von  Mount  Scratchley  sind  abj^iebildet  in  Report  1896  97 
{Brisbane,  1898)  Tafel  zu  S.  7;  auf  welcher  Seite  sich  auch  noch  eine  Reihe  interessanter  ethnographischer 
Mitteilungen  betreffs  jener  Eingeborenen  findet. 


-    197    - 

vereinigt,  deren  untere  Enden  mit  Kalk  eingeschmiert  und  nebeneinander  in  einem  eilip 
soiden  gitterartigem  Bande  befestigt  sind,  das  durch  quere  Durchflechtung  mit  rot  gefärbter 
Faser,  wodurch  der  Rand  und  die  Bindschnüre  gebildet  werden,  entstanden  ist.  An  der 
Aussenseite  dieses  Schmuckstückes  sind  im  unteren  Rand  des  Bandes  noch  einzelne  weisse 
Kakadu-Federn  befestigt.  Die  Schnüre  werden  um  die  Stirn  geknotet,  der  Schmuck  hängt 
nach  hinten  herab.  —  Ein  dritter  Gegenstand,  ebenfalls  als  Haarschmuck  benutzt,  „hasiende" 
(Taf.  IV  Fig.  5,  Her.  1392/22),  bildet  eine  Art  Kragen  mit  kurzen,  platten  fischgratförmig 
geflochtenen  Faserschnüren  an  der  einen  Hälfte,  während  die  andere  einem  dicken,  mit 
Rohrsti'eifen  umwickeltem  Tau  ähnlich  ist.  Der  ganze  Schmuck  ist  mit  rotem  Farbstoff 
eingeschmiert,  an  den  Enden  der  Schnüre  sind  einzelne  oder  mehrere  Früchte  von  Coix 
befestigt,  aus  denen  das  Material  dei-  Schnüre,  in  Gestalt  langer  haarartiger  Fasern 
hervortritt.  —  Noch  eine  andere  Form  des  Haarschmucks  bildet  eine  Faserschnur  auf 
welche  viele  rote  Bohnen  (Erijthrina)  und,  in  gewissen  Abständen,  einzelne  cylindrische 
oder  kugelige  graue  Früchte  von  Coix  gereiht  sind  (Ser.  1392/23). 

Gleich  einem  Diadem  werden  innerhalb  des  Mittelteils  einer  geflochtenen,  dreiteiligen 
Faserschnur  befestigte  gelbliche  Brustfedern  eines  Paradiesvogels  (Ser.  1392/25)  oberhalb 
der  Stirn  getragen ;  der  Name  dieses  Schmuckes  ist  sakieri  karuli. 

Von  Ohrschmuck  liegen  wiederum  dieselben  Ringe  vor  die  wir  Bd.  VIII  S.  1-58 
und  XVI  S.  213  erwähnten.  Nach  Herrn  de  Josg's  Angabe  ist  deren  Name  ihierke  (Ser. 
1392/26)  und  werden  selbe  von  Casuarfederposen  zusammengebogen  ;  danach  wäre  die  Angabe 
im  unsrem  Beitrage  VIII,  Bd.  XVI  S.  213,  wo  gesagt  wird  dass  ein  Zweig  das  Material 
bildet,  zu  berichtigen.  Diese  Ringe  werden  bis  zu  10  oder  12  in  den  durchbohrten  und 
erstaunlich  erweiterten  Ohrlappen  durch  Männer  und  Jünglinge  getragen,  wie  dies  auch 
aus  unserer  Abbildung  1  ersichtlich  ist.  Ein  einzelnes  Mal  wird  auch  ein  Stück  Eisendraht 
oder  ein  Blechstreifen  für  den  gleichen  Zweck  verwandt,  indes  ist  dies  natürlich  nicht  als 
ursprüngliche  Sitte  aufzufassen;  Kindern  wird  ein  rundes  Holzstück  in  das  Loch  des  Ohr- 
lappens gesteckt. 

Nasenschmuck  fehlt  in  der  diesmaligen  Sammlung.  Herr  de  Jong  sagt  darüber: 
,In  die  durchbohrten  Nasenflügel  werden  die  verschiedenartigsten  Dinge  gesteckt.  Die  meisten 
Eingeborenen  tragen  zwei  kurze  Stücke  Bambus  oder  zwei  Knochen,  andere  zwei  Schweins- 
zähne oder  noch  andere  Gegen.stände ;  wir  trafen  selbst  Männer  welche  die  ihnen  geschenkten 
Cigarren,  weil  ihnen  die  Form  derselben  für  diesen  Schmuck  ausserordentlich  geeignet 
erschien,  sofort  in  die  Nasenflügel  steckten.  Während  des  Essens  und  Trinkens  werden 
diese  Schmuckstücke,  weil  teilweise  den  Mund  bedeckend,  entfernt.  Frauen  haben  keine 
durchbohrte  Nasenflügel;  nur  sehr  vereinzelt  sieht  man  eine  solche,  welche  zwei  oder  drei 
dünne  Rohrstengel  von  oben  her  in  die  Nasenflügel  gesteckt  und  festgeklemmt  haben."  ^ 
Die  Tracht  des  Nasenschmucks  verdeutlicht  die  Abb.  Bd.  XVI  S.  203  und  die  diesmaligen 
3  &  4,  welche  überdem  die  Tracht  auch  des  übrigen  Körperschmucks  sehi'  gut  veran- 
schaulichen. \ 

Betreffs  dieser  beiden  Abbildungen  teilte  Herr  de  Jong  uns  noch  das  Folgende  mit:  „Die 
beiden  in  Fig.  3  links  stehenden  Jünglinge  haben  sich  mit  schwarzer  Farbe  eingerieben, 
sie  haben  ein  Alter  zwischen  8—16  Jahren  erreicht  und  unterliegen  den  Ceremonien  der 
Jünglingsweihe  in  dem  dafür  bestimmten,  besonderen  Gebäude.  Während  dieser  Zeit  werden 
selbe  „oklivide'  genannt,  dürfen  keine  Frauen  sehen  und  müssen  bei  Bootfahrten,  falls 
ein    Boot    mit    Frauen    passiert,    sich    niederlegen.    Nach    Beendigung  der   Reifeceremonien 


198 


dürfen   sie  den  Penisdeckel,  die  Muscliel,  anlegen,  heissen  dann 
fähig.    Verheiratete  Männer,  „onimgieb'\  tragen  einen  Bauchgurt. 


„eioatti"  und  sind  heirats- 
Kinder  bis  zu  acht  Jahren 
„Der 


Abb.  3. 


heissen  „patur" 
vierte,  stehende  Mann 
liniis  trägt  das  oben  be- 
schriebene Wassergefäss 
aus  Kolcosnuss.  Weiter 
unten  wird  sich  noch 
Gelegenheit  bieten  auf 
diese  und  die  folgende 
Abbildung  zurückzu- 
kommen. 

Die  in  Abb.  4  abgebil- 
deten Eingeborenen  sind 
Bewohner  verschiedener 
Kampongs  in  der  Nähe 
von   Mei'auke. 

Halsschmirck  ent- 
hält die  Sammlung  in  vier 
verschiedenen  Formen ; 
nach  Herrn  de  Jong 
werden  Peilschnüre  be- 
vorzugt, was  natürlich 
auf  Einfluss  der  Weissen 
zurückzuführen  ist.  Zu- 
erst sei  eines  hieher- 
gehörenden Stückes  er- 
wähnt das  aus  auf  dünne 
Faserschnüre,  in  Form 
zweier  Schlingen,  ge- 
reihten, halbieiten  Früch- 
ten von  Coix  besteht  (Sei'. 
1392/28;  Taf.V  Fig.  .5);  am 
untern  Ende  sind  kleine 
Quästchen  aus  Tierhaar 
(Beuteltiei?)  und  cylin- 
drischen  Fi'üchten  glei- 
cher Art  gebildet,  wäh- 
rend am  obeien  die  beiden 
Hälften  der  Schnur  durch 
eine  tonnenförmige  blaue 
Perle  oder  durch  eine 
rote  Erbsfrucht  {Ery- 
thrina?)  gereiht  sind.  —  Ein  anderer,  bumbe  genannter  Schmuck  (Ser.  1392/29)  besteht  aus 
angereihten    roten   Früchten   wie  eben   erwähnt,  die  in  ziemlich  regelmässiger  Folge  durch 


Abb.  4. 


—    WV.)    - 

•zwei  oder  melir  ganze  oder  halbierte  Coj'aj-Früctite  unterl)roclien  werden.  Die  Länge  des 
vorliegenden  Stückes  beträgt  65  cM. ,  der  Schmuck  wird  durch  Frauen,  und  hie  und  da 
auch  durch  Männer  angelegt.  —  Wieder  anders  ist  das  dritte  Stück,  sammun  genannt 
(Ser.  1392/30,  Taf.  III  Fig.  5),  gestaltet,  dasselbe  besteht  aus  fünfzehn  mit  einander  ver- 
einigten Schnüien,  auf  welche  kleine,  braune  cylindrische  Flüchte  gereiht  und  die  unten 
zu  einem  fischgratförmig  geflochtenem  Bande  vereinigt  sind,  von  welchem  wiederum  einzelne 
Schnüre  mit  daran  befestigten  Krebsscheren  und  dem  Schnabel  eines  Wasservogels  {Ibis 
molucca?)  auf  die  Brust  herabhängen.  —  Die  vierte,  sim  genannte  Form  (Ser.  1392/81)  bildet 
einen  aus  zwei,  auf  einander  befestigten  kragenförmigen  Streifen  Fasergeflechtes,  zwischen 
denen  längs  des  einen  Randes  Tierzähne,  wahrscheinlich  die  eines  Sägefisches,  befestigt  sind, 
bestehenden  Schmuck.  Derselbe  stimmt  soweit  es  Form  und  Material  betrifft  völlig  mit  dem 
durch  uns  Bd.  XVI,  S.  212  besprochenen  und  Tafel  XII  Fig.  10  &  11  abgebildeten  überein, 
nur  ist  bei  dem  jetzt  vorliegenden  Exemplar  der  Beginn  der  Bindeschnüre,  in  welche  der 
kragenförmige  Teil  endet,  mit  dünner  Schnur  spiralig  umwickelt  und  ist  das  Geflecht 
weniger  sorgfältig  bearbeitet.    Abb.  4  zeigt  einige  Eingeborene  mit  diesem  Schmuck. 

Vom  Brustschmuck  begegnen  wir  in  erster  Linie  wieder  der,  durch  uns  schon 
Bd.  XVI  S.  212  besprochenen  und  Taf.  XII  Fig.  2  abgebildeten  Form  (Ser.  1392/27)  welche, 
nach  Herrn  de  Jong  nur  durch  Männer  getragen  und  gui  genannt  wird.  Das  diesmalige 
Stück  trägt  am  Querband  13  Schweineschwänze  und  an  dem  einen  der,  zur  Befestigung 
um  den  Hals  dienenden  Schnurbündel  hängt  ausser  einigen,  daran  gereihten  Cofa;-Früchten, 
ein  Fetzen  der  Haut  eines  Casuars,  während  am  anderen,  das  gleichfalls  mit  den  eben 
erwähnten  Früchten  verziert  ist,  zwei  mit  braunrotem  Farbstoff  eingeschmierte  Kattun- 
fetzen befestigt  sind.  Der  zweite  links  stehende  Eingeborene  in  unserer  Abb.  6  und  die 
Bogenschützen  Abb.  13  zeigen  wie  dieser  Schmuck  getragen  wird. 

Von  Bandelieren  liegen  zwei  verschieden  breite  Formen  je  in  zwei  Stücken  vor. 
Die  schmälere  (Ser.  1392/32)  stimmt  ziemlich  gut  mit  der,  Bd.  XVI,  Taf.  XI  Fig.  14  abge- 
bildeten überein;  das  Faserschnurgeflecht  trägt  aber  an  der  Aussenseite  nicht  drei,  sondern 
gleich  dem  1.  c.  S.  213  erwähnten  Stück  (Ser.  1824/31),  vier  Reihen  schräg  gegeneinander 
befestigter  cylindrischer  Coic-Früchte  und  die  Enden  des  Geflechtes  sind  nicht  in  einander 
verflochten,  sondern  bilden  kurze  fischgratförmig  geflochtene,  platte  Schnüre  aus  deren 
einem  Ende  die  einzelnen  Rindenstreifen  lose  hervortreten  und  zu  einem  dicken  Knoten 
verschlungen  sind.  Bei  der  breiteren  (cca.  5—6  cM.)  Form  (Ser.  1392/83)  sind  die  Enden 
ineinander  verflochten ,  die  Aussenseite  trägt  8  bis  10  Längsreihen  der  vorerwähnten,  wiederum 
schräg  gegeneinander  befestigten  Früchte,  während  diese  Reihen  bei  dem  einen  Exemplar 
zweimal  und  beim,  zweiten  viermal  durch  drei  oder  mehr  Querreihen  unterbrochen  werden , 
wie  wir  dies  I.e.  S.  213  erwähnt.  Der  Name  dieses  Schmucks  ist  babba,  er  wird  auf  der 
blossen  Brust  unter  dem  übrigen,  und  zwar  zu  zweien,  den  Rücken  und  die  Brust  kreuzend, 
getragen.  Unsere  Textabbildungen  8,  12  &  18  zeigen  Eingeborene  mit  derartigen  Bandelieren 
geschmückt. 

Von  Armsclimuck  kommen  zunächst  geflochtene  Armringe  in  Betracht,  wofür  Rotan- 
streifen als  Material  dienen.  Ausser  einem  Paar  im  Zickzackmuster  geflochtener  schmaler 
(Ser.  1392/34,  Taf.  IV  Fig.  2  &  2a)  derartiger  Ringe,  liegen  noch  drei  einzelne  breitere  vor, 
wie  wir  sie  schon  in  unseren  früheren  Beiträgen  erwähnt,  aber  nicht  eingehender  besprochen 
haben.  Alle  drei  Stücke  sind  gleich  dem  ersterwähnten  Paar  im  Zickzackmuster  geflochten, 
zeigen   aber   an  der  Aussenseite  verschiedenerlei  Ziermuster.    Bei  dem  einen  (Ser.  1392/35, 


-    200    - 

Taf.  III  Fig.  \a  &  Ib)  besteht  dasselbe  längs  der  Mitte  aus  einer  Reihe  spitzer  Winkel, 
denen  jederseits  eine,  durch  einander  kreuzende  Streifen  gebildete,  Reihe  Rauten  und  endlich 
längs  des  Randes,  wiederum  eine  Reihe  dicht  aneinander  liegender  und  stark  hervortretender 
spitzer  Winkel  folgt.  Die  Verbindungsstelle  der  Enden  des,  den  Ring  bildenden  Flecht- 
streifens zeigt  wiederum  letzteres  Muster  en  relief,  die  Enden  der  Rohrfasern  treten  jeder- 
seits desselben  hervor.  —  Der  zweite  Ring  (36,  Taf.  IV  Fig.  7  &  7a)  zeigt  längs  des  Randes 
dasselbe  Muster  wie  der  vorige,  nach  innen  folgt  dann  ein  schmaler  Streif  diagonalen 
Geflechts,  während  im  übrigen  Raum  Querreihen  diagonaler,  durch  die  Fasern  gebildeter 
kurzer  Streifen  und  spitzer  Winkel  gebildet  sind.  Die  erhabene  Leiste  an  der  Verbindungs- 
stelle wie  beim  vorigen,  die  Enden  der  Rohrfasern  jederseits  derselben  aber  viel  länger.  — 
Das  dritte  Stück  (37,  Taf.  III  Fig.  2)  endlich  zeigt  längs  der  Mitte  und  des  Randes  dasselbe 
Muster  wie  das  erste  (35) ;  im  übrigen  Raum  aber  ist  durch  die  Fasern  jederseits  der  Mitte 
eine  Reihe  dicht  aufeinander  folgender,  kleiner  spitzer  Winkel  und  eine  solche  kurzer 
querer  Zickzackstreifen  mit  rautenförmigen  Grul)en  in  den  Biegungswinkelh  gebildet.  Die 
Fasern  treten  hier  jederseits  der  Querleiste  an  der  Verbindungsstelle  nicht  hervor. 

Die  aus  zwei,  mit  den  Spitzen  und  Wurzeln  gegeneinander  befestigten  Schweinshauern 
verfertigten  Armringe,  welche  wir  zuletzt  Bd.  XVI  S.  213  erwähnten,  liegen  auch  in  dieser 
Sammlung  in  neun  Exemplaren  vor  (Ser.  1392/38).  Herr  de  Jong  bemerkt  betreffs  derselben 
dass  deren  Name  „gomar"  sei  und  dass  zumal  ältere  Leute  eine  Anzahl  dieser  Ringe  tragen ; 
in  unserer  Abb.  3  ist  dies  bei  dem  dritten,  stehenden  Mann  links  deutlich  sichtbar. 

Auch  der  von  uns  schon  früher  (u.  a.  Bd.  XVI  S.  213)  erwähnte,  aus  dem  Scrotum 
des  Schweines  verfertigte,  Armschmuck  liegt  in  zwei  Exemplaren  vor  (Ser.  1392/67;  vergl. 
Bd.  XVl,  Taf.  XII  Fig.  13);  diesmal  aber  sind  die  einzelnen  Scrota,  „kiembeke",  an  einem 
geflochtenen  Ringe,  „mukdon",  befestigt  der  in  dem  einen  Falle  aus  Faserschnur,  und  im 
zweiten  aus  einer  Anzahl,  einander  rechteckig  kreuzender  Rohrfasern  besteht  und  dick  mit 
erdigem,  schmutzigbraunem  Farbstoff  eingeschmiert  ist. 

Von  Hüft  gurten  liegt  ein  von  Rohrfasern  geflochtenes  und  mit  rotem  Farbstoff 
eingeschmiertes  Exemplar  „segosse"  vor  (Ser.  1392/44);  das  Geflecht  sowie  das  Ziermuster 
desselben,  stimmt  mit  jenem  der  oben  erwähnten  Armringe  überein;  die  Enden  des  Flecht- 
streifens sind  indes  nicht  ineinander  verflochten,  sondern  bilden  im  Zickzackmuster  gefloch- 
tene Röhren,  wie  dies  unsere  Taf.  IV,  Fig.  1  &  la  zeigt. 

Als  Schambedeckung  der  Männer  liegt  Melo  diadema,  deren  wir  schon  Bd.  XVI 
S.  213  erwähnten,  sowohl  in  der  Sammlung  Schadee  (Ser.  1476/45),  als  auch  in  der  des 
Herrn  de  Jong  (Ser.  1392/45),  im  letzteren  Fall  an  ein  dickes  gedrehtes  Tau  befestigt,  vor 

(Siehe  Taf.  H  Fig.  4). 

Betreffs  dieses  Surrogates  einer  Bekleidung,  dessen  Name  nach  Herrn  de  3 ojüg  „sahuke" 
ist,  liegen  uns  heut  neuere  Mitteilungen  des  letzteren,  sowie  des  Herrn  Schadee  und  des 
Herrn  Ltnt.  z./S.  Heilbron  vor;  "die  letzteren  verdanken  wir  der  freundlichen  Vermit- 
telung  des  Herrn  Dr.  G.  A.  J.  van  der  Sakde,  Kgl.  Niederl.  Marinearzt,  des  Ethnographen 
der  Nord  Neu-Guinea-Expedition  unter  Leitung  von  Prof.  A.  Wichmann  in  Utrecht.  Zuerst 
sei  bemerkt  dass  Herr  Heilbron  sowohl  wie  Herr  de  Jong  das  Durchbohren  des  Präpu- 
tiums, im  Bericht  des  Herrn  Kapt.  z.  S.  Bik  (Siehe  Bd.  XVI  S.  204)  erwähnt,  in  bestimmter 
Weise  bestreitet.  —  Nur  unverheiratete  und  junge  Leute  tragen  die  Penismuschel,  ver- 
heil atete  den  Leibgurt,  an  dem  vorn  eine  kleine  Muschel  befestigt  ist.  Herr  de  Jong  sagt 
dass  das  Membrum  virile  in  beiden  Fällen  nach  oben  gebogen  getragen  wird,  doch  gewöhn- 


201 


lieh  nach  unten  hängt,  und  durch  verheiratete  Männer,  sobald  sich  Frauen  nähern,  wieder 
nach  oben  gebogen  und  zwischen  den,  den  K(hper  fest  unischliessenden  Hütlgurt  geklemmt 
wird.  Ganz  das  Gleiche  sagt  Herr  Schabte,  Herr  Heilbron  berichtet  ausserdem  dass, 
wenn  junge  Leute  Arbeiten  in  gebückter  Stellung  verrichten,  diese  die  Penismuschel  zeit- 
weise zur  Seite  schieben ;  eine  eigene  Schnur  um  das 
Glied  nach  oben  zu  ziehen,  ist  aber  an  demselben 
nicht  befestigt. 

Eine  Anzahl  der  in  unserer  Abbildung  3  dar- 
gestellten Eingeborenen  trägt  als  Penisschutz  die  oben 
erwähnte  Melo  diadema;  während  bei  jenen  in  Abb.  4 
SemifusHS  proboscidens  (Siehe  dieses  Archiv  Bd.  VHI 
S.  157)  deren  Stelle  vertritt.  Bedeutet  dies  einen 
Stammesunterschied  ? 

Frauen  tragen  nach  Herrn  de  Jong  als  Scham- 
bedeckung eine  dreieckige,  mittelst  einer  Schnur  um 
die  Hüften  befestigte  Binsenmatte,  wie  dies  aus  unseren 
Abbildungen  5  &  6  ersichtlich  ist.  Kinder  laufen  völlig 
nackt. 

Betreffs  des  Tragens  der  bisher  besprochenen 
Zierrate  sind  ebenfalls  die  Abbildungen  1—6  zu  ver- 
gleichen 1). 

Über   die    Verzierung   der   Körperhaut  (Siehe  Bd. 
XVI  S.  216)  bringen  die  neuen  Berichte  keine  Erwei- 
terung unserer  Kenntnis,  dagegen  enthält  der  Report 
B.  N.  G.  1897/98  Taf.  24  die  Abbildung 
eines   prächtig   tätowierten   Mädchens 
aus  dem  „Central-District". 

Der  eigentlichen  Kleidung  uns  zu- 
wendend, bemerken  wir  dass  die  Samm- 
lung DE  Jong  wiederum  ein,  von  den 
in  Bd.  XVI  S.  214  beschriebenen  be- 
treffs des  Geflechts  abweichendes,  der 
Form  nach  aber  damit  übereinstim- 
mendes Exemplar  der  „Frauenkleidung" 
enthält.  Das  diesmal  vorliegende  Stück 
(Ser.  1392/64)  ist,  wie  die  Abbildung 
eines  Teils  des  Unterrandes  (Taf.  III 
Fig.  6)  erkennen  lässt,  aus  breiten 
Blattstreifen  ,  welche  längs  des  Unter- 
randes   in    Form    von    Büscheln    von 

Fransen  hervortreten,  diagonal  geflochten.  Nach  Herrn  de  Jong  wird  dieser,  oben  kapuzen- 
artig endigende  Mantel  iga  genannt,  und  bei  Regen  oder  starkem  Sonnenbiand  zumal  durch 


Abb.  5. 


Abb.  6. 


')  Eine  Anzahl  der  liier  erwähnten  Zierrate  findet  sich,  jedoch  sehr  undeutlich,  abgebildet  in  Report 
1897,98,  Taf.  9. 

I.  A.  f.  E.    Bd.  XVII.  26 


202    - 


Abb. 


Frauen,  vom  Kopf  über  den  Rücken  herabhängend,  getragen.  —  Auf  unserer  Abb.  6  scheinen 
die  beiden  rechts  stehenden  Weiber  die  Bd.  XVI  Taf.  XV  Fig.  1  abgebildete  Form  zu  tragen. 

Die   Bestätigung  unserer 

M^-  ttl^^S    iMÜ  ■^hga»*u-k^  äi^HHI        Vermutung,  dass  wir  es 

"^-w^tMuc:  !.  mm  ^KaBsacak..  ^HI^^H        j-,jgj.  ,.|^j^  einer  Art  Trauer- 

kleidung zu   tun  haben, 
bleibt  noch  abzuwarten. 

III. 

Wohnung  und  Hausrat. 

Eine  erwünschte  Er- 
gänzung dessen,  was 
durch  Herrn  Bik  Bd.  XVI 
S.  20.5  betreffs  der  Wohn- 
ungen mitgeteilt  wurde, 
bilden  zwei,  in  unseren 
Abb.  7  &  8  reproducierte 
Photographien ,  welche 
wir  inzwischen  durch  die 
Vei'mittelung  desselben 
erhielten.  Die  eine,  Abb. 
7,  stellt  den  Eingang  zu 
dem,  ungefähr  30  engl. 
Meilen  stromaufwärts  am 
Merauke-Fluss  liegendem 
Kampong  Tajam  dar. 
Der  erste  rechts  hockende 
Eingeborene  tiägt  die 
Haarbedeckung  aus  Fe- 
dern, Nasenschmuck  aus 
Rohi',  Bandeliere  und, 
gleich  dem  in  der  Mitte 
hockenden,  Armringe  aus 
Schweinshauern,  während 
der  zweite  mit  Ohrringen, 
Bandelieren  und  dem 
Armring  mit  daran  hän- 
genden Schweinescrota 
geschmückt  ist. 

Die  Abbildung  8  stellt 
ein     Haus     aus     einem 
der  Strandkampongs  bei 
Buterike    vor;    rechts 
stehen   einige  Infanteristen   der   Kolonialarmee.    Die   Bauart  scheint  sich,  soweit  sich  nach 


Abb.  8. 


-    203    - 

Abbildungen   in   den    „Reports"    urteilen   lässt,  vorteilhaft  von  jener  eines  Teils  der  Einge- 
borenen-Häuser in  Britisch  Neu-Guinea  zu  unterscheiden  i). 

IV.     Jagd  und  Fischerei. 

Als  Jagdpfeil  dürfte  ein,  aus  einem  Ankauf  herrührendes  Stück  (Ser.  1441/14)  aufzu- 
fassen sein;  dessen  unverzierter  Rohrschaft  trägt  ein  umgekehrt  kegelförmiges  Stück  eines 
Bambuswurzelknollens,  während  auf  jenem  eines,  zu  demselben  Ankauf  gehörenden  Pfeils 
(Ser.  1441/13)  ein  gabelförmig,  in  zwei  Zinken  endendes,  cca.  19  cM.  langes  Ende  Bambus 
befestigt  ist;  das  unmittelbar  darunter  folgende  Schaftglied  ist  mit  eingeritzten  Zickzacklinien 
verziert.  Während  ersterer  Pfeil  sicher  für  die  Jagd  auf  Vögel,  behufs  Betäubung  derselben 
benutzt  wird ,  kann  letzterer  ebensowohl  für  die  Jagd ,  als  auch  für  die  Fischerei  dienen 
und  bleibt  Näheres  darüber  abzuwarten.  —  Vielleicht  sind  auch  die  weiter  unten  zu 
besprechenden  Pfeile  mit  lanzetlicher  Bambusspitze  für  die  Jagd  oder  die  Fischerei  bestimmt  2). 

VI.     Transportgerät. 

Von  zu  dieser  Gruppe  gehörigen  Gegenständen  enthält  die  Sammlung  de  Jong  eine 
„toaclde"  genannte,  aus  braunen,  sowie  schmalen  dunkelgrauen,  fast  schwarzen  Blattstreifen 
geflochtene  Tasche  (Ser.  1392/66,  Taf.  III  Fig.  8  &  8a).  Dieselbe  ist,  wie  aus  der  Fig.  8a 
ersichtlich,  von  einem  beinahe  die  ganze  obere  Hälfte  einnehmenden,  ein  Querband  bilden- 
dem Ziermuster  aus  hellgrauer  Faser  versehen,  das  sich  aus  concentrischen  Parallelogrammen, 
schrägen  und  verticalen  Streifen  und  der  Figur  Z  innerhalb  Vierecken  zusammensetzt;  ein 
schmales,  diagonal  geflochtenes  Trageband  ist  mittelst  einer  Gruppe  kurzer  Schnüre,  wie 
unsere  Figur  ebenfalls  erkennen  lässt,  mit  dem  Obenrand  der  Tasche  verbunden.  —  Taschen 
dieser  Art  werden  nach  Herrn  de  Jong  auf  langen  Reisen  mitgeführt  und  enthalten  dann 
etwas  Sirih,  essbare  Erde  3),  eine  Muschel  für  das  Ausschaben  des  Kerns  der  Kokosnüsse, 
eine  Quantität  Perlen,  ein  Bambusmesser,  u.  s.  w. 

Das  Geschenk  des  Herrn  Schad^e  enthält  eine  zweite,  einem  Handkorb  mehr  ähnhche 
Tasche  (Ser.  1476/41)  von  festerem,  diagonalen  Geflecht  von  gelblichen  und  hellrot  gefärbten 
Blattstreifen.  An  beiden  Seiten  ist  die  Tasche  mit  Flechtarbeit  en  relief  veiziert :  oben  und 
unten  ein  fischgratförmig  geflochtener  Streif  von  schwarzen  und  gelblichen  Blattstreifen; 
und  im  übrigen  Raum  schwarze  und  gelbliche  Längs-  and  Querstreifen,  Gruppen  kleiner 
Rechtecke  innerhalb  eines  grösseren,  einem  Fenster  mit  zahlreichen  Scheiben  ähnlich, 
concentrische  Vierecke  u.  s.  w..  Der  Obenrand  ist  dick  mit  durch  Kokosfaserschnur  befes- 
tigten Blattstreifen  umwickelt.  Als  Henkel  dient  ein,  wiederum  durch  Schnüre  vorerwähnter 
Art  mit  dem  Obenrand  verbundener  Rotanstreif.  —  Dieser  Koib  wurde,  einen  Schädel 
enthaltend,  unter  einigen  Kokospalmenblättern  verborgen,  zu  Buterike  in  der  Nähe  von 
Merauke  gefunden. 

Besonderes  Interesse  beanspruchen  die  Modelle  der  zwei  in  der  Umgegend  von  Merauke, 


')  Siehe  Report  1896/97  Tafel  bei  S.  12  (Häuser  im  Dorf  Neneba,  am  Mount  Scratchley)  und 
Rep.  1897/98,  Taf.  18  (Wohnungen  und  Vorratshäuser  in   (ioroniani). 

■)  Eine  sehi-  gute  Abbildung  eines,  fiir  die  Fisciierei  in  Neu-CJuinea  benutzten,  aus  Blättern  von  Morinda 
citrifoUa  verfertigten  Drachens,  sowie  auch  die  Darstellung  der  Anwendung  desselben  bringt  die  dem 
Report  1897/98  beigefügte,  nach  den  Kartenskizzen  folgende,  besondere  Tafel. 

')  Wohl  eher  für  die  Körperbemalung  bestimmt.     Schmeltz. 


204 


Abb.  9. 


meist   gebräuchlichen   Kanoefnrmen,  je    aus    einem    Baumstamm    vei'fertigt.     Das    eine 

derselben  (Ser. 
1392/68,  Taf.  VI 
Fig.  1)  ist  300  cM. 
lang;  die  Obenseite 
des  Vorder-  und 
Hinterstevens  ist 
platt,  beide  sind 
von  einem  kurzen 
Längsrücken,  dem 
sich  an  dem  Ende 
des  einen  (des  Hin- 
tei'stevens?)  ein 
Querrücken  an- 
sah liesst,  versehen 
und  erweckt  der 
letztere,  zumal  da- 
dui'ch  dass  er  rechts 
des  Längsrückens 
durchlocht  ist,  den 
Eindruck  als  sei  die 
rohe  Nachbildung 
eines  Menschenge- 
sichts beabsichtigt. 
Die  Benutzung  zeigt 
unsere  Abb.  10:  die 
stehenden  Personen 
sind  Männer,  die 
sitzenden  Frauen.— 
Die  zweite  Form 
(Ser.  1892/67;  Taf. 
VI  Fig.  2),  welche 
unsere  Abb.  9  in  Be- 
nutzung voi'stellt, 
ist  kürzer  und  brei- 
ter (das  Modell  198 
cM.  lg.  und  24  cM. 
bieit) ;  der  eine 
Steven  zeigt  die- 
selbe, einem  Men- 
schengesicht ähn- 
"'''■  '"  liehe    Bildung,    ist 

jedoch  nicht  durch- 
locht, während  der  Seitenrand  des  anderen,  sonst  mit  dem  der  ersteren  Form  überein- 
stimmenden Stevens,  jederseits  einen  tiefen  dreieckigen  Ausschnitt  zeigt.    Die  Seitenränder 


-   205   - 

erheben  sich  an  beiden  Enden  etwas  über  das  Niveau  der  Steven  und  sind  hier  einige 
Male  tief  eingekerbt,  während  dies  Modeil  überdem  Spuren  von  Bemalung,  schwarze 
und  rote  Quer-,  Längs-  und  Winkelstreifen,  zumal  an  den  Enden  zeigt.  Aus  dem  Vor- 
stehenilen  erhellt  dass  wir  es  hier  mit  sehr  primitiven  Formen,  die  von  den  aus  Britisch 
Neu-Guinea  bekannten,  ausgezeichnet  construierten  i)  in  merkwürdiger  Weise  abweichen, 
zu  tun  haben.  Die  für  die  Fortbewegung  dienenden  Ruder  liegen  in  einer  späteren  Schen- 
kung vor  und  werden  in  unserem  nächsten  Beitrage  in  Bd.  XVIII  beschrieben  werden. 

IX.    Waffen  und  Feiedenszeichen. 


Wie  wir  in  unserem  letzten  Beitrage,  I.e.  S.  216,  mitteilten  gelang  es  Herrn  Kpt.  z.  S. 
BiK  nicht  eine  Stein  keule  Im  Gebiet  von  Merauke  zu  erwerben  und  bildeten  wir  daher 
eine,  in  der  viel  westlicher  gelegenen  Etnabai  gesammelte  vergleichsweise  ab.  Heut  liegen 
uns  nun  zwei  in  Merauke  erlangte  Keulen  mit  scheibenförmigem  Stein,  von 
jener  abgebildeten  Form  also  gänzlich  abweichend ,  vor  und  zwar  die  eine  aus  der  Sammlung 
DE  JoNG  (Ser.  1392/50,  Taf.  IV  Fig.  4)  und  die  zweite  als  Geschenk  des  Herrn  Heilbron 
(Ser.  1500/1).  Der  mehr  oder  weniger  gut  polierte  grüne,  in  der  Mitte  durch- 
bohrte Stein  ist  auf  einen  Rotanstiel  geschoben  und  wird  durch  ein ,  oberhalb 
des  Steines  einerseits  und  in  grösserem  Abstände  von  letzterem,  andererseits 
um  den  Stiel  geknotetes  Flechtband,  auf  letzterem  zurückgehalten.  Das  Flecht- 
band ist  bei  beiden  diagonal  geflochten ,  das  von  50  ist  besser  gearbeitet  und 
schmäler  als  das  des  anderen  Exemplars  und  endet  vor  der  Befestigung  um 
den  Stiel  in  eine  gedrehte  Schnur.  Das  hintere  Ende  des  Stiels  ist  bei  50 
abgeplattet  und  durchbohrt;  das  dünnere  Ende  des  anderen  Stückes  ist  unter- 
halb des  letzten  Gliedes  abgeschnitten.  Letzterer  Stiel  ist  mit  einem  einge- 
ritzten Spiralband,  dessen  Ränder  durch  Querlinien  mit  einander  verbunden 
werden  (Siehe  Abb.  11)  verziert.  In  dem  Loch  am  hinteien  spitzen  Ende  von 
50  ist  eine  kettenförmig  geflochtene  Schnur  woran  einige  ausgekerbte  weisse 
Federn  und  einige  Grasstreifen  hängen,  befestigt. 

Nach  Herrn  de  Jong  ist  der  Name  dieser  Keulen  -)  „panke"  und  werden 
selbe  mittelst  des  Flechtbandes  über  die  Schulter  gehangen ,  wie  dies  auch 
aus  unserer,  weiter  unten  folgenden  Abb.  13  ersichtlich;  betreffs  der  Schwie- 
rigkeit Exemplare  dieser  Waffe  zu  eilangen  sprechen  sich  die  Herren  de  Jong 
und  Heilbbon  in  gleicher  Weise  aus,  über  die  Herkunft  und  die  Anwendung 
mehr  speciell  noch  der  Letztere  und  lassen  wir  dessen  Mitteilungen  hier 
folgen : 

„Die  Keule  wird  beim  Nahegefecht  über  dem  Kopf  gewirbelt,  wobei  der  Stein  sich 
nach  hinten  schiebt  und  beim  Ausfühien  des  Schlages  plötzlich  wieder  nach  vorn,  sodass 
die  Absicht  das  Haupt  des  Feindes  zu  zerschmettern,  in  beträchtlicher  Weise  unterstützt  wird." 

„Obwohl  das  Exemplar  durch  mich  auf  dem  Pasar  in  Merauke  eingetauscht  wurde, 
wage  ich  durchaus  nicht  zu  behaupten  dass  diese  Keule  aus  der  unmittelbaren  Nachbar- 
schaft  von    Merauke   stammt.    Wiewohl    ich   den   Pasar  wiederholt  besuchte,  hatte  ich  nie 


S 

s 

S 


Abb.  1]. 


")  Siehe  Report  1897,98  Taf.  22:   Gescliinücktes   Segelcanoe   mit  Ausleger   vom    „Ce  ii  t  ral-r>is  t  riet" 
B.  N.  G.  und  I.e.  Taf.  10,  Kuder  von  den   Tugeri. 
-)  Siehe  Report  1897/98,  Taf.  6. 


-    206   - 

eine  derartige  Waffe  dort  gesehen ,  bis  ich  eines  Morgens  dort  acht  Männer  traf,  die  keine 
direkte  Absicht  auf  Tauschhandel  verrieten  und  sehr  scheu  waren.  Sobald  ich  mich 
denselben  näherte,  machten  sie  Miene  zu  entfliehen  und  erst  nach  wiederholten  Versuchen 
glückte  es  mir,  mit  ihnen  in  Berührung  zu  kommen  und  konnte  ich  von  einem  von  ihnen 
gegen  den,  für  Merauke  unglaublich  hohen  Preis  von  drei  Beilen  die  Keule  erwerben,  die 
mir  nur  zögernd  übergeben  wurde.  Mit  beinahe  absoluter  Sicherheit  kann  angenommen 
werden  dass  jene  Eingeborenen  in  Merauke  fremd  waren  und  wohl  deshalb  weil  Herr  de  Jong 
in  bestimmtester  Weise  erklärte,  wiederholt  in  weiter  Entfernung  von  Merauke  Eingeborene 
getroffen  zu  haben,  die  im  Begriff  waren  sich  behufs  des  Tauschhandels  dorthin  zu  begeben. 
Die  Hautfarbe  der  betreffenden  Eingeborenen  war  viel  schwärzer  als  die  der  gewöhnlichen 
Pasar-Besucher ,  auch  waren  sie  viel  weniger  phantastisch  geschmückt  und  überdem  nie 
durch  Frauen  oder  Kinder  begleitet,  und  viel  scheuer  als  andere  Eingeborene,  die  dort 
verkehrten  und  mit  welchen  sie  keinerlei  Verkehr  unterhielten." 

Keulen  mit  scheibenförmigem  Stein  liegen  uns ,  ausser  den  hier  besprochenen ,  aus  der 
Sammlung  Goldie  von  Britisch  Neu-Guinea  vor;  jedoch  ist  hier  der  Stein  mittelst  Harz 
am ,  aus  Holz  bestehenden  Stiel  befestigt. 

Zur  Besprechung  der  vorliegenden  Bogen  und  Pfeile  schreitend,  möchten  wir  vor- 
weg, um  jedem  Missverständnis  vorzubeugen,  bemerken  dass  wir  mit  der  Wiedergabe  der 
Beobachtung  eines  Palmholzbogens  aus  unserem  Gebiet  (Merauke  und  Nachbarschaft)  in 
unserem  letzten  Beitrage  (1.  c.  S.  198)  durchaus  nicht  dieses  Vorkommen  als  sicher  erwiesen 
hinstellen,  sondern  nur  getreu  den  uns  vorliegenden  Berichten  referieren  wollten.  Im  Gegenteil ! 
auch  heut  halten  wir  unsere  Behauptung  aufrecht  dass  dies  das  Gebiet  riesiger  Bambus- 
bogen sei  und  zwar  auf  Grund  des  uns  vorliegenden  Materials  mit  genügend  verbürgter 
Herkunft-Angabe.  Wir  werden  auf  diesen  Gegenstand  in  unserem  nächsten  Beitrage  in 
Bd.  XVIII,  eingehender  zurückkommen  und  hoffen  dann  den  Beweis  erbringen  zu  können 
dass  das  Gebiet  des  Bambusbogens  sich  westlich  ungefähr  bis  zur  Princess  Marianne- 
Strasse  sowie  östlich  bis  weit  in  Britisch  Neu-Guinea  i)  hinein  und  über  die  Torres- 
strasse-Inseln ,  hier  vom  Festland  von  Neu-Guinea  importiert,  erstreckt  2).  Bei  aller  Wür- 
digung die  wir  der  von  Herrn  Ass.  Res.  Kroesen  entwickelten  Tatkraft,  wodurch  auch  der 
ethnographischen  Forschung  das  in  Rede  stehende  Gebiet  erst  erschlossen  wurde,  zollen, 
glauben  wir  doch  annehmen  zu  dürfen,  dass  er  selbst  nicht  in  ethnographischen  Fragen, 
wie  z.  B.  die  geographische  Verbreitung  des  Holz-  resp.  des  Bambusbogens,  als  einwand- 
freier Zeuge  angesehen  zu  werden  wünscht.  —  Überdem  bedeutet  die  zufällige  Auffindung 
eines  Holzbogens  in  einem  Boote  durchaus  noch  nicht,  dass  er  zum  ethnographischen  Besitz 
der  betreffenden ,  dort  wo  das  Boot  getroffen  wurde ,  wohnenden  Eingeborenen  gehört. 
Kennen  wir  doch  genug  der  Verschleppungen  von  Gegenständen  von  einem  Gebiet  in  ein 
anderes  weit  entferntes;  eine  solche  nehmen  wir  auch  für  obigen  Fund  bis  auf  Weiteres 
als  das  Wahrscheinliche  an. 

Drei  Bambusbogen  liegen  uns  zur  Besprechung  in  unserem  diesmaligen  Beitrage 
vor,  von  denen  zwei  (Ser.  1.892/1  &  1462/5)  ausserordentlich  gut  mit  unserer  Beschreibung 
in   Bd.  VIII  S.  161  ff.  und   der  dort  gegebenen   Abbildung   übei-einstimmen   und   noch   die 


1)  Von  Neneba   am  Mount  Scratchley  am  Oberlauf  des  Mambara-Flusses  in  Nord-Ost  Neu-Guinea 
wird  ein  Holzbogen  erwähnt  in  Report  1896/97,  S.  7  erwähnt. 

2)  Siehe  auch  unsere  Ausführungen  in  Bd.  Vltl  dieses  Archivs  S.  162  &  238  flf. 


-    207    - 

Rotansehne  tragen.  Herr  de  Jonh  teilt  mit  dass  der  Name  ivisse  i)  ist  und  dass  diese  Bogen 
sehr  schnell  und  geschickt  durch  Jünglinge  und  Männer  verfertigt  werden.  —  Frauen 
bedienen  sich  als  Waffe  des  Bogens  und  der  Pfeile  nicht,  dagegen  sieht  man  selbst  Kinder  mit 
kkonen  Bogen  und  Pfeilen  nach  Vögeln  und  Fischen  schiessen.  —  Von  grossem  Interesse 
sind  mit  Bezug  auf  die  Hantierung  von  Bogen  und  Pfeil  zwei  der  Photographien  welche 
wir  Hwin  de  Jong  verdanken  und  welche  wir  hier  reproducieren.  Die  eine  (Abb.  12)  stellt 
einen  Bogenschützen,  Namens  öivai  vor,  geschmückt  mit  Nasenzier  (Knochen),  Bandelieren, 
Armring  mit  Schweinescrota,  ßeinringen  und  Penismuschel  {Melo  diudema).  Derselbe  ist 
noch   ewatti,  also  unverheiratet;  später  wenn  verheiratet,  wird  er  orumerike  genannt.  — 


Abb.  12. 


Abb.  13. 


Die  Abbildung  13  zeigt  zwei  Eingeborene  von  Buterike,  südlich  Merauke,  im  Begriff 
ihre  Bogen  abzuschiessen.  Beide  tragen  den  unten  zu  erwähnenden  Armschutz  (Rohr- 
manschette; siehe  auch  unseren  vorigen  Beitrag  in  Bd.  XVI  S.  223),  ferner  Nasenschmuck 
von  Zähnen  (links)  oder  Knochenstücken  (rechts),  Hals-  und  Brustschmuck  (Kragen  mit 
Sägefischzähnen,  Brustgehänge  von  Schweineschwänzen),  Bandelier,  Leibgurt  mit  Muschel 
{Semifiisus  proboscideus,  siehe  oben)  und  geflochtene  Beinringe.  Der  links  stehende  Eingeborne 
zeigt,    worauf  Herr   Dr.   G.    A.   J.  van  der  Sande    uns   hinwies,   zugleich   die    Weise   wie 


')  Herr  Bik  giebt  misaake,  Herr  Bauer  inisSki,  siehe  Bd.  XVI  .S.  224  &  226. 


-    208 


Abb.  14. 


beim  Bogenschiessen  die  obenerwähnte  Steinkeule,  deren  Flechtband  gleich 
einem  Bandelier  die  Brust  kreuzt,  auf  dem  Rücken  getragen  wird. 

Der  zur  Sammlung  de  Jong  gehörende  Bogen  (1)  zeigt  an  der  con- 
vexen  Seite  obeihalb  jedes  Querrückens,  der  Stelle  der  Nodien,  eine 
eingeritzte  Zickzacklinie,  und  längs  der  Mitte  jedes  Internodiums  eine 
Reihe  kurzer  eingeritzter  Striche.  Das  mittelste  Internodium  jedoch  zeigt 
eine,  bisjetzt  noch  an  keinem  Bogen  dieser  Provenienz  beobachtete,  am 
besten  dem  Buchstaben  X  i)  zu  vergleichende,  gleichfalls  eingeritzte 
Verzierung,   die   unsere  Abb.  14  verdeutlicht. 

Das  zweite,  zu  einem  Ankauf  gehörende  Exemplar  (1462/5)  beansprucht 
deshalb  besonderes  Interesse,  weil  hier  eine  Verstärkung  des  einen  Endes 
vorliegt,  die  deutlich  erkennen  lässt  dass  selbe  den  Zweck  hat  einem 
Bruche  dieses  Teiles  vorzubeugen ,  wodurch  also  unsere  früher  geäusserte 
Anschauung  (Bd.  VIII  S.  238  ff.)  in  erwünschter  Weise  unterstützt  wird. 
Wie  unsere  Abb.  15  erkennen  lässt,  zeigen  die  Kanten  des  zweiten 
Internodiums  Spuren  einer  beginnenden  Zersplitterung;  um  dem  weiteren 
Fortschreiten  des  Zerstörungsprozesses  vorzubeugen,  sind  gegen  die 
concave  Seite  zwei  Holzleisten  gelegt,  welche  durch  vier  fisch gratförm ig 
geflochtene  Rotanringe  festgehalten  werden. 

Ein  dritter,  ebenfalls  angekaufter  Bogen  (Ser.  1441/4),  leider  ohne 
genauere  Herkunftangabe,  unterscheidet  sich  von  den  beiden  vorigen 
durch  seine  Form,  indem  beide  Enden  gleichmässig  spitz  auslaufen;  die 
einem  Vogelkopf  ähnliche  Schulter  des  typischen  Merauke-Bogen  fehlt 
hier  also;  überdem  ist  der  Bogen  selbst  dünner,  als  jene.  Das  ganze 
Stück  besteht  aus  sechs  Internodien,  deren  drittes  vom  einen,  oder  viertes 
vom  anderen  Ende  gezählt  eine  eingeritzte  Verzierung  zeigt,  welche 
einigermassen  an  eine  riesige  Assel  (?)  erinnert  (Siehe  Abb.  16).  —  Durch 
Wurmfrass  an  der  inneren,  concaven  Seite  fast  gänzlich  zerstört,  ist  der 
Bogen  hier  durch  Befestigung  einer,  sich  über  die  ganze  Länge  erstreck- 
enden dünnen  und  concaven  rotbraunen  Holzlamelle  verstärkt.  Unser 
Stück  würde  also  einen  wertvollen  Beitrag  zur  Kenntnis  des  verstärkten 
Bogens  bilden ,  wäre  es  nicht  dass  die  Holzlamelle  mit Tischler- 
leim befestigt  wurde  und  also  europäischen  Ursprungs  ist,  wofür  auch 
die  aussergewöhnlich  sorgfältige  Arbeit  spricht. 

Pfeile 2)  deren  Name  für  einfachere  Sorten  arieb ,  und  für  reicher 
verzierte  „turieb"  ist,  liegen  sowohl  aus  den  Sammlungen  der  Herren 
DE  JoNG  und  ScHAD^E^),  Wie  aus  den  beiden  oben  erwähnten  Ankäufen 
vor.  Zuerst  eine  Anzahl  der  einfachsten  Form  mit  kegelförmiger  Palm- 
holzspitze (Siehe  Bd.  XVI  S.  218);  von  denen  sich  nach  Massgabe 
der  Gesammtlänge  zwei  Formen  unterscheiden  lassen,  deren  eine,  28 
Exemplare  umfassend,    einen    dünneren   Schaft   besitzt  und   eine   Länge 


I)  Der  gleichen  Verzierung  werden  wir  weiter  unten  in  der  des  Zwisclienstüoks  vieler  Pfeile  begegnen, 
a)  In   Report   1897/98  sind   auf  Tafel  9   verschiedene   Pfeilfornien,   jedoch   Isaum   deutlich   erlcennbar 

ä)  Die' durch  Herrn  Schadee  eingesandten  bildeten  den  Schmuck  eines  Grabes,  worüber  weiter  unten. 


209    - 


von  cca.  115 — 122  cM.  erreicht,  während  die  Länge  der  Spitze  32—39  cM.  beträgt;  die 
zweite  Form  zeigt  bei  einer  Spitzenlänge  von  26—53  cM. ,  eine  Gesammtlänge  von  149 — 
177  cM.  Die  Befestigung  der  Spitze  auf  dem  Schaft  ist  in  den  meisten  Fällen  durch 
einfache  ziemlich  rohe  und  lose  Umwindung  des  Obenendes  des  letzteren  mittelst  Pflanzen- 
faser geschehen ;  nur  bei  einzelnen  Stücken  ist 
die  Umwindung  überdem  noch  mit  Kalk  einge- 
schmiert. 

Der  Schaft  entbehrt  in  den  meisten  Fällen 
(1892/2)  jeder  Verzierung,  oder  Ijei  einer  grossen 
Anzahl  besteht  dieselbe  (1392/3)  aus  roh  ein- 
geritzten Längsstreifen  an,  beinahe  allen  Gliedern 
(Vergl.  Bd.  XVI,  Taf.  XVI  Fig.  1).  Der  Schaft 
zweier  Exemplare  (N°.  4  derselben  Serie)  zeigt 
statt  dessen  einfache  verticale  Schrägstreifen; 
während  das  erste  Schaftglied  von  N".  5  ein 
schildartiges  Muster  besitzt,  zeigt  das  zweite  an 
zwei  Stellen  gegenüber  einander  zwei  nach  oben 
zu  einem  kopfstehenden  Dreieck  vereinigte  Wellen- 
linien (Siehe  Taf.  VI  Fig.  11),  und  die  übrigen 
Glieder  einfache  Längsstreifen.  Bei  N".  6  besteht 
nur  am  dritten  Gliede  eine,  durch,  mit  den  Spitzen 
zusammenstossende,  schilf blattförmige  Figuren 
gebildete  Verzierung;  dasselbe  findet  sich  am 
zweiten  Gliede  von  N°.  7 ,  hier  ist  aber  überdem 
das  vierte  mit  Wellenlinien  verziert  (Taf.  VI 
Fig.  10);  wiederum  ist  nur  das  dritte  Glied  bei 
N".  8  verziert  und  zwar  in  der  Mitte  mit  con- 
centrischen  Rauten  und  einem,  sich  nach  oben 
und  unten  hin  anschliessendem  System  schilf- 
blattförmiger Figuren  und  Wellenlinien  (Taf.  VI 
Fig.  9),  während  endlich  nur  das  vierte  Glied 
des  Schaftes  von  N".  8  im  derselben  Weise  wie  bei  N°.  7  verziert 
ist.  —  Von  den,  wie  oben  erwähnt,  sich  durch  grössere  Länge  aus- 
zeichnenden Pfeilen  (1441/15,  vier  Expl.;  1476/48  &  51),  trägt  nur 
das  zweite  Glied  eine,  mit  der  Bd.  XVI,  Taf.  XIV  Fig.  9b  abgebildeten 
übereinstimmende  Verzierung. 

An  die  Pfeile  mit  kegelförmiger  Palmholzspitze  schliessen  sich 
zunächst  solche,  an  wo  letztere  in  einen  deutlich  abgegrenzten, 
lanz etlichen  Teil  endet;  fünf  Exemplare  derselben  liegen  uns 
heut  vor.  Das  eine  (1392/3)  gehört  zu  der  kürzeren  Form,  der  Schaft 
ist  nur  mit  Längsstreifen  verziert.  Die  vier  übrigen  gehören  zu  der 
längeren  (1392/10,  Taf.  VI  Fig.  5;  1476/54  zwei  Expl.,  und  58)  Form,  nur  bei  53  findet  sich 
eine  Verzierung  und  zwar  aller  Glieder  des  Schaftes,  die  mit  der  Bd.  XVI  Taf.  XIII  Fig. 
156  abgebildeten  übereinstimmt. 

Die    nun    folgenden    fünf   Pfeile    mit    lanzettlicher    Bambusspitze   sind    durch 
I.  A.  f.  E.    XVII.  27 


Abb.  16. 


Abb.  15. 


-    210    - 

Herrn   Schabte  eingesandt  und   von   demselben  „als  Wuifspiesse  der  Tugeri  aus  der  Um- 
gegend   von    Merauke"    bezeichnet  (1476/54   [2  Expl.],   55-57).    Die   Spitze  is  nur  bei  56 
innerhalb   eines  Schlitzes  des  Obenendes  des  Schaftes  .selbst  mittelst,  mit  Harz  (?)  einge- 
schmierter    Rohrfaser    befestigt;    bei    allen    übrigen    dient  zur   Verbindung  von  Schaft  und 
Spitze   ein    runder  Palmholzstab,   der  zumal  bei  57,  dessen  Spitze  überdem  sehr  platt  und 
einer  Lanzenspitze  ähnlich ,  ausserordentlich  lang  ist  (87  cM.).  In  dem  aufgeschlitzten  Oben- 
ende   ist    die    Spitze    mittelst   Schnur-   oder   Rohrfaser-   (1  Expl.  von  54)  Umwindung  und 
eines  mehr  oder  weniger   breiten,    diagonal    geflochtenen    Rotanringes    unterhalb    letzterer 
befestigt.    Die   Verbindung  des   Holzstabes  mit  dem  Schaft  ist  dieselbe  wie  jene  der  Spitze 
mit  dem  Schaft  bei  56;   der  Schaft  der  beiden  Exemplare  N°.  54  ist  nicht  verziert,  bei  55 
zeigt  das  zweite  Glied  die  Bd.  XVI  Taf.  XIII  Fig.  2«,  (Sechsecke  mit  verticalen  Zickzack- 
streifen  inmitten   derselben    Verzierung)   und   das   dritte   an   drei   Stellen  die  1.  c.  Taf  XV 
Fig.  2b  abgebildete,   aus  einzelnen   verticalen  Schlangenlinien  bestehende.    Das  zweite  und 
dritte   Schaftglied    von    56   sind   sehr   reich    verziert:    Gruppen   und    schildförmige  Figuren, 
ähnlich   Fig.  9b,  Taf.  XIV  Bd.  XVI,   jedoch    nur    in    einem    vereinzelten    Falle  mit  einem 
Zickzackstreif  längs  deren   Mitte.    Der   Schaft   von   57    besteht  nur  aus  drei  Gliedern,  wir 
sind  daher  zu  der  Annahme  geneigt  dass  das  untere  Ende  abgeschnitten ;  das  zweite  Glied 
zeigt  nächst  den  Knoten  concentrische  Dreiecke,  deren  Basis  dein  Knoten  anliegt,  während 
den   Raum   zwischen  beiden  Spitzen  gerade  und  Wellen-Streifen  ausfüllen;  auch  das  letzte 
Glied   zeigt  an   zwei   Stellen   einen  parigen  verticalen,  mehrfach  schwach  gebogenen  Streif 
Wir   schreiten    nun  zur  Besprechung  einer  Anzahl  für  unser  Gebiet  sehr  charakteristi- 
scher Pfeile,  welche,  wie  wir  schon  in  unserem  vorigen  Beitrage  (I.e.  S.  219)  sagten,  sich 
in   zwei   Formen   verteilen   lassen.    Bei   beiden   ist  auf  dem  Schaft  ein  mehr  oder  weniger 
reich  verzierter  Holzstab,  das  Zwischenstück,  befestigt,  das  als  eigentliche  Spitze  entweder 
einen   Gas uar sporn   oder  Casuar Zehennagel   oder,   als  zweite  Form  eine  gegen  das 
obere  Ende  seitlich  befestigte,  mehr  oder  minder  breite  Knochen  lamelle  trägt.  Von  den 
ersteren  liegen  unserer  heutigen  Betrachtung  acht  Exemplare  (1392/11,  12  &  13;  1441/6, 
8,  10  &  11   und  1476/75);    von   letzteren   deren   einundzwanzig   (1392/14,   15,  16,  17, 
18  &  19;    1441/5,  7  (2  Expl.),  9&12;  1462/20-22;   1476/50,  68-70,  71—74)  derselben  zu 
Grunde.  Die  Länge  ist  bei  allen  eine  ziemlich  bedeutende  (cca.  143—171  cM.),  nur  ein  Stück 
(1392/19)  ist  auffallend   kurz;   jedoch   fehlt   hier  das  untere  Ende  des  Schaftes.    Ein  Stück 
(1441/10)   zeichnet  sich  durch  einen  sehr  grossen  Casuarsporn  aus;  die  Knochenlamelle  ist 
stets   mehr  oder  minder  breit  und   platt   und   nur  in   einzelnen  Fällen  ähnelt  selbe  einer 
dicken   Nadel;   in    einem    Falle  (1462/22)  ist  das  untere,  aus  der  Faserumwindung  hervor- 
tretende Ende  zweizinkig  gestaltet  i). 

Jeder  Verziering  bar  sind  nur  zwei  Stücke  (1462/20  &  21)  die  auch  in  anderer  Bezie- 
hung einen ,  von  dem  der  übrigen  abweichenden  Charakter  zeigen ;  die  Befestigung  des 
Zwischenstückes  auf  dem  Schaft  ist  mit  Faserschnur  geschehen  und,  gleich  dei-  zur 
Befestigung  der  Knochenspitze  am  Zwischenstück  dienenden  Umwindung  mit  Rohrfasern, 
nicht  mit  Kalk  eingeschmiert. 

Was  dann  die  Verzierung  der  übrigen  Stücke  betrifft  2)  so  hat  unsere  Analyse  derselben 


1)  Bei  1441/9  fehlt  die  Kiiochenlainelle.  ^  ^  „ 

■i)  Vergleiche  hiefür  unsere  Ausführungen  in  Bd.  XVI  S.  219—222.  Siehe  auch  die  Zusammenstellung 
von  Verzierungsmotiven  unserer  Pfeile  bei  J.  E.  Jasper:  Een  boek  over  de  Tugens  en  Toros  van  Zuid- 
Nieuw-Guinea  (Unser  Beitrag  VIII  in  Bd.  XVI)  in  Weekblad  voor  Indie  2e  jaarg.  N».  38  pg.  683. 


-   211    - 

das  Folgende  ergeben:  Das  der  Spitze  unmittelbar  folgende,  schwarze  Band  fehlt  nur  bei 
zweien  (1441/8  &  1462/22)  im  Übrigen  ist  das  Zwischenstück  hier,  wie  bei  allen  andern, 
in  eine  Anzahl  roter  und  gelber  Bänder,  wie  1.  c.  gesagt,  verteilt.  Von  diesen  enthält  das 
dritte  gelbe  Band  jene,  1.  c.  S.  220  besprochene,  einem  Anker  ähnliche  Figur,  nur 
bei  den  zwei  eben  erwähnten  Stücken  ist  das  gelbe,  diese  Figur  enthaltende  Band  das 
zweite.  —  Spiralig  eingerollt  sind  die  Arme  der  Figur  bei  1392/13  (Taf.  VI  Fig.  7), 
14  (VI,  6  &  6a),  15  (VI,  13  &  13a),  16  (VI,  3  &  3a),  17  (VI,  15  &  15«),  18  (VI,  8  &  8a), 
19  (VI,  4  &  4a);  1441/5,  7,  10  &  12;  1462/21;  1476/68,  69,  71,  73  und  75.  —  Rauten- 
ähnlich eingerollte  Arme  zeigt  unsere  Figur  bei  folgenden  Stücken:  1892/11  (VI,  14), 
12  (VI,  12);  1441/6,  8,  9,  11  &  17;  1476/50,  70,  72  &  74.  —  Bei  1462/21  ist  die  Figur 
sehr  zusammengedrungen,  bei  1441/6  &  10  und  1476/75  sehr  in  die  Länge  gereckt;  in  zwei 
Fällen  ist  die  Figur  verdoppelt,  so  dass  sie  einem  X  ähnlich  geworden  (1392/19,  VI,  4a 
und  1476/71),  wofür  sich  auch  u.  a.  in  Bd.  XVI  Taf.  XIV  Fig.  7  ein  Beispiel  findet;  ein 
aus  dem  Anheftungspunkt  der  beiden  Arme  hervorgehender  Schlangenstreif  (siehe  Bd.  XVI 
S.  220)  findet  sich  diesmal  nur  an  zwei  Stücken  (1392/14,  VI,  6  &  6a,  &  18;  VI,  8a); 
gänzlich  neu  ist  aber  die  Form  der  Figur  bei  einem  anderen  Stück  (1392/17;  VI,  15  &  loa), 
wo,  so  zu  sagen,  ein  zweiter  Anker  aus  dem  ersten  hervorgeht,  der  erste  mit  rautenförmig, 
und  der  zweite,  untei'e,  mit  spiralig  eingerollten  Enden  der  Arme. 

Bei  fünf  Stücken  nur  zeigt  sich  neben  der  ankerförmigen  Figur  das  Auftreten  von 
Punkt  reihen  (siehe  1.  c.  S.  220);  bei  dem  einen  (1476/75)  läuft  eine  solche  durch  die 
Mitte  des,  nur  in  diesem  einen  Falle  gespaltenen  Ankerstockes  hin,  in  drei  Fällen  (1392/15; 
1441,  8  &  10)  begleiten  die  Punktreihen  jederseits  den  Stock  (siehe  Bd.  XVI  Taf.  XV  &  XVI, 
mehrere  Beispiele,  sowie  unsere  heutige  Tafel  VI  Fig.  13  &  13a,  1392/15);  vöUig  abweichend  ist 
das  Verhalten  bei  dem  fünften  Stück  (1462/22),  wo  die  Punktreihe  nicht  dem  sehr  zusam- 
men gedrungenen  Anker  angegliedert  ist,  sondern  an  zwei  Stellen  gegenüber  einander,  unten 
von  der  Spitze  eines  Dreiecks  ausgehend ,  das  Band  in  verticaler  Richtung  kreuzt ,  während 
die  dadurch  entstandenen  Hälften  noch  einmal  durch  einen  verticalen  Schlangenstreif  in 
zwei  Teile  geschieden  werden. 

Die  Ringstreifen  an  den  Berührungspunkten  der  Bänder  sind  in  bei  Weitem  der 
meisten  parig,  in  einzelnen  Fällen  begegnen  wir  deren  drei,  in  einem  Falle  (1441/8)  einer 
Gruppe  von  acht,  und  in  einem  andern  (1392/19)  selbst  bis  zu  zehn  (siehe  Taf.  VI  Fig.  4) 
derselben. 

Zickzackstreifen  zeigt  auch  unser  heutiges  Material  wiederholt  und  zwar  sowohl 
in  verticaler  als  horizontaler  Richtung.  Was  zuerst  letztere  betrifft  so  schliessen 
selbe  entweder  das  vorletzte,  gelbe  Band  nach  innen  ab  (1392/11  &  12;  1441/11;  und 
1476/73  &  74;  vergl.  z.B.  Bd.  XVI  Taf.  XV  Fig.  5  &  Taf.  XVI  1  ig.  2,  10  &  12);  einmal 
wird  ausserdem  das,  die  Ankerfigur  enthaltende  Band  nach  oben  (1392/12;  VI,  12),  ein 
anderes  Mal  nach  unten  (1476/74)  und  in  einem  dritten  Falle  nach  oben  und  unten  (1392/11; 
VI,  14)  durch  einen  Zickzackstreif  abgeschlossen.  Bei  1462/21  folgt  der  Ringstreifen-Gruppe 
über  dem,  den  Anker  enthaltenden  Bande  nach  oben  ein  Zickzackstreif  und  wird  überdem 
das  Band  selbst  nach  unten  durch  einen  solchen  wieder  abgeschlossen.  Zwei  Stücke 
(1392/14  &  15;  VI,  6  &  13)  enthalten  in  dem,  der  Spitze  folgenden  schwarzen  Band  ein 
schmales  gelbes  mit  einem  Zickzackstreif  in  dessen  Mitte,  dessen  Biegungen  bei  1392/15 
kurze  Winkel  bilden  (vergl.  Bd.  XVI  Taf.  XVI  Fig.  5a);  dasselbe  ist  der  Fall  bei  1441/8 
wo,  wie  oben  erwähnt,  das  schwarze  durch  ein  rotes  Band  ersetzt  ist.  Zum  Schluss  findet 


212 


sich  ein  doppelter  Zickzackstreif,  begrenzt  durch  einen,  resp.  zwei  Ringstreifen,  oberhalb 
der  Ankerfigur  in  dem  dieselbe  enthaltenden  Bande  (1441/12)  oder  auch  das,  auf  dieses 
folgende  rote  enthält  in  dei-  Mitte  ein  schmales  gelbes  Band  mit  breit  gebuchtetem  Zick- 
zackstreif (1476/72  &  75,  vergl.  Bd.  XVI  Taf.  XVI,  Fig.  4). 

Vertical  verlaufende  derartige  Streifen  enthält  in  grosser  Anzahl  wiederum  das, 
wie  eben  erwähnt,  die  Mitte  des,  dem  Anker-Bande  folgenden  roten  Bandes  einnehmende 
gelbe  Band  (1462/22;  1392/19;  VI,  4;  und  1476/71).  Abgesehen  von  den  Grössenver- 
hältnissen  zeigen  die  Pfeile  1392/19  und  1476/71  grosse  Übereinstimmung  unter  einander, 
zumal  betreffs  der  Ornamentik. 

Wir  kommen  jetzt  zur  Besprechung  der  Verzierung  des  Schaftes.  Stets  folgt, 
wie  schon  Bd.  XVI  S.  221  gesagt,  der  Faserumwindung  des  ersten,  oberen  Gliedes  ein 
breites  rotes  und  darunter  ein  schmales  schwarzes  Band.  Andere  Verzierung  des  Schaftes 
findet  sich  bezw.  selten,  ziemlich  oft  treten  noch  eingeritzte  Längsstreifen,  und  dann  an 
allen  Gliedern  auf.  Bei  einem  Exemplar  (1462/22)  enthält  das  rote  Band  zwei  breite,  ein- 
ander wiederholt  kreuzende  schwarze  Zickzackstreifen;  in  einem  Falle  (1476/76)  folgt  dem  roten 
Bande  ein  einzelner  breiter  und  in  einem  zweiten  (1441/10)  eine  Gruppe  von  drei  paral- 
lelen derartigen  Streifen ;  bei  dem  ersteren  enthält  dann  die  obere  Hälfte  des  dritten  Gliedes 
noch  eine  eingeritzte,  kragenförmige,  aus  parallelen  Bogenlinien  und  selbe  verbindenden 
kurzen  Querlinien  bestehende  Vei'zierung.  —  Endlich  findet  sich  noch  reichere  eingeritzte 
Verzierung  nur  an  einem  einzigen,  zu  dieser  Gruppe  gehörenden  Pfeil  (1441/11)  und  zwar 
wiederum  am  dritten  Gliede  in  Form  von  Liniensystemen  wodurch  concentrische  Dreiecke, 
und  schildförmige  Flächen,  mit  einer  Zickzacklinie  längs  deren  Mitte,  gebildet  sind.  — 


Aus  den  vorstehenden  Mitteilungen  betreffs  der  Verzierung  der  voi-liegenden  Pfeile, 
ergiebt  sich  dass  wir  gewissen  Übei-einstimmungen  der  Verzierung  sowohl  bei  verschiedenen 
Stücken  des  heutigen  Materials,  wie  auch  mit  solchen  in  unserem  voiigen  Beitrage  (Bd. 
XVI,  i.  c.)  besprochenen,  begegnen.  Dadurch  dürfte  unsere  Voraussetzung  betreffs  des 
Wertes  des  Studiums  dieser  Pfeilornamentik  (I.e.  S.  222)  eine  weitere  Stütze  erhalten. 


Es  erübrigt  noch  die  Besprechung  dreier  Pfeile  die  ebenfalls  mit  der  Angabe  „Süd- 
Neu-Guinea",  durch  Ankauf,  erlangt  wurden  (Ser.  1462/23—25).  Der  Gesammthabitus  der- 
selben ist  aber  ein,  von  den  übrigen  oben  besprochenen,  so  durchaus  abweichender,  dass 
wir  deren  Herkunft  vom  Festlande  von  Neu-Guinea  schon  anfänglich  bezweifelten  und 
selbe  eher  auf  den  „Torresstrasse-Inseln"  suchten.  Eine  Durchsicht  der  ein- 
schlägigen Literatur,  zumal  einer  Arbeit  Haddon'sI)  und  einer  von  Uhle 2)  bestätigte 
unsere  Annahme  betreffs  der  Herkunft  in  erwünschtester  Weise. 

Der  allgemeine  Charakter  unserer  drei  Stücke  ist  ein  un verzierter  Rohrschaft,  auf 
welchem  ein  hölzernes  Verbindungsstück  mittelst  Rohrfaser-  oder  Schnurumwindung  befes- 
tigt ist,  während  das  Obenende  ein  Knochenstück  als  eigenliche  Spitze  trägt.  Bei  zwei 
Stücken  (24  &  25)  ist  die  Form  desselben  lanzetlich,  beim  dritten  (23)  bildet  ein  einfacher 
Vogelknochen,  dessen  oberes  Ende  abgebrochen,  die  Spitze. 

')  The  decorative  Art  of  Biit.  New-Guinea.    Dublin  1894. 

2)  Ueber  Pfeile  aus  der  Torresstrasse.    Dieses  Archiv  Bd.  I,  S.   173  ff. 


-   213    - 

Das  Zwischenstück  ist  melir  oder  weniger  reich  mit  Schnitzwerk  geschmückt; 
bei  dem  von  23  ist  die  obeie  Hälfte  vierseitig  und  die  untere  rund,  letztere  ist  mit 
schrägen  und  verticalen  Gruben,  durch  welche  Rauten  und  gleichschenklige  Dreiecke 
begrenzt  werden,  verziert.  Dort  wo  die  obere  in  die  untere  Hälfte  übergeht,  ist  das 
Zwischenstück  mit,  sich  vielfach  kreuzender  dünnei-  Schnur  umwunden;  das  obere 
Ende  dieser  Umwindung  ist  mit  einer  teilweise  fehlenden  Lage  Kalk(?)  bedeckt,  in  welche 
sehr  kleine  rote  Federn  und  an  zwei  Stellen  gegenüber  einander  kleine  Muschelplatten 
{Nassa)  gedrückt  sind.  Die  Knochenspitze  ist  grösserer  Festigkeit  halben  durch  eine  Schnur 
mit  dem  unteren  Ende  des  Zwischenstücks  verbunden  i). 

Am  Obenende  des  Zwischenstücks  des  zweiten,  hier  zu  besprechenden  Pfeils  (24)  tritt 
aus  der,  zur  Befestigung  der  Knochenspitze  dienenden  Umwindung  ein  nadeiförmiger,  schief 
nach  aussen  und  unten  gerichteter,  knöcherner  Wideihaken  hervor.  Übrigens  verteilt  sich 
die  Verzierung  mit  Schnitzwerk  des  Zwischenstücks  über  fünf  gesonderte  Teile:  einem 
kürzeren  oberen,  mit  verticalen  geraden  und  Wellenstreifen,  sowie  an  zwei  einander  gegen- 
über liegenden  Stellen  mit  einem  abgestutzten  Dreieck,  folgt  als  zweiter  ein  längerer  mit 
dreizehn  Gruppen  sägezahnartig  vorspringender,  quadrilateraler  Widerhaken.  Dann  folgen 
zwei  andere  je  mit  vier  langen  quadrilateralen ,  nach  unten  gerichteten  Widerhaken, 
worauf  dann  die  Verzierung  mit  einem  cylindrischen  längeren  Teil,  dei'  mit  verticalen  geraden 
und  Wellenstreifen  und  Reihen  kleiner  Rauten  bedeckt  ist,  endet. 

Unser  drittes  noch  zu  besprechendes  Stück  (25)  zeigt  wiederum  den  knöchernen  Wider- 
haken unterhalb  der  Umwindung  der  Spitze,  hier  aber  nach  innen  gebogen  und  platt; 
dagegen  weicht  die  Verzierung  des  Zwischenstückes  völlig  von  der  jenes  der  beiden 
vorerwähnten  Stücke  ab.  Selbe  stellt  der  Hauptsache  nach  eine  stilierte  Menschenfigur 
mit  übermässig  grossem  Kopfe  vor  und  erinnert  in  dieser  Hinsicht  sehr  an  die  bei  Haddon^) 
und  Uhle^)  abgebildeten  und  besprochenen  Stücke.  Am  meisten  stimmt  unser  Stück  mit 
der  Abbildung  bei  Haddon  überein,  wie  dort  finden  sich  auch  hier  oberhalb  des  Kopfes 
4  Gruppen  quadrilateraler  sägezahnartiger  Widerhaken ;  die  Stirn  zeigt  eine  Querreihe 
kleiner  Rauten,  die  Augen  bilden  Parallelogramme,  der  Nasenrücken  ist  sehr  lang,  beide 
Flügel  /\-förmig,  der  Mund  ist  nicht  angedeutet,  aber  ein  starker  Kinnbait  und  am  Halse 
ein  stumpf  kegelförmiger  Vorsprung,  wie  bei  Haddon  Fig.  I8b,  der  nach  ihm  den  Adams- 
apfel vorstellt.  Längs  beider  Seiten  des  Kopfes  findet  sich  eine  Leiste  mit  vielen  flachen 
Quergruben,  welche  Vorder-  und  Hinterkopf  trennt;  das  Schnitzwerk  des  letzteren  .stimmt 
völlig  mit  der  Zeichnung  bei  Haddon  überein  und  besteht  aus  einem  queren  Schlangenstreif 
in  der  Ohrgegend  und  einem ,  davon  ausgehenden  verticalen  solchen  längs  der  Mitte  des 
übrigen  Teils  des  Hinterkopfes,  sowie  jederseits  desselben  drei  parallelen  verticalen,  oben 
winklig  nach  aussen  gebogenen  Gruben,  als  Andeutung  des  Haares.  Die  Arme  bilden  platten- 
artige Erhabenheiten ;  die  Rückensäule  ist  durch  eine  leistenartige  Erhabenheit  mit  queren 
Gruben  angegeben  und  die  Beine  durch  zwei,  einander  mit  der  stumpfen  Spitze  berührende 
Dreiecke  vorgestellt,  mit  deutlich  hervortretenden  Knieen  und  Füssen,  letztere  in  Form 
einer  ovalen  Platte,  die  drei  oder  vier  ellipsoide  Erhabenheiten  enthält.  Vorn  zwischen 
den  Beinen  verläuft  eine  verticale  Reihe  kleiner  vierseitiger  Erhabenheiten;  seitwärts 
begleitet   die  Biegung  der  Beine  eine  Reihe  kleiner  rautenförmiger  ErhaL>enheiten,  während 


I)  Siehe  Haddon,  Op.  cit.,  S.  48. 

-)  Op.  cit.,  S.  51,  Fig.  18.  ')  Op.  cit.,  S.  174,  Fig.  1  &  la. 


-   214   - 

die  Hinterseite  vom  Rumpf  bis  zu  den  Füssen  durch  zwei  concentrisclie,  ellipsoide  Flächen 
eingenommen  wird.  Befestigung  des  Zwischenstücljes  auf  dem  Schaft  mit  Schnurumwin- 
dung,  die  an  der  vorderen  Seite  eine  verticale  Reihe  Knoten,  wie  bei  Uhle,  I.e.  S.  175, 
Fig.  3,  bildet.  

Von  der  schon  mehrfach  erwähnten  Roh  r  man  seh  et  te  als  Schutz  gegen  das  Zurück- 
schnellen der  Bogensehne  (Siehe  Bd.  VIII,  S.  163  &  XVI,  S.  223)  enthält  die  Sammlung 
des  Herrn  de  Jong  wiederum  ein  Stück  (1392/.59)  das  sich,  wie  die  Fig.  7  &  7a  der  Taf.  III 
zeigt,  von  den  früheren  durch  sehr  sorgfältige  Arbeit  unterscheidet.  Der  Name  derselben 
ist  „karieke",  das  Geflecht  besteht  aus  einer  Menge  dünner  Rohrstäbe  als  Kette  und  feinen 
braunen  Rohrfasern  als  Einschlag,  wodurch  an  jedem  Ende  ein  breites,  und  in  der  Mitte 
zwei  schmälere  erhabene  Querbänder  gebildet  werden  (Siehe  Fig.  7a  und  unsere  Abb.  13)  i). 

Von  den  mehrfach  (Bd.  VIII  S.  163  &  XVI  S.  223)  erwähnten  Friedenzeichen 
liegen  aus  der  Sammlung  de  Jong  diesmal  acht  Stücke  (1392/40—42  &  43  [-5  Expl.])  voi-, 
betreffs  welcher  derselbe  mitteilt  dass  der  einheimische  Name  derselben  „karirte  matau" 
(holl.  „karirte  matou')  sei  und  dass  bei  Tänzen  ein  derartiger  Federbusch  in  die  oben 
erwähnte  Manschette  gesteckt  wird.  .Dies  weicht  von  den  früheren  Angaben  betreffs  der 
Bedeutung  dieser  Schmuckstücke  ab,  da  aber  einerseits  die  früheren,  von  verschiedenen 
Berichterstattern  herrührenden  Angaben  unter  einander  übereinstimmten,  und  die  Tänze 
während  welcher  die  Stücke  nach  Herrn  de  Jong  getragen  werden,  sehr  wohl  Kriegstänze 
sein  können,  besteht  vorläufig  für  uns  noch  kein  Grund  dieselben  als  ausschliesslichen 
Tanzschmuck  unserer  Gruppe  XI  einzuverleiben. 

Das  erste  der  heut  vorliegenden  Stücke  (40)  besteht  aus  einem  cca.  95  cM.  langen, 
dünnen  braunem  Ende  Rotan,  an  dessen  Mitte  eine  Menge  kleiner  Büschel  Casuarfedern , 
deren  unteres  Ende  mit  Rohrstreifchen  umwickelt  ist,  mittelst  gleichartiger  ümwindung 
seitlich  befestigt  sind.  — 

Das  folgende  ca.  62  cM.  lange  Stück  (41)  besteht  wiederum  aus  Casuarfedern,  welche 
einzeln,  also  nicht  zu  Büscheln  vereinigt,  rund  um  das  ganze  Rotanende  befestigt  sind; 
hiermit  stimmt  das  dritte  (42),  ungefähr  50  cM.  lang,  beinahe  völlig  überein,  jedoch  hängen 
von  der  Spitze  zwei  kleine  Casuarfederbüschel  und  einige  weisse  Federn  (Cacatna?)  teils 
mit  mehrfach  ausgekerbten  Fahnen  und,  vom  unteren  Ende  eine  Anzahl  letzterer,  an  kurzen 
Schnüren  befestigt,  herab.  —  Die  übrigen  fünf  Stücke  (43)  sind  je  cca.  100  cM.  lang 
und  stimmen  unter  einander  und  mit  der  Fig.  7  der  Taf.  XII  unseres  vorigen  Beitrages 
(VIII,  Bd.  XVI)  sehr  gut  überein.  Beinahe  das  ganze  Rohrende  ist  mit  weissen  Flaumfedern 
umhüllt;  am  oberen  Ende  und  an  verschiedenen  Stellen  der  Umhüllung  treten  Casuarfeder- 
Strähne  mit  von  den  Enden  herabhängenden  weissen ,  schwarz  und  weissen  und  braun  und 
weissen  Federn,  teils  mit  ausgekerbten  Fahnen,  hervor;  einmal  sind  in  zwei  der  erwähnten 
Strähne  rote  Federchen  eingestreut. 

XI.    Musik,  Tanzattribute. 

Sanduhrförmige  Trommeln,  kendara,  enthält  die  Sammlung  de  Jong  zwei 
Exemplare  (1392/48—49),   beide  betreffs  der   Form   mit  den  in  unsren  früheren  Beiträgen 


')  Auch  in  Rep.  1897/98  sind  auf  Taf.  26  derartige  Manschetten  abgebildet. 


215    ■ 


beschriebenen  übereinstimmend ;  auch  diese  sind ,  zusammen  mit  dem  Griff  aus  einem 
Holzstück  verfertigt.  Die  erste  (48)  ist  nur  52,5  cM.  hoch,  das  Trommelfell  fehlt  und  der 
Trommelkörper  ist  der  ganzen  Lange  nach,  und  ausserdem  ein  zweites  Mal  längs  eines 
Teils  der  unteren  Hälfte,  gesprungen;  der  Schade  ist  aber  mittelst  Zusammenschnürung  der 
entsprechenden  Teile  am  unteren  Ende  der  Sprünge  mit  Rohrfasern  und  ausserdem  durch 
Dichtung  mit  Harz  (?)  ausgebessert.  Die  Verzierung  mit  Schnitzwerk  der  unteren  Hälfte 
stimmt  beinähe  völlig  mit  der  des  zweiten  Stückes  (49)  überein ,  nur  ist  die  Wellenleiste 
am  Griff'  und  dessen,  den  Trommelkörper  umklammernden  Fortsatz  stärker  gebuchtet  und 
erlangt  selbe  an  einzelnen  Stellen  die  Gestalt  einer  Reihe 
sich  mit  den  seitlichen  Spitzen  berührender  Rauten. 
Überdem  begegnen  wir  an  der  Hinterseite  der  Obenhälfte 
einer  Figur  in  basrelief  welche  einigermassen  einem 
fliegenden  Vogel  ähnelt  (Siehe  Abb.  17). 

Die  zweite  Trommel  (49)  ist  148  cM.  hoch;  das 
Trommelfell  besteht,  wie  das  der  in  Bd.  XVI  S.  224  be- 
schriebenen und  Taf.  XI  Fig.  6  abgebildeten  aus  Säuge- 
tierhaut; von  den  17  grossen  Harztropfen,  welche  das- 
selbe ursprünglich  trug,  sind  nur  noch  11,  mehr  oder 
weniger  gut  erhalten,  vorhanden.  Die  Verzierung  der 
unteren  Hälfte  ähnelt  jener  des  Bd.  XVI  Taf.  XI  Fig.  6 
abgebildeten  Stückes  und  ist  wie  dort  über  drei  Quer- 
bänder verteilt;  die  Einzelheiten  derselben  lässt  die 
heutige  Taf.  II  Fig.  5  deutlich  erkennen.  Der  Griff'  und 
dessen,  den  Trommelkörper  umklammernde  Fortsätze, 
zeigen,  wie  jene  der  Bd.  XVI  Taf.  XV  Fig.  2  abgebildeten 
Trommel,  eine,  jedoch  viel  weniger  gekrümmte  Wellen- 
leiste auf  weissem  Grunde.  Der  obere  Fortsatz  bildet 
nach  vorn  einen  kleinen,  durchbohrten  Vorsprung,  in 
welchem  Casuarfederbüschel  an  kurze  Schnüre  verbunden, 
durch  diese  befestigt  sind.  An  der  oberen  Hälfte  des 
diesmaligen  Exemplars  finden  sich,  wie  bei  dem  eben 
erwähnten,  rautenförmige  Flächen  mit  erhabenem  rauten- 
förmigem Kern ,  die  Spitzen  derselben  sind  aber  viel 
länger  ausgezogen  und  beiderseits  endet  die  nach  aussen 
gerichtete  Spitze  der  letzten ,  vorderen  Grube  in  eine 
doppelt  hakenförmige,  der  rohen  Figur  eines  fliegenden 
Vogels  nicht  unähnliche  Grube  i). 

Von  Tanz attrib Uten  liegt  heute  eine  grös.sere  Reihe  vor.  Zuerst  eine  solche 
sogenannter  Tanzkeulen  (1392/51 — 58  und  61 — 63).  Die  erste  derselben  „kejapu"  (b\, 
Taf.  V  Fig.  2  &  2a)  ist  aus  Palmholz  verfertigt,  löffelstielähnlich  und  164,5  cM.  lang;  das 
ganze  Stück  ist  mit  dunklem  Firnis  überzogen,  am  oberen  Ende  sind  zwei  braune,  mit  den 
Krümmungen  gegen  einander  gekehrte  Zickzackstreifen  nur  undeutlich  erkennbar,  der  Stiel 


Abb.  17. 


')  Abbildungen  ähnlicher  Trommeln  siehe  in  Report  1897  98  Taf.  6  und  bei  Jasper,  Op.  cit.  S.  687.  — 
Zwei  Saiteninstrumente,  beide  mit  einer  Saite,  wahrscheinlich  mit  Schallkörper  von  Bambus  und  mittelst 
eines  Plectrons  von  Rohr  gespielt,  sind  im  ersterwähnten  Report  Taf.  7  abgebildet. 


-   216   - 

endet  nach  unten  spitz.  —  Zwei  weitere  Stücke  (52 — 53)  sind  aus  gelblichem  leichtem  Holz 
verfertigt  und  mit  braunem  Firnis  überzogen ;  das  Schlagende  des  ersten  (52,  Taf.  I,  Fig.  2a — d) 
besteht  aus  einem  unteren  breiteren  Teil  und  einem  oberen ,  im  Durchschnitt  ovalen ;  die 
eine  Seite  des  ersteren  (Fig.  2)  zeigt  drei  mit  Kalk  gefüllte  seichte  Gruben :  je  eine  längs 
der  Kanten  und  darunter  zwei  einen  Winkel  bildende.  Am  oberen  Teil  ist  in  geringem 
Abstände  vom  Ursprung  ein  jederseits  hervortretendes  Querstück  gebildet,  während  derselbe 
oben  in  einen  verdickten,  stumpf  kegelförmigen,  der  glans  penis  nicht  unähnlichen  Teil 
(die  beiden  Seiten  Fig.  2  &  2a,  Durchschnitt  26)  endet.  Der  Stiel  zeugt,  gleich  wie  das 
ganze  Stück  von  roher  Arbeit,  die  Keule  ist  braun  und  schwarz  übermalt  in  verschiedener 
Verteilung  in  Quer-  und  Winkelstreifen  wie  dies  aus  der  Abbildung  ersichtlich,  die  Länge 
beträgt  146  cM.  —  Das  andere  Stück  (53)  ist  152  cM.  lang,  der  Stiel  ist  rund  und  braun 
gefärbt,  das  lanzetliche  Obenende  mit  vielen  braunen  queren  Winkelstreifen  und  zwei 
Zickzackstreifen  vor  der  Einmündung  in  den  Stiel  an  beiden  Seiten  verziert  (Taf.  IV  Fig.  6). 

Eine  vierte  sich  hier  anschliessende  Form  (61)  „gongaai",  mit  länglich  ovalem  Schlag- 
ende, ist  wiederum  aus  Palmholz  verfertigt,  129  cM.  lang  und  mit  schwarzem  Firnis  über- 
zogen. Die  eine  Seite  des  Schlagendes  ist  mit  einem  System  brauner  Streifen:  ein  hufeisen- 
förmiger und  mehrere  Wellenstreifen ,  verziert  (Siehe  Taf.  II  Fig.  2a)  und  die  andere  Seite 
längs  beider  Kanten  mit  concentrischen  Gruben  die  mit  brauner  Farbe  gefüllt  sind  (Taf.  II  Fig.  2); 
und  zwar  oben  eine  Gruppe  winkliger  und  unten  zwei  die  mit  der  Kante  Vierecke  bilden. 
Nach  unten  hin  wird  die  Verzierung  durch  ein  eingeschnittenes,  farnblattförmiges  Quer- 
band abgeschlossen.  —  Heri-  de  Jong  bezeichnet  dieses  Stück  als  „Sagoklopfer";  gegen 
einen  derartigen  Zweck  spiicht  aber  schon  die  Form,  die  Angabe  beruht  also  sicher  auf 
einem  Irrtum. 

Es  folgt  jetzt  eine  durch  drei  Exemplare  (1392/54—56)  repräsentierte,  aus  leichtem 
gelblich  weissem  Holz  verfertigte  Form  deren  Schlagende  ein  hohl  geschnitzter,  mehr  oder 
weniger  tonnenförmiger,  von  einer  Spitze  überragter  Teil  bildet.  Das  erste  derselben 
(54,  Taf.  VI  Fig.  16)  ist  ziemlich  roh  bearbeitet,  rotbraun  gefärbt  und  135  cM.  lang.  Der 
tonnenförmige  Teil  zeigt  sieben  schräge  Öffnungen  und  auf  dem  übrigen  Teil  der  Oberfläche 
concentrische  winklige  Einschnitte.  Nach  unten  folgt  ein  platter,  in  Form  eines  Ringes 
hervortretender  Teil,  nach  oben  zwei  aus  einander  hervorgehende  kegelförmige  Spitzen.  — 
Das  zweite  Exemplar  (55  i),  Taf.  II  Fig.  3  &  3a)  ist  144,5  cM.  lang  und  dunkelbraun 
gefärbt.  Der  tonnenförmige  Teil  des  Schlagendes  ist  gleichmässig  dick,  nach  oben  nur  von 
einer  Spitze  gekrönt,  von  welcher  der  erstere,  gleichwie  vom  Stiel,  durch  eine  tiefe  mit  Kalk 
bedeckte  Grube  getrennt  ist.  Das  Schnitzwerk  besteht  aus  zwei,  mit  dem  convexen  Rand 
einander  zugekehrten  hufeisenförmigen  Ausschnitten,  deren  Rand  durch  eine  Grube  begleitet 
wird,  während  die  durch  die  Ausschnitte  umrahmten  Teile  mit  einer  eingeschnitzten,  der 
Länge  nach  gespaltenen,  und  hier  einen  Zickzackstreif  enthaltenden,  einem  a;-ähnlichen 
Figur  verziert  ist,  die  vielleicht  aber  auch  einen  Krokodilkopf  bedeuten  soll  (Fig.  3).  Diese 
Verzierung  findet  sich  an  zwei  Stellen  gegenüber  einander,  die  trennenden  Teile  zeigen 
eine  rautenförmige  Öffnung  durch  eine  Grube  umrahmt,  welche  nach  oben  und  unten  in 
eine  lange  verticale  Grube  übergeht  (Fig.  3a).  Das  ganze  Schnitzwerk  ist  mit  Kalk  gefüllt, 
ebenso  wie  der  Hohlraum  mit  Kalk  beschmiert  ist.  Durch  die  rautenförmigen  Löcher  sind 
dünne  Schnüre  gereiht  mit  weissen,  teils  an  den  Fahnen  ausgekerbten  Federn  an  den  Enden. 


')  Verslag  Rijks  Ethn.  Museum  1902/03,  Taf.  VIII  2te  Fig.  links. 


-    217    - 

Von  sehr  sorgfältiger  Behandlung  der  Schnitzarbeit  zeugt  unser  drittes  Stück  (5ßi),  Taf.  IV 
Fig.  3  &  3a);  dasselbe  ist  119  cM.  lang;  der,  sehr  dunkelbraun  geförbte,  tonnenförmige  Teil 
des  Schlagendes  ist  von  der  Spitze  durch  einen  ringförmigen  Vorsprung  getrennt,  während 
auch  der  Stiel  über  das  Unterende  dieses  Teils  rund  herum  hervortritt.  Durch  die  drei 
schrägen  Öffnungen  wird  an  zwei  Stellen,  gegenüber  einander,  ein  Stück  der  Wand  begrenzt, 
das  einem  Menschengesicht  mit  langer  Nase,  wie  bei  manchen  der  aus  Britisch-  und  Deutsch 
Neu-Guinea  bekannt  gewordenen  Masken ,  zumal  an  der  einen  Seite  (Fig.  .3a),  ähnlich  ist. 
Die  ganze  Wand  ist  mit  eingeritzten  horizontalen  Zahnstreifen  bedeckt,  ausserdem  sind  die 
Augen  etc.  durch  flache  Gruben  angegeben  und  findet  sich  an  beiden  Enden  ein  breiteres, 
queres  Wellenband.  Alle  tief  liegenden  Teile  des  Schnitzwerks  sind  auch  hier  wieder  mit 
Kalk  gefüllt,  womit  auch  das  Innere  des  Hohlkörpers  teilweise  beschmiert  ist.  An  der 
Spitze  hängen,  an  einer  Schnurumwindung,  wie  wir  selbe  oben  bei  dem  Pfeil  1462/25 
kennen  gelernt,  neun  Schnüre  angereihter  halbierter  Coi.-c-Früchte  mit  bräunlichen  Federn 
an  den  Enden. 

Die  zwei  nun  folgenden  Stücke  (1392/57 — 58)  weichen  von  den  bisher  besprochenen 
in  Folge  ihrer  Form  ausserordentlich  ab  und  rufen  eher  den  Eindruck  von  Speeren  hervor; 
selbe  werden  in  der  Tat  durch  Jasper  1.  c.  und  im  Report  1897/98  auch  so  genannt. 
Beide  sind  mehr  oder  weniger  dunkelbraun  gefirnist,  das  als  Schaft  aufzufassende  lange 
und  runde  untere  Ende  ist  durch  einen  schildförmigen  Teil  von  der  eigentlichen ,  im  Durch- 
schnitt rautenförmigen  Spitze  getrennt.  Der  schildförmige  Teil  ist  ä  jour  in  Spiralmuster 
geschnitzt  und  erinnert  daher  ausserordentlich  an  das  gleiche  Motiv  des  Schnitzwerks 
vieler  Gegenstände  von  Neu-Seeland ;  längs  der  Mitte  verläuft  bei  beiden  ein  erhabener  ver- 
ticaler  Zickzackstreif.  Beim  ersten  Exemplar  (57;  Taf.  V,  Fig.  1,  a&ö)  ist  das  dünnere  Ende 
des  hier  besprochenen  Teiles  nach  oben,  beim  anderen  (58,  Taf.  V  Fig.  4,  a — c)  nach  unten 
gekehrt.  Beim  ersteren  (57)2),  jgg  cM.  lang,  findet  sich  am  unteren  Teil  der  Spitze  und  am 
obersten  Teil  des  Schaftes,  an  zwei  Seiten  gegenüber  einander  rund  um  einen  rauten- 
förmigen Kern  eine  Anzahl  gebogener  Gruben ;  es  dürfte  sich  hier  um  die  Stilierung  des 
Menschenkopfes  handeln.  —  Beim  zweiten,  ebenfalls  180  cM.  langen  Stück  (58)  3)  finden  sich 
an  denselben  Stellen  und  an  der  Mitte  der,  mit  einem  Casuarnagel  bewaffneten  Spitze, 
nur  unregelmässige,  gebogene  Gruben,  die  keinen  bestimmten  Schluss  betreffs  ihrer  Bedeu- 
tung gestatten.  Der  schildförmige  Teil  ist  hier  längs  des  Randes  noch  von  einem  Zierbande 
mit  verticalen  Wellenstreifen  versehen ,  ausserdem  sind  an  beiden  Rändern  Faserschnüre 
festgeknotet,  deren  Enden  grauweisse  Federn  mit  ausgekerbten  Fahnen  tragen. 

Es  erübrigt  nun  noch  die  Betrachtung  zweier  hieher  gehörender,  aus  gelblichem  Holze 
verfertigter  Stücke  (1392/62—63);  bei  beiden  ist  das,  dem  länglich  ovalen  Blatte  eines 
Ruders  ähnelnde  Schlagende  gelb  gefärbt  und  am  Obenende,  der  Spitze,  mit  diagonal  gefloch- 
tener grauer  Faserschnur  dicht  umwickelt.  Das  Schlagende  beidei',  „hajam",  genannter 
Stücke  ist  ä  jour  geschnitzt,  mit  einer  grossen  rautenförmigen,  durch  einen  Längsrücken 
gekreuzten  Öffnung  als  Mitte.  Bei  dem  ersteren  170,5  cM.  langen  Stücke  (62,  Taf.  1 
Fig.  1  &  la)  ist  das  Blatt  oberhalb  jener  Öffnung  in  fünf  Längsstreifen  zerlegt,  wovon 
das  Unterende  jener  beiderseits  des  Mittelstreifs,  schräge  nach  aussen  gerichtet  ist;  unterhalb 
des  Mittelteils  folgt  erst  jederseits  ein  dreiseitig  zahnartiger  Vorspiung,  während  der  übrige 


')  Verslag  Rps  Ethn.  Museum  1902,0,S,  Taf.  VIII  2te  Fig.  rechts, 
■i)  Cfr.  Jasper,  O.e.,  S.  682  &  Report  1897/98.    Taf.  6,  oberste  Figur. 

3)  Cfr.  Report  1897  98.  Taf.  10.  —  Verslag  Ryks  Ethnogr.  Mus.  1902/03.  PI.  VIII  1«  Fig.  links. 
I.  A.  f.  E.    XVII.  28 


-    218    - 

Teil  in  sieben  Längsstreifen  zerlegt  ist,  wovon  die  beiden  jedei'seits  des  Mittelstreifs  oben  durch 
eine  Querbrücke  mit  einander  verbunden  sind.    Der  unterste  Teil  des  Blattes  und  der  .Stiel 
sind    rotbraun    gefärbt;    von  der  Umwindung  der  Spitze  hängen  Giasstreifen ,  und  aus  dem 
unteren  Ende  derselben  Strähne  von  Casuarfedern  mit  weissen  ausgekerbten  Federn  an  den 
Enden    herab,    während   an    der   Mitte   des   einen    Randes   eine   Anzahl   Schnüre  mit  ange- 
reihten Stücken  einer  Binse  oder  Früchten  von  Coix  befestigt  sind,  deren  Enden  Muscheln 
{Valuta  Zebra   Lam.,    Nassa   rvtilans   Rve.    und   ein    Stück   der  Klappe    einer    Süsswasser- 
muscheli),   ein    Stück   eines   Schweinezahns,    kleine    Büschel   Tierhaar   oder   weisse  Federn 
tragen.  —  Der  untere  Teil  des  zweiten,  182  cM.  langen  Stückes  (63,  Taf.  I  Fig.  4,  a  &  b), 
imitiert   die  oben   erwähnte  Steinkeule;   unterhalb  dei-  den  Stein  ersetzenden  Holzscheibe 
ist   der   Stiel    mit   Rotanstreifen    umwickelt,   wobei    wiederum    die  verticale  Reihe  Knoten, 
der   wir   schon    zweimal    bei   Schnuium Windungen    begegneten,   auftritt.    Die  eine  Seite  des 
Schlagendes  ist  convex,   die  andere  schwach  concav  (Fig.  4a);  die  Verteilung  des  Schnitz- 
werks im  oberen  Teil  und  in  der  Mitte  stimmt  mit  der  bei  dem  vorigen  Stücke  überein;  die 
untere  Hälfte  aber  zerfällt  hiei-,  gleich  der  oberen,  in  fünf  Leisten,  von  denen  jene  beiderseits 
der  Mittelleiste  durch  eine  Querbrücke  mit  dieser  verbunden  sind.  Im  rotbraun  gefärbten  Teil 
oberhalb  der   Scheibe  befindet  sich  ein  gelbes  Querband  das  einen  schwarzen  Zickzackstieif 
enthält.    Auch    hier   hängen    von    der    Spitze    Schilfstreifen,    und    vom    unteren    Rande  der 
Umwindung  jederseits   eine  Schnur  mit  daran  befestigten  kleinen  roten  und  Paradiesvogel- 
federn,   sowie   weissen    ausgekerbten   Federn  an  den  Enden  herab.    An  der  Mitte  des  einen 
Seitenrandes   sind,    wie   beim    vorigen   Stück   einige,    durch   eine  Klappe  einer  Süsswasser-_ 
muschel   laufende  Schnüre  befestigt,  mit   angereihten    Stücken   einer   Binse,   Früchten    von 
Coix    und    Erythrina,   und    an    den    Enden    mit  Büscheln  Tierhaar,  Stücken  von  Schweins- 
zähnen,   einer   Feder    und    mehreren    Meeresschnecken   {Voluta   zebra  Lam.,    Nassa  ruHlans 
RvE.  und  Natica  ampla  Phil.  vai-.  petiveriana  Rve.)  2). 

Wir  kommen  jetzt  zur  Betrachtung  zweier,  bei  Tänzen  herumgetragenen  Nachahmungen 
von  Tieren  aus  weichem  Holz  (1392/46—47).  Die  eine  (46,  Taf.  1  Fig.  3  &  Sa)  stellt 
einen  Fisch,  die  andere  (47,  Taf  2,  Fig.  1,  \a  &  b)  eine  Schlange  vor;  erstere  ist 
150,  letztere  240  cM.  lang.  Beide  sind  mit  in  Harz  gedrückten  und  auf  verschiedenerlei 
Weise  verteilten  roten  und  schwarzen  {Abrus)  und  grauen  Fi'üchten  {Coix)  in  bestimmten, 
aus  unsren  Figuren  ersichtlichen  Mustern  bekleidet,  und  in  der  Mitte  der  Unterseite  von 
einem  Loch  versehen.  — 

Die  beiden  vorerwähnten  Stücke  die,  wie  Herr  de  Jonr  bemerkt,  ziemlich  selten  sind, 
wurden  am  Bohika-Fluss  gegen  Beile,  Messer  etc.  etc.  eingetauscht.  In  das  Loch  der 
Unterseite  wird  ein  Stock  befestigt,  um  den  Gegenstand  während  des  Tanzes  bei  Fackel- 
licht oberhalb  des  Kopfes  zu  tragen,  wodurch  ein  phantastisches  Schauspiel  erzeugt  wird '5). 

')  Die  Namen  der  Sclineoken  verdanken  wir  der  Güte  des  Herrn  Dr.  R.  Hur.st  vom  liiesigen  Reichs- 
niuseuni  für  Naturgeschichte  iZoolofrie).  ,-,^.,,,0  ■  .     ■       r.  •   ; 

■■)  Versl  REM  1902,03.  PI  VIII,  l^te  Pig.  rechts.  —  Auf  Taf.  15,  Report  1897/98  ist  eine  Ceieinonial- 
keule  mit"  naciigeah'nitem  Stein  vom  M  o  reh  eadri  ver  abgebildet,  deren  Schlagende  aber  viel  eiiitacher 
wie  das  unseres  Exemplars  gestaltet  ist.  -  Haddon  bildet,  0.  c.  Taf.  V  Fig.  77  eine  „pierced  stone  carving, 
forniing  a  iiead  to  a  disc-shaped  stone  rlub"  aus  dem  Museum  in  Rom  ab.  welche,  durch  d  Albeetis  am 
Flv-river  gefunden,  sowohl  betreffs  des  Schnit/.werkes  als  auch  wegen  des  Schnuibehanges  unseren 
beiden,  hier  besprochenen  Stücken  so  ahnlich  ist,  dass  wir  versucht  sind  anzunehmen,  unsere  Stucke 
.  seien  Nachahmungen  jenes  Typus.  .  ,    .      ,        .  tt-i«     i  .. 

')  Die  Abbildung  eines  Tanzes  bei  Port  Moresby,  Brt.  N.  G.,  findet  sich  in  der  oberen  Hälfte  dei 
Tafel  2  des  Report  1897  98.  -  Die  untere  Hälfte  derselben  Tafel  stellt  ein  Kai  le-Mädchen  vor,  das  mit 
dem  Fadenspiel  {Cuts-cradle'  beschäftigt  ist. 


-    219    - 


XII.     Religion,  Begräbnis  etc. 


Von  in  diese  Gruppe  geiiörenden  Gegenständen  enthält  diese  erste  Sammlung  des 
llüirn  DE  JoNG  nichts,  wohl  aber  verdanken  wir  demselben  die  Photographie  einer  Grab- 
stätte welche  wir  als 
Abb.  18  hier  reprodu- 
cieren.  Links  befindet 
sich  nach  Herrn  de  Jong's 
Angabe  das  Grab  einer 
Frau  auf  welches  ein 
Wasserbehälter  aus  Ko- 
kosnuss  niedergelegt  ist ; 
mehr  nach  rechts  folgen 
dann  die  Gräber  zweier 
Männei-  auf  welche  von 
Rotan  verfertigte  Fang- 
schlingen für  Schweine, 
Pfeile  und  Lanzen  ge- 
steckt sind,  wie  dies  auch 
durch  Herrn  Schadee, 
demzufolge  die  Pfeile 
halbwegs  im  Boden 
steckten,  beobachtet  wur- 
de 1).  Die  Gräber  sind 
teilweise  durch  eine  Bam- 
bushecke   umgeben  ;    die 

hier  abgebildeten   wurden  in  der  Nähe  des  Kampong   Koperike   oder   Kuperike   (Holl.: 
Koeperike)  angetroffen-). 


Abb.  18. 


XI.     Zwei  Gegenstände  von  Niederl.  Nord  Neu-Guinea 

Der    erste    deiselben,    ein    Palmhoizbogen    (Ser.    1.502/4)    wurde    neuerdings    angekauft 
und  ist  seiner  auffallenden  Verzierung  mit  Schnitzwerk,  auf  der  convexen  Seite,  halben  von 


')  Siehe  oben  S.  208,    Anmerkung.  ^t    ,    j  .  nt 
■)  Im   Report  1897,98   finden   sich   Taf  14  &  17   Gräber  von    Goromaui    in    Brit.  N.  (t.  darijestellt^ 
die   von  dem   oben  abgebildeten   aber  diircli   ihre    Anlage  etc.  beträclitiich  abweichen.    Ferner  zeigt   Taf.  6 
eine   Wittwe   vom   Kaile-Stamm   in   vollem  Trauerschmuclc   und  Taf.  26  zwei  der  oben  erwähnten  Fang- 
schlingen                                                                                                                                          ,           .                     r  J 

Besonderes  Interesse  aber  beanspruchen  die  im  Appendix  CO.  (S.  134  ft.)  gegebenen,  umfassenden 
Mitteilungen  über  den  Toteniismus  bei  den  Stämmen  Britisch  Neu-Ouinea's,  deren  Wert  durch  näher 
erläuterte  Abbildungen  von  13  Totemzeichen  (S  13.5;  Kasuar,  Krolcodil,  Bambus,  Krebs.  Mangrove, 
Catfish,  Polynesisohe  Kastanie  und  eine  Reihe  anderer  Pflanzen  \nid  Bäume,  sowie  Steine  dienen  als 
Totem)  und  durch  Bemerkungen  betreffs  des  Toteniismus  bei  den  Eingeborenen  der  Viti-Inseln,  von 
Neu-Britannien  und  Sanioa  seitens  der  Drs.  Lorimek  Fison  und  Geo.  Brown  bedeutend  erhöht 
wird.  —  Einen  wertvollen  Reitrag  zur  Kenntnis  der  Ornamentik  jener  Eingeborenen  bildet  dann  schliess- 
lich noch  die  Erklärung  der  Zeichnungen  auf  einem  Holzsclülde  von  K  i  r  i  wi  na  (App.  J.,T.)  durch  Rev. 
S.  ß.  Felloweb;  der  Morgenstern.  Schlangen,  Fische,  Vögel,  der  Regenbogen  und  die,  für  die  Schmuck- 
stücke benutzten  Muschelringe  bilden  die  Elemente  derselben. 


220    - 


besonderem    Inteiesse.    Wir    geben 
Breite   in   der   Mitte   3,5  cM.;  die 


selben  hier  als  Abb.  1.,  die  Länge  beträgt  194,  die 
beiden  Schultern  enden  gleichmässig  stumpf;  das  eine, 
hier  abgebildete  Ende  trägt  einen,  das  andere  fünf 
fischgratförmig  geflochtene  Rotanringe.  Nahe  dem 
einen  Ende  findet  sich  eine  Giuppe  Schnitzwerk  aus 
concentrischen  Rauten ,  Ovalen  mit  ovalem  Kern , 
schrägen  und  bogenförmigen  Gruben  bestehend.  Unseier 
Meinung  nach  haben  wir  es  hier  mit  einer  Zusammen- 
stellung von  drei  stark  stilierten  Menschenköpfen  zu 
tun  und  würden  dann  die  Ovale  als  Augen  aufzu- 
fassen sein.  Längs  der  Mitte  des  zweiten  Drittels  ist 
der  Bogen  ferner  verziert  mit  zwei,  durch  die  Schwänze 
an  einander  verbundene  Schlangen  en  relief.  Eine  ge- 
nauere Fundangabe  fehlt,  wir  vermuten  aber  dass  das 
Stück  aus  der  Humboldt  bai  oder  deren  Nähe  stammt. 
Das  zweite  in  Abb.  2  wiedergegebene  Stück  ist 
■^    ^    - "  Heirn    Ltnt.    z.  S.    B.   J.    Heilbron    zu    danken    und 

■^''''  -■■  wurde  durch  denselben  im  Kampong  Bahaiserioor 

auf  dem  Festland  von  Nord  Neu-Guinea,  etwas  west- 
lich V(in  den  Wakde-Inseln  liegend,  gefunden;  höchst  wahrscheinlich 
wurde  dieser  Kampong  vorher  nie  durch  ein  Schiff  besucht.  Den  Gesammt- 
eindruck  unseres,  als  eine  Büste  aufzufassenden  Exemplars  (Ser.  1501/11) 
giebt  unsere  Abbildung  ausgezeichnet  wieder;  wir  bemerken  daher  nur 
dass  die  Figur  von  braunem  festen  Holz  geschnitzt  und  11,5  cM.  hocli  ist. 
Die  Brustwarzen  sind  deutlich,  das  Membrum  virile  sowie  die  Hoden  sind 
durch  stumpfconische  Erhabenheiten  angegeben.  Durch  die  Form  des  Kopfes 
und  zumal  der  Nase  weicht  diese  Figur  von  allen  übrigen  uns  aus  jener 
Gegend  Ijekannt  gewordenen,  die  ihr  im  Grossen  und  Ganzen  durch  den 
Gesammthabitus  verwandt  sind  ,   ab. 


%:- 


Abb    1. 


-    221 


I.  N0ÜVELLE8  ET  CORRESPONDANCE.  —   KLEINE  NOTIZEN  UND  CORRESPONDENZ. 


I.  Zittend  Ravaiia-beeld  op  ge  vioiigu  Ide 
Raksasa.  —  Toen  ik  iiog  (iouvernuui'  te  Makassar 
was,  ontving  ik  van  den  Voist  van  Goa,  die 
naar  Bali  geweest  was  oni  daai  de  inigatie- werken 
te  bestudeeren,  ten  einde  daarvan  voor  de  bewatering 
der  rystvelden  in  ztjn  land  partü  te  trekkon,  bjj 
zyne  terugkomst  als  eene  lierinnering  aan  zjjne 
Baiische  reis,  het  liierender  afgebeeld  honten  poly- 
(•liniom  beeld  ten  giisclienkc. 


Vul^iens  mijne  ziensw-yze  is  litt  eeii  Balineesche 
voorstelling  van  den  lenzenvorst  Ravana,  gezeten 
op  den  rüg  van  een  gevleugelde  Raksasa  (RoA- 
sasa  malumpid).  Waarschünlyk  is  hü  afgebeeld  op  't 
oogenblik  dat  hy  Dewi  Sita,  genialin  van  Batara 
Rama  .  gaat  schaken.  Oji  Bali  schynt  nien  deze  ge- 
vleugelde reuzen  Wilmana  te  noemen.  wat  evenwel 
eene  verkeerde.  verbasterde  schryfwyze  is.  waar- 
schynlyk  uit  't  sankrietsche  Wimana  (wagen)  ont- 
staan.  Zie  hierover  liet  door  Prof.  Kern  aangetee- 
kende  op  blz.  160  van  Deel  X  van  't  Internationale 
Archiv  für  Ethnographie. 

Ravaxa   is  gekroond    niet   den    Makoeta   i-n  daar- 


(jnder  den  liaarband .  de  Raksasa  op  een  been  ge- 
kniold  in  de  liouding  als  vele  tenipeiwachters  op 
Java.  —  Beiden  hebben  een  zwaard  (in  den  vorm. 
van  een  kapmes,  wedoeng,  in  de  rechterliand). 
Beide  figinen  zyn  donkcrroodbruin  van  linidskleur. 
hoewel  Ravana  iets  lichter  gelint  is.  —  't  Beeld  is 
67  cM.  lioog  en  60  cM-  breed ,  boven  de  punten  der 
vieiigels  genieten. 

Hoewel  staande  RAVANA-beelden  niet  zeldzaam 
zyn  en  op  Bali  als  krishouders  dienst  doen,  o.a. 
afgebeeld  in  C.  M.  Pleyte:  „Indonesian  art", 
keinen  beeiden  als  boven  beschreven  minder  voor, 
en  vond  ik  het  dus  gewenscht  het  hier  af  te  beeiden. 

Leiden,  April  1905 

(t.  W.  W.  C.  baron  van  Hoevell. 

II.  Über  die  K  upfertroni  m  ei  von  Alor. 
In  Sand  XIV  dieses  Archivs,  Seite  193—194,  teilten 
wir  mit,  dassdas  im  Ethnographischen  Reichs-Museum 
vorliegende  Exemplar  in  einem  der  früheren  Ver- 
waltungsberichte dieser  Anstalt  als  „Kwispedoor" 
(Spucknapfl  aufgeführt  sei,  sowie  dass  Herr  Roüffaer 
darauf  hinwies  dass  auch  in  einem  Bericlit  des 
Baron  van  Lynden  jenes  Instrument  mit  einem 
„kwispedoor  met  deksel"  verglichen  wurde. 

Herrn  Dr.  H.  H.  Jüynboll  verdanken  wii-  nun 
den  interessanten  Hinweis  auf  einen  Aufsatz  von 
A.  Pruys  van  der  Hoeven  „Iets  over  den  bruid- 
schat  by  eenige  volken  van  den  Indischen  Archipel" 
(Tydschrift  voor  Indische  Taal-,  Land-  en  Volken- 
kunde.  Deel  XVI,  1866),  wo  die  vorerwähnten 
Trommeln  als  zum  Brautschatz  der  Aloresen  ge- 
hörend, auch  als  eine  Art  „Kwispedoor"  bezeichnet 
werden,  die  allein  als  Tausclimittel  oder  „liggend 
kapitaal"  (Vermögen)  verwendet  und  bei  Sterbe- 
fällen geschlagen  werden."  Daraus  erklärt  sich  denn 
auch  die  Bezeichnung  in  dem  betreffenden  Ver- 
waltungsbericht, sowie  die  des  Einsenders  des 
Stückes. 

III.  Die  Redaktion  bittet  in  der  in  Heft  1/2  er- 
schienenen Arbeit:  ,,Die  Indianerstämme  des 
Gran  Ghaeo"  die  Anmerkung  unter  dem  Inhalts- 
verzeichnisse, die  sich  infolge  eines  Missverständ- 
nisses eingeschlichen  hat,  zu  streichen.  Ferner  wolle 
man  folgendes  berichtigen: 

S.  17,  Z.  4 statt:  I?ara  =  Ira/a. 
„  39,   „  2'J     „'    Rosaria-Timbö=  Rosario-Tiinbn. 
„  39,    „31      „      Yabe/iiri  =  Yabeftiri. 
„  44.   „  12     „      hatten  =  hrttten. 
..  44,   „  15      „      7At  =  ztc. 
,.  45,   „32      „      .-X  pacachodeg»/o  =  ApacachodegMO. 


222    - 


IV.  B  a  u  m  r  i  n  d  e  n  k  1  e  i  d  u  n  g  in  Deutsch 
Neu-Guinea.  —  Herr  R.  Parkinson  auf  Neu- 
Pommern  (Bismarck:- Archipel),  schreibt  uns  unterm 
20  Mai  1905  mit  Bezug  auf  das  in  Bd.  XVI  Note  1 
Gesagte: 

„Ich  bin  Ihnen  sehr  dankbar  für  den  mir  zuge- 
sandten Ausschnitt.  Hinsichthch  der  Bemerkung 
von  p.  Schmidt  verweise  ich  auf  den  Wortlaut  in 
meiner  Arbeit:  „Die  Berlin-Hafen  Section" 
erschienen  in  Ihrem  Archiv  von  1900,  Seite  19 
(2,  des  Separatabdruckes)  heisst  es  wörtlich:  „zum 
„grössten  Dank  bin  ich  ferner  den  Herren  Missio- 
„nären  in  Tamara  verpflichtet,  welche  ihre  reichen 
„Erfahrungen  und  Beobachtungen  mit  Bereitwillig- 
„keit  zu  meiner  Verfügung  stellten." 

Auf  Seite  45  (28  des  Separatabdruckes)  heisst  es: 

„Herr  pater  Erdweg  auf  Tamara  hat  die  Güte 
„gehabt  bei  den  Eingeborenen  über  deren  Glauben, 
„ihre  Ansichten  über  eine  Zukunft  nach  dem  Tode 
„und  namerifiicli  über  die  Parak-Gebräuche  Nach- 
„forschungen  anzustellen.  -  -  -  pater  Ekdweg 
„theilt  mir  folgendes  mit:" 

Aus  diesen  beiden  Äusserungen  geht  hervor, 
dass  ich  meine  Quellen  gern  und  ohne  Rückhalt 
angebe. 

Wir  sind  im  Schutzgebiet  leider  nur  eine  kleine 
Schaar,  die  sich  mit  der  Etlinographie  der  verschie- 
denen Stämine  befasst.  Treffen  wir  uns  gelegentlich, 
dann  tauschen  wir  unsere  Beobachtungen  aus,  freuen 
uns  wenn  wir  sehen  dass  Übereinstimmung  herrscht 
und  bisher  fiel  es  keinem  ein  sich  darüber  zu  be- 
schweren, wenn  eine  Beobachtung  veröffentlicht 
wurde  ohne  gleich  dahinter  die  Quellenangabe  zu 
setzen.  Meine  Arbelt  erschien  bereits  1900,  die 
gründliche  Arbeit  von  pater  Erdweg  über  die  Tumleo 
einige  Jahre  später  und  von  den  Notizen  die  mir 
bereitwilligst  von  dem  Herrn  p.  Erdweg  gegeben, 
war  es  diesem  bekannt,  dass  ich  sie  mit  meinen 
übrigen  Aufzeichnungen  aus  Distrikten,  die  bis  dahin 
den  Herren  Missionären  noch  unbekannt  waren,  für 
eine  Arbeit  zu  benutzen  gedachte  die  in  Ihrem 
Arcliiv  zur  Veröffentlichung  gebracht  werden  sollte. 

Prof.  p.  Schmidt  macht  mir  daher  einen  völlig 
grundlosen  Vorwurf.  R.  Parkinson. 

V.  Een  honten  klopper  om  boom  hast 
te    bewerken    van    het   eiland    Nias. 

In  aansluiting  met  de  noot  gesteld  op  biz.  175  van 
Bd.  XIV  van  dit  tijdschrift  (zie  ook  Publicaties  uit 
'sRjjks  Ethnographisch  Museum,  Serie  II  N".  4  blz.  37), 
omtrent  de  bewerking  van  foeja  op  het  eiland  Nias, 
kan  nog  nader  worden  gemeld,   dat  het  R.  E.  M.  in 


het  bezit  is  van  een  klopper  om  boombast  te  Vor- 
werken, waarvan  de  vorm  zoodanig  afwykt  van  der- 
gelyke  voorwerpen,  zooals  ze  in  de  vermelde  Publi- 
catie  zyn  beschreven  en  afgebeeld,  dat  dit  werktuig 
wel  eene  afzonderlijke  vermelding  verdient.  Het 
voorwerp  (Inv.  n°.  1002/20)  —  deel  nitmakende  van 
de  in  1894  door  den  controleur  Ch.  L  J.  Palmer 
VAN  DE.v  Broek  ingezonden  zeer  belangrü'ke  Nias- 
collectie  —  is  van  liard  hont  vervaardigd  en  (zie 
onderstaande  afbeelding)  knievormig  gebogen,  heeft 


een  in  doorsnede  cirkelvormigen  steel  en  vertoont 
aan  de  onderzüde  een  net  van  elkaar  kruisende 
groeven.  Als  benaming  werd  door  den  inzender 
opgegeven  la'oema  aolowö.  {.Het  Niasch-Maleisch- 
Nederlandsch  woordenboek  van  J.  W.  Thomas  en 
E.  A.  Taylor  Weber,  geeft  voor  „la'oema":  pemoekoel 
fca;oe  =  Honten  haraer  op  Nias  by  het  dunkloppen  van 
boombast  gebruikt;  omtrent  soloivö  zie  de  in  den 
aanvang  dezes  vermelde  noot).        H.  W   Fischer. 

VI.  De  Manpurengke-feesten  in  de  Mina- 
h  as s  a.  —  Meestal  worden  de  manpurengke's  gehenden 
ter  gelegenheid  van  interessante  voorvallen  in  eene 
familie,  als  daar  zjjn :  het  terugkomen  van  een  afwezige 
die  langen  tyd  uit  de  Minahassa  geweest  is,  het  vertrek 
van  een  lid  van  het  gezin,  het  zijn  beslag  krygen  van 
een  huwelijksaanzoek,  het  inwjjden  van  eene  nieuwe 
woning  etc.  De  feesten  worden  's  avonds  tot  laat  in 
den  nacht  gehouden  in  de  open  lucht  op  het  erf  van 
dengene  die  tot  het  feest  uitgenoodigd  heeft,  of  zooals 
ook  de  inlandsche  expressie  (afgeleid  van  het  oud- 
Hollandsche,  thans  by  ons  in  onbruik  geraakt  woord 
„nood"  als  —  uitnoodiging)  luidt:  „kirim  nod". 

Deze  uitnoodigingen  strekken  zieh  in  een  dorp 
zeer  ver  uit  en  is  daar  a.  h.  w. ')  het  spreekwoord: 
„hoe  meer  zielen  hoe  meer  vreugd",  ten  volle  op 
van  toepassing.  De  drie  door  my'  opgeschreven  cou- 
pletten  (zie  hier  onder)  werden  gezongen  ter  gelegen- 
heid   van    een   feest    dat   aangeboden   was  door  een 


')  als  het  wäre. 


22a 


joiigmati  die  geteekend  liad  als  soldaat  en  daarop 
niet  de  boot  zou  veitrekken. 

Alle  aanwezigcn  scharen  zieh  in  eon  wijden  kling 
in  liet  rond,  allen  achter  elkaar;  oiiden  van  dagen 
en  jongelieden  van  beiderlei  sekse  dooreen.  Beur- 
telings  treedt  een  persoon  naar  voran,  die  op  een 
zangerigen  nielodieusen  toon  een  wensch  nitneuriet, 
die  door  allen  aangelioord  wordt;  daarna  treedt  hy 
weer  in  den  kring  en  heffen  allen  onder  het  nit- 
voeren  van  speciale  wiegende  passen,  rythniisch  op 
de  melodie  uitgevoerd  in  versniaat  dezen  wensch 
aan  ').  In  den  regel  vangt  met  het  voorzingen  de 
gastlieer  aan,  die  allen  welkom  heet,  het  refrein 
hiidt  dan.  dat  door  allen  wordt  nitgezongen:  „Hy 
heeft  ons  in  grooten  getale  op  zien  konien,  hü  is 
ons  dankbaar  voor  die  teekenen  van  belangstelling." 
In  den  tweeden  zang  treedt  een  naaste  bloedver- 
want  op,  die  b.v.  zingt:  „Dat  hy  een  vooispoedige 
reis  hebben  möge  en  behouden  terng  mag  komen." 
Op  dit  thema  herhaalt  iiet  geheele  gezelschap  dien 
wensch  weder.  Zoo  heeft  beurtelings  ieder  van  het 
gezelschap  eeninaal  een  wensch  te  houden,  waarin 
zu  onuitputtelyk  zyn.  Na  de  behouden  reis,  kwamen 
wenschen  voor  een  goed  hiiwelyk.  Toen  voor  vele 
kinderen  in  dit  huwelijk.  Daarna  voor  het  terug- 
komeii  met  vele  rykdoninien  gezegend.  Dan  weer 
beloften  van  het  gezelschap  dat  men  tydens  zyne 
afwezigheid  het  erf  goed  onderhoiiden  zal,  zoodat 
hü  bü  terugkomst  liet  ouderlyk  huis  in  dezelfde 
orde  terug  zal  zien.  In  zeer  vele  gevallen  namelük 
komen  ook  de  gehuwde  kinderen  weder  by  himne 
ouders  op  het  erf  inwonen;  naar  ik  meende  op  te 
merken.  Hoewel  dit  imsschien  eene  byzonderheid 
is  van  weinig  gewicht,  trof  my  toch  het  merkwaar- 
dige  van  de  houding  van  de  personell  die  aan  het 
manpureiigkfi-feest  deelnemen,  waaibü  de  linkerhand 
de  kin  ondersteunt  of  half  voor  den  niond  gehouden 
wordt,  terwyl  de  rechterhand  de  linkerelleboog 
a.  h.  w.  ophoudt. 

Toen  ik  later  in  Binta  oena  op  Celebes' 
n  0  0  rd  k  11  s  t  een  feest  van  Mohammedanen  bywoonde 
waarop  de  Radja  Datangsolah  van  dat  gewest  my 
uitgenoodigd  had,  bü  gelegenheid  van  het  afvülen 
der   fanden    van  de  huwbaar  geworden  maagden , 


viel  my  op,  dat  by  liederen  die  aldaai  gezongen 
werden  eveneens  de  mannen  de  band  voor  den 
mond  hielden  om  daarmede  het  geluid  a.  h.  w.  te 
dempen,  waaruit  ik  af  zou  leiden  dat  dit  een  bewü» 
is  voor  de  oiide  origine  van  deze  zangen.  dateerende 
uit  de  oude  tüden  toen  nog  geen  onderscheiding  van 
Mohammedaan  of  Christen  aldaar  hestond.  Trouwens 
de  manpurengl:c-gezdi\ge\\  worden  alle  gezongen  in 
een  veroiiderde  taal  die  alleen  daitrin  nog  niaar 
voortleeft  2). 

Ik  woonde  zulke  feesten  by  te  Ajermadidi. 
Een  gedeelte  der  aanwezipen  scheidde  zieh  later 
af  om  door  dansen  op  Emopeesche  muziok  eenigc 
afwisseling  in  den  avond  te  brengen;  doch  vooral 
by  de  jonge  mannelyke  bevolking  Staat  het  fee.st 
schynbaar  zoo  hoog  in  eerc,  dat  een  kleine  groep 
een  vaste  kern  vonnde,  die  met  grooter  of  kleiner 
tusschenpoozen  met  het  zingen  doorging.  wat  dan 
in  vele  govalleti  duiirt  tot  den  morgenstond. 

Hoewel  van  tyd  tot  tyd  daarby  de  jeneverflesch 
een  enkele  niaal  de  ronde  doet  (zeer  eigenaardig 
wordt  een  jeneverborrel  in  de  Minahassa  in  den 
volksniond  genoemd  „koeda  merah"  %  zonder  dat  ik 
te  weten  kon  komen  waaraan  die  byzondere  naam 
is  toe  te  schrüven,  in  tegenstelling  van  „koeda 
poetih" ')  dat  voor  sagoweer  genoemd  wordt),  wordt 
bü  deze  feesten  meer  speciaal  ongegiste  sagoweer 
gedronken  waar  een  Minahasser  een  aartsliefhebber 
van  is;  hoewel  menigeen  van  de  oiideien  van  dagen 
tengevolge  van  het  vele  gebrnik  daarvan  jichterig 
wordt  of  dikke  beenen  krygt,  weid  door  my  nooit 
op  die  feesten  iemand  gezien  die  zieh  bepaald  aan 
den  drank  te  buiten  gegaan  had  en  loopen  deze 
partüen  ordelyk  en  kalni  af. 

tieeft  een  welgesteld  Minahasser  voor  een  der 
bovengenoemde  feestelyklieden  eon  of  meer  zulke 
avond-  of  beter  gezegd  nacht  partüen ,  dan  breidt  hy 
voor  die  gelegenheid  de  ruimte  van  zyn  huis  voor 
het  ontvangen  der  gasten  aanmerkelyk  uit  door  op 
zun  erf  een  houten  loods  by  te  bouwen  overdekt 
met  (aap  die  met  vlaggen  bovenop  een  feestelyk 
aanzien  krügt,  terwyl  van  de  landen  van  het  dak 
versehe,  in  reepeii  getrokken  pisangbladeren  *)  of 
andere  bladeren  afhangen,  die  met  de  neif  legen  de 


')  Vergelyk:  G.  A.  Wilken,  Vergelükende  Volkenkunde  van  Nederlandsch  Indie  bldz.  121. 

Red. 

■)  Vergelük  6.  W.  W.  C.  baron  van  Hoevei.l:  Twee  zangen  üegoe  lanah)  in  de  Ambonsche  landstaal. 
Tydschr.  Ind.  Taal-,  Land-  en  Volkenknnde,  1880.  Red. 

'i  Dit  „merah"  duidt  waarsehünlük  op  de  roodbruine  kleur  der  Arak ,  in  tegenstelling  met  „poetih"  de 
Witte  kleiir  der  sagoeweer.  Red. 

*)  Volgens  viiendelükü  mededeeling  van  G.  W.  W.  C.  baron  van  Hoüvkli.  is  „pisangbladeren"  stellig 
eene  vergissing;  in  den  regel  worden  jonge  klapperbladeren  gebezigd.  Zie  „de  Clercq.  't  Maleisch  der 
Molukkon  s.  v    amboe-amboe  en  van  Hoevell,   Vocabiilarium  van  't  Amhonsch  Maleisch  s.  v.  cit. 

Ned. 


224 


randen  aangespijkerd  worden,  of  waarvan  geheele 
eerebogen  en  poorten  gemaakt  worden.  De  boven- 
vermelde  danspassen  worden  slepend  uitgevoerd 
zoodat  de  achterste  voet  telkens  met  de  teenen  over 
den  grond  schnürt  en  eenige  bewegingen  maakt, 
alvorens  hy  voor  goed  neergezet  wordt  en  daarna 
deze  beweging  weder  met  den  anderen  voet  her- 
haald  wordt  waarby  het  bovenhchaam  weder  naar 
den  anderen  kant  een  weinig  gedraaid  wordt.  Daar 
telkens  by  drie  passen  vooriiit  weder  twee  achteruit 
worden  gezet,  schiet  de  gelieele  kring  sleclits  by- 
zonder  langzaam  op  '). 

J.    WOLTERBEEK   MULLEB.    Ltn.  t/Z. 

Lied*)  bjj   het  tnanpurengke ')-feest  te  Ajermadidi, 
Minahassa  gezongen : 

1. 

Meläwe,  läwe  rookdn-)  karyä^) 

oedöny.  doewa  *)  sosenkotän  *) 

oenäng  emö  safceäw")  karyä, 

nitemoeloeng  sikompam. 
Vrüe  verraUng  in  het  Maleisch: 
Kapal  soedara  kemari,  orang  mau  toelong  koinpani. 

2. 

Sapoe.  sopoKaw'i,  nange^i  karyä 
(en)gelässan  kitte  damötanä 
(en)gel(issan  kine  dambtanä 
noeda  yoere^)  bomaive  renän. 

Vrije  vertallng: 

D'jaga  bikin  brissik  kintal  sebab  saja  harap  lekas 
kembali. 


Gezongen  by  gelegenheid  van  iemand  die  met  een 
schip  wegzeilt  en  wien  men  toewenscht  dat  hjj  niet 
te  lang  afwezig  zal  blyven  '"). 


melemai  maloe  ö  losey, 
Loegl  apen  rege  rege  san 
melemai  malo'io  losey 
amoe  kamoe  rinä  e  karyä. 
{Inl  ada  hormat  orang  jang  berhimpoen  menjanji) '"). 

1.  Lees:  mampurengkei  of  mamurengkei  van  den 
stam  purengkei  =  dansend  zingen,  reien.  Zie  J.  ten 
HüVE,  An  amut  un  tarendem  ne  Tonsea  ipawolanda. 
Menado,  1904,  pag.  85. 

2.  Lees:  reikan  =  niet  (Bulusch). 

3.  Karia  =  vriendin,  met,  mede  ten  Hove,  1  c.  p.  37. 

4.  Dua  =  twee.  0.  c. ,  p.  22. 

5.  Lees:  sasengkotan.  Van  sengkot  =  zeil  (Bulusch), 
sumengkot  =  Zeilen. 

6.  Schip,  van  den  stam  soke  =  beryden,  beklim- 
men. TEN  Hove,  I.e.  97. 

7.  Lettevlijk :  „er  worde  voortdurend  of  goed  ge- 
veegd".  Sapu  =  vegen,  keeren,  bezemen.  0.  c.  p.  100. 

8.  Met  het  voorafgaande  te  verbinden :  Sapu-sapuan- 
ange  =  er  worde  voortdurend  herwaarts  geveegd ! 
0  vrienden!  (karia). 

9.  Vre  =  oud,    langdurig,    gewezen.   ten  Hove, 

0.  c.  p.  132. 

10.  Vergelük:  Graafland,  de  Minahassa.  2e  edit. 

1.  p.  160  (zangen  by  de  mapalus),  p.  289  (by  het 
rystplukken),  pag.  293  (by  het  makaria),  p.  294  (by 
het  m/xramba). 


Lento. 


^m 


ZANGWIJZE   DER   BOVENSTAANDE    LIEDEREN "), 


,h=J^-=^Y^^^ 


iE^^a 


-•-i- 


• ä- 


^^^'^-t^Fj 


')  Ook  op  Ternate   komen  dergelyke  rondedansen  voor  en  worden  daar  legoe  genoemd.    Zie  F.  S.  A. 
DE  Clercq:    Bydr.  tot  de  kennis  der  Residente  Ternate  [Leiden,  1890]  bldz.  3ii6  i.v.        Red. 
')  De  volgende  noten  danken  wij  aan  Dr.  H.  H.  Jüynbull         Red. 
")  Volgens  aanwyzing  van  den  schryver  op  muziek  gebraclit  door  J.  C.  E    Schmeltz. 
'")  Zou  er  eenig  verband  bestaan  tusschen  purengkei  en  poreke,  het  feest,   dat  ter  eere  van  den  zoime- 
god  Upu  lero  op   Babar,  Loeang,   Letti   en  Kisar  by  het  beain  van  den  Westuioeson  gevierd  wordt? 
Vergelyk  G.W.  W.O.  baron  van  Hoevell,  Einige  weitere  Notizen  über  die  Formen  der  Götterverehrung  etc. 
Int.Arch.  f.  Eth.  Bd.  X  blz.  134. 


225    - 


[V.    REVUP]  BIBLIOGRAPHIQUE.   -    BIBLIOGRAPHISCHE  ÜBERSICHT. 

Pour  les  abreoiations   voir  p.  248  du   Tome  precedent.   —    Ajouter:   Äfr.  S.  =  Journal  of  the  African 
Society:  Pol.  s.  ---  .fouiiKil  nf  the  l'olynesian  Society;  —  R.  M.  P,  =  Revista  do  Museu  Paulista. 


GENlilKALITES. 
I.  L'iiidividualite  de  l'anthropologie  fait  le  siijet 
d'iine  etude  de  M.  L.  Manouvriek  (R.  E.  A.  XIV 
p.  397).  M.  H.  Balfoue  (A  I.  XXXIV  p.  10;  The 
Relationship  of  Museums  to  the  Study  of  Anthro- 
pology)  consacre  soii  discours  piesidentiel  anx  rap- 
poits  entre  les  musees  et  les  etudesanthropologiques. 
M.  John  Beddoe  (A.  I.  p.  92:  The  Somatology  of 
eight  hundred  Boys  in  Training  for  the  Royal  Navy) 
rend  conipte  d'experienoes  faites  sur  huit  cent  gar- 
gons  destines  ä  la  marine.  M.  C.  B.  D.wenport 
(Statistical  Methods  with  special  reforence  to  Biolo- 
gical  Variation.  New  York)  publie  unjivre  pratique 
sur  les  differentes  methodes  de  mesurer  les  corps 
avec  des  notes  sur  la  variabilite,  les  rapports,  l'he- 
redite  etc.  M.  Ales  Hrdlicka  (Bull.  N.  M.  n°.  39: 
Directions  for  collecting  Information  and  Specimens 
foi-  Physical  Anthropology)  donne  des  indications 
pour  l'etude  de  l'anthropologie.  M.  le  Dr.  Oskah 
VON  HovoRKA  (A.  Gr.  Wien  p.  275:  Über  die  anthro- 
pologisch-orthopädischen Messmethoden  des  Rückens. 
Av.  flg.)  donne  une  contrihution  ä  l'anthropometrie. 
M.  le  Dr.  H.  ten  Kate  (Gl.  LXXXVII  p.  53:  Die 
blauen  Geburtsflecke)  fait  des  observations  sur  les 
taches  mongoloides.  Les  variations  du  cräne  humain 
fönt  le  sujet  d'observations  de  M.  ICabl  Nagel  (A.  A. 
III  p.  142:  Die  Aufstellung  von  Schädelkalotten.  Av. 
flg.);  M.  D.  VON  Hansemann  (Z.  E.  XXXIV  p.  373: 
Über  die  rachitischen  Veränderungen  des  Schädels. 
Av.  flg.);  et  M.  G.  Sebgi  (A.  A.  III  p.  111:  Die 
Variationen  des  menschlichen  Schädels  und  die  Klas- 
sifikation der  Rassen.  Av.  pl.).  Les  deformations 
artiflcielles  fönt  le  sujet  d'un  article  du  Dr.  Nello 
PucciONi  (A.  A.  E.  XXXIV  p.  391:  Delle  defor- 
mazioni  e  mutilazioni  artiflciali  etnlche  piu  in  uso. 
Av.  pl.  et  flg.).  Le  livre  du  Dr.  0.  H.  Stratz  (Natur- 
geschichte des  Menschen.  Stuttgart)  donne  des  ele- 
ments  d'anthropologie  somatique.  La  fcte  comme- 
morativo  du  philosophe  Kant  a  donne  lieu  ä  un 
livre  du  Dr.  Th.  Elsenhans  (Kants  Rassentheorie 
und  ihre  bleibende  Bedeutung.  Leipzig).  M.  Th.  Volkov 
(Bull.  S.  A.  IV  p.  632;  V  p.  1.  Av.  fig.)  publie  une 
etude  sur  les  variations  squelettiques  du  pied  chez 
les  Primates  et  dans  les  races  humaines.  M.J.  Koll- 
mann (Gl.  LXXXVII  p.  140:  Neue  Gedanken  über 
das  alte  Problem  von  der  Abstammung  des  Menschen. 
Av.  fig.)  publie  des  observations  sur  les  rapports 
entre  le  pithecanthropus  de  Dubois  et  le  cräne  de 
I.  A.  f.  E.    XVII. 


Neandertal.  L'origine  du  genre  humain  fait  encore 
le  sujet  d'etudes  de  M.  N.  C.  Macnamara  (A.  A.  III 
p.  77:  Beweis.schrift  betreffend  die  gemeinsame  Ab- 
stammung der  Menschen  und  der  anthropoiden  Affen); 
du  Dr.  C.  H.  Stratz  (A.  A.  p.  85:  Das  Verhältnis 
zwischen  Gesichts-  und  Gehirnschädel  beim  Menschen 
und  Affen.  Av.  fig).  M.  A.  Doigneau  (Nos  ancetres 
primitifs.  Paris.  Av.  flg.)  publie  des  notes  d'archö- 
ologie  prehistorique. 

Z.  E.  publie  une  discussion  sur  l'epoque  tertiaire, 
de  M.  LissAUER  (XXXVI  p.  299:  Die  Sammlung 
der  „Tertiär-Silex"  des  Hrn  Klaatsch);  un  rapport 
du  meme  savant  sur  la  commission  prehistorique 
(p.  537:  Erster  Bericht  über  die  Tätigkeit  der  von 
der  Deutschen  anthropologischen  Gesellschaft  ge- 
wählten Kommission  für  prähistorischen  Typen- 
karten. Av.  flg.);  une  notice  sur  un  Instrument  pour 
les  explorations  archeologiques,  de  M.  Hellmich 
(Der  Götze'sche  Böschungsmesser.  Av.  fig.);  et  une 
etude  sur  l'origine  des  ornements  recueillis  aux 
fouilles  de  Troie,  compares  avec  des  objets  retrouves 
en  Transylvanie,  par  M.  Hubert  Schmidt  (p.  608: 
Tioja-Mykene-Ungarn.  Archäologische  Parallelen'. 
R.  E.  A.  publie  des  etudes  de  M.  S.  Zaborowski 
(p.  207:  Les  Protoaryens  ont-ils  connu  les  metaux?); 
et  de  M.  A.  de  Moetillet  (p.  247:  Les  tumulus), 
cours  de  technologie  ethnographique.  M.  Bertholon 
(Bull.  S.  A.  V  p.  55)  donne  une  note  sur  les  marques 
sincipitales  de  certains  cränes  antiques.  M.  Nickerson 
Bates  (Trans.  Penna  I  p.  45:  Scenes  from  the  Ae- 
thiopis  on  a  black-figured  Amphora.  Av.  pl.  col.) 
decrit  des  peintures  remarquables  sur  une  amphore 
antique.  Les  origines  de  la  culture  economique  fönt 
le  sujet  d'un  livre  de  M.  Ed.  Hahn  (Das  Alter  der 
wirtschaftlichen  Kultur.  Heidelberg).  Gorr.  A.  G. 
publie  des  Communications  faites  ä  l'asseniblöe  de 
l'A.  G.  ä  Greifswald,  par  M.  le  docteur  R.  Müch 
(XXXV  p.  135:  Das  Zeitverhältnis  sprachgescliicht- 
licher  und  urgeschichtlicher  Erscheinungen);  par  M. 
Georg  Buschan  (p.  137:  Cultur  und  Gehirn»;  et  par 
le  Dr.  S.  Günther  (p.  133:  Die  Anfänge  desZählens, 
Rechnens  und  Messens  im  Lichte  der  vergleichenden 
Ethnologie). 

M.  Paul  Wilutzki  (Vorgeschichte  des  Rechts. 
Berlin)  publie  une  etude  de  droit  prehistorique. 
Ajoutons  y  les  articles  publies  dans  Z.  V.  R.  par 
M.  Eugen  Kulischer  (XVII  p.  1:  Untersuchungen 
über  das  primitive  Strafrechti;  et  par  M.  Josef  Kohler 

29 


226 


(p.  256:  Über  die  Urgeschichte  der  Ehe).  M.  le  Dr. 
Paul  Salmon  (Bull.  S.  A.  V  p.  332)  publie  un  article 
sur  l'influence  du  sexe  sur  le  dessin.  M.  Chaelks 
Lejeune  (Bull.  S.  A.  p.  404:  La  communion)  donne 
une  explication  du  sacrifice  de  la  messe,  qui  selon 
lui  n'est  que  le  residu  d'une  foule  de  croyances  an- 
terieures. 

Le  tome   I  de  l'annuaire   publie   par   le   Dr.   P.  S. 
Keauss  ■  (Jahrbücher  für  Folkloristische  Erhebungen 
und  Forschungen  zur    Entwicklungsgeschichte   der 
geschlechtlichen    Moral.    Leipzig)    traite   le   folklore 
sudslave.  M.  le  Dr.  Josef  MOllee  (Das  sexuelle  Leben 
der   christlichen    Kulturvölker.    Leipzig)   publie    des 
arguments  en  faveur  de  l'eglise  catholique.  Z.  V.  V. 
contient  une  contribution  sur  les  vampyrs,  par  M. 
A.    L.   Jellinek   (p.   322:    Zur   Vampyrsage):    et   le 
compte    rendu   d'uii   livre   de  M.  Oskar   Ebermann 
Blut-  und  Wundsegen   in  ihrer  Entwickking  darge- 
stellt. Berlin).  M.  Emil  Schmidt  (Gl.  LXXXVIl  p.  121 : 
Die  Grösse  der  Zwerge  und  der  sogenannten  Zwerg- 
völker) donne  une  statistique  de  la  hauteur  des  nains. 
M.  R.  Lasch  (Z.  f.  Sozialwiss.  VII:  Die  Landwirt- 
schaft  der   Naturvölker)    publie    une   etude    sur  les 
origines  de  l'agriculture.   M.  Zaborowski  (Bull.  S.  A. 
p.  87)  donne  une  theorie  sur  la  cereale  protoaryenne. 
Li!   meme  Journal   contient   un  article   de  M.  C.  A. 
PiETEEMENT  (p.  412:   Les   racös  chevalines  dans  le 
teinps  et  dans  l'espace).   M.   le  Dr.  Aenold  Jacobi 
(Tiergeographie.    Leipzig)   publie   un  manuel  de  geo- 
graphie  animale.  M.  Otto  Schötensack  (Z.  E.  p.  141: 
Zur  Nephritfrage)  revient  ä  la  question  du  nephrite. 
EUROPE. 
M.  H.  Kebp  (Landeskunde  von  Skandinavien.  Av. 
carte  et  flg.  Leipzig)  publie  un  manuel  de  geographie 
avec  des  notes  sur  le   peuple  scandinave.    M.  Finn 
(Z.  E.  p.  666:  Neuere  Ausgrabungen  in  Skandinavien) 
decrit  des  fouilles  recentes.  M.  Cael  Wibling  (Ymer 
p.   259:    Drottninghögen    i   Helsingsborg)]  decrit   un 
tuinulus   prehistorique.    M.    Meisner   (Z.   E.    p.  675: 
Danewerk    und    Hedeby)    donne   des    notes  sur  des 
fortifications  anciennes.  Le  livre  de  M.  V.  Gudmunds- 
soN    (Islands    Kultur    ved    Aarhundredskiftet   1900. 
Kobenhavn)    donne    une    Physiologie   des   Islandais 
expliquee   en    partie    par   leur   entourage,  en  partie 
par    leur    origine;    l'auteur  y    reconnait   les  restes 
d'une   race   pröarienne.   Folkl.    publie   une  etude  de 
mythologie,   de    M.    A.    B.   Cook    (XV    p.  264:    The 
European  Sky-God). 

R.  E.  A.  publie  des  Communications  archtjologiques 
de  M.  L.  Capitan  (XIV  p.  240:  La  question  des 
Eolithes);  MM.  L.  Baedon  et  J.  A.  Bouyssonie  (p. 
283:  Monographie  de  la  grotte  de  Noailles.  Av.  flg.); 
MM.  Capitan,  Breuil  et  Ampoulange  (p.  320:  Une 
nouvelle  grotte  pr6historique.  Av.  flg.);  Dr.  F.  Houssay 


(p.  326:  Trois  nouveaux  polissoirs.  Av.  flg.);  M.  A. 
Schenk  (p.  335:  Les  squelettes  prehistoriques  de 
Chamblandes,  Suisse;  Av.fig.);  MM.  Capitan,  Beeuil 
et  Peyrony  (p.  379:  Une  nouvelle  grotte  ä  parois 
gravees,  la  Calevie,  Dordogne.  Av.  flg.);  M.  P.  G. 
Mahoüdeau  (XV  p.  56:  L'aurochs  et  le  bison,  con- 
fusiondeleursnoms);  M.  L.  Capitan  (p.  66:  L'homme, 
le  mammouth  et  le  rhinoceros  ä  l'epoque  quaternaire. 
sur  remplacement  de  la  lue  de  Rennes.  Av.  flg.). 
Ajoutons  y  la  notice  de  M.  G.  Beeaud  (Z  E.  p.  237. 
Av.  flg.)  sur  la  decouverte  d'un  nouvel  Instrument 
en  pierre  polie,  galet  polissoir. 

Bull.  S.  A.  contient  la  description  d'explorations 
archeologiques ,  par  M.  Charles  Lejeune  (IV  p.  628: 
La  religion  ä  l'äge  du  renne):  M.  Armand  Vire  (V 
p.  63:  Une  Station  solutreenne);  M.  L.  Manouveiee 
(p.  67:  Incisions,  cauterisations  et  trepanations  crä- 
niennes  de  lepoque  neolithique;  p.  73:  Note  sur  les 
osseraents  hupiains  du  dolmen  du  Terrier  de  Cabut, 
Gironde;  p.  101:  Cränes  de  vieillards  de  l'epoque 
nt^olithique  en  France;  p.  117:  Sur  l'aspect  negroide 
de  quelques  cränes  prehistoriques  trouves  en  France); 
MM.  Gaston  Ceepin  et  Laville  (p.  117:  Decouverte 
et  fouille  du  dolmen  de  Meriel);  Dr.  Maecel  Baudouin 
(p.  139:  Les  raenhiis  satellites  des  megalithes  fune- 
raires).  Nous  trouvons  encore  la  description  avec  de 
bonnes  figures  de  menhirs  etc.  dans  l'article  du 
lieutenant  colonel  HObnee  (111.  Z.  p.  202:  Keltische 
Monumentalbauten). 

M.  le  Dr.  L.  Laloy  (A.  A.  p.  185;  Ethnographisches 
aus  Südwest-Frankreich  II.  Das  Baskenland.  Av.  flg.) 
publie  une  etude  sur  les  Basques.  M.  H.  Vanut- 
beeghe  (Ann.  de  G.  p.  334:  La  Corse)  publie  une 
ötude  de  geographie  humaine  sur  le  cararactere  corse. 
M.  Atgier  (Bull.  S.  A.  V  p.  110:  Iberes  et  Herberes) 
donne  des  observations  sur  l'origine  et  les  siguifi- 
cations  diverses  de  ces  expressions  ethniques."  Mlle 
Elisabeth  Lemke  (Z.  V.  V.  p.  320:  Das  Gnocchifest 
in  Verona)  decrit  le  carnaval  ä  Verone.  M.  Andee 
Lefevre  (R.  E.  A.  p.  220:  Latium  avant  Rome)  rend 
compte  des  fouilles  prehistoriques  ä  Rome.  Bull.  S.  A. 
contient  un  article  de  M.  Deloee  (V  p.  104)  sur  les 
Romains  et  les  Francs  dans  les  montagnes  du  centre 
de  la  Gaule  au  sein  de  TArvernic. 

Volksk.  contient  des  contributions  de  M.  A.  Beets 
(XVI  p.  117:  Palrapaasch) ;  et  de  M.  A.  de  Cock 
(p.  128:  Nog  ketelmuziek)  M.  Geoeges  Heeve  (R.  E.  A. 
p.  295)  publie  un  cours  d'ethnologie  sur  lesAlsaciens 
sous  le  rapport  moral  et  intellectuel.  Le  manuel  de 
geographie  du  prof.  Dr.  R.  Langenbeck  (Landeskunde 
des  Reichslandes  Elsass-Lothringen.  Av.  carte  et  des 
croquis  de  paysage)  offre  peu  d'interöt  du  point  de 
vue  ethnologique.  Des  contributions  ä  l'archeologie 
de  rAllemagiie  nous  viennent  de  M.  Hugo  Schumann 


227 


(Die  Steinzeitgräber  der  Uckermark.  Prenzlau.  Av. 
pl.  et  fi?.);  M.  KoFLER  (Z  E.  XXXVI  p.  108:  Ein 
eigentümliches  Hügelgrab  ans  der  Bronzezeit),  sur 
nn  cinietiere  retrouve  prös  de  Darmstadt;  M.  A.  Götze 
(Z.  K.  11.  112:  Monolithgräber.  Av.  flg.):  M.  Klaatsch 
(Z.  E.  p.  117:  Fossile  Knochen  aus  der  Heinrichshöhle 
bei  Sundwig);  M.  Hubert  Schmidt  (Z.  E.  p.  145:  Die 
spätncolithischen  Ansiedelungen  mit  bemalter  Kera- 
mik am  oberen  Laufe  des  Altflussesi;  M.  Hans  Hess  von 
WiciiDORFF  (Z.  E.  p.  237:  Spuren  ehemaliger  Eisen- 
erzgewinnung und  alter  Eisenschmelzhütten  im 
Kreise  Naugard  in  Pommern.  Av.  flg.):  M.  Hubert 
Schmidt  (Z.  E.  p.  416;  Der  Bronzesichelfund  von 
Oberthan,  Kr.  Merseburg,  Av.  flg.):  M.  Olshausen 
(Z.  E  p.  477:  Über  einen  Ausflug  nach  Dr.  Hannes 
diluvialen  Fundstätten  bei  Schönebeck);  Dr.  Brecht 
(Z.  E.  p.  750:  Die  Eolithen  von  Biere);  M.  Erich 
Pern^oe  (Z.  E.  p.  752:  Gräber  in  Thurow  bei  Züssow. 
Av.  flg.-);  M.  Paul  Bartels  (Z.  E.  p.  891:  Über 
Schädel  der  Steinzeit  und  der  frühen  Bronzezeit  aus 
der  Umgegend  von  Worms  a.  Ehein.  Av.  flg.);  Dr. 
Deecke  (Corr.  A.  G.  XXXV  p.86:  FarbenditTerenzen 
prähistorischer  Steinvyerkzenge);  M.  F.  Weber  (Corr. 
A  G.  XXXVI  p.  2:  Spuren  des  Menschen  der  Bronze- 
zeit in  den  Hochalpen  des  deutschen  Sprachgebiets); 
Dr.  Lehneb  (Nachr.  XV  p.  65:  Bericht  über  die 
Tätigkeit  des  Provinzial-Museums  zu  Trier);  M.  K. 
Lt)DEMANN  (Nachr.  p.  76:  Vorgeschichtliche  Funde 
von  Niendorf  b.  Bergen  a.  d.  D.;  p.  82:  Urnenfunde 
von  Perver,  Kr.  Salzwedel.  Av.  flg.):  M.  Hebmann 
Busse  (Nachr.  p.  84:  Feuersteinmanufakte  aus  der 
Provinz  Brandenburg,  namentlich  aus  der  Umgegend 
Berlins.  Av.  flg.);  Dr.  C.  Mehlis  (Gl.LXXXVIl  p.  28: 
Die  neuen  Ausgrabungen  im  neolithischen  Dorfe 
Wallböhl  bei  Neustadt  a.  d.  R.  und  ihre  Bedeutung 
für  die  Kulturgeschichte.  Av.  flg.);  Dr.  L.  Wilseb 
(Gl.  p.  45:  Urgeschichtliche  Neger  in  Europa);  Dr. 
F.  FuRSE  (Gl.  p.  125:  Hügelgräber  in  der  Nähe  von 
Gandersheim,  Braunschweig.  Av.  flg.i;  M.  K.  Rhamm 
(Gl.  p.  131 :  Die  Ethnographie  im  Dienste  der  ger- 
manischen Altertumskunde). 

Z.  V.  V.  contient  des  contributions  de  M.  Max 
HöFLEK  (XIV  p.  257:  Die  Gebäcke  des  Dreikönigs- 
tages. Av.  flg. >;  Ed.  Hermann  (p.  279,  377:  Gebräuche 
bei  Verlobung  und  Hochzeit  im  Herzogtum  Koburg. 
Av.  flg.);  M.  Hugo  von  Pbeen  ip.  361:  Drischleg- 
spiele aus  dem  oberen  Innviertel);  M.  Ivan  Franko 
(p.  408:  Kirchenslawische  Apokrypha  von  den  72 
Namen  Gottes);  M.  S.  Singer  (p.  413:  Ein  französi- 
scher Indiculus  superstitionum  aus  der  Mitte  des 
17  Jahrhunderts);  M.  Otto  Heilig  (p  416:  Zur 
Kenntnis  des  Hexenwesens  am  Kaiserstuhl);  M.  R. 
Reichhardt  (p.  418:  Thüringer  Pflngstvolksfeste); 
M.  R.  Steig  (p.  423:   Volksgebräuche,  Volksglauben 


und  Volkssagen  im  Lfmdchen  Bärwalde);  M.  Max 
Adler  (p.  427:  Allerlei  Brauch  und  Glauben  aus 
dem  Geiseltal);  M.  M.  Höfler  (p.  431:  Das  Fainiinger 
St.  Blasienbrot);  M.  D.  Schabrinohausen  ip.  439: 
Das  erste  niedersächsische  Volkstrachtenfest.  Av. 
flg.).  Mad.  Marie  Andkke-Eysn  (A.A.  III  p.  2,  122: 
Die  Perchten  im  Salzburgischen.  Av.pl.  et  flg.)  d(5crit 
des  masques  dans  une  föte  populaire  des  paysans 
du  Salzbourg.  Le  meme  Journal  publie  une  contri- 
bution  du  Dr.  M.  Hüfler  (p.  94:  Bretzelgebäck.  Av. 
flg.).  La  religiosite  du  peuple  catholique  de  l'Aile- 
magne  möridionale  est  illustree  par  M.  Richard 
Andbee  (Votive  und  Weihegaben  des  katholischen 
Volks  in  Süddeutschland.  Bi-aunschweig.  Av.  pl.  et 
fig);  M.  Paul  Sarturi  (Gl.  87,  91:  Votive  und 
Weihegaben  des  katholischen  Volks  in  Süddeutsch- 
land. Av.  flg.);  et  M.  M.  G.  Thilenius  (Gl.  p.  105: 
Kröte  und  Gebärmutter.  Av.  flg.).  M.  H.  Sadebmann 
(L.  u.  M.  XCII  p.  1154:  Alte  niederdeutsche  Bauern- 
kunst) decrit  l'intorieur  des  fermes  du  Holstein. 
reproduit  dans  le  musee  de  Plensbourg.  Le  livre  de 
M.  Emanuel  Feiedli  (Bärndütsch  als  Spiegel  ber- 
nischen Volkstum.  Bern.  Av  pl.  et  flg )  est  une 
publication  subventionnee  par  le  gouvernenient 
cantonnal. 

La  carte  publiee  par  le  Dr.  H.  Rauchbekg  (Spra- 
chenkarte von  Böhmen.  Wien»  montre  la  relation 
entre  la  population  tcheque  et  la  population  alle- 
mande  an  Boheme.  A.  G.  Wien  publie  des  rapports 
sur  des  fouilles  en  Autriche-Hongrie  et  des  resultats 
archeologiques  par  MM.  L.  Mattüla,  Max  von  Bail- 
Lou,  J.  Strabbergek.  Dr.  L.  K.  Moser,  L.  Schneider, 
R.  VON  Weinzierl,  A.  Lindneb,  F.  Koudelka,  A. 
Makowsky,  K.  A.  Romstobfer,  Koloman  Dabnat 
DE  Szent  Marton;  un  deuxieme  Supplement  ä  ses 
Communications  anterieures,  du  Dr.  Karl  Gobjanovic- 
Krambebgeb  (XXXIV  p.  187:  Der  paläolithische 
Mensel)  und  seine  Zeitgenossen  aus  dem  Diluvium 
von  Krapina  in  Kroatien.  Av.  pl.  et  flg.);  et  des 
notes  sur  l'architecture  bosniaque,  l'ameublement 
et  les  ustensiles  de  menage,  du  Dr.  Rudolf  Mebingek 
(p.  155:  Beiträge  zur  Hausforschung.  Av.  flg.).  A.G. 
Wien  Sitzb.  publie  des  rapports  du  Baron  Kalman 
von  Miske  (p.  62:  Bericht  über  die  im  Jahie  1903 
in  Velem  St.  Veit  gefundenen  Macrocephalen.  Av. 
flg.);  et  du  Dr.  F.  Gundbüm  (p.  90:  Bericht  über 
die  Wanderversammlung  in  Agram  und  Krapina  am 
22  und  23  Mai  1904.  Av.  2  pl.,  lesquelettede  l'homme 
diluvial  de  Krapina). 

Z.  0.  V.  contient  des  contributions  de  M.  Carl 
Adriani  (X  p.  81 :  Haussprüche  und  Haussegen  aus 
dem  salzburgischen  Flachgaue);  M.  J.  Czkch  von 
Czechenherz  (p.  89,  140:  Beiträge  zur  Volkskunde 
von  Mähren  und  Schlesien);  M.  C.  Reitereb  (p.  107: 


228    - 


Die  „Holtzkhra-Amulettaberglauben  in  den  Nieder- 
tauern;  p.  119:  Kuhglockzeuge  des  Museums  für 
österreichische  Volkskunde"»;  M.  A.  Hausotter  (p.  109  : 
Beiträge  zur  Volkskunde  des  Kuhländchens);  M. 
Josef  Blau  (p.  129:  Die  eisernen  Opfertiere  von 
Kohlheim.  Av.  pl.  et  flg.;  p,  191;  Die  Spitzenklöp- 
pelei in  Neuern,  Böhinerwald.  Av.  fig. :  p,  '215:  Die 
„Bärmutier".  Av.  fig.);  Dr.  M.  Müller  (p.  147:  Licht 
und  Leuchten  im  Egerlande.  Av.  flg.);  Dr.  R.  Meeingkr 
(p.  182:  Die  Glocke  des  Bauernhauses.  Av.  flg.); 
Dr.  V.  HiNTNEE  (p.  187:  Egerländer  lein);  M.  Ed. 
DoMLUViL  (p.  206:  Die  Kerbstöcke,  der  Schafhirten 
in  der  mährischen  Walachei.  Av.  fig.);  Dr.  Arthur 
Petak  (p.  211:  Über  die  Herdform  in  der  Vriaul. 
Av.  flg.);  Dr.  M.  HöFLEH  (p.  213:  Herzgespann);  Dr. 
M.  Haberlandt  (p-  214;  Menschliche  Opferfiguren. 
Av.  flg.);  M.  J.  ScHRAMEK  (p.  216:  Die  Volksnahvung 
im  Böhmerwaide.  Av.  flg.):  M.  F.  Wilhelm  (p.  220: 
Totschlagsühnen  und  Kreuzsteinurkunden  aus  dem 
nordwestlichen  Böhmen). 

M.  le  prof.  Karl  Fuchs  (Gl.  LXXXVII  p.  85,  151: 
Über  ein  prähistorisches  Almenhaus.  Av.  fig.)  publie 
une  etude  comparee  d'architecture  snr  le  prototype 
du  temple  grec  et  des  habitations  de  Csik  en  Tran- 
sylvanie.  Un  sujet  semblable  est  traite  par  le  Dr. 
WiLKE  (Z.  E.  XXXVI  p.  39:  Archäologische  Paral- 
lelen aus  dem  Kaukasus  und  den  unteren  Donau- 
ländern. Av.  120  fig ).  La  Population  slave  de  la 
region  danubienne  fait  le  sujet  d'une  etude  de  M. 
S.  Zaborowski  (R.  E.  A.  XV  p.  3:  L'autoclitonisme 
des  Slaves  en  Europe,  ses  premiers  defenseurs). 
M.  le  Dr.  S.  Wateff  (Bull.  S.  A.  V  p.  487:  Av.  ng  ) 
donne  une  contribution  a  l'etude  anthropologique 
des  Bulgares.  M.  .1.  Deniker  (ibid.  p.  458:  Les  Bul- 
gares  et  les  Macedoniens)  y  ajoute  ses  observations. 
Les  fouilles  recentes  dans  l'ile  de  Crete  fönt  le  sujet 
de  Communications  du  Dr.  Emil  Ketsch  (A.  G.  Sitzb. 
XXXIV  p  13:  Über  die  neuen  Ausgrabungen  auf 
Kreta);  de  Mlle  Harriet  A.  Boyd  (Trans,  Penna  I 
p.  7:  Gournia.  Av.  pl.  et  flg.);  et  M.  R.  Dussaud 
{R.  E.  A.  XV  p.  87:  La  Troie  Homerique  et  les 
röcentes  decouvertes  en  Crete.  Av.  flg.).  Le  droit 
pönal  en  Turquie  fait  le  sujet  d'une  ötude  de  M.  J. 
Krosmarik  (Morgenl.  p.  539:  Beiträge  zur  Beleuchtung 
des  islamitisolien  Strafrechts,  mit  Rücksicht  auf 
Theorie  und  Praxis  in  der  Türkei).  M.  le  Dr.  Georg 
Jacob  (Vorträge  türkischer  Meddähs.  Berlin)  publie 
une  traduction  de  contespopulaires  turcs.  M.  J.  Gott- 
wald (L.  u.  M.  p.  258:  Konstantinopeler  Strassen- 
typen)  döcrit  la  vie  dans  les  rues  de  Constantinople. 

Finni.sch-Ugrische  Forschungen  (IVHftl.  Helsing- 
fors)  contiennent  des  contributions  de  M.  Kaarle 
Krohn  (p.  11:  Die  geburt  Vaina  möinens;  p.  79: 
Was  bedeutet   fl.  runo?);   M.  E.  N.  Setala  (p.  20: 


Über  die  Sprachrichtigkeit.    Mit  besonderer  berück- 
sichtigung   des   finnischen   Sprachgebrauchs;    p.   91: 
Beiträge  zur  finnisch-ugrischen  wortkunde);  M.Ralf 
Saxen  (p.  94;  Etymologisches). 
ASIE. 

Le  Premier  volume  du  Manuel  d'Assyriologie  de 
M.  Ch.  Fossey  (Paris)  explique  les  explorations  et 
fouilles,  le  dechiffrement  des  cuneiformes,  l'origine 
et  l'histoire  de  l'ecriture.  M.  C.  F.  Lehmann  (Z,  E. 
p.  488i  decrit  des  inscriptions  chaldes  recemment 
retrouvees.  M.  H.  V.  Hilprecht  (Trans.  Penna  I 
p.  67:  In  the  Temple  of  Bei  at  Nippur.  Av.  pl.  et  fig.) 
decrit  des  fouilles  en  Babylonie.  M.  Felix  von  Luschan 
(Z.  E.  p.  177:  Einige  türkische  Volkslieder  aus  Nord- 
syrien und  die  Bedeutung  phonographischer  Auf- 
nahmen für  die  Volkskunde)  publie  une  contribution 
au  folklore  turc.  La  signification  du  phonographe 
pour  la  science  est  encore  demontree  par  MM.  0. 
Abraham  et  E.  von  Hornbostel  (Z.  E.  p.  203:  Pho- 
nogiaphierte  türkische  Melodien;  p.  222:  Über  die 
Bedeutung  des  Phonographes  für  vergleichende  Musik- 
wissenschaft).'M.  M.  J.  A.  Ma'louf  (Al-M.  1904  n».  18) 
publie  un  articie  sur  la  musique  et  le  chant  des 
Arabes. 

M.  Th.  Sakhokia  (Bull.  S.  A.  V  p.  370.  Av.  fig.) 
decrit  des  objets  ethnographiques  de  la  Georgie.  Les 
Armeniens  fournissent  des  sujets  ä  M.  Demeter  Dan 
(Z.  V.  V.  p.  96:  Glaube  und  Gebräuche  der  Armenier 
bei  der  Geburt,  Hochzeit  luid  Beerdigung);  M.  Bagrat 
Chalatianz(Z.  V.  V.  p.  290:  Die  iranische  Heldensage 
bei  den  Armeniern).  A.  A.  publie  des  notes  du  Dr. 
R.  Kaeutz  (p.  194:  Ethnographische  Wandlungen  in 
Türkestan)  sur  les  elements  de  la  population  du 
Turkestan  et  sa  vie  domestique.  L'article  de  M. 
Ellsworth  Huntington  (G.  J.  XXV  p.  22,  139: 
The  Mountains  of  Turkestan.  Av.  pl.  et  fig )  donne 
des  notes  ethnographiques  sur  les  Kirghis,  Le  livre 
de  M.  Waldemab  Bogoras  (The  Chukchee.  Leiden- 
New  York.  Av.  pl.  et  fig.)  -forme  le  vol.  VII  des 
publications  de  l'expedition  Jesup.  Le  meme  auteur 
(Bull,  S.  A.  p.  341  Av.  fig.)  consacre  un  articie  aux 
idees  religieuses  des  Tchouktchis. 

Les  resultats  de  l'expedition  danoise  dans  l'Asie 
centrale  sont  racontes  par  M.  0.  Olafsen  (Through 
the  unknown  Pamirs.  London).  M.  A.  R.  Wright 
(Folkl.  XV  p.  332:  Tibetan  Prayer-Wheels;  p.  333: 
Tibetan  Drum  and  Trumpet.  Av.  fig.)  de(!rit  des 
objets  tibetains.  M.  E.  Deshayes  continue  ses  Con- 
ferences ethnographiques  (M.  G.  23  fevrier:  Quelques 
particularites  esthetiques  dans  l'art  pictural  de  l'Ex- 
tröme-Orient.  Av.  fig,;  5  mars:  Le  Mobilier  des  an- 
ciens  Chinois).  M.  Paul  d'En.ioy  (Bull.  S.  A.  p.  373) 
publie  des  observations  sur  les  associations,  congre- 
gations   et  societes  secretes  chinoises.   M.  F.  Hieth 


-    229    - 


(Milth.  des  Sem.  f.  Or.  Sp.  Berlin  VII  p.  1:  Chinesi- 
sche Ansichten  über  Bronzetromnieln)  pubUe  des 
dociinients  chinois  siir  los  famoux  tambours  on  bronze. 
M.  le  Dr.  Behthoi.d  Laukek  (Ostas.  LI.  p.  r)69:  Zur 
Geschichte  der  chinesischen  Juden  auf  Grund  ihrer 
Inschriften)  publie  an  articie  sur  des  colonies  juives 
en  Chine.  Le  menie  Journal  contient  des  articles  de 
M.  P.  R.  Pieper  (p.  656:  Ahnentempel  und  Alinen- 
tafehi  in  China);  M.Otto  Finger  (p.  828:  Von  Kaigan 
nach  Dolonor,  Priesterweihe  und  Volksfeste  im  Lande 
der  Tsachar-Mongolen);  une  contribution  ä  la  Psy- 
chologie des  Chinois  (p.  907);  l'histoire  de  Mongaku 
Shonin  (p.  909);  une  description  des  ecoles  de  village 
en  Shantung  (p.  1032i. 

M.  L.  H.  ÜNDERwooD  (Fifteen  Years  among  the 
Top-knots,  or  Life  in  Korea.  New  York)  publie  ses 
Souvenirs  d'un  sejour  de  qninze  ans  en  Coree.  M.  J. 
J.  Rein  (Japan  nach  Reisen  und  Studien.  Leipzig. 
Av.  pl.  et  cartes)  donne  une  nouvelle  edition  de  son 
livre  sur  le  Japon.  M.  K  Rathgen  (Die  Japaner 
und  ihr  Wiithschaftsloben.  Leipzig-Berlin)  donne  un 
apergu  du  developpement  commercial  et  industriel 
du  Japon.  Mad.  la  comtesse  de  Modan  (Contes  et 
legendes  du  vieux  Japon.  Paris)  et  M.  S.  Dick  (Arts 
and  Grafts  of  Old  .Japan.  London)  nous  rappellent  le 
Japon  avant  l'introduction  de  la  culture  europeenne. 
L'article  de  M.  R.  W.  P.  de  Vries  Ji-.  (Onze  Kunst: 
Japansche  prentkunst)  est  illustre  avec  des  repro- 
ductions  de  gravures  japonaises. 

M.Richard  Garbe  (Beiträge  zur  indischen  Kultur- 
geschichte. Berlin)  publie  des  etudes  sur  la  Philoso- 
phie des  Brahmanes,  les  rapports  entre  les  Hindous 
et  les  Grecs.  la  creniation  des  veuves,  les  Thugs, 
les  fakirs  etc.  M.  Theodor  Zachariae  (Z.  V.  V. 
p.  302,  395:  Zur  indischen  Witwenverbrennung: 
"Wiener  Ztscht  XVII  p  135:  Zimi  altindischen  Hoch- 
zeitsritLial)  donne  des  contiibutions  a  l'etude  des 
moeurs  hindoues.  M.  R.  Pischel  (Morgenl.  p.  363: 
Gutmann  und  Gutweib  in  Indien)  publie  des  notes 
de  folklore  compare  a  propos  d"un  conte  de  Goethe. 
M.  H.  NiEHUs  (Gl.  p.  58:  Das  Ram-Festspiel  Nord- 
indiens Av.  flg.)  decrit  une  festivite  religieuse.  I. 
Ant.  contient  des  contributions  de  M  Arthur  A. 
Pereka  (XXXIII,  march  1904:  Glimpses  of  Singlia- 
lese  Social  Life):  de  M.  Sylvain  Levi  (april:  Further 
Notes  on  the  Indo-Scj'thians);  et  de  M.  B.  A.  (Juppe 
(Female  Tattooing  at  Vindhyachal ,  near  Mirzapur). 
Bombay  publie  des  aiticles  de  M.  M.  A.  Wali  (VI 
n».  8:  The  Traditions  of  Majhail);  (M.  R.  K.  Dada- 
CHANJi  (The  Origin  of  Law  and  Legislation,  and  the 
Influence  of  Codiflcation  and  Interpetration  of  Laws 
on  the  Civilization  and  Progress  of  Nations) :  le 
Shams-ul-Ulma  Jivan.h  Jamshedji  Modi  (The  Vene- 
ration  paid   to  the  Plane-Tree  in  Per.sia;    VII  n".  1: 


A  few  Notes  on  the  Todas  of  the  Nilgiris.  Av.  pl.); 
M.  S.  MiTKA  (VII  n".  1 :  Bihari  Life  in  Bihari  Riddlesi; 
M.  P.  Kershasi'  (Somo  Superstitions  prevailinp 
aniongst  Canarese-speaking  Poopleof  Southern  India). 

M.  le  Dr.  Fischer  (Corr.  A.  G.  XXXV  p.  123: 
Über  die  Kachln  im  äussersten  Norden  und  Nord- 
osten von  Birma)  donne  quelques  dötails  sur  une 
tribu  birmane.  M.  le  gönöral  de  Beylie  (Le  palais 
d'Angkor  Vat.  Hanoii  decrit  l'ancierme  residence  des 
rois  Khniers.  M.  H.  Girard  (Paris)  decrit  les  tribus 
sauvages  du  Haut-Tonkin.  M.  Atgier  (Bull  S.  A.  V 
p.  391)  publie  une  etude  de  cräniometrie  comparee 
de  cränes  mongoloTdes.  Bull.  E.G.  publie  des  contri- 
butions de  M.  J.  Takakusu  (IV  p.  1 :  La  Sanikhya- 
karika  etudiee  a  la  lumiine  de  sa  ver.sion  chinoi.se); 
M.  Ed.  Chava.nnes  (p.  66:  Les  neuf  neuvaines  de  la 
diminution  du  froid.  Av.  flg.);  M.  L.  Finot  (p.  83, 
672:  Notes  d'epigraphie);  M.  Adhemard  Lecliire 
(p.  120:  La  fete  des  eaux  a  Phnom-Penn);  M.  Paul 
Pelliot  (p.  131:  Deux  itincraires  de  Chine  en  Inde 
ä  la  fin  du  VIII  siecle);  M.  Ch.  Duboiselle  (i>.  414: 
Upagutta  et  Mara,  texte  pali  avec  traduction);  M. 
Sylvain  Levi  (p.  548:  Notes  chinoises  sur  l'Inde); 
M.  Gl.  E.  Maitre  (p.  580:  La  litterature  historique 
du  Japon  des  originesaux  Asliikaga);  MM.  L.  Cadij:re 
et  P.  Pelliot  (p.  617:  Premiere  etude  sur  les  sources 
annamites  de  Thistoire  d'Annam);  M.  Ed.  Huber 
(p. 698;  Etudes  de  litterature  bouddhique.  M.  Henry 
Balpour  (Fasciculi  Malayenses:  Musical  Instruments 
fi'ora  the  Malay  Peninsula.  Voir  Cr.  dans  A.G.Wien 
p.  318)  publie  une  etude  sur  les  Instruments  de 
musique  des  indigenes  de  la  peninsule  malaise. 

M.  le  prof.  Ch.  A.  van  Ophüysen  (Het  Maleische 
Volksdicht.  Leiden)  publie  son  discours  inaugural 
sur  un  sujet  de  folklore  nialais.  La  Societo  scien- 
tiflque  de  Batavia  publie  le  catalogue  d'une  collection 
trös  interessante  provenant  de  l'interieur  de  Sumatra 
(Inventaris  van  voorwerpen  afkomstig  van  de  Ciajo-, 
Alas-  en  Bataklanden,  verzameld  door  Luit.-Kol. 
G.C.  E.  van  Daalen).  Le  Journal  de  la  meme  societe 
contient  des  contes  bataks,  recueillis  par  M.  M.  Joustra 
(Karo-Bataksche  vertellingen).  Les  Bataks  fönt  eii- 
eore  le  sujet  de  Communications  de  M.  A.  von  Oefele 
(Das  Schachspiel  der  Bataker.  Leipzig);  et  M.  J.  H. 
Neumann  (Ned.  Zend.  XLVIII  p.  361:  Een  en  ander 
aangaande  de  Karo- Bataks).  Le  meme  Journal  con- 
tient des  notes  de  M.  D.  Louwerier  (p.  377:  Bjjge- 
loovige  gebruiken ,  die  door  de  Javanen  worden  in 
acht  genomen  bjj  het  bouwen  hunner  huizen)  siu- 
des  superstitions  javanaises;  des  contes  javanais  re- 
cueillis par  M.  S.  LuiNENBt'RGtp.  67,  386:  Javaansche 
verhalenV:  des  contributions  de  M.  J.  H.  Neümank 
(p.  101:  De  tendi  in  veiband  met  Si-Dajang):  et  de 
M.   J.    H.    Meerwaldt   (p.    273:    Gebruiken    in    het 


230    - 


maatschappelük  leven  der  Bataks).  M.  F.  D.  E.  van 
OssENBEUGGEN  (I.  G.  XXVI  p.  161:  Ovev  het  primi- 
tief begrip  van  grondeigendora .  getoetst  aan  de 
hieromtrent  heerschende  begrippen  by  de  Chineezen, 
Inlanders  en  eenige  andere  volken  en  volksstamraen) 
publie  une  etiide  sur  la  propriete  du  sol.  Le  nieme 
Journal  contient  une  etude  linguistique  de  M.  H.  N. 
KiLiAAN  (p.  224:  Consonantverbindirigin  'tjavaanscli); 
une  legende  javanaise  racontee  par  M.  T.  J.  Bezemer 
(p.  163:  Nog  een  Kalang-legende?);  des  notes  sur 
les  combats  de  coqs  chez  les  Malais ,  par  M.  H.  R. 
R00KM4AKEB  (XXVII  p.  9).  Bydr.  donnent  des  textes 
de  File  de  Nias.  avec  traduction  allemande  par  M.  H. 
Sundermann  (IV  p.  1:  Niassische  Texte  mit  Deut- 
scher Übersetzung);  et  un  conte  malais  publie  par 
M.  C.  M.  Pleyte  (p.  347:  Een  oud  Indonesisch  sprookje 
in  Lodasch  en  Tobasch  gewaad).  M.  Stönneb  (Z.  E. 
p.  519:  Steinskulpturen  von  der  Insel  Java.  Av.  flg.) 
decrit  des  sculptures  javanaises.  Le  pamor,  fer  mete- 
orique,  qui  est.  tres  reclierclie  pour  la  forgerie  des 
glaives,  est  le  sujet  d'observations  du  Dr.  J.  Geoneman 
(Javabode  29  juni  1904:  Pamor-smeedkunst;  12juli: 
Nikkei  als  Pamor).  Les  Dajaks  fournissent  des  sujets 
a  M.  le  prof.  A.  W.  Nieuwenhuis  (Corr.  A.  G.  XXXV 
p.  82);  et  ä  M.  F.  Grabov?sky  (Gl.  p.  102;  Musik- 
instrumente der  Dajaken  Südost-Borneo's.  Av.  flg.). 
MM.  A.  B.  Meyer  et  0.  Richter  (Publ.  Ethn.  Mus. 
Dresden:  Die  Bogen-,  Strich-;  Punkt-  und  Spiral- 
ornamentik von  Celebes)  publient  une  etude  sur 
rornamentation  indigene  de  Celebes  ä  propos  de  la 
collection  Sarasin.  M.  G.  A.  Skinner  (Am.  A.  p.  299: 
„Casco.  Poot"  in  the  Filipino.  Av.  pl.)  publie  nne 
note  sur  la  deformation  des  pieds  chez  les  bateliers 
des  Philippines. 

AUSTRALIE  et  OCEANIE. 
M.  R.  H.  Mathews  (Z.E.  XXXVI  p.28:  Language, 
Organization  and  Initiation  Ceremonies  of  the  Kogai 
Tribes.  Queensland;  p.  729:  Language  of  the  Wud- 
dyawurru  Tribe,  Victoria;  Bull.  S.A.  p.  132:  Langage 
des  Kurnu,  tribu  d'indigenes  de  la  Nouvelle  Galles 
du  Sud)  publie  de  nouveaux  details  sur  des  tribus 
indigenes  de  l'Australie.  M.  Walteb  E.  Roth  (North 
Queensland  Ethnography  Bull.  n".  7.  Brisbane.  Av. 
26  pl.)  publie  des  notes  sur  les  ustensiles  de  menage 
des  indigenes  du  Queensland.  MM.  A.W.  Howitt  et 
Otto  Siebert  (A.  I.  p.  100:  Legends  of  the  Dieri 
and  kindred  Tribes  of  Central  Australie)  publient 
des  legendes  australiennes.  Des  tribus  indigenes  fönt 
encore  le  sujet  de  livres  de  M.  A.  W.  Howitt  (The 
Nativo  Tribes  of  South-East  Australia.  London);  et 
de  MM.  B.  Spencer  et  F.  J.  Gillen  (The  Northern 
Tribes  of  Central  Australia.  London.  Av.  ill.).  M.  J.  W. 
Gregory  (Proc.  R.  S.  Victoria  XVII  p.  120:  The 
Antiquity  of  Man  in  Victoria)  refute  la  theorie  d'une 


origine  ancienne  et  prouve  que   la  population  indi- 
gene de  Victoria  est  relativement  recente. 

M.  le  Dr.  Dempwolff  (Z.  E.  p.  384:  Über  aus- 
sterbende Völker.  Av.  flg.)  publie  des  notes  ethno- 
graphiques  sur  les  indigenes  des  iles  au  sudest  de  la 
Nouvelle  Guinee.  M.  W.  E.  Safford  (Am.  A.  p.  501: 
The  Chamorra  Language)  continue  ses  notes  sur  un 
idiome  des  iles  Carolines.  M.  Arno  Senfft  (Gl. 
LXXXVII  p.  78:  Religiöse  Quarantäne  auf  den  West- 
karolinen)  decrit  une  ceremonie  religieuse  dans  l'ile 
de  Jap;  et  publie  (p.  174.  Av.  flg.)  une  notice  sur 
le  tatouage  des  indigenes.  M.  H.  Seidel  (Gl.  p.  113: 
Die  Bewohner  der  Tobi-Insel)  publie  des  notes  sur 
une  des  iles  Carolines  et  remarque  que  la  population 
de  Tobi  a  le  teint  plus  clair  que  les  Papouas  des 
iles  adjacentes.  Les  memes  iles  fournissent  encore 
des  Sujets  au  Dr.  Born  (Mitth.  D.  S.  XVII  p.  175: 
Einige  Beobachtungen  ethnographischer  Natur  über 
die  Oleai-Inseln):  et  ä  M.  Wm.  H.  Fubness  (Trans. 
Penna  I  p.  51:  The  Stone  Money  of  Uap  Av.  pl.). 
Pol.  S.  publie  des  contributions  de  M.  Blsdon  Best 
(XIII  n".  1:  Notes  on  the  Art  of  War,  as  conducted 
by  the  Maoris  of  New  Zealand;  n".  2:  Notes  on  the 
Customs  of  Rahni);  M.  J.  Rutland  (n°.  2:  On  the 
Survival  of  Ancient  Customs  in  Oceania:  Maori  and 
Egyptian  Tattooing);  et  de  M.  E.  Tregf.ar  (n°.  2: 
Polynesian  Originsi.  Bull.  S.A.  publie  des  notes  sur 
les  Nouvelles  Hebrides,  du  Dr.  P.  R.  Joly  (V  p.  356. 
Av.  flg.)  et  de  M.  Täte  (p.  115:  Rondelle  percee  en 
coquille).  M.  C.  Riebe  (Zwei  Jahre  unter  den  Kan- 
nibalen der  Salomo-Inseln.  Dresden.  Av.  pl.  et  flg.) 
decrit  un  sejour  sur  les  iles  Salomon.  M.  le  Dr.  W.  Foy 
(A.  G.  Wien  XXXIV  p.  112:  Schemelartige  Kokos- 
nussschafer.  Av.  flg.)  decrit  un  ustensile  remarquable. 
M.  Karl  von  den  Steinen  (Gl.  p.  119:  Proben  einer 
früheren  polynesischen  Geheimsprache)  publie  une 
notice  sur  une  langue  inventee  par  les  habitants  de 
Hapan  dans  l'ile  de  Noukahiva  et  inintelligible  pour 
leurs  voisins. 

AFRIQUE. 
MM.  Manouvrier  et  Capitan  (R.  E.  A.  XV  p.  18) 
publient  une  etude  anthropologique  et  archeologique 
de  l'Egypte,  d'apres  le  livre  de  M.  E.  Chantre: 
Recherches  anthropologiques  en  Egypte  (Lyon.  Av. 
180  ill.).  MM.  Arthur  Thompson  et  D.  Handall- 
Maciver  (The  Ancient  Races  of  the  Thebaid.  Oxford) 
publient  une  etude  anthropologique,  basee  sur  l'ex- 
amen  de  plus  de  1500  cränes,  sur  les  habitants  de 
l'Egypte  Superieure  depuis  les  temps  prehistoriques. 
M.  M.  Schlosser  (A.  A.  p.  202:  Die  mumiflzierte 
Tierwelt  im  alten  Ägypten.  Av.  flg.)  donne  un  aperiju 
du  livre  de  MM.  Lortet  et  Taillard  (La  Faune 
mumifiee  de  l'ancienne  Egypte.  Av.  8  pl.  et  82  flg.), 
publie  dans  les  Archives  du  Museed'Histoire  naturelle 


-    231 


du  Lyon.  M.  H.  Neffgen  (Der  Veterinar-Papyrus  von 
Kahun.  Berlin.  Av.  1  pl.)  donne  une  contiibution  sur 
l'ait  veterinaire  des  ancions  Egyptiens.  Z.  E.  publie 
des  obsei'vations  archöologiques  de  M.  von  Lusohan 
(p.  317:  Über  Beobaclitiiiigen  an  Kieselinanufakten 
in  Ägypten);  et  de  M.  G.  Schweinfukth  (p.  766: 
Steinzeitliche  Forschungen  in  Oberägypten.  Av.  pl.; 
p.  517:  Eine  ägyptische  Knallpeitsche  „Fergille". 
Av.  flg.).  M.  Lefebuee  (Sphinx  VIII  n".  1,  2)  publie 
une  otude  sur  la  vertu  du  sacrifice  funöraire,  ancien 
et  nioyen  Empire  Egyptien.  M.  le  prof.  Dr.  (i.STEiN- 
DOBPF  (P.M.  p.  179:  Eine  archäologische  Reise  durch 
die  Libysche  Wüste  zur  Amonsoase  üiv/e)  donne 
un  rösume  de  son  voyage  dans  le  desert  Libyen, 
dont  l'academie  des  sciences  ä  Dresde  publiera  les 
rösultats  archeologiques.  M.  Gr.  Fritsch  (Ägyptische 
Volkstypen  der  Jetztzeit.  Wiesbaden.  Av.  pl.  et  flg.) 
publie  des  etudes  anthropologiques  sur  l'Egypte 
moderne. 

M.  E.  ,T.  Hamy  (La  Tunisie  au  debut  du  XXme 
siecle.  Paris.  Av.  flg.;  Bull.  Gg.  h.  et  d.  1904  n°.  1: 
Cites  et  necropoles  berbere.s  de  l'Enflda,  Tunisie 
moyenne.  Av.  flg.)  publie  des  etudes  ethnographiques 
et  archeologiques  sur  la  Tunisie.  M.le  Dr.  R.  Narbes- 
HÜBER  (A.G.  Wien  XXXIV  p.  93:  Anthropologisches 
aus  Süd-Tunesien)  continue  ses  notes  anthropologi- 
ques sur  la  menie  region.  M.  Deyrolle  (Bull.  S.  A. 
V  p.  395:  Les  Häouan  de  Tunisie.  Av.  fig.)  decrit 
des  cellules  creusees  dans  des  blocs  de  rocher  dont 
l'origine  est  incertaine,  niais  oü  se  trouvent  des 
soulptures  d'un  type  prehistorique.  M.  A.  van  Gennep 
(Z.  E.  XXXVI  p.  749:  Tätowieren  in  Nordafrika)  donne 
une  notice  sur  le  tatouage  chez  les  Khoumirs.  Le 
meme  sujet  est  traite  par  M.  Pacjl  Träger  (Z.  E. 
p.  469:  Das  Handwerkszeug  eines  tunesischen  Täto- 
wierers.  Av.  fig. .  dessins  de  tatouage).  M.  Atgier 
(Bull.  S.  A.  IV  p.  619)  fait  des  observations  sur  l'ori- 
gine ethnique  du  mot  „Maure"  et  ses  diverses  sig- 
nifications  successives,  suivies  d'une  discussion  par 
M.  F.  Delisle  et  M.  A.  Bloch.  L'esquisse  du  Dr. 
Hans  Leyden  (L.  u.  M.  n".  19:  Tanger)  est  accom- 
pagnee  de  quelques  illustrations  d'interet  ethnogra- 
phique.  R.  E.  A.  publie  des  articles  de  M.  J.  Huguet 
(XIV  p.  263:  La  valeur  physique  generale  des  indi- 
genes  sahariens.  Av.  flg.:  p.  411:  Contribution  ä 
l'etude  sociologique  des  femmes  sahariennes). 

M.  A  Seidel  (Das  Geistesleben  der  Afrikanischen 
Negervölker.  Berlin)  publie  des  observations  gönei-ales 
sur  les  peuples  negres.  M.  le  major  J.  A.  Burdon 
(G.  J.  XXIV  p.  636:  the  Fulani  Emiiates  of  Northern 
Nigeria.  Av.  flg.)  publie  un  essai  sur  les  etats  foulas. 
M.  M.  Delafosse  (Langues  de  la  Cöte  d'Ivoire.  Paris) 
publie  une  etude  linguistique.  Le  Togo  fournit  des 
sujets  au  conite  Zech  (Mitth.  D.S.  p.  107:  Land  und 


Leute  an  der  Nordwestgrenze  von  Togo.  Av.  flg.); 
au  niissionnaire  L.  Spiess  (Gl.  p.  173:  Zeitberechnung 
bei  den  Evlie  in  Togo);  a  M.  H.  Seidel  (Gl.  p.  176: 
Erste  Namengebung  bei  den  Evhenegern  in  Togo); 
et  ä  M.  K.  Fies  (Ol.  p.  LXXXVII  p.  13,  72:  Der 
Hostamni  in  Deutsch  Togo.  Av.  flg.).  Une  etude  de 
droit  indigene  est  publiee  par  M.  J.  M.  Sarbah 
(Fanti  Gustomary  Laws.  London  i.  M.  le  Dr.  A.  Plehn 
(Z.  E.  XXVI  p.  713:  Beobachtungen  in  Kamerun. 
Av.  flg.)  publie  des  observations  pendant  un  sejour 
au  Cameroun,  specialement  sur  les  societes  secretes 
chez  les  Dualis.  M.  le  capitaine  Stieber  (D.  K.  B. 
XVI  p.  81,  115)  publie  un  rapport  sur  son  expedition 
dans  le  pays  des  Mousgous.  M.  le  Dr.  Hans  Ziem  a  NN 
(Mitth.  D.  S.  p.  136:  Zur  Bevölkerungs-  und  Vieh- 
frage in  Kamerun)  publie  les  resultats  d'une  excur- 
sion  dans  l'interieur  du  Cameroun. 

M.  R.  H.  Nassau  (Fetichism  in  West  Africa.  London. 
Av.  ill.)  publie  les  resultats  d'un  sejour  de  quarante 
ans  en  Afrique.  Afi'.  S.  publie  des  contribulions  de 
M.  H.  Reynolds  (April  1904:  Notes  on  the  Azande 
People);  M.  Frank  H.  Melland  (Ethnographical  Notes 
on  the  Awemba  Tribe);  M.  R.  H.  Nassau  (The  Phi- 
losophy  of  Fetishism);  M.  J.  W.  C.  Kibk  (Yibirs  and 
Midgans,  Somaliland);  M.  W.  Renneb  (Native  Poisons, 
West  Africa);  Mlle  Werner  (Right  and  Left  Hand, 
in  Bantu:  A  „Hare"  Story,  African  Folk  Lore);  M. 
A.  A.  Whitehouse  (An  Ibo  Festival).  M.  le  lieutenant 
Scheunemann  (D.  Kolbl.  XV  p.  765)  publie  un  rap- 
port sur  une  expedition,  avec  des  notes  sur  les 
tribus  Njems  et  Ndsimus.  M.  le  Dr.  Max  Schöller 
(Mittheilungen  über  meine  Reise  nach  Äquatorial 
Ost  Afrika.  Berlin)  publie  ses  notes  de  voj'age,  illus- 
trees  de  flgures  de  types  de  race  et  d'objets  divers. 
M.  J.  M.  M.  VAN  DER  BüRGHT  (Un  grand  peuple  de 
l'Afrique  equatoriale.  Elements  d'une  monographie 
sur  l'ürundi  et  les  Warundi.  Bois-Ie-Duc.  Av.  pl.) 
publie  une  S(jrie  d'articies  ethnologiques  sur  le  pays, 
les  moeui's,  les  coutumes,  la  religion,  les  mtjtiers  etc. 
de  cette  partie  de  l'Afrique  Orientale  allemande. 

M.  B.  H.  Jessen  (G.  J.  XXV  p.  158:  Southwestern 
Abyssinia.  Av.  flg.)  donne  des  notes  ethnographiques 
sur  le  peuple  de  Borna.  M.  M.  Merker  (Die  Masai. 
Berlin.  Av.  150  ill.)  publie  un  livre  sur  les  Masai, 
qui  provoque  des  reinaj'ques  ci'itiques  de  M.  Carl 
Meinhof  (Z.  E.  XXXVI  p.  735).  Celui-ci  tout  en 
appreciant  les  miSrites  de  M.  Mebkeb  sur  le  terrain 
de  l'ethnographie,  nie  l'affinite  des  Masai  avec  les 
Isi-aelites  et  leur  origine  semitique.  A.  I.  publie 
des  notes  de  M,  H.  R.  Täte  (p.  130:  Notes  on  the 
Kikuyu  and  Kamba  Tribes  of  Biitish  East  Africa. 
Av.  pl.);  du  capitaine  S.  L.  Cummins  (p.  149:  Sub- 
tribes  of  the  Bahr-el-Ghazal  Dinkas.  Av.  pl.);  et  de 
M.  S.  G.  BAG(iE  (p.  167:  The  Circumcision  Ceremony 


232 


aniong  the  Naivasha  Masai).  ß.  J.  publie  des  notes 
d'excursion  du  rev.  A.  B.  Fisher  (p.  249:  Western 
Uganda.  Av.  flg.).  Z.  E.  publie  des  observations 
faites  au  pays  Kinga  par  M.  Cleve  (p.  456:  Zahn- 
verstümmelungen  und  ihre  Bedeutung  für  den  Laut- 
wandel; p.  460:  Über  die  Fraueiisprache;  p.  463: 
Die  Dorsalen  des  Sango);  et  une  comnuinication  de 
M.  BiCHABD  Kandt  (p.  329:  Gewerbe  in  Buanda. 
Av.  pl.  et  flg.)  sur  l'industrie  en  Ruanda.  La  meme 
partie  de  l'Afrique  allemande  donne  encore  lieu  ä 
une  communication  publiee  dans  D.  Kolbl.  (XV  p.  569: 
Über  die  Basimu  und  Zauberer  von  Ruanda).  M.  S. 
Passarge  (Z.  G.  E.  1905  p.  20:  Die  Grundlinien  im 
ethnographisctien  Bilde  der  Kalatiari  Region)  publie 
une  etude  sur  les  tribus  de  la  Kalahari.  Mad.  Minnie 
Cartwbight  (P.  L.  XV  p.  244:  Folklore  of  the  Basuto) 
publie  des  contes  basouto.  M.  Arnold  van  Gennep 
(Tabou  et  totemisme  ä  Madagascar.  Paris)  publie  une 
etude  descriptive  et  theorique  dans  la  Bibliotheque 
de  recole  des  hautes  etudes. 

AMERIQUE. 
M.  Charles  Hill  Tout  (A.  I.  p.  20:  Report  on  the 
Ethnology  of  the  Siciatl  of  British  Columbia,  a  Coast 
Division  of  the  Salisli  Stock.  Av.  pl.)  publie  des  notes 
sur  une  tribu  indieune  qiii  a  adopte  la  civilisation 
europeenne  et  qui  a  fonde  un  village  tres  prospere; 
il  y  ajoute  la  transcription,  avec  traduction,  de  leurs 
traditions.  Am  A.  contient  des  contributions  de  M. 
George  A.  Dorsey  (VI  p.  240:  An  Arikara  Story- 
telling  Contest);  M.  H.  H.  Wilder  (p.  244:  Racial 
DIfFerences  in  Palm  and  Sole  Configuration.  Av.  pl. 
et  flg.);  M.  D.  L  Bushnell  Jr.  (p.  294:  Archeology 
of  the  Ozark  Region  of  Missouri.  Av.  pl.) ;  M.  U. 
Francis  Dufp  (p. 303 :  Some  Exploded  Theoiies  con- 
cerning  South-western  Archeology  i;  M.  E.  A.  Spitzka 
(p.  307:  Hereditary  Resemblances  in  the  Brains  of 
three  Brothers.  Av.  pL);  M.  W.  R.  Gerard  (p.  313: 
The  Tapehanek  Dialect  of  Virginia);  M.  S.  C.  Simms 
(p.  331 :  Cultivation  of  „Medicine  Tobacco"  by  the 
Crews,  notes  sur  des  ceremonies  festives  en  usage 
chez  une  tribu  indienne);  M.  W.  Jones  (p.  369: 
Some  Principles  of  Algonquian  Wordformation);  M. 
W.  JocHELSON  (p.413:  Tlie  Mythology  of  the  Koryak); 
M.  E.  L.  Hewett  (p.  426:  Studies  on  the  Extinct 
Pueblo  of  Pecos.  Av.  pl,;  p.  629:  Archeology  of  Pa- 
jarito  Park,  New  Mexico.  Av.  pl.);  M.  A.  F.  Cham- 
berlain  (p.  4.59:  Iroquois  in  Northwestern  Canada); 
M.  W.  W.  TooKER  (p.  464:  Derivation  of  the  Name 
Powhatan;  p.  670:  Some  Powhatan  Names);  M.  F.  G. 
Speck  (p.  469:  A  Modern  Monegan-Pequot  Text); 
M.  J.  R.  Swanton  (p.  477:  The  Development  of  the 
Clan  System  and  of  Secret  Societies  among  the  North- 
western Tribes.  Av.  pL);  M.  Clarence  B.  Moore 
(p.  600:   Al)original  Urn-burial  in  the  United  States. 


Av.  pl.);  M.  A.  E.  Jenes  (p.  695:  Bontoc  Igorot 
Clothing.  Av.  pl.).  La  Am.  Folkl.  S.  publie  un  livre 
de  M.  G.  A.  Dorsey  (Traditions  of  the  Skidi  Pawnee. 
Boston-New  York.  Av.  pl.).  F.  C.  M.  publie  des  con- 
tributions de  M.  H.  R.  VoTH  (III  n».  4:  The  Oraibi 
Summer  Snake  Ceremony;  VI  n°.  1:  The  Oraibi 
Oaqol  Ceremony);  MM.  G.  A.  Dorsey  et  A.  L.  Kroeber 
(V.  Traditions  of  the  Arapaho);  et  M.  G.  A.  Dorsey 
(VII  n°.  1:  Traditions  of  the  Osage).  Les  publications 
de  l'universite  de  Californie  contiennent  des  contri- 
butions de  M.  Pliny  Earle  Goddard  (I  p.  I :  Life 
and  Culture  of  the  Hupa.  Av.  pl.  et  flg.);  M.  William 
J.  Sinclair  (II  p.  1:  The  Exploration  of  the  Potter 
Creek  Cave);  M.  A.  L.  Kroeber  (II  p.  29:  The  Lan- 
guages  of  the  Coast  of  California  south  of  San  Fran- 
cisco; III  p.  81:  Types  of  Indian  Culture  in  Cali- 
fornia). M.  P.  E.  Goddard  (Hupa  Texts.  Berkeley) 
publie  encore  des  textes  avec  traduction.  Mlle  Mal- 
wiNA  Lampadino  (Vom  Neujahrsfest  der  Chinesen 
in  Kalifornien.  Av.  flg.)  decrit  le  jour  de  l'an  chinois 
ä  San  Francisco. 

M.  Eduard  Seler  (Gesammelte  Abhandlungen  zur 
Amerikanischen  Altertumskunde.  Berlin.  Avec  de 
norabreuses  ill.;  Z.  E.  p.  244:  Über  Steinkisten, 
Tepetlacalli,  mit  Opferdarstellungen  und  andere  ähn- 
liche Monumente.  Av.  .54  flg.;  A.  G.  Wien  p.  222: 
Die  holzgeschnitzte  Pauke  von  Malinalco  und  das 
Zeichen  AU-tlachinolh.  Av.  71  flg.;  Gl.  LXXXVII 
p.  HO:  Misclifoi-men  mexikanischer  Gottheiten.  Av. 
fig.)  publie  de  nouvelles  contributions  ä  l'histoire  et 
l'ethnographie  mexicaine.  Ajoutons  y  les  observations 
de  Mad.  Zelia  Nuttall  (Peabody  M.  I  n".  7:  A 
Penitential  Rite  of  the  Ancient  Mexicans.  Av.  pl.  et 
flg.;  Am.  A.  V  p.  667:  A  Suggestion  to  Maya  Scho- 
lars,  notes  sur  les  afflxes  numeriques;  VI  p.  486: 
The  Periodical  Adjustment  of  the  Ancient  Mexican 
Calendarj;  M.  J.  W.  Fewkes  (p.  535:  Ancient  Pueblo 
and  Mexican  Water  Symbol);  M.  K.  Th.  Peeuss 
(Gl.  p.  136:  Der  Kampf  der  Sonne  mit  den  Sternen 
in  Mexiko.  Av.  flg.);  M.  le  baron  E.  von  Nordenskiöld 
(Gl.  LXXXVII  p.  27:  Über  die  Sitte  der  heutigen 
Aymara-  und  Quichua-Indianer,  den  Toten  Beigaben 
in  die  Gräber  zu  legen).  L'archeologie  maya  fournit 
des  Sujets  au  Dr.  Paul  Schellhas  (Peabody  M.  IV 
n".  1 :  Representation  of  Deities  of  the  Maya  Manus- 
cripts);  M.  E.  Förstemann  'Z.  E.  p.  6.59:  Liegen  die 
Tonamatl  der  Mayahandschriften  in  bestimmten 
Jahren?;  p.  138:  Die  Lage  der  Ahaus  bei  den  Mayas, 
essai  de  Chronologie  maya);  M.  Geo.  Byron  Gordon 
(Trans.  Penna.  p.  61:  Chronological  Sequence  in  the 
Maya  Ruins  of  Central  America).  M.  J.  Walter 
Fewkes  (Am.  A.  VI  p.  585:  Prehistoric  Culture  of 
Cuba.  Av.  pl.)  donne  des  notes  arclieologii|ues  sur 
nie  de  Cuba.    M.  Kahl  Sapper  (A.  A.  III  p.  1 :  Der 


238    - 


gegenwärtige  Stand  der  ethnograplüsuheii  Kenntnis 
von  Mittelamerika.  Av.  pl.  et  flg.;  Gl.  LXXXVII 
p.  128:  Der  Charakter  der  mittelanierikanisclien  Indi- 
aner) pnblie  des  etiules  sur  l'Anu-rique  Centrale.  Le 
Costa  Rica  fait  le  sn.jet  de  coniniunications  de  M.  C. 
V.  Habtmann  (Archaeological  Researclies  in  Costa 
Rica.  Stockholm);  et  de  M.  H.  Pittiek  de  Fabkega 
(Am.  A.  p.  447:  Numoral  Systems  of  tlie  Costa  Rican 
Indians). 

M.  le  Dr.  Paul  Ehrenheich  (A.  A.  III  p.  39:  Die 
Ethnographie  Südamerikas  im  Beginn  des  XX  Jahr- 
hunderts unter  besonderer  Berücksichtigung  der 
Naturvölker)  publie  une  etude  sur  Tethnographie  de 
l'Amerique  du  Sud.  M.  Max  Schmidt  (Z.  E.  p.  490: 
Ableitung  sudamerikanischer  Geflechtmuster  aus  der 
Technik  des  Flechtens.  Av.  fig.i  publie  des  notes 
sur  l'industrie  textile  indienne.  M.  le  Dr.  Rivet 
(Bull.  S.  A.  p.  116:  Le  „huicho"  des  Indiens  Colo- 
rados; p.  144:  Les  Indiens  de  Mallasquen  publie  une 
notice  sur  une  maladie  et  une  etude  ethnologique 
sur  une  tribu  dans  la  republique  de  l'Equateur. 
M.  Adolph  F.  Bandelier  (Am.A.  p.  197:  Aboriginal 
Myths  and  Traditions  concerning  the  Island  of  Titi- 
caca;  p.  440:  Ahoriginal  Trephining  in  Bolivia,  notes 
sur  la  trepanation  qui  se  pratique  encore  en  Bolivia 
par  des  indigenes;  p.  -599:  The  Cross  of  Carabuco  in 
Bolivia)  publie  des  contributions  ä  l'ethnograpliie  et 
au  folklore  de  la  Bolivia.  M.  le  Dr.  R.  Stegmann 
lA.  G.  Wien  Sitzb.  p.  68:  Knochensystemerkran- 
kungen südamerikanischer  Indianer,  mit  Berück- 
sichtigung altperuanischer  Vasen.  Av.  flg.)  publie  des 


observations  sur  la  question  tant  dlscutee  du  Syphilis 
en  Amörique.  L'archöologie  du  Brösil  fait  le  sujet 
d'un  article  de  M.  H.  von  Ihering  (R.  M.  P.  VI  p.  519: 
Archcologia  comparaiiva  do  Brazib.  M.  le  Dr.  Th.  Koch 
(Z.  E.  p.  293:  Eine  Forschungsreise  nach  Südamerika) 
publie  des  notes  d'une  expedition  sur  le  Rio  Negro 
en  Bresil,  avec  des  dötails  linguistiques.  Des  tribus 
de  l'int^rieur  du  Brösil  sont  döcrites  par  M.  Max 
Schmidt  (Z.  E.  p.  466:  Nachrichten  über  die  Kayabi- 
Indianer.  Av.  flg.);  et  Dr.  Bleykr  'Z.  E.  XXXVI 
p.  830:  Die  wilden  Waldindianer  Santa  Catharinas; 
die  „Schokleng".  Av.  flg.).  M.  E.  Boman  (L'Homme 
Prehistorique  II  n".  10  Av.  flg.)  decrit  des  groupes 
de  tumulus  prehispaniques  dans  la  vallöe  de  Lerma, 
republique  argentine.  M.  A.  de  Mortillet  (R.  E.  A. 
XV  p.  31.  Av.  fig.)  decrit  des  grottes  ä  peintures  de 
l'Amerique  du  Sud.  La  question  du  Syphilis  fait 
encore  le  sujet  d'observations  de  M.  Lehmann-Nitsche 
(Z.  E.  XXXVI  p,  854:  Altpatagonische,  angeblich 
syphilitische  Knochen  aus  dem  Museum  zu  La  Plata. 
Av.  fig.^.  Le  missionaire  Fb.  Vogt  (A.G.  Wien  p.  200  r 
Die  Indianer  des  Obern  Parana)  publie  des  experiences 
parmi  les  Indiens  de  l'interieur.  M.  R.  E.  Latcham 
(A.  I.  p.  170:  Notes  on  the  Physical  Characteristics 
of  the  Araucanos.  Av.  pl.)  publie  des  notes  anthro- 
pologiques.  M.  Hauthal  (Z  E.  p.  119:  Die  Bedeutung 
der  Funde  in  der  Grypotheriumhöhle  bei  Ultima 
Esperanza,  Südwestpatagonien,  in  anthropologischer 
Beziehung)  donne  des  observations  sur  des  explo- 
rations  prehistoriques. 
LA  Haye,  avril  1905.  G.  J.  Dozy. 


V.     LIVRES    ET    BROCHURES. 


BÜCHERTISCH. 


I.  Rich'.rd  Andreb:  Brau  nsch  weiger  Volks- 
kunde. 2te  vermehrte  Auflage.  Mit  12  Tafeln  und 
174  Abbildungen,  Plänen  und  Karten.  Braunschweig, 
Friedrich  Vieweg  und  Sohn,  1901.  8». 

Im  Jahre  1896  erschien  die  erste  Auflage  dieses 
Werkes  über  welches  wir  im  lOten  Band  dieses  Ar- 
chivs uns  eingehender  äusserten.  Dass  schon  nach 
kaum  fünf  Jahren  eine  zweite  Auflage  eines  der- 
artigen Werkes  sich  nötig  erwies,  ist  ein  Beweis 
für  die  Richtigkeit  unserer  Annahme  dass  dasselbe 
sich  nicht  nur  in  den  engeren  Kreisen  der  Ethno- 
graphen und  Volksforscher,  sondern  auch  in  weiteren, 
diesen  Forschungen  ferner  stehenden,  einer  günstigen 
Aufnahme  erfreuen  und  in  letzteren  das  Interesse  für 
den  Gegenstand  beleben  würde. 

Das  Werk  tritt  in  beträchtlich  erweitertem  Um- 
fang vor  uns;  während  die  erste  Auflage  378  Seiten 
zählte,  sind  es  deren  in  der  zweiten  5£0.  Dies  schon 
beweist  dass  der  Verfasser,  der  wie  bekannt  zu  den 
L  A.  f.  E.    XVII. 


ältesten  Förderern  der  völkerkundlichen  Forschung 
zählt,  auch  hier  in  jugendfrischer  Weise  weitere 
Bausteine  zur  Kenntnis  der  Bewohner  seiner  schönen 
engeren  Heimat  gesammelt  hat.  Dazu  gesellte  sich 
die  Hülfe  einer  Reihe  von,  wohl  zumeist  durch  die 
erste  Auflage  für  die  Sache  gewonnenen  Mitarbeitern, 
deren  der  Verfasser  im  Vorwort  gedenkt. 

Die  in  der  ersten  Auflage  kurz  gehaltene  Einleitung 
wurde  bedeutend  erweitert  und  erscheint  jetzt  in 
vier  sich  über  fünfzig  Seiten  erstreckenden  Ab- 
schnitten. Besonders  ist  der  zweite  derselben,  die 
Vorgeschichte  des  Gebietes,  für  den  Leser  von  Wert 
weil  die  hauptsächlichsten  Funde  auf  Braunschwei- 
gischem  Gebiet  zwar  kurz,  aber  genügend  geschil- 
dert hier  zusammen  gestellt  sind.  Von  den  übrigen 
Abschnitten  der  ersten  Auflage  ist  z.B.  der  über  die 
Dörfer  und  Häuser  von  43  auf  56  Seiten,  jener  über 
Gerät  in  Hof  und  Haus  von  15  auf  26  Seiten  er- 
weitert u.  s.  w. 

30 


234 


Das  Abbildlingsmaterial  ist  gleichfalls,  dank  dem 
Entgegenkommen  der  Verlagsbuchhandlung,  ganz 
ausserordentlich  vermehrt;  statt  der  6  Tafeln  der 
ersten  Auflage  enthält  die  vorliegende  deren  12 
und  statt  der  80  Abbildungen  im  Text  nun  174. 
Mancherlei  Gegenstände,  deren  in  der  ersten  Auf- 
lage nicht  gedacht  und  die  zu  interessanten  Ver- 
gleichen mit  ähnlichen  Erscheinungen  bei  Natur- 
völkern Veranlassung  bieten,  finden  wir  in  dieser 
zweiten  Auflage  zum  ersten  Mal  erwähnt.  So  bei- 
spielsweise Seite  199  ein  hölzernes  Türschloss 
dessen  Mechanismus  vollkommen  übereinstimmt 
mit  solchen  die  wir  aus  dem  Indischen  Archipel  etc. 
kennen. 

In  den  Haussprüchen  Seite  200  ff.  offenbart  sich 
in  schöner  Weise  der  fronmie  Kinderglaube  unserer 
Altvordern.  Dem  Abschnitt  über  Geburt,  Hochzeit 
und  Tod  ist  dies  Mal  eine  schöne  Tafel,  die  Abbil- 
dung einer  1840  in  Lehre  stattgefundenen  Bauern- 
hochzeit, beigegeben,  die  ein  Stück  echt  deutschen 
Volkslebens  aus  jener  Zeit  zur  Anschauung  bringt. 
Die  Abschnitte  über  die  Geisterwelt,  den  Aberglauben 
U.S.W,  enthalten  mancherlei  neues,  wertvolles  Ver- 
gleichsmaterial mit  Erscheinungen,  die  uns  ebenfalls 
bei  Naturvölkern  entgegen  treten. 

Wir  können  nicht  umhin,  gleich  wie  wir  dem 
Verfasser  für  die  erste  Auflage  seines  Werkes  dankten, 
dies  auch  für  diese  zweite  zu  tun.  Derselbe  hat  vor 
Kurzem  das  siebenzigste  Jahr  erreicht  und  wirkt  noch 
stets  in  ungetrübter  Frische  für  den  Ausbau  unserer 
Wissenschaft.  Möge  ihm  das  noch  während  langer 
Jahren  vergönnt  sein. 

IL  T.  J.  Bezemer:  .Javaansche  en  Maleisclie 
Fabelen  en  Legenden.  Cohen  2onen.  Amster- 
dam ,  z.  jaar  8°. 

De  schrijver,  docent  aan  de  Rykslandbouwschool 
te  Wageningen,  heeft,  met  dezen  bundel  fabelen  voor 
een  grooter  publiek  te  bewerken,  een  goed  werk 
verriebt.  Ook  voor  den  leek ,  die  zieh  niet  met  taal- 
kundige  of  ethnogi'aphische  onderzoekingen  bezig 
houdt,  zullen  deze  vertalingen  blöken  van  waarde 
te  zvjn.  Er  ligt  in  die  fabelen  eene  eigenaardige  be- 
koring  en  hoe  meer  men  er  in  leest,  te  meer  gevoelt 
nien  zieh  er  door  aangetrokken.  Door  hier  en  daar 
eenige  voetnoten  te  plaatsen  heeft  de  vertaler  aan 
•den  leek  een  dienst  bewezen. 

De  drie  aanteekeningen  aan  het  einde  van  het 
boek  verhoogen  de  waarde  er  van;  de  aanteekening 
2  bevat  eene  beknopte  sehets  van  eene  Wajang- 
veitooning  juist  zoo  gesteld,  dat  ze  voor  een  leek 
begrijpelük  is.  De  enkele  eenvoudige  illustraties  ver- 
hoogen niet  de  waarde  van  het  werk ,  maar  zullen 
blyken  voor  den  lezer  eene  aangenanie  toegift  tezyn. 

in.    Prof.   Dr.   R.   Langenbeck:    Landeskunde  des 


Reichslandes  Elsass-Lothringen  mit  11  Abbildungen 
und  einer  Karte. 

Heineich  Kerp:  Landeskunde  von  Skandinavien 
mit  11  Abbildungen  und  einer  Karte. 

Prof.  Dr.  Arnold  Jacobi:  Tiergeographie.  Mit  2 
Karten.  Leipzig,  G.  .1.  Qöschen'sehe  Verlagshand- 
lung, 1904.  8». 

Diese  drei  neuen  Bändchen  der  Sammlung  Gö- 
schen bedürfen  kaum  einer  besonderen  Empfehlung. 
Wie  alle  übrigen  sind  auch  diese  in  leiehtfasslieher 
Sprache  geschrieben  und  führen  sie  den  Leser  in 
gedrängter  Kürze  in  das  behandelte  Thema  ein. 

Das  dem  Reichslande  Elsass-Lothringen  ge- 
widmete Bändchen  wird  jeder  gerne  zur  Hand  neh- 
men weil  selbes  die  Kenntnis  dieses  schönen  Fleckens 
Erde  nach  jeder  Eichtung  hin  zu  fördern  anstrebt. 
Sehr  richtig  hat  der  Verfasser  versucht  die  gegen- 
seitige Abhängigkeit  der  geographischen  Elemente  von 
einander,  und  insbesondere  den  Einfluss  der  Landes- 
natur auf  die  Entwicklung  der  wirtschaftlichen  Ver- 
hältnisse und  die  Siedlungen  zu  zeigen.  Vom  völker- 
kundlichen Standpunkt  aus  ist  die  kurze,  der  Be- 
völkerung gewidmete  Skizze  zumal  für  den,  ethno- 
graphischen Untersuchungen  ferner  Stehenden  von 
Wert  und  wird  selbe  unserer  Überzeugung  nach 
hie  und  da  zu  weiterem  Eingehen  auf  den  Gegen- 
stand anregen,  was  durch  das  vom  Verfasser  gege- 
bene Litteraturverzeichnis  erleiclitert  wird. 

Das  zweite  Bändchen  führt  uns  in  gleicher  Weise 
in  die  Kenntnis  der  drei  Scandinavischen  Reiche: 
Schweden,  Norwegen  und  Dänemark  ein.  Das  Land- 
schafts- und  das  Kulturbild,  sowie  die  Besiedelung 
und  die  Bevölkerung  werden,  so  weit  dies  bei  einer 
Veröffentlichung,  wie  die  in  Rede  stehende,  möglich 
ist,  der  Hauptsache  nach  genügend  gescliildert. 
Über  die  Vikinger  und  die  Sitte  derselben  ihre  toten 
Häuptlinge  in  deren  eigenem  Schiffe  beizusetzen 
finden  wir  Seite  132  eine  interessante  Schilderung. 
Wie  dem  ersten  hier  besprochenen  Bändchen,  ist 
auch  dem  zweiten  eine  gute  Karte  beigegeben. 

Das  dritte  oben  genannte  Werkchen  gehört 
eigentlich  nicht  in  den  Kreis  dieser  Zeitschrift.  Wo 
aber  der  Mensch  sich  bekannteimassen  in  seiner 
Verbreitung  über  die  Erde  als  abhängig  erwiesen 
hat  von  der  Scholle  die  er  bewohnt  und  dei'en  Ein- 
fluss sich  auf  ihn  geltend  macht,  erachten  wir  es 
angezeigt  die  Aufmerksamkeit  unserer  Fachgenossen 
auf  das  genannte  Werkchen  zu  lenken ,  das  die 
Beziehungen  der  Tierverbreitung  zur  Geographie  zu 
schildern  sich  zur  Aufgabe  gemacht  hat.  Wir  sind 
überzeugt  dass  sich  dem  Leser  dieses  Buches 
Gelegenheit  bieten  wird  zu  mancherlei  interessan- 
ten Vergleichen  betreffs  einschlägiger  Verhältnisse 
im    Tierleben   mit   solchen    in   dem    des   Menschen. 


235    - 


IV.  Dr.  C.  H.  Stkatz:  „Der  Köipor  des  Kin- 
des". Mit  187  in  den  Text  gedruclcten  Abbildungen 
und  2  Tafeln.   Stuttgart.   Ferdinand   Enke.  1903,  8". 

Dies  neue  Werk  des  bekannten  Autors  scliildert 
uns  die  Eiitwickolung  des  Kindes  vom  Embryo  an 
bis  zum  20sten  Jahre  und  ist  gleicli  den  frülieren 
Arbeiten  von  Stratz  in  fesselndem .  angenehmem 
Stil  geschrieben.  Anatomie,  Physiologie,  Entwick- 
lungsgeschichte und  Anthropologie  treten  in  diesem 
Buche  auf  den  Vordergrund.  Obwohl  des  Verfassers 
Schilderungen  der  Hauptsache  nach  das  Kind  von 
Eltern  weisser  Rasse  zum  Gegenstand  haben,  finden 
sich  doch,  zumal  in  den  beiden  letzten  Abschnit- 
ten, Kinder  auch  von  andern  Völkern  berührt. 
Das  Ergebnis  seiner  Untersuchung  fässt  Verfasser  in 
die  Worte  zusammen  „dass  das  Kind  trotz  mehr 
„oder  weniger  ausgeprägter  Rassenunterschiede  auf 
„der  ganzen  Welt  das  Gleiche  ist  an  Seele  und 
„Körper  und  dass  es,  allem  menschlichen  Unverstand 
„zum  Trotz,  sich  meist  zur  schönsten  Blüte  entfaltet." 
Dem  Verfasser  ist  das  Kind  die  lieblichste  Offen- 
barung des  Menschtums  in  seiner  reinsten  Form; 
wenn  er  wünscht  dass  jeder  sich  von  seiner  eignen 
Kindheit  so  viel  im  Leben  erhält  und  bewahrt,  als 
ihm  die  wechselvollen  Kämpfe  während  desselben 
gestatten,  so  stimmen  wir  ihm  hier  aus  vollem 
Herzen  zu.  Sind  doch  gerade  jene  Zeiten  einer 
harten  .Jugend ,  durch  die  uns  die  Sorge  einer  lieben 
Mutterhand  hindurch  leitete,  für  uns  mit  Sonnen- 
glanz umgössen  und  haben  wir  in  der  Erinnerung 
an  jene  Zeit  in  mancher  späteren,  schweren  Stunde 
neue  Stärke  zum  Kampf  gefunden. 

Auch  in  dem  vorliegenden  Buch  von  Stratz  findet 
sich  viel,  sehr  viel,  was  uns  Ursache  giebt  uns  mit 
Genugtuung  zu  erinnern,  dass  wir  Mensehen  sind. 
Das  Buch  ist,  ausser  Ärzten  und  Künstlern,  auch 
Eltern  und  Erziehern  gewidmet.  Wir  sind  überzeugt 
dass  diese  für  ihre  verantwortungsvollen  Aufgaben 
in  diesem  Buch  manchen  Fingerzeig  finden  werden. 

Die  Ausstattung  des  Buches  ist,  wie  es  von  der 
Verlagshandlung  nicht  anders  zu  erwarten,  sowohl 
was  den  Druck  als  auch  die  Abbildungen  betrifft, 
eine  in  jeder  Hinsicht  würdige. 

V.  Le  R.  P.  J.  J.  M.  VAN  DEE  Buecjt;  Diction- 
naire  Frangais-ki  rundi.  Bois-le-Duc  (Hol- 
lande), Societe  1' Illustration  Catholique,  1904.  8°. 

Ein  Werk  von  ganz  ausserordentlicher  Bedeutung, 
und  zwar  auch  mit  Rücksicht  auf  die  Ethnographie 
einer  Anzahl  Stämme  Central-Afrika's  liege  vor  uns. 
Der  Verfasser,  einer  der  „weissen  Väter  von  Afrika", 
war  längere  Zeit  als  Missionar  unter  jenen  Völkern 
tätig  und  ist,  wie  seine  Arbeit  uns  lehrt,  mit  einer 
ausserordentlichen  Beobachtungsgabe  ausgerüstet. 
Davon    zeugt   auch   das   Urteil,    welches  die  Profes- 


soren Weule  und  VON  Lüschan  über  seine  dem 
Berliner  Museum  verschaffte  Sammlung  fällen,  davon 
zeugen  ebenso  die  ausserordentlich  sorgfaltig  ver- 
fassten  Etiketten,  welche  einer,  von  ihm  herrühren- 
den, in  den  Besitz  des  Ethnographischen  Museum's  in 
Jjeiden  gelangten  Sammlung  beigegeben  sind  und 
worüber  der  Leser  Näheres  in  der  Einleitung  findet. 

Durch  Krankheit  zu  einem  längei'en  Aufenthalt 
in  seiner  Heimat  gezwungen,  benutzte  p.  van  der 
Bürgt  jene  Zeit  für  das  Ausarbeiten  seiner  sprach- 
lichen und  ethnographischen  Notizen  und  so  ent- 
stand das  vorliegende  Werk,  dessen  Herausgabe  von 
mehreren  Seiten .  u.  a.  auch  seitens  des  Deutschen 
Reiches,  unterstützt  wurde. 

Wir  müssen  es  uns  versagen  auf  den  Inhalt  der 
sehr  umfangreichen  Einleitung  näher  einzugehen. 
Über  Manches  in  derselben  sind  wii-,  und  wahr- 
scheinlich unsere  Fachgenossen  ebenfalls,  anderer 
Meinung;  allein  unsei'er  Überzeugung  nach  enthält 
die.selbe  dennoch  auch  mancherlei  wertvolle  Er- 
gebnisse der  Litteraturstudien  des  Verfiissers. 

Was  den  Dictionnaire  selbst  betriff,  so  finden  sich, 
den  einzelnen  Worten  angefügt,  eine  übergrosse  Menge 
interessanter  Tatsachen:  das  ganze  Leben  des  Ein- 
geborenen von  der  Geburt  bis  zum  Tode  und  die 
während  des  Lebensganges  sich  ergebenden  Feste 
und  Bräuche,  z.  B.  Beschneidung,  Tätowierung,  Ver- 
heiratung, Tod-  und  Trauergebräuche  finden  wir  hier 
geschildert.  Den  sehr  verschiedenen  Haarfrisuren  ist 
eine  eingehende  Besprechung  gewidmet;  dasselbe 
ist  der  Fall  betreffs  der  Verarbeitung  von  Baumrinde 
zu  Kleidungstoff,  der  Spiele  etc. 

Sehr  interessant  sind  die  Mitteilungen  des  Ver- 
fassers über  die  Zwergvölker  mit  denen  er  Kenntnis 
gemacht,  wodurch  das  was  wir  betreffs  der  Zwerg- 
völkei-  in  Afrika  wissen  in  ungemeiner  Weise  be- 
reichert wird.  Auch  über  die  religiösen  Verhältnisse, 
über  die  Zeitrechnung,  teilt  p.  van  der  Bürgt  viel 
Interessantes,  z.B.  unter  den  Artikeln  dien,  esprit, 
nuinea,  etc.  mit;  zahlreiche  Tafeln  erläutern  jene 
Mitteilungen  in  erwünschter  Weise. 

Was  die  gegenwärtige  Arbeit  an  ethnographischem 
Material  enthält,  Hess  der  Verfasser  auch  noch 
als  besonderes  Buch  unter  dem  Titel:  „Un  grand 
peuple  de  l'Afrique  Equatoriale"  erscheinen, 
und  hat  damit  jenen,  welchen  sprachliche  Unter- 
suchungen ferner  liegen  einen  Dienst  erwiesen. 

Der  Druck  inid  die  Ausstattung  des  Werkes  ver- 
dienen Anerkennung. 

Seit  Jahresfrist  ist  der  Verfasser  wieder  nach  dem 
Felde  seiner  Wirk.samkeit  zurückgekehrt.  Wir  hoffen 
dass  eine  dauernd  gute  Gesundheit  es  ihm  ermög- 
lichen wird,  dem  Gebäude  unserer  W'issenschaft  noch 
manchen  Baustein  hinzuzufügen. 


236 


VI.    EXPLORATIONS  ET  EXPLORATEURS,  NOMINATIONS,  NECROLOGIE.   - 
REISEN  UND  REISENDE.  ERNENNUNGEN,  NECROLOGE. 


II.  Die  „Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-  und 
Völkerkunde  Ost-Asiens"  hat  den  Prinzen  Rüpprecht 
von  Bayern  zum  Ehrenmitglied  ernannt  und  in 
dem  betr.  Diplom  auf  die  alten  Beziehungen  des 
Hauses  Witteisbach  zu  Ostasien  hingewiesen.  Schon 
1570  wurden  dem  Kurfürsten  Wilhelm  V  die  Epis- 
tolae  .Japonicae  und  1617  Trigantan's  Historia,  über 
China  handelnd ,  gewidmet. 

III.  Der  Direktorial-Assistentam  Museum  für  Völker- 
kunde zu  Berlin  Dr.  Alfred  Götze  wurde  zum  Mit- 
glied der  Kaiserl.  Leopoldino-Carolinischen  Akademie 
der  Naturforscher  in  Halle  a/S.  ernannt. 

IV.  Sa  Majeste  la  Reine  des  Pays-Bas  a  nomme 
notre  collaborateur  M.  Alb.  C.  Kruyt  ä  Posso,  Che- 
valier de  l'ordre  d'Orange  Nassau. 


V.  Prof.  Dr.  Herm.  Klaatsch,  Heidelberg  trat 
Anfangs  Februar  1904  eine  Forschungsreise  nach 
Australien  an. 

VI.  t  Prof.  Karl  (Jjfalvy,  Docent  an  der  orien- 
talischen Akademie  in  Paris,  ein  geborener  Ungar, 
starb  im  Alter  von  64  Jahren,  Anfangs  Februar 
1904  zu  Florenz.  Der  Verstorbene  unternahm  im 
Auftrage  der  französischen  Regierung  zwei  Reisen 
nach  Central-Asien  und  machte  sich  duKch  mehrfache 
Werke,  das  Resultat  dieser  Reisen  und  durch  Ver- 
öffentlicluing  ethnogr.  Studien  aus  Ungarn  um  die 
Förderung  unserer  Wissenschaft  verdient. 


INT.AI^OH.FETHNOGK. 


Ba  XVJI.TAF  1  . 


4  h 


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